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MEYEßS HAND -LEXIKON.
I.
A - GYßOMANTIE.
I
I
MEYERS
%x
HAND-LEXIKON
DES ALLGEMEINEN WISSENS
IN EINEM BAND.
MIT VIELEN KARTEN DER ASTRONOMIE, GEOGRAPHIE, 6E06N0SIE,
GESCHICHTE etc.
Erste Hälfte
A bis Gyromantie. — Seite 1 bis 740.
HILDBUROHAUSEN
VERLAG DES BIBLIOORAPHISCHEK INSTITUTS
1871.
JAN 21 1901
■ 0^
)
tt^PllJÖ^.
k.
kf auf MÜDBen i. t. a. «rster Landei-
mttnsort (s. B. Berlin, Wien, Mets); a. =
anno. ,A nnd OS t. t. a. Anfiing nnd Ende.
Aa (Aaeh, Aek, alChoehdentsch oJba, d. h.
Waaser). Name vieler Fl&tse in Deotsob-
land nnd den angrensenden LAndem.
Ameh Im Bs^a« . Stadt im bad. Kr. Kon-
ftans, 988 Ew. Oej^eM 85. M&n 1798 zwischen
den tiegr. Franxosen n. Oesterrelchem.
Aaelian. Beg.-Beilrk der prenn. Bheln-
proTini, l»k QH., 482,817 Ew. — Die
mmpUt, A. (lat. Aquisgrannm, franz. Aiz-
la-Ohapelle), Knotenpunkt der belgisch-
rheln. Eisenbahn, 68,178 Ew. (*/b kathj.
Im MAnster Grnlt Karls d. Or. n. Ottos m.
Bathhans Ton 1853. 88,000 Wollspindeln.
Nadelfobrikation. Alkalisch - mariatische
Schwefelquellen 86— 46oR. ~ A., r&mischen
Ursprungs, war bis 1558 die Krdnungsstadt
der deutschen Kaiser; seit 1815 preussisch.
Ertter Fried» von A., %. Mai 1668, beendete
den sogen. DeTolntionskrieg; noHUr Fried«
vo» Ä., 18. Okt. n48, denösterr. Erbfolge-
krieg. Aachener Kongrea ^. Sept. bis.
21. Not. 1818), auf welchem die Omnds&tze
der fortan zu befolgenden eorop. Politik
festgestellt wurden; Frankreich trat der
h. AlUanz bei. Vgl. Quix, ,Gesch. d. St. A.*,
lÜliBenrcUh, ,A.*, 1865.
AahvB (Ahaus), Kreisstadt im preuss. Reg.-
Bezirk Mfinster , 1687 Ew.
Aal. Murtna Ii., Anguilla Oh*v.,Fisehgat-
tung der Kahlb&uche, Baubflsche. Der Ffttst-
aal, A. fluTiatilis Ouv., 4—6', in Mittel-
europa sehr Terbreitet, fehlt im Gebiet des
schwarzen Meeres. Grösser wird der Meer-
aal, Oonger yulgaris Cnv,, in allen enrop.
Meeren, essbar. Die Muribte, Gymnothorax
Helena Onv., 8% im Mitteinkeer, Leckerbissen
der alten Römer.
Aalborg (spr. 0hl-), d&n. Stift im nördl.
Jfitland, 185 QM., 804,402 Ew. — Die Hauptst.
A., am LimlQord, 10,069 Ew., wichtiger
Seeplatz.
Aalbneh. Theil der schwftbischen Alp,
zwischen Fils- und Kocherthal, 8800' hoch.
Aalen. Oberamtsstadt im würtemberg.
Jaxtkreise, am Kocher, 5S68 Ew.
Aali-Pascha. Mehemed- Emin, türk. Staats-
mann der Reformpartei, geb. 1815 zu Kon-
itontinopel, 1845, 1843 n. 185S Minister des
Meyers Band- Lexikon.
Aufwfirtigen, seit Juli 1865 mahrmali Orazs-
Tezier, wohnte den wiener n. parlMr Kon-
ferenzen mit bei und unterzelohnete 80. Mära
1856 den pariser Frieden.
Aalmoleli, Amphiuma Qarden, AmphlHen-
gattung der Lurche. Der <(nfis«Alf« A., ▲.
tridactylnm Wagl,, t% in itehenden Qa-
w&ssem Nordamerikas.
Aal]ii«tter,Zoarces Obv.^Tischgattnng der
Kehlflosser. Die Uibenätg§ebärende A. (4al-
quappe), Z. TivlparusX., 9— U", oMbar, In
der Nord- nnd Ostsee.
Aalranpe^ s. Quappe,
Aalst (Alcst), Stadt im belg. Ostftandem,
an der schiffb. Dender, 19,700 Ew.
Aalthlerehen, Anguillnla £., Vibrio MM,,
kleine Eingeweidewürmer, Im Wasser, in
fenchter-Erde, in Regenwftrmem, Schnecken
und Samen. Das Weiaenätehen Terursaeht
im Weizen den Kaulbrand (Gichtig- oder
Radigwerden). SssigUehen auf trftbemBssig.
Aar, Fluss der Schweiz, entspringt in
den berner Alpen (Aargletscher) , mfindat
bei Koblenz im Aargau in den Rhein , 87 M.
lang. Bei Handeck der Äe^aU (886' hoch).
AaraU) Hauptst. des Kantons Aargan,
an der Aar (Kettenbrftcke), 6100 Bw. JXeds
11. Aug. 1712, der den tegg^nburger Krieg
beendigte.
Aarberg y St. Im Kanton Bern, llOS Ehr.
Aarbnrg) St. im Kanton Aargan, aa der
Aar (Drahtbrficke), 1850 Ew.
Aargan. Kanton der nördl. Scihweli,
25^4 QM. mit 194,208 Ew. (104,167 Pro-
testanten, 88,424 Katholiken, 1538 Jnden),
fruchtbares und wohlkultiTirtes HUgelland,
yiel Obst, Viehzucht, BaumwoUmann-
faktur und Strohflechterei. Heilquellen zu
Baden nnd Schinznach. StaatSTer&ssnng
vom 22. Febr. 1852. Staatseinnahme 1866:
2,004,804, Ausgabe 2,438,804 Free. AkftiT-
vermögen 20,840,202 Frcs. Bundeskontingent
14,762 Mann. Hauptst. Aaran. VgL MBSOer,
,Der AargauS 1870.
Aargletscher, in den östl. bemer Alpen,
am Zinkenberg; Aarquelle.
Aarhnmi (spr. Ohr-), d&n. Stift Im 6stl.
Jütland , 9Ö QM. nnd 195,808 Ew. — Die
Hauptstadt A., am grossen Belt, Dom, 1201
erbaut, Olafsmesse, 11,009 Ew.
Aaroe, schlaswigsohe Insel im klonen Belt>
1
Abbeokuta — Abel.
8
mmptukgein hatten. Ä» eommwdatair* , «in
Tom König ernannter A., besog EInk&nIte
ans einem Kloster, ohne Dienste daAr an
thnn. Vgl. Abbott.
Ahbeoknta. Handelestadt im Innern
Ghainea. 'Land Tomba, am Ogan, 75,000 Ew.
(rlele Christen). Vgl. Burton, ,A.*, 1863, 8 Bde.
AbheTiUe (spr. AbbwiU, t. tat. Abbatis
lilla), Stadt im frans. DeiMUt. Somme, am
Sommekanal, Handelshafen, 90,060 Ew. Wich-
tige Funde Torhistorlseher Fenersteinwaifen.
Abbiate-grano (Abbiagrano) , Beairks-
ort in der ital. Fror. MaUand, 9177 Ew.,
wichtige milit. Position.
Abbotsibrd (spr. Aebbots-), Schloss (ehe-
mals Kloster) In der schott. Qraftchaft Sel-
Idrk , Wohnsitz Walter Scotts.
Abbott (spr. Aebbot), John Stevw (Jabot,
nordamerikanischer Graschichtschreiber, geb.
1805 an Brunswick im Staate Maine. iHistory
of lYapoleon* (1865. 2 Bde.) ; «History of the
'^Tll war* (1868-66).
AbbraiMB, die Raasegelbrassen nach-
lassen, tun den Segeln mehr Spielraum sn
geben, im Gegensatx zum an- oder a^fbrauen.
Abbrechen« in der Taktik die Fronte rer-
kleinem, bebnft des Passirens Ton Defll^s
oder des Durchlassens Ton Truppen.
AbbreTiatoren (lat.), Geheimschreiber der
pftpstl. Kanzlei. [abkiknen.
AbbreTlatnr (lat.), Ablriknrang; eä)br«viron,
Abbt. Thomai, philosoph. Schriftsteller,
geb. 95. Not. 1738 an Ulm , f 8. Not. 1766
als Konsistorial • and Regiemngsrath lu
Bikckebnrg. «Vom Tod fürs Vaterland'
(n61); ,Vom Verdienst' (1765); .Vermischte
Werke* (1768—1821, 6 Bde.).
Abbnnay geistliches Oberhanpt der abes-
slnischen Christen, resid. in Gondar.
AbcbatieBy Land der Asega in Kankasien,
■wischen Mingrelien and dem schwarzen
Meer, seit 1864 den Rassen unterworfen. Die
Abehaton, etwa 80,000, mohammedanisch,
in Sprache den Tscherkessen Terwandt,
sind nicht aasgewandert, wie die übrigen
St&mme der Asega.
Abetnorlvqi (Abgatorinm), die Im gregor.
Kirchenritual für die Einweihung t. Kirchen
Torgeschriebene Oeremonie des Einschrei-
bens Ton grleeh. und lat. Buchstaben in
gestreute Asche.
Abd (arab.), Knecht, h&uilg in Eigen-
namen, s. B. Abd- Allah, Knecht Gottes.
Abdij Tarab.)', mohammedanische Wander-
m&nche in Mittelasien.
Abdampfen (EvapoHrtn) , Trennen der
flüchtigen BestandthelleeinerLösnngTon den
nicht flüchtigen durch Sonnenwärme (Meer-
Wasser zur Salzgewinnung), durch direktes
Feuer (im Flammofen zur Potaschengewin-
nung, in Pfannen zur Salzgewinnung), durch
Dampf (Extrakte), auch im luftleeren Baum,
Vacuum (Znckerfabrlkation).
Abd -el- Kader (El Had»cM A.-€.-K. Üled-
Mahiddin), Kabylenfürat, geb. 1807 bei Mas-
kara in Algerien, SprössIIng einer Priester-
&mllie, folgte 1888 seinem Vater Sidl-Maliid-
diu als Häuptling mehrerer Araberst&inme,
ergab sich nach langem Kampf 28. Dec. 1847
an Lamorici^e and den Herzog t. Anmale
and ward als Gefkngener nach Frankreich
gebracht, aber Im Deo. 1852 Ton Lndwig
Napoleon freigelassen. A. lebte seitdem in
Brussa, ging 1855 nach Konstantinopel,
schliesslich nach Damaskus, wo er w&hrend
des Blutbades Ton 1860 die Christen gegen
die Mohammedaner schützte. Schrieb ein
philosophisch -relifljöses Werk ,Bappel k
rintelligent, nriMk Pindiffftrent* In arab.
Sprache (franz. Ton Dugat 1858).
Abd-el-Wahab| Stifter der oMhamme-
danischen Sekte der Wakabiten, geb. 160
sa Hillah am Euphrat, f 1787.
AbdCrä (a. G.), Stadt In Thraeien, dem
Jbdertu sa Ehren Ton Heroales erbaotL
zprichwörtl. wegen der Beschrftnktheit und
Narrheit ihrer Ew. (AbdtrÜ4n),
Abdikation (lat.), Abdankung, Versieht-
leistung; dbdieiren, abdanken.
Abd5tten (lat.), Leibes- od. Bauchhöhle, s.
£aufh; Abdominaltyphnt , Unterlelbstyphos.
Abd-nl-Asil. 82. Sultan der Osmanen,
geb. 9. Febr. 1880, folgte 95. Juni 1861
seinem Bruder Abd-ol-Medschid auf dem
Thron; seine Beformbestrebungen sind bis
Jetzt ohne Konseqnens n. tiei^ehend. Erfolg.
Abd-nl-Hamidy 97. Sultan der Osmanen,
geb. 20. Mai 1725 zu Konstantinopel, Sohn
Osmans IH., Nachfolger seines Bruders
Mustafa III., ward Ton den Russen unter
Potemkin besiegt, f 7. April 1780.
Abd-nl-Latir. arabischer Gelehrter,
geb. 1169 zu Bagdad , f das. 1231 ; Verfitsser
einer Beschreibung Ton Aegypten (franz.
Ton Sylv. de £lactf 1810).
Abd-nl-Hedsehld) 31. Sultan der Osmanen,
geb. 23. April 1823, Sohn Mahmuds IL, folgte
diesem I.Juli 18S9,t2&. Juni 1861. Krimkrieg.
Abd -Ol -Hamen, erster Khalif der Al-
mohaden, reg. 1180—63, eroberte das ganze
nordw. Afrika , unterwarf sich 1151—56 das
Reich der AlmoraTiden In Spanien und
1160-62 das afrlk. Küstenland bis Barka.
Abd-nr-Bahm&B, 1) Statthalter dea
Khalifen Yezid in Spanien, ward Ton den
Franken unter Karl Mart^ll bei Poitiers 7.
Okt. 782 gesehlagen and getödtet. — 2) Sul-
tan Ton Marokko, geb. 28. Not. 1778,
folgte seinem Oheim Mulei-Suleiman 1823,
t Aug. 1859; Ton den Franzosen unter
Bngeaud am Isly besiegt 14. Aug. 184A
Abegg. Jvl, Friedr. fieinr., Krim inalist, geb.
an Erlangen 27. M&rs 1796, f V« V^ ^868
als Prof. der Rechte In Breslau. .Lehrbuch
der Strafrechtswissenschaft* (1836); .Lehr-
buch des Kriminalprozesses* (1833).
AbelUe (spr. AbelJ), Jo; Chritt. Ludw,,
Musiker, geb. 20. Febr. 1761 zu Baireuth,
f 1832 als Hoforganist u, Koncertmeister zu
Stuttgart. Opern, KlaTlersachen, Lieder.
Abeken, HeinHeh, geb. 19. Aug. 1809 sn
Osnabrück , erst preuss. Qesandtschaftspred«
in Rom, 1842 Lepsius Begleiter bei der Expe-
dition nach Aegypten, 1848 im preuss.
Ministerium des Aeuss. angestellt, 1858
zum geh. Leg.-Rath ernannt. Verf. des
Sendschreibens an die Gr&fln EUüin-Hahnt
(Babylon und Jerusalem* (1851).
Abel , zweiter Sohn Adams u. ETas, Hirt,
Ton seinem Bruder Kain aus Neid erschlagen.
1*
Aberyfitwith — AblftBS.
i
■ilMhen Kreis EgWt ^800 Bw. Äb^riktuMr
Kä$s aus Ziegenmilch ond Kr&utern.
Aberystwltn (spr. Ehbr'-), lebhafter 8e«>
plats in Wales JCardigan), 5641 Ew.
AltendnleA (Habesch, im Altertb. Aethlo-
ien), grosses, noch wenig erforschtes Ge-
let in Ostafrika, südl. n. östl. ron Nnbien
am rothen Meer» 15—16,000 QM. mit etwa
5 Hill. Ew.. terrassenförmig aufsteigende
Hochebene, 6—10,000' A. H., mit Sohlachten
nad Bergsfigen bis zu 14,000' Höhe (in den
Landsoh. Simen und Woj^ra). Zahlreich«
isollrte Felsmassen (Ambs), als Festungen
dienend. Fl&sse must dem s&dl. Nilgebiet
angehörig: Abal, Hawasch,. Qodschab,
Taoane mit Mareb , Sobat (Talfl) , Barka
(lum rothen Meei). Seent Tsana (Dem-
bea) nnd Znain. Das KUma im Hochlande
geinissigt n. gesund, in den Niederungen
heiss u« ungesund; die Vegetation in den
Thftlern tropisch, in den hochgelegenen
Gegenden subalpin. Grosse Kaffeewälder,
besonders in den Landschaften Enarea und
Kalk (daher der Name Kaffee?). Reiche
Fauna; Elephanten, die bis snr Höhe Ton
8000' hinangehen: Kamele nur in Sam-,
hara und Adal. An Mineralien bes. Stein-
sals , welches als Tauschmittel gilt. Die £«-
vVUcwrung ein Gemisch Ton Nationalitäten
semitischen Stammes: «eigentliche Abessinier
oder Aethiopier , Juden, Gallas , Adail oder
Danakil, Schangallas, Abkömmlinge der
alten Gtoramanten, der heidnischen Urbe-
wohner, Neger aus Haussa, Wadai etc. Etwa
10 Sprachen und Mundarten. Herrschende
Religion, bes. im Hochland, das Christen-
thum, seit 380 durch Frumentius u. Aedesius
eingef&hrt. Jetzt ganz entstellt u. erstarrt;
daneben Mohammedaner , Juden n. Heiden.
Hauptnahrungszweige Ackerbau und Vieh-
Bueht. Haupthandelsplatz u. Sitz des geist^.
Oberhauptes (Abbuna) ist Gondar.
A. stand bis Mitte des 18. Jahrb. unter einem
gemeinsamen Oberhaupt (Negus) und Statt-
haltern (Ras), blühte unter den Herrschern
yon Axum. Kämpfe mit den Mohammeda-
nern u. Einfälle der Gallas (seit 16. Jahrh.)
führten seinen Verfall herbei, der durch
Einmischung der Portugiesen u. Jesuiten
in die inneren Händel beschleunigt ward.
Die Statthalter schwangen sich bei der
herrschenden Anarchie zu Königen empor,
und so entstanden eine Anzahl Staaten,
unter denen Tigr6, Amhara (Gk>ndar) und
Schoa die bedeutendsten waren. 185s Tsr-
trieb der Vasall Dedschodschi Kftsa in
Amhara seinen Oberherrn Ras All u. rer-
einigte das centrale u. südl. A. unter seiner
Herrschaft. Nach Besiegung des Königs
Ubiö Ton TIgr6 (9. Febr. 1855) Hess er sich
unter dem Namen Theodor t, zum Kaiser
yon Aethiopien ernennen u. unterwarf sich
auch Schoa. Sein hartes Verfahren gegen
Christi. Missionäre Teraqlasste England zu
einer Expedition nach A., welche Theodors
Sturz (April 1868) zur Folge hatte. Vergl.
BÜppM, ,Relse in A.', 1838— 40, SBde. ; Harria,
,The Highlands of Aethiopia*, 1844, 8 Bde.;
deutsch 1845—47, 8 Bde.; Le/ebvre, ,Voyage
en Abyssinie*, 1848—53, 6 Bde. Neueres in
den Weisen Ton Xe/san« Airft^M, Botedem,
JBeke, HoUom, Prideau», ffeugUn, Muiuimg^rj
iiiMtresu. der Missionäre AtMo», Sttrn, Krapf,
WoldmtUr, IXad, Ueber den Krieg schrieben
die Engländer OarUr, Qraham, DvJUm, SUiinc,
Uarhham» Hent§,H9tUr, die Deutschen So^fs,
KodoliUeh, [Brixen, im Pnsterthal.
Abfklt•rs1>^• Mineralbad in Tirol, Kreis
Abffihrewie Mittel (LaaafUia, FUrgauUa),
wirken entweder reizend auf die-Schleimhaut
des Darms (Aloö, Jalap];>e) oder yeranlassen
stäjrkere Wasserausscheidnng aus dem Blut
durch Exosmose (Salze). Oele machen nur
den Darm schlüpfHg. Am gefisthrlosesten
sind Klystiere Ton lauem Wasser.
Abgan Name yon 88 Königen des osrhoSni-
schen Kelchs zu Edessa (187 y. Chr. bis
816 n. Chr.), yon denen A. üokomo mit
Christus Briefe gewechselt und sein Bildniss
besessen haben soll (Bild yon Edessa, Jetzt
im Besitz des Papstes).
Abgemgene Wasser (aromoHseh« , ttäs-
rUche, duHÜirU Wäs§«r), bei der Bereitung
ätherischer Oele als Nebenprodukt gewon-
nene Wässer, welche mit ätherischem Oele
geschwängert sind, dienen als Arzneimittel,
zur Liqueurfabrikation und in der Parfümerie.
Ab^ereiiy ein Schiff yon dem Kurs oder
einem anderen Schiff ablenken.
Abhalten 9 die Richtung des Schiffs se
ändern, dass es, statt hart am Winde 8u
liegen, denselben mehr yon hinten erhält.
J^ ein Schiff a. , demselben zusteuern.
JLbholeAy ein auf die Untiefe oder den
Strand gerathenes Schiff flott machen.
Abhorren (spr. Aeb-, Verabaehettemde),
unter Karl IL in England Benennung der
Roy allsten und Hochkirchenmänner, weil
sie einen dienstfertigen Abscheu gegen die
Grundsätze der Volkspartei kundgaben.
Abich) Wilhelm Hermann, Naturforscher,
geb. 11. Dec 1806 in Berlin, bereiste die
Länder am Blaukasus, lieferte zahlreiche
geognost., meteor. und hypsometr. Arbeiten
über dieselben in den Petersb. Bulletins
und Mfimoires und in Poggondorffs Annalen.
Ablldgaard. Nikolaue, dän. Historienmaler,
geb. 4. Sept. 1744, f ^* ^^^^ ^^<^* Thor-
waldsens Lehrer. [Vermächtniss erben.
Ab intestato erben^ ohne Testament oder
Abiturient (lat.), nach bestandenem Ma-
turitätsexamen yon der Schule abgehender
AMnratiOA (lat.), A bsch wörung. [Schüler.
Abkochen^ in der Chemie und Pharmaoie,
Ausziehen der löslichen Stoffe yerschiedener
Substanzen durch Kochen mit Wasser. Die
erhaltene Flüssigkeit: Dekokt (Jbmd),
Ablagenmg (Sediment)» Gestein, welches
durch allmählige Ausbreitung seiner Masse
auf der Erde (meist unter Wasser) entstan-
den ist, zeigt sich meist geschichtet, sel-
tener massig, durch Ansammlung kalk- oder
kleselschaliger Thiere (Mollusken, Wurzel-
füssler) oder Pflanzenreste gebildet, auf der
Erde (terrestrische A.). in Sümpfen, Seen,
Quellen Hakustrische A.), in Flüssen rfluyia-
tile A.), in weiten Strommündungen (fluyio-
marlne A.), im Meere (marine, pelagische A.).
Ablaktfren, s. Veredlung.
Ablas« (IndnlgenM), Nachlass einer yon
Abrauohen — Abstimmung.
Af^utMit JtfrdmM. — 8) Laure Jmmot, Mtt'
wogim 90» A., Qftttin des Vorigen, geb.
6b Not. 1784 lu Montpellier, schrieb ,M^
moiret* (1831— S4, 18 Bde.; Fortau 18S6— 87,
6 Bde., 'deutsch Ton AlvmäUbe» 1886) nnd
STergessen 7. Juni 18S8 im Pflegehsose au
baillot bei Paris.
Abranehen, Verdampfen des Qaecksilbers
bei der FeaerTergoidung. ,
AbnuuBy im Bergwesen die eine Lager^
statte natsbarer Fossilien bedeckende
Schicht nnnütser Erdarten.
Abnanuabie) die das stassftirter Steinsals-
lager bedeckende Schicht leicht löslicher
Salse, welche aus Ö0-6&0/O Kamallit, S5-S0O/o
8teinsalB nnd 10>-15«/o Kieserit besteht, das
wichtigste Rohmaterial der ganzen Kali-
Industrie bildet nnd auf koncentrirten
Kalidünger. Ohlorkaliam, Salpeter, Potasche,
Bittersala, Qlaubersali und Brom Terarbeitet
wird. Die Produktion der A. betrug 1868
8,68&,000 Ctr. [Abriss.
jLhri^i (fr., spr. Abrescheb), Entwurf,
Abrogation (lat.), Aufhebung, Abschaffung.
Abruxien, der nördl. Theil des ehemal.
Königreichs Neapel, Hochland (Gran Sasso
9808') , vom Pescara, Pangro etc. bewässert,
aerlällt in die Prov. ^rucco eiteriore, 68 QM.
und 887,816 Ew., Hauptst. Chieti; Jbruuo
uUorioreJ, 60,4 QM. und 830,061 Ew., Haupt-
stadt Teramo; Abrucso uUeHore II, 118 QM«
und 809,451 Ew., Hauptstadt Aquila.
Absaigen, Trennung aweier Metalle mit
Hülfe eines dritten, welches bei massiger
Hitie mit dem einen xusammenschmÜEt und
▼on dem andern festbleibenden abfliesst.
AlMakeAy ein Schiff stromabwärts treiben
lassen.
AbMOM 0*^» BUerbekU, EUwgttckttmUt),
fiitermasse, welche sich in einer auf Kosten
der Gewebe gebildeten Höhle sammelt u.
entweder durch schnelle (heisaer A,) cKler
durch langsame Entzündung (kalter A.) ent-
steht. Ein Senkungs- oder Kongestions-
-absoess entsteht, wenn der Eiter an einer
anderen Stelle des Körpers au Tage tritt,
«Ik wo er sich gebildet hat.
AbiehatSy Hatu Aumcmn, Freiherr von,
Dichter der zweiten schlesischen Schule,
geb. 4. Febr. 1646 zu Würbitz, f M* April
1689. Unter den Schlesiem durch EinlJush-
helt ausgezeichnet. Gedichte (1704).
Abachnitt. s. Segment,
▲btchwenkMiy die Richtung einer Fronte
um die Flügelpunkte der einzelnen Abthei-
lungenfZü^e) behufs des Abmarsches ändern.
Abiekworeny eine aufgestellte Behauptung
durch Beschwören des Gegentheils Ter*
neinen; sich Ton einem bisher bekannten
religiösen Glauben eidlich lossagen.
Abselne (lat.), s. KoordinaUn. .
Abseite (t. lat. Abeida, gr. Apai»),^im Basi-
llkenstil die an die Schmalseite sich an-
schliessende, durch eine Halbkuppel über-
wölbte Halbkreisnische; auch in den goth.
Stil übergegangen: Flügel eines Gebäudes
Abzenkea, s. Atiegen, [überhaupt.
Abaent (lat.) , abwesend ; «i>eentiren, ent-
weichen; oöterU^A, Abwesenheit.
AbaldoB (gt,t Astron.), s. J^eiden,
AbaiBthy Wenanth, a. Artemiala abaia-
thium ; auch Liquenr aus Wermuth n. Ania.
Abaolat (lat.), abgelöst, d. h. beziehungs-
los, in der Philosophie s. t. a. unbedingt,
unbeschränkt, ursprünglich.
AbsolatioB (U^)f Lossprecbung Ton kirch-
lichen und göttlichen Strafen nach abgelegt
ter Beichte; im Rochtsweaen Freispreohuag
Ton einer Anklage. Abeolmtorium, firei-
H>rechende8 TJrtheil;abeoMrm, firaiapreobeii,
auch ToUeflden.
AbaoUtiamaa (lat.) , Unumscthrinktheit
der fürstlichen Gewalt; AUolmtüten, An-
hänger derselben.
AbaoAdening^ in der Geologie die durch
Klüfte bewirkte Trennung der Gesteins-
massen in TerschiedenarUg geformte, mehr
oder weniger regelmässige Theile. Körnige^
schalige, stenglige, faserige A. bei einfachen
Mineralien, kugelige (Basalt), cylindrische
(Trachyt), säulenförmige (Basalt. Porphyr),
plattenförmige (Granit, Phonolith), parallele-
pipedisohe (Sandstein, Kalkstein), Schiefe-
rung (Thontfohiefer). — In der Physiologie
Ausscheidung solcher Stoffe, di,e im O^a-
nismus weiter Terwendet werden (Sekrete),
wie Speichel, Galle, Fett, Magensaft, im
Gegensatz zu den Exkreten, wie Harn
Schweiss, Kohlensäure.
Abaorbentia (lat.), HeUmittel, welche die
Aufsaugung begünstigen (Druck auf kleine
Entzündungen) oder schädliche Stoffe bin-
den (Magnesia, doppeltkohlensaures Natron
gegen Magensäure).
Abaorption (lat.) , Einsaugung Ton Gasen
und Dämpfen durch feste Körper, ohne dasa
chemische Verbindung eintritt. Holzkohle
absorbirt 90 Vol. Ammoniak, Platinmohr SSO
Vol. Sauerstoff, Palladium 680 Vol. Wasser-
stoff. Die A. Ton GUsen durch Flüssigkeiten
ist 8 Gesetzen unterworfen: 1) für ein be-
stimmtes Gas und eine bestimmte Flüssig-
keit ist bei nuTeränderter Temperatur daa
Gewicht der absorbirten Gasmenge dem
Druck proportional (also bleibt das absorbirte
GasTolumen unter jedem Druck sich gleich);
2) die absorbirte Gasmenge ist um so grösser,
Je niedriger die Temperatur ist; 8) die Quan-
tität, welche eine Flüssigkeit Ton einem
Gase zu absorbiren Termag, bleibt dieselbe,
mögen andere Gase in der Flüssigkeit ab^
sorbirt sein oder nicht. — In der Pliysiologie
der Vorgang , durch welchen Flüssigkeiten
durch Häute hindurch in den Nahmnga»
saft gelangen.
Abstand^eld, bei Rücktritt Ton einem
Kontrakte Ton dem zurücktretenden Theila
behufs der Befreiung Ton den fibemommo-
nen Verbindlichkeiten geaahltea Geld.
Absteigende Linie, s. DeaoeudetUotu
Absteigung. s. Ati/eteigung.
AbatergenUia (lat.), äusserlich reinigende,
auch abführende Mittel, Wnndreinlgunga-
mittel.
Abatimmnng, Ermittelung des deflnitiTen
Willens der Mitglieder einer Versammlung
hinsichtlich einer Torliegenden Frage, in
der Rngel nadi Tomusgegangener Berathnng
derselben, geschieht durch Worte, Zeichen,
Aufstehen nnd Siteenbleiben , Theilung der
Abydns — Achämeniden.
9
d«ii geographischen Meridian eine« Orte
macht. 0pH9ch€ Ä, besteht darin, dass die
▼on einem Punkt aasgehenden and dnrch
linsen gebrochenen oder von Hohlspiegeln
■orückgeworfenen Lichtstrahlen sich nicht
wieder genaa in einem Pnnkt vereinigen.
Bemht warn Theil auf verschiedener Brech-
barkeit der das weisse licht nisammen-
aotsenden Strahlen (ohromtftisohe oderFar-
benabweichnng) and verursacht Undeutlich-
kalt der s. B. in Fernröhren erzeugten Bilder.
Abydu (a. G.)i Stadt in Kleinasien, am
Hellespont, Sestos gegenüber. Jetat Nagara-
Kalessi. Hier Xerzes Schiffbrücke. Sage
▼on Hero und Leander.
Abysflbileny s. AbeaHnien,
AbTMUg (gr.), Meeresabgrund ; Hölle.
A. €.9 abbr. omni curretOU (lat.), des lau-
fenden Jahres.
Aei^aholSy Hola von Spondias Mombin,
«iner westindischen Anaoardiacee, so leicht
wie Korkhols und Surrogat dess.
Aei^ouhola (spr. Akaschu, OaileedrahclM),
mahagoniartiges Holi aus Senegambien; in
V^ankreioh s. v. a. Mahagonihol«.
Aef^OunfiBse, s. Jnaeardium.
Aeanthni L. (BäretMau), Pflanzengattung
ans der Familie der Acanthaceen. A. moUis
L,, ächte B., in Italien, beUebte 2SierpflanBe
bei den Römern. Ihre Blätter Motive sum
korinthischen Kapital, zum gothischen Or-
nament das Blatt der kleineren A. spi-
Bosa L.
A eapellft (aUa eaptüa, Mus.), auf Kapellen-
oder Kirchenart, der strenge oder gebun-
dene Satz für Yokalstimmen allein, ohne
(obligate) Instrumentalbegleitung.
A eapneelo (ital., spr. kaprittscho, Mus.),
nach Laune des Ausführenden (beim Vortrag).
AeapiileOy bester Seehafen Mexikos, am
stillen Meer, 4000 Ew. Ehedem berühmt
als Ausgangspunkt der spanischen Silber-
gallionen nacn Manila.
Aearoldkars, s. Xomthorrhoeia.
AcSnu. Krätzmilbe, s. Krätge.
Aeca (8t, Jean cTAore, das alte Ptole-
mals), befestigte Stadt in Syrien, am Mittel-
meer, 10,000 Ew., 1104 von den Franken,
1187 wieder von Saladin erobert; später
Sitz des Johanniterordens. 1799 von Bona-
parte vergeblich belagert. Hafen versandet.
AeeelentfOB (lat.), Beschleunigung; in
der Mechanik Vermehrung der Geschwindig-
keit. A. der Fixsterne, Unterschied zwi-
schen dem Stemtage und dem mittleren
Sonnentage, = 8 Min. 66I/1 Sek., um welche
der Sonnentag länger ist.
Aeecnt (lat.), Betonang; auch Tonzeichen.
AeeeptattOB (lat.), Annahme; Einver-
st&ndniss mit dem Anerbieten eines Andern.
Äecefit, s. Wechsel.
AeeMMOatOi imRechtswesen die Zulassung
Junger Juristen zur praktischen Uebung bei
einem Gerichte oder Advokaten. Aeoeesiet,
•In solcher Jurist.
AflMMioa (lat.), Zuwachs; ArtderEigen-
thnmserwerbung, wonach der rechtmässige
flifenthfimer der Hauptsache auch die damit
Turbundene Nebensache erwirbt.
AiDMMtOBfTertrafr, 1) im Völkerrecht der
An>chluss eines Staats an ein anter andern
Staaten schon bestehendes Vertragsver-
hältniss, z. B. ein Bündniss. — 8) Verein-
barung, durch welche die Regierung eines
Staats ganz oder theilweise an einen andern
Staat übertragen wird, ohne dass eigent-
liche Einverleibung Statt findet. •
Aeeessit (lat.), bei wissensohaftl. Preis-
auj^ben der zweite Preis.
AeceMorlnm (lat.), Beigabe, Beiwerk.
Ae€ldeBS(lat.), Zufall ; zufällige, unwesent-
liche Eigenschaft eines Dings.
Aeeldenzien (ItA.), zuiäll. Nebeneinkünfte.
In der Buchdruckerei s. v. a. Nebenarbeiten.
Accise (lat.), städtische Abgabe für von
aussen eingebrachte Verkaufägegenstände.
Aceollde (f^.), in der Musik die die Linien-
systeme einer Partitur zusammenfassende
Klammer; oeremonielle Umarmung der in
einen Ritterorden Aufgenommenen durch
den Qrossmeister nach dem Ritterschlage.
AeeonpagBement (fr., spr. AckongpanJ-
mang), musikalische B^leltung.
Aecoplate (ital., Mus.), verbunden.
AecordiOBy Hand- oder Ziehharmonika,
von Damian in Wien erftanden«
AcconehenieBt (fr., spr. Acknsehmang),
Gkburtshülfe, Niederkunft; aeecmckemr (spr.
Ackuschör), Qeburtshelfer.
Aeeinliu^ Frandeeua (ital. Aeeorao), ital.
Rechtsgelehrter, geb. 118S zu Florenz, f 1^0
zu Bologna, Ver£ der ,Glossa ordlnaria%
eines Auszugs aus den Arbeiten aller Glos-
AeeBMtiVy s. Oaeu*. [satoren.
AeemuSy ßebtut, Fabian, poln. Dichter,
geh, 1551 zu Sulmierzyce, f 1608 als Bürger-
meister zu Lnblin; der ,sarmati8che Ovid*.
Aeerra, Stadt in der Italien. Prov. Oaaerta,
10,971 Ew.
AeervftliiB eerebrl (leA,), Himsand, Körn-
chen aus phosphorsaurem Kalk und Eiweiss,
nur in derZirbel des menschlichen Qehims.
Acervus (lat.), Haufen ; sophistische Weise,
durch fortgesetztes Fragen q^ch der Anzahl
der Körner, die zur Bildung eines Haufens
nöthig sind, den Gefragten in Verlegenheit
zu setzen, angeblich von Eubulldes, elBem
grlech. Dialektiker, erfunden.
Aeetate Hat.), essigsaure Salze.
AeetomSier, Essigmesser, graduirte Röhre,
in welcher man eine bestimmte Quantität
Essig so lange mit Ammoniak von bestimm-
ter Stärke versetzt, bis er Lackmuspapier
nicht mehr roth, sondern blau färbt. Die
Menge des verbrauchten Ammoniaks ergibt
die Stärke des Essigs.
Aceton (Breneeeaig), entsteht bei trockner
Destillation essigsaurer Salze, farblos, brenn-
bar, mit Wasser n. äther. Oelen mischbar,
löst Harze , siedet bei 560 C, spec. Gh)w. 0,73.
Aeetam (lat.), Essig; acetiech, essigsauer.
Aeetylen, Kohlenwasserstoff im Leuoht-
SiBBf bildet sich aus Alkoholdämpfen in
lühhitze, 76 Th. Kohlenstoff, 85 Th.
Wasserstoff.
Achftery altgriech. Volksstamm im Pelo-
ponnes, von Thessalien her eingewandert;
bei Homer s. v. a. Griechen überhaupt.
Ach&moiideBy Name der aitp^rsischen
Dynastie, nach deren Bes^ünder wleAämcne«.
Acht — Actaea.
11
Aisht (£tum), geriohtliche AuMloflsiing
M» dem bürgerlicben Rechts- n. Friedens-
▼erbande, Tomehml. wegen Landfrledens-
bmchs Terbängte Strafe. Im AehUproaeu
(Processus banuitorias) erfolgte auf drei-
malige Vorladung die ÜnUradU, welche des
Angeklagten Vermögen mit Bescbiag be-
legte und seinen Frieden snspendirte, in-
sofern ihn Niemand Im Bannbexirke aof-
nehmen u. unterstützen, der Ankläger aber
ihn ergreifen und Vor Gericht Stollen durfte.
Blieb dieser Bann ohne Wirkung, so ward
vom König im Einvernehmen mit dem
Reichstag oder Fürstengericht die OberoiM
(Abtrucht), d. i. die ' völlige Fried- nnd
Rechtslos- oder Vogelfreierkl&rung , ausge-
sprochen und durch den uieAI«6rt^ bekannt
gemacht. Die BeiekMchi erstreckte sich
über das ganae Reich, die IxmdoiM bloss
anf den Bereich eines kaiserlichen oder
reichsständischen Landgerichts. ^
Aehtely 1) Getreidemass, in Frankfurt :=
1 Halter, in Oesterreich = >/t wiener Metie,
in Würtemberg = V4 Vierling; 2) Welnmass,
in Sttddeutschland Vt Tonne oder Mass;
8) Brennholzmass , in Preussen ein Haufen
Scheite 9" hoch, 8' breit.
Aehtelflchwenkung. milit. Schwenkung in
einem Winkel von 4oo.
Achter^ s. y. a. after, hinter, bes. in der
Seemannsspracbe üblich. [2948'.
Aehtemumnihohe 9 Berg im Oberhars,
AchtersteTeii (Eintersieven), s. Steven.
Achtliiigy Weinmass in Süddentschland,
= ^/n würtemberg. Eimer.
Aehtnbfty Mündungsarm der Wolga.
Aehtjrka, feste Kreisstadt im russ. Gonv.
Charkow, am FluMe A., 14,700 Einw.
Acfdtmetrie (lat.), Bestimmung des Ge-
Aeidun (lat.), S&ure. [balts einer Saure.
Aeinl dl Pepe (ital., spr. Atschini), PfeCfer-
kömer, Ital. Mehl- od. Pastawaareaus Neapel.
Aei-Beale (spr. Atschi), Hafenstadt in der
sicU. Prov. Catania, 84,100 Ew. Nahebei die
Grotte der Galatea u. die Höhle des Polyphem.
A^ker. s. Flächwmau.
Ackerbaluchiileii, s. Landtoirthach^^fUiehe
Lehranttalten,
Ackerdoppen, s. Knoppern.
Ackermann, Konrad JBmtt, Schauspieler,
geb. 1710 in Schwerin, suletzt seit 1765 unter
Liessings dramaturgischer Mitwirkung in
Hamburg thätig, wo er 18. Nov. 1771 +. Seine
Gattin, Sophie Charlotte Ä., geb. Bxereichelt
geb. 1714 in Berlin, f 14. Okt. 1793 zu Ham-
burg, durch ihren ersten Mann, den Or-
ganisten Bchrtider in Berlin , Mutter des be-
rühmten Schauspielers Fr, Ludto. Sehrüder,
war gleichfalls als Schauspielerin aus-
gezeichnet. Ihre talentvolle Tochter, C^r-
lotte A., geb. 1768, f bereits 8. Mal 1775.
Aekersehnecke (Garten- oder Brdsehnecke),
Limax agrestis L,, Schneckengattung aus
der Familie der Lungenschnecken, höchst
schftdlich, wird durch Enten, Eisenvitriol,
Ablesen, Schafmist' vertilgt und durch aus-
gestreut« Gerstengrannen von Gartenbeeten
abgehalten.
A eommddo (ital., Mus.), nach Belieben.
ieoaeagnay Gijrf'el der Andeskette in
Chile, 81,582', drltttiöohstor Berg Amerikas.
Danach benannt eine Prov. von Chile , 848
QM. mit 184,888 Ew. Hauptstadt : Sau-Felipe.
A eonditloa (fr., spr. Akondlssiong), auf
Bedingung (die Waare, im Falle sie nicht
verkauft wird, narücksenden zu dürfen),
besonders im Buchhandel gebräuchlich.
AeonitiBy Alkaloi'd aus Aconltumartan,
geruchlos, bitter und kratzend, löslich in
Wasser, Alkohol, Aether und Chloroform,
reagirt alkalisch. Mit Schwefelsäure erst
gelblich, dann violett; sehr giftig; of&cinell.
Aeonitum L, (EUenhut, Sturmhut, VenuS'
vagen), Pflansengattung aus der Familie der
Ranunculaceen, Giftpflanzen, besonders die
blaublühenden und unter diesen A. Stoer-
kianum Sehb, (neomontanum Wittd., Napel-
lus St»rk.), in Gebirgswäldem Europas, ent-
halten Aconitin.
A eonto (ital.), auf Abrechnung.
Acorus, s. Kalmus.
Acotta, Gabriel, Jüdischer Reformator,
geb. 1587 zu Oporto, streng katholisch er-
zogen, trat in Holland unter dem Namen
Uriel A. zum Judenthum über, f, von den
Rabbinern verketzert und verdammt, durch
Selbstmord 1647. .Jeine Selbstbiographie
(1687) , lat. und deutsch 1847. Dramatisch
behandelte seine Geschichte Gutskow.
A coiti (iUl.), dort, auf dortigem Platae.
A eonp perdu (fr., spr. a ku perdü) , aoft
Gerathewohl.
A couvert (fr., spr. a kuwähr), eingO'
Acqsy Stadt, s. Dax. [schlössen.
Acqul (lat. AquaeStatiellae), Stadt in der
ital. Prov. Alessandria, an der Bormida,
6884 Ew.: berühmte heisse Schwefelquellen.
Acqulrlren (lat.), erwerben; Äcquisüion,
Erwerbung.
Acqnit (fr., spr. Acki), Empfangschein,
Quittung ; jpour acquü oder par acquit
(pr. a.) , Quittungsformel auf Rechnungen,
Acre (St. Jean d*), s. Acca. [Wechseln etc.
Acre (spr. Ehkr), engl, und nordamerik
Flächenmass, = 4840 QYards. 80 A. =t 1
Yard of land. 1 A. = 4 Roods (Farthing-
deals); s. Fläehenmaes.
Act (engl., spr. Aekt), Besohluss einer Be-
hörde od. Staategewalt; A. o/Parliament, vom
Parlament gefasster u. von der Krone geneh-
migter Beschluss: A. o/ setUement, die von
König Wilhelm Ul. 1701 sanktionirte Suo-
oessloDsakte, durch die nach Annas Tode
das Haus Braunschweig-Lüneburg-Hannover
auf den engl. Thron berufen ward. Vgl. JA«.
Acte (lat.), Geschehenes, Insbes. amtliche
Verhandlungen, auch Titel von Zeitschrif-
ten und Sammelwerken, z.B.AShrtuUtorun,
Titel der ersten gelehrten Zeitschrift in
Deutechland, erschien 1788—82, 117 Qoart-
bände ; A. Sanetorun oder Martyrttm, Titel
mehrerer Sammlungen über das Leben und
die Thaten der Märtyrer und Heiligen (s.
Bollandisten) ; A. Apoitolorum, lat. Name der
Apostelgeschichte; A. POati, ein unterge-
schobener Bericht, den Pilatus an den
Kaiser Tiberius über die Verurtheilung Jesu
geschrieben haben soll.
Actaea L. (Ohriatophskrami), Pflanzengat-
tung aus der Familie der Ranunculaceen.
Adanson — Adelheid.
18
aalen, am Tannis, S0,000 Ew.; Stapelplati
Ewisehen Syrien nnd Klelnasien.
Admnson (spr. Adangsong), Miehd, frans.
Naturforscher, geb. 7. April 1787 su Aix In
der Provence, bereiste 1748 — SOSeoegambien,
5S. Ang. 1806 EU Paris-. .Histoire naturelle
e S6n6ga]' (1757, 8 Bdt.) u. ,Tamilles dei
plantes* (17^, 8 Bde.).
Adansonia, s. Jffeiü>rodbaum,
Adaptlren (lat.), anpassen, anbequemen.
Adftrmey span. €rold- u. Silbei^e wicht, =
5811/1« holl. As=:l,8 Gramm. 188 A. = 1 Blark.
A dato (lat.), Tom Tage der Niederschrift
oder (auf We<m8eln) der Ausstellung.
Ad €aleiidu Qraeeas, lat. Redensart: an
den grlech. Kaienden, d. h. niemals, weil die
röm. BeEeichnung der Kaienden den Griechen
anbekannt war.
Adda (lat. Addua), schiffbarer Nebenflnss
des Po, entspr. in den Alpen am Wormser
Joch, durchfliesst den Oomersee, mündet
bei Rettino, S5 M. Hier 11. Okt. 490 Sieg
derOstgothen unter König Theoderich ftbto
die Heruler unter Odoaker.
AddaXj Antilope in Nublen u. Aethlopien,
erscheint unter den Hieroglyphen, ihre Hör*
ner an der Stirn &gypt. Gottheiten.
Addictio (lat.), Zuerkennung, Zusprechung.
Addlngton (spr. Aeddingtn), s. Sidmwth,
Addison (spr. Aeddisn), Joseph, engl. Ge-
lehrter u. Dichter, geb. 1. Mai 1678 eu Milston
in Wlltshire , f als Staatssekret&r 17. Juni
1719. Mitarbeiter an der Wochenschrift ,The
Bpectator' (s. Beiträge deutsch von Augustin,
1866), Verf. des Trauerspiels ,Gato* (171S)
und der ,£vidence of the Christian raligion*.
Werke, berausgeg. von &reene 1854, 6 Bde.
Vgl. Aihin, .Life of A.*, 1843, 8 Bde.
Additlonu (lat.), ergäuEend, Eus&tElich.
AddUionälakte, ZusatEakte, GesetE v. 88. April
1815, Ton Napoleon I. bei seiner Rückkehr
Ton Elba In der Form eines ZusatEes eu
den Konstitutionen des Kaiserreichs erlassen,
modiflcirte die Verfassung des Kaiserreichs
im Sinne der Charte Ludwigs XVm., be-
willigte eine erbliche Pairs- und eine De-
pntirtenkammer mit 5J ähriger Wahlperiode.
Adduktoren O^t.), Muskeln, welche ein
G-lied des Körpers gegen dessen Mittellinie
binEiehen.
A d^conrert (fr., spr. a dehkuwähr), un-
bedeckt; in der Börsensprache s. y. a. auf
Lieferung.
Adel, bevorsugter Geburtsstand, der sich
in allen europäischen Ländern mit Ausnahme
Norwegens und der Türkei findet. Bei den
germanischen Völkern ursprünglich nur ein
auf Tüchtigkeit beruhendes Anrecht gewisser
Familien auf die Häuptlingschaft, wesentlich
Terschieden Ton dem späteren Feudaladel.
In Deutschland bildeten die BesitEer reichs-
unmittelbarer, d. h. nur Tom König ab-
hängiger Güter den hohen oder Beichiadel,
EU welchem die Ersbischöfe, Bischöfe, Her-
EÖge, Mark-, PfalE- u. Landgrafen u. Grafen
gehörten. Sie übten innerhalb ihrer Be-
sitEungen landesherrliche Regierungsrechte
aus und hatten als Reichsstände SitE und
Stimme auf den Reichstagen. Die Besitser
solcher Güter dagegen, welche von einem
andern, aalbst unter dem Kön^ stehenden
Lehnsherrn rerllehen waren, geh5rten
dem niederen oder landeUetigen A. an.
Eine Mittelstellung nahmen die Reichsfrei-
herren oder Reichsritter ein. Indem ihnen
gewisse Herrschaftsrechte eingeräumt wa-
ren. Nach England kam das feudale Adeis-
wesen durch die normannische Eroberung.
Der hohe A. stuft sich hier ab in Her-
EÖge (Dukes), Marquis, Grafen (Baris),
Visoounts und Barone , übt aber keine Art
landesherrlicher Rechte ans und hat nnr
das politische Vorrecht, dass die HInpter
seiner Geschlechter gebome Mitglieder des
Oberhauses sind. Der niedere A. (Gentry)
begreift die Baronets, Knights u. Esquires,
welche ihrem Taufnamen den Titel Sir vor-
setEen. Vgl. Onetat, ,A. und Ritterschaft
in England*, 1853. In Frankreich gab es
bis Eur Revolution von 1789 ebenfiBüls hohen
und niederen A. Ersterer umfasste die sogen.
Pairs de royaume, die aber keine landes-
herrlichen Rechte ausübten. Nachdem durah
die ReTolution 4. Aug. 1789 der A. als be-
sonderer Stand aufgehoben worden, schuf
Napoleon 1. 1806 u. 1808 einen neuen A., lum
Theil mit Mi^on^ten, deren Errichtung aber
durch GesetE von 1835 wieder 'verboten ward.
Die Adelsklassen sind: Prlnce, Duc, Mar-
quis, (üomte, Vicomte, Baron, Chevalier,
Seigneur de. Die Noblesse de la rohe bil-
deten vor der Revolution die Mitglieder der
Parlamente. In Schweden und Dänemark
gibt es keinen hohen A. In Spanien bilden
die Granden den hohen, die Hidalgos den
niederen A. Auch in Italien bestehen beide
Klassen, ebenso In Russland, Böhmen nnd
Polen, sowie in Ungarn. Den orientalischen
Reichen ist das Adelswesen fremd. Vom
Geburtsadel unterscheidet man den erst
neuerlich verliehenen Bri^adel, sowie den
nur an die Person des Beliehenen geknüpften
Psraonencidel , der, wenn mit einem Amt
oder einer Würde verbunden, Verdienetetdel
(Russland) heisst. Vgl. ßtrane, ^Geschichte
des deutschen A.s*, 1845; Liebe, ,Der Grund-
adel und die neuen Verfassungen*, 1844.
Adelaer, eigentl. Gort Biverteea, berühmter
Seeheld, geb. 16. Dec 1688 eu Brevig in Nor-
wegen, trat, nachdem er in holländ. und
venetian. Diensten gestanden , 1661 als Ad-
miral In dänische Dienste, f 5. Nov. 1675
in Kopenhagen.
Adelaide^ Hauptstadt der engl. KolonieSüd-
australien, am Torrensfluss, unweit dessen
Mündung, 1836 g^^ndet, 1866 mit 83,500
Ew. Den Hafen bildet P»r< A., mit 8500 Ew.,
seit 1845 Freihafen. *
Adelaide 9 Eugenie Adelaide Louite, Made-
moiselle d'Orldans, geb. 85. Aug. 1777,
Tochter des Hersogs Ludw. Phil. Jos. von
Orleans (Egalit6), Schwester des Königs Lud-
wig Philipp, hielt sich während der Revolu-
tion im Ausland auf, stand dann ihrem Bruder
als Rathgeberln Eur Seite, f 81. Dec. 1847.
Adelbodenthal, Bergthal Im Kanton Bern,
von der Engstlen durchflössen.
Adelbonden 9 freie Bauern in Holstein.
Adelgutkeh, ostind.GoIdmünEe, etwa6 Thl-
Adelheid, Heüige, geb. 938, Tochter des
Adler — Adönis.
16
▼•rlireit«t, in hfthflm bewaldeten Gkbii^gen.
Die grösseren sind., bei uns Stand- oder
StrIehTögel, die kleinem wandern. 8 8ip-
vutk : 1) Bda- oder Steinadler, Aqnila £ri9$, ;
Gold- oder Steinadler, I^leo oltryiaStos L.,
Aqnila fttlya Wol/, in den warmen nnd ge-
mässigten Gegenden der alten Welt, S', klaf-
tert 8. Sohwarabranner oder gemeiner ▲.,
Kaiser- oder Königsadler, Valco melanaStos
L,, A. imperialis BtcJuL, ebendaselbst, 2>/i
bis 8', klaftert 9*. Gefleckter oder Schrei-
adler, TaiconaerinsX., A. macnlata ^eft«!..
Im nördl. Europa nnd Asien, 8', klaftert
fast 6'. f)8€9adUr, HallaStns iSov. ; See- oder
Meeradler, grosser Ilschadler, Falcoalbicilla
L,, H. ossifragns Sov., in Nordenropa , 8' 4*^,
klaftert 8'. Welsskftpflger Seeadler, H. lenco-
oepbalaSov., Faleo leneooephalnsX. in Nord-
enropa nnd Nordamerika, etwas kleiner als
Toriger. 8) FUehadUr, Pandion Sa».; Tlnss-
adler, FischMur, Kntenstdsser, Blanftass,
Weissbaneh , P. ballaStns 8ap., Falco h. L.,
im Norden beider Kontinente, in Dentsch-
land als Zngrogel, iy»*, klaftert 6'. Knrs-
aehlger Schlangenadler, C bracbvdaetylns
VieiU; Valco galllons Om., in Sudenropa,
2y$*, Harpyle, F. erlstatns L, , Harpyla
destmetor Tmm,, in Amerika, grösser als
der Bartgeier. [münae. =: 10 Dollars.
Adler 9 Eagle, nordamerikanische Gold-
Adler«renta. Karl Joh,, Orof, schwed.
(General, geb. 27. April 1757, focht im schwe-
disch-mssischen Kriege von 1808, war bei
der Entthronung des Königs GnstarlV. mit
tbitig, 1818 Chef des schwedischen Gene-
ralstabs in Dentschland, befehligte 1814
in Norwegen, ward in den Grafenstand er-
hoben, t >!• -Avg. 1815.
Adlerholiy Nutshol&Ton Aqnilarla malac-
oensis Lam,, A. ovata OenNsi., in Ostindien,
dient anch anm Fftrben n. B&uchem. Aach
s. T. a. AloBhola.
Adlerordea, UkmoTHir, 1701 Tom König
Friedrieh I. von Prenssen gestiftet, höchster
Orden des preuss. Staats, eine Klasse; De-
▼iset Snnm cuiqae (Jedem das Seine); ro<A«r,
am 1705 vom Erbprinaen Georg Wilhelm yon
Bairenth gestiftet, 1791 Eum swelten Orden
der prenss. Monarchie erhoben, 4 Klassen;
Devise: Sincere et constanter (aufHohtig nnd
standhaft); ^otinvTf rnss. Orden, 1821 yon
Wladislaw IV. von Polen gestiftet, 1815 sn
Bnssland rerliehen; Devise: Pro nde, rege
et lese (für Glauben, König und Gesets).
Adleniparre. Otorg , Oraft schwed. Ge-
neral , geb. 28. Mära 1760 In Jemtland in
Schweden, nahm bedeutenden Anthell an
Gustavs IV. Entthronung, ward 1810 Lan-
deshauptmann von Skaraborgl&n, f 23. Sept.
1885. Sehr. ,Handlingar rörande Sveriges
äldre och nyare historia* (1880— 8S, 9 Bde.).
IdlentelB« ( Oeo(ien,^»««n,jnapjMr«t«<ne),
hohle Tbonelsenstelne mit einem losen Kern,
bei MntEschen in Sachsen, Bilin und Tepllts.
Ehedem Gegentt&nde des Aberglaubens.
Ad libitum (Ist.), nach Belieben, in der
Mnaik nach eignem Gefallen schneller oder
langsamer. [bessern Umst&nden.
Ad meliorein (näml. fortunam, lat.), so
Admetu, Sohn des Pheres, thessalisoher
Ffint, Thellnehmer am Argonantensog, Oa»
mahl der Aloeste.
Adminiettlnm (lat.), Hölfsmittal; a. mHa«,
Gnadenmittel; o. probationU, bei Beweis-
führung Unterstntsender Gmnd.
Admutlitrlrem (lat.), verwalten; .ddmlni-
«IraHon, Staatsverwaltung im Gegensats i.
Rechtspflege. Ädminisirator , Verwalter.
Admuml (tt. amiral, v. arab. Amir-nl-ma,
Befehlshaber des Wassers), Oberbefehls-
haber einer Flotte, befehlieft das Gros, der
Viceadmiral die Vorhut, der (hfUrtmdmiral
die Nachhut. Der A. hisst seine Flagge am
grossen Mast, der Vioeadmiral am Fook-,
der Oontreadmiral (engl. Bear-A.) am Besan-
mast. AdmiraUtäi, mit der Verwaltung der
Marineangelegenheiten beauftragte Behörde;
AdmiräUOiMtriekt, (Bericht ikber Oontre-
bande snr See, Prisenangelegenheiten eto.
Admiral (Vanessa Atalanta L.), schöner
Tagschmetterling Deutschlands.
Admlralit&tainieliiy Inselgruppe im NO.
von Neuguinea, von Negritos bewohnt.
Admlrantenlnaala , s. Jmiranten,
Ad modnm (lat.), nach Art und Welsiw
Admonition (lat.), Erinnerung, ^«rmahnnng,
AdmOBty Marktflecken in Steiermark, an
der Ens, nördl. von Jndenburg, 880 Ew.;
dabei berühmte Benediktinerabtei (1074 gegr.,
1885 niedergebrannt). Vgl. .^Vidk«, , Geschichte
des Benediktinerstifts A.*, 2. Aufl. 1859.
Ad BOtam (lat.), snr Vormerkung (nehmen).
Ad oenloa (lat.), vor Augen; o. o. desion-
ttriren, etwas augenscheinlich erkl&ren.
Adolf) 1) A, von Nassau, deutscher König,
geb. swischen 1250 u. 1255, Sohn d«»« Grafen
Wallram von Nassau, ward 10. Mai 1292
Eum deutschen König gfew&hlt u. 24. Juni
SU Aachen gfekrönt, suchte sich Melssen nnd
Thüringen als Hausmacht su erwerben, ward
deshalb 28. Juni 1298 abgesetzt u. fiel (2. Juli
1296) bei Gtollheim im Kampf gegen seinen
Nachfolger Albrecht von Habsburg. Vgl.
JSnnen, ,Die Wahl des Königs A. von Nassau
1298< (186^. — 2) A. FrMirieh, Hersog von
Holstein- Gottorp, König von Schweden, geb.
14. Mai 1719, Sohn Christian Augusts, Admi-
nistrators der holstein-gottorpschon Lande,
und Bischof von Lübeck, ward 1748 durch
RusslandsEinfluss sum schwedischen Thron-
folger gewählt, succedirte 5. April 1751, f 12.
Febr. 1771. Sein Nachfolger war sein Sohn
Gustav lU. — 8) Wilh. Aug. Karl Friedr, A.,
Hersogvon Nassau, geb. 24. Juli 1817, folgte
«einem Vater, demHeraog Wilhelm I., 20. Aug.
1889 in der Regierung u. dankte 1866, nach Be-
setsung des Herzogth. durch die Preussen,
gegen elneAbflndungssumme v. gegen 9Mill.
Thlr. ab. [schliesslich für Gott gebraucht.
Adonll (hebr.), Herr, von den Juden aus-
AdönlSy nach der grieoh. Mythe Sohn de*
Cjpriers Cinyras und dessen Tochter Myr-
rhe, aus einem Myrrhenbanm geboren, in
welchen letstere verwandelt worden war,
schöner Jüngling, gleichseitig Aphrodite*
und Persephones Geliebter, sollte nach
Zeus Entscheidung abwechselnd bei der
letsteren in der Unterwelt nnd bei der
ersteren auf der Oberwelt leben; bedeutet
den im Winter sterbenden nnd im Früh-
Adyton — Aegypten.
17
Adfton (gr.)> s* Tempel.
Aeacng (gr. Myth.), König ^on Aegina,
Beherrscher der Myrmidonen , nach seinem
Tode einer der drei Richter in der Unter-
veit. Zu seinen Nachkommen (Aeadden)
gehört Achilles.
Aedilen (lat.), Magistratspersonen Im alten
Rom, 493 v. Chr. eingesetzt, zugleich mit
den Tribunen, wie diese aus der Plebs ge-
wählt (Aedihe pUbeji) und mit der Leitung
der öffentlichen Spiele, der Aufsicht über
die öffentlichen Oebäude u. der Strassen-,
Harkt- und Sicherheitspolizei betraut, ur-
sprünglich zwei, zu welchen 888 t. Chr. zwei
Aedilei curules u. 44 y. Chr. unter Cäsar zwei
Aedüe» eerealea zur Beaufsichtigung der
Yerproviantirung der Stadt hinzukamen.
AedilitcU, das Amt der A.
Aedon (gr. Myth.), Tochter des Pandarens,
Gemahlin des Königs Zethus, tödtete aus
Verblendung ihren Sohn Itylos, ward dafür
von Zeus in eine Nachtigall yerwandelt.
Aedner, Volk in Gallien, zwischen der
Loire und Saöne, den Kömern, fireundlich.
Hauptstadt Bibracte, J. Autun.
Aeetes. König Ton Kolchls, Sohn desHelios
und der Perseis, Vater der Medea und Hüter
des goldnen Vliesses; s. ArgonatUeneug.
Aj6g% (gr. Myth.), Tochter des Olenus,
ernährte mit ihrer Schwester den Jungen
Zeus; Ton diesem als Capeila (Ziege) unter
die Sterne versetzt.
Aegadlsche Inseln (Aegatn, Aegusae), In-
selgruppe an der Westspitze Siciliens. Die
grössten; Favignana, Levanzo, Maretimo.
Hier 841 t. Chr. Sieg der Römer unter
liUtatius Catulus über die Karthager, der
den ersten pun. Krieg beendigte.
A^iisclies Meer, s. ▼« a. Archipelagus.
Aegerly Thal Im Kanton Zug, mit dem
1 St. langen Aegerüee , den die Lorze mit
dem Zugersee verbindet.
Aegeui, Sohn des Pandion, König von
Athen , Vater des Thesens , stürzte sich aus
Trauer über dessen vermeintlichen Tod
in das (vach ihm genannte) ägäische Meer.
A^de (gr.), der von Hephästus ge-
schmiedete Schild des Zeus u. der Athene;
bildlich für Schutzwehr.
Aegilops Walch (Ziegenauge), Pflanzen-
gattung der Gramineen; A. ovata, in Süd-
europa, dem Weizen ähnliche Getreideart.
Angina (Engia), griech. Insel im saro-
nischen Meerbusen (Go^f v. A.), 1,5 QM.,
60OO Ew., mit der Stadt A., SOOO Ew. Im
Alterthnm weit bevölkerter u. durch Schiff-
fahrt und Handel mächtig; seit 457 v. Chr.
den Athenern zinsbar. Hauptsitz und
Pflanzschule der sogen, äginetitchen Kunst,
der griech. Kunst vor Phldias, von der
wichtige Ueberbleibsel in den berühmten
Skulpturen des Minerventempels zu A. (um
490 V. Chr. entstanden., 1811 ausgegraben,
jetzt Im Aeginetensaale der Glyptothek zu
München befindlich) erhalten sind. Tech-
nisch vollendeter, aber herber Naturalismus.
Aegisthns. Sohn desThyestes und dessen
eigener Tochter Pelopia, verführte während
Agamemnons Abwesenheit dessen Gattin
Olytämnestra und war ihr zur Ermordung
Meyer 3 Hand -Lexikon*
des Gatten behülflich; ward später von
Orestes ermordet.
Al^giiim (a. G.), Stadt in Achaja, am Se-
linus; in späterer Zeit Versammlungsort
des Achäerbundes. Jetzt Vostizza.
Aegospotamos (a. G.), Flüsschen u. Stadt
im thracischen Chersones. Hier 405 v. Chr.
Seesieg des spartan. Feldherrn Lysander
über die Athener.
Aegjpten (bei den Arabern und Türken
M(ur, hehr, MiMraim), der nordöstlichste Theil
Afrikas zwischen der libyschen Wüste und
dem arab. Meerbusen, oder das untere Stu-
fenland des Nil, im Alterthum ein selbst-
ständiges Reich und Kulturland, Jetzt Vice-
königreich unter türk. Oberhoheit; etwa
6000 QM. Zu beiden Seiten des tiefeinge-
senkten, >^— 8 Meilen breiten Nilthals (von
Assuan bis unterhalb Kairo) kahle n. öde
Wüstenplateaus: rechts das steil ansteigende
arabische (mit dem 6800' hohen Dschebel
Gharib am Meerbasen von Suez) , Jjnks das
sanfter abfallende libysche Felsplateau ;
beide von Einschnitten und Schluchten
durchsetzt, die östl. zum rothen Meer (Thal
zwischen Kenneh und Kosseir das ki^este),
anderntheils zu den östl. Oasen der Sahara
führen (z. B. Thal von Fayum mit dem See
Birket el Kemn). 8 Meilen unterhalb Kairo
beginnt das 4ßO QM. grosse, ganz ebene
Delta, wo sich der Strom in 2 (ehedem 7)
Arme tbeilt. Zahlreiche Kanäle dazwischen
(Mahmuhdieh-Kanal, von Atfeh nach Alezan-
dria, seit 1819). An der flachen Meeres-
küste 5 Lagunen, die westlichste der Birket
Mariut (Mareotis), die östlichste der Men-
saleh. Das Thal und das Delta des Nil,
zusammen etwa 600 QM., ist der eigentlich
kulturfähige und produktive Theil A.s in
Folge der Nilüberschwemmungen (höchster
Stand zu Ende Sept.) , die durch Schleussen
und Kanäle regulirt werden (merkwürdig
darunter besonders der alte, 85 M. lange Jo-
sephskanal). Geognostisch S Regionen : Gra-
nitr^on (von Philä bis Svene), Sandstein-
region (von Syene bis Edfu), Kalksteinregiou
(der nördliche Theil). KlivM äusserst kon-
stant. Mittlere Temperaturen:
Wint. Frühl. Som. Herbst
Oberägypten: 18» 35o 40© SOOC.
Mittelägypten: 15« SO« 350 850C.
Unterägypten: 18« 87» 320 190 C.
Regen selten (inKairo Jährl.nur l,5par.ZolI,
jährl. 18 Regenfillle). Sduptprodukte des
Landbaues (S Ernten) : Weizen , Mais, Tabak,
Südfrüchte, Oliven, Krapp, Safran, Zucker,
bes. aber Baumwolle, Indigo, Reis (im
Delta 80fAltiger Ertrag). Erdöl und Schwefel.
Im Thierreich: Esel und Maulesel, Dro-.
medare (keine Kamele), Krokodile (häufig
im Obern Nil), Ichneumone, zahllose Wasser-
Vögel, bes. Flamingos, Pelekane und Ibis;
Hühner (in Brutöfen ausgebrütet). Be-
völkerung etwa 4 Mill. (einst viel stärker),
vorherrschend Fellahs (Bauern, wahrscheinl.
Nachkommen der altägypt. Landbevölke-
rung, zum Theil gemischt mit Arabern^,
Araber (theils Beduinen, thoils Ackerbauer),
Kopten (d. h. jakobitisphe Christen, etwa
150,000, meist in Oberägypten, zum Theil
2
Aegypten.
19
(1655^1826) erhoben sich grossartige Bau-
ten, deren Beste noch yorhanden sind.
Die ruhmreichste Dynastie ist aber die
19. (1326—1188), welcher Seihoal, n^Batiuea II.
(yon Herodot unter dem Namen Sesostris als
Eine Person aufgeführt) angehören. Ersterer
drang erobernd bis nach Assyrien u. Medien,
letzterer nach Libyen und Aethiopien vor,
und beide brachten ungeheure Beute zu-
rück. Beide Könige unternahmen auch im
Innern grosse Reformen und verewigten
ihr Andenken durch grosse Bauten (Tempel
▼on Karnak und Kuma). Unter Ramses It.
fallt nach Liepsius die Geschichte des Moks,
aber erst unter seinem schwachen Nach-
folger Menephthe» (Pheros) yerliessen die
Israeliten das Land. Die 20. Dynastie be-
ginnt mit Mamst» III. (Rhampsinitos) , der
wieder in Asien erobernd eindrang. Seine
Nachfolger geriethen in Abh&ngigkeit yon
der Priesteraristokratie, welcher die Könige
der 21. Dynastie selbst angehört su haben
scheinen. Sesonehis I., der erste König der
22. Dynastie, der Broberer Palastinas und
Jerusalems, hielt den Verfall des Reichs
nicht auf, welches mit dem Schlüsse der
24. Dynastie yon dem &thlop. Herrscher
Sabakon (Sebiohos) erobert ward, dessen
Nachfolger die 25. Dynastie (719—679) bilden.
Der letzte derselben, Tarakos (im A. T.
Tirhaka), kehrte freiwillig nach Aethiopien
zurück und verbreitete daselbst ägyptische
Kultur. Es folgte in A. eine revolutionäre
Epoche, die DodekarchieHerodots, der durch
AommettcAu« 7., den Gründer der 86. Dy-
nastie (670—616), ein Ende gemacht ward.
In Folge des lebhaften Verkehrs mit dem
Auslande, namentl. mit den Griechen, denen
man Zutritt yerstattete, begann eine neue
Blütheperiode, die aber nach kaum andert-
halb Jahrhunderten mit der Eroberung A.s
durch den Perserkönig Qambwt» (525 v.Ohr.)
endigte. A. blieb bis 405 eine Provinz
Persiens, war dann wieder unabhängig,
bis es 840 zum zweiten Male von den Per-
sem unter Ochus erobert ward. 882 ward
es eine leichte Beute Alexander« d. Gr.
und blieb macedonische Provinz, bis Pto*
lemäus Lagi 805 den Königsthron von A.
bestieg. Unter der Herrschaft der licltmjdeT
ward die nationalägyptisohe Kultur durch
die eindringende griech. verdrängt und
Alezandria der Mittelpunkt griechischer
Gelehrsamkeit. Doch zeigen die Tempel-
bauten von Dendera, Theben, Edfu, Philä
etc., die aus dieser Zeit herrühren, im Gan-
zen noch die altägypt. Formen. Nach der
Schlacht bei Actium (30 v. Chr.) ward A.
dem röm. Reiche einverleibt, dessen Korn-
kammer es fortan war. Das Christenthum
fand schon im 1. Jahrh. n. Chr. Eingang und
rasche Verbreitung. Das Asceten- u. Mönchs-
wesen nahm von A. seinen Ausgang, u.^ Ale-
xandria ward der Schauplatz der heftigsten
Kämpfe um das christl. Dogma. Seit 895
dem oström. Reiche zugehörig, theilte es
dessen Schicksale, bis es 638 von Amm, dem
Feldherm des Khalifen Omar, erobert ward.
Mit arab. Bevölkerung, der die eingebore-
nen Kopten unterlagen, drang der Islam ins
Land ein, womit die letzten Reste altägypt«
Kultur verschwanden. Unter den Khalifen
aus den Dynastien der Omajjaden u. Abbasi-
den verwalteten Statthalter das Land, von
denen einzelne sich zu unabhängigen Herr-
schern aufschwangen. 969 machte sich der
Khalif Molzz - eddiun - Bläh , aus dem Ge-
schlecht derFatimiden, zum Herrn des Lan-
des u. gründete 970 Zatro. Unter seinen Nach-
folgern gerieth das Land in immer tieferen
Verfall. Unter Addad, dem letzten der
Fatimiden, drangen die KrenzfSfthrer unter
Guido V. Lnsignan bis Kairo vor. Nureddin,
Herrscher von Aleppo in Syrien, sandte
ein Hülfsheer unter dem Kurden Saladin,
welcher den Khalifen Addad stürzte (1171)
und die Dynastie der Ejubiden begründete.
Unter Malek-el-Salek landete (1248) Ludwig
der Heilige von Frankreich bei Damiette,
siegte über Jenen , erlag aber dessen Nach«
folger Turan-Schah, der darauf durch die
Hand des Anführers der Mamluken (1250)
fiel. Damit begann die greuelvolle Herr-
schaft der Mamluken unter selbstgewählten
Sultanen, deren binnen 268 Jahren 47 unter
Mord und Gewaltthat auf einander folgten.
1517 schlug Selim L, Sultan der Osmanen,
die Mamluken und übertarug dann die Ver.-
waltnng des Landes 84 Mamlukenbeis, die
von einem Divan überwacht wurden. 1771
empörte sich Ali, einer dieser Beis, gegen
die Pforte und Hess sich von dem Scheriff
von Mekka zum Groessultan von A. ernen-
nen. Nach seinem Sturz (1773) ward daa
Ansehen der Pforte nominell wieder her-
gestellt. 1798 eroberten die Franzosen unter
Bonaparte das Land; nach deren Abzug
(1801) kam es wieder unter die Herrschaft
der Pforte, die 1806 Mehemed-Ali zum Pascha
und Statthalter von A. ernannte.
Mit diesem begann eine neue Epoche für A.
Er vernichtetedie Mamlukenbeis, machte sich
zum unumschränkten Herrn des Landes u.
unterwarf 1820—88 Nubien, Sennaar und
Kordofan seiner Herrschaft, organisirte sein
Heer nach europäischer Weise, baute eine
Flotte, hob die materielle Kultur des Lan-
des, steigerte aber den orientalischen Des-
potismus durch Anwendung civilisatorischer
Massregeln aufs Aeusserste. Er entriss 1888
Syrien der Pforte und erhielt durch den
Frieden vonKiutahia (4. Mai 1833) die Statt-
halterschaft dieser Provin^ Der Argwohn
der Pforte gegen den machtigen Vasallen
führte zur Erneuerung des Kammes , in
welchem (84. Juni 1839). das türk. Heer bei
Nisib geschlagen ward. Die Quadrupel-
allianz der europ. Grossmächte vom 15. Juli
1840 kreuzte die weiteren Eroberungspläne
des von Frankreich begünstigten Siegers,
der sich darauf dem Sultan wieder unter-
warf. Ein von den 5 Grossmächten garan-
tirter Batti-Scherif vom 13. Febr. 1842 re-
gelte das Verhältniss des Lehnstaats A.
zur Pforte. Aber die schonungslose Aus-
beutung des durch die Kriegsleistun^n er-
schöpften Landes ruinirte dasselbe vollends.
Als Stellvertreter des in Geisteszerrüttung
verfallenen Meliemed-Ali ward (Juli 1848)
dessen Sohn Ibrahim- Pascha von der Pfvrto
2*
20
Aegyptische Augenentzündung — Aeolier.
bestätigt und nach dessen Tode (10. Nov.
1848) Abbas-Pascha, ein Enkel Mehemed-
Alis, als Regent eingesetzt. Derselbe reda-
cirte Heer nnd Flotte und Hess die CiTili-
sationspläne seiner Vorgänger fallen. Sein
plötslicher Tod (IS. JuU 1854) hatte die Er-
hebung Satd'Buchaa, eines Sohnes Mehe-
med-Ails , zur Folge, der sich die Hebung
des Landes angelegen sein Hess, aber den
zerrütteten Finanzen nicht aufisuhelfen ver-
mochte. Ihm folgte (18. Jan. 186S) sein Neffe
Ismail' Biseha, ein Sohn Ibrahim-Paschas.
Nachdem unter Yemdttelung Napoleons m.
durch einen Vergleich mit der Pforte (Sept.
1864) die streitige Frage des ßunkcmaXbaaea
ihre Erledigung gefunden, wurden die Arbei-
ten energisch fortgesetzt u. 1869 nahezu toII-
endet. Den zerrütteten Finanzen sollte eine
repräsentatiTe Verfassung aufhelfen, u. so
trat 18. Not. 1808 die erste ägrpt. Notablen-
▼ersammlung zusammen. Durch grosse
Ctoldopfer setzte Ismail-Pascha bei der Pforte
dieAenderung der Thronfolgeordnung durch,
-wonach die Herrschaft fortan in direkter
Linie erblich sein soll, u. erhielt den offl-
ciellen Titel Vicekönig (Khediye).
Seit Sept. 1867 verlautete es von Forderun-
gen Ismail'Paschas an die türk. Regierung,
die auf Erlangung einer grösseren Selbststän-
digkeit, Herabsetzung des Tributs etc. hinaus-
liefen. Dem gegenüber forderte die Pforte
(Sept. 1869) Reduktion der ägvpt. Armee auf
18,000 Mann, Ablieferung der EUnterlader u.
Panzerschiffe an die Pfbrte,Jährl. Vorlegung
des ägypt. Budgets, Verkehr des Vicekönigs
mit europ. Mächten nur vermittelst der Ge-
sandten des Sultans etc. Nach längeren
Verhandlungen, die durch die feierliche
SrÜffnunff des ßutxhandU (17. Nov. 1869)
kaum unterbrochen wurden, fugte sich
der Khedive wenigstens scheinbar diesen
Forderungen. Vgl. über die Alterthümer
A.s: ,D6scription de PEgypte* (durch Na-
poleons Expedit, veranlasst), 1809—18, neue
Aufl. 1821—80, 26 Bde., dazu 18 Bde. Tafeln ;
Lepsius, ,DenkmälerS 1849—60, 12 Bde.;
Brugach, ,Recueil des monuments*, 1862—66,
4 Bde.; UhUmannf ,Aeg7pt. Altertbums-
kundeS 1856—58, 4 Bde.; femer die Werke
T.JoilonjW (1750-52), Prüchard{\%m, Oham-
polUon (1823-26), WilHnson (1841), Sharpe
a868), IHbnichen (1864-66), Beauregard (1866),
Zeemana (1866), Mariette (1866). Die gegen-
wärtigen Zustände schildern (ausser den
Beisebeschreibungen von Fbcocke, Korden,
2fte»uhr, I>enon,Burckhardt, Beitoni, Caülaud,
Shrenberg, Minutoli, Parthey, Büppdl, Buss-
egger, LepHus u, A.) : Lerne, ,An account of
the manners etc.*, 1836—42, 2 Bde.; deutsch
^f^ ^^""'^'^^^ 1856, 8 Bde.; v. Kremer,
,A. , 1863, 2 Bde. Die Geschichte behan-
Ä«5»; ^^'^^ (1849), Bunsen (1854), Brugsch
^^^'•mi^^^J^^)' ^^"^ (1^63). Vgl. Jolo-
«<«, ,Bibhothecaaegypt.S 1858-61; LepHus
^A f !^^ifi?' .Zeitachr. für ägypt. Sprache
'»^^^^erthumskundeS 7. Jahrg. 1869.
«lo *5?,-r*^?® Augenentzfindmig, Ophtbal-
Tita^ i^-"^" *• contagiosa, epidemische
^?.f^Jf;*2«ndung, angSblich durch franz.
Aruppen aus Aegypten nach Europa ge-
bracht, besteht in der Einlagerang eigen-
thümlicher Kbrnchen in das Gtowebe der
Bindehaut der Augenlider und kann in 8
bis 8 Tagen das Auge zerstören. Durch Iso-
lirung der Kranken zu bekämpfen. Vgl.
die Schriften von Gräfe, 1883; BUe. 1836:
Jäger, 1840; Quh, 1850.
AegyptiMher Kanon, das Proportionsge-
setz, wonach die Höhe des menschl. Körpers
7mal die Länge des Fusses betragen soll.
Aegyptolog (jgT.)i Kenner der ägyptischen
Alterthümer.
Aegyptu, Zwillingsbruder des Danans,
erster Eroberer Aegyptent, das von ihm
den Namen 'erhielt.
Aehre, spica, Blüthenstand mit vielen un>
igestielten oder kurzgestielten Blüthen an
gemeinsamer Spindel.
A. £• I* O. Ü.« abbr. für ,Austriae Est
Imperium Orbis ijniversi* oder ,Alles Erd-
reich Ist Oesterreich Untertban*, Wahl-
spruch mehrerer deutschen Kaiser.
Aelilniu, 1) A., der Taktiker, altgriech.
Kriegsschriftsteller, lebte um 98—138 n. Chr.
zu Rom. Werke herausgeg. von MOÜer
(1845), mit Uebers. von Köehly u. BiUtow
in ,Griech. Kriegsschriftsteller* (Bd. 2, 1855).
— 2) Claudius A., der Bophitt, aus Präneste,
lebte um 180 n. Chr., sehr in griech. Sprache
,Vermischte Erzählungen* (herausgeg. von
Koray 1805); ,Ueber die Natur der Thiere*
(herausgeg. von Jacchs 1831, 8 Bde.). Werke
herausgeg. von Eeroher (1868).
Aelst, Stadt, s. AaM,
Aemilliu Fftnlus, 1) römischer Konsul,
fiel im zweiten punischen Krieg bei Canna
216 V. Chr. - 2) L,, Sohn des Vorigen, mit
dem Beinamen Jlfac«(2oii<cw«, Konsul 188 und
168 V. Chr., schlug bei Pydna (168) den
macedonischen König Perseus, f 160. Vgl.
Qerlach, ,Perseus von Macedonien nnd L.
Aemilius Paulus*, 1857.
Aeneas, l) Sohn des Anchises und der
Aphrodite, trojanischer Held, floh ans dem
in Trümmer sinkenden Troja und kam nach
langen Irrfahrten nach Italien , wo er sich
am Tiber im Gebiete des Königs Latinns
niederliess und mit dessen Tochter Lavinia
vermählte. Sein Sohn Aer^a» Sylvius ward
der Stammvater der Könige von Alba longa,
der Mutterstadt Roms. Vergl. Klausen, ,A
und die Penaten*, 1839—40, 2 Bde. — 2) A."
der Taktiker, griech. Militärschriftsteller!
lebte im 4. Jahrb. v. Chr. Von seinem
Werke 3ypomnemata* ist ein Abschnitt
über Belagerungskunst erhalten, herausgeg
mit deutscher Uebersetzung von Köehly u
Büsto» in der Sammlung der .Griech*
Kriegsschriftsteller* (Bd. 1, 1853). — 8) ^'
Sylvius, Papst, s. Pius. [selhaft, dunkel*
Aenigm»(gr.), Rätbsel; änigmatisch, räth-
Aeolier, einer der Hauptstämme der Grie-
chen, von Aeolus abstammend, verbreitete
sich von Thessalien ans über das westliche
Griechenland , das nordwestliche Kleinasien
(Aeolien) und die vorliegenden Inseln
Unter den von ihnen gegründeten Städten
waren Smyrna und Cyme (daselbst ge-
meinsame Feste) auf dem Festlande und
Mitylene auf Lesbos die bedeutendsten Der
Aeolipile — Aera.
21
Sclisehe Bund nrnfasate im Ghinzen 12 Städte.
Schon CrösuB Ton Lydien tributär, wurden
sie Ton Persien abhängig, traten nach den
Perserkriegen grösstentbeils der athenischen
BnndesgenoBsenschaft bei, kamen dann wie-
der nnter die Gewalt persischer Satrapen,
später nnter syrische, zuletzt nnter röm.
Herrschaft. Der äolische Dialekt, eine der
3 griech. Ebiuptmundarten , gelangte bes.
auf Lesbos zur Ausbildung (Alcäus, Sappho).
AeolipÜe^ 1) (AeolutbaU), von Heron ange-
gebener Apparat, in welchem nach dem
Princip der Beaktionstnrbinen durch aus-
strömenden Dampf direkt eine rotirende
Bewegung erzeugt wird.'— 2) Löthlampe, bei
welcher heftig ausströmender Spiritusdampf
eine lange heisse Flamme gibt.
Aeolsharfe^ Art Harfe, deren im Einklang
gestimmte Darmsaiten durch Luftzug zum
willkürlichen Erklingen gebracht werden;
im vorigen Jahrh. sehr beliebt.
AeöliUy einer der mythischen Stammväter
des hellenischen Volks, Sohn des Heilen,
Enkel des Deucalion , auf dessen Abkömm-
linge die Gründung der äolischen Städte in
Thessalien zurückgeführt ward. Ein anderer
A., KachkoiAme des Vorigen, liess sich auf
den äoUBohen (jetzt liparischen) Inseln nieder,
lehrte den Gebrauch der Segel und ward von
Zeus zum Gebieter der Winde bestellt, die
er in rtner Höhle verschlossen hielt.
Aeon (gr.), Zeitraum, Weltalter, auch
Ewigkeit. Aeonen, bei den Gnostikern gött-
liche Kräfte, die vor dem Anfang der Zeiten
von Gott ausgeströmt sind und als selbst-
ständige Geister den verschiedenen Welt-
seiten n.Weltordnnngen vorstehen. Aeonie»,
äonieehe Feste, hundertjährige Jubelfeste.
Aeplomit maxiinns^ aasgestorbene Vogel-
art auf Madagaskar, zu den Geiern gehörig,
klafterte 28 Ellen.
Aeqofttor (lat., Erdgleicher ; in der SchifTer-
sprache Linie), derjenige grösste Kreis auf
der Erdkugel, dessen Fläche senkrecht auf
der Axe derselben, und zwar in deren Mitte
steht und die Erdkugel in die nördl. und
südl. Hemisphäre thellt. Die Ebene desselben
bis zum Durchschnitt mit der scheinbaren
Himmelskugel erweitert gedacht, bildet den
Bifmmelsaquaior, in welchem die Sonne 2mal
im Jahre steht (Aequinoktialpnnkte).
AeqiUktorealy astronomisches Femrohr zur
Bestimmung der Deklination und Rekt-
aseension der Gkstime.
AeqnatorhShe. der Winkel, welchen der
Aeqnator mit d^m Horizont bildet. Die
Polhöhe oder geographische Breite eines
Orts von 90^ abgezogen ergibt die A.
Aequer (Aeguicolae) , altitalischer Volks-
stamm im latin, Bergland, nach langen
Kämpfen durch Camillus (389 v. Chr.) be-
siegt und im Samniterkriege (300) von den
Römern völlig unterworfen. [gewicht.
A«««llibrl8lBU (lat.) , Lehre vom Gleich-
A««iii]ioetiiim (lät.), Nachtgleicbe , der
zweimal im Jahr eintretende Zeitpunkt, in-
welchem die Sonne im Aequator steht und
folglich Tag und Nacht gleich lang sind.
Sl. März FrühlingeäguinoctiHn, 22. Sept. I
Serbsiäqtdno^ium, \
Aequinoktialkrels, s. v. a. Aequator.
AeqatnokUalpmiktey die beiden Punkte
der Ekliptik, in welchen dieselbe den
Himmelsäquator schneidet; rücken langsam
von O. nach W. fort; s. PtäcessioTt. Vom
Frühlingsäquinoktialpunkt aus werden in
der Astronomie die Längen und geraden
Aufsteigungen der Gestirne gerechnet.
AequiBoktimlregeii und ••tarme, heftige,
zur Zeit der Aequinoktien zwischen den
Wendekreisen eintretende Regen u. Stürme.
Aeqnlnoktialiiliry s. Sonnenuhr.
Aeqnlnokttalzon«) zwischen den Wende-
kreisen zu beiden Seiten des Aequator«
liegende Zone, hat das ganze Jahr hindurch
fast gleich lange Tage und Nächte.
AeqnipoUeiit(lat.), gleichbedeutend, gleich-
geltend; äqtiipollente Urtheile, Urtheile von
gleichem Inhalt; Aequipollens, Gleichgeltung.
Aeqnlvalent (lat.), Werth oder Summe,
welche als Entschädigung Air eine Jeman^
dem entzogene Sache oder für einen auf-
gegebenen Anspruch gezahlt wird. In der
Chemie sind A.e (Mischungs- oder Verbin-
dungsgewiohte) diejenigen Mengen ver-
schiedener Substanzen, welche denselben
chemischen Effekt hervorbringen. So ver-
binden sich 100 Schwefelsäure mit 118 Kali,
77,5 Natron, 70 Kalk, und genau dieselben
Mengen dieser letzteren verbinden sich
wieder mit Je 135 Salpetersäure, 90 Oxal-
säure, 127 Essigsäure etc. Wie die zusam-
mengesetzten so verbinden sich auch die ein-
fachen Körper , die Elemente , nach festen
Verhältnissen, und wenn man diese Ver-
hältnisszahlen auf Wasserstoff als Einheit
bezieht, so erhält man die üblichen A. :
48
23
29,5
53,3
31
98,7
100
8
16
39,7
108
21
U
43,8
25
60
1
210
92
32,6
59.
Aeqüivok (lat.), gleichbedeutend, gleich-
namig; auch doppelsinnig, zweideutig;
Aegnivoken, zweideutige Redensarten.
Aer (lat.), die atmosphärische Luft.
Aera (lat.), Zeitalter, Ctoschichtsepoche;
Zeltrechnung, zur chronologischen An-
ordnung der geschichtlichen Begebenheiten
dienend. Die wichtigsten der gegenwärtig
gebräuchlichen Aeren sind: die A, von Et'
Schaffung der Welt (Epoche nach Scaliger und
Calvisius 3950, nach Hillel 8761 v. Chr.), seit
Aluminium
. 13,7
Molybdän .
Antimon .
. 122
Natrium . .
Arsen . .
. 75
Nickel . .
Barium . .
. 68,5
Pallaldium .
Blei . . .
. 103,5
Phosphor .
Bor . . .
. 10,9
Platin . .
Brom . . '.
. HO
Quecksilber
Cadmium .
. 56
Sauerstoff .
Calcium . .
. 20
Schwefel .
Chlor. . .
. 35,5
Selon. • ..
Chrom . •
. 26,7
Silber . .
Eisen . . .
. 28
Silicium . .
Fluor . . .
. te
Stickstoff .
Gold . . .
. 197
Strontium .
Jod . . .
. 127
Titan. . .
Kalium . .
. 39,1
Uran . . .
Kobalt . .
. 29,5
Wasserstoff
Kohlenstoff
. 6
Wismuth .
Kupfer . .
. 31,7
Wolfram .
Lithium . .
. 7
Zink . . .
Magnesium .
. 12
Zinn . . •
Mangan . .
. 27,5
22
Aerar — Aethiopicn.
dem 11. Jahrh. bei den Jaden im Gebrauch;
die A. von Chruti Qtburt, vom röm. AbtDiony-
BinsExig^os herrührend, in Rom bald nach
der Mitte des 6. Jahrh. kirchlich gebraucht,
auch Ton Karl dem Grossen in Urkunden
angewandt , seit dem 10. Jahrh. -im Abend-
lande verbreitet; die A» der Hedsehra (Flucht
Mohammeds, Epoche 15.od.l6. Juli 622 n.Chr.),
seit dem Khalifen Omar bei den mohamme-
danischen Völkern im Gebrauch ; die indischen
Aeren, unter denen die des Kaliyuga, 28.
Febr. S102 v. Chr., die des Yikramäditya,
genannt Sanvat, 56 v.Chr., die des S&livähana,
genannt Saka, 78 n. Chr. beginnend, und die
der Buddhisten, vom Todesjahr des Buddha
Sakiamuni (543 v. Chr.) anhebend, die be-
kanntesten sind, und die ehinesi3cke(a. China).
Von den älteren Aeren sind für das Ge-
schichtsstudium wichtig: die griechische
A. der Olympiaden (Epoche 1. Juli 776 v. Chr.,
Sieg des Ooröbus im Wettlauf bei den olym-
pischen Spielen); die A. von Erbauung der
^adt Born (Epoche nach Varro 21. April 7&3
V. Chr., nach Oato und DIonysius 21. April
752); die A. Naboncusara (Epoche 26. Febr.
747 V. Chr. bis 12. Nov. 324 zählend, wo
sich die philippische A. oder die A. von
Alexanders Tode anschliesst) ; die A. der
Seleuciden (Epoche Herbst S12 v. Chr., bei
den Juden bis ins 11. Jahrh. im Gebrauch) ;
die diocleiianische A. (Epoche 29. Aug. 2o4
n. Chr., Diocletians Regierungsantritt, auch
Jfflrtyrerära genannt), bei den äthiopischen
Christen und Kopten noch im klrchl. Ge-
brauch; die A. der franedsischen Beptiblik,
mit 22. Sept. 1792 beginnend, eingeführt
5. Okt. 1793, abgeschafft 1. Jan. 1806.
Aerar (lat.), Staatskasse (Fiscus); Kasse
städtischer und sonstiger Korporationen.
Aerodynamik (PneumattV«, gr.), Lehre von
den Gasen im' Zustande der Beweg^ung.
Aeroe (Arröe), dänische Insel, südl. von
Fnnen , 1,4 QM. und 11,420 Ew. Hauptort :
Aer^eskjÜbing, 1700 Ew.
Aeroiithen (gr.), s. Meteorsteine.
Agronautlk (gr.), LuftschififüEthrtskunde,
8. Lu/tbmllon.
ASrophpu (gr.), amerikan. Dampforgel.
ASrMtat(gr.), Jede Vorrichtung, die dazu
dient, sich in die LufTzu erheben.
Aerostatik (gr.), Lehre vom Gleichge-
wicht der Gase.
Aerostatische Presse (Lußpresse), mecha-
nische Vorrichtung zum Extrahiren, bei
welcher der Luftdruck die Flüssigkeit durch
den zu extrahireuden Körper in einen luft-
leeren Raum treibt. ^100 Ew.
Aerschot. Stadt im belgischen Flandern,
Aesche^ Thymallus C, Lachsflschgattung.
Gemeine A, (Iser), Tb. vexillifer Ag., Salmo
thymallus X., in schnellfliossendem Gewässer
fast überall in Europa.
AeschineS) griech. Redner, geb. 889 v. Chr.
Bu Athen, Nebenbuhler u. Gegner des De-
mosthenes, indem er die Sache Philipps
von Macedonien vertrat, lebte später zu
Rhodus, dann zu Samos, wo er 314 f. Noch
übrig: 8 Reden (heransgeg. \on Franke 1860).
AeschfluB, griech. Tragiker, geb. 625
T. Chr. zuEleusis inAttika, kämpfte mit in
den Schlachten bei Marathon, Salamis und
Platäa und f, nach Sidlien ausgewandert,
456 zu Gela. Begründer der hohem attischen
Tragödie. Von 70—90 Tragödien sind 7 er-
halten: ,Die Perser*, ,Die Sieben gegen
Theben', ,Die Schntzflehenden*, ,Agamem-
nou*, ,Die ChoephorenS ,Die Eomeniden',
,Der gefesselte Prometheus*: herausgeg. von
Dindorf (5. Aufl. 1865), (7. Hermann (2.
Aufl. 1859); übers, von Voss (1826), Dropsen
(3. Aufl. 1868) , Donner (1853), (Hdenberg (1869).
Aescnlapias (gr. AskU^os), Sohn des
Apolls und der Goronis , Gott der Heilkunde,
Schüler des Centauren Chiron, brachte selbst
Verstorbene wieder znm Leben, ward deshalb
von Zeus auf Plutos Klage durch den Blitz
erschlagen, von den Menschen aber fortan
«als Gott verehrt. Attribut ein von einer
Schlange umwnndenerStab. Vgl. Asklepiaden.
AescuInSy s. Bosskastanie,
AesöpuSy griech. Fabeldichter, lebte im
6. Jahrh. v. Chr., Zeitgenosse der sieben
Weisen; nach Andern mythische Person.
Aesthetik (gr.), eigentlich die Theorie des
sinnlichen Vorstellens und Empfindens, von
A. G. Baumgarten (s. d. 2) angebrachte Be-
zeichnung der philosophischen Lehre vom
Schönen (s. d.). [miren, schätzen.
Aestiraation (lat.), Werthschätzung ; ästi-
Aestnarlum (lat.), breite, moerbusenähu-
liche Strommündung mit Ebbe und Fluth.
Aes «stoia (lat.), künstliches Schwefel-
kupfer, Aetzmittel gegen wildes Fleisch.
Aether (gr.), Name chemischer Verbindun-
gen, welche aus den entsprechenden Alko-
holen dadurch entstehen, dass 1 Aeq. Wasser-
stoff der letzteren durch 1 Aeq. eines Alkohol-
radikals ersetzt wird. — A., ßchvfe/eUUker
(Schwefelnaphtha,Aethyläther,Aethyloxyd,
Viaäther), Aether sulfuricus,. entsteht bei
Einwirkung von Schwefelsäure auf Alkohol,
unter vorübergehender Bildung von Aether-
schwef Ölsäure; farblose Flüssigkeit von
eigenthümlichem Geruch, 0,71 spec. Gew.,
siedet bei S5o C, verdunstet unter starker
Kälteerzeugung, ist sehr leicht entzündlich,
mit leuchtender Flamme brennend, in
Wasser wenig löslich, mit Alkohol mischbar,
löst Schwefel, Phosphor, Jod, Fette, Harze,
Schiessbaumwolle. Wird fabrikmässig dar-
gestellt. Seit 1840 als anästhetisches Mittel
(ätherisiren) angewandt.
Aetherische Oele (ßüehtige Ode, EssenMen),
durch Destillation (auch durch Pressung) aus
Pflanzentheilen gewonnene Oele, meist farb-
los , von scharfem Geruch und Geschmack»
entzündlich , meist leichter als Wasser, in
diesem wenig löslich , leicht löslich in Al-
kohol, Aether und fetten Oelen. Sauerstoff-
freie ä. O. (Kohlenwasserstoffe) : Terpentin-,
Citronen-, Pomeranzenblüthen-, Kümmel-,
Fenchel-, Nelkenöl; sauerstoffhaltige: pfef-
fermünz-. Krausemünz-, Zimmt-, Lavendel-,
Anisöl. Viele scheiden beim Erkalten einen
festen Körper (Stearopten) ab, von anderer
Zusammensetzung als das flüssig bleibende
Eläopten. Sie werden in der Parfümerie,
Medicin, zu Firnissen verwendet. Vgl. Ar-
tel, ,ToiIettenchemie*, 2. Aufl. 1866.
Aethiopleii« ursprunglich das ganse. Ten
Aethiopischer Archipel — Affidavit
23
«cbwarzen oder duBkelfarblgen Völkern
^(Äähiopiem, d. h. yon der Sonne Verbrann-
ten) bewohnte Südland; später bes. das Land
am Obern Nil (Nubien) ; im Mittelalter Name
-für Abeasinlen.
Aethiopischer ArehipeK die an der Ost-
küste Afrikas gelegenen Iiiseln.
Aethlopisches Meer» alter Name für den
Südtheil des atlantischen Oceans.
Aethiopische Sprache (bei den Eingo-
bomen Geet), die alte Sprache Abessiniens,
im 14. Jabrh. durch das Amharische yer-
•dr&ngt, seitdem nur als Schriftsprache fort-
lebend; ein Zweig des semitischen Sprach-
■stammes , Kun&cbst (auch in der Schrift) mit
■dem himjaritlsphen Dialekt des Arabischen
verwandt. Kirchlichen, historische Literatur
seit Einführung des Ohristenthuma im 4.
Jahrb., Uebersetzungen der Apokryphen.
Wenig dayon bis Jetzt im -Druck erschienen.
Beicho Sammlungen äthiop. Handschriften
in Oxford, Tübingen u. Paris. Grammatiken
von lAidoif (1702) u. DiHman (1857), Lexikon
von Ludolf (1699).
Aethnsft L, (OUisse), PAanzengattung der
Umbelliferen. A. cynapium L., Gartenschier'
ling, EundapeteraÜie , einjährige Giftpflanze
in ganz Europa, unterscheidet sich von
der sonst ähnlichen Petersilie besonders
durch den widerlichen Gteruch 'der ge-
riebenen Blätter.
AetiolOgie (gr.), die Lehre von den Ur-
sachen, insbes. von den Krankheitsursachen.
AetiiUy römischer Feldherr unter den
Kaisem Honorius und Valentinian m.,
regierte 80 Jahre das weström. Beich, be-
Bi^e Attila 451 auf den katalaunischen
Feldern; 452 von Honorius ermordet.
Aetna (ital. Monte Gibello), Vulkan bei
Oatania auf Sicilien, der höchste u. grösste
Europas, 10,280' hoch auf einer Basis von
20 Meilen Umfang. Bis zu 7500^ Höhe
Pflanzenwuchs; der Gipfel nackt, von Eis
und Asche bedeckt, mit 50 grösseren und 600
bis 700 kleineren Eruptionskegeln. Von den
etwa 80 bekannten, grösseren Eruptionen
waren die bedeutendsten neuerer Zeit die
von 1169, 1669, 1693, 1843 und 1852. Vgl.
Sartoriu» ,Atlas des A.< (1848—53).
Aetolien^ altgriechische Landschaft im
westl. Theile von Hellas, am Eingang in
den korinthischen Meerbusen. Der cUoliache
Bund, durch den lamischen Krieg (323-322
V. Ohr.) ins Leben gerufen, erhielt erst zur
Zeit des achäischen Bundes grössere Be-
deutung, war nach einander mit den Bö-
inern, mit Antiochus von Syrien und Perseus
von Mai^edonien verbündet, und ward. 189
mit Macedonien der röm. Herrschaft unter-
worfen. Im Jetzigen Königr. Griechenland
bildet A. und Akamanien eine Nomarchie,
149,3 QM. u. 109,892 Ew. Hptst. Missolunghl.
AetseBy die Oberfläche eines Körpers
durch scharf wirkende Stoffe verändern ; in
der Technik Erzeugung von Bildwerken
und Druckplatten durch Hervorbringung er-
habener oder vertiefter Zeichnungen (Hoch-
und Tiefätzen) auf Metall, Stein oder Glas,
wobei die Stellen, auf welche das Aettweuser
(Säuren oder Salzlösungen) iiicht lösend
wirken soll, durch einen dünnen harzartigen
Ueberzug (AeUgrund) ees<^ützt werden.
Aetzndttel ( Oatutica), medicinische (Aetz-
kali, salpetersaures Silberoxyd und Queck-
silberoxydul , Kupfervitriol , Zinkvitriol,
Ohlorzink, Chlorbrom, Alaun, Schwefel-
säure , Salpetersäure , Dichloresslgsäure),
dienen zur Zerstörung von Afterbildungen,
zur Oeffnung von Absoessen, zur Anregung
der Eiterbildung bei Hautkrankheiten.
Aetzwasser, s. Aetzm. JJahres.
A. f. 9 abbr. tmni futuri (lat.), künftigen
Affaire 0[r., spr. Affähr). Angelegenheit,
Geschäft; Begebenheit; Gefecht; A. «famotir
Tspr. damur), Liebeshandel; A. <fAofin««r
(spr. d*onneur), Ehrensache , Duell.
Affekt (lat.), Gemüthsbewegung.
Affektatlon (lat.), erkünsteltes Benehmen,
Ziererei; t^ffeJUiren, sich zieren, den Schein
von etwas annehmen.
Affektion Q^t.) , Wirkung einer Gemüths-
bewegung ;^ Gewogenheit; affektionirt, ge-
wogen; in A, nehmen, liebgewinnen; Affek-
tionapreis (pretium affeetionU), der Werth,
den man einer Sache in ^olge besonderer
Vorliebe für sie beilegt.
Afliin ( Vierhänder), Quadruroana, 2. Ord-
nung der Säugethiere. Vier Hände oder
bloss hinten Hände, der hintere Daumen
immer, meist alle Finger mit Plattnägeln,
Augen nach vorn gerichtet, Brustzitzen,
Gebiss sehr geschlossen, die Eckzähne etwas
länger» die Schneidezähne des Unterkiefers
schräg nach vom gerichtet. Nicht selten
mit starkem Wickel- oder Greifschwanz.
Leben meist gesellig in den Wäldern warmer
Himmelsstriche (in der Palmzone), fehlen
in Neuholland und Europa (bis auf Gibraltar),
nähren sich von Vrüchten, Insekten, kleinen
Vögeln und Eiern. Fleiscli geniessbar. I.
Eigentliche A., Simiae. Gesicht kahl, 4Hände.
a) Schmalnasen, S. catarrhinae, A. der alten
Welt. Nasenscheidewand schmal, Platt-
nägel an allen Fingern, nie Greif- oder
Wickelschwanz. Asien, Afrika, b) Breitnasen,
Plattnasen, S. platyrrhinae, A. der neuen
Welt. Nasenscheidewand breit, Schwanz
meist lang, sohlaff oder ein Greif- oder
SLollsohwanz , weder Backentaschen, noch
Gesässschwielen. H. KraUenßffen, Uistiti,
Arctopitheci. Gesicht nackt, vorn Pfoten,
hinten Hände, alle Finger bis auf den hin-
teren Daumen mit Krallnägeln. Südamerika.
m. Halbaffen, Prosimii. Gesicht behaart,
Kopf zugespitzt, Zeigefinger der hinteren
Hände stets mit spitzem Krallnagel, in der
heissen Zone «^er alten Welt.
AffenbrodbAim (Baobab), Adansonia digi-
tata L., niedriger afrikanischer Baum (Malva-
cee), erreicht unter allen Pflanzen der alten
Welt den grössten Umfang; Blättern. Frucht-
fleisch als Nahrungs- u. Heilmittel benutzt.
Affenthftly Dorf im bad. Kreise Baden,
bekannt durch den AffentKaler (Bothwein).
AfBche (fr., spr. Affisofa), Anschlagzettel.
Afficiren (lat.), erregen, ergreifen, reizen.
AfAdmTlt (mittelalterl. Ut.) , in der engl.
Gerichtssprache die Urkunde, welche eine
Darstellung thatsächlicher Verbältnisse und
derou eidliche Bekräftigung enthält.
24
Affigiren — Afinger.
ÄtHgiTttn (lat.)t anheften, anschlagen;
«tfßaewHi, 8. T. a. AfAche; auch Buchstaben-
öder Silbenanhang.
AfBUatlOB (lat.), s. t. a. Adoption; bei
den religiösen Orden Anfhahme von Laien
in einen solchen, wobei sich diese nicht
inr Tollständigen Beobachtung der Ordens-
regeln, sondern nur eu frommer bnssfertiger
Lebensführung yerpllichteu ; in der Frei-
maurerei Aufnahme einer bereits konstl-
tuirten Loge oder auch eines einzelnen
Maurers in eine andere Loge.
Afftsinmg Qat., fr. qfßnage), Trennung des
Goldes Tom Silber durch Kochen des Metalls
mit Schwefelsäure, in welcher, sich das
Silber 15st. Aus der vom snrfickbleibenden
Gold getrennten Lösung wird das Silber mit
Kupfer gefallt. A/Jlnirwasser , AetKwasser.
Aflliiität (1<^^*)) Verwandtschaft.
Aflirmatlon(lat.), Bestätigung. Affirmative,
• bejahende Meinung, Beistimmung.
Affodllly s. A^hodelus,
AfformatlOB (lat.), Anbildung, Bildung
der Personalformen des Zeltworts durch
Anhängnng der abgeküraten Pronomina
(affortnativa)f wie in der hebräischen Sprache.
Albre (spr. Aff*r), Denis Aug., Erzbischof
Ton Paris, geb. 27. Sept. 1793 au St. Bome-
de-Tam, 1884 Generalyikar in Paris, seit
Mai 1840 Erzblschcf das., ward beim Strassen-
kämpfe 25. Juni 1848, als er cum Frieden
eu reden Tersuchte, Terwundet und f 27.
Juni. Seine Biographie tou Biancey (1848)
und Cruice (1849). [Trotz.
Affl:ont(fr., spr. Affron^, Beschimpfung,
Afltet (fr., spr. Affüh), Schaft eines Schiess-
gewehrs, Laffete; affutiren , Schäften; ein
Geschütz zum Schuss richten.
AfJBfhinistan (KiOmlistan), Land in Asien,
der nordöstl. Theil des iranischen Hoch-
landes, zwischen Persien u. Vorderindien,
11—12,000 QM. Auf der Nordgrenze gegen
Turkestan der (bis 20,000' hohe) Hindukhu
(mit dem Pass Hindukusch) und der Paro-
pamisus, im O. das Kheiber» und Soliman-
geb. (mit den wichtigen Kheiberpässen u.
dem Bolanpass nach dem Pendschab). Das
Innere noch sehr unbekannt. Flüsse: der
Kabul, durch den Kheiberpass zum Indus,
der Hilmend, westlich zum Zarehsee an der
pers. Grenze fliessend. Klima sehr Terschie-
den : im S. und SW. Datteln und die Produkte
Indiens, in den nördl. Alpengegenden europ.
Vegetation. Die Produkte im Allgemeinen
denen Persien s gleich. Die Bewohner (ll^
Mil]*, nach And. etwa 4 Mill.) : Afghanen, iran.
Stamms, als Eroberer eingedrungen, herr-
schende BeTölkerung, in 2 Stämmen (Gildschi
im NO., Durani im SW.) ; Tadachika, die unter-
jochten Abkömmlinge der alten Einwohner,
pers. Stamms, Landbauer, Gewerbe treibend,
bes. im W.; ^<n<U:i, indischen Ursprungs, im
NO.; dazu kleine eingesprengte Völkerele-
m ente : Ki$${l-£d$eM (türkl), HeMareh u.Bimaka
(mongoL), im NW. nomadisirend , Deggan
und 8waH (Indogerman.) im O. ; Armenier
und Juden, die den EEandel betreiben. Herr-
achende Religion der sunnitische Islam, daher
A. den Persem feindlich gegenüber stehend.
Die Haupthandels- u. Verkebrsplätze: Berat.
Kabul, Ghasna und Kandahar. Das Land
ist unter einzelne Stämme (Uluss) vertheilt»
die unter einem Schah stehen; ihr Unab-
hängigkeitssinn bindertjedocb Jede dauernd»
pollt. Einigung. Residenz des Schahs : Kabul.
Bei der wachsenden Annäherung Russlanda
und Englands auf asiat. Boden wird A.«
als Hüter der Kheiberpässe, immer mehr x^
mehr in den Konflikt europäischer Inter-
essen hineingelogen. Die afgka», BpraeKe
(Puschtu oder Pukhtu), eine Schwester der
pers., seit 15. Jahrb. Schriftsprache; die
Literatur eine Nachbildung der pers. Der be-
kannteste Dichterist Abd-ur-Rahman. Gram-
matiken Ton Dorn (1840), Baveriy (1860—61).
OeeehiciUe. Die Afghanen, bei Herodot
Paktyer genannt, zuerst in den Kriega-
zügen Mahmuds Ton Ghasna erwähnt, traten
erst um die Mitte des 18. Jahrb. geschlossen
auf, nachdem sie Ahmed -Schah (1747—78)
der pers. Herrschaft entrissen hatte. Dieser
gründete die Dynastie der Durani oder
Abdalli, deren Reich (1823) mit dem Sturse
Mahmuds zerfiel. Es begann nun die Herr-
schaft der Baraksl,u. zwar herrschte in Kabul
Dost-Mohammed. Da dieser den Engländern
feindliche Absichten auf Indien zu hegen
schien, so drang ein britisch -indisches Heer
(7. Aug. 1889) in Kabul ein u. hob Schud-Schah,
Mahmuds Bruder, auf den dortigen Thron.
Aber ein allgemeiner Aufstand im Winter
1841—42 nöthigte die Engländer zum Abzug,
auf dem das Heer TöIIig aufgerieben ward,
und Dost-Mohammed bemächtigte sich dann
der Herrschaft wieder. Mit den Sikhs im
Bunde fing er Ton Neuem an gegen England
zu operiren , wurde aber ^1. Febr. 1849) ent-
scheidend geschlagen u. floh über den Indus
zurück. Nachdem er seine Herrschaft be-
festigt und durch die Eroberung Ton Balkb
erweitert hatte, schloss er 30. März 185&
mit der britisch -indischen Regierung ein
Schutz- undTrutzbündniss ab. Auf Veran-
lassung der Engländer fing er 1856 mit den
Persem Krieg an; diese besetzten Herat,
überliessen es aber auf Grund eines im
Juli 1857 abgeschlossenen Vertrags dem
Baraklhäuptling Ahmed - Khan. Dost - Mo-
hammed schlug dessen (Anfang 1862) gegen
Kandahar anrückendes Heer und eroberte
(26. Mai 1868) Herat zurück. Nach seinem
Tode wilder Kampf zwischen seinem Sohn
u. Thronfolger Schlr-Ali u. dessen Brüdern
Azlm-Khan und Afzul-Khan. Letzterer er-
oberte Kabul und Kandahar, ward aber
1869 getödtet, worauf Schir-Ali die Herr-
schaft Ton ganz A. wieder an sich riss, in
der er sich, tou England anerka*hnt, seit-
dem behauptet hat. Vgl. Elphinetone, ,Ac-
count of the kingdom of Cabul*, 1815*
deutoch 1815—16, 2 Bde.; Neumamn, ,D«8
Trauerspiel in A.*, im ,Histor. Taschen-
buch* für 1848 ; Eyer, ,The milltary Operations
atCabulS 1843; Kaye, ,Hist. of the war in
A.',1861; die Reiseberichte tou Conolly (1834
2 Bde.), Burnes, deutsch Ton Oelckert (1842)*
JfoMon (1842, 3 Bde., deutsch 1843, 9 Bde.)
FerrUr (1856), DeOew (1862), Vambery (1866)!
Afinger^ Bernhard, Bildhauer, geb. 181S
SU Nümbei^, anfangs Blechschläger, seit
Afium-Karahissar — Afrika.
2&
Anftng der 40er Jahre «iif Rauchs Yeran-
lastinng in Berlin. HimmelfiahrtMarifi (Relief,
inNeisse), Gmciflxna (Sagan), Arndtstatue n.
Brannenmodell für Bonni Newtonstatne
(Pesth), Portraitmedaillons, Büsten etc.
'Aflaiii-Karahissar^ Stadt in Kleinasien,
Natolien, 32,000 Ew. Mohnban, Opiumhandel.
Afirfty Heilige, geb. eq Augsburg, ward,
anr Dienerin der Venus bestimmt, vom Bi-
schof Narciss lum Christenthnm bekehrt,
t als Märtyrerin unter Diocletian. Tag 5. Aug.
Afiraneeudofl (span.), auch Jo8^fino»t in
Spanien Die, welche die von Joseph
Bonaparte 1808 proklamirte Verfassung
beschworen; überhaupt Anh&nger der
Franzosen.
AfruiiM. iMcitUt röm. EomOdlendichter,
um 95 Y. Chr., Mitbegründer des römischen
Nationallustspiels (Fabula togata), dem
Menander geistesverwandt. Die erhaltenen
Fragmente gesammelt ton Bibibech in den
,Comicorum romanorum rellquiae* (1855).
Afiricanns^ Sextus Juliua, röm. Geschicht-
schreiber aus Emmans in Palästina, f ^h
Christ, Verf. eines ,Pentabiblion chronolo-
gicum*, wovon noch Fragmente (b. B. ein
Verzeichniss olymp. Sieger, herauf, von
Hutgers 1868) vorhanden sind.
AmciM (lat.), Südwestwind.
Aftrika, dritter Erdtheil, das Südwestglied
der alten Welt, eine kompakte, fast rings vom
Meer umflossene, nur durch die Landenge
von Suez mit Asien zusammenhängende
Masse, vom Aequator durchschnitten u. von
diesem gegen S. und N. fast gleichweit rei-
chend, 544,000 QM. Aeusserste Spitze im N.
KapBlanco 37V»o n.Br., im S. Nadelkap 85 o
s. Br. (Entfernung zwischen beiden 1070 M.),
im W. Kap Verde O«?' ö. L., im O. Kap Qar-
daftii, 680 ö. L. (Entfern. 1020 M.). Küsten-
entwicklung ganz gering, daher Kiistenlänge
nur etwa 8500 M. (zum Flächengehalt wie
1 :152). An der Nordküste die Meerbusen von
Kabes undSydra (kl. undgr.'Syrte); an der
Westseite: Meerbusen von Guinea mit den
Baien von Benin u.Biafra; an der Ostküste
die Delagoabal und Busen von Sofala, nöcd-
licher der Golf von Aden u. der arab. Meer-
busen. Inseln nur im NW. u. SC, zusam-
men etwa 11,000 QM. (darunter Madagaskar
8900 QM.). Die ffaupOänder des Konti-
nents : 1) an der Nordküste: Berberei, Aegyp-
ten ; 8) an der Ostküste: Nubien, Abessinien,
Somaliland, Zanzibar (Suabili), Mosambique
und Sofala (gegenüber Madagaskar), Natal
und Kaffemküate; 8) im S,: Kapland;
4^ an der Westküste : Nieder- u. Obergninea,
Sienegambien ; 5) im Innern: Sahara, Sudan
und Sfid-Hochafrika. Ebenso einförmig wie
die äussere Umgrenzung ist die vertikale
Gestaltung des Erdtheils. In Nord- wie in
Südafrika das Plateau vorherrschend, nur
im S. höher als im N. u. dort mit SN.-, hier
mit WO.-Haupterstreckung; daneben ent-
hält Nordafrika überwiegend Tiefland (im
Ganzen etwa 60,000 QM., >/» des Festlandes),
Südaft'ika die Hauptmasse dA Hochlandes.
Orogrc^hisoh ist zu unterscheiden : I. ßüd-
Boeha/rika, bis 5> n. Br., erst neuerdings
Btrichweiae bekannt geworden; das Innere
eine von S. gen N. gerichtete Hochebene oder
ein Central be<^en , zum Theil nur 8—8000*
hoch, im Gkinzen sehr eben, theils Steppe und
Wüste (Kaliharl), theils bewaldet, wasser-
reich, fruchtbar, wohlbevölkert und knlti-
virt; im O. und W. überragt von sehr breiten
Massenerhebungen oder Hochflächen mit auf-
gesetzten Höhenzügen und Berggruppen, die
sich nach dem Meer wie nach innen meist
sehr allmählig senken. Im Ostrande des Cen-
tralbeckens, hinter der Küste von Mosambique
und SSanzibar, das Gebiet der grossen Seen,
und unter dem Aequator, näher der Küste,
eine Reihe von Hoohgebirgsländem (Mond-
gebirge) mit mächtigen Schneegipfeln (Kili-
mandscharo 18,827', Ndurkenia); im West-
rand, an der Biaflrabai (im Hochland der
Amboser), der Vulkan CSamerun, 12,300' ; der
Südrand (Kapland) terrassenförmig anstei-
gend in 8 Stufen, die durch 2 der Küste pa-
rallel laufende Randgebirge gesondert sind :
Küstenebene fWinterberg 73000. Plateau der
Karrusteppe (Kompassberg 7970'), Plateau
desGharib. II. ^ooAMMbm, derNW.-Vorsprung
von Süd-Hochafrika Jenseits des Niger, und
das abestinitch« MpenUmd als der NO.-Vor-
sprung; zwischen beiden NigriUen (Flach-
sudan), 1000— 1800* mittl. Höhe, von unbe-
kannter Ausdehnung nach S. HI. pie 8<k-
harä, die grosse Wüste, 110,000 QM. (nicht
Tiefland, sondern eine Reihe von Plateaus
von 1200— 1500' Höhe, mit Einseukungen und
selbst ansehnlichen Höhenzügen, nur im
W. eigentliches Tiefland), nebst dem mitt-
leren und unteren Bt^fenländ des Nil (Nubien
undAegypten). IV,DßjiMUuplat9€tu, mit dem
Steppenland Blled-ul-Dscherid , dem Ueber-
gang zur grossen Wüste. Auch die Strom'
ayaUiM A.S einförmig; Quellgebiet und
()berlauf der Flüsse meist noch unbekannt;
letzterer nebst dem Mittellauf immer sehr
lang, der Unterlauf sehr kurz; fast alle
Ströme Delta bildend. Das Wüstenland im N.
ohne alle Strombildung. In das Mittelmeer:
der Nil ; in den atlant. Ocean : Senegal, Gam-
bia, Nig«t, Ogowai,. Kongo (Zair6), Ooanza,
Garib; in den indischen Ocean: Lirapopo,
Zambesi* Seen: der Tschadsee in Flachsudan,
Tsana in Abessinien; im östl. SüdafUka:
Nyassa, Victoria Nyanza (Ukerewe), Albert
Nyanza, Taganjika, Schlrwa; der Ngaml im
Innern von Südafrika.
Das Klima A.s , insofern es überwiegend
kontinental ist und nur tiner Nieder-
schlagsaone, der Regenzone, angehört, eben-
falls einförmig und in Folge der Lage des
Erdtheils (zu*/» in der Tropenzone), der Aus-
dehnung der Sahara innerhalb der heissen
Zone, der wahrscheinlich sehr ausgedehn-
ten Scheitelfläohe Süd -Hochafrikas, dergUe-
derlosen Gtostalt der Küsten, der verhält-
nissmässig unbedeutenden Bewässerung und
Bewaldung überaus trocken u. heiss. Inner-
afHka wohl der wärmste Theil der Erde,
doch mit grossen Temperaturgegensätzen:
Tageshitze v. 40— 42o, kühle Nächte v. lOOR.
Die Region des tropischen od. Sommerregens
im N. vom 16.— 81.« n. Br. begrenzt; die Regen-
zeit im N. des Aeqnators vom April bis Okt.,
im 8. vom Okt. bis April. In den nördlichsten
26
Afrika.
nnd südlichsten Küstenl&ndem herrtchen
die 4 Jahresseiten der gemäMigten Zone«
Die Vegetation ist in den trop. Flnss-
thalern und überall, wo Feuchtigkeit und
Bf^tze sich Terbinden, ansserordentlioh
üppig» kräftig and reich an eigenthüm-
lichen Formen, tritt im Ganzen aber
gegen die Thierwelt zurück. Die Pflan-
zen sind im Allgemeinen minder mannioh-
faltig , grossartig und saftvoll als in Asien,
aber ge warzreicher als die amerikanischen.
Die Thiere übertreffen die yerwandten Ar-
ten andrer Erdtheile an Kraft und .Wild-
heit; die Zahl der eigenthümlichen ist
«ebr g^oss, der. Reich tb am an Haustfaieren
bedeutend. Hervorzuhebende Pflanxen:
Baobab (Adan3onia), Schih- oder Butter-
bauro, Dracbenbaum, Dattel- und F&cher-
palme, Alotorten, zahlreiche Ghswürz-,
Arznei - und Specereipflanzen , Färb- und
TTischlerhölzer, Papyrusstaade (im Nilthal),
Kaffeebaum (wild in Abessinien und am
Niger), Gummibaum. Kultirlrt werden
Baumwolle, Indigo, Bananen,"Weizen, Mais,
Beis, europ. Obst, Wein, Südfrüchte (an
den Küsten), Erdnuss, Durra. Eigenthüm-
liche Thiere: Giraffe, Zebra, Quagga, Gnu,
sfrikan. Elephant (nirgends gezähmt), Rhi-
noceros, Flusspferd (nicht bloss im Nil),
afrikan. Zibethkatze, grosse Löwen, Leopar-.
den nnd Hyänen, die, in ganz A. yerbrei-
cet, die reichlichste Nahrung finden in der
grossen Menge von Wildpret aller Art:
Antilopen, Gazellen und Springhasen; zahl-
reiche Affenarten (Schimpansen , Gtorillas,
Meerkatzen, Paviane): Krokodile (kleiner
als die asiatische Art), riesige und giftige
Schlangen; zahllose, meist prächtig gefie-
derte Vögel (wenig Singvögel darunter):
Papageien, Sekretare, Ibisarten, Strausse (in
den Wüsten); Heuschrecken in ungeheuren
Zügen, als Landplagen, ebenso Ameisen und
Termiten und die Tsetsefliege in Südafrika.
Wichtigste Hausthiere : das Pferd (Berberei,
Abessinien und Nubien) und das Kamel
nebst Dromedar; weit verbreitet Esel, Rin-
der, Schafe, Ziegen.
XHe BevUlkerung schätzt man auf 191Mill.
2QM. :8&1); am stärksten in Sudan u. dem
ändergürtel um den Golf von Guinea, vom
Senegal bis südl. der Grenze von Nieder-
guinea, ausserdem in einzelnen kleinen
Küstengegenden u. an grossen Strömen (Nil) ;
nach neueren Berichten auch in einzelnen
Landstrichen im inneren Südafrika. Nord-
wärts von Sudan mit Einschluss von Abessi-
nien und dem Nilgebiet herrscht die kau-
kasische Race (hell- und dunkelfarbig) vor:
die Berbern (im Atlas , in der Wüste und in
Nubien) , die Abessinier u. ägyptischen Kop-
ten (letztere zum Theil semitisohev Stamms,
wie die meisten eingewanderten Asiaten und
die Juden), Türken (nur in Aegypten, Tripolis,
Tunis). Der übrige Erdtheil südwärts der
genannten Länder, also ganz Mittel- und
Südafrika, ist von den verschiedenartigen
Yölkerstämmen der äthiopischen oder Neger-
race bevölkert (die schwärzesten a,m Sene-
§al u. an der südl. Ostküste); im äussersten
üden die Kaffern, Baschmänner u. Hotten-
totten« EoropÜBohe Kolonisten in allen
Küstenländern, am zahlreichsten im Kap-
lande, in Algier nnd auf den Inseln. lu
NordafHka bis 10<> n. Br. herrscht der Islam
(Araber, Türken, Berbern, Fulahs u. Mau-
dingoneger. die Neger in Flach Sudan etc.,
an 67 Mill.); das Ghristenthnm ist auf die
europäischen Kolonien und Abessinien be-
schränkt (9 Mill.); Juden an allen Küsten,
bes. in der Berberei (1 Mill.) ; alle Uebrigen
sind Heiden (114 MUl.). Ein grosser Theil der
Völker nur vegetirend, andere nomadisirend,
mit Jagd, Raub und Heerdenzucht beschäftigt
(auch mohamraed. Stämme, Beduinen und
Berbern). Landvnrthschqft an den Küsten,
im Nilthal, in Abessinien, Sudan, im Kap-
und Kaffernland; auch Bergbau bekannt
in Hochsudan, Abessinien und bei den
Kaffern (geschickte Metallarbeiter). Die In-
du«<H« beschränkt sich auf Färben, Gerben,
Woll-, Baumwoll-, Seiden- und Leinweberei,
Schmiede-, Töpfer-, Sattlerarbeiten. Der
Handel grösstentheils Tauschhandel; statt
des Geldes (meist nur an den Küsten be-
kannt) dienen Glasperlen, Zeuge, Salz, Kau-
ris. Als Binnenhandel ist er in den Händen
der Araber und (in Sudan) der Fulahs u. Man-
dingoneger. Zielpunkte der Karawanen : die
MQSsplätze Sudans (Timbuktu, Kano, Sokoto,
KukiOi d^e Oasen Kordofan und Darfür,
Sennaar in Nubien, Kairo, Murzuk in Fezzan
Qk die nordafrik. Häfen. Der Küstenhandel
hauptsächl.'ln den Händen der Europäer, bes.
lebhaft in Aegypten ; Ausfuhrartikel : Kaffee,
Zucker, Reis, Datteln, Gummi, Baumwolle,
Palmöl, Erduuss, Elfenbein, Specereien, Höl-
zer, Thierfelle, Straussfedern , Moschus,
Wachs, Goldstaub, Sklaven (jetzt noch etwa
60,000 Jährlich, nach Asien). Kunst U.Wissen-
schaft so gut wie unbekannt; nur Koran-
schulen in den mohammedanischen Ländern.
Geordnete grössere Staaten hat A. nur
wenige; sie sind despotisch, oder (wie die
grosse Anzahl gesonderter Gemeinwesen)
patriarchalisch. Die namhaftesten: die
Staaten der Berberei, Aegypten, Abessinien
und die Sudanstaaten. Die Besitzungen der
Europäer in A. sind weniger bedeutend, als
in Asien und Amerika, am ansehnlichsten
das franz. Algier im N. und das engl. Kap-
land im S. — A. ist seit dem 15. Jahrb. Gegen-
stand europ. Forschungen. Umschiffung des
grünen Vorgebirge durch Kadamosto 1446.
Entdeckung des Kaps durch Bart. Diaz i486 ;
Umschiffung desselben durch Vasco de Ganta
14d8. ßeitende ins Innere (seit dem 19.
Jahrb.): Mungo Park, Lander (Niger), Hor-
nemann (Fezzan), Burckhardt (Nubien), Oud-
ney, Denham u. Olapperton (Sudan), Laing,
Ren« Cailli6 (Timbuktu), Brocchl, Hemprich
u. Ehrenberg (Aegypten), Rüppell (Nubien u.
Abessinien), Russegger (Aegypten, Nubien,
Kordofan), Lichtenstein (Kapland), Smith
(Oongo), Lepsius (Aegypten), Beke (Abessi-
nien), Barth, Overweg und Vogel (Nord-
afrika), Parkyns (Nubien), Heuglin (Abessi-
nien und Nubien), Burton u. Speke (Victoria
Nyanza, Somaliland), Baker (Albert Nyafkza),
von der Decken (Aequatorialafrika), Petbe-
rick (obere Nilgegend), Munzinger (Nord-
After — Aganippe.
27
afrlka), Bennnann (Noblen, Abessfnien, Wa-
<lai)| Uvingstone (Inner - Südafrika) , Da
Cballln (Ghiban), Lad. Magyar n. Andersson
isüdl. Westküste), Boblfs (Marokko, Atlas),
>aTe7rier (alger. Sahara), Manch (Ostsüd-
afrika), FrLTinne, Schweinfnrth(NiUänder),
Brenner ((Hllaland) n. A. Im Ganzen uner-
forscht noch etwa 100,000 QM. Vgl. Ovm-
precht, ,A.S 185S; Ergänzungen dazu yon De-
utsch, 1866. lieber die Entdeckungsreisen:
Wappäu9, ,Unter8uchungen über die geogr.
Entdeckungen der Portugiesen unter Heinrich
dem See&hrer*, 1842; £1^6, .Gesch. derBeisen
und Entdeckungen in A.*, 1841 ; Pctermann u.
Baatenstein, Jnnerafrika', 1863; Vivien de Bt.
Martin, »Le Nord de l*Afriqne dans l'anti-
quit^S 1863; Wagner, ,Die neuesten Ent-
deckungsreisen an der Westküste A.s*, 1863;
Schaueninirg, ,BeiBen in Centralafrika von
Mungo Park bis auf Barth', 1858 — 67,
3 Bde. Ueler die NlUänder vgl. die Werke
von MüpptU, Eussegger, Werner, Knoblecher,
KlJideH, Hartmann, Beke. Neuere Reisewerke:
Barth, ,Reisen und Entdeckungen in Nord-
und Centralafrika 1849-55', 1857 ff., 5 Bde.,
Im Auszug 1859, 8 Bde. ; Speke, ,Entdeckung
der Nilquellen', 1864; Baker, ,Der Albert
Nyanza', deutsch von Martin, 1867; Mage,
,Voyage dans le Soudan occidental', 1868;
Meuglin, ,Rei3en in Nordostafrika', 1857, ,Ost-
Sudan u. Ohartum', 1867, ,6ebiet des weissen
Nil', 1869; Keraten, ,DIe Reisen des Barons
yon der Decken in Ostafrika', 1869 ft. ]Ba»tian,
,AfHkani8che Reisen (Congo)', 1859; QuiUain,
,DocUDients sur Thistoire, la g6ographie et
le commerce de l'Afrique Orientale', 1856;
Krapf, Jteisen in Ostafrika', 1858; Maitzan,
,Drel Jahre im Nordwesten von A.', 1865,
4 Bde., »Tunis und Tripolis', 1870, 3 Bde.;
Rohlja, ,Reisen In Marokko etc.', 2. Aufl. 1870 ,
,Reisen durch Nordafrika bis zum Busen von
Guinea 1865->67', 1869 f.; Dv, ChaXliu, ,Equa-
torial A.', 1862, Journey to Ashango-
Land', 1867; Burton, ,Wand0rlugs in West-
africa', 1863, 3 Bde., ,Mlssion to Gelele,
king of Dahome', 2. Aufl. 1864; Anderason,
,Rei8en in Südwestafrika', deutsch von Lotae,
1857 — 58, 2 Bde. ; Livingvtone, ,Mission8rei8en
in Südafrika'. 1858, 2 Bde. , ,Neue Reisen',
1865, 2 Bde.; Magyar, ,Reisen in Südafrika',
deutsch von Hunfalvy, 1859; Fritach, ,Drei
Jahre in Südafrika', 1869.
Aftor^ veraltetes Yerhältnlsswort, in Zu-
sammensetlsung mit einem Hauptwort mit
dem Nebeubegriff des Falschen, Unrechten.
Aifter^ anus, Ausmündung des Darmkanals,
von zwei rin^örmlgen SchUessmuskeln ver-
schlossen, deren Widerstand bei einer Aus-
leerung durch die Bauchpresse, die Muskel-
haut des Darmes und die Aufheber desA.8
überwnunden wird. Bei Leichen offenstehend.
Widematürlieher A,, Kothfistel, in der Bauch-
wand befindliche, mit dem Darmkanal in
Verbindung stehende Oelfnung, durch welche
Koth austritt, entsteht durch Verwundungen
oder bei eingeklemmten Brüchen.
Afterbildimg (Fremdbildnng , in der Phy-
siologie AeudopZoMia^, jede organische ano-
male Anblldung, welche einen integrirenden
Bestandtbieil des lebenden Organismus bildet,
von den lebenden ElementartheUen dessel-
ben ausgeht und mit demselben organisch
verbunden ist. Als häufige Krankheitser-
scheinung Folge veränderter Thätigkeit der
elementaren Organtheile.
Afterbarge, Gkgen- oder Rückbüige.
Aftererhe (Nacherbe), der unter Voraus*
Setzangen für den ersten Erben eintritt.
Ättertntt ( Wundtdn , jeVattatein, Wolf),
oberflächliche Hautentzündung am After,
durch kaltes Wasser undBetupfen mit schwa-
cher Zinkvitriollösung zu heilen.
Afteijacken^ durch Mastdarm würmer (bei
Kindern) oder katarrhalische Zustande ver-
ursachtes, häufig mit Bildung von Knötchen
verbundenes, sehr fiarbiackiges Uebel.
Affcerkind^ nachgeborenes oder ausserehe-
liches Kind.
Afterklanen (AberJdanun, OrUfler), die
beiden hornigen Auswüchse über den BdUen
der Hinterfüsse beim Rind, Wild u. Schwein.
Afterkrystalle, s. Fteudcmorphoaen,
Afterleluiy von einem Lehnsmann (After-
lehnaherm) weiter verliehenes Lehn.
Aftermiethe (Afterpacht), Wiedervermie-
thung eines ermietheten Gegenstandes an
einen Dritten.
Afterranpen y Larven der Blattwespen,
von den Schmetterlingsraupen unterscliieden
durch 6—8 Paar Bauchfüsse und 2 kleine
Fühler auf der Stirn; Rosen, Kirschen,
Wöiden, Stachelbeeren verderblich.
AfiEeliiis. ArvidAug., schwed. Dichter der
sogen, gothischen Schule . auch Geschichts-
forscher, geb. 6. Mal 1785, seit 1821 Pfarrer
zu Enköplng, f 1863. Geschichte Schwedens
(1839—59, deutsch von üngewitter, 1642).
Aga (Agha, türk.), Ehrentitel für ungelehrte
Respektspersonen, im Gegensatz zu Efeudi,
welchen Titel nur des Schreibens Kundige
führen. Jenitacheri-Agaaai, Janitscharen-
anführer; KyHar-Agcuai , Oberaufseher der
Odalisken u. Chef der schwarzen Eunuchen.
AgadeS; Hauptstadt der Landschaft Air
in der mittlem Sahara, 7000 Ew.
Igaly Seetang in China, liefert Gummi
zum Leimen des Papiers und Appretiren
des Seidenzeugs.
AgaUooheliolz^ s. v. a. Alo8holz.
Agalmatolith (gr., Bildatein, chineaischer
ßpeckaiein, Pagodit), Mineral, Kalithon-
silikat, in China zu Kunstsachen ver-
arbeitet, findet sich auch in Siebenbürgen.
Agame. Landschaft im nordöstl. Abessi-
nien, zu Tigr6 gehörig.
AgamedeSy Sohn des Königs Erginus von
Orchomenus , geschickter Baumeister , soll
mit seinem Bruder Trophonius u. a. den
Apollotempel zu Delphi erbant haben.
Agamemnoiiy Sohn desAtreus, König Ton
Mycene, Gemahl der Clyt&mnestra , Ober-
feldherr der Griechen beim Zug gegen Troja,
ward nach seiner Rückkehr von seiner
Gattin und deren Buhlen Aegisthus ermor-
det. Sein n. seiner Nachkommen Schicksal
war Lieblingsthema der antiken Tragödie.
Agimie(gr.)t eheloser Zustand ; <igami9Ch,
in dern^tanischen Terminologie s. t* a* ge-
schlechtslos (kryptogamisch).
AgiBlppe« Quelle auf dem SeUcoiti den
28
Agapanthns — Agglaünation.
Masen heilig (daher Aganippid^n genannt).
Ihr Oennss erregte dichterische Begeisterung.
Agaptflithiif H^rit. (SehmucklilU), Pflan-
zetigattung der Lillaceen, Zierpflanzen Tom
Agipen (gr.). s. Liebeamahle. [Kap.
AgapSti (gr.), Liebesschwestem, in der
alten christl. Kirche Wittwen und Jung-
frauen, welche in Enthaltsamkeit mit Kle-
rikern Kusammenwohnten ; AgapeÜ, Männer,
welche auf dieselbe Weise mit Diakonissin-
nen Kusammenwohnten.'
AgapetnSy 1) A. L, Papst 535^36 , suchte
zwischen Justinian und den Ostgothen Frie-
den zu Termitteln, fzu Konstantinopel 22.
April 586. — 2) A. 11., Papst 946-55, Ver-
bündeter des deutschen Königs Otto I. ge-
gen Berengar.
Agar-Agar (Oeylonmoo; Jofffnamoot), Mee-
resalgen des ostindischen Archipels (beson-
ders Euchema spinosum Ag), getrocknet
Handelsartikel, zum Appretlren und als
Nahrungsmittel dienend.
AgaroJI. 1) Karl Adolf, Algenforscher, geb.
22. Jan. 1785 zu Bästadt in Schonen, lehrte
in Lund, seit 1834 Bischof zu Karlstadt, f 28.
Jan. 1859. Sehr. ,S7Btema Algarum' (1824) ;
jlcones Algarum europaearum' (1828 — 35),
auch Volks wirth schaftliche und religiöse
Schriften. Sein ,Lehrbuch der Botanik'
deutsch Ton Meyer und Orepeliuj 1831 — 32,
2 Bde. — 2) Jakob Georg, Botaniker,
Sohn des Vorigen , geb. 1813 zu Lund , seit
1854 Prof. das., schrieb ,Species, genera et
ordines Algarum' (1848—63, 4 Bde.); ,Theoria
systematis plantarum' (1858).
AgariCM, Blätterpilz, s. PiUe.
Agasiag. Bildhauer aus Ephesus, lebte
wahrscheinlich zur Zeit Alexanders d. Gr.
Von ihm der sog. borghesische Fechter.
Agassizy Ludw. Joh. Bud., ber. Naturfor-
scher, geb. 28. Mai 1807 zu Mottier im Kanton
Freiburg, Professor in Neufchatel, schrieb
,Histoire naturelle des poissons d'eau douce
de TEurope centrale' (1839 — 45, unyoU-
endet); ,Kecherche8 sur les poissons fos-
siles' (1833 — 42), auch über fossile und
lebende Echinodermen n. Mollusken. Epoche-
machend waren seine Forschungen über
die Eiszeit unsers Planeten, niedergelegt
in ,Etudes sur les glaciers' (1840; deutsch
1841) u. ,STst&me glaci&re* (mit Gujfot u.
Desor, 1847;. 1846 ging A. nach Amerika
und wirkt seitdem als Prof. der Zoologie
am Harvard - College zu Neucambridge.
1865 leitete er eine grosse Expedition nach
Brasilien (A Joumey in Brazil, 1868). Seine
,Gontribntion to the natura] hlstory of North-
America* (1858 ff.) ist noch unvollendet.
AgathOy Heiliger, geb. zu Palermo, Papst
678—82, machte die Suprematie der röm.
Kirche bei Entscheidung von Olaubensstrei-
tigkeiten mit Erfolg geltend. Tag 10. Jan.
AgathScleS) Tyrann von Syrakus, geb.
S61 V. Chr., Sohn eines Töpfers, beherrschte
Syrakus und den grössten Theil von Sicilien
28 Jahre lang bis 289, bestieg, von seinem
Enkel Archagathus vergiftet, den Scheiter-
haufen. [Gute, Theil de): Ethik.
Agathologle (gr.), Lehre vom höchsten
Agithon, griech. Tragiker, aus Athen,
Freund des Plato und Euripides, t Ml v. Chi.
Von seinen Werken nichts erhalten.
AgatMlu türk. Meile, = 0,72 deutsche M).
Agive L,, Pflansengattung der Bromelia-
eeen. A. amerioana L,, hmnder^Uhrig»
AloÜ aus Mexiko, in Südeuropa (bis Bozen>
und NordeJrika verwildert. Dergegohme
Saft, nach dem Ausschneiden des Blüthen-
schaites gesammelt, liefert denPulque. Die
Fasern der Blätter (AloS-, Pite-, Domin-
go-, Campechehanf) dienen au Tanwerk»
£[ängematten etc., wurden von den alten
Mexikanern auch zu Papier verarbeitet.
Agde^ Hafenstadt im franz. Depart. H6-
rault, am Flusse H6rault, 9586 Ew.
Age (Axin), Fett, aus einer Blattlaus, Coo
ous axin La tilave, in Mexiko gewonnen, bil-
det wie Collodium eine Membran auf der
Haut und wird in der Medicin benutzt.
AgelidaSy griech. Bildhauer, aus Azgos»
um 515 — 455 v. Chr. thätig ; Lehrer von
Phidias, Myron und Polyklet.
Ageu (spr. Aschang), Uauptst. des frans.
Depart. Lot-Garo&ne, an der Garonne,
18,222 Ew. Die Umgegend Agenoia , be-
rühmt durch den rothen Agenoiswein.
Agende (lat.). Buch , welches die kirch-
lichen Vorschriften über die Form der
gottesdienstlichen Amtshandlungen der
Geistlichen und insbesondere über die dabei
zu gebrauchenden Worte enthält. Das erste
Buch dieser Art war das Sacramentale
Gregors L (f 604). In den Agendetutreitig-
ketten der neuern Zeit gab sich der Gegen-
satz der unionistischen und konfessiona-
listlschen Richtung besonders kund.
Agena (lat.), wirkende Kraft; Ursache.
Agent (lat.), Geschäftsvermittler, welcher
an einem andern Ort« ansässige Auftrag-
geber (Kommittenten) vertritt und in deren
Interesse andauernd thätig ist. JPolitüehe
A.«n sind, ohne einen diplomatischen Rang
zu besitzen, im Interesse eines Staats, be-
sonders im Auslände thätig; Weehsdageinien
(Agents de change) heissen in Frankreich
die Wechselmäkler (s. d.). Agent$ provoeet-
teure, Gehülfen der geheimen Polizei, welche
sich in das Vertrauen politisch verdächtiger
Personen einschleichen und sie zu straf-
baren Handlungen anreizen.
Ager^ linker Nebenfluss der Traun in Ober-
österreich, mündet bei Laubach.
Agesander, griech. Bildhauer aus Rhodns,
um 430 V. Chr., mit seinen Söhnen Verfer-
tiger der Laocoongruppe.
Agesilingy Name zweier Könige von Sparta,
von denen A. H., Sohn des Archidamus II.,
einer der berühmtesten Feldherren des Al-
terthums ist. Geb. 442 v. Chr., folgte er
397 seinem Bruder Agis in der Regierung,*
kämpfte in Kleinasien glücklich gegen die
Perser, weniger glücklich gegen die The-
baner und deren Verbündete unter Epami-
nondas, machte auch einen Zug nach Aegyp-
ten, f aber auf der Rückreise im Hafen
Menelaus an der afrik. Küste 358. Vgl.
Hertzberg, ,Leben des Königs A. H.', 1856.
Aggemtion (lat.), Anhäufung.
Aggerhnns, norweg. Stift, s. Christiania,
Agglntlnauon (lat.), Schliessung von Wun-
Agglatinirende Sprachen — Agrarische Gesetze.
29
den durch Yerklebang ; AgglutinantiO', Klebe-
mittel, die Wandränder Bchnell yerbindende
BeUmittel (Heftpflaster, Ck>Uodiiun etc.).
AffvlnüniFUide Spreehen, s. Sprache,
AfgregAt (lat.), Vereinigung von gleich-
artigen oder ungleichartigen Theilen sn
einem fioeserlich wahrnehmbaren Ganzen.
^j^^rei^ofttMtandiAAggregatfonn, die Art, wie
Jene Theile mit einander verbunden sind:
fest, tropfbarflüssig n. laft- oder gasförmig.
Aggreirinn (Iaw* anh&ufen, cngesellen;
im Militarwesen einem Troppentheil einen
Offisier als fibercihlig Kutheilen, bis er in
eine rakante Stelle eintreten kann.
Aggrenlon (lat.), Angriff ; aggreaHv, an-
griffsweise.
Aghrim. Dorf in Irland (Galway). Hier
18. JnU 1691 5£eg Wilhelms m. über Jakob ü.
. Agil (Ut.), behend ; Agilität, Behendigkeit.
AgilOUliigery iltestes bayerisches Heraogs-
geschlecht, nach seinem StammTater.^9»2oZ/
genannt, herrschte Ende des 6. Jahrh. bis
aar JünTerleibang Bayerns in das fränkische
Reich (788) nnd endete mit Thassilo IL
A^O (ital., spr. Ahschio), Aufgeld, der
Betrag, nm den ein Werthseichen (Münze,
Papiere) im Verkehr den Nominalwerth über-
schreitet, gewöhnl. nach Procenten angege-
ben; Gegensats Diaagio, Verlust beimEin-
tanschen einer Geldsorte gegen eine andere.
. Agiotage (fr. , spr. Ahschiotahsch) , das
Spekuliren auf Schwankungen im Geld- u.
Papierkurs (s. IHffer«iu^e»ohä/te), Agioteur,
der A. gewerbsmässig treibt.
Aglren (lat.), handeln; eine Bolle spielen.
Agis» Name mehrerer Könige von Spartas
1) A. 1., Sohn des spartanischen iLönigs
Enrysthenes, um 980 t. Chr., machte die
Heloten eu Leibelgenen des Staats. — 8)
A. n., reg. 486—897, eroberte im peloponnes.
Krieg den attischen Flecken Decelea (413).
^ 8) A. m., reg. S88— 880, verband sich,
während Alezander d. Gr. in Persien ein-
drang, mit mehreren persischen Satrapen zur
Bekämpf^g der Maoedonier.— 4) A. IV., reg.
244—240, wollte durch eine durchgreifende
fltaatsreform die lykurgische Verfassung n.
Sitte nnd mit ihr die alte Volkskraft wie-
derherstellen, ward erdrosselt.
Agitator (lat.), Unruhstifter, Aufwiegler.
AgitOy Gtold- und Silbergewicht in Pegu,
= 8176 Jioll. As. Waarenge wicht, etwa '/«Pfd.
AglabitOBy arab. Dynastie in Mauritanien,
begründet yon Ibrahim Bei Aglab, einem
Statthalter Harun-al-Baschids, der sich 800
unabhängig machte ; herrschte bis 908.
AriAia (die Glänzende), eine der 8 Gjrazlen,
dMZenz und der Eurynome Tochter ; Name
«Ines AsteroVds, s. Asttr&tden.
AgiUMleUo (spr. AiOa-), Flecken bei Lodl
In der Lombardei. Bier Sieg Ludwigs XH.
über die Venetianer, 14. Mai 1509, u. Sieg
der Franzosen unterVenddme über die Oester-
reicher unter Prinz Engen , 16. Aug. 1705.
AgniBO) kleiner See bei Neapel, auf tuI-
kan. Boden; dabei die Schwitzbäder von
S. Germano, die Hundsgrotte, die Höhle des
Pausilipp nnd Ruinen der alten Stadt A.
Agniten (lat.), männliche Blutsverwandte,
die in männlicher liinle Ton einem gemein-
samen Stammvater abstammen, im Gegonsata
zu den Kogtutten, die von diesem in weiblicher
Linie abstammen. Jene in der alten Rechts-
sprache Sehwertmagen, diese SpiUmagen.
AgneSy 1) OrUfin von (Mamünde, aus dem
Gteschlecht der Herzöge von Heran, soll
nach dem Tode ihres Gatten , des Grafen
Otto von Orlamünde, ihre 8 Kinder, in
denen sie ein Hindemiss ihrer Vermäh-
lung mit dem Burggrafen Albrecht dem
Schönen Ton Nürnberg sah, ermordet haben
und als »weisse Frau* in den Schlössern
der HohenzoIIem Tor dem Eintritt ver-
hängnlssToUer Familienereignisse, bes. Tor
Todesfällen, als Gtespenst erscheinen. — 8)
A, von Oesterreich, Tochter des deutschen
Königs Albrecht I. und Gemahlin des Kö-
nigs Andreas HL Ton Ungarn, berüchtigt
durch - die grausame Verfolgung der der
Theilnahme an der Ermordung ihres Va-
ters .'Verdächtigen; f 1^ Mai 1864. Vgl.
LiAenau, ,Lebensgesch. derKön. A.*, 1869.
AgnesenrolleBy auf der franz. Bühne
naiTe Mädchenrollen, nach der Agnes in
Molidres ,Schule der Frauen*.
Agni, in der ind. Myth. der Gott des
Feuers, bes. des Opferfeuers. Seine Gattin
Agnaji, das personificirte Brandopfer selbst.
AgnSmen (lat.), Beiname, Zuname.
Agnus Del Hat.), Lamm Gottes, Benen-
nung Jesu nach Joh. 1, 89 ; in der römisch-
katholischen Kirche kurzes Messgebet ; dann
geweihtes Medaillon aus Wachs, Silber oder
Gold mit dem Bilde des kreuztragenden
Lammes (Gotteslämmohen) , Tom Papst im
1. und Jedem 7. Jahre seiner Begierung am
Sonntage nach Ostern Tertheilt.
AgOB (gr.), Kampf, besond. Wettkampf
bei den feierlichen Spielen der alten Grie-
chen; ^^onoMete», Kampftichter; AgonisHk,
Kampfgeschicklichkeit.
Agome (gr.), Todeskampf.
AgQstay befest. Hafenstadt auf Sicilien,
nördl. Ton Syrakus, 9883 Ew.
Agoult (spr. Agni), Marie Oathirine Sophie
de liavigny, Gräfin cP, Pseudonym Daniel
Stern, firanz. Schriftstellerin, geb. 1805 zu
Frankftirt a. M., seit 1887 Termählt mit dem
Grafen d*A. in Paris. Schrieb NoTellen,
Beiseberichte, ,Lettres rdpublicaines*, 3i8t.
de la ReTolution de 1848* (18öl, 8 Bde.) u.
jEsqulsses morales* (1849).
AgOWy Volk in Hochabesslnien, Tielleicht
die UrbeTÖlkerung des Landes; mit eigen-
thümlicher Sprache (Angawi) und clanähn-
licher Verfassung.
Agrft« berühmte Stadt in Ostindien, rechts'
an derD8chumna,TielePrachtbauten, 185,000
Ew. 1559—1658 Residenz der Timurideu;
seit 1835 Hanptst. der hordwesth ProTinzeu
des anglo-indischen Reichs.
Agralfe (ft*.), Spange oder Schnalle zum
Befestigen Ton Bändern etc. ; auch architek-
tonisches Ornament amSchluss einesBogens.
Agram (kroat. Zagor), Hauptstadt Ton
Kroatien, nahe der SaTe, 16,660 Ew.
Agrarlzehe tiesetze (Aekergeeette), umfas-
sen alle diejenigen rechtl. Verhältnisse und
Einrichtungen , welche den Besitz und die
Benutzung des Grundes u. Bodens betreffen.
80
AgraTiädoB — Agronomie.
AgTATildoB (Span.)} d. f. politisch MIss-
TergBÜgte, Partei in Spanien, welche in
den Jahren 1826—28 auf Herstellung des
inssersten Absolutismus in Staat u. Kirche
und als Mittel dassu auf die Absetzung Fer-
dinands yn. und die Erhebung des Don
Carlos uat den Thron hinarbeitete.
Agrai (arab.)) in Spanien erft-ischendes
Getränk aus serquetscbten unreifen Wein-
trauben, Wasser, Zucker und Eis.
Agrest (lat.), aus unreifen Trauben ge-
presster Saft, als Essig dienend| auch zum
Wachsbleichen angewandt.
Agricöla» 1) Onejua Juliu» Ä., r5m. Staats-
mann u. Feldherr, geb. 40 n. Chr. zu Forum
JuUum im narbonensischen Gallien, 77 Kon-
sul und dann Statthalter in Britannien,
t 98. Seine Biographie von Tacitus. — S) Bu-
do^ A., eigentlich RotHof Euymiann, her.
Humanist, geb. 1443 zu Baflo bei Gro-
ningen, lehrte in Italien, seit 1483 in Worms ;
t 28. Okt. 1485. Schriften herausgeg. von
Alard (Köln 1589, 2 Bde.). Vgl. Tresling, ,Vita
et meritaR. A.«, 1830. — 3) Martin A., musik.
Schriftsteller, geb. 1486 zu Sorau, f &ls Kan-
tor und Musikdirektor zu Magdeburg 10.
Juni 1556. Führte zuerst den Gebrauch der
Notenschrift ein. Sehr. ,Muslca instrumen-
talis* (1529). — 3) Otorg A,, eigen tl. Bauer,
Gründer der wlssenschaftl. Mineralogie in
Deutschland , geb. 24. März 1490 zu Glau-
chau, Bürgermeister und Stadtphysikus zu
Chemnitz,'t21.Nov. 1555. Sehr.: ,De ortu et
causls subterraneorum* (1546); ,De re
metallica' (1561). Mineralog. Schriften übers.
Ton Lehmann (1806—18, 4 Bde.). Vgl. Becher,
,Die Mineralogen G. A. u. Werner* (1830). —
6) Joh, A., eigentlich BchniUer, Gelehrter
des 16. Jahrb., geb. 10. April 1492 zu Eisleben,
seit 1537 Prof. zu Wittenberg, Freund Luthers
und Melanchthons , f ^^^ Hofprediger zu
Berlin 22. Sept. 156iß. Mitverfasser des In-
terims von 1548 ; ausserdem vielfach schrift-
stellerisch thätig; auch Verf. eines Schau-
spiels ,J. Huss* (1537). Wichtig seine Samm-
lung deutscher Sprichwörter mit deren
Aiislegung (zuerst plattdeutsch, Magdeb. 1528,
dann hochdeutsch 1529). — 6) Joh. Friedrich
A; Musiker, geb. 4. Jan. 1720 zu Dobitschen
bei Altenburg, Schüler Seb. Bachs, seit
1759 königl. Kapellmeister in Berlin , f das.
12. Nov. 1774. Opern und Kirchensachen.
Deutsche Bearbeitung von Tosia »Anleitung
zur Singkunst* (1757).
Agrlgent (gr. Akrageu, a. G.), blühende
Stadt in SiciUen mit prächtigen Tempeln u.
300,000 Ew.; 582 v. Chr. von Bhodus aus
gegründet, 407 von den Karthagern erobert,
seit 262 römisch, im 8. Jahrh. n. Chr. von
den Saracenen zerstört. Jetzt Girgenti.
Agrikultur (lat.), Landwirthschaft, ins-
besondere Ackerbau.
Agrikulturchemie (Ackerlauchemie), der
Theil der angewandten Chemie, welcher
sich mit der Beschaffenheit des Bodens u.
dem wechselseitigen Einfluss zwischen ihm
und der Vegetation beschäftigt. Vergl.
Iddngs zahlreiche Schriften, besonders die
,Ohemie in ihrer Anwendung auf Agrikultur
und Physiologie*, 8. Aufl. 1865, 2 Bde.;
MitJder, ,Chemle der Ackerkrume', 1862, 9
Bde.; Hoffmann i «Theoretisch - praktische
Ackerbauchemie*, 2. Aufl. 1869; fieftvlse,
»Lehrbuch der Chemie für Landwlrths', als
4. Aufl. von Bth<r» ,Gmnd8&ti« der-A.*,
1866; (Jahresbericht über die Fortschritte der
A.*, 1858 ff.; Fo^e<, ,Entwicklung der A.*, 1870.
AgrlmemoreB (lat.), die Feldmesser der
alten Römer,|. Ihre Diseiplin, ein Gemisch
geometrischer, Juristischer und religiöser
Sätze aus der Augurallehre, wurde in eignen
Schulen gelehrt u. durch eine eigne Idteratnr
weitergebildet. Die Ueberreste ders. (,Sorip«
tores gromatici*) herausgeg. von Blume,
Lachmann und Sudorff 1848—52, 8 Bde.
AgrimSnia X. (Odermennig), Pflanzengat-
tung der Rosaceen. A. Eupatorium L,, ge-
meiner 0. (Ackermennig, Leberklette, Stein-
wurz), durch ganz Europa, ofAo. als Herba
Agrimoniae s. Lappulaef hepaticae.
Agrippa^ 1) Menenin» Lanatue, römischer
Patricier, bewog 494 v. Chr. das missver-
gnüg^te Volk, welcheif auf den heil. Berg;
ausgezogen war, durch die Erzählung der
Fabel von den wider den Magen sich em-
pörenden Gliedern zur Rückkehr nach Rom.
— 2) Maren» Vipaaniu», Feldherr und Rath-
geber des Kaisers Augustus , geb. 63 v. Chr.,
gewann den Sieg bei Actium (81), erst mit
Octavians Nichte Marcella, dann mit dessen
Tochter Julia verheirathet ; f im Mars 12.
Vgl. JFVand»«n, ,M. V. A.', 1836.
Agrlppa von Netteaheim, Heinr, Comel,,
Schriftsteller und Philosoph des 16. Jahrb.,
geb. 14. Sept. 1486 zu Köln, bekleidete aben-
teuernd verschiedene Aemter unter Kaiser
Maximilian I. u. Franz I. von Frankreich,
1 18. Febr. 1535 zu Grenoble. Seine Schrift
,De iucertitudine et vanitate scientiarum'
(Köln 1527) eine Satire auf den damaligen
Stand der Wissenschaften; ,De occulta
philosophia* (Par. 1531, Köln 1533) gegen
den Hexenglauben gerichtet. Werke, Lyon
um 1550, 2Bde. (deutsch 1856, 5Bde.). Biogra-
phie von Morlty, 1856, 2 Bde.
Agrippfna, 1) Tochter des M. Vipsanius
Agrippa, erste Gemahlin des -römischen
Kaisers Tiberius, der sich von ihr trennte,
um sich mit des Kaisers Augustus Tochter
Julia, der hlnterlassenen Wittwe Agrippas,
zu vermählen. — 2) Tochter M. Vipsanius
Agrippas u. der Julia, Gemahlin des Cäsar
Germanicus, ward von Tiberius nach der
Insel Pandataria bei Neapel verbannt, wo
sie 18.. Okt. 33 n. Chr. den Hungertod f-
Ihr iüngster Sohn war der Kaiser Caligula.
— 3) ^. Julia, Tochter der Vorigen u. des
Germanicus, geb. 16 n. Chr. in Köln, erst
Gemahlin des Domitius Ahenobarbus (durch
diesen Mutter des Kaisers Nero), dann des
Passienus Crispus, endlich des Kaisers Clau-
dius, den sie 54 vergiften Hess, ward 59, auf
Anstiften ihres Sohnes Nero ermordet. Vgl.
Lehmann, «Claudius u. seine Zeit', 1858 ; ßtahr, -
,A.*, 1866.
Agrippinigche Gebort, Fussgeburt.
Agronomie (gr.), Lehre von der Be-
schaffenheit des Ackerbodens, bes. hinsicht-
lich der Kultur der Nutzpflanzen. Agronom,
wissenschaftlich gebildeter Landwirth.
Agrostemma — Ahorn.
81
Agrostemnia« Pflanzengattnnir* a,Lpehnis,
Agrostll L., Windhalm (Btratutgras), Gra-
mine«. Gate Fottergräser: A. atolonifera 0.
(A. Yulgaris Wither.), Fioringra» auf Wasser»
wiesen , und A. canina L, auf Waldwiesen.
Ai^nunen (ital. agrumi), gemelosamer Name
für die Orangerieftüchte ans Italien.
AgtstetBy 8. T. a. Bernstein.
Agna, höchster Berg rVnlkan) Mittel-
amerikas, in Guatemala, 18,9(MV hoch.
AirVM-GBllenteSy Binnenstaat der Republik
Mexiko, 160 QM. n. 86,880 Ew. Die Hauptat,
A., 28,000 Ew. Warme Quellen.
Aguesseftii (spr. Agessoh), Htnri Fron-
toi» d*, ftanz. Staatsmann, geb. su Limoges
87. Kov. 1668, seit 1700 Generalprokurator
am Parlament zu Paris, 1717—50 mit Unter-
brechungen Kanzler, f 9. Febr. 1751. Werke :
1759— 89, 18 Bde.; neue Ausg. 1819.
Aguilar (spr. EbgiUr), Grace, engl. Bo-
manschriftstellerin , geb. aus Jüdischer Fa-
milie 9. Jnni 1816 zu Hackney bei London,
1 16. Sept. 1847 zu Frankfurt a. M. Werke,
1861, 8 Bde.
Agallar, Stadt In der span. Proy. Oordo-va
(Andalusien), 10,600 Ew.
Agulhas. s. Nadelkap,
Agit! (BteUtiMerJ, Dasyprocta Jü,, Nage-
thier, vertritt in Sudamerika unsern Hatten.
Das gemeine Ä., D. Aguti L., 18—19", in Bra-
silien, Paraguay u. Guyana. Etwas kleiner
ist das »ehwarteA», D. nig^cans ^a<f., mehr
im Innern von Südamerika. Die JUdra (das
patagon. A.), D. patagonica X., &st das ein-
zige S&ugethier Patagoniens, liefertPelzwerk.
Aha 9 in der Gartenkunst Graben, durch
welchen die Grenze eines Grundstücks für
die Feme unbemerkbar bezeichnet wird.
AJiah (Aehab), König von Israel 918—897
T. Chr., Sohn und Nachfolger Omris, ward
Ton seiner Gemahlin Jesabol, zur Abgötterei
und Verfolgung der Jehovahpriester rer-
leitet, fiel im Kriege gegen Beabadad, König
Ton Syrien. Der König Jehu Hess A.s ganze
Familie ausrotten.
Ahmto^ afHkan. Landschaft an der Gold-
küste, fiauptort Busoa. Hier ehedem die
prensa. Festung Friedrichsbuig (1683 gegr.).
AhM (Achat), König Ton Juda 741—725
T. Gbr. , Sohn und Nachfolger des Jotham,
führte phönicischen Götzendienst ein und
rief, Ton den Terbündeten Syrern u. Israe-
liten hart bedrängt, den König Tiglat-Pilesar
von Assyrien zu Hülfe.
AliaSTemSy Name oder Titel mehrerer in
der Bibel erwähnten Könige von Medien u.
Persien, unter denen der Gemahl der Esther,
wahrscheinlich Xerzes, am bekanntesten ist ;
auch Name des Ewigen Juden (s. d.).
AUden» Flecken im preuss. Regbz. Lüne-
burg, 905 Ew. Das Schloss bewohnte 1694—
1726 König Georgs I. von England geschie-
dene Oemahlin, Sophie Dorothea^ ,die Prin-
zessin von A.% als Ge&ngene.
Anlefeld) Charh Sophie Luite Wilhelm,
von, geb. v. Seebach, Pseudonym Elisa Sdbigf
Romanschriftstellerin, geb. zu Stedten bei
Weimar 6. Dec. 1781, f 27. Juli 1849 zu Teplltz.
AUefeldty Eli»a Davidia Margar., Gräfin,
dentscbe Patriotin, geb. auf Langeland 17.
Nov. 1790, Gattin des Freicorpsführer»
V. Lützow^ von dem sie sich 1824 trennte»
dann mit Immermann intim befreundet, seil
1840 in Berlin, wo sie 20. März 1855 f. Vgl.
Ludmüla Auing, ,Gräfin E. von A.', 1857.
AlileBy Stadt im preuss. Begbz. Münster»
Kr. Beckum, 3512 Ew.
AUfeld, Joh, Friedr,, Kanzelredner der
strengkirchlichen Richtung, geb. 1. Nov.
1810 zu Mehringen bei Aschersleben, seit
1851 Pastor an der Nikolaikirohe zu Leipzig.
Predigtsammlungen n. Volksschriften.
Ahlheide, breiter Landrücken in Jütland,
im Himmelsberg 530' hoch.
Ahlwardty Cfemt. Wilh., Philolog, geb.
zu Grei&wald 23. Nov. 1760, f das. al»
Professor 12. April 1830. Metrische Ueber-
setzung Ossians (1811; 2. Aufl. 1839).
AJliii. Flüssigkeitsmass in Dänemark k 4
Anker a 38*/4 Pott gesetzlieh, im Grosshandel
k 20 Viertel zu 8 Pott ; gesetzlich 149,75 Liter.
Ahmedibad. verfallene ehemal. Haupt-
stadt von Guascherate in der brit. - ostind.
Präsidentschaft Bombay, 130,000 Ew.
Ahming (Ahm), die Skala am Vorder- n.
Hintersteven eines Schiffte , welche angibt,
wie tief dasselbe im Wasser geht.
Aluiy Joh, Front, Schulmann, geb. 15. Dec.
1796 zu Aachen, Verf. zahlreicher, oft auf-
gelegter Lehrbücher zur Erlernung der
neueren Sprachen, wandte die nach ihm
benannte Lehrmethode zuerst im ,Prak-
tischen Lehrgang der ftanzös. Sprache' (1.
Kurs. 167. Aufl. 1869) an ; f ^' Aug. 1866.
AlineBy Vorältem, Vorfahren, bes. solche
vom Adel. Seit dem 13. Jahrb. tritt in den
Statuten von Stiftern u. Domkapiteln, sowie
in den Hof^angprdnungeu die Bestimmung
auf, dass Bewerber die Herkunft nicht nnr
von adeligen Vätern u. Grossvätem, sondern
auch von adeligen Müttern u. Grossmüttem»
Ja von 16 u. selbst 32 adeligen A., ohne Da-
zwischenkunft von bürgerlichen lAüttem,
nachzuweisen hätten (Hof- und Stiftsadel).
Der Beweis dieser adeligen Abstammung
hiess Ahnenprobe u. zerfiel in die FUiaHonS'
probe oder den Nachweis, dass man nebst
den Vorältem ans rechtmässiger Ehe stamme,
und die Bitterpr4>be oder den Nachweis
der Ritterbürtigkeit aller auf der Ahnen*
tafel oder dem Stammbaume verzeichneten
Personen. 16 A. zählte man, wenn beide
Aeltern, die 4 Grossältem und die 8 Ur-
grossältem adeligen Standes waren. Adop-
tirte, desgl. erst nach ihrem Tode mitge-
adelte Vorführen eines Neugeadelten (ge-
schenkte A.), sowie einem solchen in dem
Adelsbriefe erst erthellte (gemalte A,) zählten
dabei nicht mit. Gegenwärtig kommt die
Ahnenprobe nur noch bei Bewerbung im
Stiftsstellena. Verleihung einiger Orden vor.
Ahorn 9 Acer L,, Pflanzengattung der
Acerlneen, einige 80 Arten in Europa,
Asien und Amerika vom 80. — 60.o n. Br.
Weisser A. (gemeiner A., Bergahom), A.
pseudoplatanus L., überall in Deutschland;
gutes feines Nutzholz. Spitsahom, A. plata-
noides L,, überall in Europa; gröberes Nutz-
holz, aus den Masern die ulmer Pfeifenköpfs.
Felddhom (deutscher A., Mas^holder, Mass-
32
Ahr — Aire sur la Lys.
•Her), A. campestreZ., in gftni Eozopa, meist
«l8 Busch ; Holz su Drechslerarbeiten , ge-
flochtenen Peitschenstielen; starke Kork'
blldung. Zuckerakom, A. saccbarinum L,, in
Nordamerika Tom 48.— 46.o n. Br., wird knl-
tivirt zur Zackergewinnung ans seinem Saft.
Jahrliche Produktion ca. 750,000 Otr.
Ahif Nebenfluss des Rheins in Rhein-
preussen , kommt von der Eifel ; 12 M.
AhrenSy Seinr,, Rechtspbilosoph, geb. 14.
Juli 1808 zu Kniestedt bei Salzgitter, ward
1834 Prot der Philosophie zu Brüssel , 1848
Mitglied des deutschenParlamentSi 1860 Prof.
2U Grats, seit 1859 Prof. der prakt. Philoso-
phie und Politik zu Leipzig. Hauptwerke:
»Cours de droit naturel' (6. Aufl. 1869;
deutsch 1846) ; ,Philosophie des Rechts und
des StaaU* (1851-58, 6. Aufl. 1870); »Jurist.
Encyklöpädie< (1858).
Aariuian (im Zend auhro maiDyus, d. i.
böser Geist), in der Religionslehre des Zo-
roaster die Personifikation des Bösen, Ur-
quell alles Uebels, Gegner des Ormuzd (s. d.).
Ahrweiler 9 Kreisstadt im preuss. Regbz.
Koblenz, an der Ahr, 8814 Bw.
AhrweiBe^ Weine des Ahrthals. Von den
rothen (Ahrbleicherten) ist der Wallporz-
beimer der beste.
Ahualnseo» Ort bei San Luis in Mexiko.
Hier 25. — S9. SepL 1859 Schlaeht zwischen
General Miramon (Sieger) und Yidauri,
Ahmnida, Don Bedro Giron, Marqwu de
leu AmariÜaa, Hertog von, span. General u.
Staatsmann, geb. 1788 zu S. Sebastian, wäh-
rend des span. Unabhängigkeitskriegs Chef
des Generalstabs, nach der Reyolutlon yon
1820 kurze Zeit Kriegsminister, ward von
Ferdinand Vn. zum Mitglied des Regent-
schaftsrathes ernannt, dann Präsident der
Proceres, 1835 unter Toreno Kriegsminister;
t 17. Mai 1842 zu Madrid.
■ AhlUL Flecken im schwed. Lan Christian-
fltad. B3er 1207 ScMaeht zwischen Knut d. Gr.
nnd Olaf Haraldson.
Aiy das gemeine oder dreizehige Faulthier.
AlMclim) Gipfel des grossen Atlas in
Marokko, an ll^OOO'.
Albllnger^ Ka»par, Komponist, geb. um
1788 EU Wasserburg in Oberbayem, Hof-
kapellmeister in München; f das. 6. Mai
1867. Messen , Requiems , Offertorlen u. a.
Aichach 9 Stadt in Oberbayern, an der
Paar, 2444 Bw. Unfern Ruine Witteisbach.
Aicheiiy das amtliche Abgleichen und Be-
richtigen der JMasse und Gewichte, ehe sie
dem Verkehr übergeben werden.
AichniaM (Visirmcus), in Süddeutschland
für den Grosshandel gebräuchliche Massart
für Wein (auch Bier, Branntwein, Essig),
dst grösser als das beim Kleinhandel übliche
Schenk-, Wirths- oder Zapfmass.
Aichspftlt (AsapOt), geb. um 1250 zu As-
speltbei Trier, seit 1305 Erzbischof von Mainz,
Gegner des Hauses Habsburg, f &• Jai^ 1320.
Aide (fr., spr. Aehd), Beistand, Gehülfe;
A. de camp, Adjutant.
AYdes (gr.), s. y. a. Hades.
Aide-tol et le clel t'aldera (fr. Sprich-
wort), hilf dir selbst u. Gott wird dir helfen,
•uch Wahlspruch einer Gesellschaft, die |
sich 1824—32 in Paris behufs gesetim&ssigen
Widerstandes gegen die zunehmende Re
aktloD bildete. Zu ihr gehörten u. A.R^musat
DuchUtel, Dubois, Duyergier de Hauranue,
Montallyet, Thiers, Gulzot, Gamler-Pag^setc
Aldin (CHUelhistar) , Stadt in Kleinasien
südöstl. Ton Smyma, 15,000 Ew. [weit
AidonenSy Pluto als Herrscher der Unter
Al^en. kalserl. Lustsclüoss bei Salzburg,
Aigreite (fir., spr. Ehgrett), Silberreiher
der fk>üher als Kopl]putz dienende Reiher
husch ; straussartiger Juwelenschmuck.
AignlUe (fir., spr. EhgiJj), Nadel, Bezeich-
nung vieler wallisnr Alpenspitzen.
Algmi (Saehalin-Ula-Choten), chinesische
Stadt und Verbrecherkolonle , am Amur,
15,000 Ew. Hier 28. Mai 1858 VeHrag zwischen
Russland und Ohina, das an ersteres das
Amurgebiet abtreten mnsste.
Ailanthiu De«/. (OmeH>aum) , Pflanzen-
gattung der Xanthoxyleen. A. glandulosa
Dm/., aus Ostasien, bei uns akklimatisirt,
liefert Holz zu Wagnerarbeiten ; von den
Blättern lebt der Seidenspinner, Bombyx
cynthia ; der harzige Saft der Rinde Haup^-
material für Japan. Firnisse.
Almaky Stammabtheilung bei den Kal-
mücken, 150—800 Familien zählend.
Ain (spr. Aeng), Fluss Im südl. Frankreich,
entspr. auf dem Jura, mündet bei Lyon in
die Rhone; 21 Vs M. Das Departement A.,
105,3 QM. und 871,643 Ew., Hanptst. Bourg.
Alnmflller. Max Eman, , der Wiederher-
steller der Glasmalerei, geb. 14. Febr. 1807
zu München, leitet daselbst das königl.
Institut der Glasmalerei. Arbeiten von ihm
in den Domen von Regensburg und Köln,
in der münchener Aukirche, in Stuttgart,
England etc.
AinoBy Volk auf der Japan. Insel Jesso,
den Kurilen und der Insel Krafto ; vielleicht
die Urbevölkerung von Japan. Ihre Sprache
verwandt der Japanischen. , Abhandlungen'
darüber (1852), ,Vocabularium* (1854).
Alnsworth (spr. Ehnswördh), 1) WUliam
Marrüon, engl. Romanschriftsteller , geb. 4.
Febr. 1805 zu Manchester, lebt zu London.
Urheber der Räuber- u. Gaunerromantik in
der engl. Literatur, z. B. ,Rookwood' (1834),
,Grichton' (1837), ,JackSheppard' (1839), ,The
Lancashire witches< (1848), ,Cardinal Pole*
(1863); gab die Zeitschriften ,Ainsworths
Magazine* u. ,Golbums New Montbly Maga-
zine* heraus. — 2) William Francis, engl.
Arzt, Geolog u. Reisender, Vetter des Vorigen,
geb. 7. Nov. 1807 zu Exeter, bereiste 1835—37
und 1838—41 Kleinasien, schrieb ,Researches
In Assyria* (1842) und ,Travel8 and resear-
ches in Asia minor etc.* (1842, 2 Bde.).
Aintaby Stadt im nördl. Syrien, am Sad-
scbur, 20,000 Ew.
' Air (fr., spr. Aehr), Miene, Ansehn, Be-
nehmen ; In der Reitkunst die naturgemässe
Haltung des Pferdes bei den Reitübungen.
k\s(Ä8ben), Landschaft In der südl. Sahara,
von Tuariks bewohnt. Hauptstadt Agades.
Airdrie (spr. Ehrdrih), Stadt der scliott.
Grafsch. Lanark, östl.von Glasgow,12,922 Ew.
Oentrum grosser Eisen- u.Banm Wollindustrie.
Alre sur la Lyi (spr. Aehr sür la Li), befest.
Airy — Akademie.
S3
6tedt^.*]n Irans. Depart. Paa de CaUiB,
an der Lys, 8803 Ew.
Alrj (spr. Ehri), George Biddell, Astronom,
geh» 27. Jnli 1801 bu Alnwlok in Kortbom-
berlaad, seit 1836 Astronomer Boyal in
Xxreenwich. Scharfsinniger Analytiker ;
sehr. yRednctlon of obserrations of tbe
«Doon< (1837, S Bde.); »Oatalogne of 2156
Start* (1849); »Tracta on physical astronomy'
<4. Anfl. 1868, deutsch ron LiUrow 18S9);
,A]gebralcal and nomerical theory of errors
of obserrations* (1861); ,On tbe nndalatory
tbeoty of optios' (1866); ,Lectnres on
Astronomy* OL Aufl. 1858, deutsch von
ßOald 1862).
Alsohy Nebenfl. der Regnita in Franken,
mündet unterhalb Forchheim.
Aisehay Tochter Abubekrs, Mohammeds
S. Gemahlin, Gegnerin der Khalifen Ali n.
Omar, f 678 an Medina, als Prophetin verehrt.
Alne (spr. Aehn), Xluss im nördl. Frank-
reioh, entspringt am Argonnenwald, mündet
bei Complögne in die Oise ; 37 M. lang (17 M.
achiffb.). Danach benannt das Depart, A.
/in Isle de France), 183,5 QM., 566,025 Ew.,
Hanptst. Liaon.
Alstnlfy König der Longobarden 749—56,-
eroberte 751 Bayenna und bedrohte Born,
ward Ton dem Frankenkönig Pipin aur Rück-
gabe seiner Eroberungen an den Papst ge-
zwungen, fiel Ton Neuem ins p&pstl. Gebiet
ein, ward von Pipin wieder bekriegt; t 756.
AitsSmay lAeuve van, hoUänd. Gesohicht-
schreiber, geb. 19. Not. 1600 au Doccum, f
23. Febr. 1669 im Haag. Sdlir. ,6aken yan
ataat en oorlogh, in ende omtrent de ver-
eenigde Nederlanden* (1657—71, 14 Bde.).
Alwaly (gr. Ktfdomä), Stadt in Kleinasien,
der Insel Lesbos gegenüber, 22,000 Ew.
Alwasowsky, Iwm Kanttantinovntteh, russ.
Zjandscbaftsmaler, geb. 1817 au Theodosia in
der Krim, S<diüler der Petersburger Aka-
domie, seit 1847 Professor in Theodosia.
£ffektTolle Marinen.
Alx (spr. Aehks, lat. Aguae Sextiae), Stadt
im tnxiz, Depart. Rhonemündungen, alte
Haoptst« der Provence, Schwefelquellen,
28,1^ Ew. Römische Kolonie (123 v. Chr.).
Bieg desMarius über die Teutonen, 102 v. Ghr.
Alx-Ia-Chapelle (spr. Aehks-la-Schapell),
Irans. Name von Aachen.
Aix-les-lbaijui (spr. Aehks -li- bang, lat.
A^fltae OreUiancu), Stadt im frana. Depart.
Baroyen, Schwefelquellen 36o R., 4430 Ew.
. iJacciO (spr. Ajatscho), Hauptst. der Insel
n. des franz. Depart. Kotsika, an der West-
küste, 14,558 £v^ Napoleons I. Gbeburtsort.
AJilOiiy Levitenstadt in Palästina, Stamm
Dan; hier Kcunpf Josuas mit 6 kanaanit.
Königen (Jos. 10, 12).
AJan (spr. Adsohan), 1) wenig bekannter
Liandatrich an der Ostküste vonAflrika, vom
Kap Ghardaflii südw&rts bis aum Aequator,
vom Bomftll bewohnt. — 2) Hafenstadt in Ost-
aibiri«B, am ochotskischen Meere , 600 Ew.
Niederlage der russ.-amerikan. Kompagnie.
Ajax (gr.^a«)MName zweier homei-ischer
Helden : 1) A, d^ Kleinere, Sohn des OHeus,
Königs der Lokrer, entriss den Leichnam
des Patroclus den Trojanern , kam auf der |
Meyer» Hand- Lexikon,
Rückreise Im Meere um, nach Einigen wegen
Misshandluug der Oassandra nach der Er»
oberung Trojas. — 2) jdL der Oroaee, Sohn
des Telamon, Königs von Salamis, einer
der tapfersten Helden der Griechen, be-
stand einen Zweikampf mit Hector, tödtete
sich aus Wuth , weil des Achilles Waffen
nicht Ihm, sondern dem Odyssena ange-
sprochen wurden. Hauptheld- der topho-
Uelschen Tragödie ,Der rasende A.*.
A Joar (spr. a sohuhr) flMsen» einen Edel-
stein «o fassen, dass auch seine hintere Seite
frei liegt, der Stein also durchsichtig Ist.
AJudhJa (Krung-KcM), alte Hauptstadt
von Slam, 20,000 Ew., bor. Tempelruinen.
Akabahy Oelf von, der nordöstlichste
Thell des rothen Meeres.
Akademie (gr.), ursprünglich ein dem
Lokalb eros Akademos geweihter Plata beim
alten Athen, wo Plato seine Vorträge au
haften pflegte; dann die von Plato gestiftete
Schule. Man unterscheidet drei A.n: die alte,
von Schülern Piatos (Speosippus, Zenocra-
tes, Polemon, Orantor) , die mittlere, um 244
V. Ohr. von Arcesilaus, und die neue, um
160 von Oarneades begründete. Seit dem
15. Jahrb. versteht man unter A.n Gelehrten-
vereine, Universitäten und höhere Fach-
schulen (Berg-, Forst-, Landwirthschalts-,
Handels-, Maler-, Bildhauer-, Singakademie).
Die A.n als Gelehrtenvereine entstanden in
Folge des Wiederauflebens der klassischen
Studien seit der Mitte des 15. Jahrb. im
G«gensatae au klösterlicher (Gebundenheit
und kirchlicher Beschränkung. Nach d^m
Vorbild der Academia Platonica au Florena,
1474 von Lorenao Medid gestiftet, wurden im
16. Jahrh. in Italien zahlreiche ähnliche In-
stitute gegründet. Der ital. Sprachverbesse-
rung widmete sich die Aocademia della
Orusca, 1582 von dem Dichter GraaainI au Flo-
rena gestiftet. Mit den humanistischen Stu-
dien verbreiteten sich diese Anstalten auch
über andere Länder Europas. In Frankreich
gründete Richelieu 1635 die Acaddmie firan-
^se, die später mit ihren Schwesteranstal-
ten ausammen unter dem Namen Institut
de France einen tiefgreifenden Einfluss
auf die fhtna. Literatur ausgeübt hat.
Nationale Oentrallnstitute ähnlicher Art sind
die A.n au Madrid, Lissabon, Kopenliagen,
Stockholm und Petersburg. Nicht eigentlich
niUlonalen Obarakters, aber für die För-
derung der Wissenschaft von hoher Bedeu-
tung sind die Royal Society of London, be"
gründet 1663; dieA. der Wissenschaften au
Berlin, 1711 unter Leibnia Vorsita eröffnet,
1812 umgestaltet; die königl. Gesellschaft
der Wissenschaften au Göttiiagen (seit 1760) ;
die königL bayerische A. der Wissenschaften
zu München (seit 1759), 1809 erweitert, 1829
umgestaltet; die königl. sächs. Gesellschaft
der Wissenschaften au Leipalg (seit 1846);
die kalserl. A. der Wissenschaften au Wien
(seit 1846). Sie veröffentlichen ,Abhandlun-
gen*, ,Denksohriften* etc. In Nordamerika
bestehen die Smithsonian Institution au Wa-
shington, die American philosophical society
zu Philadelphia (seit 1769), die American
Academy of arts and sdenoes au Boston
8
84
Akademien — Akolhuer.
(Mit 1760), das Colnmbfft Inititate suWashing^
ton (seit 1881) nnd die National Academy
of Beiences (seit IMS) als ÜnionslDStltat.
Akadernftn (JkademitMcht), Zeichnnngeii
oder Gypsmodelle vom menschl. Körper and
Ton Tbeilen desselben, cUenen an Knnst-
sehnlen als Zeichnirngsvorlagen; anch die
Zrichnangen nacli solchen.
iJktdenlidiy was sich anf die Akademie
begeht, gewöhnlich Ton den Jetsigen Uni-
▼ersitaten nnd ihren Instituten gebraucht.
A,€ Bürger, Alle, welche einer Unirersit&t
angehören und unter deren G^erichtsbarkeit
stehen. Ae Freihtü, InbegrilT der beson-
deren Hechte und Immunitaten der Stn-
direnden, sowie Beieiohnung der eine ge-
wisse Selbstständigkeit (Lemfreiheit) bedin-
genden Stellung derselben.
Akaleplieny s. Qwiam,
Akar-urety sehr elastische Kantschuk-
art Ton einer auf Java häufigen Apocimee.
Akamanlui) westlichste Landschaft im
alten Griechenland, am jonischen Meer;
bildet Jetit mit Aetolien eine NomarcMe,
149,2 QM., 109,892 Ew., Hauptst. Missolunghi.
AkatolektiMli (^.), vollzählig, Vers,
dessen Metrum gans ausgef&Ut ist,
Akathollkea (gr.), Kichtkatholiken.
Akaale^ Acada Neck,, Pflanzengattung der
Leguminosen, Bäume u. Sträucher in allen
Brdtheilen mit Ausnahme Europas , haben
gefiederte Blätter oder blattartig 'ausge-
breitete Blattstiele (Phyllodien). Mehrere
afrikanische Arten, besonders A. Verec
€h»iiU. et Ftrr,, liefern Ghimmi arabicum und
Senegalgummi; A. Oatechu W*., in Bengalen,
das Eatechn: A. nilotica D«!., in Senegam-
bien und Oberägypten, gerbstoffhaltige
Frficfate (Neh Neb), die zum (Serben dienen.
Akazienbaum, unSichte A., s. Bcbinia.
Akbar (d. i. der selir Grosse), eigentlich
DeeheUd • eddin Mohammed, mongolischer
Kaiser {Grossmogul) von Hindostan, Kach-
komme Timurs , geb. 14. Okt. 1542, regierte
seit 1566, breitete seine Herrschaft über
das ganze nördliche Hindostan, einschliess-
lieb Kaschmir, Gudscherate und die Indus-
länder, aus, iörderte Ackerbau u. Handel,
begünstigte Wissenschaft u. Kunst; f ^^^
und hatte seinen Sohn Selim zum Nach-
folger. Seine Geschichte schrieb sein Ye-
zier Abul-Fasl in ,Akbar-nameh* , woTon
Tb. S unter dem Titel ,A7inJ-Akbari* yon
OladaUme ins Engl. (1800) übersetzt ist.
' Akelei^ s. A^ilegta,
Aken. Stadt im preuss. Regbz. Magde-
burg, Kr. Kalbe, an der Elbe, 589S Ew.
Aulat. Stadt im türk. Armenien, am Wan-
see, 4000 Ew. ; sonst Residenz armen. Könige.
Akliiiiiii (das alte Pamopoli»), Stadt in
Oberägypten, am NU, 10,000 Ew.
Akiba, Ben Joseph, Schüler (Hmaliels,
berühmter Babbi, im 1. und 8. Jahrh. n. Chr.,
Hauptautorität der mündlichen Tradition,
18&, über 100 Jahre alt, wegen Betheilignng
an dem Aufstände Bar-Cochbas hingerichtet.
Akiurgie (gr.), operative Chirurgie, lehrt die
kunstgemässe Handhabung der Instrumente.
Akjerman (Jkkerman), befest. Hafenstadt
in der sfidruss. Prov. Bessarabien, an der
Dnjestrmtkndung, S9,84S Ew. Vertrag rom
6. Okt. 1826 zwischen Russland und der
Türkei. [auch Wahl durch Zuruf.
AkklABiatlOB (Ut.), beistimmender Zuruf,
AkkllMAtiMtlOB (iat., fr. aeelimakUion),
Gewöhnung lebender Wesen an die Idinia-
tischen Einflüsse eines fremden Landes.
Die Fähigkeit, sich ohne Nacbtheil Betten
Lebensbedingungen anzupassen (ÄMnrmö-
gen), ist beim Menschen am grössten, doch
unterliegt auch er häufig A^ekrarnkheHen,
Grössere Veränderungen als der Menseh er-
leiden die Thiere, von welchen sich die Haus-
thiere unter gehöriger Pflege viel leichter ak-
klimatisiren als die wilden. Indess sind auch
einige Hausthiere in fremden Ländern völlig
verwildert. Pflanzen sind verhältnissmässig
leichter zu akklimattsiren , geben aber oft
erst nach mehreren Generationen volle Ern-
ten. Abarten und 'Vereine erstreben die
Einführung nutsbarer Pflanzen und Thiere.
AkkOBUBOdatiOB (lat.) , Anbequemung.
A^wermUgen, die Fähigkeit des Auges, Ge-
genstände in verschiedenen Entfernungen
deutlich zu sehen, beruht auf der Verschieb-''
barkeit der Krystalllinse.
Akkord (lat.;, Vertrag, Vergleich; beim
Konkursverlbhren Nachlassvertrag, das
Uebereinkommen des Schuldners mit seinen
Gläubigem, wodurch er die Becbtsnachtheile
des Konkurses abwendet; auch der Vertrag,
dem zufolge ein Bauherr oder sonstiger Un-
ternehmer die Arbeiten zum TheU oder auch
ganz gegen eine vereinbarte Summe einem An-
dern zur Ausführung überträgt. In der Mosik
Znsammenklang mehrerer (2 — 5) in gewissem
Verhältnisse zu einander stehenden Töne.
Akkredittren (lat.). Jemanden bei einem
Andern beglaubigen und die Gewährleistung
seiner Handlungen in dem Umfange seiner
Vollmachten übernehmen. Akkreditiv, Voll-
machtsurlcunde: Kreditbrief (s. d.).
AkkTMceBS (lat.), Zuwachs; Akkreeeen»-
reeht, der durch den Weg&U eines oder
mehrerer Erben entstahende Anspruch auf
die Erbtheile jener. tevu>^*
AkkrimlBalioB (lat.). Anklage, Beschuldi-
AkkunnlatoreB G<^t.), von Armstrong er-
fundene Apparate zur Ansammlung von
Ejraft für besondere (unterbrochene)Arbei-
ten. Zuerst benutzt, um das für Wasser-
säulenmaschinen erforderliche Wasser unter
starkem Druck zu sammeln, finden sie Jetzt
viel&che Anwendung, namentlich anch bei
Hebewerken. Vgl. BüMmann, »Maschinen^
lehre', 1862—68, 3 Bde.
Akne (Acne, gr.), Hautkrankheit, wird
durch Zurückhaltung des Hautscluneers und
Entzündung i;i. Verschwörung der in der Haut
eingebetteten Talgdrüsen veranlasst. Auch
die sogen. Mitesser bilden sich häufig zu
Aknepusteln aus, die in Eiterung übeigehen
und dann abheilen.
Akoemeter (Akometer, gr.), Gehörmesiur,
Instrument zur Bestimmung des Grades aer
Taubheit.
AkoIhneTy nordamer. Volk, wanderte um
1150 in Anahuac ein, mit dessen Bewohnern
es verschmolz. Ihr blühender Staat (Hauptst.
Tezouco) ging später in Mexiko auf.
Akologie — Akute Krankheiten.
35
AkoIOgrio (gr.)) Hellniittellehre, ixusbeson«
dere die Lehre von den axiMeren, V^7'
Bisch und mechanisch wirksamen Heilmit-
teln (Verbänden, Maschinen eto.)<
Akolvthen (gr.), in der älteren Kirche ge-
weihte Kirchendiener, welche die spater den
Küstern und Chorknaben übertragenen Ge-
schäfte yerrichteten.
▲kotyledSneii (gr.), im Jnssienschen Sy-
stem die Pflanzen ohne Saraenlappen (Pilze,
Algen, Flechten, Moose, Farm).
Akribie (gr.), Gtenauigkeit bei der Arbeit
Akrikometer (gr.), Instmoent zn genauer
Messung kleiner (Gegenstände.
AkToamatiseh (gr.), was durch Hören
vernommen wird. A.« Lehr/orm, die Lehr-
form, wobei der Lehrer im Zusammenhange
vorträgt und die Schüler nur zuhören, im
Gegensatz zur katochet. Lehrform.
Akrobiten (gr.), Hochgänger, Seiltänzer.
Akroeerauuseiies Gebirge (a. G.), wildes
Gebirge in Epims, mit dem Vorgebirge
AMroeerannion (j. Kap Linguetta) am adriati-
aohen Meer endlfrend.
Akrolithen (grT), die. ältesten Werke der
griech. Plastik, mit Rumpf und Bekleidung
von Holz und Extremitäten von Stein.
Akrop9Ul (gr.), der befestigte, hochliegende
Theil d. alten griech. Städte, namentl. Athisns«
AkrOBtiebOB (gr.), Gedicht, worin die
Anfangs- oder auch Endbuchstaben der ein-
zelnen Verse zusammen einen Namen oder
eine Sentenz enthalten.
Aksae-ehln, See in Tibet, der höchst-
gelegene der Erde (15,586')*
AuSkoWy Berget Timof4jewitseh , russ.
Schriftsteller, geb. 1. Okt. 1791 zu Ufo, f ^
Moskau 18. Mai 1859. ,Famllienchrouik*
(1856; deutsch von JSatsehiruky 1858) und die
„Kinder|ahre Bagrows" (1858). Sein Sohn
Konstantin A,, eben&Us Schriftsteller, geb.
10. April 1819, •}• im Dec. 1860 auf Zante.
Eifriger Panslavlst.
Akiehebry Stadt in Kleinasien (Karama-
nien), lO/KK) Ew. Dabei der Saltsee von A.
Akniy Handelsstadt in der kleinen Bucharel,
am Fluss A., 30,000 Ew.
Akt (1<^*)> Handlung, Verrichtung; im
J>rama Hauptabschnitt der Handlung, durch
das Fallen des Vorhangs markirt. Zwischen-
aki, unpassende Bezeichnung der zwischen
zwei A.en eintretenden Pause.
Akten (lat.), die i^ber irgend eine Hand-
Inng, Verwaltung oder einen Prozess ge-
sammelten Schriftstücke. AJUenmäasigkeit,
die Einrichtung des gerichtlichen oder ad-
ministrativen Verfahrens, wobei alle Ver-
handlungen, Verfügungen und Erklärungen
achriftlich ausgezeichnet und zu den A. ge-
bracht werden müssen nach dem Rechts-
spruch: ,Quod non est in actis, non est in
mnndoS d. h. «Was nicht in den A. steht,
existirt für den Richter nicht*. Aktenver-
sendung, die Verschickung der in einem
Civil- oder Kriminalprozess geführten A.
hehnft der Erkenntnissfallnng an einen
Schöppenstuhl oder eine Juristen&kultät
im G-egoDsatz zur Erkenntnissfallnng durch
den den Prozess führenden Richter oder
das kompetente Obergericht; nach Ein-
richtung völlig unabhängiger Gerichte und
nach Annahme des Öffentlichen und münd-
lichen Verfahrens abgeschafft.
Aktie (lat., fr. €uHon, engl, ehare). An-
theil, welchen Jemand an einem mit ge-
meinschaftlichem Fond betriebenen Geschält
hat, sowie das Dokument, welches den
Kapital werth jenes Autheils an^bt. Ab-
tiengeseUseha/t (anonyme Gesellschaft), die
Vereinigung Mehrerer zum Betriebe eines
Gewinn verheissenden Gteschäfts, wobei
Jeder Theilnehmer (Aktionär) für die Ver-
bindlichkeiten der Gesellschaft nur bis zum
Betrage seiner Einlage haftet, auch seine
Mitgliedschaft ' mit ihren Rechten durch
Veräusserung der A. an Andere übertragen
kann. Die A.n lauten entweder auf Jeden
Inhaber (au portenr) oder auf einen be-
stimmten Inhaber (JSbminalivaktien), Erstere
können nach geleisteter Volleinzahlung
ohne Cession an Andere übertragen oder
veräussert werden, letztere nur durch In-
dossement und Eintragung des neuen Be-
sitzers in das Aktienbuch. Prioritätsaktien
sind solche A.n, welche dem Inhaber ausser
einem festen Zinsbezuge noch einen Antheil
an dem schwankenden .Gewinne zusichern.
Im G^ensata zu diesen heissen die ur-
sprünglichen A.n ^ammaktien. Vgl. Allg.
deutsch. Handelsgesetzb. Art. 207— S49.
Aktlnieiiy s. Seeanemonen.
Aktinograph (gr.), physilcalischer Apparat,
registrirt mit Hülfe eines photographischen
Prozesses das Erscheinen u. Verschwinden
der Sonne am Hiomiel.
AktiBOmeter (gr.), physikalischer Apparat
zur Ermittelung der Gesetze der nächtlichen
Wärmestrahlung, hat ergeben, dass di»
Strahlung gegen den Himmel bei niedriger
Temperatur ebenso gross ist als bei hoher.^
Aktion Qat.), Handlung, in den redenden
Künsten Unterstützung des gesprochenen
Worts durch entsprechende Stellung, Ge-
berde, ELandbewegnngod. Gesichtsausdruok.
Aktiv (lat.); thätig, handelnd, wirksam;
Aktivität, Thätigkeit, Wirksamkeit. Aktiv-
Handel, früher s. v. a. Ausfahrhandel, im
Gegensatz zum Pauiv oder Bif\fuhrhandel -^
Jetzt Betreibung der Ausftihr u. Einfuhr vor-
wiegend mit eignen Kapitalien und Arbeits«
kräften, wogegen beim I^ssivbandel Ausfuhr
und Einftihr in den Händen Fremder sind.
Akupunktur 0at.), chirurgische Operation,
aus China oder Japan stammend u. durch den
Holländer TenRhyne zu Ende des 16. Jahr-
hunderts nach Europa gebracht, besteht in
dem Einstechen metallener Nadeln in kranke
Körpertheile bei Neuralgien und Rheumatis-
men. Bei der JElektropunktur werden die
eingestochenen Nadeln mit den Konduktoren
einer Elektrislrmaschine verbunden.
Aknreyri (dän. O^jord), zweitgrösste Stadt
auf Island, a. d. Nordküste, 800 Ew. Handelspl.
Akustik (gr.), Lehre vom Schall (s. d.).
Akute Krankbeiten, mit hitzigem Fieber
verbundene, in 8—3 Wochen verlaufende
Krankheiten im Gegensätze zu den chroni-
schen Krankheiten. Fast alle Krankheiten
können mit akutem oder chronischem Ver-
lauf auftreten.
3'>
rt
86
Akwapim — Alarm.
Akwtplm, Iiandaohaft aaf der GoIdkAito
Ton Guinea, den Aahantis unterworfen.
Akjah, Stadt in Hinterindien, Proy. Arra-
kan, brit. MUlt&rstation, 5000 Ew.
A Ift baiBse n. i la hmufe (fr., ipr. b&M,
hoss), in der Börsensprache s. ▼. a. auf das
Valien und Steigen des Kurses (speknllren).
Alabimt (spr. Aelläbihme), Fluss im
gleichn. nordamerik. Staate, entsteht ans dem
Coosa n. Tallapoosa, mündet bei Mobile in
die Mobilebai des mexikanischen Qolüs.
ALlbiniay nordamerik. Vreistaat, am Ck>lf
von Mexiko, 8897 QM. mit 964,800 Ew.
Flüsse: Tennessee und der J^umA, Im N.
gebirgig; der hügelige mittlere Theil reich an
Produkten (Mals, Baumwolle); flaches sandi-
ges Küstenland. Küstenhandel und See&hrt
(Haupthafen Mobile). Sieben Repräsentanten.
Hauptstadt Montgomery. Seit 1880 souverän.
Alablnfty Name eines Kaperschiffes der
Terbündeten nordamerik. Südstaaten, das
unter Kapitän Semmes Führung während
des Bürgerkriegs der Unionsflotte grossen
Schaden luffigte, bis es auf einer Fahrt nach
Europa vor dem Hafen Ton Oherbourg Ton
einem Schiff der Union In den Grund gebohrt
wurde. Anlass zu der bis jetzt noch un-
erledigten Alabama/rage, da das Schiff in
England erbaut und ausgerüstet war und
deshalb die Union nach dem Kriege Ton
England Schadenersatz Terlangte.
Alabaster, 1) marmorähnlicher Gyps, fkrb-
los oder schwach gefärbt, geädert, gefleckt,
Ton splitterigem Bruch, mit dem Fingerna-
gel ritzbi^ findet sich In der älteren und
Jüngeren (iypsformation. — 8) Stark durch-
sichtiger Kalksinter, In verschiedenen Tropf-
steinhöhlen.
Aladagb, Gkbirg im türk. Armenien,
nördlich vom Wansee, 10,000^ hoch.
AlagSas. brasil. Provinz, am atlantischen
Ocean, 530 QM., 800,000 Ew. (50,00a Sklaven).
Die gleichnamige HaupM. 15,000 Ew.
Alagon, Nebenflnss desTeJo in der span.
Landschaft Estremadura, mundet oberhalb
Alcantara, 17 M.
A la greeqve (fr., spr. greck), auf grie-
chische Weise; rechtwinkelig sich ver-
schlingende Linie als Randverzierung.
A Ift hanraey b. A la haiue.
AlaiB (spr. Aläh), Stadt im franz. Depart.
Gard, am Gard, 80,800 Ew. Hier 87. Juni 1689
Friedensvertrag zwischen den Hugenotten u.
liudwigXnL, der jenen das Edikt von Nantes
bestätigen musste. [Gostarica, 8000 Ew.
Alftiuelfty Stadt im centralamerlk. Staate
Alakananda, ein Quellfluss des Ganges.
Alalie (jgr.)t Sprachlosigkeit, s. StummheiL
Alftmaiiy Imcas, mexikan. Staatsmann, geb.
1775, wiederholtMinlster des Aeussem, sowie
der Innern Verwaltung, eine Stütze Santa-
Annas, f ^ J^i^i 195&. Sehr. ,Historia de
Mexico« (1849—52, 5 Bde.).
Aiamanly Fluss, s. ffeUada,
Alamaniüy Luigi, ital. Dichter, geb. 18.
April 1495 zu Florenz, f im Exil zu Amboise
in Frankreich 88. Okt. 1556. Hauptwerk
das Lehrgedicht ,La coltlvazlone* (1546).
Ausserdem ,Opere toscane* (1588, 8 Bde.),
Sonette, Elegien etc. enthaltend: das Epos
,L*avarchide< (1570) und einige Dramen. Im
Allgemeinen glatte Form ohne dlohUrischen
Schwuiu:.
Alameda (span.), öffentlicher Spaziergang.
A la merare (fr., spr. mesühr), nach Maas-
gabe; in der Musik s. v. a. a Tempo.
Alamot. Bergwerksstadt in Mexiko (Si-
naloa),60(X>Ew.; 1865 heftiger fitnwteiiü«M|t/
zwischen Mexikanern und Franzosen.
Aiaiidy linker Nebenfl. der Elbe, mündet
bei Schnakenburg im Hannoverschen.
AlftMdftBielBy Inselg^ppe im bottnisohen
Meerbusen, zu Finnland gehörig; diegrösate :
Aland, 10 QM. mit 9000 Ew. Hier 87. Juni
1714 Beetieg der Russen über die Schweden.
Alinen, nomadisirendes Reitervolk scy-
thlschen Stammes, breitete sich von seinen
ursprünglichen Sitzen am Kaukasus bis sum
Don aus, fiel auch in Armenien und Klein-
asien ein, verdrängte 875 mit den Hunnen
die Ostgothen aus ihren Sitzen swischen
Don und Donau, brach mit Sueven und
Yandalen in Gallien und Spanien ein, ward
hier aber durch die Franken u. Wes^then
auftrieben. Li der späteren byzantin. Zeit
am Elaukasus noch erwähnt.
Alaniflohes tiebirg, s. Waldaigebirgt.
Alant, Pflanzengattung, s. Jnula,
A la qveve (fr., spr. köh), in langer Reihe
hinter einander aufgestellt.
AlarcOBy Städtchen in der span. Prov.
Onenca, am Zucar, 700 Ew. Hier 19. JuU «
1195 Sieg der Mauren über Alfons VUL
Alaroon j Mendoxa, Juan Suis de, span.
Dramatiker, geb. gegen Ende des 16. Jahrb.
zu Tasco in Mexiko, lebte seit 1688 in
Spanien , wo er 1639 f. Mitbegründer der
Span. Nationalbühne; bes. bedeutend im
Charakterlustspiel (Comedla de costumbres).
,La sospechosa verdad*. ,Ganar amigos*,
Jas paredes oyen*, ,E1 tejedor de Sego-
via* etc. Werke, herausgeg. von JEEcirteen-
»ttwA (1848-58).
Alineby König der Westgothen, geb. um
876 n.Ohr. aus dem (Geschlecht der Balthen,
durchzog seit 895 verbeerend Thracien,
Macedonien, Thessalien und Griechenland,
fiel, von Arcadlus zum Statthalter des östl.
niyriens ernannt, 400 in Italien ein, ward,
von Stilicho bei Pollentia und Verona 40»
geschlagen, durch Vertrag zum Statthalter
des westl. Illyriens ernannt, drang nach
Stilichos Ermordung abermals in Italien ein,
belagerte Rom 408 und eroberte es 84. Aug.
410, wandte sich dann nach Unteritalieu
und t AlO zu Consentia (Cosenza). Er wurde
im Fluss Buxentius (Busento) bestattet. Vgl.
Bimonia, ,Krit. Untersuch, über die Gesch.
A.S*, 1858; Roaenttein in den ,Forsch. zur
deutsch. G^sch.* Bd. 8, 1868.
Alarm (fr.), Lärm, Unruhe; im Kriegs-
wesen das plötzliche, aussergewöhnliche
Znsammenrufen der Truppen unter die
Waffen mittelst Signals. Alarmirung, Jeder
plötzliche Angriff auf eine feindliche Vor-
postenllnle, um den Feind zu beunruhigen
und zu ermüden oder durch absichtlich matten
Angriff sicher zu machen oder seine Stellung
und Stärke zu rekognosciren. Jedes ernst-
liche Engagement wird dabei vermieden.
Alasani — Alba longa.
37
AlaBinl (d«r alte Mazonios), Nebenflnss
des Kui; In Kaakasien.
Alaselielir (das alte Hiüadelphia) , Stadt
In Kleinasieu, i^alet Aidin, 15,009 ^^•
iJmselilu (A^atka), Halbinsel des nord-
westl. Amerika, 80 M. lang, sehr hoch, reich
an Yolkanen. Danach benannt das Terri'
torium A., früher Busaiach- Amerika, 1867
Ton den Verein. Staaten för 7y6 Mill. Dollars
gekauft, 87,157 QM. mit uxxr 54,000 Ew., ein
meist polares lÄnd, aber wegen der Pelz-
thierjagd und des Vischfangs von Wichtig-
keit ; auch Qoldlager. Für den Pelzhandel
19 Stationen, darunter Sitka. Vgl. Whymper,
,Beisen in A.*, deutsch von Steger, 1869.
AlMC()a (Lcueia), Fluss im sibir. Gony.
Jakutsk, mundet in den arktischen Ooean.
Alastor (gr.), strafende Gottheit; auch
Plagegeist.
A la mute (fr., spr. swltt), im Gkfolge ; Offl-
BiereA 2. s., Offiziere im Gefolge eines Fürsten.
AlatiVy zwei Gebirge im südwestl. Sibi-
rien ; der tmngariache A. östl. yom Balkasch-
see, mit Gipfeln von lS,OpO'; der trannlen-
»istÄe A, am Nordrande des Isik-Kulsees,
14—15,000' Gipfelhöhe. Danach benannt der
Alatattkreit, S864 QM. mit 150,000 £w. und
dem Hanptort WJemoJe.
A Ifttfire (lat.), Ton der Seite. Legaiu»
a UUere, Gesandter von Seiten des Papstes,
Ton demselben in wichtigen Angelegenheiten
besonders betraut. (Frosinone, 11,370 Ew.
Alatrly Stadt im Airchenstaat, Deleg.
Almtyr, Kreisstadt in Ostrussland, Gouv.
Simbirsk, an der Sura, 9800 Ew.
Almuiy Doppelsalz aus schwefelsaurer
Thonerde und schwefelsaurem Alkali Q^Ii»
Natron, Ammoniak), findet sich in der Katnr
als Ausblühung auf Alaunsohiefer (Feder-
alaun, Federsalz, Haarsalz, Keramohalit).
]3arstellung : Gebrannter Alaunstein gibt mit
Wasser fertige Alaunlösnng (Tolfit, röm.
A., roth von Eisenozyd); gerösteter Alaun-
schiefer und Alaunerde geben mit Wasser
Ijösung von schwefelsaurer Thonerde, aus
welcher durch Kali- oder Ammoniaksalz A.
gefällt wfrd; geglühter Thon wird mit
chwefels&ure behandelt n. die Lösung wie
oben geiSUt; endlich aus Bauxit u. Kryolith.
Kalialaun krystallisirt in OktaSdem, verliert
bei W>* 0. 18 Aeq. Wasser, schmilzt bei 98»,
«ohmeckt süsslioh zusammenziehend, reagirt
«aner (bei Gegenwart von basischem Sulfitt
neutral, krystallisirt dann in Würfeln:
ieubiaeker A,), 100 Th. Wasser .von 80o R.
lösen 16 Th. A. Anmoniakalaun, h&ullger
dargestellt als Kalialaun, hinterl&sst beim
GlfUien reine Thonerde. HeUronttUmn ist
■elur lelobt löslich. Konetntrirter A, ist
•olawefelsaure Thonerde. Alumeake, Alaun-
kn^en, das kiesels&urehaltige Produkt der
BiBwirkung von Schwefelsäure auf Thon,
findet Anwendung in der Färberei, Farben-
fiabrikation, Weissgerberei, als Klärmitte]
gron schlammigem Wasser), zum Leimen des
apiers, zum Härten des Gypses. A. ist in
grossem Mengen und bei andauerndem Ge-
nuBfl kleiner Mengen giftig. Chromalaun
und Biaenalamn enthalten statt Thonerde
Ohromozyd oder Eisenoxyd.
Alannerde (Alaunen), kieselsaure Thon«
erde im Gemenge mit bituminösen Theileu
u. Sehwefelkies. In der norddeatsohen Ebene
bei Freien walde, Gleissen, Schermeisel, in
der Oberlausitz bei Muskau, zu Kreuzkircb
bei Neuwied u. auf der RlH^n; wichtiges
Material für Alaunlkbrikation.
Alannerze (AlunU), Alaunscblefer, Alaun-
erde, Alaunstein.
Auransetalefer. kohle- und schwefelkies-
haltiger Thonschiefer. Häufig in unmittel-
barer Nähe von Steinkohlenflötzen, in Ober-
bayem, kn preuss. Begbz. Düsseldorf n. Trier,
in Sachsen, Böhmen, am Harz, bei Lüttich etc. ;
wichtiges Material für Alaungewinnung.
Alaunstein (Alaunapath, AlunU, AlaunfeU),
Mineral, aus schwefelsaurer Kalithonerde u.
Thonerdehydrat bestehend, Produkt der
Einwirkung schwefliger Säure auf trachy*
tische Gebirgsarten. Bei Tolfa im Klrchen-
staatj liefert den römischen Alaun.
Alava. span. Prov. (Basken), 56,6 QM. u.
100,886 Ew. Hauptst. Vittoria.
AlaTay Don Miguel Ricardo de, span. Ge-
neral, geb. zu Vittoria 1771, schloss sich
als Generalkapitän von Aragonien den Exal-
tados an, stand beim Aufstand der Garde
in Madrid 7. Juli 1888 in den Reihen der
Miliz und stimmte in den Oortes zu Sevilla
(1833) für Suspension der königl. Gewalt,
flüchtete nach der Restauration nach Eng-
land, ward unter Marie Christineus Regent-
schaft zurückgerufen, cum Procer ernannt»
t 1843 zu Bareges.
Alayrao (spr. Alärack), Nicola» cT, itenz.
Operukomponist , geb. 13. Apr. 1753 zu Mnret
bei Toulouse , f im Nov. 1809 zu Paris. ,Die
beiden Savoyarden*, »Dichter u. Musiker'.
Alby zwei Nebenflüsse des Rhein in Baden :
oberer A. mündet bei Albbruck, unterer A,
bei Knielingen.
Aibfl^ 1) (das alte Pomp^a), Stadt in der
oberital. Prov. Cuneo, am Tanaro, 6367 Ew. —
3) (Alba Fucentia), uraltes Städtchen am
ehemaligen Fuciuersee in Italien (Abruzzen),
zur Römerzeit Aufenthaltsort vornehmer
Gefangener.
Alba^ Ferd, Alvare» von Toledo, Herzog
von, spanischer General und Minister .unter
Karl y. und Philipp U., geb. 1508, befehligte
1530 in Ungarn, dann in Navarra und Ka-
talonien, besiegte 1547 bei Mühlberg den
Kurfüsten Job. Friedrich von Sachsen, nahm
Tbeil an Karls V. 2uge gegen Heinrich H.
von Frankreich, focht als Oberbefehlshaber
und Vicekönig in Italien siegreich gegen
die vereinigte päpstliche und französische
Armee u. ward 1567 als Statthalter in die
Niederlande geschickt, wo er den Aufrtand
mit blutiger Strenge zu unterdrücken suchte
und 18,000 Menschen, darunter die Grafen
Egmond und Hoorn, hinrichten liess. Al^-
rufen verliess er 18. Dec 1578 die Nieder-
lande u. eroberte 1581 Portugal für Philipp H. ;
t zu Thomar 18. Jan. 1583. Vgl. Motley,
,The rlse of the Dutoh Republic*, 1856, 8 Bde. ;
deutsch 1857—60, 3 Bde.
Albacete, span. Prov. (Murcia), 880,6 QM.
und 814.888 Ew. Die Hauptat. A. 11,860 Ew.
Alba longft (a. G.), älteste Stadt Latiums,
38
Alban — Albert.
HatUnUdt Roms, anter Tullos HoatlUas
Eentört. Unfern Jetat Albano.
AlbsBy Helllffer, erster Märtyrer Britan-
niens, geb. SU Yeralaminm, unter Diocletian
886 hingerichtet; Tag 83. JunL Nach ihm
ist die Stadt St. >klbans benannt.
Alhtttenee, s. Mbano.
JLlbinly 1) Franeetco, Maler der bologne-
sischen Schule, geb. 1578 su Bologna, f das.
1660. Zierliche Darstellungen landschalt-
licher, namentlich idyllischer Scenerien
mit mytholog. Staffage. — 8) MaUkiat , her.
Gtoigenmacher aus Bozen in Tyrol, um die
Mitte des 17. Jabrh. (Jlbaneser Oeigeu).
▲IbuUft (Alania, a. G.) , kaukas. Küsten-
landschaft am kasp. Meer, das heutige Da-
ghestan, Lesghiatan u. Scliirwan um&ssend.
Albftülen (türk. Amaut), wilde Oebirgs-
landschafc in der Türkei, am adriat. u. Jon.
Meer, die alten Länder Epirus und Illyrien
umfassend, 50 M. I., 10—80 M. br. Die M-
bane$9» (500,000 — 1 MllL) wild, kriegerisch,
feil, Tiele als Söldner auswärts. Nord-A.
meist griechisch-, MiUtl-A, römisch-katho-
lisch, Büd-'A, Torherrschend mohammed.
Die Sprache, ein Rest der alten illyrisch-
thracischen Sprachen, bildet eine besondere
Gruppe des indo-german. Sprachstamms.
Vgl. £opp, ,Ueber das Albanesische* (1855).
Albino 9 Stadt im Kirchenstaat, südöstl.
von Bom, am Jlbauersee, 5800 Ew. Zahl-
reiche Landhäuser vornehmer BÖmer. Das
Atbanergebirge, ein malerisches vulkan.Bund-
SBbirge, 1800— SiOO' hoch. Am See der Monte
avo. Albaneratein , feiner Tuffstein.
Albang (spr. Albens), ßL, Stadt in der
engl. Grafschaft Hertford, 7600 Ew.
Albanj (spr. Ablbeni) , offlcielle Hanptst.
des nordamerlk. Staates Newyork, am Hud-
son, (1866) 62,613 Ew.
Albuiy (spr. Ahlbeni), Luise Marie Karo-
line, Gri{/ln von, Tochter des Prinzen Gustar
Adolf von Stollberg -Gedern, geb. 1753, seit
1778 Gktttin des engl. Kronprätendenten
Karl Eduard Stuart, des Enkels Jakobs n.,
lebte nach dem Tode desselben (1788) in
Florenz, in vertrautem Umgang mit dem
Dichter Alflerl; f bier 89. Jan. 1884. Vgl.
JSoumont, ,Die Gräfin von A.*, 1860, 8 Bde.
AlbuiuiB opus (lat.), s. y. a. Stuck.
Albatros 9 Diomedea L., Grattung der
Schwimmvögel auf der südlichen Halbkugel.
Gonuiner A» (Schiffsilügler , Meerschaf,
Kapschaf), D. exulans L,, 8V4— 4', klaftert
10', der einzige Vogel, welcher auf seinen
Zügen den Aequator überschreitet; am häu-
figsten an der Südspitze Südamerikas. Eier
wohlschmeckend; Fleisch unschmackhaft.
Albe^ 1) (Alba, lat.), weisses Chorhemd der
kathol. n. anglikan. Geistlichen. — 8) Kleiner
Weissflsch (Oyprinus albnmus).
Albein y aus der Art schlagen, kraftlos
werden (von den Bienen gebräuchlich).
Albemarley die grösste der Galapagos-
inseln; 15 QM.
Albemarlesnndy Busen des atlant. Meeres
an der Küste des nordamerikan. Staats
Nordcarolina.
Albendorf, berühmter Wallfahrtsort im
prduss. Regbz. Breslau, Kr. Glatz, 1631 Ew.
Albea^ (Albingautmm), Hafenstadt in der
ital. ProT. Genua, am Meer, 4116 Ew.
Alber, Weiss- oder Silberpappel.
Überffttl-Capseelll (spr. Kapatschelli),
Franeeteo', ital. Lustspieldichter, geb. 89.
April 1728 KU Bologna, f 16. Mars 1804 *uf
seinem Iiandsitz Zola. ,11 saggio amioo', ,11
ciarlatore maldioente*.
AlbergOy rechter Nebenfluss des Tajo la
Spanien, mündet oberhalb Talayera.
Albexünty Oiulio, Kardinal n. spanischer
Minister, geb. 81. Mai 1664 als Sohn eines
Weingärtners su Flrensuola un weitPiacenna,
vermittelte als Resident des Hersogs von
ParmA am spanischen Hof die sweite Ehe
Philipps V. mit Elisabeth Famese, Prin-
zessin von Parma, wurde 1714 Minister, be-
folgte als solcher eine aiifj^eklärte Politik
im Innern, liess sich aber, um den von der
spanischen Thronfolge ausgeschlossenen
Kindern Elisabeths auswärtige Throne
zu verschaffen, in gefährliche Unterneh-
mungen ein, welche die Vernichtung der
span. Seemacht am Kap Passaro (10. Aug.
1718) durch die Engländer u. (5. Dec. 1719)
seine Entlassung zur Folge hatten; Nach
BUemens XI. Tode (1781) nahm er als Kar-
dinal seinen Sitz im Konklave ein, ward von
Klemens XU. 1734 zum Legaten von Ravenna
ernannt, f 16. Juli 1752 in Piaoenza. Vgl.
Bersani, ,Storia dal Cardinale Giullo A.*, 1868.
Albers. Joh. Friedrieh Semumn, Mediciner,
geb. 14. Nov. 1805 zu Dorsten bei Wesel, seit
1831 Prof. zu Bonn, Direktor einer Heil-
anstalt für Gemüths- und Nervenkranke;
t 18. ICai 1867. Werke: , Atlas der pathol.
Anatomie' (1838—68); »Lehrbuch derSemio-
tlk< (1834,8.Aufl.lH61); »Beobachtungen auf
dem Gebiete der Pathologie etc.' (1836—40,
3 Bde.); ,Handb. der allgem. Pathologie'
(1848—44, 8 Bde.) ; ,£rkenutniss der Krank-
heiten der Brustorgane' (1850); »Handbuch
der allgem. Arzneimittellehre' (1853) ; »Me-
moranda der Psychiatrie' (1855); J)ie
Spermatorrhöe' (1868).
Albert 9 1) Albertus Magnus, Graf von
Bollstädt, einer der grössten Gelehrten des
Mittelalters , geb. 1193 zu Lauingen in
Schwaben, Dominikaner, lehrte in Köln,
Hildesheim, Freiburg, Regensbutg und
Strassburg, auch zu Paris» wirkte seit 1254
als Provinzial seines Ordens in Deutsch-
land, ward 1260 Bischof zu Regensburg,
kehrte 1262 nach Köln zurück, widmete sich
ganz den Studien und f daselbst 15. Nov.
1880. Hauptlehrer der aristotelischen Philo-
sophie, wegen seiner ausgebreiteten Gelehr-
samkeit der Grosse, auch Doctor universalis
genannt. Seine für die damalige Zeit be-
deutenden Kenntnisse in der Physik, Chemie
und Mechanik brachten ihn in den verdacht
der Zauberei. Werke, gesammelt von Jammy
(1651, 21 Bde.). Vgl. Bieghart, »Albertus Mag-
nus', 1857 ; Jod, ,Verhältni8s A.s des Grossen
zu Moses Maimonldes', 1868. — 8) A. Kasimir,
Herzog von Sachsen-Teschen, 4. Sohn König
Augusts HI. von Polen, geb. zu Moritzburg
11. Juli 1738, vermählt mit der Erzherzogin
Marie Christine, einer Tochter der Maria
Theresia , die ihm das Herzogthum Teschen
Aibert — Alboiii.
89
rerlieh, and Oberstatthalterln der öitorreich.
Niederlande, befehligte hier 1792, ward Ton
Dnmoarlex besi^, f 11> Vebr. 1823 in Wien.
— 3) Fratu A. Aug. Karl Emanuel, Prinz von
Sachsen -Kobnrg- Gotha, geb. S6. Aug. 1819,
3. Sohn des Hersogs Snist L und der Prin-
zessin Luise Ton 8. -Gotha, Gtemahl de^
Köni^n Yictoria Ton Grossbritannien seit
10. Febr. 1840, ward 1847 Kanzler der Uni-
rersität Cambridge, erhielt 1857 den Titel
eines ,Prince Consort', trat als eifriger
Beförderer der Knnst nnd Wissenschaft an
die Spitze yieler gemeinnützigen Unterneh-
mungen und Vereine, entwarf den Plan zur
grossen Weltindustrieaasstellung von 1851,
1 14.Dec.l861zaWindsor. Auf Veranlassung
der Königin erschienen ,The nrtndpal Spee-
ches and addresses of H. B. a. the Prinoe
ConsortS 1863. — l) A. , Kronprinz von
Süchsen, geb. 83. Aprfl 1888, machte als
Hauptmann der Artillerie 1849 den Feldzug
in Schleswig mit, erhielt als Generallieute-
nant das Kommando der 1. Infanteriedivision,
focht 1866 bei Gitschin und Königgrätz, ge-
genwärtig Kommandant des 18. Armeecorps
des norddeutschen Bundes ; seit 18. Juni 1853
vermahlt mit der Prinzessin Karoline von
Wasa. — 6)A. Eduard, Prinz von Wales, geb.
9. Nov. 1841 , General der grossbrlt. Armee,
seit 10. März 1863 vermahlt mit der Prinzessin
Alexandra von Dänemark.
Alberty 1) Heiurich, Liederdichter und
Komponist, geb. 28. Juni 1604 zu Lobenstein
im Voigtland, Schüler von H. Schütz,* seit
1686 Organist in Königsberg , t das. 6. Okt.
1651 (nicht 1668). Durch sein ,Poetisch-
musikalisches Lustwäldlein* (193 geistliche
und weltliche Gesänge enthaltend, 1648—48,
6 Thle.) gewissermassen Schöpfer des deut-
schen Liedes. — 8) JoMph, Photograph, geb.
5. März 1885 zu München, lebt daselbst,
lieferte trefiUche Nachbildungen von Bildern
der münchner Pinakothek, der dresdner
Gallerie, Goethes Frauengestalten von Kaul-
bach a. a.^ Darstellungen medidn. und natar-
vrlBsenschaftl. Objekte. Albertotypi», ein von
ihm erftindenes VerfEthren, Photographien
Bo Torzurichten, dass von Ihnen sogleich
anf der Dmckerpresse mit Drupkerschwärze
gedrackt werden kann.
▲Iberti. 1) Lton Battista, ital. Architekt,
auch MAler, Musiker und Dichter, geb.
1398 (n.A. 1404) zu Florenz; f^^oin 1478.
Schrieb ,De re aedificatoria' (1485) und
mehrere Lustspiele in lat. und ital. Vulgär-
sprache. Bauten: der Palast Bucellai zu
Florenz, die Kirchen S. Andrea ^u Mantua
n. S. Francesco zu Rimlni, worin die Formen
der Antike den modernen Bedürfiiissen an-
gepasst sind. — 2) Dcmenico, Musiker zu
Venedig, um die Mitte des 18. Jahrh. Opern
und Klaviersonaten; Erfinder der arpeggir-
ten B&Bse (AOertisek« £ä9M). — 3) Friedrich
August von, Geognost, besonders verdient
am das SaUnenwesen, geb. 4. Sept. 1795 zu
Stuttgart, Salinen Verwalter in Friedriohshall.
Sehr. »Haluigisohe Geologie* (1852, 8 Bde.) ;
,UeberbU(dc üb. d. Trias* (1864).
AlberfelBA (lat.), Name der Universität zu
Königsberg.
AlbertIttelUy JfaHotto, ital. Maler, geb.
1467, t za Florenz um 1580. Nachahmer
von Fra Bartolommeo. Hauptwerk die Heim-
suchung in den Ufflzien zu Florenz.
Albertiniiehe Linie, s. Bachitm,
ÄlhtrtVjM,nEtk(LutaJMg«), grosser, von
Baker 1864 zuerst besuchter See im ÖstL
Südafrika (NUquellengebiet) , gegen 60 M.
lang, bis 13 M. breit, 1940' (n. A. 96500 hoch
gelegen, im W. von einem 7000^ hohen Gebirg
begrenzt; Abfluss nordwärts, zum weissen
NU. Vgl. Baker, ,A. N.*, deatsch 1867, 8 Bde.
Albertuthaler (AlberUner, KreutAäler),
Sflbermünze, zuerst 1588 in den Nieder-
landen geprägt, = Uyn Thlr. pr.
AlbSnUy Braemue, Gelehrter , um 1500 in
der Wetterau geboren , f (^1" mecklenbuisr«
Gtoneralsuperintendent zu Neubrandenburg
5. Mai 1563. Streiter für die Beformation.
Ver&sser zahlreicher Schriften in Versen
und Prosa, meist polemischen Inhalts:
,Geistliche Lieder* (herausg. von Strom-
berger, 1857); ,Buch der Tugend n. Weisheit*,
49 Fabeln enthaltend (1534): ,Der Barfusser
Mönche Eulenspiegel und Alkoran* (15^.
Albi (lat. Albiga), Hauptstadt des franz.
Depart. Tarn, am Tarn, 16,596 £w. Die Um-
gegend das ABngeoie (Land der Albigenser).
Albigenzer^ im südl. Frankreich verbrei-
tete kirchliche Sekte, huldigte den Grund-
sätzen der Katharer und der späteren Wal-
denser, daher dem Papstthum feindlich,
zuerst 1119 anf dem Koncil zu Toulouse,
dann 1139 von Innooenz H. verdammt. Nach
Ermordung des mit Ausrottung der Ketzerei
beauftragten päpstlichen Legaten, Peter
von Oastelnau, im Gebiete des Grafen Bai-
mund VI. von Toulouse, forderte Papst In-
nocenz HI. 1209 zum Kreazzug gegen die A.
auf. Das von Simon von Montfort, Grafen
von Leicester, befehligte Kreuzheer drang
unter grossem Blutvergiessen in Baimunds
Länder ein, nnd dessen Sohn Baimund ViL
musste im Frieden von 1829 die Lossurechung
vom Banne mit grossen Opfern an Geld und
Land erkaufen. Die A. aber waren von Jetzt
an dem Bekehrangseifer der Dominilcaner
nnd liiquisitoren preisgegeben, so dass seit
Mitte des 13. Jahrh. ihr Name allmählig ver-
schwand. Beste von ihnen liessen sich in
Bosnien nieder. Vgl. Fauriel, ,Croisade
contre les Albigeois*, 1888.
Albinigiun (lat.), Heimfallsrecht.
Albinos (KakerlaJie», Donäo$, loeiueNoger,
Weieuiiehtige, Lemcotioi), Menschen mit
milchweisser Haut , seidenartigen weissen
Haaren, blass rosenrother Iris und tlef-
rother PupUle, am häuflgflten anter den
Negern. Der JIM»otaM(«(Leukopathie), stets
angeboren, findet sich auch bei Thieren
(weisse Mäuse, Kaninchen). Vgl. Jfan^eld,
,Ueber Leukopathie* , 1888. [Schottland.
AlblOBy alter Name von England und
Albionmetall. mit Zinn plattirtes Blei.
Albll (lat.), cUe Elbe.
Albll. Bergrücken westl. am Zikricbersee,
mit dem Uetli (2687'). Am Fuss AXHsbnmn,
Albft, s. Feldepath. [Kaltwasserbad.
Albdiiiy König der Longobarden , folgte
561 seinem Vater Audoin aof dem Throne
40
Alboni — Albrecht'
In PannottfeDi erlegt« im KaiApfe Knni-
nvnd, König der Qepiden, mit dessen Toch-
ter Bosamunde er sich vermählte, eroberte
568 Oberltallen, wurde 674 auf Anstiften
seiner Gemahlin , die er geswnngen hatte,
ans dem 8oh£del Ihres Vaters an trinken,
ermordet.
▲IbSniy Marietta, Alts&ngerln, geb. 1884
sa Cesena ^omagnia), bereiste seit 1841
die Hauptstädte Europas und Amerikas;
aeit 1864 mit Qraf Pepoli verheirathet.
Albreeht. l) dtutseh« Kaiser: a) A. I., älte-
ster Sohn des Kaisers Rudolf tob Habsburg,
Sib. 1848, gelangte erst durch den Bturs
dolft von Nassau auf den Thron , regierte
1896—1808, kämpfte unglücklich in den
nördL Niederlanden , in Ungarn , Böhmen
n. Thüringen, das er su erobern gedachte,
reiste durch schweren Druck (1908) die
Schweizer sur Empörung und ward Ton
seinem Neifen Johann, dem er sein Erbe, das
Hersogthum Schwaben, Torenthlelt, und
dessen Hityerschworenen, Walther Ton
Esohenbach , Rudolf Ton der Wart, Bu-
dolf Ton Palm, Konrad Ton Tegemfeld
und Walther von Oastelen, ermordet (1. Mai
1808). — b) A. n., als Hersog Ton Oesterreich
Albrecht V., Sohn Hersog Albrechts IV.,
geb. 1897, folgte seinem Schwlegerrater, dem
Kaiser Slglsmund , 1437 als König von Un-
garn, 1488 in Böhmen und als deutscher
König, t schon 87. Okt. 1489.
2)Her*tige «. Eruhenüg« von Outerreieh : a)
A. IL, der Weieeod. Lähme, Sohn des deutsch.
Kaisers Albrecht I., geb. 1298, reg. mit sei-
nem Bruder Otto gemelnschaftl. , seit 1339
allein, in Folge Ton Vergiftung gelähmt,
kämpfte erfolglos gegen die Schweiser, ord-
nete die Erbfolge in den Österreich. Landen,
t 18. Aug. 1358. — b) A. HI., mit dem Zop/e,
Sohn des Vorigen, geb. 1848, erhielt 1879
Im Theilungsrertrag mit seinem Bruder
Jjeopold m. Oesterreich , gründete die Uni-
rersität Wien (1366), f 89. Ang. 1895. —
c) A. Vn., auch JÜbert, Ersherzog Ton Oester-
reich, geb. 1669, 8. Sohn des Kaisers Maxi-
milian n. , 1677 Kardinal , 1584 Erzbischof
YOn Toledo, 1694 Vlcekönig von Portugal,
übernahm 1696 die Statthalterschaft der
yereinigten Niederlande, rermählte sich
mit Philipps n. von Spanien Tochter
ISabella, j> zu Brüssel 1621. — d) Fried-
rieh Bud^^f A,, Erzherzog Ton Oester-
reich, ältester Sohn des Erzhersogs Karl,
geb. 8. Aug. 1817 zu Wien , ward 1846 zum
kommandirenden General in Oesterreich ob
nnd unter der Enns ernannt, befehligte im Ital.
Feldzuge Ton 1849 unter Badetsky eine
DiTision und hatte wesentliohen Antheil an
dem Sieg bei Novara. Im Aug. 1849 ward er
cum GouTemeur Ton Mainz, im Sept. zum
Kommandanten des 8. Armeecorps inBöhmen,
Im Sept. 1851 zum Militär- undjCÜTilgouTer-
nenr von Ungarn ernannt, während des
Krimkriegs befehligte er das Beobachtnngs-
heor an der türkisch -russischen Grenze,
wurde im April 1869 mit einer Sendung an
den berliner Hof betraut, erhielt im Okt.
1860 das Kommando des 8. Armeecorps in
Yioenza und ward 1868 Teldmarschall. Beim
Ausbruch des Krieges Ton 1866 mit den»
Oberbefehl in Itollen betraut, siegte «r bei
Oustozza (84. Juni).
8) A. IV., der Weiee, Herzog Ton Bajem,
aus der Linie Münohen-Straubing, 8. Bohn
Herzog Albrechts HL, des Trommen, geb.
16. Deo. 1447, ward 1468 Mitregent, reg.
seit 1498 allein, führte 1606 das Erstgebnrts-
recht ein, f 10. März 1508.
4) Mdrigrufem wm Brandenburg : a) A. L,
der Bär, Sohn Ottos des Reichen, Grafen
Ton Ballenstädt und Aschersleben , n. der
Bllika, der Tochter des Herzogs Magnus Ton
Saohsen, des letzten Blllungers, geb. IIOG
zu Ballenstädt, reg. seit 1188, ward 1186 tok»
Kaiser Lothar TL mit der Lausitz, 1184 mit
der Markgrafiich. Nordsachsen und Ton Kon-
rad m, mit dem Herzogthum Saohsen nnd,
da er dieses gegen Heinrich den Stolzen nicht
zu behaupten Termochte, mit Nordsachsen aA
selbstständigem Territorium belehnt u. rer-
grösserte dieses durch Eroberung der Mittel-
und eines Theils der Neumark, wodurch
er Gründer der Mark Brandenburg ward.
Hochverdient um Germanisimng seine»
Landes f er im Kot. 1170 zu BallenstAdt.
Vgl. Beinemann, ,A. d. Bär*, 1864. — b>
A. m. , Achiüee, auch Dlyeee», Kurfürst
von Brandenburg t 8. Sohn Friedrichs, des
ersten Kurfürsten aus dem Hause Hohen-
zolIerU) geb. 24. Nov. 1414 in Tangermtknde,
berühmter Tumierkämpfer , erhielt 1440
das Fürstenthum Ansbach, 1464 das Fürsten-
thnm Baireuth und 1470 die Mark Branden-
burg nebst der Kurwürde, rieb sich in
zwecklosen Kämpfen auf, f 11. März 1486
zu Ansbach. Das ron Ihm 1478 zu Colin an
der Spree erlassene Hausgesetz ist ,AchiI-
lea* betitelt. — c) A., Meibiade», Markgraf
von Brandenburg fränkischer Linie, Sohn
des Markgrafen Kasimir, geb. zu Ansbach
88. März 1682, wüster Parteigänger, hielt
im schmalkaldischen Kriege zum Kaiser,
sohloss sich dann dem Zuge des Kurfürsten
Moritz von Sachsen gegen Jenen an, unter-
nahm, in die grumbachschen Händel rer-
wiokelt, einen Raubzug durch Franken, ward
geächtet, 9. Juli 1668 bei SloTershausen Yon
Moritz geschlagen, ging nach Frankreich,
fS. Jan. 1666 zuPforzheim. Vgl. Voigt, «Mark-
graf A. AIcS 1868, 8 Bde. — d) A., letzter
Hochmeister des deutschen Ritterordens u.
1. Herzog in Preussen, Sohn des Markgrafen
Friedrich t. Ansbach, geb. 17. Mal 1490, ward
5. Jan. 1611 zum Hochmeister gewählt, suchte,
Ton Polen wegen verweigerter Huldigung be-
fehdet, bei den deutschen Fürsten vergeblich
Hülfe, bekannte sich zur Reformation und
erklärte sich zum weltlichen Herzog von
Preussen, das er von Polen zu Lehn nahm
(8. April 1686). Er ordnete die Landesver-
waltung und stiftete 1648 die Universität
Königsberg, hatte harte Kämpfe mit dem
übermächtigen Adel zu bestehen und wurde
von Karl V. 1688 in die Reichsacht erklärt :
t 80. März 1668.
6) A., der Grotte, Eertog von Brotm-
tehioeig und Lüneburg, Sohn Gfibtos dea
Kindes, geb. 1836, übernahm 1858 die
Regierung, die er später mit seinem Brader
J
AlbrecM — Albufera.
41
Jobann theilte, bethelligte sich zu Gunsten
Sophlens ron Brsbant an dem thüringischen
Erbfolgekriege, ward aber 27. Okt. 1268 bei
Besenstedt zwischen Wettin .und Halle ron
den Söhnen des Markgrafen von Meissen
überfallen, gefangen und in Haft gesetzt,
aus der er sich nach Jahresfrist loskaufte,
schloss 1267 mit seinem Bruder Johann
einen Thellungsyertrag, durch welchen ihm
Braunsohwelg und Wolfenbüttel, Jenem
Lüneburg u. Hannover zufiel; f 1269.
6) Heradge von MeMekSurg : a) A. L (II.),
Stammvater der jetzigMi Grossherzög^e von
Mecklenburg, Sohn des Fürsten Heinrich IIL
von Mecklenburg, reg« seit 1829 als Fürst u.,
vom Kaiser Karl IV. zum Herzog erhoben,
als solcher seit 1848, ver^össerte sein Land
durch die Grafisohaft Schwerin; f l^* Febr.
1S79. — b) A. n. (IIL), Prinz von Mecklen-
burg, Sohn des Vorigen, 80. Nov. 1868
von den schwedischen Reichsständen zum
König von Schweden gewählt, machte sich
ab^r durch Gewaltthätigkeit verhasst, ward
bei Falköping (80. Sept. 1888) von den Dä-
nen geschlagen u. gefangen u. nur gegen
Yerzichtleistung auf den Tlu-on U05 frei-
gelassen; t U16 im Kloster Dobberan.
1) Markgrafen von JfHsaen: a) A. L, der
ßtoue, Sohn des Markgrafen Otto des Beicfaen
aus dem Hause Wettin, setzte den Vater, der
die Mark auf seinen zweiten Sohn Dietrich
▼ererben wollte, auf Schloss Döben bei
Grimma 1188 gefangen und Hess ihn erst auf
Befehl Kaiser Friedrichs I. wieder frei; t^ö.
Juni 1195, wahrscheinlich auf Anstiften des
nach dem Besitz von Meissen lüsternen Kai-
sers Heinrich VI. vergiftet. — b) A. II., der Un-
artige, Landgraf v. Thüringen seit 1265, Mark-
g^raf vou Meissen 1288—98, Sohn Heinrichs des
Brlauchten, vermählte sich nach dem Tode
seiner ersten Gattin Margarethe, der Tochter
Kaiser Friedrichs n., 1272 mit Kunigunde
▼OB Eisenbezff u. wollte seinem mit dieser
erzeugten Sohne Apitz die Kachfolge in
Thüringen verschaffen, seine Söhne erster
Ehe , Friedrich den Gebissenen und Diez-
xnaiuBi, aber mit dem Pleissnerlande abfin-
den, woraus sich ein Krieg zwischen Vater
n. Söhnen entspann. A. verkaufte 1291 die
Hark . Landsberg an Brandenburg u. Thü-
ringen nebst dem Osterlande an den Kaiser
Adolf von Nassau, dem gegenüber aber die
Söbne ihr Erbe behaupteten ; f 18U.
8) A. der Behente, Herzog von Sachsen,
fiüfter der albertinischen , Jetzt königlich
sftchslachen Linie , geb. 17. Juli 1448, Jün-
Krer Sohn des Kurfürsten Friedrich des
nitmüthlgen von Sachsen , ward in sei-
ner Jagend mit seinem Bruder Ernst von
Kims von Kauffangen geraubt (s. Prinäen-
raub), wählte im leipziger Theilungs-
vertraee vom 26. Aug. 1485 mit Ernst
Meissen, focht für Kaiser Friedrich III.
gegen Karl den Kühnen vonBurgund, auch
in Ungarn u. den Niederlanden, ward 14SÜ3
zum Brbstatthalter von Friesland ernannt;
f IS. Sept. 1500 zu Emden, nachdem
er die Erbfolge in den albertinischen Län-
dern nach dem Bechte der Erstgeburt ge-
ordnet hatte.
9) A, von Brandenburg, Jüngster Sohn des
Kurfürsten Johann Oicero von Brandenburg»
geb. 1489, ward 1518 Erzbischof von Magde-
burg u. Administrator des Bisthums Halber-
stadt u. 1514 Kurfürst v. Mainz, bestellte den
Dominikaner Tezel z. Ablassprediger, nahm
die Jesuiten in seinem Lande auf, bewilligte
aber seinen ünterthanen 1544 gegen Be-
zahlung seiner Schulden Beligionsfreiheit ;
t zu Aschaffenburg 1545. [Atbert 8).
10) A. Kasimir, Herzog von Teschen, s.
11) Friedrieh Eeinridk A., Prinz von
Preussen, Sohn Frledr. Wilhelms HL, geb«
4. Okt. 1809, General der Kavallerie, ver-
mählte sich 14. Sept. 1830 mit der Prinzessin
Marianne, Tochter des Königs Wilhelm I.
von den Niederlanden, ward 28. März
1849 von ihr geschieden, vermählte sich
18. Juni 1858 morganatisch mit Bosalie,
Gräfin von Hohenau, Tochter 0es Gtenerals
von Ranch. Sein Sohn aus erster Ehe,
Alb^echt, ist 8. Mai 1887 geboren.
Albreenty Tri{A.£;iHar(l,Rechtsge]ehrteiu.
Germanist, geb. 4. März 1800 zu Elbing, seit
1880 Prof. der Rechte in Göttingen, 1837 einer
der 7 Professoren, die in Folge ihres Prote-
stes gegen die Aufhebung des Staatsgrund-
gesetzes ihres Amtes entsetzt wurden, seit
1888 Prof. in Leipzig, 1848 einer der Ver-
trauensmänner, welche mit dem Entwürfe
einer Bundesver&ssung beauftragt wurden.
Sehr. ,Die Gewere als Grundlage des altem
deutschen Sachenrechts' (1828).
Albreehteberger. Joh. Georg, Musiktbeo-
retiker, geb. 8. Febr. 1786 zu Klostemeu-
bürg bei Wien, seit 1792 Kapellmeister an
5. Stephan zu Wien, f 7. März 1809. Lehrer
von Hummel, Beethoven u. Sejfried. Seine
Generalbassschule, von Bej/fried herausgeg.
(1826, 8 Bde.), ehemals weltverbreitet.
Albreehtsorden y 1) Hausorden Albrechts
des Bären, anhaltischer Orden, gestiftet
18. Nov. 1836 von den Herzögen von Anhalt,
zählt 8 Klassen: Grosskreuze, Komthure
u. Ritter. — 2) Königl. sächs. Orden, ge-
stiftet 81. Dec. 1850 von Friedrich August H.
zum Andenken an Hersog Albrecht den Be-
herzten, zählt 5 Klassen: Grosskreuze, Kom-
thure 1. u. 2. Kl. .Ritter und Ehrenkreuze.
Albreeht von Halberstadt. mittelhoch-
deutscher Dichter, lebte um 1210 zu Jecha-
bjirg bei Sondershausen. Seine Nachdichtung
von Ovlds Metamorphosen ist nur in Wick-
rams Umarbeitung (1545) bekannt.
Albrecht von SehafffiBnberg, mittelhoch-
deutscher Dichter, um 1270; verfiEUiser de»
sogen. «Jüngeren Titurel*.
AlbrMa^ Stadt in Senegamblen, an der
Mündung des Gktmbia, 8000 Ew.; bisher
fr»nz. Ukndelsposten, Jetzt aufgegeben.
Albret (spr. Albrä), Landsch. im franz.
Depart. Landes. [schwangau.
Albseey See in Oberbayem, unfern Hohen-
AlbaSn^ Dorf in der span. Prov. Bstrema-
dnra, bei Badajoz. Hier 16. «Mal 1811 Bieg
Wellingtons über die Franzosen unter Soult.
AlbufSrty Küstensee bei Valencia in Spa>
nien; Hereog von A,, Titel des Marschall»
Suchet in Folge der Einnahme von Valen-
cia (9. Jan. 1812).
42
Albula — AlciatL
llbiU*. Gruppe der rh&tUchen Alpen in
Granbünden, nördL Tom Jnlier, Gipfel
9000—10,000' hoch. VielbenntKt der Mbukt-
pas$ (7800')i von Ponte im Engadin nach
Bergim im Thal des Ftuaw JL, der bei Thuais
in den Hinterrhein lallt.
Albun (JLtX.) , Gedenkbach , Stammbuch,
Katalog; Sammlung von Poesien, Kunst-
blättern etc.
Jdhiimin(Etufeu»), schwefel- und stick-
stoffhaltiger Körper, wohl der wichtigste
Bestandtheil aller pflanzlichen und thie«
rlsohen Nahmngss&fte , kommt gelöst und
dann wohl meist an Natron gebunden und
im Zustande halber Gerinnung vor. Die
alkalisch reagirende Lösung gerinnt beim
Eärhitzen zwischen 05 und 7öo in Tlocken.
Salze der Erden und schweren Metall-
oxyde bilden mit A. schwer lösliche Jlbu-
miruUe, so dass A. als Gegengift hohen
Werth besitzt. A. ist hauptsachlich Nah-
rungsmittel, wird aber auch in grosser
Menge in der Färberei benutzt u. zu diesem
Zweck aus Blut febrikmässig dargestellt.
JJbuwnnpapier ist mit A. überzogenes Papier
für photograph. Bilder. Ausserdem dient
A. zum Klären, Appretiren, Grundiren beim
Vergolden u. mit £alk gemischt zum Kitten.
Afbaminvrie (gr.),Eiweis8hamen, Abgang
von gelöstem Ei weiss im Urin, tritt am kon-
stantesten in der brightschen Nierenkrank-
heit, aber auch bei andern Krankheiten auf.
Album opus (lat.), s. y. a. Stuck.
Albutiuerque^ Festungsstadt in der span.
Prov. Badajoz (Estremadura), 7500 Ew.
Albnqvoravc» AffoTuo d', der Grosse, por-
tngies. Kriegsheld, geb. zu Lissabon 1452, er-
oberte als Vicekönig der portog. Besitzungen
in Indien seit 1503 Gk>a , Malabar , Oeylon,
die Sundainselnu. Ormus, f abgesetzt 16. Dec.
1515. Sein Sohn Bleu tPA. ist Verf. der ,0om-
mentarios do grande AlTonso d'A.* (1576;
1774, 4 Bde.).
Albumun (lat.), Splint.
AlboB ^Weisap/ennig), deutsche Silber-
scheidemunze, seit 1860 geschlagen, Jetzt
ausser Umlauf; zuletzt in Kurhesken gang-
bar, = 9 Pf,
AlcJkvMf griech. Lyriker, aus Mitylene
auf Lesbos, um 610— 60i ▼. Chr., Zeitgenosse
der Sappho. Von seinen Oden (im äol. t)ia-
lekt) nur Bruchstücke übrig. Vgl. Matthiä,
,Aloaei firagmenta' (1827). Die cOcäüche
Strwhe vielgebrauchtes antikes Versmass.
Alcali de HeaArei, Stadt in der span.
Prov. Madrid, am Henares, 5150 Ew. Ehedem
ber. Universität. Geburtsort des Cervantes.
Alcalde (span.), in Spanien Titel der
Richter und obrigkeitlichen Personen.
Alcamenesy berühmter griech. Bildhauer
des 5. Jahrh. v. Ohr., Schüler des Phidias.
Von seinen Werken nichts erhalten.
AleimOy Stodt auf Sicilien, Prov. Trapani,
19,520 Ew. Dabei die Ruinen von Segeste.
Aleanna Tausch, Pflanzengattung der Bo-
ragineen. Die Wurzel von A.tinctoria Tausch,
in Südeuropa, Radix Alcannae spu^ae , dient
zum Rothfftrben von Tinkturen, Salben,
Oelen und zur Bereitung von Schminke.
Aleuitira, Stadt in der span. Prov. Oa-
eeres (Bstremadora) , am Lage, 4100 Sw.
Stammsitz des glelohnamigen Ritterordens.
AlautirMrdeB, geistlicher Ritterorden
nach der Regel Benedikts, gestiftet 1156,
erwarb im Kampf!» gegen die Mauren Ruhm
u. Reichthum und hatte seinen Sitz in der
Stadt Aloantara. Gegenwärtig spanlsch-
militär. Verdienstorden. [gefässe.
AlcMnuua (span.), irdene noröse Kühl-
Aleisar (span.), Sohloss, Palast, Buzs.
AleUar (Ouar el Ktbir), Stodt in Marokko,
6000 Ew. Hier 4. Aug. 1578 JSMUrlags and
Tod Königs Sebastian von Portugal.
AleMtls (JlessU), Gattin des Admetui, Kö-
nigs von Pherä in Thessalien, Tochter des
Pelias, verlängerte das Leben ihres Gatten
durch Hingabe des eignen, ward aber durch
Hercules der Unterwelt wieder entriisoa.
Gegenstand einer Tragödie des Euripides.
jQcliemls (Mchymis, arab. al kimia, das
griech. chemela, Chemie, mit dem arab.
Artikel ap, bis in das 17. Jahrh. s. t. a.
Chemie , dann die vermeintliche Kunst, un-
edle Metalle in edle (Gold und Silber) so
verwandeln , was mittelst zweier Präpsjrate
zu Stande gebracht werden sollte. Das
eine, der rotheLöwe, das grosse Elixir odei
Magisterium (Meisterstück), auch rothe Tink-
tur genannt, sollte nicht nur Silber und
die unedlen (imperfekten) MetoUe in G^d
verwandeln, sondern auch, aul^löst u. ver-
dünnt, als Trinkgold (aumm potobile) in
kleinen Dosen genommen, alle Krankheiten
heilen , das Alter veijüngen und das Leben
verlängern; das andere, der weisse Löwe,
kleines Magisterium oder weisse Tinktur
geiuinnt, sollte alle unedlen Metolle in Silber
verwandeln. Beide Präparate hiessen auch
Stein der Weisen, u. die, welche ihn gefunden
hatten, Adepten. Die Alchemiston pflegen
ihre Kunst von dem Aegypter Hermes TiUh
megistos oder Thot abzuleiten. Die lange
Reihe alchemlst. Schriften beginnt mit des
Democritos, wahrscheinlich eines Alexan-
driners, Werk ,Physica et mystica*. Dann
pflegten besonders die Araber die A. mit
Vorliebe. Geber, zu Ende des 8. u. zu, An-
fang des 9. Jahrb., schrieb ein alohemist.
Werk, lat. ,Summa perfectionis magistorii
in sua natura' betitelt (Danaig 1682). Die
Araber brachten die A. nach Spanien, von
wo sie sich nach dem übrigen Abendlande
verbreiteto. Die berühmtesten Alohemisten
des 18. und 14. Jahrh. waren Raünundus
Lullus, Albertus Magnus, Roger Baoo und-
Basilius Valentinus. Im 15., 16. u. 17. Jahrh.
beschäftigten sich besonders Fürsten eiftig
mit der A. (Heinrich VL von England, Karl
Vn. von Frankreich, Kaiser Rudolf IL, Kur-
fürst August von Sachsen u. a.). Alohemist.
Versuche führten Job. Friedr. Böttcher lur
Erfindung des Porzellans. Einer der letzten
Adepten war Caetono Graf Ruggiero (1709 in
Berlin gehenkt). Noch später trat der engl.
Arzt James Prioe als solcher auf (f 1783),
und eine Gesellschaft von Alchemisten be-
stond in Deutschland bis Ins 19. Jahrh.
Vgl. 8ehmi4der, ^Geschichte der A.S 1838.
AleUti (spr. AltschSti), Andrea, ber. ital.
Rochtsgelehrter, gob. S.Mai 1492 zu Alsate
Alcibiädes — Aldringer.
43
bei M&iland, f ^'* J<^i^*' ^^^ *^ Paria. Be-
aondan bekannt durch aelxie lat. Epigramme
,£mblemata* (1588 n. ö.).
üelblldciy berühmter Athener, Sohn des
OUniaa, geb. 451 y. Chr. zu Athen, ansge-
aeichneter Redner n. Feldherr, aber leicht-
fertig n. ehrgeiaig, veranlasste die Athener
415 an der Kzpedition nach Slcilien, ging,
wegen angeblichen Trerels an den Hennen
angeklagt, an den Spartanern fiiber, die er
com Siege f&hrte, gewann dann den pers.
Satrapen Tissaphemes in-Kleinaaien, an dem
er geflohen, i&r die Athener, ward daher von
diesen anrückgemfen n. mit dem Oberbefehl
gegen die Spartaner betrant, wegen eines
von ihm nicht verschnldeten Verlustes sur
See abermals verbannt n. in ei^iem Schlosse
iu Phrygien auf Anstiften des Satrapen Phar-
nabazus 404 ermordet. Vgl. Viteher, ,A. und
Lyaander*, 1846; Herta>erg, ,A.*, 1853.
AKdnSiUy König der Phäaken, nahm die
Argonauten, dann den schiffbrüchigen Odys-
seus gastfreundlich auf.
AldphroBy griecfa. Schriftsteller um 150
n. Chr. r Verf. von 116 ,Erotischen Briefen',
lienrasgeg. von Seiler (1858, 8. Aufl. 1856)
und von Meineke (1858).
Altin, Stadt in der span. Prov. Valencia,
am Xncar, 10,800 Ew.
Alcauui (Aicmäon), griech. Lyriker aus
fiardes, um 670—640 v. Ohr. Nach ihm be-
nimmt der alemanieche Vers, zur daktylischen
Gattung gehörig. Bruchstücke von ihm in
Beigks ,Poetae lyrici graeci* (8. Aufl. 1854).
Alem€n»f Tochter des Eleclryon , Königs
von Myoene, u. Gemahlin des Amphittyon,
gebar dieson den Iphioles u. aus Jupiters
Umarmung den Hercules, daher Stamm-
matter der Herakliden, später auf den Inseln
der Seligen Ghemahlin des Rhadamanthus.
Aleobi^y ehemals prächtige und reiche
Oistereienaerabtei bei Leiria In Portugal,
1147 von Alfons gegründet, 1811 von den
Franzosen angesteckt und ausgeplündert.
Alcolea^ Ort in der span. Provinz Jaen (An-
dalusien), am Guadalqulvir; hier 7. Juni 1808
Sieg der Franzosen über die Spanier ; 88. Sept.
186S entsofaeidender Sieg der Insurgenten
unter Serrano über die Truppen der Königin
unter Hovaliches.
AleOT, Stadt in der span. Provinz Ali-
«ante (Valencia), Papier&brikation (Oigarren-
papier), 81,900 Ew. [Godoif.
Alettdla^ Mantui de Ocdojf, Henog von, s.
Aleafii (AlekMin)f berühmter Gelehrter des
8. Jahrh., Lehrer und Vertrauter Karls des
OroBsen , geb. um 785 zu York in England,
erst Vorsteher einer Klosterschule zu York,
folgte 788 dem Bnfe Karls, in dessen €^
lehrtenTerein er den Namen Flaocus Albinus
fahrte, erwarb sich durch Gründung von
Schalen im Frankenreiche grosses Verdienst,
lehrte, 796 zum Abt von St. Martin in Tours
ernannt, seit 801 an der von ihm hier ge-
stifteten Schule, t das. 19. Mai 804. Werke,
faerauflgeg. von Frclben (1777, 8 Bde.). Vgl.
LoreniM, ,A.s Leben', 1889. Monnier, ,A. u.
Charlemagne*, 1864.
JdeydBey hellster Stern der Plejaden, zu-
nächst der Oentralaonne.
Alduiy rechter Nebenfluss der Lena in
Sibirien, 150 M. 1.; nach ihm benannt das
Jldanieehe €Mirge, im Kapitän 4863' hoch.
Aldebinuiy Stern erster Grösse im Stier.
Aldegonde^ s. Mämix, J^ilipp von,
Aldegrever (AUegro^), Heinrich, Maler u.
Kupferstecher aus Dürers Schule , geb. zu
Soest 1508, t das* um 1560.
Aldehyd (Eetig<adehyd, Aoetylaldehyd), farb-
lose, ätherähnlich riechende Flüssigkeit, aus
Alkohol durch Destillation mit Braunstein
o. Schwefelsäure erhalten, siedet bei 88<> 0.,
mit Wasser, Alkohol und Aether mischbar,
leicht entzündlich, geht an der Luft in Essig-
säure über, bildet mit Ammoniak krystalli-
nisches AcetaJdehydammoniak. reducirt sehr
leicht Silbersalze n. wird deshalb zum Ver-
silbern von Glas, auch im Grossen zur Ge-
winnung von Anilinforben dargestellt.
AldenhoTeiia Flecken im preuss. Regbz.
Aachen, Kr. Jülich, 8048 Ew.; hier I.März
1793 Bieg derOesterreicher unter dem Prinzen
Josias von Koburg über die Franzosen unter
Dumourlez; 8. Okt. 1794 Sieg der Franzosen
unter Jourdan über die Oesterreicher.
Alderman (engl., spr. Ahldermänn), Aelte-
ster, in der angelsächs. Ver&ssung Titel der
Vorsteher der Genossenschaften und der
Aeltesten (Senatores) des Reichs, die in
den Volksversanmüungen (Wltena - gemot)
stimmten u. im Kriege die Grafschaftsmilizen
befehligten. Gegenwärtig in England die
Mitglieder des Stadtraths.
Aldemey (spr. Ahldemi, fr. Aurigny, spr.
Ohrinji), engl. Insel im Kanal, die nörd-
lichste der normann. Inseln, V« 0^* and
4933 Ew. Blra—evonA., der Kanal zwischen
A. und dem Kap la Hogue.
Aldtoshott (spr. -Schott), Ort in der engl.
Grafochaft Southampton; dabei seit 1855
stehendes Lager der engl. Armee, in Folge
dessen die neue Stadt A. entstand, mit be-
AldlneBy s. JfanuÜtw. [reits 17,000 Ew.
Aldini. Antonio, ital. Staatsmann, geb.
1756 zu Bologna. Mitglied der Regierungs-
kommission der cisalpinischen Republik,
dann Präsident des Staatsraths der Republik
und Minister des Königreichs Italien , f ^^
Pavia 5. Okt. 1886.
Aldobrandlniicke Hochzeit, antikes Fres-
kogemälde , eine Hochzeit darstellend , 1606
zu Rom in den ehemal. Gärten des Mäoen
auQ^fünden, zuerst im Besitz der Familie
Aldobrandini, Jetzt im Vatikan.
Aldxidgey Ira (spr. Ahldridsch, Eira) als
Schauspieler bekannter Neger, geb. um
1810 zu Bellair unweit Baltimore, ward
Keans Diener, trat 1830 in Baltimore zuerst
auf der Bühne auf, spielte seit 1858 in den
Hauptstädten Europas ; seit 1857 am Govent-
Qarden -Theater angestellt; f atif der Reise
7. Aug. 1867 zu Lodz in Polen.
Aldringer (AUringer, 9küchAldringen), Jok.,
QtqS , kaiserl. General im drelssigjährigen
Kriege, geb. zu Dledenhofen Im Luxembur-
gischen um 1590, focht 1686 bei Dessau
unter Wallenstein gegen den Grafen von
Mansfeld, nahm unter Oolalto (Juli 1630)
an der Eroberung von Mantua Theil , unter-
warf, zum Feldzengmeister und Grafen er-
44
Ale — AlessandrL
nftimt, 1681 Würtemberg, erhielt nach Tlllye
Tode den Oberbefehl über das lignistisohe
Heer und schlosi mit Wallenstein Nürnberg,
ein, operirte dann an der Spitze des baye-
rischen Heeres in Bayern n. Schwaben gegen
Hom nnd Bernhard von Weimar und fiel li.
Juli 16M bei Landshnt.
He, 8. JBier, [Minerratempel.
Ale« (a. G.), Stadt in Arkadien, berühmter
Aleander. Mieronffmu», Gelehrter, geb. 18.
Vebr. 1480 m der Mark Treviso, Bibliothekar
im Vatikan, 1519, 1531 nnd 1588 papstl. Nun-
tius in Deutschland, heftiger Gegner Luthers,
dessen Achtserklärung er verfasst haben soll ;
t 81. Jan. 1543 als Kardinal In Rom.
AleaticOy süsser aromatischer Wein, bei
Florenz aus Muskatellertrauben gewonnen.-
AleetOy die Nimmerrastende, eine der
Erinnyen, Tochter desAethers u. der Erde.
AleitorideBy Hühnerstelzvögel , Tamilie
der Sumpfvögel.
Aleniy türk. Ehren- und Feldzeichen.
AlemiBy MaUo, span. Schriftsteller, geb.
um 1550 zu SeTilla, f ^^ Mexiko. Verf. des
Schelmenromans ,Gnzman de Alfiiirache'
(1599; deutsch 1828, 4 Bde.).
AlenuumeB (AUmannen) , germanischer
Völkerverein, aus sueTischen Stammen ge-
bildet, erscheint zuerst am Main, wo Cara-
calla 211 n. Ohr. mit ihnen in Kampf gerieth,
machte dann fortwährend Strei&üge in das
röm. Grebiet, das daher durch Wall u. Graben
gesichert ward (s. DecMmaU» agri). Vom
Kaiser Probus 282 zurückgeschlagen, nahmen
die A. bleibende Sitze innerhalb des Römer-
walls ein und wohnten von Mainz bis zum
Bodensee. Von Julian 357 nochmals zurück-
geschlagen, gingen sie später wieder über
den Rhein und breiteten sich westl. bis an
die Vogesen, südl. bis an die helretischen
Alpen aus. Vom Frankenkönig Ohlodwig
496 bei Zülpich besiegt, kamen sie grössten-
theils unter firänk. Herrschaft. Der grössere
Theil des von ihnen bewohnten Landes bil-
dete fortan das Herzogthum Alenumnien, das
sich über die nordwestl. Schweiz und das
südwestl. Deutschland, vom 10. bis ins 18.
Jahrh. auch über einen Thell des Elsass
erstreckte. Seit Heinrich IV. wird für den
diesseits des Rheins gelegenen Thell dessel-
ben der Name Schtoaben (s. d.) üblich, üeber
alemannüeh^ Mundart s. DeutaeAe Bpraehe,
Vgl« Merkel, ,De republica Alamannorum',
1849 ; Stläint Gesch. y. Würtemb., Bd. 1, 1842.
Alembert (spr. Alangbär), Jean le Bond d\
firanz. Encyklopädlst u. Mathematiker, geb.
16. Not. 1717 zu Paris, Illegitimer Sohn der
Frau T. Tencln u. eines Beamten Destouches,
Findling, seit 1741 Mitglied der pariser
nnd später auch der berliner .^ademie,
stand bei Friedrich d. Gr. in hoher Gunst,
t 29. Okt. 1788. Er yerfosste die mathemat.
Artikel und die Einleitung der ,Ency-
clop6dIe'. jOeuvres phllosophiques et litt6-
raires* nL805, 18 Bde.; 1821, 6 Bde.).
AlemorothflftlSy Doppelsalz aus Quecksil-
berchlorid u. Salmiak, dient zum Vergolden.
Alemtejo (spr. Alengteschu), portug. ProT.
Jenseits des Tejo, schwachbevölkert, firucht-
bar, 442,9 QM. n. 838,947 Ew. Hauptst. Evora.
Alea. Nebenllnss der Weser in Hannower»
entspringt auf dem Solllng, mündet l>eft
Klosterbergen.
AleneoB (spr. Alangsong), Hauptst. Jk9B
franz. Depart. Ome, an d. Sarthe, 16,115 SSw.
Alenfon (spr. Alangsong), HerOg^ 9om,
Zweig des königl. Stammes Valois, stammt»
Ton Karl IL ron Valois ab, der 18M woa
seinem Vater mit der Graftohaft Alencon
belehnt ward und 1846 bei Oreoy fiel. S«in
Enkel Johamm III. fiel 1415 bei Azincovrt, n.
dessen Sohn Johaum IV, rerlor die Biun
Herzogthum erhobene Grafiichaft an die Büg-
länder, erhielt si^ aber nach deren Ver-
treibung zurück. Zweimal wegen Verscliyrö-
rvokg gegen Karl VH. und Ludwig XI. sn
Gunsten Eoglands zum Tode yemrthellt,
aber begnadigt, f er 1476. Sein Neffe, Hersos
Karl IV,, geb. 1489, mit Margarethe won
Valois, der Schwester des Königs Frans I.»
vermählt, führte in der Scblacht bei Favia
den linken Flügel, verschuldete durch vor-
zeitige Flucht das Unglück des Tages, t ^^*
April 1525 zu Lyon, der letzte Sprösslln« des
alten Hauses A. Nach Vereinigung des Her-
zogth. mit der Krone (1549) vergab Karl IX.
dasselbe 1570 an seinen Jüngeren Bruder, den
Hersog Franz von Anjou, nach dessen Tode
es an die Krone zurückfiel. Seitdem fährten
den Titel mehrfinch Prinzen des kAnlsl.
Hauses , so seit 1774 Ludwigs XVI. Bruder,
der Graf V.Provence u. spätere Lud wigXVIU.
Gegenwärtig führt ihn der 2. Sohn des Her^
zogs von Nemours, Ferdinand Philipp, geb.
12. Juli 1844.
Alsppo (HäMf, Beibon In der Bibel, gr.
Ohelybon, später Beröa), Stadt Im nördl.
Syrien, am Kifweik, 99,400 Ew. (flrüher üb.
200,000); Hauptstapel von türk., pers. und
indischen Waaren. Erdbeben 1828.
Aleppoiib«! (Meppopuetel), karftmkelartl-
ger Ausschlag im Gesicht mit lange dauern-
der Eiterung, endemisch in Aleppo u. Ksdro»
befällt Einbeimische und Fremde.
Alery Paul, Jesuit u. Schulmann, geb. IßöG
zu St. Veit im Luxemburgischen, -f- 1797 ss
Düren, Verf. des «Gradus ad Pamassum*
(1702), bearb. von FHedemaam (1842, 2 Bde.)
und Koeh (5. Aufl. 1860, 2 Bde.).
Alesehki (früher Di^eprowak), Kreisstadt
Im ruBS. Gouv. Taurlen, 6929 Ew.
Alesia (a. G.), Hauptstadt der MianduMer
in Gallien ; hier Bieg Gäsars über Vercinge-
torlx 52 V. Chr. Jetzt Alise bei Semur ft).
Aleasuidresku, Gregor, rumänischer Dich-
ter, geb. 1812 zu Tirgovlst in der Walachei.
1850 unter Crezzulesku kurze Zeit Finanz-
minister, dann Mitglied der liberalen Onno-
sition. Werke (1847, 1863). ^*^
Alessandri, i) Mes^mdro, ital. Schrift-
steller, geb. um 1461, f zu Rom 2. Okt. 1523.
,Dies geniales* (Rom 1522, 2 Bde.). Nach-
bildung der ,Noctes Atticae* des Gelllus.
— 2) Basil, rumänischer Dichter und Jour-
nalist, geb. 1821 In der Moldau, V^
treter des jungen Rumäniens, 1857 Mifarlied
des Divan. für die Verttssiigsan^i'^S-
heit , nach vollzogener Union der FürSaa-
thümer Minister des Auswärti^n im mot
dänischen Ministerium Ghika , ^t Äbd TmO
Alessandria — Alexander.
46
snrfick und lebte seitdem in Jassy und Paris.
»BaUaden* (1858-58, 2 Bde.) : J>oIna8* (1853) ;
yDoine si lacrlmioare* (1863).
ÄlensndrUy oberital. Provina, 91,8 QM.
und 645,607 Ew. Die EaupUtadt Ä., am Ta-
naro, 87,027 Ew., starke Festung, 1168 gegen
Kaiser Friedrich L von den lombard. Städten
gegründet 1859 St&tzpnnkt der Operationen
der firancosisoh - sardiniscben Armee.
XleaAf OaUaaco, berühmter Architekt in
der Richtung Michel Angelos , geb. 1500 zu
Perugia, f ^^' ^^7^< Hauptwerke: die Pa-
läste Grimaldi, Brignola> Pauli etc. und die
Kirche Sta. Maria di Garignano in Gtenua.
AlesdO (ZjAseh), Hafenstadt in Rumelien,
ander Drinmündung, 8000 Ew. 8 Oitadellen,
"Skanderbegs Grab.
A l'estompe (fr., spr. -ong), mit dem
Wischer (estompe) gearbeitete Zeichnung.
AletscligleteCAery grosser Gletscher in den
t)emer Alpen, an der Südseite der Jungfrau.
AlevroB (gr.), Klebermehl, kömige Ab-
lagerungen in gewissen Pflanzenaellen , ein
Reservestoir wie St|rke.
AlSnten (KathariHmarehiml), Kette hoher
vulkanischer Inseln im NW. Amerikas, von
der Halbinsel Alaschka bis nach Kamtschatka
sich erstreckend. 4 Gruppen: Beringe- und
Kupferinsel, eigentliche A. (Sasignanlnseln),
Andreanowüiseli;^ , FuchsinBeln. 30 thätige
Vulkane. 6000 Ew. mit eigner Sprache. 1781
von Bering entdeckt.
Alexander 9 der Qrosae, König von Macedo-
nien , Solin des Königs Philipp und der
Olympias, einer Tochter des Königs Neop-
tolemus von Epirus, geb. zu Pella 21. Juli
356 V. Chr., hatte den Aristoteles zum
Lehrer, zeigte früh Grösse des Charakters,
aber auch Ehrgeiz u. Rulimb^erde. Nach-
dem er 836 den Tliron bestiegen, liess er
sich von den der Hegemonie Macedo-
nieuB unterworfenen Griechen zum Oberbe-
fehlshaber in dem zu beginnenden Kriege
gegen Persien wählen. Eine falsche Nach-
richt von seinem Tode im Kampfe gegen
lllyTisclie Völker erweckte in den Griechen
Freiheitsgedanken, für die Theben schwer
büssen mnsste. Nachdem er denHellespont
im Frühjahr 834 überschritten, brachte sein
Sieg am. Granicus ganz Kleinasien in seine
Gewalt. Ein zweiter Sieg bei Issus (Nov.
333) öffiDete ihm alle Pforten des Perser-
reichs. J>och wandte er sich zunächst nach
Süden, eroberte und zerstörte Tyrus und
unterwarf Palästina und Aegypten. Nach-
dom er Alezandria gegründet und das Ora-
kel des Jupiter Ammon in Libyen besucht
hatte, wandte er sich wieder gegen Darins
und schlug ihn bei Gangamela unweit Ar-
bela (Okt. 831), worauf die Hauptstädte Ba-
bylon, Snsa vnd Persepolls ihm Ihre Thore
öffneten. £i drang darauf durch Bactriana
bis über den Jazartes (Sir) vor, wo er die
flcythen 0^29) schlug, unterwarf Sogdiana
nnd vermählte sich mit Rozane, der Toch-
ter des feindlichen Anführers Ozyartes.
Darauf überschritt er (327) den Indus, be-
eiegte den indischen König Porus am Hy-
daspes , durchzog das Penflschab, gründete
das. griech. Kolonien, ward aber endlich
durch die ünanfriedenheit seines Heeres
zur Rückkehr gezwungen, die er zu Lande
durch Gkdrosien (Beludschistan) bewerk-
stelligte, während Nearchus die Flotte nach
dem pers. Meerbusen führte. Mit weiteren
Eroberungsplänen beschäftigt, f er uner-
wartet 11. (18.) Juni 828 zu Babylon. Sein
Leichnam ward in Alexandria in goldnem
Sarge beigesetzt. Sein Reich zerfiel unter
blutigenKämpfon zwischen seinen Feldherren
(DIadoohen) in mehrere Reiche. Seine Gho-
schichte solurieb im Alterthum Arrianus.
Die Fragmente der gleichzeitigen Gtoschiebt-
sohreiber sind von Geier ,Alexandri l^i^^
historiarum scriptores aetate snppares*
(1844) gesammelt Vgl. Droyitn, ,Geschichte
A.8 d. Gr. von Maced.*, 1888. Der sogen.
Pseudocallisthenes , griech. mit Arrlan
herausgeg. von MOUtr, 1846, wahrscheinlich
die Quelle^ woraus die Bearbeiter der
Alexandersage (s. d.) im Mittelalter ge-
schöpft haben.
Alexander. Name von 8 Päpsten» A. L,
109—19, soll das Weihwasser eingeführt
haben und als Marter gestorben sein. —
A. n., 1061—78, ohne Einmischung des Kai-
sers durch die Kardinäle gewählt, begann,
von dem Kardinal Hildebrand, dem nach-
maligen Papst Gregor VH., bei^then, den-
Kampf zur Befreiung der Kirche von der
weltlichen Gewalt. — A. IH. , 1159—81,
wusste ^Ich gegen 8 von Kaiser Friedrich I.
unterstützte Gegenpäpste zu behaupten und
das Ansehen der päpstlichen Kurie auch in
England aufrecht zu erhalten. Vgl. JBeater/
,Geschichte A.s HL*, 1860, 2 Bde. — A. IV.,
1254—61, kämpfte erfolglos gegen die Hohen-
staufen, f als Flüchtling zu VIterbo. — A. V.,
1409—20, hatte gegen 2 Gegenpäpste, Bene-
dikt .ZHI., In Spanien' und Schottland, und
Gregor XIL, in Deutschland und Neapel
anerkannt, zu kämpfen, verdammte Wioliffes
Lehre und lud Huss nach Rom vor. — A. VI.
(Borgia), 1492—1503, der berüchtigtste aller
Päpste nnd der lasterhafteste unter den
Fürsten seiner Zelt, geb. zu Valencia in
Spanien 1430, gelangte durch Bestechung
auf den Stuhl Pe^ , suchte die Macht der
ital. ifi'ürsten zu brechen und sich ihrer Be-
sitzungen zur Bereicherung seiner Familie
undNepoten zu bemächtigen. Er schlichtete
den Streit zwischen Spanien und Portugal
über Amerika durch eine Demarkationslinie
(s. d.); t 18. Aug. 1503 an Gift} welches er
für Gäste bestimmt hatte und aus Versehen
selbst erhielt, unter Ihm wurde die Bücher-
censur eingeführt und Savonarola verbrannt.
— A. VEL, 1655—67, hatte Händel mit Lud-
wig ^^TV. von Frankreich, welche durch den
Vergleich zu Pisa (1664) auf für ihn demü-
thigende Weise beigelegt wurden. — A.Vm.,
1689 — 91, verdammte die 4 Propositionen'
der galllkanlschen Kirche u. die Lehrsätze
der Jansenisten.
Alexander, Regenten der Neuzeit: l)Jra{-
ier von Buuland: a) A, L Pawlowitsch, Sohn
des Kalbers Paul L u. der Prinzessin Maria
von Würtomberg (Tochter dos Herzogs
Engen), geb. 23. Deo. 1777, fblgte 24. März
1801 seinem Vater auf dem Thron« Von
46
Alexander.
lAharpe nach den Qnandsfttien «teei anlS^e-
kl&rtan Zeitalters gebildet, gedachte er Bnss-
land dem earopftlBchen Knltorsyitem einsn-
reihen. Zahlreiche Priesteneininarlen, Qym-
naslen.n. Elementarschnlen n. 7 Hochschnlen
(Dorpat, Wilna, Moikan, Kasan, Charkow,
Warschan nnd Petersburg) worden nnter
ihm thells nen gegründet, theils besser ein-
gerichtet nnd ausgestattet. Er beförderte
Eftnste u. Wissenschaften dorch Anlegung
Ton Sammlungen und Bibliotheken, setzte
die Aufhebung der Leibeigenschaft in Esth-
land, Kurland nnd IdTland ins Werk, be-
seitigte alte Uebelstinde (heimliches Gericht,
statthalterliche Willkür, Strafe der Vermö-
genskonflskation) nnd suchte Industrie und
Handel eu heben durch die 1817 gegründete
Beichskammerbank, bessere Einrichtung des
Staatsschnldenwesens u. der Amortisations-
kasse, Stiftung neuer Messen, Kanal- und
Strassenbanten, Handelsyertrige mit firem-
den Mächten etc. In Bezug auf die auswär-
tige Politik ging sein Bestreben dahin, die
östliche Hälfte Europas dem russischen
Principat zu unterwerfen. Um in der deut-
schen Angelegenheit seinen Einfluss geltend
zu machen, hielt er den Frieden mit Frank-
reich aufbrecht, bis ihn Napoleons Ueber-
griffe bewogen, im Bunde erst mit Oester-
reich (Schlacht bei Austerlitz), dann mit
Preussen (Schlachten bei Ejlau und Fried-
land) ihm entgegen zu treten. Der Friede
von Tilsit (1807) yerschailte RuBsland fi-ele
Heind In Finnland und den Donaufürsten-
thümem, und der Kongress zu Erfurt a808)
stellte Europa unter firanzösisch-russische
Verfügung. Napoleons Herrschsucht, der
Druck des Kontinentalsystems und die Be-
sitznahme Oldenburgs durch die Franzosen
lösten die Theilungsallianz, und Napoleons
verunglückter Zug nach Russland und
Prenssens Erhebung führten zum engen
Bündniss mit diesem. A.s bestimmender
Einfluss beim Abschluss des 1. und 2. pa-
riser Friedens sicherte Frankreichs Stark-
bleiben und bedingte Deutschlands Schwäche
und Preussens Herabdrückung zur nomi-
nellen Grossmacht. Die Hinneigung A.s
zu mystischer Frömmelei hatte die Stiftung
der heil. Allianz zur Folge. Durch fireibeit-
liche Regungen im Innern Leben Russlands
erschreckt, schlug A. die Bahn der Reak-
tion ein, und seine Umkehr wnrde für ganz
Europa massgebend. Er f, auf einer Reise
in die Krim begriffen, zu Taganrog 1. Dec.
1835. Seine Ehe mit Elisabeth von Baden
(seit 1793) war kinderlos. Daher folgte ihm
sein Bruder Nikolaus auf dem Throne. Vgl.
ChoUeul Oot^iler, ,M6m. bist, sur Tempereur
A.S 1829. Golowin, «History of Alexander the
flrstS 1858. — b) A. IL mkoltußewitMh, ältester
Sohn des Kaisers Nikolaus und Alexandras
(der Tochter Friedrich Wilhelms HL von
Preussen), geb. 29. (17.) April 1818, bestieg den
Thron 2. März (18. Febr.) 1855, schien erst den
Krieg geg^en die AUürten in der Krim mit
Etnei^e fortführen zu wollen; Sebastopols
Fall aber führte zum Frieden von Paris ^0.
März 1856). Sogleich nach demselben ward
die Ueberstrickung des Landes mit einem
(strategisch wohlberechneten) Elsenbahnnets-
beschlossen und die Ausführung dieses Plans
einer intemationalenAktiengesellschaft über-
lassen. Einbei der Krönungin Moskau (T.Sept*
1850) erlassenes Manifest konstatirte die Auf-
lösung der heil. Allianz. Die Emancipation
der Lcütb^genen, schon 1857 beschlossen, er-
folgte 8. März 1868 , als Anfiing weiterer
socialer Reformen. Der Reorganisation der
Armee folgte die des bureaukratischen Or-
ganismus und eine Justizreform nach mo-
dernen Prlnoipien« Freisinnige Reformen anf
dem Gebiete des Unterrichts und der Yolks-
aufUärung wurden in Folge von Xxcessen
auf den höheren Schulen nnd Universitäten
wieder sistirt. Dagegen nahmen Handel u.
Industrie durch Beseitigung der Yerkehrs-
bemmnisse im Innern des Reichs einen
grossen Aufschwung. Die finanzielle Be-
drängniss wurde durch die revolutionlren
Bewegungen in Polen (seit 1863) noch ge-
steigert. Durch Ukas vom 1. Jan. 1864
ward die Einrichtung von ProvinzJalinzti-
tutionen anbefohlen, der erste Schritt zum
Bruche mit dem bisherigen Oentralisations-
system. Die reformatorischen Tendenzen
wurden aber mit dem Umsichgreifen des
polnischen AufMandes mehr und mehr anf-
gegr^ben und in Betreff des Press- und
Vereinswesens wieder strengere Massregeln
ergrilfen. Verträge mit China (Nov. iSSO),
welche den Besitz des Amurlandes sicher-
ten, vermehrten Russlands Einfluss im
Osten und grosse Eroberungen erweitem
noch fortwährend sein Gebiet in Mittelasien.
Die kaukasischen Bergvölker unterwarfen
sich nach Schamyls Gefangennahme (1858)
grösstentheils. Vermählt ist A. seit S8.
April 1841 mit Maria Alexandrowna, Toch-
ter des Grossherzogs Ludwig H. von Hes-
sen. Vgl. ,Rus8land unter A. IL Nlkolaje-
witsch*, 1860.
2) A, Johann 7., Fürst von Rnrnuxien, geb.
20. März 1820 zu Galaca aus der Bojaren-
familie JTiua, diente erst in der Armee,
zuletzt als Oberst, ward 1850 Präfekt in
Gralacz, 1858 Kriegsminister, 5. Jan. und
5. Febr. 1859 zum Fürsten der Moldan und
Walachei gewählt. Im Nov. gab er den
vereinigten Fürstenthümem eine Konstitn-
tion, u. nach seiner Bestätigung seitens der
Pforte (2S. Dec 1861) ward die Union der
Fürstenthümer unter dem Namen ,Rumä-
nien' proklamirt. Offen henrortretendes
absolutistisches Streben führte Febr. 1866
eine unblutige Revolution und des Fürsten
Sturz herbei, welcher seitdem in Paris lebt.
8) A. Ludwig Otorg Friedrieh Emil, Prinz
von Hessen und bei Rhein, Österreich. Feld-
marschalllieutenant, Jüngster Sohn des Gross-
herzogs Ludwig n. von Hessen, geb. 15. Okt.
1823, befehligte im rassischen Militärdienst
1845 als Generalmajor die Kavallerie in
Kaukasien und erstürmte Dargo, Schamyls
befestigte Residenz, wohnte, 1852 in österr.
Dienste übergetreten, im Italien, biege
1859 der Schlacht bei Montebello und, zum
Feldmarschalllieutenant ernannt, der bei Sol-
feiino bei, übernahm dann zu Treviso das
Kommando des 7. Österreich. Armeecorps,
Alexander — Alexandriner.
47
k»hrto im Dee. 1865 nach Danastadt Eorück.
£m dentsohea Erleg 1866 erhielt er den
Oberbefehl über dai 8. Bondeaarmeecorps,
dessen erfolglose Operationen sein ,Feld-
ninjonrnal' (1867) an erklären versnoht,
i) A, EaragtorgetriUeJi, Fürst von Serbien,
Sohn Ozemy Qeoigs, des Befreiers von Ser-
bien, geb. 11. Okt. 1806 zu Topola in Ser-
bien, trat nach Ermordong sdnes Vaters
in rassischen Militärdienst, ward nach Hl-
chael Obrenowitsch Ston 87. M&n 1843
zum Fürsten von Serbien gewählt , wirkte
mit Erfolg für die Knltor des Volkes nnd
Landes, machte sich aber unpopulär durch
seine Koncessionen dem Aaslande gegen-
über nnd besonders durch seine neutrale
Haltung im Krimkriege, weshalb eine
Skuptschina (Volksversammlung) seine Ab-
dankung verlangte. Er Höh in die türk.
Festung Belgrad, ward S4. Dec. alm^esetzt
u. lebte seitdem abwechselnd in Pesth u. auf
■«fnen (aHktem in der Walachei. Der lüt-
urheberschafl an der Ermordung Michael
Obrenowitsch bezüchtigt, ward er 1869 zur
Untersuchung gezogen.
AlezABdCTy Okriitian Friedrich, Qraf von
Würtembeig, s. Würtemberg,
Alezuidary peripatetischer Philosoph aus
Aphrodisias in Karlen, lehrte zu Athen
zwiaiAen 198 und 811 n. Chr. , berühmt als
Ausleger des Aristoteles. Kommentar zu
Aristoteles Metaphysik, herausgeg« von Bo-
wU» (1847), ,Quaestiones naturales* von
Bpengd (1848).
scheinl. zwischen Alezander und I>arius
darstellend, 1881 zu Pompeji aufge^inden,
jetzt im Museum zu Neapel.
Alexander SeTSruf , röm. Kaiser 888—85
n. Ohr., geb. 808 zuAcco in Syrien, Vetter,
Adoptivsohn und Nachfolger des Heliogaba-
lus, einer der besten Fürsten seiner Zeit,
focht siegreich gegen Artazerxes, König
von Persien (881), wurde aber von den über
seine strenge Mannszucht angebrachten
Soldaten auf Maximin s Anstiften unweit
Mainz 885 ermordet.
AlexamdervonHalM» Scholastiker, Fran-
dakanermönch zu Haies in England (Olou-
cester), seit 1888 Lehrer zu Paris, Doctor
Irrefiragabilis (der Unwiderlegbare) genannt,
t 87. Aug. 1845. Durch ihn gelangte die
aristotel. Philosophie zu entschiedenem Ein-
flüsse auf die Christi. Theologie. ,Summa
universae theologlae' (1576, 4 Bde.).
Alexandre y B<Mi Jaron, berühmter
Schachspieler, geb. um 1766 aus einer
Babbiner£unilie zu Hobenfeld am Main in
Bayern, f 1^* Nov. 1850 zu London. ,En-
cyclopddie des tehecs* (1887), ,Oollection
des plus beaux probl^es d'echecs* (1846).
Alexandrette^ s. Bhand«run,
Alexaadri, s. Aieuandri,
Alexuidrlfty berühmte Stadt im alten
Aegypten, auf der Landzunge zwischen dem
Meere und dem Strandsee Mareotis, von
Alexander dem Grossen 888 gegründet, unter
den Ptolemiem Residenz- und Landes-
hauptstadt, zugleich Sitz weltberühmter
Alexander. Sir Jörne* Edward, engl. Rei- '(Gelehrsamkeit und Jahrhunderte hindurch
sender und MUitärschriftsteller, geb. 1808,
betheiligte sich 1885 am birmanischen Kriege,
machte 1889 den russ. Feldzug in der Tür-
kei mit, unternahm von der Kapkolonie aus
«me Entdeckungsreise in die Lander nördl.
vom Oranjeflusse , wohnte als Oberstlieute-
nant 1864 den ()perationen gegen Sebasto-
pol bei u. avandrte 1868 zum Oberst. Sehr.
,Bxpedition of disoovery into the interior
of Afrioa* (18S8, 8 Bde.), »Enddents of the
last Maorl war* (1868) u. A. m.
Alexander 5ewsky, russ. Nationalheld und
Heiliger, geb. 1219, Sohn des Grossfürsten
Jaroelaw von Nowgorod, besiegte 1840 an
der Newa die Schweden (daher der Beiname
Nevrsk^), folgte seinem Vater 1847 als Fürst
von Nowgorod und 1858 seinem Brader An-
dreas als Grossfürst von Wladimir, f 14.
Not* 1S68. Spater wurde er in Volksliedern
geftiert und zum Heiligen erhoben. Peter
der Grosse erbaute ihm zu Ehren 1713 das
prachtvolle Alexander'Ifewakij'Kloeter (Gonv.
Petersburg) und stiftete den Alexander-
NeiotMjorde»,
Alexanderzage^ der Kreis von Dichtungen
nnd Mythen, die sich auf die Person Alexan-
ders d. Gr. beziehen und bes. im Mittelalter
ansgebildet wurden. Am bedeutendsten das
Aiezanderlied des P&ffen Lamprecht (s. d.).
Alexnndersbad, Badeort bei Wunsiedel
im bayer. Regbz. Oberfranken, mit Sauer-
brunnen und Kaltwasserheilanstalt. Dabei
das Granitlabyrinth der Luisenburg.
Alexandenenlaelit y antikes Mosaikge-
malde, den Kampf zweier Heere, wahr-
eine der ersten Handels- und Grossstädte,
mit nahezu IMUl. Ew. Die nördl. vorliegende
Insel Pharus (mit dem berühmten Leucht-
thurm) ist durch einen Molo mit der Stadt
verbunden, daher Doppelhafen. Hier, am
Hafen, dAsBmcheion, der prachtigste Stadt-
theil mit dem Königspalast, Museimi (mit
der grossen Bibliothek), Theater, SeraiMum
(Bibliothek), Poseidonstempel; im W. die
Nekropolis. Seit der Eroberung durch
die Araber (688) Verfall der SUdt durch
das ganze Mittelalter hindurch; 1778 nur
5000 Ew. Neuer Aufbchwung unter Mehe-
med Ali, besonders in merkantiler Hinsicht.
Das jeigige A. jlskanderieh) , europäisch
umgebaut, ein Gemisch von Orient und
Occident, stark befestigt, 170,000 Ew.
(viele Europäer); auf Pharus Palast des
Vioekönigs u. neuer Leuchtthurm (seit 1848, -
160* hoch; der alte 880'); Arsenal . Flotten-
station. Eisenbahn nach Kairo (Suez) ; Dampf-
schiirverbindnng mit allen Mittelmeerhäfen.
Denkmale des alten A.: Pompejussäule Qu o-
nollth 630, Nadeln der Cleopatra (8 Obe-
lisken), Katakomben. Sehkuht 81. März 1801
zwischen den Engländern unter Abercromby
und Napoleon L
Alexandrla, Stadt in Ostvirginlen (Nord-
merika), am Potomac, 17,000 Ew. Starke
Petroleumausbeute.
Alexandriner^ 6füssiger, jambischer Vers,
in der Mitte mit Ciäsur ^ause), in der Regel
paarweise männlich u. weiblich gereimt, bei
den Franzosen schon seit dem 13. Jahrh^
beliebt, weniger bei Deutschen.
48
Alexandrinische Bibelubersetzuiig — Alfons.
AlescaadriBlieh« BIlMittiMnetnHg, B.Bep-
AlexAndrlnlseke Bibliothek , tob Ptolo-
m&iiB Lagi gegründete n. Ton denen Nach-
folgern bis anf 700,000 Bficherrollen vermehrte
Bibliothek so Alezandria. Ein Theil der-
selben verbrannte bei der Belagerung Alexan-
drlas dnroh Julius Cisar, ward aber durch
die pergamenische wieder ersetzt; der an-
dere, im Serapeum auQsestellte Theil ward
591 von ftnatischen Christen Eerstdrt, nicht
erst vom Khalifen Omar 6AS, der seine Bä-
der damit geheist haben soll. VgL Büaehlf
,Die alexandr. Bibliotheken*, 18S8.
iiezAndriiilicker Codexy eine der iltesten
griech. Handschriften der heil. Schrift a^s
dem 5. oder 6. Jahrb., kam durch den Pa-
triarchen Cyrillns Lucaris su Konstantinopel
1688 an König Karl L von England; Jetxt
im britischen Museum su London.
JJexmBdriniseker Dialekt^ der unter den
Ptolemäem in Aegypten ausgebildete Dialekt
der griech. Sprache.
Alexandrliusckes Zeitalter, die Zelt der
Ptolemaer und der römischen Herrschaft In
Alezandria, dem Hauptsitz poetischer und
wissenschaftlicher Th&tigkeit nach dem Ver-
fall der griech. Nationalliteratur. Dasselbe
zerfällt in zwei Perioden: die Zeit derPtole-
m&ev 883— 80 T. Chr., u. die Zeit der röm.
, Herrschaft bis zum Ein&U der Araber, 80
y. Chr. bis 640 n. Chr. Die berühmtesten
unter den damaligen Dichtem waren: Apol-
lonius von Rhodus, Lycophron, Aratus,
Oallimachus, Theocritus, Timon Ton PhUus,
Dionysius u. die sogen. aUxandrin. JPlejaden
<7 Tragiker der Ptolem&erseit, deren Werke
verloren sind); alle ausgezeichnet durch
Beinheit und Zierlichkeit des Ausdrucks,
aber meist des wahrhaft poetischen Geistes
ermangelnd. Ihnen reihen sich als Gram-
matiker und Literatoren an: Zenodotus von
Ephesus, Eratosthenes von Gyrene, Aristo-
phanes v. Byzanz, Aristarchus v. Samothrace,
Ciratus aus Mallus, Dionysius der Thracier,
Apollonius der Sophist und Zoilus , deren
Hauptverdienst es ist, die vorhandenen
literar. Erzeugnisse gesammelt, kritisirt und
der Nachwelt auft>ewahrt zu haben, unter
den alexandrin. Philosophen, meist Eklek-
tikern, sind die Neuplatoniker die berühm-
testen, welche, orientalische Theosophie mit
griech. Dialektik verbindend, den Kampf
der antiken Bildung mit dem Christenthum
repr&sentiren. Mathematik u. Naturwissen-
schaften würden eifMg kulüvirt, namentlich
Ton Archimedes, Eratosthenes, Aristarchus
von Samos, Ptolemäus u. a. Die alexandrin.
Astronomen Hessen die Spekulation bei Seite
«md widmeten sich vornehmlich der Beobach-
tung. Vgl. die Werke von Bimim (1844—45,
S Bde.) und BarthAemjf 8t. Bilaire (1845).
AlexAndröpol (Chtmri), Festung in Rus-
sisch-Armenien, am Arpatschai, 14,900 Ew.
Hier 81. Okt. 1853 Sieg der Russen unter
Baratlnsky über die Türken.
Alexeiy Name von 8 russischen Ozaren:
1) A. Miehaüowitseh, zweiter Gzar aus dem
Hause Romanow, geb. 10. März 1689, folgte
* «einem Vater Michael Feodorowitsch 18.
Juli 1646 auf dem Throne, hatte 8 Prfi-
tendenten, den dritten Iklschen Demetrias
u. den Ankudinow, zu bekämpfen, sicherte
sich durch den Krieg mit Polen (1654—67)
den Besitz der Provinzen Smolensk, Tscher-
nigow u. Bewerien u. eroberte einen Theil
der Ukraine, mnsste zwar seine im Kriege
mit Schweden (1655—58) gemachten E«robe-
rungen in Livland u. Ingermanland im Frie-
den von Kardls (8L Juni 1661) wieder zu-
rückgeben, breitete aber seine Herrsohaft
in Sibirien bis zum änssersten Osten aus ;
1 89. Jan. 1676. Seine zweite Gemahlin, Mari«
Narischkin, war die Mutter Peters d. Gr.
— 8) X Petr^vUatk, ältester Sohn Peters
d. Gr. n. der Budoxia Lapuchin, geb. 18.
Febr. 16B0«u Moskau , zeigte sich den Neue-
rungen seines Vaters abgeneigt, entfloh 1717
nach Neapel, ward, durch Abgeordbete Pe-
ters zur Rückkehr verlockt, zum Tode ver-
urthellt, begnadigt, t 7. JuU 1718 im Ge-
fängnlss, yielleicht hingerichtet. Auf A.
bwugliehe Urkunden veröffentlichte dieGe-
seUsohaft für russ. Gesch. u. Alterthikmer
Moskau 1864. A.s Schicksal wurde von
/imMTBiaR» dramatisch behandelt.
Alexiuiery Mönchsorden angustin. Regel,
vom Papste Sixtus IV. konstituirt, grün-
dete Klöster in den Niederlanden, in Deutsch-
land und Polen. Zweck: Kinderunterricht
und Krankenpflege; Tracht schwarz.
Alexlz« VFütöald,Pseudon. fürW.Häring.
AlexiSMd. Badeort im anhält. Theile dee
Harzes, im Selkethal; 8 Stahlquellen.
AlexlmB, der Heilige, Sohn eines vorneh-
men Römers, lebte zur Zeit Innocenz I.
(408—16). Tag 17. JuU. Bein Grab auf dem
aventin. Berge, mit prächtiger Kirche.
Alexiif LCOMBenif, byzant. Kaiser, Sohn
des Johannes Comnenus, Neffe Isaaks L, geb.
zu Konstantinopel 1048, von dem gegen
die Türken gesammelten Heer 1081 zum
Kaiser ausgerufen, stCirzte den Nicephoms,
kämpfte gegen Normannen und Tfiu'ken,
wusste mit I<ist den von den Kreuzfthrem
ihm drohenden Gefkhren zu begegnen;
t 15. Aug. 1118.
AtfSdir (AUvater), in der nordischen My-
thologie Beiname Odins.
Alfeld 9 Stadt im preuss. Regbz. Hildes-
heim, Kr. Marienburg, 8867 Ew.
AlfiBüid (fr. jHf^ide), Leglrungaus Kupfar,
Zink und Nickel, in der Zusammensetzung
mit Neusilber mehr oder weniger überein-
stimmend, wird wie dieses benutzt. Häufig
versteht man unter A. galvanisch versilber-
tes Neusilber.
Alfleri, VUtorio, Grc^f, ital. Dichter, geb.
17. Jan. 1749 zu Asti (Piemont) , lebte in
Rom, Paris u. Florenz, f 8. Okt. 1808 zu
Florenz. Sehr. 81 Tragödien (meist histor.
Stoffe), die Melotragödie ,Abel', 6 Komödien,
16 Satiren, Lyrisches und Episches; ,Opere'
(1809—80, 87 Bde.); neue Ausgabe der
Dramen von Müanesi (1855 , 8 Bde.), Bio-
graphie von Twa, 1861.
Alfons (Alfotuo, Mphonsut), 1) KtitUg« von
Ar€igonienu. Navarra: a) A. UI., derPräek'
Hge, folgte seinem Vater Peter III. 1885,
bewilligte den Stauden auf dem Reichstage
Alford — Algen.
■ 49
Bu Saragossa 1287 die sog. UnionspriTÜegien ;
t 1291. — b) A. Vm der Groumüthigt, folgte
1416 seinem Yster Ferdinand I.,* ward von
Johanna L, Königin beider Sicilien, zum
Erben dieses Reiches eingesetst, nannte sich
als König desselben A. I., musste es sich
aber erst erobern; f 27. Juni 1458 während
der Belagerung von Genua.
2) A., Künig von EJcutilien, genannt der
Astronom od. Weise, geb. 1226, folgte seinem
Vater Ferdinand m. dem Heiligen 1252, ward
1257 von einem Theile der deutschen Fürsten
zum deutschen Kaiser gewählt, bekriegte die
Hauren mit Erfolg, vereinigte Marda mit
KastUien, verlor 1282 durch den Aufstand
seines Sohnes Sancho die Krone und f ftlB
Flüchtling 4. April 1284 bu Sevilla. Er voU-
eudete die ,Leyos de las partidas*, welche
1501 als allg. Landrecht best&figt wurden,
Hess die Bibel ins Spanische übersetsen und
die ptolemäisohon Planetentafeln, nach ihm
,aIfon8inische' genannt, verbessern. Seine
,Opuscnlos legales* herausgeg. von der
königlichen Akademie (18S6).
S) A, III, der Groue, König von Leon,
Asturien und Gktlicien, Sohn Ordonos, geb.
848, musste den Thron erst von einem Usur-
pator, dem Grafen FroUa, erk&mpfen, ver-
grösserte sein Land durch einen TheU von
Portugal und von Altkastilien , hatte Em-
pörungen seiner Söhne au bekämpfen, ward
von dens^ben besiegt n. musste au Gunsten
seines ältesten Sohnes, Garclas, der Krone
entsagen ; f dl2 zu Zamora.
4) KOnigt von Bartugod: a) A. L, erster
König von Portugal , Sohn Heinrichs von
Burgund, des Eroberers n. ersten Grafen
von Portugal, geb. 1110, musste seiner
Matter Theresia von Kastilien die Herrschaft
abkämpfen, focht gegen die Kastilianer und
Mauren, schlug diese bei Ourique 25. Juli
1139, nahm den Königstitel an, ordnete auf
den Oortes au Lamego 114S die Thronfolge,
die Bechtspflege u. die Adelsrechte; f 6. Dec.
1186. — b) A. V., der Afrikaner, folgte
seinem Vater Eduard I. 1438, stand an-
fangs unter Vormundschaft seines Oheims
Feter, reg. seit 1448 selbständig, eroberte
1471 Tanger, drang in Kastilien ein it. Hess
sich als König dieses Beichs ausrufen, ward
aber bei Toro (1476) geschlagen und ver-
ziclitete im Frieden zu Alcacevas (1479) auf
Kastilien; t 1^^« Unter seiner Regierung
wurden die schon vorher begonnenen Ent-
declnmgsfahrten der Portugiesen (Umschif-
taug des Kaps Bojador 1483) von dem Infanten
Heinzich eiflig fortgesetzt und erschien die
alfonsinische Gesetzsammlung (1446). —
c) A. VI., folgte seinem Vater Johann IV.
1656 unter Vormundschaft seiner Mutter
Xiuiae de Guzman, reg. seit 1662 selbst-
ständig, wurde durch die Ränke sei-
ner geechiedenen Gattin Maria Franciska
Elisabeth vonSavoyen, die sich mit seinem
Bruder Pedro vermählt hatte, gezwungen,
zu Gunsten des letzteren abzudanken;
t 12. Sept. 1688 im Schloss Olntra.
Alford, Henry, engl. Dichter u. Theolog,
geb. 1810 zu London, seit 1856 Dean zu
Canterbury. Lehrgedicht ,The school of
Meyers Hand -Lexikon.
the heart* (1865, 2 Bde.); krit. Ausg. des
N. T. (6. Aufl. 1858, 2 Bde.).
Alftredy der Grosse, König von England,
Jüngster Sohn des Königs Ethelwulf , geb.
849BuWantage in Berkshire, ward 871 nach
dem Tode seines älteren Bruders Ethelred
vom Volke zum König vonWessez ausgerufen,
musste sich erst vor den eindringenden Nor-
mannen (Dänen) in die Wildniss flüchten,
schlug sie aber dann (878 u. 893) und brach
ihre Macht in England. In Jeder Beziehung
der Bildner seines Volks, erliess er gute
Gesetze, gründete Schulen, beförderte Handel
und Verkehr und veranstaltete selbst Ent-
deckungsreisen nach Norden ; f 26. (28.) Okt.
901. Werkeherausg. von BomoHh, 1858,2Bde.
Aaser, Bischof von Sherbum, schrieb : ,Vita
Alfredl' (herausg. von Wtse, Oxf. 1722; engl,
von Wrtght 1855). Vgl. PmM, ,König A.*,
1851; Weies, ,Gtosch. A.s des Gr.«, 1852.
AI trweOf s. FrescomaUrei,
Alfirie (Ael/rie, Elfrie), Angelsachse, seit
994 Erzbischof von Canterbury, i; 1005, ver-
dient um Ausbildung der angelsächsischen
Sprache durch Grammatik, Glossar und
Uebersetzung. Naoh ihm ist die 1843
gestiftete Aljric society benannt.
Alfter, Dorf in Rheinpreussen, bei Bonn,
1496 Ew. Uraltes Stammgut des Hauses Salm.
Alftaren (Harafuros), die Urbewohner
der molukkischen Inseln, auch des Innern
von Neuguinea; stehen auf der Grenzlinie
zwischen Malayen und Papuas. Vgl. Bär,
,Ueber Papuas und A.*, 1859.
AlgSu (AUgau, der alte AMgau), der
südwestlichste, von der Uler durchflossene
Theil des bayerischen Kreises Schwaben mit
den angrenzenden Landstrichen Würtem-
bergs und Tirols , durchzogen von den
algSiuer Alpen, zwischen Rhein und Lech,
mit Mädeler Gabel 8105', Hochvogel 7968',
Grünten 5361'. Vorzügliche Rindviehrace.
Hauptort: Kempten.
kXenhUmC Algarve), südlichste Prov. Por-
tugals, seit 1253 mit Portugal vereinigt,
88 QM. u. 177,310 Ew. Hauptstadt: Faro.
Algardl, AUstandro, ital. Bildhauer, geb.
1602 zu Bologna, verfolgte Berninis affek-
tirte Richtung; f l^^* Hauptwerk: das
koloss. Relief Attilas zu St. PeteP in Rom.
Algirothpulver (Englisches Pulver), Anti-
mon oxychlorid , wird aus Antimonchlorid
durch Wasser gefällt, vom verones. Arzt
Algaroth empfohlenes Brechmittel.
jUgmrottl, Franctsco, OraJ, ital. Grelehr-
ter u. Kunstkenner, geb. zu Venedig 11.
Dec. 1712, lebte zu Paris , Berlin u. Dres-
den, seit 1754 in Italien, von Friedrich
d. Gr. 1747 in den Grafenstand erhoben
u. zum Kammerherm ernannt ; f S* März 1764
EU Pisa. ,Saggf sopra le belle arti* (deutsch
von Baspe 1769). Werke, 1791-94, 17 Bde.
Algebra (arab.), Theil der reinen Mathe-
matik, die Lehre von den Gleichungen (s. d.)
nebst der Buchstabenrechnung.
Algen, AlgoA, Pflanzenfamilie der Kryp-
togamen, wachsen im Wasser oder in sehr
feuchter Luft, haben ein mannicbüetch ge-
färbtes, schleimiges, häutiges, knorpeliges
oder lederartiges Lager; die Ausbildung
4
50
Algenib — Algier.
der Sporen ist in der Regel von der Ein-
wirkung beweglicher Befkmclitnngskdrper
(AntherozoVden) abhängig; viele A. ver-
mehren sich auch durch keimende Sehwärm-
sporen, die niederen Formen besonders durch
'Hiellung und Gonidlen oder Keimzellen.
Ueber 8000 Arten , von denen */t dem Meere
angehören. Viele dienen als Nahrung für
Menschen (Meerlattich) und Thiere,als Hell-
mit^l (Caragaheon), als Dünger, zur Berei-
tung von Kohlen, besonder! zur Gewinnung
des Jod (Kelp- u. Varecindustrle) u. der Kali-
salze. Einthellnng: Diatomeen, BaeiUarien od.
SHlckelalgen , mikroskopisch klein, aus ein-
zelnen Zellen gebildet, die reich an Kiesel-
säure sind, schalen-, stab- oder schlldf5rmig,
häufig in Sumpfwasser, auch in Seewasser,
galten früher für Infusorien. Tossfle Dia-
tomeen 'bilden ganze Erdschichten und
finden als Polirschiefer von Bllln, Kiesel-
guhr, technischeVerwendung. Demnidiaeeen,
mikroskopisch klein, einzellig, weich, nicht
kieselhaltig, die Zellhülle aus 2 durch eine
Naht verbundenen, symmetrischen Hälften
bestehend. In Sumpfwasser, ürkemalgen,
Proloeoceaeeen, einzellig, meist kolonienweise
vereinigt, in Wasser, auf nassem Erd- oder
i'elsboden, auf Eis und Sdinee (rother
Schnee). SehUimaigen, Kostochaeeen, geglie-
derte Fäden in homogener Schleimmasse
eingehüllt, in stehendem Wasser und
feuchter Luft, bilden in Mineralquellen
den Badeschleim. Kon/erven, Fadencdgen,
einfache oder ästige Fäden aus schlauch-
förmig an einander gereihten Zellen mit
kömigem oder bandartig abgelagertem
Chlorophyll, in stehendem und fliessen-
dem Wasser. Ulvaeeen, Hautalgen, röhren-
förmiges, haut- oder schlauchartiges Lager
ans einfacher Zellschicht oder einer einzi-
gen Zelle gebildet, in Moor- und Süss-
wasser. I\tkoVdeen, Ledertange, mit meist
festsitzendem Lager, ahmen oft Stengel-
und Blattblldnng der höheren Pflanzen
nach, besonders in nördlichen Meeren, bis
1000' lang , oft massenhaft (Sargassomeer) ;
viele sind essbar, liefern Kelp und Varec.
Slüthentange , Florideen, mit festsitzendem,
meist stiotuchartig ästigem, fein zertheiltem,
knorpeligem, gewöhnlich lebhaft rothem
Thallus, besonders in wärmeren Meeren.
Oiaraceen, Armleuckter, quirlformlg ver-
zweigt, aus schlauchförmigen, oft mit
Kalk inkrustirten Zellen bestehend, häufig
In stehenden Gewässern , namentlich auf
Torfboden. Vgl. die Werke von Agardi,
Kütnnj, Sdbenhorst.
Algeaib, Stern 2. Grösse im Sternbild des
Perseus; desgleichen Im Pegasus.
Algerien, s. Algier.
Al$wh6im (Chxu-Jlgesheim), Stadt InRhem-
hessen, Kr. Bingen, 2120 Ew. Weinbau.
AlgezfrtSy Hafenstadt in der span. Prov.
Cadix, am Golf von Gibraltar, 14,280 Ew.
AlghSrOy feste Stadt an der Westküste
Sardiniens, Prov. Sassari , 8419 Ew.
Algle (gr*)) Schmerz, bes. Nervenschmerz.
Algler (spr. -schir, Algerien), vormals türk.
Vasallenstaat (Raubstaat), seit 1880 fk'anz. Ko-
lonialland, auf der Nordküste AfHkas zwi-
schen Marokko u. Tunis, lt,150QM. ; BerflUlt In
den Küstentaum (Teil), das waldreiche €re-
birgsplateau mltmehreren Bergketten,firucht-
baren Tliälem, zahlreichen Gipfeln (Dschebl
Dsehelliia 86600 und grossen Salzsumpfen
(Shotts) und in den Wüstensaum. Zahlreiche
Flüsse (z. B. Schellf, Sevbouse, Semmam).
Mittlere Temperatur 15o R. Kulturpflanzen :
Getreide, Gel, Tabak, Wein, Baumwolle.
Bevölkerung (1867): 2,921,246, worunter
2,485,000 nomadisirende Eingeborene , 218,000
Europäer, dazu Militär 67,774 M. Drei Pro-
vinzen: Algier, Drau im W, Constantine im
O. Die geordneten Theile nach Aranz. Muster
eingerichtet, mit Civil Verwaltungen, in den
südl. Militärverwaltungen; daneben die
,Bureaux arabes*. Die Kolonisation sehr
langsam varschreitend. Handelsflotte A.s
148 Segelschiffe von 4268 Tonnen. Elnfhbr
(1866) 28,7 Mlll. Frcs., Ausfuhr 21 MUl. Free.
Die Hauptstadt A. (l^anz. Alger, span. Argel),
am Mittelmeer , Festung mit Seearsenal und
Hafen, kathol. BIsthum, 52,614 Ew. Vgl.
Schneider, ,A. als Kurort*, 1869.
Oeachichte, Im Alterthum war der ostl.
Theil des Landes von Numidiem, der
westl. von Mauren bewohnt. Unter der röm.
Herrschaft bildete jener einen Theil der
Provinz Aflrika, später unter dem Namen
Numidia eine eigene Provinz, dieser die
Prov. Mauritania caesariensis. Die damalige
Blüthe des Landes ward durch den Einikll
der Vandalen u. dann durch den der Ara-
ber vernichtet. Um 985 wurde von dem
arab. Fürsten Zelrl die Stadt Al-Dschesair,
das jetzige A. , gegründet. Die Nachkom-
men Zeirls herrschten bis 1148, nach ihnen
die Almohaden bis 1269; dann zerfiel das
Land In mehrere kleinere Ghsbiete. Die aus
Spanien vertriebenen Mauren und Juden
vermehrten (1492) die Bevölkerung. Ferdi-
nand der Katholische eroberte 1506 Oran und
Bugia und 1509 A. selbst. 1516 landete der
Korsarenhäuptling Horuk (Harudj) Barba-
rossa in A. und schwang sich zum Sultan von
A. auf Nach seinem Sturz durch die Spanier
ward sein Bruder, Khalr-ed-din Barbarossa,
zum Sultan ausgerufen , der 1520 sein Gebiet
unter die Oberhoheit des Sultans Sellm stellte.
Mit türkischer Hülfe vertrieb er die Spanier
und begründete das System des Militärdes-
potismus und der Seeräuberei, dessen Mittel-
punkt A. bis 1830 gewesen Ist. Kaiser Karls V.
Expedition nach A. (1541) endete unglück-
lich. Seit 1600 stand ein von den Janit-
scharen gewählter Dei dem Pascha zur
Seite, was häufige innere Kämpfe zur Folge
hatte. Mehrere Angriffe christl. Mächte
auf A. (1683 u. 1687 Franzosen, 1655 u. 1669
Engländer) machten der Seeräuberei kein
Ende. England schloss seit 1662 mit den
Deis von A. Verträge, welches Beispiel
andere europ. Staaten nachahmten. 170&
bemächtigte sich der Del Ibrahim Grans,
der letzten Besitzung der Spanler an der
algier. Küste. Sein Nachfolger Baba-AU
emancipirt^ sich von der türk. Herrschaft
und begründete eine Art v. Soldatenrepublik,
in der blutige Serailrevolutionen an der Ta-
gesordnung waren. Eine span. Expedition
Algiersches Metall — Aliband.
51
gegen A. unter O^Rellly (1775) acheiterte Töl-
lig. Die nach Wiederhentellang des europ.
Friedens wieder frech betriebene Seeränberei
veranlasste die christl. Mächte zu energi-
scherem Einschreiten. Eine nordamerik.
Flotte unter Gommodore Decatnr schlug (20.
Juni 1815) die algiersche bei Cartagena, und
eine engl. Flotte bombardirte (27. Aug.
1816) unter Lord Ezmouth A. u. Temich-
tete die Seemacht des Deis. Dessen unge-
achtet dauerte die Seeräuberei fort. Die
thätliche Beleidigung des franz. Konsuls
Deral durch den Del führte zur Blokade
der algierschen Seehäfen (seit Juni 1827).
Aber erst die Expedition der Franzosen von
1830 unter dem General Bonrmont u. dem
Admiral Duperr6 machte dem Baubstaat
für immer ein Ende. Am 5. Juli übergab
der Del die Stadt unter der Bedingung freien
Abzuges für sich und die türk. Miliz. Von
da an beginnt die franz. Herrschaft in A.,
deren erste Periode, die der Eroberung und
Pacifikation des Landes, mit der ünterwer-
fling Abd-el-Kaders (23. Dec. 1847) endigte,
worauf die zweite Periode , die der Koloni-
sation und CiTilisation, folgte. Nach Bonr-
monts Büoktritt f&hrten den Oberbefehl in
A. Marschall Olauzel (Sept. 1830 bis Febr.
1831), Berthez^e (bis Dec. 1831), Sarary
(bis März 1833;. Der gefihrlichste Feind
der Franzosen, Abd-el-Kader, ward in dem
Frieden 26. Febr. 1834 als Gebieter über alle
westl. Stämme bis zum Schelif anerkannt.
Der trotzdem wieder ausbrechende Kampf
konnte weder von Drouet d'Erlon (Sept. 1833
bis Aug. 1835), noch von Olauzel (bis Febr.
1837) beendigt werden. Erst seit dem von
Damrteiont (April bis Okt. 1837) mit Abd-el-
Kader an der Tafiia (30. Mai 1837) abgeschlos-
senen Vertrag, durch welchen diesem das
westl. Gtebiet von Maskara u. Titeri völlig
überlassen ward, datirt die wirkl. Eroberung
des Landes durch die Franzosen. General
Yalfe (Okt. 1837 bis Febr. 1841) versuchte die
Kolonisation des Landes in grösserer Aus-
dehnung. Dem wieder ausbrechenden Kampf
mit Abd-el-Kader gab erst der General Bu-
geaad (Febr. 1841 bis Mal 1647) eine günstigere
Wendung. Nachdem er am Isly (14. Aug.
1844) über die Marokkaner gesiegt und einen
günstigen Frieden erzwungen, vermochte
sich Abd-el- Kader, auch von Marokko aus
angegriffen, nicht mehr zu halten und er-
gab sich (Dec. 1847) an General Lamorid^e
und den inzwischen (Sept. 1847) zum Gouver-
neur ernannten Herzog v. Anmale. Doch
hatten auch die späteren Generalgouvemeure
Gharron (Sept. 1848 bis Mai 1851) und Randon
(Dec 1851 bis Aug. 1658) noch oft feind-
liche Stämme zu bekämpfen. In der Ver-
waltung des Landes trat durch die Dekrete
vom 84. Juni und 31. Aug. 1858 eine bedeu-
tende Veränderung ein, insofern A, dadurch
unter ein eigenes Ministerium fürA. u. die
Kolonien gestellt ward, dessen Chef der
Prinz Napoleon ward. Letzterer ward am
34. Mars 1858 durch den Grafen Ohasselonp-
Laubat ersetzt. Schon durch Dekret vom
11. Dec. 1800 ward dieses Ministerium wie-
der aufgehoben und abermals ein alle Ge-
walt in sich vereihigender Generalgouver-
neur eingesetzt, zuerst Marschall P61issier,
dann Marschall Mac-Mahon. Vgl. ,Bxplora-
tlon sdentiflque d'A.SofadeI],1844',,;9^r(eu<2»
,L*Alg6rie fran^aise* » 1856, 8 Bde.;., Berard,
,Indicateur g6n6ral de rA.S1867^' v. Malt'
zahn, ,£9ttenbilder aus Tunis u. A.' 91868.
Algienehes Hetally Legirung aus 94,5 Zinn,
5 Kupfer, 0,5 Antimon, weiss, klingend.
Algöabaiy Meerbusen an der Südostküste
des Kaplandes; brit. Kolonie Elisabeth.
Algodonbai. öde Bucht an der Westküste
Südamerikas O^ollvia); reiche Kupferminen.
A^^ Stern 8. Grösse im Perseus, durch
seine Veränderlichkeit merkwürdig.
Algonkln (Algonkin-Lenape), Gruppe von
Indianerstämmen in Nordamerika, früher
vom Mississippi bis zum atlant. Ocean wohn-
haft; dazu gehörig: die Abenaki, Karra-
ganset,Powhatans, Shawnees, Illinois, C^ees^
Ottawas, Foxes, Ohippeways etc.
Algorithmiis C^iira)'<<AmiM,gr.), Rechnung
mit dem dekadischen Zahlensystem; auch
Bezeichnung anderer mathemat. Operationen.
Algreea ÜHimg, Tage, dänischer Rechts-
gelehrter, geb. 11. Okt. 1797 zu Frederiks-
borg auf Seeland, stellte als Mitglied der
Ständeversammlung 1844 den Antrag, durch
ein Gesetz die unzertrennliche und ewige
Verbindung der Herzogthümer mit dem
Königreiche auszusprechen, 1848 Mitglied
der dän. Reichsversammlung, seit 1854 des
Reichsraths. 'Sehr. ,H|tandbog i den danske
Crimlnalret* (4. AuH. 1859, 8 Bde.); ,Laeren
om Servituter' (1846); ,Haandbog 1 den
danske Arveret' (1855).
Algnasll (span.), Gharlchtsdiener, Häscher*
Alnniiny das rothe Sandelholz.
AlEiinay Stadt u. berühmter Badeort In
der Span. Prov. Granada, 7400 Ew.; ehe-
mals wichtige Maurenfestung.
Alhimary Beiname des maur. Königs Mo-
hammed V. Granada (1236 — 75), des Grün-
ders der Dynastie der Alhamariden (bis 1493).
Alhimbn (arab., die Rothe), ehemalige
maurische Khalifenburg (Jetzt Oitadelle) bei
Granada, das schönste Denkmal arab. Bau-
kunst in Europa. Bauzeit 1800— 1688. Glanz-
partlen: der Löwenhof mit dem berühmten
Springbrunnen, der Saal der 8 Schwestern»
die Halle der Abencerragen etc. Vgl.
GoBcht, ,Dle A.S 1854.
AUildide (arab., d. i. Zähler), an Winkel-
messinstrumenten befindliche Vorrichtung
zur Messung der Drehung des Fernrohrs.
Ali (arab., d. 1. hoch, erhaben), moham-
medanischer Name und Ehrentitel.
Aliy Pascha von Janina, geb. 1741 zu Te»
pelen in Albanien, Sohn eines Häuptlings»
wurde nach glücklichem Kämpft gegen die
Feinde seines Vaters Pascha von D<»ivino,
dann von Trikala und, nach Unterwerfting
der Sulioten von Janina, 1808 Oberstatt-
halter von Rumelien. Mit den Franzosen
u. Russen insgeheim verhandelnd, strebte
er nach völlig unabhängiger Stellung der
Pforte gegenüber. Von Khurschid- Pascha
in Janina eingeschlossen, kai^tulirte er,
ward aber niedergehauen (5. Febr. 1882).
Alibaiid (spr. -hob), Xotiis, geb. zu Nismea
4*
52
Ali -Bei — Alkalimetrie.
1810, schoBs 25. Juni 1886 auf den König
Lndwlg Philipp, ward 11. Joli gnillotinlrt.
Ali-B«!} KUmlnkenbei, geb. um 17S8 in
Abcha9ien, schwang sich Tom Sklaven mm
Mamlokenbei, dann zum nnabh&ngigen Sol-
tan TonAegypten empor, eroberte Mekka u.
Syrien, verlor durch Verrath seines Adoptiv-
sohnes Abn-Dahab Aegypten, ward 1773
von demselben geschlagen n. f bald daraot
Ali ben-Abi-Tftleb. ,erster Moslem* und
4. Khalif; geb. 008 n. Chr. cu Mekka, Moham-
meds trenester GeAhrte nnd Gemahl von
dessen Tochter Fatime , 655 nach Othmans
SSmordnng snm Khalifen erhoben, k&mpfte
glücklich gegen verschiedene Rebellen,
ward 88. Jan. 661 In Knfa ermordet. Zu
seinem Grabmale daselbst pilgern noch Jetzt
seine Verehrer, die Schiiten. Die ihm zuge-
schriebenen Sprache gab Fleischer (1837)
heraus; sein ,Divan* (lyrische Gkdichte)
erschien 1840 zu Bulak bei Kairo.
Alibert (spr. -bahr), Jean LouU , Baron,
franz. Arzt, geb. 18. Mai 1775 zu Villefl^nche,
lehrte in Paris, t ۥ Febr. 1837. Sehr. ,De-
scription des maladies dela peau* (1806—87) ;
«Nosologie naturelle* (1817 — 85, 2 Bde.);
»Physiologie des passions* (1883, 8 Bde.).
Alibertoelier Graphit, s. Graphü.
Alibi (lat.), anderswo; Bewei» de» A., in
Strafaachen der Kachweis, dass der Ange-
schuldigte sich zur Zeit der Tbat nicht am
Orte derselben, sondern ,anderswo' beftin-
den habe; konstatirt seine Unschuld.
AlibraBdo, Cürolamo, genannt ßalvi di An-
Umio, sicil. Maler, geb. 1470, f 1^24 zu
Messina. Hauptwerk: die Reinigung der
heil. Maria, im Dom zu Messina.
Allcinte. span. Prov. (Valencia),* 98,6 QM.
u. 418,514 Ew. Die gleicbn. befest. Sattpt-
eiadt am Mittelmeere, wichtiger Seehafen,
31,168 Ew. Berühmt ist der Micantetoein.
Alicita (Lieata), Handelsstadt an der Süd-
knste Siciliens, Prov. Girgentl, 13,500 Ew.
Alienatlon (lat.), Verkauf, Verausserung.
Alienbin. s. FremdeiibiU,
AUeni Juris homo (lat.), ein Mensch
j^mden Rechts, Bezeichnung rechtlicher
Unselbständigkeit im Gegensatz zum homo
aui juris, einem Menschen von rechtlicher
Selbständigkeit.
AligkiSn, s. VcmU,
Alignement (fr., spr. AllnJ'maag), im
Kriegswesen Herstellung einer Frontlinie
nach bestimmten Punkten ; in der Feldmess-
kunst eine auf dem Felde u. dem Messtisch
bestimmte Linie, nach welcher man letzteren
in die richtige Stellung bringt (orientirt).
Aligny (spr.Aliiyi), Ckmde Felix Th4odore,
Aranz. Maler, geb. 1798 zu Chanmes, Schüler
von Watelet u. Regnault. Klassisch -histo-
rische Landschalten mit architekton. Aufbau
der Linien und meist mythischer Staffage.
Alimente (lat.), Unterhaltskosten; Ali-
menUUiont Verabreichung derselben. Gegen-
seitige Alimentationspflicht legt das Gesetz
den Ehegatten, sowie den Aeltern n. Gross-
ältem im Verhaltniss zu den ehelichen Kin-
dern und Enkeln auf. Unehelichen Kindern
steht nach dem gemeinen Rechte u. nach
deutschen Partikulargesetzen, nicht aber
nach dem röm. n. frans. Rechte, eine Ali-
meatenfordemng an den lebenden Vater zu.
A Um« (lat.), auf neuer Zeile, von vom.
Aliqaaater Theil (pars aliquanta), in der
Arithmetik Theil einer Grösse , der in dieser
nicht ohne Rest aufgeht ; Gegensatz aHgu**ter
Theil (p. aUquota), Theil einer Grösse, durch
welchen sich diese ohne Rest dividiren läset.
AliqMttdae (Bannonieehe OberOne), die
zu einem Grundton nach und nach mit-
erklingenden höheren Neben- oder Beitöne.
AiiüMa röm. Kastell amEinflnss derAUne
in die Lippe, von Drasus angelegt; jetzt
Dorf Äl$en unweit Paderborn.
AilaOB (spr. Aellis'n), gelehrte schoU. Fa-
miUe. ArehibaU, geb. 13. Nov. 1757 suEdin-
bürg, seit 1800 Geistlicher das. , f ^7- Mai
1889. Sehr. ,Essays on the natura and prin-
ciples of taste* (1790, 8. Aufl 1811). Arehihaid
A., Sohn des Vorigen, geb. 89. Dec 1798 an
Kenley, seit 1834 Sherif von Lanarkshire, f
88. Mai 1867. Sehr. ,The prlnciples of the
oriminal lawof Scotlaud' (1838); ,History of
Europa ttom the commencementof the French
revolntion to the restauration of the Bour-
bons< (10. Aufl. 1861, 14 Bde., deutsch 1858);
,Life of the Duke of Marlborongh* (1847,
3 Bde.. deutsch 8. Aufl. 1865); ,Essay8' (1850,
3 Bde.); ^istory ofEurope from the CaiU of
Napoleon to the accession of Louis Napoleon'
(1858-57, 6 Bde.) ; ,Live8 of Lord Castlereagh
and Sir Charles Stewart' (1861, 3 Bde.).
A livre ouvert (fr., spr. liwer uwähr), bei
Oeffnunff des Buchs, d. i. vom Blatte (spielen).
Aliwal 9 Ort im nordwestl. Ostindien,
am Sudletsch. Hier 88. Jan. 1846 Sieg der
Briten unter Hough Gough über die Sikhs.
Allsarim, Farbstoff, findet sich im Krapp,
mit Zucker gepaart, als Ruberythrinsäure,
gelbe, in Wasser nnd Alkohol wenig
lösliche Krystalle, sublimirbar, wird durch
Alkalien u. Erden roth gefärbt, kann aus
Anthracen (im Steinkohlentheer vorkom-
mend) künstlich dargestellt werden. Ali-
earine verte des Handels, aus Krapp mit
schwefliger Säure gewonnen, enthält neben
A. noch einen grünen harzigen Stoff, von
welchem das AUearine jaune beiteit ist. In
der Zeugdruckerei benutzt.
Alkalien, die ungefärbten Oxyde der Al-
kalimetalle: Kali, Natron, Lithion, Gäaion
u. Rubidion, sind die stärksten Basen, sehr
löslich in Wasser, i&rben rothes Lackmus-
papier blau (alkaliiche Beakiion). Die Ozyd-
hydrate der A. heissen ätzende A., die lös-
lichen kohlensauren ' Salze hiessen früher
milde A, Fluchtiges Alkali ist kohlen-
saures Ammoniak.
Alkilimetalle, die in den Alkalien mit
Sauerstoff verbundenen einfachen metalli-
schen Körper: Kalium, Natrium, Lithium,
Oäsium und Rubidium.
AlkaHmetrie, Bestimmung des Gehalts von
käuflicher Potasche, Soda, Kali- u. Natron-
hydrat, geschieht meist massanalytiach,
indem man untersucht, wie viel Ozalsäure-
lösung von bestimmtem Gehalt eine ab-
gewogene Menge des Handelsprodukts zu
neutralisiren vei*mag. Nach Fresenius und
Will übergiesst man in einem besonderen
AlkäKsche Erden — Alkobolometrie.
53
Apparat eine bestimmte Menge Potasche
oder Soda mit abgewogener und überschüs-
siger Schwefelsftnre. Diese treibt die Koh-
lensänre ans , welche getrocknet den Appa-
rat rerlässt. Aus dem so entstandenen
Gewiehtsyerlnst des Apparates berechnet
man den Gehalt der Potasche und Soda.
Alkilieche Srdeiiy die ungefärbten Oxyde
der Erdalkalimetalle: Baryt, Strontian, Kalk
n. Magnesia, weniger löslich als die Alkalien,
starke Basen, reagiren alkalisch ; ihre kohlen-
sauren Salase sind in Wasser unlöslich.
Alkalolde, organ. Basen, stickstoffhaltige,
meist in Wasser schwer lösliche Verbindun-
gen, bilden mit Säuren meist krystallisirende
Salze genau so wie Ammoniak; die sauer-
stofffreien (Nicotin, Ck>niin, Anilin) sind
ölig, flüchtig, zum Theil von betäubendem
Geruch; die sauerstoflnialtigen sind fest,
meist &rblo8 und zersetzen sich beim Er-
hitzen; sie finden sich zum Theil fertig
gebildet in Pflanzen, sind dann den Fami-
lien, ja meist den Gattungen eigenthümlich,
bedingen die Wirksamkeit eines grossen
Theils der wichtigsten vegetabilischen
Arzneimittel und wirken theils als Narcotica
auf Gehirn oder Bückenmark, theils als
heftige Acrla, Magen- u. Darmentzündung
hervormfbnd. Ihre Nachweisung bei Ver-
gütungen ist oft sehr schwierig.
AlkAlnretlea, Heilmittel, welche die Ab-
sonderung eines an Alkalien reichen Urins
bezwecken, um aus Harnsäure bestehende
Blasensteine zu lösen.
AlkaaiiawiiTzely s. Alcanna u. Lawaonia.
Alkarsin, Eakodyloxyd, s. KakodyL
AlJkeny Schwimmvögelfamilie, in grossen
Schaaren auftretende Meeresbewohner: I.
der arktischen Zone : Tordalk, AIca torda L.,
16—n'\ namentl. auf den Lofoten; Sril-
lenalk, A. impennis L., 2Vs', Flügel dienen
nur als Flossen, fast ausgestorben; Oryll-
lumrne, Uria Grylle L., und dumme
Lumme (Troyllumme) , U. Lomvia Fall.,
U. Trolle Tem., kommen nur zur Brütezeit
ans Liand, werden dann in Massen ge-
fangen und dienen als Nahrungsmittel;
Larventancher (Papageientaucher , Seepapa-
gei) , Mormon arctica L., M. fratercula
T0m., 12", südl. bis zur engl. u. franz.
Küste; die Jungen werden gegessen, n.
Bewohner der südl. Halbkugel, mit hom-
schnppenähnlichen Federn an den Flügeln :
Pinguin (Fetttaucher, patagonische Fettgans),
Aptenodytes patagonica JC., 3', an der Magel-
lanstrasse , brütQt das Ei in einer Bauch-
falte ans; Federpelz dient als Putz ; Brillen-
pinguin , A. demersa L., 20", am Kap u. auf
den Falklandsinseln ; schmackhafte Eier.
AHunaary Stadt in Nordholland , am gr.
nordlandischen Kanal, 12,060 Ew.
Alkohol (Aeihylalkohol, Aethjßoxydhydrat,
Weingeist, BpirituB, lat. Äleohol abtclutna,
fr. Aleool, engl. Alcohol), der berauschend
wirkende Bestandtheil im Branntwein, Bier
und Wein , entsteht durch Gährung zucker-
lialtiger Flüssigkeiten, ist farblos, vom
spec. Gew. 0,79, siedet bei 68,30 G., dehnt
»ich von 0 — 78,30 um 0,0936 seines Volums
aus (Wasser nur um 0,0278; auf diesem
Unterschied beruht zum Theil die Alkobolo-
metrie), gefHert nicht, zieht begierig Wasser
an, mischt sich mit Wasser unter Volum-
verminderung und '' Wärmeentwicklung,
löst Harze und ätherische Oele, bildet bei
der Oxydation Aldehyd und dann Essig-
säure, wird von den meisten Säuren in
Aether umgewandelt. Wasserfreier A.,
Alcohol absolutus, sehr schwer darstellbar.
Man nennt A. von 92—95 Vol. % Spiritus
vini alcoholisatns (durch trockene Potasche
oder essigsaures Kali entwässert), A. von
85— 90 Vol. o/o Spiritus vini rectificatissimns,
A. von 60 — 70 Vol. o/^ Spiritus vini rectifi-
catus, A. von 50 Vol. o/q Weingeist, A. voti
40—45 Vol. o/o Branntwein. Der A. wird be-
nutzt zur Darstellung ohem. und pharmacent.
Präparate, zum Extrahiren, in der Parfa-
merie und Lacküftbrikation, zur Füllung von
Thermometern, zum Konserviren pflanzlicher
und thierischer Stoffe, als Lösungsmittel etc.
Alkobolometrie, Prüfung des wässrigen
Weingeistes auf seinen- Gehalt an absolutem
Alkohol ; geschieht meist mit Aräometern,
welche, da Alhohol leichter ist als Wasser,
um so tiefer einsinken, je stärker der
Weingeist ist. Die Skala dieser Instrumente
zeigt aber nicht die spec. Gewichte, son-
dern die den letztem entsprechenden Alko-
holprocente, so dass die Stelle, bis zu
welcher das Alkoholometer in den zu
prüfenden Weingeist einsinkt, sofort den
Gehalt des letzteren erkennen lässt. Alle
Alkoholometerangaben sind nur bei einer be-
stimmten, auf dem Instrument angegebenen
Temperatur richtig, bei höherer Temperatur
zu hoch u. umgekehrt. Besondere Tabellen
belehren über die bei andern Temperaturen
vorzunehmenden Korrekturen. Bei uns ist
am gebräuchlichsten das Alkoholometer
von TrctUe», welches bei 15,50 0. die Volums-
procente angibt. Nur wenig abweichend
ist das franz. Centesimalalkoholometer von
Q<ijf-L»8*ae. Das Österreich. Alkoholometer
von Stampfer zeigt Volum sprocente und
enthält ein Thermometer, welches direkt
angibt, um wie viel Procente bei der gerade
herrschenden Temperatur das Alkoholo-
meter zu viel oder zu wenig zeigt. Das
engl. Alkoholometer von Syhea zeigt, wie
viel Volumina Alkohol ein Weingeist mehr
oder weniger enthält als der Normalalkohol
^roof sprit == 57,27 Vol. o/o = 0,9186 spec.
Gew.). Spiritus von 20o under proof enthält
in 100 Vol. 20 Vol. Wasser mehr als proof
sprit. BicMere Alkoholometer zeigt bei
12,50 R. ^ ^ie viele G^wichtsprocente ab-
soluten Alkohol der Weingeist enthält,
ist aber sehr ungenau. Bisweilen wird
auch der Gehalt eines Weingeistes in
Aräometergraden nach Baum 6, Beck, CSartier
angegeben (s. Aräometer). Um Volums-
procente in Gewichtsproc. zu verwandeln,
mmltiplicirt man die gefundenen Volumsproe.
mit 0,7946 u. divldirt mit dem spec. Gewicht,
welches den gefundenen Volumsproe. ent-
spricht. Vgl. MuspraU-Stohmamn , ,£ncyklo-
pädie der techn. Chemie', 2. Aufl. 1865;
Kupffer, ,Handbuch der A.', 1865; Franke,
,Alkoholometr. Tafeln*, 3. Aufl. 1864.
54
Alla breve — Allenburg.
Volomsprocante und MiichanssrerhältiüBM
nach Bxix. — bei IS«/»« R. 15»bo G.
Spec. Gewicht
. 100 Quart enthalten
des WeingeiatM
Q. Alkohol 1 Qaart Wasser
0,9986
1
99,055
0,9988
5
95,307
0,9866
10
90,714
0,9811
15
86,191
0,9760
80
81,708
0,9709
85
77,285
0,9655
80
78,712
0,9598
35
68,109
0,9519
40
63,406
0,9435
45
58,593
0,9343
50
53,700
0,9248
55
48,717
0,9134
60
43,664
0,9081
65
38,561
0,8900
70
33,378
0,8773
75
28,135
0,8639
80
22,822
0,8496
85
17,419
0,832»
90
11,876
0,8164
95
6,153
Alla breve (ital.. Mos.)» in gekürztem Takt
noch einmal so schnell; durch ^i oder ein
Tertikai durohstrichenes 0 bezeichnet.
Allih (arab., eigentl. al-il&h, das Anbe-
tungswürdige), arab. Name des Einen €h>tte8,
bei allen mohammed. Völkern in Gebrauch.
AllAhabid, Stadt in der brit.-«8tind . Präsid.
Agra, am Ganges u. Dschnmna, 78,000 Ew.
Hauptwaflfenplatz; bar. Wallfalirtsort der
Hindu; seit 1831 englisch.
Allmk«llll88lii9 Dorf im türk. Ejalet Sa-
lonichi; dabei die Ruinen des alten Pella.
Allan (spr. Aellänn), 1} David, schott. Haler
u. Kupferstecher, geb. 13. Febr. 1744 zu Alloa
(Olackmannan), f 6. Aug. 1796 zu Glasgow. —
2) ßir William, Haler, geb. 1782 zu Edinbnrg,
t das. 22. Febr. 1850 als Präsident der
Kunstakademie. Bilder aus der Geschichte
Schottlands, oriental. Scenen.
AUantoiBy Hamhaut, schliesst bei den
Thieren innerhalb der Eihäute den ganzen
Embryo ein, bleibt beim Henschen in ihrem
Wachsthum sehr beschränkt. Innerhalb
der A. der Wiederkäuer befindet sich der
Uquor allantoidis., welcher das AUantoin
enthält. Letzteres kann aus Harnsäure
künstl. dargestellt werden.
Alla polacea (ital., Mus.), nach Art der
Polonaise.
Allard (spr. -ahr), Jean Francoia, Franzose,
geb. 1785 zu St. Tropez imDep. Var, ging 1815
nach der Ermordung des Harschalls Brnne,
tei dem er Adjutant gewesen, nach Persien,
Ton da nach Afghanistan und 1820 nach
lAhore, wo er das Heer Rnndschit-Singhs
nach europ. Weise orgunisirte und Genera-
lissimus ward ; f 8S. Jan. 1839 zu Peschawer.
AUa atretta (ital., Mus.), in schnellerem
Tempo. [Frau in die Ehe.
Allita (lat.), Zugebrachtes, z. B. von der
Alla aoppa (ital., Mus.), auf hinkende
Art, durch Yerruckung des Rhythmus, in
komischen Partien angewendet.
Alle, schiffbarer Nebenfluss des Pregel in
Ostpreussen, mündet bei Wehlau; 30 H.
AlMe (fr.), an beiden Selten mit Bäu-
men besetzter Weg.
Allegit (lat.), ein ans einer andern Schrift
oder Rede wörtl. angeführter Satz, Citat;
fdUoireiiy anfuhren, citiren.
AllegkJaBy (spr. Aellighehni), nordamerik.
Fluss , entspringt im nördl. Pennsylvanien
(Grafsch. Potter), rereinigt sich bei Pitts-
burg mit dem Honongahela zum Ohio.
AllegliaBy - Glty (spr. Aellighehni - Sitti),
Fabrikstadt in Pennsylvanien , am Alle-
ghany, Pittsburg gegenüber, 88,700 Ew.
AUegkaBjgeblrge (spr. Aellighehni-, Appa-
laehian-ByU«m), Oeb. im öetl. Nordamerika,
ein Plateau mit 6—18 Terschieden be-
nannten Parallelketten (blane, Lorbeer-,
Cumberlandberge, Appalachea etc.) in nord-
östl. Richtung bis zum Hudson ziehend,
von zahlreichen Querthälem durchsetzt;
290 M. lang, 80—85 M. breit, Wasserscheide
zwischen dem atlant. Ocean n. den Grossen
Seen nebst Mississippi. Mittlere Höhe 8000' ;
höchste Erhebung der Black Dome in Nord-
carolina OSOO'. Der Abfall nach W. und
O. sanft mit breiten Vorstufen. Reich an
Eisen, Steinkohlen, Salz.
Alleglance(engl., spr. Aellidschäns), in der
engl. Rechtssprache die Unterthanentrene.
Allegorie (gr.), yeranschaulichende Dar-
stellung eines ausgeföhrten Gedankens
durch ähnliche sinnliche Begriffe, sowie ans-
geführte Hetapher. AlUgoritcke Arsonen,
künstlerische Darstellungen personiflcirter
Begriffe und Zustände.
^legimmente (ital., Mus.), munter, hurtig.
Allegret(o(ital., Mus.), gemässigt lebhaft.
AUSgriy 1) Oregorio, ital. Kirchenkompo-
nist der palestrinaschen Schule, geb. 1580
zu Rom, f das. 1652 als päpstlicher Kapell-
sänger. Hauptwerk: das zweichörige Mi-
serere. — ■ 2) Alesaandro, ital. Dichter aus
Florenz, f um 1597; bes. als Satiriker aus-
gezeichnet. ,Rime piacevoli* (1754). —
3) Maler, s. Oorreggio.
AllegrlMimo (ital., Mus.), sehr schnell.
Allegro (ital., Mus.), hurtig, munter. A.
auai, A. di m<4to, sehr rasch ; A. eon brio,
eon/uoco, schnell mit Kraft, mit Feuer; A.
giutto, angemessen schnell; A. ma non tanto,
nicht zu schnell; A. tehenuxndo, in scher-
zender Bewegung; A, vivace, selir lebhaft.
Alleinhandely s. Mon<mol.
Alleinseligmachende Kirche, Bezeichnung
derröm.-kathol. Kirche, inspfem kein ausser-
halb derselben Stehender selig werden soll.
Allemand (spr. AlPmang), Frits V, Maler,
geb. 1812 zu Hanau, Schüler der Akademie
zu Wien, f ^*^' 1666. Darstellungen aus dem
schleswigschen Kriege 1848 u. dem Feldsug
Radetzkys 1849. Sein Sohn Bigmmd, eben-
falls als Schlachtenmaler ausgezeichnet, lebt
in Wien. Hauptwerlt> Schlacht bei Kollin.
Allemande (fr., spr. Airmangd), alter
deutscher Rnndtanz in ^4 -Takt; auch ein in
den Suiten Bachs, Händeis etc. vorkommen*
des nicht tanzbares Tonstück im */t-Takt.
AlleSy See in der irischen Gräflich. Rosoom-
mon, vom Shannon durchflössen.
Allenburg, Stadt im preuss. Regbz. Kö-
nigsberg, Kr. Wehlau, an der Alle, 8600 Ew.
AUeadorf — Alloi.
55
AlleBd«rf. 1) Stadt in preuss. Boc^z.
Kassel, anderWerra, S966Ew. Gegenüber
Saline Soden. — 2) Stadt in der hess. ProT.
Oberhessen, an der Lmnbda, 1146 Ew.
AlleBstelBy Kreisstadt im prenss. Segbs.
Königsberg, an der Alle, 5628 Ew.
AUentamdontal., Mns.), zögernd, sinkend.
' AllentowB (spr. -taan), Hauptst. der Graf-
schaft Lehigh in FennsylTanien, am Lehighi
8025 Ew. Eisenindustrie.
Aller^ Nebenfluss der Weser, entspringt
bei Seehaosonim prenss. Regbe. Hagdebnrgi
mündet unterhalb Verden, 83 H. lang; ▼<»&
Celle an schiflfbar.
AUerelffisttieliite Hftjegtit (ItA, Bex
christianissimus, fir. Sa majest6 tr&s-ohrft^
tienne), Titel der franz. Könige der älteren
bonrbon. Linie, 1469 vom Papst Paul II.
dem König Ludwig XL verliehen.
AUerge&eneite Majestät (lat. Bex fide-
Itssimus), Titel der Könige von Portugal,
1748 vom Papst Benedikt XIV. dem König
Johann V. verliehen.
AUerkeiligeii. in der griech.-kathol. Kirche
' der dem Andenken der M&rtyrer gewidmete
Sonntag nach Pfingsten; in der röra.-kathol.
Kirche Fest zu Ehren aller Heiligen, nach
einer Bestimmung des Papstes Gregor IV.
von 835 am 1. Nov. gefeiert. [Prov. Bahia.
Allerheiligenbai 9 Hafen in der brasil.
AUerkeiligeniBseliiy westind. Inselgruppe,
südl. von Guadeloupe, franz. Kolonie.
Allerhelligstes, bei den Juden der abge-
sonderte hinterste Theil der Stiftshütte n.
später des Tempels, der nur vom Hohen-
priester am grossen Versöhnungstage betreten
werden durfte; bei den Katholiken die in
einem Gelasse O^i^onstranz) zur Anbetung
ausgestellte, geweihte Hostie.
ABermannsaftmiseliy s. Lanch,
AUertseelen, Fest der röm.- katholischen
Kirche, 8. Nov. gefeiert, um durch Gebet die
Leiden der Seelen im Fegfeuer zu er-
leichtem u. abzukürzen, 993 vom Abt Odilo
von Olugny eingeführt.
Ulln (a. G., jetzt Aja), Nebenfluss des
Tiber oberhalb Borns ; hier 18. Juli 387 v. Ohr.
Sieg der Gallier unter Brennus über die
Bömer. [derer Metalle zu Gold etc.
Alliige (fr., spr. -absch), Beimischung an-
Alllinz (fr. Alliance, spr. -angs), Bündniss
zwischen zwei oder mehreren Staaten. Man
unterscheidet Offeruiv- u. De/ernivaUiamen
oder ZVaite- und Sehutsbündniase ; femer sog.
Kritgagemeinaehajten (bei vielen Theilneh-
raem Koalitionen), wobei alle Theile sich
verpflichten, mit ihrer ganzen Macht den
gemeinschaftlichen Feind zu bekriegen;
Sm^f^ (AuxiUar-) aUianHn, wobei die Ver-
bündeten sich wechselseitig nur zu einer
bestimmten HiUfsleistnng verpflichten ; S«^
9idi9nirakMe , wobei der eine Theil nur
Truppen .in den Sold des andern gibt, ohne
■elbat am Kriege thfitig Theil zu nehmen, od.
wobei die von dem einen Theil zu leistende
Hnllb nur in C^ldbeträgen besteht. IWj^el-
olUane, A. zwischen drei, QuadrupdaUicmM,
eino solche zwischen vier Mächten. A.,
kfilige , s. Heiligt AUiam.
UUMStrtktftty Verbindung, 10. Jan. 1678
zwischen dem Kaiser Iiec^ldL, Koimafaz,
Knrtrier, Knrsachsen, dem Bisthnm Münster
u. Brandenburg-Baireuth gegen Frankreich
geschlossen.
Allier (spr. -leb), Nebenfluss der Loire in
Frankreich, entspr. auf dem Loz®ebirge,
mündet bei Nevers, 57 M. Danach benannt
das Deport. A. (in Bourbonnais), 138,7 QM.
und 876,164 Ew., HanpUt, Monlins.
AlUgation (lat.), Beimischung.
AIllgationsreeluivngjMischungsrechnnnff,
Rechnungsart, bei welcher einerseits Quan-
tität TL Qualität einer Mischung verscUede-
ner Substanzen, andererseits Quantität u.
Qualität dieser letzteren die bekannten u.
unbekannten, also zu suehendenGrössen sind,
Alligritor, s. Krokodil,
AUigiren (lat.), anbinden; beimieohen»
einen Zusatz geben, besonders Metallen.
Allüren (fr.), ein Bündniss (Allianz)
schliessen; daher Jüiirte, Verbündete.
AlllSUy Joe. Fron», kathol. Theolog, seit
1838 Dompropst zu Augsburg. Seine mit An-
merkungen versehene ,Uebers. der heil.
Sehr. A. XL. N. T.s nach der Vulgata* (1880
und öfter) vom Papst approbirt.
AiUtention (lat. , Buehetaben- oder Btäb-
reim), in den Dichtungen der althbch-
deutsch., angelsächs. und altnord. Literatur
das Vorkommen dreier Wörter mit gleichen
Anfangsbuchstaben in zwei zu einander
gehörigen Versen; im weiteren Sinne Rede-
figur, bestehend im Zusammentreffen meh-
rerer Wörter mit gleichen Anlkngskonsonan-
ten, z.B. Mann u. Maus, Kind u. Kegel etc.
AUinm^ 8. Lattoh.
Allixy Jacq. Aüx. Franf., firanz. General,
geb. 87. Sept. 1776 zu Percy in der Normandie,
1808 Brigadegeneral in westphäl. Diensten,
1814 von Napoleon zum Divisionsgeneral
ernannt; f 86. Jan. 1836. , Systeme de Tar-
tillerie de campagne* (1887).
AUnunn» Gebirgsgruppe zwischen dem
Zäiichersee u. Thnn, mit dem Schnabelhorn
(4800').
AUmende. gemeinheitlicher Grund und
Boden zur Nutzung, bes. Gtemeinweide.
AllmerSy Hermann, deutscher Schrift-
steller, geb. 11. Febr. 1881 zu Rechtenfleth
in der österstader Marsch , an der untern
Weaer (Prov. Hannover), lebt das. ,Miar-
schenbnoh* (1857), ,Dichtung8n< (1861), ,Bö-
mische Schlendertage< (8. Aufl. 1870).
Allön^Hafenst. in der scbott. Graftoh.Clack-
mannan, am Forth, 8867 Ew. Lachsfiseherei.
AllObrSger^ oelt. Bergvolk im narbonen-
sischen Gbillien, zwischen Isire und Rhone,
mit der Hauptst. Vienna (Vienne) ; von Q.
Fabius Allobrogicus 188 v. Ohr. unterjocht.
AlloekrQiMli (gr.), die Farbe wechselnd,
schillernd. AUochroismue , Farbenwechsel.
A115d (AUodium), freies Chrundeigenthum,
im Gegensatz zum blossen Nutzungseigen-
thum oder Lehn, Feudum ; im weiteren Sinne
(AUodidlveTmligen) die gesammte freie, nicht
im Lehnsnezus befindliche Habe. AUodial,
lehnfrei, erblich ; .<iBod<;U»tiM, Verwandlung
des Lehngutes in freies Eigenthum.
Alloi (fr., spr. -oa), Gehalt, Schrot u. Korn
einer Münze.
56
AUokntion — Almanza.
AUoklüOii (lat.)t öffentliche Anrede, bee.
Yortng dei Paptiee im KardlnftlkoUeginai
liber iTgend eine wichtige Angelegenheit.
Allonge (fr., >pr. -ongich), Yerl&ngenuig ;
Anh&ngiel, Aneatutfick; Streifen Papier,
welches einem Wechsel, dessen Bückseite
keinen Fiats mehr darbietet, snra Behaf
weiterer Indossinmg angeklebt wird.
Allongeperfleke. s. F$rüeke.
AUopatnie (JuüopaihU, gr.), bei den
Homöopathen die der Homöopathie ent-
gegenstehende Methode der Heilknnst,
welche eine Torhandene Krankheit nar
durch Erregung eines entgegengesetxten
Leidens xa heilen suchen soll.
AUQrly ChrisUifano, florent. Maler, geb.
1577 BU Florenz, Sohn des Porträtmalers
MuBoniro Ä., f 1^1* Hauptwerk: Judith
mit dem Haupt desHolofemes (su Florenz).
AllotrlA (gr.), Nebendinge, welche nicht
sur Sache gehören.
AllOtropIe {gr.)y F&hlgkeit der Elemente,
in mehreren {dUotiropitehen) Zuständen auf-
zutreten, in welchen sie verschiedene phy-
sikalische u. chemische Eigenschaften leigen
(Sauerstoff, aktirer n. InaktiTer).
All' otliva (ital. , Mus.), eine Oktave hö-
her oder tiefer eu spielen.
AllöxaBy Zersetzungsprodukt der Harn-
säure durch Salpetersäure, wird durch
reducirende Mittel in AUoxmUin verwandelt.
IMes entsteht auch durch verdünnte Schwe-
felsäure aus Harnsäure n. dient zur Dar-
stellung von Murexid.
Allstedt y Sachsen -Weimar. Enklave im
preuss. Regbz. Merseburg, 2V» QM.; die
uralte Stadt A., an der Rhone, 8139 Ew.;
einst Plklz der sächs. Könige v. Deutschland.
* AlUtOB (spr. Ahlst^n), Waahingiiin, amerik.
Maler und Dichter, geb. 5. Nov. 1779 bei
Georgetown in Südcarolina, lebte viel iu
Europa, seit 1820 zu Oambridgeport bei
Boaton ; 1 8. Juli 1848. Als Maler meist Dar-
steller bibl. Stoffe. Sehr. Sonette; ,The Syl-
ves of the seasons* (1818); ,Monaldi* (1842,
deutsch 184S): ,Lectures on art* (1850).
AUnaiettM (fr., spr. -ümett), Zündhölzchen.
All«re (fr., spr. -ühr), Gangart, Haltung
eines Pferdes; auch von Personen gebraucht.
AUndOB (lat.), Anspielung.
Allnvlilblldiingen (ASIuviwn, J^fge-
MAiMemle« Land), im petrograph. Sinn Auf-
schwemmungen (Schwemmlande) der Flüsse,
Seen und Meere, woraus alle geschichteten
Gebirge entstanden sind; im stratigraph.
Sinn (postäXiuvianitehe Bildungen) alle losen
u. festen Gesteine, welche noch ip fortwähren-
der Bildung begriffen oder erst vor kurzer
Zeit entstanden sind u. daher Reste von
Pflanzen und Thieren der Gegenwart, auch
von Menschen und ihren Kunstprodukten ent-
halten. ^UiivtaUänder^ans den Alluvionen der
Flüsse u. des Meeres gebildete Länder, an
deren Yergrosserung die Hebung des alten
Landes wesentlichen Antheil hat; meist
durch grosse Fruchtbarkeit ausgezeichnet.
^BiM;<almeere«Mmd«<«»n,jüngsterMeeresBand-
stein, entsteht aus Meeressand und einem
kalki^n Bindemittel, bei Messina, auf meh-
reren griech. Inseln, in Kleinasien etc.
AIIjrL flüssiger Kohlenwasserstoff, dessen
■ehwelelbaltfge TerUndungen als ätheriscbe
Oele bei Alllaceen und KnicUtoen vorkoia-
men. SchweMverbindungen: Geldes Knob-
lauchs, der Brunnenkresse, von Tropaeolam
minus , Alliaria, Lepidiom, Thlaspl arvena«
etc. Sohwefeinranverblndungen: Senfol,
RettigölfOel vonlberisamara, &psellaburs«
pastoris, Meerrettig, Sisymbrium.
Alm (Alb, Alp), Viehweide im Hocligebfr;g.
Alma (lato, die Nahrungspendende, Bei-
name der Geres. A, vuUer, Nährmutter»
Bezeichnung von Hochschulen.
Alma, Flüsschen auf der Halbinsel Krim,
zwischen Eupatoria und Sebastopol. Hier
80. Sept. 1854 Sieg der Franzosen und Eng-
länder unter St. Arnaud und Lord Raglan
über die Russen unter Menscbikoff.
Almaeks (engl., spr. Oamäcks), in London
Subskriptionsbälle für die höheren Zirkel,
nach dem früheren Besitzer (}etat Willis)
der betreffenden Lokalität so genannt.
Almaden (A. de Axogue), St. in der epan.
Prov. Giudad-Real, in der Sierra Morena, ,
7400 Ew. Quecksilbergruben.
Almagigty arab. Name für das grosa»
astronomische Werk des Ptolemäns.
Almigre» braunrotheThonerde in Spanien»
dient zum Poliren, Färben des Schnupftabaks.
Almigro, St. in der span. Prov. Olndad-
Real (Neukastilien), 8000 Ew. Spitzenfabr.
AlmigrOy Diego d*, span. Conquistador,
Findling, nach dem span. Orte, in dessen
Nähe er 1475 gefunden worden, genannt,
eroberte (seit 1524) mit Pizarro Peru, drang^
von da aus in Chile ein, wurde aber von
Pizarro 6. April 1588 bei Salines unweit
Guzco geschlagen und 26. April erdrosselt.
Sein gleichnamiger Sohn rächte den Vater
durch Ermordung Flzarros (1541), Hess sich
zum Generalkapitän von Peru ausrufen,
ward vom Oberrichter Vaca de Gastro bei
Ghupas (16. Sept. 1542) besiegt u. enthauptet.
Almill, Stadt in Kleinasien, Liwa Adalia,
11,000 Ew., Gentrum des lyclschen Handels.
Almamui^ Khalif aus der Dynastie der
Abbasiden, Sohn Harun-al-Raschids , reg.
818 — 88, Freund der Wissenschaften und
Kihiste, erhob Bagdad zum Mittelpunkt der
literar. Thätigkeit der Araber.
Almänach (v. arab. ol wumha, Mass, Zeit),
gegen Ende des Mittelalters Bezeichnung
astronomischer Ephemeriden oder kalender-
artiger Tafeln, die mit astrolog. Bemerkun-
gen, später auch mit anderweiten Notizen
über Postenlauf, Messen u. Märkte, Hofieste, •
Münzplätze etc., sowie mit Anekdoten, Er-
zählungen etc. ausgestattet waren, daher
nach ihrem vorwiegenden Inhalte als Musen-,
Damen-, diplomatische, genealog., histor.etc.
A.e unterschieden wurden. Die ersten ge-
druckten A.e erschienen um 1460 zu Wien.
Vgl. Teuehenbilcher,
Almansor, Abu Dechaafer, zweiter Khalif
aus dem Hause der Abbasiden, geb. 712,
reg. 764—75, verfolgte die Christen in Syrien
und Aegypten , gründete Bagdad, Freund
der Künste und Wissenschaften.
Almanza (Almanea), Stadt in der span.
Prov. Albacete (MuTCia), 7800 Ew. Hier 25.
Almanzära — Almoraviden nnd Almohäden.
57
April 1707 Sieg des franz. - span. Heeres
unter Berwick über die verbündeten Eng-
länder, Holländer und Portaglesen.
AlaAnEirm^iriüsschen in der span. Land-
schaft Estremadora. Hier 4. Not. 1810
Sieg der Franzosen nnter Sebastian! über
die Spanier nnter Blake.
AI mareo (ital.), nach dem Mark-, d. h. nach
dem reinen Gold- nnd Silbergewicht.
Almis jy nngar. Adelsgeschlecht : 1) Morit»,
Graf, hervorragendes Mitglied der konser-
vativen Partei in Ungarn, geb. 17. Jan. 1808,
bis 1858 Präsident der nngar. Hofkammer. —
2) I\xul V.A., geb. 1818 zu Pesth, 1848 Präsident
des Bepräsentantenhavses, floh nach Unter-
drückung der ungarischen Revolution nach
Paris, kehrte später nach Ungarn zurück.
Alme (lat. Aliso), Nebenflnss der Lippe in
Westphalen, mündet bei Neuhaus.
Almeh^ in Aegypten Name der öffentlichen
Tänzerinnen höherer Klasse.
Almely weisser Nicht, Angennicht, weisser
mehliger Zinkkalk, entsteht beim Rösten
des Galmeis, im Wesentlichen Zinkoxyd,
f^her zu Augensalben benutzt.
AlvMday Grenzfestung in der portug.
Prov. Beira, 4500 Ew. Hier 28. Aug. 1810
Sieg Mass^nas über die Spanier; 10. Mai
1811 Bieg Wellingtons über Mass6na.
AlBl^da, 1) Bon Franeiaeo d^A., portug.
Held, Sprössling der alten Grafen von Abran-
tes, unterwarf, von König Emanuel 1. 1505 zum
ersten Vioekönig in Ostindien ernannt, die
Staaten Quiloa, Oananor, Gochin, Kalikut,
Malakka etc. der Herrschaft der Portu-
§ lesen, sollte, am Hofe verdächtigt, seine
ewalt an Alfonso Albnquerque (1507) ab-
treten, setzte aber diesen gefangen, ver-
brannte Goa (Dec. 1508) und schlug eine
ägyptische Flotte bei Diu, fiel (1. März 1510)
auf der Rückreise nach Portugal an der
Saldanhabai in einem Gefecht mit den Ein-
gebomen. Sein Sohn, Loretuto d^A.» be-
suchte 1506 Ceylon u. entdeckte die Male-
diven u. Madagaskar. -> 2) Manuel, portug.
Jesuit, geb. zu Vizeu 1580, lebte 1622 — 34
am Hofe des Sultans von Abessinien, t ^^
Gk>a 1646. ,Ge8chichte Aethiopiens* (1650).
— S) IReolo Tohntino d^A., portngies.
Dichter, bes. Satiriker, geb. 1745 zu Lissabon,
t das. 1811. ,Obras poeticas* (1802, 2 Bde.). —
4) Jbäo Baptieta de A.'Oarrett, portug. Dichter
und PolitiKer, geb. 4. Febr. 1799 zu Oporto,
nach der Revolution von 1820 Minister des
öffentlichen Unterrichts, arbeitete 1824 als
Flüchtling zu Havre in den Kontors des
Hauses LaiBtte, war seit 1826 in Portugal
pnblidstisch thätig, floh 1828 nach England,
landete 1882 mit Dom Pedros Expedition in
Portn^l, war 1884 Geschäftsträger in Brüs-
sel , mach der Septemberrevolution von 1836
als Mitglied der Oortes einflussreicher Red-
ner, t «^t^°* ^^^ '^ Lissabon. Unter seinen
Werken (1854—55, 16 Bde.) bemerken swerth :
mehrere Dramen, die episch - lyrischen Dich-
tungen ,Cam9es* und ,Adozinda* und das
satirische Gedicht ,Dona Branca*.
Almenira, span. Dorf in Katalonien; 27.
Juli 1710 Sieg dor Truppen Karls HI. unter
Starhemberg über die Partei Philipps Y.
Almeria, Küstenprov. des span. König-
reichs Andalusien, 155 QM. u. 388,650 Ew. Die
Hauptet. A., am Mittelmeer, Hafen, 29,426 Ew.
Almerode (Cfrosealmerode), Stadt im preuss.
Regbz. Kassel, Kr. Witzenhausen, 2496 Ew.
Schmelztiegel- und ThonpfeifenflAbr.
Almodövar, Don Bdefcneo Dia» de Bibera,
Graf von, span. Staatsmaiku, geb. 1777 zu
Granada, focht im Unabhän^keitskrieg,
ats Artillerielieutenant , ward nach Ferdi-
nands Vit. Rückkehr eingekerkert, durch
die Revolution von 1820 befreit, entwich
1823 nach Frankreich , kehrte nach Fer-
dinands Vn. Tode nach Spanien zurück
und war mehrmals Kriegsminister, kon«
Zeit Conseilpräsident, zuletzt Minister des
Auswärtigen, f 26. Jan. 1846 zu Valencia.
Almonacfd. Flecken in der span. Prov.
To'ledo, am Tajo; 11. Aug. 1809 Sieg der
Franzosen unter König Joseph über die
Spanier unter Yanegas.
Almondbnry (spr. Ahlmöndböry, das röm.
Ocanpodunutn) , Flecken in der engl. Graf-
schaft York, 10,400 Ew.
AlmSnte, Don Juan Kepomueeno, meadkKD,
General u. Staatsmann, geb. 1804 zu Yalla-
dolid in Mexiko, indianischer Abkunft,
1324 u. 1832 €tosandt8chaftsattach6 in Lon-
don und Peru, unter Bustamente Kriegs-
minister und 1841 bevollmächtigter Minister
in Washington, befehligte unter Santa-Anna
im Krieg gegen Nordamerika, 1858 wieder -
Gesandter in Washington nnd 1857 in Paris,
wo er in die Pläne Napoleons HI. einging.
Mit der franztfs. Expedition Anfang 1862
in Yeraoruz angelangt, ward er durch
Pronundamentos an Juarez Stelle zum
Präsidenten ernannt, vermochte aber als
solcher sich nicht geltend zu machen. Ob-
gleich vom französ. General Forey (Sept.
1862) abgesetzt, zog er doch mit den Fran-
zosen 10. Juni 1868 in die Hauptst. ein und
wurde hier Präsident der Regierungsjunta;
t 22. März 1869 in Paris.
Almoraviden und Almohiden, zwei mau-
rische Dynastien in Si>anien. Die Almora-
ffiden, ursprünglich eine streitbare Sekte,
von dem Araber Abdallah ben-Yasin ge-
sammelt, gründeten unter Abu-Bekr (1062)
Marokko und eroberten unter dessen Nach-
folger Jusuf ben-Taschfln seit 1086 fast das
ganze maurische Spanien. Die Almohäden
(Muahedin), ebenfalls eine fanatische Sekte,,
machten durch ]^robemng Marokkos (1146)
unter Abd-ul-Mnmen dem Reiche der Al-
moraviden in AfMka ein Ende, gingen nach
Spanien hinüber, besiegten unter Jakub
Almansor 1195 die Kastilier bei Alarcos,
wurden aber nnter Jakubs Nachfolger Mo-
hammed von den verbündeten Königen von
KastUien , Aragonien n. Navarra bei Tolosa
1212 völlig geschlagen. Dasselbe widerftahr
Abu- Jusuf, dem Beherrscher der Almohäden
in Afirika, der zur Hülfe herbeigeeilt war,
von Sancho, dem Sohn Alfons X., u. nachdem
dieser Marokko erobert hatte, endigte 127a
die Herrschaft der Almohäden. Ygl. Atch-
baeh, .Geschichte Spaniens und Portugals znr
Zeit der Herrschaft der A. u. A.', 1833—87,
2 Bde.; Dogy, »Historyof the Almohades', 184&
58
Almosen — Alpen.
Almoien (gr.)i frelwUlige, an Dürftige
Terabreiohte Gaben.
ÜMOMnter (firans. Aam^ynier, apr. Omon-
jeh, engl. Almoner,8pr.Ablmöner),nnprüngI.
mit Verwaltung der Almoaengelder betrauter
Ordensgeistlicher, dann geistl. Würdenträ-
ger, welcher an einem f&rstlichen Hofe als
Almofenpfleger fongirt. In Frankreich stand
der GroUahuosenier (Grand -AnmAnier de
France), zuerst ron Frans I. krelrt, an der
SpitM des Klerus. Die während der Bero*
lution abgeschaffte Wfirde ward von Na-
poleon 1. 1804 wiederhergestellt. In England
ist die Wurde eines Hereditary Grand Al-
moner eine 8inecure, der Lord High Almoner
eine der obersten Hofchargen.
Almqntoty Karl Joncu Ludwig, yiel-
seitiger schwed. Schriftsteller, geb. 1793,
Rektor in Stockholm, floh 1851 nach Nord-
amerika, lebte seit 1865 in Bremen , f das.
26. Sept. 1866. Bemerkens werthe Poesien:
,Schems-el-Nihar' und , Arthurs Jagd',
erzählende Gedichte; ,Die Schwanengrotte
auf Ipsara', ,MarjamS Trauerspiele; ,OrmU8
u. Ahrlman' (humoristisch) ; Bomane u. No-
vellen gesammelt in ,Tömro8ens Bok'.
Ausserdem histor., kritische, philos., gram-
mat., nationalökonomische u. a. Schriften.
Almnelnthantt (arab.), jeder dem Hori-
zont parallele Kreis auf der Himmelskngel.
Almnd (Estc^o), Feldmass in Mexiko und
Centralamerika, =: 50 QYara := 0,S5 Are =
0,01 preuss. Morgen. In Spanien und den
südamerikan. Freistaaten == Vs Fanegada.
Alniiida (Almuera, ÄUnuena), Getreide-
mass in Mexiko, = Via Fanega = 4,62 Liter
= 1,34^ preuss. Motzen.
Almvae (Arnolde), portagies. und brasil.
Flüssigkeitsmass. In Lissabon für Wein
und Branntwein = 16,74 Liter = 14,6 preuss.
Quart. In Rio de Janeiro = 81,87 Liter =
27,9 preuss. Quart.
Al-Mnmeaiii (arab., d.i. Fürst der Gläu-
bigen), Bezeichnung der Nachkommen Mo-
hammeds.
Almimga. im Mittelalter Gau von West-
engem, zwischen Alme und Diemel.
Alnwiek (spr. Aennwick), Stadt in der engl.
Grafsch. Northumberland, an der Alne, 7350
Ew. ; dabei das prächtige Atmotck-OtwOe (spr.
-K&ss'l), Sitz des Herzogs v. Northumberland.
AloS L., Pflanzengattung der Asphode-
leen, in Afirika und Ostindien; in Spanien,
im ()rient und in Amerika wohl verwildert
oder wie auf Barbados, Oura^o und Ja-
maica durch Kultur verbreitet. Mehrere
Arten, besonders am ELap, liefern die A.
de« Handels, viele andere Species sind
Warmhanspflanzen. A. heisst fälschlich
auch Agave americana.
AloS, der eingedickte Pflanzensaffe mehre-
rer Species von Alo6 L,, spröde, glasartig
glänzende, gelbrothbraune Masse von wider-
lich stark bitterem (Geschmack, vollständig
löslich in Alkohol (Alo&iniiur), nur theil-
weise löslich in Wasser (die verdampfte
Lösung ist das Alo^SeaUrakt) ; dient haupt-
sächlich als abführendes Arzneimittel,
ihre Zersetzungsprodukte mit Salpetersäure
( Ohrjfsanminsäure, kümdieheM AlolSbitUr, AloU-
purpur, Alo9»äMre) zum Färben, seh vi
Alofilösung gegen Ameisen, Wi^rmer el
AloSluuu*» 8. Agave,
AloSkols, Lignum Aloes s. Paradisi,
wohlriechendeHolz von Aqullaria Agall
Boxb, in BUnterlndien, in Ghina sehr gescl
Aloldm (Aloaden), in der griech. M
Otus u. Ephlaltet, die Söhne der Iphin
u. des Poseidon, nach dem Gemahl
Mutter Aloeus genannt. Biesen von av
ordentlicher Grosso und Kraft, thürmt
Titanenkampf den Ossa und Pelion au:
Olymp, um den Olymp su stürmen, bü
dafür im Tartarus.
AloiSy Maria Jos. Joach, Fran», Fürsi
und zu Liechtenstein, geb. 26. Mai
folgte seinem Vater 1836 in der Regie;
t 12. Nov. 1858 und hatte seinen Soh
hann zum Nachfolger.
Alompray Begründer des Birmaneni
in Hinteriudien und der daselbst noch
sehenden Dynastie, geb. um 1710, reg
1752, t 15. Mai 1760.
Alopecie (gr.), Haarschwund. Man x
scheidet angebome A., wobei die Haare
im 3. oder 4. Lebensjahre hervorkomme
der alten Leute, wobei die Haare tr(
werden und ausfallen, auch bei jünj
Leuten nach Ausschweifung, Kummei
strengenden geistigen Arbeiten und bei
lieber Anlage: A. nach Slrankheiten ,
Wochenbett, Typhus, Syphilis und <
Schmarotzei^ilze in den Haarbälgen.
Alopeeimu L, (Fuchtschwanz), Pfla
gattung der Gramineen. A. pratensi
Wie$et^iteh»$chvfant (Kolbengras), treffi
Yiehfutter in ganz Europa. Andere Art«
feuchten sumpfigen Wiesen saures Ful
Alopeofl, Maximilian von, russ. Dipl
geb. 21. Jan. 1746 zu Wiborg in Finn
seit 1790 russ. Gesandter in Berlin, w<
dem aachener Kongress bei, t 1^6* Hai
zu Frankfurt. Sein Bruder, Daniel,
geb. 1769, 1808 russ. Gesandter bei Gustt
von Schweden, schloss 1809 im Verel
Rumjanzow den Frieden mit Schwede
fungirte seit 1814 als Gesandter in B
t das. 13. Juni 1831. [837(
Aldrm, Stadt in der span. Prov. Mi
A i'ordisAire (fr., spr. -ähr), gewöhi
Alp (Alpdrücken, JDrula, Mahr, inci
durch Störungen in der Brust ode
Unterleib veranlasster Traumzustand ,
eher sich bei allen Menschen in ders
Vorstellung äussert, dass nämlicb
Thier oder Unhold die Brust des Seh]
den drückt, ohne dass er sichdesselbi
erwehren vermag.
AlpiCA, 8. Lama, [gi
Alpieft* dem Neusilber sehr ähnlich
AI pirly 8. B»ri,
Alpen y das höchste und umfangrei
Gebirgssystem Europas, das zwischen
Rhonethal im W. u. der Donauebene ;
Norditalien in breitem Gürtel umzieht. I
150 M., Breite im W. 20, im O. 40 M., ^
4500 QM. (davon 2200 QM. deutsch) ; mit
Kammhöhe 7600', am niedrigsten im 0. 3
8000', am höchsten in der Mitte 8—12,000'
auch die höchsten Pässe und Gipfel, S
Vn-blndoDC tod elDielnsn ilslllub csimii-
nig« In die Unge K«<>K«i*n nwMfgw 6«-
bligigrnppan n. utlSvaUekeii: alDuuier-
«rdutllah TlsUUsdrigM b. munlchlkltloi
G«blTgHj«Uiii. D*t A""""" '"" " — "^ —
Alpen.
), Im T>ttürg<
.. . HiHÖbä: Vamifoi
fi taaa> (Ghbm d«i HolimebHi), JHUal-
alFn e-SOOO' (Bahneegreiiw), Evduiftn
t-UfiOV a. Bisii. Kuh dar IUTi»nlBltn
ADsdabnuig; Wart-, Cantral- nnd OiMpen.
L EH« Wulalpm, derKhnialrtsTheU, nur
eins H»im»koB«, mit »Mtl. V««w»IgmigBii,
Tom Uittalmter ««Ren N. iCahend bli
lom Kontbluii:, ui WK. tue. Thslltdu-
Btlben : \}ßtKilf%(Qtmnd Rjobnrtul ia,tOO^.
nOrdlloh nnd il
ribl (dBOUcl
nduScliwB[i)d«rG«nfer-, Nensnbnri
nnen-, Blei«-, Tbnner- and Brlen:
iumldUitter-, Züricher-, BodsnisB
Denticbluid) derAmniBr-, SUiealwj
Chiem-, HiIlHMUr-ondTrsuniBs: inl
" ■ ■■ ■ ~*- -lei-, dBT Putten
L.go Meggloro^L
b) dl* 6rÜT A. |Ort«ieuplUa, 1S,I»6
molmdk, 10,800') i D&rdl. VÖrgrappi
i|bbar (HDcfavDgel, 1388^ und Ai^er
(iTogepla, WM'l.
TIT. Die öllaljUT -"" ' — "-- >-
«B |«r«llBl«li'ni^ __ .._
and SO. aiob isrtheQen
Ung. QUeder denalben: 1) dla nniSicIi«
jdBhend, mit den faaban Tmuern (GroBSgloek
ner, II.VOO'] Q. dar nSrdl. Vergiuppe dsi
fialiiur0*r- (W^Umann, VIW) und Sab
iaawniH-^. IDichBtelD, S2n)-; ; S)dlDfcir>i
ao. blB'iomTBrglou (Dabrac, Wl'),^TBii
/rtoxiar ^.; 3) dla Miacktn oder iraifuH
J.. aüdÖBtl. blBnKfaIiIrlBD(TerEloil,8800'J
itebt and dlo Central
ItBD wie ein Wall nir
Italleolactie lUlkalpen
(Donangel
>a (Rhelneabiat), ai
el), ,--—---- ■
> «M Tbäler, In
wicbtlgilen meist 6-;im' boch ilaisen,
I. B. Aber den Cal dl Tenda {17»)', Hont
OeDtne 51W, Hont Cauli 63»' ü'Ut mit
elnat bU UM^uiBtelgBUden Eliaubahn nnd
einem biüd nllandetau DnrctaiUcta), Kleinen
Bembud C300-, OrDSaen Bernbud ItTO',
Simplen SlOV, Bt. Qotthud «38' nHU EHen-
babD bnPioJekt), Bernhardln 6600', Spiasen
CMD' (Elieabahn projektlrt). Bemloa 1W,
Idar bönllBle (ibtbare Alpanpiaa), Bronner
ASOä' Uetzl Dill Eisenbahn!, die Teuem
In deu niedern Östalpen (S — SOOC hocb).
erhebnag nnd im Beceicb weniger Standen
Ügen AiinelpaenEen] n, Region der Alpen-
Tbell nöob mit debnachen von Bbododen-
dion et«.], dreiUonate lans mr Walde flr
Scbate and Zlecan benntit. Im Innern der
aeblrg* reiche Ua(alIgiD(a (baaondara Elaen,
KapfBi, Blei, Qneckallbw). Im TUerreleh
Torhorcichend Ziegen und Binder, weniger
Schafe und Pferde; Im 8. Eael and Haol-
den hahorn Regionen Humelthleia ; Blren,
Wölh, Lacbie Jetzt nur Tcrelnielt. VOgel
Im Oaniea ulcbt anlilrekbi Bat den Hoch-
60
Alpenkalk — Alta ottava.
gebirgen Raabvögel. Hanptbesch&ftigiing
der eigentlichen Alpenbewohner Alpen-
wirthschaft (besonders in der Scbweis), im
O. bedeutender Bergbau. Die Bewohner
(etwa 8 llill.) im N. Oermanen (Deutsche),
3Vs Hill. ; im W. und S. Romanen (Fran-
zosen, Italiener, Ladiner), SVaMill.; im SO.
Slaven (Kärnthen, Illyrien, btrien) 1 Mill.
Etwa IVa Mill. Hirten, meist zugleich Jager
und Schützen. Die höchsten, stets be-
wohnten Orte: das Manthhaus St. Maria an
der StilÜserstrasse 7810' ; das Hospiz des Gr.
Bernhard 7370', Dorf Oresta im Averser-
thal (Hinterrhein) 6570'. Vgl. die Werke über
die A. Yon Ebel, Schaubach, CoUa, Btudtr,
SeMagintweit , Beitzke, Berleptch, Desor,
TTieobald, Tschttdi, die Mittheilungen der
Aipenrereine und A.
Alpenkmlky ältere Bezeichnung für die
Slalksteine der Alpen, welche den Bildungen
von buntem Sandstein bis zur Kreide an-
gehören.
AlpenUalM, Vereine zur genauem Er-
forschung der Alpen; der erste war der
londoner (1858 gegr.), ihm folgen der
Österreich., der schweizer, der Italien, und
der deutsche (münchner) Alpenverein.
Alpenrose, s. Jthododendron.
Alpensticiiy in den Alpen endemische,
leicht typhös und tödtlich werdende Brust-
fellentzündung, Volge des Föhns.
Alpenreilcheii, s. Oyclamen.
AlpeBwirtksehafty reine Viehwirthschaft
in höheren Gebirgsgegenden (Schweiz,
Tirol, Steiermark, Norwegen u. Schweden)
mit Molkerei , Käse - , selten Bntterfabrika-
tion, auch Schweinemästung mittelst der
Molkereirückstände. Vgl. Emminghaus, ,Die
Schweiz. Volkswirthschaft^, 1860—61, 2 Bde. ;
Schattmann, ,Schweiz. A.*, 1858—63.
. Alpha (gr.) , erster Buchstabe des griech.
Alphabets, daher Anfang einer Sache.
Alphabet (gr.), Folgereihe der Buchstaben
jeiner Sprache , benannt nach den beiden
ersten griech. Buchstaben Alpha u. Beta. Man
kennt aus alter u. neuer Zeit gegen 400 A.e;
die Zahl der jetzt gebräuchlichen ist höch-
stens 50. Vgl. JBallhom, ,A.e occidental. und
oriental. Sprachen', 8. Aufl. 1861.
iipharts Tod^ altdeutsches Heldengedicht,
aus dem 13. Jahrb., dem Sagenkreis Von
Dietrich angehörig, üebers. von Simrock.
Alpheiiy Hieronymus van, holl. Jurist,
Dichter, geb. 8. Aug. 1746 zu Gouda, Gross-
schatzmeiSter der niederl. Union, f 2. April
1803 im Haag. ,Dichtwerken', von Meppen
neu herausgeg. (1856).
Alpheofl (a. G.), Hauptfluss des Pelo-
ponnes , in Arkadien entspringend , bei
Olympia ins Jon. Meer fallend; jetzt Ruphia.
Alpnach, Flecken im Kanton Unter-
waiden, am Alpnacheraee feiner Bucht des
Vierwaldst&ttersees) u. am Pilatus, 1600 Ew.
Alpnjftrras. Gebirgsdistrikt im südl. Spa-
nien (Granada), romantische, dicht bevöl-
kerte Thäler, umschlossen von den südl.
Vorketten der Sierra Nevada.
Alqaeire (Älguir), portngles. u. brasillan.
Getreidemass, =: V« Fanega. In Lissabon =
13,84 Liter = 4,02 preuss. Metzen. 100 A.
yon Lissabon ^ 79>/4 Ton Oporto. In
de Janeiro = ca. 40 Liter.
AlolftWy Schönheitsmittel im Cr
zum Schwärzen der Wimpem und Au
brauen, im Wesentlichen Schwefeiblei.
Almute, B. Mandragora.
Alraneii (Jircmnen, ron runa, Geheimi
bei den alten Germanen weise Fra
Wahrsagerinnen.
Alntla (lat.), Slsass.
Alse, Alosa O. (MuUerhäring), Fiscl
tung der Bauchflosser; gemeine A. (
fisch), A. -vulgaris C, 8— S', in. den ear<:
sehen Meeren, steigt im Mai in die Fli
wird gesalzen und geräuchert. Aeht
die Finitt, A. Finta G,
AI segBO (ital.^pr. -senjo, Mus.),
Zeichnung für die Wiederholung eines Ss
bis zu einem gewissen Zeichen (meist \
AlWBy Insel im kleinen Belt, zu Sei
wig gehörend, durch den Alienaund von
Halbinsel Sundewitt geschieden, 5,7
und 23,500 Ew. Hauptort: Sonderb
Strategisch wichtig. Uebergang der Pren
29. Juni 1864.
Alteazy rechter Nebenflnss der Nah
der Rheinpfalz, mündet bei der Ebemb
Alsfeld 9 Kreisst. in der hess. Pror. 0
hessen, an der Schwalm, 3685 Ew.
Alaiae, s. Arenaria und SteUaria.
Alfllebeiiy Stadt im preuss. Regbz. Mc
bürg. Kr.Mansfeld (See), an d. Saale, 2883
Alstery Nebenfluss der Elbe, entspr
in Holstein, mündet bei Hamburg, 7 M
AlstrSiiierla L. , Pflanzengattung
Liliaeeen aus Südamerika, A. edulis
in Neugranada, mit stärkemehlhalti
Knollen, die wie Kartoffeln gegessen wer«
Alt (ital. AUo, Oontr' alto, fr. Hc
contre), die 2. der 4 Hauptstimmenai
tiefe Knaben- oder Frauenstimme, etwa '
kleinen g bis zum 2ge8trlchenen d reichi
Altii (d. h. Goldgebirge), Gebirgssyi
Hochasiens, zwischen dem obernirtysc
Baikalsee, von S. nach N. in erzreio
Stufen abfallend; besteht aus 1) dem f
rüss. eigenÜ. A. (A. £ielki), zwischen <
Irtysch u. der BQa u. dem Teletzkisee,
dem kolywanschen u. kusnetzkischen ]
gebirge Im N. (thätig betriebene n. sehi
gleblge Hüttenbezirke, jährl. Ausbeute
Gold seit 1853 etwa 51,050 Pfd.), 2) dem fl
nischen Gebirge im O. u. 3) der Tanguuk
im S. Höchster Punkt des elgentl. A.
Katunjasäulen 10,800'.
Altalsche Sprachen und Volker (a
tichudische, ecythitche, turanitehe, finwL
tataritche genannt), neuerdings Gesan
bezeichnung einer grossen Anzahl
Sprachen und Völkern im nördl. Asien '
Europa, die jedenfalls im Altai einst i
Ursitze hatten. Fünf g^sse Familien :
tunguslsche (mit dem Mantscbu), mong
türkische, samojed. u. finnische (mit (
Magyarischen). Vgl. Oastr^n, ,Ethnolog. 1
les. über die altalsch. Völker', 1857.
AltamSra^ Stadt in der unterltal. Pl
Terra di Bari, 17,100 Ew.
Altan (ital.), s. y. a. Söller, auch Ball
Alta ottiTa (ital., Mas.), die höhere Oktt
Altar — Altersring.
61
Alter (Iftt.), nmprüngl. Opferherd; In der
ckilstl. Kirche ein Tisch Enr Anstheilnng
dee Abendmahls und Yomahme sonstiger
kirchlicher Handinngen, hat als Hoehtdtar
(meist reich geschmückt) im Ohor der Kirche
seinen Plati. Während die Inther. Kirche
den kathol. A., wenn auch mit weniger
Glanx, beibehalten hat, ist die reformirte
zum ein&chen Tische sorückgekehrt.
Altaroehe (spr. -osch), Marie Micha, franz.
flehrlitsteller, geb. 18. April 1811 xn Issoire
(Pny-de-D6me), 1887—48 Chefredakteur des
,ChariyariS 18^ Abgeordneter der konstitul'
renden Nationalyersammlung. Sehr. ,Ohan-
Bons* (1886—86, 8 Bde.); ,Gontes dtenocra-
tiqnes* (1837); ,Aventares de Victor Augerot*
(1838, 3 Bde.).
Altdentaeli, Beaeichnong alles der Zeit
vor der Reformation Angehörigen, k. B.
Sprache, Literatur etc.
AlMorf , 1) Stadt im bayerischen Regbx.
Mittelfranken, an der Schwarzach, 3317 Ew. ;
UnlTersitit 1809 angehoben. — S) Stadt im
wnrtemb. Donaukreis, 3100 Ew. Dabei die
ehemal. Benediktiner-Reichsabtei Weingar-
ten, jetzt Staatswaisenhaus.
Altdorfer. Albreeht, Maler und Kupfer-
steeher in der dürerschen Richtung, geb.
1488 zu Altdorf in Bayern, f 1538 zu
Regensborg. l^uptgemalde: Alexanders
Sieg über Darios (Ux München).
Alte Lftndy das, fruchtbarer Iiandstrich
an der Elbe in Hannover, zwischen Este
und Schwioge, SVa M. lang.
Alten 9 SM Auguet, QraS v., hannöver.
General, geb. 80. Okt. 1769, diente seit 1781
im hannÖT. Heere, trat 1803 in engl. Dienste,
focht an der Spitze der leichten Brlgadeder
deutschen Legion in Portug^ und Holland,
dann unter Wellington in Spanien« sowie,
1814 zum G«nerallieutenant befördert, bei
Waterloo und blieb als Kommandeur des
h4nnÖT. Kontingents bis 1818 in Frankreich.
Spater hannöT. Kriegsminister und Minister
des Ausw&rtigen; t ^* -^P^ ^^^ *^ Bozen
in Tirol.
Altenmy Kreisstadt im preuss. Regbz. Arns-
bers:, an der Iienne, 6453 Ew.
AttenrnUy Bergstadt im preuss. Regbz.
HÜdesheim, Kr. Zellerfeld, an der Ocker,
3818 Ew. Silberhütte (Jährl. 8-9000 Mark).
Altenberg, 1) Bergstadt im sachs. Erz-
gebirge, Regbz. Dresden, 8366 Ew. Zinnberg-
werke. — 8) Ehem. Abtei im preuss. Regbz.
Düsseldorf; bei Bnrtscheid ; prachtvolle Kir-
che (1856— 1379 erbaut, neuerdings restaurirt).
Altenbezg». Dorf im Gothaischen; Kan-
delaber zur ifrinneruug an Bonifacius.
Altemburg» 1) Haupt- und Residenzstadt
des Herzogthums S.-AUenburg (seit 1826),
unfern der Pleisse, 18,488 Ew. Kunz von
Kauffungens Prinzenraub 8. Juli 1456. —
8) Schloss, s. Baibenburg,
Altengliind (Old England), bei den Eng-
ländern Bezeichnung lUbres Vaterlandes als
des Landes der alten Sitte und des alten
Ruhms. ».
Altenesch^ Dorf im oldenb. Amt Berne;
6. Juni 1834 Niederlage der Stedinger durch
. die bremer Kreozherren.
AltenUrehen, l)Krelsortim preuss. Regbz.
Koblenz, an der Wled, 1800 Ew. — 8) Dorf
auf Rügen (Wittow) ; heidnische Denkmale.
Alten -Oettbig, s. Juming.
Altenetelgy Stadt im würtemb. Schwarz-
waldkreis, an der Nagold, 1968 Ew.
Altenitelny herz, meining. Schloss, bei Bad
Liebenstein am Thüringerwald ; in der Nihe
die ,Lutherbuohe% wo Luther festgenom-
men und auf die Wartburg gebracht wurde
(4. Mal 1581).
Altenftelny Karl, Freiherr vom Stein mm,
preuss. Staatsmann, geb. 7. Okt. 1770 zu
Ansbach, ward 1799 von Hardenberg ins
Ministerium berufen, nahm nach der
Katastrophe von 1806 an den Arbeiten für
die Neugestaltung des Staats Theil, trat 1808
an Steins Stelle an die Spitze der Finanz-
verwaltung, wirkte mit bei der Gründung
der berliner Universität, arbeitete, 1813 zum
Oivilgouvemeur in Schlesien ernannt, er-
folgreich im Reklamationsgeschäft gegen
Frankreich, trat 1817 an die Spitze des
neukreirten Ministeriums für die geistlichen,
Unterrichts- und Medidnalangelegenheiten,
wirkte verdienstvoll, namentlich auch durch
Förderung der philosophischen Bildung;
t 14. Mai 1840.
Altentkeil (AuMug, Leibtueht), die Rechte
und Einkünfte, welche sich ein bäuerlicher
Gutsbesitzer beim Ueberlassen seines Guts
an seine Kinder zu seinem Lebensunterhalt
ansbedingt.
AltenjMlle^ ehem. Cistercienserkloster Jl>ei
Nossenin Sachsen, 1168gregr.; Familiengruft
der Markgrafen von Meissen, 1548 säkulari-
sirt, 1599 vom Blitz zerstört.
Alten pars (lat.), der andere Theil, die
Gegenpartei.
jQtentlen (lat.), Aufregung; im Kirchen-
rechte Rangerhöhung einer Pfründe: tu
der Musik Notenveranderung durch Yer-
setzungzeichen.
Alter Sgo (lat.) , d. h. das andere Ich,
Derjenige, der von einem Andern, namentl.
einem Regenten, bevollmächtigt ist, in
seinem Namen zu handeln.
Alteriren (lat.), zum Nachtheil verändern;
ärgern, aufregen.
AltenanieBte (aUemaüvo, ital. , Mus.),
wechselweisii' , verschiedene Abtheilungen
abwechselnd vortragen.
Altemit (lat.), diplomatischer Ctebrauch,
wonach in Urkunden über Verträge u. dgl.
die paoiscirenden Theile abwechselnd in
anderer Ordnung aufgeführt werden, zur
Wahrung der Ranggleichheit.
Altematlon (lat.). Ab- oder Verwechslung.
Alternative (lat.)^ eine solche lAge, in
welcher man zwischen zwei, gewöhnlich un-
erwünschten Fällen wählen muss.
Altemiren (lat.), abwechseln. Altemi'
rende Fürstenhätuer, von ihrem abwechseln-
den Abstimmungstumus im deutschen
Reichsfurstenrathe so genannt. [Qeibirg.
Alter rother Sandstein , s. Devoniachea
Altersring, Greisenring der Hornhaut,
Arcus senilis, Gerontotozon , sichelförmige
Trübungen in der Nähe des oberen und
I unteren Randes der Hornhaut alter Leute,
62
Altersscliwäche — Alton.
iMeiutrftehtigt das Sehenan andfftr sich nicht,
ist aber stets mit Weitsichtigkeit gepaart.
Altarnehwiehe^ s. Marasmus.
ÄXtex Stil, die Zeitrechnung nach dem
alten oder jnlianischen Kalender, die noch
In Russland üblich ist und gegenwärtig nm
19 Tage gegen den nemsn 8M , d. h. den
gregorian. Kalender, Kurükcksteht.
Alteithnai (lat. antiqaitas), bei der Ein-
theilnng der Weltgeschichte im Gcgensatso
snm Mittelalter und zu der neueren 24eit die
ganze vorchristliche Zeit bis sn der Kai-
turepoche , welche ansserlich durch den
üntenreng des weström. Reichs und das)
Entstehen christlich - germanischer Staaten
marklrt xn werden pflegt. Als Hassisches A,
bezeichnet man die griechisch • römische
Oeschichte und Kultur. Die Erforschung
des A.s ist Anlj^be der AUerthumtsnoiuen-
aehaft, welche mithin G^echichte, Sprache
und Literatur, Knnst and Wissenschaft,
Religion, Staat, Recht und Sitte der Völker
des A.8| im engem Sinne der Griechen und
Römer, wissenschaftlich zu ermitteln und
zu erfassen sucht, sowie der AUsrihwmskmiAe,
welche die rerschiedenen , das A*. be-
handelnden Disciplinen begreift. Als AiUr-
thümsr oder Antiquitäten pflegt man theilü
die Gegenstände der Kunst und Industrie
des A.s, theils die Kenntnisse Ton dem
gesammten häuslichen u. dlTentlichen Lebeu
der alten Völker, namentlich der CMecheu
und Römer, die wir aus den anf uns ge-
kommenen Denkmälern schöpfen, zu be-
zeichnen. Man unterscheidet StaaUaUer-
thümsr (Staatsverfassung, Rechtspflege, Po-
lizei-, Finanz- und Kriegswesen, Kultus,
Handel und Gewerbe) xind Privatalterthümer
(physische und sociale Verhältnisse, Familie,
Sklaverei, Lebensweise, häusliche Einrich-
tung etc.). Unter den Alten versteht man vor-
zugsweise die Griechen u. Römer. Alterthums-
forsehende Vereine, s. Historisehe Vereine.
Alternm tantuin (lat.), noch einmal so viel
(als die Hauptsumme); 100 Procent.
Alter vom Berge(arab.Scheikh-el-Dschebl),
Titel des Haupts der Assassinen (s. d.).
AltorwelbexwmHer (Fliegender Bornimer,
Oraswebe) , weisses Gewebe junger Luchs-
und Wolfsspinnen, Lycosa, welches, vom
Winde losgerissen, oft mit den Thieroheu
in der Luft umherfliegt.
AltSne (f^. , spr. -äss), Hoheit, Ehren-
pr&dikat für f&rstlicha Personen ; A, impe-
riale, kaiserl. Hoheit, f&r die Österreich.
Erzherzöge u. russ. Grossf&rsten ; A. royale,
königl. Hoheit, für die königl. Prinzen und
Orossherzöge; A, s4r4nissime, Durchlaucht.
Altet Testsmeiity s. Bibel,
Alte Welt, Gesammtbezeichnung der Erd-
theile Asien, Afrika und Buropa, im Gegeii-
zatz zur neuen WeU (Amerika u. Australien) ;
in zeitlicher Beziehung diejenigen Völker,
welche vor der Erscheinung des Ohristeu-
thums in Asien, Afrika und Europa auftraten.
AltfirSnklgeh, altvaterisch, veraltet.
AltfOrstliche Häuser, zur Zeit des deut-
schen Reichs diejenigen Ffirstenhäuser,
welche bereits auf dem Reichstag von
Augsburg 1589 unter den Fürsten Sitz und
SUmme gehabt hatten. Die übrigen FGi
bättser hiessen nevfürsUiehe. [w.
Altffesell, Vorsteher einer Zunftg
Altgradlsu, Festung in der kroat.-
Militärgrenze, an der Save, 1600 Ew.
Althaea X. (AUhee, Eibisch), Pflai
gattang der Malvaceen. A. officlnalii
gemeiner B. (weisse Pappel), in Den
land wild, auch kultivirt, liefert die sc
mige Radix Althaeae, welche gegen Seh
hautreizungen angewandt wird (AI
syrup). Mehrere (Gartenpflanzen. A. ros<
Stockrose fPappelrose, Rosenmalve), ii
Flores malvae arboreae, kultivirt.
AlthAldenilebeii, Dorf in der Nähe
Magdeburg, 2285 Ew., grossartige 1
wirthschaftliche und Fabrikanlagen
Nathusius.
AltheiM am Biet, Marktflecken in ^
temberg, bei Ulm, 1900 Ew.; 7. April
Oefecht zwischen dem schwäb. Städte!
und Eberhard von Würtemberg.
AlthochdeniMli. die deutsche Spracl
Literatur vom 6. bis Ende des 11. Jah
Althorp, 8. Bpeneer.
Altieri, Ludovico, Kardinal, geb. 17.
1805, erst Studiendirektor und Nuntit
Wien , seit 91. April 1845 Kardinal ,
bis zur Rückkehr Plus IX. , 8. April ;
Mitglied der Regierungskommission, \
1851 Präsident von Rom und der Comi
später Präsident des StaaUraths
Finanzen: f 11. Aug. 1867 zu Albano.
Altlmeier (lat.), Höhenmesser; .^«m«
Höhenmessung. [8 Kopeken = ll'/«
Altin 9 russische Rechnungsmünze,
Altlora (lat.), das Höhere; A, Cret
sich den Studien widmen.
AltUndsberr. Stadt im preuss. Re
Potadam, Kr. Xfiederbamim, 8152 Ew.
Altlehii, Stammlehn, Lehn, welches
reits anf einen Andern als den ersten
Werber in Folge der Abstammung
diesem übergegangen ist.
Altmark, TheU der Knrmark Bran<
bürg, die Kreise Stendal, Salzwedel, Ot
bürg und Gardelegen des jetzigen Re,
Magdeburg umfassend.
AltnuHS, Hellaichmass, besonderes A
für ausgegoh reuen Wein, gegenüber <
Jungmass, Trübaiehmass, für jungen W
Altmiselillk, türk. Münze, = lH/a Sg
AltmUü, linker Nebenfluss derDonai
Bayern, entspringt bei Rotenburg, mün
unterhalb Kehlheim, 87 M. Von Beilng
an schiffbar. [Jahrb., = 25i/i l
Altnobel, rheinische Gk>ldmfinze im
Altnordische Litentnr und Sprache
ßkandinavisehe Literatur und Sprache,
Alto (ital.), Bratsche, Viole.
Alto-AmaidBaSy s. AmagÜnas.
Alto-Duero, Landschaft am Duero in
P**r^!J§liF™^* ^"" ^ Montes; Portweiu
Altotting^ berühmter Wallfahrtsort
Oberbayem, unweit des Inn, 1500 1
Stift von 860. Tlllys Grab.
Altomiiiistery Wallfahrtsort in Ol
bayem, bei Aichach, 934 Ew.; Fntuenklosi
gegründet vom Schotten St. JUo (f 770)
Alton» 1) J0h. Wah,BduardteA.;An;ii
Altona — Alxiuger.
es
und Arebäolog, geb. 1772 ssn Aquileja, seit
1818 Professor der Arcbäologie und Knnst-
gescbichte in Bonn; f cl&s* ^^' ^^ ^^^«
Scbrieb ,Nattirgeschichte ties Pferdes*
(1810—17, 2 Bde.); mit Rmder ,Verglei-
cbendeOsteoIogie* (Th.l, 1821—22). Lieferte
auch viele Kupferstiche. — 2) Johann Samuel
Eduard d'A., Anatom, Sohn des Vor., geb.
17. Jnli 1808 in St. Goar, seit 1834 Professor
in Halle, f das. 25. Jnli 1854, setzte die
,OsteoIogie< seines Vaters fort (1827 — 38)
und sehr. ,Handbnch der Tergleichenden
Anatomie der Menschen* (Bd. 1, 1850).
Altana 9 Stadt im prenss. Regbz. Holstein,
rechts an der Elbe, an Hambnrg stossend,
67,850 Ew. Freihafen. Seehandel (160 Schiffe).
Altorf, Hauptort des Kantons Url, nahe
dem Vierwaldtstättersee, 2456 Ew.
Altpreussen^ die Provinzen von Prenssen,
welche schon vor 1806 oder 1815 daza ge-
horten, namentlich Ost- und Westpreussen,
Pommern und die Mark Brandenburg.
AltranstSdty Dorf im prenss. Regbz. Merse-
burg; 24. Sept. 1706 Friede zw. Karl XII. von
Schweden und August I. von Sachsen, wo-
durch letzterer die Krone Polens verlor.
Altrfnffer, s. Aldringer.
Alt8acn§eii9 im Gegensatz zu den Angel-
sachsen die niederdeutschen Stämme der
Ostphalen, Westphalen und Engern. Ihre
Sprache das Altsächeische oder Altnieder-
dentsche OSeliftnd).
AltteUfissel (Altteiehen), das der Alt-
stimme vorgesetzte Zeichen, der C-Schlüssel
auf der dritten Linie, die dadurch der
Sitz des eingestrichenen c wird.
Altthler, der ausgewachsene Hirsch.
Altiln. .türk. Goldmünze , = V« Dukaten.
Altraier, höchste Spitze der Sudeten,
4576'; südlich davon der Kleine A., 4113'.
AltwMser. Badeort bei Waidenburg in
Schlesien, 3200 Ew.; 5 Stahlquellen. Vgl.
Wendi,,Die Quellen zu A.*, 1841.
Alvdel^ rundliches thönemes GefSss, dient
als Vorlage bei Destillationen und Subli-
Almnen (lat.). Alaun. [mationen.
AlmnfBa (lat.), Thonerde.
AlnmiBSte (lat.), Verbindungen von Thon-
erde mit starken Basen.
Alnmliiit (lat.\ hallische Erde, Websterit,
Mineral, schwefelsäurehaltige Thonerde, bei
Halle, Paris, in Sussex, Würtemberg.
Alinfft»*"™ (lat.), Thonerdemetall, oxydlrt
und mit Kieselsäxire verbunden im Tfaon
eines der verbreltetsten Elemente, wird
dargestellt, indem man Thonerde (aus
Axnmoniakalaun oder Bauxit gewonnen) mit
Kochsalz und Theer mischt und in der
Glübbitze mit Chlor behandelt. Es ver-
flüchtigt sich Chloraluminium • Chloma-
trinm , vrelches ia einer Kammer gesam-
melt und mit Natrium zersetzt wird.
Kryolith mit Natrium behandelt gibt A.
und Flaomatrium. A. ist grauweiss (zwi-
schen Zinn und Zink), vom spec. Gew. 2,5,
Aeq. 13,75, härter als Zinn, weicher als
Zink und Kupfer, von starkem Klang, nicht
sehr biegsam und hämmerbar, lässt sich
zu Blech auswalzen und zu £latt<üuminium
verarbeiten, hält sich an der Luft sehr
gut, öxydirt auch in der Hitze nicht be-
trächtlich, schmilzt bei 7000, lögt sich leicht
in Salzsäure und Kalilauge, wird von Sal-
petersäure nicht angegriffen, bildet mit Zinn
eine ziemlich harte, streckbare Legirung,
mit Kupfer (90—95 Kupfer, 10—5 A.) die
goldähnliche Aluminiun^ronge. Frankreich
hat 8, England 1 Aluminiumfabrik. A. wird
namentlich zu Schmuckwaaren , Denkmün-
zen, Medaillen, Löffeln, Gabeln, Brillen-
gestellen, Fassungen für Operngläser, Sex-
tanten etc. verarbeitet. 1 Kilo 140 Frcs.
Alumnus (lat.), Kostschüler; Schüler
höherer Schulanstalt mit Internat , in
welcher Wohnung, Kost, Unterricht unent-
geltlich gewährt wird (Alumneum, Alumnat).
AluniT, s. Aiaunstein.
Aliinno, Ificeolo, Italien. Maler der
umbrischen Schule, in der 2. Hälfte des
15. Jahrb., seit 1460 zu Foligno wohnhaft.
Hauptwerke: Verkündigung (in Perugia),
Kreuzigung (in Karlsruhe).
Alnta (Olt), linker Nebenfluss der Donau,
entspringt auf den Karpathen in Sieben-
bürgen, mündet Nikopoli gegenüber; 75 M.
Alvarez (spr. -wSres), Don Jos«, span. Bild-
hauer, geb. 1768 zu Priego, lebte meist in ^
Rom, 1 1827 zu Madrid ; folgte Canovas Rich-
tung, aber mit mehr Energie. Ganymed,
Nestor von Antllochus vertheidigt, Venus u.
Amor, Saragössagruppe etc. [Gehörganges.
Alvearlum (lat.), der äussere Tbeil des
Alvenslebeiiy 1) Albrecht, Grc^von, preuss.
Staatsmann, geb. 23. März 1794 zu Hal-
berstadt, 1833 geh. Jastizrath und Mitglied
dos Staatsraths, 1834 Abgeordneter bei den
wiener Konferenzen, 1835 Finanzminister
und wirklicher geh. Rath, nahm 1842 sei-
nen Abschied, 1850 preuss. Bevollmächtig-
ter bei den dresdner Konferenzen, seit
1854 Mitglied des Herrenhauses; f 2. Mai
1858 in Berlin. ■— 2) Karl Louis Ferdinand
Wilhelm Gustav von A., pseudon. QusUzv
Seilen, beiletrist. Schriftsteller, geb. 3. Mai
1800 zu Berlin; f 5. Aug. 1868 zu Wien.
Alveolen (lat.), die kleinen Knochenhöhlen
der Zahnwurzeln ; Alveolar, mit kleinen
Höhlen versehen, z. B. Alveolarkrebs.
Alvinezy (spr. -winzi), Jos,, Freiherr von
Barherek, Österreich. Feldmarschall, geb. 1.
Febr. 17S^auf dem Schlosse Alvinczy in Sie-
benbürgen, focht im siebenjähr.Kriege, dann
unter London gegen die Türken, befehligte
im Feldzug von 1792 — 93 eine Division»
in dem von 1794 ein Hülföcorps und über-
nahm 1795 als Feldzeugroeister das Ober-
kommando am Oberrhein, ward aber vor
Beginn des Feldzugs von 1796 in den Hof-
kriegsrath berufen. In demselben Jahre
Oberbefehlshaber der italienischen Armee,
ward er von Bonaparte 15.— 17. Nov. 1796 bei
Arcole und 14. Jan. 1797 bei Rivoli ge-
schlagen ; t ^Is Kommandirender in Ungarn
25. Sept. 1810 zu Ofen.
Alwar (Matscherri) , von den Briten ab-
hängiger Radschputenstaat in Ostindien,
1681^ QM. und 280,000 Ew.
Alxinger. Jos. Bapt. von, deutscher Dich-
ter, geb. 14. Jan. 1755 zu Wien, f daselbst
1. Mai 1797 als Hoftheatersekretär. Ritter-
64
Alyzia — AmalthSa»
dichtuBgen «Doolin von lUins* (1787) und
^liomberis* (1791). Werke, 181S, lO Bde.
Aljxla Brown t Pflamengattang der Con-
tortan , Arzneipflanzen Javas und der Mo-
lakken. Die Binde yon A. stellata Boxb, in
Indien wichtiger Handeleartikel.
Als 9 NebenfloBS des Inn in Oberbayem;
Abflass des Gbiemsees.
Aisette (spr. -sett\ Ähig), Nebenflnss der
Sauer in Lozemborg. [Selz, ÖS56 Ew.
AUejy Stadt in Rheinb essen» an der
Alsogy Johannes, Kircbenfalstoriker, geb.
29. Juni 1806 za Ohlau, seit 1853 Professor
der Kircbengescbicbte an der UniTersität
so Freibnrg. Sehr. «Handbuch der UniTersal-
Jdrchengesch.* (1840, 8. Auil. 1866).
A. M. (a. m.), abbr. far anno mnndi, im
Jahre der Welt; auch tar artium magister,
Ijehrer der freien Künste.
AmadeOy Antonio, Bildhauer der lombar-
diSchen Schule, geb. zu Pavia, f <"« 1471.
Monument des Bart. Colleoni zu Bergamo.
Aaiadeu (deutsch Idebegott), Name meh«
rerer saToyischen Fürsten: A. V., der Orosec,
geb. 1349, yermehrte den Länderbesitz seines
Hauses durch Heirath u. Kriege, erwarb die
Xeichsfürstenwürde und fahrte die Primo-
genitur ein; t IS^S. — A. Tl., der grüne
Qraf, geh 4. Jan. 1334, erwarb im Kampfe
mit dem Dauphin Faussigny und Gex,
durch Vertrag das Waadtland u. Valremy
und erhielt rom Kaiser Karl lY. das
BeichsTikariat über einen grossen Theil
Ton Oberitalien; f 2. März 1383. — A. VH.,
der Boihe, Sohn des Vorigen, geb. 84. Febr.
1360, brachte Goni und Nizza an sein Haus;
t 1. Nov. 1391. — A. Vni., geb. 4. Sept.
1383, regierte seit 1396, ward vom Kaiser
Sigismund (1416) zum Herzog erhoben und
auch von Piemont zum Regenten erwählt,
dankte 1434 ab und lebte als Einsiedler zu
Thonon am Ghenfersee, bis er vom baseler
Koncil 1439 zum Papst emflinnt ward,
nahm als solcher den Namen Felix V. an,
trat 1449 zurück und f 7. Jan. 1451 zu Genf.
AmadiSy Held zahlreicher Ritterromane
(Amadisromane), deren Stammvater, A. von
Oaüien, wahrscheinl. in portngies. Sprache
von dem Ritter Vasco de Lob6ira von Oporto
zwischen 1342 und 1367 abgefasst wurde.
Gegenstand : die Liebesgeschichte des frans.
Königssohns A. und der engl. Prinzessin
Oriana. J>ie älteste spanische, jetzt noch
bekannte Bearbeitung (zugleich auch be-
trächtliche Erweiterung) erhielt dieses Werk
durch Ordonex de Montalvo (zu Ende des
.15. Jahrb.); seitdem erlebte es unzählige
Kachbildungen, Fortsetzungen und üeber-
tragungen hi fost alle Sprachen Europas
(deutsch zuerst Frankf. 1583).
A mi^öri ad mimM (lat.), vom Grösseren
auf das Kleinere, und A minori ad majus,
vom Kleineren auf das Grössere (schliessen).
Amak (dän. Amager), dänische Insel im
JBund, Kopenhagen gegenüber, mit einem
Stadtthoil desselben, 6000 Ew.
AmakÖsa. Kaffemstamm im östl. Kapland.
Amalekiüer^ edomitischer Volksstamm,
nach Amalekf Esaus Enkel, gen., wolinte
swisclien Aegypteu und Palästina, Feinde
der Juden, «nter Saal o. David von
untezjocht u. zu Hisklas Zelt (785 v
ausgerottet. Titel ihrer Könige: Aga
AsUUer^ gothisches Herrschergesc
nach dem mythischen König Amala ge
Im Nibelungenliede helasea Amelung«
trieb von Bern und seine Helden.
Amallly Stadt am Golf von Salei
Unteritalien, 4200 Ew. Im MittelaK
r&hmter Seestaat mit bes. Seerecbt (
Amalphltana).
Analgim (arab.), Verbindung eine
mehrerer Metalle mit Quecksilber; a
miren (anquieken), metallische Substani
Quecksilber verbinden. A. findet An we
in der Spiegelfabrikation u. Feuervergo
zum Belegen der Reibzeuge an Eleb
mascliinen und auf Zinkplatten in g
Elementen, hauptsächlich aber zum
den des Goldes und Silbers aus den '.
Dies geschieht jetzt unter Zusatz
geringen Meng^ Natriumamalgam 0
tische* A,), weil dasselbe das Ver
des Quecksilbers , andern Metallen
haften, sehr erhöht und dadurch di<
beute steigert.
Amalganuillber} natürlich vorkomi
Verbindung von Silber mit Quecksilt
Ungarn, in der Pfalz und Dauphin«
Salzburg und am silberreichsten bei Coq
in Chile.
Amslie^ 1) Anna, Herzogin von Sa
Weimar, geb. 24. Okt. 1789, Tocbtc
Herzogs Karl von Braunschweig -"Wi
büttel, verlor schon 28. Mai 1758
Gatten, Ernst August Konstantin,
regierte dann als Vormünderin ihres £
Karl August bis 1775, zog Wieland, H
Goethe, Knebel und andere Koryphäe
damaligen Literatur an ihren Hof;
April 1807. — 2) Marie, Gemahlin d<
uigs Ludwig Philipp von Frankreich
26. April 1782, Tochter Ferdinands I.
uigs beider Sicllien, vermählte sich 2S
1809 zu Palermo mit dem damals in
lebenden Herzog von Orleans, bestie
diesem 1830 den französischen Tbroj
gleitete nach der Februarrevolution
entthronten Gemahl nach England;
Claremont 24. März 1866. — 3) Marie
derike Auguste, Herzogin von Sa<
älteste Schwester der Könige Fri<
August IL und Johann, geb. 10. ^
1794, unter dem Pseudonym A. Hei§
dramat. Dichterin bekannt ; ihre Werk<
unter ,Der Krönung:stag', ,Der Ol
,Die Braut aus der Residenz', ,Läg«
Wahrheit', ,Vetter Heinrich', ,Der
lobungsring') gesammelt in den ,OrI
beitragen zur deutschen Schaab
(1837—42, 6 Bde.; neue Folge Bd. 1,
Amalt^^ 1) Pomponio, Maler der ven(
sehen Schule, Schüler Pordenones,
1505, t 1588. — 2) Oeronimo, Italien,
grammatist, geb. 1506 zu Oderzo (Marl
viso),*t24^0kt. 1574. Werke, Ven. 162
AmaltheSy die Ziege, welche den
gebornen Jupiter auf Kreta säugte.
Andern eine Nymphe, die ihn mit der !
einer Ziege nährte; ward dafür unt€
Arnftn^ — ,&)iibacht.
SS
•JBtern« TetveW (Capella)«' Oomu JkmaUkta«,
VöUlibrii. JmaUhatm, Bibliothek.
. AmsD, Johann t Baaraelster, geb. 19. Mai
176$ SQ St. Blulau im Schwarawald, seit
1808 Hoüarohitekt in "Wien, yerscbönerte
4ie kaiserl. Residenz, gab dem Schlosse
Schdnbnum seine jetzige Qestalt; f 28.
Not. 1884.
A nuioo (ital.), Im Handel das an einer
Waare oder Gteldsnmme Fehlende, das in
AbKQg kommt.
AmuütiB) der wirksame Stoff in gif-
tigen Pilsen der Grattnng Agaricns.
Anuiveiisis (lat.), Gehülfe» Famulus.
^niBiis (a. Ot,)i Zweig des Taurns in
Kleinasien; durch die amaniaehen Päue
drang Alexander d. Gr. nach Syrien vor.
Amlra (lat.), s. BütermiUel.
AmarsatlliU L. (Jmaranth, M^ehstehtcan»,
Sammeäilume), Pflanzengattuiig der Amaran-
ihaceen, ans Aalen und Amerika. Bei
den Alten Tranerpflanzen. A. fmmentaceus
Muckan., wichtige Mehlpflanze, in Ost-
indien kultirirt. A. oleraceus L., ebendas.,
Gemüsepflanze.
Amarapvr» ( Ummerapu ra) , Stadt in Birnia,
am Irawaddy, bis 1822 königl. Besidenz,
1»0,000 £w.
Aniri, Michel» , Italien. Staatsmann und
Geschichtschreiber, geb. 7. Juli 1806 zu
Palermo, musste wegen seines Werks jLa
gnerra del Vespro Siciliano' (6. Aufl. 1859;
deutsch von Schröder 1851) 1842 nach Frank-
reich flüchten, kehrte 1848 zurück, ward
JtIitg:Ued des Parlaments, widmete sich dann
in Paris wieder historischen Studien, über-
nahm Aug. 1859 unter Garibaldis Diktatur
das Portefeuille des Auswärtigen, ward zum
Senator des Königreichs Aalien ernannt, im
März 1863 Minister des öffentlichen Unter-
richts, zog sich Sept. 1864 ins Privatleben
zurück. Schrieb noch ,Storia dei Musul-
mannl di Sicilia' (1853).
▲marillaSy Marques de Uu. s. Ahumada.
AmarylUs L. (Narcü$enliUe), Pfianzengat-
ting der Amaryllideen, aus Ostindien, dem
Kapland und Südamerika. A. formosissima
Jj,, Zierpflanze. A. belladonna L., in West-
Indien, bat scharf giftige Zwiebeln.
Amasla (Amasijah), Stadt in Kleinasien,
EJalet Siwas , am Jeschil-Irmak (Iris), 25,000
£w.; ehedem Residenz der Könige v.Pontus.
Aliisto (Amosie), '2 Könige von Aegyp-
ten : A. I. $ erster König des neuägyptischen
Reichs, reg. 1684— 59 v. Chr. , Begründer der
17. (18.) Königsdynastie Manethös, brach
-die Herrschaft der Hyksos. — A. II. , der
86. Dynastie Manethös angehörig, regierte
570 <— .586 V. Chr., begünstigte den Verkehr
mit den Griechen, denen er Naukratis über-
liess, und ordnete den Staatshaushalt.
AmaMOment (fr., spr. Amass'mang) , An-
oder Aofhäufung; amassiren, aufhäufen.
Ämat, Gewicht in Batavia, =: etwa 225
Zollpfd.
AmSthmit (AmiUhu$j a. -G.), Stadt auf
der Südküste von Cvpern, mit berühmtem
Tempel der Venus (Jmathuaia),
AmStiy 1) berühmte Geigenbauerfamilie
in Cremona; Begründer des Geschäfts: An-
Meyers Hand 'Lexikon,
drea A., um 1560: Biathe 4esa^ umUr4ii$9Hi»
und äieronimo A,» 1500 — 1630. — 8) Oarla^
Italien. Baumeister, geb. 19. Juni 1776 zu.
Monza, t 23. Mai 1852 zu Mailand. Borro-
'meuskirche undFa^de des Doms zu Mailand*
AüMltitlany See in Guatemala, fliesst durch
den Michatoyat ab. Daran die alte Indicmer"
»tadt A., 7500 Ew. . [Skiar,
Aautnrosig ter.)» der schwarze Staar, s.
AmavaeB, Glasflüsse und farbige Ketall-
Verbindungen, im Mittelalter s. v. a. Email»
Amaxiclil (Jmakuki), Hauptstadt derJon.
Insel S. Manra, 5500 Ew. Erdbeben 1885«
AMMlfty König von Juda 828—799 v. Chr.»
Sohn des Joas, siegte über die Edomiter»
unterlag dem König Joas von Israel.
Amazirghs, Berbernstamm in Marokko»
im nördl. Atlas und Im Rif (Rifoirateu).
Amazönu (ÄUo-A,), brasil. Prov., vom
Amazonenstrom durchflössen, 100,000 Ew.
Areal noch unermittelt. Hauptort Barra.'
Amazonen (d. i. Brustlose, von dem Aus-
brennen der beim Bogenspannen hinder-
lichen linken Brust), nach der älteren
griech. &tge ein kriegerisches Weibervolk
an der Ostküste des schwarzen Meeres und
im Kaukasus, auch in Scythien und ia
Afrika, stand unter einer Königin, duldet»
keine Männer, unter sich und pflog bloas
der Fortpflanzung wegen Gemeinschaft mit
den Männern benachbarter Völker; häufig
Gegenstand der bildenden Kunst. Vgl»
Steiner, ,Ueber den AmazonenmythusS 1857;
Mordimann, ,Die A.S 1857.
Amazonenstein, grüne, kupferhaltige Va-
rietät des gemeinen Feldspaths, am Ama-
zonenstrom und bei Miask, wird in Katha-
rinenbnrg zu Dosen, Vasen etc. verarbeitet.
Amazonenstrom (Maranon), , grösster
Strom der Erde, in Südamerika, entspringt
auf den Anden von Pasco aus dem Se»
Lauricocha (11,250' h.), fliesst erst 90 M.
nach N., durchbricht in dem 60 M. langen.
Mittellauf die Cordilleren mit 18 Wasser-
fällen, fluthet dann im Unterlauf, oft meilen-
breit und 350' tief, gen O. durch die Ur-
waldungen n. Uanos Brasiliens u. mündet
unter dem Aequator in einem mächtigen.
Aestuarium in den atlantischen Ocean.
2 Hauptmündungsarme: Rio MaraSon und
Rio Para (dazwischen die Insel Marajo).
Mündungsbreite 35 M., Gesammtlänge 857M.
Flussgebiet etwa 125,000 QM. Die Einfahrt
in den A. äusserst gefährlich durch Sand-
bänke und die Pororoca (Kampf zwischen
Ocean und Strom). Ebbe und Fluth reicht
120 M. stromauf, bis Obidos. Die - An-
schwellung durch Regen ungeheuer (40 —
50' hoch). Zahl der Nebenflüsse über 200,
darunter mehr als 100 schiffbare und 17
Ströme ersten Rangs von 200--500 M. Länge ;
so rechts: der Ucayali, Madura, Burus»
Tocantins, links: Napo, Rio Negro. Ent-
deckt 1498 von IHnzon; zuerst befahren
1539 von Orellana; später von Condcmine
(1744), Spix und Martius, PSppig, Friru
Adaibert, Castelftau, WaUate, Smyth, Hsre-
don, Marcoy, Batet, Aaaseiz, Orton,
Ambacht (altdeutsch), Amt. AmbachtHeMtp
Amtslehn ; AmbachMeute, Ambachtsrecki etc*
5
66
AmbSges — Ameisen.
|M Hat.)» W«ltliaflgkelteii, Um-
schweife; am»agttt, weitschweifig.
AabAll "
>9 Stadt in KeogmuUla, am
Vagdalenenitrom, westlich Ton Bogota,
9700 Ew. Wichtiger Tabakshan.
AaballAy Stadt in Ostfaidien, östl. Ton
Lahore, 21,900 Ew. Konvention wm A., 1899
abgeschlossen zwischen dem Qeneralstatt-
halter Lord Mayo nnd dem Emir Schlr All
Ton Afghanistan, wodurch letzterer in
l^enndschafksTerhältniss tn. England tritt.
JünhanraUen (lat.), bei den Römern Fest
der Landleate zn Ehren der Ceres nnd
anderer ländlicher Gottheiten.
AnbuHMde (fr., spr. Angbassahd^ « Oe-
aandtschaft; Ambcutadenr (-döhr) , Gesandter
•rsten Ranges, Botschafter. pJeon , 10,000 Ew.
AmbitOy Handelsstadt in Ecnador, Depart.
Ambe (lat.), in der KombinatlonsrechnuDg
Verbindung Ton 2 Grössen; im Lottospiel
die Yerbindling von 2 Nummern.
Ambergy Stadt im bayerischen Regbz. Ober-
{falz, an der Yils, 12,312 Ew. Hier 24. Ang.
796 Sieg des Erzherzogs Karl ron Oester-
reich über die Franzosen unter Jourdan.
Amberger, Chrittoph, Porträtmaler in
Holbeins Manier , geb. 1490 in Amberg , f
1568 zu_Angsburg.
Ambient (lat.), Bewerber um ein Amt;
ambiren, sich um ein Amt bewerben.
Ambiörix. Fürst- der Eburonen im nördl.
Gallien, rieb 55 n. Ohr. eine römische
IJegion fast ganz auf.
Ambition (lat.), Ehrgefühl, Ehrgeiz.
Ambltns (lat.) , Bewerbung um ein Amt ;
1)es. Amtserschleichung (crimen ambitus).
Amblyaphie (gr.), Stumpfheit des Ge-
fühls oder Tastsinns.
Amplyopgfe (gr.), Schwachsichtigkeit.
Amboina, Molnkkeninsel, den Holländern
gehörig , 13i/a QM- , 80,000 Ew. Heimat der
Gewürznelken. Hauptstadt A., guter Hafen,
9000 Ew. [Palmenholz ron Amboina.
Amboinaholz^ röthlich goldgelbes hartes
Ambolse (spr. Angboahs, das alte Am-
haeia), Stadt im franz. Depart. Indre - Loire,
an der Loire, 4188 Ew. Im alten Schloss
1847—52 Abd-el-Kader In Haft.
Ambolse (spr. Angboahs), George d% geb.
1460 zu Chaumont - sur - Loire, Erzbischof von
Narbonne, dann ron Ronen, seit 1498als erster
Hinister der eigentliche Regent von Frank-
reich, reizte den König Ludwig XH. zur Er-
oberung Mailands ; t 25. Mai 1510 zu Lyon.
Ambra (grauer Atnber, orientalischer
Agtetein), Specerei, findet sich in nnregel-
mässigen Stücken auf dem Meere schwim-
mend bei Madagaskar, Surinam, Java,
Japan u. Brasilien, grau bis braunschwarz,
geschmacklos, ron angenehmem Gkruch,
wahrscheinlich ein Produkt der Galle der
Cetaceen und den menschl. Gallensteinen
analog. Räuchermittel, bei den Alten Aphro-
disiacum, als Arzneimittel jetzt obsolet.
Ambracia (a. G.), Stadt in Epirus, am
cmbracischen Golf (jetzt Busen von Arta),
Pyrrhns Residenz. JetztKaravassera, lOOOEw.
Ambras (Amras), kaiseri. Schloss (Ka-
serne) bei Innsbruck. Awbraser Sammlung,
«eit 1805 in Wien (darunter 12,000 Porträts).
AmbTM, Jmg. WUk., Kiialkaehrift
nnd Komponist, geb. 17. Not« 1816 in '.
in Böhmen, seit 1850 Staatsanwalt in
aqch Direktorialmitglied des Kons«
riums und seit Herbst 1860 Prof. der
an der Universität daselbst. Onvertni
,GenofeTa', ,Othello* u. a., Trios, I
Sehr. ,Ueber die Grenzen der Mnsil
Poesie' (1866)* ,GeschIchte der Musik
1 — S, 1862 — ffi); iKnltnrhistorische :
aus dem Musikleben der Gegenwart*
Ambrosia (gr.}, die Götterspeise.
AmbroslaBuelie Btbllotliek» die toi
Kardinal und Erzbischof Federigo Bor
In Mailand 1609 für den öfTentlichei
brauch aufgestellte r^che Bibliothek (
gedruckte Bücher nnd 15,000 Handschi
nebst Kunstsammlung.
AmbroslttS, Heiliger und berühmte:
chenvater, geb. um 840, wahrscheinli
Trier, 869 Präfekt von Oberitalien, 3
Katechumene zum Bischof von Mailai
wählt, ausgezeichnet durch Milde und i
muth , aber auch durch Gharakterfesti
belegte den Kaiser Theodosius wegen
samer Niedermetzeinng der aufstand i
Thessalonicher mit dem Bann; f ^*
897. Tag 4. April. Fruchtbarer Seh rifts
auf homiletischem, ascetisc^em und d*
tisohem Gebiete. ,Opera', herausg. to
Benediktinern (1686^90, 2 Bde.). De
zugeschriebene AmbroBianitehe Lobgt
das ,Te Deum laudamus' (Herr Gott ,
loben wir), ist 100 Jahre später vei
Der Ambro$iani$che Bitn$ ist heute no
der mai ländischen Kirche in Gebraucl
AmbTOtypen (gr.), in der Photogr
positive Collodiuyibilder auf Glasplatt
Ambulance (fr., spr. Angbülangs), fiiei
Feldlazarethe, von den Franzosen zu A
des 18. Jahrb. eingeführt; ambuleUo
ärztl. Praxis , wobei sich die Krankf
dem Arzte oder in die Klinik begebe
A. m. e.y abbr. a mundo eondito
von Erschaffung der Welt an.
Amedschi Efe^dt (türk.), Qeheimsel
des Reis Efendi (Ministers des Auswärt
Ameisen^ Formicidae , Insektengattui
Hymenopteren, leben sämmtlich gesel
Kolonien, die stets aus Männchen, Weil
und geschlechtslosen Arbeiterameisei
stehen. Letztere sind immer ungefl'
während die Männchen ihre ganze Le
zeit, die Weibchen nur zur Zeit de
gattung geflügelt sind. Die Männchen
ben nach der Begattung im Spätsor
Das befruchtete Weibchen legt im Lau;
Sommers mehrere tausend Bier, ans
chen Arbeiterinnen, und erst im Spätso:
solche Eier, aus welchen Männchen
Weibchen sich entwickeln. Im Winte
fallen die A. in Erstarrung, und es übei*
ihn fast nur die befruchteten Weib
Die A. lieben besonders Süssigkeiten,
sen aber auch kleinere Thiere, d|
skeletiren, u. sind nützlich durch Vertu
schädl. Insekten. Ihre Puppen, die sog. ,
sentier, liefern Vogelfutter, u. ihrer Am
säure (s. d.) halber, die sie bei Angrillll
Gift von sich spritzen, benutzt man sie i
Ameisenbär — Amerika.
67
dem. Am Rio Negro lelbtn die Eingebornen
•inen grossen Thei] des Jahres youA. Die
Wander ' oder Besuchsameise, Atta c^ha-
lotes L», in Südamerika, reinigt die Woh-
nungen von Ungeziefer; die ZitokerameUe,
Formica saccharivora, vernichtet in West-
Indien oft Znckerplantagen. Han vertreibt
A. durch ungelöschten Kalk, Seifen- oder
AloSwasser, Petroleum, Insektenpulver.
AMeteenbir, s. Ameisenfresser,
AaelsenfSnger. Myiothera lU,, Yogel-
gattung der Pfriemenschnäbler, in West-
indien und Südamerika, durch Vertilgung
der Termiten nützlich.
Amelsenfiresser. MjrrmecophagaX., Säuge-
thiergattung der Zahnlücker in Südamerika.
Der grosse A., M. jubata L., von der
Grösse eines Fleischerhundes, mit 2' langer
Zunge, vertilgt Termiten, liefert wohl-
schmeckendes Fleisch und gutes Pelzwerk.
Ameisenlgel (LandschruadtMer) , Tachy-
glossus Bl., Echidna Cuv., S&ugethiergat-
tung der Zahnlücker im südl. Australien,
lecken Insekten, besonders Ameisen, mit
ihrer klebrigen Zunge auf!
Ameisenlurlecheii (formicatlo, myrmecis-
mus), Prickeln in der Haut, gebt gewöhnlich
Schli^üssen, Lähmungen etc. voran.
AjneiMiilSwe (Ameisenjung/er), Myrmeco-
leon £unn,, Insektengattung der Neu-
ropteren. I>ie Larve des gemeinen A»n , M.
formicarins L., lauert in selbstgegrabenen
Sandtrichtern auf hineinfallende Insekten.
Amelsensiure , stickstofffreie Verbindung
ans der Reihe der fetten Säuren, von Natur
in den Ameisen, den Giftorganen stechender
Insekten, in Nesselhaaren, im Fleischsaft
und im Seh weiss vorhanden , bildet sich bei
zahlreichen Ozydationsprozessen, wird im
Grossen dargestellt durch Erhitzen von Gly-
cerin mit Oxalsäure. Farblose Flüssigkeit,
riecht durchdringend sauer und wirkt ätzend,
ist mit Wasser und Alkohol mischbar, er-
starrt unter Qo, siedet bei lOO«, reducirt leicht
Hetalloxyde. Ameinensäureäther , zur Rum-
fabrikation benutzt, entsteht beim Erhitzen
von Glycerin, Oxalsäure und Alkohol.
Ameisenaßharrw (ErdwiVder), Orycteropus
Cfeoffr. , Sängethiergattung der Zahnlücker
in Südafirika. Das Fleisch des Brdschtoeins
od. afrikan. Ameisenbär», O. capensis L.,
S>/b', wird gesalzen und geräuchert.
AflieisensplritiUy Spiritus formicarum,
über Ameisen destillirter Spiritus, Volks-
xnittel bei gichtischen u. rheumat. Leiden.
AmeXanenier Lindl. (Traubenbime, FeU
smbirne), Pflanzengattung der Rosaceen,
Obstbäume, meist aus NordamerÜEa. A.
-vulgaris Dec, Pyrus amelanchier L., eng-
lische Mispel, Frühbime in Frankreich,
Deutschland und der Schweiz mit wohl-
schmeckenden Früchten.
Ajaeland, niederländ. Insel an der Küste
Ton Friesland, 1,1 QM., 3S00 Ew.
Amella, SUdt in Mittelitalien (Perugia),
7024 Ew.; d. alte Ameria (älter als Rom).
Amelle-les-Biiiui (spr. AmSlih-lä-bäng^,
Badeort im südl. Frankreich (Ostpyrenäen),
18 Schwefelanellen, 320^630 R. Als Winter-
station von Ruf.
AnellonttOB 0*^)« V«rbM*«mng, beson-
ders von Grundstikeken.
Anelkon (Amertom) , Reisdinkel, Zw«i-
kom; Amelmehl, Kraftmehl. .
AHelmgeB; s. Amaler.
Äsen (hebr., d. L gewiss, so sei esl),
Schlnssformel von Gebeten etc.
AmendeaiMit (fr., spr. Amangd'mang), Ver-
besserung, Inder Parlamentär. Sprache Aen-
derung, welche zu einzelnen Th eilen eines
Gesetzentwurfs vorgeschlagen wird.
AamorrhSe (gr.), Mangel der Menstma-
tion. Primäre A., Folge angebomer Ver-
schliessung der Scheide oder Gebärmutter,
mangelhafter Entwickelung der Eierstöcke,
fehlerhafter Blutbildung. Sekundäre A.,
Folge äusserer schädlicher Einwirkungen.
A nMnsn (lat) , vom Tische (geschieden).
Amentkes, die Unterwelt der alten
Aegypter, wo Osiris über die von Anubis
eingeführten Seelen Gtericht hält.
jünerighiy Michel Angela, s. Oaravaggio,
Amerigo Veqnicei (spr. Wesputtschl),
Italiener, nach welchem Amerika genannt
worden, geb. 9. März 1461 zu Florenz, be-
sorgte , seit 1490 zu Sevilla in einem italie-
nis^en Handelshanse beschäftigt, die Aus-
rüstung zu des C!olumbns dritter Reise, nahm
1499 an der Expedition des Admirals Alonso
de Ojeda nach Surinam Theil, machte noch
3 Reisen 1501 und 1508 nach dem neuen Erd-
theil, wurde 1508 zum Grosssteuermann für
die Fahrten nach Indien ernannt; f 22. Febr.
1512 zu Sevilla. Der Vorschlag, die neue Welt
nach ihm zu benennen , ging von dem Buch-
händler Martin Waldseemüller in St. Die ans,
der 1507 unter dem Namen Hylaoomylns die
Reisen des A., ans dem Franz. übersetzt,
in dem Werke »Cosmographiae introductlo
etc., insuper quatnor Americi Vespucii navi-
gatlones* herausgab. Ygl.JPsschel, »Geschichte
des Zeitalters der Entde<ALungenS 1858 : Kunst'
mann, ,Die Entdeckung Amerikas*, 1869.
Amerlkm^ vierter Erdtheil, das grosse
westliche Festland oder die Ifene Welt,
ganz auf der westlichen Halbkugel gelegen,
im O. durch den atlantischen Ocean von
Europa u. Afrika, im W. durch den Grossen
Ocean von Asien und Australien geschieden,
744,000 QM. (davon 68,000 QM. Inseln); hat
unter allen Erdtheilen die grösste Ausdeh-
nung von N. nach S. (2000 Meil.), nähert
sich unter allen am meisten dem Sttd- und
durch die Polarinseln auch dem Nordpol u.
erstreckt sich, wie kein anderer Kontinent,
durch 4 Zonen. Aeusserste Punkte: im N.
Kap Murchison (Boothia Felix), 72o n. Br.,
im S. Kap Froward, 54o s. Br., im W. Kap
Prinz Wales, löO« w. L., im O. Kap Branoo
(südlich von Kap Roque), 150 w. L. Das
Ganze zerfällt in 2 grosse Hälften von über-
einstimmenden Naturverhältnissen: Nord-
und Südamerika, gesondert durch die Land-
enge von Panama. Ifordcmerika, 417,000 QM.
(davon 65,000 QM. Inseln), ganz der nördl.
Halbkugel angehörig, ein Viereck, 600M. lang,
700— 400 M. breit, im S. in ein schmaleres Ver-
bindungsglied von sttdöstl. Richtung (Mexiko
und Centraiamerika) auslaufend, das sich von
180 M. bis auf 6 M. (Isthmus von Panama^
5*
118
Amerika.
•v«r«Bgt KIMa auf aU«n 8«ltott gBglledert,
am meisten auf dar Ostseita (daher hiar
4»a raache GhMlalLan auropiitöher Kultar) ;
L&Dge der Kü«ta: 6100 M. (1:58 QM. das
Festlandes). Die bedentendstan Halbinseln
Sm Ganzen 88,000 QM.}: Boothia Felix,
[elTille , Labrador, Neoschottland , Marj-
land, Florida, Ynkatan(aiif dar Ost-), Kall-
liDnü(BB,T8cbngat8chan-Halblii8el, Alaschka
<anf dar Westseite). Hanptbaien: Bafllns-
bai, Hudsonsbai, St. Lorensbnsen, Oolf Ton
Mexiko und Antillenmeer, Oolf von Panama,
Ton Kalifornien. Inseln grösstenfheils im
närdl. Eismeer: Grönland, Grinnellland,
Panyarcbipel , BafOnsIand, Nordsomarsat,
Fr. Walesinsel, Victorialand, Prinz Albarts-
land, Baaksland; im atlant. Ocean; Ken-
.fonndland, westindische Inseln ; im grossen
Oeean: die Alenten. SfUkmerika , 827,000
•QM. (daTon ca. 8000 QM. Inseln), grössten-
theils auf der südlichen Halbkugel, ein
Dreieck, 1000 M. lang, 700 M. breit, ohne
bedeotende Gliederung, fast so massenhaft
nnd in seiner Gestalt so einförmig wie
Afrika. Küstenlftnge 8400 H. (1:95 QM.
des Festlandes). Wenig Inseln: Falklands-
inseln, Fenerlandsarehipel, Galapagos. Die
Haujptländer in NA.: Grönland, Britisch-
amerlka, die Vereinigten Staaten (mit dem
bisher. Russisch-A.), Mexiko, die Republiken
von Mittelamerika mit Westindien; in SA.:
Columbia, Venezuela, Guyana, Ecuador,
Peru, Boliria, Chile, Patagonien, Laplata-
staaten, Uruguay, Paraguay, Brasilien.
A. ist orographisch charakterisirt durch
die grössten Kettengebirge der Erde , Yor-
faerrschend Ton südnördlicher Richtung,
mit bedeutander Plateau bildung (besonders
im N.); daneben ungeheure Strecken Tief-
land (*/» des Kontinents) mit den grössten
Steppenflächen und Urwäldern der Erde.
Das Gebirgsland vorwiegend imW., das Tief-
land im O. Hauptgebirge: die Oordilleren
(Anden), die, nahe der Westküste und in
mehrere Systeme zerfallend, mit geringer
Unterbrechung den ganzen Kontinent durch-
ziehen und im S. über 28,000', im N. gegen
17,000^ Gipfelhöhe erreichen (53 thätige Vul-
kane). Nebengebirge, das l^iefland im O.
unterbrechend: das Bergland von Brasilien,
von Guyana, das Kustengebirge von Vene-
zuela, Sierra Nevada von S. Marta (Gipfel
17,0000, Alleghaniesetc. Die Tiefebenen sind
grösstentheils unübersehbare Grasfluren (im
N. Savannen, Prairien, im S. Pampas, Llanos
genannt) oder mit dichtem Urwald bedeckte
Strecken (Selvas, Bosqnes) ; am bedeutend-
sten: die Polarebenen (über 100,000 QM.),
die Prairien des Mississippi (70,000 QM.), die
atlant. Küstenebene, die Ebenen des Ama-
zonenstroms (über 100,000 QM.), des Ori-
noco, die von Guyana etc. (im Ganzen in
NA. 160,000, in SA. 24,000 QM.). Wie die
längsten Gebirge hat A. auch die grössten
Ströme und Stromgebiete der Erde und die
meisten grossen Süsswasserseen. Die
Strdm« durchgängig mit kurzem Oberlauf
und sehr langem Unterlauf, daher weithin
schiffbar und sonst durch zahlreiche Ver-
zweigungen den Verkehr beiordemd; die
von NA. gafa6rea S Haargablatan , vor
weise aber dam atlantischen, die SA.
schliesslich dem letztem an, daher A.
durch seine Ströme rorzugs weise dar
Walt geöfftaat Ist. Flüsse in NA., zurr
meer: Mackenziestrom, grosser Fisch
in die Hudsonsbai : Churchill, Nelson,Se
zum stillen Ocean: Kwlchpak, Fräser
lumbia, Sacramento, Colorado; zum a
Ocean: St. Lorenz, Hudson, Mlssissipp
Grande del Norte ; in SA. : Kagdalenon
^araib. Meer), Orinoco, Araazouens
Paranahyba, S. Francisco, La Plata
Colorado u. Rio Negro (atlant. Ocean).
am zahlreichsten in NA.: der Seogürt(
die Hudsonsbai (Winibag, Athabasca,
ven- nnd Bärensee), die canadischeu
(Oberer^, Michigan-, Hnronan-, Erle
Ontariosee), der grosse Salzsee ; der N
guasee (in Centralamerika) ; in SA.
Maracaibo (In Venezuela), Titicaca (lu
und Salzsee von Atacama (in Chile).
Das Klima A.s ist, gemäss der gr
Längenausdehnung des Erdthells, mai
faltiger als das der andern Erdthelle ; ai
halb der Tropen kühler als das der
Welt unter gleichen Breiten, hat es \
der Meridianrichtung der Gebirge wc
schroffe Temperaturunterschiede nacl
Breite; ausserdem ist es feuchter i
nischer) In Folge der Schmalheit des
thells , der grossen, viel verzweigten S
Systeme, der weiten Urwälder und
Sandlosigkeit seiner Steppen. NA. insl
dere, zum grössten Theil (Westküste l
Ostküste bis 85o n. Br.) der Zone des
änderlichen Niederschlags angehörend
nur im. Sommer oceanisches , im Wiute
schieden kontinentales Klima (wogei
Zufrierens der grossen Seen und Bucl
dabei sehr kühle Sommer und sehr
Winter (Westküste milder als die OstI
und erleidet, da das grosse Beckei
Mississippi ebenso den Nordwinden wi
heissen Süd winden offen steht, plötzlicb
starke Temperaturwechsel. Der Süi
von NA. und ganz SA. bis 48o s. Br. go
der Regenzone an. Unter den T
furchtbare Stürme u. das gelbe Fiobor 1
(besonders anfden Antillen); in den süda
kanischen Ebenen die Paniperos (In
von den Cordilleren kommende Wostw
Dem feucht - warmen Klima entsprich
ausserordentliche Mannichfaltigkeit ,
und Ueppigkeit der Vegetation A.s. W<
ausgebildet und unvollkommener ers<
die Thierwelt. Die gprösste Einförm:
zeigt der einheimische Mensch A.s.
Die Produkte anlangend , ist A.
reich an kostbaren Jilineralien: Gold
Silfoerminen (in Peru, Mexiko, Kalifoi
Nevada, Colorado, am Fräser etc.), unei
liehe Steinkohlenlager, Kupfer, Blei, 1
Quecksilber, Platin, Edelsteine (Brasj
Petroleum (Ponnsylvauieu , Canada , (
Hauptrepräsentautou der A. ursprfii
eigenthümlichou Pflanzen: Tabak, Knrtc
Kakao, Zuckerahorn, Vanille Chinai
Brechwurzel (Ipecacuaulia) u. andre A
pflanzen, Paraguaythee , kostbare £
Aiiierika.
6»
(Mahagoni- , ]reniainbQk>,P«Iisaiifller>, Cam-
pechohoU), Agayen, Magnolian. Gharakta«
rlstisch sind die nngeheoren Urwaldungui
der Tarachiedenartigsten n. rieBenfaaftesten
Banme, Kakteen (awiscben 40o n. u. 40« s. Br.)i
Lianen und ScfaUngpflanzen . baumartige
Farren und Gräser (Bambus), aablreiche
Palmenarten^ die Mehl, Wein, Zucker und
O«! liefern. Wichtigste Kulturpflanssen (von
den Europäern eiugefohrt): Zuckerrohr,
Kaffee, Baumwolle, Brodbaum, Indigo,
Pfeffer u. andre Qe würze, Wein, Obst-, und
Gemüsearten, Beis, Mais u. a. Getreidearten
(in Peru noch In 12,000' Höhe angebaut). In
der ThiervftU sind die niederen Ordnungen
(Insekten, Beptilien) am meisten entwickelt
und am reichsten ausgestattet, während
4ie den höheren Ordnungen angehörigen
S&ugethlere an Grosse u. Stärke hinter denen
der alten Welt im Allgemeinen aurück-
stehen; herrorragend ist jedoch die Grösse
und Parbenpracht vieler Vögel. A. eigen-
thümlicheThiere: Bison (das grösste Land-
thier), schwarzer Bär, Waschbär, Polzthiere
(Zibethmaus, Seeotter, Chinchilla, Stinkthier
u.a.), Canadahirsch, Jaguar .(amerik. Tiger),
Kuguar (aroerik.Iiöwe); kamelartige Wieder-
käuer t Iduna, Paco (neben dem Hund die ein-
zigen ursprünglichen Hausthiere, in den
Anden von Peru) u.Yiouna (nicht gezähmt, in
Chile); Meerschweinchen, Tapir (Repräsen-
tant der Dickhäuter), Faulthiere^ Oürtel-
nnd Panzertfaiere, zahlreiche Affenarten
(alle ohne Backentaschen und Gesäss-
sohwlelen), Beutelratte, grosser Ameisen-
fresser ; femer Königsgeier, Condor (Anden),
dreizehiger Strauss (Nandu), Biesenstordi
(Jabiru), Truthahn, Pfefferfirass, Wander-
tanbe, zahlreiche Papageien und andre
Prachtvögel (bes. Kolibris) ; Riesenschlangen
(Boa constrictor und Boa aquatica), Klapper-
schlangen, Zitteraal, Alligatoren u. andere
Krokodile und riesige Eidechsen (Leguan
esabar), ungeheure Frösche, Kröten, Wasser-
insekten, brasilian. Brillantkäfer, präch-
tige Schmetterlinge, Schwärme Ton Mos-
kitos (in den Ebenen) etc. Von den einge-
führten Pferden, Eseln u. Rindern grosse
Haerden in völliger Verwilderung.
Die Bevölkerung, auf 81Mill.geschätzt(l QM.
109 Ew.), zerfallt in : 1) Ui-einwohner (India-
ner) von knpfer- und braunrother Haut&rbe,
von den Weissen jetzt überall unterworfen,
vermindert oder in die Einöden zurückge-
drängt (noch etwa lOMill. mit 422 Sprachen) ;
U) Weisse (eingewanderte Europäer oder Ab-
kömmlinge von solchen), die Beherrscher des
Brdtheiis, 46 Mill., in NA. im Allgemeinen
germanischer, und zwar überwiegend bri-
tischer Nationalität: Engländer und Anglo-
amerikaner, daneben etwa 5 Mill. Deutsche ;
in Mittel- und SA. romanischer Nationalität
(Kreolen): Spanier und Portugiesen; in NA.
der Protestantismus mit zahlreichen Sekten,
In SA. der Kathplicismus vorherrschend ;
3) Neger der afrikanischen Raoe, etwa 9 Mill.
(als Sklaven eingeführt, in den Vereinigten
Staaten seit 1865 frei, in Brasilien und auf
den spanischen Antillen der Freigebung
entgagengehend). Letztere bilden in West-
indien, die Weissen in NA. , die Indlanar
in Mexiko, Centralamerika und vielen Lan-
dern SAs die überwiegende MehnaÜi»
Dazu kommen noch 4) Mischlinge der %
Raoen (Farbige, Mulatten, Mestizen, Zain-
bos oder Chinos), etwa 16 Mill.; 5) ost-
indische Kulis (in Westindien, als Arbeiter
eingeführt), Chinesen, Juden, j^in grosser
Theil der Neger und fast alle Mischlinge sind
Jetauft; im Ganzen etwa 75 Mill. Christen»
00,000 Juden und 6 Mill. Heiden.
Am frühesten von Europäern baucht war
Grönland (durch Erik Randa 982 von Island
aus kolonisirt). Diese Kolonie, der Küste ent-
lang über Maiicland(Labrador ?) bis zum wein-<-
reichen Vinland (Gegend der Hudsonmün-
dung?) sich ausdehnend, erhieltsicfa bis gegen
Ende des 14. Jahrh. Darauf die zweite u.
eigentliche Entdeckung A.s durch Golumbus
(1492 u. 1493 Westmdien; 1498 Orinocoraün-
dung, 1502 Küste von Honduras u. Oostarica).
Neben und nach ihm entdeckten Cabot 1497
mit engl. Schiffen Neufoundland ; Alonzo de
Ojeda und Amerigo Vespucci 1499 das Fest-
land von SA. , 1501 Brasilien; Piuzon und
de Solls 1506 Yukatan; Pouce de Leon
1512 Florida ; Baiboa 1513 über den Isthmus
von Panama den Grossen Ocean; Msgel-
haens 1520 die nach ihm benannte südl.
Durchfahrt. Die nordöstl. und nordwestl.
Küsten A.s wurden erst im 17. und 18. Jahrb.,
die eigentl. Nordküsten erst im 19. Jahrh.
genauer erforscht, die nordwestl. Durchfahrt
erst 1852 von Mac Clure aufgeftmden. Die
Spanier, Portugiesen und Engländer, die
ersten Besitzergreifer der entdeckten Län-
der, gründeten grosse Kolonialstaaten in
NA. und SA., die Jahrhunderte lang in.
drückender Abhängigkeit gehalten wurden,,
bis sich 1783 der grösste Theil der engl. Ko-
lonien in NA. freimachte und selbständige
Staaten gründete; 1810 begann der Freiheits-
kampf in den span. Besitzungen, 1822 machte
sich auch Brasilien unabhäugig. Letzteres
heute noch die einzige Monarchie, während
alle übrigen Staaten Republiken sind; die-
meisten derselben von Zeit zu Zeit von revo-^
lutionären Erschütterungen heimgesucht.
Den injeder Hinsicht bedeutendsten Xobmtal-
besil» hat England (in NA., Westindien und
SA., mit Einsohluss der nicht kolonislrten
Länder im hohen Norden ca. 173,480 QM.
mit ca. 5 Mill. Ew., an eigentl. Kolonial-
gebiet aber nur 35,980 QM. mit über 4>/4.
Mill. Ew.): ihm zunächst stehen in West-
Indien u. SA. Spanien (2827 QM. mit 2,016,50a
Ew.), Frankreich (17o2 QM. mit 318,940 Ew.)
u. Holland (2973 QM. mit 92,520 Ew.). Ueber
den Namen A. s. Amerigo Ve$pucei, Vgl. A. voi»
Burnboldt, »Examen critique de Thistoire de la.
g6ographie du Nouveau CöntinentS 1836—39,
5 Bde.; deutsch von Jdder 1886—39, 8 Bde.;
Macgrtgor, ,The progress of America fl:om
the discovery of Columbus to the year 1846'»
1847, 2 Bde. ; Andree , ,NA. in geograph. u.
geschichtl. Umrissen*, 2. Aufl. 1853; fTap-
päMß, neue Bearbeitung von fitein« u. Sörsehel--
manne ,Handb. der Geographie u. Statistik*,
Bd. 1, 1855 ff. ; Handelmann, ,Gesch. d. amerik.
Kolonisation und Unabhängigkeit', 1856;
70
Amerikanismen — Ammermüller.
jriMWlMMMo1>ieEntd6ekmigA.8S188e lOärtam-
btH,, TMlean gtoteal deTAmteiqveS 1860;
KM, lOesehichte der £ntd«ckimg t. A.', 1861.
AmerikABllBieily die Modifikationen, welche
die engl. Sprache in Amerika erlitten hat.
Vgl. Fiek*rinff, (Yocab. of AmericanismsS
19ib;BartleU, .Diction. of Americanl8m8*,1848.
IJMrliBff* Friedr., Maler, geb. 14. April
1808 zu Wien, stndirte in London unter
Lawrence, in Paris nach Yemet, lebt seit
1844 in Wien. Hauptfach das Porträt nnd
rerwandte Darstellungen ron Situationen.
AHenfbort, Stadt in der nlederländ.
ProT. Utrecht, an der Eem, 1S,164 Ew.
Dabei die amenfoorUr Berge, Sandhügel.
A Bienreille (flr. welj), zum Bewundem.
A metft (ital.) , im Handel s. r. a. auf
halbe, d. h. gemeinsame Rechnung.
AMethyvt, Halbedelstein, yioletter bis
bläulich- oder röthlichweisser Quarz, ent*
färbt sich beim Erhitzen, auf Quarz- und
Erzgängen, in den Kugeln des Kugel-
porphyrs, in den Mandeln der Mandelsteine,
des Melaphyrs, am häufigsten in Brasilien,
am schönsten auf Ceylon und bei Cartagena.
Haaromef^j/^t enthält blättchen- oder nadei-
förmige Einschlüsse. OrientaHaeher A.,
Amethyst-Saphir, violetter Rubin, schwerer,
liärter und glänzender als der A. Im
Alterthum zu Amuleten yerwendet.
AHetrie (gr.), Mangel an Ebenmass.
Amhira, Landschaft in Abessinien;
Hauptstadt: Gondar. Besondere Sprache.
Aaiherst (spr. Aemmerst), engl. Hafen- n.
Handelsstadt in Hinterindien , am Golf Ton
Martaban, 20 — 80,000 Ew. ; 1826 gegründet.
Aaüierst (spr. Aemmerst), William Piit,Earl,
Neffe des Generals Jeffery A. (f 1797), geb.
14. Jan. 1773, machte 1816 eine Gesandt-
schafbsreise nach China nnd war 1823—26
Generalgouverneur von Ostindien, f ^^*
März 1857 auf Enole-Park.
Amlant, Varietät der Hornblende, lang-
faserig, seidengläuzend wie Asbest.
Amici (spr. Amitschi), Cfiovanni Battieta,
ital. Optiker und Astronom, geb. 25. März
1784 zu Modena, Direktor der Sternwarte
zu Florenz, f 10. April 1863. Konstruirte
grosse SpiegeItele8kope,Mikroskope, mehrere
Arten der Camera lucida, einen Polari-
sationsapparat etc., machte Beobachtungen
über die Doppelsteme, Jupitersmoude etc.
AMietns (lat.), roantelartiges Gewand;
Kopfbedeckung des messelesenden Priesters.
Amfd, hypothetische Verbindung aus
1 Aeq. Stickstoff und 2 Aeq. Wasserstoff be-
stehend. Amide (Amidbasen), Verbindungen,
die als A. angesehen werden können; ein
Theil des Wasserstoffs ist darin durch einen
Theil Kohlenwasserstoff ersetzt.
Amida, s. Diarbekr.
Amldon, s. y. a. Stärkemehl.
Amiens (spr. Amjäng , das alte Samaro-
briva), befestigte Hauptst. des franz. Depart.
Somme, Kathedrale (12. Jabrh.), 61,063 Ew.
Friede 27. März 1802 zwischen Frankreich,
England, Spanien und der batav. Republik.
Amliiea (a. G.), Landschaft in Kampanien;
berühmt der itmineische Wein. {minut.
A minSrl ad maju» (lat.), s. A nu^ori ad
AMlnat«B (Äimiraiuauimtdn) , afHk.
Inselgruppe, tuidwestl. ron den Bechellen,
anbewohnt. Stationsplätie.
AmIi» der If äffe, scnershaftes mittelhoch-
deutsches Gedicht rom Dichter Stricker.
AhIiu (a. G.), Handelsstadt in Pontus
am schwarzen Meer, zeitweilig Residenz
des Mithrldat. Jetzt Bamsun.
AMftft (lat.), des Vaters Schwester; A.
magna, die Schwester de« Grossraters.
Ammm, Joet, Maler, geb. 1S89 zu Zürich,
t 1591 zu Nürnberg. Zahlreiche Zeichnun-
gen für den Holzschnitt ; Illustrationen zur
Bibel nnd zu Reineke Vos; Todtentanz,
Fürstenporträts, Wappen- u. Jagdbuch u. a.
Vgl. Becker, ,Jobst A.S1854.
AmnuBitty ^rtotommeo, ital. Blldhanei
und Architekt, geb. 1511, Schüler ron
Bandinelli und Sansorino, f 1582 zu Flo-
renz. Skulpturen: der Brunnen auf dez
Piazza del Granduca zu Florenz, Statuen
von Religio nnd Justitia in Rom; Bau-
werke: Brücke S. Trinitk| Vollendung des
Palastes Pitti zu Florenz.
AmmamB) s. v. a. Beamter; in der Schweiz
Bezirks- oder Gemeindevorsteher; Laudam-
mann, s. v. a. Regierungspräsident.
Ammenercengnng (OeneratUmeweehsei, al-
temaiive Generation), eigenthümlicho Fort'
pflanzuDgsweise vieler niederen wirbellosen
Thiere, wobei die aus geschlechtlicher Be-
fruchtung hervorgegangene Brut nicht nni
anfangs der Mutter unähnlich ist, sondern
unähnlich bleibt und ohne Zeugfung lediglich
durch Keimkörper oder Knospen noch eine
Generation oder mehrere hervorbringt, deren
letzte erst die Form des Mutterthieres wiedex
annimmt. Die A. ist besonders bei Einge-
weidewürmern, Quallen, Polypen etc. be-
obachtet worden.
Ammer, Emberyza L., V^elgattnng dei
Singvögel, Kegel schnäbl er. Goldammer (Em-
merling, Gelbgans), E. citrinella L., 1".
bei uns auf Feldern und in Wäldern , sehi
nützlich. Bohrammer (Rohrsperling), E.
schoeuiclus L., 5s/4— 6i/a"« bei uns im Schilf
Ortolan (Gartenammer J, E. hortulana L., 6",
in Südeuropa, wird gemästet, Ausfuhr-
artikel von Cypem. Die schönste Art isl
der eckwamköpfige A. (Ortolankönig, Kappen-
ammer), E. melanocephala 8cop., 7"}in Süd-
europa und Asien. Schneeammer, X. nivalis,
6Va— 7>/4", im hohen Norden.
Ammer (Amber), Fluss in Oberbayern,
entspr. bei Ettal . nahe der tiroler Grenze,
durchfliesst den Ammereee (41/9 St. 1., IV2 St.
br.), mündet unterhalb Moosburg in die
Isar; 28 M. Der Ammergau ausgezeichnel
durch Industrie in allerlei Schnitzarbeit
Darin das Dorf Oberammergau (s. d.).
AmmerUnd, Landschaft in Oldenburg
an Ostfriesland grenzend, 4 M. I., 3 M. br!
AmmermaUer, Ohriatoph Friedr., Schrift-
steller im Fache der Naturwissenschaft und
Technologie, geb. 6. Nov. 1809 in Stuttgart,
1837 — 52 Vorstand der Oberrealschule iii
Reutlingen, seit 1854 Fabrikant in Stuttgart
seit 1862 Mitglied der Kammer der Abgeord-
neten, 1868 Mitglied des deutschen Zollpar-
laments, hält sich zur süddeutschen Fraktion,
Ammi — Ammomum.
71
Aaaü L. (Änm»), PflAnsengattoog der
UmbeUiferen, in Südenropa uud Nordaftika.
Von A. majns Xr. sind die Samen (Ammei-
sanen) officioell. Von A. Yisnaga /^m. die-
nen die yerhoiaten Doldenstrahlen in Spanien
als Zahnstocher, Handelsartikel.
AaunliMai MÄroeUfuBS, römischer Ge-
schichtsohreiber , geb. 330 zu Antiochia in
Syrien, lebte spater in Rom, schrieb nm
390 in- latein. Sprache eine «Geschichte des
römischen Staats' von 91—378 n. Chr. in
31 Büchern, voii denen die 13 ersten (bis 352)
verloren sind, heransg. von Wagner and J?r-
JurdJt (1808, 3 Bde.), deutsch t. Büchelt (1853).
Ammoilf ägyptische Gottheit, dem Zeus
«ntsprechend, Schatxgott Thebens (Ammons-
Htadt), dargestellt sitzend auf dem Throne,
die Symbole des Lebens und der lilacbt in
der Hand haltend.
Animony 1) ChriUopk Friedr. vonA., prote-
stantischer Theolog, geb. 16. Jan. 1766 zu
Baireuth, erst Professor in Erlangen und
Oöttingen, seit 1813 Oberhofprediger in
Dresden, f daselbst 21. Mai 1850. Schrieb
jHandbuch der christlichen Sittenlehre*
<2. Aufl. 1838, 2 Bde.); ,Tortbildang des
Christenthums zur Weltreligion' (1833 — 40,
4 Bde.). — 2) Friedr. Wilh, Fhil. von A,,
protestantischer Theolog, Sohn des Vorigen,
geb. 7. Tebr. 1791 zu Erlangen, Professor der
Theologie und Stadtpfarrer daselbst, f 19.
Sept. 1855, Verfasser mehrerer populär-
theologischer nnd kirchengeschichtlicher
Schriften. — 8) fVi«dr»cJk August von X,
Medloiner, geb. 10. Sept. 1799 in G^ttingen,
Professor an der chirurgischen Akademie zu
Dresden, königl. Leibarzt und geh.Medicinal-
rath, t IS. Mai 1861. Sehr. ,Klinische Dar-
atellongeu der Krankheiten und Bildungs-
fehler des menschlichen Auges* (1838—41,
5 Bde.); ,Oie angeborenen chirargischen
Krankheiten des Menschen* (1839-42); ,Dle
6 lastische Chirurgie' (1842): ,Die ersten
[utterpflicbten' (13. Aufl. 1868) ; ,Brunnen-
diätetik' (5. Aufl. 1854). — 4) Karl WÜk,,
Pferdezücliter und hippolog. Schriftsteller,
geb. 1777 zu Trakehnen in Ostpreusseu, baye-
rischer Hofgestütmeister zu Rohrenfeld bei
Neuburg, f 1842. Sehr. ,Hau8Tieharznei-
buch' (3. Aufl. 1846); ,Ueber Verbesserung
und Veredlung der Ijandespferdezucht durch
Landesgestütanstalten' (1829—31, 3 Bde.)
u. A. m. Sein Bruder, Oeorg Oottlieb,
f^eb. irao zu Trakehnen, Gestütsinspektor tu
Kloster Vessra, f 26. Sept. 1839. Sehr. .Hand-
buch der Gestüts- und Pferdezucht' (1833).
Ammoniak) Verbindung von 1 Aeq. Stick-
stoff mit 3 Aeq. Wasserstoff, entsteht durch
Einwirkung von Kalk auf Salmiak bei
trockner Destillation und Fäulniss organi-
scher stickstofflialtiger Substanzen, &rb-
loses Gkts, riecht äusserst stechend, schmeckt
brennend alkalisch, bläut rothes Lackmus-
papier, spec. Gew. 0,596, brennt nur in
Sauerstoff oder wenn man es in eine Flamme
bläst, wird bei Oo unter dem Druck von 4V9 At-
mo8phäi*en flüssig. 1 Vol. Wasser löst bei Oo
1050, bei 159 G. 727 Vol. A. Die Lösung
(Salmiakgeist) ist leichter als Wasser (0,884
epec. Gew. 36o/oA.; 0,898, 30<Vo; 0,925, 80<Ve;
0,959, l(fik)t «ibt an der Luft reichUoh A.
ab, im luftverdünnten Raum unter starker
Wärmebindung (Garr6s Eismaschine), dient
zum Extrahiren der Orseille, der Codie-
nUle etc«, zum Extrahiren des Silbers ans
den Erzen, in der Schnnpftabakfkbrikation»
zum Verseifen der Fette und Oele, zum
Reinigen von Geweben etc. Am häufigsten
jetzt aus den wässerigen Destillationspro-
dukten der Steinkohlen gewonnen, indem,
man dieselben mit Aetzkalk destiUirt.
AmmoaiakMlse (Ammonsalm, Ammonium^
oxjfdsaUe), flüchtige Salze, welche beim Neu*
tralisiren von Ammoniaklösung mit Säuren
entstehen. Anderihalbkohlensaures Ammoniak
findet sich in allen faulenden Substanzen»
wird aus faulendem Harn (auf seiner An-
wesenheit beruht die Wirksamkeit desselben
zum Entsch weissen der Wolle), durob
trockne Destillation von Knochen, Haut»
Hörn (Hirschhornsalz) und bei der Borax-
ÜEibrikation aus toskanisohor Borsäure ge won*
neu und durch Sublimation gereinigt. Weiss»
krystallinische Masse^ riecht stark nach Am-
moniak (Rieehsalz), geht an der Luft in zwelp
fachkohlensaures Ammoniak über (in Guano-
lagem, Handelsartikel), wird vielÜBMsh wi»
Ammoniak und ausserdem in der feinerea'
Bäckerei zum Auftreiben des Teiges benutzt»
Schwe/elsauret Ammoniak findet sich neben.
Borsäure in den SufQoni Toskanas, wird aus
kohlensaurem Ammoniak, aus faulem Harn
und aus dem Kondensationswasser der Gas-
anstalten bereitet und durch Krystallisation
gereinigt, dient zur DArstellung anderer A.,
des Ammoniaics uud Ammoniakalauns. Sal"
petersaures Ammoniak, aus kohlensaurem
Ammoniak oder Natronsalpeter mit Salmiak
erhalten, erzeugt beim Auflösen in Wasser
grosse Kälte (Benutzung in Grefriei«ppa-
raten), gibt beim Erhitzen Stickoxydul (Lnft-
gas). Saipetrigsaures Amntoniak, Bestand-
theil der Atmosphäre (neben kohlensaurem
und salpetersaurem Ammoniak), bildet sich
beim Verdunsten von reinem Wasser, beim
Verbreunungsprozess und bei der Verwe-
sung. Schw^elammonium entsteht beim Sätti-
gen von Ammoniakflüssigkeit mit Schwefel-
wasserstoff. Farblose, sehr übelriechende
Flüssigkeit, löst Schwefsl und dient als Re-
agens. Chlorammonium s. v. a. Salmiak (s. d.)«
Ammoniäcum (armenische» Gummi). Gum-
miharz der persischen Umbellifere Dorema
armeniacum Don, blassgelb bis röthlich,
von scharfem, etwas knoblauchartig^em
Geruch und widerlich gewürzhaftem Ge-
schmack. Arzneimittel, bes. in Pflastern.
AmmoMten^ fossile Cephalopoden, unsem
Nautlliten verwandt, sehr zahlreiche Arten
und Geschlechter, von denen die meisten
vorherrschend in der Kreide, die A. im
engern Sinn (AmmonshUmer) am formen-
reichsten im Jura auftreten und nur wenige
bis zum Muschelkalk herabsteigen.
Ammoniter (a. G.), semitischer Volks-
stamm, nordöstl. von Judäa, Feinde der
Israeliten. Hauptstadt: Rabba (j. Ammon).
Ammonium (a. G.), Landstrich in der
libyschen Wüste (j- Oase Siwah), mit ber.
Tempel und Orakel des Jupiter Ammon.
7Ö
Ammoniiun — Amphibien.
AamSilvMy hypothetlieh«« BAdikal, ans
1 Aeq. Stickstoff und 4 Aeq. Watserstoff be-
stehend. Ammonimmamalgam entsteht anter
dem Elnfluss des ralvaniscben Stroms.
AmmODiam Mnmticaniy s. y. a. Salmiak.
ABim5Diam Hltrlcniiiy salpetersanres Am-
moniak, flüchtiger Salpeter, i.Ammoniak9al*e,
AmmOnlns SaccM^ Haupt der nenplato-
nlsehen Philoaophensehale, f Ml n. Ohr.
SU Alexandria; s. Ifeuptatoniktr,
Ammonshdmery s. AmnumUen.
AmmimitioB (lat.), s. t. a. Munition,
Sehiessbedarf. [des Gedächtnisses.
AmnMie (gr.), Schwache oder Verlast
Amnestie (gr.), das Vergessen; insbeson-
dere die Ton einer Staatsgewalt ausgehende
Erklärung, dass verübte Verbrechen einer
^wissen Kategorie rergeben und alle Tom
Gesetze gebotenen straft^chtlichen tfassregeln
dagegen eingestellt werden sollen; kommt
am häufigsten bei politischen Verbrechen
Tor, um die Parteileidenschaften xu be-
schwichtigen und neue, ans Staatsumwalznn-
gen henrorgegangene Zustände zu sichern.
Jtmneatiren, eine A. erlassen.
Amnion (gr.), Schafhäutchen, die innerste
Xiage der häutigen Hüllen, welche den
Embryo im Ei umgeben, scheidet das Am-
nionnoauer aus, worin der F&tus schwimmt ;
lirfert das Qoldschlägerhäutchen.
AmnOD, ältester Sohn des Königs David,
ward wegen Entehrung seiner Stiefschwester
Thamar auf Anstiften Absaloms getödtet.
Amobiisch (gr.) , abwechselnd.
Amon(Iat.), numuthig, lieblich.
AmSnebnrg^ Stadt im preuss. Regbz. Kas-
sel, Kr. Kirch heim, 1087 Ew., früher starke
Festung. Hier 87. Juni 1686 Sieg der Schwe-
den über die Bayern ; 81. Sept. 1768 Gefecht
zwischen den Prenssen u. Franzosen.
Amoly Stadt, s. AnnU.
Amömen^ Neugewürz, Piment, s. Pimenta.
AmSmnm L. , Pflanzengattung der Scita-
mineen. A. granum paradisi Afkd., Melt-
ifuetta (Pfefferstande), in Asien kultivirt,
liefert die in Afrika und im Orient als
Gewürz gebräuchlichen Buradieskürner ; A.
«ardamomum L., in Ostindien und auf den
malayischen Inseln, das officinelle Oarda-
momum rotnndum; A. augustifolium Sonner.,
in Ostindien, auf Madagaskar, die grossen
Kardamomen.
Amor« der Liebesgott, s. EroB»
Amoroacli, Stadt im bayerischen Regbz.
'Unterft'ankeu , im Odenwald, 8403 Ew.;
Eesidenz des Fürsten von Leiningen.
Amoretten, Liebesgötter, s. Eros,
Amorgo (Amurgo), griech. Insel im Ar-
chipel, Büdöatl. von Naxos, 8 QM., 4000 Ew.
Amoriter, kanaanitisches Volk, an beiden
Ufern des Jordans sesshaft, von Salomo
völlig unterjocht.
Amorph (gr.), form- oder gestaltlos, in
der Obemie Gegensatz zn krystallinisch.
Amorphie, Formlosigkeit: Missgeburt.
Amorphm L. (Unform), Pflanzengattung
der Papilionaceen in Nordamerika. A. fru-
tieosa X., ßastardindigo, Zierstrauch.
AmorphozSm (gr.), Seesehwämme.
Amortisrntlon (fr.), Ertodtang, Ans-
löicboif » der Üebergang liegender €Kkt<
Realrechte und Gefälle aos weltlloben Häi
den an eine Kirche , ein Kloster oder Stil
,Kar todten Hand', weil 8<riehe GMter d
durch nnveränsserlich, stenerflrrt nnd de
Verkehr gänzlich entsogen wurden; (Jfo
tiJOcatUm) die amtliche Erklärung, dur<
welche verloren gegangene Wertbpapiei
(Wechsel, Anweisungen, Obligationen, AI
tien etc.), eowie auch andere Urkundi
ausser Geltung gesetzt werden; (Cr. Arno
tUtewunt) Tilgung von Staatsschulden , n
mentlicfa von Anleihen durch auf einm;
oder allmählig nach einem im Voraus b
kannt gemachten Plane (A.iplan«) erfolgend
haare Rückzahlung. Xs- oder 7^gung9fom4
der dazu angewiesene Fonds.
Arnos. Israel. Prophet, unter den K>
nigen Üsia und Jerobeam U. von Israe
um 800 V. Chr., Eiferer gegen die im Reicl
Israel um sich greifende Abgötterei, ein«
der besten hebr. Schriftsteller.
Amotton (lat.) , Entfernung (vom Amte
Entwendung (von Sachen); «nRovire«, b<
seitigen, absetzen.
Amoy (Bmoi), See- und Handelsstadt i
der chines. Prov. Fu - klang , auf der Ins
A., 150,000 Ew. Freihafen.
AmpelogrspMo (gr.), Beschreibung d<
Weinbaues. Amp^lurgie, Weinbaukunde.
AmpelSpsts Michaux (Zaunrebe), Pflanzei
gattung der Ampelideen. A. hedaracea Dec
wilder Wein, Jungfernrd>e, häufig zu Laube
und Wandbekleidungen benutzt.
Ampere (spr. Angpär), l)Andr4 Marie, he]
frauz. Physiker, geb. 88. Jan. 1775 zu Lyoi
seit 1834 Prof. der Experimentalphysik ai
CoU^ de France SU Paris , f 10. Juni 1836 z
Marseille; forderte namentlich die elektn
dynamische Theorie. Sehr. ,Recueil d*obsei
vations 61ectro-dynamiqaes* (1888) ; ,Th^orj
des ph6nom^nes electro-dynamiques* (1830
A.»che8 Oesetx, s. Elektricität. — 8) J. Jacqui
Antoint, franz. Schriftsteller, Sohn des Vc
rigen, geb. 12. Aug. 1800 zu Lyon, Prof. dt
neueren Literatur am Goll^ de France z
Paris, seit 1847 Mitglied der Akademie; f z
Pau 87. März 1864. Sehr. ,Hi8toire litt<
raire de la France avant le Xllme si^h
(1839, 3 Bde.); ,Sar la formation de 1
langue fran^ise< (1841, 3 Bde.) ; ,La Gröc«
Rome et Dante' (1850); ,Histoire romain
k Rome' (1856} ; ,C«8ar' (1850).
Ampezxo, Ort im tiroler Kreise Bozer
an der ampeuaner Strasee, die aus dei
Pnsterthale über die cadorischen Alpe
nach Piede dl Cadore im Venetian. führt.
Ampfer, s. Rumex.
Ampflng, Dorf in Oberbayern, an d. Isei
Hier 28. Sept. 1888 Gkfangennehmung Fried
richs des Schönen durch Kaiser Ludwti
den Bayer; 1. Dec. 1800 Sehlacht zwischei
den Franzosen und Oesterreichem.
AmphUrSus, Sohn des Oi'cles und de
Hypermuestra , Sohn und Theilnehmer ai
der Argonautenfahrt, sowie am Zuge gegei
Theben, ward von der Erde verschloagen
An der Stätte seines Todes ward eil
Tempel mit Orakel errichtet.
Amphibien, s. BepHlien,
AtopluMße. -^ Amsel.
75r
iUipUholIe fAmphibölofie, gr.), • Zw«i-
deutigkeit, DoppeitimiJclKvit.
AmyhlboliseJle ttefulme» Kieselgesteino
(Silikate) mit charakteriBt. Hornblende-
gttbalt» E. B. Sventt, Diorit, Hornl^lande'
gattein, Hornbiendeschiefer, SUoglt. .
Amphlbricliyi (grOt «n beiden Seiten
kqrser, dreisilbiger Yerifuss (w—w).
. ÄmpUkti^neiibandj bei den alten Grie-
cben Verbindung einselner Ydlkersohaften
BV gegenseitiger Beobaobtnng der Tölker-
recbtlichen Yerbaltnisse und Uebnng eines
geaieiniiainen religiösen Knltus. Am einfluss-
reiebsten war der Ampbiktyonenbnnd you
I>elpbi, ein der Sage naob von Ampbictyon,
dem Sohne desDenealion, gestiftetes Bundes-
gericbt, an welchem IS griechische Völker-
flchaften Je 8 Abgeordnete schibkten, die
sich erst zu Delphi, spater in dem Flecken
Aathela bei Tfaermopylft rersammelten,
Zwistigkeiten awischen Staaten n. Städten
beilegten, bürgerliche und peinliche Ver-
brechen, namentlich Verletzungen dos
Völkerrechtes und Verschuldungen gegen
den Tempel zu Delphi mit Geldbussen be-
straften und ihren Beschlüssen selbst mit
den V^affen Geltung Terschafften. Der
Bund erreichte sein Ende, mit dem Verfall
des delphischen Orakels. Vgl. Tütmann,
,Ueber den Bund der Amphiktyonen', 1852 ;
ßerlaeh, ,Hi8tor. Studien', 1841.
Ampbildehma, Sohn des Amphiaraus und
der IQriphyle, Wahrsager, Theilnehmer lun
Zog der Epigonen gegen Theben und der
Qriecben ' g^^en Troja ; nach seinem Tode
göttlicb verehrt, hatte er in Athen einen
Altar und in Mallo ein Orakel.
AjniiliiiBioer (Oretieu», gr.), dreisilbiger,
an beiden Selten langer Versfuss (— -^ —).
AmphioiLy ältester grieoh. Tonkünstler,
Sohn des Zeus und der Antiope , Zögling
der Musen, Verbesserer der Lyra, Gemahl
der Niobe (s. d.), tödtete sich im Schmerz
ober den Tod seiner Kinder selbst.
AMpiilpoden^ s. Flohkr^ifte,
▲mplüpdlts (a. G.), athenische Kolonie
an der Mündung des Strymon in Thracien ;
0j>äter Hauptstadt Macedoniens.
▲mplliflcu» s. A$eii.
AmphÜMM (a. G.) , Stadt in der griechi-
schen Landschaft Locrls; Jetzt Salona.
▲mi^Utlieater (gr.), bei den Bömern zu
Kampf spielen bestimmtes dachloses, orales
oder ruades Gebäude mit der Arena, dem
Schauplatz, in der Mitte und treppenlörmig
ampoFSteigenden, ringsum laufenden Sita-
r^taen. ]>as erste. A. liess Oasar 44 r. Chr.
•rrtobten. Das grösste war das von Ves-
pasian und Titus zu Born aus Stein er-
ricbtete Colosseum (s.d.). Vgl. Fri*dUinder,
«De ampbitheatrisS 1862—68.
Aia-pliltrite^ Tochter des Meergottes
Nereus und der Doris, Gemahlin des Posei-
don, als Herrscherin des Meeres auf einem
Ton Tritonen gezogenen Muschelwagen
oder anch auf einem Delphin sitzend , mit
Poseidons Dreizack in der Hand dargestellt.
AlnphltriiO (Amphürpon), Sohn des Alcäus,
Konica '^^^ Tiryss, Enkel des Perseus,
Oemabl der Alcmene (s. d»)-
AapMn (gr.), bei denOwiooben u. Bömern
thönernes, umenförmiges Qeftss mit engem
Halse und 8 Henkeln, zur Aufbewahrung des
Weins, später auch als Asohenkrug benutzt»
Anphotere Bildungen ^ in der Geognoei»
Bildungen, die unter Mitwirkung dos Feuer»
und Wassers entstanden sind , z. B. vulka-
nische Tuffe. [eines Prozesses.
AmpUatloB (lat.) , Erweiterung; Vertagung
AmpUflkation (lat), Erweiterung; in der'
Rhetorik ausführlichere Darlegung eines
Gedankens.
AHplitado (lat.), Grösse, Herrlichkeit»
Ehrenprädikat des römischen Senats, dessen
Mitglieder jimpliMimi (Hochangesehene).
AmpnllA (lat.), Ampel, bei den Römern
bauchiges Getass für Flüssigkeiten; in der
kathol. Kirche Gefäss für das Salböl oder
Ghrisma. Die A. Remensis (la sainte am-
ponle), der Sage nach bei der Salbui^ de»
Frankenkönigs Chlodwig I. 496 zu Rheims
durch eine Taube vom Himmel gebracht,
enthielt das unversiegbare Oel, womit die
Könige von Frankreich bis auf Ludwig XVI.
gesalbt wurden, ward aber in der Revolution
1794 zerschlagen. Ein Bruchstück davon,
nach der Restauration in die Hände dos
Erzbischofs von Rheims gelangt, soll noch
etwas Oel enthalten haben, welches mau
1885 bei der Krönung Karls X. gebrauchte.
Amputation (lat.), chirurgische Entfernung
von Gliedmassen oder Theilen ^derselben,
geschieht im Gelenk (EnukleaA>n, Exar-
tikulation) oder so, dass man deuKnoeben
durchsagt, wird Jetzt oft ersetzt durch Re-
sektion der Gelenke, s. Betektion, Vgl. die
Handbücher der Chirurgie. Leiekart, ,Kom-
pendium der Chirurg. Operationslehre', 1856.
Amrllkais (Amru -el- Kais) , arabischer
Dichter des 6. Jahrb. v. Chr. , Verfasser
einer Moallaka (herausg. von Hengsten-
berg 1823, Arttold 18Ö0) und eines Diwan
(herausg. von OtuAin de ßUme 1837). Ueber>
setzt von Müekert to ,A. der Dichter und
König* ri84S).
Amriulr (Jmrüsar), Stadt in der anglo-
Indischen Prov. Labore, 99,000 Ew., die alte
heiUge Stadt der Sikbs.
AmruB (Amrcn), Insel an der Westseite
von Schleswig, Austembänke, 400 Ew.
AmsehMpmidfl (pers.), in der Religion
des Zoroaster die 7 höchsten Geister des
Lichtreichs, deren oberster Ormuzd.
Amsdorfy Nikolaus von, deutscher Refor^
mator, geb. 3. Dec. 1483 zu Zschepa bei
Würzen, ward 1511 Professor der Theologie
zu Wittenberg, 1524 Superintendent zu
Magdeburg, 1542 evangelischer Bischof zu
Naumburg, von da durch die Kaiserlichen
vertrieben, 1552 Superintendent zu Eisenach,
als IVeund desFlaotus einer der heftigsten.
Gegner der melanchthonschen Partei und
Verf. vieler Streitschriften, bei der Grün-
dung der Universität Jena mit thätig; f l^«
Mai 1565 zu Eisenach. Besorgte die Heraus-
gabe von Luthers Schriften (1555).
Amsel» s. v. a. Schwarzdrossel, s. Drosseln^
Wasssrataar, Cinclus aquaticus BHat.^Stumus
cinclusi/., Standvogel in Europa, V, lebt wia
ein Wasser vogel am Rande klarer Bäche,
74
Amselbeere — AnAcahutholz.
AmatXbHmjB. t. a. Bhaurnu cathartioa L,
AauelflBld} Thal bei Kossowa in Serbiea.
8ehlaeht S7. (15.) JnnJ 1380 swiscben den
Türken unter Mnrad I. nnd dm Serblem
nnter ihrem Kaiser Lasar, in der beide
Herrseher fielen; Eweite ßehlaehi 19. Okt.
1448 Ewiscben den (siegreichen) Türken
unter Mnr ad n. n. den Ungarn unter Honjrad.
Analer, Bamuel, Kupferstecher, geb. 17.
Dec. 1791 Bu Schittsnach (Schweis), seit
18S8 Professor an der Kunstakademie au
München, f das. 18. Mai 1849. Thorwaldsens
Alexanderzug, Bapbaels Grablegung, Orer-
becks Triumph der Religion etc.
iBUt&dteB, Flecken in Oberösterreich.
Oefeeht 5. Not. 1805 swischen den sieg-
reichen Franzosen unter Murat und dem
Österreich. - russ. Heer unter Bagration.
Amstely Flnss in Nordholland, mundet in
den Busen Y. Danach benannt Amsterdam
und das ehemal. franz. Depart. AmtieUand.
Amsterdam (AmUelodamum), Hauptstadt u.
9! weite Residenz der Niederlande, bedeu-
tender Handelsplatz, am Meerbusen Y und
am Ausfluss der Amstel auf 90 Inseln ge-
legen, mit 800 Brücken, 27,600 Häusern,
48 Kirchen, 4 Synagogen (14 religiöse Be-
kenntnisse) und 271,764 Ew. Königl. Palast
{ehemals Stadthaus) mit dem Krönungssaal;
Börse (1845 vollendet) ; ehemaliges Admira-
litätsgebäude (Jetzt Stadthaus); Palast der
Nationalindustrie; Hoge Sluis (Brücke),
660' lang* mit 86 Bogsn (11 für grosse
Schiffe passirbar) ; die neuen Dämme , 2
Bassins bildend (Raum für fast 1000
Schiffe) : Reichswerft mit Arsenal ; Freihafen
(^s Rijks Entrepot Dock) mit Magazinen;
daran der Park mit botanischem Garten;
Akademie felix meritis ; Institut der Wis-
senschaften und Künste; Seekadetenschule;
Athenäum, 3 Museen (Museum Feodor seit
1866); Sternwarte. Bank der Niederlande
(1824 neu errichtet, Kapital 15 Mill. Gulden,
privilegirt bis 1874). Niederländische Han-
delsgesellschaft (seit 1824, privilegirt bis
Ende 1874)) ; Westindische Kompagnie etc.
Amt, s. y. a. Beruf, insbes. eine zu regel-
mässiger Förderung öffentlicher Zwecke ge-
schaffene Stelle und der Inbegriff der ihrem
Inhaber zukommenden Pflichten und Befug-
nisse; Staats-, Kii*ohen- oder Gemeindeamt.
Amt der Schlimel, s. ScJUiutelgewalt.
AmtsTerbrechen, Verletzung der den Be-
amten obliegenden Pflichten, als: Miss-
brauch der Amtsgewalt zu selbstsüchtigen
Zwecken (amtliche Erpressung; unerlaubte
Annahme von Gescheuken; widerrechtliche
Amtsverleihung; Amtserschleichung; Beu-
gung des Rechts aus Parteilichkeit etc.).
Amm (Amu - Darja, arab. Qihon, der Oxun
der Alten), Fluss in Turan, entspringt am
Belurtagh, mündet in den Aralsee. Länge
350 M., Stromgebiet 12,000 M.
AmmokUttfen. bei den Malaven durch
fibermässigen Opiumgenuss herbeigeführte
Raserei, in welcher der davon Befallene
jeden ihm Begegnenden niederstösst.
Amill(ilmoI^, Stadt in der persischen Land-
schaft Masenderan, am Fluss Aras, 40,000 Ew.
AmnlSt (arab.), Körper mit gewissen Fi-
goren oder InadirifteD, mr Atvir«lir g^afl
Krankheiten, Beiauberuug ato. ^irafl^en.
Am«r (Baehalin, Earamurtn), Havptstr«
Im nordöstl. Asien, entsteht ans der Yi
•inigvng der Söhilfca (ans Siblrlea) and d
Argnn oder Kemlun (aus der Mongole
mündet der Insel Krafto gegenüber In d
Mamiastrasse. Länge 580 M. ; Stromgebi
etwa 53,500 QX.: 430 M. weit för Dampi
schiffbar. Nebendfisse links : Daeja, A nrigni
rechts: Sungarl, Ussuri. Das ganze linl
Ufer des A. nnd der unterste Thell sein^
Laufet seit 1856 russisch. Vgl. OoUin», ,Ei
pioration of Amoor riverS (Newyork) 1851
Der$. , , A rovage down the Amoor etc.% 1861
Am«rgeblety der seit 1856 ruaaisohe The
des Amurlandes oder der Mandacburei, 513
QM. mit (1861) 13,854 Bw. (meist Tungasen]
seit 1856 mit eigner Verwaltung. Sitz dei
selben Blagoweschtscbensk. Vgl. Sehrend
,Rei8en und Forschungen im A. 1854 — 50
1858—67, 4 Bde.; Atkin9<m, Travels in tli
reglons of Amoor, 1860; Behmiii, Glehn x
BrulkiiM, ,Reisen im A.*, 1868.
AmwMtteB (fr.), leichte, einpfündige
früher im Gebii^skriege gebrauchte Kanonen
Am/ela (a. G.), Stadt in Lakonien, sui
Eurotas; berühmter Apollotempel.
Amygdillii, stickstoffhaltige krystellisi
rende Substanz, in vielen Amygdaleen an<
Pomaceen, bes. den bittern Mandeln, ix
Wasser und heissem Alkohol löslich, nichi
giftig, bildet mit Wasser und dem ei<
weissartigen Emulsin, welches neben ihm
und auch in süssen Mandeln vorkommt,
Blausäure, Bittermandelöl und Zucker.
Amygdilns, s. Mandelbaum. [regend«
Amyktisch (gr.), stark angreifend, auf«
Amylen^ Kohlenwasserstoff, aus Fuselöl
gewonnen, farblose brennbare Flüssigkeit,
siedet bei 35o C, früher als Anästheticum
Amflum (gr.), s. Btärkemehl. [gebraucht.
Amyat (Amiot, spr. Amio), Joeeph, franz.
Jesuit, geb. 1718 zu Toalon, ging 1750 als
Missionär nach Peking, f in China 1794. Sehr,
über Alterthümer, Geschichte, Sprache und
Künste Chinas in den ,M6moires ooncer-
uants rhistoire, les sciences et les arts
des Chinois' (1776 — 91, 15 Bde.), ,Diction-
naire tatar-mantchou-fran^^ais*, faeransgeg.
von LangUs (1789, 3 Bde.).
Amf ris L. , Pflanzengattung der Borsera-
ceen, baisam. Holzgewächse. A. Plumieiii[>ee.,
auf den Antillen, liefert Eleraiharz(£lemi occi-
dentale) ; A. Opobalsamuni L. den Balsam von
Mekka. [6ap<t«<«w, Wiedertäufer (s. d.).
Inabaptismus (gr.), Wiedertäuferei; Ana-
Anmblra, Fluss in Sibirien, Gouv. Tobolsk,
mündet in das Eismeer; 70 M.
Anmbmsis (gr.), das Hinaufsteigen, Feld-
zug von der Meeresküste in das höhere
Binnenland, Titel zweier histor. Werke
von Xenophon und Arrian.
AnabätOB (Anabaihron, gr.), in den griedi.
Kirchen erhöhter Ort vor dem Altar Ar
den ministrirenden Diakonus.
Anaeahnitholz , mexikan. Holzart, von
Cordia Bossieri stammend, 1861 nach Europa
gebracht u. als angeblich wirksames Mittel
gegen Lungenschwindsucht empfohlen.
Anaoardlom — Analögon.
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IsMaidtui L,, Pflansengftttiiiig d«r
TenbinthaoeeD. A. ooddentale L,, Aeajcu'
hctum. In Westindieni S&damerika und Ost-
ittdlffin. Die Früchte, wettindiscM EUphanien"
lätue (AcaJonnüsBe, Anacarden, Merknflsse),
dienen zur Bereitung des Kardols, nnans-
löschl. Diote n. als Heilmittel gegen Beissen.
ABaehirl89 s. Wasserpest.
Anaeliints^ scythischer Weiser, Bruder
des Scythenkönigs Saulios, kam mit seinem
Freunde Toxaris su Solons Zeit nach
Griechenland. Hanptheid in BarlMUmys
jReise des Jöngeren A. nach Griechenland*.
Asaehoreteii (grO, Einsiedler, enräckge-
zogen in Wüsten, JBLöhlen etc. lebend; kamen
im 8. Jahrh. auf.
AnacliTonlNnus (gxj) , Verstoss gegen die
Chronologie , indem Etwas in eine Z^t rer-
setzt wird, welcher es nicht angehört, daher
Anaehronistiteh.
AnaeiStns^ 1) Heiliger, der Sage nach
3. Bischof Ton Rom , -f unter Domitiau als
M&rtyrer. Tag 13. Juni. — 2) A. H., Gegpn-
papst InnocenE II. , behauptete sich mit Hülfe
der Normannen u. Mailands 1180—38 in B«m.
ABfteondm^ s. BiesenaeMangs.
Anscreon, griechischer Lyriker, aus
Teos in Jonien, um 560 »478 v. Ohr, Von
seinen der Liebe und dem Frohsinn ge-
widmeten Liedern nur wenige erhalten;
herausg. Ton Bergk (1834) und Schneideioin
(1888) ; übersetzt von ManUer, Bettig, Kanne-
ffiesser, MMke, üschner. Nach ihm benannt
die anakreontische Poesie,
Anaerisls (gr.), in der Musik Auftakt, in
der Metrik Vorschlagssilbe, nach welcher
erst der Rhythmus der Melodie oder Vers-
zeile anhebt.
AnaefcIuZ. C^tn^frZwme), Pflanzengattung
der Kompositen. A. ofllcinarura Hayne, dnU-
toher Bertram, kultivirt, liefert die Bertram-,
Speichel- oder Zahnwurzel, Radix Pyretbri s.
Dentariae; A. Pyrethrum XA;., Anthe)nis Py-
rethrum L. , in Frankreich , Tunis und der
Lerante, die ächte oder römische Bertram-
wnrzei, Rad. Pyretbri veri s. romani.
Amidiplöslfi (gr.), Verdoppelung, als
rhetorische Figur die Wiederholung eines,
besonders des letzten Wortes des voi'igen
Satzes als ersten Worts des folgenden.
AnaddÜ (türk.), s. v. a. Natolien.
ABadyoniene (gr.), die Auftauchende,
Beiname der Aphrodite wogen Ihres Ur-
sprungs ans dem Meere.
Arnrndfr^ Fluss im nordöstl. Sibirien, ent-
springt anf dem Stanewoigebirge , mündet
ins Meer von Kamtschatka (anadyriseher
Meerbusen). Länge 100 M.
Animie (gr.), Blutleere, Blutmängel, her-
beigeführt durch Blutverlust, lange Krank-
heiten, entsteht auch bei mangelhafter Be-
reitung des Blutes, bes. der Blutkügelchen
(Bleichsucht), oder bei anhaltender Beschäf-
tigung mit Blei, Quecksilber oder längerem
Aufenthalt in Sumpfgas enthaltender Luft.
Anästhesie (gr.) , Bmpfindungslähmung,
durch Untbatigkeit der Empfindungsnerven
hervorgebrachter Zustand des ganzen Kör-
pers oder eines Theils desselben, nach
Schlagfl&saen,bei Olinmachten, epilefMäschen
Krämpfen, Wahnsinn, BfiefcsninailKsltideB»
Verletzungen eines Gtofühlsnenren oder Ver-
gütungen mit Morphin, Narootin etc. Wivd
zur schmerzlosen Ausführung chimxg. Opa-
ratiouen, auch bei Gebärenden etc. kftnitlÜnh
hervorgerufen dureb Xtakathmea der XHubbC»
von Ohioroform, früher Aether (amästk»-
tische Mittet) nnd örtlich durch stark»
Kälte. Das Ohloroformiren darf nur der
Arzt vornehmen , denn bei zu starker Ein-
wirkung des Chloroforms kann der Tod
eintreten, indem zuletzt die Thätigknlt der
Athemmuskeln gehemmt wird und daa
Herz still steht. Vgl. Weber, ,Anwendang
schmerzstillender Mittel', 1887.
Anagljpten (Anagljiphen, gr.), Belief-
arbeiten zur Verzierung von Vasen etc.
Daher AnaglypHk, Zweig der Plastik.
Anagni (spr. Ana^ji, das alte Anagitia),
Stadt im Kirchenstaat, Deleg. Frosinone,
6200 Ew., einst Hauptort der Herniker.
AnagnOsten (gr.) , bei den Römern Vor-
leser, gewöhnl. Sklaven; In der alten chriatl.
Kirche Vorleser der biblisohen Abschnitte.
Anagogle (gr.), Erhebung,' Erhöhung.
Anagogieoh , was den Gtoist erhebt; ama§^
giaehe 8chr\ftau^guitg , Art der Bibeler-
klärung, wobei man den biblischen Worten,
eine höhere, symbolische Bedeutung beilegt,
besonders von Philo und der Jüdisoh-alexan-
drin. Schule gepflegt.
AnignuttMter.), Buchstabenversetaangals
Wortspiel, z. B. Gras u. Sarg, Dame u. Made.
Anmk, Stadt in Kurdistan, rechts am
Euphrat, 8000 Ew. Stationsort für die
Karawanen durch die raesopotani. Wüste»
AnmliniCy s. Mexiko. [Lichts und Schalle«.
Anmkampsis (gr.), Zurückwerfnng des
Anskampterlen (gr.), Herbergen für Anne»
Verfolgte etc. neben den Kirchen.
AnaUise (gr.), Brechung, besonders der
Lichtstrahlen. Daher AauMastik, s. v. a.
Dioptrik. Anaklastisehe Instrummte, Apparate
zur Nachweisung der Brechung der Idcht-
strahlen. [ders Krönungsfeierlichkeiten.
Anmkletorlen (gr.), Ernennungs-, beson-
Anaklim^ Festung in Kankasien, am
schwarzen Meer, 1855 im oriMitalisehea
Kjriege zerstört.
Anakolnthon (Anakolutkie, gr.), in der
Grammatik Mangel an Folgerichtigkeit des
Satzbaues, dient als rhetorische Figur aar
Hervorbringung eines Effekts.
Analekten (gr.), Sammlung auserlesener
Stellen aus Schriftstellern, bes. Dichtem;
dann überhaupt Sammelschriften.
Analogie (gr.), Gleichmässigkeit, Ueber-
einstimmung von Dingen in gewissen Be-
ziehungen. Analogischer ßcklmes (AMologi*-
mus), Schluss, welcher aus der Aehnliohkeit
oder Gleichheit zweier Dinge in gewissen
bekannten Beziehungen auf ihre Aehnllob-
keit oder Gleichheit in anderen, oder anf
ihre noch grössere Ueberelnstimmung ge-
macht wird. In der Sprachlehre ist A. die
Gleichmässigkeit der Wortbildung; in der
Mathematik die Ueberelnstimmung gewisser
Grössenverhältnisse.
Analogen (gr.), ein in gewisser Beslehvnc
einem iknilern Aehnliches.
7C
Analysis -^ AnftstMuis.
ijulfiäB (JmdgM; gr.)> Aaflösnnc, Zer-
gltoderang, in der Philosophie die Avf-
Itenag, Zerlegung eines Begriffs in seine
wMenUiohen Merkmale, tm Qegensats cur
fi^thes«; daher «MurfyliMAer Begriff «In
•Meher, der dnreh A. eines anderen, in dem
tx enthalten ist, gewonnen wird; ono^yM-
sefcM Urth^ ein solches» dessen Prädikat
sohon im Begriff des Subjekts liegt, folg-
lich dnreh Zergliederung daraus gewonnen
werden kann; a$tdl^teh» Methode, die
Ton den ertUunngsmassig gegebenen That-
Sachen ausgehende, mittelst Zergliederung
derselben tu den Prineipien der Dinge
nnfstelgende Methode der wissenschaft-
lichen Forschung. In der Mathematik ist
A. die Buchstabenrechnung im weitesten
Sinne des Worts , deren erster Theil die
Algebra ist, und deren sweiter Theil, die
«igontliche A. , in die der endlichen und
Jn die der unendlichen Grössen zerfällt.
Jene begreift die Reihen, Kombinationen,
JLogaritfamen , Kurven etc., diese die Diffe-
rential-, Integral' und Variationsrechnung.
In der Chemie ist A. das Yerfkhren
nur Bestimmung der Bestandtheile eines
Körpers , besteht gewöhnlich in der syste-
matischen Anwendung von Reagentien,
deren Verhalten gegen den au pr&fenden
Körper auf An- oder Abwesenheit gewisser
Stoffe hindeutet. Die A. auf trocknem
Wege prdft das Verhalten der Körper beim
Xrhitsen, Tor dem Löthrohr, in der Flamme
ITlammenroaktionen) und untersucht das
Spectmm der gefärbten Flammen (Spektral-
analyse); die A. auf nassem Wege bringt
den 8U untersuchenden Körper in Lösung
und eneugt in dieser Niederschläge oder
J^rbungen. Die qualüative A, weist nur
die in einer Substans enthaltenen Stoffe
nach und muss stets der quantiiativen A.
▼orausgehen, welche die Mengen der Tor-
bandenen Stoffe bestimmt. Letzteres gc
schiebt entweder mit der Wage (Qewichts-
sinalyse) oder mit Hülfe von Flässigkoiten
Tfm. bestimmtem Gehalt (Mass- oder Titrir-
«nalyse). Die EUmentarandlyse bestimmt
die elementareZusammensetzung oi^^nischer
Stoffe. Vgl. Fresenius, ,Anleit. zur qualit. A.*,
18. Aufl. 1869; Ders., ,Anleit. zur quantit.
A.*, 5. Aufl. 1866; Rose, ,Handb. der quantit.
A..S6. Aufl. 1867 ; ^oUej/,, Handb. der chem.-
techn. Untersuchungen', 3. Aufl. 1865; Mohr,
«liSlirb. der TitrirmethodeS 2. Aufl. W62;Bam-
m^berg, ,Leitf. für die qualit. A.*, 5. Aufl.
1867 ; Bonnenschein, ,Anleit. zur quantit. A.%
1864; WiU, ,Tafeln zur qualit. A.', 7. Aufl.
1866 ; Ders., ,Anleit. zur ehem. A.', 8. Aufl. 1869.
Analytik (gr.), Theorie der Analysis (s. d.)«
Annl)iiiseh, auflösend, zerlegend; in der
Mathematik, was "in die Analysis ein-
sehlägt, analTtische Gleichung, Formel etc.
Anftm, s. Annwn,
-jMnwrtede (gr.), Sündlosigkeit.
^namorphöse (grj, absichtlich yerzerrte
Abbildung eines Gegenstandes, die erst
unter bestimmten optischen Bedingungen
In richtigen Verhältnissen erscheint.
AUiiMy Ananassa L,, Pflanzengattung der
Sromeliaceen. A. sativa lAndl., aus West-
Indlen, wird bei uns In TreSbhinMn» knlti-
Tirt. Imp<nrtirt werden westindische und
brasilianiscfae Früchte. In Martiniq[9« be-
reitet man aus A. einen dem Madeira ähn-
lichen Wein. Nachahmung des Ajvanas-
bouquets durch Buttersäure, Aeiliy]älifa«r .
u. buttarsäureamyläther (ÄntmßsXUher) ; ein»
Lösung desselben in Alkohol ist die Asut"
na/sesnHM. Die Fasern der wilden A. auf
Manila werden zu zarten durohsichtisen
O^toeben (Pina, Grasscloth) Terarbeitet.
Amip (Amapa), befestigte Hafenstadt in
Kaukasien, am schwarzen Meere, 9000 £w.
Awaiiistt Vertftast, bestehend aus S kor-
zen und einer langen Silbe (v."^— ).
Anaphi (Nanphio), Oykladeninsel bei
Santorin, H/a QM., 1000 Ew.
Ammphdra (AvAph«r, gr.), rhetorische
Figur, nachdmokSTolle Wiederholung der-
selben Worte zu Anfang mehrerer auf
einander folgender Sätse.
ABapkiodItfe (AnaphrodUimKne, gr.), der
Zustand erloschener Geschle<dit8lust. Ana"
phrodU, ein Zeugungsunfähiger.
AnaplMtlk (gr.), in der Chirurgie die
Kunst, Terlorne Körpertheile (z. B. eine
Nase) aus andern Theilen desselben Kör-
pers (z. B. aus der Stirnhaut, dem Ober-
armfleisch) wieder zu bilden, auszuheilen.
Anmplei^se (gr.), Herstellung fehlender od.
verlorner Theile des menschlichen Körpers.
Anarclile (gr.), Regierungs- oder Gesetz-
losigkeit; anarekitch, im Zustande der Ge-
setzlosigkeit.
Anuiitis (gr.), Fasten, Nüchternheit.
Anas^ alter Name des Flusses Guadiana.
Anasarka (gr.), Hautwassersucht, An-
sammlung Ton Flüssigkeit in allen Theilen
des Zellgewebes, Symptom anderer Krank-
heiten, wie der brightschen Nierenkrank-
heit, von Herzfehlem, Lungenleiden.
Anistise (gr.), Verpflanzung von einem
Orte an'denandenji; auch Wiedererhebung,
Genesung.
AnsstsslSy Heilige, rornehme Griechin ans
Konstantinopel, zog sich Tor den Liebes-
bewerbungen des Kaisers Justinian in ein
Kloster zu Alexandria zurück und lebte hier
28 Jahre als Mönch; t 567. Tag 10. März.
Anastazlana lex, Gesetz des ottröm.Kaisers
AnastasiuB (491—518 n. Chr.), wonach der
Cessionar vom S<diuldner nur das wirklich
gezahlte Geld zu fordern berechtigt ist; in
Preussen und Sachsen völlig a^ehoben,
anderwärts modifldrt.
Anastsslns, 1) Name von 4 Päpsten : A. I.,
398-401, beseitigte das Schisma zwischen
der römischen und antiochenischen Kirche,
verdammte mehrere Lehren u. Schriften des
Origenes. A. U., 496-98. A. HI., 911 — 13.
A. IV., 1153— 54. — 8)NMne zweier byzan-
tinischen Kaiser: A.L, geb. 480, aus Bpidam-
nus, bestieg in Folge seiner Vermählnn« mit
der Wittwe des Kaisers Zeno 491 den Thron
begünstigte die Monophysiten, kriegte gegen
Perser, Bulgaren, Gothen etc., ward 518 vom
Blitz erschlagen. A. H., flrüher Artemius, re-
gierte 713—15, ward abgesetzt und 719 in
einem Kloster ermordet. — 8) Apostel der
Ungarn, Benediktiner aus Rom, Bischof von
AnütasittB Qrnn — Ancelot.
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Kol^MOi krönle den Heraog StH>l^*>^ ■iu>>
Käaiigj f am 1010.
JÜUMtMliift Grin, s. Amertp^rg,
kmwimtltm L., Pflanzengaätimg der Km-
ciferon« A. hieroohontioa L,, Bote von
Jtridto, in Aegypten, Arabien und Syrien,
mife sehr Terzweigtem Stengel, der nach der
Fra^htreife, und nachdem die- Blätter ab>
£[Q£BUea sind, sn einer nestartigen Hasse
ziieammenscbnunpfl;, dnrch Feuchtigkeit
aber sich wieder entfaltet. Im Mittelalter
«Is heilkräftig nnd in der Traumdeuterei
geschätzt.
ABAstaftbeker Ihrnek, AetsTerfAhren sum
VerrieUältigen von Kopien älterer Druck-
sachen, .durch photographisches DruckTer-
fahren ersetzt.
ABMtOMOM (grO» in der Anatomie Ver-
liiAdnng zweier Gefässäste oder Nerven.
Dnrch zahlreiche A.n entsteht das Ader-
nets und Adergefleoht , besonders im Ka-
pillargelätasystem. In der Botanik die Ver-
Äatelung der Oefässbändel, z. B. in den Blät-
tern. AntuUmtoiUche Mittel, Heilmittel zur
Öeffnung der Poren nnd Mündungen der Ge-
isse, zur Erzeugung Ton Blutungen etc.
AmMtrj^phe (gr.), Umkefarung, gramma-
tiache Figur, wobei die gewöhnliche Wort-
folge Yeiändert wird.
Autiienu (gr.), Weihgeschenk, Jeder zur
Weibe ausgesetzte Gegenstand, auch im
l)öfl^ Wortsanne, daher die Kirchenbann-
formel: Anathema esto ! er Sei verflucht. Ana-
th^auMtiairm, mit dem Kirchenbann belegen.
AnntoelimiU (gr.), das Ziusvonzinsen-
nehmen; vor Aufhebung der Wachergesetze
^gesetzlich verboten.
Aiuttdle (gr.), Sonnenaufgang, Osten;
aneUciiach, östlich, morgenländisch.
ABAtolieB, 8. Natolim.
ABatoliaSy Bischof von Konstantfnopel
z^it 449, Gegner der Monophysiten, nahm
.zuerst den Patriarchentitel an, f 458.
Anatomie (gr.), Lehre vom Bau der Orga-
nismen, zerfällt in thierische A. (Zootomie)
o. Pflanzenanatomie (Fhjftotomie). Die prdk-
tische A, (Zei^liederungskimst) gibt Anleitung
zur anatom. Untersuchung; die theoreliacJie
A' (Zergliederungskunde) schildert die Er-
gebnisse der anatom. Untersuchung; die
vergleichende A. beschäftigt sich mit den
Aehnliohkeiten und Verschiedenheiten im
Bau der Thiere; die mikroskopische >!. oder
Gewebelehre liandelt von den feineren
Strukturverhältnissen; die pathologische A.
von den krankhaften Veränderungen in
Xiagerung und Struktur der Organe. Nach
der Methode, welche die A. befolgt, unter-
scheidet man systematische und topogra-
phische, Erstere zerfällt in Osteologie, Lehre
von den. Knochen und Knorpeln, Syndet'
mcicgis oder Bänderlehre, Myologie oder
Muflkellehre , Angiologie oder 6«fässlehre,
Jfeurclogie oder Nervenlehre und Splanchno-
logie oder Eingeweidelehre.. Die topogra-
phische oder chirurgische A., benonders für
den operirenden Chiinirgen wichtig, be-
schreibt die in bestimmten Abtheilungen
ntegionen) des Körpers liegenden Theile.
Die A. für bildende Künstler ist wesentlich
topographiseh. I%itcsQphische A. Ist lint>
Wicklungsgeschichte; mit der (hmiheltthn
sununmen hat man sie als allgemeine A. der
systematischen oder speciellen A. gegenüber*
gestellt. Religiöse Bedenken verhinderten
im Alterthum die Zergliederung menschlicher
Leichen} man beschränkte sich auf Untersu»
chung der Thiere ; in Alezandria aber wurde
wenigstens eine Zeit lang auch menschliche
A. getrieben; Galens Studien wurden wohl
hur an Thieren ausgeführt; erst Mondini de*
Luzzi (ISOfl^ zergliederte ölTentllch menschl.
Leichname und schrieb das erste Lehrbuch
der A* Im 16. Jahrb. wurden durch Vesal»
Eustachi u. A. glänzende Entdeckungen ge-
macht, dann begannen die mikroskop. Sta-
dien, Harvey entdeckte den Blutkreislauf,
Aselli dieLymphgefässe, Malplghi, Leeuwen-
hoeck, Swammerdam und Buysch förderten -
die feinere A. Die Reihe deutscher Ana-
tomen b^innt mit Haller, und jetzt nimmt
Deutschland den ersten Rang ein. In der
neuesten Zeit herrscht bes. das Studium der
patholog. A. vor. Hand- u. Lehrbücher der
syst^mat. A. lieferten ^ocifc (4. Aufl. 1849,
2 Bde.), d' Alton (%, Aufl. 1862), Henle
(1855-68, S Bde.), ffoUstein (4L. Aufl. 1865):
der topograph. Eyrtl (4. Aufl. 1860, SBde.)
u. Engel (1859); der prakt. SyrÜ (1860); der
mikroskop. K^iker (1850-57, 2 Bde.); der
patholog. Sokitanski (3. Aufl. 1855 — 61,
SBde.) , Sock (4. Aufl. 1864) , Förster (Handb.
S. Aufl. 1862, 2 Bde.; Lehrb. 8. Aufl. 1868)
u. Engel (1865); der vergleichenden Gegen-
6oMr (2. Aufl. 1870) u. Schmidt (5. Aufl. 1865);
anatom. Atlanten £ock (5. Aufl. 1864 bis
1866); für patholog. A. Albers (Heft 1-40,
18S2— 60). A. (anatom. Theater, Präparir-
saal) heisst auch das Lokal, wo anatom-
Untersuchungen angestellt und anatom. Vor-
lesungen gehalten werden.
AnaxagSrsSy griech. Philosoph der Joni-
scben Schule, geb. um 500 v. Chr. zu
Clazomenä in Kleinasien, Freand des
Perlcles, erklärte Sonnen- u. Mondfinster-
nisse, Erdbeben etc. für natürliche Er-
scheinungen, t in Lampsacas 428. Die
Fragmente seiner Schriften gesammelt von
Schorn 1829. Vgl. SchleierTnacher , ,tJeber
A. PhilosophieS 1815.
Anaximander, griech. Philosoph der
jonisclien Schule und Mathematiker, geb.
zu Milet 610, f ^6 v. Chr., stellte ala
Urprincip der sinnlichen Erscbelnungswelt
das Unbegrenzte, Unbestimmte auf, aus
welchem sich die Gegensätze durch ewige
Bewegung abscheiden sollten, um schliesa-
lich in dasselbe zurückzukehren. Vgl.
ßehleiermaeher , jUeber A.*, 1811.
AnftxlnieneB , griech. Philosoph der jo-
nischen Schule, wirkte um 556 v. Chr.,
stellte den unbegrenzten, stets in Schwin-
gung begriffenen Aether alu den Grund
und Urstoff aller Dinge auf.
Ancelot (spr. Angslo), Jacq. Arsine Polp^
earpe Franffoie, franz. Dichter, geb. 9. Jan.
1794 zu Havre, seit 1841 Mitglied der Aranz.
Akademie, t 8. Sept. 1854 zu Paris. Schrieb
mehrere Dramen und Vaudevilles , das Epos
,Marie de Brabant', Episteln etc. ,Oeavre»
78
Anceps — Anderlom.
oempl^M* (18S7)« — Seia« Gattin, MargutrUe
Loui— Virginie A. , geb. Chardon, geh.
15. Min 1799, ebenfitlls drainat. Schijit>
■teÜerin. ,Th6fttre complet« (1848, 4 Bde.).
ABMpl (lat.), doppelt, cweideutig, in der
Prosodik eine Silbe, welche sowohl lang
als knrs gebraucht werden kann: ::=:
ABcUtoeSy Herrscher in Dardanns, Sohn
des Gapys, Urenkel des Tros und mit dem
trojanischen Königsgeschlecht verwandt,
enieogte mit Aphrodite den Aeneas, ward
▼on diesem ans dem brennenden Troja
hinausgetragen, f in Sioilien.
ABChOTll (spr. AntschÖTi), Engranlis
enorasicholos L», Fisch aus der Vamilie
der Hiringe, 5 — 6". Nord- und Ostsee und
Mittelmeer. Gesalzen n. marinirt wichtiger
Handelsartikel.
ABClcmietit (tt,, spr. Angsjennetat),
Dienstalter, besonders Ton Militarpersonen,
bedingt bei diesen in der Bcgel d. Avancement.
Aaineii regime (fr., spr. angsj&ng reschim),
das alte Begiment, nach siegreichen Re-
▼olntionen Beaeichnung von Massregeln
aas der Zeit vor der Revolution.
ABtifle (lat.), kleiner, ovaler Schild, der
▼om Himmel in Numas Hand gefidien sein
»oll und, als Pfiimd der Weltherrschaft Roms
geltend, als heilig aufbewahrt wurde.
Aneillon (spr. Angsiljong), Friedrieh oder
JiMfi Pierr« Fr4d4ric, preussischer Staats-
mann, geb. 90. April 1767 zu Berlin, auerst
Prediger der fransös. Gemeinde u. Professor
an der Militärakademie bu Berlin , seit 1810
liTzieher des Kronprinzen, trat 1814 als
geh. liOgatlonsrath ins Ministerium des
Auswärtigen, wurde 1831 zum wirklichen
geh. Rath und Staatssekretär und 1833
aum Minister des Auswärtigen ernannt, auf
vrelchem Posten Erhaltung des europ. Frie-
dens und ängstliche Ueberwachung jeder
politischen R^ung im Volke sein Hauptbe-
streben war;t 18. April 1837. Sehr. ,Tableau
des r^volutions du systime politique de
l'Europe depuis le Xvme si^le* (1803—5,
4 Bde.); ,M61anges de litt6rature et de
Philosophie' (1801, 8 Bde.; 3. Aufl. 1823,
4 Bde.); ,Zur vermittel, der Extreme in den
Meinungen' (1828—31, 2. Aufl. 1888, 2 Bde.).
AnckarstroBK JoK Jak,, geb. 1762, vormals
schwedischer Gardehauptmann, trat 1790
der Adelsv^rschwörung gegen Gustav III.
▼on Schweden bei u. verwundete diesen auf
dem Maskenballe in der Nacht vom 15.— 16.
März 1792 durch einen Pistolenschuss tödt-
Uch, ward 27. April hingerichtet.
AneOiuly ital. Prov. (Marken), 34,7 QM.,
857,630 Ew. Die Hauptstadt A., am adriat.
Heere, 31,857 Ew. (5000 Juden), Festung,
Freihafen (Molo von Hadrian erbaut). Die
ftühere Mark A., seit 1532 päpstlich, um-
fasste die Delegat. A. und Maoerata. Be-
schiessung durch die Piemontesen und
Kapitulation von A. 29. Sept. 1860.
ABeOra (ital., Mus.), noch einmal.
ABcre (spr. Angk'r), Baron von Lussigny,
Marechall d^ eigentlich Concino Coneini, aus
Florenz, kam 1600 im Gefolge Marias von Me-
dici, der Gemahlin Heinrichs IV. , au den
franz. Hof, wurde unter der Regentschaft der |
Kftnigla JUctlscher Inhaber der Staat^gewatt,
1613 Marschall und erster Minister, nahm
vom erkauften Marquisat Anere in der II*
cardio den Titel an. Stolz nnd anmaztend
fiel er als Opfer einer Verschwörung des
Adels 24. April 1617. Seine Gemahlin,
JBIeonofo Dori, gen. OaUigaX, wurde einige
Monate später wegen Zauberei hingerichtet.
Aneidy San Carlo* de, Hauptstadt der
chilenischen Insel Chiloe, 4200 Bw.
AacM lUlclUy 4. König von Rom, 6S8—
614 V. Chr., durch seine Mutter Pompllla
Enkel des Nnma, gründete Ostia als
Hafenstadt Roms, krl^te glfioklloh gegen
benachbarte latinische Stämme, befestigte
das Janiculnm jenseits des Tiber.
Anerra, s. Angara.
AHdÄlaitem (Vandalieia), Landschaft im
südl. Spanien, zwischen der Sierra Morena
nnd dem Mittelmeer, zu beiden Seiten des
Guadalquivir, ehemals die 4 maurischen
Reiche: Oordova, Sevilla, Granada und
Jaen, Jetzt die 8 Provinzen : Huelva, Oadix,
Sevilla, Jaen, Gordova (Nieder-A.), Malaga,
Almeria, Granada (Hoch-A.) umftssend;
1581 QM. und 3,116,255 Ew. Reich bevöl-
kerte, fruchtbare, wohlkultivlrte Gegenden
(Vegas) neben menschenleeren Steppen und
Einöden (Dehesas deepoblados) , in Folge
des Sturzes der Maurenherrsohaft 1499 nnd
der Vertreibung von i/s Mill. Juden. Klima
im Süden das heisseste Europas. Berühmte
Pferde. Oel n. Orangen. Die Bewohner von
maurisch-oriental. Typus, Sprache ein ver-
dorbener Dialekt dos Kastilianischen.
AndamiHen^ brit. Inselgruppe im bengal.
Meerbusen^ 4 gnrössere u. zahlreiche kleinere
Inseln; von Negritos bewohnt; seit 1858
Verbannungsort für Empörer in Ostindien.
Andantamente (ital.), ununterbrochen.
AmdiBte (ital.), musikal. Tempobezeich-
nung für gehend (zwischen Adagio und
AUegro); ein Tonstück in diesem Tempo.
Andantino, weniger langsam als A.
ABdehnl (Ankoi), Staat im südlichen
Turan, unbekannt; die HauptMadt A.,
wichtig für den Karawanenhandel zwischen
Buchara und Afghanisten.
AndechSy ehemal. Bergschloss am Ammer-
see in Oberbayem, später Benediktiner-
kloster und Wallfahrtsort. Die Ora/en.
von A, erhielten 1202 die Herzogswnrde
von Meran, erloschen 1248 mit Otto n.,
worauf ihr Besitz grösstentheils an Albert I.,
Grafen von Tirol, fiel.
Andeery Dorf in Granbünden, im Scham -
serthal am Hinterrhein, 600 Ew.; eisen-
haltige Schwefelquelle mit Kurhaus.
Andegazty s. Antogaat,
Anden (Andes), s. OordiUeren,
Andentanne^ s. v. a. Araucaria.
Anderlecht, Flecken im belg. Südbrabant,
unweit Brüssel, 9850 Ew. 14. Nov. 1792 Sieg
der Franzosen unter Dumouriez über die
Alliirten, wodurch Brüssel verloren ging.
Anderlonly Pietro, Kupferstecher, geb. in
^. Eufemia bei Brescia 12. Okt. 1784,
Schüler Longhis, seit 1831 Direktor der
mailändischeu Kupferstecherschule, f zu
Oabiate bei Mailand 13. Okt. 1849. Haupt-
Andermatt — Andrea.
79
•llBbe: Bk»hg9täMbi (lisiMi), AttiUs Zug
8Bg*n Born, Urtheil fialomos und Maria
mit dem Kinde (Raphael), Mose« am
Bnumen (PouMia).
▲ademmtty Dorf im Kanton Uri, im Une-
ranthal, an der Gotthardstrasse, diSS* hoch.
▲■ftonuieli^ alte Stadt Im prauss. Regb«.
Xoblenii Kr. Mayen, am Rhein, 4S23 Ew.
Merkwürdige Kirche (IS. Jahrh.). Ehedem
r6m.^e8tang (Andemacum), spater Residenz
der JCerovinger. Hier 8. Okt. 976 Sehlaeht
BwischenKarl dem Kahlm nnd den S Söhnen
Iindwigs. Seit 1496 kölnisch, seit 1815 prenss.
•AadeciMiy Ha$u C^rMian, danischer
IMchter, geb. 2. April 1805 an Odense auf
Tfinen, seit 18S3 yiel auf Reisen, lebt in
Kopenhagen. Als Romandichter ansge-
Beichnet: ,Der Improvisator* (1884), ,0.
T.* (1836), ,Nnr ein Geiger' (1887), ,£ines
Dichters Basar' (1842), »Gesammelte Hi-
•toriMk' (1851 IT.), ,Sein oder Nichtsein'
(1857); ebenso als Marchendichter: ,Mar-
chen* (1843). Selbstbiographisch: ,Das
Märchen meines Lebens' (1847) nnd ,Mit
liiTS Erentyr' (1844). Ausserdem ,Gediehte'
(1831) u. Reiseschildemngen. «Gesammelte
Werke' (deutsch 1853-67, 46 Bde. : d&nisch
1868—62, 23 Bde.).
Aad«rM0«9 KarlJohatin, AMkareisender,
geb. 1827 in Schweden, drang 1850 — 51 mit
d. Engländer Gkilton durch das Damaraland
bis Bum ÜTampo , 1858 bis anm Ngamisee
▼or, bereiste 1858—59 nnd 1866 das Strom-
gebiet desKunene, entdeckte den Okavango :
^ unterwegs 5. Juli 1867. Sehr. ,IjakeNgamr
(1855), »OkavaugoriTer' (1861).
AadieneB^ dem Versicherer ron einem
Seeschaden Mittheiluug machen, Pflicht
des Versicherten.
Aadlaw» 1) Frame Xaver von A., badischer
Diplomat, geb. 6. Okt. 1799 su Vreibutg,
ftingirte 1830 — 56 erst als Legationsrath,
dann als Geschäftsträger und Minister-
resident in Wien, Paris und München und
lebte seitdem meist in Baden-Baden.
Bohr. ,Erinnernng8blätter aus den Papieren
eines Diplomaten' (1857); ,Mein Tage-
buch' (1862, 2 Bde.); ,Die Frauen in der
Geschichte' (1861, 2 Bde.). — 2) HeinHch
Bernhard, Freih. von A., Bruder des Vor.,
geb. 20. Aug. 1802, seit 1833 Mitglied der
ersten badischen Kammer, Vorkämpfer der
katholisch -feudalen Fraktion. Sehr. ,Der
Anflruhr und Umsturz in Baden' (1850).
ABdoeldes» attischer Redner, geb. 467 zu
Athen, floh, in den Prozess gegen AIcibiades
wagen Verstümmelung der Hermensäulen
Terwickelt, kehrte nach dem Sturz der
dreissig Tvrannen zurück, yerliess dann
sein Vaterland wegen Fehlschiagens einer
Gesandtschaft nach Lacedämon für immer.
Seine yollständig erhaltenen Reden, berausg.
XL. a. Ton SehiÜer (1835) , übersetzt von
.Beelrer (1832), sind wichtig für die Ge-
Bchicbte des peloponnes. Kriegs.
Amdoniy s. Marrubium.
Andorra, kleiner Freistaat, am Südftiss
der östl. Pyrenäen, zwischen Frankreich
nnd Spanien, 9 QM. mit 4000 Ew.; ron
liUdwig dem Frommen 805 gegründet.
, JMe JBimifaeio dTA. • BOta,
brasil. Staatsmann nnd Dichter, geb. 18. Juni
1765 zu Villa de Saatos in der brasil. Prov.
Sio-Paulo, ISOOCtonerallntendantdesportog.
Bergbanwesens , kehrte 1819 nach BrasHien
surück, Jan. 1822 bis Juli 1823 Minister des
Innern, dann Terbannt, 1829 zurückgerufen»
1831—34 Vormund Dom Pedros IL, f ^>
April 1838. ,Poe8ia8 d'Americo Elyseo'
(1825). Auch seine Brüder Antonio Carlo
u. Martino Franeeaco d^A, bekleideten 1840
und 1841 in Brasilien Ministerposten.
Andrae, Karl Christoph Qeorg, dänischer
Staatsmann, geb. 14. Okt. 1812 zu HJerte-
bjerg auf der Insel Möen, 1848 Mitglied
der NationalTersammlnng und des Folks-
und Landsthings, Dec. 1854 bis Juli 185S
Finanzminister.
Aadral, Gabriel, franz. Arzt, geb.
6. Not. 1797 zu Paris , Professor der Pa-
thologie nnd Therapie daselbst, seit 184a
MitgUed der Akademie, f ^- ^«^r« ^851.
Sphr. ,Glintqne m6dicale' (4. Aufl. 1840,
5 Bde. ; deutsch von Flie» 1842—45, 5 Bde.);
,Pr«cIs d'anatomie pathologique' (1829,
3 Bde.; deutsch von Becker 1829—30, 2 Bde.) ;
,Cours de pathologie interne' (2. Aufl. 1848,
3 Bde. ; deutsch ron ünger 1886—38, 8 Bde.).
ABdrigy(spr. -draschi),l)XarI, GrcJ, ungar.
Patriot, geb. 29. Febr. 1792 zu Gömör, auf
den Reichstagen von 1839 und 1840 schlag-
fertiges Mitglied der Opposition, Vorsitzen-
der der Tlieissregnlirungsgesellschait, f
1845 zu Brüssel. — 2) Emanud, Graf,.
ältester Sohn des Vorigen, geb. 8. Mära
1821, unternahm 1849 eine Reise nach Ost-
asien, die er beschrieb, ward 1860 Ober-
gespan des zempllner Komitats. — 3) Juliu»
(Gyula), Grqf, des Vorigen Sohn, geb. 8. Mära
1823, 1848 als Obergespan Führer des
zempllner Landsturms bei Schwechat,
später Gesandter der debrecziner Regierung
in Konstantinopel, ging dann nach Paris,,
kehrte 1860 nach Ungarn zurück und
stimmte als Mitglied des Landtags 1861 mit
der deakschen Partei, seit 17. Febr. 1867
Präsident des ungar. Ministeriums. — 3)
Georg, Graf, geb. 5. Febr. 1797, Direktor
der ungar. Akademie, altkonservatives Mit-
glied des Landtags, 1862—64 Judex Curiae.
Andr^, Musikerfamilie, seit 1799 im Be-
sitz von Mozarts Nachlasse. Johann A,, geb.
28. März 1741 zu OlTenbach, gründete 1774
die Andr6sche Musikalienhandlung, f 18.
Juni 1799 zu Offenbach. Operetten (»Der
Töpfer', ,ErwIn u. Elmire'), Lieder (z. B.
»Bekränzt mit Laub etc.') u. A. Sein Sohn,
Joh, Anton, geb. 6. Okt. 1775 zu Offeubach,.
t das. 6. April 1842 als hess. Hofkapell-
meister, bedeutend als Lehrer, Theoretiker
und Komponist. ,Lehrbuch der Tonsetz-
kunst* (1832). Opern (,Weiber von Weins-
berg'), Symphonien, Quartette, Lieder.
Anarea^ 1) Jakob, protestantischer Theo-
log, geb. 25. März 1528 zu Waiblingen in
Wurtemberg, seit 1562 Kanzler der Univer-
sität und Propst zu Tübingen , f ?. Jan.
1S90, Mitverfasser der ,Konkordienformel'.
— 2) Joh. Valent., origineller Schriftsteller,
Enkel des Vorigen, geb. 17. April 1586 zc
60
ADdreani — Andromeda.
Bemnbelrg b«i Tabingen, Mit 1650Gt«n«ral-
«nperlntondent au Babenhansea o. Abt in
Adelbergt 1 87. Juni 1<K4 au Stuttgart, angeb-
licher Stifter oder Erneuerer des Ordens der
Bosenkrenser, schrieb »Chymisohe Hoeh-
seit Christioni Bosenkreus* (1616), «Christ-
lieh Oemäl' (1612 und 1614), »Geistliche
KorzweU' (1619) u. A. m. Vgl. Ho9Aa6h,
,A. n. s. Zeitalters 1848.
AndreiBly j&ndraat, Kupferstecher und
Vormschneider, g^eb. 1660 zu Mantua, f
1^ Bu Boni, gen. der ,kleine A. Durer'
Mregen seiner schönen Holzschnitte In Hugo
da Garpis Manier (Helldunkel). [pels.
Andreanoirinseu^Theil des Aleutenarchi-
Andreasy Apostel, Bruder des Petrus, aus
Bethsaida, ging yon Johannes dem Täufer
zu Christus über, yerkündigte der Sage nach
•das Erangeliuni in Scjthien, Kleinasien,
Thracien und Griechenland und soll zu
Paträ in Achaja gekreuzigt worden sein
<(30. Not. 62 oder 70), und zwar an einem
Kreuz mit schräg gestellten Balken (^),
AnAreatkrewt. Schutzheiliger von Schottland
imd von den Bussen als ihr Apostel Terehrt.
,Acta Andreae*' und ,Acta Andreae et
Hatthaei' apokryph. Apostelgeschichten.
Andreas 9 1) Könige von Ungarn aus der
Dynastie derArpads: a) A. L, regierte seit
1046, yerfolg^e anfangs das Cbristenthum,
das er später begünstigte, erwehrte sich
der Angriffe der Deutschen, fiel 1058 im
Kampfe gegen seinen Bruder Bela. —
b) A. IL-, regierte seit 1205, hatte mehrere
Empörungen zu bekämpfen, machte 1217
•einen erfolglosen Kreuzzug, erliess 1222 die
Bulla aurea, das alte Grundgesetz der
Ungarn, welches die Vorrechte der Magnaten
feststellte; f 1236. — c) A. lU., Enkel des
Vorigen, Sohn des Stephan Posthumus, der
letzte der Arpads, regierte 1290-- 1301. —
2) Sohn König Karls IT von Ungarn, ward
als Knabe nach Neapel gebracht und mit
dor Erbtochter Johanna vermählt, als
König von Ungarn aber nicht anerkannt,
20. Aug. 1345 ermordet.
AndreMbergy Bergstadt im preuss. Begbz.
.Hildesheim, Kr. Zellerteld, südl. vom
Brocken, 3510 Ew. Silbergruben.
Andreasgroseheil, ältere hannoversche
Konventionsmünze, =: 1 Sgr. öVi Pf.
Andreasgulden, flandrische Goldmünze
von 1470 ; auch braunschweig - lünebur-
gischer Gulden, Harzgulden, == 2Si^^ Sgr.
Andremsorden, erster russischer Orden,
gestiftet 30. Nov. (10. Dec.) 1698 von Peter
d. Gr. für Glieder der kaiserl. Familie,
fürstl. Personen, Generale en chef etc.
Andreasnacht, die Nacht vom 29. zum
30. Nov., dem Gedächtnisstag des Apostels
Andreas, eine der gesegneten Zeiten des
Jahres, in welcher der Aberglaube durch
Anrufung des Heiligen Mancherlei bewirken
wollte.
Andreasthaler, hannöv. Speciesthaler zu
2 Guld. im 12-Thalerfuss, =1 Thlr. 162/» Sgr.
Andree, Karl Theodor, deutscher Schrift'
steller, geb. 20. Okt. 1808 zu Braunschwelg,
1838— 53 Redakteur verschiedener Zeitungen
{vL. a. der Deutschen lieichszeitung und des
Baramer HandeUUaHa), leMe dann« 1868
tarn Konsul dar Bepfublik Chile eraauift,
in Leipsig,, spit« In Dresden. 8chrM»
,Nordamerika in geographischen und ge-
■ohichtlichen Umilsaen« (2. Anfl. 1864);
»Geographiaohe Wanderungen* (1859, SBde.);
,Bneno8-A3rre8 und die argentinische Be-
publik' (1856); ,Vorschungsrefsen in -Ara-
bien und OstafHka* (1860 £, 9 Bde.);
«Geographie des Welthandels' (1^63-^, Bd.
1 und 2); seit 1861 die Zeitschrift ,QIobn,
Organ für Lander- u. Völkerkunde*, 17 Bde.
Andr^Olsy, AmUtin» Franf., Gra^, franz.
General, geb. 6. März 1761 zu Castetnandary,
Urenkel Frauf. A.s, des Erbauers des Ka-
nals von I*nguedoc (f 1688), focht in den
Bevolutionskrlegen, ward 1799 Kriegsmial-
ster, 1802 Gesandter in London, später in
Wien und Konetantinopel, nach Napoleons
Bückkehr von Elba als Kommissar den
Alliirten entgegengesandt; f 10. Sept. 1828
zu Montauban. Vor/, mehrerer Schrlflien
über physikalische Geographie, Wassertem-
wesen und Kriegsgeschichte.
Andrf«. Stadt in der unteriial. Prov.
Terra di Bari, 80,070 Ew.
Aildriaii-Iferbiirgy Victor, Freiherr wm,
politischer Schriftsteller, geb. 17. Sept.
1813 im G&iaischen, 1848 Parlamentanit-
glied, dann bis März 1849 Beichsgesandter
in London, f >« Wien 25. Nov. 1856.
Schrieb ,Oesterreieh und seine Zukunft'
(1841 — 47, 2 Thle.), ,Centralisation und
Decentralisation in Oesterreioh* (1850).
AiidriBiix(spr. Angdriö), Franf, OuiilaumB
Jean Stani$lcu, firanz. Dramatiker, geb. 6. Mai
1759 zu Melun, ward 1814 Prof. am College de
France, 1816 Mitglied u. 1829 Sekretär derAka-
demie der Wissenschaften zu Paris, f 20. Mai
1833. Lustspiele: ,Moli6re avec ses amis*;
,Le vieux fat* etc. ; Tragödie ,Brutus'. ,Ge-
sammelte Werke' (1828, 6 Bde.).
Androgynie (gr.), Verbindung männlicher
und weiblicher Geschlechtstheile in Einem
Individuum, ohne die Möglichkeit der
Selbstbefruchtung, bei Mollusken (Wein-
bergschnecke) , Würmern, Entozoeu.
AadroideH (gr.), Automaten von mensch-
licher Gestalt, die menschliche Thätigkeit
nachahmen. [gerippe.
Andrölltli (gr.), versteinertes Menschen-
Andromache, Gemahlin des trojanischen
Helden Hector, Tochter des Königs Eetion
von Theben iuCilicien, edle Frauengestalt
der homerischen Ilias, ward nach Trojas
Eroberung von Pyrrhus, dem Sohne des
Achilles, nach Epirus geführt und gehörte
später dem Bruder Hectors, Helenus, an;
Hauptperson einer Tragödie des Suripidea.
AndromaehuB. aus Kreta, Leibarzt des
Kaisers Nero, Erfinder des Therlaks als
angeblichen Gegenmittels gegen animal.
Andromanie, s. I^tymphomanie. [Gifte.
Andromeda, 1) Tocliter des äthiopischei^
Königs Cepheus und der Cassiopeja, ward,
an einen Felsen geschmiedet, einem von
Poseidon gesandten Meerungeheuer preis-
gegeben, von Perseus befreit und dessen
Gattin. — 2) Sternbild am nördl. Himmel*
66 Sterne, davon 3 zweiter Grösse.
Andromeda — AngeUco.
81
Xr., Pflansengattnng dw
Erlogen, Zierstraaehdr aus Asiea nnd
Amerika. A. polifölia L,, Lavendd-, Bot-
marinaeide (falscher Porst) , bei uns auf
Torf- und Moorboden, narkotisch giftig.
Ifldnmleos, Name dreier bysantinischen
Kaiser: A. I., Sohn des Isaak Gomnenus,
ward nach Manuels Tode (1182) zum Kaiser
aiu^mfen, regierte streng,- 1185 ermordet,
der letale Komnene. — A. ü., Sohn des
Michael Paläologus, regierte seit 1283,
ward Ton seinem Enkel A. HL 1328 ge-
stürzt und in ein Kloster gesperrt und f
1888. Letzterer ward nach kurzer Regie-
rung Ton den Türken und Bulgaren rer-
trieben, f 1341.
AndronicoSy 1) A, a«« ^hodu9, peripatet.
Philosoph , lebte au Giceros Zeit In Bom,
Erklärer der Schriften des Ariatot^es.
Die ihm zugeschriebene Schrift über die
Lieidettsfdiaften, sowie eine Paraphrase von
des Aristoteles Ethik gehören wahrschein-
lich dem A. OaUiatm» an, einem griech. Ge- <
lehrten des 15. Jabrh., der U78 in Frank-
reich f. — 2) Bom. Dichter, s. IAviu$ A.
AbAtobUlow, Iwan Malchaaowitseh, Fürst,
russischer General, geb. 1801 zu Tiflls, seit
1850 BfllitärgouTemenr daselbst, befehligte
Im Krieg von 1854 die Truppen in Gurion,
Imeretien, Mingrellen u. Achalzik, schlug
'die Türken unter Selim-Pascha bei Osurgeti
(16. Juni),_trat 1855 ins Privatleben zurück.
AndTOpogom L. (Bartgras), Pflanzengat-
tnng d^r Gramineen. A. muricatum Retx.,
Ton Koromandel und Bengalen, liefert die
YetlTer- oder Iwarankusawurzel, ein reizen-
des und scfaweisstreibendes Mittel.
AmdroB (Andro), Insel der Cykladön, am
Südende von Euböa, 4,7 QM., 21,000 Ew.
Hauptttadt A., 1800 Ew.
ABd^Jmr^ Stadt In der span. Prov. Jaen
(Andalusien), am Guadalquivir, 12,850 Ew.
AneaatireB (fir.), vernichten, für nichtig
erklären.
Aneed$ta (gr.), bei den Alten alles noch
nicht schriftlich Bekanntgemachte; alte zum
ersten Mal gedruckte Schriften. Anekdote,
kurze Erzählung von witzigem, über-
raschendem, zum Lachen reizendem Inhalt.
Anemogriph (gr.), eine die Veränderungen
der Windrichtung auf einem Papierstreifen
aelbstregistrirende Vorrichtung. Anetnome'
ter, Instrument zur Messung der Stärke
des Windes; man bestimmt die Umdre-
hungsgeschwindigkeit eines Flügelrades,
oder die Hebung eines Pendels, das unten
«ine Platte trägt und sich stets gegen den
Wind stellt. Anemoskop, Windzeiger.
AneMOlogle (gr.), Lehre vom Wind.
AmemSB« L, (Windröschen), Pflanzengat-
iung der Banunculaceen, viele Zierpflanzen.
Bei uns heimisch: A. hepatica L., Hepatica
triloba Dee,, blaues Leberidümchen ; A. nemo-
rosa L., Waldrܻchen (weisse Osterblume), u.
die friUier ofBcinelle A. Pulsatilla L., Kiiehen-
^chelle; liefern das narkotische Anernonin.
Anepfe (^r.), Sprachlosigkeit, Stummheit.
Aneplgraph« (gr.), Schriften ohne TiteL
Anerbe, Deijenige, dem ein untheilbares
Bauerngut als Erbe zufällt.
Meyers Hand- Lexikon»
ABerlOy 1) Fsliee, Ital. Komponist aus der
Palestrinaperiode, geb. um 1560 zu Rom,
t das. nm 18S0 als p&ptftlioher Kapellmeister.
Concerti splrituali, Motetten, Psalmen, Mia-.
drigale etc. — 2) FronccMo Oiovanni, Bruder
des Vor., geb. 1567, f um 1610 als B[apeU-
meister am St. Laterano, eben&lls nam-
hafter Kirchenkomponist.
ABerkeBBBBgy jur. das Zugestandniss der
Wirklichkeit und Aechtheit, z.B. eines Kin-
des durch den Vater, einer Unterschrift,
einer Urkunde, eines Beweisstücks etc.;
auch Vorbedingung zu diplomatischem Ver-
kehr, namentlich bei Thronwechsel, Maeht-
erweiterung, Aenderong der Staatsform etc.
Nach Völkerrecht süid thatsachlich be-
stehende Regierungen anzuerkennen.
ABeroIdy s. Barometer.
Aneiie (gr.), Nächlassen einer Krankheit.
Anetica, schmerzlindernde Mittel.
ABetbBmX. (DiU, Ourkenkraut),^üaaa»n'
gattung der UmbelUferen. Die Samen von
A. gcaveolens L., OartendiU, liefern das
ätherische DitUU, Oleum anethi.
ABenrffBUi to:., ArUriektaaU), Pulsader-
geschwulst, Erweiterung einer Arterie,
tritt besonders an grösseren Arterien auf
(Aorta), entsteht entweder ohne äussere
Veranlassung (spontane), oder in Folge der
Verletzung einer Arterle (traumatische,
falsche), wird gefährlich durch Druck auf
wichtige Organe oder durch Oeffnung nach
dem Innern des Körpers.
ABÜngy junges, aus vom Winde fortge-
führten Samen entstandenes Holz.
ABfOfsly Pasqttale, ital. Komponist, geb.
1729 zu Neapel, Schüler Sacchinis u. Piocinis,
lebte meist in Paris, f 1795 in Rom. Komische
Opern: ,Avaro*, ,Isabella o Rodrigo* und ,1
Viaggiatori felid*. Kirchenmusiken.
ABfl^n, Nebenfl. des Jenisel in Sibirien,
durchströmt den Baikalsee; 238 M.
ABgavleB (gr.) , Fuhren, Botengänge etc. ;
im Mittelalter Wege- und Spanndienste;
auch sonstige Frohnen. AngaHaHon, Schiff-
pressen, Beschlagnahme von Privatschiffen
durch die Regierung für Kriegszwecke.
Angt^raektenBaMMB »bweltMB , eine
Klage als eine in mangelhafter Form an-
gebrachte für unzulässig erklären, wodurch
nicht über den materialen Inhalt derselben
abgeurtheilt wird, so dass also in derselben
Sache eine neue Klage erhoben werden kann.
Angeflogen, von Minerallen, wenn sie in
dünner , auf dem Querbruch nicht mehr er-
kennbarer Schicht einem Gesteine aufliegen.
Ang«U Herlei (spr. Meritschi) , Heilige,
geb. 1511 zu Desenzano, stiftete 1537 zu
Brescia den UrsuUnerinnenorden, f ^540.
Tag 21. März.
iBfelftnfeB , von Mineralien, die auf der
Oberfläche andws gefärbt sind als im
Innern, bei den Erzen der erste Orad der
Oxydation.
ABgeld (Dravfgeld , Handgeld), s. Arrha.
Angeliea L, (Engüwun, Bnutwum^),
Pflanzengattung der Umbelllferen. Von A.
Archangelica L. , besonders im h<Aen Nor-
den, war die Wurzel früher of&cinell.
ABgelicOy Tra Qiovanni, s. Fiescie.
6
82
Angeln — Angers.
AagtlBf Landechaft in Sohleswig, an der
Ostsee, zwischen dem flensbnrger Basen
ond der Schlei, IS QM., etwa 50,000 Ew.
(fiut nur Deutsche). Hauptort: Kc^peln.
Angeln 9 altdeutsches Volk tfaüriu^chen
Stammes. Sie wohnten ursprünglich wahr-
scheinlich im Osten der Elbe, zwischen
den Mündungen der Saale und Ohre, dann
in Schleswig zwischen Juten und Sachsen,
schifften mit letzteren um die Mitte des
5. Jahrh. in grosser Anzahl nach England
nnd gründeten daselbst im nördl. Theil des
Iiandes die Königreiche Ostanglien, North-
nmbrjen und Mercia.
Amgelolntrie (gr.)j Verehrung der Engel,
▼on den Koncilien zu Nicia 787 n. Trient
gebilligt. [Dogmatik.
Angeiologie (gr.), Engellehre, Theil der
AagelophsBfe (gr.), Engelerscheinnng.
AngelBMliseny gemeinsamer Name der
deutschen Volksstimme Angeln und Sach-
sen , zu denen sich auch Juten gesellten,
die Ton den Gegenden an der unteren
Weser und Elbe, der Sage nach zuerst
unter Hengist und Horsa 44d n. Chr., nach
England übersetzten u. sich dies Land nach
wiederholten Einwanderungen unterwarfen.
Sie gründeten das. 7 oder 8 Königreiche,
die sogen. angeltäeJuiache Heptarchie, näm-
licii: Northumbrien (aus der Vereinigung
Ton Bemicia und Deira entstanden), Kent,
Snssez, Wessez, Essex, Ostanglien und
Mercia. Egbert von Wessez vereinigte
diese Territorien 827 zu Einem Königreiche
Anglia oder England und ward so der
Gründer der amgeUäch»i»chen DyntuUe, die
bis 1066 den englischen Thron inne hatte.
Die €mgtil^Uihai8die Kirche behauptete bis ins
10. Jahrh. ihre Unabhängigkeit yon Rom.
Ygl. Turner, ,Ristor7 of the Anglosaxons',
6. Aufl. 18&2, 3 Bde.; KenOfUt ,The Sazons
in England*, 1818, 2 Bde. ; deutsch von Bran-
des IBSZ—U» 2 Bde.; BOgrave, »History of
the A.S 1868.
ABgelsicludsclie lUee (Angloeaxon Ba€e),
Bezeichnung der von Engländern abstam-
menden Nordamerikaner, im Gegensatz zu
den eingebomen Indianern und Tarbigen,
wie auch zu den von Spaniern nnd Portu-
giesen abstammenden Ejreolen.
AügeUiehsIsclie Sprache und Llteratnr.
Die a. ßpraehe, ein Zweig des niederdeut-
schen Stammes der german. Sprache und
durch die Einwanderung der Angeln .und
Sachsen nach England verpflanzt, ward
hier im 8. Jaiirh. Hof-, Bücher- und Kir-
chensprache und durch Uebertragung latein.
Werke in dieselbe, besonders unter Alfred
d. Gr., sehr ausgebildet. In Folge der
normannischen Invasion wurde sie durch
das NordfranzOsisehe vom Hofe, sowie aus
den Gerichton, der Kirche und Schule ver*
drängt, exiiielt sich aber als Volkssprache
nnd bildete sich im Laufe des 12., 13. und
li. Jahrb., mit romanischen Elementen ver-
mischt, in das Englische um. Grammatisch
am besten von J. Grimm (in der Deutscheu
Grammatik), lexikalisch v. Lye (1772, 2 Bde.),
Bosworth (1839, neue Ausg. 1869) und EU-
miUler (1851) bearbeitet. Die noch vor-
handenen Beste der a.» LtUniur lind
zum Theil noch ungedruckt. Die epischen
Dichtungen, meist alliterirend, ausgezeich-
net durch pomphafte Darstellung, staid-
theils volksthümlichen , wie der ,Beo-
wulf (s. d.), theils biblischen Inhalts, wie
die dem Gaedmon beigelegte »Paraphrase
der Genesis' ans dem 7. Jahrb. O^en^^CT*
von JBouUrweh 1817—51, 2 Bde., mit Wör-
terbuch) und die Legenden von , Andreas und
Elene' (herausg. von Grimm 1840). Die
Uebersetzung .des altfranzös. ,Roman de
Brut* von Layamon um 1200 (heransg. von
Madden 1847) ist ein Denkmal der imUeber-
gang zum Englischen begriffenen Sprache.
Prosadenkmäler sind die weltlichen und
kirchlichen Gesetze von Aethelbirht von Kent
(Ende des 7. Jahrh.) bis Knut (herausg. von
Schmidt, ,Die Gesetze der Angelsachsen*,
2. Aufl. 1858) und das |AngIosazon chro-
nicle« bis 1154 (herausg. von Thorpe 18»,
2 Bde.). Am zahlreichsten sind die Schriften
theolog. Inhalts. Hervorzuheben ist die von»
Bischof Aelfric begonnene Uebersetzung der
Bibel (1688). Vgl. Qrein, ,Bibl. der a.a
Poesie*, 1857—65, 4 Bde. ; Dvr9., «Dichtungen
der Angelsachsen*, 1858—59, 2 Bde.; Thorpe^
, Analecta anslo - sazonica*, 2. Ausg. 1868.
ABgeluDei, kathol. Oebetsformel , begin-
nend mit den Worten: ,Angelus Domini
nundavit Mariae* (d. i. ,ein Engel des Herrn
verkündigte der Maria*).
Angelns SUediiB (eigentl. Joh. SoheffUr),
geistl. Dichter, geb. 1624 zu Breslau, seit
1654 Hofmedikus Kaiser Ferdinands HI. , t
9. Juli 1677 im Matthiasstift zu Breslau (seit
1652 katholisch). Hauptwerk: ,Oheruoini-
scher Wandersmann* (Glatz 1675), eine
Sammlung i>antheistisch gehaltener Sinn-
sprüche, wiederholt herausgegeben. Zahl-
reiche Streitschriften. «Sinnliche Beschrei-
bung der vier letzten Dinge* (Schweidnits
1675). Vgl. KaUert, ,A. S.*, 1853; Schröder,
,A. S.*, 1853.
Angely (spr. Angscheli) , Lauie, deutscher
Schauspieler n. Lnstspioldichter , geb. 1788
zu Berlin, f das. 16. Nov. 1885. Verf. von
,Da8 Fest der Handwerker*, ,Sieben Mädchen,
in Uniform', ,Reise auf gemeinschaftliche
Kosten* etc. Werke 1842, 4 Bde.
Angerap« FIuss in Ostpreussen, kommt
aus dem Manersee, mündet in den Pregel
oberhalb Insterburg, 22Vs M.
Angerbnrg. Kreisstadt im ostprenss.
Regbz. Gumbfnnen, an der Angerap, 4197 Ew.
AjDgemianelfy Fluss in Schweden, ent-
springt an der norweg. Grenze, durchströmt
Angermanlaud und mündet bei Hemösandr
in den bottnischen Meerbusen, 40 M.
Angermanlandy schwed. Landschaft, am
bottnischen Meerbusen, ein Theil der I^ov.
Westemorrland.
Angermfinde, Kreisstadt im preuss. Begbz.
Potsdam, am Mündersee, 6412 Ew.
AngeröBm^ bei den Römern Göttin der
Angst, dargestellt mit verbundenem Munde
oder mit an den Mund gelegtem Finger.
Angers (spr. Angscheh, lat. Andeeavum,
JuUomayu9)j Hauptstadt des franz. Depart.
Maine-Itoire ( Anjon), an d. Maine, 54,791 Ew.
Angilbert — .Angouleme.
83
AngUbert (Engelbert), der Heilige, Kanzler
Karls d. Gr., in dessen Akademie Homer
genannt, angeblich Gemahl von dessen
Tochter Bertha, 793 zum Abt von Centnla
ernannt, f ^^^- ^^ ^^- I'ebr.
Angina, s. Bräune.
Angion (gr.)» Gefäss des thierischen Kör-
pers; Angiologte, Gefösslehre, Tbeil der
Anatomie; AngieJetaste , Erweiterung, An-
gieße, £ntzändting, AngiomakuAe , Erwei-
chung der Gefasse ; Angiorrhagte, Blutfluss
aus Gefässen; Angiostenöse , Verengerung
der Gefasse; Angio$töee, Verknöcherung,
Angiotomte, das kunstgemässe Zerschneiden
der Gefasse.
Angi08permme (gr.), bedecktsamige Pflan-
zen, solche, deren S^me mit einer Frucht-
hüUe umgeben ist, im Gegensatz zu den
nacktsamigen (Gymnospermae).
Anglaise (fl:., spr. -ähs), s. v. a. Contretanz.
kB!g\v»t%lAngleuy, spr. Aeng^lsih, das alte
Mona), Insel an der Nordwestkäste von
Wales (Menaistrasse mit der Britannia-
brucke), 8S/4 QM., 50,890 Ew., fruchtbar,
bäum- u. heokenlos. Hauptstadt : Beaumaris.
Anglesey (spr. Aeng'lsih), Henry William
Paget, engl. General und Staatsmann, geb.
17. Mai 1768, focht seit 1808 auf der pyre-
naischen Halbinsel und befehligte bei
Waterloo die Kavallerie. 1812 zum Earl
von Uzbridge und 1814 zum Marquis von A.
ernannt, war er 1888 sowie 1831—33 Statt-
halter in Irland, seit 1846 Teldmarschall ;
t 87. April 1854.
Angleterre (fr., spr. Ang*Itar), England.
Anglia (lat.), England. [engl. Sprache.
AngllelsiBUB (IfttJ , Eigenthnmlichkeit der
AngHkanteche Kirche (engliech-hitchdf-
liche Kirche, Episkopal- oder Hochkirehe),
die Protestant. Staatskirche Grossbritan-
niens und Irlands , gegründet, als sich
König Heinrich YHI. 1534 vom Papst los-
si^e und sich zum Oberbaupte der engl.
Kirche erkl&rte, befestigt unter der Regie-
rung der Königin Elisabeth (1558— 1G03).
Das Bekenntniss, am meisten dem der auf
Calvins Lehre fnssenden reformirten Kirche
sich nähernd , ist in den 89 Artikeln ent-
halten, welche auf einer Sjmode zu London
(1568) angenommen und 1571 durch Parla-
xnentsakte anerkannt wurden. VerfiEissung
und Bitus sind katholisirend. Die Bischöfe
sitzen von Alters her als Reichsbarone im
Oberhause. An ihrer Spitze steht der Erz-
bischof von Ganterbury als Primas und
erster Peer des Reichs. Er krönt den
König, und ihm sind 21 Bisthnmer unter-
stehen. Ihm zunächst steht der Erzbischof
von York mit 7 Bisthümem. In Irland
bestehen 8 Erzbisthümer (Armag^ und
I>nblin) und 18 Bisth&mer. Die Kolonial-
tiisthümer st^en unter dem Ershischof
von Canterbury. Erzbischöfe und BischöfiB
Mlden den höheren Klerus, welcher allein
1>eltagt ist, die Konfirmation u. Ordination
vorzunehmen und die geistliche Disciplin
und Gerichtsbarkeit auszuüben. Seine
"VVahl erfolgt der Form nach durch die
Kapitel , in Wirklichkeit durch die Krone.
rHe niedere Geistlichkeit theilt sich in die
Kapitel- und Pfarrgeistlichkeit. Die Liturgie
ist in dem von 1549 datirenden, dann revi-
dirten und durch die Uniformitätsakte von
1559 eingeführten ,Book of common prayer*
genau vorgeschrieben. Der theologische
Charakter der a.n K. ist der stabiler
Orthodoxie. Erst in der neuesten Zeit ist
eine fireiere kritische Richtung hervorge-
treten, welche aber von dem höheren
Klerus perhorrescirt wird. Vgl. ßoamea,
,History of the reformation of the church
of England', 1826, 4 Bde.; Weber, ,Geschlchte
der akatholischen Kirchen und * Sekten in
Grossbritanniens 1845—53, 8 Bde.; Jlferle
d^Axibigni, ,Geschichte der Reformation in
Englands aus dem Franz., 1854; Ftmk, ,0r-
ganisirung der engl. StaatskircheS 1889;
Bogers, ,A practical arrangement of eccle-
siastical lawS 1849. [mende Amerikaner.
Angloamerikaner, von England abstam-
Anglolndisehes Belch, die Besitzungen
Grossbritannlens in Ostindien.
Anglomanie (lat.) , übertriebene Yorliebe
für Eiland und engl. Wesen.
Angua (Donga), Landschaft in Nieder-
guinea-^ zwischen den Flüssen Koanza
und Dande, 1800 QM. ; bildet mit Benguela
das portug. Oeneralgouvememeni A., 14,70€l
QM., 8 Mill. Ew. (Neger, theilweise kathöl.
Christen). Hauptstadt Loanda. Andere
Häfen: Benguela, Mossamedes. YgT. Toms,
,Die portug. Besitzungen in WestafirikaS 1845.
Angollöla, Hauptstadt des Reichs Schoa
in Abessinien, 4800' hoch gelegen, 4000 Ew.
Angora (Engyrijeh), -Stadt im innem
Kleinasien, 50—60,000 (n. A. 15,000) Ew.,
zum Theil armen. Christen. Kamelotfabriken
und Zucht der Angoraziegen (s. Ziege). Im
Alterthum Ancyra, die Hauptstadt der galat.
Tektosagen; unter den Ueberresten dersel-
ben ein Tempel zu Ehren des Augustns mit
Inschrift (veröffentlicht von JFVaiis u. Zumpt,
1845). 80. Juli 1408 iSte^ Tamerlans über den
türk. Sultan Bajäzet I.
AngomOy Handelsstadt in Bomu in Cen-
tralafi-ika , nahe dem Tschadsee, 30,000 Ew.
Angoseheinseln, Inselreihe an der Küste
Mosambique im östl. Südafrika.
' Angosclöso (ital., spr. -schoso, Mus.), mit
Ausdruck der Unruhe, des Kummers.
Angostnn (Oiudad Bolivar), Hauptstadt
der Prov.<}uyana in der südamerik. Republik
Venezuela, 7000 Ew. Hier 13. Febr. 1819
Kongreta, wodurch Neugranada und Vene-
zuela als Republik anerkannt wurden.
AngOBtlrannde^ Rinde mehrerer Arten
von Galipea AtM. im tropischen Amerika,
besonders von G. ofßcinalis Hanco^Je, be-
sitzt tonische und kräftigende Wirkungen.
Die faleche A. aus Ostindien stammt wohl von
Strychnos nux vomica und ist sehr giftig.
Angonleme (spr. Anggulähm, das alte
leuUena), Hauptstadt des flranz. Depart.
Gharente, an der Charente, 85,116 Ew.
Geburtsort von Margarethe von Valois,
Ravaillac und Balzac. Ehemals Hauptstadt
des HerzogUiums Angoumoi», das 1808 mit
Frankreich vereinigt ward. Die Prinzen
des älteren bonrbon. Zweiges führten seit
1714 den Titel »Herzöge von A.S
6*
84
Angouleme — Anhalt.
lamdtee (spr. AnggoULhin), 1) Okariet
deVatois, Bertog van A., gth. S8. April 167S,
luttörl. Sohn des Königs Karl IX. von Frank-
reich, ward 1580 Grossprior Ton Frankr., er-
hielt 1619 das Hersogtham A. Anfuigs
Anhänger Heinrichs IV., liess er sich
später in Umtriebe gegen denselben ' ein,
ward 1604 aum Tode verartheilt, aber m
ewiger Haft begnadigt und 1616 unter Lud-
wig Xm. freigelassen. Spater theils mili-
tärisch, theils diplomatisch beschäftigt,
t er 84. Sept. 1650. — 2) Louis Antoine de
£<)urbon , Henog von A. , ältester Sohn des
Grafen yon Artois, nnd nachdem dieser
als Karl Z. den franssösischen Thron be-
sti^en, bis mr JulireTolntion Dauphin,
geb. SU Versailles 6. Aug. 1775, emigrirte
1789 mit seinem Vater und Termählte sich
10. Juni 1799 in Mitau mit der Tochter Lud-
wigs XVI. Nach der ersten Restanration aum
G^ierallieutenant tou Frankreich ernannt,
sog er nach Napoleons Rückkehr Ton Elba
Ton Tonion gegen ihn aus, ward aber von
seinen Truppen rerlassen und gefangen.
Jedoch nadi 6 Tagen wieder freigelassen. 18SS
fongirte er als Generalissimus den Inter-
Tentionsarmee in Spanien und erhielt den
Titel Fürst ron Trocadero. Nach der
Jnllrevolution dankte er 2. Aug. 1830 mit
seinem Vater zu Gunsten des Herzogs von
B<^deaux ab, ging mit diesem nach Holy-
rood und Prag, 1886 nach Görs; f das.
3. Juni 1844. -* 3) Marie Thereee Charlotte,
BertoginvonA., Gemahlin des Vorigen, Toch-
ter Ludwigs XVI., sass nach der Hinrich-
tung ihrer Aeltem im Temple geüEingen,
ward 85. Dec. 1795 gegen fransös. Deputirte,
welche Dumouries den Oesterreichern über-
liefert hatte, ausgewechselt und lebte bis
zu ihrer Vermählung in Wien. Sie theilte
die Geschicke ihrer Familienangehörigen und
t 19. Okt. 1851 SU Frohsdorf bei Wien.
AMgT%(A. do Beroiemo), befestigte Hauptst.
der Azoreninsel Terceira, 18,000 Ew.
Angrab) Nebenfluss des Tacazse in
Abessinien, entspringt in Dembea.
Asi^lff (fr. attaque, Offensive), im strate-
gischen Sinne die Bewegung einer Truppen-
masse gegen eine feindliche Truppenauf-
stellung, im taktischen Sinne das Vorgehen
Ton Truppen auf dem Gefechtsfelde selbst
zur Verdrängung des Feindes aus seiner
Position. In letsterem Sinne unterscheidet
man den Parallel- oder Frontalangriif, den
umfikssenden (auf einen oder seltner auf
beide Flügel gerichteten) A. und den keil-
form^en A. zum Durchbrechen der feind-
lichen Linie. Nach den Waffengattungen
unterscheidet man den In&nterie-, den
Kavallerie- und Artillerieangriff; nach der
Beschaffenheit des Ang^ffsobjekts den A.
auf freiem Felde , den A. auf Festungen
(Bombardement, Belagerung) und den A.
auf FeldverschanzuDgen.
AngriTsrler, german. Volk an der Weser;
Ton ihnen erhielt die Landschaft Engem
(Angaria) den Namen.
Angster 9 alte kleinste Schweiz. Scheide-
münze, = etwa >/4 Kreuzer.
AmguilU (lat.), s. Aal.
AaglilU (Bnake-Zdand), brit. Insel in
Westindien, 1,4 QIL, 8100 Ew.
Aagnis (lat.), Schlange.
AngvlMina (Angtusoia, Bofonitbe), ital.
Porträtmalerin , geb. su Cremona 1530, Hof-
malerin Philipps n. von Spanien ; f 1680 zu
Genua. Werke Ton ihr in Florens, Genua,
Wien, Berlin etc.
Angnlar (lat.), eckig, winkelig. Angviar-
System, in der Befestigungskunst s. r. a.
Tenaillensystem.
ABgnrle, s. r. a. Wassermelone.
Anns, s. Forfar.
Anhängig y vor Gericht angebracht, aber
noch nicht entschieden.
Anludt, Hersogth. des norddeutsch. Bun-
des, fast gans tou der prenss. Prov. Sachsen
eingeschlossen , bestetit aus 8 Haupttheilen
und 4 Enklaven, 48,2 QM. und (Dec. 1867)
197,041 Ew. (3156 Kathol., 8106 Jaden). Der
östl. Haupttheil (Dessau-Köthen-Bemburg),
von der Elbe (mit Mulde) und Saale (mit Wip-
per, Fuhne u. Bode) durchflössen, ist eben,
am rechten Eibufer sandig und waldig, am
linken bis zur Sa^le sehr fruchtbar; vor-
trefflicher Viehstand. Der westl. Haapttheil
(Ballenstädt), von der Selke bewässert,
Bergland im Unterharz ; 90 Acker Waldun-
gen. Hauptbeschäftigung : Landwirthschaft ;
Zuckerfabrik. ; Bergbau (1863 : 900 Pfd. Silber,
8 Min. Otr. Braunkohlen, 627 Ctr. Blei etc.,
Mineralprodukte im Ganzen : 595,830 Thlr.).
Banken in Dessau und Bemburg. 18,4 M.
Eisenbahnen. 5 Gymnasien (darunter eiu
Israelit, in Dessau), 3 Seminare. Verfassung
(17. Sept. 1859) konstitutionell - monarchisch.
Herzog: Leopold (geb. 1. Okt. 1794), seit
9. Aug. 1817. Einnahme (1869): 8,705,200
Thlr., Ausgabe: 3,714,200 Thlr. (davon
1,716,700 Thlr. für die norddeutsche Bandes-
kasse); Civil liste 198,250 Thlr. ; Staatsschuld
(1869): 8,370,860 Thlr. A. stellt zum Bundes-
heer das 93. Infanterieregiment (zur 7. Di-
vision und zum IV. Armeecorps gehörig).
Eintheilung: 5 Kreise (Dessau, Zerbst, Kö-
then, Bemburg, Ballenstädt); Haupt- und
Residenzstadt Dessau. Landesfarben: weiss,
grün, roth.
Oesehiehte. Geschichtlich beglaubigter Ahn-
herr des Hauses A. ist Graf Esiko von Bal-
lenstädt (um 940), reich begütert zwischen
Elbe und Saale. Sein Enkel Otto, Graf von
Askanien, vergrdsserte seinen Besitz durch
einen Theil der billungischen FamÜiengütei*
als Erbtheil seiner Gemahlin Elike. Dessen
Sohn, Albrecht der Bär, erster Markgraf
von Brandenbui^, erwarb dazu noch Plötz-
gau , Orlamünde und ansehnliche Güter in
Thüringen. Von seinen Söhnen erhielt
Bernhard A. u. das den Slaven entrissene
Gebiet an der Mittelelbe und ist Stamm-
vater der Jetzigen Herzöge von A. Nach
Heinrichs des Löwen Sturz mit einem Theil
von dessen Ländern belehnt, nahm er den
Titel Herzog von Sachsen an. Nach seinem
Tode (1812) erhielt sein älterer Sohn Hein-
rich, der sich zuerst Fürst nannte, Aschers-
leben und A., welches nun erst als ein für
sich bestehendes Territorium hervortritt.
Heinrichs drei Söhne: Heinrich H., Bern-
Anhelation — Anilin,
85
htt d und Siegfried, wurden 1251 die Stifter
der aecherslebener, der alten bernborger
and der Kerbst - deasaaer Linie, Ton denen
die erete 1915, die zweite 1468 erlosch, die
dritte aber, nach Erlöschen des zerbster
Zweigs derselben (1526), im dessaner
Zweige fortblühte nnd 1570 unter Joachim
Ernst, dem Oründer der alten landständi-
scben Ver&ssang, wieder alle anhält.
LAnder yereinigte. Bei seinem Tode (1586)
erhielt Johann Georg Dessau, Christian
Bern bürg, Rudolf Zerbst, Ludwig Köthen,
das nach dem Aussterben dieser Linie
(1665) an die Erben des damals mit 800,000
Thaler abgefundenen dritten Bruders Au-
gust fiel. Nach dem Erlöschen der zerb-
ster Linie (1798) theilten deren Besitzungen
die übrigen drei. Üer 1635 abgeschlossene
Senioratsrecess , wonach die anhaltischen
Lande nach aussen durch den Jedesmaligen
Senior des Gesammthauses vertreten wer-
den sollten, ward 1669 erneuert. Seit der
Mitte des 17. Jahrh. führten die einzelnen
Linien nach und nach die Primogenitur ein.
1807 traten alle drei Linien unter Annahme
des Herzogstitels dem Rheinbunde, 1814 dem
deutschen Bunde bei, und 1828 schlössen
sich nach Bemburgs Vorgai^ auch Köthen
nnd Dessau dem Zollverein an. Nachdem
die Linie Köthen mit Ludwig 1818 erloschen
war, gelangte Ferdinand aus der Nebenlinie
A.- Köthen -Pless zur Regierung. 'Derselbe
trat 1825 zur katholischen Kirche über und
führte die Jesuiten in Köthen ein. Ihm
folgte 1830 sein Bruder Heinrich, mit dessen
Tode (29. Nov. 1847) die köthensche Linie
völlig erlosch. Die Regierung ging einst-
weilen auf den Senior des Hauses A., den
Herzog von Dessau, über, dem Köthen
durch Vertrag vom 1. Jan. 1853 ausschliessl.
zufiel. A.-Dessau erhielt in Folge der Be-
wegung von 18tö eine neue Ver&ssung
(29. Okt.), die aber 4. Nov. 1851 durch
taerzogl. Patent wieder aushoben ward.
Die 1. Okt. 1859 eingeführte Landschafts-
ordnung für ganz A. hat das alte System
bloss beiräthiger und nur hinsichtlich der
Finanzen selbstfindiger Feudalstände wie-
der auilgenommen. In A. - Bernburg kam
durch Vereinbarung das Grundgesetz vom
28. Febr. 1850 zu Stande, welches jedoch
1. Okt. 1859 mit der Landschaftsordnung
für ganz A. vertauscht ward. Als die
Linie mit Karl Alezander 19. Aug. 1863
ausstarb, succedirte Dessau, und es sind
seitdem sammtliche anhält. Lande wieder
zu Einem Herzogthume vereinigt. Ueber
die Geschichte A.s vgL die Werke von Ber-
tram und Krause (1780—82, 2 Bde.)> Stengel
(1880), Lindner (1833), Heine (1865), Krause
(,UrknndenS 5 Bde., 1861-66), Siebigk (1867).
AmheUtlOB (lat.), schweres Athmen,
Kenchen.
Anliolt, 1) Stadt Imprenss. Regbz. Münster,
Kr. Borken, an der Alten Tssel, 1708 Ew.
Herrschaft A., seit 1641 dem Fürsten Salm
gehörig. — 2) Dan. Insel im Kattegat, 1 QM.,
150 Ew. Gefährliche Sandbänke.
Aahydrte (gr.), Wasser losigkeit; anhy-
drisch, wasserflrei (von Salzen u. Kalken).
Anhydrit (Karstenit, Muriaeit), Mineral,
wasserfreier Gyps, regelmässiger Begleiter
der Steinsalzgebirge, erhärtet mit Wasser
nicht, wird zu Kunstarbeften benutzt.
Am, alte Königsstadt am Arpatschai in
Armenien, Residenz der Bagratiden (seit
961); wiederholt erobert, 1319 durch ein Erd-
beben zerstört. Ausgedehnte Trünuner.
Aniln«^ Sekretär des Westgothenkönig»
Alarich IL im 4. und 5. Jahrh. , redigirte
das Breviarium Alariclanum, firüher die
einzig bekannte Quelle des antejuatinianei-
sehen Rechts. DiJier Anianismen, Fehler
gegen das römische Recht.
Anlcet- Bourgeois (spr. Anisfi-Burschoa),
Augitste, firanz. Dramatiker, geb. zu Paris
25. Dec. 1806, Verf. von beinahe 200 Stücken
aller Gattungen, bes. Melodramen, für die
paris. Boulevardtheater. Eins seiner besten
Produkte ist das Drama ,LaV6nitienne' (1834).
AnicStuB, röm. Bischof, Nachfolger Pins I.
seit 157 , 1 168. Unter ihm begann der Streit
zwischen der morgenländ. und abendländ.
Kirche über die Feier des Osterfestes.
Anicliy Feter, Kartograph von Tirol, geb.
22. Febr. 1728 zu Oberperfuss bei Innsbruck,
studirte bei den Jesuiten Mathematik und
Astronomie , f !• Sept. 1766 zu Innsbruck.
Anichiiii (spr. Anikini), Francesco, aus-
gezeichneter Gtommenschneider und Me-
dailleur, aus Ferrara, um die Mitte des
16. Jahrb. thätig.
Anlgros (a. G.), Fluss in Elis, der sich
bei Samikon ins jon. l^eer ergoss. Sein
Wasser heilte, nach der Sage, den Aussatz.
Anil (lat.), nach Art alter Weiber, ^nt-
lität, Altweiberglaube.
Anilin (Fhenplamin, Ihenamid, KrjftiaUin,
Kyanol, Bsngidam), organische Base, findet
sich im Steinkohlentheer u. Knoehentheer,
entsteht bei trockner Destillation des In-
digos und bei der Reduktion von Nitro-
benzol, wasserhelle ölartige Flüssigkeit,
riecht wetnartig, schmeckt aromatisch
brennend, wird bei 20o noch nicht dick-
flüssig, hat 1,02 speo. Gewicht, ist sehr
flüchtig, siedet bei 182o, brennt mit russen-
der Flamme, in Wasser wenig löslich, mit
Alkohol, Aether nnd Oelen mischbar, wirkt
nicht auf Lackmuspapier, löst Phosphor,
Schwefel, koaguUrt Eiweiss, fällt Thon-
eide, Eisenoxydul und -ozyd, bildet leicht
krystallisirbare, färb- und geruchlose Salze
nnd gibt bei der Behandlung mit ozydiren-
den Körpern viele farbige Produkte (AnÜin-
/arben). Diese haben einen völligen Um-
schwung in der Färberei hervorgebracht
und durch ihre Pracht und Billigkeit die
älteren oft viel beständigeren Farbstoffe
namentlich in der Woll- nnd Seidenlärberei
verdrängt. VghKrieg, , Chemie und Industrie
der Mineralöle', 2. Th. ,Theorie und prakt.
Anwendung von A.', 3. Aufl. von Oppler 1866;
Beimann, «Technologie des A.s', 1866; Jordan,
, A. und Anilinfarben*, 1866;B«eA;ert, ,Färberei
und Druckerei mit Anilinfarbstoffen', 4. Aufl.
1870; Vogel, ,Ent Wickelung der Anilinin-
dustrieS 2. Aufl. 1870. Anilinlblan (Atmlin,
Amrin), entsteht bei langem Erhitzen von
Fuchsin mit Anilinöl (Bleu de Paris, Bleu
86
Anilinöl — Anjou.
de Lyon), bei der Behandlung ron RoBanilln
mit Aldehyd, Holsgeist, Alkohol, Bchellack-
lösnng (Bleu deMnlhoase), ist Triphenylros-
anllinsalz, im trocknen Zustand kupferfarben ;
wird Blen de Lyon in Schwefelsäure gelöst,
Bo fällt Wasser aus der Losung modincirtes
Anilinblau, welches in Wasser löslich ist.
Anilihbraun (Bavannabraun) entsteht beim
Erhitzen Ton Anilinblau oder Anilinviolett
mit salzsaurem A., Bitmarekbraun beim
Schmelzen Ton Fuchsin mit salzsaurem
A. Anilingttb (Anüistorange, Aurin), wird
aus dem Harz gewonnen, welches bei
der Fuchsinbereitong entsteht, ist salzsaures
Ohrysanilin. AnilingrUn (Emeraldin, Alde-
hydgrün) entsteht beim. Behandeln von
schwefelsaurem Rosanilin mit Aldehyd und
darauf folgendem Kochen mit unterschwef-
ligsaurem Katron. Besonders bei Kerzenlicht
sehr schön. Anilinroth «ntsteht bei der
Behandlung von Anilinöl mit Arsensäure,
Zinnchlorid, salpetersaurem Quecksllber-
oxyd, Kohlensuperchlorld , ist stets eine
salzartige Verbindung der farblosen Base
BotaniKn. Das salzsaure Salz heisst Fuch-
sin, das essigsaure BoMVn, das salpeter-
saure AtdUtn. Alle sind roth mit grünem
metallischen Reflex, die Lösungen in Was-
«er oder Alkohol prächtig karminroth.
1 Kilo Fuchsin färbt 200 KUo Wolle.
AwUinsehwarg , entsteht durch Einwirkung
Ton chlorsaurem Kali und Kupferchlorid
auf salzsaures A. Für die Druckerei
dient ein unlösliches A. mit Schwefelkupfer
auf dem Stoff selbst erzeugt (Indigschwarz).
AnÜinvioUtt (Anilinpurpur, AnileVn, Indisin,
JPhenameVn , Barmalin , Violin, Boscian,
Mauv^Sn), durch Behandlung Ton Anilinöl
mit saurem chromsauren Kali u. Schwefel-
säure erhalten, ist ein Salz der Base
MauTein. Andre Tiolette Substanzen ent-
stehen beim Erhitzen eines Rosanilinsalzes
mit überschüssigem A. (altet Violett, Violet
nonpareü). Die neuem brillanteren Jod-
violette, DaMia/arben entstehen beim Er-
hiteen von Fuchsin mit den Jodüren (oder
Bromüren) der Radikale Aethyl, Methyl
und Amyl.
Anilinöl (Bohanilin), Gemenge von Anilin
mit Toluidin und Odorin, wird durch Be-
handlung von Nitrobenzol mit reduclrenden
Mitteln (z. B. Eisen und Säure) erhalten,
dient zur Darstellung der Anilinfarben
<Toluidinfarben) , s. Anilin.
Anilliros (span., spr. Aniljeros), politische
Partei in Spanien, erstrebte nach der Re-
stauration 1813 die Beibehaltung der modifi-
cirten Cortesverfiissung.
AnlnuiClat.), das Athmen, der Hauch, Seele.
Anlmu (l*t*)i Jedes thierische Wesen.
A. di9pu4ax, streit-, händelsüchtiger Mensch.
Animalemla epermatica, Samenthierchen , s.
ßcme» AninuUieeh, thierisch, aus dem Thier-
reiche stammend, nach Art und Weise der
Thiere; a.e Funktionen, Thätigkeiten des
lebenden thierlschen Körpers, gehen vor-
nehmlich vom Nervensystem aus (Areiwil-
lige Bewegung, Empfindung, Schlaf etc.),
im G^ensatz zu den veget<Uiven IStnktionen
(Athmung, Verdauung, Kreislauf, Aufsau- |
guog, Absonderung). Animalitäl, Thierheit,
thierisehes Wesen. Animaliemtu , Inb^rüf
der IMgentbümlichkeiten des thierischen
Körpers im G^egensatz zu den Pflanzen.
AmimAllaclie Bäder (Thierbäder), Ein-
bringen eines leidenden Glieds, auch wohl
des ganzen Körpers (von Kindern) in die
geölfnete Leibes- oder Brusthöhle eines
Arisch geschlachteten, noch lebeuswarmen
Thieres ; wirken lediglich durch die Wärme.
AnlM« muidi (lat.), Weltseele, Weltgeist.
AülBMtlOB (lat.), Beseelung, Belebung,
in der gerichtl. Medicin der Augenblick,
wo der Fötus beseelt werden soll.
Animito (ital., Mus.), belebt, Arisch.
AnlmebAnniy s. Bymenaea.
AnimelleB (lat.), die Ohrdrüsen, Ventile;
animeüirt, mit solchen versehen.
AninlreB (lat.), aufregen, erheitern;
animirt, beseelt, aufgeweckt.
Animigmiu 0<^t.), das von G. E. Stahl
aufgestellte medicinische System, wonach
die vernünftige Seele (anima) als Princip
des Lebens betrachtet wird. Animielen,
Anhänger Stahls. [Gereiztheit.
ABimo8ltSt(lat.), leidenschaftl. Erregtheit,
AnlmöflO (ital., Mus.), sehr lebhaft.
Animuecia (spr. -mutscha), Oiovanni,
ital. Komponist, geb. um 1495 zu Florenz,
t 1571 zu Rom als Kapellmeister an St.
Peter. ,Laudi' (4stimmlge, hymnenartige
Gesänge, die Anfänge des Oratoriums),
Motetten, Messen etc.
Animus (lat.), Seele, G^müth ; auch Wille»
Vorsatz, besonders rechtswidrige Absicht,
so a. furandif Absicht zu stehlen; a. ho-
stiliBf feindliche Absicht; a. injuriandi,
Absicht zu beleidigeu; a. lucri fctcieudi,
gewinnsüchtige Absicht; a. noeendi, Absicht
zu schaden; a. rem sibi halfendi, Absicht,
eine Sache sich anzueignen. A. pouidendi,
das Bewusstsein der physischen Herrschaft
über eine Sache.
AbIo (Aniene, Teverone), Nebenfluss des
Tiber, entspringt oberhalb Trevi am Mont
Geraso. mündet oberhalb Rom; 13 M.
Aniridie (Irideremie, gr.), Fehlen der
Iris, beeinträchtigt das Sehen nicht be-
trächtlich, macht gewöhnlich etwas kurz-
sichtig, lichtscheu, erfordert das Tragen
blauer Brillen.
Anis 9 Pimpinella Anisnm L., Gewürz-
pflanze, stammt aus Syrien und Aegypten,
in Deutschland und anderwärts kultivirt,
dient zu Konfitüren und Branntwein. Die
Samen liefern das ätherische Aniadl (Oleum
anlsl), welches bei + 10° G. erstarrt, in der
Medicin, zu Liqueuren und gegen Ungeziefer
benutzt wird. [Enns.
Anisin (Anitus, lat.), Name des Flusses
Aniwnbniy Bai auf d. Insel Sachalin (Amur-
land). Eine 1850 das. gegründete russ.
Niederlassung ward 1854 wieder angegeben.
AnJer (Andscher) , niederl. Hafenplatz an
der Nordwestspitze von Java, etwa 8000 Ew.
Anjon (spr. Angschu, lat. Andegavum),
alte Grafschaft im nordwestl. Frankreich,
140 QM. mit 400,000 Ew., Jetzt zum grössteu
Theil das Depart. Maine -Loire bildend.
Hauptst. Angers.
Anjouan — Anleihe.
87
A^j0iiui(span.,spr. -chuan, Johanna, Nni-
xena), eine der CSomoreninseln, fast 6000' an-
steigend, 35 QM. , 80,000 Ew. Hanptort:
Anke, Forellenart, s. Forelle, [Dotnoni.
Anker (Bchiffaanker), znm Festhalten des
Schiffes an einem Ort, ist so gebaut, dass
er beim Fallen stet? mit der Spitze einer
der Schaufeln den Boden trifR;. Aof je
-80 Tonnen Schiffstrachtigkeit rechnet man
1 Tonne Ankerschwere. — In der Uhr-
niacherkanst ein zur Hemmung gehöriger
Theil der Pendel- und Ankeruhren.
Anker, Weinmass, zr. i/« Ohm.
Hamb. u. Mecklenb.= IV« Eimer = 36,20Lit.
Braunschweig . . =40 Quartler =87,47 -
Hannover . . . =10 Stübch. =38,94 -
Xübeck . . . . = 5 Viertel =36,38 -
Preuäsen .... =30 Quart =84,85 -
Dänemark . . . =19*/g Kann. =37,44 -
England .... =10 Gallons =45,43 -
Schweden . . . =:15 Kannen =39,26 -
Rnssland . . . . = 3 Sterkan =36,87 -
Anker, Bemh. , einer der bedeutendsten
Industriellen Norwegens, geb. 1746, hoch-
Terdient um Entwickelung des Bergbaues,
der Industrie und der Holzausfuhr; f 1805.
Ankershofen, Ootüieb, Freiherr von, geb.
'22. Aug. 1775 zu Klageniurt, Sekretär beim
Appellationsgericht das. und Konserrator
der Baudenkmale für Kämthen; f ^* März
1860 das. Sehr. ,Handbuch der Geschichte
des Herzogthnms Kämthen* (Bd. 1 und 2,
1850—51); jKämthens älteste kirchliche
Denkmalbauten< (1859).
Anklage (aecuBotio), der bei einem Ge-
richt gestellte Antrag auf Einleitung des
Strafverfahrens gegen eine gewisse Person
wegen eines bestimmten Vergehens. Der
ArMageprozess ist diejenige Art des straf-
rechtlichen Verfahrens, wobei eine be-
sondere, dem Gerichtshofe nicht als Mit-
glied angehörige Person, ein öffentlicher
{Staatsanwalt)- oder Privatankläger den
Antrag auf Bestrafting eines Verbrechers
stellt, die Lieferung der Schuldbeweise gegen
denselben übemimipt und dessen Ver-
urthellung zu der gesetzlichen Strafe zu
erwirken sucht. Durch diese Theilnahme
eines Anklägers unterscheidet sich das
Anklageverfkhren von dem sogen. Ünter-
-ntehungs' oder InguMtionaver/ahren, wobei
der Richter bei einem begangenen Ver-
brechen von Amts wegen einschreitet, die
Untersuchung einleitet, durchfuhrt und
schliesslich das ürtheil spricht, während
bei dem Anklageverfahren beide Parteien,
Ankläger und Angeklagter, ihre Behaup-
■tungen vertreten und erweisen und das
Urtheil nur feststellt, wer in diesem Kampfe
^eger geblieben sei.
Anklagejnry (grosse Jury), im engl. Kri-
minalprozesse Gericht von 28 Geschwörnen,
durch welches die Vorfrage erledigt wird,
ob die Anklage in der Weise, wie sie ge-
stellt ist, als zulässig erscheine und ob der
Ainkläger vor der sogen, kleinen oder XJr-
theilsjury zu erscheinen habe. Das Ver-
fiüiren vor der A. ist geheim, u. es werden
nur der Ankläger und seine Zeugen, nicht
auch der Anzuklagende vernommen.
AnklAgestMid, das Verwiesensein vor
das eigentliche Straijsericht. Die Venetmng
in den A. erfolgt, wenn die gerichtliche
Voruntersuchung genugende Verdachts-
gründe ergeben hat, um g^gen den eines
Verbrechens Angeschuldi^en auf Grund
der von Seiten der Staatsanwaltschaft gegen
ihn erhobenen Anklage zur entscheidenden
Beweisaufnahme vor dem betreffenden Ge-
richtshofb zu schreiten. Mit der Versetzung
in den A. sind verschiedene Nachtheile,
namentlich Suspension des Staatsbürger-
rechts und bei Beamten einstweilige Ent-
hebung vom Amte verbunden. Nach Be-
endigung der Voruntersuchung stellt ein
gerichtlicher Beschluss fest, ob das Ver-
fahren einzustellen oder die Sache zur
Hauptverhandlung an das eigentliche Kri-
minalgericht zu verweisen sei.
Attluam, Kreisstadt im preuss. Begbz.
Stettin, an der Peene, 11,504 Ew. Ehedem
(1819—1628) blühende Hansestadt.
Ankober. Stadt im südl. Abessinien
(Schoa), 8200' hoch gelegen, 15,000 (?) Ew.
Ankogel, Berg südl. von Salzburg, im
5stl. Theile der Tauemkette, 10,290^ hoch.
Ankowfty Prov. im Innern von Madagas-
kar, die Heimat der Howas. Hauptort:
Tananarivo. -
Ank7lo8e (AnchyloM, gr.), G^lenksteifig-
keit, regelwidrige feste Verbindung zweier
durch ein G«lenk verbundener lochen,
meist am Hüft-, Ellenbogen- und Knie-
gelenk. Bei der toahren A. liegt die Ur-
sache innerhalb der Gelenkkapsel; Folge
von tiefer Zerstörung der Gelenke, Knochen-
entzündung, Beinbrüchen, Quetschungen in
der Nähe der Gelenke. Die falsche A. meist
Folge limgandauernder ruhiger Stellung
durch Jlrschlaffung der Muskeln und Sehnen.
AnlSndnng (AÜuvion), Anschwemmung
eines Stückes Land an das Meer- oder
Flussufer; letzteres wird nach röm. Recht
Eigenthum des Eigenthümers des betreffen-
den Uferstückes.
Anleihe (Staataanieihe), Gfeldauihahrae
des Staates zu Bestreitung ausserordent-
licher Ausgaben. Man unterscheidet a) nach
dem Modus der Rückzahlung ; Bentenanleihen,
bei welchen der Darleiher vom Staate das
Recht zum Bezug einer Jahresrente erkauft,
indem entweder der Staat über den jähr-
lichen Rentenbetrag (Frankreich, Italien,
Spanien) oder über den zu verzinsenden
Kapitalbetrag (England) eine Schuldver-
schreibung ausstellt; gewUhniiche A.n (Nicht-
ren<«nanleihen), bei denen sich der Staat
nicht nur zur Verzinsung, sondern auch zur
Abtragung der A. innerhalb einer bestimm-
ten Frist verpflichtet (Preussen, Oesterreich),
zu welcher Gattung auch die LotterieanleiheH
gehören, deren Tilgung nach einem Ver-
loosungsplau erfolgt, der den einzelnen
Obligationen Gewinne zuertheilt ; b) nach Art
ihres Zustandekommens : freimüige A.n, bei
denen der Darleiher den Kredit des Staats zur
verzinslichen Anlage seiner Kapitalien be-
nutzt, indem der Staat selbst zu wichtigen
nationalen Zwecken an den Patriotismus
der Staatsangehörigen appellirt (Preussens
88
Anluven — Anna.
flreiwiBige A.,068t6irreiclis Nationalaaleihe) ;
2%9aing»anUih0n , weldie der Staat, wenn
er def erforderlichen Slredlts entbehrt,
zwangsweise von seinen Angehörigen auf-
bringt, indem er die Beträge gleich einer
Staatssteaer auf die Grösse des Besitzes
yertheilt; c) vertinaiiehe A.n, bei denen
der Staat zinstragende Obligationen, oder
tmoertineUche , bei denen er Papiergeld
(Kassenscheine) ausgibt, welches in Staaten
mit guter Finaazwirthschaft an den Staats-
kassen gegen Metallgeld jederzeit einge-
wechselt wird Q. sich der Münze im ümlanf
gleich stellt, dagegen in Staaten, wo die
Baareinlösnng suspendirt ist (Zwangskurs),
gegen Metallgeld im Werthe yerliert (Pa-
pieryahxta in Oesterreieh, Rnssland, Ita-
lien, Nordamerika).— Staatsanleihen werden
aufgebracht a) durch ßubskription, wobei der
Staat unter Bekanntgebung der Höhe der
Anleihe, des Zinsfasses, des Subskriptions-
kurses, der Anmeldefrist und der Zeich-
nungsstellen die Kapitalisten direkt auf-
fordert, Betheiligungen anzumelden (zu
zeichnen), bei Ueberzeichnungen aber eine
yerhältnlssmässige Ropartltion eintritt.
Diese Form setzt zwar einen grossen Staats-
kredit voraus, erspart aber durch Um-
gehung jeder Vermittlung dem Staat grosse
Summen. Gibt er dagegen die A. b) in
Submission, so holt er von Bankhäusern Offer-
ten ein, zu welchen dieselben die A. über-
nehmen wollen. Dasjenige Bankhaus, wel-
chem der Zuschlag ertheilt wird, ist Ver-
mittler zwischen Staat und Kapitalisten und
erhält dafür entweder von ersterem eine
feste Provision oder sucht seinen Gewinn
in den höheren Kursen, zu denen es die
Obligationen pladrt. — Die Sehuldobliffa-
tionen über eine A. werden entweder auf
jeden Inhaber (au porteur, on beaver) oder
auf den Namen des Darleihers ausgestellt;
erstere sind im Verkehr die beliebtesten,
da ihr Verkauf durch blosse Uebergabe ge-
schieht, während eine^Oession der letzteren
im StaatsschnldMibuch eingetragen werden
muss Opiskriptionen, z. B. der franz. Rente,
engl. Stocks), dafür aber Sicherheit gegen
V«rlußt gewährt.
AnlVTen (Außuven, Lufen), den«yorder-
thell des Schiffs näher an den Wind bringen.
Anmeldestellen^ im deutschen Zollverein
besondere Zollstellen, zu Entiffchtung der
beim Uebergang von gewissen Vereins-
gebieten auf ein anderes von Frachtfuhren
zu zahlenden Nachsteuer.
Anna, ostind. Silbermünze, = 1 Sgr. ;
Perlengewicht in Surate, = »/ao hoUänd^
As ; Gold- und Silbergewicht in Bengalen.
Anna, Heilige, nach der Tradition die
Gattin des heil. Joachim und Mutter der
Jungfrau Maria, die sie nach langer Un-
fruchtbarkeit gebar. Ihr Leichnam ward
naeh der Legende 710 aus Palästina nach
Konstantinopel gebracht. Die röm.-kathol.
Kirche feiert ihr Fest, den Annentag,
26. Juli, die griechische 9. Dec. Die 8t.
Annenbriidertchaft, ihr zu Ehren gebildet,
wahrscheinlich schon im 13. Jabrh., im 16.
Jahrh. von den Jesuiten neu organisirt,
ging im 18. Jahrh. ein, tauchtiS aber neuer«
lieh in Bayern und der Schweiz wieder aut
Anna, 1) A, Comn«uk, Tochter des byzant.
Kaisers Alexius I., geb. 1. Dec. 1063. sudite
ihren Gatten Nicephorus Bryennlus ver-
geblich anzureizen, mit ihrem Bruder um
den Besitz des Thrones zu ringen; f 1148
im Kloster. Sehr, die Geschichte ihres
Vaters: ,Annae Comnenae Aleziados Übri
XIX' (herausg. von Sehopen 1830, über-
setzt in Schillers ^Historischen Memoiren*)*
— 2) A, BaUyn, s. Bolsjfn. — S) A. von
Bretagne, Tochter Franz n., des letzten
Herzogs von Bretagne , geb. zu Nantes
1476, ward 1491 durch Prokuration dem
deutschen Kaiser Maximilian I. angetraut,
aber 6. Deo. 1491 mit Karl VIIL von
Frankreich und nach dessen Tode mit
Ludwig XII. von Frankreich vermählt; t
11. Jan. 1514 zu Blois. — 4) A. von Otter-
reich, Tochter des Königs Philipp in. von
Spanien , geb. 22. Sept. 1601 , seit 9. Nov.
1615 mit Ludwig XIIL von Frankreich ver-
mählt, Mutter Ludwigs XIV. und Philipps,
des Stammvaters des Hauses Orleans, nach
ihres Gemahls Tode (1643) vom Parlament
zur Begentin erhoben, überliess die Regie-
rung Mazarin, zog sich nach dessen Tode
(1661) in das Kloster Val de Grace zurück ;
t 20. Jan. 1666. — 5) A. , Königin von
Grossbritannien und Irland, Tochter Ja-
kobs n. (damals noch Herzogs von York)
und der Anna Hyde , geb. zu Twickenham
bei London 6. Febr. 1664, ward 1683 mit
Georg, dem Bruder des Königs Christian V.
von Dänemark, vermählt, -bestieg nach
Wilhelms IH. Tode 8. März 1703 den
Thron, Hess sich erst von Marlborongh,
dem Führer der Whigs, beherrschen,
suchte nach ihres Gemahls Tode (1708) die
Thronfolge dem Prätendenten Jakob HL
zuzuwenden, hob deshalb die Tories an
die Spitze der Verwaltung, wodurch der
für Frankreich günstige Friede von Utrecht
herbeigeführt ward; t !• Aug. 1714. Unter
ihr wurde England und Schottland unter
dem Namen Grossbritannien vereinigt. —
6) A. Iioanovma, Kaiserin von Russland,
Tochter Iwans IH. (V.), des älteren Halb-
bruders Peters d. Gr. , geb. 25. Jan. 1693,
vermählte sich 1710 mit dem Herzog von
Kurland (f 1711), bestieg nach Peters n.
Tode 1730 auf Betrieb der Adelspartei
den russischen Thron, liess ihren Günst-
ling Biron unumschränkt regieren; f ^«
Okt. 1740. — 7) A. Kariovma, ursprüngl.
Elisabeth Katharine Ohristine, Grossförstin
und Regentin von. Russland, geb. 1718,
Tochter des Herzogs Karl Leopold von
Mecklenburg und Katharinas , der Schwe-
ster von A. 1), vermählte sich 1780 mit
Anton Ulrich, Herzog von Braunschweig-
Wolfenbüttel , erklärte sich nach Birons
Sturz 1740 zur Grossfürstin und Regenten
von Russland, ward durch eine Palast-
verschwörung 6. Dec. 1741 zu Gunsten
Elisabeths, der Tochter Peters d. Gr., ge-
stürzt; t 18. März 1746 auf einer Insel der
Dwina am weissen Meere, wohin sie ver-
wiesen worden. — 8) A. , Kurfürstin von
Annaberg — Annnarinm.
89
Sachsen, Toehter GhristUnt m. ron Däne-
mark; geb. 15S1, rermahlte sich 1548 mit
dem nachherigen Knrf&rsten Angust I. von
Sachsen, wegen ihrer Wirthlichkeit ,Matter
Anna* genannt, sehr, ein ,Erzneibüchlein* ;
t 1. Okt. 1585. — 9) A.f Herzogin von Sach-
sen'Kobnrg, Tochter des Karf&rsten Angnttl.
▼on Sachsen, vermählte sich 1584 mit dem
Herzog Joh. Kasimir von Kobarg, ward
wegen eines Uebesrerhältnisses mit dem
KammeiJQnker Ulrich Ton Liohtenstein ge-
schieden; t 27* Jfti^* ^613 ^ Gefingniss
auf der Veste Kobnrg. — 10) A. Hyde,
s. Clarendon. — 11) Ä, AmaUa, Herzogin
Ton Weimar, s. AnuAie»
Auaberg, Berg- und Tabrikstadt im
sächs. Erzgebirge, Begbz. Zwickau, 11,278
Ew. Posamenten-, Band- und Seiden-
waarenfietbrikation , Spitzenklöppelei. Im
Schreckenberg Silbergmben (im 15. Jahrh.
sehr ergiebig). Dabei das amuAerger Wie'
$ef)bad, salin.-alkal. Quelle mit Badeanstalt.
Aimabarg . (firi^her Lochat»), Flecken im
preuss. Regbz. Merseburg, Kr. Torgau,
1425 Ew. Soldatenknabeninstitnt. In der
annc^rger (lochauer) Beide wurde 24- April
1547 Kurf&rst Joh. Friedrich nach der
mühlberger Schlacht gejbngen genommen.
AuU Hat.) , Jährlich , ein Jahr dauernd.
AmuUen, Jahrbücher, welche die geschichtl.
Ereignisse in chronologischer Folge ent-
halten; dann in dieser Art abgefasste Ge-
schiobtswerke überhaupt; auch Titel von
Journalen. Die Ännalee pontißcufn oder An-
nale» maximi, die ältesten Geschichtsbücher
derBomer, gingen bei der Eroberung Soms
durch die Gallier zu Grunde.
Ajuuub (Anatn), Königreich an der Ost-
k&ste Ton Hinterindien, 3915 QM. mit
9 Kill. Ew. Das Innere so gut wie unbe-
kannt; an der Küste 2 Gebiete: Tongklng
im N., Gochinchina im S. Hauptfluss der
Mekong. Bevölkerung mongol. Abkunft,
mit Chinesen und Malayen vermischt.
Hauptreligion der Buddhismus ; ftrüher auch
zahlreiche kathol. Christen. Jetziger Ktf-
nig : Tuduc (seit 1847) ; Begierungsform der
chinesischen nachgebildet. Hauptstadt :
Hu6. In Folge der Christenverfolg^nngen
(seit 1848) 1859 und 1861 französ. Expedi-
tionen, welche 1862 die Abtretung der
Prov. Bien-hoa, My-tho und Saigun (Fran-
zösisch - Oochinchina) zur Folge hatten. Die
annamitisohe Sprache, monosyllabisch, wird
mit chines. Schriftzeichengeschrieben. Lite-
ratur unbedeutend. Vgl. Veuilloi, ,La Coohin-
cbine et la Tonquin*, 1859; Oortambert und
deBoeny, ,Tableau de la Cochinchlne*, 1865;
Beutian, .D.Völker d. östl. Asien«, 4. Bd., 1868.
ÄBmapSlis, Hauptstadt von Maryland
(Nordamerika), nahe der Sevemmündung,
4580 Ew. Im Fort Sevem die Seeakademie
derVer. Staaten. Einst bedeut.Handelsplatz.
^n- Ar bor, Stadt in Michigan, am Huron-
flnss, 57S0£w. Staatsuniversität.
AnBilen (lat.) , Al^abe , welche für Ver-
leihung einer KirchenpAründe beim Amts-
antritt an den päpstllehen Stuhl gezahlt
werden musste und im ganzen oder halben
Jahresertrage der Pfründe bestand. Früher
nur in ausserordeatUcheu Fällen entrichtet,
seitiBonifiMsius IX. (1404) stehende Abgabe ;
jetzt meistens durch Konkordate auf eine
bestinimte Summe festgesetzt.
Ajuieey (spr. Ann'si,^im Mittelalter Anne-
sium), Fabrikstadt im 'franz. Depart. Ober-
savoyen, am See von A,, 11,554 Ew. Ehe-
dem Sitz der Graien von Grenevais.
ABMektirea (lat.), anhängen, einverleiben.
Auelid«]!, s. BiiMeltoürmer,
AanoilMrildenelitft, s. Armay Heilige.
Aaneiiordeii, russ. Orden, gestiftet 1735
vom Herzog Karl Friedrich von Holstein-
G«ttorp zu Ehren seiner Gremahlin Anna,
Tochter Peters d. Gr. , 1796 von Paul L zum
russ. Orden erhoben, aus 4KlasBen bestehend
und zu Belohnung des Verdienstes ohne
Unterschied des Standes bestimmt.
Annex (lat.), mit etwas verbunden, duu
gehörig. Aimexa, Zubehör, Nebengüter. An-
nexlon (Annektation) , Anlmüpfung, Aneig-
nung, in neuester Zeit auigekommene Be-
zeichnung für die Einverleibung bisher
selbständiger Territorien in angrenzende
grössere Staaten, zuerst gebraucht bei der
Einverleibung Savoyens und Nizzas in den
französ. Staat.
AnniUlatioii (AnnihiUrung , lat.), Auf-
hebung, Nichtigkeitserklärung.
AnniTerMrleB (lat.), jährlich wieder-
kehrende Gedächtnissfeierlichkeiten.
Auto (Hanno), der Heilige, erst Kanzler
des Kaisers Heinrich HI., seit 1056 Erz-
bischof von Köln, bemächtig^te sich 1062
des jimgen Heinrich IV. u. somit der Beichs-
verwaltung, musste dieselbe 1064 dem Erz-
bischof Adalbert von Bremen überlassen,
übernahm sie 1072 von Neuem; t 4. Dec.
1075. Tag 4. Dec. Ygh Aegid. Müller, ,A.n.S
1858, und Idndner, ,A. IL*, .1869» Der
Lobgesang auf den heiligen A, oder das Anno'
lied, um 1183 (n. A. schon 1075) verfasst
(n. Ein. von Lambert v. Hersfeld^, feiert das
Leben A.s im Zusammenhang mit der Zeit-
geschichte ; herausg. von OpU» (1689), Beggen-
berger (1848i, Soth (1848) und hi MOUenhoff»
xi.ßchererSt'D^nkm. deutsch JPoesie etc. '(1864).
AnnobSn (Annabom), span. Lisel im Meer-
busen von Guinea, bis 8700^ hoch, 3000 Ew.
Station für Seeschiffe.
-Aniioliedy s. Anno.
Annominfttloa (lat., auch Pnronofnasie),
rhetor. Figur, bestehend in der Zusammen-
stellung gleich- oder ähnlichlautender
Wörter von verschiedener Bedeutung, z. B.
aman« [liebend] und amens [verrückt].
AunSnft. röm. Göttin, Beschützerin der
Feld- und Gartenflrüchte.
Amioiimrbcli (lat.), was sich auf den G^-
treidehandel bezieht.
ABnonaT (spr. Annönäh), Industriestadt
im ftanz. Depart. Ard^he, 18,445 Ew. Mont-
golflers Geburtsort.
Aanonee (fr., spr. Annongs), öffentliche
Anzeigte; annoneiren, öffentlich anzeigen.
Annotita (lat.), Anmerkungen; Annota'
tion, Anmerkung.
iLmiiill*) (Iftt.), ein Jahr lang zu lesende
^elenmesse; Jahrgehalt.
AmvuriiHi (lat.), Jahrbuch, Kalender.
90
Annuität — Ansbach.
Annsitit 0<^-)t J&brI. Zahlung zn Abtra-
gung oder YerEinsnng einer Schuld, kommt
Tor als blosse stfickweise Abaahlnng einer
anyerzinsllcben Schuld oder als gleichblei-
bende Verzinsung eines eisernen Kapitals
(immerwährende A. oder Rente) oder als
allm&hlige Abzahlung der Zinsen und des
Kapitals zusammen in gleich grossen
Jahresbetr&gen (Zeitrenten) oder als auf
Lebenszeit des Gläubigers fortgesetzte Zah-
lung (Leibrente). Li England sind A.en
(annuUie$) Staatspapiere, welche dem Dar-
leiher für sein dem St^te ' geliehenes
Kapital Jährliche gewisse Konten gewähren,
Staatszfnsen, welche lange heissen, wenn
sie auf 99 Jahre, kurze, wenn sie auf
49 Jahre gezahlt werden. Das Kapital wird
dann als durch die Konten absorbirt be-
trachtet und nicht zur&ckgezahlt.
AiiB«lIr (lat.), ringförmig.
Annullten, s. Bingtlwürmer. [derruf.
AmmllAtioii (lat.) , Nichtigerklärung, Wi-
AnimneiiteBordeii, Ritterorden Tom
Herzog Amadeus VI. von Savoyen 1360 als
Halsbandorden gestiftet, 1518 renovirt und
A. benannt, 1720 zum ersten Orden des
Königreichs Sardinien erhoben.
AimiuieiAtloii (lat.), Ankündigung.
Annas (lat.), Jahr; a. carenliae, Karenz-
jahr, Jahr oder kürzere Vrist, während
deren ein Angestellter ohne Besoldung
dienen muss; a. detervilu» oder gratiae,
Gnadeiijahr (s. d.); a. ditcreHoni», Jahr, in
welchem Einer mündig wird.
Annunni(lat.),JährUcherBeitrag,Jahrgeld.
Anobllren (fr.), adeln; AnoblinetMiU,
Erhebung in den Adelsstand.
AnSde (gr.), Aufweg, Weg dos Sonnen-
aufgangs, im Gegensatz zu K(Uhode. Ln
galyanischen Element die negative , Sauer-
stoff entwickelnde Fläche.
AnodjFnA (gr.), schmerzstillende Mittel,
Opium, HyoBcvamus, Belladonna.
An5a (gr.), Verstandesmangel, geringerer
Grad des Blödsinns.
Anogen (gr.), Bezeichnung dezjenigen
Veränderung der Gesteine, welche unter
Einwirkung der Luft und des Wassers un-
mittelbar an die Erdoberfläche oder in der
Nähe derselben Statt gefunden hat, im Gegen-
satz zu hOogen, der in der Tiefe unter
höherer Temperatur und höherem Druck
erfolgten Umwandlung der Gesteine.
Anomil (gr.)) von der Regel abweichend,
nnregelmässig ; AncmSla, in der Grammatik
Wörter, welche in ihrer Flexion von der
Regel abweichen; ÄiMmaU«, Abweichung
von der sonst geltenden Regel. In der
Astronomie ist wahr» ÄnomalU der Winkel,
welchen der Radius vector eines Planeten
von dessen Durdigange durch das Peri-
helium an in einer gewissen Zeit beschrieben
hat; mittUre A, der Winkel, welchen der
Radius vector von dem Perihelium an in der-
selben 2Seit bei gleichmässiger Geschwindig-
keit der Bewegung beschrieben haben würde.
AnomaiisUselies Jahr, s. Jahr.
Anomie (gr.) , Gesetzlosigkeit.
Anonniren (flr.), stottern, stecken bleiben.
Anonym (gr.), namenlos, von Schriften,
deren VerfSssser sich nicht genannt hat;
Ananj^nm$, ungenannter Ver&sser; Anon^f'
»iiiU, VersohweiflTung des Namens.
AnoMTnie Getellieliafty s. v. a. Aktien-
gesellschaft. [Blindheit.
Anopile (gr.)} Unvermögen zu sehen,
Anorexie (gr.), Appetitmangel.
Anorglnlsen (gr.), unorganisch, die
mineralische Substanz im Gegensatz zu
den von Pflanzen und Thieren erzeugten
KohlenstolfverMndungen.
Anormll (lat.). unregelmässig.
AnorthoskSp (gr.), Vorrichtung zur Er-
zielung optischer Täuschungen, ähnlich
der stroboskopischen Scheibe, beruht auf
dem Gesetz, dass das Bild eines Gegen-
standes noch kurze Zeit auf der Netzhaut
des Auges verweilt, nachdem der G^en-
stand bereits entfernt ist.
Anotmfe (Anodmie, gr.), Unvermögen zu
riechen, angeboren oder durch Lähmung der
Riechnerven erworben, oder symptomatisch
und vorübergehend bei Nervenflebern, Hy-
sterie, Schwangerschaft.
Anplatten, s. V«redeln,
Anqneill (spr. Angfeetihl) , 1) LouU Pierre,
franz. Historiker, geb. zu Paris 21. Jan.
1728, t das. 6. Sept. 1808 als Mitglied des
Listituts. Hauptwe»: ,Histoire de France*
(1805, 14 Bde., und öfter, bis 1863 fortgetf.
von BouiÜet, 1862, 6 Bde.). — 2) Abrahcm
Bjf(teitUhe A.'Duperron (spr. -Düpärrong),
Orientalist, Bruder des Vorigen, geb. 7.
Dec. 1731 zu Paris, von 17&5— 62 in
Indien, dann Dolmetscher der morgen-
länd. Sprachen bei der königl. Bibliothek
zu Paris; t <!&>• &ls Mitglied des Ltstituts
17. Jan. 1805. Werke: Uebers. des Zend-
Avesta (1771); ,Recherches bistoriques et
g^ographiques sur Tlnde' (1786, 2 Bde.);
,L*]äde en rapport avec TEurope* (2. Aufl.
1798, 2 Bde.); ,Oupnek'hat* (1802— 4, 2 Bde.).
Anquleken 1 s. Anudgam,
AnqnlekBilber^ das beim Amalgamlrver-
fahren nach dem Erhitzen des Amalgams
zurückbleibende unreine Silber.
Anrnelügkeity übler Ruf: nach früherem
deutschen Rechte Unehrlichkeit, d. i. Schmä-
lerung der bürgerlichen Ehre einer Person
in Folge gewisser Eigenschaften, z. B. un-
ehelicher Geburt, eines Gewerbes etc., be-
wirkte Ausschliessung von Zünften und
Korporationen.
AnsA (lat.), Henkel, Handhabe ; auch GrifT-
bret. Anaae erudiiUmU, die nöthigen Vor-
kenntnisse zur Gelehrsamkeit.
AnSMlIgkeity der Besitz unbeweglichen
oder solchem gesetzlich gleichgeachteten
Eigenthums an einem Orte, begründete
firüher die Ausübung gewisser Gremeinde-
rechte, z. B. des Wahlrechts, gewährt noch
in engeren Grenzen dem Gerichte Garantie
für Zahlungsfähigkeit, daher Freiheit von
Eautionspflicht etc.
Ansirier. s. JUbseairier,
AnMtz (fr. embouchure, Mus.), die Stellung
der Lippen zum Hervorbringen des Tons
auf Blasinstrumenten; beim Gesang die Art
der Mundätellung.
Antbaeli (OndMtack, OnoWinum), Haupt-
Anschoppung — Anstett.
9r
Stadt des bayer. Begbs. Mittelfranken, an
der nntern Kezat, 13.018 Ew. Gbburtsort
der Dichter Uz and Platen. Ehedem
Bauptstadt des Für$t«Hthiuiu A. Letzteres,
später znm frank. Kreise gehörig, 60 QM.,
erhielt 1862 Burggraf Triedrich V. von.
Nürnberg zn Lehn. Dieser theilte es 1398
ia dos Land oberhalb (Ansbach) und in
das Land unterhalb des Gebirgt (Kulm-
bach, spiter Balreuth). Beide Theile fielen
1464 an den zweiten iSohn des Kurlürsten
Albrecj^t Achilles von Brandenburg, Fried-
rich, und dieser ward Gründer der frank.
Linie der Markgrafen yon Brandenburg,
^ die sich wieder in die Linien A. und Bai-
renth theilte. Letztere erlosch 1769, wor-
auf beide Fürstenthümer wieder yereinigt
wurden. Der letzte Markgraf Ton A.,
Karl Friedrich, Gemahl der Lady Graven
(s. d.), überliess beideFürstenthnmer2. Dec.
4791 freiwillig an Preussen. Dieses verlor sie
1806 an die Franzosen, die sie Bayern
überliessen. Vgl. Lang, ,AnnaIen des Für-
stenthums A. untv der j^euss. Regierung*,
1806; Barth, ,Versuch einer Ijandes- und
Begentengesch. der Fürstenthümer Balreuth
und A.S 1795.
ABiehoppiuigy dauernde Blutstockung in
einem Organe, s. Infarkte
Ansehiitc. Heinrieh, berühmter Schau-
spieler i{n Fach der Helden- u. Charakter-
rollen, geb. 8. Febr. 1785 zn Luchau, seit
1821 am Hofburgtheater in Wien; f das.
■ 29. Dec. 1865. Seine erste Gattin, Jotephine,
geb. Kette, beliebte Sängerin ; seine zweite,
JBmiUe, geb. Budenopp, Schauspielerin in
Wien; ebenso seine Tochter aus 2. Ehe,
Augu$U (vermählt mit dem Maler Kober-
wein), und sein Bruder, der Novellist
JBduard A. (f H. April 1855).
Anse (spr. Angs), Stadt im franz. Depart.
Bhone, 2100 Bw. , das Atua der Bömer;
mehrere Koncilien 1025 unter Johann XTX.,
1075 unter Gregor VII., 1107 unter Pa-
flchalis (Kreuzzug), 1298 unter Bonifaz YHI.
Anseui Ton Cantexbnry, scholast. Philo-
soph, geb. 1038 zu Aosta in Piemont, erst
'Abt des Ellosters Bec in der Normandie,
seit 1098 Erzbischof von Canterbnry, Be-
gründer der .scholast. Philosophie, Er-
finder des ontolog. Beweises für das Dasein
Gottes; t 21. April 1109. ,Pro8logiumS
,Monologium', ,CurDens homo*, neue Ausg.
von Lammer 1857, deutsch von Bchirlit» 1861.
Werjce herausg. von Oerberon (1675, 2 Bde. ;
neue Aufl. 1721). Vgl. über ihn die Werke
von Fraudk (1842), Ha$Me (1843-52, 2 Bde.)
und B4mu$at (1853). [Schwimmvögel.
Anser (lat.^, Gans; AntereB, bei Linn6
Ansgar (AnschariuB), Heiliger, Apostel
des Nordens, geb. 801 in derPicardie, erst
Mönch in der Abtei Corbie unweit Amiens,
dann zu Clorvey in Westphalen, predigte
seit 826 in Schleswig und Jütland das
Ohrlstentbum , seit 831 erster Bischof von
Hamburg, dann von Bremen; f 8. Febr.
865 zu Bremen. Tag 8. Febr. Seine Biogra-
phie von KHppel (1846).
AbiIo» Beinier, holl. Dichter, geb. 1622
au Amsterdam , seit 1^ in Italien , wo er
zur kathol. Kirche überging; f zu Perugia
16. Ma4 1669. ,Die Pest zu Neapel', ,Pariser
Blnthochzeit'. Werke herausg. von «/*. de
Haas (lYlS).
Absob (spr. Aenns^n), George, Lord, brlt.
Seeheld, geb. 28. April 1697 zu Shugborough
in Staffordshire , machte als Befehlshaber
einer Escadre Sept. 1740 bis Juni 1744 eine
Reise nach Westen um die Erde, auf welcher
er die Galeone von Acapulco erbeutete, ward
1744 Oontreadmiral, besiegte 3. Mai 1747 bei
KapFinisterre den franz. AdmiralJonquiöre,
unterstützte 1758 die Landung der Eng-
länder bei St. -Male und Cherbourg; f 6.
Juni 1762 als Admiral der Flotte. Seine
Biographie von Borrow, 1839. Die Besciirei-
bung seiner Reise erschien 1748 (deutsdi
von Totee 1763). [tengrind.
Anspriuig, s. v. a. Milchschorf u. Flech-
Anzieckuigy Uebertragung einer be-
stimmten Krankheit von einem Individuum
auf das andere, geschieht durch Organis-
men, z. B. durch Milben u. Pilze, wie bei
Krätze und Grind, oder durch einen gift-
artigen Stoff, wie bei Hundswuth, Milz-
brand j oder durch ein Ktyntagium, ein bis
jetzt noch nicht nachweisbares Agens, wel-
ches in dem erkrankten Oj^anismus selbst
sich gebildet hat und entweder an Eiter,
Schleim etc. haftet (fixes Kontagium bei Sy-
philis, Pocken) und nur durch diese über-
tragen werden kann, oder sich unsichtbar
durch die Luft verbreitet (flüchtiges Kon-
tagium bei Masern, Scharlach). Aui^e-
nommen werden die Kontagien durch die Lun-
gen, Schleimhäute oder Wunden, nicht
durch die unverletzte äussere Haut, wirk-
sam sind die Kontagien meist aber nur bei
vorhandener Disposition zur Erkrankung
(bei Syphilis stets), und nach überstandener
Krankheit erlischt gewöhnlich die Disposi-
tion für dieselbe Krankheit (bei Syphilis
nicht). Die Erkrankung erfolgt nicht
immer sofort nach der A., die Zeit
zwischen beiden (Stadium ineubationU) ist
bei . verschiedenen Krankheiten ungleich
lang. Die durch ein Miasma entstehenden
Krankheiten (Typhus, Cholera, gelbes Fie-
ber, Hospitalbrand) könneii ansteckend
werden, wenn eine grosse Anzahl Men-
schen in schon an sich ungesunden Räu-
men zusammengedrängt sind, wobei viel-
leicht, nur die Disposition zur Erkrankung
erzeugt wird. Sperranstalten zur Fsr-
hütung der A. haben sich mehr und mehr
als unpraktisch erwiesen; Je nach der
Natur der Krankheit sind besondere Mass-
regeln zu ergreifen : Isolirung der erkrank-
ten Individuen, Impfting, Desinfektion mit
Ohlor, Eisenvitriol etc.
ABttetty Joh, Br<aa»iut von, russ. Di-
plomat, geb. 1766 zu Strassburg, seit 1801
bei der russ. Gksandtschaffc in Wien, schloss
7. April 1813 mit Preussen die Konvention
von Kaiisch ab, brachte mit Nesselrode 15.
Juni den Traktat von Reichenbach zu
Stande, wohnte dem Kongresse zu Wien
1814 und 1815 bei, seit 1818 russ. Gesandter
u. Bevollmächtigter beim deutschen Bunde ;
t 14. Mai 1835 zu Fran]i;fnrt.
92
Antäus — Anthela.
AntiiUy Sohn Poseidons nnd der Erde,
Riese, ward Ton Hercules bezwnngefl, in-
dem dieser ihn über der Erde , aus .der A.
seine Kraft zog, schwebend erhielt.
Antafonlslren (gr.), widerstreben, ent-
gegenwirken; ÄntagonUt, Gkgner, Wider-
sacher; Antag<mi$mu» , Qegenwlrknng ; in
der Physiologie diejenige Einrichtung des
lebenden Körpers, wonach ein Organ der
Thatigkeit eines andern entgegenwirkt,
dieselbe also hemmt nnd so aal das ge-
liörlge Hass znrückf&hrt; daher Anlago-
nMen solche Muskeln, welche einander
entgegenwirken, wie z. B. die Beugemus-
keln das Knie beugen , die Streckmuskeln
es wieder strecken. Im antagonist. Ver-
halten stehen femer zu einander Hautaus-
dnnstung und Absonderung der Darm-
llüssigkeit und des Urins etc.
▲ntakleh. Stadt in Syrien, am Asi (Oron-
tes^, 18,000 iSw., das alte Antioehia (s. d.).
Antalf oberungarfsches Weinmass , =:
73,35 Liter = 1 Eimer 3 Qu. preuss. =
1 Eimer lOVa Qu. wiener. Der tokayer A. ist
um ^k kleiner.
Atttalcidiscber Friede» von dem spartan.
Nauarchen Antalcidas Sti? ▼. Chr. mit dem
pers. König Artaxerxes Mnemon zu Stande
gebrachter Friede, wonach die griech. Städte
auf dem Festlande Kleinasiens unter pers.
Herrschaft bleiben, alle anderen griech.
Städte aber autonom sein sollten, zerriss
Griechenland vollends u. steigerte Spartas
Uebermuth.
AntABaUisls (gr.), Dilogie, Doppelsinn,
in der Rhetorik die nachdrucksvolle Wie-
derholung eines Worts in verschiedener
Bedeutung.
Antaplirodltlsehe Mittel, Mittel, welche
die krankhaft gesteigerte Gtoschlechtslust
vermindern (Säuren, Narcotica, Kampher,
Stratnraonium).
Antira, arab. Häuptling in der Mitte
des 6. Jahrb., Dichter einer Moallaka (her-
ausg. von Menil 1816). Seine Abenteuer
Stoff zu dem Heldenroman ,Antar* (engl.
yon Hamilton, 4 Bde., 1820), angebl. von
Asmai (f 824) am Hofe Harun-al-Raschids.
Aiitire§. Stern 1. Grösse im Skorpion.
Antarktuch ^.), dem Bären, d. h. dem
Norden, entgegengesetzt. A.er Pol, Südpol.
A.e9 Meer, das den Südpol umgebende,
ganz uneingeschlossene Eismeer. Die Eis-
massen reichen selbst im Sommer oft bis SO®
s. Br. Die südl. Polargegenden sind kälter
als die nörd). und für die Schifffahrt un-
zugänglicher. Ob ein a.er Kimtinent existirt,
ist ungewiss. Nur Kästenstrecken und
Inseln hat man entdeckt ; der Mensch fehlt
auf ihnen. A.« Expeditionen wurden aus-
geführt von Cook (1772—75), Bellinghausen
(1819-21), Wedeil (1823), Biscoe (1830), Kemp
(1884), Balleny (1839), d^Urville (1839-40),
WUkes (1840), Ross (1840-43, bis 78« 10'
s. Br.), Moore (1845). Das noch unbekannte
a.e Gebiet : 396,000 QM. (n. Petermann).
Antecedens (lat.), vorausgehend. Anteee-
dentien, frühere Vorgänge, die auch für
die Beurtheilung des €tegenwärtigen mass-
gebend sind. Anteceuor, Vorgänger.
Antedfttlren (lat.), vorausdatiren , für
etwas ein flrüberes Datum angeben als das
wirkliche, bei Urkunden, um gewiesen An-
sprüchen eine festere Grundlage sn geben.
Ante dient dat.), vor der Zeit.
■ AntedllBTiAnleen (lat.), vorsündfluthlloh.
Ant^nstlnianeleenes Becht, das ge-
sammte ans den Zeiten vor Justiidan her-
stammende rom. Recht (s. d.).
AntelOffinm (lat.), s. v. a. Prolog.
Antelndlnm (lat.), Vorspiel.
Antelnklnlien (lat.), was vor Tages-
anbruch geschieht.
Ante meridlem (lat.), Vormittags.
Anteaetlea (gr.), Mittel gegen den Breofa- *
reiz, Je nach dem Zustand des Magen»
Säuren, Alkalien, Mineralwässer, leichte
Theeaufgüsse.
Anten Hat. antae), die Vorspränge der
beiden Seitenwände eines Tempels hinter
den Säulen. [Gesohlecht von Riesen.
Anten 9 in der deutschen Mythol. ein
Antennginm (lat.), Vorrecht der Erst-
geburt; AntenatuB, der Erstgeborne.
Antennen (lat.), die Fühlhörner der In-
sekten; auch die Querbalken am Kreuze.
AntSnof) edler Trojaner, bei Homer ver-
ständiger, zur Sühne rathender Greis»
nach der späteren Sage Freund der Grie-
chen und Verräther an seinem Vaterlande,
wanderte nach der Zerstörung Trojas mit
den Henetem nach Italien aus , wo er am
adriat. Meere die henetische Provinz mit
der Hauptstadt Patavinm (Padua) gründete.
Antennptlaliseli (lat.), was vor der Hoch-
zeit geschieht.
Anteooenpntlo (lat.), rhetor. Figur, mit
welcher der Redner einen möglichen Ein-
wand selbst vorbringt und widerlegt.
Antepennltinia (lat.), drittletzte Wort-
silbe, [tion, Voranstellnng.
Anteponlren (lat.), vorziehen; AntepoH-
Antennen (spr. Antekera, das alte Ante-
caria), Gtowerbsstadt in der span. Prov.
Malaga, 27,200 Ew. Fabr. für Seide nnd
Bavetas nrianell).
Anterldlon (gr.), Strebepfeiler.
Anteriores (lat.), die Vorderen, besonders
Vorfahren. Anteriorität , das Frühersein,
Zeitvorzug. [Gott der Gegenliebe.
AnterOSy Sohn des Mars und der Venus,
AnteS) altes sarmat. Volk, zwischen
Dnjestr und Tanais; später, nach der Be-
siegnng durch Kaiser Justinian (daher
Antieu»), an der untern Donau sesshalt.
Anteslgninl (lat.), bei den Römern aus-
erlesene Kemtruppen (Tr^aWer^, die zum
Schutze der Legionszeichen vor denselben
aufgestellt zu werden pflegten, zugleich
Exercirmeister.
Anteststnre (fr., spr. Angtestatühr),
schnell aufgeworfene, leichte Verschanzung.
Ante termlnnm (lat.) , vor dem Termin.
Antevenlren (lat.), zuvorkommen.
Antesengmenon (gr.) , in der Grammatik
Beziehung eines gemeinsamen Zeitworts auf
mehrere Subjekte. Gegensatz Diezeugnienon,
Antheln (a. G.), Flecken bei Phthiotls
in Thessalien, nahe den Thermopylen,
Versammlungsort der Amphiktyonen.
I
Anthelien — Anthropopathismus.
93
AmtbellMi Xgt.)t Gog^iMonnen, auch Son-
AatiMbBiiitleft (gr.), Mittel gegen Ein-
geweidewürmer, starke Purginnittel oder
Arzneimittel, welche direkt auf die Würmer
wirken nnd dann meiqt nur gegen eine
besondere Art von Würmern dienlich sind,
z. B. Koosso, Granatrinde, Farmwnrzel
gegen Bandwu^n, Santonin gegen Spulwurm.
lÄtliSm (engl.)* Kirehenmusikstück mit
bihi. Text; anch s. t. a. Antiphonie.
ABtleBis L. (AßerhamiOe, MtmdtkamüU),
Fflanzengattnng der Kompositen. Bei uns
wild A. arrensis L,, AckerkcmüU, unäehte
XamiUep A. ootnla L.j tunkende A„ und A.
tinctoria L,, ^rberkamtile , A. nobilis L.p
edle A.f rtim, KamiUe, in Italien und Süd-
dentschland, weiter nördlich auf Feldern
gebaut, Blüthen officlnell.
AatkeBiiiily 1) Flavita, röm. Kaiser,
Sohn des Procopius, aus Galatien, Gemahl
der Euphemia, der Tochter des Kaisers
Harcianus, siegte über die Hunnen an der
Donau, ward 467 n. Ohr. auf den Thron
erhoben, aber Ton Bicimer ermordet. —
2) Rom. Präfekt des Orients, wahrend der
Mindeij&hrigkeit Theodosius II. 408—15
Begent des oström. Reichs.
Jjrthire (gr.), Staubbeutel, welcher an
dem Staubfaden der Blüthen sitzt.
Astiiegterlcii (gr.), Bacchusfeste, be-
sonders das St&gige, vorzogsweise in Athen
▼om 11. des 8. Monats (AiUheslerion , d« L
Blüthenmonat) an gefeierte Bacchusfest.
AntlMdliim (gr.), die gemeinsame Blü-
thenhüUe der Kompositen.
Anthokoptognphlk (gr.), die Kunst, in
Papier Blumenflguren als Durchscheinbilder
zu Lampenschleiern, Lichtschirmen etc.
auszuschneiden.
Astiiologie (gr., lat. Vlorilegium) , Blu-
menlese, häufig lltel für Sammlungen von
Gedichten, Sentenzen etc. Bekannt be-
sonders die grieeh. A., heransg. von Jaccb»
(1794 — 1814, 18 Bde.; 1818-17, 8 Bde.).
Die r9ffi. A., ein Werk ans dem Alterthum ;
herausg. -v.FeUr Burmann (1759—73, 3 Bde.).
Astbologlmi (gc) , in der griech.-kathol.
Kirche das Missale oder Messbuch.
Antlnoxintbvui L. (Buehgra$), Pflanzen-
gattung der Gräser. A. odoratum X., auf
trocknen Wiesen, enthält Cumarin und
gibt dem Heu den Wohlgeruch.
Ajitlmoeii, fester Kohlenwasserstoff, wird
ans den letzten Antheilen des bei der
Theerverarbeitung erhaltenen Destillates
gewonnen, dient zur Bereitung ron Alizarin.
Ajithraeit ( KcMerMende), älteste Kohlen-
art, eisen- bis granlichschwarz, stark
metallifftig glasglänzend, enthält meist
über 90 «/» Kohlenstoff, wenig Sauerstoff
und Wasserstoff, verbrennt schwer u. mit
schwacher Flamme, ohne zu backen und
zu rauchen, gibt kein brenzliches Oel; in
der silnrischen, devonischen und Stein-
kohlenformation, Nester, Stöcke und Lager
bildend, in Rhode-Island u. Pennsylvanien,
bei Schönfeld, Wurzbach, Lischwitz, in den
firanzös. und piemont. Alpen ; gutes Brenn-
material.
Anthrakonlt (Antkrakolit , Madreporit),*
Kohlenkalkspath, kleinkörniger, durch
Kohle gefärbter kohlensaurer Kalk, in
Norwegen und Schweden, un Harz, im
Salzburgischen etc. Hierher gehSrt anch
ein Theil des schwarzen Marmors, Luknllan.
Anthrax (gr.), Kohle; in derMedicins.T.a.
Brandbeule ; gutartige s. ▼. a. Furunkel oder
Blutschwär; bösartige pestartig.
AntJulBeiil Aer«. (Klettenkerhel), Pflan-
zengattung der Umbelliferen. A. vulgaris
Been., Scandiz anthriscus L,, gemeiner
Kerbel, und A. sylvestris Moffm., Chaero-
Jhyllum sylvestre L,, WietenkerUH. , KSl-
erkropf (nicht giftig), bei uns wild; A.
cerefolium Hoffm., Scandix cerefoUum £.,
Gartenkerbel, Kerbdkraut, als Gewürzpflanze
in Gärten kultivirt.
Anthropodlmoii (gr.), vergötterterMensch,
Gottmensch ; auch böser Dämon in mensch-
licher Gestalt.
Antbropogeale (er.), Entstehung des Men-
schen und der verschiedenen Racen.
AntkropogüMfe (gr.) , Menschenkennt-
niss. Anthropogno^, Menschenkenner.
AathropograpUe (gr.), Beschreibung des
Menschen, bes. Lehre von den Raoen-, Bil-
dungs- u. den durch das Klima erzeugten
Verschiedenheiten des Menschengeschlechts,
Theil der Anthropologie ; auch I^stellung
des Menschen durch die zeichnenden Künste.
Antiivopolatrie ^X Menschenanbetung;
unwürdige Menschendienerei.
Anthropolltkea (gr,), angeblich fossile
Menschenreste, entweder Naturspiele oder
Thierknochen. Scheuchzers Homo diluvii
testls im öhninger Kalk ist ein Riesen-
salamander.
Anthropologie (gr.), Lehre von der leib-
lichen (physische oder somatische A.) und
geistigen Natur (psychische A.) des Men-
schen; auch s. V. a. Lehre von der Ent-
wickelung des Menschen und seinen gei-
stigen Anlagen , seiner phvsischen Beschaf-
fenheit, seiner Sitten u. semer Lebensweise.
Ygl. Menech,
Anthropometrte (gr.), Ausmessung des
menschl. Körpers, Lehre von der Proportion
desselben.
'AnthropoaiorphlfHU (gr.), die Vorstel-
lung nicht menschlicher, namentlich gött-
licher Wesen unter menschlicher Gestalt;
insbesondere die Vorstellungs - und Rede-
weise von Gott, wonach man ihm Gestalt,
Glieder und Verrichtungen des menschl.
Körpers zuschreibt; dient als symboliaeher
oder formaXer A. zur lebendigen Vergegen-
wärtigung des göttl. Seins und Wirkens,
so fn der Bibel, besonders im A. T., ist da-
gegen als dogmatischer oder tMteriaXer A,,
der Gott wirklich menschliche Gestalt zu-
schreibt, verwerflich.
Anthropomorphoslren (gr.), vermensch-
lichen, menschliche Gestalt beilegen.
Anthropopathlsmu (gr.), Uebertragung
menschlicher Empflndungen, Leidenschaf-
ten und Affekte auf Gott, findet als
symboliacher A. in .der Nothwendigkeit,
Gottes Wesen und Verhältniss zu uns an-
schaulich darzustellen, seine Rechtfertigung.
94
Anthropophagen — Antig Öne.
AmthTopophigeii (Androphagen, gr.), Men-
sclieiifresser, nenerlich meist Kannibalen
genannt, Menschen, welche Menscbenfleisch
geniesseui im Alterthum einige scythische
Völker, gegenwärtig einige wilde Völker
Amerikas, Afrikas und Polynesiens (Nen-
seeländer, Fidjiindianer etc.)* Anthropo-
phagie, Eannibalismtis.
Antkropoplioble (gr.)» Menschenschen.
Anthropoplastlk (gr.), Menschenbildnerel.
Anthropos (gr.), Mensch. [Menschen.
Anthropothelsnins (gr.), Vergötterung des
Antliropothysia (gr.), Menschenopfer.
Anthropotomle (gr.) , Zergliederung
menschlicher Leichname, Anatomie.
AntliydroplCA (gr.), Mittel gegen die
Wassersucht.
Anthyr (Anthor, Anthur), nach der Sage
erster König der Vandalen und Heruler,
angeblich Sohn einer Amazone, Tlieil-
nehmer am Zug^ Alexanders d. Gr. nach
Asien, gründete, spater nach dem heutigen
Mecklenburg verschlagen, hier mehrere Orte.
Antiy griech. Präposition, in Zusammen-
setzungen (ant. . ,, anth. . .) s. t. a. gegen,
wider, gegenüber (AntichrUt , antarkti$eh),
auch s. T. a. vor (Anticipation).
AtttUbolitionUt (gr.), Gegner einer Ab-
sohafftinff (Abolition).
AntliriS LechenauU (Antiar, Cfi/ibaur»),
Pflanzengattung der Urticeen, Bäume auf
den ostind. Inseln. A. toxicaria liefert das
Pfeilgift Üpa$-Antiar.
Antibaeelhiag (Bdimbaechius), umgedreb-
ter Bacchius , Ssilbiger Versfhss (— •— '-A.
Antlbes (spr. Angtihb, das alte AntipoU»),
befestigte Hafenstadt im fl*anz. Depart.
Seealpen, Kriegsplatz, 6830 Ew. Landungs-
platz Napoleons L 1815.
Antiborevm (gr.), Mittemachtuhr, nach
Norden gerichtete Sonnenuhr.
Antibnrgherfl (engl., spr. Aentibörkers),
schottische Partei der Seceders (s. d.), ver-
weigert die Leistung des Bürgereids.
iAtiCA (lat.), Vorderseite, Avers.
ABticsglien (ital., spr. Antikaljen), die
minder wichtigen grieäi. u. röm. Alterthü-
mer, z. B. Waffen, Schmnckgegenstände etc.
Antieliambre (fr., spr. Angtischangbr),
Vorzimmer. Antickambriren , in den Vor-
zimmern der Grossen verkehren, d. h.
diesen den Hof machen, um etwas zu er-
langen.
AiitieUor, Lösung von unterschweflig-
saurem Natron , Mittel zur Entfernung von
rückständigem Chlor aus gebleichten Zeugen.
AjitlelireBe (ge.y antichretiBoher Vertrag),
Vertrag zwischen Ffandgeber und Pf^nd-
gläubiger, auf Grund dessen letzterer die
Nutzungen der als PfEtnd dienenden Sache
als Zinsen bezieht, die der Schuldner
(Pfandgeber^ dann nicht zu zahlen braucht.
ABtlchriBT (gr.), Widerchrist, nach ur-
christlicher Vorstellung der vom Satan ge-
sandte gewaltige Teind, welcher kurz vor
der Wiederkunft Christi sich erheben, aber
nach gewaltigem Kampf unterliegen soll ;
in der Offenbarung des Johannes Nero als
der grausamste Verfolger der Christen ; bei
spätem der rom. Kirche feindlichen Sekten,
auch bei sonstigen Gegnern des Paptt-
thums, z. B. den Hussiten, Reformatoren,
der Papst; in der morgenländ.- Kirche Mo-
hammed; bei den späteren Juden der
Gegenmessias, ArmlUus (Volks verderber)
genannt.
AntichronitmB (gr.), Fehler In der Zeit-
rechnung. [untern Erdhalbkugel.
AntlclitliSneii (gr.), die Bewohner der
AnttdpAtioB (lat.), Vorausergreifung, im
Finanzwesen ( Voraumdhtne) die V«rauB-
erhebung erst später falliger Steuern ; im
Handel (anticiplrte Zahlung oder Zahlung
anticipando) eine vor dem verabredeten
oder gesetzlichen Termin geleistete Zäh-
lung, die einen Anspruch auf Zinsvergütung
begnründet, welche durch Abzug des sogen.
Disconto bewirkt wird; im Rechtswesen
eine Handlung, die f^her vorgenommen
wird, als der gesetzlich vorgeschriebene
Rechtsweg erlaubt, daher wirkungslos, oft
geradezu verboten. Anticipation»$eheine,
1818 ausgegebenes Österreich. Papiergeld,
zur sogen, wiener Währung gehörig, 1820^
auf */» des Nennwerths im Preise gogen
Silberkonventionsmünze herabgesetzt - (5
Guld. wiener Wähmng = 2 Guld. Silber),
seit 83. Febr. 1854 ausser (3lebrauch.
Anticlpiren (lat.), etwas voraussetzen,
firüher thun, als geschehen soll.
Antt-Oomlaw^Leagne (engl., spr. Anti-
Komlah-Llhk), in England Verein, welcher
die Abschaffung der zollfreien Getreideein-
fuhr erstrebte, im Okt. 1831 durch Gobden mit
Industriellen u. Kaufleuten gestiftet, bestand
bis zur Aufhebung des Getreidezolls 1849.
Antieosti, Insel im St. Lorenzbusen
(Nordamerika), 120 QM., zu Neufoundland
gehörig, unbewohnt.
Anticfra, Name zweier altgriech. Städte,
in Thessalien und Phocis, in deren Nähe
viel Nieswurz wuchs, die das Gehirn
reinigen und Dummheit hellen sollte; da-
her die sprichwörtliche Redensart: Qehe
nach A. [ticismus.
AatidogBMtlsniiifl (gr.), s. v. a. Skep-
Atttidöron (gr.), Gegengeschenk; in der
griech. Kirche die Vertheilung des nach der
Kommunion übrigen gesegneten Brodes.
AntidStum (gr.), Gegenmittel, Gegengift,
neutralisirende Mittel, wie Säuren gegen
Alkalien u. umgekehrt, oder solche, welche
die excessive Wirkung eines Giftes nieder-
halten oder aufheben (Atropin gegen Mor-
phium), namentlich aber Stoffe, welche
sich mit den Giften umsetzen und sie un*>
wirksam machen, z. B. Glaubersftlz gegen
Bleizucker, Eisenoxydliydrat gegen Arsenik.
Antigene 9 Tochter des Königs Oedipuff
und seiner eignen Mutter locaste, Schwe-
ster des Eteodes und Polynices und der
Ismene, bestattete trotz Creons Verbot
heiralioh ihren beim Zuge der Sieben gegen
Theben gefiallenen Bruder Polynices und
wurde deshalb von Creon verurtheilt,
lebendig begraben zu werden; Ideal de«
reinsten weiblichen Heldenmuths und der
hingehendsten Liebe, von Sophocies in den
Tragödien ,Oedipus auf KolOBOi* und
,Antigone' verherrlicht.
Antigonus — Antimon.
95
Antlgdan«, 1) gen. der Einäugige, Feld-
herr Alexanders des Gr., erhielt bei der
Theilnng der Ton diesem eroberten Länder
Grossphrygien, Lycien und Fampbylien,
reiste darch seinen Ehrgeiz nnd seine £r-
oberangssncht die andern Feldherren, sich
gegen ihn zn verbinden, nahm 306 den
Königstitel an, yerlor in der Scb lacht bei
Ipsns in Phrygfen (301 ▼. Chr.) gegen Cas-
sander, Lysimachus nnd Seleucus Beleb
nnd Leben. — 2) A. L, Qonatat, König yon
üacedonien , Enkel des Vorigen, Sohn des
•DemetriasPoliorcetes, bestieg 276 t. Chr. den
macedon. Thron, focht gegen Pyrrbns Yon
Epims, t ^0* -~ 3) ^' ^i DoBon, König
Ton Macedonien, Enkel des Demetrius
Poliorcetes , reg. seit 230, schlug als Ober-
feldherr der verbündeten Griechen die
Spartaner bei Sellasia nnd zwang diesel-
ben, dem macedon. Bunde beizutreten; f
221. — 4) A., Sohn Aristobulus n., letzter
König der Juden aus dem Geschlechte der
Kakkabäer, reg. 39—87 v. Chr., ward von
Herodes mit Hülfe der Römer gestürzt.
Antigdnas Carystinsi. von Carvstus auf
Euböa, um 270 v.Chr., Verf. einer Sammlung
wunderbarer Erzählungen, berausg. von
Westermann in den ,Scriptores remm
mirabilium graec' (1839).
AntigraplmiiiCgr.), Gegen-, auch Abschrift.
ABtigUA (Antigoa), Insel der kleinen
AntUlen in Westindien, öVa QM. {^h kulti-
virt), 36,000 Ew. Seit 1666 britisch. Hauptst.
St. Johns.
Antik (lat.), alt, alterthümlich , im All-
gemeinen- alles, was der Bildung der
Völker des Alterthums angehört, im Gegen-
satz zum Romantisch-mittelalterlichen und
Modernen, insbesondere aber das von den
Griechen und Körnern im Gebiete der
Kunst, namentlich der Plastik Geleistete,
daher Antike, plastisches Kunstwerk aus
dem griech. oder röm. Alterthum.
Aatikathüll8e]i(gr.), dem kathol. Glauben
abgeneiet, feindlich. [dalion.
Antikliniax (gr.), rhetor. Figur, s. Ora-
AntlkoBStltatloiiell (lat.), mit der Ver-
fassung eines Staats nicht übereinstimmend.
Antuoitstitntioiiisteii (lat.), Gegner der
Bulle Unigenitus; s. Jamsen, Cornelius.
ABtIlurltik (gr.), Erwiderung auf eine
Kritik zum Zweck der Widerlegung.
Antllegomena (gr.^, bestrittene Schriften,
seit dem 4. Jahrb. jSfame derjenigen nen-
testamentlichen Schriften, deren Aechthelt
von Einigen bezweifelt ward; Gegen-
satz zu Homologumena , den ohne Wider-
spruch als acht anerkannten Schriften.
AntilSpsifl (grO, Einwand , Widerlegung.
AutUeftische Methode, ableitende Me-
thode, früher diejenige Heilmethode, welche
durch Einwirkung auf einen dem kranken
entgegengesetzten Theil die Krankheit zu
heilen suchte.
AntllibanoB, Gebiige in Syrien, dem
Libanon parallel laufend , im gr. Hermon
(Dsohebl Scheich) 8300' hoch; die frucht-
barui und waldreichen Abhänge und Thäler
sind von Drusen bewohnt.
Antillen, Liselgruppe zwischen Kord- n.
Südamerika, vor und in dem karaibischen.
Meer (AntiUenmeer) , besteht aus den 4
groeaenA.: Cnba, äaitl, Jamaica, Portorico
(alle gebirgig, von WOKetten durch-
zogen, bis 7400', zusammen etwa 4000 QM.)
und den etwa 40 kieinen A. oder karalbi-
schen Inseln (Trinidad, Martinique, Domi-
nica, Guadeloupe etc., etwa 265 QM.), ein-
gethellt in: Inseln urUer dem Wind (Lee-
ward), die nördl. bis Dominica, u. Inseln
im Wind (Windward). Kolonialprodukte.
Lebhafter Handelsverkehr mit Europa.
Von den A. gehören England: Jamaica,
Trinidad, Tabago, Granada, Barbados,
St. Vincent, San Luda, Dominica, Barbuda,
Antigua, Tortola, St. Crlstopher u. a.;
Frankreich: Martinique und Guadeloupe;
Spanien: Ouba und Portorico: Holland:
St. Martin, St. Eu stäche, Saba, Cura^ao;
Schweden: St. Barthelemy; Dänemark:
St. Crplz ; den Verein. Staaten : St. Thomas
und Si. John (1867 den Dänen abgekauft).
AntilSchnSy Sohn des Nestor und der
Eurydice, der jüngste unter den griech.
Helden vor Troja, tapferer Kämpfer, fiel
durch Memnon, als er seinem von Paris
hart bedrängten Vater zu Hülfe eilte, daher
Philopator genannt.
Antllogarithmns (gr.), nach Neper der
Logarithmus eines Cosinus in Bezug auf
den Logarithmus des zugehörigen Sinus.
Antilope Biü., Antilope, artenreichste
Gattung der Wiederkäuer (Hohlhömer).
Oemeine OaaeUe, A. DorcasX., A. Gazella
PM., V 10" hoch. Im nördl. Afrika heerden-
weise. Ebenso im südl. AiHka dweSpring^
bock, FrunScbodc, A. Euchore Thuvb., 2Vs'.
BaigaantÜope, A. Saiga PtM., 2', die einzige
europ. Art, von der poln. Grenze bis zum
Irtysch und Altai. Zwerganlilope , A. spinl-
Sira Temm., Moschus pygmaeus L,, V, in
uinea und Loanga, der kleinste Wieder-
käuer. Hlmalayische Zwergantilope, A.
Goral Hardwicke, 2', heerdenweise auf dem
Hlnialaya. Nylgau, blauer OchB, A. picta
PM,, in der Form zwischen EQrsch und
Ochs. 4' 4", in Indien eifrig gejagt.
AntlmaeehiaTell, Titel einer Schrift
Friedrichs d. Gr. zur Widerlegung Macchla-
vellis. AntimaeehiaveUimnus, dem Macchia-
vellismus entgegengesetzte Denk- und
Handlungsweise.
Antimichns, aus Clarus, griech. Dichter»
lebte meist zu Colophon im 4. Jahrb. v. Chr.,.
Verf. eines Epos ,Thebals* (Fragm. her-
ausg. von 8tcU 1845) u. einer £legie JiydeS
Antimephitiseli (gr.), luftreinigend.
AntimetabSle (gr.), rhetor. Figur, Wie-
derholung derselben Wörter in veränder-
ter Form.
Antimetatheiis (gr.), Redeform, durch
die der Redende an den Schauplatz des
Geschilderten versetzt. (von MUo.
AntlndlOB, Cykladeninselchen, 1 M. westl.
AntiminlBtenell (gr. u. lat.) , dem Mini-
sterium, der Regierung feindlich.
AntimSn (8pie$«glana, Spiessgla», BeguUts^
Antimonii) , Metall, findet sich am häufigsten
mit Schwefel verbunden als Grauspiess-
glänzen oder Antimonglanz, der auf Lagern
96
Antimongelb — AntiScliuB.
und Gängen im Granit und im krystalli-
nischen Schiefer- und TJ^heTgBngngeMTg»
bricht; auch als Antlmonoxyd (Valentinit
und Senannontit, letsterea besonders in
Oopstantlne nnd auf Bomeo), wird ans Gran-
epiessglanzerz darch Röstang und darauf
folgende Redaktion oder durch Zersetzung
des Erzes mit Eisen (Niederschlagarbelt) ge-
wonnen, fast süberweiss, blatti^ krystal-
linlsoh, spec. Gew. 6,71, Aeq. 120, schmflzt
bei 4S0O, ausserordentl. spröde, nicht dehn-
bar, härter als Kupfer, macht andre Metalle
«pröde, an der Luft ziemlich unTeränderllch,
löst sich nur in Königswasser, wird zu
Iiettemmetall und Brituiniametall fein zer-
theilt als Bronze (Elsenschwarz) benutzt.
Antimonoxyd, antimonige Säure, 1 Aeq. A. u.
8 Aeq. Sauerstoff, entsteht beim Erhitzen des
A.s an der Luft und bei Behandlung mit
Salpetersäure, giftig. Brechweinstein ist wein-
saures Antimonozydkali. ArUinumaäur 6^1 Aeq.
. A. u. 5 Aeq. Sauerstoff, entsteht beim Glühen
' dos A.s mit Salpeter, das Bleisalz ist Neapel-
gelb (orangegelbe, sehr beständige Oel- und
Schmelzfarbe). AfUimonehlotid, 1 Aeq. A. u.
.3 Aeq. Chlor, bildet sich beim Lösen Ton
Schwefelantimon in Salzsäure, flüchtige
weisse Masse (BvJtyrwm Antimonii) In wenig
Wasser löslich (Liquor Stibii chlorati), Aetz-
mlttel« zum Bruniren von Eisen, durch viel
Wasser zvn&tst (AtgarotlipHlver). BchwefeV-
aniimont 1 Aeq. A. n. 3 Aeq. Schwefel, in der
Katur als Grauspiessglanzerz, ist metallisch
glänzend, graphitfarben, sehr welch, atrahlig
krystallinisch, dient zum Ausbringen des
Goldes aus goldhaltigem Silber, in der
Thierarzeneikunde, Feuerwerkerei und zur
Bereitung der Zündpillen der Zündnadel-
gewehre. Aus seiner Lösung in Alkalien
fällt beim Erkalten MinercXkermea (Arznei-
mittel Schwefelantimon mit antimoniger
' Säure) das Pentasulfid, CMieohwefel (8ul/ur
aurtUum, Arzneimittel) wird durch Säuren
aus dem scMippeichen Salt gefällt, welches
bei Behandeln von Grauspiessglanzerz mit
Schwefel u. Alkalien entsteht. Produktion
des A.8 in Europa lährl. 26,000 Otr. (Frank-
reich 10,000), viel Antimonerz aus Bomeo.
AlltimSllgelb, Neapelgelb, s. Antimon.
AnttmSiiiIiinober, karminrother Farb-
stoff, wird erhalten, indem man unte^-
schwefligsaures Natron auf Antimonchlorid
und Wasser einwirken lässt. Dient als
Oel- und Wasserfarbe, ist in Luft und
Licht beständig.
AntImonllBmas (gr. u. lat.), Lehrsystem,
welches den Unterschied zwischen gut u.
böse geradezu aufhebt und für das menschl.
Handeln kein sittl. Princip statulrt.
AntinareotieA (gr.), Heilmittel gegen die
Folgen narkotischer Vei^ftung.
Antliuttionil (gr. u. lat.), den Interessen
der Nation entgegenstehend, feindlich.
Antinomie (gr.), Widerspruch zwischen
zwei Gesetzen.
Antinomismu (gr.), Geringschätzung des
mosaischen Sittengesetzes und des A. T.
ruberhaupt, welche Joh. Agricola vertrat,
um die Wirksamkeit des Evangeliums und
des Glaubens zur Besserung des Menschen
desto nachdrücklicher henrorxuheben. Die,
welche ihm beipflichteten, hiessen Gtosetzes-
stürmer oder Antinomer. Durch den Wider-
ruf Agrlcolas 1540 wurde der emtiuomi-
»tiache Streit beigelegt. Andere Antinomer
traten unter den Gnostikern nnd den spiri-
tualistischen Sekten des Mittelalters und
der Reformationszeit, sowie in England
zur Zelt Cromwells unter den Indepen-
denten auf.
AntinSiUy der Liebling des Kaisers Ha-
drian, aus Bithynlen stammend, seiner
Schönheit wegen sprlöhwörtlloh; stürzte
sich, des Lebens überdrüssig, unweit Besä
in den Nil. Hadrian benannte nach ihm ein
Gestirn und feierte auch sontft vielfach sein
Andenken. Mehrere prächtige Statuen des
A. sind noch vorhanden.
AntlnSniy Sternbild In der Milcbstnuise,
dicht beim Adler, 4 Sterne 8. u. mehrere 4.
Grösse, unter denen ein veränderlicher.
AntioelienliclM Sclinle» tbeolog. Schule
seitAnfiing des 4. Jahrb., pflegte nüchterne
Schriftauslegung nach dem Wortsinne,
hielt sich in der Philosophie mehr an Ari-
stoteles als an Plato und stand daher im
Gegensatz zn der alezandrin. Schule (s. d.).
Antloehis (a. G.), Name mehrerer Städte ;
bes. merkwürdig: 1) A. Bpidaphnee (jetzt
Antakieh), die prächtige Hauptstadt Sy-
riens, am Orontes, von Seleacus Nlcator
um 300 V. Chr. gegründet, Residenz der
Seleuciden (900,000 Ew.) u. Lieblingsaufent-
balt der reichen Römer, berühmter Sitz
griech. Bildung und Wissenschaft (Philoso-
phie u. Astrologie). Mehrmals durch Erd-
beben zerstört, 684 von den Saracenen ge-
nommen, seit 975 zum oström. Reiche
gehörend, 1096 von den Kreuzfahrern er-
obert und vom Normannen Bohemund L
als antiochenischee Füratenthum verwaltet,
1268 von den Saracenen zurückerobert n.
verwüstet. Kolossale Trümmer. Die Be<
kenner Jesu wurden in A. zuerst Christen
genannt. — 2) A. in Pisidieu , wo Paulus
u. Bamabas zuerst den Heiden das Evan-
geliumpredigten; Ruinen bei JsCIowatsch, un-
weit Akschehr, neuerdings vielfach besucht.
Antiöehuiy Name mehrerer syrischen K6>
nige aus dem Stamm der Seleuciden: A. L,
So<«r (Retter) , Sohn des Seleucus Nlcator,
reg. 380 — 262 V. Chr., liebte seine Stief-
mutter Stratonice , die ihm der Vater abtrat.
A. n., Theos (Gott), von den Milesiern so
genannt, weil er sie von dem Tyrannen
Timarchus befreit hatte, reg. 262—246, ver-
lor Parthien und Baktrlen, ward von seiner
Gemahlin Laodice vergiftet. A. m., der
Grosse, reg. 224—187, suchte seine Herrschaft
flRich über Macedonien auszubreiten und ge-
rieth in Folge davon mit den Römern in
Krieg (antiochiseher Krieg), ward bei Mag-
nesia 190 geschlagen und musste in dem
darauf abgeschlossenen Frieden ganz Klein-
asien diesseits des Taurus den Römern über-
lassen; ward bei Plünderung des Tempels
des elymäischen Zeus erschlagen. A. IV.,
Bpiphanee, reg. 176—164, reizte durch
grausame Tyrannei die Juden zum Auf-
stande unter den Makkabäem, machto
. Aiitiöpe — Antiscü.
97
«inen erfolglosen Angriff anf Aegypten.
A. Xni., Aiiaticus, reg. seit 68, wurde 65
von Pompejns entthront und mit der Pro-
vinz Gommagene abgefüBden^ vonAugustus
wegen Meuchelmords an einem Gesandten
seines Bruders nach Rom beschieden und
hier 29 v. €lir. hingerichtet.
Antiöp«, 1) Tochter des Königs Nycteus
von Theben und der Polyxo, ward von
Zeus Mutter des Zethus und Amphion, floh
aus Furcht vor ihrem Yater nach Sicyon,
wurde durch dessen Bruder Lycus lurück-
geholt und von des letzteren Gemahlin Dirce
hart behandelt, aber von ihren Söhnen
an dieser gerächt, indem sie Dirce an die
Hörner eines wilden Stiers banden (vgl. Far-
nesiaeher Stier); f als Gattin des Phocus. —
2) Amazone, Tochter des Ares und derOtrera,
Gemahlin des Theseus, Mutter des Hippolyt.
AntioquiAy Staat der südamer. Republik
Neugranada, 1072 QM. und 327,822 Ew.,
seit 1856 konstituirt. Die HaupUtadU A., am
Cauca, 18,000 Ew.
Antlorangisten 9 Gegner des oranischen
Fürstenhauses in den Niederlanden.
AntlpipA (gr. u. lat.), Gegenpapst; antipa^
pistisch, dem Papst feindlich.
AntipSros (das alteOh'oro«;, Cykladenlnsel,
westl. bei Paros, Va Q^* ^^^^ ^^^O Ew. Ber.
Höhle, ISOO' lang, 100' br., 80' hoch, mit
krystallhellem Tropfstein.
AntipischA (gr.), in der griech. Kirche
der erste Sonntag nach Ostern.
Antlpiter, Feldherr Philipps U. von
Macedonien, ward von Alexander d. Gr.
mit der Statthalterschaft über Macedonien
betraut f schlug die nach Unabhängigkeit
strebenden Spartaner bei Argä in Arkadien
(330 V. Chr.), erhielt nach Alexanders Tode
mit Craterus, seinem Schwiegersohne, die
Statthalterschaft über die europ. Länder,
kämpfte gegen die Ghriechen und gegen
Perdiccaa, wurde nach dessen Tode zum
Vormund der Kinder Alexanders u. zum
Beichsregrenten ernannt; f ^^^ '^' Chr.
Antipathie (gr.), natürliche oder erwor-
bene Abneigung, Gegensatz von Sympathie.
AntIperl«*»ltl8Ch (gr.), nach entgegenge-
setzter Richtung zusammendrückend; motu3
antiperistaltictu , die der normalen entgegen-
gesetzte Bewegung der Speiseröhre, wie
beim Brechen. A.e Mittel, Brechmittel.
Antiphanefiy aus Rhodus, Dichter der
mittleren attischen Komödie, um 406 v. Chr.,
Verf. von mehreren hundert Komödien
{Fragmente g^esammelt in Meinekes ,Frag-
menta comicoram graecorum').
AntiphflnSy berühmter griech. Maler, ans
Aegypten, Zeitgenosse des ApeUes, um SSO
V. Chr. liebte genreartige Darstellungen mit
ssierlichen liicliteffekten, Karikaturen etc.
AntlphlOglstlCÄ (gr.), entzündtragswidrige
Mittel, Kälte, Salze, Digitalis, Opium.
Antiphlogistiker, in der Medicin die Aerzte,
weldfie alle Krankheiten, durch A. heilen
wollten; in ^^^ Chemie die Anhänger
I«avoi8iers (9» ^•)' ^ ^ ^^ ^j.
AntiDhon 9 der erste der 10 grossen atti-
arhen Redner, go*»« «»" ^^ zu Rhamnus in
Ittica, nahm als Feldherr, Staatsmann u.
Meyers Band- Lexikon.
Gesandter Theil am peloponne». Kriege,
ward wegen Verrätiierei 411 zum Tod ver-
urtheilt. Noch vorhanden 17 Reden, her-
ansg. von Mätzner 1888.
Antiphonie (gr.), in der kathol. Kirche
Wechselgesang zwischen Priester und Ge-
meinde, von Ignatius und Ambrosius ein-
geführt. Eine Sammlung solcher Wechsel-
gesänge (Antiphonarium oder Antiphonate)
veranstaltete zuerst Papst Gregor I. (590 —
604). In der evangel. Kirche bestehen die-
selben meist in Bibelsprüchen, die der
Geistliche durch Intonation beginnt und der
Chor im Responsorium beendigt.
AntlpliragiB (gr.), rhetor. Figur, wodurch
das Entgegengesetzte von dem ausgedrückt'
werden soll, was das Wort eigentl. besagt.
Atttip9deii (gr., Oegenfösaler) , diejenigen
Bewohner der Erde in Beziehung anf einan-
der, die an zwei einander diametral ent-
gegengesetzten Punkten derselben unter
gleichen, aber entgegengesetzten geogr.
Breiten und um 180<* verschiedenen Längen
wohnen. Sie kehren einander die Füsse zu
(daher der Name) und haben entgegenge-
setzte Tageszeiten und, mit Ausnahme derer
in der Nähe des Aequators, auch entgegen-
gesetzte Jahreszeiten. Die A. Deutschlands
sind östl. und südöstl. von Neuseeland zu
suchen. Zu unterscheiden von den A. si^d
die Oegentoohner (Antöci), welche unter
einem und demselben Meridian, aber auf
entgegengesetzten Seiten des Aequators
wohnen, also gleiche Tageszeiten, aber
entgegengesetzte Jahreszeiten haben ; sowie
die Nebenwohner (Periöci) , welche auf der
näml. Halbkugel unter derselben Breite,
aber hinsichtlich der Länge um 180o ent-
fernt von einander wohnen, also gleiche
Jahreszeiten, aber entgegengesetzte Tages-
zeiten haben. [seeland.
AntipSdeninsel, Eiland südöstl. von Neu-
AntiqvA (lat., fr. Romäua, engl. Pica),
die latein. Schrift im Gegensatz zur goth.
und zur Fraktur- oder deutschen Schrift,
eingeführt und benannt von Manntius 1496.
jbitlqnar (lat.), sonst s. v. a. Alterthums-
forscher, Archäolog; jetzt Einer, der den
Antiquarbuehhandel betreibt. Letzterer be-
fasst sieh mit dem Au- u. Verkauf älterer,
oder im Freis herabgesetzter Büoher. Man
zählt alle vor 1750 erschienenen Büoher
als zum Antiquariat gehörig. In Italien
s. V. a. Cicerone.
Antlquirt (lat.), veraltet. [Alterlhum.
Antiqaititen (lat.), Alterthümer, s.
Antireformeft (engl.), Gegner staatlicher
oder kirchlicher Neuerungen.
AntirentMns (engl.), polit. Partei im Staat
Newyork, welche die noch dort vorhandenen
Ueberbleibsel des von den Holländern mit-
gebrachten Lehnwesens (Erbpacht, Frohnen,
Abgaben etc.) beseitigt wissen will.
Antirrhinnm L. (Löwenmaul), Pflscnzen-
gattung der Antirrhlneen. A. majus L.,
grosses L, (Doraat), Zierpflanze aus Süd-
europa, in Gärten und verwildert. Kraut
officinell. '
Antiscii (gr.), Gegenschattige, Bewohner
der zwischen den Wendeloreisen liegenden
7
98
Antiscorbutica — Antoninus.
Zone, deren Schatten die eine H&lfte des
Jahres nach N., die andere nach 8. fallt.
Antisoorbntfca (gr.), Mittel gegen Skorbut,
zweckmässige Dlat, frisches Fleisch nnd
Qemuse, Löffelkraut, Bmnnenkresse, Heer-
rettlg, Sanerampfer, dann Lüftung, Bein-
llohkeit und Trockenheit der Wohnräume.
Antiseptle« (gr.), fäulnlsshindemde Mit-
tel, Kälte, Wasserentziehung, Sals (Ein-
pökeln), Gerbsäure, Alkohol, ätherische
Oele, Kreosot, Pheaylsäure, Chlor, schwef-
lige Säure, Kohle.
Antlspasmodleft (gr.), krampfbtlllende
Mittel, bes. Narcotica u. flüchtige Reizmittel.
AnttopiBt (gr.) , Versfhss, Vereinigung des
Jambus nnd Trochäus (^-^ ^.
Antistes (lat.), Vorstehor, In der alten
Christi. Kirche Titel der Bischöfe, Aebte etc.,
in einigen Kantonen der Schweiz Vorsteher
der reformirten Geistlichkeit.
AntiztheneSy aus Athen, griech. Philosoph,
Stifter der cynischen Schule, geb. um 422
' T. Chr., Schüler des Socrates, setzte dio Tu-
gend in das freie Entbehren u. in die Unabhän-
gigkeit Ton äusseren Dingen, yerachtete
selbst die Wissenschaft n. erschien öffentl.
im Bettlergewande. Sein berühmtester Schü-
ler war Diogenes. Fragm. s. Sehr, gesam-
melt Ton Winekelmann (1842). [Aebtissln.
Antistita (lat.), Vorsteherin ; auch s. ▼. a.
Antistrepnon (gr.), Beweisgrund, der
gerade gegen Den, welcher Ihn braucht,
angewendet werden kann.
Antiströphe (gr.), s. Strophe.
AntlsypUlitlea (gr.), Heilmittel gegen
Syphilis, Quecksilber, Jod etc.
AHtitanmB. s. Tauru».
Antithise (gr.), Entgegensetzung, In der
Logik das Verhältniss zweier einander auf-
hebenden Urtheile; in der Rhetorik Ver-
hindung zweier Worte oder Gedanken Ton
entgegengesetzter Bedeutung.
. AntlthSton (gr.) , Verbindung kontrasti-
render Vorstellungen.
Antitrlnitarler (gr. n. lat.), seit der Re-
formation Bezeichnung der Gkgner der
klrchl. Lehre von der Trinität; s. ünitarier,
Antlam (a. G.), Stadt der Volsker in
Latium, am tuscischen Meer, nach langem
Widerstand von den Römern (0. Meneulus)
unterjocht, später durch die Saracenen
gänzlich zerstört. Unter den grossartigen
Ruinen (bei Porto d^Anzo) wurden der
Apoll Ton BelTedere, der boighesische
Fechter n. a. Kunstwerke aufgefhnden.
AntliuiloiilBteii (gr. u. lat.), Gegner einer
Vereinigung, namentl. in kirchl. Hinsicht.
AntiTiri (türk. JBar), Hafenst. im türk.
Albanien, am adriat. Meer, 5000 Ew. Kathol.
Erzbischof, Station der Lloyddampfer.
AntSel (gr.), Gegenwohner, s. Antipoden,
Antogaft (Ändegatty, Badeort im bad. Kr.
Offenburg, im Schwarz wald. Sauerbrunnen,
weit Tersendet.
Antommirchly Franeeseo, geb. in Korsika,
ward 1819 Napoleons L Leibarzt auf St. He-
lena, gab nach dessen Tode ,Les demiers
moments de Napol^n' (1823, 2 Bde.) heraus ;
t 8. April 1888 zu San -Antonio auf Gnba.
Anton ^ 1) A, von Bourbon, König Ton
NaTarra, Sohn des Herzogs Karl Ton
Vendöme, geb. 1518, vermählt 1548 mit
Johanna d^ Albret, der Tochter nnd Erbin
Heinrichs II. von Navarra, seit 1555 Könisr
dieses Landes, Vater des Königs Hein-
rich IV. Ton Frankreich, erst Haupt der
hugenottisch - bourbonischen Verbindung-
gegen die Guisen, dann Gegner der Huge-
notten, General Statthalter des Reichs; f 17.
Not. 1572. — 2) ^ Kiemen» Theodor, König
Ton Sachsen, Sohn des Kurfürsten Friedrich
Christian und der Marie Antonie Ton
Bayern, geb. 27. Dec. 17fö, bestieg nach
dem Tode seines Bruders Friedrich Au-
gust I. 5. Mai 1827 den Thron, nahm bei
den Bewegungen Ton 1830 seinen Neffen
Friedrich August zum Mitregenten an ; t 6.
Juni 1836 zu Pillnitz. - 8) ^ Ulrich, Herzog;
Ton Braunschweig- Wolfenbüttel, Sohn dea
Herzogs August , geb. 4. Okt. 1638 zu Hitz-
acker im Lüneburgischen, seit 1685 Mit-
regeut seines Bruders Rudolf August, nach
dessen Tode (1701) alleiniger Regent, trat
1710 zur kathol. Kirche über; f ^7. März
1714. Beförderer der Künste und Wissen«
Schäften, Mitglied des Palmenordens und
selbst Schriftsteller (Romane, geistl. Lie-
der etc.). — 4) Ä. Dlrich, zweiter Sohn des
Herzogs Ferdinand Albert Ton Braun-
schweig-Wolfenbüttel (B.-Bevem bis 1735),
geb. 28. Aug. 1714, Termählte sich 1739 mit
Elisabeth Katharine Christine Ton Mecklen-
burg- Schwerin, der nachherig^en Anna Kar-
lowna, Regentiu Ton Rnssland, theilte
deren Schicksal (s. Anna 7) und t 1780 zu
Cholmogory im Gouvem. Archangel.
Antonelli 9 Giaoomo , Kardinal - Staats-
sekretär des Papstes, geb. 2. April 1806 zu
Sonnino an der neapollt. Grenze, Sohn
eines Rinderhirten, schwang sich unter
Gregor XVI. zu hohen Staatsämtem empor»
ward 12. Juni 1847 Ton Plus IX. zum Kar-
dinal und Minister ernannt, blieb auch
nach seinem erzwungenen Rücktritt ge-
heimer Rathgeber des Papstes und Leiter
der röm. Politik. Seit Sept. 1850 Staats-
sekretär und als solcher einziger Chef des-
polit. Staatswesens, führte er die Reaktion
Im Kirchenstaate bis zu dessen Ende mit
Jesuit. Schlauheit und Konsequenz durch.
Antonello da Hessina, ital. Maler, geb..
um 1414, Schüler Ton Joh. Tan Eyk, Ter-
pflanzte die Ton diesem erlernte Oelmaleref
nach Italien (Venedig) ; f 1493. Hauptbilder
in Berlin (ein Porträt, heil. Sebastian, Ma-
donna), London (Christusbild), Palermo
(Krönung Maria) u. Wien (Christusleichnam).
Antonius 9 die ränkesüchtige und aus-
schweifende Gemahlin Belisars (s. d.).
Antoninnsy Heiliger, geb. 1389 zu Florenz,
Dominikaner, Prior mehrerer Klöster, seit
1446 Erzbischof Ton Florenz ; f 1459 , Ton
Hadrian IV. kanonisirt 1523. Tag 2. und
10. Mai. Schrieb , Summa theologica' (Nümb..
1477—79, 4 Bde.), «Summa lilstorialis' (das»
1484, 3 Bde.).
AntonfnnSy N.imo Ton 2 röm. Kaisern r
1) A. A'ks, Ttftts Aurelitts Fulvua, geb. 86
n. Chr. zu Nemnusus In Gallien, AdoptiT-
sohu des Kaisers Hadrian, folgte diesem 138»
Antomnus Liberalis — Anurie.
99
TBg. mild, friedlich und sparsam, erwei-
terte in Britannien das röm. Gebiet und
schützte es -durch einen Grenswall ; f ^^^'
Ben Beinamen Pins erhielt er, weil er sich
die Yergötterajig Hadrians dem Senat
gegenüber sehr angelegen sein Hess. Seine
O^ahlln war die unwürdige Fanstina.
Selbst kinderlos, adoptlrte er Marc Anrel,
seinen Nachfolger. Vgl. Bo**aH und Müller,
,Zur Geschichte des Kaisers A. P.*, 1868. —
2) A, der Philotoph, Marcu* Annius Aurdiu»
Verus, gewöhnt. Marc Anrel gen., geb. 121
n. Chr., einer der edelsten röm. Kaiser,
folgte 161 dem Vor» ernannte seinen Adop-
tlTbruder Lucius verus zum Mitregenten,
unterdrückte, während seine Feldherren
siegreich gegen die Parther kämpften und
bis Babylon Tordrangen, Aufstände der ger-
man.GrenzTölker, bekämpfte die Markoman-
nen mit Ei'folg; f ^^ 2^ Vindobona (Wien).
Anhäuger der stoischen Philosophie, schrieb
er In grieoh. Sprache ,Betrachtungen über
sich selbst* (herausg. Ton Koraea 1816, deutsch
▼on Schul» 1799, Behneider 1865, Oess 1866).
Der Senat Hess Ihm zu Ehren die Antontnue'
eätUe errichten, Jetzt auf der Piazza Colonna.
Vgl. I^o'ä de$ Vergen, ,Essal surMarc-Au-
rMe', 1860; £odek, ,Marc-AurelS 1868;
Antotoiniis Liberalis ^ wahrschelnl. Frei-
gelassener des Kaisers Antoninus Piu6,
um 147 n. Chr., verfasste eine Sammlung
fabelhafter Erzählungen, »Metamorphosen*
betitelt, herausg. yon Koeh (18S8) u. Weeter-
mann in den »Mythographi graecl* (1842).
Antonliis, der Heilige oder Grosse, auch
A, von Theben gQü.y Vater des Mönchthums,
geb. um 251 zu Coma bei Heraclea in Ober-
ägypten, lebte seit 285 als Einsiedler in
der ägypt. Wüste, wo sich zu Anfang des
4. Jahrh. Gleichgesinnte ansiedelten; f ^7.
Jan. 856 über 100 Jahre alt. Die 1095 zur
Krankenpflege und Besohützung der Pilger
gestiftete Ho»pitalbHider»chaft des heil, A.
ward 1096 Tom Papst Urban IV. bestätigt
und von Bonifacius Vm. 1298 zu einer
Brüderschaft ger^^Iter Chorherren nach
Augustins Regel erklärt. Ihre TTeberreste
schlössen sich 1774 den Maltesern an.
Äntoiiias, Marcus, röm.TriumTir, Sohn des
Prätors Marcus Antonius Creticus, Enkel des
Bednars Marcus Antonius, geb. 83 t. Chr., war
44 T. Chr. als Cäsars Mitkonsul diesem in
' seinem Streben nach der Alleinherrschaft
förderlich, suchte dann das Volk geg^en
Cäsars Mörder zur Bache anzureizen und
herrschte eine Zeltlang unumschränkt in
Rom. Auf Ciceros Betrieb vom Senat für
einen Feind des Vaterlandes erklärt, ward
er Ton den Konsuln Hlrtius und Pansa (43)
bei Mutina geschlagen, Terelnlgte sich -aber
bald darauf mit OctaTianus und Lepldus
zum Triumvirat, das durch den Sieg über
Brutus und Cassius bei Phillppl (42)r be-
festigt ward. Nach des Lepidus Ausscheiden
theilten Octavian und A. Ton Neuem das
Beich, wobei ersterer den Occident, letzterer
den Orient erhielt. Der durch des A. unwür-
diges Treiben beschleunigte Bruch zwischen
beiden hatte die Schlacht bei Actlum (31) zur
Folge, welche Octavian die Alleinherrschaft
gab. Von Flotte und Heer verlassen, tödtete
sich A. selbst (30).
Antonlas von Ptdua, Helliger, geb. 15.
Au^. 1195 zu Lissabon, Schüler des hell.
Franz von Assisi und eifriger Verbreiter
des Franciskanerordens, ausgezeichnet durch
Beredsamkeit, die selbst Fische gefJBsselt
haben soll; t ^S* J^mi 1231 zu Padua, 1233
Ton Gregor TX. kanonislrt. In Bom wird sn
seinem Andenken vom 17. bis 25. Jan. das
Fest der Thierweihe gefeiert.
Antonomasie (gr.), rhetor. Figur, bei der
man statt des Eigennamens eine charakte-
ristische Eigenschaft oder statt des Gattungs-
namens einen Eigennamen setzt.
Antrsigaes (spr. Angträgh), EmanuelLouU
Henri Delaunay, Oraf d\ firanzös. Publiclst
und Diplomat, geb. um 1756 zu Ville-Neuve-
de-Berg im Depart. Arddche, vertheidlgte
als Mitglied der Nationalversammlung die
AdelsTorrechte ; dann als Agent der Bour-
bonen in Petersburg und Wien thätlg, ward
er zu Mailand 1797 auf Bonapartes Befehl
verhaftet, entfloh, trat 1803 als Staatsrath
in russ. Dienste, thellte die geheimen Ar-
tikel des tüsiter Friedens dem engl. Ministe«
rium mit ; f 22. Juli 1812 durch Meuchelmord.
Antrlm (spr. Aentrlm), Grafsch. in Irland
(XHster), 55,9 QM. u. 247,564 Ew., gebirgig,
sumpfig; an der Küste der Biesendamm.
Hauptst. Belfast.
AntmstloneSy unter d. Meroxringran firänk.
Edle, welche pereönl. u. mit Ihren Leuten
dem König Heeresfolge leisten mussten.
AntneOy thätiger Vulkan in den Cordil-
leren vpn Chile, 8400* hech.
Antwerpen (fr. Anvere), belg. Prov.,
51,4 QM. mit 473,167 Ew. (meist flämisch).
Die HaupM<»di A., an der Scheide, Festung
mit starker Citadelle und mehreren detach.
Forts, Hauptwaffenplatz Belgiens. 123,571 Ew.
Domkirche mit 379' h. Thurm (14. Jahrb.);
älteste Börse in Europa, Bubens Denkmal
(Grünmarkt), Kriegs- u. Handelshafen (be-
rühmte Bassins, 1804 von Napoleon I. an-
gelegt, für 400 Schiffe); Zwirn- u. Seidefabr.,
Zuckerraffinerie, Schiffbau. Bedeut. Handel
(1863 eingelaufen 2553 Schiffe von 610,000
Tonn.). A. selbst besitzt 57 Seeschiffe von
19,070 Tonn. Denkwürdige Belagerungen
1576 und 1585; Barrl&revertrag vom 15.
Nov. 1715 zwischen Holland und Oesterreich,
welches an ersteres jährl. Vs Mill. Thaler
zahlt; Aufhebung des Vertrags 7. Nov. 1781;
Bombardement durch die Holländer 4. Nov.
1830; Beschiossung der Citadelle durch die
Franzosen u. Uebergabe an diese Dec. 1832.
Die Südcltadelle wurde 1869 auf Abbruch ver-
kaufte^ um einen neuen Stadttheü anzulegen.
AnnbiSy ägypt. Gottheit, Sohn des Oslrls,
dem grlech. Hermes entsprechend, auoh
Hermanubi$ gen., begleitet die Todten ta
die tlüterwelt und wägt ihre Thaten mit
Horus vor Oslrls ab.
Annrie (gr. , iBchuria) , Harnverhaltung,
geht von den Nieren aus (kein Urin In
der Blase, Nierenwassersucht, armrta
renalis) oder ist durch Krankheiten der
Blase, des Blasenhalses oder umgebender
Organe veranlasst (a. vesieaXiB), dann Folge
100
Anus — Apanage.
Ton Blasenentzündung, Blasenlähmting,
Blasenkrampf oder von mechan. Ursachen,
wieBrasenstelnen, Strikturen, VergrösMrang
der Vorsteherdrüse (bei Greisen) etc.
Anns (lat.)f der After.
AnTille (spr. Angwil), Jean JBaptMe Bottr-
guignon d', franz. Geograph, geb. zn Paris
11. Juli 1697, t als Adjunkt der Akademie
28. Jan. 1782. , Atlas g^nfeal' (1737-80,
66 Bl.); , Atlas antiquus m%)or' (12 Bl.),
-wozu ,G6ographie ancienne abr6g4e' (1768,
S Bde.) als Text gehört. [Äkkretcenss.
AniTSchsnngsrecht (Akkr9»eemrecht) , s.
Aniralty s. Bechtaanwalt.
Annartschsft (Expektanx) , Anrecht auf
eine Stelle etc. im Fall der Erledigung.
Anneiler, Stadt in der bayer. Rheinpfalz,
2465 Ew. I>arüber die Ruine Trifels.
Anweisung (As$ignation), schrUtl. Auftrag
Jemandes (Assignant) an einen Zweiten
(Amgnat), einemJ>ritten(A»$ignatar) einen
Werthgegenstand zur Verfogang zu stellen,
im engeren Sinn zur Auszahlung einer
Geldsumme ; unterscheidet sich Tom Wechsel
wesentlich -dadurch, dass anstatt der Be«
Zeichnung ,Wechsel' A. steht u. diese nicht
,acceptabel* ist, weshalb das Wechselgesetz
keine Anwendung auf die A. findet. Ab-
weichende Gesetze in Bayern, Sachsen,
S. -Weimar und Reuss J. L. Im Ausland
gilt die A. dem Wechsel gleich, wenn sie
alle übrigen Erfordernisse des Wechsels
enthält. Vgl. auch Akkreditiven, Cheque.
Anxur (a. G.), Stadt an der Küste Ton
Latium, Tempel des Jupiter A. ; j. Terracina.
Anytns^ athen. .Sophist, Ankläger des
Socrates, ward nach dessen Tode exilirt.
Anz«ige,in der Rechtssprache Mittheilung,
welche der Behörde über ein Yerbreehen zum
Zweck der Bestraiting gemacht wird (s. Be-
nunoiation): auch Thatsache, woraus der Be-
weis der Schuld oder Unschuld mittelst
Schlussfolgerung geführt werden kann (s.
Anzeli, Stadt, s. Enteli. [Indicien).
Anziini (ital., Aelteste), früher die ersten
Magistratsmitglieder in den ital. Städten.
Anziehung (AttraJUion), die Kraft, welche
man zwischen allen materiellen Theilchen
der Körper als wirksam annimmt, und Ter-
möge deren sie sich ohne Unterlass einander
zu nähern bestrebt sind. Der Begriff der
A. ist eine zuerst Ton Newton eingeführte
Hypothese; als naturphilos. Behauptung hat
sie zuerst Kant zugleich mit der Repulsions-
kraft aufgestellt. Die Terschiedenen Formen,
unter denen die A. beobachtet wird, bezeich-
net man als Adhäsion, Kohäsion, GraTi-
tation, Absorption, Krystallisation, Affinität,
Schwere. Die A. zwischen zwei Körpern Ter-
hält sich stets direkt wie ihre Massen u.umge-
kehrt wie die Quadrate ihrer Entfernung.
Anzin (spr. Angsäng), Stadt im franz.
Depart. Nord, bei Valenciennes, 6300 Ew.
Wichtigste Steinkohlengruben S^ankreichs
(Jährl. 4 Mill. Ctr.).
Anzngsgeld, Abgabe, welche in manchen
Ländern bei der Niederlassung in einer Ge-
meinde gezahlt werden muss.
A* 0. C« (abbr.), anno orhia eonditi, im
Jahre nach Erschaff'uDg der Welt.
Aode (gr.), Gesang, Gesangskunst; Aiidtn,
griech. Singer im heroischen Zeitalter.
ASisek (gr.), TOm Orient nach Griechen-
land gekommen, a. B. aolsche Götter, wie
PhaSton, Adonis.
AOBla, alter Name für Böotien; daher
A<mier, Böotlar; aoniecker Berg , Hellcon;
Aoniden, die Musen; aoni»che Qu^^» Aga-
nippe ; aonitche QroUe, Grotte der Musen auf
dem Helicon.
A« 0. r. (abbr.), anno orbie redemti, im
Jahre nach Erlösung der Welt.
Adroife (gr.), BUndbeit; Uusichtbarkeit.
Adrist (gr.), in der griech. Sprachlehre
die unbestimmte Zeitform, das absolute
Präteritum, das rein historische Tempus.
Aoner (a. G.), sarmatisches Volk, ur-
sprüngl. im NO. des Kaspisees, dann am
Tanais, Ister u. an der Ostküste des schwar-
zen Meeres wohnhaft.
Aorta (gr.), grosse Arterie, Hauptstamm
aller Arterion des grossen Ejreislaufs, ent-
springt aus der linken Herzkammer, durch-
setzt das Zwerchfell und theilt sich in die
beiden Hüftpulsadem.
Aösta Cdas Augu$ta Praetoria der Römer),
uralte Stadt in der ital. ProT. Turin, an der
Dora Baltea, 5958. Ew. ; Schlüssel zu den
Strassen übet den gr. u. kl. Bernhard. Rom.
AHerthümer (bes. prächt. Triumphbogen).
A« p. (abbr.), omni praeterili oder o. prae-
eentia, des Terflossenen oder des gegen-
wärtigen Jahres.
Apache« (spr. -tsches) , kriegerischer In-
dianerstamm in Neumexiko, Arizona, Colo-
rado und den angrenzenden raexikan. Ge-
bieten. Vgl. Butchmann, ,Das Apache als
eine athapask. Sprache erwiesen*, 1860—68,
2 Bde.
Apifl^ Michael L, Fürst Ton Sieben-
bürgen, geb. 1632, wurde auf türk. Betrieb
14. Sept. 1661 gegen Joh. Kem^ny zum
Fürsten Ton Siebenbürgen gewählt und
siegte über jenen bei Nagy-Szöllös (23.
Jan. 1662). Als Schützling der Pforte Ton
dieser abhängig, musste er 1664 u. 1683 dem
türk. Heere gegen Oesterreich folgen, bis
durch den Traktat Tom 28. Juli 1686 Sieben-
bürgen der türk. Botmässigkeit entrissen u.
unter Österreich. Schutz gestellt ward ; t !&•
April 1690. Sein Sohn Michaü II., geb. 1677,
wurde Ton dem Grafen Emmerich Tökoly
mit türk. Hülfe Terdrängt, durch Oester-
reichs InterTention zwar wieder restituirt,
aber unter Vormundschaft eines Guber-
ninms gestellt und, der Hinneigung zu den
Türken Terdächtig, 1699 zur Abdankung
gezwungen; t !• I'©l>r' 1713 in Wien.
Apage (gr.), Hebe dich weg! entweiche!
ApagSge (gr.), Hinführung (deductio), die
Widerlegung einer Meinung dadurch, dass
man in ihr selbst oder in den aus ihr sich
ergebenden Folgerungen Widersprüche
nachweist. Apagog. Beweis, s. t. a. deductio
ad absurdum, s. Absurd,
Apalochlamys Ca»a., Fflanzengattung der
Kompositen in Neuholland. A. Kerii Z>e«.
Zierpflanze.
Apftiage (fr., spr. -nasch, lat. apanaglum)»
die zum standesmässigon Unterhalte nach-
Aparagement — Apercu.
101
gebomer Glieder legierender furstl. HSnser
ausgesetzte Dotation, wird, wo eine Civil-
liste besteht, neben derselben ans der Staats-
kasse ausgeworfen, und iwar entweder
nach dem HeimfaHssystem, so dass sie
ieder Prinz von erreichter Vol^ährigkeit
)ia zu seinem Tode uezieht, worauf sie der
Staatskasse wieder anheimföllt, oder nach
dem Vererbungssystem, so dass sie unter
sämmtliche Nachkommen desjenigen, dem
sie zuerst verliehen worden, nach dem
Erbrechte vertheilt wird und erst nach
Aussterben dieser Linie wieder an den
Staat zurückfällt. Werden die Einkünfte
eines Landestheils zur A. bestimmt und
dem Apanagirten gewisse Regierungsrechte
darin vorbehalten, so heisst dies Paragium,
und die so Abgeftindenen Btragirte.
Aparagement ((^., spr. •asch*mang),*stan-
- desmässige Heirath.
Aparelui(gr.), die zum Opfer für dieOötter
oder als Ehrengabe für Höhere vorweg-
genommenen Theile der Ernte, Beute etc.
Apart (fr.), besonders, für sich.
A parte (lat.), vom Theile, theil weise.
A parte ad totum, vom Theile auf das Ganze,
a toto ad partem, vom Ganzen auf den
Theil (schlieasen).
ApSte (gr.), Trug; Göttin des Trugs.
Apatetisch, trüglich, verf&nglich.
Apathie (gr.), Unempfindlichkeit ange-
borner Mangel (wie bei Idioten) oder Folge
solcher Ursachen, welche die Funktionen
des Gehirns deprimiren ; in psycholog. Sinne
leidensohafts- u. afftktlose Seelenruhe, nach
der stoischen Philosophie höchstes Ziel u:
cbarakterist. Eigenschaft des Weisen.
Apatill, Marktfl. im Ungar. Kr. diesseits
der Donau, Kom. Bacs-Bodrog, 9053 Ew.
(DenUche). Bed. Seidenzucht.
Apatit 9 Mineral aus der IClasse der
wasserfreien Haloide, besteht aus phosphor-
*saurem Kalk mit Ohlorcalcium und Fluor-
calcium ; Krystalle verschiedenfarbig, spar-
gelgrüne als Spargelstein, dunkelbläullch-
grüiie als Moroxit bekannt. Dichter A.,
8. V. a. Phosphorit (s. d.).
Apaturl^ (gr.). Fest der alten Griechen
ion. Stammes, bes. in Athen im 3. Monat,
_ ^anepslon, zu Ehren des Zeus und Bacchus.
^ Apel, 1) Joh. August, Dichter u. Schrift-
steller , geb. 1771 zu Leipzig, t ^^^ Advokat
und Rathsherr das. 9. Aug. 1816. Novellen :
,Der Freischütz* und ,Das stille Kind* (im
.G^spensterbuch* 1810), Dramen (minder ge-
lungen). Werthvoll seine ,Metrik' (1814—16).
— 8) Guido TJi6odör, Sohn des Vorigen,
ebenfalls Dichter, geb. 10. Mai 1811 zu
Leipzig:, erblindete, f das. 26. Nov. 1867. Die
Dramen ,Nähkäthchen* und ,Günther von
Schwarzbarg*. Gedichte (2. Aufl. 1848).
Äpeldoom 9 Flecken in der uiederl. Prov.
Geldern , 12,087 Ew. 42 Maschinenpapier-
fabr. Nahebei das köiiigl. Lustscbloss Loo,
Apeli5tes (gr. Myth.), der Ostwind.
ApeltoSy der grösste Meister der altgriech.
Malerei , 356 — 308 v. Chr. blähend , Jonier
von Geburt, Schüler des Pamphilus zu
Bicyon, Freund Alexanders d. Gr. Ein
antiker Raphael, ausgezeiclinot durch voll-
endete Anmuth und massvolle Harmonie.
Berühmtestes G«mälde seine Anadyomene
(im Asklepiostempel auf Kos, von Augustus
später nach Rom gebracht). Ausserdem
Götter- und Heroenbilder und mehrere Bild-
nisse Alexanders. Vgl. Wtutmann, ,A.',
1870; Hou$$aye, ,A.*, 1867.
Apelt, Errut Friedr., Philosoph, geb. 3.
März 1812 zu Reichenau in der Oberlausitz,
seit 1839 Prof. der Philosophie au Jena; f
das. 31. Okt. 1859; namhaftester Vertreter
der frlesschen Schule. Sehr. ,Die Epochen
der Geschichte der Menschheit* (1845—46,
2 Bde.); ,Die Reformation der Sternkunde,
(1852) ; ,Die Theorie der Induktion* (1854) ;
«Metaphysik* (1857) ; ,Religionsphilo8.* (1863).
Apeuiinea. das Hanptgebirge Italiens,
schliesst sich westl. von Genua an die
Seealpeu an, umsäumt, zuerst in niedrigeren
Gruppen, mit steilem Abfall nach dem
Meer, den Meerbusen von Genua (liguri'
»eher Apennin), wendet sich dann nach dem
Adriameer (toakan. A., darin M. Cimone
6800'), zieht in der Nähe desselben, kurze
Quejcjoche dahin entsendend, weiter frSni.
Apennin und Abrwszen), nähert sich von der
Quellgegend des Voltumo an allmählig
dem gegenüber liegenden Tyrrhenermeer
(neapoliUm, A.) u. streicht längs desselben
durch Kalabrien (kalaJI>r, A.) nach S., bis
es Sicilien gegenüber endet, während ein
niedriger südöstl. Ast durch Apulien (apid,
A.)lm Kap di Leuca ausläuft. Derligur., sowie
der neapolit. Apennin hat nur 2000 — 2500'
Kammhöhe-^letzteror Gipfel bis 6500') , der
toskan. und kalabr. A. 4000—4500' (Gipfel
von 6000—7400'), die Abruzzen, der höchste
und breiteste Theil, 6000' (Gran Sasso 8955',
M. Vellno 7700'). Auf der Ostseite des mitt-
leren Apennin durchgängig steiler Abfall,
sehr schmale Küstenobene, kurze reissende
Küstenflüsse ; im W. und SW. des Grebii'ges
bis zum Meer niedrigere Gebii^slandschaf-
ten: Vor- oder Subapenninen , zerfallend in
die toskan., 1000' (M. Amiata 5300'), die
r\im., 1200 — 4000' (darin das her. Albaner-
und Sabinergebirge, 3000') und die neapolit.
(Vesuv 3700') Subapenninen. Charakter
des (Gebirges im Allgemeinen einförmig,
dürr und kahl; grössere Abwechslung nur
in den Landschaften der Vorapenninon,
deren geräumige Längenthäler mit ansehn-
lichen Flüssen (Arno, Tiber, Garigliano a.
Volturno) und anliegenden Tiefebenen die
blühendsten Kultui^egenden Italiens bilden.
13 Haup^ässe. Hauptgesteinart: dichter
weissgrauer Kalkstein, in den südl. Ketten
auch Granit, Gneis, Glimmerschiefer, vul-
kanische Gesteine, bes. zahlreiche gute
Marmorarten (Marmorapennin von Carrara).
Mineralquellen in grosser Anzahl.
Apenrade, Hafenstadt im preuss. Regbz.
Schleswig, an der Ostsee, 6155 Ew. Seebad,
Hier 30. März 1848 Gefecht zwischen den
Preussen unter Wrangel und den Dänen.
Apepsle (gr.), geschwächte oder ganz
gestörte Verdauung; apeptitch, unverdau-
lich, auch an.A. leidend.
Apercu (fr., spr. -sü), Uebersicht, kurzer
Eat>vurf.
102
Aperientia — A pied.
Aperientls (lat.), öflbende, den Stahl-
gang bet&rdenid« Heilmittel.
Apert(lat.)} offen, nnyerhohlen, erledigt;
aperto termino, nach eröffnetem Termin.
ApertloClat.), Eröffnung; mjfUerium aper-
tioni», Geheimnlss der Eröffnung, in der
kathol. Kirche Benetznng der Ohren und
Nasenlöcher des Täuflings mit Speichel
unter dem Zurufe : Hephatah (thue dich auf) I
Apex (lat.)t die oben spitz anlaufende
Mütze des röm. Poutifex mazimus, Symbol
der Hoheit desselben ; in der Gramm. Zeichen
der Zusammziehung zweier Silben (^).
Apfdbftnniy Pyrus malus L., nutzbarster
Obstbaum aus der Familie der Rosaceen,
wild als Holzapfelhaum (P. acerba Dec.) in
Laubwaldungen Süd- und Mitteleuropas,
wahrscheinl. aus dem westl. Asien stam-
mend, Stammpflanze der meisten kultiTirten
Apfelsortsn. Zwei Sträucher, den Heckapfel
(Zaun- oder Splittapfel), P. malus sen-
tescens, und 4en Johannisapfet (Paradies-
apfel), P. pumila Mill., benutzt man zur
Zucht von Spalier- und Zwergapfelbäumen.
Der siahmt J. wird fast auf der ganzen
Erde, namentlich aber in Mitteleuropa
kultiyirt. Die zahlreichen Apfelsorten zer-
fallen nach Diel in 7 Klassen: Kantäpfel:
Kalvillen, Schlotteräpfel, Gulderlinge; £t>-
»enäpfel, zugespitzte (Pfingstapfel , Tauben-
apfel) und runde oder platte (Blmapfel,
Beidenapfel) ; ßambouräpfel mit weitem
^ardinalsapfel) oder engem Kernhaus
(Pflindapfel, Kaiserapfel); Beirutteriy ein-
farbige, rothe, graue und Goldreinetten
(Peppings, Borsdorfer); BtreifHnge, platte,
zugespitzte, längliche und kugelige; Spitz-
äpfeX, längliche und stumpfgespitzte ;
jncUtäpfelf platte (Jakobsapfel, Stettiner) u.
kugelige (Muskateller, weisser Stettiner).
Die Aepfel bilden frisch, getrocknet und
eingemacht einen wichtigen Handelsartikel,
dienen zur Bereitung von Cider, Brannt-
wein, Essig; das Holz des A.s Tischlerholz.
ApfeisSnrey weit verbreitet im Pflanzen-
reich, namentlich im Obst, aber auch in
Blättern, Wurzeln, Samen. Varb- und ge-
ruchlose Ki-ystalle leicht in Wasser löslich.
Apfelsaures Eisenoxyduloxyd imExtractum
I*erri pomatum ofBcinell.
Apfelsine, s. Oitru». [Herzogtb. Gotha.
Apfelstedl, Kebenflüsschen der Gera im
AphSresis (gr.), in der Gramm. Weglassung
eines Vokals zu Anfang eines Worts.
Aphigie (gr.), Unvermögen zu schlingen.
Aphanit, Grün stein, Grünsteinporphyr,
Trappporphyr, sehr feinkörnige Augit-
fossilien mit Feldspath, weit verbreitet, bes.
im Gebiet des Uebergangsgebirges.
Aphsretfden, Lynceus und.Ibas, die
Söhne des messenischen Herrschers Apha-
reus, berühmt durch ihren von Pindar be-
sungenen Kampf mit den Dioskuren.
Aphasie (gr.), Sprachlosigkeit bei voll-
komineuer Herrschaft über die Sprach-
orgaue und ungestörter Intelligenz, Folge
der Erkrankung eines Tlieils der vordem
Hirnlappen, wodurch das G#dächtniss für
die Worte schwindet.
Aphellum (gr.), Sonnenfenie, der Punkt,
auf dem ein Planet in seinem Lauf um die
Sonne am fernsten von derselben ist.
AphStor (gr.), Orakel geber, Beiname des
Apollo in Delphi ; daher aphetoriache Söhätte,
die dort aufgehäufton Schätze , sprichwörtl.
für grossen Beichthum.
Apiildi, Blattläuse. [Flamme brennend.
ApUogistiscM (gr.), unverbrennlich ; ohne
AphSble (gr.), Furchtlosigkeit.
Aphonie (gr.) , Stimmlosigkeit , höchster
Grad der Heiserkeit , meist Folge -von Ver-
änderungen der Schleimhaut des Kehlkopfs,
auch nach Störungen im Bereich des Ge-
schlechtsapparates, nach heftiger Anstren-
gung der Stimme, Gemüthsbew^^nng etc.
Aphdrie (gr.), weibliche Unfruchtbarkeit.
Aphorismen (gr.), abgerissene, spruch-
ähnliche Sätze; dann Behandlung einer
Lehifi» oder Wissenschaft in einzelnen, nicht
stilistisch unter sich verbundenen, aber
logisch geordneten Lehrsätzen. AphoristiBche
BchreibweiBe, abgebrochene, der stilistischen
Verbindung ermangelnde Aus drucks weise.
Aphrodisiaca (gr.), Nahrungs- u. Arznei-
mittel, welche specifisoh aufregend auf die
Geschlechtsorgane wirken, wie Eier, Kaviar,
Austom, Aal, Moschus, Haschisch, Myrrhe,
Sellerie, Trüffeln, Stechapfel, Belladonna,
Bilsenkraut , Kanthariden.
Aphrodisie (gr.), Liebeswahnsinn ; aphro-
ditUche Krankheil, s. v. a. Syphilis.
Aphrodlsins, Aegyptler, bei welchem sich
nach der Sage die Eltern Jesu in Aegypten
aufhielten, dann Schüler des Petrus, Bischof
zu Bourges; f um 70 nt Chr. als Märtyrer.
Aphrodit (Anaphrodit, gr.), Geschlechts-
loser; jedes animalische Geschöpf ohne oder
mit so verkümmerten Genitalion, dass sich
der Gesclilechtscharakter daraus nicht be-
stimmen lässt. Vollkommener AphrodUiS'
mu9 selten.
Aphrodite (gr.), die aus dem Schaum dos
Meerei) Gebome, gr. Name der Venus (s. d.).*
Aphroessft, Cykladeniusel bei Santorin,
1866 durch eine vulkan. Eruption entstanden.
Aphrosfne (gr.), Sinnlosigkeit; Irrereden
im Fieber oder Walmsiun.
Aphthen (gr.), s. Schw'dmmchen,
AphthoniuS) griech. Rhetor, um SOOn. Chr.,
sehr. ,Progyninasmata' (bes. herausg. von #*
Petüholdi 1839). Nach ihm ist die aphthonieehe
Chrie benannt; s. Chrie. [Belieben.
A piacere (ital., spr. -tschere, Mus.), nach
Apiinns, Petrus von, eigentl. BienewitK
oder Bennewii*, Astronom, geb. 1495 bei
Leissnig in Sachsen, f ^1« April 1552 als
Prof. der Mathematik zu Ingolstadt. Sehr.
,Go8mograpliia* (Landsh. 1524) u. ,Astrono-
inicum Gaosareum' (Ingoist. 1540). Sein Sohn,
Philipp A., geb. 14. Sept. 1531 zu Ingolstadt,
t 14. Nov. 1589 als Prof. der Mathematik zu
Tübingen, machte sich als Geograph bekannt.
Von ihm die ,Bayorischeu Wandtafeln* (1566).
Apices Juris (lat.), juristische Spitzfindig-
keiten; auch strengstes Recht.
Apicius, jli. Gdbiun , röm. Feinschmecker
unter Tiberius , angeblich Verf. eines Koch-
buchs (herausg. vou BervihcAd 1800, Bchuck
1867); sprichwörtl. für Gourmnud.
A pied (fr., spr. a pje) , zu Fuss.
Apios — Apokryphen.
103
Apf OS M'önch, Pflanzengattung der Legnml-
uosen. A. taberosa lUdneh, Glycine Apios
X. , vir ginische Knollwicke , nordamerikan.
JErdnuss, ausdauernde Pflanze mit genless-
baren Wurzelknollen, welche die Kartoffeln
an Protein- und Stärkegehalt übertreffen.
Apirie (gr.)f Unerfahrenheit.
Apis (ägypt. Hapi), der Ton den alten
Aegyptiem zu Memphis seit etwa 3600 ▼. Chr.
verehrte Stier, ursprüngl. lebendiges Sym-
lyol des Ösiris, dem er gehelligt 'v/ar, nach
dem Volksglauben selbst Gott u. als solcher
identisch mit Osiris; war schwarz bis auf
.gewisse charakteristische weisse Flecken u.
mit einem käferähnlichen Knoten -(Scara-
bäus) unter der Zunge ; wurde nach einer
liobenszeit yon 25 Jahren an einer be-
stimmten Stelle in den Nil gestürzt, dar-
auf allgemeine Trauer bis zur Auffindung
•eines neuen, bei der ein Freudenfest im
Lande gefeiert ward. Das jährl. Äpi»feü
4>ezog sich auf das jährl. Steigen des Nils.
Apis (lat.), Biene. Apiarium, Bienenstock.
Apistie (gr.), Unglaube.
ApitZy Sohn des thüring. Landgrafen
Albrecht des Unartigen u. der Kunigunde
von Eisenberg, wurde, vom Kaiser legiti-
mirt, Ton seinem Vater zum Erben von
Thüringen bestimmt, wodurch jener mit
seinen Söhnen erster Ehe in Streit gerieth ;
-f vor Albrecht zwischen 1298 und 1303.
ApiumXi. (Sellerie, Eppich) ^ Pflanzengat-
tung der Umbelliferen. A. graveolens L.,
ifemeiner 8., an Gräben, Sümpfen, salz-
liebend, kultivirt, gilt als Aphrodisiacum.
Aplanitisch (auch aplanelisch , gr.}} un-
wandelbar, nicht abweichend.
A ploml» (fr., spr. plong), nach demBlelloth,
■Benkrecht; Aplomb, Sicherheitim Benehmen.
Apnöa (gr.), Athemlosigkeit, höchster
'Orad der l^gbrüstigkeit.
ApobStes (auch Anabate$, gr.), bei den
alten Griechen^treiter, welche vom Wagen
lierab kämpften, meist Anführer.
A poco a poco (ital., Mus.), nach n. nach.
Apocrlsiarins (gr.), seit dem 4. Jahrh.
<7esandter eines Bischofs, insbesondere des
JPapstes, jetzt Nuntius; am firänk. Hofe
Titel des ersten Geistlichen.
Apodeixls (gr.), Darstellung, Schaustel-
lung, insbes. Prunkrede.
Apodiktisch (gr.), Bezeichnung einer Er^
kenntniss, die mit dem Bewusstsein der
Nothwendigkeit verbunden ist, welches auf
•der Ueberzeugung von der Unmöglichkeit
des Gegentheils beruht. Apodikti$cher Be-
weis, die Möglichkeit des Gegentheils aus-
schliessender Beweis.
Ap^disch (gr.), fbsslos.*
Apoddsis (gr.), Nachsatz ; in der Khetorik
der 3. Theil des Exordiums ^iner Rede,
worin man die Zuhörer um Gunst för den
Beklagten bittet.
Apogäum (gr.), Erdfeme, derjenige Punkt
in der Bahn des Mondes, in welchem der-
selbe am weitesten von der Erde ent-
fernt ist. [eines Gemäldes.
ApOffriphuni (gr.), Abschrift, auch Kopie
Apokalypse (gr.), d. Offenbarung Johannis.
Apokalfptik (gr.), Zweig der späteren
jüdischen Literatur, umfaast Schilderungen
von der Erscheinung des Messias und "der
Erfüllung der dem Volke Israel zu Theil
gewordenen Verheissungen im Gewände
symbolischer Bilder und Visionen, entstand
zur Zeit des Drucks unter der syrischen
und röm. Herrschaft als Ausdruck der
Sehnsucht nach der Herstellung de» Mes-
slasreichs. Vgl. Hilgenfeld , ,Die jüd. A.*,
1^7. ApokcUpptiker, Schwärmer, welche in
der Apokalypse oder Offenbarung des Jo-
hannes die ganze Entwickelungsgeschichte
der Christi. Kirche prophetisch angedeutet
finden und sich mit ihrer Erklärung in
diesem Sinne beschäftigen. Apokalyptische
Zahl, die mystische, handschriftl. Ungewisse
Zahl 666 in der Offenbarung des Johannes
(13, 18), worin man nach der Zahlbedeutung
der griech. Buchstaben den Antichrist oder
eine Zeitbestimmung angedeutet wissen
wollte, wahrschelnl. der Name Latiums mit
Bezug auf die damalige röm. Weltherrschaft;
auch die noch nicht aufgehellte Chron<m>gie
der Offenbarung überhaupt.
Apokatastise (gr.). Wiederbringung aller
Dinge, nach Apostelgesch. 3, 27 die Wieder-
herstellung der Diuge in ihren ursprüngl.
Zustand, welche nach jüd. und christl.
Erwartung* durch die Erscheinung des
Messias herbeigeführt werden soll.
Apoköpe (gr.), Weglassung eines Vokals
oder einer Silbe am Ende eines Worts.
Apokryphen (apokryphiaehe Schriften, gr,),
im Allgemeinen alle diejenigen Erzeugnisse
der jüd. und altchristl. Literatur, welche
in den alt- und neutestamentlichen Kanon
nicht aufgenommen und daher nicht im
öffentl. gottesdieustl. Gebrauch waren. Zu
den A. des A. T. gehören : die 2 Bücher der
Makkabäer, das Buch Judith, Tobias, Jesus
Sirach, Weisheit Salomos, Baruch u. einige
spätere Zusätze zu den Büchern Daniel u.
Esther. Erat nach Abschliessung des Kanons
(nach der Mitte des 2. Jahrh. v. Chr.), zum
Theil wohl erst nach Christi Geburt Verfasst,
fanden diese Schriften in dem Kanon der
Juden keine Aufnahme. Da sie aber in der
von den Christen gebrauchten griech. Ueber-
setzung des A. T. enthalten waren , so wer-
den sie von den ersten Kirchenlehrern un-
bedenklich als heilige Schriften citirt. Doch
sprach man ihnen schon im 3. Jahrh. in
der griech. Kirche das kanon. Ansehn ab ;
die afrikan. Kirche entschied sich dagegen
auf einer Synode zu Hippo 393 für die Auf-
nahme derselben in den alttestamentl. Kanon,
u. ihrem Beispiel folgte die ganze abendländ.
Kirche. Doch blieb das Urtheil schwan-
kend , bis das Koncil von Trient in der 4.
Session (8. April 1546) sich für die Gleich-
stellung der in der sogen. Vulgata (s. d.)
enthaltenen A. mit den übrigen Schriften
des A. T. erklärte. Luther fügte sie als
,der heil. Schrift nicht gleich gehaltene,
aber nützlich und gut zu lesende* Bücher
seiner Bibelübersetzung als Anhang hinzu.
Der schottische Puritanlsmus u. neuerlich
die sogen. Low -Chnrch- Partei in der angli-
kau. Kirche verwarf sie ganz, daher die engl.
Bibelgesellschaft nur Bibeln ohne die A.
104
Apolda — Apollonius.
yerbreitet. Auch die südwestdeatschon
Pietisten erklärten sich gegen die Auf-
nahme der A. , was 1851 einen Streit ver-
anlasste, in welchem Ebrard, Keerl u. A.
sich gegen, Hengsteuberg, Stier u. A. für
diese Schriften aussprachen. Die grlech.-
oriental. Kirche hat im Widerspruch mit
ihrer Vei-gangenheit seit Ende des 17.
Jahrb. die A. als göttlich inspirirte Schrif-
ten anerkannt. Die A. den X. T. sind unter-
geschobene Evangelien, Apostelgesch. etc.,
irelche Eum Theil bis in das 2. Jahrb.
zurückreichen, aber sich durch abge-
schmackte Uebertreibuug des Wunderbaren
von den neutestamentl. Schriften auffallend
genug unterscheiden. Die bekanntesten
sind das Protevangelium des Jacobus, das
Evangelium des Nicodemus, die Akten des
Thomas, die Akten des Paulus und der
Thecla und zahlreiche Berichte über die
Kindheit Jesu. Herausg. sind sie neuerlich
yoji Thilo und Tisckendorf. Vgl. Volkmar,
,HaÄb. der Einleit. in die A.', 1860-05.
Apolda, Stadt im Grossherz. Weimar, an
der thäring. Eisenb., 8877 Ew. Bedeutende
Strumpfwaarenmanufaktur.
Apolepgie (gr.), Aufhalten, Hemmen,
z. B. Ausbleiben des Pulses, der Sprache,
daher s. v. a. Schlagfluss, Lähmung.
ApoUiniris, 1) A. der Aeltere , griech.
G^rammatiker des 4. Jahrb. n. Chr., aus
Alexandria, lehi*te zu Laodicea in Syrien,
Clirist. Sehr. jMetaphrasis Psalmprum', bibl.
Dramen , Gesänge etc. — 2) A. der Jüngere,
Sohn des Vorigen, seit 362 Biscliof von
Laodicea, wie sein Vater Verf. von bibl.
Dramen, Heldengedichten, Dialogen aus
dem N. T., lehrte, dass der Logos in
Christus die Stelle der vernünftigen Seele
vertreten habe. Da diese Lehre, der ApoUi-
narUmus, seit 375 auf mehreren Syno-
den verworfen ward, so bildeten die
ApoUinariiten eigene Gemeinden, die aber
seit 428 wieder eingingen.
ApoUinopdlis, Name zweier altägypt.
Städte: 1) A. Magna, links am Nil, südl.
von Theben, beim jotz. Edfn, mit einem
grösstentheils noch erhaltenen Tempel des
Horus (s. d.). — 2) A. Parva, rechts am Nil,
unterhalb Theben, nicht mehr vorhanden.
Apollo, Gottheit der alten Griechen und
Kömer, Sohn des Zeus u. der Leto (Latona),
als Gott des Lichts, insbesondere des Son-
nenlichts FfiHbtts (d. i. der Leuclitende,
Strahlende) genannt, der Gott des Gesangs
und des Zitherspiels und Führer der Musen
(Musagetea), der Gott der Weissagung, der
in des Zeus Auftrag Orakel ertheilt, daher
LoDfias (Sprecher) genannt, auch der Heil-
gott (Fäan) und Urheber und Beschützer
aller bürgerlichen und staatlichen Ord-
nung, daher Städtegi'ünder u. Gesetzgeber,
Abwehrer des Uebels, Rächer frevelhaften
Uebermnths. Urspi-üngl. Gott der den Grie-
chen verwandten Lycier, geboren auf der
Insel Delos, von den Römern seit der Herr-
schaft der Tarquinier verehrt, dargestellt
als Ideal männlicher Jugendschon heit, bart-
los, mit langem, bald über den Nacken
hen^bwallendom, bald aufgenominouom u.
oben In einen Knoten gebundenem Haare»
bewaffnet mit Bogen und Köcher, das Haupt
nicht selten mit einem Lorbeerkränze ge-
schmückt, häufig auch mit dem Dreifuss als
Symbol der W^issaguug zur Seite. Ab-
bildungen des A. nach antiken Bildwerken
in 0. Miillera .Denkmäler der alten
KunstS bearb. von Wieseler, Bd. 2, 1860,
Taf. IX -XIV. Die berühmteste Statue de»
Gottes ist der sogen. A. von £elvedere im
Vatikan zu Rom, um 1500 zu Nettuno
ausgegraben, walirscheinlioh Nachbildung-
eines zu Delphi befindlichen verloren ge-
gangenen Originals. Vgl. Jahn, ,Au8 der
AI terthums wissen Schafts l^^*
ApoUocIörus, 1) griech. Jtfaler, aus Athen,
um 480 V. Chr., kunstgeschichtl. wichtig,
well er zuerst durch richtige Vertheilung^
von Licht und Schatten und Vervollkomm-
nung des Kolorits (der , Schattenmaler')
pine elgentl. malerische Wirkung erstrebte..
— 2) Rom. Baumeistor, unter Trajan, aua
Damaskus, Erbauer des Forum Trajanam
und der Donaubrücke in IJugam (Vs St.
lang, SOO' hoch), der Sage nach von K.
Hadrian aus Eifersucht ISO n. Chr. zum Tod
verurtheilt. Von ihm ,Poliorcetica% ein
Werk über Belagerangsmaschinen, abgedr.
in .Veteres mathematiui' (1693). — S) Griech.
Grammatiker, um 140 n. Chr., Verf. der
, Bibliothek', einer geordneten Zusammen-
stellung der gesammteu Mythen des Alter-
thums (herausg. von Heyne 1782^83, 3 Bde. ;
Wettermann 1842; J, Bekker 1854).
Apollonift (a. G.), 1) A. in lUyrien, rechts
vom Aous (Vojutza), unfern dem adriat. Meer,
Handelsstadt, Hauptsitz griech. Wissen-
schaft. Ruinen beim Kloster PoUiua westU
von Berat. — 2) A. in Thracien, am Pontus,
Kolonie der Milesier, unter der byzant.
Herrschaft Sogqpolia, j. Slzeboli.
Apollonia, Heilige, f unter Decius, Helferin
bei Zahnschmerzen. Tag 9. febr.
Apollonius, 1) A. derRhodierj griech. Dich-
ter, geb. zu Alexandria um 240 v. Chr.
Von seinen Werken nur erhalten das Hel-
dengedicht ,Argonautica' (zuletzt herausg.
.von Keil 1853—54, deutsch von Wilmann
1832). — 2) A. von Perga in Pamphylien,
scharfsinniger Mathematiker, lebte um 240
V. Chr. zu Alexandra ; sehr, über die Kegel-
schnitte (De sectionibus conicis libri VIII),
herausg. von iTaifey (1710), übers. \on Balsam.
(1861). - 3) A. Dyskolos (d. 1. Mui-rkopf),
griech. Grammatiker aus Alexandria um
160 n. Chr., brachte die Grammatik zuerst
in systemat. Form; sehr. ,De syntaxi'
(horausgeg. von J. Bekker 1817) u. A. —
4) A. von Athen, griech. Bildbauer, Zeit-
genosse des Pompejus; Verf. des Torso von
Belvedere (ruhender Hercules) zu Rom. — 5)
A. von Trolle», griech. Bildhauer , kurz nach
Alexander d. Gr. ; mit seinem Bruder Verf.
des sogen, famesischen Stiers. — - 6) A» von
Tyrut , Held eines ursprüngl. griech. , im
Blittolalter sehr verbreiteten und in fast
alle Sprachen übersetzten Romans. Di»
deutsche gereimte Bearbeitung durch Hein-
rieh von Neustadt, um 1300, ist ungedr. ;
eine von Heiar. SteinhUvel nach Gottlr. von
Apollj^on — Aposteltheilung.
105
Yiterbo Terfasste Prosab6«trbeltang erschien
1471. — 7) A. von Tyana (in KappadocJen),
neupythagoräischer Philosoph, Zell^^enoBse
Jesu Christi, Sittenlehrer u. Wonderthäter
in Kleiuasieu ; f zu Ephesus fast 100 Jahre
alt, wurde im Alterthum von Hlerooles,
neuerl. von Voltaire und A. mit Jesu zu-
sammengestellt. Vgl. Baur, ,A. ▼. T. und
Christus', 1832.
ApoUyon (gr.), Verderher, Todesengel.
Apolög (gr.l, Erzählung ; Lehrfabel.
Apologie (gr.). Rede oder Schrift zu
Yertheidigung eines Angeklagten; insbes.
Schutzschrift für das Christenthum gegen
Angriffe von Seiten Andersgläubiger ; daher
Apologeten, Vertheldiger des Christenthums,
Apologetik, Vertheidigungslehre der Wahr-
heit des Cliristenthums , gegr&ndet auf
'wissenschaftl. Principien. In der neuesten
Zeit rief bes. Strauss ,Leben Jesu* zahl-
reiche apologet. Schriften hervor.
Apologie der amgrMbarglielien Konfessloii,
symbolisches Buch der luther. Kirche,
verfasst 1530 von Melanchthon im Auftrag
der evaugel. Stände als Gegenschrift gegen
die sogeu. Konftitatiou, d. h. die von den
kathol. Theologen ausgearbeitete Wider-
legrung der augsburg. Konfess., ward 82. Sept.
1530 beim Keichsabsohiede dem Kaiser
überreicht, aber von diesem nicht ange-
nommen, von Melanchthon auf G-rund einer
erst damals erlaugten Abschrift der Konfuta-
tion vom Nov. 1530 bis April 1531 umge-
arbeitet j'Ursprüngl. latein. geschrieben, von
Justus Jonas ins Deutsche übersetzt.
Aponenröse (gr.), Flechsen- oder Sehnen-
haut, innere Häute oder Membranen aus
sog. Bindegeweben, dienen den Muskeln
zur Umhüllung oder Anheftung.
Apophthegma (gr.), kurzer Denkspruoh.
Apophthegmätiaeh , kurz und geistvoll.
Apoplexie (gr.), Schlagfluss, auch plötz-
liche Blutentleerung in das Grewebe eines
Organs; upoplekliach , schlagflussartig ; apo-
plekiiseher Habitus, zur A. geneigte Körper-
bildnng.
ApopsyehTe (gr.), tiefe Ohnmacht.
Aporeaia (Aporisma, gpr.), schwer zu lö-
sende Aufgabe; aporematisoh , rätliselhaft.
Aposlopisis (gr.), Verschweigung, rhetor.
Figur (lat. reticen^a), wobei man in der
Mitte eines Satzes abbricht und dem Hörer
die Ergänzung überlässt.
Apontie (gr.), Widerwille gegen Speise.
A pOBse ad esse (lat.) , vom Können auf
das Sein, d. i. von der Möglichkeit auf die
Wirklichkeit fschliessen).
Apostastle (gr.), Abfall von einer Partei
oder Parteiansicht, z. B. von einer phllosoph.
Schule, einem polit. Prlnclp etc.; insbes.
Uebertritt von einer chrlstl. Konfession
zu einer andern. Daher Apoüai, Einer, der
seinen bisherigen religiösen Glauben mit
einem anderen vertausclit. Vgl. Konvertit,
Jhrostiyt, Benegat. Der A, des Wissen» hat
man neuerlich namentl. Philosophen ge-
ziehen, die, auf das Forschen verzichtend,
sich dem Klrclieuglauben in die Arme warfen.
Apostel (gr.), Gesandte, Boten, insbes.
die 12 JüDger Jesu. Nach Matth. 10, 2 f. :
Simon Petrus, Andreas, Jacobus (Sohn
des Zebedäus), Johannes, Philippus, Bar-
tholomäns, Thomas, Matthäus, Jacobn»
(Sohn des Alphäus), Thaddäus (Lebbäns)^
Simon und Judas Isoharioth. Bei Marcus
und Lucas wird statt des Matthäus ein.
Levi, nnd bei Lucas statt des Lebbäus
Judas, des Jacobus Bruder oder Sc^n».
genannt. Matthäus nnd Levi sind wahr-
schelnl. identisch; zweifelhaft aber ist
es, ob der im Evangelium Johannis er^^
wähnte Nathanael mit Bartholomäus eine
und dieselbe Person ist. An Judas Ischa-
rioths Stelle wurde der sonst unbekannte
Matthias in die Zahl der Zwölf aufgenom-
men. Auf eine spätere wunderbare Be-
rufung (Apostelgesch. 9, 13) u. die darauT
erfolgte Anerkennung von Seiten der alten
A. stutzt sich die apostolische Würde des
Paulus (s. d.), des sogen. Heidenapostels.^
Auch pflegt man die späteren Verkündiger
des Christenthums in den einzelnen * Län-
dern, z. B. Bonlfacius, als A. zu bezeichnen.
Apostel (Apostoli), im Rechtswesen die-
Berichte des Unterriohters an den Ober^
richter über eine bei erstorem anhängige
Rechtssache, bei Appellationen üblich.
Apostelbrfider (Apostoliker, Apostelorden),
von Gerhard Segarelll aus Parma 1260 ge-
stiftete schwärmerische Sekte, trat der
Verweltlichung der Kirche und ihrer
Oberen en^egen und suchte apostolische
Einfachheit und Armuth in ihr wiederher-
zustellen. Nach Segarellls Tod auf dem
Scheiterhaufen (1300) stand Dolcino au ihrer
Spitze, der 1304 so zahlreiche Anhänger
um sich sammelte, dass der Papst einen
Kreuzzug gegen ihn predigen liess. Nach-
dem auch er auf dem Scheiterhaufen (1307>
geendigt, ging die Sekte ein, doch zeigten
sich bis 13^ Reste derselben in der Lom-
bardei u. im südl. Frankreich. Vgl. Krone^
,Fra Dolcino u. die Patarener', 1844. Aposto^
liker hiess auch eine christl. Sekte Im 2. u.
3. Jahrh., welche ebenfalls für apostolisch»
Einfachheit eiferte, sowie ein Theil der
Katharer am Niederrhein im 12. Jahrh. n^
die Anhänger des Meunoniton Sam. Apostool.
Apostelgeschichte (Acta Apoatolorum), die
5. historische Schrift des N. T., als deren
Verfasser Lucas, der Begleiter des Paulus u.
Verf. des 3. Evangeliums, gilt. Sie beginnt
mit Christi Himmelfahrt und der Aus-
giessung des heil. Geistes beim PAngstfeste
und reicht, vorzugsweise die Thätigkeit
der Apostel Petrus und Paulus und von
Kap. 16 an ausschliessl. die des letzteren
berücksichtigend, bis zu Paulus Gefangen-
schaft zu Rom (62 oder 64). Vgl. Schneeken-
burger, ,Ueber don Zweck der A.*, 1841;
Zeüer, ,Die A.', 1854; Lekebuseh, ,Die Kompo-
sition und Entstehung der A.*, 1854.
Apostelorden, s. Apost eibrüder.
Aposteltheilung, F^st der kathol. Kirche
am 15. Juli, seit dem 11. Jahrh. begangen,
gründet sich auf die Sage, dass die Apostel
im 7. oder 12. Jahre nach Christi Himmel-
fahrt sich zum Behufs der Verkündigung-
des Evangeliums in die Länder der Welt
getheilt haben sollen.
106
Apostem — Appel.
Apostim. (gr.)> >. t. a. Abscess, auch Jede
abnorme, eine Geschwulst bildende An-
aammlnng yon Feuchtigkeit.
A po§terIürI, s. A priori.
Apostlll (lat.)i Nachschrift ku einem
Dokument) welche au ihrer Gültigkeit der-
«elbeuRechtaformen wie dasHauptdokumeut
«elbst bedarf. [ÄpoUd,
Apostdll (lat.), in der Bechtasprache , s.
Apostolisch (gr.), was fon den Aposteln
«ntweder unmittelbar herrührt oder dem
Geiste und Charakter derselben entspricht ;
auch was sich auf Lehre und Leben der
Apostel bezieht.
Apostolische. In Spanien in der Restau-
xatiouszeit die Partei der fanat. Katholiken
und Absolutisten, nach der Revolution von
1819 vertreten durcli die apostoiiache Junta,
welche 1822 unter Quesada eine förml.
Streitmacht (Glaubensheer) aufstellte und
EU Urgel in den katalon. Gebirgen eine
«oberste Regentschaft' einsetzte, deren
Mitglieder Bessi&res, Mata- Florida und
Eroles waren. Bei der Aussicht auf franz.
Intervention gingen die A.n zum Angriff
über, wurden aber geschlagen, vereinigten
sich nach dem Einrücken der Franzosen
wieder und bildeten eine provisorische Re-
^erungsjnnta. Nach dem Abzug der Fran-
Bosen erregten sie als eiuflussreiche Gama-
riUa mehrere Aufstände, bei denen sich
namentl. der Pfarrer Merino als GuerriUas-
lührer hervorthat. Später (nach 1830) gingen
sie in der karlistischen Partei auf.
Apostolische tiemeinden, von Aposteln
gestiftete christliche Gemeinden, von denen
die zu Jerusalem, Autiochia, Ephesus, Ko-
rinth und Rom die angesehensten waren.
Apostolische Jnnta» s. Aposioli$che.
Apostolische Kammer, die Verwaltungs-
behörde für die päpstl. Finanzen in Rom.
Apostolische Konstitutionen v. Canones,
den Aposteln zugeschriebene Vorschriften
über kirchliche Sitte und Ordnung. Die
Ckmsiitutiones apostolicae, der Sage nach
von Clemens Romanus herrührend, 8 Bü-
cher, wahrscheinl. gegen Ende des 3. Jahrh.
verfasst, entlialten die ältesten Gesetze u.
Rechtsgewohuheiten der morgenläud. Kir-
•chen. Die Canone* apoUolici , im 5. Jahrh.
entstanden, bilden die erste Grundlage des
In der röm. Kirche gültigen kanou. Rechts.
Vgl. Drey, ,Ueber die Konstitut, u. Canones
der Apostel', 1882.
Apostolische HaJestSt, Elirentitel der
Könige von Ungarn, von Papst Sylvester U.
1000 dem Herzog Stephan von Ungarn ver-
liehen und 1758 von Kiemen s XIII. für
Maria Theresia erneuert.
Apostolischer Yikar, Stellvertreter des
Papstes, bes. bei aussorordentl. Missionen.
Apostolisches Symholnm, das älteste der
•8 ökumenischen Symbole oder Glaubens-
bekenntnissformeln, das sogen. Credo oder
der Christi. Glaube, dör Sage nach von den
Aposteln zu Jerusalem vor ihrer Trennung
verfasst, indem Jeder derselben einen Beitrag
(gr. Symbole) dazu gegeben haben soll, walir-
scheinl. aber nach u. nach entstanden und
Im 7. Jahrh. in der Jetz. Form festgestellt.
Apostolltche Titer 9 die unmittelbaren
Schüler der Apostel, von welchen noch
Schriften vorhanden sind, als: Bamabas,
Clemens Romanus , Ignatius von Antiochia,
Polycarpus von Smyrna, Papias von Hiera-
polis und Hermas; zum Unterschied von
den <ipostol. Männern, den Schülern und Ge-
hülfon der Apostel, welche keine Schriften
hinterlassen haben, wie Timotheus, Titus,
Apollos, Aquila, Silas u. A. Die Werke
der a.n V. gab zuletzt Dressel (2. Aufl. 1863)
heraas. Vgl. Bilgeufdd, ,Dle a.n V.*, 1853.
Apostroph (gr.), Lesezeichen (*), den Aus-
fall eines Vokals andeutend.
Apostrophe (gr. , auch Metalnui*) , leb-
hafte Aurede; auch Abwendxmg von der
Sache zur Person mit Anredia an diese.
Ap€>8trophiren, Jemanden heftig anreden.
Apotelesma (gr.), Vollendung, Ausgang;
angeblicher Einfluss der Gestirne und ihrer
Stellungen auf das Schicksal der Menschen,
daher apoteltsmatische KunH, ApoteUmiatik,
s. V. a. Astrologie und Nativitätsstellerei.
Apothanasie (gr.), das Abgestorbensein.
Apotheclum (gr.), das Fruchtlager oder
die Scheinfruclit der Flechten.
Apotheker n. Apothekerkuast,s. PAarmacle.
ApothekeraeWlcht, s. Medicinalgewichi.
Apothekerfnsely Insel in der Newa, mit
einem Thell Petersbuj^sTbotan. Garten etc.).
Apothekerleichen, % = Pftind, 3 =
Unze , 3 ^= Drachme , ^ = Skrupel , Gr.
= Gran, Jj, gjj, 1 und 2 Un^en, ^ =
Vs, ^ß = Vs Drachme. da von jedem
gleich viel, gtt. = Tropfen.
Apotheose (gr.), Vergötterung, Erhebung
eines Menschen zum Rang der Götter.
A potior! (lat.), nach der Hauptsache;
a potiori fit denominatio , nach dem Haupt-
theile richtet sich die Benennung. [gebirge„
Appalachen (spr. -atschen), s. AUeghany
Appaiachiebai (spr. -atschi-), Bai im G^If
von Mexiko, an der Südküste Floridas, 2 M.
br., etwa 10 M. tief. In dieselbe mündet der
Appalachieola, der im NO. von Georgia ent-
springt u. sich mit dem Flint vereinigt, 90 M.
Apparat (lat.), Inbegriff von Hülfsmitteln
bei einer Arbeit, wie physikalischer A. bei
Experimenten.
Appareille (fir., spr. -relj), Pracht, Glanz;
Auffahrt aus dem inneren Räume einer
Festung auf den Wallgang ; s. v. a. Rampe.
Apparent (lat.), anscheinend, augensch^-
lich, offenbar. Apparent, Augenschein.
Apparitores (lat.), altröm. Gerichtsdiener.
Appartement (fr., spr. -part'mang), eine
Reihe von Zimmern; Abtritt. In der Hof-
spraclie Gesellschaft in den Wohnungsräu-
men des Fürsten (Spieltag).
Appassionäto (ital., Mus.), leidenschaftliclu
Appel, Christian Freih. von, Österreich.
General, geb. 1785 zu Neusohl in Ungarn,
diente in den napoleon. Kriegen von unten
auf, befeliligte, seit 1843 Feldmarscliall-
lieutenanti 1849 das 3. Armeocorps in Italien,
mit dem er bei Olengo foclit, dann das 7.
Armeecorps daselbst, erhielt 1850 den Ober-
befehl in Ungarn ; f 22. Jan. 1854 zu Graz.
Appell — Appertinentien.
107
Appell Hat.)» Anmf ; Signal zur yersamin-
lang der Soldaten. In der Fechtkunst ein
lebhafter Tritt mit dem. rechten Fusa, mit
oder ohne Ausfall. Folgsamkeit des Hundes
auf den Kuf.
Appellation (lat.)i Berufung; Rechts-
mittel, bestehend in der Anrufung einer
höheren Instanz zur Prüfung einer von
einem Unterrichter ergangenen Verfugung.
Für Civil Sachen bestehen in der Regel 3,
für Kriminalsachen 8 Instanzen. Hier
findet sie nur noch beim AiiklageTerfaliren,
nicht aber gegen schwurgerichtl. Urtheile
Statt. Haupterfordemiss jeder A. ist das
Vorhandensein Ton Beschwerdepunkten
(gravamina) bezüglich des Erkenntnisses,
gegen welches sie gerichtet ist. Sie kann
in allen Ciyilrechtssachen Statt finden, so-
fern sie Gegenstand eines Givilprozesses
geworden sind. Eine Beschränkung der
Appellation sbeftignlss hat das deutsche
Recht hinsichtlich des Werths dos Streit-
gegenstandes durch die Festsetzung einer
sogen. Appellationssumme (summa appello'
lilis) eingeführt, deren Betrag aber in sehr
verschiedener Höhe angesetzt ist. Die A.
kann nur an den nächsten Oberrichtar des
betreffenden Unterirlchters gerichtet worden ;
eine Uebergehung der nächsten Instanz
(appellatio per saltum) ist unstatthaft. Die
"Wirkungen derselben sind der Suspensiv-
effekt, indem die Rechtskraft des angefoch-
tenen Erkenntnisses und in der Regel auch
dessen Vollstreckung durch die A. ausgesetzt
wird, u. der Devolutiveffekt, vermöge dessen
der ganze Prozess durch Einwendung der A*
von selbst an den Oberrichter übei'gelit u.
die Zuständigkeit des Unterrlchtors für die
Dauer des Appellationsverfahrens aufliört.
Die Einwendung der A. ist an gewisse
Förmlichkeiten und Fristen geknüpft, von
denen aber gegenwärtig mehrere, wie das
Gesuch um Ertheilung der sogen. Apostel
(s. d.) etc., partikularrechtlich meist ab-
geschafft sind. Nur die Frist zu Ein'
Wendung der A., gewöhnl. eine lOtägige
(fatale decendii), in manchen Ländern
eine SOtägige, ist beibehalten. Das Ver-
fahren auf eingewendete A. besteht ge-
wöhnl. im Schriftenwechsel der Parteien
(Deduktionsschrift des Appellanten, Refu-
tationsschrift seines Gegners, des Appellaten)
und Im Bericht des Unterrichters au den
Oberrichter, dem die in der Saclie ergange-
nen Akten übersendet werden, worauf ent-
weder ein Abschlagsdekret oder eine das
Erkenutniss sofort abändernde Verfügung
des Obergerichts erfolgt oder die A. zur
Justifikation angenommen wird, womit
dann der eigeutl. AppeUationsproxess vor
dem Obergericht beginnt.
Appellstionsgerichte 9 Gerichte, welche
in hölierer (2. u. 3. lustanz , letztere : Ober-
appellationsgerichte) zu erkouuon haben.
Für das deutsche Reich bildete seit 1495 das
Reichskammergericht das oberste Appolla-
tlonsgericht in allen Civilrechtssaclieu.
Im Läufe der Zelt erlangten einzeluo Reichs-
stände Befreiung vom Gerichtszwnng dieses
obersten Reichsgerichts für ihre Terrltoriou
(Prlvil^a de non appellatido) u. errichteten
dafür eigene Gerichte, die in höherer In-
stanz Recht sprachen. Nachdem dann durch
Art. 12 der deutschen Bundesakte die Auf-
stellung von 3 Instanzen für jeden deut-
schen Staat gesetzl. geworden war, traten
mehrere der Staaten von weniger als 300,000
Ew. zu Errichtung gemeinschaftl. Ober-
appellationsgerichte zusammen. Solche be-
stehen für Braunschweig, Waldeck und die
beiden Lippe zuWolfenbüttel, für die sächs.
Herzogthümer, die schwarzbnrg., reuss. und
anhält. Lande zu Jena , für Mecklenburg zu
Parchim, für die Hansestädte zu Lübeck.
Die grösseren deutschen Staaten haben
ihre eignen Gerichte dritter Instanz anter
verschiedenen Benennungen.
AppellatlTum (lat.), Gattungsname, Im
Gegensatz zum Nomen proprium (Eigen-
namen) jedes Substantiv, welches eine Gat-
tung von Dingen bezeichnet.
AppelUren (lat.), höhere Entscheidung
anrufen; scherzhaft für; sich erbrechen,
vollständ. ,nach Speier appoUiren*.
Appendix (lat.), Anhang, Zusatz, zu
einem Buche etc.; Appeudicula, Anhängsel.
Appenzell. Kanton dar nördl. Schweiz,
7.7 i4M.. und 60,431 Ew. (14,400 Kath.), Ge-
birgsland mit schmalen Thälem (im S. der
hohe Säntis, 7709'), zerfallt seit der Reli-
gionsspaltung von 1597 in : 1) inner- Rhoden
(kathol.), 2,9 QM. mit 12,070 Ew., ein Hir-
teuländchen, Bauptort A. (Albatia Oella),
3300 Ew. , 2) Aueter - Rhoden (Protestant.),
4.8 QM. und 48,431 Ew., gewerbfleissig
(Stickereien, Musselin Weberei, Kattun);
Hauptort Trogen. Verfassung in Inner-
Rhoden vom 26. April 1829, in Ausser-
Rhoden vom 3. Okt. 1858, in beiden Thei-
len demokratisch. Finanzen in Inner-
Rhoden (1863): 215^000 Frcs. Einnahme,
227,000 Frcs. Aufgabe, in Ausser - Rhoden
249,000 Frcs. Einn., 214,000 Frcs. Ausgabe.
Buudeskontingent 4060 M. Das Land , einst
der Abtei St. -Gallen unterthan, erlangte
nach harten Kämpfen zu Anfang des 15.
Jahrh. die Unabhängigkeit; seit 1513 Glied
der Eidgenossenschaft. Vgl. ZeUweger,
,Ge8ch. des Appenz. Volks', 1830 ff., 4 Bde.
Appereeptlon (lat.), Wahrnehmung, Auf-
fassung mit Bewusstsein. Appereipiren, ge-
wahr werd^on, wahrnehmen.
Appert (%pr. -ähr), 1) Benj. Nieolaa Maria,
A>anzös. Philanthrop, geb. 10. Sept. 1797 in
Paris, widmete sich der Verbesserung des
Gefängnisswesens und bereiste zu diesem
Zwecke Frankreich, Belgien u. Deutschland ;
sehr. ,Die Gefängnisse, Spitäler etc. in Oester-
reich, Bayern, Preussen, Sachsen, Belgien*
(1851-52, 3 Bde.); ,Ueber Wohlthätigkeits-
und Strafanstalten' (1853) ; ,Die Geheimnisse
des Verbrechens, der Verbrecher und des
Gefanguisslebens' (1831, 2 Bde.); ,Rath-
schlägo für Diroktoreu, Geistliche und Aerzte
vou Gofäugnissen' (1851) u. A. — 2) Eugene,
franz. Historienmaler, geb. 1814 zu Augers,
Schüler von Ingrds, f l^^'^ i^n Cannes.
Appertinentien ( Appertinemen , lat.), zu
einem Gegeustande, insbes. zu einem Gute
gehörige, nicht mit dems. verbundene Theile.
108
Appetenz — Approximation.
Afpetens (lat.). Trieb, Lnst, Begierde.
Afpetlttoii (lat.), das Begehren; appetiliv,
begehrend.
Ippiini, Andrea, Ital. flialer, geb. 23.
Hai 1754 so Mailand, Hofmaler Napoleons ;
t 8. Nov. 1817. Der «Bfaler der GraiienS
aber ohne tiefere Charaktacistik. Fresken
bes. in mail&Dder Kirchen nnd Palästen.
Porträts der napoleonischen Familie.
Apptinns, kaiserl. Finaniboamter ans
Alexandria, erst Sachwalter au Rom, dann
röm. Q«8chichtschreiber, im 2. Jahrh. n. Ohr.
nnter Trajan, Hadrian nnd Antoninns Pins,
sehr, in grlech. Sprache eine röm. Geschichte
Ton den ältesten Zeiten bis auf Augustus
in 24 Bachern, Ton denen aber nor ein
geringer Theil erhalten ist; heraasg. Ton
achweighäutei- (1785, 8 Bde., 1840), J. Bdeker
(1858 - 53, 2 Bde.), deutsch von Zeit* (1837).
Apiitagwlsm (Dam), Stadt in derniederl.
ProT.' Groningen, an der FItcI, 3641 Ew.
Ber. Pferdemärkte.
Appisehe Strasse (Via Äppia), berühmte
Heerstrasse der Römer, von Rom bis Kapna
Ton A. Claudins Gäcas 813 y. Chr. angelegt,
später bis Brundusinm verlängerte Ueber-
reste noch vorhanden.
Appins ClandioB CrsssiUy röm Deoem-
vir, s. CLaudiu», [bringen.
Applaniren (lat.), ebnen. Ins Gleiche
Applaus (lat.), Beifallsklatschen, BeilkUs-
mf. Applaniren, Beifall klatschen od. mfen.
Appleby (spr. Aepprbi), Hanptort der engL
Grafschaft Westmoreland, am Eden, 2824 Ew.
Applieiren ^lat.), anfägeu, anpassen, an-
wenden; appltcetur anf Recepten: es werde
angewendet. Sich n» etwa» a., sich zn etwas
eignen, etwas leicht lernen.
AppUkabel (applikaiiv, lat.), anwendbar.
Applikation, Anwendung, Anpassung.
Applikstnr (lat.), Fingersatz beim Spielen
der Instrumente. Vgl. Kühler, ,Der Olavler-
flngersatzS 1862.
Applomblren (fr.), anlöthen.
Appi^^iftto (ital., spr. -podschato, Mus.),
getragen, gehalten.
Appoint (f^. spr. -poäng, ApputUo, ital.),
Wechsel, welcher eine gewisse Schuld aus-
gleicht oder eine Summe voll macht; daher
per a. oder per appunto remittiren (Wechsel
senden) oder trassiren (Wechsel ausstellen),
8. V. a. den Rest (Saldo) einer Forderung
übermachen oder durch Wechselausstellung
erheben; in der neueren Handelssprache
Jeder Theil einer Wechselerhebuug (Rimesse)
oder Wechselausstellung oder auch geradezu
8. V. a. Wechsel; auch bei Papiergeld und
Staatspapieren üblich, indem man sagt,
Papiergeld sei in A.s zu 1 und zu 5 Thlr.,
ein Staatspapier in A.s (Abschnitten, Obli-
gationen) zu 100 u. 500 Thlr. ausgegeben.
Appointiren (fr.), eine Rechnung mit
den Handelsbüchom vergleichen.
Apponlren (lat.), beisetzen, hinzufügen.
Apponatur, es werde hinzugefügt. Appo-
naniur acta, man lege die Akten bei.
Apponjly 1) Anton Oeorg, On^f, nngar.
Staatsmann, geb. 4. Dec. 1751, f 17* März
1817 als Gelieimrath, Obergespan- des tol-
naer Komitats, Begründer der apponyischen
Bibliothek (50,000 Bde. , Jetzt zu Pressburg).
— 2) Oeorg, QraJ, Ungar. Staatsmann, Sohn
des Vor., geb. 29. Dec. 1808, vor der Re-
volution von 1848 Ungar. Hofkanzler und
Führer der konservativ - aristokrat. Partei,
seit 1859 Führer der nationalen Partei, ward
1860 Judex curiae zu Pesth n. 1861 Präsident
im Oberhause des Landtags, legte 1862
ersteres Amt nieder.
Apportiren (lat.), herzubringen, haupt-
sächl. von dressirten Hunden gebräuchl.
Apportage (ft.), Trägerlohn.
Apposition (lat.), Hinzusetzung, in der
Grammatik die Hinzufügung eines Sub-
stantivs oder eines substantivische Geltung
habenden Adjektivs zu einem anderen Sub-
stantiv behufs näherer Bestimmung, z. B.
Karl der Kühne.
Apprehendlren (lat.), etwas ergreifen,
sich zu eigen machen. ApprekenHon , £r-
greiAing einer Sache, um sie in Besitz zu
nehmen; auch im 'geistigen Sinne Ver-
einigung einzelner Begriffe zur Einheit der
Wahrnehmung; daher apprehentibel, wahr-
nehmbar, begreiflich ; apprehentiv, empfind-
lich, empfänglich für seelische Eindrücke
und KrankheitsstofTe.
Apprekation (lat.), flehentliche, dringende
Bitte; apprekatorisoh, flehentlich.
Appresslom (lat.), Ausdrückung ; Apprea-
»iofüpumpe, Druckpumpe.
Approt (fr., spr. -prä), Vorbereitung, bes.
der Leinwand zur Aufnahme einer Malerei.
Appretilreii (apprecHren, lat.), schätzen,
würdem, den Werth einer Sache bestimmen;
Appretiation, W'erthbestimmung.
Appretur (fr.), Zurichtung, durch welche
Ghume oder Webstoffe das ihnen als Han-
delswaare nöthige äussere Ansehn erhalten.
Wollene Gewebe werden gerauht, geschoren,
grenoppt, gepresst, zum Theil auch dekatirt;
baumwollene geseng^t, gerauht, geschoren,
gebleicht, gestärkt und geglättet; bei den
leinenen fällt das Sengen und Scheren weg.
Meist Maschinenarbeit.
Approbatlom (lat.), Billigung, Genehmi-
gung; in der kathol. Kirche die Billigung
religiöser Druckschriften von Seiten de-»
Bischofs hinsichtl. ihrer Rechtgläubigkeit,
bezeichnet durch ,approbatur* , es wird ge-
billigt. Appröbiren, nach vorheriger Prü-
fung gutheissen, genehmigen.
Approchen (spr. -prosclien), s. Laufgräben.
Appropinquatlon (lat.), das Herannahen,
bes. eines Zeitpunktes oder Ereignisses.
Appropriation (lat.), Aneignung.
Appropriationsklansel (lat., Aneignungs-
Jdäutel), Bestimmung engl. Gesetzentwürfe,
dass der Staat befugt sein solle, den Ueber-
schuss des Einkommens der anglikan. Kir-
chen in Lrlaud zu sonatigen gemeinnützigen
Zwecken, namentl. zu Gunsten des kathol.
Kirchen- nnd Schulwesens verwenden zu
dürfen; ward seit 1833 öfter verhandelt,
von den Whigs vertlieidigt, von den Tories
verworfen, 23. Juli 1869 angenommen.
ApprOTisionlren (fr.), eine in Belagerungs-
zustiiud erklärte Festung oder auch Truppen
mit Muuition, Proviant etc. versehen.
Approximation G^^Ot Annäherung, in der
Appui — Aqua haeret.
109
Kttthematik eine dem wahren Werth einer
Grösse nahe kommende Angabe desselben,
bes. in den logarithm. u. trigonometr. Tafeln,
sowie bei astronom. Berechnungen gebräuchl.
Alle sogen, irrationalen Grössen lassen sich
nur approximativ, annähernd, angeben. Ap-
proximative, bef Verträgen Bestimmung, wel-
che behnfs der Einigung der Parteien gegeben
wird, Annäherungspunkt. [Operationen.
Appnl(fr., spi*. -püi), Stützpunkt bei mllitär.
AppnlejnS) Aulus Ludu», röm. Rhetor u.
Philosoph, geb. zu Medaura in Afrika um
130 n. Chr., vertheidigte sich gegen die Be-
schuldigung der Zauberei in der noch vor-
handenen ,Apologia de magia* und schrieb
u. a. einen launigen Roman ,Der goldne
Esel' (Metamorphoseon s. de Asino aui'eo
libri XI). Werke herausg. von Eildebrand
(1842, 2 Bde.), Krüger (1864-65); der, Goldne
Eser, deutsdh von Sode (1783, 2 Bde.) ; der
Abschnitt daraus über Amor und Psyche
Ton Kehrein (1834) und Jahn (1856).
Appuls (lat.) , Anstoss ; in der Astron. das
scheinbare Zusammentreten zweier Sterne.
Appnnto« 8. Ap^oint.
. A. pr. (abbr.), anni praesentis, des gegen-
wärtigen, a.j>raefert/t, a. vergangenenJahres.
A. p. B. c. (abbr.), anno post Bomam con-
ditam, im Jahfe nach Roms Erbauung.
Apraxln, Stefan FedorowitscA, russ. Feld-
marschall, Befehlshaber der Armee, welche
1757 in Preusseu eindrang, schlug die
Preussen bei Grossjägerndorf (30. Aug.
1757), zog sich aber zurück in Folge eines
mit dem Reichskanzler Bestuschew verab-
redeten Plans, nach dem Tode der Kaiserin
Elisabeth den Grossfursten Paul auf den
Thron zu erheben, ward deshalb vor ein
Kriegsgericht gestellt; f 31. Aug. 1758 im
Gefän/coiiss.
Aprikosenbanm (3farille), Prunus arme-
ni'aca L., Armeniaca vulg. Lam., Obstbaum
aus der Familie der Rosaceen, stammt aus
Armeulen, In mehr als 20 Sorten, namentl.
in Südenropa und Nordamerika kultivirt.
Die Prüchte bilden frisch, eingemacht oder
getrocknet und gepresst einen Handels-
artikel, dienen zur Verproviantlrung von
Schilfen, zur Bereitung von Branntwein;
ihre bald süssen, bald bittem Kerne liefern
fettes Oel (Huilo de marmotte), die verkohl-
ten Steine schwarze Tusche; das Holz des
A.s wird vom Drechsler benutzt.
April (Aprilis, lat., Ostermouat. holl.
Oraemonat), bei den Römern der 2., bei uns
der 4. Ikfonat des Jahres. Das Aprilschicken
am 1. A. stammt nach Grimm aus Frank-
reich, wahrscheiul. Ueberbleibsel eines alt-
celtischen Frühlingsfestes.
A prima vlsta (ital., Mus.), auf den ersten
Blick, vom Blatt (spielen).
A priori (lat., d. t. von vorn), in der
liOgik von Erkenntnissen, die der menschl.
Geist rein aus sich selbst, unabhängig von
der Erfahrung erzeugt, im> Gegensatz zu a
posteriori, durch Tliatsachen der Erfahrung
gewonnen. [Vorhältulss.
A Proportion (fr., spr. -porsioug), uacli
A propOS (fr., spr. -po), zu rechter Zeit;
auch s. ▼• a- eben fällt mir ein.
ApseherOB« Halbinsel am kasp. Meer, zur
russ. Prov. Schirwan gehörig, merkwürdig
durch ihre Kaphthaquellen und SchUtmm-
vulkane (bei Baku).
Apsiden (gr.), die Punkte der Bahn
eines Planeten oder Kometen, in welchen
er der Sonne am nächsten (Perlhelium)
oder ihr am fernsten (Aphelium) ist; ihre
Verbindungslinie, ApHdeniinie, die grosse
Axe der elliptischen Planetenbahn, bewegt
sich in der Richtung des Planetenlaufd,
d. 1. von W. nach O. vorwärts.
Apsls, 8. Abieite. [macht, Scheintod.
ApHycliie (gr.), Bewusstlosigkelt, Ohn-
Apteryx, Vögelgattung, s. Kiwi,
Aptiren (lat.), zum Gebrauch vorbereiten ;
dramat. Werke zur Aufführung zu richten.
AptilUrde (fr., spr. -tühd), Fähigkeit.
Aptota (gr.), nicht deklinirbare Nomina.
Apaanisehe Alpen, Kette der nördl.
Apenniuen, zwischen Carrara und der
Landsch. Garfagnana, im M. Pisanino 6147'
hoch; reich an vorzüglichem Marmor.
Apnllen (ital. Puglia, spr. Pulja), der süd-
östl. Thell von Italien, vom Flusse Frento
(Fortore) bis Tarent, die Jetzigen 3 Prov. : Ca^
pitanata, Bari und Lecce umfassend, 452 QM.
mit 1,389,443 Ew. Ebene mit Ausläufern der
Apenninen ; isolirt der M. Gargano. Frucht-
bar, wald- und weidereich. Strandseen mit
SalzsiedereL Die Urbewohner des alten A.
waren die Japyger. Den Römern ward es
tributpflichtig zuerst 317 v. Chr. Im Mittel-
alter (1043) setzten sich die Normanneu
unter R, Guiscard in A. fest, erhoben es
zum Herzogthum und verbanden es unter
Rüdiger 11. mit Kampanien, Kalabrien und
Sicilien zu Einer Monarchie.
A pnnto (ital., Mus.), pünktlich, genau.
A punto_ d'arco , mit der Spitze des Bogens.
Apure, linker Nebenfiuss des Orinoco in
Venezuela, entspr. auf der östl. Andeskette,
213 M. (188 M. schiffbar). I^naoh benannt
die iVooiTwA., 1006 QM. mit etwa 25,000 Ew.
Hauptst. Achaguas.
Apyrexie (gr.), die fteberfi*eie Zeit zwi-
schen zwei j\nfälleh beim Wechselfieber.
Apyrisch (gr.)> feuerfest, nicht brennbar.
Aqua (lat.), Wasser; a. destiüata, durch
Destilliren vollkommen gereinigtes Wasser;
a.fontanaf Brunnenwasser. "iäLhhTztihUAquae,
Name vieler altröm. Badeorte, z. B. A,
Sexti<ie (Aix), A, Aureliae (Baden-Baden).
AqniUliAt (lat.), Wasserleitung, insbes.
ein auf hohem Unterbau und Bogen ruhen-
der Kanal zur Versorgung eines Orts mit
Trinkwasser, meist altröm. Bauten (noch
zahlreiche Ueberreste in Italien, Gallien,
Spanien etc.), jetzt durch Röhronleitungen,
Druckwerke etc. entbehrlich geworden.
Neuere Werke von ähnlicher Bauart die
Kaualbrücken in England u. Nordamerika. —
lu der Anatomie sind A.e enge Röhren oder
Oeffnungen in Knochen, durch welche Feuch-
tigkeit abfiiesst oder Nerven austreten, bes.
im Gehirn, Ohr etc.
Aqua et igne Interdletns (lat.), Ver-
saguttg von Wasser u. Feuer, röm. Formel
der Achtserklärung und Verbannung.
Aqua baeret (lat.), das Wasser stockt
110
Aquamanile — Arabien.
{In der Wasseruhr), sprlchwörtl. Redens-
art f&r in Verlegenheit sein.
Aqnftmanfle (lat.), Gefäss, worin sich
der konsekrlrende Priester bei der Messe
die H&nde w&s^ht.
Aqiiftmsrfn^ Schmnckstein, grünliche oder
blftnliche Varietät des Berylls, in Sachsen,
Böhmen, Sibirien, Ceylon, Brasilien.
Aquarell (tta].),dnrchsichtlge Wasserfarbe.
AguartUmaterei, seit Anfang dieses Jahrb.
in England als Kunst geübt, aber auch in
Deutschland (Hildebrand, Werner), Frauk-
r^ch etc. heimisch.
Aquarium Qat.), Wasserbehälter zur Auf-
nahme von Wasserpflanaen und Wasser-
thieren (aus Binnenwissem oder Meeren),
seit 1852 Ton England aus (durch Ward,
Gosse u. A.) als Zimmeraierde empfohlen.
Grosse Aquarien in zoolog. Garten namentl.
in London, Hamburg, das grösste A. in
Berlin. Vgl. die Schriften über d. A. yon
Goue (18S5), Rosamaüler (2. Aufl. 1869), Hih-
Urd (1869), Wood (1869).
Aqnarins (lat.), Wassermann.
Aqvatfnta (lat.), getuschte Manier, Nach-
ahmung yon Tusch- oder Seplaseichuungen
durch Kupferstich, erfunden yon Gilpin;
ausges. Stecher Pieringer und Haldenwang.
Aqua Tofina (Aoquetta di Napoli), Gift-
trank, der KU Ende des 17. Jahrb. von
einer Sidlianerin Tofanasu yerbrecherlschen
Zwecken bereitet und unter dem Namen
Ma%na von 8i, Nikolaus von Bari verkauft
wurde. Zusammensetzung unbekannt (wahr-
soheinl. Arseniklösung).
Aquarft (latA Lebenswasser, Liqueur.
AquariTS, Claudio, geb. 14. Sept. 1543,
seit 1581 4. Ghneral des Jesuitenordens u.
gleichsam Neubegründer desselben, Urheber
der ,Ratio studiorum Societatis Jesu* (Rom
1686) u. des ,Dlreotorlum exercitiorum spiri-
tualium'; f 31* Jas* l^l^* Unter ihm stieg die
Zahl der Mitg|^der des Ordens auf 10,000.
Aqnlla (lat.), Adler; Stein der Weisen.
AquilSy befest. Hauptst. der ital. Prov.
Abruzzo ulterioreü, am Atemo, 12,000 Ew.
Aqullfty 1) Pontieus, nebst Symmachus u.
Theodotion Verf. der ältesten ipiech. Ueber-
setzung des A. T., Jude aus Sinope, um
130 n. Chr., später Ohrist, soll als Baumeister
Ton Hadrian den Auftrag erhalten haben, den
Tempel zu Jerusalem wieder herzustellen. —
2) Katpar, eigentl. Adltr, Freund u. (^ehülfe
Luthers, geb. 7. Aug. 1488 zu Augsburg,
Feldprediger bei Franz von Sickingen, seit
1528 Superintendent in Saalfeld, reizte den
Zorn des Kaisers durch seine gegen das
Interim gerichteten Schriften, ward von der
Gräfin Katliar. von Schwarzburg geschützt;
t 15. Nov. 1560 zu Saalfeld. ,Cliristl. Erklä-
rung des kleinen Katechismus* (Augsb. 1538).
Aquilsrls Lamarch, Pflanzengattung der
Thymelaceen, Bäume in Ostind. u. Chiua,
A. malaocensis Lam. liefert das Adler- oder
unächte AIo6- oder Paradiesholz ; A. Agal-
locha J?ox5. das Agallochholz.
Aqvllegla L. (Aictiti, Aglei), Pflanzengat-
tung der Ranunculaceen, in Europa, Nord-
asien und Nordamerika. Von A. vulgaris L,
sind die Samen, Semen Aquilegiae, officiuell.
Atiui\i}&(AgloJ), alte Stadt im Stterrelcb.
Küstenland (Ctöra und Gradiska), y% St.
vom Meer (Kanal dahin), 1750 Ew. Zur
Römerzeit Hauptfestnng und bedeutende
Handelsstadt, 452 von Attila zerstört; im
Mittelalter Sitz eines Patriarchen. Dom von
1041. Viele röm. Alterthümer.
Aqullo (lat.). Nordostwind.
Aqnincn« (Acincum, a. Gr.), röm. Festang
an der Donau in Pannonien, jetzt Alt-Ofen.
Aquiao (lat. Aquinum) , Stadt in der unter-
ital. Prov. Terra di Lavoro, 1860 Ew. Ge-
burteort Juvenals und des Thomas von A.
AqnisgrrXnuniy lat. Name von Aachen.
Aquitanien , Prov. des alten Gallien,
zwischen defi Pyrenäen, dem atlant. Ocean,
der Garonne und den Ceveunen, von iberi-
schen Völkerschaften bewohnt, ward 412
von den Westgothen erobert, diesen von
dem Frankenkönig Chlodwig 508 entrissen,
unter den Merovingem von unabhängigen
Herzögen beherrscht, von Karl d. Gr. 769
wieder unterworfen und als Königreich
seinem Sohne Ludwig dem Frommen 'zuge-
tbeilt. Später wieder unter fast unab-
hängigen Herzögen stehend, fiel es in Folge
der Vermählung des Königs Ludwig VTI. mit
Eleonore, der Erbin des Landes, an die
Krone Frankreich, 1152 mit Eleonorens Hand
an Heinrich H. von England, nach langen
Kriegen unter Karl VII. 1451 dauernd an
Frankreich. Vgl. Gnj/enne und 0<ucogne,
Aquitanlsches Meer, der Golf von Bis-
caya in etwas weiterer Ausdehnung.
A. r. (abbr.), anno regni, im Jahr der
Regierung oder des Reichs.
Ära, Gattung der Papngeien (s. d.).
Arabah, }Yadi el, Felsenthal zwischen
dem Meei'busen von Akabah u. dem todten
Meere, mit den Ruinen von Petra; einat
wahrscheinl. das Bett des Jordan.
Arabesken (Moreiken, Qrotteaken), ans
phaatastisch verbundenen Pflanzen- und
Thierformen bestehende Ornamente, schon,
bei den alten Griechen in Gebrauch, aber
bes. von der röm. und griech.-röm. Kunat
Unteritaliens ausgebildet, in der neueren
Kunst namentl. von BLaphael wieder in
Aufuahme gebracht.
Arabien, die grosse südwestl. Halbinsel
Asiens, zwischen dem pers. Meerb., dem
rothen und dem arab. Meere, durch die
(jetzt durchstochene) Landenge von Suez
mit Afrika zusammenhängend, 48,260 QM.
mit nur 4 (n. And. 9 — 12) Mill. Ew. Ein
durch Wüsten und gefährliche Meere abge-
schlossenes, vom Völkerverkehr wie von
der Heerstrasse der Eroberer stets ab-
gelegenes Hochland, Im Innern (Nedschd)
wüstes Plateau, an den Küsten terrassen-
förmig, oft steil abfallend, mit 6 — 8000' h.
Gipfeln; auf der peträischen Halbinsel
(NW.) isolirt der Sinai, über 8000*. Eigent-
liche Flüsse fehlen; zur Regenzeit stürzen un-
zählige Wasserläufe durch Wadis (Schluch-
ten) von den Küstongebirgen ins Meer.
Das Klima Im Allgemeinen alHkanisch:
auf der Hochebene grösste Hitze u. Trocken-
heit abwechselnd mit rauher Kälte, ja
Schnee. Die Küsteuterrassen- durch ocean.
Arabische Sprache und Literatur.
111
Elfma begünstigt tt. daher meist frachtbar.
I^odukte: Kaffee, Datteln, Bidlgo, Weih-
rauch, Baumwolle, Myrrhen, Gummi- und
Gewürzpflanzen , Manna , Sennesblätter,
Droguen, Perlen (im pers. Golf), bes. aber
ausgeseiohnete Pferde, über deren unrer-
Dilschtes Blut man Stammbäume führt, u.
Kamele, beide charakteristisch für A.
Bevölkerung: ausser den elgentl. Arabern
Osmanen, Turkmanen, Armenier, Juden,
Banianen ^ind. Kaufleute), Neger und
Abessinier (als Sklaven). Die heimischen
Araber sind yor allen Völkern Asiens durch
Kraft und Bildsamkeit ausgezeichnet, von
Freiheitsliebe, Stolz und Muth erfüllt und
zu Entbehrung aller Art wie geschaffen;
sie leben patriarchalisch, sind zum grössern
Theil Nomaden (Beduinen) , zerstreut in
Tlele Stämme u. Horden, die unter Scheiken
und Emirn stehen, zum kleinern Hadhesi,
d. 1. ansässig in Städten u. Landgemeinden
unter Imamen, wo sie von Ackerbau (Fel-
lahs) und Handel leben, nii^ends aber Ge-
werbe treiben. Die Hauptlandschaften A.s
am rothen Meer: Hedschaa u. Jemen (glücM.
A.), im Innern: 2fed»chd, am arab. Meer:
Hadramaut, am pers. Golf: Oman (Maskat)
und Lachsa (El Hasa). Wichtigste Städte:
Mekka, Medina, Mokka, Maskat und Aden.
Der mächtigste inländ. Herrscher ist der
Imam von Maskat. Hedschas und Jemen
(9112 QM. mit900,OOOEw.) gehören zurTürkei,
die Stadt Aden den Engländern. Haupt-
sprache das Arabische. Religion: der Islam,
dessen Wiege A. ist. Die Mehrzahl der Be-
wohner Sunniten ; auf pers. Meerb. Schiiten ;
im Innern Wahablten. Geduldet sind Chri-
sten, Juden, Brahmabekenner und Parsen.
Vgl. J?rftter, »Erdkunde*, Bd.l2u. 13, 1846-47,
die Reiseberichte von Niehuhr, Burckhardt,
WaÜin, Wellstedt, Burton, Palgrave u. A.;
MdUaan, »Wallfahrt nach Mekka*, 1865;
Wrede, ,Reisen in Hadhramaut', 1870; Avril,
,L'Arabie contempor.', 1868; WüHenfeld,
»Wohnsitze und Wanderungen der arab.
Stämme', 1869.
Oesehichte. Als Ureinwohner A.s wer-
den die Bajaditen, angebl. Nachkommen
Ismaols, genannt. Gleichen Ursprung sollen
die Fürsten der arab. Landschaften haben,
wie namentlich die Dynastie der Htm-
jariten (Homeiriten), welche 2000 Jahre in
Jemen herrschte. Hier lebten die Bewohner
in Städten und trieben Ackerbau, während
der übrige Theil des Volks nomadisirte.
Von den morgenländ. Eroberern nicht
unteijocht, unterwarfen die Araber nach
Alexanders d. Gr. Tode einen Theil Ohal-
däas, Irak-Arabi genannt, und gründeten
das. ein Königreich Hira. Ein anderer
Stamm stiftete am FIuss Ghassan das
Reich der Ghassaniden. Erst der röm. Kaiser
Trajan drang (107 n. Chr.) tiefer in das
Innere des Landes ein und brachte die
nSrdl. Gebiete unter röm. Abhängigkeit.
Fortwährende innere Kämpfe Hessen das
Volk nicht erstarken. Als Ganzes fühlte
es sich erst seit Mohammeds Religions-
stiftung. Aus den Grenzen der Halbinsel
heraustretend, gründete es Reiche in S
Welttheilen (s. Mauren und Khalifen), Der
Starz des' Khalifats zu Bagdad (1258) und
die Vertreibung der Mauren aus Spanien
(1492) bezeichnen das Ende der arab. Herr-
schaft in Vorderasien u. Europa, die auch In
der Kulturgeschichte Epoche macht. Di»
wichtigsten Data in der neueren Geschieht»
A.s sind die Unterwerfung Jemens im .16.
Jahrh. durch die Türken u. deren Wieder-
vertreibung Im. 17. Jahrh., die Herrschaft
der Portugiesen von 1508 — 1659 über Mas-
kat, vornehm], aber das Auftreten der
Wahabiten (1770) und deren Bekämpfung
durch Mehemed-Ali (1818). Letzterer be-
mächtigte sich der Küste von Hedschas u.
mehrerer Punkte von Jemen, sah sich Jedoch
in Folge der Ereignisse von 18^ in Syrien
gezwungen, seine die arab. Küsten betref-
fenden Eroberungspläne auf- u. das Hüter-
amt der heil.' Städte mit der nominellen
Herrschaft über Hedschas dem Sultan Ibu-
rückzugeben. Seitdem hat von fremden
Mächten nur England in Folge der Besitz-
nahme von Aden Einfluss in A. ausgeübt.
Das 15. Juni 1858 von Mohammedanern zu
Dschldda auf die dort. Christen gemachte
Attentat hatte das Bombardement der Stadt
durch die Engländer (25. Juli) zur Folge.
Vgl. Oriehton, ,Hi8t. of Araby*, 1852; £1«*
dillot, ,Hist. desArabesS 1854; Flüga, ,Ge-
schichte der Araber', 1865 ; MiUler, Beiträge
zur Gesch. d. westl. Araber*, 1868; Weil,
, Gesch. der islamit. Völker*, 1868.
Arabische Spraehe and Literatur. I. Die
arab. Sprache, ein Zweig des semit. Sprach-
stamms, überaus bildungsfähigi reich und
von geschmeidigen Formen, hatte sich schon
vor Mohammed als vorzügliches Organ für
Poesie bewährt und wurde besonders von
den Beduinen in Ihrer Reinheit bewahrt.
Zwei Hauptdialekte : der südliche oder hlm-
Jaritische (jetzt ausgestorben) und der nörd-
liche; letzterer durch den Koran die allge-
mein herrschende Schrift- und Umgangs-
sprache im ganjsen arab. Reiche und als
solche in Syrien, Aegypten und NordafHka
noch Jetzt bestehend ( Vulgärarabiscl|) ;
ausserdem Kirchen- u. theilweise GelehrteU-
sprache bei allen islamitrschen Völkern (von
Afrika bis Indien). Zahlr. Grammatiker (der
älteste Alful A»wad, um 660) und Lexikogra-
phen (die geschätztesten: AI DscTiauhari, f
1009, und AI Firuzabadit f 1414). Wiederbe-
lebung des Studiums der arab. Sprache in
Frankreich durch Poatel 1588, in Deutschland
durch 8pey 158S. Neuere Grammatiken : von
aUv. de 8aey (1831, S Bde.), Ewald (1831 ff.,
2 Bde.), Gaapari (2. Aufl. 1859), Boorda (1859)
und Hassan (1869). Neuere Wörterbücher r
von Freytag (1830 f., 4 Bde., Auszug 1837) und
Katimirski (1848), für das Vnigärarabische:
von Catafago (1858, 2 Bde.), Zenker (1862—70), .
Xone (1863 f.). Die arab. Metrik behandelten '
Ewald (1825) und Freytag (1880). Sammlnn- j
gen arab. Manuskripte im^scurlal, in Rom,
Paris, Leyden, Oxford, London, Gotha,
Wien, Berlin, Kopenhagen, Petersburg. —
Die arab', Schrift wird wie alle semit. von
rechts nach links gelesen. Ihre älteste Gk»
st^It ist die kv^flache Bchrift, die später durch
112
Arabischer Meerbasen — Arächan.
das noch Jetst gebräuchliche JftdBehe yer-
drangt wvrde. Vgl. MÜOer, ;OrientaL
PaläographieS 1848.
II. Die arab. Literatur bildet in der Ge-
schichte der Entwicklung der Menschheit
und der allgem. Weltliteratur ein bedeuten»
des Moment. Die älteste ib««<e ist Volks-
lyrik, mit epischen und didakt. Elementen
Tei-setzt; dadei Reim neben Silbenmessung
Ton Anfang an wesentlich. Aelteste Volks-
sänger: Tadbata Beharren und Sehanfara.
Bei regster Pflege der Dichtkunst noch vor
Mohammed hohe Blüthe derselben: Helden-
und Kriegsgesänge, Liebeslieder, Todtenkla-
gen, Ehren- u. Scnmähgedichte, Sprüche etc.
Ein grosser Theil derselben vereinigt in d^r
Samasa (s. d.) u. andern Gedichtsammlungen.
In Folge dichterischer Wettkämpfe, die all-
Jährl. auf der Messe su Okadh Statt fandeu,
entstanden die ber. Jfoa22aA;a< (Preisgedichte),
wovon 7 von 7 Dichtem vorhanden: Tara/a,
Bareth, Amru (6. Jahrh. n. Chr.), Antara,
Buhair, Lebid, Amrükaia (7. Jahrb.). Nach
Mohammed ward die Dichtung vielseitiger
und glänzender, aber auf Kosten der ur-
sprfingl. Kraft und Originalität. Strenge
Befolgung der Metrik und Prosodle, aber
meist ohne B^eisterung und Geschmack.
Der Koran brii:^ das religiöse Element in
die Poesie ; daneben widmen sich die Dich-
ter vorzugsweise dem Dienste der Khalifen
<die glänzenden, Poesie u. Wissenschaft pfle-
genden Höfe Almansorp 754-— 775 u. Harun
«1 Raschids 786—808), daher das Lobgedicbt
bes. ausgebildet. Hauptgattungen der Lyrik :
die Kasside, das Ohasel, die Makamen und
Mesnewi. Drama unbekannt. Vorzüglichste
Dichter der nachmohammed. Zeit: Jbn Do-
reid (t893), Motenebbi (t965), Abulcda (f 1058),
Toghrai (t 1121), Meidani (f 1125), Zamakh-
^chari (f 1143)) Bcha^rüh, letztere bes. als
Didaktiker ausgez.; Hamadani und Hariri,
Makamendichter. ^hlr. Fabeln (Lohnum),
Romane u. Märchen (.Tausend u. Eine Nacht','
,Antars Thaten* u. a.). Allgem. Verfall der
«rab. Poesie seit dem 13. Jahrh. ; reiche Nach-
bljjthe derselben in Spanien, unter den Omaj-
Jaden zu Gordova, später zu Granada.
Die historische Literatur zahlreich (angebl.
1300 Werke, meist ungedruckt); wichtig
durch den Stoff, die Darstellung chronik-
«rtig, dabei orientalisch - schwUlstig. Bedeu-
tendste Historiker: PToibedt (t 822), Kotaibah
<t 889;, Tabari (f 922), Mamdi» Eutychiue,
bes. aber ^&u2/eda und Ibn Khaldun; in Spa-
'uien Abul Ka»em, Tamimi, Ibn Khatib u. a.
Biographien schrieben: Oibi (Mahmud von
Gazna), JSohaeddin (Saladdin), Ibn Arab-
^chah (Timur); biographische Lexiken: Ibn
Osaiba, Ibn Khallikan, Dsahebi etc. Dane-
ben Briefschreiben Gegenstand stilistischer
Knnstleistung. Pflege der exakten Wiwen-
3ehaften schon unter den Abbasiden (seit
750) , hervorgegangen aus dem Studium der
a]tgi*iech. Literatur. Zahlreiche Ueber-
setzungen aus derselben. Polygraphen von
seltener Produktivität (z. B. Bojuti, f l&^t
Verf. von 560 Schriften). Das Studium der
Medioin wurde durch die Araber im Mittelal-
ter erhalten und neu belebt; bes. die Arz-
neikunde, Chemie und Nosologie gefördert.
Gesetzgeber für die Medicin war Avieenna;
andere berühmte Aerzte : Zohr (f 1160} und
Averroee; Jfsrve (Arzneimittellehre), Abtdka-
Hm (Chirurgie), Beitar (Botanik). Auch die
Mathematik ward eifrig gepflegt, namentl.
durch Moham. ben Musa (Albategnus, f ^29)
und Thabet ben Korrah, wie die Optik durch
Haaem (um 1100). Für Astronomie berühmte
Schulen u. Sternwarten zu Bagdad u.Cordova.
Astronomische Tafeln: die nasslreddinischen
zu Maragha, die toledauischen vaxd alfon-
sinischen. Wichtige astrou. Werke von Al-
fargani, Albaten, Alpetragius etc. Auch die
Leistungen in der Geographie höchst wichtig,
die Literatur darüber sehr reich. Die be-
deutendsten geograph. Aatoren: Edriti (um
1150), Bchehabeddim (f 1229), TaJcuti (f 1249),
Abulfeda, Kaetoini, Leo Africanus; liaeHr-
eddin und ülug Bei (mathemat. Geographie).
Berühmte Reisende: Ibn Haukai (um 950),
AJbiruni (11. Jahrh.) und Ibn Batuta (um 1354).
Die arab. Fhilosophie ist ganz aus Aristoteles
geschöpft und beschränkt sich auf Dialektik
und Metaphysik, die beide auch auf reli-
giöse Untersuchungen angewendet wurden.
Eigentl. Begründer der arab.-aristotel. Phi-
losophie : El Fartibi (f 960) ; ber. Kommentato-
ren des Aristoteles: Avieenna nnd Averroee,
beide aber entgegengesetzter Meinung; durch
des letztem Schüler, Moses ben Maimon, kam
die Philosophie vorzugsweise in die Pflege
der Juden und durch diese an die abendländ.
Christen. Die Spekulation über den Koran
rief zahlreiche Sekten hervor, wovon 4 (Ha-
nefiten, Kambaliten, Schaflten, Malechiten)
als rechtgläubig, 72 als ketzerisch gelten.
Dogmatlker: Omar - al - Naseß (12. Jahrb.);
Kirchenrechtslehrer: Alschaß ; Yert, des an-
gesehensten Gesetzbuchs: Sheikh Ibrahim
(16. Jahrh.). Wichtig für die arab. Liter,
das ,Lexic. bibliogr.' des Hadschi-Khalfa.
Die literar. Thätigkeit in den letzten Jahrh.
und der Gegenwart sehr dürftig: Schollen
und Kommentare, grammat. Untersuchungen
über die alte Sprache. Daneben noch Pflege
der medicin, Studien. Heutige Mittelpunkte
der literar. Bestrebungen: Kairo, Beirut u.
Algier. Vgl. Flügel, ,Gesch. der arab. Lit.^
1840; ffammer - PurgstaÜ, «Gesch. der arab.
Liter.*, 1850 ff^., 7 Bde. ; Weil, ,Die poet. Liter,
der Araber vor Mohammed', 1837; Behack,
, Poesie und Kunst der Araber in Spanien u.
SicilienS 1865, 2 Bde. ; Bitter, ,Ueber unsere
Kenntniss der arab. Philosophie*, 1844;
WUstenfeld, ,Gesch. der arab. Aerzte und
Naturforscher', 1840.
Arabischer Heerbosen, das rothe Meer.
Arabischer Weihrauch, s. v. a. Olibanum.
Arabisches Gummi, s. Qummi arabicum,
Arabische Ziffern« unsere den Arabern
entlehnten 9 Zahlzeichen , wahrscheinlich
aus Indien stammend; im Abendland seit
dem 10. Jahrh. bekannt, aber langsam Ein-
gang findend.
Arachan (Arrakan), brit. Küstenprov. in
Hinterindien, am bengal. Meerbusen, 836 QM.,
376,000 Ew. Bedeut. Handel mit Reis.
Seit 1825 britisch. Hauptst. Akyab. Die
einst blühende Stadt A. Jetzt verfallen.
Avsohis — Aräometer.
IrihiUl L. (Erämui. Erdmandtl) . Fau-
tflU^ttan^ der LA^niEnofteo. A. hypvȣ:jua
L., ErdtitM (BrdpIiUota, MaidDblbohi»],
wlohtigs Knlturpfl»dM In MinBlafrik« nnd
Omodtsn, Cräst In der Erde nlfSTida
dam , bei 3» gwleliBndem bei IKÄtJuDKBl),
uhnideB {'Spimunltitrs), GLIedsr
waraon jSkorpfnna etc.); ii SpInZ» [Am-
BKMnnki (riod«»)? Ra°ken "mir'tiflclie.n
(ApneuatK)! HlBtetlelh ftlilsnii nd-r vor-
woiohsn H»ol (OBßHShftM) <l«r lwid,.ii Ceu.
IralthBilB ds^ NsiTsnajatsm,, d». Geblra»
AnehlMogi« (er,, JramiilngJE), Splnusn'
liaalrtiwtrt-rUtjmval. ,Annf1"SW, t7!lT.
AruhasI» in. a.)i dtBiadS.tlirh«'« Pmr.
des hIIti«'!. Itslefas, dai henMKn AfKii»Dl«MD.
^■ehowk (dai alte Anemo'-i^M), Ploirk-n
LIakura (^iraasi); üor" iiipüi wVlü'hi^u. *'
Irad, Ungar. Komttat, Ki-. j«u-ln dar
Ttaalas. II» QM. und SM.OOU ifw., w..IiIIk.
welnraich (Msnea). ÄoatiM. A
*rion6tert«T
, Saakmc« (kirdroilallKAa
ipec. Oewlchti namentl. tds FlfliaigkalUo,
bealBhl am «insm pussud gsformtMi
(lHnkSrpor mll Skala, «alchar um lo Hafar
Jn dlB Flfi>»tet.ett Blnalnkt, Ja gertngar
daran ipac. Oao. Dt. Dlsa baruht nur dam
GeiBB, nach watcbain atn failar K6rp8r,
tief 111 dlatBlbe elniiukc, daai ein d«n aln-
Tiaiälgkelt ebs&in Tlal »lagt aJ'a'd^rV"»
ctg. für »elcha das Inatmmant koaacrdlrt
[al. de A. IBM BaumI, Cartjsr nnd Beck
haben afna snipirraEbB odar wHlkfll-Liche.
Paakl" bla an welchem das iTiUTini™! to
Wtaaar eliiilokt, mtt 100 beselühn«!; itnkt
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mater (s. d.), Oennnietar oder Wefnmaaaar,
Gmd
agan, Bool-oderSiliisiii-
lU
Arafat — Aralsee.
dein, Säoremeaser etc. — Die A. Ton
Nicholson, Fahronheit n. Tralles beruhen
auf dem Satz, dass, wenn ein Körper in
Flüssigkelten von verschiedenem spec. Gtew.
bis SU demselben Punkt einsinken soll,
sein Gewicht in dem Mass verg^Sssert
werden muss, als das spec. Gew. der Flüs-
sigkeit zunimmt. Dem 'entsprechend hat
z. B. das A. von Nicholson ein Tellerchen,
auf welches man so lange Gewichte legt,
bis das Instrument bis zu einer bestimmten
Marke eingesunken ist. Diese nur noch
wenig gebräuchlichen A. können auch zur
Bestimmung des spec. Gew. fester Körper
dienen, indem man z. B. ein Mineral von
bekanntem Gewicht an das untere Ende des
in Wasser getauchten A.s hängt u. durch Auf-
legen von Grewichten bestimmt, wie viel ein
dem seinen gleiches Volumen Wasser wiegt.
Arafat, Wallfahrtsberg bei Mekka.
ArSgO, 1) Dominique Franpois, her. franz.
Physiker, geb. 26. Febr. 1786 zu Estagel
bei Perpignan, seit 1809 Mitglied der Aka-
demie der Wissenschaften und bis 1831
Prof. an der polytechn. Schule zu Paris, be-
schäftigte sich bes. mit Untersuchungen
über die Polarisation des Lichts, überGalva-
nismus u. Magnetismus, entdeckte den durch
Rotation entwickelten Magnetismus. Seit
183]. Mitglied der Deputirtenkammer,< hielt
er sich zur äussersten Linken, ward Febr.
1848 Mitglied der provisor. Regierung und
Kriegs- und Marineminister, später in der
Nationalversammlung Mitglied des Kriegs-
ausschusses; t 3. Okt. 1853 zu Paris. Sehr.
«Astronomie populaire' (1884 — 35, 4 Bde.)
und zahli*eiche Aufsätze in den ,M6m6ires',
den ,Comptes rendus* und den von ihm und
Gay-Lussac redigirten , Annales de chlmie et
physique', sowie in dem ,Annualre des Lon-
gitudos*. , Oeuvres*, herausg. von JSarrcd
(1855-60, 17 Bde.; deutsch von Hankel, 1855
bis 1861, 17 Bde.). Vgl. Audiganne, yVr. A.*^
1869; Bertrand, ,A. et sa vie scientifiqueS 1865.
— ä) Jaesues Etienne Victor, Schriftsteller,
Bruder des Vor., geb. 10. März 1790, machte
1817—20 unter Kapitän Freycinet eine Reise
um die Erde, sehr. Melodramen und Lust-
spiele, ward 1835 Theaterdirektor zu Ronen;
t erblindet Jan. 1855 in Brasilien. Sehr.
, Promenade autour du monde' (1822, 2 Bde.,
mit Atlas) ; ,Voyage autour du monde*
(1838 — 40, 5 Bde.); ,Voyage d'un aveugle
en Galifomie et dans les r6gions aurif&res*
(1851). — 3) EHeime, Theaterdichter und
Journalist, Bruder des Vor., geb. zu Estagel
• 7. Febr. 1803, übernahm 1829 die Direktion
des Vaudevilletheaters in Paris, ward Febr.
1848 ■ Oberpostmeister und Mitglied der
Nationalversammlung, wegen Betheiligung
am Juniaufstand 0 in contumaciam zur De-
portation verurtheilt, hielt sich in Belgien
und England auf, kehrte später nach Paris
zurück, wo er Sept. 1870 Maire ward. — 4)
Etnanuel, Sohn von A. 1), geb. 6. Aug. 1812
zu Paris, sehr, seit 1832 einige Lustspiele
und Vaudevilles, ward dann Advokat, be-
theiligte sich an der Februarrevolution von
1848, ging Mai d. J. als Gesandter nach Ber-
lin, zog sich nach 2. Dec. 1851 yqfn öffeiit|.
Leben zurück, ward 1869 Mitglied des ge-
setzgebenden Körpers, Sept. 1870 der provi-
sorischen Regierung. — 5) Alfred, Maler,
Bruder des Vor., Schüler Delaroches, ward
1852 General Inspektor der schönen Künste
im Ministerium. Karl V. in San-Juste etc.
Aragon, linker Nebenfl. des Ebro ia
Spanien, entspringt am Mt. d'Aspe in den
Pyrenäen, mündet oberhalb Alfaro; 80 M.
Danach benannt das Königr. A. (Aragonien).
Aimgonlen, Landsch. (Königr.) im nördl.
Spanien, an Frankreich stossend, auf beiden
Seiten des Ebro, 845 QM. mit nur 921,305 Ew.
Hocharagonien, anmuthiges Gh)birgsland, u.
Niederaragonien , öde Ebene. Berüchtigte
Winde: Cierco von NW., Bochoma von
SO. Kultur äusserst vernachlässigt. Die
Ew. von sprich wörtl. Starrsinnigkeit, finster,
tapfere Soldaten. 8 Provinzen: Saragossa,
Temel, Huesca. A. war um 1000 ein Theil
des Königreichs von Sobrarve u. Ribagorza,
dessen Beherrscher Ramiro der Bastard,
Sohn des Königs Saneho d. Gr. von Navarra,
1035 den Titel eines Königs von A. annahm.
Als 1162 nach dem Erlöschen dieser Dy-
nastie der Graf Berengar IV. von Barcelona
den Thron von A. bestieg, begann die
Glanzzeit dieser Monarchie, die bis zum
Tode Ferdinands des Katholischen (1516)
dauerte. Das Reich umfasste in dieser Zeit
auch Valencia u. die Balearen, sowie zeit-
weilig Sicilien und Sardinien. Durch Ferdi-
nands Vermählung mit Isabella von Kastilien
(1479) wurde die Vereinigung der Reiche
Kastilien n. A. herbeigeführt, doch behielt
letzteres seine alten Vorrechte und Gtesetze,
die es erst unter den Bourbonen verlor. Vgl.
Schmidt, «Geschichte A.s im Mittelalter*, 1828.
Aragomt, Mineral der Kalkhalllthe, koh-
lensaurer Kalk isomer dem Kalkspath, auf
Klüften und in Drusen von Basalt, in den
Kalkabsätzen heisser Quellen.
AragriiA, Küstenfl. in Venezuela, mündet
bei Nuova Barcelona in das karaib. Meer.
Sein Thal durch Fruchtbarkeit berühmt.
Antguay, Nebenfl. des Tocantins in Bra-
silien, fliesst zwischen den Prov. Matte
Grosso und Goyaz, mündet bei Sa5-Joäo.
Arak (Arrtus) , geistiges Getränk, wird
durch Gährung und Destillation aus Reis,
Palmensaft und Melasse bereitet. Der beste
A. kommt aus Batavia. Der Goaarak aus
reinem Palmensaft ist schwächer, vertritt
in Indien die Stelle unseres Branntweins.
ArakatMha, s. Maniok.
Araktsch^ew, Graf von, russ. General,
geb. 1769, 1806 Kriegsmiuister, 1810 MitgUed
desReichsraths, Gründer der Militärkolonien
und Chef derselben; f , von Nikolaus 1825
verabschiedet, 3. Mai 1834. Biogr. von ßatach
(1864, Bd. 1).
Aralia L. , Pflanzengattung der Umbelli-
feren in Asien und Nordamerika, viele Blatt-
zierpflanzen. Aus dem Mark der chines. A.
papyrifera ITooA;. wird das Reispapier gefertigt.
Aralsee^ Steppensee in Asien, östl. vom
kasp. Meer (dazwischen der Turkmanenisth-
mus), nur 25' üb. Meer, 1267 QM. Schwach-
salziges Wasser; im Abnehmen begriffen.
Zuflüsse (von Turkistan): Ami^ und Syr.
Araiü — Arbeitshäuser.
115
Aram (spr. Aqräm), Eugen, durch sein trag.
Schicksal bekannt gewordener engl. Schul-
mann, geb. 1704 zu Ramsgill in der engl.
Orafsch. York, ward wegen eines 1745 aus
Eifersucht verübten Mords S:Aug. 1753 zu York
^ehenkt^ Held eines Bomans von £üliffer.
AramSa (d. 1. Hochland, gegenüber Ka-
naan, d. i. Tiefland), im A. T. das ge-
sammte Land zwischen Arabien, Armenien,
Palästina u. Phönicien. Aramäische ßpraehe,
dem semit. Sprachstamm angehörend, mit
'S Hauptdialekten: west- (syrisch) und ost-
aramäisch (chaldäisch).
Aran (Val d'A.), Pyrenäenthal in Ära-
^onien, nahe der französ. Grenze; Quelle
der Garonne. Westl. der Maladetta.
Aranda, Pedro Pablo Abaraca de Bolea,
<iraf von, span. Diplomat und Staatsmann,
geb. 21. Dec. 1718 zu Saragossa, seit 1765
Präsident des Raths von Kastilien, be-
schränkte als solcher die Inquisition, ver-
trieb 1767 die Jesuiten aus Spanien, ward
1773 von der Verwaltung entfernt, über-
nahm sie 1792 auf kurze Zeit wieder; f 1799.
Araneiden^ s. ▼. a. Arachniden.
AraBeoIogie, s. v. a. Arachnologie.
Ara^Jnez (spr. -chues), Stadt in Spanien,
-am Tigo» ^Va M. von Madrid; königl. Lust-
sohloss (unter Philipp IL erbaut) , 4000 (bei
Anwesenheit des Hofs über 10,000) £w< Ver-
trag vom 12. April 1772 zwischen Frank-
reich u. Spanien ge^en England. A4>dankung
König Karls IV. zu Gunsten seines Sohnes
Ferdinand 19. März 1808.
ArSny. Janos, ungar. Epiker, geb. 1. März
1»17 au I^agy-Szalonta (Kom. Bihar), seit
1851 Prof. zu Kagy- Koros, seit 1860 Direk-
tor der Kisfaludygesellschaft zuPesth, seit
1859 Mitglied der ungar. Akademie. Haupt-
werke: ,Toldi* (deutsch von Kolbenheyer
1855) ; ,Dle Belagerung von Murany* (deutsch
von Kertbeny 1851); ,Katalin* (1850); ,Die
2igeuner von Nagy - Ida' (1852) ; ,Toldis
Abend* (deutsch von Kolbenheyer 1856);
^Bnda halila^ 1. Th. einer epischen Trilogie,
1864 von der ungar. Akademie gekrönt.
Aranyos ^ rechter Kebenfl. der Marcs In
Siebenbürgen, 18 M., fühi*t Gold.
Arar, im Alterth. die Sa6ne.
Ararat, höchster Berg Armeniens, auf
•der Grenze von Kussland, Persion und der
Türkei, vulkanisch, mit 2 Gipfeln 16,250
und 12,284'. Arche Noahs.
Aras (Araxes), Nebenfl. des Kur in Ar-
menien, entspr. bei Erzerum; Grenze zwi-
schen Russland und Persien ; 110 M.
Aritns^ 1) A. aus Sicyon, grlech. Staats-
mann, um 272 V. Chr. geb., befreite seine
Vaterstadt von der Tyrannis, bewirkte 251
deren Beitritt zum achäischon Bunde, der
unter seiner Leitung Kraft und Ansehen
{gewann, aber in Folge der Herbeirufung der
Macedonier gegen Sparta (224) unter mace-
don. Herrschaft kam; f 213, auf Anstiften
Philipps LEI. von Macedouien vergiftet. Blogr.
▼on Plutarch. — 2) A. aus Soli in Sicilien,
um 270 V. Chr., behandelte das damalige
Astronom. System in einem Lehrgedicht
jPhaenomena', herausg. von J. Hekker (1828)
find JOchly (1851); übers, von Voss (1824).
Araneo» linker I^ebenfl. des Orlnoco in
Venezuela , entspr. auf den Anden im östL
Neugranada, 100 M.
Arancanla, Küstenlandschaft in Chile,
zwischen dem Biobiofluss und der Insel
ChiloS bis zu den Anden, deren nördl.
Theil die heutige Prov. A. (Arauco) bildet,
652,5 QM. mit (1867) 80,066 Ew. und der
Hauptst. Los Angeles. Die Hanptbevölkerung
von A. die Araukaner (Araucos), ein allezeit
ziemlich unabhängiges Indianervolk mit
mllitär. aristokrat. Verfassung, das einst eine
Art Föderativstaat von 4 Fürstenthümem mit
i/a Mill. (jetzt kaum 80,000) Ew. bildete und
sich gegen die Angriffe der Spanier (seit 1537)
mit Erfolg wehrte Diese alten Kämpfe ver-
herrlicht Ercilla» span. Epos ,Araucana*. In
neuester Zelt errang ein französ. Advokat,
de Tonneins, die Herrschaft über die India-
ner und Hess sich 1860 unter dem Namen
Orelie Antoine I. zum konstitution. König
von A. erklären. Schon 1861 wurde er Jedoch
von den Chilenen gefangen und nach Frank-
reich zurückgeschickt. Seitdem fortdauern-
der Krieg zwischen der Regierung und den
Araukanem, den erst der Friede vom 22.
Jan. 1870 beendete. Orelie ist inzwischen von
Neuem in A. erschienen u. hat sein Königr.
wieder hergestellt. Vgl. Smith, ,The Arau-
canians*, 1855; ,0relie Antoine I etc., par
lui mdmeS 1863; Aimard, ,L^AraucanS 1864.
Araocarla Ju$s. (Andentanne), Pflanzen-
gattung der Koniferen, hohe Bäume. A.
braslliensis Rieh, bildet ausgedehnte Wälder
in den brasil. Gebirgen; A. imbricata Pub.
rPehuen), über 150' hoch, im sudl. Chile;
A. Cunnlnghaml Ait., bis 100' hoch, an der
Ostküste von Neuholland ; A. Bidwilll Hook,,
nord westl. von derMoretonbai in Australien,
liefert sehr dauerhaftes Holz.
Aranjo Porto -Alegre (spr. -auscho), Mo-
noel de, brasil. Dichter und Maler, geb. 29.
Nov. 1806 zu Rio-Pardo (Prov. Sao- Pedro),
ward 1887 Prof. an der Kunstakademfe zu
Rio, 1859 brasil. Generalkonsul in Berlin.
Sehr. ,Colombo' (Epos) und ,Brasilianas*.
Arauslo (lat.), Stadt, s. Orange.
Aravalligebirge^ Gebirge in Westvorder-
indien, Wasserscheide zwischen dem arab.
Meer und dem Gangesgebiet. [Gniana.
Arawiken, Indianerstamm im westl.
ArSxes. s. Ära»,
Arbe. dalmat. Insel, an der kroat. Küste,
3,5 QM. und 3460 Ew., fruchtbar.
Arbedo. Dorf im Kanton Tessln, am
Tessiu. Hier 30. Juni 1422 Sieg der Schwei-
zer über die Mailänder unter Carmagnola
(Schlacht von St. Paul).
Arbeitahaoser, im Allgemeinen Anstalten,
welche den Zweck haben, Ihre Insassen
mit Arbelt zu beschäftigen, entweder Werk-
häuser für freiwillige Arbeiter, vom Staat
oder von Gemeinden oder von Privaten
unterhaltene Anstalten , welche ohne eigne
Verschuldung arbeitslos gewordenen Arbei-
tern Arbeit darbieten und dazu Wohnung
und Unterhalt gewähren; oder Zwange-
arbeitshäuser , in welchen Müssiggänger,
Bettler und Vagabunden zur Arbeit ange-
halten worden; oder Straf arbeitefiäuser,
8*
116
Arbela — Archaismas.
'Wirklich« Stntlknstelten, in welchen gerin-
gere Vergehen durch mit Arbeit verban-
denes GrefKngniss abgebüsst werden.
Arbela (j. Arbil), Stadt im östl. Assyrien;
881 T. Chr. Sie^ Alezanders d. Gr. über Darins.
Arber (Groiur A.), höchster Berg des
BShmerwaldes. in Niederbayem, iftSCr.
Arbiter (lat.), Schiedsrichter.
Arbiträr (lat.), nach Gutdünken.
Arbitrage (fr., spr. -trab seh), Schieds-
richterspruch; im Handelsverkehr Vorhe-
rechnung, welcher Weg für ein Geschäft
In Werthobjekten der Torthellhafteste ist,
Wtehitl-, Effekten- oder CcmptarUen-A, ermit-
telt, 1) welche Gattung von Wechseln, Effek-
ten oder Geldsorten sich am besten zur Ein-
.BiehuDg einer auswärtigen Forderung oder
snr Tilgung einer auswärtigen Schuld eignet;
8) an welchem Börsenplats gewisse Gattungen
Ton Wechseln (Devisen), Effekten (Staats-
papieren, Aktien) oder Geldsorten (Comp-
tanten) am vortheilhaftesten eingekauft oder
verkauft werden. Die A. -Berechnung ge-
■chieht durch Yergleichung der gleichzei-
tigen Börsenkurse und bildet einen hervor-
ragenden Zweig des Bankgeschäftes.
Arbitrlam (lat.), Gutachten. A. honi viri,
das Gutachten eines rechtlichen Iklannes als
Grün dinge eines richterl. Erkenntnisses.
Arböga, uralte Stadt in Schweden (Wester-
maulaud), S39S Ew.; früher wichtiger Han-
delsplatz, auch ResidensB mehrerer Könige
(bes. Karls XI.). Durch die Arbogaartikel
beschränkte Erich XIV. die Macht der
Herzöge. Arbogaklipping , viereckige Kupfer-
münzen. Unfern der ArbogakaTuU, zwischen
Mälflr> und Hielmarsee.
Arbdgasty Franke, Feldherr der röm.
Kaiser Gratian und Yalentinian H , liess
letzteren ermorden und hob den Geheim-
schreiber und Kanzler Eugenius auf den
Thron, ward von Theodosius d. Gr. bei
Aqnileja 894 geschlagen u. tödtete sich selbst.
Arbois (spr. -boa), Stadt im firanz. Depart.
Jurn, 6672 Ew. Weinbau (Arboi$wein).
Arbon, Stadt im Kanton Thuigau, am
Bodensee, 1600 Ew. Nahe dabei Risste des
Arbor Felix (Kömerlager).
Arbor (lat.), Baum. A. genealogica, Stamm-
baum. A. vitae, Lebensbaum, s. Qehim. Ar-
boretum, Baumanlage in botan. Gärten.
Arbnsen^ in Russland Wassermelonen.
Arbathnot (spr. Aerböthnot), John, engl.
Satiriker, geb. zu Arbuthnot in Schottland
1675, Freund Swifts und Popes, seit 1709
Leibarzt der Königin Anna; f 27. Febr. 1785.
Hauptverf. der in Popes Werken veröffent-
lichten jMemoirs of Martlnus Scriblems' und
des Romans ,John Bull' (1712), letzteres seit-
dem Spitzname des engl. Volks. Posthum:
jiaiscejianeons works of A.* (17S1| 2 Bde.).
Arbntns L. (Sandbeere), Pflanzengattung
der Eiiceen in den Mittelmeerländem und
an der Westküste Nordamerikas. A. unedo
L., Erdbeerbaum, in Südeuropa, mit widerlicli
fade schmeckenden Früchten, die in der
Levante, Italien und Spanien auf Spiritus
verarbeitet werden. fvoyen, 14 M.
Ar&9 linker Nebenfl. der Isdre In Sa-
ArC) Jeanne cP, s. Jeanne d^Arc,
Areadia, Dichterakademie in Rom, a. 1090..
Arcadlni, erster oström.' Kaiser, Sohn.
des Kaisers Theodosius d. Gr., geb. 377 in
Spanien, erhielt S95 bei der Thellung des
Reichs den Orient (sein Bruder Honoriua
den Occident), überliess, in Trägheit und
Ueppigkeit versunken, die Regierung nachr
einander dem Gallier Ruflnus, dem Eunuchen
Eutropius und seiner herrschsüchtigen Ge-
mahlin Eudoxia; f 1. Mai 408.
ArdBl dlaeipliiia (lat.), (}eheimlehre ;.
insbes. die Lehre von den Sakramenten der-
christl. Kirche. Vgl. Bothe, ,De a. d.S 1847.
ArcSnua (lat.), Geheimmittel.
Areas. Sohn des Zeus und der Calllsto,
lehrte die alten pelasgischen Bewohner
des Peloponnes Getreidebau, gab dem Ijande
Arkadien den Namen.
Arcesllins, griech. Philosoph, Stifter der
zweiten akadem. Schule, geb. zu Pitane ia
Aeolien 816 v. Chr., f ^^^ zu Athen; Skep-
tiker, gestand der menschl. Erkenntniss
bloss einen höheren oder geringeren Grad*
von Wahrscheinlichkeit zu und empfahl
daher Zurückhaltung Jedes apodiktischen-
Urtheils, während er in der Praxig sich
an das Wahrscheinliche zu halten lehrte.
Archäologie (gr), Alterthumskunde, Alter-
thums Wissenschaft überhaupt; insbes. die-
KenutnisB der Antiquitas figurata, d. h. der
in Stein, Erz oder and. festen Material auf
uns gekommenen Kunstdenkmale desAlter-
thums, tmd zwar vorzugsweise des klassi-
schen, im Gegensatz zur Philologie, welche
die AntiquitoB literaia, d. h. die Schriftwerke
der Alten, zum Gegenstande der Untersu-
clmng macht. Der Begründer der A. ist
Winckelmann, nach ihm sind als Archäologen
zu nennen: Fea, Visconti, Saoul-Bochette,.
Zoega, Bründsted, Leasing, Heyne, Hirt, Meyer,
Bmtiger, F. G. Welcher, 0. Müller, E, Ger-
hard, Boss, A, Feuerbach, 0. Jahn, Braun
und E. Ourtius. Vgl. 0. Müller, ,Handb. der
A.*, 8 Aufl. von Welcher, 1848; Feuerbach,
.Vatikan. Apoll', 1833; Hettner , ,Vor8chule
zur bildenden Kunst der Alten', 1848;-
Overbeck , «Geschichte der griech. Plastik',
8. Aufl. 1869 f.; Ders., ,DIe antiken Schrift-
quellen zur Gesph. der bild. K'ünste bef
den Griechen*, 1868; Stahr, ,Torso', 1854;
Westropp, ,Handbook of archaeology', 1867;
Jnhn, ,Au8 der Alterthnmswissenschaft%
1868. Biblische A. : Keil, ,Handbuch d. bibh
A.*, 1859; Haneherger, ,Die religiösen Alter-
tliümer der Bibel*, 2. Aufl. 1869. Nordi-
sche (heidnische) A. : Lubbock, ,Prehlstoric-
timesS 2. Aufl. 1869. Hauptorgane für die
A. sind die ,Annali', das ,Bulletino' und
die ,Monumenti Ineditl' des Instltuto di
corrispondenza archeologica zu Rom, welche
1829-53 getrennt erschienen, seitdem aber
als ,Monumenti, Annall e Bulletino* ver-
einlgft sind. Die christl. oder hirchL A. ist
am besten von Otte in seinem ,Handbuch*^
(4. Aufl. 1863) bearbeitet worden.
Archalsmiis (gr.), Gebrauch veralteter
Wörter u. Wendungen ; auch altvaterisches
Wesen; daher archaiatiech , veraltet, alt-
väterisch. Archaistischer Stil, die alte,
Steife, bes. in der Gewandung übertrieben
Archangel — Archilöchus.
117
:zier]iche Dai'stellnngBweise der spätom
rgriech. Künstler bis zur röm. Kunstepoche.
Arehan^el (Archangehk), Grouv. in Gross-
mssland, 13,925 QM. mit 284,244 Ew. (dar-
iinter Lappländer u. Samojeden) , grössten-
tbeils kulturonfähig, reich an Steinkohlen.
'Die Hauptat. A., au der Dwina (unfern
'<leren Mündung), mit Hafen, wichtiger
•Handelsplatz, Ausgangspunkt des Walfisch-
and Robbenfangs, 19,143 Ew.
Archangellea flo/frn. (Engdvntm), Pflanzen-
■^attung der Umbelliferen. A. officlnalis
Boffm. , ächU E. , im hohen Norden bis
rxnr Diskobai; die Wurzel im Norden be-
liebtes Hausmittel. Die Engelwurz der
Apotheken stammt von kultivirten Pflanzen
ans Thüringen und dem Erzgebirge.
Archangelskoje. prächtiges Lustaohloss
'bei Moskau, dem Fürsten Juflsupow gehörig.
Archarii (gr.), Novizeb in griech. Klöstern.
Arche (lat. arca), Kasten, kastenähnl.
Flussfahrzeug; Noahs Schiff (1. Mos. 6, 14 ff.).
Archegetes ^r.), oberster Vorsteher, An-
-^hrer, Titel der spartan. Könige; auch
«Gründer einer Stadt, Ahnherr, Stammvater.
Arehelins, 1) A., Heraklide, floh, von
«einen Brüdern vertrieben, nach Macedonien
«ind ward Gründer des Herrschergeschlechts,
"Welchem Alexander d. Gr. angehörte. —
.2) A., König von Macedonien, 413 — 399
^. Chr., natürl. Sohn des Perdiccas, Ver-
breiter griech. Sitte und Bildung, fiel dui'ch
Keuchelmord 399 v. Chr. — 3) A., Feldherr
'Mithridates d. Gr., aus Kappadocien ge-
bürtig, bewog, 87 v. Chr. von Mithridates
miit Flotte und Heer zur Bekämpfung der
Römer nach Griechenland geschickt, die
r^rrlech. Staaten zum Abfall von Rom, ward
aber von Sulla bei Chäronea u. Orohomenos
•(86) geschlagen, fiel in Folge davon bei
Mithridates in Ungnade und floh zu den
'Römern. — 4) A., Sohn des Vor., erhielt von
Pompejus 63 die Würde eines Oberpriesters
in Comana n^d damit königL Rang, ver-
Tnählte sich (56) mit Berenice, der Tochter
"des ägypt. Königs Ptolemäus Auletes, und
bestieg mit ihr den ägypt. Thron, ward
«ber schon nach 6 Monaten (55) von den
Römern unter Gabinius besiegt und ge-
-tödtet. — 5) A., Enkel des Vor., bekam
von Antonius Kappadocien als Königreich,
'Ward von Tiberius wegen gesetzwidriger
l^euerungen nach Rom entboten und f das.
17 u. Chr. — 6) A., Sohn des Königs He-
Todes von Judäa, folgte diesem 1 n. Chr.
nind erhielt von Angustus mit dem Titel
Ethnarch Judäa, Samaria und Iduinäa zu-
-getheilt, ward nach 9jähr. Regierung ab-
.-gesetzt und nach Gallien verbannt.
Archena, ber. Badeort in Spanien, bei
Murcia, Schwefelthermen 42— 45 oR.; schon
-von Römern und Arabern benutzt.
ArchenholZy Joh. Wilh., Baron von, deut-
scher Schriftsteller, geh. 3. Sept. 1745 in
Langenftirt, einer Vorstadt Dauzigs, machte
1760 als preass. Offizier den siebeujähr.
Krieg mit, bereiste dann einen grossen
Theil Europas; f auf seinem Landsitze zu
Oyendorf im Holsteiuischen 28. Febr. 1812.
£chr. (England u. Italien' (2. Aufl. 17b7,
5 Bde.); ,Annalen der brit. Geschichte,
(1789—98, 20 Bde.); ,Ge8chichte des sieben-
jähr. Kriegs* (1793, 2 Bde.; 9. Aufl. von
Pöithcut 1867); ^Geschichte der Königin
ElisMibeth* (1798); .Gesch. Gustav Wasaa«
(1»01, 2 Bde.). Zeitschriften : «Literatur - o.
Völkerkunde« (1782-91) u. ,Minerva'(1792 ff.^.
Archerfl (fr., spr. Arsch eh , lat. arciarii),
Bogenschützen, im Mittelalter leicht berit-
tene Schützen, mit Bogen oder Armbrust
später mit Feuergewehr bewaffnet. Von A.
(ital. Arciere) kommt Hartschier.
Archeus (Arohäus, gr., d. i. Herrscher),
bei dem Gnostiker Basilius Valentinus das
Ceutralfeuer als das Lebensprincip aller
Vegetation; bei Paracelsus und Helmont
das den Organismus regelnde Urprincip,
ein astral. Wesen oder eine Luftgestalt, die
das von ihr Erzeugte bis zu seinem Unter-
gange bewohnen sollte. [dernach.
Archvau» die Gegend von Bonn bis An-
Arohf, griech. Vorsilbe mit der Bedeu-
tung der Erste, Oberste, dem deutschen
,Erz' entsprechend.
Archiac (spr. -schiak), Etienne Jules
Adolphe Deamier de 8t. 'Simon, Vicomte d*,'
franz. Geolog, geb. 24. Sept. 1802 zu Rheims.
Hauptwerk: ,Histoire des progr^s de la
g6ologie de 1834-51* (1847-56, 6 Bde.).
AreniaSy Aulu3 Licinius, griech. Dichter
aus Autiochia in Syrien, geb. 121 v. Chr.,
kam 102 nach Rom, ward der Anmassung
des röm. Bürgerrechts angeklagt u. von Cicero
vertheidigt. Die Ihm zugeschriebenen 36
Epigramme gehören einer späteren Zeit an.
Arcbiiter (gr.), Oberarzt, Leibarzt eines
Fürsten, zuerst der röm. Kaiser.
ArchlcamerariuB (gr. und lat.), Erz-
kämmerer. ArehicancellariuB, Erzkanzler.
Archldamla, Tochter des spartan. Kö-
nigs Cleonymns II., widersetzte sich dem
Beschlüsse, dass die Weiber wegen der
von Seiten des Pyrrhus drohenden Be-
lagerung Spartas nach Kreta gebracht
werden sollten, mit dem Schwerte iu der
Hand, sowie später der Ermordung ihres
Enkels, des Königs Agis, und ward hierbei
gefangenjind getödtet.
Arenidamus ^ Name von 4 spartan. Kö-
nigen: A. I., um 6s6 V. Chr., beendigte
den zweiten messen. Krieg. A. U., Sohn
des Zeuxidamus, reg. 468—426, beendigte
den dritten messen. Krieg. A. IH., Sohn
des Agesilaus, reg. 361 — 338, schlug die
Arkadier bei Megalopolls. A. XV.,. Sohn
des Eudamidas, reg. um 290.
ArcMdaplfer (gr. und lat.), Erztruchsess.
Archidiakönus (gr.), Erzdiener, ursprüngl.
Titel des ersten der Diakonen an einer
bischöfl. Kirche, dann Stellvertreter eines
Bischofs in der Diöces (seit dem 18. Jahrb.
abgekommen); bei den Protestanten Titel
des zweiten Geistlichen au den Hauptkirchen
grösserer Städte.
Archldloees (gr.), erzbischöfl. Sprengel.
Archidvx (gr. u. lat.), Erzherzog.
ArchlepiscdpttS (gr. u. lat.), Erzbischof.
Archierens (gr.), der jüd. Oberpriester;
in der griech. Kii'che ein höherer Kleriker.
ArchildchnSy der älteste lyrische Dichter
118
ArchimagihiB — Arciere.
der Griechen, ans Faros in Lydien, am 678
Ms 629 V. Chr., angebl. Erfinder des Jambus.
Die Schärfe seiner Satire machte ,archi-
lochische Bitterkeit' und ,parische Verse*
sn sprlchwörtl. Redensart. Nach ihm helsst
der halbe Pentameter, dessen er sich oft
bediente, arehilochiseher Vers. Fragmente
seiner Gedichte gesammelt von Bergk In
yPoetae lyricl g^eci' (1854) ; Uebersetsnngen
Ton Herder in den ,Zerstrenten Bl&ttern* n.
Ton Pmsow im , Pantheon*, [küchenmeister.
Archimagirns (gr.), im Mittelalter Erb-
Arehimigiis (gr.), Obermagier, Erz-
sanberer, Alchemlst; Archimagie, Alchemie.
ArchimuidTit (gr.)> Erz- oder General-
abt, in der grlech. Kirche Abt, welcher
über mehrere Klöster die Aufsicht führt.
ArcMmedeSy her. griech. Mathematiker
ans Syrakns, geb. nm 287, bereicherte die
Mathematik u. Physik durch wichtige Ent-
deckungen (Kegel, Halbkugel und Cylinder
Ton gleicher Grundfläche und Höhe Ter-
halten sich wie 1:2:3; Yerhältniss der
Peripherie zum Durchmesser kleiner als
22:7 und grösser als 828:71; hydrosta-
tisches Gesetz, dass das Wasser Ton dem
Gewicht eines in dasselbe getauchten Kör-
pers so viel trägt, als die von letzterem
verdrängte Wassermasse beträgt; Schraube
ohne Ende etc.), schadete den Syrakus be-
lagernden Römern durch von ihm erfun-
dene Wurfmaschinen, ward 212 bei Erobe-
rung der Stadt erschlagen. Werke gesam-
melt von Torelli (1792), übers, und erläat.
Ton Nizze (1824); Einzelnes herausg. von
Jlauber (1798), Hoffmann (1817), Krüger (1820),
Outenäcker (1828). [Ende, s. Sehraube.
Archimedische Schranoe^ Schraube ohne
Archlondehus (gr.), Obermundschenk.
Archiofttcia (lat.), Erzämter.
Archipipa (gr.), In der griech. Kirche
erster Presbyter, auch Erzpriester.
Archipel (ArchipdSgus, gr.), Inselmeer,
inselreiche Meergegend; dann die Insel-
gruppenselbst, z.B. indischer A., Tahiti-A.,
Mulgraves-A. etc.; speciell seit den Zeiten
des latein. Kalserthums der griech. A., der
zwischen Griechenland, Kleinasien u. der
Türkei liegende Theil des Mittelmeers,
welcher die Inseln Kandia, Euböa, die Spo-
raden und Cykläden enthält. [Admiral.
Archipirita (gr.), im Mittelalter s. v. a.
Archipresbfter (gr.), in der ältesten
Christi. Kirche der erste der Presbyter.
Archisteriam (lat.), bischöfl. Sitz.
-Architekt (gr.), Baumeister, Leiter eines
Baues. Architektur, Baukunst.
Architektonik (gr ), eigentl. die Wissen-
schaft der Baukunst; Aufstellung eines
wissenschaftl. Lelirsystems. ArchitektonUch,
den Regeln der Baukunst angemessen.
Archltekturmalerei. Gattung der Malerei,
welche sich mit der Darstellung architek-
tonischer Gegenstände befasst, bes. inso-
weit dieselben dem Gebiet künstlerischer
Produktion angehören. Man pflegt reine
Architekturstücke und architekton. Land-
schaften zu unterscheiden. Als Architek-
turmaler sind zu nennen: die Niederländer
JP. 2fee/i, Steentpyck der Jüngere, Blick,
9am Deelen, E. de Vüle, Jok. Okeriug, WaU
dorp, Lareen, van Heutnen, Springer eto.; die
Italiener Canale und Belloito (genannt Cana-
letto) , Migliara und Nerly; die Deutschen
Schinkel, Quaglio, von Bayer, Haeenpßmg, Ain-
fHÜUer, Vermeereeh, ütlian, Konrad, Gärtner,;
Oraeb, HtUfft, Dietrich, Tacke, Grefe, Oemmei,.
Werner etc.; die Franzosen Granet, Ouvrii,.
Gamerey, ViUeret; die Engländer Haghe,.
Chaee, Howee, Prottt, Robert» etc.
ArchlteMvruiu (gr.), Erzschatzmefster.
ArchltriT (EpiUylion, gr.), im antiken
Säulenbau der unmittelbar auf den Säulen
ruhende, die horizontale Längenverbindung
des Gebäudes darstellende steinerne Balken.
Arehltyp (gr.), Urbild; Ur- oder Original-
handschrin; auch erster Druck.
Archiv (gr.), Sammlung von schriftlichen,,
zur Erhaltung für die Nachwelt bestimmten
Urkunden reohtliohen od. geschichtl. Inhalts.
Archivwineneehaft, die systemat. Darstel-
lung der für die Einrichtung u. Verwaltung-
der A.e geltenden Grundsätze. Archivar,
Archivbeamter. Hßfer, Erhard und Medem
begründeten eine »Zeitschrift für Archiv-
knnde, Diplomatik u. Geschichte* (18S8— 35,
2 Bde.), Friedemann eine ,Zeitschrift für
die A.e Deutschlands* (1846—53, 2 Bde.).
Archivolte (ital.), die Vorderseite eines
Bogens, als Architrav gedacht.
Archologfe (gr-)* Gmndlehre, s. v. a.
Tundamentalphilosophie.
Arehon (gr.), in Athen oberste Magistrats-
person. Ehrster A. war Medon, Sohn des
Königs Godras , nach dessen Tode (um 1008
V. Chr.) eingesetzt, aus dessen Nachkommen-
schaft 13 A.ten auf einander folgten. 753
ward die lebenslängl. Daner des Archonten-
amts auf 10 Jahre beschränkt, 714 der Zu-
tritt dazu allen Eupatriden (Adeligen), durch
Solons Gesetzgebung auch den Demoten,
durch Aristides 477 allen Bürgern ohne
Rücksicht auf Geburt oder Vermögen geöff-
net, 683 die einjährige Dauer ^es Amts und
die Zahl der A.ten auf 9 festgesetzt, von
denen der erste als Oberaufseher über das
ganze Gemeinwesen vorzugsweise A., auch
A. Eponymus hiess, weil nacli^ seinem Namen
in öffentl. Urkunden das Jahr bezeichnet
ward, der zweite, Baeileus, als Oberauf-
seher des Kultuswesens Titel und Schmuck
des Königs führte, der dritte, Memarehot,
die Leitung des Kriegswesens hatte. Die
übrigen 6 hiessen Thesmotheten (Gesetzge-
ber). Nach Ablauf ihrer Amtszeit mussten
die A.ten Rechenschaft über ihre Amtsfüh-
rung ablegen und traten darauf in den
Areopag. Bei den Juden hiessen A.ten zur
Zeit der röm. Herrschaft die Beisitzer des
Sanhedrin, bei den Gnostikern die der Welt
entsprossenen Aeonen.
Archytas, von Tarent, Pythagoräer, Zeit-
genosse des Plato, Mathematiker, Staats-
mann und Feldherr, angebl. Erfinder der
analytischen Methode in der Mathematik
und Loser mehrerer geometr. und mechan.
Probleme. Fragmente seiner Schriften her-
ausg. von Orelli, 1821. Vgl. Hartenatein, ,Do
Archytae fragmeutis philosophicis', 1833.
Arciere (ital., spr. -tschere), s. Arehers.
Arcis stir Aube — Arenaria.
119
Areis inr Anbe (apr. Artlh für Ohb), Stadt
im frans. Depart. Aabe, 2820 Ew. ; hier 20.
und 21. März 1814 ßchlaeht Ewiscben den
Verbündeten nnter Scliwarsenberg und Na-
poleon; letzterer sog sich hinter die Anbe
zurück, jene rückten auf Paris sq.
ArcIteneAS (lat.), Bogenführer, Beiname
des Apollo: auch Sternbild des Schützen.
Areo. Stadt im tirol. Kr. Trient, 2490 Ew.
Aredie^ Dorf bei Verona, nahe der Etsch ;
15. — 17. Not. 1796 Schlacht zwischen den
Vransosen unter Bonaparte u. den Oester-
reichem unter Alvinczy; erstere Sieger^
ArQOn (spr. -song), Jean Claude Eleonore
Lemieaud d\ franz. Ingenieur, geb. 1733 zu
Pontarlier, erfand 1780 die schwimmenden
Batterien, leitete bei dem Einfalle der
Franzosen in Holland unter Dumonriez die
Operationen gegen mehrere Festungen ; f als
Mitglied des Senats 1. Juli 1800. Hauptwerk
,Coh8id6ratlon8 militaires et politlquea sur
les fbrtificationsS 1795.
Areos de la Fronter», Stadt in der
Span. Prov. Gadiz, am Gnadalete, 10,300 Ew. ;
1519 Abfahrt Magelhaens zur ersten Um-
schiffung der Erde.
AretlBUS, aus Milet, um 770 v. Chr.,
<7klischer Dichter, sehr. ,Aethiopi8* und
,Illupersis* ; Fragmente von DüiUzer und
Dübner in Didots Ausg. des Homer, 1837.
Aretopitheci, Krallenaffen, s. Affen.
AretOStaphjFlM Adan». (Bärentraube),
Pflanzeng^ttungderEriceen. Von A. uvaursi
Bpr. (Arbutus uva ursi L.), über den grössten
Theil der nördl. Halbkugel verbreitet, sind
die gerbsaurehaltigen Blätter offlcinell.
Aretnniz, Stern 1. Grösse in dem Bootes.
Arenbalista (lat.), Armbrust.
Arcnell (spr. -küelj'), Dorf bei Paria, 3200
Ew. ; ber. Aquädukt, von Maria Medicis auf
den Trümmern eines röm. erbaut.
Areas (lat.), Bogen als Waffe; bogen-
förmiges Bauwerk; in der Geometrie der
zu eiuer Sehne gehörige Kreisbogen.
Ardm, schiffb« Nebenfl. der Maritza in
der Türkei, mündet oberh. Adrianopel ; 23 M.
Ardilnsy Sohn des Vulkan, ans Trözene,
soll die Flöte erfanden und den Musen in
Trözene ein Heillgthum erbaut haben ; daher
Ardaiiden, s. v. a. Musen.
Ardea (lat.), Reiher.
ArdeZy Dorf bei Rom, dabei die Trümmer
des alten A., Hauptst. der Rutuler.
Ardeb (Ardebe), ägypt. Getreidemass , in
Alezandria = 271, in Kairo = 179 Liter.
Ardebil, Stadt in der pers. Prov. Aser-
beidschan, östl. vonTebris, 4000 Ew.; Grab
Seil Haiders (f 1334), Wallfahrtsort.
Ardiche (spr. -älischX rechter Nebenfl. der
Rhone in Frankreich, kommt von den Ge-
rennen, mündet unterh. Bourg St. And6ol;
10 M. Danach benannt das ßepart. A., den
nordöstl. Thoil von Languedoc umfassend,
100 QM. mit 387,174 Ew. Hauptst. Privas.
Aldell, Jamet Mac, vorzüglicher Kupfer-
stecher in der sog. Schwarzkunst, geb. um
1705 in Irland, f 1765 zn London. Blätternach
Rubens, Van Dyck, Blurillo, Rembrandt etc.
Ardcnaen (EMing), Berglandschaft za
beiden Seiten der Maas in Luxemburg, dem
aüdöstl. Belgien und den anatoaaenden.
Theilen Frankreichs , ein 1400—1800' hohes
Plateau, sehr zerschnitten, zum Theil stark
bewaldet (Ardennerwald) , auch felsl;;,
moorig, öde, aber wichtig durch seine Erze,
Bausteine und die am Nordrande hinzie-
henden unerschöpfl. Steinkohlenlager. Da-
nach benannt das franz. Depart. A., 95 QM.
und 326,864 Ew. Hauptst. Mezi^res. Der
Ardennenkandl verbindet Seine u. Maas, 15 M.
Ardent (lat.), brennend, heftig; Ardeur
(fr., spr. -döhr), Hitze, Heftigkeit, Eifer.
Ajrdey, Gebirgszug in Westphalen, um
Herdecke; sehr reich an Kohlen.
ArdlUtn, Landschaft im pers. Kurdistan.
Ardiata ßwartt, Pflanzengattung der Myr-
sineen, Bträucher und Halbsträucher der
Tropengegenden, Zierpflanzen, bes. A. japo-
nica, A. punctata und A. crispa.
Aidito (ital., Mus.), ktthn, beherzt.
Ardor (lat.), Wärme, Hitze.
Ardrea (apr. -d'r), feste Stadt im franz.
Depart. Pas de Galais, 2300 Ew.; hier 1520
Zusammenkunft Franz L u. Heinrichs VUI.
von England, wegen der dabei entfalteten
Pracht Oamv de drap d^or genannt.
Ardsehlscli, 1) Nebenfl. der Donau in
der Walachei, entspr. in den transsylvan.
Alpen, mündet bei Oltenitza, 50 M. — 2)
Berg, a. Erdeehiech.
Are (fr., v. lat. area, Fläche), die Ein-
heit des franz. Flächenmasses, bes. Feld-
mass, =: 100 Quadratmeter oder 1 Quadrat-
dekameter, wird in 10 Deciaren, 100 Oeu-
tiaren und 1000 Milliaren eingetheilt. lOOA.en
=: 1 Hektare, das gowöhnl. Mass für Feld-
und Waldgrundstüoke = 10,000 Quadrat^
meter s= 8,917 preuss. Morgen = 1,737
wiener Joch es 1,807 sächs- Acker. 100
Hektaren =r 1 Quadratkilometer. Vgl. Meter.
Area (lat.), freier Platz (Hof) am Hause;
Flächenraum. [Grundstücken.
Areal (lat.), Flächeninhalt, namentl. von
Areb, ostind. Rechnuugsmünze, = 25 Lac
Rupien od. 2Va Mill. Rup. = 1,600,185 Tblr.
Areca L, (Arecapaltne), Pflanzengattung
der Palmen, in Ost- u. Westindien heimisch.
A. Gatechu X. , Kateehupdlme, in Ostind., lie-
fert die Betelnuas u. Katechu; A. oleracea L.,
Kohipalme, in Westind., Palmenkohl.
ArefltelreB (lat.), austrocknen; Ar^akt,
durch Austrocknung gewonnenes Produkt.
Aregio (spr. -chin), Pablo de, span. Maler,
um 1500, lebte zu Valencia; folgte Leonardo
da Vincis Richtung.
Arelat (areUUiechea Reich), burgund.
Königlich, nach der Hauptstadt Arles (das
Arelatum der Römer) genannt, 880 vom
Grafen Boso von Vienne begründet, um-
fasste die Franohe-Gomt6, die Gebiete von
Gh&lons und Macon, Vienne und Lyon, den
südöstl. Theil von Languedoc, einen Theil
von Savoyen u. die Provence. S. JBurgund,
Arembergy s. Arenberg.
Ariaa (lat.), in den alten Amphitheatern
Sandplatz für Wettkämpfe; jetzt Gebäude
für Thierhetzen, Reiterkünste etc.
Areaarial^. (Bandkraut), Pflanzengattung
der Alsineen. A. peploides L„ auf Island
als Gemüse genossen.
120
Arenberg — Aretino.
Areubm (Aremherg), Berttige von, 1)
Engelbert Ludwig, geb. 3. Jali 1750, Torlor
lin Frieden von Lnneville seine reichs-
unmittelbaren Besitzungen Jenseits des
Kheius (7>^ QM. mit 14,800 Ew.) und er-
hielt dafür 1H03 als £nt«chädigaug das
Amt Meppen (1826 zum Hergogthum A.-
Meppen erhoben, -40 QM. mit 56,765 Ew.)
und die Grafschaft Recklinghansen (14 QM.
mit 49,983 Ew.) in Westphaleu, erbte von
■einer Gemahlin Louise Antoinette von La-
ragnais, 4er Tochter des Herzogs von
Brancas, 1818 di« Besitznngen des Hauses
Chälons u. Hochburgand; f zn Brüssel 7.
März 1820. — S) Pro»per Ludwig, Sohn des
, Vor., geb. 28. April 17»5, folgte 1803 selnoni
"^ Vater In der Regierung, trat 1806 dem
Rheinbünde bei, vermählte sich 1808 mit
Stephanie Tascher de la Pagerie, Nichte
der Kaiserin Josephine, verlor 1810 sein
Gebiet tlieils an Frankreich, theils an Berg
ward 1813 mit einer Reute von 840,800
Frcs. entschädigt, erhielt 1815 seine Be-
sitzungen als Standesherrschaften zurück,
Meppen unter hannöv., Recklinghauseu
unter preuss. Hoheit; f 27. Febr. 1861, hatte
seinen Sohn Engelbert, geb. 11. Mai 1824,
zum Nachfolger. — 8) Augtul Maria Baimund,
Bruder von A. 1), geb. 30. Aug. 1753 zu
Brüssel, nach seinem Grossvater mütter-
licherseits, dem Grafen Ludwig von der
Mark , Graf von Lamark genannt, stand in
franz. Kriegsdiensten, Freund Mirabeaus,
1796 österr. Unterhändler mit den Aranz.
Behörden: f 26. Sept. 1833 in Brüssel.
Arendal, Hafenstadt an der südÖstl. Küste
Ton Norwegen, 4456 Ew.
Arendsee, Stadt Im preuss. Regbz. Mag-
deburg, Kr. Osterburg , am Set A., 2143 Ew.
Arenenberg (Arenaberg) , Schloss am
Bodensee, Im Kanton Thni^au, Besltzthum
der Königin Hortense, nach deren Tode
(1839) von Ludwig Napoleon verkauft, 1855
von der Kaiserin Eugenle zurückgekauft.
Arenga XiobiU. (Zuckerpalme), Pflanzen-
gattuug der Palmen. A. saocharlfera Xobitt.,
auf den Molukken und in Cochinchina,
liefert nach dem Ausschneiden des Blüthen-
kolbens viel Saft zu Palmzucker.
Arensbvrg, Hauptst. der livländ. Insel
Oesel, 3875 Ew. Hafen, 2 Leuchtthürme.
AreClft (lat.), kleiner Hof, ringförmige ge-
röthete Hautstelle um Blattern, Geschwüre
etc. ; auch der Hof um den Mond.
Areopagns (gr.), uralter Gerichtshof zu
Athen, benannt nach seinem Versammlungs-
orte, dem unweit der Akropolis gelegenen
Hügel des Ares (Mars), von Oeorops, nach
And. von Selon gestiftet, richtete über Mord,
Raub, Mordbrennerei, Vaterlandsverrath,
Neuerungen im Staats- u.Religlonswesen etc.
mehr nach Gutdünken als nach positiven
Gesetzen, griff in kritischen Zeiten auch
eigenmächtig in die Leitung der Staatsange-
legenheiten ein und ward auch von anderen
griech. Staaten angerufen. Seine Milglieder
(Areopagiten), abgegangene verdiente Ar-
chonten, waren dies lebenslänglich. Sitzun-
gen Nachts unter freiem Himmel, am Ende
jeden Monats, 8 Tage. Noch zur Zeit der
röm. Kaiser bestehend, acheint der A. unter
Vespasian aufgehoben worden zu sein. Vgl.
Forchhammer, ,De Areopago', 1828.
Areqvipa (spr. -kipa), Depart. in Peru,
1270 QM. und 180,000 Ew. Die Hauptat. A.,
8 M. von der Küste, Handel (Wolle, China-
Hnde}. 45,000 Ew. Dabei der Vulkan von A.,
18,90(r. Islajf, der Hafen von A. (Eisenbahn
dahin), im Aug. 1868 durch Erdbeben zerstört.
AreS]^ griech. Name des Mars (s. d.).
Aretavs . griech. Arzt aus Kappadocien,
lebte zu Eude des 1. u. zu Anfang des 2.
Jahrh. n. Ohr. in Rom, sehr, ein Werk
über die Ursachen u. Zeichen der Krank-
heiten u. deren Heilung, herausg. von KUkn
(1828) n. Ermeriua (1847), übers, von Ifan»
(1858). Vgl. Locher, ,A. a. Kappadocien*, 1847.
Arethösa, Quelle auf der Insel Ortygia
bei Syrakus, Kultusstätte der Artemis;
nach der Mythe Tochter des Nereus, ward,
von Alpheus verfolgt, auf ihr Flehen von
Artemis in jene Quelle verwandelt.
Aretin, 1) Adam, Freiherr von A., bayer.
Staatdmann, geb. 24. Aug. 1769 zu Ingol-
stadt, seit 1817 bayer. Bundestagsgesandter,
mit Stein Stifter des Vereins für ältere
deutsche Geschichtskunde, Besitzer einer be-
deutenden Kupferstichsammlung; f 16. Aug.
1822. Vgl. Brulliot, ,Gatalogue des estampes
du cabiuet d'A.S 1827, 3 Bde. >- 2) Otorg,
Freiherr von A., Bruder des Vor., geb. 29.
März 1766 zu Ingolstadt, ward beim Aufstand
in Tirol 1809 als Generalkomnflssär des
Eisackkreises gefangen und nach Ungarn
abgeführt, widmete sich nach seiner Frei-
lassung der Wissenschaft und Kunst ; f 30.
Jan. 1845 zu Münclien ; Verf. verschiedener
Schriften polit. uud kameralwlssenschaftl.
Inhalts. — 3) Oirieioph, Freiherr von A,, Bru-
der des Vor., geb. 2. Dec. 1778 zu Ingol-
stadt, ward 1806 Oberbibliothekar zu Mün-
chen, 1819 Präsident des Appellationsgerichts
Im Regenkreise und Landtagsdeputirter; f
24. Dec. 1824 zu München. Vei'f. zahlreicher
Schriften juristischen u. polit. Inhalts, auch
einiger Dramen. Sein , Staatsrecht der kon-
stitutionellen Monarchie* von Roiteck voll-
endet (neue Aufl. 1838—39, 3 Bde.). — 4) Karl
Maria, Freiherr von A., Sohn des Vor., geb.
4. Juli 1796, Historiker von streng kathol.
Richtung, ward 1834 geh. Hans- und Staats-
archivar, 1847 Legationsrath bei der bayer.
Gesandtschaft in Berlin, 1851 wirkl. geh.
Rath, 1854 mit der Einrichtung des bayer.
Nationalmusenms beauftragt, 1859 Reichs-
rath und Vorstand des geh. Staatsarchivs
und des Nationalmuseums zu München; f als
Abgeordneter zum deutschen Zollparlament
29. April 1868 zu Berlin. Sehr. ,Gesch. des
Kurfürsten Maximilian I.* (1842); ,Alterthü-
mer und Denkmale des bayer. Herrscher-
hauses* (1855 ff.).
Aretino, Pietro, Ital. Dichter, geb. 90.
März 1493 zu Arezzo, f zu Venedig 1557;
talentvoll, witzig, angelassen, obscön.
Werke: 5 Komödien (,Marescalco*, ,Corti-
giana*, ,Ipocrito*, ,Talanta*, ,11 fllosofo*);
,Sonetti lussuriosi*, ,Ragionamenti placevoll*,
, Putana errantc*, Rime, Stanze, Lettere etc.
Biographie von MauueheUi (1741).
Aretologie — Argentinische Konföderation.
121
Aretologie (gr.)» Togendlehre.
Arezzo, ital. Prov. (Toskana), 60 QM. ti.
^19,559 £w. Die Hauptat. A. (das alte Arre-
iium), 11,100 Ew. Ausgez. Kathedrale. Ge-
burtsort Petrarcas. Im Alterthum eine der
12 etrusk. Republiken; ber. Thonarbeiten.
Arfiak, Berg im NW. Neuguineas, 8930'.
Argins (a. G.), Gebirge zwischen Kappa-
docien und Gilicien, Jetzt Erdschisch.
Argali, s. Schaf.
Argana, Aimi, Physiker, geb. 1755 zu
Genf, t "^' Okt. 1803 in England ; Erfinder
der Argandbrenner (s. Lampen),
Argelander, Friedrieh Wilhelm August,
Astronom, geb. 22. März 1799 zu Memel,
1823—37 Direktor der Sternwarte zu Abo
und zu Helsingfors, seit 1837 zu Bonn.
Sehr. : ,üntersuchungen über die Bahn des
grossen Kometen von 1811* (1822); .Obser-
▼ationes astr. Aboae factae' (1830—82, 3 Bde.) ;
,DLX Stellarum fixarum positiones mediae*
(1835); ,Ueber die eigene Bewegung des
Sonnensystems* (1837) ; ,Neue Uranographie'
(1843) ; (Durchmusterung des nördl. Himmels
zwischen 45 und 80o n. Br.* (1846); ,Atlas
des nördl. gestirnten Himmels' (1857 f.).
Sein ,Stei7iTerzeicbni8s' findet sich im 3.
und 4. Bde. der ,A8tron. Beobachtungen
auf der Sternwarte zu Bona' (seit 1846).
Argemt^ne L. (Stachelmohn), Pflanzengat-
tUBg der Papaveraceen, Zierpflanzen aus
Mexiko; so A. albiflora, ochroleuca etc.
Argen, Fluss im södl. Wurtemberg, fällt
in den Bodensee bei Langenai^en, 9 M.
Argens (spr. -schang), Küstenflnss im franz.
Dep. y ar, fällt bei IVejus ins Mittelmeer, 15 M.
Argens («pr. -schang), Jean Baptiete de
Boyer, Mar quin d*, franz. Schriftsteller, geb.
24. Juni 1704 zu Aix, diente erst in der
franz. Armee , ward dann Kammerherr und
Gesellschafter Friedrichs n. von Prenssen,
Direktor der Abtheilung für schöne Wissen-
schaften und Künste bei der berliner Aka-
demie; t 11* Jan. 1771 auf einem Schlosse
seiner Schwester unweit Toulon. Sehr
,Lettresjuives', ,Lettres chinoises' u.,Lettres
cabalistiquesS sowie ,La Philosophie du bon
sens* (zus. unter dem Titel ,Oeuvres du
Marquis d^A.*, 1768, 24 Bde.); ,Histoire de
l'esprit humain* (1765-68, 14 Bde.).
Argens&la, Lupercio Leonardo de, span.
Dichter, geb. 1565 zu Barbastro in Aragonien,
folgte 1611 dem Vicekönig Grafen von Lemos
nach Neapel; f das. 1613. Oden, Episteln
nach liorazischera Muster. Sein Bruder,
Bartolomeo Leonardo, geb. 1566, f 26. Febr.
1631 KU Saragossa, geachteter Historiker,
A,ls Dichter in der didakt. Satire glücklich.
Werke: ,Gonqnista de las Molucas* (16ü9),
,Primera parte de los Anales de Aragon'
<16S0). Beider Brüder ,Rimas* 1634.
Argenson (spr. -schangsong), 1) 3larc
Ren^ d'A., franz. Staatsmann, geb. 4. Nov.
1652, unter Ludwig XIV. Chef der Polieei
in Paris, dann Präsident des Fiuanzconseils
und Siegelbewahrer, dankte als Gegner der
^awschen Finanzoperationen 1720 ab; f 8. Mai
1721 — 2) Ben4 Louis, Marquis, Sohn des
Vor., geb. 18. Okt. 1694, 1741—47 Staats-
sekretär des Auswärtigen, widmete sich
dann wissenschaftl. Beschäftigung; f 10.
Jan. 1757. Sehr. ,Gonsid6rations sar le
gouvememcnt de la France' (1764, 1784) u.
,E3sais' (1786, 1787, 2 Bde.). — 3) Mare
Antoine Beni, Marquit de Pauhny, Sohn des
Vor., geb. 1722, bekannt als Schriftsteller
und Sammler der 150,000 Bände zählenden
Bibliothek des Arsenals, sehr. Novellen,
leitete die Herausgabe der «Biblioth^que
universelle des romans' (1775 ff.); f 1787 als
Gouverneur des Arsenals. — 4) Jlfarc Pierre,
Oraf d'A, Bruder von A. 2), geb. 16. Aug.
1696, übernahm 1742 das Staatssekretariat
dea Kriegs, ward 1757 durch die Intriguen
der Pompadour seines Amts entsetzt; f ^«
Aug 1764 zu Paris. — 5) Marc Bm4 de
Voyer d'A., Enkel des Vor., geb. 10. Sept.
1771, lebte während der Revolution zurück-
gezogen auf seinen Gütern, bekämpfte
dann, seit 1815 Mitglied der Deputirten-
kammer, die Restaurationspolitik, sowie
nach der Julirevolution, der republikan.
Partei sich anschliessend, die orleanistische
Politik; t2. Aug. 1842 au Paris. — 6) GharUe
Marc Benide Voyer, Marquis d^A., Sohn des
Vor., geb. 20. Apr. 1796, Archäolog, sehr.
,Le3 nations europ6ennes' (1859) u. A.
Argent (fr., spr. •schang), Silber.
Argentan (spr. -schangtang) , Stadt Im
franz. Depart. Ome (Normandie) , 5638 Ew.
Ber. Spitzen (sonst Points d'Alen^on gen.).
- ArgentSn, s. v. a. Neusilber.
Argentarins (lat.), Wechsler, Inhaber
einer Wechselbank; auch Sehatzmeister.
Argenteall (spr. -achangtolj) , Stadt Im
franz. Depart. Seine und Oise, an der Seine,
7269 Ew. ^ Bedeut. Weinbau.
Argentevs (lat.), Silbermünze, der röm.
Denar; im Mittelalter s. v. a. Solidus.
ArgentiuB Codex (sifberner Codex) , die
zu Upsala befindl. Handschrift der goth.
Bibelübersetzung des Ulfilas, mit silbernen
Buchstabeo (Initialen von Gold). Vgl. wm ,
der Oabelent» u. L^e, ,Uppströms C. a.', 1860.
Argentiera, Insel, s. Kimolo.
Argenti^re (spr. -schangtiähr) , Dorf Im
Chamounithal ; darüber der Glacier de VA.
in der Montblancgruppe.
Argentinitfche Konföderation (Vereinigte
Staaten von La JPlata), südamer. Staatenbund,
bestehend aus 14 Freistaaten (Provinzen):
Buenos -Ayres, Santa- F6, Entre Rios und
Corrientes am untern Lauf des La Plata;
Cordova, San Luis und Santiago in der Mitte;
Catamarca, Jujuy, Salta, Mendoza, La Rioja,
San Juan und Tucumau im W., zusammen
28,375 QM. mit (1869) 1,736,701 Ew. Haupt-
strom der Parana (Rio de la Plata) mit
Paraguay, Pileomayo, Salado und- Uru-
guay. Im W. die Ostabfälle der Anden
von Chile und Bolivla (Sierren von Cordova
und Salta); der übrige Theil des Landes
niedrige Ebene, theils öde Grasfluren, theils
Salzsümpfe und kahle Salzsteppen enthal*^
tend. Produkte: Reis, Mais, bes. aber
Südfrüchte, Rindvieh und Pferde in Un-
geheuern Heerden; daher Talg, Häute,
Hörner, Pferdehaare, Salzfleisch Hauptaus-
fnhrartikel; ausserdem Esel, Maulthiere,
Schafe (sächs. Merinos, 1823 eingefuhi-t.
122
Argentor&tum — • Arg^alets.
Wollexport ]8fi9: 140 Hill. Pfd.), Lamas,
Heerden verwilderter Hunde. Die Ein-
wohner meist Indianer, ansserdem Kreo-
len, Mestizen, Neger; merkwürdig bes. die
Gauchos, ein span. - indian. MischYoIk.
Enrop. Einwanderung 1868: S9,284 (darun-
ter 10,004 Italiener, 1044 Deutsche), 1869
etwa 40,000. Staatseinnahmen (1867) 18,040,287
Pesos fbertes, Ausgab« 19,526,464 Pesos fner-
tes (span. Dollars, a 1>/| Thlr.). Staatsschuld
(1868): 8,862,297 Pfd. St. Armee: 10,700 M.
Kriegsflotte nicht vorhanden. AusfVihr 1867 :
28,1 Mill, Einfuhr: S3,S7 Mill. Pesos Aiertes.
Schiflfsverkehr 1867: 1316 Schilfe von 887,M1
Ton. ausgel auf en, 11S6 Schiffe von 297,307 Ton.
(darunter 882 Dampfer) eingelaufen. Ende
1868: 90 M. Eisenbahn in Betrieb, 39 M. im
Bau. Hauptst. n. Kongressort: Buenos-Ayres.
Ge$ehiehte. Das Gebiet der a.n K., von
Juan Dias de Solls (1509 u. 1515) und Se-
bastian Gabot (1528) luerst betreten, s^t
1555 von Spanien aus kolonislrt und in die
Provinzen Tucnman, Buenos -Ayres und
Paraguay eingetheilt, bildete seit 1776 einen
Theil des span. Yicekönigreichs Buenos-
Ayres. Die liberalen Bewegungen begannen
1810 u. führten 9. Juli 1816 zur formlichen
Unabhängigkeitserklamng der «Vereinig-
ten Staaten von Rio de la Plata*. Nach
heftigen Kämpfen konstituirten sich Para-
guay und Urug^uay (Banda-Oriental) ieils
besondere Republiken. Unter den übrigen
14 konföderlrten Republiken stand Buenos-
Ayres obenan, dessen (3eneralkapitan als
die oberste Exekutivbehörde der Konföde-
ration galt. Nach weiteren Kämpfen zwi-
schen den Unitariem, welche eine starke
CJentralgewalt eingesetzt, und den Födera-
listen, welche den einzelnen Republiken
möglichste Unabhängigkeit gewahrt wissen
wollten, schwang sich der Gauchoshäuptling
Rosas zum Haupt der Konföderation empor.
Die Schreckensregierung dieses Tyrannen
endete mit der Niederlage, die er 3. Febr.
1852 bei Mopte-Gaseros durch die vereinig-
ten Truppen Brasiliens, Paraguays, Uru-
guays und der argentinischen Opposition
erlitt. In Folge der hierauf eintretenden
Differenzen zwischen dem zum Diktator
ernannten General Urquiza und dem Staate
Buenos -Ayres schied letzterer (1852) aus
der Konföderation aus. Nach mehreren ver-
geblichen Versuchen zur Wiedervereinigung
trat Buenos- Ayres In Folge der Niederlage,'
welche seine Truppen 23. Okt. 1859 bei
Gepada von Urquiza erlitten, durch die am
6. Juni 1860 zu Parana geschlossene Union
dem a^eutinischen Bunde wieder bei. Die
25. Hai 1862 nach Buenos - Ayres berufene
Nationalversammlung nahm eine neue Kon-
stitution an, nach welcher die Stadt Buenos-
Ayres eine ähnliche Stellung haben sollte
wie der Distrikt Golnmbia zur nordamerikan.
Union. Mitr6 wurde 14. Okt. Präsident der
nun wieder vereinigten Konföderation. Strei-
tigkeiten mit dem benachbarten Uruguay
verwickelten die a. K. im Bunde mit Brasi-
lien 1863 in einen Kampf gegen Paraguay,
welcher erst 1870 beendigt ward (s. Jirasi-
lien). Im Herbst 1868 wurde Don Faustiuo
Sarmiento Präsident. Vgl. Andre«, ,Bixenos-
Ayres und die argent. Provinzen', 1856;
Mannequin, ,Le8 provinces argentinea et
Bouenos-AyresS 1856; de Moutey, ,De9crip>
tion gtographique et statistique de la Oon-
fM^ratlonArgentineS 1861, iBde.-yduOraiy^
,La conf4d6ration Arg.*, 2. Aufl. 1865; Beck-
Bernard, ,La R6publique Arg.*, 1865; Domin'
gue*, ,Hi8t. of the Argentine Republic', 1865;
Jhjige, ,La Plata, the Argentine Gonfederatioi»
etc.', 1867; Ford, ,La RApublique Argentine',.
1867 ; Latham, , Stetes of the riverPlate*, 1668;
Sarmiento, ,Life in the Argent. Republic*,
1868; ,Die Argent. Republik*, 1869; Teehudir
,Reisen durch Südamerika', Bd. 5, 1869.
Argentoritemy lat. Name von Strassburg.
Argentun (lat.), Silber.
Arftlit, s. T. a. Thonschiefer.
ArgipbontM (gr.), Beiname des Herme»
als Tödters des vieläugigen Argus.
Argirer, die Einwohner der griech. Land-
schaft Aigos; bei Homer Griechen überh.
Argo, Name des Schiffs der Argonauten
(s. d.); Sternbild am südl. Himmel mit
Ganopus als Stern 1. Grösse.
ArgOy Nilinsel in Nubien (Dongola) mit
2 kolossalen Memnonstatnen aus Granit.
Argöllty die östl. Landschaft des alten
Peloponnes, die kleinen Reiche Argos,
Mycenä, Trözene, Hermione und Epidauru»
umfassend. Seit 233 v. Ghr. zum aohäi-
schen Bunde gehörig; später röm. Prov.,.
dann von den Venetianem» zuletzt von
den Türken erobert. Nach der Befreiung^
Griechenlands eins der 7 Depart. von
Morea (bis 1838). Gegenwärtig die No-
marchie A. undKorinth, 68 QM. mit 112,910
Ew., Hauptstodt: Nauplia.
Argollseher Meerbusea, Golf von NanpUa.
ArgOBAuten (gr.), Schiffer auf der Argo»
die griech. Heroen, welche ein Menschen-
alter vor dem trojan. Kriege unter Jasons
Anfahrung die Seefahrt nach Kolchis am
schwarzen Heere au&führten, um das gol-
dene Vliess des Widders, auf dem Phrixua
und Helle entflohen waren, aus dem Haine
des Ares zu holen, wo es von einem Drachen
bewacht ward. Die Sage vom A,tug belian-
delten dichterisch Apollonius von Rhodus
und VaJerius Flaccus.
Argonavtenorden, 1382 von Karl m. von
Neapel bei der Krönung seiner Gemahlin
Margaretha gestifteter Orden zu Bekäm-
pfting aufrührerischer Bestrebungen etc.
1386 nach Karls Tode wieder aufgehoben.
Argonantensngy s. Argontatten,
Argonite, Landsch. im uordöstl. Frank-
reich, zu beiden Seiten der Aisne, 'zwischen
ülame und Haas; darin der Argonnerwald
(Maasberge), 900—1200'.
ArgoS) griech. Stadt auf Morea, am Pla-
nitza (Inachns), 9160 Ew. Dabei Trümmer
des alten A., der Hauptstadt von Argolis
(Heratempel). * flonia, 5500 Ew.
Argostdli) Hauptst. der Jon. Insel Gepha-
Argot (fr., spr. -go), die Gaunersprache;
argotiren, diese reden; Argotimtn», Aus-
druck oder Eigenheit derselben.
Argoulets (fr., spr. -guleli), sonst s. v. a.
Carabiniers.
Argoat — Ariädne.
123
Aiyout <8pr. -ga), Antoin« Jfanriee Apd-
Unaire, Grc^fd\ ft>anz. AdminiBtratlvbeamter,
geb. 27. Aug. 1782 anf SchlQss YeyBsUieux bei
La-Tonr-du-Pin im Depart. Isdre, seit 1830
nach einander Minister fast aller Branchen,
eifriger Vertreter der orleanlst. Politik, seit
Sept. 1886 Gouverneur der Bank von Frank-
reich, nach dem Staatsstrelch von 1851 Mit-
glied der sogen. Commission consultative,
1852 Senator; f 15. Jan. 1858.
Argnelles (spr. -geljes), Auguslin, span.
liberaler Staatsmann, geb. 1775 ku Ribade-
sella in Asturien, 1812 — U Mitglied der
Cortes , ward nach Ferdinands VII. Rück-
kehr KU lOjähr. Zuchthansstrafe verurtheilt
und SU Ceuta und dann bu Alcudia auf
Mallorca eingekerkert, 1820 befreit und
Minister des Innern, floh nach Aufbebung
der Konstitution 1823 nach England, ward,
nach der Amnestie von 1832 surückgekehrt,
Präsident der Procuradorenkammer, 1841
Vormund der Königin Isabella; t 28. März
1844 cn Madrid.
ArgvlB, Insel an derWestküste von Afrika,
südl. V. Kap Blanco, ehed. portug. Handels-
station, Jetzt franz. [beweisen.
Argvlren (lat.), anzeigen, überfuhren,
Argument (argumentum, lat.), eigentl. Be-
weisgrund, dann s. v. a. Beweis, daüher Argu-
mentation, Beweisführung. Argumentum ad
hominem. Beweis, der sich auf die subjek-
tive Ansicht dessen, der überzeugt werden
soll, gründet; A. ad veritaiem. Beweis, der
sich auf allgemein anerkannte, sogen,
objektive Wahrheiten stützt; A. e con»en$u
gentium, Erfahrungsbeweis, der sich auf
die Uebereinstlmmung aller Völker und
Zeiten beruft; A. a baeulo oder baeulinum,
Beweis, dessen überzeugende Kraft in der
Fanst liegt, Prügelbeweis; A. a tuto. Be-
weis aus dem Nachtheil, der bei der An-
nahme des Gegentheiis erwachsen kann.
Argumentiren, folgern, einen Beweis führen.
Argan (im Oberlauf Eerulun) , einer der
beiden Quellflüsse des Amur, kommt aus
der Mongolei, durchfliesst den Dalalnoor;
Grenzfl. zw. China u. Sibirien, etwa 80 M.
Argurl 9 ehedem Ort in Rnss.- Armenien,
östl. am Ararat, 1840 durch einen vulkan.
Ausbruch desselben total vernichtet.
ArgvSy mit dem Beinamen Panoptes, der
Allsehende, lOOäugig, ward von Jano zum
Wächter der in eine Kuh verwandelten
lo bestellt, von Merkur (Argiphontes) ge-
tödtet. Arguaaugen, sprichwörtl. für arg-
wöhnisch, ängstlich bewachende Augen.
ArgvtIeB(lat.), Spitzfindigkeiten; argutiöe,
spitzfindig, gesucht.
Argyle (spr. Argheil), Graf seh. an der
Westküste von Schottland, 153 QM. und
79,724 Ew., rauhes Bergland; Anbau nur an
der Küste. Hauptstadt: Inverary.
Argyl* o^ei^ Argyll (spr. Argheil), Her-
zogstitel der scliott. Familie Campbell:
1) Arehibald, Earl von A. , geb. 1598,
Haupt der strengen Presbyterianer und
Freund Cromwells, wurde von Karl H.
amnestfrt, aber 27. Mai 1662, weil er
Karls I. Hinrichtung mit befördert haben
sollte, enthauptet. — 2) Arehibald, Lord
Lom, Sohn des Vor., erhielt als ent-
schiedener Royalist von Karl IL die väter-
lichen Güter zurück, kam, weil er sich
weigerte, den Testeid ohne Vorbehalt zu
unterschreiben, in Haft, entfloh, nahm an
der Schilderhebung des Herzogs von Mon-
mouth Tbeil, ward bei Paisley gefangen
und SO. Juni 1685 zu Edinburgh enthauptet.
— 3) John, Enkel des Vor., geb. 10. Okt.
1678, fooht 1706 unter Marlborough in
Flandern, ward 1712 Oberbefehlshaber in
Sehottland, wegen seiner oppositionellen
Haltung gegen den Hof abgesetzt, schlug
1715 die Jakobiten bei Dumblane in Schott-
land, erhielt 1718 mit dem herzogl. Titel
von Greenwich die Peerswürde; f als Mit-
glied des Kabinets 1743. — 4) Georg John.
Dougla» Oampbdl, Bertog von A., geb. 30.
April 1823 zu Ardohcaple-OastleinDnmbar-
tonshire, wurde 1852 üii Ministerium Aber-
deen Grosasiegelbewahrer, 1855 im Mini-
sterium PalmerstonGreneral Postmeister, 18ö&
abermals Grosasiegelbewahrer, 1861 Prä-
sident der Royal Society in Edinburgh.
Argynspiden {gt.)y mit silbernem Schilde
Bewaffiaete, Theil der macedon. Phalanx»
Veteranen, von Antigonus aufgelöst.
Argyrliils (gr.), blaugraue, später bronze-
artige Färbung der Haut, nach längerem
innerlichen Gebranch von salpetersaurem
Silberoxyd.
Argfro-Xagtro, Stadt im türk. Albanien»
6000 Ew. ; bester türk. Schnupftabak (Fuli).
Argyrokntle (gr.), Herrschaft der Geld-
aristokratie.
Argyropülos» 1) Johanne», Verbreiter der
griecb. Literatur im Abendlande, geb. um
1416 zu Konstantinopel, lehrte seit 1434 zu
Padua, Florenz und Rom; t wahrscheinl.
1486. Uebers. mehrere Schriften des Aristo-
teles etc. — 2) FtriHe», neugriech. Rechts-
gelehrter, geb. 17. Sept. 1809 in Konstauti-
nopel, seit 1837 Prof. der Jurisprudenz zu
Athen, wirkte eifrig für Einführung und
Ausbildung der konstitutionellen Staatsfornt
in Griechenland, seit 1843 Kammermitglied,
Mai 1854 bis Sept. 1855 Minister des Aus-
wärtigen. Sehr., Staatsverwaltung Griechen-
lands* (2. Aufl. 1859, 2 Bde.).
Arla (Ital., fir. Air), einstimmiges Ge-
sangstück lyrischen Inhalts, mit festgeglie-
derter Melodie u. Instrumentalbegleitung,
meist in grossem Werken. A, concertata, »
A. di bravura, reich ausgeführte, für den
Konoertvortrag bestimmte A. A, parlante,
durchweg syllabisch bebandelte A., Art
Redtativ, in komischen Opern. - Arielt«,
kleine, weniger ausgeführte A.
Arla cattlva (ital.), schlechte Luft, Name
der schädl. Ausdünstungen derMaremmen,
der pontin. Sümpfe etc. .
Ariidney Tochter des Königs Minos von
Kreta und der Pasiphae, half dem Theseus
mittelst eines Garnknäuels, sich nach der
Tödtung des MInotaums aus dem Labyrinth
wieder herauszufinden, floh mit ihm, ward
auf der Insel Naxos von ihm verlassen,
von Bacchus bei seiner Rückkehr von
seinem Zuge nach Indien zur GNtttin ge-
nommen und unter die Götter versetzt.
124
Ariadne — Ariosto.
Ariadnefaden, Bpirichwörtl. für Anweisung
-zur Lösung verwickelter Probleme oder
Arlidne, s. Planeten. • [Verh<nisse.
ArliB» (a. G.), die Osthälfte des pers.
Beichs, die Landschaften Paropamisns,
Dranglana, Arachosia, Oedrosia, Partliia
und Aria (also das jetzige Afghanistan,
Beludscliistan und den östl. Theil Per-
«iens) umfassend. Die Landsch. Aria (das
Jetzige Sedschestan und Südkhorasan) war
die wichtigste; Hauptst. Artacoana.
Arifiner, die Anhänger des Presbyters
Aritts zu Alexandria, welcher lehrte (seit
818), dass der Sohn als vom Vater gezeugt
«in Geschöpf, nämlich das erste, welt-
echaffende und nicht von Ewigkeit her ge-
'wesen sei. Es entspann sich daraus der
'ariänisehe Streit, welcher länger als ein
halbes Jahrh. den ganzen christl. Orient
-und einen Theil des Occidents bewegt hat.
Die Lehi'e des Arius (Arianlamus) wurde
unter dem Einflüsse des Athanasius auf
^em ersten ökumen. Koncll zu Kicäa (325)
verdammt und die Wesensgleiohheit des
Lohnes (Homousie im Gegensatz zu des
Arius Homousie, Wesensähnlichkeit), sein
Erzeugtsein aus dem Wesen des Vaters
von Ewigkeit her in dem nlcäischen Sym-
bolum als Dogma der röm. Reichskirche
-festgesetzt. Nachdem der Arlanismus in
Folge der schwankenden Haltung Kon-
stantins d. Gr. und seiner Nachfolger den
Parteien gegenüber seit 380 in Konstan-
tinopel auf einige Zeit die Oberhand ge-
wonnen, ward er auf dem zweiten ökumen.
Kon eil zu Konstantinopel (381) von Neuem
Verdammt und verschwand, in mehrere
Fraktionen getheilt (Semiarianer, Euno-
■mianer) mit dem 5. Jahrh. im röm. Reiche.
Dafür fand er neuen Boden unter den
'german. Völkern, welche um diese Zeit
das Ghristenthum annahmen. Vandalen,
Ost- und Westgothen, Burgunder u. Lon-
rgobarden nahmen d^s arian. Ckristenthum
an, vertauschten aber dasselbe im Laufe
•des 5. und 6. Jahrh. gegen den Katholicis-
mus. Am längsten bekannten sicli die
Longobarden (bis 662) zum Arianismus.
AriinOy Stadt in der ital. Prov. Avellino
i(Gampaufa), hoch im Gebirge, 12,588 Ew.
Ar IM 9 Benito, span. Theolog, geb. 1527
2u Frexenal de la Sierra im andalus. Ge-
* birge, leitete im Auftrag Philipps U. zu
Antwerpen den Druck der von Chr. Plantin
herausg. Polyglottenbibel (Autw. 1569—72,
^ Bde.), erhielt eine Komthurei des Kon-
vents San-Jago; f 1598. [Westsudan.
Aribinda, Staat der Mandiuj^oneger in
Arica, Hafenstadt in Peru, sudöstl. von
^requipa, 4000 Ew.; 13. Aug. 1868 durch
JErdbeben zerstört.
Ariel (spr. -itschl), Cesart, ital. Dichter,
geb. 2. Juli 1782 va. Brescia, seit 1824 Prof.
der latein. Sprache das.; f 2. Juli 1836.
Oeschätzt die didakt. Gedichte ,La colti-
vazione degli olivi' (1808), ,La pastorizia'
<1814}. ,Opere' (1818 und. 1858, 6 Bde.).
Ariccia (spr. -itscha), Stadt in der Ck>-
marca von Rom ; von Landschaftsmalern
viel besucht. Im Alterthum Arieia, eine
der ältesten Städte Latiumfl, an der appischen
Strasse; dabei ein her. Tempel und Hain
der Diana (Aridna) mit eigenthüml. Kult.
Arid (lat.), dürr, trocken; Aridität, Dürre,
Trockenheit, auch von Reden in Gebrauch.
Aridvr (lat.), Schwund, Kleinerw erden
eines körperl. Organs in Folge von Er-
Arie, s. Aria. [nährungsmangel.
Arlige (spr. -iähich), rechter Nebenfl. der
Garonne im südl. Frankreich, entspr. in
den Pyrenäen (am Ool de Puy-Moren),
mündet oberhalb Toulouse, goldführend, 22
M. Danach benannt das Depart. A., 88,9
QM. und 250,436 Ew. Hauptst. Foix.
Ariel (hebr.), Löwe Gottes, Name mehrerer
alttestamentl. Personen; auch Altar Gottes
und Jerusalem; in der kabbalist. Dämono-
logie ein Wassergeist; in Shakespeares
,, Sturm' ein Luftgeist.
Arier, im Sanskrit Aryas (d. i. ursprüngl.
wohl Ackerbauer), in den Vedas Name des
Ackerbau und Viehzucht treibenden brah-
manischen Volks, welches aus den Hoch-
ländern im Nordwesten von Vorderindien
in das Pendschab einwanderte und sich
von da aus allmäh lig, über das ganxe
Gangesland ausbreitete, seine Religion
(Brahmanismns), sein Staatswesen (Kasten)
und seine Sprache (Sanskrit) der unter-
worfenen Urbevölkerung aufdringend ; da-
her Ehrenname der 3 oberen Kasten (Brah-
manen, Krieger und Ackerbauer) zum
Unterschiede von der untersten Klasse,
den Sudras, den Nachkommen der unter-
worfenen Ureinwohner; in neuester Zeit
ethnograph. Gesammtname für alle Völker
und Sprachen indogermanischen Stammes.
Arleg (lat.), Widder, Mauerbrecher der
alten Römer: s. KrieganuuchineH,
Arif-Efendi, türk. Staatsmann, ward 1845
Unterstaatssekretär (Musteschar) , 1849 Mi-
nister ohne Portefeuille, Sept. 1850 Botschaf-
ter in Wien, März 1854 Scheich -ül -Islam
(Grossmufti), nahm an den 15. März 1855 in
Wien eröffneten Friedensunterhand lungen
Theil, seit Dec. 1858 KaVmakan (Stellvertre-
ter) des Handelsministers; t Anfang 1866.
Arl hinn Prodi (d. 1. Ari der Weise),
ältester Geschichtschreiber Islands, geb.
1067 im Westviertel der Insel. Sein ,l8-
lendingabok' herausg. in den ,l8lendiuga
sögur« (Bd. 1, 1843).
Arimaspen, nach Herodot einäugiges
Scythenvolk im äussersten Nordosten,
Nachbarn der Hyperboräer, lebten in stetem.
Kampfe mit den goldhütenden Greifen.
Arimathia (a. G.), Stadt in Palästina,
4 M. von Jerusalem; jetzt Ranileh.
AriOHy ber. Säuger und Zitherspieler aus
Methymua auf Lesbos, -628—525 v. Chr., Er-
finder des Dithyrambus, errang zu Tarent
den Preis in dichterischem Wettstreite,
ward, auf der Heimfahrt von Räubern mit
dem Tode bedroht, von einem Delphin
nach dem Vorgebirge Tänarus getragen.
Ariöso (ital., Mus.), sangbar» nach Art
der Arie; kleiner melodiöser Liedsatz.
Ariö8tO, Lodovieo, ital. Dichter, geb. 8.
Sept. 1474 zu Reggio, lebte am Hofe des
Kardinals Hippolyt von Este, später bei
ArioYist — Aristolochia.
125
1 dessen Bruder, dem Herzoe Alfons I. von
, Ferrara; f das. 6. Juni 1583. Der Meister
' des romant. Epos. Hauptwerk: ,Orlaiido
• ftiriosoS in 46 Gesängen (1. Ausg., Ferrara
*' 1516, Tollst&ndig 15S2; deutsch Ton Gries,
, 4. Anfl. 1851 , Streck fuM, 1818 , Kurt, 1855).
Sehr. . auch Komödien, Satiren, Sonette,
latein. Gedichte etc.
I AriOTist. Heerführer der Sueven, machte,
Ton den Sequanem gegen die Aeduer zu
Hülfe gerufen, einen Heereszug über den
Bheln und suchte sich darauf in Gallien
festzusetzen, ward aber von Jul. Cäsar bei
Vesontium (Besan^on) geschlagen und floh
Aber den Rhein zurück.
Arisch, pars. Längenmass, = 87 Zoll rhein.
Arisch, Stadt, s. El Jriteh.
Arista. Don Mariano, mexikan. General,
geb. 16. Juli 1802 im mexikan. Staat San-
Luis>Potosi, zeichnete sich im Kriege
gegen die Verein. Staaten aus, war 1848
Kriegsminister, vom 15. Jan. 1851 bis 15. Juni
1853 Präsident; f 9- Aug. 1855 in Spanien.
AristSnetns, aus Nicäa, kam in Niko-
medien bei einem Erdbeben um; angebl.
Yerf. von 50 griech. erot. Briefen in 2 Bü-
ehern (herausg. von Boissonckde 1822).
Aristias, Sohn des Apollo und der Cyrene,
Schüler des Chiron in der Heil- und Wahr-
sagerkunst, des Cadmus Schwiegersohn,
ward in Thracien in den Geheimkult des
Dionjsus eingeweiht; Erfinder u. Pfleger der
Bienenzucht, Beschützer der Jägern. Hirten.
Aristirchns, 1) A. aus Samos, griech.
Astronom, zwischen 281 und 264 v. Chr.
Erhalten ist seine Sehr. ,yon der Grösse
nnd den Entfernungen der Sonne und des
Mondes* .('»erausg. von Waüi» Oxf. 1688). —
2) A. aus Samothrace, griech. Grammatiker
n. Kritiker zu Alexandria, um 150 v. Chr. ; f
72 Jahre alt freiwillig den Hungertod auf
Cypem. Hersteller des Textes des Homer
I in seiper gegenwärtigen Gestalt. Vgl. Lekrs,
,De Aristarchi studiis Homericis*, 1833. Seine
■ krit. Bemerkungen finden sich zerstreut in
! den Scheuen zu Homer. Nach ihm nennt
man strenge Kritiker Aristarche.
AristeftB, Grieche, im 8. Jahrh. n. Chr.
zu Alexandria lebend, erhielt von dem
ägypt. König Ptolemäus Philadelphus den
Auftrag, die 70 Gelehrten aus Jerusalem
zu holen, denen die griech. (alexandrin )
TJebersetzung des A. T. zugeschrieben wird.
Die hiervon Kunde gebende Schrift rührt
Ton. einem alexandrin. Juden her.
Arlstides, 1) der Gerechte, athen. Staats-
mann und Feldherr, Sohn des Lysimachus,
einer der 10 Anführer (Strategen) der
Athener beim Zusammentreffen derselben
mit den Persem bei Marathon, ward später
auf des Themistocies Betrieb durch den
Ostracismus ans Athen verbannt, trug
dann als Anführer der Athener in der
Schlacht bei Platäa gegen die Perser unter
Mardonius wesentl. zum Sieg bei; f ^67
T. Chr. Sein Leben beschrieben Oomeliu»
" Nfpoa und Rutarch, — 2) Aus Theben, ber.
fi^ech. Maler, Schüler des Enxeuldas,
Zeitgenosse des Apelles, der Erste, der
auch Leidenschaften auszudrücken suchte.
" 3) Griech. Schriftsteller, aus Mllet, im
2. Jahrh. v. Chr., Verf. der lasciven novel«
lenartigen sogen. ,MlIesischen Geschichten*;
nichts davon erhalten. — 4) Aeliu«, griech.
Rhetor des 2. JCahrh. n. Chr., geb. 117 (129)
zu Hadrianopolis InMysien, f um 189; Verf.
von 55 noch vorband. Reden u. Deklamatio-
nen u. einer theoret. Schrift über Bered-
samkeit (herausg. von Dindorf 1829, 8 Bde.).
Aristippiig, aus Cyrene, Stifter der cyre*
naischen Philosophenschule, um 380 v. Chr.,.
hörte in Athen den Socrates, setzte das'
höchste Gut in das sinnliche und gei-
stige Vergnügen, dem auch Tugend und
Weisheit dienen müsse. Diese Genussleihre-
(Hedonismus) bildete sein Enkel, de'r
jünger t A., genannt Metrodidaktos,* zum
System aus. Nach dem Geburtsorte de»
A. nannte man seine Anhänger auch Oyre-
naiker. Vgl. Wendt, ,De philosopliia eyre-
naica*, 1842. Wielands Roman ,A. und einige-
seiner Zeitgenossen' schildert das Leben und
Treiben jener Philosophen.
Aristobülas, 1) Sohn des Alexander
Jannäus, Königs von Judäa, bemächtigte
sich 69 V. Chr. des elgentl. seinem Bi'uder-
Hyrcanus zustehenden Thrones, wurde
von Pompejus 63 gefangen genommen und
in Rom im Triumph aufgeführt, entkant
wieder nach Judäa (56) und sammelte hier
ein Heer, unterlag aber wieder den Römern
und ward gefangen nach Rom gesandt.
Von Cäsar 49 an der Spitze zweier Le-
gionen nach Judäa gegen die Pompejaner
gesandt, f er unterwegs an Gift. — 2) Ale-
xandrin. Jude, peripatetischer Philosoph,,
um 175 V. Chr., gilt als Verf. eines allegor.
Kommentars über die Bücher Mosis, be-
titelt ,£xegetlca*, worin alle Weisheit der
griech. und röm. Schriftsteller als von Moses
entlehnt dargestellt wird, Produkt eine»
späteren Schriftstellers. Vgl. Vcdckenaer, ,De
Aristobulo Judaeo*, herausg. von Luzac 1806..
Aristodemns, 1) Sohn des Herakliden
Aristomachus, beim Einfall in den Palo-
ponnes vom Blitz oder von Apollo getödtet,.
nach spartan. Sage Herrscher von Sparta,
Vater des Eurysthenes und Procles, der
Stammväter der beiden Königsfamilien
Spartas. — 2) König der Messenier seit 729,
opferte einem Orakolspmch zufolge seine
Totiliter zur Rettung seines Vaterlandes,,
besiegte 724 die Spsirtaner, tödtete sich, an
der Sache Messeniens verzweifelnd, auf dem
Grabe seiner Tochter selbst.
AriRtogiton, s. Harmodius und Ariatogiton,.
Aristokratie (gr.), dem Woi-tsinne nach
Herrschaft der Besten, im Gegensatze zur
Demokratie Bevorzugung, welche eine ge-.
wisse Klasse von Staatsbürgern in Bezug;
auf Herrschaft und Rang vor den anderen
Volksklassen beansprucht oder inne hat.
Man unterscheidet Geburts- oder Adels-,
Standes-, Beamten- und Geldaristokratie
(Timo- oder Plutokratie). Ausartung der
A. ist die Oligarchie. Aristokrat, Mitglied
der A. oder Anhänger derselben. Aristo-
kratismus, thatsächliche Geltendmachung-
aristokrat. Gmudsätze.
Aristolochia L. (Osterluzei), Pflanzengat-
126
Aristomenes — Arizona.
-hing der Aristolochleen. A. dematitis X.,
Waldrebenhohltour», in Süd- XL. Mlttolenropa,
mit früher officineller Wnrzel. A. serpen-
taria L., in Nordamerika, liefert die offici-
nelle Schlangenwurzel, Radix Serpentariae.
A. Sipho W., Pfeifenstrauch, aus Nord-
amerika, beliebte Laubenpflanze mit schönen
grossen Blättern.
Aristomenes, messeniscfier Held ans
köulgl. Geschlechte, tapferer Anführer der
Hessenier im zweiten Kriege derselben gegen
Sparta 684—668 y. Chr., unterlag in Folge
von Vorrath, gab seinen übrig gebliebenen
Laudslenten den Rath , nach Sicillen (Mes-
saua) auszuwandern; fbei seinem Schwleger-
soline Damaget zu Jalysus auf Rhodus.
Aiiston (gr., das Beste), das Frühstück der
alten Griechen, aus Brod n. Wein bestehend.
Aristophanes. 1) ber. grioch. Komödien-
dichter, trat 427 y. Chr. (im 4. Jahr des
peloponn. Kriegs) zuerst als Dichter auf,
lobte noch 386. Der Meister der sogen,
alten, d. h. achten attischen Komödie,
durch und durch polit. Dichter yon konser-
ratiyer Gesinnung, unerschöpflich an Witz
11. zügelloser Laune, sein Stil aller Töne
fähig, seine Sprache Huster des attischen
Dialekts. Von seinen 54 Stücken nur 11
erhalten: ,AcharnerS ,Ritter', Wolken*,
^Wespen', »Friede', »Vögel*, »Lysistra*,
,Thesmophoriazusen* (die Weiber am Thes-
rnophorieufest) , ,Frösche*, ,Ekkleslazu8en*
( Weiber volksyersammlung) und ,Plutos*.
(xesammtausgaben: yon £mnck (1781—88,
3 Bde.) , Mekker (1829, 5 Bde.), 2>tndor/ (1838
11. 1869), £ergk (1860, S Bde.), Meineke (1860,
^ Bde.), in Auswahl yon Kock (1852 f.). Ueber-
i3etzuugen yon Voss 1821, Dropsen (2. Aufl.
1868^69), ff. Mülltr (1843 — 46, 3 Bde.),
Seeger (1842-48, 3 Bde.), Minckwitz (1854 f.)
und Donner (1861—62, 3 Bde.), — 2) il. von
Bytan», alexandr. Grammatiker u. Kritiker,
um 264 y. Chr., mit Aristarch Verf. des
Kanons der grlech. Schriftsteller u. angobl.
Erfinder der Accente und Interpunktions-
zeichen. Fragm. herausg. yon Nauck 1848.
Aristoteles, ber. griech. Philosoph, geb.
384 y. Chr. zu Stagira (daher der Stagirit
genannt) in Macedonien, Sohn des Nico-
machus, des Leibarztes und Vertrauten
des Königs Amyntas yon Macedonien, 20
Jahre hindurch Schüler Piatos, seit 343
Lehrer Alexanders d. Gr., gründete 331 in
den Spaziergängen des Lyceums eine Phi-
losoph. Schule, die peripatetische , so ge-
nannt entweder nach dem Orte oder nach
der Gewohnheit des A., seine Vorträge
theilweiseim Umherwandeln (gr. peripatein)
zu halten, yerliess Athen, des Atheismus
beschuldigt; f zu Chalds auf Euböa 822.
A. ist, im Gegensatz zu dem Idealisten Plato,
der Begründer des Realismus in der Philo-
sophie. Sein System beruht auf den beiden
Sätzen, dass der Geist seine Ideen aus der
Erfahrung annehme, und dass die durch die
Erfahrung erkannten Eigenschaften Wahi*-
heit haben. Er ist Schöpfer der pliilosoph.
Terminologie und der meisten noch gang-
baren Definitionen, Begründer der Logik,
Psychologie, Rhetorik und Poetik, Vater der
Naturgeschichte n. Metaphysik. Seine Phy-
sik ist ein schwacher Versuch; seine Ethik
und Politik (8 Bücher) erheben sich nicht
zu den höchsten Principten. A. Philosophie,
im Alterthum lange gering geachtet, grewann
durch die Araber neues Ansehen n. genoss,
you diesen in Europa eingeführt, bes. im
Mittelalter einer grossen Verehrung. Seine
Schriften (1000, n. And. 400, yiele yerloren)
herausg. yron Aldus ilfaiiut<u«(Vened. 1495—98,
5 Bde.), Casaubonus (Leyd. 1590) u. A., neuerl.
yon Bekker (4 Bde., mit lat. Uebers. und Aus-
zügen aus den Kommentatoren) und Didoi
(1847—57, 4 Bde.). Daneben zahlr. Ausgaben
der einzelnen Schriften, unter dem Namen
«Organen* begreift man seine Werke logi-
schen Inhalts (14 Bücher). Eine Sammlung
der Fragmente gab Rose im ,A. pseudepl-
graphus*, 1863. Vgl.ßtaÄr,,Aristotelia*, 18S0;
Biene, ,Die Philosophie des A.*, 1835, 2 Bde.;
Michelet, ,£xamen crit. de Touvrage d'Ari-
stote', 1836; Jourdan, ,Gesch. der Aristotel.
Schriften im Mittelalter*, deutsch von Stahr
1831; Lewes, ,Aristotle*, 1864, deutsch Ton
Carus 1865.
Aristoxenns y aus Tarent, griech. Philo-
soph und bor. musikal. Schriftsteller, Schü-
ler des Aristoteles, lebte um 350 y. Ohr.' zu
Athen; Fragmente über Musik in Meiboms
Sammlung , Auetores Septem* (Amsterd. 1652),
neuerl. yon WeUphai krit. beleuchtet.
Arithmetik (gr.), Zahlenlehre, der Theil
der Mathematik , der sich mit den un-
stetigen oder diskreten Grössen, Zahlen u.
deren Formen und Verhältnissen beschäf-
tigt, im engeren Sinne die Lehre von der
Rechnung mit bestimmten, durch Ziffern
ausgedrückten Zahlen, zerfällt in die ge-
meine A. (die sogen. 4Species, Proportionen
und Progressionen, Quadrat- und Kubik-
wurzeln, Logarithmen) und in die Mher«
A. (Zahlentheorie), die Untersuchung der
Eigenschaften der Zahlen, die Zerfällung
der ganzen Zahlen in Faktoren, Primzahlen,
Kettenbrüche etc. Ferner unterscheidet man
theoret. und prakt. (Rechenkunst), nume-
rische (Logistik) und reine A. (Buchstaben-
rechnung). Die harmonische A. lehrt die
Berechnung der Schwingungsyerhältnisse in
der Akustik. Die polit. A. ist die Anwen-
dung der A. auf Berechnung der Lotterien,
Renten-, Versorgungs- und Versicherungs-
anstalten , Sterblichkeitsyerhältnisse , der
mittleren Lebensdauer etc. Instrumentale
A. ist die Rechnung mittelst gewisser
Werkzeuge, namentl. der Rechenmaschinen.
ArithmStisehe Beihe, s. Progression,
Arithmologie (gr.), Zahlenlehre, insbes.
Lehre yon den merkwürdigen, mitunter zu
abergläubischen Zwecken benutzten Eigen-
schaften der Zahlen.
Arithmomantie (Arithmantie, gr.), Wahr-
sagung aus Zahlenyerhältnissen.
AriuSy yon Cyrene, nach Andern aus
Alexandria, erst Diakon, dann Presbyter
das., Haupt der Arianer (s. d.) ; f 336 n. Chr.
Arizona» Territorium der Verein. Staaten
yon Nordamerika, 1863 ans dem westl.
Theile von Neumexiko gebildet, bis zum •
Rio Colorado reichend, 5858 QM. mit
Arkaden — Armagnac.
127
(1869) 86,000 Ew., ein erz-, wald- und
weidereiches Gtebiet. Hanptst. Prescott.
Arkaden (Ital.), Bogenhallen, Reihe Ton
Bogen, anf Säulen ruhend und überwölbt;
sonst auch vor dem Erdgeschoss der Häuser
häufig a^ebracht (vgl. Lauben).
Arkadien 9 der mittlere Theil des alten
Peloponues (Pelaagien), ein wald-, quellen-
und triftenreiohes , von Hirten und Jägern
bewohntes Grebirgsland ; von den Dichtem
als das Land der eiiiiacheu patriarchal.
Sitte gepriesen. Die jetzige Nomarchie A.
d5,4 QM., 118,719 Ew., Hauptst. Tripolizza.
Arkansas (spr. -känaäs), Fluss in Nord-
amerika, entspr. im Felsengebirge, nördl.
der Sierra Mojada, durchbricht, durch den
Ganadian verstärkt, das Ozarkgebirge und
mündet oberhalb Bolivar in den Mississippi.
Arkansas (spr. -känsäs), nordamerik. Staat,
westl. am Mississippi, 2455 QM. mit 435,450
!Ew.; eben, bewässert vom Arkansas und
Whiteriver; reich an Naturprodukten aller
Art; 54 Counties, 2 Repräsentanten; seit
1836 souverän. Hauptstadt Llttle Rock.
ArkebSse (fr.), Hakenbüchse, 2Va' langes
Feuerrohr mit deutschem Radschloss, wel-
ches im 16. Jahrh. die reitenden Schützen
(Ärktbusiere) fährten.
Arkebnside^ Schusswas8er,Name mehrerer
alten Wundwässer, z. B. thedensche A.
Arkelel (Arckdley), Name des älteren Be-
lagerungsgeschützes.
ArkQna, nördlichste Spitze der Insel
Rüg-en, Halbinsel Wittow, 170' hoch; hier
dar Burgiiug, ein 70— 80* hoher Wall, wo
der Tempel des Wendengottes Swantewft
stand (1168 durch König Waldemar von
Dänemark zerstört). Leuchtthurm.
Arkot (Arkadu), Stadt in der brit.-0Btind.
Präsidentsch. Madras, am Palao, 58,500 Ew. ;
früher Resid. der Nabobs.
Arktisch (gr.), was in der Nähe des
Sternbildes des Bären (Arktos) liegt, daher
8. V. a. nördlich. Gegensatz antarktisch.
A.e Länder s. Nordpolarländer.
Arkwrlght (spr. Arkreit), Bichard, engl.
Mechaniker, geb. 23. Dec. 1732 zu Preston
in Lancashire, früher Barbier, verband sich
1767 mit einem Uhrmacher Kay zur Her-
stellung einer Bau^n wollspinnmaschine , bei
welcher das Spinnen durch Walzen bewirkt
wird. Die Maschine (Water machine, Was-
flermaschine, weil sie die erste mit Wasser
betriebene war) ward 1769 patentirt. A. f 3.
Aug. 1792 zu Crumbford in Derbyshire.
Arlberg, Gebirgsstock der algäuer Alpen,
am oberu Lech, 6200^; danach benannt die
Landsch. Vorarlberg. Darüber Pass (5370')
aus dem Stanzer- (Inn) ins Klosterthal (Hl).
Arleclüno (ital. , spr. -kino), die komische
Maske der ital. Bühne; davon das deutsche
Harlekin (fr. arlequin), Hanswurst.
Arier ^ Heinrich (bei den Italienern Mhirico
di Gamodia), Baumeister, geb. aus Gmünd
in Schwaben, soll den Plan zum mailänder
Dom entworfen haben (?); Erbauer derHel-
Ugkreuzkirohe zu Gmünd (1351). Seine Söhne
Johann, Wenzel und Peter ebenf. berühmte
Baumeister; letzterer erbaute u. a. die
Moldaubrücke zu Prag.
Arles (spr. ArP, das alte ^reZo/itm, AreUde),
Hafenstadt im franz. Depart. Rhonemün-
dungen, an der Rhone, 26,367 Ew. Rom.
Alterthümer. Seit 879 Hauptst. des ardcUi-
sehen Beichs. Wichtige Kirchensynoden.
Arlesbeere^ s. v. a. Elsebeere.
Arllnconrt (spr. -längkuhr), Charles
Victor t Vicomte d\ franz. Schriftsteller,
geb. 10. Sept. 1789 zu Merantres bei Ver-
sailles , unter Napoleon Militärintendant in
Aragonien, nach 1830 eifriger Legitimist;
1 22. Jan. 1856 zu Paris. Zahlreiche Schriften
autirevolutionärer Tendenz, daiomter die
oft aufgelegten Romaue ,Le R6n^t' (1822),
»Ipstboö* (1823), ,Le Solitaire' (1825), die
legitim. Flugschrift ,Dieu le veutl* (1848,
mehr als 60 Aufl.) u. ,L'Italie rouge' (1850).
Arlon (spr. -long), Hauptst. der belg.
Prov. Luxemburg, 5779 Ew. Hier 19. April
1793 Sieg Jourdans über die Oesterrelcher.
Arlt, Ferdinand, Augenarzt, geb. 18.
April 1812 zu Obergraupen bei Toplitz,
lehrte in Prag, seit 1856 in Wien. Sehr.
«Krankheiten des Auges* (1851 — 56, 3 Bde.,
4. Aufl. 1867), ,Pflege der Augen im gesunden
und kranken Zustande* (3. Aufl. 1865), gibt
mit Donders und Gräfe das ,Archlv für Oph-
thalmologie* (seit 1854) heraus.
Arm (hrachiwn), obere Extremität des
Menschen und der Afi'en, besteht aus
Schulter, Oberarm, Vorderarm und Hand.
Die Schulter enthält das Schlüsselbein
und Schnlterbein , der Oberarm einen, der
Unterarm zwei Knochen, den Elnbogen-
knochen und die Speiche. Die Beugemus-
keln des A.s liegen an der inuem, die
Streckmuskeln an der äusseren Seite. Der
an der Innenseite des Oberarms gelegene
Musculus biceps, der bei starker Beugung
des Elnbogengelenks anschwillt, dient als
Mass für die Entwickelung des Muskel-
systems des ganzen Körpers. In der Ach-
selhöhle tritt eine grosse Arterie in den
Oberarm und theilt sich im Elnbogengelenk
in zwei Aeste, von denen der eine bei der
Hand so nahe an die Haut tritt, dass er
zur Untersuchung des Pulses dient. Die
Venen des A.s verlaufen theils neben den
Pulsadern, theils dicht unter der Haut und
werden deshalb zum Aderlass benutzt.
Von den Nerven des A.s liegt der Eln-
bogennerv sehr oberflächlich, daher ein
Stoss gegen das Gelenk heftig schmerzt.
Arma (lat.), Geräthe, bes. Waffen.'
ArmSda (span.), jede bewaffnete Macht,
bes. Kriegsflotte, insbes. die grosse, von
Philipp II. gegen England 1588 ausgerüstete
Seemacht, welche durch Stürme und die
Engländer vernichtet ward.
Armadlll. s. Gürtdthiere.
Armagh (spr. -mäh), Grafsch. der Irland.
Prov. Ulster, 24 QM. und 190,086 Ew., frucht-
l^ar. Die Bauptst. A., 8655 Ew. Kirchl.
Hauptst. von Irland; Markt für Leinwand.
Armagnac (spr. -manjack, Ager Aremoni-
cus), Landsch. der Gascogne in Südi^ank-
reich (Depart. Gers) ; auch altes, von Chlod-
wig abstammendes Geschlecht, das in der
Geschichte Frankreichs wiederholt eine be-
deutende Rolle gespielt hat, erlosch 1497.
128
Armagnac — Armenien.
Äxwugma^f eoguB/eihnl. Spiritus »ns den
Weinen der fimns. Depert. Qen u. Landes, 52
Ms 5fi»/o tterfc. Jährt. Produkt. 12 MiU. Liter.
AlwugaaktM (ron der franz. Landschaft
Armagnac), der Kern der Kriegsbanden,
welche cor Zeit Karts VII. in Frankreich
rerwästond bansten n. ron diesem auf Ver-
langen des Kaisers Friedrich III. und der
Grossen in Sehwaben nnd im Elsass in 2
Heeren, eus. SO,000 Mann stark, nach dem
Elsass nnd gegen die Schweiz gesandt
wurden. Letztere rettete der Si^ der
Schweizer bei St. Jakob an der Birs 26. Aug.
1444, dem der Friede ron Ensisheim (28. Okt.)
folgte. Dies der sogen. Armegeekenkrieg.
Yfß. BoMmert «Histor. Taschenbuch*, 1M2.
ArmalitsUM (Armale», lat.), in Ungarn
früher Adelige, welche ohne Grundbesitz
waren nnd rom Waffendienste lebten.
.^nMlBd-Dunutraq, Charle»Ed<mard,tnM%.
Schlachtenmaler, geb. zu Paris, Schüler von
Chmture.Gambronne bei Waterloo, Kürassier-
•ngriff bei Waterloo, Schlacht bei Solferino.
Xrmaimsperg, Jos. Ludwig, Graf von,
bayer. Staatemann, geb. 28. Febr. 1787 zu
KötzÜng in Niederbayem, ward unter
König Ludwig I. Staatsrath, Reichsrath,
Minister des Inneren und der Finanzen,
dann der Finanzen und des Auswärtigen,
hatte wesentlichen Antheil an der Reform
des höheren Verwaltungswesens , trat 1832
an die Spitze der Regentschaft ron Grie-
chenland , ward Juni 1835 Staatskanzler
das., zog sich in dieser Stellung zahlreiche
Gegner zu, die seinen Sturz (14. Febr.
1837) bewirkten; t 3. April 1853.
▲rmsrinm (lat.), Rüstkammer; Bücher-
schrank; iirmaWtw, Waffenschmied; Biblio-
thekar; in Klöstern der Vorsänger und Auf-
bewahrer der Messbücher.
Amuiteur (fr., spr. -töhr}, Ausrüster eines
Schiffs, Rheder; Kapitän eines Kaperschiffs.
Armstölen. die kriegerischen Bewohnor
der unter Kapitenis stehenden Bezirke
(Armatolien) der nördl. Grebirgsgegenden
Griechenlands, die bald als Räuber (Kleph-
then) die angrenzenden Landschaften heim-
suchten, bald gegen Sold die Sorge für die
Sicherheit derselben übernahmen; bethei-
ligten sich, etwa 12,000 Mann stark, am
griech. Freiheitskampfe, u. zählen in ihrer
Mitte die_ gefeiertsten Helden.
. Ämistnr (lat.) , die yoUständige Aus-
rüstung eines Soldaten, auch eines Schiffs;
Im Bau- und Ingenieurwesen die rerschie-
denen Mittel , wodurch einem Bauobjekte
Tragfähigkeit oder Haltbarkeit gegeben wird.
Armbrast (vom lat. arbalista oder arcu-
balista), ehemals ein aus Bogen und Schaft
mit Drücker bestehendes Grewehr zum Ab-
schiessen von Pfeilen und Bolzen. Die
grösston (Eiben) wurden mit einer Winde,
dio kleineren (Schnäpper) mit einem Heb^I
g'ippe) gespannt. Im westl. Europa seit den
euzzügen bis ins 16. Jahrh. im Gebrauch.
Armee (fr.), im Allgemeinen Kriegs-
heer, die gesammte Truppenmacht eines
grösseren Staats; dann eine grössere Tnip-
penmasse, welche unter Einem Oberbefehls-
haber auf einem bestimmten Kriegsschau-
platze Operiren soll, häufig nach letzterem
(s. B. Rheinarmee) oder nach der Himmels-
gegend desselben (s. B. Nordarmee) oder
nach dem Zwecke, dem sie dient (z. B.
Obserrations-, Okkupationsarmee), benannt,
zeriallt in Armeeeorpg, weiter InDiTisionen
nnd Brigaden.
ArM€f eekeakrf€f 9 s. Ärwtmgnakeu,
ArMeBeat (fr., spr. Ann*mang), Aus-
rüstung, Bemannung und Bewaflüinng eines
Schiffs, einer Flotte.
AraeBblbely s. BMia pamperum.
AnBemles, ehemaL Reich in Vorder-
asien, zwischen dem schwarzen und kasp.
Meere, ein Hochland mit Plateaus tob
5—7000' Höhe, tief eingeaclmittenen Thälem
und Gipfeln (Ararat) bis 16,000*; Quell-
bezirk des linphrat, Tigris und Araü;
Klima excessir, mit strengen Wintern nnd
heissen Sommern; Vegetation in den Thä-
lem nnd au den Berghängen üppig, auf
den Hochebenen spärlich. Areal etwa
5000 QM. Die Einwohner, theils AriHenier
(Nachkommen der frühem Inhaber des
Landes), theils Türken, Perser, Turkmanen,
Kurden, Russen. Von den eigentl. Arme-
niern, die einer besondem christl. Gemein-
schaft angehören und unter einem eigenen
geistl. Oberhaupte (Patriarch zu Etsch-
miadzin) stehen, ist ein grosser Theil seit
Untergang des Reichs im Ausland zerstreut,
meist als Kaufleute (s. unten i. Sprache,
Literatur und Volkscfaarakter hat sich er-
halten. Das Land ist gegenwärtig vertheilt
an Rnssland (Russisch- A. oder Gnuv. Eri-
wan), Persien (Per^isch-A. oder Prov. Aser-
beidschan) n. die Türkei (Türkisch- A. oder
die Ejalets Erzerum und Wan).
Geschichte. Die Armenier selbst nennen
sich Haikh nach Eüiik, dem 4. Nachkommen
Japhets und dem angebl. Gründer ihres
Reichs (f 4020 v. Chr.). Einer seiner Nach-
kommen war Aram, der Zeitgenosse des
Ninus, von welchem die einheimischen Gö-
sch ichtsch reiber den Namen A. herleiten,
während ihn die Griechen auf den Thessa-
lier Armenios , einen der Argonauten , zu-
rückführen. A. ward frühzeitig von Assy-
rien, dann ron Babylonion und Medien
abhängig. Um die Mitte des 6. Jahrh.
Y. Chr. warf zwar Tigranes T., aus dem
Geschlechte Haiks, das fremde Joch ab,
doch kam das Land bald wieder unter
pers. und dann unter macedon. Oberhei'r-
sühaft. Die Seleuciden, zu deren Reich es
nach manchen Wechselfälleu geschlagen
ward, Hessen es durch Statthalter regieren,
von denen sich zwischen 223 und 190 v. Chr.
zwei, Artaxias und Zariadres, unabhängig
machten, um zwei Reiche, Gross- u. Klein-
armenien, zu gründen.
Tu Grossarmenien wurde des Artaxias
Dynastie um die. Mitte des 2. Jahrh.
V. Chr. durch einen Zweig der parthi-
schen Arsaciden verdrängt. Dieser Dy-
nastie gehörte Tigranes d. Gr. an, wel-
clier Syrien, Kappadocien, Kleinarmenien,
sowie Mesopotamien und andere benach-
barte Gebiete eroberte, aber, durch seinen
Schwiegervater, Mithridstes von Pontos,
^
Armenisclie Kirche — Atmeniscbe Si»raclie und Literatur. 129
mit den Röm«m iik Kobflikt gerathen, Ton
diesen 63 y. Ohr. fast 'aller dieser Er-
oberungen wieder beraubt ward. Die
Nachfolger des Tlgranes waren thells Ton
den Körnern, thells von den Partbem ab-
hangig. Nachdem Grossarmenien unter
dem Kaiser Trajan einige Zelt röm. Prov.
gewesen, ward es 868 n. Ohr. Ton den
Sassanlden erobert und 28 Jahre behauptet.
Unter Tlrldates IIL, der 286 mit Hülfe der
Bdmer wieder cum Besita seines Brblandes
gelangte, fing das Ohrlstenthum an sich In
A. au verbreiten, das bald Landesreligion
ward. Aber schon 428 machte der pers.
König Bahram V. A. su einer Prov. des Sas-
sanldenrelohs. In den K&mpfen swlschen
den Khalifen und den byzant. Kaisem ward
das Land aufs fürchterlichste Terheert, bis
Aschod L, aus der alten armen. Familie der
Bagratlden, 859 mit Bewilligung des Kha-
lifen den Thron bestieg und so Gründer der
dritten armen. Dynastie, der JSagraiiden,
ward. Unter seinen Nachfolgern gedieh
Grossarmenien eu neuer, aber kuraer Blü-
the. In Folge Innerer Zwlstlgkelten ohn-
roiohtig, vermochte es nicht dem gleich-
aMltigen Andränge der Seldschuken und der
Byiantiner sra widerstehen, so dass die
Griechen 1080 eines Thells des Landes, die
Türken und Kurden aber des anderen sich
bemächtigten. Nur eluselne armen. Fürsfeen
behaupteten ihre Unabhängigkeit bis aum
Einfall der Mongolen, welche 124S gani A.
eroberten. 1472 ward Grossaxmenlen pers.
Prov., deren westl. Thell 1522 vom türk.
Sultan Sellm IL erobert ward, während der
Östl. unter der Herrschaft der Perser blieb.
In SMnarmenien hatte die Dynastie des
JSariadre» den Thron Inne bis sur Eroberung
des Landes durch Tlgranes d. Gr. (70 v* Ohr.).
Dieser verlor es bald wieder an die Bömer,
die es erst verschiedenen aslat. Dynasten
verliehen , später aber Eur Prov. machten.
Als solche fiel es bei der Thellung des röm.
Reichs dem orlental. Kalserthum su, dessen
Schicksale es theilte, bis sich um 1080
Rhupen, ein Verwandter des letiten Ba-
gratldenkönigs , nun unabhängigen Herr-
scher emporschwang. Seine Nachfolger
«pleiten In den ELreuzaügen eine wichtige
Rolle und dehnten ihre Herrschaft über
Oiliden und Kappadoden aus. Das Reich
blühte, bis es 1375, dnrch innere Unruhen
zerrüttet, dem Angriff des ägypt. Sultans
Schaban erlag. Der letzte König, Leo VI.,
aus dem Hause Luslgnan, mütterlicherseits
ein Rhupenide, starb 1S93 in Paris. 1408 kam
das Land unter die Botmässlgkelt der
Turkmanen, 1508 unter die der Perser und
bald darauf unter die der Osmanen.
Die Armenier sind gegenwärtig über Vor-
der- und Mittelasien bis nach Ohlna, sowie
.über die Küstenländer des Mittelmeers
sserstreut. Etwa 5000 leben In Afrika, ebenso
viele in Ostindien , etwa 100,000 in Persien
tind den angrenzenden Gebieten, 500,000 in
Russland, wo sie namentl. seit Peter d. Gr.
Schuts fanden, 8000 in Siebenbürgen und
ebenso viele in Ungarn und Galizlen, im
übrigen Europa etwa 1000. Berühmt ist
Meiftrs Sand 'Lexikon,
die Kongregation armen. Mechltaristen In
Venedig, Triest und Wien. In der europ.
Türkei schätzt man Ihre Zahl auf 400,000,
in A. selbst auf höchstens 1 MilL, so dass
die Kopfzahl des ganzen Volks kaum 2i/i
Mill. übersteigen würde. Vgl. 8t. Martin,
,M6m. hlst. et g6ogr. snr l'Arm6nie', 1818;
Kunae, ,Hlstor. Darstellung des gegenwärt.
Zustandes des armen. Volks*, 1831 ; die Reise-
werke von Koch (1846 und 1847, 3 Bde.),
Wagner (1848) u. ßrasaet (1849—50, 2 Bde.) ;
Curzon, ,ArmeniaS 1854; Saxthau$en, ,Trans-
kaukasiaS 1856, 2 Bde. ; Strecker, ,Beitr%ge
snr Geographie von Hocharmenien*, 1869.
AroieaiBeiie Kirche. Das Ohristenthum
gewann schon im 2. Jalirh. Anhänger in
Armenien, festen Bestand aber erst im 4.
Jahrh. durch den Bischof Gregor und im
5. Jahrh. dnrch ICesrobs Bibelübersetzung.
Im Streit über die zwei Naturen in Ohristo
trat die a, K. auf die Seite der Monophy-
slten u. gestaltete sich au einer besondem,
der gregorian. Kirche. Der Lehrbegriff
derselben statulrt in Ohristus nur Eine
Natur und lässt den heil. Geist bloss vom
Vater ausgehen. Eigenthüml. Gebräuche:
dreimaliges Besprengen und Eintauchen
des Täuflings, Verbindung der Firmelung
mit der Taufe, Gebrauch unvermischten
Weines und gesäuerten Brodes b^m
AbMidmahl, Vornahme der letzten Oelung
nur bei geistlichen Personen und gleich
nach dem Tode. Die Armenier verehren
Hellige und beobachten strenges Fasten,
glauben aber an kein Fegefeuer. Die
Messe wird in altarmen., die Predigt in
neuarmen. Sprache gehalten. Der Katho-
Ukos, das Haupt der a.n K. , hat seinen
Sitz im Kloster Etschmiadzin bei Eriwan,
wohin Jeder Armenier in seinem Leben
wenigstens einmal wallfahrten muss. Er
setzt die Patriarchen von Konstantlnopel
und Jerusalem, sowie die Erzblschöfo u. Bi-
schöfe ein. Die armen. Mönche folgen der
Regel des heil. BasUius. Die Weltpriester
müssen verheiratliet sein, dürfen aber nach
dem Tode der ersten keine zweite Frau
nehmen. Wiederholte Versuche von Selten
der Päpste, eine Union der a.n K. mit den
röm.-kathol. zu Stande zu bringen, blieben
ohne Resultat. Unirte Armenier gibt es nur
in Italien, Polen, Galizlen, Perslen, Mar-
seille. Vgl. JSTomaeAod, ,Chronol. suooession
of Armen. Patriarchs', 1865.
Armenliehe Sprache und Literfttar. Die
annen. Sprach; ein Zweig des indogerman.
Sprachstamms, zerfällt In die altart\en,
(Literatursprache, Jetzt tödt) und die ne«-
armen, (mit 4 Dialekten, vom Türkischen
beelnflusst). Eigene Schrift mit 36 Buch-
staben (von Meerob 406 eingeführt). Gram-
matiken von Alermann (1838, Auszug 1841),
Lauer (1869) ; Lexiken von Aucher (armen.*
engl., 1821, 2 Bde.) und Tscha/Uschak (armen.-
ItaL, 1837). Die armen. Literatur beginnt
mit Einführung des Christenthums (4. Jahrh.)
und blühte seitdem bis ins 14. Jahrh. Bei
der Vorliebe für griech. Literatur zahlreiche
Uebersetzungen {a, B. die Claronik des Euse»
biui, hersnsg. von Aucher 1818; die Reden
9
180
Armenreclit — Armitag«.
des Philo, von Aucher 1821); auiterdem Ge-
■ohichtswerke und Chroniken. Der bedeu-
tendste Historiker Mo$e9 von Choren« (f 487).
Bibelübersetznng Ton Jfesrob und seinen
Söhnen (seit 411), noch Jetzt klassisch.
Theolog. n. philos. Schriftsteller: David (5.
Jahrb., Uebers. des Aristoteles), Sanik (Joan-
nes Ozniensis, 8. Jahrh.), Ner$es KlagienH»
(IS. Jahrb.). Bie poetische Literatur dürftig ;
ansser kirchl. Hymnen sind zu erwähnen
die Gedichte des genannten N«r8e$ und die
Fabeln Ton Mechitar Kosch nnd Wartan (13.
Jahrb.). Seit dem 14, Jahrh. wenig bedeu-
tende werke (der Histor. Michael Tschani'
Ueh9an)\ aber noch lebhaftes Interesse an
der national. Literatnr. In allen armen.
Niederlassungen (bes. interessant die der
Hechitaristen auf S. Lazaro bei Venedig)
armen. Druckereien und period. Presse.
Vgl. Somtd, ,Quadro della storia liter. d'Ar-
menia', 1819; Neumann, ,Gesch. der armen.
Literatur', 1836. Neue Samml. der armen. Ge-
schichtschreiber von Langloi$ (.Collect, des
histor. de rArm6nie*, Bd. 1 u. 2, 1868-69).
Armenrecht , armen Personen auf Nach-
■ suchen gewährte Vergünstigung, wodurch
sie von den durch Anstellung einer Civil-
klage oder Führung eines Ciyllprozesses
erwachsenden Kosten entbunden werden.
Armentaxe, in England Steuer, welche
zur Unterhaltung der Armen Tomehml.
den Grundeigenthümem auferlegt wird,
stammt aus den Zeiten der Königin Elisa-
beth und erti-ägt jährl. etwa 6 Mill. Pfd. St.
Armenti^res (spr. -mangtiär), Stadt im
firanz. Depart. Kord, an derLys, 15,579 Ew.
Bed. Webereien. [krieg.
Armer Heinrich (a, Konrad), s. Bauern'
Armeris Willd. (Grasnelke) , Pflanzengat-
tung der Plumbagineen, in Südearopa. A.
maritima, Nelken- oder Seegras, dient zum
Einfassen der Gartenbeete.
Armfelty 1) Karl Gustav, schwed. General,
geb. 1666 in Ingermanland, nahm an den
Kämpfen Karls XIL gegen Bussland Theil,
Tertheidigte tapfer, aber fruchtlos Helsing-
fors, ward im Sept. 1718 mit 6000 Mann
nach Norwegen entsendet, Terlor aber auf
dem Bückmarsch durch Hunger und Kälte
den grössten Theil seiner Mannschaft ; 1 1736
als Oberbefehlshaberin Finnland.— 2) Gustav
MoritK, Baron, später Graf, geb. 1. April
1757, ward als Günstling Gustays m. von
diesem testamentarisch zum Mitglied des
Begentschaftsraths ernannt, Ton dem Be-
genten, Herzog Ton Südermanland (späterem
König Karl XHI.) , aber als solches nicht
anerkannt und als Gesandter nach Neapel
geschickt. Der Verschwörung gegen den
Begenten angeklagt, floh er 1798 nach Buss-
land, ward von Gustav IV. 1800 restitulrt,
: nahm 1810 seine JBntlassung, trat in russ.
IMenite, wurde zum Grafen, Kanzler der
Universität Abo und Mitglied des Senats
ernannt: t l^* Aug. 1814 zu Zarskoje-Selo.
Armfassler. s. Braehiopoden.
ArmIdSy Frauengestalt aus Tassos ,Be-
flreitem Jerusalem'; sinnbildlich ein ver-
. fuhrerisches Weib. [Knappe eines Bitters.
Armlfer (Armiger, lat.), Waffenträger,
ArMiUIrvpliir« (ArmUle, JKugfcte^el), Zxt^
sammensetzung Von Bingen, welche dle^
Hauptkreise der Himmel skugel darstellen,
dient zur Veranschaulichung der gegensei'
tigen Lage derselben , ward noch von Tycho-
de Brahe zu wirklichen Beobachtungen ge-
braucht, [s. £ur8ehen9eh(\ß,
ArmlBls, burschenschanliche Verbindtmg,
Armlnlliier (Bemonstranten) , nach JaM^
Arminius benannte Partei der reformlrtan
Kirche der Niederlande, welche Im Wider-
spruche gegen die calvinische Lehre von-
der unbedingten Prädestination (s. d.) eine
Mitwirkung des Menschen zu Erlangong-
der Seligkeit oder Unseligkeit durch Glau-
ben oder Unglauben annahm, sich in der
1610 den Ständen der Prov. Holland über-
reichten Bemonskration gegen den Vorwurf'
des Pelagianismus zu rechtfertigen suchte,»
aber auf der Synode zu Dordrecht (13..
Nov. 1618 bis 9. Mai 1619) von der Kirchen-
gemeinschaft ausgeschlossen ward. Seit'
1630 geduldet, bilden die A. selbständige-
Gemeinden (1860 92). Ihre Gesammtzahi
beträgt in Holland etwa 5000; doch gibt e^
deren auch in England und Amerika. Vgl..
Begenbog, ,Gesch. der BemonstrantenS 1781^
Arm\tAuB( Hermann), der Befreier Deutsch-
lands von der röm. Herrschaft, Sohn de»
Cheruskerfursten Sigimer, geb. 17 v. Chr.,
erwarb sich im röm. Kriegsdienst die röm.
Bitterwürde, stellte sieb nach der Bückkefai-
in sein Vaterland an die Spitze der über
die von Quinctilius Varus begonnene Bo-
manisirung des Landes unzufriedenen Che-
rusker und vernichtete (Sept. 9 n. Chr.) iu
Stägiger Schlaoht (Hermannstchlaeht) 8 röm*
Legionen unter Varus im Teutoburgerwalde.
Als er den römisch gesinnten Chemsker-
fürsten Segestes, dessen Tochter Thusnelda
er entfahrt hatte, in seiner Burg belagerte,,
ward derselbe von dem röm. Feldherm Gter-
manicus (15) befreit und Thusnelda gefangen
nach Born geführt, wo sie den ThumelicTi»
(.Fechter vonBavenna*) gebar. A. lieferte-
16 dem Germanicus noch 2 Schlachten, sehlug^
dann den Markomannenfürsten Marbod, ward
aber selbst, des Strebens nach der Aliein-
herrschaft beschuldigt, von seinen Verwand-
ten ermordet (21). Dem schon 1844 im Unter-
bau vollendeten Arminsdenkmal auf der
Grotenburg im Teutoburgerwalde fehlt nocb
die Statue. Vgl. Both, ,Hermannu. Marbod%
1817; König, .Armin der Cherusker*, 184(X.
Armlniiu (eigentl. Harmensen), Jakob,.
theolog. Begründer der Kirchenpartei der
Arminianer (s. d.), geb. zu Oudewater In
Sudholland 1560, seit 1603 Prof. in Leyden,.
bestritt die Prädestination und verfocht die
freiere (universalistische) Ansicht; f ^-
Okt. 1609. Werke (Leyden 1629).
Armininsqnelle. s. Lippspringe,
Armiren dat.), bewaffiien, ausrüsten«
Armistitlnm (lat.), Waffenstillstand.
Armitage (spr. -tahsch), Edward, engl.
Historienmaler, geb. 1817 zu London, Sohü>
1er von Delaroche, bereiste 1855 die Krim
und Kleinasien: seit 1869 Mitglied der Aka-
demie. Cäsars Landung In Britannien, Tra-
falgar, Die Garden bei Inkerman etc.
^fr
Armlencbter — Ameth.
181
Inileueliter, ». Ohara,
ArmonlSeo (ital.)« harmoniBofa, wohl-
Armorilela« a: Jfeerreitig, [klingend.
Amorles (d. i. Land am Heere), celtischer
Name des. westl. Traukrelchs, Insbes. des
Küstenstrichs zwischen den Hündangen
der Seine nnd Loire; dessen Bewohner
Armoriei, d. i. Meeranwohner, Messen,
später anf die Bretagne bes<$hrftnkt.
Armpolyp, S. Hydra,
Armstrong, 1) John, sohott. Dichter, geh.
1709 sn Oastleton, f 7* Sept. 1779. Verf. des
Lehrgedichts ,The art of presenring health*
(1744 ; detitsch von 2flildeke 1799), der lasclven
Dichtung ,The economv of loTe' (1739) und
^on ,Hl8cellanles* (1770, 8 Bde.). — 2) Sir
WiUiam George, engl. Oiyilingenlenr, geb.
1810 lu Newcastle, erfand 1854 die Arm-
Hrongkanone (s. KtmoTte), seit 18S9 Direktor
der könlgl. Qiesserel, nahm, weil die Ton
Whltworth konstmlrte Kanone den Vorzng
erhielt, Febr. 1863 seine Entlassung.
Araan^ Stadt im böhm. Kr. Gltschln, au
der Elbe, 2257 Ew. Sohloss, Papierfiibr.
Anwnd (spr. -noh), 1) Jaeguee Leroy de
8aint-A., s. Leroy de 8i,-ArnaMd, — > 2) JPVomp.
, Thom, 'Marie £aculard d'A,, frans. Schrlft-
' steller, geb. 18. Sept. 1718 lu Paris, Ton
Voltaire und Friedrich 11. von Preussen.
der ihn nach Berlin berief, geschätzt; f
8. Not. 1805 zu Paris. ,OeuTres* (1770, neue
Aufl. 1808. 12 Bde.).
Amavld (spr. -oh), 1) AnMne, her. fr«nz.
Sachwalter, geb. 1500, eifriger Verfechter
der Sache Heinrichs Iv. und Vertheidiger
der Universität zu Paris gegen die Jesuiten,
daher Ton diesen rerfolgt: f ^* ^^^ ^^l^*
— 2) Anioine, Sohn des Vor., geb. 6. Febr.
1612, Doktor der Sorbonne, Wortführer
der Jansenlsten, floh vor den Verfolgongen
der Jesuiten nach Holland ; f 8. Aug. 1694
BU Lüttich. fOeuvres* (herausg. Tom Abt
Ton Haviefage^ 1775—88, 45 Bde.). — S) AtU.
Vineent, der Tragiker des 1. firanz. Kaiser-
reichs, geb. 28. Jan. 1766. seit 1799 HitgUed
des Instituts, lebte nach der 8. Restau-
ration verbannt in Brüssel, kehrte 1819
nach Frankreich zurück; f l^« Sopt« 1^^
zu Godeville bei Harre. Seine Tragödien
deklamatorisch , von klassischem Zuschnitt,
mdst der Römerzeit entnommen (,Marius*,
,€tormanlcus*, ,Lucr^ce* etc.). ,OeuTres*
(1824—27, 8 Bde.); sehr, auch ,Vle polltl-
que et milit. de Napoleon* (1822—26, 8 Bde.)
und ,Le8 Souvenirs d*un sexagAnaire' (1833,
4 Bde.). -> 4) Laden Emile, ^hn des Vor.,
geb. 1. Okt. 1787, ebenfaUs Dramendichter,
unter der Juliregierang Präfekt; t 1868.
Sehr, die Tragödien ,RegulUB* (1822), ,Gustave
Adolphe* (1880) u. a. [ten, Albanesen.
Amavty türk. Name v. Albanien; Aman-
Amant- Belgrad, Stadt, s. £erat.
Arasy rar Arroux (spr. -näh sür Arm),
Stadt Im franz. Depart. C6te-d*Or, am Arrouz,
2800 Ew. Hier 27. Juni 1576 Bieg der Hugenot-
ten unter Oolfgny über den Marschall Coss6.
Amd (Arndt), Joh,, protest. Theolog u.
asoet. Schriftsteller, geb. 27. Dec 1556 zu
Ballensttdt Im Anhaltischen, f <^8 General-
soperintendent zu Gelle 11. Mal 1621. Sein
bekanntestes afcet. Werk das ,Wahr*
Ohrlstenthum* (zuerst Frankf. 1605, fast In
alle gebildeten Sprachen übers.). Blog^. von
Amdi (1838); Ferta, ,De Joh. A.* (1852).
Arndt, Bm$i Iforitt, deutscher Patriot^
geb. 26. Dec 1769 in Schorltz auf Rügen,
ward 1806 Prot der Geschichte zu GrelfiH
wald, musste wegen seiner gegen dl«
napoleon. Herrschaft gerichteten Schrift
,Gel8t der Zeit* (Altona 1807) nach Schwe-
den flüchten, trat dann in Berlin und
Breslau In Verbindung mit den preuss.
Patrioten, sowie in Petersburg 1818 mit
dem Freiherm von Stein und betheiligte
sich am Freiheitskriege durch Gedlohte xu
Flugschriften. Durch Hardenberg für den
preuss. Staatsdienst gewonnen, gab er 1815
in Köln olx^ pollt. Zeltschrift ,Der Wäch-
ter* heraus, übernahm 1817 eine Professur
der Geschichte an der neu zu errlchtmdeai
Universität zu Bonn, ward, In die demagog.
Untersuchungen verwickelt, vom Amte
suspendlrt, von Friedrich Wilhelm IV.
18^ restltalrt. Seit April 1848 Mitglied
der deutschen Nationalversammlung, schlosfl
er sich der erbkalserl. Partei an, trat mit
dieser 21. Mal 1849 aus, lebte seitdem In
Bonn; f das. 29. Jan. 1860. Sehr.: ,Gesc]u
der Lelbeig«ns<diaft In Pommern u. Rügen*
(1808); ,Relse durch Schweden* (1806) ; , An-
sichten und Aussichten der deutschen Ge-
schichte* (1814); , Seh wedlache Geschichten
unter Gustav m. und Gustav IV. AdolT
(1839) ; ,Versuoh in vergleichenden Völker^
gesohlchten* (2. Aufl. 1844); »Erinnerungen
aus dem äusseren Leben* (4. Aufl. 1861);
«Nothgedrungener Bericht aus meinem
Leben* (1847); ,Schriitea für und an meine
lieben Deutschen* (1845—55, 4 Thle.); ,£ln
Büchlein für den liehen Bürgers- u. Bauen-
mann* (1848); ,Reden und Glossen* (1849):
,Blätter der Erinnerung aus der Paulskirche*
(1849); ,(3elst der Zelt* (5. Aafl. 1868); ,Ge-
dichte* (2. Aufl. 1865); ,Heine Wanderungen
und Wandelungen mit dem Reiohsfreiherm
von Stein* (2. Aufl. 1868). Blogr. von. Bamr
(2. Aufl. 1862) und Sehenka (1866).
Arndts, Ladwig, deutscher Reohtsgelehr-
ter, geb. 19. Aug. 1803 zu Arnsberg, lehrte
zu Bonn, Breslau, Hünchen, seit 1855 ProC.
des röm. Rechts zu Wien. Hauptwerk
,Lehrbuch der Pandekten* (6. Aufl. 1868).
Arne (spr. Arn), Thema* Augaelin, engl.
Komponist, geb. 1710 zu London, f <^lfta.
5. Harz 1778. Musik zu Hiltons ,Gomus*,
Shakespeares ,Sturm* etc. ; n. Ein. auch Kom-
ponist der Volkshymne ,Rule Brltannlal*
Ameburgy Stadt im preuss. Regbz. Hag-
deburg, Kr. Stendal, an der Elbe, 2170 Ew.
AmedlllOy bes. Badeort in dar zpan. Prov.
Logroüo (Altkastllien); Therme von 42« B.
ijraellofly Stadt In der portng. Prov. Belra»
am Dnero oberhalb Oporto, Haaptverlao
dtmgsplatz für Portwein und Salz.
Amethy 1) JbsepA CtnIoMiisa, Bitter von A»,
Geschichtschreiber, Archäolog und Kunst-
historiker, geb. 12. Aug. 1791 zu Leopold-
schlag in Oberösterreloh, seit 1840 Direktor
dos k. k. Hünz- und Antlkenkablnets zu
Wien, HitgUed der Akademie der Wissen-
9^
182
Amheim — Amtin
«ehaften das.; f 81. Okt. 1863. Sehr. , Syn-
opsis numomm graeconun* (1837); ^Synopsis
nnmoram romanonun* (1842); »Katalog der
k. k.MedalUensteinpeIsammlimg' (1842) ; ,Da8
k. k. MÜHE- und AntikenkaMnet* (1845) «tc.
— 8) A\fr«d, BiUtr vom A., Qeschlctatschr^-
ber, Sohn des Vor., geb. 10. Jnli 1819 bq
Wien, Yicedirektor des k. k. Hans-, Hof-
nnd Staatsarchivs. Sehr. »Leben des kalserl.
Feldmarschalls Grafen Guido yon Starhem-
berg* (1853); »Prins Engen Ton Savoyen*
(1868<-5e, 8 Bde.); «Maria Theresias erste
Begiernngsjahre* (1863 •- 65, 8 Bde.); , Jo-
seph IL und Katharina von Rnssland, Ihr
Briefvvechsel* (1869); «ICaria Antolnette, Jo-
seph H. und Leopold II., ihr Briefwechsel*
(1866); ,Maria Theresia n. Maria Antolnette,
Ihr Briefwechsel* (2. Anfl. 1866); ,MarlA
Theresia und Joseph IL* (1. Bd., 1867). ^
8) Arthur, Mathematiker nnd Physiker,
geb. 19. Sept. 1802 an Heidelberg, seit 1838
Prof. das.; t <1«^* 16« I>oo. 1858. Sehr.
»System der Geometrie* (1840, 2 Bde.); ,Die
Geschichte der reinen Mathematik in ihrer
Beiiehnng rar Geschichte der Entwlckelnng
des menschl. (Geistes* (1852).
Amheim (Atmhem), feste Hauptstadt der
niederl. Prov. Geldern, am Rhein, 28,872 Ew.
Arnhemslsiidy älterer Name für einen
Theil der Nordküste Australiens (1628 vom
Holländer Amhem entdeckt).
Andy BiesenbüiFel, s. JSüffel,
Amica L. CTToftlvsrleiik^, Pflansengattung
aus der Familie der Kompositen. A. mon-
tana L., Bergwohherleih (Fall-, Stich-, En-
gel-, Lungen kraut, Mutter-, Mönohswun),
in Mittel - und Nordeuropa , Wurzel und
Blüthen officlnell. Aus letiteren wird die
Amieatinktur bereitet, Hellmittel gegen
Neuralgie, Quetschungen.
Amlmy 1) (Amheim), Joh, G«ürg, Feld-
herr im 30Jahr. Krieg, geb. eu Boitzenburg
1581, stand nacheinander In schwed., poln.
nnd kalserl. Diensten, unter Wallenstein als
Feldmarschall, trat 1631 in kursacbslsche
IMenste, befehligte bei Breitenfeld den
rechten Flügel der Sachsen, Terlless nach
dem Frieden von Prag den s&chs. Dienst,
ward , des geheimen ElnTerständnlsses mit
Wallenstein Terd&chtig, Ton den Schweden
auf seinem Schlosse Boitzenburg aufgehoben
und nach Stockholm in Haft gebracht, ent-
floh, gedachte auf eigne Kosten eine Streit-
macht aufzustellen; f 18. April 1641 zu
Dresden. Vgl. HelMg, »Wallensteln u. A.',
1850. —2) Kart Otto lAtdw, von A., deutscher
Schriftsteller, geb. 1. Aug. 1779 zu Berlin,
verwaltete mehrmals interimistisch die In-
t^dantur derkönigl. Schauspiele zu Berlin,
ward königl. Kammerherr, Mitglied der
Generalordenskommission u. Oberst-Schenk
des Königs; f 9. Febr. 1861 zu Berlin. Sehr,
das liustspiel ,Der Smaragdring* (1822);
,Flüchtige Bemerkungen eines flüchtig Rel-
•enden* (1888—60, 6 Bde.) ; lieferte auch Kom-
positionen byronscher Gedichte. — S) Ludv.
Äehim von A., deutscher Dichter der mnant.
Schule, geb. 26. Juni 1781 zu BerUn, lebte
iMit seiner Yerheirathung mit Elisabeth
Brentano (Bettina) 1811 abwechselnd in
Berlin und auf seinem Gute Wi^^ndorf
bei Dahme; f das. 21. Jan. 1881. N&ohat
Tieck der reichste Dichter der Schale. Sehr,
die Romane ,Ariels Offenbarungen* (1804);
»Wintergarten*, Norellen (1809); ,Armuth,
Reichthum, Schuld und Busse der Gräfin
Dolores* (1810, 2 Bde.) ; ,Dle Kronenwächter*
(1817, 2. Th. 1855) nnd zahlreiche NoveUen ;
ausserdem dramat. Dichtungen: ,Halle und
Jerusalem* (1811); «Schaubühne* (1813); ,Die
Gleichen*, Schauspiel (1819); gab die Zeit-
schrift ,Trösteinsamkelt* (1808) und mit EU-
nun» Brtntano die Volksliedenammlung
,I>e8 Knaben Wunderhom* (1806— 8, 'S Bde.)
heraus. ,Sämratliche Werke*, neue Ausg.
1853—56, 22 Bde. - 4) Eli$abeth von A,, ge-
wöhnl. JSeUina genannt, Gattin des Vor.,
Tochter des Handelsherrn Peter Brentsao
und der MaximiUuie Laroche, Enkelin Ton
Sophie Laroche u. Schwester des Dichtere
Klemens Brentano, geb. 4. April 1785 zu
Frankfurt, zeigte früh Neigung zum Phan-
tastischen n. Ezcentrischen, fSreundin des
Stiftsfräuleins Ton Günderode, widmete dann.
Goethe schwärmerische, obwohl unerwiderte
Liebe, wandte später ihr Interesse den
sodalpolitlschen Zeiterscheinuogen zu; t20.
Jan. 1859 zu Berlin. Sehr. ,Goethes Biief-
wechsel mit einem Kinde' (1835, 8 Bde.);
,Dle Günderode* (1840, 2 Bde.); ,Dles Buch
gehört dem Könige* (1843, 2 Bde.); ,Illu8
Pamphillus u. die Ambrosia* (1848, 2 Bde.) ;
jGespräche mit Dämonen* (1852). Ihre Toch-
ter, Giaela von A., verheirathet mit Hermann
Grimm, veröffentlichte »Dramatische Werke*
(1857-65, 3 Bde.).
Arnim, preuss. Staatsmänner und Diplo-
maten: 1) Heinrich Friedrich, Qraf von
A.-Heinriehsdorff-Werblow, geb. 28. Sept.
1791 zu Werblow In der Uckermark, seit
1831 preuss. Gesandter In Brüssel, Paris nnd
Wien, vom 24. Febr. bis 3. Mal 1849 im
Ministerium Brandenburg -Manteuffel Mini-
ster des Auswärtigen, 1851—58 wieder Ge-
sandter In Wien; t 18. April 1859 zu Berlin.
— 2) Heinrich Alex«möLer, Freiherr von A,,
geb. 13. Febr. 1798 zu Berlin, aus dem
Hause A.-Suokow in der Uckermark,
machte die Freiheitskriege 1813 — 15 mit,
war 1840— 46 Gesandter in Brüssel, dann
bis März 1848 In Paris, veranlasste den
König zu der Manifestation in der deutschen
Sache vom 21. März, übernahm dann im
Ministerium A.-Boitzenburg, später Gamp-
hausen, das Auswärtige, schied 8. Juni
1848 aus, schloss sich als Mitglied der
ersten Kammer der deutsch - konstitu-
tionellen Partei an und war entschiedener
Gtogner des Ministeriums Manteuffel u. der
Fendalpartei; f 5. Jan. 1861 zu Düsseldorf.
— 3) Ado{f Heinrich, Qraf von A.-Soitm-
bürg, geb. 10. April 1803, ward 1840 Ober-
präsideni der Pi'or. Posen, 1842 Minister
des Innern, trat 1845 zurück, wirkte als
Mitglied der Herrenkurie des vereinigten
Landtags jron 1847 vermittelnd, stand
19.— 29. März 1848 an der Spitze des Ka-
blnets, war seit 1849 Mitglied der zweiten
Kammer, wo er zur äussersten Rechten
gehörte, vertrat dann im Herrenhanso an
Amis — Arnulf.
188
d«r Spitz« einer tob Ihm gebildeten Trak-
tion die konsemttlylibentle, regienmgi-
freaadliohe Rlehtnng, neigte sich aber seit
1858 mehr der feudalreaktionftren Partei zn.
Sehr. ,Da8 Becht des Herrenhauses bei Test-
setrang des Staatshaushalts* (186S).
Amis, Städtchen im nrenss. Regbi. Schles-
wig, an der Schley, 984 Ew.; hier 6. Febr.
18M Uebergang der Prenssen vermittelst
einer Brfkeke.
Amo^ FlQss in Italien, entspr. in den
etrask. Apenninen (am Falterone), berührt
Florenz , mündet unterhalb Pisa ins ligur.
Meer, '96 M.; das obere Thal frachtbar.
AmoblnSy 1) der Aeltere, nm 800 n. Chr.,
Lehrer der Beredsamkeit an Sicca in Nn-
midien, wnrde Ohrist; Verf. einer Apologie
desOhristenthnms: ,AdTersas gentes* (her-
ansgeg. Ton HÜdebrand 1844, . dejatsch von
JS«9nard 1842, AlUk^r 1866). — S) A. der
Jüngere, nm 470 Bischof in Gallien, Verf.
«Ines Kommentars über die Psalmen.
Arnold f 1) CkrUtoph, als Astronom be-
rühmt gewordener Bauer zu Sommerfeld
bei Leipzig, geb. das. 17. Dec. 1650, beob-
sofatete anf seinem eignen Observatorinm
den DnrchgaDg des Herknr dnrch die
Sonne 81. Okt. 1690; f 15. April 1695.
Nach ihm benannte Schröter drei sogen.
Mondthäler. — 8) 0ct{fr,, Inth. Theolog,
geb. zu Annaberg 6. Sept. 1655, f 80. Mai
1714 als Prediger zu Perleberg. Sehr. ,Un-
parteüsche Kirchen- u. BLetzerfaistorie* (Frkf.
1698—1700, 8 Bde.); auch Yerf. geistl. Lie-
der (herausgeg. Ton Knapp 1845, Ehmann
1856). — 8) 8amM€l, engl. Musiker, geb. 10.
Ang. 1740 (in Deutschland), f als Hofkom-
ponist zu London 88. Okt. 1808. Sehr. ,The
eure of Saul*, OratoriTim (1767) n. a. Heraus-
geber von Handels Werken im Klayleraussug
(1786, 86 Bde.). — 4) Oeorg Dantd, elsass.
Dichter, geb. 18. Febr. 1780 zu Strassburg, t
das. 1889 als Prof. der Rechte. Bes. bekannt
durch das Lustspiel ,Der Pfingstmontag',
in strassburger Mundart (1816). — 5) Iftomo«,
engl. Sohulmann, geb. 18. Juni 1795 zu
Oowes auf der Insel Wight, seit 1827
Direktor der Schule zu Bugby, die er zu
einer Musteranstalt erhob, 1841 nach
Oxford berufen ; f hier 18. Juni 1848. Sehr.
jEUstory of Borne* (4 Bde., unrollendet),
gab den Thucydides (18S0->8ö, 8 Bde.) her-
aus. Ygl. StamUy, ,Life and correspond. of
Th.A.*, 1844, 8 Bde.; ZIwsow, ,Th. A.*, 1869.
Sein Sohn Matthew, geb. 84. Dec. 1888, eben-
fUls Schulmann und Prof. der Poesie in
Oxford; sehr. dieDichtuDgen: ,Empedocles
on Etna« (1859), ,Poems* (1854, 8 Bde.), ,Me-
rope* (Tragödie, 1858) u. a.
Araold Ton Breid«, hervorragender Geg-
ner der Hierar<^ie im 18. Jahrb., Schüler
AbAlards, predigte als Kleriker in Brescia,
seiner Vaterstadt, gegen die Verweltlichung
des Klerus, floh, auf der zweiten Lateran-
synode (11S9) bIb Ketzer angeklagt, nach
Frankreich, wirkte seit 1149 in IU>m an der
Spitze der Volkspartei für Wiederherstel-
lung der alten röm. Republik , fiel , von
■einen Anhfingem verlassen, in die Hände
de« Papstes Hadrian IV., ward an Friedrich
Barbarossa ausgeufert und 1165 verbrannt.
Vgl. Franke, ,A. v. B.*, 1885: Olave^ ,A. de
B. et les Romains du XII si^oleS 1868.
Amoldl, 1) Ernst Wilh. , geb. 81. Mai
1778 zu Gotha, gündete 1881 die Feuere
und 1887 die Lebensversicherungsanstalt
das., wirkte mit Erfolg fva Verbreitung der
Runkelrübensuckerfabrikation in Deutsch»
land; f 27. Mai 1841 zu Gotha. Biogr. von
Otto (1868). — 8) WUh., geb. 4. Jan. 1796 zu
Baden im- Regbz. Trier, seit 1839 Bischof
das., wirkte in streng ultramontanem Sinne,
ordnete 1814 die Ausstellung des angebl.
Bocks Christi an; f 7. Jan. 1864.
Amolfb dl Canblo (fäischl. A. di Lapc),
her. Baumeister und Bildhauer, geb. zu
Florenz 1838, +1300; Hauptwerke: der Dom
S. Maria del nore zu Florenz u. das Taber-
nakel zu S. Paolo in Rom.
AmoB (a. G.), Fluss in Palistina, schied
die Moabiter und Ammoniter, mündete ins
tedte Meer; jetzt Wadi Modscheb.
AmOB (spr. -nong)} Nebenfl. des Gher in
Frankreich, mündet unterhalb Vierzon, 14 M.
AmoU (spr. Ahmött), NeiU, engl. Arzt und
Physiker, geb. 1788 zu Dysart bei Montrose,
seit 1887 Leibarzt der Königin, Mitglied
der Royal Society, Erfinder des nach ihm
genannten Ventilators und Ofens; sehr.
«Elements of physics* (6. Aufl. 1864—65);
,A snrvey of human progress* (1861).
Amonld (spr. -nun), l) Jean Frangoie
(eigentl. ATuMol oder Moetei), franz. Schau-
spieler und Dramatiker, geb. 1784 zu Be-
sannen, t 1795 zu Paris. Mitschöpfer der
£ranz. Pantomime; Verf. von mehr als 40
Lust^delen und VaudeviUes (,Le Sav6tier
dup6", Xe Denicheur de Merles', ,Le Chat
bott4S ,Riquet k la Hoope' etc.). — 2) Sophie,
Opemsän^rin, geb. 14. Febr. 1744 zu Paris,
1757 — 78 Primadonna der pariser Oper, f
1808; auch durch ihre Bonmots (,Amol-
diana*, 1813) bekannt.
Arnsberg, Regbz. der preuss. Prov. West-
phalen, 140 QM. u. 791,360 Ew. JAeHamplst.
A., au der Ruhr, 4681 Ew.; ebed. Hauptst.
des Herzogth. Westphalen.
Ansliaugky Schloss u Dorf in S.-Weimar,
bei Neustadt an der Orla , Stammsitz der
einst m&chtigen Greifen von A., die 1890
mit Graf Otto ausstarben.
Arnstadt. Hauptst. der Oberherrschaft des
Fürsteoth. Schwarzb.-Sondershauseo, an der
Gera, 8084Ew. Liebf^nenkirche (11. Jahrb.).
Gr. Mühle. Dabei Saline ArnahaU,
Anstein, Stadt im bayer. Regbz. Unter-
franken, an der Wem, 1700 Ew.; unfern
die uralte Wallfahrtskirche ßondheim. .
Amswalde, Kreisst. im preuss. Regbz.
Frankfurt, zwiachen 8 Seen, 6880 Ew.
Arnulf, der Heilige, Franke aus edlem
Geschlecht, seit 614 Bischof von Metz, f
16. Aug. 641 im Kloster Remirmont. Sein
Sohn Ansegisil vermählte sich mit Begga,
der Tochter Pipins von Landen, und der
Sprössling dieser Ehe war Pipin von
Heristnl, der Urgrossvater Karls d. Gr.
Amsliy deutscher Kaiser, natürl. Sohn
des deutschen Königs Karlmann und der
Luitswinda, der Schwester des nordgaui-
134
Arogy — Arresto.
sehen Grafen Emert, erhielt 880 das Her-
Eogth. Kämthen, ward nach Karls des
Dicken Absetsnng 887 snm deutschen König
gewählt, schlug 891 die Normannen, unter-
warf 893 den Mihrenfursten Swentibold,
Bog nach Italien, nahm Born im Sturm und
liess sich daselbst zum röm. Kaiser krönen;
f 8. Dec. 899 zu Kegensburg.
Arogy 9 Ort bei Magdala in Abessinien;
10. April 1868 Si^g der Engländer über Kaiser
Theodor, worauf die Erstürmung von Mag-
dala folgte.
Ardlas« D<m Juan, span. Dichter, geb. 20.
Juni 1805 zu Barcelona, trat 1821 in den
Piaristenorden, f als Kaplan zu Valencia
25. Not. 1849. Sehr. Romanzen, religiöse
und erotische Gledichte. Werke (1860, SBde.)-
Arolsen, Hauptstadt des Fürstenthums
Waldeck , 2150 Ew. Geburtsort des Bild-
haners Rauch und des Malers Kaulbach.
Aroma (gr.), Wohlgeruch, bewirkt durch
&theri8ches Oel (s. d.), das Tiele Pflanzen
(auch Thiere) in besondem Drüsen abson-
Oem; aromati$eh, 8. y. a. gewürzhaft.
Aromatische lUttel. Tegetabilische Stoffe,
welche reizend auf die Schleimhaut wirken,
Absonderung der Säfte befördern und das
Nerrensystem anregen, enthalten ätherisches
Oel, Harz, Säure, Extraktivstoff etc., dienen
als Gewürze und In der Pharmacie.
Aröna, Stadt in der oberital. Proy.
Kovara, am Lago Maggiore, 3000 Ew. Da-
bei die 100* h. Statue Karl Borromeos.
Aronsstab. Pflanze, s. Arum,
AropileSy Dorf bei Salamanca in Spanien ;
hier 22. Juni 1812 Bieg Wellingtons über
die Franzosen unter Marmont.
Arpad^ erster Grossfürst der Magyaren
seit 894, eroberte Ungarn u. Siebenbürgen,
schuf eine R^erung und Rechtspflege; f
907. Kationalheld der Ungarn und Begrün-
der der Dynastie der Arpaden, die yon
Stephan dem Heiligen bis Andreas HI.
(1000—1301) den Ungar. Thron inne hatten.
Arpalisk (türk. , d. i. Gerstengeld) , Ge-
richtsbarkeiten, deren Einkommen hohen
türk. Staatsbeamten zufliesst.
Arpeggio (ital., spr. -pedscho, arpeggiato,
spr. -pedschato, Mus.), nach Haifenart (spie-
len), d. h. mit gebrochenen Akkorden. Ar-
peggiatura, Folge solcher gebroch. Akkorde.
Arpent (Ar., spr. -pang), altfranz. Feld-
mass. Der pariser A. =: 82,400 par. QF. :=
S4,18 jetzige franz. Aren.
Arpl (a. G.), griech. Stadt in Apulien,
durch Handel blühend, yon den Römern un-
teriocht, gerieth seitdem in Verfall. Ruinen.
ArplBOy Stadt in der unterital. Proy.
Terra di Layoro, 6240 Ew.; im Alterth.
Arpimum, Vaterstadt des Marlus u. Cicero.
Ansehnliche Ruinen.
Arplno^ 11 Oavaliere d*, s. Cesari, Giuseppe.
Arqna, Flecken in Oberitalien, südwestl.
bei Padua; Sterbehaus Petrarcas.
Arquebnsey s. Arkdmse,
Arquebusadey s. Arkebusade,
Arqnes (spr. Ark), Stadt im franz. Depart.
Kiederseine, 1200 Ew.; hier 21. Sept. 1589
Bieg Heinrichs IV. über das Heer der Ligue.
Arracaria £ancr. (ArrakaUcha), Fflanzen-
gattung der Umbelllferen. A. xantboRhlst
Bancr., A. esonlenta Dee. , in Bogota knlti»
virt, als Surrogat der Kartoffel empfohlen«
Arrak^ s. Arak.
Arraa fspr. Aerrän), schott. Insel, yor
der Mündung des Glydo, zur Grafschaft
Bnte gehörig, 7Vt QM. und 6700 Ew.
Amuiflren (fr., spr. -rangschiren), anord-
nen, einrichten. Arrangement (spr. -rangsch^-
mang), Etnrlchtungj Vergleich eines Schuld-
ners mit seinen Glaubigem.
Anras (spr. Arrah), befest. Hanptst. des
franz. Depart Pas de Galais, an der Scarpe,
25,750 Ew. Ehedem Hauptort der Atrebaten,
später der Grafsch. Artois; seit 1640 frai».
Arratel (portug., Mehrsahl ArrattV», auch
Libra), das portug. Pfund, auch in Brasilien
in Gebrauch, = 459 frans. Grammen es:
1,29 Zollpid.. .82 Arratei's = 1 Arroba.
ArrebOy Anders, dän. Dichter, geb. 1587
auf der Insel Arroe, seit 1617 Bischof yon
Drontheim, 1622 wegen anstössigen Lebens«
wandeis abgesetzt ,- später Prediger in Vor-
dingborg; t ^^^- ^^'* Sehr. ,Heza8meronS
Nachbildung eines Gedichts des Franzosen
Bartas über Erschaffung der Welt. Biogr.
yon BUrdam (1857, 2 Bde.).
Arrende (Arende), der Reinertrag einer
Ernte, gewöhnlich etwas weniger als die
Hälfte des Ghssammtertrags ; auch s. y. a.
Pacht, daher arrendiren, pachten, ^rren-
äator, Pachter. In Russlaud heissen A.n
die an yerdiente Personen gegen geringes
Pachtgeld überlassenen Krongüter.
Arrest (lat., Hc^t, Verkümmerung, JSe-
»oMaglegung), die gerichtlich yerfügte Fest-
haltung eines Menschen (PereonalarreM)
oder einer Sache (Realarreat), yorläufige
Sioherheitsmassregel , bezweckt in Giyfl-
rechtssachen , dass durch Entfernung eines
Schuldners oder der zur Befriedigung des
Gläubigers dienenden Sache das Recht
eines Dritten nicht yerletzt werde. In
Strafsachen, dass sich ein Angeschuldig^r
der Strafe nicht enteiehe oder dass er
durch den A. selbst sein Vergehen büsse. Der,
dessen Person oder Vermögen angehalten
wird, heisst Arrestant, der, welcher dieselbe
zur Sicherung seines Rechts beantragt,
Arrestat. Der Kriminalarrest ist entweder
Untersuchnngs- oder Strafarrest. Als beim
Militär übliche Strafart wird der A. in
weiten (Stubenarrest) und engen, in einem
Lokal der Hauptwache zu yerbüssenden .ein-
getheilt. Arrestation, Verhaftung.
Arrest (spr. Arrä), Heinrieh Ludwig d*,
Astronom, geb. 13. Aug. 1822 zu Berlin,
Schüler Enckes, seit 1848 Obsenrator an
der Sternwarte zu Leipzig, seit 1857 Prof.
zu Kopenhagen, entdeckte 4 Kometen und
das Asteroid Freia. Sehr. «Resultate ans
Beobachtungen der Nebelflecken und Stern-
haufen* (1856); ,Ueber das System der
kleinen Planeten* (1851) u. ,De Instrumento
magno aequatorio.Haymae erecto* (1861).
ArrestOy Ohrietian Oeorg Heinr,, genannt
JBurchardi, Schauspieler u. Bühnendichter,
geb. 1764 zu Schwerin, Theaterdirektor in
Petersburg u. Schwerin; f 1818 zu Dobberan.
Verf. des Schausp. ,Die Soldaten* (1804).
Arrest of jadgtaent — Arrow -Boot.
135
Arrest of Jvilgniait (engl., spr. Aerreit
of I>8chöd8ohm«ii]t) , Im tngi» Recht die
-Hinderung der VolUlehung des gesprochen
■Tien Urtheils durch de« Yerurtheilton, ge-
^chieht mittelst Nachwelses wesentlicher
•3^onnfehler im ProzessrerfMireu.
Irrdt (Ar., spr. Arr&h), amfl. Bescheid
oder Haltbefehl; auch Erkenntnisa eines Qe-
Tichtshofs letster Instans. A^ d'amour. Aus-
«prüche der Minnehdfe im Mittelalter.
Arrli* (gr., An^, A^f', Hand; Hqftgdd),
Ansahlung, wodurch ^n Vertrag (Kauf,
Hiethe etc.) bindend abgeschlossen wird,
Arrhenatemm jB«auv. (Glatiturftr), Fflan-
^sengattung der Qräser. A. elatius Jieauv.,
jlTena elatior X. (Jranz, Baygra»), fMt in
-gAns Europa, gutes Futtergras.
ArrlS) Gattin des Römers Gädna P&tus,
der als angebliches Haupt einer Verschwö-
rung gegen den Kaiser Claudius 42^ n. Ohr.
-aum Tod Temrtheilt ward, stiess sich, als
«ie ihren Gatten in dem Entschluss, sich
«elbst sm tödten, wanken sah, den Dolch ins
fiers mit den Worten: ^&tus, •■ sohmerzt
Idphtl* ihn jenem darreichend.
< AnrliBOS. Flaviua, gzlech. Schriftsteller,
%eb, zu Nicomedia in Blthynlen um 100
n. Chr., ward 136 unter Badrlan Prafekt
Ton Kupadocien, widmete sich später in
•seiner Vaterstadt wissenschaftl. Studien :
•sab heraM: ,£picteti Enchiridlon' und
^Diatribe Rietet!* (herausg. ron KoraU
1827, 8 Bdel); jAnabaslsS Geschichte der
Veldzüge Alexanders d. Gr. (herausgegeb.
Ton Mlendt 1832, 2 Bde., Krüger, 2. Aufl. 1851,
<ftier 1851 und SintenU, neue Aufl. 1867,
deutsch von Cleu, 1862 f.), womit gewöhnl.
^e ,Indlca*, Ind. Geschichte, Yerbundeu sind;
.fOjrnegeticus*, über die Jagd (herausg. von
QcMppe 1840) und iwel takt. Werke, wovon
imr Fragmente yorhand«n. Die «Scripta
minora' gab Sercher (1854) heraus.
Axriaia y Superrielay Don Juan £ap'
fÜUa de, Span. Dichter, geb. su .Madrid
1770, Legatlonssekretar bei der span. Ge-
«andtsohaft zu* London, erkl&rte sich als
Jknhänger des absoluten Königthums 1812
Segen die Cortes« ward von Ferdinand VH.
^nim Rath und Eammerherm ernannt; f
1897 au Madrid. Sehr, ein dldaktisch-be-
«ohreibendes Gedicht ,Emilia' (1808), die
sohwnngTolIen ,Cantos patriotioos' (3. Aufl.
1815) und ,Poesias liricas' (6. Aufl. 1829—32).
Arrliregarde (fir., spr. -riähr-, Naehirab,
Jfaohhut), Truppenabtheilang, welche den
Bücken einer and. grösseren Heeresabthei-
lang gegen feindl. Angriffe zu decken hat,
"bes. bei Rücksügen von hoher Wichtigkeit.
ArrfgU (spr. -rigi), Jean TotuMint A, di
^yaaanova, Hergog von iWua, geb. 8. März
1778 zu Corte auf Korsika, Verwandter der
bonapartescben Familie, focht als Brigade-
sreneral bei Austerlltz und Friedland, als
Divisionsgeneral bei Esslingen u. Wagram,
iiess 17. Juni 1813 das lützowsche Freicorps
bei Kitzen übwfallen und vertheidigte nach
der Schlacht bei Leipzig die Vorstädte die-
eer Stadt. Nach der 2. Restauration 1815
«US Frankreich verbannt, erhielt «r 1820 die
£rlaubnlss zur Rückkelir, vertrat 1849 als
Abgeordneter der gesetzgebenden Versamm-
Inng elArig das bonapartiatische Interesse,
ward nach dem Staatsstreich vom 2.DeG. 1851
zum Mitglied der sogen. Konsultativkom«
mission, 1852 zum Senator und Gouverneur
des Invalidenhauses ernannt; f S^* März"
1853. Sein Sohn Emett A. , geb. 26. Sept.
1814, Senator seit 1853, Mai bis Nov. 1^
Minister des Inneren, später Mitglied des
Generalraths für das Depart. Seine-Olse.
AnriBUwe(fr., spr. -mahsch), die gleich-
massige Yertheilung der geladenen Güter
im Schiffsräume, auch Packerlohn.
Arrlplren (lat.), ergreifen, sich etwas
auf rechtswidrige Art zu Nutze machen.
ArrlnSy Quintue, reicher Römer, Zeit-
genosse des Horaz, gab splendide Gast-
mähler Cdaher arriach^ MaM).
Arrimen (fr.), anlangen, sich ereignen.
Arrivage (spr. -wahsch), Ankunft, Landung.
ArrÖDa^ älteres span. Handelsgewichl^ =:
25 Libra, V4 Quintajj^ jetzt metrisch. In
Spanien , Spanisch - Westiudien , Mexiko^
Central •> und Südamerika =: 11,5 Kilo =3
23 Pfd.; luden Laplata- Staaten = 11,48
Kilo = 22,96 pr. Pfd. Spanisches Flüsslg-
keitsmass, s. v. a. Cantaral Die Weln-
arroba in Chile meist =: 9 alte engl. Wein-
gallonon = 32,27 Liter = 28,17 pr. Quart.
A, menor, Oelmass = 16,56 Liter = 14,46
pr. Quart. Handelsgewicht in Portugal n.
Brasilien, 3k 32 Arratei's k 16 Oncas = 14,68
Kilo = 29,36 pr. Pfd. Getreidemass in
Marokkos Häfen nach Gewicht, die grösser»
= 22,96 pr. Pfd., die kleinere = 14,31 pr. Pfd.
Arroe^ dän. Insel, südl. von Fünen,
liya QM. und 11,418 Ew.; sehr frachtbar.
Arrogant (lat.), anmessend; Arrogam,
anmassendos Betragen.
Arrogation (lat.), Adoption (s. d.) einer
selbständigen Person.
Arrom« Ckcüia, s. Bthl von Faber,
ArronaLrang (fr., spr. -rongd-}, Zurundung,
Zusammenlegung der Grundstucke im Weg»
geg^enseitigen Austausdies, auch von Staats-
gebiet in Gebrauch. Arrondiseement (spr.
-dls^mang), abgerundeter Grundbesitz; in
Frankreich Unterabtheilung eines Departe-
ments, in Paris s. v. a. Stadtviertel.
Arrosement (fr., spr. -s'mang, Arrosirung),
Befeuchtung, Anfrischung ; im Finanzwesen
nachträgl. Zahlung zum Zwecke der Sioher-
, Stellung einer früheren Zahlung, z. B. wenn
bei Aktienuntemehmungen bei Unzuläng-
lichkeit des veranschlagten Kapitals auf
jede Aktie noch nachgezahlt werden muss.
Arrosion (lat.). Benagung; Knochenfrass«
Arronx (spr. Arruh), rechter Nebenfl. der
Loire, mündet bei Digoin, 15 M. *
Arrow -Boot (engl., spr. Aerrorut, Jtfo*
rantaetärke, I^eilumrgeUtärke) , Stärkemehl
aus Maranta indiua u. arundinacea, gleicht
dem Kartoffelstärkomehl , doch sind, die
Körner von kugliger Form, nur von 7—50 Ma-
kromillim. Durchmesser und beginnen unter
Wasser erst bei 700 zu quellen; auch von
Tacca piunatifida ForH., Manihot utilisslma'
Pohl und Curcuma -Arten kommt Stärke-
mehl als A. in den Handel. Das A. hatte
ehemals grossen Ruf als leichtverdauliches
1?6
Arrowsmith -*- Artabuns.
Nahrangsmlttel , besitct aber keinen Vor-
atiff vor Kartoffel - und Weizenst&rke.
AnowBmlth (spr. Aerrosmith), Aron, engl.
Geograph und Kartenzeichner, geb. 14. Juli
1760 zu Stockton (Dnrham), f 23. April 1883.
An (lat.), Knnst.
Anaelden^ die Könige des 256 y. Chr.
Ton Arsaces I. begründeten parthlschen
Reiohfl^eren letzter, Arsaces XXIX. Arta-
banns lY., Ton Artaxerxei, dem Stammvater
der Sassanlden, 226 n. Chr. gestürzt ward.
ArsimaSy Kreisst. im grossmss. Gk>nT.
Nischni-NoTgorod, an der Tescha, 12,285 Ew.
Arschin, die rnss. Elle, = 0,7112 franz.
Meter, 1,0663 prenss., 1,2587 lelpi. Ellen.
Arsenil (ital.), s. Zeughaus,
Aneniky weit verbreitetes Metall, gedie-
gen im Erzgebirge und am Harz, mit andern
Metallen verbanden (Arsenmetalle: Speis-
kobalt, Glanzkobalt, Knpfemickel, Fahlerze),
am häufigsten als Arsenkies (Arseneisen
mit Schwefeleisen) im Erzgebirge und in
Schlesien, ausserdem als Arseneisen (Arse-
fiikalkies) und mit Schwefel verbunden
(Rauschgelb, Auriplgment oder Operment
und Realgar oder Sandarach), in sehr ge-
ringen Mengen auch in Eisenquellen und
in der Ackererde; wird gewonnen durch
Erhitzung der Kiese, ist grauweiss, von
starkem Metallglanz, sehr spröde, vom
spec. .Gew. 5,39, Aequivaleut 75, krystalli-
sirt leicht, verflüchtigt sich beim Er-
hitzen, ohne zu schmelzen, und bildet ein
spiegelglänzendes Sublimat (Arsenspiogel).
Der Dampf riecht nach Knoblauch. Mit
lufthaltigem Wasser angefeuchtet bildet
es Qraenige Säure, Diese (weisser A., Giffc-
mehl) enthält 3 Aeq. Sauerstoff, entsteht
beim Erhitzen von A. oder arsenhaltiger
Erze, bildet sich als Nebenprodukt beim
Rösten der Kobalt-, Nickel-, Zinn- und
Silbererze, wird aber besonders durch
Rösten des Arsen- und Arsenikalkleses in
Schlesien bereitet und verdichtet sich in
den Giftkammem zu einem farblosen kry-
Stallinischen Mehl oder amorphen Glas,
welches bald auch krystallinisch wird. Die
arsen. Säure löst sich schwer in Wasser,
schmeckt schwach süss mit einem Gefühl
von Schärfe, ist in Säuren, namentl. in
Salzsäure leichter löslich (unter Bildung
von flüchtigem Arsensuperchlorür), wird
von Salpetersäure ozydirt, ihr Dampf ist
geruchlos, gibt beim Erhitzen mit redu-
cirenden Körpern Knoblauchgeruch und
Arsenspiegel ; aus der sauren Lösung fallt
Schwefelwasserstoff gelbes Schwefelarsen.
Von den Salzen der arsen. Säure sind nur die
der Alkalien in Wasserlöslich. Arsen. Säure
dient namentl. zur Farbenfabrikation , da
sie die Nuance der meisten organ. und iin-
oi^an. Farbstoffe verschönert, zur Reini-
gung des Glases während des Schmel-
zens, zur Fixirung der Beizen in der
Kattundruckerei , zur Bildung von Anilin
aus Nitrobenzol, zum Graubeizen von Mes-
sing, zum Härten von Elsen, zur Schrot-
fabrikation etc. Sie ist sehr giftig. Araen^
säure, durch Oxydation der arsen. Säure er-
halten, enthält 5 Aeq. Sauerstoff, ist farblos,
seriliesst an der Luft, schmeckt ttarfc iauer,
ist nicht so giltig wie arsen. Säure, wird durch
Schwefelwasserstoff redudrt u. in der Zeug-
druckerei, namentl. aber cur Bereitung dea
Fuchsins benutzt. Das saure arsensaure
Natron dient als Surrogat des Knhkoths in
der Färberei u. wird aus arsen. Säure und
Natronsalpeter bereitet. Ueber Schwefel-
arsen s. Auripigmeni und Realgar, Arten-
amperehlorür entsteht beim Erhitzen von A.
in Ohlor, bildet eine farblose, ölig«, an
der Luft rauchende Flüssigkeit, löst Schwe-
fel und Phosphor, ist mit wenig Wasser
mischbar (eine solche Mischung ist die
Lösung von arsen. Säure in koncentrirter
Salzsäure), wird durch viel Wasser in
arsenige Säure u. Salzsäure zersetzt. Arten-
UHueeratoff, farbloses Gras von sehr unange-
nehmem Geruch, entsteht, wenn arsen. Säur»
bei der Auflösung von Zink in Schwefel-
säure zugegen ist, zersetzt sich beim Er-
hitzen im Rohr unter Ausscheidung von
spiegelndem Arsen und verbrennt -mit
blänlichweisser Flamme , aus welcher sich
bei starker Abkühlung, z. B. durch kaltea
Porzellan, ebenfalls ^n Arsenspiegel ab-
scheidet, fällt aus salpetersaurem Silber
metallisches Silber und wird auf Gnmd
dieser Reaktionen bei der Nackieeiaung von.
A, dargestellt (Apparat von Marsh). AI9
Gegengift bei Araenvergißungen dient bes.
frisch gefälltes Eiseuoxydhydrat mit nicht
stark gebrannter Magnesia.
ArsenillOy zu Pulver gemahlener Ataka-
mit aus Peru, als Streusand verkauft.
ArseninSy früher Einsiedler auf den»
Berg Athos, seit 1254 Patriarch von Kon-
stantinopel, exkommunicirte den Kaiser
Michael Paläologus, weil er den lOjähr.
Sohn seines Vorgängers Theodor Laskaris
hatte blenden lassen, ward auf eine Insel
im Marmarameer verwiesen; f do^* 1267.
4iT8in9S9 Gemahlin des Alcmäon; aucH
Name »mehrerer ägypt. Fürstinnen (Ptole-
mäer), wie einiger altägypt. Städte, z. B. A.
am See Möris, jetzt Medinet-el-Fayüm.
Arsis (gr.), Hebung; der durch den
Acoent hervorgehobene Theil eines Vers-
fuBses im Gegensatz zu dem nicht hervor-
gehobenei^ (Thesis) ; in der Musik umgekehrt
der leichte Takttheil (Auftakt), im Gegen-
satz zum guten (Thesis).
Art, Pflügung, gepflügtes Land; Arien.
(Feldarten), Winter ', Sommer- und Brach-
feld. Artfeld, A rtland, gepflügtes und in Feld-
arten getheiltesLand; ilrt&ar, urbar, tragbar.
Art (Naturgesch.), s. Gattung.
Arts (Narda), Stadt in Türk.- Albanien,,
am Bluaae A., unfern dessen Mündung in
den Meerhuaen von A, (Jon. Meer), 6000 Ew.
Artiba, pers. Getreidemass, = 6i5,24 Liter.
Aftabizus, 1) Perser, befehligte bei des
Xerxes Zug nach Griechenland die Parther
und Chorasmier, floh in der Schlacht bei
Platäa mit seinen Truppen, diente später
als Unterhändler mit König Pausanias. — 2>
A., Feldherr des pers. Königs Artaxerxes K.
Mnemon, empörte sich 856 v. Ohr. gegen
Artaxerxes Ochus, begleitete später den Kö-
nig Darius Godomannus auf seiner Flucht
Artaxita — Artillerie.
IST
nach der Söhlacbt bei Arbela, ward ron
Alexander i. Stattlialter y. Bakfcrien ernannt.
Artftxstoy ehemals Haaptst. Ton Arme-
nien, am Araxee, vom röm. Feldherm
Ck>rbnIo serstört, Ton Tiridates wieder
aufgebaut, S70 n. Chr. von den Pertem
erobert; Ruinen vorhanden.
ArtAXerxes. Name mehrerer pera. Kö-
nige: A. I., l^ongimaniu, s weiter Sohn des
Xerxes, reg. 4fö— 425 t. Chr.; beginnender
Verfall des Reichs. A. U. , Mheaum, Sohn
und Nachfolger Darios II., reg. 405—862,
ward in einen Krieg mit Sparta verwickelt,
den er durch den Frieden des Antalcidas
887 mit Gewinn beendigte. A. m., Ochus,
Sohn und Nachfolger des Vor. , unterwarf
Phönicien und Aegypten wieder, Hess den
heü. Stier Apis schlachten, ward 888 von
seüiem Feldherm Bagoas vergiftet. — . A.
(A. JBiAegan), der Gründer des neupers.
Reichs der Sassanlden; reg. 286—289 n. Chr.
Arteftikt (lat.), Kunstprodukt.
ArtemidSnu . 1) (A. von Ephent») griech.
Geograph und Tteisender, um 100 v. Chr.,
sehr, einen ,PeripIus', woraus Mardanns
von Heradea 500 Jahre später einen (noch
vorhandenen) Auszug machte. — 2) (A. Dal-
diamu) griech. Schriftsteller ans Ephesus,
lebte in Rom, sehr, über Trajimdeutung
(,Oneirocritica', heransg. von Heroher 1864).
Arteinls, griech. Name der Diana (s. d.).
Artemisla. l) A., Königin von Halikamass,
begleitete den Zerxes auf seinem Zuge
gegen Griechenland, bewies in der Schlacht
bei Salamis (480) Klugheit u. Entschlossen-
heit, endete ihr Leben wegen unglüoklicher
Liebe durch einen Sprung vom leukadischen
Felsen. — 2) Königin von Karlen, 852—850
V. Chr., Schwester und Gemahlin des Man-
solus, liess diesem zu Ehren In ELalikamass
das ber. Mausoleum errichten.
Artemlsla L. (Bei/uat), Pflanzengattung
der Kompositen. A. Abrotanum L,, 8tcA-
wurz (Eberwurz, Citronelle), im südl. Eu-
ropa , liefert Abrand - oder Hartkrant. A.
vulgaris Z., gemeiner Beiftua (Mutterkraut),
überall, Küchengewürz, Wurzeln offldnell.
A. Absinthium L., Wermuth, in Süd- und
Hitteleuropa, Blätter u. Blüthen offldnell,
auch zur Bereitung von Liqueur (Absinth)
benutzt. A. Dracunculus L,, Ertragon, wird
kultlvlrt als Gewürzpflanze. Mehrere Arten
der aralokasp. Länder und Hochasiens
liefern hi ihren Blüthenköpfohen den sogen.
Wurm- oder ZiUweraamen, der ftther. Gel
und Santonln enthält und als Mittel g^^n
Eingeweidewürmer officinell Ist.
Artemisliim (a.G.), nördl. Vorgebirge der
Insel Euböa, Magnesia gegenüber, Jetzt Kap
Syrochorl; 480 v. Chr. Beetreffm zwischen
tirlecheu und Persem. [verständiger.-
Arte perit«8 (lat.), Sach- oder Kunst-
Arterien^ Puls- oder Schlagadern, Blut-
gefässe, welche das aus dem Herzen
strömende Blnt in alle Theile des Körpers
führen, lassen nach jeder Bewegung des
Herzens ' einen Schlag (Pols) fühlen. Aus
der rechten Herzkammer führt die Lungen-
$chlagader das aus dem Körper zurück-
kehrende Blnt in die Lunge, von wo es,
durch die Lungenvene zum Unken Henen
zurückkehrend, dnroh die grosse £[eikla^<Mler
(Aorta) in den ganzen Körper getrieben
wird. Die Wand der A. ist sehr dick, mit
viel elastischem U.Muskelgewebe; letzteres
bedingt die Kontraktllität and durch diese
die gleiohmässige Vertheflung der Blut-
masse. Zerschnittene A. fallen nleht wie
die Venen zusammen, sondern bleiben
klalfend, so dass starke Blutung eintritt»
Krankheiten der A. sind Entzündung, Er^
weiterang, Verhärtung, Verengung.
ArierleBentsandwig^ Entzündung der
äusseren bindegewebigen Haut und der
Ringsfaserhaut der Arterien , immer mehr
oder weniger örtlich beschränkt.
Irteriotomf • (gr.) , knnstgemässe Eröff-
nung einer Pulsader zum Zweck einer
raschen und reichlichen Blntentleemng ;
wird nur noch bei heftigen Augenentzün-
düngen an der Sohläfenarterie ausgeruhrt*
Arteniy Stadt im preuss. Regbz. Merse*
bürg, Kr. Sangerhausen, an der Unstrut,.
4060 Ew. Steinsalzwerk (jährl. 1150 Last).
Arteilicke Braimeii. s. Bmnnm.
Aitei liberales (lat.), freiev Künste (s. d.).
Arterelde, Jakob von, flandr. Agitator,,
trat dem Grafen Ludwig I. von Flandern»
der mit dem Adel des Landes sich zu
Frankreich hinneigte, als Führer der Volks-
Partei und Freund der Engländer entgegen,,
ward aber bei einem Volksaufstande (17»
Juli 1845) ermordet. Sein Sohn I^Üipp
va« A, , 1881 Führer der Genter bei ihrer
Erhebung gegen den Grafen Ludwig H»
von Flandern, wurde als Regent von Flan«
dem anerkannt, 27. Nov. 1882 bei Rosbecque
von Ludwig mit Hülfe der Franzosen ge-
sdilagen und fiel selbst im Kampfe.
Artfeld, s. Art. [zuger See, 2198 Ew»
Arth, Flecken im Kanton Schwyz, am
Arthritis (gr.), Gelenkentzündang, bes*
Gicht ; daher arthriUeoh, gichtisch.
Artliroeice (gr., auch ArthrophlogZsia),
Gelenkentzündung, Gelenkversehwärung»
am häufigsten im Hüft-, Knie- und Fussge»
lenke vorkommend, langwierig und meist
zu Knochenfrass und bedeutenden Zerstö>
mng^n des Gelenks führend.
Artirar. s. Artua,
Arthurs Bits, Berg bd Edinburgh (800' h.)»
von welchem König Artus (s. d.) das Land
überschaut haben soll, bevor er die Angei-
sachsen schlug.
ArtieU (lat.), die Kunst betreifeDd; arti»
ßeitU, künstlich, durch Kunst erzeugt f
arlißciü», schlau, auf Kunstgriffe bedacht.
Artikel (lat.), Glied, Gelenk, Theil eines
gegliederten Ganzen, z. B. eines Schrift-
stücks; Hauptsatz; Handelsgegenstand; in
der Sprachlehre das Gteschlechtswort. Arti»
kuliren, die Worte naeh ihren Silben deut*
lieh aussprechen; daher artikulirte LeaUe,
Verbindungen von Vokalen und Konsonan-
ten zu Silben und Worten.
Artikulation (lat.), Gliederung.
Artlknlirte« Verhör, s. SpeeialinfuiHHwu
Artillerie, das grobe Geschütz und die
dasselbe bedienende Mannscliaft, neben
Infanterie u. Kavallerie die dritte Waffen-
188
Artilleriebedeckung — Arva.
gattnui;, lerfäUt in LaAd- taid SchlffB-
«rtillerie; entere wieder tu. Feld-, Küsten-
«. Belagemngsartillerie. Die Feldartillerie
l^rt leichtere Geschütze, um mauörrir-
iikhlg au sein, und ist Fuss- oder reitende
A., je nachdem die Bedienungsmannschaft
beritten ist oder marschirt. Häufig findet
-dieselbe aber auch auf der Laffete Plata.
JHe Festungsartillerie hat schwere, bes.
jRUch Wur^eschütze , die schwersten aber
'besitzt die Küstenartillerie, bes. seit Ein-
führung der Panzerschiffe, deren Annäbe-
•rui^ verhindert werden soll. Eingetheilt
wird die FeldartilleHe in Brigaden , Ab-
theüungen oder Regimenter, Bataillone,
Kompagnien oder Batterien (k G — S Ge-
schütze). Die A. ist keine selbständige
"Waffe, spielt bei der Vertheidigung die
JBLauptroUe, wii'kt aber beim Angriff in der
Hauptsache nur vorbereitend. Den Ar-
.tllleristen liegt ausser der Bedienung der
•Geschütze auch die Anfertigung der Muni-
tion in dem Laboratorium ob. Letztere
Jeitet der Oberfeaerwerker. Feuerwerker
u. Korporale sind die Führer der einzelnen
Xreschütze, Bombardiere und Kanoniere
bilden die Bedienungsmannschaften.
Artüleriebedeckuiig ^ TrnppenabtheilTing
:2sum Schutz der Batterien auf Märschen etc.
Artilleriedepoty Aufbewahrungsort für
Oeschütze, Muninon und Kriegsgeräth , in
4er Regel verbunden mit Werkstätten.
Artilleriepark, Vereinigung von Artille-
:rlematerial , welches den Geschützen nicht
unmittelbar ins Feuer folgt. Es gibt Bat-
■terie-, Brigade-, Divisions- und Armeecorps-
parks. Letztere, die Hauptreserve des
Artilleriematerials bildend, wird in Birk-
kolonnen eingetheilt. Belagerungspark , das
^anze zur Belagerung erforderliche Artille-
jriematerial nebst den zur Fortbringung
.desselben nöthigen Wagen.
ArtiUerietraln, Trnppentheil zum Trans-
j>ort der zu einer Armee gehörigen Ge-
schütze und Wagen.
Artlschoke, Pflauzengattuug, s. Cynara.
ArtocarpoB L.(Broäbaum), Pflanzengattung
.aus der Familie der Artocarpeen. A. incisa
X. fit., gemeiner JBrod/ruchtbaum , starker
Baum auf den Südseeinseln (bes. Otaheiti),
-verpflanzt nach St. Maurice, Westindieu,
iSüdamerika. Die Früchte, 3—4 Pfd. scliwer,
werden geröstet und zu Brod verbacken.
A. iutegrifolia L. ßl., ind. Brodbaum, in
Ostindien mit 10—25 Pfd. schweren Früch-
ten (Jaka), die erfrischendes. Obst, auf
Ceylon wichtiges Nahrungsmittel sind. A.
pubescens WiUd, in Ostindien liefert Nutz-
jiolz und wohlschmeckende Früchte.
Artist (lat.), Künstler, bes. Maler oder
■ Bildhauer: artistisch, zur Kunst gehörig.
ArtiniiilibermUu]iimagiBter(lat.), Meister
•der freien Künste; s. Freie Künste,
Artner, Maria Therese von, Dichterin,
«eb. 19. April 1772 zu Schintau im Ungar.
Komitat Neutra, lebte später in Wien ; 1 1^«
jNov. 1829 in Agi-am. Sehr. Gedichte (1806,
• 1818, 2 Bde.) und mehrere Schauspiele.
Artois (spr. -toa), alte Grafsch. im nord-
westl. Frankreich (etwa das Depart. Pas
de CaUU); Hauptst Arms; seit 1678 flranz.
Karl X. führte nach seliier Vertreibung
den Titel Oraf von A, [der Hostie.
Artolatrie (gr.), Anbetung aea Brodes,
Artot, Joseph, Violiuvirtuos, geb. 4. Febr.
1815 in Brüssel, f ^- Juli 1845 in Paris.
Seine Nichte, Desir^e A., geb. 1837 in Paris,
ausgez. Koloratursängerin, Schülerin der
Viardot Garoia, lebt in Paris.
Artus (Arihnr), Fürst der celt. Süuren
oder Damnonier, Vertheidiger des alten
Celtenthums gegen die angelsächs. Invasion,
t nach der Sage 542, Mittel- u. Ausgangs-
punkt vieler Heideusagen, welche sich von
Wales und der Bretagne aus über die
roman. und german. Länder verbreiteten
und von den Dichtem des Mittelalters
vialfach bearbeitet wurden. A. residirte
zu Caerlleon am Usk in Wales mit seiner
schönen Gemahlin Ginevra (Ghwenhwywar),
umgeben von einem glänzenden Hofstaate,
dessen Mittelpunkt 12 Bitter bildeten, welche
als die Tapfersten und Edelsten der Kön^s
um eine runde Tafel zu versammeln pflegte
{A, Tafelrunde), Sie zogen nach Abenteuern
aus, und die Beschreibung derselben bildet
den Inhalt der zahllosen Dichtungen dieses
Sagenkreises in allen abendländ, Sprachen.
Die bedeutendsten hiehor gehörigen deut-
schen Gedichte sind : ,Iweiu' und ^Erek* von
Hartmann von Aue, ,LancoIot vom See* von
Ulrich V. ZaUikhoven, .Wigalois* von Wimi
von Gravenberg , ,Die Krone* von Seinr, von
Türlein, ,Daniel von Blumenthal* vom
Stricker, ,Gauriel von Murtaval* vom Meister
Kunfiart vom Stoffel. Wol/r. v. Eschenbacha
,Parcival' und ,Titurer beruhen zum Theil
auf der Artussage. Vgl. San-MarU (A.
Schulz), ,Die Arthursage', 1842 ; Ders., ,Zur
Arthursage*, 1843.
Artushöfe^ Junkerhöfe, im Mittelalter Ge-
bäude , worin sich die Bittor nach Art von
Artus Tafelrunde zu Gelagen versammelten.
Arninselii , niederl. Inselgruppe im ind.
Archipel, westl. von Neuguinea.
Arum L, (Aronsumrt, Aaronsumr», Zehr-
würz), Pflanzengattung aus der Familie der
Aroideen. A. maculatum L., A. vulgare
Lam., gemeiner Aronsstab, deutscher Ingwer,
Eselsohren, in schattigen Wäldern, giftig,
Wurzel früher officinell. A. Dracunculus
L., Dracunculus vulgaris Schott, ScJdangen-
kraut (Drachen würz) , im südl. Europa,
Wurzel ebenfalls früher officinell, stärke-
reich, gekocht auch als Nahrungsmittel
verwendbar ; ebenso die Wurzel von A. vir-
giuicum L., in Nordamerika.
Arundel (spr. -Öndel), Hafenst. in der engl.
Grafsch. Sussex, am Arun, 2500 Ew. Schloss.
Arundelscher Marmor, s. Marmorchronik.
Arnndo L. (Mohr, Bchi^f), Pflanzengattnng
der Gi*amiueeu. A. Donax L. , ßchcUmeien-
rohr (Pfahlrohr, span. Bohr), im südl.
Europa und nördl. Afrika, mit 6—10' hohem
Stengel, wird kultivirt und technisch be-
nutzt. A. Phragmites L., Phragmites com-
munis Trin., gemeines Teich- oder Schilf -
röhr, in ganz Europa, dient zum Dach-
decken, zum Verwahren der Wände etc.
Arra, rechter Nebenfl. der Waag im
Arvj^lisolie Brüdep — As.
189
nordwestl. Ungarn, kommt Ton den Ksr-
psthen; 12 M. Danach benannt das Komitat
A., 37,7 QM. und 90,000 Ew., rauh und
nnAmchtbar; Hanptort Also-Knbfn.
Aryali§che BrAaer, s. Ambarvalim.
Arve, linker Kebenfl. der Rhone, entspr.
am Montblanc, dnrchfliesst das Ghamouni-
thal , -mündet unfern Genf; 12>/s M.
Arye, s. t. ä. Zirbelkiefer, 8. Kiefer.
Arremer, Volk im sudl. Gallien, in der
hent. Auvergne, noch zu Gäsars Zeit bedeu-
tend. Hauptst. NemosflUB, Jetzt Clermont.
Arwidsson y Adolf Iwar , ichwed. Schrift-
steller, geb. 7. Aug. 1791 zu Padai^oki in
Tayastland inlTiunland, seit 1817I>ocent der
Geschichte zu Abo, w«fd, von der russ.
Regierung 1822 des Landes yerwiesen, bei
der k. Bibliothek in Stodcholm angestellt,
1848 deren Ghef ; f 21. Juni 1858 auf einer
Reise in Wiborg. Gab heraus jSvenska Fom
8&nger* (1834—42, S Bde.), Sammlung alt-
schwed. Volkslieder; »Svenska Konungar och
deyas Tidehyarf (1630->4S ; neue Aufl. 1855f .).
Armeimittel (medicameirUa) , Stoffe,
welche zum Behuf der Heilung bei Krank-
heiten angewendet werden, eigenthümliche,
<iem Körper meist fremde, dem Thier-,
Pflanzen- oder Mineralreich uxgehörige oder
•durch die neuere Ghemie dargestellte Sub-
stanzen. Die Wirkung der A. ist eine
chemisch -physikalische, aber nur als solche
in sehr wenigen Fällen vollständig be-
kannt. Früher schrieb man den A.n eine
•eigenthümliche dynamieehe oder vitaie Wir-
kung dem Organismus gegenüber zu, und in
4ier Homöopathie gipfelte, dieser Dynamls-
mns, wahrend man jetzt das Verhalten der
als A. benutzten chemiaohea Verbindungen
zu den chemischen Bestandtheilen, des Or-
-ganismus zu erforschen u..au8 den erkannten
Beaktionen ihre Wirkung zu erklären sucht.
Diesen Bemühungen gegenüber Ist auch die
Annahme Yon der apeeifUchen Wirkung der A.
nicht mehr stichhaltig geblieben. Die Wir-
kung der A. i%t physikaliech, wenn schleimige
Substanzen die Sohleimliäute einhüllen, wenn
Salze im Darm die Endosmose beschleunigen ;
ehemiteh, 'wenn z. B. Basen zu reichlich vor-
handene Säuren abstumpfen. Viele A. wer-
den im Organismus zersetzt, pflanzensaure
fialze verlassen ihn als kohlensaure, Ben-
zoSsäare als Hippursäure, andere werden
unverändert wied«r ausgeschieden, z. B.
Jodkalium, aber nicht ohne eine bestimmte
chemische Wirkung ausgeübt zu haben. Letz-
tere kommt häufig an der Applikationsstelle
zu Stande, auf der Haut, im Magen oder
Darme, häufig aber auch erst, nachdem das
A. in die Blutbahn gelangt ist. Früher
konnten A. unr auf dem gewöhnlichen Wege
vom Magen aus in das Blut gebracht werden,
jetzt spritzt man sehr häufig, z. B. Morphium-
lösungen, direkt unter die Haut und erreicht
eine viel schndlere Wirkung (mbhutant In-
jektion), Oft wirken die A. indirekt, z. B.
wenn durch Erregung oder Beruhlgnng der
Gentraltheile des Nervensystems der patho-
logische Prozess in bestimmten Theilen des
Körpers beelnflusst wird. Man sucht Jetzt
die Wirkung der A. an gesunden Menschen
und an Thieren zu erforschen und gelangt zu
um so zuverlässigem Ergebnissen, als man
Jetzt aus den vegetabilischen A.n die wirk-
samen Stoffe ganz rein abscheiden kann und
in der Bosirung nicht mehr auf Kräuter|Wur-
zeln, Rinden von ganz schwankendem Qehait
an wirksamem Stoff angewiesen ist. Die
phjfeiologische Wirkung der A. (am gesunden
Organismus) ist aber von der therapeutischen
oft sehr verschieden, ein brechenerregender
Stoff kann bei Krankheiten des Gehirns seine
Wirkung ganz versagen. Die A. rufen im
Organismus nicht nur eine, sondern ver-
schiedene Veränderungen hervor, von denen
jedoch eine die hervorragendste ist (Haupt-
loirhtng), während die andern (Nebenwir-
kungen) in geringerem Grade hervortreten
und je nach dem Krankheitsfall die erstere
unterstützen odfr beeinträchtigen. Li der
Heilkunde theilt man die A. ein nach ihrer
Wirkung und unterscheidet: Alterantien
(Metalle und ihre Verbindungen, fixe Alka-
lien, Erden, Metalloide und ihre Verbin-
dungen), bittere adsti-ingirende- Pflanzen-
stoffe (Roborantien , Touica, Euplastica),
flüchtigerregende Stoffe (Kampher, ätheri-
sche Oele, Balsame, Harze etc.), scharfe
irritirende Stoffe, betäubende und asphyzi-
rende Stoffe (Narootica, Gyanverbindungen),
indifferente nährende Stoffe (Eiweiss, Gum-
mi, Fette, Mineralwässer).
Arsty ein Mann, der sich der Heilung der
Kranken widmet. Der ärztliche Stand, ruht
mit seinen Anfängen in den Tempeln, wo
die Priester den von den Göttern Hülfe er-
flehenden Kranken Rath ertheilten. Später
emancipirte sich die Heilkunst von dem
Priesterthum. Bei den Römern waren die
Aerzte meist griech. Sklaven. In Deutsch-
land war die Heilkunst bis zur Reformation
in den Händen der Mönche; nur in Italien
wurden weltliche Aerzte ausgebildet. Gegen
Ende des Mittelalters bildeten die Aerzte
eine besondere ^unft und wurden duifeh die
Promotion Mitglieder der Fakultät. Später
wurde die Doktorwürde und die Licenz zur
Praxis käuflich und die ärztliche Kunst
sank zum Handwerk herab, so dass der
Staat einschreiten und Staatsprüfungen ein-
führen musste. Dies führte zur Erthoilung
verschiedener Qualiflkationen, man unter-
schied Aerzte erster und zweiter Klasse, ist
davon Jedoch in neuester Zeit vollständig
zurückgekommen. Dagegen erforderten die
Fortschritte der Wissenschaft und ärztlichen
Technik die Ausbildung von Specialärzten,
welche durch ihre grösseren Erfahrungen auf
beschränktem Gebiet die Heilkunst ausser-
ordentlich gefördert haben. In neuester
Zeit hat die eifrige Befolgung der physiolo-
gischen Richtung den deutschen Aerzten
den Vorrang vor allen übrigen verschafft.
As, 1) älteste röm. Kupfermünze, zuerst
unter Serv. Tullius geprägt, ursprüngl.
vom Gewicht eines Pftindes, nach u. nach
auf Vaa Pfd. redudrt, zerflel als Gewicht
in 12 Theile: unda = Vit* sextans = %
quadrans = V4 A. etc. — 2) Gewicht in
Deutschland und Holland, kleinster Theil
des Pfandes und der Mark, diente vormals
140
AsSdi — Asche.
bes. ra B«8tfmmtingr der Schwefr© der Mtkn-
sen, jetst dnrch das fl*anz. Qrammengewicht
TerdrfiDgt. Die alte köln. Mark hielt 4020
köln. As oder Dtikatenas und wog 4864,68
lioll&iid. As. 20*lt hoU&nd. As =r 1 frans.
Gramme.
Asldi. mit *dem Beinamen Thtui, alter
?er8. Dichter, geb. eq Thns in Khorasan,
um 1020 n. Chr. ; Lehrer des Tirdusi.
Aiaflly Stadt, s. Sq;!.
▲m föetida (SHnkaaand, Teuf eUdr eck), der
an der Laft erhärtete Milchsaft von Femla
Asa foetidalr., Scorodosma foetiditm Ptm^e,
einer pers. Umbelliferei enth< Hars,
Gnmmi und fither. Oel, riecht nnd schmeckt
höchst widerlich; dient als kräftiges Reis-
mittel txLT das Nervensystem, in Indien nnd
Persien auch als Küchengewürs.
Asam (Assam), Landscha In der angloind.
Präsidentschaft Kalkutta, Ewischen den
Gebirgen von Bhutan und dem Garro, vom
Brahmaputra durchströmt, fruchtbar (Thee-
bau); früher eigner Staat, seit 1825 den
Briten unterworfen; 1157 QM., 750,000 Ew.
Hanptst. Dschorhatt, ehemals Rangapur.
Asamonäer, das Geschlecht der Makka-
bäer, bes. von Hyrcanus (135 v. Chr.) an,
n. Ein. von dem Berge Aaamon in Galiläa.
Assn. bulgar. Könige, s. Bulgarien.
Assnischewsky, Michad von, Komponist,
geb. 1839 in Moskau, Schüler von M. Haupt-
mann, lebt in Paris. Sehr. Klaviersachen,
ein Streichquartett, Lieder u. A.
Asarja (auch UHa), 1) König von Juda,
798 — 746 V. Chr., Sohn des Amazia, be-
siegte die Philister, musste, weil er in die
Rechte der Priester eingegriffen, sra Gun-
sten seines Sohnes Jotham abdanken. —
8) (Abed-Nego) einer der drei Gefährten
des Daniel in Babel, nach dem dag Oebet des
A. im A. T. betitelt ist.
Asarkie (grO> Fleischlosigkeit, Magerkeit.
Asaniin X. (ffaselwurt) , Pflanzengattung
der Aiistolochieen. Von A. europaeum L.,
wilde Narde, in Deutschland und dem nördl.
Europa, war die Wurzel früher offlclnell.
A. arifolium Michx,, wilder Ingwer, im Sü-
den Nordamerikas.
Asasel^ bei den Juden böser Dämon, der
in der Wüste wohnen sollte und jährl. am
grossen Versöhnungstage durch einen Bock
beschwichtigt ward.
Asbest, faseriges, aus Kieselsäure, Mag-
nesia, Kalkerde nnd Eisenozyd bestehendes
Mineral (Hornblende, Augit und Serpentin
nahe stehend) , weiss oder grau , spec. Ge-
wicht 8,5—2,9. Der hiegaaime A, (Amiant,
Bergflachs, Federwelss), in Korsika, Tirol,
Piemont etc.^ lässt sich zu feuerfesten Ge-
weben verarbeiten. Der gemeine A. hat
gröbere kürzere, und Bergkork (Bergleder)
in einander gewobene, verfilzte Fasern.
Asbjoniseiiy PUer Chriatian, norweg.
Schriftsteller, geb. 15. Jan. 1818 in Chri-
stiania, Forstmeister im Stift Drontheim.
Verf. geschätzter naturwissenschaftl. (meist
Koolog.) Werke u. Volksbücher ; auch Samm-
ler von Volkssagen etc. ,Norweg. Volksmär-
chen* (mit J, Moe 1848—43, deutsch von
Breaemann 1847) ; ,Norweg. Feenmärchon und
Volkssagen* (deutsch V. ^rSsse- 1858); auMer^
dem ,Jnle-traet* (1850), ,Ydale* (1868) n. a.
AseaBlniy Sehn des Aeneas und der
Creusa, auch Jvlue genannt, kam mit
seinem Vater nach Italien, überliess nach
dessen Tode seiner Stiefmutter Lavinia
Latium , gründete in Alba longa eine neu«
Dynastie, Stammvater der röm. Gtens Julia.
Aseendenten (lat), Verwandte In auf-
steigender Linie.
AsceiMlOB (lat.), Aufsteigung , namentl.
die Himmelfahrt Christi; im astronom.
Sinne s. Aufsteigung,
AfCensiOB (Himmelfdkrinntel), Insel im
atlant. Ocean, nordwestl. von St. Helena,
Vulkan., kahl. öOO^Ew.; seit 1815 englisch.
Amcm (gr.), die enthaltsame Lebens-
weise der al^^ech. Athleten; bei den
Stoikern Uebung in der Beherrschung der
Leidenschaften nnd Begierden; in der
Christi. Religionsgeschichte ' die zu Er-
langung Christi. Vollkommenheit für nötfaig
gehaltene Verttiohtleistnng auf die Freuden
der Welt, verbunden mit besondem Uebun-
gen zu ihrtödtnng der sinnlichen Triebe n.
Begierden, führte im 3. Jahrb. zum Anacho-
retenleben , woraus das Mönchswesen ent-
stand. Aacetik, die Theorie der A., moral.
Gymnastik. Aaeeten, der A. sich Widmende.
Aseh. Stadt im böhm. Kreis Eger, 9405 Ew.
Bergschloss. Im Sexirk A. (8Vt QM.) über
84,000 Protest., mit bedeutender Industrie.
Aschaifenburgy Stadt im bayer. Regbs.
Unterfranken, am Main nnd an der Aaeihaff,
10,676 Ew. Stiftskirche; Schloss Johannis-
bürg; Pompejan. Haus. Seit 8. Jahrb.
Stadt (Ascapha), früher zu Mainz gehörig;
seit 1814 bayerisch. Hier 14. Juli 1866 Bieg
der Preussen über die Oesterreicher etc.
Asehbaeh. Joa., Geschichtschreiber, geb.
29. April läOl zu Höchst, seit 1842 Prof. zu
Bonn, seit 1853 zu Wien. Sehr. ,Geseh.
der Westgothen* (1827); ,Gesch. der OmM-
jaden in Spanien* (1829-30, 8 Bde. ; 8. Aufl.
1860) ; ,Gesch. Spaniens u. Portugals zur Zeit
der Almoraviden nnd Almohadeu' (1833—87,
2 Bde.); ,Gesch. Kaiser Sigmunds' (1838—46,
4 Bde.); ,Urkundl. Gesch. der Grafen von
Wertheim« (1^^* 2 Bde.); gab heraus ,Allg.
Kirchenlexikon' (1846-50, 4 Bde.). Aufsehen
machte sein letztes Werk ,Roswitha und
Conrad Geltes* (1867, 2. Aufl. 1868).
Asche, gelehrter Jude, Vorsteher der
Akademie zu Sora, f 427 n. Chr.; gilt für
den Urheber des babylon. Talmud.
Asche 9 der unverbrennliche Rückstand
beim Einäschern pflanzl. und thier. Stoffe,
von sehr verschiedener Zusammensetzung,
findet mannlchfache Verwendung: phosphoir-
säurereiche Thier- (bes. Knochen-) asche
zur Phosphorbereitung, alkalireiche Pflui-
zenasche zur Potaschegewinnung. In keiner
A. fehlen Kali, Kalk, Magnesia, Eisenoxyd,
Kohlen- und Phosphorsäure; fast Immer
vorhanden sind Natron, Mangan, Chlor,
Schwefelsäure und Kieselsäure; Seepflanzen
enthalten Jod ; selten ist Fluor-, Thonerde»,
Kupfer- und Bleigehalt. Die A. findet jetzt
meist nur lokale Verwendung als Dünger
und In der Haushaltung zur Laugenberel-
Aschenbrödel -— Asiago.
141
taug (nur SoloMche). A. ist auch veralte-
ter Name einiger Metalloxyd» (Blei-, Knpfer-,
Zinnasche), sofern sie durch langes Erhitzen
der Metalle bei Luftzutritt erhalten werden.
VulkanUehe A., staubförmiger Auswurf von
Vulkanen, besteht aus SUneraltrummem,
wird durch Winde oft sehr weit fortgeführt
und bildet beim Niederfallen den Aschen-
regen, Unter vulkan. A. wurden Pompeji
und Herculanum begraben.
•Aielienbrodely Küchenjunge; Hauptperson
eines bekannten deutschon Volksmärchens,
Königstochter , die von ihren hochmüthigon
Schwestern aufs eftiiedrigendste behandelt
wird, bis ihre Tugend und Schönheit die
Liebe eines Königssohns gewinnt. Stoff zu
Platens satir. Lustspiel ,Der gläserne Pan-
toffel*, KU den Opern ,Gendrillon' von
Isonard und ,Cenerentola' von Bossini.
Afchenregen, s. Asche,
AfCbernüttwocli (Aschertag), der Mitt-
woch nach Fastnacht, an welchem in der
kathol. Kirche die Glaubigen mit geweihter
Asche bestreut werden.
Asehenlebeiiy Kreisst. im preuss. Begbs.
Magdeburg, an der Eine, 15,960 Ew. Ehe-
dem Hauptort der Grafsch. Askanien.
Aielirftry Ortiin Persien (Masenderan) ; 8.
Okt. 1727 Friede zw. der Türkei und Persien.
AfCii(gr.), Unschattige, Schatteulose, die
Bewohner der heisaen Zone, weil sie zu ge-
wissen Zelten, wenn die Sonne in ihrem
Meridian stehl^ Mittags keinen Schatten wer-
fen, was bei den unter den Wendekreisen
Wohnenden Jährl. einmal, bei den zwischen
denselben Wohnenden zweimal Statt findet,
liotstere heissen auch Amphiseii, Zweischat-
tige, weil sie ihren Sohatten in den übrigen
Zeiten des Jahres eine 2(eitlang nach Süden
und eine Zeitlang nach Norden würfen. Die
Bewohner der gemässigten Zonen heissen
HeUroscii oder Einschattige, weil ihr Schat-
ten Mittags stets nach ders. Seite, näml. in
der nördl. gemässigten Zone gegen Norden,
in der südl. gegen Süden fällt; Ftriscii,
Umschattige, die Bewohner der kalten Zo-
nen, weil ihr Sohatten zur 2Seit, in der die
Sonne ihnen nicht untergeht, nach allen Sei-
Aseldlen* s. Seeseheiden, [ten herumgeht.
ABClepiSaet, griech. Arzti aus Prusa in
Bithynien, praktlcirte zu Born, t 96 v. Chr.,
Stiller der methodischen Schule. Sehr.
,De Omnibus a<yutoriisS die erste allge-
meine Therapie. Das ihm zugeschriebene
kleine Gedicht »Praecepta sanitatis' (her-
auig. von Weh 1841) ist späteren Ursprungs.
AidepIasZ. (Schwatbenrntr», Seidenpßame),
Pflanaengattung der Asclepiadeen. A.
syriaca If, eyriseke Seidennfianze, in Vtr-
ginien und dem Moigenlande, vielfach
kultlvirt Bur Gewinnung der seidenhaarigen
Samenkrone, die als Splnxunaterial dient.
A. aathmatioa L., in Ostindien, brechen-
erregend, als Arzneipflanze häufig benutzt.
AMdli dl Pnglia (spr. -Pulja, röm. Aseulum
AmOutn), ital. Stadt in Apulien, 6000 Ew.;
279 V. Chr. Bieg der Bömer über Pyrrhus.
AscdU-PIceno (spr. -Pitscheno), Prov, in
Mittelitalien (Marken), 88 QU., 196,030 Ew.
Die HamjpM<idiA»t am Tronto, 11,098 Ew.
Aseot-Heath (spr. Aeseot-Hith), Heide-
ebene bei Windsor ; das. Jährl. im Juni be-
rühmte Wettrennen (Ascot-Saces).
Aseutnex (spr. Aeskötni), Berg im' nord-
amerik. Staa^ Vermont, bei Windsor, 3120'.
Asebie (gr.), Gh>ttlosigkeit, namentl. Ver-
aclitung der Nationalreligion.
Asega, in Friesland Volksrichter. Asega-
luoh, fries. Gesetzbuch aus dem 13. Jahrb.
Asega^ tscherkess. Völkerstamm im westl.
Kaukasus, seit 1864 den Bussen unterwor-
fen; zerfallt in die Abchasen, Dschigeten,
Sambal im S. und 6 kleinere Zweige im N.,
zusammen ca. 108,000 Seelen, wovon nur
der kleinere Theil ausgewandert ist.
Aseitit (lat.), Selbstgenügsamkeit, in der
Scholastik absolute Unabhängigkeit Gottes.
Aselgfe (gr.), Ausschweifung, Wollust.
Asellly Kckspar, ital. Anatom, lehrte in
Pavia, t 1626 in Mailand, Entdecker der
Milchgefässe des Gekröses (A.a Milchvenen),
Aieil (altnord. As, Plur.' Aeir, goth. Ans,
Plur. Anseis, althochd. Ans, Plur. Bnsi,
angelsächs. Os , Plur. Es), in der nord.
Mythologie das mächtigste Göttecgeschlecht,
als dessen Stammvater Odin galt, begreift
die 18 männl. Gottheiten: Odin, Thor,
Beider, l^örd, Freyr, Tyr, Bragi, Heim-
dal, Wldar, Wali, ÜUer und Forseti, und
12 weibl. A. (Asinnen), darunter Frigg,
Freya, Idun, Eir und Saga.
Aseroeldschan (Kleitmedien, im Alterth.
Atropatene), nordwestlichste Prov. Persiens,
TheU von Medien, ein Alpenland, gut be-
wässert, fruchtbar; eins der reichsten
Handelsgebiete Persiens. Etwa 2 Mlll. Ew.
(Turkmanen, Kurden); Hauptst. Täbris.
Asgard (Burg der Äsen), in der nord.
Mythol. der himmlische Göttersitz, durch
die Brücke Bifröst (Begenbogen) mit der
Erde (Mitgard) verbunden.
Ashanti (As-janti), mächtigstes Neger-
reich Oberguineas, auf der Goldküste, um-
fasst (seit 1837) ausser der Berglandschaffc
A. noch die ehemals freien Landschaften
Ahanla, Adingea, Gamon, Sanem, Wassaw,
Daghumba, Aklm u. a., etwa 84fi0 QM. mit
41/i Mill. £w. Monarchische, despotische
Verfassung; Mensdienschlächterei iJs Gere«
moniel der HofTeste üblich. Bewohner
meist heidnisch, zum kleinen Theil moham-
medaniich; muthvoUj, tapfer, auch tech-
nisdi sehr geschickt. Hauptstadt: Kumassie.
Azliery Adolf, deutscher Buchhändler,
geb. 88. Aug. 1800 zu Kammin in Pommern,
seit 1830 zu Berlin ansässig; f 1. Sept. 185s
zu Venedig. Tüchtiger Bibliograph; sehr.
,BibliographicaI essay on the coUection of
voyages and travels by L. Hulslus* (1839);
,Bibllographioal essay on the Scriptores renun
germanloarum* (1848); gab heraus das .Itine-
rary of B. Benjamin of Tudela' (1840).
AslitOB mder Lyiie (spr. Aeschf n önder
Leine), Stadt in der engl. Grafsch. Lan«
caster, am Tawe, 84,886 Ew. Ber. Twist-
Spinnerei, Baumwoll-» Tuchfabr.
Ali» FluM; der alte Orontes.
AziagO) Hauptort der «Sieben deutschen
Gemeinden', in der oberital. Prov. Vloenza,
M40 Ew. Ber. Strohhüte.
142
Asiatisclie Banise — Asien.
•'\
t
JjistlBelie Bsntse, alter deutscher Roman,
TOn H. A. von Ziegler (8. d.).
AlUtiiehe Brfider, geheime Gesellscbaft,
1780 in Oesterreich entstanden, huldigte
theosoph. , kabbalist. nnd alchemist. Träu-
mereien. Vgl. ,Die Brüder St.-Johaunls des
Erangelisten aus Asien*, 1830.
AsUtlsche OesellBChaften, Vereinigung
▼on (belehrten zur Erforschung der Literatur,
Geschichte, Geographie, Religion und Spra-
chen des Orients; die erste 17^1 ron den
Hollftüdem in Batavia gegründet; ihr folgte
die Asiatic society of Bengal in Kalkutta,
von W. Jones 1784 gestiftet, und ähnliche
in Bombay, Madras, auf Surhatra, Malakka
XL, Ceylon; die Soci6t6 Asiat, in Paris (seit
1822), die Royal Asiatic society of Great-
Britain (seit 1823), die Deutsche morgenländ.
Ctosellschaft in Leipzig (seit 1845), die Ameri-
can oriental society (seit 1842 zu Boston).
Asleiiy grSsster Erdthell, die östl. Haupt-
masse der ,alten Welt*, mit seinem Fest-
lande gans auf der n5rdl. Halbkugel ge-
legen u. vom Aequator am weitesten gegen
N. reichend , daher alle 8 Zonen der He-
misphäre durchschreitend, 765,000 QM.
(mit den Inseln 815,000) und etwa 805 Mill.
Ew. Von 8 Seiten Ton Oceanen umflossen
(nördl. Eismeer im K., stiller Ocean im O.,
Ind. Ocean im S., arab. und Mittelmeer im
W.), nur im NW. mit Europa und im 8W.
durch die (jetzt durchstochene) Landenge
von Suez mit Afrika zusammenhängend.
Aeusserste Punkte: Kap Tscheljuskin 78«
n. Br. (nordöstl. vom Kap Talmyr), die Nord-
spitze der alten Welt ; K. Büro V/*^ n. Br.
(westl. vom Kap Romania), die Südspitze
A.b; das Ostkap 152« w. L., die Ost-
spitze der alten Welt, die hier nur durch
die Behringsstrasse von der neuen Welt ge-
trennt ist ; Kap Baba, 44fi 5. L., Westspitze
A.s. Femer: K. Lopatka, Kambodscha (Ong-
dok), Komorin. Grösste Länge (K. Baba bis
Tataigolf am Amurland) 1300 M., Breite
gCap Tscheljuskin bis Kap Büro) 1150 M.
ahlreiche und grosse Halbinseln (Kleiu-
asien, Arabien, Vorder- und Hinterindien
mit Malakka, Korea, Kamtschatka, Tschukt-
schenhalbinsel) , Im (Hnzen 150,000 QM.,
aber der Grösse des Kontinents gegenüber
doch nur geringe Gliederung ; Küstenlftnge
7700 M. (l:99Vs des Festlandes). Die
Inseln grÖsstentheUs im O. nnd SO. ange*
häuft als die grossartigsten Gruppen und
Inselketten der Erde (dort die chines. und
Japan. Inseln, Sachalin, die Kurilen; hier
der ostind. Archipel, Ceylon, Lakediven,
Sokotra etc.). Im Ganzen 51,000 QM. (1 : 16>/io
des Erdtheils). Die Hauptländer: im N.
Sibirien mit Kamtschatka; im O. Ohina,
Mandschurei (Amurland), Korea, Japan ; im
9. Vorder- und Hinterindien mit dem
ostind. Archipel, Arabien; Im W. Iran
(Peraien mit Afghanistan und Beludschl-
stan), Tnran oder Westtnrkistan (grosse
Bucharel eta), Kaukasusländer, aslat.
Türkei; in Oentralasien: Ostturkistan
S leine Bucharei oder hohe Tatarei), Tübet,
ongolei nnd Songarel.
Die SodengestdU A.g anageselobnet durch
die h&chsten und ausgedehntesten Massen-
erhebungen mit den höchsten Berggipfeln^
die grössten Plateaus mit den ungeheuer-
sten Randgebirgen der Erde. In keinen»
andern Erdtheile die Gegensätze von Hoch-
und Tiefland Menes */6, dieses *l% des ganzen
Areals) in gleicher Ausdehnung, die Ueber-
gangsformen der Gebirgs- und Stufenlänfler
jn gleicher Grösse und Mannichfaltigtceit»
Das Hauptgebirgsland liegt in der Mit|e-
des Erdtheils, von,W. nach O. sich aus-
breitend und in 2 Centralhochländer ser-
fallend: das Hoch]an(^ Vorderasiens xin<l
das Hochland Hinterasiens; beide verbun-
den durch eine Verengung des Gebirgs-
landes unter OOo 5. L.: das nur 60 M.
breite Alpenland des Hindukhu. Ausser
diesem Haup^ebirgsland auf allen Seiten
Nehengebirge , theils auslaufend, theü»
getrennt vorliegend. I. Das Hochland von
Hinterasim (280,000 QM.) , das grösste der
Erde, auf 4 Seiten von Randgebirgen um-
wallt : im S. Himalaya (mit U^BOO* mittlerer
Kammhöhe und unzähligen Gipfeln über
20,000', im Mt. Everest 27,212' h., nach S. in
mehreren Stufen abfallend) ; im O. das viel-
verzweigte chines. ^Jünling) u. mandschur.
Alpeuland; im N. eoenfalls vielverzweigte,
aber weniger hohe Alpenländer (daurisches
Gebirge, Altai und songar. Bergland) ; im
W. Alpenland von Westtnrkistan (Belortagb
u. Plateau von Pamir, 15,000'). Innerhalb-
des Randes streichen das Himmelsgebirge-
Thianschan) und der Küen -lün mit Gipfeln
bis zu 20,600' Höhe. Der grösste Theil der
Scheitelfläche Steppe und Wüste (Gobi);
an Höhe sehr verschieden (Tübet 8—12,000',
Songarel 1800-2000', Gobi 4000' hoch),
n. Das Hochland von Vorderasien, weniger
hoch und ausgedehnt (71,000 QM.), in S Ab-
theilungen zerfallend : a) Plateau von Tran,
in der Mitte 2-3000', im O. nnd W. 4—6000*
hoch, durchaus wasser- und holzarm, um-
schlossen von Randgebirgen (meist Paral- '
lelketten mit flrnchtbaren Thälem); Nord-
rand: der Hindukhu (bis 19,000'), Paropa-
misus nnd Elburz (17,300'); Ostrand: da»
ind. - pers. Grenzgebirge ^Solimanskette-
10,600^; Südrand: die Bergterrassen von
Beludschlstan und Farslstau; Westrand:
das Gebirge Kurdistans mit dem Elwend
und (im NW.) das Alpeuland Aserbeidschan.
b) Plateau von Armenien (Ararat 16,000') n.
c) Hochland von Jna<oIten (Taurus 11,000')»
Nebengebirge: im S. die Hochländer von
Syrien und Arabien, das Plateau von
Dekhan (Vorderindien), die Kettengebirge
Hinterindiens I im O. die Gtobirge Nanling-
und Peling, die Kette von Korea; im N.
der ostsibir. Höhenzug (mit Aldan- nnci
Stanowoigebirge), die Bergketten von Kamt-
schatka; im W. der Ural und Kaukasus..
Neben und zwischen den Ctobirgsmassen
das Tiefland, in 6 Hauptmassen verthelltr
Tiefland von Sibirien (200,000 QM.), kasp.
Tiefland mit den grössten Seen der Erd»
(50,000 QM., davon V-a onter dem Meeres-
spiegel liegend: aralokaspische Erdsenke},,
chines. Tiefland (das fruchtbarste und kul-
tivirteste Land der Erde, 10,000 QM.), dl»
Asien.
14S
Tieftbenen Hlnterindlens, das Tiefland Vor-
derindien« (HlndoBtan) und Mesopotamien.
Auf den Inseln, bes. den Snndainseln, Mo-
Inkken nnd Philippinen nnd den nordösä.
aslat. Inseln, zahlreiche hohe nnd grossen-
tfaells thätlge Ynlkane. Niedrig sind nnter
den loseln nnr dieMaledlren und Lakedi Yen.
Die äirOme A.s eiglessen sich nach allen
4 Weltg^nden nnd suglelch nach 4 Hanpt-
meeren, stellen aber nicht, wie die Ströme
Amerikas nnd Europas, eine Verkehrsver-
blndung her zwischen ihrem Quellland nnd
den Heeren und Küsten, weil sie theüs in
Ihrem weiten Ober- nnd Mittellauf wenig
oder nleht schiflFbar sind, theüs In unwlrth-
baren Polai^^enden münden. Zum Eismeer
fliessent Ob, Jenlsel nnd Lena; zum grossen
Ocean: Amur, Hoangho u. Jangtsekiang ; zum
Indischen Ocean: Sll^ang, Mekhong, Menam,
Saluen, Irawaddy, Brahmaputra, Ganges,
Indus, SchatelArab (Eaphratu. Tigris); zum
Mittelmeer; KlsH Irmak (Halys). Daneben
grosse Steppenflüsse in Binnenseen mün-
dend: Kur, Terek, Kuma, Ural (Kaspisee),
Amu, Syr (Aralsee), Tarlm (Lop-noor), Hl
(Balkaschsee). Zahlreiche Seen, einen Gür-
tel bildend, rom todten Meere erst nach
NO., dann nach O. am Rande des Hoch-
landes bis in die Mitte A.s; darunter die
höchsten aller Seen, sowie der grösste Al-
pensee: der Baikalsee, und die grössten
Kiederungrsseeu der Erde: das kasp. Meer
und der Aralsee; neben diesen der Issik-
kul, Balkasch, Dsaisan, Ubsa-noor, Kosso-
gol; ausserdem auf den Hochfl&chen der
Goktscha, Urmia, Wan8ee,'Hamum, Tengrl-,
Iiop- und Khuku-noor.
Das Klima A.s ist in Folge der Gestalt
und Lage des WelttheOs (zum bei weitem
grössten Thefl in der gemässigten Zone
und der Zone des Ter&nderlichen Nieder-
schlags; nur etwa 5000 QM. innerhalb des
Polarkreises) entschieden trocken, kontinen-
tal, im Vergleich zudem AfMkas mannlch-
faltig, aber dem Amerikas geg:enüber her-
Torstechend durch grone Einerlelheit auf
Ungeheuern Strecken. Die Warme nimmt Ton
W* firmen O. ab, und allgemein, bes. aber Im
Innern, treten die äassersteuGlegens&tzeYon
Winterkälte und Sommerhitze auf. Schnee-
grenze am höchsten am Blarakomm in Tübet,
n^iSO* an der Nord-, 18,200' an der Südseite.
Vier klimatische Reylere : 1) Klima ron Vor-
derasien innerhalb der Regenzone heiss,
dürr, thellwelse üppig und reizend fKüsten-
terrasse Kleinasiens, Libanon, Ranagebirge
Irans); ausserhalb derselben k<eres Step-
penklima (Turan), oder europ. Gtebirgskllma
Kaukasus, Sohne^^enze daselbst 11,000');
8) Klima des Östl. Hoohasiens, noch kon-
tinentaler, trockner und im Sommer noch
heisser; daher Schneegrenze des Himalaya
In T&bet 16,800' (d. 1. höher als an der
Südseite, 15,200'), Getreidebau bis 14,000';
V) Klima des (trop.) Südasiens, In den
TiefUndem theils feuchtheiss (am (Hnges,
in Hinterindien, auf den Inseln), theils
trockenheiss (am Indus); in den Berg-
Iftndem subtropisch, an den Hochgebirgen
empor abgestuft bis zum Polarklima; 4)
Klima Nordasiens, kontinental, mit langen,,
sehr strengen Wintern und schrolf ein-^
tretenden, kurzen, drückend helssen Som*
mem (Schneegrenze am Altai 6600', Ge»
treidebau bis 2400').
Produkte, In der Pflanzenwelt grosser
Relchthum und fiusserste Mannlchfaltlgkeit,.
von der üppigsten u. £n!t>ssartig8ten Flora,
des trop. Südens bis zum Polarmoos an >
der Schneegrenze und der kümmerlichen
Vegetation der Wüsten und Steppen im ,
W. und N. Nicht minder gross die Meng»
und Vielartigkeit der ausgebildetsten Thlere,
namentl. Im feuchthelssen S., dessen Fauna
die aller übrigen Erdstriche übertrifit. Da-
bei ist A. die Heimat einer Menge weitver-
breiteter Kulturgew&chse, sowie fast aller
europ. Hausthlere (hier noch in ursprfltng-
licher Wildheit). MinercarHeh: Gold, Silber»
Platin, Kupfer, Eisen, Zinn, Quecksilber,
Magnet, Steinkohlen, Graphit, Naphtha, Salz».
Salpeter, Ambra, Salmiak, Edelsteine. Eigen*
thümliche I*ßaiuen: Palmen (Sago-, Kohl-,
Schirmpalme etc.), ind. Feigenbaum, Barn»
bus, ind. (span.) Rohr, edle Holzarten
(Sandel-, Teakholz etc.), Thee (Ohlna),
Zimmt (Ceylon), Pfeifer (Ton Malabar bis
Ostbomeo), Ingwer, Muskatnuss, Gewllrs*
nelke, Kampher- u. Fimlssbaum, Balsam-,
Gummibaum , Weihrauchpflanzen , Seifen-
baum. Ausgedehnte Kultur von Kaffee,
Baumwolle, Reis, Indigo, Zucker, Tabak,
Wein, Mohn (zu Opium), Maulbeerbaum»
vielerlei Obst, Betelnuss (Arecapalme),
Saflran, Yamswurzel, Mals. EigenthümK
Thiere: der asiat. Elephant, ges&hmt und
wüd (auch weisse in Hinterindien), Königs-
tiger (bis 500 n. Br.), schwarzer Tiger
(Java) , einhömiges Rhinoceros (auf Suma-
tra mit 2 Hörnern), Zebu (den Indlem
heilig), Dschaggatal (in den Steppen beer-
denwelse), Grunzochs (Jak), Kulan (wilder
Esel), Zibethkatze, Angora-, Kaschmir- u.
Tübetziege, Argallschaf, Zobel, Moschns-
thier, zahlreiche Affenarten, z. j9. Gibbon,
Orang-Utang (Bomeo und Sumatra) und
Hulman (von den Indlem verehrt) etc.;
Kasuare (südöstl. Inseln), Pfauen (Indien
und Japan}, Nashornvögel, Marabustörche,
Gold- und SÜberfesanen, Paradiesvögel»
Kakadus, Rüsselpapageien etc., Salang^anen
(iud. Schwalben mit essbaren Nestern),
Reisvögel; femer das Gavial (Ganges-
krokodin, geflügelte Eidechsen, Python
(die ostlnd. und javan. Riesenschlange)»
giftige Seesohlangen, Brillen- und Feld-
sclilangen, Goldflsche, Seidenraupen (Seiden-
fabrikation A.s ca. 188 Mill. Thlr.), Schild-
kröten, Perlmuscheln, pr&chtige Schmetter-
linge. Von grosser Wichtigkeit die Zucht
von Pferden (Arabien, Persien, Kaukasien),
Kamelen und Dromedaren (nördl. vom
Himalaya und im W. des bidus, nirgend»
wild). Ausserdem theilt A. mit andern
Brdtneflent Löwen, Hyftnen, Panther»
Schakale, Rennthlere, Steinböcke, Bären u..
viele andere Pelsthiere, GazeDen, Strausse..
A. ist die Wiege des Menschengeschlechts»
der Ursita seiner ersten Erziehung, Ent-
Wickelung und Clvillsatlon, sowie seiner
144
'Asin — Askelöf.
allm&hligen Verbreitai«, dar Land der
srössten Völkermannlohfaltigkeii a. Yölker-
vanderangen, der ältesten Staaten nnd der
ältesten und verbreltetsten Religionen. Die
Bevölkerung etwa 805 Hill. , am dichtesten
Im S. nnd In China, sehr dfinn in den
xiördl. Ländern Us etwa 40« n. Br. ; 3 Baoen:
1) mongol. oder aricU. Raoe im 0. nnd N.
/Chinesen, Japanesen, Tübetaner, Birmanen,
ßiamesen, Mongolen, Kalmücken, Kirgisen,
Alandschuren, Tangusen etc.) ; 2) kaukae, oder
ind. ' europ, Raoe im W. u. SW. CHlndn,
Perser, Afghanen, Belndsohen, Türken,
TTorkmanen , Armenier , Tscherkessen,
•Georgier, Araber, Syrier etc.) ; 8) mdlayieehe
Baoe im äuss^rsten SO. (Malayen auf Ma-
lakka, Java, Sumatra etc.). In Beaug auf
£prachTerwandtschaft (Zahl der Sprachen in
,A. ca. 153) 5 Völker- und Sprachenstämme:
' 1) der chinee, -Japan. Stamm im SO. mit 4 Fa«
tnilien (Chinesen, Koreaner, Japaner und
IndoChinesen in Hinterindien) ; 8) der tatar.
im übrigen Kord- u. Ostasien, mit 4 Familien
(Tübetaner. Tataren, Tungusen und die
U^irkvölker) ; 3) der ural. oder jUnn. (ugrische,
tsohudische) , ah der Nordkuste A.s und
auf beiden Selten des Ural, mit 3 Famflien
(Finnen, Samojeden, Ostsibirier); 4) der
ind. -europ, (Indier, Perser, Kaukasier,
Araber, Syrier etc.); 5) der malayitch-
4xuHräl. Stamm, im SO. (noch wenig be-
kannt). Nach Massgabe der OeeiUung 3
Abtheilnngen : 1) wilde Jäger- u. Fischer-
Tölker, in Nordasien (Sibirien); 8) Nomaden
mit patriarchal. Leben, in gani Mittel- und
•einem grossen Theil ron Westasien (die
mongol., türk. und arab. Völker); 3) an-
sässige Völker mit mehr oder weniger
Ausgebildetem Staatsleben, In Ost- und
£üdasien (Chinesen, Japaner, Tübetaner,
Hindu, Hinterindier, Perser, ein Theil der
Afghanen und der Türken) ; die einen ohne
«lle Gewerbthätigkeit (Araber, Hinterindier
tu a.) , andere darin ausgezeichnet. Saupt-
4ndtutriexweige : Porzellan- und Papierfabri-
kation, Elfenbein-, Lackirarbeiten (Chinesen
und Japanesen), Seiden-, Vt^oUen- u. Baum-
wollenweberei, Leder- und Metallarbeiten
(Hindu, Chinesen, Persar, Türken etc.).
I>er Mandel A.s vorwiegend Karawanenhan-
•del. Von den monotheistischen Beligionen
ist nur der Islam herrschend, im W. und
«um Theil im S.; daneben Juden- und
Christenthum, theüs in zersprengten Sekten
kümmerlich erhalten, theils durch europ.
lüsslonen und Kolonisation neu eingeführt.
Ausserdem polytheistische Religionen herr-
schend: der Brahmanismus (Vorderindien)
und der Buddhismus mit dem Lamadienst
<Ost- u. Mittelasien); daneben Feueranbeter
<Guebem, Parsen), rohes Schamanenthum
(Sibirien) nnd anderes Heidenthum (südöstl.
Inseln). Die Staaten A.s zu allen Zeiten
sämmüich Despotien, darunter keiner Jetzt
Ton polit. Bedeutung; die einen bis auf die
neueste Zeit rom grossen Völkerrerkehr ab-
geschlossen (China, Japan), andere in Ohn-
macht Tersunken (Persien, das osman.
Reich), oder noch unentwickelt; ein grosser
Theil unter Herrschaft enrop. Mächte* Von |
grosser Bedeutung in dieser Besi^uiigs
Bueeiteh-Atien (ganz Nord- undTbeÜe vott
Ost- u. Westasien) 874,000 QM. und 5>Ä MüL
Ew., und das angloindisehe JBeiek (Vorder-
indien, ein Theil Ton Hinterindien, Ceylon
und mehrere andere Inseln) 74,810 QM. mit
199 MiU. Ew., davon unmittelbarer Besitz
nur 46,140 QM. mit ca. 153 MiU. Ew. Ausser-
dem haben zerstreute Besitzungen : die JBbZ-
länder (auf Java, Sumatra, Borneo, Celebes,
den Molukken etc.) 88,983 QM. mit fast 21 >^
MiU. Ew.; die Portugiesen (In Indien, im
Archipel, in China) 334 QM. mit ca. H/s »01.
Ew.; die Spanier (Philippinen) 3100 QM.
mit 4,319,870 Ew. ; die Franzoten (in Indien,
Cochinchina) 1031 QM. mit 1,838,SS7 Ew.
Den Alten war nur Vorderasien näher
bekannt; über den Ostthell machten zuerst
die Araber (se)t 8. Jahrh.) Mittheüungen.
Bar. spätere Beisende: der Frandskaner
Buytbroek und Mareo Poto (13. Jahrh.), die
Araber AhvJlJeia und Wbn Batuta (14. Jahrh.).
Fahrten der Portugiesen nach A. (Indien
und Archipel) seit 1510, der Spanier seit
1526, der Kngländer seit 1591, der Hollän-
der seit 1595, der Franzosen seit 1601. Rus-
sische Expe^tionen seit 1710. Centralaslen
bereisten zuerst Jenkineen (1557), L. JSau-
wolff (1573), Breunig von Buochenhach (1758).
Seitdem ward die Kenntniss A.s durch zahl-
lose Reisende und Expeditionen gefördert.
Vgl. Bitter, ,ErdkundeS 8. Ausg. 1838—55,
17 Bde. (Hauptwerk); Humboldt, jAsle cen-
trale*, 1843, deutsch von Mahlmann, 1844;
Murray, ,Accouut of discoveries and travels
in AsiaS 1830; Vivien de St. Martin, JBlst.
des d6couv^rtes etc.*, 8. u. 3. Th., 1845—47;
DereeXbe, ,Etudes de g6ographie ancienne et
d^ethnographie asiatlque*, 1850 — 58; Klap^
roth, ,Asia Polyglotta*, 1883; DereeVbe, ,M6-
moires relatives k l^Asie*, 1886, 3 Bde., und
,Magasin asiatlque*, 1885-87 ;£rauern.P2a/&,
,Handbuch der Geo^. und Statistik von A.*,
1864; V. Schlagintweit, ,Physical. - geograph.
Schilderung von Hochaalen*. 1865; Bastian,
,Die Völker des östi. A.S 1866-69, 5 Bde.
Asin 9 Landschaft auf der Goldküste in
Oberguinea, den Ashautis unterthan.
Asinara • Insel an der Westküste von Sar-
dinien, 8 QM. u. 800 Ew., Hirten u. Fischer.
Asinarii (lat.), Eselsverehrer, Spottname
der Christen im 8. Jahrh., weil sie der
Verehrung eines Esels beschuldigt wurden.
Asiöliy Boni/acio, ital. Komponist, geb.
SO. Aug. 1769 zu Correggio, lebte in Turin,
Venedig, Malland, seit 1813 Musikdirektor
des Vicekonlgs von Italien; f 86. Mai 1838.
Zahlr. Werke; Gesangs- u. andere Schulen.
Askalon (a. G.), eine der fünf Fürsten-
städte der Philister in Palästina, am Mittel-
meer, stark befestigt, Hauptsitz des Kultus
der Derceto; wenige Ruinen übrig. 18. Aug.
1099 Sieg der Kreuzfahrer unter Gottfr. von
Bouillon über die Aegypter.
ABkanlen (Aaeharia), Burgmine b. Atohers-
leben, einst Mittelpunkt der Qrajsckm^
Askariden, s. Eingeweidewürmer,
Askelo^ Joh, Ohristopher , schwed. Jour-
nalist, geb. 1787, 1 1848. Herausg. verschie«
dener Zeitschriften, i. B. ,Polyphem* (1810
Askersond — Asphodeliu.
Ii5
bis 1812), gegen deu firans. Geschmack ge-
richtet; ,Svenska lUnerTa' (1829— i8), gegen
die liberale Bewegung gerichtet.
AtkeniiBdy Stadt im schwed. Län Nerilce,
am Wettersee, 1389 Ew. ; nahe dabei die be-
deutendsten Zinngmben Schwedens.
AsklepiideAy die angebl. Nachkommen
Aesculaps; medicin. Orden oder Priester-
innung, in der sich die geheim gehaltenen
medicin. Kenntnisse traditionell fort erhiel-
ten. Zu den kölschen A. gehörte Hippocrates.
AsmaBiitluiuen . Dorf im prenss. Begbz.
Wiesbaden, am Rhein; rortreffl. Rothweiu.
AmSdi (Atehmedai, d. i. Zerstörer), in
den sp&teren jüd. Schriften vorkommender
böser Dämon, tödtete nach dem Buch
Tobiaa die sieben Ehemänner der Sara;
deshalb später Ehetenfel genannt.
AflOMltiselL (gr.), körperlos. A*<m^im,
nnkörperliches .Wesen, Gott.
A eOM lüse (fr., spr. -äbs), nach seiner
Bequemlichkeit; a ton goüt (spr. a song gub),
nach seinem Geschmacke. [heit.
Asoplif e (gr.) , Mangel an Weisheit, Thor-
Asotfe (gr.). Schwelgerei, Ueppigkelt.
Asoir. befest. Stadt im südmss. Gout.
Jekaterinoslaw, an einem Mfindnngsarm des
Don , 10,945 Ew. Im Alterthum die reiche
und volkreiche Handelsstadt TanaU, im
Mittelalter Tana, über welches die Genuesen
seit dem 13. Jahrh. den Handel nach Indien
betrieben ; 1696 u. 1736 von den Russen erobert.
AsoirteliM Meer (Palu$ MaeoHs), der
nördl. Theü des schwarzen Meers, mit
demselben nur durch die Strasse von
Kertsch verbunden, 638 QM. Handelsplätze:
Taganrc«. Mariupol, Ber^jansk.
Asowiehe Steppe, Steppengegend in Sükd-
russland, au beiden Seiten des Manytsch,
vom asowschen Meer bis sum Don reiehend.
AspalitaliolSy nnächtes AloShols, Hols
von Aquilaria malaccensis oder A. ovataJ/.
aus Ostindien und China, dient aum Par-
fumiren und eu Tischlerarbeiten.
AspanigfB, stickstofThaltige Yisrbindnng,
im Pflanzenreich weit verbreitet (Spargel,
Bibisehwnrsel, Runkelrübe, Kartoffel), aber
nur bis cur Blütfaezelt, krystallisirt in Ok-
tafidern, färb- und geruchlos, von fadem Ge-
schmack, die Lösung In Wasser wird unter
dem Einflnss von Fermenten alkalisch, stin-
kend und liefert bemstelusaures Ammoniak.
AspurlgU L. (Bpargd), Pflansengattung
der Sarmentaoeen. A. offlcinalis L,, gtr
meinar Spargd, in Europa bis England und
Schweden wegen der fleisehigen Stock-
triebe knltivirt. Beeren früher ofadnell.
AtpMlAy gefeierte griech. Hetäre, geb.
snMilet, Tochter des Azlochus, Geliebte
des Perioles, ausgezeichnet durch Gtoist und
Anmuth; verheirathete sich nach des Perl-
cles Tode mit dem Viehhändler Lysldes.
Aspe, 1) (Pie d'Ļpe) 6800' h. Gipfel der
westl. Pyrenäen, von dem sich das A.-Th<ä
bis Oloron zieht. Aus dems. alter Pass über
den Col de Somport nach Aragonien. — 2)
Stadt in der span. Prov. Allcante, 7185 Ew.
Aspektea (ktkt.)^ die verschiedenen gegen-
seitigen Hauptsiellungeu der Planeten, der
Sonne und des Mondes im ThierkreiBe: Kon-
Meti9r* ffand -Lexikon,
funktUn, Zusammenkunft ^, Dlstaniwlnkel
der Gestirne 00; OppotUion, Gegenschein ^j^,
Distanzwinkel der Gestirne 1800; Tr^omd-
oder QedrUt$ehein At Distanzwinke] der Ge-
stirne 1300; Quadrat' oder Oevierl$chein Q],
Distanzwinkel der Gestirne 90 o etc. In der
astronom. und Kalendersprache bedeutet
demnach Q^Qc;;^: Jupiter und Mars im Ge-
drittschein, das Zeichen des Mondes wird
aber ganz weggelassen, und QQL heisst
Quadratschein von Jupiter und Mond. Sonne
mit Mond oder mit den oberen Planeten im
Quadratschein heisst Quadratur. Besondere
Wichtigkeit hatte die A. für Astrologie.
Aspeädsi (a. G.), blühende Stadt in
Pamphylien, amEurymedon. Berühmt der
ZithertpieUr von A., Bildwerk, dasderröm.
Statthalter Yerres von dort entehrte.
ABper (Aktsehe, d. 1. Weisspfennig), türk.
Rechnnngsmünze. 8 A. = 1 Para, 40 Para
= 1 Piaster = 2Vs Sgr. (1 A. etwa »/• Pf.)«
Aipem» Dorf am Manhartsberg bei Wien.
Hier 81. und 82. Mai 1809 Schlacht zwischen
den siegr. Oesterrelchem unter Erzherzog
Karl und den Franzosen unter Napoleon;
gleichzeitig mit der Schlacht bei Essllng.
Aspenonnm (lat., Atpergiü), Weihwedel.
Atperflla X. (Waldmeister), Pflanzengat-
tung der Rnbiaceen. A. odorata L., Stemr
leberkraut, in ganz Deutschland in schattigen
Laubholzwäldem, von angenehmem Geruch,
den es einem Gtehalt an Oumarin verdankt,
wird zu Maitrank benutzt, früher offidnell.
Aspetti, TiMiano, ital. Bildhauer, geb.
1565 zu Padua, Schüler von J. Sansovino,
t zu Pisa 1607. Werke (zu Padua und Ve-
nedig) gesucht grossartig.
Aiphllt (Erdpeeh , Judenpech, eekwarua
Harn), wahrschelnl. durch allmählige Oxy-
dation von Erdöl entstanden, findet sich 2a
grosser Menge auf der Insel Trinidad, an der
Kordküste von Südamerika, vor der Mündung
des Orlnoco, auf dem todten Meer schwim-
mend. In Frankreich, in der Schweiz etc.,
löst sich wenig in Alkohol, leicht in Erdöl,
Benzin und Terpentinöl, dient zur Bereitung
von schwarzem Lack, des Aetzgrundes der
Kupferstecher, als dunkelbraune Lasurfarbe
in der Oelmalerei und mit Kalk und Sand
gemischt zur Pflasterung. Zu letzterem
Zweck dient bes. der SrdhartkUt von Bepssd,
Mastix bitiunineux, welcher aus einem mit A.
durchdrungenen Kalkstein tn der Nähe von
Seyssel (franz. Depart. Ain) bereitet wird.
Aehlüiche Asphaltstein^ finden sich heH
Limmer ün Hannover, zu Lobsann im Da»
part. Niederrhein, in Nordtirol, zu Yal de
Travers im Kanton Neufchatel. Künsfiiehen
A; welcher gegenwärtig in grossen Massen
verwendet wirdf erhält man als Rückstaifil
bei der Destillation des Steinkohlentheera.
Vgl. Jeep, .Der A. u. seine Verwendung', 1870.
Aiphaltoly flüchtiges Oel von widerlichem
Geruch, durch trockne Destillation des
Asphalts erhalten, wird bes. gegen Luugan-
sucht angewandt.
Azphodelvs L. (AffodUl), Pflanzengattnng
der Liliaoeen, bes. in den Mittelmeerläadem
10
146
Afpbyzie — AssekuraiuE.
Tcrbnitet. ▲. Intens L, liefert In Sieflien
Staigelartiges Gemüse. A. ramosns L. , In
rlechenland, Spanien nnd Italien, mit ge-
niessbaren WnrselknoIIen , der Proserpina
feweiht, wnrde von den Griechen anf Grft-
er gepflanzt (anch in Japan). Anf den Ä*-
phoddutwieten wandeln die Seelen nnd halt
VinosGtericht. Wnreeln rerschiedener Arten
firüher ofdcinell (AffodiU-, AlTolder-, Gold-
nnd Drecklflienwnrzel).
Asphyxie (gr.), Mangel an Ptdsschlag,
daher Scheintod; <uphyJui8ch, scheintodt.
Aipidlnm Swart» (Scküdfarm), (Httnng
der Farrenkrauter. A. Baromes WiUd.,
teythischer Schild/arm in China, Cochin-
qhina nnd der Bncharel, mit fllsig behaar-
•tem, oft über den Boden herrorragendem
Stock, als Agnus scythicus Gegenstand vieler
Fabeleien. A. fillx mas Stoartz, männl. Far-
renkraut (Wurm- oder Wandfarm, Johan-
nlswursel), in Nordeuropa, A-sien nnd Ame-
rika; Stock ofQcinell, ätherisches Extrakt
wirksames Arzneimittel gegen Bandwurm.
Aspinwall (spr. Aespinnnal, oflic. Colon),
Stadt in Centralamerika (Neugranada), am
karaib. Meer, 8000 £w. Freihafen. Eisen-
bahn nach Panama (seit 1855).
Asplrlnt (lat.), Einer, der sich um etwas
bewirbt, namenti. um ein Amt.
Aspiration (lat.), Athmung; Aussprechen
eines Hauchlauts; Aspiraten, Hauchlaute.
Asplritor (lat.), Luftsanger, Vorrichtung
zur Erseugung eines Luftstroms, besteht aus
einer mit Wasser gefüllten Flasche mit
einer oberen und einer unteren OefFaung.
Fliesst aus letzterer das Wasser ab, so
tritt durch die obere ein Luftstrom in die
Flasche. Durch eine Glasröhre verbindet
man die obere Oeflbung mit im Wasser-
bade erwärmten Köhren oder Koch-
flaschen, in welchen Substanzen getrocknet
oder Flüssigkeiten verdampft werden sollen.
Aspleninm L. (Streifen-, Strich' oder
Miliifarrn), Grattung der Farrenkrauter. A.
trichomanes L., in ganz Europa an Felsen,
Itaub firüher officinell. A. filix femina Bemh.,
«0etM. Btreifenfarrn (falscher Wurmfarm)
In Laubwäldern, wirkt ähnlich, aber schwä-
cher als Aspidium fllix mas.
Aepre (spr. Aspr'^, Konstantin, Baron d*,
österr. Feldzeugmeister, geb. 18. Deo. 1789
zu Brüssel, wohnte seit 1806 den meisten
Feld Zügen gegen Frankreich, 1820 der Ex-
{edition nach Neapel bei, kommandirte seit
833 als Genera] tu Böhmen und Tirol , seit
1810 als Feldmarschalllientenant und Di vi-
sionär in Italien, erhielt 1846 das Kom-
mando des S. Armeecorps daselbst, nahm
wesentl. Antheil an den Schlachten und
Gefechten von Sona, Sommacampagna, Cu-
•tozza und Volta, besetzte 13. Aug. Bresda,
wnrde 18. März 1849 zum Feldzeugmeister
ernannt, erstürmte im zweiten Feldzug
gegen Sardinien Mortara (Bl. März) nnd
focht mit Auszeichnung bei Novara (28.
März), nahm (11. Mai 1849) Livomo im
Sturm, erhielt (Okt.) das Kommando des 6.
Axmeecorps ; f 82. Mai 1850 zu Padna.
Aspresyles (spr. Aspr), Gebirgszug im südl.
nuikreioh (BonMillon}, im 0»Q|go« 8532' h.
AfprOMMtey Gebirge an der SSdweei-
spitze Italiens, bei Reggio; bekannt durcb
das Oe/eoM 28. Aug. 1862 zwischen den
Sardinien! unter Pallavicinl und den Frei-
sehaaren nnter Garibaldi (letzterer ge-
schlagen und verwundet).
Aspropotiaio, Fluss, s. Aehelou».
Aflsa, 8. König im Reiche Juda, Solm
Abia», reg. 949—908 v. Chr. [schnell, eto.
Aiui (ital.), sehr; <usai aüegro, sehr
Asnly kleiner Salzsee in Adal (Ostafrika).
Ananiy s. Asam.
Aflsapby Psalmist, Davids Zeitgenosse;
uigebl. Verfasser des 60. und 73.— 83. Psalms.
AflUUHlmeB (/«moeUfen, von Ismael, einem
Urenkel Alis In 7. Linie), politisch -religiöse
Ordensgesellschaft oder Sekte der zchiitf-
schen Mohammedaner, bildete sich in Per^
Sien in der ersten Zeit der Abbasidenherr-
schaft als Gegner derselben. Der eigentL
Stifter des Ordens ist Ha»an Ibn-ScMnth,
welcher seit 1090 mit seinen Anhängern in
der Burg Alamut In der Nähe von Kaswin,
von Jüngern umgeben, die er durch Reiz-
mittel in einen Zustand äusserster Aufreg^ung
zu versetzen wusste, der Macht der Seld-
schuken trotzte. Vor seinem Tode (1124)
ernannte er den Buzurg-Umid zu seinem
Nachfolger, dessen Nachkommen die Würae
inne hatten, bis Rokneddin-Ohurschah, der
7. und letzte Assassineuhäuptling in Per-
sien, den Angriffen Hulagus unterlag (1256).
Die Burg Kahf im Libanon war die Residenz
ihres Häuptlings, Scheikh-al-Dschebl (Ober-
haupt des Geblrgs), bei den Europäern der
,Alte vom Berge* genannt. Von hier aus
bekriegten sie die Kreuzfahrer, und mehrere
Christi. Grosse fielen unter ihren Dolchen.
Der Häuptling Sinan (f 1193) entband seine
Anhänger von der Befolgung der Vorschrif-
ten des Koran, der ihnen von Anfang an
nur als äussere Hülle der Religion gegolten
hatte. Hulagu führte in Persien einen Ver-
tilgungskrieg gegen sie, während der Sultan
Bibars von Aegypten sich damit begnügte,
ihre Macht zu brechen, sie aber als Sekte
fortbestehen liess und sich ihrer bei Ge-
legenheit als mörderischer Werkzeuge zu
seinen Zwecken bediente. In Folge davon
sanken sie nach und nach zu gewöhnl.
Meuchelmördern herab , die für Geld Jedem
dienten (daher seit dem 12. Jahrb. das fk-ans.
assassin, ital. assasslno, s. v. a. Meuchelmör-
der; iisAOMtnal, Meuchelmord). Als religiöse
Sekte bestehen sie noch gegenwärtig im
Libanon, zählen aber nur noch einige hun-
dert Familien. Göttliche Verehrung AUa,
Glauben an Inkarnation der Gottheit, ^ee-
lenwandemng und allegor. Interpretation
des Koran haben sie mit den Nossairi nnd
Drusen gemein; nur glauben die A. an die
Wiederkehr Ismaels, des 7. Imam. VgL
Hammer, ,Gesch. der A.*, 1818; Weü, ,Die A.*,
in Sybels ,Histor. Zeitschr/, Jahrg. 1868.
AsMvt (tr.t spr. -soh), stürmender, ge-
waltsamer Angriff, namentl. der Kavallerie.
Ane, Hügelkette Im Braunschweigischen,
nördl. vom Harz; Ruinen der Asseburg, ■
AssekiuraiUB (Ataekuration, lat., auch ilsni-
ran», ttX Vertrag, in welchem sich der eim^
AsseknnitionBeid — ÄBsing.
147
Th«il rerbindllch macht, gegen Bntrlclitang
einer bestimmten Summe (Prämie) eine ge-^
wlsie Gefahr an übernehmen. Der» welcher
die Gto&hr übernimmt, heisst Asaekurant
fAsaenratenr, auch Assorateur, Versicherer,
tr, as9urarU): der, welcher sich durch
Zahlung der Prämie sicher stellt, A*$€kitrat
(Assekurirter, Versicherter, fr. aatur^); der
■ohrlftl. Kontrakt Astekuramqfoliee. Vgl.
JEZm«r, ,A.*AlmanachS i. Jahrg. 1870. S.
Versicherungswetei^.
Aaseknratlonseid, Huldigungseid, welchen
Güterbesitzer, die nicht persönl. Unter-
thanen des Staats sind, in welchem die be-
treifenden Güter liegen, dem Fürsten leisten.
Asselljny Jan, genannt Krabbetje (d. i.
Krebs, Ton einer verkrüppelten Hand),
niederlMid. Landschaftsmaler, geb. 1610 zu
Antwerpen, Schüler Tau der Veldes und
Pieter Tan Laars (in Rom); f 1660 zu Am-
sterdam. Seine Bilder sehr gesucht.
Aneln (GMe^ütMr, Audkreb$e, Isopoda),
Familie der Krustenthiere. 1) LaufoMteln,
Ambulatores. Gemeine Waturtuael, Asel-
lus aqnatious L., in stehenden Gewässern
Bnropas, 6'". £ohra»$el, Umnoria terebrans
Leaeh, in der Nordsee, zerstört das Holz
Ton Hafenbauten, 2'". Mauer- od. KeUerauel,
KeUereeel, Oniscus murarius Latr., O. asel-
lU8 X»., in ganz Deutschland in Kellern ge-
mein, 5—6'", frisst faulende Vegetabllien.
8) 8chwimmas$eln , Katatores. FUehcueel,
Meerfloh, OymothSa asilus Fabr., Vs"', und
£remteiuiBeel, O. oestrnm Fabr., IVs'', fressen
schuppenlose und kleinschuppige Fische an.
9)_L(näKu*dn, Bopyrina. Oameeletuua^, Bo-
pyrus sqnillamm Lam., schmarotzt unter
der Schale der(}ameele, und zwar lebt das
IVs'" grosse Männchen unter der Kiemen-
platte des 6'" grossen Weibchens.
AnMinbUe (fr., spr. - sangbleh), Versamm-
lung, Gesellschah, insbes. glänzende Abend-
gesellschaft; auch Versammlung tou Wahl-
koUegien, Landständen u. dgl. Denkwürdig
ist die A, tuUioncUe eonUituante (konstitui-
rende Nationalversammlung), seit 1789, zur
Feststellung der neuen Verfassung Frank-
reichs, der die A. nationale legieiatiw (ge-
setzgebende) 1. Okt. 1791 folgte.
AiMn, Hauptort der holl. Pror. Drenthe,
6156 Ew. In der Nähe zahlr. Hünengräber.
Anenheioiy Stadt in Oberhessen, an der
Wetter u. Nidda, 823 Ew., dem Grafen Ton
Solms-Rödelheim gehörig.
AiMiiB. Hafenstadt auf der dän. Insel Fü-
nen, S589 Ew. Ueberfahrt nach Schleswig.
Anens (Asseneion, lat.), Zustimmung, Bei-
fall. Aeeentaiion, schmeichlerischer Betfall.
Anentlren (lat.), beipflichten, dann Jeman-
den für einen beiBtimmteii Zweck tauglich
erklären, z.B. für den Militärdienst; daher
Aesentirung, Werbung, Rekrutenaushebung,
insbes. das formlose Aufgreifen und Ein-
stellen in den Militärdienst, meist polizei-
liche oder politische Massregel.
AtMibr . ( Aseher , d.i. Glücklicher), Sohn
Jakobs und der Silpa, Gründer des nach
ihm benannten Israelit. Stammes, dessen
Gebiet sich im Norden Ton Palästina längs
d^ Meeresküste erstreckte.
AiMrlreii (lat.), behaupten, bejahen.
Asnrtion, Behauptung; aeaeriorieehe* Ur^
ihtü, UrtheÜ, welches einfach aussagt,
dass sich etwas so oder anders Terhalte.
AsiesMr (lat.), Beisitzer einer Behörde,
eines Geriohtskollegiums. [rang.
AiMTentloB (lat.), ernstliche Versiehe-
AB8idiiIt&t(lat.). Emsigkeit, Beharrlichkeit.
Asslento (span.), Vertrag, insbes. der Ver-
trag der span. Regierung mit einem anderen
Staate, durch welchen letzterem gegen eine
Abgabe der Alleinhandel mit afrikan. Neger-
sklaTen nach den spanisoh-amerikan. Kolo-
nien zugestanden ward ; daher il««<ento«eJlit^e,
die diesen SklaTenhandel Termittelnden
Schiffe. Jene Vergünstigung ward erst den
Niederländern (bis 1552), 1580 den Genuesen,
1702 der franz. Guineagesellschaft, 1718 einer
Gesellschaft brit. Kanfleute zu Theil.
Aasig y flafM vom, deutscher Dichter der
2. schlesisch. Schule, geb. 8. März 1650 zu
Breslau, f 5. Aug. 1694 als Kammerdirektor
zu Soh Wiebus. Gesammelte Werke (1719).
AMigniten (fr.), Anweisungen; insbes. das
19. Aprü 1790 Ton der französ. Natlonalyer«
Sammlung zur Tilgfung der Staatsschuld
dekretirte n. Tom König bestätigte Papier-
geld, bestand ursprüngl. in Anweisungen
zum Nominalbetrag tou 400 M^l. Livret
auf den zu 10,000 Mill. abgeschätzten
Werth der €dngezogeneu geistl. Güter und
Domänen, welche beim Verkauf Jener
Güter an Zahlungsstatt angenommen und
auch im Verkehr als baares Ckld kursiren
sollten, ward dann mit Zwangskurs und
wiederholt emittirt, so dass sich 1796 der
(^sammtbetrag aller Emissionen auf 45,578
Mill. Frcs. belief, sank in Folge daTon
schon 1798 auf Vs, bald nachher auf Vs des
Nominalbetrags und März 1796 so tief, dasz
man für einen Louisd'or 7200 Frcs. in A.
erhielt, ward endlieh durch Beschluss des
Direktoriums Tom 80. PluTiose IV (19.
Febr. 1796) ausser Kurs gesetzt und zu
Vso des Nominalwerths gegen sogen. Man-
date umgetauscht.
Anignation (lat.), s. t. a. Anweisung.
Atsimilation (lat., Verähnlicfaung), in der
Physiologie die Uro Wandlung des durch die
Verdauungsorgane bereiteten Milchsafts in
Körperbestandtheile ; in der Spraohwissen-
schidt die beim Zusammentreffen zweier Tex^
schied enen Konsonanten erfolgende Vex^
Wandlung des ersten in den nächstlSolgenden
oder einen Terwandten, jenem sich leichter
anschliessenden, bes. den neuere Sprachen
eigen (z. B. lat* captlTus, ital. cattiTO, Sep-
tem, sette), auch im Latein, häufig.
Attringy 1) Bota Maria, Dichterin, geb. 28.
Mai nsa zu Düsseldorf, Schwester von Vam-
hagen tou Ense, seit 1816 mit dem Arzt
Asaing in Hamburg Terheirathet; f 22. Jan.
1840. ,Rosa Marias poet. Nachlass* (Lieder,
NoTellen, 1841). — 2) LudmiUa, jüngste
Tochter der Vor., geb. 22. Febr. 1827, lebte
in Berlin bei ihrem Oheim Varnhagen Ton
Ense, in letzter Zeit zu Florenz: sehr, die
Biographien ,£Ii8a Ton Ahlefeldt* (1857),'
»Sophie la Roche* (1859), »Piero Cironi* (l867);,
ubersetKteMaviniB Schzllten (1867, 2 Bde.) n.
148
Annme <— Ast.
TeröffeafUohte Vanhagens Nachlasa : «Briefe
Alex. T.Hwnboldti an Yarnhasen ▼. Enae'
(1860). »Tasebüoher' (I.-IS. Band, 186S-70).
Aamaitf Flosa in Guinea auf der Goldküste,
daran die frans. Faktorei A. (seit 1853).
AjatnlbolB (apr. Aeaslnlbeun) , Fluas in
Brlt. -Nordamerika, kommt Tom Felaenge-
' blrge, mündet In den Winipeflrsee; benannt
nach dem anwohnenden Indianerstamm der
Atsinüflin», einem Zweig der Sionx.
Amümb (lat.), Sitsnngen; insbesond. 6e«
sohwomengericbte.
Assilly Stadt in der mlttelital. Prov.
Perugia, S903 Ew. Grab des beil. Fram» v, A,
Assisieiis (iBt,), Beistund , Mitwirkung,
Aushülfe. Pa$9ive A., in der katbol. Kirche
die bloss seagenmisslge Gegenwart des
katbol. Priesters bei der von einem nieht-
kathol. Geistlichen sn verrichtenden Tran-
nng einer gemischten Ehe, wodurch diese
als gültig anerkannt wird.
Asstmt, s. i8»«<.
Assmayer, Jgnat, Kirchenkomponist, geb.
11. Febr. 1790 lu Salsbnrg, ward 1824HofoTga>
nist in Wien, 1846 Vicehofkapellmeister das.,
t 1869. Messen, Offertorien, Oratorien u. a.
Aasoeiatlon (lat.), VergeseUschaftung, im
Allgemeinen Jede Vereinigung Mehrerer su
^nem gemeinsamen Zweck, im engeren
Sinne und im Unterschied -von den durch
Verfassung und Ghesets konstituirten Kor-
porationen freie Vereinigung von Staats-
bürgern SU einem politischen, sittlicben,
religiösen, die Kultur betreffenden etc.
Zwecke. Weiteres s. Verein»- u. Genoeeen-
sohaftaoesen, AsaooiationsreeJU, das Recht
sn Vereinen, namentl. mit polit. Zwecken,
snsammensutreten.
Association der Ideen, s. Ideenaeeodation,
Assoeie (fr., spr. -sossieh), Handelsgenosse,
Theilfaaber an einem kaufoiänn. Geschäfte.
Assollftnt (spr. -lang), Jean Baptitte A\fred,
franz. Schriftsteller, geb. 1887 zu Aubusson,
lebt in Paris. Sehr. Novellen und Bomane,
%, B. ,I)eux amis en 1792* (1859), Jja Mort
de Boland* (1860), ,Marcomir' (1861), ,Un
quaker a Paris' (1866) u. a.; auch ,Pens6e8
diverses, impressions intimes etc.* (1864),
AssSnau (lat.). Anklang; in der Poetik
Gleichklang der vokale in mehreren aufein-
ander folgenden Worten oder in den Schluss-
wörtem der Verse , bes. der span. Poesie
eigenthürolich.
Asnortiment (fr., spr. -itiang), Waaren-
lager in verschiedenen Sorten; auortiren,
nach Sorten ordnen, auch sich hinreichend
mit Waarensorten versehen.
Assonpissement (fr., spr. -supiss'mang),
Einschlaferung, Betäubung, Linderung.
Assuln (das alte 8yene), Stadt in Ober-
ägypten, am Nil, 4000 Ew.; in der Nähe
der letzte Nilkatarakt.
Assomiren (U^t.), annehmen, gelten lassen,
aulTassen, c. B. cdnen Gedanken. Assumtion,
Annahme, Aulhahme; Nachsatz, Untersatz
eines Schlusses; In der katbol. Kirche
Aufnahme der Seele iu den Himmel, daher
Sterbetag eines Heiligen.
Assnrance (fr., spr. - surangs), Sicherstel-
Inng» Bürgicnaft; sicheres Benehmen.
(a. G.), Stadt In Troas, berühmt
doroh trefll. Weizen, und den aaeieefum
Stein, der das Fleisch des menschl. Leich-
nams sohneil verzehrte.
AaiyrieB Oiebr. Aeeur, altpers. Athura,
a. G.), altes, mächtiges Reich in Asien,
ursprüngl. das heutige Kurdistan umfassend
und etwa 1600 QM. gross, aber sur Zeit sd-
ner Blüthe weit darüber hinaus reichend.
Die Bevölkerung war semitischen Stamms ;
Hauptstadt: Nlnive. Die Anfänge des assyr.
Reichs liegen im Dunkeln. Die einheimi-
schen Inschriften und Reliefdarstellungen
reichen bis ins 13. Jahrb. v. Chr. zurück.
Nach 1. Mos. glug.Nimrod, mit dem Ninus
der griech. Schriftsteller identisch, nach As-
sur u. gründete das. Niuive (assyr. Nlnuah).
Als aweite Königsstadt erschien bald Kalsh
(das heut. Nimrud). Um 1150 wird Tiglath
Pileear L und nach ihm ßardanawii, su
Anfang des 9. Jahrb. aber Divantübar als
Eroberer genannt. Unter einem andern
Sardanapal riss sich um 754 Medien los u.
7 Jahre später errang auch Babylonien
unter Nabonassar Selbständigkeit. Um
760 machte fhül Eroberuugszüge nach
Westen und den König Menachem von
Israel tributpflichtig. Sein Nachfolger
Tiglath Pilesar IV, stand dem Könige Ahas
von Juda gegen den König Pekah von
Israel und Rezin von Syrien bei. Sein
Nachfolger Salmanaeaar V, (725—721) kriegte
gegen Israel, eroberte Samaria u. deportirte
den König Hosea und viele Israeliten.
Den letzten dieser Dynastie stürzte Bärge*
(Sargina t 721—702), der Gründer einer
neuen Dynastie, welche über ein Jahrh.
den Thron inne hatte. Er machte Kriegfl-
züge nach Samaria, Tyrus, Armenien,
Medien, Syrien, Chaldäa, Cypern etc. und
hatte seinen Sohn Sanherih (702— 680) zum
Nachfolger. Dieser bekriegte den König
Hiskia von Juda, der seinen Abzug von
Jerusalem mit Gold erkaufte. Nach seinem
gewaltsamen Tode folgte ihm sein Sohn
Aeearhaddon (680—668), der die verödeten
Stä4te Palästanas mit Kolonisten ans Ost-
asien bevölkerte und den König Manasse
von Juda eine Zeitlang in Babel gefangen
hielt. Unter den folgenden Königen dieser
Dynastie: Tiglath FUesar V. ^68—661),
Sardanapal VI. (660-647), Khiniladan (647-
625) und Sardanapal Vn. (625— 606) ver-
fällt das Reich mehr und mehr, während
die benachbarten Reiche Babylonien und
Medien sich heben. Der vereinigten Macht
Nabopolassars von Babylonien u. Oyaxares
von Medien unterlag Sardanapal "VIL 606.
Vgl. Gumbach, ,AbriS8 der assyr. -babylon.
Geschichte*, 1854; NielMüir, ,Gesch. Assurs*,
1857; IngebM, ,Jnda und die assyr. Macht
741-711% 1863; Bau>lina<m, ,The fife great
monarchies of the ancient World*, 1862—67,
4 Bde.; Opperi, ,Hi8t. des emplres de Ohal-
d6e et d'Assyrie etc.*. 1866.
Asiyrisehe AlterthSmer, s. Ninive,
Asty Georg Ant, Friedr., Pbilologu. Philo-
soph, geb. 29.Dec. 1 776 zu Gk>tha, seit 1826 Prof.
inMünchen, f das. 31. Okt. 1841. Sehr. ,Hand-
buoh der Aesthetik' (1805); »GnudlinleB
Astarte — AsMa.
149
der PhHofophie* (1. Anfl. '1800); »Flatens
Leben u. Schriften^ (1^6); ,HaiiptmomeBte
der Oesch. der Phflosophie* (19S») eto. Gktb
Piatos Werke mit latein. Uebers. und Kom-
mentar (1819— 8S, 11 Bde.) und ein ,Lexieon
Platonicum* (1894—89, 8 Bde.) heraus.
Altarte (hebr. Asohthoreth), weibliche
Hanp^ttheit der alten Syrer, Phönider
nnd Hebräer, deren Haupttempel sich in
PhÖniden an Tyms und 81don befanden,
dargestellt mit awei Hörnern, dem Symbol
der Stärke* Ihr Dienst bei den Hebräern
durch Salomo wieder eingeführt. Ihr
Kultus war ein wollüstiger. Als m&nnl.
Gk>ttbeit steht ihr Baal cur Seite.
Astiltmiu (gr.), feines Benehmen, Urba-
nität; in der Rhetorik scheinbare Yevschwei"
gung Ton etwas, das man dennoch sagt.
Aatenberg. höchster Berg Westphalens,
an der Ruhrquelle, 8682'. Auf seinem
Gipfel einst ein berühmter Freistuhl.
Aster, 1) Bmst Ludwig vcn Ä., ansgeaelchn.
Ingenieurofldaier, geb. Not. 1778 an Dres-
den, stand erst in säohs., seit 1818 in russ.
und seit 1815 in preuss. Diensten, wohnte
den Schlachten bei Ligny und Waterloo
bei, leitete als Generalinspektor der preuss.
Festungen die Befestigung Ton Koblenz u.
Ehrenbreitstein, ward das. 1885 Komman-
dant, 18S7 Generallieutenant, 1848 General
der Infanterie; f 10. Febr. 1855 au Berlin.
Nachgelassene Schriften (1866—61, 5 Bde.).
Vgl. EiUr9t ,Betrachtungen und Urtheile
B. L. T. A.s über die polit., klrchl. und
pädagog. Fartelbewegungen unseres Jahrh.*,
1858-50, 8 Bde. - 8) Karl Heinrieh, milltär.
Schriftsteller, Bruder des Vor., geb. 4. Febr.
1782 au Dresden, nahm seit 1809 an der Re-
oi^nisation der sächs. Armee thätigen An-
theil, nahm 1884 seinen Abschied; t 83. Dec.
1855 als Oberst su Dresden. Sehr. ,Lehre
Tom Festangakrieg' (3. Aufl. 1835, 8 Bde.);
»Unterricht für Pionier-, Sappenr-, ArtlUerie-
und Mineorunteroffiaiere* (1837—41, 3 Hefte);
,Die Gefechte und Schlachten bei Leipaig*
(1858-53, 8 Bde.).
Atter JO. (Sternblume}, Pflanaengattung
der Kompositen, meist ausdauernde Kräuter
aus Kordamerika, beliebte Gartenpflansen.
AfteralAdy Stadt in der pers. ProT. Ma-
senderan, nahe dem kasp. Meere, treffL
Hafen, 7000 Ew.; einst Resldens des Kad-
scharenfürsten, Jetzt grossentheils Terödet.
Afterisens (gr*)» Sternchen (*)» bei den
griedh. Grammatikern, Im Gegensätze zum
Obeliscns (f)* krit. Zeichen für ächte Stel-
len; Hinweisung auf Noten unter dem Texte.
Asteroiden • kleine Planeten , s. JRaneten.
Alteropliylliteny beblätterte Zweige der
Kalamiten, Hauptbestandthell der charakte-
ristischen Steinkohlenflora.
Asthenie i^gr.). Schwächezustand; a*th^
uitch, sehwach, kraftlos.
Asthenopie (gr*), SchwachsichMgkelt.
AsthmA (gr. , BruHkromp/, Engbrüstigheit,
Jhmsif) , periodisch und in AnfiUen auf-
tretende Athmungsbeschwerde, beruht auf
einem Krampf der Athemmuskeln, besonders
des Zwerchfells (nervB««« oder euemMdiee
A.), hänfiger Symptom irgend eines Leidens
der Bnt^' oder Halsoigane fayiiiptomaM-
$eke» A,), Die Vorhersage beim nerTösen A.
zwar günstig, Heilung wixd aber selten
beobachtet. A, der Kinder (Lanrngoraaa*
mus inlkntflis), Stimmritaenkrampf, welcher
meist Kinder Ton ^—8 Jahren befällt, b^
gleitet zuweilen Keuchhusten, Group etc.,
entsteht am häufigsten bei Relsungszustän-
den anderer, selbst entfernter Organe. Die
Vorhersage ist ungewiss.
Ast! (das röm. AHa Pomp^a), Stadt in
der oberital. ProT. Alessandrta, am Tanaro,
80,839 Ew. Ber. Muskatwein (Vino dTAA.
Astigmatisains (lat.), Sehstörung, wobei
die Ghegenstände Terzogen und nüt Ter»
schwommenen Konturen erscheinen, beruht
auf Asymmetrie des lichtbrechenden Appa*
rats im Auge, zunächst auf unregelmässiger
Krümmung der Homhautoberfläche und der
Kry stalllinse, wird korrigirt durch Glas-
linsen , deren eine oder beide Oberflächen
konkav od. konvex od.cylindrisch geschlilTen
sind. Vgl. Hegmamn, ,A.- Tafeln*, 1870.
Aster. Joh. Jakdb, geb. 17. JuU 1768 zu
Walldorf bei Heidelberg, begab sich 1788
nach Newyork, rüstete mit Genehmigung
der Regierung zwei Expeditionen in das
OregongeUet aus zur Eröffnung einee
direkten Verkehrs mit den Bingebomen,
(s. AHoria), spekulirte glücklich in G^nd-
eigenthum in den nordwestl. Staaten und
in Newyork, dehnte seine HandelSTer-
bindungen über aUe Länder der Erde aus;
t 89. März 1848 zu Newyork mit Hinter-
lassung eines Vermögens Ton 80 Mill. Dol-
lars. Er gründete durch Aussetzung Ton
400,000 Doli, die Astorbiblioikek zu Newyork,
j. 120,000 Bde. Vgl. Btrton, ,Life of A.S 1865.
As^rga, Bmcmude d', ital. Komponist,
geb. um 1681 zu Palermo, in einem Kloster
zu Astorga in Spanien erzogen, später am
Hofe des Herzogs Franz Ton Parma, 1705
und wieder 1713 in Wien; t nm 1786 in Lon-
don (n. And. in einem böhm. Kloster). Verf.
eines ber. ,Stabat mater* für Chor und Or:
ehester (neu herausg. Ton B, Frone 1864).
Astoria, Ort in Oregon (Nordamer.}, am
Golambla, 1811 durch Astor (s. d.) gegründet.
Astnehiny ostruss. Gout., am kasp. See,
meist dürre salzige Steppen, nur die
Niederungen an der Wolga fruchtbar;
3995 QM. mit 511,240 Ew. (darunter 134,000
Kirgisen ; auch zahlr. Kalmücken, TatarSn,
Kosaken). Die Bauptet, A., auf einer Insel
der Wolga, 9 M. Tom kasp. See, bestehend
aus dem lureml, der weissen Stadt (Beloi-
Sorod) und 16 Vorstädten, 48,832 Bw.
rriech.-russ. und armen.-gregor. Ensbisth.»
lamaitlsche geistl. Verwaltung, gelstl. Se-
minar; Seide- und Lederfabriken; bedeut.
Fischerei (nächst den Fischereien Ton
Neufoundland die beträchtliohste der Erde,
10—11 MiU. Rubel Jährl. Ertrag); Kariar-
berdtnng. Hausenblase. Ausg<Baeichnete
Weintrauben und Melonen; Sohifffahrt (Kas-
piflotte); bed. Handel. Die alte Hauptst.
des tatar. Khanats gl. N., 1554 dureh Iwan IV*
zerstört, lag weiter aufwärts an der Wolga.
Astraehliiy feine Lammfelle aus Astrachan.
Astria, Tochter des Zeus n. der Themis»
150
Asträiu — Astronomie.
OÖttfn der Q«rechilgkelt, auch Dlke gen.,
Terlless als die letzte aller Gdttinnen im
ehernen Zeitalter die Erde, glänst seitdem
vnter dem Kamen Jungfrau als Sternbild
im Thierkreise ; mit einer Wage und einem
Stemenkranse dargestellt.
AstriUy Sohn des Titanen Grins und
der Enrybia, sengte mit Anrora die Winde
Zephyms, Boreas, Notns etc., ward als
Theilnehmer an dem Gigantenkriege ron
Zeus in den Tartarus Verstössen.
Asiragalliaii» (gr.), Würfelspiel.
Astaragalu (gr.), in der Baukunst s wi-
schen 8 Plattchen liegendes Rundstäbchen,
scheidet das Kapital vom Säulensohaft; in
der Anatomie Fnsswurselknochen zwischen
Ferse und Mittelfhss.
Attnigilu X. (Tragant), Pflanzengattiing
der Leguminosen. A. creticus Lam., auf den
Gebirgen Griechenlands u. Kretas ; A. reras
OL, in Kleinasien, Armenien, Nordpersien,
Vüd A. Parnassi var. O^Uenea Boi$s» et Hddr.,
auf den Bergen des nördlichen Peloponnes,
niedrige, sehr ästige Striacher, liefern Tra-
gant , den man durch Einschnitte in die
unteren Stammtheile gewinnt. A. glycy-
phyllos L,, wildes Süssholg, in Europa und
Nordasien, hier und da als Futterkraut
angebaut. A. baeticus L. , Kaffeewicke, .in
8&deuropa, liefert in seinen Samen ein
Kaffeesurrogat (schwed. oder Stragelkafiee).
Astril (gr.), was auf die Gestirne Bezug
hat; aatralieehe Welt, Sternhimmel; Aetral-
geiiker, nach der Dämonologie des Mittel-
alters bald gefallene Engel, bald abge-
schiedene Seelen, bald aus Feuer entstan-
dene Geister, welche zwischen Himmel,
Erde und Hölle schweben.
ABtrillampey argandsche Lampe mit cy-
lindrischem Docht, in dessen Mitte sich
ebne horizontale Metallscheibe zar gleich-
massigeren Yertheilung des Luftzugs und
der Flamme befindet.
Astrantla L, (Btemdolde, ThaUtem),
Pflanzengattung der Umbelliferen. A. major
L; sehwarxe Meistervmr», in Ckbirgswäldern
des mittleren Buropas mit purgirend wir-
kender, früher offtoineller Wurzel.
Astrodeiktlkon (Astrognottikim, gr.), von
Weigel erftindenes Instrument, um die auf
dem Globus verzeichneten Sterne am Himmel
aufsufinden.
A8tr<^nosIe (gr.), Stemkenntniss , Lehre
Ton den Namen und der gegenseitigen
Stellung der Ckstime.
Astregripb (gr.), von SleinheÜ erfundener
Apparat zum mechanischen und schnellen
Entwerfen von Sternkarten.
Astrographle (gr.) , Stembeschreibung,
Darstellung der destime nach ihrer Yer-
theilung u. gegenseitigen Stellung am Him-
mel, sowie der äusserlich wahrnehmbaren
Eigenthümlichkeiton ihrerGestalt, Farbe etc.
Astrolablmii (gr.), Stemaufoehmer, von
Sippareh angegebenes, von Plolemäue u. A.
modiflcirtes Instrument zur unmittelbaren
Bestimmung der Lage der Gestirne gegen die
Ekliptik, Jetzt durch den Theodoliten
verdrängt; auch Instrument zur Winkel-
messung bei nahe gelegenen Punkten.
Attrolatrle (gr.), Stemdienst.
Astrologie (gr.), eigentl. Sternkunde,
insbes. aber Stemdeutekunst, die angebl.
Kunst, aas der Stellung der Ctestime
künftige Ereignisse, namentl. auch das
Schicksal von Menschen, vorauszusagen,
verbreitete sich von Ghaldäa aus über
Vorderasien, Aeg^pten und das Abendland,
wurde vom 7. bis zum 18. Jahrh. von den
Arabern, später von grossen Gelehrten u.
Astronomen des Abendlandes (Gardanus,
Tycho de B;rahe, Kepler u. A.) mit Vor-
liebe betrieben und erst durch das koper-
nikanische Weltsystem in ihrer Nichtigkeit
hingestellt. Die Versuche J. M. Ffalfä (|A.*,
1816; ,Der Stein der drei Weisen*, 1821), sie
wieder in Aufnahme zu bringen, sind ganz
wirkungslos geblieben. Nur im Orient steht
sie noch gegenwärtig in Ansehn. In den
astrolog. Regeln, das Schicksal eines Men-
schen vorauszusagen, spielten die sogen.
,Häuser* eine wichtige Rolle. Man theüte
näml. den Aequator in 18 gleiche Theile nnd
zog durch die Theilungspunkte u. diejenigen
beiden Funkte, in denen der Meridian den
Horizont schneidet, Kreise, welche den
Himmel in 18 Theile thellten. So erhielt
man die ,Häu8er' des Lebens (Horoskop),
des Glücks und Relchthums, der Brüder,
der Verwandtschaft, der Kinder, der Ge-
sundheit, der Ehe, des Todes, der Religion,
der Würden oder Kronen, der Freunde n.
Wohlthätei> der Feinde oder der Gefangen-
schaft. Die Lage der 18 Häuser gegen den
Horizont eines gegebenen Ortes der Erde
im Augenblick der Geburt eines Menschen
hiess Thema (Nativität). Vgl. Maury, ,La
Magie et Astrologie dans l^antlqult6 et en
moyen-ägeS 1860.
Astronomie (gr.), Sternkunde, die Lehre
von der physikalischen Beschaffenheit, Ver-
theilung und Bewegung der Himmelskörper,
zerfällt in hechachtende oder empiriache und
rationeUe oder »cienl^ifische A. Erstere um-
fasst alles, was der unmittelbaren Beob-
achtung sich darstellt, während letztere
aus den durch Beobachtung gewonnenen
Resultaten und durch mathematische Be-
rechnung die den Erscheinungen zu Grunde
liegenden Gesetze abzuleiten sucht. Die
ai^etoandie oder praktische A. beschäftigt sich
damit, aus den wissenschaftl. gewonnenen
Resultaten Nutzen für bestimmte Zwecke
(Orts- und Zeitbestimmungen) zu ziehen.
Häufig unterscheidet man auch sphärische A,,
s. V. a. empirische A,, theoretische A., s. v. a.
scientifische A,, u. physische A., die Lehre von
den im Weltall thätigen Kräften, oder auch
von der physischen Beschaffenheit der Ge-
stirne und des Weltenraums. Die frühesten
astronom. Kenntnisse finden sich bei den
Ghaldäern, die besonders die chronolog.
Grundlagen feststellten. Auch Inder, (Chi-
nesen und Aegypter beschäftigten sich schon
sehr früh mit A., und einzelne Angaben
reichen über 1500 v. Ghr. zurück. Die
Griechen erwarben sich einige Verdienste
um Berichtigung der Zeitrechnung. Metom
setzte 19 Sonnoi^ahre = 235 Mondmonaten.
Bedeutenderas aber leistete die Schule eu
Astronomische Jahrbücher — Asyl.
161
Alexandria (SOO y. Chr., eq dwr beg.
Aritiareh, Eratofthen«« u. der grösst« Astro-
nom des Alterthums, Hipparehf gehörten. Der
tAloiagest' des Ptolemäus war 1400 Jahre
lang die Hauptqnelle aller Mtronom. Kennt-
nisse und sein Planetensystem hat bis Eor
Aofttellnng des icopernikanischen Geltung
gehabt. Im alten Rom ist die A. nie von
Bedentting gewesen, die Verbesserung des
Kalenders unter Cäsar war das Werk des
Alexandriners ßoaigenn. Nach Ptolemius
folgen Jahrhunderte des VerfftUs, der erst
durch die Thätigkeit der Araber gehemmt
wurde. Diese ubersetsten viele griech.
Werke, ohne die Wissenschaft selbst su be-
reichem. Ihnen ist. auch die erste Grad-
messung zu verdanken. Die neuere A. be-
ginnt mit Georg PeurfricA (148S) und seinen
'Schülern Joh. Müller, Begiomontanus. Dann
folgte Kopemihu, der Reformator des Welt-
systems, u. Tycho de Breche, der Reformator
der Beobachtnngskunst,' dessen Bestim-
mungen diejenigen Hlpparchs an Genauig-
keit sechsmal übertrafen. Auf Grund dieser
Resultate entdeckte Kepler die Gesetze, nach
welchen sieh die Planeten um die Sonne
bewegen. Die von ihm gefertigten rudol-
finischen Tafeln übertrafen alles In diesem
Fach bisher Geleistete. Weitere grosse
Tortschritte sicherte nun die Erfindung
der Uhren und Fernröhre, und in wenigen
Jahrzehnten hatten sich die Objekte der A.
nach allen Seiten hin mehr als verdoppelt.
Dazu kamen die Entdeckungen des Gesetzes
der Pendelschwingungen u. der Fallgesetze
durch OtUilei u. Huyghena und endlich die
Entdeckung des Gravltationsgesetzes durch
JSeioUm, wodurch die theoretische A. eine
völlige Umgestaltung erfahr. In diese Zelt
fällt die Gründung der Observatorien zu
Greenwlch u. Paris u. es beginnt mit Flam-
tteed in England und Oaeaini in Frankreich
eine lange Reihe thätlger Astronomen, deren
Th&tigkeit durch die Eifindung der achro-
matischen Ferngläser und die Vervollkomm-
nung der Spiegelteleskope durch Hereehel,
den Erforscher des Fixsternhimmels, wesent-
lich gefördert wurde, wahrend Lagrange
und Lapiace die Analysis verfeinerte und
sie zur Lösung der schwierigsten Probleme
geschickt machte. Mager, Euler, Bode, Bürg
u. Otbers traten nun auch In Deutschland für
die A. ein, und durch die Arbeiten von G^aitss,
Argetander, Hansen, Bncke, Struve u. A. er-
rang sie in diesem Jahrhundert die erste
Stelle. Die neuesten Fortschritte verdankt
' die A. der Entdeckung der Spektralanalyse
durch Kirehhoffn. ^uncs«, weichenamentlich
über die physische Natur der Gestirne un-
geahnte Aufschlüsse ergibt. Vgl. Butggine,
»Ergebnisse der Spectralanalyse In Anwen-
dung auf die Himmelskörper* (deutsch von
Elinkerfuee 1868). Populäre Handbücher
der A. schrieben Mädler (6. Aufl. 1867), IM-
irwo (5. Aufl. 1866), -Bod» (11. Aufl. 1858),*
Klein (1870), Arag^ (8. Aufl. 1866, deutsch
Ton Hankd, 1866), Airy (6. Aufl. 1868), Her-
tcha (10. Aufl. 1869).
Avtronoidselie JAhrbfiehoN Ephemerides
astronomlcae, Art Kalender für Astronomen
mit Angabe der wichtigsten Elemente ftr
das laufende Jahr. Die bedeutendsten sind
die .Berliner a.n J.* von Bode, später vom
Eneiee, Jetzt von Förster herausgeg., die ,0on<*
naissance des temps*, seit 1679 in Paris, und
,The nautioal Almanac', seit 1667 In Green«
wich erscheinend.
Aitronomifleher Monat, die Zeit, in wel-
cher die Sonne ein Zeichen des Thierkreiset
durchläuft; ein durch den Mondomlauf be*
stimmter Oyklus von Tagen, Stunden, Min«
und Sek. im Gegensatz zum büigerl. Monati
der aus lauter ganzen Tagen besteht.
Avtronomiscber Ort, die Stelle, welche
ein Stern zu gewissen Zeiten einnimmt.
Aitronomisehe Tafeln, Verzeichnisse der
Orte, Durchgänge, Bedeckungen etc. der
Himmelskörper für bestimmte Zeiten. Die
wichtigsten: Bessels ,Fundam. astronomiae'
(1818) und ,Tabulae Regiomontanae* (18S0).
AftrOMOmlsclLe Ukren, genau gehende
Pendeluhren zum Gebrauch der Astrono-
men; Räderwerice, welche Erscheinungen
am Himmel im Kleinen nachahmen.
Astronomliebe Zeichen, s. v. a. Kaleiii«
derzeiohen, vgl. auch Aspekten.
Attaropbotonetrfe (gr.), Lehre von der
Bestimmung der Helligkeit der Sterne, be-
sonders gefördert durch Zöllner (,Photome-
trische Untersuchungen mit besonderer
Rücksicht auf die physische Beschalfenheit
der Himmelskörper*, 1865). Die lichtreflek-
tirende Kraft der Oberfläche der Gestirne
(Albedo) verglichen mit derjenigen irdischer
StolTe, gestattet Schlüsse auf die physisehe
Beschaffenheit der Himmelskörper.
AstniBi (lat.), Gestirn.
Aitorien, Fürstenthum an der Nordküste
Spaniens, die Jetzige Prov. Oviedo, ge-
birgig, reich an Wald, Eisen und Kohlen,
198 QM. mit 571,000 Ew. Die Asturier angebL
die ältesten Christen Spaniens und relUf-
gothischer Abkunft. Pritut wm A. seit 1S88
Titel des Thronerben von Spanien.
Ästyife«, letzter König von Medien,«
Nachfolger seines Vaters Cyaxares seit 590
V. Chr., ward von seinem Enkel Cyrus bei
Pasarg^dä (558 v. Chr.) besiegt und entthront.
Afftyanaz, Sohn des Heetor und der
Andromaohe; sollte nach einer Wahr-
sagung nach dem Falle Trojas das trojan«
Reich wieder herstellen und ward deshalb
von Pyrrhus, dem Sohne Achilles, von der
Mauer Trojas herabgestürzt.
Aitjdainas, griech. Tragiker, Neffe des
Aeschylus, lebte um 400 v. Chr. in Athen.
Von seinen Tragödien sind nur Titel übrig.
AsunciOB, Hanptst. u. Haupthandelsplati
der südamer. Republ. Paraguay, am Fluste
Paraguay, 48,000 Ew. Flusshafen.
A fuo arbitrio (a tuo plaeito, ital., Mus.),
nach Belieben im Vortrag und Tempo.
Asyl (gr.), Freistätte, Ort, wo Verfolgte^
selbst Verbrecher Sicherheit finden. Daa
Asylreeht hatten bei den Alten Tempel,
Altäre, Götterbilder etc., später die christ^
Kirchen und deren Pertin^nzeu (auf der
Synode su Toledo 681 auf 90 Schritte von
Jeder Kirche ausgedehnt), sowie die Wohr
nungen der Gesandten wegen der dieien -
152
Asymmetrie -* Athanasiinisohet Symbolam.
T&lkwrsditlloh lUfftolieiideB TexTitorüdlUt.
In Folge der Entwlckelang der Rechte-
pflege werd ee durch die Geietegeboog
ent beschrinkt, spater meist gans aufge-
hoben. In nenester Zelt ist die Frage, in
wie weit ein Staat berechtigt sei, den
wegen pollt. Handlangen in einem anderen
Staate Verfolgten Aufenthalt und Schute
sa gestatten, mehrfach sur Verhandlung
g^ommMi, s. B. nach Unterdrückung der
Ungar. Revolution zwischen Oeaterreich n.
der Türkei, nach Orsinis Attentat s wi-
schen Frankreich und England, früher
Bwischen der Schweiz n. den angrenzenden
Staaten. S. Audieferung d»r Verhreeher,
Asyminetrie (gr.), Mangel an Ebenmass.
Asymptote (gr.), wörtl. die Nichtzusam-
aenfaUende, in der Geometrie eine gerade
oder auch eine krumme Linie Ton unbe-
stimmter Länge, welche neben einer
anderen krummen Linie von unbestimmter
L&nge hinläuft, und zwar so, dass sie sich
derselben mehr and mehr nähert, aber
nicht mit ihr zusammentrilFt oder sie
schneidet. Unter den Kegelschnitten hat
nur die Hyperbel 2 A.n, die durch ihren
Mittelpunkt gehen und mit der Axe
gleiche Winkel bUden.
Asyndeton (gr.), Satz, worin die Binde-
wörter weggelassen sind; <uyndeti*eh, ver-
bindungslos, ohne Bindewörter.
Asynesle (gr.), Unverstand.
AtftbixOy linker Nebenfl. des Orinoco,
In Gulana; von Hamboldt befahren.
Atabek (türk.), bei den seldschukisehen
Sultanen die Erzieher der Prinzen, welche
sich mitunter zu unabhängigen Satrapen
aufschwangen.
Atabyrio (a. O.), höchster Berg der Insel
Rhodas; Tempel des Zeas (AlcSyrio*).
Atacima, Prov. von Chile in Südamerika,
1750 QM., (1867) 80,878 Ew. Hauptst. Goplapo.
Per nördl. Thell bildet die Wüatt A., ein
grösstentheils unfruchtbares, ödes, -onmittel«
bar am Meer aufsteigendes Hochland von
9 — 5000'» bis nach Bolivia reichend. Vgl.
I%xHppx, ,Rei8e durch die Wüste A.*, 1860.
Atair. Stern 1. Grösse im Adler, mit
weissgefblichem Licht, ein Doppelstem.
Atlliaoift (SaUkupftren , ßmaragdoehal-^
eü), Mineral, besteht aus Kupferoxychlorid,
findet sich auf Gängen in Peru, Chile und
bes. in der Algodonbai in Bolivia. Wird
auf Kupfer verarbeitet, gepulvert als grü-
ner Streusand (Arsenillo) benutzt.
Ataktlscli(gr.),ungeordnet, unregelmftssig.
Atalimta, 1) Tochter des Jesus und der Gly-
mene, bogenkundige Jägerin, nahm am Argo-
nautenzage n. an der Jagd auf den kalydon.
Eber Theil. — 8) Tochter d. Königs Schönens
von Scyrus, berühmt durch Schönheit und
Schnelligkeit im Lauf, besiegte alle- FAler
im Wettlaufe, bis Hippomenes auf der
Aphrodite Rath sie durch goldne Aepfel,
deren Aufsuchen sie im Laufe hemmte, be-
siegte. Da Hippomenes des der Aphrodite
schuldigen Dankes veigass, verwandelte
diese beide in ein Löwenpaar.
Ataraxfe (gr.), Unerschrockenheit des
Oemüths, unerschütterliche Seelenruhe«
AtMCkg*» das ewige Feuer bei Baku (■. d.).
Atavismni (lat.), Vererbung, besonders
anoh von abnormen Eigenschaften des Kör-
pers oder Geistes auf die NachkoroAien-
Schaft , insbes. die Art dieser Erblichkeit,
wobei Abnormitäten erst wieder in spätem
Generationen, nachdem sie schon lange ex^
loschen zu sein schienen, plötzlich snm
Vorschein kommen. Spielt im Darwinismus
eine grosse Rolle.
Atbara (im Oberlauf 2VioaatEe gen.), einziger
Nebenfl. des Nil, entspr. im abesain. Hoch-
land, mündet unterhalb Damer in Nubien.
Ate (gr.), Unheil; Unheilsgöttin, welche
theils in Schuld verwickelt, theils als stra-
fendes Verhängniss (wie die Nemesis) die
Schuldigen züchtigt.
Ateehnie (gr.), Kunstlosigkeit.
Ateknie (gr.), Kinderlosigkeit, Unfhicht-
barkeit, auch männl. Unvermögen.
Atelfe (gr.), Unzweckmässigkelt, UnvoU-
kommenheit; Steuerl^iheit. [KUnstlers.
Atelier (f^., spr. -jeh), Werkstätte eines
AteUineB(o#e<«eäeSjnel«), Art Volksdrama
der alten Römer, nach der oscischen Stadt
AtMain Kampanien benannt, mit den stehen-
den Oharaktermasken Maocus u. Bucco (ähn-
lich dem Arlequin u. Polidnell) ; erhielt sich
in veränderter Gestalt bis in die Kalserzelt.
A tempera maleB (ital.), alte Art der
Malerei, wobei die Farlten mit Leim und
Biweiss angemacht wurden ; kam durch die
Oelmalerei ausser Gebrauch.
A tenpo (ital., Mas.), Bezeichnung des
Wiedereintritts des vorgeschriebenen Tem-
pos ; a tempo giusto, in passender Bewegung.
AtSrnns (a. G.), Fluss, s. Peaeara,
Atessa, Stadt in der ital. Prov. Abrusso
dter., 9170 Ew. [Hennegan, 8050 Ew.
Ath (Aeth), befest. Stadt in der belg. Prov.
Atkabasea (Athaptdcow), s. Aikapatea,
Athalja^ Schwester Ahabs, Königs von
Israel, Gemahlin Jorams, Königs von Juda,
gelangte nach dem Tode ihres Sohnes
Aha^Ja durch Ermordung aller Prinzen aus
Davids Hause auf den Thron, ward von
Joas , dem Sohne Ahaqjas, nach 6jähr. Re-
gierung (879 V. Chr.) gestürzt n. getödtet.
Von Racine dramatisch behandelt.
Athamanla (a. G.), €^blrgslandscb. im
südl. Epirus, westl. am Pindus. Hauptst.
Argithea. Die Bewohner (Athamäne»),
thessal. Stamms, machten sich nach dem
Untergang des Reichs der Molosser selbst-
ständ^; ihr letzter Fürst Amynander.
AthaMas« Sohn des thessal. Königs
Aeolus u. der Enarete, zeugte mitNephele^
den Phrixus und die Helle, ward von Jano
rasend gemacht, weil er, durch ein Orakel
bewogen, fast seine Kinder geopfert hätte,
wenn sie Nephele nicht durch einen Widder
mit goldenem Vliesse hätte retten lassen.
AthaBirleh, König der Westgothen,
kriegte mit Kaiser Valens, mnsste 880 n. Ohr.
in Folge einer Meuterei nach Konstantino-
pel fliehen; f das. 881.
Athanaaiinisckes SymbMam (Sj/mboUrn
guiennque), das dritte der 3 ökumen. Sym-
bole, gibt eine strenge Zusammenfassung
der auf den 4 ersten allgemeinen Kirchen-
Atbanaue — Athen.
158
▼ersammliinirea fes^setsten Lebren ftber
die Dreieinigkeit und die Hensohwerdnng
Öottes. Ea wird dem Athanasiaa sagesohrie-
ben, ist aber wahrscheinl. im 5. Jahrb. im
westgoth. Reiche sn Bekampfting des Aria-
nlsmns abgefasst worden.
Athanasfe (gr.)» Unsterblichkeit.
Atlianasliis« der Grosse, Vater der Ortho«
dozie, her. Kirchenrater, geb. %a Alexan-
dria nm 896, anf dem Koncü ronNica« 885
siegreicher Gegner des Arins, ward 888
Bischof Ton Alezandria, auf der Partei-
Synode sn Tyras (885) seines Amtes ent-
setzt nnd nach Trier verwiesen, von Kon-
stantin dem Jüngeren 838 zurückgerufen,
musste noch Tiermal seinen Qegnern wei-
chen (zuletzt 367) u. brachte im Ghmzen 80
Jahre in der Verbannung, zum Theil in
der Wüste zu ; . f 8. Mai 878. Schriften
herausg. von Montfaueon (Par. 1698, 8 Bde.),
die dogmat. Hauptschriften ron T^ilo (18&8).
Eingehende Darstellungen der Lehre des A.
haben Ritter, Baur, Dorow und Voigt ge-
geben. Vgl. 3fShler, ,A. d. Gr. u. die Kirche
seiner Zeit*, 1827, 2 Bde. ; Voigt, ,Lehre des
A. y. Alexandria*, 1861. Jllchkelt der Seele.
Athanatlsmu (gr.^ , Cflaube an Unsterb-
Athanatologf e (gr.), Unsterblichkeitslehre.
Ithapasca (EUnfluts, fr. Biviire la Biche),
Fluss im brit. Nordamerika, entspr. auf dem
Felsengebirge, fliesst nördl. und mündet In
den 140 QM . grossen Jikapascasee, 140 M. 1.
Danach benannt die Athapasca-Portage, 6800'
h. Einsenkung im Felsengoblrge, zwischen
Mt. Hooker (14,700') und Mt. Brown (über
15,000' h.), ein Hauptpass mit kleinem See
(Punchbotole) , der gen W. nach dem Colum-
bia, gen O. nach dem Mackenzlegebiet ab-
fliesst; und die AtJiapaakas, nordamer. India-
nerstamm, im Gebiet des A. und Mackenzie-
flusses. Vgl. Buschmann^ ,Der athapask.
Sprachstamm*, 1856; Worttafel dazu 1859.
Athamnasie (gr.). Zustand, in dem man
sich über nichts wundert, nach alten Phi-
losophen Quelle der Glückseligkeit.
Afheiamns (gr.), Unglaube an das Sein
Gottes oder die Ansicht, dass die Ver-
nunftidee Yon Gott keine Wirklichkeit
habe. Der theoret. A. bestreitet ledigl. die
objektive Realität der Gottesidee, während
er sie als unser Denken und Handeln
regelndes Princlp anerkennt, ihr also sub-
jektive Gültigkeit zugesteht. Der praM. A.
spricht der G-ottesidee auch die letztere ab
nnd will sie ulclit als eine der Vernunft
mit Kothweudlgkelt Inwohnende Idee, son-
dern nur als eine zufällig durch Erziehung
und sociale Verhältnisse heryorgemfene
Vorstellung betrachtet wissen. Der skepU
A. stellt bloss die Möglichkeit eines ge-
nügenden Beweises für das Dasein Gottes
in Abrede. Atheist, Gottesleugner.
Afhelney (spr. Aetheini), Insel in der engl.
Grafsch. Somerset, bei Bridgewater, gebildet
durch die Vereinigung der Flüsse Tone und
Parret; Zufluchtsort Alfk-eds d. Gr.
Athelstan (spr. Aetholstänn, auch Rhel-
stan), König der Angelsachsen, Enkel Al-
freds, geb. 895, folgte seinem Vater Edward
i^ t ^5. Okt. 941 zu Glocester.
ktkumfOd&m), der bei der Ausathmung
erzeugte Luftstrom, ist reicher an Kohlen-
säure nnd Wasserdampf und wärmer tH»
die Atmosphäre. Gesunder A. ist geruchlos,
bei Mund-, Magen-, liungenkrankheiten und
bei Störungen in der Absonderung des Urins
wird er übelriechend. Der gewöhnliche
Übelrisehende A» findet sieh aber in der Regel
bei karlösen Zähnen und Unsanberkelt des
Mundes, auch bei yerdorbenem Magen
etc. und yersehwindet im ersten Fall
bei Behandlung der Zähne und der Mund-
schleimhaut mit Kohle u. Lösung yon chlor-
saurem Elali, im letztern bei passender Diät.
Atkemnotii (Dyspnoea) .Zustand erschwer-
ter Athmung, tritt bei sehr yerschiedenen
Krankheitszuständen der Respirationsor-
gane, Herz- und Kenrenkrankheiten , bei
durchdringender Verletzung des Brustkorbs
auf. Höchster Grad der A. heisst Orthopnoe,
Athen y Hauptstadt des alten Attloa, die
Metropole altgriech. Kultur, zwischen den
Flnsschen Cephlssus und Hissus, 4 St. yom
saronischen Meerbusen. Aeltester Theil
dls Burg oder Akropolis (1550 y. Chr. yon
Cecrops gegr., daher auch Oeeropia), auf
schroff abfitllendem Kalkfelsen (180' über
der Ebene, 800' 1., 400' br., Aufgang an der
Westseite), mit den her. Propyläen als Thor
und herrlichen Tempeln und Kunstwerken :
Parthenon mit Athenestatue yon Phidias,
(46* h.), Erecbtheum, Tempel der Nike Ap-
teros, Statue der Athene Promachos (60' h.)
u. a. Fast rund um die Burg lag die untere
Stadt mit 11 Thoren, ebenfalls reich an Prscht-
bauten. Am Südabhang der Akropolis das
grosse Dionysostheater (500 v. Chr., für
ca. 80,000 Menschen); westl. dayon das
Odenm des Herodes (um 140 n. Chr.) und
die Agora (Markt mit prächtigen Hallen, bes.
ausgezeichnet die sog. Pöcile) ; an der Nord-
ostselte das Prytaneum, südöstl. das Odeum;
entfernter im SW. der Burg der Museum-
hügel (mit Monum. des Philopappus) ; nördl.
dayon der Hügel der Pnyx (Volksyersamml.)
und der Hügel des Areopags ; welter nördl. der
Theseustempel ; im SO. der riesige Tempel
des Olymp. Zeus (580 y. Chr. begonnen,
unter Hadrian yollendet) ; jenseits des Illssus
das Stadium (Arena für Festspiele) : ansser-
he^lb der Mauer die Akademie u. das Lyceum.
Umfang der Stadt zur Zelt der Blüthe (unter
Cimon u. Perfcles) 8 Stunden ; Einwohnerzahl
etwa 150,000. Drei Hafenstädte: Plräeus
(für 400 grosse Schilfe), Munychia und Pha-
leron (für 50 Seh.), die erstere mit A. durch
Mauern (40 Ellen h.) rerbunden. Ueber
die pollt. Geschichte A^s s. Oritehenland,
Eine Reihe yon Unglücksfällen brachte die
Stadt yon ihrer Höhe herab, namentl. der
unglückliche Ausgang des peloponnes.Kriegs,
die Plünderung durch Sulla, die Zerstörung
durch Alarich; sie gelangte weder unter
byzantln., noch unter türk. Herrschaft wieder
zu einiger Bedeutung. Die siten Pracht-
bauten in Kirchen, Moscheen oder Harems
umgewandelt. Im Kriege yon 1687 arge
Verwüstung des Parthenon durch yenetlan.
Bomben. Zu Anfang des 19. Jahrh. Raub
zahlreicher Statuen n. Reliefs durch Lord
154
Athenäma — Athmimg.
JEl^n (Elcin MarblM, Mit 1816 im brit. Mu-
aenm). M«ae Zerstömng der Stadt im grlech.
Vreiheitikampf (die Akropolis als Festang
benutst) ; an Ende desselben nur 800 Häuser
übrig. Nener Anfschwnng, als König Otto
1834 seine Residena Ton Nauplia nach A.
▼erlegte. Das nett« A. (Atinah, türk. Se-
tinei), im N. der Akropolis regelmässig an-
biegt (Hermes-, Aeolns-, Athenestrasse),
41,298 £w. Königl. Palast (1896-44); Uni-
▼ersität (s. 1884); Nationalbank (s. 1842,
Kapital 5 Mill. Drachmen) ; Handel nber den
Hafen Piräens. Alterthümer: Thesenstempel
(auf 32 Säuleu ruhend, sehr gut erhalten),
18 Säulen vom Tempel des olymp. Zeus,
derfieckige Thurm der Winde, Monum. des
lijsicrates (Laterne des Diogenes), der Ha-
diiansbogen, die Propyläen, die Beste des
Parthenon, Erechtheum eto. Vgl. Leake, ,To-
pography of A/, 1821, deutsch 8. Aufl. von
Matter n. Bauppe 1844 ; Stuart u. Bev^t^ ,I>ie
Alterthümer eu A.S 1762, deutsch 1830>88,
3 Bde.; Thürmer, , Ansichten von A. und
seinen Denkmälern', 1823; FtfcAer, ,£rin-
nerungen aus Griechenland*, 1857 ; Welcker,
,Tagebach einer griech. Reise*, 1865; (Mrliua,
,7 ELarten s. Topographie von A., m. Text*,
1868; £r4t(m, ,A.*, 1868.
AthenSuD, Tempel der Athene (Minerra)
sn Athen, wo Gelehrte und Dichter ihre
Werke vorzulesen pflegten. Am berühm-
testen das von Kaiser Hadrian um 138—139
in Rom errichtete A., eine Art Akademie,
auch zum Unterricht in der Poetik und Rhe-
torik dienend. Titel für höhere Unterrichts-
anstalten und wissenschaftl. Zeitschriften.
Athen&iM, griech. Grammatiker aus Nau-
cratis in Aegypten, lebte zu Anfiing Av>s
8. Jahrb. in Alexandria und Rom; sehr.
jDeipnosophistae* in 15 Büchern, von denen
das 2. und der Anfang des 8. im Auszuge
noch vorhanden sind und wichtige Notizen
über öffentliches und häusliches Leben, Sitte,
Kunst und Wissenschaft der alten Griechen
enthalten ; neuerl. herausgegeb. von JHndorf
<1827, 8 Bde.) und Meindce (1859-67, 4 Bde.).
AthenagdimSy piaton. Philosoph zu Alexan-
drla, ward Ohrist und verfasste um 176 die
,L^atio pro ChristianiB* (Apologie des
Christenthums) und ,De resnrrectione mor-
tuorum*, beides herausg. von Otto im «Cor-
pus Apologetarum Christian.*, Bd. 7, 1857.
AthenSlSy Tochtei; des Sophisten Leon-
tinus zu Athen, ward Christin und unter
dem Namen JSudojcta Gemahlin des oström.
Kaisers Theodosius II., später in Folge
von Verleumdungen vom Hofe verwiesen;
t 460 zu Jerusalem. Von ihren Schriften
u. Gedichten ist nichts auf uns gekommen.
Athene» s. Minerva»
Athenodömi. 1) stoischer Philosoph, aus
Tarsus, lebte m Rom, Lehrer des Kaisers
Augustus. — 2) A. Oordjßion, aus Tarsus,
Vorsteher der pergamenischen Bibliothek u.
Lehrer Catos von Utica. [losigkeit.
Athesmle (gr.), Gesetzlosigkeit, Zügel-
Atlils und ProphillaB. mittelhochd. Ge-
dicht des 12. oder 18. Jahrb., von unbe-
kanntem Verf. ; nur Bruchstücke erhalten.
YgL W. Grimm, ,A. und P.*, 1846.
AtUSten (gr.), altgriech. Wettkämpfer,
die sich der Uebuug Ihrer Kunst (Athletik)
berufsmässig widmeten. In Rom traten A,
zuerst 186 v. Chr. auf. Athletisch, muskel-
kräftig, riesig gross.
Athmnng (Betpiration), physischer Pro-
zess, bei welchem das Blut aus der Luft oder
aus dem Wasser Sauerstoff aufnimmt und
Kohlensäure abgibt, bildet einen wesent-
lichen Theil des Stoffwechsels , der bei ge-
störter A. alsbald erlischt. Bei den nie-
drlgsten Thieren besorgt die äussere (zum
Theil auch die innere) Körperoberfläche
den Austausch der Gase, bei hohem sind
£e«p<ration«or^ane vorhanden, und zwar bei
den Wasserthieren in der Rc^el Kiemen, bei
den Landthieren Xtingsn (Säuger, VSgel,
Spinnen), oder ein im ganzen Körper ver-
ästeltes System von Luftröhren , Tracheen,
die in seitliche Oeffüungen (Stigmen) mün-
den. Alle Respirationsorgane haben den
Zweck', das Blut über grosse Flächen zu
vertheilen und zahlreiche Berührungspunkte
mit der eingeathmeten Luft zu schaffen.
Das Sinckthmen ist eine Folge der Ausdeh-
nung des Brustkastens mit Hülfe der Ath-
roungsmuskeln u. vorzugsweise des Zwerch-
fells, welches sich zusammeuzleht und seine
nach oben gerichtete Wölbung verflacht;
beim Aueathmen sinkt der Brustkasten an-
sammen und das Zwerchfell erschlafft. DI«
Lunge verhält sich beim Einathmen völlig
passiv; wird der Brustkasten durchbohrt,
so fällt sie sofort zusammen und die A. hört
auf. Die J thembetcegung en kommen grössten-
theils unwillkürlich zu Stande, sie sind
Reflexbewegungen in Folge mannichfaltiger
Reizungen von Empfindungs- oder Be-
weg^ungsnerven und Ueberstrahluug dieser
Reizung auf die Athmungsnerven und Mun-
keln. Erwachsene athmen 12 — 20mal in
der Minute, Säuglinge 44mal, Lungen- o.
Fieberkranke athmen schneller. Das Ein-
athmen verursacht gewisse Athemgeräue^»,
die beim Anlegen des Ohrs an die Brust-
wand hörbar sind und in ihren Modifikationen
durch Ansammlung von Schleim, Eiter etc.
zur Erkennung der Lungenkrankheiten (Aum-
kultation) dienen. Die Menge der ein- nnd
ausgeathmeten Luft ist sehr schwankend, ein
erwachsener Mann liefert bei ruhigem Aua-
athmen etwa Vs Liter Luft. Diese ist ärmer
an Sauerstoff und reicher an Kohlensäure
als die eingeathmete Luft, und zwar enthält
sie 16,08o/o Sauerstoff und 4,38o/o Kohlen-
säure, daneben sehr viel Wasserdampf und
geringe Mengen organischer Substanzen, die
oft durch den Geruch erkennbar sind. Der
Austausch der Gase zwischen dem Blut o.
der eingeathmeten Luft ist ein rein physi-
kalischer Prozess, der nicht mehr Statt
findet, wenn die Differenz zwischen dem
Kohlensäuregehalt der Luft und des Blutes
zu gering wird. Deshalb darf bereits ge-
athmete Luft nicht von Neuem geathmet
werden, und geschlossene Räume sind gut
zu ventiltren. Das mit Kohlen säure beladene
zu den Lungen strömende Blut ist dunkel-
roth, das von Kohlensäure beiseite sauer-
stoffhaltige Blut, welches die Lunge Ter-
At bome — Atlas.
^S5
UUflt} bellrofh. Der auf^enoromane Sauer-
stoff macht die aus den Nahmngsstoffen
neu gebildeten Chylus- und Blatbestand-
theile zur Ersetzung der verbrauchten Kör-
perbestandtheile fähig, während die Kohlen-
säure als Endprodukt des Stoffwechsels
za betrachten ist. Durch dun Athmungs-
prozess wird aber auch die Erzeugung der
thierischen Wärme ermöglicht und der Blut-
lauf wesentlich unterstützt. Durch künst-
lich eingeleitete A. lässt sich die Herzbe-
wegung stundenlang unterhalten.
Die A. der Pflanzen besteht im Gegensatz
zu der derThlerein Aufnahme von Kohlen-
säure und Abgabe von Sauerstoff und findet
hauptsächlich durch die Blätter Statt. Sie
wird bedingt durch die Einwirkung des
Iiichtes und erlischt in der Finstemiss, in-
dem die Pflanzen dann etwas Kohlensäure
ausscheiden. H>ie A. der Pflanzen und der
Thiere gleicht sich deshalb in ihrer Wir-
kung auf die Atmosphäre aus.
At home (engl., spr. ät bohm, d. 1. zu
Hause), theatralische Vorstellungen satir.
Inhalts, vom englischen Schauspieler Foote
zuerst als Frivatvorstellungen aufgebra<^t,
1834 vom Komiker Mathews und seinem
Schüler Yates öffentl. gegeben.
Athor (Alhyr), ägypt. Göttin, Tochter
des Ra (der Sonne), von den Griechen mit
Aphrodite identificirt, auf den Denkmälern
in der R^el mit Kuhkopf, zwischen den
Hörnern die Sonnenscheibe tragend, oder
auch ganz als Kuh, später als ,Herrin des
Tanzes und Scherzes' in menschl. Figur
mit den Sti-icken der Liebe und dem Tam-
burin als Zeichen der Freude dargestellt.
AtllOS (das alte Acte, neugr. ffagUm Oroa,
Ital. Monte Santo), die östl. Zunge der chaicid.
Halbinsel im ägäischen Meere, Gebirgsland-
schaft, 6 M. 1., 2 — 3 M. br., im eigentl.
Berg A. (am Südende) 6349' h., Sitz einer
alten Mönchsrepublik (968— 1375 entstanden) :
21 Klfister (festungsartige, mit Geschützen
versehene Gebäude, das älteste die Abtei
Laura), 11 DörfSr (Sketen) und 190 einzelne
Zellen etc., bewohnt von ca. 6000 (sehr un-
wissenden) Mönchen und Eremiten aus fast
allen Nationen. Frauen ausgeschlossen.
Reiche Klosterbibliotheken, nicht ohne
Werth für theolog. Wissenschaft. Hauptort
Karuäs, Sitz eines ttii-k. Aga (jährl. Tribut
24,000 Fl.) und Versammlungsort der heil.
Synode. Vgl. Fallmeraper, ,Fragm. aus d.
Orients 1845; iVfcAon, , Die Mönchsrepublik
auf A.* in Raumers Histor. Taschenb. 1860 ;
On9», ,Gesch. der A.- Klöster*, 1863.
Athy, Stadt in der Irland. Grafsch.
Kildare (Leicester), am Barron, 4113 Ew.
Atinle (gr.)t Beschimpfung,^ Ehrlosigkeit.
Atltlan 9 Vulkan im centittlamerik. Staat
Guatemala, aAi gleichnam. See, 12,500'.
Atkyas (spr. Aet-), Sir Robert, engl. Rechts-
gelehrter, geb. 1621, 1672 — 82 Richter am
Court ofCTommon Pleas, vertheidigte 1683 den
Lord William Russell u. 1684 den Sprecher
des Unterhauses, Williams, ward nach
Wilhelraz ni. Thronbesteigung 1689 Präsi-
dent des Schatzkammergerichts und Vor-
sitzender des Oberhauses, trat 1684 zurück;
L1709 auf seiner Besitzung Sapperton-HaU
Gloucestershire. Seine »Parliamentaxy
and political tracts< (1734) für die Zeitge-
sclilchte von Literesse.
Atlantis (gr.) , bei den Alten fabelhafte«
grosses Inselland im Westen von Afrika.
Atluitischer Ocean, Theil des Weltmeers
zwischen Europa und Afrika im O. u. Ame-
rika imW., nördl. u. südl. von den beiden
Polarmeeren begrenzt; nach der Lisel
Atlantis benannt, etwa 1,626,000 QM. Cha-
rakteristisch ist der Parallelismus der Ost«
und Westküsten, vergleichbar den gegen-
überliegenden Ufern eines mehrfach ge-
wundenen Stroms. Die nördl. Hälfte bes.
ausgezeichnet durch reiche Küstenentwiok-
lung, durch das weite Eindringen in die
alte Welt (bis 60o ö. L.) und in die neue
Welt (bis 800 w. L.) In Gestalt von Bin-
nenmeeren, durch den Reichthum an Liseln
(meist Gestadeinseln) und durch vielfache
Strömungen, welche die Verbindung zwi-
schen Europa und Amerika wesentlich be-
fördern. Grösste Breite (ohne die Binnen-
meere) 950 M.; geringste, kaum 150 M., an
8 Punkten : zwischen Norwegen und Grön-
land, Irland und Labrador, Afrika u. Bra-
silien. Wichtigste Binnenmeere u. Busen
im W.: Hudsonsbai, St. Lorenzbnsen, Golf
von Mexiko, Antillenmeer; im O.: Nordsee
nebst der Ostsee, britisches Meer, Busen von
Biscaya, Mittelmeer, Busen von Guinea.
Hauptströmungen: die südatlaut. Strömung
(vom Kap längs der Küste Afrikas bis etwa
zum Wendekreis des Steinbocks), die Aequa«
torialströmui^; (von der Oongoküste in ost-
westl. Richtung quer über den Ocean, an
der brasil. Küste in einen südl. und einen
^ nördl. Arm sich spaltend), der Golfstrom
(s. d.). Die Tiefe sehr verschieden, z. Th.
noch wenig ermittelt; der uordatl. 0. im
Durchschnitt 2—3000 FaAen. In der Mitte des
Oceans grosse unterseeische Tangfelder, bes.
die Fucusbank von Corvo und Flores (20— 25<>
w. L.) und das sogen. Sargassomeer, südöstl.
davon. Der a. O. ist der eigentl. Schauplatz
des Weltverkehrs; er bildet die Brücke zwi-
schen der alten und neuen Welt, deren kul-
turfähigste Seiten er bespült, und dient mehr
als irgend ein anderer Ocean zur Verbindung
der entferntesten Gegenden der Erde. Ueber
die zahlreichen regelmässigen Dampfschiff-
fahrtslinien, ' von denen er durchschnitten
wird, 8. Dampf achifffahrt. Daneben 3,tran8-
atlantisohe Telegraphenkabel, 2 engl., von
der Insel Valentia bei Cork, seit 1866, 1 franz.,
von Brest nach Neufoundland, seit 1869.
Atlas, Titane, Sohn des Japetus und der
Clymene, zeugte mit Pleone, der Tochter
des Oceanus, die Plejaden, musste, weil
er am Sturm der Titanen auf den Olymp
Theil genommen, zur Slrafe das Himmels-
gewölbe tragen; nach Späteren ein mäch-
3ger, der Astronomie kundiger König;
daher Jetzt Titel einer Sammlung von
Land- und Himmelslparten , auch sonstiger
Abbildungen; in der Baukunst kolossale
männl. Statue zum Tragen von Gesimsen,
Vorsprüngen etc. Mehrzahl AthuUen.
1 AtlaSy das Gebirgssystem der Berberei in
166
Atlas ^- Atome;
Hordafrlka, die Scheidewand swiseben dem
Baatln des Mlttelmeerea und dem der Sa-
hara, ein Plateaa , das anf 2S00— 8500' h.
Basis uDBäliliffe Bergketten tragt, meist pa-
rallel-Ton 8W. gen NO. gerichtet, schrolT,
Ton engen Schluchten eerrissen, aaf den
K&mmen kahl, an den Abhängen reich be-
waldet. Es erfallt den Westen Marokkos
(der sogen, hohe A. oder Idrar Nderen, mit
dem 10,700' h. Miltsin , nnd damit in Ver-
bindong stehend am Mittelmeere das Rif,
8-4000^, die Mitte Algiers (hier der itl«in«
A,t d. i. di£ Fortsetzung des Rif: bis 7100',
die Hochebene der Schott, bis 8500' h., and
der ffro»$« A., bis 7050') nnd den Osten von
Tunis (mit 4450' Gipfelhöhe). Vgl. M. Wag-
ner, ,Reise in Algier*, 1841 ; Bohlf», .Reise
durch Marokko*, 2. Aufl. 1869.
Atlu (fr. eatin), einseitig gewebtes Sei-
denseng, bei dem die aus feiner Seide be-
stehende Kette grösstentfaeila obenauf Hegt,
•o dass der Stoff starken Glans erh<. Halb-
seidener A. ans Seide und Baumwolle wird
in China fabricirt.
AtlMholCy Hols von FeroUa gulanensis,
in England gebr&uchlichos feines Tischler-
holB, roth, gelbgeadert.
Atmometer (Atmidomeler, gr.). Verdau-
stungsmesser, meteorologisches Instrument
zur Bestimmung der Wassermenge , welche
bei freier Berührung mit der Laft in einer
gewissen Zeit verdunstet. Die neuesten ver-
Tollkommneten A. von Preetel und Lamont.
AtmoiphSre (gr.), Dunstkreis, Luftkreis,
die den Erdball umgebende Hülle von gas-
förmigen Sabstanzen, besteht^m Wesent-
lichen und bis auf sehr geringe Schwan-
kungen konstant aus 21 Vol. Sauerstoff und
79 Vol. Stickstoff. Ausserdem enthält sie
^/io>ooo Kohlensäure, wechselnde Mengen von
Wasserdampf und in geringen Quantitäten
Ozon, Ammoniak, salpetrige und Salpeter-
säure. Als zufällige Belmis<^ungeu und
Verunreinigungen kommen vor Meersalse,
Schwefel- u. Phosphor Wasserstoff', schweflige
and Schwefelsäure, Sumpfgas und als Staub
mineralische und organische Partikelchen
und Keime niedriger Organismen. Verän-
derungen In der Zusammensetzung der ge-
sammten freien Luft durch die uns bekannten
Vorgänge (Athmung, Verbrennungsprozesse)
können seit der Entdeckung genauer analy-
tischer Methoden noch keine wahrnehmbare
Grösse erreicht haben, dagegen sind lokale
nnd temporäre Abweichungen im Sauerstoff-
und Kohlensäuregehalt mit Sicherheit nach-
gewiesen, und der Wassergehalt der A.
schwankt nach Temperatur, Windrichtung
u. Lokalität in weiten Grenzen. Der Druck
der A. entspricht einer Quecksilbersäule
Ton 28" und beträgt auf 1 (^. 16 Pfd. ; er
nimmt ab mit der Erhebung vom Meeres-
q;>iegel an und schwankt auf derselben Höhe
nach den meteorologischen .Verhältnissen.
DieOestalt derGesammtatmosphäremuss ein
SphäroYd sein, dessen kurze Axe mit der Erd-
axe gleiche Lage hat. Die Grenze der Erd-
atmosphäre liegt InderR^ion, wo die An-
ziehungskraft der Erde der Expansivkraft
der Gase das Gleichgewicht hält. Die ab- 1
solute Höhe derselben ist aber nieht be-
stimmbar, weil wir nicht wissen, nach wel-
chem Gesetz die Temperatur in der Höhe
abnimmt. JedenfSalls ist das, was von der
Luft über 10—18 geogr. M. hinausgeht, ein
verschwindend kleiner Bruchthefl der übri-
gen A. und die Gewichtshälfte der Lnft-
masse befindet sich in der Höhe vom Meeres-
spiegel bis au Ys Melle. Auf einer Kugel
von 1' Durchmesser würde die A. eine
Schicht von 1"' bilden. Die Lult Ist bei
Oo 0. 778mal leichter als Wasser von 40 O.,
und das Gewicht der Gesammtatmosphare
beträgt mindestens 5 TriU. Kilogr. Trockne
Luft dehnt sich beim Erwärmen um V> G.
um Vrrs ihres Volumens aus, ihr Ansdeh-
nnngskoSflicient ist 0,009665, und sie gehorcht
dem mariottesohen Gesetz bis zu dem Druck
einiger A.n 1 Liter Luft wiegt bei Oo und
760 Mm. Bar. 1,293 Grm., ein rh. KubikzoU
0,023 Grm. Die Luft ist nicht vollkommen
durchsichtig, am durchsichtigsten Ist sie,
wenn nach langem Regen eine rasche Auf-
heiterung des Himmels folgt. Folge der
unvollkommenen Durchsichtigkeit ist die
allgemeine Tageshelle. Das Blau des Him-
m^s wird durch elgenthümliche Dichtfg-
keitsverhältnisse des Wasserdampft der A.
hervorgebracht, auf hohen Bergen erscheint
der Himmel fast schwarz, in warmen Län-
dern und auf dem Lande dunkler als In
den kalten Zonen und auf dem Meer. Bei
Jeder Witterung und Temperatur enthält
die A. Elektridtät, welche Vormittags und
2 Stunden nach Sonnenuntergang ihr Muci-
mum erreicht und im Winter stärker ist als
im Sommer. Folge der ungleichen Erwär-
mung der A. ist Bew^sinng in derselben,
Erzeugung von Luftströmungen, die bei
einer Geschwindigkeit von 4' in der Sek.
direkt durch unsere Nerven wahrgenommen
werden. Stärkere Lnf tströme sind die Winde.
Ausserdem hat die A. Ebbe u. Fluth, bemerk-
bar an den Schwankungen des Barometara.
AtmospbSrilien (gr.)» die gasförmigen
Bestandtheile der Atmosph&re: Saueratoff,
Stickstoff, Kohlensäure, Wasserdampf, koh-
lensaui^es und salpetrigsaures Ammoniak,
Ozon etc. [Regen, Schnee, Hagel.
Atmosphirisehe Niedenchlige y Than,
Atome (gr.) , die letzten, untheilbaren Be-
standtheile der Körper. Die neuere Chemie
unterscheidet eine Theilbarkeit der Materie
durch mechan. Mittel, welche zu dem Mole»
fuhrt, von der idealen Theilbarkeit, welche
durch die Einwirkung physikal. Kräfte ver-
anschaulicht wird und zu den nicht mehr
wahrnehmbaren JfoIeJtüt«» führt. Alle Körper
sind zusammengesetzt aus gleichartigen Mo-
lekülen. Jedes Molekül aber lässt sich durch
chemische Mittel inzwei nicht mehr theilbare
A. spalten, und auch die Molelcüle der ein-
fachen Körper enthalten 2 A . Das Atom eines
Elements ist das Minimalgewicht desselben,
welches in eine chemische Verbindung ein-
zutreten vermag, das Molekül dagegen das
Minimalgewicht, welches Im freien Zustande
existlren kann. Manche Elemente verbinden
sich mit einander ausschlielislich zu je einem
Atom (Wasserstoff, Chlor, Kalium, Silber),
/
Atomgewichte -^ Att&las.
IST
Ton andern Terl>lndet sich 1 Atom stets mit
2 A.n der ersteren (Sauerstoff, Schwefel» Cal-
cinm, Magneslam), wieder von andern 1 Atom
mit 8 A.n der ersteren (Stickstoff, Phosphor,
Arsen, Antimon) nnd Ton noch andern 1 Atom
mit 4 A.n der ersteren (Kohlenstoff, Silicium,
Zinn) etc. Dem gemäss nennt man die A.
der Elemente oder diese selbst ein-, zwei-,
drei« nnd vierwerthig (O.N. C.)* Das Mass
für die Werthiglsit der Elemente geben die
einwerthigen. Man sagt, das Atom des
Wasserstoffs, Chlors etc. stelle eine Ver-
wamdt$ch^fü«inheit Tor, das Atom der zwei-
werthlgen deren 8 etc. Bei chemischen
Verbindungen und Zenetsnngen ersetsen
sich die Bestandtheile in dem Yerhaltniss
gleicher Verwandtsohaftseinheiten. In die-
sem YerhUtniss sind sie ftqnivalent. 1 Atom
Ohiorist ftquiv. 1 Atom Wasserstoff; 1 Atom
Sauerstoff äqniT. 2 A.n Wasserstoff etc.
AtOBgewlelite » Yerbindungsgewichte,
Zahlenansdrücke fftr die einfachen Yolu*
menTerh<nisse der Elemente. Gleiche
Yolnmen einfacher Gase enthalten gleich
▼iel Moleküle, ihre Volumengewichte (Ge-
wiohte gleicher Volumen) drücken also su-
gleich das Yerhaltniss ihrer Molekularge-
wichte aus und, wenn 1 Mol. = 2 Atom ist,
au4di das der A. Da ferner die Volumen-
gewichte einfacher Gase zugleich die Yer-
bindungsgewichte der Körper sind, so' setzt
man Yerbindungsgewichte = A. und den
Wasserstoff als Einheit derselben und der
Volumengewichte.
AtOAie (gr.), Schlalfheit, in der Medicin
Mangel an naturgemässer Spannkraft und
Elastidtat organischef Theile, kann örtlich
oder allgemein sein, tritt besonders im
hohen Alter auf (Harnblase, Mastdarm).
Atnmentsteliiy bei den Alten grüner
Vitriol, schwefelsaures Eisenoxydul.
AtettBUintUBi CLBt,)y schwarze Farbe, bes.
Dinto: Im Mittelalter der Stein der Weisen.
AtntOy FIuss im südamerikan. Freistaat
Keognmada, entspr. auf der westl. Cor-
dillere, mündet in den Golf tou Darien,
66 M. lang (i2 M. schiffbar). Vermittelst
desselben ist eine Kanalverbindnng mit dem
^ stillen Meer ausführbar.
A tre (ital.), zu dreien; a tra mani, zu
drei Händen; atrevoei(parU), dreistimmig.
Atreblt«s (a. G.), Volk in GaUia belgica,
mit der Hauptstadt Nemetacum (]. Arras);
siedelte zum Theil nach England über.
Atreile (gr.), Undnrchbohrtsein, Missbil-
dnng, bei welcher natürliche Oeffnungen des
Körpers geschlossen sind, entweder angebo-
ren (After, Scheide etc.), oder durch Krank-
heit erworben; meist schwierig zu beseitigen.
Atztniy Sohn des Pelops, Enkel des Tan-
talns und Bruder des Thyestes, ward
Herrscher in Mycenä, wo Thyestes seine
Gattin verführte. Dies der Anfang jener
Reihe Ton Grenelthaten im Hause des
Tantalns, die den alten Tragikern reichen
Stoff dargeboten haben. A. ward Ton
Aegiathus getödtet. Seine Söhne (Atridtn)
sind Agamemnon und Menelaus.
AirliiilexJD. (Melde), Pflanzengattung der
Chenopodeen. A. ualimus X., Metrmelde,
MeerportulaXf, als Gtemüse in England, Hol-
land nnd Portugal benutzt. A. hortensii
L., Garten' oder Zuekermeldet toilder ßpintd,
in ganz Europa als Gemüse kultiyirt. Von
A. portulacoides L*, Ibrtulakmelde , an
europ. Meeren, werden die Jungen Sprossen
wie Kapern eingemacht.
Atrium (lat.), der rordere Hauptraum der
altröm. Häuser, wohin die ringsum gmp-
plrten Wohngemächer ihren Ausgang hat-
ten, Versammlungsort der Hansgenossen;
der mit Säulen umgebene Vorhof der alt-
christl. Basiliken.
Atropa X. (Tolüerata, Toükireehe), Pflan-
zengattung der Solaneen. A. Belladonna L,,
gemeine ToUkireehe, Woifttouth, Tett/dt'
kireche, in Gebirgswäldem Mittel- und Süd-
europas, eine der gefährlichsten Giftpflan-
zen; Wurzel und Blätter ottcinell. Wirkung
scharf narkotisch. S. Atropin,
Atrop«t6ne (a. G.)> der nordwestl. Theü
Yon Persien (Alpenlaad von Aserbeidschan).
AtropUe (gr.). Zustand aufgehobener Er-
nährung des ganzen Körpers oder einzelner
Theile desselben.
Atropin (Daturin), Alkalotd, wirksamer
Bestandtheil der Belladonna und des Stech-
apfels, krystallisirt in farblosen Nadeln, ist
in Wasser schwer, in Alkohol leicht löslich,
wird in der Augenheilkunde und gegen
Nervenübel angewandt, hebt die giftigen,
aber nicht die schmerzstillenden Wirkungen
des Morphiums auf und wird deshalb bäuflg
zugleich mit letzterem angewandt.
AtrSpoiy eine der drei Parzen (s. d.).
XUcmMi(Aehin, Aehan), malayisches Sul-
tanat im K. von Sumatra, 1200 QM., fast
ganz unbekannt; die Hauptet. A. 38,000 Ew.
Atselünsky Stadt im ostsibir. Gout. Jen!«
seisk, amTschulym, 2700 Ew., Durchganga-
punkt für alle lÄndtransporte.
Attftf Titue Quinctius, röm. Komödien-
dichter, t um 100 T. Ohr. Bruchstücke in
Bibbeck, ,Comicor. roman. Fragm.', 1865.
AttMCAjital., Mus.), hänge an; Bezeich-
nung am Ende eines Satzes , dass der fol-
gende sofort begonnen werden soll.
AttaehemeBt (fir., spr. -tasch^mang), As-
hän^chkeit, Zuneigung; aUaehiren, sieh
an Jemanden anschliessen. Aitaehd, eia
Jemandem Beigegebener, angehender, einer
Gesandtschaft beigegebener Diplomat.
Atteignamt (spr. -tänjang), Oabrid CkarU§
de V, franz. Lyriker, geb. 1697 zu Paris,
t 10. Jan. 1779 als Kanonikus zu Rheima.
,Po6s!e8< (1757, 4 Bde., Auswahl 1810).
Attike (fir.), Angriffsbewegung gegen
den Feind, um denselben durch Waffen-
gewalt aus seiner Stellung zu vertreiben,
wird nur von der Infanterie und Kavalleiie
gebraudit; aUakiren, angreifen.
AttSlnik Name mehrerer Könige Ton Per-
gamus: A. I., reg. seit 241 v. Chr., er-
weiterte durch Siege (229) über Antioohus IL
Ton Syrien fein (Gebiet, verbündete sich,
Ton Antipchus HI. und Philipp HL von '
Macedonien bedrängt, mit den Römern;
f noch vor der Schlacht bei CynoscephaU
(197). — A, IL Fhiladelphns, Sohn des Vor.,
folgte 159 seinem Bruder Eumenes in der j
15S
Attelage — Attribut.
Xegiemncr, ebenfalls Verbündeter der B5-
mer, f 138. — A. ITI. Fhilometor, Neffe and
Nachfolger des Vor., yerflel in Schwermnth,
f ISS, nachdem er In seinem Testament die
Römer als Erben seines Reichs eingesetzt
hatte. Alle 3 Fürsten waren Beförderer
der Künste nnd Wissenschaften. Vgl. We-
gener, ,De aola Attallca etc.*, 18S6.
AttelAg6(flr., spr. Att'lahsch), Bespannung,
Insbes. das Geschtrrvresen bei der Artillerie
und dem Train, [berg, Kr. Olpe, 17S4 Ew.
Attendorn. Stadt im prenss. Regba. Ams-
Attenens (lat.), Zubehör. [merksamkeit.
Attent (UtOf aufmerksam. Attention, Anf-
Attentit (lat.)i Versuch einer gesetzwi-
drigen Unternehmung, insbes. mlssglückter
Versuch sa Ermordung einer hervorragenden
Person. AttetUire», ein Verbrechen yorha-
t>en; in eines Andern Rechte eingreifen.
Atterbom, Peter Daniel Ätnadetu, schwed.
pichter, geb. 19. Jan. 1790 im Kirchspiele
Asbo in Ostgothland, seit 1828 Prof. der
Philosophie zu Upsala; f in Stockholm 26.
^ Juli 1855. Führer der romant. Dichterschnle
in Schweden (Phosphoristen). Hauptwerk
die lyrisch-episoh-dramat. Dichtung ,Lyck-
zalighßtens O' (1824—27, deutsch ,Die Insel
der Glückseligkeit^, 1831<-3S, 2 Bde.). .Sam-
lade Dikter* (1836— S7, 2 Bde.). Verdienst-
Toll auch die Schilderung yon Schwedens
Sehern und Oichtem (,8yeriges Siare och
JSkalder* (1841—56, 6 Bde.).
Atterration (lat., Atterrieeement, fir., spr.
-Iss'mang), Anschwemmung yon Land.
Attenee (Kammereee), See in Oberöster-
reich, 2>/4 M. lang, Vs M. breit, ISOO' tief;
Im Südwesten der Schafberg.
AttSst (Atteatat, lat.) , schriftUohes Zeug-
niss : atteatiren, ein solches ausstellen.
Attiea. Staat des alten Griechenland, die
güdöstl. Halbinsel des eigentl. Hellas, etwa
40 QM. ; gebirgig (Oithäron, Farnes), wasser-
arm, aber mit mildem und gesundem Klima
nnd frühzeitig (nach der Sage zuerst durch
Oecrops 1550 y. Ohr.) kultivirt; bes. reich
an Oliyen. Hauptst. Athen. 174 Ortschaften
(Demen). Vgl. Leake, ,Die Demen Von A.*,
deutsch Ton Westermann 1840; Bou, ,I>ie
I>emen yon A.', 1846. Die fi^genw&rtige
K&marehie A. mit BHotien 116,7. QM. und
116,024 Ew. Hauptstadt Athen.
Attichy Ackerhollunder (Sambucus ebulus).
AtticisninSy das Streben späterer griech.
Schriftsteller, in acht attischer Form zu
schreiben ; der dem attischen Dialekte eigen-
fhümliohe Wohlklang.
Attl'cnSy Titus Pomponius, edler Römer,
geb. 109 y. Ohr., lebte den Wissenschaften
nnd seinen Freunden (darunter Oicero, z.
dessen ,Eplstolae ad Atticum')» übte aber
durch seinen Verkehr mit den ersten Staats-
männern auch Einflnss auf den Ghtng der
öffentl. Angelegenheiten aus ; f 32 y. Chr.
Biogr. yon Cornelius Nepos, Vgl. fiitUemonn,
,Diatribe in T. P. A.», 1838.
Attlgny (spr. -tinji) , Stadt im franz. De-
Sart. Ardennen, an der Alane, 1470 Ew. ; im
Elttelalter Attiniacum, zeitweil. Residenz
der firänk. Könige ; Witteldnds Taufe 785.
^Aitilft^ König der Hunnen, Sohn des
Mnndzuk, folgte 438 n.Chr. seinem Oheim
Rugilas in der H6rr8chaft über die Hunnen
In den Ebenen Pannoniens, yereinigta die
hunnischen, scythischen und germanischen
St&mme yon der Wolga bis tief nach Deutsch-
land hinein zu einem seiner Herrschaft un-
terworfenen Völkerbunde. Nachdem er
darauf die illyrisch - thracische Halbinsel
bis in die Nahe yon Konstantinopel yer^
beert und yon Theodosius II. einen jährL
Tribut yon 2100 Pfd. Gk>ld erzwungen hatte,
brach er 451 mit dem Heerbann der Hunnen
nnd der ihm gehorchenden andern Völker
yon seinem Ebtnptsitse in der Gegend des
heutigen Tokai auf, vurchzog Norioum,
Vindellcien und Alemannien und drang in
Gallien ein , erlitt aber auf den catalaun.
Feldern (bei Chälons sur Marne) yon den
yereinigten Westgothen, Franken, Sachsen
nnd andern Völkerschaften, welche der
weström. Feldherr A6tius yereiuigt hatte,
^ne entscheidende Niederlage und ging
über den Rhein zurück. Im Frühjahr 452
drang er in Oberitalien ein, kehrte aber,
durch eine Seuche oder durch den röm.
Bischof Leo I. bewogen, plötzlich um und
f in seinem Stnndlager in Pannonien (454).
In der Sage lebte er als Etzel oder Qode-
gisel (d. i. Gtottesgeissel) noch lange fort.
Vgl. über ihn die Werke yon Klemm <1827),
Thierry (1852, deutsch 1865), HcMge (1862).
Atttughavsen 9 Gerhard von, 1206 Land-
amman des Kantons Uri, einer der Begründer
der schweizer. Eidgenossenschaft.
Attirail (fr., spr. -tiralj), die Geschirr-
nnd Reitzeugstacke J>ei der Artillerie und
dem Kriegsfahrwesen.
Attis (Altes, Atys), Sohn des Oalaus, Kö-
nigs yon Phrygien, ward entmannt und
yom Tode wieder auferweckt, seitdem steter
Begleiter der Cybele. Der Mythus symboll-
sirt das Ruhen der Vegetation im Winter
und deren Erwachen im Frühling ohne Bo-
firuchtung durch zeugende Kraft.
Attischer Dialekt, s. Qrieehinche Spraehe,
Attitüde (fr., spr. -tühd), Haltung des Kör-
pers, bes. in artist. Hinsicht Stellung leben-
der Figuren als Ausdruck eines bedeutungs-
yoUen Lebensmoments. Vgl. Ld>endt Bilder^
Attok (Atak), Festung am Indus im Pend-
schab, der Kabulmündung gegenüber, 2000
Ew.; seit alter Zeit der Schlüssel Indiens.
Attorney (engl., spr. Aettömi), in Eng-
land Bezeichnung dexjenigen Rechtsanwälte,
welche bei den öffentl. Gerlchtsyerhandlnn-
gen nicht plaidoyiren, aber unmittelbar mit
dem Klienten yerkehren, Vorstellungen and
Schriften für ihn einreichen nnd in der Re-
gel dem Barrister schriftl. oder mündl. In-
struktion ertlieilen. Die A.s oder Solieitora-
bilden eine gesctilossene, priyilegirte Kor-
poration, deren Rechte und Pflichten zuletst
1843 festgestellt wurden. A, general (Kron-
anwalt), der in Ciyilprozessen die Krone yer-
tretende, auch in gewissen Fällen im Namen
derselben Anklage erhebende Reclitsanwalt.
Attrape (lt., spr. -trap), Falle, Schlinge,
Täuschung; attrapiren, worüber ertappen*
Attribut (lat.) , das Beigelegte ; In der
kaatiscben Logik eine ans den wesent-
Attrition -— Anctor.
159
Uchan Merkmalen eines Begriffs folgende
Bestimmong; in den bildenden Künsten
Zeichen oder Symbol, wodurch die Bedeu-
tung einer Figur hervorgehoben wird.
j^ribuiren, beilegen, suschreiben.
Attrition (lat.), im Lehrsystem der röm.-
kathol. Kirche die unvollkommene, d. i.
ledigl. durch die Furcht vor der Strafe her-
Toxcerufene Reue, wogegen Kontrition (eon-
tritlo eordU) die voUkommene, auf sittlichem
Grunde beruhende Reue. [lauf.
Attronpemeiit (fr., spr. -tmp^mang), Auf-
AtnreSy vertilgter Indianerstamm am
Obern Orinooo; Ort das., mit her. Katarakt.
Atwood (spr. Aettwud), George, engl. Phy-
siker, geb. um 1745, Prof. der Physik zu Cam-
bridge, 1 1807. Erfinder einer Fallmaschine.
Atypisch (gr.), ohne Bild, unbUdllch;
auch form-, regellos, abnorm.
Atyi. 8. JtHa.
AtseL Elster; auch s. v. a. Per&cke.
Atsvogel, Nesthocker, die im Nest auf-
wachsenden Vögel, welche von den Alten
gefuttert (geätzt) werden müssen (Raubvögel,
Klettervögel, Singvögel, Tauben).
An (Aue), Name mehrerer Flüsse in Kord-
deutschland. Am bedeutendsten A., Keben-
fluss der Weser, mündet bei Nienburg, 15 M.
Anb, Stadt im bay er. Regbz. Unterfranken,
an der würtemberg. Grenze, 926 Ew.
Anbade (fr., spr. Obahd), Morgenstand-
chen; auch Katzenmusik.
Anbagne (spr. Obanj), Stadt im ftranz.
Dep. Rhonemündungen, 7200 Ew. Rothwein.
Anbe (spr. Ohb), rechter Nebenfl. der Seine
mündet unweit Mardlly; 25 M. Danach
ben. das Depart, A., Theil der Champagne,
209 QM. mit 261,951 Ew. Hauptst. Troyes.
Anber (spr. Obar), Daniel FranfoU Ea-
5rü, her. franz. Opemkomi>onist, geb. 29.
an. 1784 zu Cäen, Schüler von Cherubini
und seit 1842 dessen Nachfolger als Direktor
des pariser Konservatoriums ; seit 1857 auch
kaiserl. Hofkapellmeister. Als sein Haupt-
werk gilt die .Stumme von Portici* (1828);
noch glücklicher ist er im leichten komischen
Genre, wie ,Fra Diavolo*, ,Der schwarze
Domino', ,Manrer und Schlosser*, ,Des Teu-
fels Anthell' n. a. Diese wie viele seiner
andern zahlr. Opern, z. B. ,Der Schwur*,
J>er Schnee', »Gustav oder der Maskenball*,
JMe Krondiamanten*, haben sich auf dem
Repertoire der meisten Bühnen erhalten.
Anberge (fir., Obersch), Gasthaus; Auber'
tut, Gastwirth.
Anberlen^ Karl Aug., Protestant. Theolog,
Vertreter der strenggläubigen Richtung in
der Exegese, geb. 19. Nov. 1824 zu Fellbach
bei Caunstadt, seit 1860 Prof. zu Basel.
Sehr. ,Die Theosophie F. Chr. Oetingers*
(2. Aufl. 1859); ,Der Prophet Daniel und
die Offenbarung Johannis* (2. Aufl. 1857);
»Schleiermacliex" (1859); ,Die göttl. OfTenba-
rung. ein apologetVersuch* (1861—64, 2 Bde.).
Anblgn^ (spr. Obinjeh), Thiod» Agrippe
^, latinisirt Albinae»9, ftranz. Schriftsteller,
geb. 8. Febr. 1550 auf dem Schlosse St. Maury
bei Pons, Heinrichs IV. Vertrauter, Statt-
halter der Insel 016ron, später Viceadmlral
▼on Guyenii» und Bretagne; f au Genf 29.
April 1680. Sehr. «Bistoire'nnlTeneUe 1550
bis 1601* (1616-20, SBde.); ,Histoire secr^te«
(1729-Sl, 2 Bde.; deutsch von Sviber 1780);
,Tragiques* (neue Ausg. von Lo^wm 18Bo,
8 Bde.) ; ,Aventure8 du baron de Foeneste*
(neue Ausg. von Afertm^ 1855). Sein Sohn,
Otnuia'nX d'A., war der Vater der Marquise
de Maintenon (s. d.).
Anbry de Kontdidler (spr. Obry dö Mong-
didieh), franz. Ritter zur Zeit des Königs
Karl V., wurde 1371 von Richard de Maoaire
meuohling» ermordet. Letzterer musste mit
dem Hund des Ermordeten ordalienmässig
kämffen und unterlag hierbei. Dramatisch
bearbeitet ward die Sage unter dem Titel
,Der Hund des A. oder der Wald bei Bondy'
auf die Bühne gebracht, wobei ein dressir-
ter Pudel die Hauptrolle spielte. Als das
Stück auch in Weimar zur Aufführung kom-
men sollte, legte Goethe die Leitung der
Bühne nieder.
Anbry - Leeomte (spr. Obry - Lekongt),
Hyacinthe Loui* Victor Jean Saptitte, flranz.
Lithograph, geb. 81. Okt. 1797 in Nizza,
lieferte ausgez. Blätter (308) nach Raphael,
G^rard, Vemet etc. ; f 2. Mai 1858 zu Paris.
Anbnm (spr. Oaböm), Stadt im nord-
amerikan. Staate Newyork, 11,000 Ew. Im
Gefängniss das. wurde das auburn^he System
(Nachts Einzelhaft, Tags über unter Schwei-
gen gemeinsame Beschäftigung) zuerst ein-
geführt.
Anbiuson (spr. Ohbüssong), Stadt im flranz.
Depart. Oreuse (Marche), an der Creuse,
6060 Ew« Ber. Teppiche.
. A. n. e. (abbr.), anno urbi» conditae, im
Jahr nach Erbauung der Stadt (Rom).
Aneeps (lat.), Vogelsteller, Fink 1er.
Anch (spr. Ohsch), Hauptst. des franz.
Depart. Gers (Gasoogne), am Gers, 12,000 Ew.
Anekluid (spr. Oakländ), Hauptstadt der
brit. Kolonie Neuseeland, auf einem Isth-
mus der Nordinsel, 17,606 Ew.
Aneklsnd (spr. Oakländ), WiUiam Eden,
Lord, engl. IMplomat und Staatsmann, geb.
1745, 1779—82 Oberstaatssekretär in Irland,
seit 1785 Gesandter in Versailles, Madrid,
Holland, 1801 Generalpostmeister; f ^- ^^
1814. Sehr. ,Prinoiple8 of penal law* (1771);
,Joumal and correspondence* (1860 — 62,
4 Bde., herausg. von s. Sohne Robert John A,),
Sein Sohn Georg Eden, Lord A., geb. 25.
Aug. 1784, im Oberhause einer der Führer
der Whigpartei, 1835—88 Gteneralgouvemeur
von Ostindien, sohloss das Bündniss mit
Rundschit-Singh und führte den unglückl.
Krieg mit den Afghanen, 1839 zum Grafen
von A. ernannt, seit 1846 erster Lord der
Admiralität; f 1- Jan- 1849.
AneklnndimmlB (spr. Oakländs-), austral.
Inselgruppe, südl. von Neuseeland, unbe-
wohnt, aber anbaufähig, von England ans
neuerdings zur Kolonlsimng bestimmt.
An eontnire (fr., spr. o kongträr), im
Gegentheil.
An conrant (fkr., spr. o knrang), im Laufe
einer gewissen Zeit; im laufenden Preise;
a. c. *ein, mit dem Laufenden oder dem
Stande einer Sache eto. vertraut sein.
' Anctor (lat.), Urheber, in der RechtiK
1^0
Aadace — Auerbadi.
spr&ohe Der, welcher ein Seeht oder elnea
Besiti durch Verkauf etc. auf einen Andern
überträgt, und von dem der letitere rer-
langen kann, dass er ihn gegen Bean-
spruchung eines besieren Rechts durch
Dritte sicher stelle. AMciori$ nominaHo,
Kennung des A.s, im OiTilprosesse die Br-
klarung des Beklagten, dass er bei dem an-
gebrachten Klaggegenstande nicht im eig-
nen, sondern im Kamen des eigenfl. Urhe-
bers, Bigenthümers oder Gew&hrleisters
erscheine, kommt am h&uflgsten vor, wo
Jemand wegen einer Sache, die er in frem-
dem Kamen besitat, verklagt wird. [kühn.
Audaee (ital., spr. -datsche, Mus.), feurig,
Ande (spr. Ohd), Küstenfl. im südl. Frank-
reich, entspr. in den Ostpyrenäen, mündet
ins IMUttelmeer, 80 M. Danach benannt das
Deport. A., TheU von Languedoc, 114 QM.
mit 288,6S6 £w. Hauptst. Oarcassonne.
Andeoert (spr. Ohdbähr) , Jmh M^ptUU,
franz. Katurforscher und Maler, geb. 1759
SU Rochefort, f 1800 ; brachte die Illumina-
tion KU hoher Vollkommenheit. Sehr. ,Hist.
naturelle des sings, des makls etc.* (1800),
,Hist. des colibrla' (1608), ,Hist. des grim-
pereaux et des oiseaux de paradis' (1803),
letztere beiden ToUendet Ton Desrap.
Andh (Oude), ehem. Königreich in Ost-
indien, im mittlem Grangesgebiet, 1317 QM.,
4—8 Mill. Ew.; Hauptst Lakhno. Früher
brit. Schutzstaat, nach der gewaltsamen
Absetzung des Königs (Aridschul-AIt) 1856
der brit. Präsid. BengiUen einverleibt. 1857
Hauptstütapunkt der Insurrektion.
Andieneia (span.), Gerichtshof.
Audientes (lat). Hörende, in der alten
Kirche s.v. a. Katechumenen ; auch Büssende.
Andienx (lat.). Gehör, Vorlassung bei
Fürßten und sonstigen hochgestellten Per-
sonen (daher A. erhalten); früher auch G^
richtssitznng, bes. bei dem Reichskammer-
gericht und den franz. Parlamenten.
Audiflredi, Giov.£atti%ta, ital. Bibliograph,
geb. 2. Febr. 1714 zu Saorgio bei Kizza, f
8. Juli 1794 als Dominikanermönch und Auf-
seher der casanatischen Bibliothek. Sehr.
den Katalog Jener Bibliothek (1761 — 88»
4 Bde.); auch als Astronom thätig.
Anditevr (fr., spr. Oditöhr), beim Militär
der den Regimentern, Brigaden u. Divisionen
beigegebene Rechtsverständige, welcher bei
vorkommenden Untersuchungen das Tech-
nische des Rechtsganges leitet.
Auditor (lat.), eigentl. Zuhörer, in der
mittelalterl. Gerichtssprache dasjenige Mit-
glied eines Gerichts, das die Parteien zu
vernehmen hatte ; gegenwärtig in Deutsch-
land Aspirant zum Mntritt in den Justiz-
dienst, der an den Geschäften u. Verhand-
lungen einer Justizbehörde TheU nimmt,
aber ohne Sitz u. Stimme. Vgl. Atuikultator.
Aiidit5rl«m (lat.), Hörsaal; auch die zu-
hörende Versammlung selbst.
Audouin (spr. Oduäng) , Jean Victor,
franz. Katurforscher, geb. 27. April 1797 zu
Paris, seit 1833 Prof. am naturhistor. Mu-
seum das., ausgezeichneter Entomolog; t9.
Kov. 1841. Sehr. ,Recherches pour servlr
h rhlstoire naturelle du Uttorale de la
Vranoe* (1880, 9 Bde.) und «Histoire des In-
seetes nuisibles k la vigne* (1843).
A«dran (spr. Odrang), berühmte frans.
Künstlerfamilie, daude A., geb. 1599 au
Paris, t 1677 <^> Prof. zu Lyon, und s^n
Bruder Oharlet A., geb. 1594 zu Paris, f das.
1674, als Kupferstecher ausgezeichnet. Die
beiden Söhne des erstem, GtrmainA,, geb.
SU Lyon 1631, t 1710, und Oirard A., geb.
9. Aug. 1640 zu Lyon, f 1703 zu Paris, eben-
falls ausgezeichnete Kupferstecher, bes. letz-
terer im histor. Genre hervorragend (Le-
bruns Werke), während ein dritter Bruder,
Olawde A,» geb. 1644, f 1684, als Maler in
Paris thätig war. CSattde A., geb. zu Lyon
1658, t 1734, Sohn von Germain A., nam-
hafter Ornamenten- und Groteakenmaler,
und seine Brüder, Jean A., geb. 1667, f 1756,
und Louis A., geb. zu Lyon 1670, f 1<19 zu
Paris, wieder treffliche Kupferstecher,
Schüler ihres Oheims G6rard.
AudseUl« (üdsohila), Oase der ösia.
Sahara, südl. von Barka, von Tripolis ab-
hängig. Berühmte Datteln.
Audnbon (spr. Odübong), John Jameg,
nordamerikan. Omitholog, geb. 4. Mai 1780
in Louisiana, befkihr die Ströme u. Flüsse
des Westens, um die Vögel zu beobachten
und zu zeichnen; f 27. Jan. 1851 zu Kew-
york. Sehr. ,Birds of America' (1826—39,
4 Bde., 435 Tafeln; 3. Aufl. 1864, 6 Bde.,
500 Tafeln kolor. Abbildungen) ; ,The Qua-
drupeds of Korth-America' (1843— 50, 3 Bde.;
9. Aufl. 1854). Vgl. 8t, 'John, ,A.S 1855; JBu-
ehanan, ,A.', 9. Aufl. 1869.
Aue 9 Borgst, im sächs. Regbz. Zwickau,
an der Mulde, 9040 Ew. Die dortige Grube
weisser Porzellanerde ist Jetzt erschöpft.
Ane, Hartmann von, s. Hartmann,
Auenbnigger von Auenbmg, Leopold, Arzt
am span. Hospital zu Wien, geb. 1799 zu
Graz, t ISO^' Erfinder der Perkussion der
Brust (1754). Sehr. ,Inventum novum ex
percussione thoracis humani intemi pecto-
ris morbos detegendi' (1761).
Aner, Alop», um die Typographie verdien-
ter Mann, geb. 11. Mai 1813 zu Wels , seit
1841 Direktor der k. k. Hof^ und Staats-
druckerei in Wien, die unter ihm zu einem
der grossartigsten Etablissements aufblühte,
Erfinder des Katurselbstdrucks u. mehrerer
Pressen; f !!• Joli 18^ in Wien. Schrieb
frans, und ital. Sprachlehren, ,Entdeckung
des Katurselbstdracks* (1856), «Geschichte
der wiener Staatsdruckerei* (1851) ; gab meh-
rere typograph.-lingnistische Werke heraus.
AuerbaeJiy 1) Stadt im sächs. Regbs.
Zwickau, im Voigtland, an der Göltzsch.
4477 Ew. Industrie in Baumwolle. — 9)
Stadt Im bayer. Regbz. Oberpfalz, 1696 Ew.
In der Kähe zahlreiche Versteinwungen
und unterirdische Gänge, z. B. das Wlnd-
und Rauchloch. — 3) Dorf in der hess.
Prov. Starkenburg, an der Bergstrasse;
grossherz. Lustschloss , Gesundbrunnen,
1480 Ew. Dabei Ruine Auerberg,
Auerbach, Berthold, Romanschriftsteller,
geb. 28. Febr. 1812 zu Kordstetten im w1^-
temberg. Schwarzwald, Jüdischer Herkunft^
machte Jüd.-theol., philosoph. u. gesohlohtl.
Auerberg — - Au fait.
161
Studien, wandte sich dann ganx der literar.
Thitigkelt sn ; lebte in Dresden, Berlin und
and. Orten , in den letzten Jahren am Bhein
bei Bonn. Bes. hervorragend aU Begründer
der sogen. Dorfgesobfchte: ,Sohwar2w&Ider
Porfgeschichten* (1843—64, 4 Bde.), ,Bar-
füssele* (1856), ,Joseph Im Schnee* (1860),
jEdelwelss' (1861): sehr, ansserdem die Ro-
mane jSpinoca* (1897), .Dichter u. Kanfmann*
äl83e), ,Neaes Leben* (1869), ,Aiif der Höhe*
1865), ,Da8 Landhans am Bhein* (1869);
brner das Drama ,Andree Hofer* (1850), ,Der
Wahrspmeh* (1859), ,8ehatik&Btlein des Ge-
Tattersmanns* (1866), ,Tagebuch aus Wien*
(1849), ,Deut8che Abende* (1861— 67, 9 Bde.)
und mehrere kleinere Schriften; Heraosg.
des Yolkskalenders ,Der Gerattersmann*
(1846—48), des JDentschen Familienkaien-
den* (1858) nnd jDenteohen Yolkskalenders*
(1859—69). Gesammelte Schriften (neue Ausg.
1861—64, 22 Bde.).
Auerberg (Jo*eph»h9M), Berg Im ünter-
hars, bei Stolberg, 1852*, mit Anssiohtsthorm.
AnerhahBy Tetrao Urogallus L,, Vogel
ans der Familie der Feldhühner, 8— 4iV
klafternd, 2^^— S' 1., 19-16 Pfd. schwer,
Standvogel in den Berg^waldem des mitt-
leren EarojMis nnd Asiens, wird schädlich
dnrch Aasscharren der Holzsaaten nnd Ab-
pressen der S^ospen. Gehört znr hohen
Jagd (Anerhahnsbalz im März nnd April).
Anero^hs (Ur, üroeAa, Bos primigenitis
Bojan), der in historischer Zelt erst aus-
gestorbene, noch zn O&sars Zeit in Deutsch-
land n. England lebende XJr des Nibelungen-
liedes. Von ihm stammt das halbwilde Rind
in den Parks von Millingham n. a. ab, ebenso
wie mehrere grosse domestidrte Racen,
das holsteiner, Frieslandrind u. a. Nicht
zu verwechseln ist hiermit der fälschlich
anch A. genannte Bos europaeus lüo., Bos
urus Nor dm., der Wuenl, früher in Mittel-
europa verbreitet, Jetzt im Walde von Bialo-
wicza gehegt, wild im Kaukasus; das grösste
Ijandsaagethier Europas, 10' 1. und 6' b.
Anenbe^g« einer der Hauptgipfel des
flachs. Erzgebirgs, bei Eibenstock, 8132'.
Auernerg, Flecken Im österr. Hersogthum
Krain; Stammschloss der Fürsten von A.
Auerspergy 1) Karl, Fürtt von A., österr.
TeldmarschallUeutenant, geb. 21. Okt. 1740,
befehligte 1806 die Kachhut des sich zurück-
siehenden Heeres, liess sich 26. Nov. von
dem französ. Harschall Lannes durch die
Nachricht von einem abgeschlossenen Waf-
fensttllstand bewegen, die Donaubrücke am
Spitz bei Wien nicht abzubrechen, so dass
die Franzosen Jenseits feste Stellung nehmen
konnten, wurde deshalb vom Kriegsgericht
zur Kassation u. Festungsstrafe verurthellt,
nachmals begnadigt; f 26. Dec. 1822. —
8) Anton Alexander, Graf von Ä., als Dichter
Anaglaaitu Grün gen., geb. 11. April 1806 zu
Ijaibach, lebt thells auf seiner Besitzung
Gurkfeld, theils in Wien, 1848 (bis Sept.)
Mitglied der frankftirter Nationalversamm-
lung, seit 1860 Hi^lied des Reichsraths.
Hervorragender Lyriker. Werke: die frel-
flinnlgen pollt. Gedichte , Spaziergänge eines
wiener Poeten* (1881), ,Schatt* (1835) und |
Meyers Hand 'Lexikon.
,Ctodlohte* (1887) ; ausserdem ,Der letzte JUt-
ter*, lyr. -epischer Romanzencyklus (|8n},
,Nibelungen im Frack' (1843), ,Der Pfaff vom
Kahlenberg*, ländl. Gedicht (1850), ,yolkfl»
lieder aus Krain* (1850), ,Robin Hood* (1864>
AnentSdt. Dorf im preuss. Begbz. Mene*
bürg. Kr. Eokartsberga, 660 Ew. Hier 14
Aug. 1906 Bieg der Franzosen unter Davoust
(daher Eertog von A,) über die Pre^ssen
unter Karl von Braunsohweig.
Amnwaldy l) Hon« Jakob von A,, preuss.
Staatsmann, geb. 26. Juli 1767, war 1808—10
Oberpräsident von Ostpreussen, West*
preussen nnd I4thauen, 1811 — 14 Landhof-
meister des Königreichs Preussen, nahm
bedeutenden Antheil an der Neugestaltung
des Staats; f 8. AptU 1833. — 2) San» Adolf
Erdmann von J.« preuss. Generalmi^or, Sohn
des Vor., geb. 19. Okt. 1792 auf dem Gute
Faulen bei Rosenberg in der Prov. Preussen,
machte die Freiheitskriege mit. trat 1817
in den Generalstab, ward 1846 Brigade-
kommandeur in Neisze, 1848 in Breslau,
hielt sich als Mitglied der deutschen Na-
tionalversammlung zur Rechten, wurde 18.
Sept. 1848 in der Nähe von Frankfurt von
einer Sohaar Aufständischer ermordet. •^'
3) ^Mdo^von A; preuss. Staatsmann, Bruder
des Vor., geb. 1. Sept. 1795, focht In den
Freiheitskriegen mit, wohnte seit 18S7 den
Landtagen der Prov. Preussen als Abgeord-
neter bei, ward 1842 Regierungspräsident
in Trier, Mars 1848 Oberpräsident der
Prov. Preussen, ftugirte 25. Juni bis 10.
Sept. d. J. als Ministerpräsident und Mi-
nister des Auswärtigen, kehrte dann als
Oberpräsident nach Königsberg zurück,
war 1849 nnd 1850 Präsident der ersten
Kammer, sowie des Staatenhauses zu ErAirt,
Juli 1850—61 Oberpräsident der Rheinpro-
vinz, ward 6. Nov. 1858 vom Prinzregenten
zum Staatsminister ohne Portefeuille er-
nannt, trat in Folge der Annahme des
hagenschen Antrags im Abgeordnetenhause,
betreffend die Spedallsirung des Militär-
etats im Budget, März 1861 mit seinen
Kollegen zurück, ward, dem König per-
sönl. sehr nahe stehend, sum Oberburg^
grafen von Marienburg ernannt ; f 15. Jan.
1866. — 4) Alfred von A., Bruder des Vor.,
geb. 16. Dec. 1797 zu Marienwerder, machte
den Feldzug von 1815 mit, stellte auf dem
Hnldignngslandtage von 1840 den Antrag
auf Einberufung der seit 1816 verheissenen
Reichsstände, ward 1847 zum Direkter der
Generallandsohaft von Ostpreussen erwähltt
stand in dem vereinigten Landtage 1847
mit an der Spitze der liberalen Partei,
übernahm in dem 29. März 1848 von Oamp-
hausen gebildeten Kabinet das Linere,
trat 14. Juni 1848 mit seinen Kollegen zu-
rück, hielt sich dann als Mitglied der
Nationalversammlung zum rechten Oen-
trum, gehörte seit 1849 der zweiten preuss.
Kammer als Abgeordneter an u. bekämpfte
im Sinne der konstitution. Linken die Politik
Mant»uffels; f 8* J^li 1870. Vgl. Voigt, »Bei-
träge zur Gesch. der Familie von A.*, 1824.
A« fkit (fr., spr. o fäh), im Stende; a. /.
»ein, mit dem Stende der Sache bekannt sem,
11
162
Aufbereitung — Auflassung.
Avfbereltmg) Im BergbauwMen dleTrea-
nung der nutabaren Tossillen resp. Erse
Ton fremdartigen BeitandtheUen, geschieht
meist mechaDisch diirch Auslesen (Ausklau-
ben) oder Slebsetien und Waschen unter
Benntiang des hohem speo. Gewichts der
nntsbaren Minerallen. Vgl. OiUMuhmaMn,
.Die A.S 1858—70, 8 Bde.
Anfbewalmuiar der LebennütteL 6ah-
rvng und Fänlniss yogetabillscher nnd thie-
rischer Stoffe wird yermieden durch Kalte
(Lagerung auf Eis) , Entfernung des Was-
sers rrrocknen Ton Fleisch, Fisch, Früch-
ten, Gemüse, Eiern, Milch, Einmachen in
Zucker, Einpökeln), Zusats fEulnisswidriger
Stoffe (R&uchem, Einmachen In Essig« Alko-
hol), Zerstörung Torhandener und Abhal-
tung neuer Faolnisskeime (Erhitzen u. Ein-
schliessen in Flaschen oder Büchsen nach
Appert, oder Uebergiessen mit Fett).
Aufbl&hen (Trommel$ue?U, Ju/lavfen,
Bokdde, VlMe, Windsuchi), Rinder- und Schaf-
krankheit, wird herrorgebracht durch Gäh-
rungsgase, die sich im Magen aus den Nah-
rungsmitteln entwickeln, yerläuft sehr
schnell und oft tödtlich, wird bekämpft
durch Kohlensäure, absorbirende (Alkalien,
Kalkwasser) oder Rülpsen befördernde
äussere und innere Mittel.
Aufboyen. im Seewesen einen im Wasser
sinkenden Körper durch Befestigung an
einem schwimmenden (leere Tonnen) an der
Oberfläche des Wassers erhalten.
Aufbrauieiiy Entweichen frei werdender
Gase aus Flüssigkeiten, z. B. beim Ueber-
giessen Ton doppeltkohlensaurem Natron mit
Weinsteinsäure (Brausepulver).
Aufbringen, im Seewesen ein feindliches
Schiff wegnehmen und in einen sichern
Hafen bringen.
AufentbaltskArte, polizeil. Erlaubniss-
schein zum zeitweil. Aufenthalt an einem
Chrie, zuerst in Frankreich zur Zeit der Re-
volution eingeführt.
Anfentehnng (der Todten, des Leibes
oder des Fleisches), die dereinstijge Wieder-
herstellung des im Tode aufgelösten Meu-
schenkörpers und seine Wiedervereinigung
mit der Seele zu neuem, uhsterbl. Leben,
christliches Dogma.
- Auffenbergy Jouph, FrHh, von, dramat.
Dichter, geb. 25. Aug. 1796 zu Freiburg im
Breisgau, seit 1889 Hofmarschall des Gross-
herzogs Ton Baden; f zu Karlsruhe 25.
Dec. 1857. Unter seinen (24) Stücken sind
,Alhambra' und ,Das Nordlicht von Kasan'
hervorzuheben. Werke (1843—47, 22 Bde.;
Auswahl 1850, 7 Bde.).
Anflrischen desBlutes, in der Viehzucht
die Wiederanwendung eines m&nnl. Zucht-
tiiiers derjenigen Race, von welcher die
Veredlung einer Heerde ausgegangen oder
die ganze Zucht entstanden ist.
Aufitterang der Kinder. Ernährung der
SäugUnge ohne Muttermilch, geschieht am
besten mit guter Eselsmilch. Wo diese
fehlt, mnss gute fette, nicht abgerahmte
Kuhmilch mit gleich viel Wasser verdünnt
und mit Milchzucker versüsst werden. Die
Moharlaiuchen Jfüchpulver bezvrecken einen
Ersati der tn rerdtbrnter Kuhmilch feh-
lenden mineralischen Stoffe der Mutter-
milch. Gute Resultate gibt auch la^igr
Suppe (1 Loth Mehl mit 10 Lotb Mflch ge-
kocht, auf 660 0. abgekühlt, mit 1 Lotb
Malzmehl, 2 Loth Wasser u. «5 Gran llpro-
oent. Potaschenlfisung rersetat, nach halb-
stündigem Digeriren gekochtu.durchgeseiht).
Aufgang der Gesturney Hervortreten der-
selben über den Horizont des Beobachters.
Der «cheinbare A. erfolgt wegen der Bre-
chung der Lichtstrahlen früher als der
wahre A., bei welchem der Mittelpunkt dea
Gestirns in den wahren Horizont eintritt.
Anfj^bot. Aufruf der gesammten Wehr-
kraft eines Staats zum Schutze des bedroh-
ten Vaterlandes; Im norddeutschen Bunde
als erstes und aoeUes A. Theil der bewaff-
neten Macht. A. (ProUasnation), Bekannt-
machung einer beabsichtigten ehelichen Ver-
bindung vor versammelter Kirchengemeinde,
ward auf dem 2. Laterankondl 11S9 zum
Gesetz erhoben, von derprotest. Kirche bei-
behalten, von der griech. nicht angenommen.
Anfgetriebenheft (At^f treibung), in der
Medicin abnorme Volumvergrössernng des
Körpers oder eines Theils desselben, tritt
an Knochen, Drüsen und andern Weichthei-
len, bes. der Unterleibshöhle und im Verlaui
sehr verschiedener Krankheitsprozesse auf.
Aufgiessen (It\fundiren), in der Pharmacie
Uebeii^iessen eines Arzneimittels mit Was-
ser, um die wirksamen Stoffe auszuziehen.
Die nach halbstündigem Stehen abgegossene
Flüssigkeit heisst In/usum.
Aufrassthierchen, s. v. a. Infusorien.
Aufniggen. im Seewesen kleinere Lasten,
besonders die Segel mittelst eines Taues in
die Höhe ziehen.
Aufkauf (fr. accaparement), die von EUn>
zelnen (Spekulanten) in sehr umfangreichem
Masse bewirkte käufliche Erwerbung einer
Waare auf einem ganzen Gebiete ihrer
Produktion, ist insofern nicht bedenklich,,
als Steigerung der Preise an einem Orte
entfernte Gegenden zur Konkurrenz einla-
det, welche bei den Jetzigen Verkehrsmit-
teln leiclit zu bewerkstelligen ist.
Aufkrimpen^ das Herumgehen des Winde?
von W. nach O., bedeutet meist unbeständi-
ges Wetter, da sehr bald die entgegenge-
setzte Bewegung, das Au/sehiessen , zu ex-
warten ist.
Aufkündigung, s. Kündigung.
Auflägslgy im Bergwesen Gruben, die
nicht mehr gebaut vrerden.
Auflage 9 Anordnung eines von den
Staats- oder Ortsbürgem zu entrichtenden
Beitrags zur Bestreitung der öffentlichen
Bedürfnisse des Staats oder der Gemeinde,
dann dieser Beitrag selbst (s. Steuern);.
richterlicher Befehl, durch welchen einer
sfreitenden Partei etwas auferlegt, d. h.
befohlen oder untersagt wird; im Buch-
handel die Gesammtzahl der von einer
Druckschrift mit dems. Satze gemachten Ab-
drücke, wird meist kontraktl. bestimmt.
kufltiUnngCresignatio dominii judieialis),.
die öffeutl. Erklärung des Eigenthümers
eines Grundstücks, dasB er sein Recht auf
Auflegrung der Hände — Aufstedien.
163
dasselbe auf einen gewissen Anderen über-
trage, erfolgt Tor dem Richter und leitet
die nach deutschem Rechte erforderliche
oiFenlnindige Erwerbung des rollen Grund-
elgenthums durch gerichtl. Einweisung
(Investitur) ein.
IvflegiiBg der HSnde, Gebrauch bei reli-
glöser Weihe u. Segnung, fand vom Juden-
thum ins Ohrlstenthum Eingang.
AMtlieg9n.(DureJdiegen, decubitus), Wund-
werden an denjenigen Stellen, wo ror-
sprlngende Knochenfheile dicht unter der
Haut liegen, schmerzliches und geflLhrliches
Leiden bei langwierigen Krankheiten, muss
durdi passende lii^rerung auf Matratzen,
Luftkissen etc., durch Reinlichkeit, und wenn
eingpetreten, durch Salben und geeignete
WMchnngen bekämpft werden.
AirflSeende Mittel (BesdvenHa) , in der
Heilkunde solche Mittel, durch welche irgend
eine krankhafte Yerlübrtnng beseitigt wird.
AvflSnmgy in der Chemie Vereinigung eines
f(Mten oder gasförmigen Körpers mit einem
flflssigen ohne chexnische Zersetsung. Die
Flüssigkeit helsst XSsunpsmiMel, und die L6e-
Uehkeit wächst in der Regel mit der Tem-
peratur. Eine Lösung heisst ge»ätHat, wenn
ne so viel Substanz enttUUt, als sich bei der
herrschenden Temperatur in der Flfissigkeit
lOsen kann.' Beim Verdunsten oder Ab-
kühlen gesättigter Lösungen scheidet sich in
der Regel der gelöste Körper krystalliniseh
oder amorph ab. UebertäUiffte Lösungen,
die unter bestimmten Bedingrungen entstehen,
enthalten abnorme Mengen gelöster Stoffe
und scheiden gewöhnlich beiErschflttemngen
den Ueberschuss an letztem aus. In der
Jfedioin ist A. Zersetzung innerhalb des Or-
ganismus ^aulfleber, Sepsis) oder s. ▼. a.
Tod oder Fäulnlss; In der n%erapie die Be-
seitigung abnormer Verhärtungen oder An-
achwellungen durch Arzneimittel.
kvtmtxtehf im taktischen Sinne die
Bntwicklung einer Marschkolonne in die
Front- oder Schlachtlinie, geschieht ent-
weder durch Frontmachen oder Einschwen-
ken, wobei die im Flankenmarsch begriffene
Kolonne Halt macht und einschwenkt (Front
macht), oder durch ETentallliren|, wobei die
binteren Züge der Kolonne schräg (fächer-
artig) in die Front vorrücken, oder durch
Deployiren, wobei die Züge der Kolonne
Sarallel zur Frontlinie (Alignement) aus der
lolonne vorrücken und, wenn sie in der
Höhe des von ihnen einzunehmenden Platzes
angelangt sind, mittelst Frontwendung in
die Frontlinie anrücken. Jn strategischem
Sinne ist A. die Ankunft der verschiedenen
Heeresabtheilungen auf dem zur gemein-
samen Operation ausersehenen Punkte.
Aafjpauflen (Aufpatroniren, Aufpudern),
mechanisches Uebertragen von Zeichnungen
mit Schablonen, mit Hülfe von abfärbendem
Papier, welches man unter die Vorlage legrt,
w&nrend man mit einem Stift die Kontouren
der letztem nachzieht, oder mit durch-
stochenen Vorlagen , indem man durch die
feinen Lochreihen, welche die Konturen
bezeichnen, ein gefärbtes Harzpulver reibt
und dieses nachher durch Wärme befestigt.
Avf^rotieBy ein Geschütz nach beendig*
tem Feuern mit seinem Vorderwagen
(Protee) verbinden, um dasselbe abzufahren.
Anfirlfliy die Darstellung eines Gkgen*
standes auf vertikaler Ebene, im Q^en-
satz zum Grundriss, der Darstellung dee
Gegenstandes auf herizontaler Ebene.
Anfirollen, Im Ifilitärwesen einen Flügel
der feindl. Aufstellung durch einen mtt
grosser Uebermaoht ausgeführten AngrüT se
in Unordnung bringen, dass die dort auf^
gestellten Truppen ausser Stand gesetet
werden, eine neue Defensivstellnng einzu-
nehmen, sondern, nach dem Oentrum ge-
worfen, die übrigen Truppen in Ihre AeP
lösung mit fortreissen.
Anftmlir (TumuU) , Zusammenrottung
einer Mehrzahl von (nach röm. Rechte
wenigstens 10) Personen zum Zwecke ge-
waltsamer Auflehnung gegen die Obrigkeit
um wider deren Willen iigend eine Ford^
rang durchzusetzen, ein Verbrechen, wel-
ches nach den meisten Kriminalisten
schon vollendet ist, wenn die Zusammen-
gerotteten ihre aufrührerische Absicht un-
zweideutig, durch Geschrei etc. an den
Tag gelegt haben. Bes. seit ISIS sind im .
vielen Staaten besondere Aufruhrgeeetae er-
lassen worden. Vgl. Arnfstand, Bebeüion.
AufkiatZy in der Artillerie die Vorrichtung
zum Richten der Geschütze.
Anftougmig, s. Absorption*
Anftehnft (gr. epigraphe, lat. inseriptloX
im Allgemeinen Jede auf der. Aussenselto
eines Gegenstandes, z. B. eines BrleA,
Buchs, Gtebäudes, angebrachte Schrift. Ist
diese von sinnvoller Kürze auf Monumen-
ten, Gebäuden etc., so heisst sie IneArift
(s. Ifuehriften und Ineehriftenkunde). In der
Numismatik versteht man unter A. die das
Bild umgebenden, unter Inschrift die Im
inneren Raum der Medaille befindl. Worte.
Äuttttn, Hans FML Werner Ohristi^m
Gottlob Frone, Beiehsfreiherr von und am,
der Begründer des gwman. Museums au
Nürabe^, geb. 7. Sept. 1801 zu AufiMss
im bayer. Regbz. Oberflranken. Sehr. ,Daa
Lehnswesen in Beziehung auf die Anforde-
rungen des Rechts und der Zeit' (1828) u.
A., gab 18Sia->85 mit Mono und 1853-68 mit
von Bye und Fromaumn den ,Anzeiger fftr
Kunde der deutschen Vorzeit* als Oi^an
des german. Museums' heraus.
Au^ringen der Uant (Rhagades, FIssnra),
Hf^tleiden, entsteht bei der Einwirkung
rauher Luft auf feuchte Haut, wird am besten
dnroh Bestreichen der Risse mit Coldoreasa
oder Glycerln beseitigt.
Aufstand (Inemrrektion) , Erhebung einei
Volks oder eines Theils desselben zum
Widerstände gegen eine für unreehtmässlg
gehaltene Herrschaft oder gegen eine Re-
gierung, welche rechtswidrigen Druck aue-
übt, ohne dass zu gesetzlicher Beseitigung
desselben ein Weg offen gelassen let. Das
Semeine Recht bedroht A. Je naeh der
achlage mit Landesverweisung oder seibit
Todesstrafe für die Anstifter und FreUiell»-
beraubung für die Theilnehmer.
Auftteeiieii. chirurgische Operation iv
184
Aufsteigung — Auge.
BttMamtuiC ▼<». FMMlgkeiten aas abnorm
SibUdeten oder den natürlichen Höhleu dei
&rp«n, wird mk Kadel, Metier, Lansette
oder Trokar anagefthrt.
▲nfttdgsBflr (Aacenilo), die aftoonomlflche
Beatteunnng eines Orts am Himmel in Be-
BOff auf Grade des Aeguators. Die ^erod«
A^ oder .BeftAaeeenWon ist der Bösen des
Aeqnators Tom- Vrühllngsnaohtglelchen-
punkte i^stL bis lum Abweiohungs- oder De-
Uinatlonskrelse eines Sternes an der Hirn-
aslskngel. Die gerade A. und die Abwel-
ohnng bestimmen den Ort eines Qestims
am ffiflunel, indem die gerade A. dergeogr.
lilnge. die Abweichung der geogr. Breite
entspneht. Die »chi«sfe Ä, Ist der Bogen des
Aequators, der a wischen dem I^hllngs-
naohtgleichenpunkt und dem mit dem Ge-
stirn augleieh aufgehenden Punkt des
A«quators liegt. Ffir Orte unter dem Erd-
iqüater ist gerade und schiefe A. identisch,
für Orte auf der nördl. Halbkugel Ist die
Mbiefe A. bei nSrdllchen Sternen kleiner,
bei sfidliohen grösser als die gerade A.
Dieser Unterschied heisst ÄMVMUmaidifftr-
Die A, der MUU des Binmd» ist der
Vtankt des Aeguators, der zu irgend einer
mgebenen Zeit Im Meridian steht; wird
besonders bei der Berechnung der Tix-
iteme gebraucht.
Aufliwssen (Ruotus), das plötallohe Auf-
steigen von Gas aus dem Magen durch die
0p^eröhre. Das Gas Ist entweder mit den
Stsen hinuntergeschluckte Luft oder hat
t im Magen aus den Speisen entwickelt.
Dies geschieht besonders bei schwacher
"V^dauung oder in Tolge eines rer&nderten
yerreaeinflusses, s.B. bei Hysterie, und wird
beseitigt durch geregelte Diftt u. Bewegung,
bat saurem A. aber durch Magnesia oder
doppeltkohlensaures Natron.
Auflrtttykleintte Abtheüungeines dramat.
Cladichts, bezeichnet durch das Auftreten
einer neuen Person. Vgl. 8oe$u,
Amta«^ s. AM und JVocenion.
AvgCk Tochter des Aleus und der Neära,
eines Herrscherpaares zu Tegea in Arka-
dien, Priesterin der Pallas, Ton Hercules
Mutter des Telephus.
Auge (ihhongan), besteht beim Menschen
Std bei den höhwen Thieren aus dem nach
tischen Qeseteen gebauten Augapfel, wel-
er Ton elastischem Tet^olster umhüllt in
der triobterförmigen, knöchernen Augen-
höhle liegt, durch 6 Bewegungsmnskeln
nach allen Selten hin bewegt werden kann
und ftusserliefa ron den Augenlidern bedeckt
wird. Der Augapfel bildet eine von 8 koncen-
tAschMi Hautlagen umgebene Hohlkugel, in
4eren innerem sich der lichtbrechende Ap-
parat befindet. Die äusserste,. derbe gefäss-
und Berrenarrae wciue AugenhcaU (gelerotiea)
qmgibt den ganzen Augapfel bis auf den vor-
dersten (sechsten) Theil, welchen die stärker
gewölbte, durchsichtige gefässlose und ner-
Tenarme Eomhaui (eomea) einnimmt. Diese
iyt aussen von der Bindehaut (eanjunetiva),
innen von der Wofvrhma überkleidet.
Die mittlere Hautlage des Augspfels besteht
ans 8 gelftss- und nervenrelchen, schwarz
gefitrbten muskulösen Membranen, der ITe^
föuhaut (Aderhaut, schwarzen Augenhaat,
ehorMdM) und der BegeiAogenhaiU (IrU),
Von welchen die letztere sieh dort, wo Oor-
nea und ^derotica susammenstossen, als Im
der Mitte mit einem runden Looh (PißpiU^)
rersehene, aussen braun, blau oder grau-
grün gefärbte Scheibe ausbreitet. Sie trennt
den Torderen, mit Augenwasser angefEUltea,
zwischen Hornhaut und Linse beflndliehen
Hohlraum des A.s In die vordere und iiiOsr«
Augenkammer , die durch die Pupille mit
einander in Verbindung stehen. Zwei Mus-
keln der Iris dienen zur Verengung und
Erweiterung der Pupille. Die innerste
Hantlage des Augapfels ist die faatbko-
gelformige Ihrveu' oder HeUhatU (retiua),
die hautartige Ausbreitung des Sehnerren»
der als dicker Strang die Sclerotk» und Obo-
rioidea durohbohrt. Der Glaskörper bildet
mit der Linse und dem Augenwasser den
UekAreekmiffeappttreii de» A»9, Die Jdtue,
in der Linsenkapsel eingeschlossen, gleicht
einem startt gewölbten Brennglase und wirkt
ähnlleh wie eine Glaslinse. Sie liegt dicht
hinter der Regenbogenhaut in einer Ver-
tiefong des GkuMrpere, der, ron der Glaa-
hant umsehlossen, den ganzen hinteren
Theil des Augapfels erlüllt. Durch die
Krümmung itnd die Terschied'ene Dicht%^
keit der liohtbrechenden Substanzen werden
die ron äusseren Gegenständen ausgehenden
Lichtstrahlen Im A. so Tereinigt, dass
ein umgekehrtes Bild der Gegenstände auf
der Netshaut entsteht. Die Iris fungirt als
Blendung der Linse und lässt beim Fern-
sehen und bei schwachem Licht mehr, beim
Nahesehen u. bei grellemldoht weniger Liebt
insA. fallen. Die schwarze Tarbe derAder^
haut und der Innern Seite der Iris yerhln-
dert die Zerstreuung und Spiegelung des
Lichts. Um nahe u. ferne Gegenstände gleich
scharf zu sehen, lässt sich die Linse etwas
Terschleben und in Ihren Flächen etwas
anders krümmen. Mangel des Bewegpangt-
yermögens der Linse bedingt Weitsichtig
keit alter Leute (Presbyopie). — Der BduOt-
apparat des A.s besteht aus den AugetAmuen
und den Augenvtimpern an den beiden Augeetr
lidern, • Letztere sind innen mit der glatten
feinen Sindehaut überzogen, die sich auf
die vordere Fläche des Augapfels fortsetzt
und die Gefässe enthält, welche cnan oft
im Weissen des A.s sieht. Die Bewegung
der Lider ist theils willkürlich, theils un-
willkürlich, um die Thränen über den Aug^
apfel wegzuspülen und thn rein za erhalten.
Hinter den Wimpern liegen die Mündungen
der AugerämUerdriisen (s. Aatgextbutter), auf
dem Boden des Inneren Augenwinkels der
ThränenkarunM und über dem äusseren
Augenwinkel die Thränendrüw, Die Thränen
werden durch das Augenlidblinken vertheflt,
sammeln sioh im inneren Augenwinkel und
fliessen durch die Thränenkanälohen nach
der Nasenhöhle ab. — Die A.n der niederen
Tbiere bestehen im einfachsten Fall, wo sie
nur zur Unterscheidung von Hell und Dun-
kel beföhigen, aus einem Pigmentfleckexi
mit hinzutretendem Nerven. Bei höheren
Aageas -— Augenspiegel.
16&
Thleren finden sich lichtbr«ch«nd« Körper
nnd bei Anneliden ond Mollneken snersi
eine Netthant. Die Insekten haben snsam-
mengesetite A.n mit gewöhnlich 1 — 6000,
nach unten kegelförmig sieh snspltsenden
Krystallkörpem, welohe In die Glaskörper
übergrehen und liier mit dem Sehnerren in
Terblndnng stehen. Neben ihnen kommen
einfache PonktangMi, Ooellen Tor. Trete
der UnbewegUchkeit der A.n haben die In-
sekten doch ein grösseres Sehfeld als die
Wlrbelthlere. Ygl. Cftg^nbaur, »Grandsöge
der Terglelchenden Anatomie*, 1870. Kütui-
Ueh« A,n bestehm ans Glas, Emaille oder
emallllrtem Goldblech in Form eines XThr-
glases nnd dienen bei Yerlnst Mnes A.s ssnr
Yerhötnng entstellenden Ansehens. Vgl.JB«-
terich, ,Das könstUche A.*, 1808.
Avgeafy s. Augias,
Ang«naxe (Behaxe, opUteke Axe), die Ver-
längerang der Linsenaxe des Auges nach
Tom aaf die Hornhaut nnd nach hinten auf
die Netzhaut. Bei recht deutilohem Sehen
eines Punktes f&llt die Bichtungdlnle mit
der A. susammen; bei dem gewöhnlichen
Sehen mit swel Augen treflTen sich die A*n
in dem flzlrten Punkt.
Angenbutter^ sähe, gelbliche, fette Hös-
sigkcdt, wird von den Augenbutter- oder
meibomschen Drüsen at^esondert u. salbt
die Wimpern und Augenlldrander ein.
A«gments1biduBg der Neugebomen» tritt
meist am 8. oder 4. Tage nach der Geburt
auf, beginnt mit AnschweUnng der Augen-
lidr&nder und mit Absonderung von Elter,
rerlangt sofortige aratllche Hülfe, Verdun-
kelung und Lüftung des SSimmers und
unausgesetste Reinigung des Auges mit
warmem Wasser. Der Eiter Ist sehr an-
steckend auch tur Erwachsene.
Aagenl^ll, Krankheit der Hausthlere, bei
der das Auge wie mit einer weissen Haut
fibersogen erscheint, entsteht dxaoh Ent-
Eündnng oder Yerletsung.
Augenf las, s. Okular,
AngenheUkunde (OphAalmiairik) , derje-
nige Theil der praktischen Medlcin. wel-
cher Erkennung und Hellung der Augen-
krankheiten lehrt, wurde schon im alten
Aegypten gepflegt. In der Neuxelt hat
Boerh€MV0 zuerst die Augenkrankheiten be-
sehrieben und systematlsoh geordnet. In
Deutschland wurde, die A. suerst durch
Barth XU Siehter, dsnn durch Schmidt, Binüff
und Beer ihrer Jetsigen Höhe entgegen-
gefahrt. Augenkliniken entstanden auerst
in Göttingen, Wien, dann unter Jüngketu
Leitung in Berlin. In der neuesten Zeit
wurde die A. durch die Physiologen sehr
gefSrdert; BeimholtM erfknd den Augenq[>ie-
gel, ArU entwickelte die pathologische Ana-
tonde des Auges, Or^fe gl&nsfes als genialer
Operateur und Bondert förderte die physl-
ksUsch-mediclnische Seite der A. Vgl. Buete,
JUbsfbwh der Ophthalmologie*. 18ö8; ArU,
,Dle Krankheiten des Auges*, ö. Aufl. 1868;
ßchmenbura, ,ÖphthaImiatrik\ 6. Aufl. 1870.
Attgcnhelhiilttel, örüich auf das Auge
angewandte arsmeUlohe Mittel, entweder
wanne oder kalte Umsohlige (Fosaente),
Augenwasohw&sser , aus zelneni Wasset» vwor«
wie die Augentrcq^oton, Lösungen gewisser
Substansen, welehe auf Tersehledone Weise
appliclrt werden. Sehr gebrtaeUioh «Ind
gegenwärtig die Augenpfaiselw4sser, die
mittelst eines*Plnsels auftetragen werden,
und die Augensalben, bei denen eil eine
Mischung aus Glycerln n. Stärke dsb TMgcr
für das ansuwendftnde A. bildet. KalMMl
und Blelcucker wendet man anoh pulTeiför»
mig an, und Augenspirltus, acomaMsohe und
splrituöse Pliksdgkeiten wie aueh Ammeniak
werden häuflg in die hohle Hand eingerieben,
welehe man dann Tor das Auge hält, da-
mit die Dämpfe auf dasselbe einwirbsn.
Augenkranklniltini, alle erworbenen «der
angeborenen krankhaften AfTektlonen de»
Angapfels, der Bewegung»- nnd Sehutaer-
gane desselben, Bildungafehler (Cyklope»*
äugen oder gespaltene Ixis), Bntannduagen
(besonders der Bindehaut, der Augenlider,
der Hornhaut, Ckfias- und Nenrenfaant»
Eitsrungen, Gesshwfkre, Yerdiokusgei^
Trfibungen), Ernährungsstörungen (Kveb^
sdkwammlge Wucherungen, Trftbnngen 'Ton
Linse und Idnsenkapseln , d. h. grauer
Staar), Nerrenkrankheiten, n. iwar an grosse
Reisbarkeit (Idehtsohen, Veuecsehen, AngeD-
Schmers, Aogenlldezferaropl) oder theil weise
Lähmungen (Stumpf-, Kon- und Weitsieh*
dgkelt) oder gänaliohe Lähmungen der
Nerrenhaut (sohwaraer Staar), Legever-
änderungen (Ümstülpungen der Lider. Her»
austreten des Augapfels, Schielen). *A» An-
den sich kuehr bei Männern als bei Pranen«
bei Blondeiwmehr als bei Brwietten: ate
treten besonders auf Ms zum 10. Leaene-
Jahr (Entaöndungen), werden dann seltener,
zur .Pubertätszeit wieder häuAgsr, sind
selten Tom 80. bis ÖO. Lebensjahr, worauf
dann bis zum 70.LebeiiiJahr LlxMentrubnngen
häufiger werden.
AigenplUga (At^mdUUetlk, Opkthatmokic
tik), das richtige Verhalten, um das Sehver-
m^gen zu bewahren und Krankheiten des
Auges TonBubeugen, besteht in der Pem-
haltung zu starken Lichtreizes (namentlich
bei Neugebomen), Vermeldung Ton Ansteen-
gungen (bei ScbulkindemX anreiner Luft,
Rauch, Staub, Hltse (b«i Feuerarbeitem), in
passender Reinigiuig und guter Belenohtung
bei der Arbeit. Ygl. ArU, «Die Pflege der
Augen in gesundem und krankem Zustaade',
3. Aufl. 1866; JSmgken, ,Augendiätetik*« 187<^
Angenplgment (Augmeehwarg), schwarzer
Farbstoff, Melanin, welcher, in Zellen ge-
lagert, das Innere des Auges auskleidet u.
nur den Albinos fehlt, vielleioht identisch
mit dem FarbstoifderNegerhant, dermelano*
tischen Geschwüre, der Bronchialdrösen etc.
Angenflalbe» s. A^genkeümUta,*
Aug«nsplegel (Opkthäimtkop), von Brfm-
AoKs angegebenes '^strument, um durch die
Pupille hinduroh in das Innere kranker
Augen au sehen, besteht ans einem kleinen
Spiegel, mittelst dessen Kenaenlloht ins
Auge geleitet wird. Die Ton der beleu<A-
teten Netzhaut znritokgeworfenen Strahlen
treten durch ein Loch ia der Mitte des
I Spiegels und werden dann, weil sie fcon-
166
AagenspiritoB *- Angit.
yei^nt lind , duroli eine KonkaTÜnte ge-
leitet, damit de dem blnter letsterer be-
ibidlieheii beobechtonden Auge ans dessen
natnrllcher 8eeweito in kommen scheinen
n. so ein deutliches Bild der Netihant geben.
Angennplrltw. s. AugenJUUmUUL
▲«MBsUUy Varietät des Chalcedons mit
ilngnrmiger, dem Ange ähnlicher Zeich-
nung; ZinkTitriol, weither gegen Tiele
Augenkrankheiten benutat wird ; Lapis
diTinus, Kupfervitriol mit Alaun, Salpeter
und Kampher zusammengeschinolBen, dient
lur Bereitung Ton Augenwasser; krank-
hafte Stoinbildungen in den Flüssigkeiten
des Auges, seinen Hauten und Augenlidern.
AngentiuschuigeB^ Wahrnehmungen des
C^esichtssinnes, über deren Ursache wir uns
täuschen. Die Netahaut antwortet auf alle
Beiiungen mit Lichtempfindungen, die stets,
auch wenn die Reiiung Ton innen kam,
nach bestimmten Gesetaen nach aussen pro-
jicirt werden. So entetehen die nAjektiven
A, Dahin gehören die Hallucinationen, die
nur durch die Erregung der Nerrenapparate
entstehen; die Illusionen, bei denen die
Phantasie von dem Nerrenapparat darge-
botene Bilder su Phantasmen steigert; alle
Druck- und Kongestionsfig^uren: die Nach-
bilder, welche nach längerer Dauer eines
bestimmten starken Lichteiudmckes ent-
stehen und in der rerschiedensten Weise
sich geltend machen. Die otjektiven A.
entetehen durch Gebilde, die steh in den
Brechungskörpem des Auges beflnden und
daher optische Eindrücke vermitteln. Man
sieht die Binnenobjekte umgekehrt und wie
durch ein Mikroskop vergrössert, indem sie
nach aussen ungefähr in die Entfernung
der mittleren Sehweite projicirt werden.
Solche entopHseJU Eraeheinungen (Okular-
spektra) werden namentl. als Perlenschnüre,
Körnchenmosaik ete. wahrgenommen und
sind als fliegende Mücken bekannt; andere
treten bei Erkrankungen der durchsichtigen
Medien des Auges auf. Endlich rechnet
man su den A. auch alle Jene falschen
Schlüsse, welche man aus dem Gesehenen
zieht; dahin gehören die scheinbaren Be-
wegungen ruhender Körper, die Irrthümer
über die Grösse entfernter Köxper etc.
AngentrippeTy Augenentsündung, welche
durch Uebertragung des Tripperschleims
auf die Augen enteteht, sehr gefährlich u.
schnell verlaufend, verlangt energische
ärstliche Behandlung.
Angentrost, s. Euphrana,
Angenwasser, s. ÄugenheHmiUeL
Angenwettey die Entfernung der Innern
Augenwinkel von idnander, insbesondere als
generisches Merkmiä der Mensohenracen.
Anger (ipr. Oscheh), flrani. Philolog und
Alterthumsforscher, geb. 18. Dec 1734 zu
Paris, t als Mitglied der Akademie der In-
schriften 7. Febr. 1792; übers, den De-
mosthenes, Aeschines, Isocrates, Lysias u. A.
fOenvres posthumes* (1792—95, 10 Bde.).
Augereau (spr. Obsch^roh), Pierre Franf.
Charles, Herzog von Oattiglione, Marschall
und Pair von Frankreich, geb. 11. Nov. 1757
SU Paris, ward 1794 bei der Pyreuäenarmee
zum Brigade- und 1796 bei der ital. Armee
unter Bonaparte zum Divisionsgeneral be-
fördert und kämpfte als solcher bei Mille-
simo, Lodi, Ceva, Castiglione etc., voll-
führte, 1797 mit dem Oberbefehl über die
17. Militärdivision in Paris betraut, den Ge-
waltetreich vom IS. Fructidor. 1804 ^um
Marschall ernannt, drang er 1805 in Vorarl-
berg ein, nahm dann Theil an den Schlach-
ten bei Jena und Eylau, focht 1809 in Ita-
lien , war Febr. 1813 Gouverneur in Berlin
und nahm mit einem Reservecorps an der
Schlacht bei Leipzig Theil. Nach Napo-
leons L Abdankung trat er zu Ludwig XYIU.
über und ward zum Pair ernannt, von Na-
poleon nach dessen Rückkehr von Elba für
einen Yerräther erklärt; f H- Jnnl 1816 auf
seinem Landgnto La Houssain.
AvglM (Augea»)f König von Elis, Sohn
des Helios und der Iphinoe, berühmt
durch seinen Beichthnm an Rindern, deren
Dünger sich so sehr aufhäufte, dass Her-
cules von Eurystheus als unmöglich zu
leistende Arbeit den Auftrag erhielt, den
Stell des A. in Einem Tage zu reinigen,
was Jener vollbrachte, Indem er die Flüsse
Peneus u. Alpheus durch den Stall leitete.
Daher AugiautaU sprichwörtl. eine durch
Vernachlässigung gross geword. Unordnung.
Angler (spr. Oscbieh), Ouilkmme Victor
Emüe, franz. Dramatiker, geb. 17. Sept. 1820
zu Valence, lebt zu Paris, seit 1858 Mitglied
der Akademie. Neben Ponsard der leteto
Vertreter des altfranz. Dramas. ,La Ciguö*
(1844), phantest. Nachbildung der antiken
Sitten ; ,GabrieUe*(1849)u. ,Philiberte* (1851),
Verherrlichung des tugendhaften Familien-
lebens ; ,Le gendre de Mr. Poirier* (1856), die
Rettung des heutigen Bürgerthums gegen-
über dem Adel schildernd; ,Le Mariage
d^Olympe' (1855), ,Le8 Lionnes pauvres'
(1858), ,Les elfrontte' (1861), ,Maitre Gu6rin*
(1864), satir. Stücke, gegen den neueren Ma-
terialismus gerichtet. ,Po6sies* (1856).
Angit (Pifroxen Hauys, Pentakaeit), Mine-
ralgeschlecht aus der Klasse der wasser-
freien Amphoterolithe , besteht ans kiesel-
saurem Kalk mit kieselsaurer Magnesia oder
Eisenoxydul in wechselndem Verhältniss,
auch thonerdehaltlg , von der Hornblende
nur durch die Krystellform unterschieden.
Varietäten: iXopsjd, graulich weiss bis grün,
krystoUisirt auf der Mussaalp in Piemont,
bei Schwarzenstein im SUllerthal etc., bil-
det mit Strahlstein den grünen Smaragdid,
der mit Granat den Omphacü zusammen-
setzt; MaiakoUth (ßcdü), grün, bei Sala
in Schweden, Arendal in Norwegen, am
Baikalsee; FaeeaU und Pyrgom, lauch- und
dunkelgrün, im Fassathal, am Vesuv ete.;
Kokkolüh, kömiger A., licht- oder dun-
kelgrün, häufiger Begleiter des Magnet^
eisens auf den Erzlagern von Nordeuropa
und Amerika. A. im engern Sinn, schwarz,
Bestandtheil vieler Gesteine, des Dolerits,
Basalts, der Lava, selbständig gesteinbildend
als Lherzolit. Schöne Varietäten des Diop-
sids werden als Schmucksteine geschliffen,
KokkoUth und kömiger A. bisweilen als
Zuschlag beim Schmelzen der Eisenerze
AngitfelB -^ August,
167
benutzt, Kunstlloh entstehen Aiigitvarle-
taten sehr häufi« bei H&ttenprossessen.
Augltfels, 8. ZherMclU,
Ivgrlt^esfelnei Gemenge Ton Angiträrie-
täten mit kiesel&rmeren Teldspathen, aus-
gezeichnet durch den Mangel freier, als
Qnarz ausgeschiedener Kieselsäure: Grün-
ateine, Diabas, Gabbro, Hypersthenfels der
paläozoischen Zeit, Augi^orphyr der se-
kundären Zeit, tertiäre Dolerite, l^ephelin-
dolerite, Leucitophyre , Anamesite, Basalte
und doleritische Laven.
Aagltporphyr^ s. Mdaphyr,
Augment (lat.), Vermehrung, In der
Grammatik der Zuwachs eines Worts am
Anfang desselben , wodurch die Bedeutung
der Wortform geändert wird, besteht ent-
weder in der Wiederholang der anlauten-
den Stammsilbe einer Verbal wurzel (Bt-
duplikation) , oder in der Vorseteung eines
kurzen a oder e vor die histor. Formen
des Zeitworts. Imperfekt und Aorist, letz-
teres nur im Sanskrit und Im Griech.
Avgsbvrg» Hauptst. des bayer. Begbz.
Schwaben und Neuburg, ehemals freie
Keichsstadt, am Zusammenfluss des Lech
und der Wertach, 50,067 Ew. (33,559 Kath.).
Bathhans mit dem goldnen Saal; nahebei
der Perlachthurm: Bischoftihof (die sogen.
Besidenz, hier 1530 XJebergabe der augs-
burger Konfession) ; Kathedrale, Barfüsser-
klrche (protest.) mit grosser Orgel: Zeug>
haus (Hauptwaffendepot Bayerns), die alten
Fuggerhäuser; Gtomaldegallerle (700 St.);
Fuggerei (51 Häuser mit 106 Armenwohnun-
£:en, 1519 gegr.); alte Wasserleitung. Zwei
Gymnasien. StadtbibUothek (130,000 Bde.).
Im Alterthnm DamMia, um 13 t. Chr. von
AugustUB zur röm. Kolonie erhoben und
Augusta Vinddicorum genannt. Im Mittel-
alter weltberühmte Handelsstadt (die Fug-
gevt Welser), deren Blüthe bes. der 30Jähr.
Krieg vernichtete ; seit 1276 reichsunmittel-
bar; seit 1806 bayerisch. Das a.lte Hcchttift
A» (6. Jahrb.), ein am Lech schmal hinge-
strecktes Gebiet, 45 QM. QTriede,
Angsbnrger BeUgioinfHede. s. Baigiom-
Avgsbargisehe Konfesston (Cfonfessio Au-
ffuatana), die wichtigste Bekenntnissschrift
der evangel. • luther. Kirche, auf Grund
der torgauer Artikel und unter Zurathe-
ziehung Luthers u. anderer evangellsohen
Theologen Ton Melanchthon in deutscher
und latein. Sprache ausgearbeitet und auf
dem Reichstage zu Augsburg 25. Juni 1530
dem Kaiser überreicht und öffentl. vorge-
lesen, zerfällt in 2 Theile. Der 1. Th. enthält
21 Artikel des Glaubens u. der Lehre, worin
das den Evangelischen und Katholiken Ge-
meinsame geflissentlioh hervorgehoben, das
Unterscheidende auf die Stücke, worin man
durchausnichtnachgeben konnte, beschränkt
und mit möglichster Milde dargelegt ist. Der
2. Thell behandelt in 7 Artikeln die Miss-
bräuche, welche von den Evangelischen ab-
gestellt seien. DasBekenntnlss wurde unter-
eclirleben von dem Kurfürsten Johann von
Sachsen, dem Markgrafen Georg von Bran-
denburg, dem Herzog Ernst von Lüneburg,
dam LfmdgraÜBn Philipp von Hessen 9 dem
Fürsten Wolfgang von Anhalt und von den
Reichsstädten Nürnberg und Reutlingen,
wahrscheinlich auch von dem Kurprinzen
Johann Friedrich von Sachsen und dem
Herzog Franz von Lüneburg. Nachdem Me-
lanchthon schon seit 1531 an der Schrift
in formeller Beziehung Manches geändert
hatte, erlaubte er sich in der lat. Ausgabe
von 1540 (Oonf. variata) bedeutendere Aea-
derungen und Erweiterungen, namentl. im
Artikel vom Abendmahle, in Betreff dessen
er im Interesse der Versöhnung eine For-
mel aufstellte, welche die Lehre Luthers
und Calvins vereinigen sollte. Diese ver-
änderte Konfession ward von den evangal.
Theologen und Reichsständen als authen-
tische Auslegung der Konfession von 1580
wiederholt ausdrücklich anerkannt und
erst seit dem Religionsgespräch zu Weimar
1560 von den orthodoxen Lutheranern,
Flacius an der Spitze, angefochten. In
Folge davon hat sich die luther. Kirche
seit Annahme der Konkordienformel an die
,unveränderte' a. K. gehalten. Calvin
unterschrieb 1641 auf dem Religionsgespräoh
zu Regensburg die »erklärte* a. K., ebenso
Farel und Beza auf dem Religionsgespräch
zu Worms. So fand die a. K. auch von
Seiten der Reformirten Anerkennung, daher
im westphäl. Frieden die Reformirten auoh
offlciell als zu den augsb. Konfessionsver-
wandten gehörig anerkannt wurden. Auf
Grund der a.n K. ward auoh neuerlich die
Union der lutiier. und reform. Kirche ins
Werk gesetzt. Die zu Augsburg dem Kai-
ser übergebenen Originale sind nicht mehr
vorhanden. Vgl. Weber, »Historie der augs-
burger K.*, 1783, 2 Bde. ; Gering, ,€toschichta
der A. K.S 2. Aufl. 1860.
Angst (Baed'A.), Dorf im Kanton Basel,
an Ergolz und Rhein; das alte Auguekik
Bauracorum, einst Hauptstadt der Hei votier,
unter Augustus gegr. Röm. Alterthümer
(Amphitheater, Tempel, Bäder).
AvgiirA (Auguree), bei den Römern die
Mi^lieder eines Priesterkollegiums, das
aus dem Flug und Geschrei der Vögel, ans
Blitz und Donner etc. die Zukunft und den
Willen der Götter verkündigte und des-
halb sowohl in ötrenüichen als Privat-
angelegenheiten befiragt ward. Die Aus-
sprüche und Anzeichen hiessen Augurien,
die Vorhersagungen aus Beobachtung der
Vögel insbes. Auspieien.
Angvst. der 6. Monat des röm. (daher
Ursprung!. ßextÜU), der 8. unseres Jahres,
nach Kaiser Augustus benannt ; Erntemonat.
Augnsl« 1) Kurfüreten wmBaeheen: a)A.,
zweiter Sohn des Herzogs Heinrich des
Frommen von Sachsen und Katharinas von
Mecklenburg, Bruder des Kurfürsten Moriti,
geb. 81. Juli 1526 zu Freiberg, gelangte
nach Moritz Tode 1553 zur Kurwürde,
wusste durch kluge Benutzung der Ereig-
nisse und die Gunst des Kaisers seine lan-
deshoheitllohen Rechte auszudehnen und
sein Ghsbiet lu erweitem (Unterwerfung der
geistl. Stifter Merseburg, Naumburg und
Meissen unter das Kurhaus, Erwerbung der
assekurirten Aemter von der emestlii. Linie,
166
AngnstH — Augusti.
•Ines Thefls der Gnftcliaft Henxiebwg; der
0raftchafk Mansfeld. des Erzstlfks Hagde-
bnrgetc.). UbbestreitDäree Verdienst erwarb
0r sich als Qesetageber und Ordner der
Btaatsrenraltiuig n. der Staatshanshaltang,
sowie durch Hebung der Inneren Krflfte des
Landes mittelst Belebung des AokerbaueSi
Oewerbfleisses, Handels und Bergbaus; f H«
Vebr. 1866. Seine erste Gtemahlin und
treue Helferin war Anna (s. d. 8). — b^ A. n.,
^iedrieh, der Starke, iweiter Sohn des
Surfarsten Joh. Qeorg HL und der dan.
Priusessin Anna Sophia, geb. 19. Mai 1670
zu Dresden, folgte seinem Bruder Georg lY.
1694 in der Regierung, trat behufs der Er-
werbung der poln. Königskrone SS. Mai
1697 zu Baden bei Wien ;Eur kathol. Kirche
über, ward 87. Juni rom poln. Reichstage
Kum König erw&hlt und 15. Sept. in Krakaa
g krönt. Um die Summe ron lOMill. poln.
ilden, welche die Gewinnung der poln.
Grossen gekostet hatte, aufzubringen,
mus'ste er mehrere Theile seines Erblandes
rerpfänden. Im Bunde mit D&nemark und
Peter d. Gr. von Rnssland focht er un-
glücklich gegen Karl Xu. von Schweden,
wurde 14. Febr. 1704 yom poln. Reichstag
der Krone verlustig erklärt und musste im
Frieden Ton Altranstädt (84. Sept. 1706) zu
Gunsten des Woiwoden Stanislaus Lesz-
czynski auf dieselbe verzichten. Kach
Karls Xn. Niederlage bei Poltawa suchte
er im Bunde mit dem Zaren die verlorne
Krone durch die Waffen wieder zu gewin-
nen, erlangte aber erst nach Karls XII. Tode
gL718) durch einen Waffenstillstand mit
chweden dieselbe wieder und wusste die
Kation durch den Reiz einer gl&nzenden,
üppigen Hofhaltung, welche dem Kurlande
schwere Opfer kostete, sich geneigt zu
machen; f 1. Febr. 1733 in Warschau. Sein
einziger legitimer Sohn aus seiner Ehe mit
Christine Eberhardine von Brandenburg-
Kulmbach war — c) A. HI., Friedrieh, geb.
7. Okt. 1696, ward in der protest. Lehrß er-
zogen, trat 18. Nov. 1718 zu Bologna zum
Katholicismus über, folgte 1783 seinem Vater
in den Erblanden und wurde in demselben
Jahre von einem Theile des poln. Adels zum
König gewählt, aber erst 1736 auf dem
warschauer Friedenskongresse als solcher
allgemein anerkannt. Er überliess die Re-
gierung Sachsens seinem Günstling, dem
Grafen von Brühl, übernahm nach Kaiser
Karls VI. Tode 1740 das Reichsvikarial^
stand im ersten schles. Kriege auf Preussens,
Im zweiten auf Oesterreichs Seite, weshalb
die Preussen den Kurstaat besetzten, ward
in F61ge seiner geheimen Verbindung mit
Oesterreich auch in den siebei^ähr. Krieg
verwickelt, sah sein Land abermals von den
Preussen besetzt, floh nach Polen; f 6. Okt.
1763 in Dresden.
8) A., der 48. und letzte Erzblschöf >on
Magdeburg, zweiter Sohn des Kurfürsten
Joh. Georg I. von Sachsen, geb. 13. Aug.
1614 zu Dresden, ward schon 1685 sSum
Koadjutor des damaligen Administrators
Ohrtstlan Wilhelm von Brandenburg und
nach dbsseil Aechtung und Absetzung 1688
■um Srzbfsöhor tob Miigdelmrf erw&hlt^
gelangte aber erst 1618 zum mhigen Beslt»
des Enstifts, das er nach seiner Vermäh-
lung mit Anna Maria von Meoklenburg 1647
als Administrator verwaltete. Nach dem
Tode seines Vaters 1656 erhidt er 10 Aemter
im kursächs. Thüringen, sowie die Stadt
Weissenfels, wo er seine Residenz nahm
und 4. Juni 1680 f. Sein ältester Sohn, Jo-
seph Adolf, war Gnünder der herzogl. Linie
von Sachsen-Weissenfels, die 1746 ausstarb.
8) A, Emil Leopold, Herwog von SacA#es»-
Ooika, Sohn Herzog Einsts IL von Gotha und
Altenburg, geb. 83. Nov. 1778, folgte seinem
Vater 1804 ; 1 17. Mai 1888. Verf. von ,Kylle-
nlon oder Auch ich war in Arkadien* (1805X
4k) A, Paul Friedrieh, Qrouhergog von,
Oldenburg, Sohn des Herzogs Peter Friedrich
Ludwig von Oldenburg, geb. 13. Juli 1783, be-
gab sich 1811 nach der Besetzung Oldenbui^
durch die Franzosen nach Russland, nahm
thätigen Anthell am Befreiongskriege, folgte
1889 seinem Vater in der Regierung mit
dem Titel Grossherzog, ordnete das Ge-
meinde- und Gtowerbswesen, sowie die
kirchl. Verhältnisse, erlless 19. Febr. 184»
ein neues mit dem Landtage vereinbartes
Gemeindegesetz; tSt. Febr. 1853.
5) A, Friedr. Wilh. Beinr, , Pritu von
JPreuuen, Sohn des Prinzen Aug. Ferdinand
von Preussen, des Bruders Friedrichs d. Gr.,
geb. 19. Sept. 1779, focht 1806 bei Jena,
ward bei Prenzlau gefangen, nach 13monatl.
Gefangenschaft freigegeben, übernahm nach
dem WaffienstiUstande von 1813 als Gheneral-
lieutenant das Kommando der 12. Brigade des
kleistschen Armeeoorps, machte die Schlach-
ten bei Dresden, Kulm, Leipzig, MontmiraU,
Laon und Paris mit, erhielt 1815 das Kom-
mando des 8., norddeutschen Armeecorps,
nach dem 8. pariser Frieden das der Artil-
lerie, für deren Vervollkommnung er sehr
thätig war; t 19. Juli 1843 zu Bromberg.
AugostA, 1) Haupst. des nordamerikan.
Staats Maine, am Kennebec, 10,000 Ew. —
8) Stadt im nordamerikan. Staat Georjgien,
am Savannah, 12,500 Ew.
AugustZy Name mehrerer von röm. Kaisern
angelegten Städte, z. B. A. AUobrogum, Genf;
A, Auseorum, Auch ; A. Cciecilia, Straubing;
A, Julia Gaditana, Gadix ; A. Nemetian, Speler ;
A. Praetoria, Aosta; A. Bauraeomm, Äugst
gSasel- Äugst); A, Bomanduorutn , Luxem-
urg; A, Bue$aionutn, Soissons; A, Tcmrino'
r«m, Turta; A. Tiberii, Regensbarg; A. Tre-
virorum, Trier; A. übiorum, Köln; A. Van-
gionum, Worms ; A. Vindelicorum, Augsburg.
Angntta historla (Ia*.), Kaisergeschichte,
Titel einer Sammlung von Geschichten röm.
Kaiser, von Hadrian bis Numerian, von Ver-
schiedenen verfasst Im 3. und 4. Jahrb.
Augustilei^ Goldmünzen der deutsche q
Kaiser, zuerst von Friedrich II. 1231 zu
Neapel geschlagen. 100 A. = 5 Pfd. Gold.
Angnstd'or, sächs.GK>]dmünze,=5'^ Thlr.
Augnstenburg, Flecken auf der schlesw.
Insel Alsen« 1116 Ew. Schloss, firüTier Re-
sidenz der Herzöge vouHolstein-Sonderimrg-
Augustenburg; s. Behle§toig-Hcl$tein,
AugnsUy Joh, Christian WUh*, protest.
170
Aagastosbad — Anrelios Victor.
nur des Yaros Nl«derUge (9 &. Ohr.) Im teu-
toborger Wald«. Befonn des Senats, Her-
itellnog der KrlegsKQoht und der öffenfL
Sicherheit, BegünstlgnngderEheschllessang,
YerschÖDernng Borns, Strassenbanten, Blüthe
der röm. Literatur. A. f 1^* Aug. 14 n. Chr.
zu Nola in Kampanien. A. war rermählt
Buertrt mit Olodia, der Stieftochter des M.
Antonius, dann mit Soribonia, die er yer-
stless, endl. mit liTia Drosllla, der ge-
tchledenen Gattin des Tiberius Oland. Nero.
Sein Nachfolger war Tiberius, sein Stiefsohn.
Augnitnslimdy Mineralbad bei Badeberg
In Sachsen. 4 erdlg-salin. Eisenquellen.
Aungtnibiirgy s. SeheUenberg,
Au (Joul), Im Kaukasus s. ▼. a. Dorf.
AnU (lakt)t hofähnlicher Platx in den
Wohnh&usem der alten Griechen u. Bömer;
Wohnung und Haushaltung von Fürsten;
gegenw&rtig su Disputationen, Bedeakten
etc. bestimmter Saal in Unirersit&tsgebftu-
den; auch akadem. Gtenossenschaft.
AvIatIi (fr., spr. olawih, Mal.), mit ver-
waflchenem, Terlaufendem Schatten.
AiiUeli. iMdwig, Ungar. BeTolutionsgeneral,
5eb. 1793 SU Pressburg, war beim Ausbruch
er M&rsreTolution ron 1848 Oberstlleute-
aant im Österreich. Infanterieregiment Kaiser
Alexander, k&mpfte mit demselben gegen
^e Serben bei St. Tamas, dann als Oberst
am linken Donauufer gegen die rereinlgte
flchwanenberg-slmunlchsche Armee. 7. März
1849 cum General ernannt und mit der Tüh-
rung des 3. Armeecorps betraut, trug er
Tiel KU den Siegen der Ungarn über Win-
dischgr&ts im März und April bei, zog 24.
April in Posth ein, wurde Juli mit Osanyl
und Kls nach Komom zu Görgei geschickt,
um diesen zum Gehorsam gegen die Ungar.
Begierung zu bewegen, und übernahm nach
dessen Bücktritt das Portefeuille des Kriegs.
In Arad stimmte er mit Görgei für Unter-
liandlung mit den Bussen und f 6. Okt. 1849
mit 13 andern Generalen am Galgen.
Anlls (a. G.), Stadt In Böotlen, am Eu-
ripus; Versammlungsort der griech. Flotte
^gen Troja.
Aulne (Aufu), Kflitenfl. Im firanz. Depart.
Finisterre, mündet IndleBhede von Brest;
16 M. [Lustspiels Ton Piautas.
Aulnlarl« (lat.), Geldtopf, Titel eines
AnmAy St&dtchen Im Grossherz. S.-Wei-
nar, Kr. Neustadt, 3507 Ew.
Anmale (spr. Omahl, lat. AlbaiMrU), Stadt
Im firanz. Depart. Niederseine, 81d4 Ew.
Mineralquelle. Ehedem lothring. Grafschaft.
Anmale (spr. Omahl), Henri Eugine Phüippe
ZouU tPOrliaru, Hertog von, Tierter Sohn
des Königs Ludwig Philipp, geb. 16. Jan.
1822 zu Paris, wohnte 1840 als Adjutant seines
Bruders, des Herzogs von Orleans, in Al-
gerien der Expedition gegen Medeah bei,
ward 1843 als Brigadegeneral mit dem Ober-
t)efehl im Distrikt Medeah betraut, nahm
die Smalah Abd-el- Kaders ein, leitete als
Generallieutenant und Oberbefehlshaber der
ProTinz Oonstantine 1844 die Expedition
gegen Biskarah, ward Sept. 1847 General-
gouTemeur vpn Algler, legte nach der
FebmarreTolutlon 1848 sein Amt in die
Hinde des Generalfl OaTalgnac nieder und
schifft« sich 8. BC&rz nach England ein.
Durch eine die Orltens beleidigende Bede
des Prinzen Napoleon veranlasst, yeröffent-
llohte er April 1861 eine Flugschrift ,Lettre
sur rhistolre de France*, worin er den
Prinzen u. Napoleon HI. schonungslos kritl-
sirte. Seit 1844 vermählt mit Marie Karoline
Auguste Ton Bourbon, Tochter des Prinzen
Leopold Ton Salemo; Sohn: Frcuu, g^eb. S.
Jan. 1854, Herzog Ton Gulse. Sehr. ,£:crit8
poUtiques* (1861—68, 1869); ,Hi8toire des
princes de Oond4* (1869. 8 Bde.).
A nn« corda (ital., Mus.), auf nur einer
Saite, bezeichnet beim KlaTlerspiel die An-
wendung der Verschiebung.
A«ne (fr., spr. Ohn), altArans. Elle, = 1,888
Meter = 1,783 berliner Ellen, In Frankreich
nicht mehr gebräuchlich, als Stab mit ge-
ringen Abänderungen noch an vielen Orten
Deutschlands und der Schweiz.
Annli (spr. Ohnl), Landschaft Im wesfL
Frankreich, Depart Nlederoharente, 88 QM.
Aupe (Upawa, Eiptl) , Nebenfl. der Elbe
In Böhmen, durchmesst am Fuss der Schnee-
koppe den wilden Aupagrvmd (Wasserfiall),
mündet bei Jaromirz ; 11 M.
Auplk (spr. Ohplk), Jaeque», franz. Gto-
neral, geb. 38. Febr. 1789 zu Grarellnes,
machte die Feldzüge des Kaiserreichs mit,
focht 183S In Spanien, 1830-81 In Algerien,
wurde 1847 Generallieutenant, bekleidete
1848 — 53 mehrere Gesandtschaftsposten ;
t 39. April 1857 zu Paris.
An portevr (fr., spr. O portöbr), an den
Inhaber, von Geldpapleren, die deii\)enigen
heimgezahlt werden, welcher sie eben in
Händen hat, im Gegensatz zu solchen, die
,auf den Namen* lauten.
Anradi, Nebenfl. der Begnitz In Mittel-
franken. [Kr. Wohlau, 1015 Bvr.
Anrasy Stadt im prenss. Begbz. Breslau,
Anrax (spr. Orähf, Haflsnstadt im firanss.
Depart. Morblhan, 8987 Ew. Hier 89. Sept.
1364 Bieg Johanns I. von Montfort über Karl
von Blois, wdcher in der Schlacht fiel.
AnrbaeneTy Ludwig, Schriftsteller, geb.
36. Aug. 1784 zu Markt-Türkheim in Bayern,
seit 1809 Prof. der Aesthetlk In München,
f das. 85. Mai 1847. Yolksschrlften : «Aben-
teuer der sieben Schwaben*, ,Abentener der
Spiegelschwaben', ,BÜchleln für die Jugend*,
,Geschichte des ewigen Juden* u. a.
AnrelllBVSy lAuiue Domitiua, röm. Kaiser,
aus Pannonien gebürtig, ward nach des
Claudius n. Tode 370 n. Chr. von den
Truppen in Mösien zum Kaiser angerufen,
verMeb die Markomannen und Alemannen
aus Italien,, begann die Befestigung Roms
durch eine 'Mauer, die Probus 876 voll-
endete, schlug die Gk>then, als sie die
Donau überschritten hatten, machte der
Herrschaft der Zenobla In Palmyra ein
Ende (373), unterwarf Aegypten wieder,
siegte über den gallischen Gegenkaiser
Tetricus, fiel auf dem Zuge gegen die
Perser 376 als Opfer einer Verschwörung.
Anrelliis Ttctor» Sextu», röm. Gesohlcht-
schreiber aus dem 4. Jahrb. n. Chr., beklei-
dete unter Julian und Theodosius d. Gr.
Aurelles de Paladine — Ausdehnung.
171
die höchsten Ehrenstellen ; sehr. «Orig^o
^ntls RomanaeS ,De viris illuatribns Ro-
mae', ,De OaesarfbusS ,De yita et moiibas
Imperatomm Romanorum epitome*. Werke
herausg. von SchrdUr (1829 — 31, 8 Bde.)i
dentsch yon dos» (1837).
AnrelleB de PaUalney flranx. General, geb.
1803, trat 1823 in die franz. Armee, kom-
mandirte 18541m Krimkrieg erst als Brigade-
general, dann (vor Sebastopol) als Di visionär,
ward später Kommandeur yon Marseille und
Mai 18e9 zur Disposition gestellt. Seit Okt.
1870 Oberbefehlshaber der sogen. Loirearmee.
Avreng-Zejb (Awreng-Sib, d. 1. Zierde
des Throns), Orossmognl, geb. 80. Okt.
1619, Sohn des Grossmoguls Schah -Dschl-
hän, folgte diesem 1659 auf dem Thron yon
Hindostan, nahm den Namen Alem-Ghlr,
Ueberwinder der Welt, an, reg. mit Weis-
heit, beförderte Wohlstand und Bildung,
yergrösserte durch glückliche Kiiege sein
Reich bedeutend ; + 81. Febr. 1707.
Avredlft (lat., Aureole), Heiligenschein,
Glorie; Hof um die Brustwarze.
Anredlvs. Marcus Aciliua, Befehlshaber
der röm. tjegionen In Illyrlen, erklärte
sich 261 n. Ohr. zum röm. Imperator, be-
siegte seinen Riyalen Macrianus und er-
zwang yon Gallienns die Mitregentschaft,
ward bei Mailand yon diesem und 368 yon
Claudius H. nochmals geschlagen.
Anrieh) Regbz. in der preuss. Proy. Han-
nover, 54,5 QM. mit 193,876 Ew. Die Haupt-
stadt A., 4919 Ew. Kanal nach Emden.
Auricnalcit (Zinkerz), kohlensaures Ka-
Eferoxyd mit Zinkoxydhydrat, spangrän, bei
roktewsk am Altai.
AnrlfSber. 1) Joh,, eigentl. Goldaohmidt,
geb. um 1519 in der Gra&chaft Mansfeld,
seit 1545 Luthers Famulus, ward 1551 Hof-
prediger in Weimar, aber 1562 in Folge
dogmat. Streitigkeiten seiner Stelle entsetzt;
t als Senior des evangel. Ministeriums zu
Erfurt 1579. Herausgeber von »Luthers
Tischreden* (1569). — 2) Joh., geb. 1517 zu
Breslau, Schfiler Melanchthons , seit 1558
Prof. der Theologie zu Rostock; f 1567 als
Kircheninspektor zu Breslau. Verf. der
mecklenburg. Kirchenordnung yon 1557.
Anriirnae (spr. Ohrinjak), Stadt im franz.
Depart. Obergaronne, 1485 Ew.; merkw.
Höhle mit 17 menschl. Skeletten, 1852 ent-
deckt, nach E. Lartet (1860) uralter Begräb-
nissplatz aus der sogen. Steinzeit.
Aurlllae (spr. OhrflJak),Hauptst. des franz.
Depart. Cantal (Auvergne), 10,998 Ew. Jährl.
Pferderennen 1.— 15. Mai. Kahebei die Ex-
perimentalmeierel La Peyronsse.
AariplgmeBt (lat., SausehgOb, Oper-
ment, ffelbe ÄrsenUende) , Mineral aus der
Klasse der Blenden, besteht aus Schwefel-
arsen (Arsensulfid), findet zieh bei Andreas-
berg, in Ungarn, Siebenbürgen, Kleinasien,
China, Mexiko. Künstliches A. (farbiges
Arsenglas), durch Erhitzen von Arsenikmehl
mit Schwefel auf den Arsenhütten oder auf
nassem Wege durch Fällen einer Lösung
von arseniger Säure mit Schwefelwasseratoff
erhalten , findet als KOnigsgeOf in der Oel-
malerei und zur Bereitung . der Oper-
mentküpe in der Zeugdruckerei Anwendung.
Mit gelöschtem ELalk gemischt bildet es
ein wirksames Enthaarungsmittel (Mhusma
der Orientalen), welches auch in der Weiss-
gerberei benutzt wird. Wegen seiner Un-
löslichkeit wirkt es nur bei längerem Ver-
weilen Im Körper giftig.
Anriskop (lat. und griech.), Vorrichtung
zur Untersuchung eines kranken Ohrs, be-
steht aus einem elastischen Schlauch, einem
die Ohrmuschel des Patienten einschliessen-
den Trichter und einer konischen Spitze,
welche der Arzt in sein Ohr steckt. Man
kann sich auf diese Weise über den Zu-
stand der eustachlschen Röhre unterrichten.
AurOBSO, Dorf in Venetien, Prov. Belluno,
an der Piave, 3475 Ew. Galmeigruben.
■Bed. Fichtenwald, Schiffsholz für Venedig.
Aurora (lat., gr. Eos), Göttin der Moi^en-
röthe, Tochter des Hyperion und derThia,
Schwester des Helios und der Selene, Ge-
mahlin des Titanen Asträns , Königs von
Arkadien, erhebt sich desMorgeAs von Ihrem
Lager und fährt mit ihren Rossen Lampus
und Pha@ton am Himmel hin. Meist geflü-
gelt, in rothgelbem Gewände mit einem
Stern auf dem Haupte und einer Fackel in
der Rechten daigestellt.
' Aurora borealM (lat.), s. y. a. Nordlicht.
Anrorainzeln) Inselgruppe im südl. atlant.
Ocean, östl. von den Falklandsinseln.
Anrnngabad, Stadt in Ostindien, im Ge-
biet des Nizam von Hyderabad am Dudna,
60,000 Ew.^ früher sehr blühend.
Ausa, Küstenfluss in der Romagna, mün-
det bei Riminl in das Mittelmeer.
Ausartung (Entartung), Umwandlung eines
bestimmten Thier- oder Pflanzentypus in
einen andern, und zwar entweder wirkliche
Abartung (degeneratio) als Folge einer Ba-
stard erzeugang, oder Zurückartung, wenn
Abarten, Kulturracen, zur Stammform zu-
rückkehren. Letzteres geschieht durch Be-
firuchtimg mit der Stammform, durch Hah-
rungs- und klimatische Verhältnisse.
AozbliUieB (Uffloresetns), s. Auswittern.
Ausbmel^ vorzügliche Weinsorte, welche
aus den besten vor der allgemeinen Lese
ausgebrochenen Trauben bereitet wird.
Anschwits (Osvfi^cim), Stadt in West-
galizien, 3043 Ew.; Hauptort des ehemal.
schles. Heraogthums A, und Zator, 44*/4 QM.
mit 200,000 Ew., das 1457 an Polen, 1778
an Oesterreich kam und seit 1818 zum
deutschen Bunde gehörte.
Ansei (a. G.), Volk Im aquitan. Gallien;
Hanptst. Augusta Auscorum (Auch).
Ausdauernd (perennls, lat.), mehrere Jahre
hindurch fortlebend. Ausdauernde oder per«
ennlrende Gewächse (Stauden) sind solche,
bei denen ein im Boden verheißener, mit
Knospen versehener wurzelartiger Stengel-
theil (fälschlich ausdauernde Wurzel gen.)
den Winter über anshält und im Frühling
austreibt. Zeichen QL.
Ausdehnbarkeit, Fähigkeit der Körper,
ihr Volumen zu vergrössem, ohne dass sich
der AggregatzustlBuid ändert od. der Zusam-
men hang der Theilchen aufgehoben wird«
Aisdefiiuiiig, die Volumenvergrösserung
172
AnsdfinBttuig — AnsgleicliimgBabgabe.
tfer Körper durch mecbaalache Kittel
rSchlag, ]5nick, Zug) und durch die Wärme.
Alle Körper dehnen sich beim Erw&rmen
uns und stehen sich beim Erkalten znaam-
men. Die Zahl, welche angibt, mn den
wieTlelten Theil seiner bei 0^ gemessenen
Länge sich ein fester Körper ausdehnt,
wenn er Ton 0—100* erwärmt wird, heisst
der lineare Autdehnnngakoi/JMerU desselben.
Vit 8 mnltiplldrt gibt er den kubischen
AusdehnungskoSfBcienten. Kur bei niederer
Temperatur (0— lOO«) dehnen sich feste
Körper glelchmässlg aus, bei höherer Tem-
peratur und namentlich in der Nähe des
Punktes, bei welchem sich der Aggregat-
zustand ändert, wird die A. ungleich-
massig. Dies gilt auch für Flt^ssigkelten,
die sich im Allgemeinen stärker ausdehnen
als feste Körper. Gase dehnen sich am
stärksten, nahen gleich stark und der
Temperatur proportional aus. Die lineare
A. bei der Erwärmung von 0— 100« beträgt
bei: Glas Viiw— Viii*» gehärtetem StahU/iOT,
Schmiedeeisen Vsw — */t»», Gusseisen »/booi
Gold Vm»-»M4», Kupfer Vms, Süber »^s4,
Zink Vs40' I>i<» körperliche A. von 0— lOOo
beträgt bei Quecksilber 0,018018. 1 Vol.
Wasser bei Oo ist = 0,999 Vol. bei 40 C.
ÖDiohtigkeitsmaximum) == 1,000U bei 10« =
1,01157 bei 50 o. Die A. des Wassers von 0— 45o
beträgt ca. l<Vb, bis 65 2o/o, bis 82 3o/o, bis
100 4,8^/0. I>ie Banmesvermehrung der Gase
von 0—100* beträgt 0,8665 oder nahe >Vm.
Die Kraft, mit welcher sieh die Körper
beim Erwärmen ausdehnen oder beim Erkal-
ten susammenziehen, ist gleich dem Wider-
Stande, den sie einer Kompression oder A.
durch mechan. Mittel entgegensetzen. Luft
dehnt sich beim Erwärmen um 272 auf das
doppelte Volumen aus, und wenn sie daran
▼erhindert wird, drückt sie auf die ein-
Bohllessenden Gefässwandungen mit ver-
doppeltem Druck.
JLngdSiistuigy langsames Austreten von
Gkksen und Dämpfen besonders aus der Ober-
fläche der Organismen; Hantausdünstung.
Aiufally das Ausrücken einer Truppen-
masse aus einer belagerten Festung, um
die Arbeiten der Belagerer su zerstören;
geschieht meist von leichten Truppen aller
Waffengattungen und gewöbnl. des Nachts.
Ausfulthory in Uteren Festungen das
ins Freie führende, gedeckt liegende Thor,
aus dem die Ausfälle lugeschehen pflegten,
Jetzt durch unter den Wällen angebrachte
Durchsänge (Potemen) ersetzt.
AuaUMnmeBy ein Gewehr oder Geschütz
mit wenig Pulver laden und abfeuern, um
es zu erwärmen und zu trocknen. [mik.
Ansflungeiciiwliidlgkeit, s. S^rodyna-
Ansfuhr (Export), der Gesammtbetrag
der Güter, welche ein Volk oder ein Ter-
ritorium an das Ausland absetzt. Durch
Au^hrvefiote und Au^uhräOÜ€ glaubte
mau im Sinne des Merkantilsystems die A.
solcher Rohstoffe, welche zur Ernährung
•der Arbeiter dienen oder in Inland. Fa-
briken verarbeitet werden konnten, hin-
•dtm oder beschränken zu müssen, wodurch
'man aber nur den Produoenten der Roh-
stoffe zu Gunsten des Fabrikanten benach-
theiligte. Yermehrung der A. suchte man
von Selten des Staats manchmal durch
Au9fuhrprämi4n oder Au^fuhrhcniflkaUonen
zu bewirken, was aber insofern unatatt-
hall ist, als dadurch dem ganzen Volk zu
Gunsten einer Minderzahl von Fabrikanten
eine Abgabe auferlegt wh*d, während die
betreffenden Industriezweige durch eigne
Anstrengung ihr Bestehen sichern sollen,
wenn sie überhaupt zu bestehen verdienen.
In der neueren Zelt ist die A. fast allent-
halben fheils ganz freigegeben, theils nur
durch niedrige Ausftihrzölle in Be^ff
einiger Artikel, wie Häute, Pferde- und
Ochsenhaare, Porzellanthon, Abfälle, Holz-
asche, Roheisen, Erze, rohe Baumwolle u.
Wolle, beschränkt worden. Beschränkun-
gen der Gtetreideausftihr sind durch die
Vervollkommnung des internationalen Ver-
kehrs ganz üboiflüssig gemacht und lassen
sich vorübergehend nur noch in solchen
Ländern Mchtfertlgen, wo im Winter der
Verkehr zu Wasser und zu Lande gehemmt
ist und Zufhhr nur langsam n. aus weiter
Feme her zu bewerkstelligen Ist. Im Zoll-
verein bestehen Ausfuhrzölle nur noch auf
Lumpen und altes Tauwerk im Interesse
der einheimischen Papierfabi-ikation. Für
den Kriegsfall sind die Ausfuhrverbote von
Kriegsbedarf, einschliesslich der Pferde, Re-
gel. Aus der Jährl. A. lässt sich auf die
Produktionskraft eines Landes schliessen,
wiewohl sie nur einen Thell der gesammten
producirten Gütermasse ausmacht. Man be-
rechnet diesen Theil in Nordamerika auf
lOVs, in Frankreich auf 6V4, in England auf
ca. 10<Vo der Jährl. Güterproduktion. Im
deutschen Zollverein beträgt die A. unge-
fähr den 8. TheQ des Durchschnittewerths
des gesammten Güterverbrauchs der Bevöl-
kerung. IJnter AtufukrJumdd versteht man
die A. der elnheimlsclftn Erzeugnisse. Der-
selbe ist Aktivhandel, wenn er mit eignen
Transportmitteln und Kapitalien, Busiv-
handel, wenn er von Fremden betrieben wird.
Ausgabe 9 im llterar. und bnchhändl.
Sinne eine zum Behuf der Vervielfältigung
gedruckte HandschrifL Man unterscheidet
erste, zweite ete. A., wenn das Werk in
demselben Formate u. ohne Textveränderung
mehrmals gedruckt wird. Vgl. AuAage.
Ausgiessung des heiligen Geistes ^ die
am ersten Pflngstfesto nach der Auferstehung;
Jesu an die Jünger erfolgte Mittheilung des
heil. Geistes (vgl. Apostelgesch. 2, 1 ff.).
Ansglelehzngsabgabe (ErgSnzungs' oder
UAergang$abgcä>e), im deutechen Zollverein
Abgabe^ welche von Bier, W^n, Branntwein
beim Uebergang dieser Produkte aus einem
Vcfreinslande in das andere bis zur Ein-
führung gleicher Besteuerung der im In-
nern des Zollvereins producirten Verelns-
gegenstände erhoben wird, durfte die Diffe-
renz der etwa in den beiden betreffenden
Steaten bestehenden Steuern, denen Jene
Artikel unterliegen, nicht übersteigen. An
Stelle der eigeutlicben A.n, dulfi^ welche
die Differenz der beiderseitigen Steuern er-
hoben wurde, ist seit 1841 das System der
Ausliängebogeft — Ausöner.
178
▼ollen {^rhebung der eigenen Stener als Zoll
und der Gewftfarnng Ton AnafahrYergütan-
ßm. getreten, die sonst verboten waren,
er norddeutsche Bnnd erhebt keine lieber-
^ngsabgabe von Wein mehr, nnd diejenige
für Tabak ist mit der einheitlichen Tabaks-
Btener des Zollvereins seit 1868 weggefallen.
Vgl. Zkmov, J>le Gesetze nnd R^^nlative
des Zollvereins*, 1867.
AvslübigebogeB) in der Buchdrackerei
die ersten gedrackten Bogen eines Werkes,
welche, korrekt in Satz nnd Dmck, dem
Verfasser, Verleger, Korrektor etc. znm
Nachsehen eingehändigt werden.
Anikeileny im Bergbau gebränchl. Ans-
dmck von (Hbirgsschichten, die nach einer
Seite hin dünner werden und verschwinden.
Amkrieehen und Efakrlecheiiy im See-
wesen vom Winde, wenn derselbe abwech-
selnd ist, seine Sichtung ver&ndert und
wieder annimmt.
AviknltatioiL (tat) , Behorchen des Kör-
pers, ^m aus den wahrgenommenen Geräu-
schen auf den Zustand der untersuchten
Körpertheile zu schliessen, besonders an-
wendbar bei Lungen-, Hecz- u. Rippenfell-
krankheiten. Geschieht entweder durch
direktes Auflegen des Ohrs oder mit Hülfe
des Hörrohrs, SMkotkops, welches der Arzt
auf den zu untersuchenden Körpertheil setzt
und dann an sein Ohr bringt. Zuerst im
18. Jahrh. durch Auenbrugger geübt, durch
Laennec (1819) weiter ausgebildet u. durch
Skoda in Wien wissensohaftl. begründet.
Vgl. Ifiemeyer, ,Handbuch der theoret. und
klin. A.* 1870, S Bde.
Anslniltitor (latO, Zuhörer, Beisitzer eines
Kollegiums ohne Votum (Auditor).
XmiMAer , Apparat zur Entladung einer
elektrischen Batterie, besteht aus zwei in
Kugeln endigenden und durch Charnier
verbundenen Drähten mit gut isolirendem
Handgriir. Die eine Kugel wird mit der
äussern, die andere mit der innem Belegung
kk Verbindung gebracht.
Anslangen^ die Trennung löslicher Stoffe
von unlöslichen durch ein passendes Lö-
sungsmittel, z. B. die Gewinnung von Sal-
peter aus ßalpetererde, von Soda aus der
Kohschmelze, auch die Reinigung des Hol-
zes von seinen löslichen und schnelle Fäul-
niss bewirkenden Substanzen.
AuBlegen, mit einem Schiff auf dieRhede
oder in den Aussenhafen hinausgehen, tun
bei guter Gelegenheit sofort zur Fahrt be-
reit zu sein.
4iisUefening von Verbreeliern. Bei Unter-
suchung der Frage, ob und in wie weit ein
Staat durch das Völkerrecht verbunden sei,
ein in seinem Gebiete weilendes Indirl-
duuro, welches eines Verbrechens gegen die
Straijsesetze eines andern Staats angeklagt
ist, an den fremden Staat behufs der Unter-
suchnng und Bestrafung auszuliefern, ist zu
unterscheiden, ob ein Inländer im Auslande
ein Verbrechen begangen hat, oder ob ein
eines Verbrechens Beschuldigter sich aus
dem Staatsgebiete, wo er das Verbrechen be-
gangen, in ein anderes geflüchtet hat, ohne
Angehöriger des betreffenden Staats zu sein.
Im ersten Fall pflegen einige Sta^tei^ allf
von Inländern im AusUnde verübteu V«v
brechen (Preussen), andere nur gewisM
Verbrechen (Frankreich), wie Kajestfttsbck-
leidigungen, MünzTerbrechen , hoch- Qn^
landesverrätherische Handlungen gegen dQft
eigenen oder fremden Staat, nocl^ and* (Bug*
land, Nordamerika) in der Regel g&r keine
im Auslande begangenen Verbrechen zu her
strafen. Im zweiten Fall erfolgt die A. mei«^
erst auf vorhergegangene Requisition^ von
Seiten des anderen Staats, und es wird seibat
dieser Requisition nicht unbedingt und bei
allen von den dortigen Strafgesetzen verpön-
ten Handlungen, sondern nur bei gewissen
Gattungen von Verbrechen, insbesondere bei
schweren, Folge gegeben, dabei auch die Be-
dingung gestellt, dass die Schuld entweder
bereits durch rechtskräftiges Erkenntniss
festgestellt oder wenigstens überwiegend
wahrscheinlich gemacht sei. Auf poli-
tische Verbrecher erstrecken . sich die Aus-
lieferungsverträge in der Reg^l nicht, weil
in Betreff solcher die requirirende Regierung
nicht immer im formellen Rechte ist. Den
deutschen Bundesstaaten Jedoch legte eii^
Bundesbeschluas vom 18. August 1^ die
Verpflichtung zur gegenseitigen A. politisch
Angeklagter auf, und ein weiterer Bundes^
beschluss vom 26. Jan. 1864 dehnte diese
Verpflichtung auf alle wegen gemeiner Ver-
brechen angeklagten oder verurtheüten In-
dividuen aus, Auch haben einzelne deutsche
Staaten mit nichtdentschei^ Staaten Ver-
träge über gegenseitige A. v. V. abge-
schlossen, z. B. Preussen mit Belgien«
den Niederlanden, Frankreich, Luxemburg,
den Vereinigten Staaten von Nordamerika
und Russland. Mit letzterer Macht besteht
ein solcher seit 1869 nicht mehr.
Auslobung 9 die Entschädigung, welche
der Anerbe (s. d.) seinen Hiterben gewährt;
AlunulunegeBetM y im weiteren Sinne
solche Regierungsmassregeln, welche einen
von den sonst und allgemein geltenden
Rechtsgrundsätzen abweichenden Zustand
begründen oder die allgemeine Rechtsgleich-
heit aufheben; im engeren Sinne solche
Verfügungen der höchsten Exekutivgewalt,
durch welche wegen eines wirklich obwal-
tenden oder vermeintlichen Nothstandei
verÜBkSSungsmässige Rechte suspendirt, ins-
besondere auch Untersuchung und Aburthei*
lung einzelner Verbrechen den ordentlichen
Gerichten entzogen und Ausnahmegerichten
zugewiesen werden« Zulässig sind solche A.
nur in der Beschränkung auf zeitweilige
Suspension der Gesetze über Verhaftung,
Haussuchung und Versammlungsrecht, und
ihre Erlassung setzt die Mitwirkung aller
gesetzlichen Faktoren in Jedem einzelnen
Falle voraus unter Ausschluss einer allge-
mein ertheilten Ermächtigung an die Re-
gierung zum Erlass solcher Verfügungen«
Biese Mitwirkung ist Jedoch gewöhnlich nur
nachträglich und beschränkt sich s. B. In
Preussen auf eine Gutheissung der meist
vollständig vollendeten Thatsadien.
Ausöner (a. G.)> Volk in Italien, latin.
Stamms , nachmals in Kampanien sesshaft,
174
Ausonius — Ausstener.
818 T. Cbr. Ton den RSmem nnteijocht.
AuaonUt, poetisch auch s. t. a.ganz Italien.
IAvMOnliilu l>«o. Magnut, röm. Dichter, geb.
nm 809 zu Bardegala (Bordeaux) , Erzieher
des Kaisers Gratian, seit 879 Konsul von
. Qallien. fron 892. Sehr. Eklogen, Epi-
' gramme, Briefe in Versen nnd 80 sogen.
Idyllen, darunter jMosella* (deutsch von
Oeib 1848, SticMng 1845, B. Lingg 1870\
die berühmteste, und ,Gento nuptialis', die
berüchtigtste. Ausgaben yon ßcatiger (1575),
, ßouehap (1780).
Anspelldlly Tiefe und BeschaiTenheit des
Meeresbodens mit dem Senkblei untersuchen.
AvspfSndimg, s. I^ändung.
jlnipleien (lat. auspicia), Vogelschau, bei
den alten Römern die Vorhersagung der
Zukunft aus Beobachtungen gewisser Thiere,
besonders der Vögel, s. Augum,
kwsrHstvtLf Im Militärwesen ein Heer oder
•ine Heeresabtheilung mit Allem versehen,
dessen es zum Zwecke der Kriegführung
bedarf. Es gehört hierher : 1) Kompletirung
der Mannschaften auf Kriegsstärke , Auf-
. Stellung der Depots (zur Uebemahme der
I Ersatzmannschaft) , Zusammensetzung der
' Beserven ; 2) Herbeischaf^ng der Remonten,
der Bekleidungs- und Rüstungsgegenstände
. für Mann und Pferd, sowie der WaiTen für
\ alle Truppengattungen, nebst der erforder-
lichen Munition ; 8) Bereitstellung aller Ge-
räthe zu Schanz-, Brücken- und Belagerungs-
arbeiten (Brücken- und Belagerungstrains) ;
4) Errichtung von Feldbäckereien, Feld-
küchen, Feldposten; 5) Vorrichtungen für
Pflege der Kranken und Verwundeten (La-
sarethe, Feldapotheken, Verbandmittel etc.) ;
8) Anschaffung von Mund vorrath und Four-
! rage und Sicherung der Zuführ während des
Marsches; 7) Aufstellung von Transport-
mitteln aller Art zur Beförderung der Trup-
pen und des Trains. Vgl. Armiren.
Auuts (Lepra), Miselsucht der alten
Geschichtschreiber, allgemeine Erkrankung
mit bedeutenden Veränderungen der Haut,
im Alterthum sehr verbreitet. Jetzt in Eu-
ropa namentlich noch in Norwegen vor-
kommend, tritt In zwei Formen auf. Die
knotige Form dauei^t ca. 9Va Jahre, beginnt
mit braunen Flecken, aus denen sich Ge-
schwüre bilden , die allmähllg alle Organe
zerstören. Bei der flachen od. anästhetischen
Form, die ca. 18 Jahre dauert, entstehen zu-
erst Blasen, auf grosse Empfindlichkeit der
Haut folgt immer mehr sich ausbreitende
Gefühllosigkeit, bis Brand hinzutritt, ein-
zelne Glieder sich ablösen und der Tod er-
folgt. Der A. wurde stets für ansteckend
' nnd erblich gehalten und die Aussätzigen
' (ßoudersieehe) in St. Georgs spitäl er, Lepro-
series, Mesellerles gebracht. Sie trugen
besondere Kleidung, durften sich nicht ver-
, heirathen nnd galten in Frankreich für bür-
gerlich todt. Vgl. Virehow, ,Zur Geschichte
des A.es und der Spitäler' in seinem ,Ar-
chiv*, Bd. 18-22.
AnneUag (Exanthema), Hantkrankheit,
die in sehr verschied. Formen als Flecken,
Knötchen, Knollen, Quaddel, Blase, Haut-
abschürfbng, Geschwür, Schrunde, Kruste,
Schuppengrfnd auftritt nnd verschiedene,
aber nicht immer innere Ursachen hat.
Die Furcht vor den Folgen eines ,surück-
getriebenen* A.s ist unbegründet. Heil-
mittel sind Bäder, Seifen, Aetzmittel, aus-
nahmsweise innerliche Mittel. Vgl. Virehow,
,Handb. der Pathologie etc.*, 8. Bd. ; Bebra,
»Akute Exantheme u. Hautkrankheiten', 1860.
Anwclinltt (ßector), in der Geometrie ein
solches Stück einer krummlinigen TiguXt
welches von 8 von einem Punkt innerhalb
der Figur an den Umfang derselben gezo-
genen Linien nnd dem von ihnen abgeschnit-
tenen Bogen begrenzt wird; insbesondere
das von 8 Halbmessern und dem zwischen
diesen liegenden Bogen begrenzte Stück
einer Kreisfläche. Em Kugelau$8chniU ist
ein kegelförmiges Stück einer Kugel, dessen
Spitze im Mittelpunkt derselben liegt und
dessen Grundfläche durch eine Kreislinie
auf der Oberfläche ders. beschrieben wird.
AuMChram, im Bergbau Thon u. Letten
zwischen dem Gange und Gestein.
AnasehnsSy ein aus einem grösseren Verein
von Personen gewählter und mit besonderen
Geschäften beauftragter engerer Kreis von
Mitgliedern, insbesondere eine Deputation
oder Kommission in einer parlamentarischen
Versammlung.
AuBsee, Marktfl. in Steiermark, Kr. Brück,
im steierschen Salzkammergut, an der
Traun, 1400 Ew. Grosse Salzsiederei (Soole
aus dem Salzberg Sandling gewonnen).
Anssenkl&ver (Jagerbaum), das äussere
Ende des BujBfspriets.
AuBsenwerke, alle ausserhalb des Haupt-
walls Jenseits des Hauptgrabens, aber noch
diesseits des gedeckten Wegs befindlichen
Werke einer Festuug, nämlich: die Gra-
benscheere oder Grabentenaille, das Ra-
velin, die Lünetten oder Brillen, die Contre-
garden und (Üouvrefacen , die Enveloppe.
Die düsteren oder vorliegenden Werke liegen
Jenseits des gedeckten Wegs, mit der Festung
durch Anschlusslinlen verbunden, welche
von dort oder von den A.n flanklrt werden
können. Als solche kommen vor die ein-
fache (Tenallle) nnd doppelte Scheere, der
Schwalbenschwanz, die Bischofsmütze, das
Hom-, Krön - und doppelte Kronwerk. Si»
sind neuerlich wogen zu schwacher Fron-
talyertheidigung durch selbständige deta-
chirte Forts ersetzt.
Aussig, Stadt im böhm. Kreis LeitmeritE»
an der Elbe und Biela, 10,938 Ew. Kohlen-
lager. Hier 5. Juni 1426 Bieg der Hussiten.
AussplelgesGliaft, Form der Veräussernng
einer Sache, wobei dieselbe aus einer Mehr-
zahl von Einsetzenden demjenigen zu Theil
wird, welchen das Loos bestimmt oder wel-
cher in einem gemeinschaftlichen Glücks-
oder Geschickiichkeitsspiele den Sieg davon-
trägt; unterliegt polizeilicher Genehmig^ong.
Ausstellung des Sakraments, In der kathol.
Kirche die feierliche Ausstellung der ge-
weihten Hostie auf dem Hochaltar, seit
Einführung des Fronleichnamsfestes (1264)
ein Bestandtheil des kathol Kultus.
Ansstener (Au$stattung), im Allgemeinen
das, was die Töchter bei ihrer Verheira-
Ausstich — Austrag.
175
thnng aus dem elterlichen YermSgen erhal-
ten hat, insbes. die Ton der Frau zu Führung
dea EDftuswesens oder zu eignem Bedarf ein-
Sehrachte bewegliche Habe nnd. in diesem
inne ein von der Mitgift Terschiedener
Vermdgenstheil, über welchen die Verfügung
aewöhnlich der Frau Euateht. Die Aussteuer'
fauen, welche den bei ihnen betheiligten
oder versicherten Personen beim Eintritt
eines bestimmten Alters, bei ihrer Majoren-
nitftt, Yerheirathnng oder Etablimng ein
gewisses Kapital auszahlen, sind entweder
auf Gegenseitigkeit gegründet oder mit Ben-
tenbanken und Lebensversicherungsanstal-
ten verbunden. Vgl. Cflaser, ,Ueber die
Anssteuerkassen', 1852.- [oder Jahres.
Ausstich 9 der beste Wein eines Berges
Ausstopfen der Thiere , als Kunst Taxi-
dermie genannt, wird mit Anwendung eines
künstl. dem natürl. nachgebildeten Körper
aus Werg oder dergL, Ueberziehen des ge-
gerbten oder vergifteten Balges, Einschieben
starker Drähte zur Erhöhung der Festigkeit
und Einsetzen künstlicher Augen ausgeführt.
Vgl. die Schriften über das A. von Ifdtmann
(1815), £rehm (1842, 8. Aufl. bearb. von
Martin 1869), Berling (1860), ßylvesUr (1866),
£oUard (1868), Gardner (1869).
Ausstreichen der Flötze oder Gänge, das
Erscheinen derselben an der G«birgsober-
fläche. Der sichtbare Theil helsat Ausstrich.
Anssfissen (EdüUeriren, Auswaschen), aus
einem Niederschlag die Mutterlauge ent-
fernen, geschieht gewöhnlich auf einem
Filter, indem man Wasser durch den Nie-
derschlag sickern lässt, bis die ablaufenden
Tropfen geschmacklos sind und beim Ver-
dampfen keinen Bückstand lassen.
Anster (lat, grlech. Noios), der Nebel und
B^en bringende Südwind.
Anster^ Qstrea L., Molluskengattung aus
der Familie der eiumuskeligcn Muschel-
thJere. O. edulis £., die gemeine A., in
vielen Varietäten an den europ. Küsten in
Wasser von mindestens l,7o/o Salzgehalt
(nicht in der Ostsee), in Tiefen von der
mittleren Strandmarke bis 20 Faden und
mehr, nördl. bis 65o, ist hermaphroditisch,
producirt Jährl. (April— Juli) oft weit über
1 Mill. Junge, die sich in der Mantelhöhle
der Mutter entwickeln, ausschwärmen und
sich bald durch Ausschwitzungen der Schale
meist in Massen (Austernb'dnke) an geeig-
neten Orten festsetzen. Mit 3 — 5 Jahren
sind sie geniessbar. Man bricht sie mit
der Hand, mit dem Austemschaber oder
dem Schametz los und bringt sie gewöhn-
lich in milderes Wasser von 2 — So/o
Salzgehalt, und zwar, wie schon die Bömer
thaten. In Bassins (Parks, Glaires, z. B. bei
La Tremblade und Marennes, wo sich
die A.n grün färben, Isle deB6, Hayling,
Ostende), oder an geeignete Küstenpunkte
rWhitstable mit seinen Natives, Herne Bay,
Wangeroog). Das Zurückgehen der Bänke
durch unrationelle Ausbeutung, natürl.
Feinde der A.n (Fische, Krebse, Seesterne,
Schnecken, Schlamm) führte zur künsü.
Austemtuchi, bei welcher man die schwär-
mende Brut entweder auf natürl, Banken j
in tiefem Wasser (St. Brieuc, Tonion, Cette)
oder in flachem (Arcachon, Isle de B6, Lo-
rjent, La Trinit6) an Faschinen, Ziegeln
oder Bretem aufhängt und zur Entwick»^
lung bringt, oder alte A.n in abschliessbar»
Teiche setzt und die auf SammelkÖrpem
angesiedelte Brut in freies Wasser ver-
pflanzt (Beculvers, Hampton, Hayling). Dia
ersteren, besonders durch Ooste (1^5) an-
geregten Versuche sind erfolglos geblieben»
die letzteren sind noch nicht genügend er-
probt. — A.n haben die Zusammensetzung
eines guten Nahrungsmittels , rohe wirken
fast nur appetitreizend 'und gehen theil-
weise für die Ernährung verloren, gekochte
wirken in viel geringerer Zahl sättigend.
In London werden Jährl. über 80,000 berl.
Scheffel A.n importirt. Paris verbrauchte
1867 für 1,887,800 Frcs., der gesammte fVanz.
Ertrag betrug aber 1866 nur für 1,676,000
Frcs. O. borealis Lam,, an der östl. Küste
Nordamerikas, bes. in derChesapeakbai und
bis 20 Meilen nördl. von der Hudsonmün-
dung, liefert reiche Erträge (Baltimore,
Austernstadt). O. arborea Chem,, in Ost-
und Westindien, ist sehr gesucht. Auch
die asiat. Küsten sind reich an A.n. Vgl.
Beta, jBewirthschaftung des Wassers und
die Ernten daraus', 1868; Busch, ,Der ge-
rechte und vollkommene Austemesser', 1868 ;
Sturz, ,Austernbetrieb in Amerika, Frank-
reich und England', 1868 ; Sckmarda, ,KuItur
des Meeres in Frankreich', 1869; Brco, ,No-
tizen über Austemkultur' , 1869; MSbius,
«Austern- und Miesmuschelzucht', 1870.
Austerliti^ Stadt in Mähren, Kr. Brunn,
an der Litowa, 8452 Ew. Hier 2. Dec. 1805
Sieg Napoleons über die Oesterreicher und
Bussen (Dreikaiserschlacht).
Aostemdleh (Atisten\ßscher , Meerelster,
Haematopus L.), Vögelgattung aus der Fa-
milie der Regenpfeifer. GemeinerA,,!!. ostrea-
legus L,, 15—17", an den Küsten des nördl.
Europas , Asiens und Amerikas . ftisst ge-
legentl. todte, aber nie lebende Austern.
Austemschaleny meist aus kohlensaurem
Kalk bestehend, werden als Dünger, prä-
garirt als Zahn- und Putzpulver, zu Kitt etc.
enutzt. In grossen Massen aufgehäuft in
den vorgeschichtlichen KJökkenmöddings
an den dän. Küsten.
Aiistin-Cityy seit 1844 Hauptstadt von
Texas, am Oolorado, 3000 Ew.
Aastrag, Schlichtung einer Sache, Schlnss-
urtheil, dem Folge gegeben wird. Im deut-
schen Becht der Plural Austrage s. v. a.
schiedsrichterliche Entscheidungen, auch
gewählte oder bestehende Schiedsmänner,
die einen Bechtsstreit zu Ende bringen.
Nach Verkündigung des allgemeinen Land-
ft-iedens wurde für die Beichsunmittelbaren
eine besondere Austrägälinstans kreirt, von
der man an das Beichbkammergericht ap-
pelliren konnte. Vor diese gehörten all»
Givilrechtssachen, und das Verfahren musste
binnen Jahr und Tag beendigt sein. Die
Austrägalinstanz beim deutschen Bunde
ward durch die Bundestagsbeschlüsse vom
16. Juni 1817 und 8. Aug. 1820 eingesetzt.
Der verklagte Theil schlug hiemach dem
176
AoBtralia felix «— Anstralien.
klagenden drei anparteUsohe Bnndesglieder
▼or, und der Klager wfthlte ans diesen
•ins, dessen oberstes Oerloht alsdann die
rechtliolm Yerhandlnng nnd Entscheidong
des StrdUs naeh den bei demselben giUtigen
Prosessnormen im Nanlen der BnndesTer-
sammlnng fibernabm nnd das Brkenntniss
l>ekannt machte, f&r dessen Vollaiehnng die
>3nndesyersammlang sorgte. Vgl. Leonhardi,
«Das Anstragalver&hren des deutschen Bun-
des*, 1888—46, S Bde. Die norddeutsche Bon-
desverfassnng setst Art. 76 fest, dass Strei-
tigkeiten zwischen Terechiedenen Bundes-
staaten, insofern sie nicht priTatrechtllcher
Mator und daher von den sust&ndigen Qe-
richtsbehörden sn entscheiden sindi auf
Anrufen des einen Theils yom Bundesrath
erledigt werden. Yer&ssungsstreitigkeiten
in solchen Bundesstaaten, wo keine Be-
hörde sn BntBcheidung solcher besteht,
werden yom Bundesrath auf Anrufen des
einen Theils gütlich ausgeglichen oder im
Valle des Misslingens der dahin zielenden
Versuche im Wege der Bundesgesetsgebung,
folgl. unter Mitwirkung des Beichstags, anr
Erledigung gebracht.
Anitrmlu felis, alter Name ftr den Sfid-
osttheil von Neuholland (Kolonie Victoria).
Ausfcr^en (Oeeamitn), f&nfter ErdtheÜ,
bestehend aus dem Kontinent A. im SO. der
alten Welt, auf der Grense des indischen
und des grossen Oceans gelegen, und aus
unzähligen Inseln, die Jenem nordöstl., östl.
und südöstl. yorliegen und zum Theil der
westl. B^bkugel angehören , yon W. gen
O. 1650 H. , yon N. gen S. lOöO M. sich er-
streckend ; im Ganzen 161,000 QM. A) Der
KonUnent A, (AuUraüand, Neuholland),
auf der südl. Halbkugel gelegen, yom südl.
Wendekreis durchzogen, im S. durch die
Bassstrasse yon Ta8mania(Vandiemensland),
im N. durch die Torresstrasse yon Neuguinea
getrennt, 138,000 QIL Nordspitze Kap York
■ 110 8. Br., Sndspitze Kap Wilson S9o s. Br.
(Entfernung 430 M.); Westspitze Steeppoint
.1310 5. Ii., Ostspitze Kap Byron 171 o ö. Ii.
(Entfernung Ö50 H.). Küste sehr gering ge-
gliedert und durch yorliegende Korallen-
und Sandb&nke, Klippen und BlfTe schwer
zugänglich ; nur der SO. ist sehr hafenreich.
Küstenlänge: 1900 M. (zum Flächeninhalt
wie 1 : 78). Ausser der einen grossem Halb-
insel York (östl. am Basen yon Carpentaria)
gibt es nur noch einige kleinere, wie Koburg
im N., Peron im W. und York im 8. (zwischen
Spenser- und S. Vincentgolf). Küstenland-
schaften: Queensland im NO.y Neusüdwales
im SO., südl. dayon Victoria (Australia fe-
lix) ; westl. hieryon Süd -A. (Adelaide) und
West-A. die 8 W. -Ecke. Das Innere, bes.
die Westhälfte, ist wenig beJcannt; über
die Mitte ward durch Stuarts Querreise
(1860) einiger Aufbchluss ertheilt. Im All-
gemeinen bestehen die Bänder aus Hochland,
das Innere aus Tiefland. Die Sandgebir§e
sind plateauartig mit aufisesetzten Berg-
gruppen und Bergketten, ohne entwickelte
Thalbildung, zum Theil ausgezeichnet durch
Goldlager. Sechs Gruppen, an den yerschie-
denen Küsten y ertheilt. Am bedeutendsten :
das südottaustral. Hochland (In Vict<nrla
nnd Neusüd wales) mit den Grampiaiu (ÜOOO^),
Südpyrenäen (Qoldlager) and den ouslrok
^Isenod. demWaTragonggebirge(Ko8oiiiszlDS
68l3', Hotham 6860'); das Bexgland ▼<»
Queensland (Bellenden-Ker>HiUs 5100'); yoa
den übrigen Gruppen erreicht nur die weoO.
über 8000* Höhe (Mt. Bmee SSeO*, Mt. Au*
gustns 85600. Das Janere ist, so weit bekannt^
auf weite Strecken einförmig, mit Steppen,
Wüsten und undurchdringlichen Sümpfen
erfüllt; zum Theil mannichfaoh abwechsdnd
zwischen Sandflächen, grasigen Landstri-
chen nnd Höhenzügen J^is SOOOO, kargem
Gestrüpp und schönen Wäldern (bes. Aka-
zien), wie die Bodengestaltnng so auch die
Gti0ä$9er wenig ausgebildet. Die Flüifse
erglessen sich meist aus Seen der Bandge-
birge mit flachem Bette in das Innere, wo
sie zur Regenzeit das Land überschwemmen
und Moräste oder bald yertrocknende Seen
bilden. Von Bedeutung ist nur der Murray
(mit Murmmbidschi und Darling) , der im
victoriasee endet (yon da unfahrbarer Ka-
nal nach dem Meer). Daneben zahlreiche .
Kfistenflüsse, meist mit yorliegenden Inseln
oder Sandbänken; schlifbar darunter:
Hawksbury, Hunter, Brisbane imO., Schwan-
fluss, Murchison, Gascoyne, Vortescue im W.,
Victorlafluss im N. Unter den Seen bes.
bemerkenswerth der Torrenssee, ein seich-
ter Salzsumpf in einer Salz wüste ; Gairdnctr-,
Gregorysee. B) Die Ausiralinseln (JMyne-
iien), 83,000 Q^, liegen grösstenthells in
der stillen See zwischen den Wendekreisen,
meist südl. yom Aequator, und zerfallen in
mehrere Beihen. 1) Innere od. westl. Beihe :
Neuguinea, Neubritannien und Neuirland,
Neugeorgien (Salomonsarchipel), Archipel
yon Santa -OruB, neue Hebrideu, Neukn«-
donien, Norfolk y Neuseeland. 3) Aeussere
oder östl. Beihe: Palaosinseln, Karolinen,
Marshalls- und Gilbertsinseln, Fidschiar-
chipel, Freundschaftsinseln, Schifferinseln,
Oooksarchipel, Gesellschaftsinseln, Tnamotu
(niedrige Inseln). 8) Vereinzelte Inseln:
Marquesas, Marianen (Ladronen), Bonin-
inseln, Sandwichsinseln, Osterinsel (Widhu),
Tasmania. Die ganze innere Inselreihe
nebst Vandiemensland ist hoch und ge»
birgig, zum Theil mit yulkanischen Erschei-
nungen (auf Neuguinea der 12,400' h. Owen
Stanley, auf Neuseeland der 18,400' h. Mt.
Cook und der Vulkan Tongariro, 61000 ; <<ut
die ganze äussere Reihe ist klein, zu Ket-
ten und Gruppen yereinigt, meist Koi^elloB-
inseln; andere sind hohe, ausschliesslich
yulkanische Inseln, z. B. die Marianen-,
Sandwichs- (Manna Loa 18,1000, Qeaell-
schafts-, Marquesasinseln u. a.
Alle Naturyerhältnisse A.s gleich elnfSr-
mig; so das Klitna, das (abgesehen yom in-
neren Kontinent) yorherrschend oceanisch,
daher mild und angenehm ist; so die Thier-
und Pflanzenwelt, die unausgebildet, arm
an Arten erscheint, dabei durch EigenthÜmr
lichkeitund Sonderbarkeit der Formen über-
rascht. Die V^etation ist bes. charakterl-
slrt durch die Leguminosen und myrtenar-
tigen Gewächse; Eucalypten (bis 500' h.).
AuBk^aHen.
177
S^admmgtpflaiizen: die Sago- n. KohlpaUne,
Felg«ik Pteuig, Yams, Beeren ; an. einhelmi-
«chen Getreidearten und essbaren Vrüchten
ist Mangel; eingeführte Knltnrpflanaea g^
•deihen nberall. Aaf den Inseln zum Theil
mar Kokospalmen n. BrodbinmO) die grossen
xind- hoben aber sind reich an Hoohwald ;
«un OTglebigsten die Sandwiohsinseln. Eigen*
-tbümliche Säugethiere: das Scfanabelthier,
^as Kangumb, der Dingo (wilder Hnnd);
sprosse Raabthiere, Affen, Wiederfc&ner
li»hlen. Eingeführte Hausthiere (bes. Schafe
und Alpaeas) kommen gat fort. Grosser
X.eichtham anYdgeln, bes. häufig die honJg*
anchenden; charakteristisch der weisse Ad*
1er, der nenholl&nd.Kasaar (Emu), schwane
flohwan, ParadiesTogel. Manche Inseln ha-
lben kein einheimisches Sängethier, andere
nnr Hunde oder Schweine oder Hatten eto»
Metall*: ausser Gold (seit 1851 entdeckt, in
Keusfidwales u. Viotoria). Bisen, Kupfer, Blei,
Zinn, Wismutii, Quecksilber, Steinkohlen.
Die Bev^herung auf 4 Mill. geschätzt
<85 : 1 QM.), davon 81/9 Mill. der Malayenrace
angehörig und VI» Mill. Nlohtmalayen, meist
Europäer. Die ersteren serfallen in S Grup-
pen: 1) Aiutralnegvr (Negritos, Papuas),
-vHlde und halbwilde Neger, auf dem Fest-
lande und den benachbarten Inseln von
Neuguinea bis Neukaledonien ; 8) Jautral-
indier (Polynesler), hellfftrbiger, wohlgebü«
<let, geschickt und bildungsföhig, auf den
übrigen Inseln. Beide Gruppen durch viel-
fache Mittelracen verbunden. Früher (und
aum Theil noch) zu den vegetirenden Natur-
▼ölkem gehörend mit einer Art feudaler
Staatsverfassung und in verworrenen re-
ligiösen Vorstellungen befkngen, welche zum
Menschenopfern und Mensehenfiressen führ-
ten, ist Jetzt ein grosser Tlieil der Austral-
indler dem CThristenthum (bes. durch engl,
und firanz. Missionäre) und der europäischen
•Civilisatlon gewonnen. Die wichtigsten In-
seln in dieser Beziehung, zugleich die be-
deutendsten telbgtändiffen Inselreiche sind:
die Sandwichsinseln , die Frenndschalts-,
die Schiffer-, die Oooks-, die Gesellsohafts-
und die Fidschiinseln (s. diese Art.). Im
Uebrigen sind die Europaer das herrschende
Volk in A., vor allen die Briten.
]>as briti9e?ie A., im Ganzen 1U,760 <)M.
mit (1867) 1,750,000 Ew., umi&isst 1) das
ganze Festland (nebst den KüstoiinselA) mit
5 Kolonien: Neusüdwales (1788 als Verbre-
oherkolonie gegr.), Queensland (seit 18&B),
Yfctoria (seit 1851), Süd-A. (seit 18S6yund
West-A. (seit 1889), zusammen 118,015 QM.
mit 1,896,000 Ew., und dem noch nicht ko-
lonisirten Nordterritorium , 24,624 QM. ; 2)
•die kolonisirten Inseln : Tasmania und Neu-
seeland, zusammen 6281 QM. und 857,000 Ew.
Die Bevölkerung besteht (ausser ca. 50,000
Papuas auf dem Kontinent) aus Engländern,
Schotten, Iren und Deutschen: theili Pro-
testanten , vorzugsweise Anglikaner (6 Bi-
schöfe, zu Sidney, Newcastle, Melbourne,
Hobarton, Adelaide, Auckland), theils Ka-
tholiken (Iren, bes. in Neusüdwales und
Tasmania häufig; Erzbisthum zu Sidney,
4 Bischöfe zu Adelaide, Perth, HobMton,
Mq/ers Band' Lexikon,
Auckland). Ausserdem etwa 70,000 Chinesen^
meist Gh>ldgräber. Joden nicht zahlreich*
Deportation fand znletzt nur noch in West-
A. Statt ; seit Ende 1867 auch hier ganz auf-
gehoben. Der Erfolg der wirthschaftUobAn
Thätlgkett der Kolonisten ist überraachend
grossartig: die Kolonien, aus einer Absied-
lung von kaum 700 Yerbreohem (1788) her-
vorgegangen, gehören gegenwärtig zn den
reichsten und wichtigsten Handelsgebieten
der Erde. Von Wichtigkeit ist die Vieh-
und bes. die SohaflEucht (80 Mill. Sehafe»
8 Mill. Stück Hornvieh, ^t MUI. Pferde), der
Handel mit Wolle (Ausfuhr über 100 MUI.
Pfd.) und anderen Bohprodukfesn, der Bei^-
bau auf Gold, Kupfer, Kohlen etc. (Auqftahr
edler MetaUe 1867: fast 18 MilL Pfd. St.,
Goldausbeute 1866: 60Mill., Silberproduktion
1 MiU. Pfd. St., Kohlen an IS MUI. Otr.).
Der Ackerbau ist mit Giürten- und Weinbau
verbunden. Der Arüher stark betriebene
Walflschfling hat jetzt abgenommen. Jährl.
Handelsverkehr 60-65 Mill. Pfd^ St. Ein-
fhhr der Kolonien (Manufakturen, Zucker,
Theo, Spirituosen, Flachs, Kokosöl) 1867:
88,984,000, Ausfuhr 30,578,000 Pfd. St. Ebi-
nahme 10,144,000, Ausgabe 11,480,000 Pfd.
St., Schuld 87,621,000 Pfd. St. Eisenbahnen
1867: 119,3 M. Fabriken u. Manuihkt. sind
bis jetzt noch auf die noth wendigsten LebenB-
bedürfniflse beschränkt, aber in sichtlichem
Auibohwung begriffen; Wissenschaft und
Kunst noch in der Kindheit, obschon höhere
Lehranstalten (Universitäten zu Melbourne
und Sidney) nicht fehlen und auch för den
Yolksunterricht rühmliche Anstrengungen
gemacht werden.
Ausser den Engländern besitzen die Fran-
Mosen (seit 1842) die Marquesasinseln, Neu-
kaledonien, die lioyaltyinsein, 876,i5 QM.
mit 54,000 Ew., dazu als Schutzstaaten:
Tahiti, die Tnamotuinseln, Gambierinseln,
Tubuai und Yavltu etc., 144,7 QM. und
20,400 Ew.; die Spanier (seit 8 Jahrh.) die
Marianen, 80 QM. und 5600 Ew.; die Nord-
amerikaner (aeit 1856) etwaöOKoraUeneilande -
zu beiden S^ten des Asquatons, zum Theil
durch Guanohandel wichtig, darunter die
Ghristmasinsel.
Den Anfkng der Entdeckung A.s machte
JUagelhaenB 1581 (Marianen); nach ihm ent-
deckte Menetes 1586 Neuguinea; Saavtdra
1537 die Marshallsinseln; Mendana 1567 die
Marquesas-, fialomons- u. Santa Oruzüiseln;
L. de Torree u. de Quiro* 1606 Tahiti und die
neuen Hebriden ; ein holländ. Schiff 1606 das
Festland, dessen Kenntniss dann bes. durch
Dirk Hartogh (1616), Bohtmim (1616), Edda
(1619), Nuyta (1687), A, Taaman (1648) erwei-
tert ward. Femer entdeckten LMeana 1686
die Karolinen, der Brite Dampier 1700 Nen-
britannien, Boggemeem 1781 die Ostexinsel;
Byron und WaUia seit 1765 die Admlralitfts-
inseln u. a., BougailimioiUe die Schifferinseln,
J. Oook 1768^79 Neukaledonien, die Oooks-
inseln, Sandwichsinseln, die Ostkttste Neu-
hollands etc.; im 19. Jahrh. erforschten
Baudin, dann Flindere und Orant die West«
und Südküste des Kontinents; die Macqua-
rieinseln wurden 1818 u. die Aucklandslnsel
12
178
Aasiralschem — Aaswintem.
1816 entdeckt. Neueste Reisende Im In-
nern A.s: Stuart (1860—61), Burke (1800),
Scuritt (1861), Walker (1861), Eifdag (1862),
Mae Intyr€ (1865), BameU (1866). — Vgl.
Meinieke, ,I>as Festland A.*, 1887, 8 Bde.;
Seising, ,Das anstral. Festland nnd die Qold-
entdecknng^, 1856; Büehels, ,A. in der G^
genwart*, 1856; OkriUmann, ,A.*, 1869; Mun-
dy, ,Onr Antlpodes*, 1857 (deutsch Ton &er-
«<ä6Jberl857;; Meidinger, ,Die brlt. Kolonien
in A.S 1860; Förster, ,8ontb Anstralia, fta
progress et prosperity*, 1866; Jeunesse,
jGfogr. de rOctenle', 1869; Jobsan, ,Anstra-
lia*, 3. Anfl. 1863; Jacobs, ,L'0c6anie non-
Teile*, 1868; MaedonneU, ,Aastralia, wath it Is
eto.*, 1863; DoneouH, ,L*AQ8tralie*, 1869;
- £. Smith, ,The goldfields and mineral distr.
of Yiotoria*, 1869; die Reisebeschreibnngen
von Ohapelap (1863), Davis (1863), Lands-
horough (1866), Jardine (1867), JZt«imaMn(1868),
Beauvoir (1869), J^rron d'Are (1869) ; über die
Entdeckung A.s: HinoiU (1865), TTood (1865);
Hoehstetter, ,New Zeeland* (1868).
Aottralsekein, Südlicht, rgl. Nbrdiieht.
AostrMien, Name des östl. Theils des
Frankenreichs, namentl. CiOthringens, Bel-
giens nnd der LÄnder am rechten Rheinafer
mit Mets als Mittelpunkt, im Gegensatz
zn Nenstrien (s. d.). Unter den Nachfol-
gern Karls des Gr. ging A. in Deutsch-
land, Nenstrien in Frankreich auf. Vgl.
Begusnin, ,Histoire du royaume M^rovlngien
d'Anstrasie*, 1863.
Austritt der Gestirne ^ der Moment, in
welchem die Ränder zweier Gl^stime, von
denen eins das andere scheinbar bedeckte,
sidli Ton reinander trennen , im Gegensatz
zam Mntritt der Ckstime, dem Moment, in
welchem ein (Hstim den Rand eines an-
dern scheinbar berührt. Für den Astro-
nomen wichtig, zur Bestimmung der Oerter
und der Entfernung der Gestirne, zur Mes-
sung der Geschwindigkeit des Lichts.
Awrtxoeknende Mittel (Exsiocantia), Heil-
mittel, welche die Flüssigkeiten im Orga-
nismus, bes. auch Absonderungen desselben
Terring^m ; mechan. wirkende zum änsser-
Uchen Gebrauch: trockne Soda, Kochsalz,
Watte, Bfirlapp, St&rke ; adstringirende zum
iusserlichen Gebrauch: Vitriole, Gerbs&ure,
Kreosot j entziehende od. zehrende : passende
Di&t, Strapazen, Aufenthalt in trookner
liUft, Jod-. Quecksilberpräparate etc.
Aaswachsen des Getreides, das unzeitige
Keimen des uneingebrachten Getreides in
Folge von Nässe. Mehl aus ausgewachse-
nem Gtetreide gibt schlechtes, stark ge-
salzen aber gutes Brod.
Auswuidenmg, das Verlassen des Staats,
welchem man durch Geburt oder festen
Wohnsitz angehört, in der Absicht, ans dem
Verbände desselben auszuscheiden und sich
in einem andern Staat niederzulassen. Jede
Beschränkung des Auswanderungsrechts ist
ein Eingriff in die Urreohte des Menschen.
Zulässig sind nur solche Beschränkungen,
die in priTatrechtlichen Verhältnissen, in
dem ehelichen Rechte des Ehemanns, in
Täterlichen oder vormundschaftlichen Be-
ftagnissen oder darin, dass der Auswanderer
sich wegen eines Verbrechens in Untere
suohnng befindet, ihren Ursprung haben»
Das Feudalsystem, welches das Indiyidnun»
als an die Seholle gebunden betrachtete,
erkannte das Auswanderungsreoht nicht an
und gestattete den Wegzug nur unter der
Bedingung der Zurücklassung eines Theils
der Habe. In Deutschland war die Ueber-
siedelung Ton einem Bundesstaat in den
anderen gestattet, doch nur unter der Be-
dingung des Nachweises, dass der andere
Staat den Uebersiedelnden als Unterthan
annehmen wolle und die Militärpflichtigkeit
dem Wegzug nicht im Wege stehe. Iik
Oesterreioh und Preussen war das Recht
zur A. in speclellen Fällen an die Geneh-
migung der Regierungen gebunden. Dort
datirt die Freiheit der A. Ton der Verfks-
sungsänderung yom 21. Dec. 1867, hier rojk
der Verfessnng Ton 1850. Im norddeutschen
Bunde ist die A. nach ausserdeutschen
Ländern der Beaufeicbtigung und Gesetz-
gebung des Bundes unterstellt. Die A. aus
Europa hat erst seit dem amerikan. Be-
fireiungskriege grössere Ausdehnung gewon-
nen. An der A. nach Amerika betheiligte
sich Tomehml. Deutschland. England lei-
tete die A. bes. nach, seinen Kolonien, na-
mentlich nach Oanada, Westindien, Austra-
lien und Neuseeland, während es dieselbe-
▼on Ostindien fem zu halten suchte. Frank-
reich suchte Algerien durch A. zu bcTölkem»
Der fireie Zug der Auswanderer geht vor-
zugsweise nach Nordamerika. Die Koloni-
sationsTersnche in Südamerika haben meist
missliche Erfolge gehabt. Von 1844—61 sind
aus Deutschland nach Nordamerika 1,476,000,
aus Grossbritannien und Irland von 1815—63
nach den amerikan. Kolonien 1,234,506, nacl»
den Verein. Staaten 3,838,579, nach Austra-
lien und andern Ländern 807,751 Personen
ausgewandert. Im J. 1868 wanderten Ton-
europ. Häfen 227,000 Personen aus. Ein»
,Allg. A.szeitung* erscheint seit 1846 in Rn-
dolstadt, eine JDeutsche A.szeitung* seit 1858.
zu Bremen. Ueber A. im Allg. schrieben
Wappäus, QaMer, BiUow, Bromme, Sturs».
Meuiinger, Lsgoyt, Duval (,Hist. de 1^6mi-
gration europlenne, asiatique et africaine*,.
1864) u. A.; über A. nach Nordamerika
ausser Kapp (,Ge8ch. der deutschen Ein-
wanderung in Amerika* (1868), noch Bromme,
FUischmann, Frt^bel, .Oppert, Qrund, Bouard.
Auwasehen^ s. AussHssen. [u. A.
Ausweisung 9 Polizeimassregel, wodurch^
Fremde zur Räumung des Staatsgebiets, In
welchem sie sich eben aufhalten, oder auch
Landesangehörige zum Verlassen eines Or-
tes, wo sie nicht heimatsberechtigt sind,
angehalten werden. Es ist kein Staat yöl-
kerrechtl. yerpflichtet. Fremden den Auf-
enthalt im Staatsgebiete zu gestatten, docb
pflegt man in civUisirten Staaten aus Rück-
sicht auf den eignen Vortheil sowie aua-
Humanität tou dem Rechte, Fremde auszu-
weisen, nur aus Gründen der Sicherheits-
und Gesundheitspolizei Gebrauch zu machen.
Auswintern, Absterben der Wintersaaten,
erfolgt besonders auf nassen Aeckem nach
starkem Frost ohne Schnee, im Früt^ahc
Auswittern — Antoljfcus.
179
nach warmem Sonnenscbein in kalten N&ch-
ten. G€«emnittel : Drainage n. tiefes Pflfigen.
Aviimteni (Ausblühen), das yegetatlons-
ähnliche Emporsteigen von Krystallaggre-
gaten ans SalElösnngen , an den Gef&ss-
wandnngen, Tolge der Verdunstung nad der
kapillaren Anfiiangnng der Ldsung ewischen
den zuerst gebildeten Krystallep, bes. bei
Soda, Salmiak, Zinkvitriol: auch die schim-
mel&hnliohe S^dnng Ton Krystallen (meist
Soda) an feuchten Misiuem; vgl. Jfauerfrcus.
ÄMSwruthB (Exkre»c«ng) , in der patholog.
Anatomie Jede abnorme Heryorragung, be*
iteht .ans einerVerdickung d. Gewebe desKör-
pers (SfÄwielen, Warzen), aus Wucherungen
derselben (Krebs, Marksohwamm, Blutge-
sohwUste), ans Umhüllungen ron Schma-
rotzern (BOlbengeschwülste der Vögel), oder
durch Verschiebung innerer Theile (bei
Buckligen)«
Auswurf (Sputum), die aus den Luftwegen
durch B&uspem oder Husten heransbeför-
derte Substanz, besteht aus Schleim, Blut,
Elter, Epithelialzellen etc. und gibt für den
Arzt nach Menge und Beschaffenheit ein
Merkmal zur Beurtbeilung des Zustande«
der. betreffenden Organe.
Auuehrnng (Schwinda^cht) , begleitraide
Ersch^ung vielerKfankhef ten,bes.der Lun-
gentuberkulose, Syphilis, Vereiterung, Ner-
Tonl&hmung etc., Folge mangelhafter Er-
nährung' der Körpergewebe und im vorge-
schrittenen Znstande unheilbar. PhthisU ist
in Volge von Eiterungs- und fieberhaften Pro-
sessen entstehende A., Atrophi« der Schwund
dnzelner Orgaiie und Tobet der allgemeine
Schwund ohne Verschw&rung.
Awaeldeljiy den bevölkerten Bienenstöcken
den Bovdg nehmen.
Ansmg (Ausgedinge, Alttheü, Leibgedinge,
Leibsucht), Vorbehalt, durch welchen der
Besitzer eines Grundstücks, namentl. eines
Bauernguts bei dessen Abtretung an den
Sohn oder bei Veräusserung desselben sich
Wohnung und Unterhalt ausbedingt.
Auswicken 9 im Bauwesen zwischen die
grossen Steine einer Mauer kleine Steine
mit dem Hammer treiben.
AutMirlethy 1) Johann Heinrich Ferdi-
nand von, medidn. Schriftsteller, geb. 80.
Okt. 1772 zu Stuttgart, seit 1797 Prof.
der Medicin in Tübingen ; f ^^^' ^* ^^^
XB85. Sehr. ,I>er physische Ursprung des
Hensehen* (anonym 1800, 8 Bde.); ,Hand-
tmeh der emplr. menschlichen Physiologie'
(1801— S, 3 l^le.). Seine Vorträge gab Hein-
hard heraus : ,SpecieUe Nosologie und The-
znnie* (183i— 35, 8 Bde.). Redigirte mit Beü
daa Archiv für Physiologie' (1807-12), mit
JBohnenberifer die »Tübinger Blätter für Natur-
wissenschaft und Arzneikunde' (1815—17). —
2) Hernutnn Friedrich, Sohn des Vor., geb.
A. Mai 1799 zu Tübingen, folgte seinem Vater
Im Amt. Sehr. ,Volkskraukheiten in Gross-
liritannlen* (1884), ,Gift der Fische' (1838).
AvtoiiU (spr. Otöl^) , Quartier von Paris,
ftikher Dorf, am Bois de Boulogne.
Arnfhlriek (A»thari$), König der Longo-
tMurden seit 584 n. Chr., Gemahl der Theo-
delinde, der Tochter des Herzogs Garibald
von Bavem^ kriegte unglücklich gegen den
austrasischen König OUldebert und die
Griechen: t sn Pavla 590.
Anthentfe (AuthentidtSU, gr,), Aechtheit
einer ^hrift oder Urkunde, insofern sie
von dem Veriksser, dessen Namen sie führt,
oder zu der Zeit und unter den Umständen
geschrieben ist, wie sie ihrem Inhalte nach
geschrieben sein will. Gegenstand des Streits
warnenerl. besonders dieA. der biblischen,
namentl. neutestamentl. Schriften. ' Authen"
tische Interpretation, von dem Gesetzgeber
selbst ausgehende Erklärung eines Gesetzes.
Anthentlken (gr., lat. Authentieae), kurze
Auszüge aus den Novellen (s. d.), welche
Abänderungen einzelner im Obdex oder in
den Pandekten sich findenden Bestimmungen
enthalten. Sie sind zwar ins Corpus Juris
aufgenommen, haben aber als blosse Privat-
arbeit der Glossatoren keine Gesetzeskraft.
Solehe besitzen nur die Authentieae Friderl-
danae, 18 Verordnungen, welche die deut-
schen Kaiser Friedrich I. und H. In Italien
erliessen und von den Juristen in Bologna
gleich den andern A. im Justinianeischen
Codex einschalten Hessen.
AutiduuBp (spr. Ohtiachang) , OhafUs de
Seaumont, Cfraf d', geb. 8. Aug. 1770 zu Az^ou,
1798—99 Führer der<Vend6er, dann in Napo-
leons Diensten, nach der Restauration Ge-
nerallieutenant und Pair, befehligte 1888 dla
erste Division der franz. Interventionsarmea
in Spanien, suchte nach der Julirovolutioa
in der Tend6e einen AufbtMid zu erregen«
ward deshalb 1883 in contumadam zum Tod
verurtheilt, amnestirt; f ^* ^^^ ^^^'
AntOy s. Autos,
Anto (gr.), selbst, in zusammengesetzten
Wörtern vorkommend. [Schreibung.
Autobiographie (gr.), eigne Lebensbe-
Antochtnonen (gr., lat. Aboriginer), Lan-
deseingebome, die Urbewohner eines Lan-
des, im Ghnrensatz seu den Eingewanderten.
Anto de v6 (span., portug. Auto da F4,
lat. actus fidei, d. i. Handlung des Glau-
bens), die fiiüher in Spanien und Portugal
übliche feierliche Verbrennung der von der
Inquisition verurtheilten Ketzer, fand ge-
wöhnl. an einem Sonntag zwischen Ostern
und Pfingsten Statt Vgl. Inquisition.
Antodldikt (gr., d. i. Selbstgelehrter),
Einer, welcher sein Wissen und Können
durch sich selbst ohne Lehrer erlangt hat.
Antodynimlgcli (gr.), aus eigner Kraft
hervorgehend.
Antognofle (gr.), Selbstkenntniss.
Antogriphen (gr.), Originalhandschriften.
Autographentamunlungen , Sammlungen von
Handschriften berühmter Personen. Vgl.
Schni» und Günther, ,Handbuch für Auto-
graphensammler*, 1856.
Autokratie (gr.), Selbst- oder Alleinherr-
schaft, diejenige Staatsform, bei welcher
das StaatsoDerhaupt die gesetzgebende und
vollziehende Ghswalt in sioh vereinigt, daher
Autokrat oder Autokrator, Selbsthernoher,
Titel (Samodersohetz) des russ. Kaisers.
Antokrltlk (gr.), Selbstbenrtheilung, Kri-
tik einer Schrift durch deren Verüasser selbst.
AvtOlfovfly 1) Sohn des Hermes und der
12*
180
AutomSt -— Au20ut.
Ghlone, Lehrer des Hercnles in der Bine*
kanst, Theilnehmev «m Atgonaatenange. —
2) Griech. Astronom, ans Pltane In Aeoliea,
um 880 n. Chr., eohr. fkber die sieh bewe-
gende Sphäre nnd über Anf* and Untergang
der VIxsteme (abgedr. in Daeypodinff ,Pro*
positiones doctrinae sphaerioaeS 1578).
AntomSl (gr., ^l. i. ans eignem Antriabe
handelnd), jede sich, seibat bawegend« me*
chajoische Yorrichtnng, im engem Sinne
eine solche von Menschen- (Androld) oder
Thiergestalt, dergl. schon im Alterthnm
bekannt waren (fliegende Tanbe des Arehy-
taa von Tarent, 400 ▼. Chr.); im Mlttelatter
fertigten Roger Baoon, Albertos Magnns,
Regiomontanbs , sp&ter Vancansoin (1788),
Gebrüder DroE von Ohanx de Fonds (1778;,
Kempelen nnd nenerlloh Vn.n|twi^-n (1807)
in Dresden berüfamte-A.en, die steh beweg-
ten, sprachen nnd Musik machten. Autc
matiich, 8. y. a. mechanisch im C^ensats
zn allem , was mit Ueberlegnng gescdiieht.
A.e Bewegungen Inletsterem Sinn im Pflan-
zen- und Thierkörpec ToUführen bes. die
Säfte, die Eingeweide, viele Muskeln etc.,
meist Folge von Adh&sions-, Koh&sions- nnd
TemperaturverhäUnissen oder Beisanges.
Automedon, Wagenlanker dds Achilles;
auch jeder gesdiiofcta Wagenlenker.
Autonomie (gr.) , Selbstgesetzgebung,
Selbständigkeit und Unabhängigkeit ein-
zelner Kreise, der büxgerl. Gesellschaft in
disr Verwaltung ihrer Angelegenheiten,
z. B. der Gemeinden« Bezirke etc.
AntOfaUtle (gr.), egoistische Unempfind-
lichkeit flogen fremde Leiden u. Freuden.
Autopkonle (gr.), Selbstmord.
Autopifltle (gr.), innere, äusserer Be-
weise nicht bedürfende Glaubwürdigkeit,
namentl. der bibl. Schriften.
Antoplastlk (gx.), SelbstbUdnng, ohlmr-
giflches VerfiEkhren, wobei behufe der Her-
stellung fehlender- Theile das nöthige Ma-
terial vom Körper dea Kranken selbst ge-
nommen wird, B. B* Bildung einer neuen
Nase aus den Weichtheilen der Stirn; be-
sMkders von Dieffenbach u. A. ausgebildet.
Autopsie (gr.), Selbstschau, eigenes Sehen ;
in der Medidn Art von Diagnose einer
Krankheit mittelst blosser Besichtigung des
E^nken ohne Befragung desselben. 1
Autor (lato t s* v. a. Anctor, insbes. ver*
fasser einer Schrift, Schriftsteller; auch Ur-
heber eines musikalischen oder der bilden-
den Kunst angehörigen Werks.
AutorteatlO]L(Iat.), Ertheilung einer Voll-
macht oder Befngniss, Ermächtigung.
Antorlt&t (lat.), im weiteren Sinne An-
sehen oder Mf Ansehen gegründete Macht;
im engeren Sinne der Ehrfurcht einflössende
geistige Einfluss, den überlegene Macht oder
hervorra^nde intellektuelle Befähigung
oder sittliche VoUkommenheit ausübt; Auto-
ritäten, in der Wissenschaft Solche, die in
ihrem Fache eines derartigen Buf^ ge-
niessen, dass ihre. Stimme in Bezug auf die
Wahrheit und Sicherheit einer Angabe den
Ausschlag gibt. ÄutoHtätsglavbt , das Zu-
trauen, das man auf die Einsicht und das
Urtheil eines Andern setzt.
AJktorttiAo (lat), unter Genehuigoiis.
Amtoi (span.), Akte ; A,. saercMMnlales» in
Spanien dramatische Spiele geistWnhen In-
haltB, von allegortsohem oder mystlsoh-
symbolisehem Charakter, sur Verherrlichung
kirchlicher Feste, bes. durch Lope de Vegn
ausgebildet; um die Mitte des 18. Jahrh. als
Profiuiation des Heiligen verboten.
AutosekettiiBiA (gr.), ohne Vorbereltong
Vorgetragenes, i. B. Stegreifigedioht.
Autos ephik (gr.), er (n&ml. Pythagoras)
hat es selbst gesagt, bei den PytiMgeriam
unbestreitbarer Beweis für die Bichtigkntt
einer Behuiptnng. [durch die Natnr^n^.
AutotkAffspIe (gr.), Selbstheüung, Hailnng
Astm (spr. Otong), daa alte BOraeto«
Stadt im fkirns. Depart. Saftne- Loire (Bnr-
gnsd)^ am Arrouz, 18,889 Ew. Die Umge-
gend das Autwnoi*. [tendaoh.
Auvent (fi:., spr. Owang), Schutz- oder Wet*
- AuTorgae (spr. Owämje), alte Provias des
sftdl. Fnmkreich, die Jetzigen Depart. Pny
de Ddme nnd Oantal umfiassend, Gebirgs-
land mit dem Oberlauf dea Allier und dem
Quellgebiet der Dordogne, 349 QüflL und
809,684 Ew. Das Auvergturgebirge , wildes
und rauhes Plateau, etwa 3000' h., 16 M. 1.«
5—7 M. br., mit den basalt. Berggruppen
des Oantal 5700', Mont d'Or 5800', Pnj de
D6me 4500' und vielen andern Kraterber-
gen, Kuppen (Pnys) und Kegeln ; das klaos.
Land für das Studium erloschener Vulkane,
reich an kalten und wannen Heilquellen*
Die Orafteh, A. fiel im 13. Jahrh. aa dem
König, wurde öfter an apanaglrte Prinaea
verliehen, 1360 zu einem PairiehersogttkUia
erhoben, 1531 definitiv dem Königreich ela-
verleibt. Die AuvergneUen, Nachkommen der
alten celtischen Arverner, sind^einüsoheL
betriebsame Menschen, meist Hictea uad
Ackerbauer.
Auxerre (spr. Osär, lat. Atäisiodorum),
BAuptst. des franz. Denart. Yonne (Bur-
gund), an der Yonne, 15,497 Ew. AmaertHh
wein, ein leichter Burgunder. Die ehemal.
Graf seh. Auxerroit wurde 1477 nach Karls
des Kühnen Tode mit Frankreich vereinigt*
Auxetis (gr.), s. v. a. Augment; rednerl«
sehe Uebertreibung. [pew, Hülfstmppsn.
Auxillar (lat.), aushelfend; Avxiliartnq^
Anxolfl (spr. Osoa), Landschaft im attaa
Herzogth. Burgund, Hauptst. Semur; Jetst
zu den Depart. Yonne und 06te d^Or gehörig.
Bei dem Dorfe Alise der Berg A. mit Kolos-
salstatue des Arverners Verdz^^etoriz (186&
durch KH>oleon HI. errichtet).
Auxometer (gr.), Instrument zur Bestim«
mung der Vergrösserung der Fernrohre,
von Adams angegeben.
Auxonue (spr. Osonn'), befest. Stadt tn
franz. Depart. Cöte d'Or (Burgund), an der
Saöne, 7103Ew. ; Arsenal und Stückgiesserei.
Auzin (spr. Osäng), Dorf bei Valeaelennea
im franz. Depart. Nord, mit dem grössten
Steinkohlenwerk Frankreichs, 300' tiafL
Auzout (spr. Ohsuh), Adrien, fhina. Asteo-
nom, geb. zu Roaen, eins der ersten Mit-
glieder der pariser Akademie, -fi 101' in
Rom, bekannt durch sein« Bemühungen,
Objektivgläser für Fernröhre von sehr
Aya ' — Avellino.
181
fro«8W 'Brannweite m revfertlifeta, Srüader
des Mlkvemeten mit bewegt. Vaden.
Al^y «atd«lit8ehe DiohteHn, t <^I* BeeliiM
8. V^lar. 11S7 sn CMttweih in 0<wterreich;
Verf. ^rtnee Q«diclbt8 vom Leben Jeen, Anti-
ehriBt und Jüngsten Qertcbt, «bgedrnelct
in Hoffmanm ^ndgrnben* (1. Tb. 1880).
A¥tAf Hanptinsel der Babreinm^pe.
Aval (fr., 8pr. Awal), Weobselbürgscbwft,
tedet beiondem beim eigenen Weehsel, tind
Bwar dann Statt, wenn Derjenige, für wel-
chen man eleh verbürgt, nicht We^selffthlg
ist, biswellen auch beim eingeiogenea
Weobsel, wenn der Aussteller dem Remit-
tenten (ersten Wechselnehmer) nicht n&her
bekannt ist, kann aber anch für einen Indo»*
santen nnd so geleistet werden , dass man
alfl Indossant seinen Namen anf das Pa-
pier «etat nnd so in die Reihe der weohsel-
rechtl. haftbaren Personen eintritt. Da-
durch, dass die Allgemeine dentseheWech-
selordnnng Jedem IMspooitloniÜihlgen auch
Wecheetfllhigkeit anerkannt hat , ist das A.
sitMiftliofa bedentnngslos geworden.
AfiMaB («pr« Awalong, lat. JbaUo), 1) Stadt
im firana. Depart. Yomoe (Bnrgnnd), am Oo«t-
sfn, 4070 Bw. Traffl. RdthWein. — t) Insel
Im yinsse Bret in der leiigl. Grafteb. Somer-
set,'in dar altengl. Sagengesehichte viel gen.
AvttMa (ft., Bpr. awangs), Votvpmng,
Vortheil; Oeldvorsohuss ; anch der Preis
oder X«ps, welchen eineCtold- oderWech*
B«lsorte über Pari hat (Agio). Binen Betrag
aväntftrtn helsst: ihn im Vorans besahlen,
ehe man den (}egenwerth erhalten hat.
AwwMßknm. (fr., spr. awangslran), fort-
schreiten ; von Truppen : in Schlachtordnung
sioh gegen den Veind bewogen. Avanentvmt
(spr. -e*mang), im MilltArwesen das Anf-
rüelceii in eine hühere Stelle, erfolgt meift
nach der Anciennetat, und-swar entweder
In lallen Graden durch die ganne Waffe, wie
in kleineren Staaten, oder bis snm Haupt-
mann oder Stabsoffizier im Regimente, von
da ab durch die Waffe oder auch durch die
gleichen Chargen im Armeeoorps, bei beson-
derer BefShigung anob ausser d^r Refhe.
Avaaie (ft*., spr. -wanih) , willkArl. Qeld-
oder Diensterpressung, vom tfirfc. Awami,
die willktkrl. Zölle, welche die tfirk. Beamten
den Kauf leuten auferlegen ; auch binterlisti-
ger Ueberfall eines ScbilTs. {VoHheil.
Avutm (tr,, sor. -wangtahsefa), Gewinn,
ATUiisEeadB (frw, spr. Awangtschemftng),
in den Festungen der Weg hinter der Bmst-
wehr des bedeckten Wegs.
AvsBtoMir (fr., spr. Awangkuht), Vorhof.
AVurtgarde (fr., spr. Awanggard), Vorhut,
Vortrab, diejenige Abtbeilnng a«f dem
Marfok befindlicher Truppen , welche dem
BattpteoffpB in gewisser Distaaa vorangeht,
nm etwaiire Hindernisse en beseitigen Und
bei «inem etwaigen Angriff des Feindes die-
sen solange anJteuhalten, bis das Hanpteorps
sehlai^ertig, also in Schlachtordniung «uf-
g«stant ist (AvamifaräeHge/Bekt}.
Afttnt la lettre (fr., spr. awang la lettr*),
vorder Sebtift, Beaeichnung der sweltbesten
Art von SnpferStiohabdilioken mit dem Ha-
men des Künstlers, aber ohne volle Unter-
i^ehitft. A, I. 7. ßnie oder asiec lettre priae,
die dritte Aft mit bloss eingerissener X7n-
tefschrüt. AwtiU Unte Mtre, ohne alle
Untersehrift, die werthvollsten Abdrücke,
auch ^i^fmtvee d'artMe genanlit.
Avaliio^ Jaeopo «r, ital. Maler, ans Verona,
lebte um 1877 au Padna. Wandgemälde der
Kapelle S. Giorgio das. , ansges. durch le-
bendigere Auffassung und reicher durchge-
bildetes Kolorit; für die Entwicklung der
ital. Malerei wichtig.
AvirsBy Voli uralisch-tataHsohen Stam-
mes, drang um 656 aus -den Ebenen um den
Don g^;en die Donau vor, liess sieh iu
Dacien nieder und verbreitete sich von da
aus über Pannonien und Dalmatien« sowie
über die Donaulftnder und Bulgarien bis
ans schwarze Meer, machte verheerende
Einf&lle in Deutschland und Italien, ward
später auf Pannonien beschrinkt, von Karl
d. Gr. 796 besiegt und verschwindet nach
887 aus der Geschichte. Von ihren mit
Wällen umgebenen Wohn|>l&taen finden sich
hier nnd da noch Spuren (nvt^ritehe Bfnge).
Avarte (fr., spr. -wulh), -s. Baverei,
Av«lr»9 Hafenstadt in der portug. Prov.
Beira, an der Mündung des Vouga in dSn
Strandete von A. , 4600 Bw.; im 16. Jahrb.
bedeutender Handelsplats. Beesals.
AveirOy Jöeepk Maecärmätde , Henag v<m,
Portugiese, geb. 1708, Oberhtrfhieister unter
Johann V. , ward unter -Joseph Emanuel
durch Pombal verdringt, als Haupt Miss-
vergnügter -der Theilninime au dem in
der Nacht vom 8. snm 4. Sept. 1758 auf den
König gemachten Attentat beschuldigt und
mit Andern 18. Jan. 1750 hingerichtet. Vgl.
Ol/ere, ,treber den Mordversuch gegen den
König Joseph von Portugal*, 1689.
AveoLaDemant (spr. Aweh-Lallemang),
1) FHedrich ChrisHan Benedikt, geb. 88. Mal
1809 SU Lübeck, ward 1848 Obergerichts-
prokurator das. und 1861 an das neu ein-
gerichtete Polizelamt beinfen; sehr. ,Da8
dentsehe Gaunerthum' (IS^S-^OSr, 4 Bde.^ und
mehrere Romane. — 8) Sohert ChrUticm
Berthdd, geb. 86. Juli iS18, Hess sich als
Arst In Rio -de -Janeiro nieder, kehrte 1855
nach Deutcbland und mit der Österreich.
Kovaraexpedition nach Rio zurück, bereiste
1858 u. 1859 Brasilien und lebt seitdem als
prakt. Arzt in Lübeck. Sehr. {Reise durch
Südbussilien* (1899, 8 Bde.), .Reise durch
Nordbrasllien<(1860,8Bde.) u. ,Anson* (1868).
AvellasMa, Oertrudh G&me» d' , Span.
Dichterin, geb. 1816 auf Cuba , seit tw> in
Madrid, später, mit dem Obersten Masieu
vermählt, wieder in Cuba. Sehr, trelfl. No-
vellen nnd lyrische Gedichte (,Poesia8 liri-
cas*, 8. Aufl. 1850) : Dramen: ,Alfon8o Munio*
(1S44), ,Recaredo' (1851). ,Bl donativo del
diablo*, ,La Somnambula* (1868) u. a.
Avellfno (bisher Principato wtteriore), nn-
terital. Provinz (Kampanien), 66 QM. mit
860,418 Ew. Die Hanptet. A., am Mte. Vergine
(herühmtes Kloster), 18,446 Ew. Ausftihr
vortrein. Haselnüsse (schon im Alterthum
als Nuces Avellanae berühmt).
AvelllBOy Franeeeco Maria, ital. Archäolog,
geb. 14. Aug. 1788 zu Neapel, Prof. der
182
Ave Maria — Avigliano.
griech. Literatur an der UoJyenitftt Neapel,
leitete 1800—15 die Erzlebang der Kinder
Mnrats; t 9* ^^^' ^^^ ^^' Mitglied dea
obersten Ratfas für den öffentl. Unterricht
nnd Direktor des bourbon. Maseums, Verf.
aroh&olog. und namismat. Monographien.
»OpuBColi diTersi* (1831-86, S Bde.).
Are Maria (lat.), engelischer Grass, ange-
llca salntatio, d. i. Grass des Bngels Ga-
briel an Maria (Luc. 1, 28), an die Jongfraa
Maria gerichtetes Gebet der Katholiken,
gen. nach den Anfangs Worten: ,Gegrä88t
seist du, Maria etc.*, erscheint als dem
Vaterunser, gleich geltendes Laiengebet
seit dem 11'. Jahrb., soll nach Verordnung
Ton 1S26 von jedem Katholiken Morgens,
Mittags und Abends je Smal mit den klei-
nen Kugeln des Roseukranzes (Ato Maria)
gebetet werden. 150 A. M. bilden ein Paal-
terium Mariae.
ATenehes (spr. Awangsch, Wijluburg),
Stadt im Kanton Waadt, im 8. des Murten-
sees, 1756 Ew.; zur Römerzeit Aventiewn,
Hauptst. Helyetieus, zerstört 'durch die Ale-
mannen (307) u. Attila (447). Alterthüraer.
Arenlo (a. G.), Stadt der Uavori im narbo-
nensischen GktUien, jetzt Arignon.
ATentinischer Berg, einer der 7 Hügel
Arentiniu, s. Thurmayr. [Roms (s. d.).
Arenturien (fr., spr. Awantürieh, Aben-
teurer) oder Av«nturierkaMfleuU , firüber Sol-
che, welche mit erborgtem Geld e eingekaufte
Waaren unter Gefahren an entfernte Küsten
sohaflFten, um sie dort mit grossem Gewinn
abzusetzen (s. 6ro9aaventurh<mdel) ; im 18.
Jahrhundert auch Titel von Büchern, welche
meist erdichtete Reiseabenteuer enthielten.
Arentnrln (Avanturin, Venturin), gelber,
rotber oder brauner, mit vielen kleinen Glim-
merschuppeu oder auch von vielen kleinen
Rissen nach allen Richtungen erfüllter
Quarz; bei Madrid, Mariazeil, Nantes, in
Schottland, im Ural und im Altai; wird zu
kleinen Schmucksachen verarbeitet.
Areutiiriiiey mit Goldglimmer überstreutes
Töpfergeschirr.
ATeBtnrlBfeldspath, Natronfeldspath nüt
zahlreichen flimmernden Punkten ; bei
Arcbangel , auf Ceylon, am Baikalsee , bei
Tvedestrand am GhristianiaQord etc., bes.
an alten Schmucksachen, J. selten benutzt.
ArentariiiglUy aventurin&hnlicher brau-
ner Glasfluss, früher bes. auf Murano bei
Venedig fabricirt, mit flimmernden Kupfer-
krvställchen, von Pettenkofer nachgeahmt.
Arentarlngnuidy bei Malern u. Lackirem
mit Metallspanen vermischter Lack, zur
Nachahmung von Aventurin.
Aremer m«, kleiner See im alten Kam-
panien, bei Gumä; alter Valkankrater mit
schauerlicher Umgebung; nach Virgil der
Eingang in die Unterwelt. Unfern die
sogen. Grotte der Sibylle.
AverrhSa L. , Pflanzengattung der Oxa-
lideen. Die Früchte von A. BiÜmbi L. in
Ost- und Westindien und A. Carambola L.
werden gekocht und eingemacht gegessen.
ArerrhSSs (Av^rroei), eig. Ibn-Roschd, be-
rühmter arab. Philosoph, geb. 1120 sa Gor-
dova, bekleidete unter dem Almohaden Jussuf
Q168— 84) höbe Ehrenämter und wirkte in
Oordova , ' Sevilla nnd Marokko , ward von
Almansor wegen Irrlehren eidliit, dann
zurückgeraftn ; f 18* ^^' ^^^ '^ Marokko.
Uebersetier und ,Ausleger* des Aristoteles,
veriksste ausser Philosoph. Schriften eine
Art medicln. System, unter dem Namen
,GoIUget' (verstümmelt aus dem arab. Knl-
liyat, d. 1. Ganzes, System) ins Lat^n.
übersetzt (Vened. 1482, 1514). Werke (Ven.
1489). Vgl. Binan, ,A. et TAverroismeS
1852; 2. Aofl. 1860; MülUr, ,Philosophie und
Theologie von A.*, 1859.
Atmts (lat., fr. elfigie, engl, obverse), die
Vorderseite einer Münze mit dem Bilde des
Regenten etc. Die Rückseite heisst Fevers.
Avenfty Stadt in der unterital. Prov.
Terra di Lavoro, 15,902 Ew., grosse Irren-
anstalt. Weinbau (Asprino); nahebei die
Ruinen von Atella.
Aversion (lat.), Abneigung, Widerwille.
ATenloBuqnantnm (lat.), Geldbetrag zur
Umgehung schwieriger Liquidationen und
zeitraubender Werthsermittslungen nach
annähernder Schätzung vertragsmassli: be-
stimmt, s. B. bei Vergleichen etc.
Areriissement (fr., spr. Awertiss^mang),
Benachrichtigung; im Müitärwesen dievor-
länflge Benachrichtigung über etwas, wor-
über noch weitere Ordre erfolgen soll, pflegt
durch Signale oder Kommandowdrter (»Ach-
tungO gegeben zu werden. AvtrtU$9ment9''
oder AvUoposten, detachirier Posten, wel-
cher von einem geeigneten Punkte den An-
oder Abmarsch des Feindes etc. beobachten
und davon durch Ordonnanzen oder Signale
Kunde geben soll.
Avesti (Avettad), Flecken im schwed.
Län Dalame, am Dalelf, 700 Ew.; hier
Reinigung und Verarbeitung des Kupfers
von Fahlun; Münzort.
Arejron (spr. Awärong), Nebenfluss des
Tarn im. südl. Frankreich, mündet bei
Gastres, 29 M. Danach benannt das Deport.
A. (Theil des alten Guyenne, die Rouergoe),
158,8 QM. nnd 400,070 Ew., Hauptst. Rbodez.
ATjBSiinOy Stadt in der unterital. Prov«
Abrnzzo ult. II, an der Via Valeria, 5146 Ew.
AviSnas. röm. Fabeldichter, um 880 n.Chr.;
42 äsop. Fabeln in lat. Versen (herausgeg.
von Laohmaim 1845, Frühner 1862).
AvieauSy elgentl. Ibn-Sina, berühmter
arab. Philosoph und Arzt, geb. 980 zu Af-
schema in Bokhara, Leibarzt bei mehreren
samanidischen nnd dilemitischen Saltanen;
?• 1037. Veri. eines Systems der Medicln
,Kanan fi'l Tibb«, Rom 1593^, 4 Bde.; lat.
von Gerardue Oremoneneis, Ven. 1595, 2 Bde.)
und zahlreicher and. Schriften.
AviiBaSy Featu* Bt^fua, röm. Dichter im
4. Jahrb. n. Ghr., aus Volslnii in Etrurlen,
sehr. ,Descriptio orbis terrae* and ,Ora
maritinaS beide in Versen (herausgeg. in
den, Geographi minores* von Hudson, Bd. 4),
Paraphrasen der ,Phaenomena' u. ,Progno-
stica* des Aratus und' kleinere Dichtungen
(herausgeg. in Wernsdorfs ,Poetae laüni
minores', Bd. 5). Vgl. Ohrist, ,A.S 1865.
AvlfllABO (spr. Awi^ano), Stadt in der
unteritaL Prov. ISasilioata, 9236 Ew.
Avignon — Axe.
183
JiTlgBOii (spr. Awinjong), Hanptst. des
franz. Depart. Yaraolase, an der Rhone,
86,4S7 Ew.; asahlreiche Kirchen (,Stadt der
vielen Glocken')» &1M grosse Kathedrale;
Palast der Päpste (Kaserne), Tborm Glaci^re.
itelohes Museum. Krappf&rberei, Seidenfabr.
Im Alterthnm Avenio Oavarum, Hanptst. der
Cayaren; zahlreiche röm. Ruinen. Im Mit-
telalter Haaptort der den Päpsten gehörigen
GrafBcb. A.; 1309^78 Sitz der Päpste;
1791 Frankreich einTerleibt.
ATigiiombeer«ii*Gelbbeeren von Arignon,
die Vrüchte von Khamnns infectorlas.
ATignonet (spr. Awinjoneh), Stadt im
flranz; Depart. Obergaronne (Langnedoc),
2400 Ew. Hier 1842 Ermordung der päpstl.
Inquisitoren durch die Albigenser.
ATilft, Span. Ptot. (AltkastUien), 140 QM.,
178,701 Ew. Die SawpUtadt A., 6480 Ew.
Denkmäler uralter Skulptur.
ATlla, Oü GonzcOe* «T, span. Historio-
graph, geb. um 1577 in AltkastÜlen^ Jesuit
und Canonicus zu Salamanca, f 25. April
1668. Sehr, eine Geschichte Heinrichs lU.
Ton Kastllien (Hadr. 1688), Philipps HI. etc.
AtÜ» 7 ZuSlga^ Don Luxm de, span. Di-
plomat, General und Geschichtschreiber,
geb. um 1490 zu.Plasencia, begleitete Karl V.
auf dessen Zügen nach Afrika und gegen
<lie sohmalkald. Verbändeten, ward Ton
dems. mit Missionen an die Päpste Paul lY.
und Plus IV. betraut und zum Grossmeister
des Alcantaraordens ernannt. Sehr. ,Ck>m-.
«nentarios de la gnerra de Alemaüa, hecha
por Garlos V en 1546 y 1547* (1547, deutsch
Ton Herzog Fhilipp Magnus von Brauntcktoeig
1558, anonym 1858).
Anli§f Seestadt in der span. ProT.Oriedo
<Asturien), 8350 Ew. Handelsplatz.
ATÜiren (fr.), herabwürdigen, schänden.
Avil {tr.y spr. Awih, ital. aTiSb), Bericht,
Anzeige, bes. über abgegangene Waaren-
und Geldsendungen an deren Empfänger,
sowie über Ausstellung von Wechseln an
den Bezogenen; AviArief, das betreffende
Schreiben; avisiren, anzeigen. Avüoachiff,
leichtes, schnellsegelndes Kriegsfahrzeug
Eum Ueberbringen tou MlttheiluDgen zwi-
Bchen grösseren Schiffen und Küstenplätzen.
ATiiatlOB (tr.)y Vorhalt über die Wich-
tigkeit des Eides Tor Ablegung eines solchen.
AtIsIo^ Fluss, s. LavU,
AfltOB, Marcua CQliui , prätorian. Prä-
fekt in GhUlien unter dem westrom, Kaiser
Valentinian m., nahm nach dem Tode des
Kaisers Maximus 455 zu Arles die Krone an,
liess sich 456 von Ricimer mit dem Blsthom
Placentia abfinden, f bald darauf.
Avis (spr. -is), Stadt in der portng. Prov.
Alemtejo, 1500 Ew.; früher 6itz des Avia-
^crden$ (1148 zur Vertreibung der Mauren
gestiftet, seit 1789 militär. Verdienstorden).
AvliniA (Vallona), türk. Hafenstadt in
Albanien, am gleichn. Qolfdea Adriameeres,
6000 Ew. ; in der Geschichte der normann.
Kreuzfahrer viel genannt.
AvooitoTlwn (liUera« avoctOoHae, lat.),
dffentl. Bekanntmachung, durch weloheeine
Regierung ihre im Auslände sich aufhalten-
den Angehör^enunter Strafandrohnagin die
Heimat zurückruft, bes. in Russland üblioli,
früher auch im deutschen Reiche vor Aus-
bruch eines Reichskriegs.
AvogitobauiBy Avogatobirne, Advokateoi-
oder Alligatobirne, s. JPerMa.
Avoir (fr., spr. awoar, haobn), in der firanz.
Buchführung Bezeichnung der Kreditseite.
AvoirdupoM (spr. Awördjupeus, zusam-
mengezogen aus dem firanz. avolr du poids),
Beiname des engl. Handelsgewichts, dessen
Pfund (Pound) = 7000 engL Troygrän =
453,59 franz. Grammen = 0,9072 deutsche
Zollpfnnd in 16 Unzen (Ounces) zu 16
Drachmen (Drams) eingetheilt wird, auch
in den Verein. Staaten von Nordamerika
in Gebrauch. Der Stein (Stone) hat 14, der
Quarter 88, der Gtr. (Hundredweight) 112,
die Tonne (Ton) 8840, in Newyork der Ctr.
100, die Tonne 2000 A.
AvoUy Stadt auf Sicilien, Prov. Noto,
Museum, 12,534 Ew. Zuckerrohrbau.
Avon (spr. Aewwön), Name mehrerer
Flüsse in England und Schottland. A.,
Nebenfluss der Severn, mündet bei Tewkes-
bury, 22 M. ; daran Stratford, die Geburtsstadt
Shakespeares (daher ßehwan von A, gen.).
Avon« (fir., spr. -wueh), Schirmherr über
Kirchengüter; Stellvertreter (beim Militär).
Avc^yer (fr., spr. -woajeh), in der Schweiz
s. V. a. Stadtschultheis«.
AvnHekei (spr. Awrangpch, oelt. Ingena,
Abrinea), uralte Stadt im ftanz. Depart.
Manche (Normandie), 8600 Ew.; früher
wichtige Festung. Die Umgegend Avranekin»
Avalsion (lat.), Ab- oder Losreissung.
Awa^ ehemal. Hauptstadt von Birma, am
Irawaddy, 1839 durch Erdbeben theilweise
zerstört und verfallen.
Awiren, Volk lesghischen Stamme« im
Gebirge von Daghestan, zählt auf einem
Gebiet von 15,32 QM. (Atoarien) etwa 85,000
Köpfe u. hat bis auf die neueste Zeit seine
Freiheit den Russen gegenüber behauptet.
Hauptort Chansag. Vgl. Schiefner, ,Ver-
such über das Awarische', 1862.
Äwatseha, Bai an der Ostküste von Kamt-
schatka, mit der Hafenstadt Petropaulowak;
daran der Vulkan AwUtehanekqja, 8360'.
Awe Loch, See im westl. Schottland, 5 M. I.
Ax» Städtchen im franz. Depart. Ari^,
am Fuss der Pyrenäen, an der obern Ari^^,
1700 Ew. ; 58 heisse Schwefelquellen, 17->620,
mehrere grosse Badeetablissements.
Axe^ in der Astronomie ( TTelt- oder Eim*
mehaxe) die eingebildete Linie, um welche
sich der Himmel bei seiner scheinbaren
tägl. Rotation dreht, Erdaxe dasjenige Stück
derselben, welches in den Erdkörper fällt,
mit Nordpol und Südpol als Endpunkten.
In der Physik und Mechanik ist Umdre^
huug$<uee diejenige gerade Linie, welche
bei einem sich bewegenden Körper allein
in Ruhe bleibt, während alle übrigen Theile
desselben sich in kreisförmigen Bahnen um
sie bewegen. Ai. des Magnet», die Linie,
welche beide Pole desselben verbindet.
A.n eine» KrptteäU , diejenigen Linien,
gegen welche die äusseren Flächen eine
symmetrische Lage haben. Opti»ehe A. einet
Linse, die Linie, welche die Mittelpunkte
164
Axenberg — Aiimath.
der.D«id«ii KngeUHoheii, deren Absohaltt«
die linse bilden, mit einander verbindet.
▲xenbergy Ber^r am YienvaldstiltenMe ;
«m Vnsa desselben die Tellenplatte.
▲xenle (gr.)» UnsastUclikelt. Bmiut Jxemu,
aonrirtblicbes Heer, ältester Name des
»Bhwaraen Meeres.
AxkolM«, lisndsoh. in der engl. Qrafach.
Uncoln, swiscben Trsnt, Idle tf. Dnn, 40 QM.
jLxISni (gr.)i in der Philosophie a. Mathe-
matik ein Sats, weleber als unmittelbar
gewiss keines Beweises bedarf od. fthig ist.
jüdometer (gr.), Vorrichtang auf der
Mitte eines Schiffs, nm die Richtung der
Bttderpinne des Steuers mittelst eines Zei-
'gers ansttseigen.
AxiopIsÜe (gr.), Glanbw&rdigkeit.
Axam, alte Haaptst. von Abessinien,
westl. von Adowa, 7000' h., 1536 lerstdrt;
nfblreidbe Rainen, 8000 £w.
Axingl« (lat.), Fett.
Ay (spr. A-i), -Stadt im frans. Depart.
Marne , 2800 Ew. ; vorzttgl. Ohampagner.
A'JEacvcOiO (spr. •kntsoho), Depart. der Re-
publik Peru, 1568 QM. n. 130,000 Ew. Die
J9a«0tot.A. (Huamanga), S4 Kirchen, 88,000
Ew. Hier 9. Deo. 1824 Bieg der Liberalen
unter Suere aber die Spanier.
ATllft» JMro Lapm de, «I Fiii/o gen., Ordss-
kansler und Oberkamme Aerr von KastiUen,
geb. 1838 SU Muroia, t 1^7 ^^ Oalahorra;
sobr. Chroniken der kastil. Könige Peter,
Heinrich H., Jobann I., Heinrich m. (1780,
2 Bde.), übertrug den Llifius ins KastUlsebe,
hlnterliess auch poet. Werke.
Ayunomte, feste Stadt in der span. Prt>¥.
Huetya (Andalusien), an der östl. Mündnng
des Gaadiana, Hafen, 5500 Ew.
Aya^faiAy Eapatorium Ayapana, Strauch
ans der Vamille der Kompositen, in Süd-
amerika nnd Osdiidien; Wurzel u. Blfttter
dienen gegen Vergiftungen, Syphilis etc.
Ayleabwy (spr. Aehlsböri), Stadt in der
engl. GrafiMshaftBaokingham,an der Themse,
87,090 Ew.
Ayr (spr. Aehr), Grabohaft in Südschott-
la&d, ander Westküste, 47,8 QM. n. 198,971
Ew., gebirgig, mineralreioh. Die HttupM.
A.. am Glydebusen, 10,573 Ew., guter Halbn.
Ayroüioff. Cbm«<* Herrn, von, dram. Dieh-
ter, geb. 28. Mai 1733 su Wien, seit 1794
österr. Feldmarschalllientenant« t ^* •^^*
1819. Gegner Shakespeares und der goethe-
sehen Richtung. ,Werke* (1808, 6 Bde.).
Ayrer. Jakob, deutscher dram. Dichter
des 16. Jahrh., seit 1594 Notar und Qeuichts-
proknrator in Nürnberg, t <i&8. 1005. Dich-
tungen gesammelt in ,Opus theatrioum , 80
ansbfindige schöne Komödien und Tragö-
dien etc.* (Nümb. 1618; nette Ausg. Ton
A. V. EJeUer 1868). Vgl. Sekmidt, ,J. A.*, 1851.
Aytoan <spr. Ahtenn), 1) JR&beH, sohott.
Dichter, geb. 1570 xn Kinaldie (Qrafiicbaft
Vife), t ^^38 >ni London. ,Poems* (in lat.
und Schott. Sprache) heransgeg. von J^ger
1844. — 8) WüUam EdmonaMtnep sehott.
DIofatsr, geb. 1818 su Edinburgh, sciit 1845
Prof. jder Rhetorik an der UniTorsitit das.;
t«d. Aug. 1865. Hauptwerk: ,Ijays of the
■vottish cavaliers* (17. Aufl. 1865). Sehr.
axmserdem: «Bon Gkathier baHads* (MM);
,FlrmIlian, or the Student of Bad^oo* (1864) &
,Bothweir (Epos, 1856) ; ,Ballads of Soottand^
(1858) ; «Norman Sinclair« (1861, 8 Bde.). YifU
Martin, ,Memoirs of A.<, 1867.
A7Witeari«nto, in Spanien die Muniatpal»
gewalt in den Städten, ward seit 1581 we»
sentiloh beeinträchtigt, 1818 vondenOotle»
hergestellt, ron Ferdinand VU. wled«r be^
seitigt, Itt^Ton den C6ites von Nenem'ker-
gestellt, nach der frans. Invasion absfrmal»
beseitigt, durch die VerfiMSung von t8S7
bestätigt, 1840 noehmals durA roaktionara
Massregeln bedroht, Was. einen AuiltMid
veranlasste, welcher die Vertreibung der
Königin Ohristine sur Folge hatte, endU
1844 durch die Oortes gesetslich gesichert»
AMI«* X. (JbuaU, FeU9iutra»ch) , Pilan-
sengaltnng aus der Familie der Ericaoeeu»
A. pontica L., In den Lindem am «ehwar-
■en Meer, stark narkotischer Stninch, dessen
BenntEung von den Bienen den Honig glffcic
macht (Xenophons Anabasis). Viele Arten
nnd sahllose Bastarde (auch mit Rhodo»
dendron) Garten- nnd TreibhanspflaaBe».
AliMy Jo9^ Nicola eP , Span. Biplornnt u.
Knnsticenner, geb. 1731 su Barbunatles In
Aragonled, 1765 -> 97 span. Oesohftfts»
triger In Rom, dann bis 1809 in Paris; f
das. 96. Jan. 1804. Heraasgeber der Werke
seines Freundes Menge und dessen Bio*
grapb. Sein Bruder Don FoUx d'A., gebw
,18. Mai 1746, f 1811, Naturforscher u. Rei-
sender, sehr. «Voyage dans rAm6riqtM m^
ridlonale* (1809, 4 Bde., mit Atlas).
Aauoltomny s. Oraimogm,
Aseglio (spr. Azeljo), M»§»if»o TapafMi^
Maroheu d% Ital. Staatsmann und Publidst,
geb. 8. Okt. 1798 su Turin, wirkte filr Ita-
liens nationale Restauration dur<^ Romane
(,Bttore FleramoBcaS 1833, ,Nicool6 deLapi%
1841, beide deutsch Ton Langetm 1848), publl-
cistische Schriften und auf Reisen, zog 184S
mit den p^tl. Truppen gegen die Oestw*
reicher aus, befehligte in Venedig alsOberst,
foeht beiVioenzaanderSpitse einer Legion,
war dann Mitglied der sardln. Depntlrtein«'
kammer, Mai 1849 bis Okt. 1858 sardln.
Minister des Auswftrtigen und Kabinets-
prasident, 1650 nach Ausbruch des XsiagB
Bevollm&ohtigter in der Romagna, sog sieh
dann ins Privatleben zurück; t -^ ''*°-
1866. A. war auch Mater (Kampf bei Bar-
letta, Nausikaa, Waldbild) und Operiücom«
ponist. Seine ^Denkwürdigkeiten* ersidile-
nen 1867, dentsob 1869. Seine politische Kor»
respondenz (1847->65) herausg. TOfU Bmtdu
(1866). Vgl. Lang, ,Massimo d*A.*, in den
,Preuss. Jahrbüchern*, 17. Bd., 1866; Ikäti,
,Vita e nwrltt di M. A.*, 1868. Sein älterer
Bruder B^erto IbparelK, Mareheio «T^/
widmete sich den soliönen Künsten, namentl.
der Malerei; t als Senator u. Dir^itor der
königl. -Gem&ldesammlung su Turin 84. -Deo.
1868. Sehr. ,Stu4j sulle artl del disegao*»
1861. Ein anderer Bruder, Lmigi TkparMi,
t 84. Sept. 1868 au Rom, Jesuit *uad als
Leiter der ,€lTilitlb cattolloa* gewandter Strei-
ter für das Papstthnm.
AdmaUi (arab.), Südweite, der B<«ea dA
Azinoonrt -^ Babbagfl.
la»
Hpxiionit» -vreloher BwlBchen dem Mlttag»-
punkt (wo der Heridian den HoriEont auf
der sftdl. Himmelskug^el sohaeldet) «nd dem
VerfctkatkrelM eines i^estfriia liegt. Je nach-
dem der Stern vor oder nach seinem Dnrch«
gaqg dnrch den Meridian (seiner Kulmi-
nation) beobachtet wird, unterscheidet man
östl. oder westl. A. AitimuthcMrtU, horiaon-
taler, g^etheilter Kreis an den astroncmi.
Instmrnenten aar Messung des A.
iflfaieowrt (spr. As&ngludir), Dorf Im ftenE.
Depart. Pas de Calais. Hier 25. Okt. 1416
Sieg der Engländer (14,000 M.) unter K&nig
iEeinrich Y. über die Vrenaosen (50,000 M.)
unter dem Oonnetable d^Albret, welcher fiel.
AMÜMhe VonutlMi^ die ältesten sedi-
mentäre Ablagerungen der festen Erd-
kruste, in denen noch keine als -solche
deutlich erkennbare Versteinerungen auf-
geftinden worden sind.
Asorai (BabüMtiiitMhi), eu Portugal ge-
holt Onippe Ton 9 Inseln im atlant. Ocean,
unter gleicher Br. mit Lissabon, 47 QM. und
249,185 Ew.; Tulkan. Ursprungs, daher ge-
biiKig, mit «teilen Kasten und toU fracht-
barer lliäler; Klima mild, feucht «nd aelir
gleichmässig. Produkte: Oetoeide, Wein,
Südfrüchte (bes. Orangen, Zucker). Die Ew.
portug. Afokui^ und kathollseh. Haupt*
Inseln: Terceira (mit der Hauptst. Angra)»
San Miguel, Pico und Fayal. Entdeckt 1482
Yon den Portugiesen.
Asoty s. Y. a. Stickstoff.
Asotnrle (gr.), Harnstoffhamnihr» be»t«bt
in abnormer Yennebrung der Barastoff-
absonderung mit oder ohne Yermehrunir
des Urins, tritt bes. bei aenrösen sohwäch»
liehen Männern auf; durch dtttetlseha
Massregeln au heUen.
AbubI, DometUeo Jib^rto, ital. Getchlchts-
forscher, geb. 8. Aug. 1749 Elf Sassari «uf
Sardinien, t ele Mi^Ued des Obetkonsublts-
tribunals zu Gi«Iiari 88. Jan. 1627. Sehr»
,Sistema universale dei principi del dtritt»
marittimo dell' Buropa' (1796, 4 Bde.; firana^
1S0&, 2 Bde.) ; ,Hlstoire g^ogr. polit. et natur.
deSardaigne« (1802, 2 Bde., deutsch 1808)«. A.
AsWy Tompers.Iiasur, die sohöne himmel-
blaue Varbe; das blaue Hlmmelsgewftlbe»
Daher «sam, himmelblau.
B.
B» auf Mfinzan die Eweite Münastätte eine*
Belchs: Breidaiu, Rouen (Bb, Strassbuiy),
Kremaits etc. In der Musik (b) Yorsetchnung
(fr. b4mol), bedeutet die Erniedrigung einer
Note um einen halben Ton; Doppel^b (bb)
um einen ganaen.
B* A«. «bbr. kenia ^tutpieiU oder h<mi»
avibu» (lat.) , d. i. mit guter Yorbedeutung.
Saadar, 1) <f Jssmim Alag», bekannt als Her-
ausgeber des »Gelehrten Baiem', geb. S.
April 1762 «u München, f eis bayer. Begie-
ruags- und <Sohulrath 28. Mära 1888. ^ 2)
Jo$epk wm B., bayer. Oberbergrath, geb. 80.
Sept. 1768 BU München, f das. 20. Nov.. 1885,
namhafter Mechaniker und Ingenieur. —
8) JFVams JEatfer von B,, mgrst. Philosoph , geb.
27. Mära 17C5 au München , f <^1> Prof. der
Pbilosc4;>hie eu München 23. Mai 18ti. «Schrif-
ten' heirauag. von F. Baffmann (1860 ~ 80,
16 Bde.). Btogr. yon F, HitfftMmn (1857).
Baakey s. Bake.
Baal (d. i. Herr), männliche Hauptgott-
heit der altan somit. Yölker, naroentl. der
Babylonier (Büh Phönicier und Hebräer,
UTSj^n^ Gott 'der Sonne, mtt prachtvollem
und lärmendem, auch blutigem Dienst ; als
weib]. Gottheit stand ihm BooIHb (Astarte,
Mylitta), die im Wasser and in der Erde em-
l^tagande und gebärende Gdttin, Eur49eite.
BaaM.i«M, falscher Gottesdienst; BoaU-
Pf^^t heuehlecischer Priester.
Baalbak (Stadt des Baal, gr. HeUoptiie),
einst ^osse und reiche Stadt in Lycien,
BwisolKett Iiibanon und Antiiibanon; 1401
durch Vamerlan, 1759 durch ein Erdbeben
verheert; Jetsl unbedeutender Ort; pracht-
volle Ruiben des kolossalem SonnentempaU.
laal»2eplMA (a. G.), Stadt in AegypCen;
nahebei Durchgangspunkt der Israeliten
duroh das nthe Meer.
Baan.1) Ja% de B», faolländ. Porträtmaler,
geb. 1688 au Harlem, f 1702 an Amsterdam.
Portr. Karls H. von England und dessoi
Gattin, MoritE von Nassau etc. — 2) JetecbvM
deB., Sohn des YoY., ebenfalls Porträtmaler,
geb. 1678 au Gravenhage, war in England
und Italien, t <u Wien 1700.
Baur, ^bem. reictisfreie LandgrafrohsSt in
Baden, auf dem Sohwarswald, etwa 10 QM«
und 80,600 Ew., seit 1283 den Gr. v. Fürsten-»
borg gehörig. Bauptort Donaueaohiagen.
BtUTOrriHi, die Bestände von gemuns-
tem und ungemünatem Edelmetall, welche
die Notenbanken halten, um Jederselt ihre
Noten gegen Gold oder Silber einlösen an
können. Die gewöhnliche Annahme ist,
daas ein Baarvorrath von einem Drittel der
umlaufenden Noten hinreichend sei, um
daa Yerlangen nach Einlösung eu b^firle-
digen, weil die meisten Noten sich als be-
quemes Zahlungsmittel Im Umlauf erhalten
und nicht aur Einlösung präaentirt werden.
Die meisten Banken haben in der Hegel
stärkeren B., doch halten auch Banken bei
geringerem B. ihre Noten im Umlauf.
Bab (arab.), Thor; Meerenge.
Baba (tüik. , d. i. Yater), in Peralen und
der Türkei Titel angesehener Geistlichen.
Babadagh. 1) Stadt in Bulgarien, über
4000 Ew., Hauptort der Bobrudscha. — 8>
Gipfel des südöstl. Kaukasus, 11,988'.
Babbage (spr. BäbbedsohX Okarle», Math^
roatiker und Mechaniker, geb. 26. Deo. 1792
EU Teignmouth in Devonshixe, 1828—89 Prof.
186
Babel — Babylonien.
der Mathematik in Oftmbridge. Sobr. ,Tables
of logarithms' (S. Aufl. 18S4); »Economy of
nani^actareB* (4. Aufl. 1846, deutsch ,Ueber
Maschinen und Fabrikwesen' fon Friedenberg
2638); yViews oflndustry of England < (1851)
H. A. ; baute eine Maschine an Bereohnuufc
mathemat. und seemännischer Tafeln, die
Jedoch nicht cur Vollendung kam.
Babely s. v. a. Babylon.
Bab-el-Mandeb (d. i. Thor der Gkfahr),
Meerenge awisohen Arabien und Afrika, Ein-
gang zum rothen Meer, 6 M. br. ; darin die
▼on den Engl&ndern befestigte Insel Perim.
Babelsberg; königl. Schloss bei Potsdam,
183& im normann. Stil erbaut. [gruppe.
Babelthnapy die Hanptinsel der Pelew-
Babenberg, Grafen von, eins der ältesten
deutschen Dynastengeschlechter, nach dem
Sieifdmamigen Stammschlosse westl. von
Bamberg genannt, schon im 9. Jahrh. in
Oberfiranken reich begütert, histor. merk-
würdig, insofern ein Sprössling desselben,
Leopold Lp 983 Markgraf Ton Oesterreich
ward, erlosch mit dem Herzog Friedrich
dem Streitbaren von Oesterreich 184S.
BabenJIauseny 1) Stadt in der hess. Prov.
Starkenburg, an der Gersprenz, SlOl Eir. —
S) Marktfl. im bayer. Regbz. Schwaben, an
der Oünz, 2 Schlösser, 1844 Eir., Residenz
des Fürsten von Fagger-B., Herrn der
ehemal. Beio1uherr$ch. B., 7 QM. u. 11,000 Ew.
Baber^ Grossmogul, s. Babur,
BAbeiuT (spr. -böf;, Franfoie Jf6&, Haupt
•iner kommunist. Versohwömog. unter der
Direktorialregierung in Frankreich, gen.
Cf^ US Gracchus, geb. 1764 zu St.-Quentln,
predigte in seinem Blatte ,Le tribun du
peuple' die MassenherrschafI und forderte
neue Vertheiluug des Grundes und Bodens ;
84. Mai 1796 guillotinirt. Vgl. F, Buona-
rotti, ,0on8piration ponr r6galit^, dite deB.',
1828, 8 Bde. [pathen, 5400^.
Babiagora, Gipfel der Beskiden in den Kar-
Bablset (spr. -neb), Jaeque», Physiker,
^eb. 6. März 1794 zu Lusignan, Depart.
Vienne, erst Militär, dann Prof. in Poitiers,
später in Paris; Terdient um Optik, Meteo-
rologie, Magnetismus und um die Kon-
struktion physikal. Apparate.
Bablngton (spr. Bäbingt^n), Anthony, Edel-
mann aus der engl. Grafich. Derby, Haupt
einer Verschwörung zu Gunsten der Maria
Stuart von Schottland gegen die Königin
Elisabeth , 18. Sept. lf>86 hingerichtet.
Bablntoehe Bepnbllk, Art Narrengesell-
«chaft, 1568 von Bianka, einem polnischen
Edelmanne, auf seinem Gute Babine bei
Lublin gestiftet, yerlieh Solchen, die sich
Irgend eine lächerliche, verkehrte Hand-
lung zu Schulden kommen Hessen, darauf
bezügliche Titel, bestand bis 1677.
BAbirussa, s. Sirtcheber.
BabUli (Bambolah, Galle d'Inde), Hülsen-
früchte verschiedener Akazien, aus Ost-
indien und vom Senegal, reich an Gerbsänre
und röthliohem Farbstoff, dienen zur Fär-
berei, Gerberei.
BsbO, 1) Joeepk Maria von B., dram. Dich-
ter, geb. 14. Jan. 1756 zu Ehrenbreitstein,
t 5. Febr. 1822 sn München, als Intendant
des Theaters das. Verf. des Schauspiela
,Otto von Witteisbach* (1782) und des Lust-
spiels ,DerPnlB*. ,Schauspiele* (1793); ,NeQ6
Schauspiele* (1804). — 2) Lambert Jo$, Leop,,
Freiherr von B,, Landwirth und Oenolog,
geb. 1790 zu Mannheim, seit 1831 Vorstand
des bad. laudwirthschaftl. Vereins für den
Unterrbeinkreis. Sehr. ,Anleitung zur An-
lage und Behandlung der Wiesen* (1836);
,Der Weinbau' (2. Aufl. 1855) ; ,Der Wein-
stock und seine Varietäten* (2. Aufl. 1857);
, Acker bauchemie für den Landmann' (2. Aufl.
1862) ; mit MeiKger ,Die Wein- und Tafel-
trauben* (2. Aufl. 1855) u. A. Sein Sohn
KUm. Heinr. Lambert, Freiherr vonB., geb. 25.
Xov. 1818 zu Ladenburg, Prof. zu Freiburg
im Breisgau, als Chemiker bekannt.
Babolna, Passta, in Ungarn, beiK(Mnom;
berühmtes Gestüt. Behlaeht 1848.
Babrliu, röm. Fabeldichter der alezan-
drin. Perlode, Veranstalter einer grossen
Sammlung äsop. Fabeln. Zu den bisher
belcannten wurden 1813 auf dem Borge
Athos noch 123 neue Fabeln des B. ent-
deckt. Ausgaben von Laehmann ^1845), Lo"
toi» (1846-59), Sehneidewin (1853), Weite (1855) ;
übersetzt xon Hertzberg (1846), Härtung (1858).
Vgl. Mantels, ,Ueber die Fabeln des B.', 1846;
Eberhard. ,B.', 1865.
Bibfl (Ind.), Fürst; s. t. a. unser «Herr*.
Babnr (Baber, Zehir- eddin "Mohammed),
erster Grossmogul in Indien, Urenkel Timurs,
geb. 14. Febr. 1483, eroberte die Gebiete Ton
Kaschgar, Khotan, Kunduz, Kandahar und
Kabul , überschritt Ende 1525 den Indus,
schlug 27. April 1526 in der Ebene roa
Pannibet unweit Delhi die Indier unter
Ibrahim Lody und zog in Delhi ein; f ^«
Dec. 1530. Sehr, seine Geschichte in tatar.
Sprache (herausg. Ton Hminski 1857, engl,
von Waddigton 1826).
Babnyanen, span. Inselgruppe im ind.
Archipel, nördl. von Manila, 7000 Ew.
Babylon (Babel, a. G.), uralte Hauptst.
von Babylonien, zu beiden Seiten des Eu-
phrat, in Gestalt eines Vierecks (12 M. Im
Umlkng) erbaut und von 100 Ellen hoher
Mauer umschlossen, mit' 100 Thoren. Im
Westtheile der her. Tempel des Bei (s. Babjf-
Ionischer Thurm) und die alte Köuigsborig;
im Osttheile die hängenden Gärten der 8e-
miramis u. a. In Verfall seit der Gründnnif
von Seleucia; zu Pausanias Zeit bereits
Ruine. Die riesigen Trümmermassen wnr>
den von Rieh, Rawllnson, Loftus, Oppert und
bes. von Layard untersucht. Vgl, Layard,
,Discoveries in the ruins etc.*, 1853 (deutsch
von -Zenker 1856) ; Oppert, ,ibcpedit. sdent.
dans les Mesopotamies', 1857 f., m. Atl.
Babylonien (in der Bibel Sinear, a. O.),
Reich in Asien, die fruchtbare Tiefebene
am untern Lauf des Euphrat (J. Irak Arabi)
umfassend, von Semiten bewohnt, die Stätte
einer uralten Kultur und staattlohen Ent-
wicklung; Hauptst. Babylon. Kunstfleiss
und Handel in hoher Blüthe, in Folge dessen
die Bewohner in Schwelgerei und Sitten«
losigkeit verfielen. Religion hanptsächL
Verelurung des Baal und der Baaltis (s. d.),
gepflegt von der Priesterkaste der Ohftldäer.
Babylonischer Thnrm — Bacciochi.
187
Bauwerke, ausges. durch kolossalen Um-
fang und grandiose Einfkchbeit der Anlage.
Von Bildwerken ist wenig erbalten.
€^aehichte. /Aa Gründer des babvlon.
Seichs wird in der Bibel der Kuscfaite Mim-
rod, Ton späteren Griechen der Gott Baal
genannt. Trotz der Dynastenreihen des
Berosus (s. d.) und der alten Chronologen
ist die Geschichte B.s sehr dunkel. Es kam
unter die Suprematie des später und Ton
B. aus gegründeten Reichs Assyrien. Grün-
der der neubtätylon. Dynastie war der Chai-
däer NabopoUu$ar oder Nebttkadnesar I.,
welcher sich mit dem medlschen König
Cyaxares zum Sturz des assyr. Reichs ver-
band. Dessen Sohn, Nebukadnetar IL, machte
durch seinen Sieg über d,en ägypt. König
Necbo bei Circeslum am Euphrat (604 ▼. Chr.)
der ägypt. Herrschaft in Asien ein Ende,
unterwarf den König Jojakim von Juda,
«roberte und zerstörte Jerusalem und das
Beich Juda unter Hiskias (588) und führte
den Kern des Volks nach B. Er verschönerte
Babylon mit Bauwerken, deren Trümmer
noch vorhanden sind. Nach seinem Tode
(508) gerieth sein Reich in Verfkll, und unter
2fii>on»edo$ (Labynetos bei Herodot), der sich
mit Cröstts von.Lydien gegen Persien ver-
banden hatte, ward es von Cyrus (539) er-
obert und pers. Provinz. Nach dem Sturze
des pers. Reichs kam es unter die kurze Herr-
schaft AlesEanders d. Gr. ; nach dessen Tode
fiel es Seleuous I. zu, der es aber dem Anti-
gonus erst abringen musste (318). Den syr.
Herrschern entrissen es um 140 v. Chr.
die Parther. Unter röm. Herrschaft kam
es nur vorübergehend 'unter Trajan (114
n. Ohr.), Septimins Severns (199) und Julian
(363). Nachdem das neupers. Reich der
Sassaniden durch Mohammeds Nachfolger
<650) sein Ende gefunden, herrschten in B.
die Kbalifen bis 1258. 1638 entrissen es
die Türken den Persem zum zweiten Male,
und seitdem steht es unter türk. Herrschaft,
i^etheüt in die Paschaliks Bagdad u. Basra.
Vgl. M0buhr,,QeBch. Assurs u. Babels', 1857.
Babylonischer Tlinrm (Bduaempel), Tem-
pel zu Babylon, eins der Wunderwerke der
alten Baukunst, bestehend aus mächtigem
Unterbau und 7 den Planeten geweihten
Stufenthürmen, 600^ h.; nach der Bibel (i.
Mos. 11, 1—9) von Noahs Nachkommen als
weithin sichtbares Versammlungszeichen er-
baut, aber von Jehovah durch Verwirrung
der Sprache der Bauenden (babylon. ^raeh-
Verwirrung) in der Vollendung gehemmt.
Herodot beschreibt ihn; zu Alezanders d. Gr.
Zeit lag er schon in Trümmern; Jetzt noch
das Tundament, über 2000' im Umkreis,
-800' b., und das erste Stock übrig, die
älteste Ruine der Erde, Birs-Nimrnd gen.
BabTlomUehes Exil (babyUm. Orangen-
aehaft), die Abführung des angeseheneren
Tfaeils der Bevölkerung des Reiches Juda
Bach Babylonien durch Nebukadnezar nach
der Zerstörung Jerusalems (588 v. Ohr.) u.
der Aitfenthalt daselbst 56 Jahre hindurch
(von Jeremias zu 70 berechnet). Die Juden
«rfnhren in Babylonion eine milde Behand-
lung und gelangten zu Wohlstand und Reieh-
thum. Nach der Eroberung Babyloniens
durch Cvrns (588 v. Ohr.) gestattete ihnen
dieser die Rückkehr nach Palästina. Doch
kehrten nur die Stämme Levl und Benjamin
zurück; die andern (die vtrlomen 10 Sühmme)
blieben zurück; ihre Abkömmlinge hat man
in einzelnen asUt. Völkern erkennen wollen.
In der Kirchengescb. heisst b. E.- auch der
Aufenthalt der Päpste in Avlgnon (1309— Z7).
BaecA (lat.), Beere.
Baeeaiawriiis (Baeccdari»», tr. BaeheHer,
engl. Bachelor), ursprüngl. ein Knappe, der
den Ritterschlag zu erhalten wünschte, dann
Kleriker untersten Rangs; seife dam 13.
Jahrh. akadem. Titel, von Gregor IX. auf
der pariser Universität för Stud«üten ein-
geführt, welche durch Bestehung einer Prü-
fung das Recht erworben hatten, gewisse
Vorlesungen zu halten. Baeoolaureot , die
Würde des B., die später auch bei den
anderen Fakultäten den niedrigsten akade-
mischen Grad bezeichnete.
Baeearat (spr. -karah), Stadt im franz.
Depart. Meurthe (Lothringen), 4763 Ew.;
bedeutende Glasfabriken.
Baeeiiaiialieii^ s. Baeckus.
Baecha&ten^ die Theilnehmer an den
Bacchnsfosten; im Mittelalter die fahrenden
Schüler, deren Jüngere in ihrem Unterricht
stehende Gefährten SehütMn hiessen.
BaeehigUoiie (spr. Bakkiljone), Küstenflnss
im Venetianisehen , im Oberlauf Timonchio
genannt, 80 M. ; von Vicenza an schiffbar.
BaechlvS) Ssilbiger VersAiss : w .
Bacchus (gr. Baechos und Dionysos, lat.
auch Liber), Gott des Natnrsegens, insbes.
des Weinstocks, Sohn des Zeus und der
Semele, ward von den Nymphen in Thraelen
erzogen, durchzog nach der späteren Sage
Syrien, Aegypten und Indien bis an den
Ganges, bändigte die rohen Naturkräfte,
lehrte den besiegten Völkern den Weinbau
und höheren Lebensgenuss nnd vermählte
sich auf Nazos mit Ariadne. Ausschwei-
fender Orgiasmus in Freude und Schmerz
charakteristische Eigenthümlichkeit des
Bacchus- oder Dionysusdienstes. Berüchtigt
durch masslose Aussch weifting waren insbes.
die sogen. Baeehemalion, 186 v. Chr. in
ganz Italien durch ein Senatuskonsult ver-
boten. Dargestellt ward B. als Jüngling
mit weichen Körperformen nnd dem Aus-
druck trunkener Schwärmerei im Antlitz,
auch als Mann von reiferem Alter mit
reichem Haupt- u. Barthaar, in der Hand
ein Trtnkgefäss od. eine Weinrebe od. den
ephenumrankten Stab mit dem Pinienapfel.
BaccliylideSy griech. Dichter, geb. 518
V. Chr. zu Julis auf der Insel Ceos, lebte
am Hofe Hieros zu Syrakus. Dithyramben,
Hymnen , erot. nnd parthenische Lieder im
dor. Dialekt. Fragmente in Btrgk$ ,Poetae
lyricl graeci* (1853); mit Uebers. von Härtung
(,Griech. LyiikerS 1857, Bd. 6).
Bacciochi (spr. Batsohoki), Feiiee Ruguale,
geb. 18. Mai 1762 in Korsika, diente unter
Bonaparte in Italien, heirathete 1797 dessen
Schwester Elisa, ward 1804 Senator, erhielt
1805 von dem seiner Gemahlin zugethellten
Fürstenthum Luoca und Piombino den
188
Baccio della Porta — Bache.
VftritoAtttel; f ^7. ApHl 1841 bq Bologn*.
Seine Qeroablin Maria Anna (spater &i*a)
BcnapaHe, älteirt« Schwester Napoleons I.,
Sb. 8. Jan. 1777 sn AJaedo, ward 1806
wMhwBOgin von Toskana, wegen ihnr
kÖnigl. Haltnng ,Semiramls von Lacoa' ge-
nannt; t 7* •^^* 1^^ '^^f ihrem Ijand^t
Villa -Vicentina bei Trlest. Ihre Tochter
XapOemu BUa £,, geb. S. Juni 1806, Ter-
mählte sich 1825 mit dem Grafen OamemCa,
trennte sich 18S0 Ton ihm; f 3- S^br. 1869
auf ihrem Schlosse in der Normandie.
Bäeelo Aalla P«rta (spr. Batsoho), s. Poria.
Baefcy Musikerfamille , aus 'Pressbarg in
Ungarn «tammead, seit Anfang des 17.
Jahrb. in Thüringen ansässig. Am be-
rühmtesten: Joh. ß4ba»t. B., geb. 21. M&rs
1685 an Eisenach, Sohn des das. Hofmnsikns
Aini>ro»iH9 £, (f 1695), aaerst Schaler seines
altem Bruders Joh, Chriaioph, Organist an
Ohrdrvf^ lernte dann in Lüneborg weitw,
bildete sich in Hamburg bei Reineke , dana
bei dem lübeoker Organisten Buxtehude im
Orgelspiel aus, wurde 1703 Koncertmeister
in Weimar, 1704 Organist in Arnstadt, 1707
Organist in MühUiauseta , 1708 Hoforganist
in Weimar, 1714 Koncertmeister das., 1715
KapeUneiBter in Käthen, 1723 Kantor und
Musikdirektor an der Thomasschule Xu
Leipzig; t dM. 28. Juli 1750, in den lotsten
licbensjahren erblindet. Seine sahireichen
Werke, aus^aeichnet bes. durch höchste
Vollendung in der polyphonen kontra-
punktischen €ktftaltttnrg, sfaid theils geist-
liche, theits weltliche Ifaeikstüoke; unter
ienen henromnheben : die ft-^^stiimnigen
Idtetton , die Kantaten , die beiden Pas-
sionen nach den Evangelien des Matth&us
und Johannes , das Weihnaobtsoratorium,
die grosse H-moll- Messe, das grosse Mag-
nifleat, zahlreiche Orgelkompositiouen aller
Art, Präludien, Fugen, Ohoralbearbeitan^m,
Trios, Sonaten (auch för Violine n. Orgel),
Tokkaten etc.; die weltlichen bestehen
In Suiten und Ourerturen für Orchester,
Koncerten und Sonaten für verschiedene
Instrumente und in zahlreichen Klavierwer-
ken: -Präludien, Fugen, Inventlonen, Phan-
tasien, Variationen etc. (darnilter das ,wohl-
temperirto Klavier*, aus 48 Präludien und
Fugen in allen Dur- und Molltonarten be-
stehend, dl>e 6 grossen sogen, engl. Suiteb,
die sogen, goldbeiifisohen Variationen, die
Könfgsfiige, das ital. Konoert eto.). Eine
Prachtausgabe der sämmtliohen Werke er-
scheint seit 1860 darch die B€ichg«a«U9t'ki^t
(bia jetat »"Bde.). Biogr. B.8 von Bitter (1865).
Sehest. B.s Sdhne: 1) WiUitlm FtUAMnann,
der älteste und genialste, geb. 1710 zu
Weimar, nasaentl. ausgezeichnet als Orgel-
virtuos,. 1738— 47 Hofoi^ianist in Dresden
und bis 1765 Organist in Halle, dann
ohne bleibsrnde Stellung unstät sich um-
treibend; t im Elend 1. Juli 1784 zu Berlin.
Kompositionen (Sonaten und Konoerte für
Klarier, Orgelstüeke, Kirchenmusiken)nicht
zahlreich. Neue Ausgabe von WiedAnueai*
(1842). —«) Karl Philipp Emannd, der sogen.
herlinef ^er hmiUMtger B., geb. 14. M&rz
17U zu Weimar, 1740 -^ 67 Hofoembalist
und Aoeönpagnateur Friedrichs II. tnBerlin,
seit 1767 Musikdirektor in Hamburg; f dM.
14. Sept. 1788. Bes. verdient um die
Klaviertechnik (»Versnoh über die wahre
Art KUvier an spielen*, 1787 — 97, 2 Bde»,
neue Ausgabe von Schilling). Unter seinen
Kompositionen bes. bedeutend: die Instra-
mentolwerke (Phantasien, Sonaten, Rondos^
Suiten für Klavier und Orchester), das
Orator. ,Die Israeliten In der Wüste*, das
2ch5r. ,Heilig* etc. Vgl. Bitter, ,K. Phfl. Em.
und W. Fried. B. und deren Brüder*, 1869. —
3) Johann C^rittian, der sogen, maüänder
oder Unuhmer, B., geb. 1735 , seit 1754 Or-
ganist in Mailand, seit 1769 Hoforganist ist
London , f das. 1782. Sehr. Opern und an-
dere ,galante* Gesang- und Klavierstücke;
wenig bekannt. — 4) Christoph Friedrioh,
der sogen, bückeburger B., geb. 1732, f 1796
als Kapellmeister zu Büokeburg. Sehr. Ge-
sangwerke (z. B. die ,Amerikanerin*) nnd
Klavierstücke. Ein Sohn desselben, WiXh*
Fri«dr. Bmat B„ geb. 27. Mai 1758 zu Bücke«
bürg, seit 1798 in Berlin Kapellmeister der
Königin Louise und Musiklehrer der höniifl.
Prinzen; f dM. 25.Dec. 1845, als der letMe
Sprössling der bachschen Familie. Sohr.
Oratorien (,Vetorunser*), Kantaten, <)nar*
tette, Sonaten eto.
BtMt, 1) Ang. Wilh.» KlrcbenkoApotilBt»
geb. 4. Okt. 1796 in Berlin, Schüler «von
Zelter und Berger, Organist an derMalrten-
kirche in Berlin und Direktor des könl^U
Musikinstituts ; f ^- April 1869. Psalmen,
evang. Ghoralbuch etc.<*- 2) Otto, Komponlat.
geb. 1883 in Wien, Schüler von Sachter,
seit 1866 Theaterkapellmeister in'Augsburg.
Symphonie (D moU), Streichquartett, Oper
,Sardanapar, Gksang- und Pianowerke.
Baeli. Alex. Ant. Stephan, Freiherr von,.
öeterreioh. Staatsmann, geb. 4. Jan. 1818
zu Loosdorf in Niederosterreich, als Advo-
kat zu Wien März 1848 einer der Letter
der Bewegung, im Ministerium Doblhoff-
Wessenberg (8. Juli 1848) Justizminister»
nach Ausbruch der Oktoberrevolution ent-
lassen, 21. Nov. 1848 im Kabinet Setawar-
zenberg- Stadion wieder Justizminister, 2B»
Juli Minister des Innern, setzte als solcher
das von Stadion eingeleitete Werk der Cisn«
tralisation der Monarchie fort, organisirte
die polit. Verwaltung in den Kronlandeli und
fahrte die Grundentlastnng durch, war aber
auch bei Abschluss des Konkorttat« .mit-
thätig. Nach dem unglückl. Ausgang den
ital. Kriegs 21. Aug. 1859 entlassen, -erikielt
er und bekleidete bis 1870 die Botsefaalter-
stelle in Rom. Sein3ruder, Eduard, FrHh^
von B., geb. 21. Dec. 1814, wirkte als Statt-
halter von Oesterreich ob der Enns ver-
dienstl. Beide Brüder 1854 in den Frei<^
herrenstand erhoben.
. Baelulraeli, alte Stadt im prenss. J^bk.
Koblenz, Kr. St. Goar, links am Rhein, 1669
Ew. Ruine Stahleek (1680 zarstört), ehemala
Resldena der Pfalzgrafen.
BaelHuraekty 2%erc«0 von, s. Lüteöw.
Badibttigey s. v. a. VeronicaBeoeablinga.
Baehey das weibliche, Bacher, das «männ-r
liehe Wildschwein.
Bftchelier — -Bacon.
189
Bfteli«Uer (fr., «pr« BMclili-«li), ■* Jktcea-
laureua.
Baeheller <q>r. Baschli-eh), Jea» Xaegpte»,
fruis. Maler, geb. 1724 eu Paris, f <^<^**
1806 all Prof. der Akademie; nameatl. als
Blrnnen- und Früchtemaler (bes. auf Porael-
lan) ansgeseicbnet« Sehr. »Hietoira et seoret
da la peintnre k la cire* (1756).
SaelieralpMiy Qebirgssug in Steiermark:,
swiflchen Dran and Save (Planinka 4686' b.).
BMlunat. Erelsst. im sfidrass* Oonr.
Jekaterinösla w, an der üaoAinttll», 10,898 Ew.
Talgacbmelsereien. In der Nahe Steinkoh-
lengmben^ nnd Alabasterbrücbe.
Baclwteljt», Motacilla X., Baditee Ouv.,
Yögelgattnng aas der Familie der Pfriemen«*
■obnabler. WeitM B. (Wippsters, Acker-
mftnnoben), M. alba L., in gana fjoropa bis
sojn hoben Horden, b^nns schon im ersten
9MbJahr. Oett« B. (Sohafstelse), M. flaya L.,
in gans Bnropa, bei ans im April bis Okt.
üi' Ebenen* Örcv« J9., M. salpharea Beohü*,
Boamla J%f»., im mittlem a. s&dl.iEoropa.
BMbtlJaren (BakhHaren), GobirgSTolk
In Persien, das Hochland von Loristan
(JBachttjarigetirff) bewohnend, kriegerisch,
tapfer« gastfrei^ etwa Va Mill. Köpfe stark.
ItecularleH, s. Algen,
BaeiUe» (iat.). Stabchen.
Baek (spr. Bäck)^ Sir Otorg«, Beiseader,
gebw 6. Kot. 1796 an Stockport, begleitete
Vzanklln and Bichardson aaf fliren Expe-
<Utlonen nach der Nordküste Amerikas,
machte 18S8.-85 and 1836-»87 Entdeckangs*
reisen nach dem Norden, entdeckte den
grossen' risehflasB oder Backalrom, Seine
Beiseberiehte 18S6 (deutsch v. Andi^M 1889) u.
1889. Er ward 1857 Oontre-, 1868 Vioeadmiral.
Back, Kasten, kastenartiger Behalter;
tiefe Schüssel; Torderer innerer Baom
(Yorderschanse) des Schiffs.
Back, BitekUgen, wenn der Wind ypn
Tora auf ein Segel fällt, so dass es sich
gegen den Mast anlegt.
Baekbordy linke Hinterseite des Schiffii,
Tom Steaer aas gesehen ; rechte ^ ßUutrbord,
Baekentaselieii, h&utige Säcke an der
innern Backenwand der Hamster, Ziesel-
mAoee, Tasohenratten, einiger Eichhörnchen
and Affen zom Fortschaffen der Niüirang*
Baeker. l) Adrian, Portrat- a. Historien-
maler, geb. 1648 EU Amsterdam, f das. 1686 ;
Baaptwerk das jüngste Gericht im Stadt-
bans an Amsterdam. — 8) Jakob, ebenJalls
Bortrfit- and Geschichtsmaler, geb. 16Q8
»n Harllngen, f 27. Aag.l6öl saAmsterdaDk
Baekkayiem (spr. -heas%), Ludo{f, nie-
derl&nd. Marinemaler, geb. 18. Beo. 16S1
Sil Emden, f 1709. Bilder yon Ihm In. Ber>
lia, München, Dresden, Wien, Paria etc.
Sein Enkel LutM/ B., geb. 1717 m Amstor«
dan, 1 1788 j als Schlachtenmaler bekannt.
BaoKaaBgiy Stadt im würtemberg. Neckar-
fcrete, an der Morr, 4877 Ew. Dabei das
BMgsohloss Bbwtborg^
Baekof^ s«. 3red.
BaekpulTWy braasepalyerfibnUohes Ge^
miMh, welches beim' Fenohtwerden , also
beim Termisohen mit dem Teig Kohlens&oxe
estwiekelt und daher den Teig auftreibt,
dient als Sarrogat der Hefe. Horsfordsches
B. enthält aoeh Phosphorsänre*
Baekimaatea^ 6—10 Seeleute, die wäh-
rend der Seereise aosammen essen und
neben einander schlafen; auch der Baum
a wischen swei Kanonen, wo die B. ihre
Hängematten haben.
Backitage (BarÖMnm), Taae, welche die
Stengen nach hinten halten. Alles, was in
der Bichtong dieser Taue also schrüg nach
den Seiten läuft, heisst Baokttagaweite,
Ba^Hagawind, der günstigste Wind, da
er die grdsste Fläche^ der Segel triflft, a. B.
der Südwind, wenn das Schiff nach NO.
oder NW. steuert.
I Baekwoodf (engl., spr. Bäckwnhds), Hin-
terwälder, ehedem Name der unermess-
lichen Urwälder im Westen des All^hany-
gebirgs , jetzt s. t. a. unangebaute TVald-
gegend. Baektoöodtmen, BhU^rtoäldUr fViob.
ßquatUrs (s. d.) und PUmetrs genannt, die in
den westl. Urwäldern wohnenden Weissen.
Baemelflter, Georg Heinr, Jul, Karl Friedr.
Juauu, hannov. Staatsmann, geb. 1805 zu
Lüneburg, seit 1845 Mitglied des Staats-
raths, 1847 mit der Beyision der ton manck
entworfenen Allgem. bürgerl. ProxesscMrd-
Qung beauftragt , 1851 Oberstaatsanwalt' u.
Mitglied der ersten Kammer, nach. Georgs V.
Thronbesteigung im Elabinet Schele Kul-
tus-, 1852 Finanzminister, resignirte 1858,
dann bei den Justizorganisationen 1858
unter Borries mitthätig, seit 1868 Landdrost
yon Ostfriesland.
Bacoif (spr. Behk^n), 1) (Baco) Roger, eng^.
Naturkundiger, geb. 1814 zu Ilchester in der
Grätsch. Somerset, trat 1840 in den Franols-
kanerorden, lebte seitdem au Oxford, ward
wegen seiner Entdeckungen in der Physik
und seines Tadels der Unwissenheit und
der Sittenyerderbniss der Mönche vom
Lehrstuhl entfernt und zweimal eingeker^
kert; t ^1- Jon! 1294 (1898). Wegen seiner
ausgebreiteten Gelehrsamkeit Dootor mira-
bilis genannt. Hauptwerk ,Opas majus*
(herausg. yon JeM 1783). Er machte wich-
tige Entdeckungen in der Chemie, Optik
(VergrösserungsgläserD, berichtigte den Ka-
lender etc. Sein ,Opus minus' und ,0pu8
tertinm* nebst andern seiner Schrinen
herausg. yon BrefM«r (1869). B.s Leben be-
schrieben BUbert (1861) und Oharlea (1861). -^
8) JTrasiei«, Lord VeruUnm, ber. Beformatov
auf dem Gebiete der Wissenschaften , geb.
82. Jan. 1561 za London, ward Sachwalter,
1505 Mitglied dea Parlaments, 1608 zum
Bitter geschlagen, 1604 Bechtsbeiatand der
Krone, 1607 Solicitor general, 1618 Attomey
general, 1617 Siegelbewahrer, 1619 Lord-
kanzler und Baron yon Verulam, 1620 Vis-
count Saint-Albans, als feiles Werkzeug
des Hofs und Beförderer der Korruption
der Gerichtshofs aum Schein zu einer Geld-
busse yon 40,000 Pfd. St. und zur Haft im
Tower, yemrthellt; f 9. April 1686 zu High-
gate. Empfahl als einzig^ Weg zu ^üud-
Hohem Wissen den der Induktion an der
Hand des Experiments, bekämpfte die scho-
lastische Methode und gab der brit. Phi-
losophie die sensualistlscheBichtung, welche
190
Bac8 — Baden.
dann durch Hobbes, Locke, Berkeley nnd
Hnnie snr kantschen Kritik binüberleitete.
Scbr. tHasHjB* (herans^r. von MarUktf 1859,
Mbniagu 1851, Wkaidy, 6. Anfl. 1864), ,No-
Tam organon scientlarnm* (1630 ; neue Ausg.
von Dtvtjf 1853, Kitekin 1855, Bremer 1856,
deutscb von Brück 1880 und Kirehmann 1870),
,De dignitaf e et angmentls scieDtianun* (1623,
deutsch von jyingsten 1783, 2 Bde.). Werke
heransg. von Bcail 3fontagu 1825—34, 16
Bde., von Mis, Bpedding und Heath 1857^62.
Ygl. Kuno Fieeher, «Frans B. t. Yerulam*,
1856; Speddinff, ,Letters and life of Lord B.*,
1862—68, 4 Bde. Biogr. von Martin (1836),
Craik (1860), Campbell (1854), Dixon (1860
und 1867) und Liebig (1863). — 3) John, engl.
Bildhauer, geb. 24. Nov. 1740 su Sonthwark,
L4. Aug. 1799. Statuen von Lord Chatam,
>rd Hali&x, Major Pierson, Miss Draper
(Sternes Elisa) in der Westminsterabtei.
Baes (Baea-Sodrogh), ungar. Komitat, Kr.
diesseits der Donau, 186,8 <^. u. 490,000 Ew.,
eben, theils sumpfig, theils (ewischen Donau
u.Theiss) sehr fruchtbar. 1848 u. 1849 Schau-
platz blutiger Kämpfe. Hauptst. Zombor.
Baenliui (lat.), Stab, Stock. £, astrono-
mieuB, Jakobsstab, Sternbild. ^
BaezkOy Ludwig von,, deutscher SchrifT;-
steller, geb. 8. Juni 1756 zu Lyk in Ost-
prenssen, erblindete in seinem 21. Jahre, seit
1816 Vorsteher des Bltodeninstituts zu Kö-
nigsberg; t 27. März 1823. Sehr. «Gesch.
Preussens* (1792—1800, 6 Bde.); ,Gesch. der
franz. Revolution* (2. Anfl. 1812); ,Gtosch.
meines Lebens' (1824, 3 Bde.).
Bad (lat. balneum), Eintauchen des Kör-
pers (Vollbad) oder eines Theils desselben
(partielles B.) in feste Körper (Sand), Flüs«
■igkeiten. Dämpfe oder Qase, oder die Be-
handlung^des Körpers mit solchen. Wasser-
bäder zu Heilzwecken wirken viel mehr durch
ihre Temperatur alz durch beigemischte
vegetabil. oder mineral. Stoffe, welche in-
dess die Wirkung vielfach modifidren. Den
russischen Bädern mit heisser feuchter Luft
stehen die türkischen, römischen und iri-
schen Bäder mit heisser trockner Luft ge-
genüber; bei Grasbädem wird der Körper
der Einwirkung von Kohlensäure oder fri-
scher Luft (Luftbäder) ausgesetzt; bei Sand-
bädem bedeckt man den Körper mit war-
mem trocknen Sande. In der Chemie
und Technik werden Bäder zu anhaltend
gleichmässiger Erhitzung angewandt. Man
erhitzt Wasser (Wasser- oder Marienbad),
Oel (Oelbad), geschmolzenes Metall, Sand
fSandbad) oder Salzlösungen über direktem
iTeuer und versenkt in dieselben das Oefäss
mit der zu erhitzenden Substanz.
Bad«)02 (spr. -chos), span. Prov., Theil
von Estremadura, 408 QM. und 416,905
Ew. Die Hauptsi, B. , am Guadiana (schöne
Brücke), 22,895 Ew., als Grenzfestung Schlüs-
sel zu Portogal. 7. Mai 1709 Bieg der Spa-
nler über die Österreich. Partei. 7. April
1819 von den Engländern erobert.
BadftUisekan, malerisches Gtobirgsland in
TurMstan, Khanat Kunduz, 2000 (^. mit
etwa i/a Mill. Ew. und der gleichn. HaupiU.
Berühmte Bubingraben.
BadaloeeUo (spr. -lokkio), Otto, gen.
Boea, ital. Maler und Kupferstecher, geb.
1581 zu Parma, f 1^7 cu Rom. Mit Lan-
fk«nco stach er Raphaels Bibel in 23 Bl.
BwUiid (fr., spr. -doh), Tropf, Einialtspin-
seh Badauderie, Faselei, leeres Geschwats.
lUdMUseUag (Bade/riee^) , Hautaus-
schlag, der sich bei häufig angewandten
Bädern, bes. bei Mineralbädem und Kalt-
wasserkuren zeigt, früher fiUsohlich als
heilsame Krise betrachtet.
Badeii, Grossherzogthum im SW. Deutsch-
lands, südl. und westl. vom Rhein be-
grenzt, 278 QM. Ein schmales , von SW.
nach NO. sich erstreckendes Gebiet (32 M.
1., 2 — 16 M. br.); zu •/• Berg- und Hügel-
land. Hanptgebirg der Schwarzwald (Mit-
lelhöhe 3800—2600'), an den sich südsüdösU.
der Schwab. Jura anschliesst, im N. der
südwestlichste Theil des Odenwaldes ; beide
mit bedeut. Hochebenen: der schwarzwälder
Baar u. dem odenwälder Bauland (vorzügl.
Komländem). Westl* von beiden sohroff
abfallenden Gebirgen die schmale Rhein-
ebene, 25 M. 1., 1 — l^h M. br., das einzige
Flachland B.s. Südl. über ders. erhebt sich
isolirt noch der Kaiserstuhl. Hamptßüue:
der Rhein, der hier die Wutaeh, Wiesen,
Elz mit Dreisam, »die Kinzig, Acher, Mnrg,
Pfiuz, Salbach und den Keckar anfiiimmt;
der Main mit der Tauber im NO. des Lan-
des; im SO. hat die Donau ihr Qnellge-
biet. Seen: ein Theil vom Bodensee (3/^Q1C)
mit den Seehäfen Konstanz, Ludwigshafen
und Meersburg; Zellersee, Titisee, Feldsee,
Mummelsee u. a. Klima nur in den hohem
Gegenden rauh, im Rheinthal mild und
freundlich ; der Boden üftst durchgängig er*
giebig u. wohl knltivirt, das Land daher eins
der ges^poietsten Europas. Produkte: CSe<-
realien aller Art (auch Mais), Küchenge-
wächse, Obst und Wein (Markgräfier, See-
wein, AfTenthaler, Tauberwein etc. , jährl.
580,000 Ohm) über Bedarf; an bes. warmen
Stellen Mandeln und Kastanien; vorzügl.
Hanf Oährl. 105,000 Ctr.), Tabak (110,000—
120,000 Ctr. auf 18,977 Morgen), Hopfisn,
Krapp, Cichorien etc. Waldungen auf dV%
des Areals, davon 684,700 Morgen Eigenthun»
der Gemeinden, 249,360 Morgen des Staate«.
Wenig Mineralien (etwas Silber, Eisen.
Rhei^old, Steinkohlen) ; aber viel Salz und
über 60 warme und kalte Mineralquellen. -
Grosse Siüinen zu Dürrheim und Rappenau
Öährl. 883,900 Ctr.). Besuchteste Bäder:
Baden - Baden , Badenweiler , Rippoltsav,
Antogast, Ueberlingen. BevUUeerung im S. der
Murg alemannisch, nördl. davon Mischvolk
mit fränk. Mundart. Ende 1867: 1,434,970
Ew. , davon 931,007 Kath. (ErzMsth. Freibnxg),
475,918 Evang., 25,600 Israeliten. Neben der
Protest. Universität zu Heidelberg und der
kathol. zu Freiburg viele gut ausgestattete
Lehranstalten (7 Lyoeen, 5 Gymnas«, 8 Päda-
gogien, 3 Seminare); ausserdem 4 Stern war*
ten, 1 Kunstschule u. Iber. polyteohn.Sohn]e ;
Anstalten für Blinde, Taube ete. Hamptbe-
eehä/tiguag: Ackerbau (Schule m Hochbung,
(Hrtenschule zu Karlsruhe), Vlehsnoht and
Weinbau; Leinspinnen und Waben. 70a
Baden.
191
Fabziken (UM Arbeiter, 41 Mill. FI. Waa*
rm); die meisten wn Mamiheim, Pfonsheim,
Labr, Karlsruhe, Emmen dingen n. Nenstadt.
Bes. berühmt die Bi[)onteriefitbriken in Pforz-
heim» sowie die ubrenfabrikation auf dem
Schwanswald and die Strohflechterei. Eisen-
bahn durchs ganse Rheinthal, mit yerschie-
d«nen Zweigbahnen, Gesammtl&nge 107,7
H.; Telegraphenlinien il2 M. mit 165 Sta-
tionen. Wichtiger Transithandel. Landes-
ansftihr bes. Naturprodukte, BUouterie-
waaren, sohwarzw&lder Uhren (Jährl. f&r
IVs Mill. Ft.), Holzwaaren, Strohgeflechte.
Jfthrl. Ausftihr: 20—88 Mill. Fl., Einfuhr
ebenso hoch. Haupthandelsplätze Mann-
heim(8tapelpIatB für die Rhein- n. Keckar-
schi£Q^hrt), Wertheim (Stapelplatz a. Main),
Jjtkhr, Pforzheim, Offenburg, Konstanz etc.
487 Segelschiffe und 3 Dampfschiffe auf
dem Rhein (yon Kehl ab) und auf dem
Neckar (bis Heilbronn). Bampfdohleppschiff-
flthrtsgesellschaffe für Fahrten von Mann-
heim nach Amsterdam und Rotterdam. Die
Regierung, nach Verfassung vom 88. Aug,
1818 konstitutionell -monarchisch und im
Mannesstamm erblich; der Grossherzog
führt den Titel könlgl. Hoheit und hat
allein die administratiTe Gewalt; die legis-
latire theilt er mit den Landst&nden (8 Kam-
mern); die riehterlitdie ist unabhängig.
Geschwomengerlchte, Oeffentllohkeit und
Mündlichkeit. Offlcielles Budget fQr 1868
nnd 1869: 28,806.968 Fl. Einnahme, 88,154,819
Fl. Ausgabe. Staatsschuld 1868: 38,885,003
Fl., Eisenbahnschnld: 97,084,515 Fl. Müi-
tär: Allgemeine Wehrpflicht (durch Gesetz
Tom 12. Febr. 1868 eingeführt) ; das jährl.
auszuhebende Kontingent 4700 M., Dauer
derlMenstseit im stehenden Heer» 3, in der
Reserre 4L, in der Landwehr 5 Jahre. Das
■tehende Heer in Friedenszeit 14,828 M.,
im Kriegsfuss: 85,843 M. (19,101 M. Infltnt.,
9081 M. KaT., 8485 M. Artill. etc. : dazu mooh
8087 M. Ersatztruppen). Drei SUterorden:
Bausorden der Treue (1715) ; miüt. Verdienst-
orden (1807); Orden Tom zähring^er Löwen
(1812). Wappen:ein unten zugerundetesHaupt-
■ohild, querweise u. pfähl weise in 80 Felder
getheat, und ein Mittelschild. Landesfar-
ben: roth n. golb. Landeseintheüung früher
In 4 Kreise: Seekreis, Ober rheinkreis, Mit-
telrheinkxeis, Unterrheinkreis; seit 1864 in
11 Kreise: Konstanz, Villingen, Waldshut,
Freiburg, Lörrach, Offenburg, Baden, Karls,
ruhe, Mannheim, Heidelberg und Mosbach.
Landeshauptstadt u. Residenz: Karlsruhe.
OesehieJUe, Das Grossherzogth. B. ist im
Lauf des Mittelaltert und der neueren Zelt
au Tersohledenen Territorien gebildet
worden. Unter den röm. Kaisern im Besitz
der Alemannen, kamen diese Lande in
Folge der Schlacht bei Znlpich 496 unter
dia Herrschaft der Franken. Doch behaup-
teten sich die Kachkommen der einhei-
mischen Herzöge als Gau- und Landgrafen
In der Baar. Von diesen sind Gebhard n.
Lanzelin die Ahnherren der Dynastenge-
•oUechter von Zähringen und Hab^urg:
ersterer als Grossvater des Grafen BerihUd,
der die Bur^ Zähringen im Breisgan er-
baute, letzterer ab Vater Ratbolds, de»
Erbauers der Burg Habsburg im Aargau.
Berthold erhielt von Kaiser Heinrichs in«
Wittwe das Herzogth. Kämthen . BertholdsL
ältester Sohn Berthold II. erbte 1067 die
Täterlichen Güter im Breisgau ^ in der Or-
tenau, im Schwarzwald und imNeckai^u;
der Ji^Dgere Sohn Hermann I., welcher die
Herrschaft Hochberg im BreUgau und die
Burg Baden besass , führte als Besitzer der
mit dem Herzogthum Kämthen verbundenen
Mark Verona den Titel Markgraf (t 1074).
Sein Sohn Hermann U. nahm in Baden
seinen Sita und nannte sich zuerst Mark-
grof wm B. (um 1100). Hermann V. und
Heinrich , die Sohne des Markgrafen Her-
mann IV. (t 1190 im heil. Lande), theüten
das Täterliche Erbe: jeuer erhielt Baden,
wozu er noch die Städte Ettlingen u. Dur-
lach erwarb, dieser die Stammherrschaft
Hochberg. Als das hoohberg. Markgrafen-
geschlecht 1417 erlosch, fielen dessen Be-
sitzungen an Baden zurück. Eigentlicher
Gründer der MarkgrOjfsckaft B. als einea
Fürstenthums ist RudcXfI. (t 1888), der zweite
Sohn Hermanns V. Dieser wusste während
des Interregnums durch Erwerbung Ton
Reiohsgütern und Reichsrechten seinen er-
erbten Besitz beträchtlich zu Termehren.
Rudolf VI. aber erhielt Ton Kaiser Karl IV.
1368 die urkundliche Belehnung mit dem
,Fürstenthum der Markfl^aftchaft*. Trotz
wiederholter Theilungen gewann das Land an
Ausdehnung wie durch Kultur, namentl. un-
ter den Markgrafen Bernhard I. (seit 1380),
Jakob L (seit 1430) und Karl I. (seit 1453).
Markgraf dhristoph (f 1587), der sämmtl.
badische Lande wieder Tereinigte, hatte
seine Söhne Bernhard HL und Ernst I. zu
Nachfolgern; Jener wurde Stifter der Linie
Baden-Baden, dieser der Linie Baden-Dur-
lach, Bernhard (f 1537) führte die Refor-
mation in seinem Lande ein; 'sein Enkel
PhiUpp n. aber zwang demselben den Ka-
thoUcismns wieder auf. Unter seinen Nach-
folgern zeichnete sich namentlich Ludwig
Wilhelm, der ,badisohe Held' (f 1707). aus.
Die Linie Baden-Baden erlosch 1771. In
den baden -durlachschen Landen führte
Emsts L Sohn Karl H. (1555) die Refor-
mation ein. Gkorg Friedrich trat die
^Regierung an seinen Sohn Friedrich V. ab,
um mit einem selbst geworbenen Heere die
Sache des Tertriebenen Böhmenkönigs iPried-
rich V. Ton der Pfalz zu Terfechten. Unter
Friedrichs V. Enkel Friedrich Magnus (f 1709)
machten die Franzosen Tcrheerende Einfälle
in B. Dessen Sohn Karl HI. begann 1715 den
Bau der neuen Residenz Karlsruhe. Unter
Karls m. Enkel JKäH Friedrich (seit 1746)
gewann B. bedeutend an Grösse, indem er
nach dem Erlöschen der baden-badenschen
Linie (1771) deren Lande mit den seinigen
Tereinigte, im Frieden Ton LunevUle (1801)
als Entschädigung für 8 QM. Landes mit
85,000 Ew., die er jenseits des Rheins ab-
trat , die bischöfl. Gebiete Ton Konstanz,
Basel, StrassbuiK und Speier, dann die
pfiUz. und hess. Aemter Mannheim, Laden-
burg, Heidelberg und Bretten, Llchtenan
192
Baden.
imd Willst&dt, mehrere Stifter ti. die Reichs*
■tidte OAnbars, Gengenbaoh, Zell und
I>ftiileiidorf, EQfl. 60 QU. mit M5,000 Ew..
durch den Frieden von Pressbars (1805)
aber den Breisgaiiy das alte Stammland
der Zahrlnger, mit Vreibursr« einem Theil
der Baar mit Villingen, nebst der Ortenan
und der Stadt Konstans , zus. 49 QM. mit
160,000 Ew. erhielt. Schon 1803 hatte der
Harkg^raf den kqrffirstl. Titel angenommen.
Durch den Beitritt zum Rheinbund (1806)
aber erhielt er mit dem grosshercogl. Titel
dieHSouyer&netat über den grössten Theil
der fürstenberglschen Lande, das Fürsten-
thumlieiningen, dieBesitsnngen der Fürsten
Ton Löwenstein -Wertheim, sms. 100 QM.
mit 380;000 Ew. Auf Karl Friedrich folgte
(1811) sein Enkel Karl Ludwig Friedrich,
der Gemahl der Stephanie, der Adoptiv-
tochter Napoleons. Derselbe trat 181S dem
deutschen Bunde bei und gab seinem Lande
die Verikssung vom 22. Aug. 1818, worin
der Grundsatz derUntheilbarkeit desGross-
herzogthumz ausgesprochen ward gegenüber
den Ansprüchen, welche Bayern auf Grund
des Vertrags von Ried und einer alten
sponheimschen. Erbeinsetzung theils unbe-
dingt, theils eventuell auf einen grossen
Theil des Landes erhob. Karl Ludw. Friedr.
"f" 8. Dec. 1818 ohne mfinnllche Nachkom-
men und hatte seines Vaters Bruder, den
Markgrafen Ludwig Wilhelm August, zum
Nachfolger. Schon auf dem ersten April 1819
erölfneten Landtage begann das Ringen
der durch Duttlinger, Wluter, Rotteck,
Wessenberg u. A« vertretenen liberalen
Opposition nach Durchführung des Konsti-
tutionallsmus. Grossberzog Ludwig f kinder-
los 80. März 1880 und hatte Karl Leopold» aus
der morgajiat. Ehe des Grossherzogs Karl
Friedrich mit der Graün von Hochberg,
aus dem ^eichsritterschaftl. Geschlechte
Geyer von Geyersberg, zum Nachfolger.
Die eventuelle Successionsfilhigkeit der
Nachkommen aus dieser Ehe war schon
durch ein Statut von 1806 und durch ein
Patent vom 4. Okt. 1817 ertheilt und 1819
von den Hauptmächten anerkannt worden,
Bayern achien jetzt seine Ansprüche mit
Gewalt durchsetzen zu wollen, doch wurde
der Streit durch Oesterreichs vermittelung
zu Gunsten B.s geschlichtet. Mit Leopolds
Regierungsantritt schien ein frischeres kon-
stitutionelles Leben zu beginnen. Das Ge-
setz vom 24. Dec. 1831, welches dem Lande
volle Pressfreiheit gab, ward in ganz
Deutschland mit Jubel begrüsst. Aber
dessen Zurücknahme (28. Juli 1882) auf
Grund seiner Unvereinbarkeit mit der Bun-
desgesetzgebung über die Presse bewies
die Ohnmacht eines Kleinstaates gegenüber
der wieder m&chtig gewordenen Reaktion,
die am entschiedensten von dem Ministerium
Bllttersdorff (1885—43) vertreten ward. Der
dadurch hervorgerufenen Entfremdung zwi-
schen Regierung und Volk suchte das li-
beralere Ministerium Nebenius vergebl. ab-
suhelfen. Ueberdles entzweite ausserhalb
der Kammer eine künstl. genährte kirch-
liche Agitation die Gemüther. Erst als
Bekk das Ministerium des Innern übernahm,
kam der konstitnti<m^]e Liberalismus in
der Verwaltung zur €(eUung und eine ver*
s.6hnlichere Stimmung schien Platz zu grei-
fen. Aber die französische Februarrevolu-
tion von 1818 setzte das weit vorgeschobene
Grenzland B. in neye Aufregung. Die vier
Forderungen : Pressfreiheit, Sohwurgeriefate,
Volksbewaffiiung und Nationalvertretung
beim Bunde machten von B. aus ihren Weg
durch Deutschland. Die radikale, der li-
beralen jetzt feindlich gegrenüberstehende
Fraktion der Opposition blieb jedoch bei
diesen und anderen Forderungen, welche
die Regierung gewährte, nicht stehen.
Zwar scheiterten die repnblikan. Schild-
erhebnngen Heokers und Struves (April)
und Struves (Sept. 1848), aber die ruhrige
Thätlgkeit der radikalen Partei, dazu die
Schwäche der Regierung und der Mai^el
an Enei^e auf Seiten der Gemässigten
vereitelten die möglichen Erfolge dieser
Siege. Unter dem Eindruck von Soldaten-
meutereien in Rastadt und aoderwärfcs
stellte eine demokratische Volksversamm-
lung (18. Mai 1849) zu OlFenburg Forde-
rungen, welche mit einer konstltutionell-
monarohisehen Regierungsform unvereinbar
waren. Ein Landesausschuss , bestehend
aus Führern der demokrat* Klubs, nahm
die Durchführung dieser Beschlüsse auf
sich. Eine Soldatenroeuterei zu Karlsruhe
(18. u. 14. Mai) veranlasste den Hof u. das
Ministerium, die Residenz zu vorlassen.
Eine ans dem Landesausschuss hervorge-
gangene Exekutivkommission (Brentano,
Gogg} Peter, Eichfeld) übernahm darauf die
verschiedenen Ministerien. Die preuss. Inter>
ventlon machte dem revolutionären Regi-
ment ein Ende. Mieroslawski, an die Spitze
der Revolutionsarmee berufen, vertheidigte
zwar (15. u. 16. Juni) die Neckarlinie gegen
dieReichsa.rmee, konUte aber nicht hindern,
dass diePreussen die Pfalz besetzten und den
Rhein bei Germersheim (20. Juni) überschrit-
ten. Nach der Niederlage der Revolutionsar-
mee bei Waghäusel (21. Juni) rücicte die
Reichsarmee unter Peuckernach dem oberen
Neckar vor, und das preuss. Oorj^ unter
Groben überschritt den unteren Neckar.
Am 25. zogen die Preussen in Karlsruhe
(»ein; am 29. und 80. Juni gaben die Insur-
genten die Murglinie auf; am 10. u. 11. Juli
betraten die letzten flüchtigen Kolonnen
das Schweizergebiet; am 23. ward Rastadt
übergeben. Noch während der Emign^tion
hatte der Grossherzog das Ministerium
Bekk entlassen und Klüber, Marschall,
Regenauer, Stabel und Rogg^enbach berufen.
Rasch erhob sich das Land unter der ge-
mässigten Verwaltung dieses Restaurations-
ministeriums aus tiefem moralischen und
materiellen Verfall. Im März 1850 traten
die Kammern wieder zusammen; mit ihnen
vereinbarte die Regierung eine Reihe von
Gesetzen, welche die wichtigsten der vor
dem März 1848 errungenen Reformen ret-
teten. Leopold t 24. April 1692 und hatte
seinen zweiten Sohn Friedrieh zum Nach-
folger, da der ältere, Ludwig, durch schwere
Baden — Badeschwamm.
195
leibliche und gehitige Erkrankung an Ueber-
nahme der Beglemng gehindert war. Den
nächsten Anstoss zn einer der Freiheit
günstigeren Wendnng der Dinge gab der
Kirchenstreit, herrorgemfen dnrch eine
Eingabe des Erzbisohofs Ton Vreiburg 7.
Sept. 1849 an die Regierang, worin er anf
Gmnd der zn Würzbnrg yon den Prälaten
gepflogenen Verabredung die Wiederherstel-
lung der altkirch liehen Rechte, namentl.
freie Besetzung der kirchlichen Pfrimden,
freie Verwaltung des klrchl. Vermögens,
aofortlge Aufhebung des kathol. Oberkir-
chenraths etc. forderte. Der Erzbischof
nahm das Besetzungsrecht der Pfarreien
allein in Anspruch und exkommunicirte die
dagegen Einsprache erhebenden Mitglieder
des kathol. Oberkirch enraths (Koy. 1853).
Verhandlungen mit der Kurie f&hrten erst
28. Juni 1859 zn einer Konvention, In wel-
cher die Hierarchie siegte. Ein Kammer-
beschluss, dass die Konvention nicht in
Wirksamkeit treten solle, hatte Sturz des
Hinlsteriums und Wechsel des Regierungs-
sjstems zur Folge (März 1860). Das libe-
rale Ministerium Lamev-Stabel, dem später
(März 1861) von Roggenbach als Minister des
Auswärtigen hin^gesellt ward, regelte den
klrchl. Konflikt nach dem Qrundsatze der
Unabhängigkeit der Kirche vom Staate, der
auch anf die Protestant. Landeskirche aus-
gedehnt ward. Die Juden wurden den
Christen staatsbürgerl. gleichgestellt. Auch
auf anderen Gebieten erfolgte (1. Okt. 1864)
eine völlige Umgestaltung (Gkwerbefl*eiheit,
neue Organisation der Gerichte und der in-
neren Verwaltung etc.). Freiherr von Edels-
beim, Nachfolger Roggenbachs als Ijeiter
der auswärtigen Politik (Okt. 1865) war den
klerikalen Interessen wenigstens mittelbar
forderlich. 1866 war die Haltung B.s an-
fangs neutral. Durch Zustimmung zum
Bundesbeschlusse vom 14. Juni trat die
bad. Regierung auf die Seite der Gegner
Preussens. Als Bestandthell des 8. Bundes-
armeecorps bethelligte sich die bad. Division
an dessen erfolglosen Operationen, focht bei
Hundheim (23. JuU) und Werbaoh (24. Juli)
, und trat darauf in Folge der zwischen B. und
' Preussen angeknüpften Friedensunterhand-
lungen den Rückzug an (80. Juli). Der
Friedensschluss vom 17. Aug. legte B. die
Zahlung von 6 Mill. Gulden Kriegskosten
an Preussen auf. Das neugebildete Mini-
sterium (Matthy, J0II7, Freydorff) verfügte
den Austritt B.s aus dem Bunde. Zugleich
mit dem Frieden ward ein Schutz- u. Trutz-
bündnlss mit Preussen abgeschlossen, kraft
dessen Im Fall eines Kriegs der Oberbe-
fehl über die Truppen B.s wie der anderen
süddeutschen Staaten an den König von
Preussen übergehen sollte. Im Laufe des
Jahres 1867 ward das gesammte bad. Mi-
litärwesen atif preussisch - norddeutschen
3*uss gesetzt und der preuss. General Beyer
zum Kriegsminister ernannt. Mai 1867
sprach sich der Landtag für unverzüglichen
Anschluss des Landes an den norddeutschen
Band aus. Seit Mai 1869 gemeinsame Agi-
tation der kathol. und demokratisch -gross-
iieytra Hand- Lexikon,
deutschen Partei zu Einberufung eines neuen
Landtags auf Grundlage des direkten und
geheimen Wahlverfahrens. Seit Aag. 1870
rühmliche Betheiligung der bad. Truppen am
Krieg gegen Frankreich unter General Wer-
der. Nov. Eintritt B.s in das , deutsche
Reich*. 25. Nov. Abschluss einer Militärkon-
tentlon mit Preussen. Vgl. Bader, ,Badenia
oder das bad. Land u. Volk*, 1839—44, 3 Bde. ;
neueFo]gel858— 62, 2Bde.; Heuniach, ,Das
Grossherzogthum B.', 1857 ; I^üger, . ,Bad.
Vaterlandskunde*, 1866; Bader, ,Bad. Landes-
geschichte*, 1836; JHone, ,Quellen8ammlung
zur bad. Landesgesch.', 1.— 4. Bd., 1850—67;
Vierordt, ,Bad. Gesch. im Mittelalter*, 1865.
Baden, bad. Kreis, 19 QM. mit 123,925 Ew.
Die HaufiH, B. ( BadtU' Baden , das uralte
(HvUa Aurelia Aguensia der Römer), her.
Badeort in einem Thal des Schwarzwaldes,
an der Oos , 9281 Ew. 13 warme Quellen
von 87—540 R. fHauptquelle der«,Ursprung*),
gegen Rheumatismus u.Unterlelbsbesch wer-
den wirksam und seit den Römern stets be-
nutzt. Vortreffl. Anstalten. Konversations-
haus und neue Trinkhalle die Oentren des
Badelebens. Antiquitätenhalle (röm. Denk-
mäler der Umgegend) ; zahlreiche Villen u.
Prachtbauten. 1860: 46,842 Badegäste (dar-
unter 12,812 Franzosen, ~ 5672 Engländer,
3540 Russen etc.).. Auf der Höhe die Ruine
des alten Schlosses B. (Hohenbaden) , 1689
zerstört; das neue 8chlo$$ in der Stadt (1471
erbaut) bis 1589 Residenz der bad. Herzöge.
Vgl. Schreiber, ,B., die Stadt, ihre Heilquel-
len etc.', 2. Aufl. 1869 ; Huhn, ,Beschreib. von
B.*, 1851 u. 1868. — 2) (B. bei Wien) Stadt
und besuchter Badeort in Unterösterreich,
an der Scbwechat, 8 M. von Wien, an der
Südbahn, 7590 Ew. ; warme Schwefelquellen
von 22—290 R., als Ajuas Binnoniae schon
den Römern bekannt, Jährl. von 7—8000
Badegästen besucht. Prächtige Gebäude
(Sauerhof, Bürgerspital, Palast Weil-
burg etc.), reizende Umgebung. — 3) Stadt
und alter Badeort Im Eanton Aargau, 2922
Ew. ; schwefelhaltige Quellen von 25—400 R.,
bei den Römerm Thermae Eelvetiae ge-
nannt (Hauptquelle das Veronabad). Altes
Schloss ,der Stein zu B.'. Der Badener
Friede 7. Sept. 1714 zwischen Frankreich
und dem deutschen Reiche beendete den
span. Erbfolgekrieg.
Badenweiler. Dorf in Baden, Kr. Lörrach,
am Fuss des Blauen, 424 Ew. Ber. warme
Quellen von 22o R., Molkenkuranstalt. Wohl-
erhaltenes röm. Badehaus , 222' 1., 81' br.,
mit 50 Gemächern, 1784 entdeckt.
Badesehavm und Badegehlaiiim. salzig-
erdige Absonderungen von Minerslquellen,
Folge theilwelse Statt findender Zersetzung,
zu den sogen. Sohlammbädern benutzt.
Badesehwunm (Meerschvamm), Spongia
JJ>k., Protozoengattung aus der Familie der
Homschwftmme, zahlr. Arten, von denen
bes. die des adriatisehen und Mittelmeers,
durch Taucher gewonnen (Schwammflsche-
rei) und durch Kneten von der gallert-
artigen Sarkode (s. Schtoämme) befreit, in
den Handel kommen. Die feinsten sind
die syrischen Schwämme. Man reinigt den
13
194
Badestem — BaiEn.
B. durch Waiöhen nJt ▼ardÜBiitor SalsAfton
11* bMoht ihn mit tobwefUger S&nre. Ditnt
Buai Baden und WMOben, aniaminengttweMt
in der CbiruTgie snrErweitemnc Ton wun-
den. AeA«0aiMiiMU0, früher gefeo den Kropf
gebranoht. Kim$tUeke ßekwtmammoki , auf
Vermehnuig durch Zertheil«qg gegründet,
wird im adriKt.Meer mit£rfolg ausgeführt.
BsdestelB (BaduitUer), fester Hieder-
sehlag ans Mineralqnellmi| meist aasKaik-
salsen beetehend.
Bad&geom (fr. , «pr. -schong) » Pntimortel
aus Gyps; oadigeomirtn , .mit Oypsmörtel
abpntaen.
Badilfty OiofMmni AnUmio, ital. Haler, geb.
1480, t 1^^> Iiehrer des Paul Veronase;
strebte cuerst in Verona eine freiere Kich- 1
tuDg an. [Baiinerie, Possenreisserei.
Badbi (fr., apr. -ding), Postonreisfler;
BaekerkcfttMy frieselavtiger Hantans-
sohlag bei JSäckern and Hfilleni, entsteht
in Folge des Hautrefses durch Hehlstaub.
Bfthr, 1) J0h. i^ristiiM Füix, PbUolog und
. Alterthnmsforscher , geb. IB. Juni 1796 in
Darmstadt, Bohn des nachmaligen badiscben
Prälaten Johrnmes B. (geb. 96. Aug. 1767 au
Heidelberg, f ^' April 1888 an KarlBrufae),
seit 1821 Prot au Heidelberg. Sehr. ,Ge-
schicbto der röm. litaratar* (4. Aufl. 1669,
S Bde.), bearbeitate den «Herodot* (2. Anfl.
1855—61). lütheransgeber der (Heidelberger
Jahrbftcher*. — tUHto, Bechtsgelehrter, geb.
2. Juni 1617 au Fulda, ward 1849 Oberge-
riohlsrafh in Kassel, 1864 Oberappellations-
geriohtsrath d(M., 1867 au Berlin; 8«itl867 Blit-
glied 4es prenss. Abgeordnetenhauses vnd
des Seiidistags. Sehr. ,Die Anerkennung
als Verpflichtungsgrund' (2. Aufl. 1867); ,Der
Beohtsstaat Eine pablidst Sfcizae' (1864).
Bähung ■(fomentano), Anwendung fencliter
W&rme au Heilawecken, Jetzt meist durch
lokale Bäder ecsetet. [11,600 £w.
Baena, Stadt in 4er «pan. Prov. Oordoya,
Baena^ Alfom de, ein atun Ghristenthum
übergetretener span. Jude ans Baena, um
1430, Verf. eines berühmten ,(}kncionero*
(herausgeg. Ton Jftdk«! 1860).
Binder (ligamenta), aus Biodegewebs-
fasem bestehende Gebilde der Körper, rer-
binden Hnskeln mit Knochen (lange und
sdlimale B. ßebneu, breitere FascUn) oder
gehen von einem Kiiochen cum andern über
ein Gelenk hinweg (BänuUr). Die Xjshre von
den B.n heisst ßjfiuienuiiogie,
B&fy awei Sternbilder am ndrdl. Himmel.
Der grosu B., ein Komplex yon 444 Fixster-
nen, wovon 7 (6 s weiter, 1 dritter Grösse)
den gr. Wagen bilden. Der mittelste Stern
in der Deichsel (Miaar) ist Doppelstem. Der
JUetM« B., aus 86 Sternen bestehend , bildet
mit 7 Sternen den iU. Wägete; der Stern am
Ende der Deichsel ist der ibtorslern.
Bar (Ursus), Baubthiergattung ans der
Familie der Sohlengäuger. ^«iiieüicr (brauner
oder schwarzer europ.) B,, U. arctos L.,
l-b^k' Im tber 400 Pfd. schwer, wird 40-50
Jahre alt; im mittleren ?:nd nördl. Europa
bis Itittelasien und Sibirien. Tatzen und
Keulen Leokerbissen. Ei$bär, U. maritinius
L., 6 — 8' 1., an der Küste des nördl.
Polarmeers (nnr das Weibchen schläft Im
Winter). Fleisch geniessbar. Ämerikccnieelur,
eekwarmr B., Baribal, TJ. americanus Batt,,
5—7' 1., im nördl. Nordamerika. Fleisch
geniessbar. Gria^/, Grieselbär^ U. ferox
Oeoffr,, fSast 9' 1., in Kordamerika. Kali-
fornien. Fleisoh geniessbar. Zappen- oder
BiUaelbär, U. lablatus Deem., 5' 1., in Ost-
indien, Ton Gauklern herumgeführt. Der
«MisM Landbär, Dab der Juden, U. syriacos,
4' 1., im labaoon. Der B&hlenbär, U.
spelaens OoUl/., aus den mitteleurop. Kno-
ohenhdhlen und DiluTialbildoDgen, noch
grosser als der Eisbar. Alle B.en liefern
gutes Felawerk.
Bir(batardeaa}> atelnemer Damm, quer
über «nen Festongsgraben laufend, zur
Anstauung des Wassers, yerbirgt bisweilen
auch einen Gang inr Verbindung mit dem
bedeckten Wege oder «inem Ansaenwerk.
BaeZy Kairi Bmei von^ Haturforscher, geb.
17. Febr. 1793 auf Pi^ in Esthland , seit
1819 Prof. der Zootomie in Königsbei^, seit
1884 Mitglied der Akademie in Petersburg.
Höchst Terdient um' die Entwigklungsge-
schiohte und Zootomie. Sehr. ,VorlesttDgen
üher Anthropologie* (1824); ,De otI mamma-
lium et hominis genesi* (1827); ,Ueber Ent-
wicklungsgeschichte der Tbiere* (1838 und
1887, 2 Bde.); «Untersuchungen über die
Entwick^fing der Fische nebst einem An-
hanre über die Schwimmblase* (1835).
Blrenhalde, Berg imSchwarewald, 4083' h.
Bireminael, unbewohnte Insel südl. voa
Spitzbergen, 18 QH., gebirgig (ca. 1200'),
Steinkohlenlager; 1586 von BarenU entdeckt.
Vgl. X. V. Buok, ,Die B.*, 1847.
BSrenlaielA. Inselgruppe an der Küste
Sibiriens, nordweatl. der Kolymamündung.
BarenklMi» Pflanzengattuug, s. Äcanthwi
uuäohier deutecher £., «. Heraüoleum,
Baceaaee (groaeer B.), Binnensee im NW.
▼on Britiack- Amerika, 500 (^.; Abfluss
durch den Bärenßuee nach dem Hackenzie.
Barensteln, kleinste Stadt Sachsens,
Re}?hz. Dresden, an der Müglitc, 597 Ew.
Bärentraube, Pflanseagattung, a. Ärct^
aUuthjfUf.
Bärlapp* Pflanzengattung, s. Lycepoiitan,
Birwalae. 1) Stadt im prenss. Begbs.-
Frankfurt, Kr. Königsberg, 8873 Ew. Hier
1631 VeHrog Gustav Adolfr mit Frankrekh. —
8) Stadt im prenss. Begbz. Köslin, Kr. Neo-
Btettin, 1699 Ew.
Barwursy Pflanzengattung, s. Jfe««.
BaUSy alter Name des GuadalqulTir.
B£uerle, Adolf, Theaterdichter, geb.
9. April 1786 zu Wien, f 10. Sept. 1859 zu
Basel. Gründer der, Wiener Theaterzeitung*
(seit 1806); Verf. zahlreicher Lustspiele u.
Lokalpossen (zum Theil in seinem ,Kom.
Theater*, 1880-26, 5 Bde.), seit 1853 auch
mehrerer Bomane.
Baeaa (das röm. Beatia, Baetula), Stadt In
der span. ProT.Jaen (Andalusien), 13,400 Ew«
Baittn (spr. Bäifin), William, engl. See-
fahrer, geb. 1584, unternahm ausser andern
Keisen 1618 mit Jarnos Hall und 1615 mit
BobertBylotEntdeckungsfiihrten nach dem
arktischen Amerika; f 1688 bei der Be-
Bafing — Bahar.
195
lagernng toh Ormns am pars. Qolt» Nach
ihm battanst die maae BaffIrMittf, ^n Thail
des arittiatihea Meeres awfsebea Orönland
Im O. «nd den arktischen I|iB«ln Cumber*
land , Prins WilUaitisland etc. (sonst anter
Ba/Jbutemä anäammengefttaat) ImW.; im 8.
fQhrt die Datisstrasse in den atlant. Ocean.
BallAg, Hanptqttellstrom des Senegal (s.d.).
BAg (engl.), Sack, Ballen ycn 1—4 Otr.
BagAM (fr., spr. -gahsch), Gepäck.
BAgftMllMemiiy CiTilreehtsstreitigkeiten,
bei welche« wegen der (Hrlngffiglgkeit des
Streitg^Tsmatandes und der präsnmtiTen
- Einlkehheit des Reehtorerh<nisses ein ein->
facheres n. kftrseres gerichtliches Verfiihren
an^reofdnet Ist. 8. BummarUeher Proteu,
Bagdwl (sonst BaUaeh), 8tadt in det asiat.
Tbrkei, ProT. Irak Arabl, links am Tigris
(ßW 1. Sehiftbröeke), 76,000 Bar. Ansehn-
liche Gitadelle. Seiden« n. Banmwollw^berel.
EBgl. DampfschlfffehrtsYerkehr nach Indien ;
btod. Handal. Rechts am Flnss die Reste roh
AU-B., der Residena der Khallfsn (768 bis
1258); bUchster 6Ia»a ders. nnter fianm al
Raschid Im 9. Jahrh.
Bagger. KaH Okrütiaii, dän. Dichter,
geb. 10. Mkl 1807, f 25. Okt. 184« in Odense.
Sehr. ,I>ronning Christine og Honaldeschi*
(TragMie); .Smaadigte' (kleine Oedichte),
,14in Broders Lernet' (deutsch 18S5).
Bagger y Maschine cum Reinigen oder
Vertiefsn (Baggern) Yon Hafen, Kanälen etc.,
bestAt an» einem Fahraeog , Ton welchem
eine mft Eimern besetzte Kette ohne Ende
bis auf den Grund reicht. Die Eimer haben
einen sehArfen Rand. Wird die Kette durch
Mensehen- oder Dampfkraft bewegt, so he-
ben die Kfaner den Sand oder S^lamm
empor u. las^n ihn In einen Kasten fallen.
Bagghw». Jmu, däa. u. deutscher Dichter,
geb. 15. Febr* 1764 an Korsftr auf Seeland,
t 8. Okt. 1886 au Hamburg. Deutsche
Werke (18S6, 8 Bde.), darunter ,Parthenais*
(idyll. BpotOf «Der Tollendete Faust* (Drama),
,Adani und Bya' (humor* Epos). Unter den
dän. Werken (1845-47, 12 Bde.) ahid die
im komischen Qenre am gelungensten.
Bsgherl» (Baggaria), Ort auf Sieillen,
aüddstl. Ton Palermo, 18,950 Ew., sahireiche
Villen Ttm sicllian. Grossen.
Baglittllfl, westl. Quellflnss de« Ganges.
Baghlmly Königr. in Oentrafafrlka, stid-
öfltl. desTsohad8eea,yom Schar! u. Serbenal
bewässert, 2700 QM. und l^ft Mill. moham-
med. Bw. Sohdnhett der Fraaen hn gecuiBn
fludan berfihmt. Hauptst. Masenja.
BagllM« (spr. Baijone), Giovanni, ftal.
Maler, geb. 1578 zu Rom, f 16441; einer der
beaaeren r8m. Manieristen zu Anfang des
17. Jahrh. Sehr. ,yite de* pittori, seultori,
«r«hltettl 1878-1848* (Rom 1842), voll schätz-
bar^r BetifeeB. [s. Bomtnghim
BsgftiCtTalld (spr. Ba^a-), BatMtmto,
B«g»>CT (spr. Banjara, daa röm. Ihttu»
OrtatH}, Stadt in der unterttal. Frorr. Oa-
labrla Ultra I, 8517 Ew.
Bantow (spr. Baniähr), 2 her. Badeorte
ta Sudfrankreieh : 1; B. <i« Bigatf (spr.
Blgorr), Stadt im Depart. Oberpyrenlett, am
Adour und an daoi As^gang dea Kampcner-
thals, 8488 Ew.; üb«r 40 kalkhaltig -saU-
nische Quellen von 20— 60e R. , schon VoA
den Römern B\n Aqua» Big^rrortM gekannt
und benutzt. Etwa 17,000 Badegästejährl. —
2) B. de iMehon (spr. Luschong), Stadt iA
Depart. Obergarenne, in einem F/ren&an-
thale am Zusammenfluss der Pique tthd One»
8976 Ew.; eins der glanzToUsten ftanz. Bä-
der; 49 Schwefelquellen Yon 16—58* R., yoft
den Römern Ajfiae Conotmafum genannt.
Tgl. CktU-POs, ,Südfrankreich*, 1889.
BagnMtliai (spr. BanJ*-), Gebirgsthal Ift
Wallis, von St. Branehier bis aum 18,281' k.
Oombin in Piemont sich erstreckend.
]8ag]iO (ital., spr. Banjo, d. i. Bad), ttf-
Bprüngl. ICame der Bäder im Seratl au
Konstantin<^el. bei denen sich ein Ge-
flngniss fax Sklaven beflind , daher Be-
zeichnung der franzds. Straünnstalten Ia
Toulon, Brest und Rochefort, in wetchea
die Sträflinge (Galeerensträflinge) Su schwe-
ren Hafenarbeiten verwandt werden.
Bagnolea (spr. Banjohl), kl. Badeort im
franz. Depart. Ome (Normandie), SM. von
Alen^n; her. Schwefelquellen (22* R.).
Bagnola-lM-BaiM (spr. Banjohi-lä-BängX
Badeort im fTanz. Depart. Loz^re (Ladgtte-
doc); Schwefelquellen ydü 88o R.
Bagrätfdett. Ffirstengeschlecht in Ar-
menien und Georgien, reg. 885 — 1045.
Btgration, 1) FitUr , Fttru, rass. Ge-
neral, geb. 1765, Sprössling der georgischeik
Bagratlden, Iboht 1792 und 1794 unter Su-
worow in Polen, 1799 in Italien und in der
Schweiz gegen die Franzosen, ISO^beiAuster-
litz, 1807 bei Eylaa und Friedland, 1808 iil
Finnland, 1809 als General der Infanterie
an der Donau gegen die TQrken, befthligta
1812 die zweite Westarmee ; f. bei Borodlnd
verwundet, 7. Okt. 1812. — 2) Pttet Soma-
nowitich, Fartt, Neffe des Vor., rusS. Gene-
ralmajor und seit 1862 Gouverneur von
Twer, entdeckte in der acUmatoWer Mine-
ralgrube bei Slatonst ein neues Fossil (Ba-
grationit).
Btgr^ew-SpenmiAnry MiMbe(h iwn, geb.
1801 zu Petersburg, Tochter des russ. Mi-
nisters Grafen Sperausky, vermählte sich
in Sibirien mit einem Herrn von Bagrejew^
lebte erst in Petersburg, dann in der
Ukraine ; f 4. Aprtl 1897 zu Wien. Verf.
mehrerer tourlst. und notelllst. Schriften.
Bahsniliniela (span. tMeapos), Archlpat
in Westindien, zwischen Florida und Haiti,
im Ganzen 138 QM. und 85,000 Ew. (meist
Neger), seit 1768 britisch, von den ca. 500
Inseln 20 bewohnt, die meisten nur kup-
pen mit vorliegenden Sandbänken und Ko-
rallen riffion , z. B. die 190 M. lange BaJUt-
maibank. Die wichtigstem: Providehoe (Resi-
denz des Gouverneurs), Qr&tt-B, (18Vi QM.),
Abaco, San Salvador, Oat-Island etc. Pro-
dukte: Kaffde, Zuckerrohr, Banm wolle, In-
digo, Mahagoni- und Brasllienbols. Tgl.
Baeol, ,The Bahamas*, 1869.
Bahar (Beharr, Barre), ostlnd. Gericht;
auf Java der kleine B. = 8 Plkul :^ 186 Kilo ;
der grosae B. ^ ly» Flknl £= ttVh Kilo;
in Surate =r 84 Maund von Sorate ; in Fraas.-
Ostfndlen = tO Bbrand == 838 Kilo.
18*
196
Bahariden — Bailly.
BaliMrIdM} Dynaati* der Hamloken in
Aegypten, 1254—1390.
BfthftWAlpiir (Bhaudpur), brit. Scbutsstaat
in Ostindien, im SO. des Pendschab, 1189
QM. , 9S&,000 Ew. SaupM. B., am Ghara,
SOjOOOEw.
Sahift (spr. Ba-ia), ProT. im südöstl.
BrasUien, 0091 QM. n. 1,450,000 £w. (SOO.OOO
SklaTen). Die HaupM. B. (sonst San Sal-
vador), an der Allerheiligenbai, erster Han-
delshafen Brasiliens, Festung, Erabisth.,
180,000 Ew. ; ftlteste Stadt (1549 gegr.) und
bis 1763 Hauptst. des Landes.
Bahllngen^ Stadt im würtemb. SchwarZ'
waldkreise, an der Eyaoh, 3029 Ew.
Bahn 9 Stadt im preüss. Begbz. Stettin,
Er. Greifenhagen, S981 Ew.
Bahr (arab.), Meer, z.B. B.-d-Fan, pers.
Meerbusen, B.-el'Xatt, das todte Meer,
£.-OmcBn, das arab. Meer; dann auch Was-
aerlauf, s. B. B.-el-Abiad, der weisse Flusa
il)> £.'d'A»rek, der blaue FInss (Nil);
>elä mä (Fluss ohne Wasser), eine was-
aerlose Stromrinne in der libyschen Wüste.
Bahrdt. Karl FrUdr,, Theolog, geb. 25.
Aug. 1741 zu Bischofs werda in Sachsen,
Sohn des als geistlicher Liederdichter be-
kannten Joh, FrUdr, J3., Prof. der Theol.
EU LeiiHdg (t 1775), lehrte als Prof. in Leipzig,
Erfurt und Giessen, übernahm, durch seine
beterodoxen Lehren missliebig geworden,
1775 die Leitung eines Philanthropins zu
Marschlins in Graubünden, ging dann als
Generalsuperintendent nach Dürkheim im
Fürstenth. Leiningen • Dachsburg, gründete
1777 im Schloss zu Heidesheim bei Worms
ein Philanthropin, ward wegen seiner Ton
grosser Frivolität zeugenden Uebersetzung
des N. T. vom Beichshofrath für unfähig
erklärt, ein geistl. Amt zu verwalten, wandte
sich 1779 nach Halle, ward wegen seiner
Schriften ,Das Religionsedikt* und ,Die
deutsche Union' zu 2jähr. Festungshaft ver-
urtheilt; f ^> April 1792 in Halle. Sehr,
ausser theolog. Werken deistischer Richtung
jGeschichte seines Lebens, seiner Meinun-
gen und seiner Schicksale' (1790, 4 Bde.).
Kotzebue veröfifentlichte über ihn unter Enig-
ges Kamen ,Dr. B. mit der eisernen Stirn'.
Vgl. Leyger, ,K. F. B.', 1867.
Bahreininseln (Avdlinseln), arab. Insel-
jnruppe im pers* Meerbusen, von 40,000
Arabern bewohnt ; die grosste Bahrein(Aval)
mit der Hauptst. Menama. Perlenfischerei.
Bahri (Bahhari), arab. Name für Unter-
ägypten. BcAri&i, Bezirk 'das. , zwischen
der Wüste und dem westl. Nilarm.
Bahirecht» s. Ordalien,
Bah« (Bouto), Feldmt^a auf Java, = V«
Diong =: 500 rheinl. QRuthen, ca. 71 Aren.
Baider^ Simon, ausgez. Bildschnitzer aus
Eonstanz , um 1470, Yerf. des Schnitzwerks
an den Thürflügeln des Hauptportals im
konatanzer Dom (Passionsgeschichte).
Bttier (£aierl>erg) , Gipfel der Yorderrhon
im Weimar. Amte Lengsfeld, 2158'.
Baiera und Zus., •. Bayern»
Bidenbroniiy grosses Dorf im wnrtemb.
Sqkwarzwaldkreis , am Anfang des Murg-
thals, mit dwMlhlbaeker Gkuhütte, 5262 I<:w.
Baikal (SHUgf Bm), Binnanaee A^ens»
im südl, Sibirien, Gouv. Irkutsk, grösater
Gebirgssee der Erde, 84 M. 1., bis 10 M. br.,
zwischen steilen Felswänden mit Schnee-
gipfeln, 500' tief, 1832' ü. M., durch Stürme
und Schwankungen der Wassermasae ge-
fährlich. Zuflüsse: Selenga und obere
Angara, Abflusa durch die untere Angara
zum Jenisei. Am Ufer zahlreiche Fels-
inseln. Danach benannt das Baikaigebirge,
am Nordrand des Sees, ein Zweig des Altai.
Baikle (spr. Behkl), Batfour, engl. AArika-
reisender, geb. 1824 zu Arbroath, erforschte
auf mehreren Expeditionen (1852, 1857, 1862)
die Länder zwischen dem Niger und Binue
im 8. u. Eano im N. ; f hi AfHka 30. Nov. 1864.
BaUey (spr. Behli), 1) Phil. Jam»$, engl.
Dichter, geb. 22. April 1816, lebt in London ;
bekannt zuerst durch die dram. Diobtung
,Festus' (1839), eine Faustiade. Spätere
Schriften: ,Angelword' (1850), ,The Mystic'
(1855), ,The Age' (1858), »Universal B(ymn'
(1868). — 2) John, schott. Landwirth, Er-
bauer des ersten Pfluges nach richtigem
mathemat. Grundsätzen. Vgl. ,Der beslanög-
liche Pflug'. Aus dem Engl. 1805.
Baille (tr., spr.BailJ), halbrundes Baveiin»
Baillenl (spr. Balljöhl), Stadt hn franz.
Depart. Nord nriandem), 10,100 Ew. Zwirn-
und SpitzenfiEiDr. Beliebter Eäse.
Bailli (ft-., spr. Bällji, engl. BaUiff, spr.
Behliff, lat. Ballivua, Ital. Balio), Vorsteher,
am byzantin. Hofe (Bajulos) Oberaufseher
der kaiserl. Kinder, dann Titel des veue-
tlan. Gesandten das., durch den Johan-
niterorden (BaUivi conventuales die 8 Mit-
glieder des Ordenskapitels) auch in Deutach-
land gebräuchl. geworden (daher Bailei);
in Frankreich Anführer des Heerbanns,
Domänenverwalter und Bezirksrichter, spä-
ter nur erster es (B. d*6p6e) ; in England
seit Wilhelm L Vorsteher einer Grafschaft;
Jetzt s. V. a. Gerichtsdiener; in einigen
Städten Titel des obersten Beamten.
Baillle (spr. Behli), Johanna, engl. Dich-
terin, geb. 1762 zu Bothwell bei Glasgow,
t 23. Febr. 1851 zu Hampstead. ,Dram. and
Poet, works' (1853); ,Fugitive veraes' (1860).
Baillon (Ar«, spr. Balljong), Chirurg.
Instrument, womit der Mund bei Operationen
in demselben geöffnet erhal|en wird.
Baiilot (spr. Bal^oh), Pierre, her. Violi-
nist, geb. 1. Okt. 1771 zu Passy, f 15. Sept.
1842 zu Paris als Prof. am Konservatorium;
gab mit Rode und Ejreutzer eine grosse
Violinschule heraus (im par. Konservato-
rium eingeführt). Sein Sohn Bän^ B., geb.
23. Okt. 1813, seit 1848 Prof. am Konser-
vatorium zu Paris, ausgezeichneter Pianist.
Bailly (spr. Ballji), Jeai^ Sylvain, geb.
15. Sept. 1736 zu Paris, erst Maler, dann
Astronom, seit 1763 Mitglied der Akademie,
ward 1789 von der Stadt Paris zum Depo-
tirten des Bürgerstandes für die General-
staaten erwählt, Präsident ders. und der
Nationalversammlung, nach der Erstür-
mung der Bastille Maire von Paris, lebte
dann zurückgezogen auf dem Lande, ward
auf Betrieb der Partei des Herzogs von-
Orleans 12. Nov. 1793 guillotinirt. Sehr.
Baily — Bajonnet.
197
«Histoira de rastroBomie* (1775-87, 5 Bde.).
Aus seinen Papieren wnrden heraasgeg.
^Easai snr l'origine des fables et des reli-
^ioDS anciennes* (1799, 2 Bde.) und ,M6-
moires d^un tdmoln de la rövolution* (1804,
3 Bde.; deutsch von Weyland 1805).
BaUj (spr. Behli), Edward Bodgea, engl.
Bildhauer, geb. 1788 zu Bristol, Schüler Flax-
mannSy dessen kolossale Britannia er aus-
führte, seit 1821 Mitgl. der Akademie; f ^867.
Zahlr. Werke: Apoll (Pfeile schietsend),
£Ya am Brunnen, die Skulpturen im
Bnckinghampalast etc.: Statuen und Büsten.
BaiiiM (spr. Behns), 1) Edward, engl.
Publicist, geb. 1774 zu Ripon in Yorkshire,
Eigenthttmer des ,LeedBMercury*, des Haupt-
organs des Liberalismus im nördl. England,
1833 Mi%lled des Unterhauses, Haupt der
Protestant. Dissenters ; f 3* Aug. 1818. Sehr.
jHistory of the reign of George HI etc.'
Biogr. von seinem Sohne Jjdward B. (1851).
— 2) Edward, Sohn des Vor., geb. 1800, nach
dem Tode desselben Redakteur des ,Leeds
HerouryS seit 1859 Parlamentsmitglied, Füh-
rer der die Vorrechte der Hochkirche bekäm-
pfenden Partei. Sehr. «History of the cotton
manufacture in Great Britain' (1835; deutsch
von Bemouüi 1836) u. A.
Balni (spr. Ba-ini), Giuseppe, ausgez. Ital.
Muaikgelehrter, geb. 1775 zu Rom,, seit 1814
Direktor der p&pstl. Kapelle ; f 10. Mai 1844;
einer der gründlichsten Kenner der Schule
Palostrinas, auch dessen Biograph (,Me-
morie storico-critiche della vita e delle opere
di G. P. da Palestrina', 1828, 2 Bde. ; deutsch
von Kandier 1834). Sehr, aucli mehrere Kir-
ch enkompositionen. Tgl. HiUerj ,Aus dem
Tonleben nnsrerZeit', 1868.
Bairaktir (türk., d. i. Fahnenträger),
Ehrenname des Grossvezlers Mustafa. Die-
ser, geb. 1755, focht 1806 als Pascha von
Rnstschnk gegen die Russen, suchte den
durch die Janitscharen abgesetzten Sultan
Selim m. wieder zurestitulren, liess alle bei
dessen Ermordung Betheiligten hinrichten,
setzte Mustafa Iv. ab , rief 28. Juli 1808
dessen Bruder, Mahmud H., zum Sultan aus,
ward dessen Grossvezier, suchte als sol-
cher die Janitscharen vollends zu vernich-
ten, tödtete, durch deren Empörung Qp. Nov.
1808) im Serail bedroht , Mustafa iV. und
sprengte sich in die Luft.
Balrevtli (offic. Bayreuth), Hauptst. des
bayer. Regbz. Oberfiranke'n, am rothenMain,
19,464 Ew.; 2 Schlösser, grosses Opernhaus,
Denkmal Jean Pauls von Schwanthaler;
lebhafter Fabrikverkehr. Dabei 8t. Geor-
gen am See, gleichsam Vorstadt B.s, mit
Irrenheil- und protest. Strafanstalt für Ober-
franken, Fayence- und Marmorfabrik. Der
Tormal. sog. brandenburger See Jetzt aus-
getrocknet. Ueber das eUemal. branden-
burger Fürstenthum JH. s. Ansbach. Kahebei
die Lustschlösser Eremitngo und Fantaisie.
BftiM (spr. Bähs), südl. Nebenfluss der
Garonne, kommt von den Pyrenäen, mündet
bei Damezon; 21 M. I.
Baisse (flr., spr. Bäss), das Sinken oder
Fallen des Kurses von Börsen werthen
(Staatspapiere, Aktien); daher Spekulation
ä lab., die darauf gerichtete Spekulation;
Baiseier, Spekulant, der ein Fallen dar
Kurse zu bewirken sucht.
Baiter, Joh. Georg, PhilolM^ und Eri-
tlker, geb. 81. Mai 1801 zu Zürich, seit
1849 Prorektor des Gymnasiums daselbst;
gab die Sammlung der »Oratores attici' (mit
Bauppe 1839—50), Piatos Werke (mit OreUi
und Winckelmaam 1839—42, 2 Bde.) heraus,
bearbeitete für Didot den Isocrates (1846)
und für Tauchnitz die philosoph. Schriften
Clceros (1863—64).
Balze (Beize), Jagd mittelst abgerichteter
Raubvögel, bis ins 18. Jahrb. ritterliches
Vergnügen (Falkenbaize), noch jetzt in Asien
und Afrika beliebt. [19,000 Ew.
BaJa, Handelsst. im ungar. Komitat Baos,
Bajaderen (t. portngies. bailadeira, Tän-
zerin), bei den Earopäem Name der öffentl.
Tänzerinnen und Sängerinnen in Indien,
zerfallen in 2 Klassen: DSvadäsi, d. i. Qöt-
tersklavinnen (dem Tempeldienste geweiht)
und frei im Lande herumziehende, die bei
Privatfestlichkeiten herbeigerufen zu wer-
den pflegen (Nati, Kuttani, Sutradhari).
BaJS (a. G.), Stadt an der kampan. Küste
bei Neapel, glanzvollster Badeort der röra.
Welt, in herrlicher Umgebung; jetzt ein
kleiner, fast verödeter Ort.
BiVlizxo (ital.^, Hanswurst, im Kostüm
dem Pierrot gleichend, nur mit zuckerhut-
formiger Kopfbedeckung.
BiVlesld (Bajazid), ehedem bed. Stadt im
türk. Armenien, nahe der pers. Grenze, ma-
lerisch gelegen, 5000 Ew. Grossart. Ruinen.
Bl^esid (Bdjäeet), Name zweier türk. Sul-
tane : B. L, geb. 1347, folgte 1389 seinem Vater
Murad L auf dem Thron, eroberte die Bnl-
garoi, einen Theil Serbiens, Macedonlens
und Thessaliens , unterwarf sich die
meisten Städte Kleinasiens, schloss Kon-
stantinopel fast 10 Jahre lang ein, siegte
über die verbündeten Ungarn, Polen und
Franzosen unter König Sijgismund 28. Sept.
1396 bei Nikopolis, ward bei Angora in
Galatien Juli 1402 von Timur geschlagen
und gefangen; f 1403. — B. H. , Sohn des
Sultans Mohammed H., geb. 1447, folgte sei-
nem Vater 1481, kriegte gegen Ungarn,
Polen, Venedig, Persien etc., auch gegen
seinen Bruder Dschem, den er (1495) In
Rom vergiften liess, dankte zu Gunsten
seines von den Janitscharen erhobenen
Jüngeren Sohnes 5^elim ab; f an Gift 1512.
Bl^OCCOy röm. Kupformünze, = 5>/b preuss.
Pf., 100 Bajocci = 1 Scudo.
Bajoire (fi:., spr. -schoahr, verdorben
ans Baijoire), KussmünKe, Münze mit zwei
hintereinander stehenden Brustbildern, die
sich fast decken, bes. Vermählungsmedaillen ;
alte genfer Münze, c= 1 Thlr. 17 Sgr.
Bajonnet (fr. bayonnette), 3- od. 4schnei-
dige, meist hohl geschlifirene Klinge , wird
mittelst einer den Gewehrlauf nmschliesseo-
den Dülle auf das Infanteriegewehr ge-
steckt, um die Feuerwaffe in eine zum An-
griff wie zur Vertheldigung geeignete Stoss-
waffe zu verwandeln, seit der Mitte des
17. Jahrh. zuerst in der f^anzös. , dann
in den übrigen europ. Armeen in Gebrauch
198
Bigns — Baknnin.
«Bd nMh dem Ort d«r Brilndiing Bajonne
'beiumiit. SQMbai<nme» , som Awetsen auf
die Bdchse eingerichteter Hirsefaflliiger;
J7ajoitii«tp8&el (tabre polgnard, Tatagan),
mit etwai gekrnmmter, apitaerRückenklinge,
wird auf die k&rseren Gewehre der leichten
InÄnterte, die Bdcbsen der Jiger etc. anf-
Sesteckt and macht dietelben BnrBieb- n.
toeswaffe. Der B<i^'<»ii«eMnflfW^flndet Statt,
wenn eine Enttoheidnng gesucht und der
Veind ans seiner Position geworfen werden
■oll. Bajonnetftchtm (Bajonnetiren), zuerst
Tom Sachs. Hauptmann Sebnnits eingef&hrt,
tjehung .der Influitetle, kommt mehr im
BiiuE^kainpfs als im Gefecht selbst zur An-
Wendung, namentl. gegen KaTallerie, dient
bas. dazu, den Soldaten gewandter und
krilUger zu machen.
Bl^ai, MiehaA (elg. <{e Ba^), kathol. Theo-
log, geb. 151S in Hennegan, seit 1550 Prot
in Löwen, Blitgl. des Kondls yon Trient,
seit 1578 Kanzler der üniTersitit und
später Geoeraliijqnlsltor der Niederlande;
\ 16. Dec. 1589. Seine augustinlschen An-
sichten (BajanUmu») erbten auf die Janse-
nisten fort. Auf Betrieb der Jesuiten wur-
den 1&07 76 seiner Sätze durch eine päpstl.
Bulle verdammt. Vgl. Linunimcmn, ,M. B.
und die Grundlegung des Jansenismus*. 1867.
Bake, niederländ. Philolog und Kritiker,
5eb. 1. Sept. 1787 znLeyden, seit 1815 Prof.
er griech. und rörn. Literatur an der Uni-
Tersität das.; f ^< JäAn 1864; besorgte
Ausg. des Astronomen Oleomeaes (1880),
yon Giceros ,De legibus* (1848) und ,De
oratore' (1868), redi^e mit Qeu, SanuJeer
und Pterlkan^ die ,Bibliotheca critica nova*
(1825—81, 5 Bde.), sehr. ,SchoUoa hyiwmne-
mata« (1837-62, 5 Bde.).
Bake (Baake, Bifji, Boje, Blüte), Wamungs-
oder Orientlnmgszeichen für die Schifffahrt,
an Küsten, Stromufem oder in der See auf
Untiefen, Holzgestell oder schwimmende,
am Grunde verankerte Tonne, ßdkengeld,
Zoll zur Erhaltung der B.n. Im Wasser*
bau heissen B.n die Stäbe, womit man die
Unien der Deiche und Kanäle absteckt.
Bakfely franz. Stadt in Senegambien, am
Senegal, Fort, 6000 Ew. , bed. Handel.
Baker, Samuel White, engl. Afirikareisen-
der, geb. 1828, ursprüngl OfQzier, bereiste
Ceylon und Ostindien, untersuchte 1861 die
Zuflüsse des Atbara ün nordwestl. Abessi-
nien und unternahm 1862 im Aultrag der
geogr. Gesellschaft in London eine Expe-
dition von Ohartum aus den weissen Nil auf-
wärts bis Gondokoro, wo (Febr. 18fö) Speke
und Grant mit ihm zusammentrafen, von
denen er vom Vorhandensein eines 8. grossen
Nilsees erfuhr. Diesen zu entdecken, brach
B. (18. April) auf, reiste über Latuka, Asua-
flnss bis Mruli (Zusammenfluss des Nil und
Kafnr) und erreichte von hier aus (18. März
1864) den gesuchten Luta Nsige (Albert
Nyanza), den er 18 Tage lang auf einem
Kahn befahr. In Chartum 6. Hai 1865
wieder angelangt, kehrte er nach London
zurück, wo er seine Werke «Discovery of
fhe Albert Nyanza* (1866, deutsch von Mar'
iin 1867) und ,The Nile tributaries of Abys-
sinla etc.* (18C7. de«tse|i ven Asfer 1868)
schrieb. Nenerl. hat sieh B. auf Anlass des
Yicekönlgt von Aegypten an die Spitze einer
milltär. wisseosehaitUchen Expedition ge-
stellt, am die Gegenden am weissen Nil und
an den grossen Seen der ägypt. Herrschaft
m unterwerftn und bes. den Sklavenhandel
das. abznschatren; dieselbe ging im Febr.
1870 von Ohartum ab»
BakM, Jam de, niederländ. Bildhauer,
um 1485; Hauptwerk dasDenkm^ der Maria
von Burgund au Brügge.
Bakewell (spr. Behkwell), Bobert, engl.
Landwirth und Viehzüchter, geb. 1786 zu
Dishley In Leioestershire, f ^«^i machte
glüokl. Versuche mit Veredlung der Haus-
thiere, legte seine Er&hrungen nieder in
der ,Domestio Encyolopaedla' TBd. 1). Nach
ihm ist die Bokewellrace des Rindviehs ben.
BakhaeUeeh (pers.), Geschenk, Trinkgeld.
BakÖBywaldy Gebirge in Ungarn, zwi-
schen Baab, Donau und Plattensee, 18 H.
1. , 5 IL br. Nagelflne - u. Molasserücken,
Ausläufer der steier. Alpen, bis S700* h.,
reich bewaldet; sahlr. Schweineheerden.
Baktrlea (Bactriana, a. G.)» Land in
Asien, nördl. vom Paropamisns, etwa ^^
heutige Tocharistan ; Bevölkerung arischen
Stammes; Hauptst. Bactra (Zariaspa, jetzt
Balkh). In uralter Zeit Ceotrum eines
mächtigen Reichs, das später an die Meder
und mit diesen an die Perser fiel (B. ist
die Wiege der pers. Religion, die Zoroaster
im 6. Jahrb. v. Chr. reformirte) : dann Tbeil
der Monarchie Alezanders d. Gr., der hier
Städte griech. Bildung gründete, und spä-
ter des Reichs der Seleuciden; 856 — 140
V. Ohr. unabhängiges^rt«e]b.-&aA;<r»«cAe« Beich
(gegr. vom griech. Statthalter Diodotus !•)»
das sich bis sum Kabulfluss und zum Indus
ausdehnte, aber von 127 v. Chr. an allmäh-
lig an die Scythen verloren ging. Wichtig
sind die in jenen Gegenden gefundenen
Idktr, Münun mit griech. Legenden. Vgl.
Wileon, , Arlane antlqua*, 1841 ; Fritisep, ,0n
the hlstorical results of Bactrian coins*, 1816;
Lauen, ,Ind. Altarthumskunde', 1844 f.
Baktechisaril (d. i. Gartenpalast), Stadt
auf der Halbinsel Krim, am Tschuruksee,
ehemals Resid. des Tatarkhans, noch jetzt
ganz tatar.« 11.186 Ew. Palast der alten
Khane (restaur.), viele Moscheen, Fabriken.
Baku 9 russ. Gouv. in Transkaukasien,
das alte Khanat fichlrwan am kasp. See.
Die ffauptst, B., südl. an der Halbinsel
Apscheron, Festung, besuchtester Hafen dee
kasp. Sees-, 13,700 Ew. Naphthaquellen.
Bakülometrie (lat. und gr.) , die Kunst,
Höhen, Entfernungen etc. mit Stäben, ohne
Messiustrumente zu messen, beruht auf der
Lehre von der Aehnlichkeit der Dreiecke,
gibt nur annähernd richtige Resultate.
Baknnln, Jfiehaei, russ. Agitator, geb.
1814 zu Torschok im Gouvernement Twer,
wirkte seit 1841 in Berlin, Dresden, Paris
und Brüssel für Verbrüderung der Russen
und Polen zur Revolutionirnng Russlands,
ward, während der Maikatastrophe von
1849 za Dresden Mitglied der dort, revo-
lutionären Regierung, 10. Mai verhaftet und
Bala — Baldain.
199
Bftch d«in Könlfstdn gebracht. Kai 1850
zum Tod venirtheUt. ward er au lebenslängr*
lieber Haft begnadigt und an Oesterralch
ausgeliefert, hier Mai 1861 als HocbTerr&-
ther xnm Tod Terurtheilt, wieder an lebens-
länglicher Haft begnadigt, an Russland
aasgeliefert- nnd mehrere Jahre in den Kase-
matten der Kewafestung in Haft gehalten.
Nach dem Krimkriege nach Ostsibirien trans-
portirt, lebte er hier mehrere Jahre als Straf-
kolonist, siedelte dann mit Erlatibnlss des
QeneralgoQTemeurs nach dem Amnrlande
über, entfleh anf einem amerikan. Schiffe
nach Japan und gelangte von da über Ka-
lifornien nach London. Sept. 1870 bei den
Arbeitemnraheu in Lyon betiieüigt.
Balfty Haaptst. der Gräflich. Herioneth in
Wales, am JBcHtM, 2883 Ew.
BaUdua, Dorf bei Baku in Transkau-
kasien; dabei Naphthaqnellen, Schlammvul-
kane nnd das sogen, ewige Feuer JUuchga
(entsündetes WasserstofTgas, aus Erdritzen
emporsteigend) anter einem grossen Ge-
bäude, Wallfahrtspunkt der Gaebem.
Balaclmay Fabrikstadt im nun. Gout.
Nischni-Nowgorod, an der Wolga, 4239 Ew.
B^aelelghy irisch. Name von Dublin.
Baladeay s. y. a. Neukaledonien.
Balagna, fruchtbare Landschaft im KW.
der Insel Korsika; Hauptort Isle Rousse.
BalaUiwa. Stadt an der Südküste der
Halbinsel Krim, guter Hafen , (üi Ew. j da-
bei das her. griech. Oeorg$klo$Ur. Im ICrim-
krieg 1854 Hauptstation der engl. Flotte;
26. Okt. 1854 Sieg der FHnsosen und Eng-
länder unter Lacy Evans über die Bussen
unter Liprandi. [Nationalinstrument.
Balalaika 9 südrnss. guitarrenförmlges
Balau, Dorf in Siebenbürgen, Stuhl Csik,
nahe der Alutaquelle; bed. Kupferwerke.
Balance (IT., spr. -angs), die Wage, das
Gleichgewicht; BaUmcAer (spr. -anglich),
Wagebalken, gleicharmiger Hebel, zu Fort-
pflanzung der Bewegung in Haschinen
dienend ; in Taschenuhren s. t. a. Unruhe.
Balanen« s. JSeereichtlm, \t» QonorrMe,
BalaHObleniiorrliSe (gr.), Eicheltripper,
Balaroe, Badeort im firans. Depart. H6-
rftult. nördl. vonCette; Soolbäder 48— 50» O.
BalasfalTa, Stadt, s. JBlattndorf,
BalaaM-GyarmatA, Hauptort des ungar.
Komitots Neograd, an der Ipoly, 5487 Ew.
Balatoiiy Ungar. Name des Plattensees.
Balbly AdHatu>, ital. Geograph und Sta-
tistiker, geb. 25. April 1782 zu Venedig,
f das. als kaiserl. Rath 14. März 1848.
Sehr. , Atlas ethnogr. du globe* (1826);
,Abr6g« de gtegraphie* (1832, 2 Bde.; 8.
Aufl. 1850; deutseh von Andree 1833—84,
nea boarb. yon Arendts 1870). Sein Sohn
Sugenio B», ebenfalls Geograph, veröffent-
lichte die ,Scritti geografici« (1841-42, 5 Bde.)
seines Vaters, ,Gea, ossia la terra descritta*
(1854 f.) und ,Sagglo di Geografla* (1868).
BalbOy Cetare, Oonte, ital. Staatsmann
«nd Geschichtschreiber, geb. 4. Nov. 1789
an Turin; 1815—21 sardinischer Gesandter
in London, nahm als Haupt der gemässigten
Partei seit 1847 eine hervorragende polit.
Stellung ein; f 3* J^n^ l^^* &cbT. ,Spe-
ranxe dttalia* (1848): ,Del]a ttoria dltalia*
(11. Aufl. 1859) u. A. Blogr. von iStcoNi (1856).
BalbSEy Foaeo iV^es de, span. Conqol-
stador, geb. 1475 zu Xerea-de^Badajoz, naJim
an der Expedition Francisoos deBnrico(1510)
nach Darien Theil, erhielt den Oberbefehl
in der neuen Kolonie, sah zuerst von einem
Berge der Land eng» von Panama aus die
Südsee, musste aber den Oberbefehl in den
von ihm in Besitz genommenen Landstrichen
an Pedrarlas Davila abtreten, unternahm
in untergeordneter Stellung noch mehrere
Expeditionen in das Linere des neuen Welt-
theils, wurde 1517 der Rebellion angeklagt
und enthauptet.
Balbuena. Don B«mardo de, span.'Dich-
ter, geb. 1568 za Valdepefias , f 1627 als
Bischof von Puertorico. Sehr. ,La graodeza
mejicana* (Mex. 1609), eine Beschreibung
Mexikos; ,±21 siglo de oro' (Madr. 1608), eine
Idylle, und das Epos ,BI Bernardo, 6 sea
la Victoria de Roncesvalles* (1^08).
Balck, JBRsrmann von, lUtter des dentchen
Ordens , besiegte 1281 die heidn. Preussen,
ward 1SB7 Heermeister in Livland, Gründer
von Kulm und Marienwerder; f um 1847.
Baldadu alter Name von Bagdad.
Bälde, Jakob, Dichter, geb. 160S au Ensis-
heim im Elsass, Jesuit, Ftedlger am kurbayer.
Hofe, f 9. Aug. 1666 zu Neuburg. Meist lat.
Gedichte von acht poet. BegeisterungOnd kla-
rer Sprache ; wenige deutsche. Bekannt bes.
,Solatinm podagrieorum* (1661). Auswahl
seiner ,Opera poetica* von Oretti (1818) und
desca 21829); Uebers. von Herder, Aigner
(1831), 8chrottn,Sehleieh(tReneABBAno%; 1869).
Biogr. von Eitner (1864) u. WeeUrmeger (1868).
Baldegger See, See im Kant. Lnzem,
IVa St. 1., Va St. br., 1488' h., Abfluss zum
Hallwylersee.
Baldenburg, Stadt im preuss. Begba*
Marienwerder, Kr. Schlochau, 2186 Ew.
Baldeirln (Balduin), der Fröhliche, Unbe-
kümmerte, Name des Esels im Thierepos.
Baldinl, Baeeio, erster namhafter ital.
Kupferstecher und €k>Idschmied zu Florena,
geb. 1486, 1 1488; stach nach Zeichnungen de«
Sandro Botticelli, seine Blätter sehr selten.
Baldoffnettt. Alessio, florentin. Maler,
geb. 1422, i' 1^, Lehrer dea Dom. Ghir-
landajo; ging zuerst in Florenz bestimmt
auf die flandr. Richtung ein.
Baldrian. Pflanaengattong, s. Valeriana.
Baldrianol'« äther. Gel aus der Baldrian-
wurzel, enthalt Baldriansäure; offtcinell.
BaldriansSure, Fettsäure, im Baldrian, im
Delphinöl, in der Angellcawurzel etc., künstl.
aus Fuselöl (Amylalkohol) gewonnen, forb-
lose, stark riechende Flüssigkeit, mit Al-
kohol mischbar, siedet bei 174o, bildet &rb-
und geruchlo8e.j(offlcinelle) Salze. Baldrianr
aäureäther, zum Theil mit Fruchtgerucb,
dient zur Darstellung von Fruchtäther.
Baldnceio (spr. -uttscbo), Oiowinni dt,
Bildhauer aus der Periode des ital.-gerroan.
Stils in Italien, geb. zu Pisa um 1295, fsr-
tigte 1839 das Grabmonument des heil.
Petrus Martyr in St.Bnstorgio zu Mailand.
Balduiu, 1) Name mehrerer Könige von
Jerusalem: B.I., Brader des Heraogs Gott-
200
Baidang — Ballanche.
fried von Bouillon, nahm Theil am ersten
KrenzBoge, vrard Fürst von Edesia, nach
seines Bmders Tode 1100 Schirmyogt des
heil. Grabes nnd Baron von Jerusalem,
nahm den Königstitel an, eroberte Gasarea,
Asdod, Tripolis, Ptolemals nnd Sidon; f
1118. — B. n. , Vetter nnd Nachfolger des
Vorigen , f >!• Aug. 1181. — B. m. , Sohn
und Nachfolger des Königs Falko, Grafen
von AdIou, geb. 1129, bestieg 114S den
Thron, focht 1152 siegreich gegen Nureddln,
Sultan von Aleppo; f !<>• Febr. 1162 zu Tri-
polis. — B. rV., Sohn und Nachfolger Amal-
richs, gen. der Aussätzige, reg. 1178—83.
Nach ihm ward der 5jährige B. V.» Sohn
des Grafen Wilhelm von Montferrat nnd
Sibylles, der Schwester B.s IV., zum König
ausgemfen, f 1187. — 2) B., Graf von Flan-
dern, half auf dnn vierten Kreuzznge den
Venetlanem Konstantinopel erobern nnd
gründete 1204 das. das lat. Kaiserthum.
Baldimgy San$, gen. Orten, her. Maler
u. Holzschneider der oberdeutschen Schale,
geb. zu Gmünd in Schwaben, f 1552 zu
Strassburg. Hauptwerk ein Altarblatt von
1516 im fVeiburger Dom. Ein anderer Hon»
B., geb. 1476 zu Meiersheim bei Strassbarg,
t 1545 in Strassburg als bischöfl. Hofmaler.
BaldoTy in der nord. Mythol. Sohn Odins
und Friggas, Gemahl der Nanna und Vater
ForsetiB, auch Phol gen., nach Einigen Gott
des Sommers (daher sein Kampf mit Hother
der Kampf zvfischen Sommer and Winter),
nach Andern Friedensgott, durch seine
Tapferkeit den Frieden schützend.
Baleiren (Bohleudererinseln), Inselgruppe
im Mittelmeer, vor der Ostküste Spaniens,
bestehend aus Mallorca, Menorca und Ca-
brera, bilden mit den Pithyusen die span.
Prov. der B. (sonst Königreich Mallorca),
87,5 QM. mit 278,660 Ew. Hauptst. Palma.
Vgl. ,Die B., in Wort n. Bild geschildert* (von
Erzherz. Ludw. Salv. v. Toskana), Bd. 1, 1869.
Baletty Heinr, van, niederl. Historien- n.
Landschaftsmaler, geb. 1560 in Antwerpen,
t das. 1632, Lehrer van Dycks.
Baiester (lat.), Kugeln werfende Armbrust.
Balfe^ William, engl. Komponist, geb. 15.
Mai 1808 in Dublin, seit 1845 Direktor der
ital. Oper und der philharmon. Koncerte
in London; f ^^- Okt. 1870. Zahlr. Opern
des leichten ital* Genres, z. B. ,Die vier
Haimonskinder' und ,Die Zigeunerin*.
Balfinnsell (Barfunuch), Stadt in der pers.
Prov. Masenderan, einst reich bevölkert
(150—200,000 Ew.), Jetzt durch Pest u. Cho-
lera verödet; Handel nach Russland.
Balg, in der Anatomie kleine, innere Hohl-
räume abgrenzende Bläschen (Haarwurzel-
balg); in der Botanik Kelch der Grasblüthe,
Häutchen an der Aehre, wprin das Samen-
korn sitzt; auch die Haut kleinerer Thiere.
Bilgfts Flecken imprenss. Begbz. Königs-
berg, am frischen Haff, 719 Ew. ; dabei die
alte KreuKherren-Ordenäburg B., j. restaurirt.
BalggeschwulBt (Cyste, tumor cysticus,
lupia, cystis), geschlossener häutiger Sack
mit wässerigem (Hydatiden oderHygrome),
leim- (Kolloid bälge) oder breiartigem Inhalt
(Cholesteatome und Atherome), tritt als ab-
norme Bildung am häufigsten In den inneren
Geschlechtsorganen des Weibes auf u. ist
meist nur durch operative Behandlung
heilbar. Die falschen Cysten umgeben sich
erst im Verlauf ihres Wachsthums mit einer
bindegewebeartigen Hülle.
Ball (Klein- Java), eine der kleinen Snn-
dainseln, am Ostende von Java, 94 QH.,
450,000 Ew., fimchtbar; seit 1846 hoUänd.
Balingen^ Stadt, s. BahUngen.
Balkan (der H^tmtu der Alten) , das bul-
garisch - thracische Scheidegebirg in der
Türkei, von W. (bei Ichtiman) gegen O. zwi-
schen dem Donau- und Maritzagebiet bis
zum schwarzen Meer ziehend, 50 M. 1.,
21/9—5 M. br.; im Ganzen nur 2—3000', in
den höchsten Kuppen selten über 5500* h.
Abfall gegen S. nach Thracien (Kamelien)
steil, gegen N. nach der Bulgare! allmählig
und öfters durch tiefe Thäler zerrissen;
gegen die Donau hin eine lang^ Reihe von
Vorbergen, noch über 2000' h. Nur fünf
Passagen über das wenig gangbare Wald-
gebirge : wichtig die von Sophia nach Tatar-
Basardschyk; von Timovo über Kasanlik
u. Selimnia (nach Adrianopel) ; von Schumna
über Karnabad und Aldos (nach Konstanti-
nopel). Auf den ersteren Pässen wurde der
B. 1829 vom russ. Heere unter Diebitsch
überschritten, daher dessen Ehrenname
BabaXkanaky, d. i. Besieger des B.
BalkaBhalbiiigel, die südöstl. Halbinsel
Europas, die Türkei und Griechenland.
Balkascluee, asiat. Binnensee in der
Kirgisensteppe, 8ß M. 1., 1—11 M. br., 70'
tief; Hauptfli^ss der Ili vom Thianschan.
Balken, in der Anatomie der die beiden
grossen Hirnhälften verbindende Theil des
menschlichen Gehirns (corpus callosum ce-
rebri); auch Muskelbündel, Herzwände
(trabeculae cameae).
Balkenschleife, Ackergeräth zum Unter-
bringen der Saat oder zum Ebenen eines
scholligen Bodens.
Balkh, Stadt in Turkistan, Khanat KTin>
duz, in fruchtbarer Bewässerungsebene,
2000 Ew.; vielleicht das alte Bactra.
Ballade (vom ital. baÜcUa), ursprüngl. in
Italien (seit 12. JahrhO ein kleineres, sonett-
und madrigalartiges (gedieht (Tanzlied); im
14. Jahrh. in England und Schottland Be-
zeichnung für das epische Volkslied (Samm-
lungen von Percy 1765, BeZi 1863) ; im moder-
nen Sinne, durch Bürger (,Lei\ore*) bei uns
eingeführt, das epische Lied, in welchem,
im Gegensatz zur Romanze (s. d.), der Ton
der Stimmung und die sangbare Form vor-
waltet und somit das Ereigniss ganz in
Empfindung aufgelöst wird. Bedeutendste
Balladendichter: Goethe, ühland, Heine,
ZedJLitt, Eichendorff u. A.; Balladenkompo-
nisten : Zumtteg, Fr, Schubert und bes. Löwe
und Schumann. Auch charakteristisches
Klavierstück, phantastisch -romant. Inhalts,
bes. von C%optn kultivirt.
Ballanche (spr. -angsch), Pierre 8im<m,
franz. Socialphilosopb, geb. 4. Ang. 1776 zu
LyoD, Buchdrucker und Buchhändler, seit
1842 Mitgl. der Akademie; f 13. Juni 1847.
'Sehr, ausser der symbolisch -epischen Dich-
Ballantyne — BallyAannon.
201
tvaxg »Antigone* ,Es8ai aar les Institotions
sociales* (1808); ,Honune sans nom* (1820);
»Essai de paling6n6sie sociale*, eine uxiToll-
endet gebliebene Qeschichte der Philosophie.
Werke (1831, 4 Bde.).
BaUantjBe (spr. Bällantin), James E., aus-
gezeichneter Orientalist, geb. 18. Dec. 1813
zn Kelto in der schott. Crrafschaft Bozbnrgh,
ivard 1841 Direktor des College bu Benares,
1861 Bibliothekar der East-India- Office; f
16. Febr. 1864. Sehr. «Sanscrit grammar* (2.
Aufl. 1862), «Elements of Hindi Braj-Bakha
grammar' (1839), ,HiQdustani grammar*(1848),
-,Mahratta grammar' (2. Aufl. 1868) u. A., gab
die Sanskritgrammatik ,Lagha-Kaamudi' mit
Uebers. und ELommentar (1849—52, 8 Bde.)
lierans, lieferte Uebersetsungen der Haupt-
werke derKy&ga- and Sankbya-Schule, ver-
suchte eine Vermittelung der indischen mit
•der europ. Wissenschaft in der , Synopsis of
soience in Sanscrit and Engluh* (1856)
und in jChristianity oontrasted with Hindu
T)hilosophy* (1859).
Ballanity Stadt *in der aastral. Kolonie
Victoria, im Golddistrikt, 22,000 Ew. (mit
der Umgebung 40,000).
Ballut) schwere Massen (Sand, Steine),
•die der Schiffer einnimmt, vCm dem nnbe-
fTnchtetenScfaiffdengehör.Tiefgang zu geben.
BaUel (vom mittellatein. baUivus), bei den
Tempelherren, deutschen Rittern und Jo-
hannitern Name der einzelnen Provinzen
ihrer Territorialbesitzungen. Die deutschen
Kitter hatten in Deutschland später u. bis
zur Auflösung des Reichs 11 B.en, die in
Kommenden zerfielen. Vgl. Bailli,
Ballen^ Zahl- oder Stückmass für Papier.
1 B. =3 10 Ries k 20 Buch k 25 Bg. Druck-
oder 24 Bg. Schreibpapier. Beim Tuch-
liandel 1 B. = 12 Stück k 32 Ell. 1 B.
Leinwand = 12 — 30 Ell. . 1 B. Leder =
^0 Rolled oder 220 Stück Juften- oder 30
Stück Pfundleder. Im Baumwollengarnhan-
del in England 1 B. r= 60 Pack k 4 Pfd. 1 B.
-amerikan. Baumwolle 400 oder 440 engl. Pfd.
BftUenst&dt, Stadt im Herzogth. Anhalt,
nördl. am Harz, 4500 Ew. Ehemal. Re-
sidenz des Herzogs von Anhalt-Bernburg.
BaUenyingeln. 5 Inseln im südl. Eismeer,
bis 12,000' h.; 1839 entdeckt.
Ballesteros (spr. Baljesteros), Von Fran-
cisco, span. Patriot und Staatsmann , geb.
1770 zu Saragossa, focht im Befreiungskriege
gegen die Franzosen, ward nach Ferdi-
nands Vn. Rückkehr Kriegsminister, musste
als Freisinniger zurücktreten, bestimmte,
1820 wieder an den Hof berufen, den König
zur Annahme der Konstitution von 1812,
ward zum Yicepräsideuten der provisor.
Regierung ernannt, befehligte im Krieg
gegen die Franzosen 1823 die zur Verthei-
digung von Navarra und Aragonien be-
stimmte Heeresabtheilung, floh, von der
Amnestie ausgeschlossen, 1824 nach Paris;
•f- das. 29. Juni 1832. Sein Bruder, Luis
Lopez, geb. 1778 in Galicien, Finanzminister
1825-33, t 12. Okt. 1853.
Ballet (ital. balletto, von balare, tanzen),
Schautanz auf der Bühne, früher wesent-
licher Bestandtheil der Oper; bes. aber
Barstellung einer Handlang doroh Tanz aud
Pantomime, mit planmässig angelegter Ex-
position, Knoten und Entwicklung, unter-
stützt durch eine charakteristische, dem
Iidbkalt und Verlauf der Handlung entspre-
chende Musik ; im letztem Sinne zuerst von
Noverre (Mitte des 18.> Jahrh.) behandelt und
selbst von Beethoven («Geschöpfe des Prome-
theus'), Gherubini u. A. kultivirt.
BaUhom, Joh,, Buchdrucker in Lübeck
(n. And. zu Soest), um 1531—99, nahm bei
einem Fibeldrucke dem als Titelbild ge-
bräuchlichen Hahn die Sporen und legte
ihm* Eier zur Seite und fügte die Worte hin-
zu: ,Verbessert durch J.B.'; daher ballhor'
nisiren, vsrbaühomen, eine Schrift durch
abgeschmackte Yeränderungen und vermeint-
liche Verbesserungen verschlechtern.
Bslllna (spr. Bäl-), Hafenstadt in der Ir-
land. Grafsch. Mayo (Gonnaugbt), 6570 Ew.
Balllaasloe (spr. Bällinasloh), Stadt in
der Irland. Grafsch. Galway (Gonnaught),
am Suck , 3200 Ew. Hier im Okt. gi'össter
Viehmarkt Irlands.
Balllagy KarlJoteph Napoleon, Ghemiker,
geb. 21. April 1805 zu Gabrielshütte in Böh-
men, seit 1835 Prof. der Chemie in Prag,
trug durch seine ,Gährungschemie' (3. Aufl.
1865, 4 Bde.) wesentl. zur Förderuug der
landwirthschaftl. Gkwerbe bei, führte bei
diesen das Saccharometer ein. Sehr. ,An-
leitung zum Gebrauch des Saccharometers'
(1855), über Eisenhüttenwesen (1829), Eisen-
erzeugung in Böhmen (1849) etc.
BalllBger, im Mittelalter Art Kriegsfahr-
zeug der Franzosen und Engländer.
BalUste (lat.), bei den Römern Wurfge-
schütz zum Schleudern von Steinen oder
steinernen Kugeln im stark gekrümmten
Bogen, starkes Holzgerüst mit armbrust-
artiger, schiefstehender Rinne zur Auf-
nahme des Geschosses, das durch Elasti-
cität fortgeschleudert ward.
Ballistik (lat.), Lehre von der Bewegung
(Bahn) geworfener Körper im widerstehen-
den Medium der Luft,. Theil der Mechanik,
der bes. in der neuesten Zeit in Folge der
Einführung weit tragender Geschütze sehr
ausgebildet worden ist.
BaUon (fr., spr. -long), leichter runder
hohler Körper; in der Technik grosses
kurz- und weithalsiges Glasgefäss von an-,
nähernder Kugelgestalt zur Aufbewahrung
von Flüssigkeiten (Schwefelsäure etc.).
BMlon (spr. -long), Name mehrerer Gipfel
der Vogesen: S. de Sule (B. de Guebweiler),
4374'; B. cTAlsace (Elsastbelcken) , an der
Moselquelle, 3850'.
Ballöta L. (Bailote), Pflanzengattung aus
der Familie der Labiaten. B. nigra L,,
schtoarze B. (schwarzer Andorn), bei uns
wild, früher officinell als Zahnlosenkraut.
Ballotige (fr., spr. -tahsch), Wahl durch
Kugelung, Art der geheimen Abstimmung.
Ballston -8paa (spr. Bällstn-Spah), her.
Badeort im nordamerik. Staat Kewyork,
Grafsch. Saratoga, 2234 Ew.
Ballyshannon (spr. Bällischännon), Ha-
fenstadt in der irländ. Grafsch. Donegal
(Ulster), an der Ememündung, »31Ö3 Ew.;
202
Balihes — Bamberg.
dabei traf «lilflr 8«eitti«l dl« Hdhle des heil.
Patrfk, groiaei BelUgthvm der irflech. Sage.
BalBiMy JiUm«, tpan. Theolog und Publi-
eist, auch Philosoph, geb. SB. Aug. 1810 en
Yich in Katalonien, lebte in Barcelona und
Madrid; f 9* J«U 1848. Sehr. ,La religion
demonstrada al aleanse de losnlfioe* (1841 und
öfter, deutsch 1868); ,ElProtestantismo com«
parado con el Catolidsmo en sus relaoiones
con la civilisaclon europea* (1842—44, 4Bde. ;
8. Aufl. 1849), als Vertheidigung dos Ka-
thollcismus ins Italienische, Franiösische,
Englische und Deutsche (von Hakm, 1861—82,
2 Bde.) übers. ; auch als streng wis&en-
schaftl. Philosoph. Lehrbücher «Filoeofla
fundamental* (1846; neue Aufl. 1849, 4 Bde.;
deutsch Ton Lorin$«r 1855->56, 4 Bde.;
2. Aufl. 1861 etc.) und ,Curso de filosofia
eIeJnentaP (1847 , 4 Bde. ; deutsch Ton Lo-
rinser 1852-58, 4 Bde.) u. A. [11,352' h.
Balmhoniy Gipfel der Honterosagruppe,
Baimond (spr. -rfti), Schloss in der scfaott.
Orafsch. Aberdeen, am obern Üee, seit 1848
im Privatbesitz der Königin Victoria und
ihre gewöbnlicho Sommerresidens.
Balmnng, das sagenberühmte Schwert
Siegfrieds im Nibelungenliede.
Balneographie (gr.), Baderbeschreibung;
Balne<4ogi€, Lebre Ton den B&dem und
ihrer Anwendung; BaXneoteehnik, Knust,
Bäder einsurlchten , xp bereiten.
BalfMUDy dickflüssige, harzige, stark
riechende Materie , die von Pflanzen ab-
gesondert (Perubalsam, KopaiTabalsam) u.
TJelfach in der Medicin benatzt wird;
verschiedene pharmaceut. Präparate, Lö-
sungen ätherischer Oele (Lebens-, Wund-,
mailänder B.); Lösungen von Schwefel in
fettem Oel (Schwefelbalsam).
Balsambanmy s. Balsamodendron,
Balsamholi. Xylobalsamum, von Balsa-
modendron Kafeil und B. Opobalsamum,
orientalisches Bancherwerk.
Balsamina, Pflanzengattung, s. Impatiems,
Balsamiren 9 s. Einbalsamiren,
Balsamita Vieill., Des/,, Pflanzengattang
aus der Familie der Kompositen. B. major
J)t$f., Tanacetum Balsamita Koch, Frauen-
mün»e (Morgenblatt), aus dem südl. Frank-
reich, ftüher of&cinell. Gartenpflanzen.
Balsamodendron Kttnth (Balsamea Oled»,
JBdlsambaufn), Pflanzen gattung aus der Fa-
milie der Burseraceen. B. gileadense Kunth,
Amyris Opobalsamum I*., BaUanutaud«, in
Arabien u. Abessinien, liefert Mekkabalsam ;
B. Ehrenbergianum Berg, in Südarabien,
die Myrrha und B. afticanum Amcit, in
Senegambien, sowie B. Mukul Hook,, am un-
tern Indus, das Bdellium.
Balsamstaude. s. BaJeamodendron*
Balse, amerlk. Flösse mit Segeln u. Butten.
Balta^ Kreisstadt im westruss. Gouv. Po-
dolien, an der Kodima, 14.629 Ew.
Balta-LimaAy Bai im thrac. Bosporus;
ehedem Versammlungsort der türk. Flotten
zur Belagerung Konstantinopels. Vertrag
vom 1. Mai 184» zwischen Russland und der
Tikrkel über das Interventionsrecht beider
Staaten in den Donaufürstenthümem. |
Balti(^oMls(a«,j:iesii.2Vasi;,Gebirgsland- J
sehaft am oberm Indus, Dordwestl. von .
T&bet, 7008' hoch, mit etwa 600,000 Ew.
(meist Mohammedaner); B^uptst. Iskardo.
Früher selbständig, j. au Kaschmir gehörig.
BaltU (a. G.), da« Bemstelnland im
nördl. Europa. B^Uitekee Meer, die Ostsee ;
boU, iVovtNsei», die msa. OstseeprovInzeB.
Baltimore (spr. Bahltimohr), Haaptst. von
Maryland (Kordamerika), an der Chesapeak-
bai, (1809) 852,186 Ew. (etwa y» Deutsche),
8. Handelsplata und Hauptsitz des Katholl-
clsmus in den Verein. Staaten. Maryland-
Universität ; Washingtons koloss. BÜdsänle.
Hafen 1729 von Lord Baltimore angelegt;
seit 1797 Stadt.
Baltlseli-Porty HaÜmstadt in Esthland,.
am Ann. Meerbusen, 446 Ew.; Ausgangs-
punkt der Petersburger Eisenbahn.
Baltaer, 1) Johtmne» ^Saptieia, kathol.
Theolog, geb. 16. Juli 1803 zu And«mach^
seit 1881 Prof. der Dogmatik zu Breslau^
ward 1848 geisfl. Sath des Konsistoriums,.
1846 residirender Domherr bei der breslauer
Kathedrale, 1860 I>omscholastikus. Verf^
zahlreicher polemischen Schriften philosoph.
und dogmat. Inhalts, u. a. ,Das christU
Seligkeitsdogma nach kathol. und pvotest.
Bekenntnisse* (2. Aufl. 1844); tTheologische-
Briefe« (1. Serie, 2. Aufl. 1844; 9. Serie 1845).
Ward 1860 vom Fürstbischof in seiner Lehr-
thätigkeit suspendirt, was aber der kgl.Dis-
dplinarhof für einen Uebergriff erklärte. —
2) Wilhelm Eduard, Vertreter der fireien
Ckmelnden, geb. 24. Okt. 1814 in dem preuss.
Dorf Hohenleine an der sächs. Grenze, seit-
1841 Hospitalprediger in Delitzsch,' dankte
ab und gründete 5. Jan. 1847 zu Nord hausen
eine f)reie Gemeinde, Mitgl. des Parlament»
in Frankfürt a.M. und der preuss. Natio-
nalversammlung. Sehr. ,Das sogen, apo-
stol. Glaubensbekenntnisse (1847); ,AIte u.
Neue Weltanschauung* (1850—59, 4 Bde.,
2. Aufl. 1868); ,Das Leben Jesu* (2. Aufl.
1861); ,Al]gem. Religionsgeschichte* (1854}-
.Preuss. Verfassungsbüchlein* (4.Auft. 1864);
IVoii der Arbeit* (2. Aufl. 1870); ,Pythagoras
d. Weise* (1868); .Natürliche Lebensweise*
(1867-69, 8 Bde.),
Ball, Paarungszeit bei Aner-, Blrk-, Ha-
selhühnern, Fasanen, Trappen, Schnepfen.
Balzte (spr. Balsaok), H<mor4d», franz..
Romanschriftsteller, geb. 20. Mai 1799 zu
Tours, t 18. Aug. 1850 zu Paris. Grosser
Anatom der Individuen und der Gesellschaft^
aber nur selten Künstler. Zu seinen besten
Arbeiten gehören: ,La peau de chagrin',
,£ng6nie Grandet*, ,Hist. intdllectnelle de
L. Lambert* und bes. die .Seines de la vi»
de province* u. ,Scönee de la vle parisienne*.
Seine sämmtl. Werke erschienen unter dem
Titel ,La Com^die humaine*.
Bambamu Negerreich im Innern Afrikas»
am obern Niger, mit der Hauptst. Sego und
den Handelsplätzen Bammaku, Nyanima,
Sansadig, sämmtl. am Niger. Bevölkerung
Mandingos, zum Theil zum Islam bekehrt.
Bambei^y Stadt im bayer. Begbz. Ober-
franken, an der Regnitz, 25,900 Ew.; Sita
eines Erzbischofs ; schöner roman. Dom
(von Kaiser Heinrich H. 1002 gegr., seit 1837
Bunberger — Bandello.
208
restavr.); seae bliehdlL ]t«tldens (Bwfbiar
t 181&): Hiohelsberg (Benediktinerklostor,
jetzt Bürcerlio^itAl). Bedontendar Qarton*
MO und Handel mit S&mereien» GArtenxe-
wfichsen et«. (700 Oirtnermelster, 800 Ctr.
S&merelen jährl. Ausfuhr). Unfarn die
Boinen der Altenburg (Babenborg). Univer-
«ität (1647 gegr.), seit 180S autisehobeo. Pas
Bistkwn B., 1007 von Kaiser Heinrieb U.
gestiftet, ein reichsonmittelbares Hochstlft»
wurde in Folge des lüneTiller Friedens
sakularisirt nnd I8I7 aum ürzbistbnm erho-
ben. Die bamberger JKot\fereHMtH im Kai 1854,
anf denen sich die Vertreter der dentsehen
Mittelstaaten über den Anschlnss an das
osterr.-prenss.Bündnias Tom20. April 1854
beriethen.
Bamberger. LucMg, Schriftsteller, geb.
22. Jnli 1828 zu Mains, betheiligte sich 1849
am Aufstand in der Plkls, begab sich dann
nach der Schweiz und nach England, grünr
dete 1851 ein Bankgeschäft in Botterdam und
stand 1863—66 an der Spitze eines grossen
Bankhauses in Paris. 1868 national-liberales
Mitglied des Zollparlaments; Sept. 1870 im
Slsass dem Civllgouvemeur beigegeben, Kot.
in Versailles dem Bundeskanzleramt atta-
chirt. Sehr. ,Erlebnisse aus der Pfälzer £r-
hebuxtf* u. A.
Banlboceiaden (ital., spr. -botsch-), Genre-
bilder niederer Art; s. Xoar.
Bambuky Land in Senegambien, am obem
Senegal, von Mandingos bewohnt; Gold.
BambiJM Schreb. (Basnbus), Pflanzengat-
tung aus der Familie der Gräser. B. arun-
dinacea Wiüd., gemeine» Bambusrohr, im
südl. Hinterasien, über 40' hoch ; die Halme
dienen als Baubolz, liefern Röhren, Gkfasse,
Stöcke etc.; Junge Schösslinge werden ge-
gessen (s. Achia), Eigenthüm liehe Konkre-
tionen in den Kn'oten alter Halme (Taba^
scheer) dienen in Ostindien als Heilmittel.
Bamlyan^ wichtiger Gebirgspass über den
Hindukuh in Asien, 8490' h., die einzige
fahrbare Strasse von Kabul nach Turkistan.
Das Thal einst Hauptsits des Buddhakultus,
mit zahlreichen Ruinen und Skulpturen.
Ban {Bawus, Tom slay. Pan, d. i. Herr),
früher Titel der Befehlshaber der östl.
Grenzmarken des Ungar. Reichs, die wie
die deutschen Markgrafen Im Krieg und
Frieden die oberste Gewalt ausübten ; gegen-
wärtig Titel des Stotthalters von Kroatien,
Slavonien und Dalmatien.
Banll (▼. franz. ban), im Lehnreoht eine
Ton dem Lehnsherrn seinen Vasallen gegen
gewisse Gegenleistungen zur Benutzung
überlassene Sache; etwas Jedermann zu
fireiem Gebrauch Ueberlassenes ; etwas durch
häufige Anwendung bedeutungslos oder tri-
Tlal Gewordenes, z. B. banale Phrase.
Banineiiy Früchte ^m PIsangs, Musa
paradisiaca und M. sapientium.
Baaitj ein von einem Ban regierter Be-
zirk; Insbes. Käme einer Landschaft in
Ungarn, die ^omitate Temes, Torontal und
Krasso umfassend, Hauptstadt Temesvar,
478 QM. ; Ton Jeher zu Ungarn gehörend,
1849—60 ein bes. österr. Kronland bildend«
seitdem wieder mit Ungarn verschmolzen.
BftBav^tek (gr.), handwerksmässig; auch
philisterhaft, engherzig.
Baaek) Karl, Komponist und musikal.
SchrifkateUer, geb. 27. Mai 1811 zu Magde-
burg, Schüler ycm Klein und Fr. Schneider,
seit 1840 in Dresden. Zahlreiche Ueder.
Baaea (ital.), die Geldwähnmg, nach der
eine Bank rechnet und zahlt, in Deutschland
meist die hambuiger Bankwäbrung als all-
gemeine BechanngSTaluta des hamhuiger
^rosshandels. In der 27>/4 Mark eine (kölner)
Mark fein Silber betragen, so dass eine Mark
B. = 15>^ Sgr. im 14-Thalerfuss = 57>/« Kreu-
zer im 24Vfl-Guldenfuss beträgt. Die Mark
wird in 16 Schillinge k 12 Pf. eingetiieilt.
Baneroft (spr. Bank-), Oeorge, nordame-
rikan. Gesohichtschrelber und Staatsmann,
geb. 8. Okt. 1800 zu Worcester in Massa-
chusetts, gründete 18SB mit CogsweU zu
Northampton eine eigne Lehranstalt, die
Roundhillschule, ward 1838 Kollektor (Ober-
zolldirektor) des Hafens ▼on Boston, 1846
Marineminister, 1846—49 Gesandter in Eng-
land, seit 1867 in Berlin. Hauptwerke
,Histor7 of the United States* (1834-64»
9 Bde.} deutsch von KreUteehmar 1845 f.);
»History of the American BeTolutton* (1855»
3 Bde.), ,A. Lincoln' (1866).
Band • in Riga Mass für Stückgüter, =z
30 Stiick; eine Tonne Butter: Schmalband
in Hamburg 224, in Bremen 280 Pfd., Bucket-
band in Hamburg 280, in Bremen 800 Pfd.
Bandage (fr., spr. -dahsoh), kunstgerechter
Verband zur Bedeckung von Wunden, zur
Erhaltung gebrochener oder ▼errenkter
Theile in der richtigen Lage, zur Ausübung
eines Druckes auf alte Geschwüre etc.
Aeltester Abriss der Verbandlehre oder Des-
mologie in Galetu Schrift ,De fasciis*. Vgl.
Henkel, ,Anleitung zum Chirurg. Verbände*,
bearbeitet von Dieffetibach 1889; Bardd^en,
,Lehrbuch der Ohirurgle etc.', 1860; Bavoth,
,Gompendlum der Bandagenlehre', 1870.
BandagUty gewerbsmässiger Verfertiger
chirurgischer Apparate, Binden etc.
Bandalnseliiy etwa 10 kleine vulkan. Inseln
des indischen Archipels, in der ^andase«
(zwischen den Molukken und kl. Sunda-
inseln), 11 QM. mit 5600 Ew. ; den Holländern
gehörig; wichtig durch Muskatnussreich-
thum (Jährl. ca. 600,000 Pfd.). Hauptinsel
Banda-Neira, Sitz des hoU. Gouverneurs.
Bandanna. ans Indien stammende Methode
der Färberei, bei welcher Thelle des Ge-
webes , die weiss bleiben sollen , mit Bind-
faden so stark zusammengeschnürt werden,
dass beim Eintauchen in die Farbenbrühe
keine Flüssigkeit eindringen kann«
Banda orientaly Staat, s. ürugnap.
Bandely Emat von, Bildhauer, geh, 1800
zu Ansbach, Schüler der münchner Aka-
demiey lebt zu Hannover ; bes. bekannt durch
das kolossale Arminsdenkmal (Kopf 14 Va'
h.) für den teutoburger Wald, noch unvoll-
Bandelakand, s. Bunddkund» [endet.
BandeUer (fr. bandouliire), Sohnlterrie-
men, an welchem früher die Patrontascbe
getragen wurde ; Wehrgehenk.
Bandello^ Matteo, ital. Schriftsteller, geb.
1480 zu Castelnnovo in Piemont , seit 1550
204
Bande noire — Bang.
Erabiscbof zu Agen In Frankreich ; f 1562.
Berühmt und berüchtigt durch seine ,No-
vellen* (Lncca 1554, 4 Bde.; deutsch von
Adrian 1818, Anawahl in Kdlera ,Ital. No-
Tellenschatz'. Bd. 3, 1861).
Bande noire (fr., spr. Bangd noahr,
Schwarz« Bande), in der ersten frans. Re-
Tolntion Name der (Gesellschaften Ton Ea-
pitalisten, welche Domänen, eingezogene
Emigranten- und Kircheng^ter kauften, um
sie in kleineren Abtheilung^n wieder zu
verkaufen, auch die darauf befindlichen
Baulichkeiten rücksichtslos abbrachen, um
die Materialien zu verwertben.
Btndeiien (y. nenlat* handerium, Fahne),
im Mittelalter die Beiterbegleitung ungar.
Magnaten und Prälaten Im Felde und auf
Reichstagen, Jetzt die berittenen Edelleute
der Komitate, welche in Nationaltracht auf
Reichstagen und besonders bei Krönungen
die militärischen Honneurs machen. Vgl.
Piringer, .Ungarns B.', 1810—16, 2 Bde.
Banderilla (span., spr. -ilja), die mit einem
Fähnchen versehene Lanze der Kämpfer im
Stiergefecht, BanderiUerot (spr. -iljeros).
Banderole (fr., spr. Bangdrohl), Scbiffs-
wimpel ; Lanzenfähnchen; Wetterfahne; Tä-
felchen mit Preisbestimmung einer Waare.
Bandettini, Tereaa, auch AmariUa Tos-
c'ana genannt, Ital. Dichterin und Impro-
visatrice, geb. 1763 zu Lucca, seit 1789 mit
Landucci vermählt; f 5. April 1837. Sehr.
,Ilime diverses Xa morte di Adone* u. A.
Bandgras. s. JPhotor»«.
Bandlnelli, Baccio, ital. Bildhauer, geb.
1487 zu Florenz, Sohn des ber. Goldschmieds
Michel Angelo de Viviano ; f 1569 ; Neben-
buhler und manierirter Nachahmer Michel
Angelos. Bestes Werk die Reliefgestalten
der Propheten, Apostel, Tugenden etc. am
Chor im Dom zu Florenz.
Bandit (ital. bandito, fr. äsBostin), Geäch-
teter, gedungener Meuchelmörder.
Bandknorpel, Sehnen- oder Faserknorpel,
Euorpelgebilde zwischen den Wirbeln, in
Gelenken zwischen den Knochen in Form
eines Ringes oder Halbmondes.
Banddia (ital.), guitarrenartiges Instru-
ment, mit 10 Metallsaiten.
Bandoler Weine, die über Marseille aus-
geführten provencaler Weine.
Bandora (ital.), zitherartiges Instrument.
Bandoska (Kohoa) , böhm. muslk. Instru-
ment, bestehend aus einem mit Wasser ge-
füllten 'Krug, worüber ein Stück Leder mit
Pferdehaaren gespannt ist, die mit angefeuch-
teten Händen hin- und hergezogen werden.
Bandscher -MasBing, ehemals selbständ.
Reich auf der Südküste der Insel Borneo,
jetzt holländisch; Hauptort die iStod< B., am
Flusse Bandaeher, 3000 Ew.
Bandsteine, bandartig gezeichnete Mine-
ralien (Achat, Jaspis, Marmor).
Bandtke (Bandtkie), Georg 8am., poln.
Geschichtschreiber und Sprachforscher, geb.
24. Nov. 1768 zu Lublin, seit 1811 Bibliothe-
kar und Prof. zu Krakau; f ^^' Juni 1835.
Sehr. ,Polniscli-deuisches Wörterbuch* (1806,
2 Bde.) ; ,PoInische Grammatik für Deutsche'
(1808 u. öfter); ,Begebnisse des poln. Volks*
(1820—36, 8 Bde.) n. A. Sein Bruder, Joh.
Vineens B., geb. 1783 zu Lublin, bis 1830
Prot der Rechte zu Warschau ; f 1851 ; um
die Geschichte des poln. Rechts verdient.
Bandiuium (a. G.), Stadt der Sabiner, un-
weit Tibur ; dabei der bandusisehe QtieU und
Horazens Sabinum.
Bandweberei, s. Weherü,
Bandwürmer. Familie der Eingeweidewür-
mer, leben im Darm der Wlrbelthiere, treten
in Ketten oder Kolonien auf, bei denen das
Mntterthier, scolex (der Kopf), an einer lan-
gen Reihe hermaphroditischer Thiere (Glie-
der) sitzt. Letztere schnüren sich von Zeit
zu Zeit ab und legen Eier, aus denen sich
in dem Fleisch eines andern Thieres ein
geschlechtsloser Blasenwurm (s. A.i ent-
wickelt. Kommt dieser wieder in den Darm-
kanal des ersteren Thieres, so stösst er die
Blase ab und bildet nun den Kopf des Band-
wurms, welcher allmählig immer mehr Glie-
der entwickelt. Im Menschen leben : der ge-
meine Bandwurm, Ketten- oder Kürbiswurm,
Taenia solium L., in Deutschland, England,
Holland, 30—50' 1., lebt als Blasenwurm,
Finne, Clysticercus cellulosae, im Schwein.
Der $chtearze B. oder Kanalwurm, T. medio-
canellata Küchenm., -äusserst beschwerlich,
in Europa u. Afrika. Blasenwurm unbekannt.
Der breite oder schweizer B., Botriocepha-
Ins latus L., in der Schweiz, in Frankreich,
Polen, Russland und Schweden. Blasen-
wurm unbekannt. B. machep grosse Be-
schwerden, Uebelkeit, Erbrechen, Krämpfe;
ihre Gegenwart wird konstatirt durch Ab-
gehen von Gliedern. Yertreibungsmittel :
Fari*nkraut Wurzel , Granatwurzel, Kousso.
Beweis der Heilung : der abgegangene Kopf.
Ban^r (gewöhnl. Banner gen.), Johann,
schwedischer General im SOjähr. Kriege,
geb. 23. Juni 1595 auf dem Rittergute Djiirs-
holm bei Stockholm, ging als Generalmajor
mit Gustav Adolf nach Deutschland, befeh-
ligte bei Leipzig den rechten Flügel , focht
dann am Lech gegen Tilly, bei Nürnberg
gegen Wallenstein, vertrieb den General
Aldringer aus Bayern, rettete als Feld-
marschall Schwedens und des niedersäclig.
Kreises die Sache der Schweden^ durch die
Siege bei Wittstock (24. Sept. 1634) über die
Sachsen und bei Chemnitz (4. April 1639)
über die Kaiserlichen; f 10. Mai 1641 zu
Halberstadt.
BanfT, Grafsch. im nördl. Schottland , SS
QM., 59,215 Ew. Die Hauptst. B., an der MHii-
dung des Deveron, 6781 Ew.: Lachsfischerei.
Bang, Pster Georg, dän. Jurist u. Staats-
mann, geb. 7. Okt. 1797 zu Kopenhagen,
seit 1830 Prof. der Rechte daselbst, wirkte
im Interesse des dän. Gesainmtstaats als
Mitglied der g^rundgesetzgebenden Reichs-
versammlung, fungirte Nov. 1848 bis Sept.
1849 und dann wieder Dec. 1851 bis April
1853 als Minister des Innern und des Kultus,
trat 12. Dec. 1854 an die Spitze des Kabinets,
welches 2. Okt. 1855 das Yerfassung^gesets
für den Gesammtstaat durchbrachte, ward
bei seinem Rücktritt (18. Okt. 1856) geheimer
Konferenzrath und Justitiarius beim liöcli-
sten Gericht; f 2. April 18(H.. Hauptwerke:
Bangalore — Bankier.
20&
^rebog 1 de tu den Romerske private Bet
lien hörende Discipliner* (1833-89, 8 Bde.)
and jSystematiskl^einstelling af denDanske
, Procesmaade* (mit Inkrtan 1841—43, 5 Bde.).
< Bangidore. Stadt im ostind. Königreich
arsore, 60,000 Ew. Hanptstatlon des brit.
lit&rs. Qr. Oitadelle (1799 erstürmt).
Bangkok (d. 1. Gartenstadt), Hanptst. des
Xönigr. Slam, anderMQndnng des Menaro,
das «Venedig des Orients*, grösstentheils aus
schwimmenden Bambushfitten bestehend,
900,000 £w. (über Va Chinesen). Zahlreiche
Tempel mit schlanken Thftrmen. Handels-
oentmm von Hinterindien.
Bangor (spr. Bftngor), 1) Hafenstadt im
nordamer. Staate Maine, 15,000 Ew. — 2)
Stadt im nördl. Wales, Or. Caernarron, an
der Menaistrasse (Britanniabrücke), 10,669
Ew. Grosse Schieferbrüche,
Banim, John, irischer NoTellist, geb. 1800,
t 1. Ang. 184S KU Windgap Cottage bei
Kilkenny: Verf. trelTlicher Schilderungen
ans dem Leben u. der Geschichte Irlands,
a. B. fTtiles ot the O'Hara familv« (1825-27).
Banjalnka. tfirk. Stadt in Bosnien, am
Yerbas, 15,000 Ew. Starke Festung; warme
Quellen; röm. Alterthümer.
Baqjane^ ind. Kaufinann, bes. Grossh&nd-
1er in den westl. Handelsplätzen.
Banky Handelsgesellschaft, welche die Er-
leichterung n. Besohleunlgang des (Hldver-
kehrs sum Zweck hat. Man unterscheidet:
1) Oirdbankm, blosse Geldaufbewahrungs-
anstalten, die ihren Kunden den Gtoldtrans-
port ersparen, indem sie durch Ab- und
Znschreibung an dem Guthaben Vorderun-
gen und Verbindlichkeiten ausgleichen (die
norddeutsche B. in Hamburg): 2) ZeUelban-
Jtm, welche meist mit einer Begierung in
mehrfacher Beziehung stehen. Indem sie
Antheil an der Kassenyerwaltung der^
selben haben und dem Staat für das Recht
der Notenausgabe ein gewisses Entgelt in
der Form unverzinslioher Vorschüsse oder
unentgeltlicher Verrichtungen aahlen (die
B.en Ton England, Frankreich, die österr.
Kationalb., die preuss. B.) ; 3} Kredithanktn,
Gesellschaften, die sich mit Bankiersge-
schäften befMsen und namentlich an der
Börse ihren Wirkungskreis haben, indem
sie sich theils bei der Ausführung Ton
Geldoperailonen betheiligen, theils Effekten
erwerben, um sie nach und nach ans Publi-
kum abzusetzen, Iheils Geld zu Börsenge-
schäften im Report (s. d.) darleihen. Das
Vorbild der modernen Kreditbanken ist der
Orödit Mobilier in Paris, die bedeutendste
Nachahmung desselben die österr. Kredit-
anstalt. — IHe B. von England ist gegründet
1694, ihr Kapital beträgt 14,558,000 Pfd. St.
inol« einer Forderung an die Regierung Ton
11,015,100 Pfd. St., welche nur mit 3^ yer-
izinst wird und kündbar Ist. Bie Gmnd-
Hage der Geschäftsführung Ist die unter
Minister Peel festgesetzte Bankakte Tom
19. Juli 1844. Die B. ist zur Ausgabe von
14 Mül. Noten berechtigt, was sie darüber
ausgibt, muss durch Baaryorrath gedeckt
sein. Die B. von Frankreich, 1800 gegründet,
hat .ein Kapital von 182,500,000 Frcs., wo*.
von 100 MUl. in Staatsrente angelegt sind.
Ihre Ton der Regierung bevorsugte Stellung
verdankt sie ausserdem dem Umstände,
dass sie zu Vorschüssen an den Staat bi»
zum Betrage von 80 MiU. bereit sein muss.
In ihrer Notenausgabe ist die B. an keine-
bestimmten Vorschriften gebunden. Die
iM^rr, NaHonaXbank, 1816 gegründet, hat ein
Kapital Ton 110,250,000 Fl., darunter ein Dar-
lehen an den Staat von 80 MiU. für die Dauer
des Pririlegiums ; sie darf einen von Metall
unbedeckten Notenumlauf von 200 MiU. ha-
ben. Die preuss, B,, 1765 gegründet, hat ein
Kapital von 20 Mill. Thlr., wozu noch der
Einschuss des Staats kommt. Die Höhe des
Notenumlaufs Ist nicht durch bestimmte Vor-
schriften flxirt. — Vgl. Bübner, ,I>ie B.*, 1854,
2 Bde.; TeUkan^f, ,Ueber die neue Ent-
wickelung des Bankwesens in Deutschland',
4. Aufl. 1857 ; Wagner, »Beiträge zur Lehre
von denB.enS 1857; Moter, ,Die Kapitalan-
lage in WerthpapierenS 1862; Wirth, ,Na-
tlonalökonomie', 3. Bd.: Bankwesen, 1870;
RUterson, ,Science of flnance*, 1868. v
Bank^ in Bei^^erken eine durch Zwischen-
schichten isolirte Abtheilung eines Flötzes ;
im Kriegswesen (QeeehüUi', Kanottenbank)
Erhöhung hinter der Brustwehr zur Aur-
stellung von Kanonen, um mit diesen un-
mittelbar über die Brustwehrkrone (über
B.) feuern zu können.
Banka, Sundainsel, südöstl. von Sumatra
(die Bankastretue dazwischen), 217 QM.,
55,000 Ew. (viele Chinesen), seit 1668 hol-
länd.; reich an Zinn (das beste der Erdo,
Jährl. gegen 100,000 Ctr.); Hauptst. Banka-
kota, 1600 Ew.
Bankban (Bonus Bank), bekannt durch
sein an Gertrud, der Gemahlin des Ungar.
Könige Andreas II., verübtes Attentat. Hit
ihrer Hülfe hatte nämlich ihr an dem Hofe
des Andreas lebender Bruder Eckart die
Tugend der Gattin B.s überwältigt, weshalb
der beleidigte Gatte mit andern Unzufi-iede-
nen das kön^l. Schloss stürmte, wobei die
Königin niedergehauen ward. B. büsste
dafür mit dem Tode. Stoff zu GrÜlparzers
Trauerspiel ,Ein treuer Diener seines
Herrn' (1830).
Banket (ft.), in Festungen stufenförmige
Erhöhung hinter der Brustwehr, von wel-
cher aus die Soldaten über letztere schiessen.
Banket (ital.), Schmaus, festliches Gelage.
Bankier (Banguier, fir., spr. Bangkleh),
Kaufmann, welcher hauptsächlich Geld-,
Wechsel- und StaatspapiergeschUte treibt,
also Geldsorten umwechselt, diskontirt,
trasdrt, Wechsel für eigne und fremde
Rechnung remittirt, das Lioasso firemder
Forderungen und Auszahlungen für fremde
Rechnungen übernimmt , Gresohäffcsleuten
laufende Rechnung eröffnet, verzinslich»
und unverzinsliche Depositen annimmt,
Geld gegen Unterpfand , Hypothek, Unter-
schrift oder 'BtUrgschaft ausleiht, Staatspa-
piere, Aktien, Obligationen und andere
Werthpapiere für eigene und fremde Rech-
nung kauft und verkauft, ai^ Im Grossen
Geldgeschäfte für den Staat übernimmt,
Staatsanleihen vermittelt etc.
206
Banknoten — Bans.
BuikBOtMi^ asTanrinsliche 8^«<ne, welche
Ton ZettellMkakeB stett baaren Qeldea aas-
gecebeB werden, keinen gecwnngenen Ktirs
haben nnd an der Bank tn jeder Zeit gegen
die danuif angegebene Summe Metallgeld
umgewechselt werden mflesen.
Bankport«gal5fnry hambnrgar goldene
Schaamvnie, s 10 Dukaten.
Bamlorott (▼. ital. hamec rotto, aerbroohene
Tafeli weil frftber die Zahlbank insolventer
SZanflente dfrentllch seibrocfaen bq werden
pflegte), auch FatUstemmi, Zustand der Zah-
langsnnlfthigkelt (InsoWens) eines Schnld-
ners (Falliten) gegenüber der Gesammthelt
seiner Gülabiger, wird snm Konkars (s. d.),
wenn der Sohnidner nicht mit den Gl&nbi-
gem akkordirt (sich vergleicht) , Ist vnver-
3chtddet9r, in Tolge von Ungl&cksfillen,
namentlich Verlosten bei B. anderer Per-
sonen ; IHehiHnniger , bei gemachtem über-
mässigen Aufwand, naehlftssiger Geechftfts-
führtiBg, gewagten Unternehmungen; frS«-
toillig«!^, bei betrügerischem Verfahren Eum
ScbaMen der GIAubigerschaft. AelterePar-
tiknlarreohte bestraften B. mit Ausstellung
am Pranger; die neueren Gesetzgebungen
bestrafen lelehtsinnlgen B. mit Gefängniss,
böswilligen mit mehrjähriger Zwangsarbeit.
Bankt (spr. B&ngks), 1) Thomtu, engl.
Bildhauer, geb. 28. Dec. 1735 su Lambeth,
f 2. Febr. 1806 zu London. Werke von ihm
in derWestminsterabtel und St. Paulskirche.
— S) JfhthamUl J^enii»» , nordamer. Staats-
mann, geb. SO. Jan. 1816 bu Waltham in
Massachusetts, ward 1851 Präsident der
Staatsgesetigebung, 1852 Mitglied des Bun-
deskongresses, 1857 Gouverneur von Massa-
chusetts, befehligte im Bürgerkrieg als Divi-
sionsgeneral 9. Aug. 1862 in der Sehlacht
bei C^dar-Mountain in Virginien, übernahm
im Dec. dess. Jahres an der Stelle des Ge-
nerals Butler die Verwaltung in Louisiana,
leitete im Sommer 1868 die Berennung von
Port -Hudson, das sich 8. Juli ergab, focht
glücklich im vrestl. Louisiana, okkuplrte
Okt. die Süd Westküste von Texas, nahm
dann die Reorganisation des Staats Louisiana
in die Hand, mehrfach als Präsidentschafts-
kandidat in Vorschlag gebracht. — S)Edw9rd,
Syndikus von Hamburg, geb. das. 28. Febr.
1796, übernahm 1847 die Leitung der aus-
wärtigen Angelegenheiten, ging als Bnndes-
tag^gesandter naoh Frankfurt, nach den
Märxerrignissen von 1848 als Bandesge-
sandter nach London und Kopenhagen, ver-
trat Hamburg im Verwaltuugsrathe und im
FürsteBkolIegtum SU Bertin, sowie im erfarter
Parlament und bei den dresdner Konfe-
ren3en,nahm nach Reaktivimng der Bondes-
versammlung In dieser seinen Sita wieder
ein; f 17. Dec. 1851 an Veytaux bei Vevay
am Geafersee. ~ 4) Bir Joseph, verdienst-
vollnr Förderer der Naturforseliung , gob.
13. Febr. 1748 lu NeveshV' Abbey in Lincoln-
shire, Begleiter Cooks, Gründer der AIHean
assodation, Entdecker der Ba«al(»iulen tob
Staffa, verdient um die Veredlung der Scha^
sucht ; t 19. März 1820 in London.
BsBkBUUid (spr. Mngks-, Borfaf»fa»el>,
Insel des arktiselien Amerika, stkdl.,vo« d»r
MelvillelnBel (die J?anAsifr«MSe daswischen);
1819 von Parry gesehen, 1850 tou MacGluro
näher untersucht.
Buuiy Küstenfluss fan n8Hl. Irtand, dundi-
8tr5mt den Lough Feagh; 22 H.
Bam (lat. hamutä, bammtm), die «inam
geistl. oder welfl. Richter (Bamth«rm) sn-
stehende Gewalt und G«rlchtsbarkeft Mäher
Kutiann, Recht über Leben und Tod); da«
Gebiet, über welches sich dieselbe erstreiket;
das vom Bannherm ausgesprochene Gebot
oder Verbot (daher HeerAom», Aufgebot Bum
Heer); die gegen den Säumigen ericannte
Strafe, inebes. Ausweisung aus dem Ctebiete
(analog mit Acht) und Ausstossung ans der
kirchl. Gemeinschalt (Ktrehtnbann); dann
Überhaupt Bezirk, In welchem gewisse Ein-
flüsse oder Rechte ausgeübt werden.
Banner (Bmier, fr. banni^re), Heerfahne,
Feldzeichen, um das sieh ein kriegerisehoB
Aufgebot sammelt; dann ein solches Kon-
tingent selbst. Das deutsche Reichsheer
ward durch die B. der Herzöge, Grafen,
Reichsstädte und Relehsireiherren (Banner»
kerren). gebildet. Symbol des Oberbefehls
war das Beu^apanier, firüher in Wimpelfbrm
mit dem Bilde des lärzengels Michael, seit
dem 12. Jahrb. mit dem Adler. Des Reichs
Bturtt^fahne, das Symbol des Rechtes zum
Vorstreite, trug In der Regel Schwaben.
Das Recht zur Führung des Reichsbanners
war eins det eitlen Streitobjekte unter den
Würdenträgern des Reichs.
Bannmeile, ehemals Berekdi des Markt-
Schutzes einer Stadt; Weichbild eines Orts
ale Gerichtsbezirk.
Bannoekbwrn (spr. Bannoekb6m), Dorf
bei Stirling in Schottland. 24. Juli UUfSteg
d. Schotten unter Bruce über die Engländer;
II. Juni 1488 Schlaeht zwischen K. Jakob m.
und seinen Unterthanen; letztere Sieger.
Bannreeht (Bannfferechtigkeit). das eltier
bestimmten Person Busteheiide Recht, vtm
Andern zu fordern, dass sie Bedürfiiisse
einer bestimmten Art nur durch sie, als
Bannberechtigte, befriedigen lassen, ward
in der Regel gegen die Einwohner eines
bestimmten Orts oder Bezirks (BmmbttMts)
ausgeübt, z. B. der Mahl- und Bierzwang
als wichtiges Vorrecht der Stödte etc. In
neuester Zeit Hut allenthalben durch Ab-
lösung beseitigt.
Bannwmldy, Wald , In welchem kein HoIb
gefällt, kein Wild geschossen werden darf.
Baue» (Span., spr. Banjos), Bäder, Name
zahlreicher span. Badeorte.
Banshee (spr. Bansehi), in Irland. Sagen
ein gespenstisches weibliches Wesen, dessen
Erscheinen den bevorstehenden Tod einee
Famrillengliedes bedeutet.
BMtIngknr. diitetisohe Ifothode zur Hei-
lung übertriebener WohlbelelblSieit, tob
Harvpy erdacht und von Banting in LondoBt
zuerst benutzt (1868).
Bantrjbal (spr. Bintri-), tieft Bndkt na
der Südwestecke Irlands.
Bans 9 ehem. reiche Benediktinerabtel In
Oberfrankett, über dem Main; 1808 sikate-
risirt, jetzt ScMose des HeMogB IEbx im
Bayern; PetrefakCeaiammlang.
1
Baobab — Baräbasteppe.
207
BAobab« s. A^^nbroäkatm,
BMMur-LoniiMii (spr. B»-«r Lermlang),
JPierre Frat^f, Loui» , frani. Dichter der
«raten Kaiserseit, geb. 84. M&rs 1770 za
Toaloiue, f in Parte 1856. Strenger eogen.
Klassiker; UebersetsM- des Oeslan a. Tasso.
Baphomn^ Symbol der Temp^herren,
TeofelsbUd, welches sie nach Aussage ihrer
Ankl&ger angebetet haben seilen, nach
j5aNMi«r (.FundgrabMi des OrientsS Bd. 6)
mannweibUcbes SteinbiM mit 9 Köj^en, nm«
geben von Schlangen, Sonne, Mond etc.
Baptisten (gr.), d. i. Tftafer, dlcdeaigen
christlichen Sekten, welche die fibliche
Tanfe als nnbifolisch Terwerfon und allein
die wahre sohriftgemässe l^nfe su haben
behaupten, daher sie die sn ihnen Ueber-
tretenden noch einmal tanfen. Sie stehen
weder mit den Wiedertäufern der Befor-
matloasceit, noch mit den heutigen Men-
noniten oder Taufgesinnten in histCMri-
schem Zusammenhang, gingen TonBngland
aus in Folge von Beformbestrebnngen inner-
halb der Poritantf und Independenten. Die
erste baptistische Gemeinde in ]&igland
wurde 1^ gegründet. Der englische Bap-
tismus hat Torberrsohend reformirtes Ge-
präge; ausserdem sind seine Hauptmerkmale
religiöser Subjektivismus bei starrem Fest-
halten am Bibelbuebstaben, Gteringschätanng
der theol. Wissenscliaft und neuerlich immer
unverhohlener sich kundgebender Wider-
wille gegen jede festere Glaubensnorm als
Beeinträchtigung des allgem. Priesterthoms.
Nach voräbergehender Duldung unter Crom*
>vell als Revolutionäre verfolgt, wurden die
B. erst unter Wilhelm IIT. mit den übrigen
Dissenters in die Toleranaalcte .von 1689 mit
einbegrilfen und geniessen seitdem mit den
Kongregationallsten und Presbyterianern
gleiche Rechte. Ihre beiden Hauptparteien
sind die Purtitular'BQpH^, die an dw oalvin.
Prädestinatioaslehre festhaltMi , die bei
weitem xahl reicheren, in England an 1800,
in Amerika an 8000 Gemeinden umfMsend,
und die General' BoplisU (auch Universal-
oder Freewili-Baptists), welche Jene Iiehre
verwerfen , in England 120 , in Amerika
liegen llOO Gemeinden aählend. Von ihnen
trennte sich 1770 die orthodoxe Fraktion
als <7eneraZ-B«y»<l«l9-iireio-0(mn«Bio«. Von
den Partikularbaptisten haben sich nach «nd
nach zahlreiohekleine strengere Partei«! ans-
fifeschieden, so: die Ihih^tarier od.Seventh-
dny-Baptists, 1685 von Franz Bompfield ge-
stiftet, welche statt desSoantags <ton Sonn-
abend feiern; die Tufiker, welche nnr das
Uutertauehen in einem Flusse oder Teich
Tür schriflgemässe Taufe halten; die iVtfM*
liaiuT, von dem Deutschen Jak. VrjwuA 1724
grestiftet, welche ebenfitils den Sabbat feiern
und Ton den »Yollkommnen' Ehelosigkeit
fordern ; die Jumpert (Springer), dardi ihre
Versnckungen im Stadium der Wiedergebart
den Metbodteten verwandt, 1803 von einem
Mühlknecht Albreoht gestiftet. Freiere Sek-
ten sind die Bt/ormed' Baptist», nach ihrem
Stifter onch Oampbelliten und Jvmger
Christi* genannt, welche statt jeden Be*
iceantnlsses nur die T$mH aur Sünden«
Vergebung und Wiedergeburt fordern, so-
wie die mhlreichen, aus B. nnd Pres-
byterianern hervorgegangenen ,Ohristen*
(Christian- Gonnexion), welche die Feier
der Sonn- und Festtage, sowie die Lehre
von der Dreieinigkeit, von Holle und
Teufel und selbst Taufe und Ehe ver-
werfen, auch allen Gemeindegliedem das
Predigen gestatten, und die Si»-Prineiple*-
BaptiaUt deren Glaubeasbekenntniss nach
Hebr. 6, 1 n. 8 sech« Punkte: Busse,
Glaube (an Gott), Taufe, Händeauflegen,
Auferstehung der Todten, ewiges Gericht
enthält. Die €tosammtaahl der amerikan.
B. mag an 6 Mlll. betragen. Ihre Kirchen-
Verfassung tet kongregatimalistisch, inso-
fern Jede EUneelgemeinde vollkommen sou-
verän ist und nur sra fireien Berathungen
mit anderen demselben Bunde angehörigen
Gemeinden sunnimentritt. Um der Sekten-
zersplitterung Einhalt au thnn , ward 181S
in England die Baptist -UM^n gegründet,
welche alle Partikniar- und Universalbap-
tisten SU gemeinsamer Arbeit an .der ,För-
derung des göttlichen Reichs* vereinigen
will. Die erste Baptistengemeinde in
Deutschland wurde loSi von Onksn in
Hambuig gegründet. Aber erst seit 1851
fand dn Baptismus, gefördert durch die
damals mächtige reaktionäre Strömung,
weitere Verbreitung. Seine Anhänger wa-
ren anfangs ( namentUoh in lutherisichen
Ländern, harter Terfolgnng ausgesetzt und
erfuhren erst mildere Behandlung, als
sich die evangel. Allianz ihrer annahm
und den König Friedrich Wilhelm lY. von
Preussen günstiger für sie stimmte. Wirk-
liohe Duldung ist ihnen aber erst seit 1858
zu Theil gewerden. 1854 ward ihre Zahl
au etwa 5000, 1860 auf nahe an 8000 ange-
geben. 1868 zählten sie 47 Gtemeinden in
Deutschland und im Ganzen 70 ,Stationen*
auf dem europ. Kontinent. {Imptmittel-
pnnkt ist noch immer die hamburger Ge-
meinde unter Omkens Leitung. In Ham-
burg versammelt sieb auch alle drei Jahre
die Bnnde^onferenz der deutschen Ver-
einigung, welche wieder in eine preussische,
nordweittliche , mitteldeutsche nnd süd-
deutsche zerfällt.
Baptisterlnn (gr., Taufhaus), Gebäude
zur Vornahme der Taufliandlung, anfangs
n^lMin der Kathedrale errichtet, von runder
oder aohteokiger Formt la der Mitte mit
einem weiten und tietfen Becken, in welches
der Täufling stieg.
Bafwaina, Stamm der Betschuanen.
Bar» bei d[enMeistersängem, s. v. a.Lied.
Bar» Stadt im westruss. Ge^v. Podolien,
(Ukraine), 8104 Ew. Hier 89. Febr. 1768
Kos^Msraiion poln. Edelleute gegen den
russ. Einfluss am Hofe des Klinigs Stanislaus
Bar, %. ÄniivarL [August.
Bar (Baroü), ^hem. Hensogthum a wischen
SVankreich und I>eut8chland, im 15. Jabrh.
mit Lothringen vereinigt, das Jetzige Depart.
Haas. Hauptst. Bar le duc.
BarabMten^y Steppe im asiat. Russland,
zwischen Ob und Irtysoh, an 100 M* 1., über
100 M. br., nur im Frühling bewachsen, im
208
Barabra — Barbarelli.
Sommer und Winter mit dfirrer , salc- oder
■chneebedeckter Oberfläche. Die Bewohner
(Barabituten) Nomaden türk.-tatar. Abkunft.
Vel. Middendorff, »Die BarabaS 1870.
Baribrty Stamm der Nabler.
Baricke. von Stroh, Reisig, Bretern etc.
erbaute Hatte bes. f&r Truppen, welche im
Xiager oder auf Vorposten stehen.
Baragnay d*Hiill«n (spr. Baragft d'lljeh),
1) Louis , ff anz. General, geb. 18. Aug. 1764
BU Paris, nahm unter Bonaparte an den Teld-
zügenln Italien 1796 u. 1797 Thell, focht Im
Winterfeldzuge von 1799 unter Macdonald
in Oraubünden, 1809 unter Eugen bei Raab,
übernahm dann den Oberbefehl in Tirol,
kommandirte 1810 in Oberkatalonien, führte
im russ. Feldznge von 1812 eine Division,
dann GouTemenr in Berlin ; f das. Im Dec.
1812. — 2) Achiüe, ft-anz. Marschall, Sohn
des Vor., geb. 6. Sept. 1795 in Paris, focht bei
Leipzig, 1844—47 Generalinspektor der Infan-
terie, als Mitglied der konstituirenden und
gesetzgebenden Nationalversammlung eiiH-
ger Konservativer, ging Nov. 1849 als Ober-
befehlshaber der flranz. Interventionsarmee
nach Rom, erhielt Jan. 1851 an Changamiers
Stelle das Kommando der Truppen in Paris,
nach dem Staatsstreiche den Gesandtschafts-
posten in Konstantinopel, 1854 den Oberbe-
fehl über das nach der Ostsee bestimmte
Expeditionscorps und nach der Einnahme
vonBomarsund den Marschallsstab und die
Senatorwurde. Im ital. Kriege 1859 Kom-
mandant des ersten Armeecorps, dann des
fünften in Tours und 1868 des Lagers von
Chälons; nach Ausbruch des Krieges mit
Deutschland Aug. 1870 Kommandant v.Paris.
Bannia . Berg der Karpathen , auf der
Bchles.-gahz. Grenze, 4062'; Weichselquelle.
Baranken (Bchma9tn), schwarze und graue
Lammfelle, bes. aus Perslen, Astrachan, der
Krim u. Ukraine, feines Pelzwerk. Gröberes
aus Ungarn, der Türkei, Italien, Südfrank-
reich, Holland, Seeland, Norddentsohland.
Barante (spr. Barangt), Amable QuUlaumt
Prower Brugiire, Baron ton, fkanz. Staats-
mann, Geschichtschreiber und Publiclst,
geb. 10. Juni 1783 zuRiom, wurde 1815 Staats-
rath, 1819 Mitglied der Pairskammer, hier
bis 1825 entschiedener Gegner der Restau-
rationspolitik, 1828 Mitglied der fhtnz. Aka-
demie, nach 1880 als eifriger Anhänger der
Julidynastie Gesandter in Turin und Peters-
burg, verliess nach der Februarrevolution
den Staatsdienst; f 23. Nov. 1866 in Paris.
Hauptwerke: »Histolre des ducs de Bour-
gogne de la maison de Yalois* (1824—26,
18 Bde.; 1854, 12 Bde.); ,Hl9toire de la
Convention nationale' (1851—1858, 6 Bde.);
,Histoire du direotoire de la r^publique
Itan^ise' (1855, 8 Bde.) und ,Le parlement
et la Fronde* (1854). Uebers. von Schillers
dramat. Werken (1821, 6 Bde.).
Bar&nya. ungar. Komitat, Kr. Jenseits der
Donau, zwischen Drau und Donau, 92,5 QM.,
262,800 Ew. Hauptst. Fünf kirchen.
Baratarlab^i, Bucht im mezik. Golf, im
SO. V.Louisiana ; ehedem Piratenzufluchtsort.
Barateaa (spr. -tob), Emile, franz. Schrift-
steller in Paris, Kabinetsohef des Vicomte
de Martignac im Minifterfvm de« Innern;,
t 16. Febr. 1870. Zahlr. populäre Romane-
(»Jenny l^ouvridre', ,Oomme a vingt ans' ete.).
BaratliiBkQ^Jev^eN^/^fom, mss.Dichtar,
firüher Offizier, f im Sept. 1844 zu Neapel ^
folgte der Richtung Puschkins. Unter sei-
neu Dichtungen (1883, 2 Bde.) ,EdaS ,Der
Ball' und .Die Zigeunerin* hervorzuheben.
Baratten« (ital., TauechgesehUft , Betrü-
gerei), in der Seemannssprache Jede betrü-
ferische oder gesetzwidrige Handlung des
chifl'skapitftns oder der Mannschaft zum
Nachtheil des Rheders oder der Ladung
eines Kauffohrtelsehifi's. In den meisten
Landern und auch nach dem deutschen
Handelsgesetzbuche kann man gegen Ver-
luste durch B. Assekuranz erheben.
Baratt«» (fr., spr. Baratt), Schutzbriefe,
welche von den Gesandten am Hofe zu
Konstantinopel christl. und and. Kaufleu«
ten ausgestellt werden.
Baratthandel ( Tcnuehhandii), kommt noch
im Verkehr mit unoivilisirten Völkern, na-
mentlich in Afrika, vereinzelt auch zwischen
gebildeten Nationen vor. Man bamtHr^ oder
troquirt hier vornehmlich solche Artikel,
welche der sie besitzende Theil weniger
gut zu verwerthen weiss als der sie im
Tausch annehmende.
Barbadoefl (spr. BarbMos), Insel der klei-
nen Antillen, seit 1624 britisch, 8 QM.,
152,727 Ew. (18,000 Weisse); grösstentheils
Korallenfels, erst durch Menschenhand mit
einer Humusschicht bedeckt, flach, nur im
NO. bis 1100' hoch ; nach Jamaika die wich-
tigste d.brit. Antillen. Hauptst. Brldgetown.
Barbar (gr.), bei den Griechen Jeder
Ausländer, nach den Perserkriegen mit dem
Nebenbegriff des knechtischen Gehorsams,
der Rohheit, idedriger Gkuiinnung; bei den
Römern Bezeichnung aller Völker, denen
grieeh. und röm. Bildung abging, besonders
auch der Germanen. Barbarisch und Bctr-
barismue, in der Sprachkunde fehlerhaüfeer
Ausdruck. Vgl. Both, ,Ueber Sinn und Ge-
brauch des Namens B.*, 1814.
Barbara^ Heilige, t als Märtyrerin unier
Maximin um 286 in Nicomedia inBithynien,
der Legende nach von ihrem eignen Vater
Diesoorus enthauptet, der darauf vom Blitz.
erschlagen ward, daher bei Gewittern an-
gerufen und Schntzpatronin der Artillerie;
Bainte- Barbe, die Pulverkammer auf f^anz.
Kriegsschifl'en. Tag 4. Dec.
Barbara^ Oiarles, franz. Schriftsteller,
geb. 1822 zu Orions , f ^l* Sept. 1866 8u
Paris durch Selbstmord. Sehr, den Roman
,I/assasBinat du Pont Rouge' (1856), ,Mes
petites maisons' (1860), ,ArTZang' (1864) u.A.
Barbarei (gr*)» Zustand eines Volks, in
welchem es noch der Kultur und OivilisatioB
ermangelt; rohes, grausames Benehmen.
Barbsreiliy Giorgio, gen. GiorgUme, ital.
Maler, geb. 1477 au Gastelfiranoo, Schüler
von Giov. Bellini, f 1511 zu Venedig.
Gründer der eigentl. venetian. Schule, wett-
eiferte mit Tizian an Pracht nnd Weichheit
des Kolorits wie an Grossheit des Stils,
steht ihm aber in der Zeichnung nach.
Vorzüglichste Werke: Jakob und Rahel
Bübsreskenstaaten — - Barclay«
209
(Dresden), Seestnrm (Akademie ra Vene«
dlg), das KoQcert (Floreni), Moses ans
d«n Wasser gesogen (Mailand) n. a. Sein
bedeutendster Nachahmer Palmayecchio.
Barbareskenstaaten, s. Berberei,
Barbarossa (Mothbart), Beiname des dent-
sehen Kaisers ITriedrich I.
Barbarossa, Beiname zweier algierischen
Seeräuber : 1) Mmitk, Sohn eines anm Islam
übergetretenen Töpfers su Castro auf Les-
bos, als Seer&nber der Schrecken des Biit-
telmeerSf ward 1516 vom Emir von Algier
gegen die Spanier zu Hülfe gerufen , Ter-
jagte diese, Hess den Emir erdrosseln und
sich selbst zum Herrscher ron Algler aus-
rufen, ward bei Oran vom span. Statthalter
Marchese de Gtomarez geschlagen und 1519
auf der Flucht aus Tlemsan getödtet. —
8) Khaireddin (ffayreddin) , Bruder und
Nachfolger des Yot»^ kühner Seeräuber,
bemächtig^te eich der Stadt Tunis, ward Ton
Karl y. 15S5 bekriegt und geschlagen, er-
oberte 15S9 GastelnuoTo an der dalmatin.
Küste, Temichtete 1540 eine chrlstl. Flotte
bei der Insel Kandia, zog 1543 mit starker
Seemacht dem König Franz I. von Frank-
reich zu Hülfe ; t 1^7 zu Konstantinopel.
Barbarossaholiie, neuerl. entdeckte grosse
Höhle in der schwarzburg - rudoist. Unter-
herrschaffc, unter der Falkenburg; 8 Abthei-
lungen, 800, eOOunddOO' I., mit 9 Teichen;
Wand und Decke fester Gyps.
Barbaroiix (spr. -ruh), franz. Revoltitlons-
mann, geb. 6. März 1767 zu Marseille, ward
1792 als Agent nach Paris gesandt, schloss
sich als Konventsdeputirter den Girondisten
an, ward als Gegner Bobesplerres und
Marats royaliat. Gesinnung angeklagt, 81.
Mai 1798 proskribirt, auf der Flucht gefangen
und 85. Juni 1794 guillotinirt. (7897 Ew.
BarbastrOy Stadt in der span.ProT.Huesoa,
Barbe^ Barbus Ouv., Fischgattung aus der
Familie der Karpfen- oder Weissflsche. Die
gemeine B., B. fluTiatllis Ouv., Oyprinus
Barbus L., bis 2* I., in süssen Gewässern
Mitteleuropas. Rogen ungeniessbar.
Barb^s (spr. -bäh), Armand, franz. Re-
volutionär, geb. 18. Sept. 1810 zu Pointe -k-
Pitre auf der Insel Gouadeloupe , studirte
seit 1880 zu Paris die Rechte, ward als
Mitrastifter des InsurrektionsTersuchs vom
12. Mai 1889 von der Pairskammer zum
Tod Terurtheilt, zu lebenslänglicher Haft
begnadigt, durch die Februarrevolution
1848 befreit, Mitglied der konstituirenden
Yersammlung, wegen Betheiligung an dem
Attentat vom 15. Mai 1848 gegen die National'
Tersammlung zur Deportation verurtheilt,
aber au lebsnslängllchep Haft nach Belle-
Isle-en-mer abgeführt, von Napoleon IIL
freigelassen, lebte seitdem in freiwilligem
Xzil in Belgien; f 86. Juli 1870 Im Haag.
Barbi^ du Boeagr« (spr. B. du Bpkahsch),
Jean Denis, firanz. Geograph, geb. 88. April
1760 zu Paris , seit 1809 Frof. am OoU^e
de France; f K* I>eo. 1885. Lieferte den
Atlas zu Biartbttemys ,Voyage da Jeune
Anacharsis' (1789), mit Saint« -Oroix die ,M^
moires historiques et giograpbiques sur les
pays sitnte entre la mer noire et la m«r
Meyert Band- Lexikon*
caspienne* (1797). Sein Sohn Mex, Fräd4ric
B,, geb. 1796, Prot der Geographie an der
Facult6 des lettres in Paris ; f 85. Febr. 1885.
Barbier (spr. -hieb), Henri Auguste, f^anz.
satir. Dichter, geb. 88. April 1805 zu Paria,
lebt das. Hauptwerk : ,Jambes* (1888, deutsoli
von FUrsUr), energische Strafgedichte at^
die polit. und sociale Korruption, Habsucht,
Stellenjägerei etc. der höhern ftanz. Stände ;
weniger kräftig die späten Tendenzgedichte
,11 Pianto* (1884) und ,Lasare« (1887), welche
den itai; u. engl. Zuständen gewidmet sind.
BarbleilL Qiowami Franeeseo, gen. Guer'
eino (dar Schielende), ital. Maler, geb. 1590
zu Gento, f 1666 zu Bologna; in seinen
frühern Bildern markig, naturalistisch;
später mehr das Zarte, Weichliche darstel-
lend. Hauptwerke: Fresoobild der Aurora
und die sterbende Dido (Rom), mehrere
grosse Bilder zu Bologna.
Barbltoiif lyraförmlges Saiteninstrument
der alten Griechen.
Barboraea X. (Barbe, Barbenkraut), Pflan-
zengattung aus der Familie der Gruciferen.
B. vulgaris L,, gemeines Barbetdcraut , in
Europau. Sibirien, g^gen Skorbut angewandt.
Barbonr (spr. Bärbör), John, sehott. Dich-
ter, geb. um 1316, f 1396 als Archidiakon
zu Aberdeen. Verf. von ,Tlie Bruce' (her-
ansgeg. von Ptnkerton 1790), einer nationalen
Heldenchronik in ifnssigen Jamben, auch
als Sprachdenkmal wichtig.
Barblida (spr. Barbjuda) , brit« Insel der
kleinen Antillen, nördl. von Antigua, 8>/i
QM., 1900 Ew. Besitz der Fam. Oodrington.
Barby. Stadt im preuss. Regbz. Magde-
burg, Kr. Kalbe, an der Elbe, 5018 Ew.
(800 Hermhuter). Sonst Hauptort der Oraf-
»eha/t B,, deren Besitzer 1659 ausstarben.
Bareellona Poaso di Gotto, Hafenstadt
auf Sicillen, Prov. Messina, 80,846 Ew.
Bareelona. 1) span. Prov. in Katalonien,
140 QM., 746,453 Ew., der kultivirteste, ge-
werbreichste und woblhabendste Theil Spa-
niens. Die Bauptst. B., amphitheatralisoh
am Meer, stark befestigt (Gitadelle und Fel-
senfort Montjuieh), wohlvertheldigter Hafen,
189,849 Ew. (davon 10,000 in der Vorstadt
BarceUmeta), Schöne E[athedrale. Börse.
Universität. Zengtiaus (mit Kanonengiesse-
rei). Erste Handels- n. Fabrikstadt Spaniens.
Schon den Römern als J^arctaant bekannt.
Stand unter eigenen Grafen bis 1187; dann
mit Aragonien vereinigt. 1714 von Herzog
von Berwick erobert. ^ 8) Stadt in der
südamer. Republik Venezuela , am Neveri
unfern dem Meer, 18,000 Ew. [Schwein.
Bwreli (B rg), verschnittenes mannliches
Barellfeld 9 Flecken im preuss. Regbz.
Kassel , Kr. Schmalkalden, an der Werra
(Exklave), Schloss; 1788 Ew.
Barekflkt (Barehet), geköpertes Baumwol-
lengewebe (auch mit leinener Kette) , auf
einer Seite rauh und ^oUig, Kleider-, Fut-
ter- und Bettbarchent.
Barelay (spr. -kleh), 1) Alexander, engl.
Dichter, geb. um 1480, t 1558 als Vikar In
London. Verf. der allegor. Dichtung ,The
Castle of labour' (1506) und von ,Ship of
fbols'i einer Nachahmmig von S. Brants
14
210
Barclay de Tollj -^ BavgieL
,NarraiMckiff*. — S) J^hm, «MlAtoin. IMeb-
t«r, g«b. iBw Jaa. lött i« Pvnt^rMovsson,
aalt 1«15 in Born, f <1m. 11. ▲««. IMl.
Hanptwark ,AigaBia*. — S) £obcr<, Apostel
der Quäker, geb. SS. Dao. 16A8 m Cksrdoaa-
town in HorajrsUra In SelM>ttland ans alt-
adeligwr FamUia, f ^S- Okt. 1690 an Ury.
Sehr. ,Tnitb elaarad af oaluiBiM* (Abard.
1670); ,An apology for llie tma Ghristlaa
divloi^, aa the •ama if praaehed and held
forth bj tbapeople in acorm oalled Qnakers*.
Sain Uranfcal, £o6«r« A, gab. 1750, f 18^>
war Basitaer dar groMarfcigan Branarei
Barolav, Perkins et Co. an London.
Bareiajr da T«Uy fapr. Barkleh dö -),
Michael, Für$t, mas. Qaneral, geb. 1750 in
LiTland a«8 einer schott. Vamilie, focbt
1788 u. 1789 gegen die Türken, 1798 n. 179i
gegea die Polen, 1806 als daneraUieatenant
in Finnland, ward 1810 Kriegaministar, 18U
Oberbefehlababer der eretan Wastarmee,
focht 181S als Oberbefehlababer der gesamm-
ten niss. Streitmacbt bei Dresden, Kulm und
Leipaig, dann bei Paria, erhielt Ton Alexan-
der 1815 den Füratentitel ; t aI« Oberbe-
fehlshaber der ersten Armee in Mohilew
2Ö. AprU 1818 an Insterborg.
Bu-Ooekba (d. i. Stemenaohn), tümon,
Anf&hrer der /adea in ihrem Aniitande
gegen die Bömer nater Kaiser Hadrian
181 — 135 n. Chr., liess sich in Jenisalem
zum König ausrufen, eroberte 60 Städte,
ward TOB Julius Se¥arua besiegt, in Bethai^
belagert n. fiel bei deasenEroberung Aug. 135.
Bmoaa (Bmrcan, ital.), grösoeras Fahr-
Beug ohne Segel.
Barciyil • Siadt im preusa. B«ffba. Bram-
barg. Kr. Sebubin, 868 Bw.
Bardoi (oalt. hard), die Dichter und Sän-
ger der alten Galten; seit den tOer Jahren
des vor. Jabrh. nach EHopstoeks Vorgang
auch auf deutsehe Dichter angewandt.
£ardiet (lat. hardlim»), Bardeageaang.
BardeaiBai («igeatl. Bar-daiaaa), Chkosti-
kar aus Bdesaa, geh. 154 a. Chr., verbrei-
tete seine Lehren durch Hymnen, die aoch
im 6. Jahrb. Toa den kathol. Ohrlsten ge-
sungen und erst von Ephraem verdrängt
wurden. Seine Anhänger, die £ard»»anide»,
scheinen sich, wie er selbst, nicht von der
rechtgläubigen Kirche getrennt an haben.
Vgl. Hahn, ,B. gnosticus*, 1810; Merx, ,B.
von Edessa*, 1864.
Ba,T4«wiek( Bardowitk), Flecken im preuas.
Regbs. L&aebuzg, an der Ilmenau, 1569
Ew. ; einer der ältesten Orte Horddeutsch-
lands, aar Zeit Karls des Grossen und spä-
ter wichtiger Handelaplatz mit 9 Kirchen ;
1189 von Heinricli dem Löwen aarstört.
Bardill. OhrUtaph Gat^fr,, Philosoph, geb.
28. Mai 1761 au Blaubeuren ia Wftrtemherg,
seit 1794 Prof, am Qymaaatum au Sfeattgart,
trat in der Schrift ,Gruadriaa dar arstea
Logik* (1800) als Oegaer Kaata und in ge-
wissem Sinne als YorläuliBr der Ideatltäta-
philosophie auf; f 1808. Sohr. noch ,PhiIo-
8oph. Eleroentarlehra' (1809—6, S Hefte);
, Beiträge aur Beurtheilung des gegenwär-
tigen Zustande der Vemunftlehre* (1808).
Bardo, wiederhei^stellte Festung In der |
ital. Prov. Twin« «n der Dora, am Eingang
das Thalaa von Aosta.
BttrdwaBy Distrikt im brit. Oatiadiaa,
im NW. von Kalkutta, 100 QU., diehtba-
völkert und aahr produktiv.
Barea, Yölkerschafl im nördl. Abaasialen,
awisohen den Flüssen Mareb und Barka,
etwa 90,000, dunkelfurbig , Abkonfl aaar-
mittelt. Hauptort M<^elo.
Bar^f« (fr., spr. -ähsch), leichter daroh-
aichtiger Kleiderstoff mit Kette von feiner
uniUrter Seide oder Baumwolle und Schuss
von Kammwollgnara od. Seide mit Baumwolle.
Barit«a-lti-Baiaa (spr. -ähsch-lä-Bäng),
Stadt im frana. Depart. Oberpjrenäea, im
Bastanttale, stark besuchter Badeort (im
Winter unbewohnt); 8 Thermen (alkalisch-
salln. Schwefelwasser), 81—45« R.; mit
einem eteeathüml. Extraktivstoff (Barigine).
BaralUj (BarM), Festungs- und Fabrik-
Btadt ia der brit.-ostiad. Präsidentschaft
Agra, Landschaft Bohilkaad, 98,000 Sw.
Bareataea^ Dirk, niederländ. Maler, geb.
16S4, Sohn des Historienmalers Barent de
Dowe (der Taube), bildete sich unter Tialan
in Venedig aum Porträtmaler im grossen
Stile aus; f 1699 au Amsterdam.
Barmu, WiiUn, holl. Seefahrer, machte
wiederholt (1594 und 1596) Versuche, durch
das nördl. Eismeer nach Chiaa zu gelan-
gen, kam bis 78« n. Br. ; f auf Nowaja Seml^a.
Barere de Yleuiae (spr. Barähr dö WJö-
sack), Bertrand, frana. Bevolutioasmaiin,
geb. 10. SepL 1765 auTarbea, ward 1789 Mit-
glied der National versammiuag, dann des
Konvents und des Wohlfahrtsausschusaa«,
als Mitsehnldigar Bobe^Manres nach dessen
Sturz aur Deportation verurtbeilt, 18. Bm-
maire amnesttrt, 1815 während der hnndert
Tage Kammerdeputlrter, nach der aweiten
Restauration als ,König8mörder* verbannt,
nach der Julirevolution 1830 Mitglied des
Verwaltaagsraths im Depart. Hochpyrenäeu :
1 14. Jan. 1841. Sehr. ,M4moires' (1842, 2 Bde.).
Baret (fHiher Birei, lat. Mrelam^, mätaen-
artige Kopfbedeekuag von verschied. Farm,
im 16. Jahrh. von Männern und Frauea ge-
tragen, bunt) später schwara, jetat rund
oder eckig und sehirmlos, Amtatraeht der
Geistlichen, Universitsisprofessoren etc.
Barflaar (spr. -Ilöhr), Hafanst. im firana.
Depart. Manche (Halbinsel Ck>teatin) , 1304
Ew.; 9 Leuohttbirme. Hier bereitete Wil-
helm der Eroberer seine Expeditloa vor.
BarfSaaer (lat discaleeati, d. i. Unbe-
schuhte), Mönche und Nonnen (BarföBaerin-
nen), welche entweder gans oder für eine
gewisse 2eit keine Fmsbekleidang oder
höchstens mit Blemen befeatigt« Saadalan
tragen, fiadaa alch als voUkommnere Aaae-
tea bei verschiedenen Möaelifordea.
BaKgai» Stadt in der ital. Prov. Lnoea,
7216 Ew. Hauptort dar Ijaadaeh.Q4ri^(B«aa.
Bargft (spy. Bakrdseh), in der eagl. Flotte
10— Uradrige Sehalnppe des Admirals oder
Seekapitäns, in Frankreich plattes, 20—80'
langes Sehlff mit Segeln und Ruder.
Murgial. WiAdmmr, KompoBlst,geb.a.Okt.
1828 in Berlin, seit 1865 Direktor der Muaik-
schule au Rotterdam. Folgt der aehamaan-
Barhebräus — Barker.
2ll
sehen Rlehtnng. KammtrmiiBik (Trios),
1 Symphonie, OuTerturen, Lieder etc.
BarMbritti (d. I. Sohn des Hebrfters, einei
geteaflen Jnden, eig^ntl. Ore^er Afnäftk-
raätch h*n-^Anm), arab. und syr. Scbrifto
steller, g«b. 12M bu Malatia in Armenien,
erst Blsehof von Gnla, li64 Weihbisehof
(Maphrian); f 1286. Zahlr. Sohriften von
ihm in der Yatioana in Born. Zu erwähnen
sind seine ,Selbstblograpbie' (herausg. von
Äitemani), eine syr. rerfasste «Ohronik* von
Adam bis auf seine Zeit in 3 Thellen (1. Th.
heransg. tonBrmna und Kir$eh 1789, S Bde.),
arab. Ansaug daraus, von ihm selbst vor-
fasst : ,Abgekürzte Geschiehte der Dynastien*
Theransg. von Pceoeke, arab. und lat., Oxf.
1663; deutsch von £aMer 1789, 2 Bde.).
Bari (Terra di B.), nnterital. Fror., Theil
Ton Apulien, 108 QM. n. 570,037 Ew. BaupM.
B. (£. eUUe Piiglie)j am Meere, 94,063 £w.
Baribal, s. Bär, [Kastell, Hafen.
Barile, Tiüssigkeitsmass, in Venedig =:
6438 Liter; in Argenttna = 76 L.
Baring (spr. Behring, Firma: Barim^ Bro-
ther» et Co.), eines der ersten Handelshaoser
Londons n. der Welt. Johatm B», Sohn FranS
B.s, Pastors Ton St. Ansgarli hi Bremen,
gründete in der ersten Hälfte des 18. Jabrh.
zu Exeter in der engl. Grafschaft Devon ein
kleines G^chäft. Seine Söhne, John, geb.
1730, und Prameis B,, geb. 18. April 1740 sn
Eäceter, Mitglied des Raths der ostind. Kom-
pagnie, eilHger Vertreter der Politik Pitts,
1793 Bum Baronet erhoben, f 13. Sept. 1810,
gründeten ein Geschäft in London, die
Grundlage des noch Jetst bestehenden.
Francis ältester Sohn, Thoma» B., geb. IS.
Juni 1772, erbte den Titel des Vaters, f 8.
April 1848. Francis aweiter Sohn, Alexan-
der B„ geb. 27. Okt. 1774, ward 1812 Parla-
mentsmitglied, Dec. 1884 Hünsmeister und
Präsident des Board of Trade, 1885 als Lord
Ashbnrton Peer; ging 1846 nach Aufhebung
der SchutaaöUe zur Opposition über, glich
1842 die^fferenaen zwischen England nnd
den Vereinigten Staaten aus; f 12. Mai 1848.
Erbe der Baronetie war ßir Franci» Thom^
hiU B., Sohn yon Thomas B., geb. 1796, seit
1826 Parlamentsmitglied, 1890—84 Lord des
Schataes, 1889—41 Kanzler der Sehatzkam-
mer, 1849—58 erster Lord der Admiralität.
Dessen Bruder, Thomas B., geb. 1800, Direk-
tor der Bank Ton England, seit 1835 Parla-
mentsmitglied, KonserTStlTer, sohlug zwei-
mal, 1862 und 1856, das ihm von Lord
Derby angebotene Finanzministerium ans.
Waiiam Bingham B., aweiter Lord Ashbnr-
ton, geb. 1. Juni 1799, nnter Peel Sekretär
der indlsehen Kontrole und Kriegszahl-
melater, zog sich seit seinem Eintritt ins
Oberhaus von der Politik anröck; t ^«
Mära 1864. In der Peerage folgte ihm sein
Bruder, Franei» B., geb. 90. Mal 1800, lebte
meist an Paris, vermählt mit einer Tochter
Marets, Heraogs Ton Bassano. Das Haus
ist in Negoolatioa von Staatsanleihen, im
Wechsel- und Qeldhandel, Produktenhan-
del, eigner Kofonialproduktion (s. B. auf
Ceylon), Import und Export auf eigne und
fremde Rechnung stark interessirt.
BariBgOMe, See im 5stl. Afrika, östl.
an den Ukerewe stosseud, von 80. nach
NW. gestreckt; ein Hauptquellsee des Nil.
Banrngtlnaely s. v. a. Banksland.
BaritOBy tiefe Tenor« oder hohe Bass-
stimme {tt. haeee-taüU), vom grossen g oder
a bis zum eingestrichenen f in Brusttönen. —
B. (Bardon) zu Haydns 2eit auch ein gam-
benartiges Streichinstrument.
BarJatIttsUJ, Füret Alexander Iwnowitseh,
russ. Feldmarschall, geb. 1814, focht 1850—52
im Kaukasus mit Brfolg gegen Sehamyi, trog
als G«neralstabschef der kaukas. Armee un-
ter Bebutow viel zum Sieg bei Kerttk-Dere
(5. Aug. 1854) bei, unterwarf, 1856 zum Ge-
neral der Inftinterie befördert, in 3 Feldaü-
gen die Kaukasusvölker, nahm 6. Sept. 1859
das Bergschloss Ghnnib, Schamyls letaten
Zufluchtsort, mit Sturm, legte wegen Krank-
heit 1860 den Oberbefehl nieder.
BarlEa (Fiateam von), Hochland in Nord-
afrika, am Mittelmeer, zwischen der grossen
Syrte und Aegypten bis f nr libyschen Wüste
reichend, das alte Oyrenaica, 1500'h., geseg-
netes, qnellenreiches Weideland; viele Rui-
nen des Alterthums ; Bevölkerung auf 400,000
Köpfe geschätzt (Beduinen), dem Pascha von
Tripolis tributär.- Benannt nach der alten
cyrenaischen Stadt B., seit 560 v. Ohr. selb-
ständ. griech. Stadt, 510 von den Persem
erobert; seitdem im Verfall.
Barkäy Fluds im südl. Nubien, nimmt
den Ain-Saba auf, iliesst nordöstl. durch die
Länder der Bog^s und Habab zum rothen
Meer; Mündung noch nicht ermittelt; 60—70
M. An seinem Oberlauf liegt das abessin.
Bergland B., (Bdraka), an 200 QM., mit der
5400' h. tafelförmigen Zad-Amba.
BarkarBle^ venet. Gondellied: dem ent-
sprechendes Musikstück im ®/s - Takt.
BarkatMy das grösste Boot an Bord
grosser Schifte.
Barke 9 kleines Sehiff von nicht über 100
Tonnen Tragfah^keit, häufig mit 8 Masten,
pliitter als die Fregatte.
Barker ^ 1) George, engl. Seemann, geb.
um 1760, machte die grossen Seekämpfe
Englands gegen Nordamerika , Frankreich,
Spanien und Holland mit, hatte auch an
den Siegen der brit. Flotten au Anfang des
19. Jahrh. bedeutenden Antheil, ward 1825
zum Admiral ernannt; t ^> ^^o. 1851. —
2) John, geb. 1771 zu Bakeweli in Derby -
shire, seit 1826 brit. Konsul an Alezandria
und später Ctoneralkonsnl in Aegypten, aog
sich 1834 in das Thal Snedia (das alte
Seleucia Pieria) am Orontes, ä Stunden von
Antiochia, zurück und züchtete hier edle
Obstarten, stand europ. Reisenden mit Rath
bei} t 5. Okt. 1849 zu Suedis. — 3) Mkbnond
Hearjf, engl. Philolog, geb. 22.Dee. 1786 zu
Holiym in Yorkshire, hatte bedeutenden
Antheil an Valpys neuer Ausgabe von
Stephanus ,Thesaurus lingnae graeeae^ (1816
bis 1828, 13 Bde.), behandelte in seinen
,Classical reoreations* (Bd. 1, 1812) als
einer der Ersten Gegenstände der Alter-
thumswissensohafkinengl. Sprache, besorgte
viele Schulausgaben griech. und röm. Klas-
siker; t 21. Mära 1839 zu London. — 4)
212
Barkerole — Baroöcio.
MaUheto SeHty, engl. NoTellist im Marine-
genre, gen. ,The old SailorS geb. um 1790,
stand «ine Zeitlang im brit. Seedienstf re-
digirte 1888—41 den ,Nottingham<MeroaTyS
8ohr. Seemannsgesohiohten ; f 29. Juni 1846.
]tark«r51e (ital.), kl. mastloses Fahneug
aaf der Rbede oder im Hafen, (}ondel.
Barkhaaey Beisegeräth der pers. Grossen.
Barkow. Hcuu Karl Leopold, Anatom, geb.
1798 zu Trent auf Rügen, seit 1826 Prof.
der Medicin in Breslau. Schrieb ,Monstra
animalinm dnplicia per anatomen indagata'
(1828-S6, 2 Bde.).
Barlaam und Josaphat, mittelalt. geistl.
Roman , aus Griechenland stammend , im
Abendland vielfach bearbeitet (deutsch u. A.
von Rudolf von Em; heransgeg. t. J^eiffer
1843). Inhalt die Bekehrung des ind. Prin-
zen Josaphat durch den Eremiten Barlaam.
Barläns, s. Bärle,
Bar le dve, Hanptst. des franz. Depart.
Maas, am Omain, 15,854 Ew. Konfitüren.
Barlerla X., Pflanyengattnng der Acantba-
ceen, mehrere Arten, in ihrem Yaterlande als
Heilmittel benutzt, bei uns Zierpflanzen.
Barietta, Hafenstadt In der Unteritalien.
ProT. Terra di Bari, am adriat. Meer,
26,925 Ew. iCastell. Antike Bildsäule des
Kaisers Heraolius. Seesalz (aus dem Salpisee).
Barlow (spr. -loh), Joel, amerik. Dichter
und Staatsmann, geb. 17^5, erst Theolog,
dann längere Zelt als Publiclst in England
und Frankreich thätig, seit 1811 nordamerik.
Gesandter in Paris ; f 22. Dec. 1812 auf der
Reise zu Zarowicza bei Krakau. Haupt-
werke die Gedichte: ,The conspiracy of
kings' (1791), ,The Golumbiad' (1801) und
das kom. Epos ,Hasty Pudding* (1805).
Barmakiden (Barmekidm), die Nachkom-
men Barmaks, eines Arztes und Priesters
aus Balkh in Khorasan, bis zur Zeit Harun
al Raschids im Besitze der höchsten Aemter
unter den Kbalifen, 803 n. Chr. wegen
Freigeisterei oder weil sie durch ihre Frei-
gebigkeit und Prachtliebe den Khalifen
gefährlich zu werden schienen, gestürzt.
Barmbeek, gr. Dorf bei Hamburg, 6042 Ew.
Irrenheilanstalt FriedricTuS>erg ; Fabriken.
Barmen. Stadt im preuss. Regbz. Düssel-
dorf, dicht bei Elberfeld, 2 Stunden 1.
im Wnpperthal sich hinziehend, eigentlich
ans den Ortschaften RitUrahoMnvn , Wiek-
linghatuen, Wupporfeld, Oemarke undB. be-
stehend, 64,945 Ew. Fabrikstadt ersten
Ranges. 361 Fabriken (für Baumwolle, Seide,
Leinwand, Band, Zwirn, Knöpfe etc.),
jährl. Produktion für 4 Mill. Thlr. Sitz der
rhein. Missionsgesellschaft.
Barmherzige Brfider und Sckwesteniy
zwei weitverzweigte kathol. Vereine zur
Pflege von Armen und Kranken ohne Un-
terschied der Konfession und Nation. Die
barmhervigen Brüder (fr. Frdres de la charit6,
ital. Fate ben fratelli), gestiftet 1540 in Se-
villa von Juan di Dio, 1572 vom Papst aner-
kannt unter Auferlegung der Regel des heil.
Augustin und 1624 in eine spanische Kongre-
gation (Generalmajor in Granada) und eine
Italien. (Generalmajor in Rom) gethellt;
Kleidung braun oder schwarz. Die harm-
hertigen 8chwe$Um (Soeurs oder Filles de
la charlt4 oder de la misiricorde), 1634 von
Vincena de Paula in Frankreich gestiftet,
durch die Revolution ihrer Sllöster beraubt,
von Napoleon 1. 1807 restituirt. Das Mutter-
haus des Ordens ist St. - Charles zu Nancy.
Eine Nachbildung d. barmh. Schwestern sind
in der protest.' Kirche die Diakonissinnen.
BarnilMW (eigentlich Joses), Levit von
Oypem, anfangs Gefahrte des Paulus, trat
dann als Anhänger des mosaischen Gere-
monialgesetzes auf des Petrus Seite , grün«
dete (Ue Christengemeinde zu Antiochia,
soll auf Cypem den Märtyrertod erlitten
haben. Der Brief des B., eine allegor.
Ausdeutung des alttestamentl. Ceremonial-
gesetzes, ist nicht von B.
Bamabiten, die 1530 in Mailand gestif-
teten regulirten Chorherren des heil. Paulus
(Paulaner) ; widmen sich der Krankenpflege,
Seelsorge, dem Unterricht etc., bewerben
sich nicht um höhere kirchl. Würden ; noch
etwa 20 Häuser (Kollegien) in Italien und
Oesterreich, Haupthaus zu Rom.
Baraally Stadt in Westsibirien, Gonv.
Tomsk, 11,100 Ew. Sitz der altaischen Hut-
tenverwaltnng, Bergwerkschule , Museum,
Gold- und Silber^uben.
Bamave (spr. -naw), Antoine Pierre Joseph
Marie, franz. Revolutionsmann, geb. 22. Okt.
1760 an Grenoble, 1789 Deputirter der Ge-
neralstaaten, half als bedeutender Redner
den alten feudalen Staat umstürzen, in den
Verhandlungen über das königl. Veto Haupt-
gegner Mirabeaus, führte mit Latour -Mau-
bourg und P6tion den geflohenen König zu-
rück, vertheidigte dann die Unverletzlich-
keit des Königs, ward nach 10. Aug. 1792
der mit dem Hofe geführten Korrespondenz
wegen in Anklagestand versetzt und 29.
Nov. 1793 guillotinirt.
Bamel. Stadt in der engl. Grafsch. Hert-
ford, 2938 Ew. Hier 14. April 1471 Sieg des
Hauses York (Eduard IV.) üben Lancaster.
Bamett^ John, engl. Komponist, geb. 1S02
in Bedford, lebt in Gheltenham. Opern (,The
mountain Sylph', ,Fair Rosamund* etc.) u. A.
Barnim^ Name zweier Kreise im preuss.
Regbz. Potsdam: Ober-B., mit der Stadt
Freienwalde , Nieder-B,, mit Berlin als Sita
der Kreisbehörden.
Bamsley (spr. -11), Fabrikstadt in der
engl. Grafsch. York (Westriding), 17,890 Ew.
Vorzügl. Eisendraht und Stricknadeln.
Bamstaple (spr. -stehpU), Hafenstadt in
der engl. Grafsch. Devon, am Taw, unfern
der Bristolbai, 10,743 Ew. [1148 Ew.
Barntmppy Stadt im Fürstentn. Lippe,
Bamvm (spr. Barnom), Fhineas Taylor,
durch seinen originellen ,Humbug* bekannter
amerikan. Spekulant, geb. 5. Juli 1810 zu
Bethel im Staat Connecticut, errichtete B.s
Museum in Newyork, her. Lokal für Schau-
stellungen, trat dann als Mässigkeitsapostel
und mit öfl'entl. Vorlesungen über die Kunst
reich zu werden, den Humbug etc. auf, sehr,
eine ,Autobiography* (1855).
Baroceio (spr. -ottscho), 1) Giacomo, gen.
Vignola, ital. Architekt, geb. 1507 zu Yiguola
im Modenesischen, seit 1550 Baumeister des
Baroche — Barquisimeto. •
213
Papstes Julius m. in Rom, f 1573. Strenge
Anfn^ssung der Antike. Hanptbauten : Schloss
Oaprola bei Yiterbo und die Kirche del Gesü
in Rom. Sehr, ein Werk über die sogen.
5 klass. S&ulenordnungen. — 2) Pederigo,
ital. Maler, geb. 1528 zu Urbino, f das. 1612 ;
Maler der Grazie, nach dem Vorbilde Cor-
reggioa, aber manierirt. Hanptbild Kren2*
abnähme zu Perugia.
Baroche (spr. -osch), Pierre Jules, franz.
Staatsmann, geb. 18. Nov. 1802 zu La Rochelle,
ward 1846 Batonnier, 1847 Kammermitglied,
trat nach der Februarrevolution 1848 als
Mitglied der konstltuirenden Nationalver-
sammlung den demokrat. Bestrebungen ent-
schieden entgegen, ward vom Präsidenten
Ludwig Napoleon zum Generalprokurator
am pariser Appellhofe berufen, März 1850
Minister des binern, setzte als solcher die
Beschränkung des allgemeinen Stimmrechts,
die Veränderung der Pressgesetze, die Auf-
lösung der Volksvereine etc. durch, gab 14.
Okt. 1851 seine Demission, ward nach dem
Staatsstreich Präsident des Staatsraths und
Minister ohne Portefeuille.
Barock (fr. baroque), eigentl. schiefrund
(von Perlen); unregelmässig, seltsam, lau-
nenhaft, wunderlich, Mittelbegriff zwischen
bizarr und komisch.
Barockperlen^ Perlen von nicht regel-
mässig runder Gestalt.
Barockgtily mit dem 17« Jahrh. in Italien
aufgekommener Baustil, nach welchem die
antiken Säulenordnungen, Gebälke, Giebel
etc. mit fremden und abenteuerliehen For-
men, geschwungenen und gebrochenen Li-
nien vermischt und überladen, mit grösster
Willkür dekorationsmässig verwendet wer-
den. Hauptrepräsentant Bernini.
Baroda, ostind. Stadt im Reich des Gui-
kowar, 140,000 Ew.
Barolongy Volksstamm der Betschuanen.
Baromakrometer (gr.), von Stein erfun-
denes Instrument zur Bestimmung der
Länge und des Gewichts Neugeborner.
Barometer, Schweremesser, Instrument
zum Messen des von der Atmosphäre aus-
geübten Druckes, besteht aus einer über
28" langen vertikal stehenden, oben ge-
schlossenen, mit Quecksilber gefüllten Rohre,
deren unteres offenes Endo in ein mit Queck-
silber gefülltes offenes Oefäss taucht oder
aufwärts gebogen ist. Der normale Atmo-
spbärendmck hält bei 0<* und am Meeres-
spiegel einer Quecksilbersäule von 760 Mil-
Hm. (nahe 28") das Gleichgewicht, und so
hoch stellt sich daher der obere Spiegel des
Quecksilbers im B. über den unteren. Der
Atmosphärendruck nimmt in einer geome-
trischen Reihe ab, wenn die Höhe über dem
Meeresspiegel in einer arithmetischen steigt,
und dem entsprechend sinkt das Quecksilber
im B., so dass es bei 17,000' nur noch halb so
hoch, bei 160,000' nur noch 1 Millim. hoch
steht. Hierauf gründet sich die Benutzung
des B.S als HÖkenmesser. Der Stand des B.s
schwankt aber auch je nach der physIka).
Beschaffenheit der Atmosphäre. Es steigt
beim Hereinbrechen einer kalten Luftströ-
mung, bei Vermehrung des Wasserdampfs
in der Atmosphäre etc. und dient daher als
meteoroiogiache» Instrument, dessen Angaben
aber für die Vorhersage des Wetters ohne
gleichzeitige Berücksichtigung der Tempe-
ratur-, Wind- und Feuohtigkeitsverhältnisse
nur geringen Werth haben. JBourdons Ane-
rovdbarometer besteht aus einem luftleeren
Metallkörper,' dessen sehr dünne Wandungen
unter dem wechselnden Luftdruck schwache
Biegungen erleiden, die durch ein Hebel-
werk auf einen Zeiger übertragen werden.
Btromez, s. Aspidium.
Baron (lift. baro), nach der deutschen
Reichsverfassung Mann von Adel, welcher
unmittelbar unter dem Kaiser stand , Frei-
herr ; gegenwärtig in Deutschland u. Frank-
reich die erste Klasse des niederen Adels,
welche zwischen den Grafen und den ein-
fachen Edelleuten steht ; in England die
unterste Klasse des hohen Adels (Nobillty),
auch Titel der Richter des Exobequerliofs.
Baron (spr. -ong), 1) Michel, franz. Schau-
spieler, geb. 8. Okt. 1653 zu Paris, f Dec.
1729; Zögling und Freund Moli^ros; auch
Verf. mehrerer Lustspiele (1759). —2) Henri
Ckarle» Antoine, franz. Maler, geb. 1817 zu
Besan9on, lebt zu Paris. Darstellungen hei-
terer und festlicher Scenen mit glänzendem
Kolorit und leichter Zeichnung.
Baronet (engl., spr. Bärronnett, abbr.Bart,
s. V. tb, Kleinbaron), in England Mitglied der
von Jakob I. 1611 gerundeten und zwischen
hohen Adel und Gentry eingeschobenen, dem
Stande derGemeinen angehörig. Ritterklasse.
Baronesse (Baronin), Freiin, Freifrau.
Baronie, Besitzung eines Barons, welche
ihm auf Grund dieser Würde gehört und
von der er die letztere hat; im Mittelalter
s. V. a. freies Reichslehn. Baronisiren, in
den Freiherrenstand erheben.
Baronfus, Oäear, röm. Kirchenhistoriker,
geb. SO. Aug. 1538 zu Sora im Neapolitan.,
Schüler des heil. Philipp von Neri, ward
1593. Superlor der von diesem gestifteten
Kongregation, späterBeichtvaterdesPapstos,
apostol. Protonotar, 1596 Kardinal; f SO.
Juni 1607. Verf. der gegen die magdeburger
Oenturien gerichteten , Annales ecclesiastici
a Christo nato ad annum 1198* (Rom 1588—93,
12 Bde. ; neu herausg. von Tft0tn«r 1863 f.,
bis jetzt 18 Bde.), sowie eines ,Martyrologium
Romanum' (Rom 1586).
BaroskSp (gr.), veralteter Name des Baro-
meters; auch chemisches Wetterglas, be-
stehend aus einer Lösung von Kampher, Sal-
miak und Salpeter in Branntwein, soll je
nach der Witterung verschiedenartige Kry-
stallisationen zeigen.
Barösma Willd. (Buecostrauch), Pflanzen-
gattung aus der Familie der Diosmeen. B.
crenata Kuntse und andere Arten rom Kap
liefern die an ätherischem Oel reichen
Bnccohlätter. Ziersträucher.
Barotscli (Broach), Hafenst. in der brit.-
ostind. Präsid. Bombay, am Nerbudda,
33,000 Ew. [am Liambeyfluss.
Barotse. Voiksstamm der Betschuanen,
Barquisimeto 9 Stadt in Venezuela (Süd-
amerika), 10,000 Ew., 1522 gegr., 1812 durch
Erdbeben zerstört.
214
Barr — Barrot.
Barr, Stadt im UBtern Elsass, am Fius dar
Vogeseu, 5807 Ew. Gr« Wolltplnnarei. Un-
fern der Tielbesnchte Odüienberf, SSM'.
Barr« do Bio negrOy Hanptort der brasU.
Prov. Amazonas, am Amaaonenatrem, unfern
der Mündang des Rio negro, 6000 Ew.; anf-
blfibender Handelsplatz.
Barrainf ein CBarra«;, die südlichsten In-
seln derHebriden; Hauptinsel: BarraMfain-
land mit 1591 Ew.
Barnu (spr. Barra), Rtul Jeam Frangois Ni-
cola», Qrajvon, franz. Revolntionsmann, geb.
30. Juni 1755 zu Voy in der PATenee, 1789
Deputirter des dritten Standes bei den Gene-
ralstaaten, dann Kontentsdeputirter und
Gegner der Girondisten. Bei den blutigen
Massregeln im südl. Vrankreich betheiligt,
auch Mitglied des Wohlfahrtsausschusses,
spielte er dann bei Robesplerres Sturz eine
Hauptrolle, trat aber auch den Umtrieben
der Royalisten und den Aussohweiftingen
der pariser Sektionen mit Energie entgegen.
Am 13. Vendtoiiaire (5. Okt. 1795) vom Kon-
vent zum Obergeneral ernannt, nahm er Bo-
naparte als Gehfilfen an, und als Mitglied
des Direktoriums Terschatfte er demselben
das Oberkommando in Italien. Am 18. Vruc-
tidor mit der Diktatur betraut, beherrschte
er 2 Jahre hindurch dieDirektoiialregierung,
leitete im Einverständniss mit Bonaparte die
Revolution vom 18. Bmmaire ein, mnsste
dann der Kmasularreglerung weichen und
ging nach Brüssel. Seit 1805 lebte er in
Marseille, Rom und Montpellier unter poli-
zeilicher Aufsicht, später auf seinem Land-
gut OhaUlot bei Paris ; \p. Jan. 1899. Seine
Memoiren wurden mit Beschlag belegt.
Barre, Sand- oder Schlammbank vor einer
Tlussmündnng , erschwert den Eingang in
diese vom Meere her, Art der Deltabildung.
Barre. Pfahl, Schlagbaum, Riegel, im
Franz. (harre) und Engl, (bar) s. v. a. Ge-
richtsschranke oder die Brustwehr, durch
welche bei dem öffentl. Gerichtsverfahren
die Tribüne des Gerichtshofes von dem zu-
hörenden Publikum getrennt wird, daher
auch, sowie das davon abgeleitete franz.
Barreau (spr. -roh), der Stand der Advoka-
ten, welche an der B. ihren Platz haben.
Barre (A*., Mus.), Taktstrich.
Barrel (spr. BärU, engl., Fass), engl. Hohl-
mass, = Ve Tun Bier, 5 Bush. Cäment, 36
Imp.-Gall. Reis etc.: auch Gewicht, =: 196
Pfd. avdp. Mehl, 200 Pfd. Potasche, 100 Pfd.
Schiesspulver, 224 Pfd. Butter etc. In Nord-
amerika Hohlmass, = SOGhill. Oider, 5 Bush.
Mais etc. Gewicht = 196 Pfd. avdp. Mehl,
600 Pfd. Reis, 200 Pfd. Salzfleisch, Fische etc.
Barren, stangenformige Stücke Gold oder
Silber für den Handel, deren Feingehalt
durch den Stempel eines Wardeins beglau-
bigt wird, dienen oft, in China allgemein
als Zahlungsmittel; in Senegambien als
Geld dienende Eisenstangeu im Werth von
5 Frcs. oder IVi Thlr.
Barren -Groundz (spr. B.-Graunds), öde,
unfruchtbare Strecken im arktischen Ame-
rilca, nördl. der Wälderzone.
Barren-Island, Andamaninsel im Golf von
Bengalen, mit 1650' h. thätigem Vulkan.
Barriere (fir., spr. -riäbr), Schlagbauni,
Gatterthor, Behranke. '
Bairi^retraktat, der Vertrag vom 28. Okt.
1709, wodurch England den holländ. Gene-
ralstaaten zu ihrer künftigen Sicherheit «ine
sog. Barriere in den span. Niederlanden,
d. h. den Besitz fast sämmtlicher festen
Plätze an derselben gewährleistete, 29. Juni
1713 durch einen andern ersetzt, welcher
das holUnd. Bezatzungsrecht auf Furaes,
Fort Knocke, Ypem, Menin, Tonmay, Mona,
Oharleroi und Namur beschränkte. Nach
einem dritten B. vom 15. Nov. 1715 sollte
den Generalstaaten in den 5 erstgenannten
Orten , sowie in Namur und Wamston das
Besatsungsreoht aussdillessUch, in Dender-
monde und Ruremonde gemeinschaftl. mit
Oesterreich zustehen. Im österr. Erbfolge-
krieg wurden diese sog. Barrihr«' oder Bi-
cherkeitsplätge von den Franzosen grössten-
theils geschleift, der B. aber von Kaiser
Joseph II. 1781 eigenmächtig auJi^ehoben.
Im zweiten pariser Frieden (1815) musste
Frankreich sieh zur Zahlung einer Geld-
summe behufs der Herstellung dieser Plätze
verpflichten. Nach Errichtung des Königr.
Belgien fielen die Barri^replätze diesem zu.
Barrler-Biff, grosses Felsenriflf an der
Nordostküste von Australien.
Barrikaden (v. franz. barriqn«, Tonne),
Verrammelungen, die in Eile iu einer Strasse,
auf einer Brücke etc. hergerichtet werden,
um gegen den andringenden Feind, beson-
ders Artillerie und Kavallerie gesicherte
Angriffspunkte zu bilden, kamen schon Im
Mittelalter, namentl. aber bei den Volkser-
hebungen der neuesten Zeit zur Anwendung.
Barril, Flüsslgkeitsmass in Portugal, ==
18 Alumdes.
Barri^ue (fr., spr. -rihk), Stückfass; in
Bordeaux Flüssiglceitsmass, = 12,000 par.
Knbiksoll. 4 B.s z=z 1 Tonneau.
Barrister (engl., spr. Bär-), die erste Stufe
der engl. Sachwalter.
Barros, JoSo de, portngies. Geschieh t-
schroiber, geb. 1496 zu Viseu, ward 1521
Gouverneur der portug. Niederlassungen in
Guinea, 1533 Schatzmeister von Indien;
t 20. Okt. 1570. Sehr, einen histor. Roman
,Oronica do emperador Clarimundo* (Ooimbra
1520; 1791, 3 Bde.), die erste portug. Gram-
matik (Liss. 1540, 1785) und die Geschichte
der Portugiesen in Indien, betitelt ,Atia'
(das. 1502 — 63, 3 Bde., fortges. von Dieao
do Couto, das. 1602 — 45; 1778—88, deutsch
im Auszug von Solta» 1821, 5 Bde.).
Barrot (spr. -roh), 1) Camille Byaeinthe Odi-
lon-B., franz. Staatsmann, geb. 19. Juli 1791
zu Villefort im Depart. Loz&re, vor der
Julirevolution 1830 Advokat am pariser
Kassationshof und seit 1827 Mitglied, später
Präsident des Vereins Aide-toi et le ciel
t^aidera, Haupt der Opposition in den Par-
lamentär. Verhandlungen bis 1848, Theil-
nehmer der Reformbankete ; welche der
Februarrevolution vorhergingen, am 24.Febr.
einige Stunden Minister, dann Mitglied der
konstituirenden und der gesetzgebenden
Nationalversammlung, 20. Dec. 1848 bis 81.
Okt. 1849 Justizminister, trat nach dem
Barrow — Barth.
216
Staatsstreich Tom 2. Dec. 1851 ▼otn polit.
Schauplatz ab. — 8) Victorin ß^rdinand,
Bmder des Tor., geb. 10. Jan. 1806 za Paris,
ward 1842 Mitglied der Deputlrtenkammer,
1848 der ISfationalversammlung , General-
sekretär des Präsidenten , Minister des In-
nern, (Slesandter in Turin, fitaatsrath und
M&rz 185S Senator des Kaiserreichs.
A«rrow(spr. Barroh), Flnss in Irland, ent-
springt in Kildare, wird naoh Vereinigung
mit dem Nore und Snir schifTbar, bildet bei
Waterford einen der besten HSfen Irlands.
Barrow (spr. Bärroh), 1) I$aak, engl.
Theolog und Katbematiker, geb. 1690 lu
London, seit 1668 Prof. der Mathematik su
Cambridge , Lehrer Newtons , trat diesem
seinen Lehrstuhl ab, ward Kaplan Karls 11.,
1675 Vioekanzler von Cambridge; f 4. Mai
1677 an London. Theolog. Schriften herausg.
von TiUoU4>n (1688, 8 Bde.; 1818, 6 Bde.),
HamiUon (1842, 8 Bde.), Ifdpier (1889, 9Bde.);
mathemat. Schriften von Ifapier (1851), Whe-
wdl (1861).— 2) Sir John, engl. Reisender und
Qeograph, geb. 19. Juni 1764 zu Dragleybeck
in Lancashire, begleitete 1792 al^ Privat-
sekretftr den Lord Macartney nach China
und nach Kapland , war 1804 — 45 Sekretär
der Admiralität; f 23. Kot. 1849 zu London <
Sehr. ,TraTels to China' (1804, deutsch von
Hüttner 1804—5, 2 Bde.); «Travels in the
interior of Southern Afrlca* (1801—8, 2 Bde.;
deutsch von Sprengel 1801—5, 8 Bde.); ,A
voyage to Ooehin China in the years 1792
and 1793< (1806; deutsch von £ftrmann 1808).
BarrOWStnsse, Wasserstrasse im arkt.
Amerika, vom liancastersund in den Mel-
villesund ; zuerst 1819 von PuriT durchschifft.
Barry (spr. Bärri), Sir Charlee, engl.
Architekt, geb. 28. Mai 1795 au London, f
das. 12. Mai 1800; Hauptwerk das Parla-
mentsgebäude im goth. Stil (seit 1840).
Ban (spr. Barsch), ungar. Komitat, Kr.
diess. der Donau, 48,5 QM. mit 119,400 Ew.,
im N. gebirgig und metallreich, im S., an
der Gran, fruchtbar. Hauptst. Kremnitz.
BarsaCy Stadt im flranz. Dep. Gironde, an
der Garonne, 8076 Ew. Guter Wein.
Barseh^ Perca L., Vischgattung aus der
Ordnung der Brustflosser. Fluesbarsch, P.
fluviatilis L., 16-18" 1., 2—8 Pfd. schwer,
schmackhafter Banbflsch, in ganz Europa.
Nilbaraeh, P. lates, 2' 1., grösster Kilfisch,
schmackhaft. Seebarsch, Rauhbarsch, Kaul-
barsch, Sägebarsch, s. d.
Bar-sur-Avbe (spr. -sfir Ohb), Stadt im
franz. Depart. Aube (Ohampagnei, an der
Aube, 4809 Bw. Weinbau. 27. Febr. 1814
Sieg der Allürten unter Schwsrzenberg über
Ondinot und Macdonald.
Bar -B«r -Seine (spr. -sür-S&hn), Stadt
im ftanz. Depart. Aube (Champagne), an der
Seine, 2980 Ew. Bed. Weinhandel.
Bartadler, s. t. a. Bartgeier.
Bartaffe, f. Mdkako.
Barten^ Stadt im preass. Rei^z. Königs'
berg, Kr. Rastenburg, 1749 Ew.
Barten, s. WaUheh.
Bartenttein, i) Stadt im preuss. Regbz.
Köuip:sberg, Kr. Friedland, an der Alle,
5882 Ew. — 2) Städtchen in> würtemberg.
Donaukreis, 868 Ew., Residenz des Färstea
von Hohenlohe-B.
Bartfedem (Iftaum) , kurze und weiohe
Federn, welche den eigentlichen Leib des
Vogels bedecken.
Bartfeld y Stadt im nngar. Kom. Saros,
an der Tepl, 4222 Ew. Ber. Sauerbrunnen.
Bartflnne (Feigma^l), Gesichtsausschlag,
entsteht durch die Umwandlung des von
einem Stärkerik Haar durchbohrten Talg-
drfisenknötchens in ein Eiterbläsohen, wird
durch vorsichtige Aetzungen mit koncentr.
Salpetersäure beseitigt.
Bartgeier (Geieradler), GypaStos Storr,
Ossiflraga der Römer, Gattung der Raubvögel
aus der Familie der Geier. Bart-, Joeh- oder
Lämmergeier, G. barbatus L,, 4*, klaftert fast
10', auf den Pyrenäen, Alpen, in Westasien
U.Afrika. Grösster Raubvogel der alten Welt.
Bartgras, s. Andropogon.
Barthy alte Stadt im preuss. Regbz. Stral-
sund, Kr. Franzburg , 6024 Ew. Hafen an
dem mit dem Meer in Terbindting stehen-
den barther A^dden (Binnensee).
Barth, l) Marquard AdcAf, geb. 1. Sept.
1809 in Eichstädt, seit 1887 Rechtsanwalt ia
Kaufbetxren , 1848 Mitglied des frankf. Par-
laments, seit 19X& der bayer. Abgeordneten-
kammer, Fuhrer der Linken, leitete 1866
und 1867 die Versammlungen der sfiddeut-
sohen Nationalpartei in Stuttgart, 1868 Mit-
glied des Zoljparlaments. — 2) Xbrf, Bruder
des Vor., geb. 2. Juni 1811 in Eichstädt,
Rechtsanwalt in Augsburg, vorzugsweise als
Vertheidiger vor den Schwurgerichten be-
schäftigt, seit 1863 Mitglied der bayer. Ab-
geordnetenkammer und der geschänsleiten-
den Kommission des 36er Ausschusses, seit
1864 des ZolIi>arlaments. Sehr. ,Vertheidi-
gnngs-Momente' (Heft 1, 1851). — 3) Heinrich,
ber. Reisender, geb. 16. Febr. 1821 zu Ham-
burg, studirte zu Berlin, machte 1845—47
seine erste grössere Reise durch KordalHka,
Aegypten, Syrien u. Kleinasien, dann 1849—56
seine grosse Eribrsohungsreise durch Nord-
und Centralafrika: von Tripolis über Murzuk
und Agades nach dem Tschadsee (Kuka), von
wo ans verschiedene Expeditionen unternom-
men wurden, dann über Kano, Sokoto und
Say am Niger durch die Landschaften Lib-
toko und Dalla nach Timbuktu, wo er 7
Monate blieb; von da über Gago (Sonrai-
land) zurück nach Kano und Kuka und
über Bilma und Murzuk wieder nach Tripo-
lis. Ausdehnung der Reise 8000 M. Haupt-
resultate: Erforschung der Länder Air (As-
ben) und Adamaua, erste genaue Beschrei-
bung der Königr. Baghinhi und Waäai und
Entdeckung der Reiche Gando und Hamd-
Allahi. Nach der Rückkehr ward B. 1863
Prof. der Geographie und Präsident der
geogr. Gesellschaft zu Berlin; f das. 25.
Nov. 1865. Werke: ,Wanderungen durch
die Küstenländer des Mlttelmeeres^ (l.Bd.,
1848); ,Reisen und Entdeckungen in Nord-
und CentralaMka* (1855—58, 5 Bde.; Auszug
1850—60, 2 Bde.); ,Reise von Trapozunt durch
die nördl. Hälite Kleinasiens nach Skutari'
(1860); ,Reise durch das Innere der europ.
Türkei' (1864). Biogr. von Koner (1866).
216
Barthe — Bartolommeo.
Bftrtliey Felix, franz. Staatsmann, geb.
28. Jali 1795 zu Narbonne, trat seit 1810 in
polit. Prozessen in Opposition zur Regie-
rung, ward nach der Julirevolution Q«neral-
£rokurator am pariser Appellhof, Ende 1830
[inister des öffentl. Unterrichts, 1831 der
Justiz, 188i Präsident des Recfannngshofii
und Mitglied der Pairskammer, 1858 Sena-
tor, 1855 Mitglied der Akademie der moral.
und polit. Wissenschaften; f 1863.
Bütholy Karl, christl.-orthodozerLiterar-
histor., geb. 84. Febr. 1817 zu Braunschweig,
Ldas^ 28. M&rz 1853. Sehr. ,Die deutsche
teraftor der Neuzeit' (8. Aufl. 1870), ,Die
klass. Periode der deutschen Literatur im
Mittelalter* (herausg. von Findel 1857).
BartliAenijry 1) Jean Jaches, franz. Alter-
thumsforscher, geb. 20. Jan. 1716 zu Cassis
in der Provence, seit 1747 Mitglied der
Akademie der Inschriften, seit 1753 Direktor
des königl. Medaillenkabinetz zu Paris;
t 80. April 1795. Verf. der in fast alle
enrop. Sprachen übersetzten «Yoyage du
Jeune Anaoharsis en Grdoe* (1788, deutsch
r*Ftseher u. Haupt 1836), einer ansehnlichen
Schilderung antiker Znstande. — 2) JFron-
föis, Marquis de B,, franz. Diplomat, geb.
20. Okt. 1747 zu Aubagne, schloss 1795 mit
Preussen den baseler Frieden, ward 1796
Mitglied des Direktoriums, 4. Sept. 1797
verhaftet und mit Pichegru u. A. nach
Quiana geschickt, entfloh nach England,
ward nach der Katastrophe vom 18. Brn-
maire vom ersten Konsul zum Yiceprasiden-
ten des Senats und zum Beiclisgrafen er-
nannt, stand 1802 an der Spitze der Depu-
tation, welche Bonaparte das Konsulat auf
Lebenszeit übertrug, führte April 1814 den
Vorsitz im Senat, der Napoleons Absetzung
aussprach, ward nach der zweiten Bestau-
ration Minister und Marquis; f 3. April
1830. — 3) Augu9le, franz. Dichter, geb. 1796
zu Marseille, lebte seit 1828 in Paris und
schrieb (mit Merjf gemeinschaftlich) zahlr.
beissende Satiren gegen die Bourbons und
die Julidynastie: .La Vllldliade' (1826), ,La
Peyronntide* (1887), ,La Censure' (1887) etc.,
(ias histor. Gedicht ,NM>ol6on en Egypte*
(1838, deutsch von Schwab 1830> und die
Elegie auf den Herzog von Beichstadt ,Le
fils de Vhomme* (1889) ; zog sich 1838 von
der Opposition zurück. Durch sein Gedicht
•Le peuple-roi' ward er Direktor der königl.
Druckerei. Sein letztes Gedicht ,La Tauride'
(1856, dentsch 1856) hatte keinen Erfolg. Er
t 23. Aug. 1867 zu Marseille.
Barth^lerny Saint •Hilalre (spr. -Sangt-
Il&hr), •Tule«, franz. Gelehrter, geb. 19.
Aug. 1805 zu Paris, ward 1838 Prof. der
griech. und röm. Philosophie am Oollßge de
France, 1839 Mitglied der Akademie der
moral. und polit. Wissenschaften, hielt sich,
nach der Februarrevolution in die Consti-
tuante und Legislative gewählt, zur Partei
der Gemässigten, ward bei dem Staats-
streiche von 1851 nach Mazas abgeführt, ver-
weigerte Napoleon in. den Eid und legte
seine Professur nieder. Hauptwerk Ueber-
setzung des Aristoteles. Sehr, ausserdem
,Sur les Yedas' (1854), ,Le Bouddhisme'
(1855), ,Bonddha et sa religlon* (1859, S. AvlL
1865), ,Mahomet et le Ooran* (1865).
BlLnheB (spr. -tehs), Paul Joieph, frans.
Arzt, geb. 11. Dec. 1734 in Montpellier, grün-
dete das. eine berühmte ärztliche Schule,
später kaiserl. Leibarzt; f l^« Okt. 1806 In
Paris. Sehr. ,Nouveaux 616menB de la scienoe
de Thomme' (1806, 8 Bde.); ,Noavelle mtea-
nique des mouvemens de Thomme et dez
animaux* (1798, deutsch 1800); ,TraIt6 des
maladies gontteuses' (1819, 8 Bde.; deutsch
1803); ,Consaltations de mßdedne« (1810).
Vgl. liordat, ,ExpoBition de la doctrlne m6-
dicale de P. J. B. etc.', 1818.
Barthold, Friedrieh Wükdm, Geschicht-
schreiber, geb. 4. Sept. 1799 zu Berlin, seit
1831 Prof. zu Greifswald ; f das. 14. Jan. 1858.
Sehr. ,Der Römerzug K. Heinrichs von Lützel-
bnrg< (1830—81, 8 Bde.); , Georg v. Frunds-
berg oder das deutsche Kriegshandwerk zur
Zeit der Beformatlon* (1833) ; .Gesch. des
grossen deutschen Kriegs vom Tode Gustav
Adolfii ab' (1848—43, 8 Thle.); «Gesch. von
Rügen und Pommern' (1839—45, 5 Bde.);
,Gesch. der deutschen Städte und des deut-
schen Bürgerthums' (1850— 58, 4 Bde.); ,Cte-
sclilohte der deutsch. Hansa' (1853, 3 Bde.) n.A.
Bartholdjy JaJceb Salomo, preuss. Diplo-
mat, geb. zu Berlin 13. Mai 1779, Jüd. Her-
kunft, trat 1805 zum Christenthum über,
arbeitete seit 1813 in der Kanzlei des Fürsten
Hardenberg, entwarf das Landsturmedikt
vom 81. April 1813, ging 1815 als preuss.
Generalkonsul für Italien nach Rom, 1818
zum Kongrress nach Aachen, dann als Ge-
schäftsträger an den toskan. Hof; f ^7.
Juli 1885. Er brachte die Fresoomalerel
zuerst wieder in Aufnahme. Seine Knnst-
sammlnneen kamen an das berl. Museum.
BarthoiIni8clie Gef&sse, lymphatische Ge-
fasse. B.r Gang, Ausführungsgang der Spei-
cheldrüse unter der Zunge.
BartholomfiaSy der Apostel, Sohn Tol-
mais, aus Kana in Galiläa, soll das Christen-
thum in Indien, d. i. wahrschelnl. im südl.
Arabien (Jemen) verkündigt haben* und z^
Albania-pyla (Derbeut) am kasp. Meere ge-
kreuzigt worden sein. - Tag 84. Aug.
BartkoloniSasnaeht, s. JEru^«i»o<teii.
Bartholominssee, s. Küniguee,
Bartling, Friedrich Gotüieb, Botaniker,
geb. 1798 zu Hannover, seit 1831 Prof. in
Göttingen. Sehr. ,Ordines naturales planta-
rnm' (1830); mit ffaslpa «Vegetabilia cellula-
ria in Germania septentrionali' (1834 u. 1836).
BartSIl, 1) Daniellc, ital. Gelehrter, geb.
18. Febr. 1608 in Ferrara, Jesuit, f 13.
Juni 1685 als Rektor des Jesuitenkollegiums
zu Rom. Hauptwerk: ,l8toria della com-
pagnia dl Gesü' (E^m 1653—73, 5 Bde.;
1881, 3 Bde.). ,Opere complete' (1883—44,
34 Bde.). — 2) Pietro Bcmti, gen. Perugio,
ital. Maler u. Kupferstecher, geb. 1635 zu
Bortola, f zu Rom 1700. Schüler Poussins,
dessen Bilder er täuschend genau kopirte.
BartSIOy Taideo di, ital. Maler der Schule
von Siena, um 1390—1420; Hauptwerk die
Wandmalereien in der Kapelle des öffentl.
Palastes zu Siena (Leben der heil. Jungfrau).
BartolommSo^ Fra, b. Porta,
Bartolöni — Basalt.
217
BartOlSaty Lorento, IUI. Bildhauer, geb.
1777 za Yernio (Toskana), f 80. Jan. 1850 zu
Floreni als Direktiousmitgl. der Akademie.
Zahlr. Werke, über Europa zerstreut.
Bttrtoloiziy Franeeteo, Kupferstecher, geb.
1730 zu Florenz , seit 1764 in London , seit
1805 in Lissabon ; f das. 181S als Direktor
der Malerakademie. Ausgezeichnet in ge-
ätzten Blättern, aber durch Einfuhrung der
weichlichen Punktirmanier von üblem
Einfluss. Zahlreiche Werke ruber 8000 BI.).
Burton (spr. Barten), 1) Elisabeth, das
yheiligeM&doben von Kent* gen., angebliche
Seherin, weissagte dem Eön^ Heinrich YIII.
atnr Strafe für seine Scheidung von Katha-
rina Ton Aragonien einen nahen Tod, ward
1584 hingerichtet. — 8) £ernard , gen. der
Quakerpoet, geb. Sl. Jan. 1784 zu London,
1810—47 Commis in einem Bankgeschäft in
Woodbridge; f ^9. Febr. 1849. Sehr. ,Me-
trical effusions' (1818), ,Poems by an ama-
teur* (1818), »Poems* (4. Aufl. 1885), ,Hou-
sehold Verses' (1845) u. A. Vgl. Ourney,
,Memorfal of B.', 1847. ~ 3) Benjamin Smith,
nordamerikan. Naturforscher, geb. 1766 zu
Lancaster, seit 1789 Professor der Naturge-
schichte, später der Medicin in Philadelphia;
f das. 1815. Sehr. ,A memoir conceming
the fascinatlug faculty, whlch has been
ascribed to the rattlesnake and other americ.
serpents* (1796, 1800, deutsch 1798); ,A me-
moir oonoernin^ the disease of goitre' (1800,
deutsch 1808) : ,Element of botany' (1818 und
1814, 8 Thle.) u. A.
Bartsch, rechter Kebenflnss der Oder,
kommt aus Posen, mündet bei Grossglogau,
28 M. 1., Ton Militsch an schiffbar.
Bartscll, 1) Joh. Adam £«mh., £itUr von B.,
Kupferstecher, geb. 17. Aug. 1757 zu Wien,
seit 1806 Kustos der Hofbibliothek und
Kupferstichsammluug das. ; f 81. Aug. 1881.
Sehr. ,Peintre - graveur' (1808—21, 81 Bde.,
neue Ausg. 1866), ,An}eit. zur Kupferstich-
kunde* (1881, 8 Bde.); lieferte 505 Blätter
nach Gemälden jeder Periode n. Schule. Sein
Sohn, Friedr. Jos. Adam, Bitter von B., geb.
18. Juli 1798, seit 1887 Kustos der Kupfer-
stichsammlung zu Wien, sehr. ,Oatalogue
d^estampes de A» de B.* (1818) und ,I>ie
Kupferstichsammlnng der k. k. Hofbiblio-
thek zu Wien' (1854). — 2) Karl Friedrich,
Germanist, geb. 25. Febr. 1838 zu Sprottau,
seit 1856 Prof. der deutschen und roman.
Philologie zu Rostock ; gab ältere deutsche
Dichtungen und provencal. Sprachdenkmäler
heraus; schrieb ,Ueber Slarlmeinet* (1861),
, AI brecht von Halberstadt und Ovid im Mit-
telalter' (1861), ,Beiträge zur Geschichte und
Kritik der Kudrnn* (1865} und als Haupt-
werk: ,Untersuohnngen über das Nibelun-
genlied' (1865), dem er eine treffl. kleinere
/ Ausgabe (2. Aufl. 1869) und eine grössere
mit Lesarten etc. (1870), sowie eine neu-
deutsche Uebersetzung (1867) folgen Hess.
Uebersetzte Bnrns Gedichte (1865)..
Barneh (d. h. der Gesegnete), Freund und
Gefährte des Propheten Jeremias, ward
während der Belagerung Jerusalems durch
Nebukadnezar mit Jeremias von seinen
Landdlenten in Haft gehalten, b«gab sich
I dann mit Jenem nach Aegypten; angebl.
Verf. einer apokryph. Schnit des A. T.,
Buch B. (Trostrede an die Israeliten).
Bamth, Stadt im preuss. Begbz. Pots-
dam, Kr. Jüterbogk - Luckenwalde , an der
Geila, 1850 Ew.; Hauptort der dem Gr. v.
Solms gehör. 8tandesherrsch<\ft B. (IVa QM.).
Bamtsclie (vom ital. J>aroccio), in Italien
zweirädriger Karren, in Wien, Tordorben
Fierutseh, zweirädrige Halbchaise.
Barye, Antoine Louis, franz. Bildhauer,
geb. 84. Sept. 1795 zu Paris, lebt daselbst.
Bes. als Thierbildner bedeutend : die Löwen-
gruppe im Tuileriengarten, Jagdstücke, der
Löwe für die Juliussäule, Theseus und
der Centaur; Beiterstatue Napoleons I. für
Bar^t, 8. Barjfum, [AJaccio (1864).
Baryam, silberweisses hämmerbares Me-
tall, oxydirt und mit Schwefelsäure verbun-
den als Schwerspath, mit Kohlensäure als
Witherit vorkommend. Aeq. 68,5; bildet mit
1 Aeq. Sauerstoff das Baryumoxyd, Baryt,
Schwererde, mit 8 Aeq. Sauerstofl* Baryum-
»uperoxyd. Dies entsteht durch massiges
Erhitzen von Baryumoxyd an der Luft, dient
zur Darstellung von Wasserstoffsuperoxyd
und zur Bereitung von Sauerstoff, da es in
starker Hitze wieder zerfallt. Baryumoxyd-
hydrat, Aetzbaryt aus Schwefelbaryum er«
halten, krystallisirt, In Wasser löslich (Ba-
rytwasser), absorbirt schnell Kohlensäure,
dient als Reagens, gibt mit Zucker unlös-
lichen Zuckerbaryt, Kohieneaurer Baryt, in
Wasser unlöslich, dient zur Darstellung
von Barytpräparaten. Behtoefehaurer Baryt,
Permanentweiss, Neuweiss, Barytweiss, ganz
unlöslich in Wasser, schöne beständige
weisse Farbe, besonders zur Tapetenfabri-
kation. Ohlor$aurer und salpetersaurer Baryt,
in Wasser löslich, dient in der Feuerwerkerei
zu hellgrünem Feuer. Ohromsaurer Baryt, Ba-
rytgelb, Ultramaringelb , schöne beständige
gelbe Farbe. Schwefelbarynm entsteht beim
Glühen von Schwerspath mit Kohlen, zer-
setzt sich mit Wasser, gibt mit Salzsäure
Öhlorbaryum. Dies krystallisirt, löst sich
in 3 Theilen Wasser, ist wie alle Barytsalze
giftig (Gegengift Glauber- oder Bittersalz),
verhindert die Fäulniss und ist wie alle
lösliche Barytsalze scharfes Besgens auf
Schwefelsäure.
Baryxjf ion Lour. (Sohwerholz), Pflanzen-
gattung aus der Familie der Cassieen. B.
rnfam Lour., Intsia amboinensis Dec, Baum
in Ostindieu und China mit scliwerem har-
ten Nutzholz (Eisenholz).
Basalt, dunkelgefärbtes, scheinbar gleich«
artiges, sehr dichtes, hartes, zähes Gestein,
welches in einer glasigen oder entglasten
Grundmasse Augit, Mi^eteisen und Feld*-
spath, meist auch Ollvin und andere Ein-
schlüsse enthält, tritt in eigenthüml. Ab-
sonderungen als Säulen-, Pyramiden-, Tafel-
und Kugelbasalt auf, ist über die ganze
Erde weit verbreitet und zeigt sich als
Eruptivgestein namentl. der mitteltertiären
Zeit, isolirte Höhen, ganze Bergzüge und Ta-
fellandschaften bildend. Dient zum Strassen-
bau, zu Mühlsteinen, Pochsohlen u. dgl.,
gibt geschmolzen ein leichtflüssiges Glas,
218
Basaltit — Basilika.
beim Verwittern ein sehr fruchtbares Erd-
reich (gepnlyert als Bünger). Ba$alüava,
schlackiger B., poröse blasige dunkle Ge-
steine TOB basaltischem Habitas, stehen
stets mit einem Krater In Terblndnng, yon
welchem ans sie sich in lagerartigen Strö-
men ausbreiten. Vgl. Ifeonhard, ^ie Ba-
sal^ebilde in Ihren Besiehnngen su nor-
malen und abnormen Felsmassen*, 1832;
La$atdx, ,I>er Streit über die Entstehung des
B.B*, 1809; JSirkd, »Bükroskop. Znsammen-
setsTingu. Struktur der Basaltgesteine*, 1870.
BMiutlt, 8. y. a. Melaphyr.
Basanfty schwarzes Romblendegestein»
diente den alten Aegyptern als Material
zu Statuen.
Basehl-Boflskg, in den türk. Heeren die
aus kriegerischen Stämmen geworbenen
irregulären Frelschaaren, berüchtigt durch
wilde Zuchtlosigkeit.
BMChl-Insem (Batanei) , Gruppe der
Philippinen Im ostlnd. Archipel, nördl. von
Msnila, etwa 8000 Ew.
BMCh-KadSn (tUrk., Ober/rau), Name der
4 rechtmäss. Frauen des Sultans, [schistan.
Buckkerd, Hochland im SW. von Belud-
Basekkiren (eig. ScuehJturtf d. i. Bienen-
züchter), Volk in den russ. Gonv. Perm,
Orenburg und Samara, am Südural, tatar.
(nach Neuern finnischen) Stamms mit türk.
Sitte und Sprache, theils sesshaft, theils
nomadisirend, 476,200 M. stark; stellen eine
Art von Kosakoncorps.
Bascnle (fr., spr. -kühl), Schaukel ; schwan-
kendes Benehmen ; daher Boßpulesystem,
Base^ s. v. a. Basis. [Schaukelsy^tem.
BaseaoWy Joh. Bemh., eigentl. Joh. Berend
Bassedau, her. Pädagog, geb. 11. Sept. 1723
zu Hamburg, ward 1753 Lehrer an der Rit-
terakademie zu Soroe, 1761 am Gymnasium
zu Altena, trat, durch Rousseaus ,£m]le*
begeistert, als Reformator des Erziehungs-
wesens auf, brachte durch Sammlungen
bis zu 15,000 Thalern das ,£lementarwerk*
(1774, 4 Bde. mit 100 Kupfern meist von Gho-
dowiecki) zu Stande, errichtete 1774 zu
Dessau das ber. Philanthropin als Muster-
schule, trat 1778 von dessen Leitung zurück ;
t 85. Juli 1790 zu Magdeburg. Vgl. Bath-
mann, ,Beiträge zur Lebensgesch. B.s', 1791 ;
Meyer, .Char. und Schriften B.s«, 1791-92.
Baseiikse (spr. -seljak), Jecm, franz. Wund-
arzt, geb. itOS zu Poevastruc bei Tarbes,
t 1781. Erfinder des gekrümmten Trokars
zur Anbohrung der Blase, machte Stein-
extraktionen. Sehr. jBecueil de pidces impor-
tantes concernant la taille par le lithotome
cach6* (1751); ,Nouvelle methode d'extraire
la pierre par dessus le pubis* (1779).
Baiely Kanton der nordwestl. Schweiz,
8,44 QM. und 98,265 Ew. (19,497 Kathol.,
175 Jud.), schöne und ftuchtbare Bergland-
schaft (Wisenberg 8087')» vom Rhein (mit
Ergolz und Birs) bespült; Feld-, Obst- und
Wiesenbau. Rege Industrie, bes. Selden-
band&br. Seit 1833 8 unabhingige Theile :
1) B.-8Uidi, 0,67 QM. und 40,683 Ew.; kon-
servativ, strengkirchlich, gebildet, spekula-
tiv ; Verfassung vom 28. Febr. 1858 ; Einnahme
1865: 1,275,000, Ausg. 1,575,000 Frcs.; Staats-
schuld 5Vs Mill. Frcs., Vermögen unbekannt
8) B,'Land, 7,77 (£M. und 51,588 Ew. ; radikal
und firel von Pietisterei; Verfassung vom
6. März 1868; Einnahme 1865: 514,300, Ausg.
511,573 Frcs. ; Staatsschuld 1 Mill., Vermögen
1,343,000 Frcs. Gesammtkontingent: Öl^M.
Der Baselgan, seit 1501 Glied des schweizer
Bundes (18. Kanton), 1815 mit dem Btrsgau
vereinigt. Seit 1831 Streit zwischen der
Stadt und den Landgemeinden, in Folge
dessen 17. Aug. 1833 die Trennung. — Die
HaupM, B., zweltgrösste Stadt der Schweiz,
vom Rhein durchflössen (Brücke von 1226),
37,918 Ew. Reicher und bed. Handelsplatz.
Im Münster (1010 gegr.) das ber. hcader
KoncÜ (14. Dec. 1431 bis 7. Mal 1449, zur
Ausrottung der Ketzereien und Reformirung
der Kirche); Universität (seit 1450); Rath-
haus (1508), Museum (1849). Gr. Missions-
anstalten. Der batder Friede 5. April 1795
zwischen Frankreich und Preussen, 22. Juli
17% zwischen Frankreich und Spanien.
Basel -Avnt, s. Äugst.
Baseler Konfusion y 1538 zu Basel in
deutscher Sprache aufgesetztes, 1550 in Mühl -
hausen gedrucktes (daher auch mühlhäaüer
Konf.) Glaubensbekenntniss der Reformirten.
Basen (gr.), Sauerstoffverbindungen (Me-
talloxyde), welche sich mit Säuren zu Salzen
verbinden, so Kali, Natron, Bleioxyd etc.
Basente (Vatento), Fluss in Unteritalieu,
müudet in den Golf von Tarent, 21 M.
BasentellOy Stadt in der unterital. Prov.
Terra d'Otranto; 13. Juli 98i8ieg der Grie-
chen und Araber über Kaiser CN;to H.
Basford, Industr. Dorf in der engl. Graf-
schaft Nottingham, 12,185 Ew. Fabrik, von
Spitzen, Strumpfwaaren, Maschinen etc.
BasilUy Gruppe d. Suluinsoln (Ostindien).
Basilens (gr.), bei den alten Griechen der
König, zugleich Oberanführer Im Krieg,
Oberrichter und Oberpriester.
Basttianer s. BaeiUua.
Basiliemta, unterital. Prov. in Kalabrien,
194 QM., 492,960 Ew. Hauptst. Potenza.
Baslllcnm, Pflanzengattung, s. Ocimttm.
Basilides, alexandr. Gnostiker zuHadrlaus
Zeit, nahm 365 aus dem oberen Lichtreiclie
stufenweise emanirte Geisterordnungen an.
Seine Anhänger, die Basilidianer, erhielten
sich bis ins 4. Jahrh. Vgl. Hoo/Mede de Oroot,
,B.S deutsch 1868.
Basilika (gr.), das unter dem byzant. Kaiser
Basilius Macedo (f 886) begonnene, unter
dessen Sohn Leo dem Weisen vollendete
und unter dessen Sohu Konstantin Porphy-
rogeneta 945 revidirte Gesetzbuch des byzant.
Reichs, aus 60 Büchern bestehende Umar-
beitung des Jujrtinianeischen Gesetzwerkes ;
herausg. von Heimbach (1883—50, 5 Bde.).
BasiUka (gr.), urspr. Königshalle, Königs-
wohnung; dann bei den Griechen und Rö-
mern Gebäude mit Säulenreihen Im Innern,
für Rechtspflege und Handelsverkehr. Nach
deren Vorbild wurden seit Konstantin die
ersten christl. Kirchen gebaut. Grundplan
der Christi. B. (seit 10. Jahrb.): oblonger
Raum, durch 8 (oder 4) Säulenreihen in 3
(oder 5) Schiffe ^ethellt, von denen das mitt-
lere Schiff grössere Breite u. grössere Höh»
BaBÜisk — Bassein.
219
hat n. dnrob die Niseh« des Altars (Abside)
abgesdhlofsen wird. Ber. Kirchen der Art:
Johann Im I<at«raD, 8. Xaria Ma<siore , S.
Sablna n. a. in Sem; 8. ApoUlnara in Ka-
▼enna; neo«M: die B. In Mnnehen (tou
Ziebland erb.) , die Jakobskirche in Berlin.
Vgl. Stauen, ,]>le chrlstl. Basiliken Borns*,
1849; Zetitruwun, ,Die antiken und christl.
Basiliken', 1847; Jlf«Mt»er, ,Ur8pmnc der
B.', 1854; Mothe», ,Die Basilikenform', 18«5.
BaiUilky Basiliscus Law» (Kr<meideeh$e),
BeptiUengattung ans der Tamifie der Schup-
penechsen, gehdm$4r J9., gemein« K., B. ml-
tratus J>«M<I., B. amerieanus Laur., harm-
loses Thier, 8' lang, im heissen Südamerika.
Der fabelhafte B. der Alten hat Hahnen-
körper mit dreispitzigem Schlangensohwans,
funkelnde Augen n. eine Krone anfdemKopf.
Bulllll. 1) £. I. Maeedo, bysant. Kaiser,
ward als Soldat ron Michael HI. als Mit-
regent aiig^nommen. nach dessen Tode 867
AUeinherrsoher; f o86. — 8) B. der Groue,
griech. Kirchenvater, geb. 8S9 en Cäsarea
in Kiqipadocien, anfangs Sadiwalter, 862
zum Presbyter geweiht, 870 Bischof; f 879.
Regelte die Kirchensucht, den Gottesdienst
und Insbesondere das Hönchswesen, daher
die Mönchsgel&bde des Gehorsams, der
Keuschheit .und Armuth anf ihn lurückge-
fährt werden, wie auch die Mönche und
Nonnen der oriental., nicht unirten Kirchen
der nach B. benannten Begel folgen. Werke
herausg. Ton den Benediktinern (1780, 8Bde.).
Vgl. aoee, ,B. d. Gr.*, 1885. — 8) Bischof
von Ancjra, Haupt der Semiarlaner, 860
durch das Koacil au Konstantinopel al^e-
setzt und nach Illyrien Terwiesen.
BnloeestniM (gr.), Kopfbohrer, Instru-
ment zur Durchbohrang des Kindersehadels
bei Entbindungten.
Baals (gr.), die Grundlage einer Sadie;
in der Geometrie die Seite oder Flache, auf
welcher eine geradlinige Figur oder ein
Körper als ruhend gedacht wird; in der
Geodäsie eine gerade Linie yon beträcht-
licher Lange (i^, 1 Meile und darfiber), die
anf der Oberfläche der Erde sorgflltig ge-
messen und an welche dann zum Behuf der
trigonometrischen Vermessung eines Landes
das Netz von Dreiecken angelegt wird; in
der Kriegskunst ein Landstrich mit festen
Punkten oder eine Verkehrt* oder Stromlinie
als Grundlage und Stütze der Operationen.
Bsaiseke vaäM, s. 8aUe.
Baaken (Vasconen), uraltes Volk zu bei-
den Seiten der Westpyreuäen; in Frankreich
im Dep. Niederpyrenäen (etwa 150,000), in
Spanien die Hauptbevölkerung von Navarra
und den gebirgigen, sogen, baskieehen Ptcmn-
zen (Viuconqadaa): Alava, Guipuzeoa, Bis-
caya (ca. 500,000) ; in ihrer eigenen Sprache
BiueeUdunctc, das Land JBueoaieria genannt.
Der letzte Rest der iberischen Urbewohner
Spaniens, tapfer und freiheitsliebend, robust,
klug und arbeitsam (ihr Land woblkultivirt),
heiter und Vergnügen liebend , ehrlich und
gastfrei, aber t^ueh leidenschaftlich und
rachsüchtig, stola auf ihr Iiand und ihre
Sprache; kühne Seelente, ausgezeichnete
Guerrillas. Früher unabliäugig und frei,
unterwarfen sie sich im 13. Jahrb. freiwillig
den Königen von Kastilien als Schntzherren,
aber mit Vorbehalt einer Menge von Vor-
rechten (ftieros), an denen sie mit Zähigkeit
festhielten und von denen südi viele (Frei-
heit vom Salz- und Tabaksmonopol, von
der Konskription, eigene Verwaltung etc.)
bis in die Gegenwart erhalten haben. Die
ßprtkche der B. (bask. Eueeara, Seguera), die
alte iberische, nicht sum indogerni. Sprach -
stamm gehörend; noch in 4 Dialekten (dem
autrigonisoben, vardnUschen, vasconischen
und labortanischen) gesi>roehen. Literatur
unbedeutend: Sammlungen von Sprichwör-
tern, Lieder (Dantzas) und blbl. oder histor.
Volksschauspiele. Grammatiken von Blant
(185^ und L^rdiMobal (1856) ; Lesdkon von
Ckao (1856). Vgl. Humboldi, »Untersuch, über
die Urbewohner Hispaniens', 1881; JIToän,
»Denkmäler der bask. Sprache', 1857; die
Schriften von Miekel (1856), JBMLi (1868)
und Garai (1868).
BaskerviUe (spr. Bäsker-), John, engl.
Buchdrucker und SchriAslMMr , geb. 1706
zu Wolverley in Glocesterahire, f ^* J<^*
1775; gründete 1756 zu Birmingham eine
Buohdruckerei und Schriftgiesserei and gab
röm., engl, und ital. Klassikisr in typograph.
schön ausgestatteten Ausgaben heraus.
Basnage (spr. Banahsch), JMqmee, geb.
1658 au Ronen, Pfarrer das., floh in Folg«
der Aufhebung des Edikts von Nantes aus
Frankreich, ward 1690 Prediger zu Rotter-
dam, 1709 im Haag; f das. 1728 alsHistorlo-
graph der Generalstaaten. Sehr. ,Histoire
des «glises r6forra«es* (Rotterd. 1690, 8 Bde.) ;
,Histoire de T^lise depuis J4sns- Ohrist
jusqu' 2k prfeent' (das. 1699, 2 Bde.);
,Histoire des Juifii* (1706, 5 Bde.).
Batra (Baaaora), herabgekommene ^Stadt
in Mesopotamien, am Sohat ei Arab, 5000
Ew., einstHauptstapel platz zwischen ludien,
Persien und Konstantinopel; 636 gegr.
Baarellef (fr., spr. Barelieff), s. JMi^.
Baza (£r. iaeae, ital. baeeo), die tiefste, für
alle andern Stimmen die Basis bildende
Stimme, im Gesang wie in der Instrameatal-
musik. Als Singstimme tiefe Männerstimme,
vom grossen f bis zum eingestrichenen d
oder e; als Instrument, s. v. a. Kontrabass
und Violonoell (s. d.). Für alle Bassstimmen
besonderer Notenschlüssel: BaaseekliUeel (F-
Schlüssel) auf der 4. Linie, deren Note für
das kleine f steht. [=a 4,41 Liter.
Bassa (ital.), Flüssigkeitsmass in Verona,
Bani (a. G.), Dorf im südl. Arkadien
bei Phigalia; berülimter Apollotempel, von
Ictinus zu Anfang des peloponnea. Krieges
erbaut. Rest« wohlerhaltea. R^efii davon
(1812 entdeckt) im brit Museum. Vgl.
BUtckdberg, ,Der Apollotempel zu B.', 1832.
BatBino» Stadt in der oberital. Provinz
Vioeoza, an der Brenta, 12,207 Sw. Seiden-
und Strohhutfabr. 8. Sept. 1786 Bieg Bona-
partes über die Oesterreicher noter Wurmser.
Herzog von £, (seit 1811) s. Jiarei,
BaMino, s. Bmte, Jacopo da.
Basaanssans, s. Pelekam. Jtiefer.
Bana ottava (ital., Mus.), eine Oktave
Bassein (Persaim), brit. Stadt in Pegu in
220
Basselisseweberei — Bastia.
Hinterindien, am Irawaddy, 20,000 Ew.;
bed. Reisbandel.
BMSellsMweberely f. Tapetenweberei.
BasteBy 8. Drehb€usen.
BMMerHUUi. Friedr. Daniel, geb. 24. Febr.
1811 zu Mannheim, Besitser eines Materfal-
geschäftfl, dann einer Bachhandlnng das.,
seit 1841 Hitglied der badischen Kammer
und einer der Führer der liberalen Oppo-
sition, begründete anf dem Landtage von
1847—48 kurz Tor Aasbrnch der pariser
Febmarreyolation eine Motion anf deutsch o
NationalTertretnng beim Bundestage, ward
März 1848 Vertrauensmann bei letzterem,
dann als Mitglied derNationalrersammlung
zu Frankfurt Gegner der äussersten Linken,
Aug. 1848 Unterstaatssekretär des luuem
im Reichsministerium, suchte Not. 1848 und
Mai 1849 In Berlin yergeblich eine Verstän-
digung mit der preuss. Regierung anzu-
bahnen, ward Mitglied des erfurter Unions-
parlameids ; erschoss sich , geistig und kör-
perlich idfdend, 29. Juni 1856.
BlBMB- Alpes, 8. Niederalpen.
BAMW'VjHneM, s. Jfiederpifrenäen.
BMMe-Terre(spr. Bas-Tär), Hauptst. der
franz.-westind. InselGouadeloupe, 15,000Ew.
Sitz des GouY emeurs. 1844 furchtbare Feuers-
brunst. In d. Gegend bed. Kaffeepflanzungen.
Bassethom, Holzblasinstrument, Art
grosser Klarinette Im Umfang vom grossen
f bis dreigestrichenen c; von Mozart mit
Vorliebe angebracht (Titus, Requiem).
BaiMWltSy Magnus Friedr, von, preuss.
Staatsmann, geb. 17. Jan. 1773 zu Schönhoff
in Mecklenburg -Schwerin, 1824—42 Ober-
präsident der Provinz Brandenburg und
Mitglied des Staatsraths; f 14. Jan. 1858
zu Berlin. Sehr. ,Die Kurmark Branden-
burg, Ihr Zustand und ihre Verwaltung un-
mittelbar vor dem Ausbruch des französ.
Kriegef im Okt. 1806« (1847); ,Die Kurmark
Brandenb. in der Zeit vom 22. Okt. 1806 bis
Ende des Jahres 1808< (1851-52, 2 Bde.);
,Die Kurm. Bjptndenb. im Zusammenhange
mit den Schicksalen des Gesammtstaats
Preussen während der Jahre 1809 u. 1810'
(herausg. von K. von JReinhard 1860).
Bassia X. (BtUterbaum), Pflanzengattung
der Sapoteen. B. butyracea Boxb., Mähwa-
oder Madhucdbanm in Ostindien, B. longi-
folia L,, Oallertbaum, lUipi das. und B. la-
tifolia Moxb. das. haben ölreiche Samen,
aus denen die OaXom- qder Bcmi^nüämtter ge-
wonnen wird; aus den Blüthen wird Spiri-
tus bereitet.
Basgigny (spr. -sinji), Landsch. im franz.
Pepart. Obermarne, Hauptst. Langres.
Bassin (fV., spr. -sang), Becken, Wasser-
behälter; auch See, der mehrere Flüsse
aufnimmt.
Basslnide (f^., spr. -sinahd), Stichelrede.
Bassklansel (Mus.), beim Tonschlusse die
Fortschreitnng des Basses vo'n der Domi-
nante zur Tonica, eine Quart aufwärts oder
eine Quinte abwärts.
Basso contbiuo (ital., Mus.), der beständig
fortgesetzte Bass, in älteren Kircheuwerken
(Bach, Händel etc.) eine Instrnmentalbass-
figur bewegter Art, die sich in ununter-
brochenem Gange den ruhig dahlnschrei-
tenden Singstimmeu entgegenstellt. Dann
B. c. auch die bezifferte Bassstimme, nach
welcher die Begleitung auszuführen ist.
Bassonpierre (spr. -songplär), Frane<d» de,
firans. Staats- u. Kriegsmann, geb. 12. April
1579 zu Harouel in Lothringen, Günstling
Heinrichs IV. und Ludwigs XUI., ward 1622
zum Marschall ernannt und mit Gesandt-
schaften nach Spanien, der Schweiz und
Eugland betraut, wegen seiner Verbindung
mit den Anhängern der Königin auf Riche-
lieus Befehl in der Bastille eingekerkert,
erst nach 12 Jahren wieder freigelassen ;
j- 12. Okt. 1646. Seine ,M6moires' (Köln
1665, 2 Bde. ; 1723, 4 Bde.), In der Bastille
geschrieben, Quelle für die Zeitgeschichte.
Basso ostinato (ital., fr. haste contrainU,
Mus.), hartnäckiger Bass, musik. Figur, nach
welcher der Bass ein Thema oder Motiv
fortwährend wiederholt; von Aranz. und
ital. Komponisten vielfach als Spielerei be-
nutzt (Brillenbässe).
Bassoraganmi (Basragunmi), Pflanzen-
produkt von unbekannter Abstammung, ge-
ringer Tragantsorte vergleichbar.
Bassorln, Pflanzenschleim, Bestandtheil
des Tragants, desBassoragummis, des Saleps
etc., bildet mit Wasser eine Gallerte, ohne
sich wieGummi arabicum vollständ.zu lösen.
Basso ripieno (ital., Mus.), unwesentliche
Bassstimme, Tuttibass.
Bassstrasse y Meerenge zwischen Austra-
lien und Vandiemensland.
Bassvtoland, Bergland im östl. Südafrika,
am obern Nu-Garip, bisher von freien Bet-
schuanenstämmen (Bassutos, Barolong etc.)
bewohnt, 600 QM. mit etwa 100,000 Ew.
Ackerbau und Industrie blühend. Zahlr.
Missionsstationeu. Wiederholte Kämpfe mit
der Oranjeriverrepublik, an welche durch
Friedensschluss vom 26. März 1866 ein bed.
Theil des Gtebietes abgetreten ward; der
Rest (mit ca. 60,000 Ew.) wurde darauf (12.
März 1868) von der brit. Regierung anuektirt.
Bast (über), maschige fasrige Schicht zwi-
schen Rinde und Holz, besteht aus Bündeln
zäher dickwandiger Prosenchvmzellen, den
äussern Theilen der Gefässbündel. Aus
Rüstern- und Lindenbast fertigt man Bän-
der, Matten, aus Weidenbast Bastschuhe.
Die BasthiUe bestehen aus fein gespaltenem
Holz. In der Jägersprache ist B. die rauhe
wollige Bedeckung des Hirsch- und Rehge-
liöms , welche durch das Fegen abge-
scheuert wird; in der Weberei vierbindig
geköpertes Baumwollenzeug; auch starke
unausgekochte Seide.
Bastaiiy Gebirgsthal im franz. Depart.
Oberpvrenäen , mit dem Badeort Bariges.
Bssiard, Erzeugniss der geschlechtlichen
Vermischung zweier verschiedenen Arten
angehörigen Individuen männlichen und
weiblichen Geschlechts, z. B. von Pferd und
Esel etc., meist unter Einwirkung des Men-
schen, selten im freien Zustande hervorge-
bracht; uneheliches Kind.
Bastei, Bollwerk, s. Baetion,
Bastia, Festungs- und Hafenstadt an der
Nordostküste Korsikas, 21,535 Ew.; 1380
Bastian — - Batavia.
221
durch den Genuesen LomtMno gegr., bis
1791 Hauptstadt der Insel.
BastiaBy Adolf, deatscher Reisender, geb.
86. Juni 1826 za Bremen, ging 1851 als
gchtffsarst nach Australien , bereiste die
dortigen Golddistrikte und einen Theil des
Innern, dann Neuseeland, begab sich durch
die Südsee nach Peru, Ton da über West-
indien nach Nordamerika , durchstreifte
Mexiko und Kalifornien, segelte durch den
nördl. Theil des Gössen Oceans nach China
und Ostindien, durchzog Dekhan und das
Mahrattenland, ging über Basra nach Bag-
dad und Ton Mesopotamien nach Syrien und
Pal&stina, besuchte Mekka, segelte von
Aden aus nach dem Yorgebirg der guten
Hoffnung, durchforschte die portugies. Be-
sitzungen an der Westküste Südafrikas und
das Nigerdelta, besuchte Liberia, Sierra-
Leone und Senegambien und kehrte von da
Dec. 1859 nach Bremen zurück. Im ^an.
1861 schiffte er sich nach Madras ein, fuhr
den Irawaddy hinauf in das Birmanenreich,
ging dann nach Bangkok, von da durch
Kambodscha nach Saigun und Singapore,
besuchte 1864 undA865 den ind. Archipel,
Japan, Peking und kehrte durch die Mon-
golei und Sibirien und über den Kaukasus
nach Europa zurück. Seit 1866 Präsident
der geogr. Gesellschaft in Berlin. Sehr.
,£in Besuch in San-Salvador, der Hauptstadt
des Königr. Gongo' (1859); ,Der Mensch in
der (beschichte* (1860, 8 Bde.); .Die Völker
des östl. Aslen'(1866— 70, 6Bde.j; ,Beitr&ge
zur vergleich. Psychologie* (1868); ,Das Be-
ständige in den Menschenrassen' (1868).
BMtwt (spr. Bastia), Fr4d4rio, flranz. Na-
tionalökonom, geb. 29. Juni 1801 zu Bayonne,
Generalrath des Depart. Landes, 1848 und
1849 Mitglied der Constituante und Legis-
lative; t 24. Dec. 1850 in Bom. Bekämpfer
des Socialismus und des Schutzzolls und Yer-
. treter einer neuen Worththeorle. Hauptschr.
,Harmonies 6conomiques' (deutsch von JVtnce
8müh 1850), für volkswirthschaftl. Interes-
senbarmonie unter Anlehnung an Carey;
,Oeuvre8 compldtes' (2. Aufl. 1865, 7 Bde.);
,Sophismes 6conomiques' (deutsch von Noback
1847), neuestens In Nordamerika ^rie in
Deutschland als Agitationsmittel benutzt.
, Ausgewählte volkswirthschaitl. Schriften
B.s* (deutsch von £ergiu$ 1859, 2 Bde.).
Bastide (spr. Bastihd), Jules, franz. Publi-
cist, geb. 22. Nov. 1800 zu Paris, betheiligte
sich an allen Unternehmungen gegen die
Restauration, nach der Julirevolution an
der Decemberemeute 1880 , ward als einer
der Anführer des Aufstandes vom 5. Juni
1832 bei der Bestattung Lafayettes zum Tod
verurtheilt, floh nach England,nach Armand
Carrels Tode Hauptredakteur des ,National',
gründete 1847 die ,Revue nationale', nach
der Februarrevolution 1848 Mitglied der
Constituante, 10. Mai bis 20. Dec. 1848
Minister des Auswärtigen. Sehr. ,La R6-
publique fran^aise et ritalie en 1848' (1858);
,Les guerres de la R6forme' (3. Aufl. 1868).
BaztlUe (ft-., spr. -stillj'), festes Schloss
mttThürmeu; spec. das Kastell von Paris,
1970-89 gegen die^EogläDder erbaut, später
berüchtigtef Staatsgefängniss, 14. Juli 1789
zerstört. Ygl. Bcwai»$on, .Archives de la B.',
1870; JBojan<m»ki, «Erstürmung der B.', 1865.
Bastian (JSoUioerk), in der Befestigungs-
kunst ein aus der ümwallung einer Festung
vorspringendes Werk; besteht aus zwei vor-
deren Facen, welche in einem Winkel von
nicht unter 60o (Saillant oder Bollwerks-
Winkel), dessen Spitze der Bollwerkspunkt
oder die Pünte heisst, zusammenstossen,
und zwei Flanken,, welche sich mit einem
stumpfen Winkel (Schulterwinkel) im Schul-
terpunkt an die Facen anschliessen , dient
zu Beherrschung des Yorterralns und Be-
streichung des Hauptgrabens.
Bastogne (Baatnaeh), Stadt Imbelg. Luxem-
burg, Ardennerwald,2903£w. Ber. Schinken.
Baatonnade (v.fr. baston od. b&tpn, Stock),
die im Orient übliche Stockprügelstrafe,
namentl. auf dieFusssohlen od. den Rücken.
Bataille (fr., spr. -ta^), Schlacht, Treffen«
Bataillon (ft:., spr. -talljong, vom ital.
battaglione), im 16. Jahrh. Jeder selbständige
Schlachthanfe , gegenwärtig Infanterieab-
theilung von 600—1000 Mann, aus 4
(Preussen) oder 6 (Oesterreich, Frankreich)
Kompagnien bestehend. 2—3 B.e bilden ein
Regiment. Man hat auch Grenadier-, Jäger-
und Schützenbataillone, welche in keinem
Regimentsverbande stehen. Bataillonskom-
mandeur ist ein Major oder Oberstlieutenant.
Batalha (spr. -Ija), Stadt in der portug.
Prov.Estremadura, 1500 Ew.; Dominikaner-
kloster, von Johann I. gegr. zum Gedächt-
niss des Siegs bei Aljubarrota (14. Aug. 1985).
BataneSy s. v. a. Baschl- Inseln.
Batarde, wiener Wagen.
Batatas Ckoi$. (BaUUe, sütte Kartoffd),
Pflanzengattung der Convolvulaoeen. B.
edulis Choü,t Convolvulus Batatas L„ Ipo-
moea Batatas Poir., aus Amerika, durch
ihre fleischigen Wurzelknollen eine der
nützlichsten Brodpflanzen der wärmeren
Länder, vielfach bis zum 40. Breitengrade
kultlvirt. Knollen anderer Arten kommen
als Jalape in den Handel.
Baiiva eastra, lat. Name von Passau.
Bataver, altdeutsches Volk, bewohnte
einen Thefl der heutigen Niederlande, na-
mentl. die nach ihm genannte Insel Batavia
(zwischen Rhein, Waal und Maas), von
Germanieus unterworfen, leistete den Rö-
mern gute Dienste, besonders durch ihretreff-
liche Reiterei, empörte sich unter Vespasian
unter Anführung des Claudius Civilis gegen
die Römer, ward von Trajan und Hadrian
wieder unterworfen, verschwindet mit dem
3. Jahrh. unter den saliscben Franken,
Batavia 9 l)das Land (Insel) der Bataver,
später lat. Name für Holland u. die Nieder-
lande. Batavische Bepublik, Name der
Niederlandenach der Flucht des Erbstatthal-
ters Wilhelm IV. in ihrer neuen Organisation
nach franz. Muster vom 16. Mai 1795 bis zu
ihrer Verwandlung in ein Königreich Hol-
land 5. Juni 1806. — 2) Stadt auf der Nordküste
von Java, Hauptst. von wnx Niederländisch-
indien und Sitz des Generalgouverneurs,
70,000 Ew. (3000 Europäer, 17,000 Chinesen).
Festung, HAfen, yiele Kf^näle. Ungesondes
222
Batli — Batrachomyomaclna.
Kltma. 1619 toh d«n Holländern gegr.; bis
KU Anfang des 18. Jahrh. erster ostind.
Handelsplati mit 800,000 Ew. ; 1611— U nnter
engl. Herrschaft.
Bath (ipr. Bäth), 1) Stadt in dar engl.
Orafseh. Somerset, am Aron, 51,S28 Ew.
Qoth. Abteiklrelie (1495 gegr.); das ber&hm-
teste Bad Bnglauds (3 warme Quellen), 95,000
OftsCe iAhrl., das Agpta Bolia der Römer. —
9) Stadt Im aordamerikan. Staat Maine, am
Kennebec, 19,000 Ew., Schiffbau.
BAtkfty Flttss inWadai (Innerafrika), ent-
springt auf dem Hoehlande Ton Darfur,
mikndet* in den Flttresee (östl. vom Tschad);
ein 150 M. langes Thalbette IBr period.Regen.
Bsthaatall . dem Tombak analoge Legi-
mng ans 99 Th. Messing und 9 Th. Zink.
BitkOBiiter (gr.), Instrument <um Messen
der Tiefe des Meeres. Brookes B. besteht
aus einer dünnen starken Schnur mit einer
Kanonenkugel, die sich ablöst, sobald sie
dan Gtavnd beröhrt, wAhrend ein am Bude
der Schnur befestigter Stab, der wieder
heranfgewunden wird, eineProbe des Meeres-
bodens heraufbringt.
Bsfhorden (Knights of the Bath), alter
englischer Ritterorden, gegenwärtig der 5.
dem Raugnach, wahrscheinl. 1899 bei der
Krönung Heinrichs IV. gestiftet und nach
dem Gebrauche, jeden neu aufgenommenen
Ritt« au baden, benannt, 1725 und 1815 neu
konstituirt als yorangswelse mllltir. Orden
in 8 Klassen: Ritter «Gromkreuxe, Ritter-
Kommandeure, Genossen (Gompantons), seit
1847 auch an hohe Oirlldiener und Diplo-
maten verliehen. Ordensseiohen t Stern mit
der Derise ,Tria Jnncta in uno* nebst Col-
lier und Krena an rothem Bande.
Batkmriy altadellges^ später fOrstllebes
Oeechlecht in Siebenburgen. tHephan £.,
seit 1571 Fürst Ton Siebenbürgen, 1676 aum
König Ton Polen erwählt, regierte bis 1586.
Sigimmnd B., Werkaeng der Jesuiten, trat
Siebenbftrgen an den Kaiser Rudolf II. ab,
übernahm 1S99 die Regierung wieder, musste
1602 abdanken und f ^7. März 1613 zu
Prag. Der letzte Sprössling des Geschlechts,
Oabrieit (Gabor) B. , Sohn Stephans B., Kö-
nig» von Polen, regierte als Fürst von
Siebenbürgen 1608—13, ward 11. Okt. 1613
zu Grosswardetn ermordet. ^tMbeth B.,
GemahHn des Ungar. Graf&n Frans Nadasdy,
Hess Jungen Mädchen das Blut abcapfSsn,
das sie als Schönheitsmittel zum Baden ge-
brauchte; t, au lebenswieriger Gefangen-
schaft TerurthelU, 1614.
Batkos (gr.), das Tiefe; erhaben sein
sollende Rede- und Scbreibwelae.
BAtkMba, Gattin de» Hethiters Urla, nach
dessen von David geflissentl. herbeigeführ-
tem Tode Gattin Mvids, Mutter Salomos.
BatkOTSt (»pr. Bäthörst), 1) Stadt in
Australien (Nensfidwales), im W. der blauen
Berge, am Macquarle; Mittelpunkt eines
Golddistrikts, 6000 Ew.; ältester und be-
deutendster Ort im Innern, 1815 von den
Engländern gegr. — 9) Insel an der Nord-
küste Australiens, westl. von der Melville-
insel. — 8) Engl. Stadt in Senegambien, auf
der Insel S. May in der Gambiaroündung.
Batkant (spr. Bäthörst) , 1) RaJLph, engl.
Theolog, Arzt und Dichter, geb. 1690 au
Howthorpe in Korthamptonshlre , gründete
1658 die Royal Soolety, t U. Juni 1704. —
2) Allen, Oraf JB., Sohn des Vor., geb. 1684
zu Westminster, ward 1711 als einer der von
der Königin Anna ernannten 19 Peers Mit*
glied des Oberhauses, als eifriger Torv
Gegner Walpoles, 1742 Mitglied des gehei-
men Raths, 1757 Schatzmeister des Prinzen
von Wales, 1772 zum Grafen erhoben; t 16.
Sept. 1775. Freund Bolingbrokes , Swifts
und Popes. — 3) Hmrjf OMrg; Qrmjf B. und
LordÄpüeg, Urenkel des Vor., geb. 94. Febr.
1790, Mitglied des ostind. Kontrolamts; sehr.
,The ruinous tendenoy of auctioneering*
(1819. 1848).
Batkyelefy grieeh. Bildhauer aus Magnesia
in Thessalien, um 650 v. Chr.; Verfertiger
des Apollothrons zu Amycla.
BatfeyilOBy aus Alexandria, Freigelasse-
ner des Mäeen, Begründer der Pantomimik
als selbständiger Kunst.
Batist (BaUiBt) , feinste , sehr fest und
dicht gewebte Leinewand ips eigens dazu
gebautem Flachs, bes. Jn Frankreich und
Flandern hergestellt. BiUistmutselin , aehot-
ti3ch«r B. Ist sehr feines Baumwollgewebe;
auch wird halbUinener B. hei^estellt.
BatJifBehkaw, Kamtamtin Mkolt^twitseh,
rnss. Dichter, geb. 18. Mai 1787 zu Wologda,
seit 1818 Attache der russ. Gesandtschaft
in Neapel, späten geisteskrank ; f 17. Juli
1855 zu Wologda. Führte in seinen Ge-
dichten (1834) die ital. Formen in die ruas.
Poesie ein. [Amu und Sir.
Batkak-Kvm, Wüste in Tnrkiston, zw.
Batlapi, Volksstamm der Betschuanen.
Batnany Handelsgewicht in der Buehare)
und Tatarei, = 197,76 Kilogr.
Bataa y Landsch. im östl. Arabien , am
arab. Meer, dem Fürsten von Maskat unter-
than. [fern des Euphrat; Jetzt Serug.
Batni (n. G.), Stadt in Mesopotamien, uu-
Bata-el-Hadaekar. Landstrich in Nubien,
am Nil, südl. von«Wadi Halls.
Batockea. s. Padoffgen.
Batoka 9 Volksname der Betaehnanen ara
mittleren Zambesl.
Batonnier (fir., spr. -onnieb), Fahnenträger
einer Zunft; der Präsident dee parteer
Advokatenausschusses.
Baton Baaga (spr. -toag Ruhsch), Haaptst.
des nordamerik. Staats Louisiana, am Mia-
sissippi, 4500 Ew. ; alte f^anz. Niederlassung.
Batraekier (Imrche), Batrachii, Ordnung
der dritten Wirbelthlerklasse^ die Famdlieu
(Frosch-, Schwanz-, Schleichen- und Fisch-
lurclie) umfassend, welche von den nennen
Zoologen ala Amphibien im Gtegensata zu
den Reptilien beaetdinet werden, Kaltblüter
mit Lungen- und vorübergehender oder
dauernder Kiemenathmung und unvoll-
ständig doppeltem Blutkreislauf, machen
meist eine Metamorphose durch, entwickeln
sich wie die Fische ohne Bildung von
Amnion und Allantois.
BatrackOMyonwekIa (gr., Frotckmäute-
krieg), dem Homer fälschlich zugeschrie-
benes komisches Heldengedicht, soll von
k..
Batschian -— Bauchfellentzündang.
223
Pigres fttt« Karlen Terfasst sein ; heransg.
▼on 3aum0i$t»r (185S), übarsstst rou Kern
(1MB), V9ek»$r (IMO), W9i»$a (1870).
Bufmkiukf MolnkkeniBMl, ludwestl. tob
GUoIo ; €k>ld, Kupfer, Kohlen, lieiBt« (gellen.
Battfty freies Volk im Innern von Sumatra,
vreder SobwanM, nodi Malayen ; ohne polit.
Verbindung; industariös, friedlich und gaat-
frei, aber HenschenfreMer. Ygh Jnnghukn,
,Die BatUUnder auf Sumatra* (1847).
BatteglU (spr. -talja), Badeort in der
ital. ProT. Padua, an den engaaeiachen Hu-
geln : warme Schw^elqueilen.
BaftoHeat (fr., spr. Battmang), das A^-
schlagen einer Kugel im Innern des Rohrs
beim Abfeuern, macht denSchnss unsicher;
in der Fechtkunst (beUtiren) kuraer, kräfti-
Sir, streiehender Schlag an die Klinge des
egners, um diesen aus der Auslage au
bringen.
Bstteabeigy Stadt im preuss. Regba.
Wiesbaden, Dillkreis, an derEder, 1186 Ew.
BAtteri#(fr.), Zusanlinenstflllung mehrerer
(Hschlitse an oiuem takt. Zwecke. Man nn*
tencbeidet Veld-, Belagerungs-, Festungs-,
Poiitioni-, Kisten- oder Strand- und
schwimmende B.n; in der Befestigungs-
kunst 8. ▼. a. CUschützstand, Xrdwerk oder
gamanart.
Batterie, OMrUche, s. EUktritsüät,
Battenea (spr. Bittersih), Voratadt Toa
London im S W., an der Themse. Ber. Park.
BatUia (spr. -töh), Abbä OharUa, frans.
Aeathetiker, geb. 6. Mai 171S im Dorf
AUandhujr bei Yoniiers, lehrte su Paris,
ward 17M Mitglied der Akademie der In-
schrÜten, 1761 der Acad6mie fran^se; t
14. Juli 1780. Hauptwerk: ,Ck>nr8 de belles-
lettres* (1765, 5 Bde.; deutseh von Bani«r
1774, 4Bae.). Sein Grundprinoip der Kunst:
Nachahmung der schönen Natur, war yer
Leasing, Herder etc. auch in Dcortschland
in Geltung.
Battliyaayly altes ungar. Magnateaga-
schlecht, führt seinen Stammbaum bia auf
Eöra, einen der Heerf&hrer Arpads, auruck,
ward 1685 in den deutschen Vreikerren-
stand , 1603 in den Reich sgrafenstand, 1784
in seinerältem Linie in den Reichsfürsten-
stand erhoben. Kckrl, Fürst B. , geb. 1887,
wohnte als FeldmarachalUieutenant den
Faldaigen dea Prinaea Engen am Rhein und
dem letatea Türkenkrieg unter Karl VI. bei,
siegta bei Pfalleahofen (15. April 1745) über
die Fransosaa und Bayern, befehligte als
Feldmarscball spater amRbain und in den
Niederlanden, ward nach dem Frieden von
Aa^en Oberhofmeiater des n&ohmal. Kaisers
Josaph n. ; t U- AprU 1779. iMäwig, €hßf,
ungar. Staatsmann, geb. 1806 a« Pressburg,
seit 184» aa der Magaalantafal Spvecsker dar
Oppoalttoa, auf dem Reichstage 1848—44
Gegner der Begier«ng, 17. Mara Ma U. Sapfc.
Präsident des ungar. Ministeriums, seit Mov.
ReichstagsmilgUäd, ward nach 4eai Biaaag
Windiscbgrftta 8. Jan. 1848 varhafM, 6. Okt.
durch kriegsgericht). Spruch aum Strang ver-
iirtheilt und 6. Okt. au Peath arsohoasen ;
1870 feierlich rebabilitirt und seiaa Laiche
beigesetst. Ygl. Hwrvaih, ,L. B.« ein p<Hit. (
Härt^er', 1860. Kasimir, Qtßf, geb. 4. Juni
1807, seit 1840 ahiea der r&hrigsten Mitglie-
der der Opposition, im Sommer 1848 aum
Obeigeapan des baranyaar Komitats er-
nannt, beeetxte die Festung Esseg, nahm,
Febr. 1848 von der Regierung an Debrecain
aum CÜTil- und Milit&rgouremeur f&r Klein-
kumanien, Saegedin, Theresiopel und £om-
bor ernannt, Theil an Percaels Feldaug in
der Baeska, ward nach der Unabhingigkeits-
erklärnng Tom 14. April 1848 Minister des
Answirtigen, fl&ohtete nach der Katastrophe
Ton yilagM nach der Türkei, wandte äch
später nach Paris; f dM. 18. Juli 1854.
Battly Binnensee im Somaliland (Ost-
afrika), nimmt den Web oder Hainea auf.
Batila (spr. Bittl), Stadt in der engl.
Grafsch. Sussex, 3895 Ew.; Ruinen einer
prächtigen, von Wilhelm dem Eroberer er-
bauten Abt^. [Geschwätz.
Baitologie (gr.), stotternde Rede ; unn&taes
Battuteaa, swel tiefe unsugängl. Gebirgs-
thäler in der span. Landschaft Estremadura ;
sollen erst im 15. Jahrb. Ton awei fluch-
tigen Liebenden entdeckt worden sein.
Battuta (ital,)> das Taktschlagea; in der
Feetatkunst s. ▼. a. Battement.
Bat«^ Inselgruppe an der Westküste Toa
Sumatra, 13,4 QM. mit SOOO Bw.
Batnay Landschaft, s. B«<«t0«.
Batanil (das alte SatAys), Stadt in Türk.-
Armenien, an der Südküste des schwaraan
Meeres ;rnterHafeB, aber ungesund, 3000 Ew.
Baturlky Flecken im kleiarusa. Gony.
Tschernigow , 1400 Ew. ; ehem. Residenz
der Atmanne Kleinrusalands.
Bataniy silberne Scheidemünia in der
Seh weis, == Vie Schweiaerfrank , seit 1851
nickt mehr gebräuchlich ; in Süddeutsehland
früher Schaidemüna« ä 5, auch 4 Kreuiar.
Bau 9 Dorf in Schleswig bei Flensburg,
1900 Ew.; 9. April 1848 iSM^ der Dänen über
die Schleswig-Hoisteinar.
Baneh (Veater, Abdomen), unterer Theil
des Rumpfes, oben Tom Zwerchfell, hinten
Ton der Wirbelsäule, seiflich und yom von
Muskeln (Bauchdecken), unten yom Becken
begrenat, enthält den Magen, ZwölfOnger-
darm. Dünn- und Dickdarm, die Leber,
Mila, die Nieren, Nebennieren, das Pankreas,
die Lymphdrüsen, das Neta, Arterien und
y«ien, die inneren weiblichen Geschlechts-
organe, die Blase, theila yom Bauchfell
(s. d.) übariogen, theils hinter demselben
liegend. TheUe: Oberbauebgegand (regio
epigastrlca) mit Magen, Leber, Mila; Mittel-
baochgegend, hauptsächlleh Därme; Unter-
bauehgflgend (r. hypogastr.) nüt weiblieben
Genitalien, Bhtfe, Blind- und Mastdarm-.
BandifeÜ (Parltonaeam), glatte dnreh-
sehainende serüse Haut, kleidet die Bauch-
\Mkkn aua, überall geachleas«u, luftteer,
üb«zleht dicht Leber, Magen , Darm, Mila,
Geb&rmattar, Eierstöcke, Blase. Eine
sohüraealörmig den Dann bedeekende Ein-
stufung ist das grosse Neta. An der hin-
teren Bauchwand Uegt es loeker über de^
Nieren, Lymphdrüsen, Arterien und Venen.
BamehfeUoitiftnduBf ÖPwritonitia), besteht
In Blutüberfüllung des Bauchfells, mit Aus*
224
Bauchfloiser — Bauernfeld.
Bchwitsong Ton Blntwasaar lud llbri«-
serinnBeln, f&hrt bei langsamem Varlatife
^hroniscbe P.) su Verwachraiigen dar
Organe des Bauches. Bei raschem Verlaufe
(akute P.) heftiger Schmers bei Druck,
Tieber, aufgetriebener Leib (Gasansamm-
lung), oft tödtlich. Ursachen: Verletiungen
des Bauches, Durchbruch yon Magen- und
Darmgeschwüren (bei Typhus und Tuberku-
lose), Kothanh&uftingen (bes. im Blinddarm
und Wurmfortsatz), Entzündung der Gebär-
mutter (im Wochenbett), Eindringen un-
reiner Luft in die Bauchhöhle. Entzündung
der Bauchfellüberzüge einzelner Organe we-
niger gef&hrlich, der Leber: Perihepatitis,
der Milz: Perisplenitis; der (Gebärmutter:
Perimetritis etc. Behandlung: Ruhe, Aus-
leerung durch Kly stiere, warme Ueber-
Bohläge, leicht yerdauliche Kost.
BanehflOMer (Bauchweichßoner) , Abdo-
minales , Ordnung der Fische mit Bauch-
flossen, die hinter der Brustflosse gerade
unter der Rückenflosse stehen (Welse,
Karpfen, Härlnge etc.).
BanehgrlmmeB^ s. ^olt*.
BAvehseliaieni (CoeUalgla), Schmerz in
den Gedärmen (s. KoUk) oder den Bauch-
decken (Banchmuskelsohmerz), rheumatisch,
entzündlich oder krampfhaft.
Banetaseluütt (Sectio abdominalis, Lapa-
rotomia), Eröffiiung der Bauchhöhle zur
Entfernung fremder Körper, auch nöthlg
bei dem Kaiserschnitt, bei Ausschneidung
▼on Eierstockcysten. Gefährlich wegen
leicht eintretender Bauchfellentzündung.
BavchspetcheldrÜM. s. B»nkreat.
BavehtJiiere (SehMmthier») , Gasterozoa,
Myxozoa, nach Leunis dritter Kreis der
Thiere (neben Wirbel- und GUederthieren),
umfasst Weichthiere, Strahlthiere, Polypen
und Urthferchen.
BftuehwMMnmeht (Ascites), Ansammlung
Ton wässriger Flüssigkeit im Unterleib,
entsteht nach Stauungen des Blutes im
Pfordadersysteme, bes. nach chronischer
Entzündung des Bauchfells , nach Leber-
schrumpfung (Cirr^ose, Säuferleber), ge-
meinsam mit allgemeiner Wassersucht bei
Herzfehlem , chronischer Lungenerweite-
rung, Nlerenschrumpfang. Leib sehr auf-
getrieben, schwappend, beim Klopfen leerer
Ton an den tief gelegenen Stellen, der
beim Wenden des Kranken Terschwinden
kann. Behandlung durch harntreibende
Mittel, bei grosser Athemnoth Entleerung
der Flüssigkeit durch Einstich.
Baude 9 im Riesengebirg einzelnes, Ton
Hirten und Holzhauern bewohntes Haus.
BaudiB (spr. Bohdäng), ftanz. Abgeord-
neter, fiel S. Dec. 1851 Im Kampf auf einer
Barrikade. Die 8. Not. 1868 vom ,ATenir
national* eröfbete Subskription zu Errich-
tung eines Denkmals für B. gestaltete sich
zu einer förmlichen Demonstration gegen
den Staatsstreich Tom 8. Dec., die auch in
den ProTlnzen Anklang fand und zahlreiche
Verurthellungen zur Folge hatte.
BaudlsBin. 1) Wolf Seinr. FrUdr» Karl,
Graf, geb. 80. Jan. 1789 zu Rantzau, früher
im d&n. Staatsdiensti lebt seit 1827 meist in
Dresden; Terdienstroller Uebersetser, Mit-
arbeiter an der schlegel-tieckzchen Shake-
speareausgabe (13 Stucke Ton ihm); übertrug
ausserdem Tier Jugendarbeiten Shakespeares
nL8S6), eine Reihe älterer engl. Dramen (,Ben
Jonson und seine Schule*, 1836, 8 Bde.), fer-
ner die altdeutschen Gtodichte ,lweln* Ton
Hartmann Ton Aue (1845) und ,Wigalois*
Ton Wirnt Ton GraTonberg (1848) und neuer-
dings Molidres Lustspiele (in reimlosen Jam-
ben, 1866—67, 4 Bde.). — %) OUo FrUdr,
Magmu, Or^f, schleswig-holstein. Greneral,
Bruder des Vorigen, geb. 5. Juli 1792 zu
Rantzau, trat, als Major in dän. Diensten,
1848 zur Sache Schleswig -Holsteins über,
zeichnete sich 1849 bei Bau und Kolding,
1850 bei Idstedt aus, lehnte den ihm nach
Willisens Rücktritt übertragenen Oberbefehl
ab, lebte seit 1861 meist in Hamburg.
Baudrj (spr. Bob-), Bml Jaeque* Äim4,
franz. Historienmaler, geb. 1828 zu Napo-
leon-Vend^e, Schüler tou Sartoris, ging
1864 nach Rom. Befi. Maler der sinnlich
reizenden Schönheit: Venusbllder, Diana,
Magdalena etc. Porträts von reallst. Kraft.
Baner^ 1) Gtorg Loren», protest. Theolog,
feb. 14. Aug. 17Ö6 zu Hlltpoldstein , f 18.
an. 1806 als Prof. zu Heidelberg. Sehr.
,Hebr. Mythologie des A. und N. T.' (1802— S,
8 Bde.); ,Lehrb. der hebr. Alterthümer* (2.
Aufl. Ton Bo9tnmWler 1885) ; ,BibI. Theologie
des N. T.* (1800-8, 4 Bde.). — 2) AnUm,
Rechtslehrer, geb. 16. Aug. 1778 zu Cröttin-
gen, t als Prof. das. 1. Juni 1843. Sehr.
,Lehrb. des Strafrechts* (8. Aufl. 183S);
,Lehrb. des Strafprozesses* (2. Aufl. Ton
MorHadt 1848); ,AnIeltnng zur Kriminal-
praxis* (1837) u. A. — 8) JBruno, Philosoph
und Kritiker, geb. 6. Sept. 1809 zu Eisenberg,
seit 1834 Docent der theol. Fakultät zu Ber-
lin, seit 1839 SU Bonn, lebte, nachdem ihm
18^ die Erlaubniss zu lesen entzogen wor-
den, zu Berlin. Erst Anhänger der speku-
latlT -orthodoxen Richtung der hegelschen
Schule, wandte er sich später den Jung-
Hegelianem zu. Sehr. ,S[ritik der evang.
Gesch. des Johannes* (1840); ,Krltik der
eyang. Synoptiker* (8. Aufl. 1841, 8 Bde.);
,Kritikder Evangelien* (1850 u. 1851, 8 Bde.) ;
,Die Apostelgeschichte* (1850); ,Krltik der
Paulin. Briefe* (1850—52) ; ,Gesch. der Politik,
Kultur und Aufklärung des 18. Jahrhunderts*
(1843-45, 4 Bde.); ,Gesch. der Parteikäoipfe
in Deutschland* (1847, 8 Bde.) u. A. Später
als PubÜdst des preuss. KonserTatismus
thätig. Sein Bruder, Edgar, geb. 1^1 zu
Charlottenburg, jetzt in Altena; gab heraus
,Blbliothek der deutschen Aufklärer* (1845
—1847) n. A. — 4) Andrea» Friedrich, Mit-
erfinder der Schnellpresse, geb. 1789 zu Stutt-
gart, gründete 1818 mit König die Maschinen-
bauanstalt in Oberzell bei Würzburg für
Sohnellpressen, die ersten auf dem Kon-
tinent; t 27. Febr. 1860.
Banerbaek, Dorf bei Meiningen, 400 Ew. ;
auf dem dortigen Rittergut schrieb Schiller
1782-83 als Flüchtling ,KabaIe und Liebe«.
Bauenfeld^ Eduard von, Lustspieldichter,
geb. 13. Jan. 1802 zu Wien, lebt im Itaats-
dienst (als Jurist) daselbst« Verf. der Kqu*
Bauernkrieg -^ Baukunst.
225
▼ersatioiis- and Tendensstucka «Bürgerlicli
und Bomantisch' (1835), ,Tag«btteh* (1836),
iBer literar. Salon' (1837), »Modern» Jagend«
(1808), ,Landfrledo* (histor. liUltopiel, 1870)
u, a. Werke gesammelt in »Lastspiele' (1888)
und ,Theater< (1826—87, 8 Bde.)> Auch ,Ge-
dichte* (8. Aufl. 1856).
Bamernkriegy der grosse deutsche Bauern-
aufstand von 1585 , dem seit 1476 Iclelnere
Aufstände, so 1502 am Bhein der sog. ,Bund-
BchuhS 1514 in Wfirtemberg der ,BQnd des
armen Konrad' oder «armen Heinrich^ yoraus-
gegangen waren. Der grosse B. begann 1.
Jan. 1585 im Stift Kempten und verbreitete
sich schnell nach Tirol, über die Gegenden
zwischen Bodensee nnd Donau nnd nach den
Rhein- n. Maingegenden bis nach Lothringen
und Thüringen. Die Torderungen der Auf-
ständischen waren in 18 Artikeln formnlirt
und im Ganzen gemässigt, so dass sie auch
von Sahir. Städten angenommen wurden. Als
Vührer der Banem thaten sich hervor: Jäck-
leinKohrbach (erstürmte 16.ApriI 1585 Weins-
berg, wobei Graf v. Helfenstein u. 70 Ritter
niedergemetzelt wurden), Wendelin Hippler,
Organisatofc' des Aufstands, Florian Geyer
und Götz V. Berlichingen. Bis in den April
hatte der Anfistand einen solchen Fortgang,
dass sich die Führer schon mit tiefgreifen-
den Reformplänen trugen. Im Mai und Juni
wurden die Bauemhanfen allenthalben nie-
dergeworfen, in Thüringen bes. daroh den
Landgrafen Philipp von Hessen u. die säohs.
Herzöge bei Frankenhausen (15. Mai), in
Schwaben und Franke^ durch den schwäb.
Bundeshauptmann Georg Truchsess von
Waldbug bei Königshofen an der Tauber
(8. Juni), im Allgaa durch Georg Fmudsberg.
Eis folgten blutige Strafgerichte nnd härterer
Druck. Vgl. die Sehr. Über den B. von Sarto-
ritu (1795), Oechtle (1880), Burekhardt (1632,
9 Bde.), WaeJumuth (1234,), Bensen (1840) und
Zimmermann (3. Aufl. 1856—57, 3 Bde.).
Banemsptele. s. J^u»ionMpiele,
Bauemwetsel , s. Parotitis.
Bauerwitz (Barbarow), Stadt im preuss.
Regbz. Oppeln, Kr. Leobschütz, 8404 Ew.
Bangee, Reismass in Bengalen, = 3,61
Kilo für rohen u. 4,88 K. für enthülsten Reis.
Banliin, Ka$par, Botaniker, geb. 17. Jan.
1560 zu Basel, seit 1588 Prof. der Botanik
nnd Medicin das., t 5. Dec. 1624, stellte zu-
erst die Idee einer Synopsis aller bekannten
Pflanzen in seinem »Phytopinax* (1596) auf.
Bauhlnla L. , Pflanzengattnng der Legu-
minosen, grosse Schlingkräuter oder Bäume
in Südamerika, Ostindien und Afrika, viele
Arten, bei uns zum Theil als Zierpflanzen.
Baunitten (Baulogen, Baugeseütehaften),
im Mittelalter Korporationen der Steinmetzen
und Bauleute, für die 1459 zu Regensburg
ein gemeinsames, 1498 von Kaiser Maxi-
milian I. bestätigtes, 1563 revidirtes Statut
zu Stande kam. Hauptorte: Strassburg,
Wien, Köln, später auch Bern.
Baukonsty im Allgem. die Geschicklich-
keit, Bauwerke jeglicher Art zweckent-
sprechend aufzuführen ; zerfällt in Kriegs-,
Wasser-, Strassen-, Schiffbaukunst etc. nnd
in bürgerliehe B.^ welche sich mit G^bänden |
Meyers Hafid- Lexikon.
für die Zwecke und BedürfiiisSe des bürger-
lichen Lebens, der Industrie, Landwiith-
Schaft 9tc. beschäftigt*' Macht sich dieselbe
dabei zum Träger einer Idee, iiydem sie den
Zweck des Gebäudes in seiner grössten
Vollendung erfasst und denselben in dem
Gebäude selbst unmittelbar, und zwar in
schöner Form zu veranschaulichen strebt,
so wird sie zur Behlin«n B. (ArehiteJUur),
die zu den Mldenden Künsten gehört und
sich vorzugsweise mit monumentalen Bau-
ten befasst. Grundbedingung eines schönen
Bauwerkes: symmetr. Anordnung und Ein-
heit des Gkknzen, die äas Werk als einen
einigen und unlöslichen Organismus er-
scheinen lässt ; Hauptausdrucksmittel, gleich-
sam Kunstsprache der B.: das Ornament,
das dem mathematisch Trockenen der Kon*
struktion einen natürlich-schönen Ausdruck
verleiht. Die B., die älteste der bildenden
Künste und der getreueste Ausdruck des
Kulturlebens der verschiedenen Völker und
Zeiten, umfasst zwei grosse Gruppen bau-
licher Denkmäler: 1) religiöse Bauten (die
Tempel der Alten, inisbes. der Griechen,
die Christi. Kirchen des Mittelalters), 8)
Profanbauten ("im Alterthum Königspaläste,
bei den Griechen Theater, Stadien, Thore
etc., bei den Römern noch Amphitheater,
Kaiserpaläste , Nutz- und Kriegsbauten; im
Mittelalter Herrenburgen, fürstl. und geistl.
Höfe, Rathhäuser, später [in Italie^ gross-
artige Adelspaläste; in der Heuzeit Siuseen,
Theater, Bibliotheken, Börsen, Ausstellungs-
paläste, Bahnhöfe u. a. Gebäude des öffeutL
Verkehrs); ausserdem verschiedene Baustile,
d. h. bestimmte Grundformen der Bauart,
in denen der allgem. Charakter der Kunst
bei einem Volke und In einer bestimmten
Zeit sich ausspricht. Das Wesen derselben
beruht auf der Konstruktion (an die das
Ornament sich anlehnt), und für diese ist
wieder die Decke das entscheidende Merkmal,
als: die horizontale Plattendecke (Aegyp-
ter), die horizontale Balkendecke (Griechen),
das Tonnengewölbe, die Kuppel, das Kreuz-
gewölbe (Römer), das horizontale Hänge-
werk (altchristl. Basilika), die Hängekuppel
(Byzanz), der Rundbogen- oder roman. Stil
und der Spitzbogen- oder gothische Stil
(mittelalterl. Ocddent). Hiermit schliesst
die Reihe originaler Baustile. Die Folgezeit
greift auf ältere Formen zurück (Renaissance,
Rococco etc.), ohne Neues in Bezug auf Kon-
struktion hervorzubringen; alle Versuche
dazu (z. B. das arab. Hufeisen, ^ie russ.
Zwiebel, der spätengl. Zapfen, der Flach-
bogen der neuesten Zeit etc.) erwiesen sich
mehr oder weniger als entwickeJungsun-
fähig. Vgl. Kugler, ,Gesch. der B.S 1856 fl". ;
lAihke, ,GeBch. der Architektur*, 4. Aufl. 1870 ;
Dersea>ef , Abriss der Gesoh. der Baustile', 8.
Aufl. 1868; Oailhäbauä, ,Denkmäler der B.S
1842—52, 4 Bde. ; DertObe, ,I)ie B. des 5.—
16. Jahrh.S 1855-66, 150 Lief.; Lützow,
,Die Meisterwerke der KirchenbaukunstS
1862; Semper, ,Der Stil', 1861—62, 2 Bde.;
Botengarten, ,I)ie architekton. Stilarten',
8. Aufl. 1870. lieber die (3toschichte der B,
liebe umstehende Tabelle,
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Bauland — BaUmkr&ize.
329
BanlAild) komrdicho HQoheb«nt im nord-
5atl. Theil tqh Bad«ii, Mi d^r TMil>er.
BftUi^ Qtwüohs mit eiaAohem holdgVB
Stamm und ästiger oder bl&ttriger Krone.
Ueber den Bau dos mon«kotyIischen und
dikotyliAchen Stammes s. i^fue. Am
grössten werden die Encalypten Australiens
OBucalyptus amygdalinae ASO'). Das höchste
Alter erreichen Affenbrod-, Drachen*, Gy-
pressen-, Zapfen-, Gummi- und Palmbäume
(das Alter einer kaliforn. Sequoia wurde
auf 3000 Jahre berechnet). Bäume finden
sich in Europa noch unter 71o n. B., auf
den tropischen Anden noch bei 14,700' Höhe,
im Himalaya bei 12,000' auf den Alpen hört
der Banmwnchs bei 5000' Höhe auf. Vgl.
Schachl, .Der B.', 2. Aufl. 1860.
BanmaloSy s. t. a. Agave.
BaummniiBhSlÜe, Tropfsteinhöhle auf dem
Harz, im braunschw. FürstenthumBUnken-
burg, links an der Bodo bei Rübeland; 6
Hauptabtheilungen, 766' ]. ; 1672 rom Berg-
mann Baumann entdeckt.
Baiim4 (spr. Bomeh), Anioine, franz.
Chemiker und Apotheker, geb. 26. Febr.
1728 an Senlis , Erfinder des nach ihm be-
nannten Aräometers, Prof. an der pharma-
ceut. Schule zu Paris; f lö.Okt. 180i. Sehr.
,Chimie exp6rimentale et raisonu6e* (1773,
3 Bde.; deutsch 1775—76); .BItoiens de
pharmaoie* (9. Aufl. 1818, 2 Bde.); ,0pu8enles
do chlmie* (1798, deutsch 1800); ,Mannel de
chimie' (1766).
Bannieistery Johann Wilhelm, Thierarzt
u. Thlerzöchtungslehrer, auch Thlermaler,
geb. 27. April 1804 zu Ghnund, seit 1881
Lehrer am landwirthschaftl. Institut Hohen-
heim, seit 1839 Prof. an der Thierarznei-
schule in Stattgart; t ^M, 3. Febr. 1846.
Sehr. , Anleitung zur Kenntnlss de« Aeusse-
ren des Pferdes' (5. Aufl. 1868); ,Thierärat-
liehe aeburtshfilfe'(5. Aufl. 1870) ; ,Anleitang
zum Betrieb der Bind viehsucht' (4. Aufl. 186S) ;
,Handbttch der gesammten Thierheilkunde*
(mit Duitenhofer 1848--44); »Handbuch der
landwirthschaftl. Thlezkunde und Thier^
zucht' (4. Aufl. 1863, 3 Bde.).
BanmgSrtMr, Karl Heinrich, Mediciner,
geb. 21. Okt. 1798 zu Pforzheim, seit 1824
Prof. der medicin. Klinik in Freiburg , der
eigentliche Urheber der Zellentheorie. Sehr.
,Ueber die Natur tmd die Behandlung der
Fieber' (1827); ,Haudbach der speziellen
Krankheits- und Heilungslehre' (4. Aufl.
1847—48, 2 Bde.); ,DuaUstisches System der
Medicin' (1835-87, 2 Bde.); ,Lehrbuch der
allgem. Pathologie u.Theram'e' (3. Aufl. 1854) ;
,Sehöpihngsgedanken' (18öd-59, 2 Bde.).
Baoingiurtoiiy 1) Signutnd Jakob, protest.
Theolog, geb. 14. März 1706 zu WoUmir-
städt, t als Prof. zu Halle 4. Juli 1757,
suchte Wolfs demonstrative Methode auf
die Dogmatik anzuwenden. — 2) Al&ocmder
Oottlieb, Philosoph aus Wolfs Schule, Bru-
der des Tor., geb. 14. Juli 1714 zu Berlin,
f als Prof. der Philosophie zu Frankfnrt
a. d. O. 26. Mai 1762, Gründer* der Aesthe-
tik als systematischer Wissenschaft vom
Schönen ; sehr. ,Aesthetica' (1750—58, 2 Bde.),
,Metophysica' (7. Aufl. 1779). - 8) Michael,
Protest. Theolog, geb. S5. Min 1812 zu
Hasaldorf in der holstein. Blbmarsoh, sdt
1850 Prof. zu Bostook, gerieth wegen hete-
rodoxer Ansichten mit dem mecklenburg.
Oberkirchenrath in Zwiespalt und ward
6. Jan. 1858 seines Lehramts enthoben.
Sehr. ,Theolog. Kommentar zum A. T.'
g. Th. 1843—44); , Apostelgeschichte oder
ntwicklungsgang der Kirche von Jerusa-
lem bis Rom' (2. Aufl. 1859, 2 Bde.); ,Nacht-
gesichte Sacharjas' (1854); ,Eine kirchl.
Krisis in Mecklenburg' (1858) und Anderes
über die dortigen kirchl. Verhältnisse ; fer-
ner ,Ge8chIchte Jesu* (1859) und .David, der
König ohne gleichen' (1862).
Banmgarteii-Cnisiusy Ludwig Friedrich
Otto, Protest. Theolog, geb. 81. Jnli 1788 zu
Merseburg, seit 1817 Prof. in Jena; f das.
31. Mai 1848. Sehr. ,Lehrb. der Dogmenge-
schichte' (1881—82, 2 Bde.); ,Handb. der
Christi. Sittenlehre' (1827); ,Grandzüge der
bibl. Theologie' (1828); ,Compend. derDog-
mengesch.* (1840— 46, 2 Bde.); ,Exeget. Sehr,
zum N. T.' (1844—48, herausg. von OUo,
Kimmd und achauer),
BaUBgartner^ l)Andreae, Freiherr vnS.,
Österreich. Staatsmann und Gelehrter, geb.
23. Nov. 17^ zu Friedberg in Böhmen, ward
1833 Prof. der Physik an der Universität
zu Wien, später Direktor der k. k. Porzellan-,
Gussspiegel- und Smaltefkibriken , 1847 mit
der obersten Leitung des Eisenbahnbaues
betraut, übernahm 1848 das Portefenille des
Bergwesens und der öffentl. Bauten, 28.
Mai 1851 das des Handels u. derGkwerbe und
26, Dec. d. J. zugleich das der Finanzen,
trat 1855 in den Ruhestand, ist, in den
Freiherren stand erhoben, seit 1861 Mitglied
des Herrenhauses im Reichsrath ; f 30. Juli
1865. Sehr. ,Mechanik in ihrer Anwendung
auf Künste und Gewerbe' (2. Aufl. 1823) ; »Na-
turlehre* (8. Aufl. 1844— 45); gab heraus ,Zeit-
schriit für Physik und Mathematik' (mit
BuinghoMeen 1826—38, 10 Bde.) u. ,Zeitschrift
für Physik und verwandte Wissenschaften*
(1832-37, 4 Bde.). — 2) QdllmJdk., Schweiz.
Staatsmann, geb. 18. Okt. 1797 zu Altstätten
im Kant. St.-Gallen, ward 1825 Mitglied des
grossen Raths das., 1826 erster Staats-
schreiber, 1831 Mitglied des kleinen Raths
und Gesandter bei der Tagsatzung, wirkte
als solcher für Reform der Schweiz. Bundes-
verfassung und überhaupt im Sinn der libe-
ralen Partei, bekämpfte, von den Klerikalen
gewonnen, seit Okt. 18^ in seinem Blatte
, Schweizer Zeitung* die Liberalen aufla Ent-
schiedenste, verfocht 1847 selbst die Sache .
der Jesuiten und des Sonderbunds , war
1857—60 Mitglied des Ständeraths.
Baamholdar, Flecken im preuss. Regbz.
Trier, Kr. St. Wendel, 1696 Ew.; Achat-
schleiferei. Quecksilber. Ruine LichtevAerg.
Banmkivt fBa«mm9r<eI, BauvMaJIhe), Masse
zur Bedeckung grösserer Wunden an Bäu-
men, z. B. Steiukohlentheer mit Kohle,
Thonerde mit Kuhfladen (St. Fiakers Salbe)
nach dem Trocknen mit Theer überstrichen.
BaunkritM. die den Stamm bes. älterer
oder kranker Bäume bedeckenden Flechten
(Parmelia parletina u. a.).
230
Baunikrankheiten "^ Baumwolle.
BftUlkrudLheiteBy entstehen durch Ver-
derben der Wurzeln In einem mit Wuser
überfüllten Untergrund, aus Hangel oder
Ueberfluss an Saft und Störung des Saftnm-
laiüTs, sowie durch Yerletsungen : Brand, Rost,
Krebs, Harzflnss, Schimmel- oder Hehlthau,
Bleich- oder €relbsucht, Darrsucht, Wasser-
sucht, Grind oder Schorf, Stamml&ule, Kräu-
selkrankheit , Honigthau und Frostschaden.
BaUBliMfer, Certhla Z., Vogelgattung
aus der Ordnung der SperllngsyÖgel. Oe-
iMtncr B.t BaumrvUeh^r , Grauspecht, C. fa-
miliaris L., 6" 1., in gans Europa und im
Banmdl. s. OUvefOi. [nördl. Asien.
Baumselilfipfery s. ▼. a. Zaunkönig.
Baumschrölery s. v. a. Hirschschroter.
BAWBStarlLy 1) Anton, deutscher Philo] og,
geb. 14. April 1800 zu Sinzheim in Baden,
seit 1886 Prof. an der Universität Vrei-
burg und Direktor des philolog. Seminars
das. Sehr. ,BIüthou der griech. Dichtkunst
in deutscher Nachbildung* (1840, 6 Bde.);
,B]ütben röm. Dichtkunst« (1841, 4 Bde.); ,F.
A. Wolf und die Gelehrtenschulen« (1864).
— 2) Eduard, Bruder des Vor., geb. 88. März
1807 zu Sinzheim, seit 1848 Prof. der Staats-
und Kameralwissenschaften an der Univer^
sität Greifswald und Direktor der staats-
und landwirthschaftl. Akademie zu Eldena,
1848 als Mitglied der preuss. Nationalyer-
Sammlung Führer der Rechten, 1848 als
Mitglied der ersten Kammer Gegner der
absolutist. Partei bei der Verfassungsre«
yision, bekämpfte 1850 — 58 in der ersten
Kammer die Politik Manteuffels, yertritt
seit 1859 die Universität Greifswald im
Herrenhause in liberalem Sinne; seit 1859
auch Mitglied des Laodesökonomiekolle-
giums. Sehr. ,Kameralistisohe £n<nrklo-
p&die* (1835); ,Zur Einkommensteuerirage«
(1849); ,Ueber die Mittel zur Verbesserung
der Zustände der arbeitenden Klassen*
(1860); »Anleitung zum wissenschaftl. Stu-
dium der lAudwirthschaft* (1860): ver-
ölfentlichte mit Ton Waldbrübl (Zuccal-
maglio) ,Bardale. Sammlung auserlesener
Volkslieder der verschied. Völker« (1836).
BAUBwachSy Pfi'opfwadis zur Bedeckung
der beim Veredeln gemachten Wunden,
Mischung ans 1 gelbem Wachs, 1 Terpentin,
V* weissem Pech und V» Talg. FlÜMtget
B, ist häufig eine spiritnose Lösung dieser
Stoffe und erhärtet an der Luft.
Banmwetzslingy s. WeUaling.
Baumwolle 9 Samenhaare mehrerer Arten
der Malvaceengattnng Gossypium L, (bes.
G. herbaceum L. aus dem östl. Asien, bar-
badense L. aus Westindien, religiosum L,
mit gelber B. aus Ohina, hirsutum L, ans*
Slam, arboreum L. aus Ostindien), welche
in den Südstaaten der nordamerikan. Union,
in Mexiko, Brasilien, West- und Ostindien,
Algerien , Aegypten , Queensland und meh-
reren- Südseeinseln , dann auch in der
Türkei, in Neapel, Sicilien, Malta, Anda-
lusien, Griechenland und . der Krim kultivlrt
werden. Die thefls ein-, theils mehzjährigen
Pflanzen tragen in 8 >- öfächrlgen Samen-
kapseln von der Grösse einer wälschen
Nuss zahlreiche Samen mit langen weissen
Samenhaaren , welche beim Reifen aus den
geplatzten Kapseln hervorquellen. Die ge-
erntete B. wird durch E^n^nirmasohinen
von den Samqp getrennt. Letztere werden
als Viehfatter, Dünger und zur Gewinnung
von Oel benutzt. Die B. bildet 18—53 Millim.
lange hohle, aber in der Mitte zusammen-
gefiillene u. daher bandförmige, schrauben-
artig gedrehte Röhren von 0,015 — 0,025
Minim. Breite, 0,0045-0,0088 Millim. Dicke
und 1,47 — 1,5 spec. Gew. Sie enthält luft-
trocken 9—10, feucht an 85 o/o Wasser und
trägt 8Vs— 41/i Grm. Nach der Länge unter-
scheidet man langstnchelige von 80—38 und
k'urzstachelige B. von durchgängig unter
25 MilUm. Länge. Die Gesammtheit der
Eigenschaften einer Sorte gestattet die Er-
zeugung eines mehr oder weniger feinen
Garns, und man unterscheidet danach 8
Klassen, von welchen die erste zu den
feinsten, die letzte nur zu den gröbsten Ge-
spinnsten verarbeitbar ist: lange Georgia;
Bourbon, Jümel, Portorf co; Fernambuk;
Louisiana; Carolina, Geoxgia (Upland); Vir-
ginia; Surate; Bengala.
B. wurde in Indien schon im hohen Alter-
thum benutzt. Die alten Aegypter kannten
sie nicht; zur Zeit derPtolemäer wurde sie
im Delta kultivirt. Zu Beginn unserer Zeit-
rechnung holten die Araber Baum wol Ige-
webe aus Indien, aber lange blieben diese
im westl. Morgenlande und fai Europa Luxus-
artikel. Bis ins 16. Jahrh. stand Ostindien
in der Baumwollmanufaktur voran. 1350
wurde zuerst B. in Lancashire verarbeitet,
aber nur als Einschlag zu halbleinenen
Geweben. Columbus fand in A Mei-ika Baum-
wollenbau; Azteken und Inkas verarbeite-
ten B. 1750 lieferte Jamaika für England
8000 Ballen. Im Ganzen bezog England
1782 nur 33,285 Ballen; grossartigen Auf-
schwung brachten erst die Maschinen. 1818
hatte England schon 4 Mill. Spindeln, und
1816 begann die Twistausftihr nach dem
Kontinent. Zu Anfang des 19. Jahrh. be-
trug die Gesammtmenge der B. , welche in
den grossen Handel kam, 500 Mill. Pfd.
Nordamerika hatte 1790 81 Säcke geliefert.
Nach Erfindung einer Egrenirmaschine in
Georgien wuchs die Kultur, und 1881 wur-
den 125 MUl. Pfd. ausgeführt. 1860 betrug
die Ausfuhr 1767 Mill. Pfd. Die Ernte hatte
damals 4,675,000 Ballen erreicht. Der Bür-
gerkrieg ruinirte die amerikan. Industrie,
und 1868 betrug die Ernte nur 2,550,000
Ballen. Dagegen nahm die Baumwollen-
kultur in Ostindien, Brasilien und Aegypten
beträchtlich zu (s. unten Einfuhr nach Eng-
land). Die Zahl der Spindeln beträgt gegen-
wärtig 59Vs Mill., die Zahl der mechan.
Webstuhle 836,000. Davon kommen auf:
Sphideln u. Webstühle
England . . 36,000,000 600,000
Nordamerika 7,800,000 88,000
Frankreich . 6,250,000 80,000
Deutschland . 2,300,000 85,000
Oosterreich . 1,630,000 13,000'
Schweiz . . 1,608,000 13,676
Russland . . 1,600,000 13,000
Der gesammte Baumwollenverbrauoh in
Baumwollsamenöl — •' Baxillare os.
231
Eorop« betrag 1861 — 65 jahrl. 2,865,000
Bftllen, daron kommen ö8o/a auf England,
14,6o/o auf Frankreich und 27,3«A> auf das
übrige Europa. Die Einfuhr nach England
Jtwtrug 1868 aus Nordamerika 562,17, Indien
537,24, Brasilien 101,92, Aegypten 101,00,
Westindien 18,00 Mill. Pfd. Der Zollverein
importirtel866 1,573,103 Otr. B. Von seinen
Spindeln kommeh auf Sachsen 630, Prenssen
600,000, Bayern 536,000, Baden 296,000, Wür-
temberg 200,000. Chemnitz und Umgegend,
Augsburg und Bairenth, sowie mehrere Orte
in Baden, Würtemberg und derRhelnprorinz
sind die Hauptsitze der Spinnerei. Einge-
führt wurden noch 247,744 Otr. Garn. Die
Weberei blüht besonders in Sachsen und
am Nieflerrhein. Norddeutschland hat. min-
destens 8000, Baden 4000, Würtemberg 3000
mechan. Wel>stühle.
BaomwollsniieBÖl y fettes Oel ans den
Baumwollsamen, ist dem Leinttl sehr ähn-
lich, gibt gute Seifen, dient aber bes. zur
Verfälscliung des Olivenöls, als Blaschinen-
schmiere und LeuchtmateriEtl.
BauMeh^ Nebenfluss des Main, von den
Hassbergen, mündet bei der ßtadi B., Il58£w.
BavBSeheidtlfiBiM, nach dem Mechaniker
Karl Baunscheidt (t 13. Jan. 1860 in Münster)
benanntes Heilverfahren, s. v. a. Akupunk-
tur. Vgl. ,Der B.S 10. Aufl. 1869.
Baiir^ 1) Johann Wilhelm, Miniaturmaler
und Kupferätzer, geb. 1600 zu Strassburg,
t 1640 zu Wien. Landschaften, See- und
Architekturstücke. — 2) (Bauer) Nikölae,
holländ. Landschafts- und Seemaler, geb.
12. Sept. 1767 zu Harlingen, f 38. Mäfz 1820.
— 3) Ferdina-nd ChrUtian, her. protest.
Theolog, geb. 21. Juni 1792 zu Schmiden bei
Cannstadt, f als Prof. der Theologie zu
Tübingen 2. Dec. 1860. Sehr. ,Symbolik n.
Mythologie oder die Naturreligion des Alter-
thums* (1824—25, 3 Bde.); ,Die christliche
Gnosis oder die Christi. Religionspbilosophie'
(1855) ; ,Die chrlstl. Lehre von der Versöh-
nung' (1838); ,Die Christi. Lehre von der
Dreieinigkeit und Menschwerdung Gottes*
(1841—43, 3 Bde.) ; ,Der Gegensatz des Katho-
licismus und Protestantismus* (2. Aufl. 1836);
,Lehrb. der christl. Dogmengeschichte* (3.
Aufl. 1867); «Paulus, der Apostel Jesu Christi*
(1845, 2. Aufl. 1867); ,Krit. Untersnchungen
über die kanon. Evangelien* (1847); ,Das
Christenthum und die christl. Kirche der
drei ersten Jahrhunderte' (3. Aufl. 1863);
,Die cliristl. EUrcbe vom Anfang dos 4. bis
zum Ende des 6. Jahrb.' (2. Aufl. 1863);
,Dle Christi. Kirche des Mittelalters' (2. Aufl.
1869); ,Die Kirchengeschichte der neueren
Zeit* (1863); ,Vorlesungen über die christl.
Dogmengesch.* (1865—67, 3 Bde.); letztere
drei Werke, sowie die «Vorlesungen über
nentestamentliche Theologie* (1846)- von sei-
nem Sohne Ferd. Friedr. £, und ZeUer
herausgeg. Die von B. gegründ. krüi$che (tti-
binger) Schule brach einer wesentlich neuen
Anschauung des Urehristenthums Bahn.
Vgl. Baur, ,Die Tübinger Schule und ihre
Stellung zurGegenwart*, 1899. Ihre Haupt-
vertreter ausser B. sind Zeller, Schwegler,
Köstlin, Hilgenfeld u. A.
BftuntMrg, Berg in Holsteiji, bei Blan-
kenese, 304* h.
Bftiue^ Joh. FrUdHeh, Kupferstecher, geb.
1738 zu Halle, seit 1787 Prof. an der Kunst-
akademie zu Leipzig; f zu Weimar 1814.
Seine Blätter (über 200, bes. Porträts und
Historien) durch Sauberkeit des Stichs aus-
gezeichnet. Vgl. Keil, .Katalog des Kupfer-
stichwerks von B.', 1849. [4020 Ew.
Bauske* Stadt in Kurland, an der Memel,
Bausteine y natürliche oder künstliche
Steine von geeigneter Härte, Festigkeit und
Widerstandsfähigkeit gegen Atmosphärilien.
Mittlere rückwirkende Festigkeit pro O" ^^^
Basalt ca. 20—30,000, bei Granit 5—15,000,
bei Sandstein sehr ungleich, 1200— 7000 Pfd.
Die Belastung soll nur V30> bei Säuleu und
dünneu Pfeilern Vm— Veo betragen. AUeB.
müssen nach ihrem natürlichen Lager, d. h.
wie sie in der Natur entstanden, sind , ver-
legt werden. Widerstandsfähigkeit . gegen
Frost am geringpiteu bei schiefrigen Ge-
steinen; kann durch Kochen mit Glauber-
salzlösung un4 Krystallisirenlassen geprüft
werden, da das krystallislrende Salz ähnlich
wie Eis wirkt. Schutz gegen Verwitterung
gewährt Anstrich mit Wasserglas.
BautftlA (spr.Botäug), Leute Eugene Marie,
franz. Philosoph und Theolog, geb. 17. Febr.
1796 zu Paris, seit 1848 Obervikar der pa-
riser Diöcese. Sehr. »Psychologie exp6rimen-
tale* (1839, 2 Bde.); «Philosophie morale*
ri842, 2 Bde.^ ; ,Philosophie du christianisme*
(1835, 2 Bde.) ; ,La morale de TEvangile com-
par6e aux divers systdmes de morale* (1855).
Bantasteine, im skandinav. Norden Ge-
denksteine ohne Inschrift.
Bantseiiy Regbz. des Königr. Sachsen
(sächs. Oberlansitz), 45,7 QM. mit (1867)
822,562 Ew. Die Hauptat. B. (Budissin), an
der Spree, 12,591 Ew. Dom (von Kaiser
Heinrich I. 927 gegr.), Schloss Ortenburg.
20. u. 21. Mai 1813 Bieg Napoleons über die
Russen und Preussen unter Barclay deTolly.
Banxity Mineral, besteht aus ca. 600/»
Thonerdo, 25o/o Eisenoxyd, 30/o Kieselsäure
und 12o/o Wasser , wichtig für die Fabrika-
tion von Aluminium und Thonerdepräpa-
raten, findet sich besonders In Südfirank-
reich (Aiigile des Baux bei Avignon).
BaTarifty lat. Name für Bayern ; spec. die
kolossale , eherne Statue der B. vor der
Ruhmeshalle bei München, von Schwan-
thaler entworfen, 1844—50 gegossen.
Bavay^spr. -wäh), Städtchen im firanz.
Depart. Nord, 1646 Ew. ; das alte Bavacum,
Hauptst. derNervier; zahlr. rom. Baureste.
BavenO) ital. Städtchen am LagoMaggiore,
Pallanza gegenüber, 1406 Ew. Marmorbr.
Barlns und Mäviue, zwei unbedeutende
röm. Dichterlinge, Bekrittler des Horaz u.
Virgil; sprichwörtl. für schlechte Poeten
und Kritiker.
Bavony niederländ. Heiliger, Schutzpatron
von Qent, f ^^* Daher die Bawmsmewe
(1. Oktbr.).
BftxilUre 08(lat.), das Kellbein, Knochen
am Schädelgrunde gelegen, schliesst eine
mit der Nase kommunicirende Höhle ein,
Stütze der G^lchtsiuLOchen.
282
Bayard — Bayern.
BftytrA (cpr. -Jahr), PUrr^ Ai Arrait,
Seigneur 4«, ,der Bittor ohne Vvrcht und
TftdelS frass. Ho«ii&hrw, geb. 1476 auf
Schlosfl Bayard bei Orenoble, ent Page
bei dem Hertog Ton SaToyen, trat in flrauia.
Kriegtdieneto, focht in Italien, dann gegen
die Spanier, Genneien und Yenetianer, in
der Picardie gegen die Engländer, entechled
bei Marignano den Sieg, vertheldigte Me-
zidres gegen Karl Y., unterwarf das anf-
•tändische Genna, ward 80. April 1584 an
der Sesia tödtl. yerwnndet. Seine Qeech.
T. BerviUe (1824), DOandier de m,'Stprü (U42).
Bayer, 1) Joh.» prot. Oeietlicher, geb.
1572 KU Bhain in Bayern, f 7. Mars 1625 in
Augsburg, Itoferte in seiner ,Uranometria'
(Augsb. 1608; Ulm 1607 n. 1685) die ersten
sweckmässig angelegten Himmelskarton, die
er in der ,£zp]icatio caractemm aeneie tabu-
lis inscnlptomm* (Augsb. 1654) erläuterte.
— 2) Hiertmyrnua Joh, Ibttl, deutscher
Bechtslehrer, geb. 21. Sept. 1792 xu Kauris
im Salzbargischen, seit 1826 Prof. an der
Unlyersität Hünchen, 1863 zum Beichirath
ernannt. Sehr. ,Yorträge über den gemeinen
ordentl. Givilprozess' (10. Aufl. 1869) ; .Theorie
der summar. Prozesse' (7. Aufl. 1856) ; .Theorie
des Konkursprozesses' Oi, Aufl. 1899).
Bayer -Bfirky MarU, Schauspielerin, geb.
1821 zu Prag, Tochter des Schauspielers
Fratu Sudo^f Bayer, 1838—41 am Theater zu
Hannover, seitdem in Dresden engagirt; seit
1849 mit dem Schriftsteller A. Bürk Termahlt.
Ausgpezeichnet in tragisch - nairen Bollen.
Bayerische Alpen, Theil der deutschen
Alpen, zwischen Lech u. Salzach; mitMut-
tekogl 8754', Zngspitz 9153% gr. Solstein 9020'.
BayerlMher wald, Gebirge in Bayern,
zwischen Begen, Hz und Donau, dem Böh-
merwald vorliegend ; höchste Punkte : Klin-
genberg 8746', Hirschenstein 8841'.
Bayern, Königreich, der östlichste und
grösste Staat Süddeutschlands, aus zwei
getrennten Theilen, dem grösseren östlichen
Haupttheil und der Pfalz Jenseits des
Bheins bestehend, 1377,8 QM. Das Areal
zur grösseren Hälfte Gebirgsland, zur klei-
neren wellenförmige Ebene; die Gebirge
mehr an den Grenzen, die Ebene in der
Mitte des Landes; niedrigster Theil die
Donauebene. Baupig^rge : im S. die Alpen
O&Igäuer und bayerische Alpen , der nördl.
Theil der salzburger Alp&a mitWatzmann
8812'); an diese nördl. angelehnt die
schwäbisch-bayerische Hochebene zwischen
Hier und Inn bis zur Donau. Längs der
Ostgrenze der Böbmerwald, mit dem ror-
gelagerten bayerischen Wald; im NO. das
Fichtelgebirge nebst dem Frankenwald; im
KW. die Bbön, der sich südwestl. der
Spessart anschliasst; weniger bedeutend
sind der östl. davon gelegene Steigerwald,
die Hassberge und der nördl. von . der
Donau gegen das Fichtelgebirge ziehende
Aränkische Jura (mit der sogen, fränkischen
Schweiz). Im Überrhein. Theile das pfäl-
zische G^ebirge und die Hardt.
Die Oewäeeer gehören zum überwiegend
g'össem (südl.) Theil dem Flnssgebiete der-
onau an, die B. von Ulm bis Passau durch-
lUMrt,ft7H.: Kab^BfiaiM derMlbmi raehtt:
Bier, Gftna, Leoh, Paar, Isar, YUil Inn ete.;
rechte: Wtenllz, Altmühl, Naab, tLagea ete.
(im Ganzen 89). In K. Ist Hanptflnss dar
Main, mit Bodach, lU, Beeoits, ficink. Saale,
Sinn (Bheingebiet). Donau und Main durch
den Ludwigskanal verbunden. In derPfalx
der Bhein, als (^renaflnsa, mit Lauter und
Qneiofa. 2ahlrei<Ae Seen, meist Alpen-
seen ; Ammer*, Stamberger*, Staffel-, Kochel-,
Walchen-, Tegern-, Ohiem-, Waginger-,
Königssee etc. (im Ganzen etwa 50). Auf
der bayer. Hochebene beträchtliche Sumpf-
gegenden (Moose oder Biede) : das Donan-
moos, Isar-, Dachauer-, Freisinger-Moos n. a.
Kleinere Moore anch auf der Bfaön. Das
Klima im Ganzen gemässigt und gesund;
am mildesten in den Main- und Bhein-
gogenden, rauh nur in den Grebirgen, im
S. zum Theil alpenhaft. Der Boden im
Allgemeinen sehr fruchtbar, derBeichthum
an JProdtUäem beträchtlich, namentlich an
Yieh und Getreide, nebst anderen Erzeug-
nissen des Landbaues (s. unten); an Mine-
ralien etwas Gold (im Bhein, Inn, Isar),
Quecksilber (Pfalz), wenig Zinn, aber viel
Eisen (Oberfranken, Bheinpfolz, Oberpfalz,
Oberbayem), Stein- und Braunkohlen (am
meisten in Oberbayem, Oberfranken, Ober-
pfklz, Bheinpfslz, namentl. im Becken von
St. Ingbert) , . Graphit (passauer Schmelz-
tiegel) , Lithographirsteine (Solenhofen),
Schiefer, Porzellanerde; grosser Salzreich-
thum (s. unten). Berühmte Mineralquellen
in UnterAranken und Oberbayern.
Bevmerung : l</4 Mill. Bayern (im SO.),
21/4 Mill. Franken (imN.), % Mill. Schwaben
(im SW.), im Ganzen (Ende 1869) 4,824,421
Seelen (8502 auf 1 QM.j; am dichtesten in
der Pfalz (5806) , am dünnsten in Oberpfalz
und Oberbayem (2678 : 1 QM.). Arme in der
Pfalz 40^, sonst nur 20/o. Ausser 3,441,029
Kathol. (mit 2 Erzbisthümem München-
Frelsing und Bamberg, 6 Bisthümern und
60 Klöstern) 1,828,718 Protest, (meist Luthe-
raner, unter dem Oberkonsistorium zn
München und 3 Konsistorien) ; ausschliessl.
katholisch Ober- u. Niederbayem; Protest,
überwiegend in Mittel- u. Oberfranken u.
in der Pfalz; gegen 50,000 Juden (unter dem
Oberrabbiner zu Fürth), am zahlreichsten
in Unterflranken und der Pfalz. Wissen-
schaftliche und Erziehungsanstalten : 3 Uni-
versitäten (München, Würzburg, Erlangen),
9 Lyceen, 28 Gymnasien, 10 Schullehrer-
seminarien (7 kathol., 8 protest.) und 7118
Yolksschulen (4810 kathol., 2150. protest.,
158 Israel.). Schulbildung am weitesten
zurück in der Oberpfalz, in Kiederbayem
und in der Bheinpfslz. Ausserdem viele
latoin. Schulen, techn. Anstalten (polytechn.
Schulen in München und Nürnberg), Fach-
schulen aller Art (Forstlehranstalt in
Aschaffenburg), 5 Taubstummen- u. 8 Blln-
deninstiitute. Akademie der Wissensdiaften
in München. Femer reiche Kunstsamm-
lungen Q»%ä, in München und Nürnberg) n.
zahlreiche Schulen für gewerbliche und
Kunstbildung (obenan die Akademie der
bildenden Künste in München). Hanptbe-
Bayern.
233
•ohSfUlninff Aokerban u. Vleheucht; letztere
bes. in den Oebdrgsfegenden , ertterer in
den Ebdnen, am bedeutendsten in Nfeder-
bayern und den Gegenden von Ochsenfart
und Sehweinfürt. Im Ganzen landwirth-
schaftl. benutzt 826 QM., davon 825 QM.
Gerealien, 320 QM. Ylehfutter, 42 QM. Kar-
toffeln. Ausserdem wird gebaut Torzfig-
lieber Hopfen (Mittel- und Oberfranken und
Schwaben), Tabak (Pfalz u. Mittelfranken),
Obst und Wein in der Pfitlz (Uugsteiner,
Förster, Deidesheimer etc., im Ganzen
4 QM., J&hrl. 960,000 Eimer} und im Main-
thal und dessen Seitenthalem (ber. der
Leisten- u. Steinwein, dar Saalecker etc.).
Bedeutende Gartenkultur um Bamberg.
Wald 450 QM. (davon 156 QM. Staats-,
72 QM. Gemeinde-, 223 QM. Privateigen-
thum); daher die Foratwirthschaft einträg-
lich und gut geordnet. Bergbau bes. auf
Eisen (259 Eisenwerke u. über 500 Werke
zur Verwerthnng des Erzes), Salz (Stein-
salzwerk in Berchtesgaden und 6 Salinen,
j»hrl. Ph)duktion 975,276 Otr. Salz, 2,910,193
Thir. anWerth) und Stein- und Braunkoh-
len (181 Werke, Ausbeute 5,831,403 Ctr.,
769,708 ThIr. an Werth).
Industrie am regsamsten in Mittelfranken,
Schwaben und der Pfalz. Hauptlndustrie-
st&dte : Augsburg,Kempten,Nümberg, Fürth,
SchwabacbjBaireuth, Würzburg, Bamberg,
Erlangen, Hof etc. Nationalgewerbe Bier-
brauerei (5365 Brauerelen, Jährl. fast 9 Mill.
Eimer Bier , wichtiger Exportai'tikel). Lei-
nen- und Wollweberei; Fabrikation von
Holz- u. Eisenwaaren, Glas (51 Glashütten,
bes. Spiegelfabriken, Jährl. über 1,200,000
Stüok), Papier, Porzellan, Gewehren, be-
rühmten Schmelztiegeln (zu Oberzell),
Tabak (über 1200 Gtr. Bauchtabak, 30 Mill.
Oigarren), Chemikalien, mechan. u. musikal.
Werkzeuge, Holzwaaren, Geflechten, Bijou-
terie- und .Spielwaaren. Lebhafter Handel,
bes. in Nürnberg und Augsburg (Wechsel-
fesohäfte), nächstdem in Hof, Bamberg,
chweinuirt, Würzburg, Speier, München,
Regensburg und Fassau (Donauschifffahrt)
etc. Eisenbahnen in einer Ijänge von 328 M.
(Lindau - Hof 74 M. , Kufstein - Regensburg-
Waldsassen 43 M., Aschaffenburg-Kürnberg-
Schwandorf 47 M. , Ulm - München - Passau
48 M., dazu zahlreiche Seitenbahnen), Tele-
graphen 423 M. , Schifffahrt auf der Donau
(15 Dampfer und über 2000 Segelschiffe,
nebst 800 Flössen), deminn (über 2000 Schiffe)
und dem Rhein (12 Dampfboote u. 286 Segel-
schiffe). Banken in München u. Nürnberg.
Hauptausfuhr: Getreide, Holz, Vieh, Wein,
Hopfen, Bier etc., Jährl. etwa 50 Mill. FL
Verfassung (nach Staatsgrundgesetz vom
26. Mal 1818 und dem neuen Wahlgesetz vom
4. Juni 1848) konstitutionell -monarchisch;
die Krone nur im Manns stamm erblich
nach dem Rechte der Erstgeburt. Der König
hat die administrative Gewalt; die gesetz-
gebende theilt er mit der StändeVersamm-
Inng. Diese hat 2 Kammern (Reichsrätho
und Abgeordnete, letztere alle 6 Jahre neu
zu wählen) u. muss wenigstens »alle 3 Jahre
zusammenberufen werden. Rechtspflege un- |
abhängig; 9 Appellationsgerichte, SSchwar-
gerichlshoft; letzte Instanz das Oberappel-
lationsgericht in München. Gesetzbuch: das
bayerische Landrecht (in der Pfltlz Oodo
Napoleon). Finanzen wohl geordnet. Ein-
nahme und Ausgabe nach dem Budget für
1868/69 Je 87,144,606 Fl. Oivflliste nebst
Apanagen 3,146,089 Fl. Staatsschuld Ende
1868: 412,799,009 Fl. (davon 148,371,900 Fl.
Eisenbahnschuld und 96,229,725 Fl. Grnnd-
rentenablösung3Schul4). Die Armee besteht
(laut Gesetz vom SO. Jan. 1868) ans dem
stehenden Heer und der Landwehr. Dienst-
zeit: 3 Jahre in der aktive» Armee, 3 Jahre
in der Reserve, 5 Jahre in der Landwehr.
Allgemeine Wehrpflicht eingeführt. Stärke
der aktiven Armee: 34,174 M. Infanterie
(16 Regim. Linie, 10 Jägerbataill.), 7290 M.
Kavallerie (10 Regim.), 6361 M. Artillerie etc.
Hanptfestungen Ingolstadt, Landau und Ger-
raersheim, Ulm (gemeinsam mit Würtem-
berg). Staatsorden: Hubertusordan, St.
Georgsorden, militär. Maximilian -Josephs-
orden, Civilverdienstorden der bayer. Krone,
St. Michaelsorden, Lndwigsorden , Maximi-
liansorden für Wissenschaft und Kunst,
Militärverdienstorden, Elisabeth- und The-
resienorden für Frauen. Landesfarbe blau
und weiss. LandeseirUheilung (seit 1837) In
8 Regierungsbezirke: Oberbayem, Nieder-
bayern, Schwaben und Neuburg, Oberpfalz
n. Regensburg, Mittel franken, Oberfranken,
Unterfranken und Aschaffenburg, Rbein-
pfalz ; Jeder Regbz. in Verwaltungsbezirke
(154). Haupt- und Residenzstadt München.
Vgl. Walther, ,Topogr. Geogr. von B.*, 1844;
Btumpff, ,B., geogr.-hlstor.-statist. Handb.',
1852; ,Bavaria. Landes- u. Volkskunde des
Königr. B.', 1860— 68, 5 Bde.; Kümhd, ,Geo-
gnost. Beschreibung des Königr. B.', 1868.
Geschichte. Das heutige Altbayeru , ur-
sprünglich von dem celtischen Volk der
Bojer bewohnt, bildete unter Augustus die
röm. Provinz Noricum. Zur Zeit der Völ-
kerwanderung drangen gerraan. Stämme in
das Land, aus denen der Völkervere|n der
Bojoarier erwuchs, der, obwohl unter
eigenen Fürsten, von den frank. Skönigen
Austrasiens abhängig ward. An der Spitze
stand das um 556 zuerst erwähnte Ge-
schlecht der Agilolfinger , von denen Odilo
den königl. Titel annahm. TluMsilo IL wurde
von Karl d. Gr. 777 wegen seiner Verbindung
mit den Avaren in ein Kloster verwiesen.
788 hob Karl die herzogl. Würde iuB. ganz
auf und setzte seinen Schwager, den Schwab.
Grafen Gerold, als Statthalter ein. Nach
dem Erlöschen des karoling. Geschlechts
(911) nahm Arnulf IL, seit 907 Markgraf,
die herzogl. Würde an. Unter seinen Nach-
folgern litt das Land durch Kämpfe im
Inneren und gegen äussere Feinde und unter
dem steten Wechsel der Herzöge, bis 1180
derPfalzgraf OMo von Wittelsbach, der Stamm-
vater des Jetzt noch regierenden Hauses,
damit belehnt ward. Otto von Wittelsbach
(t 1183) sowie sein Nachfolger, Ludwig L,
vei*mehrten ihre Stammgüter beträchtlich;
letzterer (f 1231) erhielt von Kaiser Fried-
rich IT. die Rheinpfalz zu Lehn. Auch
2S4
Bayern.
unter degsen Sohn, Otto dem Erlauchten
(t 18&S), ward das Staatsgebiet erweitert.
Dessen Söhne, Ludwig u. Heinrich, theflten
sich 1255 in das Land, und zwar erhielt
Imdwig Oberbayem mit der Bheinpfftlz and
der Kurwürde, Heinrich, dessen Linie schon
nach wenigen Jahren aasstarb, Nieder-
bayern. Ludwigs gleichnamiger Sohn ge-
langte 1314 als Ludwig IV,, der Bayer, xur
Kaiser würde. In einem Ton ihm au Payia
1329 mit seines Bruders Rudolf Söhnen ge-
schlossenen BrbfblgeVertrag trat er diesen
die Ffols mit einem Theile des Nordgaues,
deshalb die Oherpfols genannt, ab, doch
so, dass die Kurwürde unter beiden Linien
wechseln sollt«, welche letztere Bestimmung
aber durch die goldne Bulle 1356 wieder
aufgehoben ward. Nach dem kinderlosen
Tod des Herzogs Johann von Niederbayern
(1340) fiel dieses an Ludwig; auch vereinigte
dieser in Folge der Vermählung seines
Sohnes mit Margarethe Maultasch , Gräfin
von Tirol, letzteres mit B. Ludwigs des
Bayern 6 Söhne theilten nach zweijähriger
gemeinschaftlicher Begierung; da aber die
meisten dieser Linien schnell ausstarben,
so vereinigte JJbrecht IV., der Weise, 1506
die bayerischen Lande wieder. Durch Ein-
führung der Primogenitur setzte er die
XJntheilbarkeit des Landes fest. Doch führ-
ten nach Albrechts Tode (1508) liHXhdm IV.
und Ludwig bis zu des letzteren Tode
(1515 — 34) die Regierung gemeinschaftl.
Beide wirkten der Reformation, die auch
in B. Anhänger gewann, mit Erfolg ent-
gegen. Auf Wilhelm IV. folgte 1550 dessen
Sohn Albrecht V., der Grossmüthige , der
die Jesuiten begünstigte, aber auch Wissen-
schaft und Kunst förderte, auf diesen 1579
sein Sohn Wilhelm V., der Fromme, der
1596 die Regierung an seinen Sohn Maxi-
inilian I, abtrat. Dieser war die Seele der
der Protest. Union gegenüber gebildeten
kathol. Ligue. Durch den westphäl. Frieden
erhielt er die 5. Kurwürde und die Ober-
Sfizlz, während für die pfälzische Linie eine
. Kurwürde geschaffen und derselben im
Falle des Erlöschens der bayer. Linie die
Nachfolge in allen Landern und Würden
derselben zugesichert ward. Auf Maximi-
lian L folgte 1651 dessen Sohn Ferdinand
Maria, auf diesen 1679 dessen Sohn Maxi-
tnilian II. Emanuel, der als Verbüudeter
Frankreichs im span. Erbfolgekrieg 1706 in
die Acht, seiner Länder verlustig erklärt
und erst im Frieden zu Baden 1714 wieder
resUtuirt ward. Ihm folgte 1726 Karl AI-
brecht, der nach Kaiser Karls VI. Tode
1740 unter Berufung auf den Ehevertrag
zwischen dem Herzog Albrecht V. und
dessen Gemahlin Anna, Kaiser Ferdinands I.
Tochter, und Ferdinands I. Testament,
worin für den Fall des Aussterbons der
männlichen Nachkommen Ferdinands die
Nachfolge in den Österreich'. Staaten Anna
oder deren Nachkommen zugesichert worden
sein sollte', dieselbe Maria Theresia gegen-
über in Anspruch nahm, nach der Erobe-
rung Oberösterreichs 1741 den Titel eines
iErzherzogs von Oesterreich annahm, sich
auch als König- von Böhmen huldigen Hess
und 174S als Kcwl VII. zum deutschen
Kaiser gewählt ward. Doch musste er
bald darauf sein eignes Land den Oester-
reichem überlassen, kehrte 1744 unter
Friedrichs H. von Freussen Schutz zwar
dahin zurück, f »her schon 1745. Sein
Sohn Maximilian III. Joseph erkannte im
Frieden zu Füssen (22. April 1745) die
pragmat. Sanktion an und erhielt seine
Länder von Oesterreich zurück. Da mit
ihm 30.Dec.l777 die wittelsbach-bayerische
Linie erlosch, so stand nach der Bestim-
mung des westphäl. Friedens die Nachfolge
in B. ohne Zweifel dem Kurfürsten Karl
Theodor von derPfiatlz zu. Oesterreich aber
erhob auf das grössere Dritttheil der bayer.
Lande als böhm., Österreich, und Reichs-
lehen Anspruch und Hess die betreffenden
Distrikte besetzen. Karl Theodor fügte sich
zwar In einer besonderen Uebereinkunft vom
3. und 14. Jan. 1778 dem Verlangen Oester-
reichs. Aber der Herzog Karl, von Zwei-
brückeu als nächster Agnat und mmthmass-
licher Erbe protestirte gegen diese Verzicht-
leistung. Hierdurch entstand, da Friedrich II.
von Preussen sich des Herzogs von Zwei-
brücken atmahm, der bayerische Erbfolge^
krieg, der aber, ohne dass Blut geflossen
war, 7. März 1779 durch einen Waffenstill-
stand und 13. Mai durch den Frieden zu
Teschen beigelegt ward. Vgl. Beimann,
,Gesch. des bayer. ErbfolgekrlegsS 1869. In
diesem ward dem Herzog von Zweibrücken
die eventuelle Erbfolge in B. zugesichert,
doch erhielt Oesterreich das Innviertel mit
Braunau. Als Joseph H. 1784 dem Kurfürsten
Karl Theodor vorschlug, B. gegen die österr.
Niederlaude zu vertauschen und den Titel
eines Königs von Burgund anzunehmen,
nahm sich Friedrich U. abermals des da-
gegen protestirenden Herzogs von Zwei-
brücken so energisch an (s. Fürstenbund),
dass man in Wien die Sache fallen Hess.
Karl Theodors Regierung schritt gegen den
Illuminatenorden ein, beschränkte die Presse
durch strenge Gensur, rief die Jesuiten
wieder ins Land. Karl Theodor f 16. Febr.
1799 , und da inzwischen auch der Herzog
Karl von Zweibrücken kinderlos gestorben
war, so wurde dessen Bruder Maximilian IV.
Joseph, Herzog von Pfalz-Zweibrücken, Kur-
fürst von B. und der Pfalz. Die neue Re-
gierung, mit Montgelas an der Spitze, mil-
derte die Gensur, beschränkte die geistl.
Gewalt in weltlichen Dingen und hob die
Klöster auf. Durch den Frieden von Lune-
ville (9. Febr. 1801) verlor B. die ganze
Rheinpfiüz und die Herzogthümer Zwei-
brücken und Jülich, erhielt aber durch den
ReichsdeputationshauptschlusB reichen Er-
satz, bes. durch Einverleibung der Bis-
thümer Bamberg, Freising und Augsbui^,
sowie ansehnlicher Theile von Würsburg,
Eichstädt u. Passau, femer von 12 Abteien
u. 15 Reichsstädten (319 QM. mit 898,000 Ew.
gegen einen Verlust von 220 (^. mit 694,000
Ew.). Im Krieg von 1805 schloss sich der
Kurfürst an Frankreich an und erhielt im
Frieden von Pressbarg für das abgetretene
Bayern.
n^
Würaburg Tirol, Vorarlberg, die Mark-
Grafschaft Bargau, die noch übrigen Theile
der BJsthümer Passau und Eichstädt und
die Reichsstädte Augsboi^ und Lindau (für
97 QM. mit 200,000 Ew. 58S QM. mit
1,028,000 Ew.). Am 1. Jan. 1806 nahm der
Kurfürst mit der vollen Souveränetat den
Königstitel an u. 12. Juli 1806 trat er dem
Rheinbunde bei. Nach einem weiteren Ver-
trag mit S'rankreich erhielt König Maximi-
lian Joseph I. gegen Abtretung desHerzog-
thums Berg (54 QM. mit 260,000 Ew.) die
MarlEgrafschaft Ansbach (68 QM. mit 245,000
Ew.), dann auch die Reichsstadt Nürnberg
und die Souveränetät über die enklavirten
Oraf- und Herrschaften und reichsritter-
schaftl. Güter etc. Zum Schutze des Rhein-
bundes musste B. ein Kontingent von
30,000 Mann stellen. Am 1. Mal 1808 ward
eine neue Konstitution oktroyirt, die aber
ein todter Buchstabe blieb. Für die Theil-
nahme am Feldzug ^egen Oesterreich er-
hielt B. im wiener Frieden (14. Okt. 1809)
Salabui^, Berchtesgaden, das Inn- u. einen
Theil des Hansmckviertels und nach einem
28. Febr. 1810 zu Paris geschlossenen Ver-
trag gegen Abtretung des südl. Tirols an
Frankreich, einiger Theile des Mainkreises
an das Grossherzog^hum Würzbnrg, Ulms
und anderer Gebietstheile in Schwaben an
Würtemberg die Markgrafsohaft Baireuth
und Regensburg. Im russ. Feldzug von
1812 ging das bayer. Kontingent von 30,000 M.
bis auf wenige Trümmer zu Grunde. Es
ward zwar ein neues Heer ausgehoben und
au der österr. Grenze aufgestellt; in Folge
der Fortschritte der Verbündeten aber sagte
sich der König im Vertrag von Ried (8. Okt.
1813) vom Rheinbund los und trat zu den
Alliirten über, indem er sich gegen Zu-
sicherung des Besitzes von Würzburg,
Aschaffenburg und eines linksrheinischen
Gebiets, sowie gegen Garantie seiner Sonve-
ränetät zur Rückgabe von Tirol, Vorarl-
berg, Salzburg, dem Inn- und Hausmck-
viertel verpflichtete. Die bayer. Truppen
betheiligten sich darauf an den Feldzügen
von 1814 und 1815 in Frankreich. Durch den
pariser und wiener Frieden und den Vertrag
vom 14, April 1816 mit Oesterreich wurden
die Gebietsverhältnisse in der zuvor be-
stimmten Weise geordnet.' Dienach aussen
diplomatisch geschickte, im Innern auf Gen-
tralisation, Bureankratie und Aufklärung
gerichtete Verwaltung Montgelaa musste
2. Febr. 1817 Österreich. Einflüsse weichen.
Nach wie vor aber war die bayer. Regierung
eifrigst auf Wahrung ihrer Souveränetät
bedacht und hinderte dadurch das Zustande-
kommen einer festeren Einigung Deutsch-
lands. Die Kirchenangolegenheiten der
Protestanten wurden neu geordnet und die
der Katholiken durch Abschluss eines Kon-
kordats mit dem päpstl. Stuhle (8. Juni
1817) geregelt. Am 26. Mal 1818 erfolgte die
Oktroyimng einer neuen, auf Repräsentation
aller Stände basirten Verfassung. Auf Max
Joseph folgte 13. Okt. 1825 dessen Sohn
Ludwig L Er begann mit Erspamngsmass-
regeln im Hof- u. Militärwesen, wie in der
Staatsverwaltung, und sohaflte sich dadurch
die Mittel zur Aufföhrung von Kunstbauten
in der Residenz. Das Ueberwiegen des
klerikalen Elements zeigte sich in der Her-
stellung zahlreicher Ellöster. Erfreulicher
war das Zustandekommen eines Zollvereins
mit Würtemberg (12. April 1827). Den For-
derungen des Liberalismus gegenüber zeigte
die Regierung eine schwankende Haltung,
erst nach der Julirevolution 1830 schlug sie
eine entschieden reaktionäre Richtung ein.
Strenges Einschreiten gegen dia oppositio-
nelle Presse steigerte die Aufregung bes. in
der RheinpfiBtlz (hambacher Fest Mai 1832),
aber die vom Kabinet des Fürsten Oettingen-
Wallerstein dagegen verfügten Gewaltmass-
regeln schüchterten die Volksrepräsentation
so sehr ein, dass sie selbst gegen die ver-
fassungswidrige Sendung bayer. Truppen
naoh Griechenland zur Sicherung des für
den Prinzen Otto neu errichteten Thrones
nichts einzuwenden wagte. Ein Fortschritt
zum Bessern war nur der durch Vertrag
vom 15. Mai 1833 erfolgte Anschluss B.s an
den preuss. Zollverein. Nov. 1837 erfolgte
die Einsetzung des ultramontan - reaktio-
nären Ministeriums Abel (März 1838), dessen
Druck besonders auch die Protestanten
durch Verletzung ihrer verfassungsmässigen
Rechte zu empfinden hatten. Die den pro-
testantischen Soldaten zugemuthete Kniebeu-
gung vor dem Venerabile wurde bes. auf
dem Landtage von 1842—43 debattirt. Der
Sturz des Ministeriums Abel wurde nicht
durch die möglichst von oppositionellen
Elementen gereinigte Kammer, sondern
durch die Tänzerin Lola Montez (s. d.)
bewirkt (Febr. 1847). Das neue Ministerium
Zu -Rhein, Maurer etc. machte dem Libera-
lismus einige Zugeständnisse, musste aber
schon Nov. 1847 dem Ministerium Waller-
stein-Berks weichen. Tumultuarlsche Be-
wegungen in München, zunächst durch die
Extravaganzen der Lola Montez hervor-
gerufen, erhielten durch die Kunde von
der Februarrevolution 1848 einen politischen
Charakter und hatten die Abdankung dos
Königs Ludwig (20. März 1848) zur Folge.
Das vom Nachfolger Maximilian IL berufene
neue Ministerium (Thon-Dittoiar, Lerchen-
feld etc.) gerieth mit dem 16. Jan. 1849 nach
dem neuen Wahlgesetz berufenen Landtag in
Konflikt, weil es partikularistische Tendenzen
verfolgte, und trat zurück, um einem ent-
schieden, reaktionären Ministerium von der
Pfordten Platz zu machen. Die Weigerung
der Regierung, sich der deutschen Central-
gewalt zu unterwerfen, veranlasste den
Aufstand in der Pfalz (Mai 1849), der aber
schnell durch ein preuss.Truppencorps unter-
drückt ward. Bayer. Truppen halfen Oester-
reich (Nov. 1850) bei der Vernichtung des
Verfassungsrechts in Kurhessen. Im Innern
trat das Ministerium von der Pfordten jedem
Streben nach konstitutioneller Fortbildung
der Verfassung schrofT entgegen, was zu
wiederholten Kammerauflösungen führte,
bis es endlich einem neuen Ministerium
I (Schrenk, Neumayr etc.) Platz machen musste
I (29. April 1859). Unter diesem ward die
$86
Bayersbronn — Bazeilles.
lang begehrte Trcnnting d«r JastiK und Ad-
mlniitefttioii dnzchgaföbrt. In der ■chlea*
wig • hoUMalichen S«chQ baobaohtete die
bftyeiiich« RegieruDg eise •ntaebieden na-
tionale Haltang. W&hrand dar dlplomati-
■ohen Yerhandlimgen übar dieae Angelegen-
heit starb plötaiich Maximilian IL 10. Man
1864. Es folgte ihm lein Sohn Ludwig IL
JHe sehr kritisch gewordene ZollTereinsfirage
ward durch den Beitritt B.a iinm neuen
2joUTer^n gelöst. Al>er die Bemfting Ton
der Pfordtens znm Minister des Auswärtigen
(4. Dec. 1864) hatte cur Folge , dass B. so-
wohl in der schleswig-holsteinischen Frage,
als in dem darauf folgenden Konflikt s wischen
Oesterreich und Preussen am 14. Juni 1866
in die Beihe der Gegner Preussens trat. Der
Ton bayerischer Seite unglücklich geführte
Krieg wurde durch den Frieden Tom 22. Aug.
beendigt, welcher B. die Zahlung von 80 Min.
Fl. KriegskoBten und die Abtretung eini-
ger kleinen Qebietstheile an der Rhön auf-
erlegte. Gleichzeitig erfolgte der Abschlusa
eines Schute- und Trutabündnlsses mit
Preussen und die Anknüpfung ron Unter'
handlungen über möglichst gleichförmige
Heeresorguiisi^on beider Staaten. Die Be-
rufung des Fürsten Hobenlohe zum Minister
des Auswärtigen (Ende 1866) schien denAn-
scbluss B.s an Preussen anzubahnen. Die
neuen ZollTereinsverträge vom Juni 1867
wurden nach langem Sträuben (Okt. 1867)
von den Kammern angenommen, ebenso das
neue Wehr- und Gtowerbegesotz (Jan. 1868).
Gegen das neue Schulgesetz, sowie überhaupt
gegen die ganae neuere Entwickelung des
Staates begann der kathol. Klerus eine hef-
tige Agitation, die selbst das Einscbrdten
der (xerichte nöthig machte. Das Schulge-
setz scheiterte an dem Widerstand der Kam-
mer der ReichSräthe (April 1869). In den
nach Auflösung der Abgeordnetenkammer
vorgenommenen Neuwahlen hatten die Ultra-
montanen («Patrioten*) die Majorität. Die
Adressen beider Kammern enthielten ein
Misstrauensvotum gegen das Ministerium
Hohenlohe, welches letzteres zum Rücktritt
bew<^ (Jan. 1870). Das neue Ministerium
Bray hielt an dem Bündniss mit Preussen
fest, und B. stellte nach der franz. Kriegs-
erüämng an Preussen 2 Armeeoorps unter
Befehl des preuss. Kronprinzen. Die bayer.
Truppen fochten siegreich bei Weissenburg
(4. Aug.), Sedan (1. Sept.) u. au der Loire (Okt.
bis Dec). Ende Nov. 1870 erklärte die bayer.
Regierung, vorbehaltl. der ständischen Ge-
nehmigung, gegen weitgehende Zugeständ-
nisse ihren Beitritt zum deutschen Reiche
(s. DetUteMand, Geschichte). Vgl. die Werke
von Büchner (1820 — 51, 8 Bde.), Zschokke
(2. Aufl. 1821 , 4 Bde.) , Mfannert (1827, 2 Bde.),
£0lli<7er(1832),i2tu2Aar((,Goschichteder Land-
stände in B.S 2. AuiL 1819, 2 Bde., n. ,Aelteste
Gesch. B.s* , 1841), Spruner (,Leitfiiden zur
Gesch. B.s', 2. Aufl. 1853, u. ,Histor. Atlas von
B.S 18S8), OotUMen (1853) u.BluntacAH (,Lebrb.
des bayer. Verfsssungsreohts*, 2. Aufl. 1854).
BayenbroHH, . Dorf im würtemberg.
Schwarzwaldkreis, an der Murg, mit dem
Eisenhammer Friedrichethal, 51S8 Ew.
Bayendorfy Stadt im bayer. Begbs.
Mittelfkmnken, an der Regnita, ISIS Sw.
(400 Juden). Dabei Ruine Sdiar/Mieek.
Bayeu (apr. Bajöh), Stadt im tttaiz,
Depart. Gahrados (Normandie) , an der Aure,
91S8 Ew. Ausgez. Kathedrale. Zu Cäsars
Zeit BoiooaM$ee, her. Druidenschule. 7\Mpis-
eerie de £., Tapete auf dem Stadtbaua,
von der Köidgin Margaretha gestickt, Wil-
helm des iäroberers Landung darsteUend.
Bayeyey Yolksstamm der Betschoanen.
Bayingeliiy Inselgruppe in der Hondnras-
bai; 1850 zur brit. Kolonie erklärt, aber in
Folge des Protestes der Verein. Staaten an
Honduras 1856 zurüdcgegeben.
B*fle (spr. Bähl), JPlerre, freisinniger
franz. Denker, geb. zu Garlat In der Graf-
schaft Foix 18. Nov. 1647 , seit 1675 Lehrer
der Philosophie zu Sedan, seit 1681 zu Rot-
terdam, ward 1693 in Folge der Angriffe
des Theologen Jurieu seines Lehramts ent-
setzt, t ^' I>ec. 1706. Verf. des ,Diction-
naire historique et critique* (1696, 2 Bde.;
neue Aufl. 1702 ; am vollständigsten von Pee-
maizeaux 1740; neueste Ausg. 1820, 16 Bde. ;
deutsch von QoUeehed 1741—44, 4 Bde.).
B. steht an der Spitze der neueren Skep-
tiker und suchte insbes. die Unabhängigkeit
moralischer und rechtlicher Ueberzengungen
von religiösen Glaubenssätzen darzuthun.
Vgl. Feuerbaeh, ,B.S 1838.
BayleH (spr. Ba-iUn), Stadt in der span.
Prov. Jaen (Andalusien), 7831 Ew., mit Berg-
8ass, bei welchem 23. Juli 1808 der ttKOZ.
General Dupont mit 20,000 M. kapitulirte.
BayonHe (spr. Bayöun), Stadt im fifani.
Depart. Unterpyrenäen , am Adour, nahe
dem Meere, 26,333 Ew. Starke Festung, See-
hafen, Schiffbau, Handel mit Schiffbauholz,
Schinken etc. Das Volk in der Umgegend
baskisch. Hier 1565 Zusammenkunft der
Katharina von Medici mit Herzog von Alba
wegen Unterdrückung der Protest, in Frank-
reich; 5. Mai 1808 Entsagung Karls IV.,
Königs von Spanien, zu Gunsten eines von
Napoleon zu wählenden Nachfolgers ; 10. Mai
1808 Unterzeichnung der Konvention zwi-
schen Warschau und Frankreich. Erfin-
dung der Bajonnette 1619.
Baza (das alte Basti), Stadt in der span.
Prov. Granada, 10,000 Ew. Wein.
Bazalne (spr. -sahn), Franfoie AehiÜe,
fjntnz. General, geb. 1811, diente seit IdSH
in Afrika, kommandlrte seit 1850 ein Regi-
ment der Fremdenlegion, ward 1855 Di-
visionsgeneral , befehligte im Okt. d. J. das
Expeditionscorps gegen Kinbum , übernahm
1863 nach Foreys Abgang das Oberkommando
der firanz. Truppen in Mexiko, trug zu dem
Fall des Kaisers Max viel bei und ward
Ende 1865 abberufen. Im Krieg gegen
Deutschland 1870 Kommandant des 8. Ar-
meecorps, denn der bei Metz vereinigten
Streitkräfte, ward er auf Metz zurüdcge-
drängt, musste 27. Okt. kapitaliren und sich
mit 173,000 Mann gefkngMi geben.
Bazar (pers., spr. -sar), im Orient s. v. a.
Marktplatz, in grossen Stildten Kaufhalle,
bes. für Luxuswaaren.
Ba«eiUet(spr. -sUIJ*)» franz. Dorf, bei Se-
BcuEoche — B^auharnais.
287
dan; 1. Sept. 1870 heftlgar Kampf swisoben
Bayern und Fransosen (Theil der Sohlacht
von Sedan).
Buoche (fpr. -lösch, ConfrMe de la B.),
die Gilde der pariser Advokatengehälfen
(seit li. Jahrh.)i deren Oberhaupt den Titel
JCönig* führte, erhielt von Philipp dem
Schönen ein PriTileglnm zur Anffahmng
gelstl. Schauspiele, wozn später auch Farcen
(die Omndlage der nation. Komödie Mo-
liöres) kamen, seit 1500 in einem bes. Schau«
spielhause; bestand bis zur Bevolutlon.
vgl. Fahre, ,Etude8 historiqnes Bur les
dercs de la B.', 1856.
Bazoehes les Havtes (spr. -s<Ssoh 1& Hobt),
Aranz. Ort, nördl. bei Orleans; 8. Dec. 1870
siegr. Treffen der Deutschen unter Grossh.
V. Mecklenburg gegen die franz. Loirearmee.
Bdelllum, Gummiharz Ton Balsamoden-
dron africauura Arnoii In Senegamblen u.
B. Mukul Hook, am untern Indus und in
Beludschlstan, altes Bäucherwerk.
BdellomSter (gr.), von Scarlandiire er-
J^denes Instrument, besteht aus Schröpf-
kopf, Lanzette und Säugpumpe^ soll die
Blutegel ersetzen. Vgl. ,Le Bdellom&tre',
1819, deutsch 1820; Hüttchmann, ,Die Blut-
pnmpeS 1848.
Beaeliy-HeMi (spr. Bihtschi-Hedd), Vorge-
birge in der engl. Grafsch. Sussex, am Ka-
nal, zw. Brighton und Hastings, Leucht-
thurm. 1. Juli 1690 Biog der franz. Flotte
tiber die brit.-hoUand. unter Torrington.
Beanmi (▼. fr. h^CMn», Gelbschnabel),
früher neu angekommener Student, Fuchs;
dummdreister Mensch. Beaniamuß, unge-
schicktes, dummdreistes Benehmen.
B^niy ehemal. Fürstenthum im SW.
Frankreichs, etwa das heut. Depart. Nieder-
pyrenäen; kam nach Aussterben der alten
Regenten (seit 820) an die Grafen von Foix
und 1593 mit Heinrich IV. (dem Beamer)
an Frankreich; seit 1608 franz. Kronland.
Hauptst. Pau. DIb Boamesen, Kachkommen
der alten Benehami, die feinsten Gascogner.
Best« Tlrgo (lat.) , selige Jungfrau, Be-
nennung der Jungfrau Maria.
Beaticum (lat.), s. t. a. Viatlcum.
Beatlllkatioii (lat.), Seligsprechung, Akt,
welcher der Kanonisation oder Heiligspre-
chung 50 Jahre ;rorh ergeht.
Beatitudo (lat.), Seligkeit durch Fröm-
migkeit erworben: daher B. vestra, Eure
Heiligkeit, Ehrentitel des Papstes.
Beftton (spr.Biht*n, Bethune), David, Kar-
dinal und Primas von Schottland, einfluss-
reicher Gegner der Reformation das. und
der Vereinigung Schottlands mit England,
geb. 1494, Termittelte 153S in Paris die Ver-
heirathung Jakobs V. mit Magdalena, der
Tochter Franz I., und, als diese starb, mit
Maria, der Tochter des Herzogs von Gnise,
veranlasste, seit 1539 Erzbischof von St.-
Andrews, harte Verfolgung der Protestan-
ten; 88. Mai 1546 ermordet.
Beattle (spr. Bihti), James, schott. Philo-
soph und Dichter, geb. 85. Okt. 1735 zu Law-
rencekirk (Kincardine), Prof. der Moral-
philosophie zu Aberdeen; f 18. Aug. 1808.
Hauptwerke; ,£ssay on thenature and immn-
tability ef truth< (1770 ; deutsch von CftnUn-
borg 1777), gegen Humes Skeptidsmus ge-
richtet; und das Gedicht ,The mlnstrel, or
theprogress of genius* (1771—74; UlTutr.1861).
Bea« (fr., spr. Boh), Stutzer, Zieraffe; i.
mottde, die schöne Welt, feine, vornehme
Gesellschaft ; b. »exe, das schöne Geschlecht.
BemUi, Schönheit, schöne Frau.
Beauealre (spr. Bohkähr), Stadt im f^nz.
Depart. Gtard ?Languedoc), an der Rhone,
grosse Messe, 9395 Bw.
Beauee (spr. Bobs, Paff» ehartruin), firänz.
Landsch. in Orltenais. Hauptst. Chartres.
Beaueonrt (spr. Bohknhr), Dorf im obem
Elsass, 3550 Ew. Bed. Uhrenfabr.
Beanfort (spr. Bohfohr), franz. Stadt in
Anjon (Dep. Maine-Loire), 5808 Ew.; danach
benannt die engl. Bergöge von B.
Beaufbrt (spr. Bohfohr), 1) Edmund, Her-
zog von Somerset und Marquis vonDonet,
Sohn von Johcmn B., einem später legiti-
mirten natürlichen Sohne Johanns von
Gaunt,Herzog8 von Lancaster, dritten Sohnes
Eduards HI., unter Heinrich VI. Regent
von Frankreich, das unter ihm f&r England
verloren ging, ward deshalb in den Tower
gesetzt, später zum Gouverneur von Calais
und Cruines ernannt, fiel 14551n der Schlacht
bei St.-Albans. — 2) Heinrich, zweiter Sohn
Johanns, Herzogs von Lancaster, Kardinal
und Bis<diof von Winchester, dreimal
Kanzler, f&hrte 1431 den Jungen König
Heinrich* VI. zur Krönung nach Paris, prä-
sidirte dem Blutgerichte, welches die Jung-
frau von Orleans zum Tode verurtheilte;
tu. April 1447.
Beaulort (spr.BohfohrJ, Sir Francis, geb.
1774 zu Oallan in der Irland. Grafreh. Louth,
t 17. Dec 1857 zu Brighton, Hydrograph der
brit, Admiralität, durch Vermessungen und
Aufiiahmen in vielen Ländern und Meeren
verdient um die Geographie und Nautik.
Beangeuey (spr. Bohsdiangsi) , Stadt im
franz. Depart. Loiret, südwestl. von Orleans,
5072 Ew.; 8. — 11. Dec. 1870 siegr. Gefechte
der Deutschen unter Grossh. von Mecklen-
burg gegen die franz. Loirearmee.
BeauhamalB (spr. Boamäh) , 1) Frawoia,
Mar^i» de B,, geb. 18. Aug. 1756 zu La
Rochelle, hielt sich als Mitglied der National-
versammlung zur Partei des Adels, emi-
grirte, ward Generalmajor in der Armee
des Prinzen Gond^, kehrte 1804 nach Frank-
reich zurück, ward 1805 Gesandter am Hof
vonEtrurien, 1807 zu Madrid, wegen seiner
Verbindung mit dem Prinzen von Asturien,
gegen den Friedensfursten nach Sologne
verbannt, kehrte nach der Restauration
nach Paris zurück; t ^^^ ^^^ ^* März
1846. — 8) Alexandre Vicomte de B,, Bruder
des Vorigen, geb. 1760 auf der Insel
Martinique, verheirathete sich als Major
mit Josephine Tascher delaPagerie, nach-
mal. Gemahlin Napoleons I., focht unter
Rochambeau in Amerika, stimmte 1789 in
den Generalstaaten mit dem dritten Stande,
ging Aug. 1791 als Generaladjutant zur
Nordarmee, reichte, zum Oberbefehlshaber
der Rheinarmee ernannt, 1798 seine Ab-
dankung ein , weil man den Adel aus der
238
Beaujolaifl — Beanne.
Armee stiess, ward, der Mitwirkung bei
der Ueberptbe von Mainz angeklagt, 23.
Joli 1794 gnillotinirt. Sein Sohn, Eugen,
■nr Zeit des franz. Kaiserreichs Viceköuig
Ton Italien, ward später Herzog yonLeach-
tenberg (s. d.); seine Tochter Horteruia, die
Gemahlin Lndwig. Bonapartes , Königs ron
Holland. — 3) Claude, Oraf, Sohn eines
Oheims der vorhergehenden nnd der als
Romanschriftstellerin bekannten G-rafin
Farmy B. (f 2. Jnli 1818), geb. 39. Sept.
1756, Mitglied der Generalstaaten, ward bei
Errichtung des Kaiserreichs Senator, nach
der Restanration 1814 Pair; f zn Paris
10. Jan. 1819. Seine ältere Tochter Stephanie
(s. d.), ans seiner ersten Ehe mit der Gräfin
Marn^ia, ward von Kapoleon I. 1806 mit
dem damaligen Erbprinzen, spätem Gross-
lierzog Karl Lndwig ron Baden, rermählt.
Beai^oUlt (spr. Bohscholä), franz. Land-
schaft in Lyonnois zwischen Loire und
Sadne; Hauptst. Beaujeu.
Beauie« (spr. Bohliöh), Jean Kerre, Frei-
herr von, österr. General, geb. 1725 in Na-
mnr, seit 1743 in österr. Diensten, focht im
siebenjähr. Kriege unter Daun, als Feld-
zengmeister im Feldzng von 1792, erhielt
1796 den Oberbefehl über die ital. Armee,
Terschnldete durch strategische Fehler den
Verlust der Lombardei ; f ^> ^^c* ^^l^*
Beaumarchais (spr. Bohmarschä), Pierre
Augustin Oaron de, franz. Dramatiker, geb.
24. Jan. 1782 zu Paris, Sohn eines Uhr-
maohers, an&ngs selbst Uhrmacher, führte
sieh durch sein musikal. Talent bei Hofe
ein , wo er Musiklehrer der Prinzessinnen
wurde, bereicherte sich durch Handels-
speknlationen, kämpfte in mehreren Pro-
zessen mit Geist und Ausdauer gegen die
Ungerechtigkeiten einer bestochenen Justiz
und wurde durch seine hierauf bezüglichen
,M6moires* (Prozesspamphlete gegen den
Parlamentsrath Görzmann,- 1774), wie na-
mentlich durch seine Lustspiele ,Le barmer
de S^rille' (1775) und ,Le mariage de Figaro'
(1784, deutsch von Dingdatedt 1867), die sich
mit der stärksten Satire gegen die ernstesten
Missbränche der Zeit richten, einer der
wirksamsten Wegbahner der Revolution.
Sehr, ausserdem die Rührstücke ,Eugenie*
und ,La mdre conpable* (sentimentale Fort-
setzung des ,Figaro*) und, nachdem er sein
Vermögen eingebüsst, ,Mes slx 6poques':
t 19. Mai 1799. Biograph, von Berger (1847)
und Lominie (2. Aufl. 1858).
BeanmariB (spr. Binhmärris), Hauptst. der
Insel Anglesea, am Menaykanal, 2558 Ew.
Seebad.
Bea«moiit (spr. Bohmong), Städtchen im
franz. Depart. Ardennen, sudl. von Sedan;
80. Aug. 1870 Sieg der Deutschen (Sachsen u.
Bavern) über die Franzosen unter MacMahon.
Beaumont (spr. Biuhmont), Francis, und
John FUtcher (spr. Fletscher), zwei engl,
gemeinschaftl. arbeitende Dramatiker, erste-
rer geb. 1586 zn Grace Dien in Leicester-
shlre, f zu I^ndon 1615; Fletcher geb. 1576
(Sohn des Bischof^ von London, Richard
Fletcher), f 1625. Beide verbunden seit 1606,
Rivalen Shakespeares, ausgezeichnet bes.
durch Sprache und Exposition der Stücke;
im Uebrigen zu sehr auf den Effekt arbei-
tend; am bedeutendsten im bürgerlichen
Lustspiele nach der Weise Ben Jensons
(,Wit without money' und ,Wit al several
Weapons*). Beste Ausgabe ihrer Werke von
Dyee (1841-48, 13 Bde.). Mehrere Stücke
übersetzt von Kcmnegiesser in ,B.s und F.a
Werke* (1808, 2 Bde.), Baudissin in ,Ben
Jouson nnd seine Schule* (1836), Bodetutedi
In «Shakespeares Zeitgenossen* (1867).
Beaumont (spr. Bohmong), 1) Oustave Aug.
de la Bonniniire de B., franz. Publicist,
geb. 2. Dec. 1802 zn Beaumont-le-Chartre
(Sarthe) , ward 1831 mit Tocqueville nach
Amerika gesandt, um das dortige Geföngniss-
wesen kennen zu lernen, hielt sich, seit
1840 Mitglied der Kammer, zur Opposition,
nach der Februarrevolution von 1848 als
Mitglied der Constituante und Legislative
zu den gemässigten Republikanern, ging
unter Cavaignacs Verwaltung als Gesandter
nach London, ward nach dem Staatsstreich
von 1852 eine Zeitlang gefangeu gehalten ; f 2.
April 186Qzu Tours. Hauptwerke : ,Trait6 do
syst&me pfoitentialre aux Eitats-Unis et de
son application k la France* (3. Aufl. 1845;
deutsch 1833), ,Marie, ou l'esclavage aux
£tat8-Unis*(4. Aufl. 1840); ,L'Irlaude sociale
politlque et religieuse* (5. Aufl. 1842; deutsch
von Brinekmeier 1840). — 2) B.- Vassy, Edouard
Ferdinand de la Bonniniire, Vicomte de B.,
franz. Geschichtschreiber, Vetter des Vor.,
S»b. 1813 auf Schloss La-Mothe-Souzay
, ndre-Loire), 1851->58 Präfekt in Laon, 1859
in Folge finanzieller Schwindeleien zu zwei-
jähr. Gefängniss verurtheilt. Sehr. ,Les Sn6-
dois depuis Charles XII jusqu' k Oscar I*
(3. Aufl. 1847) ; ,Hist. des Ktats europ6ens de
puis le congrds de Vienne* (1843—53, 4 Bde.);
,Hist. de mon temps* (1855—58, 4Bde. ; deutsch
1856—59). — 3) Jean Baptiste Armand Louia
Läonee Elie de B., (Geolog, geb. 25. Sept. 1798
zu Canon im Depart. Calvados, seit 1832 Prof.
der Geologie am Collie de France zu Paris,
Ingenieur-en-chef der Bergwerke, seit 1^5
Mitglied, seit 1853 beständiger Sekretär der
Akademie der Wissenschaften ; bes. verdient
um die Theorie der Erhebung d. Gebirgszüge.
Sehr. ,M6molres pour servir k une descrip-
tion g6ologiqne de la France* (mit J>uJr4noy
1833-38, 4 Bde.); ,Observations g^ologiques
sur les diff6rentes formations dans le
systdme des Vosges' (1829); ,Extrait d'une
s^rle de reche^hes sur quelques -unes des
rftvolutions de la surfaoe du globe* (1835).
Hauptwerk ,Carte giologique de la France*
(2. Aufl. 1855, mit 2 Bdn. Text).
Beame (spr. Bohn), Stadt im Aranz.
Depart. Cdte d*Or (Burg^und), an der Bou-
zeoise, 10,907 Ew.; Hauptstapelplatz der
burgnnd. Weine (Jährl. Ausfuhr 40,000 Fass).
Beamte (spr. Bohn), Ftorimond de, franz.
Mathematiker, geb. 1Ä)1 zu Blois, f als Rath
beim königl. Gericht das. 1652 ; Jugendfreund
von Descartes, Erfinder der Integralrech-
nung, da er die Natur der krummen Linien
zuerst ans den Eigenschaften ihrer Tangen-
ten abzuleiten suchte. Die heaunesehe Auf-
gaX>e besieht sich anf dieses Problem
ßeanne la Rolande — Bechstein.
289
Beaane la fiolande (spr. Bohn la RoiangdV
franz. Flecken, nordöstl. von Orleans; 28.
Kot. 1870 siegr. Trtfftn der Deutschen unter
Prinz I'riedrich Karl gegen die Franzosen.
Beanregard (spr. Bohr^gar), TtUr Gustav,
General der konföderirten Südstaaten von
Kordamerika, eig. Toutcthif geb. bei New -
Orleans 1818, ward Febr. 1861 Brigadege-
neral der Südstaaten, leitete den Angriff
anf das Fort Snmter, erhielt Jnni den Ober-
befehl über die Armee in Virginien, siegte
(21. Juli) bei BuU-Run, verlor, Jan. 1862
nach dem Mississippi beordert, durch die
Schlacht bei Shiloh (6. April) seinen Ruf
als Feldherr, musste das Oberkommando
niederlegen, operirte dann an der Spitze der
Trappen von Tennessee, Südcarolina, Geor-
gia und Florida Febr. 1865 abermals so un-
glücklich , dasB er sein Kommando an
Johnston abgeben musste.
BeauvaiB (spr. Bohwäh), das alte Bdlo-
vcuium, Hauptst. des franz. Depart. Oise
(Isie de Fran<*e) , am Therain , 15,307 Ew.
Einst Hauptstadt der Bellovaker. 845 und
1115 hier Koncilien. J&hrl. Fest zu Ehren der
Frauen, welche B. 1472 unter Anführung der
Jeanne Hachette (seit 1850 ein Denkmal)
tapfer gegen die Burgunder yertheidigte.
Beavers (engl., spr. Bihwers), baumwol-
lene Gewebe nach Tuchart gewebt.
Bebeky Sommerpalast des türk. Sultans
am Bosporus.
Bebenhavsea . ehem. Cistercienserkloster
bei Tübfugeu, 1183 gest. , seit 1807 Jagd-
schloss; schöner goth. Bau.
Beberbeeky Hof bei Hofgeismar im preuss.
Regbz. Kassel ;laudwirthschaftl. Au8talt(seit
1845). [an der Fulda, 1500 Ew.
Bebra^ Stadt im preuss. Regbz. Kassel,
Bebung (Mus.), s. Tremolo.
Bebütow^ Fürgt Wasnlij Owipowitsck, mss.
General, geb. 1791, machte 1828 unter Paske-
witsch den türk. Feldzng mit, ward 1835
Gouverneur der neuen russ. Pro v. Armenien,
schlug Okt. 1846 die Lesghier unter Schamyl
bei Kutischi und ward Nov. 1847 Präsident
des Verwaltungsrathes von Transkaukasien.
1853 mit dem Kommando des Operations-
corps an der türk. Grenze betraut, schlug
«r 1. Dec. den Seraskier Abdi- Pascha bei
Kadiklar, Zarif- Pascha 5. Aug. 1854 bei
Küruk-Dere, führte im Sommer 1856 in-
terimistisch den Oberbefehl im Kaukasus,
ward Jan. 1857 zum General der Infanterie
ernannt; f zu Tiflis 22. März 1858. Sein
Bruder, David B., focht unter Paskewitsch
in Polen , Ungarn und vor Silistria , ward
1856 Generallieutenant, 1861 Kommandant
in Warschau.
Becearia, 1) Giovanni Battista, her. ital.
Mathematiker und Physiker, geb. 3. Okt.
1716 zu Mondovi, lehrte zu Rom, Palermo
und Turin, f 27. Mai 1781. Sehr. ,Deir
elettricismo naturale ed artifiziale* (1753);
,Deir elettricismo artiflziale' (1772). Mass
mit Canonica 1760 im Auftrag der Regie-
rung in Piemont einen Grad des Meridians
und machte das Resultat bekannt in dem
,GradU8 Taurinensis* (1774). — 2) Oesare
Bonesano de B„ ital. Staatsreohtslehrer, geb.
15. Mars 1738 zu Malland, seit 1768 Lehrer
der Staatswirthschaft zu Mailand ; f das.
28. Nov. 1794. Sehr. ,Dei delittl e delle
pene* (1764, in viele Sprachen übersetzt,
deutsch ronC«rgk 1798, Okuer 1851), gegen
die Mitsbrauche der damaligen ICriminal-
Justiz, insbes. Tortur und Todesstrafe ge-
richtet. ,Opere' herausgeg. von FtIZa« (1854).
Beche (spr. Betsch) , Bir Henry Thoma»
dt la, Geolog, geb. 10. Febr. 1796 zu
London, Generaldirektor der Geolog. Survey
für Grossbritannien u. Direktor der Metro-
politanschule für Wissenschaft; f 13. April
1855. Sehr. ,Geolog. manual* (1831, deutsch
von Decken 1832) ; ,Researches in theoretical
geology* (deutsch von flar<mannl8S6) ; ,€toolo-
gical observer* (1851; deutsch von Dveffen-
bach als ,Vorschu1o der Geologie* 1852).
Becher, Biegfried, Statistiker und Natio-
nalökonom , geb. 28. Febr. 1806 zu Plan in
Böhmen, seit 1835 Prof. der Gesch. u. Gec^r.
am polytechn. Institut zu Wien, ward Sept.
1848 Ministerialrath , Mai 1852 pensionirt.
Sehr. ,Dasösterr. Münzwesen von 1524—1838*
(1838, 2 Bde.) ; ,Statist. Ueberslcht des Handels
der Osten*. Monarchie mit dem Auslande
1829-38' (1844) ; ,Die Bevölkemngsverhält-
nlsse der österr. Monarchie von 1819—43*
(1846) : ,Die Volkswirthschaft' (1853).
Becher (Kraier), Sternbild am südl.
Himmel auf der Wasserschlange, enthält
121 Sterne (6 vierter Gr.).
Becher^Ghetreidemass, in Basel = Vs Sester
= 2,13 Liter, InLuzem = 2,15L., in Karls-
ruhe = Vioo Sestor == 0,15 L., in Münster =
Vis Scheffel = 1,94 L., in Oesterreich = Vs
Massel = 0,48 L. [Luschnitz, 2150 Ew.
Bechin, Stadt im bohm. Kr. Tabor, an der
Bechstein y 1) Joh. MatthäuB, verdienter
Naturforscher, geb. 11. Juli 1757 zu Walters-
hausen, gründete 1794 die forstwirthschaftl.
Lehranstalt zu Kemnote bei Waltershausen,
übernahm 1800 die Direktion der Forstaka-
demie zu Dr^ssigacker bei Meiningen; f das.
1822. Sehr. ,Gemelnnützige Naturgeschichte
Deutschlands» (2. Aufl. 1801-9, 4 Bde.);
,Forstinsel»tologie' (2. Aufl. 1829); ,For8tbo-
tanik* (5. Aufl. von Beiden 1841-42); ,For8t-
und Jagdwissenschaft nach allen ihren Thei-
len* (1818—21, 5 Bde.) ; »Abbildungen natur-
histor. Gegenstände' (2. Aufl. 1816-23, 6
Bde.); »Naturgeschichte der Stuben vögel*
(4. Aufl. von I^Amafin 1840). Biographie von
Ludw. B. «855). — 2) Ludwig, Schriftsteller,
Neffe des Vor., geb. 24. Nov. 1801 in Weimar,
t 14. Mai 1860 als OberbibUothekar zu
Meiningen. Sehr, die Gedichte: ,Sonetten-
kränze' (1820) , ,Der Todtentanz', mit
Kupfern nach Holbein (1831), ,Der Sonntag*
(1882), ,Faustus* (1833), ,Luther* (1834) u.a.;
zahlr. Romane und Novellen. Ausserdem
verdient um Sagen- u. Märchenknnde: ,I>er
Sagenschatz des Thüringerlandes' (1835—38,
4 Bde.), »Deutsches Sagenbuch' (1853), ,Tbik-
ringer Sagenbuch* (1858, 2 Bde^, ,Deut-
sches Märchenbuch' (24. Aufl. 1868), .Neues
deutsches Märchenbuch' (la. Aufl. 1869). Sein
Sohn, Beinhold B., Professor in Jena, nam-
hafter Germanist; gab Gottfried von Strasi-
burg (1869) heran
240
Beck -— Becker.
Beek, 1) Johann iMdmg Wilhdm, Rechts-
gelehrter» Soha des Philologen and Histo-
rikers Ckriatian J>aniel B., Prof. eu Leipzig
(geb. 28. Jan. 1757, f 18. Dec. 16&B), geb.
81. Okt. 1786 ra Leipaig, seit 1937 Präsident
des Appellationsgerichts das.; f 14. Febr.
1869. Gab heraus »Corpus juris ciTilis^
(1885—86, 8 Bde.) ; »Anleitung zum Roferir«i
und Dekretiren' (1839); »Bemerkungen über
den Kriminalgerichtsstand in Sachsen' (1842).
— 8) Heinrich, Schauspieler und Dramatiker»
geb. 1760 in Gotha» seit 1800 Oberregisseur
in München, f das. 1803. Glücklich beson-
ders in Bollen von Liebhabern und Bonvi-
yants. Von seinen Stücken (,Theater% 1802,
3 Bde.) »Schachmaschine' und »Quälgeister»
(nach Shakespeare) noch jetzt auf dem Re-
pertoire. — S) Joh. Tobia», Protest. Theolog»
geb. 82. Febr. 1804 zu Bahlingen in Würtem-
berg» seit 1843 Prof. zu Tübingen» sucht im
Gegensatz zu der kritisch - spekulativen
Schule Baurs durch positire Einführung in
die Schriftlehre zu wirken. Sehr. »Ein-
leitung in das System der christl. Lehre'
2888); »Die christl. Lehrwissenschaft nach
en bibl. Urkunden' (1. Tb.» 1841) : .Umriss
der bibl. Seelenlehre' (2. Aufl. 1862); ,Ge-
danken aus u. nach der Schrift' (8. Aufl. 1868,
neue Folge 1868); ,Christl. Reden' (seit 1834
6 Sammlungen). — 4) Karl, deutscher Dichter»
geb. 1817 zu Bajain Ungarn» jüd. Abkunft, erst
Kontorist, studirte dann in Leipzig, lebt als
Redakteur in Wien. Seine Dichtungen spie-
geln die Leidenschaftlichkeit u. eigenthüml.
Natur des ungar. Volkes. ,Nachte. Gepan-
zerte Lieder' (1838); »Der fahrende Poet'
aSSS); »Stille Lieder' (1839); »Janko, der
UBgar. Rosshirt' (1842) ; »Mater Dolorosa' (2.
Aufl. 1854). Weniger gelungen das Drama
,Saul' (1841). Später : »Gesammelte Gedichte'
(1849); »Lieder vom armen Manne' (1846);
«Gepanzerte Lieder' (1848); »Aus der Heimat'
(1853); ,Still und bewegt' (Gedichte, 1870). -
5) Karl Joseph, Mediciner, geb. 1794 zu Gen-
genbach in Baden, seit 1821 Prof. der Augen-
heilkunde und gerichtl. Medidn in Freiburg ;
f 15. Juni 1838. Sehr. ,Handbuch.der Augen-
heilkunde' (2.Anfl. 1832); »Krankheiten des
Gehörorgans' (1827); ,Ueber den Kropf
(1883); ,Ophthalmologischer Atlas' (1836).
Becken (Pelvis), unterster Theil des Rumpf-
gerippes, unten ringförmig geschlossen (klei-
nes B.)» oben nach beiden Seiten schaufel-
förmig (grosses B.). Bestandtheile : Kreuz-
bein und Steissbein an die Wirbelsäule
anschliessend), rechts und links Darmbein-
schaufeln, Sitsknorren» vor dem Scham-
beine (Vereinigungsstelle beider: Symphyse).
Männliches B. enger» weibliches (zur Durch-
lassung des Kindes) weiter. Verengerung
Hauptcursache für schwere Gteburt. Aussen
die Pfannen für die Oberschenkelköpfe; An-
satzpunkte der Muskel für die Beine und
der Bauchdeckeu. Bei niedei»n Thieren B.
nicht ringförmig geschlossen.
Beekenried, Hafenort am Vierwaldstätter-
aee, Kant. Unter waldeu , 1367 Ew.
Becker^ l) Bnd. Zachar., Volksschriftstel-
ler» geb. 9. April 1752 zu Erfurt» lebte seit
1784 in Gotha, gründete das. 1797 eine Buch-
handlui^» gab seit 1791 den »Anzeiger' (seit
1792 »Reichsanzeiger'» seit 1806 »Allgem. An-
zeiger der Deutschen')» seit 1796 die »Natio-
nalzeitnng der Deutschen' heraus, sehr, das
weit verbreitete und oft übersetzte ,Koth-
und Hülfsbüchlein oder lehrreiche Freuden-
und Trauergeschichte des Dorfes Mildhelm'
(1787-96, 2 Bde.), d^s »Mildheimische Lieder-
buch' (1799) und das »Mildheimisclie Evan-
gelienlmch' (1816) ; sass Nov. 1811 bis April
1813 auf Davousts Befehl gefangen zu
Magdeburg, sehr, darüber »B.s Leiden und
Freuden in 17monatIicher franz. Gefangen*
schaff (1814): f 28. März 1822. Sein Sohn,
Friedr, Gotüieb £„ geb. 9. Nov. 1793 zu
Gotha, fasste 1830 die »Nationalzeitung der
Deutschen' und den »Allgem. Anzeiger'
in ein täglich erscheinendes Blatt zusam-
men» das Juni 1850 einging» 1848 Mitglied
der deutschen Nationalversammlung, dann
bis 1860 Direktor der gothaer Feuerver-
sieherungsbank. — 2) Wilhelm Gotüieb, deut-
scher Schriftsteller und Archäolog, geb.
4. Not. 1753 zu Oberkallenberg im Schön-
burgischen» seit 1782 Prof. an der Ritter-
akademie zu Dresden» erhielt 1795 zugleich
die Aufsicht über das Antiken- und Münz-
kabinet das.; f 3* «^uni 1813. VeröfiTent-
lichte eine Reihe von Taschenbüchern,
sehr. jAugusteum» Dresdens antike Denk-
mäler enthaltend' (2. Aufl. 1832-37, mit 162
Kupfertafeln). Sein Sohn , Wilh. Adolf £.,
Alterthumsforscher, geb. 1796 zu Dresden,
seit 1836 Prof. der Alterthumskunde za
Leipzig, t SO. Sept. 1846, sehr. »Gallus» oder
röm. Scenen aus der Zeit des Augastus' (3.
Aufl. von Stein 1863» 2 Bde.); ,Gharikles.
Bilder altgriech. Sitte' (2. Aufl. von Hermann
1854» 8 Bde.); »Handbuch der röm. Alter-
tbümer' (fortges. von Marguardt 1843—64,
5 Bde.). — 3) Karl Ferd. , deutscher Sprach-
forscher» geb. 14. April 1775 zu Liser im
Kurtrierschen, seit 1815 prakt. Arzt zu Offen-
bach» gründete 1823 eine Erziehungsanstalt
das.; f 5. Sept. 1849. Sehr. »Ausführliche
deutsche Grammatik* (2. Aufl. 1843) ; ,SchuI-
grammatik der deutschen Sprache' (8. Aufl.
1862); »Organism der deutsehen Sprache'
(1841); fLehrbuch des deutschen Stils' (her-
ausgeg. von Th. Becker 1850). — 4) Karl
Friedr,, Geschichtschreiber, geb. 1777 in
Berlin» f das. 15. März 1806; Verf. der be>-
kannten beckerschen »Weltgeschichte', die
zuerst als ,Weltgeschichte für Kinder und
Kinderlehrer' (1801—5, 9 Bde.) erschien und
seitdem mehrfach umgearbeitet und erwei-
tert wurde, letzte (8.) Aufl. neu bearbeitet
von Hertäberg, Ifatemann, A. W, Schmidt und
Amd (1860—69, 20 Bde.); ,Erzählungen aus
der alten Welt' (1801—3, 3 Bde. ; 10. Aufl.
bearb. von EcksUin 1864). — 5) Gottfr. Wil-
helm, Schriftsteller, geb. 22. Febr. 1778 zu
Leipzig, lebte das. als prakt. Arzt, später
als populärmedic. , beiletrist, und histor.
Schriftsteller tliätig; f 17. Jan. 1854. Den
Ertrag seiner Schriftstellerei (53,000 Thlr.)
vermachte er zur Gründung einer Blinden-
anstalt in Leipzig» wozu sein Sohn Karl
Ferd, £,, ein eigenes Hans fugte. Sehr.
,Der Freiheitskampf der Polen gegen die
Beckerath — Bedeau.
241
Russen* (18Si, 3 Thie.); «Xudreas Hofer*
<1841— 42, S Bde.) ; ,NapoIeon , dargestellt
nach den besten Quellen* (3. Aufl-. 1846--47).
— 6) Karl Ferdinand, mnsik. Schriftsteller,
Sohn des Vor., geb. 17. Juli 1804, war 1843
bis 1856 Lehrer des Orgelspiels am Konser»
-vatorinm zu Leipzig, priratisirt iseltdem in
PlagnnritK. Sehr. ,Die Hausmusik der Deyt-
schen im IG., 17. und 18. Jahrb.* (1840) und
,£>ie Tonkünstler des 19. Jahrb.* (1849). —
7) Joh. Philipp, bekannt durch seine Bethei-
ligung an^ den revolutionären Bewegungen
in Süddeutschland,' geb. 19. März 1809 zu
I'rankeuthal in der PiHlz, nach der pariser
Februarrevolution von 1848 republikan. Agi-
tator in Süddeutsohland, betheiligte sich am
heckerschen Aufstande, Mai 1849 an der
Spitze einer SchweizerlegioQ am Aufstande
in Baden, suchte sich 1863 u. 1864 durch Grün-
dung eines republikan. ,yolksbundes' an den
deutschen Angelegenheiten zu betheiligen,
fand aber mit seinem kesmopolitisch-revolu«
tionären Streben keinen Anklang. Gab mit
Easelen eine ,Geschichte der süddeutschen
Mairevolution* (1849), ausserdem Broschüren
etc. heraus. — 8) Jakob, Maler, geb. 1810 zu
Dittershelm bei Worms, Schüler der düssel-
dorfer Akademie, seit 1840 Prof. am städel-
sehen Institut zu Frankfurt a. M.; auchMit-
j^lied der Akademien von Berlin und Brüssel.
Besonders ausgezeichnet im Genrebild. — 9)
Julius, musikal. Schriftsteller, auch Kompo-
nist, geb. 3. Febr. 1811 zu Freiberg, privati-
sirte seit 1846 bei Dresden ; t %• ^ebr. 1859.
Sehr. ,Die Neu -Romantiker*, musikal. Ro-
man (1840, 2 Bde.); ,Harmonielehre* (1842);
,Männerg6sangschule* (1845). — lOy Nikolaus,
der Dichter des Rheinlieds ,Sie sollen ihn
nicht haben etc.*, geb. 1816 zu Geileuklr-
ehen in Rheinpreussen, Arbeiter bei einem
Gerichtsschreiber das.; f 28. Aug. 1845.
»Gedichte* (1841). — 11) 0»kar, geb. 18. Juni
1839 zu Odessa, studirte seit Ostern 1869 zu
Leipzig, schoss 14. Juli 1861 zu Baden-Ba-
den auf den König Wilhelm von Preussen,
ward zu 20 Jahren Zuchthaus verurtheilt,
die er zu Bruchsal zum Theil verbüsste,
später begnadigt.
- Beckerath. Hermann v,, rheinprenss. Libe-
raler, geb. Dec. 1801 zu Krefeld, gründete
das. ein Bankgeschäft, auf dem vereinigten
Landtag 1847 einer der Führer der Liberalen,
in der frankfurter Nationalversammlung dem
rechten Oentrum angehörig, ward 9. Juli
1848 Finanzminister im Reichsministerium,
April 1849 Mitglied der Kaiserdeputation,
legte Mai sein Mandat als Abgeordneter
nieder und trat aus dem Reichsministerium
ans, dann Mitglied des erfurter Volkshauses
und der zweiten prenss. Kammer, schied
1852 aus; f 18. Mai 1870 zu Krefeld.
Becket, Thomas, gewöhnl. Thomas von
Canierbuiy gen., geb. 1117 (1119) zu London,
ward 1158 Grosskanzler, 1162 Erzbischof
von Canterbury und Primas von England,
vertrat als solcher eifrig die Vorrechte der
Kirche dem König gegenüber, ward 29. Dec.
1170 von vier Edelleuten am Altar ermordet.
il72 kanonisirt, ihm zu Ehren auch Jährl.
ein Fest und alle 50 Jähre ein Jubiläum ge-
Meyers Hemd-Lexikon.
feiert. Heinrich VHI. verbot die Feier dieses
Festes und Hess die Gebeine des Heiligen
verbrennen. B.s Biographie von Qüe» (1846)
und Hope (1868).
BeckmaHn, Frit», her. Komiker, geb. 180S
zu Breslau, erst am königsstädter Theater
zu Berlin, seit 1846 am Hofbnrgtheater in
Wien, dort mehr als Lokal-, hier als Gha-
rakterkomiker wirkend ; f 7. Sept. 1866. Verf.
der beliebten Volksposse «Eckensteher Nante*
(39. Aufl. 1861). Vgl. Findeisen, ,B.*, 1867.
Beckum 9 Kreisst. im preuss. Regbz.
Münster, an der Werse, 27^ Ew.
Becks, Itter Joh., General des Jesuiten-
ordens, geb. 8. Febr. 1795 za Sichem in
Belgien, trat 1819 zu Hildesheim in den
Orden, ward Beichtvater des zum Katho-
licismus übergetretenen Herzogs Ferdinand
von Anhalt -Köthen, 1847 Prokurator der
Prov. Oesterreich, 1848 Rektor des Kolle-
giums in Löwen, nach der Rückkehr der
Jesuiten nach. Oesterreich Superior für Un-
garn u. wieder Provinzial für Oesterreich,
2. Juli 1853 Roothaans Nachfolger als
General des Ordens. Sehr. ,Monat Maria*
(1843, 12. Aufl. 1867).
Becqverel (spr. Bekerel), 1) Anloine Cisar,
franz. Physiker, geb. 7. März 17% zu
Chatillon sur Loing, erst Genieoffizier, dann
Prof. am Museum der Naturgeschichte in
Paris , bes. verdient um die Lehre von der
Elektricität und dem Magnetismus. Sehr.
,Trait6 exp6rimental de T^Iectricitö et du
n\agndtisme* (neue Bearb. 1855, 2 Bde.);
,E16mens d'61ectrochimie* (1843; deutsch 8.
Aufl. 1857); ,Trait6 de physique dans ses
rapports avec la chimie* (1842—44, 2 Bde.);
,Traitö eomplet de magnetlsme* (1845) ; ,£16-
mens de la physique terrestre* (1847). — 2)
Alexandre JSSdncond, Physiker, Bruder des Vor.,
geb. 24. März 1820 zu Paris, seit 1853 Prof.
am Konservatorium der Künste und Hand-
werke das., verdient durch Untersuchungen
über das elektr. Licht und phy8ik.-chem.
Gegenstände. •
Beeskerek (Grou-JB.), Hauptort des ungar.
Kom. Torontal , am Begakanal , 17,510 Ew.
Beciwa, Nebenfluss der March, von den
Karpathen, mündet bei Kremsier; 16Vs M.
Beda, gen. Venerttbili* , geb. 672 zu
Monkt^n in der engl. Grafschaft Dnrham,
seit 702 Presbyter im Kloster Girvy ; f das.
26. Mai 735. Sehr, ausser Kommentaren
der Bibel, Homilien, Hymnen, chronolog.
und grammat. Werken (Gesammtausgaben
Paris 1544) eine ,Historia eeclesiastica gentis
Anglorum* in 5 Büchern (Strassb. 1500, von
Stevenson 1838, Moverley 1869); ,De sex
aetatibus mundi', nach der von ihm zuerst
eingeführten Zeitrechnung desDionysius die
Grundlage der meisten Universalchroniken
des Mittelalters. B.s hlstor. Sehr. engl,
von Giles (1843 — 44, 6 Bde.). Vgl. GeMe,
,De Bedae venerab. vita et seriptis', 1888.
BedAwl (arab.), Beduinen.
Bedburg, Flecken im preuss. Regbz. Köln,
Kreis Bergheim, 800 Ew. Ritterakademie
für den rhein. kathol. Adel (seit 1846).
Bedeau (spr. Bedoli), Marie Alphonse,
franz. General, geb. 10. Aug. 1804 zu Verton
16
242
Bedeckter ^eg — Beethoven.
li«I Nantet, Mit 1885 »Is OfÜsier, w*rd 1.
Juli 1847 Ck>iiTerB«iir Yon Algerien, befeh-
ligte, rar Zeit der Febnuurreyolation Ton
1848 auf Urlaub in Paris, eine der 5 Kolob-
nen, welche den Aufstand unterdrücken
sollten, ward unter der proTisor. B^erung
Oberbefehlshaber der Armee von Paris,
stimmte als Mitglied der Gonstitnante und
L^SislatiTe mit der gemässigten Rechten,
ward beim Staatsstreich vom 2. Dec 1851
Terhaftet, dann nach Belgien gebracht;
t SO. Okt. 1863 in Nantes.
Bedeckter Weg (richtiger gtdtckUr W.),
der um den äusseren Grabenrand einer
Festung herumlaufende Wallgang, ist durch
eine sich in das Feld verlaufende Brust-
wehr (Glacis) geschützt, behufs der Oflfen-
sive mit Waffenplätzep zum Ansammeln der
Truppen und Ausfallsöffhungen versehen.
BMWcktee Temln, Gegend,, welche wegen
der darauf befindlichen Wälder, Ortschaften,
Hecken (Knicks), Gürten etc. keine l^ie
Ueber- und Umsicht gestattet.
BedeckuBg (Eseorte), Truppenabtheilung,
welche einen Transport oder auch Artillerie
gegen feindlichen Angriff schützen soll.
Bedeckung, in der Astronomie das ganze
oder theilweise Unsichtbarwerden eines
Btemes für die Beobachtung durch das
Vortreten eines anderen, der Erde näher
stehenden Himmelskörpers. Die B.en der
Planeten und Fixsterne durch den Mond
dienen zur Berechnung der Mondparallaxe
und zur Bestimmung der geograph. Breite
des Beobachtungsortes.
Bcdford (spr. -ford), Grafschaft im süd-
ostl. England, 21,7 QM., 135,287 Ew. Die
ffm^tsi, B., an dem schiffb. Onse, 13,413 Ew.
Bedford (spr. -förd), Hertog von^ dritter
Sohn König Heinrichs IV. von England,
blieb, während der König in Frankreich
kämpfte, als Wächter des Reichs in Eng-
land zurück, proklamirte nach seines Bru-
ders Heinrichs V. Tode (1422) den unmün-
digen Heinrich VI. als König von England
und Frankreich, ging dann als Regent nach
Frankreich und erfocht Sieg auf Sieg, bis
die schwankende Haltung des Herzogs von
Burgund und das Auftreten der Jeanne
d'Aro dem Kampfe eine andere Wendung
gab. B. musste 1431 den Frieden vonAouen
unterhandeln: t 1^* Sept. 1435. [bourin.
Bedon de Bizcay (fir.), das baskische Tam-
BeduinenCBtfikitoi, d. h. Kinder der Wüste),
die nomadisirenden Bewohner der Wüsten-
länder Arabiens, Syriens und Nordafrikas,
Bekenner des Islam, von Viehzucht, Handel
und Raub lebend; freiheitliebend, tapfer,
gastfreundlich, aber auch räch- u. gewinn-
süchtig, treulos. Kleidung: Haikh (weites
Unterkleid) und Burnus (grosser. Mantel).
Patriarchalisches Stammleben unter gewähl-
ten Stammeshäuptern (Kaids oder Emirs), mit
Priestern (Marabuts). Vgl. die Reisewerke
Ton Niebuhr, £urekhardt, Burton, Barth u. a.
Beechey (spr. Bihtschi), 1) Bir Wiüiam, engl .
Porträtmaler, geb, 12. Dec. 1753 zu Burford,
t 28. Jan. 1839 als Hofinaler zu London. —
2) Frtderiek William, engl. Seemann und
Beisender, Sohn des Vor., geb. 17. Febr.
1796 in LoudoiT, begleitete die arktischen
Expeditionen Franklins (1818) und Parrys,
ging 1825 als Commodore nach der Nord-
westküste Nordamerikas, um sich mit den»
Tom Lande her vordringenden Franklin zu
vereinigen, kehrte Sept. 1829 unverrichteter
Sache zurüde, erhielt 1847 die Leitung des
Marinedepartements im Handelsministerium ,
ward 1854 €k>ntreadmiral ; f 29. Nov. 1856.
Beedenuuui, geringes Geweb^, halb Lei-
nen, halb Wolle, bes. in Nord Westdeutsch-
land. [Kr. Zauche- Beizig, 2839 Ew.
BeelitZy Stadt im preuss. Regbz. Potsdam»
BeeUebub (d. i. Fliegengott), der von den
Philistern zu Eluron verehrte Gott Baal, bei
den Juden in Beelzebul, d. i. Nichtgott,
verändert und Name des obersten der un-
reinen Dämonen.
Beenstor, grösser Polder in Nordholland,
Bez. Hoom, 8639 Ew.; starke Viehzucht.
Beer, 1) WUk., geb. 4. Febr. 1797 zu
Berlin, Bruder des Komponisten Meyerbeer,
Bankier zu Berlin und Astronom, verdient
vomehml. durch seine Beobachtungen des
Mars und des Mondes ; f ^* März 1850. Lie-
ferte eine treffl. Mondkarte (1836) und als
Kommentar dazu das Werk ,Der Mond und
seine kosm. und indiv. Verhältnisse* (1837).
— 2) Miclmel, dramat. Dichter, geb. 19. Aug.
1800 zu Berlin, Bruder des Vor., f 22. März
1833 in München. Hauptstücke: ,Klytäm-
nestra', ,Die Bräute von Aragonien', ,Der
Paria*, ,Strnensee*. Sämmtl. Werke (1835).
«Briefwechsel* herausgeg. votu E. v. aekemk
(1837). — 3) August, Mathematiker und Phy-
siker, geb. 31. Juli 1825 zu Trier, Prof. zu
Bonn, beschäftigt sich bes. mit Losung op-
tischer Probleme, sowie mit der Theorie der
Elektricität und des Magnetismus. Sehr.
.Einleitung in die höhere Optik* (1853);
,Grundriss des photometr. Kalküls* (1854)
und .Einleitung in die Elektrostatik* (1865).
Beerbergy höchster Berg des Thüringer-
waldes, nördl. bei Suhl, 3063'.
Beere 9 fleischige Frucht, bei welcher die
äusseren Schichten des Fruch^häusea
derber und fester sind als die fleischigen»
saftigen inneren und die Samen unmittelbar
im Fleisch liegen. [aucuparia,
Beerezche, s. v. a. Vogelbeerbaum, Sorbua
Beerfelden, Marktflecken in der beas.
Prov. Starkenburg, an derMümling, 2744 Ew.
Dabei das erbachsche Schloss Krähberg,
BeSrseba (a. G.), Stedt an der Südgrenza
Palästinas, Wohnsitz Abrahams.
Beeskowy Kreisst. im preuss. Regbz. Cotz-
dam, an der Spree, 4207 Ew.
BeethoTeii, Ludwig wm, grösster Kom-
ponist des 19. Jahrb., geb. 17. Dec. 1770 in
Bonn, Sohn eines. Tenoristen an der kur-.
fürstl. Kapalle, erhielt von diesem und dem
Hoforganisten Neefe n. van Eden den ersten
Musikunterricht, erregjte frühzeitig durch
sein Phantasiren auf dtoi Klavier Aufsehen,
gab schoU als Knabe Klaviersonaten heraus
Später von ihm ignorirt), wurde 15 Jahre alt
oforganist des Kurfürsten, dann (1792)
von diesem nach Wien geschickt, wo er
nacheinander bei J. Haydn, Schenk und
Albreohtsberger strenge Studien machte.
Befana — Begattung.
243
Wenige Ausflüge abgerecbnet , blieb er
fortan in Wien, ohne je ein masikal. Amt
zu bekleiden, ansschlieBslich der Kompo»
sitlon gewidmet; in den ersten Jahren oft
als Klavierspieler auftretend, spater immer
zurückgezogener und einsamer (meist xu
Hödling) lebend, während der letaten 90 Jahre
TOn Sohwerhörigkeit befallen, die bald in
-völlige Taubheit überging ; f ^* Mars 1827.
Denkmäler von ihm in Bonn (1845) u. Wien
(1868). Gross auf allen musikal. Gebieten,
hat a, das Höchste auf dem der Instrumen-
talmusik geleistet, ind^m er, auf dem Grund
Haydns und Mozarts fortbauend, die Formen
derselben wesentlich erweiterte und den
Inhalt aus dem Bereich des blossen Ton*
Spiels allmihlig in das der Ideenwelt hin-
überführte. Seine zahlreichen Werke (188
mit Opuszahl und viele ohne Opuszahl)
sind: 9 Symphonien; das Tongemälde
jSchlacht bei Vittorla* ; das Ballet ,Geschöpfe
des Prometheus*; die Musik zu ,Egmont*;
die Oper ,Fidelio* (erst ,Leonore*) ; das Fest-
spiel ,Die Ruinen von Athen*; die Ouver-
türen zu »Leonore' (8), zu ,Coriolan', ,KÖnig
Stephan* n., Zur Weihe des Hauses*; IKon-
cert für Violine , 5 für Piano ; 1 Triplekon-
cert; 16 Streichquartette u. mehrere Quin-
tette; 1 Sextett; 1 Septett; 8 Klaviertrios;
über 80 Klaviersonaten, 10 Violin-, 5 Cello-
sonaten mit Pianobegleitnng, 1 dergl. für
Hom; zahlreiche Variationen, kleipere
Klavierstücke, Tänze etc.; 8 grosse Messen;
das Oratorium ,Ohristus amOelberg'; Kan-
taten; zahlr. Lieder (darunter die schott.
und andere Lieder mit Triobegleitung) etc.
Sämmtliche Werke zerfallen nach Form u.
Inhalt in 3 Hauptperioden. I. Periode: Die
Zeit der Anlehnung an Haydn und Mozart,
op. 1 bis etwa op. 16 umfassend (darunter
die 8 ersten Trios und die Symphonien in
C und D); II. Periode: Die Zeit der selb-
ständigen Beife und Gediegenheit, etwa bis
op. 80 reichend (darunter die Symphonien
Nr. a— 6, die Musik zu ,£gmont*, die ,Ruinen
von Athen*, ,Fidelio', viele Kammermusik-
stücke); ni. Periode, in welcher der Genius
B.s fesselloser auftritt, die spateren Werke
umfassend (darunter die 9. Symphonie, die
,Missa solennis*, dieFestouverture, mehrere
spätere Klaviersonaten und die letzten
Streichquartette). Erste Gesammtausgabe
der Werke (redig. von Bietz, Hauptmann,
Nottebohm, O. Jahn u. A.) erschien von
1864--67 in 24 Serien, nach Gattungen ge-
ordnet. Biographien von Biet und W^Oer
(1888) , Schindler (8. Aufl. 1860), OulibUiheff
(1867, deutsch von Bischof 1859), Marx (2.
Aufl. 1868), Ifbhl (1864, 2 Bde.), ITuiper (1. Th.,
1866). Vgl. ausserdem Letu, ,B., eine Kunst-
studie', 1860—60, 5 Thle.; Der$., ,B. et ses
trois styles*, 1856, 2 Thle.; EUerhin, ,B.s
Klaviersonaten*, 8. Aufl. 1866; Der»., ,B.8
Symphonien nach ihrem Idealen Inhalt*^ 2.
Aufl. 1858; Alberti, ,B. als dramat, Tondich-
ter', 1899; Bürenberg, ,Die Symphonien B.s*,
1863; Der«., ,B.8 Klaviersonaten*, 1868; Lo-
renz, ,Haydns, Sfozarts u. B.s Kirchenmusik',
1866; Marx, »Anleitung zum Vortrag Beet-
hovenscher Klavierwerke', 1868; JVolte&otm,
,Skizzenbuch B.s<, 1865; Thaper, ,Ghronolog.
Verseichniss der Werke B.s*, 1865 ; Nottebohm,
/Themat. Katalog der Werke B.s*, 2.Aufl. 1868.
,B.s Briefe*, heransgeg. von Nohl (1865 u. 1867).
BetinAf korrumpirt aus Epiphania, in
Florenz eine Puppe aus Lumpen, die am
Vorabend des Dreikönigsfestes durch die
Strassen getrageu wird; überhaupt Popanz.
BefettlningBkuist, s. Kriegabaukunet.
Betrmehtang (Foecundatio), der Vorgang,
bei welchem der von dem Eierstock her-
rührende Keim durch den an den männ-
lichen Orgauen kommenden Zeugungsstoff
(Samenthierchen) zur Weiterentwicklung
angeregt wird, erfolgt bei. den höheren
Thieren Im weiblichen Organismus, bei den
niederen (schon bei Amphibien u. Fischen)
häufig ausserhalb desselben. Ueber B. bei
den Pflanzen s. Pflanx«,
Beg (Bei, d. i. Herr), bei den Türken Titel
heberer Militärpersonen, bes. der Gbuver*
neuro kleinerer Bezirke mit einem Boss-
schweif. BegUrheg (eig. Beilerbegi, d. i. Herr
der Herren), Titel der Statthalter der Pro-
vinzen (B^lerbeilifs) mit drei Rossschweifen.
Bega, linker Nebenfluss der Theiis in
Ungarn , mündet bei Titel ; der BegeJoemai,
zwischen Temesvar und Becskerek» i M.
Bega» CoriMiie, niederländ. Genremaler
und Kupferstecher, geb. 1620 in Harlem,
Sehüler von Adrian von Ostade, f ^* Aug.
1664. Knpferstichwerk von 85 Blättern.
Begag, l)irar2>aU8gez. Maler» geb. 80. Sept.
1794 zu Heinsberg bei Aachen, 1812 Schüler
von Gros in Paris, dann in Italien, seit 1825
in Berlin Mitgl. der Akademie u. Hofmaler
des Königs; t das. 28. Nov. 1854. TheiU
biblisch-historische Gemälde (Hieb, der Jungs
Tobias, Bergpredigt« Aussetzung Moses, Ver-
klärung Christi, Christus den Unterganip
Jerusalems weissagend, Christus am Oel«
berg u. V. a.), theiis genrehafte oder romant.
Darstellungen (Loreley, Heinrich IV. Z«
Canossa, Mohrenwäsche, Mädchen unter
der Eiche, Winzerfamilie etc.); auch trefft.
Porträts. — 2) Otkar, Maler, Sohn des Vor.,
geb. 1828 In Berlin, seit 1866 Prof. zu Berlin,
bes. im Porträt ausgezeichnet. — 8) Beinr
hold, namhafter Bildhauer, Bruder des Vor.,
geb. 1881 in Berlin, 1860—62 Prot an der
Bildhauerschule zu Weimar, seit 1862 wieder
in Berlin. Entschiedener Gtonrebildhauer,
der das Malerische in der Plastik in genialer
Weise zur Erscheinung bringt; von Vielen
angefochten. Hauptwerke: Pan, die ver-
lassene Psyche tröstend, Fauuenfamilie»
Reiterdenkmal Friedrich Wühelms IH.,
Schillerdenkmal (für Berlin, Preisstatue),
badendes Mädchen, Susanna, Merkur u. a. —
4) AäaXbert Franx JBugen, Maler, Bruder des
Vor., geb. 1836 in Berlin, erst Kupferstecher,
war mehrere Jahre in Paris, lebt zu Berlin.
Treffl. Kopien alter Gemälde, stilvolle Ori-
ginalbilder und bes. Porträts.
BegasMy ausgepresstes Zuckerrohr, dient
zum Heizen.
Begattaag) die Vereinigung zweier ge-
trennten Ctoschlechter derselben oder nahe-
stehender Ai-ten zum Zweck der Fortpflan-
zung, 1b der Regel veranlasst durch den
16*
iu
Beglaubigung — Behlen.
periodlscb erwacbenden Geschlechtstrieb
(Branft), besteht in der UeberführoBg des
männlichen Zengungsstoffes anf den weib-
lichen Organismus. Nicht jede B. hat Be-
flmchtang zur Folge, aber bisweilen (bei
manchen Insekten) genügt ein einziger Be-
gattnngsakt zur Befruchtung einer grossen
Zahl lange nachher ausssustossender Eier.
TiegiaMhignakgf Ausweis über die Aechtheit
einer Schifft oder sonstigen Sache, sowie
über einen erhaltenen Auftrag, geschieht
bei Abschriften hinsichtl. ihrer Ueberein'
Stimmung mit dem Original durch gericht-
liches, notarielles oder bloss amtliches
Zeugniss (Vidimation).
Beigleitsehein, im deutschen Zollverein
zollamtliche Ausfertigung für aus dem Aus-
lände'eingehende Waaren, welche nicht an
der Grenze, sondern erst an dem Inland.
Bestimmungsorte versteuert werden sollen,
und zwar gehen unter B. I. solche Waaren,
welche an der Grenze nicht reridiit sind,
im Inlande bei allen Hauptsteuerämtem als
nur durchgehendes Gut auf Lager genom-
men und gegen Erlegung der Plombirungs-
und sonstigen Spesen* wieder ausgeführt
werden dürfen ; unter B. II. aber solche
Waaren, die der Einfuhrende schon an der
Grenze hat revidiren lassen mit der aus-
gesprochenen Absicht, sie im Inlande zu yer-
werthen, und die daher im Falle der Wieder-
ausfuhr mit der vollen Steuer zu lösen sind.
Begnadlyimg, die gänzliche oder theil-
weise geschehende Aufliebung einer gesetz-
lich zuerkannten Strafe durch die höchste
Staatsgewalt, erfolgt als Ausfluss der Sou-
veräuetätwechte erst nach gefUUtem Ur-
theilsspruche , zum Unterschied von der
Abolition (s. d.) und Amnestie (s. d.).
Begna-Elf, Fluss in Norwegen, entspr.
am Filefjeld, durchfliesst den Spirilensee
und TyriQordsee, hiündet bei Drammen in
den OhristianiaQord , 80 M.
Begonia L. (Bchiefblatt), Pflanzengattung
der Begoniaoeen, sehr zahlreiche Arten und
Hybriden als Zierpflanzen aus Mittel- und
Südamerika, Ostindien, Java u. Madagaskar.
Begrabnlsfl. s. TodtenbestaUung.
BegniHen (Beghinen, Beguinae, Beguttae),
Frauen- und Jungfrauenverein zu frommen
Zwecken, welche seit Ende des IS. Jahrh.
in niederländ. Städten sich bildeten, wahr-
scheinlich nach dem Priester Lambertus le
B^gnes, welcher um 1180 in Lüttich einen
solchen Verein stiftete, benannt. Weder
durch Klostergelübde, noch durch die Regel
eines Ordens gebunden, lebten sie in be-
sonderen , zu einem Hofe vereinigten Häu-
sern (Begfninagien) susammen, der Jugend-
erziehung sich widmend. Die Blüthezeit
dieser Vereine das IS. und 13. Jahrh. Sie
fanden auch in Deutschland und Frankreich
Verbreitung, waren manchen Verfolgungen,
bes. von Seiten der Bettelorden ausgesetzt
und erhielten sich in den Niederlanden
bis gegen Ende des 18. Jahrh. Die jetzt
* noch hier und da in Belgien und Deutsch-
land bestehenden Beguinenhäuser sind
fromme Stiftungen mit Wohnungen für un-
Tsrheirathete weibl. Personen aus dem
Biirgerstande. Hännervereine ähulicl»er Art,
die der JBegTiarden (Beguini), treten seit etwa
1815 in Deutachland, den Niederlanden und
Frankreich auf. Hart verfolgt , schlössen
sie sich zuletzt meist an den dritten Orden
der Dominikaner u. Franciskaner an. Vgl.
Moaheim, ,De Beghardis et Beguinabus',
1790; Haütnarm, ,Gesch. des Ursprungs der
belg. BeghinenS 1843.
Behaim, Michael, 1) Dichter des 15. Jahrb.,
geb. 1421 zu Sulzbach bei Weinsberg, Weber,
Meistersänger, that Kriegsdienste; f 1474.
Mannichfach in den Stoffen, an Reichhal-
tigkeit von keinem seiner Zunftgenosseu
übertroffen. Hauptwerke: ,Bnch von den
Wienern* (der Aufruhr der Wiener gegen
Friedrich in. 1462, herausg. von Karajan
1843); ,Leben des Pfalzgrafen Friedrich I.
bei Rhein' (1469, ungedruckt); ,Gedicht von
der Minne und State'; ,Gedicht von der
Liebhabung Gottes'; geistl. Gedichte u. A.
— 2) Martin, Seefahrer und Geograph,
geb. um 1459 zu Nürnberg, Kaufmann,
1480—84 in Portugal , wo er für Johann I.
ein Astrolabium verfertigte und Deklina-
tionstafeln berechnete, 1484—85 Begleiter
dos Diego Garn auf einer Entdeckungsreise
nach WeistafVika, lebte dann auf den Azoren,
von wo er 1490 nach Nürnberg zurückkehrte.
Hier verfertigte er den noch vorhandenen
grossen Globus. 1494 — 1506 abermals auf
den Azoren ,' t er 29. Juli 1507 zu Lissabon.
Seine Geschichte von GhiUany (1853).
Beham (Behaim), Name zweier Maler und
Kupferstecher , zu den sogen, kleinen
Meistern gehörig. 1) Barthel, geb. 1496 lu
Bamberg, Schüler Dürers, später Marcantons
in Rom ; f das. 1540. Bilder von ihm in
München, Nürnberg, Berlin, Wien. 85 an-
muthig u. korrekt gestochene Blätter (bes.
ausgezeichnete Porträts). — 2) Hans Swald,
Neffe des Vor., geb. 1500 zu Nürnberg, eben-
falls Dörers Schüler; f 1550 zu Frankfort a.M.
Von ihm eine zierlich gemalte Tafel mit
Scenen aus der (beschichte des David (in
Paris); Miniaturgemäldo in einem Gebet-
buch (Aschaffenbnrg) ; 268 Blätter in Kupfer.
Beharrvagwermogeii, s. Trägheit.
Behenoth, grosses vierfüssiges Thier im
Buch Hiob (Kap. 40) ; nach Neuem das an-
tedilnvian. Mammuth. Vgl. Bargilao, ,11 Bon-
mot. St^gio di paleontologia blblica*, 1870.
BelteniLiisa. s. Hyperanthera,
Behenol (Beeu&), fettes, nicht trocknen-
des Oel aus den ost- und westindischen,
früher officinellen BeHennüssen von Maringa
aptera und oleifera, kommt nur noch selten
nach Europa.
Behlen^ Stephan, Forstmann, geb. 5. Aug.
1784 zu Fritzlar, 1881^38 Prof. an der
Forstlehntnstalt zu Aschaffenburg; f das.
7. Febr. 1847. Sehr. ,Lehrbuch der Forst-
und Jagdthiergeschichte' (1886); »Lehrbuch
der Jagdwissenscbaft* (8. Aufl. 1839); ,Beal-
und Verballexikon der Forst- und Jagd-
kunde* (1840—45, 7 Bde.); gab mit Laurop
eine ,8ystemat. Sammlung der Forst- und
Jagdgesetze der deutschen Bundesstaaten*
(1827—83, 5 Bde.) heraus, fortgesetzt Inf , Ar-
chiv der Forst- und Jagdgesetzgebung der
Behn — Bein.
245
a«iit8cheii Bundesstaaten' (1834—47, 29 Bde.) ;
begründete X823 and rediglrte bis zu seinem
Tode die ,Allgem. Forst- und Jagdzeitung*.
Behn. Aphra, geb. Johnson, engl. Sciirift-
stelletifl, geb. um 1035, Gattin eines holl&nd.
Kaufmanns zu Liondoj), führte ein aben-
teuerndes Leben, f 1689 zu London. Sehr.
Bomane n. 17 Lustspiele, welche die Zoten-
reisserei auf der engl. Bühne einführten.
Behr, Wllh. Jos., deutscher Publicist,
geb. 26. Aug. 1775 zu Sulzheim, 1799—1821
Prof. des Staatsrechts an der UniTersItät
zu Würsburg, 1819 in der bayer. St&ndever-
sammlung Führer der Opposition, später
Bürgermeister zu Würzburg, 1833 wegen
einer beim bayer. Eonstitutionsfeste zu
Qladbach gehaltenen Bede verhaftet und
nach mehljähr. Untersucbungshaft 1836 zu
Festuugsstrafe verurtheilt, die er in der
Festung Oberhaus bei Passau abbüsste; März
1848 amnesttrt und in die deutsche National-
versammluog gewählt; f 1. Aug. 1851 zu
Bamberg. Sehr. ,System der Staatslehre'^
(1810, 8 Bde.): ,yerfassnng und Verwaltung
des Staats' (1811—12 , 3 Bde.) u. A.
Behrendt, Stadt, s. Berent,
Behring, Seefahrer, s. Bering,
Beichte (althochd. pigiht, Bekeuntniss,
lat. confessio), das Sündenbekenntnlss, wel-
ches der Christ vor dem Geistlichen (^eicAf-
vater) ablegt, um die Absolution (s. d.) zu
empfangen. Als PtivcU- oder geheime £.,
besonders von Papst Leo d. Gr. neu em-
pfoh^n und seit dem 5. Jahrb. als Vor-
bereitung zum Genüsse des heil. Abendmahls
üblich , gestaltete sie sich mehr und mehr
zum sakramentalen Akt und ward von Inno-
cenz m. 1215 auf dem 4. Laterankoncil als
Ohrenbeiehte (conf. auricularis) oder Auf-
zählung aller schwerereu oder Todsünden
in Gedanken, Worten und Thaten zum Kir-
chengeset« erhoben. Die B. muss vor dem
Buständigen Priester Im Beichtstuhl abge-
legt werden, und zwar von jedem Christen
reifen Alters Jährl. einmal, gewöhnl. Ostern.
Mittelst des Beichtbriefs (Litterae dimis-
soriales) ertheilt der • Bischof ausnahms-
weise die Erlaubniss, die B. vor einem frei
gewählten Priester abzulegen. Die OeneraU
beichte, das ganze Leben umfiissend, wird
bes. vor dem Eintritt in ein Kloster abge-
legt. Die griech. - kathol. Kirche hält die
specielle B. für heilsam, aber nicht für
nothwendig. Die evangel. Kirche verwarf
die Ohrenbeiehte, behielt aber die Privat-
"beichte (.heimliche B.') bei, bis später die
allgemeine B, als Vorbereitungsandacht auf
das Abendmahl üblich ward. Die engl. Epis-
kopalkirche hat auch letztere nicht, inso-
fern sie allgemeine B. u. Absolution in dem
,Book of common pray er' mit Jedem Morgen-
und Abendgottesdienst verbindet, während
die scliott. Presbyterianer imd die Quäker
die B. ganz verwerfen. Neuerlich sind in
der luther. Kirche über die Privatbeichte
(Beichtverhör und Privatabsolution), welche
besonders das Neulutherthum als Recht des
geistl. Amtes zurückfordert, wieder lebhafte
Verhandlungen gepflogen worden. Vgl.
Ackermann, ,Die B., bes. die Privatbdehte',
1852; Kliefoth, ,1)ie B. u. Absolution', 1856.
Ueber den Unterschied des kathol. und
evangel. Begriffs der B. vgl. die Sehr, von
KUe (kathol. 1828) u. Stäudlin (protest. 1839).
Belclitgeld (Beichipfennig) , die Gabe,
welche der Beichtende dem Beichtvater zu
spenden pflegte, in der kathol. und reform.
Kirche später abgeschafft, in der luther.
als Stolgebühr zum Theil beibehalten.
Belchtsiegel (Sigillum con«»ssionis), die
pflichtmässige Verschwiegenheit des Geist-
lichen über Alles , was ihm in der Beichte
anvertraut wird, von Innocenz m. im
12. Jahrh. sanktionirt. Auf der Verletzung
des B.s steht in der kathol. Kirche schwere,
selbst Lebensstrafe, in der evangel. Dienst-
entsetzung , Gefänguiss - ' und Geldstrafe.
Während das kanon. Recht das B. selbst
auf das Gteständniss erst zu begehender
Verbrechen ausdehnt, macheu neuere Ge-
setzgebungen in diesem Falle dem Geist-
lichen die Anzeige zur Pflicht. Yg\. Breiger,
,Ueber das Beichtgeheimnlss', 1827.
Bei dem IVinde, am Winde, segelt ein
Schiff, wenn der Wind, von vom aus ge-
rechnet, mit dem Kiele desselben einen
Winkel von 6 Kompassstricheu macht.
Beidrehen, ein Schiff zum Stehen bringen,
indem man die Segel einander entgegen
■teilt, so dass die Wirkung der hinteren
die der vorderen aufliebt.
Beifti88, s. Ariemisia,
Beige (8er gebeige), nach Art der Serge ge-
webter Wollenstoff aus ungefärbter Wolle,
schwarz, braun oder grau, oder gemischt.
Beil, Jos. David, Schauspieler u. Bühnen-
dichter, geb. 1754 zu Chemnitz, anfangs
Jurist, seit 1779 Direktor des mannheimer
Theaters; f 15. Aug. 1794. Bes. bekannt
die Stücke ,Der Spieler* (1785), ,Die Schan-
spielerschule' (1785), ,Curt v. Sportau' (1790).
Beiinger (Conscensio thalami), feierliche,
die Vollziehung der Ehe repräsentirende
Besteigung des gemeiuschaftl. Lagers, sonst
bej der Vermählung fürstl. Personen üblich,
auch oft durch Gesandte abgemacht.
Beiibrtef (Bielbrief), das nach Verneh-
mung der Gewerke von der Obrigkeit aus-
gestellte Zeugniss über den vorsclirifts-
mässig ausgeführten Bau eines Schiffs, gibt
Alter, Grösse, Tragfähigkeit etc. dess. an.
Ohne dasselbe darf kein Schiff zum Waaren-
oder Personentransport gebraucht werden.
Beile, Stadt in Jütland. Stift Ribe, im
8<Mr. ,dan. Paradies', 4920 Ew., Hafen.
Beilegen, ein Schiff durch Gtegenbrassen
der Rasen zum Stfllstehoi bringen ; im Sturm
mit dicht gerefften Segeln, mit dem Ruder
im Lee liegen.
Beilngries, Stadt im bayer. Regbz. Mlttel-
f^anken, an der Altmühl und am Ludwigs-
kanal, 1579 Ew. ; Jagdschloss Jifrschberg.
Bein, im AUgem. s. v. a. Knochen; spee.
die untere Extremität. Theile derselben
sind: Oberschenkel (feraur), Unterschenkel
(crus) und Fuss (pes). Die Befsstigung des
B.S am Becken wird bewirkt durch die
Roll-, Streck-, Beuge- und Anziehemuskeln
des ObersohenkeA , die Gliederung in der
Pfanne durch den Schenkelkopf. Der Ober^
246
Beinarbeiten -* Bekk.
Schenkel enthält einen Knochen (os femorls),
an dessen Vorderseite die Streckmuskeln
für den Untersehenkel liegen, deren Sehne
thellwelse in die Knie»eheü>e (patella) über-
geht, welche das Umklappen des B.s nach
Tom verhindert. An der Innenseite liegen
die Ansiehemuskeln (muscnll adductores),
die grosse Schenkelarterle n. oVene n. Ner-
ven, hinten der Hüftnerv und die Beuge-
mnskeln des Unterschenkels. Die Knochen
des Unterschenkels sind das Schienbein
(tibia), BoUdlck, vom und innen, und das
Wadenbein (fibul^, halb so dick, aussen.
Hier liegen die Mnskeln für Fuss- und Zehen-
beweguug, Nerven und Gefasse. Fuss, s. d.
Belaarbeiten, Knochen- (auch Elfenbein-)
arbeiten, werden meist auf der Drehbank
hergestellt, bes. aus Rindsknochen. Qeiss-
lingen, Nürnberg.
Beiaasche Cj&einm«A2;,gebranntes Knochen-
mehl, findet auf den Testen Verwendung.
Belnbrecli (Beinwell) , Kalktnff vom An-
sehen versteinerter Knodien, ehemals Volks-
hoilmittel bei Knochenbrüchen.
Belnbrecli, Pflanzengattung, s. Karthecium,
Beinbruch, s. Knochenbrüche,
Beinglas, Milchglas, s. Glas.
BeiBsrkienen, TheU der Ritterrüstung,
aus den Schenkeldecken (cuissards) und den
Blechen der Schienbeine (grdves) bestehend,
die an den Knieschildemoder Gelenkbändern
(fi^nouilldres) zusammenstiessen. Schon bei
den Römern gebräuchlich.
Beinschwan (Knochenkohle), verkohlte
Knochen , besteht aus K^lenstoff mit phos-
phorsaurem und etwas Bohlensaurem Kalk
innig gemengt, entfärbt Flüssigkeiten sehr
energisch und wird deshalb bes. in der
Zuckerfabrikation angewandt. Benutztes B.
virdtpiederbelebt durch Behandeln mit schwa-
chen Sauren, Gährenlassen , Auswaschen
und Glühen bi verschlossenen Cy lindem.
Beira, port. Frov., 4S5 QM., 1,377,244 Ew. ;
im NW. gebirgig (Sierra d*£strella); Berge
kahl, aber erzreich; die Thäler ftttchtbar
und gut angebaut. Hauptst. Vizeu.
Beinm, pers. Name zweier grossen Feste
der Mohammedaner. Das grosse B., gleich
nach Beendigung des Ramasanfastens ge-
feiert, dauert gewöhnlich 8, das kleine,
60 Tage später fallende 4 Tage.
Beireis, Gott/r, Christoph, Polyhistor und
gelehrter Sonderling, geb. 2. März 1780 zu
Mühlhausen, seit 1758 Prof. der Physik u.
Medicin zu Helmstedt; f ^'^^' ^^* Bept.
1809. Besitzer werthvoller Sammlungen
von Natur- und Kunstgegenständen, gab
sich ein mysteriöses Ansehen, machte ehem.
Erfindungen. Vgl. über ihn Liehtenstein im
3istor. Taschenb.*, 1847; Heister, 1860.
Beirit (das alte phönic. Berj/tos), Stadt
an der syr. Küste, in gesunder Lage,
Ji00,000 Ew., sehr viele Christen; Jahr-
hunderte lang in Verfall , Jetzt wieder der
vriohtigste Hafen- u. Handelsplatz Syriens;
Station der DampfiichifTe des Österreich.
Lloyd. BaomwoU- und Seidenwebereien.
Ooldarbeiter. Ber. KofTer.
Beialts, das Recht des überlebenden Ehe-
gatten auf mit den Kindern gemeinscbaftl.
Verwaltung und Benutzung des von dem
Verstorbenen hinterlassenen Vermögens.
Beitsbeere, s. Capsicum.
Beit5Be, s. Aliquote Tline. ^
Bettike. Heinr. Ludw., Geschichfichreiber
der deutschen Befireiuugskriege, geb. 15. Febr.
1796 zu Muttrin in Pommern, machte den
Feldzug von 1815 als Freiwilliger mit, ward
1818 Secondlleucenant, 1823^26 bei den
topographischen Vermessungen des General*
Stabs beschäftigt, fungirte 1828—36 als Lehrer
an der Divisionsschule zu Stargard, erhielt
1849 seinen Abschied als Major. Seit 1858
Mitglied des prenss. Abgeordnetenhauses, ge-
hörte er der Fortschrittspartei an und bethei-
ligte sich besonders bei den Verhandlungen
über die Milltärfi-age ; f 10. Mai 1867 zu Ber-
lin. Sehr. ,Gesch. der deutschen Freiheits-
kriege 1818 u. 1814* (S. Aufl. 1868--64, 3 Bde.);
,Ge8ch. des russ. Kriegs im Jahre 1812* (2.
Aufl. 1862); ,Gesch. des Jahres 1815' (1865).
Bellen, verschiedene chemisch-technische
Operationen: in der Fäfberei das Befestigen
gewisser, gewöhnlich mineralischer Sub-
stanzen auf der Faser , um diese zur Auf-
nahme des Farbstoifs geeignet zu machen;
bei Metallarbeiten das oberflächliche Reinigeo
des Metalls mit Säuren ; beim Holz und Hörn
s. v.a. Färben; in dm Lmtdwirthschaftdu
Imprägniren des Saatgutes mit Salzen, uin
es vor Mäusefrass und die Ernte vor dem
Brande zu schützen ; in der Medicin s. v. a.
Aetzen, s. Aetmnittd.
Beizen, mit dem Falken jagen, s. Falken.
Bcja (röm. ihx Julia), uralte Stadt in der
port. Prov. Alemtejo, 5300 Ew.; zahlr. röm.
und maur. Baureste.
Bcjar, 1) Stadt in der span. Prov. Sala-
manca, am Cuerpo de Hombre romantisch
gelegen, 4500 Ew. Ber. Schwefelquellen von
340 R.; — 2) (8. Antonio de B.) alte Stadt
im Innern Texas, am San Antonio, von den
Spaniern gegr. , 8235 Ew. Arsenal.
Beke (spr. Blhk), Charles Tilstone, engl.
Reisender, geb. 10. Okt. 1800 zu London,
1885—87 engl. Konsul in Leipzig, daranf
Theilnehmer an der Expedition des Major
Harris nach Abessinien , wo er namentl. die
südabessin. Ländergebiete durchforschte,
lebte in den letzten Jahren zu London.
Die Resultate seiner Reise in zahlr. kleineren
Schriften zur Geographie und Ethnographie
Abessiniens. Sein Bruder William George B.
bereiste 1839 die Gegenden des todten Meeres.
Bekenner (Confessores) , in der alten
Christi. Kirche Diejenigen, welche ihretf
Glaubens wegen Verfolgungen erduldeten»
ohne den Tod zu erleiden.
B^k^ (spr. - kehsch). ungar. Konii(at, Kr.
Jenseits der Theiss, 62 QM.; fruchtbare, vom
schwarzen und weissen Koros bewässerte,
waldlose Ebene mit ungesunder Luft, Hanpt-
ort Bekesvar, 20,125 Ew.; bed. Bienenzucht.
Bekk, Joh. Bapt., bad. Staatsmann» geb.
89. Okt. 1797 zu Triberg im bad. Schwan-
wald , ward 1832 Rath im ICinisterlom des
Innern, 1887 Vicekanzler des obersten (}e-
«iehtshoib zu Mannheim, 1842 Präsident der
zweiten Kammer, Dec. 184^ Minister des
Innern, nach dam Aasbrach der Hairevo-
I
Bekker — Belgien.
247
lution Juni 1849 enthuiseix und zum Präsi-
denten des Hofgerichts 2u Bruchsal ernannt,
dann Abgeordneter im Volkshause su Erfurt,
März 1850 Präsident der bad. Kammer; f
22. März 1856. Sehr. ,Die Bewegung in
Baden* (1850) u. Hehreres über das landes-
übliche Recht.
BekKer, Immanuel, ber. Philolog und
Kritiker, geb. 1785 in Benin, seit 1815
Slitglied der Akademie das., besorgte treff-
liehe Textrecensionen fast aller bedeuten-
deren griech. und mehrerer röm. Schrift-
steller, gab vom ,Corpus scriptorum bist.
Byzantinae* 24 Bände heraus, publicirte in
den Abhandlungen der berliner Akademie
Tuehreres Romanische (proyeucalisch den
Vierabras, alt£ranz. die Romane von Aspre-
mont und von Flor und Biancaflor «tc);
sehr. »Homerische Blätter' (1863). Sein Sohn,
JBmH Immanvel £., geb. 1827 zu Berlin, seit
1853 Prof. der Rechte in (xreifiswald , sehr.
,Dle processualische Konsumption im klass.
röm. Recht* (1853); ,Theor{e des heut.
Strafirechts* (1857); gab 1857—68 ein , Jahrb.
des gem. deutschen Rechts* heraus.
Beia^ Name von 4 ungar. Königen ans
der arpadischen Dynastie: B. L, 1061—63,
regelte das Mass-, Gewichts- und Münz-
wesen und führte reichstägliche Vertretung
ein. — B. H., der Blinde, 1131—41, stand,
dem Trünke ergeben, ganz unter Leitung
aeiuer blutdürstigen Gemahlin Helena. —
B. in., 1174—96, führte am Hofe byzant.
Sitte und Kultur ein und machte das Land
der byzant. Politik dienstbar. — B. IV.,
1285—70, Sohn Andreas U., bekämpfte den
Adel und schlug 1336 den von diesem her-
beigerufenen Österreich. Herzog Friedrich IL,
Aoh 1341 vor den Mongolen nach Oester-
reich, kehrte im folg. Jahre in sein Land
xurück, focht glücklich gegen Oesterreich
und gegen die Mongolen.
BeUd (arab., Plural von Biled), Bezirk;
JJ.-ei-Dseherid (d. 1. Dattelland), der südl.
Theil der Regentschaft Tunis.
Belagemng, s. Festunffthrieg,
BelagemHgznutand (B«lagerung$»tand,
4tat de ai^ge), Uebertragung aller öffent-
lichen Autorität auf die Militärgewalt, findet
in von einem feindlichen Angriff bedrohten
oder von feindlichen Truppen belagerten
Plätzen Statt, als natürliche Folge des
Kriegszustandes, erst in neuerer Zeit bes.
bei revolutionären Bewegungen In Anwen-
dung geblecht und auf ganze Distrikte aus-
gedehnt; zuerst in einem franz. Gesetz vom
10. Juli 1796 erwähnt und bes. von Napo-
leon I. ausgebildet. Vgl. prenss. Ctosetz
über den B. vom 4. Jan! 1851.
B^IiOuwrkoWy Stadt im kleinmss. G<mv.
Kiew, den Brannlekis gehörig, 8000 Ew.
B^Iinly 8. HBkertin, Kart Lmdm,
Belelioii, Gipfel des Schwarzwaldes, südl.
von Vreiburg, 4965'. Der Belehtupa»» , aus
dem Wiesentbai Ins Münsterthal, 8400'.
Anch Name mehrerer Gipfel der Vogesen ;
0. Satton*
Bdeher (spr. Beltscher), 8tr SAwurd,
engl. Seefahrer, geb. 1799, begleitete 18S&
Beeehey nach der Beringsstrasie, machte
1836 — 42 eine Reise um die Erde , war
1843 — 48 mit Aufnahme der Küsten des
ind. Oceans beschäftigt, leitete 1852—53 eine
Expedition nach den Polarländem zur Auf-
suchung Franklins, die aber völlig miss-
glückte, ward deshalb vor ein Kriegsgericht
gestellt, aber freigesprochen. Sehr. ,Narra-
tive of a voyage round the world* (1843,
2 Bde.); ,Voyage of the Samaraug to the
Eastem Archipelago* (1846, 2 Bde.); ,The
last of the Arctic voyages* (1855, 2 Bde.).
Belecke, Marktfl. im preuss. Regbz. Arns-
berg, an der Mohne, llOoEw., gr. Eisenwerk.
Beiehnnng (Inventur), gerichtlicher Akt,
durch welchen der Lehnsvertrag geschlossen
und das Lehn übertragen wird, heisst Mit'
belehntmg, wenn Mehreren das Anrecht auf
ein noch in Besitz eines Dritten befindliches
Lehn erthellt wird (ge$ammte Hand); Ge-
sammtbelthnung , wenn Mehreren das Mit-
eigenthum nebst Besitz und Niessbrauch
verliehen wird; Eveniudlhelthnung , wenn
ein Lehn für den Fall seiner Eröffnung an
Jemanden verliehen wird; A/terbelehnung,
wenn ein Vasall Thelle seines Lehubesitzes
weiter verleiht.
Belem (spr. -leng, Bethlehem), 1) Vor-
stadt von Lissabon, ehedem selbständiger
Flecken, an der T^omündung; königl.
Schloss und ehemal. Kloster (jetzt Waisen-
haus) mit schöner Kirche und der königl.
Gruft; — 2) (NoMa Senhora de £,) s. Bira.
Belemniten (Donnerkeile), BelemnitesXam.,
Versteinerungen von der Gestalt eines zu-
gespitzten Oy linders, stammt von ausge-
storbenen, sepienartigen Thieren, finden sich
vom Lias bis zur weissen Kreide; gegen 120
Arten, früher abei^läubischen Zwecken die«
nend (Teufelsfinger).
Beleuchtung, s. Leuchtmaleridlien u. Lioki.
Belflwt (spr. -fast), bed. Handelsstadt in
der Irland. Grafsch. Antrim (Ulster), an
der LH^anmündung, 120,777 Ew., 56 Kirchen,
kathol. Universität (seit 1849) ; Leinwand-,
Baumwoll-, Glasfabriken, Zuckersiederelen ;
Hafen mit schönen Bocks (1839—52 erbaut),
in welchem Jährl. ca. 3000 Schiffe einlaufen;
Ausfuhr über 70,000 Pfd. St., Zollein-
nahme über 383,000 Pfd. St.
Beifort (spr. -fohr, Bi/ort), Festung Im
obernElsass, an der Savoureuse, 8400 Bw.;
wichtig als Vertheidignngspunkt der Trouie
de B. (Durchgang zwischen Jura und Voge-
sen) ; seit Okt. 1870 von den Deutschen unter
Treskow belagert.
Beigard 9 Kreisst. des preuis. Regbz.
Köslln, an der Persante, 6130 Ew.
Beigem 9 Stadt in dem preuss. Begbs.
Mersebnig, Kr. Torgau, an derElbe, 3211 Ew.
Belgiea« Königreich, an der Nordsee zwl'
sehen Holland, Preussen u. Frankreich, Ö34,9
<;pf . u. (Auf. 1869) 4,961,644 Ew., das am dich-
testen bevölkerte Land Europas (9274: 1 QM.).
Boden fiist durchaus eben, theils fett nQd
fruchtbar, theils (im O.) sandig und mooflg
(Campine und Peel), nur der S. durch Aus-
läufer der Ardennen hUgelig u. waldbedeckt.
Küste (10 M.) flach und einiörmig. Beiehe
Bewäuertmg durch Maas und Scheide und
deren Nebenflüsse Sambre, Ourthe, Wene,
248
Belgien.
Lys, Dender, Bupel u. a. Grössere Seen
fehlen; dagegen zahlr. Kanäle (Zelzarte-,
Deyenzekanal etc.). Klima im Allgeni. ge-
mässigt; mittlere Jahrestemperatur 10>/40C.
Beichthum an Produkten aller Art: Vieh,
Wild, Fische, Q«treide, Kulturpflanzen, Obst,
Wald; an Mineralien bes. Eisen und Stein-
kohlen. Grosses Kohlenflötz Yon 22,4 QM.,
ganz B. durchziehend und 2Haaptbecken um-
fassend, von denen das eine in Frankreich,
das andere in Preussen sich fortsetzt ; Salz-
quellen bei Arlpn;. Mineralquellen von Spaa.
BcvWJ^rung: 2 Stämme von zieml. gleicher
Anzahl: Flamänder (im belg. Niederland
mit flämischer Sprache) 2>/4 Mill., Wallonen
(im Oberland mit wallonischer Sprache)
2 Mill. ; dazu Deutsche etwa 35,000 , Eng-
länder, Israeliten (2000) etc. Staats- und
Gerichtssprache seit 1794 die flranzösische ;
neuerdings aber rege Bemühung zur Hebung
der fläm. Sprache und Wiedereinsetzung in
ihr altes Recht (gegen 40 fläm. Zeitungen).
Der Konfession nach ist B. ein völlig
kathol. Staat (nur 10,000 Protest.); Erz-
bischof von Mecheln mit 5 Bischöfen (Gent,
Brügge, Lüttich, Namur, Tournay); 1866:
993 Klöster. Uebrigens völlige Glaubens-
freiheit und unbeschränkte Gleichheit für
Amt und Recht. Der Unterricht frei, aber
die Volksbildung mangelhaft. 4 Univer-
sitäten: G«nt, Lüttich, Brüssel, Löwen
(letztere kathol.). Zahlreiche Special- und
Fachschulen u. sonstige Bildungsanstalten ;
hervorragend die Akademien der schönen
Künste zu Antwerpen und Brüssel, Museum
der Malerei und Skulptur zu Brüssel, Musik-
Konservatorien zu Brüssel, Lüttich, Gent.
Die HaupAeachäftigung des Volks: Land-
wirthschaft (in hoher Blüthe , B. eines der
bestkultivirten Länder Europas) , Bergbau
auf Steinkohlen (in den Bassins von Lüttich,
Kamur und Heunegau 193 Minen mit über 800
Dampfmaschinen und 91,678 Arbeitern, Aus-
beute: 10,057,163 Tonnen Kohlen, im Werth
-von 29,337,380 Thlr.), Eisen (7,250,000 Ctr.),
Galmei, Schwefelkies, Blei etc. Lebhafte
Industrie: Leinwandfabrikation, bes. in Flan-
dern , Brabant, Hennegau (Battist, Damast,
Zwillich, Linon, Spitzen und Zwirn), Baum-
wollenfabriken (Gent), Wollfabriken (Tuch,
Kasimir), ZuckerrafOnerien, Runkelrüben-,
Kutschen-, Oel-, Gewehr-JLüttich), DAmpf-
maschinen - (Seraing) , Holzschuhfabriken
(Waesland); gr. Zieg^eleien (Boom, Rupel-
monde), Bierbrauereien (2671). Blühender
Sandelt befördert durch ein dichtes Eisen-
bahnnetz, 476 M. (Einnahme daraus über 40
Mill. Frcs.). Hauptverkehr mit Frankreich,
l^olland, England, Preussen, Nordamerika,
Russland. Einführ (1868) : 864,4 Mill. , Aus-
fuhr 656,6 Mill. Frcs. Handelsflotte 1868:
79 Schiffe (11 Dampfer) mit «31,893 Tonnen.
Telegraphenlänge 550 M. Wichtigste See-
plätze: Antwerpen, Ostende und Nieuwe-
poort; Landhandelsstädte: Brüssel, Gent,
Brügge, Lüttich, Namur, Oourtray.
Verfassung (vom S. März 1831) konstitu-
tionell-monarchisch; die Krone erblich nach
dem Recht der Erstgeburt, nur im Blanns-
stamm. Per König bat die Exekutive allein,
die legislative Gewalt theilt er mit den
Kammern: Senat und Repräsentantenhaus.
Höchster Gerichtshof der Kassationshof in
Brüssel ; 3Appellhöfe (Brüssel, Gent, Lüttich).
Geschwomengerichte seit 1831. Gesetzbuch
der Oode Napoleon. Finanzen 1870:
Einnahmen 176,525,000 Frcs.,
Ausgaben 176,812,836
Staatsschuld 696,530,214
Die AAnee zählt:
Mann Pferde Geschütze
Infanterie 74,000 — —
Kavallerie 7,903 6572 ^
Artillerie 14,513 4050 152
Genie 2,354 — —
Sa. (ohne OfÖz.) 98,770 10,622 152
Dazu Bürgergarde über 100,000 M. in 857
Legionen. Marine unbedeutend. FeHungen:
Antwerpen, Mens, Oharleroi, Philippeville,
Marienburg, Ath, Tournay, Menai, Tpern, *
Gent, Namur. — Münzen und Masse nach
franz. System: Francs (k 100 Gent.), Aune
(Mdtre), Litron (Litre, für Getreide), Baril
(Hektoliter, für Flüssigkeiten). Politische
Kintheilung: 9 Provinzen. (Südbrabant, Ant-
werpen, Ost- und Westflandern, Henne-
gau, Namur, Lüttich, Limburg, Luxem-
burg); Haupt- und üesidenastadt Brüssel;
Sommersitz des Königs Laeken. Landes-
farben: roth, gelb und schwarz, senkrecht
neben einander; fTap^pen: der brabant. Löwe
mit der Ueberschrift : ,L'union fäetlt la force*.
Geschichte, Unter den Römern bildeten
die von celtischen und german. Stämmen
bewohnten südl. Niederlande unter dem
Namen Gallia* belgica einen Theil Galliens«
Unter der fränk. Herrschaft gehörten sie
zu Neustrien (die nördl. zu Austrasien),
und durch den Vertrag von Verdun (843)
kamen jene (Flandern und Artois) zu Frank-
reich, die nördl. mit Brabant zu Deutschland.
Nach Auflösung des karoling. Reichsver-
banda wurden erstere nach und nach in
Herzogthümer und Grafschaften umgewan-
delt. Die reiche Grafschaft Flandern fiel
nach Erlöschen des Mannsstamms ihrer
Grafen 1385 an das Hans Büxigund, welchem
zu Anfang des 15. Jahrh. durch Erbschaft,
Heirath, Vertrag n. Kauf auch alle andereu
niederländ. Provinzen unter seiner Herr-
schaft vereinigte. Kaiser Karl V., der
Enkel Kaiser Mai^imilians L und der Erbiu
Maria von Burgund, durch deren Vermäh-
lung die Niederlande zu Anfang des 16.
Jahrh. an das Haus Habsburg gekommen
und als burgund. Kreis dem deutschen
Reiche hinzugefügt worden waren, wies
bei seiner Abdankung (1555) die Nieder-
lande seinem Sohne Philipp II. zu, u. zwar
in der Weise, dasa sie fortan nach Primo-
geniturrecht mit der span. Monarchie ver-
einigt bleiben sollten. Die reformatorisohen
Bewegungen u. Philipps II. EingriiTe in die
Rechte der Provinzen führten zum Aufstand,
welcher den nördl. Niederlanden die Un*
abhängigkeit brachte, während die südl.»
B. , unter der Herrschaft Spaniens blieben*
Nur 1598-1621 bUdeten sie, Ton Philipp H*
an seine Tochter Is&bella u. deren Gemahl,
den Erzhersog Albert, abgetreten, eisen
Belgien.
249
selbstandigea Staat. Dann fielen sie an Spa-
nien ssurück und wurden , unter Statthaltern
stehend, in den Verfall dieser Monarchie
mit hineingerissen. Im pyrenäischen Frieden
1659 kam die Grafschaft Artois mit anderen
Gebieten an Frankreich, und die Friedens-
schlüsse Ton Aachen (1668) und Nymwegen
(1679) sicherten diesem weitere Brobernngen,
die im Frieden vonRyswick nur zum klei-
nen Theil zurückgegeben wurden. Durch
den Frieden von Utrecht (1713) fiel B. au
Oesterreich, das aber im sogen. Barridre-,
traktat den Generalstaatendas Besatzungs-
recht in den wichtigsten Festungen längs
der franz. Grenze, sowie die Schliessung
der Scheide zugestand. Im Österreich. Erb-
folgekrieg ward fast das ganze Land yon
den Franzosen unter dem Marschall yon
Sachsen erobert, im Frieden von Aachen
(18. Okt. 1748) aber an Oesterreich zurück-
gjegeben. Durch Verbesserung der Verwal-
tung erwarb sich unter Maria Theresia bes.
der Prinz Karl von Lothringen (f 1780) als
Statthalter grosses Verdienst (Gründung
der belg. Akademie der Wissenschaften).
Joseph IL erzwang von den Generalstaaten
die Aufhebung des Barridretraktats , ver-
letzte aber durch seine Neuerungen die
ireUgidsen Sympathien des Volks und die
stand. Gerechtsame, deren AufrechterhtA-
tung die in der Joyeuse entrfo für Brabant,
Limburg und Antwerpen ausdrücklich fest-
gesetzte Bedingung des Gehorsams war.
In Folge davon brach Dec. 1789 in Brüssel
ein Aufstand aus, uud 11. Jan. 1790 konsti-
tuirten sich die belg. Provinzen als ,ver-
eintes B.* zu einem selbständigen Staat, in
den nur Luxemburg nicht eintrat. Die Zer-
würfhisse zwischen der aristokrat. und
demokrat. Partei der Insurgenten erleich-
terten den Oesterreichem (Nov. 1790) die
Wiedereroberung des Landes und die Her-
stellung der früheren staatsrechtl. Zustände.
Nach der Schlacht von Jemappes (7. Nov.
1798) ward B. von den Franzosen besetzt,
die aber nach Dumouriez Niederlage bei
Neerwinden (18. März 1793) dasselbe wieder
räumen mussten. Erst der Sieg der Fran-
zosen bei Flenrns (86. Juni 1794) machte
der Herrschaft der Oesterreicher für immer
ein Ende. B. ward darauf Frankreich ein-
verleibt, in 9 Departements eingetheilt und
die Verwaltung ganz auf firanz. Weise orga-
nisirt. Der erste pariser Friede (SO. März
1814) unterstellte B. und Holland der Herr-
schaft des Prinzen Wilhelm Friedrich von
Oranien-Nassau, der 83. März 1815 den Titel
^ines Königs der Niederlande annahm,
woi%kuf der londoner Vertrag vom 19. Mai
1815 und die Beschlüsse des wiener Kon-
gresses vom 31. Mai und 9. Juni 1815, sowie
der zweite pariser Friede die Verhältnisse
des neuen Königreichs regelten.
, Der nationale und religiöse Gegensatz zwi-
schen den reform. Holländern und kathol.
iBelgiem machte sich bald bemerkbar. Der
von einer gemischten Kommission ausgear-
beitete Entwurf einer Konstitution ward von
den holländ. Notabein einstimmig angenöm-
sneD, von den belg. dagegen mit 19$ gegen 627
Stijumen verworfen, aber gleichwohl, naeh-
dem man eine Majorität dafür flngirt hatte^
proklamirt. Unzufriedenheit auf Seiten der
Belgier erregten namentl. die dem König aus-
schUessl. zugewiesene Leitung der Kolonien,
die Vertheilung des Budgets, die Beiziehung
B.s zu der gesammten holländ. Schuldenlast,
die Anerkeunung voller Kultusfireiheit, die
Fnverantwortlichkelt der Minister und die
gleiche Vertheilung der Repräsentation
zwischen den nördl. und südl. Provinzen,
während bei der ungleich stärkeren Bevöl-
kerung dieser von 110 Deputlrten 68 allein
auf B. hätten kommen müssen. Die Be-
schränkung der verfassungsmässigen Press-
freiheit durch ausserordentl. Verfügungen
steigerte die Unzufriedenheit aufs Höchste,
und die franz. Julirevolution 1830 brachte
dieselbe endlich zum Ausbruch. Volksauf-
läufe zu Brüssel am 89. Aug. gaben das
Signal zu einer allgemeinen, über ganz B.
sich verbreitenden Revolution. Noch aber
dachte man nicht an die Gründung eines
selbständigen Staats; man forderte nur
Abstellung der Beschwerden UAd admi-
nistrative Trennung der nördl. und südl.
Landestheile. Erst als auf Betrieb der
holländ. Deputlrten die Unterhandlungen
scheiterten und ein Armeeoorps aus Bra-
bant gegen Brüssel anruckte, vollendete
sich der Riss. Am 80. Sept. wurde in Brüssel
eine proviaor, Regierung gebildet, welche,
nachdem der Prinz Friedrich nach 4tägigem
Kampfe zur Räumung der Hauptstadt ge-
zwungen worden, am 4. Okt. die Upabhän-
glgkeit B.s erklärte und die Berufung eines
Nationalkongresses ankündigte. Derselbe,
10. Nov. eröffnet, nahm, unter Ausschliessung
des Hauses Oranien vom Throne, für B. die
konstitutionell-monarch.Verfassung mit dem
Zweikammersystem an. Nachdem die Wahl
des Herzogs von Nemours zum belg. König
von Seiten der londoner Konferenz der Gross-
mächte verworfen worden, ward (83. Febr.
1831) der Präsident des Kongresses, Baron
Surlet de Chokier, zum provisor. Regenten
ernannt, 4. Juni aber auf Empfehlung Eng-
lands der "Prinz Leopold von Sach$en'Koburg
zum König gewählt, der 9. Juli die Wahl
annahm. Holländ. Truppen, welche Anfang
Aug. unter dem Prinzen von Oranien in B.
einrückten, zogen sich vor einer franz. Hülfs-
armeo und auf die Einsprache der Gtesandten
Englands und Frankreichs wieder zurück.
Da die von der londoner Konferenz verein-
barten 84 Artikel, welche Luxemburg und
Limburg zwischen B. und Holland theilten,
von Seiten Hollands verworfen wurden, blo-
kirte eine engl. -franz. Flotte die Scheide
und rückte (15. Nov. 1838) abermals ein
franz. Heer ein, welches nach 84tägiger Be-
lagerung die Gitadelle von Antwerpen zur
Kapitulation zwang. Der Prälimiuarvertrag
vom 81. Mai 1833 zwischen England, Frank-
reich und Holland machte den Zwangsmass-
regeln ein Ende. Aber erst 14. März 183&
erfolgte die definitive Annahme der 84 Ar-
tikel von Seiten Hollands. Seitdem vollzog
sich in B. der Ausbau der Verfassung auf
der Basis religiöser Freiheit und municipaler
2S0
Belgiojoso — Bellarmin.
Seltwtindigkttit. Die materiellen Intsreuwn
des Luidfle wurden gefordert dnrch Eiaen-
iMluibMi nnd Helmng des Fabrik wesens.
Trots des Kampfes swisehen der liberalen
und klerikalen Partei tun ^le Parlamentär.
Herrschaft nnd nm die Trage des öffentl.
Unterrichts wnrde der innere Friede selbst
dnrch die Stfirm« des Jahres 1848 nicht gej
stört. Den öfter sidi regenden Annexions-
gelnsten Frankreichs wehrte die belg. Be*
giemng dnrch Yemiehmng der militar.
Streitkräfte des Landes nnd dnrch Umge-
staltung Antwerpens an einem grossen
WalTenplatxe. Leopold I. f 10. Dec 1865
nnd hatte seinen Sohn Leopold H. nun
Nachfolger, der die klnge Politik des Vaters
den inneren Parteikämpfen gegenüber fest-
hielt. Vgl. Bckeler, »Annnaire statistiqne et
historiqne beige*, 1864—64; JuUe, .Hlstoire
de Belg^qneS 4. AniL 1868, 2 Bde. ; Moke, ,Hl8t.
de la Beigiqne*, 5. Anfl. 1868; Thcninen, ,La
Belgiqne sons le rdgne de Leopold I*, 2. Aufl.
1862; OpptU, ,Hl8t. g6n4rale et chronologlqae
de UBelglqne de 1830 k 1860', 1861 ; Deehamp$,
,Les partis en Belgiqne et le nonreau rdgne*,
1806.
BelglcJOfO (spr. -dschojöso), CrUtina,
Fürtiin von,. ital. Schriftstellerin und Pa-
triotin, geb. 28. Juni 1808 als Tochter des
Harchese Geronimo Isidoro ron Trivulzio,
seit 1824 rermählt mit dem Fürsten Emilio
Ton Barbiano nnd B., seit 1858 Wittwe; be-
theiligte sich 1830 eifrig an den Bewegungen
in der Bomagna, errichtete Mirz 1848 auf
eigne Kosten ein Freicorps, begab sich nach
der Einnahme Boms durch die Franzosen
nach Athen nnd ron da nach Konstantino-
pel, gelangte dnrch die Amnestie vom Mai
1856 wieder in den Besitz ihrer eingezogenen
Güter, wirkte seit 1858 für Cavours Plan.
Sehr. ,Emina. Rfeits tnrco-asiatiqnes* (1856,
2 Bde.); ,R6flexions snr TMat actuel de
lltalie etc.* (1869).
Belgrad (Weistenburg , lat. Singidunum),
Hanptst. Ton Serbien, am Einflnss der San
in die Donau, 18,860 Ew.; Festung mittnrk.
Besatzung (4000 M^, ehedem sehr wichtig
(Schlüssel der Türkei); Hittelpunkt des
Handels zwischen Ungarn nnd der Türkei.
Hier 21. Juli 1456 Sitg der Ungarn unter Hu-
uyad über Mohammed 11. Ewiger Friede 29.
Dec. 17^ zwisclien Russland n. der Türkei.
Bellal (hebr.), Verderben; Satan.
Bellscr, Feldherr unter dem oström.
Kaiser Justinian, ansDacien oder ans Thra-
den gebürtig, fi>cht (529) siegreich gegen
die Perser unter Kosru , unterdrückte (&S2)
einen Aufstand ß^ikaanfruhr) in Konstan-
tinopel , machte (^) dem Reich der Vanda-
len in Afrika ein jBnde, eroberte Unteritalien
(535), Rom (536) nnd Ravenna (540), ward
abberufen und wieder gegen die Perser,
dann (544) Ton Neuem nach Italien gegen
die Ostgothen gesandt, 549 durch Narses
ersetzt , sehlug 599 die Bulgaren Tor Kon-
■tantlnopel, ward, derThellnahme an einer
Verschwörung beschuldigt, eingekerkert n.
wieder Dreigelassen; t 1^. Mira 565. Dass
er, der Augen beraubt, in Konstantinepel
•ein Brod steh habe erbetteln müssen, ist
wahrscheinl. eine Sage. Seine Geschidite
schrieb sein Zeitgenosse Prooopins. Vgl. Jfa-
h4m , ,Life of B.*, 1829. Zum Helden eines
Trauerspiels machte ihn £. t. Schenk.
BeU«, s. Baiite.
Belkna» (spr. Bellnäp), WtUiam Jf., nord-
amerik. Staatsmann, geb. 1831 in Hudson
im Staat Newjork , focht als Major in der
Schlacht bei Shiloh als Oberst, nahm am
Sturm aufVicksbnrgTheil, machte 1863 als
Brigadegeneral den Westfeldzng Shermans
mit und bestand seine letzte Walfenprobe
bei BentouTille. Seit 1866 Stenerkontroleur
Ton Iowa, ward er Okt. 1869 Tom Präsiden-
ten Grant zum Kriegsminister ernannt.
Bell, 1) Andrew, anglikan. Geistlicher
im brit. Nordamerika , später in Madras in
Ostindien, geb. 1753 zu St. -Andrews in
Schottland , bildete als Lehrer in dem dor-
tigen ,Asyl der Militärwaisenknaben* die
Methode des gegenseitlgeu Unterrichts (s.
BM-laneaeter»eke$ ÜfUerrichiseyttem) fr eiter
aus und wurde 1807 mit der Einführung
derselben in den hocbkirchllcben Armen-
schnlen beauftragt; f 27. Jan. 1832 znChel-
tenham. Sehr. ,An experiment in edueation
made in the asylum of Madras* (1797). —
2) Bobert, engl. Schriftsteller, geb. 10.
Jan. 1800 zu Cork in Irland , lebt als Re-
dakteur der ,Home News* in London.
Sehr. ,History ofRussia* (18S&-S8, 3 Bde.);
,Live8 of the English poets* (1838, 2 Bde.);
,Lives of the English dramatisk* (1837,
2 Bde.); ,Life of George Gannlng* (1846);
die Schauspiele ,Marriage* (1842), ,Mothers
and daughters* (1843) und »Temper* (1849);
den Roman ,The ladder of gold' (1850, 3 Bde.)
u. A.; gab die «Annotated edition of tbe
british poets* (neue Aufl. 1866, 29 Bde.) heraus.
Bellte, Stadt im franz. Depart.Obervienne,
3674 Ew. Merkw. Dmidendenkmal.
Belladouia, Pflanzengattung, s. Atropa,
Bellaggio (spr. -ladseho), Flecken in
der ital. Pror, Como, in reizender Lage am
Comersee, wo derselbe sich spaltet, 2712 Bw.
Bellimy, Jakcb, holl. Dichter, geb. 12. Nor.
1757 zu Vliessingen, f H- März 1786. Haupt-
werke : ,Vaterlandsche gezangen* (1782) nnd
die Dichtung ,Roosje* (1785, deutsch Ton
Janeeen 1834). ,Gedichten* (3. Aufl. 1842).
Bellang^ (spr. -schee), Bippolyte, fnms.
Schlachtenmaler, geb. 17. Jan. 1800 zu Pa-
ris, Schüler Ton Gros, seit 1861 Ofteier der
Ehrenlegion; f 10. April 1866 zu Pari«.
Hauptwerke: Schlacht bei Wagram, Napo-
leons Rückkehr Ton Elba, Kürassiere ron
Waterloo, Schlacht bei Magenta; auch S^^f^
artige Darstellungen ans dem Soldatenlepe^«
BelUri, Stadt in der angloind. Frifid*
Madras, 30.430 Ew., wichtige militär. Station.
BellAnala. Bobert, gelehrter Jesuit , g^«*
4. Okt, 1542 zu Monte- Puleiano im n^'J*
tinischen, trat 1500 in den Jesuitenorden,
ward ISee Kardinal, 1605 Protektor de«
Gölestinerordens; t 17. Sept. 1621 zu V^
In der Sehr. ,De potestate pontlficis in tem-
poraUbus* TerHieidlgte er die Oberhenrncn"
keit des Papstes über alle Könige. Banpv-
werk ,Di8puUtione8 de oontroTorsiis onei
adTersni higus temporls haereticos* (»<>'"
Belle -AUiance — Bellöna.
251
1581; heransg* von Batuen 1842; deutsch
TOD Oumpoach 1842). Als Gegenschrift gab
4Sferhard heraus: ,B., orthodoxias testis*
<1631— 38. S Bde.). Werke äCölD 1619, 7 Bde.).
Belie-Allianee (spr. Bell-AUiangs), Meier-
hof in der belg. Pror. Südbrabaut, wonach
■die Schlacht beiWaterloo (s. d.) benannt wird.
Bellean (spr. Beiloh), JSemjf, franz. Dichter,
einer der sogen, klass. Plejade, geb. 1528
-zu Nogent-le- Botron, t ^* März 1577 sn
Paris. Sehr, gezierte Sonette, Lieder, Oden
etc. Werke (Paris 1578, 2 Bde.).
BellAgarde (spr. Bellgard), Felsenfestnng
im franz. Dep. Oberpyrenäen, an der von
Perpignan nach Katalonien l&hrenden Py-
renaenstrasse , deckt den Uebergang über
<leü Col de Pertnis.
Bellegude (spr. Bellgard), Friedr. Heinr.,
Oraf von, Österreich. Qeneralfeldmarschall
und Minister, geb. 18. Dec. 1760 zu Cham-
bery, focht Im Tftrkenkriege von 1788 und
nahm, seit 1796 Feldmarschalllieutenant, an
den Kriegen bis 1815 hervorragenden An-
theil, war mehrmals Präsident des Hof-
kriegsraths, bis 1825 zugleich Staats- und
Konferenzminister; f ^- J°ii ^^^ 2U Wien.
Belle -Iflie (spr. Bel-ihl), befest. Insel im
atlant. Meer, an der Südkfiste der Bretagne,
zum trtinz. Dep. Morbihan gehörig, 9800 Ew.
Bellelsle (spr. Bel-ihl), Charles Louis
Auguste Foulet , Qraf von , Marschall von
Frankreich und Diplomat, geb. 22. Sept.
.1684 zu Yillefrancho, mit Broglie Befehls-
haber der flranz. Armee im Österreich. Erb-
folgekrieg, 1746 General en ohef der Italien.
Armee, um Organisation des Aranz. Heer-
-wesens verdient; f 26. Jan. 1761.
Bellelsle- Strasse (spr. Bel-ihl-), Strasse
zwischen Nenfoundland und Labrador.
Bellenz, Stadt, s. Beüintona.
Bellermami, 1) Ohristian Friedrich, geb.
8. Juli 1793 zu Erfurt, 1818—25 Pfarrer der
deutsch -evangel. Gemeinde zu Lissabon,
1827—85 Gesandtschaftsprediger zu Neapel,
dann Pfarrer zu St. -Paul In Berlin; f 24.
März 1863 in Bonn. Verf. theok>g. Schriften;
sehr, ausserdem: ,I>ie Katakomben zu Nea-
pel* (1839); ,I>ie alten Liederbücher der
Portugiesen* (1840); .Portngies. Volkslieder
und Romanzen* (1864). — 2) Joh, Friedrieh,
Bruder des Vor., geb. 8. März 1795 zu Er-
furt, seit 1847 Direktor des Gymnasiums zum
grauen Kloster in Berlin. Verdient um die
Kenntniss der alt -griech. Musik; sehr. ,Die
Hymnen des Dlonysins und Meomedes* (1840) ;
,Die Tonleitern und Musiknoteu der Grie-
chen* (1847) u. A. -'S) Heinrieh, Sohn. des
Vor., geb. 10. März 1832 zu Berlin, seit 1866
Prof. der Musik an der das. Unlrersität.
Sehr. ,Die Mensuralnoten und Taktzeichen
des 15. u. 16. Jahrb.* (1858); ,Ber Contra-
punkt* (1862) u. A.
Belleröplioay eig. Hipponous, Sohn des
korinth. Königs Glauons und derEurymede,
tödtete seinen Bruder Bellems aus Ver-
sehen, floh nach Argos, erlegte hier mit
Hülfe des geflügelten Bosses Fegasus das
Ungeheuer Chlmära, wollte sich auf dem
Pegasus zum Olymp emporschwingen, ward
aber abgeworfen lud erblindete.
Beiles lettre8(Ar., spr. Bell lettr), die
sogen, schönen Wissenschaften; Belletrist ,i
Einer, der sich mit diesen beschäftigt und
sie ausübt (Belletristik).
Belliard (spr. Belliahr), Augustin Daniel,
Graf, franz. General, geb. .25. März 1769
zu Fontenay , machte die Expedition nach
Aegypten mit, focht bei Austerlitz, Jena n.
Friedland, seit 1808 in Spanien, 1812 in
Russland, 1813 bei Dresden und Leipzig als
Generaladjutant der Armee, ward 1814 Ober-
befehlshaber der Kavallerie, nach der zwei-
ten Restauration Nov. 1815 als angeblicher
Theilnehmer an einem Komplet zu Neys
Befreiung verhaftet, 1819 Palr, wirkte nach
der Julirevolution 1830 in Wien für Ludwig
Philipps Anerkennung ; t ^. Jan. 1832.
BeUinlyvenet. Malerfamilie, deren Stamm-
vater OiacomoO. (t 1470), Schüler des Gentile
da Fabriano, ist. Am bedeutendsten dessen
jüngster Sohn, Giovanni B. (Oianbeüin,
SanbeÜin genannt), geb. 1428, f 1516, der
Gründer der altern venet. Schule. Seine
Ctomälde durch den Ausdruck milden Ernstes
oder kindlicher Heiterkeit anziehend. Haupt-
werke in Venedig, Dresden, Berlin etc. Sein
älterer Brhder Gentile B., geb. 1421, f 1507,
hat etwas mehr alterthümliche Richtung;
Werke in Venedig und Mailand.
Belllnl) Vineenzo, ital. Opernkomponist,
geb. 3. Nov. 1802 zu Catanea in Sicilien,
Schüler des Konservatoriums zu Neapel, seit
1833 in Paris; t das. 24. Sept. 1835.' Frucht-
barer Nachahmer Rossinis: Hauptwerke:
,Norma*, ,Die Nachtwandlerin* u. ,bie Puri-
taner* (letztes Werk). Vgl. Fbugin, ,B.*, 1868.
BelllnsQna (BeUenn), Stadt im Kanton
Tessin, am Tessin (714' 1. Brücke), 3 Kastelle,
2330 Ew. Speditionshandel über den St.
Gotthard ynd St. Bernhard.
Belüg X. (Masdiebe, dfünsMume), Pflan-
zengattnng der Kompositen. B. perennis L.
in ganz Europa, kultivitt als Tausend-
schönchen (B. hortensis MiU.).
Bell - laneastersehefl IJnterrielitssystem
(Methode des gegenseitigen ünterriehts), Lehr-
system, bei welchem die vorgerückteren
Schüler unter Aufticht eines Lehrers die
schwächeren untenichten , war schon 1623
in Ostindien , seit 1747 in der Schule des
Hospitals der Barmherzigkeit in Paris in
Anwendung, wurde aber erst durch Andreas
Bell (s. d. 1) u. Jos. Lancaster ausgebildet,
seit 1811 bes. in England und Nordamerika
verbreitet. Vgl. Bamiseh, , Ausfuhr liehe
Darstellung und Beurtheilung des Bell-
Lancasterschen Schulwesens etc.*, 1819.
Bellzuui, Karl Michael, schwed. Volks-
dichter, geb. 24. Febr. 1741 zu Stockholm,
seit 1775 Hofsekretär; f ^0. Febr. 1795.' Im
Leben dissölut; als Dichter am bedeu-
tendsten In bacchanalischen, idyllischen u.
humoristischen Liedern, die er mit eigenen
Melodien versah; sehr, ausserdem kleine
dramat. Spiele (Der glückliche SchiATbrnoh,
Das Wirthshaus etc.), ,Sions Högtid* (Be-
trachtmigen in Versen über Texte der Evan*
gellen) u. A. Vgl. WinUrfdd, ,Der sohwe*
dische Anakreon*. 1866.
Belliu (Du9Uona)i Kriegsgöttia der
252
Bellona — Bern.
Bömer, bei den Dichtern bald Gemahlin,
bald Schwester des Mars. In ihrem Tempel
auf dem Marsfelde £u Rom gab der Senat
den Konsuln, welche auf den Triumph
Anspruch machten, Audienz. Ihre Priester,
die BeÜonarii, ritzten sich beim Opfern
Schenkel, Nacken, u. Arme u. besprengten
den Altar mit ihrem Blute, bes. 24. März.
Bellönty Asteroid, s. Haneten.
Bellotstrftsse, im arkt. Amerika, zwischen
Boothia und Nordsomerset; benannt nach
dem franz. Schiffslieutenant Bellot (f 1852
im Eismeer).
BellOjr (spr. -loa), Pierre Laurent Bui-
rette <{m, franz. Bühnendichter aus der Zeit
des ,klas8ischen* Handwerksgebrauchs, geb.
17. Nov. 1727 zu St. Flour (Auvergne), f
5. März 1775 zu Paris. Beste Stücke: jLe
si^ge de Galais' und ,Gascon de Bayard'.
jOeuvres* (1779-87, 6 Bde.).
Bellrocky einsame Klippe in der Ostküste
von Schottland, unfern des Firth of Tay,
mit ber.Leuchtthurm (1811 erb., 20Flammen).
Bellnno, ital. Prov. (Venetien), 59 QM.,
167,229 Ew. Die Hauptst, B., zwischen den
Flüssen Piave und Ardo, 14,176 Ew. Herzog
von JB. , Titel des franz. Marschalls Victor.
Bellye, Dorf im uugar. Komitat Baranya,
an der Donau ; Hauptort der dem Erzherzog
Albrecht- gehörigen Herrschaft B. (15 QM.
mit 35 Ortschaften).
Belmont. Dorf in Kentucky (Nordamerika) ;
1. Nov.' 1861 Bieg der Konföderirten unter
Plllow über die Unionisten unter Grant.
Belmontet (spr. -mongteh), Louis, franz.
Dichter und Publicist, geb. 25. März 1799
zu Montauban; begründete 1830 die bona-
partist. Zeitschrift ,Tribun de peuple* und
'gab 1839 die Memoiren der Königin Hortense
heraus; 1852 u. 1863 in den gesetzgebenden
Körper gewählt. Hauptwerke: ,Iies Tristes*
(Elegien, 1824), ,Ije souper d* Auguste' (Ge-
dicht, 1828) und ,Une fete de N6ron' (Tra-
gödie, 1829); sehr, noch zahlr. Oden zur
Vevherrlichung des Kaiserreichs (,Napol6o-
niennes') und ,Po^sie des larmes' (1865).
Belol (Bjely), Stadt im russ. Gonv. Smo-
lensk, an der Obscha, 6746 Ew.
Belolgorod (russ., weisse Stadt), s. Moskau.
Belper, Stadt in der engl. Grafisch. Derby,
am Derwent, 9509 Ew., Baumwollindustrie.
BelsSzftr (eig. Belschätzar) , Sohn des
Nebukadnezar, letzter König von Babylon
aus dem Stamme der Chaldäer, ward im
17. Jahre seiner Regierung von den Persern
und Medern unter Gyrus in seiner Haupt-
stadt belagert und bei -der Eroberung der-
selben (538 V. Ghr.) getödtet. In den grieoh.
Berichten üabonnedos oder Labynetoa.
B^lty zwei Meerengen zwischen Ost- und
Nordsee. Der grosse £., zwischen Seeland
und Fünen, 8 M. 1., 2V4— 4 M. br., 8—16
Faden tief; für die Schifffahrt gefährlich
wogen Untiefen und starker Strömungen,
aber doch J>efahren ; der kleine B., zwischen
Fünen und Jüiland , Vio— 2 M. br. , 5^14
Faden tief; weniger beführen.
. BelndselilgUii, Land in Asien, der Süd-
oBttheil des iran. Plateaus, zwischen Aigha?
aistaa und dem arab. Meer, ()as alte Qe-
drosien, 7800 QM., 2 Mill. Ew. Der grösst»
, Theil steiniges, trocknes, unfruchtbares
Hochland, im O. begrenzt durch das Brahui-
gebirge, im S. terrassenweise zum flachen
sandigen Küstenstriche abfoUend ; fruchtbar
nur die Landschaften Katscha -Gandawa u.
Kelat im NO. Gewässer unbedeutende
Küsten- oder Steppenflüsse. Klima in dem
wüsten Strich heiss, in den Tliälern feucht
und warm, in Gebirgsgegenden streng, aber
gesund. Bewohner im N. u. W. die eigent-
lichen ^eZut^scft«» (ein Gemisch von Persem,
Hindu, Semiten), im O. die Brahuis (Rest
der Urbewohner, mit eigehthümlicher
Sprache), im SO. die Lamri, sämmtlich
sunnit. Mohammedaner und Hirtenvölker,
die ersteren räuberisch , die beiden letzteren
friedliebend; ausserdem Hindu, Tadschiks
(Dehwar), Armenier, Juden (in den Städten).
Hauptstadt Kelat, Residenz des Oberkhans,
dem die übrigen Stammeshäuptlinge (Sir-
dare) e^ne Art Heeresfolge leisten. Vgl.
ThortttoH, , Agazetteer of the counties adjaceut
to India on the North west* (1844 , 2 Bde.).
Belnm, Dorf im preuss. Itegbz. Stade,
nahe der Ostemündung, 870 Ew. , Pferde-
markt; Batterie zur Küstenvertheidigung.
Belur-tftgh (Bolor-tagh), der Westrand
des ostasiat. Hochlandes, ein breites, von
N. nach S. streichendes, noch wenig er-
forschtes Hochgebirge, mit dem Pamirpass
(18,000') und mehreren Verzweigungen und
Alpenstufen gegen W.; verknüpft den
Himalaya mit dem Thianschan u. scheidet
die Stromgebiete des Amu u. des Jarkand.
Belvedere (ital., franz. Bellevue, d. i.
schöne Aussicht), Name mehrerer Lust-
schlösser, z. B. zu Weimar, Wien etc. Be-
rühmt bes. der mit dem Vatikan verbun-
dene Bxlast B. in Rom mit dem Museo
Pio Glementino (Sammlung von Antiken,
darunter der ApoU von B.).
Belvedere, Ort in Griechenland (Achaja),
an der Stelle des alten Elis.
Beiz, Stadt im östl. Ga^zien, an der
Zolokia, 2630 Ew.; Hauptort eines ehemals
russ., dann (s. 1462) poln. Herzogthums.
Beizen, s. Veredeln. [dam, 2627 Ew.
Belzlg. Kreisst. im preuss. Begbz. Pots-
Belzöni, Giovanni Battiata, ital. Reisender,
geb. 5. Nov. 1778 zu Padua, begab sich
1815 nach Aegypten, widmete sich daselbst
der Erforschung der ägypt. Alterthümer,
eröffnete 1817 das Grab des Psammetich u.
die Pyramide des Ghephren, fand an der
Küste des rothen Meeres die Smaragd-
gruben von Zubara und die Trümmer des
alten Berenice, besuchte die Oase Siwah,
unternahm 1822 eine Reise nach Timbuktu
in Afrika; f 3. Dec. 1823 zu Gato. Sehr.
,Narrative of the Operations and recent
discoveries etc. in Egypt and Nubia* (1821).
Bern, Joseph, poln. General, geb. 1795 zn
Tarnow in Gallzien, seit 1819 Hauptmann
in der reorganislrten poln. Armee, 1825
verabschiedet, während der poln. Revolution
von 1831 General, dann in Paris. Okt. 1848
in Wien Organisator der Vertheidignngs-
mittel , entkam er nach der Kapitulation,
sammelte in Ungarn im Auftrag der &e>
Bemmel — Benedek.
253
Siemng ein Crorps, brach Ende 1848 in
Siebenbürgen ein, schlug 19. Dec. die
Oesterrelcher bei Dees, ward 4. Febr. von
iPnchner bei Vizakna geschlagen, eroberte
11. März Hermannstadt , dann Kronstadt,
suchte aber die Vereinigung der Bussen
und Oesterreicher vergebl. zu hindern. Bei
Schässburg IS. Juli 1849 geschlagen, -ging
er nach Ungarn zurück, betheiligte sich an
der Schlacht bei Temesvar (9. Aug.) and
rettete sich dann auf türk. Gebiet. Zum
Islam übergetreten, erhielt er unter dem
Namen Amurat- Pascha eine Stellung in der
türk. Armee. Im Nov. 1850 unterdrückte
er in Aleppo an -der Spitze 4er türk. Trup-
pen den Aufstand der arab. Bevölkerung
gegen die Christen ; f 10. Dec. 1850. Sehr.
,Expo86 g6n6ral de la m6thode mn6raonique
Polonaise etc.* (1889). Vgl. Czecx, ,B.8 Fcfid-
ziig in Siebenbürgen*, 1850.
Bemmel, zahlreiche Malerfamilie; Stamm-
vater: Wilhelm van B., geb. 10. Juni 1630
in Utrecht, seit 1662 in Nürnberg, f ^^ Wöhrd
10. Nov. 1708; als Landschaftsmaler ausge-
zeichnet. Seine beiden Söhne: Joh. Oeorg,
geb. 1669 zu Nürnberg, t 1723, und Peter,
geb. 1685 zu Nürnberg, f 1754 zu Regens-
bni^^ ebenfalls Land Schafts-, ersterer auch
tre^. Thiermaler. Unter deren Nachkom-
men ist bes. Karl Sebastian van B., Enkel
Feters, geb. 1743 zu Bamberg, f 17^ ^^
Nürnberg, als Aquarellmaler (Seestücke,
Feuersbrüüste etc.) hervorzuheben.
Ben Oio^>^* ^D^ arab.), Sohn, dient mit
dem Namen dos Vaters als Beiname von
l*ersonen, z. B. AH Ben -Hassan, d. i. Ali,
Hassans Sohn , bei Juden häufig auch vor
den Familiennamen gesetzt, z. B. Ben-
Jaisch, d. i. Baruch, Ben-Melech, d. i. Sa-
lomo. Aus der Zusammensetzung des B.
und des väterl. Namens sind in neuerer
Zeit neue Familiennamen gebildet worden,
analog den Zusammensetzungen mit dem
ddutschen ,sohn* und dem dänischen ,sen',
z. B. Benary, Beudavid, Benfey etc.
Benires, Stadt in der angloind. Präsid.
Agra, am Ganges, 200,000 Ew. (50,000 Mo-
hammed.); 1000 Hindutempel und 333 Mo-
scheen (darunter die prächtige des Aureng-
Zeyb); uralter fiitz aller brahman. Gelehr-
samkeit (her. HinducpUege , Sternwarte) u.
ali heilige Stadt von den Hindu hochge-
ehrt und vielbesucht. Mittelpunkt bedeut.
Industrie (Sbawl-, Indigo-, Gold- und
Silberstoff-, Zuckerfabriken) und eines aus-
gedehnten Handels (Hauptmarkt für Edel-
steine in ganz Asien).
' Benekendorfy Alexander, Graf von B.,
russ. Genera], geb. 1783 in Esthland, machte
die Feldzüge 1813 — 15 mit, zeichnete sich
bei Unterdrückung der Militärrevolution bei
Nikolaus Thronbesteigung aus, ward 1829
General der Kavallerie, organisirte als steter
Begleiter des Kaisers eine geheime Polizei ;
t 23. Sept. 1844.
Benda. sahireiche Musikerfamilie. Stamm-
vater: Hans Georg B,, mnsikal. Leineweber
in dem böhm. Dorfe Alt-Benatka. Unter
seinen 4 ebenfalls mnsikal. Sölinen zeich-
neten sich bes. aus: Franz B., der älteste,
geb. 25. Nov. 1709 zu Ali-Benatka, seit 1732"
in Berlin , 1771 zum Kapellmeister Fried-
richs II. ernannt; f das. 7. März 1786; aus-
gez. Geiger und Komponist für sein Instru-
ment ; und Georg B., geb. 1721 in Jungbunz-
lau, 1748 — 87 Kapellmeister in Gotha,
später in Hamburg und Wien ; f 6« Nov. 1795
in Köstritz ; der berühmteste des Namens B.,'
Violinist, Oboist, treffl. Pianist und Kom-
ponist; sehr, zahlr. Opern, z. B. ,MedeaV
und die Melodramen (die ersten in Deutsch-
land) ,PygmaIionS ,Ariadne auf Naxos'.
Die Söhne beider haben sich ebenfalls als
Violin- oder Klavierspieler wie in der Kom-
position hervorgethau. Anna Franciska B.,
die einzige Tochter des Stammvaters, geb.
1726, t 1780 zu Gotha, war eine der fer-
tigsten Sängerinnen ihrer Zeit. Joh, Wilh,
Amadeus Otto B., Enkel von Franz B., geb.
30. Okt. 1775 zu Berlin, t n<^ch wechsel-
vollem Leben 28. März 1832 als Regierungs-
ratli zu Oppeln; als Uebersetzer Shake-
speares (1825—26, 19 Bde.) bekannt.
Bendemann, Eduard, ausgez. Maler der
düsseldorfer Schule, geb. 3. Dec. 1811 zu
Berlin, Schüler Schadows, mit diesem 1830
in Italien, seit 1838 Prof. an der Kunst-
akademie zu Dresden; 1860 zum Direktor
der düsseldorfer Malerakademie ernannt.
Seine zahlreichen Werke meist grossartig
komponirt, durch Tiefe des poetischen Ge-
dankens, treffl. Charakteristik u. meister-
hafte Technik ausgezeichnet. Hervorzuhe-
ben : die trauernden Juden (1832, gest. von
Ruscheweyh), zwei Mädchen am Brunnen
(1833, gest. von Feising), die Töchter des
serb. Fürsten (1834), die drei Könige auf der
Wanderung, die Ernte fgest. von Eichens),
der Hirt und die Hirtin (nach Uhland, gest.
von Steifensand) , Jereroias auf den Trüm-
mern von Jerusalem (1836), die Fresken im
königl. Schloss zu Dresden, Abführung der
Juden in die babylon. Gefangenschaft, viele
kleine Bilder idyll. Inhalts ; Porträts etc.
Bender 9 befest. Stadt im russ. Gouv.
Bessarabien , am Di^estr, Citadelle, 22,448
Ew. ; 1770 u. 1774 von den Russen erobert,
aber den Türken zurückgegeben, seit 1812
russisch. Im nahen Dorfe Vamitza lebte
Karl Xn. von Schweden 1709—12.
Bender- Abassl 9 Hafenstadt in der pers.
Prov. Kerman, an der Strasse von Ormuz,
dem Imam yon Maskat gehörig, ehemals'
wichtige Niederlage ind. Waaren, jetzt
herabgekommen, 4000 Ew.
Bendorf, Stadt im preuss. Regbz. Koblenz,
am Rhein, 2843 Ew. Eisenwerke.
Beneeke. Georg Friedr., Germanist, geb.
10. Jan. 1762 zu Mönchsrode im Fürsten»
thum Oettingen , seit 1814 Prof. der Philo-
sophie zu Göttingen , f ^^^' ^^* ^^K- 18^*
Sehr. (Beiträge zur Kenntniss der altdeut-
schen Sprache und Literatur* (1810 — 32,
2 Bde.), gab heraus Boners ,Edelstein oder
Fabeln* (1816), Wirnt von Gravenbergs
,WigaIois* (1819), mit Laehmann Hartmaans
von Aue ,Iwein* (1827). Sein ,Mitte]hoch-
deutsches Wörterbuch* gaben W, MüUtr und
ZamcTce (Bd. 1—3, 1847 — 67) heraus.
Benedek , Ludw, ton , Österreich. Feld-
254
Benedetti — Benediktiner.
sengraeisteri geb. 1804 ni Oedenborg in
T7ng»rn, focht 1818 und 1849 als Oberst im
ital. Kriege, befehligte als Generalmajor in
Ungarn, ward dann Chef des Generalqnar-
tJermeisterstabs bei der zweiten Armee unter
Badetsky, 1858 zum Feldmarscballlleutenant
befordert, 18S9 Kommandeur des 8. Arinee-
eorps in Italien, seichnete sich bei Solferino
ans, ward nach dem Vrieden von Villafranca
knm Feldeeagmeister u. Generalgonvemeur
▼on Ungarn ernannt, Nov. 1860 wieder an
die Spitze der ital. Armee berufen. 1866 im
Krieg gegen Prenssen zum Generalissimus
ernannt, bnsste er bei Königgratz seinen
militar. Ruhm ein , musste wegen - seines
Verlabrens eine kriegsgerichtliche Unter-
suchung über sich ergehen lassen, die aber
bald eingestellt ward, lebt verabschiedet
seitdem in Graz und Pestli.
Benedetti, 1) Alexander Beuedictus, Medici-
ner, geb. zu Legnano bei Verona, ward 1493
Prof. der Anatomie zu Padua, 1495 Militär-
arzt in venetian. Diensten; 1 1&8Ö* Restau-
rator der Medicin. ,Opera' (15S3 und 1549). —
8) Vinceruio, Graf, franz. Diplomat, geb. 1815
inKorsika, erst Kanzler beim franz. Konsulat
in Alexandria, 1848 Konsul in Palermo, nach
dem Staatsstreich Ge^andtschaftssekretär in
Konstantinopel, nach dem Krimkrieg Direk-
tor im Ministerium des Auswärtigen, 1861
Gesandter in Turin, vermittelte 1866 als
ausserordentlicher Botschafter in Nikols-
bürg den Waffenstillstand zwischen Oester-
reich und Preussen und blieb dann in der-
selben Eigenschaft bis zum Ausbruch des
Kriegs von 1870 in Berlin. Aug. 1866 unter-
handelte er mit Bismarck über Herstellung
der franz. Grenze von 1814 gegen Prenssen
und Abtretung der linksrhein. bayer. und
hessischen Gebiete sowie später Belgiens
an Frankreich, und 9.^14. Juli 1870 zu
Ems mit dem König Wilhelm I. von Preussen
über die Berufung des Prinzen von Hohen-
zollem auf den span. Thron und stellte
schliesslich 13. Juli im Auftrag Napoleons III.
die Forderung an den König, die Verzicht-
leistung des genannten Prinzen nicht nur
zu approbiren, sondern auch die Versiche-
rung zu ertheilen, dass auch in Zukunft
diese Kandidatur nicht wieder aufgenommen
werden würde. Die Zurückweisung dieser
Forderung von Seiten des Königs hatte die
flranz. Kriegserklärung vom 19. Juli an
Prenssen zur Folge.
Benedielren (lat.), weihen, segnen. B«ne-
dicUe, segnet, sprechet den Segen, Aufruf
znm Tischgebet in Klöstern.
Benedict, Jtaius, Komponist, geb. 24. Dec.
1804 zu Stuttgart, Schüler von Hummel und
K. M. V. Weber, früher wiederholt in Ita-
lien , 1850 mit Jenny Lind in Amerika, lebt
als Kapellmeister und Pianist in London.
Unter seinen halb in Rossinis, halb in We-
bers Manier geschriebenen Opern : ,Der Zi-
geunerin Warnung', ,Der Alte vom Berg',
,Lilie von Killamey*. Zahlr. brillante Kla-
Tiersachen; ,St. Peter* (Oratorium).
Benedikt, Heiliger, geb. 480 zuKursia in
Umbrien, gründete 529 auf Monte Casino
bei Neapel ein Mönchskloster und entwarf
eine Mönchsregel, die ioi ganzen Abend*
lande Geltung erhielt; f 21* M&rz 543.
Benedikt, Name von 14 Päpsten: £, L,
574—78, von den Longobarden in Rom be-
droht.—B. IL, 683—85, erhielt vom byzant.
Kaiser Konstantin Pogonatus das Recht, die
röm. Bischöfe ohne Einholung kaiserl. Ge-
nehmigung zu ordiniren. — B. ///.^855— 58,
Nachfolger derangebUchen Päpstin Johanna.
— B. IV., 900—3, krönte Ludwig, den Gegner
Berengars, zum Kaiser und König von
Italien. — B. V., seit 964 Gegenpapst
Leos Vin. , des von Kaiser Otto I. er-
nannten Papstes; f« DAch Hamburg ver-
wiesen, 965.— jB. vi., als Papst von Otto I.
972 anerkannt, ward vom Usurpator Cres-
centins 974 Im Kerker erdrosselt. — B. VIL,
975 von der toskan. Partei als Gegenpapst
Bonifacius VH. aufgestellt; f 984. — B. VIII.,
1012 zum Papst erwählt, ward vom Gegen-
papst Gregor vertrieben, .1014 von Heinrich n.
zurückgeführt, entriss den Saracenen Sar-
dinien, den Griechen Apulien, verbot den
Klerikern Ehe und Konkubinat; t 1024. —
B. IX. (Theophylakt), Neffe des Vor., als
Knabe 1033 durch Bestechung zum Papst
erhoben, 1038 vertrieben, 1044 formlich ab-
gesetzt, wieder restituirt, verkaufte seine
Würde an den Erzpriester Joh. Gratianus
(als Papst Gregor vL), blieb dessen unge-
achtet Papst,, ward zugleich mit Sylvester
und Gregor von Kaiser Heinrich UI. auf der
Synode von Sutri 1046 abgesetzt, 1047 noch-
mals restituirt, 1049 durch Leo lA. beseitigt ;
t 1056. — B. X., ward 1058 durch Bestechung
Papst, musste nach 9 Monaten dem Einflasse
Hildebrands (nachmaligen Gregors VH.)
weichen. — B, Xi., 1303—4, später selig
gesprochen, Tag7. Juli. — J5. XT/., 1334-42,
residirte zu Avignon, Feind des Kommende-
unwesens und des Nepotismus. — B. XIIL,
1724—30, stand unter Leitung des unwür-
digen Kardinals Coscia, bevölkerte den
Himmel mit Heiligen. — B. XIV. (Prosper
Lambertini), geb. 1675 zu Bologna, bestieg
1740 den päpstlichen Stuhl, Gelehrter und
Beförderer der Wissenschaft und Kunst,
fromm, duldsam und auQi^eklärt; \Z. Mai
1758. Werke herausg. von dem Jesuiten
deAKevedo (1747-51, 12 Bde.; 1777, 16 Bde.)-
Benediktbenem , Dorf in Oberbayern,
nahe am Kochelsee; ehemals Abtei mit
schöner Kirche; Knnstglasfabrik (1806 von
Utzschnelder gegr.)' Unfern die steile Be-
nediktenwand (6100') mit prächt. Fernsicht.
Benediktenkraut, s. v. a. Gentaurea be-
nedicta, bisweilen auch s.v.a. Genm urbanum.
Benediktiner, im Allgemeinen die Mönche,
welche nach der Regel des heil. Benedikt
vonNursia leben, verbreiteten sich seitdem
6. Jahrh. von ihrem ersten Kloster auf
Monte Casino aus. Vermittler der Christiani-
sirung und der Givilisation , ihre Schalen
(zu St.-Gallen, Fulda, Relchenaa, Hirschau, '
Corvei, Hersfeld etc.) Hauptbildungsan-
stalten für das Abendland. Der Verfall der
Klosterzucht, Folge der angesanimelten
Reichthümer, fahrte zu Reformen durch
Benedikt von Aniane (8. Jahrb.), Bemo,
Abt von Clagny (910), Johann von Minden
Benediktion — Bengalische Sprache.
255
In der Abtei Banfelde in ' Westphalen etc.
Die 1618 Ton Lorens Benard in dem Kloeter
der Welssmintel sn Paris gestiftete Kongre-
gation Tom heil. Hauras, eine Art von Aka-
demie für histor.-tbeoL. Wissenschalteni
machte sieh bes. durch Herausgabe der
"Werke der Kirchenväter und grosser histor.
Sammelwerke verdient. Im 15. Jahrh. zähl-
ten die B. 15,107 Klöster, nacb der Refor-
mation nur etwa noch 5000; gegenwärtig un-
gefähr 800. Unter den Mitgliedern des Ordens
sind 14 Päpste, 800 Kardinäle, 1600 £rs-
bischöfe, 4000 Bischöfe, 15,700 Schriftsteller,
1560 kanonisirte Personen. Ber. sind die
Brüderschaften der B. zu Monte Casino,
Monte Vergine und Monte Ollveto (Olive-
taner) in Italien u. Sicilien, zu Valladolid
und Montserrat in' Spanien, zu MQlk in
Niederösterreich etc. Wegen seiner milderen
Regel und seiner vorzugsweise wissen-
schaftlichen Richtung und geistigen Selb-
ständigkeit ist der Orden in den nltramon-
tanen Kreisen wenig beliebt.
Benediktlon (lat.) , in der kathol. Kirche
die Einsegnung einer Sache oder Person
durch Gebete, Besprengung mit Weihwasser,
Räucherung etc. Die B. erhalten Aebte,
Aebtissinnen und Gottesäcker, die Konse-
kration mit dem heil. Oele Bischöfe, Kirchen
n. Glocken. Der Papst ertheilt dreimal im
Jähret am grünen Donnerstage, am Oster-
feste u. am Himmelfahrtstage, die feierliche
B« der Stadt Rom und dem Erdkreise (urbi
et orbi). Benedietio becUica oder Viaticum
heisst der. büssenden Kranken ertheilte
Segen, JB. sacerdotali$ die priesterliohe Ein-
segnung oder Trauung Verlobter.
Benediktow, Wladimir, russ. Lyriker, geb.
nm 1810, erst Militär, lebt zu St. Peters-
burg, im FinanzÜEich angestellt. Seine
»Dichtungen* (1856, 3 Thie.) bes. durch tie-
fes Natargefuhl ausgezeichnet.
Benedlx, Jul, Roderich, fruchtbarer Lust-
spieldichter, geb. 1811 zu Leipzig, seit 1883
R^issenr an mehreren Bühnen (Eiber-
feld, Köln, Frankfurt u. a.) , privatisirt in
Leipzig. Yerf. der beliebten Stücke ,Da8
bemooste Haupt', ,Dr. Wespe', ,Die Hoch-
zeitsreise*, ,Die Eifersüchtigen', ,Das Lügen*,
»Das GefäDgniss', ,Der Vetter' u. v. a. Ge-
sammelte dram. Werke (Bd. 1^28, 1846—70).
Sehr, ausserdem ^nder aus dem Schauspie-
lerleben' (1852); ,Die Lehre vom mündlichen
Vortrag' (1862); ,Der mündliche Vortrag'.
(8. Aufl. 1870, 8 Bde.); ,Das Wesen des
deutschen Rhythmus* (1862); .Briefsteller
iür Liebende etc.* (1865) u. A.
Benefleiit (lat.) , Jemand , der von An-
deren Wohlthaten, bes. Stipendien bezieht;
kathol. Geistlicher, welcher auf Omnd und
im Genuss einer Messstiftung geistl. Funk-
tionen versieht.
Benefleinm (lat.), Wohlthat, Begünsti-
gung; Kirchenamt, Pfründe; B, curßtum,
Fhründe mit, £, non euratum, Pflünde ohne
Seelsorge; £, juris, Rechts wohlthat, d. i.
die gegebene Möglichkeit, durch Beruf^ing
auf Ausnahmebestimmungen der Gesetze
die Wirkung einer ungünstigen Rechtsregel
von sich abzuwenden; £. inventarii, die
einem Erben anstehende RechtswohMhatf
zufolge deren er unter öffentlicher Autorität
ein yerzeichniss der Hinterlassenschaft an-
fertigen lassen darf und dann nicht mehr
Schulden zu bezahlen braucht, als ans der
Erbmasse bezahlt werden können.
Benefiz (lat.), Theatervorstellung, deren
Ertrag nicht dem Direktor, sondern einem
engagirten Mitglied zufällt.
Beneke, Friedr, Eduard, Philosoph, geb.
17. Febr. 1798 zu Berlin, seit 1838 Prof. der
Philosophie daselbst, verschwand 1. März
1854 und ward nach JahresfMst als Leich-
nam im Wasser gefunden. Suchte die em-
pirische Psychologie als philosoph. Haupt-
und Omnd Wissenschaft vorzugsweise auszu-
bilden. Sehr. ,Erfahmngsseelenlehre' (1880) ;
,Lebrbnoh der Psychologie als Naturwissen-
schaft' (8. Aufl. 1861); ,£rziehungs- und
Unterrichtslehre* (3. Aufl. von Dre$sler 1864) >
,Grundlinien des natürlichen Systems dek'
prakt. Philosophie* (1837— 41, 3 Bde.) ; ,Prag-
matische Psychologie' (1850, 8 Bde.) u. A.
Benesekan. Stadt im böhm. Kr. Tabor,
Bene valete (lat.), lebt wohlt [3169 Ew.
BeneventOy ital. Prov.in Kampanien, 82^
QM. mit 280,506 Ew. Die HaupUL B. , am
Sabate und Galore, 18,998 Ew. Kloster Santa
Sofia; zahlr. Alterthümer (Trajansbogen).
Beim alten Beneventum (in Samnium) 87Sr
V. Chr. ber. Sieg der Römer über Pyrrhus»
Im Mittelalter (seit 571) bUdete B. mft der*
Umgegend ein mächtiges Heraogthum der
Longobarden, war seit 1077 im Besitz des
Papstes, 1806—15 Fürstenthum Talleyrands
und seitdem bis 1860 wieder päpstlich. Hier
86. Febr. 1866 Bieg Karls von A^Jou über
König Manfred, welcher fiel.
BenevöleM (lat.), Wohlwollen, Gunst.
Benfey y Theodor , Orientalist, geb. 88. Jan.
1809 zuNörten, seit 1834 ^rof. zuOöttingen.
Sehr. ,Griech. Wurzellexikon' (1839 -48^
8 Bde.) ; »Vollständige Grammatik def Sans-
kritspraohe' (1858), der sich eine ,Chresto-
mathie* (mit Glossar, 1853-54, 8 Bde.), eine
,Kurze Grammatik der Sanskritsprache*
(1853) und ,A practica! grammar of the Sans-
crit language* (8. Aufl. 1869) anschliessen;
Uebersetzung des ,Pant8chatandra* (1859,
8 Bde.) ; ,Sanscrit-EngUsh dictionary* (1866);
,Gteschl<dite der Sprachwissenschaft* (1869).
Bengalen 9 Landschaft in Ostindien, das
Gebiet am untern Ganges und das Delta,
desselben umfassend; Präsidentschaft des
angloindischen Reichs, s. KaUtuUa,
Bengali, VögeL s. Bengaliiien,
Bengaliseker Meerbosen» Theil des ind.
Oceans zwischen Hinter- und Vorderindien.
BengallBekefl Fener, Weissfeuer, aus In-
dien stammende Feuerwerkskomposition,
besteht aus Salpeter, fichwefel und Antimo-
nium oder rothem Arsen; brennt mit hell-
leuchtender weisser Flamme.
BengaliMke Sprache (Bengali), Enkel-
sprache des Sanskrit, mit eigener Schrift,
von mehr als 35 Mill. gesprochen; als
Schriftsprache erst seit dem 16. Jahrh. ge-
braucht. Bengalische Literatur: meist Ueber«
Setzungen aus dem Sanskrit (z. B. Mahab-
harata uud Ramayana) und anderen ind.
256
Bengalisten — Bennigsen.
Spraclien, Grammatiken yon Haughton (1821)
und Yatos (1847); Lexikon von Haughion
(1841) , Gordon (1837) n. A. Vgl. Lonfu ,A
descriptive catalogne of Bengali works'^l^'
Bengalisten, mehrere Arten asiat., afrikan.
und australischer Prachtfiuken (s. Finken),
bei uns als Stubenvögel gehalten.
BengBzl (Bengeui, das alte Btrenice), See-
liandelsplatz in Tripolis, Landschaft Barka,
7000 Ew.
Bengore -Head 9 nördl. Spltco der Irland.
Grafsch. Autrim ; dabei der sog. Riesendamm.
Bengnelft, Landschaft in Niederguinea,
vom Koanza bis zam Kunene, zum'portug.
Generalgouvem. Angola gehörig. Die Haupt-
und Hafenstadt B. (San Felipe de B.) , 1500
Ew., verfallen; Deportationsort.
Benl (Veni), Strom in Bolivia, entspr.
auf der östl. Andeskette, möndet in den
Madeira, 140 M. Das Depart. B., im östl.
Bolivia, 13,895 QM, mit 53,973 Ew. ; Haupt-
stadt Trinidad.
Ben! Am^r, hellfiirbiger Volksstamm im
nördl. Abessinien, am Barka, "Nomaden;
mit zaiilr. unterworfenen Stämmen.
Benicarlö, Stadt in der span. Prov.
Castellon de la Plana (Valencia), 7000 Ew.
Benlela, frühere Hauptstadt von Kalifor-
nien, 4000 Ew.; guter Hafen.
Benl - Hezab (M'tiAütn) , Berberstamm
am Rande der Sahara, imWadiM'zab, etwa
40,000 Köpfe ; Hauptst. Ghordala.
Benin, Reich in Oberguinea, an der
Sklavenküste, von zahlreichen Küstenflüssen
und den Mündungsarmen des Niger durch-
schnitten ; fruchtbar, ungesund. Die Hauptst.
B. , am Benin^rom (Nigerarm) , 15,000 Ew. ;
früher wichtiger Ort für den Sklavenhandel.
Beningkasa Savi, Pflanzengattung der
Cucurbitaceen. B. cerifera Savi, Cucurbita
hispida Willd., in Ostindien, wird kultivirt,
Früdite und Samen daselbst officinell,
erstere im Alter mit Wachsüberzug.
Benisch, Stadt in Oesterreich.-Schlesien,
3319 Ew. Bleibergwerk.
Ben! - 8aef, Hauptstadt von Mittelägypten,
6000 Ew.; Industrie und Handel.
BenJftmiiL (hebr., d. i. Sohn des Glücks),
Jüngster Sohn Jakobs und der Rahel, der
einzig^ rechte Bi*u der Josephs. Das Gebiet
seines Stammes ( BenjaminiUn) lag zwischen
den Gebieten der Stämme Ephraim , Dan
und Juda, mit den Hauptorten Bethlehem
und Bethel. Im Zeitalter der Richter in
einen Krieg mit den übrigen Stämmen ver-
winkelt, ging der Stamm B. fast zu Grunde.
Aus ihm stammte der König Saul.
Benjamin ans Tvdela, gelehrter Rab-
biner, machte in Handelsgeschäften, und
um die Lage der zerstreuten Juden kennen
zu lernen, zwischen 11S9 und 1173 eine
Reise von Saragossa über Italien u. Griechen-
.land nach Palästina und Persien und kehrte
über Aegypten in die^eimat zurück. Sein
Reisebericht herausg. von il«Aer (1841, S Bde.).
Benjowsky, Üfor. Aug., Graf von, geb.
1741 zu Werbowa im Koniitat Neutra in
Ungarn, focht unter den polnischen Konfö-
derirten gegen Russland, ward als Oberst
gefangen und 1770 nach Kamtschatka ge-
bracht, heirathete' hier die Tochter des
Statthalters Nllow und entfloh mit ihr und
96 andern Verbannten. Auf einem franz.
Schiff nach Frankreich gelangt, erhielt er
hier den Auftrag, auf Madagaskar eine
Niederlassung zu gründen, kam das. Juni
1774 an, gründete Foul-Point und wusste
sich bei verschiedenen dortigen Stämmen
so in Ansehn zu setzen, dass sie ihn 1776
zu ihrem Kenig ernannten; fiel 23. Mai 1786
in ein^m Gefecht mit franz. Truppen. Seine
franz. geschriebene Autobiographie herausg.
von Niehohon (1790, 2 Bde.), übersetzt von
Forster (1791, 2Bde.) und Ebüing (1791, 2 Bde.).
Benkiileii. befest. Stadt auf der Südwest-
küste von Sumatra, in ungesunder Gegend,
12,000 Ew. ; früher engl., seit 1824 holländ.
Benneckenstein, Stadt im prenss. Regbz.
Erfart, Kr. Nordhausen, in einer Exklave
am Harz, .3589 Ew.
Bennett, Wüliam StemdaU, engl. Kom-
ponist, geb. 13. April 1808 zu Sheffield, Schü-
ler und Freund Mendelssohns, Prof. der
Musik in London. Klavierkoncerte, Ouver-
türen (»Die Najade', ,Die Waldnymphe* u.a.),
,Die Maiköni^n* (Kantate), »Auferstehung
des Lazarus* (Oratorium), Lieder.
Ben-Nevls (spr. -Nivls), Gipfel des Gram-
piangebirgs iu Schottland, am Loch Linnhe,
4133'; Ben-Maedui , Berg ebendas., in der
Caimgormgruppe, 4031 '; die höchsten Berge
Grossbritanniens.
Bennigsen, 1) Levin Aug. Tkeophil, Graf
von B., russ. Feldherr, geb. 10. Febr. 1745
zu Braunschweig, trat 1773 in russ. Dienste,
focht unter Rnmänzow gegen die Türken,
1794 in LIthauen, 1796 in Persien. Bei
Paul I. In Ungnade gefallen , war er eins
der Häupter der Verschwörung gegen diesen.
Befehligte im Krieg von 1805 die Nordarmee,
dann die ganze gegen Fl'ankreich aufge-
stellte rn8sisch-prcussls<^e Streitmacht, bei
Leipzig die 3. Hauptkolonne des rechten
Flügels , ward vom Kaiser auf dem Schlacht-
felde in den Grafenstand erhoben, belagerte
dann Hamburg und erhielt nach dem zweiten
pariser Frieden den Oberbefehl über die
zweite Armee in Südrussland. Zog sich 1818
auf sein Stammgut Banteln im Hannover-
schen zurück; f das. 3. Okt. 1826. — 2)
Alexander Levin, Graf von B., hannöv. Staats-
mann, Sohn des Vor., geb. 21. Juni 1809 zu
Zakret bei Wilna, kam mit seinem Vater
1818 nach Hannover, seit 1841 Mitglied der
ersten Kammer, März 1848 bis Okt. 1850
Ministerpräsident, Febr. 1851 Präsident der
ersten, 1856 der zweiten Kammer, ward
wegen seiner Opposition gegen die Re-
gierung von der Mitgliedschaft der Stände-
versammlung 1857 durch Urlaubsverwelge-
rung ausgeschlossen, erst 1864 wieder Mit*
glied der zweiten Kammer und Präsident
ders. — 3) Rudolf von B., Fuhrer der libe-
ralen Opposition in der hannöv. Stände-
versammlung und Präsident des deutschen
Nationalvereins, geb. 1824 in Lüneburg, seit
1846 im hannöv. Justizdienst , schied , als
ihm 1855 die Erlaubniss zum Eintritt in die
zweite Kammer verweigert ward , aus dem
Staatsdienst aus, ward 1857 von Göttingen in
Bennington — Bentinok.
26X
JeiMgewSlitt and •tand hier Ms 1M6 an der
Spitze der Opposition iregen das Mlnisterinni
Boiries. Seine mit Miqnel and Andern ent-
worfene Erklärang, worin das Bedfirfoiss
eines dentsehen Parlaments , einer starken
Oentralgewalt und Prenssens Ansprache
aaf diese nachgewiesen wnrden , ward 19.
JnU 2669 Ton 85 herrorragenden Liberalen
nnteraelehnet und fitnd ihren Wiederhall in
dem sogen, elsenacher Programm Tom 14.
Aug., welches die Gründung des deutschen
NattonalToreins zur Folge hatte, dessen
Präsident B. bis 1667 gewesen Ist. Seitdem
Mitgtted des hannöv. ProflnaiaUandtags und
des preuss. Abgaordnetenfaauses, sowie 1868
Mi^Ued und zweiter Viceprftsident des kon-
stltuirenden und der folgenden Reichstage.
BaBütegtoB, Stadt In Vermont (Kordame-
rika), 4000 Ew.; 16. Aug. 1777 siegr. €^eftcht
der Amerikaner gegen die Braunsohwelger.
BeBMOy Heiliger, geb. 1010 zu Hildesheim
aas dem gräfl. Hause der Bulten- oder Wo!-
denburger, erhielt rom Kaiser Heinrich IV.
das Bisthum Meissen, wirkte mit Erfolg
f&r die Bekehrung der Sorben , f 16. Juni
1107; löSSkanonisirt, wogegen Luther in der
Schrift ,Wider den neuen Abgott und alten
Teufel, der zu Meissen soll erhoben werden*
auftrat. B.8 Gebeine seit 1576 in München.
Bannohu^y s. Büdeshtim.
Beuiftedty Dorf im preuss. Regbz. Merse-
burg, westl. Yon Halle, 98SBw.: Uefert der
berlin. Porzellan&brik den weissen Thon.
B^iMVlilley L4<m, tnxa. Historienmaler,
geb. 1821 zu Paris, f 1869. Heiligenbilder
(heil, l^ranciscns) und Porträts.
Beanfh. Dorf am Bhein, oberhalb Düs-
seldorf, 8897 Ew. Eönigl. Schloss.
Bensl^ergy Dorf östl. bei Köln, 789 Ew.
Schlöss (Kadettenanstalt).
Bewbeimy Stadt in der hess. ProT. Star-
kenburff, an der Bergstrasse, 4781 Ew.
Bentham (spr. Bentäm), Jertmy, Rechts-
gelehrter, Begründer des Utilitarismus, geb.
15. Febr. 1748 zu London, widmete sich der
Ausarbeitung der Theorie Temunftm&ssiger
Gesetzgebung • f 6. Jani 18S2. Sein Freund
und Schüler, Etlenne Dumont aus Genf, gab
aus B.s Schriften eine systemat. Darstellung
seiner Lehre (deutsch Ton JBeneX» unter dem
Titel ,Grund8ätze der Civil • und Kriminal-
gesetzgebung aus den Bandschriften B.s',
1880, 8 Bde.) heraus. Zur Verbreitung der
Lehren B.s ward 1834 zu London die ,West-
minster-Reriew* gegründet. Werke mit
Bf ogr. herausgeg. von £ou>ring (1838, 11 Bde.).
Bentkeiv. Grafsch. und Standesherrschaft
im preass. Regbz. Osnabrück, 16,7 QM. mit
ca. 80,000 Ew. Hauptori: FUeken B., 8857
Ew., Schloss mit Park ; dabei Mineralquelle.
Bentlieiii, Wilhelm Selgieut, Qraf von,
oeterr. General, geb. 17. April 1788 zu Stein-
IVirt, trat 1799 in österr. Militärdienste,
focht 1809 bei Aspem und Wagram, 1818
bei Dresden und Kulm , 1831 als Feldmar-
schalllieutenant gegen die Aufatändischen
im Kirchenstaat; f als Chef des 8. Armee-
coips in Italien 12. Okt. 1889 zu Villaftanea.
Bentineky Adelsgeschlecht, schon iih 14.
Jahrb. in Geldern ansässig und später
Meytr^ Sand -Lexikon,
nach England und Oldenbui^ übergesiedelt.
Der äiteren Linie gehören an: 1) "muiam
Henrff Cktvanditk-B., Lord, geb. 14. April
1788, hielt sich im Oberhanse während
des amerikan. Krieges zur Opposition, trat
1783 als erster Lord des Schatzamts an die
Spitze der Regierung, musste Dec. d. J. dem
Ministerium Pitt weichen, Aingirte 1794 bis
1801 als Staatssekretär des Innern, seit 1807
wieder als erster Lord des Schatzamts; f
30. Okt. 1809. - 8) Wmiam Henry Owendisä-
B., Lord, Sohn des Vor., geb. 14. Sept. 1774,
▼ertleh als Oberbefehlshaber der brit.
Hülfstruppen und BeToUmäohtigter am Hof
des Königs Ferdinand in Sicilien 1818 der
Insel eine Konstitution, landete 1813 in
Katalonien, 1827— SöGeneralgouvemeur ron
Ostindien; f 17- J^bI 1889 in Paris. — 8)
Wiüiam George Frederiek OavendUh-S.,
Lord, KefTe des Vor., geh, 87. Febr. 1802,
hielt sich, seit 1826 Mitglied des Parlaments,
zu den gemässigten Whigs, dann Anhänger
Peels, später Haupt der Protektionlsten, im
Parlament einflnssreioher Redner; f 21. Sept.
1848. Vgl. Diaruai, .Lord George B.*. 1851.
— Der jüngerem Linie gehören an: 4) WU-
Aelm V. B., Stifter derselben, geb. 1701, Herr
zu Rhoon und Pendrecht, Präsident der
Staaten Ton Holland und Westfriesland,
1782 aum Reichsgrafen ernannt, Tetmählte
sich 1738 mit Charlotte Sophie, der Erb-
tochter des letzten Grafen yon Aldenburg,
und brachte dadurch das aldenbuig. Fldei^
kommiss(Knipbausen,Varel etc. nebst Gütern
in Oldennurg) an sein Ha«t: f 1778. — 5)
WilMtm Chukn Friede t. B,, Enkel des
Vor., geb. 1768 Inir Haag, kam nach dem
Tode seines Vaters 1766 in den Besitz der
Fideikommissherrschaften*, hatte tob Sara
MargaretfaaGerdes, der Tochter eines olden-
bu^. Landmanns, die er 1816 heirathete,
3 Söhne, von denen der zweite, Qustav
AdtHS, geb. 1809, 1885 seinen Vater beerbte.
Schon bei des letztem Lebzeiten hatte aber
dessen Bruder, «ToA. Karl (geb. 1768, f als
brit. Generalmi^or 1838), die Suocessions-
fähigkelt seiner Nefllsn, als nicht aus stan-
desraässiger Ehe entsprossen, bestritten,
deshalb Einspruch beim Bundestag und
1829 Klage beim Oberappellatlonsgerioht zu
Oldenburg erhoben. Nach seinem Tode
setzten seine Söhne ( 'Wühdv^, geb. 15. Nöy.
1787, fS. Juni 1855, Karl, geb. 4. März 1798,
grossbrit. Generallieutenant, und Heinriek,
geb. 8. Sept. 1796, grossbrit. General-
major) den Streit unter Bethefllgung der
angesehensten Rechtsgelehrten für die eine
oder andere Partei fort. Ein Urtheil der
Juristenfkkultät in Jena (1842) fiel zu Gunsten
der Beklagten aus, aber die Kläger wandten
dagegen Appellation ein, über welche die
Juristenfakultät zu Giessen entsch^den
sollte. Beyer aber dies geschah, schlug
Oldenburg 1854 einen Vergleich yor, worin
es sich zum Ankauf des b.schen Fideikom-
misses um cä. 2 Mill. Thaler und zur raten-
weisen Vertheilung dieser Summe unter die
Streitenden erbot. Der Vergleich ward
yon dem Grafen Gustay Adolf, sowie yoan
Grafen Wilh. und. 1855 auch yom Grafen
17
258
BentkowBky — Berathene Kinder.
Karl angenommen. Kar der Graf Heinrich
protestirte bei der BnndesTersammlnng ge-
g^en den Vergleich. Oldenburg nahm darauf
mittelst Erklärung Tom 2. Sept. 1868 den
Recbtsstandpnnkt wieder ein. Seitdem hat
Ton dem Streit nicbts mehr Terlautet.
BentlLOWtky, WladislauB von, poln. Publi-
cist, geb. 1817 in Warschan, ward 1864
Mi^lled des preusB. Abgeordnetenhauses,
rertrat hier eilMg die Sache der poin,
Nationalitat, betheiligte sich 1868 am Auf-
stand In Russisch-Polen, ftingirte unter dem
Diktator Langiewlcx als Ohef des General-
stabs, trat mit dems. auf 6sterr. Gebiet Aber.
Aentley (spr. Bentli), Siohard, Philolog
und Kritiker, geb. 27. Jan. 1662 in Oulton
bei Wakeüeld in Torkshlre, seit 1717 Prof.
der Theologie sn Cambridge, f 1^* Jnli 1742.
Hauptwerkt Ausgabe des Horas (8. Aufl.
172S; neue Ausg. 1869 f.). Gab ^uch den
Terens, PhSdrus und Hanilius, sowie Mil-
tons ,Paradise lost*, aber mit wlllki&rl. Ver-
änderung des Textes, heraus. Werke Ton
Dyee (1886 , 8 Bde., nuTollend.). Biogr. Ton
MMk (1880), Mähiy (1868).
•B«ntOB (spr.Bent'n), Th<masHBiH, amerik.
Staatsmann, geb. 4. Man 1782 au HUlsbo-
rough in Kordoarolina, bekämpfte als Bun-
dessenator des neuen Staats Missouri als
Anhänger Jacksons die auf Zerrelssung der
Union abiweckende oalhounsche J'raktlon
der demokrat. Partei. Seit 1862 Mitglied
des Repräsentantenhauses, unterlag er 1854
bei den Wahlen cum Kongress ; f ^0. April
1858 in Washington. Sehr. »Thirty years
Tiew of the Senate' (1858» 2 BdeA
BratflChen, Stadt imepreuss. Regbs. Po-
sen, Kr. Meserits, an der Obra, 19& Ew.
B«ntael-8tena«9 Okrittiem Emtt, Oraf
ftvn, Staatsmann und Schriftsteller, geb. 9.
A^l 1767 KU Mains, 1806-12 bad. Mhilster
des Innern , dann Staatsminister des Gross-
herBogs Ton Frankfurt, privatisirte später
meist SU Mariahalden am Zürichersee ; t das.
18. Aug. 1849. Als Schrifksteller bes. als
Humorist mit liberaler Richtung bedeutend.
Hauptwerk «Das goldene Kalb' (1802).
B«nTennti, 1) Giixaib9Uia%Qk (gen. VOrUAaMo),
einer der ersten Maler der Schule Ton Fer-
rara, geb. um 1480, f ^^m \h7&, Werke in
'Ferrara, Berlin, Dresden. — 2) Pietro,
ausgezeichneter ital. Maler, geb. 1769 su
Aresso , f ^^^ ^^ Florens als Direktor der
das. Akademie. Zahlr. Bilder histor., mythol.
and kirchl. Inhalts in Oel und Fresco; z. B.
Judith (ArezSo), Pyrrhus den Priamus tod-
tend, Tod des Ghrysologus (RaTonna), die
Mythe des Hercules (Florenz).
BMinldehyd. ätherisches Bittermandelöl,
entsteht aus dem Amygdalin (s. d.) der
bittem. Mandeln, Pfirsichkeme etc., wird
durch Destillation ders. mit Wasser ge-
wonnen, enthält roh Blausäure', ist schwe-
rer als Wasser, siedet bei 180o und geht an
der Luft in BenzoSsäure über, bildet sich
auch bei Einwirkung Ton Katriumamalgam
auf Benso«- oder Hippursäure. Beliebtes
Parfüm. Verfälschung mit Nitrobensin.
Bensamld. s. y. a Anilin.
BeuiH (Btmtol), Phenylwasserstoff flfts-
slger Kohlenwasserstoif, entsteht bei trock-
ner Destillation der bensoSsauren Salze und
der Steinkohlen ; wird aus Steinkohlentheer
durch Destillation abgeschieden, fttrbtos,
spec. Gew. 0,8, erstarrt bei Oo, siedet bei
800, sehr brennbar, in Wasser nicht ISsIleh,
löst Kautschuk, Fette, Schwefel etc., gibt
mit Salpetersäure Nitrobenzin. Dient zur
Darstellung von Anilin, zur Entfernung tou
Fettflecken (sog. chemisch - trockne Reini-
gung), zur Vertilgung yon Ungeziefer, als
Lösungsmittel etc.
BenzoS (Bemse^), Harz aus dem Stamm
yon Styrax Benzoin Dryand, in Hinterindlen
und auf Sumatra, milchweisse Kömer ent-
weder einzeln (B. in Thränen) oder in einer
röthllchgelben bräunlichen Masse liegend
(Mandelbenzofi und gemeine B.), riecht an-
genehm, schmeckt kratzend aromatisch, löst
sich in Weingeist (BenzoStlnktur), gibt beim
Erhitzen ein Sublimat yon BenzoBsäure,
dient bes. als Parfüm.
BensoSbanm^ s^ Styrax,
BemoSsiure. weit yerbreltet Im Pflanzen-
reich, bes. in der Benzo6, im Styrax, Peru-
balsam, Ruchgras, Waldmeister etc., wird
aus BenzoB, Hippursäure (Harn der Pflan-
zenfresser) und Maphthalin dargestellt; fiirb-
lose Krystalle, geruchlos, in Wasser schwer,
in Alkohol leicht löslich, leicht sublimirbar,
bildet meist leicht lösliche Salze. Dient als
Arzneimittel, zur Darstellung yon Anilin-
farben, Tabakssaucen und zur Befestigung
gewisser Mordants in der ZeugdruckereL
BeSthy^ 1) LadUUau, ungar. humoristischer
Schriftsteller, geb. 1. Mai 1826 zu Komom,
t 20. Mai 1857. — 2) Sigmund, beiletrist.
Schriftsteller, geb. 17. Febr. 1819 zu Komorn;
Gedichte: ,Osszes Kölkmönyl' (1861).
Beowvlf) altes angelsächs. Heldengedicht
aus dem 8. Jahrb., die Thaten des Jnten-
köuigs B. besingend; in Stabreimen abge-
fasst; nach der einzigen vorhandenen Hand-
schrift herausgeg. von KembU (1833), Grein
(1867) und Heyne (1863): übersetzt yon EU'
mOUer (1840), Simroek (1859), Orein (1857),
Heyne (2. Aufl. 1868).
B^raagar (spr. Berangscheh), Pierre Jean,
nationalster und populärster Liederdichter
Frankreichs, geb. 19. Aug. 1780 zu Paris,
erst Buchdruckerlehrling, seit 1899 im Sekre-
tariat der Universität angestellt, 1821 wegen
seiner gegen die Bourbons und die Regierung:
gerichteten Lieder dieser Stelle enthoben,
mehrfach angeklagt und yerurtheilt; an
der Julireyolution lebhaft betbeiligt, lebte
dann zurückgezogen auf seinem Ghite zu
Passy, seit 1862 zu Paris; f <1<M« 17* J^U
1857. Seine ,Ghausous' in zahllosen Aus-
gaben gedruckt: deutsch yon Seeger (2. Aufl.
1869), Laun (1869). ,Oauvres.compltees' (1857,
8 Bde.). Vgl. Janin, ,B. et son temps' (1866).
BenuTy ehemal. Mahrattenstaat in Ostin-
dien, dessen Radscha 1853 ohne Leibeserben
j-, seitdem dem angloind. Reiche einyerlei\>t,
3605 QM. mit 465,000 £>v.; der ,Garten yon
Indien'. Hauptst. Nagpur.
Bent (Amaut- Belgrad), bofest. Stadt in
Türk.- Albanien, 12,000 ifw. Griech. Erab.
Bentheae Kinder, Kinder, welche noch
Beraun — B^engar von Tonrs.
25»
bei liftbieiten der Eltern durch ein gewisset
Quantum (Berathung) abgeftinden werden
und deshalb später nicht miterben.
1ien,vn(Beraunka), Nebenflnss der Holdan
in Böhmen, entspr. im Böhmerwalde, mündet
bei Königssaal; 83 H. Am Zusammenflnss
der B. n. Litawka die ßtadt B., 4010 Ew.
BenmaclieBde Mittel (Inebriantia), wirken
«nfangs erregend, dann rasch die ITunktionen
desGefftss- und Nervensystems überreisend,
wie Alkohol, Opinm, Fliegenschwamm;
Kohlens&nre: gährende Weine, Champagner,
kohlensanre Wässer (Bninnenransch). Vgl.
Nareotiea,
Berber (Sl M*$eheriff), Stadt in Nnbien,
rechts am Nil, 8000 Ew.; Handelstrassen
nach Aegypten nnd Khartnm.
Berbera, Hafen- und Hanpthandelsplati
Im Somaliland, am Golf von Aden.
Berberell die Küstenstaaten des nordwestl.
Aftika: Marokko, Algier, Tnnls (Atlaslin-
tler) nnd Tripolis. Die Einw. (ausser den
Türken im O. und den Europäern in Algier):
-ureinheimische BeH>*m im Innern (wosu die
meist unabhängigen Nomaden- und Räuber-
«tfimme der Kabylen In Algier und die
theilweise angesiedelten Amasirghen In
Marokko, flsrner die Schilluk und Tuariks
gehören); hellbraune Araber (theils Acker-
bauer, theils Nomaden oder Beduinen)*
Hauren (Hischvolk vorherrschend arab.
Stammes, meist Gewerbe und Handel trei-
bend), Neger und zahlreiche Juden (ver-
achtet und gedrückt, bes. in Harokko).
Hauptsprache: Arabisch. Im Alterthum
nicht unbedeutende Kulturstaaten (Numi-
dien, Hauritanien, Karthago), bildeten diese
-Gegenden später das Abendland (el Hogb-
rib) der Hohammedaner und machten sich
-gelt dem 16. Jahrh. ftirchtbar als Satba-
r€$ken' oder JRavbataaten (und zwar, ausser
Harokko , als Vasallenstaaten der Türkei),
deren Unwesen erst 1830 durch die frans.
Urobemng Algiers ein Ende gemacht wurde.
Berberln^ stickstoffhaltiger Bestandtheil
derBerberis-u. Oolombowurzel, kryatallisirt,
schmeckt scharf bitter, färbt Gewebe gelb.
Berberil L. (ßerberittenfiraueh , Sauer-
dorn), Pflanzengattung der Berberideen. B.
vulgaris L., Essigdom, Sauereuh, BerbB^e«re,
Zierstrauch, in ganz Nordasien und Europa.
Die Beeren werden eingemacht und sind wie
die Rinde officinell. Letztere und die Wurzel
dienen zum GjBlbfärben, enthalten Berberin
und Oxyacanthin. Schönes Nutzholz. Darf
nicht in der Nähe von Getreidefeldern gehal-
ten werden, weil der auf den Blättern vor-
kommende gelbe Pilz (Aecldinm Berberidis)
auf Getreide sich zu Rostpilz entwickelt.
Andere Arten bei uns als Ziersträucher.
Berberitsevstnnehy s. Berberis,
Berbemeer. der die Berberei bespülende
Theil des Mittelmeers.
Berbern^ s. Berberei,
Berbesbeere^ s. Berberil,
Berbiee (spr. -bis), Distrikt von Britisch-
Oulana, 180 QM. und ca. 40,000 Ew., vom
JPtiwt B. (Nebenfluss des Orinoco) bewässert ;
^früher holländ., seit 1814 engl. Hauptort :
Jieii «Amsterdam, 8000 Ew.
B9iMhlT(Tllrk,'Orad4eka), Festung in Türk.-
Kro«tien, dem ungar. Gradislca gegenüber.
Bereeai (fr., spr. -soh), Wiege; Bogen-
gang in Knnstgärten ; flacher GewÖlbebogen.
Bereemse (spr. -söhs*)* Wiegenlied; liedar-
tiges Klavierstück, dem Notturno verwandt.
Berebem (Berghem), Nikolaae, niederländ.
Haler, geb. 1624 zu Harlem, f das. 18. Febr.
1683; bes. ausgezeichnet in Idyll. Kompo-
sitionen mit Italien. Auffassung der Land-
schaft; auch trefll. Radirungen.
Berebet. Oiovanni, ital. polit. Dichter,
geb. um itSS in Hailand, unter Napoleon I.
Staatsbeamter, später als Flüchtling im
Ausland, dann amnestirt bis 1847 in Florenz,
nach Ausbruch der Revolution in Turin;
t das. 83. Deo. 1851. ,Poesie italiane* (1848).
Bereblngy Stadt im bayer. Regbz. Hittel-
ffanken, an der Sulz, 1478 Ew.
Bercht» (althochd. Ferahta, d. i. die Glän-
zende, das heutige Bertha), in der deutschen
Volkssage weibl. Götterwesen von meist
bösartiger Bedeutung.
Berenteigaden (Berehtolegaden), Alpenge-
bii^sländchen südl. von Salzburg, ehedem
gefürstete Propstel, 1808 als Fürstenthum
mit Salzburg vereinigt, seit 1810 bayerisch,
zum Regbz. Oberbayern gehörend, 7 QH.
mit 9500 Ew. Wichtige Steinsalzwerke. Der
Hauptori B., in herrlicher Lage, von Frem-
den viel besucht, 1788 Ew. Stein Salzberg-
bau; grosse Soolenleitung. Elfenbein- nnd
Holzschnitzereien.
BerehteigadeiKer Tbron^ s. Ühtereberg,
Berdfty der östl. Theil von Hontenegro,
fruchtbare und weidereiche Niederung, seit
1868 von der Pforte abgetreten.
Berdenhy Stadt im Somaliland, am
Dschub; in der Nähe 1865 Untergang der
von der deckensohen Expedition.
BerditielieWy Stadt im kleinruss. Gk>uv.
Kiew, 64,655 Ew., täBt nur Juden. Mittel-
puilkt des südruss. Handels mit Deutschland
(überBrod^O* Pferdemarkt für Tataren etc.
Berdjanslc» Hafenstadt im südruss. Gouv.
Taurien, am asowschen Heer, 12,116 Ew.
Bereezk, Flecken in Siebenbürgen, Land
der Szekler, 2913 Ew. Naphthaquellen.
Beregb, ungar. Komitat, Kr. diesseits der
Theiss, in den Karpatben, 67,7 QH. (</»
Wald) und 180,000 Ew.; viele Alaunsie-
dereien. Hauptort Bereghstdu, 8801 Ew.
Bereagar, Name zweier Könige von Ita-
lien: B, I., Sohn des Herzogs Eberhard
von Friaul und Giselas, der Tochter des
Kaisers Ludwig des Frommen, ward 888
König von Italien, Hess sich vom deutschen
Kaiser Arnulf mit Italien belehnen , 916
vom Papst Johann X. zum Kaiser krönen;
J9S4 durch Heuchelmord. — B, IL, Sohn
es Harkgrafen Adalbert von Ivrea, Enkel
des Vor., ward nach Lothars Tod König
von Italien, hielt Lothars Wlttwe Adelheid
in harter Gefangenschaft, musste, von Kai-
ser Otto I. bezwungen, 952 das Königreich
Ralien als deutsches Lehn annehmen, em-
pörte sich wiederholt gegen den Kaiser,
ward von diesem 961 besl^; f 966 als Ge-
fangener in Bamberg.
B«)r«Bgftr TOB Touf y Scholastiker, geb.
17 •
deo
Berenice — BergamottoL
«98 zu Toani seit 1040 Arohidfakomig sn
Angers, focht Mit 1060 di« Lshre Ton dor
Brodverwandlang im Abendmahl« an, ward
aiiro Widerruf geawungen, Bog »ich 1060 auf
die Insel St. Cosmoi bei Toars mrück; f das.
1068. Vgl. LesHn§, ,B.S 1770. Werke her-
ausg. Ton A. F, und F. Tk, Vi»ch«r (1834).
Bareaiee (a. G.), 1) wichtiger Handels-
platz in liibyen, an der gr. Syrto; Jetzt
Bengazl. — 2) Seestadt in Aegypten, am
rothon Meer; Bninen beim Bas Benas.
BttreHiee (eig. Fherenik; gr., s. t. a. Sieg-
bringerln), Name mehrerer her. Franen des
Altorthnms, bes. mehrerer Königinnen Ton
Aegypten und Syrien. Am bekanntesten
ist £, II., Gemahlin des Ptolemäns III.
Energetes Ton Aegypten, Tochter des Magas,
Königs Ton CTrene, brachte als Weihge-
scheuke für die Siege ihres Gemahls in
Asien der Aphrodite ihr schönes Haupthaar
zum Opfer dar. Als dasselbe am andern
Tage aus dem Tempel Terschwunden war,
erklärte der Astronom Conon von Samos,
es sei von den Göttern als Sternbild an
den Himmel rersetzt worden ; seitdem Name
eines Sternbildes (Goma Berenioes) am nördl.
Himmel, nahe am Schweif des Löwen, ant-
li< Sterne 4., 5. und 6. Gr. und mehrere
ausgez. Nebelflecken.
Beren^ Kreisstadt im preuss. Begbz. Dan-
zig, an der Ferse, 4004 Ew.
Bereafbrd (spr.Bihrsford), William OarrB.,
Viscount, brit. General, natürl. Sohn Georges
de la Poer, Marquis von Waterfbrd, geb.
8. Okt. 1768, befehUgte 1807 die Landtruppen
bei der Expedition nach Madeira, wurde
nach Eroberung der Insel Gouverneur das.,
begleitete Sir John Moore nanh Spanien,
warf, März 1809 zum Generalissimus der
portngies. Armee ernannt, am Duevo das
ftanz. Corps unter Loison zurück, focht
auch 1812 und 181S ruhmvoll, unterdrückte
1817 einen Aufstand in Rio-de-Janeiro. Seit
1810 Mitglied des Unterhauses und ent-
schiedener Tory^ ward er 1814 Peer, 1823
Yiscount, 182& General, 1828 Generalfeld-
seugmeister; f & J<^d* ^^^
BerMlMy Fluss im russ. Gouv. Minsk,
mit flachen, oft sumpfigen Ufern, mündet
rechts in den Dnjepr; 77 M. 1., von Boris-
sow an (53 M.) schifibar; durch den B«re-
ainakanm mit der Buna (Ostsee) verbunden.
Berühmt durch den unglücklichen Ueber-
gang der franz. Armee 26.-29. Nov. 1812.
BeresoWy 1) Stadt in Sibirien , Gouv. To-
bolsk, «n Ob, 1670 Ew. Pelzbandel. Ver-
bannungsort von MentschikoiT und Oster-
manu. — 2) Flecken im ostruss. Gouv. Perm ;
in der Nähe viele Goldgruben.
BerVy vormals selbständiges Herzogthum
(Ducatus Montensis), unifasst Theile der
prenss. Begierungsbezirke Arnsberg , Köln
und Düsseldorf, seit Anfang des 12. Jahrh.
von Grafen von Teisterband regiert, kam
nach deren Aussterben 1219 an die Herzöge
von Limburg, 1348 an Gerhard, Prinzen von
Jülich, dessen Sohn Wilhelm I. vom Kaiser
Wenzel die Herzogswürde für B. erhielt.
Nach dem Aussterben der Jülich-bergsehen
Herzöge (1609) gelangten Pfalz-Neuburg und
Kurbrandenburg zur gemeinsebaftl. Be^e*
rung des Landes, bis sie 1624 Pfalz-Nwibarg
durch den Vergleich von Düsseldorf allein
erhielt. Nach dem Erlöschen der kurpfils.^
Linie 1742 kam B. an den Kurfürsten Karl
Theodor von der sulzbaohschen Linie und
nach dessen Tode 1799 an den Herzog Ma-
ximilian Joseph von Pfklz - Zweibrücken..
1806an Frankreich abgetreten, ward es von
Napoleon L , durch Kleve und andere Ge-
biete vergrössert, als GrouhenogtJmm B.
(96 QM. mit 374,235 Ew.) seinem Schwager
Joachim Murat, nach dessen Erhebung auf
den Thron von Neapel (1809), auf 315 QM.
mit 878,157 Ew. vergrössert, dem noch an-
mündigen ältesten Sohn des Königs Ludwig
von Holland (dem älteren Bruder Napo-
leons JJL) verliehen, 1813 von den Verbün-
deten besetzt, 1815 Preussen zugetheilt
Berg 9 1) Dorf im würtembei^. Neckarkreis,,
am Neckar, mit grossen Fabrikanlagen, Mi-
neralquellen und 1583 Ew. — 2) Dorf mit
köiUgl. Lustschloss am Stambexgersee in
Oberbayem; LieblingsauiBnthalt des Jets.
Königs von Bavem.
Bergy JTorl Meinr, Edmund, Freiherr von,
Forstmann, geb. 30. Nov. 1800 zu Gtötkingen,
seit 1845 Oberforstrath und Direktor der
Akademie für Forst- und Landwirthe za
Tharandt Sehr. «Staatsforstwirth Schafts-
lehre* (1850) ; bearbeitete die 7. und 8. Aufl.
von Ootiae ,Waldbau* (1849 und 1856) und
Försters Werk ,Ueber die kleine Jagd' (4.-
Aufl. 1856). Seit 1846 Eedakteur des .Forst-
wissenschaftlichen Jahrbuchs der Akademii^
Tharandt* (Bd. 1-16, 1846 ff.).
Berg> Friedrich WUh, BenOteri (CQ8<-
JPedor Fedorowitsoh), russ. General, geb. 26.
Mai 1790, machte als Oberst 1822-24 meh-
rere Expeditionen gegen die Kirgisenstämmer
focht 1828 und 1829 als Generalmajor geeen
die Türken, 1831 in Polen, ward 1848 Ge-
neralquMtiermelster des kaiserl. General-
stabes , 1854 Generalgouvemeur in Finnland
und 1856 zum Grafen erhoben, 1861 wegen
seiner Unbeliebtheit abberufen und 31. Okt..
1863 zum Statthalter in Polen ernannt, wo
er den Aufstand mit rücksichtsloser Streng»
unterdrückte und die Russifikation des Lan-
des begann. Seit Nov. 1866 FeldmarschalU
Berga. Stadt in S.-Weimar, Kr. Neustadt^
an der Elster, 1073 Ew., Schloss.
Bergamasca (ital.) , alter ital. Tanz top
lebhaftem Charakter.
Bergamo« oberital. Prov. (Lombardei)».
48,3 QM. und 353,898 Ew. Die Bewohner
(Bergamatken) als plump und lächerlich
versdirieen; daher die Possenreisser der
ital. Volkskomödie Bergamasker. Die Bauft-
Stadt B., 24,576 Ew. Xastell, Academia Car-
rara, Kathedrale, Kirche Sta. Maria Mag-
l^re, Messehaus (Fiera) mit 500 Buden.
Bergamottenbimen , syrische BirneB^
Pomeranzenbimen, Bimenfkmilie, randliche
Birnen von mittlerer Grösse , deutsche Na-
tionalbergamotte , rothe B. oder Sommer-
crasanne, schweizer und holländische B.
B6lganott$l, äther. Oel aus den Fruehtea
von Citrus bergamium Bisso, in Italien durc»
Pressen gewonnen, beliebtes Parfüm*
Bergara — Berger.
26t
Bergirt, Stadt, s. Vergara,
Bergban^ die Arbeiten zur Ausliringung
mitibarer Mineralien. Diese treten in
"EjagerUf Gängen, Adern, Stöcken, Nestern
«oder Niereu auf. IMe Gesteinsmasse , auf
'welcher sie ruhen, heisstr das Liegende,
■die bedeckende das Hangende. Die kürzeste
liinie vom Hangenden lum Liegenden be-
seichnet die Mächtigkeit /^reichen, d. h.
der Winkel, weichen der Gang mit der
Hittagslinie maeht , und FaUen , d. b. die
Xage, nach der er in die Tiefe (Tenfs) geht,
"wird mit Kompass und Gradbogen bestimmt.
Das Aufsuchen der Mineralien geschieht
^urch Schürfen (Wogranmen der lockern
Bedeckung bis auf den Fels , Bohren (mit
-dem Brdbohrer) und Anisen Ton Yersuchs-
«tollen oder Schächten. Die Qetoinnung der
Mineralien und die Bewältigung des Neben-
-^estelns geschieht mit dem GezShe OBpitz-
hammer, Kell oder Fimmel, Keilhaue, Schla- ,
:gel oder F&ustel und Eisen), durch Spreng-
arbeit , selten , bei höchst festem Gestein,
•durch Feuersetzen , in der neuesten Zelt
vielfach mit Maschinen, die durch Wasser,
Dampf od.komprimirteLuftgetrieben werden.
Der Orvibenbau ist streckenartig (annähernd
horizontal: Stollen, Strecken, Röschen,
Fall- und Steigörter, Querschläge) oder
schachtartig (annähernd vertikal). Die Ab-
haue, auf denen die nutzbaren Mineralien
^gewonnen werden, sind auf Gängen und
Xagem, die das Fallen der Gänge haben:
Strossen-, Forsten- und Querbaue; auf
tit^em: Strebe-, Pfeiler, Stoss- u. Würfel-
"baue; auf Stöcken: Bruch- und Stockwerks-
baue. Beim B. in zerklüftetem Gestein Ist
•eine Sicherung der Arbeitsräume durch
Zimmerung, Mauerung oder Bergyersatz
<Ansfüllung mit Gestein) nothwendig. Be-
fahren werden die Räume auf Leitern (Fahr-
ten), in auf- und absteigenden Gelassen , auf
Dohief liegenden Holzbahnen (rutschend) etc.
Die Luft in den Gruben kann durch Ozy-
datlonsprozesse ihres Sauerstoffs beraubt
und so oder durch Entwlokelung von Kohlen-
säure zum Athmen untauglich werden
(btiae Wetter); oft entwickelt sich auch, be-
sonders aus Kohlen brennbares Qim (Gruben-
gas, Sumpfgas), welches mit Luft gemengt
bei Annäherung einer Flamme explodirt
{schlagende Wetter), Zur Sicherung dient
Ventilation , die nach Art der Feueressen
«def mit Maschinen hergestellt wird, sowie
die Sicherheitslampe. Die Forderung der
^wonnenen Mineralien ist Streekenforde-
rang In Karren, Schlepptrögen, Hunden
(kl^bie vierrädrige Gefässe zum Stossen),
Wagen etc. oder Schaclitfordernng (ilaspsl-
•oder Göpelförderung). Die in den Gruben
«ich sammelnden Wasser werden durch
Pumpwerke beseitigt (Wasserhaltung). —
Ueber den B. der Alten ist wenig bekannt.
A^iypter, Phönicier, Karthager betrieben B. ;
viel rationeller die Römer, unter denen er
schon Regierungssache war. In Deutsch-
land findet sich der erste B. unter Karl d. Gr.,
Vasallen wurden mit Bergwerken belehnt.
Im 10. Jahrh. waren die harzer Bergwerke
schon bedeutend, im 12. Jahrh. die von
Sachsen u.Böbmeu. Grosse Förderung brachte
das Schiesspulver, die wichtigste aber das
neueMasohipeuwesen, wodurch es möglich
wurde, früher verlassene Bergwerke mit
Vortheil wieder aufzunehmen und in Teufen
von mehreren KXX)' vorzudringen. Vgk
Oätzechmann, , Vollstand. Anleitung zur Beig-
baukunstS 1. Bd., 8. Aufl. 1866: Bartmtmn,
»Handbuch der Bergbau- und Hüttenkunde',
1857; Bittinger, ,Mittheilnngen &ber berg-
männische Maschinen*, 18Ö5.
Bergblan, Kupferblau, Malerfarbe; natfir-
liches B. ist geschlämmte Kupferlasur von
Ohessv, Salzburg, aus Tirol, Ungarn und
vom Ural, künstliches ist Kupferoxydhjdxat,
also s. V. a. Bremerblau.
Bergboek, s. v. a. Steinbock.
Bergbohrer 9 s. Bohren.
Bergbntter. Salzausblähung auf schwefel-
kieshaltigen Schiefem; s. v. a. ZinkvitrioL
Benedorf • hamburg. Amt, zwischen Blbe
und Bille, 1,7 QM. mit 18,510 Ew. (Vier-
länder); früher Hamburg u. Lübeck gemein-
sam, 1867 von Hamburg für 800,000 Thlr.
ganz angekauft. Die Stadt B., 3131 Bw.
Bergeil (Val Bregaglia), enges Thal in
Graubünden, von Maloggia bis Chlavenna,
8 St. 1., von der Maira durchflössen, etwa
1600 Bw. Ausfuhr von Heidelbeeren (Jährl.
über 40,000 Frcs.). Vgl.XecAner, ,Thal B.*, 1865.
Bergen 9 1) Hauptstadt der Insel Rügen,
nahe dem Rugard, 3536 Ew. Fräulein stift
(seit 1198). — 2) Dorf unweit Frankfort a/M.,
2440 Ew* IS. April 1759 Sieg der Franz<nen
unter Broglio über Ferdinand von Braun-
schweig. — 3) Belg. Stadt, s. Mon$. — 4)
Dorf in Oberbayern, mit grossem Eisenhüt-
tenwerk. — 5) Stift in Norwegen, an der
See, 874 QM. und 848,914 Ew. An der Ost-
seite das Longfield. Viehzucht und Fische-
reL Die Eauptet. B. mit der Vorstadt Sand-
Vtgen 25,797 Ew. Gr. befest. Hafen. Bed.
Häringsausfuhr (Jährl. oft 200,000 Tonnen}.
1069 von K. Olaf Kyrre gegr.; im Mittel-
alter wichtigste Hansestadt in Norwegen.
Bei^en^ Segel wegnehmen; die Güter eines
gestrandeten Schiffes retten ; ein Schiff oder
seine Ladung aus Seenoth (Givilbergung)
oder Feindeshand (Militärbergnng) retten.
Bergenflseli, s. v. a. Dorsch.
Bergen op Zoom, starke Festung in der
holländ. Frov. Nordbrabant, am Einfluss
der Zoom in die Ostscheide, 9139 Ew.
Berger, 1) Ludwig von B., geb. 1768 In
Oldenburg, Kanzleirath das., 181S Mitglied
der dort eingesetzten provisor. Verwaltungs-
kommission, ward nach der Rückkehr der
Franzosen wegen einiger Aeusserungen ge-
gen die Fremdherrschaft mit seinem Stunde
Fink 10. April 1813 in Bremen erschossen.
Vgl. Oildemeister, ,Finks und Bs Ermor-
dung', 1814. — 2) Joh. Kepomuk, Öster-
reich. Staatsmann, geb. 16. Sept. 1816 su
Prossnits in Mähren, ward 1844 Assistent
für die Lehrkanzel des Natur- u. Krimfnal-
rechts am Theresianum, vertrat, 1848 in das
iVankfurter Parlament gewählt, auf der
Linken die grosadeutsche Richtung, prak-
ticirte dann iu Wien als Rechtsanwalt, ward
1863 Mitglied der Abgoordnetenkammer,
262
Bergerao — Bergseife.
Dec. 1667 zum Minister ohne Portefeuille
«rsajint, trat Jan. ISJO zurück; t ^^ ^^o.
1876 in Wien. — 3) Ludwig, Komponist und
Planist, geb. 18. April 1777, leibte 1804 — 15
in Petersburg, Stockholm und London ; f 1^*
Tebr. 18S9 zu Berlin. Lehrer Mendelssohns.
Gediegene Klavierkompositionen.
Bergerae (spr. Berschrak), Stadt im franz.
Bepart. Dordogne (Guienne), an der Dor-
dogne, 12,224 £w. Weinbau u. Eisenwerke.
Bergerie (spr. Berschrie), höchster Gipfel
.der Arana. Ardennen, bei Fumay, 1515'.
Bergfahrt 9 Fahrt der Schiffe stromauf-
w&rts, Gegensatz Thalfahrt.
Bergflachs, s. AabetU
BergfleUch, Gemenge von Asbest mit Talk.
Bergfried (mittelhochd. berc/rit oder ber-
vrit), Wachtthurm auf Burgen.
BerggieBflhfibel, Bergst. im sächs. Begbz.
Dresden, bei Pirna, im Gottleubethale, 1007
Ew. Ehemals blühender Bergbau. Mehrere
Mineralquellen (Johann - Georgenbad).
Berggrün,Ungari8chgrün,Tiroler-, Kupfer-
oder Schiefergrün, gute Wasserfarbe; na-
türliches ist geschlämmter Malachit, künst-
liches ist gefälltes kohlensaures Kupferoxyd ;
giftig, ziemlich haltbar, deckt schlecht.
Berghftus, Heinr. Karl Wilh., Geograph,
geb. 3. Mai 1797 zu« Kleve, 1824-55 Prof.
an der Bauschule zu Berlin, privatisirt das.
Zahlr. kartogr. Arbeiten: , Atlas von Asien'
(1833-43), ,PhyslkaI. Atlas' (1837-48, 2. Aufl.
1849 — 51), , Sammlung hydrogr.-phVsikal.
Karten der preuss. Seefahrer* (1840) etc.
Sehr. ,AIIgem. Länder- und Völkerkunde'
S 1837- 40, 5 Bde.); ,Die Völker des Erdballs'
1845-47, 2 Bde.); ,DeutschIand seit hundert
Fahren' (1859-62, 5 Bde.); ,Was man von der
Erde weiss' (1856-60, 4 Bde.); ,Briefwechsei
mit A. V. Humboldt' (1863, 3 Bde.) u. A. —
Auch sein Neffe, Hermann B., geb. 16. Nov.
1818, ist durch geograph. Arbeiten bekannt ;
lieferte n. A. eine ,Karte des Oetzthaler
Gletschergebiets' (1861), eine ,Weltkarte in
Mercators Projektion' (1859, 4 Bl.) und mit
9. Slülpnagel die treffliche ,Chart of the
World* (1863, 8 Bl.).
Bergneim, Kreisort im preuss. Regbz.
Köln, an der Erft, 576 Ew.
Berghem, Maler, s. Berchem,
Bergtech - Gladbach , Stadt im preuss.
Begbz. Köln, Kr. Mülheim, 5899 Ew.
Bergk, Theod., Philolog, geb. 22. Mal
1812 zu Leipzig, Sohn des als Uebersetzer
und populär -Philosoph. Schriftstoller be-
kannten Joh. Ad. B. (geb. 1773 zu Hay-
nichen bei Zeitz, f 27. Okt. 1834 zu Leipzig),
seit 1842 Prof. zu Marburg, 1847 Mitglied
des Landtags, 1848 einer der 17 Vertrauens-
männer, seit 1852 Prof. zu Freiburg Im
Breisgau, seit 1857 zu Halle. Best verdient
um die Kritik und Erklärung der grlech.
Dichter. Gab heraus: ,Poetae lyrici graeci'
(1853—67, 3 Bde.), Aristophanes (2. Aufl.
1857), Sophocles (1857) n. A., von 1843 bis
1852 mit Cäsar die «Zeitschrift für Alter-
thumswissenschaft'.
Bergkalk, s. Kohlengruppe,
Bergkork, s. Asbe$t.
Bergkrystal]^ •. Quar»,
Bergleder, s. Asbest,
Bei^manli, s. Mesotyp.
Bergmehl, s. Infusorienerde u. Kieeelguhr,
Bergmllch (Mondmilch), Melilkreide, erdi-
ger Kalkspath, häufig in Kalksteinklüfteo,.
dient als Farbe.
Bergdl, s. v. a. Erdöl.
Bergpech 9 s. v. a. Asphalt.
Bergrecht, Inbegriff der Rechtsg^mndsätze,
welche sich auf den Bergbau, insbesondere
auf die Erlangung des Beigeigenthums und
die daraus herfliessenden Verhältnisse, so-
wie auf den Verlust desselben beziehen.
Das deutsche B. bat sich frei von der Ein-
wirkung des röm. Rechts erhalten u. auch
ausserhalb der Grenzen Deutschlands, in
Dänemark, Schweden und Norwegen, Eng-
land, Spanien, Mexiko etc. Geltung erhalten.
Die ersten Anfänge desselben fallen in das
12. Jahrh. , in welchem der Bergbau in
Böhmen , Meissen und am Harze in Auf-
nahme kam. Das älteste B. ist das von
Iglau, um 1250 aufgezeichnet. Mit Ausbil-
dung der Landeshoheit entstanden umfas-
sendere Bergordnungen, von denen die
joachlmsthaler von 1548 und die sächsische
von 1589 die wichtigsten sind. Aus der
neueren Zeit sind hervorzuheben: das
preuss. Landrecht, Th. U , Tit. 16 , und das
k. preuss. Gesetz vom 21. Slai i860| betr.
die Aufsicht der Bergbehörden über den
Bergbau und die Verhältnisse der Berg:
hüttenarbeiter; das Österreich. Berggesetz
vom 23. Mai 1854; das k. sächs. Berggesetz
vom 22. Mai 1851; die franz. Berggesetze
vom 28. Juli 1791 und 21. April 1810; die
engl, vom 10. Aug. 1843, 14. Aug. 1850,
14. Aug. 1855 und 28. Aug. 1860; das span.
vom 6. Juli 1859 ; das portugics. vom 31. Dec
1851. Vgl. Karsten, ,Grundriss der deutschen
Bergrechtslehre', 1828; Kressner, ,System8t.
Abriss der B.e in Deutschland', 1858; Brastert
und Achenbach, ,Zeitschrift für B.', 1. — 12.
Jahrg. 1860-71.
Bergregal, die ausschliessl. Befügnlss der
Staatsgewalt zur Gewinnung von Fossilien.
Die Ausdehnung des B.s ist landrechtl. ver-
schieden. Während durchschnittl. nur Me-
talle und nicht einmal allenthalben Eisen-
steine darunter gehören, dehnen manche
Bergrechte das Regal auch auf Marmor,
Kalk, Schiefer, Stein- und Braunkohlen etc.
aus. Verschieden von dem B. ist die Berg-
hoheü oder das dem Staatsoberhaupte als
solchem zustehende Recht, das Bergban-
wesen zu beaufsichtigen, den Bergwerks-
betrieb zu besteuern, den Grubenbetrieb
nach den Anforderungen der Sicherheits-
polizel und Volkswirthschaft zu regeln,
Berggesetze zu erlassen , Bergbehörden «ti
kiToirdi otc
Berg-Beickensteiiiy Bergstadt im böhin.
Kr. Pisek, 1900 Ew. ,. , ,
Bergrelen (Bergreihen), Bergmannsbeder,
im 15. u. 16. Jahrh. Art lyr. Volkslieder geirtl.
und weltl. Inhalts. Vgl. Bchad», 3- 1/^
Berggehotten (Hochschoiten) , die oelt. i»e-
wohner Hochschottlands, mit bes. TracDj.
Bergtelfe (Böckseife), feinerdiger, miiaer
Thon, bei Wältershausen, Babciisoheia,
Bergstadt — Berlin.
26a
Silin, io Polen, anf Skye, dient mm Waschen
und Walken grober Zeuge.
Bergstadt, Stadt mit Bergwerksbetrieb
und darauf besugl. Privilegien.
Bergstrasse 9 Strasse yon Darmstadt am
Odenwald entlang bis Heidelberg, 12 St.;
die Gegend sehr f^chtbar (Wein, Obst).
Bngstars, Loslösen und £instänse^ einer
Bteiien Felswand in Folge Ton Aufweichung
der unteorgelagerten Gtesteinsmassen. Häufig
an B.en ist die Schwels bes. bei Molasse und
Nagelfluhgebilden. Herabratschende Erd-
und Oesteinsmassen heissen Erdachlipfe.
. Bei^gtftlgy Bergwachs, s. t. a. Osokerit.
BergtheffiTy sähflüssiges Erdöl.
Bennes (spr. Bergh), befest. Stadt im
franz. Depart. Nord, €022 Ew. Getreidemarkt.
Bergunermeeir, Landsee ijOL der hoU.
ProY. Friesland, 8 St. im Un^ang.
, BergwteliS) Bergtalg, 8.T.a. Oeokerit.
Beigwagey Apparat zur Aufhahme Ton
Bergwerk, s. Bergbau. [BergprofiUn.
Bergiabem, Stadt in der bayer. Bhein-
pfals, am Fttss der Vogesen, 252S Ew.
Berlberi (Sjndonus indicus), in Indien
endemische Krankheit^ befällt Einheimische
und Fremde bes. in der Begenselt , meist
nicht tödtllch.
Berlelsche Hügel« Berggruppe in Veue-
tieu, bei Vicenza, 1830'.
Bering (Behring) , Vitu» , Seefahrer, geb. ,
zu Bnde des 17. Jahrh. zu Horsens (Jüt-
.land), nahm russ. Seedfenste unter. Peter
d. Or. , entdeckte 1728 auf einer Beise ins
Meer yon Kamtschatka die Durchfahrt zwi-
schen Asien und Amerika (Bering»ttra9$e),
vraxd 1741 auf einer zweiten, zur Unter-
suchung der nordwestl. Küste tou Amerika
(bis 69<^ unternommenen Entdeckungsreise
auf die nach ihm benannte Beringsimel yer-
sch lagen; t das. 8. Dec. 1741.
Bensgerbad, Badeort (Soolbad) bei Sude-
rode, am Eingang des Harzes, seit 1827.
Bmngsmeer, der nördlichste Theil des
Grossen Oceans zwischen Asien u. Amerika,
im K. durch die Beringsstrasse mit dem
attischen Meer verbunden.
Beriet, OftarZet ÄuguHe de, Viollnvlrtuos
modemer Schule, geb. 20. Febr. 1802 zu
Löwen, seit 1883 mit der Madibran - Qarcia
Terhelrathet, wurde 1842 Bail lots Nachfolger
am Konserratorium zu Paris; lebte spater au
Brüssel, seit 18^ erblindet ; f 10. April 1870.
Schüler von ihm: Vieuxtemps und Prume.
Zahlr. Violinkompositionen (Koncerte, Va»
riationen, Phantasien etc.), elegant und
effektvoll, aber ohne Tiefe.
Besiislaw, Stadt im südruss. Gouvem.
Oherson, am Dnjepr, 6495: Ew. Deutsche
Kolonien. <
Berka, 1) Stadt u. Badeort in S.-Weimar,
Kr. Weimar, an der Um, 1550 Ew. — 2) Stadt
das.. Kr. Eisenach, an der Werra, 1144 Ew.
Berkaa« wollenes, seidenes oder halb-
seidenes,, leinwandartig gewebtes Zeug.
Berkel, Nebenfluss derYssel in Holland,
kommt aus Westphalen, mündet bei Zütphen.
. Berkeley (spr. Börkll), Stadt in der engl.
Grafscb. Gloucester, am Severa, 5000 Ew.
Jenners erste Kubpockenimpfting 1796.
Berkeley (spr. Börkli), George, engl. Phi-
losoph , geb. 12. März 1684 zu Thomastown
in Irland, seit 1733 Bischof von Cloyne;
t 14. Jan.* 1753 zu Oxford. Gegner des da-
mals herrschendeaKealismus und Materialis-
mus, bestritt er die Realität der Aussenwelt
und gestand nur dem Geiste Wirkliclikeit
EU. Sehr. ,Treati8e on the principles of. hu-
man knowledge* (1710); ,TIiree dialogaes
betweenHylas and Philonous' (1713; deutseh
1781); ,Aloiphron orthe minute philosopher*
(1732) und ,Theory of Vision« (1709; neue
Aufl. 1860); ,Work8' (1784, 2 Bde.; neue
Ausg. mit Biogr. 184S).
Berkheyden, Gerhard, niederl. Maler, geb.
1645 EuHarlem, t 1698; trelfliche Architek-
tnrstüoke (Trajanssaale im Louvre zu Paris,
Bathhaus zu Amsterdam etc.). [Istrien.
Berkliier, slowen. Volksstamm im nördl.
Berkowits. russisches Schiffspflind, = 10
Pud = 163,8 Kilo =r 3 Ctr. 27,6 Pfd.
Berks (BerkaMre), Grafsch. im südl. Eng-
land, 33 QM., 176,256 Ew. Hauptst. Reading.
Berlat (Byriat), Fluss in der Moldau,
mündet links in den Sereth, 30 M. ; von der
Stadt B. (5000 Ew.) an schiffbar.
Berleburg . Kreisst. im preuss. Regbz.
Arnsberg, 2041 Ew., ehedem HauDtort der
Grafsch. Wittgenstein. Schönes Sohloss«
Berlenga, dürre Felseninsel an der
portug. Küste (Estremadura), bei Peniche.
BenlchtngeB, Dorf, im würtemberg. Jaxt-.
kreis, an der Jaxt, bei Künzelsau; Ruinen
des Stammschlosses der Familie von B.
BerliehlBgeii, Oütz oder Qot^-ied von,
mit der eieemen Sand, tapferer Ritter des
16. Jahrh., geb. 1480 zu Jagsthausen im
Würtemberglschen, dem Stammschlosse sei-
ner Familie, diente dem Herzog Albrecht V.
von Bayern -München, verlor bei der Be-
lagerung von Landshat die rechte Hand, die
er dann durch eine ^eme ersetzen Hess,
stand 1519 dem Herzog Ulrich von Würtem-
berg gegen den Schwab. Bubd bei, fiel bei
Möckmühl in Gefangenschaft, fungirte 1525
im Bauernkriege gezwungener Weise als
Hauptmann der Bauern, ward deshalb in
Augsburg in Haft gehalten und erst 1530
IVei gelassen; focht 1541 unter Kaiser Karl V.
gegen die Türken, 1544 gegen Franz von
Frankreich ; f 23. Juli 1562 anf Schloss Hom-
berg. Sein Grabdenkmal im Kloster Schön-
thal. Seine Autobiographie (zuerst 1781) gab
Goethe den Stoff zum ,Götz von B.*. Das Ge-
schlecht B. blüht noch in 2 Linien, zu Jagst-
hausen und zu Rossach, von denen die letz-
tere G. V. B., die erstere dessen Bruder Hane
9on B, (geb. 1476, f 1558) zum Ahnherrn hat.
Der Linie B.- Rossach gehört an Friedr,
Wolfg, Gut» von B„ geb. 26. Juni 1826, wür-
temberg. Major und Abgeordneter der ersten
Kammer, 17. Juli 1859 in den Grafenstand
erhoben. Sehr« ,Ürkund liehe Geschichte des
Ritters G. von B. und seiner Familie* (1861).
Berlin, Hauptst. der preuss. Monarchie
wie des bisherigen norddeutschen Bundes
und des neuen deutschen Reichs, erste Re-
sidenzstadt des Königs, Sitz der obersten
Bundes- u. Landesbehörden und Versamm-
lungsort des deutschen Reichstags, des Zoll-
864
Berlin.
Parlaments (1867—70) und des prettss. Lnnd-
tags, in der Hittelmark in weiter Ebene, an
beiden Seiten der Spree (mit mehrem Inseln),
1 QM., (18«7) 83,96S Gebäude (700 öffentliche,
darunter 00 Kirchen nnd Bethänser) und
70S,4S7 Ew. (incl. 21,978 Militär), darunter
€88,0M Protest. , 42,480 Kath., 27,607 Juden.
B. hat 16 Stadttheile: AU-B. rechts an der
Spiree, nnd AU-KlUn auf einer Insel (die
ältesten), Keu-KOln (seit 1681 bebaut) und
JPVietfrtcAMperdsr (seit 1658) auf einem Wer-
der ; links an der Spree : Z>oroth6en*ktdt (Neu-
fltadt , seit 1673) , Friedrich»$ta€U (seit 1694)
liikd Lui*e$i»tadt (seit 1669), rechts: drolower
VUrta (seit 1705), Königutadt (seit 1^,
gpandaiur Bevitr (Sophienstadt, seit 1691)
und Friedrich' Wilhelm$$tadt (seit 1888 be-
nannt); ausserhalb der Ringmauer, welche
die genannten Theile einschliesst (aum Theil
niedergerissen), die Vorstädte Wedding (Ora-
nienburg. Vorstadt) , ifooMI (Voigtland, seit
1752), Jiaswr« FriedHchntadi (1888 angelegt),
ÖMttret Bpandatur Bevier, »ehVnAerger und
tempelho/er BetHer, 19 Thore, 596 Strassen,
Gassen nnd freie Plätae.— IIampMra»$eH : Un-
ter den Linden (3800' 1., 144' br., mit 4facher
liindenallee nnd dem Brandenburgerthor),
Friedrichsstrasse (8500') u. Wilhelmsstrasse
(bis zum neuen Luisenthor 9100') u. Königs-
Btrasse J^andel und Verkehr). — Oeffentliche
FUUge: Opemplatz (mit der 18' h. Reiterstatue
Jriedrlchs d. Qr. von Rauch, seit 1851), Lust-
garten (1888 angelegt, mit den Museen), Gen-
darmennlati (mit dem neuen Schauspiel-
haus), Wilhelmsplatz (Statuen Ton Schwerin,
Winterfeld , Seidlitz , Keith , Ziethen und
Leopold Ton Dessau), Belle -AUianspIatB
(Victoriasänle , seit 1843), Lefpzigerplati
(Denkmal des Grafen von Brandenburg) und
PariserplatB. — Brücken: Kurfurstenbrücke
(Statue des grossen Kurfürsten), Friedrichs-
brficke (118 Sehr. 1., mit 8 eisernen Bögen),
Schlossbrficke (erb. 1884, auf 8 massiven Bö-
gen, mit 8 allegor. Marmorgruppen: Leben^
lauf eines Krlt^ers), weidendammer Brücke
(Elsen, erb. 1886), Alsenbrficke (erb. 1864) u. a.
Schulter u. and. Öffentliche Geiäude : königl.
Schloss (,weisser Saal') ; königl. Palast, ver-
bunden mit dem Palast des Pr. Ludwig;
Palast der Königin der Niederlande; «e
Paläste des Pr. Karl (mit Waffenhalle), des
Kronprlnsen und des Pr. Albrecht (Winter-
garten); Lustschloss Monb^ou, Zeughaus,
die Königs- oder Neue Wache (nach der Idee
eines röm. Kastrums, mit den Statuen Scham-
faorsts und Bülows, gegenüber die Blüchers
von Rauch); die Artillerie- nnd Ingenieur-
aohule; 16 grosse Kasernen; der köuigl.*
Stall (Reitakademie, mit Rüstkammer); die
Universität (früher Palais des Pr. Heinrich,
mit anat., aooL und mineral. Museum); die
königl. Bibliothek; Akademie (mit Stern-
warte); Singakademie; königl. Bauschule
gSaualüulemie); Börse; das Münshaus; Giess-
aus; die Staatsdruckerei; das alte Museum
(1888 erbaut von Schinkel, mit Jon. Säulen-
halle, dem Löweutödter von Wolff und der
Amasonengruppe von Kiss), enthaltend die
Gemäldegallerle und die grossen Sammlun-
gen antiker nad anderer Kunstgegenstäude;
damit verbunden das kol<Msale neue Musaum
(seit 1848 begonnen , für nord. und ftgypt.
Alterthümer, die Oypsabgüsse und die
Kupferstichsammlung, her. Treppenhaus mit
Kaulbachs Fresken; davor die kolowale
Granitschale); das Opernhaus (1843 neu er-
baut, für 1800 Pers.), das neue Schauspiel-
haus (181T neu aufgebaut, für 1500 Zu-
schauer); LuisenstUkung (sonst ^alais der
Prinsessin Amalie); der neue Packhof;
Krolls Etablissement (1852 neu erbaut, für
5000 Gäste); das neue Bathhaus (1870 er-
öffnet), das neneOirkusgebäude, dasOrphenm
(Vergnögungslokal),da8 Zellengefängnisseto.
— Die Kirchen ohne hervorstechende arohi-
tekton. Bedeutung; die ältesten (18. Jahrh.) :
Nikolai- oder Hauptkirche, Marienkirche (nea
entdeckter Todtentanz) uftd Klosterkfrclie;
die neuesten: die kath. Michaels-, die evan^.
Thomaskirche n. die Klosterkirche am neuen .
Dominikanerkloster in Moabit (seit 1869);
die schönsten: die Friedrichswerderldrohe
(goth.), die kath. Hedwigskirche (Rotunda)
und die Parochlal- und Gamisonkirche; die
neue Synagoge.
Wiieentchafaiche und KknetanttaUen: die
königl. Bibliothek (500,000 Bde. und 10,000
Manuskr.), Universität (1810 gegründet, 1868:
2997 Hörer) ; Akademie der Wissenschafken
(seit 1700, mit der neuen Sternwarte) ; Aka-
demie der Künste (seit 1699); Bauakademie
(mit dem Benth -Schinkelmuseum, Gewerbe-
und Bansohulen); die beiden Museen (s.
oben); das gr. Aquarium, zahlr. gelehrte
Gesellschaften, das medicin. -Chirurg. Fried-
rich-Wilhelmsinstitut, die Miliarakademie
für Offiziere, Artillerie- u. Ingenieurschule^
Thierarsneischule, Kadettenanstalt, 10 Gym-
nasien (5808 Schüler) , 86 öffentl. und 106
private Elementar- u. Mittelschulen, Taub-
stummen- und Blindenschule, verschiedene
Seminare, Entbindungsanstalt, Hebammen-
schule, Bei^werkseleveninstitut, Gewerbe-
institut u,r.n,— WohUh<UigkeiteamUMen: die
Oharit6 (das Hanptkrankenhaus , Jetzt mit
dem klinischen Institut verbunden , oft
10,000 Kranke Jährl.), Bethanien (Kranken-
verpflegungsanstalt für 350 Kranke, seit
1847), das Hedwigskrankenhaus (seit 1852),
Frie^ichs- Waisenhaus, die Luisenstütung
(f. Ersiehung Junger Mädchen), das Fried-
richsinstitnt und Invalidenhaus (600 M.),
die Wadzecksanstalt etc.; dazu noch 11
Hospitäler und 9 Waisenhäuser der Stadt.
Industrie von grösster Bedeutung. Unter
den Fabriken (über 950) am wlchtifl^rten:
die Eisengiessereien (ausser der kön<g].
10 Privatt^essereien) und Maschinenbau-
fabriken (75, meist in Wedding, darunter
diejenigen von Borsig, Egel und Wöhlert
von europäischem Rxä); ausserdem die für
Seiden-, Wolfen- und BaumwoHenwaaren,
Wollen- und Seidenbänder, Tabak, Zucker,
Papier, Tapeten, Spiritus, lackiito Blech-
waaren, Neusilber- n. BronseaiMton, Puts-
nnd Modewaaren, künstl. Blumen, Stroh-
hüte, Stickmuster und Stickerelen, Pape-
terien, Portefeuille- und Lederwaaren (bes*
Portemonnaies, Oigarrentaschen), chirurK.Y
mathemat., opt., physikal. und nmsikal. In,«
Berlincbeii — Bern.
265
strumente, Hüte, Gold- und Silberwaaren,
CbaUeb, Möbel, Ooldlelsten, Farben, Stein-
gut, Thonöfen, Porzellan (könig!. Fabrik)
etc. ; Sahir. Buch-, Kunst- und Muslkalien-
handlnngen, lithogr. Anstalten, Buch- und
^otendruckereien. — Beträchtlicher Handel,
g'efördert durch die königl. Bank, die See-
andlung, die Schifffahrt auf der Spree
pebst deren Kanälen (nette : der Schlfffahrts-
k&nal 8. -1858, luisenstädter und Spandauer-
kanal s. 1858) und die Eisenbahnverbindan-
gen (Knotenpunkt der Bahnen Ton Kord-
dentschland, 7 Bahnhöfe). Hauptimporte:
Ctetreide, Vieh , Kolonialwaaren, Wein und
Rohprodukte etc. — Bemerkenswerth ausser-
dem : der ThiergartenimW. (Volksgarten mit
Spasiergängen etc., 820 Morgen gr., Statue
Friedrich WUh. III. seit 1849) , dabei der
zoolog. Garten und das Lnstsohl. Belleme
(mit Park), der Friedrichsbain (im NO., seit
1840), der Kreuzberg (vor dem halleschen
Thor, eisernes Monument, Yergnügungsort
TiToll); der grosse botan. Qarten der Aka-
demie der Wissenschaften (vor dem Pots-
damer Thor, Palmenhaus) ; die sogen. Hasen-
beide (im schÖneberger Revier, an Flehten-
^hölz mit KafTee- und jpamdhäusem und
dem Turnplatz des alten Jahn) und das
Lniienbad (an der Pankow, mit Anlagen).
B. Ist exemte Stadt und steht unmittelbar
unter dem Ministerium.
Einnahmen (1867): 5,381,786 Thir.,
Ausgaben . . . 4,688,323 -
Schuld .... 7,930,712 -
Wappen: aufgerichteter sch^ranser Bar im
Silbernen Feld. — Die ältesten Stadttheile,
Köln (Oolne) und Berlin, vrerden zuerst
1237 und 1244 erwähnt, beide wurden 1307
vereinigt; die Doppelstadt trat zur Hansa,
ward das Haupt des mark. Städtebundes und
zu ^nde des 15. Jahrh. unter Job. Oicero
Residenz. Lebhaftes Aufblähen derselben
aelt dem grossen Kurfürsten;
bei dessen Tode 1688 20,000 Ew.,
bei dem Friedrichs IL 114,000 •
1817 188,000 -
1840 311,000 -
1851 . . ' 436,000 -
(Jeber die Geschichte und Topographie B.8
siehe die Schriften yon^ Kttden, G^ppert,
Fidiein, ßjpiktr, Streekfui» und die Führer
von Berlepaeh, Kapp, OrUben, sowito ,Berliner
Chronik nebst Urkundenbuch* (1869).
Berllnelieii) Stadt im preuss. Regbz.
Frankfurt, Kr. Soldan, am See von B:, 4826 Ew.
Berlliierblav (PreuetiwlMan), Verblndun-
ffen von Eisencyanür mitElsencyanid, blaue
Niederschläge, welche durch gelbes und
rothes Blntlaugensalz In Elsenoxyd-, resp.
XÜsenozydnlsalz- Lösungen erseugt werden.
In der Färberei, Im Zeug- und Tapeien-
dmtik]^ als Oel- un0 Wasserfurbe benutzte
nicht giftige blaue Farbstoffe; so: Tumbnlls
Blau, Pariser-, Mineral -, Antwerpenerblan.
I>as lösliche B., eine Verbindung von B. mit
Kallumelseneyanür, dient als blane Tinte.
BerlinerbmuB (Pteueritchhraun) , gute
Oel - und Wasserfarbe, wird durch Glühen
von Berlinerblau erhalten, besteht aus Elsen-
ozyd Und Kohlenstofltelsen, nicht giftig.
Berltnergr&n , sohlechte veränderliche
Malerfarbe, durch Fällen von schwefel-
saurem Kobaltozydul mit gelbem Blutlaugen-
salz erhalten.
Berlinerrotli (PreuwiKkroth), s. v. a. ge-
brannter Ocker, Englischroth oder Laok-
forben aus Rothsalz.
Berliox (spr. -os), Hector, franz. Kom-
ponist, geb. 11. Bec. 1803 in Oöte St. Andr6
(Depart. Is^re), ursprüngl. Medlciner, er-
regte zuerst 1832 durch seine phantastischen
Orchesterwerke ,Harold* u. a. Aufsehen,
machte 1843 eine Kuustrelse dnrch Belgien
und Deutschland, hier bes. durch Liszt un-
terstützt. Seit 1889 Bibliothekar am Kon-
servatorium zu Paris; f das. 9. März 1869.
Erfinder der sogen. Programmmusik, d. 1.
Instrumentalmusik, die einer Erläuterung
durch Worte bedarf, um verstanden zu wer^
den. Die Urtheile über ihn schwankend.
Zahlreiche, zum Theil umfiängreiche Werke'
die Symphonien ,Harold In Italien*, ,Episode
aus dem Künstlerleben*, ,Romeo und Julie*
(mit Chören), ,Verdammung Fausts*, ,Trauer-
und Siegessymphonie'; die Ouvertüren ,Wa-
yerleyS ,yehmrichter', ,König LearS ,Röm.
Gameval* u. a. ; die Oratorien ,KIndheit Jesu*
und ,Le temple universel' ; die Opern .Ben-
venuto OelliniS ,Beatrioe und Benedikt* und
,Die Trojaner'; ,Napoleons Tod* (Kantate),
Wiederauferstehung* (Melolog), 1 grosses
Requiem, 1 doppelchör. Tedeum, Psalm etc.
Ausserdem geistvolle Kritiken und andere
musikal. Schriften (deutsch von Pohl 1863,
4 Bde.) und eine werthvolle ,Instrumen-
tatlonslehre* (ISMj deutsch von Dörffel 1864),
,M6moires* (1870).
BermndAMiiselii (8<m0rtin$eln), Gruppe
von über 800 Koralleninseln und Klippen im
atlant. Ocean, zu Britisch - Nordamerika ge-
hörig, Vit QM. ; nur 8 bewohnt (11,450 Ew.);
wichtig als Schlfffahrts- und Militärstation.
Hauptst. Hamilton , ein atlant. Gibraltar.
, Bern, altdeutsche Namensform für Verona
2:. B. Dietrich von Bern). — Semer Elauee,
ergenge nahe demGb^dasee mit der Strasse
aus Tirol in die Lombardei und nach Verona.
Bern, zweitgrösster Kanton der Schweiz,
125 QM. mit 467,141 Ew. (58,319 Kathol.,
820 IsraeL); der N. und NW. hügelig, von
Zweigen des Jura (Ohasseral 4936') duroh-
zogen, fruchtbar und wohl kultlvirt; der
S. wildes, aber an erhabenen NaturschCn-
helten reiches Gebirgsland; das viel besuchte
bertter Oberland mit den höchsten Gipfeln
der bemer Alpen (s. d.), den ausgedehn-
testen Gletschern, zahlreichen Wasserfällen
und freundlichen Thälem (Hasli, Grindel-
wald, Lauterbrunnen etc.). Hauptfluss die
Aar (mit Bmme und Saane); Seen: Brienzer-,
Thuner-, Bieter- und (zum Theil) Nenen-
burgenee. Hauptnahrungsquelle Viehzucht
und Alpenwlrthschaft (Käse Jährt. 150,000
Gtr.); imN. auch Getreide-, Obst- u. Wein-
bau. Uhrenfabriken u. Schnitzerei. 1 Uni-
versität und 3 Gymnasien. Staatsverfltssung
(31. Juli 1846) rein demokratisch. Staatsein-
nahmen (1865) 5,084,172, Ausgaben 6,853,078
Fr. Staatsschuld 20^1» Mlll., Aktivvermögen
651^ Mlll. Fr. Mflitärstand: 8S,8öö M. Die
266
Bemaocbi — Bernhard.
Haupttt, B., an der Aar, seit 88. Nor. 1848
Hauptst. der ganzen Schweis, 29,016 Ew.
Goth. Munster (1421 gegr.)» Bnndespalast
(seit 1857). Universität (seit 18M); wissen-
schaftl. Sammlangen, Barengraben.
Bemacchl (spr. -nakU), Antonio, ber.
Altist (Kastrat), geb. am 1700 bu Bologna,
sang 1780—36 anter H&ndels Direktion in
London, stiftete dann an Bologna eine be-
rähmte Gesangsschale; t um 1750.
Bemakelgftns, s. Oans.
Bemardony komische Figar auf den wiener
Volkstheatem , leichtsinniger , tölpischer
Barsche, nach demSohanspielerB. (eigentl.
Jos. Felix Karz, 17S7~70) benannt.
B«niav, Stadt im preass. Rogbz. Potsdam,
Kr. Nieder-Bamim, an der Pankow, Olli Ew.
Bemanery Agne», Tochter des Baders
Kaspar B. zn Aagsbarg, ward insgeheim
mit Herzog Albrecht von Bayern, dem
Sohne des Herzogs Ernst von Bayern-
München, vermählt, anf Herzogs Ernst Be-
fehl verhaftet, der Zanberei beschuldigt a.
12. Okt. 14S5 zu Straubing in der Donau
ertränkt. Albrecht befehdete deshalb seinen
Vater, versöhnte sich aber später wieder
mit ihm. Den Stoff bearbeiteten «Tul. KSmer
(1821) und Bmtger (1846, 1850) dramatisch.
Bemay (spr. -näh), Stadt im ftranz. Bepart.
Eure (Normandie) , 7510 Ew.
Bembrpnn^ Karl, pseudonym Carl Oarl,
Theaterdirektor, geb. 1787 zu Krakau, erst
Soldat, dann in Wien und München Schau-
spieler, seit 1826 Direktor des Theaters an
der Wien und des Josephstädter Theaters,
erbaute das Karltheater (1847 erölbet); -f
14. Aug. 1854. Biogr. von Kaiter (1854).
Bembvi^. Stadt imHerzogth. Anhalt, an
der Saale, 12,898 Ew. Schloss, Papier- u.
Fayencefabriken.
Bemeek, Stadt im bayer. Regbz. Ober-
franken, an der Oelsnitz (Perleö^scherei),
1294 Ew. Kaltwasser- u. Molkenkuranstalt.
Bemeeky Karl 6u»U v., Pseudonym Bernd
V. Gutok, geb. 28. Okt. 1803 zu Kirchhain
in der Niederlausitz, lange Zeit Lehrer der
Taktik am Kadettenhause a. der Geschichte
der Kriegskunst an der Artillerieschnle zu
Berlin. Sehr, militär. Werke: «Elemente
der Taktik* (6. Aufl. 1870), «Geschichte der
Kriegskunst* (3. Aufi. 1867), ,Bnch der
Schlachten' (1856), und zahlreiche Bomane.
Bemer Alp^iif Theil der lepontischen
Alpen (s. d.), vom Brienzersee u.Haslithal
Südwest!, bis zum Genfersee reichend, mit
Finsteraarhom 18,200', Schreckhom 12,600',
Jungfrau 12,800', Wetterhom 11,400', Mönch
12,200' u. V. a. Gipfeln von 12-13,000' Höhe;
gewaltige Sohneefelder und Gletscher ; Abfall
gen S. nach Wallis steil , nadi N. zum ber-
ner Oberland allmähliger.
Bernhard, 1) Groner B., Berg der walliser
Alpen, 7680', mit stets gangbarem Passe
Bwiaahen Martigny und Aosta und ber.
Hospiz (seit 962). — 2) Kleiner B,, Berg der
grajisolien Alpen, 6604'; Pass aus Savoyen
in das Thal von Aosta; Hospiz.
Bernhard, 1) Herzog von Sachsen-Weimar,
geb. 6. Aug. 1604, Jüngster Sohn des Her-
zogs Johann UI. von Sachsen-Weimar, focht
unter dem Harkgrafen von Baden 1682 bei
Wimpfen, unter Christian von Braunschweis
1623 bei Stadt-Loo, operirte nach der Lan-
dung Gustav Adolfs von Schweden 1690,
zum General ernannt, in Hessen, nahm
Ende 1631 Mannheim und andere Plätze u.
vereinigte sich erst wieder bei Nürnberg
mit dem König. In der Schlacht bei Lützen
befehligte er den linken Flügel der Schwe-
den und übernahm nach Gustav Adolft
Fall den Oberbefehl. Anfangs 1633 vom
Kanzler Oxenstlerna mit dem Oberbefehl
über die eine Hälfte des Heeres ernannt,
nahm er Bamberg und andere Plätze und
erhielt von Jenem das ihm schon vom Kö-
nig zugesicherte Herzogthum' Franken als
sohwed. Lehn, verlor es aber wieder durch
die Schlacht bei Nördlingen (27. Aug. 1634).
Vom seh wed. Kanzler und dem heilbronner
Bunde nicht unterstützt, schloss er 17. Okt.
1635 mit Richelieu zu St.-Germain-en-Laye
einen Vertrag, durch welchen ihm 4 Hill.
Livres Jährliche Subsidiengelder zur Unter-
haltung eines Heeres von 12,000 Mann deut-
schen Fussvolks und 6000 Reitern nebst der
nöthigen Artillerie, ein bedeutender Gehalt
auf Lebenszeit u. insgeheim als Belohnung
das zu erobernde Elsass zugesichert ward.
B. bekämpfte darauf 1636 u. 1637 die Kaiser-
liehen mit Erfolg im Elsass und In Bur-
gund , schlug (11. Febr. 1638) Savelli und
Johann von Werth bei Rheinfelden, 80. Juli
Götz bei Wittenweiher und 4. Okt. den
Herzog von Lothringen bei Thann im Sund-
gan, zwang 7. Dec. Breisach zur Kapitula-
tion und Hess sich daselbst huldigen. Ln
Begriff über den Rhein gegen Bayern vor-
zudringen, t ^' S« Juii loS9 zu Neubarg am
Rhein , nach Einigen an einer pestartigen
Krankheit, nach seiner eignen Meinung an
Gift. Seine Trappen und die eroberten Plätze
gewann Richelieu durch Geld. B.s Leiche
ward 1655 nach Weimar gebracht. Vgl.
Büse, ,Herzog B. d. Grosse*. 1828—29, 2 Bde.
— 2) B.Karl, Herzog von Sachsen-Weimar,
zweiter Sohn des Grossherzogs Karl August,
geb. 30. Mai 1792, focht 1806 in Hohenlohes
CSorps bei Jena, machte als Generalstabs-
offizier im Sachs. Kontingent den Feldzag
1809 gegen Oesterreich und nach Sachsens
Beitritt zur Koalition als Oberst den Winter-
feidzug von 1814 in den Niedeurlanden mit.
Seit 1815 in niederländ. Diensten, nahm er an
den Schlachten bei Quatrebras und Waterloo
rühmlichen Antheil, wurde 1816 General,
1819 Kommandant von Ostflandern in Ghent,
unternahm 1825—26 eine Reise nach Amerika
(Beschreibung ders. herausgeg. von Ludern
1824, 2 Bde.), befehligte als General lieute-
nant 1880 und 1831 in Belgien, 1848-58 als
Oberbefehlshaber der niederländisch - indi-
schen Armee in Java: f 81. Juli 1862 im
Bad Liebenstein. Vgl. SiarUof, ,B. von
Sachsen*, 1866. — 3) B. Erich Freund,
Herzog von Sachsen-Meiningen, geb. 17. Dec
1800, folgte 24. Dec. 1803 seinem Vater Georg
unter Obervormandschaft seiner Matter
Luise Eleonore von Hohenlohe-Langenburg,
trat 1821 die Regierung selbst an, gab
4. Sept. 1824 seinem Lande eine landständ.
Bembardin — BemsteinÖl.
267
Terfttssnng, erbte 1886 nach Aussterben der
liiaie Sachsen- Gotha die Värstenthümer
Hildbru-ghansen und Saalfeld, die Grafschaft
Kamburg und die Herrschaft Elranichfeld,
nahm 1889 eine neue Organisation der Yer-
valtung vor, dankte 1866 an Gunsten seines
So]|nes, des Erbprinzen Georg, ab.
Bemliardiiiy uralter Gebirgspass In den
fraubündner Alpen, 6540' h. ; darüber die
trasse aus dem Hinterrheinthal nach dem
Misoxerthal bis Bellinzona.
Bemhardiiier, s. Oitterdetuer.
Bemliard Ton Clairranx, der Heilige,
geb. 1091 2U Fontaines bei Dijon, ward 1118
Hönch in Citeaux und 1115 erster Abt von
ClairTaux bei Langres, einflussreloher Be-
rather von Päpsten, Bischöfen und Fürsten,
Hanptbeförderer des zweiten Kreuzzugs 1147,
Ascet und Kedner; f 20. Aug. 115S. Werke
herausgeg. von Mabitlon (1690, 3 Bde., neu
1861—58). Biogr. von Neandtr (1818), EUm-
dort (18S7), Mpriton (1868).
Bernluurdy» Go^frUd, Philolog, geb. 80.
M&rz 1800 zn Landsberg in der Nenmark,
seit 1889 Prof. zu Halle, seit 1844 Ober-
bibliotbekar das.; sehr. ,Wi88onschaftl.
Syntax der griech. Sprache* (1889), dazu
jParalipomena* (1868) j ,GrundriS8 der röm.
Liter.* (6. Aufl. 1869 f.); ,Grundrl8S der griech.
Liter.* (8. Aufl. 1856-59, 2 Bde.); gab den
Suldas (1884—53, 4 Bde.) heraus.
Bern!) Francetco, ital. Dichter, geb. um
1490 zu Lamporecchio im Toskanischen, f
26. Juli 1536 als Kanonikus zu Florenz.
Schöpfer des B^mcsco, eines besondern,
durch Anmuth ausgezeichneten Genres der
burlesken Poesie: Hauptwerk; die geist-
reiche, nur zu sehr witzelnde Umarbeitung
Von Bojardos ,Orlando inamorato* (1541);
ausserdem Kime, Sonetti, Terzinen. ,Opere
burlesche* (Flor. 1548—55, 8 Bde.).
Bemieia, angelsächsisch es Reich im nördl.
England, gestiftet von Ida 547.
Beinlna^ Gebirg^gruppe in Graubflnden,
Tfaeil der rhätischen Alpen, zwischen Inn-
und Addathal; darüber der Btminaptut,
7185'. Höchste Spitze der Fi* B., 18,594'.
Bemini) Oiov, Loreruo, ber. ital. Bau-
melster und Bildhauer, auch Haler, geb.
1599 zu Neapel, Sohn des Bildhauers Retro
£., lebte meist zu Rom ; f das. 88. Nov. 1680.
Als Architekt Hauptrepräsentant des sog.
Barockstils, aber massiger als seine Nach-
folger (Hauptwerke : die Kolonnade vor und
das Bronzetabemakel in der Peterskirche,
die Scala regia im Vatikan, der Palazzo Bar-
berinl n. a.) ; in der Plastik hervorragend
durch übertriebenes Streben nach Natur-
wahrheit und dramatisch ergreifende Dar-
stellung, dabei nicht ohne hohles Pathos
und Afirektation (Raub der Proserpina,
Dilphne vor Apollo fliehend, die h. Therese
ohnmächtig werdend, Reiterstatne Konstan-
tins, die h. Bibiana, Statue des Longin und
T. a.). Ausserdem gegen 200 Gemälde.
' BemkMt«!, Kreisstadt im preuss. Regbz.
Trier, an der Mosel, 8805 Ew.
BenKmlll, l) Joh,, Mathematiker, geb. 87.
7uli 1667 zu Basel , Prof. der Mathematik
zu Basel; t !• Jftn. 1748. Erfinder der Inte-
gralrechnung. Werke (1748, 4 Bde.); Brief-
wechsel mit Leibniz (1745, 8 Bde.). — 8>
\,€9iri8loph, geb. 15. Mai 1788 zu Basel, seit
1817 Prof. der Naturgeschichte das., nam-
hafter Technolog; f 6* Febr. 1863. Sehr»
(Handbuch der Technologie* (8. Aufl. 1840);
,Handbu%h der Dampfmaschinenlehre* (5.
Aufl. 1861—65); ,Handbuch der industriellen
Physik, Mechanik und Hydraulik* (1834-35,
8 Bde.). — 3) Joh. Oust., Sohn des vor., geb..
zu Basel 1811; sehr. «Yademecum des Me-
chanikers* (11. Aufl. 1868).
Bemstadiy 1) Stadt im preuss. Regbz. Bres-
lau, Kr. Oels, an der Weida,- 3750 Ew. --
8) Stadt im säehs. Regbz. Bautzen, - an der
Pliesnitz, 1701 Ew.
Bernstein. Stadt im preuss. Regbz. Frank-
jtart, Kr. Soldin, 2810 Ew.
BematelBy Aaron, deutscher Bnblicist und
Yolksschriftsteller , geb. 1818 zu Danzig,.
Israelit, lebte seit 1838 in Berlin, gründet»^
März 1849 die demokratische ,Urwählerzei-
tung*, leitete nach deren Unterdrückung seit
1853 die dnnkersche ,Volkszeitung*. Sehr..
,Novellen und Lebensbilder' (1840); ,Aus
dem Reiche der Natur* (8. Aufl. 1858—61^
3 Bde.) ; die Novellen ,yögele der Maggid*
und ,MendeI Gibbor' (1860) u. A.
Benutelii (von hörnen, altdeutsch für
brennen, auch AgUtein, Succinit) , fossiles-
Harz in unregelmässigen Stück^nj Insekten^
Pflanzentheüe einschllessend, wachsgelb bi»
braunroth , gerieben elektrisch , vom spec»
Gew. 1,0—1,1, Härte 8 — 8,5, schmilzt bei
8870, brennt mit heller Flamme und eigen-
thümlich stechendem Geruch, in erwärmtem
Alkohol löslich / gibt mit Salpetersäure ge-
kocht Bemsteinsäure, welche neben flüch-
tigem Oel und Wasser auch bei trockner
Destillation entsteht und in geringer Menge-
im B. enthalten ist. B. stammt von vielen,
(nach Zaddach nahe an 30) Nadelhölzern ab-
und ist sehr verbreitet in der Kreide- und
Tertiärformation. Er wird bes. im Samlande-
gegrraben und an der Ostküste vonPreussen
von Memel bis Banzig theils an der See
ausgeworfen, theils gebaggert. Hauptgewin-
nungspunkte: Sassau, Wamicken, Schwarz-
ort, Brüsterort. Die Gewinnung ist Regal
und 1870 für 87,000 Thlr. verpachtet. Pro-
duktion 1866 73,000 Pfd. Benutzung al»
Schmuck, zu Pfeifen- u. Cigarrenspltzen, za
Fimiss, Bernsteinsäure u.BernstoInöl, sowi»
zu Räucherungen. Vgl. B«rend( und QUppert,.
,Der B. und die in ihm vorkommenden Ueber-
reste der Vorwelt*, 1845; JSunge, ,Die Bern-
steingräberei im Samlande*, 1869; Zincken^
,Die Braunkohle*, 1867.
Bemsteinflmiss, Lösung von Bernstein
oder Bemsteinkolophonium (s. d.) in Ter-
pentinöl, Leinölfirniss oder Alkohol, dauer-
hafter Anstrich.
BernBtetnkolophonf um, harzartiger Rück-
stand von der trocknen Destillation de»
Bernsteins, löslich in fetten Oelen und
Terpentinöl ; s. Bemsteinfirniss,
Bemstelnkfiste, Tlreil der ostpreuss.
Küste, von Pillau bis Kap Brüsteroit.
BemsteinSly Produkt der trocknen Destil-
lation des Bernsteins, im reinen Zustand»
268
Bernsteinsäure — BersaglierL
AmbrtM, riecht unangenehm durchdringend,
Arzneimittel; gibt mit Salpetersäure zähe
Haase Ton Hoschn«gernch (künstl. HoschuB).
Bemstelnsäare^ flüchtiges Bemsteinsalz,
findet sich in geringer Mei^e im Bernstein,
aus welchem sie bei trockener Destillation
reichlich sich bildet, entsteht auch belOxy-
4lation der Fette mit Salpetersaure und beim
Oährungsprozess, forblose Krystalle, geruch-
1(M, schmeckt kratzend, in Wasser löslich,
leicht sublimirbar, bildet meist lösliche Salze,
firüber medicinisch benutzt, jetzt als Reagens.
Benttorffy 1) Jok. Hartwig Ernst, Grqf
von B,, däu. Minister, geb. IS. Mai 1718 zu
Hannover, von Stmensee 1770 verdräugt;
+ 19. Febr. 1772. — 2) ^«<<r. FtUr, Vetter des
vor., geb. 88. Aug. 1735 zu Gartow in Braun-
•chweig-Lünebnrg, nach Struensees Sturz
<län. Minister, 1780 entlassen, 1784reaktivirt;
■f 21. Juni 1797. Wie der Vor. verdient durch
Förderung des Handels, der Industrie und
<le8 Ackerbaus. — 8) Giri$tian Günther, Graf
xon B; geb. 8. April 1769 zu Kopenhagen,
ward 1797 dän. Minister des Auswärtigen,
1810 Gesandter in Wien, dann in Berlin,
1818 preuss. Minister des Auswärtigen,
flchadete durch Anschluss an das metter-
nlchsche Beaktionssystem der Entwicklung
4les preuss. Staats; 1831 pensionirt; f 88.
März 1835. — 4) Albreoht, Graf von B», preuss.
Diplomat und Minister, geb. 22. März 1809,
erst Attach6 der preuss. Gesandtschaften in
Hamburg, Petersburg und Paris, ward 1845
gesandter in München, 1848 in Wien, 1851
Mitglied der ersten Kammer, 1852 Gesandter
in Neapel, 1857 in London, Okt. 1861 bis Sept.
1862 Minister des Auswärtigen, dann wieder
Botschafter in London.
Bemnth) 1) Aug. Mor, Ludw. Heinr. Wilh,
von B,, preuss. Minister, geb. 1808 zu Münster,
1849 und 1850 liberales Mitglied des Herren-
hauses, 1859 Ghefpräsident des Appellations-
Berichts in Posen, 1860 lebenslängliches
Mitglied des Herrenhauses, Dec. 1860 bis
März 1862 Justizminister. — 2) Otto Friedr,
Karl von B,, Vetter des Vor., geb. 1816 zu
Berlin, 1850 Landrath dos liegnitzer Kreises,
vrar 1849 bis 1852 und 1858-61 Mitglied des
Abgeordnetenhauses, stimmte mit den Feuda-
len; seit Juli 1862 Polizeipräsident zu Berlin.
Bemward. Sachse, durch Gelehrsamkeit
und Kunstsinn ausgezeichnet, geb. um 950,
Sohn des Pfalzgrafen Dietrich, Erzieher des
Kaisers Otto HI., seit 993 Bischof von
Hildesheim, übte selbst Malerei und Bild-
hauerkunst; f 20. Nov. 1022. 1193 kanoni-
«irt. Seine Biogr. von seinem Lehrer Tang-
ntad in Pertz ,MonumeDta' (Bd. 6).
BerSa (a. G.), 1) Stadt in Macedonien, J.
Veria. — 8) Stadt in Gölesyrien, j. Aleppo.
Berolsheilliy Flecken im bayer. Regbz.
Mittelfiranken, bei Weissenburg; Schloss
Bpielberg, Residenz der Fürsten v.Oettlngen.
Ber5«it| Priester zu Babylon um 260
▼. Chr., sehr, in griech. Sprache 3 Bücher
babylou. Geschichten, wovon bei Josephus,
Eusebiufl, Syncelliis u. A. Fragmente er-
halten sind, gesammelt von Bichter (1885).
Berre (spr. Berr), Elang de, Strandsee im
franz. Depart. der Rhonemüudungen , 5 St.
]., 3 St. br., bei Martigues mit dem Meer in
Verbindung. Daran die Btadt B., 8126 £w.
Berrl (Berry), Landschaft im mittlem
Frankreich, links an der Loire (Depart.
Indre und Chdr), 93 QM.: einförmige Ebene,
wald- und 'weidereicb. Die Ew. Berrieh/om
oder Berruyer», Stand ehedem unter den
Grafen von Bourges; 1100 von Frankreich
erkauft, später zum Herzogthum erhoben
für apanagirte Prinzen.
Berrl, 1) OharU» F*rd.,HerMogv.B.,%wvit»r
Sohn des Grafen von Artois, spätem Königs
Karl X. von Frankreich, und der Maria
Theresia von Savoyen, geb. zu Versailles
24. Jan. 1778, floh mit seinem Vater 1798
nach Turin, hielt sich dann in Russland
und England auf, kehrte 81. April 1814 nach
Paris zurück, erhielt bei Napoleons Rück-
kehr von Elba als Generaloberster den Be-
fehl über die Truppen in und um Paris,
musste sich nach Gtent zurückziehen, kehrte
8. Juli zum zweiten Male nach Paris zurück,
vermählte sich 1816 mit der Tochter des
nachmal. Königs beider Sictlien, Franz L;
ward 13. Febr. 1880 von dem polit. Fana-
tiker Louvel ermordet. Vgl. Chateaubriand,
,M6moires touchant la vie et la mort du
Duc de B.', 1820. Seine Wittwe, Karolin^
Ferdinande Luiae, Hertogin von B,, geb. 5.
Nov. 1798, die ihm schon 1819 eine Tochter,
Luise Marie Therese von Artois, Mademoi-
seile de France (seit 1845 mit dem Herzog
Karl HL von Parma vermählt, f 1. Febr.
1864), geboren hatte, gebar 29. Sept. 1820
Heinrich, Herzog von BoVdeaux, späteren
Grafen Ghambord (s. d.), folgte 1830 mit
ihren Kindern Karl X. nach Holyrood,
landete mit einigen Anhängern der ver-
triebenen Linie 29. April 1832 bei Marseille,
trat in der Vend6e als Regentin auf, ward
8. Nov. in Nantes verhaftet und als Staats-
gefangene in die Gitadelle von Blaye ge*
bracht. Ehe man noch über ihr Schicksal
entschieden hatte, ergab es sich, dass sie
schwanger und insgeheim mit dem Marchese
Lucchesi-Pally vermählt sei, worauf sie,
ihrer polit. Bedeutung beraubt, freigelassen
ward. Lebte seitdem thells in Oesterreich,
theils in Italien; i 16. April 1870 in ihrem
Schloss Brunnsee (Steiermark).
Berryer (spr. -rieh), Pierre Antoine, her.
franz. Advokat und Redner, geb. 4. Juli
1790 zu Paris, praktioirte seit 1814, gewann
als Vertheidiger hohen Ruf, verfocht die
Sache der Bourbonen und, seit 1829 Mit-
glied der Deputirtenkammer, nach der Juli-
revolution von 1830 trotz seiner legitimisti-
sehen Richtung die liberale Sache der
Julimonarchie gegenüber, vertheidigte nam-
hafte Koryphäen der republikan. Partei,
auch Ludwig Napoleon nach dem bonlogner
Vorfall (1840). Nach der Februarrevolution
in die Nationalversammlung gewählt, zählte
er zu den Häuptern der Majorität, die aus
der Vereinigung aller früheren monarchi-
schen Parteien bestand, ward 1863 Abge*
ord neter zum gesetzgebenden Körper. Seft
1854 Mitgl. der Akademie; f SO. Nov. 1868.
Bersaglieri (spr. -saljeri, vom Ital. der-
eaglio, Scheibe, Ziel), die Scharfschützen
Berserker — Berton.
269
d«r Itellan. Ann««, Ton LamArmom bacIi
d«m Master der flrani. Jiffer su Fass orga-
nleirt; 6 Kegimenter (sn 9 BatalU., Eriege-
ttirke etwa 80,000 M.).
B«nerker (yon h^r, d. i. bloM oder nackt,
und terker, d. i. Paazer), nach der skandinav.
Sage Enkel des achth&ndigen Starkader und
der schöben Alfhllde, gefQrchteter Kriegs-
beld, focht ohne Panzer und Helm mit
nwender Wnth , wie seine 12 Söhne ; daher
B. Name kampfwüthiger Krlegeri und Ber-
strktrwuth, wilde Kamp&swuth.
Beitha (altd. Berchta, Ptrahta, d. 1. die
Ql&nzende), Tochter des Alemannenheriogs
Burkhard und Gemahlin Rudolfs IL, Königs
des tramjuranlschen Burgunds, dann Hugos,
K&nigs Ton Italien; f gegen Ende des 10.
Jahrh. Master einer sorgsamen Hausfrau,
auf Siegeln etc. spinnend dargestellt, daher
das Sprichwort: 4n der guten alten Zeit, da
die Königin B. spann*.
Berthidsdorf 9 uort in der s&chs. Ober-
laasits, unweit Hermhut, 1900 Ew. Sitz
der Aeltestenkonlbrens der Brüderunit&t.
Bc(iilller (spr. -thi«b), 1) Alexandra, Har-
schail des frans. Kaiserreichs, geb. 20.
Not. 175S su Versailles, focht unter La-
ikyette In Amerilca, ward 1793 Birisions-
Smeral und Chef des*OeneraIstabs, dann
berbefeblshaber der Italien. Armee, be-
setzte 19. Febr. 1798 Rom und proklamirte
daselbst die Republik. Bei der Expedition
nadi Aogypten Chef des Generalstabs,
kehrte er mit Bonaparte zurück und half
die Revolution Tom 18. Bramaire durch-
ffthren, ward Kriegsminister, befehligte im
ital» Felding 1800 die Reservearmee, flingirte
im Kriege g«gen Oesterreich 1805 als Chef
des Oeneralstabs, wohnte 1808 und 1807 den
Feldzügen gegen Preussen und Rnssland
bei und erluett nach Abtretung der Fürsten-
thümer Neufchatel und Valengin ron Seiten
Preussens von Napoleon die souveräne
Herrschaft über dieselben. Er vermälüte
sich 1808 mit MarieElisabeth Amaüe, Tochter
des Herzogs Wilhelm von Bayem-Birken-
feld. Im Feldsug von 1809 gegen Oester-
reich Majorgenera] der Armee n. Chef des
Gtoneralstabs, leistete er besonders bei Wa-
gram ausgezeichnete Dienste und erhielt
den Titel Fürst von Wagraro. Nach Napo-
leons Sturz nnteirwarf er sich Ludwig XVIH.
und ward zum Pair und Harschall ernannt.
Bei Napoleons Rückkehr von Elba rathlos,
begab er sich nach Bamberg, verfiel hier
in eine Art Geisteszerrüttung und stürzte
sich beim Anblick einer nach Vi^ankreich
marschirenden Abtheilung russ. Truppen
aus dem Fenster des Schlosses auf die
Strasse (1. Juni 1815). Er wurde in der
Kirche zu Banz beigesetzt. Seine «Mimoires*
. erschienen 1826. Sein Sohn AUxandr«, Fürst
von Wagram, geb. 10. Sept. 1810, seit 1852
Senator, eifriger Anh&nger Napoleons HL
Berthold, Ärndd Adolf, Forscher auf
'. dem Gebiete der Physiologie, vergleichenden
Anatomie und Zoologie, geb. 26. Febr. 180S
zu Soest, seit 1885 Prof. zu Göttingen, seit
1837 Mitglied der Societ&t der Wissenscb.
das.; t &• Jab, 1861. Sehr. ,Lehrbuch der
Physiol. der Menschen und Thiere* (1889;
8. Aufl. 1848); ,Lehrb. der Zoologie* (1815).
Bertholdsdorfy Flecken und Badeanstalt
in Niederösterreich, an der wian-triester
Eisenbahn. 2626 Ew. Herrliche Kirche.
Bertbold TOM Holle, mittelhochd. Dichter
im 13. Jahrh. Epische Diolitungen: .Orftne*-
(vollständ.) ; ,Demantin* u. ,Darifant' (Frag>.
ment). Ausgabe von Bartteh (1858).
Berthollet (spr. Bertoleh), Claude LouU^
Graf von , Cliemiker , geb. 7. Nov. 1748 zu
Talloire in Savoyen, wurde 1784 Mitglied der
Akademie der Wissenschaften, 1794 Prof. an
der Normalschule zu Paris, spater Mitglied
desErhaltnngssenats und Senator, nach der
Restanration Pair; t6.Nov. 1822 zuArcueü
bei Paris. Verdient um die technische and
theoret. Chemie (berthoUetsche Bleichflüs^
sigkeit, Chlor), berth. Knallpulver (KnallsU-
her), Schiesspniver (chlorsaures Kali, Schwe-
fel, Kohle). Sehr. ,£Idmens de Tart de la
teinture* (2. Aufl. 1805, 2 Bde.; deutsch 1806);
,Eecherches snr les lois de TafBait^* (1801»
deutsch 1802); ,Essai de statique chimique^
(1808, 2 Bde.; deutsch von Bertholdy 1811)*
BertlMlletU Hvmb, et BoupL, Pflanzen-
gattung der Ifvrtaceen. B, excelsa Bumb^
et BonpU In Südamerika. Die ölreichen»
schmackhaften Samen als brasllian. Nüsse,.
Stein- oder Paranüsse Handelsartikel.
Berün (spr. -tilng), 1) Antoine, Oh«ftalier de
B,, franz. Lyriker, geb. 10. Okt. 1752 auf der
Insel Bourbon , f im Juni 1790 auf S. Do-
mingo als franz. Offizier. ,Der franz. Pro^
perz' genannt. Am besten seine El^en
,Les amours* (1782). ,Oeuvres* (1782, 2 Bde.;
neue Ausg. 1824). — 2) Louis Fr^nfoi»^
geb. 14. Dec 1766 zu Paris, erwarb 1800 mit
seinem Bruder von dem Drucker Baudoin
das Elgenthum des seit 1789 bestehenden
,Journal des D6bats et des Dterets', das
seitdem unter seiner Leitung als ,Joamal
des D6batsS seit Napoleons I. Kaiserkrönung
als «Journal de TEmpIre*, seit 1814 aber
wieder unter seinem friUieren Titel er-
schien; f 18. Sept. 1841. — 8) Edouard
FroMtoi», Botin, des Vor., geb. 1797 zu Paris»
Landschaftsmaler, übernahm nach dem
Tode seines Jüngeren Bruders die Leitung
des Jonmals. — 4) Loui$ Marie Armand,
Bruder des Vor., geb. 22. Aug. 1801, Leiter
des Journals nach dem Tode seines Vaters ;
t 12. Jan. 1854. — 5) Louitt Angüiqut,
Schwester der Vor., geb. 15. Jan. 1805 fn
Les Roches bei Bidvres, widmete sich an-
fangs der Malerei, dann der Musik, sclir.
1^7 die Opern' .Le loup-garou', «Fausto*
(18S1), ,EsmeraIda* (1836), auch Gedicht»
(Jies GlanesS 1842).
Bertoldo. ital. Volksbuch, benannt nacb
der Hauptnisur, einem verkrüppelten spass-
haften Bauer (Art Eulenspiegel) am Hofe
des longobard. Königs Alboin.
BertOB (spr. -tong), Henri MonUm, seiner
Zeit beliebter Opernkomponist, geb. 17.
Sept. 1767 zu Paris , f das. 22. April 1844»
als Prof. am Konservatoriom. Sein natür-
licher Sohn Ftatif. Montan B , geb. 8. Mai
1784, t 15. Juli 1832, ebenfalls Musiker und
Komponist mehrerer komischen Opern.
270
Bertram — Besan^on.
BertniB« s. Anacffdu».
Bertnna (spr. -traug), ffenri CfrcUiem, Cfrtuf,
tnmm, General des KfiiserreichB , geb. &.
Marx 1778 su Gh&teauroux im Den. Indre,
trat w&hrend der Revolution in daslngenienr-
«orps, wohnte der Expedition nacli Aegypten
bei, ward bler Brigadegeneral, focht 1805
'bei Ansterlltz, 18(X7 als Divisionsgeneral bei
IPrledland, 1809 bei AapHrn und ward Gou-
Temeur von Illyrien. Zum Grossmarschall
des Palastes ernannt, machte er den Krieg
Ton 1818 mit, deckte nach der Schlacht bei
Hanau den Rheiuiibergang der Franzosen
bei Mains und ward zum Aide*maJor-g6n6ral
der Nationalgarde ernannt. Er folgte dem
Kaiser nach Elba und dann nach St. Helena,
ward nach seiner Rückkehr nach Frankreich
in alle seine Würden wieder eingesetzt, nach
<ier Jnlirevolution von 1830 Kommandant
der polytechn. Schule und Mitglied der De-
putirtenkammer, ging 1840 mit nach St.
Helena zur Abholung der Asche Napoleons ;
t 31. Jan. 1844 zn Ghäteauroiix.
Bertriell, ber. Badeort im preuss. Regbz.
Koblenz, amisbach; 2 Mineralquellen 260R.
BertüCll. FtHedr. Justin , geb. SO. Sept.
1747 zn Weimar, Gründer des Landes-
industriecomptoirs und des geogr. Instituts
das. ; 1 3. April 1822. Veröffentlichte mehrere
dramat. Dichtungen (Trauerspiel ,EIIHde*
1775), Uebersetzung des ,Don Quixote* (1775
bis 1779), ,Blaue Bibliothek aller Nationen*
<1790-1800), ,Bilderbuch für Kinder*, ,Ma-
gAzm der spon. und portug. Lite]%tur*,
,Bibliothek der ReLsen*, ,Geogr. Epheme-
ridea* (1798—1814), nebst andern geogr.
Werken und zahlreichen trefflichen Karten.
Bemhlgende Mittel, s. BuämftigendeMiua.
Berül* Koch (Berit) f Pflanzengattung der
UmbelUferen. B. angfustifolia Koch, Sinm
angustifolia £., G&nsekresse, in ganz Europa
und Mittelasion, früher officinell.
Berwildy Franz, schwed. K.omponist, geb.
93. Juli 1796, Direktor des Konservatoriums
zu Stockholm; f das. 3. April 1868; als
Komponist eigenthümlich und selbständig,
bes. bedeutender Kontrapunktist. Meist
Kammermusik (Klaviertrios, Quartette etc.).
Berwiek (firfiher iferse;, Grafsch. im südl.
Schottland, 22,2 QM. mit 36,313 Ew. Grössten-
theils eben u. fruchtbar. Hauptst. Greenlaw.
Berwlck (spr. Berrick)» Jamu FitiHamei,
JHerzog von, Feldherr Ludwigs Xlv. von
Frankreich, natürlicher Sohn des Herzogs
von York, nachmal. Königs Jakob H. von
JEIngland, und der Arabella Churchill , der
Achwester des Herzogs von Marlborough,
geb. 21. Aug. 1670, focht in i^anz. Diensten
2.691 und 1692 unter Luxembnurg und Vllleroi
In Flandern, yon Ludwig XIV. zum General-
lieutenant ernannt und natural isirt, 1704 In
Spanien, 1705 in Savoyen, eroberte (4. Jan.
1706) Nizza, befehligte dann als Marschall
wieder In Spanien, siegte (25. April 1707) bei
Almanza,' ward zum Herzog yon Liria und
Xerica ernannt und beendigte in Spanien den
Krieg 11. Sept. 1714 mit der Einnahme von
Barcelona. 1733 Oberbefehlshaber am Rhein,
Uel e» 12. Juni 1734 vor Philippsbnrg. ' Ans
«einer ersten Ehe mit der Tochter des Gra-
fen Clanricarde stammen die Herzoge nm
Liria in Spanien, aus seiner zweiten mit
Miss Bulkeley die Herzöge von Fitzjamet.
,Memoirs* (1778, 2 Bde.).
Berwlck vpon Tweed (spr. Berrick Öppen
Twihd), Stadt in der englischen GrafMsh.
Northumberland , am Tweed, Grenzstadt
gegen Schottland , 13,265 Ew. Bed. Laohs-
flscherei.
Berfll, Mineral aus der Ordnung der
wasserfreien Geolithe, kieselsaure Thonerde
mit kieselsaurer Beryllerde und meist durch
Eisen- oder Ghromoxyd gefurbt. EdUr B»
beliebter Edelstein , grün, gelb, blaugrün
(Aquamarin), in Böhmen, am Ural, in Ost-
indien, Brasilien; gemeiner B., schlecht ge-
färbt, in oft riesigen Krystallen (bis 6' lang,
SOOO Pfd. schwer), bei Bodenmais , Limoges,
im Ural. Vgl. Smaragd,
Beryllerde 9 s. Beryllium,
Beryllium (CUycium), chemisches Element,
im Beryll, sehr strengflüsslg^s Oxyd der
Beryllerde (Süsserde), ftrblos. In Wasser
unlöslich, der Thonerde ähnlich, bildet fiurb-
lose Salze von süsslichem Geschmack.
Berftns, tStadt, s. Beirut,
BerzelinSy Johann Jakob, Froiherrvon, ber.
Ohemiker, geb. 29. Aug. 1779 zu WesterVfoa im
Kirchspiel Wfifversünda im Stift Linköplng,
wurde 1802 Adjunkt am Sanitätskollegium zu
Stockholm, 1807 Prof. der Medidn und Phar-
macie, 1808 Mitglied der Akademie der
Wissenschaften, 1815 Prof. der Chemie am
medico - chirurg. Institut das. ; f 7. Aug. IStö.
Höchst verdient um die neuere Chemie, be-
stimmte viele Atomgewichte, klasslficirte die
Mineralien , reformirte die Analyse und be-
gründete das elektrochem. System. Sein
,Lehrbuch dei* Chemie' (1806 — 18, 8 Bd^.)
wurde in alle europ. Sprachen übers, (deutscb,
5. Aufl. 1843-47, 10 Bde.). Lieferte ,JahreB-
berlehte über die Fortschritte der Chemie und
Mineralogie* (deutsch 1821 —48). Noch schrieb
er ,Ueber die Zusammensetzung der thier.
Flüssigkeiten* (deutsch 1815); ,Von der An-
wendung des Löthrohrs' (deutsch, 4. Aufl.
1844); ,Versuch über die Theorie der che-
mischen Proportionen' (deutsch 1820).
Bemeiiyly Daniel, ungar. Lyriker, geb.
7. Mai 1776 zu Heteny (Kom. Eisenburg),
t 24. Febr. 1836 zu Nikla. Verf. der be-
rühmten .Ode an die Ungarn*. Werke (1862).
BeBinmgende Mittel (Beruhigende Miua,
SedtiHva), Heilmittel, welche schmerzhafte
Empfindungen oder Aufiregungen mindern
oder beseitigen: Narcotica oder Anodyna,
anästhetisehe, krampfstilleude Mittel, Kalte,
Blutentleerungen, Ruhe.
Bewliiiy das unterste Segel am hintersten
Mast (stets ein Gaffelsegel). Be$€thnma»t,
der hinterste der drei Masten auf Linien-
schiffen, Fregatten und Korvetten, Vr Länge
des grossen Mastes.
Bezan^n (spr. B^sangsong, das alte Fe-
»wUio, deutsch Biaang), Hanptst. des firanz.
D.epart. Doubs, am Doubs, 46,961 Ew. Erz-
bischof. Citadelle; Kathedrale. Porta nigra
(Triumphbogen). Akademie (seit 1752) ; Uhr-
macherschule. Alte Hauptst. der Freigraf-
sohaft Burgnnd; bis 1648 fiiele Reichsstadt.
Beschälen — Bessel.
271
' BesehSlen, die BefVachtnng der State dnrcli
«len Hengst (BetehSler). £e»chälkrankheit,
ansteckendes Uebel an den Qeschlechtsthel-
len mancher Hausthiere, bes. der Pferde,
(Aphthen- und Schaulcerkrankheit).
Beschlckeii, £rze vor dem Einbringen In
den Schmelzofen mit Flussmitteln nnd an-
dern Zuschlägen vermischen; auch s. v. a.
legtren, daher beschickte Mark, rauhe Mark,
die mit unedlen Metallen legirte Mark eines
edlen Metalles.
Besehiktucli^ Dorf bei Konstantinopel..
Ifieblingslustschloss der Sultane.
pesehlsgen, Bildung eines Ueberzugs
«tm festen Körpern bei physikal. oder ehem.
Prozessen, z. B. bei Auswitterung yon Salzen,
Verdichtung von Dämpfen etc.
Besehlik, türk. Silbermünze, = S«/« Sgr.
Bevehneidnng, das Abschneiden der Vor-
haut des männlichen Glieds, bei den al-
ten Aegryptern, Arabern, Aethiopiern und
Hebräern, wie noch Jetzt bei den Kopten,
«hristlichen Abes'siniem und Mohammeda-
nern in Gebrauch, wird bei den Bekennem
des Islam am 13., bei den Juden 8 Tage nach
der Geburt yoUzogen, bei den letzteren In
Tolge eines schon dem Abraham gewordenen
göttlichen Gesetzes und als Zeichen der
Anftaahme in den Bund Gottes; ursprüngl.
^nrahrschelnlioh Vorsichtsmassr^el gegen
ünreinlichkeit und Entz&ndung.
Besehwomiigy s. Exorcinnus.
Beseler, 1) Wük. Hartwig, hervorragender
Vdhrer der Schleswig - holsteinschen Be-
wegung' in den fahren 1848—51, geb. 8.
März 1806 auf Schloss Marienhausen in der
Grafschaft Jever im Oldenburgischen , Ad-
vokat in Schleswig, seit 1814 Mitglied der
schleswigschen Ständeversammlung und
Präsident derselben, 1848 Mitglied der
provisor. Kegiernng derHerzogthümer, dann
der Statthalterschaft derselben , %uch Ab-
geordneter der deutschen National versamm-
lang, später im preuss. Staatsdienst geb.
Oberregiernngsrath und Kurator der Uni-
versität Bonn. — 2) Karl Georg Ohriatian,
Rechtsgelehrter, Bruder des Yor., geb. 2.
Kov. 1809 zu Rödemiss bei Husum, seit
18S5 Prof. zu Basel, Rostock und Greifs-
wald, als Mitglied der deutschen Kational-
versammlung einer der Fuhrer des rechten
Centrums u. Verf. des Koalitionsprogramras,
unter welchem sich später die Oentren
als ,Gasinopartel* vereinigten, auch Mitglied
und Berichterstatter des Verfassungsaus-
schusses, trat Mai 1849 mit seiner Partei
aus. Seit Aug. Abgeordneter in der zwei-
ten preuss. Kammer, wirkte er bei der Re-
vision der Verfassung im konstitutionellen
Sinne, ward 1859 als JProf. nach ^erlin be-
rufen, 1861 Mitglied des preuss. Abgeord-
netenhauses. Sehr. ,Lehre von den Erb-
verträgen* (1835-38, 3 Bde.); ,VoIksrecht
und Juristenrecht' (1843); ,System des ge-
meinen deutschen Privatrechts* (2. Aufl.
1866); »Kommentar über das Strafgesetz-
buch fGr die preuss. Staaten' (1851).
Bes^rmianen, Völkerschaft Im russ: Gouv.
Wiatka, zur permiscben Gruppe des ural-
finnischen Völkerstamms gehörend.
{ Besenene (Baemontaci) , an Epilepsie,
Krämpfen, Wahnsinn, Mondsucht (daher
lunatici) Leidende, die nach der Ansicht
der Juden zur Zeit Jesu von einem bösen
Geiste oder Dämon in Besitz genommen sein
sollten. Ueber die angeblichen Besessen-
heitsfälle neuerer Zeit vgl. J. Kemer, ,Ge-
sohichte Besessener neuerer Zeit*, 1^;
Graf BanUau, ,Briefe über die Geschichte
Besessener von J, Kerner*, 1836.
Beaighelm, Stadt im würtemberg. Neckar-
kreis , am Einfluss der Eüz in den Neckar,
24S4 Ew. Zwei BÖmerthürme.
Beslkabaiy Bucht des ägäischen Meeres
an der Westküste Kleinasiens, Tenedos
gegenüber; mit der Mündung des alten
kamander; als Flottenstation öfter genannt.
Beskiden. nordwestl. Vorkette der Kar-
pathen. Östlich streichend, dicht bewaldet,
schwer zugänglich; Lissahora 438Q'. Auf
dem Nordabhang nach der Weichsel reiche
' Steinsalzlager (Wieliczka).
BeskoWy Bernhard Freiherr von, schwed.
Dichter, geb. 19. April 1796 in Stockholm,
seit 1834 ständiger Sekretär der schwed.
Akademie; f 1868. Sehr. Gedichte (darunter
,Karl XU.') und effektvolle Dramen aus der
schwed. Geschichte (,Erich XIV.*, ,Torkel
Knutson*, ,Birger', ,Gustav Adolf* etc.).
Besleria L., Pflanzengattung der Gesneria-
oeen. B. violaoea AuU., Strauch in Guiana,
Beeren färben violett. B. incamata Äubl.
das. mit essbaren Beeren. Andere Arten
Warmhauspdanzen.
BessanMeB, südmss. Gouv., zwischen
Dqjest^ Pruth und schwarzem Meer, früher
856 QM., Jetzt, nachdem Russland 1856 ca.
223 QM. an die Pforte abgetreten, nur noch
634 QM. mit 1,086,346 Ew. Der N. hügelig,
der S. flaches Steppenland , ergiebig, aber
wenig angebaut. Schaf- und Rindviehzacht.
Reiche Salzseen am Meer. Bevölkerung
gemischt aus Rumänen, Bulgaren, Griechen,
Tataren, deutschen Kolonisten. . Seit dem
Frieden von Bukarest 1812 zu Russland ge-
hörig. Hauptst. Kischinew.
BeBSsrion, Johannee oder Bcunlim, aus
Trapezunt, geb. 1395, begleitete als Bischof
von Nicäa den Kaiser Johannes Vn. Paläo-
logus nach Italien und erwirkte auf dem
Koncll zu Florenz 1439 eine (nicht nach-
haltige) Union der griech. und röm. Kirche,
trat später zur röm. Kirche über, ward
Kardinal, Bischof und fungirte 1450 -55 als
Legat zu Bologna, vermachte seine 600
griech. Handschriften der Marcusbibliothek
zu Venedig; f zu Ravenna 19. Nov. 1472.
Seine Sehr, theils ITebers. griech. Autoren,
theils Streitschriften, Reden und Briefe.
Bessel, l) Friedrich Wilhelm, her. Astro-
nom, geb. 22. Juli 1784 in Minden, ward 1806
Inspektor der Sternwarte Schröters in Lilien-
thal, 1810 Prof. der Astronomie In Königs-
berg; t ^^s* ^''* März 1846. Schrieb über
Kometen, Gradmessung etc.; ,Astronom.
Untersuchungen* (1841 u. 1842 , 2 Bde.) und
«Populäre Vorlesungen über wissenschaftl.
Gegenstände* (herausgeg. von Schvmacher
1848); «Briefwechsel mit Olbers' (herausgeg.
von Erman 1852, 2 Bde.). -^ 2) Gotljried von B.,
»79.
Bessemerttbafal - — Betäubende MitteL
gelehrter Abt des Benediktlnerklocten QUt-
wefli in Oesterreich , eeb. 5. Sept. 1672 bq
Buchheim bei Haioz , f 20. Jan. 1749. An-
geblioli Verf. de« ,Ghronicam Gk>ttwioense*
^732), wichtig für die mittelalterliche Geo-
graphie Yon Deutschland.
B«Biementskly s. Stahl.
Besser^ Jo». von, knrs&chs. Ho4>oet, geb.
8. Hai 1654 zu Fraaenbnrg in Kurland, f 10.
Tebr. 1729 sa Dresden. Werke heranag.
Ton Künig (1732). Biogr. Ton Varnhagen von
Bnse in dessen ,Biogr. ^Deiikmalen' ^d. 4).
BesBestad (Bessattadir) , Ort auf Island,
unweit Reil^A^liCi sonst mit gelehrter
Schnle. Wohnort des Snorre Stnrleson.
Bessl^B (spr. -siahr), Jean BaptMe,
Herzog von Ittrien, Marschall des I. firanz.
Kaiserreichs, geb. 5. Aag. 1768 zu Preissac
(Depart. Lot), trat 1790 in die konstitutio-
nelle Garde Ludwigs XVL, wohnte 1798 als
Brigadegeneral der Expedition nach Aeg^p-
ten bei, organisirte als Divisionsgeneral
die neue ital. Armee, entschied bei Marengo
durch rechtzeitige Kayallerieattake den Sieg,
focht, 1804 zum Marschall ernannt, bei
Austerlitz, Jena, Eylau und Friedland, be-
fehligte 1808 ein Armeeoorps in Spanien,
1809 im Krieg gegen Oesterreich die Re-
servekavallerie, 1812 die Garden; fiel 1.
Mai 1813 bei einer RekoguQscirung vor der
Schlacht bei Lützen.
Bessin (fr., spr. -säug), Landschaft in der
27iedernormandie, Depart. Calvados, Haupt-
stadt Bayeux.
Bessoit (spr. -song), bekannter als Besson-
Bei, Vioeadmiral Mebemed - Alis , geb. 1783
in Frankreich,. 1815 Schiffslieutenant, erbot
sich bei Rochefort, Napoleon L auf einem
far den Schleichhandel gebauten Schiffe
nach Amerika überzfifuhren , was dieser
aber ablehnte, trat 1821 in die Dienste
Mebemed Alis, organisirte dessen Flotte;
t als Viceadmiral 12. Sept. 1837 zu Alexandria.
BesBimgeiiy schönes Dorf dicht bei Darm-
stadt, gleichsam Vorstadt davpn,mit.2 Gärten
•des Prinzen Karl, Orangerie etc. u. 4725 Ew.
Bestandnng (Be»tockung) , das kräftige
Wachsthum einer Pflanze, welches bei ver-
pflanzten Gewächsen mit der Ausbildung
und dem Eindringen der Wurzel in die Erde
in nächster Beziehung steht.
Berteeky Futteral mit mehreren zusammen-
gehörigen Instrumenten ,und diese selbst,
z. B. chirurgisches B.; im Seewesen der
Arbeitsriss zu einem Schiff; beim Wasser-
bau die Bestimmung des Profils ,fur einen
Damm oder Deich.
BmUtt nacheiiy mittelst astronom. Be-
obachtungen und Berechnung des gesteuerten
Kurses und der gesegelten Distanz den Punkt
bestimmen, auf dem sich das Schiff befindet.
BMtiiaiieh OAt.), thieriscb, viehisch;
BeHialUät, thierisehes Wesen; Bestie, wil-
des Thies» boshafter, grausaiuer Mensch.
Bestoeknngy s. Bettaudung,
Beitreieheiiy in der Militärsprache s. v. a.
einen Weg feindlicher Annäherung durch
entsprechende Verwendung vonFeuerwaffen
beherrschen. Bestriehener Banm, derTheil
der Fingbahn eines Geschosses, in wel<^em
es sieh in der Höhe der zu beBchlefliend«n
Truppe befindet, verringert sich mit der
wachsenden Entfernung des Ziels in Folge
der dadurch bedingten stärkeren Kräm>
mung der Flugbaiin, vergrössert sich in Ab«
nähme derEntfernung. UnheHrichenerBourn,
der Theil der Flugbahn, in welchem das Ge-.
schoss sieh über der. Höbe des Ziels hält;
bei nicht flankirten Befestigungs werken der
vor der Spitze befindliche Raum, welcher
von der Schusslinie der beiden Schenkel
(Facen) nicht bestrichen wird.
Bestvsehew, Alex., als Schriftsteller JTo»
tack Marlintki genannt, geb. 1795, Sohn des
als Publicisten bekannten Staatsraths B.
(t 1825), russ. Rittmeister, 1825 als Dekabrist
degradirt und nach Jakutsk verbannt, focht
später im Kaukasus; fiel Juni 1837 bei Jeka>
terinodar. Herausgeber des ersten russ. AI-
manachs ,Der Polarstern* (1823) ; Verf. zbhlr.
Novellen und Skizzen ^^ammeOlt unter dem
Titel ,Kaukasus') und des Romans ,Amnta-
lath-Beg*. Sein Gedicht ,Woinorowski* von
OhamisM verdeutscht.
Bestvaeliew-^Janilny 1) Äleaaei BetrovHgeh,,
Gretf, russ. Feldmarschall und Reichs-
kanzler, geb. 2. Juni 1698 zu Moskau, ward
von der Kaiserin Anna zum Kabinets-
minister, von der Kaiserin Elisabeth zum
Grafen und Reichsvicekanzler ernannt, lei-
tete 1756 den Krieg gegen Preussen ein»
rief, den Tod der kranken Kaiserin fureh-
tend und in der Absicht, die Thronfolge dem
Prinzen Paul Petrowitsch zuzuwenden, die
russ. Armee unter Apra^n zurück, ward
deshalb 1758 als des Hochverraths s<^iil-
dig seiner Würden entsetzt .und verbannt,
von Katharina H. 1762 zurückgerufen und-
zum Feldmarscball ernannt; t 21. April
1766. — 2) Michael, Verwandter des Vor.^
stand mit Pestel an der Spitze der geheimen.
Verbindungen, betrieb und leitete als Lieute-
nant im In&nteriereglmente Poltawa mit
Murawjew die Militärrevolution von 1825 in
Südrussland ; t 25. Juli 1826 mit Pestel, Ry-
lejew und Sergius Murawjew am Galgen.
BeBtügchewsche NerreBtinktiir (Tinctur»
tonlco-nervInaBestuschevii, Liquor anodynus
martiatus, Lamottes Goldtropfien), Lösung von
Eisenchlorid In Aetheralkohol, wird im Lieht
durch Reduktion farblos. Vom Grafen Bestn-
schew-Rjnmin 1725 zuerst angegebenes Arz>
neimitteL wirkt nervenreizend und stärkend.
Beta Z. (Mangold), Pflanzengattung der.
Chenopodeen. B. vulgaris L., wild am Mittel-
meere kultivirt als : Bübenmangold, dessen
Wurzel, Runkelrübe, In zahlreichen Varie-
täten zur Zuckerfabrikation, als Viohi^tter
und Kaffeesurrogat dient (Abart rothe oder
Salatrübe); Oartentnangold , Gartengemüse.
B. cicia Ij.% B. hortensis Mill.^ aus Portugal,,
in ganz Europa als Gartengemnse, auch
Zierpflanze, ebenso B. brasiliensls.
Betinbende Mittel (Ifareotica), bewirken
eine Zeitlang vollkommene Bewusstlosigkelt,
oder sie lähmen einzelne Nerven, z. B. die
der Empfindung. Wichtigste: Ohioreform,
Aether, Opium; Anwendung thells durch
Elnathmen, theils inuerlich. Wichtig für
Operationen, beruhigend bei Schlaflosigkeit.,
Bete -^ BeaI6.
27a
Bdto(Ar., spr. B&hl), iiBy«niiliiftiges Tfater ;
PamnüLopf; JB^<M (spn Bätihfl), Dummheit.
BeteUr^BBe) FbEstefn erster Grösse «n der
östK Schulter des Orion.
Betel y B. T. a. KBapfeffer, Piper Betle,
T|§. Pf^er. [Ostechii L,
BetelBBsa (Arteaiinua), Fmcht tob Areoa
Beten (BuUn, petitiones, preoariAb)» im
SflttelalCer Steuern, welohe TorQbergehend
in Nothlällen und mit dem Vorbehalt be*
willigt wurden, dass daraus kein Recht bu
ihrer Erhebung hergeleitet werden dürfe.
Betluuiift (a. G.), Flecken bei Jerusalem, am
Oelberg, Wohnort d«8 Lasarus, der Martha
und Maria; jetzt Asir oderLazarieh, 50(^Ew.
BethSldB (d. 1. Gnaden- oder Heilort),
mit Hallen umgebener Teich bei Jerusalem,
deesen Wasser HefltEr&fte beJMiss (Job. 6.)>
BethldieBi (d. 1* Haus des Brodes), 1)
Stadt im alten Pal&stina, 1 M. sftdöstl. Ton
Jerusalem, Geburtsort Dayids und Christi ;
Jetzt Seit el Lahm, mit 2000 christl.'Ew.
Mocrienklrohe (ton K. Justinian erb.). 8
Klöster der KathoL, Grteöhen u. Armenier.
— 8) Hermhuterkolonie in PennsTlränlen,
am Lehigh, 2860 Bw.; 1741 angelegt.
Betblen Gabor (d. i. Gabriel B.), geb.
15S0, ward 1618 mit türk. Hülfe zum Fürsten
▼OD Siebenbürgen erhoben, verband si«di
1619 mit den gegen Oesterreich sich aufleh-
nenden bShm. Standen) drang in Ungarn
ein, bedrohte Wien imd Hess sich 85. Aug.
1^ zum König von Ungarn wftblen, erhielt
1681 im Frieden mit Oesterreich den könlgl.
Titel und sieben ungar. Komitate nebst der
Stadt Elaschau und den schles. Fürstenthü-
mem Oppeln und Ratibor zugesagt, ward
in Folge seiner Yerm&hlung mit Katharina
von Brandenburg 1686 nochmals in den 30-
j&hr. Krieg verwickelt : f 15« Nov. 1689.
-BetknanBy Friederike Auyugle Konradine,
her« Schauspielerin, geb. ii, Jan. 1766 zu
Gotha, ward von ihrem Stiefvater, dem
Schauspieler Grossmann, für die Bühne ge-
wonnen, kam mit ihrem Manne, dem Ko-
miker Unzelmann, 1788 nach Berlin, hier
allgremeine Bewunderung erregend, Hess
sich 1803 scheiden, heiiathete später den
Schauspieler B. ; f 1814 zu Berlin.
Bethmann-HoUweg) MorUt Aug. von, her.
Oivilist und Forscher auf dem Gebiete des
röm. Rechts, geb. 8. April 1785 zu Frank-
furt a/M., Sohn J. J. B.s, damaligen
zweiten Chefs des Bankierhauses Gebrüder
Betiunann das. Seit 1880 Prof. zu Berlin,
seit 1889 zu Bonn, 1848—48 Kurator «der
Universität das., seit 1845 Mitglied des
Staatsraths, 18^—58 Mitglied der ersten,
1851—55 der zweiten preuss. Kammer, 1858
bis 1868 Minister der geistlichen, Unterrichts-
und Mediclnalangelegenheiten, 1840 in den
Adelsstand erhoben, Besitzer des Schlosses
Rheineck am Rhein. Sehr. .Grundriss des
Givilprozesses* (3. Aufl. 1888); ,Yersuche
über einzelne Thelle der Theorie des Civfl*
Prozesses* (1887) ; ,Gerichtsverfii88ung und
Prozess des sinkenden röm. Reichs* (1834);
»Ursprung der lombard. Stadteflreiheit*(1846).
Bethaal-GreeB. einer der östl. INstrikte
von London, den victoriapark einschllessend.
Jfeifer» Hand- Lexikon*
Bethsaida (a. G.), Ort In Palistin«, am
See GeneBareth; Geburtsort der Apostel
Petrus, Andreas und Phillppns.
BithBBe (spr. Betühn), 1) Fluss im firans.
Bepart. Nlederseine, miindet bei Dieppe in
den Kanal. — 8) Befest Stadt im franz.
Den. Pas de Calais, an der Brette, 8178 Ew«
Biton (gr.), Grobmörtel, Misefaung von
Grobsand oder Steinbrnok«» mit 0&«iebt»
bes. zu Wasserbaugründiuigen angewandt.
BetOBlea X. (Beionie^), Pflanzeugattung der
Llppeablumen. B. offioiBalis L,, Stachys Ber
toniea JSenth., überall in Buropa, Arüher für
hellkrfiftiggehalteu. ABd.ArtenZierpflanzeQ»
Betaehe (poln. Bote^, Stadt im preuss,
Regbz. Posen, Kr. Meseritz, 1886 Ew.
BetiehBaBeB (£etimanm), ausgedehntes
Volk im.südh und südöstl. Bfainenland von,
Südafrika, den Kaffem verwandt, abergeistiff
minder begabt, auch weniger kriegwisch ;
leben von Ackerbau und Yiehsudit und
bearbeiten Eisen, Kupfer, Elfenbein und
Thierfeüe. Zahlreiche St&mme: Batoka,
BasuBga, Bayeya, Baquaina,Bakaäa^ Basiiti,
Barolong, Batlapf, Seha^Tutsi etc. Grosse,
wegen h&ufigev Fehden, befestigte Ortsehaf-
ten: Kuruman, SohoMdiong, Kolobeng etc.
Im Gebiet der B. grikadeten die Boers die
OranleflUBS- und transvaalsohe Bepublik.
BetMhwa (£eo»wa), linker Jifebenfluss der
March In Ungarn, kommt v<m den Kaqjwthen.
BettelmSneke (MendUumen), in der kath.
Kirche Möndie, welche ihrer Regel Bufolge
gar kein lügenthum besitzen dürfen und
nur auf die von Ihnen ausserhalb des
Klosters gesammelten milden Gaben ange-
wiesen sind; entstanden im Ctogensatz zu
der mehr uhd mehr eharelssenden Yer-
weltUchungr des Klerus In der ersten Hälfte
des 18. Jahrh. (Doninikaner-, Frandskaner-,
Karmeliter-, Augustiner- und Serviten-
Bettelorden). Wegen der störenden Ein-
griffe derselben in die regelmässige Seel-
sorge Wurde vom Koncil zu Lyon 1874 die
Gründung weiterer Bettelorden verboten.
BettenfiaBaeB, Dorf bei Kassel, 1386 Ew.,
grosse Industrieanlagen; Vergnügungsort.
BettlBelliy Saverio, ^tal. Dichter und
-Schriftsteller, geb. 18. Juli 1718 zu Mantua,
Jesuit, 1739—55 Lehrer zu Brescia und
Parma; t ^^* ^^^ ^^^ '^ Mantua. Sehr.
,Risorgimento d'Italia* (1775, 8 Bde.) , Dra-
men, Versi sciolti etc. ,Opere» (1801, 84 Bde.).
BettBBf. Jede »ste Unterlage von gleich«
massiger Tragfähigkeit, bes. zur Aufstellung
von Maschinen, G^chützen; im Wasserbau
der Rost bei Sehleussen und Gerinnen.
Betuwe (einst Batua), Landschaft in Hol-
land, zwischen Rhein undWaal, ea.5QM.;
fruchtbares Marschland.
BetwBy Nebenfluss des Dsohumna In Ost-
indien, kommt vom Vindhyagebirse.
BietseBstelB, Stadt im bayer. Regbz« Ober-
flranken , an der Pegnitz, 676 Ew. Sehloss.
In der Nähe Ruine Stierberg.
BeBl< (spr. Bohl 4), Charlee Erntete, franz.
Archäolog, geb. 89. Jim! 1886 zu Saumur,
leitete seit 1849 die Ausgrabungen an der
Akropolis zu Athen , ward J854 Prof. der
Archäologie «n der kalserl. Bibliothek zu
18
274
Beule — Beutelthiere.
Paris, 1800 Mitelied der Akademi« der Ib-
schriften, 1868 Sekretär der Akademie der
Künste. Sehr. ,L^AcropoIe d^Atb^es* (1854,
2 Bde.); »Etndes sor le P^Iononnise' (18&5);
,L*architectare an sidcle de fisistrato* (1856) ;
,Le8 monnales d'Ath^es* (1858).
Benle^ Jede abnorme Brböbung der Haut
durch unterliegende entsündliohe Drüsen-
anschwellnng oder Eltoransamminng (Eiter-
beule, Abscess, s. d.) oder in Folge Ton
Schlag oder Stoss (Blufbenle).
Bennde (Beun«), umfassendes, nrsprtkngl.
eingefHedigtes , von dem Rechte der Ge-
meinde (bes. dem Yiehtrieb), befreites und
daher au anssohliessUcher Nutnmg des Be-
rechtigten abgeschlossenes Gmndstfiok.
BevmonTUle (spr. Böhmongwll), JSerre
de Bud, Marqui» de, franz. Marschall nnd
ßtaatamann, geb. 10. Mai 1752 in Ohampignolle
Sn Bourgogne , machte die Teldsüge in Ost-
indien 1779->81 mit, focht 1799 an der Spltce
der Kordarmee bei Valmy, zog sich, Tebr.
1798 zum Kriegsminister ernannt, den Hass
der Jakobiner im nnd trat Evruck. Vom
Kationalkonvent mit mehreren KonTcnte-
deputirten abgesandt, um Dumouries ge-
fangen EU nehmen, ward er selbst von
diesem gefitngen genommen nnd den Oester-
reichem ausgeliefert. Kaoh seiner Ans-
-wechslung OberbeJSAhlshaber der Kordarmee,
dann Generalinspektor der Infanterie, seit
1805 Senator, sttmmte er 1814 fQr Kapoleons
AbsetEung, ward von Ludwig XYIÖ. Eum
Staatsminister und Pair, 1816 sum Marschall
ernannt; f 83. April 1881 bu Paris.
Beurteil (niederland. , d. i. Gilden, Ge-'
Seilschaften), Vereinigung der Schiibeigen-
thümer in Deutschland und den Nieder-
landen, welche Im Dienste der Huidels-
schifTfahrt und auf den schiifbaren Strömen
eine gewisse Begelmassigkeit der Vahrten
unterhalten und der Konkurrena derSchiifs-
eigenthümer unter einander entgegenwirken.
Beurtmann, ein einem solchen Vereine an-
gehöriger Schiffer.
Beust, 1) FHedr. KomtanHn, Freiherr von
B,,geh, 13. April 1806 su Dresden, seit 1851
k. Sachs. Oberbei^hauptmann; sehr. ,Krit. Be-
leuchtung der Wernerschen Gangtheorie'
(1840) ; ,Geognost. SkiEze der wichtigsten
ForphyrgebÜde Ewischeu Freiberg, Frauen-
stoin, Tharandt und Kossen* (1845) u. A. —
2) Friedr. Ferdifiand, Freih^r von B», östorr.
Ministerpräsident, Bruder des Vor., geb. 13.
Jan. 1809 eu Dresden , ward 1886 Legations-
sekretär in Berlin, 1838 in Paris, 1841 Ge-
schäftsträger in Münohen, 1846 Minister-
resident in London , Mai 1848 Gesandter in
Berlin, übernahm 24. Febr. 1849 das Porte-
fotdlle des Auswärtigen, nach KiederwerftiDg
des Maiaufttendes von 1849 auch das des
Kultus. - Er betrieb den Rücktritt Sachsens
Tom Dreiköntgsbündniss und die Wieder-
herstellung des alten Bundestags im Bunde
mit Oesterreich und galt für die Seele der
seitdem immer entschiwlener hervortretenden
Restanrationspolitik. Seit 1853 Minister des
Innern, übernahm er nach Zschinskjs Tode
den YorsitE im Ministerium. In einem <^-
ciellen Aktenstücke 1868 machte er Vor-
schläge EU einer Umgestaltung der bestehen-
den Bundeseinrichtungen. Der londoner
Konferens Eur Vermittelung des deutsch-
dänischen Konflikts wohnte er als Vertreter
des deutschen Bundes beL Bei der wachaen-
den Verstimmung Ewischen Oesterreich und
Preussen trat er tfuf die Seite des ersteren.
Da in Folge des Krieges von 1866 seine
Stellung in Sachsen unmöglich geworden,
trat er 30. Okt. 1866 als Minister der aus-
wärtigen Angelegenheiten Iq östorr. Dienste,
ward 7. Febr. 18i87 Eum Ministerpräsfdenten
und 30. Juni zum Reichskanzler ernannt.
Als solcher brachte er den Ausgleieh mit
Ungarn zu fitende und gewann die dsleltha-
nischen Kronländer durch aufrichtige Rück-
kehr Eum konstitutionellen Principe — 3)
Karl LouU, OraJ von B„ sachsen-altenburg.
Staateminister, geb. 18. Febr. 1811 zu Fried-
richstanne im Altenbui^schen, ward 1848
Kreishttuntmann des altenbu^er Kreises,
Ifov. 1848 Vorsitzender des Staatsmfnlste*
riums, 1850 wirklichef Geheimrath, 1853
grossherzogl. säehr. Gesandter am preuss.
.Hofe, hier zugleich Vertreter dersäehs. und
anhält., der schwarzburg. und reuis. Höfe.
Beutel I in der Anatomie kleite al^e-
schlossene Hohlgebilde, uneben gewisse
Organe (Herzbeutel) oder dienen zur Ver-
minderung der Reibung (Schlelmbentel), z. B.
am Knie, Ellenbogen.
Beutel, türk. Recbnungsmünze ; B. Silber
(Keser) = 500 Piastor = 89 Tblr. 5 Sgr. ;
B. Gold (Kize) = 80,000 P. = 17S0 Thlr.
Beutelduchs, Perameles Geoffr., Gattung
derRaubbeutolthiere. SpitznoHger B., Baa^i'
kut, Perameles nasutns Oeoffr„, 18'', in Keu-
holland.
Bevtelmgehlrr (BeaUeUoerh}, s. JfSJUe.
BevtelliBM, s. v. a. Känguruh.
BentelnuiBeliiiie. Vorrichtungen zum Ab-
sondern feiner Pulver von gröberen, Siebe.
Beutelmelsey s. MeUe,
Beutelntte (Bueehratte, Sarigue, Didel->
phys LOt Gtattung der Raubbeutelthiero,
nächtliche stinkende Thiere. Weissköpfige*
oder virginüches Beuieltkier, D. vii^iniana
L,, 18—18" lang mit 8-12" 1. Schwanz,
•in Kordamerika. Opoesum (s. d.). Utilander,
Aeneaeratte, D. dorsigera L., b^k"t ^^ Suri-
nam, trägt wie die folgenden die ausgebil-
deten Jungen auf dem Rücken. Maus-
Sehupati, D. murine L., 5", häufig in Bra-
silien. Dreietreißge Buechratte, D. trlstriate
Kühl, 5", in Brasilien.
Beutelstaar (CasHean, Cassicns Cnv.), Vö-
gelgattung der Sperlingsvögel mit grossem i
Schnabel , gesellig im wärmeren Amerika
von Insekten und Sämereien lebend, 4—6'
lange beuteiförmige Nestor bauend, richten
auf Feldern grossen Schaden an. Bauben'
benteUtaar, Japu, G. cristotus Ouv,, 15—17",
geniessbar. Spottvogel, G. perslcus L., 9",
ahmt die Stimmen anderer Thiere nach.
Beutelthiere (Marsupialia) , Ordnung der
Sängethiere, bilden nach Gobiss,Fu8sbiIdung
und Lebensart eine Uebergangsgruppe von
den Raub- zu den Kagethieren, mit Bauch -
Eitzen in einer sackartigen Tasche oder
hinter seitlichen Hautfalton verborgen, an
f
Benteltttcb — Bhils.
275
-welohen die mireif und bewegnwsslos gebor«
oen s^hr kleinen Jungen noch etwa 2 Monate
lang getragen werden. Im Büdl. Amerika,
in Anstralton nnd auf den Sundainieln. Das
Fleisch Tieler B. genlessbar. Dieselben wer^
•den eiogetheilt in SavXtbeutelthiere, mit dem
'Oeblss derBanbthiere, n. fruehtfrentende £.,
mit den Nagethieron ähnlichem Qebiss.
Bestettnch (Biebtuek, JHiitter- oder £euiel-
^aze, Biebieinwand) , gazeartiges Gewebe ans
starken, fest gedrehten Fäden Yon Banm-
-wolle, Leinen, Wolle oder Seide, anoh ans
Haaren i dient zu Sieben, Modelltnchem für
Stickereien etc. Feinstes B. hat ca. 26,000
"OefÄinngen im QZ.
Beiltelwerk, 8. Mühle.
Bevth, Fiet«r Christian Wühdm, FöMerer
^er Industrie in Prenssen, geb. 28. Dec.
1781 zu Kleve, ward 1814 Oberflnanzrath in
der Abtheilnng für Handel nnd Gewerbe,
1828 Direktor derselben, 1844wirkI.Geheim-
rath, gründete 'das Qe werbein stitn^, die
Bauschule und die Bangewerbeschule: f^*
Sept. 1853. Sein Standbild (von Kiss) seit
1861 vor der Banakademie In Berlin.
BevtlieBy 1) (Ob0t-B.) Ereisst. im prenss.
Kegbz. Oppeln, an der Elodnitz , Hanptort
der dem Grafen Henckel von Donuersmark
^gehörigen StandesherrschafI B., 14,529 £w.
In der Umgegend starkerSteinkohlenbergban.
— 2} (Ifieder'B.) Stadt Im preuss. Regbz.
Iilegnitz, an der Oder, Hauptort des Mediat-
lürstenthums Karolath-B., 8875 Ew.
Bevteeheiii Stadt im prenss. Regbz. Posen,
an der Obra, 1829 Bw.
Benvnj (spr. Böwräh), Jfont, Berg westl.
1>ei Antun in Frankreich, 2498'; seit 1868
das. Ausgrabungen einer alten celt. Stadt,
wahrsohelnl. Bibracte. Vgl. BulUoi, ,Foninefl
de BlbracteS 1869.
BerelAiid, 2 Inseln des Scheldedeltas. hoU.
Prov. Seeland ; Nord-B., 1,2 QM. u. 5300 Ew.,
ßud-B., 6,2 QM. und 28,000 Ew.
BereTen, indnstr. Marktfl. im belg. Ost-
flflndem, im Waesland, 7151 Bw.
Beveriil (Bt B.), Berg der granbünd.
Alpen, im Hintergrund des Nollathals, 9234'.
BeTerIo<>9 Flecken im belg. Limburg;
stehendes Lager der belg. Armee.
Berem. Flecken In Brannsohwete, Kreis
Holzmtnden, an der Bever, 1916 Ew.; das
Schloss Korrektionsanstalt. Hiema<di be-
nannt die Linie Braufuchweig'B,
Bevera. Aug, Wüh» , Herzog von Braun-
sehwelg-B., prenss. Genera], geb. 15. Okt.
1715 zu Brannschweig ans der apanaglrten
Nebenlinie des Hauses Braunschw.-Wolfen-
büttel, machte in preuss. Diensten den ersten
nnd «.weiten sohles. Kri^ mit, schlag 21.
April 1757 die Oesterreicher nnter dem
Gräften tob Kdnigseck bei Beichenberg,
ward 22. Nov. bei Breslau geschlagnen vnd
gefangen, nach seiner Freflassung (Mai 1758)
Gonvemeur von Stettin, erhielt nacli dem
siegreichen Gefecht bei Reichenbach (7. Aug.
1762) nochmals das Oberkommando inSchle-
eien; t 1. Aug. 1781 zu Stettin.
BereniiireBy Stadt im preuss. Regbz. Min-
den, Kr. Höxter, am Einfluss der Bever in
■die Weser, 1754 Ew.
Bex, Dorf und besnohter Badeort im
Kanton Waadt, am Aven^on, S552 Ew.
Schwefelquellen. Saline Qährl. 40,009 Otr.
Salz). Merkwürd. Stollen 4000' I.
Bexbaeh, Dorf in der bajer. Rheinpfalz,
an der Blies, 2500 Ew. Steinkohlengruben.
Beyle (spr. Bähl), Mari« Henri, pseud;
Stendal, Aranz. Schriftsteller, geb. 28. Jan.
1783 zu Grenoble, f 23. März 1842 als fk'anz.
Geüeralkonsul in Givita - Vecchia. Sehr.
,Vies' von Mozart, Haydn, Metastasio etc.,
mehrere Tragödien nnd den Roman «Le
roiige et le noir'. Werke (1855-56, 18 Bde.).
Best) Theodor, eigentl. de Bize, genfer
Reformator, geb. 24. Juni 1519 zu Yezelay
in Burgund , ward 1559 Prediger nnd Prof.
der Theologie zu Gtenf und Gehälfe Calvins,
polemisirte eifrig für den strengen reformir-
ten Lehrbegrlff 1561 und 1562 bei den Re-
ligionsgesprächen zu Poissy nnd Si.- Ger-
main, galt in Genf nach dalvins Tode als
der erste Theolog der reform. Kirche ; f 13.
Okt. 1605. Biogr. von 8ehlo»»er (1809), Baum
(1848-51, 2 Bde.), Seppe (I9ßl).
BeslBkeBy serbisch-kroat. Yolksstamm In
Istrien, um Pislno.
Bezien (spr. -siähr), Stadt im Aranz.
Depart. H6rault, an der Orbe, 27,722 Ew.
Beioar (Beeoareteine) , krankhafte stein-
artige Verhärtungen im Magen und in den
Eingeweiden mehrerer Thiere, bestehen ans
kohlensaurem und phosphorsaurem Kalk mit
Ckillenfett nnd Pflanzensubstanz, firüher sehr
geschätzt als Heilmittel.
Besoftnmrzely s. Doratenia,
Besoursiege. s. Ziege.
BkagBlpor (Baglipur), brit.-o8tind. Stadt
in Bengalen, Landsch. Bahar, am Chinges,
SO^OOOEw.
BhagBTftd-Glta (d. 1. der gOttl. Gesanji:),
ind. religionsphilos. Lehrgedicht, wichtigste
Quelle der ind. Philosophie; als Episode
im Mahabharata (s. d.) enthalten. Ausgaben
von A. W. Schlegel (2. Aufl. yon Laasen 1846),
deutsche Uebers. von Meter, Abhandlung
darüber von TT. v. Humboldt (1826).
Bhaglrithi, heil. Qnellflnss des Ganges,
entspr. am Himalaja aus einem Gletscher.
BBSgBinty (Bhagamati), linker Nebenflnss
des Ganges, entopr. in Nepal auf dem
Himalaya. mündet bei Monghir, 60 M.
BluiBiO (Bhanmo), Handelsst. in Birma, am
Irawaddy, 15,000 Ew. Vgl. Bower; ,Bharoo-
Expedltion*, deutsch von Mergdorf, 1871.
Blutratpur, Stadt, s. Bhurtnur,
Bkartrihan. indischer Weiser, um 60
V. Chr. ; von ihm eine Sammlung von 80O
Sprüchen , ein Meisterwerk ind. Gnomlk.
Herausg. von Bohlen (1833); übersetzt von
Bohlen (1836) nnd m/er. [50,000 E^r.
BhfttgOBg» Stadt im ostind. KSnigr. Nepal,
BhattiaBB, Land schalt im nordwestl. Vor-
derindien, links vom Sedletsoh; die Ew. die
Bhattiae; Hanptst. Bhatnir.
Bhawlpnr (Bahawalptir), brit. Schntzstaat
in Vorderindien, östl. am Indus, 1200 QM.
mit 925,000 Ew. (Dschats, Afghanen nnd
Beladschen). Hanpttt. B., am Sedletsch,
20,000 Ew.
Bliib. rohes räuberisches Volk in Ost-
18*
27d
BhUsa -^ Bibel
tedlea, in den Waldgebii^en nm d«n Ker-
bndda vnd Tapty woEnbaft ; klein , rüstig,
tohwan, gehen fitet nackt; sahlr. Btftmme;
nur wenige mohammedaniscb; einJteit dar
nicbtarisoben Urbeyölkernng Indiens.
BhilMy Btadt im ostind. F&rstenthum
Chralior, am Betvra, 80,000 Bw.. Bnddhlflti-
sobe Denlcmäler (Bhüta tope»),
WUnuiy linker Nebenflnse des Klstna im
südl. Ostindien.
Bhoptl (Bhapola) , brit. Yaeallenetaat in
Ostindien, Prov. Malya, am Vindhyagebirge,
318 QM. n. 664,000 Ew. BaufM. B., am
Betwa, 80,000 Ew.
Bknrtpnr (Bharaitpur) , brit. Schntutaal
in Ostindien, ProT. Agra, 885 Qli. nnd
600,000 Ew. ^OHpM. B., 100,000 Ew. Trtkher
starke Festung.
Bhutan C^ooton), unabhängige Landschaft
in Ostindien, nOrdl. tou Bengalen, im Hi>
malaja, 900 (?) QH. und ca. 1 BUH. Ew.;
letztere {Skut}fM) mit tubetan. Dialekt und
dem Lamaismns huldigend, unter der gelstl.
und weltl. Doppeldespotie des Dharma-Lama
und des Deb-Radscha, und in geringer oder
gar keiner Abhängigkeit von China. Haupt-
stadt Tassissndon.
Blaftrabid. der imierste östl. Thell des
Golfe Ton Guinea. Daran die BtaM B.
Biila, 1) Grenzflüsschen «wisch. Galislen
und Oesterreich.- Schlesien, mündet in die
Weichsel; daran in Galiaien die Stadt B.,
4667 Ew. — 8) Nebenfl. des Donsjec in €kf
llsien, kommt von den Beskiden, mündet
bei Tarnow, U M.
Blalla. Stadtchen im preuss. Regbs. Gum-
binnen. Kr. Jehannisburg, 1604 Ew.
Bialogndy Stadt, s. t. a. Akjerman.
Blalowieser Heide (Bjelowjueht Bttckta),
Urwald im westruss. Gour. Gr^dno, Ton
der Narew durchflössen, 26 QH. Darin
wilde BüfTel (die einsigen In Europa).
Bial jfltock, Kreisstadt im westruss. Gout.
Grodno, 16,786 Ew. [Gatania, 9888 Ew.
BlaneaTllUy Stadt auf Sicilien, Prov.
Blanehi (spr. -ki), Fraaceseo, ital. Kom-
ponist, geb. 1758 zu Oremona, f 84. Sept.
1811 zu Venedig. Grazlöse Opern, 8 Ora-
torien und Kirchenmusiken.
Blanehi (spr. -ki). Friedrieh, Baron wm,
österr. FeldmarschallUeutenant, geb. SO.
Febr. 1768 zu Wien, focht 1798-94 in den
Niederlanden, 1795 am Oberrhein, 1796—97
In Italien, führte 1809 eine Brigade, befoh-
ligte 1818 die 8. ArmeedlTision des Corps
SohwarzenbergbeiI>re8den, Kulm undLe^
zig, schlug 1. Hai 1815Hurat bei Tolentino,
ward Hofkriegsrath , 1887 pensionirt; f 21.
Aug. 1865. — Sein Sohn Friedrieh, Baron von
B.f geb. 84. Not. 1818 zu Pressburg, führte
im ital. Feldzug Yon 1849 eine Brigade des
8. Armeeeorps, trug bei NoTara Tlel' zum
Sieg bei , befehligte auch bei Acs und Ko-
mom eine Brigade, spater als Feldmarschall-
lieutenant Terabschiedet.
Blanehini (spr. Biankini), Jf^ranessco, ital.
Astronom und Arch&olog, geb. 18. Dec.
1668 zu Verona , unter Papst Kiemen s XI.
Sekretär der mit der Kalenderyerbesserang
beauftr*gten Kommission, zog in der Kirche
Santa-Harla-degli-Angeli zu Rom eine Hit-'
tagslinie und errichtete das. einen Sonnen--
aeiger; f 8. Hin 1789 zu Rom. Verf. von»
Schriften astronom. und antlquar. Inhalts..
Blard(8pr. -ahr), Francoi^, franz. Genre^
maier, geb. 87. Jimi 1800 zu Ljon , bereist»-
Spanien, Griechenland und den Orient, spä-
ter (1889) Grönland und Spitzbergen, 185»
Hexiko, trat 1866 eine Beise um die Welt an.
Seine zahlr. Bilder theUs tief ernst, theUa-
Ton Humor und Witz sprudelnd, Immer-
ausgez. durch feine Naturbeobachtung, poe-
tisebe Auffassung und tüchtige Technik;,
z. B. Araber in der Wüste Tom Samum^
befallen, Sklarenmarkt, Dorfnationalgarde,^
Familienkoncert, die Schiffbrüchigen etc.
Bianrits. berühmtes Seebad im franz..
Depart. Nlederpyrenaen , 1 H. südl. Ton
Bayonne; 8800 Ew. Yon der franz. Aristo-
krfitie, Spaniern u. Engländern Tiel besucht,,
früher Herbstresidenz der kaiserl. Familie..
Biafy einer der sieben Weisen Griechen-
lands, aus Priene in Jonien, um 670 n. Chr.
Unter seinen Sittensprüchen (gesammelt toi»
OrMi in ,Opuscnla Graecorum Teterum sen-
tentiosa et moralia' 1819: deutsch in BiUkey»^
,Fragmente der Sieben Weisen* 1836) ist am
bekanntesten: ,Ich trage alles, was mirge*
hört, bei mir* (lat. Omnia mea mecum porto)..
BibbieilAy Bemardo Donveio von, ital»
Diplomat und Dichter, geb. 4. Aug. 1470 sa
Bibbiena, Kardinal unter LeoX., f 9. Not.
1680; Freund Ariosts, Verf. des her. ln>
triguenstücks ,La Calandria* (1681).
Bibei (t. gr. biblia, d. i. Bücher, s. T. ä.
das Buch der Bacher, das wichtigste
Buch), durch den KirchenTater Catrysosto-«
mus im 4* Jahrb. eingeführter Name der
Sammlung derjen. heil. Schriften, welch»
Ton den Christen als die Urkunden ihrer
göttlich geofTenbarten Religion angesehen
werden. Die B. zerfällt in das Alte und das
^eue Testament , d. i. den alten und den;
neuen Bund , ' Indem man die . mosaische
ReligionsTerlkssnng als einen Bund oder
Vertrag ijn. diatheke, latinisiert testameiUumy
zwischen jehoTah und dem Volke Israel und
auch das Erlösungswerk Christi unterdiesem-
Gesichtspunkt betrachtete. jDas AUs Te9U»^
tnent, zu Jesu Zeit als »Bchrüt* (Oraphe)
oder »heilige Schrift*, auch als ,das Gesetn.
und die Piroplieten* bezeichnet, enthält in
89 in hebr. und chald. Sprache geschriebe-
nen Büchern das , was tou der hebr. und'
chald. Literatur bis um dieHitte des8. Jalirh..
T. Chr. erhalten ist. und wird eingetheilt
in 1\ das Qe»etM, d. i. me 6 Bücher Hoses;:
8) die Propheten, unterschieden in die sog.
früheren; Bucher J'osua, Richter, Samueli»
und der Könige, und in die späteren: die-
eigentl. Propheten (grosser Jesaias, Jere-
mias, Ezecliiel; kleine: die übrigen 18);
3) die Bagiographen (Hlob, Sprichwörter,.
Psalmen, Hoheslied, Prediger, Ruth, Klage-
tieder und Estiier, wozu später noch die-
Büclier der Chronik (in der zweiten H&Utedea^
4. Jahrb.) und das Buch Daniel (um die
HItte des 8. Jahrb.), sowie die Bücher Esra.
und Nehemia kamen. V^lwr die Apokryphem
s. d. Das Nette Teatatneni, die Sammlung-
BibelgeseUaobBftm. 377
Dh gebrinclillchite ttt. fil dis Tulaala
(i. lt.). Auch du tf. T. irud frab Im S^iiichg.
Ar«td>ch», Aothlopliob», Asgyptischs, G«or-
glicbe eto. ftbsnBUt \8pnwhlfcli «luhllg M
a Apaitals*Hh1chII
Qmlitw, Ephasi
dl* t%«utlonlc
-S an Ttaiatbini
Britf lUiPhllsii
■ «1 TUnI, d*D
Ol. Briafe, Dbnitoh t du
plitHicIit Schrift dli OOsDbtrDiig Johuinl*
■ fApokalTpiB). Der gaiimmt« gegsmllrHg«
in Hlppo Rsgiai (tBSl , Ssnhico (WT) und
Korn Im) »■■tki.iinl.
Dm A* T. «BcfaleJi nunt gadmckt 14fiS n
iigalwDi BibKn PoIrcJatU i
li— in , BoDibern BftiliK Ri
Esbbl Jafai-Ben-CS
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15Sß-M), diu Bi
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168T n. ÖfWr),
■DHhllBiien. Dia KapltfliDtnlbelLanr wnrds
ÄlMr, dT* ]Bl« BbHoh8°rilbrt mni d>m
lt. Jibrh. bar. D« IT. T. snch[en g*-
FoljglDU«, IBte — SS ranfruBl wiodtrholt,
wgonvirtTgeu gewahnllcliaD grlach. Taxt
<taiCai »«p'D') dea S. T.i (maral Oanf
Lardan Ißü^. i^)'iigtt£ita danOrosd!
ITiUMii. OW^cA (1771), jroJIM« (iTsa-se,
la fidm), Actsli (1890), JdcknoiM (ISn) nnJ
lUeUndiir/ (1311). HsndKbriltaii ,
a*nikT]tu). Üebera. d
mda Obat. nnd nladerdantuh* Uabar-
insan. NichBrtndDDiidHrBDchdniekar-
it anobleDaa bli Uts IT daaMoha Bji,
itiBw dsa N. T.I
inia B. mit dan
Apohryphau l&U. Vgl. übar die BiAal-
SAnfl. 17»!), Scioil ,11836) , 'boh/ (1817).
a RefbrmJrtBD arhleltnn elae läwaliai-
deoticbaBIbslübarseUni« dmch Varml ttlnng
ZsiDglli Tnn Lto Ji^dü und £dqiiir ffrgu-
int olÄclellaa roformlrtan BibBldbarat^Hns
arhaben vud. Koflnnd erblelt antcr Ellu-
batb die .Blihops-Blble' lon llnb[icho(
Farkti- (IB«8) . der 181! Jia ,Kov«J Vartloii'
Jikobi 1. folgte; Holland »on der dort-
rsDbtar S^nda die .Slulenblbel' (1S37) ; dls
Snicer. Fallit B.A. lieSS.'^Bml^b. U^'z
dia InaE-ntorm. Ktnha aliiB doroli dl*
TtnCribla Oampignle unter Leitung Bir-
h-aoi unisaubaitaM BlbBlüberaetnu« <1S88).
Ton rdm.-kubol. Seile lieRvteii BilHiabera.
Dloiierir (Kall ._...-
(Ami
I KUmi
die Tnlftaln
«d» Xh (1807 n. SRer) , E-ftMmoAar (IBIS),
ScMi (I^) , jaiM (ISSej u. A. Tonpro-
halTnar B.' (17M) und der Uebaci. tdd
». BoJinU <1T73) o. A., lom atlndpunkt det
heuUgan WliHnachaft m die Uabera. von
Da WetU (IBSl) , BSctd (189SI , ^1 (18»), t
"- --" ■!]«. l-' ■■'^-' "■■ - ■-
lläa) nnd -.
ÜbelfcwUim
ni VerbHlinnK di
Bde.j, SHer (3. Xnll.
(atchloiMiia TerelB*
e «nutabea , d* dj«
und OBtUnd. BlUlgei
ud forafgn Btbia Sa.._ „,, „_
leoi, der erita Tarela dluar
gvenvirtlg aber 7000 TöohterKeaelliontllan
inidhatalneJehraaalDi»hinevouoii.l,10a,0>»
Thii. Sie b«t bli 18«3 die Bibel !u 167 Spr«-
oben flbaraetun lueen und bHarUKIIl.BI-
Dle imerihm. S., 1817 an Nawyork gegr.,
»erbrellel Jlhrl. en ZSO.OOO Bibeln nnd fut
neuere. In eprache'n dar Indianer. Dl*
BeupIMMguellKtori fn Sti-Kn beitalit aalt
mni Preuiieo nnd verbroiletJShrllcb an
gi,DOO Blbaln und i3-M,0OON.T.a. Ander*
B. biMeben luJIa'mbBn (i*lt 1B17), Droiden
278
Bibelverbot — Bidens. /
<B&chs. Hauptbibelgesellschaft mit S8 Zweig-
vereinen, seit 1813), Nürnberg (seit 1823),
Schleswig (seit 1886), Bremen, Frankfurt a/M.,
Stattgart, Hannover, Bern, Basel, Paris,
Strassbnrg, Stockliolin, Kopenhagen u. a. O. ;
verbreiteten bis 1863 an 16 MtU. Bibeln.
Bibel verbot, Folge der Veränsserlichung
der Frömmigkeit und der Aasbildung der
Hierarchie in der kathol. Kirche, sollte das
Volk fester an die Autorität der Kirche and
der Tradition binden, vorbereitet durch die
officlelle Erhebung der lat. Sprache zur
Kircbensprache durch Papst Gregor VII.
(1080) , dann in Bezug auf die Waldenser
erlassen von Innooenz III. (1199), auf der
Synode zu Oxford (1883) gegen WicliflTe nnd
dessen Anhänger, und auf der Synode zu
Tarragona (1284). Neuere Verordnungen
gegen das Liesen der Bibel im Volke und
gegen Bibelgesellschaften erliessen Pins VII.
(1816), Leo Xn. (1884), Plus VIIL (1829),
Gregor XVI. (1844) und Pins IX. (1846 und
18^). Aehuliche Verbote ergingen von
Seiten der Oberen der.griech. Kirche.
Biber^ langhaariges, ungeschorenes Wol-
lenzeug, s. ▼. a. Düffel, auch lang aufge-
rauhte, bedruckte baumwollene Futterzeuge.
Biber, Castor £., Gattung der Nagethiere
mit plat^edrücktem , schuppenbesetztem
Schwanz. Gemeiner £,, C. fiber L., 8 — 3'
lang, lebt gesellig an Flüssen, fällt Bäume
durch Benagen, um die Rinde zu fressen,
flösst die Stämme auf dem Wasser ^ u seineu
backofenförmigen Wohnungen, deren unte-
rer Theil im Wasser steht, und baut grosse
Dämme zur Bestauung seichter Wasserläufe.
In Deutschland selten, häufiger in Ostdiropa
bis zum Polarkreis und in Sibirien, bes. aber
In Nordamerika. Die B. liefern kostbares
Pelzwerk (Asien Jährl. 30,000, Nordamerika
130,000), geniessbares Fleisch und in den
beiden Drüsensäckeu, die vor dem After an
den Geschlechtsorganen münden und eine
braune, schmierige, stark riechende Substanz,
£ibergeil (Oastoream), enthalten, eins der
theuersten (krampfstillenden) Arzneimittel.
Biberaeh, Stadt im würtemberg. Donau-
kreis, an der Riss, 6600 Ew. Ehedem freie
Reichsstadt. 9. Hai 1800 Sieg Moreaus über
die Oesterreicher unter Kray.
Blb«rhidUBer, nordamer. Indianervolk,
Zweig des ' athapaskischen Stammes; am
grossen Sklavensee bis zum Mackenzle.
Bibergeil, S. £iber.
Bibemell, s. Fimpin^Ua; falsche oder
rothe B., s. y. a. Poterinm Sangpiisorba X.>
oder Sanguisorba ofttcinalis.
Bibersee, s. Beaver Ltike.
Biblla panpemra (lat., d. i. Armen-
bibel), Im Mittelalter beliebtes Buch, ent-
Blelt auf 40 — 50 Tafeln Darstellungen der
Hanptbegebenheiten der neutestamentl. Ge-
schichte mit kurzen Erklärungen nnd
Sprüchen In lat. Sprache , einer der ersten
Drucke mit beweglichen Lettern.
Bibliographie (gr.), Bucherkunde, die
Kenntniss der literar. Produkte der ver-
schiedenen Völker und Zeiten, die Grund-
lage und Ergänzung der Literaturgeschichte,
zerfallt in die allgemeine (Biblidogic oder
Büeherkunde), welche das gesammte Bücher-
wesen nach seinem Ursprünge, seiner Ent--
wicklung und seinen gegenwärtigen Zu-
ständen betrachtet, und die besondere (B.
im engeren Sinuc) oder JBiicherbe$chreibung,.
welche die als Handschriften vorhandenen
oder gedruckten Bücher methodisch ver-
zeichnet und beschreibt.
BlbUoIatrie (gr.), abergläubische Ver-
ehrung der Bibel.
Bibltolitlieii (gr.), Handschriften, welche,
unter vulkau. Auswürfe begraben, mineral^
Ansehen angenommen haben.
Bibliomanie (gr.), Büchersucht, insbes.
Liebhaberei an seltenen Ausgaben, wertli-
vollen Exemplaren etc. Ist die Sammellust
mit Benutzung der Bücher zu wissenschaft-
lichen Studien verbunden, so heisst sie
Bibliophüie.
Bibliothek (gr.), Sammlung von Bachern.
Bif^liotkekar, Beamter einer B. Vgl. Schrit-^
tinger, .Versuch eines vollständ. Lehrbuchs
der Bibliothekwisseuschaft*, 1808—29, 2 Bde. ;
Ebert, ,Bildung des Bibliothekars', 8. Aufl.
1820; und die Schriften von Molbeeh, Con-
»lantin, Schmidt, Budik, Zoller, Petzholdt^
bes. Seixinger (,BibliothekstechnikS 18&5;
jTheorie und Praxis der B.enS 1863).
Bibra, Stadt im preuss.^legbz. Merseburg,.
Kr. Eckartsberga , 1473 Ew. Salin. Eiaeu-
quelle mit Badeanstalt.
Bibra» EmtU, Freiherr von, Naturforscher
und Schriftsteller, geb. 9. Juni 1806 zit
Schwabheim in Unterfranken, bereiste 184i>
Brasilien und Chile; sehr. ,Reisen in Süd-
amerilca' (1854, 2 Bde.); ,ErinnGrungen ans-
Südamerika* (18G1, 3 Bde.) : ,Aus Chile, Peru
und Brasilien' (1862, 3 Bde.); zahlreiche»
Romane; ausserdem mehrores Naturwissen-
schaftliche, wie ,yergleichende Untersu-
chungen über dns Gehirn des Mensclieu
und der Wirbel thiere' (1854) ; ,Die narkot.
Genussmittel und der Mensch' (1855) ; ,Dje'
Getreidearten und das Brot' (1860) u. A.
Bibracte (Auguitodunum, a. G.), gross»
Stadt der Aeduer iuGallieh; i. Autun, n. And»
Berg Beuvroy (s. d.). [das Natronsalz.
Blcarbonatydoppeltkohleusaures Salz, bes»
Bicetre (fr., spr. Bissähtr), altes Schlos»
bei Paris, von Ludwig XIV. als Bürger-
hospital eingerichtet; später mit Irrenan-
stalt verbunden.
Bichat (spr. -schah), Marie FranfoiaXa-
vier, franz. Arzt uud Physiolog, geb. 11.
Nov. 1771 zu Thoirette, seit 1800 Arzt anv
H6tel Dien zu Paris; f 22. Juli 1802. Be-
gründer einer wissenschaftl. Histiologie.
Bicoeea, Dorf in der Lombardei, nordöstU
von Mailand; 27. April 1522 Sieg der Kaisei*-
lichen unter Prosper Colonna über die Fran-
zosen und Schweizer unter Lautrec.
BIconsia (Bicowia) , veuetiau. Weinmass,.
= 1/4 Amphora = 128,77 Liter.
Bldanöa, Grenzfluss zwischen Spanien
und Frankreich, entspr. in Spanien, mündet
bei Fuentarabia in den biscayi sehen Meer-
busen. In der Mündung die Fasanoninsel,.
wo 7. Nov. 1659 der pyrenäische Friede ab-
geschlossen wurde.
Bldem L. (Zweimhn), PflanzengattuDg
Bidery — Biene.
279
der Kompotiten. B. tzipartlU X. « Wa$$er^
hanf, an fiberschweramten Stellen, und B.
oenraaX.t an Wassergraben, früher ofBcinell.
Andere Arten Zlerpflansen.
BidenTy ostindische MetaUlegIrting ans
Zink, Kupfer, Blei, zu Oefässen dienend.
BIdpai (Pilpai), angebl. Verf. einer per«.
Fabelsammlnng, welche eine Bearbeitung des
indischen Fabelwerkes ,Pant8chatantra* und
des »Hitopadesa* ist, im 8. Jahrh. ins Ara-
bisefae (deutsch von Wo{ff 1837) übertragen
wurde und von «hier aus in Uebersetzungen
und Bearbeitungen in fast alle Sprachen
des Orient! und Occidents überging. In
Europa zuerst bekannt durch die lat. Ueber-
setznng des Jokamnt» von Oaptta («Directo-
rium humanae vitae' «1863, mit Zugrund-
legfung der hebr. Version durch den Rabbi
Joel), wonach der würtemb. Hersog Eber-
hard L die erste deutsehe Bearbeitung
(,Budi der Byspel der alten Weysen' 1480}
veranstaltete, lange Zeit Volkslektüre.
Bidscliapur« Stadt in der brit-ostind.
Präs. Bombay, Landsch. Pattara, ehedem
die pr&ohtige And volkreiche Hauptstadt des
mohammed. £eiche$ vonB., das von Tussuf
(t 1510) gegründet, von Aureng- Zeyb 1686
erobert und dem Reich des Grossmoguls
einverleibt wurde; Jetzt verfolleu und ver-
ödet, aber mit starker Citadelle.
BlelMTltehi. ehedem Jagdschloss der fhl->
daischen Bischöfe, 8 St. östl. von Fulda.
Blebxleli (Biberich), Marktfl. im preuss.
Regbz. Wiesbaden, am Rhein, mit dem
daranstossenden Flecken Jfo$baeh 570i Ew.
Von 1744— ;L840 ständige Residenz der Her-
zöge vonNSiSsau. Schloss. Neuer Rheinhafen.
Bledeikopf) Kreisst. im preuss. Regbz.
Wiesbaden, an der Lahn , 2814 Ew. Dabei
die Eisenwerke Ludwigshütte und Kilians-
hütte. JDer Krei$ B. wurde 1866 von Hessen-
Darmstadt an Preussen abgetreten.
BledenauiB^ Friedr. Karl, Schriftsteller,
geb. 25. Sept. 1818 zu Leipzig, ward 1838
ausserordentl. Prof. das., in den Härztagen
1848 einer der Leiter der dortigen Bewegung,
Mitglied des Vorparlaments zu Frankfurt u.
Schriftführer im Fünfzlgerausschuss, sowie
in der Nationalversammlung, kurz vor deren
Auflösung erster Vioepr&sident, hielt sich
zur erbkalserl. Partei und trat vor der
Uebersiedelnng der Versammlung nach Stutt-
gart aus. Als Abgeordnete^ der zweiten
Sachs. Kammer 1849 — 60 vertrat er die
deutsche Unionspolitik Preussens, ward als
Henrasgeber der ,Deutschen Annalen' in
einen Pressprozess vernickelt, in Folge
dessen er seine Professur verlor, übernahm
1865 die Redaktion der ,Weimar. Zeitung*,
1868 in Leipzig die der ,Deutschen allgem.
Zeitung*, erhielt 1865 seine Professur wie-
der. Sehr. ,Die deutsche Philosophie von
Kant bis auf unsere Tage* (1848-43, 8 Bde.);
,Deutsch]and im 18. Jahrh.' (bis 8. Bd. 1.
Abth., kulturgoschiclitlich: 1854—67); die
Tragödien »Kaiser Heinrich IV.* (1861) und
«Kaiser Otto III.« (1863) u. A.
BledersteiBy Luatschloss im engl. Garten
l>ei München, seit 1842 der Herzogin Luise
in Bayern geliörig.
BlifVe (spr. Biähw), Bdouard d«, ber^
belg. Historieumaler, geb. 1806 zu Brüssel,
Schäler von PaeÜnk, 1831—41 in Paris, lebt
seitdem in Brüssel. Hauptgemälde: Kom-
gromiss der burguud. Edeln 1566 (für da»
alg. Nationalmuseum).
Biel (&. Bi«nM), indns^. Stadt im Kanton
Bern, am Fuss des Jura, 5973 Ew. Nahebei
der BitUrte, 8Vs St. 1., >/« St. br. , mit der
Petersinsel (Rousseaus Aufenthalt 1765).
Bielfty 8 Nebenflüsse der. Elbe, vom Erz'
gebirge kommend: der eine, in Böhmen,
mundet bei Aussig, 10 H. ; der andere (Bit-
lit»), in Sachsen, mündet bei Königstein;
des letztem Thal {BitUrgrtmd) ^ne der
schönsten Partien der sächs. Schweiz.
BieUch, rechter NebeniL der Donau in
Oberösterreich, mündet bei Melk, 15 M.
Bielangy Dorf bei Warschau , an der
Weichsel ; Schloss u. Park ; Vergnügungsort
der Warschauer.
Bielefeld, Kreisstadt im preuss. Regbz.
Minden, an der Lutter, 18,701 Ew. .Bedeut.
Leinenindustrie, Bleichen und Seldenfabr.
Bielits, Stadt in Oesterr.- Schlesien, an
der Biala, der galiz. Stadt Biala gegenüber,
11,059 Ew. Schloss des Fürsten Sulkowsky.
Evahgel. Seminar (seit 1867, das einzige im
cisleitfian. Oesterreich), Tuchfitbr.
BielmauSy s. v. a. Siebenschläfer.
BIHsholile, Tropfsteinhöhle im Harz,
rechts an der Bodo, bei Rübeland (Herzogth.
Braunschwelg), 1768 entdeckt; 11 Abtheil.
Nahebei die Baumannshöhle (s. d.).
Bielsk, Stadt im westruss. Gouv. Wilna,
an der Biala, 4306 Ew. Ehemal. Hanptst.
von Podlachien.
BienalBi4 (spr. Blenämeh), Luigi, ital. Bild-
hauer, geb. zu Carrara, Schüler Thorwald-
sens, Prof. zu Florenz und Mitglied der röm.
Akademie von S. Luca; neben Tenerani das
Haupt der neuem röm. Bildhanerschule.
Seine Werke (Artemis im Bad, Diana, Amor
den Pfeil prüfend, Bacchantinnen etc.) an-
muthig in der Komposition und trefl. be-
handelt, [des südl. Polarkreises.
Biene 9 kleines StembÜd in der Gegend
Biene (Honisfititne, Apis L*)» Insektengat-
tung der Bienen (s. d.). AumMsim (A. melli-
AetkL,) in Europa, Afrika, Asien (nicht in Ost-
indien und auf den Inseln), Nord- (zum Thqil
verwildert), Südamerika und Australien.
6 Racen, von denen die deutsche B. (A. melL)
im grössten Theil Europas und in Amerika,
die Ualienitehe B. (A. ligustica) seit 1853
allgemein verbreitet (Australien) und der
ersten weit vorgezogen, und die ägyptitehe
B. (A. fasciata) in Aegypten, Arabien, Syrien,
Hoofaasien und China, seit 1863 auch bei
uns akklimatisirt ist. Die B. lebt in Gesell-
schalten von 6—800 Männchen (Drohnen),
8'", ohne Stachel, 10-80,000 in Folge
der schlechteren Ernährung verkümmerten
Weibchen (C^chlechtslose, Alrbeitsbienen),
6'", mit Sammelappajrat und 1 Weibchen
(Konica, Mntterblene, Nixe, Weisel), 8'",
mit langem Hinterleib, in Höhinngen, die
bis auf ein Flu^och veraohlosien werden,
und hier bauen die Arbeiter aus -Wachs,
welches der Körper bereitet und zwischen
a^
Bienenzucht — Bier.
den Hlnterleibtringen abscheidet, Waben
ans sechsseitigen Zellen, ron denen einige
snm Aitfbewahren von Honig und Bldthen-
srtanb, andere cnr Entwickelnng der Bmt
(die kleinsten f&r die Arbeiter, die grossten,
sehr gering an Zahl, f&r Königinnen) dienen.
Die mit einem Arbeiterrolk fiberwinterte
befrachtete Königin besitzt in der Samen«
tasebe den minnlichen Samen nnd legt be-
fmohtete Eier in die Arbeiter- nnd Weisel-
' neuen, nnbeftuchtete In die Drohnensellen.
IHe Maden werden von den Arbeitern ge-
Sflegt nnd beim Verpuppen eingeschlossen,
obald die erste Junge Königin auskriecht,
Terlässt die alte nrit einem Thell. des Volks
den Stock (Vorschwarm]), hanget sich mit den
' Arbeitern an einem Baum auf und schreitet
dann £ur Chrfindung einer Kolonie. Die
' Jttnge Königin rerlässt mit den Drohnen
den Stock OSoohzeitsflug), um sich hoch in
der Luft begatten eu lassen. Zurückgekehrt
'irbemlmmt sie das Geschäft des Eierlegens,
- Terlässt Jedoch mit einem Thell der Arbei-
fer gleichfalls den Stock (elgentlioheä
' Schwärmen) , um eine Kolonie cu grfinden,
■ wenn noch ^ne andere Königin auskriecht.
■ Bchliessllch werden die Drohnen von den
Arbeitern getödtet. Letztere werden im
Sommer meist nur 6 Wochen alt, die Köul*
gln kann 5 Jahre leben.
Bleüensnelit aum Zweck der Honig- und
■ Wachsgewinnung wird in Bnssland und
'Tolen in künstuch ausgehöhlten Bäumen,
sonst in Behältern betrieben, welche In
neuerer Zeit durch ElnfQhmng bew^licher
Waben (Dsfenson, y. Berlepsch) wesentlich
Terbessert wurden. Letztere gestatten,
' einem einzuschlagenden Schwärm aus vor-
räthigen Waben einen Bau insammenzu-
• setzen, gewissen Stöcken Vorräthe, weisel-
losen Stöcken Junge Brut zuzuffihren etc.
Ton den verschiedenen Methodm der B.
' gebührt der dzlerzonschen entschieden der
Voi^ug. Grosse Vortheile wurden erreicht
durch Elnffthrung der italienischen und
ägyptischen Biene. Als Bienenpflanzen, die
den Bienen bes. reichlich Nahrung' geben,
gelten: Linden, Bosskastanien, Obstbäume,
Ginster, Heidekraut, Haselnuss, Sahlweide,
Buchweizen, Esparsette, Raps, Sonnenblume,
Thrmian. Telnde der Bienen sind : Wespen-
falke (Pemls apivorus) , Bienenfiresser (Me-
rops apiaster), rtele Raubwesp^n, dleLarre
des Bienenkäfers (Triohodes apiarius), die
Baupe der Wachssohabe (Galleria Cerella),
die s<dimarotzende Larre des Matwurms
OfeloS) und eine Lausfliege (Braula eoeca).
Vgl. Huber, ,Keue Beobachtungen an den
BienenS 1855; Dtienon, ,Der Bienenfireund*,
-X8&4; V. £9rUp»ch, ,Die Bienen und die B.',
1860; ,HandwÖrterbuch für Bienenfreunde*,
1867; Vogel, , Jahrb. der B.«, 1871.
BleBBll (lat.), 2 Jahre dauernd oder alle
S Jahre wiederkehrend.
Bieimis (lat.), zweijährig, von Pflanzen,
die erst im zweiten (oft erst im dritten)
Jahr blühen nnd Samen tragen.
Bleuilum (lat.), Zeitraum von 9 Jahren.
Bteu-pablie (fr., spr. Bläng-pfiblik), das
•Gemeinwohl.
Bler^ uuTolIständig Tergohrenes n. noch
gährendes geistiges Getränk aus gekeimten
stärkemehlhaltigen Substanzen (meist Gtorsts
und Weizen , seltener Hafer , Hais un^
Kartoffeln) und Hopfen. Durch Feuchtigkeit
und Wärme wird die Keimung des Getrei-
des bis zu einem gewissen Grade gefrieben,
dann durch Abkühlung unterbrochen nnd
das Malz bei gewöhnlicher Temperatur
gjuftmalz) oder meist In der Wärme auf
arren (Darrmalz) getrocknet. Durch die
Keimung entsteht im Getreide Diattaae,
welche das Stärkemehl in Dextrin und
Zucker verwandelt. Dieser Pn^ess wird
beim Maischen vollendet, wobei zugleich
alle löslichen Bestandtheile des Malzes in
die Würze übergeführt werden. Dies ge-
schieht auf verschiedene Weise. In Nord-
deutschland, England , Frankreich, zum Thell
in Oesterreich wird das geschrotene und in
Wasser eingeteigte Malz mit heissem Wasser
(75» C.) Übergossen, nach gehöriger Ver-
zuckerung die Würze al^lassen, und' durch
einen zweiten und dritten €ki8s werden die
Trebem erschöpft (Tn/t$Hon»meihade). In
Bayern wird die Dekoktiotumethode ange-
wandt, und zwar erhitzt man entweder
einen Thell der Maische In der Braupfanne
bis zum Sieden, schüttet ihn dann zu der
übrigen Maische im Maischbottich und
wiederholt dies , bis das Gkmze auf IV* er-,
hitzt ist (Dickmaisehkoehen); oder man
bringt das eingeteigte Malzschrot auf die
Maischtemperatur, gibt die erste Würze In
die Pfanne und bringt sie siedend auf das
Schrot zurück (Lamtermaisehkoehen), Die
Würze wird unter Zusatz von Hopfen ge-
kocht, dadurch konoentrirt, von einem Theil
der Prot^'nsubstanzen (Pflanzenleim), die
der Haltbarkeit des B.s nachtheilig sind,
durch die Gerbsäure des Hopfens befreit nnd
in Folge dessen geklärt. Hopfenbitter, -öl
und -harz bleiben im B. und geben Ihm
seinen bittem (Geschmack und narkotische
Eigenschaften. Die gekochte Würze wird
schnell gekühlt (auf Kühlschiffen, durch
kaltes Wasser und Eis) und ohne (belgischer
Faro, LamUk) oder gewöhnlich mit Hefe in
Gährnng versetzt. B.e von grosser Haltbar-
keit unterliegen bei niederer Temperatur
der Untergähmng, schnell trinkbare der
viel rascher verlaufenden Obergähmng.
Nach der Hauptgährung Im Gährbottich
kommt das Jüigbier auf Fässer In den
Lagerkeller und unterliegt hier der Naofa-
gähmng, worauf es auf die SchenkfSsier
abgezogen wird. Normales B. enthält
S— 70/0 Alkohol, 0,1— 0,9 «Vb Kohlensäuze,
0,9 — 1,9 0/0 Glykose, 4 — 6 oft» Dextrin, ausser-
dem IHweisssubstanzen, MQch-, Essig- und
Bemstelnsäure und Salze. Der gesammte
Extraktgehalt steigt von 4 bis lOtVo, f m Burton-
Ale auf 900/0. Je nach der Bereitungsart
unterscheidet man Winter- oder Sohenkbler
und Sommer- oder Lagerbier. Man braut
in Bayern nur vom Okt. bis April und k<Mi-
sumlrt das Winterbier (9,5—9,6 Vol. aus
1 Vol. Mftlz) im Winter, das hopfenreiohere
Lagerbier (^—8,1 Vol. aus 1 Vol. Mala) tm
Sommer. Pi>rter wird durch lange« Kochen
Bierey «-» BqotitepieiB.
281
A119 dunklem, »terk geröstetem Kais ge«
wonneB, ist Tollinuiidig nnd enthält Tiel
PfliuiKeiileim; Ale ist hell, wird aus der
«rsten Würse bereitet, die nur wenig ge-
kocht und durch Wel Hopfen Tom PSanzen-
leim befreit wird. Das berliner Wei$»bier
Ist Weiaenbier mit Znsats von Weinstein-
saure. Das -aehwethaier B. wird wie das
bayerische bereitet nnd verdankt seine Vor-
süge der sorgsameai Ifalsbereitnng. — Die
Bierbcanerei hat in den lotsten Jahren durch
Anwendung ronDunpf (Dampfbrauerei) statt
des offenen Feuers, durch Maschinen und
rationeUe Leitung aller Prosesse sehr grosse
Fortschritte gemacht. Die kleinen Braue-
reien Terschwinden und machen grossen
Fabriken Plats. In England werden jahr-
lich aoOO, In Frankreich 880, In Belgien 150,
in Bayern 436, im fibrigen Zollverein 818,4,
in Oesterreieh 580, in der Seh weis 50, In
Bussland, Schweden, Holland 1640 Hill.
UterB. producirt. Ygh OUo, ,Iiehrbuch der
rationellen Praxis der landwlrtfaschaftl. Ge-
werbe*, 6. Aufl. 1865; BdUing » ,Dfe Bier-
brauereiS 3.~^ufl. 1865; Sabieh, ,Schule der
Bierbrauerei*, 1867; Bein, ,Die BierbrauerelS
5. Aufl. 1870; Pfemih, ,Taschenbuch der
baierischen BierbraUBreiS 1870.
Vlwvjf Q. B., Komponist, geb. 25. Juli
1772 in Dresden, Schikler von Welnliff,
1824—88 Tbeaterdirektor in Breslau ; f das. o.
Mai 1840. Opern, Quartette, Ouvertüren etc.
BleniABiu KeirlESitiard^Landschaftsmaler,
geb. 26. Juli 1808 su Berlin, Prof. u. Mitgl.
der Akademie daselbst. Seine Werke ausges.
durch Natnrwabrheit, grossartige Auffassung
und geistvolle Behandlung: s. B. Aussicht
liuf Florensj-Tasso-Elche, Klosterhof in As-
sisi, Abend auf der Hochalp u. a. Auch treffl.
Aoparellen (Ansichten aus Dalmatien).
BlenatEU^ Joh, Chrittoph, Schriftsteller,
)!:eb. 17. Okt. 1795 zu Elmshorn in Holstein,
1 11. Mai 1840 als Prediger su Friedrlcbsetadt.
Sehr. ,Die Hallig, oder die BchifFbrüchigen
auf dem Eiland in der Nordsee* (1826) ; , Wege
sum Glauben* (1886); ,Der braUne Knabe'
<1888) etc. Oes. Schrinen (2.Aufl. 1850, 8Bde.).
Btenrtadt, Albert, Landschaitsmalbr, geb.
1819 SU Dnsseidorf, wanderte mit seinen
Eltern nach Kordamerika aus, vrar dann
mehrere Jahre siT seiner Ausbildung wieder
In seiner Vaterstadt u. in Rom, lebt suNew-
bedford (Massachusetts). Hattptbllder: Fei-
sengebirg, Sierra Kevada, Bai v. Sorrent u. a.
InentelB (GetreUeUeSn) , eingekochte
Wtkrse, für den Export nach den Tropen
bestimmt, um dort die Bierbereitung su er-
leiehtem. [Konoentratiou der Würse.
Blerwnge^ Ar&ometer sur Bestimmung der
Bi^slWMh (d. 1. Binsenbuseh), morastfthn-
lioher, inselreicfaer Küstensee Im südl. Hol-
land, sfidöstl. von Dortrecht, durph die
HoUandsdiep und Hiringsvliet mit der Kord-
eee verbunden, 8Vs QM. Entstand 18. Nov.
1421 durch einen Deiehbmch der Maas,
wobei 72 Dörfer mit 100,000 Ew. untergingen.
Metenthnl, Stadt Im preuss. Regbz. Pots-
dam, Kr. Oberbamim, an der Finow, 1997IBw.
Bieskkien, s. Bedeiden,
Bletiglietia, Stadtim würtemberg.Keekar-
kreis, an der Metter und Ens, 8S01 Ew.
Wollenspinnerel.
Bit vre (spr. Bläwr), iSariehai, XarqnU
.. y47
SU Ansbach, bekannt durch seine Galem-
von, geb. 1747 su Paris, f als Emigrant 1792
bourgs; sehr. ,Almanac des ealembourgs*
(1771). Sammlung seiner Wortspiele ,Bid-
vriana* (1600).
BiftmOy Küstenfl. in Unteritalien, entspr.
in den Bergen des Matese, mündet bei Ter-
moH In das adrlat. Meer. [Doppelgestalt.
Blform (lat.) , doppelgestaltig; B\formit9i,
BifroBS (lat.), mit 2 Stirnen oder Gesich-
tern versehen, Beiname des. Gottes Janns.
BiftokitlOB (lat.), gabelfSrmige Theilung
in 2 Aeste oder «Arme.
Big« (lat.), Zweigespann.
Bigamie (gr.), das Eingehen einersweiten
Ehe, während wenigstens der eine der Ehe-
gatten durch eine noch bestehende Ehe ge-
bunden ist, wird nach den meisten neueren
Gesetsgebungen mit Arbeits- oder Zuchthaus
bestraft, und swar an dem vorher nicht ver-
heiratheten Theil minder hart als an dem
verheiratheten. Jener ist, falls er von dem
Yerheirathetsein des andern Thells keine
Kenntniss hatte, straflos.
BlgwBlBek-BlTer(spr. -blfick-), Kebenfluss
des White-River in Arkansas (Kordamerika).'
Bifhom (Ltmge-Pik), einer der höchsten
Gipfel des Felsengebirges In Kordamerika,
Territor. Oolorado, 13,200'.
BlgUetto (itel** 'Pi*- Blljetto), kleiner
Brief, Billet, Papiergeld.
Blgi^onla L, (Trompetenbtume), Pflaasen«
gattung der Bignoniaceen , strauchartige
Schlingpflanzen luden amerikan. Urwäldern.
B. leucoxylon L,, auf den Antillen , liefert
weisses Ebenhols, in der Rinde ein Mittel
gegen Schlangenbisse und Yergiftung durch
den Mancinellbaum. B. Ohica JS*. et B. in
Südamerika liefart das Ohicaroth (s. d.).
Andere Arten Zierstriucher fürs Warmhaus.
Bigorre (spr. -gohr), Landschaft im südl.
Frankreich (Depart. Hochpyrenaen), ehedem
zur Gasoogne gehörig; Hauptst. Tarbes.
Seit 1007 franz.
Big otfMjrott^fr.), andachtelnd, firdmmelnd,
eifMg fai der skrapulOsen Ausübung relig.
Gebräuche; Bigotterie, Blindgl&ubigkeit.
Biltaes* befest. Hanptort von Türk.-Kroa-
tien. an der Unna, 3000 Ew. . [birge, 5672'.
Blhmr, Berggipfel im siebenbürg. Erzge-
BIliBr. xmgar. Komitat, Kr. jenseits der
Theiss, 201,3 QM. nnd 575,196 Ew., im O. Ge-
birgsland , im Uebrigen fruchtbare Ebene,
reich an Metallen u.WiId. Hauptpt.Debreczin.
Bihtr (Bekar, Bahar), Landsch. in Ost-
indien (Bengalen), 2500 QM. nnd 12 MUI.
Ew. Bed. Reisbau. Hauptst. Patna.
Bilie (Oaguenha), Kegerreich In Kleder-
g^inea, östl.vonBexiguela, letzterem tribntilr.
Portug. Faktorei Boa Yistiu
BUSy Quellfluss des Ob, entspr. am Altai.
BIjOBterieB (fr., spr. Bischut-), allerlei
kleine Schmucksachen mit und ohne Edel-
steine) die unächten helssen QuineaiUerie-
»aaren. Bes. in Paris , in der Schweiz , in
Pforzheim, Stuttgart, OiTenbach, Berlin
(Eisenb^outerien) gefertigt.
282
Bikanir — Billaud-Yarennes.
Blkaalr^ brit. Bchntaitfiat in Otilndiea,
einer der Radsohpntenstaaten, 842 QH. und
>. &iO,000 Ew. ffauptst. B., 00,000 Ew.
Bilim (T.lat. bi{ana;, itAhbilaneia, Wftge,
Gleichgewicht), die periodisclfb SchlasB-
rechnang sn Ermittelung der Bichtigkeit
der bachhalterischen Einträge und des
Standes des OeschaftsTermögens. Die Mo-
naUbilanM dient snr Prüfung der Summen-
. eintrage, di^SaupthüanM, in der Regel Jährl.
gesogen, zur Ermittelung des Oeschafts-
Termögens. Das Allg. deutsche Handelsge-
setsbuch schreibt alljährl. die Aufstellung
der B. vor.
BiUteril (lat), sweiseitig, nach S, ent-
gegengesetzten Seiten zu gerichtet.
BilbaOy Hauptst. der span. Prov. Biscaya,
am Bio Ansa, 18,800 Ew. Hafen. Wollhandel.
6. Jan. 1813 Sieg der Franzosen unter Soult
über die Spanier.
BUbilis (a. 6.), Stadt in HispanU, bei
dem jetz. Calatayud; Geburtsort Hartials.
Bileli (£üekmau$), die grosse Haselmaus.
BildeBde Kfinste, s. Kutut.
Bilderdienst und Bildenrerelmiiig (J%o-
nolatrUp IdoMatrie) , Yersinnlichung der
Gottheit durch bildliche DarstOillung und
Verehrung derselben unter dieser Gestalt.
Bilderdljk (spr. -deik), WiUem, holl&nd.
Dichter und SchriftsteUer, geb. 7. Sept. 1756
zn Amsterdam, f ^8. Dec. 18S1 zu Harlem.
Produktiv und yielseitlg gebildet, aber nüch-
tern, in der steifen franz. Knnstregei be-
fangen. Hauptwerke die Lehrgedichte ,De
Ziekten der geleerden* (,Dle Krankheiten
der Gelehrten', 1807), ,I>e Mensch* (1808)
und ,De ondergang der eersten wereld* (1820;
neue Ausg. von J>a Co^a 1845—47). Von Ver-
dienst seine ,Geschiedeni8 des Vaterlands*
(herausg. Ton Tijdefoann 1832-39, 12 Bde.).
Bilderstreit und BUderstnrm. Nachdem
die Kirchenväter des 4. und 5. Jahrhunderts
yeVgebens gegen den mehr und mehr ein-
reissenden Bilderdienst angekämpft hatten,
verbot ihn 726 der byzant. Kaiser Leo HI.
Isaurious und Hess 730 die Bilder aus den
Kirchen entfernen. Leos Nachfolger Con-
stantius Copronymns (741—75) und Leo IV.'
GhazaruB (776<-80) hielten als Bilderfeindo
(Iconomachi, Iconoclaatae) das Bilderverbot
anfirecht, und auch die allg. Synode zu
Konstantinopel (754) verdammte die Bilder-
verehrung, die besonders unter Geistlichen
und Mönchen fanat. Vertheidiger (Icono-
latrae) fand. Leos IV. Gemahlin und Nach-
folgerin Irene (780—802) war dem Bilder-
dienst zugethan, und auf der 7. ökumen.
Synode zu Nicäa (787) ward die BOderver-
ehrung zum Kirchengesetze erhoben und
festgesetzt, dass den Bildern zwar nicht
Anbetung, aber doch der heil. Gmss,
Verehrung, Weihrauch- und Lichtspende
zn Theil werden solle. Die bilderfeind-
liohen Kaiser Leo V. Armenus (813 bis
820) und Theophilns (829-42) ergriffen wie-
der strenge Massregeln gegen den Bilder-
dienst, die Kaiserin Titeodora aber erklärte
sich für denselben (842), und die Synoden
zn Konstantinopel 869 und 879 bestätigten
dieses in das Christenthnm aufgenommene
Ueberbleibsel des Heldenthums. Während
des Aufenthalts Luthers auf der Wartburg
erregte Karlstadt in Wittenberg einen Bildeav
Sturm, der Luther veranlasste, nach Witten-
berg zurückzukehren. Vgl. Sckloswr, ,Gesch.
der bilderstürmenden Kaiser*, 1812; MarXy
,Der BUderstreit der byz. Kaiser*, 1812;
Wes9e9ib€Tg, ,Die christl. Bilder*, 1827, 2 Bde.
BildgieflMrei, >
Btldliftmerkviist. > i. FUulik,
BildielmitMrei; )
BUdstelBy s. V. a. Agalmatolith. auch zu-
fällige Nachahmungen (Naturspiele) im Mine-
BudmigSMft. s. ^aMM. [ralreich.
BUdimgBtrieb (Nlsus formativus), das nach
Annahme der NaturphUosophen dem Leben
und Schaffen der Natar zu Grunde liegende
Prlndp der Stoff-, und Formbildung. Vgl.
Mum0nSb<»ch, ,Ueber den B/, 1791; Smringar,
,De nisu formativo*, 1824; Bitchof, ,Die£nt-
wicklungsgesch. der Säugethiere etc.*, 1842.
Bileam, Prophet ans Pethor in Mesopo-
tamien, ward von dem Moabiterkönig Balak
herbeigerufen, um die siegreich vordringen-
den Israeliten fn verfluchen', folgte dem
Rufe trotz Jehovahs Abmahnung und trotz
des Zurückscheuens seiner Eselin (B^EUl),
die selbst zu ilim redete, sprach aber gegen
seinen Willen statt des Fluchs einen drei-
maligen Segen über Israel, blieb später in
einem Treffen der Midianiter gegen Inael.
Biled-nl-gwidy s. v. a. Belad-ul-dscherid.
BiUar (lat.), zur Galle gehörig; BUiar-
gänqe, s. v. a. Gallengefässe.
BUin, Stadt und Badeort in BShmea, an
der Biela, nahe bei TepUtz, 3620 Ew. Ber.
Sauerbrunnen, dem Selterswasser ähnlich,
(Jährh 90,000 Krüge versandt). Unfern der
büiner FtUen (Borzen), 1644'.
BiliBgalBch (lat.), in 2 Sprachen geschrie-
ben: doppelsinnig. [Stemwarte.
BUk. Dorf bei Düsseldorf, 1160 Ew.; ber.
BUl (Biüa, abgeleitet vom lat. lilMlu%),
in der engl. Rechtssprache jeder schrift-
liche Aufsatz; insbesondere der parlamen-
tarische Vorschlag zn einem Gesetzentwurf.
Einem solclien muss das Gesuch um Erlaub-
niss zur Einbringung (die sog. Motion) vor-
hergehen ; dann wird er schriftl. übergeben,
in herkömmlidien Zwischenräumen drei-
mal verlesen, nadi dem zweiten Verlesen
diskutlrt, durch Zusätze und Verände-
rungen (amendements) mehr oder weniger
umgestaltet und - endlich zur Abstimmnng
gebracht. Erfolgt die Annahme der B. durch
Mehrheit, so wird. sie zum dritten Mal ver-
lesen und alsdann dem andern Hanse v<hv
gelegt, wo sich dasselbe Verfahren wieder-
holt. Wird sie hier verworfen, so wird sie
nicht weiter erörtert. Gesetzeskraft erhält
sie erst durch königliche Bestätigung.
BUIand-Vftreniies (spr. Bi^Joh -Warenn),
Jean NieoUu, fhtnz. RevolutionsmanB, geb.
23. April 1756, seit 1785 Advokat zu Paris,
einer der Hauptnrheber der September-
metzeleien , fnngirte als Kommissär der
pariser Gemeinde in verschiedenen Depar-
tements, wirkte als Mitglied des Konvents
eifHg zur Verurtheilung des Königs, zum
Sturz der Girondisten und bei Begründung
BiUaolt — Binneriief.
283
des Schreokenisystems mit, ward 1795 mr
Deportation Terartheilt and in den Einöden
von Sinnamari in Guiana aasgesetzt; f 3.
joni 1819 an Port-au-Prinoe aul Haiti.
BilUvlt (spr. Bi^johl), Juffiuie Adolphe
Marit, frana. Staatsmann, geb. 12. Nov.
1805 za Vannes , seit 1837 liberaler Abge-
ordneter der Depatirtenkammer, Harz bis
Okt. 1840 Unterstaatssekretär in Thiers
UUnisteriam, in den Febraartagen 1848
■radikales Hitglied der Nationalversanun-
lang, nach dem Staatsstreicii vom 8. Dec.
1851 erster Präsident des gesetzgebenden
Körpers und thatig bei Herstellung des
Kaiserreiehs, Juli 1854 bis Tebr. 1858 Sena-
tor, seit Not. 1859 Hinister des Innern,
seit Ende 1860 Hinister ohne Portefeuille,
▼ertheidigte die Politik des Kaisers im ge-
setzgebenden Köiper; f 13. Okt. 1863.
Bflley Nebenflüsschen der Elbe, bildet
die Grenze iwischen Holstein u. Lauenburg.
JUllerbeek, Stadt im preuiss. Begbc.
Hünster, Kr. Koesfeld, 1535 Ew.
Billet (flr., spr. Bil^eh), Briefohen, Be-
sneh- oderXlnlasszettel; JSaukHUet, s. ▼. a.
. Banknote; SanddsbilUt, ein dem eigenen
Wechsel verwandtes, aber nicht Wechsel-
krftftiges Pi4>ier, Schuldschein über Waaren,
die aof Kredit verkauft sind; inVrankreich
der eigene oder trockene Wechsel (welchen
der Aussteller selbst bezahlt). B. d'amour
oder B. doux, Liebesbrief. [1422 Ew.
BlUigheiM« Stadt in der bayer. Rheinpfalz,
BUliOBy eine Hillion Hillionen, bei den
Tranaosen nur s. v. a. tausend HilUonen
oder HUliarde; B. bei ihnen s.v. a. Trillion.
BUUtOBy hoUand. Insel in Ostindien, östl.
Ton Banka, 113 QH. und 15,000 Ew.; Eisen.
BillOB (flr., spr. Bil^ong) , Scheidemünz-
silber, Silberlegimngen mit mehr als 50 o/o
Kupfer; In Frankreich alle zur Bestaus-
gleiohnng der Zahlungen dienenden Hünzen.
BIUuMger (Biüinger), Sachs. Adelsgeschl.,
dessen Glieder 961—1106 die hersogl. Würde
,ln Sachsen Inne hatten. Hermann BiUung
ward 961 von Otto L zum Herzog von Sachsen
ernannt, f 27* Harz 973 zu Quedlinburg.
Seine Nachfolger waren in regelmässiger
Erbfolge vom Vater zum Sohn: Bernhard L,
t 9. Febr. 1011; Bernhard II., f 29. Juni
1059; B!u4olf, f 88. Hars 1071; Magnue, f
23. Aug. 1106. Nach dem Erlöschen des
Geschlechts im Hannsstamme verlieh Kai-
ser Heinrich Y. das Hersogth. Sachsen an
den Grafen Iiothar von Supplinburg, den
BaehmaL Kaiser Lothar. YgL Wediekind,
^Hermann, Heneg von Sachsen*, 1817.
BUlwerder. Strich Harschland rechts an
der Elbe, bei Hamburg, au diesem gehörig,
mit grossen Ortschaften und 7546 Ew.
BtliMy Ort in der östl. Sahara, Land der
Tibbn, an der Strasse von Fesaan nach
Bomu; grosse Salssümpfe. [vonien.
Bilogeolrge. bewaldete Bergkette in Sla-
Bllseha«. Flecken in Schleswig, bei Flens-
burg; 24. April 1848 Otfechi awischen den
Dänen, und Schleswig-Holsteinern.
BtlieB« Stadt in der belg. Prov. Limburg,
an der Demer, 8564 Ew. Hineralquelle.
BIlMBkraaty s. Byoßc^amtu,
BIlstelB, Bete im Yogelsgebirge, 2695^'.
Bllston (spr. Bilst'n), Fabrikstadt in der
engl. GrafiKsh. Stafford, bei Birmingham.
14j500 Ew. Laokirte und emaill. Kurzwaaren.
Bimana (lat.), nach Blumenbach u. Ouvier
Ordnung der Säugethiere; einzige Familie:
der Hensch.
Bim-Basehl, bei den Türken Befehlshaber
über 1000 Hann, Oberst. [naten.
BlmeBSis (lat., BimetUr), Zeit von 2 Ho-
BlwuteiBy schaumige, blasige oder
schlackige Ausbildungsform von Obsidian,
Periit oder Tracbyt, bildet schlackig»
Ströme oder bindungslose Auswürflinge in
der Nähe thätiger oder erloschener Vulkane»
oft grosse Bäume bedeckend; z wisch en
Andernach, ]|Cayen , Bassenheim und Benn-
dorf, in der Auvergne, In den Eoganeen,.
auf Island , Hilo und Santorin , Teneriffa,,
bei Quito. Dient zum Putzen, Glätten , al»
Baumaterial. Bimatiein' KongUmtrat, aus
Bimsstein mit oder ohne Bindemittel , bes»
in Ungarn. BimnUintuJf, verwittertem Bims-
stein ähnliche Hasse, in Ungarn , bei Neu»
wied, Engers, Neapel.
BimtstelBseiflD. Seife mit eingeschmolzen
nem Bimssteinpulver, für Handarbeitsr.
BiBBrUes (Speer-, Kamm-, Waeeer-, Cfrau-
eieenkie». Markant), Hineral von der Zusam-
mensetzung des Schwefelkieses, aber anderer
Krystallform, bei Klausthal, 2Sellerfeld, Frei-
berg, verwittert sehr leicht, dient zur Dar-
stellung von Elsenvitriol, Schwefelsäure.
. BlBBteo. Flecken in der ital. Prov. Hai-
land, am Paviakanal, 1340 Sw. Ruine de»
Kastells, wo 1418 der eifersüchtige Visconti
die Beatrice di Tenda hinrichten liess.
BiBChe (spr. Bängsch), gewerbsame Stadt^
in der belg. Prov. Hennegan, 6711 Ew.
BlBde (Fascia, Chir.), langes, schmales,,
zum Einwickeln bestimmtes Verbandstück»
entweder ans Leinwand, Flanell, oder mit
Kautschuk durchzogene Gewebe (elastische'
B.). Arten: einlache B^lbinde, MweikOp^e
B,, beide Enden bis zum Begegnen aullgerollt,.
T'B„ Band, an dessen Hitte rechtwinklig:
ein Bweites angenäht.
BiBd'ehanty s. Äuge.
BlBettchy s. V. a. Spinat.
BlBgelkimnty s. MercurUAU,
BiBgeB (röm. Bm^tam), Stadt in Rhein-
hessen, am Binfluss der Nalie (Drususbrücke)
in den Rhein u. am Bochusberg (Kapelle und
Ruine der Kloppbarg), 5649 Ew. Weinbau
(Scharlachberger), lebh. Schifffalirt. Dabei
im Rhein derHäusethurm des Bischofs Hatte,
1866 restanrirt; nördl. davon das hinger
Loch, jetzt ungefährlicher Rheinstrudel.
BtameBdeieli (Sturmdeich, Land' oder
SeMaf deich), hinter dem Hauptdeich auf-
geworfener Damm, schützt das Land nach
Durchbrechung des Hauptdeichs.
BiBBeBWBMery das in einem durch Deiche
geschützten Lande sich ansammelnde Begen-
oder Schnee Wasser; ein vonliand ganz um-
gebener Heerbusen , nur durch einen schma-
len Kanal mit dem Heere verbanden.
BISBertlefy Graben innerhalb eines Deichs,
welcher das Wasser vom Sammelbassin zur
Deichschleusse leitet.
284
Binomisch -^ Birkenwasser.
Bin*BilMi1i(gr.), in der Mathemattlk eine ans
'S Thellen bestehende oder all sweitheiUgr
•dargettellte Oröase, e. B. a + b; 6—2.
Binomiseher Lehrsabt (BinomiaUheorem),
Reihe oder analyt. Tormel, durch welche
irgend eine Poteni eines Binoms ausge-
•drückt und entwickelt wird, üs l&stt «Ich
mittelst desselben die Worsel einer Jeden
Zahl von jedem beliebigen Grade bis sn
Jeder rerlangten Genauigkeit finden. Bi-
nomiaXko'iffieienten , die in der Reihe des
b.en Lehrsatses auftretenden Faktoren der
«inaeinen Glieder.
Binsen, s. Juneu» nnd Lnpula,
Bintang. osttnd. Insel, am Ende der
Halbinsel Malakka, 22 QM.
BlBn^9 linker Nebenflass des Niger, mün-
•det 00 M. Ton der Küste; wichtige Fahr-
bahn (in nenester Zeit mit Dampfern) weit in
•das innere Sudans.
BioAritkmetik (gr.), Bereohnnng der
■durcbschnittl. Lebensdauer der Menschen.
BioMOy Flnss im südl. Chile, mündet bei
'Goncepcion in den Grossen Ooean, 40 M.
Biographie (gr.), Lebensbeschreibnng.
Sioffraph t Lebensbeschreiber.
Biologie (gr.), Lehre vom Leben, insbes.
•die systemat. Darstellung der Bedingungen
•des Menscheidebens nach seinen Yerschie-
•denen Seiten hin ; auch s. t. a. Physiologie.
Blomagnetlsinvfl (gr.) , s. t. a. thlerischer
Hagnetismus.
Bioinantie (Biomantik, gr.), Bestimmung
«ua gewissen Zeichen, e. B. der Lnngen-
Srobe, dass Leben vorhanden war; angeb-
che Vorherbestimmung der Lebensdauer.
BUntf ^ech.Idyllendichter, ausBmyma,
Nachahmer des Theokrit, um 280 t. Ohr.
Nur Bruchstücke übrig, heransgeg. tod
^aeob» (1795), Hermann (1848), Akten» (1854),
FritzBcht (1860), übersetzt von Von (1808).
Bionomle (gr.), Lehre ron den Gesetzen
^es Lebens.
Blophlnomeiiologle (gr.) , Lehre Ton den
Erscheinungen des Lebens.
Bfostatik (gr.), Lehre Ton der mittleren
Xiebensdauer ; Lehre von der mittleren dnrch«
achnittlichen Beyölkemng.
Biet (spr. 9ioli)> Jean B^ptiste, frans.
Mathematiker und Physiker, geb. 21. April
1774 £U Paris, seit 1803 Mitglied der Aka-
•demie der Wissensdiaften, seit 1809 Prof.
•der Astronomie an der Universität an Paris,
-machtein Angelegemlieiten der Gradmessung
Reisen nach Spanien (1806 — 8), Schott-
land und den orkad. Inseln (1817) nnd Ita»
Hen (1824—25); f 8. Febr. 1862 an Paris.
Sehr. ,Essai de gfom^rie analytique*(1805
m. oft. ; deutsch von Ahrent, 2. Aufl. 1840) ;
^Trait^ ^Ifonentaire d'astronomie phyilque*
<3. Aull. 1841-57, 5Bde.) ; ,Trait6 da physique
«xpirimentale et math toiatique' (1816, 4 Bde.) ;
fTraitft äfoientaire de pliysiqne expMmen-
tale* (1818— 21, 2 Bde.; deutscli mit Znsfttaea
^on reekner 1828—29, 5 Bde.); ,Btades sur
^Gastronomie Indienne et sur l*astronomle
«hinoise« (1862).
Bipiirtiiioii (lat), Zweitlieilung,Halbirung.
BI|»«MleB (lat.), Zweifüssler.
WfMtivm (lat), Zweibrücken.
Bl4iuidnit(Iat.), die4.Potens einer Grosse.
Blr (BiredBekii), asiat.-türk. Stadt in Me-
sopotamien, am Euphrat, an der Strasse von
Aleppo nach Diarbekr, 10,000 Ew.
Birch-PflBiffer 9 Charloue, Schauspielerin
nnd Bühnenschriftstellerin, geb. 1800 an
Stuttgart, seit 1825 mit dem dan. Sehrift-
steller Ohrist. Bireh (Verf. des Werkes
,Ludwig Philipp I., König der Franaosen*,
2. Aull. 1846 — 47, 3 Bde.) vermählt, seit
1844 am Hof theater au Berlin ; 1 24. Ang. 1868.
Bes. bekannt durch ihre aahlreichen Theater*
stücke, die von grosser Bühnenkenntniss
zeugen, ohne auf künstlerische Durchbil-
dung Ansprüche zn machen. ,Dram. Schrif*
ten< (1863-69, 18 Bde.).
BlxWittettoraeB , s. BtHgittenorden.
Bine^ Betula L», Pflaniengattnng der
Betulaceen. jBauA- oder WeistMrke, Stein-,
Winter-, Maser *, Harzbirke, Malenbanm,
B. alba L., B. verrucosa Bkrk,, wichtiger
Waldbaum , vom 47.— 71.<» n. Br., strauch-
artig an der Baumgrenze. Giftes Nutz- nnd
Brennholz. Die Masern dienen zu Schnitz-
arbeiten (Pfeifenköpfe), die Rinde im Norden
zu QttRssen, Kleidungsstücken und in der
(Gerberei ; die Blätter in der Färberei (Schütt-
gelb); die Wurzel und Rinde zu Birkentheer,
der Frühlingssaft wird als Birkenwasser
benntzt. Varietäten: Traueibirice , B. alba
vendxAh, Sotk" oder akorrAUUtrige WeMrirk«,
B. alba hybrida Btom, Biedt; 8<»nmet- oder
Moeehuabirke, B. pubesoens Skrk,, B. odorata
BeehsL, in Deutschland. Varietät: ttretmek»
artige Brockeribirke , ,B. pumila bro<dcen-
bergensis. BappeUHrke, B. populifolia Ait,^
B. lenta Bttroi, im nördl. Amerika, bei uns
kultivirt. Hoke, »ektearite B,, Zkckerbirk4, B&
excelsa AÜ,, B. lutea Mich., in NordamMflca
und Oanada, liefert sehr gutes Nutzholz,
der Saft Zucker. Zwerg • oder Mora^Miite,
B. nana X., auf den höchsten Mooren Deutsch-
lands nnd im hohen Norden, fast kriechend.
Die Wurzeln werden zu Decken verarbeitet.
Straiuehhirke , B. fmticosa BaXL,' B. hnmilia
Bekrank, niedriger Strauch, auf Hochmooren
nnd im Norden.
Birkenfeld, Oldenburg. Füratenthnm, vom
Hauptland getrennt, am Hundsrück, von
der Nahe durchflössen, 9 QM. nnd 35,668
Ew. (7286 Katb.); 1817 von Preussen an
Oldenburg abgetreten. Die Hanpttt, B.,
2249 Ew.; bis 1783 Sitz derPfi^zgrafen von
Zweibrücken, von denen die Jetzt in Bayern
r^erende I^inie direkt abstammt.
BIrkenhead (spr. -hedd), Handelsstsdt in
der engl. Prov. Ohester, Liverpool g^pen*
über, am Mersey, 51,649 Ew. Herr]. Docks,
13 Werften zum Kalfatern der Seeschiffe.
Blrkentlieer C.&<ri«n8{, Deggoi, Daggel),
Produkt der trockenen DestillatioB der
Birkenwnrsel oder -rinde, durchdringend
riechendes Oel, bes. in Russland beratet,
dient zur Juftanfisbrikatton, auch alsWagen-
schmiere und zum Anstreichen. •
BlrkeKWtMer, Frühjahrssaft der Birke,
durch Anbohren des Stammes gewonnen,
enthält Zucker, gährt leicht, dient aur Dar-
stellung von Birkensyrup, Birkenwein; letz-
ter früher ofikolnel].
Blicket •— Biron*
286
Btrktt («Dkb.), Landeee; i,-Matiui, dor
See Mareotl»; B.-d-Kerün, See Mdri«.
Bir]dudui(Tetnu> tBtrtxL.)» Vogelart mu
der OattoBg WAldhnhn (Tetrao X.)« !>•'
Birkhahn 1' 9" long, die Birkhenne wn i/«
kleiner; In den W&ldem Enropes tind Aaiene ;
Wfld der hohen Jagd; halst im April o. Mai.
BIfBUl (Barma), Beioh im nordwestl.
Hinterindien, von den Engländexn durch die
Xrobenmg der Knstenitriöhe Tom Heere
snriokgedr&ngtv SMO QM. mit 4 MiU. Ew.
Landschaften: Awa nnd Oterpejn am Ir&>
waddy» nnd Obep*Laoa jenaeite des Salnen.
Die eigentl. Birmanen (Mranma) sind stär*
ker als die Hindn, in den Waffen geübt,
aber trage, Trennde der Unsik nnd des
Spiels. HaoptreUgiofn der Baddliismas. Titel
des Herrschers Boa. BanmwoUenban leb-
haft annehmend (85,000 Olr. Anst), Erdöl
(300,000 Gtr. AusL nach England). Hanptst.
nnd Besidens Mandalay (16S7 gegr.) ; ftühere
Kraptstidte Amarapnra nnd Awa; Hanpt*
Sita des Handels (mit Ohina) Bhamo.
GtHkie^te. Die älteste Geschidite B.s ist
sagenhaft. Tom 9. bis gegen Ende des 18.
Jahrh. war Pagan am Irawaddy Mittelpunkt
ettMi büUiteden Reichs, das mit Zersto-
neung der Stadt dnrch die Chinesen 1S84
endete« Dann entstand bis gegen Ende des
14. JahA, das Beioh Awa, welches schon
am 1500 in sahireiche kleinere Vürstenthü-
raer serftel. Nachdem 1518 die Birmanen
von Pegn unterworfen worden, -machten sie
rieh IMO wieder frei nnd nnterwaxfen nnn
ihrerseits die Pegnaner. 1758 ward Awa
nochmals TonPega nnterworfien, 1757 aber
zerstörte Alompra, Begründer der gegen-
wärtigen Dynastie, Pegn nnd Tercdnigte
dieses Gebiet, sowie andere angrensende
seinem Reiche. la Folge der Erobemng
Assams daroh seinen Enkel Pha-dschi-dan
(1819-87) erklärte England anB. den Krieg
(Min 1824), der 84. Febr. 1886 dnrch den
Frieden von Jandabn beendigt ward, worin
B. Araohan nnd die TeaasserimproTinaen an
die ostind. Kompagnie abtreten mnsste.
In Folge Ton GewaltthStlgfcelten gegen engl.
Kanflente in Rangnn (Jnni 1851) erschiMi
eine engl. Flotte an der Kftste und nahm
(Aprn bis Okt.) die Städte Martaban, Rangnn,
Bassein und Prome, worauf 80. Dee. 1858
Pegn den Besitzungen der ostind. Kompagnie
eluTerleibt ward. Im Frieden (Jnni 1858)
ward die Orense des brit. Gebiets bestimmt
nnd die Schlflfahrt auf dem Irawaddy für
die Handelsschiffe beider Nationen firelge-
geben. Tgl. Cfrmoforfi, ,JoamaI of an em-
bassy to theoourt of Ära*, 1889; Sangemano,
,Deseriptk)n of the Burmese', 1860; FuT«,
,A narratlTe of the mission to the court of
Ava*, 1858; Jfarähaü, ,Fouryears InBurmah*,
1800, 8 Bde. ; Maton, ,Burmah , its people
and natural productions*, 1868; BeuUan,
,Die Völker des östl. Asien*, 8. Bd., 1866.
BirmlBghftni (spr. Börmlngim), Stadt In
der engl. Grafseh. Warwick, unweit der
Tame am Birminghamkanal, nächst Man-
chester die wiclitigste Fabrikstadt Eng-
lands, 1869: 860,846 Ew. (1819 85,700). Neues
Rathhaus (grosse Orgel), Statden von Nel-
son nnd Watt. Fabrik, roa MetaUknöpffan»
Schnallen, Messingwaaren, plattirtea Ar*
beiten, laoklrten Blechwaarw, Gewehren,.
StahlsolureibfbdemundFederhaltenit Bsmpf*
masehinen ete. Dicht dabei der Fabrifcorfc
8oho, Jetst Vorstadt von B*
BbBbaam (JfiedaycMd) , Kreisstadt im
prenss. Regbs. Posen>sa der Warthe,8879 Ew.
Blnhannu Obstbaum ans der FamiUe der
Rosaceen* &amHntr£„FrntMA€hn»0Hrin,f.
Sorbus pyrus Oranti, ans Glilna, bei nn»
Terwlldert, Stammpflanie der meisten und
gerade der bessern Birnen; USbaunMäUrigtr
£., P. elaeagrifolia AiZl., im Kaukasus, Isth-
mus, in Kleioasien und Armenien, In Sftd*
europa Terwlldert. Artiteksr £,, P. persica«
JP^TB,, in Syrien, Arabien und ^rslen. In
Italien Terwlldert, beide Arten StammpAsB'
z«k Tieler Birnen, oft gekreuxt mit P. Achras..
P. eommunis L», Bezeichnung fi^ unser»
kultiTlrten Sorten. Von letzteren nntsr-
scheidet Diel: Schmalz-, Ranscb-, Knack-,
Sohmeer-, Kochblrnen und Birnen , die nur
zum Kochen im Winter geeignet sind»
Blmenfamllien : Bergamottm-, Butter-, Mus*
katsller^, Pomeransenblmen , Bousseletten,.
Welssbinien (Velanquetten), Sdmialz-,
Knack-, Most- oder Wein-^ Zapfen • oder
Boutelllen-, Pftmdblmen. 9ixaiem bilden
frls<di, getrocknet und eingemacht wichtige
Handelsartikel , dienen lur Bereitung von
Oider, Essig. Das Holz des B.8 TIscblerholz»
BlnlMHUier Wald, Thell desnördl. Kant>
gebirgs, im krainer Schneeberg 5178' h.
BlneB&ther (£imm9l, £lnieR«M«f»|, ist
Bisigsidre-Amyläthnr mit wenig EfesigsAnr»
Aethylither, Fmohtsssena für Konoitoreien.
BilOB (spr. BIrong), 1) Emtt Joh, v. B. « Her-
zog Ton Kurland, geb. 1687, Sohn eines kur-
l&nd. Gutsbesitzers Namens Bühren, war
Günstling der Herzogin Ton Kurland Anna
Iwanowna, die 1780 den russ. Thron bestieg^
und beherrschte durch sie ganz Russland^
Hess Tansende hinrichten und Terbaanen»
ward 17S7 Herzog Tpn Kurland, Vormund des
zu Annas Nachfolger bestimmten Prinzen
Iwan und Regent, nach Annas Tode (88. Okt.
1740) Tom Feldmarscball Münnich Im Ein-
Terstftndniss mit der Mutter des Jungen
Kaisers (80. Not.) Terhaltet und nach Sibirien
Terbannt, Ton Elisabeth 1741 zuruckgentfen»
erhielt 1768 das Herzogthum Kurland zurück^
regierte müd uifd gerecht, dankte 1769 za
Gunsten seines Sohnes Peter ab; flS. Dec.
1779. *- 8) FeUr, Hersog Ton KurlaiMl und
Sagen, Reichsgraf t. B., Sohn des Vor., geb.
15. Febr. 1784zuMitau, ward während seiner
Regierung (1769—95) in Streitigkeiten mit
den Stftnden Tcrwlckelt, welche 88. Mars
1795 zur Abtretung des Landes an Rnssland
führten; f 1'* J<^- 180<> «> Gellenaa in
Sdileslen. Durbh seine 8. Ctomahlin, Annn.
Oharlotte Dorothea , geb. ReichsgriLfin Ton
Modem, Vater Ton 4 Töchtern , Ton denen
die jüngste, Doroihea, geb. 81. Aug. 1793,
Termahlt 1809 mit Edmund, Herzog Ton
Talleytand-P^rlgord und Herzog Ton Dino
in Kalabrien, seit 1845 durch königl. Iuto»
stitur Herzogin Ton Sagen, 19. Sept. 1868 t»
Vgl. Tiedge, ,ABna Oharlotte DoroOtea, letzte
286
Birr — Bisehofslieini.
HenoglB Ton KnrUnd*, 18S8. Der Haans«
«tamm des Hansei ward durch den Bruder
des letatenHenogs von Kurland, KarlBmH
von B., geh, SO. Sept. 1788, f 1<^ Okt. 1801,
forteqpflanst. [Pestaloufs Grab.
BvtTf Dorf im l^ton Aargan, 535 Ew.
Birreiboni, Dorf Im prenss. RegbE. Trier,
Kr. Prüm' an derKyll, In derEifel, 791 Ew.
HlneralqueHen, dem wildnnger Wasser &hnl.
Bin, Nebenilnss des KhMns In der nord-
westl. Schweis, Tom Jnra, dnrehfltesst das
Münster- nnd Lanftbal, mündet oberhalb
Basel ; l(Wt M. 1. In der Kfthe der Mün-
dnnff das Schlachtfeld Ton St. Jakob.
Bfriehen (vom altfrani. h0r§9r, mit Pfeil
und Boleen jagten) , das Hochwild mit der
Büchse beschleichen, namentlich beim Aesen.
Birweh, Birtehgcmg, £inze](]agd nach dieser
BisainoeliSy s. Bind. [Methode.
BIsamnttey s. ZibethraiU nnd BefseZmaiM.
BiMnuehwelBy s. JPOcari,
Blsamitraneli^ s. HiMteu»,
Blsanthier, s. MonehtMhier,
BImhe, deutscher Name der Stadt Besan-
nen. BUanger, alte silb. Scheidemünze, s 5Pf.
Blieaja ( Viseaya), span. Prov., s. BiWao,
Biseapiteher Äfeertuten (Oolf von Gascogne),
Bucht des atlant Meeres swischen der
Kordküste Spaniensund der flranz.Westküste.
Biseaglie (spr. Bischelje), Hafenstadt in
der nnterital. ProT. Bari, 17,600 Ew.
Btschariba (Bi$charin) , Nomadenrolk im
nördl. Nubien zwischen dem rothen Meere
und dem Nil, fast schwarz, 200,000 Köpfe
stark. Eigene Sprache (Begawi).
Biiehof (gr. epiikopM, d. i. Aufteherh in
der ältesten ehristl. Kirche Jeder Oemeinde-
Torsteher oder Presbyter (Aeltester) , seit
dem 2. Jahrb. der Vorsteher des Kollegiums
der Presbyter, dann Titel der Kirchenobem,
welche, im Besitze der iiöchsten Weibe und
einer ordentlichen Jurisdiktion, die Funk-
tionen derselben in den ihnen zugewiesenen
Sprengein (Diöcesen) ausüben. Die Bischöfe
Igelten jetzt in der kathol. Kirche als Nach-
folger der Apostel und besitzen kraft gött-
licher Einsetzung die höchsteKirchengewalt.
Es steht ilmen zu das Recht der Erhaltung
und Verbreitung der rechten Lehre in der
Diöces (jui^ maglsterii), der Verwaltung der
geheimnissvoUen heiligen Handlungen (jun
ordlnis) , von denen sie einige als «gemein-
schaftliche Rechte* (jura dommunia) auch
auf den übrigen Klerus übertragen, andere
<jura propria) sich ausschliesslich vorbe-
halten haben , so ; die Ertheilung der Fir-
melung, die Weihe der Kleriker, die Sal-
bung der Könige, die Bereitung des Chrisma,
die Konsekration der Kirchen etc., endlich
die ganze äussere Verwaltung der Diöces,
namentlich die Gesetzgebung in Diöcesan-
sachen, die geistliche Gerichtsbarkeit und
Strafgewalt, die Verwaltung des Kirehen-
Ipits und die Erhebung der lierkömmlichen
Abgaben (Jura jnrisdictionis). Die Wahl der
Bischöfe geschieiit im Allgemeinen durch
die Kapitel unter landesherrlicher und päpst-
licher Bestätigung (Preussen), in Ländern
kathol. Fürsten meist durch diese (Frank-
reich, Italien, Bayern, Oesterreich etc.) unter
Vorbehalt der päpstlichen Approbation.
Bischöfliche Insignlen : Inful oder Bischolb-
mütze (Mitra), Krumm- oder Bieohofistab,
goldner Ring als Symbol der Vermählung
mit der Kirche Christi) Kreuz auf der Brust,
Dalmatloa, Tnnica, Rochetum, Pallium, be-
sondere Handschuhe und Fussbekleidung.
In der deutsch -Protestant. Kirche kam die
bischöfliche Gewalt an die Landesfürsten.
England (s. Anfiikanitche Kireke), Schweden
und Norlr^ien, sowie Dänemark haben
Bischöfe beibehalten , die aber in letzterem
Lande ganz unter der Landesregierung sn
Kopenhagen stehen.
BIfehof. Karl Onttav, Geolog, geb. 18. Jan.
1792 zu Nürnberg, seit 1822 Prof. der Chemie
und Technologie in Bonn ; f das. SO. Not. 1870.
Bes. Terdient durch konsequente Anwendung ~
der Chemie auf die Erklärung geologischer
Verhältnisse. Sehr. ,PfaysikaI.- Statist. Be-
schreibung des Fichtelgebirges* (1817, 8 Bde.) ;
,Die Tulkan. Blineralquellen Deutschlands
und Frankreichs* (1826) ; ,Die Wärmelehre
des Innern unsere Erdkörpers* (1^7); ,Ijehr-
buch der ehem. und physikal. Geologie* (2.
Aufl. 1863—66, 3 Bde.) n. A.
Bischof (£i$eho/tpein), Getränk ans Roth-
w^iu mit Zucker und unreifsn Pomeranzen-
schalen. Zur schnellen Bereitung dient die
Bi$ehofeuent, ein alkoholischer Auszug der
Pomeranzenschalen«
BIsehOff, 1) Georg Friedrieh, Musiker,
geb. 21. Sept. 1780 zu Ellrich am Harz, f 7*
Sept 1841 in Hildesheim; reranstaltete 1810
das erste deutsche Musilcfest (zu Franken-
hansen). — 2) Ludwig, musik. Kritiker, geb.
1794 in Dessau, Gymnasialprof. an mehreren
Orten, seit 1850 Redakt. der rhein. ,Masik-
Zeitung* zu Köln; f ^- Febr. 1867. - 3)
GotÜub Wilhelm, Botaniker, geb. 1797 zu
Dürkheim a. d. Hardt, seit 1889 Prof. der
Botanik in Heidelberg; f 14. Sept. 1864.
Sehr. ,Handbuch der botan. Terminologie
und Systemkunde* (1883—44, 8 Bde.); «Lehr-
buch der allgemeinen Botanik' ^834—89, 3
Bde.); ,Wörterbnch der beschreibenden Bo-
tanik* (2. Aufl. 1857); ,Medicin.-pharmao6Ut.
Botanik* (2. Aufl. 1847). — 4) Theodor Lud-
wig Wilhelm, Anatom und Physiolog, geb.
28. Okt. 1807 in HanhoTer, ward 1836 Prof.
in Heidelberg, 1848 In Giessen, 1865 in
München; bes. Terdient um die Entwlcke-
Inngsgeschichte, über welche er mehrfiushe
Specialuntersuchungen TerölTentlichte.
Bischofllbarg (Bieehburg), Stadt im preuss.
Regbz. Köninberg, Kr. Friedland, 8469 Ew.
BIsebofi^rniB) Dorf im bayer. Regbz. Ober-
franken, am weissen Main, im FichtelgeUrge,
820 Ew. Glasfabr. Wendischen Ursprungs,
Bis ehofkheiin , 1) Stadt im bayer. Regbz.
Unterfranken, an deat Rliön (Kreusberg),
1502 Ew. — 2) (2feekarbieeh€if*h«im) Stadt
im bad. Kr. Heidelberg, an derRodenbach,
1776 Ew. 2 Schlösser. — 3) (B, am hohen
Sieg) Stadt im bad. Kr. Offenbnrg, nahe
dem Rhein, 1586 Ew. Schloss. — 4) f IViuber-
bieehofsheim) Stadt im bad. Kr. Mosbatdi,
an der Tauber, 2860 Ew. Kath. Pädagogium.
24. Juli 1866 Gefecht zwischen den Preussen
und Würtembersem.
Bisohofskoppe — BiBsen.
287
Blschoflskoppe, Berg in den Sudeten, bei
Zuckmantel, 2571'.
Bisehoftniitse, s. Inful,
Bischofsstab (Knamstah , p^dam episco-
pale, ferola, sambuca), langer, oben ge-
krümmter und Terzlerter Stab, welchen die
Bischöfe bei ihrer Konsekration als Zeichen
Ihres Hirtenamts erhalten und bei feierlichen
Crelegenheiten sich nachtragen lassen.
BIsehofiitelBy Stadt im preuss. Begbz.
Königsberg, Kr. Kössel, S384 Ew.
Bisehofbwerda. Stadt im s&ohs. Regbz.
Bautzen, an der Wesenitz, 4108 Ew.
Blsekoftwerdery Stadt im preuss. Begbz.
Banzig, Kr. Bosenberg, 1971 Ew.
BiscBOlliwerder 9 Joh, Bud, von, preuss.
Staatsmann, geb. 1787 zu Dresden, trat 1700
in pienss. Inlitärdlenst , ward Günstling
und lUnister Fiiedr. Wilhelms II., Haupt-
nrhebcir der pillnitzer Konvention von 1790,
begleitete den König während des Feldzuges
in der Ohampagne, ward nacli des Königs
Tode 1797 pensionlrt; t Okt. 1803.
Blsehoftzell. Stadt Im Kanton Thurgau,
an der Mund, der Sitter in dl^ Thur, 1409
Ew. Chorherren Stift (9. Jahrb.).
Bischof- Telaits. Stadt im böhm. Kr.
Pilsen, an der Badbusa, 87S8 Ew.
Blsenop) Henry, engl. Komponist, geb.
1788 in London, Prof. der Tonkunst zu Ox-
^rd; t SO. April 18ö5; komponlrte die ersten
engl. Opern, auch IreffUche mehrstimmige
Gesänge (z. B. ,Myheer ran Dunek') etc.
Biscnwellor (fr. BUehwüUr), gewerbsame
Stadt im unteren Elsass, 9911 Ew. ; ehedem
Resid. der Pfklzgrafen Ton Blrkenfeld.^
Blsenit (fr.), zweimal gebaokenes (Zwie*
ba(^) Gebäck ans Zucker, Mehl und Eiern
in mancherlei Formen; unglasirtes Porzellan
zu Tiegeln und Statuetten.
Blsentfiuiy s. Boüena,
Blsens, Stadt im mähr. Kr. Hradisch, 3486
Ew. Sohloss. Weinbau.. [Mittelmeer.
Blserta^ befest. Hafenort in Tunis, am
BIskra (BUkara), Stadt in Algier, Kr.
Oonstantine, Oase in der Sahara, 3800 Ew.
Wichtige franz. Hilitärposten. Steinsalz.
Bismark. Stadt im preuss. Regbz. Magde-
burg, Kr. Stendal, 1947 Ew.
Bumarck-Bohlen, Friedr, Alex,, Graf von,
preuss. General, Vetter des Reichskanzlers,
geb. 15. Juni 1818, begleitete 1848—43 den
Prinzen Adalbert ron Preussen auf seiner
Reise nach Amerika, ward 1858 Oberst,
1864 Generalmajor, im Feldzug Ton 1866 dem
Stab d^ 1. Armee attachirt, 1866 General-
lientenant, 1868 Kommandant Ton Berlin
und Chef der Landgendarmerie , Aug. 1870
OeneralgouTemeur im Elsass.
Blsmarck-SchoiihaiiseBy Karl Otto, Oraf
von, preuss. Staatsmann , geb. 1. April
1813 zu Brandenburg,' that sich zuerst auf
dem Tef einigten Landtag ron 1847 als Führer
der äussersten Rechten/ und dann als Mit-
glied der naeh Erlass dep oktroyirten Ver-
fassung gewählten zweiten Kammer als ent-
schiedener Gegner desReprasentatlTsystems
lind der Reichsverfassung hervor, bekämpfte
1850 im erftirter Parlament die Unlonsbe-
strebungeu der preuss. Regierung und ver^
trat bei den B^ammerverhandlnngen voiA
3. Beo. 1850 offen die von Manteuffel in
Olmütz befolgte Politik. Mai 1851 zum Le-
gatlonssekretär bei der preuss. Bundestags-
gesandtschaft und 3 Monate später zum
preuss. Bundestagsgesandten ernannt, suchte
er vergeblich Preussens Glelolistellung mit
Oesterreich am Bundestag zur Anerkennung
zu bringen. Nachdem er seit 1. April 1859
preuss. Gesandter In Petersburg und seit
Frühjahr 1862 Botschafter in Paris gewesen,
trat er 24. Sept. d. J. als Minister des Aus-
wärtigen an die Spitze des neuen Xablnets.
Hauptmomente seiner ministeriellen Thätig-
keit sind sein Streit mit dem Abgeordne-
tenhause über die Militärorganisation und
das Budget (1862 u. 1869) ; sein Notenwechsel
mit Oesterreich in Folge der Opposition
desselben gegen den preuss. -franz. Han-
delsvertrag und dessen Antrag beim Bunde
auf eine Volksvertretung durch Kammer-
delegirte; seine Ablehnung des Österr.
BundesreformproJekt8(1868); die gemeinsam
mit Oesterreich unternommene Aktion gegen ■
Dänemark in Sachen Schleswig-Holsteins
und derPrälimlnarvertrag vom 1. Aug. 1864,
wonach der König von Dänemark auf den
Besitz der Elbherzogthümer zu Gunsten der
Verbündeten versichtete ; die gastelner Kon-
ventioB vom 14. Aug. 1865 mit ihrer Thei-
lung des bisherigen Kondominats In den
Elbherzogthümem; der Italien. - preuss.
Alllanzvertrag vom 8. April 1866; derReform-
antrag beim Bunde vom 9. April ; die Mit-
theilung der Grundzüge einer neuen Bundes-
verfassung an die deutschen Regierungen
(10. Juni); der Krieg von 1866; die Stiftung
des norddeutschen rundes und die Anne-
xionen In Norddeutschland; endlich die
Neutrallslrung Luxemburgs den Annexions-
gelüsten Frankreichs gegenüber und die
Zurückweisung der Ansprüche dieser Macht
auf Erweiterung ihrer Grenzen gegen den
Rhein und Belgien. Seit 14. Juli 1867 Kanz-
ler des norddeutschen Bundes, leitete er
die gemeinsamen Angelegenheiten desselben,
schloss Nov. 1870 zu Versailles die Verträge
mit den süddeutschen Staaten über deren
Anschluss an den norddeutschen Bund ab,
ward nach Herateilung des deutschen Reichs
(Jan. 1871) zum Reichskanzler ernannt und
in seiner Militärcarridre zum Generallieute-
nant belOrdert. Vgl. He»eJHd, ,Das Buch
vom Grafen B.*, 1869; ,Graf B., ein Cha-
rakterbfldS 1867.
BismarpfkmdC^iMmorp/iindJ, in Dänemark
= 12 dän. Pfd. = 6 Kllogr.
BIsmntaurit. s. Wismuthgold.
Bisoii* s. Büffel,
BisSy Bisswunde, entw. blosse Quetschung
oder mit Zerreissungen verbunden u. dann
wie jede andere gerissene Wunde zu behan-
deln, wenn nicht mit dem Blss zugleich
Gift in die Wunde kam.
Blssaoioseln (spr. Bissa-u-), portug. Insel-
gruppe an der Westseite Senegamblens ;
die nösste : Biesao (Bisaayo), Fort.
BlssajaSy Theil der Pliilippinen.
Blsseuy HervMLnn Wüh,, dän. Bildhauer,
geb. 1798 zu Schleswig, Schüler Thorwaldsena
288
Bietenen — > Biado.
in Eon, seit 1850 Dii^ktor d«r KDiutak»-
demie in Kopenhag^en; f das. Man 1868.
Seine Werke durch kraffcrollen Stil n. männ-
Uohen £nurt der A^tftaMBnag aiMgeseichnet:
Walkyre (1885), Amor mitdem Pfeil, Minerva,
▲pollo (1843), Orest (1851), Philoktet (1856),
Iiöwe von Idstedt (zerstört); Portr&tbusten.
BlmeiieB (Bissegni), s. v. a. Petschenegen.
Bister (Biester, brauner Lßck^ Ckemitch'
brottfi, Bod)t braune Farbe fax Wassermalerei,
ans Glanzmss bereitet. MinwaS^iaiery Man-
ganbrann, Wad ist natürliches oder künst-
liehes, wasserhaltiges Manganozyd oder
-snperoxyd , nicht giiEtig.
BlithnHy der Sprengel eines Bleohofs;
in Deutschland bis eum Keichsdeputations-
hauptsohlnsB von 1803 das Land , welches
ein Bischof auf Qrund seines geistl. Amtes
mit weit]. Fürstenrechtenbesassund inerte.
BlftSneii (BivioMM, a. 6.), thrao. Volk,
zwischen dem Bhodopegebirge und dem
ägaischen Meer; das. die Stadt ^Mlonia und
der See Biai^Sni» (jetzt Lagos «Buru).
• Biitoiiri (Incisorium, IndaUmameeMer), klei-
nes Operationsmesser zumBInklappen, dessen
Klinge durch Federn etc. festgestellt wird.
Blstrits (Nt^m), 1) Stadt in Siebenbürgen,
Land der Sachsen, am Flum B. (Nebenflusa
des gr. Szamos) und derHauptstr. nach N.,
3451 Ew. (meist Deutsche). Goth. Kirche (von
1519), 2 Gymnas., PiaristenkoUeg. Ehedem
wichtiger Handelsort zwischen Danzig und
der Levante. — 8) Name mehrerer Markt-
flecken und Dörfer in Böhmen.
Biitrltn (Qoldme BjfstritMa), Nebenll. des
Sereth In der Moldau, 40 M., Gold führend.
' Biralea (lat.)^ S&ugethiere mit gespaltenen
Klauen. Zweihufige, Wiederkäuer.
Bintftny Dorf in Persien (Ardilan), bei
Kirmansohah; dabei dne Felswand mit
merkwürd. Keilinschriften u. Skulpturen.
BisyUabigeli (lat.), zweisilbig.
Bit. Silbermünze auf Jamaika, =4 Sgr.l Pf.
BitbuTf, Kreisst. im preuss. Begbz. Trier,
2947 Ew.
Bfterolf uicl Bietleib , altd. Gedicht aus
dem Ende des 18. Jahrb., der deutschen
Heldensage ang^öiig; Verf. unbekannt.
Gedr. inHagensu. Primissers ,Heldenbuch'.
Blthvry Ortschaft in Ostindien; 16. Aug.
1857 Sieg der Englander unter Havelodc über
die Sipahis unter Kena Sahib.
Bithymleii (a. G.), Landsch. im nordwestl.
Klelnaäen, am schwarzen Meere und der
Propontis (Marmormeer), mit dem Olympus-
gebii^ und dengriech. St&dten Ohalcedon,
Heraclea etc. ; in der Folge Königreich mit
der Hauptst. Nicomedia; dann zu Perslen
gehörig; nach Alexander d. Gr. Tode wieder
selbständ. Iteicb, endlich röm. Provinz.
BitJugt, Nebenfl. des Don, im grossruss.
Gouv. Woronesch. An seinen Ufern bed.
Pferdezucht (Bitjuki).
Bitlls, Stadt in Türk.-Armenien, AmFluea
B., im W. des WanseeSj 10—12,000 Ew.
Hanptort der Kurden.
Bltonto^ Stadt in. der unterital. Prov.
Bari, nahe dem Meere, 22,186 Ew. Grosses
Waisenhans. 27. Mäi*z 1784 /Steg der Spanier
über die Oesterreicher.
Bitteh (fr. Bitohe), Stadt im General-
gouv. Elsass, am nördl. Fuss der Vogesen»
2740 Ew. Hohe starke Citadelle, seit Aug.
1870 von den Deutseben heuert. Ehedem
elsass. Grafsch., ward 1738 franz.
Bittererde^ s. v. a. Magnesia.
Bitterfeld 9 Kreisst. im preuas. Begbz.
Merseburg, an der leipa.-berl. Eisenbahn^
BitterluOk, s. IMontit, [4897 Ew.
Bltterklee^ s. Menyantkee. [kleesalz.
BltttrkleeMls, provin^ell, s. v. a. Sauer-
BittemundeiSl, s. Berizaldehyd.
Blttennandelwasser^ pharmaoeut. Präpa-
rat, durch Destillation von ausgepressten und'
zerstossenen bittern Mandeln mit Wasser
erhalten, enthalt Bittermandelöl und eine
bestimmte Menge Blaus&Xire. [Ifo^rnecio.
BitterMls^ schwefelsaure Ma^esia, s.
Blttersahserde^ Bittererde, s.v.a ^Magnesia.
Bittenpathy s. DolemU.
Bltternoffey die den bittem Geschmack,
vegetabilischer Substanzen bedingenden
Stoffe, AlkaloYde, Harze, Farbstoffe etc.»
zum grossen Theil aber auch undere, noch
wenig erforschte stickstofffeeieVerbindungen.
Bittersfisf y s. v. a. Solanum Dulcamara.
Blttenrissery Min^nilwisser mit über>
wiegendem Blttersal^ebalt :.Spsom, Püllna»
Sedlitz, Seidschütz, Steinwaaser, Friedrichs-
hall, wirken eröffnend, abführend , werden
auch künstlich bereitet. [tiana lutea.
BitteETwanteU s. v. a. gelber Enzian, Gen-
Bittgänge (BuMgänge, Bet/ährteM), in der
kathol. Kirche Prozessionen zum Behuf der
Bet- und Bussübung überhaupt oder zur
Abwendung grosser Uebel etc. Die haupt-
sachlichsten sind die Prozession oder grosse
Litanei am St.-Marcustage (25. April) und
die kleineren Litaneien an den 3 Tagen vor
Christi Himmelfahrt.
Bittnrigei (a. G.), Volk im aquitan. Gel-
lten , das unter Bellovesus Heerzüge nach
Italien und Deutschland unternahm. Hauptst.
Bitttrieum (Bituriga, J. Bonrges).
MtÜBieii) allgem. Bezeichnung für pech-,
theer- oder theerölartige, in der Natur vor-
kommende Substanzen : Asphalt, Ozokorit,
Erdöl etc. BUumii^t mit derartiigen Stoffen
durchzogen.
Bitcius. Mbert, pseud. Jeremia» Gotihdf,
Schweiz. Schriftsteller, geb. 4. Okt. 1797 zu
Murten (Kant. Freiburg), seit 1832 Pfiarrer
zu Lützelflüh im Emmenthale; f das. 22.
Okt. 1854. Volksthüml. Erzählungen voll
derben Humors und tiefen sittl. Gehalts, z. B.
,K&thi die GrossmutterS ,Uli der Knecht*,
,Uli der Pachter* u. a. ,Ges. Schriften* (2. Aufl.
1861 , 24 Bde.). Biogr. von Mannuel (1857).
Bivonae (fir., vom deutschen Beiteaeht),
Feldlager von Trappen unter freiem HimiiMl,
im Gegensatz zum Zeltlagei*, bes. bei Irein-'
desnabe üblich. Bei längerer Dauer mit
Erd- und Laubhütten.
Bixa Z., Pflanzengattung der Bixaceen.
B. orellana L., Orlean- oder Roucoubaum,
Baum in Westindien und Südamerika, sein
teig^iges, dunkelscharlachrothes Fruchtmark
liefert den Orlean (s. d.).
Blxlo« Girolamo Sino, ital. Militär, geb.
8. Okt. 1821 zu Genua, fungirte 1848 unter
Bizarr — Blagoweschtschensk.
289
Oaribaldi als GeaentlstabsofAzIer bei dei*
YertheJdigiiDg von Rom, 1859 Im Corps
der Alpeigfiger als Major, schloss sicli 18Ö0
der Expedition Ton Marsala aa , focht als
Kommandeur eines Frelwllligenbataiilone
bei Oalataflmi und Pftlemio, dann als Bri-
gadier bei Beggio und Volturno, trat uacli
Anflösnng der Südarmee In das ital. Heer
über und erliielt später die Territorial-
di Vision Ton Alessandrla.
Bisurr (ital.), sonderbar, seltsam, grillen-
haft. £isarrerie, geflissentliche, gesuchte
Sonderbarkeit, Wunderlichkeit im Betragen.
BJeli^Ja (B^aja), FIuss im russ. Gouv.
Orenburg, entspr. im baschkir. Ural, nimmt
den Ufa auf, mündet in die Kama, 140 M.
BJch^a-lfeseha, deutsche Kolonie im
kleinruss. Gouv. Tschernigow; Tabaksbau,
BiJelew (JBtUto), Krelsst. im grossniss.
GouT. Tnla, an d. Oka, 797S Ew. Messerfabr.
BJelgoroa (Setgorod), Kreisst. Im gross-
rass. Gouv. Kursk, am Donetz , 19,168 £w.
BJelneha, Berg, s. Kaiunjatäul^.
ly^meborg, Seebafenstadt In Finnland,
Gouv. Abo, an der Mündung des Kümo in
den bottn. Meerb., 7970 Ew.
BJdnuoiiy SJ\im»terne, norweg. Dichter,
geb. 8. Deo. 1899 zu Kvikne in Oesterdalen,
war eine Zeitlaug Theaterdirektor zu Bergen,
privatlsirte dann in Chrlstiania, machte
1861 eine Heise nach B^m ; seit den letzten
Jahren Direktor des Tlieaters zu Chrlstia-
nia. Seine Werke, durcli acht nationales
Gepräge ausgezeichnet, sind theils Dorf-
geschichten: ,AmeS ,£in fröhlicher Bursche'
fdeutseh von Lobedanz 1865) u. A.; theils
Dramen : ,Zwl8oheu den Sohlachten' ,Hulda',
,König Sigurd* (alle 3 übers, von Lcbedaru
1866), »König Sverre*, ,Marla Stuai-t in Eng-
land' (deutsch 1865); theils lyr. Gedlclite.
Blaekbnm (spr. Bläckbörn), Staat in der
engl. Grafsch. Lanoaster, am Derwent, 63,126
Ew. Grosse Kattnnfabr.
Black -Done (spr. Black-Dom), höchster
Berg des Alleghanygebirgs, 6800'.
Blaekilscli. s. Tintentehneeke, "
Biackheath (spr. Bläckiileth), Ortschaft
südöstl. von London, bei Greenwich. Park,
hochgelegen, von den Londonem viel besucht.
Black -Biver (spr. Black -Rlwwer, d. i.
schwarzer Fluss), Nome zahlreiclier Flüsse,
bes. in Kordamerika.
Blaekstone (spr. Bl&ckston), 8ir Wittiam,
engl. Reclitsgelehrter, geb. 10. Juli 1723 zu
London, ward 1701 Mitglied des Parlaments,
1763 Solicitor- General der Königin, 1770
Kicliter am königl. Gerichtshofe der Common
Pleas; t 1^* Febr. 1780. Seine ,Commen-
tariet on the Law of England' (1765—68,
4 Bde.; 19. Aufl. 1854) gelten noch jetzt als
A,nt<£rffcät in allen konstitutionellen Fragen.
Sehr, ausserdem ,Law tificts' (1762, 2 Bde.;
deutsch 1779) und ,Analysis of the Law
of England' (1754).
BlMk-Warrior (spr. Bl&ck-Uarrlor), Fluss
in Alabama (Nordamerika), mündet bei De-
mapolls in den Tombigbee; von Mobile bis
Tuscaloosa (57 M.) schlfTbar.
Blaek-Wftt«r (spr. Bläckuahter), 1) Kfisten-
fli»ss in der engl. Grafsoh. Essex, bildet an
Meyert Band 'Lexikon.
der Mündung die wegen ilirer Austern be-
rühmte Btackwaterbai. — 2) Küstenfluss im
sudwestl. Irland, mündet bei ITougha], 20 M.
Blaekwood (spr. Bläckwudd), schwarzes
hartes Holz von Madagaskar (7), kommt
von Mauritius und Isie de France in den
Handel, dient zu kleinen Drechslerarbeiten.
Blackwood-Blver (spr. Black wudd-RIwer;
im Oberlauf Arthur), Küstenfluss im sud-
westl. Australien, mündet bei Augusta,
östl. vom Kap Leeuwin.
Bilser. Gustav, Bildhauer, geb. 9. Mai
1818 zu Dusseidorf, Schüler Rauchs, lebt
in Berlin. Krieger zum Kampf ausfallend
(berl. Schlossbrücke), Reiterstatuen Frledr.
Wilhelms III. u. Frledr. Wilh. IV. (Köln),
Borussia (berl. Museum) u. A. ; auch treffl.
Büsten und genreartige Gruppen.
Blahnngen (Flatus, Vapeurs), häufiges Ab-
gehen vonDarmgason durch den After. An-
sammlung derselben bedingt Aufgetrieben-
sein des Leibes (Meteorismus, Tympanitis) ;
Bestandtheile : verschluckte atmosphärische
Luft, Kohlensäure, Wasserstoff, wenig
Schwefel- und Kolilen Wasserstoff. Tritt ein
nach Gennss leicht gährender Speisen (Most,
junges Bier, grfine Gemüse, Sauerkraut).
Gasansammlung im Magen bewirkt Athem-
besch werden, Aufstossen. Behandlung: Rei-
ben des Leibes, gewürzhafte Mittel.
BlStterbrMhy blätteriger Bruch, Eigen-
schaft der Mineralien, unter einem Schlag
blätterartig zu spalten (Glimmer).
BlStterklei, blätterig oder rindenformig
sich ablagerndes Schwefelelsen bei Döblaa
bei Halle.
BIStterkohle. s. Brcutn- und Steinkohle.
Blitterschierery bitumiuöser Schiefer, der
Bogheadkohle ähnlich, liefert sehr vielTheer;
wichtiges Rohmaterial für die Paraffin-
Industrie, findet sich im Siebengebirge bei
Linz , Rott , Oedingen , Bonn , zu Werthen
bei Bielefeld , in Hessen, Hannover, Böhmen,
In der Yendde , zu Autun und auf der He-
brideninsel Mull.
Blattenchwamiii , Agarlcos, s. JPiUe.
Blitt (Bläuw, Blauw, lat. Caesiu»), holl.
Gelehrten- und Buclidruckerfamille. Wilh.
£., geb. 1571 zu Alkmar, f S^* Okt. 1638,
ausgez. als Mathematiker und Astronom,
Landkartenzeichner und Verfertiger von
Erd- und Himmelsgloben. Sehr. ,Novus
Atlas, d. i. Weltbeschreibung mit schönen
newen aussf&hrlichen Landti^eln' (1634—62,
6 Bde.), ,Theatrum urbium etc.' (1619) o. A.
Sein Enkel Joh. B., geb. Anfangs des 17.
Jahrh. zu Amsterdam, machte grosse Reisen,
gab einen ,At]as Major' (1662, 11 Bde.) und
zahlr., schön ausgestattete topograph.Knpfer-
werke und Städteansichten heraus ; f 28. Dec
1673. Seine Söhne Joh. und JMer setzten
das buchhändl. Geschäft des Vaters bis gegen
1700 fort. Gute Ausgaben klass. Autoreu.
Blaftird (ft*., spr. -fahr), Mensch mit weissen
Haaren und rothen Augen, Kakerlak, Albino.
Blagodat, berühmter Magnetberg im mitt-
lem Ural, bei Niachnij - Tagllsk, 1984' h.
Blagoweschtschensk y Hauptst. des niss.
Amurgebiets, am Dsega und Amur; unfern
der chin. Stadt Aigun; 1858 gegründet.
290
Blaisais — Blankenese.
BIaImIb (spr. B1&S&) , Landsch. Im mitt-
leren Frankreich (Orltenals), Jetet ein Theil
des Depart. Loir-Chdr; Hauptst. Blois.
Blake (apr. Blehk), Bob., engl. Seeheld,
geb. 1599 zti Bridgewater in Somersetshlre,
ward 1640 Mitglied des Parlaments und hier
Fühi*er der republikan. Partei, 1649 von
Oromvell mit dem Oberbefehl über die
engl. Seemacht betraut, Temichtete das
Geschwader des Prinzen Bnpert, eroberte
die Kanalinseln, focht 1658 n. 1653 siegreich
gegen die Holländer, verbrannte 1655 bei
Tonis eine türk. Flotte , schlug 1657 die Spa-
nier bei Sta.-GraB und nahm ihre Sllbeiv
galionen weg; f 17. Aug. 1657. Seine Biogr.
von Hepwarth Dixon (185S).
BllknlU (spr. Bio-, d.i. blaue Jungfrau),
Steinklippe bei der schwed. Insel Oeland,
an die sich alte Hexensagen 'knüpfen.
BIabc. 1) Ludw, Oottfr., geb. 19. Sept.
1781 zu Berlin, ward 1822 Prof. der roman.
Sprachen und 1888 Domprediger zu Halle;
t das. 18. April 1866. Oründl. Kenner der
ital. Sprache und Literatur, bes. des Dante;
sehr. ,Ita]. Grammatik* (1844); «Yocabulario
Dantesco' (1851); (Versuch einer bloss philo-
logischen Erklärung mehrerer dunkeln Stel-
leu der göttl. Komödie* (1860-64, 8 Bde.);
,Uebersetzung und Erläuterung der göttl.
Komödie' (1864) ; auch ,Handb. des Wissens-
würdigsten aus der Natur und Geschichte
der Erde und ihrer Bewohner' (8. Aufl. von
H. Lange 1867—69). — S) Jean Joseph Louis,
franz. Publlcist der so<^idemokrat. Bii^tung
und Historiker, geb. 88. Okt. 1813 in Madrid,
lebte seit 1834 in Paris als Mitarbeiter am
(National' und an der 3®vue r6publicaine',
gründete 1838 das Blatt ,La revue du pro-
grds*. worin er zuerst seine Theorie von
der ,Organi8atlon der Arbeit* veröffentlichte,
ward 1848 Mitglied der provlsor. Begiemng,
bewirkte als solches die Einsetzung des
sog. ,Regierung^ausschU8ses für die Arbei-
ter', ward in den durch das Attentat vom
15. Mai veranlassten Kriminalprozess ver-
wickelt und entzog sich der Yerurtheilung
durch die Flucht nach Belgien und England.
Seit Sept. 1870 wieder in Paris, gehörte er
der gemässigten republikan. Partei an.
Ausser pollt. Flug- und polem. Schriften
verfasste er noch ,Histoire de dix ans
1830-1840' (1841-44, 5 Bde. ; deutsch von
Buhl 1844, 5 Bde., und Fink 1845, 5 Bde.),
(Histolre de la rivolntlon Aran^se* (1847—
1866, 10 Bde.; deutsch 1854) und ,Histolre
de la r^volution de 1848' (1870). — S) AugusU
Alexandre Charles, £ranz. Kunstschriftsteller,
Bruder des Yor., geb. 17. Nov. 1815 zu Gastres
im Depart. Tarn, war nach der Revolution von
1848 bis 1852 Direktor der Abtheilung für
die bildenden Künste im Ministerium des
Innern. Sehr, das in grossen Dimensionen
angelegte Werk .Histoire des peintres de
toutes les 6coles' (1850 f.); ,Hi8toire des
peintres fran^ais au XIX slöcle* (1845);
,Gi*ammaire des arts du dessln' (1864) u. A.
Blase d'Etpagne, s. v. a. basisch salpeter-
saures Bismuthoxyd, Schminke.
Blftne flxy 8. V. a. Barytwelss, Schwefel-
•aurer Baryt.
BUnehard (spr. Blangschahr), 1) Fran-
ffois, einer der ersten Luftschiffer, geb. 1753
zu Andelys im franz. Depart. Eure, ver-
suchte 4. März 1784 die erste Luftreise,
schiffte 1785 über den Kanal nach Galais,
machte dann uoch viele Luftreisen in frem-
den Ländern, bis 1807 66; f 7. März 1S09.
Seine Gattin setzte die Laftreisen fort und
fand ihren Tod 6. Juli 1819 in Paris bei
ihrer 67. Auffahrt, indem ihr Ballon durcU
ein in der Höhe abgebranntes Feuerwerk
in Brand gerieth. — 8) Henri Louis, flranz.
Komponist, geb. 7. Febr. 1778 zu Bordeaux,
30 Jahre lang Orchesterdirigent der «Yari^-
t^s'; t 86. Dec. 1858 zu Paris. ZahIr.,Vaade-
villearlen, meist ins Volk gedrungen. Auch
als Theaterdichter und Kritiker thätlg.
BUBChiren (A-.), abbrühen, abwallen, in
der Kochkunst Fleischwerk oder Gemüse ein
paar Male im Wasser aufwallen lassen ; in
der Gärtnerei Endivlen, Laktuken, Sellerie
etc. fest zusammenbinden und in die Erde
stecken, damit sie gelb und zart werden.
BIabco, Kap, s. Weisses Vorgebirge.
Blanco (bianeo, ital.), beim Indossiren
eines Wechsels auf der Rückseite desselben
leer gelassener Platz zum Einschreiben des
Namens des Indossaten. In B. stehen, die
Tratte (Wechsel) eines Andern aoceptirt oder
ihm Rimesse gemacht haben, ohne dafür
Deckung zu haben; überhaupt Vorschuss
geleistet haben, ohne gehöHg gedeckt zu
sein. Blancokredil, offener, bloss auf per-
sönlichem Vertrauen beruhender Kredit.
Biandrata, Giorgio, eigentl. Biandrata,
Stifter der Unitarier in Polen und Sieben-
bürgen, Sprössling eines angesehenen ital.
Geschlechts zu Saluzzo, geb. um 1515, war
in Pavia Arzt, floh, von der Inquisition als
Verbreiter reformator. Ideen verfolgrt, 1556
nach Genf, begab sich 1558 nach Polen, 1563
nach Siebenbürgen, ward Leibarzt des
Fürsten Joh. SIgismund, von seinem kath.
Neffen aus Fanatismus um 1590 ermord^.
Sein ,Antitrlnitar. Glanbensbekenntniss'
herausgeg. von Henke (1794).
BUnginl (spr. -dschinl), Giuseppe WaHa
Feliee, ber. Liederkomponist, geb. 8. Nov.
1781 zu Turin, f 18. Dec. 1848 als Prof. am
Konservatorium zu Paris.
Blankenberghe, Fischerdorf im belg.
Westflandern, nordöstl. von Ostende, 1980
Ew., seit 1840 Seebad (ca. 4000 Gäste Jährl.).
Blankenborg • 1) Kreis im Herzogth.
Braunschweig, die südöstl. Exklave, 8,6 QM.
und 88,988 Ew. Ehedem eigene Grafschaft,
seit 1590 braunschweigisch, 1690—1731 unter
Ludwig Rudolf, dem 2. Sohne des Herzogs
Anton Ulrich, selbständiges Fttrstenthum.
Die Hauplst. B., am Nordrande des Harzes,
3825 Ew. Statt]. Schloss; gegenüber die «og.
Tenfelsmauer, eine Kette von wilden Stein-
klippen. — 8) Stadt In Schwarzburg-Rudol-
Stadt (Oberherrschaft), an der Rinne, 1393
Ew. Ruine Greifenstein. Kaltwasseranstalt.
Blankenese 9 schön gelegenes Dorf bei
Altona, an der Elbe, 3185 Ew., Hauptsitz
der Nordseeflscherei und Lootsenschlfflahrt
mit über 300 eignen Schiffen; zafalr. schöne
Landhäuser der Hamburger.
Blankenhain
BUnkenluiiii, Stadt in SachsenoWeimar,
IKr. Weimar, 2186 Ew. Schloss. PoraeUanfabr.
BUnkenheiniy Flecken im preuss. Regbz.
dachen, in der Elfe), an der Aar, S161 £«r.
Hauptort der ehemal. Ore^fteh. B.
Blanket (fr. blanquel, ital. earta bumea),
■«nToUstandlge, oft nur mittelst Namena*
Minterschiift auf einem leeren Blatte er-
-theilte YoUmaclit.
Blanke Waffen ^ im Gegensatz ma den
I'euer- oder Fernwaffen die für den Kampf
-in der Nähe oder das Handgemenge be-
:8timmten Nahwaffen, entweder Stosswaffen
«^Stossbi^onnet und Lanze), oder Hiebwaffen
<<krummer Säbel), oder Stoss- und Hiebwaffen
•<Degen, Pallasch, Hirschfanger, Haubaiion-
net, Bajonnetsibel der Infcuiterie nnd gera-
-der Reitersäbel).
Blanklly marokkan. Silbermünse, = 9Vl Pf*
BUnk-Tene (engl.), der reimlose Sfüssige
.Jambus.
Blanqni (spr. Blangki), 1) JAröme Adolphe,
Aranz. Nationalökonom, geb. 20. Not. 1796
•SU Nizza, ward 1883 Prof. am Kon^eryatorium
•der Künste und Gewerbe zu Paris, 1838
H itglied der Akademie der moral. und polit.
Wissenschaften, 1846—48 Mitglied der De*
putirtenkammer; f 28. Jan. 1854 zu Paris.
Hauptwerk : ,Histoire de Täconomie politique
«n Europe' (1887—38, 2 Bde.). Anhänger
•Says mit socialist. Sympathien. — 2) Zont«
Augtute, franz. Beraagog, Bruder des Vor.,
■^eb. 18(Ki zu Nizza, liess sich früli in ge-
lieirae Umsturzverbindungen ein, ward bei
dem bewaffneten Aufstande vom 12. Mai
1839 ergriffen, vom Pairshof zu lebenslang*
lieber Haft tfiegnadigt'und bei derFebrnar-
TeTolution 1848 freigelassen, stiftete den
Klub des republikan. Gentralvereins , ward
:«ls Hauptanstifter der Manifestationen vom
17. März, 16. April nnd 15. Mai bei letzterer
-▼erhaftet und zu lOJähr. Gefangenschaft, die
•er zu Belle -Isle verbüsste, dann Juni 1861
wegen neuer Umtriebe zu 4Jähr. Gefangen-
^flchaft Terurtheilt; seit Sept. 1870 Agitator
für socialdemokrat. Bestrebungen in Paris.
Blaiuko, Markts, im mähr. Kr. Brunn,
-an der Zittawa, dem Grafen Salm gehörig,
1500 Ew. Schloss. Grosse Eisenwerke, 4>e8.
Torzügl. Giesserei.
Blase L. (Vesica), im anatom. Sinne Be-
liältnlss für Flüssigkeiten, bes. Harnblase,
43ammelapparat für den Harn, im kleinen
Becken gelegen, hat nach oben Mündungen
■der Harnleiter, nach uhten solche für die
Harnröhre, ist mit Schleimhaut ausgeklei-
det, kann durch Muskeln zum Zusammen-
ziehen gebracht und willkürlich geschlossen
werden. Im patholog. Sinne Abhebung der
Oberhaut durch klare Flüssigkeit; bei An-
«ammlnng von Eiter Fueld, von Blut JXui'
•Ua«e (bei Quetschung).
Blazebalg, s. Gebläee.
BlaMüdori (BdUufalva), Flecken im sie-
l>enbürg. Kom. Kokelburg, am Kokel, 1100
£w. Sitz eibes griech.-orient. Erabisohofs.
BlaseBgrfiB) gelbgrüne Farbe ans Kreuz-
•dombeereu.
Blaseapflaster, z. KantharideitpßMter,
BlMenimrai» seschlechtslose j&Uwioke-
— Blattgrftn. 091
\
longsforra des Bandwurms (s. d.), firfiher
für selbständige Arten gehalten (Cystica).
Viele Arten. B. des Menscben, Iffehmirm
(Echinococcus hominis und Teterinorum),
«rzengt namentlich auf Island die Hydatiden-
seuche, findet sich auch in Hausthieren und
entwickelt sich im Hundedarm zum Band-
wurm (Taeuia echinoooocus 8i^.), Dreh-
wurm, Sehafsfueee (Ooenurus oerebraüs) er-
zeugt die Drehkrankheit (s. d.), entwickelt
sich im Schäferhunde zum Bandwurm (T.
coenurus). Finne (Oysticercus cellulosae)
im Schwein (aueh im Menschen) entwickelt
sich im Menschen zum gemeinen Bandwurm
S. Bolium). Cysticercus pisiformis in der
ber des Hasen gibt den Hundebandtaurm
(T. serrata) und O. fasciolarls der Maus und
Ratte den Kiitgenbandwurm (T. crassicollls).
Blasensiehende Mittel ( Veeieantia) , be-
wirken, auf die äussere Haut gebracht, erst
Rdthung, dann durch Ausschwitzen Ton
Blutflüssigkeit blasige Abhebung der ober-
sten Hautsohicht. Wirksamste b.M.: Hitze,
spanische Fliege, Seidelbast, Veratrin, Oel der
Elephantenlaus (Anacardlum), des Crotons.
Blateiritiy Dorf bei Dresden, an der Elbe,
Losch Witz gegenüber; bekannt durch die
Guetel von£. in Schillers ,Wa1]enstein*, an-
geblich Tochter des Gastwirths Sagadin
(Auguste, t 1856 in Dresden als Frau des
Senator Renner).
BlaiieBMlIa, Stadt, s. Zella.
Blasius, Heiliger, Bischof yon Sebaste in
Kappadocien, f unter Licinius als Märtyrer,
einer der 14 Nothhelfer. Tag 3. Febr.
Bladw, Joh, ffeinr., Naturforscher, geb.
7. Okt. 1809 zu Nümbiecht (Regbz. Köln),
seit 1836 Prof. der Naturgeschichte zu Braun-
schweig und Direktor des botau. Gartens
das.; 1 26. Mai 1870. Sehr. ,Reise durch das
europ. Russland* (1844, 2 Bde.); ,Fanna der
Wirbelthiere Deutschlands* (Bd. 1, 1857);
,Die Wirbelthiere Buropas' (mit Kaveerling,
Bd. 1, 1840).
Blaioiinirte Mttnaeii, deutsche Münzen,
bes. halbe Batzen mit in Lack ausgemaltem
Wappen, gingen früher nach Indien u. China.
Blagphenile (gr.), urspr. Jede schädliche
Rede, insbes. Gotteslästerung. ßUuph&miren,
beschimpfen, in Übeln Ruf bringen.
Blatt, s. i^fM«.
Blatten 9 in der Jägersprache die Stimme
des weiblichen Rehes nachahmen , um den
Blattern 9 s. Backen. [Bock anzulocken.
Blattlldhe (Psyllida), Insektengattung der
Halbflügler, leben auf Blättern, springen;
liarven meist mit weissem Flaum bedeckt,
saugen gesellig an Jungen Schossen und des-
halb schädlich. Ueber 60 deutsche Arten.
Blattgelb (XanthophjfU), der gelbe Farb-
stoff in gelbwerdenden Blättern, kommt wie
das Blaj^rün vor, ist harzartig, Im Zell-
saft unlöslich.
Blattgold, s. Ooldeehlägerei.
Blattgrüm (ChlorophyU), Farbstoff der
grünen, krautartigen Pflanzentheile, findet
sich in den Zellen ungelöst auf Kömchen
ans Proteinsubstanz abgelagert, bildet sich
unter dem Einfinss des Lichts, ist in Alkohol»
Aether, Oelea, Alkalien tmd Säuren löslieb.
19*
^2
Blattkäfer — Blausncht.
«nd lässt eich in ekten bUuen und eiaen
gelben Farbstoff spalten. Dient znr Dar-
stellunff einer Lackfarbe.
BlatÜuifer (Ohrysomelina) , Kaforfamilie
der Tetmraeren, Eahlreiche^Arteu, richten auf
Krautern und B&nmon empfindlichen Schaden
an. Am bekanntesten der Erdfloh (?• d.).
BUttl&iue (Aphldii), Insektengruppe der
Halbflngler mit eigenthümlicher Metamor-
phose. Ans den übervinterten Eiern schlü-
pfen im Frübjahr flügellose Ammen, welche
lebendige Junge gebären, die sich auf gleiche
Weise fortpflansen. Später entstehen geflü-
gelte Ammen und endlich geflagelte Männ-
chen nnd Weibchen, die nach der Begattung
Eier legen. Viele Arten, leben gesellig auf
sahireichen Pflanzen, schaden durch Aus-
saugen des Saftes, spritzen ihre honigsüssen
Xxkremente weitlün und erzengen so den
Hcnigtkau, der mit den abgestreiften Bälgen
der B. w^s bepudert Mehllhau heisst.
Feinde: Zaunkönig, Meisen, viele Insekten,
bes. Marienkäfer. Zu vertilgen durch Wa-
schen mit Seifenbrühe, Bäuchem mit Tabak.
BUttroth«^ der gelbe Farbstoff in roth-
werdenden Blättern, ist im Zellsaft gelöst.
Blattoilber, s. Gold$cMägerei,
Blattwespen (Tenthredonidae , Pbyllo-
phaga), Insektenfamilie der Hautflügler. Die
gesellig lebenden Liarven (Afterraupen) durch
ihre GeArässigkeit schädlich. Viele Arten,
bes. auf Rosen, Obstbäumen, Erlen.
BUttwickler, s. Wickler.
Blaa, linker Kebenfl. der Donau in Wür«
temberg, entspr. bei Blanbenren im sogen.
£lautopf {9V tiefes, ISO' im Durchmesser
haltendes Bassin), mündet bei Ulm.
BIah f eine der drei Grundfarben , mit
folgenden Schattirungen : Schwarz-, Dunkel-,
Türkisch-, Königs- oder Kornblumen-, Fran-
zösisch-l Mittel-, Perl-, Himmel- oder Azur-,
Hell-, Porzellanblau.
BhkUlMat (Bitter Baotd), Held eines ur-
sprüngl. altfranz. Märchens, das u. A. Tieck
im .Phantasus* dramatisch behandelt hat.
Blanbenreii^ Städtchen im würtemberg.
Donaukreis, an der Blau, am Fuss der Alp,
1853 Ew. ; Kloster (j. Seminar) mit schöner
Kirche (Schnitzerelen von 6. Sürlin ans Ulm).
Blanbleierzy s. WeinHeierK,
BUnbficher (Blue-books), in England
Sammlungen iron Aktenstücken, welche die
Begierung dem Parlament vorzulegen pflegt,
so gen. nach der Farbe ihres Umschlags. Die
dlplomat. B. enthalten die Korrespondenz
zwischen dem Ministerlnm des Auswärtigen
nnd den Vertretern Englands im Auslande.
- Blase Berge, s. £lue Mbuntaint,
Blaue Farben, Mineralfarben: bes.Kobalt-
-nnd Kupferverbindungen, Ultramarin-, Mo-
lybdän-, Indigblau. Vegetabilische: Indigo
und Verwandte (Wald, Bingelkraut), Lack-
mus, Blausalz, Beeren- und Blüthenblan.
Theerfarben. Die meisten vegetabilischen
b.n F. (mit Ausnahme des Indigo) werden
durch Säuren roth, durch Alkalien grün.
Blane ülrotte, Stalaktitenhöhle auf der
Nordküste der Insel Gaprl, etwa ISO* 1. und
über dem Wasser 80* h., mit engem Ein-
gang (ii* üb. M.), der nur bei ruhigem Meer
schwimmend oder mit einem Kahn zu paS'
siren ist^ bei klarem Himmel von einem
azurblauen Lichte, bei bewölktem mit blau-
grauer Dämmerung ei*füllt ; 1826 vom Maler
Kopisch entdeckt.
Blauelsenerz (blauer Ocker, Etscn&Iau,.
Vivianit) , wasserhaltiges , phosphorsaures-
Eisenoxyduloxyd, farblos, an der Luft iudlg-
blaa, krystallisirt bei Gornwallis u. Boden-
mals, erdig in tertiären und jüngerenThonen.
und Torfmooren; sehr haltbare Farbe.
Blauen, Gipfel des südwestl. Scliwarz-
waldes, bei Badenweiler, 3616'.
Blauer Montag, der ehedem durch blaue-
Altarumhängung in den Kirchen ausgezeicb-
nete Montag vor Fastnacht, mit der Nach—
feier des vorangehenden Sonntags; bef
Handwerkern überh. Nachfeier des Sonntags^
Blaue Treppe, 250' h. Dünenberg beü
Harlem, mit prächtiger Aussicht.
BUnfarbenwerk , Wei*k, auf welchem*
Smalte bereitet wird.
Blauholz, B. Oampechekoh.
Blaukehlehen, Lusciola suecicaZ>., Vogel-
art de^ eigentlichen Sänger, 6" lang, in.
Schweden, einzeln auch bei uns.
Blanrer (Ambrosius, eigentl. Elarer)^
würtemberg. Reformator, geb. 13. April 1492^
zu Konstanz, ward als Prior des Benedik-
tinerklosters zu Alpirsbach wegen seiner*
reformator. Sympathien abgesetzt, 1528 zur
Regelung des Kirchenwesens nach Mem-
mingen, 1531 nach Ulm berufen, führte die-
Reformation in Würtemberg 1534—38 mit:
Schnepfe zum Theil nach schweizer Muster^
durch; f als Prediger 6. Dec. 1854 zu Win«
terthur. Biogr. v. Keim (1860) u. Treseel (1861)..
BlftUsSure (GyanwoABeratoff^ure) , Verbin-
dung von 2 Aeq. Kohlenstoff, 1 Aeq. Wasser-
stoff und 1 Aeq. Stickstoff, entsteht beim«
Behandeln zerstossener bitterer Mandeln^
Kirschen-, Pflaumen-, Aprikosenkerne mit
Wasser aus Amygdalin (s. d.)i ^^ Zersetzung*
von Gyankalinm oder gelbem Blutlaugensals.
mit Säuren. Wasserfreie B. ist eine äusserst-
flüchtige farblose Flüssigkeit, riecht nacU
Bittermandelöl, schmeckt bitterlich scharf,
reagirt schwach sauer, siedet bei 26o,5, löst:
sich 'in Wasser und Alkohol und ist eine»
der heftigsten Gifte. Schwache wässerige»
B. wichtiges Arzneimittel, bes. in der Form
von Bittermandelwasser. Vgl. Preyer, ,Die<
B.S 1868 und 1870.
Blanfurares Eisen, s. v. a. Berlinerblau.
Blanstmmpf , frülier Gerichtsdiener, An-
geber, Verräther, wahrscheinlich nach^
£laufu$$, dem alten Schmeichelnamen de»
Fuchses; Jetzt gewöhnlich (Blne Stooklngs>
Bezeichnung gelehrter, schriftstellemder
Frauen, von einem um 1780 in London be-
stehenden Vereine von Schöngeistern her-
genommen, unter dessen Mitgliedern sich
eine Frau, Namens Stillingfleet, geltend;
machte, die zuerst jenen Namen erhielt,,
weil sie blaue Strümpfe trug.
Blausueht (Cyanose) , unter Erscheinung-
hochgradiger Venenblutätauung verlaufend»
Krankheiten, durch bläuliche Färbung alter
Schleimhäute, bes. der Lippen charakterlsirt;
meist durch organische Herzfehler bedingt..
Blaye — Bleichen.
2m
Bit)« (spr. BTä}), befesi. Handelsst. Im
frans. Depart. Gironde (Qujenne)^ an der
<Oironde, 4761 Ew. Im hochgelegenen Schloss
1831 die Herzogin von Berri als Gefangene.
Blase (spr. Blahs), Franp. Henri Joseph,
:gewöhnl. Ca$til • Bleue gen., frane. musikal.
rSchriftsteller , auch Komponist, geb. 1. Dec.
1784 KU Cataillon (Yancluse), ursprünglich
-Jurist, erregte Aufsehen mit dem Werke ,De
l'op6i*a en France* (1880), redigirte, seit 1826
in Paris, den musikal. Theil des ,Journal des
D6bätsS arbeitete später für den ,Oonstito-
-tionneV und die ,Revue de Paris* ; fH^Beo.
1837. Sehr, noch ,Dictionn. de Musfque mo-
■deme* (1821, 2 Bde.), komponirteRomansen,
Kirchenstücke, Quartette etc. und erwarb
:8ich bes. Verdienst durch Einfuhrung deut-
;8cher Opern, bes. von Mozart und Weber.
Blech, zu dünnen Blatten gewalztes Me-
tall, wobei Eisen, Stahl und Kupfer glühend
oder doch sehr heiss durch die Walzen
^ehen. Am gebräuchlichsten Ist SUenbleeh
«US dem zähesteu und weichsten Schmiede-
eisen, kommt als Sehwarzblech oder Ter-
sdnnt (Welssblech) oder verzinkt in den
Handel. Verffoldetes KupfeihUe\ entsteht
•durch Zusammen walzen von Kupfer- mit
<^oldblech.
Bledow, Ludwig, ber. Schachspieler, geb.
'S?. Juli 1795 zu Berlin, Lehrer der Mathe-
matik am kölln. Realgymnasium zu Berlin,
■Oründer der sog. berliner Sohachsohule ;
^ 6. Aug. 1846. Gründer der ersten deutschen
^Schachzeitung* (1846 ff.). Seine reichhaltige
Schachbibliothek ward von der königl.
"Bibliothek zu Berlin angekauft.
Bleek, Wilhelm Heinr. Immegn., Sprach-
'forscher, geb. 8. März 1827 zu Berlin, begab
«ich 1856 nach der brit. Kolonie Natalia in
Begleitung des Bischofs Colenso, bereiste
•das Innere derselben und das angrenzende
KafTernland, erhielt 1866 in der Kapstadt
l)ei dem Gouverneur Sir George Grey eine
Anstellung, die ihm Gelegenheit zu lingnist.
Studien bot. Sehr. ,Handbook of AlMcan,
Anstralian and Polynesian philology* (1868
1)is 1863, 3 Bde.) ; eia Vokabular der Mozam-
Ibiquesprache (1856); ,Comparative grammar
of South African languages* (Bd. 1, 1869);
,Reynard the Fox in South Africa, or Hot-
ten tots fahles and tales* (1864; deutsch 1870);
,Ueber den Ursprung der Sprache* (1868).
Ble^no, Väl (spr. Blex^o, Poleiuerthal) ,
Alpenthal im Kanton Tessin, das beiBiasca
In das Leventlnerthal mündet; von der
Xnkmanierstrasse durchzogen.
Blei 9 Metall, findet sich meist mitSchwefel
▼erbunden als Bleiglanz (s. d.) , wird aus
•diesem, seltener aus Weiss -.u. Buntbleierz
tind Bleivitriol gewonnen. Bleiglanz wird
^röstet, das entstehende Bleioxyd gibt mit
JSehwefelblei B.; schweflige Säure oder
Bleiglanz wird mit Eisen erhitzt (Nieder-
üchlagsarbeit) , und es entsteht B. und Blei-
«tein (Schwefeleisen mit Schwefelblei). Das
rohe B. (Werkblei) wird entsilbert durch
Pattinsonlren oder Treiben, das entstftndene
3Ieioxyd (Bleiglätte) wird durch den Frisch-
prozess redncirt. Reines B. ist lichtgrau,
•ehr weioh und biegtam (kupier- undaDti-
monhaltlges härteres B. helsst Harfblef),
glänzt auf ft'ischer Schnittfläche, färbt stark
ab, spec. Gew. 11,87 (1 pr. Kubikfuss s=
700 Pfd.), Aeq. 103,56, schmilzt bei »22 oc.,
überzieht sich an der Luft mit einem grau<»i
Häutchen (Bleisuboxyd); unlöslich in
Schwefel-, Salz- und Salpetersäure, leicht
löslich in verdünnter Salpetersäure; Wasser
nimmt Je nach seiner Beschaffenheit mehr
oder weniger B. auf. B. dient zu Gefässeti
für ehem. Fabriken, zu Wasser- und Ghis-
leitnngsröhren , Geschossen, Schrot, zum
Ausbringen von Gold und Silber, zu Legi-
rungon (SchnelUoth, Lettern metall), Farben.
Bleioxyd, l Aeq. B., 1 Aeq. Sauerstoff, ent- }
steht beim Erhitzen Ton B., bildet mit BM-
auperoxyd , 1 Aeq. B., 2 Aeq. Sauerstoff, di6
Mennige, b. Bleiglätte. Kohlenaamrea Bleioxyd
(basisches), s. Bleiweies. Schwefelsaures Blei'
oxyd, vielfach als Nebenprodukt gewonnen,
auf B. und Bleiweiss verarbeitet. Antimon-
saure» B., s. Antimon; chromsaures B., s.
Chrom; e$$igsaures B., s. Bleixucker, Cklor-
Mei, durch Salzsäure aus Bleisalzen gefallt,
schwerlöslich. Oxychloride: kasseler Gelb,
Turners Gelb, Pattinsons Bleiweiss. Blei-
produktion in Europa jährl. 4,884,000 Ctr.
(Spanien 1,695,000, England 1,380,000 Ctr.).
Blelagehe. Mischung von Blei, Bleisub-
oxyd und Bleioxyd, entsteht beim Erhitzen
des Bleis.
Bleiberg, Dbrf in Kärnthen, westl. von
Villach, am Bleiberg, 4428 Ew. Wichtige
Zink- und Bleibergwerke (50 Gruben, jährl.
33-84,000 Otr. Blei).
Blelbtreu, Georg, Sohlachtenmaler, geb.
1828 zu Xanten am Rhein, Schüler der
düsseldorfer Akademie, erregte bes. Auf-
sehen durch seine Schlacht bei Kolding,
Schlacht bei Grossbeeren, Sturm auf das
grimmaische Thor in Leipzig, Schlacht bei
Belle- Alliance, Schlacht an der Katzbach,
Uebergang der Preussen nach Alsen u. a.
Wie 1866 dem böhm. Feldzuge, wohnte er
1870 dem Krieg gegen Frankreich im Haupt-
quartier des Pr. Friedrich Karl bei. Schlacht
bei Königgrätz im königl. Schloss in Berlin.
Blelcheii, 2Serst5ren von Farbstoffen (Ver-
unreinigungen) , namentlich auf Gtospinnst-
fasem. Baumwolle und Leinen werden mit
heissem Wasser und mit Natronlauge ge-
reinigt, dann auf Rasen gebreitet und feucht
erhalten (Natur- oder Rasenbleiche), oder
in eine Lösung von Chlorkalk (bei zarten
Stoffen Ghlormagnesia) und darauf in ver^
dünnte Säure getaucht (Chlor- oder Kunst»»
bleiche). Seide wird mit Sodalösung ent-
schält (degummirt), mit Wasser ausgekocht
und dann mit schwefliger Säure gebleicht.
Ebenso die mit kohlensaurem Ammoniak
oder Seife entschweisste Wolle. Schweflige
Säure wird gasförmig, in Lösung oder als
zweifachschwefelsaores Natron (Leucogen)
angewandt. Beim B. mit Uebermangan-
säure taucht man die Faser in eine Lösung
von mangan saurem Natron und Bittersalz
und entfernt das auf der Faser al^elagerte
Manganoxyd mit Alkalien oder schwefliger
Säure. Chlor und Uebermangansäure zer-
stören die Farbstoffe, sohweflige Säure
294
Bleicherode — Bleizacker.
nasklrt ■!• In der Refcel nur, ao daii sie
oft wieder berTortreten können. Osonnnd
Wasseratoffsoperoxyd bleichen stark, erste«
res wirkt bei der Rasenbleiche. Vgl.
Schar/, .Das Buch der Bleiche*, 1866;
Käppelin, , Bleicherei der Wollen- n. Banm-
wollenstoffeS 1870.
Blelcherode , Stadt im prenss. Regbi.
Erfurt, Kr. Nordhausen, an der Bode, iS981
£w. Ehedem Hauptort der Grafsch. Lora.
Bleicher! 9 trefflicher hellrother Rhein-
wein aus dem Ahrthal (Ahrweiler, Altenahr,
Wallponheim); auch ein Neokarwein aus
dem Badischen.
Bleiehsucht (Chlorose, Blutarmuth), lang-
sam verlaufende Krankheit, bes. bei Mäd-
chen während der geschlechtlichen Ent-
wicklung eintretend. Das Blut enthält
wenig rothe Blutkörper im Blut, daher das
blasse Aussehen, bes. der (trooknen) Lippen
und der Mundschleimhaut; erschwertes
Athmen, leichtes Ermüden, Kopfschmers,
Ohrensausen, Flimmern Tor den Augen,
Ausbleiben der monatlichen Reinigung,
Verdauungsstörung. Ursachen : schlechte
:Xahruug bei starken Körperanstrengungen,
geistige Aufregungen, schnelles Wachsthunu
Behandlung: kräftige, besond. Milchkost,
massige Bewegung in reiner Luft, Vermei-
den geistiger Getränke, Eisenmittel, körper-
liche und geistige Ruhe.
Bleide (Blyde), alte Wurftnasobine, noch
im ]6..Jahrh. gebräuchlich.
Bleleuig, s. £leiguekerf
Bleigelb, gelbes Bleioxyd, Massioot, Neu*
gelb. Königsgelb, röthlich Sandix, Gold-
glätte, s. £UigläUe,
Bleiglitte, geschmolzenes kry stalUnisches
Bleioxyd, als Hüttenprodukt beim Silber-
▼erhüttungsprozess , beim Abtreiben des
Weichbleis vom Pattinsoniren gewonnen,
felbes oder röthlichgelbos (Frisch- oder
ilberglätte, Kauf- oder Goldglätte) Pulver ;
löslich in Salpeter- und Essigsäure, in Kali-
oder Natronlauge, dient cur Darstellung
von Krystallglas, Flintglas und Strass, zur
CUasur und als Fluss in der Porzellanmalerei,
nur Bereitung von Fimiss, Pflaster, Kitt,
Mennige, Bleizucker; die Lösung in Natron-
lauge (I/dtronplumbat) zur Bereitung von
xinnsaurem Natron, zum Schwarzfiirben
von Haaren, Garn u. in der Metallochramie.
Gelbes , durch Erhitzen von salpetersaurem
oder kohlensaurem Bleioxyd oder Galeiniren
von Blei gewonnenes Bleioxyd hoisst Maasi'
cot , früher gelbe Malerfarbe. Verbindung
von Bleisuperoxyd mit Bleioxyd, die Mennige
(Minium), entsteht beim Erhitzen von nicht
geschmolzenem Bleioxyd an der Luft, durch
Glühen von kohlensaurem Bleioxyd (pariser
Roth), dient zur Darstellung von Bleiglas,
Kitt, Wasser- und Oelfarbe, hamburger
Pflaster etc. Oxydirie Mennige, ein zur
Trockne gebrachtes Gemisch von Salpeter-
säure und Mennige, ist Bestandtheil der
Phosphorzündmasse.
Bleigltns, metallisch glänzendes, röth-
Uchbleigraues Mineral aus der Klasse der
Glänze, Schwefelblei (mit 86,57 o/o Blei), oft
filberhaltig, in den verschiedensten Gebirgs-
- r
formationen, wichtigstes Bleierz, dient ancl»
mm Glasiren der Töpfer waaren (Glasar«-
en), zur Darstellung des pattinsonschen.
Bleiweisses, als Streusand, zur Verzierunsr
von Bijouterie- und Spielwaaren.
Bleloxyd, s. Blei,
Bleipflaster, pharmaceutisches Präparat,,
durch Erhitzen von Oel mit Bleioxyd er-
halten, wobei Glycerin abgeschieden wird>.
fettsaures Bleisalz, wird einfach (Emplastrum
nlumbi Simplex) oder mit Gummiharzen un<l.
Harz gemischt: Zugpß43Mer, Diachylon, Omm-
mipßatter (E. p. compositum), oder mit Seife ::
/Seifenit/CasCer, vielfach als Hellmittel benutzte
Bleistein (Pleistein), Stadt Inder bayer.
Oberpfalz, an der Pfreimt, 1143 Ew.
Bleistifte (Blei/edem), Graphitstäbchen
in Holzhülsen; sehr dichter reiner Graphit^
wird in passende Stäbchen zerschnitten, ge>
ringen Sorten werden geschlämmt, mit ge-
schlämmtem Thon als Bindemittel gemischt»
dann geformt und die trocknen Stäbchen
bei Luftabsohluss geglüht. Farbige Stift»>
bereitet man ans verschiedenen Farbekör-
pern mit entsprechenden Bindemitteln. Ae1>
teste Fabrikation In Italien und England»,
jetzt bes. in Bayern (Nümbei^, Stein, Re-
gensburg), Frankreich , England und Wien»
Blelrergiftiing (Intoxicatio saturnina), ent-
weder akut bei Genuss löslicher Bleisals»
(Bleisucker): heftiges Brechen, Leibschmers,.
Krampfonfälle, Tod; oder schleichend (chro->
nlsohe Vei^ftung), bes. bei Buchdruckeru,.
Hüttenarbeitern, Anstreichern als BUikoliJk^
mit heftigem Schmerz im Bauch, gestörter
Verdauung. Später Abmagerung, graubraun»
Umränderung der Zähne, Lähmungen, Zit-
tern, Geistesstörungen. Neigung zu Rück-
fällen. Behandlung: Entfernen der Schäd-
lichkeit; gute Kost, Elektricität.
Blelvitrioly schwefelsaur. Bleioxyd, s. Blei,,
BleiweisSy basisch-kohlensaures Bleioxyd»
wird dargestellt durch Einwirkung von
Essigsäuredämpfen und Kohlensäure aur
Bleiplatten (holländ. Methode) ; durch
Mischen von Bleiglätte mit etwas Blelzucker-
und Behandeln der Mischung mit Kohlen-
säure (engl. Methode); durch Fällen einer*
Lösung von dreibasisch - essigsaurem Blei-
oxyd mit Kohlensäure (franz. ijfethode). B».
ist blendend weiss, geruch- und geschmack-
los , giftig, dient als sehr gut deckende Oel-
farbe, als Kitt , zur Darstellung von Leinöl-
firniss, Mennige, Bleiweisspflaster , wird
durch Schwefelwasserstoff erst braun, dani»
schwarz. Handelssorten: Periweiss, Kremser-
weiss , Schieferweiss etc. , oft mit andern
weissen Stoffen gemischt. Pattinscne B..
wird durch Ki^kwasser aus Chlorbleilösunip
gefällt, deckt gut, nicht ganz weiss.
Bleliaielury essigsaures Bleioxyd, dnrcH
Auflösen von Bleiglätte oder Masslcot in
Essig und Verdampfen der Lösung erhalten,
farblose Krystalle, in Wasser und Alkohol
löslich , schmeckt widrig metallisch süss,,
sehr giftig, dient zur Darstellung von essig-
saurer Thonerde (Rothbeize), Fimiss, Blei-
weiss, Chromgelb, Aceton; gibt mit Blei-
glätte basisch-essigsaures Bleioxyd, BM-
tssig, welcher wie B. und zur Bereltuns
Blekingen — Bligb.
295
TÖn Blelwasser, goalardschem Wasser,
Bleisalbe beautst wird.
Blekingen (Biegen), Landsch. In Schweden,
das Lan KarUkroDa umfassend, 54 QM. and
183,759 Ew., der ,Oarfeen Schwedens* genannt.
Blende (Zinkblende), Mineral aas der
Ordnung der Blenden, Schwefelzink mit
Yerunreinigungen Ton Eisen, Kapfer, Kad-
mium, gewöhnlicher Begleiter von Blei-,
Silber-, Kupferersen auf Lagern n. Gängen
des krystallinischen n. Uebergangsgebirges,
Terhüttet In DaTos In Graubunden, im
Siegenschen, in England; fein gemahlen
billige ffelbe Anstreichfarbe, ßMnffeW,
Blenden (Ginnabarlte) , Ordnung der
Klasse der natürlichen Schwefelmetalle:
Zink» und Hangahblende, Rothspiessglanz-
ens, Zinnober, Realgar und Auripigment.
Im Beigbau nur SchwefelEink.
Blenoilng, s. r. a. Bastard.
Blendsteine, Ziegelplatten snm Bekleiden
▼on Fachwerlc- und Sandsteinwftnden.
Blendnng, Störung des Sehrermögens
durch grelles Licht ; eine in der SUtto durch-
bohrte, geschwftrzte Scheibe (Diaphragma),
die, vor die Linsengläser gelegt, die stören-
den Randstrahlen abhält, wie im Auge die
Regenbogenhaut (Iris); auch ein geschwärstes
oder gefärbtes Olai zu Abhaltung des starken
Sonnenlichts bei Beobachtung der Sonne.
Blendungen (Blindagen), in der Befesti-
gungskunst und im Festungskrieg aus Hole
oder Reisig bereitete Deckungen, insbes.
der Schiessscharten während des Ladens
der Geschütze vor dem feindl. Feuer, Blend-
Äschinen, Sand- oder Wollsäcke, Moos-
körbe; In Kasematten von Holz zum Ein-
setzen in die Schiesslöcher und drehbar;
auch aus starken Balken gezimmerte Schutz-
dächer für die Bedienungsmannschaft der
Geschütze gegen umherfliegende Spreng*
stücke der Sprenggeschosse.
Blenhelm-Honsey s. Blindheim,
Blenker. Ludw,, nordamerik. General, geb.
1812 zu Worms, ging 1832 mit der bayer.
Legion nach Griechenland, dann Weinhänd-
ler zu Worms, 1849 militär. Fährer der re-
Tolutionären .Partei in der Pfalz und in
Baden, ging nach Unterdrückung des Auf-
standes nach Nordamerika. Im April 1861
bildete er ein deutsches Jägerregiment, be-
fehligte in der Schlacht bei Bull -Run eine
Brigade, 1862 unter Fremont inWestvirglnien
eine Division, ward Juli d. J. ausser Akti-
vität gesetzt; t '!• Okt. 1863 auf seiner Farm.
Blennorrhagley s. BlennorrMe,
Blennorrhoe (gr., ßchUimfluse), übergrosse
Absonderung bes. eitriger Massen von
Schleimhäuten, theils nicht ansteckend, z. B.
die B. der Luftröhre, theils ansteckend,
bes. B. der Harnröhre (Gonorrhöe, Tripper),
der Scheide (sog. ansteckender weisser
Flnss), der Bindehaut des Auges, sämmtlich
wahrscheinlich von der Uebertragnng des-
selben Giftes bedingt. Anfangs Röthung
nnd Schwellung, dann sehr rasch massen-
hafte Biterabscheidung. Behandlung derB.
der Harnröhre: Verdünnung des Harns
durch reichliches Wassertrinken, Ausspritzen
mit Wasser oder zusammenziehenden Mit-
teln; in ganz fHschen Fällen sog. abortive
Methode: Einspritzen starker Höllenstein-
lösung (Vorsicht I); der B. der Scheide
ähnlich; der B. der Bindehaut (gefähr-
lichste Augenkrankheit Neugeborner, oft
zu Blindheit führend): Eisumschläge, stünd-
liches Eintropfen starker Höllenstein lösung '
(nie ohne Arzt zu behandeln I).
Blephiron (gr.), Augenlid. Blepkaroplaüik,
künstliche Bildung neuer Augenlider.
Biesen, Stadt im preuss. Begbz. Posen,
Kr. Birnbaum, 1420 Ew.
Bless, 1) Berg im südöstl. Thüringerwald,
bei Eisfeld, 2666'. — 2) Bergkuppe der Vor-
derrhön, südl. von Salzungen, 2146'.
Blessington (spr. Blessingt'n) , Margaret,
Chrüifin von, geb. Power, engl. Schriftstellerin,
geb. 1. Sept. 1789 zu Ourragheen in der irischen
Grafschaft Waterford, Gattin des Grafen
Oharles John Gardiner von B., lebte nach
dessen Tode (1829) zu Paris, dann auf Gore-
House in Kensington ; f 4. Juni 1849 zu Paris.
Sehr. ,Oonversations with L.Byron' (1832);
ausserdem Reiseberichte und Romane, dar-
unter ,The victime of Society '(1837, 3 Bde.).
Biographie von Madden (1885, S Bde.).
Blesson. Ludw, Johann Urhan, Militär-
schriftsteller, geb. 27. Mai 1790 zu Berlin,
machte den Feldzug von 1815 als Ingenieur-
Offizier mit, ward dann Lehrer der Ingenieur-
wissenschaften an der Kriegsschule zu
Berlin und Mitglied der Examinations-
kommission ; f ^< Ja>^* 1^^ su Berlin. Be-
gründer und erster Direktor der preuss.
Rentenanstalt. Schrieb mehrere Werke über
Befestigungskunst und gab seit 1820 mit
Decker und MaliuewM die ,Militärzeitung*
heraus.
Bleu Th^nard • Kobaltultramarin, dunkel-
blaue Farbe, durch Erhitzen von Thon-
erdehydrat mit phosphorsaurem oder arsen-
saurem Kobaltozydul erhalten, Surrogat
des ächten Ultramarin.
Blicher, Sten Stenaen, dän. Dichter, geb.
1782 im Stifte Viborg, seit 1815 Pfarrer in
Jütland; f ^^S* Werthvoll bes. seine
.NationalnovellenS welche das Matur- und
Volksleben auf Jütland schildern. Gesam-
melte Novellen (1833—36, 5 Bde.; deutsch von
Zeiae 1846, 2 Bde.); Gedichte (1835, 2 Bde.).
Bliekfeaer, Signale, welche des Nachts
auf Schiffen durch Abbrennung von Pulver
gegeben werden; an den Kästen abwech-
selnde Bedeckung und Freilassung der Be-
leuchtung auf Leuchtthürmen. [8600 Ew. .
Bltdah, Stadt in Algier, Prov. Algier, ^
Blies, rechter Nebenfl. der Saar in Rhein-
preussen, mündet bei Saargemünd, 10 M.
Blieskastel, Marktfl. in der bayer. Rhein-
pfalz, an der Blies, 1627 Ew. Schloss.
Bligh (spr. Blei), Wüliam, engl. Seefahrer»
geb. 1753, machte mit Cook eine Reise um
die Erde , ward 1789 auf einer Fahrt durch
die Südsee von der meuterischen Mannschaft
seines Schiffes in einem Boote ausgesetzt,
gelangte glücklich nach England; f als Ad-
miral 7. Dec. 1817 zu London. Sein Schick-
sal, das er in ,Narrative of the mutiny on
board H. M. ship Bounty* (1790) beschrieb,
gab Byron Anlass zu der Dichtung ,Die Insel*.
296
Blind — ^ Blödsmn.
Blimdy Karl, bekannt durch seine Thell-
nahme an der bad. Bevolutlon, geb. 4. Sept.
1820 SU Mannheim, 1848 einer der Leiter
der Bewegung eu Karlsruhe, wegen Theil-
nahme am heclierschen Aufstände exilirt,
unternahm Ton der Schweiz aus Sept. 1818
einen «weiten Freisohaarenzug, ward gefan-
gen, durch den Ansbruch der bad. B«to-
lution befreit, Ton der provleor. Begierung
als BeTOllmichtigter nach Paris gesandt,
hier wegen Betheiligung am AufstaudsTer-
suche Tom 13. Juni 1849 verhaftet und Ende
Aug. aus Frankreich verwiesen, lebte darauf
EU Brüssel und seit 1852 in London, in
enger Beziehung zur europäischen Demo-
kratie. Seit 1866 eifriger Vertheidiger der
deutschen Binheitspolitik in der engl. Presse.
Sein Stiefisohn Ferd, B. (eigentl. Cohen) ver-
suchte 6. Siai 1866 ein Attentat auf Bismarck
und entleibte sich im Ghefängniis.
Bllndboden, Balkenbeleg unter dem eigent-
lichen Fussboden, zur Konservimng des
letzteren und zur Warmhaltung desZimmers.
BlinddArm (Coecum), der Anfang des
Dickdarms, durch die bauhinsche Klappe
vom Dünndi^m getrennt, hat eine Ausstül-
pung, den Wurmfortsatz.
Bludewuistalteny Institute zur Hellung
(Kliniken), Versorgung und bes. zur Er-
ziehung von Blinden. Aeltestes Blinden-
hospital 1260 in Paris. Unterricht im Schrei-
ben zuerst von Bemoulll in Genf 1667.
Grosse Verbesserungen basirt auf Schärftmg
der Auffassung vermittelst des Tastsinns und
Gehörs durch das blinde Fräulein Paradies
und flavy in Paris 1784 und^ettn« in Preussen
1806. Grosse Leistungen in feinen Handar-
beiten und Musik. Vgl. ffauy, ,Essai sur
l*6ducation des aveugles*, 1786; Ders., , Aus-
führliche Nachrichten über 20 der vorzüg-
lichsten Taubstummen- und B.en', 1845;
JZeime, ,Beli8ar über den Unterricht der
BlindenS 4. Aufl. 1834; Der»,, ,Ueber Blinde
und B.en<. 1817.
BllndhellB, bajer. Dorf bei Höchstädt, an
der Donau; Mer 13. Aug. 1704 Befiegung der
Franzosen durch Marlborough, der dafür
von der Königin Anna ein prachtvolles
Schloss (Blenheim-Hottse) bei Woodstock in
Oxfordshire zum Geschenk erhielt.
Blindheit (Gaecitas, Amaurosis), Unfähig-
keit zu sehen, entweder angeboren (Ursache
Bildungsfehler des Auges oder der Seh-
nerven) oder erworben durch Augenent-
zündung der Neugeborenen, Blennorrhoe,
durch Verletzungen, im Alter durch Staar
•oder durch Sehnervenschwund. — Bei blind-
geborenen Thleren befindet sich noch einige
Tage ein Häutchen über dem Auge.
BltiidzeUelehe, Beptil, s. Schleiehe.
BlinseSy Zusammeiöiehen der Augenlider
bis auf eine schmale Spalte, wodurch das
Sehfeld verkleinert, aber in Folge der stär-
keren Beschattung des Auges der beschaute
Gegenstand deutlicher wird.
BUnzliaaty s. v. a. Nickhaut.
BUttendorf, Friedr. Landolin Karl, Frei-
herr von, badischer Staatsmann, geb. 4. Febr.
1792 zu Mahlberg im Breisgan , ward 1818
JLath im Ministerium des Auswärtigen, 1821
Bandestagsgesandter, als solcher einer der
entschiedensten Vertreter der metternich-
sohen Politik und Gegner des Liberalismus,
Okt. 1835 Minister des Auswärtigen und des
grossherzogl. Hauses, kehrte, da er beim
Grossherzog Leopold mit seinem Aggressiv-
system zur Herstellung der ,Btändischen
Monarchie* nicht durchdrang, Nov. 1843 auf
seinen Gesaudtschaftsposten zu Frankfurt
zurück, lebte nach 1848 als Privatmann das. ;
t 16. April 1861. Sehr. «Einiges ans der
Mappe des Freiherrn von B.* (1849).
Blitan L. (ErdbeerepiruU, BeermeLde),
Pflanzengattung der Chenopodeen. B. cäpi-
tatum L, und virgatum L,, in Süddeutsch-
land wildwachsend, auch als Gartenpflanze;
die rothen erdbeerähnl. Früchte (Schmink-
beeren) enthalten einen nicht dauerhaften
Farbstoff. Die Blätter dienen als Gemüae.
B. bonus Henriens Mty., Guter Heinrich,
überall in Deutschland.
Bitte und BUUableiter, s. OewiUer.
Bliterad, Instrument sur Veranschau-
liohungder Wirkungen der voltaischen Säule.
Bliterohreii (BlUninter, Fulgnrite), durch
Blitzschläge in losem Sande erzeugte Ver-
glasuDgen, hohle gekrümmte Röhren, 1'" bis
IV*" dick, bis 30'' 1.; werden künstlich nach-
gebildet VgL Bippentrop, ,Ueber B.', 1830.
Bloch, MorU» (ungar. Bcdlagi Mor), ungar.
Sprachforscher, geb. 17. April 1816 zu Tar-
noka (Zemplin) von jüd. Eltern, begann eine
ungar. Bibelübersetzung (1840—43), trat 1843
in Deutschland zum Protestantismus über
und studirte in Tübingen Theologie, wirkt
gegenwärtig an der theol. Anstalt zu Keca-
kemet. Sehr. «Grammatik derungar. Sprache*
(5. Aufl. 1861); ,Wörterbuch der ungar. und
dentsclien Sprache* (3. Aufl. 1862—68, 2 Bde.).
Bloeky mechanisches Windezeug, besteht
aus mehreren um ihre Axe drehbaren Schei-
ben in einem Gfrehänse, um welche die Taue
laufen. Vereinigung mehrerer Blöcke sind
Flaschenzüge (im Seewesen Taljen, Takel).
Bloek, MoHU, franz. Statistiker, geb. 18.
Febr. 1816 zu Berlin von Israelit. Eltera,
siedelte mit diesen nach Paris über, ward
1852 zweiter Chef des Statist. Bureaus da-
selbst, widmete sich seit 1864 ansschliessl.
literar. Arbeiten. Hauptwerk: «Dictionnaire
de radministration fran^aise' (8. Aufl. 1862),
wozu das ,Annuaire de radministration firan-
caise' (seit 1858) als fortlaufende Ergänzung
dient. Sehr, noch and. Statist. Werket auch
in deutscher Sprache, z. B. ,Die Bevölkerung
des franz. Kaiserreichs* (1862), gab seit 1856
mit GuxUaumin ein ,Annuaire de l*6conomie
politique et de la statistique* heraus.
BloekBberg, Name mehrerer Berge (in
Preussen, Mecklenburg, Ungarn), sjteciell
der Brocken, und als solcher nach dem nord-
deutschen Volksglauben in der Walpurgis-
nacht Versammlungsort der Hexen.
Bloekschtffy altes abgetakeltes Linien-
schifT, als Lazareth-, WachtschifT etc. dienend.
BlSdiichtlgkeity Schwäche des Sehver-
mögens im Erkennen der Gegenstände;
leichte Ermüdung bei anhaltendem Sehen.
Blodsinii) Unfähigkeit, den von der
Aussenwelt kommenden Eindrücken Auf-
Bloemfontein — Blücher.
aST
nMrkfamlQBtt Busnwenden, Vorstellungeii
susammenssufaBsen und m vergleichen, da-
l^i Verlwit des Gedäcntnisses und des
Denkvermögens. Traruitoritchtr B., nach
«ohweren Gehtrnkntnkheiten (Typhus etc.),
in der Genesung schwindend. AUerMöd-
sinn, bleibend. ApathUcher B., gewöhn-
licher Ausgang verschiedener Formen der
Verrücktheit, unheilbar.
BloemfimtMn, Hanptst. der Orai^efiass-
lepublik in Südafrika, 800 Häuser.
Blol§ (spr. Bloa, BUtia), Stadt im franz.
Bepart. Loir-Gh&r, an der lioire (Brücke
von 11 Bögen), 20,068 Ew. Böm. Aquädukt.
Altes Schloss (aus den Zeiten der Valois,
histor. wichtig). Hier 15. April 1499 Vertrag
«wischen Frankreich und Venedig; 88. Sept.
1504 Vertrag zwischen Ludwig XII. und
XÜ:z1iereog Philipp; 7. Nov. 1510 Vertrag
Bwischen Ludw. All. u. Kaiser Maximilian I.;
5. Dec. 1513 Friede swischen Ludwig XII.
Q. Ferdinand dem Kathol. von Spanien ; 1588
Beieh9tag, wo die Ermordung des Herzogs
und des Kardinals von Guise, 83. Dec. auf
dem Schlosse ausgeführt, beschlossen ward.
Im Dec. 1870 abwechselnd von deutschen
lind frans. Truppen eingenommen, zuletzt
siegreiches Gefecht der Hessen gegen die
Franzosen 28. Jan. 1871.
Blokade, die enge EInsohliessung einer
Festung, wodurch derselben die Kommuni-
kation nach aussen abgeschnitten wird. B,
eines Hafen» findet nach den Bestimmungen
4les pariser Friedens von 1856 4ann Statt,
wenn ein Hafen durch ein oder mehrere
Kriegsschiffe so abgesperrt ist, dass kein
Handelsschiff ohne augenscheinliche Gefahr,
aufgebracht zu werden, in denselben ein-
oder aus demselben auslaufen kann; effektive
B. im Gegensatz zur blossen Blokadeerklä-
rung (blocns snr papier), bei welcher keine
hinlängliche Macht vorhanden ist, um die An-
näherung an den blokirten Hafen zu hindern.
Blombecgy Stadt in Detmold, 8175 £w. ;
alte Burg, dem Fürsten Schaumburg gehörig.
BlomiDMTt, Philipp, fläm. Schriftsteller,
geb. um 18(^, machte sich durch Heraus-
gabe älterer fiäm. Dichtungen verdient,
echr. . , Aloude geschiedenls der Beigen of
Nederduitschers* (1849). Hebst Willem* 1840
Haupturheber der Bewegung zu Gunsten
der fläm. Sprache.
Blonty (spr. -nä), ^Ites Schloss bei
Vevay am Genfersee; herrl. Aussicht.
Blonden 9 seidene oder halbseidene Spitzen
«US roher Seide, bes. in Frankreich, Ve-
nedig, Genua und Im Erzgebirge durch
Klöppeln und mit der Nadel hergestellt.
Bloomlleld (spr. Blumfiehld), «Toäii Ar-
thur Douglas, Lord B. von Oakhampton und
Redwood, engl. Diplomat, geb. 18. Nov. 1803
In Irland, ward 1845 ansserordenüicher Ge-
sandter zu Petersbui^, 1851 Gesandter in
Berlin, wo er dem russ. Einfluss entgegen-
arbeitete , 1860 Botschafter in Wien.
Blvdenberg (Brewair), Gipfel der Vogesen,
nördl. von der MeurthequeUe, 3788'.
Blndency Stadt in Vorarlberg, nahe der
111, 8394 Ew. Die ehemal. Grafsch, B. seit
1376 österreichisch.
BlQclier) Gebh&rdlLebereehi von. Füret so»
Wahlstadtf her. prenss. Feldherr, geb. 16.
Dec. 1742 zu Rostock, trat 1756 in ein schwed.
Husarenregiment, 89. Aug. 1760 nach dem
Gefecht bei Suckow gefangen, als Oomet
beim Regiment Belling in prenss. Dienste.
Als Stabsrittmelstar 1778 verabschiedet, trat
er erst 1787 unteA Friedr. Wilh; II. als
Mi^or wieder in Dienst. 1790 zum Oberst
befördert, bewies er sich 1793 im franz.
Feldzug als tüchtiger Kavallerieofftzier;
ward 1801 Generallieutenant, 1803 Gouver-
neur von Münster. Nach der Schlacht bei
Jena wandte er sich mit seinem Corps in
das Lübecksche, musste sich aber 7. Nov.
1806 bei Ratkau ergeben. Am 87. Febr.
1807 gegen den von Schill gefangenen franz.
General Victor ausgewechselt, erhielt er
nach dem Friedensschluss von Tilsit das
Generalkommando in Pommern, ward aber
1818 auf Napoleons Betrieb ausser Thätig-
keit gesetzt. 1813 mit dem Oberbefehl über
die schles. Armee unter Wittgensteins Ober-
kommando betraut, focht er belLütsen und
Bautzen, schlug die franz. Vorhut beiHay'-
nau und ward nach dem Walfenstlllstand
selbständiger Oberbefehlshaber des aus einem
preuss. und zwei russ. Oorps bestehenden
schles. Heeres. Nach dem Sieg an der
Katzbach über Macdonald rückte er gegen
Dresden vor, erzwang 8. Okt. den Xlbüber-
gang bei Wartenburg, schlug 16. Okt. Mar-
mont bei Möckem, drang 19. in Leipzig ein
und ward zum Feldmarschall ernannt
(«Marschall Vorwärts* wegen seiner schnel-
len Angriffsweise sdion zu Anfang ■ des
Feldzuges von den Russen genannt). Am
1. Jan. 1814 ging er bei Kaub über den
Rhein, besetzte 17. Jan. Nancy, siegte 1.
Febr. bei LaRothiöre und drang längs der
Marne gegen Paris vor, musste sich aber
mit Verlust nach Gh&lons zurückziehen.
Mit Bülows Corps vereinigt, siegte er darauf
(9. und 10. März) bei Laon über Napoleon
und bahnte dadurch den Verbündeten den
Weg nach Paris. Friedr. Wiih. III. ernannte
ihn zum Fürsten von Wahlstadt und verlieh
ihm die Güter des Stifts Trebnitz in Schle-
sien als Dotation. Nach Napoleons Rück-
kehr von Elba abermals mit dem Oberbefehl
betraut, verlor er die Schlacht bei Ligny,
entschied aber durch rechtzeitiges Eintreffen
den Sieg bei Waterloo. Nach dem zweiten
pariser Frieden lebte er meist auf seinen
Gütern und f 18. Sept. 1819 auf seinem
Gute Krieblowlts in Schlesien. In Berlin
wurde seine von Ra!|ch modelllrte Statue
18. Juni 1886, in Breslau eine andere, eben-
falls von Rauch modelllrte 1887 errichtet.
Seine Blogr. von VamhagenvonEnee (1887),
BUeke (1868) , Scherr (1868, 8 Bde.). B. hlnter-
liess 8 Söhne: Graf Frans B, von WahUtadi,
geb. 1777, machte die Feldzüge von 1818 bis
1814 mit; f als preuss. Generalmsjor geistes-
krank 10. Okt. 1889 zu KÖpnick ; Graf Friedr,
Gebhardt B, von WahUtadt, geb. 1780, bethet-
ligte sich ebenfalls an den Feldzügen von 1815
bis 1815; f <^ls Oberstlieutenant 14. Jan.
1834. Der ältere Sohn des ersteren, G^
hardt B. von Wahlstadt, geb. .14. Juli 1799,
398
Bluefields — Blamenthal.
erhielt 18. Okt. 1861 den erbl. Füntentttel
nach dem Beeht der Ers^ebnrt, Mitglied
.des preuis. Herrenhauses. Ygl. Wiggtr,
. fGeschlchte der Familie B.S 1871.
BlnelleldBy Stadt in Nicaragua, am karal-
bischen Meer, 600 Ew.; bis 1860 Besldens
des Königs Ton Mosquitla.
BlJünllMÜp (Frau;, Alpengipfel der Berner-
alpen, am Nordrande des Lanterbrunnen-
thalB, 11,298'; 1860 ron Stephen erstiegen.
Bliie Bountalns (spr. Bluh-Manntns),
• I d. 1. Blaue Berge), Bergkette im südösftl.
Australien, westl. von Sidney, bis STIO',
.mit Gh>Idlagem am Westabhang.
Blne BIdge (spr.Bluh-Bldsch), östl. Hanpt-
kette des AUeghanygebirges.
' Blne Stoekings (engl., spr. Blnh-)f s.
Blauttrumpf. [PflanMe,
Blühe, Blfithenstand, Biatheiuisnb, s.
Blnette (fr.), Witsfunken, witzige Kleinig-
I keit, bes. kleines witziges B&hnenstuck.
Blvff (engl., spr. Bloff), in Nordamerika
steiles Fluss^fer.
■ Blnhme. Öhrirtian A&recht, dän. Staats-
mann, geb. 87. Dec. 1794 in Kopenhagen,
März bis Nov. 1848 Handelsminister, erhielt
19. Mai 18&0 das Direktorium der Sundsoll-
angelegenheiten, Okt. 1851 wieder Minister,
19. Jan. 1868 Ministorpräsident, 91. April
1853 Chef des Auswärtigen im Ministerium
Oersted , Vertreter Dänemarks in den Sund-
BoUkonferenzen, Juli 1864 bis Not. 1865 wie-
der Ministerpräsident.
Blum, 1) Karl, Säuger, Komponist und
Bühnendichter, geb. um 178Sr zu Berlin, f
das. 8. Juli 1849 als preuss. Hofkomponist;
▼erpflanzte das franz. YandeTllle auf die
deutsche Bühne; sehr, über 70 Bühnen-
werke (Opern, VaudeTilles, Ballets etc.).
— 9) Bobert, polit. Agitator, geb. 10. Nov.
1807 zu Köln, kam 1831 als Theaterdiener
bei Direktor Bingelhardt von Köln nach
Iteipzig, wurde hier Mitarbeiter an belletrist.
Blättern, namentl. auch an den ,Sächs. Vater-
landsblättem* , gab mit Herlosssohn und
Marggrair ein ,Theaterlexikon* (1888—48, 7
Bde.), dann mit Steger das polit. Taschen-
buch ,Vorwärts' (1843-47 , 5 Bde.) heraus.
An der dentsch-kathol. Bewegung eifrig sich
betheiligend, ward er Gründer und Vor-
stand der leipzigerdeutsch>kathol. Gemeinde,
nach den Augustereignissen von 1845 Stadt-
verordneter, gründete 1847 eine Verlags-
bnohhandlung und gab ein ,Staatslexikon
für das deutsche Volk* heraus. Nach dem
Ausbruch der Bewegung von 1848 Haupt-
führer der demokrat. Partei, rief er die
Vaterlands vereine ins Leben, war einer der
Vioepräsidenten im Vorparlament, Mitglied
des Fünfzigerausschusses und der National-
versammlung, hier hervorragender Redner
der Linken. Während der Oktoberereiguisso
in Wien überbrachte er mit Fröbel im Auf-
trag seiner Partei den Wienern eine Bei-»
fallsadresse, nahm als Fuhrer einer Eliten-
kompagnie am Kampfe Theil , ward 4. Nov.
verhaftet, 8. Nov. vom Kriegsgericht zum
Tod veruütheiit und 9. Nov. in der Brigrit-
tenau erschossen. — Sein Sohn Han$ B., geb.
8. Juni 1841 zu Leipzig, seit 1866 Mitglied
des Ausschusses der national-liberalen Par-
tei in Leipzig und Mitglied des nordd. Reichs-
tags, seit 1871 Redakteur der ,Qlrenzboten*.
Blumauer, Aloue, Dichter, geb. 81, Dee.
1755 zu Steier, Jesuit in Wien, dann als
Oensor das. angestellt; f 16. Mal 1798. Bes.
durch seine Travestie von Vlrglls ,Aenei8*
(1784, 8 Bde.) und sonstigen kom. Gedichte
bekannt. Sämmtl. Werke (1801—3, 8 Bde.).
Blnme (Bot.), s. I^anxe; in der Chemie
veralteter Name für manche Oxyde, z. B.
Flores zincl; noch gebräuchlich für subli-
mirton Schwefel : Schwefelblumen ; bei Wei-
nen eigenthümliches Aroma, s. v. a. Bouquet,
ven Aetherarten herrührend ; in der Jäger-
sprache der Schwanz des Hasen u. des Rehes
Blnmenaa, 1) Dorf bei Pressbnrg In
Ungarn; hier 88. Juli 1866 das letzte 6=«-
feeht im österr.-preuss. Kriege. — 2) Deutsehe
Kolonie in Brasilien, Prov. Sta. Catharina.
Blamenbteli y Johann Friedrich, Natur-
forscher, geb. 11. Mai 1758 zu Gotha, 1776
bis 1835 Prof. der Medlclu in Oöttlngen; t
82. Jan. 1840, bes. verdient um Zoologie,
vergleichende Anatomie und Physiologie.
Sehr. ,De generis humani varietate nativa*
(1775); ,Haudbuch der Naturgeschichte'
(18. Aufl. 1830); ,Ueber den Bildungstrieb
und das Zeugungsgeschäft* (3. Aufl. 1791);
,L)stitutIones iphyslologlcae* (4. Aufl. 1821;
deutsch 1795) ; ,Handbuch der vergleichenden
Anatomie' (3. Aufl. 1824); ,Collectio cranlomm
diversarum gentium' (1790— 1888) und ,NoTa
pentas collect, suae cranionim' (18^, Ab-
bildungen von Raceschädeln) ; ,Beiträge zur
Naturgeschichte' (1806 u. 1811, 8 Bde.) u. A.
Vgl. Marx, «Andenken an B.*, 1840.
Blnmenhageii. fhil. Wilh. Georg Aug.,
einst beliebter Novellist, geb. 15. Febr. 1781
zu Hannover, Arzt das.; f 6. Mai 1839.
Sämmtl. Schriften (8. Aufl. 1843—44, 16 Bde.).
Blumenkohl y s. Kohl,
Blnmenlese. s. Anthologie,
Blttmenmaclierel, Verfertigung künst-
licher Blumen zum Schmuck, aus Wachs,
Leder, Zeug unter Zuhülfenahme von Draht,
Glas, CoUodlumblättchen, gefärbtem Gummi
arabicum etc.; in hoher Vollendung in Paris,
Berlin, Wien, Prag, Leipzig, Nürnberg»
Hamburg etc. Vgl. Schreiber, .Fabrikation
künstlicher Blumen', 1855.
Bliimenmtlerei. malerische Darstellung:
von Blumen und Früchten ; bes. von deu
Niederländern gepflegt. Berühmte Blumen-
maier: Jan Breughel und sein Schuler Se-
ghers (t 1660), de Heem, Marie van Oster-
wyk, B. Ruysch, van Huysum. Neuere:
Petter und Knapp (Wien), Buchdre und
Redoutö (Paris), Preyer (Düsseldorf), Nacht-
mann (München) u. A.
Blnnenorden, s. I^gnitzorden.
Blamenspiele (fr. Jeuxßorcmx), alte poe-
tische Wettkämpfe, noch Jetzt im sädK
Frankreich üblich.
BlnmenthAl) Leonhardl von, preuss. Ge-
neral, geb. 30. Juli 1810 zu Schwedt s/O.,
trat 1827 als Lieutenant in die preuss. Ar^
mee, maclite als Hauptmann 1849 den Feld-
sug in Schleswig mit, ward Chef des Ge-
neralstabs der Schleswig- holstein. Armee»
Blnntschli — BlutegeL
299
1850 la den grosien Generalstab bu Berlin
berufen, 185S Mi^or, 1860 Oberst, 1863 Chef
des Gtoneralstabs des kombinirten mobilen
Armeecorps in Schleswig, 1864 Generalmajor,
im Krieg gegen Oesterreioh 1866 Chef des
'Generalstabs der 8. Armee nnd General*
lieutenant, dann Kommandant der 14. Division
SU Dasseldorf, im Krieg gegen Frankreich
1870 Ohef des Generalstebs der 8. Armee.
Bliuitsehliy Joh» Kaupar, Prof. der Staats-
Wissenschaften lu Heidelberg, bad. Geheim-
ntb, geb. 7. Marx 1808 au Zürich, ward
1833 Prof. an der Universität das., 1837
Mitglied des grossen Raths. trat nach der
lürioherBerolatlon Sept. 1839 derBegiernng
bei, wirkte für die Bildung einer kon-
serrativ-liberalen Mittelpartei Inder Seh weis
und ward 1844 Präsident des grossen Raths.
Nach dem Unterliegen seiner Partei siedelte
er 1847 als Prof. des deutschen Privat- nnd
Staatsrechts nach München und 1861 Ton
da nach Heidelberg über. Der national-
liberalen Partei sich anschliessend, wirkte
er mit snr Gründung des deutschen Abge-
ordnetentags (1862), betheiligte sich an dem
Sechsunddreissigerausschuss sur gesetsli-
chen Agitation für die Rechte Schleswig-
Holsteins und begründete als Mitgl|ed der
bad. ersten Kammer den Antrag auf seit-
geihässe Reorganisation derselben. Er führte
das Präsidium auf dem deutschen Juristen-
ftLg SU Dresden 1861, auf dem deutschen
Protestantentag in Eisenach, Neustadt, Bre-
.men und Berlin (1869) und auf der bad.
Qeneralsynode 1867. Sehr. ,Staats- nnd
Rechtsgeschichte der Stadt und Landschaft
Zürich* (8. Aufl. 1856): ,Geschichte des
seh weiser. Bundesrechts* (1846—58, 8 Bde.);
^llgem. Staatsrecht* (4. Aufl. 1869, 8 Bde.);
deutsches Privatrecht* (3. Aufl. 1864);
JMvatrechtliches Gesetzbuch für den Ken-
'^ Zürich, mit Erläuterungen* (1854—56,
4 Bde.); ,Die neuen Rechtsschulen der Ju-
risten* (2. Aufl. 1868); ,Gesch. des allgem.
Staatarechts und der Politik* (1864); ,Das
moderne Kriegsrecht* (1866); ,Das moderne
Völkerrecht als Rechtsbuch, mit Erläute-
rungen* (1868) ; gibt seit 1857 mit BrcUer das
.Deutsche Staatswörterbuch* (1857 — 70, 11
- Bde. ; Auszug In 3 Bdn. 1869 f.) heraus.
Blut (Sanguis), flüssiger Inhalt der Blut-
Selässe , besteht aus dem wenig gefärbten
üsslgen Blutplatma und zahlreichen rotben
und farblosen Blutkürperehen, Ersteres
«nthält Fibrin gelöst, welches sich beim
Gerinnen des B.es ausscheidet und dann
die Bluticörpett^hen einschliesst (Trennung
des B.es in klares Sertim und dunklen BltU-
kuehen). Die rothen Blutkörperchen, haupt-
aftchllcb aus Hämogloben bestehend, bilden
bikonkave Scheiben, sind bei den Sänge-
thieren kreisrund, haben 0,0074-0,008 Mil-
lim» Durchmesser, binden In den Lungen
den eingeathmeten Sauerstoff und geben
ihn an die Körpertheile ab. Sie entstehen
ans den farblosen Blutkörperchen, welche
spärlieher vorhanden, grösser, kernhaltig
sind, in der MIIs und den Lymphdrüsen
gebildet werden und vielleicht derGewebs-
büdang dienen (s. Entxündung), Sie find
nach Mahlzeiten reichlicher vorhanden. Das
Serum enthalt namentlich Ei weiss, alkalische
Salze, Kreatin, Kreatinin, Fette, Zucker n.
Harnstoff. Arterienblut isf durch grossen
Sauerstoffgehalt roth, Venenblut durcb
Kohlensäure dunkel. Die Menge des B.ea.
im Menschen beträgt Vs - Vu seines Gewichts^
er stirbt, wenn ihm auf einmal i/w seine»
Körpergewichts an B. entzogen wird . Ueber
die Bewegung des B.es s. Krei»la^f de»
BUU9. — Technisch wird B. als Klärmittel
benutzt, indem sein In der Hitze gerinnen<>
des Eiweiss trübende Partikelcheu einhüllt
und fällt; auch dient es zur Darstellung)
von Albumin (s. d.).
Blntabseessy Ansammlung von Eiter, wel-
cher mit Blut vermischt ist ; meist unter der
Haut nach Quetschungen. Behandlung t Um-
schläge, Einschnitt, in frühen Stadien: Kälte»
Biotader, s. v. a. Vene. [Druck..
Blntimdrsaf y s. v. a. Kongestion.
Bliit«ni«th. s. Anämie,
BliitaiifMscliiiBgy in der Viehzucht die»
Wiederanweudung eines Zuchtthieres von
derselben Race oder Stamm, von welchem
die Veredelung einer Heerde ihren Anfang-
genommen, bezweckt die Wiederauzüchtung
der nach mehreren Generationen abge-
schwächten guten Eigenschaften.
Blntblase (Haematocystis), Abhebung der
Oberhaut durch Blnterguss (nach Quet-
schung); selten auch ohne dergleichen.
Ursache entstehend.
Blatblame, s. Haenlamthu».
Blntbrechen ^^«niatemesis), Ausbrecben
von dunklem Blut, welches sich entweder
im Magen selbst ergossen (aus Magen-
geschwür oder Strebs) oder aus Nachbar-
organen in denselben gelangt ist (naclk
Nasen-, Lungen-, Darmblutung). Behand-
lung B. die einzelnen Organe.
Biiitdfiiigery flüssiges Blut als Guss-
dUnger, mit Kompost oder Chemikaliexz
gLalk, Gyps, Asche etc.) gemischt als fester
ünger; sehr wirksam, i Ctr. Blut =r
l.Gtr. Peruguano.
Blutegel) Hirudo £., Sanguisuga SatuVn.»
Gattung der Ringelwürmer, leben in stehen-
den Gtewässem, saugen das Blut der Wirbel-
thiere, legen ihre Eier in Cocons aus erhär-
tetem Schleim. Mediein, oder deuUcher B»,.
H. medicinalis L,, la Deutschland, Frank«
reich, Polen, Russland, ist sehr selten ge-
worden. Qfßeineüer oder ungar, B., H»
officinalis L., in Ungarn, Griechenland, der
Türkei, Südfrankreich > wird in Teichen,
kultivirt (Hildesheim Jährl. ca. 2 Mill.)«
wichtiger Handelsartikel, Triest, Nil, Mur-
ray River in Australien. Frankreich und.
England verbrauchen Jährl. Je 30 Mill.
Stück. Vollgesi^ene B. ÜBSten Jahrelang.
Saugende B. fallen ab, wenn sie mit Sals.
bestreut werden. Der Pferdeeg^, H. san-
guisuga L,, Haemopis sanguisorba 8av., bes.
•in Büdeuropa und Nordairika, selten ia
Deutschland. Vgl. Batkke, ,Entwicklungs-
geschichte der HIrudineen*, heransg. von.
Leuekart 1862; Stülter , ,Praktische Vor-
schläge zur Einführung der Blutegelzucht*v
2. Aufl. 1863; Sgidi, ,Blntegelzucht*, 1844.
300
Blutentleerung — Bnin.
Blatentleerung (BluUntHehung) , künst-
liche Wegnahme von Blut zu Heilzwecken,
<Iurch Blutege^ Bchröpfköpfe , Aderlass.
Jjohale B, bei Entzündungen (z. B. des
Bauch- oder Brustfells, des Gehirns). All-
^gemeine B, (Aderlass) zur Herabsetzung
der gesammten Blutmenge.
Blnterkrtnkheit (Haemorrhophilta), un-
erklärte Neigung selbst unbedentenderWun-
-den, hartnäckig zu bluten. Erblich; hat
vregen der grossen Blutverluste allgemeine
Blutarmuth zur Folge; Behandlung durch
l)Iutstillende Mittel (s. d.), Vermeidung des
Anlasses der Blutung.
Blatfleckenkrankhelt (Morbus maeulosus
lYerlbofli), chronische Krankheit, mit mas-
.«euhaften Blutungen unter die Haut, sowie
in yerschiedefte innere Organe. Behand-
lung: kräftige Kost, Chinin, Eisen.
BlutflnsSy 8. Blutung.
Blutgefässe 9 s. Arterien und Venen.
Blutharnen (Haematuria) , Abgang von
Blut aus der Harnröhre. Ursache: Nieren-
'l>lutung (Entzündung, Zerreissung bei Ge-
4stürzten); Blasenblutung (bei Entzündungen,
Krebs) , aus der Harnröhre , bes. bei me-
chanischen Verletzungen.
' Bluthund, s. y. a. Schweisshund; grosse
engl. Doggenart, yon den Spaniern gegen
•die Indianer gebraucht.
Bluthusten (HaemoptoS, Haemoptysis),
Aushusten von Blut, «welches sich in die
liunge oder die Luftwege ergossen; bei
grösseren Mengen Blutsturt genannt, Symp-
tom der Lungenschwindsucht. Behandlung:
jfrösste Ruhe, Einathmen blutstillender
Mittel; Milchdiät.
Blntkdrperchenj, )
Blntkncnen, > s. Blut.
Blutküg«lcnefny )
Blutlassen, s. Arteriotomie.
Blutlaugensali (gelbes £., Blavsalz, Ka-
iiumeisencyanür , Ferrocyankalium) , Verbin-
•dung yon 2 Aeq. Cyankalium mit 1 Aeq.
Eisencyanür und 3 Aeq. Wasser, dargestellt
durch Glühen thierischer Kohle mit Pot-
«sche in eisernen Gefässen und Ausziehen
der Schmelze mit siedendem Wasser. Die
•erhaltene Blut- oder Rohlauge liefert beim
lErkalten B. in gelben iuftbeständigen Kry-
4itallen; löst sich in 4 Th. kaltem Wasser,
nicht in Alkohol, nicht giftig, gibt mit ver-
dünnter Schwefelsäure Blausäure und mit
^senoxyd salzen Berlinerblau; dient zur
Darstellung des letzteren, des Gyankallnms
^nd 'Weissen Schiesspulyers, zum Blau- und
Braunrothfarben, zur oberflächlichen Stäh-
lung des Eisens und zur Darstellung des
-rothen B.es. Kaliumeisencyanid, Ferrideyan-
Jbalium, Gmelins Salz, Verbindung von 2 Aeq.
Eisencyanid mit 3 Aeq. Cyankalium, darge-
.«tellt durch Behandeln von gepulvertem
•oder gelöstem gelben B. mit Chlor, bildet
dunkelrothe Kry stalle, löslich in Wasser
und Alkohol, nicht giftig, gibt mit Eisen-
•oxydulsalzen Berlinerblau , dient zumBIau-
iärben und als Beize in der Kattundruckerei.
Blutlymphe, s. v. a. Blutwasser, s. Blut.
Blutmal, 8. Muttermal,
Blutmelken, Krankheit der Kühe, bei
welcher die Milch mit Blut gemischt ist,
Folge einer Eutorentzündung ; oft veran-
lassen gewisse Futterarten roth gefärbte
Blutnelke, s. Dianthus. [Slilch.
Blutrache, die noch jetzt bei den Arabern
und andern Völkern Asiens und Afrikas,
sowie bis auf die neueste Zeit in Korsika
herrschende Sitte, wonach die Verwandten
eines Ermordeten diesen Mord durch Töd-
tung des Mörders oder seiner Verwandten
zu rächen haben, wird oft jahrelang auf
beiden Selten fortgesetzt und verwickelt oft
ganze Stämme in die langwierigsten Fehden.
Blntregen (Blutthau), durch aufgenomme-
nen rothen Passatstaub gefärbte Begen-
tropfen; die rothen Tropfen, welche der
aus der Puppe auskriechende Baum- oder
Heckenweissling von sich gibt. Auch rothe
Infusorien können B. bilden.
Blntrelnigende Mittel, zur Ausscheidung
unbrauchbarer (verbrannter) ^ Stoffe be-
stimmt, meist vermehrte Harn- und Koth-
entleerung bewirkend, wie Holzthee, Mol-
ken, Mineralwässer.
Blutroth, 8. v. a. Hämatin.
Blutschande, s. Ineest.
Blntschnee (Alpenroth), rothe Färbung des
Schnees, wird durch mikroskopische Krypto-
gamen, luAisorien, auch durch Fassatstaub
veranlasst.
Blntschwar, s. Furunkel.
Blntschwanim , s. Krebs.
Blutspeien, s. Bluthusten.
Blutstein (HämatU), fasriger Rotheisen-
stein, s. Eisenerze.
Blutstillende Mittel, bewirkenZussmmen-
ziehung der Blutgefässwandung oder Ge-
rinnung des Bluts; s. Blutung.
BIntstarz, s. Bluthusten.
Blutumlauf, s. Kreislauf des Bluts.
Blutung (Haemorrhagia) , Austritt von
Blut aus zerrissenen Gefässen. Im Gehirn:
Apoplexie, Schlag; aus der Nasenschleim-
haut: Epistaxis, Nasenbluten ; in dl& Lungen'
stibstam: Lungeninfarkt; in die Luftwege:
Veranlassung zu Bluthusten (s. d.) und Blut-
sturz; in den Magen, s. Blutbrechen; aus
Mastdarmvenen : Hämorrhoiden. Veranlas-
sung: Gefässkrankheiten, Blutfülle und
Verletzungen. Grösse der Gefahr je nach
dem Sitz und der Menge des ausgetretenen
Bluts. Behandlung : Kälte ; bei freiliegenden
grossen Gefässen: Unterbindung, blutstil-
lende Mittel rHaemostatica), wie Eisenchlorid»
Tannin, Höllenstein, Glüheisen. Bei inneren
B.en Seeale cornutum, Säuren. JVbrmoZ bei
Menstruation, B. der Gebärmutterschleim-
haut und Lösung des Eies.
Blntwasser, s. Blut.
Blntzwang, rothe Ruhr, s. Dtfsenterie.
Blutzeuge, s. y. a. Märtyrer.
BljÜB (Trybook), altes Wurfgeschütz , seit
dem 10. Jahrh. und noch längere Zeit nach
Erfindung des Schiesspulvers in Grebrauch,
ähnl. der Katapulten der Alten«
B. m., abbr. brevi manu (s. d.); beatae
memoriae, seligen Andenkens; aufRecepten
bene misceatur, es werde gut gemischt.
Bnin, Stadt im preuss. Regbs. Posen,
Kr. Schrim, 1278 Ew.
Boa — Bock»
301
BM» s. BiestueJUang«.
Board (engl., spr. Bohrd), Tisch, Tafel;
in England jede koUegialische Behörde, s. 6.
B. of Trade, das Haudelsamt; Poor Law
B., die zur Administration des Armenwesens
liiedei^esetzte Kommission, etc. Boarding-
house (spr. Bohrdinghaus;, Speise-, Kosthaus.
Boas, Edutard, Dichter und Schriftsteller,
gob. 18. Jan. 1815 saljandsberg a. d. W., t ^'^^•
im Juni 185S; bes. rerdient durch literar-
histor. Arbeiten: «Nachträge zu Goethes
Werken* (1841, 8 Bde.), ,Nachträge zu Schil-
lers Werken^ (1838-^0, 3 Bde.), ,Sohiiler
und Goethe im Xenienkanipf (1851, 2 Bde.),
,Schiller8 und (Goethes XenJenmanuscript*
(1856). ,Schrifteu< (1816'.48, 5 Bde.).
BODblaety engl. Tüll, geklöppeltem
Spitzengmnde ähnliches Gewebe mit regel-
mässigen seobseckigenHaschen oder Löchern,
ailf der yon Heathcoat erfundenen Bobbinet-
maschine heimstellt.
BobbiO) Stadt in der ital. Prov. Pavta, an
der Trebbia, 4575 Ew.
Bobtr, linker Nebenfl. der Oder, entspr.
im Riesengebirge ui/eni Landshut,' nimmt
den Zacken, die Qnelss und Sprotte auf,
mfindet bei Krossen} 35 M.
Boberf eld) MaHin Otto von, s. Opitz,
BobersberiTy Stadt im preuss. Regbz.
Frankfurt, Kr. Krossen, am Bober, 1571 Ew.
Bobisation (BooedUation), Solfegglreu nach
den von Waelrant (f 1595) erftindenen belg.
Silben bo, ce, di, ga, lo, ma, ni.
Bobiines. Stadt im südruss. Gh>uT. Cher-
son, 7779 Bw.
Bobritn€hyKebenfl.der freiberger Mnlde.
Bobrowy Stadt im grossruss. Gour. Woro-
nesch, 82^ Ew. Dabei die gr. Gestüte und
Güter der Orafen TonOrlow und Rostopschin.
Bobrqjtk (Bobrisk), starke Festung im
westmss. Gout. Minsk, an der Beresina
und Bobruika, 19,752 Ew.
Bobrzay rechter Nebenfi. der Narew im
westl. Rnssland, entspr. bei Grodno; 27 M.
Boeaye (spr. -kahsch), Landsch. in der
westl. Normandie; Hanptst. Vlre.
Boeea (ital., Plur. Bocehe, spr. Bokke),
Mund, Engpass, Ilussmündung, auch Meer-
busen (z. B. Bocehe dl Oattaro).
BO€Caeelo (spr. -attscho), Giovanni, her.
ital. Dichter und Schriftsteller, geb. 1318 zu
Paris, Sohn eines florent. Kaufinanns, an-
fangs selbst Kaufinann, widmete sich dann
ganz den Wissenschaften u. der Poesie, durch-
reiste, zum Theil mit diplomat. Aufträgen,
Italien, yerweilte längere Zeit in Neapel, wo
er die Gunst der Königin Johanna u. der Prin-
zessin Marie, König Roberts natürl. Tochter
(rom Dichter als Fiammetta Terherrlioht),
gewann, und ward Freund und Schütler Pe-
trarcas, erhielt 1873 den zu Florenz errich-
teten Lehrstuhl für Erklärung Dantes; f Sl.
Dec. 1375 zu Certaldo, dem Stammort seiner
Familie. Einer der gefeiertsten Gelehrten
seiner 2Seit und Begründer der klass. ital.
Prosa, bes.durch sein Hauptw.: ,Decamerone',
eine Sammhing von hundert, z. Th. aus
provencal. Dichtem entlehnten Norellen, an-
muthlg erzählt und Voller lieben und Hu-
mor, oft auch ausgelassen und unzüchtig
(zuerst Venedig 1471; neuere Ausg. toh.
BiagoH 1883, Foicolo 18%, und bes. von
Fanfani 1857 ; deutsch zuerst Ton SteinJIi'öwei:
1471, neu herausg. von Keller 1860; neuerl..
von JHeMl 1865, Wüte, 8. Aufl. 1859; ausser-
dem in fast alle Sprachen übersetzt). Sehr»
ausserdem ,Amorosa Tisione*, Dichtung in
Terzinen, die ,TeseideS erster Yersucb
einer ital. Epopöe in Ottaven, für deren
Erfinder B. gilt; femer den Roman ,FiIO'
copo oTvero amorosa fatica* (die Geschiebt»
▼on Flor und Blancheflor), die Llebesklag»
,Amoro8a Fiammetta*, ,Nimfalo d'Ameto*^
(in Prosa und Versen), ,Ii Filostrato< (in^
Ottaven, die LIebesgesch. Troilus und Cres-
sida), ,11 Oorbaccio^ (Schmähschr. auf di»
Weiber) u. A. Seine Schriften über Dante;
,Origine, Tita e oottumi di Dante* und ,C}om>
mento sopra la Oommedia dl Dante* (bla
zum 17. Gesang der , Hölle* reichend); latein.
Schriften: ,De genealogia deorura*, ,De mon-
tium, silvarum, lacuum etc. nominibus*, ,D»
casibus Tii-orum et feminarum Ulustrium*,,
,De Claris muUeribus', 16 Eklogen, Briefe etc»
,Opere complete* herausg. von Moutier (1827»
17 Bde.). Biogr. von Graf Baldelli (1806)^
BoecalO) Flüssigkeitamass in Italien, in
Florenz = 0,9, in Mailand «/e, in Rom 1*^^
in Triest 1,6, in Tigria *!% berliner Quart.
Boeea-TigrlBy die Mündungserweiterunip
des Kantonflusses in China, nach der darin
liegenden Tigerinsel benannt.
Bocehorinf (spr. Bokk-), Luigi, itaU
Komponist, geb. 14. Jan. 1735 zu Luoca, f-
28. Mal 1805 zu Madrid; zahlr. Streich-
quintette, Quartette, Trios, jetzt veraltet.
iBoechetta (spr. Bokk-), strateg. wichtiger
(>ebIrg8pasB der ligur. Apenninen, zwischen
Genua und Novl; jetzt Eisenbahn darüber.
Boehnia^ Bergst. in Westgallzien, unweit
der Raba, 8040 Ew. Grosses Steiusalzwerk
(1500' tief, Jährl. 300,000 Ctr. Salz).
Boeholty Stadt im preuss. Regbz. Münster,
Kr. Borken, an der Aa, 5809 Ew. Schloss
des Fürsten Salm -Salm. Dabei die St.
Michaeliselsenhütte.
Boeham« Kreisst. im preuss. Regbz. Arn8>
b|»rg, 15,0(H) Ew. Gussstahlfabr.
Bock 9 das Männchen der Ziege, des
Schafes, Rehes, Stein- und Damwildes
und Kaninchens.
Boek (Sprengboek,Bängebock,Joch), Holz»
Verbindung, welche allein oder in Verbin-
dung mit anderen Hölzern zum Tragen
eines unter Ihr liegenden Balkens dient;
bei Wölbungen das Cterüst, worauf di»
Lehrbögen aufsiteen.
Bock. Karl Em$t, Anatom, Sohn des Ana»
tomen Karl Auguet B, (geb. 1782, f 1833 zu
Leipsig), geb. 21. Febr. 1809 zu Leipzig, seit
1836 Prof. das., Vertreter der durch OppoK
zer, Sooda, Rokitanski' begründeten pbyslo^
logischen Heil weise und pathoIogiscHenAua-^
tomie, bekannt durch populäre Schriften in
der ,Gartenlanbe*. Sehr. ,Handbuch der
Anatomie des Menschen* (4. Aufl. 1849);
, Anatomisches Taschenbuch* (5. Aufl. 1864);
,Lehrbueh der pathologischen Anatomie u»
Diagnostik* (4. Aufl. 1864, 2 Bde.); ,Bach
vom gesunden und kranken Menschen* (7»
302
Bockau — Bodensee.
jLat. 18M); ,Haadatlas der Anatomie des
Ifenschen* (6. Aufl. 1870 f.); jpandatlas der
patholog. Anatomie* (1855).
Bockan, Bergflecken im Sachs. Erzgebirge,
Begbz. Zwickau, 1884 Ew. Hauptort des
ersgebirgischen Medicinalkräuterbaus und
^es früheren Olitätenhandels.
Bockenem , Stadt im preuss. Regbs. Hü-
•deshelm, Kr. Liebenburg, 1909 Ew.
Bockenkelm, Stadt im preuss. R^bz.
Rassel, Kr. Hanau, unfern Frankfurt a/M.,
<744 Ew. Zablr. Fabr.
Bockkäfer (lionglcornia) , Käferfamilie
4er Tetrameren, zahlreiche Arten, meist
grosse Käfer, leben am Holz und in den
Wäldern. Die Larve des Eichenbockkäfers,
Cerambyx heros Fcibr,, in Eichen- und
Rüsterstämmen, ist vielleicht der als Lecker-
bissen geschätzte Conus der Alten.
Boeklety Badeort im bayer. Regbz. Unter-
franken, an der frank. Saale, 1 M. von
Kissingen, 883 Ew. Stahlquellen.
Boeksbentel. kurze bauchige, breit ge-
drückte Weinflasche, meist für Stein wein
Boeksdom, s. Lpeium, [gebräuchlich.
Boeksdomnmeny s. Trigonella.
Boekstxiller (Mus.), nneigentl. meckern-
der Triller auf einem Ton , mehr Bebung.
Bocknm-Dolffii, Floretyi Heinr, GoUfr, von,
Hitglied des preuss. Abgeordnetenhauses,
geh. 18. Febr. 1802, ward als Landrath des
Kreises Soest Mitglied des vereinigten Land-
tages von 1847, unter dem Ministerium Auen-
wald - Seh werin Oberregierungsrath zu Ko-
l)lenz, bildete, nach den Wahlen von 1861
sum zweiten Vicepräsidenten des Abgeord-
netenhauses erwählt, mit Gleichgesinnten
die nach ihm genannte Fraktion des linken
Gentrums, ward nach Auflösung des Ab-
geordnetenhauses (Mai 1868) nach Qumbinnen
versetzt, nahm 1865 seinen Abschied aus
dem Staatsdienst.
Boeskaiy Slepkan, Haupt der ungar. In-
«urrektion von 1604—6, geb. 1555, früher
Festungskommandant in Grosswardein, ward
1604 als des Einverständnisses mit den auf-
rührerischen Siebenbürgen verdächtig in
feiner Burg angegrifTen, brachte einen Theil
der kaiserl. Truppen auf seine Seite, ward
«uf dem Landtag zu Szereucse 87. April 1605
5EUm Fürsten von Ungarn ausgerufen und
vom Sultan Achmed I. in Ofen zum Erbkönig
von Ungarn ernannt, im wiener Frieden
23. Jan. 1606 vom Kaiser als Erbfurst von
Siebenbürgen anerkannt; f 89. Dec. 1606.
Bod^Jk, Marktfl. im ungar. Komit. Stnhl-
weissenburg, 1900 Ew. WarmeMineralquell«,
i>e8uchter Wallfahrtsort.
Bodden y Name mehrerer Strandseen und
Buchten der Ostsee, z. B. der grei/stocUder
B., jasnutnder B., kamminer B. etc.
Bode, linker Nebenfl. der Saale, entspr,
«m Brocken, mündet bei Nienburg, 18 M.;
tnalerisches Felsenthal (Rosstrappe).
Bode^ Joh. Eiert, Astronom, geb. 19. Jan.
1747 zu Hamburg, ward4l778 Astronom der
Akademie zu Berlin, 1788 Mitglied derselben ;
1 83. Kov. 1826. Begründete 1776 die ,A8tro-
nomischen Jahrbücher oder Ephemeriden*
<1776~18S9, 64 Bde.), «Is, Berliner astronom.
Jahrbuch* von Eneke fortgesetzt; sehr. ,Br-
läuterung der Sternkunde* (3. Aufl. 1808,
8 Bde.); , Entwurf der astronom, Wissen-
schaften* (8. Aufl. 1825); ,Allgem. Betrach-
tungen über das Weltgebäude' (3. Aufl. 1834);
gab heraus ,Uranographia' (2. Aufl. 1818) und
,Repr68entat1on des astres* (1788).
BodegM (Babahoyo), Stadt in Ecuador,
Distr. Guayas, a.m.Fl%u$B», Hafen für Quito,
Riobamba und Tacunga, 1867 abgebrannt.
Bodelschwlngh-Velnede, Em$t t., preuss.
Staatsmann, geb. 86. Nov. 1794 zn Yelmede
bei Hamm in der Grafschaft Mark, ward
1834 Oberpräsident der Rheinprovinz , 1848
Finanzminister, 1844 Minister des Innern,
1847 beim vereinigten Landtag Regierungs-
kommissär, 18. März 1848 entlassen, 1840
Abgeordneter der zweiten Kammer, Sept.
d. J. Vorsitzender des Verwaltungsraths der
Union, in der Kammersession von 1850—51
Fuhrer der Centrumspartei, 1852 Regierungs-
präsident zu Arnsberg; f 18. Mai 1854.
Bodenheim, Dorf in Rheinhessen, am
Rhein, südl. von Mainz, 1940 Ew. Weinbau.
Bodenkunde. Lehre .von den Bestand-
theilen, physikalischen und chemischen
Eigenschaften und der Eintheiiung -des
Ackerbodens. Aeltere Schriften vonThaer,
Creme, Davy, Sprengel, Girardin; wissen-
schaftlich beurbeitet zuerst von Faüou,
»Anfangsgründe der B.*, 1857. Vgl. fin^f,
,Steinschutt und Erdboden*, 1867.
Bodenlanben (BotenlauUn), Burgruine bei
Kissingen, einst Im Besite des Grafen Otto IL
von Heuneberg, eines Minnesängers, der
sich OUo von B, nannte (f 1244). Vgl. Beck-
•«etn, .Gechichten. Gedichte Ottos v.B.', 1845.
Bodenninigy Dorf in Niederbayern, im
Böhmerwald, 1661 Ew. Bergamt und Boll-
werke (Eisenvitriol, Schwefelkies etc.).
Bodenrente (Grund- oder LandrenU), im
weitesten Sinne der Reinertrag, welcher
Grund und Boden naoh Abzug der darauf
verwendeten Kosten gewährt; im engeren
Sinne das, was nach Abzug des Zinses vom
Kapital, das im Grund und Boden angelegt
ist, vom Reinertrag übrig bleibt. Die Grund-
steuer belastet wesentl. die B., deren Be-
steuerung die Physiokraten für die einzig
richtige betrachten.
Bodensee (Bodmansee, «ehwcB». Meer, lat.
laeu* Briganlinut, ftanz. lao de Oonstanc«),
See am Nordfuss der Alpen , zwischen der
Schweiz und Deutschland, vom Rhein durch-
flössen, 1210' üb. M.; mittl. Breite 3 M. im
O., 2Va M. im W., Länge auf der Nordseite
9 M., Südseite 7i/aM., Umfang 27 M., Areal
81^ QM., Tiefe bis 969'. Vom Juni an Steigen
des Wassers bis 10' über den niedrigsten
Stand, vom August an Sinken dess.; ausser-
dem bemerkenswerth das ,Ruhss', ein selte-
nes und unregelmässiges Anschwellen des
Wassers ohne sichtbare Ursache mit darauf
folgendem plötzlichen Sinken und neuem
Steigen zur gewöhnl. Höhe, und der Aufruhr,
den der Föhn bewirkt. Das ganze ZufHeren
des Sees ist selten (in 4 Jahrh. fünfmal).
Der nordwestl. Theil eine 5 M. I., 1 M. br.
Bucht, üeberlingersee genannt. Umgebung
liebliob und grossartig. Wichtige Uferorte:
Bodenstedt — Böhme.
803
5
Liodaa, Bregens, Borschach, Arbon, Kon-
stanz, Ueberlingen, Mörsbnrg, Friedrloha-
hafen,. Langenargen. Früher starke Segel-
sebifffahrt, jetzt yerdrängt von Dampf-
scbifffabrt, die von den Mündungsorten der
Eisenbahnen (Lindau, Friedrichshafen, Ror-
scbach, Bomanshorn, Konstanz) regelmässig
Statt findet« Vgl. ,Der B. und seine Um-
gebungen', 1857, S Thle.
Bodenstedt, Friedr, Martin (von). Dichter
und Schriftsteller, geb. 82. April 1819 zu
Peine in HannoTer, mehrere Jahre Lehrer
in Bussland, bereiste 1845 den Kaukasus,
bekleidete, 1846 zurückgekehrt, nach yer-
schiedenen Stellungen, 1854—66 eine Profes-
sur in München, lebt gegenwärtig in Mei-
niugen, wo er mehrere Jahre die Leitung
der Hofbühne führte. Sehr. ,Die Völker
des Kaukasus* (2. Aufl. 1855); ,Tau8end und
ein Tag im Orient* (3. Aufl. 1859); ,Lieder
desMirza Schaffv* (80. Aufl. 1870); ,Gedichte*
1857 u. 1859, 2 Bde.) ; ,Demetrius' (Trauersp.,
.856); ,KÖnig Autharis Brautfahrt* (Lustsp.,
1860); .Shakespeares Zeitgenossen' (1858—60,
8 Bde.). Treffi. Uebersetzungen von Pusch-
kin (1853—54, 3 Bde.), Lermontow (185A,
S Bde.), Shakespeares Sonetten (1862) u. A.
Gesammelte Schriften (1865-69, 12 Bde.).
BodenstetUy Andrea$, s. KarMadt,
Bodenwerder, Stadt im preuss. Regbz.
Hannover, Exklave im Braunschweigischen,
«in der Weser, 1820 ^w.
Bodenwöhr, Dorf in der bayer. Oberpfalz,
bei Kennburg, 496 Ew. Bed. Hüttenwerke.
Bodfeld (Bothfdd), ehemal. Jagdschloss
der fränk. Kaiser, wo Heinrich III. 1056 f;
iag im Harz, etwa beim Zusammenfluss der
kalten und warmen Bodo; schon 1258 Ruine.
Bodln (spr. • dang), Jean, ftttnz. Publicist,
geb. 1530 zu Angers, yertheidigte als Ab-
^ordneter bei der Ständeversammlung zu
Blols 1576 die Rechte des Volks und die
OewissensAreiheit ; f 1596. Hauptwerk: ,La
r6publlque< fl577; lat. 1586), der erste Ver-
buch einer wissenschaftlichen Staatslehre.
Vgl. Ouhrautr, ,Das Heptaplomeres des
Jean B.', 1841; Blogr. Ton Bandrillon (1858)
und Molinier (1867).
Bodman, Dorf im bad. Kr. Konstanz, am
Ueberlingersee, 906 Ew. Von der Burg-
ruine 6. hat der Bodeusee den Namen.
Bodmer, Joh, Jak,, Schweiz. Dichter und
Literator, geb. 19. Jnli 1698 zu Greifensee
t>ei Zürich, seit 1725 Prof. der helvet. Oe-
schichte in Zürich, 1735 Mitglied des grossen
Haths; t2. Jan.1783. Arbeitete in einer Reihe
krit. und polemischer Schriften dem herr-
schenden franz. Geschmack in Kunst und
Poesie entgegen, dadurch Gegner Gottscheds,
'Während die Jüngern Dichter, bes. Klopstock
und Wieland, sich ihm anschlössen. Eigne
Gedichte: ,Die Noacfolde* (1752) und dram.
Sachen. Auch verdient um die Wiederer-
weckung der mittelalterlichen Dichtungen
•durch Herausgabe der «Nibelungen* (1757),
der manessescben Sammlung der Minnesän-
.ti;er (1758) u. a. Vgl. Dannel, ,Qott8ched und
seine Zelt*, 1848.
Bodnerel (ft>. eanirat ä Ja ffro$u, engl.
J>oU<mry), DarlehnsTertrsgmit varfförndusg
des Schiffs oder der Ladung, wobei der
Darleiher (Bodmereigeber , Bodmerist) die
Seegefahr In der Art übernimmt, dass er,
wenn die verbodmeten Gegenstände ganz
oder zumTheil untergehen sollten, auf sein
Rüokforderungsrecht ganz oder zum Theil
verzichtet, dafür aber nach glücklich voll- ^
endeter Fahrt das dargeliehene Kapltar"
mit einer vertragsmässig bestimmten Prämie
zurückerhält. Der Bodmereinekmer stellt
dem Bodmereigläubiger über den Vorschuss
und seine Veranlassung eine Urkunde, den
Bodmereibrief, aus, der ,anf Ordre* lauten
und dann durch Indossament weiter über-
tragen werden kann. Vgl. Benecke, ,Sy8tem
des Seeassekuranz- und Bodmerei wesens',
neu bearbeitet von Nolte 1851. ,
Bodmtn, Hauptst. der engl. Grafschaft
Cornwall, am Camel, 4809 Ew.
BodSe, Hauptort des norweg. Amts Nord-
land, am Saitenfjord, 228 Ew.
Bodogaa. Landstrich in Thüringen, zwl- '
sehen der Bode und der Unstrut.
BodOttt. Giambattieta, ital. Stempelschnei-
der und Buchdrucker, geb. 1740 zu Safazzo,
lebte zu Parma; f 29. Nov. 1813 zu Padua.
Prachtvolle Klassikerausgaben.
Bodonam (Bodenum), Widdin.
Bodrog, rechter Nebenfluss der Theiss
in Ungarn, entspr. auf den Karpathen,
mündet bei Tokal ; sehr fischreich.
Bodty Jean de, Baumeister, geb. 1670 in
Baris, war seit 1700 brandenburg. Hofbau-
meister, trat 1728 in sächs. Dienste; t 1745
als Generalfeldzeugmeister 'in Dresden.
Grössere Bauten von ihm in Berlin (Zeug-
haus), Potsdam, Dresden etc.
Bodulel (Budulia, d. h. Niederland), die
Inseln des quarnerlschen Golfs; ihre Be-
wohner Boduli (Niederländer).
Boft (a. G.), Stadt in Lakonien, am bi5a(i-
»ehen Meerhueen (jetzt Golf dl Livadia).
BSbllBgen, Stadt im würtemberg. Neckar-
kreis, am Schönbnchwald, 3448 Ew.
B5ek]ij August, ber. Alterthumsforscher,
geb. 24. Nov. 1785 zu Karlsruhe, ward 1807
Prof. zu Heidelberg, 1810 zu Berlin ; f das.
3. Aug. 1867. Er hat durch seine Auffassung
der Philologie als einer geistigen Repro-
duktion des gesammten Alterthums zif einer
tiefem Auffassung des letzteren Anstoss ge-
geben. Hauptwerke: Ausgabe des Pin dar
(1811— 22, t4 Bde.); ,Die Staatshaushaltung
der Athener* (2. Aufl. 1851, 2 Bde.); ,Metro-
log. Untersuchungen über Gewichte, Münz-
ftasse und Masse des Alterthums* (1838);
»Urkunden über das Seewesen des attischen
Staats* (1840). Die Resultate seiner die
griech. Inschriften betreffenden Forschungen •
sind niedergelegt in , Corpus inscriptionum !
graecarum* (Bd. 1—4, 1824-62). Zahlreiche j
kleinere Schriften, Abhandlungen u. Reden. *
B5e. heftiger Windstoss. [gruben.
Bohlhont, Dorf bei Minden; Steinkohlen-
Bolutte, rechter Nebenfluss der Aller in '
Hannover, entspr. in der lüneburg. Heide,
mündet unterhalb Ahlden.
BSliBie (B»hm), Jakob, Phlloiophus TtsQ- .
tonlcni genannt, ber. Theosoph und Mysti-i
ker, gel». 1575 m AUseidenberg ui^ijeitj
804
Böhmen.
GörlitB, Schahmachertneister das.; f 87.
Not. 1624. Sein Grandgedanke Ist, das» das
Herrortreten der Kreatur aus der Einheit
des göttl. Wesens durch myst. Erleuchtung
geschaut werden könne. Schriften herausg.
▼on Beets (seit 1660), vollständiger Ton Gich-
tel (Amsterd. 1682, 10 Bde.), welcher auf
ihrer Grundlage die Sekte der Engelsbrüder
stiftete. Gesammtausgabe Ainstord. 1730,
6 Bde. die neueste Ton Schdebler (1831—46,
7 Bde.). In England gründete Johanna Leade
die Gesellschaft der ,Fhiladelphisten* cur
Erklärung der Schriften B.s., Seine Ideen eig-
neten sich der würtemberg. Theolog Oetin-
ger und der franz. Mystiker Louis Claude
de St. Martin, sum Theil auch Schelling an.
Mit seiner Erklärung beschäftigte sich bes.
Frans von Baader. Ygl. Samberger, yDie
Lehre des deutschen Philosophen J. B.*, 1844.
Biogr. von Feehner (1857) und Harlen (1870).
Böhmen (fi-üher BWieim), ehedem selb-
ständ. Königreich , Jetzt Österreich. Kron-
land, zwischen Bayern, Sachsen und Schle-
sien gelegen, 943,7 QM. mit 5,107,313 Bw.
(1 : 5410) ; ein Bergland, von höheren Band-
gebirgen (Böhmerwald im W., bis 4400', Ei-z-
gebirge im N., bis 3800', das Iser-, Riesen-
und Adlergebirge im O., bis 4630', böhm.-
mähr. Gebii'ge im S., bis 2000' h.) umschlossen
und im Innern von S. nach N. in 3 Terrassen
(2000, 1500, 800' h., mit isolii-ten Kuppen bis
3000') abgedacht, deren jede eine besondere
feognost. Konstruktion (Granit, Grauwacke,
andstein) hat, und in welche grössere und
kleinere Ebenen und Thal fbrchen eingesenkt
sind. Selbständig tritt, dem Erzgebirge pa-
rallel, das böhm. Mittelgebirge (bis 2582' h.)
auf. Bauptfiüsse: die Elbe mit der (bedeu-
tenderen) Moldau, Iser und £ger. Zahlr.
Teiche (bes. im 8.) und Torfmoore. Welt-
berühmt die h'öhm. Bäder : Karlsbad, Marien-
bad, Franzensbad, Teplitz, Bilin, PüUna,
Seidschütz, Liebwerda u. a. — Ueber 96o/o
des Areals sind nutzbarer Boden, davon die
Hälfte (440 QM.) fruchtbares, gut bestelltes
Ackerland, bes. die leitmeritzer und teplitzer
Gegend, die saazer Ebene, mehrereElbgegen-
den etc. (jährl. Export über 1 Mill. Metsen
Körnerfrüchte). Hopfenbau (Eger, Saaz, Leit-
meritz)f Flachs- (Riesengebirge) und Runkel-
rübenbau bes. wichtig; auch Obst* und Ge-
müsekultur. Bedeutende Waldungen (290/o).
Viehzucht im Ganzen nicht hervoiTagend ;
nur Gänsezucht scAir bedeutend. — Grosser
Reichthum an Mineralien: Silber (in Przl-
bram und Joacbimsthal) Jährl. 50,000 Mark,
Zinn, Eisen, Blei, Graphit, Granaten, Stein-
kohlen (jährl. über 40 Mill. Ctr., grösste
Iiager zwischen Kladno, Schlau und der
Moldau, und zwischen Kommotau, Brüx und
der Elbe) ; Braunkohlen im Egerbecken. Salz
fehlt. — VielnduUrie B.s ist die bedeutendste
Oesterreichs, ihr Sitz bes. im N.; im Ganzen
1400 Fabriken und Manufiikturen, Jährl.
Produktionswerth über 200 Mill. Fl. Hanpt-
erzeugnisse: Tuch- und Wollwaaren (Gen-
tmm Reichenberg, für etwa 18 Mill. Fl.);
Leinenwaaren (über 24 Mill. FI. , Hauptsitz
Rumburg, für Zwimwaaren Schönlinde,
Spitzenkldppeln im Erzgebirge); BaumwoU«
I waaren (über 80 Fabriken mit ^h Hill. Spin«
dein, die über 90,000 Ctr. Garn liefern, bes.
stark um Reichenberg; ber. Kattnndmcke-
reien in Prag, Hirschberg etc.) ; Glas (über
10 Mill. Fl., Ausfuhr etwa 50,000 Ctr.), grosse
Fabriken in Haida und Stelnsohönan (bes. ,
Hohlglas), Gablenz (Quincaillerien), Tu mau
(künstl. Eidelsteine, Schmuckaachen), Buig-
stein und Neuhurkenthal (Spiegel); ausser-
dem Rübenzucker, Leder, Porzellan (um
Karlsbad), Papier, Metallwaaren, Chemika-
lien, Bier (über 1000 Brauereien, Jährl. mehr
als 15 Mill. Eimer). — Der Industrie ent-
sprechend lebhafter Handel. Wassersträssen
unbedeutend, aber treffl. Eisenbahnnetz mit
dem Gentmm Prag, 189*/i M. Ifondelskam-
mem zu Prag, Reichenberg, Eger, Pilsen
und- Budweis. — Bevölkerung: Czechen
(3,126,063), Deutsche (meist in den Grenz-
distrikten, 1,888,749), Juden (92,853); der Re-
ligion nach meist Katholiken (Erzbischof zu
Prag, mit 3 Bisthümern zu Leitmeritz, Könlg-
grätz, Budweis), etwa 35,0W Ltithei-aner
und 57,000 Reformirte. Lehrmutalten: Uni-
versität zu Prag, 22 Gymnasien; ausserdem
Real- und Gewerbeschulen, an 8800 Volks-
schulen. — An der Spitze der Venoalttmg
steht ein Statthalter (in Prag). Landtag,
ans 241 Mitgliedern bestehend ; 54 Vertreter
für das Haus der Abgeordneten. Eintheihing
in 13 (früher 7) Kreise: Przibram, Leitme-
ritz, Gitschin, Jung-Bunzlau, Königgrätz,
Chmdim, Czaslau, Tabor, Budweis, Pisek,
Pilsen, Eger, Saaz. Wappen: rother ge-
krönter doppelt geschwänzter Löwe im
silbernen Felde. Landespatrone der heil.
Nepomuk und der heil. Wenzel; Hauptstadt
Prag. Vgl. die geogr. Werke über B. voc
SchaUer (1785-91, 17 Thle.), Ätt (l^S).
Michel (1840, 8 Bde.), Sommer (1838-47, 15
Bde.), Kapper und Kandier (1863).
Geschichte, B., ursprünglich im Besitz
des celtischen Volks der Bojer, wurde ic
der ersten Hälfte des 1. Jahrh. .v. Chr. von '
den Markomannen (s. d.), in der zweiten
Hälfte des 6. Jahrh. n. Chr. von dem slav
Volke der Cseehen besetzt. Same rereinigte
um 627 B. mit den angrenzenden slav. Län-
dern zu einem Reiche, das nach seinem Tode
(1662) wieder zerfiel. Unter den Karolingern
ziemlich unabhängig, ward B. dem Mähren-
fürsten Swatopluk (871—894) dienstpflichtig
und nahm das Christenthum an. 895 hul-
digten die czechisohen Häuptlinge dem
deutschen König Arnulf. Um 900 gewann
der Przemyslide Splthiniew I. die oberste
Gewalt in B.; dessen NeflTe, der heil. Wenzel,
ward 929 durch Heinrichs I. Zug nach Prag
zur Anerkennung der deutschen Lehns-
herrlichkeit gezwungen. Unter seinen Nach-
folgern (Boleslaw I. u. H.) lockerte sich
dies Verhältniss wieder, ohne sich ab^
gnnz zu lösen. Herzog Wratislaw H.
(1061*92) erhielt von Kaiser Heinrich Iv*
(1086) u. sein Enkel WladislawH. (1140-74)
von Kaiser Friedrich II. (1158) die Königs-
würde. Darauf Verfall durch Streitigkeiten
unter verschiedenen Thronprätendenten, .bis
Ottokar L (1197-1230) die Erbfolge ordnete
und siclierto. Sein Enkel Ottokar H
Böhmer — Böhmisch -Brod.
805
(1258—78) erwarb Oesterretch, Steiermark,
Kärnthen und Erain und herrschte von der
Ostsee bis eum adriat. Heere, verlor aber
in der Schlacht auf dem Marchfeide 1278
Krone und Leben- Mit seinem Enkel
Wenzel III. erlosch 1906 der Stamm der
Prsemysliden. Eine neae Dynastie begrün-
dete Johann Ton' Lnxembqrg (ISIO — i6),
Kaiser Heinrichs Vn. Sohn , der Sohlesien
erwarb. Unter seinem Sohne Karl (als
deutscher Kaiser Karl IV., 1346—78) kam
B.S Blnthezelt, welche dnrch die unter sei-
nem Sohne Wenzel IV. (1378 — 1419, als
Kaiser 1400 abgesetzt) ausbrechenden Hus-
sitenkriege (s. d.) unterbrochen ward. Nach
dem Aussterben des luxemburg. Manns-
stammes mit Kaiser Slgismund (1437) folgte
dessen Schwiegersohn Albreoht -won Oester-
reieh i(t 1439), wahrend der Minderjährig-
keit Wladialaws, des nachgeborenen Soh-
nes desselben, ein Reich sgubemium bis
1458, und nach Wladislaws I. Tode (1457)
durch Wahl der Stände der Utraquist Qeorg
▼on Podiebrad (1468), der sich trotz des
pftpstl. Bannstrahls behauptete. Ihm folgte
1471 der Jagellone WladislawH. (1471-1516),
der den Religionsfdeden von Knttenberg
(1485) zu Stande brachte. Zum König von
Ungarn (1490) erwählt, verlegte er seine
Besidenz nach Ofen , wo auch sein Sohn
und Nachfolger Ludwig (1516—26) residirte.
Nach Erlöschen der Jagellonen durch Lud-
wigs Tod in der Schlacht bei Mohaoz
(89. Aug. 1526) kam B* mit Ungarn durch
Wahl an den Erzherzog Ferdinand von
Oesterreich (1526—64). Dieser erklärte auf
dem sogen. ,blutigen Landtage* von 1547
B. für «In Erbreich , suchte aber vei^eblioh
die kathol. Religion zur alleinherrschenden
zu machen. Unter dem Kaiser Maximilian II.
(1564—76) wurden Utraquisten , Lutheraner
und Reformirte nicht beunruhigt. Dessen
Nachfolger, Kaiser Rudolf IL (1674-1612),
sicherte die Religionsfreiheit durch den
Majestätsbrief (12. Juni 1609), dankte zu
Gunsten seines Bruders Matthias (1611—19)
ab. Die Nichtachtung der verbrieften
Religionsfreiheit durch denselben hatte den
Ausbruch der böhm. Unruhen (23. Mai 1618)
und die Wahl Friedrichs V. .von der Pfalz
zum böhm. König (26. Aug. 1619), die
Schlacht auf dem weissen Berge (8. Nov.,
1620) aber die Restitution des von den
Böhmen verworfenen Kaisers Ferdinand IH.,
die gewaltsame Rückführung des Landes
cum Katholicismus und die Verwandlung
desselben in ein absolut monarchisches
Österreich. Erbland zur Folge. Einwande-
rung deutscher Kolonisten. Joseph H.
hob die Leibeigensohaffc auf und begann
sonstige Reformen. ' Unter den Stürmen von
1848 erwachte das Strehen nach polit. und
nationaler Freiheit des Landes Wieder, zu-
gleich begann aber auch der offene Kampf
swlschen Czechenthum und Dentschthum,
der noch fortdauert. 31. Mai 1848 Slaven-
kottgress in Prag, der durch Strassenkampf
(11. Juni) und Bombardement (16. Juni) ge-
sprengt ward. Auf dem ersten konstituiren-
den österr. Reichstag bildeten die czeehi-
Meytr$ Hand 'Lexikon,
sehen Deputlrten die Rechte und stutzten
die Regierung im Eampf-gegen die Magyaren,
wie sie überhaupt bis zur Auflösung des
Reichstags (März 1849) einen bedeutenden
Einfluss auf den Gkuig der Dinge in Oester-
reich ausübton. Dann warfen sich die
nationalczechischen Besftrebungen auf das
sociale n. literar. Gebiet. Auf dem in Folge
der Februarverfassung im Frühjahr 1861 ver-
sammelten böhm. Landtage verschaffte sich
die czechische Partei das Uebergewicht und
setzte die Wahl ihrer Parteiführer in den
Reichstag durch, wo diese im Anschluss an
die Polen erst als sogen. ,AutonomistenS
dann als ,Föderalisten' den konstitutionell
centralisirenden Plänen Schmerlingi^ ent-
gegenarbeiteten. Inzwischen dauerte die
literarische Agitation gegen das Dentsch-
thum fort und erhitzte sich zu den mass-
losesten Ausschreitungen. Ein Besohluss des
Landtags von 1864 machte die czechis<die
Sprache auch für die deutschen Mittelschu-
len obligatorisch. Neue Stärke erhielten die
föderalistischen Tendenzen der czech. Partei
dadurch, dass man nach Schmerlings Rück-
tritt (Sommer 1865) dasOentralisationssysteQs
aufgab. Der Krieg von 1866 brachte schweree
Drangsal über das Land. Der neuerlich in
Oesterreich offen durchgeführte Dualismuz
musste die Hoffnungen der Czechen neu be-
leben. £<ndziel der noch Jetzt lebhaft fort-
gesetzten czech. Agitation ist völlige Oze<dii-
sirung des Landes und HersteUung der
,Krone Böhmen*. S. Oesierreibh, Geschichte.
Die Ooschichte B.s behandelten Peliul (4.
Aufl. 1817, 2 Bde.), Bdaoky (1836-60, 4 Bde.),
Jordan (1845-47, 3 Bde.).
Böhmer^ Joh. Friedr,, Geschichtsforscher,
geb. 1795 zu Frankfurt a/M.. seit 1830 erster
Bibliothekar das. ; f das. 22. Okt. 1863. Herans-
geber einer Reihe von Urkunden- und Re-
gestenwerken zur Geschichte des deutschen
Reichs im Mittelalter, sowie mehrerer Ge-
schichtswerke des 12. und 13. Jahrh. (, Fontes
rernm QermanicarumV Bd. 1—3, 1843 — 53).
Bohmeria Jaeq., Pflanzengattung der
Urticaceen. B. utllis Jaeq., B. tenacisstma
Bl.f in Ostindien als Gespinnstpflanze kul-
tivirt, liefert feines seidenähnliches Leinen.
Ebenso B. nivea L, in China, deren Faser
und Gespinnst als Chine^ra», Chinadotk
auch nach Europa kommt. Beide Pflanzen
als JRamee zur Kultur bei uns empfohlen.
Böhmerwald, mitteldeutsches Gebilde, auf
der Grenze zwischen Bayern (Donau-) und
Böhmen (Eibgebiet) bis zur Donau ziehend,
28 M. lang, meist Granit und Gneis. Am
höchsten ansteigend der mittlere Theil (Gr.
Arber 4476% Rachel 4443', Lusenbexg 4169*
und Dreisesselberg 3995'), dazu von rauhem,
wildem und unzugänglichem Charakter ; der
südl. Theil nicht über 3000', der nördl. Ms
3200' h. Der Abfall nach Bayern findet In
vielen steilen Stufen Statt (vorgelagert ist
der bayerische Wald), der Abfall nach
Böhmen mehr in sanfter Verflachnng. Grosse
Wälder; fruchtb.Thäler; Waldkultur, Glas-
fabr. die Hauptbeschäftigung der Bewohner.
Böhmisch -Brod 9 Stadt im böhm. Kr.
Prag, an der Sembera, 2410 Ew.
20
806
Böhmische Bäder — Bösing.
Böhmische Blder, a. Böhmen.
Böhmische Kimme, Thell des glatser
Oebirgs, dem Habeischwert parallel laufend,
in der deststnaer Koppe S618' h.
Böhmische Literstnr, s. (keekiseheSpriUhe
mnd Literatur.
Bdlimisches Hittelgebirge, vulkan. Ge-
birge im nördl. Böhmen, zwischen der Eger
«nd dem Erzgebirge, mit sahlr. Basalt- and
PhonoUthknppen (bes. nahe der Elbe, in
der sogen. hUhnt, SchweUt: Bonnersberg oder
]filleschaner2582', borser oder billner Fel-
sen 1644' h.) und ber. heissen Quellen
geplitz). Die östl. Fortsetsung Jenseits der
be heisst KMtilgebirge.
BShmlsche Bteine, in Böhmen geftindene
Edelsteine, bes. Granaten, Topas, Jaspis,
Sapphir, auch Bergkrystalle und künstliche
Edelsteine, Glasflüsse.
Bohmisch-Kamnits. Stadt, s. KamnitM.
Bohmisch-Leipa, Fabrikstadt im böhm.
Kr. Leitmeritz, an der Pulsnits, 8224 Ew.
Böhmisch -TriilHia. Stadt im böhm. Kr.
Ohmdim , 451S Ew., Knotenpunkt der Bah-
nen Ton Brunn und Olmütz.
Böhmisch- Waidhofen, Stadt, s. Waidhofen.
Bohtlingk, Otto, Orientollst, geb. 80. Mai
1815 zu Petersburg, kaiserl. russ. Staatsrath
und Mitglied der Akademie zu Petersburg.
Gab heraus Paninis ,Acht Bücher gram-
matischer Kegeln' (1840, 8 Bde.) ; Yopadevas
»Grammatik' (1846); Kalidasas ,Sakuntala'
(Text mit Uebers. 1842); ,Sanskrit-Ghresto-
mathie' (1845); Hematschandras ,Wörter-
buch* (1847); ,Ueber die Sprache der Jaku-
ten' (1849—51, 3 Bde.);,Indische Sprüche'
2863-64, 8 Bde.) eto. Hauptwerk das mit
olh bearb. ,Sanskrit- Wörterbuch' (1853 IT.).
Bok, Jo». Michael, Schauspieler, geb. 17^
zu Wien, seit 1779 in Mannhelm, wo er zu-
erst Schillers Moor u. Fiesoo spielte ; f 179S.
Bonhase, Pftischer, in der Handwerker-
sprache Einer, der ein Gewerbe treibt, ohne
das Meisterrecht erworben zu haben.
Bdnnigheim, alte Stadt im würtemberg.
Neckarkreis, 2436 Ew., königl. Schloss.
Bootien, alte Landschaft im mittleren
Griechenland, 53—58 QM., Ton hohen Ge-
birgen (Helicon, Githäron, Parnass etc.) ein-
geschlossen und von zahlreichen Gewässern
K)ephissus, Asopus) durchflössen, die Jetzt
in Sümpfen und Seen stagniren; am be-
trachtlichsten der Kopaissee. Ehedem, bei
geregeltem Wassemetz, überaus fhiohtbar,
Jetzt zum grossen Theil steril oder versumpft.
iMe alten Böoüer waren ein kräftiger Men-
Bohenschlag, aber wegen Mangels an Bildung
und Plumpheit verrufen (daher bliotiack:
plump, bäuerisch), obschon Hesiod, Plndar,
Epanünondas und Plutarch aus B. stommten.
Die 14 grösseren Städte bildeten den ba-
uschen £und, der von einem Archen und
einem Beirath geleitet wurde, aber durch die
Schlacht bei Chäronea seine Macht verlor.
BordCy in Niederdeutschland fruchtbare
Ebene: die aoetter, waretiburger, magdebur-
g«r B. (6 M. 1., 8—4 M. br.) u. a.
BoerhaaTe. Bermann, hollftnd. Arzt, geb.
13. Dec. 1668 zu Yoorhout bei Leyden, seit
1709 Prof. der Medicin und Botanik, später
auch der Ghemie lu Leyden; f ^* Sept.
1788. Er betonte bes. Verelnfiujhung der
Behandlung und genaue Beobachtung. Sehr.
,Institutiones medicae in usum annuae exer-
citotionis* (1708, zuletzt 1775); ,Elemento
chemiae' (1724, 2 Bde., u. öfter); ,Methodas
dlscendi medioinam' (1726 u. öfter) ; ,Opuscala
omnia' (1738, 1748). Biogr. von Burton (1748),
Johnson (1834), Kuteloot (1825).
BoerhuviA X. Pflauzengattnng der Nycta-
gineen. Von B. erectaZr. und B. scandens
in Südamerika und Westindien dient die
Wurzel als Brechmittel. B. esculento Lam,,
in Peru, mit essbarer Wurzel.
BoijessOBa Johann, sohwed. Dichter, geb.
22. März 1790 zu Tanum in Bohuslän, seit
1838 Pfarrer zu Weckholm, 1861 zum Mit-
glied der schwed. Akademie ernannt; f 5.
Mai 1866 zu Upsala. Sehr. lyr. und didakt.
Gedichte (,Die Schonung*, ,Liebe und Poe-
sie' u. a.), später X>ramen: ,Erich XIV.'
(deutsch von Winterfeld 1855), ,Die letzten
Tage Gustavs I.' (1856), .Aus der Jugend
Karls Xn.' (1858) etc.
Börne. Ludwig, Schriftsteller, geb. 18.
Mai 1786 in Frankfurt a/M. , Jüd. Abkunft,
studirte in Berlin und Halle Medicin, dann
in Heidelberg und Giessen Staatswissen-
sehaft, wurde 1811 Poliseiaktuar in Frank-
fürt, trat 1818 zur evangel. Kirche über und
betrat mit der Redaktion der Zeitschrift
,Wage', dann der ,Zeitschwingen* die poli-
tisoh-literar. Laufbahn ; lebte abwechselnd in
Paris, Hamburg und Frankfurt, seit der Juli-
revolntion 1830 dauernd in Paris ; t <ifts. 18.
Febr. 1837. Unter seinen Werken sind bes.
hervorzuheben die ,BrieflB aus Paris' und
die ,Neaen Briefe aus Paris', welche vor-
zugsweise seine politischen (anfangs libera-
len, später radikalen) Ansichten enthalten,
,Denkrede auf Jean Paul' (1826), ,Menzel der
Franzosenf^esser' (1837). Sämmtl. Werke
(neue Ausg. 1862*— 63, 12 Bde.). ,Französ.
Schriften' (herausg. von Oormenin 1847).
Vgl. über ihn Beurmann, 1^1 ; Beine, ,Heine
über B.*, 1840; Quttkow, ,B.s Leben', 1840.
Boers (spr. Buhrs, d. i. Bauern), auf dem
Kaplande die Grundbesitzer holländ. Ab-
kunft: wanderten 1836, unzufrieden mit der
engl. Regierung, zum grossen Theil nach
dem Innern Hochlande der Ostbetschuanen
aus, wo sie die OranJefluss- und die trans-
vaalische Republik gründeten.
Böschung (flr. taius), bei Erdbauten die
Abdachung der Erdwände , welche nöthig
ist, damit das Erdreich nicht herabfalle.
Bneehungswinkel, der Winkel, den diese Ab-
dachung mit der Horizontalobene . macht,
beträgt bei gewöhnlichem Erdreich 45«; BÖhe
der B., das aus dem höclisten Punkte der
Abdachung auf die durch den Fuss der B.
gelegte Horizontalebene gefällte Perpendi-
kel; Anlage der B., der horizontale Ab-
stend des Fusspunkts dieses Perpendikels
von dem Fusse der B. In der Befestigungs-
kunst unterscheidet man eine innere und
äussere B. der Brustwehren und Wälle.
BSser Hals, s. Brätme.
Böse Wetter, s. Bergbau,
BSsing (Batiny), Stadt im ungar. Komitat
Böszörmeny — Bogenschützen,
30T
Presabarg, 4275 Ew. Weinbau, Gtoldberg-
werk, Mineralbad.
Böszörmeny', einer der 6 Haidnkenflecken
in Ungarn, nördl. von Debreojsin, 17,867 Ew.
Sitz des Oberkapitäns.
BoethluSy Anicitu Manlius Torquatu$ Se-
v*rinu$, röm. Staatsmann und Philosoph,
geb. zwischen 470 und 475 n. Ohr. zu Rom,
bekleidete unter dem ostgöth. König Theo-
derich die höchsten Ehrenstella|i, ward rer-
rätherisclien EinTerständnisses mit dem Hof
zu Konstantinopel angeklagt und 524 oder
526 hingerichtet. Sehr, in der Gefangenschaft
den Dialog ,Con8o]atio phüosophiae' (her-
ansg. mit Üebers. von Freytag 1794, (X>baritu
1843), Im Mittelalter beliebte Lektüre, auch
ins Angelsächsische (herausg. von Fox 1864)
und Althochdeutsche (herausg. von Graff
1837) und in die meisten neueren Sprachen
übersetzt. Seine übrigen Sehr, sind thells
Philosoph., theils mathemat. Inhalts. Von
der Kirche kanonisirt, wiewohl er nicht
Christ gewesen ist.
BoethuSy griech. Erzgiesser aus Ohalce-
don, um läO ▼. Chr.; her. Kinderfiguren.
Bottger, 1) (£mtcher, mttiger) Joh. Fried-
rich, Erfinder des meissner Porzellans, geb.
4. Febr. 1682 zu Schleiz, sollte als Adept zu
Berlin festgehalten werden, wandte sich
nach Dresden, wo er in Gewahrsam gehal-
ten, aber zu seinen alchemist. Versuchen
Tom Hofe mit bedeutenden Summen unter-
stützt ward. Da sich seine vorgebliche
Goldmacherkunst als Schwindel erwies, ver-
wandte man ihn bei Zugutemachung der
bisher unbenutzt gebliebenen Mineralien.
B. brachte nun aus einem braunrothen Thon
der meissner Gegend Porzellan zu Stande,
was die Errichtung von Werkstätten zu
Dresden (1707) und auf der Albrechtsburg
bei Meissen (1710) zu Ausbeutung dieser
geheim gehaltenen Erfindung zur Folge
hatte. B. ward Administrator ders.; f 13.
März 1719. Vgl. Engelhardt, ,J. F. B.', 1837.
— 2) Adolf, Dichter und Uebersetzer,
geb. 21. Mai 1815 zu Leipzig, f 1^* Nov.
1870 zu Gohlis. Dichtungen von grosser
Formgewandtheit und lyr. Schwung: ,Die
Pilgerfahrt der Blumengeister' (1851), ,Ha-
bana» (1853), ,Der Fall Babylons* (1855),
jKameen* (1856), ,Buch der Sachsen* (1858),
«Goethes Jugendliebe* (3. Aufl. 1870), ,Toch-
ter des Kain' (1865), »Galgenmännchen* (1870)
n. a. Werke (1865-66, 6 Bde.). TreflFl. üeber-
setsungen von Byi^on (6. Aufl. 1863), Milton
(1846) und Longfellows ,Hiawatha* (1856).
Bditiger 9 Karl Augtut, Archäolog und
Tielseitiger Schriftsteller, geb. 8. Juni 1760
Bu Beichenbach im sachs. Yoigfiande. ward
1791 Direktor des Gymnasiums zu Weimar,
1804 Studiendirektor des Pagrenhauses su
Dresden, 1814 Studiendirektor bei der königl.
Ritterakademie und mit der Oberinspektion
über das Antikenkabinet betraut; f 17. Nov.
1835. Sehr. ,Sabina oder Mox^enscenen einer
reichen Römerin* (2. Aufl. 1806, 2 Bde.);
,Kunstmythologie* (1811) ; (Vorlesungen und
Aufsätze zur Alterthumskunde* (1817) ; ,AmaI-
thea* (1821—25); ,Ideen zur Kunstmythologie*
(Bd. 1, 1626; Bd. 2, bearb. von SiUig, 18S6).
Botzow. Stadt, s. Oranienburg.
Böyuk-aer^ Lustort am Bospoims, Som-
meiTesidenz der christl. Gesandtschaften.
Bog5 Fluss, s. Bug.
Bogatzky, Karl Heinrich von, geistl. Lie-
derdichter aus der pietist. Schule Speners,
geb. 7. Sept. 1690 zu Jankowa in Schlesien,
Kammerjunker des Herzogs Christian- Ernst
von Sachsen- Saalfeld; f 15. Juni 1774 zu
Halle. Verf. des ,Guldenen Schatzkästlein
der Kinder Gottes* (1718; 47. Aufl. 1862).
Bogdtn, türk. Name der Moldau.
BogdanöwitBch. Ippolyt Feodorowitteh,
russ. Dichter, geb. 28. Deo. 1743 zu Pere-
woloczno (Kleinrussland), seit 1768 Präsi-
dent des Reichsarohivs ;u Moskau; "^6. Jtun.
1803 bei Kursk. Hauptwerk: ,Dusch^ka'
(1775), kom. Epos. Werke (1809, 6 BdA).
Bogdo-Oolty der östl. und wahrsoheinl.
höchste Theil des Thlanschan- oder Him-
melsgebirgs in Hoohasien, 3gipfelig. An der
Westseite die Solfatara von Urumtsi (Schwe-
fel und Salmiak).
Bogdseha, türk. Name d^r Insel Tenedos.
Bogen 9 in der Geometrie Theil einer
krummen Linie, bes. einer Kreislinie; die '
Länge eines Kreisbogens wird gefunden,
wenn man die ganze Peripherie berechnet
und denjenigen Theil derselben nimmt,
welchen der Mittelpunkts winkel des B.s von
3600 bildet, z. B. den 6., wenn der Winkel
60O beträgt. In der Baukunst Konstruktion
von gebrannten oder natürlichen Steinen,
die, nach dem Gentrum gerichtet, sich durch
gegenseitigen Druck halten und dadurch
im Stande sind, eine darauf ruhende Last
zu tragen. In der Musik Vortragsz^hen,
bedeutet, dass die damit bezeichneten Noten
aneinandergebunden, geschleift vorgetragen
werden sollen; auch (ital. arco, fr. archet)
hölzernes, mit Pferdehaaren bespanntes
Instrument, womit die Saiten der Geigen-
instrumente angestrichen und zum Erklin-
gen gebracht werden.
Bogen 9 Marktfl. in Niederbayem, unfern
der Donau, 1383 Ew. ; dabei der £ogenberg
mit besuchter Wallfahrtskapelle.
Bogenfähmng (Bogemtrich, tr. coup d'ar-
chet), die Art und Weise, wie die Saiten
der Geigeninstrumente vermittelst des Bo-
gens anzustreichen sind. Man unterscheidet
gezogene, geschleifte und gestossene B.,
Hinauf- u. Herunterstrioh. Berühmte Lehrer
einer systemat. B. Kreutzer, Spohr, David.
Bogenhamen, Dorf bei München , an der
Isar, mitSchloss derGrafeuMontgelas; dabei
die neue Sternwarte mitdem grössten firann-
hoferschen Refraktor.
Bogeninstmmentey Geigeninstrumente.
BogenkltTiery Klavier, bei welchem die
Töne durch Streichen vermittelst gespannter
Fäden, die ein um Rollen gehendes Lauf-
band bildeten, hervorgebracht wurden ; von
Hans Haydn im 16. Jahrh. erfunden.
Bogenschfitzen. Krieger zu Fuss oder zu
Pferde, welche als Hauptwaffe Bogen und
Pfeil führten. Ausgezeichnete B. waren im
Alterthum die Parther und Numidier, von
den gpriech. Stämmen die Kreter. Weder in
der macedon. Phalanx, noch in der röm^
20*
808
Bogbas — Bohrkäfer.
Legion standen B., sondern, yon denBnndes»
genossen gestellt, fochten sie als Leicbtbe-
wafltaete meist auf den Flügeln der schwe-
ren Truppen. Später waren besonders die
Hannen and Mongolen gute B. Die engl.
B. gaben in Tielen Schlachten, so beiCrecy
a846), Poitiers (1S56) nnd Azinconrt (1415)
den Ausschlag. In Frankreich wurden von
Karl Yn. 1448 die sog. Freischütsen (Franc-
archers) als eine Art stehender Truppen
organisirt (s. Archers), Dnrch die Arm-
brust und dann durch die Feuerwaffen ver*
drangt, ist der Bogen jetzt nur noch bei
den halbwilden und wilden Yölkern Asiens,
Afrikas und Amerikas in Gebrauch.
BogiiM (türk.),£ngpass, Meerenge.fogAosi,
die 'Donaumündungen, Kilia-B., 8ulina-B. etc.
BogodnchoWy Stadt im kleinruss. Gony.
Obarkow, an der Merla, 10,069 Ew.
BogolJiiboWy AleaHB, russ. Marinemaler,
geb. 1834, Schüler Achenbachs in Dussel-
dorf, seit 1861 Prof. der Akademie zu
8t. Petersburg. Russische Seeschlachten
und Seelandschaften.
Bogomilen (vom slav. bog, d. i. Gott,
nnd tnüui, d. i. erbarme dich), antikirch-
liche Sekte des 12. Jahrb., hatte ihren
Hauptsitz in Bulgarien, strenge Asceten,
verwarfen Kreuzeszeichen, Bilder nnd Sa-
kramente, erhielten sich um Philippopel
Ms ins 18. Jahrh. hinein.
Bogorodlsk» Stadt im grossruss. Gouy.
Tnla, am Upat, 6417 £w.
Bogorodsk, Dorf im grossruss. Gouv.
Hischn^-Nowgorod; bed. Gerberei und Hand-
schuhfabr. (iährl. 800,000 St.).
BogOSlAWsky Ort im russ. Gfouv. Perm, im
Ural; Schmelzwerke der tui^nskischen
Kupfergruben (bestes Uralkupfer).
Iwgöia (Santa Fd de B.), Bundeshauptst.
der Verein. Staaten von Columbia und des
Staats Gnndinamarca, 7978' üb. M., am Rio
de B. (Nebenfl. des Magdalenenstromes, ber.
Wasserfall bei Tequendama 850' h.) und am
See Gatarita, 40,000 Ew.; Erzbischof, Univor-
■itat, Nationalakademie (gegr. 1537), Statue
Bolivars (seit 1847). 18S7 durch Erdbeben
Terheert. In der Nähe Smaragdgrnben, Gold-
nnd Silberminen. Steinsalz.
Bogs« Sumpfinoore, bes. in Irland und dem
Grampiangebii^e in Schottland.
Bognslawskly RiUm ffeinr. LtuMg von,
Afetronom, geb. 7. Sept. 1789 zu Iflagdeburg,
seit 1848 Direktor der Sternwarte zu Bres-
lau; t das. 5. Juni 1851. Entdecker des nach
Ihm genannten Kometen (1834), machte Be-
olwontungen über den bielaschen (1832), den
enokeschen (1835) und den halleyschen Ko-
meten (1S35— 86) etc. Heransgeber des Jahr-
buchs ,Uranos* (1832-54).
BohlSddin , Abul • Mahassan - Tu9s%ff' Ibn-
Schedad, arab. Historiker, geb. 1145 zn
Hossul, t 1235. Sehr, eine Biographie Sa-
ladlns (herausgeg. von Schulten* 1755) nnd
Geschichte der Kreuzzüge.
Bohemla, tat. Name für Böhmen.
Bohemaiid, Normannenfürsten : 1) B. I.,
iltestej .Solin des normann. Fürsten Robert
Guiscard, Herzogs yon Apulien, geb. um
1065, erkämpft«» sich, durch die Ränke seiner
Stiefmutter yom yfiteri. Throne ansgesohloa-
sen, das Fürstei^thum Tarent, nahm am
ersten Krenzzug Theil , erhielt Antiochia als
Fürstenthum , sachte bei Frankreich Hülfe,
vermählte sich hier mit Philipps I. Tochter
Konstonze; f ^m in Italien. — 8) B. IL,
Sohn des Vor., Fürst von Antiochia seit
1186, fiel 1180 im Kampfe gegen die Sara-
cenen. -> 8) B. HI., Enkel des Vor., Fürst
yon Antiochia seit 1163, fiel in die Gefangen-
schaft des Atabek Nareddin yon Syrien,
verdankte den Fortbestand seiner Herrschaft
nur der Gnade Saladins ; f 1801. — 4) B. IV.,
reg. 1201—33, und B. V., t 1251, waren un-
bedeutende Fürsten. Unter B. VI. ward
Antiochia 17. Mai 1868 von den Mamluken
erobert und dnrch die bald darauf erfolgende
Einnahme von Tripolis und Tyrns durch
Seifeddin dem christl. Fürstenthum in Syrien
ein Ende gemacht.
Bohlen. Bater von, Orientalist, geb. IS.
März 1796 zu Wüppels bei Jever, seit 1895
Prof. der morgenländ. Sprachen zu Königs-
berg ; t 0> Febr. 1840 zu Halle. Sehr. J}m
alte Indien« (1830— 31, 2 Bde.); ,Die Genesis,
histor.-krit.erläutert< (1835) ; gab Bhartriharis
,Spräche' (1833) nnd deren Uebers. (1835),
sowie den ,Ritasanh&ra' (1840) des Kalidasa
heraus. Seine ,Autobiographie' herausgeg.
von Voigt (8. Aufl. 1842).
Bohne (Phaseolns L.), Pflanzengattnng
der Leguminosen. Gemeine Btangenlbohne (Ph.
vulgaris L., Gkurten-, Schmink-, Schneide-,
Schwertbohne), ausOstindien, in zahlreichen
Varietäten knltivlrt; ebenso die Fetier2>oÄfi«,
(Ph. vulgaris coccineus L., Ph. multifloms
WiÜd,, arabische, türkische, Blumen»,
Speckbohne), aus dem wärmeren Amerika,
und die Ztoergbohne (Ph. nannsX., Busch-,
Eier-, Frühbohne), aus Ostindien. Die
unreifen Hülsen und Samen überall Nah-
rungsmittel. Letztere enthalten 225 Pro-
teinstoffe (bes. Legnmin), 50 Stärkemehl,
2 Fett, 0,6 Phosphorsäure. Dks Mehl wird als
Surrogat des Roggenmehls , auch zu Kata-
plasm«n benutzt. Bauhhaarige oder Mw^o-
bokne (Ph. Mungo L.) und Btrahl/rüchtige B,
(Ph. radiatus L.), in Ostindien knltivlrt.
Bohnen 9 Poliren hölzerner Zimmerftiss-
böden mit Wachs, am besten mit Hülfe
einer Waohsseife , welche flüssig aufgetra-
gen wird, u. Reiben mit Bürsten n. Lappen.
Bohnenbaom, s. Ciftieu»,
Bohnenkonigsfesty Familienfest au Drei-
kön^stage. Wer eine in einem Kuchen mit-
gebackene Bohne in seinem Antheil findet,
ist Bohnenkdnig, wählt sich als solcher
einen Hofstaat, ertheilt Gnaden etc.
Bohnenkranty s. Batureja.
BohnenUed. Art altdeutscher Volkslieder,
dnrch Keckheit der Gedanken nnd anfällige
Reime ausgezeichnet; daher: ,Das geht Aber
das B S d. h. übersteigt Alles.
Bohnera y koncentrischschalige Körner
aus Thon mit Eisenoxydul oder Brannelsen-
erz, in Klüften und Mulden älterer Gesteine,
wird auf Eisen verhüttet im Aranz. Depart.
Ober-Sflöne nnd bei Tuttlingen.
Bohriüifer (Anobinm F., Nage-, ibeUofcr-
kä/er), Käfergattung der Holzbohrer. Xlopf-
Bohrmaschine — Bojar.
309
h&ftr (A. pertinax L,, A. stiiatam F.,
Trotzkopf, Todtenuhr), 2»/a"', häufig in höl-
semem Hausgeräth , macht mit dem Kopf
ein dem Schlag einer Taschenuhr ähnliches
Geräusch (Paarungsruf), stellt sich bei Be-
rührung todt. Brodkäfer (A. paniceum L.),
IV»"', vernichtet Herbarien , Mehl, Brod.
Bonnnascliiiie, mechanische Vorrichtung,
wobei die Umdrehung eines Bohrers durch
einen Mechanismus erfolgt. Lochbohr-
maschinen machen kleine Löcher von nicht
bedeutender Tiefe. Bei Kanonenbohrlnaschl-
neu für lange, an einem Ende geschlossene
Höhlungen liegt das Geschütz meist -hori-
zontal und dreht sich, während der Bohrer
gegen dasselbe hingeschoben wird, ohne
flieh zu di<ehen. Bei Oylinderbohrmaschinen
ruht der hohl gegossene Oylinder, dessen
innere Wandungen bearbeitet werden sollen,
völlig- B. für Holz, z. B. für Bmnnen-
röhren, sind ähnlich konstmirt, neuere ge-
statten, aus Einem Stamm mehrere Röhren
koncentrisch herauszuschneiden. Zum Boh-
ren in Stein dient eine ringförmige, vom
mit schwarzen Diamanten besetzte Fräse.
Bohnunscheln (Pholadina) , Weichthier-
gmppe aus der Familie der Böhrenmuscheln.
Gemeine £. (Pholas dactylus L.), an allen
enrop. Meeresküsten, bohrt in Schlamm, Holz,
Kalkfelsen , geniessbar. Schiff abohrtourm,
jyahlmusehel, mehrere Arten von Teredo
L., bes. T. navaliv, bohren wurmlormige
Gänge in Holz und richten an Wasserbauten
Schaden an (Deichbrüche in Holland 1180).
Bohrwvniiy s. £ohrmu»cheln,
Bohse^ August, pseudon. Talander, Schrift-
steller, geb. 2. April 1661 zu Halle, f ^730
als Prof. zuLiegnitz, l^erfasser zahlreicher,
meist sehr schlüpfriger Romane.
BohmsUnd (Alfhem), schmale Küstenland-
Schaft in Südschweden, längs der Nordsee
bis zur norweg. Grenze, rauh und öd; seit
1658 schwedisch. Handelsstädte undFischer-
dörfer. Bei Kongolf die verfallene Festung B.
Bote, Heinr. Christian, geb. 19. Juli 1744
zu Meldorf in Holstein, lebte längere Zeit
in Göttingen, dann laHannover; f als dän.
Etatsrath 3. März 1806 zu Meldorf. Heraus-
geber des göttinger ,Musenalmanachs* bis
1775 und Begründer sowie Mittelpunkt des
göttinger Diphterbundes. ,Gedichte' (1770
anonym). Ausgedehnter literar. Briefwech-
sel.- Biogr. von Weinhold (1868). — Sein
Sohn Heinrich, geb. 4. Mai 1794, Naturfor-
scher, t <^uf einer wissenschaftl. Reise zu
Jar-^i 4. Sept. 1827.
Boieldiea (spr. Bojeldjö), Adrien Franp.,
franz. Opemkomponist, geb. 16. Dec. 1775 zu
Ronen, war 1803—10 kalserl. Kapellmeister
in Petersbui^, seit 1817 Direktor des pariser
Konservatoriums, f 8. Okt. 1834 auf seinem
Landgute Jarcy bei Paris. Ber ,franz.
Mozart', durch Melodienreichthum und
Grazie ausgezeichnet , begründete seinen Ruf
mit dem ,Khalifen von Bagdad' (1799) ; seine
Meisterwerke: , Johann von Paris' (1818) und
,Die weisse Dame' (1825); auch die Musik
zu Racines ,Athalia' bedeutend. •- Sein Sohn
Adrien, geb. 8. Nov. 1816 zu Paris , ebenfalls
Komponist (Romanzen , Opern).
Holker, Zweig der Ruthenen in den Q^
birgen des östl. Galizien.
Botlean-Despr^nx (spr. Boaloh-Depreoh),
Nicolas, franz. Dichter, geb. 1. Nov. 1636
zu Orosne bei Paris , seit 1684 Mitglied der
par. Akademie, lebte auf seinem Landsitz in
Auteuil; f ^^- ^Ärz 1711. Vertreter der
konventionellen Geschmacksrichtung im
Zeitalter Ludwigs XTV. Sehr, horazische
Episteln, Satiren und eine ,Art po6tique',
den sog. ,Legislateur du goüt' ; sein komisches
Epos ,Le lutrin' (,Das Chorpult') noch heute
in Frankreich in Ansehen. Als Kritiker
beschränkt und ohne Kenntniss y^ahrer
Poesie. Werke herausg. von St.Saurin (1894,
4 Bde.) u. A. — Sein Bruder Gilles B., geb. 82.
Okt. 1631. t 10. März 1669, ebenfall if Dichter.
Boiserle (spr. Boa-, Boisage, spr. Boa-
sahsch), Täfelwerk. [genbusch.
Bois le Dnc (fr., spr. Boa lö Düc), Heno-
Bolssean (fr., spr. Boassob), altfranz. Kom-
mass , = V« berl. Scheffel.
Bolssere« (spr. BoassVefa), Stilpi» und
Melchior, zwei um die Kunstgeschichte sehr
verdiente Brüder, geb. 1783 und 1786 zu
Köln, widmeten sich dem Kunststudinm
(Sulpiz dem der Architektur, Melchior der
Malerei) und legten seit 1^804 die nach Hmen
benannte ber. Sammlung altdeutscher Ge-
mälde an, die 1819 (200 Nummern stark) in
Stuttgart, später, nach Ankauf derselben
durch den König von Bayern , in München
(erst in Schieisshelm, dann in der Pina-
kothek) aufgrestellt wurde. Die Brüder
folgten ihr nach München, wo Melchior
die Herausgabe der altdeutschen Bilder in
Steindruck (1822— 84, 114 Bl.) vollendete und
von 1829 an sich mit Wiederbelebung der
Glasmalerei beschäftigte, Sulpiz seine trefll.
Werke: «Geschichte und Beschreibung des
Doms von Köln' (1823—32, 2. Atifl. 1842),
, Ansichten , Risse und einzelne Theile des
Doms zu Köln' (1822 — 31) und ,DenkmäIer
der Bankunst vom 7. bis 13. Jahrh. am
Niederrhein' (1833—35, 2. Aufl. 1842 — 44)
veröffentlichte. Melchior f 14. Mai 1851 zu
Bonn, Sulpiz f 2. Mai 1854 zu Köln. Ygl.
,8nlpiz B.', 1862, 2 Bde.
Boite (fr., spr. Boaht), Schachtel, Käst-
chen: Getränk aus unreifen Weintrauben.
Boitont (flr., spr. Boatuh), Tümmler,
Trinkglas, welches nicht stehen kann.
Boitcenburgr, Stadt inMecklenburg-Schwe*
rin, Herzogth. Güstrow, amEinfl. der.fiot«M
in die Eibe, 3578 Ew. Bed. Verkehr.
Bojador, Vorgebirge an der Westküst»
der Wüste Sahara; galt lange fürdaswestl.
Ende der Welt.
Bojana (Buana), Abfluss des Sees vfm
Skutari, mündet ins adriat. Meer.
BoJan5wa, Stadt im preuss. Regbz. Posen,
Kr. Kröben, 2041 Ew.; dui'ch flüchtige Luthe-
raner im 30Jähr. Kriege gegr.
Bojir^ bei den älteren Russen s. r. a.
Kriegsheld , dann Titel aller Männer von
edler Abkunft, die unter den Grossfürsten
von Moskau als Adelshierarchie die höchsten
Civil- und Militärämter bekleideten. Peter
der Gr. hob die Bojarenwürde anfand setzte
an« deren Stelle einen Verdienstadel (Tschin^
810
\
Bojardo — Bolivia.
Auch In Ramänlen , wo der Bojarenadel Site
und Stimme im Rath des Hospodaren hatte,
ist derselbe durch den Staatsstreich Ousa«
vom %. Mai 1864 aufgehoben worden.
BciJardOy Matteo Maria, Graf von Soandiano,
ital. Dichter, gntt um 1480 bu Scandiano,
lebte am Hofe das Hersogs von Este; f 31.
Dec 1494 als Gonvemeur von Reggio. Sein
Hanptw. das romant. Rittergedicht ,Orlando
inamorato* in 60 langen Gesängen (zuerst
1495, nene Ansg. Ton ^a^er ISSM); deutsch
,Der verliebte Roland' von Griea 1835, von
B«gi$ 1840), das später in Rücksicht der
Sprache ron Domeniohino (1545) geändert
und yon Bemi ins Burleske travestirt wurde.
Ausserdem latein. und ital. Werke, darunter
jSonetti e'canzoni* (1499). Auswahl seiner
,Poesie' von VetUuri (1890).
Boje^ s. y.a. Bake, bes. aber eine solche,
welche die Stelle anzeigt, wo der Anker
eines Schiffes auf dem Grunde liegt. Bojtr,
Boot zum Legen der B.
Bojer (Bojl), celtisches Volk, nrsprüngl.
im südl. Belgffen sesshaft, liess sich um 500
V. Ohr. zum Theil in Oberitalien nieder,
wo es von den Römern um 198 y. Chr. unter-
werfen ward, siedelte sich zum Theil auch
im Süden der Donau und in Gallien an, wo
es den Daciem und Julius Cäsar unterlag.
Sinem von ihnen nördl. von der Donau ge<
gründeten Reich, Bojohemum (Böhmen), ward
durch die Einwanderung der Markomannen
nnter Marbod (s. d.) ein Ende gemacht.
Bokerelle, s. ▼. a. Judenkirsche.
Bokhara, s. Buchara. [Guiana.
Bokken. die Indianer in Niederländ.-
Bokkeyeldy Landsch. im westl. Kapland.
Bokskins. s. r. a. Buckskins.
Boly Ferdinand, holländ. Maler, geb. 1611
Bu Dortrecht, Schüler ^embrandta, f 1681 zu
Amsterdam. Ausgez. Porträts und Historien.
Boiuiy wichtiger Gebirgspass Im indisch-
pers. Grenzgebirg, 10 M. 1., tief eingeschnitten,
yon Kandahar (Afghanistan) nach der Tief-
ebene des Indus hinabführend; für leichtes
Fiüirwerk passirbar und bes. bekannt durch
den Uebergang des brit. Heeres (März 1839)
im Kriege gegen die Afj^hanen. Auf der
Höhe entspr. der Bolanfttu* (zum Indus).
BolMy Ji^dwaffe der Gauchos in Süd-
amerika, 9 eiserne Kugel u , die am Ende
eines langen Lederriemens sitzen und,
wirbelnd geschleudert, dem gejagten Thiere
um die Hinterfüsse geworfen werden.
BolbeCy Fabrfkst. im franz. Depart. der
untern Seine, ^063 Ew. Stapelplatz für die
in der Gegend gewebte Leinwand (tolles
erfttonnes).
Bolchowy Kreisst. im grossmss. Gonv.
Drei, an der Kugra, 18,385 Ew. ^
Bolero» span. Nationaltanz im «/«-Takt,
massig lebhaft, gewöhnl. mit Gesang, Zither
und Kastagnetten begleitet.
BoIeslaWy Name mehrerer Könige von
Polen (s. d.). Herzöge von Böhmen (s. d.)
und Schlesien (s. d.).
• Boletus, s. Hlu,
Bolejn (spr. Bdiin), Anna, Gemahlin Hein-
richs VIII. Ton England, geb. 1507, Tochter
des Sir Thomas B. oder Bullen, Grafen yon
Wiltshire, ward S5. Jan. 1538 insgeheim mit
Heinrich YIU., noch ehe dessen Ehe mit
Katliarina yon Aragonien für ungültig er-
klärt worden, yermählt, 1. Juni als Königin
gekrönt und 7. Sept. Mutter der nachmal.
Königin Elisabeth, dann der Untreue ange-
klagt, in deu Tower gefangen gesetzt, durch
ungerechtes Prozessverfahren zum Tod yer-
urtheilt und 19. Mai 1536 enthauptet. Vgl.
Benger , ,Memoirs of A. B.* , 1821, 8 Bde.
Boighsrt, Dorf im russ. Gouy. Kasan,
an der Wolga; ringsum die Trümmer der
alten Bulgarenstadt Bulgar.
Bolgrady Stadt in der Moldau, am Jalpuch-
see, 8415 Ew., bis 1^ russisch.
Bolingbroke 9 Henry St.-John, Viteount,
engl. Staatsmann und Schriftsteller, geb.
1. Okt. 1678 zu Battersea in der Grafschaft
Surrey, ward 1704 Kriegssekretär, 1708, weil
er gegen Marlborough intriguirt hatte, aus
dem Ministerium gestossen, schloss sich den
Tories an und erhielt nach' dem Sturze der
Whigs Sept. 1710 das Portefeuille des Aus-
wärtigen. Nach Annas Tode mit einer An-
klage auf Hochyerrath bedroht, floh er 1715
nach Frankreich, ward hier Jakobs III.
Staatssekretär, 1783 amnestirt, 1785 durch
Parlamentsakte in seine Güter restituirt;
t 18. Dec. 1751 zu Battersea. Werke
herausgeg. yon Mcdlei (1753—54, 5 Bde.;
nene Aufl. 1808-978 Bde.), von der grossen
Jury zu Westminster als dem Glauben und
der öffentlichen Ruhe gefahrlich yerdammt.
Vgl. ItTKnight, ,Life of B.*, 1863.
Bolirar, Staat der Föderativrepublik Co-
lumbia, 1871 QM. mit 175,006 Ew. und der
Hauptst. Cartagena.
BollTsr. i^tmon, Befireier Südamerikas, geb.
85. Juli 1783 zu Caracas, betheiligte sich an
der dort. Erhebung, dann an der von Neu-
granada und ward bald die Seele der Frei-
heitsbestrebungen in Südamerika. Nach
der Eroberung von Caracas 4. Aug. 1813
vom Heer als Befreier Venezuelas begrüsst,
vereinigte er alle Civil- und Militärgewalt
in seiner Person. Durch die Uebermacht
der Spanier vertrieben, sammelte er auf
Haiti die flüchtigen Insurgenten und landete
mit diesen Dec. 1816 auf der Insel Mai^arit»,
und erfocht in Venezuela Sieg auf Sieg, so
dass 15. Febr. 1819 der Kongress zu
Angostura eröffnet werden konnte. Von
diesem zum Präsidenten mit diktator. Ge-
walt ernannt, befreite er Neugranada und
verkündete, auch hier zum Präsidenten er-
nannt, 9. Sept. die Vereinigung der Staaten
Venezuela und Neugronada zu einer Re-
publik Columbia, befreite dann Peru und
ward auch hier 1885 mit der diktator.
Gewalt bekleidet. Aug. 1828 abermals ztim
Präsidenten ernannt, drang er dem Kongress
von Bolivia eine wenig republikan. Ver-
fassung auf, ward herrschsüchtiger Ab-
sichten beschuldigt, dankte 27. April 1829
ab; t 10. Dec. 1830 zu San -Pedro. Biogr.
von Tjarrazabal (1867).
Bolivia (Ober- Peru), Republik in Süd-
amerika ,V zwischen Brasilien, Argentina,
Chile und Peru, mit einem kleineu Küsten-
strich (Wüste Atacama) am Grossen Ocean,
Bolkenhayn — Bologneser Flasche.
311
89,e88 QM. and (1865) 1,989,358 Ew. , eln-
scbliMsl. 245,000 Indianer. — Bodenßäehe:
Der SW., W. und die Mitte des Gebietes
Alpenland (das hOcbste Amerikas), nm-
fessend die Oordilleren yon 24o s. Br.
an mit dem Plateau Ton Potosl (18,0000t
yon dem 8 Ketten, die Tulkanreiobe westl.
(Sajama 81,600') und die Yulkanlose östl.
Kette (mit Illimani 80,000' n. Sorata 83,880'
h.) anslaufen, letztere mit östl. Verzwei-
gimgen ; der NO. und SO. Ebene, dazwiseben
das Hügelland der Obiqultos. — Oewän^r:
Ansser dem Titicacasee (auf der Nordwest-
grenze) die Flüsse Veni, Mamor6, Rio grande,
(Thapri und Guaporft (zum Kadeira), Pilca-
mayo und ParagnaT (zum Parana). — Drei
leUmai. Segicnm: die kalte, bobe Puna (die
Hocbebene zwlscben den Ost- und West-
cordilleren), das gemfissigtere Airomo (längs
der Abb&nge der Ostcordilleren, die Kegion
des Getreides und der Früchte der ge-
mässigten Zone) und die Tung^i» (die tiefer
folgenden Thäler und Ebenen, sebr heiss,
mit mSchtiger tropischer Vegetation). — J^ro-
dukt«: Gold, Kupfer, Zinn und Salz (Berg-
werke bis zu 15,000' Höhe, bes. bei Potosi
und Gbuquisaca); Fieberrindejdle beste); in
d9T östl. Tiefebene Kaffee, Kakao, Tabak,
Baumwolle, Indigo, Zuckerrohr, Ooka etc.;
Qesammtfläcbe des Kulturlandes indessen
kanm 60 QM. Viehzucht yeiteachl&ssigt. —
Btv^kertmg: Indianer, bes. Cbiquitos, Molos
und GhiriguAUos (meist im O.); Kreolen
Span. Abkunft (am zahlreichsten in den
Bergwerksbezirken), Mestizen (Cholos und
Zambos, bes. im W. der Oordilleren),
wenige Neger. — Die kathol. Seligion herr-
schend ; Erzbisthum La Plata (mit 8 Bis-
thftmem); die Kirche arm. Unterricht sehr
mangelhaft (sogen. Uniyersit&ten zu Ohu-
quisaca, La Paz u. Cochabamba). Finanten:
übel bestellt; Einnahmen 1867: 4,529,845
Pesos, Ausgaben: 5,957,275 Pesos. Staats-
schuld 1868: 3,181,215 Pesos. — Amte«:
3034 Mann mit 31 Generälen und 1013 Ofü-
ziere (Kosten des Militärs ca. 8 Mill. Pesos).
Angaben über den SancM fehlen; Einfuhr
ca. 5,570,000 Pesos. Eisenbahnen zur Zeit
nur projektirt. Oberste Staatsgewalt (nach
Verfa$$ung yom Aug. 1868); der auf yler
Jahre zu wählende Präsident (oberster Exe-
kutiybeamter) und der Kongress (gesetz-
gebender Körper). BifUheütmg in 11 Depar-
tements : Gbuquisaca, Potosi, Oruro, Tarija,
Atacaroa, La Paz, Mejlllones, Sta. Oruz,
Beni, Cochabamba, Melgareja. Hauptat. zur
Zeit Chuqnlsaca (Sucre).
Ouehiehte. Der westl. Haupttheil B.s,
zum Reiche der Inkas yon Peru gehörig,
wurde yon den Spaniern seit 1538 erobert
und als Oher-Ptru zum Vicekönigreich Peru,
1780 aber uuter dem Namen CKare<u zu dem
neugebildeten Vicekönigreich La Plata ge-
schlagen. Der schon 1809 begonnene Frei-
heitskampf ward durch das Treffen yon
Tamasla 1. April 1825 entschieden (Unab-
bängigkeitserklämDg 6. Aug.; Annahme des
Namens B. 11. Aug. 1825). Seitdem Partei-
kämpfe bis in die neueste Zeit. Die letzte
Konstitution (yon 1868> ward im Februar
1869 yon Neuem aufgehoben ; der Präsident
Mar. Melgar^o (seit der Reyolution yom
Dec. 1864) seitdem Diktator. Grenzyertiäg
mit Ohlle (840 s. Br.) 10. Aug. 1866; mit
Brasilien 87. März 1867. Vgl. d'Orbigng,
,Descripcion geograflca, historica y esta-
distica de B.*, 1845.
Bolkenhftyny Kreisst. im preuss« Regbi.
Liegnitz, an der Neisse, 2638 Bw. Bed.
Leinwandfabriken. Ruine der Solkoburg.
BolkhoWy Stodt, s. £oleh<»o,
Boll. Badeort im würtemb« Donaukrela,
bei Göppingen, 1881 Ew. Sdhwefelquellb.
Bollandlsten, Gesellschaft yon Jesuiten,
gab die ,Acta Sanotorum*, eine Sammlung
aller Heiligenlegenden der röm.- kathol.
Kirche yon 1643—1794 heraus, genannt nach
.7o&.von£o{Ian<2(geb.l3.Aug.l596, f 12. Sept.
1665), dem ersten Bearbeiter der yon Heribert
Rosweyd yon Utrecht angelegten Sammlung.
1837 konstituirte sich eine neue Gesellschaft
yon B., die seit 1845 wieder einige Bände
yeröffentlicht hat. Vgl. Acta Sanetorum,
Bolle, Zwiebel ; Samenkapsel des Flachses.
Bolletriehola. Pferdefleischholz, sehr
festes, rothes Holz aus Surinam, dient zu
mechan. Werkzeugen.
BoUetten, in Oesterreich die bei der Verzeh-
mngssteuererhebung n. der Weg- u. Brücken-
mauth yorkommenden Ausfertigungen.
Bolley. B>mj>e/fM, Chemiker, geb. 7. Mal
1812 in Heidelberg, ward 1838 Prof. In
Aarau, 1855 am Polytechnikum in Zürich,
1859—65 Rektor der Anstalt; f das. 8. Aug.
1870. Erste' Autorität in der Farbenchemie.
Sehr. ,Handbuch der chem.-techn. Unter-
suchungen* (3. Aufl. 1865); ,Handb. der ehem.
Technologie' (mit And. 1862 ff., 8 Bde.).
BoUweuery jDorf im obern Elsass, bekannt
durch die baumannsche Baumschule.
Bolmen. See im schwed. Lau Jönköping,
4M. 1.; darin die Insel Bolmestf mit heldn.
Alterthümem.
Bologna (spr. -onja), ital. Proy. der Emilia,
65,5 QM. und 407,452 Ew. Die HaupM, B.,
zwischen Reno (grosse Brücke^ 470' l.) und
Sayena, 89,850 Ew. Die Piazza del Gigante
(370' 1. , 300' br.) mit berühmtem Brunnen
(seit 1568), Mercato (Waffenplatz); Kirchen
S. Pedronio (mit Meridian yon oüsini 1658
und zahlreichen Gemälden) und S. Peter
(Grabmal des heil. Domenioo); älteste Uni-
yersität Italiens und berühmte Bibliothek,
anatomisches Kabinet etc.; Palast der Po-
destä (yon 1201; König Enzio gefangen), die
beiden hängenden Thürme (Asinelli 307' h.,
80' br., und Garisenda 144' h.; )ener 4' 11",
dieser 1' 8" überhängend), Kunstakademie.
Beträchtlicher Handel ; Industrie (Maccaroni,
Seifenkugeln, künstliche Blumen etc.). Im
Alterthum Bontmia; im 15. und 16. Jahrh.
Sitz einer berühmten Malerschule (Fran<\
Francia, die Caraccis, Ghiido Reni, Dome-
nichlno, Guercino u. A.) ; seit 1518 päpstlich,
seit 1858 zum Königreich Italien gehörig.
Bologneser Flasche ^ kleines, nach dem
Blasen plötzlich erkaltetes Glasgefäss, zer-
springt, sobald es oberflächlich geritzt wird,
well wie bei den Glasthränen die einzelnen
Moleküle sich in grosser Spannung befinden.
812
\
Bologneser Späth oder Stein, strahllger
Schwerspath yom Monte Pademo bei Bo-
logna, phosphorescirt.
Bolsena, Stadt im bisher. Kirchenstaat,
Deleg. Yiterbo, am gleichn. See, 2100 Ew.;
ber. Weinkultur, etrusk. Alterthümer. Der
malerische Logo di B, (Lacus Yolsiniensis)
liat 8 St. Umfang und 2 Inseln: Bisentina
nnd Martana (Yerbannungsort der Amala-
suinth, Tochter Theoderichs d. Gr.).
Bolson de Haplmiy niedriger Landstrich
tm nördl. Mexiko, zwischen der Sierra Verde
und dem Rio del Norte, zum Theil ron nn-
bezwungenen Indianern durchschweift.
Bolgwurd (BoUwert), Stadt im niederl.
Friesland, 4617 Ew. Ehem. fr. Reichsstadt.
Boltenhagen, Dorf in Mecklenburg-Schwe-
rin, an der Ostsee, besuchtes Seebad.
Bolton (spr. Bohlt'n, B. in ihe Moor»),
Fabrikst. in der engl. Grafsch. Lancaster,
9 M. von Manchester, 70,385 Ew. Wichtige
Baumwollenmanufaktur. [als Pille.
Bolus Hat.) , Bissen, Arzneiform, grösser
Bolus (Lemniache Erde, Bphragid), Thone
Ton verschiedener Znsammensetzung, früher
nu medicin. und techn. Zwecken Tielfach
benutzt, kommen geformt und gestempelt
(Siegelerde, terra sigillata) in den Handel;
weiaeer £, dient zu Kitten, brauner B. von
Siena in der Frescomalerei , rother B, von
ßinope ajs Malerfarbe (Pompeji), rother B.
als Anstrichfarbe, armenischer B. (feinster
rother B.) zur Grundirung beim Vei^olden,
ebenso der gelbe B., welcher gebrannt
Engliech' oder Berlinerroth liefert;' ge-
schlämmter B. dient auch als Polirmittel.
Bolsen . grosser cylindrischer Nagel mit
Kopf und länglicher Oelfnung oder Schrau-
bengewinde am andern Ende, dient zur
Yerbindung zweier Gegenstände; Greschoss
für Armbrüste.
Bolzen bfichsey Hinterlader, welcher be-
fiederte Bolzen schiesst. Treibende Kraft
ist die Luft, welche durch einen Mechanis-
mus im Laufe komprimirt und durch den
Abzug entfesselt wird.
Bonuirsnndy russ. Festung auf der Insel
Aland, am Eingang des bottn. Meerbusens,
von der eugl.-frauz. Flotte 16. Aug. 1854
zerstört; darf nach dem pariser Frieden von
1856 nicht wieder hergestellt werden.
Bombtfd (Ponmer) , veraltetes Holzblas-
instrument verschiedener Grösse (bis 10'
lang) ; tiefstes Schnarrwerk in Orgeln.
Bombarde, Kriegsmaschine, welche mit-
telst Feder uud Sehnen Projektile schleu-
derte ; nach Erfindung des Pulvers in Italien
Jedes Pulvergeschütz ; inDeutschland kurzes,
nach der Mündung erweitertes Rohr auf
Holzgestell, schoss Steinkugeln.
Bombardier^ sonst in der preuss. Artillerie
Charge zwischen Gefreitem u. Unteroffizier,
was jetzt der Obeivefreite ist.
Bombardiergaliote) kleines flachgehendes
JSchiff, welches bomben werfende Geschütze
trug. In der Neuzeit nicht mehr in Gebrauch.
Bombardierkafer (Brachinus Web.)^ Käfer-
f^attung der Lauficäfer, spritzen in Gefahr
eine ätzende Flüssigkeit aus dem After, oft
mit hörbarem Puff; über SO europ. Arten.
Bologneser Späth — Bona.
Bombardon y bei Militärmusiken Blech*
Instrument zur Yerstärkuug des Basses, Jetzt
durch die Tuba verdrängt.
BombastySchwulst der Rede, Wortschwall.
Bombax L., WoUbawn, Oeibabawn, Pflan-
zengattung derMalvaceen. B. malabaricum
Dee., Baum in Ostindien mit Samenhaaren,
die zum Polstern dienen. Aehnlich B. oeiba
L. in Westindien uud Südamerika.
Bombay (spr. -beb), Präsidentschaft des
brit. - ostind. Reichs, den NW. des Dekhan,
Gudscherate n. das südl. ludusgebiet (Sindh)
umfassend , 6681 QM. uud ca. 12 Mill. Ew.,
dazu mittelbares Gebiet 2633 QM. und
4,400,000 Ew. — Die Hauptst, B. , auf der
gieichnam. Jfwei {^h QM.), nächst Kalkutta
der erste ostind. Handelsplatz, (1865) 816,562
Ew. ; Festung , Kriegshafen , Station der
engl. Marine und Dampfschifffahrt (nach
Aden, Suez etc.), Sitz des arab., pers. nnd
ostind. Handels (Ausfuhr 130«/s Mill., Ein-
führ 82Va Mill. Thlr.) , der Bombaybank and
Bank «des westl. Ostindien, der Eisenbahn-
gesellschaft B.-Kalk«tta; Perltischereigesell-
schaften, Docks, Werfte, Seesalzsiederei.
Nahebei die InseluElephantau. Salsette (s.d.).
Die Insel B. seit 1530 portug., seit 1661 engl.;
1668 der ostiod. Kompagnie übergeben.
Bombe, eiserne Hohlkugel, durch das
Mundloch* mit Pulver gefüllt. Beim Ab-
feuern aus dem Mörser oder der Bomben-
kanoue entzündet sich der durch da« Mund-
loch leitende tempirte Zünder und bringt,
zu Ende gebrannt, die B. zum Krepiren (Zer-
springen). Gewicht nach der gleichgrossen
Steinkugel, Grösse nach dem Durchmesser
der Geschütz - Seele gemessen. Die Brand-
bomben ergiessen aus Löchern eine flüssig-
feurige Masse nnd krepiren nachher durch
einen innern explodirenden Kern. Die B.n
werden im Bogen geworfen.
Bomben, vulkanische, vonYulkanen aus-
geworfene kugelige Lavastücke.
Bombenfrei, vor dem Eindringen von
Bomben gesichert.
Bombenkanonen, ,PaixhanB' nach ihrem
Erfinder genannt, glatte Greschütze, welche
Bomben in flachem Bogen werfen, haupt-
sächlich auf Kriegsschiffen und in Strand-
batterien angewandt. Das Rohr steht der
Länge nach zwischen der Kanone und dem
Mörser. Die B. werden vom gezogenen
Geschütz mehr und mehr verdrängt.
Bombyx, die Seidenraupe.
Bommel, Stadt in der niederländ. Prov.
Geldern, an der Waal, auf der bommeler
Waard (zwischen Maas und Waal), 4733 Ew.
Bommel, Elias van, holländ. Maler, geb.
1824 zu Amsterdam, besuchte Belgien,Ungam,
Yenedig, Hess sich in Wien nieder. Archi-
tekturbilder u. Marineu, meist aus Holland.
Bomgt (poln. Babiemoat), Kreisst. im preuss.
Regbz. Posen, an der faulen Obra, 2290 Ew.
Bon, Kap, die Nordostspitze von Tunis.
Bon (tv.y spr. Bong), (Geldschein ; Bona du
tr4aor , Schatzscheine, in F^-ankreich seit
1824 übertragbare und verzinsliche Anwei-
sungen auf den öffentl. Schatz.
Bona (lat.), Güter, Habe, Yermögon; b,
aequieita oder adventitia, erworbene (von
Bona — Bonaparte.
313
Seitenverwandten) binengekommene (nicht
ererbte) Güter; b.iüata, eingebrachte Güter;
b. h«reditariat Erbgüter; b.immobüiaf nnbe«
wegllche (liegende) Güter; fr. mo^iUa, beweg-
liche Güter, fahrende Habe; b. paraphemcUia,
Öoter der Ehefiran (ausser der Aütgift);
b. tfacaniia, herrenlose Güter.
Bona, Hafenstadt in Algerien, Prov. Con-
stantine, an der Mündung des Sebus, 10,400
Ew. Festung. Mittelpunkt der Korallen-
fischerei an der Küste, bed. Handel. Nahe-
bei die Ruinen des alten Hippo reglus.
BonMca, Insel, 8. Baiirueln.
Bona dea (lat., d. i.gute Göttin), yon den
röm. Frauen verehrte Göttin, deren Heilig*
thnm eine Grotte auf dem Arentinus war;
wahrscheinl. Heilgöttin.
BOBafldM(lat., d. h. guter Glaube), Reohts-
ausdruck, bald s. v. a. Treue und Glaube,
z. B; bei Verträgen, bald die Ueberzeugung,
dass man etwas rechtmässig besitze, Yor-
.bedingung der Ersitzung (Verjährung) und
Bestimmungsgrund zu einer schonenden Be-
nrth eilung des im Yindikations- oder Brb-
schaftsprozesse erliegenden Besitzers (bonae
fldei possessor, d. h. dessen, der sich im
rechtmäss^en Besitze einer Sache glaubt).
Bonaire (spr. -ähr, span. £uen-Ayre),
niederl. Antilleninsel, zu Curassao gehörig,
3800 Ew. Gochenillezucht.
Bonald, LouU Jac^e$ Maurice de, franz.
Prälat, geb. 30. Okt. 1787 zu Milhaud, seit
1839 Erzbischof von Lyon und Primas von
Gallien, seit 1841 Kardinal, entschiedener
Vertreter des Ultramontanismus, nach dem
Staatsstreich vem 2. Dec. 1851 Mitglied des
Senats; f 25. Febr. 1870 in Lyon.
Bonaparte (Buonaparte), korsischies Pa^
triclergeschlecht, dem die Napoleoniden ent-
stammen, in Ajaccio seit 1567 ansässig, um die
Mitte des 18. Jahrh. hier durch den Archidia-
kon Luciano B., dessen Bruder Napoleone und
den Neffen beider Carlo repräsentirt. 1) Oarlo
JB., geb. 29. März 1746, Sohn des Giuseppe B.,
studirte zu Pisa die Rechte, erst Anhänger
Paolis, erklärte sich dann für Frankreich,
ward 1773 königl. Rath und Assessor der
Stadt und Provinz Ajaccio, 1777 Mitglied
der korsischen Adelsdeputation, die an den
firanz. Hof ging, 1781 Mitglied des Raths
der 12 Edeln von Korsika ; f 24. Febr. 1785
au Montpellier am Magenkrebs. Seine Gat-
tin, Maria Lätilia Mamolino, geb. 24. Aug.
1750 zu Ajaccio, floh 1793 bei der Eroberung
Korsikas durch die Engländer nach Mar-
seille, begab sich nach 18. Brumaire (1799)
nach Paris, erhielt 1804 den Titel ,Madame
Hdre' und einen glänzenden Hofstaat, ward
Ton Napoleon zur Beschützerin aller Wohl-
thätigkeitsanstalten des Reichs ernannt,
lebte nach dessen Sturz mit ihrem Stief-
J^ruder, dem Kardinal Fesch, zu Rom und
Albano; f 2. Febr. 1836. Vgl. ,La storia
genealogica della famiglia B.', 1847; St^ani,
,OrigIne des B.*, 1859. Lätitia war Mutter
ron 8 Kindern, Napoleoniden. Successions-
rechte auf den franz. Thron erhielten durch
die Volksabstimmung und den Senatsbe-
achluss vom 6. Nov. 1804 ausser Napoleon L
nur dessen beide Brüder, Joseph und Lud-
wig mit ihren Nachkommen. Ladan und
J6röme wurden, weil sie sich gegen den
Willen des Kaisers verheirathet hatten, von
der Snocession ausgeschlossen. Auch durch
das Dekret vom 24. Dec. 1852 ward die
eventuelle Thronfolge nur Jörömes i Linie
zugestanden. — 2) Joeeph B,, Graf von 8ur-
villier», ältester Sohn Oarlo B.s, geb. 7. Jan.
1768 zu Corte auf Korsika, ward 1796 Ohef
der Administration bei der ital. Armee, 1797
Resident der franz. Republik zu Parma,
dann Gesandter zu Rom, Mitglied des Raths
der Fünfhundert, nach dem Staatsstreich
vom 18. Brumaire Staatsrath und Tribun und
mit diplomat. Missionen betraut, nach Er-
richtung des Kaiserreichs Senator, endlich
franz. Prinz und Grosswahlherr von Frank-
reich. 30. März 1806 zum König beider Sici-
lien ernannt, ward er schon 6. Juni 1808
durch Napoleons Machtwort auf den Thron
von Spanien versetzt , zog 20. Juni in Ma-
drid ein, ward 30. Juli 1808 durch die In-
surrektion und, wieder zurückgeführt, 11.
Aug. 1812 durch Wellingtons siegreiches
Vordringen aus der Hauptstadt vertrieben.
Von Napoleon Jan. 1814 zum Generallieute-
nant des Reichs und Oberkommandanten
der Nationalgarden ernannt^ ermächtigte er
30. März die Marschälle zur Kapitulation
mit den AUiirten, fnngirte während der
100 Tage als Präsident des Regierungsoon-
seils, schiffte sich nach der Schlacht bei
Waterloo nach Nordamerika ein, wo er sich
unter dem Namen eines Grafen von Snr-
villiers im Staate Newjersey ankaufte. la
einer an die franz. Deputirtenkammer ge-
richteten Adresse vom 18. Sept. 1830 pro-
testirte er zu Gunsten des Herzogs von
Reichstadt gegen die Thronbesteigung eines
Prinzen aus dem Hause Bourbon, begab
sich 1832 nach England, 1841 nach Italien;
t 28. Juli 1844 zu Florenz. Seine ,M6nloires
et correspondance* wurden von Du Oaese
(1853—65, 10 Bde.) herausgegeben. Seine
Gemahlin, Julie Marie, geb. 26. Dec. 1777,
vermählt 1. Aug. 1794, Tochter des Seiden-
fabrikanten Clary zu Marseille und Schwä-
gerin Bemadottes, Hess sich zu Brüssel,
1823 in Florenz nieder ; f das. 7. April 1845.
Aus ihrer Ehe mit Joseph entsprangen 8
Töchter: a) Zenaide Charlotte Julie, geb. 8.
Juli 1801, vermählt mit dem Fürsten von
Canino, dem Sohne Lucian B.s; f 8. Aug.
1854 zu Neapel ; b) (ßiarlotte Kapoleone, geb.
31. Okt. 1802, vermählt 1827 mit Ludwig
Napoleon, dem älteren Bruder NapoleonsIU.,
ehemaligem Grossherzog von Berg; f 3.
März 1839 zu Sarzaua. — 3) Ifdp<deon £.,
s. Napoleon 7. — 4) Lucian, Füret von Canino,
geb. 21. Mai 1775 zu Ajaccio, ward 1795 Kriegs-
kommissär, trat 1798 in den Rath der Fünf-
hundert, unterstützte als dessen Präsident
Napoleon beim Staatsstreich vom 18. Bru-
maire, ward zum Minister des Innern er-
nannt, entzweite sich als Republikaner mit
jenem über das angenommene System der
Militärgewalt, ging Okt. 1800 als Gesand-
ter nach Madrid, ward 9. März 1802 Mi^
glied des Tribunats, Grossoffizier der Eh-
renlegion und 1803 Mitglied des Instituts
8U
Bonaparte.
md Senator. Kapoleon gegenüber seine
Selbständigkeit wahrend nnd dessen Streben
nach Alleinherrschaft entgegentretend, sog
er alch auf eine Villa nnweit Rom zurück
und schlug den ihm angetragenen Thron
Yon Italien wie den von Spanien aus. 18.
Aug. 1814 Tom Papst mit dem Ton ihm er-
kauften kleinen Fürstenthum Ganino belehnt,
begab er sich 1815 nach Kapoleons Rückkehr
Ton Elba nach Paris, ward zum fi>anz. Prin-
sen und Pair ernannt, lebte dann in und
bei Rom, seit 18S0 Ifingere Zeit in England;
S89. Juni 1840 zu Viterbo bei Rom* Sehr,
le Epopöen ,Gharlemagne, ou l'Egllse de-
livröe* in 84 Gesängen (1814, 8 Bde.), worin
er die Bourbonen feierte, und ,La Cymftide,
ou la Corse sauvte* (1819), sowie ,M6moire8*
(deutsch 1886). Vgl. ,Memoires secrets sur
la vie priY^, politiqne et littiraire de Luden
B.S 1819, 8 Bde.. Er war in erster Ehe seit
1794 verheirathet mit Ghristine Eleonore
Bojer und nach deren Tode in zweiter mit
Aleiuindrlne Laurence de Bleschamp, der
Wittwe des Bankiera Jouberton, die 18.
Juli 1855 zu Sinigaglia f* Aus der ersten
Ehe gingen hervor: a) Charlotte, geb. 13.
Mai 1796, seit 1815 zu Rom mit dem Fürsten
Mario Gabrielli (f 18. Sept. 1841) vermählt;
b) Christine Egypte, geb. 19. Okt. 1798, seit
1824 mit Lord Dudley Stuart vermählt;
t 18. Hai 1847 zu Rom. Aus der zweiten :
o) Obarle« Luden Jules Laurent, Fürst von
Oanino (s. d.) und Musignano ; d) Lälitia £.,
•tSeh. 1. Dec. 1804, seit 18^1 vermählt mit
dem Triänder Thomas Wyse (t 15. April
1868 als brit. Gesandter zu Athen) ; e) Jeanne,
geb. 83. Juli 1806 zu Rom, vermählt mit dem
Marchese Honorati; f 1828 zu Jesi bei An-
oona, Dichterin; f) Paul Marie, geb. 1806 zu
Rom, focht unter Lord Ck>chrane 1827 als
Seeoffizier in den griech. Gewässern, tödtete
sich Dec. 1887 unfreiwillig durch einen
Pistolenschuss ; g) Loui» Luden, geb. 4. Jan.
1813 zu Thorngrove in Worcestershire, wo
sein Vater damals gefangen gehalten ward,
Chemiker, Mineralog und Sprachforscher,
sehr. ,Specimen lexici comparativi omnium
llnguarum Europaearum' (1847), eine Uebers.
der Parabel vom ,Säemann* in 78 europ.
Sprachen und Mundarten (1857), ward 1849
lUtglied der firanz. Kationalversammlung,
1862 Senator, 1855 GrossofBzier der Ehren-
legion; h) Flerre Napoleon, geb. 18. Sept.
1815, ward, als er sich 1831 an dem Auf-
stand in der Romagna betheiligen wollte,
Terhaftet und 6 Monate in Livorno gefangen
S halten, ging dann nach Amerika, ward
Keugranada Major, lebte dann auf den
Gütern seines Vaters, sollte, der beabsich-
tigten Errichtung revolutionärer Freicorps
verdächtig, verhaftet werden, tödtete einen
päpstl. Lieutenant, ward deshalb 89. Sept.
1836 in Rom zum Tod verurtheilt, zu Exil
begnadigt, von den Jonischen Inseln Ex-
cesse halber verwiesen, 1848 Mitglied der
franz. Kationalversammlung, erhielt 1859
beim Ausbruch des ital. Krieges den Befehl
über ein Regiment der Fremdenlegion, nahm
aber keinen Antheil an den Kriegsereig-
nissen, ward Jan. 1870 wegen Tödtung einen
Journalisten sur Untersuchung gezogen, aber
freigesprochen ; i) Antoine, geb. 81. Okt. 1816»
floh 1836 w^^en der AfFaire mit den päpst-
lichen Sbirren nach Amerika, erschien Febr.
1848 in Frankreich , trat Sept. 1849 in die
flranz. Kationalversammlung; k) Alexandrine
Marie, geb. 12. Okt. 1818, seit 1836 mit dem
Grafen Vincenso Valentini von Ganino (f
1858) vermählt; I) Konstanee, geb. 30. Jan.
1823, Aebtissln des Klosters sum heil. Her-
zen in Rom. Sämmtliche Söhne Lucians er-
hielten Dec 1652 den Rang von Prinzen der
kaiserl. Familie, blieben Jedoch von der
Thronfolge ausgeschlossen. — 5) Maria Anna,
später Elise gen., Fürstin von Lncca und
Piomblno, Gemahlin des Fürsten Bacciocchi
(s. d.). — 6) Ludwig £., Graf von 8t. -Leu,
König von Holland, geb. 2. Sept. 1778, be-
gleitete Kapoleon nach Italien und Aegvpten,
ward nach dessen Thronbesteigung Oonne-
table und Generaloberst der Carabiniers,
1805 General gouvemeur von Piemont und
5. Juni 1806 König von Holland. Die In-
teressen Hollands den stets gesteigerten An-
sprächen seines Bruders gegenüber zu wah-
ren suchend, zerfiel er mit diesem, legte
1. Juli 1810 die Regierung nieder und lebte
seitdem unter dem Kamen eines Grafen von
St.-Leu zurückgezogen in Graz , dann in
Rom, seit 1826 in Florenz; f 35. Juli 1846
zu Livorno. Sehr, einen Roman ,Marie, les
peines de Tamour, ou les Hoilandaises' (1814,
3 Bde.); ,Documents historiques et r6flexions
sur le gouvernement de la Hollande' (1821,
3 Bde.) u. A. Er hatte sich 3. Jan. 1802
nach dem Willen seines Bruders vermählt
mit Hortense Eugenie Beauhamais, der Toch-
ter des Generals Beauhamais und der nach-
maligen Kaiserin Josephine, Kapoleons Adop-
tivtochter, späteren Herzogin von St. -Leu,
geb. 10. April 1788 in Paris. Sie kehrte nach
der Thronentsagung ihres Gemahls nach Paris
zurück, hielt sich nach den 100 Tagen, von
ihrem Genudil geschieden, zu Augsburg, in
Italien und später zu Arenenberg im Kimton
Thurgau auf; f das. 5. Okt. 1837. Die
Frucht ihres vertrauten Verhältnisses zum
Grafen Flahault soll der Herzog von Momy
(s. d.) gewesen sein. Sc^r. ,La reine Hor-
tense en Italic, en France et en Angleterre
pendant rannte 1831* (1833). Mehrere ihrer
Lieder, namentlich das «Partant pour la
Syrie', die Elriegshymne des neuen Kalser-
thums, leben noch im Munde des franz.
Volks. Aus ihrer Ehe mit Ludwig B. stamm-
ten 3 Söhne: 2i(q>olA>n Louis Charles, geb.
10. Okt. 1808, 1 5. Mai 1807 ; Louis Napolion,
geb. 11. Okt. 1804, Kronprinz von Holland,
1809 von Kapoleon zum Grossherzog von
Kleve und Berg ernannt, vennühlt mit Char-
lotte, der Tochter seines Oheims Joseph, be-
theiligte sich mit seinem Jüngeren Bruder
1831 am Au&tande in der Romagna; f 17.
März 1831 zu Forli an den Masern; Charles
Louis Napolion, der nachmalige Kaiser Napo-
leon in. (s. d.). — 7) Jfarte Bxuline B., geb.
28. April 1780 zu Ajaccio, vermählt seit 1795
mit dem Divisionsgeneral Charles Emanuel
Ledere d^Ostin (f 22. Kov. 1808), seit 1803
mit dem Fürsten Camillo Borghe«ie (t 10.
Bonaventura — * Boner.
815
April 18SS SU Florenz), 1805 zur Herzogin
Ton Gnastalla ernannt, lebte seit 1815 auf
ihrer Villa Sciarra bei Rom ; t ^Uui. 9. Juni
1825.' Diese Linie ist mit ihrem Sohne erster
Ehe, Napoleon Leclerc (f 1804), erloschen. —
8) Juaria Annunciada Karolitu B., geb. 96.
M&rz 1788 zu Ajaccio, rermählt 1806 mit
Joachim Murat, seit 1806 Grossherzogin von
Klere und Berg, seit 1808 Königin von Nea-
pel, lebte seit 1815 als Gräfin von lipona
meist im Oesterreichischen; f 18. Mai 1839
zu Florenz. Von ihren beiden Söhnen LHcian
und Joachim ist der entere noch am Leben
und nebst seinem Sohne Joachim Murat
kaiserl. Prinz. — 9) Hieronfpati» (Jdrömt) B.,
König yon Westphalen, Fürst von Montfort,
geb 15. Not. 1784 au Ajaccio, machte als
Schiiblieutenant 1801 die Expedition nach
CDidti mit, begab sich dann nach Nordamerika,
kehrte Mai 1805 nach Frankreich zurück
und führte 1806 als Contreadmiral ein Ge-
schwader nach Martinique. Zum franz. Prin-
zen ohne Snccessionsrecht ernannt, befehligte
er im Krieg gegen Preussen mit Vandamme
das 10. Armeecorps in Schlesien. In Folge
des Friedens yon Tilsit 18. Aug. 1807 König
Ton Westphalen, schlug er seine Residenz
in Kassel auf. 1818 in Polen mit- dem Ober-
befshl über eine Division bebraut, verschul-
dete er durch seine Fehler, dass sich Bar
gration 6. Aug. 1818 mit Barclay de Tollj
vereinigte, und wurde deshalb nach Kassel
zurückgeschickt. SO. Sept. 1813 durch den
russ. (Jeneral Tschemytschew aus Kassel ver-
trieben, kehrte er zwar 17. Okt. dahin zu-
rück, entfloh aber sogleich mit zusammen-
gerafften Kostbarkeiten nach Paris. Nach
Napoleons Rückkehr zum Pair ernannt, focht
er bei Ligny und Waferloo. Nach Napoleons
Abdankung lebte er als Graf von Montfort
erst in Elwangen. seit 1816 meist zu Triest
und in Schönau bei Wien, seit 1887 In Rom
und Florenz. 1847 erhielt er von der franz.
Regierung Erlaubniss zum Aufenthalt in
Frankreich und befand sich beim Ausbruch
der Februarrevolatlon in Paris. 83. Dee.
1848 wurde er zum Gtouvemeur der Inva-
liden, 1850 zum Marschall, nach der Thron-
besteigung Napoleons JH. 1858 zum even-
tuellen Thronerben mit dem Titel eines
firanz. Prinzen von Geblüt ernannt: f 2^*
Juni 1860 zu Yillejenis bei Paris. Aus sei-
nem Nachlass erschienen ,M6moire8 et cor-
respondance du rol J6r6me et de ia reine
Catherine' (1861—64, 5 Bde.). Während sei-
nes Aufenthalts in Amerika hatte er sich
1808 mit Elisabeth Patterson aus Baltimore
verheirathet , verliess dieselbe aber 1805,
nachdem Napoleon die Ehe für ungültig
erklärt hatte. 18. Aug. 1807 vermählte er
sich fnit Friederike Katharine Sophie Doro-
thea, Prinzessin von Würtemberg, geb.
2. Febr. 1788, f 28. Nov. 1838 zu Lausanne.
Aus erster Ehe stammte ein Sohn, Jiföme
£,' Patterson, geb. 7. Juli 1805 zuOamberton,
besuchte unter der Regierung Ludwig Phi-
lipps Frankreich, wo er durch seine auf-
fallende Aehnlichkeit mit Napoleon X. Auf-
sehen erregte; f 1* ^^^^ ^^^^ ^^ Baltimore.
Ein Sohn desselben, J6r6me Napoleon, geb.
1888, diente im Krimfeldzuge als OfRzier
der firanz. Armee. Aus zweiter Ehe stamm-
ten: Hieronymua Napoleon Karl B., Prinz
von Montfort, geb. 84. Aug. 1814 zu Graz,
t 18. Mai 1847 als würtemberg. Oberst:
Mathilde Lä^ia mihelmine B„ geb. 87. Mai
1880 zif Triest, 1841 mit Anatol Demidow,
Fürsten von San-Donato, veimälilt, 1845
von ihm getrennt, lebte seitdem in Paris
und machte am Hofe Napoleons III. bis zu
dessen Vermählung die Honneurs, ward bei
Errichtang des Kaiserthrones unter die Mit-
glieder der kaiserl. Familie aufgenommen
und erhielt den Titel Hoheit; Napoleon Jo-
seph Karl Faul B., geb. 9. Sept. 1888 zu
Triest, bekannter unter dem Namen Prtn«
Nameleq/n (s._d.).
Bonaventnrft, eigentl. Joh, von Fidenta,
scholast. Theolog, geb. 1821 zu Bagnarca
im Toskanischen, Franciskauermönch, seit
1853 Lehrer der Theologie zu Paris, 1856
General seines Ordens, 1873 Kardinal, dann
päpstl. Legat auf der Kirchenversammlung
zu Lyon; f <i<^** 1&- *^ull 1274; 1488 kanoni-
sirt; wegen seiner schwungvollen Schreib-
art Dootor seraphicus genannt, Hauptwort-
führer des röm.-kathol. Dogmas; sehr, einen
Kommentar zu den ,Sentientiae* des Petrus
Lombardus, Handbücher der Dogmatik n. A.
Werke (am vollständigsten Rom 1588-96,
8 Bde.). Vgl. HolUnberg, , Studien zu B.S 18B8.
Bonbons (fr., spr. Bongbong), Zucker-
werk, aus gelöstem, stark eingekochtem,
dann verschiedenartig gewürztem, auch mit
Zusätzen versehenem und auf eine Platte
ausgegossenem Zucker bestehend. Sehr
trocken aufzubewahren.
BonelUHip (spr. Bongschang), C^rles Mel-
chior Arthur, Marquis de, Führer der Yen-
d4er, geb. 10. Mai 1760 zu Jouverteil in
Anjou, focht in Nordamerika gegen die Eng-
länder, übernahm später den Oberbefehl
über die Insurgenten von Anjou, entschied
bei Torfou an der Sdvre den Sieg der Ten-
dier, ward 17. Okt. 1793 bei ChoUet tödtlich
verwundet und f Auf der Flucht.
Bond (engl., spr. Bönd), Büi^schaft, bes.
Verbürgungsschein , dann Jede Obligation;
beim Zollwesen s.v. a. öffentlicher Verschluss,
daher in B. lagernde Waare solche , welche
in dem Lagerhause unversteuert liegt.
Bond 9 William Orauch, nordamerikan.
Astronom , geb. 1790 zu Portland , Mitglied
der Erforschungsexpedition unter Wilkes
1888, später Direktor der Stei*n warte des
Harvardcollege, Entdecker des 8. Saturns-
mondes ; t 88. Jan. 1859.
Bondiiy Staat der Fellatah in Senegambien,
von den Franzosen abhängig.
Boner, 1) Ulrich, Predigei*mönch in Bern,
lebte um 1884—49 ; Verf. einer Sammlung
von 100 Fabein, gen. ,Der Edelstein* (Bamb.
1461 , das erste deutsche gedioickte Buch ;
neue Ausg. von Benecke 1816, J^eiffer 1844). —
8) Charles, engl. Schriftsteller, geb. 89. April
1815 zu Bath (Gr. Somerset), lange Zeit jBr>
zieher im Hause des Fürsten von Thum und
Taxis in Regensburg, dann in München und
Wien, bereiste 1863 Siebenbürgen; f 7. April
1870 zu München. Sehr. ,Verse* (1858). ,0ha-
816
Bonheur — BonixL
mois hunting' (3. Aufl. 1802), «Forest Crea-
tores' (1861 ; deutsch Ton JTammer 1862), ,Tran-
sylvania' (1865; deutsch .Siebenbürgen' 1868).
BoHheitr (spr. Bonnöhr), Marie Bom, her.
frans. Thiermalerin, geb. 22. März 1822 zu
Bordeaux, Tochter und Schülerin Top Rai-
mond B. (f 1B&3), lebt in Thomdry bei Fon-
tainebleau. Ihre Thiere ausges. durch Katur-
wahrheit, fern von Idealisirung. Haupt-
werke: Rinderheerde (1848), Pferdemarkt
(1853), Heuerate (1855), Spürhund (1868),
•chott. Schäfer (1867) etc. Ihre Brüder:
August B., geb. 1824, Landschaftsmaler, und
Julei laidore B., geb. 1837, Bildhauer (bes.
Thierstücke).
Boni^ Fürstentfanm im SW. der Insel Cele-
bes, am Btuen tum B., mit der Hauptat. B.,
den Holländern tiibutär. Aufstand von 1859.
Bontfttelo TenezluiOy ital. Historienmaler,
Qm 1530—68 zu Venedig, Schüler Tizians;
sahlr. Bilder von ihm in Venedig.
Bonlftteins , 1) der Heilige , Apostel der
Deutschen, geb. um 680 zu Kirton bei
Bzeter, SprÖssling eines edlen angelsächs.
Geschlechts, eigentl. Winfried, war, 718 in
Bom vom Papst Gregor n. bevollmächtigt,
in Deutschland das Evangelium zu predi-
gen. In Thüringen und Bayern, dann in
Friesland, Hessen und Sachsen als Missio-
när thätig , stiftete Kirchen und Klöster,
die er mit Mönchen und Nonnen aus Eng-
land besetzte, ward von Gregor HI. zum
Erzbischof und Primas von Deutschland,
738 zum Legaten des heil. Stuhls in Deutsch-
land ernannt, errichtete die Bisthümer zu
Freisingen, Regensburg, Erfurt, Buraburg
(nach Paderborn verlegt) , Würzburg und
Eichstädt und die Abtei Fulda, krönte als
Erzbischof von Mainz Pipin 752 in Soissons
als König der Franken, ward bei Dockum
in Westfriesland 755 erschlagen. Sein Leich-
nam ist im Dom zu Fulda beigesetzt. Seine
,Epistolae* herausgeg. von Würdtwein (1789),
seine ,Opera omnia* von Gile» (1845, 2 Bde.).
1842 wurde seine Statue, von Henschel in
Kassel gearbeitet, in Fulda errichtet. — 2)
Name von 9 Päpsten : B. I., regierte 418 bis
422, von Kaiser Theodosius n. eingesetzt,
bezeichnete zuerst den röm. Bischof als den
ersten der Christenheit, als Heiliger ver-
ehrt, Tag 25. Okt. — B. H., reg. 530-532. —
B. in., reg. 607 neun Monate, führte zuerst
den Titel ,allgem. Bischof der Christen-
heit*. ~ B. IV., reg. 608-615. - B. V., reg.
619—625. — B. VI., reg. 896 nur 15 Tage. —
B. Vn., okkupirte den heil. Stuhl wider-
recbtl, 974 auf einen Monat, dann, nachdem
er Johann XIV. gefangen genommen, 984
bis 985 auf 11 Monate. — B. III., Benedikt
Cajetan, geb. zu Anagni, 1281 zum Kardinal
ernannt, 1284 zum Papst erwählt, fand in
Beinen hierarchischen Beste'ebungen harten
Widerstand, namentl. von Seiten Philipps
des Schönen von Frankreich , suchte ver-
gebl. in der Bujle ,Unam sanctam' vom 18.
Nov. 1802 Gregors VII. Grundsätze von der
p&pstl. Universalmonarchie zur Geltung zu
bringen, musste vor Philipps Verfolgungen
nach Anagni fliehen; f H- Okt. 1303. Er
kam den zerrütteten päpstl. Finanzen durch
Erfindung des Jubeljahrs (s. d.) wirksam
zu Hülfe. Vgl. Drumarm, ,Gesch. B. VIIL',
1852, 2 Bde. — B. IX., Buter TomacelH, geb.
zu Neapel, wurde, während Klemens VII.
in Avignon residirte, in Rom 1389 Urbans VI.
Nachfolger, machte die Annaten (s. d.) 1392
zuerst zu einer regelmässigen Steuer, trieb
mit geistL Aemtern und Pfründen, mit Dis-
pensationen und Ablässen argen Wucher,
verhalf Ladislaus von Ungarn zur Krone
von Neapel, befestigte die Engelsburg und
das Kapitol, wai'd zweimal, 1391 und 1394,
aus Rom vertrieben, kehrte zur Feier des
Jubeljahres 1400 nur gegen das Versprechen
des Gehorsams gegen einen von ihm er-
nannten Senat nach Rom zurück und reg.
seitdem unumschränkt; f ^* Okt. 1404.
Bonifticiaspfeniiige ( Bischof sp/ennige),
Räderstelnchen, Trochiten, Entrositen, die
fossilen wirbelartigen Stielglieder von En-
crinites liliiformis , häufig im Muschelkalk.
Bonlfftcinsstrasse (Fretum gallieum), Meer-
enge zwischen Sardinien und Korsika; daran
auf Korsika die befest. Stadt Bonifacio, 3453
Ew. Korall enflscherei.
BonifaciiiSTereiii , Zweig des PluBverein%
1849 auf 'einer Versammlung katholischer
Geistlicher yu Begensbnrg namentl. auf An-
regung des Grafen Joseph V. Stolberg ge-
stiftet, bezweckt Verbreitung der r6m.-kath.
Kirche, Gegner des Gustav -Adolf- Vereins.
Bonln, 1) Eduard von B., preuss. General,
geb. 3. März 1793 zu Stolpe in Hinterpom-
mern, madite den Feldzug von 1806 und
Blüchers Rückzus; nach Lübeck, dann den
Freiheitskrieg mit, übernahm im Schleswig-
holstein. Kriege von 1848 das Kommando der
preuss. Linienbrigade, ward beim Abschluas
de« Waffenstillstandes von Malmö von der
deutschen Centralgewalt zum Oberbefehls-
haber der Reichstruppen in Schleswig-Hol-
stein, sowie von der provisor. Regierung
der Herzogthümer zum Kommandirenden
ernannt, organisirte als solcher das Schles-
wig - holsteln. Heer, befehligte unter dem
Oberbefehl des preuss. Generals Prittwitz
dasselbe im Feldzug von 1849, schlug die
Dänen bei Kolding, ward vor Fridericia ge-
schlagen, legte April 1850 sein Kommando
nieder. Im Frühjahre 1852 zum Kriegs-
minister ernannt, ward er, als mit der Politik
Preussens im oriental. Kriege nicht einver-
standen, 1854 dieses Postens enthoben, M&rs
1856 Vicegouverneur von Mainz, 1858 beim
Eintritt der Regentschaft abermals Kriegs-
minister, 1859, weil er die Armeeorganisation
in der vom Prinz -Regenten beschlossenen
Weise nicht durchführen wollte, verabschie-
det und zum kommandirenden General des
8. Armeecorps in Koblenz ernannt; f 18.
März 1865. — 2) Friedr. Karl von B,, preuss.
Staatsmann , geb. 1798 in der Prov. Pom-
mern , ward 1845 Oberpräsident der Prov.
Sachsen, Sept. 1848 im Ministerium Pfbel
Finanzminister, nach dessen baldigem Rück-
tritt wiednr Oberpräsident von Sachsen,
1851 von Posen, in demselben Jahre, als der
Wiederherstellung der aufgehobenen Kreis-
und Provinzialstände abgeneigt, zur Dispo-
sition gestellt, unter dem Ministerium
Bonington — Bonpland.
317
Schwerin 1859 restltalrt, unter dem Ministe-
rium Bismarck zur Zeit des polnischen Auf-
■tandes wieder entlassen, im Hause der Ab-
geordneten eins der Haupter der Altlibe-
ralen. — 3) Adolf von B., preuss. General, geb.
11. Nov. 1803, trat 1821 in die preuss. Armee,
ward 1851 Oberst, 1858 Generallieutenant,
1864 General der Infanterie, kommandirte
1866 im Krieg gegen Oesterrelch das 1. Ar-
meeeorps, focht bei Trautenau, Königg^ätz
und Tobitscbau, erstürmte Ohlum, 1866—67
Oberkommandant im Königreich Sachsen,
dann Kommandant des Fel4jägeroorp8, spä-
ter Gouverneur in Berlin, seit Aug. 1870
Generalgouvemeur von Lothringen.
Bonington (spr. -ningt'n). Rieh, Purhes,
engl. Maler, geb. 1801 zu Arnold bei Not-
tingham, bildete sich in Paris, war 1882—27
in Italien ; f 1^28 in London. Treffl. Aqua-
rellen (Landschaffeen und Genrebilder).
Bonlninmln (BoninrSima , span. ItiUa del
ArMObitbo), Inselgruppe im stillen Ocean,
•Qdöstl. von Nipon , 89 Inseln (darunter 10
grossere, sehr fruchtbare : Peelsinsel, Staple-
ton, Backland etc.); früher von den Japa-
nesen kolonisirt; Jetzt von England und
Russland beansprucht.
Bonis avlbas(lat.), mit guten Vögeln, d.i.
unter guter Vorbedeutung.
Bonis eediren (lat.), sein Vermögen Gl&n«
biRem überlassen.
Bonität (lat.). Gute, Werth.
BonitOy 8. TkHnfi»ch.
Bonittrang (Iat.).Ab8oh&tzung des kultur-
ffthigen Bodens in Hinsicht aufBrtragsfihhig-
kelt zum Behufseiner Einordnung in eine ge-
wisse BoMÜäteklasse, findet besonders bei
Separationen und Konsolidationen, aber auch
bei Veranlagung der Grundsteuern Statt.
Es wird dabei die Lage des Grundstückes,
die ehem. Zusammensetzung der Ackerkrume,
ihre Dicke ) der Untergrund, die Wasser-
haltlgkelt etc., sowie der 5- oder lOJ&hrige
Durchschnittsertrag in Betracht gezogen.
BonitB» Sermcmn, namhafter Philolog und
Schulmann, geb. 89. Juli 1814 zu Langen-
salza, ward 1848 Prof. zu Stettin, 1849 als
Prof. an die Universität Wien berufen, ver-
fasste mit Exner den Organisationsentwurf
für die österr. GvmnasienS begründete 1860
die ,Zeitschrift für östeir. Gymnasialwesen',
ward 1854 Mitglied der k. Akademie, 1864
des Unterriobtsraths das., kehrte 1865 nach
Berlin zurück. Sehr. Beiträge zu Erklä-
rung des Aristoteles, Plato, Tbucydides,
Sophocies, .Ueber den Ursprung der homer.
Gedichte' (8. Aufl. 1864), gab die ,Metaphy-
•ioa' des Aristoteles (1848-49, 8 Bde.) heraus.
Bonmot (fk*., spr. Bongnofa), Witzwort.
Bonn 5 Kreiset. Im preuss. Regbz. Köln,
links am iRhein, ehedem Residenz des Kur-
fürsten von Köln, 23,801 Ew.; Universität
(1818 gegründet), Münster (1870 erbaut).
Samml. von Alterthüm«rn; Oberbergamt.
Auf dem Münsterplatz Beethovens (s. 1845),
auf dem »alten Zoll' Arndts Statue (s. 1865).
Bonne^fr.), franz. Erzieherin von Kindern
bis etwa zum 6. Jahre; s. Gonvsmanie,
Bonnet (fr., spr. -nä), Erhöhung derBrust-
wehrkronezurDeckungg^enEufilirschflsse.
Bonn^val (spr. Bonnwall), daude Ale-
xandre, Graf VOM, auch Achmed-Buc^ ge-
nannt, Abenteurer, geb. 14. Juli 1675 zu
Foussao in Limousin , focht 1701 unter Oati-
nat in Italien , später in den Niederlanden,
ward wegen Beleidigung des Kriegsministers
Ohamillard krlegsgerichtl. zum Tod vemr-
theilt, floh, trat in österr. Dienste und zeioh-
nete sich, zum Generalmajor befördert, in
den Feldzügen von 1710, 1711 und 1713 aus.
Unter Kaiser Karl VI. Mitglied des Reiohs-
hofraths, nahm er als Feldmarschalllleute-
nant an Prinz Eugens Seite an der Er-
oberung von Temesvar und an der Schlacht
bei Peteinvai-dein (1716) Theil, ward 1783
Generalfeldzeugmeister in den Niederlanden,
in Folg^ eines Zwistes mit dem Gouverneur
^Marquis de Pri6 auf den Spielberg bei Brunn
in Haffe gebracht, durch den Hofkriegsrath
zum Tod verurtheilt, aber zu einjähriger
Haft begnadigt. 17S0 in Konstantinopel zum
Islam übergetreten, ward er vom Sultan
unter dem Namen Achmed zum Pascha von
8 Rossschweifen und zum General der Ar-
tillerie, später zum Statthalter von Ohios
ernannt, dann in Folge von Intriguen in
ein Paschalik am schwarzen Meer verbannt;
t 87. M|rz 1747 in Konstantinopel. Die
unter seinem Namen erschienenen ,M6-
moires' (1806, 8 Bde.) sind unäeht.
BonnevlUe (spr. Bonnwill), Städtchen im
franz. Depart. öbersavoyen, an der Arve,
8884 Ew. Denksänle des Königs Karl Felix
(95' hoch). Dabei Ruine Faucignv.
BonnevlUe (spr. Bonnwill), Meolcu de,
franz. Pnblicist, geb. 13. März 1760 zu
Evreux, stiftete während der Revolution mit
Abb6 Fauchet den .Oercle sociale', gab den
,Tribun du peuple' und das Jonmal ,La
bonche du fer* heraus; f ^* ^o^* ^^^>
Uebersetzte mit Letoumeur den Shakespeare,
sehr. ,Histoire de PEurope moderne* (1789— 98,
8 Bde.) ; ,De Tesprit des roliglons' (1791) n. A.
BoimlTard (spr. -wahr), Fran» von, geb.
1496, seit 1513 Prior von St.- Victor zu Genf,
vertheldigte die Freiheit der Stadt gegen
den Herzog von Savoyen und den Bischof
daher 1530—86 Gefangener in den unterird.
Gefängidssen von Ohillon. Gegenstand von
Byrons ,The prisoner of Ghillon*.
Bonny« östlichster Mflndnng^arm des Niger;
daran die Stadt B., 6000 Ew., Hauptmarkt
für Palmöl. [von Boulo^e.
Bononlfty lat. Name von Bologna, auch
Bonorum Mliio (lat.), Vermögensabtre-
tung eines Uebersohuldeten an die Gläubiger«
mnpliaid (spr. Bongplang), Aimi, franz.
Naturforscher, geb. 28. Aug. 1773 in La
Rochelle, bereiste mit A. v. Humboldt Süd-
amerika, Mexiko und Ouba, wurde 1804
Direktor der boten. CHirten zu Malmalson
und ging 1816 als Prof. der Naturgeschichte
nach Buenos-Ayres. Am oberen Parana mit
Mat6pflanzungen beschäftigt, wurde er von
dem Diktator Francia 1881 festgenommen und
durfte Paraguay erst 1831 wieder verlassen.
Lebte dann in San Borja am Uruguay, seit
1853 zu Sta. Anna und Oorrientes; f das.
4. Mai 1858. Sehr. .DescHption des plantM
cult. InNavarre et li Malmalson* (1813—17);
818
Bon 86X18 -^ Bor.
yPlantes ßquinoxiales reoaelllles enMexique*
(1806—16, 2 Bde.): «Monographie des He-
lastomes' (1809—16, 2 Bde.)*
Bob geiifl (ü*., spr. Bong lang), gesander
Stensotaenverstand, Mutterwitz.
BOBitetten.JTaW Fietor von, Schriftsteller,
geb. 8. Sept. 1745 zu Bern, seit 1775 Mitglied
des grossen Raths, später Oberrichter in
Lugano, Freund der Dichter Matthlsson und
SaUs und des Historikers Joh. ron Müller;
t 8. Febr. 183S zu Genf. Sehr« «Ueber Na-
tionalbildnng' (1802, 8 Bde.); ,£tndes de
rhomme* (1821, 2 Bde. ; deutsch von O/rörer
1828, 2 Bde.); ,L*homine du Midi et du Nord'
(1824; -deutsch yon Gleich 1825). Seine
,Briefe an Matthlsson* gab FiUtli aS27),
seine .Briefe an «Friederike Brun* Matthi$$on
(1829) heraus. Blogr. von MoreU (1861).
Bon tOB (fr., spr. Bong tong), guter Ton,
feines Benehmen.
BonDm et aeqniiiii 0<^^)* recht und billig.
Bonytelno (spr. •witschlno), Alestandro,
gen. Moretto, ital. Maler, aiu Brescia, lebte
um 1500 — 47. Schüler und Nachahmer
Tizians ; seine Werke durch acht religiöses
Gefühl und Kolorit ausgezeichnet, [mann.
BouTlTMit (fr., spr. Bongn'v^iwang), Lebe-
Bonsen (y. Japan. Buno), die Priester des
Fo oder Buddha bei den Japanesen, Chi-
nesen und andern buddhist. Völkern.
Boom, Marktü. in der belg. Prov. Ant-
werpen, an der Rüpel, 9850 Ew. Schiflfahrt.
Boon Ujpas, s. v. a. Antiaris tozicarla (s. d.).
Boophane±r(sr5., Pflauzengattung der Ama-
ryllideen. B. clliaris fiarft., Brunsrlgia eil.
Ktr,, Haemanthus eil. JL.n. B. tozicaria Herb.,
Brunsyigia tox. Ker., Amaryllis distlcha X.,
beide yom Kap, Zierpflanzen. Zwiebelsaft
der letzteren Pfeilgift der Buschmänner.
Boot 9 kleines Fahrzeug; grössere Fahr-
zeuge haben deren mehrere an Bord ; Schiffs-
boot (Barkasse) und Schaluppe.
Bootei) urspiüngl. FhiUymSluM, Sohn der
Ceres und des Jasion, Brfinder des mit 2
Stieren bespannten Pflugs; unter die Sterne
y ersetzt. Das ^ernbild B., am nördl. Him-
mel, hat 1 Stern 1. Gr. (Arcturus) mit
4 Sternen 8. Gr. im yerschobenen Yiereck.
Booth (spr. Buhth), ■Tarne«, Begründer der
flottbecker Baumschule bei Hamburg, sie-
delte 1795 aus Schottland nach Hamburg
über. Nach seinem Tode setzte sein Sohn,
John B., geb. 19. Noy. 1801, das Geschäft
unter der Firma ,James B. und Söhne' fort
und erweiterte dasselbe durch Erbauung
yon Treib- und Glashausern; f ^^* ^^P^
1847. Das Etablissement, yon seinen Söh-
nen Lorenu und John B, fortgeführt, erstreckt
sich über mehr als 150 Morgen Landes.
Boothla Felix 9 nördlichste Halbinsel
Amerikas, durch den Boothia-IUhmu» mit
dem Kentinent yerbunden und durch den
Booihia-Oolf (die südl. Fortsetzung des
Prince-Begent-Inlet) von der Halbinsel Mel-
yille geschieden.
Bootsintnii. auf Schilfen der Seemann,
welcher die Aufsicht über Anker, Taue und
die ganze. Takelage hat ; auf Kriegsschilfen
im Rang zwischen Offizieren und Unter-
offizieren. Seine Gtohülfen ^oofuMUMMiiUMUen.
Bopflngeiiy Stadt im würtemb. Jaxtkreis,
1065 Ew., ehedem Reichsstadt.
BopPy Frana, ber. Sprachforscher und Be-
gcünder der yergleichenden Sprachkunde,
geb. 14. Sept. 1791 zu Mainz, seit 1825 Prof.
der oriental. Literatur und allgem. Spraoh-
kunde zu Berlin, seit 1822 Mitglied der
Akad. der Wissensch. das. ; f 22. Okt. 1867.
Brach dem Studium der altind. Sprache durch
Ausgaben sanskrit. Texte und Abfassung
trefflicher grammat. Lehrbücher in Deutach-
land die Bahn; sehr. , Ausführlich es Lehr-
gebäude der 8anskrit8pi*ache* (1827); ,Krit.
Grammatik der Sanskritsprache* (3. Aufl.
1861—63); , Vergleichende Grammatik des
Sanskrit, Zend, Armenischen, Griechischen,
Lateinischen, Lithauischen, Altslayischen,
Gothischen und Deutschen' (8. Aufl. 1868 f.,
3 Bde.) etc. G«b auch Episoden des ind. Epos
,Mahabharata* mit Uebers. u.Anmerk. hernuB.
Boppard) Stadt im prenss. R^bz. Koblenz,
Kr. St. Goor, am Rhein, 4615 Ew. Unfern
die Kaltwasserheilanstalt Marietiberg*
Bor, chemisch einfacher Körper, tritt wie
Kohlenstoff in 8 Modifikationen auf, yon
denen die eine dem Diamanten sehr ähnlich
ist und ihm an Häil» wenigstens gleich-
kommt. Bortäure (Sedatiysalz) , 1 Aeq. B.
mit 3 Aeq. Sauerstoff, findet sich als 8a»so~
lin in mehreren rulkan. Gegenden, bes.
zwischen Yolterra und Massa maritima in
Toskana, wo borsäure- und ammonlakhal-
tige Wasserdämpfe dem Boden entströmen
(Soffioni), durch deren Verdichtung man jähr-
lich über 2 Mill. Kilogr. Borsäure gewinnt;
bildet färb- und geruchlose Krystalle yon
bitterlich saurem Geschmack, löslich in
Wasser, färbt Lackmuspapier weinroth,
Ourcumapapier braun, die Weingeistflamme
grün, yerflücbtigt sich mit Wasser- und
Alkoholdämpfen, ist feuerbeständig, gibt
mit Alkalien in Wasser lösliche Salze,
dient zur Fabrikation des Borax, zum Gla-
siren gewisser Porzellanarten , als Zusatz
zur Masse einiger Thonwaaren, zum Trän-
ken der Kerzendochte, zum Färben des
Geldes, zur Darstellung yon Flinlglas und
künstl. Edelsteinen. Zwei/aeJtborsaure* Na-
tron, Borax, findet sich in Seen yon Tübet,
China, Persien, Ceylon und Kalifornien,
bei Potosi in Boliyien , kam zuerst als
Tinkai aus Tübet in den Handel, wird jetzt
aus Borsäure und peruanischem Boronatro-
caicit dargestellt; schmeckt und reagirt
alkalisch, krystallisirt mit 10 (prismatischer
Borax) u. mitö Aeq. Wasser (okta6drischer,
Juwelierborax), ist löslich in Wasser, bläht
sich beim Erhitzen zu einer schwaminigen
Masse auf (calcinirter B.) und schmilzt an
diesem zu einem durchsiclitlgen Glase (Borax-
glas), welches Metalloxyde löst. Dient als
Reagens, zum Lothen, zur Darstellung yon
Glas, Strass, Email, Porzellanfarben, Glasur,
als Flussmitte], mit Schellack als Firuiss, mit
Kasein als Klebmittel (statt Gummi arabi-
cum), als Waschmittel und zu kosmetischen
Zwecken etc. Boracmrea Zinkoxyd und JITan-
ganoxydul dienen als Sicca tiv, horaaurt»
Chromoxydhydrat zur Darstellung des Sma-
ragdgrün, Vert-Guignet, Pannetiers Grün.
Bora — Borgä.
819
Bora (Bemns, Bamas), Terheerender
Nordostwind in den jnlischen Alpen.
Borty Kcaharina von, Luthers Gattin, geb.
29. Jan. 1199 angebl. 2u Loben bei Schwei-
nitE in Sachsen, Tochter von Hans von
Moigdsthal anf Deutschehbora und Annas,
geb. yon Hngewitz oder Haugwitz, ward
Nonne im Oistercienserkloster Nimptschen
unweit Grimma, entwich anter Lutiiers Yer-
mittlnng mit 8 andern Nonnen, ward 13.
Juni 1^ Luthers Gtattin, hielt sich nach
dessen Tode abwechselnd in Magdeburg,
, Braunsohweig und Wittenberg auf; f ^^*
Dec. 1552 ku Torgau. Ihr Gedfichtnissstein
mit lebensgrosser Abbildung in der Pfarr-
kirche zu Torgau. Biogr. von £ette (1843).
^Boraclty borsaure Bittererde, Mineral im
Gyps Ton Lüneburg und Segeberg, mit
Ohlormagnesiumhydrat yerunreinlgt auch
Ini stassfarter Salzlager.
Bora Dagliy Gebirge, s. Ftndu».
Borigo L. (Boretteh) , Pflanzengattung
der Boragineen. B. offioinalls L., Gurken-
Jtraut, aus Aleppo, in G&rten und yerwil-
dert Blätter und Blüthen geben trefflichen
Salat; früher officinell; salpeterhaltig.
Borassus lA, Weinpalme, Pflanzengattung
der Korypheen. B. flabelltformis L», Fäeher-
pdtme, HJmjfrajNiImej In Asien zwischen lO.o
und 30.0 n. Br. und 54. — 140.o ö. L., liefert
Zucker, Palm wein, Qoa- Arrak, genlessbare
Früchte, Nutzholz, in den Blattern Mate-
rial zu Matten, Körben, Hüten, Papier,
Hauptnahrungsmittel für 7 Mill. Menschen.
Von gleicher Wichtigkeit B. Aethiopum
ifart. (Delebpalmer im Innern Afrikas.
Vgl. Ferguson, ,The Palmyra Palm*, 1850.
Borax. 8. Bor,
Borbeky Dorf bei Essen an der Buhr,
mit Schloss, gr. Eisenhüttenwerk (tägl. 50,000
Pfd.), 22,082 Ew^ Steinkohlengruben.
Borborygmns Qpc,), koUemdeß Ger&usoh
in den Därmen von angesammelten Gasen.
Borbye^ Dorf in Schleswig, Eokemf5rde
gegenüber, mit Seebad (Marie' Luisenbad),
Bordy der oberste Band des Schiffsrumpfes,
in vielen Ausdrücken s. v. a. Schiff, z. B. an
Bord kommen. BaeUbord, linke, Steuer',
Starherd, rechte Seite des Schiffs.
Borda» Jean Charles, firanz'. Ingenieur,
Astronom und Geodät, geb. 4. Mai 1783 zu
Dax , seit 1756 Mitglied der Akademie der
Wissenschaften , berichtigte 1771 auf einer
Reise nach Amerika die Längen und Breiten
vieler Küstenpunkle, bereiste 1774 zu dem-
selben Zwecke die Küste von Westafiika,
nahm 1789 Theil an der Gradmessung De-
lambres und Mechains und an der Regu-
lirang der Masse und Gewichte, bestimmte
die Länge des Sekundenpendels durch eine
neue Methode ; Erfinder der nach ihm be-
nannten Reflexions- und Bepetitionskreise ;
t als Divisionschef im Marineministerium
20. Tebr. 1799. Seine ,Tables trigonom6-
triques d^cimales' wurden von Delambre
vollendet und herausgeg. (1801).
Bordeaux (spr. -doh), Hauptst. des fbanz.
Depart. Gironde, vierte Stadt Frankreichs
und ber. Seehandelsplatz, an der Garonne
(1700* 1. Brücke nach La Bastide), 194,241
Ew. Erzbischof. Dom (von 1096), Place des
Qainconces,altrÖm.Gircas, Akademie. Glas-,
Zucker-, Branntwein- u. a. Fabriken ; 2 Mes-
sen, Bank, Münze (Chiffre K); schöner Ha-
fen, sehr bed. Handel, bes. mit Amerika;
1000—1200 Seeschiffe. Hauptausführ: Wein
(an 27 Mill. Thlr. Jährl.) und Branntwein
(über 4Vs Mill. Tblr.) ; Einfuhr westind. Ko-
lonialwaaren. Nahebei grosses Lager von
Muschelschalen mit Feuez^iteinwaffen und
Knochengeräthschaften, von dicker Aschen-
lage bedeckt (1868 aul^efunden). Zur Römer-
zeit BurdigoM im Lande der Bituriges, spä-
ter feste Hauptstadt der Prov. Aquitania n,
Sitz einer ber. Hochschule; im Mititelalter
die glänzende Hauptstadt des Herzogthums
Guyenne. Seit Dec. 1870 Sitz der Regie-
rungsdelegation (Gambetta, Glais-Bizoin,
Oremieux) nnd seit 15. Febr. 1871 der einbe-
rufenen Constituante zur Verhandlung über
die Friedensbedingungen und Bestimmung
der künftigen Regierungsform Frankreichs.
"Di^ Landschaft um B. heisst Bordelais,
Bordeauxweine^ Weine des Dep. Gironde,
durch Geist, Körper, Gerbsäuregehalt aus-
gezeichnet: Medoc aus dem Bezirk gl. N.,
braves südl. von Bordeaux, Palus von den
Ufern der Garonne und Dordogne, Des
Götes an den Hügeln der Garonne und
Gironde, De terre force, D^entre deux mers,
nordwestl. von Medoc Die feinsten Laffitte,
Latour, Ohateaux-Morgeaux , Haut Brion.
Export 1,400,000 Hektolit. , iuläud. Konsum
400.000, ebenso viel auf Cognac verarbeitet.
Bordiglieray Städtchen in der ital. Prov.
Porto Maurlzio (Piemont), auf einem Vor-
gebirge am Meer, 1504 Ew.; dabei ber.
Hain von Palmen (4000 Stämme).
BordSe^ die kleixiBte der grösseren Faröer-
inseln, östl. ron Osteröe, 2 QM. mit 358 Bw.
Bordogni (spr. -doi\}i), Marco, ber. G«-
sanglehrer, geb. 1789 bei Borgamo, seit
1819 Prof. am Konservatorium in Paris;
f 1856. Sehr, vortreffl. Solfaggien.
Bordone, Paris, ber. venetian. Maler, geb.
1500 zu Treviso, Schüler Tizians u.Giorgiones,
ging 1538 nach Paris, später nach Augsburg;
t 1570 zu Veifbdig. Grosse Geschichtsbilder
Bordonly FauHina^ s. Hasae, [u. Porträts.
BoreaSy Sohn des Asträns und der Aurora,
Bruder des Notus, Zephyrus und Hesperus,
wohnte, von des athen. Königs Erechtheus
Tochter seiner Gemahlin entführt , in einer
Höhle des thrac. Hamas ; Personifikation des
Nordostwindes. [Krotoschin, 1968 Bw.
Borek. Stadt Im preuss. Regbz. Posen, Kr.
BorelUy Giov, Alfonso, Astronom n. Stifter
der iatromathemat. Schule, geb. 28. Jan.
1608 zu Oastelnuova bei Neapel , seit 1656
Prof. der Mathematik zu Pisa; f ^l* I>dc.
1679 zu Rom. Sehr. ,De motu animaliam*
(herausgegeb. von Bemoulli 1710), die Grund-
lage des iatromathemat. Systems, welches
die Gesetze der Mechanik auf die Muskel-
beweg^ng anzuwenden suchte.
Borensee^ See im schwed. Län Llnköping,
IV« Meli, lang, steht mit dem Wettemsee in
Boretuhy s. Borago, [Verbindung.
Borga. See- und Handelsstadt in Finnland,
an der Mündung des Flusse» B., 8182 Ew.
B20
Borgentreich — Bomeo.
Borfentreleli 9 Stadt im prenss. Regbz.
Minden» Kr. Warbarg, 1601 £w.
Bo^erhont (spr. -haut), Fabrikstadt in
der belg. Prov. Antwerpen, 10,787 Ew.
Borgnese« ViUa, ber. Landhaus in Rom,
im 17. Jabrh. von Scip. Oaffarelli Borghese
erbaut, ebemals mit Kunstschätzen (jetzt
meist in Paris), darunter der borghes, Fechter,
Statue eines sich vertheidigenden Kriegers
(nicht sterbenden Fechters) von Agasias.
Borgheie, OamiUo Füippo Ludovico, Fürst
Ton Sulmona und Bossano, ital. und franz.
Prinz, geb. 19. Juli 1775 zu Rom, vermählte
eich 18ü3 mit der zweiten Schwester Napo-
leons I., Panline B., der Wittwe des Geno-
rals Ledere,- wurde Divisionsgeneral und,
nachdem seine Gemahlin das Fürstenthum
Guastalla erhalten hatte, Herzog, nach dem
Feldzug von 1806 Generalgouvemeur der
Provinzen Jenseits der Alpen. Nach Napo-
leons Sturz von seiner Gemahlin getrennt,
lebte er seit 1818 in Florenz ; f d&s. 10. April
188S. Ueber seine Gemahlin. Marie Riuline,
8. £<mcmarte 7).
Borghesl, £artclommeo, Oraf, ital. Alter-
thumsforscher , geb. 11. Juli 1781 zu Savig-
nano, f 10. April 1860 zu San Marino; ver-
dient um die röm. Epigraphik. ,Nuovi fram-
menti dei fast! oonsolari* (1818— SO, 2 Bde.).
Borgholm, Hafenst. auf der schwed. Insel
Oeland, 781 Ew., erst 1817 angelegt; dabei
Ruine des alten SchioBee» B.
BorgholSy Marktfl. im preuss. Regbz.
Minden, Kr. Warburg, 1120 Ew.
BorgholElurasen, Stadt im preuss. Regbz.
Minden. Ki*. Halle, 1169 Ew.
Boi^a (spr. Bordscha), 1) Ce$are, berüch-
tigter Meister arglistiger Staatsknnst, Spröss-
ling eines aus Spanien stammenden Ädels-
gfeschlechtes, Sohn Rodrigo Lenzuoli B.s,
der 1492 unter dem Namen Alexander VL
den päpstl. Stuhl bestieg, ward 1493 von
Jenem zum Kardinal erhoben , liess seinen
Bruder Oiovanni B., dem der Vater das Her-
zogthum Benevent verliehen hatte , 1497 er-
morden , legte den Purpur ab , erhielt von
Ludwig X^. von Frankreich das Herzogtfa.
Valentinois in der Dauphin6, »vermählte sieb
1499 mit Charlotte d 'Albret, der Tochter des
Königs Johann von Navarra, und begleitete
Ludwig XIL nach Italien, liess sich von
seinem Vater, nach meuchlerischer Hinweg-
räumung seiner Gegner, zum König der
Romagna ernennen, ward unter Julius II.
verhaftet und auf das Schloss Medina-del-
Oampo in Spanien gebracht, entfloh nach
zweijähriger Haft zum König von Navarra,
ward vor dem Schloss von Viana durch ein
Wurfgeschoss 12. März 1507 getödtet. Eine
Sehildemng von ihm gab Macchiavelll in
seinem «Principe'. — 2) Lueregia, Schwester
des Vor., ausgezeichnet durch Schönheit,
berüchtigt durch ihre Ausschweifangen und
Unthaten, vermählt erst mit Giovanni Sforza,
Herrn von Pesaro, seit 1498 mit dem Herzog
A]fonso von Biscaglia , einem natürlichen
Sohn des Königs Alfons II. von Neapel, der
ISOl von ihrem Bruder Cesare B. ermordet
ward, zum dritten Male mit Alfonso v. Este,
nachmaligem Herzog von Ferrara; f 1&^<
Als Freundin der Wissenschaften u. Künste
huldigten ihr Dichter, wie Ariost, Bombo a.A.
Ihre Ehrenrettung versuchte William Roscoe.
Vgl. Gilbert, ,L. B.* (deutsch von Steger 1869).
Borgognone, Maler, s. JFVxMno.
BorgotSy Schriftgattung, s. £o»rgeoi$.
Borgoprund, Marktfl. in Siebenbürgen,
Land der Sachsen, a^ derBistritz, 1700 Ew.
Von da der S650' hohe borgoer Biss (Fran-
zensstrasse) nach der Bukowina.
Bo^ (Burgu, JBarba), Landsch. in Nlgri-
tlen, nördl. vom Reiche Yoruba; d«n Fulbe
V. Gando unterthan, nur der westl. Theil frei.
Borisrnw. Stadt im westruss. Gonv!
Minsk, an der Beresina, 5737 Ew. Bei dem
Dorfe ßtudienka 26.-28. Nov. 1812 Uebergang
der franz. Armee über den Fluss.
Borkeiiy 1) Krelsst. im preuss. Regbz.
Münster, 8026 Ew. — 2) Stadt im preuss.
Regbz. Kassel, Kr. Homburg, 1323 Ew.
BorkenkSfer, s. EoUsfre$$er.
Borkenthier (Rytina HL), Säugethler-
Gattung der Oetaceen; einzige Art: Steuern
eekuh (Rytina Stellerl Ouv., Manatus b6-
realis BxU*), 24' lang, 80 Otr. schwer, im
nördl. Eismeer; Fleisch und Fett geniess-
bar, seit 1768 ausgestorben.
Borkmiiiy Insel vor der Mündung der Ems,
8 St. 1., 394 Ew., Leuchtthurm (195'). Seebad.
Vgl. £erehberg, ,Die Nordseeinsel B.', 1866.
Bomilday Fluss in Plemont, entspr. auf
den Seealpen, mündet in den Tanara bei
Alessandria.
Bovmto (deutsch Womu), Städtehen im
Veltlin in Oberitalien (Prov. Sondrlo), an
der Ad da und an der Strasse über das
stilfter Joch, 1600 Ew. Dabei die ber.
Schwefelbäder von San Martine (380). Vgl.
,B. Seine Bäder und Umgebungen', 1865.
Born 9 £ertrand de, Held und ber. Trou-
badour, geb. auf Schloss Hauteford in P6ri-
gord, blühte um 1180—95, spielte in den
Kämpfen der damaligen Zeit eine hervor-
ragende Rolle; hinter] iess ebenso feurige
Minnelieder wie kräftige Straf- und Rüge-
fedichte. Vgl. Zjauretu, ,Le Tyrtöe du moyen
ge ou Tbist. de Bertrand de B.', 1863.
Borna. Stadt im sächs. Regbz. Leipzig,
an der Wyhra, 5544 Ew.
Boraeil (spr. -nelj) , Oiraut von , Trouba-
dour, gebürng aus Essldueil, niedem Stan-
des, blühte um 1190. Seine GMichte (etwa
90 übrig) haben fast alle erotischen.. Inhalt.
Bomemtmi, 1) Joh. Wilh, Jak,, geb. 2. Febr.
1767 zu Gardelegen, f 23. Mai 1851 als Ge-
nerallotteriedirektor zu Berlin; bekannt bes.
durch seine ,P]attdeutschen Gedichte' (1811,
6. Aufl. 1854;. — 2) Friedr, WUhelm Ferd,,
Rechtsgelehrter, Sohn des Vor., geb. 28. Man
1798 zu Berlin, ward 1844 unter Uhden Direk-
tor im Justizministerium, 20. März 1848
Justizminister, 5. Juli 1848 zweiter Präsident
des Obertribunals, 1849 Milglled der ersten
Kammer; f 28. Jan. 1864 zu Berlin. Autori-
tät im Gebiet des preuss. Oivilrechts. Haupt-
werk: ,Systemat. Darstellung des prensi.
Oivilrechts* (2. Aufl. 1837-45, 6 Bde.).
BomSo« grösste Insel Asiens, zu den
grossen Sundainseln gehörig, 12,700 QM.
mit etwa 8 MUl. Ew., 1528 von PorttijBlesen
Bomheim — Borsdorfer.
821
««ntdeolct; ein aatgedehntes , mehrfitch ver-
sweigtesBerglaud, ohne (bekannte) Vulkane;
nochWenig erforscht. Produkte bes. Gold,
Diamanten, Perlen, Pfeffer, Kohlen, Kam-
pher, Antimon etc. Bevölkerung: Malayen
<mit zahlreichen Fürstenthümern , deren
^rösstes Bruni oder Bomeo), Dajaks (Negrito-
«tamm im S. und N.), eingewanderte Chi-
nesen etc. — Die Ost-, West- und Südküste
ist im Besitz der Ifiederländer , welche die
Binnenland. Fürsten in Abhängigkeit erbal-
ten. Niederland. Gesammtgebiet 9374 QM.
mit 1,164,660 Ew. und den Hauptorten Pon-
Üanak auf der West- n. Bandscher-Massing
auf der Südküste. 1845 hat sich ein Engl.,
James Brooke, das Gebiet Baraioak (65 QM.)
jnit der gleichnam. Hauptst. im NW. der
Insel von den Eingebomen abtreten lassen
(,Rad8cha von Sarawak*); auch die Insel
Zabuan (1 QM.), an derNWküste, ist seit 1846
ez^l. ; beide Kolonien über 13,500 engl. Ew.
Bomheim^ Dorf bei Frankfurt a/M., 5225
liW., Vergnugungsort der Frankfurter. Auf
der bornheimBr Meide 18. Sept. 1848 Ermor-
dung der Parlamentsmitglieder Fürst Lych-
nowski und v. Auerswald.
BonihOTede, Dorf in Holstein, nordl. von
Segeberg; alter Versammlungsort der hol-
stein. Stände; hier 22. Juli 1227 Bieg der
Holsteiner über die Dänen (Waldemar IT.)
und 6. Dec. 1813 Sieg der Schweden über
die Dänen.
Bomholm. dän. Insel in der Ostsee,
lOVa QM. mit 29,300 Ew. Hauptst. Rönne.
Bornlrt (flr.), begrenzt; beschränkten
Geistes, albern.
Boiniij Negerreich in Sudan, Im W. des
Tschadsees, 2400 QM. mit 2Mill.Ew. (theils
ackerbautreibende Eingebome oder Kanori,
theils Schua, d. i. Eingewanderte, und meist
nomadislrbnde Araber). Jetzige Residenz
^es Sultans Knka; die alte Hauptst. Bimi
ist seit einem Ueberfall der Fellatah auf-
gegeben. Die Geschichte B.s lässt sich bis
ins 11. Jahrh. zurück verfolgen. Neu ge-
gründet wurde das Reich 1472 durch Ali-
Dunamami und erreichte dann unter Edriss
^ Alamoa (1571—1603) seine grosste Macht.
Gegenwärtiger Sultan: Omar (seit 1835),
"bes. durch Helnr. Barth bekannt geworden.
Boro - Badhnr. merkwürdiger buddhist
TTempelbau auf Java, in Fels gehauen.
BorodinOy Dorf im russ. Gouv. Moskau,
westl. von der Stadt Mosaisk; 7. Sept. 1812
Sieg Napoleons über Kutusow.
BorOQgh (engl., spr. Börro), Burg, ge-
schützter Ort; dann bes. Name bedeuten-
derer Orte mit städtischen Gerechtsamen.
Man unterscheidet munidpale u. Parlamentäre
3.8; diese wählen Abgeordnete zum Parla-
Borr^y 8. Lauch. [ment, jene idcht.
BorriM, Priedr. Wilh. Otto, Graf von,
hannöv. Staatsmann, geb. 1802 zu Borum
im Lande Wursten, ward Regierungsrath
bei der Landdrostei Stade, Nov. 1851 als
eifriges Mitglied der Adelspartei Minister
des Innern und Mitglied der ersten Kammer,
musste 10. April 1852 zurücktreten, erhielt
Juli 1855 abermals das Portefeuille des In-
jiem'und war die Seele der Reaktion gegen
Ifeyert Hand- Lexikon.
die Verfassung vom 5. Sept. 1848. Seine
Aeusserung in der Kammer 1860, dass man
zur Rettung der hannöv. Souveränetät im
NothüEtlle selbst die Hülfe des Auslandes
nicht verschmähen würde, erregte in ganz
Deutschland einen Sturm des Unwillens,
ward aber vom König mit der Erhebung in
den Grafenstand belohnt. 22. Aug. 1860
entlassen, ward er 1863 wieder in die erste
Kammer gewählt.
Borrometsehe Inseln, mehrere Inselchen
im Lago Magglore, Pallanza gegenüber^
darunter Isola BeUa und laola Madre, mit
Palästen und prachtvollen Anlagen. Seit
13. Jahrh. Besitzthum der Familie Burromeo.
BorromeOy Oarlo, Graf, der Heilige, geb.
2. Okt. 1538 zu Arona am Lago Maggiore,
seit 1560 Kardinal und Erzbischof von Mai-,
land, bewirkte durch seinen Einfluss den
für den päpstl. Stuhl so glücklichen Aus-
gang des Koncils von Trient, dessen Be-
schlüsse er in dem ,Gatechismus Bomanus'
ZHsammenfasste, reformirte den mailändep
Klerus, verschönerte den Dom, stiftete za
Bildung tüchtiger Priester 1570 zu Mailand
das helvetische Kollegium und brachte unter
dem Namen des goldnen borromeiaehen Bun-
des die Verbindung der sieben kathol. Kan-
tone zu gemeinschaftlicher Vertheidigung
ihres Glaubens zu Stande. Während der
Hungersnoth 1570 und Pest in Mailand sehr
verdient; f 8. Nov. 1584, 1616 heilig ge-
sprochen. Seine theolog. Sehr, am besten
herausg. von Sax (1747, 5 Bde.). Vgl. Sala»
,Documentl circa la vita e la gesta di B.S
1857—59, 4 Bde. — Sein Neffe, Graf Federigo
£., geb. 1564, Kardinal und Erzbischof von
Blailand 1595—1601, ist der Begründer der
ambrosian. Bibliothek das.
BorromensTereine (Barmherzige Schwestern
des heil, Borrometu), Zweig der barmherzigen
Schwestern des Vincentius de Paula, ge-
gründet 1652 in Lothringen von Epiphan
Lonys, Abt vonEstival, verbreitete sich voiy
Mutterhause zu Nancy bald über Lothringen
und die angrenzenden Lande u. besitzt nocli
Jetzt zahlreiche blühende Häuser, widmet
sich vornehm], der Krankenpflege. Borro-
m^ueverein heisst auch ein 1844 vom Frel-
herm v. Lo8, Prof. Walter u. A. in Koblenz
zu Verbreitung kathol. Schriften gegrün-
deter Verein.
Borrominij Francesco, ital. Architekt und
Bildhauer, geb. 1599 zu Bissano, f 1667 durch
Selbstmord. Nebenbuhler Berninls, den er
durch gewaltsame Verachnörkelung vtaä.
launenhafte Kombinationen zu fiberbieten
suchte. Zahlr. Werke von ihm in Rom.
Borrowflale (spr. -rodehl), wildes Thal
bei Keswick in der engl. Grafsch. Cumber-
land, mit Graphitgruben (Ausbeute genug). '
BorsSy Dorf im ungar. Komitat Msürmaros,
4409 Ew.; Blei-, Silber- und Kupferwerke,
ber. Mineralquellen; 1217 iVücdeWage der Tata-
ren ; Pass nach der Bukowina (Tatarenthal).
Borsäure, s. Bor, [1106' ; herrl. Aussicht.
Borsberg, Berg bei Pillnltz in Sachsen,
Borsdorfer (österr. MartcMantker , fr.
Reinette de Mxsnie) , Aepfölfamilie aus dem
Dorfe Borsdorf bei Meissen stammend, sehr
21
322
Borsig — Bosnien.
haltbar, wichtiger Handelsartikel. Beste
Sorte: Edler oder Winter -B., Rnbinapfel.
Bonigy Joh, KArl Friedr. August, nam-
hafter Industrieller, geb. 2S. Juni 1804 zu
Breslau, eröffnete 1837 eine Maschinenbau-
anstalt vor dem Oranienburger Thore zu
Berlin, die besondei*8 Lokomotiven liefert,
legte 1847 zu Moabit bei Berlin ein grosses
Eisen- und Gussstablwerk an, kaufte 1850
die der Seehandlung gehörige Mascbinonbau-
anstalt und Eisengtesserei zu Moabit; f 6.
Juli 1854 , worauf die sämmtlichen Etablisse-
ments auf seinen Sohn Aug. Jvl. Albert B.,
geb. 7. März 1829 zn Berlin, übergingen.
Die B.sche Lokomotivenbauanstalt ist die
grösste auf dem Kontinent, [gow, 7231 Ew.
Borsiia, Kreisst. im russ. Qouv. Tschemi-
Borsod, Ungar. Komitat, Kr. diesseits der
Theiss, 64 QM. und 174,430 Ew., nmfasst
das wald- und weinreiche Bükkgebii-ge ;
Steinkohlen, Eisen. Hauptst. Miskolcz.
Bonöva, Nebenfluss der Tlieiss in Ungarn,
mündet bei Vari (Kom. Beregh), 13 M.
Borste (seta), in der Zoologie und Botanik
Haare von grosser Stärke und Härte , bei
den Moosen der Stiel der Kapsel. B.n der
Schweine, bes. die Rückenkammborsten die-
nen zur Bürsten- und PInselfabi*lkation,
gekrempelt u. gesponnen als Polstermaterial.
BOTStel, Karl Htinr. Ludw. von, preuss.
Creneral, geb. 30. Dec. 1773 zu Tangermünde,
trat 1788 in die preuss. Armee, focht 1806
als Major bei Auerstädt, nahm dann an der
neuen Organisation des Heeres Theil, be-
fehligte 1813 erst unter York, dann unter
BtUow, trug zum Sieg von Grossbeeren viel
bei und entschied bei Dennewitz dui-ch
rechtzeitiges Eingreifen den Sieg, leitete
bei Leipzig deu Sturm auf die grimmasche
Vorstadt, b^okirte, zum Generallieutenant
befördert, Wesel, kämpfte bei Gourtray mit.
1815 mit dem Oberbefehl über das zweite
preuss. Armeecorps betraut, erhielt er von
Blücher den Befehl, an meuterischen sächs.
Bataillonen zu Namur die Exekution zu voll-
ziehen, und ward, als er den Befehl nicht
vollzog, zu 4jähr. Festungsstrafe vemrtheilt,
Ende 1815 begnadigt, erhielt 1816 das
Generalkommando in Preussen, 1825, zum
General der Kavallerie ernannt, das des
8. Armeecorps zu Koblenz ; f 9. Mai 1844.
Borszek und DItro, 2 Dörfer in Sieben-
bürgen, Land der Szekler, mit ber. Sauer-
brunnen (weit verschickt).
Borten 9 bandartige Gewebe. Gold- und
Silberborten aus Gespinnst, welches mit ge-
glättetem Gold- und Silberdraht umwunden
ist. Bei Atlasborten besteht Kette und
SchuBS aus solchem Gespinnst, bei andern
B. ifur die Kette (Tressen, Stickertressen,
Band-, Lahnborten). Stickertressen enthal-
ten auch im Einschuss Seide, Wagen-, Livree-,
Noppenborten sind ungeschnittener Sammet.
Bortnianskj) Dimitrp, russ. Komponist,
geb. 1751 in der Ukraine, f 28. Okt. 1828
als kaiserl. Kapellmeister in Petersburg.
Bes. treffl. Kirchensachen, auch Opern.
Borf de Ssint-Tlneeiit (spr. Bori de Säng-
V&ngsang), Jean BaptUte •Marcellin, Baron,
franz. lYaturforscher, geb. 1780 zn Agen,
machte als Offizier die Feldzüge von 18(&
bis 1808 mit, focht bei Waterloo als Ojserst,
leitete 1829 eine Wissenschaft!. Expedition
nach Morea nnd den Gykiaden und 1839 die
nach Algier gesandte wissenschaftl. Kom-
mission; t ^' ^6c. 1846 als Oberst des
Generalstabs zu Paris*. Gab ausser Reise-
werken mit Chauhard die .Nouvelle flore de
P61oponndse et desCyclades* (1838) heraus;
sehr. jL'homme , essai zoologique snr le
genre humain' (2. Aufl. 1827, 2 Bde.).
BorystheneRy alter Name des Dnjepr.
Bosa (lat. Temtu), Fluss auf der Westseite
der Insel Sardinien; an der Mündung die
Stadt B., 6403 Ew.
BoBta {Bosaovo), Gemeinde im oldenbuig.
Fürstenthum Lübeck, am plöner See ; uralte
merkwürd. Kirche.
Boscan Almogaver, Juan, span. Dichter,
geb. um 1490 zu Bai*celona; sehr. ,Hero
und Leander* nach Musäus, führte das So-
nett und die Kanzone (nach petrarkischem
Muster), wie auch (durch sein Gedicht ,Reich
der Liebe*) die Ottave idme ih Spanien ein ;
t 1542. ,Obras* (1543 u. öfter).
Bosch) s. Herzogenbusch.
Bosch (Bos), 1) Hieronymu», holländ. Bfa-
ler, geb. 1470 in Hei'zogeubusch, lebte -meist
in Spauieu, f 1530. Abenteuerlich-phantast.
Bilder, Teufelsgeschichten (z. B. die Hölle,
im berliner Museum). — 2) Hierongrmu deB.,
holländ. Philolog, geb. 23. März 1740 zu
Amsterdam, t 1* J^ni 1811 als Kurator der
Universität Leyden. Der ausgezeichnetste
lat. Dichter der neuem Zeit. Sehr. ,Poe-
mata* (9. Aufl. 1808); ,AnthoIogia graeca*
(1795-1810, 6. Bd. von Lennep 1822).
Bosch van Haag, s. Haag.
Bosco (Gurin), Dorf im Kanton Tessin,
im Rovanathal, 390 (deutsch redende) Ew.
Holzschnitzerei. Pass (J^rca di B.) nach
dem Formazzathal in Piemont.
Bosco tre case. Stadt bei Neapel, am
Vesuv, 9163 Ew. Waffeufabiik.
Bosio, Franf. Jos., Baron, franz. Bild-
hauer, geb. 19. März 1769 zn Monaco, f* 29.
Juli 1845 als Direktor der Akademie der
schönen Künste zu Paris. Werke: die Haupt-
reliefs an der Vendömesäule , anmuthige
myth. Darstellungen, Porträtfiguren, treffl.
Büsten fHeinrich IV., Napoleon I.) u. a.
Boskev (Boequet, fr.), Lustwäldchen, klei •
nes Gehölz in engl. Gartenanlagen.
Boskowitz, gewerbsame Stadt im mähr.
Kom. Brunn, 3907 Ew. (zur Hälfte Juden).
Bosna, rechter Nebenfluss der Save, eut*
springt am Smodlin in Bosnien, nimmt die
Kriwaja, Jalla etc. auf, mündet bei Lukatsch;
BosBa-SeraJ, Stadt, s. Serajetoo. [SOM.
Bosniaken, die Einwohner Bosnieus; un-
ter Friedrich H. leichte Reiterei in Preussen.
Bosnien CJ^osna^, nordwestlichste Prov. der
enrop. Türkei, das eigentl. B., Türk.-Kroatien
und die Herzegowina umfassend, 1060 QM.
mit 1,100,126 Ew. Der südl. Theil ungeheures
Hochplateau mit 6—7000' h. Gebirgen, der
N. (mit den Flüssen Bosna und Verbas) all-
mählig zur Ebene der Save und Unna ab-
fallend. Viehzucht; Wald, Obst und Wein.
Die metall. Schätze an Gold, Silber etc.
Bosporus — Botanik.
323
Hegen unbenutzt; nur auf Eisen wird gebaut.
Von der Bevöikerang sind etwa 51o/o Grie-
chen, 32<Vo Türken, 150/o Kathol., 11% Zi-
geuner; die Hauptmasse reine £omiaken (zum
serb. Volksstamm gehörend) ; ihre Sprache
rein und schön erhalten. Fertigung von
Waffen , Lederwaaren , Wollzeugen. Haupt-
stadt Sarajewo. — B. gehörte im 12. und
18. Jahrti. zu Ungarn, kam 1339 an den
serb. König Stephau, war nach dessen Tode
kurze Zeit selbständig unter dem Bau Twart-
ko. der 1370 den Königstitel annahm, ward
1401 den Türken zinsbar, 1528 türk. Provinz.
Bosporus (Tkradscher £. , a. G.)» di®
Heerenge von Konstantinopel. (Hmmeriseher
£., die Strasse von Feodosia. Zu beiden
Seiten des letztern erstreckte sich das
ho^oranUche Reich, 500 v. Chr. gegründet,
später deuScythen, nach diesen Mithridates
zinsbar, dann Theil des oström. Reichs,
Bckllessllch von den Tataren erobert.
Bosqoet (spr. Boskeh), Pierre Franeoit
Jo9., franz. Marschall, geb. 8. Nov. 1810 zu
Hont-de-Marsan Im Depart. Landes, trat
1834 in die algiersche Armee, ward Aug.
1848 Brigadegeneral und Kommandant zu
Mostaganem, focht 1851 mit Auszeichnung
gegen die Kabylen , kehrte Ende 1853 als
Divisionsgeneral nach Frankreich zurück.
Beim Ausbruch des oriental. Kriegs mit
dem Oberbefehl über die zweite Infanterie-
division betraut, half er wesentlich zum
Sieg an der Alma und bei Inkerman,
sowie an der Erstürmung des Malakow mit,
9. Febr. 1856 zum Senator, 18. März zum
Harschall und 1858 zum Kommandanten des
Südwestens ernannt; f 5. Febr. 1861.
Bossage (fr., spr. Bossahsch), Mauer mit
rauh hervorragenden Steinen.
Bosse (Jiondebosse , Bildh.), freistehende
runde Figur, im Gegensatz zu den Belief-
figuren. £o»siren, einen Gegenstand in Thon,
Wachs etc. mittelst kleiner Stäbchen von
Holz oder Bein (£o»sir griffet) nachbilden.
Boss!) 1) Qiuteppe Carlo Aurelio, Baron de
B.» ital. Dichter, geb. 15. Nov. 1758 zu Turin,
unter Napoleon Verwalter von Flemont,
später Fräfekt im Depart. La Manche;
seit 1815 Im Ruhestand ; t ^* J^i^* ^^^^ bu
Paris. Sehr. Dramen und lyr. Gedichte
(bes. Oden). Auswahl 8. Aufl. 1816, 3 Bde.
— 2) Giuseppe, ital. Maler, geb. 11. Aug.
1777 zu Busto-Arsizio (Mailand); t 1816.
Trefft. Kopie von Leonardos Abendmahl.
Bossiren, s. Bosse.
Bossnet (spr. -süä), Jacques B^igne, franz.
Kanzelredner, geb. 27. Sept. 1627 zu Dijon,
ward 1670 Erzieher des Dauphin, 1681
Bischof von Moaux, verfasste die vier Ar*-
tikel betreffend die Freiheiten der gallikan.
Kirche , ward 1697 Staatsrath ; f 12. April
1704 zu Meaux. Verf. vieler Streitschriften
gegen die Protestanten, auch Gegner F6n6-
lons. Sehr. ,Histoire des variations des
Elises protestantes' (1688, 2 Bde.); ,Discour8
sur rhist. universelle, jusqu' k Tempire de
Oharlemagne* (1681 ; deutsch von Gramer mit
Fortsetzung 1757-86, 7 Bde.) ; Werke (1815 bis
1819, 46 Bde.). Biogr. von Bausset, übers, von
Feder (1820 f., 4 Bde.); B^aume (1869-70).
Bostandsehi (türk., d. 1. Gartenwache), die
militär. organisirte Serailwache des Sultans.
Bostandachibasehi , der Kommandant ders.
BostOB (spr. BasVn), 1) Hufenstadt in der
engl. Graffich. Lincoln, unweit der White-
mündung, 14,712 Ew. — 2) Hauptstadt voa
Massachusetts (Nordamerika), an der Botton»
bai, (1866) 192,S24£w. (etwa 30,000 Deutsche);
grosser, stark befest. Hafen, Werfte, sehr
beträchtl. Handel, bes. nach Ostindien (n. A.
mit Eis, Jährl. 4 Mill. Gtr. Ausfuhr), treff-
liche und zahlreiche wissenschaftl. An-
stalten, bedeutende Presse (die älteste Nord-
amerikas). Franklins Geburtsort. Gegr.
1630. Erster Ausbruch der Revolution 1773.
— 8) Stadt in der Republik Liberia (Ober-
guinea); Kolleg, Bibliothek etc.
Bostra (a. G.) , Stadt im peträischen
Arabien, von Alexander d. Gr. wie von
Jud. Makkabäus (150 v. Chr.) erobert, später
Hauptst. der röm. Prov. Arabien, auch
Bischofssitz (244 das bo»traniache Koticü geg.
die Beryl Hauer); jetzt Bo$ra in Hauran.
Boswell (spr. Bossuel), 1) James, engl.
Schriftsteller , ^eb. 29. Okt. 1740 zu Edin-
burgh, lebte später zu London; t 1^* ^<^>
1795. Sehr. ,Life of S. Johnson* (1791 u. öfter).
— i) Alex., Sohn des Vor., geb. 1775, seit
1821 Baronet, f 26. März 1822; Verf. vieler
volksthüml. Schott. Lieder (,Songs, chi^y
in scottish dialect', 1803), Herausgeber meh-
rerer Werke der altern schott. Literatur.
Boswellia Boxb., Pflanzengattung der Bur-
seraceen, balsamische Holzgewäohse. B.
papyrifera Höchst., B. floribunda Bojfie,
Waldbaum im NO. Afrikas, B. sacra «. «p.
an der mittleren Sudostküste Arabiens
liefern den Weihrauch; B. serrata Boxb. in
Vorderindien den indischen Weilirauch.
Bosworth (spr. Bossuördh, Market- B.),
Marktfl. in der engl. Grafschaft Leicester;
hier 22. Aug. 1485 Behlaeht , in welcher
Richard HI. Krone und Leben verlor.
Bota (Both), Mass für span. Weine, In
Danzlg = 2 Oxhoft =418,2 Liter; in Ham-
burg das B. Sekt = 120—130 Stübchen , da»
B. Malvasier = 140 Stübchen ; in Riga das
B. span. Sekt = 12 Anker = 459 Liter; in
Malaga = 30 Arrobas = 484,1 Liter.
Botanik (gr.), Pflanzenkunde, hat die Er-
forschung des Pflanzenreichs nach allen Be-
ziehungen zur Aufgabe, zerfällt in reine
(Wissenschaft!.) und angeutandte B., ei*stere
wieder in allgemeine und specielle. Jene be-
handelt die den Pflanzen als solchen ge-
meinsamen Bildungsgesetze und Lebenserr
scheinuugen; diese betrachtet die einzelnen
Pflanzeuformou in ihrer Eigenthümlichkeit
und nach ihren gegenseitigen Beziehungen.
Die allgem. B. umfasst: die Morphol<^e,
d. h. die Lehre von der äussem'Gestalt und
Bildung der Organe (nebst Terminologie), die
Anatomie, Phytotomie oder Hlsto4ogie, d. h.
die Lehre vem innem Bau der Organe, di»
Pflanzenchemie, d. h. Lehre von der stoff-
liclien Beschaffenheit der PflanzensubstanZy
und die Physiologie, Phytonomie , d. h. die
Lehre von den Lebensverrichtungen (nebst
Pathologie, d. h. der Lehre von den Krank-
heiten der Pflanzen). Die specielle B. um-
21*
824
Botanyb&i — Bottesini.
fksst: die Pflansenbesohreibiuig (deskriptive
B.)i die Systemkunde (Taxonomie) und die
PflanBengeographie. Die angewandte B. be-
0oli&ftigt sich mit den Besiehnngen des
Pflanzenreichs aam prakt. Leben (medlci-
nlsche, Forst-, 'ökonomische, industrielle,
Oartenbotanik). Die ersten Pflanzenkundigen
waren die Rhlaotomen oder Sammler von
Ansneikr&utem. Aristoteles beschäftigte sich
Buerst wisseuschaftl. mit den Pflanzen. Die
ältesten botan. Schriften rühren aber von
Theophrast und Dioscorides her. Letzterer
blieb Autorität bis auf Otto Brunfels (1530),
-welcher genaue Beschreibungen Vaterland.
Pflanzen nebst Abbild, lieferte. Gesner und
ۊsalpinns benutzten zuerst die Befruch-
tnngsorgane zur Klassifikation, während Lo-
bellus 1570 zuerst natürl. Familien aufstellte.
Zu Ausgang des 16. Jahrh. wurden die ersten
botan. Gärten angelegt. Die Gebr. Bauhin
machten sich um Beschreibung und Syste-
matik verdient; Grew (1670), Malplghi (1671)
und Leeuwenhoek (1675) studirten den Bau
der Pflanzen mit dem Mikroskop. Haies
(1727) machte Versuche über das Aufsteigen
des Saftes. Toumefort (1719) begründete ein
neues System und führte den Gattungsbegriff
ein. Zahb*eiche Beisen vermehrten das be-
kannte Material, welches Linn6 durch ge-
rogelte Nomenklatur, streng wissenschaftl.
Charakteristik und durch sein Sexualsystem
beherrschen lehrte. Im Gegensatz zu ihm
stellte Jussieu sein natürliches System auf
(1789), welches die Basis weiterer Bestre-
bungen wurde, so von DecandoUe (1813),
Oken (1821), Reichenbach (1828), Endlicher
und Unger (1838), Willkomm (1854). Decan-
doUe und Brown lehrten die Einheit in
der Mannichtaltigkeit der Pflanzenorgaue
und ihrer Formen kennen. Anatomie und
Physiologie, durch Mirbel und Treviranus
wieder angenommen, wurden durch Meyen,
Brongnlart, Mohl, Unger, Schieiden, Schacht,
Nägeli, Hofmeister, de Bary, Sachs u. A.
ausserordentlich gefordert und nehmen. ge-
genwärtig das grösste Interesse in Anspruch.
A. V. Humboldt begründete die Pflanzen-
geographie, welche seitdem durch Schouw,
Wahlenberg, Meyen, Grisebach ausgebildet
wurde, während Brongnlart, Unger, Göppert,
Heer die Geschichte des Pflanzenreichs er-
forschten. Hand- u. Lehrbücher der B. liefer-
ten: BUehoff (1834—39, 3 Bde.), DecandoUe
(1835), Juuieu (1835), Endlicher und Unger
(1843), BchUiden (4. Aufl. 1861), KüUing 1851-
1852, 2 Bde.), iSocA« (2. Aufl. 1870), TA<>m^(1869).
BotanjbUj Meerbusen an der Ostküste
Australiens, südl. von Sidney.
BotanybailiArz, s. Gummi, auatralUchea.
Boturga(f^. boutarge, spr. butarsch), gesal-
zener und In Essig eingelegter Rogen der
Meeräsche und des Sanders, Ausfuhrartikel
der Provence, Sardiniens, Dalmatiens und
Alexandrias. [mm Transport des Weins.
Botas (span.), bockledeme Weinschläuche,
'BoXhfAndrie» und Jan, zwei niederl. Maler,
aas Utrecht, geb. 1609 und 1610, Schüler Albr.
Bloemerts, gingen nach Rom, wo sich der
Aeltere der Porträt- und Genremalerei wid-
mete, dertTüngere bes. in der Landschafterei
Ausgezeichnetes leistete. Andries ertrank
1650 in Venedig; Jan t IföO zu Utrecht.
BothiiU (lat.), im Mittelalter die Küsten-
länder des bottnischen Meerbusens.
Bothwell (spr. Bassuell), Dorf in der
Schott. Grafsch. Lanark, amClyde; Ruinen
des ScMonee £., wohin Bothwell die Maria
Stuart entführte. An der JS.brücke wurden
21. Juni 1679 die schott. Covenanters von
den Königlichen besiegt.
Botokttdem , wildes ludiauervolk in Bra-
silien , zwischen Rio Doce und Rio Pardo.
Botoschanl, Stadt in der Moldau, am
Flusse B., 27,147 Ew., bedout. Handel.
Botschafter, s. Gesandte.
Botochka, Tonne, russ. FIfissigkeitsmasSi
491,96 Liter = 429,64 pr. Quart.
Botta (Fass) , Weinmass , in Rom =: 16
Barili = 933,44 Liter; in Venedig = 5 Bi-
gonze = 643,86 L. ; in Spanien = 30 Cah-
taros = 484,11 L. ,
Botta, 1) Carlo Giuseppe Guglielmo , ital.
Dichter und Geschichtsclu'eiberi geb. 6. Nov.
1766 zu San Giorgio del Ganavese im Piemon-
tesischen, 1800 Mitglied der piemontesischen
€k>nsulta, dann des gesetzgebenden Körpers
zu Paris, nach der Restauration der Bour-
bonen Rektor der Akademie zu Ronen;
t 10. Aug. 1837 zu Paris. Sehr. ,Storia
d'Italia dal 1789 al 1814* (1824: deutsch von
FUrtter 1827 — 31, 8 Bde.); ,Storia d'Italia
dal 1490 al 1814' (1832, 20 Bde., enthaltend
Guiociardiuis Werk 1490 — 1534, B.s Forte.
dess. 1535-1789 und die ,Storia d'Italia*);
das Epos ,11 Gamillo o Vejo oonquistata'
(1816). Biogi*. von DionisoUi (1868). — 2)
Paul Emil, Sohn des Vor., her. Reisender,
geb. um 1805, machte eine Reise um die
Welt, nahm 1830 von Aegypten aus als Arzt
an einer Expedition nach Senaar Theil, be-
reiste 1837 Arabien; ward später als franz.
Konsularagent nach Mossul gesendet, wo er
1843 Ausgrabungen begann und die Ruinen
von Kiniveh entdeckte; seit 1847 franz. Ge-
neralkonsul in Jerusalem, seit 1857 zu Tri-
polis; t Anfangs April 1870 zu Acherts bei
Polssy. Sehr. ,Relation d'un voyage dans
rY6men' (1844) und ,Monument de Niniv6S
Prachtwerk mit Zeichnungen von Flandin
(1846—50, 5 Bde.), für die assyr. Alterthums-
kunde sehr wichtig.
Bottelier (fr.), Speisemelster, vertheilt
■lie Lebensmittel an die Mannschaft der
ScliifTe in der Bottlerei (Speisekammer) und
hat die Aufsicht über dies Lokal.
Betten, früher Name der Küstengegenden
am bottn. Meerbusen: Westerbotten (die
jetzigen schwcd. Laus Pite& u. Umeä) und
Osterbotlen (diefinu. Küste Wasau. Uleaborg).
Bottendorf, Dorf im preuss. Regbz. Merse-
burg, an der Unstrut, 1066 Ew. Salpeter-
und Kupfei'gruben.
Bottensee , See im schwod. Län Marie-
stad, bei Karlsborg, mit dem Wettomsee in
Verbiuduug stehend.
Bottesini, Giovanni, Virtuos auf dem
Kontrabass, geb. 1823 in Crema, bereiste
Amerika und England, seit 1863 Kapell-
meister in Barcelona. Auch Komponist
(Koncerte, Opern, Quartette).
Bottiäa — Bouille.
825
Bottlla (a. G.)f Landscb. im südl. Mace-
donien, mit den Städten Ichna nnd Fella.
Botticeiiiy Sandra, s. FUipepi.
Bottlereiy s. Bottelier,
Bottnischer Meerbusen, der nördlichste
Theil der Ostsee, zwischen Schweden und
Finnland, 80 Meil. lang, 80 — 30 Meil. br.,
bis 50 Faden tief, mit zahllosen Eilanden,
Klippen (Scheeren) n. Sandbänken, bedeckt.
Der südl. Theil Bollen -Hajvei, der nördl.
Bollen- Viken, dazwischen dieQuarkeustrasse.
Bottirar, Stadt, s. Oro$iboUvMsr,
Botz&rls (Botatarin), Marko, Held des
griech. Freiheitskampfes, geb. um 1788 aus
einer ber. Suliotenfamilie, nahm 1822 ruhm-
vollen Autheil am griech. Aufstand ; f ver-
wundet Aug. 1823 zu Missolunghi. Noch
jetzt in Liedern gefeiei*t. Sein Bruder Ko$ta
£., ebenfalls griech. Freiheitskämpfer, f
13. Nov. 1853 in Athen als Q«neral und
Senator. Markos Sohn, Dimitri B,, Oberst,
-war seit 82. Juni 1859 Eriegminister.
Botzen {Boten, ital. Botzano) , Stadt in
Tirol, Kr. Brizen, in herrl. Lage, am Ein-
fluss der Talfer in die Eisack, 8103 Ew.
Dom; bed. Handel. 1809 erstürmt.
Boucanien (fr.), s. Flibu$tier.
Bouchain (spr. Buschäng), feste Stadt im
franz. Dep. Nord, an der Scheide , 1246 Ew.
Boucbardon (spr. Buschardong) , Edme,
franz. Bildhauer, geb. 29. Mai 1698 zu Chau-
mont, t 27. Juli 1762 zu Paris. Hauptwerke
die Fontaine des Grenelles in Paris und die
(1792 zertrümmerte) Beiterstatue Ludw. XV.
Bonehardy. «ToAcph, franz. Bühnendichter,
geb. 1810 zu Paris, sehr, geroeinschafbl. mit
£. DcUigny Spektakelstücke für die Boule-
vardtheater: ,Ga8pard le pdcheur' (1837),
,Le Sonneur de St. Paul' (1838), ,Lazare le
pätre* (1810) u. a., die grossen Beifall fanden ;
t 28. Mai 1870.
BODCher (spr. Busch 6h), 1) Franfois, franz.
Maler, geb. ^.Sept. 1703 zu Paris, f 30. Mai
1770; äusserst fruchtbar, zu seiner Zeit de^
,Maler der Grazien* genannt. — 8) Alexandre
Jean, ber. Violinist, geb. 11. April 1770 in
Paris , war von 1797 — 1804 in Madrid , be-
reiste Italien , Deutschland , England und
Bussland ; f 27. Dec. 1861 in Paris.
BoQChes au Bhone (spr. Busch du Rohn),
franz. Depart., s. Bhonemündungen.
Bouchet (spr. Buscheh) , Frid4rio Julee,
Architekt und Zeichner, geb. 1799 zu Paris,
beaufsichtigte 1829—37 den Bau der grossen
Bibliothek, 1842-43 des napoleon. Grab-
monuments im Invalidendom; f 22. Jan.
1860. Aquarellen antiker Bauten.
Boucicanit (spr. Bnsikoh), Dion, engl.
Bühnendichter u. Schauspiel^*, geb. 26. Dec.
1822 zu Dublin, tn,uz. Abkunft, bereiste
seit 1853 Nordamerika, lebt seit 1860 wieder
in England. Unter seinen zahlr. Theater-
stücken am beliebtesten das Lustspiel «Lon-
don Assurance' (1841) und die Schauspiele
,Oolleen Bawn* (dem irischen Volksleben
entnommen) und ,The Octoroon' (das ame-
rikan. Sklavenleben behandelnd, 1861).
■ Boudoir (fr., spr. Bndoahr), Scbmoll-
-wl&kel; kleines Damenzimmer.
Bwärf (spr. Bud-), Stadt Im Kanton
Neuenburg, unweit des neuenburg^ Sees, an
der Reuse, 1530 Ew. Trefflicher Bothwein.
Bonet- WiUaamez (spr. Bueh-Wil^omeh),
Louis Edouard , Graf, franz. Admiral , geb.
24. April 1808 bei Toulon, ward 1844 Linien-
Schiffskapitän und Crouvemeur der franz.
Besitzungen am Senegal , leitete 1849 den
Transport der franz. Truppen nach Rom,
1854 als Gontreadmiral die Ausschiffung
der franz. Truppen 11. Sept. 1854 In der
Kalamitabai, war beim Angriff der allilrten
Flotten auf Sebastopol betheiligt, erhielt
1859 das Kommando über das Belagerungs-
geschwader im adriat. Meere, ward 1&60
Viceadmiral, 1865 Senator, Juli 1870 mit dem
Oberbefehl über das in die Ostsee gehende
Panzergeschwador betraut, legte ihn Okt.
nieder. Sehr. ,La flotte fran^aise et les
colonies eu 1852* (1855) u. A.
BOttfarik, alter arab. Markt in der Prov.
Algier, in der Metidscba, 7265 Ew.
Bougfdnville (spr. Bugängwill), Loni$ An-
toine de , ber. franz. Seefahrer, geb. 11. Nov.
1729 zu Paris, Aiuglrte seit 1756 in Canada
als Adjutant des Marquis von Montcaliu,
machte 15. Dec. 1766 bis 16. März 1769 eine
^ise um die Erde , befehligte im nord-
amerikan. Krieg mehrere Linienschiffe,
wurde 1780 Marichal-de-camp in der Land-
armee, lebte nach demAusbruqjb der Revo-
lution zurückgezogen ; f 31. Aug. 1811. Sehr.
,Description d'un voyage autour du monde*
(1771-72. 2 Bde.; deutsch 1783).
Bonghion (spr. Buht'n), nordamerlkan.
Ifaler, aus Albany gebürtig, verweilte 1860
längere Zeit in der Bretagne. Landschaften
(Winterzwielicht) und Genrebilder (Gang
durch den Roggen, Weihnachtsmesse etc.).
Boagie (fr., Kerze), cylindrisches Stäbchen
zur Erweiterung von Kanälen, z. B. der
Harnröhre, entweder aus Wachs, Kaut-
schuk etc. (elastische B.^ oder aus Metall.
Bongner- (spr. Bugh6), Fierre, franz.
Mathematiker und Astronom, geb. 16. Febr.
1698 zu Croislc in der Bretagne, mass
1735—42 mit C^din und Gondamine einen
Mei'idiangrad in Peru, stellte Untersuchun-
gen an über die Intensität des Lichts , er->
fand das Heliometer ; f 15. Aug. 1758. Sehr.
,Th6orie de la fignre de la terre* (1749);
,Trait6 d'optique sur la gradation de la
lumi^re* (herausg. von Lacaille 1760); ,Tralt6
de navigation* (8. Aufl. von LaeaiUet 1769).
Bongverean (spr. Bugheroh), William
Adolphe y frans. Maler, geb. 1824 zu La Ro-
chelle, Schüler Picots, lebt in Paris.^Klrchen-
ansichten, Genrebilder, Porträts etc., Wand-
malereien im pompejan. Geschmack.
BouiUiet (spr. Buileh), Lonis, franz.
Dichter, geb. 1884 zu Gany (Dep. Nieder-
seine) , lebt seit 1851 in Paris. Sehr, die
Gedichte ,Melainls' (Gemälde aus dem alt-
röm. Leben) und ,Le8 fossiles' (1856) , die
Dramen ,Madame de Montore;', ,H61dne
Peyron' (1856), ,L*oncle Million' (1861)»
,Doloris' (1868) u. A.
Bouille, la (spr. BuUJ), Dorf bei Ronen,
an der Seine, 658 Ew. Ruine des Schlosse»
von Robert dem Teufel (3. Dec. 1870 von
den Preussen vorübergehend besetzt).
326
Boaüle — Bonrbaki.
Bovill^ (spr. Bn^6), Front. Claude Amourt
Marquis de , frans. General , geb. 19. Not.
1789 auf dem Schlosse Gluzel in der
Anvergue, ward 1768 Crouvemeur in West-
indien nnd G^nerallientonant, 1787 und 1788
Mllclied der Notabein, 1790 Qeneral en chef
der Armee von der Maas, Saar u. Mosel. In
den Plan zur Flucht des Königs ans Paris
«ingeweiht, eilte er, nachdem der König
SU Varennes angehalten worden, mit dem
BegimentRoyal-AlIemand zu dessen Rettung
herbei, kam aber zu spät nnd musste mit
seinem Stab in die Österreich. Niederlande
fliehen. Seit 1791 in Diensten Gustavs lU.
▼on Schweden, trat er nach Ermordung des-
selben in das Corps des Prinzen von Gond6;
1 14. Not. 1800 in London. Sehr. ,M6moires
8ur la r^Yolution fi'ancalse' (engl. 1797;
deutsch 1798; franz. 1801).
Boaliier (spr. Bnlljeh), Franeieque, franz.
Philosoph, geb. 12. Juli 1813 zu Lyon, ward
1839 Prof., 1856 Präsident der kaiserlichen
Akademie das. Sehr. ,Histoire 6t critiqne
du Cart68ianisme< (184S); »Hist. de la phil.
«art6sienne' (1854, 2 Bde.); ,De l'unit« de
l'ftme pensante et du principe vital* (1858).
Bonillon (fr., spr. Bulljong), Fleisch-
brühe, mehr Reiz- als Nahrungsmittel.
Nährende B. für Kranke nach Liebig aus
Va Pfd. zerhacktem Fleisch, 4 Tropfen Salz-
säure, Vs — 1 Quentchen Kochsalz und IVs
Pfd. destillirtem Wasser kalt zu bereiten.
Bouillon (spr. Bulljong, deutsch JBeulin),
Stadt im belg. Luxemburg, an der Semoy,
^65 Ew.; Schloss OoUfriede von B, (s. d.).
BovUlOBtafeln , Suppentafeln , Tafel-
bouillon, eingedampfte fettfr«ie Fleisch-
brühe, vom Fleischextrakt (s. d.) durch
Leimgehalt unterschieden.
Boully (spr. BuIJi) , Jean Nicola», franz.
Buhnendichter, geb. 1763 zu Gondray bei
Tours, t 24. April 1842 zu Paris. Verf.
der bekannten Stücke ,L*abb6 de TEpie*
deutsch von KoU^bue 1800); ,Le8 deux
Joumdes* (,Der Wasserträger* , komp. von
Oherubini), ,Fanchon* (deutsch von KoUdme
180^), ,Les deux pdres* (deutsch von HM
1808), ,Madamo de Sevign6* (deutsch von
Iffland 1809); sehr, ausserdem die oft auf-
gelegten ,Gonte8 Offerts aux enfans de
Franee* und ,Gonseils k ma Alle*.
Bonlanger (spr. Bulangscheh) , 1) Louia,
franz. Maler, geb. 1807 in Piemont, f 1867
als Direktor des Museums zu Dijon. Nam-
hafter Vertreter der Romantik, ungewöhn-
liche ers<üiüttenide Wirkungen erstrebend.
Mazeppa, Judith, Lucr. Borgia, Romeo und
Julie u. A. Auch treifl. Porträts. — 2) Bu-
dolphe, franz. Maler, geb. 1824, lebt in Paris ;
behandelt meist antike und oriental. Stoffe.
BovUy de U Hevrtlie (spr. Buläh d'la
MiArth), 1) AfUoine Jacqw» (Haude Jo$eph,
Graf, ftttnz. Staatsmann, geb. 12. Febr. 1761
SU Ohaumonsey In den Vogesen, 1797 Mit-
Slled des Raths der Fünfhundert, nach deift
taatsstreich vom 18. Brumaire Präsident der
legislativen Sektion des Staatsraths, wesent-
lich betheiligt an der Redaktion des CSode
oivlle, 1814 Mitglied des Regentschaftsraths ;
t 4. Febr. 1840 zu Paris. Sehr. ,Tableau
Solltique des rignes de Charles II et de
acques II' (1818, 2 Bde.) u. A. — 2) Btnri,
Sohn des Vor., geb. 15. Juli 1797 zu Paris,
ward 1837 Mitglied der Kammer, 1848 der
Nationalversammlung, gemässigter Republi-
kaner, 20. Jan. 1849 zum Vlcepräsldenten
der Republik erwählt, fugte sich in den
Staatsstreich vom 2. Dec. 1851, nahm dann
Theil an der sogen. Konsultativkommission,
ward 1852 Senator; f 24. Nov. 1858 zu Paris.
Boulevard {Boulevari, fr., spr. Burwahr),
eigentl. Bollwerk, in Frankreich die Wälle
vormals befestigter Städte, welche nach
ihrer Abtragung und nach Ausfüllung der
dazu gehörigen Gräben in Promenadenwege
verwandelt sind. Ber. die B.s von Paris.
BoMlOgne (spr. BulonJ), Marktfl. südwestl.
bei Paris, an der Seine, 17,343 Ew. Roth-
schilds Schloss. Dabei das houlogner Hüt-
chen (Bois de B.) , reizender Park mit dem
Hippodrom und Akklimatisationsgärten.
Bonlogne- svr-mer (spr. BulonJ-sür-mähr,
das alte Gesoriaeum, später Bononia), feste
Seestadt im franz. Depart. Pas de Calais,
an der Mündung der Liane, 40,251 Ew.,
Hafen, Seebäder, starke Fischerei, bedeut.
Handel. Dabei die 157' h. Marmorsäule zu
Ehren Napoleons I. Ludwig Napoleons ver-
fehlte Expedition 6. Aug. 1840.
Boulton (spr. Bohlt'n) , Matthew , engl.
Mechaniker, geb. 3. Sept. 1728 in- Birming-
ham, baute mit Watt Dampfmaschinen und
wandte dieselben zuerst auf die Münzen-
fabrikation an. Erfand die Kunst, Gyps zu
vergolden (boultonscher Schmuck); f 17. Aug.
1809 zu Handsworth bei Soho.
Bonmann (spr. Bau-), Johannes, Bau-
meister, geb. 1706 zu Amsterdam, 1732 nach
Preussen berufen, f 1776 als Oberbau-
direktor zu Potsdam. Von ihm die franz.
Kirche, das berliner Thor zu Potsdam,
die Domkirche, Palast des Prinzen Heinrich,
die Universität, Münze etc. in Berlin.
Bovnty - Inseln (spr. Bauntl-), Gruppe von
13 Inseln im Grossen Ocean, Ostl. von Neu-
seeland. [Union*
Boaqaenom (spr. Bucknom), Stadt, s. Saar-
Bonqvet ^fr., spr. Bücket), Blumenstrauss ;
eigenthümlicher gewürzhafter Geschmack
und Wohlgeruch des Weins, von zusammen-
gesetzten Aethem herrührend.
BourbakI, Charles Denis Scaiter , franz.
General, geb. 22. April 1816 in PilHs (nach
And. in ^u), Sohn eines griech. Obersten,
ward 1836 Lieutenant in einem Zuavenregi-
ment, befehligte bereits 1846 das Turcos-
bataillon in Constantine. 1851 zum Oberst
des 1. Zuavenregiments und dann zum Bri-
gadogeneral aufgerückt, zeichnete er sich
im Krimkrieg an der Alma, bei Inkerman
und Sebastopol, sowie, 1857 zum Divisions-
general befördert, im ital. Kriege 1859 bei
Solferino aus. 18^ zum kaiserl. Flügelad-
jutanten ernannt, erhielt er beim Ausbruch
des Kriegs mit Deutschland Juli 1870 den
Oberbefehl über das Elitecorps der kaiserl.
Garden und führte dasselbe in den Schlach-
ten um Metz 14.— 18. Aug. Später mit sei-
nen Truppen hier eingeschlossen, begab er
sich in geheimnissvoller Mission zur Kai-
Bourbon.
827
«ertn Engenie nach Chiselhnrst, dann nach
Ttours. Von der prorisor. Begierung beauf-
tragt, organisirte er die Nordarmee und
übernahm dann den Oberbefehl über A Corps
im Osten. Sein Versuch, das deutsche Be-
lagerungscorps Yor Beifort von den Truppen
<les Generals Werder abzuschneiden, ward
■durch die Gefechte Tom 9., 15.— 17. Jan. 1871
Tereltelt. Vom Kommando zurückgetreten,
machte er einen Selbstmordrersuch. Seine
Armee, 84,000 Mann stark, ward grossten-
theils über die Grenze der Schweiz ge-
•drängt und hier entwaffnet.
Bovrbon (spr. Burbong). Insel, 8. Siunion.
Bourbon (spr. Burbong), altes franz. Ge-
flohlecht, mit dem der Gapetinger (s. d.)
verwandt, nach einer Burg in der Iiandsch.
Bonrbonnais genannt , hatte bis zur franz.
IReTolntion die meisten roman. Throne inne.
Ahnherr desselben ist Adhimar (um 921).
Sein vierter Kachkomme , ArcKamboMld 1,,
ihifirte seinem Namen den des Stammschlosses
hinzu. Archambaulds X. Tochter Beatrix
▼ermählte sich um 1272 mit Robert, dem
sechsten Sohne Ludwigs des Heiligen Ton
Frankreich , wodurch die B.s als Seitenlinie
des Geschlechts der Gapetinger nach Er-
löschen ded Hauses Valois rechtmässige
Ansprüche auf den Thron von Frankreich
erhielten. Roborts Sohn Ludwig I., gen.
der Hinkende , erhielt von König Karl IV.
1327 den Titel Beraog von B. Nach dem Er-
löschen der Hauptlinie des Hauses B. mit
Johann IL 1487 fielen Würden und Besitz-
thümer desselben^ an die Seitenlinie B.'
Beaujeu, zunächst anPeter, Grafen v. Bea^jeu.
Dieser, Günstling Ludwigs XL, vermählte
sich mit dessen Tochter Anna, war während
der Minderjährigkeit Karls Vm. einer der
Regenten des Reichs; t 1503. Gegen s^ne
Tochter Susanne trat Karl von B., Herzog
von Bourbonnais, der berühmte Gonnetable,
mit Erbansprüchen auf, vermählte sich aber
mit derselben und ward als Karl HI. Herzog
von B. Als er sich mit Kaiser Karl V.
gegen Frankreich verband , ward das Her-
zogthum 1523 zu Gunsten der Krone einge«
zogen. Unter den Seitenlinien erhielt die
Linie Vendöme die grösste Bedeutung. Die-
selbe stammte von Jakob von B., Grafen
von la Marche, dem zweiten Sohne Ludwigs
des Hinkenden, ab und gelangte durch
Heirath in Anton von B., Herzog von Ven-
döme , auf den Thron von Navarra , dann
nach Erlöschen des Hauses Valois durch
Erbrecht in Heinrich IV., dem Sohne Antons,
auf den Thron von Frankreich, später durch
Eroberung auch auf die Throne von Spanien
und Neapel. In Frankreich regierten die
B.s 1589—1830, mit Abrechnung der Zeit
1793 — 1814. Ihre Reihenfolge ergibt sich
aus folgender Stammtafel :
Heinrich IV. 1589 — 1610 , vei*mählt mit Maria von Medici.
I •
liUdwlg Xin. 1610 — 43, vermählt mit Anna von Oesterreich, der Tochter Philipps m.
von Spanien.
^ N
Ludwig XrV. 1643 — 1715, vermählt mit Marie Pliilipp L, Herzog von Orleans,
Therese von Oesterreich, Tochter Philipps V. von Stifter der Jüngeren bourbon. Linie,
t 1701, vermählt in 2. Ehe mit
Elisabeth Charlotte von der Pfalz.
Spanien.
I
Ludwig, Daupliin, t 17^1; vermählt mit Maria
Anna von Bayern.
Ludwig, Herzog Philipp, Herzog Charles, Herzog
von Bourgogne, von Anjou, 1700 von Berri,t 1714.
1 1712, vermählt König von Spa-
mlt Marie Ade- nien.
laide V. Savoyen.
Ludwig XV. 1715 — 74, vermählt mit Maria Lesz-
czlnska, Tochter des Königs Stanislaus von Polen.
1
Ludwig, Dauphin, f 1765, vermählt mit Maria Jo-
sephe^on Sachsen.
Philipp n., Herzog v. Orleans, wäh--
rend Ludwigs XV. Minderjährigkeit
Regent von Frankreich, f 1723.
Ludwig Philipp, Herzog von Or-
ions , t 17^8.
I
Ludwig Philipp, Herzog von Or-
16aus, t 1785.
1
Ludwig Joseph Philipp, Herzog von
Orl6ans, 1793 hingerichtet.
^ Ludwig Philipp,
Ludwig XVI. Ludwig Stanis- Karl Philipp, Herzog von Or-
1774—93, ver- las Xavier, Graf Graf von Artofs, Iftans, 1830 — 48
m&hlt mit Marie von Provence, regierte 1824—30 König der Fran-
Antoinette von regierte 1814 bis
Oesterreich. 1824 als Ludwig
xvra.
Adelaide, Made-
moisell^ d^Or*
löans, t 18^7.
als Karl X. zosen, f 1850.
Ludwig Anton, Herzog Karl Ferdinand,
von AngoulSme, bis Herzog von Berri,
Ludwig (XVn.), Marie Therese 1830 Dauphin, t l«**« 1^20 e;-niordet.
Dauphin, 1 1795. Charlotte, Her- ^
zogln von An-
goul^me, t zu
Frohsdorf 1851.
Marie Luise The- Heinrich Karl Ferdi-
rese, Herzogin von nand Marie Dien-
Parma, f 1864.
donn6, Herzog von
Bordeaux, später
Graf von Chambord,
der sog. Heinrich V.
328
Bourbon — Bourqueney.
BonrllOli (spr. Bnrbong), 1) Charles, Herzog
von l^rlMmnais, genannt der Oonnetable
Ton B., geb. 17. Tebr. 1490, Sohn des Grafen
Ton Moutpender, Tereinigte als Erbe seines
Uteren Bruders n. durch seine VermähluDg
mit Susanne von Bourbon die Besitzthümer
arvreier Linien des bourbon. Hauses, schlug,
Ton Frans I. zum Connotable ernannt, die
Schweiser bei Marignano (1515) , eroberte
Mailand , schloss , von des Königs Mutter,
Luise »von Savoyen , deren Hand er auS'
geschlagen, durch Voreuthaltung der von
seiner Gemahlin und Schwiegermutter er-
erbten Güter gekränkt, insgeheim ein Bund-
niss mit Kaiser Karl Y. und Heinrich VUI.
Ton England, focht bei Pavia gegen Franz I.,
sog, von Karl Y. in Stich gelassen, mit
Soldatenbanden auf eigne Hand gegen Rom
und fiel beim Sturm auf die Stadt 6. Mai
1527. — 2) Luis Maria von B., Infant von
Spanien , Kardinal und Erzbischof von To-
ledo , geb. 82. Mai 1777 , Sohn des Infanten
liUis , eines Bruders Karls HI. von Spanien,
sanktionlrte, während Napoleons I. Invasion
Präsident der Regentschaft von Gadiz, die
Beschlüsse der konstituirenden Cortes, 1820
Präsident der provisor. Regierungsjunta und
Staatsrath ; f 19. März 1823. - 3) Heinrich
Maria Ferd. von B,, Herzog von Sevilla,
]ßruder desG«mahls der Exkönigin Isabella,
geb. 17. Api-il 1823, f 12. März 1870 in Folge
eines Duells mit dem Herzog v. Montpeusier.
Bourbon l'Archambaiilt (spr. Burbong-Lar-
schangboli), Stadt im franz. Dep. Allier, bei
Moullns, 8466 Ew. Heisse Schwefelquellen.
Buiuen des Stammschlosses der Bourbonen.
Bonrbonnais (spr. Burbonnä), Laudsch.
im mittlem Frankreich, nördlich der Au-
Tergne, 146 QM.; Hauptort Moulins. Yon
1327 — 1523 eine besondere Grafsch.; später
Prov. Frankreichs, die das Jetzige Depart.
Allier u. Theile des Depart. Ober umfasste.
Bovrbonne les Balns (spr. Burbonn lä
Bang), Stadt im fl'anz. Depart. Obermame
(Champagne), anderApance, 4053 Ew., her.
Mineralquellen (40—520 R.), als Aqwxe Bor-
vonii schon den Römern bekannt.
Bourbon Yendee (spr. Burbong Wangdeh),
8. Ifapolion Vendie.
Bourbonle (spr. Bnrbnhl), Badeort im
franz. Depart. Puy de D5me , an der Dor-
d<mie; alkal. Kochsalzquellen (251/9° &.)•
Bourdalone (spr. BurdSluh), Louis, Kanzel-
redner, geb. 20. Aug. 1632 zu Bourges,
Jesuit, ward 1686 nach Languedoc gesandt,
um die Protestanten für die kathol. Kirche
zu gewinnen; f 13. Mai 1704 zu Paiis.
»Oeuvres*, herausg. von Didot (1840, 3 Bde. ;
deutsch 1847 flf.). Biogr. von St,-Amand (1842).
Bonrdon (fr., spr. Burdong, Bordun), die
tiefste der gedeckten Flötenstimmen (16-
oder Sfüssig) in der Oi-gel ; ein sogen. Hum-
inelbass, der immer denselben Ton gibt.
Boorg-en-Bres86 (spr. Burgh-ang-Bräss),
Hauptst. des franz. Depart. Ain (Burgund),
an der Reyssouse, 18,733 Ew.
Bourgeoisie (fr., spr. Burschoasih), in
n-ankreich die Bürgerschaft als Stand oder
Volkaklasse, begreift die selbständigen
Handwerker, Handels- u. Kaufieute, Künst-
ler, Rentiers, An walte etc., überhaupt di»
Inhaber eines festen und sicheren Einkom-
mens im Gegensatz zu dem Adel, den
Bauern , den Arbeitern und Proletariern.
Bourges (spr. Bursch), Hauptst. des franz.
Depart. Gher, am Auron, 30,119 Ew. Ber.
grosse Kathedrale; Museen. Im Alterthum
AvaricHm oder Bituri^im, die Hauptst. der
gallischen Bituriges; unter Augustus stark
befestigter Hauptort der röm. Prov. Aqul-
tania; im Mittelalter Hauptst. des Herzc^*
thums Berri. 1438 das. wichtige Kirch en-^
Versammlung, die Beschränkung derpäpstU
Macht betreffend.
Bourget. Ze (spr. 15 Burscheh), Dorf nord-
östl. bei Paris; während der Belagemng-
von Paris SO. Okt. u. 21. Dec. 1870 Schauplats
heftiger Ausfallsgefechte, die Deutschen
(preuss*. Garde) Sieger. [Oourtois,
Boui^gnon (spr. Burschinjong), Maler, s.
Bonrgignons (fr., spr. Burschinjong), in
Frankreich seit 1411 Partei des Herzogs
von Burgund, gegenüber den Armagnacs.
Bonrgogue (spr^ Burghonj), franz. Name
von Burgunid.
BourgOgne (spr. Burghonj), Louis, Herzog
von, Enkel Ludwigs XIY. von Frankreich,
geb. 6. Aug. 1682 zu Yersailles, nach dem
Tode seines Yaters Louis Dauphin von
Frankreich, Yater Ludwigs XY., Zögling
F6n61ons, bigott, vermählt mit der Prin-
zessin Adelaide von Savoyen, trotz seiner
Unfähigkeit 1701 zum Generalissimus der
Armee in Deutschland, 1702 in Flandern
ernannt; f 18. Febr. 1712.
Bourgoin (spr. Burgoäng), Thirese Etien-
nette, franz. Schauspielerin, geb. 1781 zu
Paris , spielte in Erfurt zur Zelt des Kon-
gresses; t 11' Aug. 1833.
BouEgraves (d. i. Burggrafen), Spottname
der Führer der Legitimisten u. Orleanisten
(Thiers, Mol6, Berryer, Mentalem bert etc.),
aus einem Drama Yictor Hugos entlehnt.
Bourmont (spr. Burmong), Louis Auguste
Victor de Gaisne, Graf von, franz. Marschall,
geb. 2. Sept. 1773 auf dem Schloss Bour-
montin Anjou, emigrirte, diente unter Oondd,
schloss sich später an Napoleon I. an und
machte die Feldzüge von 1813 und 1814 als
Brigadegeneral mit. Obwohl er sich 31. März
1814 für die Boui'bons erklärt hatte, übernahm
er nach Napoleons Rückkehr von diesem das
Kommando der 2. Division der Moselarmee
in Flandern, verliess#ber am Yorabend der
Schlacht bei Ligny das Heer und trat zu
den Preussen über. Nach der zweiten
Restauration ward er Sept. 1815 Befehls-
haber einer Division derköpigl. Garde, 1823
Oberbefehlshaber der franz. Truppen in
Andalusien und Pair, 1829 Kriegsminister,
Mai 1830 Oberbefehlshaber der zur Laudung
in Algier bestimmten Tmppen, nach der
Eroberung der Stadt Marschall. Nach der
Julirevolution begab er sich nach England
zu der vertriebenen königl. Familie. 189S
ward er vom Prätendenten Dom Miguel
von Portugal an die Spitze seiner Ti*uppen
berufen; t 27. Okt. 1846 zu Bourmont.
Bourqueney (spr. Burk'neh), Franfoi»
Adolph«, Baron von, franz. Diplomat, geb»
Bourree — Bowring.
329
7. Jan. 1800 sn Paris, nach der Julirevolutlon
Gesandtschaftssekretar und 1840—42 Ge-
schäftsträger am engl. Hofe, dann 1844—55
Gesandter in Konstantinopel ; wohnte dem
pariser Kongresse bei, ward 1856 Senator und
Amgirte bis sum Ausbrach des ital. Kriegs
als Botschafter in Wien; f 26. Dec. 1869.
Bourree (apr. Burreh), Teralteter franz.
Tans, Ton massiger Bewegung, aus 2 Theileu
von je 8 Takten (^/a- oder *k' Takt) bestehend.
Bourrienne (spr. Burriänn), LouisAntoin«
Fauvelet de, geb. zu Bens 9. Juli 1769,
besuchte mit Napoleon die Kriegsschule zu
Brienne, seit 1797 dessen Sekretär, 1801
Staatsrath, 1801 Gesandter in Hamburg,
trat zu den Bourbons über, wurde von Lud-
wig ZVIU. zum. Polizeipräfekten von Paris
und nach der zweiten Restauration zum
Staatsminister ernannt. Als Depatirter 1815
bis 1821 Gegner aller liberalen Staatsein-
richtungen; t geisteskrank 7. Febr. 1834 zu
Oaen. Sehr. ,M6moires sur Kapol6on, le
Directoire, le Gonsulat, TEmpire et la
Bestauration* (1829, 10 Bde.).
Boimault (spr. Bur^h), Edme, franz.
Dramatiker, geb. im Okt. 1638 zu Mucit
l'Evdque in Burgund, bekleidete eine Stelle
am Hofe Ludwigs XIV., f 15. Sept. 1701 als
Steuereinnehmer zu Hontlufon. Gegner
Molidres, fiind Beifall mit sogen. Schub-
ladenstücken (bes. ,Le Mercure galant',
,L'Esope & la cour'). ,Th6atre de B.* (1725,
3 Bde.). Sehr ansprechend sein Briefwechsel
mit Babet, seiner Geliebten: ,Lettres de
respect, d'obligation et d^amour' (1666).
Bonne (fr., spr. Burs), Seckel, Börse.
Soursier, Schatzmeister.
Bonrtanger Hoor^ früher Morast in der
nlederländ. Prov. Groningen^ 12 St. I., jetzt
durch Entwässerung fast ganz in Weideland
Ter wandelt ; darin die B.-8ehanze mit 260 Ew.
BODSSingault (spr. Bussängoh), Jean Bap-
tute Joi^ph Dieudonni, firanz. Chemiker und
Agronom, geb. 2. Febr. 1802 in Paris, be-
reiste Südamerika, dann Prof. der Chemie
in Lyon, verdient durch chemische, physi-
kalische n. physiolo|i;ische Untersuchungen.
1839 in das Institut berufen. Sehr. ,£co-
nomie rurale* (2. Aufl. 1849, 2 Bde. ; deutsch
von Gr'dger 1844—45, 2 Bde.); ,M6moire8
de ohimie agrlcoie et de physlolpgie' (1854) ;
mit Duvtuu ,Essay de statistique chimique
des £tres orgaids6s' (8. Aufl. 1841).
BongsingAultia H. B., Pflanzengattung der
Chenopodeen. B. baselloides H. B., Schling-
pflanze in Quito, mit essbaren Knollen.
Bonssole, s. Kompaa$.
Bovtenrek, 1) Friedr,, philos. n. ästhet.
Schriftsteller, geb. 15. April 1765 zu Oker
bei Goslar, seit 1797 Prof. der Philosophie
SU Göttingen; f ^t^* 9* Aug. 1828. Sehr.
.Lehrbuch der pbilosoph. Wissenschaften*
(2.. Aufl. 1820); ,Aesthetik* (6. Aufl. 1824);
«Geschichte der neueren Poesie und Beredt-
samkeit' (1801-19, 12 Bde.). — 2) Friedr,,
Bistorienmaler, geb. 1800 lu Tamowitz
(Schlesien), Schüler von Kalbe in Berlin
und Delaroche in Paris, ging 1886 nach
Italien, lebte später zu Berlin; f 1^7 in
Paris. Hauptwerke: Romeo und Julie,
Isaak und Rebekka, neapolitan. Soene, Jakob
und Kahel, Karl d. Gr. in Argenteuil u. a«
Boutä-rlm^s (spr. Bu-rimeh), gegebene
Reime zu einem Gedicht ; derartiges Gedicht.
Bottvlneg (spr. Buwihn), Ort im firanz.
Flandern, südöstl. von Lille; hier 27. Juli
1214 Sieg Philipp Augusts über den Kaiser
Otto IV. ; 18. Mai 1794 Sieg der ft'anz. Nord-
armee über die Oesterreiclier unter Kinsky.
BOQXWiller, Stadt, s. BucJuweüer.
Bot« , Stadt in der ital. Prov. Reggio, am
Jon. Meer, 2690 Ew., bildet mit 5 and. Orten
das sogen. ,paese greco' (mit bes. Dialekt).
Bovenden, Marktfl. bei Göttingeu, an der
Wemde, 1686 Ew. Nahebei das romant.
Thal Mariaspring und die Ruine Hwse.
BoveSj Stadt in der ital. Prov. Guneo»
8847 Ew., früher Festung.
BOTista (Bovist, Blutschwamm , Flocken-
etreuling), Gattung der Laubpilze. B. gigantea
Nee$, Lycoperdon bovista L., auf trocknen,
sandigen Stellen, zuweilen kopfgross; B.
plumbea auf Wiesen u. Triften, beide früher
als blutstillendes Mittel benutzt.
Boiriemesser (engl. Bowiekni/e, spr. Bohi-
neif), messerartigo Stichwaffe, benannt nach
Tim Bowie, renommirtem amerikan. Jäger
und Fechter, im S. und W. der Union als
persönliche Schutzwaffe gebräuchlich.
Bowle (engl., spr. Bohl), Napf, Terrine;
auch der Inhalt einer solchen.
Bowles (spr. Bauls), William Lide, engl.
Dichter, geb. 25. Sept. 1762 zu Kings-Sntton
(Grafsch. Northampton) , f 7. April 1850 als
Kanonikus zu Salisbury. Unter seinen
,Poems< (1855, 2 Bde.) sind die .Sonetts*,
,Hope', ,Coombe Ellen* und ,Spirlt of disco-
very by Sea' hervorzuheben. Gab Popes
Werke (1806, 10 Bde.) heraus.
Bowlinggreen (engl., spr. Bohlinggrihn),
grüuer, kurz geschorner Rasenplatz.
Bowness (spr. Bau-), Dorf am See Winder-
meer in England, vonReisenden viel besucht.
Bowring (spr. Bau-), Sir John, engl.
Staatsmann, Reisender und Schriftsteller,
geb. 17. Okt. 1792 zu Exeter, bereiste im
Auftrag der Regierung zu Erforschung der
Handelsverhältnisse den deutschen Zoll-
verein, Italien, Aegypten und Syrien, sass
1832—37 u. 1841—49 im Unterhause, schloss
sich der Anticomlawleaguo an u. kämpfte
für den Freihandel, ward 1849 Konsul in
Kanton, 1854 Gouverneur von Hongkong,
liess Okt. 1856 Kanton bombardiren, dankte
1859 ab, unterhandelte 1861 im Auftrag der
Regierung einen Handelsvertrag mit Italien,
ward dann Agent der hawaiisclien Regie-
rung. Sammelte ältere und neuere Volks-
lieder aus fast allen Ländei'u Europas,
lieferte im ,Manu8cript of the Queens Court*
(1843) eine Uebersetzung der ,Königinhofer
Handschrift* und schrieb mit ViUiers .Re-
ports on the commercial relations between
France and Great-Britain* (1835-36, 2 Bde.) ;
ausserdem ,The kingdom and people of
Siam* (1857, 2 Bde.); «Visit tothePhiUppine
Islands* (1860). — Sein Sohn Edgar Alfred B.,
geb. 1826, seit 1849 Registrator und Biblio-
thekar des Hand«lsamts, übers. Schillers
(1851) und Heines Gedichte (1860).
380
Boxberg — ßrabant.
Boxberg 9 St&dtchen im bad. Kreis Mos-
bach, an der Umpfer, Ber^schloss, 668 Ew.
Boxeiiy engl. Faustkampf, wobei man dem
Oegner mit der Fanst Stösse, bes. nach
dem Kopf beizubringen sncht. Von allen
Klassen Englands als Form des Duells und
nationaler ,8pcrt* hoch gehalten, hat seine
Oeschichte, Literatur, Gesetze, Clubs, welche
letztere berufsmässige Boxer (PugilUis) zu
Preisboxem (Championt) für Wettk&mpfe
{Ring) ausbilden; auch auf Nordamerika
und Australien übergegangen.
Bojaca, Staat der Republik Columbia,
1569 QM. u. 443,996 Ew. Hauptst. Tnnja.
Bojan (fr., spr. Boojob), Darm; der in
2ickzadk laufende Theil der Gräben, bei
Belagerungen die Verbindung der Parallelen.
Boydell (spr. Beudell), John, engl. Kupfer-
jstecher und Kunsthändler, geb. 1719 zu
Dorrington, veranstaltete u. A. das ,Liber
veritatfs* (Facsimlle der Zeichnungen Claude
Xorrains, 1777, 8 Bde.) und «Shakespeare
<}aller7* (1805, 2 Bde., 80 Platten); t I><»c.
1804 als Lordmayor in London. Sein Kunst-
museum war eine Zierde Londons.
Boye^ Kasp. Joh., dän. Dichter, geb.
"27. Dec. 1791 zu Kongsberg in Korwegen,
seit 1847 Pfarrer in Kopenhagen, f das.
<. Juli 1853. Bes. als Dramatiker gefeiert:
,Jula* (1824); ,Kong Signrd* (1826) u. a.
Sammlung seiner Poesien 1850—51, 4 Bde.
Boyen« Leopold Hermann Ludwig von,
prouss. (ioneral, Mitbegründer der preuss.
lleeresorganisation , geb. 18. Juli 1771 zu
Kreuzberg in Ostpreussen, seit 1784 in
'preuss. IMegsdiensten , ward nach dem
Trleden von Tilsit von Schamhorst zu den
Arbeiten der Militärreorganisationskommls-
«ion hinzugezogen und erhielt 1810 den
Vortrag in Militärangelegenheiten bei dem
König. Als Chef des Generalstabs im 3.
Armeecorps machte er die Feldzüge von
1813, 14 und 15 mit. Darauf zum Kriegs-
ininister ernannt, nahm er sich mit Vorliebe
der Landwehr an, ward 1818 Ghnerallieute-
nant, 1819 verabschiedet. Von Friedrich
'Wilhelm FV. 1840 wieder in den aktiven
Dienst berufen, zum General der Infanterie
und März 1841 zum Kriegsminister und Chef
des Staatsministeriums ernannt, erhielt er
Nov. 1847 den nachgesuchten Abschied und
ward zum Feldmarschall und Gouverneur
des Invalidenhauses zu Berlin ernannt;
i* 15. Febr. 1848. Schi*. ,Beiträge zur Kenut-
uiss des Generals von Scharnhorst' (1833).
Boyer (spr. Boajeh), 1) Alexis, Baron de B.,
franz. Wundarzt, geb. 1. März 1757 zu
Uzerches in Liniousin, seit 1804 erster Wund-
arzt Napoleons I., nach der Restauration
Prof. der Chirurgie an der Universität und
erster Wundarzt an der Charit^; f 25. Nov.
1833 in Paris. Sehr. ,Trait6 d'auatomie* (4.
Aufl. 1820); ,Trait6 des maladies chlrur-
gicales' (1814—25, 9 Bde.; deutsch 3. Aufl.
1834—41, 11 Bde.) u. A. —8) Jean Pierre, Präsi-
dent der Repiiblik Haiti, geb. 88. Febr. 1776 zu
Fort-au-Prince, Mulatte, trat 1792 in ft*auz.
Militärdienst, focht als Bataillonschef bei
der Invasion der EnglRnder in San Do-
mlugo unter General Rigaud gegen diese
und dann gegen Toussaint-l'Ouvertore und
die Schwarzen, half 1806 mit P6tion den
Tyrannen Dessalines stürzen, unterstützte
P6tion bei der Gründung einer unabhängi-
gen Republik im Westen der Insel und
ward nach Jenes Tode (1818) Präsident der-
selben. Als solcher vereinigte er 1880
nach dem Tode Christophs den monarchi-
schen Theil der Insel mit der Republik u.
erwirkte 1825 um den Preis von 150 Mill.
Frcs. deren Unabhängigkeitserklärung von
Seiten Frankreichs. Durch Begünstigung
der Farbigen bei den Schwarzen missliebig,
mussto er März 1843 auf ein engl. Kriegs-
schiff flüchten, verzichtete von Jamaika aus
auf seine Präsidentschaft; f 9- J^U ^^^
zu Paris. — 3) Loui», Aranz. Bühnen-
dichter, geb. 1810 in Paris, eine Zeitlang
Theatercensor, seit 1854 Direktor desVaude-
villetheaters ; f 82. April 1866. Sehr, zahl-
reiche Vaudevilles, zum Theil in Gemein-
schaft mit Anderen nnt. d- Namen La Roque,
Boyne (spr. Beun), Fluss in Irland, mündet
unterhalb Drogheda in die irische See,
14 M. lang. In der Schlacht am B., 1. Juli
1699, ward Jakob 11. von Wilhelm III. von
Oranien besiegt.
Boys (spr. Bens), Thomas Shotter , engl.
Lithograph, geb. 1803 zu Penton ville, lebte
längere Zeit in Paris, seit 1837 in London;
Erfinder der Chromolithographie.
Boysalz, das rohe, durch Verdunsten des
Meerwassers an der Sonne gewonnene Salz.
Boz, Schriftstellemame von Ch. Dickens.
Bozziris, s. Botzaris. [12,946 Ew.
Bra, Stadt in der Ital. Prov. Turin,
Bra» Th^phiU, flranz. Bildhauer, geb.
24. Juni 1799 zu Douay, lange Zeit in Paris,
später DirekiSbr der Kunstschule seiner
VateAtadt. Zahlreiche Statuen u. a.
Braake, eine durch Ueberschwemmung
nach einem Deichbruch entstandene Vertie'
fung. Braakdeich, der durchbrochene Deich.
BrabaiKfOnne (spr. Brabangsonn), das belg.
Nationallied während der Revolution von
1830, verfasst vom Schauspieler Jennetalf
komponirt von Campenhout.
Braban^ons (spr. Brabangsong), im Mittel-
alter in Frankreich dienstloso, plündernd
umherstreifende Soldaten.
Brabanty die centrale Landsch. des holl.*
belg. Tieflandes, früher eigenes Herzogtbum
von 204 QM. , zerfallt Jetzt in 1) die holL
Prov. Nord'B., 93 QM. mit 431,253 Ew.,
Hauptst. Herzogeubusch, 2) die belg. Prov.
B. (SUd'B.), 59,6 QM. mit 819,132 Ew.,
Hauptst. Brüssel, und 3) die belg. Prov.
Antwerpen, 51,4 QM. mit 473,167 Ew.,
Hauptst. Antwerpen. Das Land reich be-
wässert (Maas, Scheide, zaiilreiche Kanäle),
sehr fruchtbar und trefflich angebaut.
Blühende Industrie, bes. Leipen-, Spitzen-»
Baumwollen-,* Tuch- und Lederfabriken.
Geschichte. Zu Cäsars Zeit von einem
germanisch - celtischen Misch volk bewohnt^
kam das Land im 5. Jahrh. unter die Herr-
schaft der Franken, im 6. bei der Thellnog
des Frankenreichs zu Austraslen, im 9. sa
Lothringen, 870 zu Frankreich, zu Anfang
I des 10. Jabrh. durch den deutschen König
Brabanter Thaler — Braddon.
331
Heinrich I. wieder zu Lothringen and
mit diesem zn Deutschland. Nach dem
Aussterben der dortigen Herzöge 1005 be-
sassen es mehrere Grafen von den Ardennen,
seit 1076 Gk>ttfried ron Bouillon. Kaiser
Heinrich Y. yerlieh es an Gk>ttfried den
Bärtigen aas dem Geschleohte der Grafen
Ton Löwen und Brüssel , die bis zu ihrem
Aussterben 1355 daselbst herrschten, seit
1190 als Herzöge.. Johanns HL Tochter
Johanna, mit Wenzel von Luxemburg ver-
mählt, vermachte das Land 1406 ihrem
-Grossneffen, Anton von Burgund, zweitem
■Sohne Philipps des Kühnen. Durch Ver-
mahlung der Maria von Burgund mit Kaiser
Jlaxlmilian I. fiel es Oesterreich zu und
ward von Kaiser Karl V. seinem Sohne
Philipp n. von Spanien zugewiesen. Das
Religionsedikt und Albas Grausamkeiten
reizten das Volk zur Empörung, iu Folge
■deren der nördl. TheO des Laudos 1648
unter dem Kamen der G^neralitätslande
der niederländ. Union einverleibt ward,
wfchrend Södbrabant bis 1711 der span.-
•österr. Linie verblieb. Beim Aussterben
derselben kam es mit den übrigen südl.
Provinzen der Niederlande wieder an das
österr. - deutsche Kaiserhaus. Weiteres s.
Belgien, Geschichte; ^tedcrland«, Geschichte.
Brabanter Thaler^ Münze der ehemal.
■österr. Niederlande, = 1 Thlr. 16 V« Sgr.
Brabevtes (gr.), Kampfsplelanordner; Yor-
sitzender bei akadem. Disputationen.
Braf a (Bratof.), Langenmass in Südeuropa,
in Lissabon = 3Vs , in Spanien ;= 2*/« berl.
£11en; in Italien meist := 1 Elle.
BraecianOy S«e v<m (spr. Brattschano,
Sabatinua), kreisförmiger See in Mittel-
italien, östl. von Civitavecchia, 0,9 QM., bis
900^ tief; Abfluss durch den Arrone.
Braceio (ital., spr. Brattscho), s. v. a. Elle.
Brache 9 zeitweiliges Ruhenlassen des
Ackers, um ihn zu-kräftigen, Jetzt durch ratio-
nellen Fruchtwechsel, tüchtige Bearbeitung
n. genügende Düngung überflüssig gemacht.
Braehellly Bugo Franz, Statistiker und
Geograph, geb. 11. Febr. 1834 zu Brunn,
seit 1860 Prof. am polytechnischen Institute
2U Wien. Sehr. ,Die Staaten Europas*
3. Aufl. 1867); ,Doutsche Staatenkunde'
1856-57, 2 Bde.); «Statistik der Oesterr.
Monarchie' (1857); ,I>reissig statistische
Tabellen über alle Länder der Erde* (1862).
Für die 7. Aufl. von Stein- Hörschelmanns
-Handbuch' bearbeitete er das osmanische
Reich nebst Griechenland (1858), Oester-
reich (1861), Preussen und die deutschen
Hittelstaaten (1861-64).
Braehkogl, Gipfel der Schneealpe in
Niederösterreich, 6336' hoch.
Braehmaon, Luvst Kardine, Dichterin,
iceb. 9. Febr. 1777 zn Rochlitz, lebte in
Weissenfeis, ertränkte sich 17. Sept. 1822
in der Saale bei Halle. .Gedichte' (1800);
, Auserlesene Dichtungen' (von Schilt» 1824,
4 Bde.) und .Auserlesene Erzählungen und
Novellen* (1825, 2 Bde.).
BrachTOgel (Numenius Brisa., Braek-
Schnepfe), Gattung der Schnepfen vögel.
Kleiner oder Begetäfraehvogel (N. phaei^pus
t
L,, Moorschnepfe), über 15" L, im hohen
Norden Europas, in Sibirien und Japan,
passirt Deutschland im Sept. und Mai.
Grosser B. (N. arquatus L., Doppelschnepfe,
Keilhaken), 2'!., ebendaselbst, häufig an
der Nordsee, wandert wie der vorige;
beide sehr schmackhaft.
. BrachTOgel. Albert Emil, Schriftsteller,
geb. 29. April 1824 zu Breslau, seit 1847
meist in Berlin ; errate durch seine Tragödie
,Narciss* (1857) grosse Erwartungen, doch
hatten seine spätem Dramen, ,Adalbert vom'
Babenberge' (1858), ,Mon de Caus* (1859),
,Der Usurpator* (1860), ,Prinzessin Mont-
peusier' (1862), ,Der Sohn des Wucherers*
(1868) etc. nicht den gleichen Erfolg. Yon
einen zahlr. Romanen fanden ,Friedemann
Bach* (1858), ,Schubart und seine Zeitge-
nossen* (1863; u. ,Beaumarchais*(1865, dramat.
behandelt unter dem Titel ,Harfenschule'
1869) den meisten Beifall. Sehr, susserdem
Lieder, Novellen, ,Theatral. Studien* (1863).
Brachjcephaleii (gr.), in der neueren An-
thropologie Menschen mit plattem, nieder*
gedrücktem Schädel, Im Gegensatz zu den
Dolichocephalen. [Ausdruck.
Brachylogie (gr.), gedrängte Kürze im
Braehylögiis Jnrifl elTilis oder Corpus
legam^ein den Institutionen Justinians nach-
gebildetes Lehrbuch des röm. Rechts, von
einem Unbekannten zu Anfang des 12. Jahrh.
abgefasst. Neueste Ausg. 1827.
BrachjpnSa (gr.), Kurzathmigkeit, s.
DyspnÖa und Asthma.
Brack, Ansschuss, Untaugliches; daher
B,' Vieh, Vieh, welches im Herbst oder Früh-
jahr abgesondert und verkauft wird.
Bracke, grosse Art Jagdhund mit langem
Behang, zum Aufsuchen und Yerfolgen des
Wildes im Holz verwendet; auch s. t. a.
Leithund.
Brackenhelm, Stadt im würtemb. Neckar-
kreis, Hauptort des Zabergaus, 1539 Ew.
Brackig, vom Wasser (Braekwasser), ans
Süss- und Seewasser gemischt.
Bracktsehe Schichten, sedimentäre Ge-
steinsbildungen ans einer Mischung von
Meer- und Süsswasser abgelagert; bes. am
kaspischen Meer (kaspische Formation).
Brackirede, industr. Dorf bei Bielefeld,
2504 Ew. Leinweberei, Maschinenfabriken.
Braeonnot (spr. -konno), Henri, ft>anz.
Naturforscher, geb. 29. Mai 1780 in Gom-
mercy , seit 1807 Direktor des botanischen
Gartens in Nancy ; f das. 13. Jan. 1855. Ent-
deckte die Pyrogallus- und Equisetsäure,
dasXyloi'din, Leucin, Sagnlin, die Umwand«
lung des Holzes in Zucker; sehr, zahlr. Ab-
handlungen in Fachjonmale. Ygl. NiekUs,
,B., sa vie etc.*, 1856.
Bradano, Flu ss in Unteritalien, entspringt
aus dem toigo dl Pesele südöstl. von Malfi,
mündet In den Golf von Tarent, 18 M.
Braddon (spr. Brädd'n), Miss E,, engl.
Schriftstellerin, von unbekannten Lebens-
verhältnissen. Yerf. zahlreicher Sensations-
romane, die grosses Aufziehen machten:
, Aurora Floyd' (1862), ,Lady Audley'i
Secret* (1862), .Bleanor's Ylctory* (1863),
,Heury Dunbar* (1864) u. A.
832
Bradford — Brahmini.
Biadford (spr. Bradford), 1) Fabrikat, ia
der engl. Graf seh; York, westl. von Leeds,
106,218 Ew. ; Hanptplats für Wollgarn- nnd
Wollstofiffabrikation ; in der Umgegend be-
deutende Eisenindustrie. — 2) B. on Avon,
Stadt in der engl. Grafschaft Wllts, 8032 Ew.
Bradford (spr. Bradford), WiUiam, nord-
amerikan. Maler, lebt in Newyork ; treflflichQ
Seestücke, oft mit seltsamen Lichteffekten.
Bradlenka^ Nebenfluss der Beraun in
Böhmen, entspringt im Böhmerwald am
Ossa, mundet bei Pilsen, 11 Bf.
Bradlej (spr. Brädli), Hüttenort in der
engl. Grafschaft Stafford, mit Wilklnsons
grossen Eisenwerken (5000 Arbeiter).
Brmdley (spr. Brädli), James, engl.
Astronom, geb. 1692 in Shirebom in Glou-
cester, seit 1721 Prof. der Astronomie in
Oxford, seit 1742 Direktor der Sternwarte
zu Green wich; f 13. Juli 1762; entdeckte
die Aberration des Lichts 1727 und die
Nutatlon der Erdaxe 1748. Seine Beobach-
tungen KUm Theil in ,Astronom. obser-
vations' (Bd. 1, 1798, Bd. 2, 1805) und ,Mi8-
cellaneous works and correspondence' (1832).
Bndypepsie (gr.), langsame, träge Yer-
dauung bei Greisen.
Braekeleer, Ferdin. de, niederländ. Maler,
geb. 1792 zu Antwerpen, Schüler Ton
J. van Bree, war mehrere Jahre in Italien,
jetzt einer der namhaftesten Vertreter der
flandr. Schule. Zahlreiche historische Bilder,
Genre- und Landschaftsgemälde mit histo-
rischer Staffage. — Sein Neffe Adrien Ferd.,
geb. 1818, ebenfalls geachteter Maler.
Bnes. in Norwegen Name der Gletscher.
Britllng, s. Pilge, [Meseritz, 1615 Ew.
Britz, Stadt im preuss. Regbz. Posen, Kr.
Braune, früher Jede Entzündung der
Bachentheile , sogen, btfser Halt, jetzt fast
ausschliesslich die gefährliche Form, die
Diphtheritis, bestehend in Umwandlung der
Schleimhautepithelien in einen faseratoff-
ahnllchen Belag unter gleichzeitiger Elter-
tnfiltration der Schleimhaut. Führt brandige
Abstossungen herbei, und oft setzt sich der
Belag auf Kehlkopf u. Luftwege fort (Ci*oup
des Kehlkopfs und der Bronchien, Bron-
chitis crouposa). Ansteckend, oft tödtllch,
bes. bei Scharlach. Behandlung: Aetzung
mit Höllenstein, Milchsaure, bei drohender
Erstickung Liiftröhrenschnitt.
Braanlingeii, fürstenberg. Stadt im bad.
Kr. Villingen, auf der Baar, 1359 Ew.
Brannsdorf, Dorf bei Freiberg in Sachsen,
1722 Ew.; grosse Landeserziehungsanstalt
für junge Verbrecher etc. (300 Kinder).
Braga, Stadt in der portug. Pi*oy.Minho,
zwischen den Flüssen Gavado und Desto,
19,514 Ew. Zur Römerzeit £raeara Augusta ;
im Mittelalter Hauptst. des Suevenreiches ;
später Residenz der portug. Könige.
Braga, bierähnliches Getränk der Kosaken
n. Tataren aus Hafer oder Hirse u. Hopfen.
Braganza, Hauptst. der portug. Prov.
Tras-os-Montes, am Feryenza, 3650 Ew.
Mittelpunkt des SetdenWus.
Braganza, Stammname der gegenwärtig
in Portugal und Brasilien regierenden Dy-
aastid, dar Stadt B. entnommen. Stifter
der Dynastie ist Alfons L (f 1461), natür-
lieber Sohn des Königs Johann L ans den«
burgund. Stamme. Herzog Johann von B.
(f 1582) erhob nach Aussterben des burgund.
Stammes Ansprüche auf den portug. Thron,
musste aber Philipp n. von Spanien weicheo..
Erst 1640 gelangte das Haus B. mit Jo-
hann IV. auf den Thron von Portugal , den.
es noch Jetzt, seit 1833 in weiblicher Linie
inne hat. S. Ii>riugdl, Geschichte.
Bragl, in der nord. Mythologie der Got^
der Dichtkunst, Sohn Odins, einer der Aseu,
alt und langbärtig gedacht, doch noclt
Jugendlich kräftig als Gemahl der Idhun.
Brahe, linker Nebenfluss der Weichsel ^
entspr. bei Rummelsburg (Pommern), flless^
südöstl., mündet unterhalb Bromberg; 22 Bf.
Brahe, 2}yoho de, dän. Astronom, gel>.
4. Dec. 1546 zu Knudstrop in Schonen, er-
baute auf der Insel Hveen im Sund 1580 die
Sternwarte Uranionburg, trat 1599 in di»
Dienste des deutschen Kaisers Rudolf, dex^
ihm das kaiserl. Schloss Benach bei Prag^
zu Herstellung einer Sternwarte einräamte r
t 13. Okt. (alten Stils) 1601. Als genauer
Beobachter förderte er bes. die praktlscHo
Astronomie. Nach seinem 1577 aufgestellten,
System steht die Erde im Mittelpunkt der*
Welt und wird von Merkur, Venus u. MoncI
umkreist, während die übrigen Planeten
zunächst um die Sonne und mit diesei* um
die Erde laufen. Sehr. ,Astronomiae iastan-
ratae mechanica'(1602). ,Opera omnia' (1648) r
Biogr. von He{frecht (1798) u. Psder$en (1838).
Braliestad, See- und Handelsstadt in Flnn-
land, Gouv. Uleaboi-g, 2612 Ew.
Brahma, in der Sanskritspracho Name
des höchsten Wesens, persönlich gefasat
indische Gottheit, mit Vischnu u. Siva die
Trias (Trimurti) der lud. Gottlieiten
bildend, Schöpfer der Welt und des Men-
schengeschlechts, dem er die heiligen
Schriften der Vedas und. die Gesetze des
Manu als Richtschnur für das Leben mit-
theilte, hatte keinen öffentlichen Kultus,
daher' auch keine Tempel; in den spätern
ind. PhUosophenschuIen Bezeichnung der
göttlichen nicht personificirt gedachten Sub-
stanz überhaupt. S. Indische Beligion,
Brahmanen (ind. Br&hmana, d. 1. Söhne
des Brahma, nach flranz. Schreibart ancl»
Braminen genannt), die ind. Gottesgelehrten,
bilden die erste der vier ind. Kasten und
sollen die Religion Brahmas rein bewahren,
die Vedas studiren und die Opfer und
den Tempeldienst besorgen, sind auch
Rathgeber der Fürsten, Beisitzer der Ge-
richte, Aerzte, noch jetzt in grossem Ansehen.
Brahmapatra , grosser Strom in Asien,
Ist in seinem (noch wenig bekannten) Ober-
lauf der Dsang bo tn'ti, der Hauptsti-ora
Tübets, der der Nordseite des Himalaya ent-
lang fllesst, denselben gegen S. durchbricht
und sich in Assam mit dem aus NO. kom-
menden Loliita zum B. vereinigt; dieser
wendet sich gegen SW. nach Bengalen und
bildet ein mit dem Ganges vielfach Ter-
knüpftes Delta. Gtesammtlänge etwa S50 M.
Brahmini, ostind. Kfistenfl., mündet bet
Kap Palmyras in den bengal. Golf; 60 M.
Bralims — Brandenburg.
883
Brahiiui» Johanwa, Komponist, geb. 7. Hai
18S4 In Hamburg, Schüler von Marzsen in
Altena, lebte 1853 eine Zeitlang bei Scliu-
mann in DCksseldorf, der ihn mit enthu-
slastiBohem Lob in die Oeflfentlichlceit ein-
fulirte; seit 1863 meist In Wien. Seine
Kompositionen (Kammermusik , Orchester-
tmd Chorwerke, 1 Requiem, Klayierkom-
Positionen, zahlreiche Gesäuge) bekunden
eine entschieden geniale Begabung.
Brahmstenge^ die zweite Verlängerung
des unteren Mastes, am Top der ersten
Verlängerung (Stenge), läuft in die Ober-
brahmstenge aus.
Brahnigebirge (HaUigehirge), auf der Ost-
Frenze von Beludschistan , südliche Fort-
setxung der Solimankette, bewohnt von den
BrakvU, einem friedliebenden, kulturlosen
Hirtenvolk von fast mongol. Gesichtsbildung.
BraiU (IbroXl), Handelsstadt in der Wa-
lachei, an der Donau, 15,767 Ew. Freihafen.
Bnmie le Vomte (spr. Brähn le Gongt),
Stadt in der belg. Prov. Hennegau, 6464 Ew. ;
liefert feinsten Spitzenzwirn.
Brake» Stadt im Grossherzogth. Olden-
burg, an der Weser, 4077 Ew.; seit 1834
Freihafen, Hauptseehandelsplatz des Landes.
Bnikna» arab. Volksstamm im westl. Nord-
afrika, zwischen der Sahara u. Seuegambien.
Brakteen (lat.), Deckblätter, s. Pflanxe.
Bramante (Esaeilon) , neu angelegte Fe-
stung in der franz. Prov. Savoyen, deckt die
Strasse über den Mont Geuls.
Bramante, Baumeister, s. Lattari,
Bramaiitino» Maler, s. Sttardi.
Bramwaldy Hügelkette westl. von Got-
tingen, zwischen Weser und Leine.
Brand (Gangraena, Sphacelus,Mortificatio),
örtlicher Tod von Körpergeweben, in allen
Theilen möglich; tritt ein nach Aufhören
des Nahrungszuflusses (Arterienverstopfung
etc.). Bei Knochen: Necrosls. Heilung nur
möglich durch Abstossung des brandigen
Stückes (Demarkation) und Vemarbung.
Uebler Ausgang: Bildung von fauligen
Stoffen, die ins Blut gelangen und schweres
Fieber Teranlassen. Gangn*aena senilis
;(AUerabrand). bes. an den Füssen; g. sicca,
mumiflcatlo (iroeJmer B.) , bes. nach Erfrie-
rung, einfaches Austrocknen der Gewebe,
bes. der Haut; g. humlda (fmehterB.), bei
Bildung fauliger Flüssigkeit; emphjfaematdser
B., Bildung von Gasen im brandigen Theile ;
Hospüalbrand , Absterben des Grauulations-
^ewebes (s. d.) durch Einfluss septischer
Stoffe. Decubitus (Hautbramd), durch Auf-
liegen entstanden.
Brandy Krankheit der Pflanzen, bes. der
Oramineen, bei welcher sich kleine Pusteln
sseigen, die später aufbrechen und eine
schwarze staubige oder schmierige Masse
bervortreten lassen, wird durch parasitische
Püze hervorgebracht. Staub-, Flug-, Buat»
brand, Bus» (Ustilago carbo Tuh), bes. auf
den Blütbentheilen von Hafer, Gerste,
Weizen; Stein-, Schmier-, Weitenbrand
(Tilletla carles Tul.), auf Weizen ; Boggen-
•tengdbrand (Unx^stis oooulta Roth.), auf
Stengel- und Blattscheiden des Roggens,
und BliUheiiibrand (Pleospora grunimsHall.),
auf Boggen- und Weizenblfithen und rielen
anderen. Das M^celium dieser Pilze tritt
oft schon sehr früh in die Pflanze u. steigt
in ihr empor, worauf dann die Fruktiflka-
ttonsorgane aus der Oberhaut der Pflanze
hervorbrechen. Alle Brandkrankheiten wer-
den durch Feuchtigkeit u. frischen Dünger
sehr begünstigt; als bestes (Gegenmittel em-
pfiehlt sich, diese zu vermeiden und gutes
Saatgetreide, mit Kupfervitriol gebeizt, an-
zuwenden, vgl. Hallier, , Phytopathologie',
1868; Kühn, ,Kraukheiten der Kulturge-
wächse', 1859; de Bary , ,Untersuchungen
über die Brandpilze', 1853.
Brand, Bergstadt im sächs.R^bz. Dres-
den, nalie Freiberg, am Münzbach, 2525 Ew.
Brandanns, Abt eines irischen Klosters
Im 6. Jahrb., machte nach der Sage See-
fahrten nach fabelhaften Ländern u. Inseln.
Eine lat. Beschreibung derselben stammt
aus dem 11. Jahrb. (herausg. von Jubinal
1836), eine deutsche Bearbeitung von Joh.
Hartlieb (1488) ; auch in Bollenhagens ,yier
Bücher wunderbarl. Reisen' (1603).
Bruidels, alte Stadt Im böhm. Kr. Prag,
an der Elbe, 3572 Ew.; grosses Schloss.
Gegenüber der Wallfahrtsort Altbumdent.
Brandenburg, preuss. Prov., der Kern
der Monarchie, besteht aus der alten Mark
B. (d. h. der Eurmark, mit Ausnahme der
Altmark, und der Neutnark), dem schles.
Kr. Schwiebus und der ehemaligen sächs.
Niederlausitz, 724 QM. mit 2,716,061 Ew.
(1 : 3750). Der Boden eben und sandig,
zum Thell sehr fruchtbar ; am Südrande der
Prov.' zieht der Fläming. Flüsse: Elbe mit
Havel und Spree. Oder mit Warthe und
Netze. ZahlreicheSeen(Schwielower-, Schar-
müzzel-, Ucker-, Plauer-, Rupplner-, Fahr-
landsee) und Kanäle (Finow-, Friedrich-
Wilhelms-, Rnppiner-, Templinerkanal etc.).
Hauptprodukte : Gerste u. Roggen , Weizen,
Kartoffeln, Heidekorn; Steinsalz und Gyps
(bei Sperenberg); blühende Schafzucht
(Elektoral wolle). Industrie zum Thell selir
wichtig, bes.Wollspinnerei, Fabrik, von Tuch,
Shawls, Teppichen, Leinen, Posamentlr-
waaren, Maschinen, Porzellan, Wachstuch,
Chokolade, Glas, Chemikalien, Tabak, wohl-
riechende Wässer etc. 1 Universität und
18 Gymnasien. 8 Regierungsbezirke: Pots-
dam (nebst der Stadt Berlin) u. Frankfurt a/0.
Hauptstadt Berlin.
, OesehieJUe, Das Land, um Ohr. Geb. von
Semnonen u. Longobarden, nach der Völker-
wanderung von Hevellem, Wllzen, Obo-
triten etc. bewohnt, wurde 789 von Karl d. Gr.
und 928 von Neuem durch Heinrich I. unter-
worfen. Letzterer setzte 931 die Markgrafen
von Nordsaohsen (Nordmark, jetzt Altmark)
ein; Otto I. gründete 946 und 949 die Bis-
thümer Havel berg und B., und Gero (f 963)
die Ostmark (Niederlausitz). Die Nordmark
kam 1056 an die Grafen von Stade, 1184
durch Kaiser Lothar an Albrecht den Bären,
aus dem Hause Askanien. Dieser erhielt
1143 auch die Ostmark und nannte sich
Markgraf von B. Er unterwarf die Mittel-
mark, Prlegnltz und Uckermark seiner Herr-
schaft u. zog deutschen Adel in die Marken. '
834
Brandenburg — Brandsatz.
Siin folgten 1170 Otto L, 1184 Otto IL and
1206 Albrecbt II. (wahrscbeiul. Gründer Ton
Berlin), dessen Söhne Johann I. und Otto III.
1236 — 58 gemeinschaftlicii regierten, von
Kaiser Frledricli II. mit Pommern belehnt
wurden und das Land Stargard und die
Uckermark erwarben. 1258 theilten beide
Brüder. Johann I. (f 1266) ward der Stifter
der älteren aekanischen Linie zu Stendal,
Otto m. (t 1267) der der jüngeren Linie zu
Salzwedel. Jene erlosch 1820, diese 1817.
Die bedeutendsten Fürsten dieser Dynastie
waren Otto IV. mit dem Pfeile (Minne-
sänger) und der kriegerische Waldemar
(1808—19). Es folgte eine Zeit der Ver-
wirrung, die sich noch steigerte, als Kaiser
Ludwig der Bayer 1324 seinen Sohn Ludwig
mit der Markgrafschaft 6. belohnte. Dieser
überliess 1352 die Marken seinem Bruder,
Ludwig dem Römer (f 1360), von dem sie
an Otto Vn. den Faulen (f 1373) kamen,
lietzterer scbloss 1363 mit Kaiser Karl IV.
eine Erbverbrüderung, wodurch das luxem-
burg. Haus Anwartschaft auf die Kurmark
erhielt, musste dieselbe aber schon 1373
dem Kaiser gegen 200,000 Goldgnlden und
ein Jahrgohalt abtreten. Karls IV. Sohn
Sigismund, . der schon 1402 die Neumark an
den deutschen Orden verkauft hatte, ver-
pfändete das Land 1411 dem Burggrafen von
Nürnberg, Friedrich VI. von Hohenzollem,
für 100,000 Ooldgulden u. setzte denselben
jols seinen Statthalter in B. ein. Als dar-
auf zur Rückzahlung der immer mehr an-
schwellenden kaiserl. Schuld keine Aussicht
war, ward 1415 die Mark, verbunden mit
der erblichen Kur würde, Friedrichs Eigen-
thum; die Belehnung ward 18. April 1417
2U Kostnitz vollzogen, worauf er sich
Friedrich I. Kurfürtt von B. nannte. Wei-
teres 8. Preti8$en, Geschichte. Vgl. Riedel,
,Oodex diplomatlcns Brandenburgensis* (1839
bis 1862, 4 Abth.); Derselbe, ,Diplomati8che
Beiträge zur Geschichte der Mark B.*, 1833.
Brandenburg (wend. Brmnihor), Stadt im
preuss. Regbz. Potsdam, alte Hauptst. der
Heveller, dann der Uckermark, jetzt des
westhavelländ. Kreises, an der Havel,
25,967 Ew. Alter Dom (restaurirt). Ritter-
akademie, bedeutende Industrie, Schifffahrt.
Vgl. Heffter, ,Ge8chichte B.sS 1838.
Branoenburgy Friedr, Wilh,, Graf von,
preuss. General und Staatsmann, geb.
24. Jan. 1792 £u Berlin, Sohn König Friedr.,
Wilhslms II. aus dessen morganat.Ehe mit
der Gräfin von Dönhoff, machte die Feld-
züge von 1813— 15 mit, stand 1848 als General-
lieutenant beim 6. Armeecorps in Schlesien,
ward 8. Nov. d. J. zum Chef des sogen.
Ministeriums B.-Manteuffel ernannt, Nov.
1850 als Unterhändler nach Warschau ge-
sandt, wo der österr.-preuss. Konflikt durch
Russlands schiedsrichterlichen Ausspruch
ausgeglichen werden sollte; t*6. Nov. 1850.
Brandenbnrgisches Scepter, kleines Stern-
bild, westl. vom Orion, nur Sterne 4. Grösse.
Brander, mit brennbaren Stoffen gefüllte
Schiffe, die an feindliche Fahrzeuge mit
Enterhaken befestigt und entzündet wurden,
bei der Belagerung von Antwerpen benutzt. |
Brandet (fr., spr. Brangd), heideartfg»
Landstriche im mlttl. Frankreich (Bourbon).
Brandes, Joh. Christian, Schauspieler und
Bühnendichter, geb. 15. Nov. 1735, seit 1760
bei der schuchschen Gesellschaft, später
in Leipzig, Dresden, Hamburg etc.; f ^0>
Nov. 1799 in Berlin. ,Dramat. Werke' (1790,
8 Bde.), darunter das erste deutsche Melo-
dram «Ariadne auf Naxos' (kompon. von
Benda). SeIbstbiogr.(2.Aufl.l802— 5, 3 Bde.).
Brandhof, Bauerugehöfte in altdeutschem
Stil in Steiermark, auf dem Seebeig bei
Marlazell, einst Landsitz des Erzherzogs
Johann, dessen Gemahlin danach ,Freiin
von B.' hiess. [1772 £w.
Brandig, Stadt im sächs. Regbz. Leipzig,
Brandts, Christian Aug., Philolog und
Philosoph, geb. 13. Febr. 1790 zu Hildesheim,
unter Niebuhr Sekretär der preuss. Gesandt*
Schaft zu Rom, sammelte im Auftrag der
berliner Akademie mit Imm. Bekker die
Materialien zur Bearbeitung der grossen
krit. Ausgabe des Aristoteles (1831 — 36,
4 Bde.), seit 1821 Prof. zu Bonn ; fUngirte auch
seit 1837 einige Jahre als Kabinetsrath des
Königs von Griechenland; f ^* Juli 1867.
Sehr. ,Handbnch der Geschichte der griech.-
röm. Philosophie* (1835—60, 3 Bde.); ,G^-
sohichte der Ent Wickelung der griech.
Philosophie' (1862—64, 2 Bde.); ,Mittheilungen
über Griechenland* (1842, 3 Bde.). Gab mit
Nidmhr das ,Rhein. Museum för Philologie,
Geschichte und griech. Philosophie* heraus.
Brandkngeln (Karkassen), Kugeln, welche
in Brand setzen ; entweder glühende eiserne,
oder aus brennbarer Masse gefertigte Ku-
geln: Fett, Pech und Pulver mit Werg ver-
mischt und kugelförmig geballt, mit eisernen
Bändern umgeben und aus Wuifgeschütz
geschleudert. Entzündung beim Abfeuern.
Brandmarknng, das Einbrennen von Buch-
staben oder Zeichen auf den Körper des
Menschen, bei den Römern Strafe tot ent-
flohene Sklaven, in Frankreich bis 1832 bei
Galeerensträflingen üblich, in Deutschland
als Strafschärfung nie gemeinrechtlich.
Brandmauer^ Mauer aus gebrannten
Steiuen, IVa' dick, ohne Oeffnungen, zwi-
schen zwei Gebäuden bis zur Giebelspitze
(Brandgiebel), soll die Verbreitung einer
Feuerabrunst verhindern.
BrandSl, empyreumatlsches, Gel, das
theerartige Oel, welches bei trockner De-
stillation fast aller organischen Stoffe auf-
tritt; von widerlich brenzllchem Geruch, in
Alkohol und Aether löslich, von sehr yer-
schiedener Zusammensetzung.
BrandpfiBÜ, ältere Kriegswalfe (zuletzt im
Hussitenkriege), ein Pfeil mit Metallröhre,
welche aus Löchern die brennende Füllung
(Schwefel, Pech, Harz, Fett) ausgoss, oder mit
derart getränktem Werg umwickelt, ward
brennend vom Bogen geschossen.
Brandraketen, s. Baketen,
Brandsalbe, Mischung aus Lein5I und
Kalkwasser, Bleiweisssalbe etc. gegen Ver-
brennung.
Brandsatz, aus Pulvermehl, Schwefel und
Terpeutiu oder ähuliclien entzündlichen
Stoffen zusammengegossene Masse, welche
Brandschwärmer — Brasilien.
88&
cur Füllnog der Zünder an Ezplosions-
£e8cho8sen dient, entzündet sich durch das
Teuer der Geschützladung und brennt bis
snr Sprengladung weiter.
BrüidseliwSrmer, mit Pulver gefüllte und
durch eine Kugel beschwerte Papierhülse,
welche aus Gewehren oder Karabinern ge-
aofaossen wird, um den getroffenen Gegen-
stand in Brand zu setzen.
Braodstiftiuig, die Erregung eines
Schadenfeuers entweder in Folge ron Un-
achtsamkeit (fahrlässige oder kulpose B.)
oder absichtliche Brandlegung (dolose B.).
Iietztere gilt als vollendet, wenn der Gegen-
stand, an dem sie verübt werden sollte,
entzündet ist; firüher mit dem Tode, jetzt
mit Zuchthaus bestraft, ersteremit geringer
Freiheits- oder Geldstrafe. Brand^ijivmga-
trieb (Pyromania) als angeblich besondere
Art von Monomanie jetzt aufgegeben. Vgl.
Oanper , ,Das Gespenst des Brand Stiftungs-
triebes* in dessen «Denkwürdigkeiten', 1846.
Brandt^ Heinrieh von, preuss. General u.
Mllitarschriftstelleri geb. 1789 in West-
preussen, kämpfte 1806 als Lieutenant in
der Weichsellegion in Spanien, trat 1816
als Hauptmann in die preuss. Armee, ward
1889 Major im General stabe, 1850 General-
Ueutenant, 1857 als General der Infanterie
pensionirt, 1862 zum Präses der General-
ordeuskommlssion ernannt. Sehr. ,Haudbuch
für den ersten Unterricht in der höheren
Kriegskunst* (1829); ,Gnuidzüge der Taktik
der drei Waffen* (8. Aufl. 1859) ; ,Der kleine
Krieg* (2. Aufl. 1850) u. A. Selbstbiogr. (1869,
2 Bde.).
Brandywine-Creek (spr. -ändiwen-Krihk),
jnuss in Pennsylvanien; 11. Sept. 1777 Sieg
der Briten über die Amerikaner.
Bnniekly 1) Jan Klemena, poln. Gross-
lietman der Krone, geb. 1688, trat der Kon-
föderation gegen August II. bei, nach
Augusts HL Tode mit Karl Radziwill an
die Spitze der republikan. Partei, ward
1764 als Vaterlandsverräther verbannt, kehrte
nach Poniatowskis, seines Schwagers, Thron-
besteigung nach Polen zurück, lebte seit-
dem auf seinem Schlosse in Bialystock; f
das. 9. Okt. 1771. — 2) Xatoery , ebenfalls
Grosshetman der Krone, aus einer andern
Tamilie stammend, Anführer des königl.
Heeres gegen die barer Konföderirten, dann
eins der Häupter der targowiczer Konföde-
ration, lebte nach den Theilungen Polens
als russ. Unterthan auf seiner Herrschaft
Bialocerkiew.
Bruiltz, Dorf bei Kottbus in der Mark;
flchloss und Garten des Fürsten Püokler.
Bruintweln 9 zum Genuss bestimmtes
Destillat g^ohmer Flüssigkelten, enthält
40— 50<Vo Alkohol und je nach den Bestand-
t heilen des Rohmaterials verschiedenartige
Beimischungen (ätherische Oele, zusammen-
gesetzte Aether, elgenthümliche Alkohole,
Tuselöle), welche seinen Geschmack be-
dingen. Die Rohmaterialien sind diejenigen
der Spiritusfabrikation (s. d.), ausserdem
Tiele Früchte (Kirschen, Zwetschen, Vogel-
und Wachholderbeeren, Feigen, Früchte der
Faök^ldlstel), Honigwasser, Symp, Palmen-
saft, welche landesübliche B.e liefern. Di»
Darstellung des B.s besteht überall in der
Bereitung einer zuckerhaltigen Flüssigkeit,
welche gähren muss und dann destillirt
(gebrannt) wird. Am häufigsten wird bei
uns der B. aus dem hochgradigen Spiritus-
der Brennereien hergestellt. Die Destilla-
tion ist eine Erfindung der Araber. Di»
Bewohner von Modena erzeugten schon im
14. Jahrh. B. im Grossen aus Wein, aber
erst gegen £nde des 15. Jahrh. wurde B.
allgemeiner getrunken. [kalion.
Brumtweinbrennerei , s. Bpiritunfabri-
Bruit, Sebasi., Dichter und Satiriker,
geb. 1458 zu Strassburg, seit 1477 an der
Universität zu Basel thätig, seit 1503 Stadt-
schreiber zu Strassburg, später kaiserl.
Rath das.; f l^- Mai 1521.. Hauptwerk:
,Da8 Narrenscliiff' (Satire auf die Laster u.
Verkehrtheiten der Zeit, in fast alle europ.
Sprachen übersetzt, Basel 1494 u. öfter, krit.
Ausgabe von ^rncke 1854); sehr, ausser-
dem latein. Gedichte, gab den ,Freidank*
(Strassb. 1508) u. A. heraus.
BrmsiliAiiy edler Topas, s. Topa»,
Brasilien (port. und engl. Br<%zil, tt.
Brätü), Kaiserreich in Südamerika, einzige
Monarchie der neuen Welt, am atlant. Ooean»
151,973 QM. und (1867) 10,058,000 Ew. Die
Oberfläche zu fast 3/, des Aerals Hoch- und
Gebirgsland, bestehend aus einem Plateau
(bis 2000' h.) mit zahlreichen Bergketten,
die durch breite Thalflächen geschieden
sind, aber durch Querrücken Öfter In Ver-
bindung stehen. 3 Hauptketten : 1) Serra do
Mar, an der Ostküste, mit 4000—5000' h.
Gipfeln ; 2) Serra do Espinlia^, die Gentral-
kette, der östh Rand des Diamantenplateaus
(Mlnas Geraes), am höchsten im südl.
Tbeile (Serra von Mantiqueira mit dem Orgel-
pik 7300' h.. u. Serra von Villarica mit dem
Itaoolumi 5600' h. und Itambe 5250' h.); 8) die
Serra dos Vertontes , die Wasserscheide-
kette im W. mit weiten, aber niedrigen
Verzweigungen nach N. und NW. (Prov.
Matto Grosso). Das nördl. Drittel B.s gehört
der Tiefebene des Amazonenstromes an und
enthält theils flaclre Grasflur (LIanos), theils,
namentlich zu beiden Seiten des Stroms»
sumpfige, undurchdringliche Urwälder (Sei-
vas). An der Nordgrenze Thelle desHooh-
laudes von Guiana mit Gipfein von 5000—
6000' h. —Zwei grosse Stromgysteme: im N.
der Amazonenstrom, der sammt seinen
Nebenflüssen fast gänzlich B. angehört, im
S. der Rio de la Plata, dessen Quellstrome
Parana, Paraguay etc. in Ihrem Oberlaufe
zu B. gehören ; ausserdem der Paranahyba
und San Francisco. Grössere Seen fehlen
(nur der Strandsee Los Fatos im SW.).
Klima im Gebirgsland und wo die Seewinde
mildernd einwirken, äusserst augenehm;
in den inneren 'Tiefebenen tropisch heiss
und ungesund (gelbes Fieber). Regenzeit
während unserer Wintermonate; Vulkane,
Erdbeben', Orkane unbekannt.
Produkte des Mineralreichs: Diamanten
(bes. in Minas Geraes und Matto Grosso,
Jährl. ca. 5 Mill. Thlr.) u. and. Edelsteine,
Gold (Minas Geraes, San Paulo, Goyas und
d36
Brasilien.
Matto Qro88o; Jetzige Ansbevte nur V« Ton
der des Torigen Jahrh.)t etwas Platina, vor-
zügl. Eisen in grosser Menge , Steinkohlen
<nenerding8 in Santa Gatharina, Rio Grande
do Sul in mächtigen Lagern entdeckt),
Salz. Bedentender die Produkte des Fflan-
r.enreichs : Getreide Jeder Art (doch den Be-
darf nicht deckend ; ca. 600,000 Ctr. J&hrl.
noch eingeführt); mannichfaltige tropische
Ctewachse, namentlich Kaffee (seit 1768, am
meisten unter lülen Ländern der Erde,
Jährt, über SVa Mill. Ctr.) und Zuckerrohr
(jährl. ca. 3 Hill. Ctr. Zucker , bes. in der
Nähe des Aequators), femer Theo (in Rio-
de-Janeiro und San Paulo, ans China hierher
verpflanzt), Baumwolle, Tabak, Indigo,
Kakao etc., Südfrüchte, gesuchte Färbe-,
Tischler* u. Bauhölzer (darunter das Brasi-
lienholz) in dichten Urwäldern, Gummibäume
{auf den Inseln der Maraiioumündung). Im
Thierreich : Rindvieh und Pferde (im S. auch
heerdenweise wild) , sowie andere Haus-
thiere, Tapire, Gürtelthiere , Faulthiere,
Affen (zahlr. Arten), Katzenarten, Walfische,
Vögel und Insekten in reichster Mannichfal-
tigkeit (unter Jenen der Condor und der noch
grössere Uira , der Salian , Aral und Can-
didi , zahlr. Papageien und Kolibris; unter
letzteren prächtige Schmetterlinge u. Käfer,
Wanderameisen), endlich Schlangen (Klap-
perschlange, Korallenschlang^, Anaconda etc.
am gefährlichsten) und andere Amphibien
(Schildkröten, Alligatoren etc.).
Die Bevölkerung besteht aus Weissen (etwa
3 Hill., namentl. portug. Kreolen, Engländer,
Deutsche, Schweizer, Chinesen) u. Farbigen
(darunter gegen l'/s Mill. Sklaven). Nicht
sesshafte Indianer etwa i/» Mill. (n. And.
200,000). Sklavenhandel seit 1854 verboten ;
dazu sollen nach Vorschlag der Regierung
von 1867 alle nach der Veröffentlichung
des Emancipationsgesetzes geboreneu Skla-
venkinder ttei und nach Verlauf von SS Jah-
ren die Sklaverei völlig aufgehoben sein.
Herrschende Bdigion die kathol. (Erzbisch,
von Bahia mit 11 Bischöfen); protestant.
Ehen ungültig. Unterricht sehr mangel-
haft (1867 in 14 Provinzen nur 118,183 Ele-
mentarschüler); Akademien für Jurispru-
denz (seit 1887) zu San Paulo u. Pernambuco;
medicinische Akademien (seit 1852) zu Rio-
de-Janeiro und Bahia; mehrere theologische
Seminarien und naturwissensohaftl. Lehr-
anstalten; Kriegsschule u. Militärakademie,
Kunstakademie. Marine- und Handelsschule
in Rio. — BeBchäftigung des Volks im trop. N.
Plantageuwirth Schaft (mit Hülfe der Sklaven,
«uf Zucker, Kaffee, Tabak, Baumwolle), im
S. Ackerbau mit Viehzucht (wiewohl sehr
lässig betrieben). Im Ganzen etwa nur i/im
des Areals unter Kultur. Ackerbaukolonien
zu Blumenan, Itajaby, Theresiopolis, Santa
Isabel, SanLaurenzo, D. Francisca etc. — Der
Binnenhandel höchst unbedeutend ; der iSe«-
handel mit Rohprodukten (meist in den
Händen von Fremden) ansehnlich. Aus-
fuhr 1866—67: 156 Mill. Milreis (Haupt-
artikel Kaffee, Baumwolle, Zucker), Einfuhr
148Vs Mill. MilreYs. SchifTfahrtsbewegung
1866 — 67: eingelaufen S694 Schiffe mit
1,888»784 Tonnen; aasgelaufen 8638 Schiffe
mit 1,543,977 Tonnen. Haupthafenplätze:
Rio , Pernambuco , Bahia , Rio Grande do
Sul, Park. Im Allgemeinen wird durch die
Trügheit und Selbstgenügsamkeit der Ein-
wohner die Entwickeluug der phys. und
techn. Kultur so sehr gehemmt wie der
geistige Aufschwung «des Volks. Land-
strassen spärlich und mangelhaft; Eisen»
bahnen erst 8t M. Bank von B. zu Rio mit
zahlreichen Filialbauken. Bechnung nach
Milreis (in Silber = 83 Sgr. 7 Pf. ; in Papier
Werth geringer u. schwankend), bei grossem
Summen in Conto de Reis (= 1000 Milreis).
Staatsform: erbliches konstitution. Kaiser-
thum mit Senat (Mitgl. auf Lebenszelt) und
Deputirtenkammer (Mitgl. auf 4 Jahre).
Gegenwärtiger Kaiser Pedro H. (s. 7. April
1831," resp. 88. Juli 1840). Finantten 1870-71:
Ausgaben 83,435,461 MilreltB Pap.,
Einnahmen 73,056,000
Gesammte Staatsschuld 1869: 784,753,954 Mil-
roVs (= 112,562,601 Pfd. St.). Armee 1867:
85,844 Mann im Frieden, Kriegsstärke im
Ganzen : 73,784 M. Mnnicipalgarde 577,329 M.
FloUe 1867: 19 Panzerschiffe (3 noch im Bau)
u. 75 nicht gepanzerte Schiffe, daza mehrere
nicht armirte Schiffe. Arsenale zu Rio, Bahia,
Pernambuco, Park und Matto Grosso. —
6 Orden: S. Bento d'AvIs (von 1147), San-
tiago da Espada (von 1170), Christusorden
(von 1319), südl. Kreuz (von 1882), D. Pedro L
(von 1826), Rosenorden (von 1829). — M»-
theilung in 80 Provinzen: Im SO.: Rio-de-
Janeiro, San Paulo, Santa Catharina, Paranä,
San Pedro, Bspirito Santo, Bahia. Im 0.:
Parahiba do Norte, Pernambuco, Alagoas,
Sergipe del Rey. Im NO. : Rio Grande do
Norte, Ceark, Piauhy, Maranhao, Gräo Panu
Im Innern: Minas Geraes, Goyaz, Matto
Grosso, Alto Amazonas. Hauptstadt: Rio-
de- Janeiro. — Vgl. Reybaud, ,B.* (deutsch
1857); Kidder und Fletcher, ,BrazlI and the
Brasüians', neue Ausg. 1866; Barü de la
Sure, ,L'emplre de Brasil', 1861—68; SeuUy,
,Bi'azll etc.', 1866 ; d'Aaeier, ,Le Brasil cou-
temporain', 1867; und die Reisewerke von
8pix u. Martina, Bohl, St. Hüaire, Bugenda»,
Pr. Ad€Ubert von Preussen, Pr. M<ixim, von
Neuwied, Biard, Tschudi, Lallemant u. A.
Oe»chiehte, B. ward 1500 von dem Por-
tugiesen Pedro Alvarez Cabral entdeckt,
von Portugal in Besitz genommen, aber erst
unter König Johann HI. kolonisirt. Thomas
de Sousa gründete 1549 die Stadt Bahia.
Die Erwerbung grosser Strecken Landes
durch den portug. Adel beförderte die
Kultur. 1684 eroberten die Niederländer die
Stadt und 1630 die Landschaft Bahia mit
Pernambuco und unterwarfen seit 1637 sieben
Küstenprovinzen. Doch schon 1654 mussten
die Niederländer das Land wieder räumen
und 1661 gegen Geldentschädigung ganz auf
dasselbe verzichten. 1679 bemächtigten sich
die Spanier der neu gegründeten Kolonie
San Sagramento. Seitdem man 1698 zuerst
Gold , 1730 Diamanten gefunden , hatte die
portug. Verwaltung nur deren Ausbeutung
und Handelszölle im Auge. Unzufrieden-
heit veranlassten ausserdem die Schenkung
Brasilienhobs — Brater.
837
^^88er Landairecken an portug. Adelige
<DoiiAtarios) und die Verträge der Begiernng
mit Abenteurern, welche Eroberungen auf
«igpie Kosten unternahmen (Gonquistadores),
•die Erhöbung der Abgaben, die Behandlung
^er Gold- und Edelsteinfunde als Regal etc.
Dem Beispiel der spau. Kolonien folgend,
reroltirten die portug. Truppen und er-
jiwangen für B. die portug. Konstitution
Ton 1820, welche 26. Febr. 1821 der Kron-
prinz Dom Pedro für sich und seinen Vater
■Johann VI. beschwor, worauf letzterer 26.
April B. verliess. Dom Pödro, als Prlnz-
r^ent eingesetzt, erklärte sich gegen Por-
tugal, welches B. nach wie vor als ab-
hängige Kolonie behandeln wollte, berief
2n Entwerfung einer Verfassungsurkunde
«ine Nationalversammlung und nahm 18.
Dec. 1822 die Kaiserwürde an, nachdem die
Deputlrten 1. Aug. die Trennung B.s vom
, Mntterlande ausgesprocheu. Darauf innere
Parteizwistigkeiten. Eine neue Nationalver-
sammlung nahm den ihr vorgelegten sehr
liberalen Verfassungsentwurf 8. Jan. 1824
an. Durch Vertrag vom 15. Nov. 1825 er-
kannte Portugal B.s Unabhängigkeit an.
Dom Pedro vermochte aber der Anarchie und
ünanzlellen Zerrüttung nicht abzuhelfen.
£r dankte 7. April 1831 zu Gunsten seines
iSohnes ab und schiffte sich nach Europa
ein. Für den neunjährigen Dom Pedro II.
setzten die Kammern eine Regentschaft ein.
Aus eigner Machtvollkommenheit veränderte
•6. Aug. 1834 der Kongress die Verfassung
> dahin , dass fortan jede Provinz einen ge-
setzgebenden Körper erhielt. 1835 ward
I>iego Antonio Fe^jo durch eine General-
-versammluug zum Regenten des föderativen
Kaiserthums ernannt, dankte aber Sept. 1887
ab und hatte den bisherigen Kriegsminister
Pedro Araujo de Lima zum Nachfolger.
Juli 1840 erklärte die Deputirtenkammer
Dom Pedro II. für vol^ährig, der 23. Juli
1840 die Regierung antrat, unter fortdauem-
•der Finanauoth und Zwistigkeiten mit Eng-
land wegen Erneuerung des 1845 erloschenen
Vertrags über das Durch snchungsrecht der
Itrasilian. Schiffe. Rosas, der Diktator der
argeutin. Konföderation, bedrohte die Süd-
Frenze B.s. Mit Urquiza, dem Gouverneur
cler argentin. Provinz Entre-Rios, Uruguay
und Paraguay verbündet, begann B. den
Krieg, der durch den Sieg bei Moute-Caseros
4(3. Febr. 1852) über Rosas und dessen Sturz
beendet ward. Seitdem gestalteten sich die
inneren Verhältnisse B.s günstiger. Eine
liberale Kolonialpolitik unter dem Ministe-
rium Clinda förderte namentlich die deut-
sche Einwanderung und Hess sich dieHebung
^ler Industrie und des Nationalwohlstandes
angelegen sein. Die "^^rhaftung dreier engl.
•Offiziere erzeugte neuen Konflikt mit Eng-
land. Jan. 1863 nahm der engl. Admiral
Warren 5 brasillan. Kauffahrer auf der
Rhede von Rio in Beschlag, und da B.
Gepugtbuung verweigerte, bfach England
mit B. Nach dem Rücktritt des Kabinets
•Olinda (15. Jan. 1864) wurde die Dilfereni
«nit England zwar ausgeglichen, a'ber der
3Präsideut Lopez von Paraguay begann
Jfeyert HoTid- Lexikon,
wegen einer bewaffneten Intervention B.s (n
Uruguay Feindseligkeiten und fiel in die
Provinz Matte Grosso ein. B. schloss darauf
mit Uruguay und der argentin. Konföderation
(8. Mai 1865) die Tripelallianz von Buenos-
Ayres. Obwohl es auf Seiten seiner Ver-
bündeten nur schwache Unterstützung fond
und der Krieg einen sehr langsamen Fort-
gang nahm, auch selbst die nordamerikan.
Union zu Gunsten Paraguays zu interveniren
drohte, so endigte doch der Krieg mit dem
Sieg der Verbündeten und Lopez Fall , in
einem letzten Kampf am Aquidaban (1. März
1870). Einem reaktionären Ministerium (seit
Aug. 1868) folgte (Sept. 1870) ein gemässigt
konservatives. Vgl. Soulhey, ',History of
BrazilS 1810-19, 8 Bde.; Handdmann, «Ge-
schichte von B.', 1860.
Brasilieilholz (Femamlmkhole, Allerheili-'
genholg, Bothholz), rothes oder gelbbraunes
Farbeholz von Caesalpinia crlsta, in Bra-
silien und auf Jamaika als Nutzholz, färbt
von Orange bis Roth.
Brasse (Abramis Cuv,), Gattung der
Karpfen fische. Oemeine Flussbrasae (Brachse,
Blei, A. brama Ouv., Cyprinus brama L,),
2' 1., bis 18 Pfd., fast überall in Deutsch-
land und Europa, meist gesellig. JZärthe
(Russnase, A. Vimba L.) , 10—14", in Nord-
deutschlaud und im Donaugebiet. Heimen
(Jope, Dünneke, Schwuppe, A. Ballerus L.),
1', im unteren Lauf aller Hauptflüsse Mittel-
europas. £licke (Güster, A. Blicca LeibL,
Blicca Björkna X.), 8-12", Afittelenropa.
Brassen, die Taue, mittelst welcher die
Raaen in horizont. Richtung bewegt werden.
Brassenr de Beurbourg (spr. -söhr dö
Burburgh), Charles Etienn«, franz. Ethno-
graph , geb. 8. Sept. 1814 zu Bourbourg
(Depart. Nord), ging im Auftrag der Pro-
paganda nach Nordamerika, bereiste, seit
1846 Generalvikar des Bischofä von Boston,
1850 Mexiko, 1854, 1855 und 1860 Gentral-
amerika, ward Febr. 1864 zum Mitglied der
zu Erforschung Mexikos bestimmten franz.
Expedition ernannt. Sehr. ,Histoire de Ca-
nada' (1851), ,Hist. des nations civilis^es du
M6xique etc.* fl857— 59, 4 Bde.), ,Monumeuts
anciens du Mexique etc.' (1866) u. A.
Brassica L. (Kohl), Pflanzeugattung der
Gruciferen. Gartenhohl (B. oleracea L.), in
vielen Varietäten als Kraut, Wirsing, Blatt-
oder Schnittkohl, Blaukohl, Blumen- und
Rosenkohl; Rübenkohl (B. rapa L.), als
Winter- und Sommerrübsen, mit dicker
fleischiger Wurzel als weisse oder Wasser-
rübe; Raps (Rapskohl, B. napus L.) , als
Oelpflanze kultivirt. S. Kohl und Rübe,
Braten, Zubereitung des Fleisches mit
wenig oder ohne Wasser, am Spiess, auf
dem Rost oder in der Pfanne, liefert die-
nahrhafteste Fleischspeise, da Eiweiss und
Fett völlig erhalten bleiben uud eine Spur
sich bildender Essigsäure das Fleisch ver-
daulicher macht.
« Brater, Karl, Führef der bayer. Fort-
schrittspartei, geb. 1819 zn Ansbach, 1848
bis 1850 Bürgermeister zn Nördlingen, be-
theiligte sich seit 1856 in München an der
Redaktion des von Blnntschli herausgeg,
22
838
Bratsche — Braunkohle.
yBeiitichen Staatswörterbnchs' tuid opponlrte
lelt 1858 in der Presse gegen das Ministe-
rlnm Pfordten-Reigersberg. In Kümberg
Ton den vereinigten Liberalen in die Kam-
mer gewählt, half er 1859 den National-
Terein stiften, gründete in München die
, Süddeutsche Zeitung', entwarf 1863 nach
Auflösung der Abgeordnetenkammor das
Wahlprogramm der bayer. Fortschrittspartei,
berief 21. Dec. mit And. die deutflehe Abge-
ordnetenversammluDg nach Frankfurt a/M.,
ward in Nürnberg abermals gewählt und
ipachte sich als Referent um die wichtigsten
gesetzgeberischen Arbeiten verdient; f ^^^
Okt. 1869 zu München.
Bratsche ( Viole, Viola da braceio, Altgeige),
grosse Art Violine, im Umfang vom kleinen
o bis dreigestrichenen c.
Bratysengee, Landsee in der Moldau,
östl. von Galatz; Abfluss nach dem Pimth.
Bnnbach, Stadt im preuss. Regbz. Wies-
baden, am Rhein, 1715Ew. Dabei dieMarks-
buig; Silberschmelze; unfern der Dinkhol-
derbrunnen. [hoch.
Brftnhansberg, Anhöhe bei Potsdam, 271'
Brauliothal} nordöstl. Seitenthal des
obem Veltlin, durch welches die stilfser
Strasse herabführt.
Braun, 1) Aug, Ihnil, Archäolog, geb.
19. April 1809 zu Gotha, ward 1833 bei dem
archäolog. Institut in Rom erst als Biblio-
thekar, dann als Prosekretär angestellt,
übernahm 1834 die Redaktion des ,BuIletiuo'
■und 1837 die der ,AnnaliS richtete eine
galvanoplast. Anstalt zur Vervielfältigung
antiker Kunstwerke ein; f 12. Sept. 1856.
Sehr, ausser mehreren Monographien , Antike
Marmorwerke' (Dekade lu. 2, 1843); ,Griech.
Götterlehre' (1850— 54, 2 Bücher); , Vorschule
der Kunstmythologie' (1854); ,Die Ruinen
und Museen Roms' (1854). — 2) Karl, nassaui-
icher Liberaler, geb. 4. März 1822, 1849—66
Mitglied, 1858— 63 Präsidentder zweiten Kam-
mer des Herzogthums Nassau, seit 1859 Prä-
sident des volkswirthschaftl. Kongresses und
seit 1861 Direktor des Vereins für Alterttiums-
kundo und Geschichtsforschung in Nassau,
-ward 1867 für Wiesbaden in das preuss. Ab-
geordnetenhaus und den Reichstag gewählt,
hier beredter Wortführer der Nationallibe-
ralen ; siedelte 1868 als Rechtsanwalt am
Obertribunal nach Berlin über. Sehr. ,Die
Zinswucher- Gesetze' (1856); ,Vier Briefe
eines Süddeutschen an den Verfasser der
Tier Fragen eines Ostpreussen' (1867); ,BiI-
der aus der deutschen Kleinstaaterei' (1870)
n. A. — 3) Julius, Archäolog, geb. 1825 zu
Karlsruhe, Schüler Roths in Heidelberg, be-
reiste seit 1848 Aegypten , Palästina, Klein-
asien und das ägäische Meer nebst Griechen-
land, später wiederholt Italien, erhielt 1860
eine Professur in Tübingen, die er bald
wieder aufgab, lebte seitdem in München;
t das. 22. Juli 1869. Sehr, (mit der Grund-
tendenz, den KuTturzasammenhaug aller
alten Völker nachzuweisen): ,Studien und
Skizzen aus den Ländern der alten Kultur'
(1854); »Geschichte der Kunst' 1856 — 58);
jNaturgesch. der Sage* (1864) ; »Historische
Xandschaften' (1867;.
Bnuft«, 1) Stadt in Oberösterreich, an»
Inn, 2398 Ew.; seit 1866 Denkmal des 180»
liier erschossenen Buchhändlers Palm. —
2) Stadt in Böhmen, Kr. Königgrätz, an der-
schles. Grenze, 8473 Ew.; Tuchweberei
(Jährl. 5000 St.). Die Zerstörung der pro- ,
test. Kirche zu B. (1618) war nächste Ver^
anlassung zum 30jä}ir. Kriege.
Brftnnbleien und tirnnblelens. auch
Buntbleierg, Pyromorphit, Folychrom, Mineral
aus der Klasse der wasserfreien Ghalcite,
phosphorsaures Bleioxyd mit Ghlorblei, oft
arsensäure-, kalk- und fluorhaltig, bei Frei-
berg, Zschopau, Zellerfeld, Przibram, Blei-
stadt, Mies, auf Blei verarbeitet.
Branneberger , Sorte Moselwein, wächst
beim Dorf Dusemund (Kr. Bernkastei).
Braune Farben: Asphalt, Berlinerbraun,
Bister , Bleisuperozyd , Bolus , Kasseler-
braun, Kupferbraun , Ocker , Sepia, Umbra.
Zum Braunförben dienen Mischungen von
Gelb-, Blau- und Rothholz, Aloti, Katechu,
chromsaures Kali mit Kupfervitriol und
Theerfarben.
Branneisenateln, s. Eisen.
Brannelle (Flüevogel, Accentor Sechst.),.
Vögelgattung der PfHemeuechnäbler. Hecken-
braunäle (Graukehlchen , Baumnachtigall,
A. modularis L.), 5—6" 1., bei uns von
März bis Oktober. Alpenflüevogel (Flüe-
lerche, A. alpinus L.), 7—8", vorzügl- Alpen-
sänger, auf den Hochgebirgen Südeuropas.
Brannfels, Stadt im preuss. Regbz. Kob-
lenz , Kr. Wetzlar, an der Iser , 1777 JBw.,
Residenz des Fürsten Solms-B.
Braun fisch, s. Delphin.
Braunkohle, fossile Kohle, ist jünger als
Kreide und kommt in Formationen über
derselben, bes. im Tertiärgebirge vor. Die
Braunkohlenformation findet sich in Europa
vom 41. bis 52. o n. Br. , enthält Thone»
Letten, Schieferthoue, Sande, Sandsteine,
Süsswasserkalke , Muschelmergel , Phos-
phorite , Sphärosidei'ite u. Thoneisensteine,
trachytische und basaltische Tuffe. Die
Braunkohlenflötzo sind zolldick bis 100 und
mehr Fuss mächtig und in einer Anzahl
getrennter Binnenmeere aus einer Vegetation
gebildet, welche der uusiigen nicht sehr
unähnlich ist. Arten: faserige B. (Lig^nit),
vom Ansehen des Holzes; gemeine B.,
derbe, spröde, mit muschligem Bruch (mit
glänzendem Bruch: Gagat) und erdige
B. Sie ist gelblich bis pechschwarz , oft
der Steinkohle sehr ähnlich, gibt aber stets
saure (Stelnkohlo ammoniakalische) Dämpfe,
enthält 5 — 10 o/o (und viel mehr) Asche,
lufttrocken 20 o/^ hygroskopisches, 31 — 32«/»
chemisch gebundenes Wasser, 48— 560/»
Kohlenstoff, 1— 2o/(^ Wasserstoff. Hire
Brennbarkeit ist geringer als die des Holzes,
sie überti-ifft dasselbe aber an Wärmeeffekt
um mehr als das Doppelte und eignet sich
bes. zu Rostfeuerungen und zur Zimmer-
heizuug; backende Steinkohlen kann sie
nicht ersetzen. Destillli't liefert eine bes.
Art (Pyroplssit bei Zeitz , Weissenf eis und
Halle) Theer, aus welchem Photogen, Solaröl
und Paraffin gewonnen wird. B. findet sich
in Bayern, Böhmen, Oesterreich, Thüringen*
Braunsberg — Braunschweig.
339
Hessen , Brannschweig, Posen', am Nieder-
rhein, im Elsafls, in der Auvergne, bei
Basel, in Italien, in Ostirland und auf der
westschott. Insel Moll ; in Nordamerika im
Missourigebiet und auf VaucouYer; in Asien
auf den hinterindisclien luseln u. in Japan.
Vgl. Zincken, ,Die B.*, 1865.
Braunsberg, Kreiset, im preuss. Begbz.
Königsberg, an der Passarge, nahe dem
frischen Haff, 11,681 Ew. Schloss , kathol.
hohe Lehranstalt (LyceumHosianum); Bier-
brauerei (das einst ber. Bier ,Fullwurst').
Ehedem Hanptort des Ermelands und Hanse-
stadt, 1255 gegründet.
Brannschweig, deutsches Herzogthum,
67 QM., besteht aus 3 getrennten Hanpt-
theflen: dem Fürstenthum Wolfenbüttel
(Kreise B. , Wolfenbüttel , Helmstedt) , dem
Hars- und Weserdistiikt (Kr. Gandersheim
u. Holzminden) u. dem Fürstenthum Blan-
kenburg am Unterhars, nebst 5 Enklaven.
G^irge: im Süden der Harz (Wormberg
3045', Achtermaunshöhe 2787') und dessen
Yorberge (ca. 7 QM.), im Norden bewaldete
Anhöhen : Asse, Elmwald etc. — Hauptßtts$
im Norden die Ocker; ausserdem Leine,
Aller, Bode. — 32S/|0/p Ackerland, 272,'|0/o
Wiesen, 31«/» o/q Wald (grösstentlieils Staats-
gut). Produkte bes. Getreide, Flachs (jährl.
84,009 Stein), Hopfen. Bergbau (auf dem sog.
Koinmuuionharz gemeinsam mit Preussen)
auf Silber, Blei, Eisen, Braunkohlen etc.
(Steinkohlen nur bei Helmstedt). Salinen.
Neben Bergbau und Hüttenwesen (die dem
Staate gehörigen Eisenwerke sind seit 1867
Privatbesitz) : Leinweberei , Bierbrauerei,
Fal»rikatJon von Holzwaaren, Glas, Papier,
Zucker, Tabak, Tuch, Lebhafter Handel;
Hanptplätzo : Stadt B. und Hoizminden.
28,5 M. Eisenbahn (Staatsbalmen). — Be-
völfcfrung (Dec. 1867) 39|^,801 Seelen (4542 : 1
QM.), fast durchaus aclit sächsischer Ab-
kunft und protestantisch (nur 3900 Katho-
liken, »um Bisthnm Hildesheim gehQrig,
1700 Reformiiiie, 1107 Juden). 5 Gymnasien,
1 polytechn. Schule (Colleg. Oarolinum),
1 Prediger-, 2 Lehrerseminare, Berg- und
Forstanstalten, Baugewerk- und landwii'th-
Hchaftl. Schulen , zahlreiche Volksschulen ;
als Landesuuiversität g^ilt Göttingen. — Ver-
fauxing konstitutionell-monarchisch ; Staats-
gmndgesetze: die Landschaftsordnung vom
12. Okt. 1832 und die Gesetze vom 22. und
23. Nov. 1851. Regierender Herzog: Wil-
helm, seit 25. Apidl 1831 (un vermählt). Die
Laudesversammlung besteht aus 46 Abge-
geordneten. In der Rechtspflege seit 1850
Oeflfentlichkeit , Mündlichkeit nud Ge-
Bchworu engerichte; oberste Instanz das
Obergericljt zu Wolfenbüttel. — Finanxen*'
wohl geordnet. Etat von 1870 für Einnahme
wie Ausgabe : 2,047,800 Thlr. ; Staatsschuld
C1870) 18,974,746 Thlr. (incl. 12,647,600 Thlr.
Eisenbalmscliuid). — Militärkoruingent (seit
1. Okt. 1867 nach der Verfassung des nordd.
Btiudes neu organisi)*t): 1 Infanterieregiment
Nr. 92, 1 Husarenregimeut Nr. 17, 1 6pfünd.
Batterie zu 4 Geschützen und 2 Landwehr-
bataillone (zur 20. Division des 10. Armee-
corps gehörig). — Sechnung nach Thalern
k 80 Gr. (30-Thalerfas8); Feldmass der
Feldmorgen = 120QRuthen=: 0,979 preuss.
Moi-gen. — Orden Heinrichs des Löwen (seit
1834). Wappen: springendes silbernes Pferd
zwischen 2 gegen einander gekehrten , mit
Pfauenfedern besetzten Sicheln. Landes-
farben: hellblau und gelb. Eintheilnng:
6 Kreise (s. oben).
Die Haupt- und Residenzstadt B. , an der
Ocker, 50,502 Evir. ; herzogl. Schloss (an Stelld
des 1830 al^ebrannten neu erbaut, 1865 eben-
falls abgebrannt, 1869 wieder aufgebaut),
mit prächt. Quadriga (von Rietschel), Thea-
ter (seit 1861), goth. Rathhaus, Burgkirohe,
Bnrgplatz mit dem ehernen Löwen Heinrichs
und Lessings Statue (von Rietschel) ; OoUe-
gium Garolinum (polytechn. Schule), anatom.-
chirurg. Kolleg, Gesammtgymnasium ; zahlr.
Fabriken ; Bierbrauerei (Mumme), 2 Messen,
Bank (s. 1853, 3 Mill. Thlr. Kapital). Eisen-
bahn nach Hannover, Harzburg und Magde-
burg. — Gegr. 861, später fünfte Hansestadt
(Qnartierstadt) , bes. Ende des 14. Jahrh.
blühend, später im Verfall ; 1671 von Herzog
Rudolf August unterworfen, seit 1758 stand.
Residenz der Herzöge. Vgl. Schröder und
Assmann, ,Die Stadt B.< 1841; Dürre, «B»«
Entstehung und städt. Entwicklung', 1857;
Ders., ,Geschichte B.s*, 1861 ; Schiller, «Mittel-
alterl. Architektur B.s', 1852; Sack, ,Qe-
schichte B.s', 1861.
Geschichte. Die braun schweig. Laude, ur-
sprünglich zum alten Herzogtlium Sachsen
(s. d.) gehörig, entstanden aus dem wel-
fischen Allodialbesitz, welchen Heinrich der
Löwe (s. d.) 1194 zurückerhielt. Des letz-
teren Söhne Heinrich, Otto (der nachmalige
deutsche Kaisor Otto lY.) und Wilhelm theil-
ton das Erbe 1203. Wilhelms (f 1213) Sohn,
Otto das Kind, einziger Stammhalter des
weif. Hauses, ward nach langem Streit von
Kaiser Friedrich U. 1235 mit den weif.
Landen als Herzogtlium belehnt; f 1252.
Seine Söhne Johann und Albrecht (Longus)
begründeten 1267 die ältere lüneburger und
die ältere brannschweiger Linie, die 3 Söhne
Albrechts (f 1279), Heinrich, Albrecht (der
Finste) nud Wilbulm, aber 1286 die Linien
Grubenhagen, Göttiugen und Wolfenbüttel.
Die Besitzungen der Linie Grubenhagen ver-
einigte nach molireren Theilungen Philipp I.
1526 wieder, der 1534 der Reformation bei-
trat. Sein Sohn und Nachfolger Ernst, Sfit-
glied des sdimalkald. Bundes, 'gerieth bei
Mühlberg 1547 in die Gefangenschaft des
Kaisers, trat 1551 die Regierung seinen
Landes an ; f ^^^ kinderlos und hatte daher
seine Brüder Wolfgaug und Philipp II.
zu Nachfolgern. Als mit letzterem 1596 die
Linie Grubenhagen erlosch , .wurden ihre
Besitzungen von Heinrich Julius von B.-
Wolfenbüttel in Besitz genommen , später
(1616) aber nach reichsgerichtlichem £r-
kenntniss an die Linie Gelle abgetreten.
Die Linie Gmtingen erlosch 1463 mit Otto
dem Einäugigen (Codes). Die Linie Wolfen^
büttd verschmolz, als ihr Gründer Wilhelm
1292 t> mit der Linie Göttiugen, ward aber
durch Magnus I., den Frommen, den Enkel
Albrechts des Feisten, 1344 erneuert. AU
22*
840
BraunBchweiger Grün — Braunstein.
Albrechto (f 1369) Sohn Magnus II., mit der
Kette (Torqnatns), die ihm Ton Wilhelm,
dem letzten Spfrössling der altem lünebur-
ger Linie, fiberwiesene Erbschaft in An-
spruch nahm, entstand der lüneburger Erb-
folgekHeg, indem Wilhelm fl-üher (läö5) den
Sachsen - wittenb. Prlneen Albrecht zum
Erben eingesetzt und Kaiser Karl lY. diesem
die Belehnung ertheilt hatte. Magnus II.
fiel 1S7S in der Schlacht bei Leveste. Nach
Albrechts Tode verglich sich dessen Oheim
und Erbe Wenceslaus mit deu Söhnen
Magnus n., FriedHch und Bernhard, die
seine Schwiegersöhne wurden. Friedrich
erhielt B.-WoUenbuttel; Bernhard sollte
Wenceslaus in Lüneburg folgen, musste aber
den jüngeren Bruder Heinrich als Miterben
anlassen. Nach Friedrichs Tode (1400)
herrschten Bernhard und Heinrich erst ge-
meinschaftl. über B.-Wolfenbüttel u. Lüne-
burg. Durch die Thellung 1409, In welcher
Bernhard 1^., Heinrich Lüneburg erhielt,
wurden sie die Begründer der mittleren
Linien B. und Ltinehurg. In Folge eines
Tausches (1438) ward Heinrich Stammvater
der mittleren Linie B. , Bernhard der von
Lüneburg. Die von Albrechts Bruder Johann
1267 gestiftete ältere lüneburger Linie er-
losch 1369 mit Wilhelm , worauf das Land
nach dem Ende des Erbfolgekriegs an die
genannte mittlere Linie Lüneburg fiel. Diese,
1409 begründet, theilte sich schon unter
Heinrichs Söhnen Wilhelm und Heinrich
dem Friedsamen in die Linien Kaienberg
und Wblfenbüttel. Erstere erlosch 1584 mit
Erich iL, dem Gegner des schmalkald.
Bundes. Die wolfenbüttler Linie, für welche
Heinrich der Jüngere (f 1568) das Primo-
geniturrecht einführte, erwarb 1596 nach
Aussterben der Linie Grubenhagen deren
Besitzungen und erlosch 1634. Die mittlere
Linie Lüneburg, in Folge des erwähnten
Tausches 1428 mit Bernhard beginnend,
bildete die Nebenlinien B.- Harburg , die
1642, und B.-Gi/hom, die schon 1549
erlosch, so dass Ernst der Bekenner (f
1546) wieder zum Alleinbesitz von Lüne-
burg kam, wo er die Reformation durch-
führte. Seine Söhne Heinrich und Wilhelm
wurden die Beg^'ünder der neuem Linien
S. und Lüneburg, welche letztere die Kur-
vrürde erhielt und 1815— 66 Hannover (s. d.)
als Königreich regierte. Heinrichs (f 1598)
Jüngerer Sohn August ward Stammvater
der neuen Linie B. - Wolfevhüttel , indem er
nach Erlöschen der wolfenbüttler Linie
(1684) deren Lande gegen Zahlung von
100,000 Speciesthalem an seinen älteren
3i*uder Julius Ernst (f 1636 kinderlos) er-
jwarb u. 1635 ^ie Regleining antrat; wegen
seiner wahrhaft väterlichen Regierung
Seuez divinus (gottlicher Greis) genannt.
Ihm folgte 1666 sein Sohn Rudolf August
(t 1705),- der 1685 seinen Bruder Anton
tririch (t 1714) zum Mitregeuten annahm,
wahrend der Jüngste Bruder Ferdinand
Albrecht die apanaglrte Nebenlinie B.- Bevern
begründete. Da Anton Ulrichs Söhne, Aug^ust
Wilhelm und Ludwig Rudolf 1781 und 1735
«hne männliche Erben starben, so gelangte
die Linie B.-Bevern durch Ferd. Albreebt
zur Nachfolge in B. (t 1735). Dessen Solin
Karl verlegte 1753 seine Residenz nach B.
und t 1780. Sein Sohn Karl Wilh. Ferd.,
Oberbefehlshaber des preuss. Heeres 1806,
t bei Auerstädt tödtlich verwundet. In Folge
des Friedens von Tilsit ward das Herzogthum
B. dem neugeschaffenen Königreich West-
phalen einverleibt. Erst Ende 1813, nach
der Schlacht bei Leipzig, ward das alte
Regentenhaus in B. restituirt In Karl Wilh.
Ferdinands Sohn, Friedrich Wilhelm, der
1805 von seinem Oheim Friedrich August,
seit 1792 durch seine Gemahlin Friederike
Sophie von WÜrtembei-g-Oels Besitzer dieses
schles. Fürstenthums, dasselbe ei*erbt hatte.
Er fiel 16. Juni 1815 bei Quatrebras. Da
seine Söhne, Karl und Wilhelm, noch min-
derjälirig waren, so erhielt der Prinz-Regent
von Gtossbiitannlen, der nachmalige König
Georg lY. , die vormundschaftliche Regie-
rung, und der Graf von Münster leitete von
London aus die öffentlichen Angelegenheiten
B.s in patriarchalisch eigenmächtiger Weise,
bis 1820 die revidirte Landschaftsordnung
zu Stande kam. Herzog Karl trat 80. Okt.
1823 die Regierung in B. an, während seinem
Bruder Wilhelm durch testamentarische
Bestimmung das Fürstenthum Oels zuge-
fallen war. Karl ignorirte die Verfassung
von 1820 und ward 7. Sept. 1830 vertrieben,
worauf Wilhelm die Regierung übernahm,
anfangs im Einverständnis s mit seinem
Bruder, dann unter Zustimmung der Agnaten
selbständig. Ein 1831 den Ständen vorge-
legter Entwurf eines neuen Landesgrund-
gesetzes ward 17. Okt. 1832 angenommen.
Der überwiegende Einfluss des Adels hemmte
jedoch den politischen Fortschritt. Der 2.
Landtag (1836—37) beschloss die Aufhebung
(Allodiflkation) der dPeudalrechte. 1844 trat
B. dem Zollverein bei. 1848 brachte dem
Lande Oeffentlichkoit und Mündlichkeit der
Rechtspflege u. Geschwornengerichte, Press-
freiheit, freiere Gestaltung des Gemeinde-
wesens und zeitgemässe Modifikationen des
Grundgesetzes, 1864 GewerbeA*eihölt. Beim
Ausbruch der Krisis von 1866 suchte B. eine
neutrale Stellung einzunehmen, schloss aber
6. Jali ein Büuduiss mit Preussen und trat
dann dem norddeutschen Bunde bei. Die
Geschichte der Lande B. und Lüneburg
bearbeiteten neuerlich Havemann (1853—57,
3 Bde.) und Schatmann (1864). Vgl. Lam-
brecht, ,Das Herz(^thum B.*, 1864.
Brftunschweiger Grün, hellgrüne Kupfer-
farben, früher basisches Kupferchlorid,
jetzt wasserhaltiges kohlensaures oder ar-
seniksaures Kupferoxyd mit Gyps oder
Schwerspath gemischt, decken gut, sind
ziemlich haltbar, aber giftig.
BmunschweigerHamiue, dunkelbraunes,
sehr substanzloses Bier, 1492 von Mumme
in Braunschweig erfanden.
Brunngpath, Mineral aus der Klasse der
wasserfreien HaloVd'e,* eisenoxydul- und
manganoxydulreicher Dolomit, bes. auf Erz-
gängen von Freiborg und Chemnitz etc.
Braunstein (I^rdusit, rolianit. Weich'
mangantr», Glasmachersei/e) , Mineral aus
Braunwurz — Brehm.
841
der Klasse der wasserfreien Hetalloxyde,
schwarze S&ulen mit schwarzem Strich, be-
steht aus HangansQperoxyd , enthält 87,2 %
Sauerstoff n. dient zur Darstellung von Chlor,
Brom u. Jod, zum Entgolden der goldhaltigen
Kiese, zum Färben und Entfärben des Glases,
in der Glas- und Porzellanmalerei, zur brau-
nen Töpferglasur, zum Färben Ton Steingut-
maase und Seife, beim Eisenpnddeln, zur
Darstellung des Bisterbraun und der dea-
inficirenden und bleichenden Uebermangan-
säure. Der B. des Handys ist meist ein
Gemenge von Pyrolusit mit Hausmannit,
Brauuit und andern Manganerzen. Haus-
mannit ist Hanganoxyduloxyd mit 28,8 o/o
Sauerstoff; £raunit Mauganoxyd mit 80,8%
Sanerstoflf; Manganity Graubraunsteinerz,
besteht aus 90 o/o Mauganoxyd und 10 0/0
Wasser; Varvicii ist eine Verbindung Ton
Manganit und Pyrolusit ; BHlomelan (Hart-
manganerz , schwarzer Glaskopf) eine Ver-
bindung Ton Mangansaperoxyd mit Man-
gauoxydul (nebst Kali oder Baryt). B. ist
sehr verbreitet und findet sich mit den ge-
nannten andern Manganerzen in Nassau,
im Grossherzogth. Hessen, in Baden, bei
Kreuznach, Birkenfeld, Göpfersgrün, Plat-
ten in Böhmen, in Sachsen, am Harz und
im Thüringerwsilde, bei Huelva in Spanien,
in Frankreich etc. Die Produktion in
Deutschland beträgt 655,700 Ctr. Vgl. ,Der
B.- oder Manganerzbergbaa', 1861.
Braunwurz^ s. Scrophularia.
BrausepnlTer (pulvis aerophorns), Gemisch
von 4—5 Th. doppeltkohlensaurem Natron
mit 3 Th. Weinsteinsäure nnd Zucker,
zusetzt sich in Bei*ühning mit Wasser unter
lebhafter Entwicklung von Kohlensäure.
Englitehe« B. , die genannten Substanzen
ungemischt jede in bes. Papierkapsel. Beid-
litzer £. enthalten noch abführendes wein-
steinsaures Natronkali.
Braut in Haaren, s. NigeUa.
Branwer (Brouwer), Adrian, nlederländ.
Genremaler, geb. 1606 zu Harlem, f ^^^ zu
Antwerpen. Wirthshausscenen.
Bnro (ital.), tapfer, brav; Beifallruf;
auch gedungener Meuchelmörder.
BrBTOnr (fr.), kriegerische Tapferkeit;
techn. Fertigkeit, bes. in der Musik.
Brawalla-Helde (spr. Bro-), Ebene in der
schwed. Landsch. Smaland; um 735 sagen-
hafte ScMaeht zwischen Sigurd Ring u. dem
Däuenkönig Harald Hiltetand , welcher fiel.
Bray (spr. Bräh), Otto Camillus Hugo,
Graf von B.-Steinburg , Sohn des bayer.
Reichsraths u. Diplomaten Franfois Gabrid,
Grafen von B. (geb. 1765 zu Rouen, f 1832),
geb. 17. Mai 1807 zu Berlin, 1846 kurze
Zeit und wieder April 1848 bis März 1849
Minister des Aeussem, dann ausserordentl.
Gesandter in Petersburg, 1870 Minister-
präsident, unterhandelte Okt.. und Nov. in
Versailles mit Bismarck über den Eintritt
Bayerns in das deutsche Reich.
BraySra, Kunth, Pflanzengattung der
Rosaceen. B. anthelmintica Kunth (Kosso-
bäum) , in der abessinischen Bergregion,
Blütlieu ofßcinoll als Band Wurmmittel.
BrazAj s. £rafa.
BrazoB, Fluss in Texas, entspringt am
Llano Estacado, mündet bei Velasco in den
mexikan. Golf; über 100 M. lang.
Brazza, grösste der dalmat. Inseln, 7 QM.
und 15,980 Ew. ; .ftnchtbar (Vulgavawein) ;
gute Häfen. Hauptort S. Pietro.
Breeeien, verkittete eckige, scharfkantige
Gesteine einer oder verschiedener Arten,
stets am Fundort gebildet, deshalb fast
stets massig, nicht geschichtet. Oft schöne
Bau- und Schmucksteine, z. B. Breccia verde
Brechen, s. Erbrecken. [d*Egitto.
Brechmtttel (Emetica, Vomitiva), arznei-
liche Substanzen, welche Entleerung des
Mageninhalts bewirken, bes. Brech würzet
(Ipecacuanha) , Brechweinstein (Tartarus
emeticus, weinsaures Kali - Antimonoxyd),
Kupfervitriol (Cuprum sulphuricum) und
Zinkvitriol (Zincum sulphuricum). Nur auf
ärztl. Verordnung anzuwenden.
Brechnnss, s. Strychnos.
Brechrahr, s. Cholera.
Brechung der Lichtstrahlen, s. Licht.
Brechweinstein (Tartarus stibiatus), wein-
steinsaures Antimonoxydkali , basisches
Doppelsalz, durch Lösen von Antimonoxyd
in Weinstein erhalten , farblose Krystalle
von süssem, hinterher ekelhaft metallischem
Geschmack, löst sich in 14,5 Th. kaltem,
2 Th. siedendem Wasser , wirkt schon in
kleinen Gaben brechenerregend, ausserlich
Entzündungen der Haut hervorrufend, und
wird in der Medicin vielfach benutzt als
Pulver , weiuige Lösung (Brechwein) , iu
Salben (auteuriethsche Salbe) u. Pflastern.
Breehwurzel, s. Ipecacuanha,
Brerknock (spr. -nöck), engl. Grafschaft
in Südwales, 83,6 QM. und 61,627 Ew.
Hauptst. B. (Brecon), am TJsk, 5235 Ew.
Breda, faste Stadt in der niederl. Prov.
Nordbrabant, an der Merk, 15,282 Ew.
Kathodr., Schloss (Militärakademie), Begui-
nenhof. Bredaer Kompromi$$, 16. Febr. 1566
von 16 niederl. Edelleuten unterzeichnete
Bitte um Aufliebuug der Inquisition und
relig. Duldung (s. Geusen). 31. Juli 1667
Friede zwischen England und Frankreich
nebst Holland und Dänemark.
Brederode, Heinrich, Graf v<m, geb. 1581
in Brüssel, in den niederländer Unruhen
Führer d^s miss vergnügten Adels, veran-
lasste das bredaer Kompromiss; f 1568 zu
Gammen im Kieveschen.
Br^e, Matth. Ignaz van, niederl. Maler, geb.
1773 zu Antwerpen ; f das« 1889 als Direktor
der Akademie. Einer der Regeneratoren der
niederl. Malerei in der Richtung Davids.
Bregflglia, Val (spr. -galja), s. Bergett.
"Br^genx (röm. Brigantium), Hauptst. von
Vorarlberg in Tirol, an der Mündung der
bregenxer Ache in den Bodensee, 8451 Ew.
Fnbrik. von Holzwaaren, bes. Reijstöcken
(jährl. 2 Mill.) . Unfern die bregenxer Klause,
ehemals befest. Bergpass. Bregemer Wald,
Ausläufer der algäuer Alpen (Kanisfluh,
7291'). Bregenzer See, südöstl. Theil de»
Bodensees.
Brehm, 1) Cliristian Ludw., Ornitholog,
geb. 24. Jan. 1787 zu Schöuau vor dem Walde
bei Gotha, seit 1813 Pfarrer zu Renthendorl
342
Breisach — Bremen.
bei Neustadt a/Orla; f da«' 23. Juni 1864.
Sehr. ,Beitiäge aar Vogelkunde' (1821-22,
S Bde.V; ,Lehrb. der Naturgescb. aller deut-
schen Vögel' (1823—24, 2 Bde.) ; »Monographie
der Papageien' (Heft 1—14, 1842—56) ; ,Natur-
geaohichte und Zucht der Tauben' (1867) u. A.
Gab die Zeitschrift ,Omeis' (1824—27, 3 Hefte)
heraus. — 2) Alfred Edmund, Naturforscher,
Sohn des Vor., geb. 2. Febr. 1829 zu Renthen-
dorf, bereiste 1847~52NordostafHka, später
Spanien, Lappland u. die Bogosl&nder, 1862—
1867 Direktor des aoolog. Gartens in Hamburg,
dann Gründer und Leiter des berliner Aqua-
riums. Sehr. ,Reiseskizzen aus Nordostafrika
<18Ö6, 3 Thle.) ; ,Das Leben der Vögel' (2. Aufl.
1867) ; .Ergebnisse e. Reise n. Habesch^ (1863) ;
,Illu8tr. Thierleben' (1863-69, 6 Bde.); ,Die
Tbiere des Waldes' (mit MotmUbaer 1866—67,
2 Bde.); ,Gefaugene Vögel' (1870 ff., 2 Bde.).
Breiueh, 1) (AU-B.) Stadt im bad. Kr.
Treiburg, auf schroffem Basaltberg, am
Rhein, 3272 Ew. Schon Römerfestung (Mons
Brisiacus), später Hauptfest, des deutschen
Reichs , 1744 von den Franzosen zerstört ;
Jetzt abgetragen. Denkmal des Grossherzogs
Karl Friedrich. — 2) (Neu-B.) Festung im
obem Elsass, Alt-B. gegenüber am Rhein,
3456 Ew., von Ludwig XIV. 1699 angelegt.
Seit Ende Okt. 1870 von den Deutschen be-
lagert und beschossen; kapitulirte 10. Nov.
Breisgaa, fruchtbare Landschaft in Baden,
umfasst den Schwarzwald u. das Rheinthal
bis nördl. zum Kaiserstuhl, etwa 50 QM.,
erst den Herzögen von Zähringen gehörig,
seit 1367 Österreich., 1803 dem Herzog von
Hodena verliehen , seit 1805 badisch.
Breit«, in der Geographie der Abstand
eines Ortes vom Aequator, gemessen durch
den zwischen diesem Orte und dem Aequa-
tor gelegenen Bogen des durch jenen ge-
legten Meridians, je nach der nördl. oder
südl. Lage vom Aequator nördl. oder aücU. B. ;
in der Astronomie der Abstand eines Ge-
stirns von der Ekliptik , gemessen auf dem
grössten durch die Pole der Ekliptik geleg-
ten , auf dieser senkrecht stehenden Kreis.
Breitenburg, gr. Adelsgut in Holstein,
östl. von Itzehoe, 7168 Ew.; altes Schloss.
Breiteneck, ehemalige Herrschaft in der
bayer. Oberpnilz, für Tilly zur Reichsherr-
schaft erhoben; fiel 1724 an Bayern.
Breitenfeld, Dorf nördl. bei Leipzig,
177 Ew. Hier 7. Sept. 1631 Sieg Gustav
Adolfs über Tilly ; 23. Okt. 1642 Sieg der
Schweden unter Torstenson über die Kaiser-
lichen unter Erzherz. Leopold und Plcco-
lomini ; 16. Okt. 1813 Sieg der Alliirten über
Napoleon (Theil der leipz. Schlacht).
Breitenstock, Berg am Anfang der St.Gott-
hardstrasse, 9818' hoch.
Breithom, 1) Gipfel der Monterosagruppe,
12,012' h. — 2) Berg der Bemeralpen, westl.
vom Finsteraarhom , 11,616* h. — 8) Berg
der Salzburgeralpen, bei Lofer, 7500' h.
Breitinger, Joh. JcJe., Schweiz. Aesthetiker,
geb. 1. März 1701 zu Zürich, seit 1731 Prof.
am das. Gymnasium ;■ f 15. Dec. 1776. Theil-
nehmer anBodmers Bestrebungen, gab mit
demselben , Discourse der Maler' (s. 1721)
heraus; sehr. »Kritische Dichtkunst' (1740,
2 Bde., Vertheidigung der poet. Malerei),
,Krit. Abhandl. von den Gleichnissen' (1740).
Breitkopf, Joh. Gottlob /mman««!, Förderer
der Buchdruokerkunst , geb. 23. Nov. 1719
in Leipzig, verbesserte die deutsch. Typen,
erfand den beweglichen Notendruck etc.
und gründete das unter der Firma B. und
Härtßl berühmt gewordene Yerlagsgeschäft
in Leipzig; f 28. Jan. 1794.
Breinmscnlag, s. KatapUuma.
Breme, s. Brennen.
Bremen, ehemal. Herzogthum, das säkn-
larisirte Emtift B» im niedersächs. Elreise,
d. h. einen Theil von Ostfriesland und das
Mündnngsland der Weser und Elbe mit
halb Holstein umfassend, 94 QM. Erster
Erzbischof war Ansgar (847). Unter Erzb.
Friedrich (1558—66) wurde die Reformation
eingeführt, 1648 das Stift säkularisirt und
als Herzogthum an Schweden, 1719 an Han-
nover abgetreten; seit 1866 preussisch.
Bremen, deutscher Freistaat, an der unte-
ren Weser, zerfällt in Stadt- und Landgebiet
mit einer Exklave (Bremerhafen), 4,7 QM.
mit 110,852 Ew. niedersäolis. Stammes mit
plattdeutscher Mundart (nur 2033 Kathol.,
213 Juden). Der Boden etwas Marschland,
vorzugsweise Wies- und Ackerland, daher
ansehnliche Riudviehzucht. Hauptbeschäf-
tigung: Schifffahrt und Handel (vorzugs-
weise Zwischenhandel), wovon 20o/o der Ew.
leben. Verfauung vom 21. Febr. 1854;
Staatsgewalt in den Händen des Senats (18
auf Lebenszeit gewählte Mitglieder, davon
2 Bürgermeister auf 4 Jahre) u. der Bürger-
schaft (150 Abgeordnete der Bürger Je auf
6 Jahre). Seit 1861 GewerbeiVeiheit. Höchste
richterl. Instanz das Oberappellationsgericht
In Lübeck. Becknung nach Thalem in Gold
(5 Thlr. =: 1 Ld'or, Silberwerth schwankend
nach dem Kurs). Finanzen 1869:
Einnahme . 2,422,796 Thlr. Qold,
Ausgabe . ,. 2,117,068 -
Staatsschuld 11,773,312 -
Das Militärwesen durcli Konvention vom
27. Juni 1867 auf Prenssen übergegangen.
Im Ganzen 22 Gemeinden (3 Städte).
Die freie btcuit B., 18 M. von der Nordsee,
74,945 Ew. (780 M. Militär) in Alt-, Neu- und
Vorstadt; 14 Kirchen, darunter Dom mit dem
Bleikeller (1050 gegr.), Liebfrauen- und Aus-
gariuskirchc (364' h. Thurm); Rathhaus mit
dem her. Rathskeller, unfern die Rolands-
säule; der Schütting (das alte Gildehaus
der Kaufmannschaft), Börse, Museum etc.;
Sternwarte, zahlreiche Unterrichtsanstalten
und andere Institute. Bedeutende Industrie,
bes. Gigan-en (Export 1869: 732,004 Thlr.
Gold), Bier, Reis, Kisten, Schiffbau, Giesserei
und Maschinenbau , Znckersiederei. Der
2. Seehnndelsplatz Deutschlands, besorgt B.
namentlich dessen Verkehr mit den trans-
atlantischen Ländern. Gesammte Einftihr
1869: 103,31 Mill. Thlr. Gold (davon 58,33
Mill. Europa, 38,04 Mill. Amerika), Ausfuhr:
94,92 Mill. Thlr. Gold (davon 70,88 Mill.
Europa, 22,37 Mill. Amerika). Hauptstapel-
nrfikel: Tabak, Petroleum und Reis (1869:
161 Va »rill. Pfd.). Handelsflotte 1869: 300
Seeschiffe von 119,209 Lasten (2^ 4000 Pfd.),
Bremer — Brennholz.
34S
damnter 26 Schranbendampfer und SOYoll-
schiffe. Regelmässige Dampfschiffifahrten
nach London, Hull, Newyork, Baltimore
XL, Noworleans. Hauptauswandernngshafen,
1868 : 66,43» Auswanderer, in 206 Schiffen
^j752 ans Dentschland), fast nur nach
Nordamerika; Totalsumme Ton 1854 — 1869:
«57,942 (auf 2896 Schiffen). SchiffTahrtsver-
kehr 1869: angekommen 80S2 Sohiffis von
4S6,42S Lasten, abgegangen 8176 Schiffe von
446,953 Lasten. Bremer Bank, seit 1856
/Oesammtumsate 1867: 840 Mill. Thlr.),
Versicherungsgesellschaft gegen Seegefahr
(Yersicherangssumme 102 Mill. Tbir.), Nord-
deutscher Lloyd (seit 1857), Gesellschaft
für Rettung Schiffbrüchiger. — Uralte An-
fliedlung von Fischern uuc) Schiffern, wurde
B. durch Karl d. Or. 788 zum Bischofssita
erhoben u.934 durch Heinrich den Sachsen
mit einem Magistrat und Privilegien ver-
sehen. Durch Handel reich geworden, war es
seit 1284 JahrhundertH durch eine mächtige
Stadt der Hansa und erhielt 1640 Sitz und
Stimme im westphäl. Kollegium des Reichs-
tages und 17:il Reichsunmittelbarkeit als
freie Reichsstadt, zwar unter thell weiser
hannoverscher Oberheri'lichkelt, welche erst
durch den Reichsdeputationshauptschluss
1803, der B. auch Vegesack zuwies, beseitigt
wurde. 1815 trat B. als freie Hansestadt
zum deutschen Bunde, 1866 zum nord-
deutschen Bunde. Das Landgebiet gehörte
schon seit 1856 zum deutschen Zollverein;
die Stadt selbst mit ihren Hafenstädten
ist Freihafen geblieben (Aversionalsumme
252,390 Thlr. Kur.). — Die alte patriclsche
Verfassung, die, beruhend auf der Tafel
vom Jahre 1433, der ,Neuen Eintracht' von
1534, und dem Wahlstatut von 1816, dem
Rathe (aus 4 Bürgermeistern und 24 Raths-
herren bestehend) alle Gewalt übertrug,
wurde durch die Konstitution vom 18. April
1849 beseitigt; letztere 1854 revidirt.
Bremer, Frederik«, schwed. Schrift-
steUerin, geb. 1802 zu Abo in Finnland,
machte bedeut. Reisen: t ^l* ^^' ^^^ ><*
Arste bei Stockholm. Ihre Novellen In fast
alle Sprachen übersetzt (deutsch 1857 — 64,
50 Bde.); am beliebtesten die ,Skizzen aus
dem Alltagsleben'; sehr, ausserdem zahlr.
Reiseschilderungen.
Bremerblav, Kasseler-, Kalk-, Ham-
burger-, zum Theil auch Mineralblau , be-
steht aus Kupferoxydhydrat, hellblau bis
grünblau, gut deckende, nicht sehr dauer-
hafte, giftige Wasser- und Oelfarbe, wird
mit Gel angerieben bald grün: Jiremergriin.
Bremerhafen. Hafenstadt von Bremen,
an der Wesermundung, auf einem 1827 von
Hannover (für 158,659 Thli*.) gekauften Stück
Land, 8572 Ew., 2 Häfen (der neue 1847 -66
erbaut, mit Docks für die grössten Kriegs-
schiffe), gegenüber Fort William. Ans-
wandererhans (für 3000 Pers.), Riesenkrahn.
Bremerlehe, Flecken, s. J.ehe.
BremM (JBretiu), Vorrichtung zur Auf-
hebung der Bewegung rotirendor Wellen
oder Räder, wirkt durch Ausübung eines
Druckes auf die Peripherie des rotirenden
Körpers, bes. gebräuchlich bei Eisenbahn-
wagen, wo hölzerne Klötze gegen dio
Peripherie der Wagenräder gepresst werden.
Bremsen, 1) I)€u$el- oder BieaßiegeniOeBtrl'
dae),. Familie der eigentlichen Fliegen,
deren Larven (Engerlinge) als periodische
Parasiten in und an höheren Säugethleren
leben ; 14 Ghtttungen über die ganze Erde
verbreitet, zerfallen nach dem Wohnort, den
die Larven an den Wirthen einnehmen, in
Magen-, Nasen- und Hautöstriden ; zu erste-
reu gehören Oastrophylus- und Otenostylum-
Arten auf Pferden, Eseln, Maulthieren und
Rbinoceros; zu den zweiten (^estrus-, Gephe-
nomyia-, Gephalomyla- und Pharyngomyia-
Arten auf Roth-, Reh- und Damwild, Ka-
melen, Schafen, Ziegen, Antilopen; zur
dritten Hypoderma- und Gestromyia - Arten
auf RiMh-, Reh', Damwild, Reu-, Elen-,
Meschusthieren, Rindern, Schafen, Ziegen,
Antilopen und kleinen Nagern. Sie veran-
lassen oft tödtliche Entzündungen. Vgl.
Brauer, ,Monographie der Oestriden', 1863.
— 2) Tabanidae, Familie der langrüsseligen
Fliegen, deren Larven in der Erde le^n,
plagen das Vieh arg. Gktttungen Tabanus,
Viehbrem$e, Haemotopota, Segeribrenue, und
Chrysops, Blindbrenue.
Brendel, Front, Musikgelehrter, geb.
26. Nov. 1811 zu Stolberg, seit 1844 Redak-
teur der ,Nenen Zeitschrift för Musik* in
Leipzig, später auch Lehrer am das. Kon-
servatorium; t 25. Nov. 1868. Anhänger der
liszt^wagnerschen Richtung; sehr. ,Ge8cfa.
der Musik in Deutschland, Italien u. Frank-
reich' (4. Aufl. 1868, 2 Bde.; Aufzug, 5. Aufl.
1861) ; ,Die Musik der Gegenwart* (1855) u. A.
Brennbare fflinenilien(£r«nse;,Mineralien,
die erhitzt unter Aufhahme von Saueirstoff
verbrennen: harzige (Bernstein, Retinit),
kohlige (Anthracit, Stein-, Braunkohle),
bituminöse (Erdöl , Asphalt , Naumanns
Anthracide). Ihnen schliessen sich an:
Selen , Scliwefel , Diamant und Graphit
(Naumanns Metalloide).
Brennb&chl, (^sthaus bei Imst in Tirol,
in dessen Nähe 9. Aug. 1855 König Friedr.
August von Sachsen verunglückte; seit 1856
Votivkapelle daselbst.
Brennen, die slav. Bewohner der nach-
mal. Mark Brandenburg; poetisch Preussen.
Brennende Liebe, s. Lycknis,
Brenner, Berg der tirol. Alpen zwischen
Innsbruck und Sterzing, 6430'; darüber der
firemurpoM, 4325' b. , die niedrigste der gr.
Alpensti*asseu ; seit den Römerzeiten firequen-
tirt , seit 1867 mit Eisenbahn. Auf der Pass-
höhe der JBrenneraee und das Dorf B.
Brennglas, Sammellinse von solcher-
Stärke, dass sich in ihrem Brennpunkte
brennbare Körper entzünden lassen. Sehr
kräftige Brenngläser konstruirte Tscbim-
hansen g^egenEnde des 17. Jahrh. Brussow
und Lavoisier benutzten 1774 linsenähnliohe
Hohlkörper aus Glas mit Terpentinöl ge-
füllt, welches weniger Wärmestrahlen zu-
rückhält als Glas.
Brennglaa, Pseudonym für Glasbrenner.
Brennnolz' heizt um so stärker, je trocto-
ner es ist, da das Wasser viel Wärma
zur Verdampfung absorbirt. LufUrockues
844
Brennibor — Breslau.
B. entb< ca. 90 o/p Walser. In der Heis-
kraft iflt 1 Kl. FichtenholB = 0,04 Kl.
Kiefera-| 0,89 Tannen-, 0,70 Buchen-, 0,06
Birken-, 0,63 Rüstern-, 0,59 Eichenholz.
Viosshols hat einen Gewichtsyerlnst Ton
20<Vo erlitten nnd sehr viel geringere Heis-
kraft. Scharf erhitztes (halb verkohltes)
Buchenholz kommt als Rothhols in den
Handel; 1 Kl. desselben erzengt dieselbe
Wärmemenge wie IV4 Kl. Infttrocknes
Bnchenhols; die Verdampf angskraft des
letstem verh< sich sn der des Rothholzes
wie 54 : 100. 1 Pfd. trocknes Holz vei^
braucht den Sauerstoff von 63 Kubikfttss
Luft, bedarf aber in den gewöhnl. Feaernn-
gen 107>-189 Kubikfass. Eine Klafter Scheit-
holz wiegt lufttrocken bei Fichten- 21, Tan-
nen- 88, Buchen- 26—38, Birken- 28, Eichen-
92 und Hainbuchenhols 35 Ctr.
Brennibory wend. Name von Brandenbarg.
Brennkegely s. Moxa.
Brennkogly Berggipfel der hohen Tauem
dstl. vom Grossgiockner, OllO' h.; schliesst
das Fnscherthal.
BreiittlliiieundBreniilliehe. Fallen Licht-
strahlen von einem lenchtenden Punkt auf
eine gekrtümmte reflektirende oder brechende
Fl&che, so bilden die Durchschnittspunkte
Je Bwei benachbarter Strahlen eine Brenn-
oder kaustische Mäche, in welcher die Be-
leuchtung st&rker ist als daneben. Die
kmmme Linie, welche die Durchschnltts-
pnnkte der durch die Erseugnngslinie der
r^ektirenden oder brechenden Fläche ab-
gelenkten Stsahlen enthält, heisst J9renn2«me.
Brenimessel, s. Urtica.
Brennpuikt, der Raum, in welchem sich
die Von einem sphärisch gekrämmten kon-
kaven Spiegel surückgeworfenen oder in
einer Konvezlinse gebrochenen Lichtstrahlen
▼ereinigen. Hohlgläser und konvexe Spiegel
vereinigen die gebrochenen oder reflektirten
Strahlen nicht, sondern machen sie so
divergirend, dass sie von einem bestimmten
Pnnkt vor dem Glase oder hinter dem Spiegel,
dem sog. virtuellen B., auszugehen scheinen.
Bremwpiegely Hohlspiegel, welche das auf-
gefitngene Sonnenlicht durch Reflexion auf
einen engen Raum leiten und hier grosse
Hitze und intensives Licht erzeugen ; lassen
sich auch aus passend zusammengestellten
ebenen Spiegeln herstellen; auf Lencht-
fhürmen nnd bei Teleskopen angewandt.
Bremoi, Anf&hrer der Sennonen, einer
gall. Völkerschaft in Oberitalien, schlug die
Römer am Flusse AUia 390 n. Chr. und er-
oberte und plünderte Rom, ward von Ca-
millus vertrieben.
Brenmwelte, die Entfernung^des Brenn-
punktes eines Brennspiegels oder einer
Linse von ihrer Mitte.
Brenta, Küstenfluss in Oberitalien, ent-
springt aus dem See Caldonazzo bei Trient,
durchfliesst das Val Sugana, müudet bei
Brondolo in den Gk>lf von Venedig; 23 M.
Brentano, 1) Clemen», Dichter der romant.
Schule, geb. 8. Sept. 1778 zu Frankftirt a/M.,
Bruder der Bettina von Arnim, führte unter
bänflg wechselndem Aufenthalte (1818—24
im Kloster Dülmen) ein unstetes Leben;
1 28. Juli 1841 SU Aschaffenburg. Sehr, den
Rohian ,Godwi, oder das steinerne Bild der
Mutter* (1801); das Lustspiel ,Ponce de Leon*-
(1804) ; das Drama ,Gründung Prags' (1815),.
mehrere treffl. Erzählungen, das Märchen
,Gokel, Hinkel und Gakeleia* (1838); ,Mär-
chen* (1848). Mit Arnim Herausgeber dea
,Wunderhom8*. ,Ges. Schriften* (1851-56,.
9 Bde.). Seine Gattin Sophie, geb. Schubart^
geschied. 3fereau, geb. 27. März 1761 zn
AUenburg, f 31. Okt. 1806 in Heidelberg,
ebenfalls plchterin n. Romanschrei berin. —
2) Loren», bad. Kammerdeputlrter, geb. 1810,.
Advokat in Mannheim, während der bad.
Revolution Präsident des Landesaus-
schusses: f Febr. 1853 in Kordamerika.
Brentford, Stadt in der engl. Grafschaft
Middlesex, am Einfluss der Brent in die
Themse, 9500 Ew., Wasserwerke für London.
Brens, Joh,, sohwäb. Reformator, geb.
24. Juni 1499 zu Weil in Schwaben, seit
1522 Prediger in Schwäbisch • Hall , führte
hier die Reformation durch, wirkte mit bei
Einfuhrung der brandenburg - ansbach.»
nümberg. u. würtemberg. Kirchenordnung,,
wohnte 1529 der Disputation zu Marburg bei>
musste als Gegner des Interims flüchtig
werden, seit 1552 Propst in Stuttgart ; f IK
Sept. 1570. ,Opera' (Tüb. 1576-90, 8 Bde.).
V^. Hartmann, ,J. B.*, 1862; Preseel, ,J. B.',
Brenze, s. Brennbare Mineralien. [1867.
BrenzUeh (empjfreumatisch) , durch Er-
hitzung bei Luftabschluss entstanden oder
verändert ; b.e» Oel , Brandöl , s. v. a.
Theeröl. Brenzaäuren (Pyrosäuren), die beim
Erhitzen nicht flüchtiger organischen Säuren
destlllirenden Säuren, z. B. PyrogsJlnssäure
aus Gallussäure.
Brera, ehem. Jesuitenkolleginm In Mai-
land, Jetjt königl. Palast der Wissenschaften
U.Künste, mit ber.Gremäldegallerie,Biblioth.
(über 180,000Bde.),Münzkabinet, Sternwarte.
Bresche (Sturndüoke), durcli Geschützfeuer
oder Minen bewirkte Oeffnung in einem
feindlichen Wall zum Eindringen der
Sturmkolonnen des Belagerers.
Brescia (spr. Breschia, röm. Brixia), ita).
Prov. in der Lombardei, 83,9 QM. mit 434,21»
Ew. Die Rauptet. B., an der mailand-rero-
neser Bahn, 40,499 Ew. ; Kastell, Dom (9.
Jahrb.), neue Kathedrale (1604— 1824), Mu-
seum (Herculestempel). Gtt, Seidenmesse.
Breskens, starkes Fort in der niederländ.
Prov. Seeland , Vliessingen gegenüber.
Breslau (lat. Vr<Uislavia, poln. Wradaio),
Hauptstadt der preuss. Prov. Schlesien nnd
des Regbx. B. (245 QM. u. 1,864,632 Ew.), dritte
königl. Residenzstadt u. zweitgrösste Stadt
der Monarchie, an der Oder und Ohiau,
171,926 Ew. (über 45,000 Kath., über 11,000
Juden); Alt- und Neustadt nebst 5 Vor-
städten; Hauptplätze: grosser Ring mit dem
alten Rathhaus (14. Jahrb.), neuen Stadt-
haus (seit 1863) und den Reiterstatuen
Friedrichs d. Gr. (von Klss, seit 1842) und
Friedlich Wilhelms in. (sott 1861); Salsring
oder Blücherplatz mit der Börse (1824) nnd
Blüchers Statue (von Rauch); Tauensiens^
plats (Statue Tauensiens); Nenmarkt (schö-
ner Brunifen). Hauptstrassen: Albrechts-,
Bresling — Bricole.
345
Nikolai', alte and neue Schneid nltzer-,
Friedrich -WllhelmsstraBse u. a. Festungs-
werke seit 1813 in Promenaden umgewandelt.
Marien- öder Sandkirche. Domkirche (seit
1288), Elisabethkirche (364' hoher Thurm,
Glocke von S20 Gtr.). Universität (1702 ge-
stiftet), medicin. - Chirurg. Lehranstalt, 5
Gymnasien. Mittelpunkt des schles. Han-
dels (2 grosse Wollmärkte, auch bed. Vieh-
markte) und wichtige Fabrikstadt. 4 Bahn-
höfe. — Zuerst erwähnt 1018; 1163 — 133ö
Keaidens plastischer Herzöge; später Hanse-
stadt u. freie Reichsstadt; durch Friedrich II.
Kur dritten Stadt der Monarchie erhoben.
Hier 11. Juni 1742 Friede zwischen Preussen
und Oesterreich; 22. Nov. 1757 Sieg der
Oesterreicher über die Preussen; 5. Jan.
1807 Kapitulation mit den Franzosen.
Bresling, s. Erdbeere.
BresMy eine der Sheflandslnseln, 902 Ew. ;
Ewischen ihr und dem Holm Ifeu die ber.
Seilbrücke (Cradle).
Brest 9 Seestadt im franz. Dep. Finlsterre,
am atlant. Ocean, 79,847 Ew., Festung ersteu
Ranges, stärkster Kriegshaxen Frankreichs
mit Rhede für 500 KriegsschilTe, Schiflfahrta-
schule ; seit 1869 unterseeisches Telegraphen-
kabel nach Amerika. Hier 1. Juni 1794
Beesieg der Engländer über die Franzosen.
Brest -Litowski, starke Festung im klein-
russ. Gouv. Groduo, am Bug, 20,655 Ew.;
jüdische Akademie, Kadettenanstalt.
Breta^e (spr. -tai^)')* ehem. ftanz. Prov.,
die grosse nordwestl. Halbinsel Frankreichs
umfassend, jetzt In die 5 Depart. Niederloire,
Morbihan, lUe -Vilaine, Nordküsten, Finls-
terre getheiit, 618 QM. mit 2,998,000 Ew. Der
südl. Theil (Nieder - B.), mit dem Mündungs-
gebiet der Loire, flach, grossentheils moorig;
der nördl. (Ober-B.) bergig,, von der Mou-
tagned'Arrße (etwa 1000') durchzogen. Küste
sehr zerrissen; Haupthäfen: Brest, Lorlent,
Kantes, Quimper, St. Brieux, St. Male. Im
Alterthum Armorica genannt; seit dem
3. Jahrh. von flüchtigen Briten besiedelt, die
sich, unter brit. Herrschern (daher der Name
B., d. i. KUinbritawaien), Jalirliunderte lang
^egen die fränk. Obermacht wehrten; seit
1250 franz. Lehnsherzogthum, dessen letzter
Herzog 14tö f* Seine Tochter Anna ward
Gemahlin Ludwigs Xn. und deren Tochter
Termählt mit Franz I.; so kam die B. 15S2
l^anz an Frankreich. Die Bretagner (Bre-
tonen) noch jetzt in Sprache (Bas -Breton)
und Sitte isolirt; kraftig, tapfer und aus-
dauernd, stolz, zurückhidtend, rauh, arm
nnd unwissend; reich an Volksliedern und
Volkssagen; tüchtige Seeleute. Vgl. Daru,
,Hl8t. deB.S 1826, 3 Bde.; deatsch 1831—32,
2 Bde.; JRoigoux, ,Hist. des roisdeB.', 1829,
2 Bde. [tagne verfertigte Leinwand.
Bret«gBes (fr., spr. -tainT), in der Bre-
Bretigny (spr. -tl^ji), I>orf im franz.
Depart. Eure-lLioire; 8. Mai 1360 Vertrag
zwischen England und Frankreich.
Breton de los Herreros, Don Manoel,
span. Dichter, geb. 19. Dec. 1800 zu Quel
(Prov. Logrouo), 1814—22 Soldat, später Im
Staatsdienst; sehr. Lustspiele (,MarceIaS
,Todo es farsa en este mundo*, ,Muerte'y
Veras* etc.), histor. Schauspiele (,Bolido
Dolfos*, ,Femando el emplazado*), ,Poesias
sueltas* (1881) und ,La Desverguenza* (satir.
Gedicht, Mß8). ,Werke* (1850 ff.).
Bretonen, die Bewohner der Bretagne.
Bretonisch (Boa- Breton, Armorikaniseh),
die altbrit. oder celt. Sprache der oelt. Be-
wohner der Bretagne; noch jetzt In mehre-
ren Mundarten gesprochen.
Bretten, Stadt im bad. Kr. Karlsruhe»
S352 Ew. Melanchthons Geburtshaus.
Brenghel, Name einer ber. niederländ.
Malerfamilie. Stammvater; BUer B. (der
Aeltere), genannt Bauernbreughd, geb. 1530,
t 1569 zu Brüssel. Derbe nnd launige Dar-
stellungen des Bauemiebens. Sein Sohn»
PUer B, (der Jüngere) » genannt ERUlen-
breughd, f 1625, ausgezeichnet innächtliclien
Flammenbildem^ Scenen aus der Unter-
welt etc. Beide leiteten die niederländ.
Genremalerei ein , wie des letzteren Bruder
Jan B., genannt SammeC- oder B^umendrett^Ael,
1568—1625, die Landschaftsmalerei.
Breve (vom lat..6r«rt«, kurz), Ursprung],
jede kürzere Zuschrift, jetzt päpstliclie»
Schreiben, worin der Papst über einen
minder wichtigen Gegenstand .eine Verord-
Brevet, s. Patent, |nnng erlässt.
BrevUrlum, (lat.), kurze Uebersicht, Aus-
zug. B. Maricianum, unter dem westgoth.
König Alarich verfasster^ 506 zu Toulouse-
publicirter Auszug aus föm. Rechtsquellen
zum praktischen Gebrauch.
Brevier (BreviariMin, B. Romanum) , das
für den Gebrauch der röm.-kathol. Geistlich-
keit bestimmte Gebetbuch, in latein. Sprache,
aus sehr alter Zelt, von Plus V. allen Gelst>
liehen zum tägl. Gebraucli vorgeschrieben..
Brevi manu (lat., d. i. mit kurzer Hand)^
ohne Förmlichkeiten , kurzweg.
Brevls (f^. brive, Mus.), kurz ; kurze Note.
Brewster (spr. Bruhster), Sir David,
engl. Physiker, geb. 11. Dec. 1781 zu Jed-
burgh in Roxfordshire (Schottland), t <^Is
Prof. der Physik zu St. -Andrews 10. Febr.
1868. Bes. verdient durch Erfindung des
ICaleidoskops und um die Lehre von delr
Polarisation des Lichts. Sehr. «Treatlse on
the kaIeidoscope*(18l9;2. Aufl. 1857); ,Trea-
tise on optics* (1832 ; deutsch von Hartmemn
(1835) ; ,Treatise on microscope* (1837) ; ,The
stereoscope' (1856); Redakteur der .Edin-
burgh Encyclopaedla' (1810 — 80, 18 Bde.);
seit 1832 Mitherausgeber des ,London and
Edinb. Philosoph. Magazine'.
Brezillian, Wald in der Bretagne, oft ge-
nannt in mittelalterl. Epen (bes. im Parcival).
BriAn^n(spr.-angsong, röm. Brigantium),
feste StHdt im Aranz. Depart. Oberalpen,
an der Durauce, 4070' üb. M., am Mont Ge-
uevre (Strasse nach Turin), S579 Ew. ; 7 Forts.
BrianzSy reiche und dichtbevölkei*te
Landschaft in der ital. Prov. Gomo, da»
.Paradies der Lombardei', 12 QM. mit 150,000
Ew. Hiinptort Gantu. Bedeut. Seidenkultur.
Bricke, s. Neunauge.
Bricole (ft*., spr. -kohl), das Zurück- oder
Abprallen, bes. einer Kugel. Bricolachuss,
Kanouenschuss, wobei die Ku^el (eiserne
Vollkugel) in der Weise schräg gegen eino
846
Bridgeport — Brightsche Krankheit.
Mauer abgescboMen wird, dass sie, nach-
dem sie abgesprungen, den Gegenstand
trifft, welcher durch direkten Schuss nicht
SU erreichen war.
Bridgeport (spr. Bridsch-), Hafenstadt im
Bordamerik. Staate Connecticnt, am Long-
islandsund, 19,000 £w.
Bridgetow]i(spr. Bridschtaun), Hauptstadt
der engl. Antilleuinael Barbadoes, an der
Oarlislebai; 35,000 £w. Sitz des Gouver-
neurs ; Hafen, stark befestigter Waffeuplatz.
Bildgewater (spr. Bridschuater), Stadt in
der engl. Grafschaft Somerset, am Parret,
der in die Bridg^aterbai (im Bristolkanal}
mündet, 11,320 £w. Seehandel.
Bridge wAter (spr. Bridschuater), Francia
Senry Egerton , Graf von , engl. Gelehrter
und Sonderling, geb. U. Nov. 1756, f 12.
Febr. 1829 zu Paris. Bekannt durch sein
Testament von 1825, worin er seine Hand-
achriffcen u. 5000 Pfd. St. dem brit. Museum
und 8000 Pfd. St. der Royal Society über-
wies zur Herausgabe eines umfassenden
Werkes, das die Macht, Weisheit und Güte
Gottes in der Schöpfung nachweisen sollte.
Dies die unter dem Namen der Bridgewater-
bücher bekannten Monographien (deutsch
1836—38, 9 Bde.), unter denen Bucklands
,Geologie und Mineralogie* am bekanntesten
geworden ist. Neue illnstrirte Ausgabe von
Bohn in dessen ,Scientiflc Library' (1850 if.).
Bridgewaterkanal, der älteste engl. Kanal,
in der Grafschaft Laucaster, vom Herzog von
Bridgewater 1758—61 ei'baut, führt von den
Steinkohlengruben bei Worsley Mill über
Berge, Thäler, Flüsse und durch Felsen
nach Manchester und von da bis zum
Hersey (Liverpool).
Brie 9 franz. Landschaft in der Cham-
pagne; Hauptstadt Meaux. Ber. Käse (fro-
jnage de B.). Die Grafen von B. residirten
zu B.-Comte-Bobert, 2^80 Ew.
Briefinaler, im Mittelalter eine Klasse
von Schreibern, welche Gebet- und Schul-
bücher, Kalender etc. abschrieben und mit
Malereien verziert verkauften; schnitten
43päter ihre Schriften und Bilder auf Holz-
oder Metallplatten, die nach Auftragung von
Farben abgedruckt wurden (Jiri^drucker,
die Vorläufer der Buchdruckerkuust).
Briefmarken (fr. timbres'poste, engl.
postage-stampa), die von den Postämtern als
Werth zeichen behufs der Frankirung von
Briefen etc. zum Verkauf vorräthig gehal-
tenen Marken ; vom Engländer Sir Rowland
Hill erfunden und in Grossbritannien zuerst
10. Jan. 1810 und seitdem in allen europ.
Staaten, sowie in den engl., franz. und
Span. Kolonien und den Staaten Nord- und
Südamerikas eingeführt. Die Liebhaberei
an Briefmarkensammlungen rief einen Hau*
delsverkehr mit B. hervor. Vgl. Zsehieaehea
"Und Küdera ,Kataloge über alle seit 1840
ausgegebenen B.* (3. Aufl. 1864).
Briefiiteller^ Buch, welches Anweisung
SEum Abfassen von Briefen gibt durch Bei-
spiele. 'Die bekanntesten sind die von Clau-
diua (31. Aufl. 1854) u. Bammler (40. Aufl. 1867).
Brieftaube • s. Taubenpost.
Brieg, Kreisstadt im preuas. Begbz. Bres-
lau, an der Oder, 14,275 Ew. Sohloss, Niko-
laikirche (grosse Oi-gel), Gymnasium.
Briel, Thal, s. BrüM.
Brienne (spr. -änn, B.- Napoleon), Stadt
im franz. Dep. Aube, an der Aube, 2078 Ew.
In der das. Militarschule (1790 aufgehoben)
erhielt Napoleon L seine erste Bildung. Hier
1. Febr. 1814 Sieg Blüchers über Napoleon.
Brfenz, Ort im Kant. Bern, am brienxer
See (2Va St. laug, Vs 8*. br., bis 2000* tief)
und am Fuss des brienzer Bothhoma (7238'),
2300 Ew. Holzschnitzerei, ber. Käse.
Brigade (fr.), Truppeukörper von 2 Regi-
mentern und 1 Jägerbataillon oder 3 Regi-
mentern Infanterie oder 2—3 Regimentern
Kavallerie. Artilleriebrigade, in Preussen
und Russland 1 Feld- u. 1 Festnngsregiment.
Brigadechef (Brigadier) ist in der Regel ein
General (Generalmajor). Brigadestellung, die
taktische Gefechtsformation der B.
Brigand (spr. -gang), Räuber, Wegelagerer.
Briganti (ital.), Strassenräuber; neuerl.
auch Bezeichnung der aufstand, bonrbonlst.
Schaaren im Neapolitanischen. Brigantaggio
(spr. -adscho), politisches Bandenunwesen.
Brlgantii (a. G.), Volk iu Vindelicien am
östl. Bodensee (lacua Brigantinua) mit der
Hauptst. Brigantia (Bregenz).
Brigantine, . kleines Kriegsschiff ohne
Verdeck mit 2 Masten , auch zum Rudern
eingerichtet, fasst bis 100 Mann.
Brigg, Fahrzeug mit Fock- und grossem
Mast, fVegattentakelage und Einem Deck,
bes. geeign. zum Waarentransport (200— 300
Tonneu); als Kriegsschiff 10—20 Kanonen
führend. Die Hutterbrigg hat die Bauart
des Kutters, aber die Takelage der B.
Briggins (eig. Briggs), Henry, engl. Mathe-
matiker, geb. 1556 zu Warleywood in der
Grafsch. York, Prof. zu Oxford; f das.
26. Jan. 1631. Sehr. ,Arithmetica logarith-
mica' (1624), die Logarithmen der natürl.
Zahlen von 1-20000 uq,d von 90000—100000
mit 14 Decimalstellen enthaltend.
Bright (spr. Breit), John, engl. Fabri-
kant und Parlamentsreduer , geb. 16. Nov.
1811 zu Greenbank bei Rochdale in Lan-
cashire, Sohn eines Quäkers, seit 1839 eif-
riges Mitglied der Anti-Comlaw-League,
trat 1843 für Durham, 1847 für Manchester
ins Parlament, wirkte hier als Vertreter
der Manch osterschule für kommercielle u.
politische Freiheit, erklärte sich gegen den
russ. Krieg und für Friedenspolitik, ver-
einigte sich , 1858 von Birmingham in das
Parlament gewählt, mit den Whigs zum
Sturz des Ministeriums Derby. In dem Nov.
1868 eingesetzten liberalen Ministerium
Gladstone Präsident des Handelsamts, trat
er Dec. 1870 wegen Kränkliclikeit zurück.
Brighton (spr. Breiten), Hafenst. in der
engl. Grafsch. Sussex, am Kanal, 77,693 Ew.
Königl. Palast; ber. Seebad (jährl. 80,000
Gäste). Merkwürd. der neue brückenähnl,
Damm, 1134' lang. Ueberfahrt nach Dieppe.
Brightsche Krankheit (Morbus Brightii),
nach dem engl. Arzt Richard Bright (spr.
Breit, f 16. Dec. 1858) benannte Entzündung
der Niere, im ersten Stadium Blutüber-
füllung, im zweiten fettige Fintartung, im.
Bri^ttenau — Britanniametall.
347
dritten Scbrumpftingr und Ausbildung der
sogen, granulirten liiere. Symptome; bes.
Auftreten von reiohliehem Eiweiu im Harn,
von Blutkörpeni und elgenthüml. Gebilden,
den sogen. Harncylindem. Ausgang ent-
weder Heilung (in den ersten Stadien) oder
(nach Entstehen des dritten) allgem. Wasser-
sucht. Meist gleichzeitig mit fieberhaften
Krankheiten, bes. Scharlach. Behandlung:
Vermehrung der Hautsekretion durch
Bchwelsstreibende Mittel, Blutentziehun-
gen , Abführmittel.
Brigitteiuii, Vorstadt von Wien u. Lust-
-wald hinter dem Prater und Augarten das.
Brll, Paul, niederländ. Landschaftsmaler,
geb. 1556, t 16^ SQ Rom, übte auf die Ent-
wicklung der ital. Landschaftsmalerei durch
Berücksichtigung der Luft- und Lichtwir-
kungen grossen Einfluss aus. Werke von
ihm in Florens, Paiis, Dresden.
Brillant (fr.), glänzend, ausgezeichnet.
Brillanty geschlilFener Diamant in Form
von 2 abgestutzten, an ihren Grundflächen
verbundenen Pyramiden.
BrlUantkifer (JuioeUnkHfer, Entimus im-
perlalis Fab.), Käfer aus der Familie der
Rüsselkäfer in Südamerika, goldgrün mit
glänzenden Schuppclien, V lang.
Brille, Gestell mit zwei Augengläsern,
welche bei Kurzsichtigen Konkav-, bei Weit-
sichtigen Konvexlinsen sind. Btaarhriüen
haben die stärksten Konvexlinsen. Sckwtz-
hriUen gegen zu grelle Lichtreize -haben
meist l>1au gefärbtes Glas. Für Metallarbei-
ter fertigt man, um sie vor Splittern zu
schützen, B. aus unzerbrechlichem Glimmer.
Die Schärfe der B.n wird nacli der Brenn-
weite der Linsen in Zollen ausgedrückt (die
schärfsten 2, die schwächsten 100"). Die
erste Erwähnung von Vergrösserungsbrillen
bei Alhazan im 11. Jahrb. Die eigentl. B.n
scheinen zwischen 1280 u. 1320 erfänden zu
sein ; 1482 gsb es Brillenmacher in Nürnbei*g.
Brillensehlange (Schildviper, Naja J^ur.,
Aspls Laur.) , Gattung der Giftschlangen.
Gemeine B., HnUcklange (N. tripudians Merr.,
Oolnber naja L.), Nackenscheibe mit schwar-
zer, brillenfdrm. Zeichnung, 2—4' lang, in
Ostindien. Dir Biss tödtet schnell. Von den
Hindu verehrt, von Gauklern gezähmt.
A^gyptitehe B,, Schlange der Cleopatra (N.
Hnje I..), 2—6' lang, in Aegypfen, soll zur
Hinrichtung von Verbrechern benutzt wor-
den sein. Dir Bild ziert die Kopfbinden
ägyptischer Statuen.
Briilireii (fr.), glänzen, schimmern.
Brilon, Kreisst. im preuss. Regbz. Arns-
berg, an der Mohne, 4063 Ew.; ehedem
Hansestadt. Twaldes, 2099'.
BrlmwAlder Stein, Gipfel des Wester-
Brlndlsi, Stadt in der unterital. Prov.
TeiTa d'Otranto, am adrlat. Meer, 8403 Ew.
Hafnn (versandet) und Rhede für Kriegs-
scbifTe. Durch Kastell Vorie di Mare be-
flcliützt. JSndstation der Ueberlandroute
Bach Indien. Im Alterthum Bmndu»ium,
eine griech. Stadt in Kalabrien , später
lilührinde röm. Kolonie; Virgil f das.
Brlndlzl (ital.), Trinkgelage; Trinklied.
BrinvilUers (spr. BrengwiÜ6). Marie Made'
laine, Marquiee de, Giftmischerin, lernte vom
ihrem Geliebten St.-Oroix die Geheimnisse
der Giftmischerei, vergiftete aus Habsucht
iliren Vater, ihre Brüder und Schwestern,
auch ihren Gatten, den aber St.-Oroix selbst
dui'ch ßegengift rettete, sowie andere Per^
sonen, ward 16. Juli 1676 zu Paris enthauptet.
Brio (ital.), Feuer, Lebhaftigkeit; brioao,
feurig, lebhaft. [von Pola in Istrien.
Brioni-Inseln, Inselgruppe vor dem Hafen
Briqnettes (spr. -kett), Kohlensteine, kom-
pakte, aus Kohlenklein geformte Stücke
Brennmaterial. Kohlenklein (auch Säge-
späne, Lohe u. ähnliche Substanzen) wird
gedarrt, mit Theer oder Pech zusammen-
gepresst und dann verkokt ; oder backendes
Koh leuklein wird bis zum Erweichen erhitzt
und dann zusammengepresst. Vgl. Oppler,
,Fabrikation der künstl. Brennstoffe', 1864.
Brisbane (spr. -behn), aufblühende Haupt-
stadt deraustral. Kolonie Queensland, 3i/b M.
oberhalb der Mündung des Flu9»e» B. in
den Ocean ; (1868) 15,032 Ew.
Brise, sanfter, leichter Wind.
Brissot (spr. -so), Jean Pierre, fk-anz. Re-
volutionär, geb. 14. Jan. 1754 zu Chartres,
erst Advokat zu Paris, in der Nationalver-
sammlung HauptfQhrer der Opposition geg^n
den Hof, schloss sich im Konvent den Giron-
disten an , widersetzte sich den Excessen
der Septembermännerund der Vemrth eilung
des Königs, unterlag 31. Mai 1793 mit den
Girondisten, ward 31. Okt. mit 20 seiner
Genossen guUlotinirt.
Bristol (spr. Bristl), dritte Handelsstadt
Englands, am untern Avon, Grafsch. Glou-
oester, (1870) 171,388 Ew.; Hafen (für die
grössten Schiflfe) und Docks ; schöne Ketten-
brücke, Glas- u. Messingfabr., Zuckerraffin. ;
500 Seeschiffe. Nördl. Vorstadt Clifton, vor-
nehmer Badeort mit heissen Mineralquellen.
BriRtolk anal, Meeresbucht zwischen der
engl. Grafsch. Devon und Wales, in deren
Tiefe der Severn mündet.
Britftnnln (a. G.) , oelt. Name des heut.
England uiid Schottland, seit Jnl. Oäsar
gebräuchlich, der ron Gallien aus dort lan-
dete; ward unter Olaudins um 50 n. Chr. röm.
Provinz, die im N. durch den sogen. Pik-
tenwall von Kaledonien (B. barbara) ge-
schieden war, 427 aber in Folge der steten
Einfälle der Pikten und Skoten aufgegeben
wurde. Zwischen 441—449 rief der Briten-
häuptling Vortiger die deutschen Angeln,
Sachsen und Juten zu seinem Beistand gegen
Jene ins Land, die aber bald selbst als Un-
terdrücker auftraten, vor denen die Britan-
nen unter mannhaftem Widerstand (König
Artus, t ^^) theils in den Westen zurück-
wichen, theils Jenseits des Kanals ein neues
Britenland (Bretagne) gründeten.
Britftnnlabricke , grossai'tige Röhren-
brücke (mit Eisenbahn) über die Menai-
strasse, vom engl. Festland nach der Insel
Anglesea, 1468' lang, 100' über dem Wasser;
1846—50 von Steplieuson erbaut.
BritannUmetall , Legirungen aus Zinn,
Zink , Antimon mit wenig Kupfer, bisweilen
nur aus Zinn und Antimon, sind härter und
bläulicher als Zinn , an der Luft ziemlich
848
Britisch -Birmanien — * Brockhaus.
imTer&nderlich, liefern ichairfen Guss, lassen
»Ich als Bleoh gut drücken und prägen und
werden cu allerlei Hauagerätfa verarbeitet.
Britlich-Birmaiiien, brlt. Prov. in Hinter-
indien, 42361/s QM. und (1867) 2,S29,S12 Ew.,
umfasst die 1886 und 1852 den Birmanen
abgenommenen Küstenländer Arrakan, Pegn,
Martaban mit Tenasserim and die Mergni-
inseln und steht unter einem Oberkommissär
der indobrit. Regierung. Hanptst. Rangun.
Britisch-Colnmbia, seit 1858 brit. Koionial-
land in Nordamerika, zwischen dem Felsen-
gebirge und dem stillen Ocean (das frühere
Neukaledonien) , seit 1866 mit der Vancouver-
ituel Tereinigt und mit dieser, der Königin-
Charlotteninsel etc. 10,018 QM. gross mit
(1866) 54,600 Ew. (etwa 10,000 Weisse). Gold-
reichthum, bes. in den Thalern des Fräser
und Thompson (seit 1853 entdeckt); Pelz-
thiere (jährl. 8000 Biberfelle). Hauptstadt
Nenwestminster ; wichtigster Ort: Langley.
Britisch -tivianft, s. Guiana.
Britiscli-Hondvras (Balizet Belize), brit.
Kolonie in Mittelamerika, an der Ostküste
Ton Guatemala, 635 QM. und (1861) 25,635
Ew. Wichtiger Holzdistrikt (bes. Mahagoni,
jährl. Ausfuhr ca. »/« Mill. Ctr. oder 16,000
Bäume). Hauptstadt Belize.
Brittscli - Kattrarla , brit. Gebiet an der
Kafferuküste, zwischen dem gr. Kei und dem
Keiskamma, etwa 200 QM. mit 100,000 Ew.,
eeit 1866 mit dem Kapland vereinigt ; Haupt-
stadt King-Williams-Town.
Britiscli-Nordamerikjiy die Gesammtmasse
der britp Besitzungen in Nordamerika, alles
Land im N. der Verein. Staaten bis zum
%rkt. Meer, mit Ausnahme Grönlands im NO.
and des .Teri'ltoriumB Alaschka im NW.,
167,250 QM. mit 8,887,300 Em*. , wovon auf
die eigentl. Kolonien (Canada, Neuschott-
land, Nenbraunschweig , Prinz - Edwards-
insel, Neufoundland , Britisch -Columbia)
29,744 QM. mit 3,789,400 Ew. kommen.
Brives la Gaillarde (spr. Briw la Galjard),
Stadt im franz. Depart. Corröze, 10,381) Ew.
Brixen, Kreis in Tirol, 176,2 QM. und
222,281 Ew. Die Hauptst, B. (ital. BreaM-
none), an der Rienz undEisack, 3162 Ew.,
12 Kirchen, 5 Klöster. Das ehemals reichs-
unmittelbare Bislhum B. (17 QM.), seit 769
histor. nachweisbar, wurde zu Sehen (Sabio)
gestiftet, 1025 nach B. verlegt.
Briz, g. X08«.
Briia L. (Zittergras^ Haeenbrod), Pflanzen-
gattung der Gräser. B. maxima L., im südl.
Europa, bei uns als Zierpflanze.
Brizeax (spr. -söh), Aug., franz. Dichter,
geb. 1803 in der Bretagne, f 1858; besingt
in Idyllen und Elegien die Reize seiner
Heimat. Meisterstücke die Idyllen ,Marie*
und .La fleur d'or'.
Brjansk, Stadt im grossruss. Gouv. Orel,
au der Dessna, 13,103 Ew.
Broad Law (spr. Brohd-Lah), höchster
Gipfel des Cheviotgebirgs in Schottland,
2572* hocl». [von Newyork.
Broadway (spr. Brodueh), die Hanptstrasse
Brobdignae, das Land der Riesen in
,GulIiver8 Reisen' von Swift.
Broceöllj s. v. a. Spargelkohl« s. Kohl.
Broche (fr., spr. Brosch), starke Nadel
mit Schmuckplatte, soll durch Frau von
Sevign6 am Hofe Ludwigs XIY. in die Mode
gekommen sein.
Brocken (lat. Mons Bructerus, Blockeiberg),
höchster Berg des Harzes, 3510' hoch, in
der Grafschaft Stolberg -Wernigerode, um-
faugreiche Graniterhebung, mit kahlem»
felsbedecktem Scheitel; Gasthaus und Ans-
sichtsthurm ; Hexensage. — - BrotAengegpentt,
das auf eine Nebelwand fallende Schatten-
bild von Haus und Menschen. — Brockenfdd,
weite Sumpffläche unter der Kuppel des
B.s, 3053' hoch, mit mächtiger Torfbildung
und Moosdecke, das Wasserreservoir für
die ilüsse Bode, Ocker, Radau und Oder.
Brocke«. BartfyM Heinr., Dichter, geb.
23. Sept. 1680 zu Hambui^, Senator zu Ritze-
büttel; t 16. Jan. 1747. Schloss sich den
Engländern (Thomson) an. Hauptwerk: ,Ir-
disches Vergnügen in Gott' (religiöse Natur-
betrachtungen, 1721—48, 9 Thle.).
Brockluiiis, 1) Friedrich Arnold, Gründer
der Firma JP. A. Brockhaut in Leipzig, geb.
4. Mai 1772 in Dortmund, errichtete mit
dem Buchdrucker J. G. Rohloff 15. Okt.
1805 zu Amsterdam eine deutsche Buch*
handluug unter der Firma ,Rohlofl u. Co.',
welche nach dem Austritt Rohloff's in ein
, Kunst- u. Industrie -Comptoir' umgeändert
ward, verlegte 1811 sein Gesehnt nach
Altenbnrg und gab 1814 demselben die
Firma ,F. A. Brockhaus', siedelte 1817 nach
Leipzig über; f ^0. Aug. 1823. Die Finna
ward von seinen zwei ältesten Söhnen
Friedrich B. , geb. 23. Sept. 1800 zu Dort-
muud, und Heinrich B., geb. 4. Febr. 18v)4
zu Amsterdam , und Karl Ferd. Bochmaun
(t 12. Febr. 1852) für die Erben fortgeführt
und 1829 von jenen übernommen. 1. Jan.
1850 übernahm Heinrich B. das Geschäft
allein. Ihm stehen seine beiden Sölme
Heinrich Eduard B. , geb. 7. Aug. 1829 zu
Leipzig, und Heinrich Budolf B. , geb. 16.
Juli 1838 zu Leipzig, als Geschäftstheil-
haber zur Seite. Heinrich B. verfolgte die
Idee, alle Zweige der buchhändlerischen
Thätigkelt u. graphischen Künste in seiner
Hand zu vereinigen und führte dieselbe im
grossen Stil erfolgreich aus. Sein Etablisse-
ment ist gegenwärtig das ausgedehnteste in
Deutschland, sein Verlag von universeller
Vielseitigkeit. — 2) Hermann, dritter Sohn
von Friedr. Am. B., geb. 28. Jan. 1806 zu
Amsterdam, seit 1841 Prof. der altiud.
Sprache und Literatur zu Leipzig. Gab
heraus die grosse Märchensammlung des
Somadeva ,Kathä sarif s&gara* (Buch 1—5;
sanskr. und deutsch 1839 ; die Uebers. allein
1843, 2 Bde.; Buch 6-8 des Textes 1862);
das Schauspiel ,Prabodha candrodaya* von
Kriahna Miera (1845); Nachtchditi» pers. Be-
arbeitung der , Sieben weisen Meister' (1845);
,Die Lieder des Hafts' (1856, 3 Bde.) nnd
eine Ausgabe des ,Vendidad Si^d6* (1850).
B. ist Mitbegründer der deutschen mor*
genländ. Gesellschaft und redigirt seit 1852
die Zeitschrift derselben, seit 1856 auch
die .Allgemeine Encyklopädie' von Ersch
und Gruber (Bd. 62 ff.).
Brod — Brom.
349
Brod (Brot), Gebäck ans meblartlgea
Sto£Pen, welche durch den BftckproEess
ach mackhafter und Terdaalicher gemacht
sind. Ein Thell des Mehls wird mit lau-
warmem Wasser au Teig angemacht und
mit Hefe (für Weissbrod) oder Sauerteig,
d. h. Ton der letzten Brodbereitung her
aufgehobenem gährenden Teig (für Schwarz-
brod) gemischt. Es lösen sich Dextrin und
Zkicker (dessen Menge sich vormehrt) und
die unlöslichen Bestandtheile des Mehls
lockMrn sich, zugleich entsteht weinige
Oahrnng unter Bildung von etwas Alkohol
(aus Zucker) und Kohlensäure, welche der
Teig auftreibt. Dann wird der dÜYine Teig
mit der Hauptmasse des Mehls geknetet
(häufig mit Maschinen) u. ausgewirkt, d. h.
in die gebräuchliche Form von B.en ge«
bracht. Nachdem diese sich durch fort-
schreitende Gährung wieder gehoben haben,
werden sie befeuchtet und bei 200—2350 C.
gebacken. Das Stärkemehl geht hierbei in
Kleister über, welcher dnrcli die Kohlen-
säure locker erhalten wird, die Kruste
röstet und es bildet sich viel Dextrin. Die
Backöfen sind wesentlich verbessert; die
Feuerung ist von dem Backraum getrennt;
man heizt jetzt viel mit Steinkohlen und
hat f&r Fabrikbetrieb kontinuirliche Oefen.
Statt die Kohlensäure durch Hefe aus Mehl-
bestandtheilen zu erzeugen, backt man B.
mit doppeltkohlensaurem Natron und Salz-
säure, aus denen sich Kohlensäure ent-
wickelt und Kochsalz entsteht. Horsfords
amerikan. Backpulver enthält statt Salz-
säure sauren phosphorsauren Kalk, das' für
die Knochenbildung wichtige Salz, welches
Jn der Kleie verloren geht. In England
imprägnirt man den "Teig unter starkem
Druck mit Kohlensäure, welche sich dann
«ntwickelt und den Teig lockert, sobald
dieser den Apparat verlässt. Liebig hat
die chemische Methode der Brodbereitung
empfohlen, um am Mehl zu sparen und die
fein gemahlene Kiele, welche hohen Nähr-
werth besitzt, verwerthen zu können
(KleUrlbrod). Verdorl&enes Mehl wird häufig
unter Zusatz von Alaun oder Kupfervitriol
verbacken. Mehl ans ausgewachsenem Rog-
gen liefert stark gesalzen gutes B. 100 Pfd.
Mehl liefern 125—135 Pfd. B. öerrtenbrod ist
trocken, schwer, hart, rissig; Haferbtod ist
noch schlechter; Buchweizen gibt gutes B.
Kartoffelzusatz macht B. schmackhaft, min-
dert aber den Nahrungswerth.
Brodbaim, s. Artocarpua.
Broderie (fr., Brodirung), Stickerei, Ver-
l)rämung.
Brodflmeht, s. Artocarpua,
Brodkifer, s. Bohrkdfer.
Brodwftsser, Krankengetränk, Destillat
von Wein über Brod und Gewürz ; Neckar-
wein von Stetton im Remsthale.
Brodj (sonst Lubitz), wichtige i^eie Han-
delsstadt in Ostgalizien, nahe der russ.
Oreuze, 18,743 Ew. (^s Juden). Schloss.
Brodxtnskj, Sazimierz, poln. Dichter,
fceb. 1791 zu Krolowko, erst Militär, dann
Prof. derAesthetik zu Warschau; f 10. Aug.
1835 zu Dresden. Ausgcz. in volksthüm-
licher Lyrik, auch einflussreioher Kritiker
Gesammelte Schriften (1842, 4 Bde.).
Broek Im WaterUnd (spr. Bruk-), Dorf
in Nordholland, nordöstl. von Amsterdam,
her. Muster holländ. Reinlichkeit, 1200 Ew.
(viele Rentner). Fabr. von edamer Käse.
BrSmsebro, schwed. Schloss und Dorf,
bei Kalmar; 13. Juli 1645 Friede zwischen
Däuemark und .Schweden.
Brofferio, Angela, ital. Dichter und
Politiker, geb. 24. Dec. 1802 zu Castelnuovo
rAsti), Advokat zu Turin, unter Karl Albert
joarualistlsch und durch seine Dichtungen
für die Unabhängigkeit Italiens thätig; seit
1848 Haupt der demokrat. Opposition, Gegner
Gavours (gegen ihn die dramat. Satire ,11
tartufo politioo' 1859), im ital. Parlament
einflussreicher Redner; f 26. Mai 18G6 zu
Verbanella am Lago Maggiore. Sehr. ,Can-
Zone* (5. Aufl. 1^8), zahlreiche Dramen,
eine Geschichte Piemonts (1849—52) und
Memoiren (,I mei tempi*, 1858—61, 20 Bde.).
Vgl. Puano, ,A. B.', 1868.
Broglle (spr. Brolji), Aehiüe Charlea Lionet
Victor, Hernog von, franz. Staatsmann, Sohn
des 1794 hingerichteten Prinzen ClaudB
Victor von B., geb. 28. Nov. 1785 zu Paris,
diente unter dem Kaiserreich als Attach6
bei den Gesandtschaften zu Warschau und
Wien, schloss sich nach der Julirevolntlon
Gnizot und den Doktrinärs an und ward
Aug. 1830 vom König Ludwig 'Philipp zum
Minister des Kultus und Unterrichts, sowie
zum Präsidenten des Staatsraths ernannt.
Okt. 1882 bis April 1834, dann Nov. 1834
bis Febr. 1836 Minister des Auswärtigen,
seit März 1835 zugleich Couseilspräsident,
ward er zuletzt 1840 für Bildung eines Ka-
binets ins Auge gefasst, lehnte aber ab.
Mai 1849 in die Nationalversammlung ge-
wählt, war er hier Führer der Rechten.
Nach dem Staatsstreich 2. Dec. 1851 zog er
sich ins Privatleben zurück; seit 1855 Mit-
glied der Akademie; f ^ Jan. 1870. Seine
Gattin war die Tochter der Frau von Staei,
die als religiöse Schriftstellerin bekannte
Albertine B. (geb. 1797, f Sept. 1838). Sein
Sohn, Albert, Prinz von B., geb. 13. Juni 1821
zu Paris, pollt. Schriftsteller, Hanptmitarbei-
ter des ,Correspondant*, Vertheidiger der
kathoL Interessen und der Grundsätze des
gemässigten konstitutionellen Liberalismus ;
ging Ende Febr. 1871 als franz. (gesandter
nach London. Hauptwerk: .L*Eglise et
Tempire romain au 4mo si^cle* (18^, 2 Bde.).
Brohl, liuker Nebenfluss des -Rheins, im
Regbz. Koblenz ; das romant. BrohUhat, reich
an Tuffsteinbildungen und Mineralquellen.
Brokat, dichtes schweres Seidenzeug mit
Grund von Silber- oder Goldfäden oder ein-
gewebten goldenen oder silbernen Blumen.
Früher geschätzter Modestoff, zuerst In
Lyon dargestellt.
Brokate, Krystallfarben , gefärbte Gllm-
merpartikelcheu, in der Papier-, Tapeten-,
Blumen-, Perlen- u. Spielwaarenfabrikation
anstatt der alten Bronzefarben benutzt.
Brom, dem Chlor verwandter chemiscit
einfacher Stoff, findet sich in einigen sel-
tenen Mineralien, im Meerwasser, in dOA
350
Brombeere — Bronte.
meisten Soolqa^llen, im Abraumsalz von
StsBsfnrt and* Ghurhill County in Nevada ;
wird ans den Mutterlaugen des Meerwassers,
derSoolquellen oder des Abraumsnlzes durch
Destillation mit Braunstein nod Schwefel-
säure gewonnen; duukelbraunrothe, rothe
Dämpfe ansstossende Flüssigkeit, rieclit un-
angenehm chlorartig, schmeckt scharf widrig,
ätzt, erstaiTt bei 7o C., siedet bei 63o G.,
spec. Gew. 3, Aeq. 500, ist in Wasser und
Alkohol löslich, bleicht, desinflcirt. Seine
Verbindungen mit Sauerstoff, Wasserstoff
und den Metallen (Bromüre und Bromide)
gleichen den entsprechenden Chlorverbin-
dungen. Bromsilber ist höchst lichtempfind-
lich. B. wird in der Photographie, als Arz-
neimittel (auch das Bromkalium) und als
Bromäthyl zur Darstellung gewisser Theer-
farben benutzt; es verdrängt mehr und
mehr das Jod ; Stassfnrt llef(>rt Jährlich ca.
15,000, Churhill County 20,000 Pfd.
Brombeere, s. Rubtts.
Bromberg, Regbz. der preuss. Prov. Po-
sen, 208 QM. und 550,805 £w. (darunter
251,500 Polen, 23,055 Juden). — Die Hauptst.
B. (poln. Bydgoszex), au der Brahn und am
4 M. laugen bromberger Kanal (Brake -Netze),
2G,6C2 Ew. Im 14. Jahrh. blüheud, später
sehr herabgekommeu. Bromberger Vertrag,
16. Nov. 1676, wodurch Polen die Souvera-
uotät über Preussen an Brandenburg abtrat.
BromeliA^ Pflanzengattung der Brome-
liaceeu. B. karatas L., Fasernananas, in
Westindien, mit geniessbareu Früchten,
liefert Faserstoff. B. humilis L. , in West-
indien, mit geniessbareu Früchten. Mehrere
Arten Warmhauspflanzen.
Bromme, Karl Rudolf , gen. Brommy,
Admiral der aufgelösten deutschen Reichs-
flotte, geb. 10. Sept. 1804 zu Anger bei
Leipzig, seit Jan. 1849 Mitglied der deut-
schen Marinekommission, überuahm die Her-
stellung der deutschen Flotte und schlug,
zum Seekapitän der Reichsmarine ernannt,
bei Helgoland ein dän. Geschwader ; ward
19. Aug. 1849 Comniodore, 21. Nov. Contre-
admti*al.* Nach Auflösung der Marinebehörde
des Bundes verabschiedet, trat er 1857 in
österr. Dienste; f 9. Jan. 1860 in St. Magnus
bei Bremen. Sehr. ,Die Marine' (1848, neu
bearb. von Littrow 1865).
BromuB L. (Trespe), Pflanzengattung der
Gräser. B. secttlinus L. , Roggentrespe, T6~
berich, Unkraut im Getreide, macht das
Brod bitter. B. arvensis L., Ackertrespe,
B. moUis* L,, weiehhaarige Trespe, und
B. giganteus L., Festuca gigantea, Futter-
trespe, in ganz Europa, guto Futtergräser.
Bronclilalkatarrh , s. Bronchitis.
Bronchiektasie (Bronckienerweiterung),
krankhafte Ausdehnung der Lufti'öhrenäste,
gewöhnlich in Lungen, bei denen sich
Bchrumpftingen zeigen, oder bei denen das
zwischen zwei Aesten gelegene Gewebe zer-
stört ist. Meist erster Anlass zur Bildung
der Luugenkaveneu, s. TaberktUose. Unheil-
bar, in massigen Graden nicht gefahrbrin-
gend. Behandlung wie Bronchitis.
Bronchien (Lnftr'öhrenäste), Auszweignn-
gen der Luftröhre, au welche sich die
Lungenalveolen anschliessen ; diegrössoren
haben knorplige Grundlage, die kleineo
sind häutig, mit Muskeln in der Wand,
sämmtlich mit Schleimhaut ausgekleidet
und mit Flimmerepithel (s. d.) bedeckt.
Bronchitis (Bronehialkata rrh), Entzündung
der Luftwege, durch übermässige Schleim-»
selbst Eiterabsonderung ausgezeichnet, ver-
anlasst Husten. Akut bes. nach plötzlichen
Erkältungen, chronisch bei Lungenkranken,
älteren Leuten; gefährlich bei Kindern,
wegen leicht eintretender Lungenentzün-
dung; Entzündungen der feineren Bron-
chien meist Anfang der Schwindsucht, da
der Eiter oft sitzen bleibt und verkäst (s.
Tuberkel), die Bronchien sich erweitern und
das Lungengowebe verdrängen (s. Bron-
chiektasie). Behandlung: reine, gleichmässig^
warme Luft (Respirator I) , milde Kost, bes.
Milch, Vermeiden auhaltendenSprechens etc.
Brongniart (spr. -niahr), l) Alex., franz.
Mlneralog und Geognost, geb. 5. Febr. 1770
zu Paris, ward 1794 Ingenieur beim Berg-
wesen, 1818 Ingenieur -en-clief der Berg-
werke, 1822 Prof. der Mineralogie am natur-
hlstor. Museum zu Paris ; f das. 4. Okt. 1847.
Hauptwerke: ,Trait6 616ment. de min6ralogie
avec des applications aux arts' (1807, 2 Bde.) ;
,Tableau metliodique et caractdristique des
principales especes miu6rales' (1824); ,De>
scription geologique des cuvirons de Paris'
(3. Aufl. 1835) ; ,Classiftcation et caractdres
mindralogiques • des roches homogenes et
h6t6rogönes* (3. Aufl. 1830); ,Tableaa des
terraius qui composeut T^corce du globe*
(1829; deutsch von Kleinschrod 1830); ,M6-
moire sur la peinture sur verre' (1829);
,Trait^ des arts c6ramiques et des poteries*
(1844, 2 Bde.), wonach Kypke das , Handbuch
der Porzellanmalerei' (2. Aufl. 1861) bearbei-
tete. — 2) Adolphe Theodore, Prof. der Bota-
nik am Jardin des plantes, Sohn des Vor.»
geb. 14. Jan. 1801 zu Paris. Hauptwerk:
,Hi9toire des v^6taux fossiles' (1828—47,
2 Bde.), woran sich die , Chronologische
Uebersiclit der Vegetatiousperioden und der
verschiedenen Floren in iltrer Aufeinander-
folpre auf der Erdoberfläche' (deutsch von
Minier 1850) auscliliesst.
Bronn, Heinr. Georg, Naturforscher, geb.
S.Mär/ 1800 zu Ziegel hausen bei Heidelbersr,
seit 1828 Prof. zu Heidelberg; f &• J^ü ^862.
Besond. um die Peti'efaktenkunde verdient.
Hauptwerke : «System der urweltlichen Kon-
chylien' (1824); «System der urweltllchen
Pflanzenthiere' (1830); ,Lethaea gengnostica*
(3. Aufl., mit Römer, 1852-56, 6 Bde. mit
Atlas); , Allgemeine Zoologie' (1850); ,Die
Klassen und Ordnungen des Thierreichs*
(fortgesetzt von Keferrtein n. A. 1859 f.);
.Geschichte der Natur' (1841-49, 4 Bde.);
, Untersuchungen über die Entwicklungs-
gesetze der organischen Welt während der
Bilduugszeit unserer Erdoberfläche' (1858).
Gab mit Leonhard seit 1830 das ,Jahrbnch
für Miuffralogie und Petrefakteukunde' her-
aus; übersetzte Darwin« Werk ,Ueber die
Entstehung der Ai*ten' (1860).
Bronte, StAdt auf Sicilieu, am Westfusso
des Aetun, 11,800 Ew.
Bronte — Broussais. •
351
Bronte^ Charlotte, psendonym Ourrer £eU,
eugl. Schriftstellerin, geb. 21. April 1816 zu
Tiiomton (Yorkshire), seit 1854 Gattin des
Yikaxs Nichol; t 31. März 18&5 in Haworth.
Ihre gegen die Heuchelei in Sitte und Leben
gerichteten Romane ,Jane Eyre* (1847),
jShlrley* (1849) und »VlUette* (1852) erregten
grosse» Aufsehen. Biogr. von Gaakell (1857).
Bronze 9 Legiruug aus Kupfer und Zinn,
oft noch mit Zusatz Ton Zink, dient bes.
zum Giessen von Statuen, Glocken, Kano-
nen, Maschinentheilen, zum Prägen von
Hedaillen und allerlei Geräthen (Bronze-
waaren), ist leichtflüssiger, klingender und
zäher, aber auch häi'ter, spröder, weniger
dehn- und polirbar als Messing und deshalb
2um Guss sehr geeignet. Glockenmetall ent-
hält 78 Th. Kupfer, 22 Th. Zinn; Kanonen-
gut und Medaillen brouze 90 Th. Kupfer,
9 Th. Zinn; Spiegelmetall 68,5 Th. Kupfer,
31,5 Th. Zinn; B. für Maschinentheile 83-98
Th. Kupfer und 17—2 Th. Zinn. Statuen-
brouze muss geschmolzen dünnflüssig sein,
sich gat ciseliren lassen utid schöne Patina
annehmen, die antike entViält in. der Regel
kein Zink, die moderne 84,42 Th. Kupfer,
11,28 Th. Zink, 4,3 Th. Zinn bis 65,95 Th.
Kupfer, 31,56 Th. Zink, 2,49 Tli. Zinn (bis-
weilen etwas Blei). Die iserlohner Bronze-
waaren bestehen aus Messing mit 25,30 o/o
Zink. Vgl. Bischoff, ,Das Kupfer und seine
Leffirungen', 1865.
Bronzefarben, Metallpniver, aus Abfallen
der Metallsclilägerei, der sogen. Schawine
durch Feiureibeu und Erhitzen mit etwas
Fett dargestellt, zeigeu violette, rothe,
goldgelbe, grüne Aulauffarben und dienen
zum Bronzii'en von Gyps, Holz, Metallguss,
in der Buch- u. Steiudruckerei , Lacklrerei,
zur Wachsleiuwand- u. Tapetenfabrikation.
Surrogate: Derivate des Hämatoxy lins, kry-
stallisirte Theerfarben, Murexid.
Bronzell, Dorf bei Fulda; 8. Nov. 1850
Zusammenstoss der Bundesarmee und der
preuss. Tmppen.
Bronziren, Holz, Gyps, Metall oder andern
Körperu ein bronzeartiges Ansehen geben;
gescliieht meist mit Hülfe von Firniss und
Bronzefarben (s. d.). Metalle werden durch
verschiedene Salze passend gefärbt und
dnrcli Poliren oder £^nroibon mit Wachs
glänzend gemacht.
Brooke (spr. Bruk), Sir James, geb. 29.
April 180S zu Bath, ging im Dienst der
ostiud. Kompagnie nach Ostindien, begab
sich 1838 nach Sarawak auf Borueo. Hier
vom Radschah Muda-Hassim mit der Ver-
waltung dieser Provinz betraut, machte er
sich zum Gebieter des Landlos und ward vom
Sultan von Bruui damit uolelint. Er zwang
letzteren 1846 zur Abtretung der Insel
Labuanan die Engländer, ward Gouverneur
derselben nnd 1»47 engl. Kommissar und
Generalkonsul bei den unabhängigen Fürsten
Borneos. Von der chines. Bevölkerung von
Sarawak vertrieben, kehrte er mit Hülfe
von Malayen u. Dajaks dahin zurück. Seine
Tagebücher und Korrespondenzen yeröffent-
liclit in Keppel, ,Exped. to Bomeo for tlie
Suppressiou of Piracy* (1847, 2 Bde.); Mttndy,
,Borneoand Gelebes' (1848, 2 Bde.); ,Frlvtt»
Letters of Sir James B.* (1853, 3 Bde.).
Brooklyn (spr. Bruklinn), Hafeuort am
Westende von Long-Island in Nordamerika,
Newyork gegenüber, gleichsam Vorstadt
von diesem, (1870) 396,300 Ew.; stark be-
festigt, lebhafte Industrie u. Handel, grosse»
Seearsenal mit ungeheuren Docks , Werf>
ten etc. Grossartiger Verkehr mit Newyork,
Broschiren (fr.), das Einweben von bunten
Blumen in Gewebe ; das blosse Heften (nicht
Binden) eines Buches. Broschüre, Buch;
Schrift von wenigen Bogen.
Bronck^re (spr. Brukähr), C^^arUa de,
eiuer der Hauptbeförderer der belg. Revo-
lution von 1830, geb. zu Brügge 1796, al»
Deputirter in der zweiten Kammer der Gene>
ralstaaten (seit 1825) einer der eifrigsten
Vertreter der Rechte Belgiens, nach der Sep-
temberrevolution Mitglied der Verfassungs-
kommissiou, unter der provisor. Regierung
Chef des Finanzausschusses, im ersten Mi-
nisterium des Königs Leopold kurze Zeit
Minister des Innern, Aug. 1831 bis März
1832 des Kriegs, seit 1834 Prof. an der neu-
gegründeten liberalen Universität Brüssel,
dann bis 1838 Direktor der belg. Bank, 184S
Bürgermeister von Brüssel, seit 1857 wieder
Mitglied der Kammer; t 20. März 1860.
Brongham and Yaux (spr. Bruhm änd
Wacks), Henry Brougham, Baron, brit.
Staatsmann, geb. 30. Sept. 1778 in Edin-
burgh, ward 1810 Mitglied des Unterhauses,,
wirkte in und ausser dem Parlamente für
Verbesserung der Volkserziehung, sowie der
engl. Gesetzgebung und Rechtspflege. 1830
unter dem Titel B. a. V. zum Baron und
Lordkanzler erhoben, that er sich als Red-
ner für die Reformbill hervor, ward Ende
1834 durch den Wiedex*eintritt der Tories
zum Rücktritt gezwungen und bekleidete
seitdem kein öfTentliches Amt mehr. Grosser
rechtsgelehi*ter und in den meisten andern
Gebieten der Wissenschaft bewandert; t 9.
Mai 1868 in Cannes. Sehr. , Speeches at th»
Bar and in Parliameut* (neue Aufl. 1845,
4 Bde.) ; ,Opinions on politics, theology and
law* (1837); ,Essai ou the British Consti-
tution* (1844) ; ,Sketche3 of statesmen of the
time of George IIP (18ä9— 43, 3 Bde.) ; ,Live»
of men of letters and science who flonrished
in the time of George IH' (1845; 2. Serie
1846); ,Experiments and Observations of
the properties of Light* (1850); ,Critical,
historical and miscellaueous works' (neue
Aufl. 1868, 11 Bde.); ,Memoirs* (1871).
Brooilliren (fr., spr. Brulljiren), sich ent-
zweien: BrouiUerie, MissheÜigkeit.
BrouiUon (fr., spr. Brulljong), Skizze^
erster Entwurf; Strazze der Kaufleute.
BroussaiB (spr. Brussäh), Franpoia JosepJ^
Victor, franz. Arzt, geb. 17. Dec. 1772 zu
St. Malo , seit 1832 Prof. der Pathologie und
Tlierapie an der medicin. Fakultät in Paris;
t 17. Nov. 1838. Sehr. ,Histoii-e dos phleg-
masies ou inflammatious chroniques* (8. Aufl..
1826, 3 Bde.); ,Examen de la doctrine m6dl-
cale g6u6ralement adopt^e* (4. Aufl. 1829—34.
4 Bde.). Nach seinem System (Brous$ai»mus/
sollen alle Krankheiten von Einzelerkran-
852
Broussonetia -— Bruch.
kuni: bestimmter Organe berr&hren u. sym-
p&thiach ErscheinuDgen von andern dabei
auftreten können. Behandlang: reichliche
Anwendung derBlntentziehnngen; nament-
lich in Frankreich lange Zeit herrschend.
Bromwonetia, Pflansengattung der Amen-
taoeen. B. ]>apyrlfera Vent., Morus p. L.
(japanischer PapiermauJbeerbanm) , strauch-
artiger Baum in Japan und China, Bast auf
Papier verarbeitet. B. tinctoria Kunlh,
Jkforus tinctoria X. Baum inWestindieu u.
Südamerika, Früchte geniessbar, Holz als
gelbes JirasilienhoU zur Färberei benutzt.
Brown (spr. Braun), 1) John, engl. Arzt,
geb. 17S5 zu Bunde in Schottland, f 1788 zu
London. Seine Lehre (Broumianismua) fuhrt
alle Krankheiten auf Mangel oder Ueberfluss
Tou Reizen zurück. Hauptgegner: Hufeland.
Hauptwerk: ,EIementa medicinae' fl780).
Seine Schriften herausgeg. von seinem Sohn,
WiÜiam Oullen B. (1804, 8 Bde. ; deutsch 1806).
— 2) BiAert, engl. Botaniker, geb. Sl. Dec.
1773 zu Montrose, bereiste 1801—5 Australien
und Yandiemensland , wurde dann Biblio-
thekai von Joseph Banks, später Präsident
der linn «sehen Gesellschaft; f 10. Juni 1858.
.fiehr verdient um die Kenntnlss fremder
'"Floren, bes. auch der australischen, und um
die Systematik. ,Botan. Schriften* herausg.
von Kee$ von Esenbeeh (1827-34, 5 Bde.).
Browne (spr. Braun), Maximilian Ulywea,
Seichsgraf von, österr. Generalfeldmarschall,
geb. 23. Okt. 1705 zu Basel, trat in österr.
Kriegsdienste, machte 1734 als Oberst den
<3'eldzug in Italien gegen die Franzosen und
^Sai*diuier, 1737 — 39 den gegen die Türken
mit und ward zum Feldmarschalllieutenant
und Beisitzer des Hoficriegsraths ernannt.
Befehligte in den schles. Kriegen, eroberte
1746 Guastalla und Parma, ward 1749 zum
Gouverneur von Siebenbürgen und 1754 zum
Feldmarschall ernannt. Im siebenjährigen
Krieg bei Lowositz geschlagen, rieth er in
Wien im Hofkriegsrath vergebens zur Er-
greifung der Offensive, ward bei Prag schwer
verwundet; t 26* Juni 1757 in Prag.
Brownianlsmiis 9 Brownsches System, s.
Mrown 1).
Browning (spr. Brauning), Bob., engl.
Dichter in der Richtung Shelleys, geb. 1812
in London , erregte zuerst Aufsehen durch
sein Drama ,ParaceIsus' (eine Faustiade,
1836), sehr, noch andere Dramen (,Stafford',
,Sordello'), die spekulat. Gedichte ,Ghri8t-
mas eve and Easter day* (1849), ,Bell8 and
Pomegranates*(1850), ,Menand womeu* (1855).
Werke (neue Aufl. 1868, 6 Bde.). -^ Seine
Gattin Elizabeth £., ebenfalls Dichterin,
lebte meist in Italien; f 29. Juni 1861 zu
Florenz. Sehr. ,Drama of tho Exilo' (lyr.-
dram. Mysterium); ,Romanet of Margaret*
(1836); .Aurora Leigh* (1857); ,Poems« (1844).
Broynan (Breyhahn) , süss und gewürz-
haft schmeckendes Bier ohne Hopfenzusatz.
Bruce (spr. Bruhs), altes schott. Geschlecht
oormäunischen Ursprungs, im 14. Jahrh.
einige Zeit im Besitz dos Throns von Schott-
land. Bt^rt B. bewarb sich 1289 um den
•rledigteu Thron, durch seine Slutter Ab-
kömmling Davids, Grafen von Huntingdon,
des Bruders des schott. Königs Wilhelm
(1165—1214), musste aber dem von Eduard I.
von England bevorzugten JoluBaliol nach-
stehen. Sein Enkel, Bobert B., geb. 81. März
1274, ward Febr. 1306 in einer Versammlung
der Grossen zu Dumfries einmüthig zum
Könijg ausgerufen, 25. März d. J. zu Scone
gekrönt, musste zwar, von Eduards I. Feld-
herrn Aymer bei Methven geschlagen, auf
die hebnd. Inseln flüchten, behauptete sich
aber g^en Eduard ü. durch den entschei-
denden Sieg bei Bannockbum 25. Juni 1314;
t 9. Juli 1329. G^en seinen unmündigen
Sohn David stellte Eduard HI. von Eng-
land Eduard Baliol, den Sohn Johann Ba-
liols, als Gegenkönig auf, der mit engl.
Hülfe Schottland sich unterwarf und sich
1332 krönen Hess. David ward nach Frank-
reich gebracht, nahm zwar 1342 den Thron
von Schottland wieder ein, befand sich
aber 1346—57 In engl. Gefangenschaft; f
22. Febr. 1371 ohne Nachkommen.
Brneh (Moos, Bied), seichter Sumpf, in
welchem noch P^anzen wachsen, z. B.
Oderbruch (Prov. Brandenburg), Donai<-
moos bei Neuburg (Bayern) etc.
Bruch, in der Mineralogie die Gestaltung
der Fläche, wenn ein Mineral unter dem
Hammer durch das Frische, d. h. nicht
nach schon vorhandenen Klüften zerspringt.
Krystalliulscher oder blättriger u. gemeiner
oder dichter B.; letzterer ist muschelig,
eben, splitterig, uneben, erdig; hakiger B.
kommt bei Metallen, fiisriger B. bei Zn-
sammenhäufliugfeiner Kry stallsäulen, schief-
riger B. bei Thouschiefbr vor. Die Be-
schaffenheit des B.es ist von grosser Wichtig-
keit für die Unterscheidung der Mineralien.
Brach (EingetoeidAruch , hemia), Ver-
lagerung von Baucheingeweiden, wobei die-
selben aus der Bauchhöhle treten und, als
Geschwulst noch von den allgemeinen
Decken überzogen, sichtbar werden. Eine
Zerreissung tritt nicht ein. Bruchpforte, der
Ort, durch den der Durchtritt erfolgt.
Häufigste Brüche: Leistemhruch u. Schenkel'
bmch, bei Kindern häufig der Nabelbrneh.
Das mit hervorgestülpte Bauchfell heisst
Bruchaaek, sein Inhalt sind Darm schlingen
oder Netz. Der B. ist entweder zurück-
bringbar, in welchem Falle seine Behand-
lung in Zurückhaltung durch ein Bruchband
(s. d.) besteht; oder eingeklemmt, in wel-
chem Falle , wenn die Zurückbringnng nicht
gelingt, der Kranke nur durch Operation
(Bruclischnitt, herniotnmia) zu retten ist.
Ist schon Brand der Darmschlingeu ein-
getreten, so muss das obere Ende der
Darmschlinge in die Wunde gelegt und ein
sogen, künstlicher After (anus praeternatu-
ralis) gebildet werden. Symptome der Ein-
klemmung: grosse Schmerzen an der be-
treffenden Stelle, Unterbrechung der Darm-
leitung (Kothbreehen), allgem. Verftill; Tod
durch Bauchfellentzündung oder Shok (s. d.).
Brnchy in der Mathematik ein bestimmter
Theil einer Einheit, entsteht durch Theiluug
eines Ganzen In eine gewisse Anzahl
gleicher Theile, von denen man einen oder
mehrere nimmt.
Brnoh — Brüdergemeinde, evangelische.
353
Braeb) Max, Komponist, geb. 6. Jan. 18S8
in Köln, Stipendiat der Mosartstiftiing und
Schüler Hillers, seit 1867 Hofkapellmeister
in Sondershansen. Folgt der Richtung Men-
delssohns und 'Gades. ,Lorelei* (Oper, Text
Ton Geibel), Symphonien, Viollnkoncert,
frrdssere Chorwerke (röm. Triumphgesang,
Vrithjofssage, Salamis etc.), Lieder.
Brnclibandy Vorrichtung zur Zurück-
haltung hervoigetretener Eingeweide, be-
steht aus Polster (Pelotte) und Bügel oder
Biemen, s. £rueh. [cinium Myrtillus L.
Brnehbeere, s. ▼. a. Heidelbeere, Vac-
Bnichsal. Stadt im bad. Kreis Karlsruhe,
am Salbach, 9133 Ew. Schloss (ehedem
Besidens der Bischöie von SpeierX
Brnelisehlaiige 9 s. v. a. Blindsohleiche.
Brnetn^ Alkaloi'd in den Brechnüssen, den
falschen Angosturabohneu und den Ignaz-
bohnen, Begleiter des Strychnins, farblose
bitter schmeckende Krystalle, schwer in
Wasser, leichter in Weingeist löslich, reagirt
alkalisch, bildet mit Säuren Salze, sehr giftig.
Bnieky l) Kreis des österr. Herzogthums
Steiermark, 174 QM. mit 202,293 Ew. Die
JTaujpM. B., an derHurund Mürz, 3372 Ew.
Dabei die , steinerne Wand* mit berühmter
Höhle. — 2) B. an der Leitha, Stadt in Uuter-
österreich. Kr. unter Wienerwald, 3557 Ew.;
Schloss des Grafen Harrach, Masohinenfabr.
Stehendes Uebnngslager der österr. Armee.
Brack ^ Karl Ludto., Freiherr von, österr.
Handels- und Finanzminister, geb. 18. Okt.
1798 zu Elberfeld, kam als Handlungsbe-
flissener 1821 nach Triest, heirathete hier
1827 die Tochter des Kauflierrn Buschek
und ward einer der Begründer und Direktor
des österr. Lloyd. 1848 Mitglied des frankf.
Parlaments, dann österr. BeToIlmächtigter
beim Reichsverweser. Nach der wiener
Oktoberrevolution 1848 Minister des Han-
dels, der Gewerbe und öffentl. Arbeiten,
begründete er eine neue handelspolitische u.
gewerbliche Epoche im Kaiserstaat. Ende
Mai 1851 entlassen, übernahm er wieder die
Direktion des Lloyd nnd unterhandelte die
Zollverträge Oesterreichs mitPreussen und
dem Zollverein. Juni 1853 bis März 1855
österr. Internuntius in Konstantinopel, dann
Finanzminister, drang er vergeblich auf
einen vollständigen polit. Systemweohsel u.
auf Verleihung einer Reicbsverfassung, ward
22. April 1860 ungnädtg entlassen ; f ^^ ^^^
Kacht vom 22. auf den 23. April eines frei-
willigen Todes. An den Unterschleifen,
welche während des ital. Kriegs Statt ge-
fanden, hatte er keinen Tbeil. Zu seiner
Rechtfertigung erschien eine Denkschrift
jBle Auliiraben Oesterreichs« (1860).
• Biüehe (Brüchie) , in Niederdeutschland
8. V. a. geringere Yergehungen, auch die
Strafe dafür; daher Briiehengericht.
Brfieke, künstliche Verbindung zwischen
zwei durch Wasser oder eine Vertiefung
getrennten Punkten. Feste hülgeme B.en
bestehen bei geringer Länge nur ans Streck-
balken, über welche Bohlen gelegt sind, oder
besitzen Joche aus eingerammten Pfahl-
reihen, oder Steinpfeiler. Bei grosser Ent-
fernung der Joche .baut man g^iprengie B.n,
Meytrt Hand -Lexikon,
bei denen die Balken nach oben gebogen u.
durch schräge Stützen von den steinernen
Widerlagern am Ufer und von unten her
gestützt werden ; oder gehängte B.n, bei denen
die Brückenbalken von oben her durch ein
Hängewerk gehalten werden. Bei Bogen-
Mlcken stützt man den Belag durch Bogen-
konstruktion.' GiUerbriicken sind aus ge-
kreuzten Pfosten gitterförmig zusammen-
gesetzt. Steineme'B.n sind stets mit Bögen'
erbaut, welche volle, flache, gedrückte, Hoch-
oder Spitzbögen sein können. Eiserne B.n
sind entweder Kettenbrücken, mit schmiede-
eisernen Ketten oder Drahtseilen als Trä-
gem ; oder BöhrenbrOcken, mit einem hohlen
geraden Brüokenkörper aus zusammengenie-
teten Blechtafeln, der wie ein Balken um*
an den Enden unterstützt wird ; oder Oitter-
brücken, bei welchen ein Glttersy stein von
Röhren, Schienen und Stangen als Ti'äger
dient; oder Kettengitterbrücken, bei welchen
von beiden Selten der B.n 2 Ketten aus-
laufen, von denen die eine das Obergebälk,
die andere das Untergobälk des Gttter-
tunnels trägt. Nach dieser von Rohling
erftindenen Konstruktion sind die gross-
ai*tigsten aller B.n erbaut, nämlich die
Niagarabrücke mit 246 und die Kentncky-
briicke mit 367 Meter Pfeilerweite. Beweg-
liche B.n sind entweder 2!ugbrHcken zum Auf-
ziehen; oder DreA&rticAen, weldie sich in hori-
zontaler Richtung um eine senkrechte Axo
drehen; oderFloas-, Schiff-, Bock-, Seil', Ton-
nen-, Kasten-, Schamkorbbrücl^n, bei welchen
die im Namen bezeichneten Gegenstände die
Joche bilden, auf welche Bohlen werk gelegt
wird. Fliegende B.n oder Oiehrbriicken sind
Fähren, bei denen ein Schiff' au einem
Seil durch den Stoss des Wassers quer über
den Fluss getrieben wird. Vgl. die Werke
von Wit^eking (1814), Langsdor ff (IBIT ^ in),
Böder (IB21), iSffamm (1832), relUram»/ (1856),
Werther (1853), Müller (1861).
Brickenaii, Stadt im bayer. Regbz. Unter-
franken, au der Rhöu, im Tlial der Sinn,
1571 Ew.; dabei Bad B. (Stahlquelle).
Brfickenberg, Baudenort auf dem Riesen-
gebirge (Regbz. Liegnitz), 2436' h. (liöchstes
Dorf Preussens), 1514 Ew.; das. die alte
Kirche Wang (aus Norwegen).
Brfickenbruder (Fröres pontifes, Fratres
pontifices), christl. Verbrüderung in Süd-
frankreich zu dem Zwecke, an den Ueber-
^angspunkten grosser Ströme Fähren zu
unterhalten. Brücken zu bauen etc., 1189
bestätigt, ging nach und nach in dem Jo-
hanniterorden auf.
Brückenkopf (Brüekeu»chame), Befesti-
gung, durch welche eine Brücke militärisch
gedeclct wird, entweder nur eine Lünette,
oder komplicirter und auf einem oder auf bei-
den Ufern des Flusses liegend (doppelter B.).
Bruekenwage , s. Wage.
Brfidergemeinde , erangelisehe (Brüder-
unität), die von den Naciikommen der mäh-
rischen oder böhmischen Brüder gegründete
Religionsgesellschaft, siedelte sich 1722
unter dem Schutz des Grafen von Zinzendorf
auf dessen Gut Berthelsdorf in der Ober-
lausitz an und erhielt von ihrer Kolonie
23
§54
Bröderscliaften, religiöse — Örusk.
Hermhut den Namen fferrnhnter. Sie nnhm
eine der Alten mähriscbeu Bruderkirche
entlehnte Verfassung und Klrchenznclit
unter dem Kamen eines freiwilligen Einrer-
standnisaes 19. Mai 1727 an, hat keine be-
sonderen Symbol. Bücher und rechnet sich
Bu den angsburg. KonfessionsTerwandten.
Als Hauptsache gilt der Glaube an den
Versöhnungstod Jesu (früher in eine spie-
lende Blut- und Wundertheologie ausartend)
und die persönliche ,KoDnexion' der Ein-
zelnen mit dem Heiland. Kirchenämter sind :
das der Bischöfe, dnrcli welche auf Grund
einer fortgelienden Ordination die Verbin-
dung der B. mit der Kirche der alten böhm.
und mähr. Brüder unterhalten wird ; das
der Presbyter oder Prediger und das der
Diakonen oder Geliülfen der Prediger. An
der Spitze der ganzen B. steiit die Unit&ts*
ältestenkonferenz, seit 1789 in Berthelsdorf
bei Herrnhut; sie ernennt die Prediger und
lieamten, ist aber der die ganze Uuität ver-
treteuden Synode verant wörtlich, die sich
in der Regel in Zwischenräumen von 7 bis 12
Jahren versammelt. Tägl. finden des Abends
gottesdienstl. Versammlungen Statt; am
Sonntag wird die Kirchenlitanei gebetet und
gepredigt, beides in einem einfachen Saale
mit eiuem grünbeliangeneu Tisch, welcher
die Stelle des Altars vertritt. Die Lebens-
weise ist einfach und streng. Karten- und
Würfelspiel ,. sowie Tanz sind nicht gestat-
tet. Höhere Lehranstalten sind das Päda-
gogium zu Niesky, eine Art Gymnasium,
und das theolog. Seminar zu Gnadenfeld in
Schlesien zur Bildung von Predigern.
Bradenehaft«n, religiöse, Gesellschaften
zu frommen Uebungen und wohlthätigen
Zwecken, geschlossen zwischen Laien,
welche keine Klostergelübde ablegen, aber
gleichwohl als Religiöse angesehen sein
wollten, wie die Beguinen, Apostel-,
Brücken-, Kalandsbrüder, Lollharden etc.
Brfider und Schwestern des freien Qetstes^
Sekte, im 13. Jahrh. in den Rheingegenden
entstanden, lehrte einen rohen Pantheismus
und verfiel in sittliche Ausschweifungen.
Reste derselben lebten im IG. Jahrh. unter
den Libertinern zu Genf und den Wieder-
täufern wieder auf.
Brügge (fr. Bmges, spr. Brühscli), Hauptst.
der belg. Prov. Westfiandern, 3 St. vom
Meere, 47,205 Ew. Kathedrale (Thurm S50'
hoch, ber. Glockenspiel), Kunstakademie;
Hafen: Blny» (Kanal dahin). Spitzen- und
Leinenindustrie. Im 13. Jahrh. Stapelplatz*
der Hansa, im 14. Welthandelsstadt, im 15.
glänzende Residenz der Herzöge von Flan-
dern (mit 200,000 Ew.); Verfall sejt Ant-
werpens Aufblühen.
Brüggenann, Joh. Heinr. Thecd., preuss.
Beamter, geb. 81. März 1796 zu Soest in
Westphalen , ward 1823 Direktor des Gym-
nasiums zu Düsseldorf, 1832 kathol. Schul-
rath in Koblenz, trat 1838 als geheimer Re-
gierungsrath in das Ministerium der geist-
lichen Angelegenheiten, ward 1819 in die
erste Kammer gewählt, dann zum lebensläng-
lichen Mitglied des Herrenhauses ernannt.
Brfthl (DrM) , romant. Feltenthal hinter
Mödliug bei Wien, vom Fürsten von Liech*
tensteiu durch Anlagen verschönert.
Brühl, 1) Heinr., Reiehsgrafvm B., Minister
Augusts Iil., Königs von ;PoIen und Kur-
fürsten von Sachsen, geb. 13. Aug. 1700
zu Weissenfeis , ward um 1780 Leibpage
Augnsts IL, dann Kammerherr und seit
1731 mit den wichtigsten Staatsamtern be-
traut, wirkl. GelrHmrath u. 1739- Kammer-
präsident, unter Alkgast IH. Inspektor über
sämmtliche Staatskassen, Kabinetsminister,
1737 Chef des Departements der Militär-
angelegenheiten, 17S8 der auswärtigen An-
gelegenlieitou und Oberkftinmerer , 1747
Premierminister, brachte das Land durch
seiue Habsucht und Verschwendung, seine
finanziellen Operationen und die Ungerech-
tigkeiten einer willkürlichen Kabinetsjustiz,
sowie durch seine verkehrte Politik in
grosses Unglück; f 28. Okt. 17G3. Seine
Bibliothek von 62,000 Bänden bildet einen
Hauptbestandtheil der königl. Bibliothek
zu Dresden. Vgl. Jvtii, ,Leben n. Charakter
des Grafen von B.*, 1760—64, 3 Bde. — 2)
Aloysiu» Friedr., Graf von B., Sohn des
Vor., geb. 31. Juli- 1739 zu Dresden, ward,
19 Jahre alt, poln. Krongrossfeldzeugmeister,
verlor nach Augusts III. Tode seine Aemter
in Polen und Sachsen, lebte seitdem auf
seiner Herrschaft Pforten ; f SO. Jan. 1793
KU Berlin. Vollendeter Weltmann, Musiker,
Maler, Mathematiker und Dichter. Sehr.
,Theatral. Belustigungen' (1785—90, 5^de.).
— 3) Karl Friedr. Mor. jRowtl , Oraf ton B.,
Enkel von B. 1), geb. 9. Mai 1772 zu Pforten,
ward 1815 Generalintendant der königl.
Schauspiele in Berlin, 1830 der königl. Mu-
seen; t 9. Aug. 1837 KU Berlin.
Briillaffe (Heulaffe, Mycotes Illig., Stentor
Oeoffr.), A ffengattu ug d er Plattnasen, m it kno-
chiger Auftreibung des Zungenbeins n. daher
sehr starker Stimme. Ro^^9r B., Guariba,
Predigeraffe (M. seniculns L., M. nrsinns
Pr. Mx.), 2* 1., Guiana, Brasilien, Fleisch
geniessbar, Pelz als Decken. Araguato
(M. nrsinus TU.), 20" 1., Brasilien, Caracas,
gesellig lebend. Schwarter B., Beelzebnl,
Caraya (M. beelzebul L., M. ruflmanns KulU,
M. nijrer Oeoffr.), 17" 1., häufig am Orinoco.
BrOüf^osen, Ochsen Arosch , s. Frosch,
Briilow, Sari Paulotoit$ch, raf s. Maler, geb.
1799 zu Petersburg, Prof. an der Akademie
das. ; t 23. Juni 1852 zu Marciano bei Rom.
Hauptwerke: ,Der letzte Tag von Pompeji'
und ',Ende der Ines de Castro*. — Sein Bruder
Alexander, Architekt, f ^^1« Erbauer des
michailowschen Theaters, des akadem. Ob-
servatoriums und des neuen Winterpalastes.
Brunig, Berg im Kant. Unterwaiden, 9062';
darüber Weg ins berner Oberland.
Brunn, Hauptstadt von Mähren, an der
Zwittawa und Schwarzawa, 73,464 Ew.;
14 Vorstädte, goth, Jakobskirche (von 1318),/
Kathedrale, prot. Kirche (s. 1867), Mnsenm
für Geschichte, Alterthumskunde etc.; sahl-
reiche Paläste, Tuchfabr. Im W. die Berg-
veste Bpietberg, ehedem markgräfl. Schloss,
seit 1740 Staatsgefängniss, letzt Citadelle.
Brüsk (flr.), barsch, trotslg, stols. Brih'
kwi9t derartiges Benehmen. BtilMr^, Im
Brüssel — Brune.
855
Kriegs Wesen ohne dio ffowolml. Vorberei-
tungen zu einem Hauptaugriff schreiten.
BrSssel (fr. Bruxellea), Hauptst. Belgiens
nnd der belg. Prov. Brabant^ an der Senne,
16,365 Hauser und 169,249 Ew.; eine der
sclionsten Städte, In raschem Wachsthum
begriffen : Oberstadt (yomeh'm , fränzös.),
Unterstadt (Verkehr, fläm.), dazu grosse
industriereiche Vorstädte nnd 8 damit zu*
sammenhängende Dörfer (einschliess). dieser
305,881 Ew.). Strassen: Königsstr., Rue de
Madelaine (Kaufhallen). Plätze: Königsplatz
(Statue GottAniedä von Bouillon), Michaels-
platz (Monument der Gefallenen von 18S0),
Place nationale (Kongresssäule 150' h., mit
Leopolds I. Statue, seit 1859), Münzplatz etc.
Gebäuden goth. Ratbhaus (1442 vollendet),
hinter demselben der Brunnen mit dem
«Manneken- Pisa'; Palast der schönen Künste
(vormals des Generalgouvemeurs) ; das
kdnigl. Palais; der Industriepalast; National-
palast (für die Kammern), Münzpalast u. v. a. ;
die Glaspassage St. Hubort (Bazar). Anstal-
ten: Universität (seit 1834), Vaudermaeleus
geogr. Etablissement (mit kostbaren Samm-
lungen), Akademie der Wissenschafl;en und
Künste, Malerakademie, Schule für Bild-
hauer etc., Musikkonservatorinm, Militär-
scliule; botan. Gesellschaft mit her. botan.
Garten; gr. Bibliothek (19,700 Manuskr.),
Gemäldegallerie, Naturalien- und physikal.
Kabinet, Sternwarte, Hospice des Vieillards
(für 700 Greise) etc. Zahlr. und ansehnliche
Fabriken, bes. für Spitzen und Blonden,
Gold- und Silberarbeiten, Kutschen, Baum-
wollen- und Wollenzeuge, Glas und Krystall,
Nadeln, feine Hüte, Papier, Chemikalien etc.
Handel beträchtlich, gefordert durch die
Börse, mehrere Banken (Bank von Belgien
seit 1835, Nationalbank seit 1851 etc.), Eisen-
bahnen und den Kanal zur Scheide. In der
Nähe Lustschloss LaeTctn , mit Park und
Königsgruft. — Im 10. Jahrh. noch ein
Flecken ; im 12. Sitz der Herzöge von Bra-
baut und Handelsplatz auf der Sirasse vou
Köln nach' Brügge ; später Hauptstadt der
österr. Niederlande ; 2d. Aug. 1830 Volksauf-
stand^, der Ausbruch belg. Revolution.
Brüste, roeibliche (Mammae), rechts und
links auf der vorderen Brustwand zwischen
Haut und Brustmuskel gelegene Drüsen,
Bondem durch Umwandlung ihrer Zellen
und Blutwasserausscheidung Milch ab;
entwickeln sich in der Geschlechtsreife,
schwellen bei Schwangerschaft. Theile:
JBruattoarze (mammilla), Warzenkof (areola
mammae) und Drüsenläppchen (aciuus). Ent-
»Undung der B. (mastitis), nach Verletzung,
duroh Erkältung während des Stillens, oft
in Eiterung übergehend. [Danzigerbncht.
BrSsteroirt» Vorgebirge am Ostende der
Brfistniig, eine Wand, welche bis zur
Brust reicht, z. B. die Einfassung von Bal-
kons, Brücken (Balustrade). In der Forti-
fikatlon die innere Fläche der Schulterwehr
einer Batterie bis an den obern Rand der
Schiessscharten, 3~4Va' h.
Brftten, befruchteten Eiern ausserhalb
des mütterlichen Oii^anismus behufs ihrer
Sntwioklung Wärme anfahren , besonders
das Erwärmen der Vogeleier durch Körper-
wärme. Letztere ist bei brütenden Vögeln
erhöht und gelangt um so leicliter zu den
Eiern, als den Tliieren an bestimmten Stellen
der ünterbrust und des Bauches die Federn
ausfallen (Brutflecken). Die Brütwänne
beträgt 30 — 320 R. Die Brütdauer ist den
Arten eigenthümlicli aber ungleich (kleiue
Singvögel 14, Henne 21, Pfau 30-31 Tage) ;
bei manchen Arten brüten nur die Weib-
clien, bei andern auch die Männchen (Tau-
ben, Singvögel). Künstliche Brütnng itndet
sich schon bei den Aegyptem und ist in
neuerer Zeit sehr ausgebildet worden (Appa-
rate von Baumeyer, Gantelo etc.). Vgl.
Oettel, ,PraIctische Hühnerzucht*, 1863.
Bragger, Friedr., Bildhauer, geb. 1813,
lebte zu München, f das. 9. April 1870.
Zalilreiche trefft., meist mytholog. Wwke
(Theseus, Giiiron und Achilles, Faun nüt
dem Tiger, Dädalus u. Icarus etc.), Statuen
(Gluck, Schelling, Gärtner etc.) u. Porträts
(Joh. von Müller, Baader).
Brngseh, Heinrich Karl, her. Aegyptolog,
geb. 18. Febr. 1827 in Berlin, bereiste 1853
und 1857—58 Aegypten, 1860-61 (mit dem
preuss. Gesandten Minutoli) Persien; seit
1864 Konsul zu Kairo. Sehr. ,8ciiptiira
Aegyptioi-um demotica' (1848); ,Grammairc
d6motique' (1855); ,Monuments de l'Egypte'
(1857); .Geogr. Inschriften altägypt. Denk-
mäler* (1857—60, 3 Bde.); ,Hi8t. deVEgypto'
(1. Bd., 1859) ; ,RecueiI des monuments £gypt.*
(1862 ff.) ; ,Reise der preuss. Gesandtschaft
nach Persien' (1862—63, 2 Bde.); ,Hiero-
glyphisch-demotischos Wörterbuch' (1867 f.).
Brnhng) Karl Ohristian, Astronom, geb.
22. Nov. 1830 zu Plön in Holstein, seit
1860 Prof. der Asti'onomie und Direktor dqr
Sternwarte zu Leipzig. Entdeckte mehrere
Kometen; sehr. ,Dio astronom. Strahlen-
brechung in ihrer histor. Entwicklung'
(1861) und ,Geschichte und Beschreibung
der leipziger Sternwarte' (1861), die nach
seinen Angaben erbaut ward, [winterlich.
Bmma (lat.), Wintersolstitium ; brumal,
Brumaire (fr., spr. Brümähr), im Kalen-
der der ersten franz. Republik der zweite
Monat des Jahres, 23. Okt. bis 21. Nov., so
genannt von dem um diese Zeit gewöhnl.
eintretenden Nebel. Am 18. B. VHI (9. Nov.
1799) stürzte General Bonaparte das Direk-
torium nnd ward als erster Konsul oberster
Machthaber; daher ,faire un 18 B.', eine
Staatsverfassung mit Blilitärgewalt stürzen.
Bmitdosinm (a. G.), Stadt, s. Brindisi.
Bmne (spr. Brühn), GtiUlaume Marie
Anne, franz. Marschall, geb. 18. März 1763
zu Brives-Ia-Gaillarde, erst Buchdrucker,
war 1796 bereits Brigadegeneral in Italien,
eroberte 1798 die Schweiz und errichtete die
helvetische Republik, beendigte den Bür-
gerkrieg in der Vend6e, ward 1800 Ober-
general der ital. Armee, 1804 Reichsmar-
schall, 1806 Generalgonverneur der Hanse-
städte, eroberte 1807 Schwedisch-Pommern.
Durch zu gelinde Handhabung der Konti-
nentalsperre bei Napoleon missliebig gewor-
den, trat er zurück, ei^'iff aber 1815 von
Neuem die Sache Napoleons, ward von
23*
856
Branel — Brunst.
diesem mm Pai/ ernannt und erhielt den
Oberbefehl im südl. Frankreich. Nach der
Rückkehr Ludwigs XVni. unterwarf er sich
demselben zu Tonlon nur zögernd und wurde
auf der Reise nach Paris Aug. 1815 In
Avignon vom Pöbel ermordet.
Branel (spr. Brönnl), l)8ir Marc Isanibertf
engl. Ingenieur, geb. 25. April 1769 zu
Hacqueville in der Normaudie, diente
1786—92 in der franz. Marine, leitet^ dann
in Newyork eine Kanonengiesserei und be-
festigte den Hafeneingang , erfand 1799 in
England den Klobenmechanismus n. baute
neben andern öffentlichen Werken 1825—42
den l'hemsetnunel; f 12. Dec. 1849 in Lon-
don. ■— 2) Isambert Kingdom, engl. Ingenieur,
Sohn des Vor., geb. 1806 zu Portsmouth,
Erbauer der Great-Western-Eisenbahn, der
Kettenbrücke in Himgerford, des Great
Britain, Great Eastem etc. ; fiö, Sept. 1859.
Brnnellen, s. Frunellen*
BrnneUeschl, Filippo, ital. Baumelster,
feb. 1377 zu Florenz, gründete zuerst die
Perspektive auf feste Regeln, suchte den
Stil der antiken Baukunst wieder in Auf-
nahme zu bringen; f ^^ Florenz 1444.
Werke: die Kuppel des Doms zu Florenz,
die Kirche San-Spirito und San-Lorenzo,
die Anlage des'Palastes Pitti. Als Bildhauer
betheiligt 1401 an dem Wettstreit für die
Bronzethüren des Baptisteriums zu Florenz.
Brnnfty Begattungstrieb des Roth wildes.
Der Hirsch tritt in die B., er brunftet.
Bmnl (£runei), Sultanat auf Borneo (s. d.).
Bruniren (JSHiniren) , eiserne Gegen-
stände mit einer braunen Lackfarbe über-
ziehen, welche im Wesentlichen aus einer
dünnen gleichmässigen Lage Rost besteht.
Geschieht meist durch U eberstreichen mit
Ghloi*antlmon (Bronzirsalz), worauf polirt,
mit Waflhs oderFimiss Glanz gegeben wird.
Bmnlrstahl^ Werkzeug zum Poliren der
Stahlwaaren.
Bronnen, schaohtartige, gewöhnlich aus-
Seifiauerte v ertief iiug, worin sich aus dem
irdreicb hervorquellendes Wasser sam-
melt, welches durch Schöpf- oder Pump-
werk gehoben oder dnreh Röhrenleitnng
abgeleitet wird. Artesische £. bestehen aus
einem zweiarmigen Heber, dessen kurzer
Schenkel, durch einen Erdbohrer gebildet,
bis zu einer wasserführenden Schicht nie-
deitreht, und dessen längerer, von Natur
vorhandener, seine Ausmündung auf einem
höher gelegenen Gebiete hat, wo die Spei-
sung durch Thau, Regen und Schnee vor
sich geht. Sie werden gebildet, indem man
Wässern, die zwischen zwei undurchdring-
Uehen Thon- oder Grestelusschichten ein-
geschlossen sind, einen künstlichen Abfluss
durch ein Bohrloch verschafEt. Benannt
nach der Prov. Artois, wo sie zuerst ange-
wandt wurden. Die sogen, abessiniache»
oder amerikan, Röhrenbrunnen bestehen aus
einem eisernen, unten in eine Spitze aus-
laufenden, über derselben durchlöcher-
ten Rohr, welches in den Boden einge-
rammt und am obern Ende mit einer Säug-
pumpe versehen wird.
Brmtnen, Dorf im Kaut. Schwyz , am
Vierwaldstattersee (Muottamfind.). Hier 1315
Beschwörung des ersten ewigen Bundes.
Bmnnenkifesse, s. NatturtiumvL.Oardamine,
Brnnnenrohren, s. Wasserleitung.
Bmnnenitock, die in die Röhrenfahrt
senkrecht eiugeschlagene Röhre, in der das
Wasser aufsteigt und zum Ausfluss gelangt.
Bmnnenstnhe^ im Bergbau der Raum,
in welchem die Grubenwasser zusammeu-
fliessen; bei natürlichen zur Röhrenfohrt
benutzten Quellen der vom Mauerwerk um-
schlossene Raum.
Brnnnow^ Fhil., Freihet^r von, russ. Staats-
mann, geb. 31. Aug. 1797 zu Dresden, trat
1818 in russ. Dienste, ward 1840 Gesandter
in London, suchte die Interessen Russlands
und Englands durch das londoner Protokoll
vom 8. Mai 1852 solidarisch zu verbinden, ver*
mochte aber der oriental. Krise nicht vor-
zubeugen. Seit 1855 Gesandter am Bundes-
tage zu Frankfui>t, unterhandelte er als
zweiter Bevollmächtigter Busslands den
Friedenstraktat zu Paris, ward Sept. 1856
Gesandter in Berlin, März 1858 von Neuem
am londoner Hof, verfocht 1864 bei den
londoner Konferenzen die Interessen Däne-
marks; seit Mai 1870 Gesandter in Paris;
seit Jan. 1871 Vertreter Russiauds auf der
Pontuskonferenz in London.
Bruno, 1) B. der Groue, geb. 925, dritter
Sohn des deutschen Königs Heinrich L,
ward 940 Erzkanzler seines Bruders Otto I.,
953 Erzbischof von Köln und Herzog von
Lothringen; ausgez. durch Gelehrsamkeit,
als Reformator der Klöster und Beförderer
wissenschaftlicher Studien unter den Geist-
lichen; t 11- Okt. 965 zu Rhetms. Sein
Leben beschrieb ßuotger (,Vita Brunouis',
abgedr. in ,Monumenta gemi. hist.^ Bd. 4,
1839; deutsch von Jannund 1851). — 2) Giar-
danOf Philosoph, Vorläufer der neuen pan-
theist. Systeme, g^eb. im 16. Jahrh. zu Kola,
Dominikaner, floh wegen heterodoxer An-
sichten, gerieth 1580 in Genf mit den Cal-
vinisten In Händel, hielt in Paris Vorlesuv-
gen, wandte sich dann nach London, las
1586—88 in Wittenberg, kehrte 1592 nach
Italien zurück, ward 17. Febr. 1600 als
Ketzer in Rom verbraunt. Die wichtigsten
seiner zahlr. Sehr, sind die metaphys., dar-
unter ,Della causa, principio ed uno* (Veuod.
1584), ,Del infinite universo e mondi' (das.
1584). Seine Italien. AVerke herausg. von
Wagner (1880, 2 Bde.), die lat, von Gfrörer
(1834 — 36, 2 Bde.). Biogr. von Jiartholmes
(1846), aemens (1847) und Berti (1868).
Bnins, J\nd* Victor, Chirurg, geb. 9. Aug.
1812 zu Helmstedt, seit 1843 Prof. der
Chirurgie in Tübingen, berühmt durch seine
Kehlkopfoperationen, die er zuerst von der
Mundhöhle aus und mit Hülfe des Kehl-
kopfspiegels vornahm. Hauptwerke: ,Hand-
buch der Chirurgie' (1854, 2 Bde.); ,Die La-
ryngoskopie* (1865); ,(jhii>urgische Heilmittel-
lehre* (1868 ff.); ,Arzneioperationen' (1869).
Bmnst (Aestus venereus), die höchste Auf-
regung des thierlschen Geschlechtstriebes,
mehr oder weniger periodisch auftretend
mit verstärkter Athmung und Blntbewegung
verbanden, oft cbarakterisirt durch allerlei
BruBCamente — Brutus.
367
Auswüchse im Hantsystem der Männchen,
Verfärbung (Hocheeitkleid der Fisclie), yer-
änderten Geschmack des Fleisches, Geräche,
Teränderte Stimme, erhöhten Muth.
Brnflcamente (itäl.,Mas.), rauh, auffahrend.
Brnssa {ßurta, Pruaa), Stadt in Klein-
asien, am Fuss des (mysischen) Olymp,
3 M. vom Marmorameer, kaum 35,000 Ew.
Einst Residenz der bithyn. Könige (von
Prusias IL gegr.) und bis zur Eroberung
Adrianopels Hauptstadt des ottoman. Reichs.
Dabei alte Thermen (Schwefelquellen 48o
R.). 1855 und 1859 grosse Erdbeben.
Brust (Thorax), oberer Rumpftheil, be-
grenzt Ton 12 Wirbeln, Rippen mit ihren
Muskeln, Brustbein, Zwerchfell; enthält
zwei Pleurahöhlen (a. Brtistfell) mit Lungen,
Herzbeutel mit Herz, die Brustaorta, Hohl-
venen, Luft- und Speiseröhre, Thymusdrüse.
Brnstbeereiiy s. Zizyphu» und Cordia.
Brustbein (Sternum), mittelster Knochen
des Brustkorbs, verbindet die Rippen beider
Seiten, dient den Sclilüsselbeinen zur Stütze.
Brustbeklemmung y ängstliches , von
Athenibeschwerden begleitetes Gefühl , kann
von den Lungen , vom Herzen , aber auch
vom Uhterleibe ausgehen.
Brustbräune C^rusMlemm«, Angina pectoris,
Stemocardia), anfallsweise auftretendes Ge-
fühl von ZusammenschnürUDg und heftigem
Schmerz in der Herzgegend, bei Herzfelilcrn,
aber auch ohne -anatom. Störung. Behand-
lung oft erfolglos, am besten ruhige Lage,
krampfstillende Mittel.
Brustentzündung, s. Lungenentzündung.
Brustfell (Pleura), zai*te (seröse) Haut,
welche die Brusthöhle auskleidet; eine Ein-
stülpung des Sack£s überzieht die Lunge
(Lungeupleura), die nach aussen liegende
Hälfte die Rippen (Costalpleura, Rippenfell).
Brustfellentzündung (Pleuritis) entsteht
nach Verletzung der Brusthöhle (Rippen-
brüche, Stich- und Schnsswunden) oder
durch Fortsetzung entzündlicher Prozesse
der Lungen auf das Brustfell, oder selb-
ständig ohne nachweisbare Ui'sache. Bei
der trocknen B* (p. sicca) überzieht sich
das Brustfell mit einem Faserstoffbelag, der
in akuten Fällen wieder verschwinden kann,
im chronischen Verlaufe zu Verwachsung
der Lunge mit der Brustwand führt (ge-
wöhn!. Befund bei chron. Lungen seh wind -
sucht). PleuriBches £x«t/(2af, Anscheidung von
I'lüssigkeit in die Brusthöhle (spec. von
Eiter: Pyothorax, Empyem), verläuft meist
akut, mit heftigem Fieber, kann bald vor-
schwinden, aber auch Monate lang bestehen.
Entweder Heilung, unvollkommene Ge-
nesung, oder tödtlicher Ausgang durch Ab-
zehrung oder Durohbruch des Eiters in die
Lunge , in die Bauchhöhle. Symptome :
anfangs Schmerz, dann Asthmabeschwerden
durch Kompression der Lunge ; Verdrängung
des Herzens, der Leber: leerer Perkussions-
schall über der betroffenen Stelle; aufge-
hobenes Athmen und Fehleu der Stimm-
vibration daselbst. Behandlung durch
warme Umscliläge, Jodaufpiuselung, harn-
treibende Mittel; bei chron. Verlauf Ent-
leerung des Eiters durch Einstich.
Brustfleber^ durch Entzündungen der
Luftwege, Lunge, des Brustfells bMtngt.
BmstfloBser, s. Figche.
Brusthöhle, s. £rust.
Brnstkrampf, s. v. a. Asthma.
Brustthee, Mischung von Althäwitrzel,
Süssholz, Veilchenwoi'zel, Huflattig, Klatseh-
rosen und Sternanis gegen Husten.
Bmstrenchlelmung, abnorme Sekretion
der Luftwege (Bronchien), meist Folge von
KataiTh ders. Behandlung: reine, warme
Luft, Milclidiät, Expectorantia (Salmiak etc.).
Brustwftssersucht (Hydrotliorax), An-
sammlung von seröser Flüssigkeit in iTör
Brusthöhle, bei allgem. Wassersuclit, bes.
bei Lungenemphysem, Herzfehlern, Kicreii-
erkrankungon. Verursacht Athembcschwer-
den durch Verdrängung der Brustorgane.
Behandl. auf die Ursache gerichtet, in drin-
genden Fällen Abzapfung der Flüssigkeit.
Brustwehr, Befestigung, welche dio
Truppen vor dem direkten Schuss sichern
und ihnen das Feuern gestatten soll; aus
Holz, Erde oder Stein bestehend. Dio
obere Fläche (Brnstwehrkroue) senkt sich
nach aussen dem äussern Grabenrande zu,
damit das Olacis bestrichen werden kann.
Infanterie steht dahinter auf Banketts,
Artillerie auf Oeschützbänken. Dicke der
B. sehr verschieden, 4 — 14'.
Brut, in der Botanik Ausläufer, Wurzel-
sprossen, junge Zwiebeln ; in der Zoologie
die Nachkommenschaft eierlegender Tliiere.
Bruttluni (a. G.), Landschaft in Süditalien
(das jetzige Galabria ulteriore), mit der
Hauptstadt Cosentia; bewohnt von den
Bruttiern (Lukaniem), später vori&ugsweise
von Griechen, welche Kolonien (Rhegium,
Oroton, Hipponium, Locri etc.) anlegten und
sicli bis nacti dem zweiten punischeu Kriege
unabhängig von den Römern erhielten.
Brutto (ital., d. i. unrein), in Zusammen-
setzungengebräuchlich, z. B. Bruttogewicht,
d. i. das Gewicht der Waare mit der Um-
hüllung oder Emballage ; Bruttoeinnahme
im Gegensatz zur Nettoeinu ahme eiüe solche
Einnahme, von welcher Unkosten noch ab-
zuziehen sind. Vgl. Netto.
Brutus, 1) Ludu» Junius, der Sohn des
Blarcns Junius und der Tochter des älteren
Tarquinius, von Tarquinius Snperbüs, der
alle Glieder dieser Familie wegen ihrer
etwaigen Ansprüche aiif den Thron hatte
tödteu lassen, nur, weil er sich blödsinnig
stellte, verschont, rächte den Tod der Lu-
cretia, indem er das Volk zur Verbannung
des tarquin. Königshauses veranlasste, ward
dadurch Gründer der Republik Roms und
deren erster Konsul, Hess seine eigenen
Söhne als Theilnehmer an einer Verscliwö-
ruug gegen die Republik hinrichten, fiel im
Kampfe mit Aruns, des Tarquinius Sohn. —
2) Marens Junius, der hervorragendste un-
ter Cäsars Mördern, geb. 85 v. Chr., Sohn
des Marcus Junius B. und der Stiefschwester
Gates von Utica, trat nach der Sclilacht bei
Pharsalus 48 v. Chr. zu Cäsar über, erhielt
46 die Verwaltung des cisalpin. Galliens,
44 die städt. Prätur übertragen. Von Cassius
für die Verschwörung gegen Cäsar gewon-
858
Bruycker -* Bucbanan.
neu, zog er uach dessen Ermordung in
Griechenland und Macedoulen Trappen zu-
sammen, siegte 43 über CajUs Antonius,
den Bruder des Triumvirs, vereinigte sich
in Kleinasien mit Cassius, ging dann über
denHellespout zurück und traf beiPhilippi
(42)- auf die Triumvlrn Octavian und Anto-
nius. B. siegte in einer ersten Schlacht
über das Heer Octavians, Cassius aber ward
von Antonius geschlagen, und auch B. unter-
lag etwa 20 Tage später in einer zweiten
Schlacht und stürzte sich in sein Schwert.
— 3) Decirmts Junius, Gäsars Vertrauter,
zugleich aber Mitverschwoi*ner gegen ihn,
bewog den zögernden Diktator, in den Senat
zu gehen, wo«r die Vorbereitungen zu dessen
Ermordung bereits getrofifeu, vertheidigte
dann das cisalpin. Crallien g^en Antonius,
ward aber von seinem Heere verlassen und
von einem gallischen Fürsten getodtet.
Brnyeker (spr. Breu-)» Franf. Antoine de,
belg. Geuremaler, geb. 1816 zu Gent, Schü-
ler Braekeleers in Antwerpen, seit 1860
Mitglied der Akademie in Amsterdam. Der
aite Gärtner, die Wittwe, Erinnerung an
alte leiten. Besuch des Grossvaters u. a.
Brya Beauv., Pflanzeugattung der Legu-
minosen. B. Ebenus Dec, Baum in West-
Indien, hartes dunkles Nutzholz.
Bryant (spr. Breiänt), Will. OuUen, nord-
amerikan. Dichter, geb. 3. Nov. 1790 zu
Cummington (Massachusetts), eine Zeitlaug
Advokat, seit 1826 Mitredakteur der ,Evening-
Post' zu Newyork. Ausgez. durch Form-
vollendung, oiu Meister in Naturschilderun-
gen und erhabenen Reflexionen. ,Poem8*
(1832, oft aufgelegt), darunter bes. ,The
embargo', ,ThanatopsisS ,The ages', ,The
prairies', ,The fountain' etc. hervorzuheben.
Sehr, ausserdem ,Letters of a traveller in
Europa and America* (1850).
Bryaxis^ ber. griech. Bildhauer und Erz-
giesser zu Athen, blühte um 400— 350 v. Chr.,
arbeitete mit am Mausoleum zu Halikamass ;
bildete mit Praxiteles und Skopas die sogen,
neuere Schule von Athen.
Bryologie (gr.), Lehre von den Laubmoosen.
Bryonia L, (Zaunrübe) , Pflanzeugattung
der Cucurbitaceen. B. alba L., gemeine
Zaunrühe (Gicht-, Hunds-, Tollrübe), Schling-
pflanze in ganz Europa. Wurzeln (Teufels-
kirschen-, Faulrüben Wurzel) oföcinell,ebenso
von B. dioica, roth/rücktige Z., an densel-
ben Standorten. Auch Zierpflanzen.
BryOKOeil) MooskoraUen, s. Korallen,
Brzesc, Stadt, s. Brest -Litowik.
Babalug) s. Büffel. [Artemis verglichen.
Babastis, ägypt. Göttin, mit der griech.
Bubo. Anschwellung der Lymphdrüsen
durch Druck, Erkältung oder in Folge von
Entzündungen benachbarter Theile; insbes.
Anschwellung der LeiHendrüten, syphilit.
Ursprungs, vereiternd oder verhärtend.
Babr5ma Schreb. (Bastardceder), Pflanzeu-
gattung der Malvaceen. B. Guazuma Wüld.,
Theobroma Guazuma L., Baum in West-
indien und Südamerika, Fruchtkapsel zum
Bierbrauen verwendet.
Baec«blätter, s. Barosma.
BncenUnr (gr.), Ungeheuer, halb Stier,
halb Mensch, ital. Bucentoro, Name der
Galeere , in welcher der Doge von Venedig
seit 1311 jährlich am Himmelfahrtstage ins
adriat. Meer hinausfuhr und zum Zeichen
der Herrschaft der Republik über das Meer
(furch Versenkung eines Ringes sich mit
demselben vermählte. Der letzte B. ward
1797 von den Franzosen zerstört.
Bucephalos (gr.), Stierkopf, Name des
Lieblingspferdes Alexanders d. Gr. Um das
Grab desselben am Flusse Hydaspes Hess
Alexander die Stadt Bucephalia anlegen.
Bneer, Martin, Kirchenreformator, geb.
1491 zu Schlettstadt im Elsass, Hofprediger
des Kurfürsten von der Pfalz, ward 1521 ent-
schiedener Anhänger Luthers, 1523 Prediger
zu Strassburg, wo er die Refoitnation durch-
führen half, bew^og 1532 die Städte Strass-
burg, Kostnitz, Memmingen und Lindau zur
Annahme der augsburg. Konfession und 1536
zum wittenberger Vergleich mit Luther;
half dann seit 1549 dem Erzbischof Cranmer
bei Einführung der Reformation in England,
erhielt einen Lehrstuhl in Cambridge; f 27.
Febr. 1551, vielleicht an Gift. Die Königin
Maria liess 6. Febr. 1556 B.s Gebeine aus-
graben und verbrennen. ,Schriften* mit
Biogr. von Baum (1858).
Buch , Dorf in Oberbayern , bei Fürsteu-
feldbruck; Denlunal Ludwig dos Bayern
(t hier 1347; rcstaurirt).
Bucli) Leopold von, Geognost, geb. 26. April
1774 zu Stolpe in der Uckermark, bereiste
Deutschland, Sk|tndinavien bis zum Nord-
kap, Grossbritanuien, Frankreich, Italien
und die kanarischen Inseln. Seit 1806 Mit-
glied der berliner, seit 1840 der pariser
Akademie; f 4. März 1853 zu Berlin. Ver-
dient bes. durch Erforschung der geognost.
und physikal. Verhältnisse der Erdober-
fläche , der Bodenerhebungen etc. Sehr.
,Geoguost. Beobachtungen auf Reisen durch
Deutschland und Italien* (1802—9, 2 Bde.);
jPhysikal. Beschreibung der canar. Inselu*
(1825) ; ,Relse durch Norwegen und Lapp-
land* (1810, 2 Bde.); ,Ueber den Jura in
Deutschland' (1839); ,Beiträge zur Bestim-
mung der Gebirgsformationen in Russland'
(1840) ; »Betrachtungen über die Verbreitung
und die Grenzen der Kreidebildungen* (1849) ;
zahlr. Monographien über Petrefakten ; trefll.
geognost. Karte von Deutschland (12 Bl., 2.
Aufl. 1832). Gesammelte Schriften (1870 f.).
Bnchan (spr. Bökän), der nordöstl. Tbeil
der' Schott. Grafschaft Aberdeen. Buchan-
Nes9, die östlichste Spitze Schotticmds.
Buchanan (spr. Bökännän), James, 15.
Präsident der Vereinigten Staaten, geb. 22.
April 1791 in Stony-Baker in Pennsylvanieu,
seit 1812 Advokat, ward 1814 Mitglied der
Legislatur Peunsylvaniens , 1820 des Kon-
gresses, 1831 Gesandter in Petersburg, 1833
Mitglied des Senats, 1845 Staatssekretär,
1853 Gesandter in England, 1857 Präsident
der Union. Seine Verwaltung (1857—61) be-
reitete den Bürgerkrieg vor, der sofort uach
seinem Rücktritt ausbrach. Während er
die Sklaverei zum leitenden Princip des
amerikan. Staatslebens zu machen und die
Interessen der Südstaateu zu fordem suchte,
Buchara — • Buche.
869
verfolgte er nAch aussen eine schwache
und schwankende Politik.
Bvehln (£okhara), Khanat in Turkistan,
am mittleren Amu und am Kohik, 4100 QM.
mit ca. 8 Mill. Ew., Turks (darunter die
herrschenden Usbeken) und Tadsohiks oder
Bucharen (persisch). Im Alterthum 8ogkd
oder Marakanda; später unter mohammed.
Herrschaft, Mittelpunkt der Aufklärung und
Wissenschaft. Jetzige Dynastie seit 1505.
Der Khan von B. der mächtigste Herrscher
Mittelasiens, neuerdings durch die immer
-weiter Tordrivgeaden Russen gedemütliifi^.
Die ßtadt B., 180,000 (n. And. 70,000) Ew.,
180 Moscheen , viele Sclmlen (Medressen),
für das Studium der mohammed. Theologie,
noch jetzt wichtigster Ort Vorderasleus,
zugleich Gentnun des Karawanenhaudels
zwischen Europa und Asien; Fabriken.
Bneliareiy Name der von tatar. Völkern
bewohnten oder beherrschten Länder Mittel-
asiens zwischen dem kaspischen Meer und
den Grenzen Tübets und der Mongolei. Man
unterscheidet: die grosse B., West- oder
eigentl.Turkistan (mit dem wichtigen Khanat
Buchara) und die kleine B., auch Turfan, Ost-
turkistan, hohe Tatarei, Ost-Tschagatai
genannt, bisher chines. Provinz (Thian-schan-
nan-lu)$ Hauptstädte Jarkand und Kasch-
gar. Die Bewohner , etwa li/a Mill. , sind
Mohammedaner ; ansässige , durch Gewerb-
fleiss, Landbau und Seidenzi^cht sich her>
Torthuende Bucharen (Tadschiks) und noma-
disirende Turkstamme (Uigureu, Usbeken),
deren Khane den Cliinesen zinsbar. Seit
1864 Revolution derselben gegen die chines.
Obergewalt, die 1869 mit der Unabhängig-
keit der kleinen B., als eines selbständigen
Khanats unter Jakub Knschbegi, endete.
Bvcfaberg, Berg des Isei^ebirgs, 2985' h.,
höchster Basaltkegel Deutschlands.
BuehdrnckerkaBst, eine der wichtigsten
Erfindungen, epochemachend in der Kultur-
geschichte, ward vorbereitet durch den
Holzdruck, bei welchem die durch den
Druck zu vervielfältigende Schrift Seite fiir
Seite in Holztafeln geschnitten und der Ab-
flrack der mit Farbe überzogenen Buch-
staben mittelst der Buchdruckerpresse be-
werkstelligt ward, wie noch Jetzt in China,
wo die B. mehrere Jahrhunderte früher
bekannt war als in Europa. Hier legte
das Buchstabenalphabet der Spraehen den
Gedanken nahe, die Buchstaben (Lettern)
einzeln ans Holz, Blei oder Zinn zu schnei-
den, diese zu Druckformen für die Schrift
zusammenzusetzen und sie nach gemachtem
Abdi-uck wieder auseinander zu nehmen,
um sie zu weiteren Druckformen zu ge^
brauchen. Diesen Gedanken fasste zuerst
der mainzer Patricier Qutenberg (s. d.) ins
Auge. In Verbindung mit dem mainzer
Bürger FuH gründete er die erste typograph.
Werkstätte, aus der das erste grosse Druck-
werk, die 42zeilige, sogen, gutenbergsclie
Bibel in 8 Foliobänden (1455 oder 1156,
ohne Datum) hervorging. Nachdem Fusts
Schwiegersohn, Peter Schöffer, den Lettern-
guss verbessert hatte, folgte der Psalter
Ton 1457 1 dann das ,Rat!onal$' <}e8 Pu^an-
dus , 1450 mit einer neuen kleineren Type
gedruckt.*- Gutenberg errichtete nach seiner
Trennung von Fust eine eigne Buchdrucker«
Werkstatt zu Mainz, aus der 1460 der Druck
des ,Catho]icon* des Janua hervorging. Bei
derEroberungund Plünderung der Stadt 1462
durcl/ denErzbischof Adolf von Nassau zer-
streuten sich die Arbeiter beider Werk-
stätten und verpflanzteu die bisher als Ge-
heimniss bewahrte Erfludung nach audoren
Orten. Ob dieselbe von Mainz zuerst nach
Köln oder nach Strassburg gekommen sei,
ist noch strittig. Nächst diesen Städten
sind es in Deutschland Bamberg, Nürnberg,
Augsburg, Speier, Ulm, Esslingen» Lübeck,
lioipzig, Merumingen, Reutlingen, Erfurt
und Magdeburg, wo die B. am frühesten
und am erfolgreichsten betrieben ward. In
Italien waren die ersten Drucker te das
Kloster Subiaco (seit 1464), dann Rom (seit
1467) und Venedig (seit 1469); in Frank-
reich Paris (seit 1470) und Lyon (seit 1473) ; in
den Niederlanden Aalst, Utx*echt^XrÖwen
(seit 1474), Antwerpen, später Leyden und
Amsterdam; in der Schweiz Basel (seit
1474); in England Westminstef; in Spanien
Valencia (seit 1474). Die älteren Typogra-
plien waren meist zugleich Buchdrucker
und Buchhändler, oft auch Gelehrte. Die
Schriftgiesserei (s. d.) mit der Stempel-
scltn eiderei tritt seit dem 17. Jahrli. als
besonderes Gewerbe auf. Berühmte ältere
Buchdruckerfirmen: Manutius (1488 — 1580),
de' Giunti (1492-1592), Elzevier (1595 -1680);
neuere : Breitkopf, Baskervüle , Bidot , Bo-
doni u. a. Im 17. und 18. Jahrh. gerioth
die B. in technischer Hinsicht in Vei*fall;
erst nach der Mitte des 18. Jahrh. hob sie
sich allmählig wieder durch Verbesseruug
des Letterngusses und der Presse, nament-
lich aber dui'ch Erfindung der Schnell-
presse. Eine Setzmaschine konstruirten
unter Andern Young u. Delcambre in Eng-
land; doch scheint dieselbe nicht allgemeiner
in Aufnahme gekommen zu sein. Vgl.
FcUketuUin, ,Gesch. der B.', 1840; Bernard,
,De rorjgijie et des d6buts de Timprlmerie
en Europe', 1854, 2 Bde.; Duponi, ,HIst.
de rimprimerie', 1854, 2 Bde.
Baehdrnckerschwirze , Farbe, Mischung
von Leiuölfiruiss mit Russ unter Zusatz
von Indigo, Berlinerblau etc. zur Erzeugung
eines bestimmten Tones , wird in Fabriken
mit Maschinen dargestellt.
Bachdruckerwerkstatt, Sternbild des südl.
Himmels; nur kleine Sterne.
Buche (Fagus L.), Pflauzeugattung der
Ameutaceen. Gemeine B. (Rothbuche, F.
sylvatica L,), europ. Waldbaum vom südl.
Schweden bis Sicilien, zum Kaukasus und
Sibirien, in Vorderasien und den östl. Staa-
ten der Union, in den Alpen bis 4000', treff-
liches Nutz- und Brennholz; die Früchte,
Bucheckern , Buchein , enthalten Samen,
welche fettes Speise- oder Brennöl liefern;
die Presskuchen für Pferde giftig, für Rind-
vieh nicht unbedenklich. 7 Varietäten,
dai'unter die Slutbuche {V. s. sanguinea)
u. and. Zierbäume. F. Sieboldii Midi, in
Japan, Fr ferruginea ^1»^ von I^abyaclor bi«
8^0
Buchhaltung — Buchhandel.
Florida. P. autarctica und F. Forsteri,
immer/^rün, in Südamerika bis Feuerlaud.
Bnchhaltangp, im kaufhiännischen Sinn
die nach gewissen Regeln geordnete Ver-
zeichnung aller Geschäfts vorfölle, vermit-
telst welcher von der Geschäftsführung
Rechenschaft gegeben und der Stand des
Vermögens und die damit vorgegangenen
Veränderungon erkannt werden können.
Man unterscheidet die einfache und die
doppelte (auch italienische , weil im 15.
Jabrh. zuerst in den Handelsstädten Italiens
angewendete) B. Während die einfache B.
Jeden Qeschäffcsvorfall nur einmal (einfach)
in Rechnung bringt und nur die absolute
Vermehrung oder Verniindorung an Besitz-
gegenständen niederschreibt, also für Jeden
Rechnung8-(Buch-)posten nur einen Debitor
(Schuldner oder Cfouto, welches empfängt)
oder Greditor (Gläubiger oder Conto, welches
abgibt) sacht, zieht die doppelte B. Vermeh-
rung und Verminderung zugleich in Betracht
und bringt jeden Gescliäftsvorfall doppelt
in Rechnung, indem sie ftir jeden Rech-
nungsposten je einen Debitor und Creditor
sucht. Die einfache B. stellt nur das Ver-
hältnisfl klar, in welchem unser Besitz zu
anderen Personen steht, gewährt aber
keine specielle Einsicht in die mit den ein-
zelnen Besitztheilen vorgegangenen Werth-
Veränderungen, macht also zur Ermittelung
der Resultate der Geschäftsführung (Ge-
winn oder Verlust) eine jedesmalige Ab-
schätzung aller Besitzgegeustände (Inven-
tur) nöthig, Und dieser Gewinn oder Ver-
lust kann dann nur in seiner Gesammtheit,
nicht an den einzelnen Zweigen des Ge-
schäfts nachgewiesen werden. Die doppelte
B. dagegen führt nicht nur Rechnung mit
Personen (persönliche oder lebende Oonten),
sondern auch mit allen vorhandenen sach-
lichen Wertheu (Sach- oder todte Conten),
indem sie dieselben personificirt. [Beispiel:
Bei einem Waarenverkauf wird nicht nur
der Käufer Debitor (einfache B.), sondern
gleichzeitig das ,Waaren-Conto*, welches als
Person gedacht werden ninss, Creditor.]
Da diese beiden Gattungen von Conten in
fortwährend wechselseitiger Beziehung zu
einander stehen, so dass Jeder Geschäfts-
vorfall, der eine Veränderung in den Be-
sitztheilen herbeiführt, nur als neue Um-
gestaltung des Besitzes und von gleicher
Wirkung auf beiden Seiten zu betrachten
ist, so wird diese Uebereinstimmung auch
fortwährend unterhalten und es liegt in
derselben der mathematische Beweis , dass
alle Beti-äge richtig verzeichnet sind. —
Die Bücher der B, sind: Memorial (Prima
Nota), welches die erste. Niederschrift der
Geschäftsvorfälle Tag für Tag aufnimmt;
Journal, welches Monat für Monat die im
Memorial (u. Cassabuch) zerstreuten Posten
sammelt, nach ihrer Zusammeugehörigkeit
ordnet und zum Uebertrag ins Hauptbuch
vorbereitet; CaetaJmch, welches über Ein-
nahme und Ausgabe von baarem Geld
Rechnung führt und (für die doppelte B.)
zugleich Debitor und Creditor für jeden
Posten nachweist; Hauptbuch , welches in
der einfachen B. nur auf die PenottAn'
Conten sich beschränkt, in der doppelten
B. aber neben denselben noch einKapital-
(G^sammtbesitz-) Conto enthält und diesem
gegenüber allen Besitztheilen Oonten er-
öffnet; sämmtliche Niederschriften auf
diesen Conten erfolgen aus dem Journal;
Jnventarienbuch , welches in regelmässigen
Zwischenräumen (nach dem deutschen Han-
delsgesetzbuch Jährliclf) eine Abschätzung
des Vermögensbestandes aufnimmt; Bilanz,
welches die Summen der Aktiven und
Passiven enthält, welche aus jier der Debi-
toren und Creditoren des Hauptbuches her-
vorgehen; Nthou' oder J^lfriMcher (wie
Wechselkopir-, Fakturenbuch etc.) sind
durch die Natur des betr. Geschäfts bedingt.
Das deutsche Handelsgesetzbuch fordert von
jedem Kaufmann ausser einem Briefkopir-
buch im Allgemeinen nur solche Handlmigs-
bücher, ,aus welchen seine HandelsgeschäJte
und die Lage seines Vermögens vollständig
zu ersehen sind'. Ordnnngsmässig ge-
führte Bücher sichern vor Gericht einen
sogen, unvollständigen Beweis, welcher
durch Eid oder andere Beweismittel er-
gänzt werden kann. Nach franz. Gesetz
(Code Nap.) hat nur das ,Journal* Beweis-
kraft, in welches, abweichend vom deut-
schen Journal, ,der Kaufinann Tag für Tag
Alles, was er einnimmt und ausgibt, ein-
tragen soll*. Unregelmässigkeiten in der
B. haben bei Konkursverfahren kriminelle
Bestrafung zur Folge. Vgl. Schiebe, ,Die
Lehre von der B.*, 9. Aufl. 18G9; Bottner,
,Contorwissenschaft', 2. Bd., 2. Aufl. 1861.
Buchhandel 9 der Vertrieb der literar.
Erzeugnisse, zerfällt in Deutschland in das
Verlagsgeschäft, den Sortimentshandel und
das Kommissionsgeschäft. Der Vertags-
Uuchliändler (Verleger) kauft das Manuskript
eines Werks, um dasselbe auf seine
Kosten drucken zu lassen und es dem
Publikum zugänglich zu machen. Der
Kaufpreis wird Honorar genannt. Der
Sortimentsbuchhändler handelt mit den Ver-
lagsartikeln anderer Buchhändler, die er
entweder auf Lager hat oder auf Bestellung
liefert. Er erhält die neu erschieneneu
Bücher (Novitäten) von dem Verleger meist
in Kommission («i condition) mit der Befug-
niss, das nicht Verkaufte bis zur Abrech-
nnngszeit bei der Ostermesse an den Ver-
leger zurückzusenden. Ueber den Anti^ar-
bttchhändler s. Antiquar, Die Vermittelung
zwischen den verschiedenen Haupt- und
Nebenzweigen des B.s übernimmt das £ioiM-
misgionsgeschäft, dessen Sita vornehmlich
Leipzig ist, indem hier jede auswärtige
deutsche Buchhandlung einen Kommissionär
hat, an welchen die Best^lungen auf Ver-
langzetteln zur Weiterbeförderung an die
leipziger Verleger und an die Kommissio-
näre der auswärtigen Verleger gesandt
werden. Ebenso werden die verlangten
Bücher an den Kommissionär des Bestellers
zur Weiterbeförderung an diesen abgeliefert.
Der Kredit, welchen der Verleger dem
Sortinientsbuchhändler gibt, geht vom 1.
Jan. bis 81. Deo. Abrechnung und Zahlung
Buohhorn — Buddha.
361
finden erst in der darauf folgenden leip>
ziger Ofltermesse Statt. Andere Koinmis-
sionsplätze sind Stuttgart. Berlin und Wien.
Im franK. B., dessen Centralpunkt Paris
ist, finden Versendungen k condition nicht
Statt, sondern der Verleger (llbraire ^diteur)
liefert nur für feste Beohnung an die Sor-
timents- (libralre d6taillant) u. Kommissions-
handlung (libraire - commissionnaire) auf
viertel-, höchstens halbjährigen Kredit. In
ähnlicher Weise ist der B. in England
organisirt bei gleicher Gliederung in Ver-»
leger (publishers), Sortimentshandler (book-
sellers) u. Kommissionare (agents). Haupt-
plätze sind London und Edinburgh. Die
Organisation desB.s in den übrigen europ.
liändern nähert sich entweder dem deut-
schen oder firauz. System. Vgl. Kirehhoff,
»Beiträge zur Gesch. Mes B.sS 1851 — 53,
2 Heflie; RoUner, ,Lehrb. der Coutor Wissen-
schaft für den deutschen B.', 8. Aufl. 1861 ;
Schürmann, ,Usancen des deutschenB.s', 1867.
Bnehhoniy Stadt, s. Friedrich»kafen.
Bvehstabe , Schriftzeichen zur Darstellung
eines einzelnen Sprachlauts; die aus B.n
gebildete Schrift Buchstabenschrifi im Gegen-
satz zur Silbensehrift, z. B. der Japanesen,
sowie zur Wortschrift der Chinesen etc.
Der Buchstabenschrift bedienen sich alle
Völker semIt. und indogerman, Stammes.
Bnckitabeurechnuig, der erste, einlei-
tende Theil der Algebra, lehrt die allge-
meine Bezeichnungsart der Grössen und
die sogen. 4 Species.
Bnchstabenschldsser , Vorlegeschlösser,
welche durcli den Druck anf eine gewisse
Beilie von Nägeln geöffnet werden. Letz-
tere sind mit Buchstaben versehen und ein
liestimmtes, geheim gehaltenes Wort be-
zeichnet die Reihenfolge der Nägel.
Bnekiweiler (fr. BouxvUUrs), Stadt im
untem Elsass, am Bastberg, 3698 Ew.
Bvekweizen (Beidekom, Much, Polygonum
fagopyrum L., Fagopyrum esculeutum),
Pflanzengattung aus China, in ganz Europa
bis 660 n. Br., wird wie P. emarginatum
Jioth und P. tataricum L. auf leichtem Boden
knltivirt, grön Viehfutter. Die Samen lie-
fern Grütze und gutes Mehl.
Bucluin, wichtiger Fabrikort bei Magde-
burg. 828S Ew. Maschinenfabr. der hamb.-
magdeburger Dampfschlffiahrtsgesellschaft,
Zucker-, Porzellan-, ehem. Fabriken.
Bnekel (Gibbositas) , abnorme Hervor-
treibung der Wirbelsäule durch Knickung
(s. Oaries) und Krümmung (Skoliose), ab-
gelaufener Prozess von verschiedenen
Krankheiten ; meist unheilbar.
Bneklngrham (spr. Böckingäm), Grafsch.
im südl. England , 84 QM. und 167,993 Ew.
Hauptst, B., am Ouse, 8849 Ew.
BHeklBgkam (spr. Böckingäm), 1) Gtorgt
ViUiers, HerttogvonJB., Günstling Jakobs I.
und Karls I. von England, geb. 20. Aug.
1592 zuBrookesby in der Grafsch. Leicester,
stieg durch Jakobs Gunst rasch zum Baron,
Grafen, Marquis, Grossadmiral, Lordauf-
seher der Häfen und Grossstallmeister, end-
lich zum Herzog empor, bewog Jakob I. zur
Auflösung des ihm nicht willfährigen Par-
laments, ward 83. Aug. 1628 von dem ver-
abschiedeten Lieutenant Feiton ermordet.—
2) George Villiere, Herzog von B., Sohn de«
Vor., geb. 30. Jau. 1628, ebenfalls Günstling
Karls I., floh nach der Schlacht bei Woroester
3. Sept. 1651 nach Frankreich, sass während
Cromwells Regierung im Tower gefangen,
ward 1669 Mitglied des Cabalministeriums;
später, im Parlament der Opposition sich
anschliessend, von Jakob II. vom Hof ver-
wiesen; 1 16- April 1688 zuKirkby inYork-
shire. Verf. der Komödie ,The KehearsaP.
— 3) Bichard Ptantagenet, Herzog von B., geb.
11. Febr. 1797, hiess bis 1822 Graf Temple,
dann bis zum Tode seines Vaters (1839),
Marquis von Chandos, im Parlament als
Tory eiftiger Vertbeidiger der Korngesetze,
seit 1839 Mitglied des Oberhauses , 1841-42
im Ministerium Peels Grosssiegelbewahrer.
In Folge seiner Lebensweise bankrott ge«
worden, zog er sich vom polit. Schauplatz
zurück; f ^9. Juli 1861. Sehr. ,Memoirs of
the Court of George HI* (1855); , Courts
and Cabinets of William IV and Victoria*
(1861) u. A. — Sein Sohn, Bichard Plantagenet,
Hertog von B., geb. 10. Sept. 1823, 1846—57
Parlamentsmitglied, 1852 Lord des Scliatzes,
fungirte 1862 bei der internationale^ Aus-
stellung als königl. Kommissär.
BHCkUnd (spr. BöcUänd), WiUiam, engl.
Geolog, geb. 12. März 1784 zu Axminsior in
Devonshire, ward 1813 Prof. zu Oxford, 1845
Dechant von Westminster; f geisteskrank
14. Aug. 1856 zu Clapham bei London. Sehr.
,Reliqniae antedilUTianae* (2. Aufl. 1824^;
,Geology and mineralogy considered with
reference to natural theology' (1836, 2 Bde. ;
deutsch von Agaa$is 1838—39, 2 Bde.; er-
weitert von Bich. Owen 1864), worin er die
Resultate der Wissenschaft!. Forschungen
mit der bibl. Erzählung 'in Sinklang zu
bringen suchte. — Sein Sohn, Francis B.,
Regimentsarzt bei der Garde, geb. 1823, sehr.
,Curiosities of natural history* (1858) u. A.
Bnekle (spr. Böckl), Henry Hiomat, engl.
Kulturhistoriker, geb. 24. Nov. 1822 zu Lee,
erst Kontorist, widmete sich dann llterar.
Studien ; f 89. Mal 1862, auf einer oriental.
Reise begriffen, zu Damascus. Hauptwerk
,Hist. of Civilization in England' (Bd. 1 u.2,
1857-61; deutsch von Buge, 4. Aufl. 1871),
worin er den Grund zu einer neuen Behaudl.
der Geschichte legte. Biogr. von Äther (1867).
Bnekikln (engl., spr. Bocks-), s. v. a.
Bockshaut, tuchartiges Wollengewebe, ge-
köpert, auf der rechten Seite geschoren, zu
Herrenkleldem.
Bneiacz (spr. -tschatsch), Flecken in Ost-
galizien, 8523 Ew. 18. Sept. 1672 Frieda
zwischen der Türkei und Pplen, das Podo-
lien und die Ukraine abtreten musste.
Biida • Ungar. Name der Stadt Ofen.
Bnddna (sanskr., d. i. Weiser), Ehren-
name des Gantama oder Sakja-muni (d. i*
Lehrer aus der Familie SaHJa), des Stifters
einer indischen Religion , des Buddhiemu»,
Derselbe, geb. im 6. Jahrh. v. Chr. in der
nordindischen Prov. M^adha (Jetzt Behar),
Sohn des Suddhodana, Königs von Mägadha,
und Majas« der Gattin desselben, trat ali
862
Budget — BÜlow.
B6fi>nnfttor dar biAhman. Religion aaf;
t wahrscheinUoh 548 t. Chr. Haaptlehren:
ein höchstes Wesen, nnsichtbafi weise, ge-
recht, gütig, harmhersigu. allmächtig, regiert
die Welt ; der Mensch gelangt durch Tugend
sor Seligkeit und zur vereinigiuig mit dem
höchsten Wesen (Nirw&na), während die
Seelen der Bösen Thierkörper durchwan-
dern müssen. Vedaji, blutige Opfer, Kasten-
wesen werden verworfen. Die Priester
leben ehelos hänflg in Klöstern zusammen.
I>er Buddhismus war bereits im S. Jahrh.
▼. Ohr. Staatsreligion in Indien und ver-
breitete sich Ton da nach Afghanistan und
Baktrien , sowie nach Ooy Ion und Java. Vom
Brahmanismus aus Vorderindien nach und
nach wieder verdrängt, fand er in Hinter-
indien, von da in Ohina (wo B. Fo genannt
wird), Japan, Tübet und in der Mongolei
Eingang. Nach dem Absterben derbuddhist.
Patriarchen in China (713 n. Chr.) folgte
hier eine Reihe Oberhäupter (Fürsten der
Lehre), bis Im 14. Jahrh. der Sitz derselben
nach Tübet verlegt ward, wo Lama (Priester^
und seit 16. Jahrh. Dalai-Xama (Meerpriester)
als Inkarnation der Gottheit verehrt wird.
Vgl. die Schriften von BumoH/ (1844), Kip-
pen (1857—59, 2 Bde.), Ba$tian (1870).
Bvdget (engl., spr. Bödschet), eig. Tasche,
Beutel; insbes. das Portefeuille für die engl.
Staatsrechnungen, daher der Voranschlag
der Einnahmen und Ausgaben eines Staats.
BHdlsrin, Stadt, s. Bautzen.
Bndsehia (Bugie, das alte Odldae), Hafen-
stadt in Algier, Prov. Oonstantine, am Meer,
2888 Ew. ; Hauptmarkt der Kabyleu.
Bndireu (böhm. Budiejowiee), südlichster
Kr. Böhmens, 82,5 QM. und 240,790 Ew.
Die Hanptat, B., an der Moldau, 17,465 Ew.
Pferdebahn nach Linz.
BficherlauB (Troctes Burm.), Insekten-
gattung der Neuroptereu. Klopfende B, (T.
gulsatorius Bnrm., Termes pulsatorius L.),
\ Büchern, Herbarien, frisst Pflanzenstoffe.
BScherskorplon rchelifer Oeoffr.), Gat-
tung der Bpinuenthiere mit langen Tastern,
deren viertes Glied in eine Scheere endiget.
Gemeiner B. (Ch. cancroides Geoffr., Pha-
langium cancroides L.), in Büchern, unter
Rinden, frisst Milben und Bücherläuse.
BSchner) 1) Georg, dramat. Dichter, geb.
17. Okt. 1818 zu Goddelan bei Darmstadt,
Herausgeber des ,Hess. Landboten' (1884) ;
t 19. Febr. 1887 als polit. Flüchtling zu
Zürich. Verf. der wild-genialen Dichtung
jDantons Tod , dramatische Bilder aus der
Schreckenszeit' (1835). ,NachgelaBsene Schrif-
ten* (1850). — 2) Friedr. Karl Okrist. Louis,
naturphilosoph. Schriftsteller, Bruder des
Vor., geb. 29. März 1824 zu Darmstadt, erst
Arzt das., seit 1854 Privatdocent in Tübin-
gen, später wieder in Darmstadt. Sehr.
,Kraft und StofT (11. Aufl. 1870), das popu-
lärste Werk des modernen Materialismus,
in die meisten enrop. Sprachen übers. ; ,Natur
und Geist* (2. Aufl. 1864) ; .Physiol. Bilder*
(Bd. 1, 1861) ; ,Aus Natur und Wissenschaft'
(2. Aufl. 1869); ,Vorlesungen über die Dsr-
winsüh« Theorie' (1868); übersetzte Lyells
Werk «Pa0 Altor des Mo&achengeschlecbts'
(1804); «Die Stellung des Mensohen in der
Natur* (1870). ~ Seine Schwester, LuUe B.,
Sohriftstellerin, sehr. ,Die Frauen nnd ihr
Beruf (8. Aufl. 1860), Novellen u. A. — Sein
Bruder, Alexander B., seither Prof. in Gaeu,
sehr. ,Gesch. der engl. Poesie' (18&5, 8 Bde);
,Frane. Llteraturfoilder* (1858, 2 Bde.) u. A.
Bfiehse, s. Gewehr,
Buckeberge, die, Theil des Wesergebirgg,
östl. V. Bückeburg, 1016' h.; Steinkohlenlager.
BSckebnrg . Hauptst. des Fürstentbums
Schaumburg-Iiippe, 4256 Ew.
BSckllngy leicht gesalzene u. geräucherte
Häringe, kommen au der Ost- nnd Nordsee-
küste in den Handel.
Bttdingeiiy Stadt in Oberhessen, 2509 Ew.
Schloss des Grafen Ysenburg- B.
Bftdlnger. 'ifax, Gesclilchtäforscher, geb.
1. April 1828 zu Kassel, seit 1861 Prof. der
Geschichte zu Zürich. Sehr. ,Oesterreicli.
Geschichte bis zum Anfong des 13. Jahrh.*
(Bd. 1, 1858); ,König Richard UI. von Eng-
land' (1858) u. A. Bestritt in den Schriften
,Dle Königinhofer Handschrift und ihre
Schwestern' (in Sybels ,Histor. Zeitschr.*,
Bd. In. 2, 1859 u. 1880) und ,Die Königin-
hofer Handschrift und ihr neuester Ver-
theidiger* (1859) die Aechtheit jener alt- *
böhm. Sprachdenkmäler.
BttlTel, Name mehrerer Arten aus der
Gattuvg Rind. Gemeiner oder aeiat. B.
(Bos bubalus Jj.) aus Ostindien , 5' h., 8' L,
gezähmt in Indien , Italien , Ungarn,
Griechenland und den untern Donauländem,
Fleisch grob , geschmacklos , g^te Butter
und Häufe. Abart in Ostindien: Biesen-
biiffel (B. b. arni Bloch), ehenfalls gezähmt.
Kajferbüffd (B. caifer L.) im Kaifernland,
grösser als die vorigen, grobes Fleisch,
gute Häute, nicht zähmbar. Amerikan. B,
(Bison , Bufifalo, B. Bison L., B. aniericanus
Qm.), in Nordamerika bis 61. n. Br., 5' h.,
8' 1., schmackhaftes Fleisch, Häute gute
Decken. Bes. von Indianern gejogt.
Btlkeler^ Bans der. Dichter, lebte um
1400 zu Poppeisdorf bei Bonn , im Dienste
des Erzbischofs von Köln. Poet. Bearbei-
tung zweier älteren volksmässigen Geschich-
ten : ,Die Königstechter von Frankreicli*
(zuerst Strassb. 1500) und «Diokletians Le-
ben* (neu herausg. von Keller 1841).
BfilaUy Friedr,, staatswissenschaftlicher
Schriftsteller, geb. 8. Okt. 1805 zu Freiberg,
ward 1833 Prof. der prakt. Philosophie und
Politik zu Leipzig; f 26. Okt. 1869. Sehr.
,EncyklepädiederStaatswissenBchaft*(2.Anfl.
1855); ,Haudb. der Staatswirthschaftslehre*
äl855) ; ,Ge8chiohtedes europ. Staatensystems*
1837->a9, 8 Bde.); ,Ge8ch. Deutschlands ven
806— SO' (1842); ,Geheime Geschichten und
räthselhafte Menschen* (2. Aufl. 1868 - 64,
12 Bde.) u. A.
Bfiloir, 1) Friedrich Wilhelm, Freiherr
von B,, Graf von DennewitM, preuss. General,
einer der Helden des Befireinngskrieges,
geb. 16. Febr. 1755 auf dem Familiengute
Falkenberg In der Altmark, machte den
Krieg 1798—95 gegen Frankreidi als Major
und den 1806—7 als Oberstlientenant unter
TEstocq mit, ward 1809 Brigadier d«r pom«
Bülow-Cummerow — Bürger.
863
morschen Infanterie unter Blücber, dajin
der westprenss. unter York. Beim Ausbmeh
des Krieges Ton 1813 zum Generallientenant
befördert, deckte er erst die Mark, stürmte
2. Mai Halle und schätzte durch den Sieg
bei Luckan über Oudinot (4. Juni) das Ton
den Franzosen bedrohte Berlin. Nach dem
Waffenstillstände Aug. 1818 mit seinem
Corps der. Nordarmee unter dem Oberbefehl
des Kronprinzen von Schweden zugetbeilt,
schlug er gegen den Willen desselben
Oudinot bei Grossbeeren u. Ney bei Denne-
witz, focht ruhmvoll bei Leipzig und drang
zuerst stürmend (19. Okt.) in die Stadt ein.
Nachdem er darauf die alteu preuss. Laude
in Westphalen wieder in Besitz genommen,
befreite er bis Ende Jan. 1814 Holland und
Belgien von deü Franzosen u. stlessi. März
iu der Champagne zu der schles. Armee
unter Blücher, befehligte bei Laou das
Centrum und besetzte den Montmartre. In
Paris zum General der Infanterie ernannt
und in den Grafenstand erhoben, ward er
nach dem Frieden kommandirender General
in Ost- und Westpreussen. Bei Eröffnung
des Feldzugs von 1815 mit dem Oberbefehl
über das 4. Armeeoorps betraut, half er den
Sieg bei Belle-Alliance erringen. t25. Febr.
1816 zu Königsberg. Seine Marmorstatue in
Berlin. Biogr, von Varnhagen von Ense
(1854). — 2) Karl M»ard von B., Schrift-
steller, geb. 17. Nov. 1803 auf Berg vor
Eilenburg, seit 1828 in Dresden (Tieck,
Elise T. der B«cke) , später auf Beisen in
Italien, seit 184.9 auf Sebloss Otlishausen
im Thurgau ; f das. 16. Sept. 1853. Wichtig
sein ,Novellenbuch', Sammlung von Be-
arbeitungen alter Italien., span., franz.,
engl. etc. Novellen (1834—36, 4 Bde.) und
»Neues Novfillenbuch* (1841). Sehr, selbst
»Novellen' (1846—48, S Bde.); »Allerneueste
Meiusina* (1849); gab den »Slmplicissimus*
(1836), ,K]ei8ts Leben und Briefe' (1848),
»Schillers Anthologie ayf das Jahr 1782' (1850)
u. A. heraus. — 3) Han» Guido vo» B., Pianist,
Sohn des Vor., geb. 8. Jan. 1830 in Dresden,
studirte Jurisprudenz, bildete sich 1851—53
unter Liszt zum Klavierspieler aus (später
dessen Schwiegersohn), worde 1854 Lehrer
des SLlavierspiels am Konservatorium zu
Berlin, 1858 Hofpianist das., reiste 1864
nach Russland, ward 1865 Hofpianist in
München, 1866 Hofkapellmeister u. Direktor
der neuen Musikschule das., legte 1869 die
Stelle nieder, lebt seitdem in Florenz.
Ausgez. Interpret der grossen Klassiker
auf dem Klavier, treffl. Dirigent; als Kom-
ponist (Ouvertüre zu ,Jnlius Cäsar', ,Des
Sängers Flach' , Ballade; »Nirwana', sym-
pbon. Stimmangsbild , Klavierstücke und
Vokalsachen) Vertreter der wagner-liszt-
schen Richtung. Auch musik. Schriftsteller.
Bälow - CnmmeroWy Emai von, Publicist,
geb. 13. April 1775 auf seinem Familiengute
Pritzau in Mecklenburg- Schwerin, auch in
Pommern begütert, rief, als die vom Finanz-
minister Hansemann März 1848 angebahnte
Aufhobung der Qrnndsteuerbefreiungen den
ritterschaftl. Grundbesitz in Preussen mit
bif dahin ungewohnten Abgaben bedrohte,
einen »Verein zum Schutze des EigenCbnms*
(,JunkerparIament' gen.) Ins Leben, aus dem
sieh die spätere Feudalpartei ent wickelte;
t 26. April 1851. Verf. zahlr. Schriften über
Verfassungs- und Verwaltungsgegenstände.
Bnenn B>A(> Pflansengattung der Itnbia«
ceen. B. bexandra Pohl liefert die China
de Rio de Janeiro (falsclio Chinarinde).
BiienaviBtay Ortschatft im nordöstl. Mexiko»
bei Saltillo; 22. Febr. 1847 BUg der Nord-
amerikaner unter Taylor über die Ueocikaner.
Bnen-Ayre, Insel, s. Bontaire.
Bnenofs-Ayres, bevölkertster und wohl-
habendster Staat der argentin. Republik,
am untern La PI ata uud am Meer, 3432 QM.
und (1869) 495,107 Ew. (70»/« Laudbauer).
Die gleichuom. HcMptaL, Kongressort der
Republik, 177,787 Ew., Universität (s. 1821),
lebh. Handel (Ausfuhr von Häuten, Leder»
Talg etc.); Schiffsrhede. Gegr. 1535 durch
Pedro de Mendoza; seit 1776 Hauptst. des
span. Vicekönigreichs La-Plata.
Büren 9 Kreisst. im preuss. Regbz. Min*
den» an der Alme und Alfter, 2174 Ew.;
2 her. Kirchen (die eine mit Jesuitenkolleg).
Bürette, graduirte Röhre mit leicht und
sicher zu. echliessender Abflussvorrichtung»
dient zum genauen Abmessen kleiner
Flüssigkeitsmengon, bes. in derMaasanalyte.
Bürger^ Gvttjr, Aug,, Dichtier, geb. 1. Jan.
1748 zu Molmerswende bei Harzgerode»
Sohn eines Predigers, seit dem U. Jahr«
von seinem GrosBvater» dem Hofesherru
Bauer in • Aschersleben » erzogen» itndlrte
auf des letztem Wunsch in Halle Theologie»-
wandte sich dann dem Studium der Rechte
und den schönen Wissenschaften zu, seit
1768 in Göttlugen, wo er später mit den
t>ichtern des göttinger Bundes bekannt
wurde. Hier, wie schon in Halle» führte
er ein wüstes Leben» von dem er sich
nicht mehr dauernd firei machen konnte;
ward 1772 durch Boies Einfluss Justizamt-
mann in Altengleiclien , sebloss 1774 eioe
unglückliche Ehe, da er eigentlich die
Schwester seiner Frau (MoUy) liebte , gab
1789 seine Stelle auf, lebte als Docont an
der Universität zu Göttingen, ward 1789
Prof. das., aber ohne Gehalt; fristete sein
Leben in Noth und Elend, das durch
Schillers Kritik seiner Gedichte (1791) we-
sentlich gesteigert ward ; f 8. Juni 1794. Be«
deutend durch die volksthümliche Richtung
seiner Poesie, namentlich in seinen Balla-
den (zuerst »Lenore' 1774, angeregt Won
Percys Sammlung altengl. Balladen) und
Liedern; die Sonette (die ersten deutschen
seit Gottsched) erhielten selbst Schiller»
Lob. »Gedichte' (1778 und 1789). Gab seit
1778 bis zu seinem Tode den »GÖtting. Musen-
almanach' und 1790—91 die ,Akademie der
schönen Redekünste' heraus. Die Ihm
zugeschriebenen »Abenteuer des Freiherra
von Münchhausen' (1787) sind nicht von
ihm. ,Sämmtliche Werke' (herausg. von
K. V. Beinhard, zuerst 1796 — 98» 4 Bde.»
von Bohts 1834 in 1 Bd., mit Biogr. von
Althoff), Biogr. von Döring (neue AuH.
1848), 0. UmUr (1845), PrlohU (1856). — Seine
dritte Qattin, SliH a<ihnf &ob, 19« ^oy. 1769
364
Burgerkrone — Bugeaud.
KV Statl«iu*t, TOrheirathat 1790 , Bog nacb der
Scheidung Ton ihm (1702) als Schauspiele-
rin und Deklamatricc umher; f 24. Nov. 18S8
in Frankfurt a/M. Sehr. ,Oräfin Ton Teck*
(Bähnenstttck, 1799), «Gedichte' (1812) u. A.
Birgerkroney bei den Griechen Auszeich-
nung für yerdiente Bürger, bestand anfangs
aus Oelbaumaweigen , später künstl. aus
Gold verfertigt; bei den Römern (corona
civica) ans Eichenlaub gewunden und Dem-
jenigen verliehen , der einem Bürger im
Kriege das Leben gerettet hatte.
Biurgerllcher Tod, in einigen neueren
Strafgesetsgebungen Entziehung aller bür-
gerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit. Vgl«
CapiÜ» deminutio.
BfirfemelBter, Vorsteher der st&dtiscben
Hagistrate, fHiher meist von der Regierung,
Jetzt von der Gemeinde oder Gemeindever-
tretung auf eine Reihe von Jahren, auch
auf Lebenszeit erwählt; in Frankreich
Maire, in England Mayor (s. d.).
Bfirgemelsterelj in Westphalen und der
preuss. Rheinprovinz Vereinigung mehrerer
Dörfer und Höfe zu einer Gesammtgemeinde.
Bfirglen, Dorf im Kant. Url, am Eingang
ins Schäehenthal , 1312 Ew. Geburts • und
Wohnort Wilhelm Teils.
BtLrkel. Beinr., Landschaftsmaler, geb.
1802 zu Pirmasens, lebte in München, f das.
12. Juni 1869. TrefTIicbe Darstellungen aus
dem bayer. Volksleben.
Bfirzel, Endtheil des Rückgrats der Vögel,
trägt die Schwanzfedern ; weidmännisch der
Schwanz von Roth- und Schwarzwild.
Biisehel (Fasciculus), Blüthenstand, Trug-
dolde mit kurzer Spindel u. kurzen Blüthen-
stielchen, z. B. bei Saponaria. Stehen B. in
Blattwinkeln gegenüberstehender Blätter,
so legen sie sich um den Stamm herum und
bilden die faUehen Wirtel (verticilU spurii).
Bisehing, Anton Friedrich, Gelehrter, geb.
27. Sept. 1724 ZuStadthageu; seit 1766 Ober-
konsistorialrath und Direktor des Gymna-
siums zum grauen Kloster in Berlin; f
28. Mai 179S. Durch seine umfangreiche
,Neue Erdbeschreibung* (Theil 1—10, 1754-
1792; Th.ll, von Sprengel und Wähl, 1802-
1807 ; Th. 12, von Hartmann, 1799; Th. IS, von
Ebeling, 1800—8), deren Vorzüge auf den
polit.- Statist. Darstellungen beruhen, Be-
gründer der neuern Geographie. — Sein Sohn
Joh.'GuH. OoUlieb, geb. 19. Sept. 1783 zu
Berlin, seit 1823 Prof. der Alterthumswissen-
schiüFten das.; t ^' ^"'■^ 1829; machte sich
,bes. um die altdeutsche Literatur und Kunst
verdient durch: ,8ammlung deutscher Volks-
lieder' (1807, mit Hagen); ,Mnseum für alt-
deutsche Literatur und Kunst' (1809-11,
mit Hagen f Doeen u. And.); ,Des Deutschen
Leben, Kunst und Wissen im Mittelalter'
(neue Aufl. 1821, 4 Bde.); ,Lieben, Lust und
lieben der Deutschen des 16. Jahrb.* (1820—
1824, 3 Bde.); ,Ritterzeit und Ritterwesen'
(1824, 2 Bde.) u. A.
Büse ( Bärin fftibÜBe , Binse), flütenartiges
Fahrzeug mit einem Hauptmast u. kleinem
Hintermast, zum Häringsfaug.
BiiRini, Seebadeort in Holstein , an der
Nordsee, 908 Ew.; früher Insel.
Bnfllilo, wichtige Hafenstadt im nord'
amerik. Staate Newyork, am Ostende des
Eriesees und Eriekanal , (1870) 117,715 Ew.
Arsenal, bedeutende Fabriken (bes. Acker>
baugeräthe), Schilf bau, grossartiger Pro-
duktenhandel (Korn u. Mehl). 1801 gegründet.
BnffUoes, gezähmte Büffel, in Russland
und den Donauländem Zug- und Milchvieh.
Bnffbolme (Saubohne, Vicia Faba L.),
KuMurpflanze vom kaspischen Meer, Samen
geniessbar, meist als Viehftitter zur Mast.
Bnffet (fr., spr. Büffeh), Schauschrank für
kostbare Trinkgef&sse; Schenktisch.
Biiflleb«n, Dorf im Herzogtiium Gotha,
unfern der Kesse, 581 Ew. Dabei seit 1828
bedeutende Steinsalzwerke (EmethaUe),
Bnffo (Bttffone, von buffa, Posse), der
komische Sänger in der ital. Oper. Buffo-
nerie, Fossenreisserei.
Bvffoii (spr. Büff ong), George Louie Ledere,
Qraf von, Naturforscher, geb. 7. Sept. 1707
zu Montbard in Bourgogne, ward 1733 Mit-
glied der franz. Akademie, 1739 Intendant
des königl. Gartens; f, von Ludwig XV. in
den Grafeustand erhoben, 16. April 1788 zu
Paris. Sehr. ,Histoire naturelle, g6u6rale et
particulidre* (am besten 1749—88, 36 Bde.;
herausgeff. von iamouronx und Denmarest
1824— 32, 40 Bde.; von Flourene 1802, 12 Bde.),
in viele Sprachen übersetzt, gegenwärtig
wlssenschaftl. von geringer Bedeutung, aber
bahnbrechend für freiere nnd tiefere For-
schung. Ein Tholl, ,Les ^poques de la na-
ture' (1780, 2 Bde.), erschien selbständig.
B.s ,Correspondauce' (1860, 2 Bde.) von sei-
nem Grossenkel Henri de B. herausgeg., der
auch das Werk ,B., sa famille etc.* (1863)
verfasste. [Fisclizälme.
Bufoniteii« Krötensteine , versteinerte
Bug , das Yordertheil des Schiffs vom Vor-
dersteven bis gegen die Fockrüst, in seiner
Form von grösstem Einfluss atff die Sohneilig-
keit des Schiffs; bei Thleren der Theil eines
Gelenks, wohin es sich naturgemäsz beugt,
am Pferde der Theil unter der Schulter
seitwärts neben der Brust.
Bug (weetL B.), Nebenfluss der Weichsel,
vom galiz. Landrucken, theüweise Grenze
gegen Polen, mündet bei Modlin ; 100 M.
Bugeaud (spr. Büschoh), Thom. Bob. de,
Marqnia de la Pioonnerie, Herzog von lely,
frans. Marschall, geb. 15. Okt. 1784 zu Li-
moges, focht 1815 als Oberst unter Suchet,
ward 1832 Brigadier, seit 1831 Mitglied der
Kammer nnd hier eifriger Vertheidiger der
Juliregierung. 1836 nach Algerien gesandt
u. zum Generallieutenant befördert, erhielt
er 1837 das Kommaudo der Prov. Oran nnd
schloss 31. Mai mit Abd-el-Kader den Ver-
trag an der Tafna. Seit Dec. 1840 Ghneral-
gouvemeur von Algerien, schlug er die
Marokkaner am Isly (14. Aug. 1844), ward
Marschall und Mai 1847 nach Frankreicli
zurückgerufen. In der Nacht vom 23. zum
24. Febr. mit dem Oberbefehl über die
Truppen in Paris betraut, zog er diese auf
Befehl des Königs aus der Stadt zurück,
unterwarf sich dann der Republik, hielt
sich eds Mitglied der Nationalversammlung
zur äussersten Rechten; f 10. Juni 1849.
Bugenhagen — Bulgarin.
365
BügeiihageH^ Joh., gewöhnl. Bmeranua
oder Dr. Pommer genannt, Beformator, geb.
84. Juni U85 zu Wollin, seit 1522 Prof. su
Wittenberg and seit 1536 Generalsnperln-
tendent des Kurkreises, führte die Refor-
mation in Braunschweig, Hamburg, Lübeck
und Pommern ein, ging xu gleichem Zwecke
nach Dänemark und ward erster Rektor
der wiederhergestellten UniYersität zu Ko-
penhagen, kehrte aber 1542 nach Wittenberg
zurück. Fördernder Gehülfe Luthers bei
dessen Bibelübersetzung, die er ins Platt-
deutsche übertrug (1533), und mit Melanch-
thon Yerf. des leipziger ^terims; f 20. April
1558. Sehr. ,Interpretatio in librum psalmo-
rum* (Nümb. 1523) ; »Geschichte von Pom-
mern' (1728). Vgl. Vogi, ,B.s Leben und
Schriften*, 1867.
Bngie, Stadt, s. £ufhchia,
Baginesen (Bugia), Volk auf der Süd-
küste der Insel Gelebes, gut gebaut, ziem-
lich hellfarbig; als Torzügliche Seefahrer
und unternehmende Kaufleute über den
ganzen ostind. Archipel verbreitet.
BHglehom (Signalhorn) , engl. Klappeu-
trompete, von höherem und durchdringen-
derem Ton als das Hom; 8 Töne Umfang.
Bngslren, ein Schiff durch Boote oder
audere Schiffe fortbewegen, geschieht durch
ein Tau (Schlepptau), yielches am Bug des
zu ziehenden Schiffes befestigt ist.
Bugspriet 9 der schräg liegende Mast, der
aus dem Bug hervorragt; seine Verlänge-
rung ist der Klüverbaum u. Aussenklüver-
baum, hat "^/ii der Länge des grossen Mastes.
Bnlme (Abweiser, Btake, Zunge), imFluss-
bau ein Bauwerk, welches mit dem einen
£nde sich an das Ufer anschliesst und mit
dem andern frei in das Flussbett hineinragt,
um 6fi>m Fluss oder einem Theil desselben
eine andere Richtung zu geben.
BnüeniEorg (spr. Beurnsorg , Ohne Sorge),
Stadt auf Java, südl. von Batavia, Residenz
des General gouvemeurs von Niederländisch-
BqJnkdereh, s. B^yuk-der4. [Ostindien.
Bokaresty Hauptst. der Walachei, Resid.
des Fürsten von Rumänien, an der Dumbo-
witza, 121,734 Ew. (viel Deutsche). Univer-
sität (seit 1864), griech. Erzbischof, lebhafter
Handel. 28. Mai 1812 Friede zwischen
Russland und der Pforte, welche Bessara-
bieu und einen Theil der Moldau abtrat.
Bukolische Poesie, Hirtendichtung, poet.
Darstellung des Hirtenlebens, meist in
episch-dramat. Form; am reinsten im Alter-
thum durch Theokrit, Bion und Moschus,
wie durch Virgil (,BucolicaO vertreten;
artete im 16. Jahrh. in Italien in eine süss-
liche u. unwahre Schäferpoesie aus (,Aminta'
von T. Tcuao, ,Pa8tor Fido* von Guarini),
die seit dem 17. Jahrh. auch in Deutschland
(Pegnitzschäfer) wie in Frankreich (, Asträa*
von B6nor4 d'Urfi) Mode ward; letztes der-
artiges Produkt Geuners ,Idylleu'.
Bukowina^ Herzogthum, öeterr. Kronland,
im 80. von Galizien, 189,6 QM. und 521,000
Ew. Ein Hochland, mit terrassenartiger
Senkung von W. gegen O.; höchster Berg
der Dzumalen, 5704'. Tiefland nur auf beiden
Seiten des Prutb (Hauptfluss). Klima rauh,
aber gesund. Hauptbeschäftigung Ackerbau
(bes. auf Mais) und Viehzucht; Bergbau auf
Eisen, Kupfer, insbes. aber Steinsalz (zu
Kaczika). Die Bevölkerung überwiegend
nicht unii'te Griechen (etwa 44,000 Kathol.,
9000 Protest., 30,000 Juden); nach der Na-
tionalität 48o/o Ruthenen, 40o/o Rumänen,
dann Deutsche, Polen, Magyaren, Zigeuner.
Industrie kaum im Entstehen, im Handel
nur der Grenzverkehr nach Bessarabien u.
der Moldau wichtig. Landtag aus SO Mitgl.
bestehend; 5 Abgeordnete zum Reichsfa^.
Hauptst. Ozemowitz. — Früher ein Theil
von Siebenbürgen, wurde die 6. 1482 vom
Fürsten der Moldau Stephan V. erobert u.
kam mit diesem Land 1529 unter türk. Her-
schaft; ward 1777 nach dem Frieden von
Kutschuk-Kainardschi an Oesterreich abge-
treten und 1786 mit Galizien vereinigt; seit
1849 zum besondern Kronland erhoben.
Bulaky Hafenstadt von Kairo, am Nil,
4000 Ew. ; grosse Druckerei (seit 1822), Der-
wischkolleg (Gentralinstitut für sämmtliche
Derwische), medicin. Schule, Militärhospital.
Bnldur, Stadt im westl. Kleinasien (Pi-
sidieu), 25,000 Ew. (viele Griechen). Unfurn
der salzige Buldursee, 2 QM.
Bvlgarei (Bulgarin), der nordSstl. Theil
der Türkei, zwischen der Donau und dem
Balkan, das alte Niederm^ien, 1266 QM. mit
etwa 4 Mill. Ew. (überwiegend Slaven). Der
S. gebirgig (über 2000* hoclt),.der nördl.
Theil (die Südhälfte der grossen Donau-
ebene) wellenförmig eben und fruchtbar;
bes. ist das Küstenland (Dobrudscha) die
eigeutliche Kornkammer von Koustantinopel.
3 Ejalets: Silistria, Widdiu und Nisch.
Geschichte. Die alten Mösier mussten im
7. Jahrh. den Bulgaren weichen, einem ugri-
sehen Volke, das von der Wolga her vor-
drang, seit 493 häufig über die Donau kam
und wiederholt (namentlich 502) Streifeüge
nach Koustantinopel machte, 562 mit Bei-
behaltung eigener Khane unter die Herr-
schaft der Avaren kam und sich 660
unter den Söhnen des Khans Kuwrat, der
das Joch der Avaren gebrochen , in mehrere
Zweige theilte. Der Hauptzweig überschritt
unter Asparuch die Donau und gründete
CHäO in dem heutigen B. ein mächtiges
Reich. Hier versclimolzen die B. nach
und nach mit der slav. Bevölkerung und
nahmen seit 9. Jahrh. deren Sprache an.
Ihr Khan Micliael herrsclite als König.
Nach laugen Kämpfen mit den Byzantinern
wurden sie 1018 von diesen unterworfen.
Die Walachen Peter und Asan reizten das
schwer gedrückte Volk 1186 zum Aufstand
und gründeten darauf das wolachisch-buJLgar,
Reich der Aaaniden, das 1285 — 99 von den
Tataren abhäugig war und 1365 von den
Türken erobert und 1391 türk. Provinz*
ward. Der harte Druck, unter welchem
die Bulgaren seufzen, erweckte neuerlich
das Gefühl ihrer Nationalität und die Sehn-
sucht nach Befreiung, die zu einzelnen Auf-
ständen führte. Vgl. Vretos, ,La Bulgarie
andenue et moderne', 1852.
Bnlgarin, ThaddäiM, russ. Schriftsteller,
geb. 1789 in Lithauen, ursprünglich Militär,
366
Bull — Banjeva^en.
gründete 1825 in Petersburg dlo ,Kord.
Biene*; f 13. Sept. 1859 zu Dorpat. Sehr.
Romane und histor. Schriften. .Memoiren*
(1846-50, 6 Bde.; deutsch 1858 f.).
Bnll (en^l., Stier), in der engl. Umgangs-
sprache lächerliche Aeussemng, welche
gegen den gesunden Menschenverstand yer-
stösst» aber oft eine witzige Wendung ent-
hält; bes. bei den Irländem zu finden.
— John B.p scherzhafte Bezeichnung des
engl. Volkes. Vgl. Arbuthnot.
Bull, Ole JBomemann, norweg. Vlolln-
▼Irtuos im Genre Paganinis, geb. 5. Febr.
1810 in Bergen, divrchrelste seit 1830 ganz
Europa, später auch Nordamerika zu ver-
schiedenen Malen (1848, 1852-57, 1868) mit
grossem Erfolg. Als Komponist unbedeutend.
Bnlldoek, s. Hund.
BulUtu doetor (\At.)^ Gelehrter, welcher
sein Doktordiplom nicht Ton einer Univer-
sität, sondern von einem Pfalzgrafen mit
dem Siegel (bulla) erhalten hat, daher
manchmal s. v. a. Quacksalber.
Bulle (v. mittellat. bulla), ursprünglich
die Kapsel für das an einer Schnur befestigte
Siegel einer Urkunde, dann letztere selbst
(s. Goldene Butte); bes. eine im Namen des
Papstes ausgefertigte wichtigere Urkunde,
auf Pergament geschrieben und nach den
Anfaugsworten des Eingangs benannt. Offi-
cielle Sammlung derselben das ,BulIarium
privilegiorum ac diplomatum Romanorum
pontificumusquead dementem XII' (1738—45,
13 Bde.), fortgesetzt im ,BulIarium Papae
Benedict! XrV* (1746-57, 4 Bde.), in der
,Bullarii romani continuatio* von Barberi
(1835-57, 18 Bde.; neue Folge 1857 ff.). Vgl.
Eisemchmid, ,Röm. Bullarium, oder Auszüge
der merkwärdigstenpäp8tl.B.n'(1831, 2Bde.).
Bulle. Zuchtochs.
Bnileiin (f^., spr. BUlltäng, ital. Bulle-
tino), kurzer officleller Bericht über gewisse
Vorkommnisse, namentl. über den Gesuud-
heitüzustand einer hohen Person; insbes.
Eur Veröffentlichung bestiihmter Bericht
eines Generals über eine Schlacht etc.;
auch Name der regelmässigen Berichte über
die Sitzungen der Akademien und gelehrten
Gesellschaften und die von ihnen ausgeführ-
ten wissenschaftl. Arbeiten; endlich Name
Ton Zeitschriften yrissenschaftl. Inhalts.
Bnllinger. Heinr. , schweizer Reformator,
geb. 18. Juli 1504 zu Bremgarten im Aargau,
wohnte mit Zwingli 1528 dem Religions-
gespräch zu Bern bei, ward 1532 Pfarrer
■n Zilrich; f 17- Sept. 1675. Gab 1543
Zwingiis Schriften heraus. Vgl. Pe^aXozzi,
,B.B Leben und Schriften', 1859.
BollomUndy Küstenstrich in Sierra Leone.
Bulwer^ 1) Bir Henry IjytUm, Sari, engl.
Diplomat, geb. 1804, seit 1837 Legations-
sekretär in Konstantinopel, 1843—48 Ge-
sandter in Madrid, ging 1849 als ausser-
ordentlicher Gesandter nach den Vereinigten
Staaten, wo er den sogen. Clay ten - Bulwer-
Vertrag abschloss, 1852 — 55 Gesandter in
Toskana, 1858—65 Botschafter in Konstan-
tinopel. — 2) Edward Geoffroy Lytton, Baronet,
6Bgl. RomaDSohriftsteller, Bruder des Vor.,
g^b. Mal 1806 «u Heydonhall (Norfolk), viel-
seitig und namentlich durch Reisen gebildet,
1831-52 Mitglied des Unterhauses, 1858
unter Derby Staatssekretär für die Kolo-
nien; lebt in London. Seine Romane ausj^ez.
durch geistreichen Ausdruck, Scharfsinn,
Menschen- u. Gtosellschaffcskenntniss, wirk-
same Gruppirung und unermüdliches Er-
zählertalent, doch mehr Produkte der Re-
flexion als der schöpferischen Phantasie.
Am besten diejenigen, welche sich streng
in engl. Verhältnissen bewegen: ,Pelham*
(1828), ,Eiigen Aram* (1832), ,Ernest Mal-
travers* (1837), , Alice' (1838), ,Night and
morning' (1841), ,The Caxtons* (1849), ,My
novel' (1852) etc.; ausserdem die histor.
Romane ,The last days of Pompeii* (1834),
,Co]a Rienzi' (1835), ,The last of the Barons'
(1843) und ,Harold' (1848). Minder gelungen
,The pilgrims of the Rhine' (1834), der
Rosenkreuzerroman ,Zanoni' (1842), ,Lu-
cretia' (1846) u. a. Seine dramat. Arbeiten
(meist histor. Inhalts mit didaktischer Ten-
denz) blieben ohne Erfolg. Sehr, ausser-
dem das treffliche ethnograph. Werk ,Eng-
land and the English' (1833) und »Athens,
its rise and fall' (1837, 2 Bde.). — Seine gi>-
schiedene Gattin, Lady JSotina B., geb. 1808,
Verf. der Romane ,Clevely* (1839), ,Behind
the scenes' (1854), ,The World and bis will'
(1858) u. a. — Sein Sohn, Edward Robert, geb.
1831, alsDiplomat seit 1849 auf verschiedenen
Posten thätig, ebenfalls Dichter: ,CIytem-
nestra', ,The wanderer, a collection of poems'
(1858), ,The ringof Amasis' (Roman, 1863) n. A.
Bundarolker, die eingeborne schwarze.
Bevölkerung von Niederguinea, ein wohl-
gebautes kräftiges Gesohlecht, von den
Negern des Südens abweichend; sprechen
die zum grossen südafirlkan. Spraehstamm
gehörendeBtinda92?racAe: Fetisehanbeter, ge-
schickte Handwerker, dabei firiedlich, höf-
lich und gastfrei ; durch den Sklavenhandel
sehr decimirt. Vielweiberei ällgemeim.
Bund des armen Konrad, s. Bauernkrieg,
Bnndelknnd (Bandelakand), das Land der
Bundelah (Bandela), eines Radschpnten-
geschlechts, Landschaft in Vorderindien,
am Nordabhang des Plateaus von Dekhjui,
1184 QM. mit 21/« Mill. Ew. , umfhsst 0 ein-
heimische Staaten; 342 QM. mit 824,000 Ew.
sind biit. Schutzgebiet.
BHndesffenossenkTiefl:, s. Marsen.
Bundeslnde, die kostbare Lade In der
Stiftshütte, später im Tempel zu Jerusalem,
worin die Gesetztafeln Moses aufbewahrt
wurden; bei der Zerstörung des salomon.
Tempels verbrannt.
Bundschuh. Art grosser Schuhe , die bis
an die Knöchel reichten und mit Riemen
festgebunden wurden, Tracht der Bauern
im Gegensatz zu dem Ritterstiefel, daher
Feldzeichen der aufständischen Bauern, ru-
erst 1502 im Bisthnm Speier, s. Bauernkrieg.
Bnnlum L. (NusskUmmei), Pflanzengattung
der Umbelliferen. B. creticum Mill., auf den
griechischen Inseln, mit essbarer Wurzel
(Topaun). B. denudatum Dec., B. Bulboca-
stnnum Hud»., in Frankreich, desgleichen.
BonJeTMen, die nicht unirten Griechen
in Dalmatten.
ßankersbill — ßuralen.
867
fivMlcenlilll (spr. Bonkers-)^ Anhohe bei
Boston; 17. Juni 1775 Sieg der Engländer
unter Howe über die Amerikaner (Obelisk).
Bunten, Gkristian Karl Josia» , Freiherr
von, Gelelirter u. Staatsmann, geb. 25. Aug.
1791 zu Eorbach im Waldeckieohen , ward
1818 anf Niebuhrs Empfehlung preuss. Ge-
sandtschaftssekret&r tnRom, 1827 Minister-
resident das. und mit den Verliand langen-
über die gemischten Ehen beauftri^t, 1838
in Folge der kölner Wirren abberufen. Seit
Not. 1839 Gesandter fn Bern, ward er 1841
in Betreff der Errichtung eines erangeli-
sohen Bisthums in Jerusalem nach England
gresandt und bald darauf zum Gesandten
das. ernannt. Als solcher betheiligte er
sich an den Verhandlungen über die preuss.
VerfasBungsfrago mit einer Reibe von Denk-
schriften, worin er sich für allgemeine
Bt&ndisohe Vertretung aussprach, vertrat
entschieden die Rechte Deutschlands und
der Elbherzogthümer Dänemark gegenüber,
protestirte 1850 gegen da^ londoner Protokoll,
nachdem er dessen Zustandekommen ver-
gebens zu hindern versucht . hatte , musste
aber den londoner Vertrag 8. Mai 1852 unter-
seiohnen. Beim Ausbruch der orientalischen
Wirren suchte er Preussen zur Parteinalime
gegen Russland zu bewegen und nahm, da
ihm dies nicht gelang, 1854 seinen Abschied.
1857 in das preuss. Herrenhaus berufen n.
in den Freiherrenstand erhoben, siedelte er
1860 nach Bonn über; f da"« 88. Nov. 1860.
Scbr. «Beschreibung der Stadt Rom* (1830—
1843, 3 Bde.) ; ,Die heil. Leidensgeschichte
und die stille Woche* (1841, 2 Bde.); ,Die
VerfiMsung der Kirche der Zukunft* (1845):
,Ignatiu8 -von Antiochlen und seine Zeit*
(1847); ,Die drei echten und die vier un-
echten Briefe des Ignatius von Antiochien'
(1847); fHippolytns und seine Zeit* (engt.
1851, 4 Bde.; deutsch 1852-53, 2 Bde.);
yOhrlstianitjr and Mankind* (1854, 7 Bde.);
.Zeichen der Zeit* (8. Aufl. 1856) ; ,Gott in
der <ä«mshichte' (1857-58, 3 Bde.); ,Bibel-
vrerk für die Gemeinde* (1858 f.), nach B.s
Tode von Kamphausen und BoitMmann fort-
gesetzt; ,Aegyptens Stelle in der Weltge-
schichte* (1844—45, 5Bde.). Biogr. von seiner
Wittwe (deutsch von2n^poIcll868— 71. 3Bde.).
— Von B.s Söhnen hat sich der zweite, Erntt
von B., geb. 1819, preuss. Hauptmann a. D.,
in England lebend, literarisch durch ,The
hidden Wisdom of Ohrtst and ihe key of
knowledge* (1864) bekannt gemaobt; der
vierte, Georg von B., geh* 1824, promovirte
SU Bonn mit der Schrift ,De Azania* und ist
seit 1862 Mitglied des preuss. Abgeordneten-
hauses, wo er dem linken Gentrum angehört;
der fünfte, Theodor von B., geb. 1832, beglei-
tete als Attache die preuss. Expedition nach
Ostasien und ging 1864 als LegationssekretÄr
nacii Bio- de -Janeiro.
Bansen, Robert Wtihelm, Chemiker, ^eb.
81. März 1811 in Göttingen, ward 1888 Prof.
in Marburg, 1851 in Breslau, 1852 in Heidel-
berg. Höchst verdient tim die analytische
Chemie , mit Kirehhoff Entdecker der Spek-
tralanalys». Sehr. ,Sl8enozyd, ein Gegen-
gift der arsenlgen Säure* (2. Aufl. 1937);
,T7eber eine volumeiriscbelletbocle von sehr
allgem« Anwendung' (1854); ,Ga8ometrlsGhe
Methoden* (1857); ,Ohemisohe Analyse durch
Spektralbeobachtnng* (mit Kirchhoff 1861).
Buntblelerc, s. v. a. Braun- u. Grünbleierz.
Bnnter Affe (Nonnenaffe, Geroopithecus
Mona, Slmia M. oder Monaoha bchrth.),
Meerkataenart in Afrika, Vf»'i Schwanz 2',
häufig nach Europa gebracht.
Bunter Sandstein. (BunteandeMn/orma'
tion), unteres Glied der Trias, hauptsächlich
aus Sandsteinen (oft bunt gefärbt),' Konglo-
meraten, bunten Thonen und Schieferletten,
Mergel und Rogensteinen nebst Gyps, Do-
lomit und Steinsalz bestehend; findet sich
bis 1100' mächtig in Thüringen, im Schwarz-
wald, Odenwald, Spessart, in den Vogesen.
Bnntkupfererz/ oktaBdrischer Kupferkies,
Bornit, Mineral aus der Klasse der Kiese,
kupferbraunes, bunt anlaufendes Kupfererz,
enthält 56— 7ie/o Kupfer nebst Eisen und
Schwefel. Bei Berggiesshübel , Freiberg,
Annaberg, Eisleben, Sangerhausen, Mans-
fefd, in Toskana, Chile. Wird auf Kupfer
verarbeitet. [Stempel.
Bnnsen (Punten), Grabstichel, Metall-
Bnnzlan, Kreisst. im preuss. Regbz. Lieg-
nitz, am Bober, 8624 Ew. Töpfereien (bufu-
lauerGut); Denkmal des Fürsten Kutusow.
Bnnnlnuer Kreis, Kreis im nördl. Böhmen,
65 QM. u. 444,297 Ew. Hauptst. Jungbui^ztau.
BttOcks, Dorf und Hafen am Vierwald-
stättersee (buochser Bucht), 1432 Ew.; da-
bei das biiochser Hom, 5570' hoch.
Bvol-Scllftnenstein, Karl Ferdinand, Graf
von, österr. Diplomat, geb. 17. Mai 1797, war
1850 zweiter österr. Bevollmächtigter bei den
Konferenzen zu Dresden, 1851 in London,
April 18^ österr. Minister des Auswärtigen,
präsidirte 1855 den wiener Konferenzen, nahm
am Friedenskongress zu Paris Theil , ward
Mai 1859 seines Ministerpostens enthoben.
Bnonarotti, Künstler, s. Michel Angelo,
Bttoncompagnly Baldaeeare, itnl. Gelehrter
und Staatsmann, geb. 10. Mai 1821 zu Rom,
1857 sardin. Gesandter zu Florenz u. Parma,
leitete April 1858 die Bewegung in Florenz,
trat SO. April als Generalkommissar an die
Spitze der dortigen Regierung und bildete
11. Mai das Ministerium. Seit Nov. General-
gouvemeur des Bundes der mittelltal. Pro-
vinzen, trat er 8. März 1860 zurück ; seitdem
eines der hervorragendsten Mitglieder des
ital. Parlaments.
Bnqnoy (spr. Büktia, Bouc^uoi, »pr. Bn-),
Karl Bonaventura de Longueval, Or€{f von,
österr. Feldherr, geb. 1571 in Brabaut, er-
hielt als Generalfeldzeugmeister 1618 den
Oberbefehl über die kaiserl. Truppen in
Böhmen, wo er Mansfeld 1619 bei Nadelitz
schlug, befehligte dann In der Schlacht bei
Prag (8. NoY. 1620) den rechten Flügel,
schlug 1621 Bethlen Gabor in Ungarn und
nahm Pressburg; fiel 10. Juli 1621 bei der
Belagerung von Neuhäusel.
Buräten^ mongol. Nomadenvolk im südl.
Theile des sibir. Gouvem. Irkutsk, etwa
200,000 Köpfe stark; Lamalten, stolz, gast-
frei, neugierig; treffliche Schützen; unter-
bieten (MMGrenskosaken, IhreSpr»ehe ein
868
Buran — Burgund,
Dialekt dei Mongollsolien (GrammAtik und
LazikonTon CastrMlSn), [8tei>penl&nd«rii.
^vram, heftiger Wirbelwind in den aeiat.
BunuiOy Laguneninsel und Dorf in Vene-
Üen, 5700 Ew.; ber&hmte Spitsen.
Bnrekkardt. Joh. Lud»., engl. Reisender,
geb. 24. Not. 1?84 zn Lausanne, bereiste seit
1809 Syrien, Aegypten und Nubien bis Don-
gola, besuchte Mekka, bestieg den Sinai;
1 17. Okt. 1817. Seine oriental. Handschrif-
ten (350 Bde.) yennacbte er der Bibliothek
BU Cambridge. Die Beschreibung seiner
Reisen in Nubien 1819 (deutsch 1823); in
Syrien, Palästina etc. 1822 (deutsch 1823-24,
2 Bde.}; in Arabien 1829 (deutsch 1831).
Bnraacli. Karl Friedrich, Physiolog, geb.
12. Juni 1776 eu Leipzig, seit 1815 Prof. der
Anatomie sa Königsberg ; f das. 16. Juli 1847.
Hauptwerke: ,£Dcyklopadie der Heilwissen-
schaft* (2. Aufl. 1817— 19, 3 Bde.); ,Vom Bau
und Leben des Gehirns und Räokeumarks*
(1819— 25); ,Phy8ioIogle als Erfahmngs-
wiflsenschaft« (2. Aufl. 1839, 5 Bde.); ,Der
Mensch nach den Terschiedenen Seiten sei-
ner Natur' (1836—37), später von seinem Sohn
Errut P., Prof. der Anatomie zu Königsberg,
unter dem Titel , Anthropologie für das ge-
bildete Publikum* (1847) neu bearbeitet.
Bnrdekln, Fluss auf der Ostseite Austra-
liens (Queensland) , mit dem Nebenfluss
Balyando; von Leichhardt entdeckt, yon
Dalrymple 1859 genauer untersucht.
Bnrdigala (a. G.), Stadt, s. Bordeaux.
Boreaukratle (▼.Äranz. Bureau, Geschäfts-
stube, Expedition, und dem grlech. kratia,
Herrschaft) , die Einrichtung in der Staats-
verwaltung, wobei ein oder mehrere Zweige
derselben von einem einzigen Staatsbeamten
und unter seiner Verantwortlichkeit von
einem Bureau ans geleitet werden, im Gegen-
satz zum KoUegialeystem (s. d.).
Bnreja (Njuman), linker Nebenfluss des
Amur, vom BurejagAirge, um das der Amur
seinen grossen sudl. Bogen macht.
Burem (spr. Biubr^n), Martin van, 8. Prä-
sident, der Vereinigten Staaten von Amerika
1837—41, geb. 5. Dec. 1782 zu Kinderhook
im Staat Newyork aus einer alten holländ.
iPamilie, ward 1812 Mitglied der gesetzge-
benden Versammlung von Newvork, m21
des Kongresses der Union, 1829 Gouverneur
des Staats Newyork,' bald darauf Staats-
sekretär, 1831 Gesandter zu London, von
da zurückgerufen, weil seine Ernennung
zum Gesandten vom Senat verworfen wor-
den war, 1832 von seiner Partei zum Vice-
präsidenten und 1835 zum Präsidenten er-
wählt. Als solcher beantragte er gänzliche
Trennung der Finanzen des Staats von den
Banken und Errichtung einer Schatzkammer
in Washington und von Unterschatzkammern
in den dnzelnen Staaten, drang aber damit
nicht durch. 1848 von den Freesoilers als
Präsidentschaftskandidat aui^estellt, blieb
er gegen Taylor in der Minorität ; f 24. Juli
1862 auf seinem Gut Lindenwald.
Burg 9 Kreisstadt im preuss. Regbz. Mag-
deburg, Kr. Jeriohow I, an der Ihle, 15,251
Ew.; wichtige Tuchfabriken.
Bu^j Adam, Büttr von, Mftthem»tiker und
Technolog, geb. 28. Jan. 1797 zu Wien, seit
1849 Direktor des polytechn. Instituts und
Mitglied der Akademie der Wissenschaften
daselbst , ward 1852 Sektlonsrath im Han-
delsministerium, seit 1856 Präsident des
niederösterr. Gewerbevereins ; Autorität auf
dem Grebiete des Maschinenbaues. Haupt-
werke : ,Handb. der geradlinigen und sphär.
Trigonometrie' (1826); , Ausfuhr]. Lehrb. der
höheren Mathematik* (1832—33, 3 Bde.);
yLehrb. der Maschinenlehre* (1^6).
Bvgmu, Stadt im bayer. Regbz. Schwaben-
Neuburg, 2161 Ew. Die ehemalige Markgraf-
•chaft B. hatte bis 1301 eigne Markgrafen,
kam dann an Oesterreich, 1805 an Bayern.
Bargdorf, 1) Dorf bei Hildesheim, mit
der Feldmark Warle, wahrschein], die Stätte
der einst her. Kaiserpfalz Werte, wo s&chs.
und salische Kaiser gewohnt und Reichstage
gehalten haben. — 2) Gewerbreiche Stadt
im Kaut. Bern, am Ausgange des Emmen-
thals, 4199 Ew., ehemals Hauptst. von Kleiu-
burgund und Residenz der zähringer Her-
zöge. Im Schloss ehedem (seit 17^) Pesta-
lozzis Erziehungsanstalt.
BurgMede, der nach seinen Grenzen be-
zeichnete Burgbezirk; Vertrag zu Sicherlieit
und Ruhe des Burg^^ebietes ; dann diese
Sicherheit und Ruhe selbst.
Burggraf (Buregravitu , aucli Praefectu»,
Comes uriiie oder eivüatie), ein mit der
Aufsicht und Grerichtsbarkeit über eine
Reichsburg und deren Gebiet beauftragter
Beamter, zugleich Anfüiirer der bewaffne-
ten Mannschaft der Burg. Die Würde wurde
später erblich, z. B. iu Nürnberg, oder kam
in den Besitz der die Burg einschliessendeu
Territorialherren. Später leerer Titel.
Burgmüller, Norbert, Komponist und
Pianist, geb. 14. Jan. 1808 zu Düsseldorf,
Scliüler von Spohr und Hauptmann; f 7. Mai
1836 im Bade za Aachen. Gediegene Kom-
positionen (Symphonien, Quartette, Piano-
sonaten, Lieder). — Sein Brader, Friedrick
B., geb. 1804 in Regensburg, ebenfalls Kom-
ponist; schrieb trefln. Kinderetuden.
BurgOS, span. Prov. in Altkastilien, 265i/i
QM. und 349,714 Ew. — Die Hnuptat. B., am
Arlanzon, Waffenplata ersten Ranges und
ehemals Hauptst. des Landes (884 gegr.),
jetzt verödet, 26,086 Ew. Grossart. gotli.
Dom (seit 1221). Erzbischof. Unfern Kloster
S. Pedro de CardeSia, mit Grabmal des Cid.
BnrgsclieldangreDy Dorf im preuss. Regbz.
Merseburg, an der Unstrut; bis 6. Jahrh.
Residenz der thüring. Könige.
Bnrgseliniiet. Daniel, berühmter Erz-
giesser, geb. 11. Okt. 1796 zu Nürnberg,
erst Drechsler, widmete sich 1822 unter
Reindel der Bildhauerkunst (Melanchtbou
nacli Heideloffs Zeichnung), bildete sich
dann (1827 unter Orossatidre in Paris) zu
einem Meister der Erzglesserkunst, goss
u. A. die Statuen Dürers (1840, Nümbeig),
Beethovens (1845, Bonn), Karls IV. (1848,
Prag), Luthers (1853, Möhra), Winters (1851,
Karlsruhe), Radetzkys (1857): f 7. März 1858.
Bnrgiiy stark bevölkerter Staat im westl.
Sudan, von Mandingos bewohnt.
Bur^UUl (fr. Bourgogne), Herzogthnm,
Burgunder Kanal — Burgundischer Kreis.
36»
alte franz. ProT., der centrale Landstrich
des östl. Frank reiehs, im Gebiet der Seine,
Xioire and Rhone, die Jetslgen 4 Depart.
G6te d'Or, Yonne (zum Theil), Saftne-Loire
und Ain umfassend, 467 QM. mit etwa
1,720,000 Ew. Das Land , auch Niederlmr-
gund genannt im Gegensatz zn Hochburgund
oder der Freigraf »chaffB. (a.Franehe ConUä),
TOll fruchtbarer Ebenen und sanft abgerun-
deter Berg«, mit ausgezeichnetem Weinbau
(20 QM.), durch Industrie, Schifffahrt und
Handel blähend, reich an Mineralien (Elsen,
Blei, Steinkohlen, Mangan). Bedeutendste
8t&dte: Auxerre, Auzonne, Antun, Ohälons-
8ur-Saöne, Dijon, Bourg.
£re»ehichte. Die Burgunder (Bnrgundii
oder Burgundiones) , ein german. Volks-
Btamm, waren ursprüngl. an der mittleren
Weichsel und Oder ansässig, wandten sich'
dann nach Westen in die Rhein- u. Neckar-
gegenden und drangen um 407 unter ihrem
König Gundioar etwa 80,000 Mann stark in
das röm. Gallien ein, wo sie sich zwischen
Aar und Rhone niederliessen, das arian.
Christenthum annahmen und so das alte
ImrgundUche Beich gründeten. Gnndlcar
warf sich 451 mit 10,000 Mann dem Attila
entgegen und fiel mit den Seinigen im
Kampfe (Nibelungenlied). Von einem spä-
teren König Gundebald rührt die .Lex Gun-
debalda' her. Im Kampf mit den fränk.
Königen Childebert und Chlotar verlor der
burgund. König Godemar 5S4 Thron und
Lieben, worauf B. frank. Provinz ward.
Vgl. Binding, ,Geschichte der burgund.-röm.
Königr.S 1S63. Selbständigkeit gewann das
Land wieder durch den Grafen Boso von
Vienne, welcher sich (879) zum König des
eisjuran. Beichea B. oder Arelat (s. d.), und
durch den Grafen Rudolf I. weif. Stammes,
welcher sich (889) zum König des trans-
juran, Beichte B. (westl. Schweiz) erhob.
Beide erkannten die Oberlehnsherrlichkeit
dea deutschen Kaisers an. Des letzteren
Sohn, Rudolf IL, vereinigte das Reich
Arelat, welches er vom Grafen Hugo von
Provence gegen Italien eintauschte, wieder
mit dem transjuran. B. (930). Sein Enkel,
Rudolf m. (t 1032); setzte den deutschen
Kaiser Heinrich II., den Sohn seiner
Schwester Gisela, und nach dessen Tode
(1024) den deutschen Kaiser Konrad U.,
seinen Grossneffen, mit Uebergehung seines
Neffen Odo von Champngne, zum Erben
des Landes ein. Konrads II. Sohn, Hein-
rich III. , ward auf dem Reichstage zu
Solothum (1038) förmlich zum König von
B. gewählt und gekrönt. Seitdem gehörte
B. zum deutschen Reiche und stand unter
erblichen Statthaltern. Kaiser Friedrich L,
der sich 1178 zu Arles krönen Hess , stellte
den gelockerten Verband B.s mit dem Reiche
wieder her. Aber nach Karls IV., des
letzten au Arles (1364) gekrönten deutschen
Kaisers, Tode (1378) zerfiel B. in mehrere
unabhängige Territorien, die nach und
nach, mit Ausnahme von Savoyen und
Mömpelgard, an Frankreich fielen. — Das
HerMogthum B. (Niederburgund) ward ge-
gründet von Richard, Grafen von Antun,
Meyer 8 Hand- Lexikon,
dem Bruder Bosos von Vienne, der 921 t*
Sein Sohn Rudolf f 936 ohne Erben. Seluo
Enkelin Ludegardis vermählte sich mit Otto,
dem Bruder des Königs Hugo Capet von
Frankreich und Besitzer eines Theils von
B. , wodurch ganz Niederburguud wieder
vereinigt ward. Von Otto stammen die
älteren Herzöge vonB. ab; als deren Linie
mit Philipp (1361) erlosch, vereinigte König
Johann von Frankreich das Horzogtimm
mit der Krone, verlieh es aber bald (1363)
seinem Jüngsten Sohne, Philipp dem Kühnen,
welcher der Stifter der neueren Linie, der
burgund, Herzüge ward und durch Ver-
mählung mit Margaretha (1369), der Erbin
von Flandern, diese Grafschaft, sowie
Mecheln, Antwerpen u. die Franche Comt6
erwarb und während der Gemüthskrank-
heit König Karls VI. Reichsverweser von
Frankreich ward (f 1404). Sein Sohn Jo-
hann Hess 1407 den Herzog von Orleans
ermorden und ward auf Anstiften des
.Dauphins 1419 ermordet. Sein Sohn, Philipp
der Gütige, erwarb Namur (1429), dann
Hennegau, Holland, Seeland, Brabact und
Limburg, im Frieden mit Frankreich zu
Arras (1435) ansehnliche flranz. Gebiete und
(1443) das Uerzogthum Luxemburg; f 1467.
Sein Sohn, Karl der Kühne, erwarb noch
Geldern und Zütphen (1473), fiol aber in
der Schlacht bei Nanc^ (1477) gegen die
Schweizer. Da er nur eine einzige Tochter,
Maria, hinterlioss, zog Ludwig XI. von
Frankreich das Herzogthum B. (Boiirgogne)
als Mannlehn ein. Das übrige Erbe kam
mit Marias Hand an den Erzherzog Maxi-
milian von Oosterretch, von diesem an
seinen Sohn Philipp den Schönen (t 1506),
dessen Erbe Kaiser Karl V. war. Die Ge-
schichte B.s geht seitdem in der der Nieder-
lande (s. d.) auf. Karl V. verzichtete im
Frieden von Gambray (1529) auf B. Die
Franche -Gomt6 oder ßocM)urgitnd » 1493
Karl VIII. von Frankreich an Maximilian
al^etreten, fiel durch den Frieden von Nym-
wegen (1678) an Frankreich zurück. Vgl.
Barcmie, ,Hist. des ducs de Bourgogue de la
maison de ValoisS 1824, 10 Bde. ; DuboU, ,La
Bourgogrno depuis son origiuo etc.', 1863.
Burgunder Kanal , Kanal iu Frankreich,
verbindet Sein« und Rhone, 82s/a M.
Burgunderweine, frauz, Weiuo der Depart.
Yonne, Cöte d'Or, Saöne und Loire, von
fein- reizendem , etwas ziisaninionziohendem
Geschmack, rothund weiss, im Allgemeinen
mit viel Körper, zerfallen iu Ober-, Unter-
burgunder und Ma^on; jährlicher Ertrag
2Va Mill. Hektoliter. Niederburgunder (Oii-
votes , Pitoy , Perridre) ist weniger geistig,
wohlriechend und von schwächerem Ge-
schmack als Oberburgnnder. Oberburgunder
zwischen DiJon und Gh&lons (Nuits, Gham-
bertin, Volnay, Pomard, Meursault, Riche-
bourg, Raman6-Conti)i^ M^Qon ist dem Ober-
burgnnder ähnlich, aber dieker u. weniger
fein (Torins, Ghenas).
BuifTvndiselier Krelly Kreis des alten
deutschen Reichs, 1512 errichtet, umfassta
anfangs die Grafschaft Burgund und dlb
Niederlande, später, nach Errichtung der
24
S70
Burhänpur — Barns.
BtpQl>Uk der Niederlande nnd in Folge der
fk!«nz. Kriege, nur die österr. Niederlande.
Itturhanpury Stadt in der brit.-ostind.
Präsid. Madras, 30,000 Ew. Militarttation.
Bnridan (spr. Büridang), Jok., scholast.
Philosoph, l^omlnalist , geb. im 14. Jahrh.
zn B6thune in Artois, Lehrer der Philosophie
sn Paris, später in Wien, wo er die Stiftung
der Uniyersitftt Teranlasst haben soll. Er-
klärer des Aristoteles; f l^^- Sprichwörtl.
B.S Esel, ein Esel, welcher, zwischen 2 gans
gleichen Heabündeln befindlich, rerhungern
soll, Beispiel, welches B. für seine Be-
hauptung aufstellte, dass eine Handlung
nur möglich sei, wenn der Wille durch
irgend etwas zum Handeln bestimmt werde.
Barke (spr. Bork), 1) Edmund, engl. Staats-
mann und berühmter Redner, geb. 1. Jan.
1730 zu Dublin, seit 1765 Parlamentsmitglied,
bekämpfte die Verletzung des Wahlrechts,
verfocht Pressfreiheit, Geschwomengerichte
und religiöse Toleranz und legte 22. März
1775 dem Parlament die 13 Vorschläge zur
Aussöhnung mit Amerika Tor, wiewohl der
Krieg schon populär geworden war. 1782
zum Generalzahlmeister der Armee und
Mitglied des geheimen Baths ernannt, war
er die Seele des Ministeriums Rockingham.
Ankläger von Warren Hastings. Entschie-
dener Gegner der franz. Revolution, suchte
er die öffeDtliche Meinung durch Schriften
gegen sie auüEU stacheln und trat zur Re-
gierungspartei über; f &• J^^ü 17^7 auf
seinem Landsitze bei Beaconsfield. Sehr.
,Thoughts on the cause of the present
discontents' (1773); ,Reflections on the re-
▼olution in Vrance* (1790; deutsch Ton
GentM, 8. Aufl. 1888) ; ,Work8 and Oorrespon-
dence of B.* (1852, 8 Bde.). Biographie von
Jamta Prior (4. Aufl. 1854), Morley (1867). —
2) Robert O'Hara, Reisender in Australien,
^b. 1821 zu St.-Olevans in der irischen
Grafschaft Galway, seit 1853 Polizeiinspek-
tor in Melbourne, dann Chef einer Expe-
dition zur Erforschung des austral. Konti-
nents Tom Gooperthale bis zum Golf von
Garpentaria, brach 20. Aug. 1860 auf und
erreichte 11. Febr. 1861 die Mündung des
Flusses Flinders in jenen Meerbusen ; f auf
dem Rückwege Juni 1861. Ihm zu Ehren
hat die Südkuste des Garpentariagolfs den
Namen Burke» Ziand erhalten.
BqrkerBdorf, Dorf bei Schweidnitz In
Schlesien ; hier 20. Juli 1762 Eroberung des
österr. Lagers durch Friedrich d. Gr.
Burlesk (vom ital. Intrla, Posse), possen-
haft. B.e Dichtungen , komische Dichtungen
niederen Grades, in Italien bes. durch
GoBzl, in Frankreich durch Scarron, in
Deutschland durch Abraham a Santa Clara,
S. Sailer, Blumauer u. A. ausgebildet; bes.
anoh Theaterstücke dieses Genres (Bur-
lesken). Vgl. Fldgel, ,Gto8ch. des B.en*, 1704.
Bnrlett» (lta].)j kleines Possenspiel.
Bnnneigter, Hermann, Naturforscher, geb.
15. Jan. 1807 zu Stralsund, ward 1837 Prof.
der Zoologie zu Halle, 1848 Mitglied des
frankfnrter Parlaments, dann des Abgeord-
netenhauses zu Berlin, bereiste 1850—52
Braiillen» 1856—60 Uruguay und Argentina,
siedelte 1861 nach Buenoi-Ayrei über, ward
das. Prol und Direktor des von ihm er-
richteten naturhistor. Museums. Haupt-
werke: »Gmndrlss der Naturgeschichte' (10.
Aufl. 1868) ; ,Handbuch der Naturgeschichte*
(1837) ; ,Zoolog. Handatlas' (1835—43 ; 2. Aufl.
von Oiebel 1858—60); ,Handbuch der Ento-
mologie' (Bd. 1—5, 1832—55); ,Ge8ch. der
Schöpfung' (7. Aufl. 1867); ,Geolog. Bilder
zur Gesch. der Erde und ihrer Bewohner*
(2. Aufl. 1855, 2 Bde.); ,Zoonom. Briefe*
(1856, 2 Bde.) U.A. Ergebnisse seiner Rei-
sen sind: ,Reise nach Brasilien* (1853);
jLandschaftUche Bilder BrasUiens* (1853);
,£rläuterungen zur Fauna Brasiliens* (1857,
mit Atlas) ; ,Systemat. Uebersicht der Thiere
Brasiliens' (Bd. 1—3, 1854—56); «Reise durch
die La-Platastaaten* (1861, 2 Bde.).
Bnmes (spr. Böms), SirMexander, bekannt
durch seine Reisen in Centralasien , geb.
16. Mai 1805 zu Montrose, ward 1826 dem
Generalstab in der Prov. Kutsch beigegeben,
bereiste 1832 die Gebiete von Balkh, Kundus
und Buchara, unterhandelte 1836—88 mit
den Fürsten von Sind, Kabul, Kandahar u.
Kelat über eine Offensiv- und Defensiv-
alliauz, die aber nicht zu Stande kam, nahm
dann Antheil am Feldzug gegen Afgha-
nistan, ward zum Oberstlleutenant und
polit. Agenten der engl. Regierung am Hofe
Schah Schudschahs in Kabul ernannt, fiel
dort 2. Nov. 1841 beim Aufstand der JBin-
wohner. Sehr. ,Travel8 into Bokhara* (neue
Aufl. 1847, 3 Bde.; deutsch 1834—35, 2 Bde.);
,Cabool, a personal narrative etc.* (1842;
deutsch von Oelokera 1843).
Bnmelisiren, Imprägniren des Holzes mit
Zinkchlorid, um es dauerhaft zu machen.
Bnrney (spr. Börni), Charles, Musikhisto-
riker, geb. 26. April }727 zu Shrewsbnry,
Organist am Chelseahospital zu London;
f 1814. Verf. von «Present State of Mnsic
in Fi-ance and Italy etc.* (1772, 2 Bde.;
deutsch 1772—73, 2 Bde.) und ,General
Hlstory of music etc.* (1776—89, 4 Bde.). —
Seine Tochter Francieka (Madame d'Arblay),
t 1840, sehr. Moderomane (,EveIina' n. a.).
Bnming-8priiig-Bim (spr. Born-), grosse
Erdölquelle in Westvirgtnien (Nordamerika).
Bnmley (spr. Börnli), Stadt in der engl.
Grafschaft Lancaster, am Bum (Brun),
28,700 Ew.; bedeutende Wollen- u. Baum-
wollenfabr. Reiche Kohlengruben.
Bnrnonf (spr. Bümuf), Eugene, franz.
Orientalist, geb. 12. Aug. 1801 zu Paris,
ward 1832 Mitglied der Akademie der In-
schriften und Prof. des Sanskrit am College
de France; t 28. Mai 1852. Förderte bes. die
Kenntniss der Zendsprache u. versuchte im
,M6moire sur deux inscriptions cuntiformes'
(1836) die Entzifferung derpersepolitan. Keil-
inschriften. Schr.,Introduction& Thistoire du
Bnddhisme Indien' (Bd. 1, 1844) ; ,Le Lotus de
la Bonne Loi* (1852) u. A., übers, die grosse
Legendensammlung ,La]ita-vi8tara* (1853).
Bums (spr. Borns), Schert, schott. Volks-
und Naturdichter, geb. 29. Jan. 1759 in der
Schott. Grafschaft Ayr, eines Gärtners Sohn
und selbst Ackerbauer, später Acciseeinneh-
mer suDumfries; f , von Kummer und Sorgen
Burnside — Burnten.
371
aufgerieben, 21. Juli 1796. Grösster Ly-
riker Schottlaüds nnd yon belebendem £in-
flnss auf die engl. Poesie. Zahlr. Ausgaben
seiner Werke (von Ourminghafn 1865, von
Okamber» 1859, 2 Bde.)* Deatsche Ueber-
setanngen yon Gerhard, Kavffmann, JSeintge,
FreUigrath, Fiedler, Bartsch u. A.
BnmsideCspr.Börnseld), ÄmhroHus Everett,
amerikan. General, geb. 23. Mai 1824 in
liiberty im Staat Indiana, bildete beim Aus-
bmch des Bürgerkriegs 1860 in Rhode-Islaod
ein Regiment Freiwilliger, ward nach der
Schlacht bei Bull -Run zum Brigadegeneral
ernannt, unternahm Anfang 1862 eine Ex-
pedition nach Nordcarolina, ward März
1868 Generalmajor, folgte 8. Nov. M'Glellan
im Oberkommando der Potomacarmee. 12.
Dee. 1862 bis Friedrichsburg am Rappahan-
nock mit Verlust zurückgeschlagen, legte
er Jan.* 1863 den Oberbefehl nieder, ward
Kommandirender des Ohiodepartements,
spater unter Grant in Tennessee , nahm
im Herbst 1863 Knoxville nnd machte im
Sommer 1864 die Ton Grant in Virginien
gelieferten Schlachten mit.
BnmiUy mantelkragenartiger wollener
Ueberwurf der Beduinen , meist weiss.
BnrolloSy Lagunensee an der Küste Unter-
l^ptens, östi. von Rosette, durch die sogen,
sebennytische Nilmündu^ mit dem Meer
verbunden, 8 M. 1.; ber. Wassermelonen.
ümcovff Julie, Schriftstellerin, geb. 24. Febr.
1806 zu Kydellen (Ostpreussen) , seit 1830
Termahlt mit dem Baumeister Pfannen-
sofamiedt in Bromberg; sehr, mehrere Ro-
mane: ,Ein Arzt in einer kleinen Stadt'
(2. Aufl. 1855); , Johannes Kepler* (1858) ; ,Die
Kinder des Hauses' (1863) etc. ; ferner ,Ueber
die Erziehung des weibl. Gieschlechts' (2.
Aufl. 1858); ,Herzensworte* (5. Aufl. 1861);
,Da8 Buch der Erziehung* (1»55) u. A.
Bunins • isolirter Volksstamm im fi*anz.
Depart. Ain, maurischer Abkunft; ebenso
die OhizeroU im Depart. Sa6ne- Loire.
Bnrritt, JEXihu, amerik. Philanthrop und
Friedensapostel, geb. 6. Dec. 1811 zu New-
Brltain in Massachusetts, trieb als Schmied
ausgebreitMe linguist. Studien, trat 1842 als
Schriftsteller mit Bearbeitungen der islän-
dischen Sagas auf, durchwanderte, den
Frieden predigend, die Vereinigten Staaten,
begab sich 1848 nach England, nahm an den
sogen. Friedenskongressen in Brüssel, Paris,
Frankiurt (1850) u. London Antheil und Ter-
öiFentlichte ,Olive LeaTes« (Oelblätter) , die
in Tiele Sprachen übersetzt und in Millionen
Eximplaren über Europa verbreitet wurden.
Bars» (lat.), Tasche, Beutel (daher bur-
eariu», Seckelmeister der Klöster); im Mit-
telalter Gebäude, worin arme Studirende
(daher Bursiati oder Bursarii) unentgeltlich
Wohnung und Unterhalt erhielten. Davon
das deutsche Wort Burtche,
Bnmcheidy Fabrikort im preuss. Regbz.
Düsseldorf, Kr. Solingen, 5511 £w.^ Siamoi-
sen- und Seidenweberei.
Biirseheii8chaft, Studentenverbindung,
nach den Freiheitskriegen zuerst in Jena
12. Juni 1815, dann 1816 und 1817 in Tübin-
gen, HMdelberg, Halle u. Giessen im Gegen-
satz gegen die Landsmannschaften und zur
Pflege dentscli vaterländischer Gesinnuug
ins Leben getreten, Okt. 1818 auf Gruud
einer gemeinsamen Konstitution zur altgem.
deutschen B. erweitert und über alle deut-
schen Universitäten mit Ausuahmo der
Österreich, verbreitet, 1819 in Folge der
karlsbader Beschlüsse aufgelöst, seit 1827
insgeheim erneuert, dann in Germanen, mit
mehr praktisch -polit. Richtung auf polit.
Ehiigung Deutschlands, und Arminen, mit
mehr idealer Richtung, gespalten, seit 1848
geduldet, aber in mehrere Sonderverbin-
dungen aufgelöst. Vgl. Haupt, ,Landsmaun-
schaften und B.*, 1820; Keil, ,Gründung
der deutschen B.S 1868.
BüFsera L., Pflanzengattnug der Tere«
binthaceen. B. gummifera L., Baum in West-
indien und Brasilien, liefert das Chibouliarz
oder Gomartgummi. B. acuminata W., B.
gnmmifera. J<icq., auf Portorico und Domingo,
liefert das Carannaharz.
Barsian, Konrad, Philolog und Alter-
thumsforscher, geb. 14. Nov. 1830 zu Mutz-
schen im Königreich Sachsen, machte 1852^
1855 eine Wissenschaft!. Reise durch Belgien,
Frankreich, Italien und Gnechenland, ward
1861 Prof. der klass. Philologie und Arcliäo-
logie zu Tübingen, seit 1864 zu Zürich. Sehr.
,Geographie von Griechenland' (1862 f.).
Bnrslem, Stadt In der engl. Grafschaft
StafTord, 17,821 Ew.; wichtige Steingutfabr.
Burton (spr. Burt'n), Bichard, eugl. Rei-
sender, geb. 1820 in der engl. Grafschaft
Norfolk, Ofßzier in der engl.-ostind. Armee,
bereiste Indien (,Goa and the blue moun-
tainsS 1851) , besuchte 1853—54 Mekka und
Medinah (,Personal narratlve of a pilgrimage
to E^ Medinah and Mekka*, 1855), sowie
1855 das bisher noch von keinem Europäer
betretene Härar (,First footsteps in Eastern
Africa*, 1856) im inuern Ostafrika, unter-
nahm 1857 von Zanzibar aus mit Speke
eine Expedition nach dem Innern Südafrikas,
die zur Entdeckung des Binnensees Taugan-
jika führte, ging 1860 nach dem Mormo-
nenstaat Utah (,City of the Saints', 1861),
nach der Rückkehr von dort als brit. Kon-
sul nach Fernando Po (,Abbeokuta and an j
exploration of the Gameroon mountains%
1863; jAmission toDahomey', 1864); bereiste
in den letzten Jahren die Hochlande Bra-
siliens (,£bcplorations of the Highlands of
BrazilS 1869).
Burton npon Trent (spr. Burt'n öpön -),
Stadt in der engl. Grafschaft Stafibrd,
13,671 Ew. Berühmte Alebrauereien.
Bartgcheld, Stadt in der preuss. Rhein-
provinz, dicht bei Aachen, an der Worm,
8680 Ew.; Tuchfabriken; berühmte heisse
Quellen (54—620 ■r\ ähnlich denen von
Aachen. Ehemals (schon 737) Abtei. In
der Nähe die (restaurirte) Frankenburg
(Karl d. Gr.) und Ruine Schönhorst.
Bnrttdjirdy Stadt in der pers. Prov. Irak-
Adschemi ; wichtiger Industrieplatz.'
Baraten ( Kar a- Kirgisen, d. i. schwarze
Kirgisen), den Kirgisen verwandtes Volk
türk. Stammes in Turkistan, nomadisirt in
den Ländern um den Issi-Kul; 6 Stämme
24*
372
Bury — Butler.
mit 70,000 Jurten ; neaerdings zum grössten
Theil von d«D Russen unterworfen.
Bury (spr. Böri), 1) Stadt in der engl.
Grafschaft Lancaster, am Irwel, 37,563 £w.
Berühmte Industrie in Wolle und Baum-
wolle. — 2) B. Sl.-Edmund$, alte Stadt in
der engl. Grafschaft Suffolk, 13,318 Ew.
Messe. Berühmte Xlosterruine.
Bury (spr. Böri), CharloUe, engl. Schrift-
stellerin, geb. 21. Juni 1775, Tochter des
Herzogs youArgyle, Hofdame der Herzogin
Ton Wnles, vermählt mit dem Geistlichen
Edward B.; t 1. April 1861. Sehr. ,A diary
illustrative of the times of Georges lY*
(1838), zahlreiche Romane u. A.
Bnrzenland. der südöstl. Theil des Sach-
Benlandes in Siebenbürgen, von der £urta
(zur Aluta) durchflössen ; Hauptort Kronstadt.
Bnechhomwespe (Kiefemblattwespe, Lo>
phyrus Latr.), Insekteugattuug der Blatt-
wespen. Die Afterraupen der Kiefernbusch-
liornwespe (L. pini Latr., Tenthredo pini
L.) gehören zu den schädlichsten Wald-
insekten. Die grüngestrei/te B. (L. dorsatus
Latr., Tenthredo dorsata L.) lebt eben-
falls auf Fichten.
BaBchlr. Stadt, s. Ahuschehr.
BngchniSnner (Soan, Quaiguä), zahlreicher
Hotteutottenstamm in Südafrika, auf den
Ebenen des Innern Hochlandes von der
Kafferngrenze im SO. bis nach NW. über
den Nu-Gnrip hinaus verbreitet; anf nie-
drigster Bildungestufe , klein , hässlich,
rachsüchtig, grausam, leben von der Jagd
und vom Raube.
Bu8C]uiiann j Joh. Karl Eduard, Linguist,
geb. 14. Febr. 1805 zu Magdeburg, bereiste
1827 und 1828 Mexiko, ward 1833 Bibliothe-
kar an der könlgl. Bibliothek, 1851 Mitglied
der Akademie der Wissenschaften zu Berlin.
Seine Forschungen über den malayiscli-
polyues. Sprachstamm sind der Hauptsache
nach in Wilh. von Humboldts Werk ,Die
Kawisprache auf der Insel Java* (1836—40,
3 Bde.) niedergelegt.
BuBChneger (Marrona), Volk im Innern
von Niederl.-Guiana , Nachkommen der seit
dem 17. Jahrh. entflohenen Negersklaven,
etwa 8000 Köpfe; durch die Friedensver-
träge von 1762 und 1809 als frei und un-
abhängig anerkannt; 3 Stämme: Aukaner,
Suramakkaner und Matuarieneger.
Buschsplnne, s. Vogelspinne.
Busento (gr. Pyxou», lat. Bwnentius),
Kebenflusg des Gratis in Unteritalien (Cala-
bria citer.), mündet beiCosenza; histor. be-
kannt als Bestattnngsort des Westgothen-
köuigs Alarich 410 (Platens Gedicht).
Bushel (spr. Busch '1), Hohlmass für
trockene Gegenstande, in England, Imperial
Standard ä 4Pecks a 2 Gall., = 36,35 Liter
=: 0,661 preuss. Scheffel; in den Verein.
Staaten, in Mexiko, Centralamerika u. West-
indien = 85,24 Liter = 0,641 preuss. Scheffel.
BuBiris (a. G.), Stadt in Aegypten, am
Ostarm des Nil ; ber. Isistempel. Jetzt Ähu-Sir.
BnBfly Franz Joseph, Hauptführer der ultra-
montanen Partei in Baden, geb. 83. März 1803
zu Zell am Harmersbach, seit 1833 Prof. der
Rechts- und Staatswissenschaften zu Frei-
Imrg , hier Hanptvertreter der grossdeuisch-
kathol. Richtung. Sehr. »Urknndl. Geschichte
des National- und Territorialkirche nthums in
der kathol. Kirche Deutschlands' (1851); ,Die
Gesellschaft Jesu' (1853>-54, 2 Bde.) u. A.
1863 in den österr. Ritterstand erhoben.
Bussard (Buteo Btchsi.), Raubvögelgat-
tung aus der Familie der Falken. Bauh-
fössiger B. (B. lagopus L.), in Europa,
Afrika, Nordamerika, in Deutschland Strich-
oder Zugvogel, 19-27" 1., klaftert 4— 4»/»'.
Gemeiner B., Mäusebussard , M'dusejadh (B.
vulgaris Bechst., Faico Buteo L.), der ge-
meinste und nützlichste Raubvogel der
ganzen nördlichen Welt, in Deutschland
Stand- u. Strichvogel, 1' 10" 1., klaftert 2Va'.
Bussen) isolirter Berg in der Donauebene
bei Riedlingen (Würtemberg), 2364' hoch.
BiiS80l«9 s. Kompass.
BnstrophSdon (gr.), auf griech. Münzen
und Inschriften vorkommende Schreibart,
wobei die erste Zeile von links nach rechts,
die zweite von r«clits nach links, die dritte
wieder von links nach rechts etc. geht.
Bnte (spr. Bjnht), Insel im Frith of Clyde
(Schottland), 2,2 QM. und 9306 Ew., mit
trefft. Weiden. Danach benannt die schott.
Gro/sckajt B., 8 QM. und 16,331 Ew., die
Inseln B., Arran, Ailsa, Gumbray n. a. um-
fassend; Hauptst. Rothesay.
Bnte (spr. Bjuht), John Stuart, Graf vcn,
brit. Staatsmann, geb. 1713 in Schottland,
ward 1760 Mitglied des geheimen Raths,
1761 Staatssekretär und erster Lord des
Schatzes, trat April 1763 zurück ; f ^0. März
1792. Stellte für die Königin die nur in 12
Exemplaren gedruckten ,Botanical Tables'
(9 Bde.), welche die Pflanzengattungen
Grossbritanniens enthalten, zusammen.
Bnten Boxb., Pflanzengattung der Legu-
minosen. B. frondosa Bojob., Erythrina mo-
nosperma Lam., Baum in Ostindien, liefert
das bengalische Kino, Samen wnrmwidrig.
B. superba Boxb., Rudolphia superba Boir.,
das., liefert Gummi.
Bntjadingerlnnd, fruchtb. Landschaft in
Oldenburg, zwischen Jahdebusen u. Weaer;
im Mittelalter Freistaat unter ostfries. Schutz.
Butler, Walther, Irländer, diente seit 1632
unter Wallenstein , ward Oberst eines Dra-
gonerregiments, begleitete Jenen Febr. 1634
nach Eger. Von den verrätherischen Plänen
Wallensteins in Kenntniss gesetzt, verab-
redete er mit seinem Hauptmann Deveroux,
dem Kommandanten Gordon und dem Oberst-
wachtmeister Leslie Wallensteins Ermor-
dung (25. Febr. 1634). Mit Gnadengeschen-
ken, dem Grafentitel und Grundbesitz in
Böhmen belohnt, focht er bei Nördlingen
(6. Sept.); t bald darauf.
Butler (spr. Böttier), 1) Samuel, engl.
Dichter, geb. im Febr. 1612 zu Strensham
(Workfar), f ^^^ in London; Verf. des
berühmten satir. Heldengedichts ,Hudibra8'
in 9 Gesängen (1663; deutsch von Biseleim
1846). — 2) Benjamin FranJdin, amerikan.
General, geb. 5. Nov. 1818 zu Deerfiald in
Newhampshire, seit 1841 Rechtsanwalt zu
Lowell in Massachusetts, übernahm April
1861 als Brigadegeneral der Miliz den Ober-
Butter — Byron.
378
befelil über 8 Hej^imenter, ökkupirte Auua-
polis und (13. Mai) Baltimore, erhielt dann
das Kommando im Depart. Ostvirginien, er»
oberte Aug. das Fort Hatteras an der Küste
Ton NordcaroHna, anternalim März 1862 eine
Expedition nach dem mexikan. Meerbusen,
besetzte 1. Mai*Neworleans, ward Dec. ab-
berufen, 1864 nach Fort Monroe gesandt.
Butter, findet sich in der Mildh äusserst
fein vertheilt in Tröpfchen oder Kügelchen
und \irird aus Kuhmilch gewonnen, indem
man diese oder bei niederer Temperatur
abgeschiedenen süssen oder saureu Rahm
im Butterfass bei 15 — 200 stark schlägt.
Die Fettkügelchen kleben dann zusammen,
die Masse wird Ton der Buttermilch ge-
trennt und ausgeknetet, um die letztere
▼öllig zu entfernen. Oute Milch liefert
SVs— 5Vs B. Sie besteht aus Palmitinsäure,
Pntterölsäure und geringen Mengen Butter-,
Oaprin-, Oapron- und Caprylsäuro an Gly-
cerin gebunden. Die letzteren Säuren be-
dingen den Geruch ranziger B. Um B. zu
konseryiren, wird sie gesalzen (15— 20 Grm.
Salz auf 1 Pfd. B.) oder geschmolzen. B.
bildet einen wichtigen Ausfuhrartikel in
Ostfriesland , den preuss. Ostseeprovlnzen,
Hecklenburg , Schleswig - Holstein , Däne-
mark, Norwegen, Finnland, Kurland,
Barem, Holland, Frankreich.
Bntterathcr (Jitanas-, Butlersäureäthyl'
lither), ftirblose, brennbare Flüssigkeit,
siedet bei llSo, riecht nach Ananas, wenig
in Wasser, leicht in Alkohol löslich , dient
zur Darstellung von Fruchtessenzen, künst-
lichem Kam und Arrak.
Bntterbamn , s. Bassia,
Buttermilch, die Flüssigkeit, welche beim
Buttern als Nebenprodukt entsteht, enthält
die Milchbestandtheile, ist mehr oder weni-
ger sauer und sehr nahrhaft; wird auf Käse
verarbeitet, dient als Eiweisssurrogat in
der Kattundrnckerei.
Bnttersäure, farblose, nach ranziger But-
ter riechende, stechend sauer schmeckende
X*lüs9igkeit, siedet bei 1560, in Wasser und
Alkohol löslich, findet sich in der Butter
als Fett, im Schweiss, Leberthran etc., bildet
sich bei Gährungsprozessen und wird durch
einen solchen aus Zucker gewonnen. Bildet
lösliche krystallinische Salze, dient zur Dar-
stellung des Butteräthers.
Bntterselfe, Seife aus Butter,' dient zur
Darstellung des Buttoräthers u. Opodeldocs.
Butterwoche (Mosteniza), in Eussland
die den Osterfasten Torhergehende Woche,
in welcher das Fleischessen bereits yer-
boton ist, daher man sich an Butter- und
Eierspeisen hält. Volkslustbarkeiten.
Bnttmann, Philipp Karl, Philolog, geb.
5. Dec. 1764 zu Frankfurt a/M., ward 1800
Prof. am Joachimsthaler Gymnasium zu
Berlin, 1806 Mitglied der Akademie; f 21.
Juni lb29. Verf. der Tielrerbreiteten ,6riech.
Schulgrammatik* (22. Aufi. 1869); gab noch
,MythoIogus oder gesammelte Abhandlungen
über die Sagen def Alterthums' (2. Aufl.
1865, 2 Bde.) u. A. heraus. Die neueren
Auflagen Ton B.s grammat. Schriften be-
•orgte dessen Sohn, Alexander £,
ButylalkOhoI,farbIose,woinartigriechende
Flüssigkeit, siedet bei 1090, bildet sich bei
der Gährung von Runkelrubenmelasse und
wird aus dem Fuselöl des Melassenspiritus
gewonnen. Die Aether des B. sind äusserst
wohlriechend ; in der Parfümeria benutzt.
Butfrum AntimonU, Spiessglanzbutter,
Antininuchlorid, s. Antimon.
ButjFrum Zinci, Chlorzink, s. Zink.
Butzkopf, s. Delphin.
Buxbaum (Buchsbaum, Buxus L.), Pflan-
zengattung der Euphorbiaceen. Gemeiner Ji.
(B. sempervirens L.), niedriger Baum in
Südeuropa und Vorderasien , liefert das
beste Material für Holzschneidekunst.
Byron (spr. Beir'n), Qeorge Gcrdon , Lord,
grösster engl. Dicliter der Neuzeit, geb. 22.
Jan. 1788 zu London, Sohn eines Kapitäns
aus altbernhmter Familie (gen. der ,tolle
Jack*, t 1791), wuchs unter der Leitung
einer schwachen, leidenschaftlichen Mutter
iu Schottland heran, erhielt 1798 nach dem
Tod seines Grossoukels Lord William B.
die PeerswiJrde, besuchte die Schule zu
Stratford und die Universität Cambridge,
veröffentlichte hier seine ersten Gedichte
(,Stunden der Müsse', 1807), deren bittere
Kritik durch den nachmaligen Lord Broug-
ham er mit der schonungslosen Satire ,Eng].
Barden und schott. Kritiker* beantwortete,
überliess sich aus Schmerz über unerwie-
derte Liebe (Mary Chaworth) einem zügel-
losen Treiben, machte, dessen überdrüssig,
1810 eine Heise über Portugal und Spanien
nach .Griechenland, die er in den zwei
ersten Gesäugen des ,ChiIde Harold* schil-
dert. Nach der Rückkehr ins Vaterland der
Glanzpunkt der ersten Cirkel Londons und
durch seine Person wie durch seine Dich-
tungen (jGiaur*, ,Braut von Abydos', »Cor-
sar', ,Lara*, ,Parisina*, ,Belagei-ung Ton Ko-
rinth* etc.) Gegenstand der allgemeinsten
Bewunderung; verheirathete sich 1815 mit
Lady Milbank Noel, die sich bereits 1816
von ihm trennte, untei'nahm dai-auf, an Ruf
und Vermögen zerriittet, eine zweite Reise
durch Belgien den Rhein aufwärts nach der
Schweiz und Italien, die er im 3. u. 4. Gesang
des ,ChlIde Harold' besingt , lebte längere
Zeit iu Venedig, Ravenna (Gräfin Guiccioli)
und Pisa, an den polit. Bestrebungen der
Italiener lebhaft betheiligt, ging 1823 nach
Griechenland, um an dem Freiheitskampfe
der Griechen thätigen Antheil zu nehmen;
t 19. April 1824 zu Missolunghi. Seine
Leiche ward nach England übergeführt und
zu Newstead - Abbey (seiner ehemal. Be-
sitzung) beigesetzt. Der Hauptrepräsentant
der Poesie des sogen. Weltschmerzes und
von mächtigem Einflnss auf die Gestaltung
der modernen Poesie bei allen Völkern.
Seine Dichtungen bei tief melanchol., oft
misanthropischer Grundstimmung ausge-
zeichnet durch Glanz und leidenschaftliche
Gluth der Diktion, durch Jeden Reiz male-
rischer Schilderung, schwärmerische Liebe
zur Natur und Begeisterung für Freiheit und
die Herrlichkeit alter Zeiten. Unter den-
selben noch hervorzuheben: ,Beppo* und
,Don Juan* (humorist. Epos); die poet. £r-
874
Byssns — Gäbet.
s&hlnngen «Der .Gefangene Ton ChiUonS
,liazeppa% und ,Die fiisel*; die Dramen
«Manfreds ,KalnS, Himmel und Erde', ,Sar-
danapal' etc. und zahlreiche kleinere Ge-
dichte. Uebersetzungen seiner Werke in
fast hDo Sprachen; die besten deutscheu
von £mger (1840), Neidhart (1867), Gilde-
meister (2. Aufl. 1867); Einzelnes von Zedlüz,
Tfizer, Grüemacher (,Dramen' 1870), Schäfer
u. A. Biogr. von Th, Moore (,Letters and
Journals af Lord B., with noticea of bis
life*, 1830), Mertif (1862), Ehe (1870). Vgl.
MeduHn, ,Gonveriiations with Lord B.', 1824;
de Salvo, ,Lord B. en Italle et en Gr^e',
1825; Leigh Hunt, ,Lord B. and some of
his contemporaries', 1828; Lady Blessington,
,Conversations with Lord B.', 1834. — B.
hinterlless eine einzige Tochter, Ada, spätere
Grafin Lovdace, Die verdächtigenden Ent-
hüllungen über B. , weiche neuerdings die
amerikan. Schnftstellerin Bescher -Stowe,
angebl. nach Mittheilungen von B.s ehemal.
Gattin (f 1860), machte, wurden von der ge-
sammteu Pi'esse mit Pi'otest zurückgewiesen.
BysStt8 (Jfiuchelseide^ Muschelbart), Fasern
von sehr verschiedener Stärke und Fein-
heit, welche an der Basis des Fusses
vieler Muscheln entspringen und den Tliieren
zur Auheftung an Klippen , am Meeres-
grunde etc. dienen. B. der Steckmuscheln,
Pinna nobilis, ist seidenartig uud wird in
Sicilien und Kalabrien zu kleinen Geweben
verarbeitet. Das Gossypium der Alten.
ByitrSm, Joh* Ifikcl,, ■chwed. Bildhauer,
geb. 18. Dec. 1783 zu Philippstadt (Werne-
iand), t 11. März 1848 als Prof. der Aka-
demie zu Stockholm. Trunkene Bacchantin,
Kolossalstatuen mehrerer sohwed. Könige
(Karl XIL, Gustav Adolf), Linnäs u. A.
Bytown (spr. Bitaun, nfpierl. Ottawa ge-
nannt), seit 1858 Hauptst. von Ganada, in
Westcanada , am Ottawa und Rideau , im
Centrum der reichen Bauholzbezirke, 14,696
Ew. Dabei die her. ChaudierefäUe.
Byzantiner, die griech. Schriftsteller,
welche die Geschichte des byzant. Keichs
behandelt haben; gesammelt herausgeg.
von Niebuhr mit J, Bekker, L. u. W. JDindorf
u. And. (1828 (f.).
Byzantinisches Beich, s. 0«<r9mucfc«<
Reich.
Byzanz (BißarUium , a. G.) , das spätere
Konstantinopel , wichtige Handelsstadt am
tlirac. Bosporus, ursprüngl. griech. Kolonie,
von Megarensem 656 v. Chr. gegründet,
fiel 411 von Athen ab, ward 409 von Aici-
blades wieder gewonnen, 405 durch Lysan-
der den Athenern von Neuem entrissen,
behauptete unter Alexander ihre Selbstän-
digkeit, verband sich später mit den Rö-
mern, ward 196 v. Chr. von Sept. Severas
wegen Parteinahme für Pescenuius Niger
nach Sjähr. Belagerung zerstört, erhob sich
bald zu neuer Blüthe und wurde 830 von
Konstantin unter dem Namen Koustantinopel
zur Haaptst. des röm. Reichs erhoben.
C.
C, als Zahlzeichen = Centum, d. i. 100,
CC, 200 etc. 0 in röm. Inschriften etc. =
Caesar, Gajns, Consul etc. Auf franz. Mün-
zen s. V. a. Loo; auf preuss. Kleve; auf
österr. Prag« In der Musik Zeichen für den
^/4-Takt; vertikal durchstrichen Zeichen
für den >/a- oder Allabrevetakt.
Cab (engl., spr. Kep), iu England leichtes
zweiräderigos Fuhrwerk.
€abai (Cabale), Staatsrath Karls II. von
England, genannt nach den Anfangsbuch-
staben der Namen seiner Mitglieder : Ciifford,
Arlington, Buckingham, Ashley u. Lauder-
dale, bestand 1669—74, berüchtigt als fak-
tische Verschwörung für die Wiederher-
stellung des Katholicismus und der abso-
luten Königsgewalt in England.
Caballero (spr. -Ijero), Feman, eigentl.
Cecilia de Arrom, span. Romanschriftstelle-
rin, geb. 1797 zu Morgues in der Schweiz,
Tocliter eines Deutschen (Bohl von Faber),
lebt zu Sevilla. Schildert in trefil. Novellen
das Span. Volksleben: ,La Gaviola', ,Una
en Otra*, , Simon Verde', ,Elia*, ,Lagrima8',
,La Familia de Alvareda' etc. Auch durch
Sammlungen span. Märchen und Volkslieder
verdient. ,Obras completas* (1860—61, 18
Bde.; Auswahl deutsch von Lemcke u. A.
1859-64^ 17 Bde.)i ,Novelas originales' (1865).
Cabunel^ JJexttnder, franz. Maler^ gab.
1823 zu Montpellier, Schüler Picots, seit
1863 Mitglied des Instituts und Prof. der
Ecole des beauz arts zu Paris. Ein Haupt-
meisterder neuem franz. Schule, bes. ausgez.
in der Darstellung des Nackten. Florent.
Dichter (1861) , Faun u. Nymphe (1861), Ge-
burt der Venus (1863), Adam u. Eva (1867).
Cabanis, Pierre Jean George, franz. Arst
und Philosoph (Materialist), geb. 5. Jnni
1757 zu Cosnac, Prof. zu Paris, später Mit-
glied des Raths der Fünfhundert, dann
des Erhaltungssenats und Administrator der
Hospitäler in Paris; f &• ^»^ ^^^* S'^ss^''
die Doktrin des Materialismus in die Pointe:
,Die Nerven sind der Mensch*. Hauptwerk:
,Les rapports du physique et du moral de
l'homme* (1802). Werke (1883-25, 6 Bde.).
Cabestan (Cabestaing), OuHlautM de, Pro-
veno. Troubadour des 13. Jahrb., bekannt
bes. durch seine trag. Liebe zur Gräfin Marga-
rethe von Provence, der Gattin seines Heirn.
Gäbet (spr. Kabä), Etienne, firanz. Kom-
munist, geb. 8. Jan. 1788 zu Dijon, Advokat
das. , dann zu Paris Mitglied des obersten
Ausschusses der Garbonaria, 1831 Kammer-
mitgiied, vertrat in der Zeitschrift ,Le Popn-
laire' gemässigt kommunistisclio (ikarisclie)
Grundsätze, schiffte sich nach dem Juiü*
Cabochon — ' Cäment.
875
kämpfe mit 44 Genoflsen nach Texas stur
Gründung einer Ikarisohen Bepnblik ein,
ward, betrügerischen Untersohlelfes in Be-
treff des zusammengeschossenen Vermögens
angeklagt, vom Znchtpolizeigericht der Seine
abwesend SO. Sept. 1^ zn 2jähr. Haft ver-
nrtheilt, auf seiine persönliche Hechtferti-
gving hin aber 26. Juli 1851 freigesprochen.
Nach dem Staatsstreiche vom 2. Dec. kehrte
er nach Kanvoo in Illinois, wo er sich mit
800 Ikaristen niedergelassen, zurück, über-
nahm hier 1856 die Diktatur, ward jedoch
durch einen Aufstand yertrieben ; f ^- Ko^>
1866 zu St. «Louis. Sehr. ,Histoire popu-
lajre de la R6yolution fran^aise de 1789
ä 1830' (1840, 4 Bde.); lYoyage en Icarie,
roman philosophique et social' (2. Aufl. 1842;
deutsch von Wendel- Hippler 1847)
Cabochon (spr. -schong), nach seiner na-
turlichen Form geschliffener Edelstein.
Cabot (Oaboto), 2 berühmte venetiau. See-
fahrer. Qiwcmni C, ron Heinrich VII. Ton
flnglMid zur Erforschung der westl. Heere
ausgesandt, entdeckte 24. Juni 1495 Neu-
foundland. — Sein Sohn S^astiano O. , geb.
1477, führte 1516 in engl. Diensten ein Ge-
schwader nach Labrador, später eine span.
Expedition nach den Molukken, begründete
1553 an der Spitze einer Expedition der
Merchants adventurers den Handel der
Engländer mit Russland ; f ^^7. läntdeckte
fast gleichzeitig mit Oolumbus die Ab-
weichung der Magnetnadel. — Odbötiat der
nach ihm benannte Landstrich zwischen
der Hudsonsbai, Oanada, Labrador u. New-
Wales. Vgl. Warden, ,Memoir of S. C, 1831.
Cabra, Stadt in der span. Fror. CordoTa,
in reizender Gegend , 10,500 Ew.
Cabral (Cabrera), J^dro Alvarex, portug.
Seefahrer , entdeckte 1500 , auf einer Reise
nach Ostindien nach Westen verschlagen,
Brasilien und nahm dasselbe 24. April
für Portugal in Besitz; schlos»^ dann in
Indien die ersten Handelsverbindungen für
Portugal; 1 1^26. Seine Reisen in Ramosios
,Navigazioni Tiaggi''(Veu. 1563, 8 Bde.).
Caecia (ital., spr. -tscha), Jagdmusik.
CMereiiy span. Prov. im nördl. Estrema-
dura, S77 QM. und 298,994 £w. Dieflauplsl.
O., 10,000 Ew.
Cachao, Stadt, s. Keseho,
Cachar (spr. Kattschar), Landschaft in der
brit.-ostind. Präsld. Bengalen, 188 QM. und
60,000 Ew.; seit 1830 und 1853 britisch.
Caehat (spr. Tschah), Badeort im franz.
Dep. Obersavoyen, bei Evian am Geufersee.
Cache -nez (Ar., spr. Kasch-neh), Nasen-
bedecker, um den Hals zu windender, Mund
und Nase deckender Shawl.
Cachoeira, Stadt in der brasil. Provinz
Bahia, am Paraguassu, 25,000 Ew. Grosse
Zucker- und Tabaksplantagen.
Cacholon (spr. -scholoug), milch- oder
röthlichweisser Edelstein, besteht aus amor-
pher Kieselsäure, in Kämthen, Böhmen,
Mäliren, bei Freiberg, auf Island.
Cachucha (span., spr. -tschutscha), üppiger
span. Tanz mit Kastagnetten , ans dem Bo-
lero und Fandango gemischt.
CactiUf Pflanzengattung, s. KoMeoh
CadamMto^ Luigi de, Seefkhrer, geb. 1482
in Venedig, entdeckte im Dienste des In-
fanten Heinrich von Portugal 1455 den
Gambia, 1456 diö Inseln des grünen Vor-
gebirgs; f um 1480. Reisebeschreibung:
,El libro de la prima navigazione per oceauo
a le terre de Nigri etc.' (Piacenza 1567).
CadaTer (lat.) , todtor thier. Körper.
Cadlz (spr. -dis), span. Prov., die südl.
Spitze von Andalusien, 132 QjM.. u. 411,301
Ew.; fruchtbar, aber nur Vio augobaut;
grosse Waldungen, Schifffahrt, Fischfang«
Die HauptsL 0., auf der Nordwestspitze der
Insel Leon, durch Natur und Kunst eine
.der Stärkston Festungen Europas, 71,521 Ew. ;
zweite Handelsstadt Spaniens, befestigter
Hafen; Börse, Arsenal, Amphitheater für
Stiergefisohte. Im Alterthum Gad««, Kolonie
.der Tyrier, später im Besitz der Karthager
und der Römer; im Mittelalter (bis 1262) dor
Araber. Blüthezeit im 18. Jahrh. ; 1809-^12
Sitz der obersten Insurrektionsjuuta, daher
von den Fk'anzosen belageil;, bis Wellington
letztere im Aug. 1812 zurückdrängte.
Cadoriflche Alpen, südl. Nebenkette der
Kärnthneralpeu , östi. vom Piavethal, im
Hont Cridola 7952' h.
Cadondal, (?«or^e«, Begründer der Ghouans
(s. d.), geb. 1. Jan. 1771 zuBrech b^ Auray,
war bei dem Landungsversuche dor engl.
Emigrirten bei Quiberou mit thätig, fachte
1799 den Aufstand in der Bretaguo von
Neuem an, ging dann nach England. Hier
von dem Grafen- von Artois zum General-
lieutenant ernannt, begab er sicli im Ein-
verständniss mit Pichegru und anderen
Royalisten Aug. 1803 nach Paris, um ein
Attentat auf den ersten Konsul auszuführen,
ward verhaftet und 10. Juni hingerichtet.
Auch sein Bruder Joseph C», geb. 25. Jan.
1784, f 29. Juni 1852, zeichnete sich unter
dem Namen Joyou als Bandenführer in der
Vend^e ans. Die Familie später geadelt.
Cadre (fr., Mehrzahl Cadre», spr. Kahdr),
Rahmen, die zu Führung einer Armee noth-
wendigen Offiziere, Unteroffiziere u. Spiol-
leute oder auch der stets mobil und lu Gar-
nison bleibende Regimentsstamm. Daher
CMre$jf$tetn , Heereseinrichtung, bei der im
Frieden die Mannschaften grösstentbeils
beurlaubt und nur beim Uebergang auf den
Kriegsfuss eingestellt werden.
Caduceus (lat.)> Lorbeer- oder Olivenstab
mit 2 Binden, hernach Schlangen, die ihre
Köpfe einander zukehren; Sinnbild des
Friedens und Attribut der Herolde, neuer-
lich Symbol dos Handels.
C&eilia, Heilige, f als Märtyrerin 230,
angeblich Erßnderiu der Orgel, oft von
Malern (Raphael, Rubens etc.) dargestellt.'
Cäment ( Cement), mineralogisclie Substanz,
welche, mit gewöhnl. Kalkbrei gemischt,
diesen in hydraulischen Mörtel verwandelt,
d. h. ihm die Eigenschaft verleiht, unter
Wasser zu erhärten. Kalksteine mit mehr als
lOo/o Kieselsäure (oder entsprechend Silikat)
geben gebrannt ohne Zusatz hydraul. MOrtel.
Natürliche C.e sind durch vulkanische Hitze
gebrannte Gesteine von eigenthümlioher
ZosammeDsetzUng: Trass- und Duckstein,
876
Gämentation — Cäsar.
«ine Art Tracbyttnff im Brohl - oder Nette-
thal, im Wesentlichen cerriebener Bims-
stein. Ikiutuolanef FUKzdanerde, eine ähnliche
Substanz von PnzzuoU bei Neapel, Ton der
Südwest]. Seite der Apennlnen, in der Ge-
gend von Rom bis gegen die pontin. Sümpfe
und ViterbOi kann nur mit Kalk gemischt
▼erarbeitet werden; ScMU>rin von Santorin,
Therasia und Aspronisi gleicht dem Trass,
▼erliert aber seine unter dem Wasser ge-
wonnene Härte wieAor (kürutliehe C.e), Eng-
tlnchtr oder Boman' C, wird ans Thonnieren
von der Themse, Sheppey, Wight etc. ge>
brannt und kann ohne Zusatz verwendet
werden. J\>rtland - O, wird aus innigem .
Gemenge von Kalk mit Thon (Kalkstein,
ilreide, Mergel, Ziegelmehl, Steinkohlen-
und Torfasche, Bückständen der Alaunfabri-
kation, Hohofemschlacken, Töpfergeschirr,
Porzellanlcapselscherben, Sand) gebrannt,
lässt sich ohne Sandzusais in Formen
giessen zu Ornamenten, künstl. Steinen etc. ;
muss auf 3—4 Aequivalent Base (Kalk und
Alkalien) 1 Aeq. Säure (Kieselsäure , Thon-
erde, Siseuozyd) enthalten. Guter Portland-
cäment wird vielfach in Deutschland darge-
stellt, bindet, mit 8 Th. Sand gemischt, nach
8 Stunden, erlangt seine hohe Härte aber
erst nach i — 6 Monaten und muss so lange
feucht erhalten werden. Die abinlute Festig-
keit von stettiner 0. beträgt pro D" 925 Pfd.,
mit 1 Vol. Sand gemischt 742 Pfd., mit
2 Vol. Sand 480 Pfd., mit 4 Vol. Sand 166 Pfd.
Gebrannte Magnesia u. schwach gebrannter
Dolomit erhärten unter Wasser und geben
eine sehr widerstandsfähige Masse (Magne-
siacäment), ebenso gebrannt. Magnesia mit
Ghlormagnesium gemischt (Sorels Magnesia-
cäment). Scotts treflfl. C. für Wasserbauten
entsteht, indem schweflige Säure über glühen-
den Aetzkalk geleitet wird. Vgl. LipotoiU,
,Die Pertlandcämentfabrikation' , 1868; Mi-
chaelü, ,Die hydraul. Mörtel*, 1869.
Camentation 9 das Glühen von Stabeisen
mit Kohlen und stickstoffhaltigen Substan-
zen zur Stahlerzeugung (Cämentstahl); von
kohlenstoflfreichem Gusseisen mit sauerstoff-
haltigen Substanzen zur Erzeugung des
liämmerbaren Gusseisens; von Kupfer mit
Zinkerzen, um es in Messing zu verwan-
deln etc. Auch die Ausscheidung von me-
tallischem Kupfer aus Kupfervitriollösung
durch metallisches Eisen.
Caen (spr. Kahng), Hauptstadt des franz.
Depart. Calvados, am Einfluss des Odon in
die Omo, 41,564 Ew. Akademie ; Seebäder.
Caerleon, alte Stadt in der engl. Grafsch.
Monmouth, am Usk, 1250 Ew.; röm. Alter-
thümer ; nach der Sage einst Sitz brit. Könige
(Amphitheater: König Artliurs Tafelrunde).
t^aermarthen ( Cktrtnarthen) , Grafsch. im
Fürstenthum Wales, 32,4 QM. u. 111,796 Ew.
Die HaupUt. G.,-am Towy, 9993 Ew.
CaemarvoB (Carnarven), Grafschaft im
Fürdtenthum Wales, 24,4 QM. u. 95,694 Ew.
Die Haupt$t.G.t am Südende der Menaystrasse
und der Mündung des Seiont, 8512 Ew. ; be-
liebter Badeort; Ruinen der Burg Eduards I.
Caerwis, Flecken im Fürstenth. Wales,
Gr. Flint; ehedem das. her. Bardenfeste.
CäsalirtKia L., Pflanzengattnng der Le-
guminosen, Bäume oder Sträuchor. C. ba-
hamensis Lam», auf den Bahamainseln, lie-
fert Gelbholz; G. btjuga 8w,, auf Jamaika,
Rothholz ; 0. brasiliensis L., auf den Antillen
u. in Brasilien, Brasilienholz; G. coriaria W.,
in Südamerika und auf Jamaika, die gerb-
säurereiche Libidivi- oder Dividivlschoten;
C. crista X., ebendas., das Femambukholz ;
G. echinata, in den Wäldern der Sierra Ne-
vada in Mexiko, das Marthensholz und wohl
auch das Nicaraguaholz ; C. Sappan L., in
Westindien und Ostasien, das Sappanholz;
0. pulcherrima Sto., Pfauen- oder FtrcuLies-
blume, in Ost- und Westindien und Süd-
amerika, Zierpflanze.
Ciliar, Titel der röm. Kaiser, ursprüng-
lich Familienname eines Zweigs des altröm.
patric. Geschlechts der Julier, von Kaiser
Aug^stns, dem Adoptivsohn Julius Oäsars,
zuerst angenommen.
Cagar, Cajus Julius, berühmter Römer,
geb. 12. Juli 100 v. Gbr. aus einem alt-
patric. Geschlechte, bildete sich auf Rhodus
zum Redner aus, ward 68 Quästor in Spanien,
65 kurulischer Aedil, 63 Poutifex mazimns,
62 Prätor und erhielt dann das jenseitige
Spanien zur Verwaltung. Für 59 zum Konsul
gewählt, verband er sich mit Pompejus und
Grassus zum ersten Triumvirat. Darauf zum
Statthalter in Gallien auf 5 Jahre ernannt,
unterwarf er 58—51 ganz Gallien der röm.
Herrschaft, setzte zweimal über den Rheia
und nach Britannien über und kehrte 50
nach Rom feurück. Vom Senat, welcher von
der Optlmatenpartei beherrscht ward, zur
Entlassung seines Heeres au{ig:efordei*t, über-
schritt er 49 den Fluss Rubicon , den Grenz-
fluss seiner Provinz, und machte sich binnen
8 Monaten zum Herrn von Italien. Nach-
dem er darauf die Porapejaner und Spanier
zur Ergebung gezwungen, liess er sich in
Rom für 48 zum Konsul erwählen, ging
nach Griechenland hinüber und schlug den
Pompejus (9. Aug. 48) bei Pharsalus. In
Aegypten setzte er Cleopatra unter römischer
Oberhoheit 47 als Königin ein und besiegte
den Pharnaces, König von Bosporus. In
Rom mit der Diktatur auf ein Jahr, der
tribunic. Gewalt auf Lebenszeit und dem
Rocht über Krieg u. Frieden betraut, schlug
er April 46 die Pompejaner bei Thapsna in
Afrika und machte Numidien zur röm. Pro-
vinz. Zum Diktator auf 10 Jahre ernannt,
ordnete er das Staatswesen neu, steuerte
dem Treiben der Demagogen durch Gesetze
und regelte den Kalender. Nachdem er bei
Munda (17. März 45) die Reste der pom-
pejanischen Partei vernichtet hatte, w«rd
ihm vom Senat die Diktatur auf Lebenszeit,
das Konsulat auf 10 Jahre und mit dem
Titel Imperator die oberste Militär-, Richter-
und Administrativgewalt übertragen. Als
unumschränkter Herrscher der repubUkan.
Partei trotz seiner Verdienste verhasst, fiel
er 15. März 44 als das Opfer einer Ver-
schwörung, an deren Spitze Marcus Brutus
und Cajus Cassius Longinus standen. Selbst
kinderlos, hatte er den Enkel seiner jüngeren
Schwester, Cajus Octavius, adoptirt and
Gäsarea — Galamagrostis.
877
als Hanpterben eingesetat. Gleich gross als
Btaatsmann nud Feldherr, zeichnete er sich
auch als Schriftsteller ans. Erhalten sind
seine »Commentarii de hello Gkillico* (7 Bü-
cher) und ,De hello civili' (3 B.), ansge-
seichnet durch Anschaulichkeit der Darstel-
lung und korrekten Stil. Ausgaben von Nip"
p&rdey (3. Aufl. 1857), Kraner (4. Aufl. 1868),
Btld (4. Aufl. 1856) u. A., übersetzt von Küehly
und Riistow Cldbß) n. A. Biogr. Ton Sueton.
VgK ,Leben C.s' von Napoleon III., 1865— 6G.
CisarSa (lat.) , Name mehrerer röm. Städte,
zu Ehren irgend eines Kaisers benannt: G.
(früher 3feuaea oder Busebia) in Kajppado-
cien, Münzstätte des röm. Reichs ; C. (früher
StratonU turris) in Palästina, mit Hafen, von
K. Herodes befcrstigt, später Sitz der röm.
Statthalter; Jetzt Kaisarije (in Ruinen).
Cäsinm (Alkalimetall), findet sich mit
Rubidium im Lithionglimmer, Petalit, Tri-
phyllin, Karnallit, Pellnx, in der nauheimer
Soole, durch die Spektralanalyse entdeckt.
Cagllari (spr. Kaljäri), Hauptst. der Insel
Sardinien, auf der Büdküste, am Meerbusen
von a, 28,244 Ew.; Kastell, Hafen, Univer-
sität (seit 1764); röm. Alterthümer.
Cagllostro (spr. KalJ-), Alexander, Graf,
bekannter Abenteurer, geb. 2. Juni 1743 zu
Palermo, eigentl. Giuseppe Balsame, lernte
als Apothekergehülfe im Kloster der barm-
herzigen Brüder zu Cartagiore Geheimmittel
kennen, bereiste mit einem angebliehen
Weisen Alhotas Griechenland, Aegypten u.
Yerderasien, trat als Arzt, Naturforscher,
Alchemist, Freimaurern. Geisterbeschwörer
nnf, zuerst in Italien, dann auch in Deutsch-
land , in Mitau , Warschan und Petersburg,
in London und Paris, wo er in der Hals-
bandgescliichte eine Hauptrolle spielte und
in die Bastille gesetzt ward, ward später in
Rom gefängb'ch eingezogen und zum Tod
verurtheilt, begnadigt; f 17^^ als Gefangener
auf Fort San-Leon. Die ,M6moires authen-
tiqnesS später unter C.s Namen in Paris
erschienen, sind unächt. Seine frühere An-
hängerin, Gräfin Elisa von der Recke , ent-
hüllte in der ,Nachricht von des berüch-
tigten C. Treiben iu.Hitau* (1787) seine
Schwindeleien.
CagotS) kretinenartiger Menschenschlag
in den franz. Pyrenäen, vom Volke nur
zu den niedrigsten Diensten verwendet.
Cahi, Span. Getreidemass, == 12 Fanegas
= 6,58 Hektoliter = 11,96 preuss. Scheffel.
Cahier (fi*., spr. Kahieh), Heft, Notizbuch.
Cahon (spr. Käohr), Hauptst. des franz.
Depart. Lot, 14,115 Ew. Bed. Weinbau; in
der Nähe röm. Amphitheater, Aquädukt etc.
Cahorsweine^ die besten Pontac weine, der
werth vollste: Kogomme.
Caiille (spr. Kaljeh), Sen^, franz. Reisen-
der, geb. 19. Sept. 1799 zu Mouz6 (Poitou),
machte sich bes. durch seine gefahrvolle
Reise nach Timbuktu (März 1827 bis Sept.
1828) berühmt; f 17. Mal 1838 zu Lobaderre.
Sein ,Joumal d^un voyage k Temboucton*
herausg. von Jomard (1830, 3 Bde.). [cocea.
Csineaimrzei 9 Ghiococcawurzel , s. Cht'o-
^a ira (fr., spr. sa irah), d. h. es wird
gehen), Gesang der Jakobiner während der
ersten franz. Revolution , so genannt nach
dem Refrain ,AhI ^a ira, ca ira, ^ ira!
Les aristocrats k 1a lanterne !*
Catm (Oam, celt.), Haufen, Hügel; bes.
Steinhaufen als Grenzmarken, Denkzeichen.
Calmgonn (spr. Kähmgarm) , Berggruppe
des Grampiangebirges (s. d.).
Baisse (fr., spr. Käss), Kiste, Geldkasse;
C. d^escompte (spr. d'eskongt), Answechs-
lungs-, Vorschusskasse.
Caitlmess (spr. Kehth-), Grafschaft im
nördl. Schottland, 33 QM. und 41,111 Ew.,
weite baumlose Hochebene mit demMorven
(2330'); Hauptst. Wick.
Cajetan, eig. Thoma» de Vio von OaÜta,
Säpstlicher Legat in Deutsehland, geb. 25.
Uli 1470 zu GaSta, Lehrer der Theologrie zu
Rom, ward 1508 General der Dominikaner,
1517 Kardinal, verhandelte Okt. 1518 auf dem
Reichstag zu Augsburg mit Luther, erhielt
1519 das Bisthum ChiSta, ging 1523 als
Legat nach Ungarn ; f ^* Aug. 1534 zu Rom.
Cajoliren (fr., spr. Kascho-), durch Lieb-
kosungen zu gewinnen suchen.
CakUe Toumef. (Meersenf) , Pflanzengat-
tung der Kruciferen , G. maritima Seop., an
den Küsten Europas Asiens, Afrikas ; Kraut
antiskorbutisch.
Calabar (Alt.'C), Flnss in Guinea, östl.
vom Niger, mündet in die Biafrabai; daran
die Stadt Alt'G. (Dukes town), 40,000 Ew.
Calabarbohne, s. Fhysostigma.
Calaboxo (spr. -bosso), Stadt in Venezuela,
Staat Caracas, 4000 Ew. 24. Juni 1821 BUg
Bolivars über die Spanier unter La Torre,
worauf letztere Columbia räumten.
Calabrla, die südwestl. Halbinsel Italiens,
313 QM. u. 1,151,635 Ew. ; Berg- n. Hügelland
(Siiawald, Aspromonte), vom Crati, Neto etc.
bewässert; f^chtbar an südl. Landespro-
dukten ; Anbau vernachlässigt. 3 Provinzen :
G. eiteriore (Cosenza), 133,6 QM. und 433,788
Ew., C. ülteriore I (Catanzaro), 108,5 QM.
und 387,099 Ew. , G. uUericre II (Reggio),
71,3QM. und 330,740 Ew.
Caladinm Vent. et Spreng. , Pflanzengat-
tung der Aroideen. C. esculentum Fenf.,
Ar um esculentum L., Colocasia esculenta
SchoU, Wasstrhrodwurtel , im trop. Amerika,
in Ostindien , auf den Südseeinseln, oft kul-
tivirt, mit essbaren Wurzeln und Blättern
(karaibischer Kohl). Von C. arborescens
VenJt., in Brasilien und Westindtön, Wurzel
und Stengel gewöhnliches Nahrungsmittel,
Blätter und Frucht brennend scharf.
Calais (spr. -läh), befestigte Hafenstadt
im franz. Depart. Pas de Calais, au der
Meerenge faa de C, 12,727 Ew.; Seebäder,
Ueberfahrt nach Dover. 1347—1558 im Besitz
der Engländer, 1595—98 in dem der Spanier
unter Erzherzog Albrecht. In der Nähe
29. Juli 1588 Seesieg der Engländer unter Ho-
ward Effingham über die span. Armada unter
Medina-Sidonia ; 16. Sept. und 21. Okt. 1631
zwei Seesiege der Holländer unter Tromp
über die span. Silberflotte.
Calamagrostis J3o<A (Reithgras, Federgras),
Pflanzengattung der Gramineen. 0. tenella
Link, auf den tiroler Alpen, Futtergras,
ebenso C. lanceolata JRoth, Arundo Cal. L.,
878
Calune -— Calderon.
im nördl. Europa, bellebtea nua« Heilmittel
gegen Waasorsucht.
Calamey Alex,, berahmter Landschafiki-
xnaler, geb. 28. Mai 1810 zu VeTay, Scbüler
von Diday in Genf, ging 1842 nach Paris,
1845 nach Italien, lebte dann meist in Genf;
t 19. März 1864 zu Mentone. Meister in
der Darstellung der grossartigsten Alpen-
natur: u. A. Monte Rosa, Waldsturm, Fel-
sensturz im Haslithal, MoutCervin, im leip-
ziger Museum; auch trefflicher Badirer und
Lithograph.
CaUunlaiieSy ostind. Inselgruppe, zu den
Philippinen gehörig. [Tfcymiw.
CaUmintlui MÜnch, Pflanzengattung, s.
Caluaus L., Palmengattung. C. Draco
Willd, (Draehenblutpalme) auf Sumatra und
den malayischen Inseln, weithin rankend;
aus der Frucht schwitzt Dracheublut aus.
O. Scipionum Lour. auf Sumatra liefert die
Malaccaröhre; G. Botang L., C. rudentum
JJour, und andere Arten Ostasiens das spa-
nische Rohr (Rattans). Zierpflanzen.
Calamns (lat.), Halm, Rohr, bes. das
Schreibrohr der Alten, aus einer Schilfart
gewonnen; daher LapauB catatni, s. v. a.
Schreibfehler.
Calanda. Qebirgsstock in Graubünden,
zwischen Rhein und Tamina, 8647'.
Calando (ital., Mus.), abnehmend in Stärke
und Zeit. [Schalmei.
Calan^Urone (ital.), Art zweiklappiger
CalM (spr. Kälah), Jean, bekanntes Opfer
des religiöseii Fanatismus , geb. 19. März 1698
zu LacaparMe in Languedoc, Kaufmann zu
Toulouse und Protestant, ward, als sich sein
in Schwermuth versunkener Sohn erhängt
hatte, beschuldigt, denselben, weil er zum
Katholicismus habe übertreten wollen, er-
mordet zu haben, von dem Parlament zu
Toulouse zum Tode durchs Rad verurtheilt
und 9. März 1762 hingerichtet. Voltaire be-
handelte diesen Justizmord in seiner Schrift
,Sur la tol6rance* und bewirkte eine Re-
vision des Prozesses, in Folge deren 0.
9. März 1765 für unschuldig erklärt ward.
Vgl. Goguerel, ,Jean G. etc.', 2. Aufl. 1870.
CalMeione (spr. -schone), Art Guitarre
mit 2 Saiten , in Unteritalien gebräuchlich.
€alatafliui, Stadt auf Sicilien, Prov.
Trapani, 8780 Ew. 15. Mai 1860 siegreiches Ge-
fecht Garibaldis gegen die neapol. Truppen.
CÜatriTaorden, span. Ritterorden, von
dem Gisteroienserabt Raimund in der Stadt
Galatrava 1158 gestiftet, nach der Erobe-
rung derselben durch die Mauren 1197 nach
Salvatierra übergesiedelt. 1523 ward die
Grossmeisterwürde mit der span. Krone ver-
einigt. Seit 1808 fast nur Verdienstorden.
Ordenskleid weisser Mantel mit rothem
Lilienkreuz in silbernem Felde auf der
linken Seite. Die Komthureien von Ccdatrava,
seit 1219 bestehend, hatten ein prachtvolles
Hauptkloster zu Almagro;, jetzt säkularisirt.
Calceolaria X. (Autoffelblume), Pflanzen-
gattnng der Personafeen , gegen 90 Arten,
meist ans Südamerika, Zierpflanzen.
Calolam» silberweisaes Metall, oxydirt im
Kalk, daraus mittelst Kalium gewonnen.
Calcvl (fr., spr. Kalkühl, vom lat. calcuhu,
Steinchen, in der altasten Zeit nm ReehnMi
gebraucht), Berechnung; daher halHUiren,
berechnen; Kalkulator, Beamter, welcher
gewisse Rechnungen auszuflihren oder zu
prüfen hat; KoMndatur , Rechnungsamt.
Caldira, 1) P&liioro, ital. Maler, geb. um
1495 zu Garavaggio (daher auch Fblidoro
da Caravaggio), ursprünglich Handlanger
Raphaels, später in Neapel und Messina,
1543 ermordet. Grau in graue Fresken (Rom),
derb naturaliat. Historien (Kreuztragung
in Neapel). — 2) Antonio , ital. Komponist,
geb. 1678 in Venedig, 1718-38 Kapellmeister
in Wien , dann in Venedig; f das. 28. Aug.
1763. Klass. Kirchenkompositionen, zahlr.
Opern (Jetzt veraltet). [Warmhaus.
Caldarittm (lat.), Badezimmer; Treib- oder
Caldaz (span., d. i. warme Quellen), Name
vieler portug. und span. Mineralquellen.
Die bedeutendsten: O. da Beinha (spr. Rein-
jah), in der portugles. Provinz Estrema-
dura, stark besuchte Schwefelbäder. (7. de
Momhuy, in der span. Prov. Barcelona, mit
den heissesten Quellen (46— 56<>R.) und den
besteiugeriohteten Bädern Spaniens.
Caldera, aufblühende Hafenst. in Ohile
(Atacama), 8321 £ w. ; Eisenbahn nach Gopiapo.
Calderon, Don Pedro C. de la liarca,
span. Dramatiker, geb. 17. Jan. 1600 zu
Madrid, stndirte Mathematik, Pliilosophie
und Jurisprudenz zu Salamanca, war darauf
Soldat (in Italien und den Niederlanden),
ward, als Bühnendichter bereits geachtet,
1636 von Philipp IV. nach Madrid berufen, wo
er für den Hof fortwährend dramatisch thätig
war; trat 1651 in den geistlichen Stand,
ward 1653 Kaplan an der erzbischöflichen
Kirche zu Toledo und lebte seit 1663 wieder
in Madrid; f das. 25. Mai 1689 als Kaplan
der Kongregation des heil. Petrus. Das
glänzendste poet. Genie, das der Katholicis-
mus hervorgebracht, der vorzugsweise ,ka-
thol. Dichter*, dem realist. Lope gegenüber
Idealist, dabei von ausserordentl. Frucht-
barkeit. Im Ganzen über 400 Stücke : Autos
saoramentales (darunter ,La cena deBalta-
sar'), Wunderkomödien (darunter ,La devo-
cion de la cruz* , ,E1 mägioo prodigioso' , ein
span. Faust; ,E1 principe constante' etc.),
trag. Schauspiele (,E1 alealde de Zalamea*,
,La niuadeGomezArias'etc), Konversations-
stücke (,Dicha y desdicha del nombre',
,La dama duende', ,Guärdate de la agua
mansa', ,Hombre pobre todo es trazas*,
,E1 maestre de danzar*, ,Maiiana ser& otro
dia', ,Nadie fie su secreto' etc.), mytholog.
Festspiele (,£go y Narclso*, ,E1 mayor en-
canto amor' etc.), Ritterspektakel stücke
(,La puente de Mantible*, ,En esta «rida todo
es verdad y todo mentira* ®tc.), historische
Schauspiele (,La hija del adre', ,Afect08 de
odio y amor* etc.) und romant. Schauspiele
verschiedener Qualität (,La vida es sue&b%
,Saber del mal y del bien' etc.). Beste
Ausgabe von Hartaenbusch (1848—50, 4 Bde.),
Uebersetz. einzelner Stücke von ScMegel,
im ,Span. Theater' (2. Ausg. 1845), Grie*
(2. Aufl. 1840-41, 8 Bde.), Jfalsdifr^ (181d-85,
6 Bde.), Martin (1844, 8 Thle.), Eiehendorff
(geistliche Sohauspiele, 1846— 53 « 2 Bde.),
Caldiero' •— Calonne.
370
Sapp, im »Span. Tlteater* (9. Bd., 1870).
Auf die deatsohe Bühue brachten ihn Goethe
und Schlegel, ohne nachhaltigen Erfolg.
CaldiSra, Dorf bei Verona, 1600 Ew.;
warme Mineralbäder, seit Augustus Zeit ala
,Quelle der Juno' berühmt. Hier 12. Not.
1796 siegr. Treffen der Oesterreicher gegen
Bonaparte"; S9.— 81. Okt. 1805 Sehlacht ewi-
Bchen dem Erzhersog Karl und den Fran-
zosen unter Mass^dna.
Caleflaetor (lat.), Elnheizer, Anfwarter;
anch Schmeichler, Ohrenbläser.
Calembomrg (fr., spr. -langbuhr), Wort-
spiel , beruhend auf dem Doppelsinn gleich-
lautender Wörter.
Calendae (lat.), bei den Römern der erste
Tag eines Jeden Monats. OtUendae graeeae,
Nimmermehrstag. Vgl. Ad Oaiendas graecas,
Calendul« L, (BingeUAwmt) , Pflanzen-
gattung der Kompositen. C. officinalis L.
(Oold-, Todtenblnme) , im südl. Europa und
Orient, bei uns Zierpflanze, Kraut und
Blttthen als Oilkenkraut officinell.
CUentuni, fieberhafte, bes. auf langen
Seereisen sich einstellende Krankheit, jeden-
folls durch Sonnenhitze bedingt. Delirien,
Neigung der Kranken, sich ins Meer zu
Stürzen. Behandlung: kalte Umschläge.
€ale8, Stadt, s. Galvi. [Oft tödtlich.
Calhoun (spr. Kaihuhn), John Ckddwell,
nordamerikan. Staatsmann, geb. 18. März
1782 in Südcarolina , seit 1807 Advokat in
Abbeville , 1810 in den Kongress gewählt,
1817—24 Kriegsminister, 1824-29 Vicepräsi-
dent, veranlasste Bfärz 1820 in Südcarolina die
berüchtigten Nullifikationsbeschlüsse , wo-
nach jeder Einzelstaat berechtigt sein sollte,
solche Akte der Bundesregierung zu annulli-
ren, welche dem Missbrauch der dieser von
den aiu^ebl. souveränen Einzelstaaten dele»
garten Gewalt ihren Ursprung . verdankten,
trat in Folge davon zurück, verfocht seitdem
im Senat die Interessen der Südstaaten; f
81. März 1860 in Washington. Urheber der
Secesslonslehre und intellektueller Anstifter
des späteren Bürgerkriegs.
Call« alterthümlicher Ort in Columbia,
Staat Cauca, am Flu$8 O. , 12,000 Ew.
Caliari, Bu>lo, gewöhnl. Riul Veroneae
gen., ber. Maler der venetian. Schule, geb.
1530 in Verona, bildete sich in Rom, liess
eich dann zu Venedig nieder; f 19. April
1588. Seine grossen Bilder meist von Pracht
festlicher Freude erfüllt. Hauptwerke : An-
betung der Könige, Auffindung Moses (Dres-
den), Hochzeit zu Kana (Lou^re), Levis
Gastmahl (Venedig).
Call bau, halbmenschliches UngeVeuer in
Shakespeares , Sturm'.
Callcos , gedruckte Kattune.
Calignla, Cttjus Cäsar, dritter rom. Kaiser,
37—41 n. Chr., Jüngster Sohn des Germani-
cus und der Agrippina, geb. 31. Aug. 12
n. Chr. zu Antium, ward nach des Tiberins
Ermordung vom Senat und Volk als Allein-
herrscher anerkannt. Grausam, wollüstig,
verschwenderisch bis zum Wahnsinn, er-
klärte sich -für einen Gott, ging mit einem
grossen Heere über den Rhein, kehrte un ver-
richteter Sache um, beabsiohtigte Senat und
Ritter Bu vertilgen; ^ard durch Verschwo-
rene 24. Jan. 41 ermordet.
Calisaja, s. Chinarinde.
Callxtiner (v. lat. ealix, d. i. Kelch, weil
sie denselben beim Abendmahl auch für die
Laien forderten), oder Utraquiaten, weil sie
das Abendmahl unter beiderlei Gestalt (sub
utraqne specie) auch jenen gereicht wissen
wollten, im Gegensatz zu den Taboriten
(s. d.) die gemässigtere Partei der Hussiten,
welche mit dem baseler Koncil 30. Nov.
1433 die prager Kompaktaten abschloss und
darin den Kelch zugestanden erhielt, darcb
den Sieg bei Böhmisch - Brod SO. Mai 1434
über die Taboriten die herrschende Partei,
trotzdem seit Ausgang des 15. Jahrh. ohn-
mächtig nnd nur die Brücke zu Eiuführnng
der Reformation in Böhmen bildend.
Oalixtus» Name von 4 Päpsten: C. L,
Heiliger (eig. Kallistus) , Bischof von Rom
217—22, Gegner der später für orthodox
erklärton Lelu*e vom Logos als zweiter
göttlicher Person. — C. IL, Papst 1119—24,
vorher Guido, Graf von Burgund, beendigte
durch Abschluss des wormser Konkordats
mit Kaiser Heinrich V. den Investiturstrelt.
— C, Johann Unghieri , Kardinalbischof
von TUsculum, von Kaiser Friedrioii L als
dritter Gegenpapst gegen Alexander III.
aufgestellt, im Frieden zu Venedig 1177
von ihm preisgegeben ; von der röm. Kirche
nictit anerkannt. — G. HI., Alfonso Borgia,
Papst 1455-58, vorher Bischof von Valencia,
bemühte sich vergebens, einen Krenzzug
gegen die Türken zu -Stande zu bringen;
t «• Aug. 1458.
Calla X. (Schlangenkraiit, JDrachenwurg),
Pflanzengattung der Aroideen. C. palustris
L.f Sumpf Schlangenkraut, rother Wasser-
pfeffer , im nördl. Europa , Wurzel, in Lapp-
land zu Brod verarbeitet. G. aethiopica £.,
vom Kap, beliebte Zimmerpflanze.
Callao (spr. -Ijao), Hafenst. an der Küste
von Peru , 10,000 Ew., Eisenbahn nach Lima ;
28. Okt. 1746 durch Erdbeben zerstöi*t.
Callitrls Vent. (Sandarak^Hxum), Pflanzen-
gattung der Koniferen. G.quadrivalvis Vent.,
Thuja articulataDe»/., in Nordafrika, liefert
das Sandarak.
Callot (spr. -loh), Jacquee, franz. Kupfer-
stecher, geb. 1592 zu Nancy, f 16S5; bekannt
durch seine zahlr. Darstellungen voll phan-
tastischen Humors : Scenen aus dem Kriegs-
leben (,Mi8&res et malbeurs de la guerre'),
Maskonscherze, iestl. Aufzüge etc.
Caliuna Salitb. (Heidekraut), Pflanzen-
gattung der Ericineen. 0. vulgaris Salisb.,
Erica vulgaris L., Immer$chijinkraut , fast
durch g^anz Europa auf Helden , in Nadel-
wäldern ; Bienenfutter, gerbsäurereich, auch
zu Briquettes (s. d.) verarbeitet.
Callus (lat.) , neugebildeter Knochen,
welcher gebrochene wieder vereint, an-
fangs hülsenartig die Bruchenden umscliei-
deud (Rindencallus, provitorischer C), dem
der d^nitive folgt ; AuchSchYrMeCKaUoeität),
Verdickung der Haut.
Calonne 9 Charle» Alexandre de, franz.
Finanzmann, geb. ^0. Jau. 1734 zu Douai,
ward 1783 Generalkontroleur deaScliatzcs,
880
Galpphyllam — Gambaceres.
steigerte als solcher durch Willfährigkeit
gegen die Wünsche des Hofs das jährliche
Deficit, yeranlasste den König zu Berufung
der Notabein (S. Febr. 1787), drang bei die-
sen mit seinem Plane einer gleichm&ssigen
Vertheilnug der Steuern nicht durch, ward
entlassen, bekämpfte Necker von England
aus in Schriften; f 30. Okt. 1802. Sehr.
yTablean de TEurope eu novembre 1795'.
Calophyllnm L. (Sch&riblaU, Gummiapfel),
Pflunzengattung der Outtiferen. C. ino-
phyllum L., Baum im südl. Ostindien und
auf den Inseln, liefert das früher offlcinelle
Tacamahacaharz ; G. Tacamahaca Willd. auf
Madagaskar und Mauritius Marienbalsam.
Calotröpifl B. Br. (Kielkrone), Pfian-
zengattuug der Asclepiadeen. 0. gigantea
R. ßr.f Asclepias gigantea L., ostindischer
Strauch mit opiumartigem Milchsaft, liefert
Samenwolle, Bast und in der Wurzelrinde
ein Heilmittel (Mudar). C. procera R. Br,,
Strauch in Fersien und Aegjpten, mit schar-
fem Milchsaft, liefert Samenwollo und aus
den Blättern ausschwitzenden Ocharzucker.
Calottisten^ Verein von witzigen Schön-
gieistern in Frankreich zur Zeit Lud wigs XIV.,
so genannt nach dem Tragen einer Calotte
(Scheltelkäppchen); unter dem Ministerium
Fleury wegen allzu grosser Dreistigkeit auf-
gehoben. Während der Revolution waren Ga-
loUe und Calotin Schimpfworte ; unter der Re-
stauration bezeichneten sie die Priesterherr-
C«lpe (Mon$ C), s. Gibraltar. [schaft.
Caltagirone (spr. -dschirone), Stadt auf
Sicilien, Prov. Catania, 24,417 Ew.
Caltanisetta (Calata 2fis$a), ital. Prov.
in Sicilien, 68,4 QM. und 229,909 Ew. Die
Hauptst. C, am Monte Giuliano, 17,400 Ew.
Cailtha L. (DoUerblume) , Pflanzengattung
der Ranunculaceen. C. palustris L. , Kuh',
Butterblume, mit gelber Blüthe, welche, vom
Vieh gefressen, die Butter gelb iärbt;
Blütheuknospen wie Kapern eingemacht.
Calomet, die Friedenspfeife der Indianer.
Calamnia (lat.), Verleumdung; daher
Kalumniant, Verleumder.
Calvados, 7 St. lange Klippenkette an der
Nordküste der Normandle; danach benannt
das franz. Deport. C, 100 QM. und 474,909
Ew. Hauptst. Caen.
Calrl 9 1) befest. Hafenst. auf der Westseite
von Korsika, 2069 Ew., grosse Rhede; ~<
?) (das alte Oales) Stadt in der ital. Prov.
Terra dl Lavoro, 2746 Ew.; 9. Dec. 1798 Sieg
der Franzosen über die Neapolitaner.
Calvin^ Johannes, eig. Jean Gaulvin oder
Cauvin, Reformator des 16. Jahrh., geb.
10. Juli 1609 zu Noyon in der Picardie, er-
hielt fröh Pfründen, wandte sich der Refor-
mation zu, musste 1584 aus Frankreich
flüchten, ward von Farel in Genf festge-
halten. Von da wegen Neuerangen im
Gottesdienst vertrieben, ging er nach Strass-
bnrg, wurde hier Lehrer der Theologie und
Prediger der franz. Flüchtiingsgemelnde,
unterschrieb als Abgeordneter Strassbuigs
die augsb. Konfession. Sept. 1541 auf Betrieb
seiner Freunde nach Genf zurückberufen,
richtete er hier ein aus Geistlichen und
Laien bestehendes Consistorium «ur Erhal- 1
tung der reinen Lehre und Ueberwachans
der Sitten ein, gebot als kirchl. Diktator,
willigte in Servets (s. d.) Verbrennung und
erhob Genf zum Mittelpunkt des reformlrten
Protestantismus; f 27. Mai 1564. Haupt-
werk ,In8titutio christianae religionis*
(1536 u. öfter). Eine krit. Gesammtausgabe
seiner Werke begannen Baum, Ounit* und
ReuM (1863 IT.). C. entwickelte Augustins
Lehre von der Prädestination bis zur äusser-
Bten Konsequenz und wurde der zweite
Gründer der reformirten Kirche. Btogr. von
Henry (1835-44,3 Bde.), Btähelin (1860-63,
2 Bde.), Audin (3. Aufl. 1845, 2 Bde. ; dentoch
von Egger 1843—44, 2 Bde.), KampschuUe
(1869 f.). [Schlusses.
Calws (lat., Kahlkopf), Name eines Trug-
Calw^ industrielle Stadt im würtemberg.
Schwarzwaldkreis, an der Nagold, 5012 Ew.
Camail (v. ital. camaglio, provenc. cap mail,
d. i. Kopf^üstung) , Art Kapuze meist Ton
schwarzem 8100*0, vom Hinterkopf über die
Schultern herabfallend, als Tracht der
Bischöfe auch Xozetta genannt, beim Papst
von rothem Samntt oder Seidenstoff.
Camaldnlenser , Mönchsorden, vom lieiL
Romuald, eiuem Benediktiner, im Thale
Gamaldoli bei Arezzo um 1018 gestiftet,
strengQr Ascese gewidmet, in Einsiedler, Ob-
servanten Und Konventualen zerfallend, er-
losch in Oesterreich unter Joseph II., in
Frankreich während der Revolution, dauerte
nur zu Gamaldoli fort; neuerlich hier und
da wiederhergestellt. Tracht weiss.
Camai^rne (spr. -ark) , Insel im Delta der
Rhone, zwischen der grossen und kleinen
Rhone, 9 QM. Hauptort Ste. Marie.
Camarilla (span.), Kabinet, in der moder-
nen polit. Sprache die Günstlinge eines
Regenten, die im Geheimen auf dessen Ent-
schlüsse Einfluss ausüben.
Camayen (spr. -Job), helldnnkle Malerei
von einerlei Farbe (z. B. braun in braun) ;
Holzschulttdruck, der durch Uebereinander-
drucken von 3 — 4 helleren und dunicleren
Platten entsteht: eintöniges Bild.
Cambac^r^s (spr. Kangbasserä), Jean
Jacques Rigi», franz. Staatsmann, geb.
18. Okt. 1753 zu Montpellier, ward 1791
Präsident des Kriminalgerichts zu Mont-
pellier, beanti-agte März 1793 die Errich-
tung des Wohlfahrtsausschusses, ward nach
der Revolution vom 9. Thermidor zum
Präsidenten des Konvents und später des
Wohlfahrtsausschusses gewählt, Okt. 1796
Präsident des Raths der Fünfhundert, nach
der Umgestaltung des Direktoriums am
30. Prairial VII Justizminister und nach
der Revolution vom 18. Brumaire von Bona-
parte zum zweiten Konsul ernannt. Nach
Napoleons Thronbesteigung zum Erzkanzler
des Reichs erhoben, betheiligte er sich be-
sonders an der inneren Verwaltung und an
der Gesetzgebung. 1808 zum Herzog von
Parma ernannt; 1813 Präsident des Regent-
schaftsraths , während der hundert Tage
der Pairskammer; 1816 als angebl. Königs-
mörder des Landes verwiesen, 1818restituirt;
t 5. März 1824 zu Paris. Gab dem heutigem
franz. Rechte Form und Ausdruck.
Gambio — Camerungebirge.
381
Cuiftblo(ital.)) Wechiel. 0. conto, Wecbsel-
recbnnng. CambUt, veraltet, 8. ▼. a. Wechs-
Camblnm, s. J^nze, [ler, Bankler.
Camlio 9 besuchter Badeort im franz. Dep.
Kiederpyrenaen, 1500 Ew.; Schwefelquelle.
Camoray (spr. Cangbrah, deutsch Käme-
ryh), befest. Stadt im franz. Depart. Nord,
an der Scheide, 22,237 Ew.; Erzbisthum;
Kriegsplatz 2. Ranges, Leinenfabr. (s. Cam-
hray»)» Das röm. Catneracum, im Mittel-
alter Hauptst. der zum deutschen Reich ge-
hörigen Graf seh, C, seit 151Ü Herzogth. des
Bischofs von C. ; seit 1668 mit Frankreich ver-
einigt. Ligue von C, 10. Dec. 130S, zwischen
Maximilian I., Ludwig XIL von Frankreich
und Ferdinand dem Kathol. gegen Venedig.
5. Aug. 1529 Friede von C. (sogen. Damen-
firiede) zwischen Frankreich und Spanien.
C^mltnjH (Cambrics, Kammertuch), dünne
lockere Batistleinwand aus Gambray.
Cambria (a. 6.), das heutige Wales.
Camliridge (spr. Kembridsch), 1) engl.
Grafschaft, 38,5 QM. mit 176,016 Ew. Die
Hauptst. C, am Cam, 26,361 Ew.; her.
Universität (von Heinrich I. 1101—35 gegr.)
mit grosser Bibliothek (ca. 170,000 Bde.,
4000 Manuskr.), 13 Kollegien, 4 Hallen,
Museum , Sternwarte etc. ; wichtige Messe
(Messe von Stonrbridge). — 8) Stadt in
Massachusetts, durch den Gharlesfluss von
Boston getrennt, als Newtown 1631 gegr.,
(1870) 39,634 Ew. ; Harvard College (seit 1638,
älteste öfTentl. Lehranstalt Nordamerikas).
Cambridge (spr. Kembridsch), l)Adolphu$
Frederick, Herzog von C., Graf von Tipperary,
Baron von Gulloden, brit. Feldmarschall,
geb. 25. Febr. 1774 zu London , jüngster
Sohn Georgs HL, 1793 in den Niederlanden,
ward 1816 Generalstatthalter und 1831 Vice-
könig von Hannover, war später bes. als
Präsident der Wohlthätigkeitsvereine in
England tliätig; f 19. Juli 1850. — 2) George
William Fredtrick Charles, Henog von C,
Sohn des Vor., geb. 26. März 1819 zu
Hannover, focht im Krieg gegen Russland
1854 als Divisionskommmaudeur mit Aus-
zeichnung; an der Alma und bei Likerman,
ward Juli 1856 Oberbefehlshaber der brit.
Armee, Nov. 1862 Feldmarschall.
Cambroune (spr. Kangbronn), Pierre
Jaeque» Etienne, Graf von, franz. General,
geb. 26. Dec. 1770 zu St. Sebastian bei Nantes,
trat 1792 in die Nationalgarde, focht in der
Vend6e, machte dann die Feldzüge in der
Schweiz, In Preussen, Spanien, Russland und
1813 in Deutschland mit, befehligte 1814 eine
Brigade und folgte Napoleon nach Elba, ward
1815 zum Grafen und Pair ernannt, leistete
bei Waterloo an der Spitze einer Division
der alten Garde lange Widerstand (weshalb
man ihm irriger Weise die Worte zuschreibt:
,Die Garde stirbt, aber ergibt sich nicht!')
und fiel in brit. Gefangenschaft; 1820—24
Kommandant von Lille und zum Mar6chal-
de - camp ernannt ; f 8. Jan. 1842 bei Nantes.
Camden (spr. Kämd^n), Stadt in Newjersey
(Nordamerika), am Delaware, Vorstadt von
PhUadelphia, (1870) 20,045 Ew.
Camelf na X. (Leindotter), Pflanzengattung
der Kruciferen. C. sativa Crcfint», Mya|;mm
sativximZ., Flaehsdotter, DoUer, in Europa
und Nordasien, als Oelpflanze kultivirt.
CamelUa X. (KamelUe), Pflanzengattung
der Ternströmiaceen. G. japonioa L., Ja-
panische Kamellie, iap. Hose, dem Thee-
strauch ähnlicher Straucli in Ostindien,
Ghina, Japan, mit zahlreichen Varietäten,
Zierpflanze. C. sasanquana Thunb., obeudas.
Blätter Theesurrogat, Samen wie von der
erstem Oel liefernd. Vgl. Beriete, ,Mouo-
graphia du genre G.S 1840, deutsch 1838;
CoUa, ,GamoIliogi*Ap1iia', 1843.
Gamelot 9 dichtes, leiuwandartig gewebtes
Zeug aus feiner Angora- oder Schafwolle.
Camera (lat.), Kammer.
Camera Clara (latO> "• C<viMTa obscnra,
Cameralla (lat.) , Kameralwissenscbaften.
Camera incida (lat.), Instrument zum Ab-
zeichnen von Gegenständen nach der Natur.
Sieht man durch eine um 45o gegen den
Horizont geneigte Glastafel, die auf einem
Tisch befestigt ist , hindurch auf ein Blatt
Papier, so erblickt man auf diesem das Bild
eines vor der Glastafel liegenden Gegen-
standes, dessen Umrisse man mit dem Bleistift
nachzeichnen kann. Diese einfache Einrich-
tung hat mancherlei Mängel , welche durch
Anwendung eines pasSiPnden Prismas besei-
tigt werden. Die G. 1. eignet sich zum
schnellen Entwerfen von Panoramen, zur
Darstellung von Architekturgegenständen
und zum Nachzeichnen der vergrösserten
Bilder von Mikroskopen und Fernrohren.
Camera obscnra (lat.), dunkler Raum
mit einer einzigen, 2—3'' weiten, durch eine
Linse geschlossenen Oefinung, bietet auf
der im Brennpunkte der Linse aufgestellton
Fläche ein treues, aber umgekehrtes Bild
der äusseren Gegenstände, welches durch
Einfügung eines Prismas wieder aufrecht
gestellt werden kann. Die transportable
G. o. besteht aus einem innen geschwärzten
Kasten mit einer Linse in der einzigen Oeff-
nung einer der vertikalen Wände u. einem
um iSfi gegen die Ebene der Oeffuung ge-
neigten PlanspiegeL Das auf diese proji-
cirte Bild wird auf die obere Wand des
Kastens geworfen u. ist, wenn diese aus matt
geschliffenem Glase besteht, von aussen
sichtbar. Die C, clara hat statt der matt-
geschliffenen Glaspldtto oiuo grosse Glas-
Unse von nicht grosser Brouuweitu, durch
welche sich das Bild in scharfen Umrissen
zeigt, gleicht also im Wesentlichen einem
gebrochenen astronom. Fernrohr mit 2 Kou-
vexgläsern. Man kann auch den Spiegel
ausserhalb der G. o., die Linse im Deckel
derselben anbringen und das Bild auf den
weissen Boden projiciren. In diesem Fall
blickt der Beschauer durch eine Oeffuung
in der Seitenwand. Die G. o. dient zum
Abzeichnen und etwas modificirt zur Auf-
nahme der Photographien.
Camerarins (lat.), Kämmerer.
Camera atellata (lat.) , s. Slemkammer.
Camerlengo (ital.), päpstl. Schatzverwalter,
Camerangebirge, Gebirge in Niedergninea,
im O. der Biafrabai, im Mongoma Labah
(Mount Victorhi) 13,760' h. Südl. davon
ei^iesst sich der Oamerur\fltiia in die Bai.
382
Camillus — Campbell.
CanülIiUB. Marcus Jntr<u$, röm. Feldherr,
dOS T. Chr. Krieffstrlbtin, eroberte 896 VejI, be>
lagerte 994 Falerii a. bezwang es durch Qross-
math. Angeklagt» einen Theil der Beate unter-
schlagen KU haben, ging er 891 in freiwilli-
ges Exil , ward Ton den Tor den Galliern
nach Yeji geflohenen Römern zum Diktator
erwählt, yertrieb die Gallier ans Born, be-
trieb den Wiederaufbau Roms, ward 868
und wieder 867, als ein neuer Angriff von
den G«lliem drohte, zum Diktator ernannt,
schlug die Gallier bei Alba, Termittelte die
Annahme der licin. Gesetze und dadurch
den Frieden zwischen Patridern und Ple-
bejern; f 865 y. Chr., nachdem er fünfmal
Diktator gewesen. Seine Geschichte ist aus-
geschmückt, wie schon Miebuhr dargethan.
Camlsardeii, s. Cevennen.
CuDÖens, Luis de, her. portug. Dichter,
geb. 1524 zu Lissabon, wurde wegen eines
Liebesrerh<nisses zu der Palastdame Gata-
rina de Attayda aus der Hauptstadt ver-
bannt, nahm an einem Kriegszug gegen
Marokko Theil, ging 1553 nach 6oa in
Ostindien, wurde wegen eines satir. Gedichts
▼on da nach Macao verwiesen, wo er 6 Jahre
blieb und sein grosses Epos dichtete ; kehrte
1569 arm nach Lissabon zurück, f das. 1578
in Noth und Elend. Pracht. Denkmal in
der St. Annenkirche. Hauptwerk: das Na-
tionalepos ,08 Luslados* (die Lusitanen, d. 1.
Portugiesen, Liss. 1572), die poet. Verherr-
lichung des Heldenruhms der Portugiesen
und ihres siegreichen Kampfes mit dem
Weltmeer, dessonNaturin grossartiger Weise
geschildert wird. In alle Sprachen Über-
setzt, deutsch von Donner (8. Aufl. 1869),
£ooch'Arkotsy (1854), Sitner (1869). Sehr,
ausserdem treffl. Elegien, Sonette (deutsch
von Arentttchüdt 1852), Kanzonen, Idyllen
(deutsch von Schlüter 18C8B) etc.; seine Dra-
men unbedeutend. G. Schicksal poet. be-
handelt von Tieck (,Tod des Dichters*),
F. Halm und Almeida - Oareit.
Camoghe, Berg im Kanton Tessln, südl.
bei Bellinzona, 6852' h.; ber. Femsicht.
Camonica. Val, das Thal des Oglio in der
Ital. Prov. Bergamo, bis zum Iseosee, 10 M.
Camorra. geheime Brüderschaft im vor-
maligen Königreich Neapel , welche bei
Verkäufen und sonstigen Geschäften einen
Antheil am Gewinn za erpressen suchte, zu
Schmuggeltransporten, auch zu Verbrechen
Aufträge übernahm, organisirt und streng
disciplinirt, unter Ferdinand II. aus polit.
Gründen geduldet, unter Franz II. verfolgt.
Jetzt das Räuberunwesen in Untoritalien
beschützend. Ihre Mitglieder Camorristi.
Vgl. Jfonnier, ,La C.*, 1863.
Camom, Kalkgebirge iif Spanien (Gra-
nada) ; merkwürdiges Höhlenlabyrinth zwi-
schen Alhamera und La Roda.
Campagna dl Roma, die Umgegend von
Rom, den grössteu Theil des alten Latlums
umfassend, einst ein blühender Garten mit
prachtvollen Villen der alten Römer, Jetzt
meist wüst und ungesund (Malaria).
Campagne (f)r., spr. KangpanJ), Feldzug;
auch die Zeit, während welcher ein Hohofen
in ununterbrocheBem Betrieb ist. ]
CampanelU; Thomcu, DomfoikanermSnich
und Philosoph, geb. 5. Sept. 1568 zu Stile
iuKalabrien, lebte zu Neapel, Rom, Florenz,
Venedig und Bologna, ward 1999 wegen
seiner freisinnigen Lehren auf Befehl der
Span. Regierung 27 Jahre gefangen gehalten,
auf Papst Urbans VIII. Verlangen 1€%6
ausgeliefert, zum Schein in das Inquisitions-
gofängniss zu Rom gebracht, 1629 entlassen ;
f 21. Mal 1639 in Paris. Seine zahlreichen
(82) Schriften betreffen Philosophie, Natur-
wissenschaft, Astronomie, Astrologie, Medi-
cin, Theologie, Moral und Staats wissensch.
Hervorzuheben: ,Universalis philosophia'
(Paris 1638); ,Philosophia rationalis* (das.
1638, 5 Bde.). In seiner ,Glvfta8 solis' stellt
er einen Utopist. Idealstoat auf. Vgl. TrISbst,
,Der Sonnenstaat des 0/, 1860. Eine Anzahl
von O.s ,Poe8ie filosofiche* (herausgeg. von
Ordli 1834) hat Herder als , Seufzer eines ge-
fesselten Prometheus aus seiner Kaukasus-
hohle' in der ,Adrastea* übersetzt. Biogr.
yonJiixner u. Siber (1826), Baidacchini (1840).
Canpania, Landschaft, s. Kompanien.
, Campanlle (ital.) , einzeln stehender
Glockenthurm bei einer Kirche.
Campanthal 9 romant. Pyrenienthal im
franz. Depart. Oberpyrenäen, vom Adour
durchflössen, mit Marmorbrüchen und dem
Flecken Campan ; auch bekannt durch Jean
Pauls Dichtung ,Da8 Kampanerthal'.
Campantila L. (Glockenblume) , Pflanzen-
gattung der Kampanulaceen. G. rapunculns
Jj., in Europa und Nordafrika, mit geniess-
barer Wurzel, in Frankreich und England
Gemüsepflanze. Andere Arten Zierpflanzen.
Campbell (spr. Kämmbl)» 1) John, Lord,
geb. 15. Sept. 176l zu Springfleld (Grafsch.
Fife), ward 1830 Parlamentsmitglied, 1832
Solicitor- General, 1834 Attomey - General,
1841 Lordkanzler von Irland und Peer, 1846
Kanzler des Herzogthums Lancaster, 1850
Lordoberrichter der Queensbench, 1859 Lord-
kanzler von England; f 23. Juni 1861. Sehr.
,Lives of the Lord Ghancellors of England'
(4. Aufl. 1857, 10 Bde.); ,Lives of the Ghief-
Justices of England' (1849—57, 3 Bde.).
Biogr. von Fergueon und Brown (1868).
— 2) Lord Clyde, engl. Feldherr, i^eb.
20. Okt. 1792 zu Glasgow, focht seit 1808 in
Spanien, 1814 und 1815 in Amerika, 1841 als
Oberst in Ghlna, 1848—49 im Sikhkriege,
1851 und 1852 in Peschawer, 1854 als General-
major unter Lord Raglan an der Alma,
ward 1856 Generallieutenant, erhielt Juli
1857 den Oberbefehl in Indien, schlug 6. Dec.
die Rebellen bei Gawnpore , erstürmte März
1858 Lucknow, erhielt für Unterdrückung
des Aufstands den Dank des Parlaments,
ward Peer, Nov. 1862 Feldmarschall; f 14.
Aug. 1863 zu Ghatam. '— 3) Thoma; Dichter,
geb. 27. Juli 1777 zu Glasgow, 1827—29 Lord
Rektor der Universität zu Glasgow ; f 15.
JudI 1849 zu Boulog^ne. Hauptwerke: das
Lehrgedicht ,The pleasures of hope', die
poet. Erzählungen ,0 Gonnors Ghlld' (deutsch
von Wolf), ,Gertrude of Wyoming* und
,Theodoric*; unter den kleinern Gedichten:
,The mariners of England', eines der popu-
lärsten Englands. Werke (1818 u. öfter).
Camp de drftp d'or — Ganäda.
388
Cftmp de drap d'or, s. Ardrts.
Campe, Joachim Beinr., Pädagog und V«r*
fasser Ton Jogenduchriften , geb. 29. Jani
1746 an Deensen im Brannschwoigischen,
ward 1773 Feldprediger, 1776 Lehrer am
Philanthropin sa Dessau, nach Basedow
Direktor dieser Anstalt, gründete bald dar-
auf bei Hamburg eine eigene Privaterzie-
hungsanstalt, ging 1787 als Schulrath nach
Braunsohweig und übernahm dort sugleicli
die mit dem Waisenhause yerbundene Buch-
handlung, die er später seinem Schwieger-
söhne Yieweg übergab; f 22. Okt. 1818.
,Kinder- und Jugendschriften' (4. Aufl. 1829
bis 1838, 87 Bde.), darunter ,Robinson der
Jüngere*, nach Defoes ,Robin8on Crusoe'
bearb., bis 1870 77mal aufgelegt. Fast ebenso
verbreitet ,£utdeckung ron Amerika* (21.
Aufl. 1869, 3 Bde.) und ,Theophron oder
der erfahrene Rathgeber für die unerfahrene
Jugend' (11. Aufl. 1843). Sehr, mit £emd
,Wörterbuch der deutschen Sprache* (1807
bis 1811, 5 Bde.). Biogr. von HaUier (1862).
Ciinipeche (spr. -petsch, San FrancUco
de C), Hafenstadt in Mexiko, auf der Halb-
insel Yukatan, an der Campechebai, 15,500 Ew.
Campecheholz, s. Eämatoxylon,
Camperdnin, Dorf an der Küste von Nord-
holland, zirischen Alkmar und Helder; da-
bei 11. Okt. 1797 Seesieg der Engländer unter
Duncan über die hoUänd. Flotte.
Camphansen, 1) Ludolf, preuss* Staats-
mann, geb. 8. Jan. 1803 zu Hünshoven im
Regierungsbezirk Aachen, begründete 1825
mit seinem älteren Bruder ein Bankgeschäft
in Köln, beantragte auf dem rereinigten
Landtage 1847 die period. Berufung dessel-
ben , ward Februar 1848 Mitglied des ver-
einigten ständischen Ausschusses zu Berlin ;
29. März bis 20. Juni 1848 filiuisterpräsident,
Juli 1848 bis April 1849 Bevollmächtigter
Preussens bei der deutschen Gentralgewalt,
rief gegen die in erster Lesung beschlossene
Reichsverlassung die gemelnschaftl. Erklä-
rung von 31 Regierungen hervor; 1849—51
Mitglied der ersten preuss. Kammer, kehrte
1851 in seine frühere Stellung als Associ6 des
kölner Bankhauses A. u. L. G. zurück. —
2) Otto, preuss. Finanzmann, Bruder des Vor.,
geb. 21. Okt. 1612 au Hünshoven, ward 1844
Regierungsrath , 1845 geheimer Finanzrath
zu Berlin , 1849 Mitglied der zweiten Kam-
mer, 1850 des erfurter Yolkshauses, dann
Präsident der Seehandlungsgesellschaft, 1869
Finanzminister, wusste als solcher das dro-
hende Deficit im Staatsbudget zu beseitigen.
— 8) WiUu, Maler, geb. 8. Febr. 1818 zu
Düsseldorf, Schüler der das. Akademie.
Vorzugsweise Schlachtenmaler, Meister in
der Darstellung des Pferdes; Kampfscenen
ans der Zeit Oromwells, dem SOjähr. Krieg
und den schles. Kriegen, auch aus dem
Dänenkriege, Blüchers Rheinübergang u. a.
CamphÖra Nees (Kam^herhaum), Pflanzen«-
gattung der Laurineen. G. o£Qcinalis Neet,
Laurus Gamphora L., immergrüner Wald-
baum in Gochinchina, Ghina, Japan, auf
Formosa, liefert den Kampher.
Caspila (span., spr. -nja). Ebene.
CaaplM {KampenAani) , grosse sumpflge
Heide in der belg. Prov. Antwerpen und
Limburg, durch Kanalanlagen zum ThoU
urbar gemacht; ausgez. Viehzucht.
€ampo Baato, Hauptst. der unterital.
Prov. Molise, im NO. des Matese, 13,354 Ew.
€ampo CossoTO, das Amsolfeld.
Campodnnum, lat. Name von Kempten.
Campo Formio. Dorf bei Udine in Ober-
italien ; 17. Okt. 1797 Friede zwischen Oester-
reich uad der franz. Republik, in welchem
ersteres Mailand , Mantua, das linke lihein-
ufer und die belg. Provinzen abtrat und
daiur Venedig und die Lombardei bis an
die Etsch erhielt.
€ampo8, steinige kahle Hochflächen Im
Innern Brasiliens, 2500' mittl. Höhe, von
vielen Bergketten durchschnitten, die zum
Theil fruclitbare Thäler einschliessen.
Campo Santo (ital., heil. Feld), Friedhof;
bes. Grabstätte ausgezeichneter Männer,
umgeben von einer mit Arkaden versehenen
Halle. Berühmte Beispiele: zu Pisa (von
Ö. Pisauo 12S3 vollendet), Bologna, Neapel,
Mailand, Berlin (seit 1845, noch unvollendet).
Campus Hartins • das Marsfeld (Waffen-
übungsplatz) der Römer.
Camne (spr. Kamüh), Armai^ Gaston,
franz. Revolutionär, geb. 2. April 1740 zu
Paris , Mitglied des Nationalkonvents, ward
3. April 1793 von Dumouriez, den er in Ver-
haftnehmen sollte , mit vier seiner Kollegen •
an die Oesterreicher ausgeliefert und erst
nach 2V^ähf. Haft gegen Ludwigs XVL
Tochter ausgewechselt , trat darauf in den
Rath der Fijnfliundert; f 2. Nov. 1804.
Cam-WOOd (spr. Kämwudd, Oambaholz, Oa-
banhoU), rothes Farbholz von Baphia xütida
A/z. aus Sierra Leone.
Cana (Ckmnay), Hebrideninselch^n , im
NW. von Run, 300 Bw. ; an der nördl. Spitze
der merkwürdige Kompas^elsen.
Cuiida, brit. Kolonialland in Nordamerika,
nördl. der Union und der grossen Seen, im
Allgemeinen das Becken des Lorenzstroms
mit seinen Zuflüssen umfassend und in Ost-
oder üntercanada und West- oder Obercanada
zerfallend; wurde 1867 mit den Kolonien
Neubraunschweig und Neuschottland zu
einem in administrat. und legislat. Hinsicht-
unabhängigen Föderativstaat (Dominion of
C) vereinigt, welcher 1869 auch noch die
Hudsonsbailänder von der engl. Regierung
erwarb. Öesammtgrösse: 153,745 QAI. und
(1869) 4,127,526 Ew., wovon auf das eigent-
liche 0. kommen:
Obercanada 3703 QM. und 1,962,067 Ew.,
üntercanada 9878 „ „ 1,354,067 „
Summa 15,581 QM. und 3,316,i:f4 Ew.
G. ist reich bewässert, im N. meistens Wild-
niss voll ungeheurer Waldungen, Seen und
Sümpfe; am Lorenzstrom und im S. reich
an fkruchtbaren, malerischen Kulturland-
sohaften. Klima durch raschen Tomperatur-
wechsel , hohe Sommer- und Wintertempe-
ratur hervorstechend, aber gesund und der
Vegetation günstig. J^odukle: Nutsholz in
unermesslicher Menge (das Holzgebiet Jetzt
noch 13,580 QM.) und andere Walderseng-
nisse (Ausfuhr 1868 für 14,47 Mül. Doli.);
Getreide, bes. Weisen, Petroleum, Eisen n.
886
Cantu — Caput iwortaiim.
ToBlängen ; dann dergl. Melodie, in welcher
andere Melodien kontrapunktisoh gesetst
-werden. C. figunU'o, Flgural- oder künstl.
Gesang. C. ripiino, Nebenstimme.
Cantn, Cesare, ital. Schriftsteller, geb. 5.
Sept. 1805 zu Brivio, lebte seit 1832 in Mai-
land, ward Ang. 1859 in das Parlament zu
Turin gewählt, trat als Anhänger des Fapst-
thnms nach der Okkupation der Marken
wieder aus. Seine freisinnige Schrift ,Kaggio-
aamenti sulla storia lombarda del secolo
XVni' (21. Aufl. 1864) zog ihm einjährige
Haft zu, die er in dem histor.-polit. Roman
jMargherita Pnsterla* (36. Aufl. 1864; deutsch
Ton Fink 1841) beschrieb. Hauptwerk , Storia
universale' (9. Aufl. 1864, 85 Bde.; deutsch
TOn Brühl 1848-69, 13 Bde.).
€ftpe Breton (spr. Eehp Brett'n), Insel im
brit. Kordamerika, vor dem St. Lorenzbusen,
183,7 QM. (davon 5 unter Kultur) ; viel Stein-
kohlen, reiches Eisenerz ; seit 1745 britfl
Cape CoMt (spr. Kehp Kohst), brit. Stadt
mit Fort auf der Gtoldküste in Guinea, 10,000
Ew., Mittelpunkt des engl. Handels.
Cftpellgiie (spr. Kapflk), Jean Baptiste Ho-
nor6 Raymond, ft-anz. Historiker, geb. 1798
zu Marseille; ultramont. Vielschreiber, der
fast alle Perioden der mittelalterl. und mo-
dernen franz. Geschichte behandelt hat.
Bestes Werk: ,Hi8t. de Philippe Auguste*.
CftpelU, Stern 1. Grösse im Fuhrmann.
Capetinger, die 3. fränk. Dynastie, welche
mit Hugo Capet 987 den Thron bestieg. Den
Namen G. leitet man von eappetua, Mönchs-
kapuze, ab, weil der Genannte, wie sein
Tater, zugleich Abt ron St.-Martin de Tours
war'. Als Stammvater gilt Robert der Starke,
Graf von Anjou, der 861 von Karl dem Kah-
len iriit dem Herzogthum Francien und der
Grafächaft Paris belehnt ward (f 866). Sein
Sohn, Endes oder Odo, schätzte 887 Paris
vor dem Angriff der Normannen und wurde
deshalb von den Baronen zum König von
Frankreich erhoben (f 898). Sein Bruder und
Nachfolger, Robert, fiel im Kampfe gegen Karl
den Einfältigen. Hugo der Grosse (auch der
Weisse oder der Abt), nicht unmittelbarer
Nachkomme Roberts, Graf von Paris und
Orleans, Herzog von Francien u. Burgund,
Schwiegersohn des deutschen Königs Hein-
rich L, übte bei Besetzung des Thrones
grossen Einfluss aus ; f 956. Sein Sohn
Hugo Capet ward 8. Juli 987 zu Noyon durch
die Wahl der Grossen zum König erhoben
und schlug seine Residenz in Paris auf; f
996. Seine direkten Nachkommen regierten
in Frankreich bis 1328, wo mit Karl IV. die
Dynastie im Mannsstamme erlosch. S.
Frankreich, Geschichte.
Cap-Hftytlen (spr. -Aisiäng, Cap-franfais),
Haupthafen auf der Nordseite von Haiti,
10,000 Ew. ; 1842 durch Erdbeben verwüstet.
Cftpitanita, unterital. Prov. (Apulien),
139,5 QM. und 312,430 Ew. Hauptst. Foggia.
Capitinij im Mittelalter in Italien die
grosseren Lehnsleute der Bischöfe ; in Grie<
chenland die Anführer der Armatolen etc.
Capite censi (lat.), im alten Rom die Bür-
ger ^ er 6. Klasse, welche wegen Ar muth
nur die Kopfsteuer zu entrichten hatten.
Capltüi demtamtlo (lat.), bei den Römen»
Verlust oder Verminderung der aUgem.
Rechtsfähigkeit. C d, maxima, bürgerl. Tod,
Verlust der gesammten Rechtsfähigkeit; 0»
d. media, Verlust des röm. Bürgerrechts;
C. d. minima, Verlust der bisherigen Fa-
milienrechte, z. B. durch Adoption.
Capo (ital.), Anfang; da e. (abgekürzt D.-
G.), von Anfang, zu wiederholen.
Capo d'lstriay Hafenst. In Istrien, südl.
von Triest, am Meerbusen Vi^le Stagnone,
9186 Ew. ; einst Hauptst. des venetian. Istriens.
Capo tasto (ital., Kapodatter), Guitarreit-
aufsatz, der an der oberen Hälfte des Halses-
auf die Saiten gesetzt wird, um die Stim-
mung beliebig zu erhöhen.
Cappails L, ( Kapemttraueh) , Pflanzen-
gattung der Kapparideen. G. spinosaX., G.
s«ttiva jPir«., gemeiner I£apernstrauch, ia
Südeuropa und Nordafrika liefert die Kapern
(mit Essig und Salz eingemachte Blüthen*
knospen). Als Surrogate ders. dienen Knos-
pen von Tropaeolum majus ( Kapuzinerkck-
Sem), Spartium scoparium (deutsche Kapern),
ambucus nigra und Galtha palustris.
Capra (Ziege), Stern, s. v. a. Gapella.
Capraria.X., Pflanzengattung .der Perso-
naten. G. biflora L, in Peru und West-
indien,_kultivirt, Theesurrogat.
Caprera, Felseninsel an der Nordostspitze
von Sardinien, Wohnort Garibaldis.
Capri (röm. Capreae), vulkan. Felseninsel
am Eiugang des Golfs von Neapel, im M.
Solaro 1900* h., 1 QM. und 8700 Ew.; der
westl. Theil Anacapri, durch steile Fels-
wand abgeschieden. Einst Lieblingsaufeut-
halt des Kaisers Tiberius; in der Ostecke
Reste seines Palastes. Auf der Nordseite
die ,blaue Grotte* (s. d.).
Capriccio (ital., spr. -itscho), Laune, Grille ;.
Gemälde von launenhaftem, doch geistrei-
chem Ghai'akter; kleineres phantasieariiges
Musikstück launigen Gharakters. Capriccioso-
(spr. -itschoso), launenhaft.
Caprice (fr., spr. Kaprihs), Laune, Grille;
kapriciös, eigensinnig, launig.
CaprifoUam, Pflanzengattung, s. Lonicera»
CapsicuBi L. (Bei$»beeren, »panitcher PJef-
fer), Pflanzengattung der Solaneen. Von C.
annuum L., aus Brasilien, Mexiko und Ost-
indien, werden die rothen Früchte (span.,
brasil., türk. Pfeffer, Paprika) als ungemein
scharfes Gewürz, besonders im trop. Amerika
als Bestandtheil der Mixed Pickles, auch
bisweilen als Heilmittd benutzt (wirksamer
Bestandtheil das Captidn).
Captatio (lat.), eifriges Trachten oder
Haschen nach etwas* c. hmtvolentiae , das
Streben nach der Gunst Anderer durch
Schmeichelei etc. Kap.ator%9eh heisst eine
Handlungsweise , durch welche man Jeman-
dem einen Gewinn in Aussicht stellt, um
von ihm dafür die Gewährung eines noch-
grösseren Vortheils zu erlangen.
Capua. feste Stadt in der unterital. Prov^
Terra dl Lavoro, am Voltumo , 12,548 Ew.,
gr. erzbischöfl. Kathedrale. Das alte 0., Ri-
valin Roms und Karthagos , lag östlicher.
Caput (lat.), Kopf; Anfang; Kapitel.
Caput mortuum (lat.), Todtenkopf, Kolke-
Cap Verd — Gardigan.
387
thasr, der Bjiekstand Ton der Bereitung des
Yitriolöls, besteht ans rothem Eiienoxyd,
dient zn Anstrichen, zum Poliren.
€sp Terdy i. Qrünts Vorgebirge.
üanbinicriy schwere Kavallerie, mit Ka-
rabinern bewaffnet; kam zidetzt anter Na-
poleon I. vor, ganz den Kürassieren ähnlich.
Canbölfo, Dorf in Venezuela (Südamerilca),
sädwestl. bei Valencia; hier 28. Hai 1814
Sieg Bolirars über die Si>anier unter Salo-
mon ; 24. Juli 1821 entscheidender Sieg Boli-
Tars über Morales und La Torre.
Ciraeallay Marcu* Aurelhu Ani&ninu» Btu-
»ianua, röm. Kaiser, Sohn des Kaisers
Septimius Severus, geb. 4. April 188 n. Chr.
zn Lyon, nach seiner gallischen Lieblin'gs-
tracht C. genannt, bestleg 211 n. Chr. mit
seinem Bruder Geta den Thron, Hess 212
diesen ermorden und sich von den Präto-
rianern als Alleinherrscher ausrufen. Grau-
samer Wütfaerich , yerlieh allen Bewohnern
des Beichs das röm. Bürgerrecht, um von
allen gleich hohe Abgaben erheben zu kön-
nen, machte ruhmlose Baubzüge gegen die
Alemannen und Parther; ward 8. April 217
auf Anstiften des Präfekten der Pratorianer,
Ifacrinusy auf dem Wege zwischen Edessa
und Carr& ermordet. Beste der Thermen
de» C. unweit der Porta Oapena in Bom.
Caracirm^ 1) gemeiner 0., braeil, Adler,
Gheriway (Falco brasiliensis L., Polyborus
vulgaris Vieiü.), Baubvogel aus der Gattung
Schlangenadler, von der Grösse des Fisch-
adlers, gemeinster Baubvogel Paraguays u.
Brasiliens. — 2) Weiner G. (Falco degener
m.)f in ganz Südamerika, sucht weidendem
Vieh die Holzböcke vom Bücken ab.
Caricas^ Hauptst. der südamerik. Bepublik
Venezuela, unfern der Küste, mit dem Hafen
La äTuaira, 47,013 Ew. (Va Weisse); Erzbisch.,
Universität (seit 1778); lebh. Handel. 1567
gegr. ; 26. Harz 1812 furchtbares Erdbeben.
Caracei (spr. - ratschi) , Lodovieo , ital.
Maler , geb. 1&55 zu Bologna , stiftete das.
eine Akademie und ward so Begründei^er
her. Malerschule von Bologna, in welcher
der Eklekticismus zur vollkommenen Aus-
bildung gelangte ; f 1619. — Von seinen beiden
Schülern und Neffen AgoHirv> C, geb. 1558,
t um 1605, und Ännibale C. , geb. 1560, f
1609 zu Bom , hat sich eraterer vorzugsweise
dusch seine Lehrtfaätigkeit und als Kupfer-
stecher Bnhin erworben, letzterer als Maler,
das bedeutendste Talent der Familie. Haupt-
werke: die mythol. Fresken in der Oallerle
des Palazzo Famese zu Bom« heil. Bochus
(Dresden), Madonna mit Heiligen (Bologna),
Maria mit Christi Leichnam (]BU>m) etc. Auch
Genrebilder und landschaftl. Darstellungen.
CanAk^ Michde^ ital. Opemkomponist,
geb. 28. Nov. 1785 zu Neapel, liess sich in
Paris nieder; f <1&8. 1849. Zahlr. Opern in
Eossinis Genre (,Le solitaire*, ,Ma8aniello').
Caraffe (Carafine, &.)• Flasche von ge-
schliffenem Glase mit Glasstöpfel; Carafon,
Eisbehälter für den Wein auf der Tafel.
Caraana^ dem Guajac ähnliches Harz aus
Mexiko von Bursera acumlnata B., in der
Parfümerie verwendbar.
Caravaggio (spr. -wadscho),l) Michelangelo
Amerigki da C, ital. Maler, geb. 1560 zu
Garavaggio bei Bergamo, führte ein wildes
und unstetes Leben, mnsste von Rom nach
Neapel, von da nach Malta flüchten, wo er
für sein Gemälde ,Enthauptung des Jo-
hannes' zum Malteserritter ernannt wurde,
gerieth hier In neue Händel , floh aus dem
Gefängniss nach Sicilien und weiter nach
Neapel, ward unterwegs überfallen und f
an den erhaltenen Wunden zu Porto Brcole
1609. Der Hanptmeister der Natuiiillsten,
die der ideal. Blchtung der Eklektiker' ent-
gegentraten, wie im Leben so auch in
seinen Gemälden wild und leidensohaftlfeft.
Hauptwerke: die falschen Spieler (Dresden),
die wahrsagende Zigeunerln,GrabIegung (Va-
tikan) u. a. — 2) Paidoro da C, s. Oaldara 1).
Carbonirl (ital., d. 1. Köhler), geheime
polit. Verbindung in Italien, ursprünglich
gegen die Herrschaft der Franzosen ge-
richtet, verfolgte nach der Bestauration der
Bourbonen demokratische und antimonar-
chische Tendenzen. Ihr Bituale war vom
Kohlenbrennen hergenommen, manche ihrer
Formen der Freimaurerei entlehnt. Nach
der Unterdrückung der Revolution in Neapel
und Piemont (1823) wurde Paris Mittelpunkt
der Charbonnerie , welche verschiedene ge-
heime, seit 1820 mit der Carbonaria ver-
brüderte Gesellschaften in sich begriff und
in Ventas zerfiel. Nach der Juliravolution
1830 bildete sich eine neue Charbonnerie
d6mocratique, die auf Einführung der repu-
blikan. Verfassung ausging und Babeufs
Gleichheitsideen annahm. Die letzten Spuren
dAselben zeigten sich 1841 in Südfrankreich.
Carbonculas, s. Zar/unibeZ.
Carcassonn«) Hauptstadt 4^s franz. Depart.
Aude, an der Audo und dem Südkanal,
22,173 Ew. Berühmte -Tuchfabriken.
Cardamine L, (Sehaumkraut, Wieeenkreue,
OauchMume), Pflanzengattung der Kruci-
feren. G. amara L., BitUrkresee , in Europa
und Asien, Kraut als Herba Nasturtii ma-
joris ehemals ofBcinell, ebenso G. pratensis
L., Wieeetüchaumkraut , welches auch zu
FrühlingskräutiBrsäften benutzt wird.
Cardamömam, s. Kardamom.
Cardinas, Hieronvmue, her. Gelehrter,
geb. 24. Sept. 1501 zu Pavia, Lehrer der Heil-
kunde in Bologna; f 21. Sept. 1576 in Rom.
Sehr. ,De subtUitate' (21 Buch.) und ,De
rernm varietate' (17 Buch.), als Inbegriff
seiner Physik und Metaphysik , erwarb sich
aber namentlich um die Algebra Verdienst
durch die sogen, cardanisehe Regel zu Auf-
lösung der Gleichungen des 8. Grads, deren
eigentl. Erfinder aber Tartaglia gewesen sein
soll. Schriften gesammelt (1663, 10 Bde.).
CardenaS) Hafenstadt auf der Südküste
der Insel Cnba, 13,000 Ew.
Cardia (gr.), s. Magenmund.
Cardialgia (gr.), Magenschmerz.
Cardianektasis (gr.), Herzerweiterung.
Cardlir, Hauptst. der Grafsch. Glamorgan
in Wales, an der Mündung des Taafe,
32,954 Ew. (1800: 2000), der Hafen von
Merthyr T^dvil (Eisenbahn dahin); grosse
Ausfuhr von Eisen u. Kohlen, auch Korn etc.
Cardigan (spr. -gen), Grafschaft im süd-
25*
B88
Gairdiostenosis — Garlos.
wMtl. Wales, S7,8QM. und 79,245 Ew. Die
McntpM, C, am Teify, S54S£w. Ijacba&Bg.
Cardioftenosii (gr.), Herzverengening.
CardQ&a» feste Stadt in der span. ProT.
Barcelona, 3050 Ew« ; dabei berühmter Stein-
eaUberg (3 St. im Umfang, über 500' h.);
Vabrik. yon Eanetiachen aus Steinsalz.
Carex L, (Bi€dgra$, 8egg€), Pflanzengat-
tnng der Cyperaceen, mehr als 500 Arten
auf morastigen sumpfigen Wiesen, schlechtes
(saures) Viehfutter.
Garey (spr. Karl), Henry, engl. Dichter
und Komponist, geb. 169C in London, f
4. Okt. 1743; am bekanntesten al? Yei^f. des
Textes und der Melodie von ,God save the
king* (zur Geburtsfeier KOnig Georgs IL).
Garer (spr. Käri), Henry Charlet, ameri-
kan. Kationalökonom, geb. 15. Dec. 1798 zu
Philadelphia, bis 1835 Besitzer einer Ver-
lagsbuchhandlung, wandte sich dann in-
dustriellen Unternehmungen zu und verfocht
die Schutzzolltheorie. Stellte ein System der
Gesellschaftswissenschaft auf, wonach sie
,die Erkenntniss der Gesetze ist, nach
welchen der Mensch sich die höchste Ent-
wiokelung seiner Individualität und damit
sugleich die höchste Yergesellschaftungs-
fahigkeit zu sichern sucht, und der Fort-
schritt der Menschheit in ihrer zunehmenden
Herrschaft über die Kräfte der Natur be-
stehen soll, wodurch die Produktionsfäfaig-
keit der Erde sich steigert*. Sehr. jEssay
on the Bäte of Wages* (1835) , weiter aus-
geführt in ,Principles of Political Eoonomy*
(1837—40, 3 Bde.; deutsch von AdUr , 2.
Aufl. 1870); ,The Past, the Present sfnd
the Future' (1848); ,The Harmony of In-
terests' (1850; neue Aufl. 1866: deutsch von
AdUr 1863-64, 3 Bde.).
CKtgo (ital. und engl.), Ladung, im Se^
wesen die Schiffsladung, auch wohl das
Yerzeiehnlss der geladenen Güter mit An-
gabe der Absender, Empfänger etc. Daher
Oargador (Cargadeur) oder Bupereargo, der
Bevollmächtigte, welcher eine Schiffsladung
im Auftrag ihrer Absender u. Eigenthümer
nach den Absatzhäfen begleitet, um sie da-
selbst für Rechnung seiner Auftraggeber zu
Terkaufen. Grosse Handelsgesellschaften
unterhalten auf transatlant. Plätzen auf
längere Zeit ansässige Gargadoren. Nach
dem allgem. deutschen Handelsgesetzbuch
soll durch Verschulden des Caigadeurs ent-
stehender Schaden bei Versicherung von
Gütern oder imaginärem Gewinn dem Yer«
sicherer nicht zur Last fallen.
Garlea L. (Mdonrnbaum), Pflanzengattung
der Cucurbitaceen. G.Papaya L., astloser,
nur 4 Jahre lebender Baum in Brasilien,
Surinam, Mexiko, West- und Ostindien,
reich an heilkräftigem Milchsaft, mit oft
15 Pfd. schweren geniessbaren Früchten.
Guleato (ital.), überladen.
GarieSy s. Knochenfnua,
GarIgnaBO (spr. -rinj-) , Stadt in der ital.
Prov. Turin, am Po, 4824 Ew.; fiel 1418 an
die Grafen von Savoyen. Von derselben
führt die jüngere, Jetzt regierende Linie des
Hauses Savoyen den Namen.
GarUIOB (fr. spr. -iljong), Glockenspiel.
Cariu (lat.), SchUfokiel; in der Botanik
die scharfkantige Erhöhung eines Blüthen-
oder Fruchttheils. [12,674 Ew.
Gariniy Stadt auf Sicilien, Prov. Palermo,
Garipe» Stadt in Venezuela, Prov. Gumana,
5000 Ew.; dabei die von Humboldt beschrie-
bene grosse Höhlengrotte, der Aufenthalt
zahlloser Vögel (Guaoharos).
Garissiml^ Oiacomo, ber. ital. Komponist,
geb. 1600 in Venedig, 1640 — 80 Kapell-
meister in Bom; f um 1690. Yerbesserer
des Recltativs und Schöpfer der Kammer-
kantate; auch fügte er zuerst eine Instrunieo-
talbegleitung zur Motette. Beste Oratorien :
,Jephtha* und ,Dle Verurtheilung Salomos'.
Carlen, Emüie, s. Flygare-GarUn.
Garleton (spr. Karlt'n) , William, irischer
Schriftsteller, geb. 1798 zu PrilUsk (Tyrone),
lebte meist in Dublin; f 1. Febr. 1869. Der
populärste Sittonmaler des irischen Volks;
sehr. ,Traits and stories of the Irish peasan-
try< (1880 und 1832) und zahlreiche Romane
und Erzählungen: , Valentine M^Clutchy'
(1845), ,The black prophet* (1847 ; deutsch von
Gerstäeker 1848), ,The Evll Eye« (1860) u. A.
Garllsle (spr. -leil), Hauptstadt der engl-
Grafschaft Oumberland, am £den, 29,417
Ew. ; festes Schloss (Maria Stuart 1568 hier
gefangen), schöne Kathedrale (1192 erbaut,
1853 restaurirt), Zeughaus; Baumwollenfa.br.
Unfern ,die grosse Meg und ihre Töchter',
merkw. Druidendenkmal (67 gr. Steinblöcke).
GarlM, 1) J>on, Infant von Spanien, Soho
Philipps n. aus dessen erster Ehe mit Maria
von Portugal, geb. 8. Juli 1545 zu Valla-
dolid, gerleth als Gegner des Absolutis-
mus und der Inquisition mit seinem Vater
und dessen Vertrauten, dem Herzog von
Alba, in Zwiespalt, sann auf Flucht ins
Ausland, ward aber 18. Jan. 1568 von Fbi«
lipp selbst verhaftet und vor eine Unter-
suchungskomroission gestellt; t angeblich
24. Juli 1568 im Gef&ngniss. Vgl. ausser
den älteren Forschungen von Llorente,
Ranjce und Raumer, bes. Pr«$eoU, ,Histonr
of the reign of Philip the SeoondS 1B56,
2 Bde.; Oachard, ,Don 0. et Philipp ^S
1863; Mouy, ,Don G. et Philipp US 1864;
Wamk^ig, ,Don G,«, 1864. — 2) Don Maria
Joseph laidor von Bourbon , span. Kronprä-
tendent, geb. 29. März 1788, zweiter Sobn
Karls IV., Bruder Ferdinands VH., musstc
1808 auf Napoleons Geheiss der Thronfolge
entsagen und lebte bis 1814 in Valencay>
vermählte sieh 1816 mit Maria Francl^a
d^Assis, der Tochter des Königs Johann VI-
von Portugal. In Folge der Aufhebosg
des salischen Gesetzes durch die prsgoist.
Sanktion vom 24. März 1830 und durch die
Geburt der Infantin Maria Isabella der Aas-
sicht auf die Thronfolge beraubt, ward er
1833 wegen der Umtriebe seiner Anhänger
nach Portugal und dann nach dem Elrchen«
Staat verwiesen, nach Ferdinands VH. Tode
(29. Sept. 1833) aber von seiner Partei, den
Karlisten, als rechtmässiger König au^«'
stellt. Von der Königin -Regentin (16. Okt.)
für einen Bebellen erklärt, von der Thron-
folge ausgeschlossen und aus Spanien ver-
bannt , musste er nach wechselTollemBüiS^^'
Carlow — Carolina.
889
kriege 1839 in Frankreich Zuflucht suchen.
Seit 1838 in 2. Ehe mit Maria Theresia» In-
fantin von Portugal und Wittwe des In-
fanten Peter von Spanien, yermählt, lebte
er zu Bourges, entsagte 18. Mai 1845 seinen
Hechten auf den span. Thron zu Gunsten
seines ältesten Sohnes und nahm den Titel
eines Grafen Ton Molina an; f 10. März 1855
zu Triest. — Sein äKester Sohn, J^on C. Louis
Ferdinand de Bourhon, Prinz von Asturien,
nach Verzichtleistung des Vaters Graf
Mout&nolin, geb. 31. Jan. 1818 zu Madrid,
floh 1846 mit Cabrera aus Bourges nach
England, vermählte sich 1830 mit der
neapolitan. Prinzessin Maria Earolina Fer-
diaanda, Schwester König Ferdinands. II.,
ward von. Ortega, dem Generalkapitän der
balear. Inseln, bei seiner Landung bei
Tortosa (3. April 1860) zum König ausge-
rufen, aber gefangen genommen und nur
gegen Verzichtleistung auf seine An-
sprüche auf die Thronfolge freigelassen.
Er nahm dieselbe später als erzwungen
zurück, lebte in Triest; t I^* ^^^' d<^s.
Prätendent auf den span. Thron ist seitdem
der zweite Sohn des Don G. , Don Juan
Carlo» Maria IsidorOy geb. 15. Mai 1822,
vermählt seit 1847 mit einer Tochter des
Herzogs Franz IV. von Modena, lebt in
London und erliess von da au^ mehrere
Manifeste, w^orin er den Spauiem eine kon-
stitutionelle Regierung verhiess.
Carlowy Grafschaft in der irländ. Provinz
Leinster, 15,9 QM. und 57,137 Ew. Die
Hauptst. C.,amBarrow,8204Ew. ; E^thedrale.
Carlyle (spr. -leil), Thema», engl. Schrift-
steller, geb. 4. Dec. 1795 zu Middlebie in
der scbo^. Grafscb . Dumfries, erst Lehrer der
Mathematik in Fifeshire, privatisirte dann in
Chelsea bei London, wo er, mit dem Studium
der deutschen Sprache und Literatur be-
schäftigt, sein ,Life of Schiller* (1825; deutsch
1830), die,Translatious of German romances^
g827, 4 Bde.) und eine tJebersetzung von
oethes jWilh. Meister' erscheinen licss;
kehrte 1827 nach Schottland zurück. Ein
Autor von originellem Charakter, panthei-
stisch, dabei eifriger Apostel des Evange-
liums der Arbeit; seine Sprache oft dunkel
und barock. Werke: ,Saa-tor Resartus,
(1835); jFrench revolution* (4. Aufl. 1864;
deutsch von Feädenen 1844, 3 Bde., eine
Art Epos in Prosa); ,CrItical and miscella-
neous essays* (1839, 4 Bde.) ; ,0n Hei-o wor-
ship' (1841; deutsch von Neuberg 1853); ,Past
and Present* (1843); ,Latter day pamphlets'
(1850) und die eigenthümliche ,History of
Friedrich n' (1858—65; deutsch von NeUberg
1858—69, 6 Bde.). Ausgewählte Schriften,
deutsch von Kretschmar (1855 f., 6 Bde.).
CarmagnSIa (spr. -manjola), Stadt in der
ital. Prov. Turin, unfern des Po, 12,519 Ew.
Bedeutende Seidenproduktion.
Carmagnele (fr., spr. -manjohl), savoy.
Singtanz ; insbes. franz. Revolutionslied(1792),
gegen Marie Antoinette gerichtet, mit den
Worten beginnend ,Madame Veto avait pro-
niis' u. dem Refrain ,Dausons la carmagnole,
"v^Ive le son du canon !' Auch Name der weiten
Aermeljacke der Revolutionsmänner, sowie
der Lügenberichte des Wohlfi^hrtsansschus-
ses über die franz. Siege. [Mittel.
Carminativa (lat.) , bläh^ngentreibende
Carmöna» Stadt in der span. Prov. Sevilla,
15,100 Ew. ; bedeutendcfr Olivenbau.
Camac, Dorf im franz. Depart. Morhibali,
südöstl. von Lorient, 2864 Ew. ; dabei grosses
celt. Denkmal: 4000 — 5000 perpendiknlär
stehende Steinsänlen (Menhir) in 11 Reihen.
Carnivora (lat), s. v. a. Raubthiere.
€amot (spr. -noh) , 1) La*are Mcolas Mar»
guerite, Graf, franz. Revolutionär, geb. 13.
Mai 1753 zu fTolay in Bui^und, erst Inge*
nieurhauptmaun r ward 1791 Abgeordneter
der Legislative . operirte März 1793 mit Er-
folg an der Spitze der Nerdarmee, leitete
als Mitglied des Wohlfahrtsausschusses das
Kriegswesen und trug durch seine Anord-
nungen zu den Siegen der republikan.
Heere wesentlich bei. Mitglied des Direk-
toriums seit 1795, erklärte er sich gegen
Barras gewaltsame Massregeln gegen die
royalistische Reaktion , ward 18. Fructidor
(4. Sept. 1797) als Royalist zur Depor-
tation verurtheilt, entfloh nsich Deutsch-
land. Nach dem 18. Brumaire zurückge-
rufen, ward er April 1800 Kriegsminister,
März 1802 Mitglied des Tribnuats, stimmte
hier gegen das lebenslängliche Konsulat
und als der Einzige gegen Napoleons Er-
hebung zum Kaiser. 1814 mit dem Ober-
befehl in Antwerpen betraut, vertheidigte
er den Platz bis zur Kapitulation von Paris.
Während der 100 Tage von Kapoleon
2um Pair und Grafen und zum Minister
des Innern ernannt, trat er dann in die
provisor. Regierung. Nach der Rückkehr
der Bourbons verbannt, ging er nach
Warschau, dann nach Magdeburg; f das.
8. Aug. 1823. Sehr. ,G6ometrie de position*
(1813); ,De la defense des places fortes*
(3. Aufl. 1812) u. A. , auch ein komisches
Heldengedicht ,Don Quichote* (1820); seine
«MSmoires' gab sein Sohn (1862—64, 2 Bde.)
heraus. Biogr. von Arago (1850). — 2) La-
Kare Hippolyte, franz. Publiciat und Staats-
mann, Sohn des Vor., geb. 6. April 1801
zu St. -Omer, kehrte 1823 nach Frank-
reich zurück und schloss sich den St.-Simo-
nisten an, 1839, 1842 und 1846 als Abgeord-
neter der Kammer Mitglied der äussersten
Linken, nach tier Februarrevolution 1848
bis Juli Minister des öffentlichen Unter-
richts, ward Mai 1850 in die gesetzgebende
Versammlung, nach dem Staatsstreich vom
2. Dec. 1852 in Lyon und 1857 in Paris in
den gesetzgebenden Körper gewählt, aber
wegen Verweigerung des Huldigungseides
ausgeschlossen, erst 1863 zugelassen. Sehr.
,Expos6 de la doctrine Saint - Simonienne'
(1830 u. öfter), gab die Memoiren Gregoires,
Barr&res und seines Vaters heraus.
Carole (fr.), in Frankreich wie auch in
Italien alter Reihen - oder Rundtanz mit
Gesang (ehannone de c); in England später
geistl. Jubelgesang (z.B. Ghristmas carols).
Carolina y abbr. für conMtutip eriminatie
Carolina, die von Kaiser Karl V. erlassene
peinliche Gerichtsordnung, ging hei*vor aus
der bambergischen Hals- oder peinlichen
390
Carolina — Cartwriglit.
Ovrlchtsordniuig Ton 1507 , ward auf dem
lE^chstag za EegenBburg 1588 angeDommen,
bald die anerkannte Grundlage des gemei-
nen Straf- nnd SrafprosessrechtB , Jetzt
allenthalben durch humanere G«setebücher
Terdrängt. Herausg. ven Züpfi (1842).
GArollBAf nordamerlkan. lÄndschaft, am
«tlant. Ocean, südl. von Virgtnien, 1497 von
Seb. Gaboto entdeckt; 1513 von Spaniern und
später Ton franz. Hugenotten ohne weiteren
Ertölg kolonisirt, seit 1729 engl. Kolonie und
in Nori' Mnd BßAearoUna, geschieden, die
jetzt selbständige Staaten der Union sind.
Carpemtarifty älterer Name für das den
gleichnam. Jlfe«yiMen um&aseode Land der
latküste von Australien, benannt nach
tttw CarperUer, 1623— 27 G^neralstatthalter
der hoIläDd.-ostind. Besitzungen.
Carpentras (spr. -pangtra), Stadt im franz.
Depart. Vauclnse, am Aozon, 10,848 Ew.
Curply 1) Stadt in der ital. Prov. Modena.
am Seccfaiakanal, 17,504 Ew., ehedem fürstl.
Besidenz , ' Arkadenstrassen , Dom , altes
Schloss, Kastell und zahlreiche Paläste. —
S) Dorf bei Verona, an der Etsch ; 7. Juli 1701
Sieg des Prinzen Eugen über die Franzosen.
CarpiBHS) Pflanzengattung, s. Hainbuche,
Carragaheen (irländ. Ferlmoos), Ghondrus
crispus Lyngbye, stets gemischt mit Masto-
carpus mammillosus Kütz, , von den nord-
atlant. Küsten , bes. West- und Nordostir-
lands und Schottlands, vielfach verzweigte
homartige Algen, mit Wasser gekocht zu
fichleim oder Gallerte löslich, officinell, auch
als Nahrungsmittel dienend.
Carrira, Stadt in der ital. Prov. Massa
und Garrara, am apuan. Apennin, 6797 Ew. ;
Bildhauerakademie. Unfern bricht der car-
rariache Marmor (seit 2000 Jahren bekannt).
Carrel) Armand, frauz. Publicist, geb.
8. Mal 1800 zu Ronen, vereinigte sich 18S0
mit Thiers und Ifignet zu Herausgabe des
»National*, veranlasste 1830 die Protestation
der Journalisten gegen die Juliordonnanzen,
dann Haupt der republikan. Partei, ver-
theidigte die wegen der SchUderhebung
vom April 1884 angeklagten Bepublikaner
vor der Pairskammer; f 24. Juli 1886 im
Duell mit Emil Girardin tödtl. verwundet.
Carrer, Luigi, ital. Dichter, geb. 1801 zu
Venedig , f das. 23. Dec. 1850. Sehr. »Poesie*
<treffl. Balladen, 8. Aufl. 1845) und das be-
liebte Werk ,L'anello di sette gemme* (1888).
Carriek a Bede, grotesker Felsen an der
Küste der irländ. Prov. Ulster, durch eine
Taubrüeke mit dem Festland verbunden;
der Sitz zahlloser SeevögeL
Carrlere, Moritz, Philosoph u. Aesthetlker,
geb. 5. Harz 1817 zu Griedel in Hessen, seit
1849 Prof. der Philosophie zu Glessen, seit
1858 zu München, auch schriftf&hrendes Mit-
glied der Kunstakademie daselbst. Sehr. ,Die
Beligion in ihrem Begriff, ihrerweltgeichicht-
lichen Entwickelnng und Vollendung* (1841) ;
,Die philos. Weltanschauung der Reforma-
tionszeit* (1847) ; ,Relig. Reden und Betrach-
tangen für das deutsche Volk* (2. Aufl. 1856);
,Das Wesen und die Formen der Poesie*
<1854) ; ,£rbauung8buch für Denkende* (1858) ;
«Aesthetik* (1859); ,Die Kunst im Zusam- 1
menhang der Kulturentwi<^elung und die
Ideale der Iklenschheit* (Bd. 1-4, 1868—71).
Carrier • Indianer (Takali), Indianerstamm
im nördlichen Theile von Britisch- Columbia;
ihre Sprache ein Zweig der Ghippewyan.
CarroB (spr. Kärrön), Dorf in der schott.
Grafschaft Dumbarton, am Flues C. (zum
Forth), mit her. Eisenwerken (seit 1760).
Carstens, Ä$mui Jak., Historienmaler, geb.
10. Mai 1754 zu St. Jürgen bei Schleswig,
ward in Folge seiner grossen Federzeich-
nung ,der Sturz der Engel* Prof. der Aka-
demie zu Berlin, ging 1792 üach Rom;
t das. 26. Mai 1798. Der eigentliche Wieder-
erwecker der wahren Kunst in Deutschland,
weniger durch Oelgemälde, als Zeichnungen
und Aquarellbilder, die sich durch trefiTL
Aui&ssung des dargestellten Gegenstandes
und ansprechenden Eindruck des Ganzen
auszeichnen; die Stoffe meist ans Homer,
Sophocles, Aeschylus und Shakespeare ent-
lehnt. Am bedeutendsten: Schlacht der
Centauren u. Lapithen, die Barke Charons,
das Gastmahl Piatos und bes. die Argo-
nauten. Sämmtliche Werke , von Xiäler
gestochen, mit Einleit. von Bieqd, 43 Tafeln
(1869). Biogr. von Femow (1806; neue Ausg.
von Biegd 1867).
Cartagena, 1) feste Stadt in der span.
Prov. Murcia , am Meer , 22,106 £w. (unter
Kai-1 m. 60,000) ; Kriegshafen mit bedeuten-
den Marineetabiissements, Sternwarte, wich-
tiger Seehandel. Im Alterth. Carthago nova
(von Hasdrubal 228 v. Chr. gegr.); in der
U-egend damals reiche SUberminen. —
2) (C, de las Indiae) Hauptst. des Staats
Bolivar in Neugranada, am karaibischen
Meer, 9000 Ew. Haupthafen (s. 1856 Frei-
hafen für die Einfuhr). Gegi'ündet 1583.
Carti^ , altspan. Stadt in Costarica (Cen-
tralamerika) , am Fuss des Vulkans Liazu,
10,000 Ew.; 1841 durch Erdbeben zerstört.
Cartesianlsche Teufel, kleine hohle
Glasfiguren mit einer kleinen Oeffnung,
schwimmen in einem mit Wasser gefüllten,
mit einer Kautschukmembran verschlosse-
nen Cylinder, senken sich bei einem Druck
auf die Membran, weil dann Wasser in
den Körper tritt, heben sich wieder, wenn
der Druck nachlässt, und drehen sich durch
den Rückstoss des ausfliessonden Wassers.
Carthamus L. (Farbendistel) , Pflanzen-
gattung der Kompositen. 0. tinctorlus L;
Bür$tenkraut, wilder Sa/lor, aus Ostindien,
im Orient und in Südeuropa angebaut;
Blüthen dienen zum Rothfarben, bes. der
Seide, enthalten einen werthlosen gelben
Farbstoff und das nur in Alkalien lösliche
rothe OartAamin, welches als Malerfitrbe
und Schminke (rouge d'Espag^ne, fard de la
Chine) benutzt wird; früher officinell.
Carionche (fr., spr. -tusch), Hülse aus
Papier oder Wolle, welche die Geschütz*
laduiu; umschliesst.
Cartirright (spr. KartreiO, Ed$aund, engl.
Mechaniker, geb. 24. April 1743 zu Marsham,
1785—96 Präi>endar in Doneaster, dann in
Lincoln, später in London: f Okt. 1883
in Hastiugs. Konstruirte 1786 «Ine Web-
maschine, 1790 eine WoUkrämpelmaachine,
Caruin — Cassini.
391
erachte «ach schon Schiffe nnd Wa^^en durch
Dampf Sil bewegen.
Carvm X. (Kümmel)^ Pflanaengattasg der
Doldengewächse. Gamm Oanri L., gemeiner
Kürnrnd, in Mitteleuropa, seines Samens
halber Yiel&ch knltivirt. C. Bulbocastannm
Xoch, Kcutanienkümmel , in Süd- und West-
europa» mit knolliger Wurzel (Erdkastanien,
£rdnüsse), die geröstet gegessen werden.
CarnSy JT. Aurelius, röm. Kais»r, aus
Karbo in Gallien oder aus llailand gebürtig,
hinter Kaiser Probus Praefectus praetorio,
wurde nach dessen Ermordung 2^ n. Chr.
zum Kaiser erhoben, ernannte seine Söline
Carinns und Kumerlanus zu Cäsaren, schlug
die Sarmaten, unterwarf Mesopotamien;
-f 283 in seinem Lager jenseits des Tigris.
Canu. 1) Karl Oustav, Arzt, geb. 8. Jan.
1789 in Leipzig, ward 1814 Direktor der ge-
bnrtshülfl. Klinik zu Dresden, 1827 Leibarzt
des Königs von Sachsen ; f 28. Juli 1869 zu
Dresden. Hauptwerke: ,Lehrb.derZootomie*
<2. Aufl. 1834); ,Lehrb. der Gynäkologie' (3.
Aufl. 1838, 3 Bde.) ; ,Grundz&ge zur Yerglei-
eilenden Anatomie und Physiologie* (1828,
3 Bde.); ,Grundzüge einer neuen Kranio-
skopie< (1841); ,Atlas der Krauioskopie^ (2.
Aufl. 1864); »Psyche. Zur Entwickelungs-
geschlchte der Seele* (3. Aufl. 1860): ,Sym-
bolik der menschlichen Gestalt* (2. Aufl.
(1858); ,Vergleichende Psychologie* (1866) etc.;
sehr, auch Mehreres über Goethe und »Briefe
über Landschaftsmalerei* (1885), »Lebenser-
iunemngen* (1865—66, 4 Bde.). — 2) Victor
Julius, Zoolog und Zootom, geb. 25. Aug. 1823
zu Leipzig, ward Konservator des verglei-
chend anatom. Museums zu Oxford, 1853
Prof. zu Leipzig. Sehr. ,Zur näheren Kennt-
niss des Generationswechsels* (1849) ; ,System
der thier. Morphologie' (1853); »Icones zoo-
tomicae* (Th. 1, 1857); gab mit Engdtnann
,Bibliothcca zoologlca' (1862, 2 Bde.) und mit
{f'erUäcker »Handbuch der Zoologie* (1868 f.)
heraus.
Carf a Xutt. (EickorpnuM8)f Pflanzengattung
der Araentaceen. 0. ofivaeformis Ifutt., Baum
am Ohio» Mississippi, in Louisiana mit
sehr schmackhaften, ölreichen Nüssen (wich-
tiger Handelsartikel).
i^axjophj\UuL.(Gewiirznelkenbaiim), Pflan-
•y.engattung der Myrtaceen. C. aromatieus
L., Eugenia caryophyllata 2%ttn6., immer-
t^rüner Baum von den Molukken (bes. Am*
l)oina), kultivirt auf den Maskarenen» auf
Penang, Sumatra, Jamaika, Trinidad, Bra-
silien und Zanzibar, liefert in denBläthen-
linospen die Gewürznelken oder Kreidnelken
•(Caryophvlli aromatici), in den Flüchten die
Mutternelken (Anthophylli).
Casale. Stadt in der ital. Prov. Cuneo.
am Po, 26,032 Fw. ; Kathedrale fl474 gegr.)
mit prächtiger Marmorkapelle (1808 voll-
endet), Gitadelle. Ehedem die feste Bauptst.
des Herzogthums Montferrat.
CaMlnaggiore (spr. -dschore), Stadt in
der ital. Prov. Cremona, am Po, 15,317 Ew.
Grosse Danunwerke.
Casamansa, Küstenfluss in Senegambien,
45 M., der Unterlauf seit 1860 franz., an
«einer Mündung das franz. Fort Oaräbane»
CMAiaicciola (spr. -mltschKU), Badeort
auf der Insel Ischia» am Epomeo, 8700 Ew.
CascarUla, s. Cfroton.
Caserta (0. nuova), Hauptst. der ital.
Prov. Terra dl Lavoro, nördl. von Neapel,
27,728 Ew.; her. königl. Schloss (1752 erb.),
mit herrl. Garten und grossem Aquädukt ;
Lustschloss Belvedere; gr. Seidenfabr.
Cash (engl., spr. Käsch), s. v. a. baar.
Gatiqniare, Fluss im inneren Venezuela,
geht vom Orinooo ab zum Bio Negre (Neben-
fluss des Amasonenstroms), 60 M. lang.
Casqnet (fr., spr. Kaskeh), Helm.
Cassandra (Alexandra), Tochter des Pria-
mus und derHecuba, Zwillingsechwesterdes
Helenus, erhielt von Apollo die Ghkbe der
Weissagung, verkündete Trojas Fall vor-
aus, fiel dem Agamemnon als Beute zu und
wurde mit diesem von Clytämnestoa er-
mordet; nach Andern von Ajax dem Lokrer
am Altar entehrt und zur Sklavin gemacht.
Canandra, das westl. der 3 Vorgebirge der
chalcid. Halbinsel; östl. daran der^tM«n v. O.
Canino, Stadt in der ital. Prov. Mailand,
an der Adda, 5592 Ew. 16. Aug. 1705 Sieg des
Pr. Eugen über die Franzosen unter Vend6me;
27. April 1799 ßieg Suworows über Moreau.
CasseroUe (fr.), flaches'Gefäss von vwzinn-
tem Kupfer, Eisen oder Thon aum Kochen.
Casseite (fr.)» Geldschrank; in der Bau-
kunst vertiefte Felder zur Decken Verzierung.
CaMia L. (Kassie), Pflanzengattung der
Oäsalpinieen. C. Absus L., Chichimkaesie,
Chichonpßange, in Aegypten und auf Ceylon
mit heilkräftigen Samen. 0. Fistula £.,
Böhrenkassie , Baum in Lidien, Aegypten
und dem trop. Amerika, liefert Nutzholz;
die Früchte (Purgir-, Fisetkassie), mit Pflau-
menmus ähnlichem Mark erfüllt, sind offl<-
cinell. Mehrere Arten, bes. C. leuitiva Bisch., .
und G. obovata CoUaäon, Sträucher des arab.>
afrikan. Gebiets, liefern Sennesblätter.
Caisla caryophyllata (Nelkenkassie) , aro-
mat. Binde von Gicypellium caryophyllatum
Kees, Persea caryophyllata Mart. aus Ame-
rika, früher officin., jetzt als Gewürz benutzt.
Cassia cinBamomea (Zinmetkassie, /ranx,, .
indischer f chinesischer Zimmt), Mittel- und
Ihnenrinde von Ginnamomum Cassia Büune,
s. Olnnamonmm,
' Canfaly l) Oiovanni Domenico, Astronom
und Geograph, geb. 8. Juni 1625 zu Perinaldo
bei Nizza, ward 1650 Prof. der Astronomie
zu Bologna, entwarf eine Tafel der Befraktio-.
nen, beobachtete 1664 u. 1665 in Born 2 Ko-
meten und bestimmte ihre Bahn, berichtigte
die Theorie der Bewegungen der Jupiter-
trabanten und bestimmte die Umdrehungs-
zeit des Jupiter. Seit 1669 Direktor der pa-
riser Sternwarte, entdeckte er 4 Trabanten
des Saturn, fitnd die Gesetze der Bewegung
des Mondes um seine Axe (casainisches Qe-
setz); t 1^* Bejßt. 1712. Sehr. ,Observatione8
cometae anni 1652—53* (1653);. »Opera astro«
nomica* (1666) u. A. — 2) Jacques, Astro-
nom und Physiker, Sohn des Vor., geb.
18. Febr. 1677 in Paris, nach dem Tode des
Vaters Direktor der Sternwarte das.; f ^^>
April 1756 in Thury bei Glermont. Ausge-
zeichneter Beobachter. Sehr. ,Trait6 de la
392
Gassiodorus — Casus.
gnmddtir et de 1« Agare de 1» terre* (1720,
Beaultat der ron Q. 1) begonneBen n. von ihm
ToUendeten Gradmessiiog Ton Dünklrofaen
bis atun Canigou); ,£lemeiit8 d'Astronomie*
(1740); jTables astronom. du soleil, de la lune,
des planstes etc.* (1740).
CMStodSniSy Magnm Aurtliui, gelehrter
Homer, geb. am 465 n. Chr., bekleidete
anter dem Ostgotbenkonig Theoderich and
dessen Nachfolgern wichtige Staatsämter ; f
am 577 über 100 Jahre alt. Sehr. jVariaram
libri.XIIS die yon ihm als Hinister abge-
lösten Schreiben etc. enthaltend, wichtiges
Qaellenwerk, and ,Historia OotboramS nar
im Aaazag von Jordanea erhalten.
GassiOpeJa^ Sternbild am nördl. Himmel
syrischen Oepheus and Perseas, 55 Sterne,
davon 5 dritter Grösse, die ein W bilden.
Ca88ln§9 1) Oajus C. Longintu, nebst Bra-
tas Hanpt der Verschwörang gegen Cäsar,
53 ▼. Chr. Qnästor des Orassas im Krieg
gegen dieParther, als Anhänger des Pompejus
▼on Cäsar begnadigt, 44 t. Chr. Prätor, ging
Sept. 43 nach Syrien , vereinigte sich in
Sardes mit Bratus, ward bei Philipp! 42 von
Antonius geschlagen and Hess sich dorch
einen Freigelassenen tödten. — 3) C, aus
Parma gebartig, einer der Mörder Cäsars,
befehligte anter Brutus und Cassius eine
Abtheilung der Flotte, ward später Legat
bei Antonius, nach der Schlacht bei Actium
auf Octavians Befehl getödtet; auch Dichter.
Castane«, Pflanzengattung, s. Ka$tanie,
Castelfldardo. Ort in der ital. Prov. Ancona,
€275 Ew. ; 18. Sept. 1860 8ieg Cialdlnis über
die Päpstlichen unter Lamoricidre.
Castelflraneo 9 Stadt in der ital. Proy.
Treyiso, am Musoue, 9319 Ew.; 23. Kov.
1805 Bieg der Franzosen unter St. • Cyr aber
die Oesterreicher unter Prinz Kohan.
CMtelC^andolfb;; Flecken bei Rom , am Alba-
nersee; seit 1596 päpstl. Eigenthum, Sommer-
sitz des Papstes; nahe die Villa Barberini.
Castellamire (C. di Stabia), Stadt in der
ital. Proy. Neapel, am Meere, 21,794 Ew.;
fichiffswerfte, Bagno, Mineralquellen, Leder-
fabr. Unfern die Ruinen von Stabiä.
Cutellly Stadt in der ital. Proy. Abruzzo
Ulter. I, am Gran Sasso, %77 Ew., alte her.
Mal olikafabriken.
CagtelU} Ignaa Fviedr., Dichter, geb. 6.
Mai 1781 in Wien, 1811—14 Hoftheaterdichter
am Kärthnerthortheater das. ; f 5. Febr. 1862.
Sehr, über 100 Bühnenstücke, meist voll
Iiaune undBonhommie (darunter die , Schwei-
zerfamilie*, vonWeigl komponirt, ,Die Schwä-
bin*, ,Der Lügner u. sein Sohn*, ,Der Sohick-
salsstrumpr, Satire gegen die Schicksals-
tragödie); ,Erzählungen, Schilderungen und
die treffl. ,Gedichte in niederösterr. Mund-
art* (1828). Sämmtliche Werke (3. Aufl.
1868-59. 22 Bde.). »Memoiren* (1861, 4 Bde.).
Castello Branco^ Hauptstadt der Proy.
Nieder -Beira in Portugal, 6700 Ew.
Castellon de la Plana, span. Proy. in
Valencia, 145 QM. und 282,715 Ew. Die
gleichnam. Haupiat,, 19,300 Ew.
Castelnaudary (spr. -nodäri), Stadt im
südfiranz. Depart Aude, am Kanal du Midi,
9075 Ew. 1. Sept. 1682 üieg des Marschalls
Schomberg über den Herzog yon Orlöan»
(Bruder Ludwigs XIII.).
Castel yetrino. Stadt auf Siciiien , Prov^
Trapani, 18,158 Ew. Uralte Kathedr. Unfent'
die Ruinen von Selinunt.
CastlgUoiie delle StMSre (spr. -iljone)»
Flecken in der ital. Prov. Brescia, 57(^£w..
Hier 5. Aug. 1796 Bieg Bonapartes über die
Oesterreicher unter Wurmser; daher Auge-
reau Hertog von 0.
Castil-BIaae, s. Blate,
CastllhO (spr. -ilju), Antonio JFeliciano de,
E>rtug. Dichter, geb. 26. Jan. 1800, lebt in
issabon, Mitglied der das. Akademie derWis-
senschaften. Hauptwerke: ,Cartas de Echo
e Narcisso', ,A Noite de Castello*, .Amor e
melancolia* u. a. ,Obras* (1855—59, 20 Bde.).
Castlllejo (spr. -IJecho), OristövcU de, span.
Dichter,' geb. um 1490 zu Oludad Bodrigo,
stand in Diensten K. Ferdinands I.; t ^^*
Juni 1556 zu Wien. Begeisterter Verehrer
des altkastil. Stils, kämpfte in scharfen Sa-
titeh gegen die Nachahmang der Italiener;
am bedeutendsten in der Romanze und im
schalkhaft erot. Volkslied. ,Obras* (1596).
Castlereagh (spr. KästUrih), Henry Bobert
Steioart, Vitcount, seit 1821 Marquis von Lon-
donderry, engl. Staatsmann, geb. 18. Juni
1769 auf dem Familiensitze Mount-Stewart in
der irischen Grafscb. Down, betrieb, seit 1797'
erster Sekretär bei der irischen Verwaltung,
die Vereinigung Irlands mit Engriand , war
1804—6 und 1807—9 Kriegs- und Kolonial-
minister, trat in Folge eines Duells mit sei-
nem Kollegen Canuing 1809 zurück, seit 1812
Minister des Auswärtigen, die Seele der
Koalition gegen Napoleon , verfolgte nach
dessen Sturz eine sehr antiliberale Politik,,
tödtete sich im Wahnsinn 22. Aug. 1822 durch
Eröfflaung der Pulsader am Halse mit dem
Federmesser. Seine ,Correspondence, des-
patches and other papers* gab sein Bruder
Vane, Marquis von Londonderry, (Bd. 1—4,
1847, second series, Bd. 5—8, 1851; heraus.
Castor, 8. Dioskuren.
Castor^ Stern 8. Grösse in den Zwil-
lingen, Doppelstern, ein Fundamentalstem
Castor^ s. Biber. [Bessels.
Castra (lat., Plnr. von Castram, Lager),
.Name vieler röm. Orte, die aus Standlagem
entstanden: C. Bonnensis, i.'Bonn; CBoUava,
J. Passau; C. Begina, j. Regensbarg, etc.
Castres (spr. Kastr), alte Stadt Im franz.
Depart. Tarn, am Agout, 21,357 Ew.
Castriecibaly Bai an der Ostküste des Amor-
landes; daran der Jlexanderpoaten,
Castro Giovanni (spr. Dschow-), Stadt auf
Siciiien, Prov. Caltaxiisetta, 14,084 Ew., Gi-
tadelle; auf der Stelle des alten Enna.
Catttrum (Lat.), militärisches Lager.
Castram obloris (lat., Trauerbühne, fr-
chapelle ardente), Katafetlk in einein schwarz
behangenen, erleuchteten Lokal, zu Ehren
hoher Verstorbener errichtet, tr^ den Sarg
und die Insignien des Todten.
Casn (lat.), durch Zufitll.
Casus (lat.), Zufall; im Rechtswesen zu-
fälliger Schaden. O. belli, KriegsfoU, Fall»
in welchem sich ein Staat zur Kriegserklä-
rung gegen einen anderen , O, foederis,
Gaaus- — Oats.
398:
mam BSttdiüss mit einem anderen Teraa-
laset sieht.
ۥ808 (lat., Beugefmt), in der Grammatik
di« rerschiedeuen Abäudemngen der Stamm-
form des Nomens, nm die Bexiehungen ans*
andrücken, in welche es mit anderen Wör-
tern des Satzes tritt, im Deutschen 4 (No-
minatiT, GenitiT, Datir, Aconsativ), im
Griech. 5 (die genannten nnd Vokativ)» im
Iiat. 6 (die genannten nnd Ablativ). No-
minativ und Vokativ heissen 0. reett, d. i.
unabhängige, die übrigen OL c^Uqui, ab-
hängige. , Die neueren Sprachen ,' vrio ,das
Frana. und Engl., haben keine eigentlichen
C, sondern bedienen sich an deren Stelle
der Pr&positionen.
CataliAl, Angelika^ her. ital. S&ngerin, geb.
1768 in Sinigaglia, Uat zuerst 1798 in Vene-
dig anf, war 1801—6 an der Bühne. von
Lissabon, ging dann (mit dem Kapitän Va-
l*bresque verheirathet) über Madrid und
Paris nach London , wo sie 8 Jahre blieb,
fahrte 1814—15 die Direktion der ital. Oper
in Paris, machte wiederholt Kunstreisen
([anretst 1886) durch fast ganz Suropa , die
ihr grosse Beichthümer eintrugen, lebte dann
theUs auf einer Villa bei Florenz , wo sie
eine Gesangsschule tvßc Mädchen gründete,
theils in Paris; f ^*s. 13. Juni 1889 an der
Cholera. Ihr Gesang charakterish't durch
Grossheit des Vortrags ; ihre ausserordent-
lichen Stimmmittel wie ihre techn. Aus-
bildung gleich erstaunlich.
Catamarea, Staat im NW. der argentin.
Konföderation, 1716 QM. und (1868) 110,000
Ew. ; meist gebirgiges Hochland , mit aus-
gezeichnet fruchtbaren u. gesunden Thälem.
Kupfer, Gk}ld, Binder, Wein, Baumwolle,
Tabak etc. HaupM. 0., 5150 Ew.
Catanea (Oatania), Provr auf Sicilien,
92,6 QM. und 460,190 Ew. — Die Hauptat, 0.
(im Altertham Oatana), am Aetna und am
Meer, die schönste Stadt Siciiiens, 68,810
Ew.; Kathedrale (18. Jahrb.), Universität
(seit 1445), prächtiges Benediktinerkloster;
iQephantenpiatz (mit einem antiken Ele-
phanten aus Lava, einen Obelisk aus ägypt.
Granit tragend). Seidenwebereien. BLafen,
durdi Iiavaströme grossentheils verschüttet.
Verheerungen durch Erdbeben 1169, 1669
und bes. 1693. Born. Alterthümer (Amphi-
theater, Aquädukt etc.).
Catanziro, Hanptst. der ital. Prov. Ga-
labria ultra ü, am Golf von SquiUaoe,
S8,450 Ew., Seiden- und Oelhandel.
Cataraeta (gr.), grauer Staar.
Cathartlea (gr.), ausleerende MItteL
Cathcart (spr. Käth-), George, geb. 18. Mai
1794, wohnte den Feldzügen von 1818 — 14
bei, veröffentlichte darüber die ,Goromen-
taries on the war in Bussia and Ge^mauy
in 1818 and 1813' (1860). Seit 1858 Oberbe-
fehlshaber im Kaplande, beendigte er den
Kaffernkrieg, übernahm dann als General-
lieutenant das Kommando über eine TU-
Vision unter Lord Baglan in der Krim; fiel
5. Nov. 1854 bei Likerman.
CatheUnean (spr. -linoh), Jacqwa, Ober-
general der Vendöer, geb. 5. Jan. 1759 im
Flecken Pin-en-Mange, rief März 1793 die
junge Mannschaft in der Gegend von
St.-FIorent zum bewaffioteten Widerstände
gegen den Konvent auf, stellte sieh dann,
unter den Oberbefi»hI Bonobamps u. Elbtes^
griff, nach der Einnahme von Saumur 13. Juni
1793 zum Obergeneral erwählt, Nantes an»,
ward 89. Juni 1793 zurü^gesehlagen; f ^^-
Juli zu St.-Florentin Folge einerVerwundung.-
Catilina^ jMoiu» BergiM*, Römer, geb. um-
106 V. Chr., SprdssHng einer verarmten,
patric. Familie, betheiligte sich an Sullas
Proskriptionen, ward 68 Prätor, verwaltete-'
67 die Provinz Afrika, .ward wegen Er-
pressung daselbst von der Bewertmng um
das Konsulat für 65 zurückgewiesen, zettelte-
darauf eine Verschwörung an zum Umsturz
der Verfassung und Tilgung aller Sohulden.
Von Cicero 8. Nov^ 63 vor versammeltem^
Senate in heftiger Bede angeklagt, verliesa-
er Rom, ward geächtet, Jan. 68 bei Pistoja.
geschlagen und fiel im Kampfe. Vgl. die
Schriften über 0. v. Hagen (1854) u. Wim (1864).
i^tOy 1) Marcus Bordu» öetuorius, auch
Sapiens (der Weise) und später Major (der
A eitere) genannt, geb. 834 (839) v. Chr. zu
Tuscnlum, ward 804 Quästor, 199 Aodil, 198<
Prätor, 195Slonsul, unterwarf dann das dies-
seitige Spanien wieder, entschied 191 als
Legat des Konsuls Manlius Acilius Glabrlo
durch seinen Uebergang über den Oeta den-
Sieg über Antiochns von Syrien in den.
Thermopylen. Als Gensor snehte er die-
altröm. Einfalt n. Sittenstrenge aufrecht zu
erhalten. Als unversöhnlicher Gegner des-
wiederaufbltthenden Karthago schloss er
Jede Rede mit den Worten: ,Geterum censeo
Garthaginem esse delendam' (d. i. übrigens-
stimme ich für die Zerstörung Karthagos) ;
t 149 V. Ghr. In Ueberarbeitung ist von.
ihm erhalten die Schrift ,De re rustica'
(herausg. in Schneiders ,Script(Mres rei rusti--
cae*, 1794—97, 4 Bde.). Fragmente seiner-
Schr. gesammelt von Jordan (1860). — 8) Mar'
cus Poreius Minor oder Uticensis , von dem:.
Orte seines Todes genannt, UrenkeLdes Vor.,
£^b. 96 V. Chr., focht 42 gegen Spartacus,
67 als Kriegstribun in Maoedonien, ward 65-
Quästor , widersetzte sich vergeblich der Be-
werbung Gäsars um das Konsulat für '59»
54 zum Prätor gewählt, vereitelte er des-
Pompejus Plan, im nächsten Jahre die Dik-
tatur tXL erhalten, sah sich aber durch die
Gewalt der Umstände zu der Partei des-
selben hingedrängt. Nach des Pompejus-
Tod in Afrika zum Führer der Pompejaner
gewählt, lehnte er ab und übernahm den.
Befehl in Utica. Hier tödtete er sich auf
die Kunde von Gäsars Sieg bei Thapsns
selbst. Seine Tochter Forcia, die Gemahlin
des Brutus, tödtete sich ebenfalls, sein
Sohn Mareua fiel bei Philippi.
^to (OalonisdistieAamoralia), Sammlung
lat. abgefasster Lebensregeln , einem unge-
wissen Dichter (DionyttHs Oato, 3. Jahrh.
n. Ghr.) zugeschrieben; wurden das ganze-
Mittelalter hinduroh in den Schulen gelesen,
und in alle Sprachen übersetzt (deutsch
zuerst von Nother 11. Jahrb., von lUisehner
1838). Vgl. Zamcke, ,Der deuts<die G.S 1853..
Cats, Jak,, holländ. Dichter; geb, 10. Nov»
394
Catskillberge — Gavour.
1577 EQ Broawershayeft In Zeeland, Staata-
mann und Bechtagelebrter ; f 12. Sept. 1660.
Seine Lehrgedichte, Allegorien und Erzäh-
lungen, gesammelt in ,Het book Tan Yader
<0.', waren Ms ins 18. Jahrb. die beliebteste
Iiectüre in Holland. ,Werke< (n. Ausg. 1828).
Catskillberge (spr. Käts-), Seitenkette
der Alleghanies, rechts am Hudson; im
Round Top 8672', High -Peak 3496' h.
Cattiroy Stadt in Dalmatien, in der Bucht
BoQche di C», von hohen kahlen Bergen um«
echlossen, 3589 Ew.; stark befestigt, in
eteter Handelsyerbindung mit Montenegro,
Kriegshafon ersten Ranges. Früher selb-
ständige Republik, schloss sich 1420 Venedig
an, seit 1797 österreichisch.
CatlüliWy Caj. Vdleriug, röm. Dichter, aus
Sirmio am Gardasee, geb. 87 y. Chr., Freund
des Cicero ; f ixm 180. fiinterliess 116 meist
kleinere Gedichte lyrischen, elegischen und
eplgrammat. Inhalts. Zu Anüang des 14.
Jahrb. su Verona aufgefunden. Ausgaben
yon Haupi (3. Aufl. 1868), Lackmann (2. Aufl.
1861) , Bosabaeh (2. Aufl. 1860) , deutsch yon
Hey»e (1855), Stromberg (1860), Preasel (1856).
Cauea (spr. K&-uka), Staat der Föderatiy-
republik Keugranada, am stillen Meer,
12,109 QM. und 437,102 Ew. ; im N. eben, im
S. gebirgig; im Innern gesund. Zuckerrohr,
Kakao, Fieberrinde, Gold u. Platin werden
e,usgef&hrt. Hauptst. Popayan.
Cauea^ Nebenfluss des Magdalenenstroms
in Neugranada, fliesst yon S. nach N.,
mündet .unterhalb Mompax, 147 M.
Caulaincourt (spr. Koläugkuhr), Armand
AugiuHn Louis de C, Herzog von Vicenga,
Staatsmann des 1. franz. Kaiserreichs , geb.
-9. Dec. 1778 zu Caulaincourt (Dep. Somme),
machte als Kapitän den Feldzug yon 1792
mit, ward als yerdächtiger Adeliger ent-
lassen und eingekerkert, trat dann als ge-
, meiner Grenadier ins Heer, kommandirte
im Feldzug 1800 als Oberst ein Karabinier-
reglment, ward 1805 Diyisionsgeneral, nach
Napoleons Thronbesteigung Grossstall-
meister, 1807—11 Gesandter in Petersburg,
folgte dann Napoleon nach Russland und
begleitete denselben auf seiner eiligen
Rückfahrt. Während der Ereignisse yon
1813 mehrmals bei diplomat. Verhandlungen
gebraucht, ward er Noy. d. J. Minister des
Aeusseren, nach Napoleons I. Rückkehr
Pair und nach dessen zweiter Abdankung
Mitglied der Regierungskommission; f 19.
Febr. 1827 zu Paris.
Cavlig (lat.), Stengel.
Causa (lat.), Ursache, Angelegenheit, bes.
Rechtssache; daher das franz. Csums cilibres
<8pr. Kohs seläwr*) , merkwürd. Rechtsialle.
Tanstica (lat.), Aetzmittel.
Causticnm limare O^t) , Höllenstein.
Canterets (spr. Kotereh), berühmter Bade-
ort im franz. Dep. Oberpyrenäen, an der
Gave de O. in wildem Gebirgsthal, 1500 Ew.
S2 Quellen yon 16— 55o R. , in 9 Etablfsse-
tnents ; jäbrl. bis 15,000 Gäste. [»ation.
Caaterla (lat.), Brennmittel, s. Kauteri-
Canx (spr. Koh), reizende und fruchtbare
Xiandschaft im franz. Depart. Niederseine;
Hauptstadt Oiudebee, 5000 Ew.
Caya, Stadt in der ital. ProT. Prin<äpato
oiter., 19,480 Ew.; ber. Benediktinerabtef
mit handsohrlltl. Schätzen. Lebfa. Industrie.
CaralgBae (spr. Kawanjak), Eugene, frainz.
General, geb. 15. Okt. 1802 zu Paris, machte
als Kapitän die franz. Expedition nach
Morea mit, diente seit 1832 in Algerien und
ward 1844 Brigadegeneral. Nach der Febmar-
reyolution GK>uyerneur yon Algerien , dann
Mitglied der Nationalyersammlang , nach
dem Attentat yom 15. Mai 1848 Kriegsmi-
nister, erhielt er 23. Juni die Ißlitärdiktatur,
'beendete den Jnnikampf und gab darauf der
Nationalyersammlung die ihm übertrage-
nen ausserordentlichen Vollmachten zurück.
Zum Präsidenten des Ministerconseils dMr
Exekutiygewalt, d. h. zum yerantwortlichen
Staatsoberhaupt der Republik ernannt,
stellte er Ruhe und Sicherheit wieder her,
erhielt als Kandidat zur Präsidentenwürde
IVs Mill. Stimmen und legte 20. Deo. seine
Gewalt in die Hände Ludwig Napoleons
nieder. In die gesetzgebende Versammlung
gewählt, bildete er mit einigen Anderen
das republikan. linke Oentrum. Während
des Staatsstreichs 2. Dec. 1851 yerhaftet,
aber bald wieder freigelassen, nahm er
seinen Abschied als Militär, ward in den
gesetzgebenden Körper gewählt, konnte
aber als Eidesyerweigerer nicht eintreten,
lebte seitdem zurückgezogen in der Nähe
yon Maus; f ^- Okt. 1857.
Cayaller (fr., ital. CavcUiere), ursprünglich
Reiter, dann Ritter, Edelmann.
Cayan, Grafsch. in der Irland. Pix>y. Ulster,
35 QM. und 153,906 Ew. Hauptst. C, 3816 Ew.
Cayatina (Oatfata, ital.), kleine, nicht
weiter ausgeführte Arie, deren Haupttheil
nicht wiederholt wird.
Cayour (spr. -wuhr), OamÜlo Benso, Graf
von, ital. Staatsmann, geb. 1. Aug. 1810 zu
Turin, erst Genieoffizier, nahm 1831 seinen
Abschied und widmete sich der Laadwirth-
schaft und industriellen Unternehmungen.
Nach Verleihung der Konstitution Febr.
1848 in die Kammer gewählt, unterstützte
er das Ministerium d'Azeglio, übernahm
1850 das Portefeuille des Handels u. Acker-
baus, dann auch das der Marine und April
1850 das der Finanzen, setzte yerschiedene
wichtige Gesetze zur Entlastung des Be-
sitzes und der Arbeit durch und half der
Isolirtbeit Sardiniens durch Abschliessung
einer Reihe yon Handels- und Schifffahrts-
y ertragen ab. In Folge seiner Annäherung an
die Linke mit den übrigen Ministem in Zwie-
spalt, trat er Mai 1852 aus dem Kabinet aus,
ward aber schon 4. Noy. d. J. an die Spitze
eines neuen berufen , worin er zugleich die
Portefeuilles der Finanzen, des Handels u.
Ackerbaus, später auch das des Auswärtigen,
sowie 1857 noch das des Innern übernahm,
stellte nach der Schlacht yon Magenta in
einer Cirkulardepesche an die Höfe die Aus-
schliessung Oesterroichs yon der Halbinsel
als das Ziel des Kriegs auf, dankte nach
dem Frieden yon Villafranca ab. Nach dem
Züricher Friedensschlüsse 16. Jan. 1869
wieder Ministerpräsident, betrieb er die
Einyerleibung der Herzogthümer , unter- •
Cawnpore — Cello..
895
«tütete insgeheim die Expedition Garibaldis
nach Sicilien, richtete 7. Sept. 1860 ein
Ufttoiatiun an den pipstl. Stulil, Uess nach
dessen Zurückweisung Umbrlen und die
Marken besetien und die Piemontesen ins
Neapolitanische einrücken. Nachdem er
18. Tebr. 1861 in Turin das erste rereinlgte
Parlament eröffnet hatte, f or 6. Juni 1861.
Yg]. De la Sive, ,Le Comte de 0.*, 1863.
CawBporey Stadt, s. Khanpur,
Caxamarcm (spr. Kacha-), Stadt in Peru,
am Origne^as, in 8800' Höhe, 18,330 £w.
Ruin» des Inkapalastes (Atahualpa 1582 hier
gelingen); Stahlindustrie. Unfern die be-
rühmten Inkabäder.
CftztOB (spr. Käckst*n), William, erster
Buchdrucker Englands, geb. 1419 zu Weald
in Kent, Bürger und Kaufmann au London;
t 1492. Vgl. Blade$, ,Life and typography pf
€.', 1862, 8 Bde.
CayaasDe (0«rro blaneo), Gipfel der Gor>
dilleren, nordöstl. von Quito, bis cum Fuss
mit Schnee bedeckt, 18,327' h.
CayeBüe (spr. -jenn), befestigte Stadt in
Trana.-Gniana, an der Mündung des Flusset
C, 8000 Ew., frans. Deportationsort, wegen
des mörderischen Klimas gefürchtet; auch
s. y. a. Franz •Goisna überhaupt.
Cayennepfeffer, die mit Weizenmehl ge-
mischten, hart gebackenen und dann ge-
pulverten Früchte von Capsicum baccatum,
scharfes Gewürz.
Caiembe, Negerreich im Innern von Süd-
^ afrika, südl. vom Tangai^ikasee, nach sei-
nem Beherrscher 0- benannt (eigentl. Okdua),
5300 QM. mit 530,000 Ew. Hauptst. Lunda.
Caymaninselay westind. Inselgruppe, südl.
von Ouba; nur eine, Gr, CajfTnan, bewohnt.
Hauptprodukt Schildkröten.
CeaäL Prov. in BrasUien, 1930 QM. und
550,000 Ew. Die Haupt$L 0., 12,000 Ew.
€ecU (spr. Sessil), Wüliam, Lord £urlHgh
(Burghley), engl. Staatsmann, geb. 13. Sept.
1520 zu Boume in der Grafschaft Lincoln,
unter dem Protektor Somerset 1548 Staats-
sekretär, beim Sturze desselben 15. Okt.
1549 in den Tower ge&ngen gesetet, unter
Elisabeth wieder Staatssekretär, später
Grossschatzmeister, Vertrauter der Königin,
der er zu fast absoluter Macht verhalf,
' Haupturheber der Verhaftung und Hinrich-
tung der Maria Stuart; f 4. Aug. 1598. VgL
,Memoirs of the life and administration of
William 0. etc.* (1828-82, 8 Bde.).
Ceelna, Küstenfluss im Toskanisohen, ent-
springt am Monte di Gerfalco, mündet ins
Mittelmeer, 9 M. Sein Thal einst der herr-
liche Garten der Etrusker.
Ceeropiy ältester König in Attica, wan-
derte daselbst im 35. Jahrh. v. Ohr. ans
fiais in Aegypten ein, erbaute die Burg von
Athen (Oecropia), führte Religion, GlTilisa-
tion, Ackerbau, die Kultnr des Oelbaums,
Schifffahrt und Handel daselbst ein.
Ceder ((kdrtu), Gruppe der Koniferen-
gattung Larix (Lärche). Die Libanonsceder
U^rix Cedrus JlftK.; in Südwestasien, mit
feinem, dauerhaftem, bes. imAlterthum be-
^hmtem Holz, liefert Harz, dem Terpen-
tinöl ähnUches wohlrieohendea Gel und
bisweilen einen mannaartigen süssen Stoff*.
Bine Abart 0. atlantica Maneiti wächst auf
dem Atlas. J3«iiui2ayae«d«r (L.DeodorajSoxft.)
auf dem Himalaya, zwischen 8000^12,000',
heiliger Baum, liefert harziges' dauerhaftes
Holz. Den Namen 0. führen auch mehrere
Arten von Juniperus (s. Wackholder) ; wetMt
G. ist Thuja sphaeroidalis ; ,Gedemhol«'
stammt gewöhnlich von Juniperus virgl*
niana oder Oedrela odorata.
Cedlren (lat.) , weichen , etwas abtreten,
überlassen, s. Oe$$ion.
GefSlu (spr. Tsche-)« Stadt auf Sicilien,
Prov. Palermo, an der Küste, 10,790 Ew.,
von Normannen gegründet; unfern das alte
Cephalödium.
Geliiio (spr. Tschel-) , Stadt in der ital.
Prov. Abruzzo ultra H, 5908 Ew.; nördL
der See von O, (Fucinersee), 8 M. 1., bis 2 M.
br., mit dem von Glaudins 44—64 n. Öhr. an-
gelegten, neuerl. restaurirten Abzugskanal.
GelebcSy eine der grossen Suudainseln
im ostind. Meere, 3419 QM., im Wesentlichen
aus 4 ansehnlichen Landzungen bestehend
(zwischen denselben die tiefen Busen von
Gorontalo, Tolo und Boni), durchaus ge-
birgig und Vulkan. Natur (Berge bis 9000*
Höhe, darunter tliätige Vulkane); sahlr.
Küstenflüsse. Die Bevölkerung, 2—3 Mill.,
besteht aus Bnginesen (Malaven) im S.,
Makassaren im W. u. den noch unbekann-
ten , wilden Turajas (Alftiren) in der Mitte
und im N. ; dazu Europäer und Ghinesen.
Boden sehr fruchtbar; Haaptprodukte Kaffee,
Reis, Kakao; weniger Holz. Die HoUänder
besitzen von G. das Oonv. 3fangka$9ar (die
südl. und Südost!. Landzunge, nebst einigen
Inseln), 2149 QM. und 341,000 Ew. und die
SesifUntie Memido (die nördl. Halbinsel.
Menahassa), 1267 QM. und 508,000 Ew. Das
übrige Land besteht aus besondern Reichen
(am mächtigsten das Fürstenthnm Boni im
SW.), die aber alle die Gberhoheit der
Niederländer anerkennen. Seit 1525 Ansied-
lungen der Portugiesen, die 1660 den Hol-
ländern weichen mussten.
Gelebenee (Suhuee), Theil des ostind.
Meeres zwischen Gelebes, Bomeo und den
Snluinseln. [rühmtheit; Festlichkeit.
Gelebrirem (LtLt.)^ feiern; CeleöritiU, Be-
Gelerlt&t (lat.J, Schnelligkeit.
Cella (lat.), Gemach, Zelle in Klöstern;
in' den Tempeln der Alten der abgesonderte
Baum, worin das Ctötterbild stand. .
Celle 9 Stadt in der preuss. Prov. Lüne-
burg, am Elnfluss der Fuhse in die Aller,
16,230 Ew. ; grosse Vorstädte, altes Schloss
(1369—1705 Residenz der Herzöge cellischer
Linie), Landgestüt.
Gelilni (spr. Tschel-), Benvenuto, Ital.
Bildhauer, Erzgiesser und Goldarbeiter,
geb. um 1500 zu Florenz, erst in Rom unter
Papst Glemens Stempelschneider bei der
Münze, dann in Florenz; f 19* Febr. 1571.
Hauptwerke: Perseus mit Medusa (Floren«),
Salzfass (Wien) , Schild (Windsorcastle).
Seine Selbstbiographie übersetzt von Goethe; .
im Original neu u. vollständig herausgeg. voa^,'
Taut (1829, 3 Bde.) und Outulant (1888-85, ;
Cello, 8. FtoIonceKo. (3 Qde.}.^
S96
Cellulose — Centigramm.'
CdloKM (ItiU , ZtiUtoff) , der allgemein
Terbreftete Baustoff der Pflanzen, bildet die
aarteiten Zellen und mit ,lnkru8tirender
Substanz* innig gemizcbt die härtesten Pflan-
zentheile, ist lkn>lo8, in Wasser nnd Alkohol
nnlöslich, löslich in Kapferozydamraoniak,
wird dnrch Cblorzfnk in eine st&rkeähn-
Uche Substanz, durch koneentrirte Schwefel-
säure in Zucker, dnrch Salpetersäure in
explodirende Nitroverbindungen (Schiess-
banmwolle) ▼erwandelt. Zarte C. wird von
Thieren verdaut , besteht aus Kohlenstoff,
Wasserstoff u. Sauerstoff u. hat gleiche pro-
cent< Zusammensetzung mit Stärice u. Zucker.
CeiOflla L. (Hahnenkamm), Pflanzengattung
der Amaranthaceen. C. cristata L^, mit
hahnenkammförmig ausgebreiteten Blumen-
ähren, aus Ostindien, verbreitete Zierpflanze.
Celsins^ Ander$, schwed. Astronom , geb.
27. Nov. 1701 zu Upsala, seit 1780 Prof. der
Astronomie das. ; t ^' April 1744. Verdient
um Astronomie, Chronologie,' Qeogri4>hie
und Schiffahrt, leitete die Gradmessung
zwischen Tornea und Pello, konstruirte das
hunderttheillge Thermometer. Sehr. ,Nova
methodUB distantiam Solls a terra deter-
minandi* (1730).
CelteSj Konrad, her. Humanist, geb. 1.
Febr. 1459 zu Wipfelde bei Wfirzburg,
eigentl. Piekel, ward auf dem Beichstag zu
Nürnberg von Kaiser Friedrich III. zum
Dichter gekrönt, 1497 Prof. der Dichtkunst
und Beredsamkeit zu Wien, veranstaltete
am Hofe die ersten theatral. Vorstellungen ;
t 4.« Febr. 1508. Verf. zahlreicher Gedichte,
mehrerer philosoph., rlietor. und biograph.
Werke etc. Neuerlich des literar. Betrugs
angeklagt als Verf. der Komödien , die er
als das Werk der Nonne Roswitha heraus-
gegeben. Vgl. Aschbdieh, »Roswitha und
K. 0.', 2. Aufl. 1868, und ,Die früheren
Wanderjahre des K. C.*, 1869.
Celtiberler, im Alterthum machtiges Volk
in Spanien (im südwestl. Aragonien) , mit
den Kömern öfter im Krieg ; wahrscheinlich
ein« Mischung von Iberern und eingewan-
derten Gelten. Ihr Hauptort Segobrlga.
Cenci (spr. Tsclientschi) , Beatrice, Toch-
ter eines röm. Edelmanns Francesco C,
ward von ihrem eigenen Vater entehrt und
nach dessen unter anlTallenden Umständen
erfolgtem Tode auf die Aussage zweier Ban-
diten hin des Vatermords beschuldigt und
10. Sept. 1599 mit ihrem Bruder Oiaeomo C.
und ihrer Stiefmutter in Rom hingerichtet.
Ihre Geschichte wurde dramat. von Shelley,
als Roman neuerlich von Guerraxti behan-
delt. Ueber ihren Prozess schrieben ßcolari
(1856) und Dalbono (1864).
Ceiiere (spr. Tschen-) , Monte, Bergrücken
im Kanton Tessiu, 8866' ; darüber die Strasse
von Bellinzona nach Lugano.
CeniSy s. Moni Oenis. [schätzen.
Censlren (lat.), beurtheilen, taxiren,
€eii89ren^ im alten Rom zwei Itfagistrats-
persouen, welche mit der Kontrole über die
röm. Bürger und deren Vermögen, mit
deren Vertheilung nach Ständen, später (seit
44S V. Chr.) auch mit der Aufsicht über
Zucht nnd Sitte« ausserdem mit Leitung
finanzieller Ai^el^^enheilen betraut waren;
seit 444 selbständige Magistratur, nach dem
Untergang der RepnblUc mit der kaiserl.
Gewalt vereinigt.
Censnr (lat.), Prüfung, Beurtheilung^
z. B. der Leistungen eines Examinirten von
Seiten einer Pr^tusgsbehörde ; aeaerlicb
bes. als JBückercenaur die Einrichtung, wo-
nacli alle durch die Presse zu vervielfäl-
tigenden Schriften vorher einem vom Staat
autorisirten Centor, der iU>er die Znlässig-
keit derselben entschied, voigelegt werden
massten, nach vorausgegangenen, denBücfaer-
druck beschränkenden päpstlichen Verord-
nungen von 1479 und 1496 durch eine Bulle
Leos X. vom 4. Mai 1515 formlich einge-
führt nnd von der weltlichen Gevralt adop-
tirt, in Deutschland in Reichsabschieden
von 1524 bis 1570, namentlich auch durch
die Polizeiordnung von 1577, abgeschafft
zuerst 1694 in England , 1766 in Schweden,
definitiv seit 1809, 1770 in Dänemark , 1791
in Frankreich, nach ihrer Wiederherstellung
1805 abermals 1814, dann abwechselnd her-
gestellt und abgeschafft, für immer 1827, in
Deutschland , wo Art. 18 der Bundesakte
Pressfreiheit verheissen , erst 1848 , gegen-
wärtig nur noch in Rnssland bestehend.
€eii8ii8 (lat.), bei den Römern Schätzung
der Bürger nach ihrem Vermögen. Neuer-
lich ist das Wahlrecht der Bürger eines
Staats an einen C. gebunden, d. h. es ist
zur Ausübung desselben der Nachweis eines
bestimmten Vermögens oder Einkommens I
oder eines bestimmten Steuerbetrags er-
forderlich. C. auch s. V. a. Volkszählung.
Cent (v. lat. eentena) , in der altgerman.
Gerichtsverfassung Unterabtheilung des
Gaus, ursprünglich wohl 100 freie Familien
umfassend, auch Hundreda genannt, mit
einem Centgraf (Centenarins , Vogt) als
Richter über kleinere Vergehen an der
Spitze; auch Gericht oder Gerichtssprengel;
Oentgericht, Kriminalgericht überhaupt.
Cent, der hundertste Thell des nord-
amerikan., span. • amerikan. Dollars , des
Real, des Rixdollar, des Sol, des holländ.
Gnld^is, des Franc (Gentime, in der Schweiz
Rappen), der Lira (Centesimo).
Centanrea L. (FlockeiMume) , Pflanzen-
gattung der Kompositen. G. Gentaurlum L-,
Oroutaueendgüldmkraut, auf den Alpen, mit
essbarer, früher offlcineller Wurzel. Von
0. cyanns L., Kornblume, Cjfane, in gans
Deutschland unter dem Getreide, auch Zier-
pflanze, dienen dleBlüthen zu Räucherpulver.
Centanren (gr., d. 1. Stiertödter) , wahr-
scheinlich wilder Volksstamm in Thessalien,
Rossebändiger , in der späteren Mythe
Dämonen der Wälder und Gebirge, halb
als Menschen, halb als Rosse dargestellt.
Centesimal .(lat.), hunderttheilig; Centesi-
malecala, Eintheilung am Tliermometer, bei
der der Gefiriorpunkt mitOo, der Siedepankt
des reinen Wassers unter 88 par. Zoll
Atmosphären druck mit 100<* bezeichnet ist.
Centesimo 9 s. Cent.
Centiare, Flächeumass, = Vloo Are.
Centifblie, s. Rose.
Centigramni, Gewicht, =r Vioo Gramm.
Centiliter — Ceram.
Z97
Centiliter , Gewicht, s? Vioo Liter.
Ceiitiaoe. s. Cent.
Centiiiieter, Mass, = Vioo Meter.
Cent-Jonrs (fr.» spr. Sang-Schuhr) , hun-
•dert Tage , die letzte Epoche der Herrschaft
J^apoleons I. , von seiner Rückkehr von
Elba bis zn seinem zweiten Sturze, 20. März
^Einzug Napoleons I. in Paris) bis 28. Juni
1815 (Restitution Ludwigs XYIII.).
Centner (lat.), Handelsgewicht, = 100 Pfd.,
nur in England u. Nordamerika = 112 und
in Portugal = 128 Pfd. In Deutschland
1 C. (ZoUcentner) = 50 Küogr. = 106,9 Pfd.
•(altes preuss. Gewicht).
Central (lat.), im Mittelpunkt befindlich,
nach demselben hinwirkend.
Centralamerika , s. v. a. Mittelamerika.
Centralbewegnng^ Bewegung eines Kör-
pers in krummliniger Bahn um einen Punkt
^ Oentralpunkt) , entsteht durch Zusammen-
wirken zweier Kräfte, yon denen die eine
•den Körper stets nach dem Centralpunkt
binzutreiben ( OaUripetalkraft) , die andere
ihn in der Tangente der krummlinigen Bahn
eeitwärts fortzubewegen strebt (Tangential-
tcrajt). Bei jeder G. tritt die Centrifugal-,
Flieh' oder Schieungkro/t auf, welche den
Körper vom Centrum zu entfernen strebt.
Hierauf beruht die Centrlfugalmaschine.
Centralfener 9 der hypothetische feurig-
flüssige Erdkern, welcher yon der erkal-
teten und dadurch fest gewordenen Erd-
rinde wie Ton einer Schale umgeben wird
und der Grund der nach innen zunehmen-
•den Erdwärme sowie der yulkan. Erschei-
nungen sein soll.
Centxalgewalt 9 in konfSderirten Staaten
•die oberste Staatsbehörde, welche im Namen
der ganzen Konföderation die Souveräne-
tätsrechte ausübt. JDeuttche C, die 1848
von der Nationalversammlung zu Frank-
furt a/M. eingesetzte, bis zur Vollendung
der Reichsverfassung mit der Exekutive
betraute oberste Regierungsgewalt.
Centralisntion 0*t.), Hinleitung auf einen
Mittelpunkt, die Einrichtung, bei welcher
die politischen Thätigkeiten , ihre Gesetze,
ihre Leitung und ihr Ziel so viel als mög-
lich von Einem Mittelpunkte ausgehen und
Auf ihn zurückführen ( Centrali$ationasifStem) ;
Gegentheil Decentralitation.
Centralorgauj, Organ des thierischen Kör-
pers, welches für andere von gleicher Punk-
tion der Haupttheil ist, wie das Herz für
das Gefäss-, Rückenmark u. Gehirn fUr das
Nervensystem.
Centrnlsonne, ein Fixstern, um den sich
nach der Annahme einiger Astronomen alle
Fixsterne eines and desselben Fixstem-
flystems ähnlich wie die Planeten um die
Sonne bewegen sollen. Mädler wollte in
Alcyone der Plejaden die 0. des Fixstern-
-Systems, zu «reichem unsere Sonne gehört,
isefunden haben, gab diese Hypothese aber
später wieder auf.
Centralstellnngy koncentrirte Aufstellung
an einem Punkte, welcher die Vertheidigung
^egen einen von verschiedenen Seiten heran-
rückenden Feind möglich macht, oder von
welchem aus ein Angriff gegen diesen Feind
in verschiedenen Richtungen nntwnenunea
werden kann*
Centriftagalffehl&se, s. GebWse,
CentriftagalKraft. s. Ce/atrc^fbewegung,
Centrifugalmasenlne 9 mechanische Vor-
richtung zur Benutzung der OentHfogal»
kraft, wird besonders zum Trocknen von
Gespinnsten u. Geweben (Hydroextracteuie),
zum Abscheiden des Saftes aus dem Rüben-
brei, zur StärkemelU- und Mostgewinuung,
zur Trennung der Lohe von der Gerbbrühe,
zur Gewinnung des Honigs aus den Waben
und zum Reinigen des Rohzuckers benutzt.
Die G. besteht aus einer stehenden, mit sehr
grosser Geschwindigkeit sich um sich selbst
drehenden Trommel, deren vertikale Wan-
dung aus Drahttuch gebildet wird. Der
Inhalt der Trommel legt sich bei der Rota-
tion an diese Wandung, durch welche allefl
Flüssige in Folge der Centrifügalkraft
herausgeschleudert wird.
Centrnm (lat.), Mittelpunkt, bes. eines
Kreises und einer Kugel ; in der politischen
Spraciie die Gesammtheit der Mitglieder
einer Parlamentär. Versammlung, wel<^e
zwischen den extremen Partelen eine mitt-
lere Stellung einnehmen. Je nach der Neigung
nach rechts oder links rechtet und linkes G.
Centnm (lat.), hundert.
Centumviri (lat.) , d. i. Hundertmänner,
im alten Rom Richterkollegium, ans 105,
später 180 Mitgliedern bestehend, erkannte
in Civil Sachen, von Serv. Tullius eingesetzt,
ging 395 n. Chr. ein.
Centurle (lat.), bei den Römern jede Ab-
theilung von hundert Dingen oder Personen,
im Kriegswesen Truppenabthetlung , von
einem Gentnrio geführt; bes. Name der 193
TJnterabtheilungen der 6 Klassen des röm.
Volks, welche Servius Tullius mit Rücksicht
auf das Vermögen einführte; die ersten
5 Klassen bildeten die Vermögenden in 17i
C.n, zu denen dann die Ritter mit 18 Klassen
kamen. Die 6. Klasse bildeten die Armen
oder Proletarier in Einer G. Vgl. Komitien.
Ceplialonln, eine der Jonischen Inseln,
vor dem Golf von Petras, 7M. 1., bisSVsM.
br., 12 QM. und 72,787 Ew. , bergig (Monte
Nero 4986'), aber wohl angebaut. Produkte
Korinthen (Export oft über 8 Mill. Pfd.);
auch Wein, Sudfrüchte, Geh Die Einw.
treffliche Seeleute. Hauptst. Argostoli.
Cephalopoden (Kopffü$$ler), Ordnung der
Weichthiere, mit am Vorderende des Kör-
pers befindl. Bewegungsorganen, fleischigen,
mit Saugnäpfen oder hornigen Haken be-
setzten Armen (Fangarmen), die den deut-
li<^ gesonderten Kopf umgeben. Meerthiere
(Schiffsboot, Seepolyp, Papiemautilus, Din-
tenfisch, Kalmar, Belemniten).
Cephens. Sternbild am nördl. Himmel
zwischen dem kleinen Bären und Cassiopeja
mit 3 Sternen 3. Grösse (Alderamin).
Cer, Metall, welches sich mit Lanthan
und Didym oxydirt in einigen seltenen Mi-
neralien findet.
Ceram (spr. Sirang), grösste Insel der
Amboinagruppe, 330 QM., bergig (bis 90000,
schwach bevölkert (AlfUren im Binnenland,
Malayeu), fruchtbar, noch wenig bekannt. '
898
Gerasns — Gesena.
CtrilBf 9 t. Kir$e\laum.
Geilte 9 Wachssalben von talgartiger Be-
echaffenheit, uralte Verbandmlttel, rotb ge-
färbt als Lippenpomade, grünspanhaltig
ge«en Hühneraugen.
CermtonlA L. (Johannitbrodbaum), Pflan-
sengattnug der Gasalpinieen. 0. sillqua L,,
Kar<nih0er ', Bockshornbaum, in Südeuropa,
auf Cypem , Malta , In Nordafrika und im
Orient, mit fleischigen Hülsen, Johannis-,
Boodbrod, Sillqua dulds, griech. KeraHon,
deren Fruchtfleisch schleimig süss schmeckt,
bis über 50o/o Zucker u. etwas fireie Bntter-
sSure enth<. Dient als Nahrungsmittel,
Bur Syrup - u. Spiritusbereitung, als Pferde-
Aitter und ist olflcinell.
Cerbems (gr. Myth.) , der mehrköpfige
Hund am Eingang des Hades.
Cerealien (y. Geres), Getreidepflanzen;
bei den Römern Feste der Ceres (s. d.).
Cerebralsysteni, der Theil des Nerven-
systems, welcher das Gehirn (cerebrum) und
die Ton ihm ausgehenden und in dasselbe
einmündenden Nerven begreift, bildet mit
de'm Spinalsystem das CerebrospinaUyttem,
Geremoiiiel (lat.), der Inbegriff der bei
ge^sson feierlichen Gelegenheiten zu be-
obachtenden, durch Herkommen oder Sitte,
Gesetz oder Vertrag bestimmten Förmlich-
keiten und Gebräuche , zeifällt in StacUs-
und Ho/eeremontel und in vülkerrechtlichea,
swiscben verschiedenen Staaten zu beobach-
tendes. Oeremonienmeuter, Beamter, welcher
über Beobachtung des G.s zu wachen hat.
CeremoniJis, förmlich, steif im Umgange.
Cereg (gr., Demiter), altgrlech. Göttin des
Ackerbaus und der bürgerlichen Ordnung,
Personifikation der mütterlichen Erde,
Tochter des Kronos und der Rhea, Schwester
des Jupiter und Neptun, gebar von ersterem
die Proserpina. Der Dienst der G. Natur-
dienst mit Mysterien , dessen Hauptsitz
Eleusis in Attica. Vgl. ^eUer, ,Demeter und
PersephoneS 1837.
Cereiu MüL^tHaw. (Faekeldistel , Säulen-
<Mctu$), Pflanzengattung der Kakteen In
Mexiko, Westindien, Südamerika, bes. In
Brasilien. C. senilis Du. dicht mit langen,
weissen Haaren bedeckt. C. speciosissimus
l>«e. in Mexiko mit genlessbaren , auch als
Hellmittel benutzten Früchten. Zahlreiche
andere Arten beliebte Zierpflanzen.
GerigBolay Stadt in der unterital. Prov.
Gapitanata, 21,639 Ew.
Cerigo (das alte Offthtra), griech. Insel,
Büdl. bei Morea, 5 QM. und 14,454 Ew. ; ber.
Honig. Hauptort Gaspali. Südost!, davon
OerigoUo (Aegüia), mit 1500 Ew., Station
der aus der Levante kommenden Schiffe.
CemugSra, s. v. a. Montenegro.
GemlreB (lat.), einschliesseu.
Cerro (span.) , Hügel , Anhöhe , oft mit
Bergnamen verbunden ; 0. d« MuJkae^, in
der Sierra Nevada , 10,900' , 0. San Jago,
Tnlkan in Venezuela, 8700*, u. v. a.
Cerro de Paseo , Stadt in Peru , Depart.
Junin, in 13,400« Höhe, 14,000 Ew. (Ge-
misch aller Racen und Nationalitäten);
reiche Silberminen (1630 entdeckt).
Geno-Gordo^ Ort in Mexiko, zwischen
Veracruz und Mexiko; 18. April 1847 Sit^
der Nordamerikaner über die Mexikaner.
Certepartie (fr., spr. Sertpartib, engl, char-
terparty), im Seeft-achtwesen ein zwischen
dem Bheder oder dem Kapitän und dem Be-
frachter über die Befrachtung eines Schiffs
oder eines Theils desselben abgeschlossener
Vertrag, enthaltend die Namen der Kontra-
henten, Namen, Gkittung, Nationalitat u. Ton-
nengehalt des Schiffs, Ort der Ein - u. Aus-
ladung, Frachtpreis und Zeit der Ladung.
Geriiflkit (lat.), als Ausweis dienende
schriftliche , Des. auch amtliche Versiche-
rung. ürsprungscertiJOeate , im deutschen
Zollverein Nachweise über die Herkunft
von Waaren aus einem Staate, mit welchem
eine Uebereinkunft über Verkehrserleich-
terungen im Allgemeinen, oder auch eine
Zollb^günstigung hinsichtl. einzelner Gegen-
stände besteht. In Staaten, wo das Renten-
svstem besteht, Bescheinigung der gemachten
Einzahlung seitens des Schatzamtes.
Certosft (ital., spr. Tschert-), Klause; ber.
die 0. d<Pa via, grossartiges Karthäuserkloster
bei Pavia, 1396 von Giovanni Qaleazzo Vis-
conti gegr., von Kaiser Joseph II. aufge-
hoben , 1844 wieder eingerichtet.
Cervantes - Saavedra y Miguel de , span.
Dichter, geb. 9. Okt. 1547 zu Alcala de
Heuares, studlrte zu Salamauca, begleitete
1569 den päpstl. Legaten Acquaviva nach
Rom, nahm als Soldat 1571 Theil an der
Seeschlacht vonLepanto (wo er den linken
Arm verlor), sowie später an den Unter-
nehmungen gegen Navarlno und Tunis, ge-
rieth 1575 auf der Fahrt nach Spanien in
die Gefangenschaft algierischer Piraten,
aus der er erst 1580 befreit ward , machte
noch andere kriegerische Expeditionen mit,
widmete sich dann ganz derSchriftstellerei;
t 83. April 1616 zu Madrid. Hauptwerk
der ,Don Quijote* (,Vida y hechos del in-
genioso Hidalgo Don Quljote de la Mancha',
1. Th. 1605, 2. Th. 1615), eine gegen den
Unsinn der Ritterromane gerichtete Satire,
im höhern Sinne grossartige Allegorie,
welche die Gegensätze zwischen Geeist und
Materie, Poesie und Prosa darstellt; hun-
derte Mal aufgelegt und viel mal in alle
Sprachen übersät (deutsch zuerst 1669;
von Tieck, 3. Aufl. 1858, Zollet 1867) ; wertb-
voll auch die ,Zwlschenspiele* (deutsch von
H. Kurz 1867; von seinen früheren dram.
Stücken Ist nur ,E1 trato de Argel' und
,Numancla' übrig) und seine ,Novellen* (die
ersten in Spanien, 1613). Von geringerer
Bedeutung Ist sein Schäferroman ,Galatea'
(1584), sein erstes, und ,Die Leiden des Per-
slles und der Sigismunde*, sein letztes Werk.
Sämmtl. Romane und Novellen deutsch von
Keüer und NoUer (1840-48, 10 Bde.). Bio-
graphie von Chculee (8. Aufl. 1S66).
CerviBOy s. MaUerkom, ^
Cesirl (spr. Tsche-), Oiuaeppe, gen. ,if
CavcUiere d'Arpini* oder fJoeepin*, ital. Maler,
geb. zu Rom, f <!»>• 1^0; Gründer der
Schule der sogen. Manieristen in Rom.
Gesena (spr. Tsche-, röm. Coesena), Stadt
in der Ital. Prov. Forli, am Savlo, 33,871 Ew.
Kastell; Bibliothek; altberühmter Wein.
Cession — Ghaine.
399
Cewloi» {lht,)t Rechtsgeschäft, wodurch
Jemandem (Oesaionar) -von einem Gläubiger
(Oedeni) die Befngniss eingeräumt wird,
«ine diesem zustehende Forderung für eigne
Rechnung gegen den Sciiuldner (Debitor
ceflsus) geltend zu machen. Cfessio bono-
rum, die Abtretung des Vermögens an die
Glftubiger, durch velche ein ohne sein
Yerschulden in VermögensTerfall gerathe-
ner Schuldner persönliche Verantwortlich-
keit, Verhaftung etc. von sich abwenden
kann. Cessibel, abtretbar.'
CetMies (Fi$eh8äugethiere, Wale), Ord-
nimg der Säugethiere, Wasserbewohner mit
spindelförmigem unbehaarten Leib, unter
dessen Haut eine ansehnliche Specklage
sich befindet, mit flossenähnlichen Vorder-
füssen und horizontaler Schwanzflosse, ohne
"hintere Extremitäten, leben meist gesellig
tind machen nach der Jahreszeit und dör
aufzusuchenden Nahrung gemeinschaftliche
Züge. Nähren sich je nach derBeschaffen-
beit des Gebisses Ton kleinen Seethieren,
Nacktschnecken , Quallen (Bartwale) oder
TOB grösseren Fischen (Delphine) ; die Si-
renen ft'essen Pflanzen. I. Eigentliche Wale
xnit NasenoiTnungen auf der Stirn, voll-
kommen unbeweglichen Gliedmassen und
liilchdrnsen in der Nähe des Afters: Del-
phin, Narwal, Potwal, Finnflsch , Walfisch.
IL Sirenen mit vorderen Nasenöfinungen,
im EllenbogengAlenk beweglichen, handartig
endigenden Flossen u. brustständigen Milch-
drüsen: Manati, Dugong, Borkenthier.
Cetftceuin, Walrath. [chen Umständen.
Ceterls paribvs (lat.), unter übrigens glei-
Cetraria Achar. (Schuf penjleehtt) , Flech-
tengattnng der Parmeliaceen. C. islaodica
Äehar., Liehen Island. L., Lungen-, isländ.,
Fnrgirmoos, in Nord- und Mitteleuropa, in
Island Nahrungsmittel, offlcinell (Tfaee und
Gallerte), schmeckt bitter, enthält stärke-
siehlhaltlges Lichenin, einen Bitterstoff etc.
Cette (spr. Sett), befest. See- u. Handels-
stadt im franz. Depart. H6rault, an der
Mündung des Kanal du Midi, auf einer Land-
zunge zwischen dem Meer und demEtang von
Thau , 22,438 Ew. ; siebenter Handelshafen
Frankreichs; Molo mit Fort und Leucht-
thnrm, Schiffswerfte, Schifffahrtsschule. Fa-
hrikatlon aller Weiusorten 'Sudeuropas ; be-
deutende Salzgewinnung, Seebäder. In den
Spalten des daneben gelegenen Berges
Massen vorweltlicher Knochen.
CettlBJe^ Hauptort von Montenegro, 700
Ew. ; hervorgegangen aus einem von festen
Mauern umschlossenen Kloster (1478 gegr.),
das Jetzt zugleich Bischofssitz , Kathedrale
und Gefänghiss Ist; Palast des Fürsten.
Cevemieii (spr. Sew-, lat. Cebenna), Ge-
bii^skette in Süd&ankreich (Languedoc),
vom Lozdregebirge stidwestl. bis zum Kanal
du Midi ziehend ; mittlere Höhe 3700'. Im
Mittelalter Sitz der Albigenser, Waldenser
und anderer Sekten. Nach dem Widerruf
des Edikts von Nantes (1685) grausame Ver-
folgungen (Dragonnaden) der Protestanten,
' jn Folge davon 1702 Aufstand der Bauern
[(Oamiiarden) unter Gavalier u. And., der erst
nach blutigen Kämpfen unterdrückt ward.
Ceylon (im Alterth. Taprohane, sanskr.
Singhala,9iVich Lanka "diva), brit. Insel im
ind. Ocean an der Südostspitse Vorder-
indiens (dazwischen die Palkstrasse, 12V»
M. br.), 1160 QM. und (1867) 2,093,778 Ew.
(18,483 Weisse). Das Innere grossartiges
und malerisches Bergland (Adamspik ÖSüC,
Poduru 7800'), umgeben von einem breitea
Gürtel Tiefland; fast die ganze NordhSlfte
Ebene. Unter den Flüssen der Mahftvali-
Ganga der bedeutendste. Klima heiss und
sehr gleichmässig ; Vegetation überau»
üppig und reich. Produkte die des südl.
Indien, dazu Kokosnüsse u. ZImmt ; ausser*
dorn Eisen, Salz, Edelsteine. Hauptausfnhr:
Kaffee, Baumwolle, Kokos (Gel und Nüsse).
Hauptmasse der Bevölkerung die Singha"
lesen (in der Mitte und im S.); dazu Mala-
baren im N. und NO.; Mohren (Araber)
und wilde Veddas (wahrscheinl. die Ur-
bewohner). — G. bildet ein besonderes
brit. Gonv. (Einnahme 1865: 978,500, Aus-
gabe 838,194 Pfd. St.). Hauptst. Kolombo;
beste Häfen: Trlconomalli und Galle. — G..
stand bis 1815 unter eigenen Königen. Im
16. Jahrh. fassteu die Portugiesen, 1656 die
Holländer festen Fuss das.; seit 1795 von den
Briten besetzt und 1802 ipn Frieden von
Amiens formlich an sie abgetreten. Vgl. Ten-
nent, ,0.', 6. Aufl. 1864; Bamonnet, ,0.', 1868.
Cliablais (spr. Schablä, ital. (Hablese, spr.
Tscha-), Landschaft im firanz. Depart. Ober-
savoyen, am Genfersee, 15 QM.; frülior
savoyisches Herzogthnm; Hauptst. Tlionon.
Chabor (im Alterthnm Ohaboia»>, Neben-
fluss des Euphrat in Mesopotamien, mündet
bei Abu-Serai, 50—60 M.; au seinem Ufer
sah Ezechiel einst Gesichta.
Chacabaco (spr. Tscha-) , Stadt in Gliile,
nordöstl. von Santiago; 12. Febr. 1817 £t>^
der Insurgenten über die Spanier.
ChacO) s. Oran-Chaeo.
Chaconne (spr. Schakonn), s. daeona.
Charonea (a. G.), Stadt in Böotien, am
Cephlssus; hier 338 v. Chr. Bieg Philipps
von Macedonien über die Griechen; 86 v. Chr.
Sieg Sullas über Mlthridat; Geburtsort
Plutarcbs ; jetzt Dorf Kopreina.
ChirophyUnm L. (Kälberkropf), Pflanzen-
gattung der Umbelliferen. G. bulbosum L.,
fast in ganz Deutschland, wird der fleischi-
gen, pastinakartig schmeckenden, stärke-
mehlreichen Wurzel halber kultivirt.
ChafarlBas, 8 Inseln an der NordkUste
von Marokko, 1848 von den Spaniern besetzt.
Chagos-Arehipel (spr. Tscha-), Inselgruppe
im ind. Ocean, südl. von den Malediven, zun»
engl. Gouv. Mauritius gehörig, 7 QM.; die
grösste Diego Oarcia, 3 M. 1.
Chagrin (spr. Schagräng, Saghir), starke»
hartes Leder aus dem Rückenstück der
Pferde- und Eselh&ute, mit Grübchen, die
durch Einpressen von Meldensamen her-
rühren, bes. in der Türkei, in Persien und in»
südl. Russland dargestellt, sehr dauerhaft;.
Surrogate werden in Deutschland, England
und Frankreich mit gravirten Kupferwalzen
dargestellt. Auch s. v. a. getüpfelter TafTet.
Cliaine (fr., spr. Schähn), Kette, im Kriegs-
wes^ Vorpostenkette ; Tanztour, wobei die
400
Chaiee -* Ghambre.
TmaendMi im Vorbeigehtn einander die
H&nde reichen.
Chatte (fr., epr. Sch&hs), Stahl; leiohte
JCntsohe. C. Umgue, Kanapee mit nar Einer
Kopf- nnd Büokenlehne.
CkaleSdoii (a. G.)» Stadt in Bfthynien,
JConstantiuopel gegenüber, Ton den Mega-
jrem 685 gegr. , von den Osmanen zerstört.
2er. Kirchemversamtniung das. 451 n. Chr.
CludcidOBy trüb dnrchsch^nendes Mineral
Ton schöner sanfter Färbung ans der Klasse
•der MetaUoVdoxyde, Gemisch ans krystallinl-
echer und amorpher Kieselsaure (steht also
zwischen Quarz und Opal), meist nieren-
lörralg, traubig, in Platten etc., harter als
•Glas, auf Ceylon, in Kubien, bei Oberstein
etc. Varietäten: Onyx, Karneol, Sardonyz,
Heliotrop, Chrysopras, Hokkastein etc.,
wird als Halbedelstein zu Schmuckgegen-
«tänden und dergl. verarbeitet.
Clulcidiselie Halbliiflel, Halbinsel in der
'Türkei, östl. am Busen Ton Salonichi, mit 8
Auslaufern Cassandra, Longo und Hagion
■Gros ins &g&ische Meer vorspringend ; nach
•dei; Stadt Chalcis benannt.
ClMlelg (Egripo, ital. NegrcpcnU), befest.
Hauptst. der Insel £uböa, an der Südwest-
Icüste, von acht türk. Charakter, mit dem
Festland durch Brücke verbunden, 6000 Ew. ;
im Altorthnm (ChoLcit) reiche und starke
Stadt, die früh der Macht Athens unterlag.
ChalCO, See, südl. bei der Stadt Mexiko,
init schwimmenden Blumen- und Küchen-
harten CChtnama« genannt. Flösse mit
Frachterde bedeckt); Kanal nach Mexiko.
CluldSa) im weitern Sinne s. v. a. Baby-
tonien; genauer der südwestl. Theil dessel-
ben, auf der Westseite des Euphrat. Die
Chald&er (hebr. C^Mdivt) ein tapferes und
kriegerisches Volk medopers. Stammes, im
7. Jahrh. v. Chr. von N. her eingewandert,
bes. berühmt durch ihre astronom. Kennt-
nisse. Bire Hauptstemwarte der Tempel des
Bei zu Babylon. Die ehald, Sprache, zunächst
dem Syrischen verwandt, bildet mit diesem
den aramäischen Zweig des semit. Sprach-
stammei. Grammatiken von POermann
<1841), Bertheau (184S) u. A.
Chald&iselie Periode (Fbriode Saro», Edl-
leptehe Periode), Zeitraum von 6585V3 Tagen,
in denen der M<Hid 883 synod. Umläufe
xurncklegt.
Ghaldron*engl. Getreidemass,^: 32 Busheis
j= 1153,18 Liter = 81,16 preuss. Scheifel.
diftlons (spr. Schälong), 1) 0. wr Marne,
Hauptst. des franz. Depart. Marne, an der
Marne und der strassbui^er Bahn, 17,692
Ew. Kathedr. ; bed. Weinhandel. Im Alter-
thum Oatalaunum} Hunnenschlacht (s. KatO'
launische Felder), Kordöstl. bei C. das her.
stehende Uebungslager der franz. Armee
(Lager von C), 1857 errichtet, ^4 M. lang,
mit dem Hauptquartier zu Gross-Mourmelon
<das Schlösschen des Exkaisers das. brannte
J^an. 1871 ab), bisher stets von 1, auch 8 Ar-
oneecorps besetzt; wurde Aug. 1870 beim
Anrucken der 3. deutschen Armee von den
Franzosen geräumt, Febr. 1871 ganz aufge-
hoben. — 2) C. aur Saöne, Stadt im franz.
Depart. Saöne-Loire, an der Saöne, 19,982£w.
CluttSleon Laur., Beptilienggttimg der
Wurmzüngler. Gemeine$ C (C. afrlcanos
Gm.), im südl. Spanien und AfHka, mit dem
Wickelschwauz 12—18'' lang, lebt träge auf
Bäumen von Insekten und besitzt unter der
dünnen Haut 8 über einander liegende Flg-
raentschicbten, deren gegenseitige Ausbrei-
tung und Lagenveränderung den Farben-
wechsel des Thlers vemrsacfaL
€hMa&leOB9 Sternbild des südlichen Him-
mels, bei uns nicht sichtbar.
ChamaeleOB i^lnerale , mit Salpeter ge-
glühter Brannstein, schwarze bröcklige Masse,
gibt mit Wasser eine grüne Lösung (von
mangansanrem Kali), welche allmählig durch
Violett in Roth übergeht (übermengansaures
Kali). Vgl. Jraw^ati.
€luMiiropi L. (ZfoergpoXme) , Palmengat-
tung. C. humilis L,, die einzige europ.
Palme, an den Küsten des Mittelmeers bis
430 44' n. Br., bedeckt oft wilde wüste Ebe-
nen, erschwert die Kultur, liefert Besen,
Hüte, Hüttendächer, Zeltdecken, Fasern zu
Teppichen, Segeltuch und Papier.
Charniveii, german. Volk , im heut. Süd-
hannover und am Niederrhein; verliert sich
um 400 unter den Franken.
Chambertlii (spr. Schangbert&ng) , Dorf
inBurgund, Depart Cöte d*Or, bei Gevray;
ber. Bothwein.
Chambery (spr. Schang-), fiüher Haupt-
stadt des sardin.Herzogtb., Jetzt des franz.
Depart. Savoyen, an der Eisenbahn von Genf
zum Mont Cenis, 18,879 Ew. ; Schloss, bed.
Seidenfabr., lebh. Speditionshandel; lOne-
ralbäder; das Landhaus ,Xie8 Charmettes*,
durch Rousseau berühmt.
Chamberd (spr. S(^angbohr), Dorf im franz.
Depart. Lolr-Cher, am Cansson, unweit
Blois; prächt. Schloss mit 6 Thürmen, das
die Legitimisten 1881 für den neugebomen
Herzog von Bordeaux kauften, der sich in
der Verbannung danach Oraf von O. nennt.
Chambord (spr. Schangbohr), Htnri Okaries
Ferdinand Marie Dieudonni von Artois,
Herzog von Bordeaux, Gra^ von, gegen-
wärtig der einzige Vertreter der älteren
bourbon. Linie, S^hn des Herzogs Charles
Ferdinand von Berri, des Sohnes Karls X.,
und der Prinzessin Karoline' Ferdinandine
Luise von Neapel, geb. 89. Sept. 1880 au
Paris, folgte seiner Familie in die Verbsoi-
nung, ward zu Prag unter Leitung des Ba-
rons Damas, dann des Generals d'Hautpoul
und Latour-Maubourgs erzogen, lebte seit
1838 mit seiner Familie zu Görz, dann su
Frohsdorf bei Wien, im Winter in Venedig,
seit 16. Nov. 1846 vermählt mit der Prin>
zessin Marie Therese Beatrix GaStsAa von
Modena. Von den Legitimisten als Brbe
des franz. Thrones aufgestellt. Trat nach
Napoleons HI. Sturz als Thronkandidat aof.
Chambre (fr., spr. Schangb^r), Kammer,
Zimmer; Kammer der Volksvertreter. — '
C ardvnte (fr., d. i. glühende Kammer),
ausserordentlicher Gerichtshof in Frank- ,
reich, 1535 zur Bestrafung der Ketzer er-
richtet. Die von Ludwig XIV. 1679 errich-
tete C. a. hatte die Untersuchung der Ver> ,
giftungen, welche seit dem Prozesse der
Chamisso — Changarnier.
401
Marquise BrluvUIiers vorgekommen sein
sollten, zum Zweck. — 0. gamie, möblirtes
Zimmer zum Vermiethen.
Chamisso (spr. Scba-), Addlhtrt von, eigentl.
Louis Charles Adelaide de Chamisso de Bon-
court, deutsclier Dichterund Naturforscher,
geb. 27. Jan. 1781 auf Schloss Boncourt In
der Champagne, emigrirte mit seinen Eltern,
seit 1790 in Berlin , nahm als Botaniker
1815—18 Theil an einer Entdeckungsreise
.um die Welt (unter Otto ▼. Kotzebue), er-
hielt nach seiner Heimkehr eine Anstellung
am botan. Garten in Berlin; f das. 21. Aug.
1838. , Gesammelte Werke* (neueste Aufl.1864),
enthaltend Gedichte, das Märchen ,Peter
Schlemihl' (in fast alle Sprachen übersetzt),
,Reise nm die Welt* und seine Biographie
nebst Briefwechsel, herausgeg. Ton Hitzig.
Ansg. von Kurt (1869, 2 Bde.).
Chamois (spr. Schamoa), ins Isabell und
RÖthliche fallende Farbe, nach den Bock-,
Ziegen- u. Schaffellen (Beaux deC), welche
diese Farben zeigen, benannt.
Chamotte (fr., spr. Schamott), feuerfeste
Tiionmasse zur Konstruktion von Feuerun-
gen, Oefen etc., wird aus gebranntem und
gepulvertem feuerfesten Tlion, z. B. aus ge-
brauchten Porzellankapseln, bereitet. Für
Chamotteziegel wird die Masse mit frischem
Tbon gemengt und dann gebrannt.
Chamoviii (spr. Schäm uni, Chamonix),
romant. Alpenthal in Savoyeu, zwischen den
grrajischen und penninischen Alpen, von der
Arve durchströmt, 4V2 St. 1., 3174' üb, M. ;
darin das Dorf C, von wo man den Mont-
blanc ersteigt und das Eismeer auf dem
Montanvert besucht.
Champagne (spr. Schangpanj), alte franz.
Prov. mit weiten Ebenen, 465 QM. u. 1,238,780
Ew., zerföllt In die dürre und arme Nord-
osthälfte (C. potiiUeuse) und die fruchtbare
reiche Südwesthälfte. Produkte der ber.
Wein und ausgez. Flintenstehie. Hauptst.
Troyes. Seit dem 11. Jalirh. selbständ. Her-
zogthnm, das 1284 an Frankreich kam und
1328 dem Reiche einverleibt wurde. Bei der
neuen Eintheilung des Landes wurden ans
der C. die Depart. Ardennen, Aube, Marne
und Obermame gebildet, nnd Theile zu den
Depart. Aisne, Yonne, Seine-Marne n. Meuse
geschlagen.
Champagnemeine, aus den Depart. Arden-
nen, Marne, Aube und Obermarne, besonders
aus den Arrondiss. Rheims und Epernay.
Weisse: Sillery, Ay, Moreuil, Hantvilliers,
rMzy, Epernay und Pierry, rothe oder Berg-
weine: Verzy, Verzenay, Mailly, St. Besle,
Bouzy, Thierry. Durch frühzeitiges Füllen
des Weines auf Flaschen, in denen die Gäh-
mng unter Entwickelung von Koblens&nre
weiter verläuft, werden die moussirenden
G. gewonnen (Gasdruck in den Flaschen 4
bis 5 Atm.). Die Fabrikation ders. liegt in
Frankreich in den Händen von nur etwa
einem Dutzend Häusern (Avize, Ohälons,
Epernay, Rheims, Ay). Produktion etwa 10
Mill. Flaschen. Nachbildungen ans deut-
schen Weinen erreichen oft die besseren
franz. Sorten. Die zahlr. Bouquet- und Ge-
schmack snuancen werden durch Liqueure
Meyers Hand -Lexikon.
erreicht. Prodnktloh deutschen Schaum-
weins 2 — 3 Mill. Flaschen.
Champignon (fr., spr. Schangpinjong),
Agaricus campestris L., FeleO>l(Hterschwamm
(Angerling, Weidling, Herrenpilz, Trüsch-
ling, Brachpilz), essbarer Pilz auf Feldern,
Wiesen, in Eichenwäldern Europa^, Nord-
afrikas , Asiens und Nordamerikas , häufig
kultivirt, von Mai bis Okt., nahrhaft nnd
wohlschmeckend. Weisser Brachpilz (A.edu-
ils Tratt.) ist weniger schmackhaft.
Champlgny (spr. Schan«:pinji), Ort süd5stl.
bei Paris, an der Seinö; während der Bela-
gerung von Paris 30. Nov. und 2. Dec. 1870
heftiger Au8faU$kampf gegen die Deutschen
(bes. Würtemberger und Sachsen) ; die Fran-
zosen unter Trochu und Ducrot mit grossem
Verluste zurückgeschlagen.
Champion (flr., spr. Schangpiong), im Mit-
telalter Kämpfer, der bei gerichtlichen Zwei-
kämpfen die Stelle eines der Betheiligten
vertrat; später Ritter, welcher für einen
Wehrlosen (eine Dame, ein Kind etc.) frei-
willig in die Schranken trat; bei Turnieren
der Ritter, der die anwesenden Damen vor
Beleidigungen schützte.
Champlain (spr. Tschämplehn) , See In
Nordamerika, zwischen Vermont, Newyork
und Untercanada, 23 M. lang, i'»— 3 M. br. ;
fliesst durch den Sorel zum Lorenzstrom
ab und steht durch den 14 M. 1. Champlain-
kandl mit dem Hudson- und Eriekanal in
Verbindung. Mehr als 60 Inseln. Zahlr.
Dampf- und Flussschiffe. Auf der West-
seite die Stadt 0., 5800 Ew.
OhampoUlon-Figeae (spr. SchangpoUiong-
Fischack), Jean Franfois, Begründer der
ägypt. Alterthumskunde, geb. 23. Dec. 1791
zu Figeac (Depart. Lot), erhielt 1826 die
Aufsicht über die ägypt. Sammlungen zu
Paris, bereiste 1828— 30 Aegjrpten, erhielt
1831 den neu gegründeten ägypt. Lehrstuhl
am Collie de France; *)- 4. März 1852 zu
Paris. Hauptwerke: ,Grammaire ^yptienue'
(1836— 41); ,Dictiounaire 6gyptien* (1842-44) ;
,Monuments de TEgypte et de la Nubie'
(1835—45, 4 Bde. mit Kupfern). Sein System
der Hieroglyphenentzifferung (,Pr6c]S du
Systeme hi6roglyphique<, 2. Aufl. 1828, 2 Bde.)
ist fast allgemein adoptirt.
Chamsin (arab.), glühend heisser Wüsten-
wind in Unterägypten, weht bes. von Ende
April bis zur Nilüberschwemmnng im Juni.
Chanee (fr., spr. Schangs), Würfelspiel;
Glücks- oder Wahrscheinlichkeitsfall.
Chandemagor (Tsehadr anagar), ostind.
Stadt, 3Va M. nördl. von Kalkutta, am Hugli,
28,512 Ew.; seit 1700 fl-anz. Besltzthum.
Changarnier (spr. Schanggarnieb), Nicolas
Anne l%iodule, ftanz. General, geb. 26. April
1793 zu Antun, diente seit 1830 in Algerien,
ward Mal 1848 Obergouvemeur das., bald
darauf Oberbefehlshaber der Nationalgarde
des Seinedepartements, Dec. Kommandant
der 1. Militärdivision zu Paris, galt als das
Schwert der monarchischen Partei. Jan.
1851 als Gegner des Prinz -Regenten abge-
setzt, trat er in die Legislative, wo er eine
neutrale Stellung zwischen den Legltimisten
und Orleanisten einnahm , ward in der
26
402
Ghange — Charles.
Kacht des S. Deo. mU den. repnblikan. Ge-
neralen yerhaftet und durch Dekret Tom
9. Jan. 1852 aus Frankreich Terbannt, lebte
seitdem meist 8U Mecheln. Stellte sich nach
Ausbrach des Kriegs mit Deutschland dem
Kaiser Eur Disposition, ward nach Mets ge-
sandt und gerieth hier bei Uebergabe der
Stadt in Kriegsgefangenschaft.
Change (fr., spr. Schangsch), Tausch,
Wechsel. Changeme$U (spr. Sohangschmang),
Veränderung. CAanp»r«ii,wechselu, tauschen.
Changeftnt (fr., spr. Schangschang), Ge-
webe, deren Kette von anderer Farbe als
der Einschlag ist, daher schillernd.
Chanson (spr. Schangsong), Gesang, lyr.
Gedicht von mehijBren Strophen , Volkslied.
CSiaruonnier, Dichter yolksthümllcher Lieder.
Chantage (fr., spr. Schangtahscb), Geld-
erpressung durch Androhen von Enthüllung
wahrer oder erdichteter Schimpflichkeiten.
Chantilly (spr. Schangtilji), Flecken im
Depart. Oise, nördl. von Paris, 3322 Ew.
Schloss, Hauptsitz der Gond^s, 1793 zerstört.
Chantarey (spr. Tschäntri), Francis, engl.
Bildhauer, geb. 7. April 1781 in Dorbyshire,
*)- 25. Nov. 1842 zu London. Gruppe schlafen-
der Kinder (Licbfield) ; Porträtstatuen.
Chaos (gr.), bei den alten Griechen die
formlose Materie, aus der die Welt entstan-
den sein sollte, vorgestelit als leerer Raum,
Vermischung der verschiedenen Elemente
etc.; bei den alten Pliilosophen das Univer-
sum; im figürlichen Sinne s. v. a. ungeord-
nete, verworrene Masse; daher cJtaotisch,
Chapelle, La (spr. Schapell), Ort im franz.
Dep. Sarthe ; hier und bei Lombron 11. Jan.
1871 heftige siegr. Gefechte der auf Le Mans
vorrückenden 2. deutschen Armee.
Chapman (spr. Tschäpmän), George, engl.
Dichter, geb. 1557, Freund und Zeitgenosse
von Shakespeare, Johnson und Spenser; f
1634. Beliebteste Stücke: ,Bassy d'Ambois',
,A11 fouls', ,The conspiracy of the dnke of
Byron* etc. ; übersetzte auch Homers ,Ilias'.
Chaptal, Jean Anloine daude, Gra/ von
Chanleloupe, franz. Chemiker, geb. 4. Juni
1756 zu Kogaret, ward 1798 Mitgl. des Instituts,
1800 Minister des Innern, 1805 Mitglied des
!ärhaltung8senats, 1815 nach Napoleons I.
Rückkehr Staatsminister, Direktor des Han-
dels und der Manufakturen, 1819 Fair; f
30. Juli 1832 in Paris. Hauptwerke: ,La
chimio appliquäe aux arts' (1807 , 4 Bde. ;
deutsch von Hermhstödt 1808); ,Chimie ap-
pliqu^e ä l'agricalture' (2. Aufl. 1829, 2 Bde.).
Cnaptalisiren, die nach Cftajptal benannte
Weinverbesserung , welche in der Ver-
mischung des Mostes mit Zucker besteht.
Chart X. (ArmleuehUr, WaMeralem), Pflan-
zengattung der Characeen, Süsswasserge-
wächse, algen&hnlich , fruktifioiren unter
dem Wasser, meist mit Kalk inkrustirt. Bei
ihnen ward zuerst die Saftbewegung in den
Zellen beobachtet.
Char a banc (fr., spr. Schalir-), offener
Wagen mit Bänken an den Seiten.
Charade (spr. Scharade, BiU>enriithset) ,
Räthsel, wobei man das zu erratliende Wort
in Silben zerlegt und diese, wie zuletzt
das Ganze, nach RätUsolart umschreibt.
Charädscli (Ckirädach, Churddach, arab.J,
jede Staatseinnahme, in der Türkei bes.
die von den nicht zum Islam sich beken-
nenden Unterthanen erhobene Steuer. Cfta-
rädachi, Steuerbeamter.
Charcutier (fr., spr. Scharkütieh), Fleisch-
waarenhändler ; C^arcuterie (spr. Schar-
küt^rih), der Laden eines solchen.
Charente (spr. Scharangt, lat. Carantonus),
Fluss im westl. Frankreich, entspringt auf
den limousiner Bergen , mündet der Insel
016ron gegenüber in den atlant. Ocean, 34
M. lang. Danach benannt das Depart. G.,
107,9 QM. u. 378,218 Ew., Hauptst. Angou-
I6me, und das Depart. üntercharetUe, 123,9
QM. und 479,529 Ew., Hauptst. La Rochelle ;
beides Theile der alten Grafschaft Poitou.
CharentOB (spr. Scharangtong) , Flecken
südöstl. bei Paris, an der Seine, 6190 Ew.
Dabei das Fort C., zwischen Marne un<I
Seine; nach der Kapitulation yjon Paris 29.
Jan. 1871 vom 1. bayer. Armeecorps besetzt.
Chares, Bildhauer von Rhodus, um 300
V. Chr., Schüler des Lysippus, Verfertiger
des Kolosses zu Rhodus.
Charge (fr., spr. Scharsch, d. i. Last,
Auflage, Amt), vornehmlich Bezeichnung
eines militär. Amts; Chargen, in mehreren
Armeen alle Diejenigen, welche im Rang
über den gemeinen Soldaten, aber unter
den Offizieren stehen. Chargirt, in Exercir-
reglements Avertissementskommando zum
Laden und Feuern. Im Handel ist C. franz.
Name für Last. Chargi (spr. Scharscheh),
beschwert, bezeichnet auf Briefen den darin
enthaltenen, aber nicht angegebenen Werth.
Charge d'affaires, diplomat. Agent, wel-
cher nicht bei einem Souverän, sondern
nur bei einem auswärtigen Amte akkre-
ditirt und nur von einem Minister oder
Gesandten bevollmächtigt ist.
Charite (fr., spr. Schari-), Barmherzigkeit;
Name von milden Stiftungen, bes. Kranken-
hänsern, z. B. in Berlin. [s. QratAen.
Charitinnen (gr., d. i. die Anmuthigen),
Chariwari (fr., spr. Schari-, mittellat.
charir^arium), eigentl. s. v. a. Polterabend ;
dann Katzenmusik, Spottständchen.
Charkow 9 kleinruss. Gouv., früher die
dchodiiche Ukraine genannt, 9e8,6 QM. und
1,590,926 Ew. Die schöne EaupM. G. , au
der Cliarkoufka und dem Lopan, 59,973 Ew.;
Universität (seit 1804) mit botan. Garten ;
Kathedrale; bed. Wiutermesse mit grossem
Pferdemarkt und wichtiger Wollraarkt.
Charlatan (fl:., spr. Schariatang, vom ital.
ciarlare, schwatzen), Marktschreier, Quack-
salber. GharUttanismtM oder Charlatauerie,
Benehmen nach Art eines solchen.
Charleroy (spr. Scharlroa), feste Stadt in
der belg. Prov. Hennegau, an der Sambre,
12,150 Ew.; wichtige Eisenwerke.
Charles (spr. Schari), Jacques Mexandre
C6sar, franz. Physiker, geb. 12. Nov. 1746
in Beaugeucy, Prof. der Physik am Konser-
vatorium der Künste und Gewerbe, Mitglied
der Akademie der Wissenschaften in Paris;
t das. 7. April 1823. Erfinder der mit
Wasserstoff gefüllten Luftballons (C&ar-
liires), stieg in ein^ni s(^lchen 1793 auf, er-
Gharleston — Charybdis.
408
fand ein Hydroindtre thermom6triqne und
▼erbesserte den Heliostat.
CharlMton (spr. Tscharlst'n) , Stadt und
erster Handelsplatz in S&dcarolina (Nord-
amerika), am Meere, zwischen den Flüssen
Asfaley Q. Gooper, (1870) 48,956 Ew. ; ausgez.,
durch 8 Forts geschützter Hafen; Hauptaus-
fuhrort für Baumwolle, Reis und Tabak.
Charlestoim (spr. Tschärlstaun), Stadt in
Massachusetts (Nordamerika), Boston gegen-
über am CharUafiuM, (1870) 88,823 Ew. ; gr.
Schiffswerfte , Eishandel. Innerhalb der-
selben der BunktrthiU (s. d.).
Charliörey s. OharUä.
Charlotte Amali«, Haupstadt der westind.
Insel St. Thomas, 12,560 Ew., Freihafen und
Oentralstatlon der engl. - westind. Dampfer.
Charlotte Elisabeth, Tochter des Kur-
fürsten Karl Ludwig Ton der Pfalz, geb.
1652 in Heidelberg, zweite Oemahlin Philipps
von Orltens, des Bruders Ludwigs XIV.,
Mutter des Regenten; f 1722. Sehr. ,M6-
langes historiqnes, anecdotiques et critiques'
(1788; 1807). Auf ihre Vermahlung mit
einem franz. Prinzen gründete Ludwig XIV.
seine Erbansprüche auf das AUod des Kur-
fürsten Karl Ludwig.
Charlottenbrnnn. Marktfl. im preuss.
Regbz. Breslau, bei Waidenburg, 1416 Ew. ;
bes. Badeort (erdig - salin. Eisen wasser).
Charlottenbnrg , Stadt im preuss. Regbz.
Potsdam, Kr. Teltow, 1 M. westl. von
Berlin, an der Spree, 18,438 Ew.; königl.
Lustsohloss (1699 für die Kurfürstin Sophie
Charlotte beim Dorfe Lützow erbaut, daher
der Name), mit pr&cht. Park (darin gr.
Orangerie, Theater und das ber. Mausoleum
der KönJginLuise u. Friedrich Wilhelms HI.).
Charlottenhofy königl. Lustschloss bei
Potsdam, von Friedrich Wilhelm IV. 1826
angelegt; Wasserkunst mit 20 Fontänen,
pompejan. Haus, zahlreiche Marmorgruppen.
Clwrlotteiilniid 9 königl. Lustschloss bei
Kopenhagen ; dabei der grosse Thiergarten.
Charlottetoim (spr. Tscb ärlottaun), Hanpt-
und Hafenst. auf der Prinoe -Edwards -Insel
(Brit.- Nordamerika), 5210 Ew.
Charmant (fr., spr. Schar-), reizend, an-
ziehend; charmiren, liebkosen, entzücken.
Chirmay (spr. Scharmä, QalmU), schönes
Alpendorf im Kant. Freiburg, Hauptort
eines 10 St. I. Bergthals (bester Gruydrekäse).
Charmoz (spr. Scharmo, Aiguille de O.),
Spitze der Montblancgruppe, 10,944'.
Chamier (fr., spr. Schar-), Gelenkband,
Band, mittelst dessen 2 Gegenstände be-
weglich verbunden sind.
C%arolle8 (spr. Scharoll), Stadt im franz.
Bcp. Saöne- Loire, 3284 Ew.; Hauptort der
Landschaft CharolaU mit dem Gtarclai»-
gd>irge , im Haut Joux 3061' hoch.
ChiroBy Sohn des Erebus und der Nacht,
führte als Fährmann die Gestorbenen über
die Flüsse der Unterwelt , wofür er einen
Obolus erhielt, den man den Todten in den
Mund gab; dargestellt als ein finsterer Alter
mit struppigem Bart u. ärmlicher Kleidung.
Charpie(fr., spr. Schar-), ausgezupfte kurze
Leinwandfäden von 3— 4 "Länge, Verband-
mittel bei Wunden, Geadiwureii otQ,
Charraa (spr. Scharra), Jean £apti$t€
Adolphe, franz. Militär, geb. 7. Jan. 1810
zu Plalzburg in Lothriugeu, trat 1833 als
Artillerielieutenant in die Armee, wurde
bald darauf Bataillonschef in Algier, 1848
von der provisor. Regierung zum Oberst-
lieutenant ernannt, April Unterstaatssekretär
im Kriegsministerium, dann interimistisch
bis zu Gavaignacs Ankunft im Juni Kriegs-
minister, fungirte währehd des Jnniaufstan-
des als Chef des Goneralstabs, bekämpfte
in der Nationalversammlung die Wahl Lud-
wig Napoleons zum Präsidenten, ward 1849
Mitglied der Legislative, 2. Dec. 1851 als
Republikaner verhaftet, dann verbannt,
ging nach Belgien, von da 1854 ausgewiesen
Jiach Holland und, in die Schweiz; f 23. Jan.
1865 zu Basel. Sehr. ,Campagne de 1815.
Waterloo' (6. Aufl. 1869 ; deutsch 1867).
Charte (C^iarta, Ohartula), bei den Römern
ein Blatt der ägypt. Papyruspflauze, dann
alles , worauf man schrieb oder zeichnete ;
im Mittelalter Jede Urkunde, bes. eine
solche, in welcher wichtige Rechte und Frei-
heiten verbrieft waren (z. B. Magna Charta,
8. d.); in Rücksicht auf diese, und auf die
,Charte constitutionnelle* Ludwigs XVIII.
Verfassungsgrnndgesetz oder Konstitution.
Chartismus (spr. Tscher-), in England de-
mokratische Reaktion gegen die Aristokratie
des Grundbesitzes und des Kapitals ; erstrebt
nach ihrem Programm, der sogen. VolJca-
charte, erst in Arbeitervereinen, dann in der
,Working Men's Association* (seit 1836) all-
gemeine Ballotoge bei den Wahlen, allge-
meine Jährliche Parlamente, Aufhebung des
aktiven und passiven Wahlcensus, Einthei-
lung des Landes in Wahlbezirke nach Kopf-
zahl und Besoldung der Deputirten. In
Folge der Aufhebung der KomzöUe und des
Aufschwungs der Industrie verlor der 0.
allmählig seinen gewaltsamen Charakter.
Letztes Chartisten-Meeting in Rochdale 1857.
Chartre» La (spr. Schart'r), Flecken im
franz. Dep. Sarthe, südöstl. von Le Maus;
27. Dec. 1870 heftiges Gefecht.
Chartres (spr. Schart'r), Hauptstadt des
franz. Depart. Eure -Loire, an der Eure,
19,442 Ew. Ootb. Dom, gr. Hospital. Im
Alterthum (Oarentum) relig. Mittelpunkt der
Druiden, später Hauptort der Landschaft
Chartrain, von Franz I. zum Herzogthuni
erhoben, das die Familie Orleans als Apanage
erhielt, daher Herzog von C, Titel des ältesten
Sohnes des Herzogs von Orl6ans. 21. Okt.
1870 von den Deutschen besetzt, dann wie-
der geräumt, Dec. abermals besetzt und bis
zum Friedensschluss behauptet.
Chartrense (spr. Schartröhs), La grande,
ber. Karthause im franz. Depart. Isdre,
nördl. von Grenoble, im Quierthal, von
hohen Bergen nmschlossen und schwer zu-
gänglich: Kapitelsaal und 45 Zellen. Die
Wiege des Karthäuserordens, 1084 vom
heil. Bruno gestiftet, in der Revolution auf-
gehoben, seit 1819 wieder bewohnt.
CharybdlSy Tochter des Poseidon und der
Gäa, ward von Zeus mit dem Blitz getödtet
und ius Meer gestürzt, wo sie als Meeres-
stmdel ihr sich nähernde Schiffe in die
26«
404
Chasaren — Chattanooga.
Tiefe riss. Mythus yeranlasst durch einen
Wirbel in der Strasse von Messina.
Chasaren 9 s. (^ctzaren.
Chasse (spr. Schasseh), Dav. Henri, Baron,
niederländ. General, geb. 18. März 1765 zn
Thiel in Geldern, nahm als Kapitän Theil
an der Erhebung der Patrioten , floh dann
nach Frankreich, focht 1796 und 1799 in
Deutschland, dann in Spanien, in den Feld-
zugen von 1813 u. 1814 als Divisionsgeneral,
trat nach dem ersten par. Frieden wieder
in niederländ. Dienste, focht bei Waterloo
gegen Napoleon und erhielt dann das vierte
Militärkommando zu Antwerpen. Nach dem
Ausbruch der belg. Revolution von 1880 ver-
theidigte er die Citadelle von Antwerpen
vom 29. Nov. bis 23. Dec. 1832 gegen die
Franzosen; f 2. Mai 1849 zu Breda.
Chasseral (spr. Schasseral, Geatler), Gipfel
des Jura, im Kant. Bern, westl. vom Bieler-
see, 4955'; herrliche Aussicht.
Chasseiirs k cheTal (spr. Schassöhr a
Schwall), in der franz. Armee leichte Reiter,
seit 1741 vorkommend, von Napoleon I. auf
24 Regimenter vermehrt, später wieder ver-
mindert bis auf 6. Die C. d'Afrique wurden
1831 für den Dienst in Afrika als bes.
Reiterregimenter errichtet. {CluUsworth.
Chasworth (spr. Tschäsuörth), Schlcss, s.
Chiiteaii (f^., spr. Schätoh), Schloss, fester
Platz, häufig mit Ortsnamen verbunden. —
C - Camhreais (le Cateau) , Stadt im franz.
Depart. Nord, am Seiles, 9974 Ew.; Zwirn-
fabr. 3. April 1559 Friede zwischen Frank-
reich und Spanien, wodurch jenes Metz,
Toni und Verdun zurückerhielt. — C. - Laf-
JUte (spr. -fitt), Schloss im Depart Gironde,
bei Pauillac; danach benannt einer der
besten Medocweine. — G.-Margaux (spr. -goh),
Weiler und Schloss im Depart. Gironde,
nord westl. von Bordeaux; her. durch den
danach benannten ausgez. Rothwein.
Chateaubriand (spr.Schatohbriang), Franc.
Reni, Vicomte de, franz. Schriftsteller und
Staatsmann , geb. 4. Sept. 1769 zu St. Male
(Bret.agne), trat 1786 in das Militär, bereiste
1790 Nordamerika, ward, nach der Verhaf-
tung Ludwigs XYI. unter den Emigranten
kämpfend , bei Thionville verwundet und
flüchtete nach England, gab 1797 den ,Essai
sur les r6volutions anciennes et modernes'
heraus, kehrte nach dem 18. Bmmaire nach
Frankreich zurück, wo er durch seine Er-
zählungen ,Atala' (1801), ,Ren6' (1802) und
,G6nie du christianisme* (1802) mit einem
Mal berühmt wurde. Von Bonaparte zum
Gesandtschaftssekretär in Rom ernannt,
legte er nach Ermordung des Herzogs von
Enghlen seinen Posten nieder nnd machte
1806 eine Reise nach Griechenland, Palä-
stina, Aegypten und Spanien, deren Ein-
drücke er in dem christl. Epos ,Les Martyrs*
(1811) niederlegte. Nach mehrjähr. Zurück-
gezogenheit auf seinem Landgute Yal de
lioup trat er 1814 für die Bourbons in die
Schranken (,DeBuonaparte et des Bourbons'),
ward Minister Ludwigs XVIII. und Chor-
führer der nltraroyalistischen Partei, 1820
Gesandter in Berlin, 1821 wieder Staats-
minister, 1822 Gesandter in London, dann)
franz. Bevollmächtigter auf dem Kongress
zu Verona, endlich Minister des Auswär-
tigen. Naclidem er Juni 1824 seinen Ab-
schied erhalten, ward er, zur Opposition
übertretend, eine Hauptstütze der Liberalen,
erklärte sich aber nach der Jnlirevolntion
(1830) für die Bourbons. Strenger Leg^tlmist,
verweigerte er Ludwig Philipp den Eid,
schied deshalb aus der Pairskammer, legte
in der Schrift ,De la restauration et de la
monarchie 61ective* (1831) sein Glaubens-
bekenntniss ab, schrieb noch ,Gongrds de
Veroue' (1838, 2 Bde.) u. A.; f 4. Juli 1848.
Gesammelte Werke (1826 u. öfter). ,M6-
moires d'outre-tombe* (1849^50, 12 Bde.;
deutsch von Fink 1849—51).
Chateanbrlant (spr. Schatohbriang), Stadt
im franz. Depart. Niederloire, am Ober,
4636 Ew. Ruine des Schlosses, worin die
her. Fran^oise de Foix, Gräfin von 0. , 1537 f.
Religionsedikt Heinrichs II. gegen die Re-
formirten , 27. Juni 1551.
Chateanduii (spr. Schatodöng), Stadt im
A-anz. Depart. Eure -Loire, an der Loire,
6781 Ew. 18. Okt. 1870 nach lOstünd. Kampfe
von den Deutschen (28. Divis.) erstürmt.
Chateannenf (spr. Schatonöf), Stadt im
franz. Depart. Enre-Loire, südl. von Drenx,
1476 Ew. ; 18. Nov. 1870 siegr. GefecM der
Deutschen (22. Divis.) gegen überlegene
ftanz. Mobilgarden.
Chateavronx (spr. Schaturuh), Hauptst.
des franz. Depart. Indre, am Indre, 17,161 £w.
Chfttelleranlt (spr. SohalitelFroh) , Stadt
im franz. Depart. Vienne, an der Vienne,
14,278 Ew., Gewehr- und Messerfobr.
Chatham (spr. Tschättäm), Stadt in der
engl. Grafsch. Kent, am Medway, bei Ro-
chester, 86,177 Ew. ; Hauptstation der köuigl.
Flotte, mit den grössten Seemagaainen,
Schiffswerften für Kriegsschiffe und starken
Festungswerken. [Graf von, s. Pitt.
Chatham (spr. Tschättäm), WiUiam Pitt,
Chathamiaseln (spr. Tschättäm-), brit.
Inselgruppe im Grossen Ocean, südöstl. von
Neuseeland; Hauptiusel Chatham, 20 QM.
und 600 Ew.; sehr fruchtbar.
Chatillon nur Seine (spr. Schatiljong sür
Sähn^) , Stadt im fi'anz. Depart. Gdte d'Or,
an der Seine, 4860 Ew. Ehedem Festung.
Hier 5. Febr. bis 19. März 1814 Verhand-
lungen der Alliirten mit Napoleon I. (ohjne
Erfolg). 19. Nov. 1870 Ueberfall von Trup-
pen des 14. deutscheu Armeecorps (Werder)
durch Garibaldianer; jene müssen mit Ver-
lust zurückweichen.
Chatonlle (spr. Schatulle), Schachtel;
Privatkasse eines Fürsten; daher Ohatoullen-
oder Patrimonialgüter , Güter, welche ein
Landesherr als Privatmann besitzt.
Chatsworth (spr. Tschättsworth), pracht.
Landsitz des Herzogs von DevonsUire, bei
Bakewell in der Grafsch. Derby; grosses
Glashaus (1,6 Morg.). Im Schloss ^ass Maria
Stuart 16 Jahre lang gefangen.
Chattanooga (spr. Tschättänuhgä), Ort in
Tennessee (Nordamerika), am Tennessee;
liier 23.-25. Nov. 1863 siegr. ßehlachl der
Unionisten unter Grant gegen die Konföde-
rirten unter Bragg.
Chatterton — Chemie.
405
CliittertOB (spr. Tflch&ttert^n) , Thoma»,
engl. Dichter, geb. 20. Nov. 17Ö2 zu Bristol,
t 24. Aug. 1770 durch Gift. Werke (1803,
3 Bde., u. öfter). Sein Schicksal dram. be-
handelt Yon Alfred de Vigny.
Chancei^ (spr. Tscbas«), Qeoffrep, der äl-
teste engl. Kunstdichter, geb. um 1340 zu
Liondou, bekleidete verschiedene Ehrenäm-
ter, ward derselben später entsetzt und ge-
rieth in grosse Bedrängniss ; f 25. Okt. 1400.
Hauptwerk: ,Canterbury tales' (deutsch von
Hertzberg 1870). ,Work8' 1843, 6 Bde.
ChaudeB-Aiffoes (spr. SchÖds-ähk), Stadt
im franz. Depart. Uantal, an der Truyire,
1948 Ew., altber. warme Mineralquellen.
Chaudet (spr. Schede), Antoine DenU,
franz. Maler und Bildliauer, geb. 31. März
1763 zu Paris, f das. 19. April 1810 als Mit-
glied der Akademie. Zablr. treffl. Statuen,
iu welchen er antike Einfachheit anstrebt.
Chaudieres d'£nfer (spr. Schodiälir d'ang-
fähr), Felsengrotton im Jouxthai, Kant.
Waadt, unfern TAbbaye.
Chanken (a. G.), Volk in Norddeutsobland,
swischen Ems und Elbe, kämpften 47 und
71 n. Chr. mit den Römern, verheerten im
S. Jahrh. Gallien; gingen später unter den
Sachsen auf.
Chanmont (spr. Schömong), Haupst. des
frauz. Depart. Obermarno, 8285 Ew. Hier
1. März 1814 JlUanzvertrag der AUiirten zur
^gemeinsamen Bekämpfung Napoleons I. 21.
Jan. 1871 misslungener Ueberfall der Deut-
scheu durch ein franz. Streifcorps.
Chaussee, s. Strastenbau.
ChauTinismiis (spr. Schow-), leidenschailtl.
Vorliebe für Napoleon I., wahrscheinl. von
Oiauvin, dem kom. Helden in dem Lustspiel
,Le Soldat labonreur' von Scribe; besonders
kriegerischer Fanatismus«
Chanx-de-Fonds 9 La (spr. Schoh-d'fong),
Dorf im Kant. Neuenburg, unfern der frauz.
Grenze, 3071' üb. M., 16,778 Ew. (2300 Kathol.),
Hauptfabrikations- und Haupthandelsplatz
der Uhrenindustrie im Jura.
Chaxaren (die Katsiri der byzant. Schrift-
steller), tatar. Volk , ursprüngl. zwischen
(lern Kaukasus und dem kasp. Meer wohn-
liaft, dehnte sich seit dem 7. Jahrh. über
die Länder am schwarzen und asowschen
Meere (bes. die Krim) aus und drang bis
zu den Karpathen vor. Höchste Blüthe
ihres Reichs (Chazarien oder kleine Tatarei)
im 9. Jahrh. Ihre Macht wurde zuerst 965
durch Swjatoslaw gebrochen. 1016 besiegte
der griech. Kaiser Basilius den letzten Rest
des Volks in der Krim unter dem Khan
Georg Tulus und th eilte das Land mit sei-
nen Bundesgenossen, den Russen. Alte
Residenz der Khane: Balangier (Astrachan),
später Sarkal (schon 1300 zerstört).
CheckB (Chequee, spr. Tschäcks), in Eng-
land und Nordamerika die an den Lihaber
(nicht an Ordre) bei Sicht zahlbaren Geld-
anweisungen, den Wechseln ähnlich, haben
in England aber volles Wechselrecht nur,
wenn sie auf 1—5 Pfd. St. lauten, sind nur
21 Tage nacli ihrer Ausstell uog gültig,
können aber innerlialh dieser Frist durch
Indossamente auch weiter beg^eben werden. ]
In Deutschland siad die Giroanweisungen,
von Girogläubigern auf Banken ausgestellt,
etwas Aehnliches.
Chef (fr., spr. Schaff)» Haupt; Befehls-
haber einer grösseren. Truppenabtheilung;
auch Inhaber oder Vorsteher eines gewerb-
lichen Etablissements, Bureaus etc.
Cheiloplastlk (gr.), Bildung neuer Lippen.
Cheiranthus L. (Lack, Goldlack), nianzen-
gattung der Kruciferen. G. choirf I>. (ge-
meiner L., gelbe Viele, Lackviole), in Süd-
und Mitteleuropa verbreitete Topf- und
Gartenpflanze, Blüthen früher offlcinell.
Chelldoniam L. (SchüUkraut), Pflanzen-
gattung der Papaveraceen. G. majus L.
(Schwalbenkraut, Gilbkraut, Goldwurz), in
ganz Europa gemein, mit gelbem narkotisch-
scharfen Milchsaft, Wurzel u. Kraut officin.
Chelmsford (spr. Tschelmsförd), Hauptst.
der engl. Grafsch. Essex, 5513 Ew.
ChelMja (spr. Tschelsi), früher Dorf, jetzt
Vorstadt von London, links an der Themse,
63,439 Ew. Chelseahoapital , Invalidenhaus
der brit. Landtruppen, militär. Waisenhaus,
her. botan. Garten.
Cheltenham (spr. Tschelt'nhämm), Stadt
in der engl. Grafsch. Gloucester, am Ghelt,
39,693 Ew.; stark besuchte Mineralquellen.
Chemiatne (gr.), s. latrochemie.
Chemie 9 die Lehre von der Zusammen-
setzung, Bildung und Zersetzung der Stoffe,
zerfallt in reine, analytische u. angewandte
C. Die reine 0. handelt von der stofflichen
Verschiedenheit der Materie, dem Verhalten
der Elemente zu einander, deren Verbin-
dungen und der Grupplrungsweise der
Atome in den letzteren; die analytische G.
von den Methoden zur Erforschung der
Bestandtheile der Körper (s. Analysis);
die angewandte 0. von der Verwerthung
chemischer Thatsachen für Heilkunde, Diä-
tetik, Viehzucht, Pflanzenbau und Technik.
Die Eintheiluug der reinen G. in anorga-
nische oder Mineralchemie und organische
oder G. der pflanzlichen und thierischen
Stoffe kommt mehr und mehr ab, seitdem
die Bestandtheile der Pflanzen und Thiere
auch künstlich dargestellt werden. Die
theoretiscJte G. behandelt die Verwandt-
schaftserscheinungen und die Gesetze, nach
welchen die Elemente sich mit einander
verbinden, bespricht die Beziehungen zwi-
schen ehem. und physikal. Eigenschaften
und ergründet die rationelle Konstitntion
der Verbindungen. Die G. ist eine der
jüngsten Wissenschaften. Ob der Name
0. von dem alten Namen Aegyptens Ghemia
stammt, ist ungewiss. Chem. Industrie war
den Alten nicht unbekannt, Dioscorides be-
schreibt die Destillation und viele Präparate.
Man bemühte sich dann, unedle Metalle in
edle umzuwandeln, was zur Alchemle (s. d.)
führte. Dabei wurden sehr viele chemische
'Thatsachen erkannt und zahlreiche Präpa-
rate hergestellt. Von diesen benutzte Ar-
noldus Villanovanus zuerst mehrere als
Heilmittel, und Basilius Valentlnus bahnte
den Uebergang zur folgenden Periode, wo
die C. bes. der Heilkunde diente (latro-
chemie) und ihre Förderung meist durch
406
Ghemin couvert — Gbenille.
die Aerzte (Paracelsns, Agricola, Libavins,
▼an Helmont, Glaubdr) erhielt. Die Heil-
kunde wnrde als angewandte 0., der Le-
bensproeess alfl ein chemischer betrachtet.
Daneben fand die Darstellung von Präpa-
raten, Industrie und Hüttenkunde vielfache
Förderung. Dann wirkten Baco von Veru-
lams Lehren auch auf die G. fordernd ein,
und seit Hitte des 17. Jahrh. wurde sie uro
ihrer selbst willen betrieben. Man verfuhr
aber nur qualitativ, und Stahls Lehre vom
Pblogiston beherrschte die ganze Periode.
BoyUf Becher, llomberg, Lemery, Boerhaave,
Hojfmann, Marggraf , Geoffroy , Duhamel,
Black , Cavendish , IhHestley , Bergman,
Scheele stellten viele Thatsachen fest, aber
erst Jjavoitier wurde dürdi Einfuhrung der
Wage der Gründer der neuen C. Die
Theoretiker Berthollet, Fourcroy, die Ana-
lytiker Klaproth , Vauquelin , WoÜaston,
Tennant , dann besonders Frouat, Bichter,
JDoZ/o», Qay-Lu3sac , Th^nard und Davy
befestigten die neuen Anschauungen durch
zahlreiche Untersuchungen und Theorien.
Mit BeruUua beginnt die neueste Zeit, in
welcher das Interesse für die organische
C. vorherrscht. Durch Dumas, Liebig xmd
Wähler, Boueaingault und Mulder wurde
diese ausserordentlich gefordert; Dumas,
Laurent und Gerhardt stellten neue Theo-
rien auf, u. seitdem ist die Zahl der Kohlen-
stoffverbinduugen unübersehbar geworden,
auch die Einsieht in die rationelle Konsti-
tution bedeutend gewachsen. Dieser letz-
teren sind die neuesten Bestrebungen vor
Allem gewidmet, doch wurden auch die
analytischen Methoden (Mass-, Gas-, Spek-
tralanalyse) vervollkommnet und durch
viele Entdeckungen Industrie (Anilinfarben),
Land wii*th Schaft (Liebig, BoussingauH), Heil-
kunde, Physiologie, Geologie etc. sehr ge-
fordert. Lehr- und Handbücher: Hand-
wörterbuch (1842—56, 6 Bde.), Graham-Otto
(4L. Aufl. 1863 ff., 5 Bde.), Omelin (4. Aufl.
1843 ff.), Gorup-Beaanet (3. Aufl. 1868 ff.),
BegnauU- Strecker (8. Aufl. 1868, S Bde.),
Wöhter (anorgan., 14. Aufl. 1868 ;organ., 7. Aufl.
1868), Kekul€ (1861—67, 3 Bde.) , Butlerow
(1867). RammeUberg (1867), Erlenmeyer (\9&l)^
jB«/(1868), GoUlieb (3. Aufl. (1868), Roscoe
(1869), Hoffmann (4. Aufl. 1869), Geuther
(1870). Theoretisches: Wurtz (1864), Meyer
(1864), Buff (1866), aauae (1867), Stcu (1867).
Geschichte : Kopp (1843-47 u. 1869, 5 Bde.),
JJiiff (1866), KekuU (1867), Ladenburg (1869);
Liebig, «Chemische Briefe' (5. Aufl. 1865);
Johnston, ,Chemische Bilder' (3. Aufl. 1870).
€hemiii couTert (fr., spr. Sch*mäng ku-
währ), gedeckter Weg; beherrscht den äusse-
ren Grabenrand einer Befestigung und ist
gegen das Feuer des Belagernden gesichert.
Cheniinement (fr., spr. Schmin'mang), das
Terraingewinnen durch Laufgräben bei Be-
lagerung einer Vestung.
Chemische Prapftntoy die durch ehem.
Prozesse dargestellten Substanzen.
ChemiMher Prozesg, der Vorgang der
Verbindung oder Zersetzung der Stoffe.
ChemlBche Yerwandtschaft ( Affinität), Ur-
sache der chemischen Verbindungen.
Chemische Zeichen. Symbole för die
Elemente und ihre Verbindungen , deren
man sich bedient , um in einfachster und
deutlichster Weise auszudrücken, in welcher
Art und Welse man sich die Atome einer
ehem. Verbindung vereinigt denkt. Diese
Symbole bestehen Jetzt aus den Anfangs-
buchstaben der lateinischen Namen der
Elemente, z. B. Eisen, ferrum, Fe.
Chemlse (fr., spr. Sch^mihs), Hemd; in
der Fortifikation der Mauermantel, die
äussere Seite der Futtermauern bei Festnngs-
wällen, auch s. v. a. Bev6tement.
Chemismiig» chemisches Verhältniss; ua-
turphilosophische Theorie, welche die Bil-
dung oder Forterhaltung der Natur durcti
einen chemischen Prozess erklären will;
auch 8. V. a. latrochemie.
Chemityple (gr.), Verfahren, Radtrungen
auf Zink , Kupfer etc. in Relief zum Druck
für die Buchdruckerpresse herzustellen.
Man führt auf einer Zink- oder Kupferplatte
eine gewöhnliche Radirung und Aetzung
oder Gravirung aus, füllt die vertlefteZeich-
nung mit einer leichtflüssigan Legirung
bis genau auf das Niveau der Zinkplatte
und ätzt dann mit Salpetersäure , welclie
das Zink, aber nicht die Legirung angreift,
so dass diese dann das Bild erhaben und
znm Druck geeignet darstellt.
Chemnitz, erste Fabrikstadt und zweiter
Handelsplatz Sachsens , am Flu— C. (zur
zwickauer Mulde), 68,573 Ew.; Haupt-
industriezweig Baumwollspinnerei (SOSpinn-
mühlen) und Weberei (450 mechan. und
3000 Handstähle), Maschinenbau (50 Werk-
stätten), Färberei (über 50) und Druckerei.
Schloss (Magazin), Gewerbe- u. Baugewerlc-
schule, Gymnasium, Werkmeister-, Handels-
schule, Börse etc. Früher Reichsstadt.
Chenier (spr. Schenieh)» Af^r6, frKia.
I^riker, geb. 29. Okt. 1762 zu Konstantino-
pel, erst Militär, seit 1788 als unabhängiger
Gelehrter in Paris , schloss sich begeistert
der Revolution an, aber nicht ohne den
Ausschreitungen der Terroristen entgegen
zu treten , als Verf. von Ludwigs XVI. Be-
rufung an das Volk eingezogen ; 25. Jali
1794 guillotinirt. Seine Dichtungen (bes. die
Idyllen und Elegien) ausgez. durch antik-
sinnliche Heiterkeit und Gesund heit. Samm-
lung derselben 1834, 2 Bde. — 2) Marie Jo-
seph de C, der Hauptdramatikar der flranz.
Revolution, Bruder des Vor., geb. SN3. Aug.
1764, entfaltete als Mitglied des Konvents
eine bedeutende polit. Thätigkeit; f 10. Jan.
1811. Schüler Voltaires, dessen Tendenz-
drama er fortsetzte; seine Trauerspiele
,0harle8 IX' (1790), ,Jean Oalas' (1792),
»Henri Vm* (1793), ^niol6on« (1795) etc.
voll von republikan. Deklamationen. Sehr,
auch trefft, lyr. Gedichte (z. B. die Elegie
,La Promenade' und die Volkshymne ,Ghant
du d6part'). Werke (1823-26, 8 Bde.).
Chenille (fr., spr. SchenillJ, Baupe) , auf-
gefasertes, behaarten Raupen ähnliches Ge-
bilde , dargestellt aus schraubenförmig um
einen Faden Zwirn gesponnenen seidenen
oder baumwollenen Bändchen; dient zu Ein-
fassungen, Stickereien, künstl. Blumen etc.
Cbenopodinm — Chiana.
407
Chenppodlnm L. (OÜnsefuss, SchmergtÜ),
PflanzeügattuQg der Ohenopodeen. 0. albtnn
L. und C. viride L. in Nordenropa , Nord-
asien und Nordamerika, als Gemüse benntzt.
C. ambrosioides L. aus Südamerika, Mexiko,
in Süddeutscbland verwildert, riecht und
schmeckt loimph er artig, offlcinell als Herba
Botryos mexicanae, Jetuiten-, Karthäuserthee,
' Fltnentkräut , liefert pfefferraüuzähnliches
ätherisches Oel. C. Quinoa L., kleiner Reis
von P&ru, in Ohlle und Peru als Getreide
angebaut, bat sehr nahrhafte Samen, die
Blätter dienen als Gemüse. *
Cher (spr. Schähr), linker Nebenfluss der
Loire, vom Auvorgnegebirge, mündet unter-
halb Tours; 45 M. (davon 36 schilTbar). Da-
nach benannt das franz. Dep. 0., 130,7 QM.
und 336,613 Ew. Hauptst. Bourges.
Cherboiirg (spr. Schärbuhr) , befestigte
Seestadt im franz. Depart. Manche, 87,815
Ew. ; stärkster Kriegshafen des Reichs mit
3 grossen, durch Kanäle verbundenen und
durch mehr als 10 Forts (mit 8000 Kanonen)
geschützten Wasserbecken (für 50 grosse
Kriegsschiffe, 1812 von Napoleon I. vollen-
det, neuerdings bedeutend erweitert und
verstärkt), Arsenal, grosse Magazine und
weitlänftige Docks.
Cherbvliez (spr. Scherbülieh) , Antoine
Bli%4e, franz. Publlcist, geb. 1797, ward
1826 Prof. der Rechte zu Genf, 1858 Lehrer
an der Akademie zu Lausanne, später als
Prof. der polit. Oekouomie an das Polytech-
nikum zu Zürich berufen ; f März 1869. Sehr.
,L'utiIitaire* (1828-30, 3 Bde.); ,RIchesse et
pauvret^' (1841); ,Th6orie des garanties
constitutionnelles* (1838, 2 Bde.) ; ,Pr6ci8 de
la science 6conomIque' (1862, 2 Bde.).
CheribOB (spr. Sehe-, T^eribon), holl. Stadt
auf der Nordküste von Java, 10,000 Ew.
CherimoUa (Tschirimajoibaum , Anona
Cherimolia Mill.), Baum aus der Familie
der Anonaceen in Columbia und Peru,
mit 6—8 Pfd. schweren, sehr schmackhaften
Früchten (Cherlmolo, Oherlmaya).
Ch^risy (spr. Sehe-), franz. Ort, westl. von
Versailles; 10. Okt. 1870 Gefecht zwischen
franz. Mobilgarden und deutscher Reiterei.
Cherokesen {Ttcherolcihn) , Indianerstamm
in Nordamerika, zur Appalachengrappe ge-
hörig, seit 1838 im ludlanerterrltorium ein
Gebiet von 748 QM. bewohnend; 1866: 16,000
Köpfe. Die kultivirtesten der nordamerikan.
Indianer, mit Regierung u. Gesetzen, Schu-
len, eigner Schrift (erftinden von Ouess 1826),
Druckereien, Industrie und Handel.
Clierso , Insel im Qnamerogolf (Istrien),
6 QM., durch Brücke mit Lnssin verbun-
den; Hauptst. C, 8600 Ew., Hafen.
ChenOB. südruss. Gouv. am schwarzen
Meer, 1306 QM. und 1,380,138 Ew. (viele
Kolonisten); weite Ebene, zum Thell baum-
lose Steppe; bedeut. Zucht span. Schafe.
Die Bauplst.G.j an derMünduugdesDi^epr,
43,885 Ew.; Festung, Hafen, SchifTswerfte,
nautische Schule. Gegr. 1778 von Potemkin
(Denkmal) als Hauptst. Südrusslands.
Chersonesus (gr.), Halbinsel, Vorgebirge.
C. thraeica, thrac. Halbinsel, jetzt Galli-
poli; C. laurica (scythica), taur. Halbinsel,
Jetzt die Krim; 0. oimbrtea, clmbr. Halb-
insel, jetzt Jätland fliit Schleswig; C. aurea,
goldner 0. in Indien, im jetzigen Malakka.
Chemb (Mehrzahl Cherubim), symboI. Ge-
bilde des A. T.s, geflügelt mit menschlichem
Gesicht, stets in Verbindung mit Jehovah,
Träger seiner Gegenwart.
Chernblnl (spr. Ke-), Luigi Maria- Carlo
Zenobio Salvador , franz. Komponist , geb.
8. Sept. 1760 in Florenz , f l^- -Harz 1842
in Paris als Direktor des Konservatoriums.
Zahlreiche und treffliche Opern, besonders
(Wasserträger*, .Lodoiska*, ,Medea*, ,Die
Abencerragen*, ,Anacreon'; Kirchenkompo-
sitionen (4Mes8en,Reqniem),Banet, Achilles*.
Chemskery alter deutscher Volksstamm,
auf der Nordostseite des Harzes und von
hier über einen grossen Theil von Deutsch-
land sich ausbreitend. Ihre bereits einge-
leitete Abhängigkeit von den Römern wurde
durch Arminius (s. d.) vernichtet. Mit dem
4. Jahrb. verschwindet der Name C. unter
dem der Sachsen.
CheMpeakbai (spr. Tschessäpihkbeh), tie-
fer Meerbusen an der Ostküste von Nord-
amerika (Maryland), 42 M. 1. Daran die
Städte Baltimore und Annapolis.
Cheshire (spr. Tscheschir), s. Chetter.
Chessy (spr. Schessy), Städtchen im franz.
Dep. Rhone, am Azerg^ie, 1132 Ew., Kupfer-
gruben (die reichsten Frankreichs).
ehester (spr. Tsche-, Cheshire, spr. Tsche-
schir), Grafsch. an der Westküste von Eng-
land, 51,9 QM. und 505,428 Ew. Hauptst.
G., am Don, 31,110 Ew. ; Kathedrale, Kastell,
Schiffbau ; Niederlage für den her.ChesterkäBe.
Chesterfleld (spr. Tsche-), Phil. Dormer
StanhopCf Oraf von, geb. 22. Sept. 1694 zu
London, unter Georg II. Vicekönig von Ir-
land und Staatssekret&r; t M* ^ärz 1773.
Fruchtbarer Schriftsteller, ber. seine höfische
Weltklugheit empfehlenden ,Letters to bis
son* (1774). [lieh, auch abenteuerlich.
Chevaleregk (fr., spr. Schwalresk), ritter-
Chevalier (fr., spr. Sch'wallieh), Ritter,
Titel des mittleren Adels in Frankreich.
C. de fortune (spr. -tühn) oder 0. d^nduatrie
(spr. dängdüstrie), Glücksritter, Betrüger.
Chevanxlegen (fr., spr. SchVohlescIieh,
d. i. leichte Pferde) , ursprünglich leichte
Reiter der Haustruppen der franz. Könige,
auch der grösseren Rheinbundfürsten, jetzt
leichte Kavallerie der bayer. Armee, mit
Karabiner und Säbel bewaffnet.
Chevilly (spr. Sch*wilji), franz. Ort, nordl.
von Orl&ins; 3. Dec. 1870 hier und bei
Chilleuses siegr. Treffen des Pr. Friedr. Karl
(3. u. 9. Corps) gegen die franz. Loirearmee.
Cheviot -Hills (spr. Tschiw-), Gebirgszug
auf der Grenze von England und Schott-
land, mit dem 2504' h. Cheviot im O. und
dem 2480' h. Hart/eil in der Mitte.
ChevroB (fr., spr. Schewrong), eig. Dach-
sparren ; Tressenauszeichnuug am Rock-
ärmel der Soldaten etc., die Zahl ihrer
Dieustjahre oder ihren Rang anzeigend.
Chevron^, ein Unteroffizier.
Chiiua (spr. Ki-, Glanis), Fluss in Mittel-
Italien; sein Thal, Val di G. (vom Knie des
Arno bei Arezzo bis zum Tiber), einst blü-
408
Ghinpas — Chile.
hedfk , dann seit 10. Jahrh. allmihlis Y«r-
■nmpft , 1789—1816 kanalisirt , so daas das
Wasser nach beiden Seiten (som Tiber wie
zum Arno) abläuft, seitdem wieder fruclitbar.
CliÜpM (spr. Tschi-), Staat in H<}xiko,
788,8 QM. und 193,987 Ew.; zahlr. Rainen
alter Bauwerke. Hauptst. San Gristobal.
Cliiirl (spr. Ki-), Stadt in der ital. Prov.
Brescia, am Oglio, 9339 Ew. Seidenspinnerei.
1. Sept. 1701 Sieg Prinz Eugens über die
franz. -span. Armee unter Villeroi.
€hiaro8€vro (ital.), s. y. a. Helldunkel.
CliiMtolltli (HoAUpath), Mineral aus der
Klasse der wasserfreien Geolithe, kiesel-
saure Tbonerde, findet sich In metamorphi-
schem sciiwarzenTlionschiefer eingewachsen,
dessen Substanz längs der Axe der rhomb.
Krystalle eine centrale Ausfüllung bildet.
ChUTari (spr. Ki-) , Hafenst. in der ital.
Prov. Genua, am Meer, 10,457 Ew.
ChUTennft (spr. Kiaw-, (^avenna, deutsch
Kläfw), Stadt in der iUl. Prov. Sondrio,
an der Maira und dem Fuss des Splügen,
3845 Ew., Knotenpunkt der Strassen nach
Mailand über den Gomersee, durch das
Engadin und über den Splügen nach Grau-
büuden. [aus Mais, in Sudamerika.
€hlca (spr. Tscnika) , gegohrenes Getränk
Chicago (spr. Tsch ikehgho) , Stadt und
wichtiger, mächtig aufblühender Handels-
platz in niinois (Nordamerika), an der Mün-
dung des Fltuse» G. in den Michigansee,
1831 angelegt, 1837 als Stadt inkorporirt mit
4170 Ew.; 1860: 161,044, 1870: 298,983 Ew.
(▼iele Deutsclie). Grösstes Komdepot der
Welt. Eisenwerkstätten und Dampfmaschi-
neubauanstalten, Fabr. v. Ackerbaugeräthen.
Chieane (fr., spr. Schik-), in böswilliger
Absicht in den Weg gelegte Schwierigkeit;
Chicaneur (spr. -Öhr), Känkeschmied.
Chiearoth (Carajuru), rotber Farbstoff
aus den Blättern von Bignonia Ghica Eumb.
am Orinoco, wird von den Indianern zum
Rothfarben der Haut benutzt.
Chlehen, Ort in Yukatan, südwestl. von
Yalladolid; grossartige Ruinen einer alten
Indianerstadt, 2 engl. M. Umfang.
Chichester (spr. Tschitschester), Hauptst.
der engl. Gri^sch. Süsses, unfern der Süd-
küste, 8059 Ew. Kathedrale.
ChickiBtWB (spr. Tschi-), nordamerikan.
Indiauerstamm , den Ghoctaws verwandt,
früher in Mississippi und Alabama wohn-
haft, wandei*te 1837 und 1838 nach dem
Indianergebiet aus; Jetzt noch 4500 Köpfe.
Chiomsee (Bayer. Meer) , See in Ober-
bayeru, bei Traunstein, am Fuss der Alpen,
1620' üb. M., 2Va M. 1., IV« M. br., 3Va QM.,
504' tief; 3 Inseln : Herren - , Frauenwörth,
Krantinsel; Abfluss : die Alz (zum Inn).
Chieri (spr. Ki-), Stadt in der ital. Prov.
Turin, 15,474 Ew.; im Altei*th. Carea potentia.
Chiese (spr. Ki-), Fluss in der Lombardei,
von den orteler Alpen , durchfliesst das
Yal Bona, den Llrosee, das Yal Sabbia,
mündet unterhalb Asola in den Oglio; 19 M.
ChietI (spr. Ki-), befe&t. Hauptst. der ital.
Prov. Abruzzocitra, am Pescara, 19,789 Ew.
Reste von Römerbaute 11, Normanueucitadelle,
Kathedrale. Das röm. Theate (vgl. Theatiner).
CUeiiaer, s. Theatintr.
CUffoniere (fr., spr. Schiffoniähr), Schrank
zum Aufbewahren von Leinenzeug.
Chilbre (fr., spr. Schiff'r), Zahlzeichen,
ZiflTer; Geheimschrift, seit Richelieus Zeiten
in diplomat. Korrespondenzen u. Depeschen
angewandt, bestehend aus Zahlen oder ver-
abredeten Zeichen, wird gelesen mittelst
der Dechijfrirkutui mit und ohne dazu ge-
hörigen Schlüssel, im letzteren Falle schwie«
rig. Vgl. Klüber, ,KryptographikS 1809;
KliSber und Marlttu, ,Guide diplomatique*,
4. Aufl. 1851. G. auch s. v. a. Monogramm.
Ckignon (fr., spr. Schinjoug), Nacken,
Nackenhaar; das heraufgeschlagene Haar
des Hinterkopfs, wenn es, vorn am Scheitel
befestigt, im Nacken einen beutelartigen
Wulst bildet.
Chlhvahiia (spr. Tschiwahwah) , Staat des
nördl. Mexiko, 4953 QM. und 179,971 Ew.
(meist Indianer); Gebirgsland (Sierra Madre,
bis 8000' h.), vom Rio del Norte (Grenzfluss)
und dessen Zuflüssen Pecos und Gonuhos
bewässert; Bergbau, Ackerbau und Yiek-
zucht. ffaupM. C., 4352' üb. M., 1700 ang^e-
legt, seit Yertreibung der Spanier in Ver-
fall, 12,000 Ew. Südl. die berühmten S. Eu-
lalia - Silberminen.
Chile (Chili, spr. Dschi-), Freistaat auf
der Westküste Südamerikas, 250 M. 1., bis
35 M. br., 6237 QM. und (1868) 1,908,350 Ew.
Der £oden wellenförmige Ebene mit einer
Cordillerenkette (Aconcagua 21,582' h., und
13 thätige Vulkane, Erdbeben häufig), im N.
wasserarm, daher unfruchtb^ar und holzarm,
im S., be! reichlichem Regen, mit Urwäl-
dern und schönen Wiesen bedeckt. Ge-
wässer: zahlreiche Küstenflüsse, nur auf
der Hälfte ihres Laufes schifiTbar. Klima:
im N. ^arm und trocken, im S. gemässigt
und feucht, überall gesund und augenehm.
Produkte: Silber und Kupfer (jährl. 19-20
Mlll. Thlr.), Zinn, Quecksilber, Steinkohlen
und andere Mineralien; viel Getreide,
namentl. Weizen (11 Mill. Gtr.) und Mais
(G. die Kornkammer für Peru , Australien
und Kalifornien), Wein, Flachs, Gemüse;
schöne Rindern. Pferde, Yicuilas,Lanias etc.,
keine Raubthiere; Guano auf der Insel
ChiloS. Bevölkerung: Weisse und Kreolen
span. Abkunft, Mestizen und Mulatten, In-
dianer (Araukanor im S.). G. ist der ge-
ordnetste und ruhigste der span.-axnerikan.
Staaten, der einzige, in welchem das weisse
Element die Indianer und die Mischlinge
beherrscht, der einzige ohne Sklaverei.
Nur Mangel an Händen cur Benutzung des
Bodenreichthums. Deutsche Einwanderung
in gedeihlichem Fortgange. Industrie in
leineuen uud wollenen Geweben, Hanf- u.
Binsengeflechten , Holzarbeiten. Einfuhr
(1867) : 24,86 Mill. , Aue/uhr (Kupfer, Silber,
Weizen , Mehl , Häute , Wolle etc.) : S0,69
Mill. Doli., dazu Durchfuhr 3,05 n. Küsten-
handel: 34,81 Mill. Doli. Handelsflotte (267
Schiffe von 61,000 Tonnen) in günstiger ^nt-
wlckelung. Eingelaufen 1867: S5S5 Schiffe
von 1,723,000 Tonnen. Eisenbahnen (1869):
84 M. Gewichte und Masse nach franz.
Decimalsystem ; Münz»; der Peso (Piaster)
Chiliasmas — China.
409
= 5 Fr. = 1 Thlr. 13»/» Sgr. — KorutitHtiwi
von 1883. 3 Gewalten: die gesetzgebende
(Senat und Deputirtenkammer) , exekutive
(Präsident auf 5 Jahre: seit 1866 J. J. Perez,
nebst Staatsratli) und ziohterlicbe. Ers-
bischof (Santiago) mit 3 Biscliöfen. Finanzen
1870: Einnahmen 12,112,174 Plaster, Ausgaben
11,536,349 Piaster. Schuld (1869): 33,179,445
Piaster. Armee: 5018 M. Linie, 54,992 M.
Nationalgarde. Flotte : 12 1>a.mpter. Einthei-
Inng in 15 Provinzen: Ghilo6, Leauqnihue,
Valdivia, Arauco, Goncepcion, Nuble, Maule,
Talca, Gurlco, Oolchagua, Santiago, Valpa-
raiso, Acougagua, Goquirabo und Atacama
und dazu noch die Kolonie Magallanes.
Bedeutendste Städte: Santiago (ll^uptst.),
Valparaiso, Valdivia, Goncepcion, La.Se-
rena, Goplapo.
GeacAiehte. Nachdem der Gonquistador
Diego Almagro 1535 von Peru aus in G.
eingedrungen, unterwerfen sich die Spanier
die nördl. Provinzen des Landes bis an
den Biobio. Seitdem bildet G. eine span.
Generalkapitanie. 18. Sept. 1810 wählt
eine zu Santiago zusammengetretene Junta
einen geborenen Ghllenon, den Marquis de
la Plata, zum Präsidenten. Der Versuch
des span. Obersten Figuerra, die Regierung
zu Sturzen (1. April 1811), bringt die Revo-
lution zum Ausbruch. Sept. 1812 schwingen
sich drei Brüder Garrei'a zu Gewalthabern
empor. Eine neue Revolution bringt die
Diktatur in die Hände des Obersten Gastra,
deir durch den Traktat vom 5. Mai 1814 die
konstitutionelle Regierung Spaniens aner-
kennt und G. derselben unterordnet. Darauf
Ausbruch des Bürgerkriegs. Der span.
General Osorio dringt von Peru aus in
G. ein und reisst die Gewalt an sich (Okt.
1814). 12. Febr. Niederlage der Spanier bei
Ghacabuco ; General O'Higg^ns Oberdirektor
von G. Der Sieg der Patrioten am Maypu
(5. April) befreit G. für immer von den Spa^
niern. Innere Unruhen. O'Higgins 28. Jan.
1823 abgenetzt; sein Nachfolger General
Freyre Juli 1828 bei Santiago geschlagen
und verwiesen. Auf die ^rste Konstitution
von 1824 folgt 6. Aug. 1828 eine zweite. Mai
1837 bis März 1839 Krieg mit Peini. 25.
April 1844 Vertrag mit Spanien, welches G.
als unabhängigen Staat anerkennt. Unter
der Verwaltung des Generals Bulnes (1841
bis 1851) und Manuel Montts (1851-61) bleibt
G. den Wirreu in den übrigen südamerikan.
Staaten fern. Ackerbau, Bergbau, Handel
und SchiffTahrt blühen auf. Deutsche £in>
Wanderung. März 1859 bricht eine Revo-
lution aus, welche aber durch den Sieg der
Reglerungstruppen bei Serena (29. April)
rasch unterdrückt wird. 18. Sept. 1861 tritt
Perez an die Spitze der Regierung. 8. Dec.
1863 Brand der Jesuiten kirche Gompauia
zu Santiago während eines Festes zu Ehren
der unbefleckten Empfängniss, wobei 2000
Menschen, meist Frauen, den Tod finden.
1. März 1864 Abbruch der diplomat. Be-
ziehungen zwischen G. und Bolivia wegen
des streitigen Besitzes der Mejillones-
(Guano-) Inseln. Darauf Differenzen mit
Spanien wegen des angeblich völkerrechts-
widrigen Benehmens G.s gegen letzteren
Staat während der Händel mit Peru. Sept.
1865 erscheint ein span. Geschwader unter
Admiral Parega vor Valparaiso und erklärt
die Blokade der Häfen G.s, worauf die Re-
gierung G.s im Verein mit Peru den Krieg
an Spanien erklärt (25. Sept.). 31. März
1866 Bombardement von Valparaiso durch
das span. Geschwader. 14. April Aufliebuug
der Blokade auf die Beschwerden der am
Handel mit G. betheiligteu europ. Mächte.
Juli 1869 unter Vermittelung der Vereinigten
Staaten von Nordamerika Waffenstillstand
mit Spanien auf unbestinunte Zeit. lu
jüngster Zeit Aufstand der Araukaner (s.
Arancania). Vgl. die Reisewerke von Föp-
pig. Hall, Miers, Tschudi, Bibra u. A.
Chiliasmus (gr.), im engeren Sinne der
Glaube au ein zukünftiges lOOOjähriges, mit
Ghristi sichtbarer Wiederkunft beginnendes
Gottesreich auf Erden voll sinnlicher Freu-
den für die Gläubigen ; im weiteren Sinne alle
sinnlichen Vorstellungen von einer irdischen
Blüthezeit des Reiclis Gottes vor dessen
Atwchluss. Die chiliast. Hoffnungen gründen
sicli auf die Andeutungen der Apostel von
einer sichtbaren Wiederkunft Ghristi.
Chilisalpeter, Natron-, Würfel-, kubischer
Salpeter, Salpeters aures Natron, findet sich
in der fast regenlosen Wüste an der Süd-
grenze Perus und Bolivias in 2—3' mäch-
tiger, über 30 Meilen sich ausdehnender
Schicht. Export 1867 3Va Mlll. Gtr. Zieht
aus der Luft Feuchtigkeit an, löslich in
Wasser, dient zur Darstellung von Spreng-
pulver, Schwefelsäure, Salpetersäure, Kali-
salpeter, Ghlor, arsensaurem Natron und
Bleioxychlorür , zur Reinigung von Aetz-
natron, zum Pökeln, in der Glasfabrikatiou
und als Dünger für Halmfrüchte. Aus der
Mutterlauge wjrd Jod bereitet.
CfaUlon (spr. Schiljong), Sohloss im Kaut.
Waadt, östl. am Genfersee; einst Gefäng-
niss Bonnivards (s. d.).
ChUoe (spr. Tschi-) , Frov. der Republik
Ghile, 6360 QM. u. 59,022 Ew. (viel Indianer);
theils Fest-, theils Inselland ; benannt nach
der Insel G., 160 QM. und 55,000 Ew., ge-
birgig und buchtenreich ; Hauptstadt Ancud.
Cniinara (gr.), fabelhaftes Ungeheuer,
nach Hesiod göttlicher Abkunft, vorn Löwe,
hinten Drache; dann (Schimäre) Phautasie-
gebilde, Hirugespinnst.
Chimborazo (spr. Tschimbo-) , Gipfel der
Gordilleren, in Quito, abgerundeter Trachyt-
kegel (erloschener Vulkan), 19,768' hoch, von
14,900' an mit Schnee bedeckt; galt früher
für den höchsten Berg Amerikas ; von Hum-
boldt bis zu 17,727', von Boussingault (1831)
bis zu 18,012' erstiegen.
China (Sina, Tschina), das grösste Reich
Asiens, besteht aus dem eigentl. G. und
verschiedenen Nebenländern (Mandschurei,
Mongolei, Tübet, Korea, Lieukhieuinselu),
zusammen (mit Abzug der neuesten Ver-
luste an die Russen etc.) 192,789 QM. mit
446Vs Mill. Ew. verschiedensten Stammes,
aber fast durchgängig Glieder der mongol.
Race. Die Angaben des Areals und der
Bevölkerung übrigens sehr schwankend. -^
410
' China.
Das eigenMche C, der südöstl. Theil des
Reichs nnd das herrschende Land des-
selben, 7S,399 QM. mit 480 Mill. Ew. ; dnrch
reiche Abwechslung von Gebirgs-, HQgel-
nnd Thallandschaften, Regenfälle nnd mil-
des Klima eins der gesegnetsten Länder.
Hochland bes. im W. und NW. , gegen O.
verlaufend (Nanling, Peling); im SO. and
O. Stufenland und Tiefland; letzteres an
und zwischen den untern Stromläufen der
beiden Hauptströme O.s, Hoangho und
Yantsekiang, sich ausdehnend und von
zahlreichen Kanälen (Kaiserkanal) durch-
schnitten, Mittelpunkt der merkwürdigsten
Knltnrentwickelung der Erde. Im All-
gemeinen 4 grosse Kultur- und Produkten-
regionen: 1) Küstenland im 8. des Nanling
mit trop. Klima und trop. Produkten, zum
Theil gebirgige Waldgegend ; 8) die Nord-
und Ostabdachungen des Nanling, Heimat
des Theestrauchs, der Fimiss- und Kam-
pherbäume; 3) das erwähnte Tiefland der
beiden Ströme, mit sehr mildem Klima,
Baumwollen- u. Seidenknltur , Zuckerrohr-
nnd Reispflanzungen; 4) der Nordgürtel
vom Hoangho bis zum Hochland , meist
G-ebirgsland, mit Kornfeldern, Wiesen und
europ. Baumformen. — Die Bevölkerung am
dichtesten in den 6 östl. Provinzen, grössten-
theils der Tiefebene (10;000 QM.)' ange-
hörend, wo durchschnittl. 20,00U, stellen-
weise über 80,000 Köpfe auf 1 QM. leben,
zum Theil auf Schiffen u. Flössen. Haupt-
volk die eigentl. Chinesen, das herrschende
aber die Mandschu (seit 1693); jene eins der
ältesten Kulturvölker der Erde, überaus
arbeitsam, ausdauernd, friedlich, untere
thänig und höflich , kleinlich - cerdmoniell,
dabei verweichlicht und entsittlicht. Sie
betreiben mit Thätigkeit n. Umsicht Acker-
und Gartenbau nebst Viehzucht (Getreide,
Reis, Thee, Zucker, Indigo, Baumwolle,
Seide), Bergbau (Eisen, Kupfer, Zinn, Sil-
ber, Zink, Gold, Steinkohlen, Steinsalz,
Salpeter), sowie Waldwirthschaft , Jagd,
Fischerei und Flussschifffahrt ; dazu ausser-
ordent}. rührig und erflndsam in Gewcrb-
thätigkeit und Kunstfleiss aller Art (ber.
ihre Seiden-, Baumwollen • u. a. Webereien,
Stickereien, Färbereien,- Papier, Lack-
waaren-, Porzellan-, Elfenbein-, Bambus-
arbeiten, Tasche etc.) u. ebenso im Handel
unternehmend. Letzterer im Inland un-
gemein lebhaft; für den auswärtigen Han-
del zur See (mit Briten,* Portugiesen , Spa-
niern, Holländern, Nordamerikanem) war
bis 1842 nur Kanton zugänglich, gegen wär<
tig sind noch 13 Häfen geöffnet: Amoy,
Schanghai, Ning-po, Fu-tscheu, Thaiwan,
Kinng-tschen (Hainan) , Swatau , Niu-
tschwang, Tschifa, Tsching-kiaug u. Hankau
^am Yantsekiang), Tlentsiu (am Pei-ho) und
(seit 1868) Tschao-tschu. Zu Land mit Russ-
land beträchtlicher Tauschhandel über Mai-
matschin (Kiächta gegenüber), mit West-
asien über Yarkand, mit Indien über Lhassa.
Hauptexporte: Thee (1868 für 74,4 MIll.
Thlr.), rohe Seide (48,5 MIll. Thlr.), Baum-
wolle, Nangkingstoff, Porzellan, Papier,
Perlmutter, Kampher, Zinn etc. Impwte:
Opium (1868 über 68 Mill. Thlr.), Pelzwerk,
Tach, europ. und Japan. Manufakturen,
Tabak. Ausfuhr 1868: 188,82, Einfahr
148,84 Mill. Thlr. Handelsflotte: 8000 Schiffe
mit 616,000 Tonnen (k 2000 Pfd.). Ein- und
ausgelaufene Schiffe 1868 : 14,075 mit 6,418,503
Tonnen. Rechnung nach Taels, := 8 Thlr.
Gewicht: Pikul & 100 Katty = 180,9 Pfd.
Getreidemass: 1 Sei = 188,4 Liter. — Die
Chinesen besitzen eine umfangreiche Lite-
ratur in eigenthüml. Sprache und Schrift
und waren im Besitz mancher Erfindungen
und Kenntnisse früher als die Europäer
(z. B. der Porzellan - und Pulverbereitung,
Kompass, Seidenzucht, Bohrbrunnen, Stereo-
typendruck, Holzschnitt etc.). Ihre Bildung
ist aber abgeschlossen und steht in Jeder
Wissenschaft und eigentl. Kunst weit hinter
der europ. zurück. — 3 berechtigte Religionen :
der Buddha- oder Fodlenst (allgem. Volks-
religion), die Lehre des Kon-fti-tse (Religion
des Hofs und der Gebildeten) und die des
Laotse (älteste, noch unter dem Volk ver-
breitet). Daneben etwa 100,000 Christen
(Christi. Missionen seit 1843), 50,000 Juden
und IVs Mill. Mohammedaner, bes. im W.
— StacUsform unumschränkt monarchisch
oder patriarchalisch despotisch; Staatsober-
haupt der Kaiser, genannt ,Sohn des Him-
mels', der mittelst einer zahlr. Gelehrten-
und Beamten - oder Mandarinenaristokratie
herrscht. Der Nachfolger wird von ihm
unter den rechtmässigen Söhnen willkürl.
gewählt. Oberste Staatskörperschaft der
Staatsrat!} (Staatsminister) mit 6 Depar-
tements ; unabhängig davon das Kollegium
der öffentl. Censoren (mit dem alleinigen
Recht, Vorstellungen und Beschwerden
dem Kaiser vorzulegen). Angaben über
die Finanzen sind nicht vorhanden. Armee '
600,000 M., dazu 200,000 M. tatar. Truppen.
Der Soldat treibt, wenn er nicht im Dienst
ist, zu Hanse ein bürgerliches Handwerk.
Kriegsflotte von 826 Schiffen mit 8600 Ka-
nonen. Eintheilung in 18 Provinzen; Haupt-
und Residenzstadt Peking. Die Aera der
Chinesen beruht auf der Ausgleichung des
Mondjahres mit dem Laufe der Sonne durch
einen Schaltmonat, wobei man seit der
Dynastie Han (206 v. Chr.) von der Mitte
des Wassermanns als Frühlingsanfaug aus-
geht. Man bedient sich eines bis auf
Hoang-ti 2697 v. Chr. zurückgerochneteu
Cyklus von 60 Jahren.
Geschichte. Aelteste Gesch., sowie die der
ersten angebl. histor. Dynastien Hia (8207 —
1783 V. Chr.) und Hang (1783^1188) sagen-
haft. Sicherer die Gesch. der Dynastie Tackeu
(1182 — 258), gestiftet von Wuwang, dem
Ordner des Staats. Unter Ling-wangs Regie-
rung (571— 544) wird Kon-fu-tse (s. Confncins)
geboren. Thin-Schi-Hoangti, der Begründer
der Dynastie Thin (249—207), vollendet die
chines. Mauer zum Schutz gegen die Ein-
fälle der Tataren, vernichtet die Werke
der altern chines. Literatur. Der Dynastie
Han (206 v. Chr. bis 220 n. Chr.) gehört
Ming-ti (58—78 n. Chr.) an, unter welchem
der Buddhismus in C. eindringt, um 380
erobern die Tataren die nördl. Provinzen
Ghinabaam — Chinasilber.
411
and gründen daselbst ein eignes Reich.
Unter der Dynastie Tang (617^907) plün-
dern die Mongolen Peking. Kublai-Khan
gründet die Mongolendynastie (1279 — 1868).
Tachu (Tai-tsong), Stifter der Dynastie
Ming (1868 -> 1645) , stürat die Fremdherr-
schaft. Um 1622 setzen sich die t'ortn-
gieseu zn Macao fest. Seit 1588 verbreitet
der Jesnit Ricci das Ohristenthnm in 0.
Um dieselbe Zeit kommen die Spanier nach
O. , 1604 die Holländer. - 1644 erobern die
MancUchu Peking nnd dann das ganze
Reich, dessen Beherrscher sie noch sind.
Sekun-tsehi stiftet 1646 die jetzige Dynastie
Tging. Sein Sohn Kang - hi (seit 1662) er-
obert Tübet nnd Formosa, kriegt 1684 bis
1689 mit den Russen. Unter ihm setzen
sich Franzosen und Engländer in Kanton
fest. Unter Kien-long (1785 — 96) schwere
Christenverfolgnng (1746-73). Derselbe er-
weitert die Grenzen seines Reichs bis an
die Grenzen Hindostans nnd der grossen
Bncharei, 'kämpft unglücklich g^en die
Birmanen in Ava. 1798 eine engl. Gesandt-
schaft unter Lord Macartney in Peking.
Kia-king (1796-1820) und Mian-ning (Tao-
Jcnang, 1820 — 50) Tertreiben 1815 und 1828
die kathol. lussionäre aus Peking. Der
Handel der Engländer nach O. (seit 1720
im Gang) 1757 unter Vermittelnng einer
privilegirten ohines. Handelsgesellschaft
(Hong) auf Kanton beschränkt, wird durch
die Aufhebnng des Monopols der engl.-osi^
ind. Kompagnie (24. April 1834) gestört.
Das Verbot des Opiumschmuggels der Eng-
länder (13. März 1839) führt Febr. 1840 zum
Krieg (Opiumkrieg), der 26. Aug. 1842 durch
den Vertrag von Nanlring beendigt wird,
in welchem die Engländer ausser Kanton
tlie Häfen Amoy, Fn-tscheu-fti, Ning-po und
Schanghai geöffnet und Hongkong at^etreten
erhalten. 8. Aug. 1844 und 25. Aug. 1845
Abschluss von Handelsverträgen mit den
Vereinigten Staaten nnd Frankreich. Unter
Inaehu, gen. ffien -fong (seit 1850), bricht
die Taipingrevolution aus. Bnng-aiu'tnuen,
das Haupt der Gesellschaft der ,Gk>ttes-
verohrer' mit chrlstl. Anklängen, Sept.
1851 zum Kaiser ausgerufen, nennt sich
Tien-le (Tien-wang, d. i. Himmelssohn),
begründet die Dynastie Taiping. Nach
mehreren Siegen ziehen die Aufständischen
19. März 1853 in Nanking ein. Darauf
Wechsel voller Kampf: die Taipiugs 24. März
1860 vor Hang-tscheu von den Kaiserlichen
znrückgeschlt^en. Letztere belagern dar-
auf Nanking, werden 3. Mai zurückge-
dch lagen, worauf die Taipiugs Sn-tschen
(Ende Mai) und Ning-po (9. Dec. 1861) ein-
nehmen und ^seit Jan. 1862) Schanghai be-
lagern. Inzwischen hat das Umgehen der
Verträge und die Unterdrückung der Frem-
den wieder zum Krieg mit England nnd
Frankreich und 28. Dec. 1857 zum* Bombar-
dement von Kanton gefQhrt. Die ver-
einigte engl. -flranz. Flotte erzwingt die
Einfahrt in die Pei - ho - Mündung nnd den
Friedensschluss vom 27. Juni 1858. Tien-
tsin zum Freihafen erklärt. Das Amur-
land durch Vertrag an Russland abgetreten.
Die wortbrüchige Politik der Chinesen ver-
anlasst neue Differenzen. Die vereinigte
engl. - f^anz. Flotte dringt 25. Juni 1859 in
die Pei-ho-Mündung, wird aber mit. Verlust
zurückgeschlagen. 11. Aug. 1860 landen
25,000 Mann engl, und franz. Truppen bei
Pe-tang nördl. von Pei -ho, schlagen (18.
Sept.) bei Tsohang - kia - wang ein chines.
Heer, erstürmen, plündern nnd verbrennen
7. — 19. Okt. den kaiserl. Sommerpalast bei
Peking und zwingen die ohines. Regierung
(24. nnd 25. Okt. 1860) zum Frieden. Der
engl, und franz. Gesandte nehmen ihren
Wohnsitz in Peking (März 1861). Auf Hien-
fong (t 22. Aug. 1861) folgt sein minder-
jähriger Sohn Ki-Uiang (später Tung- Ghih,
d. 1. ,vereinigte Ordnung*, gen.) unter einem
Regentschaftsrath, der 2. Nov. 1861 gestürzt
wird. Der Oiieim des Kaisers, Kong , fak-
tischer Regent. 2. Sept. 1861 Abschluss
eines Handelsvertrags mit Preusseu und
dem Zollverein, 14. Jan. 1863 zu Schanghai
ratificirt. Handelsverträge mit Spanien,
Belgien (8. Aug. 1862), Portugal (18. Aug.
1862), Danemark (10. Juli 1863) stipuliren
Zulassung von Gesandten dieser Staaten
in Peking. Die Engländer und Franzosen
schreiten gegen die Taipings mit Waffen-
gewalt ein, vertreiben diese von Schanghai
und Ning-po, erobern (31. März 1864) Hang-
tschbu. Tschang - tscheu (Mai) und Nanking
(19. Juli) , wo sich der Rebellenkaiser vor-
her verbrannt hat. Die Ueberbleibsel der
Rebellen zerstreuen sich in die Provinzen,
wo der Krieg fortdauert. 5. März 1866
Vertrag zwischen C. und England und
Frankreich über die Verpflanzung cliines.
Arbeiter (Kulis) nacli den Kolonien. Vgl.
Gütelaff, «Geschichte des chines. Reichs^
herausg. von Heumann , 1847; Käuffer , ,Ge-
schichte von Ostasien', 1858—60; Plath,
,Ueber die lange Dauer und Ent Wickelung
des chines. Reichs', 1861 ; Neumann , ,Ge-
schichte des engl. - chines. Kriegs* (2. Aufl.
1855. Ueber die Taiping-Rebellion schrielieu
Oallery und Ywm (1854; deutsch von Otto
1854), ilfeadoio«(1856; deutsch von Neumarh
1857) und Syhes (1863) ; über die letzten Kriege
' der Engländer nnd Franzosen gegen G. Ba-
zancourt (1861—6% 2 Bde.) und PaUu (1863).
Chinabftam, s. Oinchona.
Chinarinden, die Rinden vieler Oinchona-
Arten, s. CiTichöna, und zwar besonders
Huanuco von G. micrantha, Gondamiuea,
macrocalyx etc., Loxa von G. macrocalyx,
heterophylla etc., Psendo Loxa oder JaSn
nigricans nnd Königschina von G. Cali-
saya. Die G. riechen schwach, schmecken
herb oder rein bitter und enthalten Chinin,
Oinchonin, Chinidin, Ginchonidin, China-
säure, Gliinagerbsäure, Ghinaroth, Ghinovin
etc. Sie dienen als trefflichste Fiebermittel
und zur Darstellung des wirksamen Chinins,
der Chinatinkturen nnd Extrakte.
Chinasäure, findet sich in der Cliinarinde,
dem Tannensplint und reichiich im Heidel-
beerkrant, in Wasser löslich, gibt mit Braun-
stein nnd Schwefelsäure Chinon und ist für
dieses ein billiges Rohmaterial.
Chlnasilbefj galvan. versilbertes Neusilber.
412
Ghinckaiuseln — Chinolin.
ChinchainselB (spr. Tschintscha-, Guano-
inteln), S kl. Inseln an der Küste von Fern ;
reichste Gnanolager.
Chinchilla (spr. Tschintschilja) , graues
und weisses, äusserst zartes Pelzwerk von
Yiverra Cbincha ]n Südamerika, zu Da-
menputz dienend.
Chine (fr., spr.- Schineh), mit flammigen
Mustern gewebtes Zeug, mit stellenweise
gefärbtem oder bedrucktem Garn hergestellt.
Chlnesisehe Maner, Mauer auf der Nord-
grenze Chinas, schon S40 t. Chr. begonnen,
zum Schutz gegen die nördl. Barbareu-
borden , 300 M. I. (von Sutscheu bis zum
Ostmeer), 18 — 25' h., mit Thürmen und
Thoron; jetzt zum Tbeil yerfallen.
ChinMucher Speekitein, s. Agalmatolitk.
ChinMisehes tirnn {Grüner Indigo, Luh-
Kaou) y dauerhafter grüner Farbstoff, der
auch bei Licht grün erscheint, wird in
China durch einen Gährnngsprnzess aus
Rhamnus chlorophorus und R. utilis erzeugt,
ist etwas löslich in Wasser, unlöslich in
Alkohol , kann aus Kreuzdornrinde nach-
geahmt werden, dient zum Färben von Baum-
wolle und Seide.
Chinesisches Meer, Theil de» Grossen
Oceans, an der Ost- und Südkäste Chinas,
durch die Fukianstrasse in das ost' und
siidchines. Meer getheilt.
Chinesische Sprache und Literatur. Die
chines. Sprache ist eine der sogen, ein-
silbigen Sprachen Ostasiens; jedes Wort
drückt einen in sich vollendeten Begriff
oder eine Sache aus; es gibt keine Flexio-
nen, und die gi-ammat. Verhältnisse werden
nur durch Partikeln angedeutet. Der ganze
Sprachschatz besteht aus 450 einsilbigen
-Wörtern, die aber durch verschiedene Be-
tonung bis zu 1203 Wortlauten anwachsen.
Aber auch dasselbe Wort, genau auf die-
selbe Weise ausgesprochen, hat noch sehr
verschiedene Bedeutungen (oft 30 — 40).
Daher die Schwierigkeit der Erlernung der
Sprache. Man unterscheidet die Grelehrten-
oder Mandarinensprache und die zahlreichen
Provinzialdialekte. Begründer des wissen-
schaftlichen Studiums der chines. Sprache
in Europa ist Abel R6musat (,Essai sur la
laugue et la litt6ratnre chin.', 1842). Gram-
matiken von li4mu»at (1828), Endlicher (1845),
Schott (1857); Lexiken von Callery (1842),
Medhurst (1842), Lobecheid (1866—6»). — Die
chines. Schrift ist weniger Buchstaben- als
Bilderschrift, mit so vielen bestimmte Be-
grifipe ausdrückenden Charakteren, als es
überhaupt gesprochene Wörter gibt, über
40,000; es dienen indessen 214 ausgewählte
Wortzeichen (sogen. , Schlüssel') zur Erklä-
rung der übrigen. Vgl. Callery, ,Systema
phoneticum scripturae Sinicae', 1842.
Die chines. LitercUur ist ausserordentlich
umfangreich. Obenan stehen die heil.
Bücher (Kings) , in denen die Lehren des
Confuciu8(s. d.) niedergelegt sind(6. Jahrh.
V. Chr.); ihnen zunächst die ,Sseschu'
(nioral. und polit. Lehren, von Confucius
und seineu Schülern verfasst) und die
Schriften de» Mengtseu (Mencins, f 314
Y. Chr.). Auch gibt es relig. Werke von
Laotse (604 v. Chr.) und seinem Schüler
Tschuaugtse, Begründer einer Vernuuft-
religion, u. von Tschuhi (13. Jahrh. n. Chr.).
— Die poet. Lilerainr ist reich au Gedichten
(mit und ohne Reim) und Romanen. Bedeu-
tende Lyriker, zugleich Formgeber sind
Tufn und Lithaipe (8. Jahrh. n. Chr.). Die
Romane meist arm an Erfindung, die Ver-
wickelung gesucht, die Katastrophe nüch-
tern und prosaisch; der Held in der Regel
ein Literat (am bekanntesten ,Yttkiaoli% 15.
Jahrh., franz. von JStfmMsat.* ,Les deux cou-
shiesS 1826; deutsch 1827). Vgl. St, Julien,
,Contes chinois', 1859, 3 Bde. Das Drama
wird eifrig gepflegt, aber alle poet. Illuaion
auf der Bühne fehlt (Drameusaramlungen
von Julien 1832 n. Bagin 1838). — Am werth-
voUsten sind die geschichtL und geograph.
Leistungen', indem der jedesmaUge neue
Beherrscher die Annaion seines Vorfahren
von Staats wegen ausarbeiten lässt. I>er
Reihenführer der Historiker ist Sse-ina-
thsian (um 100 v. Chr.), dessen Werk ,SBeki'
von 2637 v. Chr. bis 1643 n. Chr. reicht.
Wichtige geograph. und Statist. Werke: die
allgemeine Geographie des chines. Reichs
unter der Dynastie Ming, die Sammlung
der Provinzialstatistiken (WH Bde.) und
die Sammlung des ,Taitsing Hoeitien' (über
1000 Bücher, 1818). Auch Naturkunde und
Chemie, Medicin, Astronomie (Astrologie),
Geometrie, Ackerbau, Kriegskunst, Musik
und alle Zweige der Technik u. Mechanik
sind mehr oder minder bearbeitet worden.
Kriminalcodex der jetzigen Mandschn-
dynastie von 1644 (engl, von ^aunJlon 1810).
In der Philologie ragen bes. die Wörter-
bücher hervor (das beste das des Kaisera
Kanhi 1730, 130 Foliobände), auch solche
für die Sprachen der Mandschu , Mongolen
und Tübcytaner. Berühmte Eucyklopädie
von Matuanlin (1300 n. Clir.). Vgl. SchoU,
,Beschreibung der chines. Literatur', 1852.
Chinga, s. StirUahier.
Chinin, Alkaloi'd der Chinarinde, farb-
uud geruchlose, stark bittere Krystalle, lös-
lich in Wasser, Alkohol und Aether, in
koucentrirter Schwefelsäure farblos, beim
Erhitzen roth, reagirt alkalisch. Schwefel-
saures 0. , das gebräuchlichste Salz des
O.s, gibt eine bläulich schillernde Lösung;
salzsaures C, auf Platinableoh erhitzt, pur-
purrothe Dämpfe; vorzüglichste fieberwidrige
Heilmittel. Auch das baldriansaore C. und
gerbsaure sind officinell.
Chlninga, Wurzel von Unona febrlfiiga
Potv. in Pei-u, wird dort als Fiebermittel
selbst der Chinarinde vorgezogen.
Chinoidin, Gemenge von umgewandelten
Chinaalkalo'iden u. harzigen Farbstoff'en, Ne-
benprodukt von der Chininbereitung, trodcne,
braune, harzartige Masse von bitterem Ge-
schmack, leicht in Alkohol löslich (Tinctura
Chinoidini), fieberwidriges Heilmittel.
Chinolin, farbloses, bittermandelartig rie-
chendes, scharf bitter schmeckendes Oel, ent-
steht bei der Destillation des Chinins, Cin-
chonins, Chinoidins mit Natronhydrat, wenig
in Wasser, leicht in Alkohol löslich, liefert
wie Anilin blaue Farbstoflfe, s. CiacAontw«
Chinovabitter — Chlor.
418
GhinOTabltter (C^inovasäure ^ Ckioeocca-
aäure) , s. Ckiococca.
Ckiocoeca L. (Schneebeere), Pflanzen-
gattang der Rubiacaen. C. racemosa Jacq.,
Strauch in Westindien, Mexiko and Süd-
amerika, liefert die oflßcinelle Oaincawnrzel
(Chiococcawnrzel). Diese enthält Caincin
oder Caincasaure, welche bei der Zersetzung
die mit Chinovasäure identisciie Gliiococca-
sänre liefert.
Chioggia (spr. Kloddscha), Hafenstadt in
Yenetien, auf der Inael 0., südl. von Venedig,
am adriat. Meer, 26,732 Ew. Steinerne
Brücke nach der Landenge von Brondolo.
Ckios (Skio, Sakü), türk. Insel im ägäi-
schen Meere, zwischen Samos und Leabos,
89 QM. und ca. 60,000 (1822: 130,000) Ew.;
im N. bergig, waldlos, sehr flruchtbAr. Pro-
dukte: Wein, Oel, Feigen, Mastix, Seide.
Hauptstadt Kastro. Im Alterthnm zur Jon.
Dodekapolis gehörig, später unter der Ober-
herrschaft Athens. Im griech. Befreiungs-
kriege (1822) furchtbare Verwüstung der
Insel durch die Türken.
Chippeirays (spr. Tschippewehs), nord-
amerikan. Indianerstamm, zu den Algonkins
gehörig, jetzt nur noch im Norden des
Obemsees, (1866) 23,318 Köpfe; demKriegs-
und Waldleben ergeben, der Giyilisatiou
unzugänglich. Jahrhunderte langer grau-
samer Krieg mit den Sioux. [s. Oteht.
Chlragra (gr.), Gicht in den Händen,
Chiriqni (spr. Tschi-), Landscliaft im mit-
telamerikan. Staat Istmo, mit dem Vulkan
von C, 10,570' hoch.
ChlrogniminatomaiitTe (gr.), die angebl.
Kunst, aus der Handschrift den Charakter
eines Menschen zu erkennen, begründet von
A. Henxe in Leipzig, der seit 1850 in der
,I]Iustrirten Zeitung' Proben seiner Kunst
gegeben. [Schuldschein.
Chiroffraplinm (gr.), Handschrift, auch
ChirolOgfe (gr.), Fingersprache.
Chlronantfe (gr.). Wahrsagen aus den
Linien der Haud.
€hiroptera (Handflügler, Flauerer) , Ord-
nung der Säugethiere mit rollstäudig be-
Eahntem Oebiss und Flughäuten zwischen
den verlängerten Fingern der Hand. Diese
Haut, in die auch die Hlnterfusse (und der
Schwanz) verwoben sind, ermöglicht ge-
schickten Flug und ist der Sitz besonderer
Tastorgane. Zwei Brustdrüsen. Meist Nacht-
thiere, in gemässigten, zahlreicher in heissen
Klimaten. I. Fruchtfresaende Flatterer : Pte-
ropi, fliegende Hunde. II. Insektenfressende
(leben zum Theil auch vom Blut der Wann-
bluter): Blatt- und Glattnasen.
Chirrhenma (gr.), Rheumatismus der Hand,
durch wiederholte Erkältung derselben,
bes. durch Waschen etc. entstehend, führt
bisweilen zu Lähmung der Hände. Behand-
lung durch heisse Sandbäder, erfolgreich
nur in fi'üher Zeit.
Chirurgie (gr.), Heil weise, die geregelte
Haudwirknngen erfordert, Wnndarznei-
fcuude , zerfällt in : chirurgieche Pathologie,
Beschrisibung der Krankheiten , die in chir.
Behandlung genommen werden können,
also solche, die dem direkten Eingriff zu-
gänglich sind; operative C, Lehre von den
blutigen (Akiurgie) und den unblutigen
Operationen (Mechanurgie) ; plastische C,
Lehre von der Wiederherstellung verloren
gegangener Theile (z.B. der Nase: Rhino-
plastlk). Die Kriegschirurgie handelt von
den auf dem Schlachtfelde vorkommeoden
Chirurg. Krankheiten und vom Transport der
Verwundeten. Chirurg. Handbücher' schrie-
ben: Boerhaave (1749— 55, 4 Bde.), Rtit (1774),
Sichter (3. Aufl. 1825—26, 7 Bde.), Callieen
(1822—24, 2 Thle.), Jjangenbeck (1822 — 30, 4
Bde.), Chelius (8. Aufl. 1858), Dieffenbach
(1844-47, 2 Bde.), Bardeleben (6. Aufl. 1870 f.,
4 Bde.), Emmert (2. Aufl. 1867), Billroth und
PUhe (1870).
€hirnrgl8Cheg Besteck, s. Bestech.
Chiswlek (spr. Tschisuik), Dorf in der
engl. Grafschaft Surrey , an der Themse,
bei London , 6505 Ew. ; zahlreiche Land-
häuser, darunter Ghistoickhaus des Herzogs
von Devonshire (Gemäldegallerie).
Chitin (Entomaderm) , der bei den Wür-
mern, Krebsen, Spinnen, Insekten die häu-
tigen und härteren Theile bildende Stofl", ist
als eine innige Verbindung von ProteVn-
körpem, den Bildungselenieuten der höheren
Thiere, mit Cellulose, dem Bildungselement
der Pflanzen, zu betrachten.
Chiton (gr.), das Unterkleid, der Leibrock
der alten Griechen, die Tunica der Römer.
Chiusa (ital., spr. Ki-), Klause, Oebirgs-
pass. C. di Verona, die her. Etschklause,
nördl. Verona, die alte Hauptpforte Italiens,
jetzt befestigt.
Ciiinsly Stadt in der ital. Prov. Slena,
4006 Ew. Im Alterthum Clusivtn, eine der
12 etrur. Republiken, Sitz Porsennas. Trüm-
mer röm. Tempel etc. Mächtige Kathedrale.
Chizerots, s. Burins.
Chladni, Ernst Florenx Friedrieh, Physiker,
geb. 30. Nov. 1756 in Wittenberg, Begründer
der wissenschaftl. Akustik ; f 3. April 1827
in Breslau. Sehr. ,Entdeckungen über die
Theorie des Klanges* (1787); , Akustik* (2.
Aufl. 1830); ,Neue Beiträge für Akustik*
(1817) ; «Beiträge zur prakt. Akustik und zur
Lehre vom Instnimentenbau* (1822) u. A.
Chladnlsche Klangflgnren, s. Schall.
Chlamys (gr.); bei den alten Griechen das
Oberkloid der Männer, namentl. das der
Reiter und attischen Epheben.
Chlodwig (Glodwig, s. v. a. Ludwig), Ko-
nig der Frauken aus dem Geschlecht der
Merovinger, geb. 465, folgte481 seinem Vater
Childorich als König eines Theils der sali-
sehen Franken im nördl. Gallien, stürzte
den Syagrius, den Behen'scher des römisch
gebliebenen Theils von Gallien, schlug die
Alemannen 496 bei Zülpich, trat darauf mit
mehreren tausend Franken zum Christen-
thum über, bekriegte den Burgnnderköuig
Gundobald n. den Westgothenkönig Alarich,
nahm letzterem Aquitanien und Toulouse
ab, vereinigte nach Hinwegräumung der
anderen fi'änk. Fürsten alle Franken unter
seiner Herrschaft; f 511 zu Paris.
Chlor (Chlorine, gr.), chemisch einfacher
Körper, grünlichgelbes Gas, von eigen-
thümlichem Geruch, energischer Wirkung
414
Ghloral — CUorwasserstoff.
ftuf den Organismus, fast 2Vsmal schwerer
als Luit, Aequivalent 35,5, unter Druck und
Kälte KU einer gelben Flüssigkeit kompri-
mirbar, nicht brennbar, verbindet sich direkt
mit den meisten SUementen, mit Wasser-
stoff im Sonnenschein unter Explosion.
Wasser von 80 löst sein dreifi&ches Volu-
men G. Die Lösung (Chlonoauer) zersetzt
sich am Licht. G. findet sich niclit frei in
der Natur, am häufigsten an Natrium ge-
bunden als Kochsais, wird aus diesem mit
Schwefelsäure u. Braunstein, oder aus Salz-
säure und Braunstein dargestellt. Dabei
entsteht Manganchlorürlösung, aus welcher
in Fabriken wieder Mangansuperoxyd ge-
wonnen wird. Auch durch Erhitzen von
Koclisalz , Natronsalpeter und Schwefel-
säure oder von chromsaurem Kali mit Salz-
säure, durch Rösten von kiesigen Kupfer-
erzen mit Kochsalz und durcli Erhitzen von
Kupfercblorid erhält man G. Im letztern
Fall entsteht Kupferchlornr , welches sehr
leicht wieder in Ghlorid verwandelt werden
kann. G. dient zur Bereitung des Ghlor-
kalks und, da es die meisten organischen
Stoffe zerstört, als Bleich- ifnd desinftciren-
des Mittel. Als Heilmittel nach starker Ein-
athmung von G. wird vorsichtig Ammoniak
eiugeathmet.
Chloril (Trichloraldehyd) , das letzte Pro-
dukt der Einwirkung von Ghlor auf Alkohol,
farblose Flüssigkeit, riecht durchdringend,
schmekt erst fettig, dann kaustisch , siedet
bei 940, bildet mit Wasser krystallisirendes
farbloses Ghloralhydrat , schlafmachendes
Chloride» s. CMormetaUe, [Mittel.
Chloris, Gemahlin des Zephyms, bei den
Griechen die Göttin der Blumen.
Clilorit, tautokliner Asterglimmer , pris-
mat. Talkglimmer, Mineral aus der Klasse
der wasserhaltigen Amphoterolithe, dunkel-
grün, in dünnen Blättchen biegsam, auch
erdig, schiefrlg, besteht sus kieselsaurer
Thonerde mit kieselsaurer Magnesia oder
kieselsaurem Eisenoxydul, sehr verbreitet
in krystallinischenSilikatgesteineu fGranit,
Gneis), besonders schiefrig, ganze Gebirge
zusammensetzend in Tirol, Steiermark, in
der Schweiz, im Fichtelgebirge etc. CMorit-
Mchiefer, Gestein aus der Familie der krystal-
linischen Schiefer, mehr oder weniger reine
Ghloritmasse mit eingemengtem Quarz,
Glimmer, Feld- und Kalkspath und vielen
anderen Mineralien, geht in Talk-, Glimmer-
und Thonschiefer über; sehr verbreitet im
Ural, in den Alpen (Monte Rosa, Grossglock-
ner), iu Böhmen, in den Karpatben, in
Schottland, Amerika.
Chlorkalk C^ZtfieAAraZik, £leichpulver), farb-
loses, backendes, nach unterchloriger Säure
riechendes Pulver, wird dargestellt, indem
man Ghlor auf gebrannten und zu Pulver
gelöschten Kalk "t^lrken lässt, besteht im
Wesentlichen aus basischem Ghlorcalcium
und unterchlorigsanrem Kalk, zersetzt sich
allmählig beim Aufbewahren bisweilen unter
Explosion, löst sich mit Hinterlassung eines
Rückstandes in 10 Th. Wasser. Die Lösung
schmeckt scharf salzig und wird beim Er-
bitxen ser^etat Sparen, m^ch die Kohlen-
säure der Luft, entwickeln daraus Ohlor.
Dient zum Bleichen, Desinflciren, als
Beizmittel in der Färberei, zur Darstellung
von Chloroform, gegen Klauenseuche, Bau-
pen. Guter G. enthält ca. 260/^ bleichendes
Ghlor. Flüssiger G. ist Kalkmilch, in welche
man Ghlor geleitet hat.
Chlormetuley Verbindungen der Metalle
mit Ghlor, entsprechen deren Oxydations-
stufen, z. B. das Ghlornatrium dem Natron.
Bei mehreren Verbindungen eines Metalls
mit Ghlor heisst das chlorärmere Cklorür,
das chlorreichere OMorid. Auch unterscheidet
mau Se»qui' und Biehloride. Die denSauer-
stoffsäuren entsprechenden Chlorverbindun-
gen heissen ßupercklorüre u. Sup^rckloride ;
8. die betreffenden Metalle.
i^h\OTOtOTm(For'mylchlorid), farblose Flüs-
sigkeit, von 1,49 speo. Gew., riecht und
schmeckt angenehm süsslich, siedet bei 00
bis 610, löst Kampher, Kautschuk, Gntta-
pertscha, die meisten Harze, Ghinin, Stryob-
nin, Santonin und wird durch Destillation
von Alkohol mit Chlorkalk und Rektifikation
des Destillats über Schwefelsäure gewon-
nen. Dient bes. als Anästhetikum, zur
Reinigung der Guttapertscha , zur Bestim-
mung von Alkaloi'den, zu Fruchtessenzen etc.
CÜorometrie (gr.), die Werthermitte-
lung der Bleichsalze, d. h. die Bestimmung
ihres Gehalts an bleichend wirkendem Chlor,
wird meist massanalytisch mit arseniger
Säure ausgeführt.
Chlorsinren, Verbindungen des Chlors mit
Sauerstoff. Wichtig sind : unlerdUorige Säure,
1 Aeq. Ghlor und 1 Aeq. Sauerstoff, röthlich-
gelbes explodirendes Gas, wirkt in Wasser
gelöst doppelt so stark bleichend als Ghl<»,
entsteht bei Einwirkung von Ghlor auf Alka-
lien und alkalische Erden, und ihre Salse
finden sich deshalb im Eau de Javelle,
Eau de Labarracque und im Chlorkalk. Mit
Salzsäure gibt sie Ghlor und Wasser.
Chloraäure» 1 Aeq. Ghlor und 5 Aeq. Sauer-
stoff, färb- und gei*uchlose Flüssigkeit, deren
Salze durch Stoss und Schlag und in Be-
rührung mit manchen Körpern explodiren
(Verwendung in der Feuerwerkerei, Artil-
lerie), beim Erhitzen Sauerstoff abgeben and
Ghlormetall hinterlassen. Das Kalisalz ent-
steht, wenn man Ghlor in konoentrirte Kali-
lösung leitet.
Chlonehwefel. Wichtig nur die vier Ver-
bindungen des Sdtwefels mit Ghlor von
2 Aeq. Schwefel, 4 Aeq. Ghlor, entsteht,
wenn man Ghlor auf geschmolzenen Schwe-
fel leitet, und bildet eine rothgelbe ölige
Flüssigkeit von 1,68 spec G«w., raucht
an der Luft, riecht erstickend, sckmeckt
sauer, heiss und bitter, zersetzt sich tat
Wasser, löst Schwefel, ist löslich in Alko-
hol, Aether und Schwefelkohlenstoff und
dient zum Vulkanisiren des Kautschuks.
Chloräre, s. QilormetdUe,
ChlorwasBerstolTy farbloses Gas, besteht
aus 1 Aeq. Chlor und 1 A^q* Wasserstoff
(vgl. CMor), riecht uud schmeckt stechend
sauer, spec. Gew. 1,86, durcli Kälte und
Druck zu einer farblosen Flüssigkeit kompri-
mlrbar« nicht brennbar, bildet aQ der LnK
Chlnm — Cholet
415
Nebel. Wasser löst bei 0« 525 Vol. und
yei^röasert dabei sein eigenes Volumen fast
um die Hälfte. Die Lösung, die Chlor-
wasserstoffaäure, Salzsäure, entsteht in den
Sodafabriken in grossen Massen bei der Ein-
wirkung von Schwefelsäure auf Kochsalz, in-
dem der entweichende 0. in Wasser ge-
leitet wird. Diese rohe Salzsäure enthält
£isen, Schwefelsäure etc.; reine Salz-
säure wird aus denselben Materialien im
Kleinen dargestellt. Sehr koncentrirte Säure
raucht an der Luft; verliert beim Erhitzen
C. und bei llOo destillirt Säure von 20 %
Gehalt. Die Salzsäure neutralisirt Basen
und bildet Haloidsalze (kohlensaures Kali
und Salzsäure gebtin Chlorkalium , Wasser
und Kohlensäure). Mit Superoxyden, z. B.
Manganoxyd, entwickelt sie Chlor. Findet
ausgedehnteste Verwendungin der Technik,
besonders zur Darstellung von Chlorkalk.
Specifisches Gewicht Procente an Säure
1,30 40,80
1,15 30,30
1,10 20,20
1,05 10,10
1,01 2,02
CUnniy Ort in Böhmen, bei Königgrätz;
3. Juli lo66 Sieg der 2. preuss. Armee (Kron-
prinz) über die Oesterreicher (Theil der
Sclilacht bei Königgrätz).
Choc Cfr., spr. Schock), Angriff der Ka-
vallerie; soll in Schritt, dann in Trab, Ga-
lopp, auf der letzten Strecke in Carriöre ge-
macht werden.
€hoctaw8 (spr. Tschoktas), nordamerlkan.
Indianerstamm, seit 1837 im Indianergebiet
wohnhaft; fleissige Ackerbauer mit geord-
netem Gemeindewesen und guten Schulen,
(1866) 12,500 Köpfe.
Cliocziiii (Cbolin), russ. Grenzfestung In
Bessarabien, am Dnjestr, 19,745 Ew.
Chodowiecki (spr. -wjezki). Van. Nikolaus,
Zeichner und Kupferstecher, geb. 16. Okt.
1726 in Danzig, f 7. Febr. 1801 als Direktor
der Akademie derKiinste zu Berlin. Ausser-
ordentl. fleissig (ca. 3000 meist kleine Blät-
ter); auch kl. Genrebilder. Ygl. Engelmahn,
,C.s sämmtl. Kupferstiche', 1857 und 1860.
Chodziesen, Kreisst. im preuss. Begbz.
Bromberg, an einem See, 3125 Ew.
Chokolade, wird aus gerösteten, von ihren
Sclialen befreiten Kakaobohnen, Zuckerund
Gewürzen bereitet. Die Bearbeitung ge-
schieht zwischen erwärmten Steinwalzen,
welche den Kakao zum Schmelzen bringen,
so dass er innig mit Zucker gemischt wer-
den kann. Die fertige Masse wird in Blech-
kapseln gegossen. Verfälscht wird C. bes.
mit Reis, Mehl und Stärkemehl, gemahlenen
Kakaoschalen etc. Andere Zusätze, wie
Island. Moos, Eisenpräparate etc. geben die
medicinisehen C.n; OesutKÜteitsehokolade be-
steht nur aus Kakao und Zucker. C. Ist
eine Erfindung der Mexikaner, 1520 kam die
erste Kunde nach Europa, doch bewahrten
die Spanier die Fabrikation als Geheimniss,
nnd erst durch Carlettl in Florenz wurde
sie 1606 bekannter.
Chokoladenbaum, s. Kakao,
Cholera (gr., d, l. di9 Hiuue), l^&mo zweier
verwandtenKrankheiten: J3r«cAruAr, Breeh-
kolikt O, nostras, nicht epidemischer, meist
mit Genesung endender Brechdurchfall, bes.
im heissen Sommer auftretend; Entleerung
massenhafter dünner, zuletzt farbloser Flüs-
sigkeit, grosser Durst, trockene Haut, Ver-
fall der Kräfte; Behandlung: warme Um-
schläge auf den Leib, innerlich Opium;
Senfteig auf die Waden; bei Verfall Wein,
Kampher. Asiatische 0., stets epidemisch,
entsteht in Folge von Ansteckung besonders
durch die Ausleerungen anderer Kranken
unter gleichen Erscheinungen wie die vorige,
in den leichtesten Fällen (Cholerine) nur
Durchfall, in schwereren Erbrechen und Ent-
leeren der sog. , Reis Wasserstühle*; höchster
Grad die asphyktische C, durch Elndickung
des Blutes , Wadenkrampf, Stimmlosigkeit,
bläuliche Färbung und Kälte der Haut,
Angstgefühl , Schwaohwerden des Pulses,
schweres Athmen ausgezeichnet; meist tödtl.,
doch auch in das Stadium der Reaktion und
in die Rekonvalescenz übergehend. Behand-
lung: prophylaktisch Desinfektion, Abschnei-
den des Verkehrs mit Orten, wo die Krank-
heit vorhanden; reine Luft, regelmässige
kräftige Kost, abgekochtes Weisser, Wein;
sofortige ärztliche Behandlung Jedes Durch-
falls bei herrschenden Epidemien, durch
warme' Getränke, Opium etc. Die ersten
Nachrichten vom Auftreten derC. in Indien
datiren von 1668—71, aber erst 1817 begann
sie ihre Wanderung, 1822 war sie in Astra-
chan, 1831 in Deutschland. Diese erste Heim-
suchung Europas dauerte bis 1838, die zweite
1847—59, die dritte begann 1865. Mit jeder
neuen Invasion ist die Zahl der auf einem
bestimmten Gebiet Befallenen und Gestor-
benen geringer geworden. Die neueren Be-
mühungen gehen auf Erforschung der Ver-
breitungsursachen. Man weiss, dass C.
nur entsteht, wenn ein Ansteckungsstoff
(Pilz?) in den Körper gelangt. Dieser An-
steckungsstoff wird in Indien im Boden
spontan erzeugt und dann verschleppt; von
Person zu Person erfolgen stets nur einzelne
Ansteckungen; aber an Orten von bestimmter
Bodenbeschaffenheit (Grundwasserverhält-
nisse) kann ein Infektionsherd gebildet
werden, und hier tritt dann die 0. epide-
misch auf. Siehe hierüber Pettenkofer in
der ,Augsb. allg. Ztg.' und ,Zeitschrift für
Biologie' ; Bericht über die Cholerakonferenz
Choleriiie. s. Oholera. [in Weimar 1867.
ChSlerigeliy s. Temperament,
Cholesteatom (gr.), unter der Haut,
selten in inneren Organen vorkommende Ge-
schwulst, mit dünner bindegewebiger Kapsel
und fettigem, glänzendem, weissem Inhalte,
aus platten Zellen, Saft und Cholesterin be-
stehend. Entfernung durch Ausschneiden.
Cholesterin (Ckolestearin), Gal leufett, Be-
standtheil des Bluts , Gehirns , der Galle
und der Gallensteine , des Dotters , findet
sich auch in den Erbsen, farblose Krystalle,
geschmack- und geruchlos, löslich in Alko-
hol und Aether, unlöslich in Wasser, schmilzt
bei 1370, gehört zu den Alkoholen.
Cholet (spr. Scholeh), Stadt im franz.
Depai*t. Maiue-Loire, an der Maine, 12,735Ew«
416
Choliambus — Christian.
tliolianbns (gr*) > hinkender Jambus,
jambis<;hei* Trimeter mit einem Spondeus
oder Trochäus im letzten Fuss.
€holula (spr. Tscho-), Stadt im mexi-
kau. Staate Puebia, einst die sweite Stadt
des Aztekenreicks mit 60,000 £w. und über
400 Götzentempeln, jetzt 5000 £w. Zalilrelche
mexikan. Alterthümer , darunter die ber.
Tempel Pyramide des Quetzalcoatl (TeoccUli
gen.), 4 Etagen, in der Basis 1317' 1., 162'
Tl.; auf der PlateformeJ. eine kathol. Kirche.
Chondrin (Knorpelleim), ans Knorpeln er-
haltener Leim, steht zwischen Eiweiss und
gewöhnlichem Leim, nntersclieidet sicli von
letzterem durch die Fällbarkeit durch Salz-
säure, Essigsäure, Alaun und ist leichter
verdaulich als Janer.
Chondrosis (gr.), Verknorpelung, krank-
hafte Knorpelgeschwulst.
ChouoSy rohes Fischervolk auf der Insel
OhiloS und auf den Chonoainseln.
€hoper, Nebenil. des Don in Südnissland,
mündet bei Jelanskaia, 100 M. ; ein ächter
Steppeufluss, nur im Frühjahre wasserreich.
Chopin (spr. Sch^päng), FrSd^ric Franc.,
Musiker, geb. I.März 1809 zu Zelazowawola
bei Warschan. poln. -franz. Abkunft, Schüler
Ton Eisner iii Warschan, seit 1831 in Paris ;
t das. 17. Okt. 1849. Einer der ausgezeich-
netsten Pianisten und originellsten Klavier-
komponisten neuerer Zeit; seine Werke:
Etüden, Notturnos, Mazurken, Walzer, Im-
promptus, Scherzos, 2 Koncerte, 2 Sonaten
etc., von eigenthüml. Melodik, Rhythmik
und Harmonik. Seit 1869 Denkmal in War-
schau. Vgl. Li8zt, ,C.', 1852; Barbedttte, ,C.«,
3. Aufl. 1869. [ärgern.
Choqulren (fr., spr. schok-), beleidigen,
€hor (gl*.), bei den Grleclien eine Anzahl
von Personen, die singend oder tanzend bei
religiösen Festen und feierlichen Aufzügen
auftraten; spielt bes. in der alten Tragödie
und Komödie eine wichtige Rolle (von Schiller
in der ,Braut von Messina' nachgeahmt);
Jetzt in der Musik eine Vereinigung von
Musikern oder Sängern (Männerchor, 2 Te-
uere und 2 Bässe, und gemischtere, Sopran,
Alt, Tenor und Bass) ; ein im 0. zu singendes
Gesangstück; auch die zu einer Taste des
Klaviers gehörenden 2 oder 3 Saiten (daher
2- und Schöriger Bezug). — In der Baukunst
der für den Hochaltar bestimmte abgeson-
derte östliche Tlieil der Kirchen.
€horig (gr.), Chorführer der Alten. Cho-
ragische Monumente , griech. Denkmäler für
singende Chorführer bei Wettgesängen.
Choral, die im Chor zu singende Melodie
eines Kirchenliedes; früher (bis zum 17.
Jahrb.) von freier rhythmischer Gestaltung
(rhythmitcJier C), später in gleichmässig
laugsamer Bewegung gesungen.
Chorda (lat.), Flechse, Sehne, Saite.
Chordometer (gr., Mus.), messingenes In-
strument zur Messung der Saitenstärke.
Choreo^aphie (gr.), die Kunst, Tänze
durch Zeichen so deutlich zu bezeichnen
wie Töne durch Noten.
Choreus (gr.), s. v. a. Trochäus.
Choreatik (gr.), Tanzkunst, bes. die thea-
tralische. Choreut, Tänzer.
Chorherren, s. Stift.
Chorlambns (gr.), Versmass, VerblDdang:
eines Trochäus mit einem Jambus (— w» — ).
Chorion (gr.). Haut, Leder. ,
Chorographfe (gr.), Beschreibung einer
einzelneu Gegend.
Chorometrie (gr.), Feldmesskunst.
Choron, Alex. Etienne, franz. Kompoofst
und MiisiktheoretikeiL geb. 21. Okt. 1772 in
Gaen , f ^. Jnni 1834 in Paris. Sehr, eine
treffl. Gesangsschule, Kirchenmusiken, Ro-
manzen (darunter ,La Sentinelle').
Chorton (Mus.), die Orgelstimmung; früher
höher als der sog. Kammerton , Jetzt mit
diesem ausgeglichen.
Chotnsitz, Flecken im böhm. Kr. Gzaslau,
750 Ew. 17. Mai 1742 Sieg Friedrichs d. Gr.
über die Oestorreicher.
Chonan8(spr. Schuang), während der franz.
Revolution die Insnrgentenhaufen auf dem
rechten Ufer der Loire, anfangs ans Schleich-
händlern und sonstigen Abenteurern be-
stehend, w^ahrscheinl. nach Jean Chonan,
einem ihrer Anfuhrer, gewöhnl. Cotterean,
benannt, seit 1793 organisirt, führten eine
Art GuerriUaskrieg gegen die Republik,
wurden nach der verunglückten Landung
der Emigi'anten bei Quiberon (27. Juni 1795)
allenthalben niedergeworfen, dann, nachdem
sie sich 1799 wieder erhoben, von Brune un-
terdrückt, regten sich 1814 n. 1815 nochmals.
Chrestiens de Troyes (spr. Kretiäug dö
Troä), nordfranz. Troubadour, f um 1190.
Verf. mehrerer grossen Rittergedichte, ans
dem Sagenkreis derTafelrunde, im 13. Jahrb.
in Deutschland vielfach nachgebildet. Vgl.
Holland, ,C. de T.*, 1854.
Chrestomathie (gr.), Sammlung oder Aus-
wahl des Besten und Mustergültigsten, bes.
auch zum Zwecke des Unterrichts Brauch-
barsten aus den grossen Werken früherer
Schriftsteller. Vgl. Anthologie.
Chrie (gr.), bei den alten Rhetorikern
bestimmte Form der Bearbeitung eines Tlie-
mas, häufig als Schulübung aufgegeben.
Das Thema gewöhnl. eine Sentenz. Tlieile :
1) propositio, Darlegung des Themas; 2)
aetiologia, Begründung desselben; 3) — 5)
contrarium, exemplum .und simile, Erläu-
terung desselben durch das Gegenthell,
durch Beispiele und Gleichnisse; 6) testimo-
nium und conclusio, Zeugnisse und Schlnss.
Chrlemhildy die Hauptheldin der deut-
schen Heldensage, bes. im Nibelungenliede,
Siegfrieds, später König Etzels Gemahlin.
Chrlsma (gr.), das heil. Salböl.
Christ€nsaft, s. v. a. Lakritzen.
Christenthnm, die von Jesus Christus (s. d.)
gestiftete Religion, objektiv die von ihm
der Menschheit mitgetheilte Summe von re-
ligiösen Lehren, Verhelssungen und Anstal-
ten, subjektiv die Aufnahme und Aneignung
derselben von Seiten der Menschen und die
daraus hei*vorgeheude Gestaltung des religiö-
sen Gemeiulebeus. Gottesdienstl. Anstalt für
letzteres ist die Kirche (s.d.). Yg\. Jldigion.
Christian (lat. Christiamu, d. i. Christ),
1) Könige von Dänemark: a) C. I., Sohn
Dietrichs des Glücklichen, Grafen von
Oldenburg und Delmenhorst, geb. 1426,
Christiand'or — Chrom.
417
Köuig ▼on Dänemark seit 1448, König von
Schweden von 1457—67, Gründer der Uni-
versität Kopenhagen (1478); f 22. Mai 1481.
— b) C. JI. , der Büse , Sohn des Königs
Johann, geb. 2. Juli 1,481 zu Nyboi'g auf
Fünen, 1499 zum Thronfolger in Schweden
erwählt, seit 1513 König von Dänemark und
Norwegen« kam mit dem dän. Adel und
den deutschen Hansestädten in Konflikt, ver-
anstaltete das atoclholiner JHutbad (8. — 10.
Nov. 1520), dessen Folge die definitive Los-
reissung Schwedens von der kalmar. Union
war. Von den Hansestädten bekriegt und vom
jütländ. Adel verlassen, floh C. (1523) nach
den Niederlanden, ward bei einem Restau-
rationsversuche in Norwegen 1531 gefangen ;
f 25. Jan. 1559 als Gefangener auf dem
Schloss Kaliundborg auf Seeland.— c) C. IV.,
Sohn Friedrichs H., geb. 12. April 1577, re-
gierte seit 1588, anfangs unter Vormund-
schaft, seit 1596 selbständig, Dänemarks
volksthümlicbster König, tapfer und unter-
nehmend, kriegte 1611 — 13 und 1643 — 45
gegen Schweden und 1624—29 gegen den
Kaiser, erwarb Trankebar ; f ^' Febr. 1648.
— d) C. VIL, Sohn Friedriclis V., geb. 29.
Jan. 1749, regierte seit 1766, ward, selbst
geistesschwach, von Struensee (s. d.) bis
zu dessen Sturz (1772) belierrscht, nahm
1784 den Kronprinzen Friedrich als Mit-
regenten an; f 13. März 1808. — e) C. VIII.,
Sohn des Erbprinzen Friedrich , des Stief-
bruders Christians VII., geb. 18. Sept. 1786,
ward dän. Statthalter in Norwegen, 17. Mai
1814 als Erbkönig von Norwegen ausgerufen,
verzichtete im Waffenstillstand von Moss
(14. Aug.) auf die norweg. Krone, bestieg
1839 den dän. Thron, suchte im «offenen
Brief vom 8. Jnli 1846 die dän. Erbfolge
auch in Schleswig-Holstein einzufuhren und
durch eine konstitutionelle Verfassung diese
Herzogthümer mit dem Königreich zu ver-
schmelzen ; t 20. Jan. 1848. — f) C. IX., geb.
8. April 1818, Sohn des Herzogs Friedr. Wilh.
Paul Leopold von Schleswig-Holstein-Son-
derburg-Glücksburg, vermählte sich 1842 mit
der Prinzessin Luise, der Tochter des Land-
grafen ViTilhelm von Hessen und der Prin-
zessin Luise Charlotte von Dänemark , der
Schwester C.s VHL, ward zuerst im war-
schauer Protokoll vom 5. Juni 1851 , dann
im londoner Traktat vom 8. Mai 1852 zum
Thronfolger in der dän. Gesammtmonarchie
designirt, durch das Thronfolgegesetz vom
31. Juli 1853 als solcher eingesetzt, trat 15.
Nov. 1863 die Regierung an, genehmigte
18. Nov. eine neue Verfassung^ welche das
Herzogthum Schleswig mit Dänemark völlig
verschmelzen sollte, verzichtete im wiener
Frieden vom 30. Okt. 1864 auf die Herzog-
thümer Schleswig-Holstein und Lauenburg.
2) C, Herzog von Braunschweig-Wolfen-
bättel, bekannt dni'ch seine Theilnahme am
SOjähr. Krieg, geb. 10. Sept. 1599, trat in
die Dienste Friedrichs von der Pfalz, Königs
von Böhmen, brandschatzte Westplialen,
ward 10. Juni 1622 bei Höchst von TiUy ge-
schlagen, operirte dann gemeinsam mit
Maosfeld und Christian IV. von Dänemark ;
t 6. Juni 1626 zu WoIfenbutteL
Jfeyers Band- Lexikon,
Chrlgtland'or, dän. Goldmünze, sek 1775
geprägt, = 5 Thlr. 20 Sgr.
ChnstlanU, Hauptst. von Norwegen und
des Stiftes C. (472,9 QM. und 448,374 Ew.),
Sitz des Reichsstatthalters und des Stor-
thiug, am nördl. Ende des Fjord» von O.
(18 M. 1.), 65,513 Ew. Schloss, Kathedrale,
Theater, Universität (seit 1811) mit Stern-
warte etc., Hafen, bedeut. Handel (Exporte :
Holz und Eisen); Flotte von 180 Schiffen;
wurde 1624 an Stelle der abgebrannten
alten Königsstadt Opalo von Christian IV.
aufgebaut. Daneben die Festung Akerahnua.
Christümsand, Stift in Norwegen, 724,7 QM.
und 328,742 Ew. Die Hauptst. C, an der
Mündung des Torridalelf, 10,876 Ew., Kathe-
drale, Kriegsschiffs werfte (Station eines
Tlieils der Flotte)^ treffl. Hafen, bedeut.
Schifffahrt und Handel.
Christine. Königin von Schweden, geb.
6. Dec. 1626, Tochter Gustav Adolfs, folgte
diesem 1632 (seit 1644 selbständig), sammelte
Gelehrte um sich, dankte 1654 zu Gunsten
ihres Vetters, des Prinzen Karl Gustav
von Pfalz-Zweibrücken, ab, trat in Brüssel
zqm Katholicismus über, besuchte Rom und
Paris, 1660 wieder Schweden; f ^9- April
1689 zu Rom. Biogr. von Grauert (1838—42).
Christinos, in Spanien während der Re-
gentschaft der Königin Marie Christine die
Anhänger derselben und der polit. Reform.
Ihnen standen die Elarlisteu, die Anhänger
des Don Carlos, gegenüber.
Christoph, 1) C. III., König von Däne-
mark, Herzog von Bayern, Sohn Johanns
von Bayern und der Prinzessin Sophie von
Dänemark und Schweden, folgte dem ab-
gesetzten Erich X., dem Bruder seiner
Mutter, 1438 als Reichsverweser, 1440 als
König von Dänemark, 1441 auch von
Schweden; t 1**8. — 2) C, Herzog von
Würtemberg, Sohlt des Herzogs Ulrich, geb.
12. Mai 1515 , ward nach Vertreibung seines
Vaters am österr. Hofe erzogen, stand eine
Zeitlang in fi-anz. Kriegsdienst, bemächtigte
sich nach dem Tode Ulrichs (6. Nov. 1550)
der Regierung; Ordner des Landes und Be-
förderer der Kultur; f 28. Dec. 1568.
Chrlstpalme, s. v. a. Ricinus communis.
Christus (gr.), Gesalbter, hebr. Messias,
Beiname von Jesus (s. d.).
Chrlstnsorden, portng. Ritterorden , als
Fortsetzung des Templerordens vom portug.
König Dionysius gestiftet, beobachtete die
Regel des heil. Benedikt und die -Satzungen
der Cistercienser. Seit 1789 bestehen 3 Klas-
sen : Grosskreuze, Kommandeure und Ritter.
Ordenszeichen längliches rothes Kreuz mit
weissem Kreuz in der Mitte. — Der päpsü. C.
ist ein kathol. Verdienstorden und besteht
nur aus Einer Klasse.
ChristTOfCl) s. V. a. Kreuzschnabel.
Cliristwarz, s. v. a. schwarze Nieswurz.
Chrobrz, Ort in Polen; 16.— 19. März 1863
siegreiche Schlacht der Russen unter Scha-
chowsky gegen die Polen unter Langiewicz.
Chrom (Metall), findet sich bes. als
Chromeiseustein , ist zinnweiss, spröde,
schwer schmelzbar, Aeq. 328, an der Luft
u. im Wasser beständiger als Eisen. Chrom'
27
418
Chromatisch — Chrulew.
cxyd,-^ Aeq. G. und S Aeq. Sauerstoff, in
der Natur als Chromocker, wird aus chrom-
sauren Salsen auf verschiedene Weise dar-
gestellt, ist feuerbeständig, schön grün
(i/hromg^n, Clirombronze), dient als Druck-
farbe für Banknoten, zum Färben von Glas
und Strass, als Oel- und Porzellanfarbe und
Schleifmaterial; ist nicht giftig. Chrom-
oxgdhydrat (Mittler-, Smaragd-, Pannetier-,
Amaudon-, Plessjgrün) dient als Krsatz
des schweinfurter Gräns. Die Salze treten
in grüner und violetter Modifikation auf.
Chromaldun, Doppelsalz von schwefelsaurem
Kali u. schwefelsaurem Ghromoxyd, dunkel-
rubinrothe Krystalle, löslich in 7 Th.
Wasser, wird in der Gerberei und- Färberei
benutzt. Chromsäure, 1 Aeq. 0., S Aeq.
Sauerstoff, rothe, zerfliessliche, leicht lös-
liche Krystalle, wirkt heftig oxydirend.
Saures chromsaures Kali, Ausgangspunkt
der meisten Ohrompräparate , wird aus
Ghromeisenstein dargestellt, bildet orange-
rothe Krystalle, löslich in 12 Th. Wasser,
wirkt sehr ätzend und giftig, wird vielfach
benutzt in der Färberei als Beize, zur Dar-
stellung von Farbstoffen, Ohlor und Saupr-
stofT, zum Bleichen von Palmöl , zu Zünd-
massen, zum Reinigen des Branntweins und
Holzessigs und zu Thoerfarben. Mit Kali
neutralisirt gibt es neutrales chromsaures
Kali, gelbe Krystalle, löslich in 2 Th.
Wasser, dient in der Färberei, zur Bereitung
von Ghromdinto und zu den Lunten der
Stahlfeuerzcuge. Ghromsaurer Baryt (gelbes
Ultramarin), chromsaures Zinkoxyd (Zink-
gelb), cliromsaures Kadmiumoxyd (Kadmium-
gelb), chromsaures Silberoxyd (Purpurroth),
alle in Wasser unlöslich, sind Malerfarben.
Ebenso neutrales chromsaures Bleioxyd
(Chromgelb, mit Berlinerblau gemischt
Chromgrüu, grüner Zinnober), welches auch
in der Färberei benutzt wird und mit
Kalkmilch behandelt Chromorange liefert.
Chromroth, Chrom zi nnober , falscher oder
österr. Zinnober, Van Dycks Roth, ist basisch-
chromsanres Bleioxyd, eine Mischung mit
Chromgelb Chromorange. Diese Farbstoffe
sind alle sehr schön und haltbar, aber gif-
tig. Mit Chlor bildet G. den Oxyden ent-
sprechende Verbindungen. Das Chlorid, 2
Aeq. C. , 3 Aeq. Sauerstoff, entsteht beim
Erhitzen von Ghromoxyd und Kohle in Chlor,
bildet violette, glänzende, gllmmoi-artige
Blättchen, ist snblimirbar, in Wasser unlös-
lich , dient als Farbematerial in der Bunt-
papicrfabrikation.
llhroniatisch (fr. cromeUique, Mus.), elgentl.
farbig; iu hintereinander folgenden halben
Tönen auf- oder absteigend (z. B. ch.e Ton-
leiter), C.e Zeichen, Versetzungszeichen.
Chroniatrop (Farben- und Linienspiel),
zwei runde, koncentriscli übereinander lie-
gende , mit farbigen Kurven und Rosetten
bemalte Glasplatten, die mittelst einer Kur-
bel in ontgegengesotzter Richtang um ihren
gemeinsamen Mittelpunkt gedreht werden,
liefern im Nebolbildappnrat und in der
Latema luagica scliöne Farbeneffekte.
Chromeisenstein (Chromit, Chromerx), dem
Magneteisenstein analog zusammengesetztes
Mineral aus der Klasse der wasserfreien
Metalloxyde, eisen- bis pechschwarz, meist
derb und eingesprengt, besteht aus Eisen-
oxydul mit Chromoxyd und Thonerde, findet
sich bei Baltimore u. auch sonst in den Ver-
einigten Staaten, in Steiermark, Schlesien,
im Depart. Var, in Norwegen, am Ural. Dient
zur Darstellung der Chrompräparate, wird
mit Potasche' und Salpeter geschmolzen,
dann ausgelaugt, die Lange mit Holzessig
von Thonerde und Kieselsäure befi-eit und
verdampft. Bs krystallisirt dann chrcmfi-
Chromfarben. s. Chrom. [saures Kali.
Chronik (gr.). Buch, welches die Ge-
schichte der W'elt (Weltchronik) oder die
eines Volks, Landes oder Orts nach der
Jahresfolge schlicht erzählt. Vgl. AnncUen.
Chronik, zwei Bücher der (Chronicoruin
libri, Paralipomena, d. i. Supplemente), jdie
beiden jüngsten Geschichtsbücher des A.T.s,
dem zweiten Buche Samuelis und den beiden
Büchern der Könige parallel laufend, wahr-
scheinl. in der Zeit nach den Siegeszügeu
Alexanders d. Gr. abgefasst, mit levitisch-
priesterlicher Tendenz, zum Thell ungenau.
Chronique scandalense (ft., spr. Kronik
skangdalös), geheime Geschichte der Laster
u. Thorheiten eines Orts, namentl. eines Hofs.
Chronische Krankheiten, im Gegensatz zu
den rasch auftretenden sogen, tikuten Krank-
heiten solche, die ungefähr über 1 Monat
dauern. Mau rechnet dazu die Tuberkulose
der Lungen, die durch Herzfehler beding-
ten Erkrankungen, Gicht, Rheumatismen,
Rückenmarksschwund, Krebs, gewisse For-
men von Magenkrankheiten etc. Meist treten
Schwankungen im Befinden auf, Fieber kann
vorhanden sein. Viele akute Krankheiten
können in den chronischen Zustand über-
gehen.
Chronoflrramm (gr.), Bezeichnung des
Jahres einer Begebenheit durch die Zahl-
buchstaben des ilir Andenken aufbewahren-
den Satzes, z. B. LVtetIa Mater natos sVos
DeVoraVIt bedeutet das Jahr der pariser
Bluthochzeit 1572. Ist es ein Vers, so heisst
es Chronostichon.
Chronographen, Instrumente zur Messung
ungemein kleiner Zeitintervalle, dienen zur
Bestimmung der Flugzeit der Geschosse,
der Leituugsgeschwindigkeit im Nerven etc.
Chronologie (gr.), die Wissenschaft von
der Zeiteintheilung und den gegenseitigea
Verhältnissen der Zeittheile in Beziehung
auf deren Dauer und Folge, wie diese
theils durch die Bewegung der Weltkörper
im Himmelsraum, theils durch die Willkür
der Völker bestimmt worden ist, histor.
Hülfswissenschaft. Lehrbücher von Ideler
(1831), Bnnckmeier (184S), Lüdee (1868).
Chronometer (gr.), Zeitmesser, Seeuhr,
Längenuhr, tragbare Uhr von grosser Ge-
nauigkeit, bes. zur Bestimmung der geograph.
Länge, hat meist Form n. Grösse der Taschen-
uhren oder ist/ grösser.
Chronoskop, s. v. a. Chronometer.
Chrudin, böhm. Kreis, östl. au der m&hr.
Grenze, 61 QM. u. 383,746 Ew. Die HauptU.
G., an der Chmdimka, 7704 Ew.
Chrnlen', ßtepan Alexandrowitssht rusa.
Chryolith — Cialdini.
419
General , geb. um 1808 in Hoskau , f&hrte
im Ungar. Feldzu^ von 1849 ein Frefcorps,
befehligte 1853 uuter PerowskiJ die Expe-
dition nacli dem Syr-Dai*Ja, erstürmte die
Festung Akmetachet (Fort Perowskij),
schlug die Türken bei Kalarath (4. März
1854), befehligte den grossen Ausfall aus
Sebastopol, ward bei dem Fall des Malakow
(8. Sept.) schwer verwundet, erhielt Anfang
1856 das Kommando des Armeecorps bei
Kars, wirkte bei Untei'd rückung der Un-
ruhen in Warschau (Febr. 1861) mit, be-
schäftigte sich dann mit Plänen zu Aus-
breitung des russ. Handels und Einflusses
in Centralasien ; f 2. Juni 1870 in Petersburg.
Chryolith, s. v. a. Kryolitb.
Chrjrsaliden, Goldpuppeu, die gewöhnl.
mit Gold- oder Silberflecken gezierten
Puppen der Dornraupen.
ihr jggüilnsäure, Polychromsäure, s. Aloe.
Chrfgantheiuum L. (Gold-, Wuchertlume),
Pflauzeugattuug der Kompositen. 0. Leu-
canthemum L., grosse Masliebe, Marienblwne,
iu ganz Europa, früher officineli als Herba
Bellidis majoris. 0. segetum L. lästiges Un-
kraut, bes. im nördt. Deutschland.
Chrysoherjll (Oymophan), prismatischer
Korund, Edelstein aus der Klasse der
wasserfreien Geolithe, besteht aus Thon-
und Beryllerde, grün in yerschiedenen
Nuancen mit Glasglanz, zuweilen fettartig,
findet sich bei Marschendorf in Mähren,
im Ural (Alexandrit), in Brasilien, Ceylon.
ChrTBOlith (Olivin, P^ridot) , Mineral aus
der Klasse der wasserfireien Amphoterolithe,
besteht aus Eisenoxydul und Maguesia mit
Kieselsäure verbunden. Edler C., schön
grttne durchsichtige Krystalle aus Ober-
ägypten und Brasilien, Edelsteiu; Olivin,
gemeiner C, weniger schön grün, durch-
scheinend, eingewachsen iu Basalt, Laven,
Meteoreisen und Talkschiefer.
Chrysopras, durch Nickeloxydul grün ge-
färbter Ohalcedon, nur in Schlesien, als
tichniuckstein verarbeitet.
ChrysOTin, Metalllegirung aus 100 Kupfer
und 51 Zink, dem Golde sehr ähnlich, hält
sich gut au der Luft, lässt sich leicht ver-
golden, bes. zu Ufarentlieilen verarbeitet.
ChrysostSmas , Johannes, ber. Kirchen-
vater, geb. 347 n. Chr. zu Autiochia, ward
897 Bischof von Konstantinopel, auf Betrieb
der Kaiserin Eudoxia von der Synode zu
Ohalcedon abgesetzt und exilirt, wieder
zurückgemfeu, dann abermals abgesetzt
und nach Pityus am schwarzen Meere ver-
wiesen; t 1^' Sept. 407 auf der Reise dahin
zu Komana in Pontus. Den Namen C, d. i.
Goldmund , erliielt er wegen seiner Bered-
samkeit. Werke griech. und lat. von Mont-
faneon (1718-88, 13 Bde.; 1834-40); in
Auswahl vou Diibner (Paris 1861 f.). Seine
Homilien übersetzt von Lutu (8. Aufl. 1853).
Biogr. von Neander (3. Aufl. 1848, 3 Bde.).
Chnqnlsiea (spr. Bsohuki-), Provinz in
Bolivia (Südamerika), 3424 QM. u. 223,668 Ew.
Die Hauptttt, C. (Sucre), 8754' üb. M., 23,979
Ew., Erzbisch., Universität; 1539 von den
Spaniern gegründet; Mai 1826 erster kon-
stituirender Kongress der Republik Bolivia.
Chur (roman. Quoira, fr. Coire, lat. Ooira),
Hauptst. des Kant. Graubünden, amPlessur,
von iiohen Bergen umgeben, 7380 Ew. (ca.
1/4 Katli.); über der Stadt der bisohöfl. Hof
(eiust röm. Kastell) mit dem Dom. Als
Eiugaogspunkt zu den Alpenstrassen über
Albuia, Julia, Sptügeu und Bembaiilin be-
deutenderSpeditions- und Stapelplatz. Schon
452 als Biscliofssitz genannt.
Chnrch (spr. Tschörtsch), Frederick Edwin,
amerikan. Landschaftsmaler, geb. Mai 1826
zu Hartfotd (Connecticut), bereiste ganz
Amerika und stellte die tropischen Scenen
wie die Polargegenden mit unvergleichlicher
Meisterschaft der Stimmung dar. Haupt-
werke: View of Niagara, the heart of the
Andes, the Icebergs etc.
ChurohUl (spr. Tschörtsch-, auch 3fi$si-
nippi und English-Biver genannt), Fluss in
Britisch -Nordamerika, kommt ans dem
Methysee, durchfliesst die Seen Bnftalo,
La Crosse und Nelson, mündet beim Fort C.
in die Hudsonsbai, 140 M.
Chnrchlil (spr. Tschörtsch-), engl. Dichter,
geb. Im Febr. 1731 zu Westminster, erst
Landpfarrer, dann Ciderhäud 1er; f im Nov.
1764 zu Boulogne. Beissender Satiriker; am
besten ,TIie Rosciad' (Satire auf die Schau-
spieler) und ,The Ghost* (gegen den Aber-
glauben). ,Poems* (1804, 2 Bde.).
Churohnsco (spr. Tschuru-), Ort, nördl.
der Stadt Mexiko ; 20. Aug. 1847 Bieg der
Nordamerikaner über die Mexikaner.
Chwalynsk, Stadt im russ. Gouv. Saratow,
an der Wolga, 10,947 Ew. Flusshafen.
Chylos (gr., Milchsaft, Speisesaft), Inhalt
der Lymphgeiasse des Dünndarms und Ma>
gens während der Verdauung, gleicht der
gewöhnlichen Lymphe vollkommen bis auf
grösseren Fettgebalt, dem er die milchige
Farbe verdankt; mischt sich der Lymphe
bei und gelangt so in das Blut.
Chynras (gr., Speisebrei), der aus dem
Magen in den Zwölffingerdarm gelangte
saure Brei, besteht aus erweichtem Fleisch,
umgewandelten Eiwelsskörpern (Poptonen),
in Dextrin und Zucker übergeführter Stärke,
verschiedenen Salzen, feinvertheiltem Fett
und unverdaulichen Stofifen (Spelzen, Holz-
faser, Homsubstanzen). Durch Zutritt der
Galle wird er ueutralisirt , bei längerem
Verweilen im Darm alkalisch. Dfe vei-dau-
lichen Stoffe werden von den Chylusgefässen
aufgesaugt und stellen denCliylus (s. d.) dar.
1-laMese, Landschaft, s. Ghablais.
Ciacona (spr. Tscha-, fr. Chaconne), ver-
alteter Tanz in s/4-Takt, stammt aus Italien.
Cialdini (spr. Tschai-), Enrico, ital. Gene-
ral, geb. 8. Aug. 1811 bei Castelvetto im
Modeuesischen, focht seit März 1888 in der
Fremdenlegion Dom Pedros, dann mit dieser
im Dienste Spanleng gegen die Karlisten.
1848 von der provIsor. Regierung In Mailand
berufen, befehligte er 1849 ein Freiwilligen-
regiment, im Krimkrieg als Oberst eine
Brigade, im Krieg vou 1859 eine Division.
Zum Generali ioutenant befördert, brach er
1860 mit Fanti iu den Kitchenstaat ein,
schlug (18. Sept.) die päpstl. Armee unter
Lamoricidre bei Ca8te]fldar<io, zwang Capua
27*
420
Cibber — Cid.
(3. Not.), OaSta (13. Febr. 1861) und die Oita-
delle von Messina (13. März) zur Kapitulation,
übernahm als General Juli 1861 die Civil-
und Militärgewalt in Unteritalien ^ trat 1.
Nov. diesen Posten an Lamairnora ab, ward
1862 mit ausserordentl. Vollmachten gegen
Garibaldi nach Sicilien gesandt und erhielt
dann ein Militärkommando zu Bologna.
Cibber (spr. Si-)» CoUey, engl. Schauspieler
und Theaterdichter, geb. im Nov. 1671 zu
London, Mituntemehmer des Drurylane-
theaters, seit 1730 ofßcieller Hofdichter;
t 12. Dec. 1757. Schrieb eine Beihe morali-
sirender Lustspiele, z. B. ,Love makes a
Man', ,She would and- she would not*,
,The careless Husband' etc. (1777, 5 Bde.).
Clbeben (Zibben), grosse Rosinen von
länglicher Form, stammen von den Spiel-
arten der Yitis Rumphii.
Ciborlum (lat.), das Fruchtgehäuse der
ägypt. Bohne (Colocasia), bei den alten
Aegyptem als Trinkgefäss benutzt; in der
kathol. Kirche der Kelch, worin die kon-
sekrirten Hostien aufbewahrt werden.
Olcatrix (lat.), in der botan. Terminologie
Narbe.
Clcer i. (Kichererbse, Kaffeeerbse), Pflan-
zengattnng der Leguminosen. Von C. arie-
tinum L., gemeine K., in Südeuropa und im
Orient in vielen Varietäten kultivirt (rotbe
K., Venuskichern und gelbe), dienen die
Samen als Nahrungsmittel, auch als Kafifee-
surro^at.
Cicero« Marcus 7\Mius, ber. röm. Redner
und Schriftsteller, geb. 3. Jan. 106 v. Chr.
zuArpinum, Sohn eines röm. Ritters, ward
76 QuÄstor, 70 Aedil, 66 Prätor, 63 erster
Konsul und vereitelte als solcher die Ver-
schwörung des Gatilina. Von dem Volks-
tribuu Clodius wegen der Hinrichtung der
Gatilinarier angegriffen , ging er 58 in frei-
williges Exil nach Thessalonich, ward nach
16 Monaten zuriickgerufen und 51 als Statt-
halter nach Oilicien gesandt, wo er die Par-
ther mit Erfolg bekämpfte. Zu Anfang 49
nach Rom zurückgekehrt, suchte er vergeb-
lich zwischen Cäsar und Pompejus zu ver-
mitteln, hielt sich dann zur Partei des letz-
teren, ohne dadurch Cäsars Gunst zu verlie-
ren. An Cäsars Ermordung nicht betheiligt,
pries er dieselbe als Rettung der Republik.
Aus Hass gegen Antonius den Jungen Octa-
vius begünstigend, ward er gleichwohl auf
des Antonius Verlangen von den Triumvirn
geächtet und 7. Dec. 43 v. Chr. ermordet.
Die beste Gesammtausgabe der Werke C.s ist
die von Orelli, neu bearb. von £ailer und Halm
(1845—64). Rhetorische Schriften: ,Rhetorica
s. de inventione'; ,De oratore'; der Dialog
,Bi'Utus 8. de Claris oratoribus* etc. Philo-
soph. Schriften: ,De republica'; ,De legibus';
,De finibns bonorum et malorum'; ,Quaestio-
nos academicae*; ,Tusculanao quaestiones' ;
,De natura deorum'; ,De divinatione* ; ,De
officiis' und dio kleinereu: ,Paradoxa', ,De
fato*, ,LaeUus s. de ainicitiaS ,Cato major
8. de senectute*, ,Paradoxa stoicorumS Die
,Briefe* C.s an Atticus und seinen Bruder
Qnintus wurden von Wteland (fortges. von
•Qräter, neue Aufl. 1842, 7 Bde.) übersetzt.
Auswahlen ders. gaben Süofle (4. Aufl. 1856)
und JDte<«cA(1854) heraus. C.s Biogr. schrieb
Fiutarch. Vgl. Oerlach, ,C.S 1864.
CleerO) Schriftgattung, IVe'" hoch, zuerst
bei der Ausgabe von Ciceros Briefen von
Sweynheim und Pannarz (Rom 1467) au-
gewendet, ursprüngl. Antiqua, jetzt in allen
Schriftarten vorkommend.
Cicerone (ital.), Name der Fremdenführer,
von ihrer Redseligkeit in scherzhafter An-
spielung an Cicero hergenommen.
Clchorinm L, ( Wegwart, Oichorie) , Pflan-
zengattung der Kompositen. C. Endivia JL*,
Endivie, aus Ostindien, als Salatpflanze kul-
tivirt. 0. lutybus X., Feldwegwart, aus
Ostindien, in Europa und Nordamerika, Im
Grossen kultivirt, weil ans der Wurzel durch
Rösten u. Pulvern das bekannte Kaffeesurro-
gat bereitet wird (Berlin, Braunschweig,
Dresden, Magdeburg, Lahr, Freiburg). Die
Wurzel der wilden C. ist holzig, officinell,
die der kultivirten fleischig.
Cicisbeo (ital., spr. Tschitschisbeo) , der
erklärte Gesellschafter, den nach ital. (seit
19. Jahrb. abgekommener) Sitte jede ver-
heirathete Dame ausserhalb des Hauses
haben musste; in Deutschland mit übler
Nebenbedeutung.
CiCttta L. ( Wasserschierling), Pflanzengat-
tung der Umbielliferen. C. vlrosa L., Wuth-
sehierling, Farzenkraut, in Europa und
Nordafrika, Giftpflanze Deutsch lan^is, von
betäubendem , fast dillartigem Geruch , pe-
tersilienähnlichem, später brennendem Ge-
schmack und mit sellerieähnlicher hohler
Wurzel mit Querscheidewänden. Herba
cicutae derOfftcinen istConium maculatum.
Cid f Oampeador , span. Nationalheld,
Mittelpunkt der mlttelalt.-span. Romanzen-
poesie, eigentl. Iiuy^(Rodrigo) Diaz deVioar,
geb. um 1030, Sohn eines kastil. Granden,
kämpfte erst für König Sancho IL u. nach
dessen Tode für König Alfons, heirathete
dessen Nichte Jimene, ward 1C^7 verbannt
und ging nach Saragossa, stand dann je
nach Vortheil und Veranlassung auf Seiten
der Araber oder der Spanier, eroberte 1094
Valencia, wo er sich den Mohren gegen-
über behauptete und 1099 f. Das älteste
der Gedichte, welche ihn feiern, ist das
,Poema del Cid' , Mitte des 12. Jalirh.
(deutsch von Wolff 1850), das bes. seine
Lehnstrene hervorhebt; etwa 50 Jahre
später erschien die ,Cronica rimada'^ worin
er als der Vertreter der Granden gegen-
über dem absoluten Monarchen erscheint.
Beide Auffassungen wechselten lang^, bis
durch die Begründung der kastil. Monarchie
die Cidauffassuug des ,Poema' feststehend
wurde, so in der ,Cronica general de
Espaüa' (13. Jahrh.) und der ,Cronica del
Cid* (14. Jahrb.). Die Cldromanzeu sind
das Ergebniss von fast 4 Jahrh. und ge-
hören theils der Volks-, theils der Kunst-
poesie an. Vollständigste Ausgaben von
A. von Keller (1840) und in Durans ,Ro-
mancero general' (2. Aufl. 1849). lieber-
Setzungen (ausser der sehr freien und
hnmanisirteu von Herder) von Duttenhofer
(1842), Regis (1842) uud Eitner (1871).
Cicfer — Cincinnatus.
421
Clder, 8. y. a. Obstwein.
€l-d^tant (fr.), ehemals, früher; Cidevant$,
sur Zeit der franz. Revolution Bezeichnung
der vormals adel. und furstl. Personen.
Cigarren (span.), bestehen aus der Einlage,
dem umhüllenden Umblatt und dem äusseren
entrippten Deckblatt, werden meist mit der
Hand, in neuester Zeit auch vielfach mit
Maschinen dargestellt. Nach ForW und
Grösse unterscheidet man Begalia gross und
stark, Trabncos kurz und dick, Napoleon
lang und dünn, Londres- klein, Sultan statt
der Spitzen mit einem Loch, schweizer ohne
Köpfe, Manila mit der Länge nach gewickel-
tem Deckblatt, ostindische an den Köpfen
mit Seide umwunden , Damencigarren klein
and niedlich. Cigarretten (Cigaritos), Pa-
piercigarren.
€ikide (Cicada L., Zirpe, Singcikade),
Insektengattung derHemipteren. Das Männ-
chen lässt zur Zeit der Paarung einen ein-
tönigen lauten Gesang hören. Mannacikade
(G. Orni L,), 1", auf der Mannaesche, deren
Blätter sie ansticht, worauf Manna aus-
schwitzt. Grosse Singcikade (C. plebeia L.)
in Südeuropa und Süddeutschland, über 1",
bei den Alten häufig in Gedichten erwähnt.
Heuschreckencihade (C. septendecim Lalr.)
in Nordamerika, lVa"> erscheint ziemlich
regelmässig alle 17 Jahre in Massen (?).
Die ßosencikade (C. rosae Fab.) zerstört die
Rosenblätter.
tllia (lat.), in der botan. Terminologie,
Wimpern, steife Haare am Rande einer
Fläche; ciliatus, mit Wimpern versehen.
Clliclen (a. G.) , Landsch. in Kleinasien,
etwa das jetzige Paschalik Adana, ca. 600
QM.; erst unter einheimischen Fürsten,
später macedoD. , dann syr., zuletzt röm.
Provinz. Ber. die cilicischen Engpässe (zwi-
schen Tjaua und Tarsus), durch welche
Alexander d. Gr. in Syrien eindrang.
Cinia (ital., spr. Tschi-), Börgspitze. O.
d'Asta , Berggruppe der trideutiner Alpen,
zwischen dem Fleimser- und Suganathal,
8440' ; darin auch die C. di Lagorei, 8040',
höchster_Porphyrgipfel der Alpen.
Clmabue (spr. Tschi-), Giovanni, ital.
Maler, geb. 1240 zu Florenz, f um 1802;
der Begründer der neueren ital. Malerei,
der zwar noch von der Strenge der byzant.
Form ausging, aber dabei einer freiem An-
schauung der Natur Bahn brach. Werke
in Florenz und Assisi.
Cimarösa (spr. Tschi-), Domenico, ital.
Opemkomponist,geb. 1755 zu A versa (Neapel),
eine Zeitlang Elapellmeister in Wien , zu-
letzt in Venedig , wegen seiner Betheiligung
an der Revolution in den Kerker geworfen ;
f 11. Jan. 1801 zu Venedig. Hauptwerk die
kom. Oper ,11 matrimonio segreto*.
Cimbem (Kimbern), german. Volk, er-
schien, von dem Küstenlande der Nordsee
kommend, zuerst 113 v. Chr. in den östl.
Alpen im Lande- der Taurisker, schlug bei
Noreja im heutigen Kämthen den röm. Kon-
sul G. Papirins Carbo, wandte sich dann
durch Helvetien nach dem südl. Gallien,
schlug hier 109—105 drei röm. Heere, drang
Über die Pyrenäen in Spanien ein , kehrte,
von den Oeltiberern zurückgeschlagen, nach
Gallien zurück und vereinigte sich hier
mit den stammverwandten Teutonen. Der
Sieg des Marias bei Aqua Sextiä (Aix) über
die Teutonen (102) und auf den raudischen
Feldern unterhalb Vercellä (101) über die
C. setzte ihrem weiteren Vordringen nach
Süden ein Ziel. Vgl. I^Umann, ,Die C,
1870. [wig.
Cimbrische Halbinsel, Jütland mit Schles-
tlmella (spr. Tschi-, 8imi6) , Stadt im
franz. Depart. Seealpen , uördl. von Nizza ;
Ruinen der alten Römerstadt Cemelion.
Cimmerier, fabelhaftes Volk, nach Homer
im äussersten Westen des Oceans und in
ewige Fiusterniss eingehüllt.
Cimon, atheu. Feldherr, Sohn des Mil-
tiades, focht bei Salamis (480 v. Ohr.), be-
fehligte dann mit Aristides die Flotte der
Athener, eroberte die Insel Scyrus (476),
schlug die Perser (469) am Eurymedon zu
Wasser und zu Land, unterwarf (467) das
abgefallene Thasos wieder, trat dann in
entschiedenen Gegensatz zu der von Pericles
und Ephialtes geführten demokrat. Partei,
ward durch den Ostracismus verbannt (465).
Zurückgerufen ^1) brachte er mit Sparta
einen 5jährigen Waifenstillstand zu Stande,
fühi*te (449) eine Flotte nach Oypem ; f vor
Citium. Vgl. Viseher, ,0.*, 1847.
Cinaloa, Staat, s. Binaloa.
Clncbona 2^. (Chinarindenbaum), Pflanzen-
gattung der Rubiaceen, immergrüne Bäume
der Cordilleren zwischen 10. n. Br. und 22.o
8. Br. und zwischen 5000 und 7000' Höhe,
ca. 50 Arten, welche Ohinarinden (s. d.) lie-
fern. Einige werden seit 1852 auf Java,
seit 1860 in Ostindien und Oeylon, auch in
Neuseeland, Queensland, RSunion und Ja-
maika kultivirt. Vgl. die Schriften von
Rarsien (1858), Howard (1862), PäÖ^m» (1864),
Hanchon (1864), Berg (1865), Vogl (1867).
Cinchonin, Alkaloi'd der Chinarinde , als
Nebenprodukt bei der Chininbereitung ge-
wonnen, färb- und geruchlose, anfangs ge-
schmacklose, dann bitter schmeckende Kry-
staile, löslich in Wasser, Weingeist und
Aether, reagirt alkalisch, liefert mit Natron-
hydrat destillirt Ohinolin (ein Gemenge
von Kryptidiu und hauptsächlich Lepidin),
woraus der prächtig blaue Farbstoff Cbiuo-
linblau (Kryptidin, Gyanin, Lopidinblau)
gewonnen wird.
Cinclnnatl (spr. Ssinsinnahti) , Stadt in
Ohio (Nordamerika), genannt ,dle Königin
des Westens*, 1788 gegründet, 1800 mit
400 Ew., 1860: 161,044, 1870: 216,239 Ew.;
einer der grössten Handelsplätze der Union.
Einfuhr (Kaffee, Zucker, Eisen etc.) 80 Mill.,
Ausfuhr (Fleisch, Seife, Geräth, Getränke,
Manufaktiu-en , Mehl etc.) 70 Mill. Dollars;
zahlreiche industrielle Etablissements , bes.
berühmt die grossartigen Pökelanstalteu und
die Manufakturen von Kleidungsstücken, Ge-
räthschaften etc. Drahthängebrücke (2110' I.).
Clncinnitus, Lucius Quinctius, das Muster
altröm. Tugend und Sitteneinfalt, Vor-
kämpfer der Patricier in ihrem Streite mit
den Plebejern, ward 461 v. Chr. zum Kon-
sul, 459 zum Diktator erwälilt, rettete als
422
Cineraria — Cisalpinische Republik.
solcher das ▼on des Aequem bedrängte
Vaterland, Kebrte nach 16 Tagen ssum Pfluge
snrück. 440 als 80jähriger Greis abermals
zum Diktator ernannt, hielt er die Plebejer
von gewaltthätigen Untemehmnngen zurück.
€in«rsrla L. (Asekenpflanze)» Pflaneen-
gattung der Kompositen. C. crnenta HSrit.,
hybrida W. und lanata Hirit., sowie zahl-
reiche Bastardformeu derselben Zierpflanzen.
Cln^alnni (lat.), weisse seidene oder baum-
wollene Schnur mit Quasten, aur Giirtung
des Unterkleids der kathol. Geistlichen.
^innay Lucius Cornelius, Romer aus pa-
tricischem Geschlecht, diente als Legat im
Bundesgenossenkriege , ward 87 v. Chr.
Konsul , beantragte die Rückberufung des
Marius und erregte Unruhen. Aus Bom
vertrieben, belagerte er mit Marius Rom,
das sich ergeben musste, bemächtigte sich
mit jenem des Konsulats 86 und behielt es
bis 84, 'ward, im Begriff, dem Sulla ent-
gegen zu ziehen, von seilen Soldaten im
Aufstande ermordet.
Clnnabarlte, s. v.a. Blenden.
Cinnamöniiiiii Blume (Zimmtbaum) , Pflan-
sengattung der Laurineen, immergrüne, ge-
würzige Bäume. C. aromaticum Nees, in
China , Ooohinchina , auf den Sundainseln
und in Vorderindien kultivirt , liefert deo
chines. Zimmt (Zimmtkassie , Cassia cinna-
momea); C. Culilawan Jfees, auf den Mo-
lukken und Sundainseln, den aromatisch
nelkenartig schmeckenden Cnlilawauzimmt;
C. Loureirii Nees in Cochinchina die Zimmt-
blüthen ; G. Tamala Ifees in Ostindien den
schwach zimmt- und nelkenartig riechenden
Mntterzimmt; G. ceylanicnm £reyn., im Süd-
west!. Ceylon kultivirt, ohne günstigen Er-
folg nacli Java, Sumatra, Malakka, Vorder-
indien u. Brasilien verpflanzt und dort theil-
weise entartet, den ächten oder Geylonzimmt.
€inq - San (spr. Sank - Mahrs) , Henri
Coifßer de Buz4 , Marquis de, Günstiiog
Ludwigs XIII. von Frankreich , geb. 1620,
wai'd durch Richelieu, dem er als Spion
dienen sollte, königl. Garderobemeister,
zettelte mit dem Herzog Gaston von Orleans
u. A. gegen Richelieu ein Komplott an,
ward 12. Sept. 1642 mit seinem Freunde
de Tliou enthauptet. Vgl. A. de Vigny,
,C.-M., ou une conjuration sous Louis XIII* ;
,Neuer Pitaval', Bd. 4, 1844.
Cinquecento (itah, spr.Tschinquetschento),
das 15. Jalirh. , In der Geschichte der ital.
Literatur und Kunst der Zeitraum von
1500—1600. Cinquecentisten, die dieser Zeit
angeliörenden grossen Künstler u. Dichter.
Cintra, Stadt nordwestlich von Lissabon,
am Abbang des Gebirges von 0., reizend
gelegen, 7300 Ew., röm. Schioss. Auf der
Höhe des Gebirges das sogen. Korkkloster
(Kapnzinereinsiedelei). 22. Aug. 1808 Ver-
trag von C, zwischen dem engl. General
Dalrymple und dem Aranz. General Gunot,
worauf letzterer Portugal räumte.
Cippus (lat.), elg. Pfahl, bei den Romern
eine kleine Säule (Grabstein) ohne Basis und
Kapital mit Inschrift, auch Meilen- und
Grenzstein. [alten Latium, jetzt Gircello.
Circäisches Vorgebirge ^ Vorgebirge im
ClrcassieiiiLe (Zirkass), wenig gewalkter,
dem Kasimir ähnlicher, aber leichterer ge-
köperter Stoff aus Streichwolle (auch halb-
wollen) zu Sommerröcken u. als Damentuch.
C'irce, Zauberin, bei Homer Tochter des
Helios und der Oceanide Perseis, wohnte
auf der an der Westküste Italiens gelege-
nen Insel Aeäa, verwandelte die Grefahrten
des Odyaseus in Schweine.
■ CirceilO (spr. Tschirtsch-, Circeo), Vorge-
birge an der Westküste Italiens, westl. von
Terracina, ein 1600' hoher Fels mit dem
Flecken San Feliee.
tircensisehe Spiele, im Circus (s.d.) ab-
gehaltene Kampfspiele dar Römer, seit den
ältesten Zeiten üblich und vom Volke leiden-
schaftlich geliebt (Panem et Circeuses I d. i.
Brod und c. S. I die beiden Hauptbedürfniss«
bezeichnender Ruf). Die ältesten die Ludi
Romani , 4.— 19. Sept. gefeiert mit Wettren-
nen zu Wagen, gymnast. Kämpfen, Kampf-
spielen zu Pferde, Thierkämpfen und Nach-
ahmungen von Seegefechten (Naumachlen).
Clrenmllexy Accentzeichen («^ oder a) für
Länge.
Circiinineridlaulioheii der Gestirne, die
Sternhöhen in der Nähe des Meridians, die-
nen bes. zur Bestimmung der geogr. Breite.
Circrnnpolarstenie , Sterne, welche weni-
ger als lo vom Pol entfernt sind , dienen
dem Astronomen zur Bestimmung der Pol-
höhe und des Sternentages, Stellung der
astronom. Instrumente etc.
Circumvallatioiis- und Kontravaliations«
linien (lat.), befestigte Linien, welche der
Belagerer gegen das Entsatzheer nach
aussen, sowie gegen Ausfälle des-Belagerten
nach der Festung zu errichtet.
€Irc|B8 (lat.) , Kreis , bei den Römern
länglichrunde Rennbahn für Wettrennen zu
Ross und Wagen bei den circens. Spielen.
Am bekanntesten der C.maximus in Rom, von
Tarq. Priscus angelegt, von Cäsar erweitert.
Cirkassier, s. v. a. Tscherkesseu.
Cirrägra (gr.), s. Weichselzopf.
Cirrus (Cirrhus, lat.) , in der Botanik
Ranke, Gabel, womit sich die Pflanzen an
nahe stehenden Körperu festhalten; auch
s. V. a. Federwolke, s. Wolke.
Cirsium Tournef. ( KraUdistel) , Pflanzen-
gattung der Kompositen. C. oleraceum Scop.,
Cnicus ol. L.f Kohldistel, in Europa, Sibirien,
gutes Milchfntter. C. arvense Lam., Serratula
arvensis L., Acker', Haferdistel, in Europa,
Asien, Amerika unter dem Getreide, jung
Vielifutter, Samenhaare Polstermaterial.
Cirta (a. G.), Stadt in Numidien, Residens
der Könige der Massylier, hiess unter Kon-
stantin Constanlina, das jetzige Gonatantine.
€i8 (lat.) , diesseits , bes. von Rom aus,
Gegensatz trans, jenseits. [ans).
Cisalpiniscb, diesseits der Alpen (von Rom
Clsalpinisebe BepublUt, 28. Juni 1797 von
Bonapartc gebildeter Staat in Italien, ans
den trans- und cispadanischen Republiken
zusammengesetzt und durch andere Gebiete
(die Romagna und einen grossen Theil Grau-
büudens etc.) noch vergrössert, im Frieden
von Campo - Formio von Oesterreich aner-
kannt, 771 QM. und ca. Si/a Mill. Ew.;
Giseliren — Citrus.
423
Hauptst« Mailand. Vom 15. Jau. 1803 an
italien, Republik; vom 17. März 1805— U
Königreich Italien genannt.
Cisellren (fr., spr. Si-), das künstlerische
Bearbeiten von metallenen Onssstücken mit
scharfen Instrumenten, im engern Sinn das
Vollenden der mit dem Hammer getriebenen
Gegenstände mit dem Grabstichel.
Cukankasien (a. G.), Gegensatz von Trans-
kaukasien, das Land nördl. vom Kaukasus
Getziges Gouv. Stawropol).
CisleitluuiieB. seit der Zweitliellung
Oesterreichs 1867 gebräuchliche (niclit olfi-
cielle) Bezeichnung der (von Wien aus)
diesseits der Leitha gelegenen Reichshälfte,
nmfasst die deutschen Erblande, Istrien,
Dalmatien, Galizien und die Bukowina;
Transleithanien, die Länder der ehemaligen
ungarischen Krone. [(von Rom aus).
iispadanigcli , diesseits des Flusses Po
Cispadaaigche Kepnbllk, 20. Sept. 1796
von Bouaparte gebildeter Staat , bestellend
aus Modena, Regglo, Ferrara und Bologna
nud von der trauspadan. Republik (Loin-
bardei) durch den Po geschieden; ward
bereits 28. Juni 1797 der cisalpinischen
Republik einverleibt.
Cisplatinisclie BepiiUik, eine Zeitlang
(Okt. 1828 bis Juli 18S1) Name des Frei-
staats Uruguay; früher (seit 1821) als eis-
plalin. Provitu Theil Brasiliens.
CisrlteHanisch , diesseits des Rheins.
tlsrhenanlsche U^pnbilk , Staatsprojekt
der linksrheinischen Städte Deutschlands
nach Auflösung der dortigen Regierungen
1797, dessen Ausführung in Folge des Frie-
dens von Campo-Formio, wodurch das linke
Rheinufer an Frankreich fiel, unterblieb.
Cissoide, Kurve, nach ihrer Aehnlichkeit
mit einem f^heublatt benannt.
eisten (Kiste), runde, bronzene Kästchen
in etrur. Gräbern, Toilettegegenstände ent-
haltend; auch quadratische Grabumen aus
Stein oder gebrannten Steinen, mit halb-
erhabenen oder gemalten Darstellungen
Cigtenroschen 9 s. Oistu». [verziert.
Cistercleiisery geistlicher Orden, benannt
nach dem Stammkloster Oiteaux (Gistercium)
.bei DijoD, von dem Benediktinerabt Robert
1098 zu strenger Ascese gestiftet, zählte
nach 100 Jahren bes. durch die Thätigkeit
Bernhards von Clairvaux über 1800 Ab-
teien in Frankreich, Deutschland, England
und den skaudinav. Reichen; jetzt noch
wenige Klöster in Spanien, Polen, Oester-
reich und der sächs. Oberlausitz. Ordens-
tracht weiss mit schwarzem Skapnlier.
eistns L. (Gistrose, Oi»tenrb$chen) , Pflan-
zengattung der Cistineen. C. creticns L.,
auf Kreta , Sicilien , in Griechenland, Kala-
brien u. Syrien; O. Gyprius Lam., auf Kreta u.
Cypern ; C. ladaniferus L., in Spanien u. Süd-
frankreich, liefern Ladanum. Ziersträucher.
CItadelle (vom ital. ciUadeüa, Städtchen,
Buiig), ein in oder bei einer festen Stadt
befindliches Fort von 4->5 Bollwerken und
mit Raum für 3000—5000 Mann Truppen.
CItat (lat.), angeführte Stelle aus einem
Schriftsteller. Citato loco (abbr. e. l.), am
angeführten Ort.
CItation (lat., Ladung), richterliche Auf-
forderung, vor Gericht zu erscheinen. Jieal-
citeUion, Vorführung durch den Gerichts-
diener; EdiktalcikUion , Vorladung mittelst
Bekanntmaetiung in öffentlichen Blättern.
€it4 (fr., spr. Siteh, engl, city, ital. eitth,
vom lat. civita$), Stadt; dann in gewissen
Städten , z. B. in Paris und London , der
älteste Theil der Stadt, Altstadt.
Citlren (lat.), vorladen, s. CitcUiou.
€lto, citissime (lat.), schnell, sehr schneU.
Citoyen (fr. , spr. Sitoajäng) , Bürger,
Stadtbürger, unter der konstitutionellen
Monarchie in Frankreich Jeder Staatsbürger,
1792 durch Dekret als allgemeine Anrede
eingeführt. [krystalls von Ceylon.
OitriBy weingelbe Varietät des Berg-
€itronit (Sukkade, Caro Citri), die unreife
grüne Schale der grossen süssen Citrone
in Zucker eingemacht, aus Italien und
Spanien, in der feineren Bäckerei benutet.
Citrone, s. (Htrua.
Cltronella, ätherisches Oel aus den Blät-
tern von Andropogon Schoenanthus Z., an-
genehm gewürzig riechend.
Citronenkranty s. v. a. Melissa officinalis
L.; Dracocephalum canariense L. und D.
moldavica L.; Artemisia Abrotanum L.
Cltronenöl (Cedroläl , Oleum Citri s. de
Cedro), ätherisches Oel aus Oitronenschalen,
durch mechan. Ausscheidung bes. in Italien
gewonnen, dünnflüssig gelblich, verharzt
leicht, dient zu Konfitüren, Liquenreu.
Vitronensänre, sehr verbreitet im Pflanzen-
reich (Gitronen etc., Stachel- und Johannis-
beeren, Runkelrüben, Fichteuuadeln etc.),
farblose Kry stalle , in Wasser leicht , in
Alkohol schwer löslich , Heilmittel gegen
Skorbut. Das Magnesia-, Eiseuoxyd- und
Cbinasalz officinell. Ersteres geschmack-
los, letztere von mildem Geschmack.
tltronensaft (spec. Gew. 1,03 — 1,06),
kommt aus Italien und Jamaika in den
Handel, wird fn der Kattuud ruckerei und
zur Bereitung von Gitronensyrup benutzt.
iitrullus Arnott, Pflanzengattung der
Cucurbitaceen. C. Colocynthis Arnott, Ko-
loquintengurke , in Persien, im Nilgebiet,
durch die Sahara bis Marokko, in Ostindien
etc. , auf Cypern und in Spanien kultivirt,
liefert die Koloquinten.
Citrus L. (Orange), Pfianzengattung der
Aurantiaceen. O. vulgaris Jiisso , gemeine
Orange, Pomerante, aus Indien und Cochin-
China, kultivirt in Südeuropa u. Nordafrika
mit sauren oder bitteren Früchten; Blätter
officinell, Blüthen liefern das Neroliöl, die
unreifen Früchte das Petitgrainöl , dienen
zu Liqueuren, Tinkturen, Bischof; Schalen
der reifen Früchte offlciuell, liefern ätheri-
sches Oel. 0. Aurantinm £i8»o, ApfeUinen-
orange, aus Südasien, in Kleinasieu, Nord-
und Südafk-ika, Südeuropa etc. kultivirt,
liefert die Apfelsinen; C. Bergamia JRieto,
Bergamottenorange, in Südeuropa und West-
indien kultivirt, mit säuerlichen Früchten,
Bergamottöl; 0. medica Bieso, Citrone, Ce-
dratbaum, Agrume, in Südasien und Nord-
afrika wild, dort und in Südeuropa uud
Westiudien kultivirt, Gitroneu, Gitronenöl,
424
Cittä — Clam-Gallas.
Gitronensäure, Citrouat, Kutobolz; 0. Limo-
niom Biuo, Limonenbamn, in den Mittelmeer-
ländem kultivirt, Citronen. C. Limetta Bisso,
LimtHenhaum, in Ostindien, trägt süsslich
fade Früchte. Varietät: 0. Pomum Adami
Jiisno, Adams-, J\iracliesap/d, auf Korfa nnd
in Säditalien, von den Juden am ^aub-
hüttenfest symbolisch benutzt. G. decumana
X«, Bompelmna , in Ostindien, Büdenropa
nnd Amerika kultivirt, mit grossen, wohl-
schmeckenden Früchten, liefert Nutzholz.
CltU (ital., spr. Tschi-), Stadt, in ital.
Städtenamen häufig vorkommend. C. di
Castello ( Tiphernum Tiberinum), in Umbrien,
am oberen Tiber , , 22,916 Ew. G. novot
in Galabria ultra I, 11,103 Ew. C. vecchia
(spr. wekkia), frühere Hauptstadt der Insel
Malta, 7000 Ew.; starke Festung, aber ver-
fallen , bedeut. Kathedrale, weitläuflge Ka-
takomben; dabei die Grotte , in der der
Apostel Paulus nach seinem Schiffbruch
3 Monate verweilt liaben soll.
City (engl., spr. ßitti), Stadt, in England
Bezeichnung solcher Städte, welche Bischofs-
sitze sind oder waren ; in Nordamerika jede
Ortschaft (town), welche inkorporirt ist und
von einem Mayor nebst Aldermen regiert
wird. City-Hall, das Stadthaus in London.
Ciadad (span., spr. Dsi-) , spau. Stadt mit
eigener Gerichtsbarkeit, im Gegensatz von
Villa; in Städtenamen häufig: C. Beal,
Hauptst. der gleichnam. Prov. (368 QM. und
247,991 Ew.), 10,159 Ew., sehr herabgekom-
. men. G. de la» Gasas (San Cristoval, G. real),
Hauptst. des mexikan. Staates Chiapas, am
Tabasquillo , 10,500 Ew. G. ßodrigo , Stadt
in der span. Prov. Sälnmanca, am Aguleda,
6429 Ew.; starke Grenzfestung gegen Por-
tugal; 1706 durch die Portugiesen belagert,
Juli 1810 von den Franzosen genommen,
19. bis 20. Jan. 1812 durch die Engländer
unter Welliogton (daher Herzog von G. R.)
nacli heftigem Kampf zurückerobert. Nahe-
bei röm. Aquädukt. G. Bolivar, s. Angostura.
Cividale (spr. Tschiwi-), alte Stadt in der
venet. Prov. Udine, 6812 Ew. ; her. Museum
röm. Alterthümer.
Civil (lat), den Bürgerstand betreffend,
bürgerlich, im Gegensatz zum Militär; im
Rechtawesen Gegensatz zu Kriminal; auch
Clvilelie, s. Ehe. [gebildet, wohlfeil.
CiTlUsiltlOli (lat.) , Bürgerlichmachung ;
dann Sittenverfeinerung, bürgerl. Gesittung.
C Ivllliste) die gesetzlich bestimmte Summe,
welche ein Fürst zu seinem standesmässigen
Unterlialt, namentl. auch zur Bestreitung
seines Hofstaats aus den Staatseinkünften
Jährl. bezieht, wird entwederfär jede Finanz-
periode neu, oder lebenslänglich für die
Dauer der Regierung eines Fürsten, oder
erblich für alle Zeiten fortgesetzt, kann
ohne Bewilligung der Stände weder erhöht
noch vermindert werden. Die Festsetzung
einer 0. fand von England aus in den an-
deren konstitutionellen Staaten , selbst in
einzelnen nicht konstitutionellen Eingang.
Civiiprozess (lat.), die Art und Weise des
gerichtlichen Verfahrens bei der Verhand-
lung uttd Entscheidung bürgerlicher Rechts-
streitigkeiten. Man unterscheidet den ordent-
lichen C. oder das Verfahren, nach dessen
Regeln und Formen jede streitige Sache, für
welcfie nicht ausnahmsweise eine besondere
Procedur festgesetzt ist, behandelt werden
muss, und den summaritekeu , bei welchem
ein kürzeres Verfethren eintritt.
Clvilrecht (Bürgerliches Bevht), im weite-
ren Sinne der Inbegriff der Normen für die
den Angehörigen eines Staats in ihrer
Wechselwirkung unter einander zustehenden
Rechte; im engeren Sinne ,das vom Staat
anerkannte Privatrecht seiner Angehörigen,
im Gegensatz sowohl zum Kriminalrecht,
als zum kanonischen, statutarischen und
Lehnrecht. Civiliit, Lehrer des«, im Gegen»
satz zum Kanon isten und Germanisten.
Clvilstand (Etat civil), in Frankreich der
Inbegriff derjenigen persönlichen Verbalt-
nisse, deren Gewissheit für den Staat wie
für den Einzelnen von Wichtigkeit ist, wie
Geburt, Ehe und Tod eines Bürgers.
Clvismus (lat.), Bürgerainn, Gemeinainn.
ClTita (ital., spr. Tschi w-), Stadt. O. vecchia
(spr. wekkia), befest. Handelsst. im eliemäl.
Kirchenstaate, in öder Landschaft, am tyr-
rhen. Meere, 10,000 Ew.; Kriegs- und zu-
gleich Freihafen; Bagno für Verbrecher,
Seebad. Eisenbahn nach Rom (9Va M.).
Civitag (lat.), der Inbegriff der Rechte
eines freien Bürgers (civis) im Gegensatz
zum fireien Ausländer (per^rinus) ; dann die
gesammte zu einer Gemeinde vereinigte
Bürgerschaft; Stadt mit und ohne Gebiet,
insofern sie einen Staat bildet.
Cla€kRiannaii(spr. Kläckmännän), kleinste
Grafsch. Schottlands, am Forth, 2,2 QM. u.
31,450 Ew. Die Hauptst. 0., am Devon, 4425
Ew. Altes Schloss C-Totoer, 1330 Residenz
des Königs David Bruce.
Clavner, Name verschiedener guten Trau-
bensoi-ten. Blauer C. (blauer oder rother
Bui^under), häufig in Süd Westdeutschland,
gibt den Asmanushäuser, Ingelheimer und
Ahrbleichert ;■ rother G. (Ruländer) liefert
ebenfalls äusserst feinen Wein.
Clalrac (spr. Klä-), Stadt im franz. Depart.
Lot-Garonue, am Lot, 4338 Ew.; die erste
Stadt, die sich zur reform. Kirche bekannte.
Clairette (spr. Klä-), Kirsch! iqneur.
Clairobscure (fr., spr. Klärobäkühi-), s.
Helldunkel.
Clairvaux (spr. Klärwoh), Flecken im
franz. Depart. Aubc, an der Aube, 3000 Ew.;
ehedem reicheAbtei (CZara vaUts), 1115 vom
heil. Bernhard gegr., jetzt Zuchthaus.
Clairvoyauce (fr., spr. Klärwoajangs), das
magnetische Hellsehen, s. SomnaitnJbulitmm.
ClaiUy amerikan. Venusmuschel, dient den
Indianern als Schmuck und Zahlwerth.
Clamart (spr. Klamahr), Dorf südweätl.
bei Paris, am Wald von Meudon ; während
der Belagerung von Paris 13. Jan. 1871 be-
deutendes AusfalUgefecht, von den Bayern
siegreich bestanden.
Claniecy (spr. Klam'si), Stadt im franz.
Depart. Nievre, an der Youue, 5622 Ew.;
seit 1180 bis zur Revolution Sitz des ver-
triebenen Bischofs von Bethlehem.
CIani-<j alias . Eduard, Graf von, österr.
General, geb. 14. März 1805, befehligt« beim
Clan — Claudius.
425
Ausbruch des ital. Krieges 1848 eine Brigade
im 1. Armeecorps, nach der Sclilacht bei
Novara als Feldinarsohalllieutenaut ein Corps
in Ungarn, erhielt bei der neuen Organisa-
tion der Armee das Kommando des 1. Armee-
corps, focht 1859 bei Magenta und Solferino,
ward dann General der Kavallerie und kom-
mandirender General in Böhmen , 1865 Oberst-
hofmeister des Kaisers. Als Befehlshaber
des 1. Corps der österr. Nordai*mee erlitt er
im Krieg mit Preussen 1866 Verluste bei
PodoJ, Hünerwasser, Munchengräts , Git-
schin etc.» was die Einstellung der Offensiv-
bewegungen Benedeks eur Folge hatte,
musste deshalb am Morgen des Schlacht*
tages von Königgrätz den Oberbefehl an
Gondrecourt abtreten, ward vor ein Kriegs-
gericht gestellt, aber freigesprochen und in
seine Würden und Aemter restituirt.
ClmB (celt., spr. Klänn, d. i. Familie), im
Schott. Hochlande Name der Stämme, deren
Mitglieder von einem und demselben Ahn-
herrn abzustammen glaubten, daher die Ge-
walt ihres Häuptlings eine patriarchalische,
aber desto unumschränktere war. Die Clan-
verfassung \vard 1745 von der Regierung
aufgehoben. Clanship, Kastengeist, Esprit
de Corps im unlöblichen Sinne.
ClanU) Fluss, s. Chiana.
Clftque (fr., spr. Klack), organisirte und
bezalilte Truppe von Beifallsklatsch em
( CXaqueur») in den franz., besonders pariser
Theatern, auch nach London verpflanzt.
t'lare (spr. Klähr), Grafsch.inder irläud.
Prov. Munster, am atlant. Ocean, 60,8 QM.
u. 166,275 Ew. (98 o/okath.); benannt nach dem
OrtC.f amFergus, 1000 Ew., früher Hauptst.
Claremoiit (spr. Klärmont), Palast in der
Nähe von London, bei Kingston , von Lord
Clive erbaut, dem König Leopold der Bel-
gier als Gemahl der Prinzessin Charlotte
zum Geschenk gemacht; später von Louis
Philipp bewohnt (f das. 26. Aug. 1850).
Clarenbach, Adolf, Reformator zu Münster,
Wesel und Osnabrück, 28. Sept. 152i» mit
Peter Flistedten zu Köln verbraunt.
Clarence (spr. Klärrens), Herzöge von, Titel
jüngerer Prinzen des engl. Königshauses,
von Glarenza auf Morea, wo ein engl. Ritter
während der Kreuzzüge Herzog war.
Clarendon (spr. Klärrend'n), 1) Edward
Hyde, Graf von C, engl. Staatsmann, geb.
18. Febr. 1«09 zu Dinton in Wiltshire , seit
1657 Grosskänzler von England, wirkte zur
Restauration der Stuarts eifirig mit, 1667
des Hochverraths beschuldigt und verbannt ;
t 9. Dec. 1674 zu Ronen. Sehr. ,History of
the rebellion and civil wars in England*
(neue Ausg. 1849, 7 Bde.). Biogr. von Liüer
(1838, 3 Bde.). C.s Tochter, ArmaHyde, ward
Nov. 1659 Gemahlin des Herzogs von York
(nachmals Königs Jakob II.) und Mutter der
Königinnen Maria II. und Anna. — 2) George
William Frederick VilUera, Graf von C, engl.
Staatsmann, geb. 12. Jan. 1800, ward 1833
Gesandter in Bladrid, Mai 1839 Grosssiegel-
bewahrer, Okt. 1840 Kauzler des Herzog-
thums Lancaster, trat Sept. 1841 mit dem
Wighministerinm zurück, war 1846— 47 Prä-
sident 4es Uandelsamts« 1847-52 Lordiieu-
tenant von Irland. Seit Febr. 1853 im Mi-
nisterium Aberdeen Staatssekretär für das
Auswärtige, blieb er auch unter Palmerston
im Amt u. schloss den pariser Frieden vom
31. März 1856. Mit Palmerston 1858 entlassen,
erhielt er erst März 1864 wieder einen Sitz
im Kabiuet als Kanzler des Herzogtfaums
Lancaster, übernahm Okt. 1865 unter Russell
das Auswärtige, trat 1866 ab, 1668 unter
Gladstone wieder ein; f ^7. Juni 1870 zu
London.
Clareng, Dorf im Kant. Waadt, am Geafer-
see: durch Rousseau verherrlicht. '
€laret (spr. Klär-), in England s. v. a.
franz. Wein (mit Ausnahme des Champag-
ners und Bui-ganders) , bes. Bordeauxwein.
Clarkgfork (Flathead), Nebenfl. des Co-
lumbia im nordamerikan. Staate Washington,
bildet den See Pendoreille; 150—160 M.
Claude Lorrain (spr. Klohd Lorräng),
eigentlich Claude Odie (spr. Sch'leh), ber.
Landschaftsmaler, geb. 1600 im Schloss
Champagne in Lothringen, Schuler von Ago-
BtinoTassiinRom; f das. 1678 (n.And.l6t52).
Meister in der Darstellung duftiger Fernen u.
der Wirkung sonnigen Lichtes; seine Ge-
mälde durch Harmonie und Anmuth der
Formen ausgezeichnet. Werke von ihm iu
allen Gallerlen Europas. Die Skizzen seiner
Gemälde sammelte er in dem ,Liber veriia-
tisS jetzt im Besitz des Herzogs von Devon-
shire, von Bopdell (s. d.) herausgegeben.
Claudlanas , Gajtu , röm. Dichter , aus
Alexandria, lebte zu Ende des 4. Jahrh.
Von seinen Werken sind 2 Epen, ,Raub der
Proserpina' u. ,Gigantomachie* (unvollendet),
nebst kleinern Gedichten erhalten. Aus-
gaben von Burmann, Künig , Doullay,
€landin§9 Appius 0. Crassua, Römer, be-
antragte 455 als Konsul die Wahl von De-
cemvirn, stand als solcher an der Spitze
derselben, eigenmächtig und gewaltthätig,
in Folge seines Frevels gegen Virginia ge-
stürzt, tödtete sich im Gefäugniss.
Claodliis, Name zweier röm. Kaiser: 1)
Tiberitu Drnsus Cäsar, röm. Kaiser, Sohn
des Nero C. Drusus, des Stiefsohns des
Augostus, geb. 10 v. Ohr. zu Lyon, ward
nach Caligulas Ermordung (41 n. Chr.) von
den Prätorianern zum Kaiser ausgerufen,
überliess sich ganz der Leitung seiner Ge-
mahlin Messalina und der Freigelassenen
Pallas und Narcissus , schwelgerisch und
trag, doch Freund der Wissenschaften, er-
richtete grosse Bauten (Ableitung des Fu-
cinersees); f 54 n. Chr., durch seine zweite
Gemahlin Agrippina vergiftet. — 2) C. IL,
Maren» Aureliu», als tapferer Feldherr nach
des Gallienus Ermordung 268 zum Kaiser
erhoben, schlug die von Rhätien her in
ItaÜen eindringenden Alemannen am Garda-
see, die Gothen bei Naissus in Obermösien
(daher Gothicns gen.) ; f ^70 zu Sirminm.
Claudio§, Matthias, Dichter und Schrift-
steller, geb. 15. Aug. 1740 zu Reinfeld (Hol-
stein), lebte ohne Amt zu Wandsbeck im
Verkehr mit Klopstock, Voss , den beiden
Stolberg etc., gab hier die Zeitsclidft ,Wands-
becker (nachher Deutscher) Bote' heraus,
wurde 1788 erster Revisor der holstein. Bank
420
Clauren — Clemens.
in Altona; f Sl. Jan. 1815. Von seinen Lie-
dern sind mehrere (beo. das Rheinweinlied)
Volkseigenthum geworden. Seine Werke
erachieueu nuter dem Titel «Asrnns omnia
sua secnro portans oder Sämmtl. Werke des
Wandsbecker Boten* (1774—1812, 4 Bde.;
8. Aufl. 1865, 8 Bde.). Biogr. von Berbst (3.
Anfl. 1863) und DeinJtardi (1864).
ClaureSy Heinr., Romanschreiber, s. Heun.
ClavsewitSy Karl von, .'prenss. General,
geb. 1. Juni 1780 zu Bui^, machte 1793 und
1794 die Feldzüge am Rhein , den von 1813
als russ. Generalstabsoffizier in Blüchers
Hauptquartier mit, trat 1815 als Ohef des
Generalstabs des 3. Armeecorps unter Thiele-
manu in preuss. Dienste zurück, ward 1818
Generalmajor und Direktor der allgem.
Kriegsschule, 1830 Inspektor der Artillerie;
t 16. Not. 1831 zu Breslau an der Oholera.
yHinterlasseue Werke über Krieg und Krieg-
führung' (1832-38, 10 Bde.; 3. Aufl. 1869).
€18088, Wilhelfttine, her. Pianistin, geb. 13.
Dec. 1834 zu Prag, Schülerin von Proksch,
seit 1855 mit dem Schriftsteller Saarvady in
Paris verheirathet; bes. ausgezeichnet im Vor-
trag der Werke von Beethoven und Chopin.
ClaiMula (lat.), s. Klausel, [Bauart.
ClATicembiilo (spr. -tachem-), Klavier alter
Clavis (lar.)> Schlüssel; Taste; Noten-
sclilüssel; Titel lexikograph. Werke zur
Erklärung klass. und bibl. Schriftsteller.
Clay (spr. Kleb), 1) Henry, amerlkan. Staats-
mauu , geb. 12. April 1777 In Hanovnr-
Gounty in Virginien, ward 1803 Mitglied der
gesetzgebenden Versammlung das., 1806
und 1809 Senator im Kougress , setzte den
Missouri - Kompromiss durch, wodurch die
Sklaverei auf den Süden bis zum 36.
Breitegrad beschrankt ward. 1824 Staats-
sekretär für das Auswärtige, war er unter
Jacksons Präsidentschaft 182^ im Kougress
Führer der Opposition , vortrat die Schutz-
zölle und die Nationalbank. Bei der Präsi-
dentenwahl von 1836 und 1844 Kandidat
der Whigs, Unterlager. 1849 wieder In den
Kougress gewählt, brachte er den Kom-
promiss zu Stande, wonach dem Süden das
Recht der Verfolgung flüchtiger Sklaven
durch das Gebiet der Union eingeräumt
ward ; t ^- Juni 1852 in Washington. —
2) Cassius MareeUua, Neflfe des Vor. , geb.
19. Okt. 1810 in Madison - Gounty im Staat
K^tucky, verfocht seit 1845 die Emanci-
pation der Sklaven, siedelte nach Gincinnati
über, focht im mexikan. Krieg als Oberst,
ward vom Präsidenten Lincoln zum Ge-
sandten in Russland ernannt, welchen Posten
or auch später wieder bekleidete.
Claytoma //., Pflanzengattung der Portu-
lacaceeu. C. tuberosa Pall., mit knolliger
stärkemehlreicher Wurzel, als Kartoffel-
surrogat empfohlen.
tlearinghoage (engl., spr. Klihrlnghaus),
s. V. a. Liquidationskoutor, kaufmännisches
Institut zu London zur Abrechnung n. Aus-
gleichung von Ansprüchen auf Wechsel.
Clematto /.. (Waldrebe), Pflanzengattung
der Ranunculaceen. C. erecta //. , Brerm'
krant , Staude Im südlichen £uropa, Zier-
pflauze, liefert das frisch brenuendseharfe
Herba Flammniae Jovis (Feaerkraut). C.
Vitalba //. , gemeines Brennkraut , klimmen-
der Haibstrauch fast in ganz Deutschland,
früher ofHcinell.
ClemeaSy Name von 17 Päpsten, von denen
aber 3 als schismatische In der röm. Kirche
nicht mitgezählt werden : C. Bomamis, einer
der apostol. Väter, der Sage nach der 1.
oder 3. Bischof von Rom nach Petrus und
Schüler desselben ; f der Sago nach 102 als
Märtyrer, kanonisirt ; Tag 23. Nov. Angeb-
lich Verfasser von 2 Briefen an die Korln-
ther (der 2. heransgeg. von Muralt 1848) u.
Homilien, betitelt ,Clementinae' (heransgeg.
von Schwegler 1847). — C. IL, vorher Suidger,
Sachse von Geburt, Bischof von Bambei^,
1046 von Kaiser Heinrich HI. zum Papst
erhoben; t 10- Okt. 1047. — C. (TU),
vorher Guibert, Erzbischof von Ravenna,
1080 von Kaiser Heinrich IV. als Gegen-
papst Gregors VIL eingesetzt , nicht aner-
kannt; t 1100. ~ C. ///., vorher Paolo Es-
colati, Papst 1187—91, betrieb eifrig den
Kreuzzug gegen Saladin. — C. IV., früher
Gny-Foulques, seit 1261 Kardinal, Papst
12(»5— 68, Gegner der Hohenstaufeu, belehnto
Karl von Anjou mit Neapel. — C. V., vor-
her Bertraud d'Agoust (de Got), 15. Juni
1305 auf Betrieb König Philipps des Schö-
nen zum Papst erhoben, verlegte 1309 seine
Residenz nach A viguon, hob 1311 den Tempel-
orden auf; f 20. April 1314. — C. VI.,
vorher Peter Roger, bestieg 1342 zu AvignoD
den päpstlichen Stuhl, belegte den Kaiser
Ludwig den Bayer mit dem Bann und
betrieb die Wahl Karls IV. zum Gegeu-
kaiser, erkaufte Avignon nebst Gebiet;
t 1. Dec. 1342. — C. ( VIL), vorher Robert
Graf von Genf, 1378 als Gegeupapst Ur-
bans VI. zu Avignon erhoben (Anfang des
grossen Schismas) ; f 1394. — C. VIL,
vorher Julius von Medici, 19. Nov. 1523
zum Papst erhoben , schloss 1526 mit Mai-
land, Venedig, Florenz und Frankreich die
heil. Ligue gegen Karl V., wp.rd vom kaiser-
lichen Heerführer Bourbon in der Engels-
burg eingeschlossen; f 25. Sept. 1534. —
G. VIIL, vorher Hippolyt Aldobrandiui,
Papst 1592—1605, erwarb das Herzogthum
Ferrara, zerfiel mit den Jesuiten. — C. IX.,
vorher Julius Rospigliosi , Papst 1667—89,
suchte diejanseuistischeu Stretigkeiten 166ä
durch den clementin. Frieden beizulegen.
- C. X., vorher Einilio Altleri, Papst 1670
bis 1676. — G. XL, vorher Giovanni Fran-
cesco Albani, Papst 17d(V— 21, mischte sich
In den span. Erbfolgekrieg, widersetzte sich
der Anerkennung der Königs würde Fried-
richs I. von Preussen, verdammte 1711 Qoea-
nels Ausgabe des N. T.s durch die Bulle
,UnigenitU8*. — C. XIL, vorher Ix)renso
Gorsini, Papst 1730-40. — C. XIIL, vor-
her Carlo Rezzonico, Papst 1758 — 69, ver-
weigerte die von mehreren Mächten gefor-
derte Aufliebung des Jesuiteuordens. —
G. XIV., vorher Lorenzo GanganolH, Kar-
dinal seit 1759, zum Papst erhoben 19. Mai
1769, ausgezeichnet durch Freisinnigkeit,
Staatsklugheit und Milde des Charakters,
suspendirte die Bulle ,In coena domiol',
^
Clement — Clown.
427
hob 21. Juni 1773 durch die Bulle »Domlnns
ac redemptor noster* den Jesuitenorden
auf; t 22. Sept. 1774. Stifter des clementiu.
Museums. Vgl. über ilin die Schriften von
Mmmont (1847) und Theiner (185S, 2 Bde.).
Clement (spr. Klemang), Jacques, geb. zu
Sorbou im ErzbistJium Rheims, Domlni«
kauer, ermordete, 25 Jahre alt, durch den
1 iguistischen Parteigeist fanatisirt, 31. Juli
1589 zu 8t. Gloud den König Heinrich III.,
ward sofort von Höflingen niedergestochen.
Clementl , Mtmo , Klaviervii*tuo9 u. Kom-
ponist, geb. 1752 in Rom, lebte seit 1810
uach langjälirigeu Kiinstreisen (in AVien der
Rival MoKarts) »u London; f 9. März 1832
zn Evesham (Grafsch. Worcester). Zahlr.
Klaviecwerke, Sonaten und Koncerte. Sein
Etüdenwerk ,Gradns ad Paruassun' legte
den Grund zn dem modernen Klavierspiel.
CleöbiS und Bit4Hi, die Söhne einer Prieste-
rin der Here, zogen in Ermangelung eines
Stiergespanns ihre Mutter zum Tempel der
Göttin , verfielen auf das Gebet der Mutter
in sanftou Todesschlummer.
CleobnlaSy Tyrann der Stadt Lindus auf
Rliodus, einer der griech. sieben Weisen,
f um 560 v. Ohr., Verf. zahlreicher Denk-
sprüche, Epigramme etc.
CleömeneSy Name meltrerer Könige von
Sparta. O. III., Solm Leonidas II., Köuig
seit 236 v. Chr., stellte die lykurg. Einrich-
tungen wieder her, ward vom macedou.
König Antigouus Dosou bei Sellasia (222)
geschlagen, suchte beim König Ptoleniäus
Euergetes in Alexandria Hülfe, tödtete sich
selbst (220).
Cleopatr*, Tochter des ägypt. Königs
Ptolemäus Auletes, erhielt durch Cäsars
Gunst die Regierung gemeinschaftlich mit
ihrem unmündigen Bruder Ptolemäus, be-
seitigte diesen durch Gift, gewann dann
aucli den Antonius durch ihre Reize, ver-
lless ihn in der Seeschlacht bei Actium, ver-
mochte alter den Sieger Octavian niclit an
sich zu fesseln und tödtete sich, um nicht
dessen Triumph zieren zu müssen, durch
den Biss oiner Viper (30 v. Chr.).
Clepsjdrii, s. v. a. Wasseruhr.
tlere (fr., engl. Clerc, vom lat. Clericus),
ursprünglich s. v. a. Geistlicher, im Alittel-
alter s. v. a. Schreiber, iusbes. auch Ge-
lehrter; in England s. v. a. Qerichtssch reiber,
Aktuar; in Frankreich s. v. a. subalterner
Geistlicher, dann einer, der sich dem
Advokatenberufe widmen will und zu diesem
Behuf eine mehrjährige Lehrzeit (Geriea-
Iure) in der Expedition eines Advokaten oder
Notars zu seiner praktischen Ausbildung
durchzumachen hat; auch Gomptoirgehülfe.
Clerieos (gr.), ein Geistlicher. G. clericum
nondecimat, ein Geistlicher nimmt von eiuem
anderen Geistlichen keine Stolgebühr.
Clermout-Ferrand (spr. Klärmong- -ang,
das alte Urba Averna), Hauptst. der Anvergne
und des Depurt. Puy de Dome, anf einem
Berge (Mons clarns) malerisch gelegen,
37,690 Ew., Kathedrale (von 1248), Akademie
der Wissenschaften; zahlreiche röm. Alter-
tliümev, Miucrniquelle. 1005 Koncil, auf wel-
chem der ei'ste Kreiizzug beschlossen wurde.
GlermoBt-Toanerre (spr. Klärmong- Ton-
nähr), Ütanitlaa, Gr<{f von, geb. 1747, vor der
Revolution Oberst, 1789 Abgesandter des
Adels bei den Geueralstaateu , stimmte für
Vereinigung der drei Stände, vortrat bei
den Berathungen über die Verfassung ent-
schieden den Konstitutionalismus, stimmte
für das königl. Veto, zwei Kammern und
für alle Prärogative der konstitutionellen
Krone ; fiel 10. Aug. 1792 als Opfer der Volks-
wuth. Polit. Sehr, gesammelt (1791 4 Bde.).
Clerödendron L. (Loosbaum, Volkamerie),
Pflanzengattnng der Yerbenaceen, Zier-
pflanzen mit wohlriechenden Blüthen.
Cieveland (spr. Klihwländ), zweite Stadt
von Ohio (Nordamerika), an der Mündung des
Guyahoga in den Eriesee, (1870) 92,847 Ew. ;
bed. Ausfuhr über den See (Kohlen, Eisen,
Ackergeräthe etc.).
tliantiius ßoland. (PraelUllume), Pflanzen-
gattung der Papilionaceen, Zierpflanzen ans
Neuhol laud, bes. O. magnificbs Ounn. und
puniceus Solana.
€iichiren (fr., spr. Klisch-), Abklatschen,
Schrift- uud Bildformen für den Hochdruck
vervielfältigen. Indem man wie beim Stereo-
typireu (s. d.) Abgüsse in leichtflüssiger
Metall legirung davon nimmt C Oft cA^^; jetzt
meist ersetzt durch das haltbarere Verfahren
der galvanischen Vervielfältigung (s. d.).
Clique (fr., spr. Klihk), Verein, Gesellschaft,
gewöhnlich mit übler Nebenbedeutung.
Clltumnus (a. G.), kleiner Fluss in Umbrien,
mündete in den Tinia, jetzt Clitunno; an
der Quelle ein Tempel des Gottes G.
Ciive (spr. Kleiw), Robert, Lord, brit. Gene-
ral, geb. 29. Sept. 1725 auf dem Gute Styche
iu Shropshire, focht mit Auszeichnung in
Indien , züchtigte 1775 die maharatt. Raub-
staaten, schlug den Nabob von Bengalen,
Suralijali-Dowla, (26. Juni 1757) bei Piassey
und begründete damit die brit. Macht in
Ostindien. 1765 — 67 Chef der Armee und
Gouverneur aller engl. Besitzungen in Ost-
indien, gewann er der Kompagnie grosse
Länderstriche. 1773 wegen Missbrauchs
seiner Gewalt in LTutersuchuug gezogen,
ward er freigesprochen ; tödtete sich 22. Nov.
1774 durch einen Pistolenschuss. Seine Biogr.
von Malcolm (1836, 3 Bde.) und Gleig (1848).
tionmel (spr. Klan-), Hauptst. der Irland.
Grafsch. Tipperary, am Suir, 15,204 Ew.
CiootXy Joh. Baptiste, Baron von, Schwär-
mer, geb. 24. Juni 1755 bei Kleve, in Paris
erzogen, bereiste unter dem Namen ,Aua-
charsis' verschiedene europ. Länder, trat
in der franz. Nationalversammlung 19. Juni
1790 an der Spitze einer Anzahl Fremder,
welche als die Abgeordneten der Völker des
Erdkreises flgurirteu, als Redner des Men-
schengeschlechts auf, beantragte 1792 als
Mitglied des Konvents eine radikale Reform
im Religions- und Staatswesen, ward, in die
Anklage gegen H6bert verwickelt, angeklagt
und 23. März 1794 guillotinirt. Verf. mehrerer
Schriften cxcentrischeu Inhalts.
Clove, Wollgewicht iu England, = 7 Pfd.;
Bnttur- uud Käsegewicht iu Essex, = 8 Pfd.
€10WH (engl., spr. Klauu), die lustige Per«
son der engl. Bühne, derb, plump u. zügellos,
428
Club — Cochinchina.
sp&ttfr aus dea Stücken höheren Stils in dRi
Nachspiel und die Pantomime verwiesen.
Club (engl.)i eigentlicli s. v. a. Keule; dann
die von dem Einzelnen in einer Gesell-
schaft ztt zahlende Zeche, auch s. t. a. ge-
schlossene Gesellschaft und deren Lokal; in
Frankreich nach Ausbruch der Revolution
von 1789 Name der zahlreich gebildeten
polit. Volksvereine (C. der Fenillants, der
Jakobiner etc.)> in Deutschland, wo sie von
Frankreich her Eingang fanden, durch
Reichsgesetz von 1793 und durch Bundes-
beschluss von 1833 verboten , 1818 erneuert.
Cluse, La (spr. Klühs), Ort im franz.
Depart. Doubs, zwischen Pontarlier und der
Schweiz. Grenze; 31. Jan. 1871 siegr. Ge-
fecht des werderschen Corps gegen die franz.
Ostarmee.
Clyde (spr. Kleid), Fluss im südl. Schott-
land, kommt von den Bergen von Lanark,
mit dem Forth durch den dydekanal ver«
bunden , mündet bei Port Glasgow durch
den Clydehnten in die irische See; 15 M.
Bei Lanark her. Wasserfälle.
Clydeinseln (spr. Kleid-), die Inseln im
Firth of Glyde an der Westküste Schott-
lands: Bnte, Arran, gr. und kl. Oumbray.
Clysma (lat.), Klystier.
€oa4jntor (lat.), Gehülfe, im katholischen
Kirchenrechte der einem Bischof für gewisse
Funktionen beigeordnete Prälat.
Coagulnm (lat.), Gerinnsel, scheidet sich
aus einer koagulirenden Flüssigkeit aus,
z. B. Käsestoff aus sauer werdender Milch,
Eiweiss aus seiner erhitzten Lösung.
t'oahaila (auch Ifueva Leon), Binnenstaat
des nördl. Mexiko, 2771 QM. mit 67,691 Ew. ;
noch sehr unbekannt; Hauptstadt Saltlllo.
Coaks, s. Steinkohlen.
Coanza (Quanea), Strom in Südguinea,
entspr. im O. von Benguela bei Bih6 (Ober-
lauf nosh wenig bekannt), betritt mit den
Katarakten von Kambambe das Küstentief-
land und mündet südl. von St. Paulo de Lo-
anda in den atlant. Ocean; 120 M. 1., etwa
32 M. schiffbar. Zahlr. Nebenflüsse (Cutato,
Lucala) ; im xUntem Theile viele Inseln.
Cobäa Gavan. , Pflanzengattung der Con-
volvulaceen. C. scandens Cavan., schöne,
Schlingpflanze aus Mexiko, Zierpflanze.
Cobau^ gewerbthätige Indiauerstadt in
Guatemala (Gentralamerika), 12,000 Ew.
Cobden (spr. Kobd'n), JRiehard, her. Ver-
treter des Fmihandels, geb. 3. Juni 1804 zu
Dnnford bei Midhui'st in Sussex , Kattun-
fabvikant in Manchester, ward Alderman u.
Präsident derHsoidelskammer das. u. trat 1839
an die Spitze der Anti-Comlaw-Lengue (s. d.).
Mitglied des Unterhauses seit 1849, wirkte
er mit zu Aufhebung der Navigationsakte
und bemühte sich um Ausdehnung des Par-
lamentär. Stimmreclits. Als eifriger Be-
förderer der Friedensgesellschafteu erklärte
er sich 1853 gegen den Bruch mit Russland,
unterlag deshalb bei der Neuwahl 1857 zum
Parlament, trat erst 1859 wieder ins Unter-
hans , lehnte das ihm von Palmerston an-
gebotene Portefeuille des Handels, sowie
die ihm angetragene Baronetswürde ab; f
2. April 1865. Sehr. ,The three paaics' (1862)
für den friedl. Fortschritt; ,Political wri-
tings' (2. Aufl. 1867) u. A. Biographie von
V. HoUzendorff (1866) und de Roth (1867).
Cobija (spr. -bicha, Puerto la Mar), Stadt
in Bolivia, Prov. Atacama, 2380 Ew., ein-
ziger Seehafen des Landes.
Cobra-capello, Hutschlang^, portug. Name
der Brillenschlange.
Cocagna, alte Kamevalsbelustigung in
Neapel, wobei dem Volk auf einem zu er-
kletternden Gerüste Esswaaren gespendet
wurden. Land von 0., Schlaraffenland.
Cocceji, Samuel, Freiherr von, Rechts-
gelehrter, geb. 1679 zu Heidelberg, ward 1723
Kammergerichtspräsident zu Berlin , 1727
Staatsminister, 1738 Chef der Justiz, 1746
Grosskanzler; f 22. Okt. 1755. Verdient um
Verbesserung der Rechtspflege in Preussen,
Bearbeiter einer neuen Gerichtsordnung
(,Codex FridericiauusS 1747 bis 17&0, und
,Corpus juris Fridericianum*, 1749 — 52) ;
sehr. ,Jus civile controversum* (herausg.
von Emminghaue 1791—98). Vgl. Trendden-
burg, ,Friedrich d. Gr. und sein Gross-
kanzler Samuel von CS 1863.
Coceiilag Dee. (Mondlom, Kockd) , Pflan-
zengattung der Menispermeen. 0. palmatus
Wall., K^unUfopflante , windender Strauch
der afrikan. Ostküste, kultivirt auf Mauritius
und der Malabarküste, liefert die offlcinelle
Kolombowmiel; G. suberosus Dec. , ostind.
Schlingstrauch, die Sockels- (Fisch- oder
Läuse-) Kömer, die zum Fischfang, ancli
zur Verfälschung des Biers dienen; enthal-
ten giftiges Pikrotoxin und Fett.
Cochabamba (spr. Kotscha-) , Depart. in
Bolivia (Südamerika), 1261 QM. und (1865)
349,892 Ew., wovon jedoch 186^ ein Theii
mit der Stadt Tarata zu dem besonderen
Depart. Melgareja gemacht wurde. Die
Hauptst. C, am Rio de la Rocha und dem
Südfüss der Sierra van G., 40,678 Ew.
Cochem (Kochheim), Kreisstadt im preuss.
Regbz. Koblenz, an der Mosel, 2510 Ew.
Nahebei die Winneburg, Stammschloss des
Hauses Metternich- Winneburg.
Cocbenillbeeren y s. v. a. Kermesbeeren.
Cochenille (spr. Kosch-, Scharlachieurm,
Kuzenelle, Cactus- oder J^opaltchilMaue, Öoo-
cus cacti L.) , Insekt aus der Gattung dar
Schildläuse (s. d.), 3/4-1"", in Mexiko,
Guatemala und Honduras auf Gactus opun-
tia L., wird dort und nach Einführung der
Mutterpflanze auch in Java, Spanien und
Algerien und auf den Kanaren gezüchtet.
Kommt getrocknet in den Handel und dient
zur Erzeugung schöner rosen • und schar-
lachrother Farben in der Wollen- u. Seiden-
farberei , zur Bereitung des Kai-mins und
der rotheu Dinte, zum Färben von Konditor-
Cochln, Landsch., s. Kotschin. [waaren.
Cochinchina ( Kotschintschina) , schmaler
Strich Landes an der südöstl. Küste von
Hinteriudieu , früher selbst&nd. Königreich,
jetzt Prov. von Annam, gut bewässert und
zum Theil sehr fruchtbar (Zimmt, Kampher),
gesundes und angenehmes Klima (Extreme
-h 320 und — 90 R.). Hauptstadt Hue. — Der
südlicliste Theil oder Nieder- 0. seit 1862
frans, Besitzung (s. FranKÖsisch-Cochinchina),
CocMearia — Coehoorn.
429
CochlearlA L. (Löffelkraut), Pflanzengatt.
der Kruciferen. C. officiualis L., Scharbocks-
heil, Skorlmtkraut, an deu Küsteu der nord.
Meere bis 80o u. Br., zu medicin. Zwecken
kultivtrt, dient als Salat, zu Frühlings-
kräuterkuren n. zur Bereitung des Spiritus
Cochleariae. C. Armoracia L., Meerr eilig,
in Europa u. Asien, wird wegen der Wurzel,
die als Kücheugewürz und Gemüse dient,
kultivirt.
Cochrane (spr. Kokrehn), Thomas, Graf
von Dundonald, bi'lt. Seemann, geb. 14. Dec.
1775, Solin des Chemikers Archibald C, Gra-
fen von Dundonald (geb. 1749, f 1831), Neffe
des Admirals Sir Alexander C. (geb. 1758,
f 1832), erhielt 1806 das Kommando einer Fre-
gatte, ward 1814 wegen betrügerischer Börsen-
spekulation abgesetzt, übernahm 1818 den
Oberbefehl über die chilenische , 1822 den
ilber die brasil., 1887 den über die griecli.
Seemacht, kehrte Ende 1828 nach England
zurück, ward 1832 Gontreadiniral, 1842 Vice-
admiral , 1847 Höchstkommaudirender der
in den westind. und nordamerikan. Ge-
wässern stationirten Flotte, 1H51 Admiral
der blauen Flaggo , 1854 Rearadmiral von
Grossbritannien; f 31. Okt. 1860 zu Ken-
sington. Sehr. ,Narrative of Services in tlie
liberation of Chili , Peru and BrnziV (1859) ;
jAutobiography of a Seaman* (1860, 2 Bde.).
Cockbum (spr. -börn), Insel im arkt.
Amerika , der nordwestl. Theil vom sogen.
Bafünslaud , nördl. der Halbinsel Melville.
Cockerill, John, berühmter Industrieller,
geb. 3. Aug. 1790 in Haslington in Lanca-
shire , gründete mit seinem Bruder James
1816 zu Seraing bei Lüttich eine gross-
artige Maschinenfabrik mit Hohöfen und
Walzwerk, wurde 1833 dessen alleiniger
Besitzer, legie in Frankreich, Deutschland,
Spanien, Polen etc. noch geg^u 60 Kohlen-
werke, Eisenhütten, Maschinenbauwerk-
stätten, Spinnereien, Tuchfabriken etc. an,
ward einer der Ilanptgründer der belg.
Bank, liquidirte 1839 mit 26 Mill. Frcs.
Activa und 18 Mill. Passiva und ging nach
Hussland; f 1840 in Warschau.
Cockney (spr. Kockni), Spitzname der Lon-
doner, wahrscheinl. von LandL of Coekeign,
dem Schlaraffenlande, worunter London als
Sitz des Luxus zu verstehen ist, abzuleiten;
bereits im 12. Jahrb. gebräuchlich.
Cocon (fr., spr. Kokong), länglichrundes
Puppeugehäuse der Nachtfalter, bes. das
des Seidenspinners (s. Seide).
€oco8 L., Palmengattuug. C. uucifcraZ.,
Kokospalme, zwischen dem 26.o n. u. 25.o
s. Br. vielfach kultivirt, schöner, bis 100' hoher
Baum , liefert Nutzholz (Stacholschweiu-
holz), aus dem Stamm schwitzendes Gummi,
Palmkohl, in den Blättern Material zum
Dachdecken, zu Körben, Schirmen, Matten,
Potasche; das Geflecht am Blattstiel gibt
Siebe, Kleid^; aus den nuaufgeschlosseneu
Blüthenkolben wird Palm wein (Toddy), aus
diesem Zucker (Jaggery) , Arrak und Essig
bereitet. Die unreifen Früchte liefern als
Getränk süssen, etwas lierben Saft, später
zartes, wohlschmeckendes Mark, welches
ganz reif mit Wasser zerrieben Kokosmilch
gibt, auch auf Oel verarbeitet wird. Dies
ist farblos, von Schmalzkonsistenz, leicht
schmelzbar u. verseifbar. Dia Presskuchen
dienen als Yiebfutter. Die Schalen der Nuss
liefern Gefasse, das fasrige Gewebe, welches
sie umgibt (Coir, Kokosfaser), wird zu Matten,
Stricken, Bürsten , Treibriemen verarbeitet.
Fast alle Theile der Pflanze gelten für heil-
kräftig. Der getrocknete Nusskern (Cop-
perah) kommt zur Oelgewiunung nach Eu-
ropa. C. coronata 3fart. iu lirasilien liefert
Oel und Brodmehl; 0. butyracea Z. in Neu-
grauada und Venezuela butterartiges Fett
und Wein. [satz eines Tonstücks.
Coda (ital.), Schwanz, angehängter Schluss-
Code (fr., spr. Kohd), Gesetzbuch. C.Na^
polion, franz. Civilgesetzbnch, seit 1800 von
franz. Juristen bearbeitet, 21. März 1804
publicirt, durch Gesetz vom 3. Sept. 1803'
C. N., nach der Restauration C. civil, unter
dem zweiten Kaiserreich wieder C. N. be-
titelt, seit der franz.* Okkupation auch in
den bayer., hcss. und preuss. Rheinlanden,
sowie in Baden, Belgien, Holland und Ita-
lien eingeführt.
Codex (lat.), eigentl. Baumstamm , dann
s. V. a. Buch (well ursprüngl. aus beschrie-
benen Holztafeln bestehend) ; seit der Buch-
druckerkunst s. V. a. alte Handschrift ; auch
Gesetzbuch , so G. Theodosianus , Justinia-
neu8, franz. Code,
Codrington (spr. Koddringt'n), 1) Sir
Edward, brit. Admiral, geb. 1770, befehligte
bei Trafalgar ein Linienschiff, erhielt als
Admiral Nov. 1826 den Oberbefehl über die
Flotte im Mittelmeer, vernichtete als Ober-
befehlshaber des engl., franz. und russ.
Geschwaders bei Navarin 20. Okt. 1827 die
türk.-ägypt. Flotte , befehligte 1831 die vor
Lissabon kreuzende Flotte, 1832—40 Mitglied
des Unterhauses , dann Oberbefehlshaber
von Portsniouth; f als Admiral der rothen
Flagge 28. April 1851. — 2) Sir William
John, Sohn des Vor., geb. 1800 , ward 1846
Oberst, erhielt, 1854 zum Generalmajor be-
fördert, das Kommando über eine Brigade
der leichten Division , focht an der Alma
un^ bei Inkerman, machte 1855 an der Spitze
einer Division einen erfolglosen Angriff
auf den Redan, erhielt nach Simpsons
Rücktritt den Oberbefehl über die engL
Armee in der Krim, ward 1859 Gouverneur
von Gibraltar, 1863 General.
Coehoorn (spr. Kuhhorn) , Ilfenno van,
holl. Ingenieur, geb. 164t bei Leeuwarden
in Friesland, focht als Brigadier bei Fleu-
rus, leitete im span. Erbfolgekrieg die Be-
lagerung von Venloo und Roermonde; f <^l9 ,
General lieutenant und Oberaufseher der'
niederländ. Festungen 17. März 1704. Biogr.
von «einem Sohne Theodor v. C. (neuherausg.
von Sypeatein 1860). — Die eoehoorruche Be~
festigungsmanier verbindet die bastionäre
Konstioiktion mit dem Tenaillen- und Ka-
ponniireubau und ist bes. auf den sehr
wenig über den Wasserspiegel sich erheben-
den Boden Hollands berechnet (Nymwegen,
Breda, Namur, Bergen-op-Zoom). 0. wandte
auch zu Belageruugs - und Vertheidigungrs-
z wecken zuerst kleine Mörser (OoehümerJ
430
CÖlestin
Colchicum.
an. YrI. Zastrouf, ,Oescliicht.e der bestau-
disen BefestiguogS 3. Aufl. 1854.
Colestiny schwefelsaurer Stroutian, Mine-
ral an« der Klasse der wasserfreien Haloide,
farblos oder blau, von Sicilien, Ratibor,
Vicenaa, Bristol, Paris, Dornburg, wird auf
Strontiansalzo verarbeitet.
ColestiB) Name von 5 Päpsten: C. I., der
Heilige, Papst 422--32, machte sich um Ver-
breitung des Ghristenthums in Schottland
verdient. Tag 6. April. — CIL, 1U3 einige
Monate Papst, hob das von seinem Vor-
gänger über Ludwig VII. von Frankreich
ausgesprochene Iuterdil(t wieder auf. —
C. III., Papst 1191-98, krönte den Kaiser
Heinrich VI. — C. IV., reg. 1241 18 Tage.
— G. V., vorher Peter de Murrhone,
Stifter der Gölestiner , 5. Juli 1294 zum Papst
erwählt , dankte 13. Dec. d. J. ab , ward
von seinem Nachfolger Bonifacius VIII. in
Rom, dann auf Schloss Fumone gefangen
gehalten ; f 12. Mai 1296. Später kauonisirt.
OÖlestiner, Mönchsorden, von dem Ana-
choreten Peter de Murrhone (Papst Gö-
lestiu Y.) um 1264 als Einsiedler dei heil.
Damianus gestiftet, G. genannt nach des
Stifters Erhebung zum Papst, folgte der
Regel des heil. Benedikt, hat gegenwärtig
noch wenige Klöster. Kleidung weiss mit
schwarzer Kapuze und schwarzem Skapulier.
Cölesyrien (a. G.), das hohle Syrien, der
südl. Theil Syriens, zwischen Libanon und
Antilibanou, mit der Stadt Heliopolis ; später
auf Phönicien u. ganz Palästina übertragen.
Colibit (lat.), Ehelosigkeit, bes. die ge-
setzliche der kathol. Geistlichen, seit dem
4. Jahrh. von den Päpsten gefordert, von
Nikolaus IL (1059), Alexander H. (1063),
bes. aber von Gregor VII. (1074 zum Gesetz
erhoben, später in den meisten kathol.
Ländern durch Staatsgesetze geschützt. Vgl.
Tlieiner, ,Die Einführung der erzwungenen
Ehelosigkeit bei den christl. Geistlichen
etc.*, 2. Aufl. 1845, 2 Bde.
ColTea, s. Kaffeebaum.
Coffre (fr. Koffer), bombenfreie bedeckte
Kapouni^re, welche quer über den Graben
führt (Graben-C). Auch wohl das Holzwerk,
welches in einer Mine die Erde stützt ^i-
nen - C).
ColTre de Ferote (Nauhcampalepetl), Berg
am Ostrand des Tafellands v. Mexiko, 12,534'.
Cognac (spr. Konjak), Stadt im franz.
Depart. Gharente, an derGharente, 9412 Ew.,
Mittelpunkt der grossen Franzbranntweiu-
brennereien der Gegend. Geburtsort Franz I.
16. März 1526 Vertrag zwischen Franz L,
Heinrich VIII., Papst Glemens VH., Venedig
und Mailand gegen Karl V.
€ognac« s. Franzbranntwein.
Cognieiy Lion, franz. Historienmaler^geb.
29. Aug. 1794 zu Paris, als Schüler Gueirins
und der Akademie zu Rom in der klass.
Tradition herangebildet, dann aber mehr
derromant. Schule zuneigend, lebt zu Paris,
wo er eine tüchtige Malerschule begründet
hat. Ilauptgemälde : Marius auf den Trüm-
mern von Kartliago, bethlemit. Kindermord,
Ausmarsch der Nationalgarde 1792, Tinto-
retto am Todtcnbett seiner Tochter.
Coiuibra (spr. Kulm-), Hanptst. der portug.
Prov. Beira, am Blondego, 1^,147 Ew.
Universität (seit 1291, die einzige Portugals),
mit ausgezeichneter Sternwart«, Museum etc.
Im 12. und 13. Jahrh. Residenz der portug.
Könige. [10,200 Ew,
Coiiiy Stadt in der span. Prov. Malaga,
Colra, ital. Name von Chur.
Coire, franz. Name von Gliur.
€oix L. (Thränengras) , Pflanzengattung
der Gramineen. G. lacrymaZi., Biobsthränen,
in Ostindien, Ghiua und Afrika häufig statt
Getreide kultivirt , Samen auch zu Hals-
bändern etc. benutzt , Zierpflanze.
Coke (spr. Kohk), Sir Edward, engl.
Rechtsgelehrter, geb. 1. Febr. 1552zuMile-
ham, ward 1593 Sprecher im Unterhause,
dann Solicitor- und Attorney-General, 1613
Oberrichter der Kingsbench und Mitglied
des geheimen Raths , ward , weil er nicht
zu ungesetzlichen Massregeln die Hand
bieten wollte, abgesetzt, vertbeidigte seit-
dem im Unterhause die parlamentarischen
Rechte gegen die Uebergriffe der Krone,
brachte die Petition of Rights (s. d.) ein;
t 3. Sept. 1634. Seine «Institutes* (Lond.
1628—44, 4 Bde.) und «Reports* sind eine
der Grundlagen des engl. Rcchtswcsens.
Vgl. Johnson, ,Life of C.*, 1845, 2 Bde.
Col (fr.), Joch, Gebirgspuss, in den Alpen:
C. dti Gdant, am Montblanc, 10,528'; G. Cervin
(Matterjoch), 10,840' ; C. Longet, am Monte Viso,
9708' ; C. di Tenda (Strasse von Gnneo nach
Nizza), 5780' u. a. ; in den Pyrenäen: C. de
Jeganne, 8868', G. Bonge, 8640', G. de I^rlua
(fahrbar), G. de Perche (Saumpfad) u. a.
Colatorlum, Seihtuch.
Colatura, eine durch ein Seihtuch ge-
gossene (colirte) Flüssigkeit.
Colbert (spr. -bahr), Jean Baptiste, franz.
Staatsmann, geb. 29. Aug. 1619 zu Rheims,
stand seit 1660 als Generalkontroleur der
Finanzen an der Spitze der Verwaltung,
regulirte das Steuei'wesen , beförderte In-
dustrie und Handel, erbaute den Kanal
von Lan^uedoc, hob das Seewesen und die
Kolonien , begünstigte Kunst und Wissen-
schaft, gründete 1663 die Akademie der
Inschriften, 1666 die Akad. der Wissenschaf-
ten, 1671 die Bauakademie, vorletzte aber
durch Gentralisation der Staatsverwaltung
und hohe Steuern die wahren Interessen
des Volks gogenüber dem absoluten König-
thum; t 6. Sept. 1683. Im Auftrag Napo-
leons III. gab Glement die ,Lettres, Instruc-
tions et m6moires de C* (1862-65 , 3 Bde.)
heraus. Biogr. von ÖourdauU (1870).
Colehagua (spr. Koltscha-), Prov. in Chile
(Südamerika) , 181,4 QM. und 142,438 Ew.
Hauptstadt Sau Fernando.
Colchester (spr. Kohltsch-), Hanptst. der
engl. Grafsch. Essex, am Golne, 23,809 Ew.
Seidüumannfakt. , Austernfischerei. Zahlr.
röm. Alterthümer. ,
Colcliicin, Alkaloi'd ans Golchicnra autum-
uale, farblose, bitter schmeckende Krystalle,
in Wasser, Alkohol und Aether lOsUcb,
reagirt alkalisch , wird mit Schwefelsäure
golbgrün; sehr giftig.
Colchienm L. (Zeitlose, Lichtblumc), Pflan-
Colchis — Collodium.
431
sengattung der Lilinoeen. C. ^utamualel«.,
Herbstzeitlose, Zwiebelg«wäcli8 in Süd- uud
Mitteleuropa, blüht im Herbst auf Wiesen;
während die Samenkapsel erst mit den
neuen Blättern im Frillijahr über die Erde
tritt (Filius ante patrem). Wurzeln und
Barnen officinell, enthalten Colchiein.
Colchis (a. G.)t fruchtbare Landsch. in
Asien, am Pontns euxinus (schwarzes Meer),
etwa die jetzige russ. Prov. Kutais, das
Ziel der Argonauten und die Heimat der
Medea. Hauptfluss der Phasis; Hauptst.
DIoscnrias (Sebastopolis).
Cold-cream (engl., spr. Kohldkrihm), sehr
milde Salbe aus Wachs, Walrath, Mandelöl,
Glycerin, gegen rauhe Haut benutzt.
Cole« Thoma», amerikan. Maler, geb. 1.
Febr. 1801 zu Bolton le Moors iu England,
seit 1819 in Nordamerika , besuchte wieder-
holt Italien; f l^* ^i'ebr. 1648 zu Gatskill
(Kflwyork). Geschätzte Landschaften.
Cdlensa, John William, engl, freisinniger
Geistlicher, gab. 1814 in Gornwall, seit 1853
Bischof von Natal im südl. Afrika , erregte
durch sein Werk ,St. Pauls Epistle to the
Romans, newly translated* (^861), worin er
die UöUenstrafen leugnete, und ein auderes
,The Pentateuoh and the Book of Joshua,
critically examinated* (1862, 2 Bde.), worin
er gegen die unbedingte Glaubwürdigkeit
der alten bibl. Urkunden Zweifel erliob, in
England grossen Anstoss, musste sich in
England wegen seiner Heterodoxle verant-
worten, ward von dem Bischof der- Kap-
stadt abgesetzt, weigerte sich aber sein Bls-
thum zu verlassen. \gl. Greg, ,A defence',
1869. [s. v. R. Käfer.
Coleopters, Scheiden- oder Dickflügler,
Colerldge (spr.Kohlridsc)i), Samuel Taylor,
engl. Dichter, geb. 20. Okt. 1772 zu Ottery
St. -Mary (Devonshire), f 25. Juli 1834 zu
Highgate. Zu den sogen. jSeedichtern ge-
hörig und von reformator. Einfiuss auf die
engl. Poesie; seine Dichtungen phantast.
Gemälde voll glühender Empfindung und
mystischer Naturschwärmerei. Hauptwerke :
,Ghristabel' (deutsch von Kranz), ,The
ancient mariner' (deutsch von Freüigrath),
jGenevieve* (Romanze, deutsch von iY8n-
niea), ,Fire, famine and slaughter* (Rhap-
sodie), ,Remorse' (Drama). Kleine Gredichte
in 3 Sammlungen: .Juvenile poemsS ,Sibyl-
liue leaves* u. «Miscellaneous poems*. Sehr,
auch ,Biographical Sketches of my literary
lifo etc.* (1817; neue Ausg. 1866) und eine
Uebersetzung von Schillers ,Wallenstein*.
Biogr. von Qillman (1888).
CSolieOy Flecken am Nordostrande des
Comersees, 3000 Ew., Ausgangspunkt der
Alpenstrassen über den Splügen und das
wormser Joch; Dampfschiff nach Gomo.
Collgny (spr. -inji), Gaapard ton Ohatil-
loH, Graf von, Admiral von Frankreich, geb.
16. Febr. 1517 zu Ghatillon-sur-Loing, Sohn
des Marsehalls Gaspard von G. und Neffe
des Gonnetable Montmorency, trat zum
Protestantismus über, diente seit 1543 mit
Auszeichnung, ward von König Heinrich II.
zum Generalobersten der Infanterie u. zum
Admiral ernannt, machte 1552 den Feldzug in
Lothringen mit, vertheidigte 1557 St. Quentin.
Nach Heinrichs 11. Tode mit seinen Brüdern
Führer der Hugenotten, schlug er bei St.
Denis 1567 die Truppen des Hofs in die Flucht,
ward bei Jarnao 1569 geschlagen, focht
dann unter Heinrich von B6arn und schlug
27. Juni 1570 den Marschall Brissac bei
Arnay le Duc. Obwohl vom Parlament für
einen Hochverräther erklärt, erschien er
nach geschlossenem Frieden am Hof und
ward in der Bartholomäusnacht 24. Aug. 1572
ermordet. Vgl. De la Ponneraye, ,Hist. de
l'amlral G.', 1830.
Colliua, Staat der Republik Mexiko, an
der Westküste, 112,5 QM. und 48,649 Ew.;
im Innern gebirgig (Vulkan IHco de G.,
10,500*); der ebene Thoil sehr fruchtbar:
Zucker, Kakao, Reis, Baumwolle, Tabak.
Die HaupM. 0., am gen. Vulkan, 31,000 Ew.
Hafenort Manzanillo.
Colin (spr. -läng), Alex., Bildhauer, geb.
1526 zu Mecheln, seit 1568 in Innsbruck;
t das. 17. Aug. 1612. Von ihm im Wesent-
lichen der Entwurf zu dem pr^htvollen
Marmorkenotaph des Kaisers Max in Inns-
bruck, sowie 20 Marmorreliefd au demselben
und das Denkmal der Philippine Welser.
CoDapsns (lat.), Zusammenfallen organi-
scher Theile und die damit verbundene Un-
fähigkeit derselben, ihren Funktionen vor-
zustehen.
CoÜanmutler, s. Relie/mcuehine,
Collatio (lat.), s. Kollation.
CoU^ (ff*)» geleimt; beim Billardspiel
dicht am Rande stehend, daher ColUstoss,
Stoss dicht vom Rande weg; c. schleppen,
scherzhaft Jemanden arretiren.
Coiie, Charles, franz. Dichter, geb. 1709
zu Paris, f 3. Nov. 1783. Sehr, mehr kom.
als slttl. Lustspiele (z. B. ,Partie de chasse
de Henri IV'), die dem Geschmack der Zeit
gefielen, ,Ghansons' (1807, 2 Bde.), .Journal
his'torique' über die literar. Ereignisse von
1748—72 (lierausg. von Barbier 1807, 3 Bde.).
College (spr. -lehsch), in Frankreich
Name der auf die Universitätsstudien vor-
bereitenden Unterrichtsanstalten ; in Eng-
land (spr. -ledsch) Name der verschiedenen
Institute, aus welchen die Universitäten
bestehen; auch höhere Special schule.
CoUegiam (lat.), Gesammtheit mehrerer
Personen, welche gleiches Amt u. gleichen
Beruf haben ; Universitätsvorlesung.
Colli (ital.) , Mehrzahl von Collo , Ballen
(Waare), Frachtstücke, Kisten, Packete etc.
ColHer (spr. -lieh), Halsband, Halsschnur.
Collins, 1) William, engl. Landscbafts-
und Genremaler, geb. 18. Sept. 1787 in Lon-
don, 1 17. Febr. 1847; bes. treffliche Küsten-
und Waldsceuen. - 2) William Wilkie, No-
vellist, Sohn des Vor., geb. Jan. 1824 in
London, lebt das.; lange Zeit Mitarbeiter
an Dickens ,Household Words*, Verf. der
vielgelesenen Sensationsromane: ,The wo-
mau in White» (1859), ,No name* (1863),
,Armadalo' (1864) u. a., sowie der Dramen
,Tho frozen deep* und ,Light house*.
Collodium, Auflösung von Schiessbaum*
wolle in alkoholhaltigem Aether, trocknet
an der Luft zu eiaem Häutchec ein, dient
482
Colloquium — Columbit.
In der Gbirurgie zur Bedeckaog von Wun-
den und wird zu diesem Zweck durch Zu-
satz von Ricinusöl oder Glycerin elastisch
gemacht. Mit Jodverbinduug vermischt
dient es in der Photographie zur Erzeugung
der negativen Bilder. In der Gärtnerei er-
setzt CS das Baumwachs; wird auch zu
künstlichen Blumen Verarbeitet.
Colloqninm (lat.), Gespräch, Unterredung.
CoUot d'HerboU (spr. Koloh dErboa),
Jean Marie, franz. Revolutionär, geb. 1750
KU Paris, Schauspieler, dann Yolksredner,
Mitglied des Konvents, beantragte die Einfüh-
rung der Republik, ward Septi 1793 als Mit-
glied des Wohlfahrtsansschusses von Robes-
pierre als Richter nach Lyon geschickt, wo
er Massehinrichtnngen mittelst Kartätschen
vornahm, erweckte durch seine Popularität
den Argwohn Robespierres , der ihn zn
stürzen suchte, half deshalb diesen stürzen,
ward dann ans dem Konvent gestossen und
nach der Insurrektion vom 12. Germinal
mit Billaud - Varennes zur Deportation ver-
nrtheilt; f 8. Jan. 1796 im Hospital zu
Sinnaraari in Guiana.
Colocasia Schott, Pflanzengnttuug der
Aroiüeen. C. antiquorum Scholl, ägyp-
tische Zehrwurzel, AH» Ostindien, mitgeniess»
barer stärkemehlreicher Knolle, in Aegyp-
ten, Kleinasieu und Amerika kultivirt.
Auch Blattzierpflanzen.
Cologno (spr. -onj'), franz. Name für Köln.
Colon, Grimmdarm.
Colonel (fr.), Oberst; C. giniral, bei der
franz. Armee Inspecteur einer Waffen-
gattung; Schriftgattung, einen Grad grösser
als Nonpareille.
Colonia (lat.), Kolonie, Pflanz- oder
Tochterstadt, in altröm. Städtenamen häu-
flg: C. Agrippina, Köln; C. Aquensia , Aix;
C. Caesarea Augusta, Saragossa; C. Ebora-
ceusi», York in England ; C. Bomtilea, Sevilla;
C. Trevirorum, Trier, etc.
Colonsay und Oronsay (spr. -sah), 2 Inseln
der Innern Hebrideu, zur Ebbezeit eine
einzige Insel, 0,56 QM. und 800 Ew.
Colorado, 1) (Sio 0. del Occidente) Strom
im westl. Nordamerika, entspr. in 2 Quell-
llussen (Green River und Grand River) am
Felsengebirge, fliesst südwestl. (Grenze von
Arizona), empfängt zahlr. Nebenflüsse (links
Rio Gila), mündet in den Golf von Kali-
fornien; etwa 200 M. 1., davon (nach neue-
sten Erforschungen) 130 M. schiffbar und
bereits von 8 Dampfern auf 77 M. befahren.
Sein Thal >/s — 2 M. breit, meist mit Wald
bedeckt, von friedlichen ludianerstämmen
bewohnt. — 2) (Redriver of Texas, ehemals
Braxoi de Bios) Fluss im Staate Texas, ent-
springt im W. , am Llano Estacado , lliesst
östl. durch sehr fruchtbare Gegend, mündet
in die Matagordabai des mexikau. Meer-
busens, über 200 M. 1. ; wegen der bedeuten-
den Nebenflüsse nur 4 Monate schifll>ar (bis
Austin). — 3) (Cobu-Lenbu) Fluss in Pata-
gonien, entspr. in 2 Quellfiüssen (Rio Grande
und Rio de Barrancas) auf den Gordilleren,
fliesst südöstl. durch dürres, salzhaltiges
Land, mündet in den atlant. Ocean; etwa
120 M. 1. ; zum Theil noch ganz unbekannt.
Colorado, Territorium der Vereinigten
Staaten von Nordamerika, nördl. von Neu-
mexikOr an den Quellen des Arkansas und
Platteflusses, 1861* organisirt, 4915 QM.
mit (1«60) 39,681 Ew. (darunter etwa 5000 In-
dianer), 1866 auf 70,000 geschätzt ; Gebirgs-
land, vom Felsengebirg durchzogen, mit
Pikes-Pik 13,340', Bighorn 13,800* u. Grays>
pik 13,670', an deren Ostfuss reiche Lager
von Gold (meist mit Schwefelkies, 1862 für
12 Mill. Doli.); auch Silber, Kupfer, Eisen,
Kohlen in Fülle. Hanptst. Golden -City.
Coloritlnm (Koloriti), breiartige Mischung
aus Salpeter, Vitriol, Alaun, Salmiak und
Grünspan zum Probiren des goldhaltigen
Silbers auf dem Streichstein.'
Colosseum (ital. Ckiiseo), s. Born.
Colostmin (lat.), die in den letzten Wochen
der Schwangerschaft und den ersten Tagen
des Wochenbetts abgesonderte Milch, ent-
hält eigenthümliche Körperchen (GotoUrttm-
körperchen) und Eiweiss, im Uebrigen die
Bestandtheile normaler MUch. Soll die
Ausscheidung des KindspeAis beim Nen-
gebomen begünstigen.
Colt, Samuel, amerikan. Industrieller, geb.
19. Juli 1814 zu Hartford in Connecticut,
Erfinder der Revolver, welche er zuerst
1835—47 in Paterson (Newyork), seit 1S50
in Hartford (Connecticut) fertigte; f 1870.
Columbinug, Heiliger, Irländer, geb. nm
560, ging mit 12 Genossen als Missionär
nach Frankreich, stiftete in Bnrgund die
Klöster Luxeuil und Fontaine, begab sich
später nach Italien, wo er das Kloster
Bobbio gründeten. 615 1. Tag 21. Nov. Seine
Schriften gab Flemming (1667) heraus.
Colnmbarium (lat.), röm. Familiengrab-
gewölbe, in welchem die Wände mit Reihen
von kleinen Nischen für Aufnahme der
Aschenkrüge versehen waren.
Columbia (Oregon), Fluss im westl. Nord-
amerika, entsteht aus 2 Quellarmen (Co-
lumbia und Glarke), nimmt links den Lewis
auf, fliesst darauf westl., den Staat Oregon
von Washington scheidend, durchbricht
mit Wasserfällen und Stromschnellen das
Kaskadengebirge der Seealpen, erweitert
sich in dem Küsteusaum bedeutend und
mündet bei Astoria (46^ n.Br.) in den Grossen
Ocean ; Mündung eng und durch Barren ge-
fährlich; etwa 266 M. 1. Entdeckt 1792 von
R. Gray; 1804 zuerst erforscht.
Columbia, Bundesdistrikt der Vereinigten
Staaten von Nordamerika, 1790 dem Kon-
gresse überwiesen und keinem Staate sn-
gehörig, 2,6 QM. mit 75,080 Ew. nnd der
Bundeshauptstadt Washington.
Columbia, Britisch-, 9. Britisch -Columbia.
Columbia, Republik, s. Neugranada.
Columbia, Hauptstadt von Südcarolina
(Nordamerika), am 'Gongaree, 6000 Ew.
Universität (seit 1804).
Columbit (Columbeisen, Mobil), Mineral
aus der Klasse der Tantalitoi'de , röthlich-
braun bis schwarz mit metallartigem Dia-
mantglanz, besteht ans untemiobsauran
Eisenoxydul, bei Bodenmais, Tirschenreuth,
in Finnland, im Ilnicngebirge, in Counect!-
cnt| Massachusetts; auch im Kryolitb.
Columbretes — Comenius.
433
ColHmbretes (8ehla»genhMln), Onippe
kleiner Telsenins^ln , im Mittelineer, swi*
flehen Spanien- «nd den PltbyQsen.
ColanAwr, Hanptotadt von 'Ohio (Nord-
amerika), am Scioto, (1870) 33,745 Ew. Zahlr.
und grOBsartige öffentliche Gehände (Ka-
pitol, Gefängniss, Irrenhaus n. a.); seit
1812 Sitz der Regiemüg.
üolumblis (ital. Oolombo, span. Colon),
Ohristoph, der£ntd6cker von Amerika, geb.
1436 in Genua als Sohn eines Tuchwebers,
unternahm 1470—83 Seereisen nach dem
Archipel, noch Island und Guinea, begab
sich 1484 nach Spanien, suchte in G«nua,
Lissabon, England u. Spanien Unterstataung
zu Ausführung seiner Bntdeckungspläne,
erhielt endlich durch Yermittelung der Kö-
nigin Isabella 3 kleine Schilfe mit 120 Mann
Besatzung und vertragsmässig die erbliche
Würde eines Grossadmirals und Ylcekönigs
in den Landern^ welche «t entdecken würde,
zugesichert. Er segelte 3. Aug. 1492 von
Pak>s ab, landete 12. Okt. auf der Insel
Guanahani (San Salvador), entdeckte 27.
Okt. Ouba, 6. Dec. Haiti (Hispaniola) , trat
4. Jan. 1493 seine Riiokreise an und landete
15. März in Palos. Zum Granden erhoben,
lief er mit 17 Schiffen und* 190O Mann Be-
satzung 25. Sept. d. J. von Oadiz aus, fand
8. Not. die Insel Dominica, dann Marie-
Galante, Gonadelonpe, Antigua undPortorlco,
erreichte 22. Nov. Hispaniola, entdeckte
(April) Jamaika, ging, von Feinden ver-
leumdet, 90. März 1496 wieder unter Segel
und langte 11. Juni in Spanien an. Seine
dritte Entdeckungsreise trat er 30. Mai 1498
mit 6 Schiffen von San Lucar de Barram«da
aus an, entdeckte (1. Aug.) die Küste des
Kontinents (Terra firma), fand Margarita
und wandte sich dann nach Haiti. Von
Neuem verleumdet und von Bovadilla zur
Verantwortung gezogen, ward er als Ge-
fangener nach Spanien geschafft und kam
25. Nov. 1500 in Oadiz an. Freigesprochen
und in seine Würden wieder eingesetzt,
trat er 11. Mai 1602 mit 4 kleinen Schiffen
seine vierte Reise an, war 25. Juni auf
der Höhe von Haiti, segelte, eine Durch-
fahrt suchend, von Kap Gracias a Dios längs
der Küste von Oentralamerika bis Yeragua
und Puerto del Betrete (P. deEscribanos bei
Punta de San Blas am Isthmus von Panama),
welchen Punkt er 26. Nov. Ifi02 erreichte,
rettete sich aus einem Schiffbruch 14. Juni
1503 nach Jamaika, verliess nach den här-
testen Drangsalen 28. Juni 1504 diese Insel
und kehrte nach Spanien zurück, wo er 7.
Nov. bei San Lucar landete ; f 20. Mai 1506
zu Valladolid. Seine Asche ist seit 1796 in
der Sötthedrale zu HavaBa beigesetzt (vorher
zu Valladolid, Sevilla und San Domingo auf
Haiti). — Sein älterer Bruder, Rirt<Aommeo,
Kosmograph und Seekartenzeichner, erhielt
später die Würde eines Atelantado (Vice-
gouvemeurs) von Hispaniola, erbaute die
Stadt San Domingo ; f als Direktor def Berg-
werke auf Ouba 1514. Der zweite Bmder,
Oiacomo, in Spanien Don JHego GoUm gen.,
ward später Präsident des Raths von Kastl-
lien. Der ältere Sohn des Entdeckers, Jkm
Meiere ffand-Letfikon,
Diego Colan , geb. zwischen 1470 und 1474
zu Porto Santo, begleitete den Vater auf
dessen zweiter Reise, ward 1508 zum (zweiten)
Admiral und Gouverneur von Indien er-
nannt; t 23. Febr. 1526. Sein Sohn D<yn
Luis Colon, schon im Alter von 6 Jahien-
als (dritter) Admiral von Indien anerkannt,-
trat 1540 seine Rechte auf die Vicekönigs-
würde an Kaiser Karl V. ab, erhielt dafür '
den Titel eines Herzogs .von Veragua und
Marquis von Jamaika mit einer jährl. Rente
von 10,000 Karolln; t 156B zu Genua. Ma-
jorat und Admiralschaft von Indien gingen
darauf auf Diego Oolo» , den Sohn seines
Bruders Ohristoforo, über, mit welchem 4.
Admiral 1578 die Nachkommen des Ent-
deckers in männlicher Linie erloschen. Ein
unehelicher Sohn dess., Don Fernando Colon,
von Do&a Beatri» Henriquez, einer edlen
Dame von Cordova, 15. Au^. 1468 geb., be-
gleitete den Vater auf dessen 4. Reise, ward
der GeSiShiohtschreiber seines Vaters; f ohne
Nachkommen 1541. Das Tagebuch der 1.
Reise, von Christoph 0. selbst geschrieben,
erschien französisdi unter dem Titel ,Re]a-
tions des quatre voyages entrenris par C*
(1828, 3 Bde.) ; ,Raccolta completa? der Schrif-
ten des C. besorgte Torre 0.864). Neuere
Biogr. des C. von Bowi (1818), Spotomo
(deutsch 1823), Irving (1828,4 Bde.; deutsch
1828-29J, SanguineUi (1846), £eta (1846).
Colutea X. (BlasenstrcMch, Blaumenma),
Pflaszengattung der Papllionaceen. 0. arbo-
resoens L., Blasen-, Linaenbaum, Strauch in
Süd- und Mitteleuropa und im nördl. Orient,
liefert Nutzholz, die Blätter (deutsche oder
Blasensennesblätter) als Surrogat der Sen-
nesblätter empfohlen. Auch Zierstp&uoher.
€oina (lat), Schlafsucht.
Comtk OMMMUr«» (lat.), Weichselzopf.
Comaceliio (spr. -kio), Stadt in der ital.
Prov. Ferrara, 8476 Ew., in den Valli di O.
(Morästen der Pomündungen), >/* H. vom
adriat. Meere, 8476 Ew. Ber. Salzfische und
Aalkoloiüen.
Comagena (a. G.), Ort in Noricum, an der
Donau, wo um 470 die Rugler zuwst über,
die Donau gingen und die Avaren eine
Festung Anlegten (von Karl d. Gr. zerstört).
Oomagentis saUus, der Wienerwald.
i^manches (spr. -antsches), wildes India-
nervolk, an den Grenzen von Mexiko und
Texas, von Jagd- und Raubzügen lebend.
€omsrea(ital.), Crerichtsbezirk. C. diJSoma,
das Gebiet von Rom und seiner Umgebung
(Tivoli, Subiaco), 82,5 QM. mit 326,509 Ew.
C^mayagva (sonst Ifeuvaüadolid), Hanptst.
des Freistaates Honduras (Oentralam«rika),
am UUua, 18,000 Ew. ; Kathedrale. Eisen-
bahn nach Puerto Gaballos und nach der
Fonsecabai am stillen Ocean. Gegr. 1540.
Oombes, im Juragebirge die Rnndthaler.
CombaBtibiiia (lat.), Brennstoffe.
€ome (ital.), wie; c. prima, o. aopra, wie
zuerst, wie oben.
€omedo (lat.), Fresser, Mitesser in der Haut.
Comenliig (elgentl. Komenäkg), Joh, Arno»,
b^r. Schulmann, geb. 28. März 1592 zu
Komna bei Brunn, Mitgl. der mähr. Bruder-
gemeinde, seit 1638 deren Bischof, lebte meist
28
434
Comersee — Con.
in LiBBa, ZQletzt iu Amsterdam ; f 15' Kot.
1671. Sehr. jJanua lingnarum reserata* (1631),
in Tlele Sprachen übersetst; ,OrbiB Benguar
Hum piotas oder die «ichtbare Welt' (Nürnb.
1657), das erste Bilderbuch für Kinder, oft
aufgelegt nnd nachgeahmt, n. A. Vgl. die
flchriften t. Leutbecher (1853) n. CHnddy(195ö).
Comersee, s. Oomo.
Cornea (lat.)i Begleiter eines höheren Ma-
gistrats; bes. Verti-aater des röm. Kaisers,
seit Konstantin höherer Amtstitel , z. B. O.
aaerarttm htrgüionum der Finanzminister,
C verum privatarum der Kronanwalt etc. ;
auch s. T. a. Provinzialgouvemeur, im Mittel-
alter s. T. a. Graf; daher OornüaHu, Grafschaft.
Comfort (engl.), Behaglichkeit, Inbegriff
dessen, was zu einem behaglichen Lebensge-
nuss gehört; eomfortabel, dem entsprechend.
Conite (f^., engl. Committee, spr. Kimiti),
im Namen einer grösseren Gesellschaft hau*
delnde und gewöhnlich durch deren Wahl
für vorbereitende Geschäfte oder zu Aus-
führung gefasster Beschlüsse gebildete Ver-
sammlung, [es sein muss, musterhaft.
Comme II fant(fr., spr.kommil foh), wie
Commelfma L., Pflanzengattung der Com-
melinaceen.. G. polygama Roth, aus Ostasien,
liefert Gemüse und blauen Farbstoff; ebenso
C. tuberosa I*. ans Mexiko mit geniessbaren
Wurzeln. Zierpflanzen.
Conmercivm (lat.), Handel.
Commillto (lat.), Kamerad, bes. Schul-
und Universitätsgenosse ; Oommilitones, ge-
bräuchl. in der Anrede der Professoren an
die Studenten.
Coniads (fr., spr. -mih), Handlungsdiener ;
O. voyageur (spr. wojaschör), Geschäfts*
reisender. [machtschreiben.
Commissorlale CClM»m<««ortum, lat.), Yoll-
ComnodSre, Kapitän zur See, welcher eiu
Geschwader von mehreren, Schiffen befeh-
ligt und daher für die Daner einer Expe-
dition einen höheren Rang einnimmt, führt
an der Spitze des Grossmastes seines Schiffs
den O.-Stander, eine dreieckige Flagge, und
hat den Rang eines Brigadiers.
CommMas, Lucius Adiua il«r«Z»tic, auch
Maren» Antoninus, röm. Kaiser, geb. 161
n. Ohr., Sohn des Marcus Aurelius Antoninus
und der Faustina, folgte jenem 180 auf dem
Throne, wollüstig, grausam, feig, überliess
die Regierung des Reichs Günstlingen, ver-
kaufte Aemter und Ehrenstellen, erschöpfte
den Staatsschatz durch unsinnige Verschwen-
dung, trat selbst als Gladiator auf, ward
31. Dec. 192 auf Anstiften seiner Geliebten
Marcia erdrosselt. Vgl. Zürcher, ,G.S 1868.
Commfiner (engl.), in England Jeder nicht
zur Nobility, d. h. zu den Mitgliedern des
Oberhauses Gehörige ; daher JSouee of Com-
mon$, das Unterhaus. OommonaUy die 8.
Klasse des Civilstandes mit mehreren Ab-
stufungen.
Conuuom Prayer , Book of (spr. Kanunön
Preher, Bukk), die engl. Kirchenagende,
zuerst 1548 von einem aus Theologen und
Bischöfen zusammengesetzten Gomit^ unter
Granmers Vorsitz zusammengestellt, unter
Karl U. Ton der Konvokation neu redig^
mid in dieser Form 1662 vom Parlament be-
stätigt, die noch jetzt gültige Norm des
anglikan. Kultas, auch von der bisohöfl.
Kirche in Nordamerika mit einigen unwesent-
lichen Veränderungen angenommen.
Commvni (ital.), Gemeinden.
Commamio (lat.), Gemeinschaft. C hono»
rum, Gütergemeinschaft.
Como, ital. Prov., 49 QM. und 457,434 Ew.
"Die HauptaLO.i am westl. Südende des glelch-
nam. Sees und der Eisenbahn von Mailand,
24,088 Ew. Prächtiger Dom (von 1896) mit
altem Uhrthnrm daneben (v. 1463); Voltas
Statue am Hafen. Ueber der Stadt Burg
Baradello (von Barbarossa zerstört). — Der
Comertee (Lacu» Larius), 5 M. lang, bis 1 M.
br., 81/9 QM., 655' üb. Meer, bis 1860' tief,
von der Adda durchflössen, berühmt und
viel besucht wegen seiner malerischen Ge-
birgsufer; im S. durch das Vorgebirge Bei-
laggio in 2 Arme getheilt, deren östliches
Logo d» Leceo heisst. Regelmässige Dampf-
schi fffahrt von G. bis Golico.
Comdren, Inselgruppe an der Ostküste
von Afrika, am Nordeingang des Kanals von
Mosambik: Groneom/oro (24 QM. und 30,000
Ew.), Johani^, Mohilla u. Marotte (seit 1848
franz.) etc. ; sämmtl. vnlkan. Ursprungs und
von einem Misch volke von Antbern und
Negern bewohnt. [Indien.
Comorin. Kap, die Südspitze von Vorder-
Compemainm (lat.), Handbuch, Leitfaden ;
daher hompend*}^, kurzgefasst, gedrängt.
Compligne (spr. Kongpiähn), Stadt im
franz. Depart. Oise, nordöstl. von Paris, an
der Oise, 12,150 Ew.; ber. Schloss (von
Ludwig dem Heil, gegründet, von Ludwig
XIV. neugebaut, von Napoleon I. restanrirt,
von Napoleon IU. öfters als Jagdschloss be-
nutzt) mit 3 QM. grosser Park; alte Kirchen.
Einst Sitz vieler Reichstage und KoncUien;
1430 von den Engländern belagert, wobei
Joanne d^Arc gefangen genommen wurde;
6. Okt. 1861 Zusammenkunft Napoleons HI.
mit König Wilhelm L von Preussen.
ComplaiBamee (fr., spr. Kongpläsangs),
Artigkeit, Gefälligkeit; compiaitata (spr.
kongpläsaug), dienstfertig.
CompluTium (lat.), im altröm. Hause der
mittlere offene Theil des Dachs vom Atrium.
Comptant (fr., spr. Kongtang), s. Oontant.
Compte (fr., spr. Kougt), Rechnung; c.
rendu (spr. rangdüh), Bechnungsabschluss.
Comptoir (fr., spr. Kongtoahr), s. KotUor.
Comte (fr., spr. Kongt), Graf; ComU»»e
(spr. Kongtess), Gräfin.
Comte (spr. Kongt), Isidore Auguete Marie
Franfoia Xavior, franz. Mathematiker und
Philosoph, Begründer des sogen. Positivis-
mus, geb. 19. Jan. 1798 zu MontpelUer, 1832—51
Repetent an der polytechnischen Schule zu
Paris; f 5. Sept. 1857 das. Sehr. ,Cours de
Philosophie positive* (1830—42, 6 Bde.), Haupt-
werk; ausserdem ,Bystdme de politiquo po-
sitive etc/ (1851-54) ; ,Calendrier positiviste'
(4. Aufl. 1852) u. ,Cat6chisme positiviste' (1858).
Vgl. Lütrd, ,C. et la philos. positive*, 1863.
Con (ital.), mit; c. affetto^, mit Leiden-
schaft; o. agilitä, mit Leichtigkeit; c. agi-
tanone, mit Bewegung ; o. amore, zärtlich ; c.
hrio, e.fuoeo, feurig ; c. tpirito, mit (Seist, etc.
GoncarneaQ — Conde.
485
COMfttmeili (spr. •noh), Vischerort im flrane.
Depart. Finlsterre, 2767 Ew., bed. Sardinen-
fang (jährl. 21,400 Otr.) etc.
CoBoepclom, l^Proy. inOhile, 387,6 QM. und
(1866) 142,588 Ew. ; vom Biobio bewässert,
reich an Weizen, Wein (der beste Amerikas)
und Steinkohlen. Die HaupM. 0., am Bio-
bio, 18,908 Bw., eine der hübschesten Städte
des Landes; Handel nber die Hafenorte
Talcahnano und Tomeo. — 2) (La C. de
Vürufvay) Hknptst. der Prov. Entre-Rios
in der afgentin. Republik, am Uruguay, 6000
Ew. ; Nationalcollege (seit 1864).
Comeepelonliai^ Bai an derKordküste der
Halbinsel Aralon (Neufoundland), 23 M. tief.
Comeipi (lat.), ich habe es verfasst. Sein
c. wtUrgckreihen , sich als Verfasser, bes.
einer Reohtsschrift unterseichnen.
Conehft (lat.), sweischalige Muschel; 0.
aurie , Ohrmuschel. Ckynchae praeparatae,
gepulyerte Austernschalen, s. Aueter,
CoaekOft (spr. -tschos), Nebenfiuss des Rio
Qrande im nördl. Mexiko, entspringt auf
der Sierra Madre, fliesst nördlich, mfindet
unfern Frestdio del Norte, 70 M.
Conddrye (flr. , spr. Kongslarsch) , Haus-
meister, Portier, bes. Gefangenwärter. Con'
eiergerie, Gefäugniss, namentl. das Haupt-
gefänguiss su Paris. {KonciU
CoMilium (lat.), Kirchenversammlung, s.
CoBclire (lat.), Gemach ; bes. der Ort, wo
die Kardinäle (eingeschlossen) cur Papst-
wahl sich versammeln; aucl» diese Ver-
sammlung selbst.
Coneord (spr. Kangkard, ehem. Bumford^,
Hauptet. von New -Hampshire (Nordamerika),
am Merrimac, (1870) 12,241 Ew. Ber. Wagen-
fabrlken^ [Hkation ders.
Coaeordla (lat.), Eintracht, auch Personi-
Condamine (spr. Kongdamihn), CharU»
Marie de ia, frans. Gelehrter u. Reisender,
geb. 28. Jan. 1701 sn Paris, nahm 1736—39
an der Gradmessung in Peru Theil, ermit-
telte dort den Baum, von welchem eine ächte
Chinarinde kommt; f 4. Febr. 1774 2U Paris.
Bedeutender Vorderer der geograph. und
mafhemat. Kenntnisse ; sehr. u. A. ,ReIation
abr6g6 d^un vojage fait dans TAm^rique
m6rldionale* (174»), ,Journal du voyage fait
& r6quateur' (1751—52).
€OBd< (spr. KoDgdeh), Stadt und Festung
im frans. Depart. Nord , au der Scheide,
59M Ew. Gr. Steinkohlenentrepot. Früher
Baronie , nach der ein Zweig des Hauses
Bonrbon benannt ward.
Cond^y 1) Ludwig I. wm ßowihon, Prifu v. C,
Gründer des furstl. Hauses C, jftngerer
Sohn Karls von Bourbon, Hersogs von Yen*
dorne, Bruder Antons, Königs von Navarra,
geb. 7. Mai 1580 « ward als Seele der Ver-
sohwömng von Amboise, welche den Sture
der Gulsen und die Gefangennehmung des
Königs beaweckte, SO. Okt. 1560 in Orleans
verhaftet und zum Tode verurthellt , durch
I Frans n. Tod gerettet. Führer der unter-
drückten Oalvinisten in den S Religlons-
krisgeu 1562, 1567 und 1569, ward er 13.
Man 1569 bei Jaruac gefangen und von dem
Anfülirer der Schwefserganle, Montesquieu
erschossen, Ygi. ,M<moirea de Louis de
Bourboti, pr^üce de 0.*, Strassb. 1589, 3 Bde.;
1743, 6 Bde. — 2) Lndwig IL von Bour-
bon, Prine v. C, der grosee C. gern, geb.
8. Sept. 1621, befehligte 1643 die franz.
Armee iu den Niederlanden, schlug die Spa-
nier bei Rocroi (19. Mai), den bajer. General
Mercy bei Allershoim im Elsass (3. Aug.
1645), stand im Kampf der sogen. Fronde
auf Seiten des Hofs , ward trotzdem auf
Befehl Mazarins verhaftet, ti-at infolge
davon zur Opposition über, schlug bei Ble-
neau (6. April 1652) die Streitmacht des
Hofd, übernahm dann den Oberbefelil über
die span. Arpiee, ward vom pariser Parla-
ment als Vaterlandsverräther zum Tod ver-
urthellt. Nach dem Friedeusschluss zwischen
Spanien und Frankreich 1658 rehabilitirt,
besetzte er 1668 die Frauche-Oomt6, befeh-
ligte 1673 in den Niederlanden, 1675 nach
Tnrannes Tod in Deutschland gegen Monte-
cuculi, entsetzte Hagenau und Zabern; f
11. Dec. 1686 zu Foutainebleau. Sein Leben
beschrieben Mahon (1840), Lemereier (1844)
und Voivreuil (1847). -> 3) Ludwig Joseph
von Bourbon, Fnnevon C, Sohn des Herzogs
Ludwig Heinrich von Bourbon und der
Prinzessin Karoline von Hessen-Rheinfels,
geb. 9. Aug. 1736 znParis, ward 1758 General-
lieutenant, Mitglied der Notabelnversamm-
lung 1787, veriiess 1789 Frankreich, organi-
slrte auf seine Kosten ein Emigrantenheer,
mit dem er 1792 zu den ÖesteiTeicfaern
unter Wurmser stiess, und verrichtete in
den Feldzügen der folgenden Jahre meh-
rere ausgezeichnete Waffenthaten. Nach
dem Frieden von Campo-Formio (1797) in
russ. Dienste übergetreten , erhielt er von
Paul L das Grosspriorat des Malteserordens,
focht 1799 in der Scliweiz gegen die Fran-
zosen, schloss sich dann wieder den Oester-
reichern an, musste aber nach dem Frieden
von Luneville (1801) sein Corps auflösen.
Seit 1801 in England, kehrte er 1814
mit Ludwig XVIII. nach Frankreich zurück ;
t 18. Mai 1818 in Paris. Sehr. ,Es8ai sur
la vie du grand C* (1806 u. öfter). Biogr.
von Chamballand (1819—20, 2 Bde.). — 4)
Ludwig Heinrich Joseph, Herxog von Bourbon,
Prinx von C, Sohn des Vor., geb. 7. April
1756, entführte Louise Marie Th6r^se, Her-
zogin von Orleans, aus dem Kloster und
vermählte sich mit ihr, emigrirte mit seinem
Vater, schloss sich dem Emigrantencorps
an, lebte 1800 — 14 in England, erhielt
nach Napoleons Rückkehr 1815 den Ober-
befehl in den westl. Departements, musste
zu Nantes kapitullren und sich nach Spanien
einschiffen. Seit 1817 mit einer Engländerin,
Sophie Dawes, geb. Clarke, die seinen Adju-
tanten, Baron Feuchdres heirathete, in ver-
trautem Verhältnisse lebend , ward er 27.
Aug. 1880 in seinem Schlafzimmer im Schlosse
St. Leu erhängt gefunden. In seinem Testa
mente vom 30. Aug. 1829 hatte er seinen
Pathen, den Herzog von Anmale, 4. Sohn
des Königs Ludwig Philipp, zum Erben
eingesetzt, der Baronin vonFeuchdres aber
2 Mill. Fr. und zwei seiner Güter vermacht.
Die nächsten Selten verwandten, die Prinzen
TOS Rohan, beschuldigten die Baronin von
28*
436
Gondillac — Connecticut.
Veuchdres and deu Abb6 Brien, den Henog
ermordet zu haben und warfen anf Ludwig
Phiiipi|.den Verdacht der Erbschleicherei,
wurden aber in allen Instanzen abgewiesen.
Vgl. ,Histolre compldte du procds relatif &
la niort et au testament du duo de Bourbon'
(1832). Der Prinz Yon O. war der letzte
Sprössling des Hauses.
Condillac (spr. Kondilljak), Etieane Bon-
not de Mably, franz. Philosoph, geb. 1715 zu
Grenoble, Binider des Abb6 Mably (s. d.),
seit 1768 Mitglied der franz. Akademie ; \ 3.
Aug. 1780. Hauptwerke : ,Essai sur Torigine
des counaissances humaines' (1746, 2 Bde. ;
deutsch Yon Histmann 1780);* ,Trait6 des
sy Sternes* (1749, 2 Bde.); ,Trait6 des sensa-
tions* (1754, 3 Bde.), worin er den Sensualis-
mus (s. d.) verfocht, indem er die Funktio«
nen des Benkens nur für abgeleitete Arten
des Empfindens erklärte. ,0ettTre8 compUtes*
(1798, 23 Bde. ; 1824, 16 Bde.).
Condominium (lat.) , Eigenthumsrecht,
welches Mehreren an einer Sache zusteht;
Condomintis, Miteigent^ümer.
Condor, Goldmünze in Nengranada, a 10
Pesos = 131/3 Thlr.
Condoreet (spr. Kongdorseh), Marie Jean
Antoine NicoUia Carilat , MarqutB von , der
Philosoph der franz. Revolution , geb. 17.
Sept. 1743 zu Ribemont bei St. Queutin, seit
1769 Mitglied der franz. Akademie, an der
,Encyclopädie' betheiligt, Mitglied der ge-
setzgebenden Versammlung, verfasste die
Erklärung an die Franzosen und an Europa
über die Abschaffung der Königswürde,
stimmte als Mitglied des Nationalkonveuts
meist mit den Girondisten. Als Brissots
Mitschuldiger 3. Okt. in Anklagestand ver-
setzt, lebte er 8 Monate verborgen in Paris,
irrte dann umher, ward zu Glamar bei
Bourg-la-Reine als verdächtig eingekerkert
und ^. März 1794 im Kerker todt gefunden.
Von klass. Bedeutung die kurz vor seinem
Tod verfasste Schrift ,Esquis8e d'un tableau
histor. des progrSs de Pesprit humain*
(deutsch von Fostel 1796).
Öondottlere (ital.), im 14. Jahrh. in Italien
Anführer von Söldnerschaaren.
Condoite (fr., spr. Kongdwiht), Betragen.
Konduiienlüten , period. Uebersichten über
das Verhalten und die Leistungen Beamter.
Condyloma (gr.),Feuchtwarze,8.^e<^«;af%e.
Confer (lat.), vergleiche; conferatur (ahhr.
c/.), man vergleiche.
Confessor (lat.), Bekenner , zur Zeit der
Christenverfolgnngen Ehrenname Derer,
welche ihren Glauben öffentlich vor den heid-
nischen Tribunalen bekannten.
Confetti (ital.), Zackerwerk; scherzhaftes
Wurfgeschoss aus Gyps beim röm. Karneval.
Conflance (ft-., spr.Kongfiangs), Vertrauen.
Confldenee (fr., spr. Kongfidangs), Ver-
trauen , vertrauliche Mittheilung ; daher
konßdentiell, vertraulich.
Confldentia (lat.), Zutrauen, Dreistigkeit.
Confueivs (eigenti. Kon-fwUe), chines.
Reformator, nach chines. Angaben geb. 19.
Juli 551 V. Chr. iu der Stadt Theau-se
(Prov. Schan-toug), ward in mehreren chines.
Feudalreiohen Minister, dankte ab und zog
als Prediger der Tugend und Geret^tigkeit
umher; t 479. Seine HanptwM-k«, theiis
von ihm selbst verfitsst, theiis aus altera
Werken zusammengetragen, sind die 4 hei-
ligen Schriften (Kings): ,Yking' (natorphilos.
Inhalts), ,Lildng' (über Gebräuche u. Oere-
monien), , Schiking* (Liederbach, lat. von
Lackwrme u. von Mohl 1880, danach dentsdi
von Mdteri 1833 und Oramer 1844) und
,Schnking*' (das berühmteste, enthaltend
Geschichte, Ethik, Metaphysik). Sein Ge-
schlecht ward unter der Dynastie Han (206
V. Chr. bis 200 n. Chr.) in den Grafenstand
erhoben, und seine Nachkommenschaft steht
noch Jetet in hohem Ansehen. Vgl. PlatU,
,C. u. seiner Schüler Leben u. Lelire', 1867.
Congiiw (lat.), röm. Flüssigkeitsmass, =
6 Sextarii == i^ Amphora =: 2,» pr. Qaart.
COBgreve, 8ir WiUiam, engl. Ingenieur
und Artilleriegeneral, geb. 20.. Mai 1772 zu
Woolwich, t !&• Mai 1828 iu Toulouse. Er-
finder der nach ihm benannten Brandcaketen
(1806), der Kanst in mehreren Farben zu-
gleich zu drucken ( Congretfedruek) und von
Verbesserungen im Schleussen- u. Kanalbau.
Sehr. ,Elementary treatise on the moontiBg
of navid ordnance' (1812), ,De8cription of
the hydropnenmatic Cook* (1815).
Coai« Stadt, s. Cuneo.
Coniliiy Alkaloi'd des Schierlings, fiirbloses
Oel von penetrantem durchdringenden Ge-
ruch, reagirt alkalisch, in Alkohol löslich,
siedet hei 212o, sehr giftig.
Coninm L. (Schierling), Pflanzengattang
der Umbelliferen. G. maculatuml^. , geßeekter
Seh., Wüiherieh,ToUkeri>ei, iuganzDeatsch-
land, riecht wie Katzenharn, schmeckt
widerlich bitter scharf, ist sehr gifüg.
Wirksamer Stoff ist das Coniin(ß, d.). Kraut
und Samen ofBoinell.
CODJeTeram, Stadt in der brit.-oBtind.
Präs. Madras, Distr. Tschingelpatt, 90,000
Ew., eine der 7 heil. Städte der Hindu.
Grosse her. Pagoden des Wischnu.
ConJimetiTa (lat.), Bindehaut des Auges.
Conlie (spr. Konglih), franz. Ort, nord-
westl. bei Le Maus ; dabei das- Ende Okt.
1870 errichtete befestigte Uebungslager der
franz. Armee, 14. Jan. 1871 nach der Sohlacht
bei Le Maus von den Preussen erobeii.
Conn (Lough'O.)^ schmaler See in Irland,
Grafsch. Mayo, nördl. vom Gorribsee.
CoHBAlssance (fr., spr. -nässangs), Be*
kanntschaft, Verbindung.
Connanght (spr. -naht), westlichste Prov.
Irlands, 322,8 QM. und 913,135 Ew. (95 o/o
KathoL), enthält die Grafsch. Ijeitrim, Mayo,
Sligo, (^alway und Roscoranion. .
Connecticut Fluss in Neuengland, entspr.
an der Grenze von Oanada, dnrehJliesst
Massachusetts und den Staat 0., mikndet bei
Saybrook in den liongislandsnnd, 91 Iff.;
reich an Fällen und Stromschnellen.
Connecticut, nordamer. Freistaat, Gruppe
der Neuenglandstaaten, sudl. von Massa-
chusetts, am Longislandsand (Käste 20 H.),
22$ QM. und (1870) 537,417 Ew. Fruchtbares
Hügelland, vom Flusa 0., Housatonio und
Thames bewassert ; reich anMineralschätsen
(Kupfer, Eisen, Blei, Afonnor) und Waidera ;
Gonniemara — Contant.
437
Landbauersengnisse: Tabak, Getreide, Gar-
tensamereien, yiel Brdbeoren (Marktartikel).
Viehzucht und Milchwirthschaft. Bedent. In-
dustrien inEisen-, Baumwollen- und Wollen-
waaren, Wag^n, Uhren etc. Ausgedehnter
KttStenhandel, bes. mit Newyork. Kofisti-
tution von 1818. Im Kongress vertreten
durch S Senatoren und 4 Repräsentanten.
Hauptstädte Hartford und Newhaven. Seit
1635 kolouisirt, einer der 13 ältesten ITnions-
staaten (seit 4. Juli 1776). 8 Grafschaften.
Commenara, Gebirgslandschaft in der Ir-
land. Grafsch. Galway, wegen Ihrer wilden
Scenerian die ,iriseben Hochlande* genannt.
Comietftble (vom mittellatein. comesatdbuli,
Stallmeister), bei den frank. Königen mit
der inneren Palastverwaltnng betrauter
Beamter. Später in Frankreich oberster Be-
fehlshaber der gesammten Kriegsmacht ssu
Lande, folgte im Rang zunächst nach dem
König; 1^7 von Ludwig XIII. abgeschafft.
Napoleon I. ernannte seinen Bruder Ludwig
2um 0. des Reichs und Berthier zum Vice-
eonnttable. Unter der Restauration ver-
schwand die Würde wieder.
Cmmwaement (tr.connoisgement, engl, hill
of lading^ ital. pciizza di carico) , der von
dem Schiffer dem Befrachter ausgestellte
Schein über die von ihm an Bord genom-
menen Frachtgüter.
€0]iB.vMiim (lat.), Ehe.
CoiUMtarpns Gärtn. (Knopf-, Kegelbaum),
PflanzengattnngderKombretaceen. C. erectus
Jaeq. , Baum In Westindien und Brasilien ;
Rinde 8urrc«:at der Chinarinde.
Conqulstaclores (span.), in den ehemaligen
span.-amerifcan. Besitzungen die Eroberer
des Landes und deren Nachkommen, die
vom Hofe mit ungeheuren Laudstreckeu be-
lohnt wuriden.
COMSalviy Ercole, Kardinal, geb. 8. Juni
1757 zu Rom, von Papst Pius VII. zum Kar-
dinal und Staatssekretär ernannt, schloss
mit Napoleon I. das Konkordat ab, bewirkte
1814 als päpstl. Gesandter beim Kongress zu
Wien die Zurückgabe der Marken und Le-
gationen an den Papst, hatte dann die Lei-
tung der Geschäfte, beförderte Kunst und
Wissenschaft, veranstaltete Nachgrabungen
nach Alterthümem, schloss Konkordate mit
Rnssland, Polen, Preussen , Bayern, Wür-
temberg, Sardinien, Spanien und Genf ab ;
f 24. Jan. 1824 zu Rom. Tgl. CrMineau-
Joly, ,M^oires du Oardinal G.', 1864, 2 Bdo.
i^nseienee (spr. Konsciangs), Hendrick,
fläm. Schriftsteller, geb. 8. Dec. 1812 zu
Antwerpen, erst Militär, ward dann Sekre-
tär und Archivar der Kunstakademie zu
Antwerpen. Einer der Begründer der neue-
ren fläm. Literatur; sehr, histor. Romane
(z. B. ,De Leeuw van Vlandem', 1838) und
zahlr. kleine Novellen und Errählungen
(anmnthige Schilderungen fläm. Natur- und
Menschenlebens). Seine Werke vielfach
übersetzt.
Coasillvm sbenndi (lat.), der Rath sich zu
entferfeen, auf Universitäten mildere Form
der Wegweisnng oder Relegation, gestattet
dem Weggewieseneu, anfeiner anderen Ünl-
versltilt s^ne Studien fortzusetzen.
Conslstoriiiin (lat.), Versammlungsort des
geheimen Raths der röra. Kaiser und seit
Konstantin d. Gr. dieser Rath selbst; das
höchste päpstl. Staatscollegium , ats Kar-
dinälen bestehend ; in der Protestant. Kirche
die den Landesherm als Inhaber der Kir-
chengewalt (obersten Bischof) vertretende
höchste geistliche Behörde eines Landes.
In grösseren Ländern machte die Mehrheit
der Konsistorien die Einsetzung eines Ober-
konsistoriums (Oberkirchenraths) nöthig. Im
Laufe des 19. Jahrli. , bes. seit 1848 gingen
die Geschäfte der Konsistorien meist an die
politischen Regierungsbehörden, Kultusmi-
nisterien oder Abtheilungen für Kultus und
Unterricht über. Die Konsistorialverfassung
der Kirche bildet den Gegensatz zur Pres-
hylerial- und Synodalverfassung. S. diese.
Constable (engl., spr. Konstehbl), in Eng-
land eine in Folge der normänn. Eroberung
eingeführte Würde. "D^r Lord High C, eine
der obersten Krön- und Reichs würden im
alten England, der des alten Oonn Stahle von
Frankreich gleich, lehnbar, zuletzt in der
Familie der StafTord, Herzöge von Bucking-
ham, erblich, 1521 erloschen, in Schottland
seit dem 12. Jahrh. noch in der Familie
Errol erblich. Die CR>erconsttMes {JAx^h Con-
stables), 1184 von Eduard 1. eingeführt,
hatten die Aufsicht über dieLandesbowaff-
nung. Die Gemeindeconstables (Petty Con-
stables) sind die unteren Exekutionsbehördeu
und vertreten die Stelle einer Nationalgarde,
obwohl nur mit einem Stabe bewaffnet. Ihr
Ansehen beruht auf der moralischen Kraft
des Gesetzes. In London wurden >1829 die
ehemaligen C.s durch 5 Kompagnien Police
G. oder Policemen ersetzt. Vgl. Konstahel.
konstant de Bebecque, Henri Benjamin,
franz. polit. Schriftstellor, geb. 23. Okt. 1767
zu Lausanne, wirkte 1797 als Mitglied des
Tribunats eifrig für das Repräsentativ System,
ward 1802 aus dem Tribunat und aus
Paris entfenit , arbeitete , von Napoleon I.
April 1815 zum Stnatsrath ernannt, mit an
der Konstitution des Maifeldes, bekämpfte,
seit 1819 Mitglied der Deputirtenkammor,
die Reaktion, stimmte nach der Julirevolu-
tion für die Erhebung des Herzogs von
Orlfens ; f 8. Dec. 1830. Hauntsclivifteu :
,Gonrs depolitiqueconstitutionnelle' (2. Aufl.
1833, 4 Bde.); ,M6moires surles Cent joiirs'
(2. Aufl. 1829) ; ,De la religiou considerfee
dans sa sonrce etc.* (1824—30, 3 Bde.) u. A.
Bearbeitet» auch Schillers ,AVallen stein' u.
schrieb den Roman , Adolphe* (3. Aufl. 1824).
Oonstantia (lat.), Beständigkeit.
Constantia, Landgut im Kaplande, 6stl.
vom Tafelberg, mit her. Weingärteu.
Constat (lat.), es steht fest; konstatiren,
bestätige]], den Thatbestand nachweisen.
Consultii, in Spanien s. v. a. Staatsrat!];
in Rom Ausschuss der Kardinäle zu Be-
rathung über innere Angelegenheiten des
Kirchenstaats.
Contaglnm (lat.), Ansteckungsstoff.
Contant (comptant, spr. kongtang, per con-
tant, fr. pour comptant), baar, gegen baare
Zahlung; dann Zahlungsfrist von 2, 3, auch
wohl mehr Wochen; Contantgeschäfte, g^en
438
Gontenance -« Cooperfluss.
baare Zahlung geschlossen« Qesch&fte; Oon-
tanten (fr. espdces, engl, specie), baares Geld ;
Contantenliste, auf Schiffen die Liste des von
ihnen geladenen haaren Geldes.
€oiit«naiiee (fr., spr. Kongt^nangs) , Fas-
sung, Massigung.
Content (fr., spr. kongtang), zufrieden;
beim Abstimmen im engl. Parlaments, r. a.
einverstanden. [etc.
Content« (lat.), Inhalt eines Briefs, Buchs
Contcs(fr., spr. Kougt), Erzählungen; in
der altern franz. Literatur bes. altpoet.
Erzählungen aus dem wirkl. Leben; ihre
Verfasser Conteor».
ContestHtlo litis (lat.), im Givilprozess
die Einlassung auf die der Klage zu Grunde
liegeuden Thatsachen.
Conti (ital.), Mehrzahl von Conto.
Conti (spr. Kongti), Name jüngerer Neben-
linien des bourbon. Hauses Cond6.
Conto (ital., nur. Conti), insbes.Rechnung,
in Handlungsbüchem ( Oonlobüchem) einge-
tragene Rechnung. Jemandem ein (X eröff-
nen, mit ihm in Geschäftsverbindung treten,
indem man ihm in den Handlungsbüchem
eine laufende Rechnung eröffnet ; a. c. zahlen,
s. v. a. auf Abschlag oder auf Vorschuss
zahlen. Contocorrent, laufende Rechnung mit
einem Geschäftsfreund, aus der sich dessen
Schuld und Forderung ergibt; wird im
Haupt- oder Contocorrent bucli eingetragen.
C. ßffto, Rechnung über ein flngirtes Ge-
schäft, die man an Handelsplätzen auswar-
tigeu Geschäftsfreunden einhändigt, damit
diese vorher berechnen können , wie hoch
ihnen (|er betreffende Artikel im An- oder
Verkauf zu stehen kommen virird. C. a melii,
auf gemeinschaftliche Rechnung.
Conto (0. de BeVe), in Portugal u. Brasilien
== lOUO Milre'fs oder 733 Thlr. pr. Kur.
Contra (lat.), gegen.
Contrarinm (lat.), das Gegeutheil.
Contra sextum (lat.), näml. praeceptum,
Vergehen wider das 6. Gebot.
Contre (fr., spr. kongt'r), gegen, entgegen.
Contrebande (fr., spr. Kongt'r-, v. mittel-
lateiu. contra bannnni), alle gesetzwidriger
Weise in ein Land ein- oder aus demselben
ausgeführten Gegenstände.
Contrecreuse (fr., spr. Kongterkrös), Lauf-
graben , dessen Erde nach der Festung zu
eine Brustwehr bildet, während er nach
rückwärts flach verläuft.
Contreescarpe (fr., spr. Kongter'skarp),
die äussere Grabenböschung einer Befesti-
gung ; auch wohl gebraucht für den bedeckten
Weg lind das Olacis zusammen.
Contregarde (fr., spr. Kongtergard), Be-
festigung, welche einem Werke zur Siche-
rung oder Ergänzung vorgelegt wird.
Contremarche (fr., spr. Kongtermarsch),
ein Marsch, in welchem zur Täuschung des
Feindes eine Richtung verfolgt wird, um
dieselbe plötzlich In die entgegengesetzte
zu verwandeln.
Contrenine(frM zpr.Kongtermlhn), Gegen-
mine, Mine, welche angelegt wird, um
eine feindliche Mine zu vernicliten.
Convallaria L. (Maiblume), Pfianzengat-
tuug der Asparagoen. C. majalis L., Mai-
gl^hehen, in Europa, Nordasien, Nordame-
rika. Die Blüthen dienen zur Bereitung
des Niesjpulvers.
ConTOlTDlnB X. (Winde), Pflaozengattung
der Gonvolvulaceeu. C Scammonia X., in
Rumelien und derJ^rim, Kleinasien, Syrien,
liefert das Scammonium ; 0. Jalapa X. . in
Mexiko, Brasilien etc., die früher offldaelle
Mechoacanwurzel oder weisse Jalape; C
scoparius X. , Besentoinde, auf den kanar
rischen Inseln , das Rosenholz. Viele Arten
Zierpflanzen.
Cook (spr. Kuk), Jaune», engl. Seefahrer,
geb. 87. Okt. 1728 zu Marton (York), machte
8 Weltreisen, die erste 23. April 1768 bis 11.
Juni 1771, auf der er Australien erreichte,
die Cookistraase (s. d.) entdeckte und die
Meerenge zwischen Australien und Neu-
guinea durchfuhr; die «weite 13. Jali 1778
bis 80. Juli 1775, auf der er, von den beiden
Forster begleitet, Neuseeland besuchte, unter
grossen Gefahren bis 71o a. Br. vordrang
und Kap Hom umschiffte. Auf der dritten
Reise, 18. Juli 1776 angetreten, um eine
Durchfahrt aus dem atlant. in den Grossen
Ocean aufzufinden, eutdeckte er die Sand-
wichsinseln, erforschte die Westküste von
Amerika, machte mehrere Entdeckungen im
stillen Ocean; wardU. Febr. 1779 auf Owaihi
von den Eingeborenen ermordet. Sehr
verdient um die Erforschung Polynesiens.
Seine Reisebeschreibnngen wurden bes. von
Fortier deutsch bearbeitet. Biogr. C.s von
Wiedmann (1789-90, 2 Bde.) u. Borro« (1865).
Cooksarcnipol (spr. Kuks-, Herveyimein),
Inselgruppe im austrat. Ocean, im O. der
Tongainseln. Die 10,000 Ew. evangel. Chri-
sten. Hauptinsei Rarotonga.
Cookseinfuhrt (spr. Kuks-), Meeresbucht
an der Nordwestküste Amerikas, zwischen
Prince Williamsund und BristolbaJ, 1778 von
Cook entdeckt.
Cooksstrasse (spr. Kuks-), Strasse swi-
scheu den beiden Inseln Neuseelands.
Cooper (spr. Kuhper) , Fluss in Süd Caro-
lina (Nordamerika), fällt bei Charleaton mit
dem Ashley zusammen und bildet so den
Hafen dieser Stadt (Charlestonbai).
Cooper (spr. Kuliper), Jamea Fenimore,
amerikan. Romanschr^tsteller, geb. 15.
Sept. 1789 zu Burlington (Newjersey), diente
bis 1810 auf der nordamerikan. Marine,, lebte
dann zu Cooperstown am Otsegosee; f das.
14. Sept. 1851. Nachfolger W. Scotts , bes.
Meister in der Schilderung des amerikau.
Indianer- und Ausiedlerlebens undamerik.
Naturscenen. Unter seinen zahlr. Romanen
hervorzuheben: ,Der Spion' und ,Lionel
Lincoln* (Gremälde aus dem amerik. Unab-
hängigkeitskriege); die ,Lederstmmpf- Er-
zählungen' und ,The weptof Wish-Ton-Wish*
(Verherrlichung des amerikan. Waldlebens),
,Der PilotS ,Die Waaserhexe' und ,Bed
rover' (heroische Seegemälde). Sehr, ausser-
dem ,dleanings in Europe' (Beschreibung
seiner Reise nach Europa, 183U— »2, 6 Bde.).
CooperflnM (spr. Kuhp-, Barku), Fluss im
Innern von Australien, entstellt in Queens-
land aus der Vereinigung des Victoiia und
des Tliomuon, fliesst südwestl., mündet mit
Copan — Cordilleren.
439
seinem Hauptorm in den Salzsee Gregory;
1858 entdeckt.
Copan. indian. Ruinenstadt in Honduras,
au der Greuse von Guatemala ; merkwürd.
. Pyramideubauten, Monolithen mit Skulptn-
ren und Hieroglyphen, identisch mit denen
von Palenqne ; schon 1530 Buine.
Copemicia Martiw, Palmeugattung. 0.
cerifera Mart^t Ckkrnwuba , Wach%paliM , im
nördl. Brasilien, liefert Wachs (Ausfuhr
50,000, Verbrauch im Innern 40,000. Arroben),
Ntttsholz, Gemüse (Palmkohl), Sago, ge-
niessbare Fruchte, Material 5bu Hüten,
Decken, Netzen, Vasen etc. und in den
Blattstielen korkartiges Mark.
CopUpÖ (8, Frimeueo dt la Selva), Hauptst.
der Prov. Ataoaraa in Chile, am Flu$8 0.,
13,381 Ew. ; seit 1851 Eisenbahn nach dem
Hafen Caldera. Wichtige Bergwerke.
Coppet (spr. Koppäh), Vlecken im Kanton
Waadt , am Genfersee , 471 Ew. ; Schloss,
einst Besitz und Aufenthaltsort Neokers
und seiner Tochter, der Frau ▼. StaSi.
Coqaille (fr., spr. -kilj), Schneckenhaus;
die Üeine muschelf&rmige Zündpfiftune der
Mörser; die Form von Stückkngela.
Coquimbit (£lake%i), Mineral aus der
Klasse der wasserhaltigen Chalcite, drelüach-
achwefelsanres Eiseuozyd, in Coquimbo.
Coquimbo (spr. •kimbo), Prov. in Chile,
687 QM. und (1866) U9,308 Ew., reich an
Mineralien (bes. Kupfer, auch Silber, Queck-
silber etc.). Hauptort: La Serena. Der
Fieeken C, an der Mündung des Flu»»e$ C,
7138 Ew., bildet den Hafen der Hauptstadt
(Eisenbahn dahin).
€oram (lat.), vor, in Gegenwart; (7. neh-
men. Jemand vornehmen, um ihn auszu-
schelten. [Bari, 24,600 Ew.
Corato, Stadt in der ital. Prov. Terra di
Corble, Stadt im franz. Depart. Somme,
3346 Ew.; im Mittelalter Corfreüs, mit her.
Beuediktinerabtoi, 664 gestiftet, dem Mutter-
kloster des deutschen Korvei.
Corbi^rez (spr. -biähr), Ausläufer der östl.
Pyrenäen, im Roc-Blanc 7811' h.
Corday d'Armuis (spr. -däh d'Armang),
Marie Charlotte, sciiwärmerische Joagfran,
geb. n69 als Tochter eines Edelmanns zu
St. Saturin bei Caen, erstach 13. Juli 1793
Marat, ward 17. Juli goillotinirt. Vgl.
DuboU, ,Charlotte 0.*, 1888.
Cordelien(fr., spr. Kordlieh, Strickträger),
in Fraukreidi Name der reguUrten Francis-
kauor, dann zur Zeit der ersten Revolution
der Milglieder eines polit. Klubs, der in
der Kapelle eines Klosters der C. zu Paris
sich zu versammeln pflegte , meist mit den
Jakobinern in heftigem Kampfe, zählte unter
seinen Mitgliedern Camiile Deemoulins, Dan-
ton und Marat, ward in der letzten Zeit
des Konvents geschlossen.
Cordia L, (Bruatbee rtoHm)> Pflanzengattung
der Asperifoliaceen. G. Mixa L,, Baum in
Aegypten, Arabien, Ostindien, liefert die
schwarzen Brustbeeren (Sebestenae, Fructns
Mixae), das Holz diente zu Mumiensäq^n
und kommt als Rosenholz in den Handel.
Vordlerit (Diehrott), Mineral aus der
Klasse der wassei'Arelen Amphoterolithe,
meist blau, zeigt im duroh&Uenden Liebt
nach verschiedenen Richtungen bin ver-
schiedene Farben (Diohroi'smns), besteht
aus Magnesia^, Thonerde-Silikat. Bei Boden-
mais , in Finnland , Norwegen , Spanien
(Jolith), Schwede, Ceylon (als Geschiebe,
hellblau :.Wa8sersapphir, schwärzliohbraan :
Lnohsstein), Sachsen. Als Ring- und Nadel-
stein benutzt.
CordlUerea (span., spr. -dilljeren, d. i.
Bergketten), das Hauptgebirge Amerikas,
das den ganzen Erdtheil auf der Westküste
durchzieht, über 2000 M. lang, meist aus 9,
auch 3 Hauptparallelketten bestehend, die
gewöhnlich grosse L&ngenthäler oder Hoch-
flächen einsoliliessen, mit steilem Abfiill
gegen W. und zahlr. Aosläufem* gegen O.;
nächst dem Himalaya das höchste Gebirge
der Erde, mit den riesigsten Feuerbergen
(Uö Vulkane, wovon 58 thätig); dabei sehr
erzreich (Gold - und Silberminen in Peru,
Mexiko, Kalifornien, Nevada, Oolorado u. a.).
Das Ganze wird viermal dnroh Einsenkangen
und Gebirgslücken unterbrochen und zer-
fällt dadurch in 5 verschiedene Systeme:
I. Die 0. von Südamerika (Oordillerae de los
Andee, auch bloss Anden), vom Kap Froward
bis last zum Antillenmeer (10 Vs<^n. Br.) als
undurohbrochene Mauer und Grenzscheide
des Klimas (aber nicht der Hitze), der
Pflanzen- und Thierwelt zwischen O. und
W. ziehend , 980 M. 1., 24-124 M. br. , mit
11,000' mlttl. Kammhöhe, 56 Vulkanen (26
thätig) und hohen , schwierigen und nicht
zahlr. Pässen; zerfallend in a) 0. von Pot-
tagonien, mit Gipfeln von 6 >- 7000' Höhe,
nocli wenig bekannt; b) C. von Chile, im
Aooncagna 21,582' h. ; beides nur eine Haupt-
kette; c) C von JPeru und Bolivia, welche,
vom 12,000' h. Plateau von Potosi ausgehend,
mit 2 Hauptketten von 13,500-14,500' Hohe
das Hochland von Peru umschliessen und
die höclisten Gipfel Amerikas tragen (Sorate
23,280', Illimani 20,000' und der 21,600' b.
thätige Vulkan Sahama), weiter nördl. aber
in 3 Ketten sich spalten mit 15—17,000' h.
Gipfeln; d) O. von Quito, vom Knoten von
Loxas an (40 s. Br.), 2 Ketten, das 7— 9O0O'
hohe Plateau von Quito einschliessoftd, mit
fast 11,000' fa. Kamm (Chimborazo 19,768',
Cotopaxi 17,710' h.) ; e) 0. von Neugranada,
vom Knoten Los Pastos an (l^ s. Br.),
3 Ketten, durch die Thäier des Cauca und
Magdalenenstroms getrennt (Pik von Tolima
17,000' h.). — n. Die O. des Jsthmu» von Ai-
nama, auf der Grenze von Nord- und Süd-
amerika, das kürzeste, schmälste imd
niedrigste der 5 Systeme, Gipfel kaum 3000'
lioch. — HL Die 0. von Guatemala, zwischen
den Einsenkungen von Panama und von
Tehuantepek, 202 M. K, bis 50 M. br., miU-
lore Kammhöhe 6200', höchste Erhebung
14,000', 30 Vulkane (18 thätige). — IV. Die
C. von Mexiko (Neuspanien), zwischen den
Gebirgslücken von Tehuantepek Und Arizona
(oder des Bio Gila), 270 M. L, 32-118 M. br.,
mittlere Höhe 6200', höchster Gipfel 16,780'
(7 Vulkane, wovon 4 thätig). — V. Die FeUett-
gebirge (s. d.) und nordamerik, Seealpen (s.d.),
000 und 800 M. 1., einander parallel gen NW.
44t)
Cordon — Cornelius.
xiehend und durch Qaerruoken yerkettet,
70-210 M. br., die erstem mit Gipfel bis
l&tOOO' Höbe, ohne thätlge Vulkane, die
letstem mit 14,000' höchster Erhebung
(Biiasberg) nnd 24 Vulkanen (worunter
5 th&tlge).
€ori<m (fr., spr. -dong, Band), eine Reihe
Ton Hilitärposten Eum Schnts eines Landes
▼or feindlichem Einfall oder vor dem Ein-
schleppen ansteckender Krankheiten.
€0Td0Ta^ 1) span. Prov. (Andalusien), S44
QM. und 358,657 Ew. ; fruchtbar, wenig be-
völkert, im N. und S. gebirgig, reiche Stein-
kohlenlager. Die Hauptst. 0., am G-uadal-
quivir, 41,9^ Ew.; prächt. Kathedrale (mit
16 Thärmen und über 1000 Säulen , einst
ber. Mosdbee, la MeKquita). Seit 572 gothi-
scher Bischofssitz, 711 von Tarik erobert;
dann zur Maurenaeit die bedeutendste Stadt
Spaniens, 755—1031 Slts eines Khalifats,
luttelpunkt der Künste und Wissenschaften
and das ,Mekka des Westens* ; ihre Glane-
seit unter Abd-ur-Rahraän m., El Hakem II.
und Almansor (damals 200,000 Häuser und
1 Mill. Ew.); seit 12S6 spanisch und im Ver-
fall. — 2) ProT. der argentin. Republik,
2942 QM. und (1869) 210,508 Ew.» ein reiches
und fruchtbares Land, im O. fast unbewohnt,
bed. Viehzucht. Die Hauptst. 0., am Pri-
mero, 25,000 Ew. Bischofssitz, Universität
(ehem. berühmt). Gegr. 1573.
Corentyn (Courantm), Grenzflnss zwischen
dem brit. und holländ. Gniana; etwa SO M.
(bis Gabalaba) schilTbar.
Corftninm (a.G.), Stadt in Samnium, wäh-
rend des Bundesgenossenkriegs Mittelpunkt
des Bundes ; jetzt Pentima (Abruzzo ult. 11).
Corge (Kohraach), Zählmass in Ostindien
und dem ostind. Archipel, == 20 Stück.
CoriftiidniniI(.(Jror«an(?er),Pflauzengattung
der Umbelliferen. 0. sativum L., Wanxen-
kraut, Wawtendill, im ganzen gemässigten
Asien, im Mittelmeergebiet, in Deutschland,
England und Amerika vielfach kultivirt,
liefert den ofßcinellen Koriander (Schwindel-
kömer), der als Gewürz und zur Liqueur-
fabrikation dient, durch Destillation ein
ätherisches Gel (Korianderöl).
Coringft, Handelsstadt in der brit.-ostlnd.
Präsid. Madras, an einer Mündung des
Godavery, 15,000 Ew. Bester Hafen der
ganzen Küste.
Corlntli, Ort in Mississippi (Nordamerika),
im nordamenkan. Bürgerkrieg wiederholt
(Mai und Okt. 1862) Schauplatz blutiger
Niederlagen der Konföderirten.
OorlolaiMis, Beiname des rötn. Patricfers
Caju$ Marcius von der von ihm eroberten
Stadt Gorioli, rieth während einer Hungers-
noth die aus Sieilien angelangten Getreide-
▼orräthe den Plebejetn nur gegen Verzicht-
leistung auf das Tribunat zu Theil werden
zu lassen, ward deshalb von den Tribut-
komitien verurtheilt, ging zu denVolskern
ins Exil, drang an deren Spitze ins röm.
Gebiet ein, bedrohte Rom und liess sich
erst durch das liehen seiner Mutter Veturia
und seiner Gattin Volumnia zum Abzug be-
wegen ; soll deshalb von den Volskern er-
mordet worden sein, nach Anderen aber
als hochbetagter Greis im Exil gestorben
sein. Seine Geschichte dramat. behandelt
von Shakespeare und OoUin.
Cork.Grafsch. in derirländ.Prov. Munster,
136 QM. und 464,697 Ew. Die HauptH. C,
nahe der Mündung des Lee in die Oorkhai,
nach Grösse und Handel die 2. Stadt Irlands,
78,892 Ew. Kathol. Universität (seit 1«^),
wenige Manufakturen, bed. Schiffbau and
starke Ausfuhr von Butter, Pökelfleisch, bes.
Getreide etc. nach England, Portugal, dem
Mittelmeer und Oanada. Eisenbahn nach
Dublin. 2V« M. unterhalb der schöne und
grosse O.Aa/en (Verproviantirung der Flotte,
bes. der Schiffe nach Indien); auf einer
Insel in derFIussmündnng Queenatoum (s. d.),
der Hanpthafen von 0. (für Kriegsschiffe).
Ursprüngl. dän. Kolonie; zu Elisabeths Zeit
noch ein unbedeutender Ort. [15,350 £w.
Vorle<me, Stadt auf Sioilien,Prov. Palermo,
Cornea (lat.), die Hornhaut de» Auges.
Corneille (spr. -nelj), 1) Pierre, franz. Dra-
matiker, geb. 6. Juni 1606 zu Ronen, urspr.
Jurist, schrieb zuerst Lustspiele nach span.
Muster (^MeliteS ,Menteur' etc.), wandte
sich dann mit der ,Medea' ausschliesslich
dem Trauerspiel zu, ward 1647 Mil^lied der
Akademie zu Paris; f ^^*' 1* ^^^' l^^-
Schöpfer der klass. franz. Tragödie, genannt
,der Grosse* iu Rücksicht auf die Ten-
denz seiner Stücke, iu welchen die grossen
und erhabenen Empfindungen fast durchaus
vorherrschen. Hauptwerke: ,Cld' (1686),
,Horace* (1639), ,Oinna< (1689), ,Po)yencte,
(1640) und »Rodogune' (1644). Vollständigste
Ausgabe seiner Werke von Üenouard (1817,
12 Bde.). Vgl. Quizot, ,G. et son temps', 5.
Aufl. 1866. — 2) Thomas, Bruder des Vor., geb.
20. Aug. 1625, t 8. Dec. 1709 zu Andelys.
Sehr, ebenfalls zahlr. Dramen (,Graf Essex',
,Ariadne'), machte sich verdient durch Her-
ausgabe des ,Diction. pour servir de shppld-
ment au dictionnaire de TAcad^mie fran^.'
(1694) und des ,Diction. universel g6ograpli.
et historique' (1708, 8 Bde.), der Grundlage
der nachherigen ,Encyclop6die'.
Cornelia^ edle Römerin, jüngere Tochter
des älteren Publius Scipio AiHcanus, Ge-
mahlin des Tlberius Sempronius Gracchus,
Mutter des Tlberius und Oajus Sempronius
Gracchus, deren Tod sie überlebte.
Comellmonster, Flecken im preuss. Regbz.
und Kr. Aachen , an der Deute , 8118 Ew.
Blei- und Galmeigruben. Ehem. Sitz einer
gefürsteten Benediktinerabfei (seit 821).
Cornelias 9 Peter «o», der Hanptmeister
der neuern deutschen Malerei, geb. 23. Sept.
1783 zu Düsseldorf, Schüler der dortigen
Akademie,1811— 19 inBom, seit 1820Düektor
der düsseldorfer Akademie, 18S5 zum Direk-
tor der Akademie in München ernannt, 1841
dnrcli den König von Prenssen nach Berlin
berufen ; f 6. März 1867. Schlug bereits 1810
durch die Kompositionen zu Goethes Fansfc
(von Ruscheweyh gest.) und zum Nibelungen-
liede (von Lips u. Ritter gest.) eine wahrhaft
nationale Weise an und eröffnete dann In
München durch Assfühmug der grossar-
tigsten monumentalen Auigabeu eine neno
Aera für die Geschichte der deutschen Knnst.
Comet — Corpus juris.
441
Seine Werket durchaus ernst, gedankenvoll
und ideal, umfitssen mehrere grosse Gyklen:
die Vresken der Glyptothek zu München (Ver-
herrlichimg der antiken Götter- und Heroen-
welt), die Loggien der Pinakothek (Darstel-
lung der Geschichte der christl. KunstX den
BUdercyklus der Ludwigskirche in München
(grandiose Schilderung des christl. Ideen-
kreises von Ersehaflfung der Welt bis zum
jüngsten Gericht) und die Kompositionen
zara Gampo santo in Berlin (Darstellung
der Christi. Weltanschauung : Erlösung von
der Sünde durch Christus , Fortwirken der
Kirche auf Erden, Untergang des Fleisches
nnd Auferstehung zum ewigen Leben). Durch
O. erhielt die deutsche Kunst die Richtung
anf das Bedeutende, auf Ausbildung des
Sinns für lineare Schönheit, architekton.
Rhythmus und kraftige Formontwicklung.
Blogr. von Siegel (2. Aufl. 1870) und Wol-
nogen (1867).
Coniet (fr., spr. -neh), Zinken, Posthorn.
O. ä pUtons (spr. •stong), kleines Ventil hörn,
&hnl. einer Trompete mit 3 Ventilen.
Comet (vom span. eometa , Reiterfahne,
Standarte, franz. eomette) ; früher Name des
jüngsten Offiziers einer Eskadron , weldher
die Standarte derselben trug, dem Fähnrich
der Infanterie entsprechend. Jetzt abge-
schafft. Oornette im 16. und 17. Jahrh. eine
Reiterkompagnie, [simskranz einer Säule.
Comlche (fr., spr. -nihsch). Karnies, Ge-
Oomlehe (Soute du O.), wegen ihrer land-
schaftlichen Schönheit weltber. Strasse von
Nizza längs der Biviera di Ponente (am
FuBS der Seealpen) nach Genua; von den
alten Römern angelegt und von Napoleon I.
erweitert; 207 Kilom. lang.
€onio (ital.). Hörn. O. di caceia (spr.
-katscha), Jagdhorn. Cometto, kleines Hom.
i'omoiiaille (spr. -walj), Landsch. in der
südwestl. Bretagne, um Ohateauliu, steril,
nur von Hirten bewohnt.
ComuB L. (Homstraueh, Hartriegel), Fflan-
zengattung der Kaprifoliaoeen. G. mas L.,
Komdkiraehbaum , Herlit*enairauch , baum-
artiger Strauch in Mittel- und Südeuropa
und dem Orient, Zierstrauch, liefert gutes
Nutzholz (ziegenhainor Stöcke) und geniess-
bare Früchte. C. sauguinea L., gemeiner
ff.f in Buropa und dem Orient, Zierstrauch.
Cornwall (Cornwallis), 1) (Hemoffthum C.)
südwestlichste Grafsch. Englands, am atlant.
Ocean, 64 QM. und 369,300 Ew., Halbinsel
voll unfruchtbarer Beige und Thäler, aber
mit wichtigen Bergwerken , bes. auf Zinn
(bei Palgooth) und Kupfer (zwischen Truro
und Kap Landsend). Hanptst. Launceston ;
bester Hafen Falmouth. — 2) Eine der
grössten Parryinseln im nördl. Bismeer,
zwischen Norddevon und derBathurstinsel.
ComwftlliSy Charte» Man», Marquis von,
brit. Ctoneral, geb. 81. "Dec. 1738, focht im
7jälir. Kriege, dann in Nordamerika, schlug
den amerikan. General Gates bei Gamden,
musste.sich 19. Okt. 1781 mit 8000 Mann an
Washing^ton ergeben. 1786 Generalgonver-
neur und Kommandant der Truppen In Ost-
indien, zwang erTIppo-Saib zur Unterwer-
fung und ordnete die Verwaltung Ostindiens.
1798 Gouverneur von Irland, unterdrückte
er einen Aufstand daselbst und leitete die
Union der Insel mit England ein. 1806
nochmals Gouverneur von Ostindien ; f &•
Okt. 1805 zu Gazepur. Seine ,Correspoii-
dence* herausg. yon Bo»» (8. Aufl. 18S9,8Bde.).
CorolU(lat., Korolle), in derBotanikBlume,
welche mit dem Kelch (calix) den äniseren
Blattwirtel der vollständigen Blüthe bildet.
CoroUarluM (lat.), Geschenk, Zugabe; in
der Logik ans einem bewiesenen Bäte sich
von selbst ergebende Folgerung.
Cormui (lat.), Krone, Kranz.
€orQner (engl.), in Eugland Beamter, wel-
cher von den zinspflichtigen Lehnsleuten
(Freeholders) einer Grafschaft gewählt wird,
um die Rechte der Krone wahrzunehmen,
hat bes. die Ursachen plötzlicher Todesfällu
unter Zuziehung von 12 Geschwomen zu
untersuchen und das gerichtl. VerfaJiren
wegen Mords oder Todtschlags einzuleiten.
Coronllla (Vintenoe), Goldpiaster, span.
Goldmünze aus dem 16. Jahrh. , =1 Tblr. 12Gr.
€orpoifle (lat.), in der kathol. Kircl»e
das geweihte leinene Tuch, worauf Hostieu-
teller und Kelch gestellt werden.
Corps (fr.), Körperschaft; beim Militareine
bedeutendere Truppenabtheilung, weldic
selbständig agirt, oder ein aus verschiedenen
Waffengattungen, in 2 oder 3 Divisionen
formirter Truppenkörper (Armeecorp») mit
eigner Verwaltung. G. de bataille, das zwi-
schen den beiden Flügeln der Schinchtlinio
stehende Hanptcorps. C de garde, Waeht-
mannscliaft, auch Wachtstube. C. de place,
der vom Hauptwall umschlossene innere
Theil einer Festung. O. volant, fliegendes
G., Streif- oder Freicorps.
Corpus (lat.), Leib, Körper; Körperschaft,
Gesellschaft, Gollegium'; Schriftgattung zwi-
schen Gioero und Bourgeois, womit zuerst das
Gorpus juris gedruckt ward, auch Oat-mond,
Bngi. Long Brimer ,fTtim,Pßiit ßomai« genannt.
Corpus ofttkolicornm und Corpus evange-
licomm (lat.), zwei geschlossene Körper-
schaften der deutschen Reichsstande , als
solche zuerst im nürnberger Religions-
frieden 1532 auftretend, förmlich anerkannt
durch den westphal. Frieden, indem ders.
bestimmte, dass in kirchl. Angelegenheiten
nicht nach Stimmenmehrheit entschieden,
sondern zwischen protestant. und kathol.
Ständen, als zwischen zwei gleich berech-
tigten Korporationen, auf gütliche Weise
verglichen werden solle. Die Bedeutung
beider Körperschaften erlosch mit dem Ende
des deutschen Reichs 1806.
Corpusenla (lat.), kleine Körpercheu; in
der Anatomie kleine knöcherne oder auch
drüsenartige Theile. C. primitiva oder phi-
loeophiea, 8. v. a. Atome ; dalier Korpuskular-
philoeophie s. v. a. Atomenlehre.
Corpus delicti (lat.), im Strafrecht der
Inbegriff der zu einem Verbrechen erforder-
lichen Handlungen und Wirkungen; auch
das Werkzeug, wodurch ein Verbrechen
verübt wurde, oder die Spuren desselben.
Corpus doctriniie (lat.), Sammlung kirch«
Hoher Bekenntniss- und Lehrschriften.
Corpus Juris (lat.), Name gewisser Samm-
442
Correggio — Gosel.
Inngeii von G^etxeü und Beehtsbüehem,
insbes. (0. j, dviU») der im IS. Jahrh. yu
einem geschlossenen Gänsen vereinigten
Rechtsböcher JnstiniaDS (Institutionen, Pan-
dekten , Oodex und NoTollen) nebst den
ihnen angehängten Sammlungen des lombard.
Lebnrechts (libri feudorum), herausg. neuer-
lich Ton Beck (1825-37, 8 Bde.; 1833-37,
3 Bde.) und von den (Gebrüdern Krieget,
fortgesetzt von Herrmamn und O^ea^rüggen
<18S6-48, 11 Hefte); deutsch von OUo, Schil-
ling und SinUnU (1880—33, 7 Bde.). — O. j.
canonici, eine ähnliche, aus dem späteren
Mittelalter herrührende Sammlung von
Quellen des kauon. Rechts, Koucilienbe-
schlüssen, päpstlichen Verordnungen etc.,
heraasgeg. von Richitr (1833 — 39, 2 Bde.);
deutsch von BchilUng und ßintenU (1835—39.
Correggio (spr. -edscho), Anicnio AUegri da,
ital. Maler, geb. 1494 bu Correggio im Mo-
denesischeu, erhielt seine Bildung durch
Franc. Bianchl Ferrari sn Modena und in
der Schule des Mantegna zu Mantna, kehrte
1513 in die Heimat zurück, war später auch
in Parma, kam 1527 In Besitz ansehnlicher
Landgüter , ward durch den Tod seiner Gat-
tin 1529 tödtlich erschüttei-t ; f 1534. Hervor-
ragend durch bezaubernde Lieblichkeit und
unwiderstehlichen Reiz seiner Gemälde;
Meister in der Kunst des Helldunkels.
Berühmteste Werke: die sogen. Zingarella
(Madonna auf der Flucht nach Aegypten
mitoriental.Kopf]pntz, Porträt seiner Gattin),
Madonna mit dem Kind, Kreuzabnahme
(Parma), heilige Nacht (Dresden), St. Hie-
ronymus (Parma) , Himmelfahrt der Maria
(Frescogemälde in der Domkuppel zu Parma),
lo und Leda (Berlin), DanaS (Rom), Jupiter
und Antiope (Paris), Eoce Homo (London),
hassende Magdalena (letztesWerk, Dresden).
Corr^se (spr. Korrähs) , Nebenfluss der
Vezdre im südwestl. Frankreich, mündet bei
Granges, UM. Danach benannt d&a Depart.
C, 106 QM. mit 310,843 Ew.; Hauptst. Tülle.
Corrib. See in der Irland. Grafsch. Gal-
way, 4 M. lang; Abfluss der Galway (zur
Galwavbai).
CorrlentM. Staat der argentin. Republik,
im NO., 2942 QM. und (1869) 129,023 Ew. ;
bes. im S. gut bewaldet, reich bewässert
und fruchtbar (Baumwolle, Tabak, Reis,
Zucker). Die JSauptti. C, am Parana, nahe
der Paraguaymündung, 16,000 Ew.: Hafen,
Museum (ehedem unter Bonplands Leitung).
Corrigeiida (lat.), das zu Verbessernde,
Druckfehlerberichtigungen. Corrigentia oder
Correctiva, mildernde Beimischungen zu
Arzneimitteln.
Corrodentifty s. v. a. Aetzmittel.
Conaky das Pelzwerk des sibirischen
Steppenfuchses (Caniscorsak, Vnlpes corsak).
Corso (ital., Lauf, Benribahn) , in Italien
Wettrennen reiterloser Pferde, dann das
Durchfahren der Hauptstrasse einer Stadt
reihenweise in schönen Equipagen, bes. am
Karneval, daher Name von Strassen. Am
bekanntesten der 0. in Rom , etwa 3500
Schritte lang, von der Porta del Popolo bis
zumFusse des Kapitels führend, Hauptschau-
plats der KarneTalsbelustjgungen,
Cortoy feste Stadt im Innern von Korsika,
am Tavignano, 5754 Ew. Universität Paoli.
CortM (span., von oorte, Hof, Residenz),
in Spanien und Portugal Name der Stände-
versammlung.
CortesOy Maler, s. Oourtoit,
Cortex (lat.), Rinde.
Cortes (spr. Kortes), Fernando, der Er-
oberer von Mexiko, geb. 1485 zu Medellin
(Estremadura), kam 1504 nach Westindien,
ward von Velasquez, dem Statthalter von
Cttba, mit U Schiffen, 508 (553) Soldaten,
110 Matrosen und 14 Geschützen 10. Febr.
1519 nach Mexiko gesandt, landete hier
April, zog 8. Nov. in Mexiko ein, ward
durch einen Aufstand genöthig^, die Stadt
(1. Juli 1520) wieder zu verlassen, eroberte
sie (13. Aug. 1521) von Neuem und unter-
warf auch die übrigen Provinzen des
Reichs. Von Karl V. zum Statthalter und
Geueralkapitän von ,Neu8panien' ernannt
und mit dem Marquisat Oaxaca belehnt,
begann er die Kolonisation de» Landes,
zog 1530 auf weitere Eroberungen aus und
entdeckte Kalifornien (1533). 1540 nach
Spanien zurückgekehrt, liegleitete er Karl V.
auf dessen Zug nach Algerien; f 2. Dec.
1547 zu Castilleja de la Cuesta bei Sevilla.
Vgl. Preecott, ,History of the conquest of
Mexico*, 1843; Folsom, ,The dispatches of
Hernando 0.', 1843.
Cortönft, Stadt in der ital. Prov. Arezzo,
im Chianathal, 3525 Ew.; her. Akademie
(Etrusca), Museum etrusk. Alterthümer.
Conua (spr. -ui^a), span. Prov. (Galicien),
144,7 QM. und 557,311 £w. Die HaupM.
La O., an der Nord westküste, Handelsplatz
ersten Ranges, 30,137 Ew. Seehafen mit
5 Forts; unfern der Thurm des Hercules
(alter Leuchtthurm, 100', von Trajan erbaut).
Corvfniis, 1) röm. Beiname, s. Meesala,
auch Hunyad und Matihiaa* — 2) Pseudo-
nym, s. Baabe,
CorTln-Wiersbitzkiy Otio JnUua BwrOMrd
von, Schriftsteller, geb. 12. Okt. 1800 in
Gumbinnen, stand erst im preuss. Militär-
dienst, lebte seit 1835 in Frankfurt und Leip-
zig, betheiligte sich AprU 1848 und Mai 1849
am Aufstande in Baden, füngirte in Rastadt
als Chef des Generalstabs, ward nach Ueber-
£^be der Festung kriegsrechtlich zum Tod
vernrtheilt, zu lOjähr. Zuchthausstrafe be-
gnadigt, büsste diese in Bruchsal ab. Okt.
1855 entlassen, widmete er sich in London
schriftstellerischen Arbeiten. Während des
amerikan. Kriegs Specialkorrespondent der
,Augsburg. allg. Zeitung*, auch 1870 während
des Kriegs mit Frankreich auf dem Kriegs-
schauplatze als Korrespondent thätig. Sehr.
,Der niederländ. Freiheitskrieg* (1847—49,
6 Bde.); ,Illustr. Weltgeschichte* (mit Hdd,
1844—51, 4 Bde.); ,Histor. Denkmale des
Christi. Fanatismus* (1845, 2 Bde.) : «Aus dem
Leben eines Volkskänipfers* (1861, 4Bde.) a.A.
Oorflvs, s. Hcuüstrauch,
CorymbDS (gr.), Doldentranbe, s. Dolde.
€o8 (a. G.), Insel, s. Ko.
Cosel (Coeaell), GrUfin von, Geliebte Kö-
nig Augusts U. von Polen, Tochter des
dän* Obersten Joachim von Brockdorf auf
Gosenza — Cotta.
443^
Deppenau im Holsteinischen, geb. 1680,
heirathete den säcbs. Slabinetsminister von
Hoymb, liess sich; nachdem sie mit August
bekannt geworden, von jenem scheiden,
ward Ton Kaiser Joseph sur Reichsgräflu
erhoben, behauptete sich 9 Jahre in der
Gunst des Königs, verscherzte diese durch
unbegrenzte Eifersucht und Herrschsucht.
1716 auf die Festung Stolpen gebracht, f ^^
das. März 1765.
Oosenn, Hauptst. der ital. Prov. Calabria
citer., zwischen den Flüssen Busento und
Crati, 11,649 Ew. ; gr. Kathedrale.
CoieroWy Dorf auf der Insel Usedom, am
Streckelberg; an Stelle des alten Vineta (?)b
Cosinus 9 in der Trigonometrie der Sinus
des Komplements eines Bogens oder Winkels
zu 900, also G. von 20 o gleich dem Sinus
von 700 und umgekehrt. [Theater.
Cosme, der Harlequiu auf dem spanischen
Cosmetica, kosmet. Mittel, Schönheits-
COBinns. s. Mediei, [mittel.
Com (£egel C, bei den Italienern
£egola deUa coaa), frühere Bezeichnung der
Algebra, von cosa, ital., s. v. a. unbekannte
Grösse. Cossisten, Algebraisten; coMische
Zahlen, die Poteozen und Wurzeln; cowische
Zeichen, die Symbole dieser Grössen; cowi-
Bcher Algorithmus, die Rechnung mit den-
selben, [schmerz.
Costa (lat.), Rippe; Cwtalgia, Rtppen-
Costa, Michele, Musiker, geb. Febr. 1804
zu Neapel, seit 18dO Kapellmeister der ital.
Oper in London, auch Hofkoncertdirektor;
Dirigent fast aller Musikfeste in England,
1869 zum Bitter erhoben. Seine Komposi-
tionen (Oper ,Dou Garlos', Orator. ,£lyS
Gesänge) noch wenig belcannt.
Costa-Rica (span., d. i. reiche Küste), die
südlichste und geordnetste der Republiken
Centraiamerikas , 1011 QM. mit 135,000 £w.
(*/« Weisse). Hochland (gegen 4000' h., ge-
sund) mit flachen Küstenrändern (meist
ungesund); zahlr. Vulkane (Irazu, Ghiriqui,
Turrialva u. a.) , häufige Erdbeben. Boden
sehr fruchtbar; Hauptprodukt: treffl. Kaffee
(jährl. über 100,000 Ctr. im Werth Ton
1 — 1 Va Mill. Doli.; seine Kultur 1832 von
einem Deutschen, E. Wallerstein, einge-
führt). Industrie fehlt. Kathol. Kirche
(Bischof von San Jos6); dabei durchaus
Religionsfreiheit, Präsident auf 3 Jahre
gewählt; Senat (85 Mitglieder) u. Kammer
von 29 Deputirten. Einkünfte: 1 Mill. Doli.
Staatsschuld nicht vorliauden. Armee:
1000 M. stehendes Heer, 5000 M. Miliz. Aus-
fuhr 1866: 1,938,900 DoIL, Einfuhr 2 Mill.
Doli. Freiliälen; Funtas-Arenas und (»eit
1868) Limon. 6 Provinzen. Hauptst. San
Jos6. — Das Land, 5. Okt. 1502 von Co-
lumbus entdeckt, 1514 von den Spaniern
zuerst besiedelt und bereits 1574 organisirte
Kolonie (Neu • Gartago). 1611 und 1709 Er-
mordung aller Spanier durcli die Indianer.
1821 Unabhäugigkeitsarklärung; dann einer
der 5 verein. Staaten von Mittelamerika,
sagte ^ich 1842 von der Föderation los und
konstitutrte sich als unabhängiger Freistaat,
gab sich 1847 «ine neue Konstitution, be-
theiligte sich unter dem Präsidenten Juan
Bafael Mora 1856 und 1857 am Kampf ««gen
den Flibustier Walker in Nicaragua. Mora,
Mai 1859 zum vierten Mal zum Pr&sidentea
gewählt, ward durch ein» Koalition der
Liberalen« und Fremden (Skigländer und
Deutsche) 14. Aug. gestürzt und yerbannt.
Unter dem Präsidenten Jos6 Maria Monta-
legre entwarf eine Oonstituante eine neno
Yer&ssnng, auf deren Grund 1860 eine Le-
gislative berufen ward. Mora landete 16.
Sept. 1860 mit Truppen zu Puntas-Arenas,
ward 28. Sept. geschlagen und kriegsrecbt-
lich erschossen. Seit April 1863 und Nov.
1868 Jesus Ximenes Präsident. Vgl. «. BHUm,
,G., der Freistaat in Mittelamerika etc.*,
1850; Wagner und Seherzef, ,Die Republik
CS 1856; fbngin, ,L'6Ut de a etc.*, 1863.
CosteTy Lattrens Jatuxoan, in Holland als
erster Erfinder der Buchdruckerkunst ge-
nannt, geb. um 1370 in Harlem, Brief-
drucker und Schöppe das.; f um 1440.
Cdte d*Or (spr. Koht d*Ohr, d. 1. Gold-
hügel), Depart. des östl. Frankreich, 159 QM.
mit 382,762 Ew., nach dem durch seinen
Wein ber. Gebirgetug de» C. tPO. benannt,
reich an Mineralquellen. Hauptst. Dijon.
Cotentin (spr. • tangtäng), die uordwestl.
Halbinsel der Normandie.
Cöte rdti (spr. Koht roti), Hügelreihe
an der Rhone (Depart. Rhone), mit treffl.
Rothweia.
Cdtes dm Nord (spr. Koht dtt Nohr, Nord-
küeten), Depart. des nordwestl. Frankreich
(Bretagne), am Kanal, 125 QM. mit 641,810
Ew. Hauptst. St. Brieuc.
CotlgUOlay Freiherr vom, s. Jochmua,
Cotoneaster X. (QuiUenmispel) , Pflanzen-
gattnng der Pomaceen. G. vulgaris Lindi.,
Zwergquitte, Steinmiapel, Strauch in Europa
und im Orient, liefert Nutzholz. Zier-
sträucher.
Cotopaxi. Vulkan in den Gordilleren von
Quito, 17,710' h.; fast stets thätig.
Cotta 9 Joh. Friedr,, Freiherr von, deut-
scher Buchhändler, geb. 27. April 1764 zu
Stuttgart, übernahm Dec. 1787 zu Tübingen
die J. G. Cottasche Buolihandlung, gründete
1798 die ,Allgem. Zeitung*, siedelte 1810
nach Stuttgart über, errichtete 1824 die
J. G. Gottasche Verlagsexpedltion in Augs-
burg und bald darauf die literar. - artist.
Anstalt in München. Seit 1819 Mitglied
des würtemborg. Landtags und seit 1820
ritterschaftlicher Abgeordneter des Sohwarz-
waldkreises, ward er 1824 Vicepräsideut
der zweiten Kammer; f ^* "Dee, 1832,
als 0, von OoUendorf geadelt. Das Geschäft
ging an seinen Sohn, den Freiherrn Oeorg
von C, geb. 19. Juli 1796, und an seine
Tochter Ida (geb. 8. Dec. 1806, vermählt
seit 1824 mit dem würtemberg. Kammer-
hermFreiherm v.Reischach, 1 9. Febr. 1862)
über* Ersterer setzte das Geschäft fort, ver^
legte zahlreiche Ausgaben deutscher Klassi-
ker, namentl. Schillers und Goethes, kaufte
die G. J. Göschensohe Verlagshandilung in
Leipzig (1. Jan. 1845) , gründete eine Bibel-
anstalt zu Stut^art und München, ward
1821 bayer. Kammerherr und mehrmals
Mitglied der würtemberg, Ständeversamm-
444
Cottft — Courbet.
lang; f 1. F*br. 1863. Sein ältester Sohn,
Wr^err Georg -Attotf vn C, geb. 30. Jan.
189Ö) wurtemberg. Kammerherr , erbte die
Herrsobaft Pletienberg nnd das Rittergut
Hipfolhof. Das Geschäft gehört sämmtlicheu
Oliedem der Familie gemeinsohaftlich.
Cotta^ Bernhard iren, Qeognoflt, Sohn des
forstwirthschaftl. Schriftstellers Seinrich C.
(geb. 1763, 1 1S^)> S«b- ^- Okt. 1808 auf der
kl. Zülbach im Eisenachschen , seit 1842
Profestor an der Bergakademie in Freiberg,
bearbeitete mit Naumann die geognostische
Karte des Könjgreiclts Sachsen (1832—48),
lieferte dann eine solche von Thüringen
(1848—48). Sehr. ,Gleognostische Wande-
rungen* (1836—38, 2 Bde.); .Anleitung flum
Stadium der Geognosie u. Geologie* (3. Aufl.
1849); «Ctoologische Bilder* (4. Aufl. 1861);
,Briefe über Humboldts Kosmos* (1850 — 51,
3 Thle.); .Deutschlands Boden* (2. Aufl.
1858); .Oesteinslehre* (2. Aufl. 1862); ,Lehre
von den Erelagerstättea* (9. Aufl. 1859—61) ;
»Geologie der Gegenwart* (3. Aufl. 1871);
fEntwickelungsgeseta der Erde* (1867) u. A.
Gibt seit 1847 die ,6ang8tudieu' heraus.
Cottage (fi*. , spr. Kottahsch, engl., spr.
Kottäd seh), Hütte, ländliches Hans. CfoUäge-
sy»tem, in England die Einrichtung, wobei
man den Feldarbeiten! Häuser mit kleinen
Grundstücken zu niedrigem Zins öberlässt.
Cottlsehe Alpen 9 Kette der Westalpen,
Tom Monte Viso (11,800') bis Mont Cenis, mit
westl. VenSweigrungen in der Dauphin^. Im
W. der Mont Ollan (13,000*), Mont Pellevoux
(12,200'). Hauptpass über den Mont Gen&vre
(5740') von Brian^on nach Susa.
Cimey (spr. Kussi), Jlaoul, KaeteUan von,
nordfranz. Dichter, um 1190, begleitete
wahrscheinl. Pliilipp August und Richard
I/owenherz auf dem Krenzzug. Seine Liebe
zur Dame von Fayel bot den Stoff zu
einem altfhinz. Roman (heransg^. von
Orapehl 1829) u. war sprichwörtlich. Beste
Ausgabe seiner , Chansons* von Michel (1880).
Couder (spr. Kudeh), AuguUe, franz.
Historienmaler, Schüler Davids, später
R^nauUs, erregte zuerst 1817 mit seinem
Leviten von Ephraim Aufiiehen, studirte
18^ in München die Frescomalerei, leistete
später (1836—40) bes. durcli seine Darstellun-
gen aus der firanz. Geschichte Bedeutendes.
Hauptwerk (in Versailles): die Eröffnung der
allgemeinen Reichsstände 1789.
Covlllet (spr. Kulljeh), Dorf in der belg.
Prov. Hennegau, 4500 Ew. Grossart. Eisen-
hüttenwerk, [kommend.
ComUnt (flr.), leicht, gefällig, ent^gen-
Coulcvr (fir.), Farbe ; Z»ekere<mlear, s. v. a.
Karamel lö sang.
CoBlMlen (spr. Knimieh), franz. Ort,
nördl. bei Orl6ans; 9. Nov. 1870 Treffen
zwischen dem 1. bayer. Corps (ca. 30,000 M.)
nnd der franz. Loirearmee unter Aurelles
de Paladine (ca. 60,000 M.) ; erstere mussten
zurückweichen, wodurch Orleans wieder in
franz. Besitz kam.
Bommel (engl., spr. Kauns'l , abbr. statt
OownaMor, Rath), techn. Bezeichnung der
Advokaten in England. Queem- (spr. Kwihns)
0. (Kings- O.), Rath der Königin (des Kö-
nigs) , auszeichnender Titel der Sergeants-
at-law, welcher zum Tragen eines seideneu
Talars berechtigt.
Covnty (engl., spr. Kaunti), Grafschaft;
in Engtand und Kordamerika polit. Ein-
theilung, s. v. a. Departement oder Kreis.
Conp (tr.f spr. Ku), Streich, Schlag,
Unternehmen, meist mit übler Nebenbedeu-
tung. C. d^dtat, Staatsstreich, gewaltsamer,
nicht auf verfassungsmässigem Wege er-
folgender Akt der Staatsgewalt. C. de niain
(spr. d^mäng) , Handstreich , in der Krisgs-
spräche rascher gelungener Angriff. C.
d'oeÜ (spr. d*ölg), rascher Ueberblick;
■auch richtiges Angeumass. O. de th4dire,
Theaterstreich, auf überraschenden Ein-
druck berechneter Vorgang auf der Bülino.
Covperin (spr. KupVäng), Frang. , frau«.
Komponist nnd Klaviervirtuos , gob. 1668,
seit 1701 Hofpianist; f 1733 in Paris. Seiiio
Kompositionen jetzt vielfach wieder hor-
vorgesucht und gespielt.
Coaplet (fr., spr. Kupleh), Strophe; kleines
Strophenlied, meist mit Refrain, in ko-
mischen Opern und Vaodevilles.
Coupons (fr., spr. Kupong, Zinseofipom,
Zinnleiaten) , die den Staatsobligationen uud
Aktien auf eine Reihe von Jahren behufs
der Erhebung der terminlichen Zinsen und
Dividenden beigegebenen Quittungen, welclie
zur Verfallzeit abgeschnitten werden , um
an dieAnszahlungsstelle zurückzugelangen.
Der die C enthaltende Bogen lieisst Zifts-
bogen, an dessen Ende oder Anfang sicli
gewöhnlich der sogen. Talon (Ferse) be-
findet, gegen dessen Rückgabe, wenn die
daran befindlichen 0. ausgezahlt sind, der
neue Zinsbogeu ausgehändigt wird. Dient
der letzte Coupon zu diesem Zweck, so heisHt
derselbe Sliehcoupon.
Cour (fr., spr. Kuhr), Hof, bes. die Ver-
sammlungen bei Hof, bei welchen man
seine Aufwartung macht; daher Courlage,
die Tage, an welchen solche Statt finden;
courfäkig, von Personen, welche dabei er-
scheinen dürfen. C. auch Gerichtshof.
Conrage (ft*., spr. Kurahsch), Mutli;
courageux (spr. kuraschöh), mnthig, beherit.
€oarant (fr.), diejenige Münzgattung
eines Landes, welche genau nach dessen
Hauptmünzftiss ausgeprägt ist, im Gegen-
satz zur '(Scheidemünze. Orobcourant, die
grössten Stücke eines Münzftisses. In Ham-
burg, Lübeck, Schleswig - Holstein ist G.
eine eigene Währung, an ersterem Platz
die Valuta des gemeinen Verkehrs und
Kleinhandels, im Gegensatz zu der im
Grosshandel gebräuchlichen Bankwährnng;
in letzteren beiden Staaten die Landes-
Valuta. 1 C. -Marie =r ^e TliTr. preuss.
€4Hinintlliy Fluss, s. Corentpn.
€oiirb«t (spr. Kurbeh), Qtutave, franz.
Maler, geb. 10. Juni 1819 an Omans (Doubs),
lebt in Paris. Eine der elgenthümlichsten
Erscheinungen der modernen Kunst ; extre-
mer Naturalist n. Feind aller akademischen
Regeln, gleich bewundert u. augefochten.
Hauptwerke: Begräbniss zu Omans (1849),
Steiaklopfer (1852), zwei Wefber Ins Bad
steigend (1853), Ringetgrnppe (1858) etc
• »
Courbette — Cowley.
445
daneben treflfl. Landschaften (Behlager,
1866) und kraftvolle Thierstücke (Hirach-
betze). [Galop.
Courbette (fr.)i in der Beitkunst kuTEor
CourbeTwe (spr. Knrbwoa), Stadt im
frans. Depart. Seine, an der Seine, nord-
vestl. bei Paris, 10,500 Ew. S. und 7. Api-il
1671 Kampf zwischen den Truppen der franz.
SegiemuK und den pariser Insurgenten.
(^uroeUes. franz. Flecken, östl. von Metz;
14. Aug. 1870 siegr. Treffen des Generals
Steinmetz (1. und 7. Corps) gegen die ftanz.
Arridregarde vor Metz, die bis auf das
Glacis der Festung zurückgetrieben wird
(1. Tag der Schlacht von. Metz). Während
der Belagerung der Stadt 27. Sept. 1870 be-
deutender, aber erfolgloser AusfaU,
Conromieineiit (fr., spr. Kuronnmäng),
Krönung, in der Kriegsbaukunst ein auf
dem Glacis von den Belagerern erbauter
Laufgraben, von dem aus die Besoente
(Niedergang) zum Graben für den Sturm
hinabgeführt wird.
Conrs (fi*., spr. Kuhr), s. Kurs*
Conrsevle (spr. Kursöhl), Fischerdorf im
franz. Depart. Calvados, am Meer; be-
suchtes Seebad; Austembänke.
Court (engl., spr. Kohrt), Gerichtshof«
Courtage (fr., spr. Kurtahsch), Mäkler-
lohn , die Gebühr , welche* der Mäkler für
jedes durch seine Vermittelung abge-
schlossene Geschäft erhält, gewöhnlich von
Käufer und Verkäufer; Im Effektenhandel
i/io bis V« Proc, im Waarenhandel mehr.
Courtine (tc.j spr. Kurtihn), Vorhang,
bes. im Theater; in der Kriegsbaukunst bei
' bastionirten Befestigungssystemen der Je
zwei Bastionen mit einander verbindende
Mittel- oder Zwist^enwalL (Jourtinenputikt,
der Punkt, wo sich die C. an die Bastions-
flanken anschliesst.
CourtiMU (fr.), Höfling; Buhler; auf dem
alten deutschen Theater die lustige Person.
CourtiMne, vornehme Buhlerin.
Courtoift (spr. Kurtöa, ital. Cortete),
Jacquen, gen. Bourgignon oder JBonrguignon^
(ital. Borgognone) , ber. franz. Schlachten-
maler, geb. 1621' zu St. Hippolite in der
Franche-Comt^, kam frühzeitig nach Italien,;
t 1676 zu Rom. Bilder von ihm, oft flüch-
tig gemalt, aber durchgängig von grossem
dramatischen Leben, in allen grösseren
Sammlungen Europas.
Conrtoisle (fr., spr. Kurtoasih), feines,
höfisches Benehmen; ritterliche Galanterie
Frauen gegenüber.
Courtray (spr. Kurträ, hol!. Kortryk,
spr. - eik) , Stadt in der belg. Prov. West-
flandem, an der Lys, 23,594 Ew. Feinste
Leinwand- und Damastweberei. Hier 4.
Juli 1303 die ber. Sporentchlaeht , Sieg der
Flamländer unter dem Grafen von Namur
über die Franzosen unter Robert von Artois.
Cousin (spr. -sang), Victor, franz. Philo-
soph, geb. 88. Nov. 1799 zu Paris, hielt seit
1815phil08. Vorlesungen, ward 1830 Staats-
rath, Oberaufseher des ofientlichen Schul-
wesens, Mitglied der franz. Akademie,
1838 Direktor der Nomialsohule uud
Pair, im Ministerium Thiers vom 1, ^jz
1840 Unterrichtsminister, trat nach 1848
aus dem öffentlichen Leben zurück; f 13.
Jan. 1867 zu Cannes. Als Philosoph Eklek-
tiker, ohne Selbständigkeit und tiefer»
Gründlichkeit. Bekanntestes Werk die
jHistoire g6n6rale de la Philosophie' (7. Aufl.
1867). Sehr, ausserdem ,De Pinstruction
publique dans quelques pays de TAUe-
magne etc.* (3. Aufl. 1840, 2 Bde.; deutsch
von Krüger 1832 — 33, 2 Bde.); ,Cours
d'histoire de la Philosophie moderne* (1S41);
jCours d^histc^re de la Philosophie morale
au XVme siöde* (1840 — 41, 5 Bde.); «Frag-
ments philosophiques* (1826 und oft«*) u. A.
Besorgte eine Ausgabe der Werke Abalards
(1849 u. 1859, 2 Bde.) und eine Uebers. von
Piatos Werken (1825—40, 13 Bde.). Vgl.
AI(wx,.,La Philosophie de C, 1864.
Coatances (spr. Kutangs), Fabrik- und
Handelsstadt im franz. Bepart. Manche, an
der Sottle, 8159 Ew. Kathedrale; röm.
Aquädukt.
Coutras (spr. Kutra), Stadt im franz.
Depart. Gironde , an der Dronne, 3883 Ew.
Einst ber. Schloss (jetzt verschwunden),
wo Katharina von Medici, Margaretha von
Valois mit ihrem Gemahl Heinrich IV. Hof
hielten. 20. Okt. 1587 Sieg Heinrichs von
Navarra über. Heinrich III.
Coutume (fr., spr^ Kutühm), Herkommen,
Gewohnheit; auch Gewohnheitsrecht.
Couture (spr. K\itühr), llionuu, franz.
Maler, geb. 21. Bec. 181JS zu Senlis, Schüler
von Gros und Delaroche, lebt in Paris, wo
er in den fünfziger Jahren zahlr. Schüler
bildete. Ausgezeichnet durch Eleganz der
Zeichnung, verbunden mit glänzendem Ko-
lorit. Hauptwerk: die röm. Orgie (1847);
ausserdem : die Liebe zum Golde , der
Triumph der Cmirtisane u. a.
Couvert (fr., spr. Kuwähr), Umschlag,
bes. für Briefe; Tischgedeck für eine Person,
Cot«, Stadt, s. QueenstowH.
Covenant (engl., spr. Kownänt), Ueber-
einkuuft der Schotten 1638 zum Schutze
der presbyterian. Kirchenverfassung gegen
die Uebergrifi'e des engl. Episkopalkirchen-
thums; daher Covemmters, Presbyterianer.
Coventgarden, s. London.
Coventry (spr. Kohwentri), Fabrik- und
Handelsstadt in der engl. Gi*afsch. War-
wick, am Sherboui*ne, 40,936 Ew. Ein Haupt-
sitz der Seidenflibr. Taschenuhren.
Covingtou (spr. - wingt'n), Stadt in Ken-
tucky (Nordamerika), am Ohio, Cincinnati
gegenüber, (1870) 24,505 Ew.
CovOlO (deutsch Kofel), Engpass imtirol.
Kr. Trient, an der Breuta, mit Strasse von
Tirol nach Italien.
Cowes (spr. Kans), Stadt in der engl.
Grafsch. Sonthampton, an der Südküste,
5482 Ew.; beliebtes Seebad.
Cowley (spi. Kauli), 1) ^ftraAam,engl. Dich-
ter, geb. 1618 zu London, in den polit.
Unruhen strenger Royalist, lebte mehrere
Jahre in Frankreich; f ^o. Juli 1667 zu
Ohertsey a.d. Themse. Bes. in der Ode durch
Gedankenfülle und kräftige Diktion, ebenso
in der Elegie und im Liede hervorragend ;
minder geUingea seine dxamat* u, epischei^
446
Cowper — Credit mobilier.
Gedichte. Werke herausg. von Aikin (1802,
3 Bde.) , Burd (1868). — 2) ffen>-p RicTiard
(^arle$ Weütaley, Oraf, engl. Diplomat und
Staatsmann, geb. 17. Jnli 1804, ward 1832
Legationssekretär in Stuttgart, 1843 In
Konstantinopel, 1848 Gesandter bei der
Eidgenossenschaft, dann in Frankfurt bei
der Gentralgewalt und beim Bundestag;
seit 1852 Botschafter in Paris , wo er 1856
als zweiter Bevollmächtigter Englands beim
Friedenskongress itingirte und 4. Mäns 1857
den Frieden mit Persien schloss. 4. April
xnm Viseount Dangan und Grafen erhoben ;
schied 1867 aus dem Staatsdienst.
Coirper (spr. Kaup-), WÜliam, engl. Dich-
ter, geb. 26. Not. 1731 eu Berkhamstead
(Hertford), f 27. April 1800. Bestes Werk
das Lehrgedicht ,The task* (1785). ,Work8<
herausg. von Southey (1837—38, 15 Bde.).
Coxa (lat.), Höfte; Ooxalgia, H&ftweli.
Crabbe (spr. Kräbb), George, engl. Dich-
ter, geb. 24. Dec. 1754 zu Aldborough
(SufTolk), seit 1813 Pfarrer zu Trowbridge
(Wiltshire); t 3. Febr. 1832 in London.
Ein Dichter der Wirklichkeit, und zwar
des niedem Lebens, das er sicher u. genau,
aber ohne poetische Verklärung schildert.
Hauptgedichte: ,The village', ,The parlsh
register', ,The borough-tales*, ,Tales of the
hale' etc. Werke (1884, 8 Bde., u. öfter).
Crag' (engl. , spr. Krag) , weisser eisen-
schüssiger Sand, theilweise Sandstein von
sehr Junger Bildung , an den Kosten Eng-
lands, Frankreichs und der Niederlande.
Crambe L* (Sfeerkohl), Pflanzengattung
der Kruciferen. G. maritima L., an den'
europ. Küsten, als Gemüsepflanze kultivirt.
G. tatarica L., von Mähren, Ungarn bis zur
Tatarei, mit geniessbarer Wurzel.
Cmnaeh (eigentl. Sunier), Lukas, Maler,
geb. 1472 in Franken, seit 1504 Hofmaler
Friedrichs des Weisen von Sachsen, stand
zu dem sächs. Fürstenhause überhaupt in
freundschaftlichen Beziehungen, folgte Joh.
Friedr. dem Grossmüthigen sogar ins Ge-
fängniss, war eine Zeitlang Bürgermeister
zu Wittenberg; f 16- Okt. 1553 zu Weimar.
Eifriger Anhänger der Reformation, deren
Verhältniss zur überlieferten religiösen
Anschauung er in mehreren seiner Altar-
bilder (in Schneeberg, Wittenberg, Weimar)
einen Ausdruck zu geben suchte. Seine
Bilder ausserordentlich zahlreich und in
der Ausführung sehr verschieden; den
bessern ist ein Zug von Gemüthlichkeit
und naiver Schalkhaftigkeit eigen. Vgl.
Schuchardt, ,G. des Aeltem Leben und
Werke«, 1851—71, 3 Bde. — Sein Sohn Lukas
(a der Jüngere), geb. 1515, f 158« «« Wit-
tenberg, vorzügl. Porträtmaler.
Cranner (spr. Kränmer), l%ofncu, engl.
Reformator, geb. 2. Juli 1489 zu Aslacton
(Northampton), seit 1524 Lehrer der Theo-
logie zu Cambridge, ward als Kaplan
König Heinrichs VnL von diesem 1531 nach
Deutschland gesandt, um den Kaiser KarlV.
für die von Heinricl} YHI. beabsichtigte
Scheidung von Katharina von Aragonien zu
gewinnen, hier mit den Reformatoren be-
kannt und verhelrathete sich Ijisgeheim mit
einer Nichte des Pfarrers Oslander zu
Nürnbeig. Nach seiner Rückkehr zum
Erzbischof von Canterbury erhoben, schied
er 1533 die königl. Ehe, wirkte für die Re-
formation und übersetzte 1539 die Bibel ins
Engl. Nach Marias Thronl«steignng (1553)
eingekerkert, erlitt er 21. März 1556 deu
Feuertod. Biogr. von Todd (1831, 9 Bde.).
CnpdU (lat.), Rausch, Kopfweh als Folge
davon ; crapuliren , schwelgen , sich be<
rauschen.
Crarafila L. (Dickblatt), Pflanzen gattnng
der Krassulaceen , Kräuter und Sträucher,
meist vom Kap, 80 Arteji , Zierpflanzen.
Craanu (d. i. der Dicke) , Marcus Licinius,
Dives, d. i. der Reiche, genannt, geb.
115 V. Chr., diente unter Sulla als Legat,
besiegte als Prätor 71 den Spartacus, ward
70 Konsul mit Pompejus, schloss sich dann
an Cäsar an und bildete mit diesem und
Pompejus das erste Triumvirat, ward 55
neben letzterem wieder Konsul, ging als
Prokonsul nach Syrien , bekriegte die Par-
ther, ward 53 meuchlings erschlagen. Nach
Plinius hatten allein seine Landgüter einen
Werth von mehr als 8000 Talenten.
CratSgiu L. ( Weissdom), Pflanzengattnng
der Rosaceen. C. Azarolus L,, Azarottime,
wSlsche Mispel f Im Orient und in Nord-
italien , mit gdniossbaren Früchten. C.
Oxyacantha L., Hagedom, in Europa, bes.
zu Hecken geeignet. C. Pyracantha Fers.,
Feuerstrauch, in Südeuropa und dem Orient.
Ziersträucher in zahlreichen Varietäten.
Crati, Fluss in Unteritalien (Kalabrien).
mündet in den Golf von Tarent, 13 M. Au
seiner Mündung lag das alte Sybaris.
Cran (spr. Kroh , bei den Römern campt
lapidei, d. i. steiniges Gefilde), unfrucht-
bares Kieselfeld in Südfrankreich, im 0.
der Rhonemündungen, 9—10 QM.
Crawfbrd (spr. Krahford) , Thomas , her.
amerik. Bildhauer, geb. ». März 1818 su
Newyork, f 16. Okt. 1857 in London. Haupt-
werke: Orpheus und das Standbild Beetho-
vens (Boston), die kolossale Reiterstatue
Washingtons (Richmond), die Statue der
Freiheit und der Genius Amerikas (Kapitol
zu Washington). [Zeichenstift.
Cravon (ft-. , spr. Krejong), farbiger
Cr^billon (spr. -iljong), ifJolyot Prorper de
(X (C. der Aeltere), franz. Dramatiker, geb.
13. Jan. 1674 zu Dfjon, seit 1731 Mitglied der
franz. Akademie; f 17. Juni 1762 zu Paris.
,Le Terrible' genannt wegen der Greuel,
mit denen er seine Stücke würzte; das
beste ,Rhadamiste* (1709). ,0euvre8* (1750,
2 Bde., u. öfter). — 2) Claude Prosptr Jotyot
de G. (C. der Jüngere), Sohn des Vor., geb.
14. Febr. 1707 zu Paris, f !*• April 1777;
brachte die lascive Romanschriftstelleroi
zuerst in Schwung; am berüchtigtsten
,L^£cumoireS ,Ah, quel conte!*, ,Le sopha'
etc. ,0euvres' (1779, 7 Bde.)«
Cr^cy (Cressy), Stadt im franz. Depart.
Somme, an der Maye, 1748 Ew. Hier 26. Aug.
1346 Sieg der Engländer unter Eduard UL
über die Franzosen unter Philipp VI.
Credit mobilier (fr., spr. Kredi mobi^eb),
a. KreditanstalUn*
Creditor — Cricket.
447
€r«ditor (lat.), Gläubiger.
Credo (lat., d. h. ich glaube), das apostoU
Glaubensbekeuatniss; in der Hus. dritter
Theil der Hesse, welcher das CHaubens-
bekeuntniss enthält. [Bach.
Cre«k (engl. , spr. Krihk) , kleiner Finss,
€reelLB(spr. KTihkSt^uskogü), nordamerik.
Indianenrolk der Floridafamilie, seit 1833
im Indianerterritorinm links am Oanadian
angesiedelt, 1866: 14,400 Köpfe; Acker-
bauer und Viehzüchter.
Crees (spr. Krihs, Kn%»tino$), nordamerik.
Indianenrolk, vom Stamm der Algonkin-
Lenape, zwischen der Hudsonsbai, dem
Athapascasee u. dem Felsengebirgo; Qram-
matik ihrer Sprache von How$e (1844).
Crelingery Auguste, geb. Düring, bor.
Schauspielerin , geb. 1795- zu Berlin , trat
das. unter Ifflands Leitung zuerst 1795 auf,
seit 1817 mit dem Schauspieler Stich , nach
dessen Tode 1827 mit Otto C. (f 1849) yer-
heirathet; unausgesetzt Mitglied der ber-
liner Hofbühne, erst im weibl. Heldenfache,
später in leidenschaftl.» Mutterrollen glän-
zend; seit 1863 von der Bühne zurück-
gezogen ; t 10. April 1865. — Ihre Tochter
Klara Stich, seit 1838 ebenfalls Mitglied
der berliner Hofbühne, seit 1848 mit dem
Schauspieler Franz Hopp6 (f 1849) , dann
mit dem Schauspieler Lindtke verheirathet,
geschätzt im Fach der naiv • sentimentalen
Rollen; f 10. Okt. 1862.
Crdme (fr. , spr. Krähm) , Milchrahm ;
rahmartige Speise aus Eiern mit Vanille,
Ghokolade etc.; höhere Gesellschaft.
CremieBX (spr. Kremiöh), laaac Adolphe,
franz. Advokat, geb. SO. April 1796 zu
Nismes, Israelit, ward 1830 Advokat am
Kassationshofe zu Paris, bekämpfte, seit
1842 Mitglied der Kammer, heftig das
Ministerium Guizot und förderte die Be-
formbewegung, ward nach der Februar-
revolution 1848 Mitglied der provisor. Ke-
glemng, bekleidete bis 7. Juni das Justiz-
ministerium. Als Mitglied der Constituante
stimmte er mit der demokrat. Linken, be-
günstigte die Kandidatur des Prinzen Ludwig
Kapoleon, trat nach dessen Wahl zum
Präsidenten zur Opposition über, bekämpfte
Als Mitglied der Legislative die Koalition
der alten monarch. Partelen , ward beim
Staatsstreich 2. Dec. 1851 verhaftet und
nach Mazas abgeführt, bald wieder frei'
gelassen, beschränkte sich seitdem auf
seine advokator. Praxis. Seit Sept. 1870
Mitglied der provisor. Regierung, insonder-
heit der Regierangsdelegation zu Tours
und Bordeaux, hielt er zu Gambetta, ward
dann Mitglied der Nationalversammlung.
CremöBft, ital. Prov., in der Lombardei,
31,6 QM. und 285,148 Ew. Die HauptU. 0.,
am Po, 31,001 Ew., prächt. Dom mit 385'
h. Glockenthurm (754 — 1284 erbaut) und
her. Battisterio (gr. Rotunde mit Marmor-
vase, von 900). Im Alterthum berühmt
durch sein Amphitheater; später durch die
cremonewr Geigen (von Amati, Stradivarius,
Guaroeri u. A.).
Cremor (lat.), Rahm. 0, tartari, Wein-
steinrahm, gereinigter Weinstein.
Creneanx (fr. , spr. - noh) , Schiesslucher
oder Spalten in (krenelirten) Mauern und
Wänden für Infanteriefeuer.
Crepe (fr., spr. Krähp), krauser Flor.
Crepvsculttm (lat.), Abenddämmerung.
Crepy ( G. e» Laortnois, spr. -ang Lonnäh),
Dorf bei Laon; 18. Sept. 1544 Friede zwi-
schen Franz I. und Kaiser Karl V.
GrescMido (ital., spr. kreschendo), wach-
send; zunehmend im Ton.
Cregpy (spr. Krepi), Ort, s. Orepy.
Cre»sy, Flecken, s. Orecy.
Creswick. Thonuu, engl. Landschaftsmaler,
geb. 1811 in Sheffield, seit 1851 Mitglied
der AkadMnie zu London; f das. Dec. 1869.\
Beliebteste Gemälde : Weald of Kent, Home
by the Sands, Wind on shore, The London
Road a Century ago.
Creta (lat.). Kreide. [einer Brustwehr.
Crete (fr., spr. Kräht), höchste Kante
CreticttSy Yorsfuss, s. Amphimacer.
€retin (fr., spr. -täng), Individuum mit
gehemmter- psychischer Entwickelung und
erheblicher körperlicher Missgestaltui^g. Der
sogen, alpine O-etinitmue , stets endemisch,
kommt bes. in den Alpen (Savoyen, Wallis,
Graubünden, Uri etc.), am Himidaya, in
den Cordilleren vor. Die Kranken haben
stets einen Kropf, der Schädel zeigt Ver-
unstaltung durch frühzeitige Yerwachsung
seiner Nähte, bes. häufig Microcephalus
(s. d.), seltener voluminöser Kopf; grober
Körperbau, breite Stumpfhase, alte Ge-
sichtszüge; überwiegend die apathische,
düstere Gemüthsbescbaffenheit. Ei'ste Gre^
tiuenanstalt auf dem Abendberge bei Inter-
laken (1841). Vgl. die Schriften von Helferich
(1850), Stahl (1851), Guggenbühl (1853), Fro.
Hev (1856), Jirandea (1862).
CrevM (spr. Kröhs), Nebeufluss der
Vienne im Innern Frankreichs, mündet
unterhalb La-Haye, 32 M. Danach benannt
das Deport. C, in der Landschaft Marche,
101 QM. und 274,057 Ew. Hauptst. Gu6ret.
Crenx de Champs (spr. Kröh dö Schang),
Oei-tlichkeit im Kanton Waadt bei Aigle,
eine von den Felsmasaen der Diablerets um-
schlossene Wieseneinöde. — O, du Vent (spr.
du Wang), Felsenamphitheater im Kant.
Neuenburg, im Traversthal, 4512' h.
Crenser, Qeorg Friedr., Phiiolog und
Alterthuinsforscher, geb. 10. März 1771 zu
Marburg, seit 1804 Prof. der Philologie und
alten Geschichte zu Heidelberg ; f 16. Febr.
1858 zu Heidelberg. Hauptwerk: , Symbolik
und Mythologie der alten Völker, bes. der
Griechen* (3. Aufl. 1837-44, 4 Bde.). Seine
darin niedei^elegten Ansichten wurden be-
kämpft von G. Hermann, J. H. Voss und
Lobeck. Selbstbiographie ,Aus dem Leben
eines alten Professors* (1848) nebst ,Para-
lipomena* (1858).
Crencot (spr.Kröso), ludustrieortlm franz.
Depart. Sa6ne-Loire, belAutun, 16,099 Ew.;
grosse Kohlenwerke, Maschinenfabiiken, die
wichtigsten Kanonengiessereien u. grossten
Eisenwerke Frankreichs. Eigenthum von
Schneider, ehemal. Präs. des Corps legislatif.
Crlekety engl. Ballspiel, wird mit Ball-
kellen (bats) gespieU, wobei es fich darum
448
Grida — Crotdn.
handelt, die Gegeopartie su verhindern,
kleine, in die Erde gesteckte Stäbchen
(wickets) %n treffen.
Crldft (mittellat.) , 8. y. a. Konkurs; da-
her Oridar, €(einein8chaldner im Konkars.
CrlMen (lai.), Verbrechen. 0. laesa« rmaje-
iUUi», Majestätsrerbrechen ; e. aoAitu», Amts-
erschleichung; c. residui oder de re$idui»,
Verbrechen, darin bestehoid, dass man
öffentliche Gelder, die man zu einem be-
stimmten Zwecdce empfiuigen, nicht Ter-
wendet hat; c. jMrdueUioni», Hochverrath;
o. vi», jede absichtlich wider fremde Per-
sonen nnd Sachen rerabto Gtewalt ; crimüM-
liter, peinlichi anf Tod und Leben.
Crinmi L. (Hakefdilie), Pflaozengattnng
der Amaryllideen, gegen 00 Arten, aus Ost-
asien, Südafrika u. Südamerika, Zierpflanzen,
einigre mit Arzneikräften.
Crfipiiiy komische Maskenrolle des franz.
Theaters, entweder sehr pfiffiger oder sehr
ungeschickter Bedienter.
Utepinngy Helliger, übte in Soissons das
Schuhmacherhandwerk, stahl nach der
Legende Leder, um den Armen Schuhe
daraus zu machen (daher Critpitutden , auf
Kosten Anderer erzeigte Wohlthaten); t ^^
als Märtyrer. Tag «5. Okt.
Criaot (fr., spr. -so), tombakartige Le-
girung, bes. zu Uhren.
Croeela (ital., spr. -tscha, lat. eroeta),
die rothe Kardinalskleidung.
Crochet (fir., spr. Kroscheh), Art von klei-
nerem Waffenplatz oder Halbparallele in
den Winkeln der Tranchfen, bestimmt, den
EnfllirschusB in die Laufgräben zu Ter-
hindern und Ausfallen aus der Festung zu
begegnen.
Crocns X. (Ba/ran), Pflanzengattung der
Irideen. O. sativus L., achter , HerhsUafran,
in Vorderasien und Griechenland, angebaut
in Kaschmir, Persien, Kleinasien, Arabien,
Spanien, England, Oesterreich, bes. bei
Orltons, liefert den Safran. G. Temus AU.,
Frilhlingsst^frcm , und G. luteus Ziaf»., j7el(er
Safran, Zierpflanzen.
Crolsades (fr., spr. Kroasahd), Kreuzzöge;
Kreuzfahrten auf dem Meere.
Croker, John Wa$on, engl. Parlaments-
redner und Schriftsteller, geb. 20. Dec. 1780
in Galway, seit 1808 Advokat in Dublin,
1807 Mitglied des Parlaments, 1809 Sekretär
für Irland, dann erster Sekretär der Ad-
miralität, bekämpfte als heftiger Gegner
jeglichen Fortschritts in den Reihen der
Toryoppositiott die Reformbill, erschien
nach deren Annahme nicht wieder im Unter-
haus; t 10* -^^* ^^^ *^ Hampton. Verf.
des ^dichts ,Talayera* (1809), einer der
besten Schlacbtenschilderungen ; gründete
mit Scott und Oanning 1809 die ,Qnaterly
Reyiew% gab Boswells ,Johnson* (18S1,
5 Bde.) heraus. [Achtelnote.
Crom» (ital., fr. Cr&che, spr. -osch),
Cromartr (spr. Krommärti), s. Soss.
Cromfora (spr. Krömford), Stadt in der
engl. Grafschaft Derby, am Perwent,
UM Ew. ; grosse Kattunfabriken (von Ark-
wright 1771 gegr.).
i>oinlKky in Grovsbritaonien Penkmäler |
aus der celt. Zeit, beatehMid aus aufjgerich-
teten Steinen, über welchen ein anderer als
Decke liegt. VgL Dolmen,
OroMlftoii (spr. Kromt'n), Samuel, Erfin-
der der Mulejenny (1775), geb. 3. Dec. 1753
zu Firwood In Laneashii^, ursprünglich
Landmann; f %• Jan- 1887 zu fiolton. Vgl.
Freneh, ,Life of O.S 1860.
CrOMwelly Olwer, Protektor der yer-
einigten Republik England, Schottland und
Lrland, geb. 25. April 1599 zu Huntiugdoo
aas Protest., dem sächs. Adel angeböriger
Familie, schloss sich den Puritanern an,
war Mitglied des Parlaments, welches 1628
von Karl L die BiU of rights errang, und
des sogen, langen von 1640 an, bildete die
Armee der Independenten und siegte an
ihrer Spitze bei Marston- Moor (1644) und
Haseby (14. Juni 1645). Er drängte darauf
zum Bruch zwischen König und Parlament
und arbeitete auf Erklärung der Republik
hin, wurde Mitglied des Vollziehungsraths,
unterdrückte den Anfrtand in Irland, schlug
die Schotten bei Dnnbar (1650) und endigte
den Krieg durch seinen Sieg bei Woroester
(1661). Nach Auflösung des langen Parla-
ments (80. April IföS) setzte er einen Ver-
fassungsrath ein und trat dann auf dessen
Antrag als Lord -Protektor an die Spitze
der S Reiche, oktroyirte ein Rurlament, re-
gierte aber faktisch allein, stellte im Innern
die Ordnung und Englands Ansehen nach
aussen her; f S. Sept. 1658. — Sein Sohn
Bichard 0., geb. 4. Okt. 1686, folgte als Pro-
tektor, dankte 85. Mai 1659 ab; f 1780 ver-
gessen. Vgl. ausser den Werken von VUle-
main, Merle d*Aubign4, Macatday, Ranke und
Guixot besond. Oarlyle» Sammlung von Cs
,Lettres and speeches* (1815, 8 Bde.) und
Bträter, ,0. C.*, 1871.
Cronegky Joh. Friedr., Freih, von. Dichter,
geb. 8. Sept. 1731 zu Anslnch, stand mit
dem gellertschen Kreise in Verbindung,
ward 1754 Hofrath zu Ansbach; t ^*^'
31. Dec. 1758. Sehr, die Preistragödie ,Oo-
drus' (1758), mehrere Lustspiele und didakt.
Gedichte (,Die Einsamkeiten', 1757). Schrif-
ten heransgeg. von ük (1760 u. öfter). Vgl.
FeueviHieh, ,Uz und G.S 1866.
CroqniB (fr., spr. Krokih), Zeichnung eines
Terrains, Im fireien Felde nach dem Angen-
masse entworfen.
€roi8felI, höchster Gipfel der sogen, pe-
ninischen Gebirgskette im nördlichen Eng-
land; 8747' h.
€r6ton (a. G.) , die mächtigste der g^riecb.
Städte in Italien, in Bmttium, von Achaja
710 V. Chr. gegr., ber. durch Pflege der
Wissenschaften (Pythagoras u. seine Schule)
und der gymnast. Künste; seit 195 y. Chr.
röm. Kolonie. Jetzt Cotrone.
CrotOB, Nebenfluss des Hudson in New-
york (Nordamerika), speist den Orotonaquä-
dukt (10 M. lang, 8i^' h., 7Vs' br.), der die
Stadt Newyork mit Wasser versorgt.
€rotOB L, (Krebsblume) , Pflansengattung
der Euphorbiaceen. 0. Elnteria £enneU, 0.
Cascarilia B., C. Sloanei B., Bäume nnd
Sträucher in Westindien, liefern die stark
bittere und aromatisch schmeckende ofSd«
Crotonöl — Guba.
449
n6ll6 Cascarillarinde; 0. Malambo Karsten,
in Nengranada und Yenefluela) die angenehm
Biromtartig riechende, bitter schmeckende
Malamborinde (dient zur Yerfölschung der
Ckwürse); G. Tiglium L. auf Oeylon, den
Philippinen, kultivirt in Ostindien u. China,
die giftigen Pnrgir-, Granatili-, Schismns-
kömer (Grana Tiglii) u. das Fargirhelz, Lig-
unm moinccanam s. Pavanae. Zierpflanzen.
CrotOBOl» fettes Oel aus den Samen von
Oroton Tiglium, honiggelb bis gelbbraun,
riecht unangenehm, schmeckt brennend
scharf und wirkt äusserst entzündend, auf
der Haut Bläschen und Pusteln bildend,
sehr giftig, ofßcinell.
Crotoy (spr. -toali), Fischerstadt Im franz.
Depart. Somme, an der Mündung der Somme,
1411 Ew. Seebad, Austempark. Kuinen des
Schlosses, wo Jeaune d*Aro gefangen sass.
Croup (Kättiige Bräune, Laryngitis crou-
posa), Umwandlung des Epithels des Kehl-
kopfs, in schlimmeren Fällen auch der
Luftröhre und der Bronchien, in eine faser-
stoffihnliche Haut, die diese Theile rer-
engt und die Athmung bis zu Erstickungs-
anftllen erschwert; entsteht meist im An-
schluss an Diphtheritis, kommt jedoch auch
allein vor; besonders gefahrliclie Kinder-
krankheit, meist unter den höchsten Athem-
besehwerden, heiserer Sprache und Husten,
angstroUem Umherwerfen verlaufend. Bis-
weilen werden die Luftwege durch Ans-
huaten ausgezweigter Röhren durchgängig.
Behandlung: stündliches Einathmen von
zerstäubter Milchsäarelösung 1 : 15 (Weber
in Darmstadt), Breclimittel , Luftröhren-
schnitt, s. Tracheotomie.
Crownglass (engl., spr. Kraun-), Kronglas,
sehr helles Krystallglas, wird zu optischen
Zwecken mit Flintglas verarbeitet.
Croydon (spr. Kreud*n), Stadt in der engl.
Grafschaft Surrey, südl. von London, 20,S00
Ew. Hllitärschule der ostind. Kompagnie.
Cmcii, der 3. Quatember, Mittwoch nach
Kreuzeserhöhung, 14. Sept.!
Cmikahank (spr. Kruhkschänk) , George,
engl. Karikaturenzeichner und Radirer, geb.
1798 zu London, lebt das.; lieferte zahl-
reiche humoristische Skizzen (z.B. in,Sqcib8
or satyrical Sketches* , 1832) , polit. Satiren
und Illustrationen zu Dickens Romanen und
anderen Werken. Bestes Werk: Triumph
des Bacchus. — Sein Bruder Schert C, geb.
1790, 1 18^? ebenfalls Karikaturenzeichner.
Cmor (lat.), das aus den Adern gelassene
Blut. C. sanguinis, Blntroth, s. Bämatin.
Grus (lat.), Bein, Schenkel.
Cimca (Aceademia della C), literar. Ge-
sellschaft zu Florenz, 1584 gegründet , bes.
zum Zweck der Reinigung derital. Sprache
(die ,Kleie' [crusca] von dem ,Mehr zu
sondern), 1819 mit neuen Statuten ausge-
stattet. Gab heraus ,Yocabolario degli Acca-
demici della C (5. Aufl. 1843 ff.).
t^tta (lat.), Rinde, rindenartig. Ueberzug.
CniTelU (eigentlich Krüwel), Bühnen-
sängerin, geb. 1825 in Bielefeld, machte
Kuustreisen in Italien , London und Paris,
lebt seit 1856, mit Baron Vigier verheirathet
und von der Bühne zurückgezogen, in Paris.
Jffejfers Hand- Lexikon.
€mx (lat.), daj Kreuz; in der kathol.
Kirche auch feierlicher Aufzug unter Vor-
tragung des Kreuzes; uneigentlich Marter,
Qual. 0. inlerpretum, schwierig zu erklä-
rende Stelle eines Schriftstellers.
Cmzido, portug. (]U>ldmünze, = 5 Thlr.
27 Sgr.; Silbermünze, =: 24 Sgr. 1,14 Pf.
Csabft (spr. Tschaba), Flecken im ungar.
Komitat Bekesch, bei Grosswardein, 27,865
Ew., bisher das grösste Dorf Europas.
Cunad (spr. Tschanad), ungar. Komitat,
Kr. jenseits der Theiss, 30 QM.; sehr frucht-
bar, aber ungesund. Hauptort Mako.
CsärdM (Tschardasch), ungar. National -
tanz,. im s/^.Takt.
Csepel (spr. Tscbepel), Donauinsel unter-
halb Pesth, 6 QM. , früher Sommeraufent-
halt der magyar. Könige, seit 1825 Familien-
gut des österr. Kaiserhauses.
Csik (spr. Tschlk) , Stuhl der Szekler in
Siebenbürgen, 81 QM. und ca. 140,000 Ew.;
herrliches Gebirgsland.
Cslkos (spr. Tschikosch, vom ungar.
cHkö, Füllen), der ungar. Pferdehirt in der
Puszta, kühner Pferdebändiger, auch kecker
Wegelagerer.
€80koiiAl (spr. Tscho-), Michael, ungar.
Dichter, geb. 17. Kov. 1773 zu Debreczin,
t 28. Jan. 1805 in Pressburg. Von grossem
Einfluss auf die Entwicklung der ungar.
Nationalliteratur durch seine Dichtungen
,Ungar. Muse* (1797), ,Dorothea' (1803) u. a.
Werke (1813, 9 Bde.). Biogr. v. Marlon (1817),
Csongrad (spr. Tschon-), ungar. Komitat,
Elr. jenseits der Theiss, 60 QM., reich an
Landprodukten, aber sumpfig und ungesund.
Hauptst. Szegedin. Der Marktfi. C, 15,479 Ew.
Cuartillft (spr. -Ija), span. Getreidemass,
=r V« Fanega = 13,87 Liter. Der CMkrtiUo
z= 4 Ochavillos = 1,168 Liter.
Cnati (Nasenthier, Nasua 8torr), Bären-
gattung. Geteiliger C. (N. socialis Pr. Max),
V 8" 1. (ohne den ebenso langen Schwanz),
gesellig in den Wäldern Südamerikas, mit
geniessbarem Fleisch.
Cnba« grösste und reichste Insel der An-
tillen, 2158 QM. mit (1869) 1,414,508 Ew.
(darunter 760,000 Weisse, 226,000 freie Far-
bige, 370,560 Sklaven, etwa50,0O0Kulies), 1492
von Oolumbus entdeckt, seit 1511 Besitzthum
Spaniens, das jälirlich 21—22 Mill. Thlr. aus
der Insel zieht. Der grösste Theil dersel-
ben ist Bergland (Tarqulno 7900', OJo del
Toro 4892^ h.) von seltener landschaftllclier
Schönheit; am Fusse der Berge weite, gut
bewässerte und mit üppiger Vegetation be-
deckte Ebenen und Savannen. Klima zwi-
schen ISO und 260 schwankend und im All-
gemeinen gesund. Vs der Insel ohne Kultur,
*h Wald ; 72/s % des Areals mit Kolonial-
pflanzen bebaut, 27o/o Wiesen. Hauptpro-
dukte: Zucker (1866: 811,000 Ton.) und Ta-
bak (36,000 Gtr. Blätter und 137 Mill. 01-
garren); ausserdem Kaffee (im Abnehmen),
Baumwolle, Kakao, Indigo, Mais, Nutzhöl-
zer von vorzüglicher Güte. Ansehnliche
Viehzucht. Gesammtproduktion jährl. ca.
126Vs Mill. Dollars. Fabriken nur für
Zucker, Melasse und Cigarron. Bed. Han-
del, namentl. mit Grossbritannien , Spanien
29
450
Gnbebae — Gomberland.
xmd den Verein. Staaten. Di« Verfassung
doToliaoa unfrei. Hauptstadt, Sitz des 6e<
neralkapitäns und erster Handelsplatz ist
Havaüa. Vgl. Bamon de la Sagra, ,Histnr.
fisica, economica etc. de la isla de C.', 18A2—
1845, 11 Bde.; Siver», ,0.', 1861.
G€uhichte. C. ward Ton Colnmbns auf
■einer ersten Reise 28. Okt. 1492 entdeckt
und von Diego Velasquez 1511 für Spanien
erobert und kolonisirt. Die Ausrottung der
Indianer (bis 1560) schadete dem Aufblülien
derselben. Havaiia 1584 befestigt und 1633
zum Sitz eines Gouvernemeuts erhoben. Im
17. Jahrh. Raubeinfälle der Flibustier. Seit
1717 der Tabakshaudel Monopol der Regie-
rung. 1762 Havaiia von den Eugländem
erobert, 1763 g^gen Florida vortausclit.
Seitdem freier Verkehr der Insel mit Spa-
nien und Emporbltthen derselben. 1777 C.
zur unabhängigen Generalkapitauerie erho-
ben. 1818 allgem. Handelsfreiheit bewilligt.
1844 und 18& Negeraufstände. In Nord-
amerika Gelüste nach Eroberung oder An-
kauf der Insel , Ausrüstung von Freischaa-
ren zur Befreiung derselben. Lopez landet
mit solchen 12. Aug. 1851 zu Playtos, wird
aber geDangen und 1. Sept. hingerichtet.
Die Yom Präsidenten Bucbanan genährten
Annexationsbestrebungen in Nordamerika
werden erst durch den Ausbruch des Bür-
gerkriegs zurückgedrängt. Aufstand in G.
infolge der Revolution in Spanien, lu.
Okt. 1868 px'oklamirt General Gespedes die
Republik und die Selbständigkeit der Insel.
Einsetzung einer provisor. Regierung. Jan.
1869 rerküindigt der span. Generalkapitän
Dulce Amnestie und publicirt ein Wahlge-
setz, wonach C. 18 Deputirte in die Con-
stituante senden soll. Verbreitung des Auf-
standes über die gauze Insel. Auf beiden
Seiten barbar. Kriegfühining. Gegen Ende
1870 Aufliebung der Sklaverei. Eine Ge-
schichte der Insel C. schrieb La Pezuda
(1868-68, 2 Bde.).
Cubebae, s. Tfeffer.
Cubicolttm (lat.), Zimmer, bes. Schlaf-
zimmer; Grab eines Märtyrers, bei den
ersten Christen zu gottesdieustl. Versamm-
lungen benutzt, daher s. v. a. Bethaus.
Cnblttts (lat.), Vorderarm, Längenmass.
Bei den Griechen in 3 Spannen, 6 Hand-
breiten, 24 Fingerbreiten getheilt. Der röm.
0. = 6 Palmi oder IVa Pedes, der Pes =
16 Pollices = 1,414* rh.
Cvcnmis, s. Qv^rU.
Cucurbita, s. Kürbis,
CndöwEy Badeort im preuss. Regbz. Bres-
lau, Kr. Glatz, nahe der bdhm. Grenze,
409 Ew. ; Säuerling, dem pyrmontor Wasser
ähnlich, -f 90 R. ; seit 1792 benutzt.
Cven^, 1) span. Prov. in Neukastilien,
816 QBl. und 229,514 Ew. Die HaupttL G.,
am Jucar und Harcar (160' h. Brücke), ma-
lerisch gelegen , 7600 Ew. Hauptplatz des
span. Wollhandels. In der Näh» gross-
artige Höhlen. — 2) Stadt in der südameri-
kan. Republik Ecuador, im Osten des Busens
Ton Guaynquil, 8100' üb. M., 20,000 Ew.
Cl^acilM) eigentl. Jaeque» de Cmjob oder
0»U%9, ber. Reohtslehrer, geb. 1522 zu Tou-
louse, seit 1555 Lehrer der Rechte zuBoul^fl,
lehrte gleichzeitig auch zu Paris; f 4. Okt.
1590 zu Bourges. Stifter der sogen, huma-
nistischen Jurisprudenz. Werke zuerst 1577;
neuerl. mehrmals (z. B. 1859 f.) nachgedruckt.
Culens (lat.), lederner Sack, das grösste
Flüssigkeitsmass der Römer, = 20 Amphoren
= 160 Congien = 471 preuss. Quart.
Cnllacin, Hauptst. des mexikan. Staats
Sinaloa, am Flut$e G. (zum Busen von Kali-
fornien), 10,000 Ew. , Münze. Gegr- 1582.
Cttlloden (spr.KöUohd'n, J>rummos»iemoor),
Ort in der schott. Grafschaft Invemess;
16. April 1746 Sieg des Herzogs von Cumber-
land über den Prätendenten Karl Eduard,
welcher die letzte Hoffnung der Stuarts auf
den Thron vernichtete.
Culpa (lat.), Schuld, im Gegensatz zu dem
strafbaren Vorsatze oder Dolus (s. d.), Be-
zeiclniuug der Fahrlässigkeit.
Cuma (a. G.), die älteste griech. Kolonie
in Italien, an der Küste von Kampauien,
blühte von 1050—417 y. Chr., seitdem ro-
misch und im Verfall; letzte Reste 1203
durch die Neapolitaner zerstört. Ber. auch
als Aufenthaltsort der Sibylle von C.
Cumanft, Stadt in der südamer. Republik
Venezuela, nahe dem Meer, 22,000 (n. And.
6000) Ew. Perlenftscherei. Gr. Erdbeben
14. Dec. 1797 und 15. Juli 1853.
Cumarin, angenehm riechender, kampher-
äbulicher Körper in Tonkabohnen, Wald-
meister, Steinklee, Ruchgras, Fahamblätteru,
weisse, iu Wasser lösliclie Krystalle, gibt
dem Maitrank und dem Heu seinen Wohl-
geriich, SuiTogat des Waldmeister«.
Cnniberland (spr. Kömberländ), 1) Flnssin
den nordamerikau. Staaten Kentucky n. Ten-
uessee, entspr. im südösti. Kentucky au dem
Cumberlaudgebirge, mündet bei Smithiand
in den Ohio , 120 M. — 2) Nordwestlichste
Grafsch. Englands, 73,5 QM. und 205,2« 6 Ew.,
romant. vielbesuchtes Gebirgsland, von zahl-
reichen kleiuen Flüssen und den schöngelege-
neu sogen. Cumberlandteen bewässert. Bergbau
und Landwirthschaft. Hauptst. Oarlisie. —
3) Insel im arktischen Amerika, zwischen
der Davisstrasse und dem Foxkanal.
Cumberland (spr. Kömberländ), Wilh. Ang.,
Henog von, Sohn Georgs U. , Königs von
England, geb. 26. April 1721, ward 11. Mai
17^ als Oberbefehlshaber der engl. Truppen
in Flandern vom Mnrschall von Sachsen
bei Fontenoy geschlagen, besiegte den
Prätendenten bei Gulloden (27. April
1746) , unterlag bei Lawfeld (2. Juli 1747)
abermals dem Marschall von Sachsen gegen-
über, erhielt nach Ausbruch des 7Jähr.
Kriegs das Kommando der engl. Armee in
Deutschland, ward von d*£tr6e8 bei Hasten-
bcck (26. Juli 1757) geschlagen und schloss
8. Sept. die Konvention zu Kloster -Zeven;
t 31. Okt. 1765 zu Windsov. Den Titel
eines Hertogs von C. führte hierauf Heinrich
Friedrich, Bruder Georgs III. (t 1790), dann
seit 1799 der Prinz Ernst August , späterer
König von Hannover, von dem er 18. Nov.
1851 auf seinen Sohn Georg V. überging.
Cumberland, Rieh,, engl. Schriftsteller,
geb. 19. Febr. 1732 in Cambridge , f 7. Mai
Cumberlandgebirge — Curtius.
451
1811 zu Tuubrid^e. Sehr, zahlreiche Last-
spiele (»Der natürliche SohnS ,Die BetrIjgerS
,Der WestindierS J>aa Rad des GlOcks* eto.),
schauenrolle Tragödieu und Romane. (,Aran-
del*, .Jotiann von Lancaster' etc.).
CnmberUuidgebirge, Theil des Alleghany-
C^ebirgs in Nordamerika, vom sudöstl. Ken-
tucky durch Tennessee bis Alabama ziehend,
bis 2000^ hoch.
Cumbre de Holahaceiiy höchster Gipfel
der Sierra Nevada in Spanien, 10,662'.
Ciunbrla, bis 950 selbst&nd. Königreich in
England, umfasste die jetzige Grafschaft
Cumberland n. mehrere scbott. Grafiichaften.
Cnmbrian - HoMBtains (spr. Kömbriäu-
Manutins, CumbrischeB Gebirge), höchste
Bergkette Englands, in den Grafschaften
Cumberland und Westmoreland, alpenartig,
mit engen Thäleru und langgestreckten
Seen, im Scawfell • Pikes 8968' hoch.
Camino (Kümmelinsel), Inselchen b. Malta.
CnaiiniimX. (Stachel-, Kreuzkümmel), Pflan-
zengattnng der Umbellifaren. C. Gyminnm
X., MuUerkämmel, in Nordaflrlka und Süd-
europa, knltivirt, liefert den o(fflcinell«n
Semen Cuminl, rlimieehen, Pfefferkümmd.
Das ätherische Gel rieclit gewärzig, besteht
aus dem Kohlenwasserstoff Cymen (auch im
Steinkohlentheer) und dem Aldehyd OuminoU
Cnmolns (lat.), Haufe, bes. Haii^enwolke,
s. Wolke,
Cvndliianiarea. Staat der Republik Neu-
granada, 3754 QU. mit 391,096 Ew. Haupt-
stadt Bogota.
Cnnene (Nourte), gr.FIuss im westl. Süd-
afrika, entspr. ȟdl. von Bib6, durchfliesst
das Ovampoland, mündet südk von der
grossen Fischbai in den atlant. Ocean;
schmal, voller Stromschnellen, nicht schiff-
bar; noch wenig erforscht.
Cuneo (Omi), oberital. Prov., 129,6 Qfl[.
und 597,279 Ew. Die HaupeU 0., am Stura
und Gesso, 12,797 Ew. Fabr., lebhafter Han-
del. Festungswerke 1801 geschleift.
Cnneiis (lat.), Keil.
Cmnningliani (spr. Könnioghäm), Allen,
schott. Naturdichter, geb. 7. Dec. 1784 zu
Blackwood (Dumfries), ursprüngl. Maurer-
geselle; t 29. Okt. 1842 in London. Sehr.
,Marmaduke Maxwell' (Drama, 1822), volks-
thümliche Lieder und Balladen und das Epos
,Maid of Elvar'; ausserdem ,Hist. of the
british litterature of the last fifty years'
(1834 ; deutsch von Kayer 1834). Seine ,Poems
and songs* 1847 neu herausgeg. von seinem
Sohn, dem Llterator Peter G. (f 1869):
Cnpar (spr. Kinhpörr), Hauptst. der schott.
Qrafsch. Fife, am Eden, 14,9<i0 Ew. In der
altem Geecliiclite Schottiands oft genannt*
Copfdo (gr. PalJioe, d. )i. Verlangen, Be-
gierde) , bei dem Römern Beueuuuug des
LittbesKottes, s. JSroa und Amor.
Cnpressna, s. Cvpreste.
Cnpal* (lal--), Becher; in der botan. Ter-
miiiuingje Bt^ciierliülle, aus ausgewachsenen
ttnd mehr oder weniger mit eiuaiider ver-
schmolsenen Brakteen gebildete UüUe, wie
sie den Cupulifereu (Eiche, Haseluuss) elgen-
thumiloh ist.
Cniire) Pfeilgift der Indianer am Orinoco,
aus dem Saft einiger Stryohneen gewonnen,
Jetzt als Heilmittel angewandt.
€uramio, niederland. Insel in West-
indlen, 8Vs QM. mit 19,144 Ew. Hauptpro-
dnkt Seesalz und neuerdings Cochenille.
Hauptort Willemstadt an der Südwestküste.
1527 von den Spaniern in Besitz genommen,
1634 von den Holländern erobert.
Cvritng (lat., Kurat), Pfarramtsveiwesor;
auch Kaplan, der unt.er Auiäicht eines höhe-
ren Geistlichen die Seelsorge ausübt.
Cureas, s. Jatropka.
Cnreitma X. (Kurkuma, Zitwer), Pflanzen-
gattung der Scitamineen. C. longa L., Gelh-
wurg, gelber Ingwer , aus Südasien, dort und
in Südamerika knltivirt, liefert die Kur-
kuma, Tumerikwurzel. Diese enthält gelben
Farbstoff, Ourcumin, dient in der Färberei,
als ingwerähnllohes Gewürz und als Arznei-
mittel. Mit 0. gefärbtes Papier ist Reagens
auf Borsäure. 0. Zedoaria Rote., C. Jermebet
Roaib., wild und angebaut in Südasien und
Madagaskar, liefert die gewürzige, stärke-
mehlreiche Zedoar- oder Zitwerwurzel. Die
Wurzeln von 0. angustifoHa Boadb. in Ost-
indien u. C. leuoorrhiza Boxb. das. liefern das
ostind. Arrow-Root(Tik, Tikur). Zierpflanzen.
Ciii^e (fr., spr. kttreh), das Aufbrechen
und Zerwirken des bei der Parforcejagd er-
legten Edelhirsches.
Cures (a. G.), Hauptstadt der Sabiner in
Samnium; Jetzt Oorreee, östl. vom Tiber.
Curla (lat.), Yolksabtheilung im alten Rom
und Versammlungsort derselben. Die 3
Tribus oder Stämme, welche die älteste Be*
völkerung Roms gebildet haben sollen, zer-
fielen in Je 10 Ouriae zu je 10 patric. Ge-
schlechtern, die ausschliessl. zu Erlangung
der oberen Magistraturen befähigt waren
und in ihren Versammlungen ( Kttriatkomi-
Hen) über die öffentl. Angelegenheiten mit
entschieden. Vgl. Kurie. [den Jahres.
Carrentis anni (lat., abbr. e. a.), laufen-
Cnrricnluin vitae üat.), kurze Lebens-
geschichte, Lebenslauf.
Cursore! (latj, Laufvögel. [schaft.
Cursus (lat.), Lauf; Lehrgang einer Wissen-
CurtiuSy 1) Emttf Alterthumsforscher, geb.
2. Sept. 1814 zu Lübeck, ward 1844 Prof.
an der berliner Universität und Erzieher
des Prinzen Friedrich Wilhelm, Jetzigen
Elronpriuzen von Preussen , 1856 Prof. der
klass. Philologie und Archäologie zu Göt-
tingen, 1865 nach Berlin berufen; seit 1858
Mitglied der Akademie der Wissenschaften
und seit 1870 Generaldirektor der Museen
daselbst. Hauptwerke: ,Peloponnesos' (1851
bis 1852, 2 Bde.), ,7 Karten zur Topographie
von Athen' (1868) und ,Griech. Geschichte«
(1857—67, 3 Bde.). Ausserdem : ,Die Jonier
vor der Jon, Wanderung' (1855); ,Zur Ge-
schichte des Wegebaus bei den Griechen*
(1855); ,Attische Studien* (Heft 1 u. 2, 1863
bis ISM) u. A. — 2) Georg, Philolog, Bruder
des Vor., geb. 16. April 1820 zu Lübeck, seit
1862 Prof. zu Leipzig. Sehr. ,Dio Sprach-
vergleichung in ihrem Veriiältniss zur klass.
Pliilologie' (2. Aufl. 1848); , Sprach verglei-
chende Beiträge zur griecli. und lat. Gram-
matik' (Bd. 1, 1846); ,Graudzüge der griech.
29*
462
CurtiuB "RnhxB — GySn.
Stjmologle' (8. Auf. 1869); ,Orieoh. Sohal-
grammatik' (9. Anfl. 1870) nebst »Erläu-
terungen' (2. Aufl. 1870).
CurtinS'BnflBSy QuitUu$, röm. Getohicfat-
■obreiber ron unbestimmtem Zeltalter, wahr>
seheittlich röm. Rhetor Im 1. Jahrh. der Kai-
serzeit; sehr. ,De rebus gestis Alezandri
Magni libri X* (die 2 ersten fehlen, die an-
deren lückenhaft), romanhaft und Toll geo-
graphischer und chronolog. Fehler ; Sprache
rein und edel. Heransgeg. Ton Zumpl (8. Aufl.
1864), übers, von S%ebeli$ (1857—60, 3 Bdchn.).
Cnnsölfty dalmat. Insel, südl. von Lesina,
11,100 Ew. Die HaupM. 0., 2800 Ew. Hier
8. Bept. 1298 Seesieg der Oenuesen unter
Doria über die Venetfaner unter Dandolo.
Cnsft (Kuza), Alex, Joh., Fürst von Rumä-
nien, s. Alexander 2).
Cnscfitft X. (Flachneide, Klebe), Pflanaen-
gattung der Konvolrulaceen, windende
' Schmarotzerkränter. 0. enropaea Z., Neesel»,
Vogelseide, Teufdsxtoim, Range, in Europa,
auf Nesseln, Hopfen, Weiden, früher offid-
nell. O.Epilinum fFtfyA«, in Europa, auf Lein.
Alle Ai-ten den Pflanzungen verderblich.
CÜstlne (spr. Küstihn), Adam F%xlippe,
Graf ton, frans. General, geb. 4. Febr.
1740 zu Metz, bei den Generalstaaten Abge-
ordneter des Adels von Metz, stimmte mit
der Minorität des Adels für polit. Reform,
übernahm 1793 ein Kommando, nahm Lan-
dau, Speier, Worms, Mainz und Frankfurt,
musste sich 1798 nach dem Elsass zurück-
ziehen, erhielt nach Dumouriez Abfall den
Oberbefehl über die Nordarraee, ward, des
Einverständnisses mit dem Feinde beschul-
digt, 29. Aug. 1793 guillotinirt. Ygl. £ara-
guay-d'Silliera, ,M6moires posthumes du
comte de 0.% deutsch 1795, 2 Bde.
Custodift (lat.), Wache.
Cnstos (lat.), Hüter, Aufseher, Küster;
Aufseher einer Bibliothek , Sammlung etc. ;
in der Buchdruckerei (tv. rielame) die am
Schlüsse einer Seite unten gesetzten Anfangs -
Silben der nächstfolgenden Seite, jetzt meist
weggelassen; in der Kotenschrift Zeichen,
welches am Ende einer Zeile bei abgebro-
chenen Takten die Koten angibt, welche
auf der nächsten folgen.
CustOZZfty ital. Dorf bei Verona ; 25. Juli
1848 Sieg der Oesterreicher unter Radetzky
über die Piemontesen unter König Karl
Albert; 24. Juni lS66Sieg der Oesterreicher
über die Italiener unter Lamarmora.
Cutis (lat.). Haut; in der Botanik eutieula,
strukturlose Schicht auf der Epidermis
grüner Theile der höhereu Pflanzen.
Covette (fir., spr. Küwett), Abzugsgraben
für Regenwasser in trocknen Festungs-
gräben; in Taschenuhren die innere, das
Werk abschliessende Metallplatte.
Cnvler (spr. Küwieh), George Leopold Ohr^-
tien Fr4d4rie Dagobert, Baron von, her.
fk-anz. Katurforscher, geb. 23. Aug. 1769 in
Montb61iard, Zögling der Karlsakademie zu
Stuttgart, ward 1795 Prof. an der Oentral-
schule des Pantheons zu Paris, 1796 Mitglied
des Kationalinstituts, 1800 Prof. am OollSge
de France, 1802 einer der sechs General-
iBspektoren des gelelirton Unterrichts. 1808
Rath dex neuen kaiserl. Universität, 1813
Requetenmeister im Staatsrath, dann kurz
vor Kapoleons I. Fall wirkl. Staatsrath,
unter Ludwig XVm. Kanzler der Univer-
sität, 1819 zum Baron erhoben u.in den Kabi-
netsrath berufen, 1822 zum' Grossmeister der
prot.-theoIog. Fakultät der Universität, 1831
zum Pair ernannt . und zum Minister des
Innern ausersehen; f ^3* ^^i 19S2. Er
erhob die vergleichende Anatomie zuerst
zur Wissenschaft. Sehr. «Le^ons d'anatomie
oompar^e* (1801—5, 5 Bde.; neue Ausg.
1840 • deutsch von Froriep und MecM 1808
bis 1810, 4 Bde.), ergänzt durch die,M6moires
ponr servir ä Thistoire de Tanatomie des
roollusques' (1816); ,Recherches sur les osse-
ments fossiles' (4. Aufl. 1835), ,Discours sur
les r6volutions de la snrface du globe et sur
les changements qu'elles ont produits dans
le rdgne animal' (1817, 4 Bde.; deutsch von
mggerath liSaO y 2 Bde., und von Giebel
1851); ,Le r^gne animal' (1817, 4 Bde.;
deutsch von Schinz 1818, und von Voigt
1831-43, 6 Bde.; neueste Aufl. von G.s
Schülern besorgt 1836—49, 11 Bde. nebst
993 Tafeln); ,Histoire naturelle des polasons'
(1828—49, 22 Bde.; von Valenciennes fortge-
setzt); ,Recueil d*61oges historiques* (1819,
3 Bde.). Vgl. Lee, .Memoire of Baron C.*,
1833; Pesquier, ,Eloge de G.', 1833. — Sein
Bruder, FrM.6rio O,, geb. 27. Juni 1773 zu
Montbtiiard, Prof. und Konservator desKa-
binets für vergleichende Anatomie des Jar-
din des Plantes zu Paris , Mitglied des In-
stituts und des protest. Konsistoriums ; f 25.
Juli 1838 zu Strassburg. Sehr. ,De8 dents
mammifdres, consid6r6es comme caractdres
zoologiques' (1825); mit Geoffroy Saint -Ei-
laire ,Hist. naturelle des mammiftoes' (1824).
Ciiyabi, Hauptst. der brasll. Prov. Matte
Grosso, am^UM C. (zum Paraguay), 7000Ew.
Cnzco, die 2. Stadt Perus, 12,063' üb. M.,
25,000 Ew. , Universität (s. 1692). Ehemals
Hauptort de» Inkareichs und die heil. Stadt
der Peruaner (noch Reste davon vorhanden).
Cyin (gr.), Verbindung von 2 Aeq. Kohlen-
stoff mit 1 Aeq. Stickstoff, farbloses Gas, von
heftigem Geruch, durch Kälte und Drnck
zu einer Flüssigkeit kondensirbar, brennt
mit violettrother Flamme, löst sich in Was-
ser und Alkohol, aber die Lösungen zersetzen
sich schnell« 0. entsteht aus Kohlenstoff
und Stickstoff bei hoher Temperatur, wenn
ein Körper zugegen ist, mit dem es sich ver-
binden kann. So entsteht Cyankalium, wenn
kohlensaures Kali mit Kohle in Stickstoff
(im Hohofen), oder wenn thierische (stick-
stoffhaltige) Kohle mit Potasohe (Blutlaugen-
Salzfabrikation) erhitzt wird. Oj/anammo-
nium, wenn man Ammoniak über glühende
Kohlen leitet. Cyamäure, 1 Aeq. G. und 1
Aeq. Sauerstoff, entsteht, wenn man Gyan-
verbiudungen unter Luftzutritt glüht. Sie
ist sehr unbeständig. Die Lösung des eysn-
sauren Ammoniaks gibt beim Verdampfen
Harnstoff. Prooentisch von gleicher Zusam-
mensetzung wie Gyansäure ist die Knall-
säure (s. d.). Oyanioassereioff a. v. a. Blau-
säure. Mit Metallen bUdet G. CyanmetaUe:
cyanärmere Cj/anüre und cyanreichere Oga-
^
Cyanometer — Cynara.
45S
nid4, die leicht Doppelsatee bilden, £. B.
BIutlaugensalB. Säuren entwickeln aus ihnen
gewöhnlich Blausäure. Oyankalium (Gilach-
lich blansaures Kali), farblos, sehr ätsend,
leicht löslich in Wasser, unlöslich in Alko-
hol, hygroskopisch, wird durch die Kohlen-
säure der Luft zersetzt und riecht daher
nach Blausäure, ist äusserst giftig, wird
durch Schmelzen yon Blutlaugensalz mit
Potasche hergestellt und in der Galvano-
plastik, Photographie sowie zur Entfernung
Ton Silberflecken angewandt.
€y«ioiii9ter (gr.), Instrument zur Bestim-
mung der Intensität der blauen Farbe des
unbewölkten Himmels, besteht aus einer
Reihe ungleich intensiv gefärbter blauer
Papierstreifen , mit welchen man das Him-
melsblau vergleicht.
CyanSse (gn), s. Blausuchi.
Cy1>dle(gr.iS^e<e, auch Kj^ebe), urspruugl.
phiygische Oöttin, Personifikation der üppig
firuchtbaren Natur, in Kleinasien mit wilder
Begeisterung und orgiast. Taumel verehrt,
Ton den Griechen als die ,grosse Mutter der
Q-ötter* mit Rhea identiflcirt; auch in Rom
, verehrt. Dargestellt als reichbekleidete Ma-
trone mit einer Mauerkrone auf dem Haupte.
Cyclftmeil L, (Erd»cheibe, Saubrod, Alpen-
veilchen), Pflanzengattung der Primulaceen.
O. europaeum L. in Sädeuropa, Schlesien,
Böhmen, Oesterreich, Wurzel als Radix Arta-
nitae früher ofücinell. Zimmerpflanze.
€7elu8(gr.), Oirkel, Kreis; in der Arithmetik
von 1 anfangende, bis zu einer bestimmten
Zahl fortlaufende und dann beliebig wieder-
holte Zahlenreibe ; in der Chronologie Reihe
von Jahren, nach deren Ablauf dieselben
Erscheinungen in derselben Folge wieder-
kehren. Am bekanntesten: der Sonnen-
eydtiSt Zeitraum von 28 Jahren, nach dessen
Verlauf die Wochentage wieder auf dieselben
Monatstage fallen, 9 n. Chr. beginnend ; der
Mondcyclua (auch metonischer C. oder C. der
goldnen Zahl g&n.)^ Zeitraum von 19 Jahren,
nach deren Verlauf die Mondphasen ziem-
lich genau wieder mit den gleichen Stellun-
gen der Sonne zusammenfallen, vom Athener
Meton um 432 v. Chr. entdeckt; der Indik-
tionencpelus, aus 15 Jahren bestehend, von
unbekanntem Ursprung.
Cydniu (a. G.), Fluss in Cillcien, in dem
Alexander d. Gr. fost den Tod gefunden.
Vydonlft, s. Quittenbaum.
Cykläden, Gruppe von 60 Inseln im ägai-
schen Meer, südöstl. von Euböa , eine bes.
Nomarchie Griechenlands bildend, 43,6 QM.
mit 118,130 Ew. und der Hauptst. Syra ; zer-
fallen in nördliche (Andre, Tino, Mvkone,
Syra, Thermia, Zea etc.), mittlere (Porös,
Kaxos, Kimoli, Sifanto, Polikandros, Nio,
Sikino etc.) und südliche C. (Amorgo, Anafl,
Santopin, Stampalia etc.).
Cyklische Dichter, die griech. Dichter,
welche die von Homer und den Homeriden
übergangenen Begebenifeiten ans den Sagen-
kreisen der griech. Heroen und des trojan.
Krieg» nach derWoise des Homer besangen.
Ihre Dichtungen gingen verloren, der Inhalt
derselben im Allgem. erhalten durch die
Chrestomathie des Proclus (5. Jahrh. n. Chr.).
€yUotde (gr.), Badlinie', krumme Linie,
von einem auf einer festen geraden Linie
in derselben Ebene fortrollenden Kreis durofa
einen bestimmten Punkt in dessen Peripherie
beschrieben. Rollt der Kreis auf der äusse-
ren oder inneren Seite der Peripherie eines
anderen Kreises, so beschreibt ein bestimmter
Punkt desselben im ersteren Falle eine
EpxcjM&tde, im letsteren eine HffpoeyklcVde.
CyklSpen (gr. Kyklopen), Rundäugige, nach
Homer wilde Riesen au der Küste von/Sici«
lien. Söhne des Keptun, mit Einem Auge
mitten auf der Stirn (s. PoHyphtmun); von
der späteren Sage in den Aetna oder in Vul-
kane auf LemnoB und Lipara versetzt und
zu des Hephästus Dienern gemacht. Oykio-
pi9che Mauern, Mauern aus aufeinander ge-
schichteten, riesigen Werkstücken.
Cyklorinui (gr.), s. Ftmorama.
Oylinder (gr., Wcdne), geometr. Körper
von zwei ebenen j einander gleichen, in
parallelen Ebenen Hegenden krummlinigen
Figuren, den Grundflächen, und einer beide
verbindenden krummen Fläche, der Seiteu-
oder Mantelfläche, begrenzt, gewöhnl. ein
Kreiscfßinderj d; h. ein solcher, dessen beide
GrundflächenKreise sind, entstehtals gerader
durch die Umdrehung eines Rechtecks um
eine seiner Seiten. Die die Mittelpunkte
beider Grundflächen verbindende ger&de
Linie heisst die Axe des C.s. Je nachdem
diese auf den Grundflächen senkrecht oder
schief steht, steht der C. selbst senkrecht
oder schief. Sind die Grundflächen Ellipsen,
so ist der C. ein elliptischer. Durchschneidet
man einen Kreiscylinder mit einer Ebene,
so bildet die Durchschnittsfläche einen
Kreis , wenn die schneidende Ebene der
Grundfläche parallel ist, ein Parallelogramm,
wenn sie durch die Axe oder parallel zu
derselben gelegt ist, ausserdem eine Ellipse.
Der körperliche Inhalt eines jeden C.s wird
gefunden durch Multiplikation der Grund-
fläche mit der Höhe. Die krumme Seiten-
fläche eines geraden C.s ist gleich einem
Rechteck, welches den Umfang der Grund-
fläche zur Grundlinie und die Höhe des C.s
zur Höhe hat. Ein C. verhält sich zu einem
Kegel von derselben Grundfläche und Höhe
wie 3:1, zu einer Kugel von dem Durchmes-
ser seiner Grundfläche wie 8 : 2.
CylindermagcUiie, s. Kaiander,
Cylinderuhr, s. zfhr,
Cyllene (a. G.), höchster Gebirgsstock im
Peloponnes , auf der Grenze von Arkadien
und Achaja, 7600'; jetzt Ziriagebirge.
Cymbel (Cymbalum), Becken; in Militär-
orchestern Zierstange mit Pferdeschweif und
Schellen; Orgelpfeifenwerk von scharfem
Ton; Cyrnbelist, Beckenschläger; Cymbal, s.
V. a. Hackebret.
Cynanchum B, Br, (Hundswürger, Schwal-
benwurz), Pflanzengattnug der Asklepiadeen.
Von C. Aighel Ddile, Arghehtrauch ^ im
oberen Kilgebiet sind die Blätter den alexan-
driuischen Sennesblättern heigemischt. C.
acutum L. In Südeuropa liefert das franz.
Scammonlum.
Cynara Vaill,(Arti$choke), Pflanzengattung
der Kompositen. C. carpnnculus L., Oar-
454
Cyniker — Cyrus.
^on$, tpumitcka od«r krttisehe AHiaekcJM, wild
u* kultivirt in den MittelmeerlijadeTn, liefert
in den Staugeln und Blattstielen, 0. cardun-
onluB rar. sativa Moria (G. Soolvmus L.),
in Deutschland, Frankreich und England
kaltivirt, in dem Fruchtboden feines GemüM.
Cyviker (gr.)> die von Antistheoes (e. d.)
um 980 T. Chr. lu Athen gegründete Pbilo-
Bophenschole , setzte die Tugend in die
gi^sstmögltche Unabhängigkeit von allen
äusseren Dingen, weil der Mensch so der
nichtsbedüifenden Gottheit am ähnlichsten
werde. Die berühnitesten Mitglieder der-
selben waren Diogenes (s. d.) von Sinope
und Grates von Theben nebst seiner Oattiu
Hipparchia. Cynismun, Verachtung und Ver-
nachlässigung des äusseren Austandes.
Cypeni(türk. Kibris), türk. Insel, imKord->
ostwiukel des Mittelmeers, 31 M. 1., 12 M.
br,, 175 QM. mit über 200,000 Ew. («/i Grie-
chen); gebirgig (Monte Groce oder Olymp
6187' h.), mit reizenden fruchtbaren Thälern;
reich an Getreide, Wein (am besten der sog.
Gommanderia) , Sudfrüchten , Baumwolle,
Seide, Oliven, Nutzliölzern (darunter Oypre»-
$en), Salz etc. Klima mild und gesund.
Hauptstadt Levkosia, Hanpthandelsplätze:
Lamaka und Famagusta. — Im Alterthum
zerfiel 0. in 9 kleine, theils phönic, theils
griech. Königreiche (Amathnsia, Paphos, Sa-
lamis etc.); Ackerbau, Beigbau (auf Kupfer)
und Industrie (Teppiche, Tischgedecke, Klei-
der etc.) standen in Flor. Nach wechselnden
Verhältnissen von Unabhängigkeit und Ab-
hängigkeit von Persieu und Aegypten ward
die Insel 58 v. Ohr. römisch und später
Theil des byzant. Reichs. Einer der byzant.
Statthalter, Gomnenus I., machte sich unab-
hängig, und seine Nachkommen behaupteten
sich im Besitz der Insel, bis Richard Löwen-
herz 1191 sie eroberte und den König von
Jerusalem Guy von Lnsignan damit be-
lehnte. Ein Nachkomme desselben heirathete
die Venetianeiiu Kath. Gornaro, und diese
überliess als Wlttwe 1485 die Insel den
Venetianern. 1571 eroberten sie die Tür-
ken, 1882—40 gehörte sie vorübergehend zu
Aegypten. Vgl. Engel, jKypros', 1841, 2 Bde.;
Ühger und KoUchy, ,Die Insel G.', 1865.
CrpenM L. (Cypergraa), Ffianzengattung
der Gyperaceen. G. esculentus L. £rdmandel,
Kaffeeumrzel, in Südeuropa und im Orient,
zuweilen wegen der wohlschmeckenden,
früher officinellen und als Kaffeesurrogat
empfohlenen Knollen angebaut. G. Papyrus
Willd. , Bipier$Uiude , am weissen Nil (in
Aegypten ausgestorben), in Palästina und
Südeuropa, diente den alten Aegypteru zur
Bereitung des Papiers, welches aus der ge-
glätteten Haut zwischen Mark und Rinde
bestand ; die Stengel dienen zum Dachdecken,
zu Matten, die Wurzeln als Brennmaterial.
Cyprewe (Gupressus L,), Pflanzengattung
der Koniferen. Immergrüne, gemeine C. (G.
sempervirensX.^, Baum in Südeuropa, Klein-
asien, Nordafrika, seit den ältesten Zeiten
Symbol der Trauer; liefert sehr dauerhaftes
Nutzholz; G. thiirifera Kunthi Baum in
Mexiko, weiltrauchartiges Harz.
CyprUuui«, 77uueiu9 Ciic(liu$, der Helligei
lat. Kirchenvater, geb. IMX) n. Chr. lu Kiüt-
thi«o, Christ seit 245, strenger Asoet. 248
zum Bischof von Karthago erwählt; bei der
Verfolgung unter Valerianus 14. Sept. 258
zu Karthago enthauptet. Einer der ersten
Vertreter der bischöfl. Machtvollkommenheit
gegenüber den altkirchl. Rechten der Pres-
bvter. Sehr. 83 ,£pistolae', Hauptquelle für
die damalige Kircheugeschiuhte , und ,De
unitate ecolesiae' (herausgeg. von KrcMnger
1853). Werke herausg. von Goldhorn (1838-
1839, 2 Bde.).
Cyrenatcft (Pentapolia, a. G.), Landsch. an
der Nordküsto A&'ikas (das jetzige westl.
Barka), um 631 v. Ghr. von Thera aus kolo-
nisirt, seit 514 blühende Republik, unter
Ptolemäus Lag! mit Aegypten vereinigt;
später (97 v. Ghr.) römisch, im 7. Jahrb.
n* Ghr. von den Arabern erobert, seitdem
ganz im Verfall. Hauptort Cyrene (Ruinen
ders. bei Grenne).
Cyrillngj 1) C. wm Alexandria, Kirchen-
vater, Patriarch von Alexandria seit 412,
blinder Fanatiker, reizte den Pöbel gegen
die Juden und zu Ermordung der Hypatia,
der Tochter des Mathematikers Theon,
eifriger Verfechter der Anbetung der Maria,
setzte die Verurtheilung seines Gegners
Nestorius auf dem Koncil zu Ephesns 431 vor
Ankunft der syr. Bischöfe durch, ward von
diesen nach ihrer Ankunft verurtheilt; f 444;
kanonisirt. Werke, darunter 10 Bücher gegen
den Kaiser Julian, herausg. von Auberl
(1638, 7 Bde.). — 2) C, eigentl. Konstantin,
Apostel der Slaven, geb. um 820 zu Thessa-
lonich, ging im Auftrag des oström. Kaisers
Michael III. zu den Ghazareu am kasp. Meere,
deren Khan er bekehrte, dann mit seinem
Bruder Methodius 860 zu den Bulgaren,
schuf durch Uebersetzung der heil. Schrift
und der gottesdieustl. Bücher ins Altslavo-
nische die slav. Literatur; f l^« Cebr. 869
zu Rom. Seine Gesch. sehr legendenhaft.
1864 die lOOOJäbr. Gedäclitnissfeier der Grün-
dung des slav. Ghristeuthums durch G. und
Methodius in Böhmen und Mähren. Vgl.
die Schriften von Fhilaret (deutsch 1847)
und Gintel (1857).
Cyrus (gr. Kyroe, altpers. Kuru$, in der
Bibel Koretch), 1) C. der Adtere, Begründer
des altpers. Reichs, der Dynastie derAchä-
meniden angehörig, Sohn des Gambvses,
eines vornehmen Persers, und derMandane,
einer Tochter des med. Königs Astyages,
wuchs als Hirten söhn auf, befreite lieran-
gewachsen sein Vaterland von der medischen
Lehnsabhäugigkeit, unterwarf durcli seineu
Sieg beiPasargadä (558 n. Ghr.) über Astyages
auch Medien seiner Herrschaft, eroberte
(549) Lydien, dann (538 oder 539) Babylon
und machte Babylonieu zur pers. Provinz;
erlaubte den Juden die Rückkehr aus der
babylon. Gefangenschaft in ihre Heimat,
trug für die innere Organisation seines
Reichs Sorge, soll iyi Kampfe mitdenscyth.
Massageten (529) gefallen sein. Xenoplion
nalim ihn in seiner ,Gyropädie' zur histör.
Grundlage eines Regenteuspiegels. — 2) 0.
6Ler Jüngere, Jüngster Sohn des Darius Notbus
oder Oohtts u. derParysatls, geb. 424 v. Chr.,
Cyßtitis — Czechißche Sprache und. Literatur.
455
sattelte eine VerschwdraDfir gegen seinen
älteren l^ruder, Artaxerzes Maemonv an,
werd von diesem begnadigt und zum Statt-
halter von Kleinasien gemacht, sammelte
hier ein Heer, zn dem auch 13,600 Maun
griech. Hülfsvölker stiessen, umArtaxerxes
vom Throne zu stosseu , ward von diesem
bei Cunaxa in Babylonien (400) geschlagen
und fiel im Zweikampfe mit demselben. Vgl.
2Jenoph<m» .AnnbasisS Bucl^ 1.
Cvülii'i (lTrocyU.ii%8, gr.), Entzündung der
Harnblase, Blasenentzündung.
CytlSQS L. (GeUklee , Bohnenbaum) , Pflan-
zengattnng der Iieguminosen. 0. Laburnuni
JD., Goldregen, in Italien und dem südostl.
Europa, schöner Zierstrauch , liefert hartes
festes Nutzholz (falsches Ebenholz), die
Rinde sehr giftig. Ziersträucher.
Cyticum (a. G.), her. See- und Handels-
stadt in Mysien; duixh Tiberius ganz unter-
jocht; 675 von den Arabern erobert, jetzt
ganz verschwunden.
CzaikoiTSkl, Micliael, poln. Novellist, geb.
1808 in der Ukraine, wanderte 1831 nach
Frankreich aus, ging später als franz. Agent
nach Konstantinopel und trat, da die Russen
seine Ausweisung verlangten, 1859 in türk.
Dienste. Im oriental. Kriege focht er als
Pascha an der Spitze der sogen. Kosaken des
Sultans gegen die Russen vor Silistria. und
in der Dobrudscha; lebte nach dem pariser
Frieden in Konstantinopel. Als Dichter ge-
hört er zur sogen, ukrainischen Schule.
Seine Novellen , meist Gemälde aus dem
Leben der Kosaken und Donauslaven:
,Wernyhora', ,KosakenhetmanS .KlrdschaliS
,Gzarniecky' etc. Neue Ausg. 1862-65, 9 Bde.
Czar, s. Zaar.
Czartoryskl (spr. Tsch-), poln. Adels-
familie , erhielt 1623 die deutsche Reicha-
fürstenwürde , 1788 die Ungar. Maguaten-
würde. Bemerkenswerth sind: 1) Adam
Kasimir, Fürst, Oenei'al von Podolien, geb.
1. Dec. 1734, ward nach Augusts in. Tode
als Kandidat für den poln. Thron aufgestellt,
den dann Stauislaus Poniatowski durch
Katharinas II. Einfluss bestieg, trat nach der
ersten Theilung Polens in österr. Dienste,
avancirte zum Feldmarschall , braclite, von
Napoleon I. zum Marschall des poln. Reichs-
tags ernannt, die Konföderation von 1812 zu
Stande, leg^e 1815 zu Wien dem russ. Kaiser
die Grundzüge einer Konstitution für Polen
vor, ward zum Senator- Palatinus ernannt;
t 19. März 1823 zu Sieuiawa in Galizien. —
2) Adam Georg, Fürst, ältester Sohn des
Vpr. , geb. 14. Jan. 1770, focht unter Ko-
jcicszko, trat, 1795 als Geisel nach Peters-
Durg gesandt, zu dem Grossfürsten Alexan-
der in ein vertrautes Verhältniss, ward Bot-
schafter am sardin. Hofe, nach Alexanders
Thronbesteigung Minister des Auswärtigen
in Polen, begleitete Alexander 1814 nach
Paris, wohnte dem ersten Reichstag als Mit-
glied der Senatorenkammer bei, zog sich, als
gegen die Unterrichtsanstalten, deren Kura-
tor er war, Untersuchungen eingeleitet wur-
den, auf seinen Stammsitz Pulawy zurück.
Nach dem Ansbruch der poln. Revolution 1830
zum Präsidenten der nrovisor. Regierung,
80. Jan. 1831 der Kationalregierong ernannt,
br&ohte er die Hälfte seines Vermögens
dem Vaterlande 2um Opfer, trat nach den
Greueln torti 15. und 16. Aug. 1831 zurück,
lebte später in Paris als Haupt der aristo-
kratiscnön Emigrantenpartei, von dera. als
König von Polen betrachtet. Ton der
Amnestie von 1831 ward er ausgeschlossen;
Seine Besitzungen in Polen konfiscirt ; f ^^^
Juli 1861 in Montflarmeuil bei Paris ; hiuter-
liess zwei Söhne: Witold, geb. 6. Juni 1824,
t 14. Nov. 1865, und Ladislae , geb. 3. Juli
1828, gegenwärtig Haupt der Familie (Wohn-
sitz Paris), und eine Tochter Isabella, geb.
19. Dec. 1832, vermählt mit dem Grafen
Joh. Dzialynski.
CzaSlati (spr. TSch-) , böhm. Kreis , 71,7
QM. u. 391,558 Ew. Die Bauptst, C., 5396 Ew.
Czechen(spr. Tsch-), der westlichste Zweig
der Slaven , um 450—490 n. Chr. aus dem
Karpathenlande, angeblich unter ihrem An-
führer Qsech, in das heutige Böhmen einge-
wandert, wo ihr Name seit dem 9. Jahrh.
die allgemeine Bezeichnung für sämmtl. in
Böhmen wohnende Slaven ward.
Czechiscli« Sprache und Literatur. Die
czech. Sprache, einer der 4 Hauptzweigo des
westsJaVi Sprachstamms, wird in Böhmen,
Mähren und mit einigen Abweichungen auch
von den Slowaken iu Ungarn gesprochen
(zusammen von ca. 6Vs Mill.) und zeichnet
sich durch Wohllaut, Bestimmtheit u. Reich»
thum aus. Sie wird seit Huss (15. Jahrh.)
mit latein. Buchstaben geschrieben, deren
Zahl einschliessl. der accentuirteu Vokale
und punktirten Laute 42 beträgt. Charakte-
ristisch ist das Vorherrschen der Quantität
(statt der Betonung) wie in den klass.
Sprachen; auch hat sie den Dual und, wie
die poln., den Localis und Instrumentalis
unter den Casus; dagegen fehlt eine bes.
Form für das passive Zeitwort. Grammatik
sehr komplicirt. Neuere Lehrbücher von
Biirian (1840), Koneczny (1842—46, 2 Bde.),
Tomicek (4. Aufl. 1865); Lexiken von Franta-
Bchumantky (1851) , Konecxny (3. Aufl. 1855),
Jordan (1868), Rank (1866).
Die ozech. Uteraiur eut wickelte sich seil
dem 13. Jahrh. und blühte, gehoben durch
Wohlstand und Freiheit des Volkes und
durch religiöse Begeisterung, bes. unter
K. Rudolf n. (1577 — 1612) in Gedichten,
Volksbüchern, geschichtlichen und wissen-
schaftl. Schriften , endete aber schon in
den ersten Jahren des 30jähr. Kriegs.
Aolteste Denkmäler czech. Volkspoesie:
das Bruchstück ,LibuS3as Gericht* und die
Lieder der sogen. ,Königinhofer Handschrift'
(um 1219), deren Aechtheit jedoch neuerl.
stark angefochten worden ist. Spätere nam-
hafte Werke: Dalimit» Reimchronik (1314),
Schtitnys ,Lehrbuch für seine Kinder' (1376)
und Smil von Pardubitz Dichtung ,Der Rath
der Thiere' (1884). Im Zeitalter von Joh.
Huss kräftige Entwickelung der Prosa; bes.
Reiseberichte (Postupik 1464, Bössmital 1465,
Kabatnik 1491, Lobkotoits 1493) und politische
Sc'hriften (Clibor von Oimburg, f 1494, und
Ck>m. V. Wschehrd, f 1520). Während der sog.
jgoldnen Zeit' der czech. Literatar(1526— 1620)
456
Czelakowsky — Csnczor.
sind als DIcliter: Streye und Lamnicki von
Budeee (Uotpoet Budolfs IL), als Historiker:
Bartoich (t 1M4), Sixt v. Otieradorf (f 1583),
JBlahodauf (f 1571), W. Breezan (f um 1610),
Daeicky (f 1629) u. A., ausserdem der Sprach -
forscher M. Beneschowsky und der Humanist
Jbr. von GirUerrod hervorzuheben. Bibel-
übersetzung durch 8 Gelehrte (1579—93). —
Mit dem SOjahr. Krieg tiefes Herabsinken
in Barbarei, moral. Yernlchtung der Natio-
unlität ; Verbrennung der zwischen 1414 bis
1635 verfassten Bücher. Beachtenswerth
nur die Historiker Slawata (f 1652) und P.
Skala von ZhoTf der Bischof Comenius, der
Naturdichter Wolney, Die kaiserl. Dekrete
▼on 1774 und 1784 unterdrücken die czech.
Sprache und Literatur gänzlich. — Dem ent-
gegen wirken als Regeneratoren derselben:
der Historiker J^hel (1775), Graf KimJcy
(1774), Parizek (f 1823) , IVochagka (t 1804),
der Volksschriftsteller Krameriu» (seit 1783),
der Sprachforscher Dobrowaky (j 1829), der
Dichter Jungmann (seit 1805). Neue und
bessere Epoche für die czech. Literatur seit
1818; wissenschaftl. Pflege ders. in dem böhm.
Museum zu Prag (1822 vom Grafen Kolowrat
g^r.); Einführung der czech. Sprache in
die böhm. Gymnasien. Hauptdichter der
neueren Zelt: KoUar (f 1852, ,Slawy dcera',
mit panslavlstischer Tendenz) u. Chelakowaky
(t 1852); daneben die Balladendichter ^IgneM
Schneider^ Vinariczky und Tomieek^ der Fa-
hnlUtZahradnik, die Lyriker J/areXr, 'S}urxn»ki,
Banka, Kamaryl, Chmelinaki, Stule (,£rinne-
rungsblumen'), derldyllikerXan^er, die Dra-
mntiker Bizepanek, Machacteh (,I)ie Freier'),
Klicpera und Wlczkotosky, der Lehrdichter
Jdblomki (,Salomo'), die Epiker Huietokowski
(,Mädchenkrieg*), Negedly, Holy u. bes. Wocel;
der Novellist Tyl. Als nationale Historiker
sind Bctiacky und Tomek: als Alterthumsfor-
scher : Schaf arik u. Wocel, in der czech. Philo-
logie Jungmann, Schaf arik, Hanka u. JPVe«Z, in
der Geographie u. Pliyslk Schadeck, Sedlacek,
Smetana etc. hervorzuheben. Vgl. die liternr-
histor. Werke von Dobrowsky (2. Aufl. 1818);
Jungmann (1825), Graf Thun (1842); Wocel,
,Böhm. Alterthumskunde', 1845; Wenzig,
,Blicke über das böhm. Volk, seine Geschichte
und Literatur', 1855, und ,Kränze aus dem
böhm. Dichtergarten', 1856; Banua, ,QneIlen-
kunde der böhm. Literaturgeschichte', 1868.
Czelakowsky (spr. Tsche-), Franz LadUlaw,
czech. Dichter und Literator, geb. 7. März
1799 zu Strakonitz in Böhmen, 1 5. Aug. 1852
als Prof. der slav. Literatur in Prag. Einer
der namhaftesten Beförderer der nationalen
Bestrebungen der Gzeehen, bes. verdient
durch Herausgabe der Sammlang von , Volks-
liedern aller slav.Stämme' (1822—27, 3 Bde.) u.
,Nachhall czech. Lieder' (glückl.Nachahmung
böhm. Volkslieder 1840). ,Gedichte' (1817).
Czenstochowa (spr. Tschenstochau, JaiVM-
gora), Stadt im russ. Gouvern. Warschau, an
der Warta, 11,621 Ew.; ber. Wallfahrtsort.
Czerkasy (spr. Tsch-), Kreisstadt im russ.
Gouv. Kiew, am Dnjepr, Sitz des Hetman
der saporoger Kosaken, 13,311 Ew.
Czermtk (spr. Tsch-), Joh», Ant und
Physiolog, geb. 17. Juni 1828 eu Prag, ward
1865 Prof. in Jena, seit 1869 in Leipzig ; be-
gründete die Laryngoskopie, Khinoskopie,
erfand eine neue Methode der therapentisch-
chirurg. Lokalbehandlung des Kehlkopfes.
Sehr. ,Der Kehlkopfspiegel' (2. Aufl. 1863).
CzernebOg (spr. Tscli-, schwarzer Gott),
Gottheit der Slaven an der Ostsee, Urheber
allen Unheils.
Czemowitz (a|)r. Tsch-), Hauptstadt der
Bukowina, unweit des Prath, 34,000 Ew.;
ansehnlicher Handel nach der Moldau und
Bessarabien.
Czernyy Georg, auch Karadgordje, d. i.
schwarzer Georg, genannt, Befreier und
erster Fürst von Serbien, geb. 21. Dec. 1766
zu Vlschevac in Serbien, erst Schweinehirt
und Viehhändler, ward 12. Febr. 1804 von
300 Abgeordneten des serb. Volks zu Ora-
schatz zum Oberhaupt gewählt, kämpfte
1804—11 siegreich gegen die Türken, liess
sich 1811 zum alleinigen Kriegsherrn er-
nennen, demüthigte die aufrühr. Aristokratie,
die sich um Milosch Obrenowitsch schaarte,
musste aber 15. Okt. 1803 in Folge der In-
triguen der Russen nach Oesterreich über-
treten und ward dann in Ohotim in Bessa-
rabien internlrt. Juli 1817 nach Serbien
zurückgekehrt, ward er auf Anstiften seines
Rivalen Milosch ermordet. Als dieser 1842
durch eine Revolution gestürzt worden, er-
hielt C.s zweiter Sohn, Alexander (s. d. 4)
Karageorgewitach , die Fürstenwürde, die
er aber 1858 wieder verlor.
Czemy, Karl, Pianist, Komponist und ber.
Klavierlehrer, geb. 21. Febr. 1794 in Wien,
t das. 15. Juli 1857. Lehrer von Liszt, Thal-
berg, Döhler, Jaell u. A. Von seinen zahl-
reichen Kompositionen (ca. 800) sind die
Etüden werke und seine grosse Klavier-
schule (namentl. die , Schule der Geläufig-
keit') von bleibendem Werthe.
Czornig (spr. Tsch-), Karl, Freiherr vo»
Otemhauicn, österr. Statistiker, geb. 5. Mai
1804 zu Czemhausen in Böhmen, ward 1841
Hofsekretär und Direktor der administra-
tiven Statistik zu Wien, 1846 Hofrath, 1848
Mitglied des frankfurter Parlaments, 1850
Sektionschef im Handelsministerium, später
im Ministei*ium Ghef der Sektion für das
Eisenbahnwesen, 1863 Präsident der neuer-
richteten Statist. Gentralkomniission zu Wien
und wirkl. Geheimrath. Von ihm die grosse
ethnogr. Karte der österr. Monarchie (4 Bl.)
und die ,Ethnographie der österr. Monarchie'
(1855—57, 3 Bde.); ,Oesterreichs Neugestal-
tung' (1858); , Statist. Handbächlein für die
österr. Monarchie' (3. Aufl. 1861) n. A. ^
Cznczor (spr. Zuzor), Georg, ungar. Schrift-
steller, geb. 17. Dec. 1800 zu Andod (Neutra),
seit 1844 von der ungar. Akademie mit Aus-
arbeitung des gr. akadem. Wörterbuchs be-
auftragt, ward wegen seines Gedichts ,Riado*
(Weckruf) 1849 zur Festungshaft verurtheilt,
1850 amnestirt; t 9* Sept. 1866 zu Pesth.
Sehr, mehrere Heldengedichte, Lyrisches
und histor. Schriften.
D — Bämoilen.
467
D.
B^ röm. Zahlzeichen für 500; abbr. D«e»-
mu9, IHvui, Dominu»; D. O. H. = Deo optimo
tmaximo, d. i. dem höchsten, besten Gotte
g^eweiht. Auf preaas. (älteren) Münzen die
Münzstätte Anrieh, (neueren) Düsseldorf;
auf österr. Graz; auf franz.. Lyon.
Da caiK> (ital.), 8. Oapo.
Daeca (Dhaka), Stadt in der brit.-ostind.
Präsid. Bengalen, öatl. tob Kalkutta, an
einem Arme des Ganges , 67,000 Ew. Ehe-
dem berühmt durch seine Musseline; Ele-
fantendepot (meist ca. 800 Thiere).
D'aecord (fr., spr. -ohr) , übereinstimmend.
Dach. Nach der Höhe unterscheidet man;
das alldeuUch« D., gleich der ganzen Tiefe
des Gebäudes, das neudeuttche oder IKtnft«I-D.,
(gleich Vii oder Vi> das flache oder grieehi$che
D., gleich V«! das italieniache, gleich V* d«'
Tiefe, und das ganz Hache Mtamdaeh: nach
der Form : das Palt-, Ta$ehtn- oder Halbdach,
zieht sidi in Einer Fläche von der niedrigen
Vorderwand zur höheren Hinterwand; das
SaiUl-, Giebel', deul»ehe D., mit 2 von den
Laogseiten des Gebäudes auläteigenden Flä-
chen , welche oben im Forst oder First zu-
santmenstossen ; das gebrochene neu/ran», oder
Jfansardendach, besteht aus einem steileren
unteren und einem flacheren oberen D. ; das
hoUändieohe oder Walmdach, hat vier Dach-
flächen, von denen zwei auf denGiebelmauem
ruhen. Das Zeltdach bildet eine flache
Pyramide auf quadratischer Grundfläche.
Beim Kuppeldach bilden die Querschnitte
Halbkreise oder halbe Ellipsen, die Grund-
flächen Kreise oder Vierecke. - Das ge-
schweifte, Kaiser; Hdmdaeh, toälsche Hauhe,
Zwiebelkuppel, hat ein- und an^^bogene
Selten, die in einer Spitze zusammenlaufen.
Nach der Bedeckung unterscheidet man:
Pappdächer, die leichtesten und billigsten,
bei guter Ausführung auch dauerhaft,
brennen nicht mit heller Flamme. Das
domsche D. besteht ans einer zolldicken
Schicht aus Lehm mit Sand und Werg» die
wie Dachpappe gestrichen wird. Stroh- u.
Schindeldächer verschwinden immer mehr.
Schieferdächer aus rhombischen (bes. eng-
lischen) Schieferplatten haben nur 1/4 — Ve
der Tiefe des Gebäudes au Höhe, während
die Ziegeldächer mindestens Vs fordern.
Metall dächer sind leichter, haltbarer und
sichern besser gegen Sturm und Regen,
aber sie sind theurer, leiten die Wärme
stark und schmelzen bei Feuersbrünsten.
JDem Zinkdach macht jetzt das D. aus ge-
welltem yerzinkten Eisenblech Konkurrenz.
1 DRöthe
Zinkdacli . . .
Schieferdach . .
einfaeh .Ziegeldach
Ziegeldoppeldach
Pappdacli
kostet
28Va Thlr. 5,76 Ctr.
23 - 9,8 -
8 - 21,8 -
11 V« - 5,9 -
ll*/6 - 31,1 -
Dachav, Marktflecken in Oberbayern, an
der Ammer , 1931 Ew. Unfern das daehatter
Moos, Jetzt kultiyirte Sumpfebene (2,6 QM.).
wiegt
Dachpappe 9 mit kochendem Theer ge-
tränkte Pappe zum Dachdecken, wird nach
dem Legen und Annageln mit Theer be-
strichen und mit Sand bestreat, oft auch
noch mit Kalkmilch gestrichen; liefert die
leichtesten und billigsten Dächer.
Dachreiter, aus dem Dachfirst hervor-
ragender hölzerner Thurni, steht auf einem
mit Spreugwerk versehenen Kehlgebälke
und dient zur Verzierung etc.
Dachs (Meles L.) , Säugethiergattung der
Marder. Gemeiner D. (M. Taxus PaU., Ursus
meles L.), ohne Schwanz 2' I., 90—40 Pfd.
schwer, wohnt in unterirdischem Bau, meist
einsam, in Europa bis 60On. Br., im mittlem
und nördl. Asien. Fleisch geniessbar; das
Feli dient zu Kofferüberzügen, die Haare
zu Malerpinseln, Fett früher officinell.
DachsteiB. mächtige Berggmppe der Salz-
kammergutalpen, Im Plateau 7000' h., mit
Gletschern und 2 Gipfeln: D. 9493' und
Thor stein 9331' (beide von F. ßimony er-
stiegen), [konstrnktiou.
Dachsttthl. die das Dach tragende Holz-
Dachziegel, s. MoMeraieine,
Dacien (a. G.), röm. Prov., umfasste die
heutige Walachei, Serbien, Siebenbürgen,
Moldau und Bukowina; von Trajan QOl—
106) erobert, von Aurelian (3. Jahrb.) den
Gotheu überlassen.
Dactylua (gr., d. i. Finger), Versfbss, aus
einer langen und zwei kurzen Silben (— w w)
bestehend. Unter den daktylischen Vers-
arten sind Hexameter und Pentameter die
bekanntesten. Daktylen hiessen auch die
Priester der Gybele (dactyli Idaei).
D&dalus, nach der attischen Sage Sohn
des Palamon (d. li. des Kunstfertigen),
Spi'össliug des Geschlechts der Erechthiden,
floh, vom Areopag wegen eines Verbrechens
verurtheilt, zu Minos nach Kreta, suchte,
von diesem gefangen gehalten, mit seinem
Sohne Icarus, dem er künstliche Flügel
machte , durch die Luft zu entkommen,
Erbauer des Labyrinths auf Kreta uud Ver-
fertiger der Kuh der PasiphaS, Reprä%en-
tant der ältesten griech. Kunst. Daher
dddaXiech, s. v. a. künstlich, erfinderisch.
Dämmerung, entsteht, wenn die Sonnen-
strahlen nur die oberen Luftschichten
treffen und von diesen zum Theil zurück-
geworfen und zerstreut werden. Die Abend-
dämmerung endet mit dem Erscheinen der
kleinen Sterne. Die Sonne steht dann I80
unter dem Horizont, und ein mit diesem
Punkt parallel dem Horizont gezogener
Kreis heisst DätMnerungtkreii. Die Daner
der D. ist Je nach Breite, Jalireszeit und
Beschaffenheit der Luft verschieden. Unter
500 der Dreite dauert sie zur Zelt der
Aequinoktien 1 St. 55 Min., am kürzesten
Tage 2 St. 6 Min. Unter den Polen fast
100 Tag«, in Gliile 1/4 St.
Dämonen (gr., lat. genii), geistige Mittel-
weseu zwisclieu der Gottheit und den Men-
schen, welche Einfluss auf die Schicksale
458
Dänemark.
der latiteren haben sollen, theOs gnte,
Sohntzgelster (Agathodämonen) , theils böse
(K<ücodämonen), bei den Römern vorzugs-
weise die abffeschiedenea Geister. Die
Dämonologie oder Damonenlehre am ansge-
biidetsten im Parsismns (s. d.)« von dem
sie die Juden zur Zeit der babylon. 6e-
fltDgettschaftüberkommen zuhaben scheinen.
In der späteren Jüd. Dämonologie nmgeben
7 gute D. den Thron Jebovalis , während
die bösen den Satan oder Asmodi an ihrer
Spitze haben. Zur Zeit Christi yerstand
man unter D. böse Quälgeister, die auch
Ton dem Körper des Menschen Besitz neh-
men (s. Besessene). Die alten christlichen
Schriftsteller bezeichneten als D. bes. die
Götter der Heiden. Vgl. Ukert, »lieber D.,
Heroen und Genien*, 1850.
Bänemtrk, eins der 3 slcandlnav. König-
reiche im nördl. Europa, bestehend aus
dem Saupüemde D. zwischen Nord- und
Ostsee (Halbinsel Jütlaud mit den östl.
anliegenden Inseln Seeland, Moen, Fnnen,
Laaland, Bornbolm, Falster etc.), 694 QM.
mit (1868) 1,753,787 Ew., u. dtn Kebenländem :
Faröer S4 QM. und 9,815 Ew.,
Island 1870 - - 68,563 -
Grönland . , . (2200) - - 9,352 -
St. Croix (Westind.) 31/9 - - 28,194 -
Die Oberfläche des eigentl. D. ist yorherr-
Bcbend Ebene (höchste Erhebung der Him-
melsberg 530') , Im W. mit grossen Thon-,
Sand- und Moorheiden; die Küsten reich
an schmalen Meerbuchten oder Fjords (Lijm-
Qord) und Strandseeu. Zahlreiche kleine
Flüsse (am bedeutehdsten der Guden) und
Binnenseen. Klima gemässigt und gesund.
Frodukte: Getreide, Hopfen, Tabak, Krapp,
Obst, Holz (nicht genug für den Bedarf),
Torf; Rindrieh, gute Pferde, Schafe, Austern,
Hummern etc. Nutzbare Mineralien fehle q
(nur Kohlen auf Bornholip). — Bevölkerung
german. Abstammung, aber durch Sprache
und Charakter vom Deutschen gesondert,
£Mt durchaus lutherisch (99,3 0/0). Die
geistige Kultur steht auf deutschem Fusse;
gefördert durch die Universität zu Kopen-
hagen, mehrere Akademien, 22 Gymnasien,
7 Seminare und zahlreiche Volksschulen. —
Eauptnahrungexweige : Landbau, Viehzucht
und Fischerei; Industrie nur in der Haupt-
stadt bedeutend; ansehnlich die Rhederei
und der Handel. Exporte: Wolle, Häute,
Pferde, Butter, Speck, Mehl, Talg, Oelku-
chen, Getreide, Schlachtvieh. Bank zu
Kopenhagen mit mehreren Filialen. Ausfuhr:
1868-69: 16,6, Einfuhr 29 Mill.Thlr. Han-
delsflotte 1868: 3182 Scliiffe mit 87,777 Kom-
merzlasten (darunter 80 Dampfer mit 4823
Kommerzlasten). Seehäfen : Kopenhagen,
Helsiugör, Aarhus, Aal borg, Thisted. Eisen-
balineu 1869: 64 M. Rechnung nach Reichs-
thalern =^6 Mark (k 16 Schilling) = 22 Sgr.
6 Pf. — StatUsverfatsxmg (vom 5. ^Juni 1849,
revidirt 28. Juli 1866) konstitutionell-monar-
chisch und sehr freisinnig. Regierender
König Christian IX. Reichstag, bestehend
aus dem (aristokrat.) Landsthing und dem
direkt vom Volk gewählten Folkething. —
FinawBbudget 1869-'70: Einnahmen 32,039^1,
Ausgabeo22,868,0MReioh»thlr. Staatffolinld
1869: 119,141,100, Staatsaktiva 50,905,009
Reichsthlr. — Armee (Gesetz vom 6. Juli
1867): Konskription; Dienstpflicht vom 22.
bis SO. Jahr im 1., bis S8. Jahr im 2. Auf-
gebot. Kriegsstärke:
Infanterie 38,877 Mann und 1017 Ofllziere,
Kavallerie 2,122 - - 126 -
Artillerie 8,914 - - 176 -
Genie 1,320 . . 58 -
Total (Incl. General Stab): 52,656 M. mit 96
Geschützen. JCriegsßctte 1869: 30 Dampfer
(davon 6 Panzerschiffe) mit 812 Geschützen,
nebst 27 Kanonenschaluppen, 8 Kanonenjol-
len, 20 eisernen Transportbooten, 1 Ruder-
flottille, 1 Fregatte, Segrelschiffen etc. Marine-
mannschaft 901 Mann. — Orden : Elefauten-
orden (1452 gestiftet) , Danebrog (seit 1219).
Welpen: himmelblauer Löwe im goldenen
Felde verbunden mit Wappenzetclien der
einzelnen Landestheiie. Landesfarben roth
und weiss. Eintheilung in 7 Stifter: Seeland,
Fünen, Laaland, Aalbprg, Viboi^, Ribe, Aar-
hus. Haupt- U.Residenzstadt: Kopenhagen.
Vgl. Baggesen, ,Der dän. Staat', 1845 — 47,
2 Bde. ; BergsJüe, ,Den danske Stats Statistik*,
1844- 53, 4 Bde. ; die topographischen Werke
von Trap (deutsch von Barcmw 1857), Ers-
Uv (1856), Both (1867).
Geschichte. Die beglaubig^ Gesch. D.s
beginnt erst gegen Ende des 8. Jahrh. Da-
mals standen die Dänen unter Gaukönigen.
Die Reichseinheit begründete Gorm der
Alte (t 936). Sein Sohn Harald Blanzahn
huldigte dem deutschen Kaiser Otto L,
ward Christ (965), maclite Norwegen zins-
bar. Sein Enkel Knud d. Gr. (f 1035) er-
oberte England. Nach inneren Kämpfen
stellte Waldemar I. d. Gr. (1157—82) die
Ruhe her. Sein Sohn KnuA VI. (1182—
1201) unterwarf PommerU und Holstein;
Waldemar II, (1201—41) Lanenburg, Meck-
lenburg und Esthland, verlor aber die
deutschen Erblande durch seine Nieder-
lage bei Bornhöved (22. Juli 1227). Sein
ältester Sohn , Erich , ward von seinem
Bruder Abel bekriegt und ermordet (1850).
Abels Nachkommen beltaupteten sich im
Besitz von Südjütland (Schleswig). Graf
Gerhard d. Gr. von Holstein erhob einen
derselben, den Herzog Watdemar von
Schleswig, auf den dän. Thron (1326 — 80)
und gerirte sich als Herr im Lande. IFa{-
demar IV, Atterdag (1340—75) musvte Schles-
wig nach Aussterben des abel sehen Hauses
dem Grafen von Holstein zu Lehn geben
(1386). Waidemars IV. Tochter, Margare-
tha, vermählt mit dem König Hakon von
Norwegen, eroberte 1389 Schweden und
Hess ihren Groasneffen, Erich von Pommern,
zum König der drei skaudiuav. Reiche er-
wählen. Die sogen. kaXmarische Union (13.
oder 20. Juli 1397) sollte diese Vereinigung
dauernd machen, doch wählten die Schwe-
den schon 1448 wieder einen eignen König,
während die Dänen Christian I., Grafen
von Oldenburg, auf ihren Thron erhoben.
Derselbe ward 1450 auch in Norwegen und
1460 in Schleswig • Holstein zum Landes»
herm erwählt. Christian I. und sein Sohn
Dänemark.
459
Johann (148 t ->' 1503) suchten yergeblloh
Schweden auf die Dauer wiederaugewinäen,
das sich unter Christian IL (1503 — 23)
ganz Ton der Verbindung; mit D. los-
machte. Nach Chiistlans If. Sturz folgte
dessen Oheim Friedrich I. (1523 — 38) , der
D., Korwegen und Schleswig-Holstein unter
seiner Herrscliaft vereinigte. Sein Tod gab
das Signal zu der sogen. Grafenfehde^ einem
Kampf zwischen Adel und Ueistlichlteit,
Städten und Bauern, in den infolge der
bewaffneten Einmiscluing Lübecks auch
Schweden und andere Ostseelande yer-
wickelt wurden. Christian JH., Fiiedrlchs I.
Sohn, behauptete sich im Frieden von
Hamburg 29. Juli 1536 auf dem dän. Throne
(1536 — 59) und führte die Reformation
durch, Termochte aber die Uebermacht des
Adels so wenig zu brechen, dass das
Königthum zu einem blossen Schatten her-
absank. Friedrich IL (1559 — 88) kriegte
7 Jahre erfolglos gegen Schweden. Chri-
stian IV. (1588 — 1648) führte gegen dieses
zwei Kriege und einen unglücklichen in
Deutschland. Unter Friedrich IIL (1648—
1670) eroberte Karl X. von Schf^eden seit
1657 gauzD. mit Ausnahme der Hauptstadt,
und im Frieden von Kopenhagen (27. Mai
1660) gingen die sogen, übersundittchen
Lande, Schonen nebst Bleklngen, Halland
und Bohusiän an Schweden, sowie auch
die Lehnshoheit über Schleswig verloren.
Auf dem 8. Sept. 1660 nach Kopenhagen
berufenen Reichstag ward von Geistlichkeit
und Burgerstand dem König die volle
Souveränetät übei'tragen und im KdniQi-
gesetz vom 14. Nov. 1665 demselben unum-
schränkte Gewalt eingeräumt. Christian F.
(1670 — 99) erwarb durch Vertrag mit den
näher berechtigten Erben das Stammland
seines Hauses, die Grafschaften Oldenburg
und Delmenhorst (1667). Friedrich IV.
(1699 — 1730) okkupirte 1714 den gottorp.
Antheil von Schleswig, in dessen Besitz er
1720 bestätigt ward. Die folgenden Regie-
rungen ChrittiansVI. (1730—46), Friedrichs V.
(1746-66) und Christians VII. (1766-1808)
verflossen meist friedlich und ohne be-
deutendere Ereignisse. Vertreter des sogen,
aufgeklärten Despotismus waren in D. da-
mals der ältere Bernstorff (1750 — 70),
Struensee (s. d.) u. der jüngere BernstorlT
(1773-80 und 1784-97), deren Thätigkeit
durch Reformen aller Art, Emancipatiou
des Bauernstandes , Beschränkung der
Adelsprivileglen , Hebung des Ackerbaues,
des Handels und der Gewerbe bezeichnet
ist. Friedrich VI. (Regent seit 1784, König
1808— 39) suchte D.s Neutralität zu wahren,
was ein zweimaliges Bombardement Kopen-
hagens (April 1801 und 2.-5. Sept. 1807)
und die Abführung der dän. Flotte zur
^olge hatte, schloas sich dann eng an
Frankreich an, verlor im Frieden von Kiel
(14. Jan. 1814) Norwegen, tauschte gegen
das ihm von Schweden überlassene Schwe-
dlsch-Pomniem Lauen bürg ein und trat für
dieses und Holstein 1815 dem deutschen
Bunde bei. Die finanzielle Zerrüttung hatte
lolS sum partiellen Staatsbankrott geführt.
Den sich regenden konstitutionellen Wün-
schen suchte man durch Einführung be-
rathender Provinzial-Ständeversamralungen
(Mai 1831 und 1834) zu genügen. Folge
des nationalen Aufschwungs war das Ver-
langen nach Einverleibung Schleswigs (,D.
bis zur Eider'). Christian VIIL (1839—48)
suchte einen dän. Gesammtstaat zu schaffen
und erklärte in dem ,offnen Brief vom 8.
Juli 1846 seinen Entschluss, die dän. (kog-
natische) Erbfolge des Königsgesetzes auch
in Schleswig-Holstein einzuführen, wogegen
die Agnaten des Königshauses, die Stände
der Herzogthümer und der deutsche Bund
Protest erhoben. Den von Christian VIU.
hinterlassenen Entwurf der Gesammtstaats-
verfassung veröffentiichte sein Sohn und
Nachfolger Friedrich VII. (1848 - 63). Die
24. März 1848 von ihm ausgesprochene In-
korporation Schleswigs veranlasste einen
3 jähr. Krieg (s. Schlenoig-Holstein), welchem
die Intervention Oesterreichs n. Preussens
(Jan. 1851) ein Ende machte. Inzwischen
hatte ein konstitnlrender Reichstag mit dem
König das demokrat. Grundgesetz vom
5. Juni 1849 vereinbart. Der Erklärung
der Aufrech thaltnng der Integrität D.s, zu
welcher sich die ausserdeutschen Gross-
mächte und Schweden (2. Juni 1850) in
London vereinigten, trat (2. Aug.) auch
Oesterreich bei, worauf im warschauer
Protokoll vom 5. Juni 1851 der Prinz Chri'
stian von Schleswig -Holstein -Sonderburg-
Glücksburg zum eventuellen Thronfolger
in der Gesammtmonarchie desiguirt und
im loudoner Traktat vom 8. Mai 1852 von
den Grossmächten und Schweden als sol-
cher anerkannt ward. 81. Juni 1853 nahm
der dän. Reichstag die neue Thi'onfolge-
ordnung an. Nachdem eine Notabeln-
versammlung, zur Neuordnung des Ge-
sammtstaats nach Flensburg berufen (14.
Mai bis 16. Juli 1854), ohne Erfolg ver-
laufen war, setzte die erste (oktroyirte)
'firemeinschafUiche Verfassung vom 26. Juli
1854 eine Repräsentation mit berathender
Stimme ein, den Reiclisrath, dessen Mit-
glieder znr Hälfte vom König ernannt wer-
den sollten. Die lebhafte Opposition, die
sich dagegen in D. erhob, hatte die Ent-
lassung des gesammtstaatlichen Ministe-
riums znr Folge. Darauf ward mit dem
dän. Reichstage die zweite gemeinschaftl.
Verfassung vom 2. Okt. 1855 vereinbart,
welche einen Reichsrath mit S Kammern
(Landsthing u. Folkething) n. beschliessen-
der Kompetenz einsetzte, aber die Herzog-
thümer unbedingt der dän. Majorität unter-
warf und auch finanziell benachtheiligte,
indem der Gesammtstaat deren reiche
Domänen und Domanialabgabon ohne Ent-
gelt in Anspruch nahm. Als die dän. Re-
gierung zur Veräusserung der lauenbnrg.
Domänen zum Vortheil des Gesammtstaats
schritt (Okt. 1857), erhoben die Stände des
Herzogthuins beim Bundestag Beschwerde»
Der Bnndestagsbeschluss vom 11. Febr. 1858
erklärte die gemeinschaftl. Verfassung von
1855, soweit sie die Herzogthümer betrefTe,
für angültig, bewirkte aber damit nlofati
460
Dänholm — Dänische Sprache und Literatur,
weiter I als dais die d&n. Begiening die
Verhandluiigen in die Länge zn ciehen und
inxwiflchen die ausserdeutachen Gross-
mächte anr ElnmischoDg za veranlassen
snchte. JErst unter dem Eindrucke des
Umschwungs in Preussen (Okt. 1856) ward
sie nachgiebiger, und ein königl. Patent
Tom B. Nov. 1858 hob die gemeinschaftl.
Verfassung von 1855 für Hol stein -Lauen-
burg auf und stellte für diese in gemein-
schaftl. Angelegenheiten die absolute Kö-
nigsgewalt wieder her. Ein Bnndesbeschluss
vom 8. März 1860 forderte für den holstein.
Xiandtag in allen gemeinschaftl. Angelegen-
heiten gleiche legislative und finanzielle
Befaguiss mit dem dän. - schleswigschen
Reichsrath, und als die dän. Regierung
dies zuzugestehen sich weigerte, drolite
ein weiterer Bnndesbeschluss vom 7. Febr.
1861 mit Exekution. Durch Gesetze und
administrative Massregeln suchte inzwischen
die dän. Regierung Sclileswig immer enger
an D. zu ketten. Als bei den internationalen
Verhandlungen (Okt. 1861 bis Nov. 1862) die
preuss. Regierung die schlesw. Zustände zur
Sprache brachte, wies D. alle Erörterungen
über das .dänische* Herzogthum Schleswig,
sowie aucli die englischen, von den deutschen
Grossmächten (Okt. 1862) angenommenen
Vergleichsyorschläge zurück. Die Aus-
sondeining Holsteins ward durch Prokla-
mation vom 80. März 1863 angeordnet. Hol-
stein sollte hiernach wie Lauenburg nur
ein zinspflichtiges Anhängsel des Gesammt-
staats ohne jeden Einfluss auf die gemein-
schaftl. Angelegenheiten bilden. Als auf
den Bundesbeschlüss vom 9. Juli, welcher
die Zurücknahme jener Bekanntmachung
binnen 6 Wochen forderte, 27. Aug. eine
ablehnende Antwort erfolgte, beschloss der
Bundestag (1. Okt.) die Einleitung des
Exekutionsverfahrens und beauftragte damit
Sachsen und Hannover, Preussen u. Oester-
reich in Reserve. Der dem dän. Reichs-
tage vorgelegte Entwurf zu einem neuen
Grundgesetz für D.-Schleswig, welcher die
vollständige Verschmelzung beider Iiänder
anbahnen sollte, ward 18. Nov. genehmigt.
Ehe aber die Bestätigung von Seiten des
Königs erfolgte, f dieser 15. Nov. 1863,
worauf der sogen. ,ProtokollprinzS Chri-
atian IX. , den Thron bestieg und 18. Nov.
das neue Grundgesetz sanktionirte. Die
Majorität der holstein. Ständeversammlung
und die Ritterschaft riefen den Bund um
Schutz an für die Rechte des Landes und
die legitime Erbfolge des Erbprinzen Fried-
lich von Schleswig -Holstein -Sonderburg-
Augustenburg in Schleswig-Holstein. Der-
selbe beschloss 7. Dec. die Exekution in
Holstein-Lauenburg, die 22. —31. Dec voll-
streckt ward. Die dän. Regierung nahm
zwar die Bekanntmachung vom 30. März
zurück, protestirte aber (19. Dec) gegen
die Rechtsgültigkeit der Bundesexekution
und setzte das neue Grundgesetz (1. Jan.
1864) iu Kraft. Auf die Forderung Preussens
und Oesterreichs, dasselbe binneu 48 Stun-
den aufzulieben (16. Jan.), verlangte D.
eine Frist von 6 Wochen. Dies« ward ver-
weigert .und die Okkupation Schleswigs
beschlossen. Am 1. Febr. 1864 überschritt
das österr. - preuss. Heer die Eider und er-
oberte in Kurzem das Festland von D. bis
zum LijmQord. Die am 25. April in London
versammelte Friedenskonferenz vermittelte
einen Waffenstillstand, ging aber 25. Juni
unverricli teter Sache wieder auseinander.
Nachdem die Alliirten darauf auch Alsen,
die Inseln an der Westküste von Schleswig
und Jütland nördl. vom L^rofjord erobert
hatten, ward 26. Juli die Friedenskonferenz
in Wien eröffnet. In dem Friedenstraktat
vom 30. Okt. 1864 verzichtete Christian IX.
auf seine Ansprüche auf Schleswig-Holstein
und Lanenburg, wodurch der dän. Staat
auf das eigentliche D. beschränkt ward.
Ende Jan. 1865 Beginn der Verhandlungen
zwischen der Regierufig und den beiden
Thingen des Reiohsraths und des Reichs-
tags über eine Vertassnngsrevision, welche
den Reichsrath in etwas konservativem
Sinn umbilden soll. 22. Dec. Annahme des
Verfassungsentwurfs im Reichstag. 7. Febr.
1867 legt die Regierung den Entwurf einer
Reform der Armee und der Marine vor,
welche 2. Juli vom Felke- und Landsthing
mit Modifikationen genelimigt wird. 2. Nov.
verkauft D. die westindischen Inseln S. Tho-
mas und S. Jan an die Verein. Staaten, deren
Regierung aber (Apiil 1870) die Ratifikation
des Kaufvertrags verweigert. 4. Jan. 1868
legt die Regierung dem Reichstag das neue,
auf allgemeine Dienstpflicht gegründete
Wehrpflichtgesetz vor. 9. März 1868 lehnt
D. das Anerbieten Preusseus, ihm iu Aus-
führung der betr. Bestimmung des prager
Friedens einen Theil Nordschleswigs (bis zur
Gjennerbucht) abzutreten, ab. Nov. das so-
genannte Freigemeindegesetz, welches inner-
halb der Landeskirche die Bildung neuer
selbständiger Gemeinden gestattet, in beiden
Thingen des Reichstags angenommen. Vgl.
JJlen, ,Handbog i Fädrelandets Historie', 6.
Aufl. 1863; deutsch von Falek 1842 ; DaAZmafin,
jGesch. von D.< (bis 1523), 1840—43, 3 Bde.
Dänholm, kleine befest. Insel bei Stral-
sund; seit 1854 mit Kriegshafen lur Ka-
nonon- und Avisodampfboote.
Dänische Sprache und Litentnr. Die
dän. Sprache, mit der schwed. zum skan-
dinav. Zweige des german. Sprachstammes
gehörig, hat sich durch Berührung und
Verschwisterung mit der deutschen und
bes. der angelsächs. Mundart ausgebildet
und ist (seit 16. Jahrh. Schriftsprache)
gegenwärtig die kultivirte Schrift- und
Staatssprache der beiden Reiche Dänemark
und Norwegen, während sich die schwed.
Sprache etwas abweichend entwickelte,
jedoch so, dass die Bewohner Skandina-
viens sich ohne grosse Schwierigkeit gegen-
seitig verständigen können. Bibelüber-
setzungen von 1550 und 1647. Sprachlehren
von Bloch, Birch, Petersen, Oppermann u. a.;
dän. -deutsche Wörterbücher von 0, H,
Müller (1800, bearbeitet von Guldberg 1807.
4 Bde.) und Molbech (1833, auch für die
Dialekte). Die Geschichte der Sprache be-
handelte Petersen (1829 — 80, 2 Bde.), die
Dänischwohld t— Dahlmann.
461
M«trik Thoiism (18S3— 34, 3 Bde.), die Sy-
nonvmen P. £. Müller (1829, 2 Bde.).
Literatur, Aermlicbe Anfänge derselben
im 16. Jfthrh.: Logland$ Reimsprüche (1508)
und geistl. Lieder (von Thomaui gesammelt,
1569). Darauf folgt bis ins 18, Jahrb. eine
Beibe Dichter nach damaligem deutschen
Master (Opitz), nicht ohne Verdienst um
die Ausbildung der Sprache: die Didatctiker
Arreboe (f 1637) , der beschreibende Dichter
Sehested (f 1698), die Lyrilcer Seit, Bording
(t 1677) und Kingo (t 1723), die Satiriker
Sorterup (f 1722) und Beenberg (f 1742).
Begründer einer eigentlichen däu. National'
literatur ward : L, Holberg (f 1754), eminen-
ter Satiriker in epischer, lyr. u. bes. dram.
Form (Schöpfer des dän. Theaters). Von
noch höherer Bedeutung war J. Etoald (f
1781), Yorzugs-vreise Lyriker , aber auch als
Dramatiker (,Bolf Brake') hervorragend.
Neben ihm glänzten der Satirilcer FaUter
und der Lyriker TuUin, die Lustspieldich-
ter J. Weeael (t 1783) und P. Andre Heiberg
(t 1841), die Dichter E. ßtorm (f 1794), Bah-
bek, <%. JBrtmn, H. Guidberg, de Fcdten, C
Friman, Th» Thaarup, Hjort u. A. £inen
neuen und höhern Schwung nahm die
dän. Literatur durch Jen» Baggeeen (t
1826)) ausgezeichnet im kom. Epos und
gehersenden Liede, bes. aber ^urish Oeh-
lensehläger (f 1850), der in seinen dramat.
und epischen Werken die Wiederbelebung
der nationalen, altnord. Poesie anstrebte
und sich zugleich als gemüthvoller Lyriker
bewährte. In des letztem Fussstapfen
traten; Ingemann mit lyr., epischen und
dramat. Dichtungen, der Lyriker Grundtvig,
der Dramatiker «T. L, Heiberg (f 1860), £iu-
fiihrer des Vaudeville, und der bes. als
Romandichter ausgezeichnete Carsten Hauch,
Ausserdem sind von der jüngsten dän.
Dichtergeneration hervorzuheben: die Dra-
matiker Ch. BredaJd (f 1860) und H. Hertz
(t 1869), die Lyriker ßtaffeldt, Hület, Boten-
ho/, der beliebte Roman- und Märchen-
dichter 1^ 0. Änderten; die Dichter Ch.
Winther, Pialudan Müller (Verf. des ,Adam
Homo'), Möller, Molbeeh; die Novellisten
L, Kruse, Bt, Blioher (f 1848), der anonyme
Verf. der tAlltagsgeschichten', Goldschmidt;
die Pseudonymen K. Bernhard, 8t. Hermidad
(W. TItieted) u. A.
In der wissenschaftl. Literatur ausgezeich-
net als Geschichtschreiber; P. E. Müller,
Betersen , Guldberg (Weltgeschichte) , Buhm
(Gesch. Dänemarks), Schwing (Gesch. Nor-
wegens), Engeltoft, J. Möller, Molbeeh,
Kolderup'Bosenvinge (Rechtshistoriker), HeZ-
weg (Kirchenhistoriker'), Slimonsen, Werlauff,
Bader, Jahn, L. C. Müller, Eetrup, Dau'
gaxird. Wegner, KSnigs/eldt u. A.; als Sta-
tistiker: A. Baggeaen, Bergs'öe, Nathanson; als
Naturforscher: Homemann, Oerated {Theori«
vom elektrochem. Magnetismus), Schouto
(Botanik und phys. Geographie) ; als Astro-
nom: Schumacher. Unter den Philosophen
sind Treeehow, Sibbem, Heilberg; als Philo-
logen Bcuk, Magnusen, Petersen, Madvig,
Br'ündsUd, Weatergaard (Orientalist); als
Theologen : Myntter, Munter, Clausen, Nielsen,
KierJtegaardi als Jurliten: ul. B. Oersied,
Algreen-Üssing und Larten; als Literarhisto-
riker: Nyerup, Molbeeh, Betersen, Thortsen
zu nennen. Vgl. Kraft und Nyerups ,A1-
mindeligt Literaturlexicon', 1777— 84, 8 Bde.,
und Erüev, ,Almindoligt Forfatter-Lexioon^
1842—51, 3 Bde. ; Suppl. 1856 f. ; ferner Bah-
bek, jBidrag til den danske Digterkonsta
Historie*, 1800 f. ; FürH, ,Briefe über die dän.
Literatur', 1816, 2 Thle.
Danischwolila (D'dnischw WaU), der
südöstlichste Theil von Schleswig, fast nur
aus adligen Gütern bestehend.
Dafar^ fimchtbare Landsch. in Arabien
(Hadramaut); Rainen von El-Beläd. Die
ehem. grosse Stadt D. ist seit 14. Jahrh.
verschwunden.
Dag, das Ende eines Taus , womit die
Matrosen gezüchtigt werden. Durch die
Daggen laufen , s. v. a. Spiessruthenlaufen.
Dagana, wichtiger Handelsplatz in Sene-
gambien, um untern Senegal, 7754 £w.,
1858 von den Franzosen nebst dem um-
liegenden Gebiete in Besitz genommen.
Baghestan, Landsch. in Transkankasien,
am Nordostabhang des Kaukasus bis ^um
kasp. Meer, 519 QM. mit 470,847 Ew. Hauptst.
Derbent. Früher au Persien gehörend ; seit
1812ru88isch u. jetzt vollständig unterworfen.
Dagöe (Dagden), russ. Lisel, an der Ki^ste
von Esthland, 20,4 QM. und 10,000 Ew. Auf
der Westspitze Leuchtthurm.
Dagop, das Heiligthum der Buddbatempel
bei den Indiern, Symbol des Buddhismus,
eine auf einer cy lind erartigen Basis ruhende,
etwas überhöhte Halbkugel, soll die Wasser-
blase, Symbol des menschl. Leibes in seiner
Hinfälligkeit, veranschaulichen.
Darnerreotypie, s. Bhotographie.
Danly Joh. Christian ClauseUf Landschafts-
maler, geb. 24. Febr. 1788 zu Bergen in
Norwegen , seit 1821 Prof. an der Kunst-
akademie in Dresden; t das. 14. Okt. 1857. —
Sein Sohn Siegwald D., geb. 16. Aug. 1827
in Dresden, Genre- und Porträtmaler.
Dahlak, Inselgruppe im rothen Meer, an
der abessin. Küste, 15 QM., von Hirten und
Fischern bewohnt; Perlenfischerei.
Dahlen, Fabrikstadt im preuss. Regbz.
Düsseldorf, Kr. Gladbach, 6145 Ew.
Bahlgren, Karl Joh., schwed. Dichter,
geb. 20. Juni 1791 bei Norrköping in Ost-
gothland, f l^* ^&i ^^^ (^Is Prediger zu
Stockholm. Ausgez. im schalkhaften und
hamorist. Liede; ßchr. auch burleske No-
vellen und das aristophan. Lustspiel , Argus
im Olymp». Werke (1847-52, 5 Bde.).
Dahlia, Pflanzengattung, s. Georgina.
Dahlmann 9 Friedr. Christoph, Geschicht-
schreiber, geb. 18. Mai 1785 zu Wismar,
ward 1812 Prof. der Geschichte zu Kiel,
1815 Sekretär der stehenden Deputation
der Schleswig -holstein. Prälaten u. Ritter-
schaft, betheiligte sich aji dem Verfb.ssungs-
streit zwischen den Resten der alten Stände
und der Regierung mit polit. Streitschriften,
seit 1829 Prof. der Staats Wissenschaften zu
Göttingen, hier für das Zustandekommen
des Grundgesetzes von 1833 thätig, 1837
eiaer der sieben gegen die einseitige Auf-
462
Dahme — Üalelf.
faebang desaelben pfotestirenden Profes-
' loran, deshalb von uöttingen ausgewiesen,
seit 1842 Prof. der Creschichte su Bonn.
M&rz 1848 zum Vertrauensmann Prensseus
beim Bundestag ernannt, arbeitete er den
Verfessuugsentwurf der Siebzehner mit ans,
war dann als Mitglied der deutschen Na-
tionalversammlung einer der Führer der
erbkaiserl. Partei, ward nach dem 5. Sept.
1848 erfolgton Rücktritt des Reichsministe-
riums mit Bildung eines neuen beauftragt,
die ilim jedoch nicht gelang. Mai 1849 mit
der Mehrheit seiner Parteigenossen aus
dem Parlament ausgeschieden, wohnte er
Juni d. J. der gothaer Versammlung bei,
trat dann als Mitglied der ersten preuss.
Kammer den reaktionären Tendenzen euer-
giscli, aber erfolglos entgegen, betheiligte
sich am erfnrter Parlament als Mitglied
des Staatenhauses ; f 5. Dec. 1860 zu Bonn.
Sehr. , Forschungen auf dem Qrebiete der
deutschen Geschichte' (1822—23, 2 Bde.);
^Quellenkunde der deutschen Geschichte'
(1830); , Politik auf den Grund und das
Mass der gegebenen Zustande zurückgtsiülirt*
g(d, 1, 1835; 3. Aufl. 1847); ,Gescliichte
änemarks' (1840—43, 3 Bde.); ,Geschichte
der engl. Revolution' (6. Aufl. 1864); ,Ge-
schichte der franz. Revolution' (3. Aufl.
1864); gflb desNeocorus , Chronik vonDith-
marsen^ (1827, 2 Bde.) lieraus. Biugr. von
Springer (1»70).
Dahme, Stadt im preuss. Regbz. Potsdam,
Kr. Jüterbogk, am FIum D. (mündet bei
Köpenik in die Spree), 4727 Ew.
Balivmejr (Dahome), Negerreicfa in Ober-
Siinea, an der Sklavenküste , bis zum
onggebirge reichend , 180 QM. mit 180,000
£w. Staatsform absoluteste Monarchie;
das Gauze militärisch organisirt; Religion
gröbster FetiHcliismus; die Kriegsmacht
unv«rhältnissmässig gross, Leibgarde von
500u bewaffueten Frauen; Menschenopfer
sehr häufig Hauptst. Abomeh. Vgl. Forbes,
,Missious to D.', 1851; Button, ,A mission
to D.', 1864.
Dminiel, Fabrikstadt in der span. Prov.
Ciudad Real, am Aznar, 12,500 Ew.
BiümioSy die Kaste der begüterten, erb-
licTien Lehusfürsten in Japan.
Dainos, die Volkslieder der Lithauer.
Eine Sammlung derselben übersetzt von
N»ftelmann (1853).
DmirL in Japan der Hofstaat des Mikado.
BajmMS) die »ingeboruen Bewohner von
Bomeo, zur malayischen Race gehörig, aber
grösser, muskulöser und weniger civilisirt
als die eigentl. Malayen ; zerfallen in mehr
als 100 kleine Stamme mit 20— 30 Sprachen ;
meist Ackerbnner; an den Küsten den Ma-
layen untergeben, im Innern unabhängig.
Dakar 9 Stadt in Senegambien, auf der
gleichuam. HalUnael, etwa 3000 Ew.; 1857
von den Fi*auzo8en in Besitz genommen,
Jetzt Station der franz. Dflmpfschiffe.
fiakk«! ( Wah-tl'Daktdijth), Oase In der
libysclieu Wüste, mit Miueralquellen, 12,000
Ew.; Aegyiitentiibntär.
Dakota, Ten-itorium der Verein. Staaten
von Nordomei'lka, 1861 aus dem westl.
Theile von Minnesota gebildet, v<Mn obern
Missouri durchflössen, Ursprung!. 11,816 Qlf.,
nachdem aber 1868 aus einem Theile desael-
ben wiederum das Territorium Wyoming ge-
bildet worden, nur 7177 QM. und (1870) 14,181
Ew., dazu zahlr. Indianer (Sioux); wichtig
wegen seiner Pelzausftihr. Hauptst. Vaukton.
Daktyliothek (gr.), Sammlung von ge-
schnitteuen Steinen, Gemmen, Kameen n.dgl.
Dalai-Iifoor (Kelonsee), See in der nord-
östl. Mongolei, an der russ. Grenze, 8M. 1.,
5 M. br., vom Keruluu (Argun) durchflössen.
Balame (DalekarKen), romaut. Gebiiigs-
landschaft in Schweden, umlkssend das
Län Kopparberg, 570 QM. mit 175,927 Ew.,
letztere durch Sitte, Tracht und Sprache
von den übrigen Schweden verschieden und
durch schönen Wuchs, Ernst, Patriotismus,
Biederkeit und Gastlichkeit ausgezelchnot.
Dalberg (früher Da/öwrt^;, altes Geschlecht,
im 17. Jahrb. in den Reichsfreiherrenstand
erhoben, von Alters her mit dem Erbkäm-
mereramt des Hochstifts Worms beklcKidet.
Für das Alter und Ansehen des Geschlechts
spricht der Umstand, dass bei jeder deut-
schen Kaiserkrönung der kaiseri. Herold
rufen musste: ,Ist kein D. da?' worauf der
anwesende D. von dem nengekrönteu Kaiaar
den Ritterschlag empfing. Bemerk enswerth
sind: 1) E^irl Theodor Anton Maria, Seichs-
freiherr von D., letzter Kurfürst von Mainz
und Erzkanzler, geb. 8. Febr. 1744 zu Herna-
heim, Sohn Franz Heinrich von D.s, kurfürstl.
mainz. Geheimraths (geb. 1716, f 1776), ward
1772 kuriürstl. mainz. Geheimrath und Statt-
halter zu Erfurt, 1787 Koadjutnr des Ersstifts
Mainz, bald darauf der Uochstifter Worms
und Konstanz, 1802 Kurfürst von Maiua und
Erzkauzier des deutschen Reichs, behielt
nach ■ dem Frieden von Lunevlllo letxtera
Würde und ward für das am linken Rhein-
ufer verlorne Gebiet mit Regensburg, Wets-
lar und Asciiaffenburg entschädigt. Nach
Errichtung des Rheinbundes von Napoleon L
1806 zum souveränen Fürst-Primas des Rhein-
bundes mit dem Vorsitz in der Bundesver-
sammlung, 1810 zum Grosshersog von Frank-
furt ernannt, behielt er 1813 bloss seine Ge-
rechtsame als Bischof von Regensburg; f
10. Febr. 1817. Sehr. ,Grundsätze der Aeathe-
Ük' (1791) U.A. Vgl. Krämer, ,K. Th. v. D.*,
1821. — 2) Wolf gang Heribert, Reiehefreiherr
von D., Bruder des Vor., geb. 1749, s^t 1803
bad. Staatsminister, bekannt durch seine
Verdienste um das Theater zu Mannheim;
t das. 28. Sept. 1806. An ihn sind Schillers
,Briefe an den Freiherm von D.' (1819) ge-
richtet. Vgl. Koffka, ,Iff]aDd und D.', 1865.
— 3) Joh. Friedr. Hugo, Freiherr von D.,
Bruder des Vor., geb. 16. Mai 1760, Domka-
pitular zu Trier, Worms und Speier; f Juli
1803 als trierscher Hofrath su Koblenz, Kom-
ponist, SchriftstoUer über Musik and Alter-
thnmsforscher.
Dalbosee. s. Wenemtee,
BalekarlieBy s. DäUir^ie.
Dalelf) Hauptfluss der Landschaft Dalarne
in Schweden, entsteht aus dem Oettter- und
We^terduMf und mündet unterhalb Gefle in
den bottuiscben Meerbusen.
Dalexninzieii — Damars.
463
BftleminzieOy vormals »l&r. Gau im hcti>
tigQU Sachsen , «wischen Eib« und Mttlde,
von Meisten bis Dahlen ; 927 von Heinrich I.
nntei'jocht. [nahe am Meere, 9419 Sw.
D41IM} Stadt in der span. Prov. Almeria,
Dmlin, Olof von, schwed. Schriftsteller,
geb. 17U8 SU Winberga in Hallaud , t ^7^
als Hofkanzler au Stockholm. Einer der
Reformatoren der schwed. Literatur, bes.
durch seine Zeltschrift ,Der schwed. Argus*.
Seine Dichtungen («Poetiska arbeten', 1782,
2 Bde.) durch Gewandtheit in Sprache und
Vershau ausgezeichnet.
Dalkeith (spr. Dälkihtb), Stadt in der
sebntt.Grafsch.£dinbiirgh, südöstl. bei Edin-
burgh, 5396 £w. Prächtiger Palast des Uer-
zoKs von Bucclcugh. [Seebäder.
Dalkey. Insel an der Bai von Dublin;
Salwatiea, langes weisses Oberkleid mit
Aermelu, seit Papst Sylvester T. Amtstracht
der Diakonen der röm. Kirche; auch Theil
des Krönuugaornats der doatschen Kaiser.
Dalmatien, Königreich, österr. Kronland,
232 QM. mit 437,000 Ew.; sctimales, 52 M.
langes Küstenland am adriat. Meer, von
Zweigen der dinarisclien Alpen durchzogen
(Dinara 5575', Orieu 5845') und von kurzen
Küatenflüsseu (Z(«rmagua, Kerka, Cettlna,
Narouta) bewässert; die Küste von einer
Kette lauger und schmaler Inseln umsäumt.
Klima warm uod gesund, aber durch die
heftig wehende Bora uud den Scirocco lästig.
Der Boden kalkig und dürr, nur an wenigen
Orteu zum Ackerbau geeignet. Hauptpro-
driikte: Wein, Südfrüchte, Oel, Fische. Die
Bevölkerung, dem serbisch -kroat. Stamme
der Südslaven augehörend (im nördl. Theile
3forUMcen geuauut), ein schöner Menschen-
schlag, kühne Seeleute, tapfere Soldaten;
Völkersprachc der serbisch - illyr. Dialekt.
Unter den Einw. S2i,0Ci0 röm. Kathol. (Erz-
biacliof in Zara n. 5 Bischöfe) , 80,000 nicht
nnirto Griechen, 30,000 Italiener (meist in
den Städten), 500 Juden. Haupti^rwerbs-
zweijp^e: Schifffahrt, Fischerei, Viehzucht;
Nationalprodukt der Maraschino. Die Gold-,
Eisen- uud Kohlengruben liegen unbenutzt.
Beträclitl. Transithandel ; Haupthaudels-
plätze: Zara, Spalato, Cattaro, Ragusa. Die
geistige Kultur des Landes nocli wenig vor-
feaohritten. Landtag von 43 Mitgliedern;
Abgeordnete zum Reichstag. Vier Kreise:
Zara, Spalato, Ragusa, Gattaro. Sitz der
Landesregierung u. Landeshauptstadt : Zara.
Geschichte, D., von den Römern unter
Angustus (23 v. Chr.) unterworfen, bildete
den südlichsten Theil der Prov. lUyricum,
kam 489 unter die Herrschaft der Ostgothen«
dann wieder unter oström., ward um 620
von slav. Völkern besetzt. Ein Tbeil der
Städte unterwarf sich 809 der Oberhoheit
des fränk. Reichs, andere, bes. die See-
städte blieben unter byzantin. Schutze.
Gegen Ende des 9. Jahrh. fiel das Küsten-
land, unter die Herrschaft der kroat. Fiirsten,
deren oiner, Cresciniir Peter, 1052 den Titel
oinea Königs von D. annahm. Nach dem
Erlösclien des kroatisch -da Im at. Köuigs-
Roschledits (um 1100) bemächtigte sich
König Tiadislaus von tlngaru eines Tliellt
desselben, während ein Anderer Theil sich
unter Venedigs Schutz begab. Im Frieden
von Paasarowitz 1718 wurden die Grenzen
des venetian. D.s gegen die Türkei in der
jetzigen Weise festgestellt. Durch den
Frieden von Gampo- Formio kam dieser
TheO D.s mit Venedig unter österr. Herr-
schaft, im pressburger Fri^^den (1805) an Na-
poleon I., der ihn erst zum Königreich Italien
schlug, 1810 aber, nachdem er auch den
uugar. Theil D.s erhalten, aus diesem und
angrenzenden österr. Gebietsth eilen die
sogen, illyrischen Provinzen seines Reichs
bildete. D. stand unter einem Proveditore-
Generale, bis es 1814 an Oesterreich zurück-
fiel. 1816 ward es, durch Ragusa und einen
Theil von Albanien vergrössert, zu einem
eignen österr. Ki'onlaiide (Königreich) er-
hoben. Die Ausdehnung des neuen Land-
wehrgesetzes auf D. fand (Sept. 18C9) im
Bezirk Gattaro Widerstand uud führte zur
Insurrektion, die (Nov. und Dec.) mit Militär-
gewalt unterdrückt ward. Vgl. Fetter, ,D.*,
1857, 2 Bde ; NoS, ,D.*, 1870.
Dalslasfly Gebirgslandschaft im südL
Schweden, westl. vom Wenernsee.
Dalton (spr. Dahlt^n), John, her. engl.
Gheniiker und Physiker, geb. 5. Sept. 17^
zu Eaglesfield in Cumberland, seit 1793
Professor zu Manchester, besond. verdient
durch seine Untersuchungen über dieElaatl-
cität der Dämpfe und Entwicklung der
atomist. Theorie, Mitglied der Royal Society
zu London n. der par. Akademie; t ^7. Juli
1844 zu Manchester. Sehr. ,New System
of Chemical phiiosophy' (neue Ausg. 1842,
2 Bde.); iMeteorological essays and obser-
vations' (2. Aufl. 1834).
Daltonisrnns (Amerythroptie , BothhUnd'
heit), der Mangel, die rothe Farbe als solche
zu erkennen, deshalb Verwechselung der-
selben mit grüner. Im Allgemeinen D. gleich
OhromoUody»op9ie, Beschräukung der Walir-
nehmnng bestimmter Farben, z. B. auch
Grünblindheit; in geringen Graden häufig
vorkommend, nicht heilbar.
Dalirigk) Karl Friedr, Reinhardt, Frei-
herr von, grossherzogl. hess. Minister-
präsident, geb. 19. Dec. 1802 zu Darmstadt,
ward 1842 Kreisrath von Worms, 1845 Pro-
vinzialkommissar in Rheinhessen, 1850 Mi-
nister des Innern, dann dos Aeussern und
Ministerpräsident, wirkte im Verein mit
Beust und von der Pfordten auf den Konfe-
renzen zu Würzburg und Bamberg und auf
dem frankfurter Fürstentag (1863) für das
österr. mittel staatliche Interesse u. die polit.
und kirchl. Reaktion. April 1871 entlassen.
Daman , ostind. Landsch. im Pendschab,
zwischen Indus und Solimangebirge, 60 M.
1., am Indus, ausserordentl. fruchtbar.
Damanhnr, Stadt in Uuterägypten, unweit
des Maliniudiehkanals, 10,000 Ew.
DamSra ( Ovaherero), Volk im westl. Süd-
afrika, im Gebirgsland um den Omatoko-
berg, den Betschuanen verwandt, nomadl-
sirende Hirten, im steten Krieg mit den Nach-
barvölkern, bes. den räuberischen Berg-
datnarat (Ghudamup). Ihr Land reich an
Kupfer, Vieh und Elfenbein.
^64
Damaseiren — Dampf.
DftVUMelreH« StahlWMMii bant verlieren,
beruht auf der ungleichen Angreifbarkeit
Terschiedener Stahlsorten dnrch Sänren, so
dass beim Aetzen von Arbeitsatücken , die
ans verschiedenen Stahlsorten Easammen-
Saschweisst sind, flecken- und streifenartige
eichnongen entstehen. Wird in Damas-
cns bes. auf Klingen und Gewehrläufe an-
gewandt; nachgeahmt durch einfaches Aetzen
ähnlicher Verzierungen auf gewölinlichen
Stahlwaaren. Damascirt heissen auch Stahl-
waaren, bei denen eingeätzte Verzierungen
mit Gold oder Silber ausgefüllt sind.
Damascns (türk. Dimeschk), uralte Hauptst.
Syriens, in paradiesischer Bbene, am Fusse
des Antilibanon, 120,000 Ew. (ca. 14,000
Christen, 4700 Juden); 248 Moscheen (z. B.
die ,gro8se Moscbeä' der Ommajaden); seine
Konditoreien , Seidenwaaren , golddurch-
wirkten Stoffe und Lederarbeiten im ganzen
Orient her., ehemals auch die Damcucener-
klingen. Schon zu Abrahams Zeit genannt ;
65 V. Chr. von Pompejus erobert, später
dem byzant. Reiche einverleibt; 633 vom
Khalifen Omar erobert und bis 752 Residenz
der Ommajaden. Von den Kreuzfahrern oft
bestürmt, aber nicht genommen; 1401 von
den Mongolen (Timur) niedergebrannt, 1516
von Selim I. dem türk. Reiche einverleibt.
9.— 16. Juli 1860 Christenmetzelei.
Damagty künstlich gemusterte, geköperte
Gewebe. Seidener D. mit grossen atlas-
artigen Mustern in atlasartigem Grund, dient
als Tapeten- und Möbelstoff, ebenso der
Wolldamast, der halbwollene und Leinen-
damast, auf Zagstühlen, häufiger auf der
Jacquardmaschine gewebt, dient als Tisch-
Beug und zu Handtüchern. Baurawoll-
damast ist nicht sehr gesucht.
DamisuB, l) Papst 366—384, bekämpfte
die Arianer und ApolUuaristen ; kanonisirt.
— 2) Gegenpapst Benedikts IX., f 1048.
Dame (v. lat. domina, Herrin), ursprüngl.
Ehrentitel der adeligen Frauen, mit dem
Fürwort Ma (Madame), besonderer Ausdruck
der Huldigung, Titel der Töchter der franz.
Könige von ihrer Geburt an, alleiniger
Name der Gemahlin des ältesten Bruders
des Königs, nach Kapoleons I. Kaiserkrönung
Titel seiner Mutter Lätitia, unter Ludwig
Philipp seiner Schwester Adelaide ; seit der
zweiten Hälfte des 17. Jahrh. in Deutschland,
zuerst in anrüchiger Bedeutung gebraucht,
gegenwärtig Bezeichnung jeder vornehmen,
verlieiratheten oder ledigen Frauensperson.
Vgl. Dietrich, »Frau und D.*, 1864.
Damhirsch, s. Hirsch.
Damiette (arab. Damyät), ehem. blühende
Handelsstadt in Unterägypteu , 2 St. vom
Ausfiuss des östl. Nilarms, 60,000 Ew. ; galt
in den Kreuzzügen als Schlüssel Aegypteus,
6. Juni 1249 von Ludwig dem Heiligen erobert,
aber bald darauf zurückgegeben, 1252 ge-
schleift und südlicher, an der Jetzigen Stelle,
wieder aufgebaut. Seit Eröffnung des Suez-
kanals, der den Handel nacli Port Said ge-
z(%en hat, im Sinken. 1. Nov. 1799 Sieg der
Franzosen unter Kleber über die Türken.
Damitz, Nebenfluss der Persante, 7 M.
DuBin^ künstliche £2rd-, Sand-, Faschinen-,
Knüttel- oder Steinerhöhung but Abhaltung
des Wassers (Fangdamra, auch s. r. a. Deich)
oder zur Erzeugung von Anstauungen, auch
erhöhter Weg etc. In der Anatomie s. v. a.
Mittelfleisch, die Gegend zwischen After
und den G^schlechtstheilen. *
Damm (AUdamm), Stadt im preusa. R^bz.
Stettin, Kr. Randow, am dctmnuehen See,
S919Ew.; seine Festungswerke bilden einen
Brückenkopf von Stettin.
Dararaira Bumph, Pflanzengattung der
Koniferen. D. orientalis Lamb., Baum auf
den Sundainseln und Molukken, liefert das
hellgelbe, geschmack- und geruchlose, in
Alkohol und Oelen lösliche Dammarharz. D.
australis Xam5. , Ka^rißc?Ue, anf Neuseeland
weit verbreiteter Waldbaum, liefert Nuts-
holz und Kauriharz , welches von den £in-
gebornen gekaut wird. Das Kauriharz des
Handels, welches zu Firnissen dient, wird
aus dem Boden gegraben (halb fossil) nnd
stammt zum Theil auch von D. ovata Moor
in Neukaledonien. [erde.
Dammerde, mit Humus gemischte Ackor-
Dammenfeld, Berg der hohen Rhön, dem
Kreuzberg gegenüber, 2890'.
Damnation (lat.), Verurtheilung.
Damnum (lat.), Nachtheil, Schaden; Dam-
nWcat, der Beschädigte; DamniJIkant , der
Urheber des Schadens.
DamSoles, Höfling des Tyrannen Diony-
sius von Syrakus, pries das Glück desselben
so überschwänglich, dass dieser es ihn anf
einige Zeit kosten zu lassen boschloss. In
einem prachtvollen Speisesaale an reichbe-
setzter Tafel schwelgend, sah er über seinem
Haupte ein scharfgeschliffenes Schwert an
einem Pferdhaare hängen. Daher Ikanoclea-
ichtoert sprichwörtlich für eine Im Voll-
genusse des Glücks drohende Gefahr.
Dämon und Phintlas (nicht Pythlas),
zwei edle Pythagoräer aus Syrakus, Muster
unwandelbarer Freundestreue, deren Gre>
schichte Schiller in der Ballade ,Die Bürg^-
schaft' behandelt, Cicero in dem Werke
,über die Pflichten' erzählt.
DtLmptCDämpßgkeit der Tferde), chronische
Pferdekrankheit, äussei*t sich durch kurzen
trocknen Husten, angestrengtes Athmen, be-
dingt durch organische Fehler der Lunge
und des Herzens; Gelegenheiteursachan :
Erkältung, verdorbenes Futter. Behandlung
selten von Erfolg. Gewährsmaugel.
Dampfy Luftart, welche durch Temperatar-
emiedrigung und Druck in den tropfbar-
flüssigen Zustand übergeht, im Allgemeinen
also jedes koSrcible Gas (s. Qcm), im ge-
wöhnlichen Sprachgebranch aber nur solche
Substanzen, welche wir meist als Flüssig-
keiten kennen und die bei gewöhnlicher
Temperatur durch Verdunstung langsam,
beim Siedepunkt schnell in gasförmigen
Zustand übergehen. Ein bestimmter Raum
kann bei bestimmter Temperatur nur eine
bestimmte Menge D. aufnehmen. Ist diese
Sättigung des Raums mit D. erreicht, so be-
findet sich der D. im Maximum der Spann-
kraft und wird durch Erniedrigung der
Temperatur oder dnrch Verminderung des
Raums (Zunahme des Drucks) zu Flüssigkeit
Dampfbad -^ Dampfmaschine.
465
kondensirt. In einem mit D. gesättigten
Raum findet keine Verdanstang von Flüssig-
keit Statt. Der von Flüssigkeit abgesperrte
gesättigte D> wird durch Erhitzung unge-
sättigt oder überhitzt und verhält sich dann
wie ein permanentes Gas^ Auf der mit der
Tempei-atur steigenden Elasticität des D.es
berulit die Verwendung desselben in der
Dampfmaschine. Die Tabelle gibt bezüglich
des Wasserdampfs die nöthigsten Zahlen.
Grad
Räau-
mur
Dampf-
druck in
Atmo-
sphären
1 Kub.'
Wasser
gibt Kub.'
Dampf
Zu 1000
Eub.' Dampf
sind Kub.'
Wasser
erforderlich.
0,689
0,867
80 1,000 1696,3
90 1,680 1153,5
100 2,S87 810,1 1,J84
110 3,195 585,8 1,708
120 4,447 433,6 2,807
130 6,057 828,8 3,046
140 8,067 253,6 3,948
148 10,000 209,0 4,784
Dampfbad 9 die Anwendung von Dampf
zum Erhitzen einer Flüssigkeit, ohne dass
derselbe mit letzterer in direkte Berührung
kommt, gewöhnlich unter Benutzung eines
Kessels, zwischen dessen Doppelwände der
Dampf geleitet wird.
Dampfblelche 9 Behandlung zu bleichen-
der Stoffe mit Natronlauge unter starkem
Dampfdruck.
Dampfli^schutZy Maschine, welche mit
Dampf als treibender Ki-aft Kugeln schleu-
dert. Sowohl Geschütze mit Dampfkessel
und 6 vereinigten Flintenläufen auf einer
Laffete (Girards I^tompfbatterie) , ähnlich
den Mitrailleusen , als auch tragbare Ge-
wehre mit Dampfkessel (Parkins Dampf-
flinte) sind konstruirt, aber unpraktisch ge-
funden^ worden.
Dampfhammer, s. Sammer,
Dampfheizung, s. Seiaung.
Dampfkessel zur Erzeugung von Wasser-
dampf, bes. Tür den Betrieb der Dampf-
maschinen, werden ans Eisen-, vortheilhaf-
ter aus Stahlblech gefertigt und sind Nicht-,
Parallel- oder Gegenstromkessel , je nach-
dem das Wasser in denselben keine merk-
liche Strömung annimmt oder die Strömung
mit den abziehenden Feuerungsgasen gleiche
oder entgegengesetzte Richtung hat. Den
grössten Nutzeffekt gewähren die Gegen-
stromkessel. 1) D. mit äusserer Feuerung.
Einfache Oyllnderkessel mit Endflächen,
welche Kugelabschnitte bilden; die Heiz-
gase umspielen den Kessel und gehen bis-
weilen durch ein im Kessel liegendes
Rauchrohr. D. mit 1—3 Siederöhren unter
dem Kessel und mit ihm durch vertikale
Röhren verbunden; die Feuerung 4iegt
unter den Siedern , die Heizgase umspielen
zuletzt den Hauptkessel. Umgekehrt liegt
die Feuerung unter dem Hauptkessel bei
den ähnlich konstmirten D.n mit Vor-
wärmern. 2) D. mit innerer Feuerung. Der
Roit Hegt in einem (Cornwallkessen oder
2 Roste liegen in 2 nebeneinander lautenden
Heizrohren (Fairbaim) im Kessel. Bei den
Meyer» Hand - Lexikon,
Röhren- oder Lokomotivkesseln werden die
Heizgase durch ein ganzes System vcm
Hetzröhren geleitet. Umgekehrt strömt
beim Fieldkessel das Wasser im Heizraum
durch ein System von Röhren. Der D.
wird gespeist durch die Speisepumpe oder
den giffardscben Injektor. Das Wasser-
standsglas, Sehwimmervorrichtungen oder
Probirhähne zeigen den Stand des Wassers,
ein Manometer den Druck des Dampfes an.
Bei zu starkem Druck öffnen sich die
Sicherheitsventile, eine Dampfpfeife pfeift,
wenn der Wasserstand zu niedrig ist und
infolge dessen ein leichtflüssiger, die
Pfeife absperrender Metallpfropfen schmilzt.
Das durch einen aufgeschraubten Deckel
verschlossene Mannloch dient zum Ein-
steigen in den Kessel. Ueber KeeselsUin s. d.
Dampfkcsselexplosionen y momentanes
Bersten der Kesselwandung und heftige
Fortschlenderung von Bruchstücken, ent<
stehen wohj am häufigsten, wenn das
Kesselblech unter Einwirkung der Feuer-
gase gelitten bat und nicht mehr genügen-
den Widerstand bietet. Bei Anhäufung von
Kesselstein und zu niedrigem Wässerstand
werden die Bleche glühend und schadhaft.
Tritt Ueberhitzung des Wassers (Siede-
verzug) ein, so endet diese bei Erschütte-
rungen oder plötzlicher Verminderung des
Dampfdrucks (Oeffnen der Ventile, Ans-
strömen von Dampf oder Wasser durch einen
Riss im Blech) unter heftigster Dampfent-
wicklung, welcher die Bleche nicht wider-
stehen können. So entstehen die D. bei
oder gleich nach der Ruhezeit der Maschine.
Dampfkoehtopf, luftdicht verscbliessbarer
eiserner Kochtopf, in welchem Speisen unter
erhöhtem Druck schneller gar gekocht wer-
den als in offenen Töpfen. Zuerst von Pa-
pin angegeben (papinian%9cher Topf , Di-
gestor) »jetzt vielfach verbessert.
Dampfkoehnngy Erhitzung von Flüssig-
keiten durch Dampf, welcher entweder aus
einem Dampfkessel direkt in die Flüssigkeit
geleitet wird und sich dann in dieser theil«
wieise verdichtet (sie also verdünnt) , oder
durch ein in der Flüssigkeit liegendes
Schlangenrohr strömt; findet in der Technik
ausgedehnte Anwendung.
Dampfkntsehe, Lokomobile zur Beförde-
rung von Personen.
Dampflampen, Vorricfartnngen , in denen
der Dampf flüchtiger Oele (Terpentinöl mit
Spiritus, Theeröle, Benzin) zu Belenchtungs-
zwecken verbrannt wird. Der Dampf wird
durch die Wärme der Flamme ans dem
flüssigen Leuchtmaterial erzeugt.
Dampftaiasehlne , jede Vorrichtung, in
welcher Dampf als bewegende Kraft wirkt.
Bei der KolhendampfmMc}dne tritt der Dampf
aus dem Dampfkessel in einen hohlen Gylin-
der, in welchem sich ein luftdicht schliessen-
der Kolben auf und ab bewegt. Bei derffocA-
druckmaschine tritt Dampf von hoher Span-
nung abwechselnd auf die eine und die
andere Seite des Kolbens, bewegt ihn jedes-
mal bis ans Ende des Cylinders und ent-
weicht. Die Expansionsmaschine sperrt
den Dampf ab, nachdem der Kolben einen.
30
4G6
DampfmCBser — Dampfschiff.
Theil seines Weges Tollendet hat, die^
blosse Expansion des Dampfes treibt dann
den Kolben mit abnehmendem Druck bis
ans £nde des Gylinders. Die meisten
stehenden D.n sind Hochdrackmaschinen
mit Expansion. Die bew^:ende Kraft wird
durch den Uebersehnss des Dampfdrucks
über den Druck der Atmosph&re bestimmt.
Die D. mit Kondensation ist Yorsugsweise
Niederdrockmaschine nnd wird bes. als
Schiffsmaschine benutst. Hier wird der
DamiMf abwechselnd auf einer Seite des
Kolbens durch Einspiitsung von kaltem
Wasser verdichtet, es entsteht ein loftrer-
donnter Raum und der auf die andere Seite
des Kolbens in den Ojlinder eintretende
Dampf Ton gewöhnlicher Spannung treibt
den Kolben nieder. Die Wirkung bestimmt
sich durch den Unterschied des Volumens,
welches der Dampf im Yerh<niss zur
Klussigkeit einninmit. Bei der woolfschen
D. tritt der Dampf in einen kleinen Gjlinder,
dann, um sich zu expandiren, in einen
grossen, welcher mit Kondensation ver-
bunden ist. Man unterscheidet: $teh«nde
D. mit vertikalem, liegende mit horizontalem
und oMcillirende mit um eine horizontale
Axe schwingendem Ojlinder. Die hin- und
hergehende Bewegung des Kolbens mit der
Kolbenstange genügt entweder zur Ver-
richtung der Arbeit oder wird durch Zwisohen-
masohinen in eine rotirende verwandelt.
Hierbei unterscheidet man D. mit und ohne
Balaneier. Der wattsche Balancier ist ein
doppelarmiger Ssbel, auf dessen einen
Endpunkt die Kolbenstange vermittelst des
Parallelogramms wirkt, wahrend der andere
Endpunkt durch Kurbelstange und Krumm-'
zapfen die Welle des Schwungrades in
Rotation versetzt. Letzteres bedingt durch
seine lebendige Kraft (Trägheit) den gleich-
massigen Gang der Maschine. Der Balancier
findet bes. bei Kondensationsmaschinen An-
wendung, bei den übrigen (direkt wirkende
D.) wird durch Pleuelstange und Kurbel
die Bewegung der Kolbenstange auf die
Schwungradwelle übertragen. Bei einigen
neueren D.n fehlt der Kolben und der
Dampf wirkt z. B. auf die Schaufeln eines
in einem Gehäuse befindlichen Rades (roti-
rende D.), dadurch direkt eine rotirende
Bewegung hervorbringend. Der Nutzeffekt
der D. lässt sich durch Rechnung und
Beobachtung (mit Indikator am Gylinder,
mit Dynamometer an der Schwungradwelle)
bestimmen, der theoretisch abgelötete Nutz-
effekt wird in der Praxis nie auch nur an-
nähernd erreicht. Die Leistungen der D.
werden nach altem Herkommen noch heute
in Pferdekräften angegeben. — Die ersten
Anlange der D. reichen bis ins Altertbum
(s. AedipÜe). Salemon de Gans (1615) und
im Anschluss an ihn der Marquis von Wor-
coster wussten Wasser durch Hülfe des
Feuers zu heben. Papin beschrieb 1690 die
durch Dampf bewirkte Bewegung eines
Kolbens in einem Gylinder, Savery baute
dann 1696 die erste praktisch verwendbare
D., Newcomen und Cfowley verbesserten sie
und Watt brachte sie bereits zu hoher Voll-
endung, er trennte den Kondensator vom
Kolben (1769), baute 1774 die doppelt-
wirkende D., bei welcher der Dampf ab-
wechselnd auf beide Seiten des Kolbens
tritt, erfand das Parallelogramm (1784), den
Gentrifngalregulator zur Srzielung gleicli-
mässiger Arbeit der Maschine nnd die Ex-
pansionsmaschine. Vgl. BmtmaHn, ,Die D.*,
1858; Sehmidi, ,Theorie der D., Fortschritte
in der Konstruktion der D.*, 1854—64; die
Handbücher von JZüAImann, Weubaeh, SehoU.
Dampfineuery s. Manometer.
Dampf^flMg, Vorrichtung zur Bestellung
des Ackers mit Hülfe der Dampfkraft , zu-
erst eine Lokomobile, welche den Pflug
hinter sich her über den Acker zog, jetzt
am Rande des Ackers still stehend u. den
Pflug oder Kultivator an einem Drahtseil
über den Acker ziehend, wobei sich das
Drahtseil entweder um einen der Lokomo-
bile gegenüberstehenden Anker oder um
eine zweite Lokomobile windet. Die besten
Systeme sind die von Fowler und Howard«
Der D., in England erf^den, bewährt sich
überall, wo durch Tielkultur (12—14") an-
gemessene Erträge zu erzielen sind.
DarapflMkiffy Schiff, welches durch die
Kraft einer auf demselben befindlichen
Dampfmaschine bewegt wird. Als Treib-
apparat dienen beim jECatidamp/er zwei durch
eine gemeinsame Axe verbundene, an beiden
Seiten des Schiflh liegende Schaufelräder;
bei dem in sehr vielen Beziehungen voll-
kommeneren Sekraübendampfer eine (oder
zwei) zwischen Schiff und Steuer stets ganz
unter Wasser Hegende Schraube, welche
bei ihrer Rotation sich ins Wasser gleich-
sam wie in eine Schraubenmutter zu bohren
sucht und dadurch das Schiff in Bewegung
setzt; beim Turbinen- oder Reaktionspro-
peller mündet an Jeder Seite des Schiffs
ein knieformig gebogenes Rohr , durch
welches das von einer Gentrilügalpumpe
eingesaugte Wasser wieder ausströmt.
Stehen die Rohrmündungen nach hinten,*
so wird das Schiff vorwärts getrieben nnd
umgekehrt. ' Das erste D. baute Fulton 1807
auf dem Hudson, 1838 führ das erste über
den atlant. Ocean, 1837 baute Smith das
erste Schraubenschiff (in Oesterreich gilt
Ressel als Erfinder), 1852 Seydell den Reak-
tionsdampfer. Das grösste D. ist der Great
Eastem (680' 1., 22,500 Tonnen), die schnell-
sten Fahrten machten die Gunard- Dampfer
gl Tage 8 St. von England nach Amerika),
ie Zahl der D.e beträgt 9000, davon Eng-
land über 8600, die vereinigten Staaten
gegen 8800, Frankreich gegen 700, Deutsch-
land gegen 800. •
Die Dampftek\ff/ahrt hat sich im letzten
Jahrzehnt namentlich auf dem atlanL Ocean
in grossartiger Weise entwickelt. Es be-
stehen gegenwärtig nicht nur aahlr. Post-
schiffverbindungen (in regelmässigen Fahr-
ten, 2-, 4- und 8mal monatlich) zwischen
den Hanpthäfen Grossbritanniens (Liverpool,
Portsmonth, Southampton, Glasgow etc.),
Deutschlands (Bremen u. Hamburg), Frank-
reiolis (Havre, Nantes, Bordeaux, Marseille),
Belgiens (Antwerpen) etc. einerseits and den
Dampfwagen, — Daniel.
467
j^jossoii SeeplätBon Nordamerikas (Quebec,
Portland, Boaton, Newyork, Baltimore,
Neworleana), Westiudlen (St. Thomas,
Portorico, Blartlnique), Gentralamerika (Co-
lon: Panamabalin) und Brasilien (Park,
Pernambuoo, Bahia, Rio, MouteTldeo) an-
<lerer8elt8, sondern es s^hen monatl. auch
engl. Dampfer um das Kap Hom an der
Westküste Südamerikas hinauf bis Panama,
wo amerikan. Schiffe die Verbindung nord-
wärts fortsetzen bis S. Francisco und der
Yanoonverinsel. Ebenso findet regelmässige
Barapfsrhifi&hrt Statt nach den Inseln und
Hafenplätzen WestaArikas, nach der Kap-
stadt, nach Mauritius und Ostindien etc. ;
seit 1866 und 1867 sind (yon England und
Frankreich aus) sogar regelmässige Post-
flchifffahrten um die Erde eingerichtet, die
<mit Benutzung des Ueberlandwegs) über
Suez und Point de Galle (Ceylon) entweder
nach Melbourne, Sldney und Keuseeland und
von hier nach Panama, oder yon Point de
Oalle über Hongkong und Schanghai nach
Jokohama (Japan) führen, yon wo amerikan.
Dampfer über S. Francisco nach Panama
befördern. [Lokomobile.
DampfirageA) s. y. a. Lokomotive oder
Dampier (spr. Dämpier), William, engl.
Seefahrer, geb. 1652 zu East-Coker (Somer-
set), entdeckte auf einer Reise nach
Neuholland (1699-1701) den Archipel von
Nenbritanuien, die nach ihm benannte Dam-
pierUratte (zwischen Neubritannien u. Neu-
guinea), die l>ampierin$eln (an derNordost-
eeite yon Neuguinea) und zahlreiche andere
Inseln. Wiederholte Reisen 1704 u. 1708—11 ;
Todesjahr unbekannt. Sehr. ,New yoyage
round the world' (1697--1707, 8 Bde.).
Dan (a. G.), Stadt an der uördl. Grenze
Palästinas, stets ein Sitz des Götzendienstes.
Dan, Sohn des Erzyaters Jakob yon Bllha,
der Hagd Raheis, Urahn des jüd. 8tamine$
Dan, der sein Gebiet zwischen dem Mittel-
tneer, Benjamin, Juda, Ephraim und Simeon
angewiesen erhielt; wird nach dem Exil
nicht mehr erwähnt.
Dana (spr. Dana), Siehard Htnrp, amerik.
Dichter, geb. 1787 zu Cambridge, ursprüngl.
Advokat, lebte zuletzt zu (äpe Ann bei
Boston. Ausgez. in Naturgemälden, bes. in
Darstellung der Phänomene des Oceana. Am
l>e9ten: ,The buccaneer*, wildphantast. Ro-
manze, und ,Tom Thomton*, Novelle.
Davae, s. JPer$eus,
DaBikll, Volk auf der abessin. Küste,
von der Halbinsel Buri bis zum Golf von
Tadschnrra; mehrere Stämme, fanat. Mo-
hammedaner. Ihre Sprache nennen sie Afer.
Danaag, Sohn des Belui und der An-
tirrhoS, Zwillingsbruder des Aegyptus, floh
vor diesem und ward König InArgos. Als
des Aegyptus 50 Söhne seine Töchter (die
Danatden) zur Ehe verlangten, sagte er zu,
überredete aber die Töchter zu Ermordung
Ihrer Verlobten in der Brautnaoht. Zur
Strafe mussteu sie in der Unterwelt Wasser
in ein durchlöchertes Fass schöpfen; daher
J>aiuMenarbeii , mühsame, aber erfolglose
Arbeit Donath', s. v. a. Argiver, auch s. v. a.
Oriechen überhaupt. DcMaÜrgfchenk, zwei-
deutiges Geschenk, mit Beziehung auf das
hölzerne Pferd, das die Griechen bei ihrem
scheinbaren Abzug youTroJa zurückgelassen
und mittelst dessen sie dann Troja eroberten.
Daadin (spr. Dangdäug), Titelrolle eines
Lustspiels von Molidre, ein reicher Bauer,
der eine Adelige heiratbet und sich da-
durch endlose Plagen zuzieht. Sein Aus-
ruf: ,Ta l'as voulu, George D.I* Sprichwort
für selltst verschuldete Widerwärtigkeiten.
DandolOy ber. venet. Familie. Am bedeu-
tendsten : Enrico D., geb. um 1110, seit 1193
Doge, eroberte 17. Juli 1803 Konstantinopel,
errichtete das. nach Ermordung dea Kaisers
Alexius das lat. Kaiserthum mit dem Grafen.
Balduin von Flandern als Kaiser; f 1. Juni
1205 zu Konstantinopel.
Dandy (engl., spr. Dändi), Stutzer, liebt
das Aunallende in Kleidung und Betragen.
Danebrog-Orden, zweiter dän. Orden, soll
1819 von König Waldemar gestiftet worden
sein, 12. Okt. 1671 erneuert, 1808 umgestal-
tet, besteht aus Grosskommandeuren, Groaa-
kreuzen, Kommandeuren, Rittern und Dane-
brogsmänneru. Dan^rog, a, y. a. Panier
der Dänen.
Danemoray Dorf in Schweden, nördl. von
Upsala; ber. Sisenbergwerk (79 Schachte bis
zu 98 Lachter Tiefe, davon 22 bearbeitet;
jährl. Brzausbeute 120,000 Schiffspfd.; 40—
750/0 Eisen, das beste Schwedens): 1532
von deutschen Bergleuten angelegt , Eigen-
thum einer Gewerkschaft. Dicht dabei das
Eisenwerk Osterby, am JDanemorasee , mit
grossen Schmelzöfen und Hammerwerken.
Danewerk (Danavirke), alter Grenzwall
in Schleswig , von der Schlei nach der
Eider hin, 808 und 1163 von den Dänen
zur Abwehr der Deutschen, 24—40' hoch,
errichtet, spielte im dän. Krieg von 1848
eine Rolle (23. April Sieg Wrangeis), ward
1850 restaurirt und bedeutend verstärkt,
aber im Kriege von 1864 von den Dänen
nach dem Uebergang der Preussen über
die Schlei ohne Schwertstrelch geräumt;
Jetzt abgetragen. [busen.
Dangast. Seebad in Oldenburg, am Jahde-
Danfel, nebr. Prophet, ward, als Jüngling
nach Chaldäa exilirt, hier für den Dienst des
Königs. Nebnkadnezar erzogen, nahm den
Namen Beltsazar an, erwarb sich als ge-
schickter Traumdeuter dessen Gunst und
bekleidete hohe Staatsämter. Das Buch D.'
im alttestamentl. Kanon ist theils histori-
schen, theils prophetischen Inhalts u. theils
hebräisch, theils chaldälsoh geschrieben;
stammt nach Sprache und Vorstellungskreis
(Engellehre) aus der Zeit des Antiochus Epi-
phanes. Seine Unächttielt gilt der unbefan-
genen blbl. Kritik der Qegea yraxi als erwiesen.
Daniel) Herrn. Adalbert, Hymnolog und
geogr. Schriftsteller, geb. 18. Nov. 1812 in
Köthen , bis 1870 Prof. am Pädagogium zu
Halle, privatisirt jetzt in Dresden. Theol.
Werke: ,Thesaurus hymnologicus* (1841—56,
5 Bde.) und ,Oodez liturgicus' (1847 — 53,
3 Bde.); geographische: das treffl. |Hand-
buch der Geographie* (3. Aufl. 1870 f.);
,Lehrbnch< (20. Aufl. 1868) und .Leitfaden*
(42. Aufl. 1868).
80*
468
Daniels — Danzig.
Daniel! 9 Alexander Joseph Aloys Rein-
hardt von, Rechtsgelehrter, geb. 9. Okt.
1900 ZQ Düsseldorf, ward 1843 Rath am
rhein. Revision s- and Kassationshofe, 1Ö52
am Obertribnnal sn Berlin, anch Prof. an
der Universität, 1848 konservatives Mitglied
der prenss. National versa mmlnng, 1849 der
ersten Kammer, 1854 lebenslangl. Mitglied
des Herrenhanses, Vertreter des «chrlstl.
Staats* nnd Gegner des modernen Liberalis-
mus; t ^' Marx 1868. Schrieb eine Reibe
werthvoller Juristischer Handbucher nnd
gab heraus ,Deut8che Rechtsdenkmäler des
Mittelalters' (mit Gruben nnd Kühne, Abth.
1—7, 1857-62).
DannOy F&rsi von Montenegro, s. Njegoeeh.
Danjoutin (spr.Danschutäng), franz. Dorf,
aüdl. von Beifort, wichtige Position in der
Gemimngslinle von Beifort, 7. Jan. 1871
von den Deutschen gestürmt.
Danneeker^ Joh. Heinr. pon, ber. Bild-
hauer, geb. 15. Okt. 1758 zu Wal den buch
bei Stuttgart, Zögling der Karlsschule
(Freund Schillers), ward 1780 Hofbildhauer
in Stuttgart, ging zu weiterer Ausbildung
nach Paris und Rom, ward, 1790 nach
Stuttgart zurückgekehrt, Prof. der bilden-
den Künste an der Karlsakademie; f 8.
Dec. 1841. Hauptwerke: die Koloasalbüste
Schillers (1793 modellirt, Jetzt im Museum
zu Stuttgart), Ariadne (18(S, in Bethnianns
Museum zu Frankfurt a/M.), Psyche (1814),
ChristuBstatue (1824, Petersburg), Evange-
listjohannes (1826, in der Gruftkapelle der
Königin Katharina von Würtemberg), die
tragische Muse, der Todesengel u. a. Vgl.
Örüneieen und Wagner, ,D.s Werke in einer
Auswahl*, 1841.
DannenberiTy Stadt im preuss. Regbz.
Lüneburg, an der Jeetze, 2026 Ew., Haupt-
ort der Orafteh. D.
DaBBer. LuUe ChrUHne, Gr'dfin von, Ge-
mahlin König Friedrichs VU. von Däne-
mark, geb. 21. April 1814 zu Kopenhagen
aus einer bfirgerf. Familie Namens Ras-
mussen, Ballettänzerin am Theater zu
Kopenhagen, eröffnete einen Putzladen,
Geliebte des Kronprinzen Friedrich, nach
dessen Thronbesteigung 7. Aug. 1850 mor-
ganatisch mit ihm vermählt, 1855 zur dän.
Lehn Bgräfin erhoben , zog sich 1863 nach
Friedrichs VU. Tode nach Cannes zurück:
t 1867.
DaBtaB (spr. Dangtang), Jean Pierre,
franz. Bildhauer, geb. 26. Dec. 1800 zu
Paris, Schüler Bosios, bes. bekannt durch
sogen. Chargen , d. h. geistvoll karikirte
Porträtstatuetten, z. B. von Wellington,
Victor Hugo, Talleyrand, Liszt, O'Connel;
t 6. Sept. 1869 zu Baden-Baden.
Daste Alighieri y ber. ital. Dichter, geb.
27. Mai 1265 zu Florenz, studirte zu Bologna
und Padua Philosophie und Theologie, be-
schäftigte sieh firühzeitlg mit der Dicht-
kjonst, diente seiner Vaterstadt mehrfach
als Krieger nnd Geschäftsträger, ward in-
folge der Parteiwirren der ,SäiWflrzen* und
, Weissen* 1302 aus Florenz verbannt, lebte
seitdem an verschiedenen Orten, seit 1820
zu Ravenna; f das. -li. Sept. 1321. Der
Vater der ital. Poesie und Schöpfer der
poet. Sprache der Italiener. Sein Haupt-
werk : die tiefsinnige ,Divina commedia*, in
Terzerimen g^sehrieben, 100 Gesäugte ent-
haltend in 8 Abtheilungen, eine groseartige-
Vlslon, in welcher der Dichter durch Hölle
und Fegfeuer, dann durch die verschiedenen
Himmel zur Anschauung der göttl. Drei-
einigkeit geleitet ^ird; vielfach aufgelejct-
(zuerst 1472, am besten von Biawiki, 5. Aufl.
1857, u. von WitU 1862), interpretirt (neuere
Interpreten : die Italiener Lombardi u. Bogetti^
die Deutschen Schloeeer, Fküalethee, d. i.
König Johann von Sachsen, Wegele, JBIo»«,.
Witte etc.) und in alle europ. Sprachen über-
setzt (deutsch von Btreekfusa, 4. Aufl. 1856,
Kopiseh 1842, Phikdethee, neue Ausg. 1868,.
Witte 1865, ii:tlnerl865, J. von Hofßuger 1865,.
Krigar, 1870 U.A.). ,Vocabolario Dantesco*^
von Blane (1852). Uebrige Schriften: ,Vita
nuova' (um ISOO; deutsch von F6r«<er 1841)»
eine Sammlung von Gedichten, die sieh
auf des Dichters Jugendliebe zu Beatric»
Portinari (f 1290) beziehen; ,Convlto% eine
Art Kommentar zu D.s Leben und Werken^
wichtig als erstes Muster Wissenschaft!..
Prosa im Italienischen; endlich die latein
Abhandlungen ,Tractus de monarchia*, seino-
politischen Ansichten darlegend, und ,De
vnigari eloquio*, worin D. als Gesetzgeber
der ital. Sprache auftritt. Seine ,Sime*,.
eine Sammlung von Gedichten, SoneCteu
und Kanzonen, deutsch von Witte und Kanne-
gieeser 1842, von Krafft 1859. Beste Ausgabe
der ,Opere minori* von FratieeUi (1856). —
Mai 1865 in Italien grossartige Feier seine»
600jähr. Geburtstags (Buthttllung seiner
Statue in Florenz), in Deutschland Grün-
dung der Dantegeseüeehaft (,Jahrbuch* der-
selben, Bd. 1—3, 1867-71).
DaBtoB (spr. Dang^ong), Oeorgee, firaaz.
Revolutionär, geb. 28. Okt. 1759 zu Ärcis
snr Anbe, Advokat zu Paris, gründete mit
Desmoulins und Marat den Klub der Cor-
deliers, rief 17. Juli 1791 das Volk auf das
Marsfeld zu Unterzeichnung einer Petition
um Absetzung des Königs, führte 10. Aug.
1792 die Massen gegen die Tuilerien, ward
Justizminister, eröffbete das Schreckens-
system, veranlasste die Septembermorde»
errichtete 10. März 1793 das Revolutions-
tribunal, half mit zum Sturz der Giron-
disten, ward auf Robespierres Befehl 3. April
1794 vor das Revolutionstribunal gestellt,
hier royalist. Tendenzen beschuldigt und
5. April guillotinirt.
Danzig, Regbz. in Westpreumen, 149,5
QM. und 515,222 Ew. ~ Die AswpM. D.
(lat. Gedanum), an der schiffb. Motlau, von
mittelalterlicher origineller Physiognomie,
89,311 Ew.; Festung ersten Ranges, einst
mächtige Hansestadt und noch Jetzt wich-
tiger Handelsplatz (bes. für Getreide,
Spiritus, Bauholz); Rath haus (14. Jahrb.),
goth. Artus- oder Jnnkerhof, Marienkirche
(1843—1503). Admiralitätscollegium, Schiff-
fahrtsschule, Handelsakademie; Schiffs-
werfte, zahlr. Fabriken. Schon im6.Jahrh.
erwähnt, 995 Hauptstadt von Pomerellen;.
kam 1310 an den deutschen Orden; 1458—
Banziger Bucht — Darlehuskasseii.
469
1793 unter poln. , 1793—1807 unter preuss.
Herrschaft ; 24. Mai 1807 von den Franzosen
genommen, durch den tJlsit^r Frieden zur
:freien Reichsstadt erklärt, aber tou den
;Franzo8en(Geueral'Rapp) als Garnison- und
Waffenplatz benutzt, bis sie nach langer
Belagerung 17..Nov. 1813 zur Uebergabe ge-
rzwungeu wurden: seitdem wieder preuss.
Danzigrer Bucht, 6 M. tiefe, 11 M. br.
Bucht der Ostsee an der Küste West-
preussens; am Westeude ders. das putziger
Witck, durch die Landzunge Heia gebildet.
Danziger Nehrung , schmaler niedriger
Landstrich zwischen den beiden Weichsel-
armen und der Ostsee, östl. in die frische
Nehrung auslaufend; gut angebaut.
Dansiger Werder, fruchtbare Marsch-
Gegend südl. Ton Daneig, zwischen der
Weichsel, Motlan und Radaune.
Daphne, Tochter des Flussgottes Peneus,
-wurde von Apollo geliebt und vor seiner
Verfolgung durch Verwandlung in einen
Lorbeerbaum gerettet.
Daphne (a. &.), Vorstadt von Antiochia
in Syrien; Lieblingsaufenthalt der Seleu-
•ciden, des Pompejus u. A. ; sprichwörtlich
vtregen seiner leichten Sitten.
Daphne L. (Kellerluüs, Seidelbast)^ Pflan-
2engattuug der Thymeleen. D. Mezereum
X., in Euroj^a und Nordasien, liefert die
ätzende , blasenziehende , scharf reizend
'wirkende Cortex Mezerei und die früher
•officinellen, gleichfalls sehr scharfen Dam er-
samen. Stech- oder Bachbeeren ; D. Guidium
L., in Südeuropa gleich scharfe RiUde und
3eeren (Purgirköruer , Keller- oder Brenn-
■wurzbeeren). Ziersti*äiicher.
Bapfanis , Sohn des Merkur ' und einer
Nymphe, Ei'flnder der bukolischen Poesie,
Schüler des Pan in der Musik, w^en seiner
Untreue gegen eiue Nymphe von dieser in
•einen Stein verwandelt.
Dapifer (tat.), Truchsess.
Dappenthal, Thal im Kanton Waadt, an
der westl. Abdachung des Jura, unmittel-
Imr an der franz. Grenze, IVs St. 1., als
strategischer Schlüssel zur Südwest!. Seh weis
wichtig; kam 1802 an Frankreich, 1814 zu-
rück an Waadt; ward von jenem seitdem
wiederholt beansprucht.
Bapsang, höchster Gipfel desKarakomm-
frebirgs im nord westl. Tübet, 26,516' h.,
der zweithöchste Berg der Erde.
Dar, in der Nubasprache s. y. a. Land,
«iaher häufig in Namen von Landschaften
in Nubien und dem östl. Sudan.
D'Arcets Metall (J^^ewt<m8che$ MetaU),
Legimng aus 3 Zinn, 5 Blei und 8 Wismuth,
schmilzt bei 05o C, dient zu Metallbädern,
«,1s Wärmeanzeiger etc.
Dardanariat (von Dardanarins, einem
rom. Kornwucherer) , die künstlich herbei-
SCeführte Vertheuerung der Lebensmittel und
sonstiger Gegenstände des gewöhnlichen
Handelsverkehrs durch Vorkauf, Aufspei-
cherung eigener Erzeugnisse etc.
Dardanellen, 4 feste Schlösser zn beiden
Seiten des Hell espont, in strategischer Hin-
sicht die Schlüssel von Konstantiuopel. Am
ersten Eingang aus dem ägäischeu Meere
die neuen Schlösser: Sedil-Bahr auf europ.,
und Kum-Kaleh auf aslat. Seite; 4 St. nördl.
die alten Schlösser: Kilid - Bahr in Europa
und Sultani-Hissar in Asien (von Moham-
med I. erbaut); IVa St. weiter nördl. be-
ginnt die 12 St. lange DardanelteTuiroMe
(Hellespont), die in das Marmorameer führt.
Dardanla (a. G.), Landsch. in Klelnasie^i,
am Hellespont, mit der Stadt Dardanum, wo
84 V. Chr. Sulla und Mithridates Frieden
schlössen.
Dares, aus Pbrygien, angebL Verfiasser
der Sehr. ,De exeidio Trojae' (6. oder
7. Jahrb.), bildet für die zahlr. mittelalter-
lichen Bearbeitungen der Trojasage die
Grundlage; herausgeg. von DeAarieh (183&).
Darfur, Sultanat im östl. Sudan, zwischen
Kordofan n. Wadai, 5000 QM. mit 5 (?) Mill.
Ew. ; in der Mitte von wasserreichen Bergen
durchzogen, aber nur im S. und W. frnät-
bar. Herrschende Religion der Islam; Regi-
ment völlig despotisch; Karawanenverkehr
bedeutend. Residenz des Sultans: Tindelly;
Haupthandelsstadt Kobbeh.
Dariens (gr.), altpersische Goldmünze, r=
31/3— 31/3 Thlr., bei den Juden Darlcon; auch
Sil hermünze, = 10 bis 15 Sgr.
Darien (ürabagolf), Meerbusen deskarai-
bischen Meers, an der Nordküste von Co-
lumbia , durch die Landenge von' Ik oder
P<xnama vom gegenüberliegenden Meerbusen
von Panama getrennt. Die Darchstechung
der Landenge, zur Herstellung eines Kanals
nach dem Grossen Ocean lange projektirt,
wurde Jan. 1870 vom Kongress der Re-
publik Columbia genehmigt.
Darios (gr., Dareio»), Name von 3 alt-
pers. Königen aus der Dynastie der Achä-
meniden: D, /., Sohn des Hyttaapes, Oross-
neffe dea Cyrus, musste 9 Gegenkönige
bekämpfen, unterwarf das aufständische Ba-
by lonien, machte 513 mit 700,000 Mann einen
Zug gegen die Scythen, der aber missglüekte,
dehnte in Asien seine Herrschaft (510) bts
an den Indus aus, sandte 495 unter Mardo-
nius und 490 unter Datis und Artaphernes
grosse, durch Flotten unterstützte H^ere
gegen Griechenland, von denen ersteres
schon in Thracien, letzteres aber bei Mara-
thon von den Athenern unter Miltiades ge-
schlagen ward; f 485, verdient um die
innere Organisation des Reichs. — D. //. Ifö-
thus, vor seiner Thronbesteigung Ochtu ge-
nannt, Bastard (daher der Name) des Königs
Artaxerxes I. Longlmanus, regierte seit 429,
verlor Aegypten, übte durch Tissapherne»,
seinen Satrapen in Vorderasien, Einfluss auf
die griech. Angelegenheiten aus ; f 405. —
D. IIL CodomannuB, reg. seit 8S6 gerecht
und mild, verlor Alexander d. Gr. gegen-
über bei Gaugamela (431) sein Reich; von
Bessns auf der Flucht ermordet (330).
Darkehmen, Kreisst. im preuss. RegbK.
Gumbinnen, an der Angerapp, 3081 Ew.
Darlehnsicassen, Leihkassen, aus denen
vornehmlieh kleineren Gewerbtreibenden
Darlehne gewährt werden, in der Regel
ohne Unterpfand nur gegen Bürgen, welche
für die Rückzahlung haften; auch s. v. a.
Vorschuss- und Kreditvereine.
470
Barling — Darwin.
Dmrliag (XalewtUa), bedeutendster Neb«n-
flogs dei Mumy im Innero -von Neueüd-
walea (Aiutralien), entspr. mit seinen Zn-
fl&ssen (CSondsmine, Macqnerie, Warrego etc.)
im N., anf der Westseit« derblanen Berge;
versiegt seitweise; an 250 M. lang.
DarUBgtOB (DamUm, spr. -t^n), Stadt in
der engl. Graftcfaaft Dnrham, am Skem,
UJSl Ew. Bonst bed. Leinwand&br.
DarM (Darwtkaual, Nahrungakanal , In-
testinum), Bur AuAiahme und Verdauung der
Nahrungsmittel bestimmter Schlauch, im
weitesten Sinne vom Mund bis zum After,
im engeren vom Pförtnertheile des Magens
bis zum After reichend. TheiU: oberster
direkter Anschlnss an den Magen: Zw'Sif'
ßngerdarm (dnodennm), mit Einmündung des
Gallenganges und des Pancreas ; dann Dünn-
darm, dessen oberster Theil Jejunum, unterer
bis zur bauhintehen Klappe: ileum, mit zahlr.
Zotten und Drüsen; Dickdarm, ans dem
Blinddarm (coecum) mit dem Wurmfortsatz
(processus yermiformis), dem aufsteigenden
(rechts), quergerichteten (Grimmdarm), ab-
steigenden u. Mastdarm (rectum) bestehend.
Darmentifindmig (Enteritis), betrifft die
Schleimhaut des Darms, in den häufigsten
Fällen als akuter Darmkatarrh, der in
Rötbung (Blutreichthum), Schwellung und
Termehrter Sekretion der Schleimhaut be-
steht. Veranlasst im Zwölffingerdarm Ver-
schluss des Gallengangs, Gallenstauung u. den
sogen, katarrhalischen Icterus (Gelbsucht),
im Dünndarm u. Dickdarm Diarrhöe (s. d.),
oft unter kolikartigen Schmerzen heftigste
Form. Vgl. Suhr und TyphiU. Chroniseke D.
entsteht entweder im Anschlnss an nlclit ge-
heilte akute D., oder in Folge Ton Blutstauun-
gen (bei Herz- und Lungenkrankheiten), Ge-
schwüren, Eingeweidewürmern, anhaltenden
Stuhlverstopfnngen. Behandlung erfordert
Entleerung noch vorhandener Kothmassen,
dann Schonung des Darms durch strenge
Regelung der Diät, schleimige Getränke,
Beruhigung d erDarmbewegung durch Opium.
Ausj^ang entweder in Heilung oder bei chron.
Katarrhen in Entkräftung (bes. bei Kindern),
bisweilen Tod durch Bauchfellentzündung
infolge von Zerreissung der Darmwand
durch grosse Geschwüre.
DarmfSnle, Darmentzündung, bes. des
Bindviehes, bald mit Verstopfung, bald mit
Diarrhöe in Verbindung, wobei es zur Ent-
leerung faulig riechender schleimiger Massen
kommt. Die Thiere magern ab. Behandlung:
schleimige Mittel, Opium, warme Bedeckung.
Barmgicht (Kothbrechen, Miserire, Ileus),
Darmsaiten, s. Saiten. [s. Erbrechen.
Darmstadt, Haupt- und Residenzst. des
Grossherzogth. Hessen, am Flüsschen Darm
und am Anfang der Bergstrasse, 86,106 Ew. ;
Alt - und (elegante) Neustadt; Luisenplatz
(mltLudwigssäule);Schloss (mit werth vollen
Sammlungen), kaUiol. Kirche (Rotunde mit
88 korinth. Säulen), Opernhaus; Vorstadt
Bessnngon. Schon im 5. Jahrh. erwähnt;
seit 1380 SUdt im Besitz der Grafen von
Katzenellenbogen, fiel 1479 an Hessen ; seit
15G7 Residenz der Landgrafen.
Darre^ Vorrichtung zum Trocknen oder
schwachen Rösten v^ietabil. Stoffe (Obst,
Flachs, Malz, GetreMe). In der Hütten-
kunde Vorrichtung zum Ausschmelzen de;»
nach dem ersten Schmelzprozess in der Erz-
masse noch vorhandenen Silbers oder Bleis.
DarrOy Nebenfluss des Xenil in Spanien,
mündet bei Granada; führt Gold.
Damnckty Zustand, bei dem der Körper
durch allmähliges Schwinden aller Theile
im höchsten Grade abmagert, scheinbar
vertrocknet, wie im Greisenalter (Marasmus
senilis), nach Metall veigiftungen (Berg-
mannsdarre), bei mangelhaft ernährten Kin-
dern (Paedatrophia). Vgl. Atrophie,
Dan 9 Halbinsel an der Küste Vorpom-
merns, westl. von Rügen; auf dem Vorge-
birge Dareerort Leucbtthnrm.
Darty Küstenfluss in der engl. Grafroh.
Devon, mündet bei DartmotUh in den Kanal.
Dartfbrd (spr. -ford), aufblühende Fabrik-
stadt in der engl. Grafsch. Kent, am Darent,
IOjOOO Ew. Ber. Papier- und Eisenfabr.
Dartmoor (spr. -muhr), granitische Er-
hebung in der engl. Grafsch. Devon, im
NO. von Pljmouth, 5 M. lang und br., bis
1681' h. ; ehemals bewaldet, jetzt Heideland.
Dara (spr. -ruh), 1) Pierre AtUoine Bruno,
Graf, franz. Staatsmann, geb. 12. Jan. 1767
zu Montpellier, ward 1800 Generalsekretär
im Kriegsmbiisterium , Napoleons L Be-
vollmächtigter bei den Friedensschlüssen
von Pressburg , Tilsit und Wien , General-
intendant in Preussen 1806, in Oesterreich
1809, Mitglied des Staatsraths, 1818 zum Pair
ernannt, seit 1828 Mitglied der Akademie
der Wissenschaften ; f 5* Sept. 1829. Sehr.
,Histoire de la r6publique de Venise'
(4. Aufl. 1863, 9 Bde.; deutsch im Auszug
von Bcltenthal 1825-27, 3 Bde.); »Histoire
de la Bretagne' (1826 , 3 Bde. ; deutsch von
Schubert 1831, 2 Bde.) ; das Gedicht ,Cl^o-
p6die' (1800). — 2) Napolion, Sohn des Vor.,
geb. 1807, nach der Februarrevolution 1848
Mitglied der konstituireuden und dann der
legislativen Nationalversammlung, stimmte
hier mit der gemässigt republikan. Partei^
berief 3. Dec. 1851 die verfassnngstreuen
Abgeordneten auf die Mairie des 10. Arrou-
dissements zur Protestation gegen den Staats-
streich, erlitt infolge davon kurze Haft an
Vinceunes und zog sich dann ins Privat-
leben zurück. April 1860 ward er Mitglied
der Akademie der moral. und polit. Wissen-
schaften, 1869 in den gesetzgebenden Körper
berufen, Jan. 1870 Minister des Aeussem,
trat bald ;sttrück, eröfinete Jan. 1871 die
Opposition gegeu die Diktatur Gambettas.
Damvar, Flecken in Slavonien, Kr. Po-
sega, an der Toplicza, 6379 Ew., stark be-
suchte Schwefelbäder.
Darwin, Charlee Robert, engl. Natur-
forscher, geb. 12. Febr. 1809 zu Shrewsbury^
bereiste 1831 — 36 Südamerika und den.
Grossen Ocean u. lebt seit 1842 auf seinem
Landsitz Down bei Bromley in Kent. Ver-
öffentlichte das Tagebuch seiner Reise
(1839 und 1845, deutsch 1854), zoologisch o
(1840—45, 5 Tille.) n. geologische Ergebnisse
(1845—46) derselben, Untersuchungen über
die Cirripedien (1851 — 53, 2 Bde.), über
V
Daschkow — Dauphin,
471
Befirnehtang der Orchideen (1862, deutsch
1862) und andere Arbeiten als Vorläufer
des exMchemachenden Werkes: ,Ueber die
Entstehung der Arten durch natürliche
Zuchtwahl* (1859; 5. Aufl. 1870; deutsch 4.
Aufl. 1870). Ihm schliessen sich an: ,Das
Vaiiiren der Thiere u. Pflanzen im Zustande
der Domestikation* (1867; deutsch 1868);
,Ueber die Abstammung des Menschen' (1871).
Biogr. von Meyer (1870). Ueber D.s Lehre
(Darwiniamut) s. TraiMmut<UiomJ,ehre,
DMChkow. Katharina Romanovma, Fürstin,
geb. Gräfin woronzow, geb. 28. März 1743,
vertraute Freundin der Kaiserin Katha-
rina n., Haupttheilnehmerin an der Ver-
schwörung gegen Peter III., f&hrte 8. Juli
1762 einen Theil der Truppen der Kaiserin
entgegen, trat dann mit Voltaire und den
franz. Enoyklopädisten in Verbindung, er-
hielt 1782 die Direktion der Akademie der
Wissenschaften ; f 16. Jan. 1800 zu Moskau.
Ihre Memoiren nach dem Original von ihrer
Freundin, Mrs. Bradford, engl. (1840, 2 Bde. ;
flranz. von Etsarts 1859, 4 Bde.) herausgeg.
Sehr, auch mehrere Lustspiele u. A.
Dasselfliege, s. £remsen.
Dagymeter, s. Manometer,
Data (lat., Daten), Angaben, Thatsnchen.
Dataria^ Abtheilung der röm. Kurie, in
welcher die kirchlichen Gnadensachen expe-
dirt werden. An ihrer Spitze steht ein Kar-
dinal, betitelt FrodatariuB,
Dativ, s. Casua,
Dattelpalme, s. Phdnix,
Dattel pflaum enbanm, s. Diospyroe.
Datum (lat., d. h. gegeben) , Angabe der
Zeit der Ausstellung einer Urkunde. Da-
tiren, Jahr und Tag angeben.
DatnraX. (Stechapfel), Pflanzengattung der
Solan een. D. Stramonium L,, Domapfel,
Rauchapfel, aus Vorderasien, in Europa,
Afrika und Amerika, Samen (Igelbeer*,
Stachelmus-, Fliegenkrautsamen, Tollkömer)
and Blätter ofQcinell (Semen et Folia Stra-
monii), enthalten Atropin, sehr giftig. D.
Tatula L., aus Venezuela oder Mexiko, wirkt
noch kräftiger. Zierpflanzen.
Datnrin, s. v. a. Atropin.
Danbensee (Dubenaee), See im Kanton
Wallis, unter der Gemmi (Daube), 67S9'
üb. M., Va St. lang; nahebei das Bergwirths-
lians Schwarenbach (Schauplatz des Trauer-
spiels ,Der 24. Februar* von Z. Werner)
und das Dauhenhorn, 8865' h.
DaMbigny (spr. Dobinji), Franfois, franz.
Landschaftsmaler, geb. 1817 in Paris, lebt
das. Wesentlich Realist, sucht er jeder
liandschaft die ihr innewohnende Schön-
heit abzulausehen u. ungeschminkt wieder-
zugeben. Haiiptwerk: der Frühling (1857).
Dancns L. (Mohrrübe, M9hre), Pflanzen-
gattüng der XJmbelliferen. D. carota L.,
wild in ganz Europa , Nordasien und I^ord-
amerika, mit früher ofllcinellem Samen
(Karotten-, Vogelnestsamen), kultivirt in
mehreren Varietäten mit zarter fleischiger
Wurzel (die kurzen, unten abgestumpften
heissen Kai'otten, die feinsten Altringham)
als Gemüsepflanze, Viehftitter. Sie enthal-
ten ca. 10 «/o Zucker. Der eingekochte Saft,
ist als Succus Dauci officinell. Gedörrt
und geröstet Kaflfeesurrogat.
Danlatabad (Dowlutabad), ostlnd. Stadt u.
Felsenfestung, im nordwestl. Gebiet des
Nizam, unweit Aurungabad.
Danlts (a. G.), Stadt in Phocis, an der
böotischen Grenze, Schauplatz der Mythen
von Tereus, Procne und Philomele u. a. ;
von Alexander d. Gr. zerstört.
Danmer, Oeorg Friedr., philos. .Schrift-
steller und Dichter, geb. 5'. März 1800 in
Nürnberg, eine Zeitlang Prof. am Gym-
nasium das., widmete sich dann ausschliessl.
der literar. Thätigkeit, und zwar mit auti-
theolog. Tendenzen, in , Philosophie, Re-
ligion und Alterthum* (1833), ,Züge zu einer
neuen Philosophie der Religion u. Religions-
geschichte* (1835), ,Snbbath, Moloch und
Tabu* (1839), ,Der Feuer- und Molochsdienst
der Hebräer' (1842), ,DIe Geheimnisse des
Christi. Alterthums* (1847), suchte dann
in .Religion des neuen Weltalters* (1850,
3 Bde.) eine neue Religion zu konstruireu,
trat 1859 zum Katholiclsmus über, lebte
seitdem in Frankfurt, später in Würzburg;
veröffentlichte noch: ,Meine Konversion*
(1859); ,Aus der Mansarde' (Streitschriften,
Kritiken etc., 1860—61), ,Das Christenthum
und sein Urheber* (1864), , Aphorismen über
Tod und Unsterblichkeit* (1865), ,Das Geister-
reich in Glauben, Vorstellung, Sage und
Wirkung' (1867) u. A. Treffliche Nachdich-
tung des Hafls (1846-51, 2 Thle.).
Dann, Kreisort im preuss. Regbz. Trier,
hoch in der Elfel, 781 Ew., dabei die ehe-
malige Seieheveste D.
Dann, Leop, Jos. Maria, Reichsgraf von,
österr. Feldmarschall, geb. 25. Sept. 1705 zu
Wien, focht im Türkenkriege unter Prinz
Eugen, 1734 als Generalmajor im ital. Feld-
zuge, als Feldmarschalllieutenant in den
schles. Kriegen, als Feldzeugmeister 1746—48
in den Niederlanden gegen die Franzosen.
1754 zum Feldmarschall befördert, befeli-
ligte er 1757 die Armee in Mähren, schlug
Friedrich II. bei Kollin und Hochkirch,
nahm Dresden ein und zwang den preuss.
General Fink, bei Maxen sich mit 11,000
Mann zu ergeben, ward bei Torgau ge-
schlagen. Seit 1762 Präsident des Hof-
krlegsraths, machte er sich um Reorgani-
sation des österr. Heerwesens verdient; f
5. Febr. 1766.
Dauphin (fr., lat. Delphinus), tcaher Titel
des ältesten Sohnes der Könige von Frank-
reich, Ursprung!. Herrschertitel der sou-
veränen Herren der Dauphin^, welche
Humbert H. 1349 an Karl von Valois,
Enkel Philipps VI. von Frankreich, unter
der Bedingung vermachte, dass der jedes-
malige franz. Thronerbe den Titel D. von
Vienuois führen und die Dauphin6 beherr-
schen sollte. Nach Ludwig XI. war D.
bloss Titel des präsumtiven Thronfolgers
aus der unmittelbaren Desceudenz des
regierenden Königs. Seit der Julirevolution
von 1830 ausser Gebrauch. Letzter D. war
der Herzog von AngonlSme, ältester Sohn
Karls X. Ludwig XIV. liess von Bossuet
und Huet für den Unterricht des D.s eiuo
4721
Dauphine — Davoust.
Ausgabe der griech. und röm. Klassiker
,iu usum Delphini' besorgen (Par. 1674—
1730, 64 Bde.).
DaiphiB^ (spr. Dolifinih), ehemal. Prov.
Frankreichs, mächtig« Gebirgslandschaft,
die Depart. Isire, Dr6me und Oberalpen nm-
fassend, 228 QM.; kam durch Cäsar unter
röm. Herrschaft, bildete nach deren Zerfall
einen Theil des burgund. Reichs, dann mit
diesem des fränkischen und fiel 1032 durch
Vermächtniss an den deutschen Kaiser, der
die Hoheitsrechte bis 1849 ausübte, wo
Hnnibert II. das Land an Karl von Yalois,
nachmaligen Karl V., abtrat. Zwai' sollten
ihm seine Integrität und Freiheiten bleiben,
doch erfolgte unter Ludwig XIV. die volle
Einverleibung in Frankreich. S. Dauphin.
Danrien (spr. Da-urien), Alpenland im
südöstl. Sibirien, in administr. Hinsicht die
russ. Prov. Transbaikalien (s. d.) umfassend,
vom dauriachen Erzgebirg durchzogen.
Dantzenberg, Joh. MicJiael, fläm. Schrift-
steller, geb. 1808 zu Heerlen (iHmburg), seit
1838 an einer Bank in Brüssel angestellt;
t das. 4. Febr. 1869. Als Dichter durch
Gemüthstiefe ausgezeichnet. Werke: .Ge-
dichte« (1850), ,VoIks lees book' (1859),
, Verbalen nit de gescliiedenis van Belgien'
(1866) u. a. Auch verdient um Feststellung
der fläm. Oi-thographie.
Davenport (spr. Dehwnpohrt), aufblü-
hende Handelsstadt in Iowa Nordamerika),
am Mississippi, (1870) 20,042 Ew.
David y zweiter König der Israeliten,
jüngster Sohn Isais aus Bethlehem, erst
Sauls Liebling, dann von demselben ver-
folgt, als Liebling Samuels u. der Priester-
partei von ersterem insgeheim zum König
gesalbt, floh zu den Philistern, bestieg
nach £aul8 Fall den Thron von Juda, ward
erst nach Isboseths Ermordung allgemein
als König anerkannt, reg. 1058—1018 v. Chr.,
durch glückliche Kämpfe mit den Grenz-
völkern (Jebusitem, Moabitern, Ammoni-
tem, Edomitern,^ Philistern etc.) Gründer
der Grösse des Israelit. Reichs , befestigte
im Anschluss ,an die theokrat. Formen das
Köuigthum, erhob Jerusalem zur Residenz
und zum Mittelpunkt des Kultus, reg. im
Sinne des oriental. Despotismus, hatte
Haremsintriguen u. Aufstände seiner Söhne
Absalon und Adonia zu bekämpfen, ward
aber von der Priesterpartoi trotz der Flecken
in seinem Charakter als Muster eines
frommen Herrschers hingestellt; angeblich
Verfasser zahlreicher Psalmen und Be-
gründer der heil. Poesie der Israeliten.
David, 1) Jaeq. Louit, her. f^nz. Maler,
geb. 30. Aug. 1748 zu Paris, Schüler Viens,
verweilte 1775 — 81 und 1784 — 89 in Rom,
nahm dann leidenschaftl. Antheil an der
Hovolution, stimmte als Konventsmitglied
für den Tod des Königs, ward von Napoleon
1804 an seinem ersten Maler ernannt, nach
der 2. Restauration als Königsmörder ver-
bannt; t 29. Dec. 1825 zu Brüssel. Der
Vater der neuem franz. Malerei, hervor-
gegangen aus dem Studium der Antike;
begründete seineu Ruf mit dem Schwur
der Horatier; Hauptwerk: Raub der Sabine-
rinnen (1799); auch verschiedene Scenen
aus dem Leben Napoleons. — 2) Pierre Jean,
gewöhnl. 2>. d' Angers genannt , franz. Bild-
hauer, geb. 12. März 1789 zu Angers, Schü-
ler Rolands in Paris, war 1811 — 16 in
Italien, seit 1826 Prof. an der Kunstscbnie
zu Paris ; f das. 5. Jan. 1856. Hauptwerk :
die Ausschmückung des Giel>elfeldes am
Pantheon zu Paris (1834 — 37); ausserdem
zahlreiche Porträt- u. Idealstatnen, Büsten
(Kolossalbüste Goethes 1828, in Weimar),
Grabmonumente und Gallerie von 200 Por-
trätskizzen in Medaillonform, berühmte
Zeitgenossen darstellend. — 3) FHicien,
f^anz. Komponist, geb. 8. März 1810 au
Cadenet (Vauclnse), Schüler des Konserva-
toriums in Paris, seit Berlioz Tode Biblio-
thekar au dems. Bekannt durch seine Sym-
phonie-Oden ,Die WüsteS die grossen Er-
folg hatte, ,Columbu8S ,Eden*, ,Moses' voll
effektreicher Tonmalerei. Von seinen Opern
sind ,LaIla Rookh* und ,Herculannm* (Preis-
oper) am bedeutendsten. — 4) Ferdinand,
Violinvirtuos und Komponist, geb. 19. Juni
1810 zu Hamburg, Schüler Spohrs, seit 1836
Koncertmeister und seit 1813 auch Lehrer
am Konservatorium zu Leipzig. Verf. zahl-
reicherKoncertkompositionen für die Violine
und einer ausgezeichneten Violinschule ;
auch verdient durch Herausgabe berühmter
Geigenkompositionen des 17. und 18. Jahrb.
Davis (spr. Dchwis), Jeffenon, amerikan.
Staatsmann, geb. 3. Juni 1808 im Todd-
(Christian-) County in Kentucky, ward 1845
Mitglied des Kongresses , machte 1846 und
1847 als Oberst den Elrieg gegen Mexiko
mit, war 1847—51 Senator, nahm schon da-
mals als Vertheidiger der Staatenrechte das
Secessionsrecht für die einzelnen Staaten in
Anspruch. 1853 unter Pierce Kriegsminister,
ward er nach seinem Rücktritt wieder in
den Senat gewählt, 1861 Präsident der südl.
Konföderation, bis zu Ende des Kampfes
deren Hauptleiter. In einer Proklamation
des Präsideuten als Tbeilnehmer am Atten-
tat gegen Lincoln bezeichnet, ward er 13.
Mai 1865 in Georgia mit anderen Häuptern
der Secessionisten gefangen genommen und
des Hochverraths angeklagt; Jedoch erfolg^
nach einem Jahr seine Freilassung und
Niederschlagung der Untersuchung.
DaTisstrasse. Meerstrasse zwischen Grön-
land und der uumberlandinsel , führt vom
atlant. Ocean zur Baffinsbai; benannt nach
ihrem Entdecker John Davit, der 1585 eine
Expedition zur Auffindung einer nordwestl.
Durchfahrt nach Ostindien leitete (f 1605).
DäTÖs (D. am JHatz), Hauptort des Zehn-
gerichten bundes im Kant. Graubüuden, 1705
Ew. ; 4790' üb. M. , in dem 4Vs St. langen
Davoslhdl, von wo der Fluela- und der Scar-
lettapass nach dem Engadiu, der Strelapass
nach Chnr führt. Luftkurort für Brust-
kranke, auch im Winter sehr mild.
DaTOUSt (spr. Dawuh), Loui» Nicola», Her-
zog von Auorstädt uud Fürst von Eckmühl,
Slarschall des ersten franz. Kaiserreichs,
gob. 10. l^Iai 1770 zu Annoux in Burgund,
mit Bonaparto auf der Militärschule zu
Brienne gebildet, machte die Feldzüge der
.Davy — Debreczin.
473
franz. Repablik von 1792— 96init, begleitete
1798 Bonaparte nach Aegypten, wurde 1800
DivisioDSgeneral, nach Napoleons I. Thron-
besteigung Reichsmarscliall. Er hatte wesent-
lichen Antlieil au den Siegen bei Austerlitz,
Auerstädt, Eckmühl und Wagram, ward 1811
Generftlgouverueur des Departements der
Elbmündungeu und befehligte im russ. Feld-
zuge 1812 das erste Aniieecorps. Nachdem
er 30. Mai 1813 das Ton den Bussen unter
Tettenbom besetzte Hamburg wieder ein-
genommen, behauptete er sich daselbst mit
gransamer Härte, legte der Stadt eine Geld-
busse Ton 48 Mill. Fr. auf, Hess die Bank
in Beschlag nehmen etc. Während der
ersten Bestauration ohne Anstellung, wurde
er während der 100 Tage Eriegsminister,
schloss 3. Juli 1815 die Militärkonyention
inlt Blücher und Wellington ab, der gemäss
er die franz. Armee hinter die Loire führte,
und unterwarf sicli Ludwig XVIU. 1819
zum Pair ernannt, f er 1. Juni 1823. Biogr.
von Chenier (1866).
DftTjr (spr.Dehwi), Bir Humphry, ber. engl.
Chemiker, geb. 17. Dec. 1778 zu Penzance
in Comwall, ward 1801 Prof. der Chemie
an der Royal Institution zu London, 1820
Präsident ders.; f 29. Mai 1829 zu Genf.
Erfand 1815 die nach ihm benannte fiicher-
heitslarope für Kohlenbergwerke. Sehr.
, Chemical and philosophioal researches*
(1800); ,Elements of chemical philosophy'
(1812; deutsch von Wolf 1820) und ,Elements
of agricultural chemistry* (1813) u. A. Bio-
graphie von Paris (1831, 2 Bde.); ,Memoir8S
von seinem Bruder herausgeg. 1836, 2 Bde. ;
deutsch von Neubert 1840.
Bftwison, Bogtanü, ber. Schauspieler, geb.
13. Mai 1818 in Warschau, nach verschiede-
nen Lebensstellungen 1849 in Wien und seit
lb54 Mitglied des Hoftheaters zu Dresden;
ntisgezeichnet im Charakter&ch ; beste Rolle :
Mephisto, dessen originelle Auffassung auf
der deutschen Bühne typisch geworden ist;
seit 1869 geisteskrank.
Dftirlish (spr. Dahllsch), Seebad in der engl.
Orafsch. Devon, 2V9 M. von Extor, 4014 Ew.
Dawydoify Denis Wassiljewitseh » russ.
Kriegsschriftsteller und Dichter, geb. 27.
Juli 1784 zu Moskau, ftogirte im Krieg
von 1806 als Adjutant Bagrations, focht
1808 in Finnland, 1809 wieder unter Bagra-
tjon an der Donau, 1812 als Führer eines
Freicorps, 1825— 27 im Kaukasus und gegen
die Perser, 1831 vor Warschau und bei
Lisbik, ward zum Gtenerallieutonant be-
fördert; t 8. Mai 1839. Dichtete Satiren,
Elegien, Episteln etc., bes. aber Soldaten-
lieder (am bekanntesten ,Dor Halbsoldat^).
Werke herausg. von Smirdin (1848, 3 Bde.;
4. Aufl. 1860). Memoiren (1863).
Dax (Aeqs), Stadt und Badeort im franz.
DeiMurt. Landes, am Adour, 9800 Ew.; ber.
Schwefelquelle von 70 o R. Das alte Aquae
Ta^heUae, schon von den Römern benutzt.
Dayton (spr. Deht'n), wichtige Fabrikst.
in Ohio (Nordamerika), am Miami, 1840:
6067, 1870: 32,679 Ew. Gegr. 1799.
Dteky Frans, nngar. Staatsmann, geb. 17.
Okt. 1803 aus einer alten nngar. Adels-
familie zu Kellida im Kom. Smlad, war
auf den Landtagen von 1832 — 42 Führer
der Reformpartei, nach den Märzereiguissen
von 1818 in Batthyanyis Ministerium Justiz-
minister, trat, nachdem 17. Sept. Kossuth^
die Leitung der ungar. Angelegenheiten
übernommen, zurück. Nach Erscheinen
des kaiserl. Diploms vom 20. Okt. 1860
empfahl er Festhalten an den Gesetzen
von 1848, trat, März 1861 in den Landtag
gewählt, an die Spitze der gemässigten,
sogen. jAdresspartei', entwarf die beiden
Adressen, welche Aug. 1861 die Auflösung
des Landtags zur Folge hatten. Auf dem
Dec. 1865 eröffneten Landtag über eine be-
deutende Majorität gebietend, brachte er
vornehml. den Ausgleioh mit der Regierung
zu Stande, und auch auf den späteren Land-
tagen stand er an der Spitze einer einfluss-
reichen Partei. Vgl. ,F. D.', Skizze, 1868.
Deakovar (I^akovo), Flecken in Slavonien,
au der Vuka, 7000 Ew., Sitz des Bischofs
von Bosnien.
Deal (spr. Dihl), Seestadt in der engl.
Grafsoh. Kent, einer der ,FünfhäfenS 7^
Ew. Blarinemagaain und Seeschule.
Beaa Forest (spr. DihU"), Waldbezirk im
W. der engl. Grafsch. Gloucester, zwisehen
dem Sevem und Wye, 10,700 Ew.; Kohlen-
und Eisenbergbau.
Deba (DtJba, Daha), merkw. Troglodyten-
stadt in Tübet, an einem Nebenflüsse des
Obern Setlddsch, 14,004' üb. M., ganz tn
Fels gehauen, mit ber. Wischnutempel ;
von Kap.^ennet 1865 in der Nähe geseheSt
doch nicht betreten.
Debardiren (fr.), ausladen aus Schiffen;
Debardage (spr. -dahsch), Ausladung.
Debarqniren (fi:.), Waaren oder Personen
aus einem Schiffe ans Land bringen.
Debatte (ft*. , Diskussion), geordneter Mei-
nungsauatausch Metirerer über einen Gegen-
stand, bes. von Verhandlungen gebraucht,
die unter Leitung eines Vorsitzenden die
Fassung eines praktischen Beschlusses be-
zwecken. 'DdMiUiren, verhandeln, erörtern.
Debet (lat., Mehrzahl D^ent, d. i. Soll
und Sollen), Bezeichnung derjenigen Blatt-
seite eines Contos, auf welcher die Beträge
verzeichnet sind, welche demselben ge-
schnldet (debitirt) werden. Debitor, s. v. a.
Schuldner. Debit, im Waarenverkehr der
Absatz ; daher debüiren (fr.) , eine Waare
absetzen, vertreiben. Debilmasst , s, v. a.
Debitum (lat.), Schuld. [Konkursmasse.
Debioklren (fr.), die Blokade aufheben.
Debörahy hehr. Prophetin und Heldin In
der Zeit der Richter, Gattin Lapidoths, liess
zur Befreiung ihres Vaterlandes von der
Herrschaft des Kanaaniterkönigs Jabin durch
Barak ein Heer sammeln, von welchem
Sissera, Jabins Feldhauptmann, geschlagen
ward. Diesen Sieg feiert das sogen. Lied
der D. im Buch der Richter.
Debouche (fr., spr. Debuscheh), Ausmün-
duDg; Ausgang einer Terrain Verengung, wie
Schlucht oder Thal. Debouckiren, Truppen
aus der Enge in dtus freie Terrain ziehen.
Debreczia (spr. -zin), königl. Freistadt
und Hanptort de« ungar. Kom. Bihar, in
474
Debusqnement — Becimalsystem.
der ftnchtbaren eUbrectiner Heide, ron acht
magyar. Typns, 86,283 Ew.; reform. Aka-
demie mit ber. Bibliothek, PiAristenkolle-
ginm; rege ludustrie. Vom 9. Jan. bis 80.
^ Mal 184d 8iti des nngar. Reichstags und
der reyoltit. Regierung.
D6bns4ineiDeHt (fr., spr. Debüsk^mang),
Vertreibung; debusquiren, den Feind aus
einer vortheilhaften Stellung vertreiben.
D^bnt (fir., spr. Debü), Anti-itt, bes. das
erste Auftreten eines Schauspielers auf der
Bühne; Debütant, Einer, der zum ersten
Haie auf der Bühne überhaupt oder nur in
einem neuen Engagement auftritt.
Deca (gr., deka), zehn, in Zusammen-
setzungen bes. mit franz. Massen, so Deea'
fframme, 10 Grammes; Deealitre, 10 Litres;
Decamitre, 10 Mdtres; Deeare, 10 Ares;
Deeastire, 10 Stares. Deei (fr., spr. dessi;
y. lat. decem, zehn), der lO.Theil ; so Deeiare,
1^0 Are; Dectgramtne,'^/ioQrBkmme; Decüilre,
Vio Litre; Deeimilre, >/io Mdtre; Deciatere,
Vio Stdre.
Decide (fr. , spr. DekSd) , 10 Stück , eine
Zehn; im Kalender der Aranz. Republik
eine Periode yon 10 Tagen, Woche. Deeadi,
der 10. Tag desselben Kalenders. [Verfall.
D^adence (fr., spr. Dek&dangs), Abnahme,
Decmmps (spr. -kang), Alex. Gabriel, franz.
Maler, geb. 3. März 1808 zu Paris, Schüler
▼on Abel de Pujol, bereiste den Orient,
yerunglückie 22. Aug. 1860 auf einer Par-
forcejagd im Park zu Fontainebleau. Als
Qenre-, Thier- und Landschaftsmaler gleich
originell und yielseitig. Bes. gescnätzt seine
satir. Affenbildor und Darstellungen orlent.
Volkszustände.
Deeandolle, 1) Auguetin Pyramue, franz.
Botaniker, geb. 4. Febr. 1778 zu Genf, seit
1807 Professor in Montpellier, seit 1816 in
Genf; f das. 9. Sept. 1841. Ausgez. als
Systematiker, stellte ein natürliches System
auf und bemühte sich, die Botanik mit
Chemie und Physik in Verbindung zu brin-
gen, förderte auch die Pflanzengeographie.
Berühmt sein grosses Herbarium (70—80,000
Arten). Sehr. ,Th6orie 616menta{re de bota-
nique* (8. Aufl. 1844; deutsch von Sprengel
1820); ,Kegni yegetabilis systema naturale*
(1818—21, 2 Bde.) ; ,Prodromns systematis
naturalis regni vegetabilis* (1824— 52, 13 Bde.;
,Organographie y6g6tale' (1827). — 2) M-
phorue Louis IHerre I^ramtt$, Sohn des Vor.,
geb. 28. Okt. 1806 in Paris, einige Zeit Pro-
fessor der Botanik in Genf, sehr. ,Introduc-
tion k r^tude de la botanique' (1835, 2 Bde. ;
deutsch 2. Aufl. 1844); gab seines Vaters
,M6moire8 et Souvenirs' (1862) heraus und
setzte den ,Prodromus' fort.
DeoapSda^ s. v. a. Krebse.
Decazes (spr. Dekäs), Elie, Herzog von,
Aranz. Staatsmann, geb. 28. Sept. 1780 zu
St. -Martin de Laye im Depart. Gironde,
ward 1806 Rath am kaiserl. Gerichtshof,
schloss sich nach Napoleons Sturz den
Bourbons an, ward Polizeiminister und in
den Grafenstand erhoben. Das Schau kel-
system Ludwigs XVIII. vertretend, machte
er sich bei allen Parteien, bes. aber bei
den Ultraroyalisten misaliebig. 1820 und
1821 Gesandter zu London, dann In der
Pairskammer Gregner der Regierung, seit
1834 Grossreferendar der Pairskammer, zo^
er sich nach der Februarrevolution von 1848
ins Privatleben zurück; t ^* Okt. 1860.
In zweiter Ehe mit der reichen Erbin von
St.-Aulaire, der Schwosterenkelin des vor-
letzten Fürsten von Nassau - Saarbrücken,
vermählt, ward er vom König von Däne-
mark zum Herzog von Glücksburg ernannt.
Deeem (lat.), Zehn, auch Zehnt, Abgabe.
De«6mber (deutseh Cfhristmonat) , 12. und
letzter Monat des Jahres, bei den Römern
bis Julius Cäsar der 10., hatte bla dahin
nur 29, erhielt durch Cäsar 81 Tage.
Deeembrlsteiiy die Anhänger Ludwig Na-
poleons beim Staatsstreich vom 2. Dec. 1851.
Decemvlrl (lat.), Zehnmänner, im alten
Rom Name mehrerer obrigkeitl. Kollegieu
von 10 Mi^liedem. Am bekanntesten die D.
legtbu$ Mcrihendi», eine in Folge des Antrags
des Tribuns Terentillus Arsa zu Abfassunjc
von Gesetzen für das Jahr 451 v. Chr. er-
wählte und mit der höchsten obrigkeitlichen
Gewalt .bekleidete Behörde, die, auch für
das Jahr 450 erwählt, ihr Amt ungesetzlicli
449 fortführte, bis ihr Uebermnth ihre Auf-
hebung zur Folge hatte.
DeeeptioBsinsel. Insel im antarktischen
Ocean, bei Neusüdshetland, ganz ans Lava
bestehend, mit heissen Quellen.
Deehant, s. Dekan,
D^harge (fr., spr. Descharsch), £nt'
lastung, Fi*eisprechung von einer Verbind-
lichkeit, namentl. eines Rechnungsführers
nach Ablegung der für richtig befundenen
Rechnung (D. ertheilen); dechargiren, ent-
binden, lossprechen ; auch ein Geschütz ab-
Dechlfflrirkunst, s. Chiffre. [feuern.
Deei (fr., spr. Dessi), = »/lo, s. I>eca.
Decidlren (lat.), entscheiden, schlichten;
deeidirt, bestimmt, entschlossen.
Declmalbmeh (v. lat. deeem, zehn), Bruch,
dessen Neuner eine Potenz der Zahl 10,
also 1 mit einer Anzahl Nullen ist, wird
mit Weglassung des Nenners geschrieben,
und zwar so, dass man, damit Zähler und
Nenner eine gleiche Anzahl ZilTem er-
halten, dem ersteren die etwa fehlenden in
NuUeu anhängt. Den D. erkennt man au
dem den Stellen des Zählers ( DecimcUstellen)
vorhergehenden DeeimaUeiehen , gewöhnt,
einem Komma, auch Punkt; z. B. 2»i/xoo =:
2,51; i/iQ = 0,7; *'/iooo = 0,043 etc.
Decimalsyitem, Zahlensystem , dessen
Grundzahl 10 ist; franzMsche» D., am 29.
Nov. 1800 in Frankreich eingeführtes Mass-
und Gewichts System, dessen Einheit der
Meter, d. h. der zehnmilliouste Theil desErd-
meridianquadranten ist. Die Flächenmasse
sind die Quadrate der Längenmasse, Einheit
ist die Are = 100 O^^eter ; Körpermasse sind
die Kuben der Längenmasse, der Kubikmeter
heisst Störe; Einheit der Hohlmasse ist der
Liter = Viooo Kubikmeter: Einheit des Ge-
wichts ist das Gramm = 1 Kubikcentiiiteter
Wasser von grösster Dichtigkeit. Das Zehn-,
Hundert-, Tausend-, Zehntausendfache dieser
Einheiten wird durch Vorsetzung der grie-
chischen Zahlennamen Deca-, Hecto-, Kilo-
Decimiren — Dee.
475
Myria-, das Zehntel, Hundertel, Tausendtel,
durch Yorsetzupg der latein. Zahlennamea
Deci-, Genti-, HilU- bezeichnet. Vgl. De-
lambre, ,Base de Systeme m^trique*, 1806—
1810, 3 Bde.).
Becimiren (lat.) , den Zehnten nehmen ;
in der Kriegssprache von einem Truppen-
theil , der sich der Feigheit oder Heuterei
schuldig gemacht hat, den 10. Mann mit
dem Tode bestrafen; auch im Allgemeinen
grossen Verlust an der Zahl beibringen.
Decimole, mnsik. Figur, entstehend aus
der Th eilung einer Taktnote in 10 Noten
Ton gleichem Werthe.
Decision (lat.), Entscheidung, Bescheid.
L decitione», eine in den Codex Justinianeus
anfgenommone Sammlung . von 50 Entschei-
dungen You Kontroversen« Dteitivrethripi,
zu Entscheidung einer Bechtskontroverse
ertheiltes landesherrliches Reskript, das,
zunächst durch einen einzelnen Fall ver-
anlasst, später allgemeine Gültigkeit erhält.
DecinSy CSo/us Mtniu» Quintu* Trajanut,
röm. Kaiser, Pannonier und röm. Senator
unter dem Kaiser Philippus, ward 249 von
fen Legionen in Mösieu mit dem Purpur
bekleidet, regierte kräftig, yerfolgte die
Christen hart, fiel 251 in einer Schlacht
gegen die Qothen.
Deck (Verdeck), die horizontale Planken-
bedeckung der Schiffsräume. Das erste T).
(Zwieehendeek) über dem unteraten Raum
der Schiffe ist zur Bergung der Ladung
oder für Passaglere, das »weite D. für
bessere Waaren und mehr zahlende Passa-
giere bestimmt. Das oberste ist das dritte
D. (halbirte Schanze, Torn angebracht
Back). Schiffe mit einem D. haben oft
noch ein halbe» D., welches als Kajüte
dient. Das glatte D. geht ununterbrochen
Ton vorn bis hinten, beim gebrochenen D.
liegt etwa ein Dritttbeil höher.
Deekeily Karl Klau», Freiherr von der,
Afrikareisender, geb. 8. Aug. 1833 auf
Kotzen (Mark Brandenburg), 1850 — 60 in
hannöv. Militärdiensten, ging 1860 auf Barths
Rath nach Zanzibar, unternahm mehrere
Expeditionen nach dem Nyanzasee und den
Bergländem des Kilimandscharo, den er
bis zur Höhe von 13,000' bestieg und dessen
Höhe er bestimmte, u. machte 1868 eine See-
reise nach Ibo, Kap. Delgado und Lamu.
Nach Europa zurückgekehrt, rüstete er
eine grosse Expedition zur Erforschung
afrikan. Flüsse aus, ging mit derselben
Okt. 1864 über Aegypten, Aden und die
Seychellen nach Zanzibar und drang Früh-
jahr 1865 mittelst kleiner Dampfboote den
Dschubafluss aufwärts bis Berderah, wo er
25. Sept. mit den meisten Mitgliedern der
Expedition Ton den Somalis überfallen und
ermordet ward ; nur 5 Europäer retteten
sich nach Zanzibar. Vgl. seine ,Reisen in
Ostafrika', herausg. von Ker»ten u. A., 1869 f.'
Deckfarben (Oonachefarben), solche Far-
ben, welche die natürliche oder künstliche
Färbung ihrer Unterlage verdecken; meist
Erdfarben oder Metalloxyde.
DeckflBCh (Strom ateus X,,, Pampelfiech),
Gattung der Makrelenflsohe. Mdhäuter,
Fiatole (S. fiatola L.), im Mittelmeer, t— 8.'%
sehr schmackhaft. Ebenso Stroraateus niger
L. im ind. Meer, gegen 2'.
Deckflügler, s. K^fer.
Deckung, militärischer Schutz gegen den
Feind durch die eigene Waffe, das Terrain
(Bäume, Hecken, Erd wälle) oder eiu»
Truppenabth eilung; im Handel Werthsen-
dung an einen Bankier, um ihn für den
Betrag auf ihn gezogener Wechsel sicher
zu stellen ^zu decken).
Declaration of Bignt (spr. Deklärehschn .
of Reit), die Erklärung, wodurch der am 22.
Jan. 1689 in Westminster zusammengetretene
Konvent die Grnndpriucipien der engl.
Konstitution aussprach und infolge deren
Wilhelm von Oranieu auf den engl. Thron
berufen ward.
Decompte (ftr., spr. -kongt). Ab-, Gegen-
rechnnng; auch Abgang an einer Waare;
dekomptiren, in Gegenrechnung bringen.
Decort, s. Däcourt.
Decornm (lat.), Schicklichkeit, Anstand.
Decouragiren(fr.,spr.-schir-),eutmuthigen.
Decoart (fr., spr. D6kuhr), Abzug an einer
Rechnung. Dekourtiren , bei Bezahlung
einer Rechnung einen Abzug machen, z. B.
wegen schlechter Beschaffenheit der Waare.
DecouTriren (fr., spr. -kuw-) , offenbaren^
zu erkennen geben.
Decubitus (lat.). Wund-, Aufliegen.
Decnmates Agri (ZehnUand), Landsch.
im röm. Germanien, zwischen der oberen
Donau, dem Mittelrhein und einer von
Drusus gezogenen , jetzt verfallenen^ 50 M.
langen Befestigungslinie (TeuJeUmauer,
P/ahlgrdben) von Regensburg bis zurLahu-
mündung; von den Römern gegen eine
Zehntabgabe röm. Veteranen und Einwan-
derern aus Gallien überlassen, fiel im S.
Jahrh. den Alemannen zu.
Decurlo (lat.), bei den Römern der Vor-
steher einer Deeuria, d. h. einer Abtheilnng
von 10 Personen ; Anführer der 10 Heiter
(e(|^uites), die Jede Kurie zu stellen hatte»
spater jeder Anführer ein^r kleineren
Reiterabtheilung; auch Titel der Senats-
mitglieder in den Municipal Städten.
De dato (lat., abbr. d. d.), vom Tage der
Ausfertigung an.
Dedecker, Fierre Jacque» Franf., belg.
Staatsmann, geb. 25. Jan. 1812 in Z^le In
Ostflandem, ward 1839 Deputirter, Mär&
1855 Minister des Innern, trat 1857 zurück;
streng katholischer Richtung, Vorkämpfer
der fläm. Sprachinteressen.
Dedlkation (lat.), Widmung, Zueignung
von Schriften, Kunstsachen etc.
Dedit (lat., abbr. dt.), er hat gegeben.
Dedition (lat.), Ergebung, Uebergabe.
Dedjucblny Bergstadt im russ. Oouv.
Perm, 3532 Ew. ; die ergiebigsten Salzwerke
Russlands (jährl. 5 Mill. Ctr.).
Deduktion (lat.), ausführlichere Beweis-
führung; im Rechts wesen die weitere Be-
gründung und Ausführung einer Appellation.
Dee (spr. Dih), mehrere Flüsse in Gross-
britannien. Die bedeutendsten: 1) D. in
Nordwales, mündet In die irische See,
17 M. — 2) D. in Schottland, kommt von den
476
Deep — Degras..
Cftirngorrabergen, Grenzflnss der Gi^fsch.
Aberdeen und Kincardlne, mündet bei
Aberdeen in die Nordsee, 20 Bf. [bei Treptow.
Deep, Dorf u. Seebad in Hinterpominern,
De n«to (lBit.)i der That nach.
D^faite (fr., spr. -fät), Niederlage.
Deflraüren (lat.) , nm den guten Namen
Dringen.
Defatigatioii (lat.), Ermattung.
DefeetlTani (lat.), Substantiv oder Verb,
TOD dem nicht alle Flexionsformen in Ge-
"brauch sind.
Defekationskalk (Gaskalk), der Kalk aus
<leu Reinigungrskästen der GaBanstalteu.
Defdlt {defelaiv, lat.), mangelhaft, un-
vollzählig.
Defektion (lat.), Abfall ; Schwäohe^Verfidl.
Defension (lat.), Yertheidig^ng.
DefenslTe (lat.), Form der kriegerischen
Tliätigkei^, wobei es bloss auf Vertheidigung
«"bgeseben ist, im Gegensatz zur Offensive
<s. d.). De/ensivlinien, befestigte Positionen ;
«uch Höhenzüge, Waldränder etc. Defemiv-
wajffen, Schutzwaffen.
Defeneor fidei (lat.), Beschützer des
•Glaubens, Titel der Könige von England,
Tom Papst Leo X. Heinrich YIII. für seine
Vertheidigung der päpstl. Gewalt Luther
gegenüber verliehen.
Defleriren (lat.), vortragen, bewilligen (z. B.
«inem Gesuch d.); antragen, z.B. den Eid.
DeferenK, Willfährigkeit, Gewährung.
Deflance (fr., spr. -flangs), Misstrauen.
Defleient (iat.), fehlend; abtrünnig; dieust-
«intaugllch. DeßcierUe peeunia, bei Geld-
«nangel.
Deficit dat., d. i. es fehlt), im Staats-
haushalte der Unterschied zwischen der
Einnahme und Ausgabe, um dessen Betrag
«rstere zu gering ist; auch die Summe,
welche an dem Bestände einer Kasse nach
•dorn durch die Bücher gegebenen Ausweise
fehlt (KiMBendeßcit), sowie der bei der
Kaufmann. Bilanz sich ergebende Verlust.
Defll^ (f^.), Engpass, Hohlweg. Deßliren,
durch ein %D. gehen, auch das Vorbei-
marsch Iren der Truppen bei Parade.
Deflletaient (f^., spr. -mang), in der Be-
festigungskunst das Decken der hinteren
Werke oder des inneren Raums durch die
vorderen gegen das feindliche Feuer.
De flnition (lat.), Begrenzung, Bestimmung ;
in der Logik Angabe der wesentlichen
Merkmale eines Begriffs, wodurch dieser
«einem Inhalt nach bestimmt und von
Anderen Begrriffen abgegrenzt (dtjfinirt) wird.
IfomincUdeJMtion , Worterkl&rung ; Beal-
deßnüion, Sacherklämng.
DeflidtiT (lat.), entscheidend, bestimmt;
Veßnitivum, in der Sprache der Diplomatie
«ndgflltige Erklärung oder Vertragsbe-
stimmnng.
Deflniteren (lat.) , bei den Mönchsorden
Oebulfen des Generals oder Provinzials.
Dellftgrmtor( Cbiorimofor, lat.), galvanische
Kette aus spiralförmig gewundenen und
Ineinander geschobenen Kupfer- und Zink-
blechen, bringt wegen des sehr verringer-
ten Leitungswiderstandes starke Erhitzung
eines kurzen Schliessungsdrahtes hervor.
Deflontloii (iat.), das Abblühen; Verlost
der Jungfi'auschaft durch aussereheliohen
Beischlaf.
Defoe (spr. Defuh), Daniel, engl. Schrift-
steller, geb. 16G1 in London, vielfach lite-
rarisch thätig und in die polit. Zeitkämpfe
verwickelt, trat dann 1719 mit seinem »Life
aud adventures of Robinson Crusoe of
York' hervor, das in alle europ. Sprachen
übersetzt (deutsch von AltmüUer 1869) und
Vater der zahllosen Robinsonaden ward; t
24. April 1731. Werke (1840-48, 8 Bde.).
Biogr. von Lee (1869, 3 Bde.)-
Deformititen (lat.), Missgestaltungen des
lebenden Körpers, angeboren, oder Fol^e
von Krankheiten u. Verletzungen; deform,
missgestaltet.
DefinracbltlO]i(lat.), die schuldvolle Hinter-
ziehung der gesetzlichen Ein- u. Ausgangs-
Zölle, Zollde/raudedion; Veruntreuung öffent-
licher Gelder.
Defterdar (pers., d. i. Buchhalter), in der
Türkei und in Persien Titel des Finanz-
ministers. De/terchctneh, dessen Kanzlei.
D^agement (fr., spr. -gahsfthmang), enger
Durchgang, bes. enger Korridor mit Treppe.
Degagiren (fr., spr. >schiren), befreien,
bes. vom Feinde bedrängte Truppen.
Degamiren (fr.), Besatzung, Geschütz
und Kriegsvorrathe« aus einer Feetung her-
ausnehmen.
Degen» Seiteugewehr mit gerader Klinge,
vorzüglich zum Stoss geeignet; Waffe der
Infanterieoffiziere in der preuss., russ.,
engl, und franz. Armee, sowie der schweren
Slavallerie aller Armeen ; bei der Kavallerie
schwerer, an der Spitze leicht gekrfimmt
und Pallasch genannt.
Degeneration (lat.), Entartung; degene-
riren, entarten.
Degenfeldy August Fratu Johann Ohristoph,
Graf von D.-Sehonberg, geb. 10. Dec. 1798
zu Grosskanischa in Ungarn, vi^ohnte 1849
als Generalmajor der Schlacht von Novara
bei, ward 1^ als Sektionschef in das
Kriegsministerium berufen, 1854 Komman-
dant des 8., 1858 des 2. Armeecorps und
kommandirender General in Venedig,
Istrien, Friaul, Kärnthen, Krain und Tirol,
18^—64 Kri^sminister u. Feldzeugmeister.
Degenfisch (Trichinrus L.)» Gattung der
Bandfische. SpÜM' oder Haareehwan» (T.
Lepturus L»)t im atlant. Ocean, 3', einem
silberglänzenden Bande gleich, wohl-
schmeckend.
Deggendorf, Stadt in Niederbayem, an
der Donau, 5142 Ew. Wallfahrtskirche,
Stapelplatz für die Produkte des bayer.
Waldes. Judenraord 1337.
Deggot, s. V. a. Birkentheer.
DegOy Flecken in der ital. Prov. Acqni,
an der Bormida, 2200 Ew. 14. — 16. April
1796 Step Bonapartes über die Oesterrelcher.
D^gont (fr., spr. Deguh), Ekel, Wider-
wille; degoutiren, anekeln, verleiden.
DegradlitiOB (lat.), Amts- oder Standes-
herabsetzung, bes. eines Offiziers oder
Unteroffiziers .zum Gemeinen.
Degras (fr., spr. -gra, Abfett), ^eränder»
ter Thran, bei der Sämischgerberei als Ne-
DegTftviren — Dekao.
477
benprodnkt gewonnen, Toraügllohe Leder-
scliiniere nnd deshalb nachgebildet.
DegraTlren (lat.)* belästigen, beschwer-
lich fallen.
Degr^ (fr., spr. Degreh), geograph. Grad.
BigalBement (fr., spr. Degihsmang), Ver-
kleidung, Verstellung.
Degammireiiy s. Seide,
Degnstiren (lat.), kosten, prüfen.
Deliii^ Bieg/r, WUh., Mnsikgelehrter, geb.
25. Febr. 1799 zn Altona, Schüler B. Kleins,
seit 1843 Kurator der musik. Abtheilung
der kön. Bibliothek in Berlin, 1850 snm
Prof. der Tonkunst ernannt; f 18. April
1858. Hauptwerke: ,Theoret. - prakt. Hi^r-
monielehre* (2. Anfl. 1861) und ,ljehre vom
Contrapunkt* (1859).
Dehnbarkeit (Ge$chmeidig1ceit, VuktiliUU),
die Eigenschaft eines Körpers, sich durch
äussere mechanische Kr&fte nach einer
oder mehreren Bichtnngen hin ausdehnen
zu lassen. Gegensatz zur Sprödigkeit, wird
im Allgemeinen durch warme erhöht,
durch Hämmern, Walzen, Ziehen vermin-
dert and dann durch Erhitzen wieder 'her-
gestellt. Metalle nach der Streckbarkeit
(Hämmerbarkeit) geordnet: Gold, Silber,
Kupfer, Zinn, Platin, Blei, Zink, Eisen.
De hodiemo die (lat.), vom heutigen Tage.
Dehonestation (lat.), Verunehrung, Be-
schimpfung.
Dehors (fr., spr. Dehohr), die Aussen-
selte, der äussere Anstand ; die Aussenwerke
von Festungen.
Dehortaffon 0&^)> Abmahnung. Dehov'
totortuni,Warnungs-, Abmahnungssehreiben.
Det (Dey), von 1600—1880 Titel des Ober-
hauptes der den Raubstaat Algier beherr-
scii enden Janltscharenmiliz.
Deich, Erdwall zum Schutz des hinter
ihm liegenden Landes vor dem Andrang
des Wassers. Aeassere D.e bieten Schutz
gegen die See, Flüsse etc. Hinter- oder
Achterdeiche schützen niedrige Ländereien
vor dem aus höheren hereindringenden
Wasser. £innendeiche liegen hinter dem
Hauptdeich an bes. geföhrlichen Stellen.
Das Land hinter dem I>. heisst Binnenland,
das zwischeuD.u. Wasserkuren», Vor- oder
Aussendeichsland. Eingedeichte L&ndereien
liegen zwischen 2 D.en. Ein D. ohne Vor-
land heisst Schaar- oder Oefahrdeich. Wird
auf neu gewonnenem Land ein D. errichtet,
so heisst der frühere Hauptdeich, Schlaf»,
Sturm- oder Rückdeich. Sielen u. Schleussen
fuhren das innerhalb der B.e angesammelte
Schnee- oder Regenwasser ab.
Deideshelm, Stadt im bajer. Regbz.
Pfalz, im Hardtgebirge, 2742 Ew.; vorzfigl.
weisser Wein.
Dei gratia (lat.), von Gottes Gnaden, Zu-
satz zum Titel , zuerst von den Bischöfen
auf dem Koncil zu Ephesus (431) gebraucht,
npch der Mitte des 18. Jahrb. von der
hohen Geistlichkeit umgewandelt in: Dei
et apottolicae sedia gratia, ,Von Gottes
und des apostol. Stuhls Gnaden*; seit den
Karolingern auch von weltl. Ffirsten ge-
hraacht, erst im 15. Jahrh. auf die souve-
ränen Fürsten beschränkt.
Deime, schilTbarer Arm des Pregel in
Ostpreusson , mündet bei Labiaa ins ku-
riflche Half.
Deinhardsteiiiy Jch, Ludw,, Bühnendich-
ter, geb. 22. Juui 1794 in Wien, seit 183S&
Vicedirektor des Hoftheaters das.; f 12..
Jali 1859. Unter seinen Dichtungen bes.
beliebt: die Känstlerdramen ,Hans Sachs*
(1829) u. ,Garrick in Bristol* (1834), die Lust-
spiele ,Die verschleierte Dame* n. ,Das Bild,
der Dauafi' n. das Konversationsstück ,Die
rothe Schleife*. Werke (1848-57, 7 Bde.).
De integro (lat.), von Neuem.
Delsmnt (lat.), der Glaube an Gk>tt als-
den letzten Grund aller Dinge; insbes. der
reine Gottesglaube, welcher mit Verwerfung
der ausserordentlichen Offenbarung den
religiösen Glauben nur auf Gründe der Ver-
nunft stützt. Daher DeWm (Freidenker),
Männer des 17. und 18. Jahrb., weicht* die
ztatürl. Religion zur Norm aller positiven
Religion erheben wollton, Vorläufer der
Rationalisten, meist Engländer, näml* Her-
bert von Gherbury; Charles Blount; Jobu
Toland; Anthony Ashley Oooper, Graf von
Shaftesbury ; Anthony Goilins ; Tb. Woolston ;
Matth. Tindal; Viseount Bolingbroke. Vgl.
Lechler, »Gesch. des engl. D.*, 1841.
Deisler, niedrige Bergkette zwischen der
Weser und Leine, im Furstenth. Kalenberg,
3 M. 1., im Höfeier 1240' h.; waldreich,
Steinkohlengruben, Salzwerke.
Dc\)anlra, Tochter des Oenens, Königs
von Kalydenien in Aetolien, ward von
Hercules ihrem Verlobten Achelous in hef-
tigem Kampfe abgerungen, bereitete Jenen»
durch das Geschenk eines vergifteten Ge-
wandes unwissend einen qualvollen Tod.
Dejean (spr. Deschang), Pierre Franfoi»
Aim6 Aug., Oraf, franz. General und Ento-
molog, geb. 10. Aug. 1780 zu Amiens, diente
unter Napoleon L, Pair; •\'HLkn 1845. Sehr.
,Specles gtoörales des col6opttoes* (1825—37,
6 Bde.) und «Iconographie des colöuptöres
d'Europe* (1829—36, 5 Bde.).
Dejektion (tat.), gewaltsame Entsetzung
aus dem Besitze.
Dcjeniier (dejeuni, fr., spr. Deschöneh),
das erste, aus Kaffee, Ohokoiade eto. beste-
hende Frühstück. D. h lafourckette (spr.
fürschett), zweites oder Gabelfrühstück, mit
Fleischspeisen. D. diner (spr. dineh) oder
D. dinatoire (spr. -toahr), reicheres Früh-
stück, das Mittagsmahl ersetzend.
De Jure (lat.), von Rechts wegen.
DeJariren (lat.), eidlich bekräftigen; ab-
Deka ^r.), s. JDeeo. [schwören.
Dekan (gr., Deehant), im rom. Heere
Führer von 10 Mann; Vorstand eines Dom-
kapitels oder Kollegiatstifts (Domdi'vhant) ;
hier nnd da, z. B. in Bayern, TitHl der
evangel. Superintendenten; auf deu Uni-
versitäten Vorsteher einer Fakultät. De-
kanei (Dechanei), die zum Unterhalte eines
D.s bestimmtenGüter ; auch dessen Wohnung.
Dekan (Dekhan, sanskr. Daksohina) , die
Halbinsel Vorderindien südl. vom Vibdliya*
gebirge, 24,740 QM. mit ca. 50 Mill. Ew.;
ziemlich gleichförmiges Plateau von 1100—
3000' Höhe, im W. von den Westghats. im
478
Dekantiren — Delavigne.
O. von den Ostgbats darcYiEogen and vom
Kerbudd«, Tapty, Mahanadi, Godavery nnd
Krischna bewässert ; gröflstentheils englisch.
Dekiuitireii (lat.)i absingen, ausposaunen ;
auch eine Flüssigkeit von dem ans ihr ab-
gesetssten Bodensatz abgieasen.
DekAtireSy Behandlung der Tuche mit
Dampf oder heissem Wasser, um ihnen
einen milden dauerhaften Olans bu geben,
geschieht meist bei der Appretur.
Deklaniatioii (lat.)» der kunstgerechte
mündliche Vortrag einer Rede, eines Ge-
dichts etc.
Deklaration (lat.), Erkl&rung ; im Bechts-
-wesen Erklärung des Schuldners, dass er
zahlungsunfähig sei; Yerzeiohniss von
Waaren, welche bei der Steuerbehörde zur
Verzollung angemeldet werden; Angaben,
welche als Grundlage zu einem Versiche-
rungsTertrag dienen.
Deklination (lat.), In der Grammatik Beu-
^mg des Nomens; a.Abtoeiehung, Tgl. Magnet.
Deklinationsnadely s. Magnetnadtl.
Dekokty 8. Abkochen.
Dekollatlon (lat.), Enthauptung.
Dekomposltlon riat.), Zersetzung.
Dekoration (lat.), Verzierung, Aus-
schmückung; im Theater die der dramat.
Handlung entsprechende gemalte Beklei-
dung der Bühnenw&nde; auch s. t. a.
Ordenszeichen. [sehen bringen.
Dekreditiren (lat.) , um Vertrauen , An-
Dekrement (lat.), Abnahme, Verfall.
Dekrepitiren (lat.), abknistern, vonEry-
stallen, die mechanisch eingeschlossenes
Wasser enthalten und infolge davon beim
Erhitzen zerspringen, wie Kochsalz.
Dekret (lat. deeretum), obrigkeitliche,
insbes. gerichtliche Entscheidung oder Ver-
fügung, welche auf einseitiges Ansuchen
der Parteien ergeht, im Gegensatz zum Be-
scheid, der nach rechtlichem G«hör beider
Parteien ergeht; auch von Seiten der Staats-
gewalt an eine einzelne Person ergehende
Resolution (AruteÜvngi', EnÜaunngadekret).
Dekretaien, päpstliche Entscheidungen vor-
kommender Fälle, allgem. Anordnungen,
Antworten auf Anfragen etc.
Delacroix (spr. -kroa), Eugine, franz.
Historienmaler, geb. 26. April 1799 zu Paris,
Schüler Guerins, dessen Richtung er aber
bald verliess, um eine neue Bahn einzu-
schlagen, entwickelte eine seltene FiUle
und Vielseitigkeit des Schaffens; f 18. Aug.
1863. Einer der Hauptrepräsentanten der
sogen, romant. Schule, von nngebändigter
Kraft und Energie, glänzender Kolorist;
behandelt Stoffe aus der Mythologie , Reli-
gion, Politik, Geschichte, dem Alltagstrei-
ben und der Poesie, dem Katur- (Marinen)
und Thierleben etc. mit gleicher Bravour.
Hauptwerke: Blutbad auf Scio (1824), Tod
Marino Falieris (1826) , Sardanapal (1828),
heil. Sebastian (18S6), Medea (18S8V, Er-
oberung Konstantinopels durch die Kreuz-
fahrer (1841), Christus am Kreuz (1847),
Dante und Vlrgil (Deckengemälde im Luxem-
bourg, 1847) und Apoll den Python tüdtend
(Deckengemälde im Louvre, 1850) u. a« Bio-
graphie ,E. D.', 1865.
Delagoabal (Dalagoabai), Bai au der
Ostküste von Südafrika, trennt Natal vom
Küstenland von Sofala.
Delambre (spr. -langbr), Jean BaptUte Jo-
•epK, firanz. Astronom, geb. 19. Sept. 1749 in
Amiens, seit 1792 Mitglied u. seit 1803 Sekre-
tär des Institut^, auch Mitglied des Längen-
bureaus, seit 1807 Prof. der Astronomie am
Goll^e de France; f 19. Aug. 1822 in Paris.
An der Gradmessung von Dilnkirchen bis
Barcelona betheiligt. Hauptwerke: ,M6-
thodes analytiques pour la d6termination
d'un aro de m6ridien* (1799); ,Table8 du
soleil* (1806); ,Base du Systeme mßtrique*
(1806-10, SBde.); ,Trait6 d'astronomie* (2.
Aufl. 1827, SBde.); «Astronomie th6oretique
et pratique' (1817, 2 Bde.); .Histoire de
l'astronomie' (1817—23, 7 Bde.).
Delangle (spr. D'langl), daude Alplum»»,
franz. Minister, geb. 6. April 1797 zu Varzj,
1840—46 Generaladvokat am Kassationshofe,
1846 Deputlrter, schloss sich dem Prinz-
Präsidenten an , ward 30. Dec. 1852 erster
Präsident des kaiserl. Gerichtshöfe, später
Senator, 1858 Minister des Innern, Mai
1859—68 Justizminister, seit 1863 Vicepräsi-
dent des Senats; f 26. Dec. 1869 zu Paria.
Delaroche (spr. -rosch), PomI, franz. Histo-
rienmaler, geb. 16. Juli 1797 zu Paris, eine
Zeitlang Schüler von Gros, schlug aber bald
eine selbständige Richtung ein, war mehrere
Male (1834 und 1844) in Italien, ward 1839
Mitglied des Instituts; f 4. Kov. 1856. Keben
Ingres und Delacroix das Haupt der moder-
nen firanz. Schule ; seine Bilder ausgezeich-
net durch psychologische Feinheit und geiat-
volleCharakteristik, wie nicht minder durch
Korrektheit der Zeichnung und Wärme und
Durchsichtigkeit des Kolorits. Hauptwerke:
Joas dem Tode entrissen (1822), Tod Mazarins
ri829), Richelieu mitCinq-Mars auf derRhona
(1833), Ermordung des Herzogs von Guise
(1835), Napoleon I. zu Foutainebleau (im
leipziger Museum) und andere Napoleons-
bilder; Apotheose der bildenden Künste (gr.
Wandgemälde in der Ecole des beaux arte,
1844), Verurtheilung der Marie Antoinette
(1851) u. a. Die meisten seiner Gemälde
durch den Stich vervielfältigt.
DAassement (fr., spr. Delassmang), Er-
holung; delanirtn, sich erholen.
Delation (lat.), Anzeige; in der Rechts-
sprache Zuerkennung (z. B. einer Erb-
schaft), Zuschiebung (z. B. dos Eids); <2e<a-
iorieeh, angeberisch, verrätherisch , auch
fälschlich anzeigend. Delatoren, in der
röm. Kaiserzeit Solclie, welche in gewinn-
süchtiger Absicht aus der Anzeige von
Majestätsverbrechen ein Gewerbe machten.
Delarigne (spr. -winj*), Casimir Jean
Franeoi», fhtnz. Dichter, geb. 4. April 1793
zu B^vre, seit 1824 Mitglied der pariser
Akademie; f l^* I^«c* ^^^ »uf einer Reise
zu Lyon. Der Dichter des liberalen ,Juste-
Milieu', vortrefflicher Verskünstler ; schrieb
zahlr., durch Pointen und geistreiche Ein-
falle glänzende Dramen (z. B. die Trauer-
spiele ,Les vSpres Siciliennes' 1819, ,Le Pa-
ria* 1821 , ,Marino Faliori' 1825, ,Les Enfana
d 'Edouard* 1833 u. a.; die Lustspiele ,Le8
, Delaware — Delirium tremens.
479
ComMlens' 1020, ,L*^ole desVieillards« 1886,
(Don Juan d'Autriche* 1836) aiid lyr. Dich-
tungen (z. B. »Messduf eunes') , poet. Dekla-
mationen über polit. Fragen, theil weise an
hiator. Thatsachen angelehnt (1828); ,Pari-
sianne' and «YarsoTienue* (volksthümlich
gewordene Gesänge, durch die Jalirevolntion
angeregt) u. a. jOeuvres* (1845, 8 Bde.). —
Sein Bruder Germain D., geb. 1790, Slitar-
beiter Scribes an verschiedenen Yaudevilles
und Operntezten; f 31. Okt. 1868.
Delaware (spr. Delläwehr), Fluss In Kord-
amerika, entspr. auf den Catskillbergen im
Staat Newyork, mündet unterhalb Phila-
delphia in die Ddatoarebai ; 65 M.
Delaware (spr. Delläwehr), nordamerik.
Freistaat, an der Delawarebai, 99,7 QM. n.
(1870) 125,015 Ew.; imN. hügelig, im S. ganz
flach. Baumwoll- n. Eisenfabr. Ausgedehnter
Küstenhandel. Konstitution von 1838. Im
Kongress vertreten durch 2 Senatoren und
1 Repräsentanten. Von Schweden 1637 ko-
lonislrt, dann unter niederländ. Hoheit, seit
1664 engl. Kolonie, seit 1776 unabhängig.
Hauptstadt Dover.
Delawareii (spr. Della währen, Lenapet),
nordamerik. Indianerstamm, zu den östl.
Algonkins gehörend, Jetzt am Kansas u. in
Texas sesshaft; etwa 2000 Köpfe stark, zum
Theil Ackerbauer und Viehzüchter.
Delbrück, Rudolf, preuss. Staatsmann, geb.
16. April 1817, Sohn Joh. Friedr. GoUlieb D.$
(geb. 1768, 1 1830), Erziehers Friedrich Wil-
helms lY. und Kaiser Wilhelms L, seit 1859
wirklicher geheimer Oberregierungsrath und
Direktor im Ministerium des Handels zu
Berlin, ward 1868 Präsident des Bundes-
kanzleramts, 1869 Minister ohne Portefeuille,
nahm 1870 an den Konferenzen zu Versailles
über den Hinzntritt der süddeutschen Staa-
ten zum norddeutschen Bund Theil.
Deleredere (ital.), Gewährleistung für
4)ine übernommene Bürgschaft. D. Uehen,
eine solche Biugschaft übernehmen. - Im
Handel eine Yei^tnng , welche der Kom-
missionär beim Verkauf einer Waare, meist
In Proc. vom Verkaufswerth, dafür berech-
net, dass er für den richtigen Pllngang der
Zahlung haftet ; Usance ist Vs Mb 3 <Vo.
Delegation (lat.), Ueberweisung, Ab-
tretung, diejenige Aenderung eines be-
stehenden Schuldverhältnisses, wonach ein
Schuldner (Delegant) seine Schuldverpflich-
tung unter Zustimmung des Gläubigers
einem Andern (Delegat), oder wonach der
bisherige Gläubiger (Delegant) seine Forde-
rung einem Andern (Delegatar) überweist
und der Schuldner (Delegat) diesen als
seinen Gläubiger anerkennt; auch lieber-
tragung der Gerichtsbarkeit für einen ein-
zelnen Fall oder für eine Klasse von Ge-
schäften, daher ddegirte OeHehtebarkeit,
delegirter Sichier,
DeleBimeat (lat.), Linderungs-, Beruhi-
gungsmittel ; auch Liebkosung, Schmeichelei.
Deleterinm (lat.), jede das Leben gewalt-
sam vernichtende Substanz; deleteriseh,
vemiclitend; Deletion, Vernichtung.
Delfk, Stadt in der niederl. Prov. Süd-
holland, an der Schie, (1869) 22,280 Ew. ;
Arsenal, neue polytechn. Schule (mit gr.
Modellsammlung) ; ber. Fayencefabriken
(del/ter Zeug); 1684 Wilhelm von Oranien
hier ermordet. Hafenstadt von D. ist Delfs-
haven, an der Maas, 5424 Ew.
Delf^yi (spr. Delfseil), befest Hafenstadt
in der niederl. Prov. Groningen, am Dollart,
5476 Ew., der Schlüssel von Groningen und
Friesland. [San Miguel, 13,000 Ew.
Delgida. Hauptstadt der Azoreninsel
Delhi 9 Stadt in der brit.-ostind. Präsid.
Agra, am Dschumna, einst die grösste und
prachtvollste Stadt Indiens, Residenz der
Grossmogian, über 160,000£w. (71,530 Hindu,
66,120 Moham.) ; ber. Moscheen, mohammed.
hohe Schule, rege Industrie. In der Nähe
die 265' h. Spitzsäule KuUub Minhar. D., 1681
auf den Ruinen des alten Indrapraatha, der
glänzenden Residenz der afghan. Dynastie,
gegründet, besass vor den Plünderungen
der Mahratten und Perser im 18. Jahrh.
fabelhaften Relchthum; 1802 besetzten es
die Engländer, liessen aber den Grossmognl
nominell fortreg^eren. Eine Empörung der
Moslems im Sommer 1857 endete mit der
blutigen Erstürmung der Stadt seitens der
Briten (14. — 20. Sept. 1857) und Gefangen-
nahme des Grossmognls.
Dellberireii (lat.), berathschlagen.
D^ilce (fr., fpr. Delihs), Ergötzung,
Wonne ; etwas Wohlschmeckendes ; deledUe,
wohlschmeckend.
Dellelae (lat.), iTrgötzIlchkeiten, Titel für
unterhaltende Schriften.
Dellctam (lat.), Verbrechen.
Delille (spr. DMil), Jacques, franz. Dich-
ter, geb. 22. Juni 1738 zu Aigue-Perse
(Auvergne) , t ^* ^^^ 1^13. Sehr, elegante
Lehrgedichte: jLesJardins* (üb. Landscbafts-
gärtnerei, 1784), ,L'bomme des champs*
(über das Landleben, 1802), ,La Piti6* (1802),
,Les trois rdgnes de la nature' (1806) u. a.;
verfasste auf Robespierres Aufforderung
(1794) den ber. ,Dithyrambe sur immortaUt6
de räme*, übers. Virgils ,Georgioa* und
Milton. Werke (1824—25, 16 Bde.}.
Delirium (lat.), Vorhandensein krankhaf-
ter geistiger Vorstellungen, sogen. Wahn-
ideen, meist in Irrereden sich zeigend, ent-
weder Symptom wirklicher Hirnerkrankun-
gen oder im Gefolge ausserhalb des Hirns
gelegener krankhafter Vorgänge ; bes. häufig
bei heftig auftretenden fieberhaften Krank-
heiten. Man unterscheidet etillee und tMdes
(ftiribundes) D. ; stets Zeichen schwerer Er-
krankung. Behandlung: Eisumschläge auf
den Kopf, kühle Bäder, bisweilen Blutent-
ziehungen, nie Reizmittel; bei nicht fieber-^
haftem Zustand: Ruhe, Entfernen der ver-
anlassenden Momente.
Delirium tremens (lat.), Säuferwahnsinn,
entsteht in Folge anhaltenden und reich-
lichen Genusses starker alkoholischer Ge-
tränke (Branntwein, Rum), bricht aus nach
heftigen Erregungen, Verletzungen, plütih
lieber Entziehung des gewohnten Getränkes.
Anfangs unstetes Wesen, Zittern, bes. der
Zunge, lebhaftes Reden ; die Kranken glau-
ben Thiere zu sehen, greifen um sich,
wehren dieselben ab; dann bisweilen hef-
460
Delisches Problem — Demarkationslinie.
tiges Toben. Behandlang bezweckt Her-
beiftihrung von Schlaf, bes. durch grosse
Gaben von Opium; zur Vermeidung des
Ausbruchs düs D. Darreichung von Brannt-
wein oft nothwendig. Doch müssen die
Kranken allmählig des Alkohol gennsses
entwöhnt werden. Tod meist durch Lungen-
entzündung.
Dellscheg ProMem, im griech. Alterthum
berühmte geomotr. Aufgabe, die Seite eines
Würfels zu finden, dessen Inhalt doppelt so
gross ist als ein anderer gegebener Würfel.
Delitzsch 9 Kreisst. im preuss. Kegbz.
Merset)urg, an der Löbber, 7968 Ew.
Delins, Nikolaui, bekannt durch seine
Studien über Shakespeare, geb. Sept. 1813
lu Bremen, seit 1855 Prof. des Sanskrit u.
der roman. und engl. Literatur zu Bonn.
Sehr. ,RadioeB pracriticae' (1839), lieferte
•ine krit. Ausgabe der Werke Shake-
speares (2. Aufl. 1863-64; Nachträge 1865);
sehr. ,Der Mythus von William Shakespeare*
(1851); ,Ueber das engl. Theaterwesen zu
Shakespeares Zeit' (1853) , ,Shakespeare-
Lexikon' (1852) u. A.; gab heraus ,Pro-
yenzaliscbe Lieder' (1853) u. A.
DellySy Stadt in Algerien, östl. von Algier,
10^484 Ew.; Hauptmarkt der Kabylen.
Delmenhorst 9 Kreisst. im Grossherzogth.
Oldenburg, an der DtXmt (Nebenfl. der Ochte),
2248 Ew. Früher Grafschaft.
Delogiren (fr., spr. -seht-), abziehen, auf-
brechen, einen Platz räumen; auch ver-
drängen, vertreiben. Delogement (spr.- losch '-
mang), Aufbruch, z. B. von Truppen.
Delorme. Ihilibert, franz. Architekt,
geb. um 1518 zu Lyon, bildete sich in
Italien, ward von Katharina von Medicis
zum Oberaufseher aller königl. Bauten er-
nannt; t 1577. Von ihm stammen die
Schlösser zu Menden und Anet, sowie der
ältere Theil der Tuileiien. Ber. auch durch
Erfindung der aus Bohlenstücken znsammen-
gesetzten Bogensparren.
Delos (Jetzt Sdille, Dili), Gykladeninsel
im ägäischen Meer, IVs QM* » jetzt unbe-
wohnt; Im Alterthum als Geburtsort von
Apollo und Diana (daher Delio» und Delia
genannt), als Orakelstätte und Schauplatz
von Nationalspielen der Griechen (delisches
JFest, alle 5 Jahre) hocbberühmt und mit
reichen Tempeln und prachtvollen Kunst-
werken geschmückt. Ursprünglich von
Priesterkönigen regiert, kam die Insel dann
in Abhängigkeit von Athen.
Delphi (a. G.), griech. Stadt in Phocis,
am Pai*na8s, am Abflnss der kastalischen
Quelle, mit ber. Apollotempel und Orakel.
Die Orakel statte befand sich über einem
Erd Schlund, aus welchem kohlensaures
WasserstoflTgas emporstieg. Ueber dem-
selben auf einem Breifuss sitzend verkün-
dete die Priesterin (Pythia) im Zustande
der Ekstase die Orakel , die in ganz Grie-
chenland in allen Kultus- und selbst po-
litischen Fragen als höchste Autorität gal-
ten. Das Orakel ward erst im 4. Jahrh.
n. Olir. durch Kaiser Theodosius für ge-
schlossen erklärt.
Delphin (Delphin uS L», Mtirtchtoein,
Tümmler), Gattung der Cetaccen. 1) Schnabel-
delphin«: gekrönter D. (D. coronatus Frem.),
30—36' lang, bei Spitzbergen. Gangesdelphin
(D. gaugeticus Hoxb.), 5—7' 1., im G«nges.
2) Eigentliche D.e : gemeiner D. (D. delpliis
L»), 6-7' ]., im Mittelmeer, auch im atlant.
Ocean , umschwimmt die Schiffe , liefert
Thran. 3) 3feer*chtoeine : Meertchroein, Braun-
fisch (D. Phocaena L.), 4—5' 1., im atlant.
Ocean und in der Nordsee. Schwertfisch,
Butzkopf , N»rdkaper (Phocaena Occa Gm.),
20 — 25^^1., in den nördl. Meeren, verfolgt
den Walfisch. Graner D. (Ph. grisea Cuv.),
7—12' 1., und Grind, Bundkopf (D. globlceps
Cuv,), 20 — 22' ]., in den europ. Meeren. 4)
Delphiuapterus : Weiatfisch, Beluga, Weistwal
(D. leucas Gm^.), 12—18', in den arktischen
Meeren, liefert Thran. Das Fleisch der
D.e wird gegessen.
Delphin^ Sternbild am nördl. Himmel
zwischen Adler und Pegasus, enthält 18
Sterne, darunter 5 dritter Grösse.
Delphinaty s. v. a. Dauphin 6.
Delphlnlnm, Tempel des Apollo Del-
phiuius mit Blutgerichtshof im alten Athen.
Delphinlam X. (Biltertpom), Pflanzeu-
gattuug der Ranunculaceen. D. OonsoHda
L.,FeldriUerspom(KQm\iilmmel), in Deutsch-
land auf Getreidefeldern, ehemals offlci-
nell. Ebenso D. Ajacis L., Gartenritter-
sporn. D. Staphlsagria L., »charfer Bitter-
sporn (Stephans-, Läuse-, Wolfskraut,
Kattenpfelfer), in Sndeuropa mit offlcinellen,
scharf narkotischen Samen (Stephans- oder
Länsekörner). Ziei'pflanzen.
Delta^ der zwischen den MÜndnngsarmen
des Nil liegende Theil .von Aegypten, weil
derselbe mit der Küste die Grestalt eines
griech. Delta (^A) bildet; dann überhaupt
die angeschwemmten Landstrecken an den
Mündungen der verschiedenen Arme eines
Flusses (Ganges, Donau etc.).
Deladlren (lat.), verspotten, täuschen;
D«/<M>on, Verspottung ; ddusorisch, täuschend ,
trügerisch.
DelTenau, Nebenfluss der Elbe im Hor-
zogth. Lauenburg; von ihm führt der J^ech-
nitzkanal zur Trave nach der Ostsee.
Demagog (gr.), Yolksflihx'er, in den griech.
Demokratien, bes. Athen, ein Mann, der
durch pei'sönliches Ansehen, Redegabe etc.
auf die Beschlüsse der Volksvei-sammlungen
einen bedeutenden Elnfluss ausübte. Dema-
gogische Umtriebe nannte man die nach deu
Freiheitskriegen angeblich planmässig be*
triebene Aufiregung des Volks durch go-
heime Verbindungen und Verschwörungen
zum Umsturz der bestehenden Staatsver-
fassungen, welche zu den langwierigen
Untersuchungen u. zu den karlsbader Be-
schlüssen (s. d.) fühi*ten.
Demarch (gr.), Volksvorsteher.
Demarkationslinie, Grenzlinie, Jede dorcTi
Uebereinkunft zwischen zwei Mächten oder
kriegführenden Heeren testgesetzte Linie,
welche von keinem Theile überschritten
werden darf, bes. bei WafTenstillstänclea
vo/kommend. Bekannt Ist bes. die D.,
welche Papst Alexander VI. 360 M. westl.
von den Azoren durch den atlant. Ocean
Detoaskiren — Demokratie.
481
zog mft delr Bo Stimmung , dass alles östl.
derselben gelegene Land den Portugiesen,
das westl. gelegene den Spanlern gehöre.
Beimskiren (ft*.), die Haske abnehmen.
Demath, Ackermass in Marschländern,
bes.. fär Wiesengrund, in OstfHesland
:= 450 emdener QRuthen = 400 rhein. QR.
1>eni«irend^ höchster Gipfel des Elbtu's-
gebirgs in Perslen, nordöstl. von Teheran,
17i325' h., vnlkan., mit heissen Quellen.
Denibea (Ttana), See im Hochland Kord-
abessiniens, 5700' üb. M., 40—50 QM., vom
Abai durchströmt, mit vielen kultivirten
Basaltinseln. An der Nordseito die frucht-
bare Landsch. D. des Reiches Amhara.
Dembinskt, Heinr., poln. Getieral, geb.
16. Jan. 1791, foclit unter Napoleon I. in
Russland und bei Leipzig, trard nach dem
Ausbruch der poln. Revolutiou von 1830
Brigadegeneral, daun auf wenige Tage
Oberbefehlshaber der poln. Armee. Tebr.
1849 zum Oberbefehlshaber der ungar.Haupt-
armee ernannt, musste er nach der verlorenen
Schlacht bei Kapolna (26. — 28. t'ebr.) ab-
danken, erhielt Juni 1849 das Kommando
der ungar. Nordaitnee, ward bei Temesvar
von den vereinigten Russen und Öester-
rcichern gesclilagen, rettete sich auf türk.
Gebiet ; f 13. J«üi 18^ zu Paris. Sehr. ,M6-
molres* (18S3).
Pemens (lat.), blöd- oder wahnsinnig.
Dementia, Blödsinn als Crelsteskrauklieit.
Üementiren (fr., spr. -mangt-), Jemanden
Lügen strafen; Dementi (spr. -mangtih),
Widerspruch mit sich selbst; »ich ein D.
gehen, sich in Widerspruch vetwiclteln.
Demerara (spr. -rärä), ^inss in Biit.-
Guiana, Quelle noch unerforscht; etwa 40 M.
Nacli ihm benannt die Graf ach. D. dieser
Kolonie, zwischen OBssequIbO und Berbice;
Hauptst. Georgetown. [Senkung.
Demersion (lat.), ITntertauchung, Ver-
DettiiSt^r, grlech. l^ame der Geres.
Demetrias (a. 6.), Hafenst. in Thessalien,
am pagasäischen Meerbusen, meist Residenz
der macedon. Könige.
Demetrlttg» Name mehrererOzare u . Gross-
fursten von Russland. Merkwürdig: D. IV.
Donahoi, Sohn Iwans, geb. 12. Okt. 1350, ver-
legte seine Residenz von Wladimir nach
Moskau, erbaute den Kreml Vou Stein, be-
siegte die Tatareu 8. Sept. 1380 am Don (da-
her sein Beiname, ward ihnen später zins-
pflichtig; 1 18. Mai 1389. — JD. V., Sohn Iwans
des Schrecklichen, geb. 19. Okt. 1583, ward
auf Befehl Boris Godunows 15. Mai 1591 er-
mordet. Die 0n^ewissheit seines Todes
veranlasste das Auftreten mehrerer /al«cben
D. (I^eudodemetriug). Per erste, 1603 auf-
tretend, ein Mönch Kamens Gregor Otre-
pjew, bekriegte, von dem poln. König Sigis-
mund n. unterstützt, Boris Godunow mit
Glück, zog 1605 in Mo'skan ein, bestieg den
Thron, regierte mit Kraft und Umsicht, er-
regte aber durch seine Vermählung mit der
kathol. Marina Mniszek einen Aufstand in
Moskau und wurde 17. Mai 1606 ermordet.
Die Berichte der Zeitgenossen über ihn zu-
sammengestellt von üsträlow (1831 — 34,
5 Bde.); neue Untersuchungen über Um
Meyer 8 Hand'L6xikQn%
gaben Miriin^e (1855) und KoHomaroio (1864).
eine Geschichte ward öfter dramat. behan-
delt, namentlich von Schiller (uuvollendet)
und Hebbel. Ber zweite falsche D., 1607
auftretend, gab sich für den Vor. aus, ward
von dessen Wittwe Marina als Gemahl aner-
kannt, von den Polen erst unterstützt, dann
verlassen ; 11. Bec. 1610 in Kaluga er-
mordet. Der dritte falsche B. ward an den
Czaren Alexei Michailowitsch ausgeliefert
und erdrosselt , der vierte falsche D. 1613
in Moskau hingerichtet.
DemidoWy Anatoli, reicher russ. Edelmann
und Kunstkenner, geb. 1812, anfangs Attache
bei der rnsS. Gesandtschaft in Wien, leitete
1837 eine Reise von Gelehrten durch das
südl. Russland, beschr. in ,Voyage dans la
Russie m^ridlonale etc.* (1839—42, 4 Bde. ;
deutsch von JV«i^e6a«r 1854), vermählte siclx
1841 in Florenz mit der Prinzessin Mathilde
von Montfort, Tochter J6r6me Bonapartes,
ti'ennte sich 1845 vou ihr, ward zum wirk-
licjhen Staatsrath ernannt, lebte meist in
Florenz, vom Grossherzog von Toskana zum
Fürsten von San Donato ernannt, Besitzer
einer der reichsten Kunstsammlungen Euro-
pas ; t 29. April 1870 zu Paris.
Demi -Monde (fr., spr. B'mimongd), Halb-
welt, Bezeichnung der abenteuernden Ge-
sellschaftsklasse in Paris und anderen
grossen Städten, welche imAeusseren Sitte
und Lebensweise der höheren Stände nach-
zuahmen sucht; durch ein Bühnenstück des
ji'ingeren Alexander Bunias seit 1855 in Auf.
nalime gekommen.
Deiulrkapu (d. i. eisernes Thor), 1) von
der Donau durchflossene Felsenge auf der
sei'bischen Grenze, südl. von Drenkowa. —
2) (Sab el Abuab. d. i. Thor der Thore) Art
Pass zwischen aem kasp. Meer "und dem
lesghischen Gebirg, einst die grosse Völker-
strasse für die Einwä,nderer nach Europa.
DeRÜarg (gr.), Werkmeister, Bildner,
in den kosmolog. -Systemen der Gnostiker
der Schöpfer der sichtbaren Welt, auch der
Judengott; bei den Keuplatouikoru die
Weltseele, Urheberin der Sinnenwelt.
Demmin, Krelsst. im preuss. Regbz. Stettin ,
an der Peene, 9237 Ew.
DemoMlisireu, eine Truppe aus dem
Kriegsstaiid in den Friedensstand versetzen.
Democrttus, griech. Philosoph aus Ab-
dera in Thracien, geb. um 470, f um 302
V. Chr., nahm als die letzte elementare
Grandlage der Welt eine unendliche Menge
Atome an , aus deren Begegnung und Ver-
bindung die verschiedenen Aggregate ent-
standen seien, belachte die Thorheiten der
Menschen, setzte das höchste menschliche
Glück in völlige Seelenruhe. Fragmente
seiner Schriften gesammelt vonÜfttMaoA (1843).
Bemodöcns, ginech. Dichter, angebl. Ver-
fasser eines Gedichtes über die Einnahme
von Troja, älter als Homer.
Demogeronten (gr.), Volksälteste, Ge-
meindevorsteher.
Demokratie (gr.), Volksherrschaft, die-
jenige Staatsfonn, bei welcher die Gesammt-
heit der Staatsbürger, das Volk (Demos), die
Staatsgewalt ausübt, entweder etno ab-
31
482
Demoliren — Dendermonde.
solato (anmittelbare), wenn die Staatf-
angelegenheiton In der Yersammlang des
ganzen Volks berathen und entschieden
wurden, so im alten Athen, gegenwärtig in
mehreren kleineren Kantonen der Schweiz,
oder eine repräsentative (mittelbare), wenn
vom Volke gewählte Vertreter oder Be-
präsentanten die höchste Gewalt in Händen
haben. Die D. der Aetue»< fordert Besei-
tigung aller aus den mittelalterliehen Feu-
dalzuständen herrührenden Schranken in
der Gesellschaft, volle Gleichberechtigung
aller Klassen der Bevölkerung zu Ausübung
aller poÜt. Rechte. Pie Soeialdemokratie
will die polit. Gleichstellung Aller nur als
Mittel zu Ilerstellung allgemeiner socialer
Gleichheit benutzen, indem sie die Ab-
hängigkeit der besitzlosen Klasse von der
besitzenden, der sogen. Bourgeoisie, auf-
zuheben und insbesondere die Arbeit von
der Macht des Kapitals freizumae)ien sucht.
Demoliren (fr.), zerstören, namentlich
Festungswerke. DemoUlioruByUem , die Ein-
richtung einer Festung, wobei die vom
Feinde eingenommenen Werke mittelst dar-
unter angebrachter Minen sogleich zerstört
werden können.
Demonesi (Prirueninaeln), 9 turk. Eilande
im Mai'mormeer, am Eingang zum Bosporus,
mit herrl. Vegetation und gesunder Luft.
Auf der gi'össten (Principo) Zusammen-
kunft Karls d. Gr. mit Harun -al -Raschid.
Demonetiglren (fr.)> ^^^ Münze herab-
oder ausser Kurs setzen.
Demonstration (lat.), in der Logik der
unmittelbare, auf Anschauung gegründete
Beweis ; in den empirischen Wissenschaften
die anschauliche Darlegung eines Gegen-
standes; Öffentliche Handlung, durch welche
man einer Gesinnung oder Meinung Aus-
druck zu geben sucht; im Kriegswesen eine
Vorspiegelung, z. B. eine dem Gegner be-
merkbare Bewegung gegen einen bestimm-
ten Ort mit dem Zwecke, ihm den wahren
Plan zu vorbergen.
Demontlren (fr., spr. -mong-), feindliche
Geschütze durch Schüsse unbrauchbar
machen; der Reiterei die Pferde nehmen;
eine Festung d., sie durch Entfernung der
Kanonen von den Wällen aus dem Ver-
theidigungsznstand in den Friedensznstand
versetzen; auch Kanonen und Mörser von
den Laffeten heben und sie mit nach unten
gekehrtem Zuudloche auf die Wälle legen.
Demoralisatloii (lat.), Entsittlichung, Ver-
derbung der Sitten ; demoralinren, verderben,
verschlechtern«
Demos (gr.), Volk, Volksgemeinde über-
haupt; im alten Attlca Name der einzelnen
Gemeinden oder Ortschafkon, in welche das
Land eingetheilt war. DeTnarcho», Vorsteher
einer solchen. Vgl. Jioss, ,Die Demen von
Attica*, herausgeg. von Meier 1846.
Demosthenes, her. altgriech. Redner, geb.
384 V. Chr., Schüler des Isäus, trat seit 364
als Redner vor der Volksversammlung auf,
suchte das Volk in seineu berühmten Reden
gegen Pliilipp von Macedouien, den sogen.
,philippi8chen< (seit 351), zu mannhafter Ver-
tbeidigung der Freiheit und Selbßtändigkeit
Griechenlands n bewegen, brachte SS8, als
Philipp durch die Thermopylen nach Phocis
vorgedrungen war, eine zahlreiche Kriegs-
macht zusammen, die aber bei Charouea
unterlag. Kach Philipps Ermordung von
der macedon. Partei der Bestechung be-
schuldigt, in einer Geldstrafe von 50 Ta-
lenten vemrtheilt und, da er sie nicht aah-
len konnte, ins Ciefängniss geworfen, ent-
kam er und hielt sich bis zu Alexanders
Tod auf Aegina auf. Dann ehrenvoll bu-
rückberufen, forderte er zum Kri^ gegen
Antipater auf, floh bei dessen unglücklicher
Wendung in den Poseidontempel auf Ka-
lauria u. tödtete sich hier IS. Okt. 322 dorcli
Gift. Erhalten sind unter seinem Namen
61 Reden (mehrere davon schon von den
alten Kritikern als unächt erkannt), 56
Eingänge und 6 Briefe (ebenfalls unächt).
Gesammtausgabe in den ,Oratores Attici^
r on Bekker (1825; neue Ausg. 1854—55), von
Bauppe und Bauer (1839—46), von FVmel
(1843, 8 Bde.) und von Bindorf (1846—49,
7 Bde.). Uebers. von Jacchi (2. Aufl. 1833),
die philippischen von Becker (1823—25). Vgl.
Schäfer, .D. und seine Zeit*, 1856—58, 3 Bde.
Demötisch (gr.), volksthümlich; d.e Schrift,
die ans den Hieroglyphen hervorgegangene,
aber aus ein&cheren Charakteren bestehende
altägyptische Schrift, Art Kurrentschrift
zum Gebrauch im gewöhnlichen Leben.
Demnlclren (lat.), besänftigen, erweichen,
mildem. Demülcentia (Tnvolventia), einhül-
lende Mittel, besonders dem Schutze kranker
(wunder) Körperstellen dienend, wie z. B.
schleimige Getränke und Gnrgelwässer bei
Halsentzündungen, Starkeklystierebei Darm-
Icatarrhen (Diarrhöe), lieinölumschläge bei
Verbrennungen.
Denain (spr. -näng), Industriestadt im
franz. Depart. Kord, an der Scheide, 10,254
Ew., Kohlengruben und Eisenwerke.
Denir (Denarius), im alten Rom seit 269
V. Chr. bis zur Zeit Konstantins d. Gr.
Silbermünze, erst von 10, dann 16, zuletzt
unter Augustus wieder 10 Assen Werth.
Der Golddenar, im Werth von 10 Silber-
denareu, seit 207 v. Chr. geprägt, erhielt
sich bis ins spätere Mittelalter, unter den
Karolingern in Deutschland und Frankreich
= Vis Solidus. In Frankreich später als
Denier (s. d.) Kupferscheidemünze; in Ober-
italien als Denaro Ursprung!. Vis Soldo, dann
mehrfach reducirt; auch im Orient in Ge-
brauch. Name eines Gewichts, = ^/s«,
später Vm Pfd.
Denationalisiren (lat.), die Volksthüm-
lichkeit (Nationalität) rauben. [berauben.
Denatnralisiren (lat.), des Heimatsrechts
Denbigh (spr. -bi), Grafsch. im engl.
Fürstenth. Wales, am irischen Meer, 28 QM.
mit 100,778 Ew., gebirgig, doch fruchtbar.
Die Hauptst. D., am Clwyd, 6946 Ew.
Denderah, Dorf in. Oberägypten, nSrdl.
von Theben , am Nil , in der Nähe der
Ruinen der alten Stadt Tentyra {Tentyris),
mit den Trümmern mehrerer Tempel, z. B.
der Göttin Hather, her. durch die darin
vorgefundenen beiden Tliierkreise.
Dendermonde (Termonde), befestigte Stadt
Dendriten — Depit.
48d
i
)a der belg. Proy. Ostflandern, am Elaflius
der Bender in die Scheide, 8300 Ew.
Dendriten 9 feine, baumähnliche, braune
oder schwarze Zeichnungen aus Eisen- oder
Manganoxyd, entstehen durch Infiltrationen
entsprechender Lösungen In fast gfeschlos-
seneu Fugen oder Klüften besonders des
Kalk- und Sandsteins. Sie wie die körper-
lichen D., welche sich innerhalb einer Mi-
neral- oder Gesteinsmasse nach allen Seiten
hin ausbreiten (e.B. Moosachate), sind häufig
für vegetabil. Petrefakten gehalten worden.
Dendrometer (gr.), Baummesser, Insti'u-
meut nach Art der geradlinigen Tasten-
clrkel oder Kaliberstäbe zur Bestimmung
des Kubikinhalts der Bäume, auch Insti*u-
ment zur Bestimmung der Höhe ungefällter
Bäume. [gerung.
Denegfttion (l<^^*)) Verneinung, Verwei-
Denier 9 franz. Silber-, später Kupfer-
münze, = Vmo liivre Tournois. J). d^or,
JAard, Rechnungsninnze, = 3 D.s Tournois.
Denis (Joh, Mich. OoemuSf genannt Sined
der Barde). Dichter, geb. 37. Sept. 1729 zu
Schärding am Inn, f ^* ^^P^* ^^^^ <^1>
Kustos der Hofbibliothek zu Wien.. Spielte
die Rolle eines in antike Metra gekleideten
teutonischen Barden unter gi'ossem Beifall
der Zeitgenossen. ,Die Lieder Sined s* (1773) ;
Uebersetzting Ossians (in Hexametern,
1768—69}; auch bibliograph. Werke.
Denizl/ (Ladakia), kleinasiat. Stadt, im
Ejalet Aidin, 20,000 £w. Maroquinfabr.
Denner» Balthasar, Porträtmaler, geb.
15. Nov. 1685 in Hamburg, f das. 14. April
1747 ; in genauester Nachahmung der Natur
unübertroffen.
Dennewltz, Dorf im preuss. Begbz. Pots-
dam, Kr. Jüterbogk. Hier 6. Sept. 1813
Bieg des preuss.-russ.-schwed. Heeres unter
dem Kronprinzen von Schweden über die
Franzosen unter Ney. [erklären.
Deuobilitiren (lat.), des Adels verlustig
Denomination (lat.), Benennung; Ernen-
nung zu einem Amte. JDenominatioturecht,
das Recht, einen Kandidaten zu einer Stelle
Demjenigen vorzuschlagen, welcher das Be-
rufungsreoht hat.
Denon (spr. Denong), Dominique Vivant,
Baron, Kunstkenner, geb. 4. Jan. 1747 zu
ChlLlons-sur-Sa6ne, begleitete Bonaparte
nach Aegyjpten, wählte als Generalinspektor
der Museen in eroberten Ländern die nach
Paris zu führenden Kunstschätze aus ; f ^Is
Mitglied des Instituts zu Paris 27. April
1825. Hauptwerk: ,Voyage daus la Basse- et
daus la Haute -Egypte* (1802, 2 Bde. mit
Atlas). Hatte auch bedeutenden Antheil an
der vom ägypt. Institut herausgeg. ,De-
scription de l'Egypte', gab heraus ,Monu-
ments des arts du dessln chez les peuples
tant anciens que modernes' (beendet von
A. Duval 1829, 4 Bde. mit 815 Tafeln).
De novo (lat.), von Neuem. [tigkeit.
Denzlren (lat.), verdichten ; Densität, Dich-
Dent (spr. Dang), Zahn; in der Aranz.
Schweiz und Savoyen Bezeichnung kegelför-
miger Alpengipfel (s. V. a. Hom); z. B. D.
de Morde» (spr. Morkl), im S W. der bemer
Aipen, 9014', imd ihm gegenüber der D. d»
Midi in Savoyen, 10,107'; D. de Jaman (spr.
Schamang), an der Ostecke des Geufersees,
5766'; D. d'Ocke (spr. d'Osch), zwischen
Montblanc und Genfersee, 5906', u. a.
Dentaria L. (Zahnwurz), Pflanzengattung
der Kruciferen. D. bulbifera L., in Europa
und Kleinasien, mit scharfer, früher offivi-
neller Wurzel (Radix Saniculae albae, kleine
Zahn würz).
Dentist (v. lat. deru, Zahn), Zahnarzt;
Dentition, das Zahnen; Dentur, Gebiss,
auch Beschaffenheit der Zähne.
Denudation (lat.) , Entblössnng* Entklei'
düng, ^losslegung.
Dennneiation (lat.), Anzeige, Meldung im
Allgemeinen; im Strafprozess freiwillige,
ohne vorherige Aufforderung erfolgte Be-
nachiichtigung der Behörde von der Yer-
übnng eines Verbrechens. Denunciani, der
Anzeigende; DenuneiaJt, der durch die Au-
zeige Betroffene.
Denver, bis 1864 Hauptst. des nordamerik.
Territoriums . Colorado , am südl. Platte,
durch Zweigbahn mit der Pacificeiseubalm
verbunden, 20,000 Ew. In der Nähe Eisen-,
Steinkohlen- und Kupferbergwerke.
Departement (fr., spr. -mang), Abthei-
lung, Geschäftskreis, namentlich der Mini-
sterien, z. B. des Kultus, der Justiz etc.;
dann s. v. a. Landesdistrikt, Bezirk; na-
mentlich ist Frankreich (seit 1789 auf Abb6
Siey&s Vorschlag) und die meisten mittel-
und südamerikan. Republiken in D.s ein-
getheilt.
Departiren (lat.), vertheilen.
Depasciren (lat.), abweiden, abfressen.
Depauperation (lat.), Verarmung.
DepelLülation (lat.), Kasscndiebstahl.
Depelliren (lat.), vertreiben, Verstössen.
Dependent (lat.) , abhängig ; Dependeniien,
Zubehör, s. v. a. Pertinentien ; Dependem,
Abhängigkeit. [wand.
Depense (fr., spr. -pangs), Ausgabe, Auf-
Depeselien (fr. d4ptehea, spr. Depäsch,
d. i. Eilbriefe), amtliche Korrespondenz
zwischen dem Ministerium der auswärtigen
Angelegenheiten und den unter ihm stehen-
den diplomat. Agenten (Gesandten, Kon-
suln etc.), so geuannt von ihrer Beförderung
auf schleunigstem Wege (durch Kuriere etc.) ;
auch andere schleunig beförderte Mitthei-
lungen. Teltgraphieche D., s.v.a. Telegramme.
DepUegmator (gi*.) , Vorrichtung zur
leichteren Trennung gemischter Flüssig-
keiten von verschiedenem Siedepunkt durch
Destillation, besteht aus Gefässen, in wel-
chen die aus der Blase entweichenden ge-
mischten Dämpfe so weit abgekühlt werden,
dass sich die schwerer flüchtige Substanz
verdichtet und in die Blase zurückfliesst,
während die Dämpfe der leichter flüchtigen
ins Kühlgefäss gelangen. Werden bes. bei
der Branntweinbrennerei benutzt.
Depilatoria (lat.),. Enthaarungsmittel, Mi-
schungen von Aurlpigment mit Kalkhydrat
(Rusma), ein Brei von Oalciumsulfhydrat,
welcher einige Minuten einwirken muss,
oder ein Hai*zpflasi.er, welches beim Abneh-
men die Haare mit der Wurzel entfernt.
Depit (fr., spr. -plh), Unwille, Verdruss.
31*
484
Deplacirungsmethode — Deputation.
PepUelnmgfliiietliode, VerdrängungBme-
thode, Vei*fahi*en zur Extrahiraog von
Pflanzensubstanzen , bei welchem letztere
mit wenig Flüssigkeit übei^ossen werden,
80 daBS sich eine koncentrirte Lösung bildet,
welche dann durch neu zugegossene Flüssig-
keit verdrängt wird, bis die Substanz er-
schöpft ist.
Beplaisir (fr.). Missfallen, Ungunst.
Deplorabel (lat.), bejammemswerth.
Deployireii(fr.), sich entfalten, ausbreiten;
im Milltärieesen s. t. a. auf marsch Iren, ins-
bes. aus der geschlossenen Kolonne zur
Linie; DeployemerU (spr. Deploi^'mang), ein
solcher Aufmarsch.
Deponens (lat.), in der lat. Grammatik
Zeitwort, welches passive Form, aber aktive
(transitive oder intransitive) Bedeutung hat.
Deponiren (lat.), niederlegen, s. ßgposition.
Depopttlarisiren (lat.), nnpopnl&r machen,
der Volksgunst entziehen.
Depopnlatlon (lat.), Entvölkerung.
Deportation (lat.), Verbannung an einen
entfernten Ort mit gewaltsamer Hin Schaf-
fung dahin und Festhaltung das., verbun-
den mit Aberkennung der bürgerlichen
Ehrenrechte, in England unter der Königin
Elisabeth als Verweisung nach überseeischen
Kolonien (nach Nordamerika, später nach
Vandiemensland und Neusüdwales [Botany-
bai]) angewendet, durch Gesetz vom 20. Aug.
1853 in Zwangsarbeit in England umwandel-
bar erklärt, 1^8 ganz abgeschaift ; in Frank-
reich zur Zeit der Revolution als vorüber-
gehendes Sicherungsmittel für die Republik
verhängt; nach der Restauration nicht mehr
angewendet, wenn auch nicht förmlich auf-
gehoben; durch die repnblikau. Regierung
von 1848 nach dem Juniaufstande als Sicher-
heitsmittel wieder in Aufnahme gekommen
und durch Gesetz vom 8. Juni 1850 der
Todesstrafe substituirt; nach dem Staats-
streich vom 2. üec. 1851 durch Dekret vom
8. Dec. in grösster Ausdehnung über alle
Mitglieder geheimer Gesellschaften ver-
hängt, durch Dekret vom 27. März 1852 und
Gesetz vom 81. Mai 1854 als Wegführung in
die Sti'afkolonien desfranz. Guiana (Cayennc)
der Zwangsarbeit in den Bagnos substituirt,
verbunden mit bürgerl. Tod und Aussichts-
losigkeit der Rückkehr für immer; in Russ-
land Abführung nach Sibirien; in Spanien
nach den afrikan. Presidios und nach den
Philippinen; in Portugal nach Mozambique ;
der deutschen Gesetzgebung fremd. Vgl.
Holtzendorff^ ,Die D. als Strafmittel*, 1859.
Deposition (lat.), Niederlegung; dann
Vertrag über verwahrliche Niederlegung
einer beweglichen Sache, dem zufolge der
eine Theil (Depositar) das von dem andern
Theile (Deponent) Niedergelegte (Depoeilum)
zu bewahren und ihm auf Verlangen zu-
rückzugeben verspricht. Die D. bei Gericht
findet Statt, wenn Jemand gewisser Ver-
bindlichkeiten sich entledigen will. Die
Verpflichtungen der Gerichte bei D.en sind
durch besondere DipoBitenordnungen be-
stimmt, welche namentlich einen Depositen'
kosten zu Aufbewahrung der Depositen,
sofortiges Niederlegen der eingezahlten De-
positen, sowie genanes Eintragen derselben
in die Verzeichnisse (Depoeitenbücher) for-
dern. Der über eingezahlte Depositen den
Einzahlenden anssnatellende Schein heiast
Depositen- (Depositions-) >cJb«<n. Depositen-
banken nehmen Werthobjekte (Gkld, Pa-
piere etc.) gegen gewisse Vergütung in
Verwahr. [setzen.
Depowediren (lat.), ans dem Besitze
Depdt (fr., spr. Depoh), Niederlage, im
Handel Waarenniederlage, Zollspeicher; Im
Militärwesen Magazin von Kriegsmaterial
im Allgemeinen ; auch Bezeichnung der Er-
satztruppen (Dep6tbata]Hon , DepAtesca-
drons etc.), sowie der Orte, wo solche für
den Kriegsdienst ausgebildet werden.
Depouilifren (fr., spr. -puljiren), plündern,
verheeren.
Depravatlon (lat.), Verschlimmemng.
Deprekation (lat.). Abbitte, auch Fürbitte.
Depression (lat.), Niederdrückung, Geistes-
abspaunnng. D. eines Sterns, Stand des-
selben zn irgend einer Zeit unter dem Hori-
zont durch einen Vertikalcirkel gemessen.
D. des Horixonts, der Winkel, um welchen
der Horizont, besonders zur See, tiefer er-
scheint als der Standpunkt des Beobachters.
Folge der Kugelgestalt der Erde und des
erhöhten Standpunkts des Beobachters.
Depressionsschnss, Schuss ans einem mit
der Mündung unter die Horizontallinie ge-
richteten Geschütz.
Deprinii^n (lat.), herabdrücken, herab-
stimmen. Deprimirter Puls , kleiner, schwa-
cher Puls.
DepriTation (lat.), Beraubung, Absetzung.
De profundis (lat.), d. i. aus der Tiefe,
Anfangsworte des 103. Psalms , der in der
kathol. Kirche als Tranergesang dient.
Deptford (spr. Dettford), Stadt in der engl.
Grafschaft Kent, südöstl. Vorstadt von Lon-
don, an der Themse, 45,973 Ew.; Schiffs-
werffce für die Kriegsllotte und grosse Pro-
viantmagazine, Seehospitäler, Seeschnle,
Privatwerften und Maschinenfabriken.
Depnntntla (lat.), reinigende (blntreini-
gende) Mittel, besonders zu der Zeit ange-
wendet, wo man als Krankheitsursache
fremde Stoffe (Schärfen, nnreine Säfte) im
Blut annahm.
Depntit (lat.), was einem Beamten oder
einer sonstigen Person (DtputatiH) ausser
dem ordentlichen Gehalt an Lebensmitteln,
Holz etc. ausgesetzt ist nnd unentg^eltlich
oder für einen festgesetzten Preis verab-
reicht wird, z. B. Deputa^etreide , Depu-
tatholz.
Deputation (lat.), Abordnung einiger Mit-
glied er aus einem Kollegium, einer KoriM>-
ration oder Gesellschaft, welche als Ver-
treter derselben handeln; auoh diese Mit-
glieder selbst. Deputirtt, s. v. a. Abgeordnete ;
in Frankreich von 1815—48 die ans Volks-
wahlen hervorgegangenen Mitglieder der
zweiten Kammer, der DepviirtenkeMvmer (le
chambre des d6put6s), auch in die parlamen-
tarische SpracheDeutschlands übergeganiren.
Seichsdeputationen, zur Zeit des deutschen
Reichs Ausschüsse, welche von den Reichs-
tagen für die Zeit zwischen diesen mit Er-
De-Quincey — Deaaguädero.
485
ledignng gewisser Geschäfte beauftragt wur-
den. Vgl. Seichsdeputation»hauptschlu$$.
De-^uincey (apr. -Kwinsi), Thom., engl.
Schiiftateller, geb. 15. Aug. 1786 zu Man-
c)iester, f 8. Dec. 1859 bei Edinburgh.
Verf. der her. ,Confes8ions of an opium-
eater< (1822). Schriften (1862, 14 Bde.).
Deraaaehit, Theii der ostiud. Landschaft
Daraau im Peudschab, ausserordentl. frucht-
bar, mit den 3 sogen. Derastädten am Indus,
darunter Derci-Ghati-Kban, 25,000 Ew.
Derangiren (fr., spr. -schlr-), verwirren;
in Schulden gerathon.
Derajreh, ehem. Stadt in der arab. Land-
schaft Nedschd, 15,000 Ew., Hauptsitz der
Wahabiten, 1820 von Ibrahim Pascha zerstört.
Derby von Mineralien, 'ohne bestimmte
Gestalt, nach keiner Bichtnng hin sehr vor-
-waltend ausgebildet, in Massen nicht unter
Haseluussgrösse; von Erzen, in fester Ge-
stalt in ein anderes Mineral eingewachsen.
Derbent (Derbend) , befest. Hauptst. von
Daghestan in Transkaukasien , am kasp.
Meer, fr&her glänzende Residenz eines
eignen Khans, 11,431 Ew. In der Kähe be-
jfinnt die derbenUche (Alexander-) Mauer,
die sich durch Tabasseran bis zur alban.
Pforte erstreckt (11 M.), wahrscheinl. vom
pars. Schah Nushtrwanerbaut,Jetzt verfallen.
Derby 9 Grafsch. im nördl. England, 48,5
QM. und 339,327 Ew. : reich an Bergwerken
und Fabriken. Die Hauptat. D., am Der-
went, 43,091 Ew. Seiden-, Marmor-, Porzel-
lan- und Farbenfabriken.
Derby, Edward Geoffrey Bmith Stanley,
Graf von, IVüIier Lord Stanley, engl. Staats-
mann, geb. 29. März 1799 zu Knowsley-Park
in Lancashire, trat 1821 ins Unterhaus,
ward 1827 unter Canning Unterstaatssekre-
tär für die Kolonien, 1830 im Whigministe-
rinm erster Staatssekretär für Irland, 1833
Minister der Kolonien, fülirte als solcher
die Abschaflfung der Negersklaverei durch,
trat Mai 1834 aus und zu den gemässigten
Tories über. Seit 1841 Staatssekretär für
die Kolonien, bekämpfte er die Abschaffung
der Getreidezölle, zerfiel deshalb mit Peel
und nahm Nov. 1845 seine Entlassung. Seit
1814 Mitglied des Oberhauses, bildete er 20.
Febr. 1852 ein konservatives Kabinet, in das
er als erster Lord des Schatzes eintrat,
dankte Dec. dess. Jahres ab und ward zum
Kanzler der Universität Oxford erwählt,
trat 20. Febr. 1858 als Premierminister wie-
der an die Spitze der Regierung, dämpfte
den ind. Aufstand und erledigte die Diffe-
renzen mit Amerika über das Durchsuchungs-
recht, schied 17. Juni 1859 abermals ans dem
Kabinet. Nach Palm erstens Tode 26. Juni
1866 nochmals mit Bildung eines Kabinets
beauftragt, Hess er eine sehr radikale Re-
formakte zu Stande kommen, nahm 25. Febr.
1868 seinen Abschied: t 23. Okt. 1869 zu
Kuowsley - Park bei Liverpool. Er übers.
Homers ,Ilia8' in reimlosen Jamben (5. Aufl.
1865).— Sein ^ohnEdxoardHenry.Lord Stanley,
geb. 21. Juli 1826, seit 1850Mitglled des Unter-
hauses, war im ersten Ministei'ium seines Va-
ters Unterstaatssekretär des Auswärtigen, im
swoiten Präsident des ostind. Bureaus.
DMfffUnger, Georg, Beiehsfreiherr von,
eigentl. l)'drfling, brandenburg. General, geb.
März 1606 zu Neuhofen in Oberösterreioh,
ursprünglich Schneidergeselle, nahm dann
Kriegsdienste erst bei den Sachsen, später
bei den Schweden, focht als Oberst mit Aus-
zeichnung in der Schlacht bei Breitenfeld
(1642), trat 1654 als Generalmajor in die
Dienste des Kurfürsten Friedrich Wilhelm
von Brandenburg, führte als Genecalfeld-
marschall in der Schlacht bei Fehrbellin
(18. Juni 1675) den Oberbefehl unter dem
Kurfürsten, wurde 1677 Obergouverneur aller
pommerschen Festungen, 1678 Statthalter in
HinteriKtmmern, eroberte 1678 Stralsund und
schlug die Schweden bei Tilsit im Winter
1679, nachdem er mit 9000 Mann und 30 Ka-
nonen aul Schlitten über das frische und
kurische Haff gefahren war. Vom Kaiser
Leopold (1674) in den Reichsfreiherrenstaud
erhoben, t ©r 4. Febr. 1695. Vgl. Vam-
hagen von Enae , ,Biogr. Denkmale*, Bd. 2.
Dergh (Deargy, See in Irland (Galway),
5Va M. ]., vom Shannon durchflössen, das
südl. Ufer gebirgig.
Deridiren (lat.), verlachen, verhöhnen;
Derition, Hohn; derisorifch, höhnisch.
Derivation (lat.), Ableitung; in derMedi-
cin besondere Heilmethode , s. Ableitung.
Derivantia, ableitende Mittel. Derivatum,
abgeleitetes Wort.
DerivatlonBrechnung, Theil dermathemat.
Analysis, lehrt die Funktionen einer oder
mehrerer Grössen auf eine solche Art in
Reihen entwickeln, dass man die Glieder
ders. nach einem bestimmten Gesetze eines
aus dem andern herleiten kann, von Arbogast
in dem Werke ,Du caicul des d6rivations'
(1800) begründet.
Derma (gr.), Haut, Rinde. Dermatalgie,
Hautschmerz. DermatitU, Hautentzündung.
Dermalodynia, Hautschmerz. Dermaloputhie,
Hautkrankheit. Dermatopathologie , Lehre
von den Hautkrankheiten. Dermatotis, Haut-
krankheit.
Dermbach, Mai-ktfl. im weimar. Kreis
Eisenach, an der Felda, 1102 Ew. Hier 4. Juli
li^6 erster Kampf der preuss. Mainarmee
und der Bayern.
Dermoplastik (gr.), Methode des Aus-
Stopfens, bei welcher dieHäute über passend
geformte feste Körper gezogen worden.
Derogation (lat.), Abänderung eines Ge-
setzes durch Aufhebung einzelner Bestim-
mungen desselben; derogaliVf sclimälernd,
aufhebend.
D^roat« (fr., spr. Derutt), Um- oder Ab-
weg; Irrung; Zerrüttung, insbes. völlige
Zersprenguug einer Truppe. Deroutiren,
irreleiten ; zersprengen.
Derry, s. Londonderry. "^
Derwisch (pcrs. , s. v. a. Armer), Name
der mohammedan. Mönche. Sie sind in ver-
schiedene Orden und Brüderschaften ein-
getheilt und wohnen unter Vorgesetzten
(Scheich, Pir} zumeist in reich verborgten
Klöstern (Khangäh oder Tekkije); nur einige
derselben haben das Recht zum Betteln.
DesagnaderOj der Abfluss des Titicaca-
sees in Bolivia, mündet in 11,500' Höhe in
486
Desaix de Voygoux — Desinficirende Mittel.
den PanBasee (See von Aollagas), 40 K.;
der böchstfliessende Strom der Erde.
Öesftix de Toygonx (spr. -sä dö Woagnh),
XoKts Charles Ant., €^neral der franz. Re-
pablik, geb. 17. Ayig. 1768 zu St.-Hilaire
d'Ayat in Anvergne, ward 1793 Brigade-
geueral bei der Moaelarmee, 1794Diyi3ions-
general, diente 1795 unter Jourdan, 1796
unter Moreau, unterstützte als Befehlshaber
des linken Flügels Moreaus berühmten Rück-
zug, focht in Aegypten ruhmvoll bei Che-
brisseh an den Pyramiden, unterwarf Ober-
ägypteu, kommandirte dann 8 Divisionen im
Gentrum der Italien. Armee, trug weseutl.
zum Sieg bei Mai*eugo bei ; fiel hier. Im Ho-
spiz auf dem St. Bernhard beigesetzt; seine
Statue auf der Place des Yictolres zu Paris.
Desappointiren (fr., spr. -poäng-), aus-
streichep (aus der Dienstliste), tauschen,
vereiteln; einem Soldaten den Sold oder die
Pension entziehen. Hauptwort De«apiiotn<«-
ment (spr. -poängtmang).
Desapprobation (fr.-lat.)» Missbilligung.
Demppropriation (fr.-lat.), Enteignung,
Eigenthumsbegebnng.
Desarmlreii (fr.), entwaffnen, wehrlos
machen, z. B. ein Festungswerk durch Ab-
führung der Geschütze.
Dösavantage (fr., spr. Des&wangtahsch),
Verlust, Schaden, Nachtheil.
Desavouiren (fr.), ableugnen, widerrufen,
nicht anerkennen.
Descaniisidos (spau., d. i. Ohnehemden),
1880 in Spanien den ft'anz. San sculottes nach-
gebildete exaltirte demokrat. Partei.
Descartes (spr. Däkai>t), Jien4, gewuhnl.
Jienatu3 Carteslus gen., Begründer der neue-
ren Philosophie, geb. 31. März 1596 zu
Lahaye in Touraine, diente unter Moritz
von Oranien in Holland und unter Tilly,
lebte 1629-49 in Holland; f 11. Febr. 1650
in Stockholm, von der Königin Christine
dahin berufen. Sehr. ,Meditationes de prima
philoBophia* (1641) und ,Principia philoso-
phiae' (1644). Vom Zweifel an allem Wissen
ausgehend, lässt er als unumstösslich ge-
wiss nur das Selbstbewusstseln oder das
Denken gelten, woraus sich ihm die Ge-
wissheit des Daseins ergibt; daher sein
Satz: ,Gogito, ergo sum', d. 1. ich denke,
folglich existire ich. Auch Mathematiker,
Astronom und Physiker. *Werke herausg.
von Coufin (1824—26, 11 Bde.) ; Uebersetznng
seiner Hauptschriften von Kuno Fischer
(1863), Kirchmann (1870). Vgl. Botiiller,
,Hist. de la philos. Gart6sienne', 1854;
Millet, ,D., sa vie etc.*, 1867.
Descendenten (lat.), die Nachkommen einer
Person, Kinder, Enkel etc., im Gegensatz
an .^«cen(2en<«n, Vor&hren. Die Reihenfolge
jener heisst abateigend«, in umgekehrter
Reihenfolge aufsteigende Linie, Descendens,
Nachkommenschaft. Descension (in der
Astronomie), s. Aufsteigung,
Descente (fl*., spr. Dessangt), Absteigung;
bei Festungen der aus der Krönung des be-
deckten Weges in den Graben flihrende
unterirdische Gang. [Anspackung.
D^emballage (fr., spr. -angballahsch),
Desert (lat.), verlassen, Öde.
Desertion (lat.), Verlassnng; im Militar-
wesen eigenmächtige Entfernung eines Sol-
daten von seinem dienstmässigen Aufent-
haltsort; im Bechtswasen die bösliche Tren-
nung des einen Ehegatten von dem andern
in der Absicht, die Ehe nicht fortzusetzen.
Der hierauf von dem verlassenen Theile
behufs der Scheidung anzustrengende Prozess
heisst Deseriionsprozess, Im Givilproaesse
ist D. Versäumniss am Beweise oder an
anderen , an gewisse Fristen gebundenen
prozessualischen Handlungen. Desertireis,
entlaufen, entweichen.'
Deservltcn (lat.), die Gebühren eines
Rechtsanwalts für geleistete Dienste.
Deshonnet (fr.), ehrlos, schimpflich. De«-
honoriren, beschimpfen. Deahonorable , ent-
ehrend.
Desiderabel (lat.), wünschens- oder be-
gehrenswerth. Desiderata, Mangelndes, Ver-
misstes u. daher Gewünschtes ; DesidercUüm,
das Verlangten ; Desideria pia, fromme (ge-
wöhnlich vergebliche) Wünsche.
Deslderade (Deseada), kleine franz. Insel
in Westiudien, östl. von Gonadelonpe, 1632
Ew.; die erste von Golumbus auf seiner
zweiten Reise (1493) entdeckte Insel.
Desiderius, letzter König der Longobar-
den, früher Herzog von Toskana, nach
Aistulfs Tode 756 König der Longobarden,
kam als Feind der Päpste mit Karl d. Gr.
in Zwist, ward von diesem bekriegt, ge-
fangen und nach Korvei verwiesen, wo er f.
DesigüAtion (lat.), Anweisung, Bezeich-
nung, die vorläufige Berufung zu einem
Amte, dessen definitive Uebertragung noch
an weitere Bedingungen geknüpft ist; Ver-
zeichniss von Kosten , Waaren etc., s. B.
zollamtliche D. Designationsurtkeil , die
durch gerichtliches Urtheil erfolgte Fest-
stellung der Reihenfolge , in welcher die
Koukursgläubiger rangiren, auch Prioritäts-
oder Lohaiionsurtheil genannt.
Deslma, Insel in der Bai von Nangasaki;
mit den Faktoreien der Niederländer.
Desinficirende Mittel, Substanzen, welclio
die Fäulniss verhindern oder Fäulniss-
produkte, Ansteckuugsstoffe und Krank-
heiten übertragende Pilze zerstören. Kar-
bolsäure- oder Ghlorkalklösung (1 : 100) zum
Scheuern der Fussbödeu; Karbolsäure und
Kalkmilch (1 : 100) zum Tünchen der Wände
und Decken; Holzessig und Karbolsäure-
pulver (1 Th. Karbolsäure auf 100 Th.
Toi>f, Gyps, Erde, Sägemehl, Kohle), auch
Chlorkalk mit Salz- oder Essigsäure, Sal-
petersäure mit Stanniol oder brennender
Schwefel zur Reinigung der Luft; Ab-
kochen, Alaun, Soda, übermangausaurea
Kali, häufig bei Luftabschluss auszuglübeudo
Kohlenfllter zum Reinigen des Wassers;
Karbolsäure, Thonerde- oder Metallsalze
(Eisenvitriol, Ghlormangan lauge) süvernsclie
Masse (100 Th. Aetzkalk, 15 Th. Steln-
kohlentheer, 15 Th. Ghlormagnesium mit
Wasser) für Kanäle, Abflüsse; Karbol-
sänrewasser zum Abwaschen des Viehs;
Lösung von ül)ermangansaurem Kali (1 : 100)
und Ghlorräucberungen für Menschen;
Eisenvitriol für Klosets; Karbolsäore, Cam-
Degipere in looo — Dessewffy.
487
peoheholzeztraki , Schiessbaumwolle mit
tib«rmaDgaDsaurem Kali getränkt auf atin-
Icende Wunden.
Desipere in locOy lat. Sprichwort, am
rechten Orte närrisch, d. i. fröhlich sein.
Dei^atiiie, s. t. a. Dessätine.
Desma (lat.) , Wollschopf, wolliges An-
hängsel verschiedener Samen, wie bei Baum-
wolle, Epilobium etc.
Hesmftn, russ. Name der Rüsselmaus.
Desmodjfum Den. (Büachdkraut, F«Me^
hüUe), Pflanzengattung der Leguminosen.
D, gyrans J)ee., Hedysamm gyrans L., in
Bengalen, mit Blättern, welehe unter dem
Binflnss des Lichtes in schwingende Be-
wegungen gerathen.
Pm Hoines (spr. Da Moahn), der Haupt-
fluss Iowas (Nordamerika) , mündet unter-
halb Keokuk in den Mississippi. Daran die
gleichnam. HauptoMowas, (1870) 12,085 Ew.
Desmolog^e (gr.), Bänderlehre; Desmo-
pathie, Krankheit der Bänder; Desmopatho-
logU, die Lehre hiervon; De»mopJilogo$i8,
Gelenkbänderentzündung ; De$morrhexU, Zer-
reissnng der Gelenkbänder.
BesmoiiliJUl (spr. Dämuläng), B^noÜ Ca-
mille, franz. Revolutionär, geb. 1762 zu
Guise in der Picardie, reizte das Volk zum
Sturm auf die Bastille, war mit Danton bei
den Erelgnisseu vom 10. Aug. betheiligt,
dann an dem Kampfe gegen die Girondisten,
suchte während der Sckreckensherrschaft
den revolutionären Extravaganzen entgegen-
zuwirken, ward deshalb von Hebert als
Roy allst angeklagt; 4. April 1794 mit Danton
und Andera hingerichtet.
DeSB«, Nebenfl. des Dnjepr in Westruss-
land, mündet oberhalb Kiew, 121 M. lang,
bis Brjausk schiffbar.
Detinoyers (spr. Dänoajeh), Aug. Gatpard
Louis Boucher, her. franz. Kupferstecher,
geb. 20. Dec. 1779 in Paris, begründete
seinen Ruf mit ,La belle jardinidre* (nach
Raphael, 1805) und ,NapoIeon im Krönungs-
ornat' (nach G6rard, 1808), besuchte später
Italien, wurde 1825 erster Kupferstecher
des Königs, 1828 baronisirt; f 15. Febr.
1857. Seine zaiilreichen Stiche (meist nach
Raphael) durch einfach edlen Vortrag und
malerische Wirkung ausgezeichnet.
D^sob^isMnce (fr., spr. -obeissangs), Un-
gehorsam.
Desolit (lat.), verlassen, trostlos; JDeto-
lation, Trostlosigkeit, Verwüstung.
Desor. Eduard, schweizer Geolog, geb.
1811 in Friedrichsdorf im Hessen-homburgi-
schen, 1847—52 in den Vereinigten Staaten
Beamter bei der Goast-Survey , seit 1852
Prof. der Geologie in Neufchatef, später Prä-
sident des grossen Rathes daselbst. Er war
betlieiligt an den Untersuchungen Agassiz ;
schrieb : ,Geologi8che Alpenreisen* (deutsch
2. Aufl. 1847) ; »Synopsis des echinides' (1858) ;
«Geologische Beschreibung des neufchateler
Jura'; ,Ueber den Gebirgsbau der Alpen*
1865); ,Aus Sahara und Atlas' (1866); Mo-
nographie über die Pfahlbauten des neuen-
burger Sees (deutsch 1867); ,Echiuologie
helv6t{que< (mit Lorioh 1869 f.).
DesorganisatiOM (lat.), Zerstörung der
Lebensthätlgkeit eines Organs ; Verwirrung,
Zerrüttung in Staats- oder Privatangelegen-
heiten.
DesoxydütlODy ehem. Prozess, bei welchem
man einem oxydilrten Körper seinen Sauer-
stoff ganz oder theil weise entzieht.
Desperat (lat.), verzweifelt, hoffnungslos;
De%per<Uion, Verzweiflung; DupercUxcmkur,
gewagte Heilkur, bei der das Leben des
Kranken auf dem Spiele steht.
Despoblado (span.), Einöde. D. de Hfurcict,
kahle, öde Hochebene in der span. Prov«
Mnrcia, zwischen Sagra und Segura.
Despollation (lat.), Beraubupg.
DegponMta (lat.) , die Verlobte; Despon-
iatus, der Verlobte ; Despamation, Verlobung.
Despot (gr.), Herr, insbes. von Sklaven,
Hausherr; dann unumschränkter Herr, Ge-
waltherrscher; Despotie (Despotiamue), nach
neuerem Sprachgebrauch weder durch sitt-
liche Motive, noch durch Bücksicht auf
das Gemeinwohl und auf die Rechte An-
derer geleitete schrankeulose Wülkürherr-
schaft. ,AufgeikfUrtenDe9potismu8'no.ixJxt^ man
die Regierungs weise Friedrichs U. und
Josephs n., weil diese Monarchen bei ihren
sonst trefflichen Bestrebungen doch den
absoluten Herrscherwillen zu rücksichtslos
geltend machten.
Despoto-Dagh (^odope^ , Gebirg In der
Türkei, zwischen dem Struma u. derMaritza'
in mehreren Zügen vüdöstl. strolchend, am
höchsten im Westen (Rilo-Dagb, 9200').
Deflslitiiie (Deesjatina) , russ. Flächen-
mass, = 1,092 Hektaren = 4,28 pr. Morgen.
Dessalines (spr. -lihn), Jean Jacques, unter
dem Namen Jakob I.Kaiser von Haiti, Neger
von der Gtoldküste, geb. um 1760, Slclave
eines schwarzen Pflanzers auf San Domingo,
dessen Namen er annnlim, that sich in den
Unabhängigkeitskämpfen gegen die Fran-
zosen durch Tapferkeit, aber auch durch
Grausamkeit hervor, blieb nach dem Frie-
densschlusg vom 1. Mai 1802 als General in
franz. Diensten, verband sich dann mit
Christoph gegen die Franzosen, zwang Ro-
chambeau, die Insel zu räumen, ward Jan.
1804 lebenslänglicher Generalgouverneur
der Bepublik Haiti, begann einen Vertil-
gungskrieg gegen die auf der Insel wohn-
haften Franzosen, liess sich 8. Dec. 1804
zum Kaiser krönen, ward 17. Okt. 1806 von
den Führern des Heeres niedergehauen.
Dessau 9 Haupt- und Residenzstadt des
Herzogthums Anhalt, an der Mulde, 16,904
Ew.; Resldenzsclilogs ; Amalienstift (darin
1774—93 Basedows Philanthropin). Seminar,
Israelit. Handelssohule, Orthopäd. Institut,
Irrenanstalt, Kreditanstalt, Fabriken, an-
sehnl. Getreide- und Wollhandel. [Entwurf.
Desseln (fr., spr. Dessäng), Vorsatz, Plan,
Dessert (fr., spr. Dessähr), Nachtisch, der
aus Zuckerwerk, Früchten, Käse etc. be-
stehende Schluss eines Gastmahls.
Dessewffy (spr. Deschöff!), Smil, Graf,
Ungar. Publicist, geb. 24. Febr. 1812 zu
Eperies, entwickelte nach 1848 eine be-
deutende polit. Thätigkeit in konservativem
Sinne» ward 1856 erster Präsident der
Ungar. Akademie der Wissenschaften, grün-
488
Deasin — Detmold.
dete eine BodenkrediftanstAlt (1862 von der
Regienuig genebmigt); f 10. Jas. 1866.
Benin (fr., spr. Desäng), Muster für Kunst-
produkte; DesaincUeur, MasterzcichneT.
Dessoir (spr. Dessoahr) , Ludto. , Schau-
spieler, geb. 1809 zn Posen, nach wechseln-
dem Aufenthalt seit 1838 in Karlsmhe, seit
1849 an der Uofbnhne ra Beilin engagirt;
ansgezeichnet in Heldenrollen and als trag,
liiebhaber. — Sein Sohn Ferdinand JD., geb.
1834, eine Zeitlang in Weimar unter l>ingel-
stedts Leitung, seit 1864 ebenfalls an der
königl. Bühne in Berlin angestellt; anfangs
als Komiker, später auch in ernsten Bollen
her vorragend.
D«tterro (Nbs$a Senbora do D.) , befest.
Hanptst. der brasil. Prov. Santa Catbarina,
auf der Westküste der Insel Catharina,
8000 Ew. Hafen.
Oegtillfttion (lat.), ehem. Operation, bei
welcher durch Erhitzung, Ableitung der
gebildeten Dämpfe und Verdichtung der-
selben fluchtige Substanzen Ton nicht oder
minder flüchtigen getrennt werden. Die
der D. zu unterwerfende Mischung wird in
Retorten oder Blasen erhitzt, die Dämpfe
gehen direkt oder durch Kühlvorrichtungen,
Dephlegmatoren oder Rektiflkatoren In die
Vorlage. Die in letzterer sich sammelnde
Flüssigkeit heisst DestilkU; wird dasselbe
in mehreren Portionen bei bestimmten
Temperaturen aiifgefangen, so heisst dieD.
fraktionirt. Ein Destillat abermals destil-
liren heisst reJctißciren. Trockne D. ist die
Erhitzung trockner Körper in Destillations-
gefässen, um die flüchtigen Zorsetzungs-
produkte zu gewinnen. Destillirtes Wasser,
chemisch reines Wasser, durch Destillation
aus Qaellwasser gewonnen , färb - , geruch-
und geschmacklos, darf beim Verdampfen
keinen Rückstand lassen und durch Blei-
essig und salpetersaures Silberoxyd nicht
getrübt werden.
Destonche» (spr. Dätusch), 1) Philippe
Bäricault, fmnz. Lustspieldichter, geb. 22.
Aug. 1680 zu Tours, f 4. Juli 1754. Beste
Stücke ,Le Glorieux' und ,Le philosophe
mftri6* ; im Uebrigen mittel massiger Nach-
ahmer Moliöres. ,Werke* herausgeg. von
Jienouard (1822, 6 Bde.). — 2) Franz, Mu-
siker, geb. 14. Okt. 1774 zu München, Schü-
ler Haydns, wurde 1799 Koncei-tmcister in
Weimar, 1810 Kapellmeister in München;
t 9. Dec. 1844 zu Leipzig. Von ihm die
Melodie dos schillerschen Reiterliedes
,Fri8ch auf, Kameraden I' Sonst sind seine
Kompositionen (Opern, Klavier- und Ge-
sangsstücke) vergessen. — 3) Paule Emile,
franz. Historien- und Genremaler, geb. 1794
zu Dampierre, Schüler von David, Gu6rin
und Gros, besuchte später Italien und Eng-
land. Hauptbilder: Erwcckuug des Lazarus,
Christus am Oelberg, Scheherazade, Maria
Stuart zu Lochleven etc.
Detaclieraent (fr., spr. Detaschmang) , zu
irgend einem Zwecke entsendete Truppen-
abth eilung; ist dieselbe stärl^er, so heisst
sie detachirtea Corpt. Detachirte, zum Sicher-
heitsdienst entsendete einzelne Leute. De-
tachirteWerke (Forts), die. Au8senwerke*einer
Festung, wenn sie selbständig zur Behanp-
taug wichtiger Terrainpnnkte dienen.
Dietail (fi*., spr. Deta^'), die einzelnen
Theile eines grösseren Ganzen, die genaue-
ren Umstände einer Begebenheit; daher
detailHren, ins Einzelne eingehen. Vetail-
handel, Kleinhandel. DetaiUist, Kleiuhäad-
1er. In den darstellenden Künsten heisst D.
das Untergeordnete, Gewandung, Schmuck,
Geräthe, Naturobjekte etc., welches nicht
vernachlässig^, aber auch nicht zu sehr
hervorgehoben werden darf.
Detensoiiun , Instrument zum Herab-
stossen in der Speiseröhre festsitzender
Körper in den Magen (langes Fischbein,
dessen in den Schlund zu bringendes ]Sn<io
ein Schwämmchen trägt).
' Detention (lat.), Innehabung, Besitz;
Aufbewahrung; Vorenthaltung; Gefangen-
haltung. DHentionshatu, Gefangnlss.
Detergiren (lat.), abwischen; DetergerUia
oder Detersiva, reinigende Heihnittel.
Deterioration (lat.) , Verschlechterung
einer Sache, wodurch sie an Werth verUert.
Determination (lat.), Bestimmung, log.
Operation, vermöge deren einem Allgemein -
begriffe bestimmende Merkmale hinzugefügt
werden, wodurch man zu einem dem Inhalte
nach reicheren, demUnfange nach engeren
Begriffe gelangt; inn gewöhn!. Leben s. v.
a, Entschlossenheit des Willens; daher de-
terminirtes Wesen, Gegenthcil von schwan-
kendem, rathloaem Betragen.
Determlnismas (lat.), die Ansicht, wonach
die menschlichen Handlungen stets durch
äussere oder innere, im Kausalnexus der
Dinge beruhende Bestimmungsgründe notli-
wcndlg bedingt sein sollen, im Gegensatz
zum IndeterminisTaKS, welclicr das Wollen
und Handeln, von vorhergehenden Ursachen
nicht nothwendig bestimmt sein lässt. Die
rohesten Formen^ des D. sind der Fatalis-
mus (s. d.)und der maierialistische D., dem das
geistige Leben nur als Ausdruck der Bo-
weguDgen der Bestandtheile des körperl.
Organismus gilt. [Strafandrohung.
Deterrltion (lat.), Abschreckung durch
Detestiren (lat.) , zum Zeugen anrufen ;
verwünschen, verabscheuen.
Detlironisatlon (lat.), Entthronung.
Detiniren (lat.), zurückhalten, gefangen
halten, yorenthalten.
Detmold 9 Haupt- und Residenzstadt des
Fürstenthums Lippe-D. , östl. am teutobur-
gel- Wald, an der Werre, 6264 Ew.
Detmold, Joh. Hermann, deutscher Reichs-
minister, geb. 1807 zu Hannover, seit 1830
Advokat das., betheiligte sich als Kammer-
milglied an den Schritten zu Auftechterhal-
tung des Grundgesetzes, hielt sich als Mit-
glied der deutschen Nationalversammlung
von 1848 anfangs zur Partei des Centrums,
bildete nach 18. Sept. mit Radowltz, Vincko
u. A. die äusserste Rechte, bildete Mai 1849
nach Gagerns Rücktritt ein neues Ministe-
rium, worin er das Portefeuille der Justiz,
dann auch das des Innern übernahm, trat
21. Dec. 1849 mit dem lleichsverweser zu-
rück, ward Gresaudter beim rcaktivirteu
Bundestag, Juli 1851 abbcmfen; f 17. März
Detroit — peutscker Bund.
4.n
1856. Sclir. ,An1eitaiig zur |Cnnsjl;keuner>
Schaft* (1838 und 1845); die aatir. ,Bandr
Zeichnungen' (1843) u. ,Thaten und Moinunr
gen des Herrn Piepmeier' (18i9).
Detroit (spi*. Dltreut), Stadt in Michigan
(Nordamerika), an der StrtuM D., die den
St. Glairsee und Eriesee verbindet, (1870)
79,580 Ew. (Tiel Deutsche); bed. Handel,
BampfsägemühleB , Schiffbau, Kupfer- und
Eisenschmelz werke; 1720 von den Eranr
zosen gegründet.
Dettelbaclu Stadt im bayer. Regbsk Unter-
franken, am Main, unweit Kissingen, 2268
Ew.; Wallfahrtskirche* Weinbau und Fabri-
kation musikal. Instrumente.
Dettingen, Dorf im bayer. Begbz. Upter-
franken, am Main, unterhalb Aschaffenburg,
600 Ew. Hier im Österreich. Erbfolgekrieg
27. Juni 1743 Sieg der Kaisei'Iicheu und Eng-
länder unter Georg II. von England über
die Franzosen unter Koailles.
Beitcalion, Sohn des Prometheus, Gemahl
der Pyrrha. Beide retteten sich bei der
grossen FJntb, durch welche Zeus das Men-
schengeschlecht zu verderben beschlossen
hatte, in einem hölzernen Kasten, landeten
auf dem Parnass lind wurden die Stamm-
eltern des neuen Menschengeschlechts, in-
dem sie auf den Rath des Orakels Steine
(Gebeine der Erde) hinter sich waKen, woraus
Menschen wurden. Durch seinen Sohn
Hellen ward D. Stammvater der Griechen.
Dens (lat), Gott. J). ex machina (d. 1.
Gott aus der Mascliine), aprichwörtl. ge-
wordeuer Ausdinick für die durch das plötz/-
liche Dazwischenti'eten einer Person oder
eines Zufalls bewirkte unerwartet günstige
liösung einer tragischen Verwickelung im
Drama, aus der antiken Tragödie herge-
nommen, wo die Entsclieidung oft durch
einen mittelst der Maschine herabgelassenen
helfenden Gott herbeigeführt ward; auch
von plötzlich eintretenden Ereignissen des
gewöhnl. liobens gebraucht.
Deusdedit (mit Deodat gleichbedeutend,
d. 1. Gott hat ihn gegeben), Heiliger, Römer,
Papst 6U— 617, idnrch Frömmigkeit ausge-
zeichnet. Tag 8, Nov.
Deut (lioUäud. Duijt), vormals hoUänd.
Scheidemünze von Kupfer; 8 D. = 1 Stüber ;
auch s. v. a. werthlose Sache.
JOenterogamie (gr.), zweite Ehe.
Deateronouium (gr.), d. i. das zweite
Gesetz, Name des 5. J^uchs Moses bei den
griecb. TJehersetzern ; a. JPenUUeui^.
Deuteroskopie (gr.), s. v. a. Zweite« Ge-
sicht (s. d.); auch vermeintliche Gabe, zu-
künftige Dinge vorauszusehen.
DentSCli (althochd. diutiac, von diot, Yolks-
stamm), wa^ dem Volke angehört, volks-
thumlich, nntional; bezeichnet nrsprüngl.
nur den Gegensatz des Volksmässigeu gegen
das Fremde, bes. Romanische, ohne wirk-
licher Eigenname zu sein; dann seit dem
12. und 13. Jahrh. allgemein gültige Benenn
nung unserer Muttersprache.
Deutsche Mythologie 9 Inbegriff der reli-
giösen Meinungen und Gebräuche der alten
Deutschen, sehr verwandt mit dem altskan-
dinav. Heidenglauben ; von J. Grimn) zuerst
wiasenschaftl. beliandelt. Gpttßv: W^otan '
oder Wodan, nordisch Odin, Luft- uqd
Himmelsgott; Donar (sächs. O^hunar., nord,
Thor), Gewitter- oder Donnergott, auch Be-
schützer der Ehe, des Viehstandes und des
Feldbaus; JSiu (sächs. Tiu, auch Saxnot,
bayer. Eru, nord. Tyr), Kriegsgott. Göttin:
Nerihui (nach Tacitua, verstümmeltin Hertha,
bayer. i^rchta, fränk. Holda, niederdeutsch
Fria oder Fri^), Beschützerin von Haus
und Feld; ausserdem Scbicksalsgöttinnen
(Nomen) , Riesen , Eiben und Zwerge als
niedere Gottheiten. Der Kultus bes. in
Natur£ß8ten bestehend; Opfer u^d Aufzüge;
Kultusstatten geweihte Haine, auch Bei-ge,
Quellen eto. VgL J. Grimm, ,D. M.*, 3,
Aufl. 1854; Wolf, ,Deutsche GötterlebreS
1852; Dera., ,Beiträge zur d.n 1^.', 1)^2-54,
2 Bde. ; W. 3lülUr, ,6e8chichte und System
der altdeutschen Religion', 1844; Simrock,
, Handbuch der d.n M.', 2. Aufl. 1869; Mann-
hardt, J>ie Götterwelt der deutschen und
nord. Völker', 1860; Scht^arix, ,Der heutige
Volksglaube und das alte He|denthu,m', 1862.
Deutseher Bond» der auf der deutschen
Buttdesakte vom 8. Juni 1815 und der wie-
ner Schlu^sakte vom 15. Mai 1820 beruhende
deutsche Staatenbund , welcher sich infolge
des deutschen Kriegs von 1866 autgelöst
hat. Zweck desselben : Erhaltung der inne-
ren und äusseren Sicherheit, der Unab-
hängigkeit u. UfiVerletzliclikeit der einzelnen
Staaten Deutschlands. Mitglieder desselben
bei der Gründung 34 (zuletzt 31) monarch.
Staalten und 4 freie Städte. Der permanente
Bundestag, aus den bevollmächtigten Ge-
sandten der 38 Staaten bestehend , 5. Nov.
1816 eröffnet, hatte seineu Sitz in Frankfurt
a/M. Das Präsidium führte Oesterreioh.
Die Bundesversammlung bestand 1) als
cMgem, Versammlung oder Plenum, in welcher
Oeaterreich und die 5 Königreiche Je 4 (24),
Baden, Kurhessen, Hessen-Darmstadt, Hol-
stein und Luxemburg je 3(15), Braunschweig,
Mecklenhurg-Schwerin und Nassau je 2 (6),
di,e übrigen Staaten je 1 Stimme hatten, so
dass mit ihren 95 Stimmen das Plenum 70
Stimmen zählte; 2) als engerer Math (Bun-
desregierung), in welchem Oesterreich,
Preussen, Bayern, Sachsen, Hannover, Wür-
temberg, Baden, Kurhessen, Hessen-Darm-
stadt nebst Hessen-Hombujrg, Holstein, und
Luxemburg je 1 (11), die übrigen Stfliafcen
Gesammt- oder Kuriatstimmen, uämh'ch die
12. die sächs. Heraogthümer, die 13. Braun-
schweig und Nassau, die 14. Mecklenburg-
Schwerin und Mecklenburg-Strelitz, die 15.
Oldenburg, die anhält, und schwarzburg.
Häuser, die 16. die Fürstenthümer Hohen-
zollem , Reuss , Liechtenstein , idippe und
Waldeck, die 17. die 4 freien Städte gfimein-
schaftl. führten. Info]^e von Territoriad-
veränderungen war bis 1865 die Zahl der
Virilstimmen im Plenum von 70 auf 65 herab-
gesunken. Das Plenum trat zusammen,
wenn es sich um Abfassung oder Abände-
rung von Grundgasetzeu des Bundes, um
organ. Bundeselnricbtungen und sonstige
gemeinnützige Anordnungen, um eine Kriegs-
erklärung oder Friedensbestätigung oder
490 Deutsclie Bitter — Deutsohe Sprache und Literatur.
mn Auf nähme eines neuen Mitglieds In den
Bnnd liandelte, nnd swsr fand hier keine
Berathung und Erörterung, sondern nur
Abstimmung Statt, wobei zu einem gültigen
BesebluBS eine Majorität von >/s erforderlich
war. Im engeren Rath entschied absolute
Majorität. Die Sitzungen der Bundesver-
sammlung waren theils vertrauliche zu vor-
l&ttflger Besprechung ohne Protokollauf-
nahme, theils förmliche. Die Protokolle
der letzteren wurden bis Mitte 1824 meist
verölfentlicht, seitdem nur manchmal, dann
gar nicht mehr, zuletzt wieder in knapper
Vorm. Zu Vervollständigung der Bundes-
akte diente die 8. Juni 1820 als Bundesge-
setz angenommene wiener Schlussakte.
Daranreihten sich die karlsbader Beschlüsse
(s. d.) vom 20. Sept. 1819, die sechs Artikel
vom 28. Juni 1832, beide Ausnahmegesetze
2. April 1848 wieder aufgehoben. Das 80.
Okt. 1834 gegründete Bundesschiedsgericht
sollte bei Irrungen zwischen Begierung u.
Ständen eines Bundesstaats entscheiden, be-
vor die Parteien den Bundestag anriefen.
Das Bundesheer bestand aus 10 Armee-
corpa: das 1., 2. und 3. stellte Oesterrelcb,
das 4., 5. und 6. Preussen, das 7. Bayern,
das 8. Würtemberg, Baden und Hesseu-
Darmstadt, das 9. Sachsen, Kurhessen,
Luxemburg und Nassau, das 10. die übrigen
Staaten. Die Gesammtstärke des Bundes-
heeres betrug 1866: Infanterie 531,281, Ka-
vallerie 92,300, Artillerie 59,485, Pioniere u.
Genie 12,979, zusammen 696,045 Mann mit
1296 Veld- und 247 Belagerungsgeschützen.
Bundesfestungen: Mainz, Luxemburg, Lan-
dau, Rastadtund Ulm. 12. JuJi 1848 musste
der Bundestag der provisor. Gentralgewalt
Platz machen; 1850 und 1851 Restauration
desselben. Infolge der Ereignisse von 1866
beschloss die Bundesversammlung 11. Juli
1866 ihren Sitz ,provisoriscb' nach Augsburg
zu verlegen, siedelte 14. Juli dahin über
und hielt 24. Aug. ihre letzte Sitzung;
s. Deutschland, Gresch. Vgl. , Sammlung der
Protokolle der Bundesversammlung*, 1816
bis 1824, 16 Bde.; Klilber, ,Oeffeutl. Recht
des deutschen Bundes und der Bundes-
staaten', 4. Aufl. von Morstadt 1840; Za-
chariä, .Deutsches Staats- und Bundesreclit',
2. Aufl. 1853-54, 2 Bde.
Deutsehe Bitter, s. Deutscher Orden.
Demtecher Orden (Deuttche üitter, Deutsche
Herren), der zur Zeit der Kreuzzüge ent-
standene dritte Christi. Ritterorden, gestiftet
1190 zuAcca von bremer und lübecker Bür-
gern zu dem doppelten Zwecke der Pflege
und Wartung kranker Pilger und der Ver-
theidigung des heil. Landes, 1191 von Papst
Clemens III. und dem Kaiser Heinrich VI.
bestätigt. Ordenskleid: weisser Mantel mit
schwarzem Kreuz. Klassen: Ritter, barm-
herzige Brüder und Priester, später auch
nichtadelige sog. Halbbrüder. Der Orden
gelangte bes. unter dem vierten Ordens-
meister, Hermann von Scdza , zu grossem
Ausehen. Derselbe sandte den Landmeister
Hermann Balk mit einer Anzahl Ordens-
ritter und Knappen .dem Herzog Konrad
von Masovieu zu Hülfe gegen die heidnischen
Preusseu. Der Kampf gegen diese begann
1230 und endete 1283 mit der Besiegun^ u.
Bekehrung derselben. 1237 Vereinigung des
Ordens mit dem der Schwertbrüder (s. d.)
in Livland. Seit 1284 über 100 Jalire lang
Krieg mit Lithauen. 1309 Verlegung der
Regierung des Ordens nach Marienborg.
Blüthe des Ordens unter dem Grossmeister
Weinrich von Kniprode (1351 — 82). Verfall
des Ordens seit der Niederlage bei Tannen-
berg (1410) den Polen gegenüber. Krieg mit
Polen (1454—66). Der Orden verliert West-
preussen an Polen UQd muss dessen Lehns-
hoheit anerkennen. Der Grossmeister
Albrecht von Brandenburg verwandelt 1525
das Ordensland Preussen in ein erbliches,
Polen lehnspflichtiges Herzog^hum. Sitz des
Hochmeisters seit 1527 in Mergentheim. I>ie
11 Balleien (Provinzen) des Ordens zusam-
men 40 QM. mit 88,000 Ew., in Komthnreien
getheiltund in verschied. Ländern zerstreut.
Bie Würde des Grossmeisters ward durch
deu pressburger Frieden 1805 dem Kaiser
von Oesterreich übertragen. Auch nach Auf-
hebung des Ordens durch Napoleon I. (24.
April 1809) führen die i>sterr. Erzlierzöge
den Titel Grossmeister des d.u O.s fort.
Vgl. Voigt, ,Geschichte des deutscheu
Ritterordens*, 1857—59, 2 Bde.
Deutsche Sprache und Literatur. Die
deutsche Sprache ist ein Zweig des german.
Sprachastes, zu welchem ausser ihr noch die
gothische und die angelsächs. Sprache (beide
ausgestorben) und die skandinavischen oder
nordischen Sprachen gehören. Der german.
Sprachast selbst gehört zum grossen indo-
german. Sprachstamm und hat zu Geschwi-
stern in Europa den celtischen, den griech.-
röm. und den slavischen Sprachast. IMe
gemeinsame Wurzel haben alle diese Spra-
chen im Sanskrit. Seit den ältesten Zeiten
zweierlei Hauptmundarten der deutschen
Sprache: a) (Verdeutsche, die, im gebirgigen
südi. Deutschland gebildet, härtere Laute
haben und vorherrschend mit Kehle nnd
Brust gesprochen werden (der alemannische
Dialekt, zu beiden Seiten des Oberrheins und
im Schwarzwald gen N. bis Rastadt: der
schwäbische, zwischen Schwarzwald u. Lech,
algäuer Alpen und Kocher, und baf/erische
Dialekt, in Altbayern bis zur Donau , auch
iu Tirol, Salzburg etc.), und b) Niederdeutsche,
die, in nördl. ebneren Gegenden gebildet,
breitere Laute haben und vorzugsweise mit
Zunge und Lippe gesprochen werden (das
Niedersäehsische, zu beiden Seiten der untern
Elbe, in Brandenburg, Mecklenburg, Hol-
stein, Pommern, Preussen ; das WestphSlisehe
von der Niederweser bis zum Niederrhein;
das Holländische, an der Nordwesigrenze
Deutschlands, in Geldern und Kleve; das
Friesische, an der Nordseeküste). Zwischen
beiden, die Mitte haltend, stehen die mitteU
deutschen Mundarten (die hessische, die ober-
sächsische^ in Thüringen, Sachsen, in der Lau-
sitz, nnd die fränkische, im Maingebiet, auch
in der Oberpfalz, im Voigtland, in Nassau und
in der Rheinpfalz). — Für die Literatur haben
die ober- oder hochdeutschen Mundarten
überwiegende Geltung erhalten, weil der
Deutsches Becht — Deatschkatholiken.
491
Entwicklaojcsgang der dentsöhen Bildung
sich zuerst im südl. Deutschland abschloss
und nur aUmählig nach dem nördl. Yor-
drang. Historisch sind zu unterscheiden 3
Perioden der ^prachentwickiung : 1) Das
Mihochdtutsche, um 800—1100 (die Flexions-
formen siud im Vergleich mit den indogerman.
Sprachen des Alterthums und mit der gothi-
schen sehr vereinfacht; Vokativ-, Dual-,
Paasivformen verschwunden; grössere Man-
nigfaltigkeit an vokal. Lauten). 2) Das
MiUelkockdeut3che (die Vereinfachung der Fle-
xioneform ist fortgeschritten ; die klingenden
Vokale der Endungen vorherrschend in e
abgeschwächt; H&lftzeitwort, Artikel und
Umlaut sind hinzugekommen. Ueberwie-
gende Geltung erhielt der schioaMsche Dia-
lekt unter den schwäb. Hohenstaufeu, 1138
bis 1254). 8) Das Neuhochdetitache , hervor-
gegangen aus der Sprache von Luthers
Bibelübersetzung, 1521 — 34, die sicli am
nächsten an den oberaächsiachen Dialekt an-
schliesst. Die Abschwächung^ der vollen
£ndvokale in ein tonloses e ist vollendet,
die Quantität der Wörter danach geändert).
Um die Ausbildung des Neuhochdeutschen
bes. verdient: OpU» (um 1630) und die sogen.
Sprachgesellschaften, Gottsched (um 1730);
mustergültige Ausbildung desselben zuerst
durch Lessing und Goethe, So ist das Neu-
hochdeutsche oder schlechtweg ,Hochdeut-
scbe' unter dem Einflüsse der Wissenschaft
dio allgemeine Sprache der Schrift und
Sprache aller Gebildeten geworden ; doch
hat durch Fo<«, später durch U8ter%,Hebel\x,A..
seit Ende des 18. Jahrli. dieWioderbenutzung
der Dialekte zur Schrift begonnen. Vgl.
J. Grimm, ,Deutsche Grammatik', neuer
Abdr. 18&3, und «Geschichte der deutschen
Sprache*, 1853; Heyse, ,Ausf1ihrl.Lehrb. der
deutschen Sprache*, 1839—49, 2 Bde.; Hup-
pelt, «Deutsche Grammatik mit Rücksicht
auf vorgleichende Sprachforschung*, 1860;
Schleicher, ,Did deutsche Sprache*, 1860.
Die besten Wörterbücher: von J. und W.
Grimm (1852 ff., noch unvollendet), Sanders
(1860-65, 3 Bde.; ,Handlexikon*, 1869),
Weigand (1854—70, 2 Bde.), JBenecke und
JfiUler (,Mittelhochd. Wörterbuch*, 1864—69),
£cAniei<«r(,Bayer.Wörterb.<, 2. Aufl. 1869 f.).
Die deutsche Literatur, eins der umfas-
sendsten und reichhaltigsten Gebiete der
allgemeinen Weltliteratur, zerfällt geschicht-
lich in 2 Hauptabschnitte: a) die alte Zeit
(bis ca. 1624), die Poesie auf volksthümlichen
Grundlagen, und b) die neue Zeit (seit ca.
1624), die Poesie unter dem Einfluss der fort-
schreitenden Wissenschaften, namentl. des
Studiums der Aesthetik und der fremden
Literaturen. Dem entsprechend 2 £lüthe-
zeitalter der deutschen Dichtung: das erste
in die Mitte der alten Zeit, um 1200, fallend,
das andere in der 2. Hälfte des 18. Jahrh.
Weiteres über die Geschichte der Literatur
s. beifolgende Tabeüe. Vgl. die Literatur-
geschichten von Memel (2. Aufl. 1855), Ger-
vinus (4. Aufl. 1853; 5. Aufl. 1871 f.), KoberaUin
(4. Aufl. 1845-66), JEUmüller (mi), Vilmar
(4. Aufl. 1871), Wackernagel A851 f.), Kurt
(5. Aufl. 1869-70), W. Bahn (5. Aufl. 1870) ;
GMeke^ ,Grundriss zur Geschichte der deut«
sehen Dichtung', 1857 ff. ; Gruppe, ,Leben und
Werke deutscher Dichter*, 1861-68, 4 Bde.;
Hillebrand, ,Deut8che Nationalliteratur seit
Anfang des 18. Jahrh.', 2. Aufl. 1850-51;
Jul. Schmidt, ,Gesch. der deutschen Literatur
seitLessings Tod*, 5. Aufl. 1865-67; ffeUner,
«Literaturgeschichte des 18. Jahrb.*, 8; Th.
1867—70; GoUschall, ,Dle deutsche National-
literatnr im 19. Jahrh.', 2. Aufl. 1860.
Deutsches Recht, Inbegriff der Bechts-
grundsätze, welche in Deutschland entstan-
den und zur rechtlichen Geltuug gelangt
sind, im Gegensatz zum römischen imd
kanon., dem sogen, gemeinen Recht. Quel-
len: die Volksrechte der sallschen und
ripuar. Frauken, der Alemannen, Bayern,
Burgunder etc., die Kapitularien, d. i. kö-
nigliche, unter Beirath geistlicher und
weltlidier Grossen gegebene Gesetze, der
Sachsen- und der Schwabenspiegel, Stadt-
rechtsbücher etc., die Reichsgesetze, nament-
lich die goldene Bulle von 1356, die Kammer-
gerichtsordnungen von 1495 uud 1555, die
Notariatsordnung von 1502, die peiuliche
Halsgerichtsordnung von 1532, die Reichs-
polizeiordnungen von 1530, 1548 uud 1577,
der jUngste Reichsabschied von 1654, die
Beschlüsse des deutsclien Bundes etc. Ueber
deutsche Rechtsgescliichte schrieben Eich-
horn, Phillipn, Zöpfl, Walter.
DeutschkatholUfien, Religionspartei, die
1844 aus der röm.-kathol. Kirche ausschied.
Nächste Veranlassung dazu war die damalige
Ausstellung des heil. Rocks in Trier und
das von dem kathol. Priester Ronge dagegen
an den Bischof Arnoldi von Trier gelichtete
Sendschreiben vom 1. Okt. 1844. Voran-
gegangen war die Gründung einer ,chri8t-
katholischeu' Gemeinde durcli den Priester
Job. Ozerski zu Schneldemühl 22. Aug.
1844. Während dieser Lehre und Kult der
kathol. Kirche im Wesentlichen beibehielt
und nur den Gebrauch der latein. Sprache
beim Gottesdienst und die sichtbare Stell-
vertretung Gliristi auf Erden verwarf, sagte'
sich Ronge vom kathol. Glauben ganz los.
Das erste Koucil der D. 22. März 1845 zu
Leipzig erklärte die heil. Schrift für die
einzige Quelle uud Norm des christl. Glau-
bens, gab aber ihre Auslegung der vou der
christl. Idee durchdrungenen Vernunft frei.
Gegen Ende 1845 zählte man 298 deutsch-
kathol. Gemeinden in allen Gegenden
Deutschlands. Die Regierungen suchten die
Ausbreitung des Deutschkatholicismus zu
überwacheu, zu beschränken und zu hem-
men, bes. in Sachsen, Preussen, Würteni-
berg und Kurhessen. Mehr als dies aber
schadete der Sache der immer schrofi'er
werdende Gegensatz zwischen Ronge und
Ozerski. Bei dem zweiten Kondl Mai 1847
in Berlin gab sich starke Neigung zur An-
näherung oder Verbindung mit den freien
Gemeinden kund. Während der politischen
Stürme 1848 huldigten viele D., namentlich
Ronge, der demokratisch -radikalen Rich-
tung, daher die bald folgende Reaktion den
deutschkathol. Gemeinden neue Beschrän-
kungen brachte« Auf einer Versammlung
492
Deutschkrone — Beatschland.
Ton Vertretern der deutachkatiiol. qnd freie«
Gemeinden su Gotha 16. und 17. Jqni 185d
ward die vollständige Vereinigung bolder
OenoBsenschäften unter dem Namen ,Bund
fireireligiöser Gemeinden* beschlossen.
Grundsatz: freie Selbstbestimmung in allen
religiösen Angelegenheiten; Zweck: Förde-
rung des religiösen Lebens. Wahl eines
Bundesvorstands von fünf Mitgliedern,
vrelche von einer Bundesversammlung bis
isur anderen funglren. Die Zahl sämmtlicber
freireligiösen Gemeinden betrug 18&6 104.
Seitdem Abnahme infolge des Uebertritts
Vieler zur evangel. Kirche. Vgl. Kampe,
,Das Wesen des Deutschkatholicismus', 1850 ;
Dem., ,Geschichte der religiösen Bewegun-
gen der neueren Zelt*, 1852—60, 4 Bde.
Dentgchkrone (Ärents-krone, poln. Walcx),
Kreisst. im preuss. Kegbz. Marienwerder,
am Radansee, 6404 Ew.
Deutschland, das Herz- und Mittelland
Europas, umfasst im weitem (histor.-ethno-
graph.) Sinne das ausgedehnte Gebiet deut-
schen Elementes und deutscher Sprache,
das sich, zwischen dem sla vischen Osten
und dem roman. Westen des Erdtheils,
von den Alpen bis zur Kord- und Ostsee
erstreckt ; im engem (polit.) Sinne Jedoch
nur den grossem Theil dieses Gebietes
(s. unten). — Die BodengeUaltung ergibt S
Hauptformen: a) das Alpengebirgsland im
S. (deutsche Alpen. Grossglockner 12,213*
und Orteies 12,020') mit der nördl. vor-
liegenden Schwab. - bayer. Hochebene; b)
das Gebiet der deutschen Mittelgebirge, um-
fassend : das oborrhein. Bei^gland (Schwarz-
wald 4600', Vogesen 4400', Hardt 2100*, Oden-
wald 1900*, Spessart 1900', deutscher Jura
3100'), Böhmerwald 4530* mit dem bayer.
Wald 3750', mähr. Gebirge 3400', Sudeten
4600', Riesengebirge 5000', Erzgebirge 3800',
Fichtelgebirge 3800', Thürmgerwald SPIO',
Harz 3500' ; das Weserbergland (teutoburger
Wnld 1100', Solling 1600'), das hessische
Bergland (Rhön 2925', Vogelsberg 2400' etc.),
das nlederrhein. Bergland (Hansrück 2500',
Eifel 2300*, Ardennen 1800*, Taunus 2700',
Westerwald 2100*, Siebengebii-g« 1430', die
sauerländ. Gebirge 2600* etc.); c) das weite
norddeutsche Flach- und Tiefland. — Das
Flu8Mpstem D.s sehr entwickelt und zum
grössern Theil der Nord- und Ostsee (Rhein
mit Neckar, Main, Mosel etc., Ems, Weser,
Elbe mit Saale und Havel, Oder, Weichsel),
zum kleinern Thell dem schwarzen Meer
(Donausystem) und dem Adriameer (Etsch)
angehörend; dabei durch zahlr. Kanäle
(elbing-oderländ. Kanal, Bromberger-, Müll-
roser-, Flnow-, Eider-, Plauenscher- und
Maln-t>onau- oder Ludwigskanal) ergänzt
und vervollständigt. Seen: a) die nord-
deutschen (in Ostpreussen 26 Va QM. , in
Pommern 12, in der Mark lO^ia, In Mecklen-
burg 12 QM. etc., westl. der Dümmersee
und das stelnhudor Meer); b) die Seen des
Alpensystems (Boden-, Ammer-, Staren-
berger-, Chiem-, Traun-, Zirkuitzersee). —
Klima von grosser Gleichförmigkeit, im
Allgemeinen massig und gesund ; am wärm-
sten Südtirol und das Rheintlial. Der östl.
Theil D.s durch grossere Regenmenge
charakterisirt. Für Erforschung des Klimas
85 meterolog. Stationen (meist in Preussen).
Ueber die reichen mineral. Produkte and
die Boden erzeugnlsse s. unten.
In polit. Beziehung hat der Begriff und
die Ausdehnung D.s in der Neuzeit wieder-
holte Umgestaltungen erfahren. Während
das ehemal. deutsche Jieich 1786 einen Um-
fang von 12,593 QM. mit 26,265,000 Ew.
hatte, umfasste der 1815 gegründete deutsche
Bund 11,467 QM. mit (1865) 46,412,000 Ew.
Nachdem letzterer 1866 aufgelöst u. Oester-
reich, von welchem 11 Provinzen (ca. S600
QM. mit 131/a Mill. Ew.) zum Bunde gehört
hatten, aus D. ansgesclilossen, ebenso das
frühere Bundesland Luxemburg und Lim-
burg aul^egeben worden war, bestand D.
aus dem neugebildeten norddeutschen Bunde,
umfassend Preussen (incl. seiner früher nicht
zum deutschen Bunde gehörenden, alten
Prov. Preussen und Posen und der neuen
Fror. Schleswig) und die 21 nördl. vom Main
li^enden Staaten (1 Königreich: Sachsen;
4 Grosshorzogthümer: Mecklenburg-Schwe-
rin und M.-Strelitz, Oldenburg, Sachsen-
Weimar; 6 Herzogthümer: Braunschwelg,
Anhalt , S. • Meluingen , S. - Koburg - Gotha,
S. -Altonburg und Lauenburg; 7 Fürsten-
thümer: Schwarzb.-Rudolstadt u. Schwarzb.-
Sondershausen, Renss ä. L. u. Reuss J. L.,
Lippe, Waldeck, Schaumburg-Llppe ; 'S fh»i«
Städte: Hamburg, Lübeck, Bremen), nebst
der grossherz. hess. Prov. Oberhessen, 7586
QM. mit (1867) 29,974,779 Ew., einerseits und
anderseits aus den 4 tUddeutschen Steutten
Bayern, Würtemberg, Baden u. Hessen, 209S
QM. mit 8,606,743 Ew., zusammen 9629 QM.
mit 88,581,522 Ew. Beide Ländergruppen,
bisher bereits durch ein zweifaches Band,
durch den Zollverein (welchem auch Lu-
xemburg noch angehört und dem 1868 auch
Lübeck und die beiden Mecklenburg bei-
traten) und durch Schutz- und Trutzbünd-
nisse für den Kriegsfall mit einander Tor-
knüpft, sind endlich seit Jan. 1871 ver-
einigt zti einem geschlossenen Bundesstaat,
dem neuen deutschen JReich (unter Führung
des Königs von Preussen als deutschen
Kaisers), das als neu hinzugekommene Ge-
biete auch die wiedereroberfcen Provinzen
Elsass und Deutsch-Lothringen (275,4 QM.
mit 1,562,773 Ew.) umfasst und somit einen
Umfang von 9904 QM. mit 40,144,295 Ew. hat.
Bevölkerung. Die Volksdichtigkeit 1867:
4007 Ew. auf 1 QM. , im bisher. Nordbnnd
3978 (am stärksten, abgesehen von den
Hansestädten, in Sachsen mit 8905, am
schwächsten in Mecklenburg - Strelitz mit
1994), in den Südstaaten 4111 (am stärksten
in Rheinhessen mit 9390, am schwächsten
in Oberbayem mit 2657). — Der Nationalität
nach zählte man 35,6 Mill. Deutsclie und
3 Mill. Nichtdeutsche, unter letztem ca.
11,000 Wallonen (an der Grenze von Rhein-
prenssen), 144,000 Dänen (in Schleswig), im
Uebrigeu Slaven , die (bis auf 54,000 Wen-
den im Königr. Sachsen) sämmtlich dem
preuss. Staate angehören. Die Zahl der
Deutschen im übrigen Europa (ausserhalb
Deutschland.
493
D.) wird auf 18 Va Mill. gescbfttst, wovon
über 8,41 'Mill. auf Oesterreich kommen
(davon ca. 6,7 Mill. in den ehemaL deut-
scheu Bundesstaaten), 1,75 Hill, auf die
Schweiz , 650,000 auf Bussland , 194,000 auf
die Niederlande, 900,000 auf den Elsass. —
Der Konfession nach: etwa 25 Mill. Prote-
stanten und 18 lltill. Katholiken, wovon
erstere die Mehrzahl in Norddeutschland
(21 Vs Mill.), letztere in SQddeutschland
(ca. 5 Mill.) bilden ; ferner 95,000 Deutsch-
nnd Griechisch - Katholiken , Mennoniten,
Herrnhuter und and. Dissidenten (etwa
80,000 in Norddeutschtand) und nahezu Va
Mill. Juden (ca. 360,000 in Norddeutschland).
Unter den Kakrungszweigen ist die Land-
toirtksehaft am wichtigsten und allgemein-
sten verbi*eitet. Der Boden D.s im All-
gemeinen sehr fi'uchtbar aind wohlbestellt,
selbst in den sau d igen und morastigen
Gegenden vielfach urbar gemacht und
meliorirt. Das verhältulssmässig meiste
Kulturland hat Schleswig - Holstein, Posen,
die Provina Sachsen, Rheinhessen (vgl. das
Kärtchen ^Bodenkultur). Der Ertrag des
Ackerbaues ist in manchen Gegenden (z. B.
in Sachsen) für die starke Bevölkerung
nicht ausreichend, in andern dagegen (in
Schleswig - Holstein u. Mecklenburg, theil-
weise in Preussen, Schlesien, Pommern,
Westphalen, Hannover, in Bayern und
Würtemberg) weit über Bedarf, so dass an-
sehnliche Ausfahr, selbst ins Ausland Statt
findet. Jährl. Getreideproduktion 228 Mill.
Hektoliter im Werth von 594a/« Mill. Thir.,
Getreideexport 9^» Mill. Thlr.; KartoCfel-
prodnktion 204,5 Mill. Hektol. im Werth von
84 Mill. Thlr. Ausserdem baut man Han-
delsp'flauzen in Menge, namentlich Flachs
und Hanf (bes. in Hannover, Prov. Sachsen,
Hessen und- Baden), Tabak (756,000 Ctr.
Blätter, davon ^« in der Pfalz und Baden,
ausserdem am meisten in Unterfranken u.
Sachsen) und Runkelrüben (am meisten in
der Prov. Sachsen, im Zollverein 808 Fa-
briken, Verbrauch 1868: 43 Va Mill. Ctr.). -
Weinbau In grossem Umfang am Rhein, an
der Mosel, Ahr etc., in Rheinhessen, Rhein-
bayern, in Unterfranken (am Main), Baden
und Würtemberg. Weinbaufläche 38V,000
pr. Morgen, Durch Schnittsertrag 2,914,000
Eimer (vgl. das Kartchen Nuttpflanzen)}
Hopfen (204,000 Ctr., meist in Bayern).
Obstkultur bes. in Büd Westdeutschland. —
Die Forsikültitr wird rationell betrieben;
Holz in vielen Gegenden wichtiger Aus-
fuhrartikel; Waldfläche 3312 QM. (ca. 25o/o
des Areals) ; die bedeutendsten Wälder in
der Prov. Hessen-Nassau, in Thüringen und
Süddeutschlaud ; am geringsten in Holstein,
Mecklenburg und Hannover (vgl. das Kärt-
chen Bodenkultur). — Die VieJmicht in vielen
Ländern von Belang; schönes Rindvieh
bes. in den Marschländern an der Ost- und
Nordsee, in Würtemberg und den Alpen-
gegenden; treffl. Pferde in Holstein, Meck-
lenburg, Ostpreussen, Bayern und Würtem-
berg; die Schafzucht am blühendsten in
Mecklenburg, Pommern, Posen, Prov.
Sachsen , Brandenburg , Schlesien etc. ;
Schweine namentlich in Baden und Thü-
ringen, Westphalen, Sachsen etc. (vgl. das
Kärtchen Nutzüiiere). Gesammtwerth des
Viehstandes auf 974 Mill. Thlr. veranschlagt.
Im Ganzen leben in D. von derLandwirth-
sohaft 18,8 Mill. Menschen (in Bayern 65,8,
Baden 64, Preussen 48, Sachsen 33 o/o der
Bevölkeruug).
Der Bergbau und Hutlenbetrieb bes. blühend
in Preussen und Sachsen. Produkte: wenig
Gold (20 Kilogr.), Silber (Erzgebirge, Harz
und Nassau, 57,000 Kilogr.), Quecksilber
(Rheinbayern); Zinn (Erzgebirge), Kupfer
(Harz, Westphalen, Sachsen), Eisen (am
meisten gebaut und verhüttet in Rhein-
preussen und im Taunus, in Westphalen,
Schlesien, Hannover etc.); Zink (Ober-
schlesien , Rheinprovina) , Blei (Taunus,
Harz, Westphalen, Rheinprovinz, Ober-
schlesien); Steinsalz (Prov. Sachsen, Bayern,
Würtemberg, Baden), Quellsalz (Thüringen,
Prov. Sachsen, HMinover etc.); Porzellan-
erde (am besten in Sachsen und Bayern);
Steinkohlen in mächtigen Lagern (West-
phalen, Hunsrück, Schlesien, Sachsen^;
Braunkohlen (Thüringen und Sachsen);
Torf (im N.); Bernstein (Ostseeküste) ; Edel-
steine, bes. Topase, Granaten, Smaragde etc.
(Sachsen, Schlesien). Gesammtwerth der
Montanprodukte (im Zollvereinsgebiet) 1866 :
195,537,742 Thlr. (davon auf Luxemburg
1,429,951 Thlr.), wonach der Bergbau D.s
in Europa nach Grossbritannien (jährl.
Produktion ca. 230 Mill. Thlr.) die erste
Stelle einnimmt (vgl. das Kärtchen Nutzbare
Mineralien).
Die gewerbliche Industrie D.s, von Alters
her durch wichtige Erfindungen und zahlr.
Entdeckungen bewährt, hat in der Neuzeit
einen grossartigen Aufschwung genommen.
Die deutschen Ludustrieprodnkte vor andern
ausgezeichnet durch technischeVoUkommen-
heit, Zweckmässigkeit und Solidität. Das
Fabrikwesen am meisten entwickelt in der
Rlieinprovinz , in Schlesien und Sachsen ;
demnächst in Franken, Thüringen, Würtem-
berg, Westphalen, Brandenburg; am min-
desten in Mecklenburg, Schleswig -Holstein
und im aüdl> Bayern. Hauptzweige der
Industrie : Leinenwaaren (Schlesien, West-
phaleU) Sachsen), Woll- und BaumwoIlstoQ'e
(Preussen u. Sachsen), Seidenstoffe (Rhein-
preussen), Leder- und Galanteriewaaren
(Rheinpreussen, Hanau), Eisen- und Stahl-
waaren (Preussen) , ^Porzellan (Sachsen,
Preussen), Papierwaaren(Preus8en, Sachsen),
Glas (Preussen), Gold- und Silberwaaren
(Berlin, Hanau), Holzwaaren und Spielzeug
(Bayern , Sachsen) , Chemikalien (Bayern,
Sachsen, Baden, Preussen), Uhren (Baden),
Chirurg., musik. und optische Insümmeute
(Nürnberg, München), Kurzwaaren, Blei-
stifte und Lebkuchen (Nürnberg), Zucker
(Prov. Sachsen, Anhalt, Braunschweig),
Tabak (Bremen, Hamburg), Bier (Bayern),
Branntwein (im NO.); dazu zahlr. Eisen-
und Stahlfabriken, Eisen-, Kupfer- u. Stalil-
hämmer, Strohhut- u. Blumenfabriken etc.
Neuerdings auch bedeutender Au&chwnng
der Kunstgewerbe.
494
Deutschland.
Der Hemdd, schon im Mittelalter mfichtig
entwickelt, wird durch den Zollverein, wie
anderseits durch 60 schiffbare Flüsse,
durch Kanfile (110 M .), Kunststrassen (über
6000 M.) und ein sich stets erweiterndes
Eisenbahnnetz (Okt. 1870: 2499 M.) wesent-
lich gefordert, wie nicht minder durch
Banken, Assekurans- und Kreditanstalten,
xahlr. Börsen (bes. Berlin, Frankfhrt a/Bf.,
Hamburg, Bremen, Leipsig, Stuttgart) und
besuchte Messen (Leipzig, Frankfurt a/M.
und Frankfurt a^'O.) unterstützt. Er ist
Torherrschend Landhandel, Seine Haupt-
mittelpunkte im N. : Berlin, Breslau, Frank*
fort a/0. , Leipzig, Frankfurt a/M., Magde-
burg, Hannorer, Kassel, Düsseldorf, Köln;
im S. Augsburg, Nürnberg und Fürth,
Bamberg, Würzbnrg, Stuttgart, Kannstadt,
Heilbronn, Karlsruhe, Pforzheim , Mainz u.
Offenbach. Aber auch der Seehandel sehr
bedeutend, am gjossartigsten betrieben von
Hamburg und Bremen ^^nächstdem von
Altena, Lübeck, Kiel, Wismar, Rostock,
Stralsund, Stettin, Danzig und Königsberg.
Die deutsche Handehßoite, an Tonnengehalt
die 8. der Welt, zählte Ende 1868: 5057
Segelschiffe mit 1.816,374 Tonnen und 153
Dampfer (davon 108 Schraubendampfer) mit
90,402 Tonnen. Nettoeinnahme des Zollver-
eins (aus den Eingangszöllen und Ausgangs-
abgaben) 1869: 23,118,313 Thlr. Werth der
Einfuhr ca. 500, der der Ausfuhr 430 Mni.
Thlr.; sehr lebhaft auch der Transithandel.
Sechnung: in Norddeutschland fast durch-
aus nach Tlialem, in Süddeutschland nach
rh. Gulden. Landesgewicht (ausser Bayern)
das Zollpfund ä ^k Kilogr. (25 bayer. Pfd.
=: 28 Zollpfd.); mit Jan. 1872 obligatorische
Einführung des metrisdien Mass- und Oe-
wichtssystems. Umlaufendes Staatspapier-
geld 1^: in den norddeutschen Staaten
36,310,281, in Süddeutschland 16,457,100
Thlr,, Privatbankscheine 228,902,619 Thlr.;
im Ganzen 281,670,000 Thlr. (bei einem Baar-
vorrath der Banken von ca. 128 Mill. Thlr.).
An geUtiger Bildung stehen die Deutschen
keinem Volke nach. Regste Pflege des
Volksunterrichts durch Elementarschulen;
neben letztem bestehen zahlr. hOhere Bür-
ger-, Gewerbs- und Realschulen; für den
höhern technischen Unterricht 7 polytechn.
, Lehranstalten (Berlin , Hannover , Braun-
schweig , Dresden , München , Stuttgart,
Karlsruhe); für den gelehrten Unterricht
über 870 Gymnasien und Lyoeen, ausser
vielen latein. und andern gelehrten Schu-
len ; für d|e höhere Wissenschaft!. Bildung
21 Universitäten (davon 14 in Nord-, 6 in Süd-
deutschland, nebst Strassburg); ausserdem
Specialleliranstalten aller Art, als Bergaka-
demien (Berlin, Klausthal, Freiberg i. S.),
landwirthschaftl. Lehranstalten (92, ber. die
KU Eldena bei Greifswald, Proskau in Schle-
sien, Poppeisdorf bei Bonn, Göttlngen-
Weende, Hohenheim bei Stuttgart, Weihen-
stephan bei Landshut), höhere Forstanstal-
ten (Neustadt-Ebers walde, Münden,Tharand,
Aschaffenburg) , Kunstakademien (Berlin,
Düsseldorf, Dresden , Kassel , München),
Kriegsakademien (Berlin, München) und
Kriegsschulen, 1 Marineschule (Kiel), Aka-
demien der Wissenschaften, Konservatorien
der Musik etc.
D. bildet seit 1. Jan. 1871 unter dem Namen
Deutsches JReich einen unter Oberleitung
des deutschen Kaisers (Königs von Preussen)
stehenden Bundesstaat (s. oben), der im
Wesentlichen die 'Verfassung des bisher,
norddeutschen Bundes hat, jedoch nicht
ohne Abänderungen zu Gunsten der Selbstän-
digkeit Bayerns (s. unten, Geschichte). Nach
derselben übt der Bund das Recht der Ge-
setzgebung aus, und zwar in der Art, dass
die Bundesgesetze den Landesgesetxen vor-
gehen. Der Fürsorge dieser Bundesgesetz-
gebung sind hauptsächlich zugewiesen die
Förderung der gemeinsamen materiellen
Interessen, gemeinschaftl. Justizpflege, so-
weit dieselbe für die allgemeinen und Ver-
kehrsverhältnisse* erforderlich ist, sowie
eine starke Wehrhaftigkeit durch ein ein-
heitliches Heer und eine einheitliche Kriegs-
marine. Die Gesetzgebung wird ausgeübt
durch den Bundesrath und den Reichstag,
welche beide in Berlin tagen. Der Bundes-
rath, in welchem die Krone Preussens das
Präsidium hat und über 17 Stimmen ver-
fügt, während die übrigen Staaten zusammen
41 Stimmen fähren (Bayern 6, Sachsen und
Würtemberg Je 4 , Baden und Hessen je 8,
Mecklenburg -Schwerin und Braunschweig
je 2, alle übrigen Je 1), wird durch Bevoll-
mächtigte der Regierungen gebildet; den
Vorsitz und die Leitung führt der Bundes-
kanzler, der vom Präsidium ernannt wird.
Ein bes. Ausschuss besfeht im Bundesrath
aus den Bevollmächtigten Bayerns, Sachsens
und Würtembergs,unter dem Vorsitz Bayerns,
für die auswärtigen Angelegenheiten. Den
Reichstag bilden Abgeordnete der einselnen
Staaten, gewählt durch direkte Wahl mit
geheimer Abstimmung (für je 100,000 Seelen
eineY). — Finanxen. Einnahmen des nord-
deutschen Bundes 1870: 76,507,719, Ausgaben
76,732,133 Thlr. Deficit 224,414 Thlr.; im
Uebrigen s. die einzelnen Länder. — Die
Arme« des deutschen Bundes, an dessen
Spitze der deutsche Kaiser als Bundesfeld-
herr steht, umfasst einerseits das bisherige
norddeutsche Bandesheer, anderseits die
schon vorher durch Verträge mit Jenem ver-
bundenen Heere der süddeutschen Staaten.
Allgemeine Weh'Vpflicht überall durchge-
führt, Stellvertretung gänzlich ausgeschlos-
sen. Stärke des bisherigen norddeutschen
Heeres, aus Linie, Reserve und Landwehr
zusammengesetzt (mit Je 8-, 4- und 5jfthr.
Dienstzeit):
im Frieden: im Krieg:
Feldarmee .... 285,551 M., 511,826 M.,
Reserve .... — - 180,672 -
Besatzungstruppen 18,86& - 265,039 -
Total (incl. der Olliziere, Gendarmerie etc.):
315,786 M. im Frieden, 977,262 M. im Krieg.
Die Friedens- und Kriegsstärke der Armeen
der süddeutschen Staaten belauft sich auf
ca. 88,900 und 228,700 M., so dass das Reich im
Kriegsfalle über ca. 1,206,000 M. vei*fügt. —
Festungen und befest. Plätze im norddeut-
schen Bunde 34 (82 In Preussen, 2 In Sach«
Deutschland.
495
Sfttk), in Sliddeuiscliliuid 6 (damtiter Mainz
mit prensa.. Besatzung seit 1866, während
dtLB BesatEungsrecht Preussens in Luxemburg
seit Jfal 1867 aufgegeben worden ist) ; dazu
noch die neugewonnenen Festungen Metz,
Diedenhofen, Strassburg, Sohlettstadt, Neu-
breisach, Bltsch und einige kleinere feste
Plätze in Elsass und Lothringen. — Die
Kriegsmarine (seit 1867 gleichfalls eine ein-
heitliche unter dem Oberbefehl Preussens)
umfasste zu Anfang 1870 im Ganzen 81
Kriegsschiffe, näml. Schraubendampfer mit
8466 Pferdekraft, 86,562 Tonnen und 320 Ge-
schützen (darunter die 3 gr. Panzerschiffe
,König Wilhelm*, ,Friedrich Karl', ,Kron-
prinz*), 7 Segelsohiffe mit 5863 Tonn, und
160 Geschützen und eine Buderflottille von
36 Fahrzeugen mit 68 Geschützen. Flagge
(seit 1867) schwarz -roth- weiss.
Vgl. Hoffnumn , ,D. und seine Bewohner',
1834 f., 4 Bde.; Boden, ,D. und das übrige
Europa*, 1854; Winderloh, ,Da8 deutsche
Land und seine Einwohner*, 2. Aufl. 1852;
BrachOli, »Deutsche Staatenkunde*, 1856—57 ;
die geograph. Handbucher Ton Wappäus,
V. Elöden, Danieln, A. ; Viebakn, .Statistik des
zollvereinten D.*, 1858—62; Bavenstein, ,Spe-
cialatlas Ton D.', 1870, 12 Bl.; StieUr, ,At-
las von D.*, 1836-65, 25 Bl.
00»ehie1U«» Ueber die alten deutschen
Yolksstämme und deren Geschichte s. 6er-
numen. Das deuieehe Beich entstand in-
folge der Theilnng des Beichs Karls d. Gr.
im Vertrag von Verdun (843). Ludwig der
Deutgehe (843 — 876) ward Herrscherin D.,
damals Ostfrtmken genannt, im Gtegen-
satz zu We$t/ranken (Frankreich^. Seine
Söhne theilen das Beich, so dass Ludwig
Franken, Sachsen und Thüringen, Karl-
mann. Bayern und Karl (der Dicke) Ale-
mannien erhält. Letzterer vereinigt nach
dem Ableben seiner Bruder (880 und 882)
Ostfranken wieder und herrscht auch über
Westfranken, wird 687 abgesetzt, worauf
io D. Amttlf, Herzog von Kämthen, der
nnebenbürtigeSohh Karlmanns, folgt (887—
8^. Mit- seinem' Sohne, Ludwig dem Kinde
(899—911) , stirbt das Geschlecht der Karo-
linger in D. ans. Innere Zerrüttung; ver-
heerende Raubzüge der Ungarn. Konrad J,
von Franken (911 — 918) erster deutscher
Wahlkönig.
L I>(M deutsöhe Kaiserreich, Säehaische
KaUer (919 — 1024). HeinHch L (919 — 986)
eigentlicher Gründer eines selbständigen
deutschen Reichs. Sein Sohn Otto I. (936—
978) bringt 951 die lombard. Krone und 962
die Kaiserkrone an das Reich. Otto II.
(973—963) und Otto III. (983—1002) suchen
den Schwerpunkt ihrer Macht mehr in
Italien als in D. unter BeinHch IL (1002—
1024) Emporkommen der fürstl. Aristokratie.
Fränldiche oder ealieohe JTaitfsr (1064— 1125).
Konrad IL (1024-39) sucht die königl. Ge-
walt durch Einschränkung der herzoglichen
0U heben, vereinigt Burgund mit dem deut-
schen Reiche. Erblichkeit der Lehen. Hein-
rieh III. (1039-56) , im Besitz der herzog!.
Gewalt über Bayern , Schwaben und Fran-
keD| wird nur durch fifühzeitigen Tod daran
verhindert, D. in ein erbliches und einheit-
liches Reich EU verwandeln. Heinrich IV.
(1056—1106) kämpft vergeblich gegen geistl.
und weltl. Aristokratie und gegen die
päpstliche Hierarchie. Heinrich V. (1106—
1125), rücksichtsloser Verfechter der Politik
seines Hauses , legt den Investiturstreit
mit der Kirche durch das toormser Konkordat
(1122) bei. — Lothar IL (1125-37) von
Sachsen bezeigt sich den Fürsten und der
Hierarchie gegenüber nachgiebig. 'Seine
Tochter, mit dem Weifenherzog Heinrich
dem. Stolzen von Bayern vermählt, bringt
diesem das Herzogthum Sachsen zu.
Hohenataußeehe Kaiser (1138—1354). Kon-
rad IIL (1138—52) sucht die Macht der
Weifen durch Entziehung des Herzogthums
Bayern zu schwächen, die königl. Autorität
im Innern herzustellen. Friedrich L (1152—
1190) bemüht sich um Herstellung der
kaiserL Macht in Italien (1154—76)» bricht
die Macht des Weifen Heinrich des Löwen,
erwirbt seinem Hause durch Vermählung
seines Sohnes Heinrich mit der Erbin Kon-
stanze Neapel und Sicilien. Heinrich VL
(1190—97) hegt den Plan, die Krone von
Sicilien, sowie die von D. durch Vertrag
erblich eu machen und die Kirbhe in die
frühere Abhängigkeit von der weltl. Macht
zurückzubringen, wird durch frühzeitigen
Tod daran verhindert. Darauf Doppelwahl,
indem die hohenstauf. Partei Heinrichs VI.
Bruder, I%ilipp von Schteaben (1197—1208),
die weifische Otto IV. von Braunschweig
(1197 — 1218) wählt. Erschütterung der
königl. Macht durch den Krieg zwischen
beiden; hierarchische Prätensionen Roms.
Papst Innocenz HI. stellt Friedrich von
Sicilien, den Sohn Heinrichs VI., als Gegen-
könig Ottos auf. Friedrich IL (1212-50)
wird durch sein Streben nach der Herr-
schaft über Italien mit der röm. Hierarchie
in erbitterten Kampf verwickelt. Die innere
Zerrüttung in D. ist dem Streben der Für-
sten nach Selbständigkeit förderlich. Innere
Fehden. Ketzergerichte. Konrad IV. (1250—
1254) machtlos. Gegenkönige Heinrich Raspe
von Thüringen und Wilhelm von Holland
(1247 — 56). Scheinkönige Alfons X. von
Kastilien und Richard von Oomwallis (seit
1257). Infolge des Siegs der landesfürstl.
Gewalten über die Kroi|e Auflösung des
Kaiserreichs in eine lockere Verbindung
fürstlicher, ritterschafUicher u. städtischei*
Binzelgewalten. Interr^num; faustrecht-
liche Anarchie.
n. Arietohrftt»- korporative Meiehe-
verfaeeung, Budolf von HabAwrg (1273—91)
lässt die ital. und kirchl. Angelegenheiten
bei Seite, stellt Gesetz und Ordnung im
Innern her, erwirbt Oesterreich, Steier-
mark, Kämthen und Krain als Hausmacht.
Adolf» vonNauau (1291— 98). Versuch zu Er-
werbung einer solchen misslingt. Alhreeht I.
(1298—1308) nur auf Vergrösserung seiner
JSrblande bedacht. Heinrich VIL von Luxem-
burg (1308—13) erwirbt seinem Hanse Böh-
men, sucht die kaiserl. Macht in Italien
wieder herzustellen. Darauf Doppel wähl:
Ludwig IV, von Bayern (1318—47) von der
496
Deutschland.
iQZembnrg. , Friedrich TU, von Oe^err^h
(ISIS— 29) yoQ der habsburg. Partei als
Kaiser aafgestoUt. Papst Johann XX».
masst sich eine schledsriohterliobe Gewalt
über die deutsche Krone an; dem gegen-
über lehnen die Kurfürsten Im Kurverein
von Ben»e (1836) jede päpstliche Sinmischnng
in die Kaiserwahl ab. Ladwigs rücksichts-
loses Streben nach Brveitemng seiner
Hausmacht veranlasst die Wahl Karls Yon
Mähren als Oegenkönigs (1S46). Die An-
hänger Lndwfgs wählen nach dessen Tode
den Grafen Günther von SchwcsrAurg , der
1349 durch Vertrag isnrücktritt. KaH IV,
(1349—78), mehr für sein Brbland Böhmen
als für das Reich besorgt, ertheilt durch
die goldene BuHe (1356) den sieben Kur-
fürsten von Mainz, Trier, Köln, Böhmen,
Pfalz, Sachsen und Brandenburg die Be-
fngniss der ansschliesalichen Königswahl;
seitdem bilden dieselben eine geschlossen»,
über die übrigen Fürsten und dem Kaiser
fitflt gleichgestellte Oligarchie. Wenaie
(1978—1400) Unthätigkeit bei der allgemeinen
Verwirrung veranlasst die rhetn. u. schwä-
bischen Städte SU Bündnissen; letztere
unterliegen der fürstl. Macht gegenüber bei
Böfßngen (1388). Huprecht von der Ffah
(1400—10) sucht rergeblich den Frieden im
Reich hereustellen. Sigmund (1410— S7) be-
endigt das kirchl. Schisma durch das Kon-
cil zu Konstanz (1414), wird in den HuMiten-
krieg (1419—33) verwickelt. Das Koncil zu
Basel (seit 1431) nimmt die Kirchenreform
wieder auf, die aber nach Albrechts Tl.
(1488 — 39) fl-ühem Tode an der Neutralität
der Kurfürsten und an Friedrich» IV, (ÜI.,
1440 — 93) Indolenz scheitert. Die triener
(atohaffenburger) Konkordate (17. Febr. 1448)
berauben die deutsche Kirche grösstentheils
der bisher errungenen Rechte und sank-
tioniren die päpstl. Uebei;griffe. Die Er-
hebung Maximilians zum röm. König (1486)
fördert die bisher fruchtlosen Verhandlun-
gen über den Landfrieden, zu dessen Anf-
rechterhaltung der 9chii}äbi8ehe £imd ab-
geschlossen wird. Polit. Reformpläne, mft
denen sich die Reichstage seit 1487 beschäf-
tigen, scheitern an dem Widerstände des
Kaisers. 3faximilian I. (1493 — 1519) ver-
kündigt auf dem Reichstag zu Worms (1495)
den ^ewigen Landfrieden' und setzt zu dessen
Handhabung das Reiehtkamtnergericht ein.
Auf dem Reichstag zu AngsbnTg (150O) wird
ein permanentes Reichtiregiment Icreirt, das
aber schon 1502 sich wieder auflöst, da der
Kaiser sich gegen die neuen reichsstfind.
Institutionen als Beschränkung seiner Ge-
walt föindllch verhält. Der hayer, - pfähs.
Erbfolgeetreit (1503 und 1504) wird mit den
Waffen entschieden. Auf dem Reichstag zu
Köln (1512) wird das Reich zu Handhabung
des LAndfHedens in 10 Speise eingetheilt.
Anfang der Beformation (s. d.) 81. Okt. 1517.
Karl V, (1519—56), der Erbe der deutsch-
habsbnrg., burgund. n. span.-italien. Lande,
verpflichtet sich durch Waliikapltulation
zu Ausführung der unter Maximilian be-
gonnenen Relohsverfassungsreformen, wird
über durch auswärtige Angelegenheiten
(Kriege mit Frankreich 1521-26, 1586—29,
1536—38, 1543 und 1544) davon abgezogen
nnd übeii^bt die Leitung der Dinge in D.
seinem 1532 zun röm. König erwählten
Bruder Ferdinand. Karl V. besiegt den
sehmalkald. Bund (1547), wird durch Morits
von Sachsen zum Abschlnss des Vertrags
von Passan (1552) genöthigt. Verlust der
lothring. Bisthümer Metk, Toul nnd Verdun
an Frankreich. Der augaburger Beligiona-
friede (1555) gewährt den Anhängern der
angsbnrg. Konfession fireie Religionsfibang.
Ferdinand I. (1556—64) ertiält trota des ge-
spannten Verhältnisses zwischen Katholiken
und Protestanten nnd der Umtriebe der
Jesuiten den Frieden; desgl. JfaxMnt^ioM J/.
(1564—76). Ausbreitung des Protestantismus
in Oesterreich nnd Böhmen. Rudeif IT.
(1576—1612) lässt der Jesuitischen Agitation
zu gewaltsamer Oegeureformation freien
Spielraum. Protestant. Fürsten treten Knr
Union (1606), katholische unter Maximilian
von Bayern zur Inga (1609) zfeuiammeo.
Rudolf gewährt den Böhmen durch den
Majest&tsbrief (1609) freie Religionsubnng.
MaUhifU (1612—19) verletzt den Mi^estftts-
brief und g^bt dadurch den äusseren An-
stoss zum dreissigjährigen Krieg (B. d.).
Ferdinand II. (1619—37) erlässt nach Be-
zwingung der Führer der Protestanten in
Böhmen und D. das Betlituiioneediki (1629),
wird durch Gustav Adolfs von Schweden
Siege (1630 — 32) nm alle seSne bisherigen
Erfolge gebracht. Schwedens und Frank-
reichs Einmischung verlängern den Krieg.
Ferdinand» III, (1637—57) Friedenweranche
zu Regensbnrg eind fruchtlos.
Durch den weHphaiiichetn Frieden (1648)
sinkt die einheitliche Autorität des Kalaer-
thums aur leeren Form herab, indem die
landesfürstliohe Gewalt von ihren letston
Schranken befrMt nnd das Reich in einen
lockern Staatenbund verwandelt wird. 17.
Mai 1654 letzter Reichsabsehied ; seit 1663
"perpehtirlicher Reioh^ag zu Regeuabur];,
Vertretung der Fürsten durch At^^eordnet.*;
die kaiserl. Re^^ieru]^ auf die österr. Erb-
lande beschränkt, wird dem Reiche mehr
nnd mehr entfremdet; wogegen der Einfluss
des Auslandes, beb. Frankreichs , grösser
und verderblicher wird. Leopold I. (1658—
1705) beharrt während der Eroberungskriege
FraukreichB gegen Spanien (^666— 68) und
Holland (1672— 79)inThaUosigkeit. Friodricli
Wilhelm von Brandenburg B<äilägt die mit
Frankreich verbündeten Schweden bei Fehr-
bellin (1675), wird aber durch die erbärm-
liche Politik der deutschen Fürsten nm die
Frfichte seines Siegs gebntcht. Friede- von
Nymwegen (1678). Ludwigs XTV. von Frank-
reich Reunionen berauben das Reich (Strasa-
bürg 1681 firanzöstsch). Erst Ludwigs Prä-
tensionen nach Ausstarben der pfalz-sim-
mernschen Linie (1685) nnd die Verheerung
der Pfalz durch die Franzosen (1689) ver-
anlasst eine Koalition gegen Frankreich,
deren Hauptstütze Wilhelm IH. von Eng-
land ist. Im Frieden von By$ioiße (1697)
muss Ludwig seine durch Krieg nnd Re-
luionen gemachten Erobernngen, mit Aus«
Deutschland.
497
nähme Straasbnrgs und der übrigen olsaisi-
sehen Besirke, herausgeben, aber die rya-
toijker EUauel, wonach die kathol. Religion
in den restitiürten Orten in dem Ztistande
bleiben noli, worin sie sich beim Friedens-
schlüsse befinden, eröffnet den Jesuiten
ein nenes Feld für ihre Machinationen und
ruft neue konfessionelle Händel herror
(gewaltsames Verfahren der neuen pfälz.
KurfursteuHuie gegen die protest. Bevölke-
rung der Pfalz). Der tpan. Erbfolgekrieg
(1700-14) bricht Ludwigs XIV. Macht, aber
Josephs I. (1705 — 11) Tod, der die Krone
an dessen Bruder Karl VI. (1711 — 40), den
Span. Kronprätendenten, bringt, hat zur
Folge, dass das Kelch im Frieden von
Baden (1714) keine Entschädigung für seine
Verluste erhält. Die fortdauernde Schwäche
des Reichs zeigt sich in den Kämpfen
gegen die Türken, sowie im Krieg mit
Frankreich (1733 — 95). Einreissen des
monarchischen Absolutismus, des Günst-
Hngs- u. Mätressenunwesens an den meisten
deutschen Höfen, von denen nur der von
Preussen, seit 1701 Königreich, eine rühm-
liche Ausnahme macht.
Das Erlöschen des habsburg. Manns-
Stammes (1740) veranlasst den Saterreich.
Erbfolgekrieg (1740 — 48), indem die von
Sachsen u. Bayern erhobenen Erbansprüche
yon Frankreich zur Schwächung der Macht
Oesterreichs benützt werden. Der Kurfürst
Karl Albert von Bayern durdi franz. Pro-
tektion als Karl VII. (1742—45) zum Kaiser
erwählt. Der Friede von Aachen (1748)
bringt für Oesterreich, abgesehen von dem
Verlust Schlesiens an Preussen, keine Ein-
busse. Franäl. (1745—65) Gemahlin, Maria
Theregid, sucht die Österreich. Laude auf
Grund der pragmat. Sanktion zu einer
festeren Einheit zu briugen und Preussen
zu seiner früheren Machtlosigkeit hei*ab-
zndrücken, was zum riebenjährigen Krieg
(1756—63) führt, in welchem Preussen, nur
vou England unterstützt, den Kampf gegen
Oesterreich, Frankreich, Russland und das
deutsche Reich glücklich besteht, und in-
folge dessen Oesterreichs Ansehn und Ein-
flnss in D. wesentlich geschwächt, Preussen
dagegen, durch treffliche finanzielle und
militärische Organisation unter dem auf-
geklärten Absolutismus Friedrichs U. zum
Mustorstaat erhoben, leitende Macht in
dem zci*faIlcudon Reiche v^rd. Beginn der
Rivalität zwischen Oesterreich u. Preussen.
Joeeph II. (1765 — 90) sucht vergeblich das
kaiserl. Ausehn in D. herzustellen, bean-
spraclit nach dem Aussterben der jüngeren
wlttelsbachsclrvn Linie (1777) einen Theil
Bayerns, begnügt sich aber im Frieden von
Tetchen (177ü) mit dem Innviertel. Seinem
Plane eines Ländertansches mit Karl Theo-
dor von Pfalz - Bayern tritt Friedrich II.
dnrch Stiftung des FtirtterAun des (17^), der
ersten Andeutung einer engeren Vereinigung
deutscher Territorien unter Preassens Füh-
rung, entgegen.
Die Ausschreitungen der ftranz. Revolu-
tion veranlassen die deutschen Grossmächte
jtQ einem Invasionskrieg gegen l^aoHreicht
Meyen ff<i7id- Lcxüvnt
Nach Kaiser Leopolds II, (1790—92) frühem
Ableben verbindet sich Frang II. (1792 —
1806) mit FriedHch Wilhelm II. (1786-97)
von Preussen zu Unterdrückung der Revo-
lution , aber die Rivalität zwischen beiden
Mächten vereitelt in dem ersten Feldzuge
(1792) wie in den folgenden jeden Erfolg.
Preussen söhnt sich im Separatfrieden von
Bawl (1795) mit der franz. Republik aus,
welchem Beispiel kleinere Fürsten und.
nach fruchtlosen Kämpfen in Italien und
D., auch Oesterreich im Frieden von Oampo-
Formio (1797) folgen. Der Friedenskongresa
SU £€Utadl zeigt D. innerlich zerrissen und
von fremdem Einfluss beherrscht. Nach
einem zweiten, von Oesterreich im Bunde
mit Russland und England gegen Frank-
reich erfolglos geführten Krieg (1798—1801)
beraubt der Friede von Luneville D. der
linksrheinischen Lande. Der Heichsdeputa-
tionahauptachluas (s. d.) vom 25. Febr. 1803
beseitigt das Kaiserthum thatsächlich und
macht das südl. und westl. D. von Frank-
reich abhängig. Auch der dritte Krieg des
wieder mit Russland und England ver-
bündeten Oesterreichs gegen Frankreich
(1805) endet unglücklich, und der Friede
von Pretsburg (Dec. 1805) vergrössert Bayern,
Würtemberg und Baden auf Kosten Oester-
reichs. Der 12. Juli 1806 errichtete JShein-
bund macht die süd- und westdeutschen
Fürsten zu Frankreichs Vasallen und voll-
endet die Auflösung des Reichs. Preussens
verspätete Erhebung gegen die napoleon.
Herrschaft hat im Frieden von Tilsit (Juli
1807) den Verlust der Hälfte seiner Länder,
Oesterreichs vierter Krieg aber im Frieden
von Wien (Okt. 1809) die Vergrösserung des
Rheinbunds und abermalige Schwächung
Oesterreichs zur Folge. 1810 wird die
ganze deutsche Nordseeküste durch Napo-
leons Machtgobot zu Frankreich geschlagen.
Erst der russiscJi-dentscJiC Krieg von 1812—
1815 bricht die Uebormacht Frankreichs,
welches in den beiden pariser Friedens-
schlüssen (1814 und 1815) die seit 1792 von
D. abgerissenen Länder herausgeben muss.
III. D, als Staatenbund, Die Errichtung
des deutschen Bundes (8. Juni 1815) befriedigt
die bereclitigten Erwartungen der deutschen
Nation nicht, zumal da mit der Restauration
der alten Autoritäten diejenige alter Miss-
brauche verknüpft ist und die gemachten
freilieitlichen Verheissungeu nur spärlich
oder nicht erfüllt werden. Mehrere deutsche
Territorien erhalten konstitutionelle Ver-
fassungen, Nassau 1815, Sachsen - Weimar
1816, Bayern 1818, Baden und Würtembei^
1819. Die karl^ader Beschlüsse (s. d.) vom
20. Sopt. 1819 erklären dem Konstitntiona-
lismns den Krieg und die Central - ühter-
suchungskomtniasion zu Mainz verfolgt die
angeblichen demagog. Umtriebe. Die Bundes-
akte durch die wiener Bchlussakte vom 8.
Juni 1820 ergänzt. Der Bundestag seitdem
der willenlose Vertreter der reaktionären
Bestrebungen des Österreich. Kabinets (Met-
ternich). Erst die franz. Julirevolutidn vT^u
1830 weckt den Oeltt der Opposition im
VolK^f {n|bl{;e 4fiTon erhalten Kurhesse^^
33.
496
Deutschland.
Brttunschweig, Hannover nnd Sachsen Re-
präsentativverfassungen, vrährend iu an-
dern Staaten die Censur aufgehoben und
die Gesetzgebung in liberalem Sinne refor-
mlrt wird. Seit 18S2 aber werden die ge-
machten Eoucessionen durch Bundesbe-
schlüsse wieder aufgehoben, u. dieHlnister-
konfdrenzen bu Wien (1834) bezwecken
direkte Abschwächuug der Bepräsentativ-
verfassungen. Der Bundestag, zum Schutz
der 1837 vom König Ertist August einseitig
aufgehobenen Verfassung angerufen, er-
klärt sich für inkompetent. Errichtung des
preuatisch-deutschen Zollverein» (1. Jan. 1834),
dem sämmtliche mittel- und süddeutsche
Staaten beitreten. Die Kriegs- und Er-
oberungsgelüste Frankreichs, 1840 durch
das Ministerium Thiers heraufbeschworen,
begegnen einem entwickelten National -
bewnsstsein. Die Thronbesteigung Friedrich
Wilhelms IV. von Preussen (1840) und die
versöhnliche Bichtung der neuen Beglerung
err«'gt Hoffnungen, welche zwar fürerst
unerfüllt bleiben, aber das polit. Stillleben
in Preussen und D. stören (s. Freu$sen,
Gesch.). Konstitutionelle Opposition in
Bayern , Baden , beiden Hessen etc. Die
Ausstullung des Bockes Chri.sti ruft die
deutschkatholische Bewegung hervor. Der
,oifene Brief* Christians VIII. von Dänemark
(8. Juli 1846) vereinigt alle Parteien iu D.
zur Abwehr der dän. Usurpation von
Schleswig - Holstein. Das preuss. Ver-
fassungspatent vom 3. Febr. 1847 und die
Eröffnung des vereinigten Landtags (11.
April) lassen die lang genährten Hoffnun-
gen auf endliche Erfüllung der 1815 u. 1820
gemachten Verheissungen einer Volks-
repräsentation unbefriedigt. Erst die durch
die pariser Februarrevolution von 1848 her-
vorgerufene allgemeine Aufregung, der die
Kegierungen der kleiueren Staaten sofort
mit Zusageu (Pressfreiheit, Schwurgerichte,
Volksbewaffnung, Nationalvertretung) nach-
geben, bringt in den beiden deutschen
Grossstaaten die Krisis zum Ausbruch und
bahnt die nationale Beform der Bundes-
verfassung an. 31. März bis 3. April Ver-
handlungen des deutschen Vorparlaments zu
Frankfurt; Aufnahme Schleswigs, Ost- und
Westpreussens in den deutschen Bund; 2.
April Aufhebung der früheren Ausnahmebe-
schlüsse durch den Bundestag. Der 4. ApHI
zusammengetretene Fünfzigeraustchues soll
die Vollziehung der Beschlüsse des Vorparla-
ments in Betreff der Wahlen zum Parlament
sichern. Der von Vertrauensmännern ge-
machte sog. ßid>zehnerentwurf, der Bundes-
versammlung 26. April übeiTeicht, schlägt
einen erblichen Kaiser, ein aus den regie-
renden Fürsten und Vertretern der einzel-
nen Staaten bestehendes Oberhaus und ein
aus gewählten Abgeordneten gebildetes
Unterhaus, sowie ein oberstes Reichsgericht
vor. Die 18. Mai zusammengetretene deulBche
üationalversammlung wählt 29. Mai den Erz-
herzog Johann von Oesterreich zum Reichs-
vervoeser und erklärt durch. Gesetz vom 28.
Juni den Bundestag für aufgelöst. Erstes
Jteichsministerium: Schmerling, Peucker,
Heckscher, eingesetzt 18. Juli, modificirt
9. Aug.: Fürst Leiningen Präsident, Heck-
scher mit M. von Gagern und Biegeleben
als Unterstaatssekretären Auswärtiges;
Schmerllug mit Bassermann und Würth
als Unterstaatssekretären Inneres; Becke-
rath mit Mathy als Unterstaatssekretär
Finanzen; Duckwitz mit Mevissen und
Fallati als Unterstaatssekretären Handel;
R. Mohl mit Wiedenmann als Unterstaata-
sekretär Justiz; Peucker Krieg. Während
sich die Nationalversammlung in die lang-
wierige Berathung der Grundrechte ver-
tieft, entbrennt ausserhalb und danu anch
innerhalb derselben der Kampf zwischen
konstitutionellen und'republikan. Parteien.
Revolutionäre Gähi'ung in Oesterreich und
in Preussen. Die Verhandlungen über den
von Preussen mit Dänemark 26. Aug. ab-
geschlosseuen Waffenstillstand von Malmö
(s. Schleswig - Holstein) regen die I'artei-
leidenschaften aufs Aeusserste anf, nnd die
Annahme des Vorschlags, »dass der Waffen-
stillstand anerkannt, aber die Central-
gewalt aufgefordert werden solle, über die
nothwendigen Modifikationen des Vertrags
Einleitung zu treffen' (16. Sept.), fllhrt 18.
Sept. in Frankfurt zum Aufstand , der aber
unterdrückt wird, ebenso wie die republikan.
Schilderhebung Strnves im bad. Oberland.
Der Sieg der Contrerevolution in Oesterreich
(31. Okt.) und Preussen (Nov.) enthüHt die
faktische Machtlosigkeit des Parlaments,
wo nach beendigter Berathung der 28. Dec.
als Reichsgesetz verkündigten Grundrechte
die Verfassung debattirt wird. Infolge
der Alternative, entweder die bundesstaat-
liche Verfassung D.s, wie sie iu einselnen
Beschlüssen vorbereitet worden, modiflciren
oder Oesterreich davon ausschliessen zu
müssen, scheiden Schmerling und Würth
aus dem Reichsministerium aus nnd tritt
H. von Gagem an des ersteren Stelle. Sein
Programm: Ausschluss Oesterreichs aus
dem zu - gründenden Bundesstaate, aber
Union sverhältniss desselben zu D. mittelst
besonderer Akte, buudesstaatliche Einheit
D.s mit erblicher Oberhauptswürde, wird
13. Jan. 1849 mit 261 gegen 224 Stimmen,
der Antrag, die Würde des Reich soberlianpts
einem der regierenden deutschen Fürsten
zu übertragen, 19. Jan. mif 258 gegen 211
Stimmen, und der Antrag, dass das Reichs-
oberhaupt den Titel ,Kaiser' führen solle,
25. Jan. mit 214 gegen 205 Stimmen an-
genommen. Seitdem Gegensatz zwischen
der erbkaiserlichen Partei, den sog. Klein-
deutschen , und den verschiedenen, gegen
die preuss. Oberhauptswürde v«reinig:ten
Fraktionen (Partikularisten , Ultramontane
etc.), den sog. Grossdeutschon, und der mit
diesen verbündeten Linken. Die kleineren
deutschen Regierungen erklären sich nach
und nach für das preuss. Erbkaiserthum,
die Königreiche ausser Preussen dagegen.
Oesten-eich protestirt in einer Note vom 4.
Febr. entschieden gegen engeren Bundes-
staat und gegen jede Unterordnung des
österr. Kaisers unter die von irgend einem
anderen deutschen Fürsten gehandhabte
Deutschland.
49d
Centralge^alt. Auch Bayern erklärt sieb
(16. Febr.) gegen den Bundesstaat. Preussen
in Einrerstaudniss mijt beiden Hessen , Ba-
den, Braunschweig, Luxemburg, Oldenburg,
den thüring. Staaten, Nassau, Mecklenburg,
Schleswig- Holstein, Hessen -Homburg, Ho-
henzollern, Waldeck, Lippe u. den Hanse-
städten anerkennt in einer Kollektiverklä-
rung Yom 38. Febr. die Verfassung im
Wesentlichen. Welckers Antrag, die Ver-
fassung in Bausch und Bogen anzuifehmen
und die erbliche Eaiserwürde dem König
Ton Preussen 2U übertragen, wird 21. März
mit 283 gegen 252 Stimmen verworfen, wor-
auf das Reichiministerium seine Entlassung
nimmt; 27. Mäns aber, bei der 2. Lesung
der im demokrat. Sinne modificirten Reichs-
verfassnng die Erblichkeit der Kaiserwürde
mit 267 gegen 263 Stimmen angenommen und
am 28. Mära Friedrich Wilhelm IV. mit 290
Stimmen zum deutschen Kaiser gewählt.
Dieser lehnt 3. April bedingungsweise ab,
-worauf die Nationalversammlung (11. April)
erklärt, an der Veriiassung festzuhalten.
Oesterreich ruft seine Abgeordneten ab;
der Reichsverweser kündigt seine Abdika-
tion an. In Dresden (8. Mai), dann in der
Pfalz, am Niederrhein und in Baden fuhrt
die Agitation für die Reichs Verfassung zu
repiiblikan. Schilderfaebungen. 10. Mai tritt
Gagern definitiv ans dem Reichsministerium
aus, in das infolge Österreich. Intiiguen
Grävell, Detmold, Merck, General Jochmus
und Fürst Wittgenstein eintreten. 14. Mai
ruft Preussen seine Abgeordneten ab, wor-
auf die Zurückgebliebenen der gemässigten
Richtung ebenfalls grösstentheils ausschei-
den (21. Mai). Der Rest, nur noch aus
Mitgliedern der Linken bestehend , be-
schliesst SO. Mai, nach Stuttgart überzusie-
deln. Das Rumpfparlament zu Stuttgart
erwählt (6. Juni) eine Reichsregentschaft
(Raveaux, Vogt, Schüler, H. Simon, Becher),
wird aber (18. Juni) mit Waffengewalt aus-
einandergetrieben. Unterdrückung der Auf-
stände in der Pfalz und in Baden (21. Juni
bis 23. Juli). Die 17. Mai in Berlin er-
öfAieten Konferenzen fuhren 26. Mai zum
Abschluss eines Bündnisses zwischen
'Preussen , Hannover und Sachsen (Drei-
königsbündnitn) und zum Entwurf einer
Reiclisverfassung, welche alle Bundesländer
umfassen sollte mit Ausnahme Oesterreichs,
mit welchem auf der Basis der alten Bun-
desverfassung ein weiterer Bund zu er-
richten sei. Preussen lädt durch Cirknlar-
note vom 28. Mai 1849 alle deutschen Re-
gierungen zum Beitritt ein, welcher von
Oesterreich, Bayern, Würtemberg, Hessen-
Homburg, Luxemburg, Limburg, Holstein,
Liechtenstein und Frankfurt verweigert
wird. Die in Gotha (26. — 29. Juni) ver-
sammelten Mitglieder der erbkaiserl. Partei
(Gagem, Dahlmann, Mathy etc.) nehmen
das prenas. Programm an. Preussen beruft
(22. Juni) seinen Bevollmächtigten bei der
Gentralgewalt ab, schliesst (30. Sept.) mit
Oesterreich einen Vertrag zur Einsetzung
einer gemeinschaftl. Kommission, des sog.
JnUrimt, zu Verwaltung der deutschen
Bundesangelegenhoiteu bis 1. Mai 1850,
welche 20. Dec. in Thätigkeit tiltt, worauf
der Reichsverweser (1. Jan. 1850) Fraulc-
fart verlässt. Der von Preussen (19. Okt.
1849) beantragten Berufung eines Reichs-
tags widersprechen Sachsen und Hannover
und versagen die Theilnahme an den Wah-
len. Oesterreich protestirt (Nov.) gegen
die Berufung des Reichstags ; ebenso Bayern.
Hannover tritt durch Erklärung vom 21.
Febr. 1850 vom Dreikönigsbündniss zurück.
Bayern, Sachsen u. Würtemberg schliessen
27. Febr. in München einen Vertrag auf
Grund eines neuen Reichsverfassungs-
entwurfs (Direktorium aus Oesterreich,
Preussen, den vier Königreichen und den
beiden Hessen bestehend, aus den Land-
ständen aller deutschen Staaten gebildete
Nationalvertretung), der von Preussen
abgelehnt wird. Das 20. März zu Erfurt
eröffnete Unionsparlament nimmt 13. u. 17.
April die Verfassung en bloc an, wird 29.
April vertagt. Der nach Berlin berufene
Kongress der Union sfürsten (9.^16. Mai)
erklärt die Union als zu Recht bestehend,
bleibt aber im Uebrigen ohne Resultat.
Oesterreich nimmt eine offensivere Haltung
der Union g^enüber an u. verlangt deren
Suspendirung. Die 9. Mai vom österr. Be-
vollmächtigten zu Frankfurt eröffnete ausser-
ordentliche Bundesversammlung, die über
9 von den 17 Stimmen des Plenums des
alten Bundestags (Oesterreich, Bayern,
Sachsen , Hannover , Würtemberg , beide
Hessen, Holstein und Luxemburg) verfugt,
erklärt sich 2. Sept. als ordentliche Plenar-
versammlung. Der so restituirte Bundestag
fasst (21. Sept.) Beschlüsse den kurhessi-
schen Streit zwischen Regierung u. Ständen
betreffend und ratiflcirt (26. Okt.) den
Frieden mit Dänemark. Die Konferenz zu
Bregeng (12. Okt.) der Herrscher von Oester-
reich, Bayern und Würtemberg beschliesst
den Beschlüssen des Bundestags in Kur-
hessen durch bewaffnete Intervention Gel-
tung zu verschaffen. Infolge davon rucken
(1. Nov.) österr. und bayer. Exekutions-
tmppen in Kurhessen ein ; preuss. Truppen
besetzen (2. Nov.) Kassel. Unblutiger Zu-
sammenstoss bei Bronzell (8. Nov.). Auf-
lösung der Union. Sieg der österr. Politik
auf den Konferenten tu Olmiltz (29. und 30.
Nov.); die Regelung der kurhess. u. schles-
wig-holstein. Sache soll durch gemeinsame
Entscheidung aller deutschen Regierungen
erfolgen. Auf den 28. Dec. zu Dresden er-
öfiiaeten Minitierkonferenzen sucht Oester-
reich vergeblich eine ausgedehntere Exe-
kutive in der Bundesverfassung und den
Eintritt der österr. Gesammtmonarchie in
den Bund durchzusetzen; daher Rückkehr
zum alten Bundestage, der seit Mai 1851
auch von Preussen und den Uniousstaaten
wieder beschickt wird und die Ginindrechte
und die auf diesen basirten Verfassungs-
bestimmungen aufliebt. Vollständiger Sieg
der Reaktion. Der Bundestag erklärt März
1852 die kurhess. Verfassung von 1831
ausser Geltung und gibt Schleswig-Holstein
(29. Jall) der Willkür Dänemarks preis,
32*
600
Deatschland.
Auflösung der deutsohen Flotte (Mars).
Die Annäherung Kwischen Oesterreich und
Preusseu durch den 19. Febr. 1853 zwischen
Oesterreich u. dem Zollverein geschlossenen
Handels- und SchifffafartsYertrag befördert.
20. April 1854 AUianzTertrag zwischen bei-
den Machten zunächst über gegenseitige
Garantie gegen Jeden Angriff und zum
Schutz der allgem. deutschen Interessen.
Eine Konferenz der Bevollmächtigten der
Mittel- und Kleinstaaten zu Bamberg (23.
Mai) stellt die Forderung, dass jener
AUianzyertrag dem Bund Torgelegt werde,
der dann auch an den weiteren Verhand-
langen durch Bevollmächtigte vertreten
sein müsse. Nach Bewilligung dieser
Forderung der Uauptsache nach tritt der
Bund (24. Juli) dem österr.-preuss. Vertrag
bei. Preussen versagt den Beitritt zu dem
(2. Dec.) von Oesterreich mit den West-
mächten geschlossenen Bündniss. Bern An-
trag Oesterreichs beim Bundestag auf Mobil-
machung des Bundesheeres und Berufung
eines Oberfeldherm wirkt Preussen ent-
gegen. Der Bundestag bescbliesst (8. Febr.)
anstatt Mobilmachung Kriegsbereitschaft,
welche Oesterreich ausschliesslich gegen
Bussland, Preussen aber zugleich auch
gegen die Westmächte gerichtet wissen
will, was zu einem lebhaften Notenwechsel
zwischen Oesterreiclt und Preussen fuhrt,
der erst durch den pariser Frieden (30.
März 1856) beendigt wird. Das reaktionäre
Streben des Bundestags zeigen das Bundes-
pressgesetz vom 6. Juli 1854, die Zulassung
derEeklamationen der würtemberg.Staudes-
berren und die Gutheissung der Beschwer-
den der hanuov. Ritterschaft (April 1855).
Dem weiteren Fortgang der Reaktion in
Preussen wird durch die Uebernahme der
Regentschaft von Seiten des Prinzen von
Preussen (Okt. 1858) Einhalt gethan. In-
folge des Konflikts Oesterreichs mit Pie-
mont und Frankreich bescbliesst der Bund
(23. April 1858) die Marschbereitschaft der
Hauptkontingente , während Oesterreich
entschiedenere Schritte verlangt, welchem
Preussen entgegenwirkt. Daher nach dem
Frieden von Villa£ranca (11. Juli) neue
Entzweiung zwischen beiden Mächten. 16.
Sept. Konstituirung des Nationalvereiru mit
dem Programm: deutscher Bundesstaat
unter Preussens Führung und mit Parla-
mentär. Verfassung. Preussen beantragt
(10. Okt.) die Wiederherstellung der kur-
hess. Verfassung von 1831 beim Bunde,
sieht sich aber hier wie in seinen An-
trägen auf Reform der Bundeskriegsver-
fassung ,majori8irt'. Wiederaufleben der
nationalen Interessen in D. 20. Okt. 1860
Verkündigung eines Staatsgrundgesetzes
für die gesammte österr. Monarch ieT 2. Jan.
1861 besteigt der Prinz -Regent als Wil-
helm I. den preuss. Thron. Preussen sucht
vergeblich sich mit Oesterreich über die
Reform der Bundeskriegsverfassung zu ver-
ständigen. Engerer Anschluss der Mittel-
staaten an Oesterreich. Als sieh der preuss.
Minister des Auswärtigen, Graf Bemstorff,
in einer Depesche an die sächs, Regierung
(20. Dec.) für einen engeren Bundesstaat
erklärt, weisen die in Würzburg verbünde-
ten Mittelstaaten in identischen Noten (Febr.
1862) denselben als unvereinbar mit dem
Wesen des deutschen Bundes und als ihre
Souveränetät gefährdend zurück. Aug. be-
antragen dieselben im Verein mit Oester-
reich Berufung Delegirter aus den einzelneu
Kammern nach Frankfurt, denen Gesetz-
entwürfe über Civilprozess u. Obligationen-
recht -vorgelegt werden sollen. Ein Abge-
ordneteutag zu Weimar, von den liberalen
Fraktionen berufen, erklärt sich (Sept.)
dagegen; eine 28. und 29. Okt. nach Frank-
furt berufene Versammlung von Gross-
deutschen dafür. , Gründung des groaa-
deutschen ,Reformvereins' als Gegengewicht
gegen den ,Nationalverein^ Der 29. März
1862 von Preussen im Namen des Zollver-
eins abgeschlossene Handelsvertrag mit
Frankreich wird trotz der österr. Gregen-
bestrebungen von dem (Qkt. 1862) zu Mün-
chen versammelten zweiten deutschen Hau-
delstag mit kleiner Majorität gebilligt.
Dem 17. Aug. bis 1. Sept. 1863 unter Vor-
sitz des Kaisers von Oesterreich zu Frank-
furt versammelten FürUenhongreaa, an wel-
chem sich der König von Preussen nicht
betheiligt, wird der österr. Entwurf einer
Reformakte vorgelegt,^ welcher ein Direk-
torium (aus OesterreioH , Preussen , Bayern
und zw^ kleineren Fürsten bestehend),
einen Bundesrath unter Oesterreichs Vor-
sitz mit weitem Spielraum für die aus^prär-
tige Politik, Gesetzgebung und ,innere
Sicherheit*, eine von den Kammern ge-
wählte Versammlung von 300 Bundesabge-
ordneten mit beschliessender Mitwirkung
bei der Gesetzgebung und beschränkter
Kompetenz in Finanzfragen vorschlägt,
aber von den liberalen Fraktionen als der
Einheit und Freiheit nachtheilig angefoch-
ten wird und wegen Preussens Nichtbethei-
ligung nicht durchgeführt werden kann.
Die von Christian IX. 18. Nov. 1863 pro-
klamirte Einverleibung Schleswigs in den
dän. Gesammtstaat ruft in D. grosse Agita-
tion zu Gunsten der Herzogthümer hervor.
7. Dec. bescbliesst der Bundestag die Exe-
kution gegen Dänemark. Auf einer Ver-«
Sammlung deutscher Landtagsabgeordueten
zu Frankfurt 21. Dec. wird ein Ausschnss
von 36 Mitgliedern gewählt, um die ge-
setzliche Thätigkeit des deutschen Volks
in dieser Frage zu leiten. 23. Dec. rücken
deutsche Bundestruppen (Sachsen u. Han-
noveraner) in Holstein ein. Als der An-
trag Oesterreichs u. Preussens beim Bunde,
auf Grund der Vereinbarungen von 1851
und 1852 Schleswig in Pfand zu nehmen,
14. Jan. 1864 abgelehnt wird , erklären die
beiden Grossmächte, die Angelegenheit jn
ihre eigne Hand nehmen zu wollen. 1.
Febr. überschreiten österr. und preuss.
Truppen die schleswigsche Grenze. 5. Febr.
räumen die Dänen das Dane werk u. ziehen
sich in die Stellung bei Düppel zurück.
18. April erstürmen die Preussen die düp»
peler Schanzen. Auf der 25. April sq
London eröffneten Filedenskonferepz kommt
Deutschland.
501
ftä an keiner Einignug. 29. Juni besetzen
die Preussen Alsen. Im wiener Vertrag
Tom 1. Aug. tritt Däneraarb: die Herzog-
thümer Schleswig, Holstein und Lauenburg
an Oesterreich und Preussen ab; der SO.
Okt. zu Wien unterzeichnete Friede stellt
Dänemark für Abtretung seiner Enklaven
einen Ersatz in Nordschleswig in Aussicht.
Gespanntes Verhältniss zwischen den bei-
den Grrossmächten und den deutschen
Mittelstaaton. Ohnmacht des Bundestags
in der Schleswig - holstein. Sache. Oester-
reich bezeigt sich der Annexion der Her-
zogthümer an Preussen entschieden ab-
geneigt; daher fuhren die Verhandlungen
zwischen beiden Mächten über die künftige
Stellung dei- Herzogthümer zu keinem Her
sultate. Durch die gaUeiner Konvention
(14. Aug. 1865) wird das bisherige Kondo-
minium getheilt, Holstein au Oesterreich»
Schleswig an Preussen zu selbständiger
Verwaltung überlassen, das Herzogthum
Lauenburg nebst dem kieler Hafen aber
gegen Zahlung von 2,500,000 dän. Reichs-
thal em an Preussen abgetreten. Zersetzung
der bisherigen Parteien, des Rational Ver-
eins und de^ grossdeutschen Reformpartei.
Anfang 1866 neuer Konflikt zwischen Oester-
reich und Preussen über die augustenburg.
Agitation in Holstein. März Einleitung
einer Allianz zwischen Preussen u. Italien.
Im Laufe des März Rüstungen In Oester-
reich und Preussen. Beide Mächte setzen
Anfangs Mai ihre Armeen auf den vollen
Kriegsfuss, ebenso Italien; auch Sachsen,
Bayern , Würtembei-g , Baden , Hessen-
Darmstadt und Nassau rüsten. 10. April
beantragt Preussen beim Bunde Berufung
eines aus direkten Volkswahlen nach all-
gemeinem Stimmrecht hervorgegangeneu
Parlaments. Die Einladungen zu der von
Frankreich angeregten Friedenskonferenz
(24. Mai) werden von Preussen, dem deut-
schen Bund und Italien angenommen, von
Oesterreich abgelehnt. Als Oesterreich (1.
Juni) die Entscheidung der Schleswig -hol-
stein. Sache der Entschliessung des Bundes
anheimstellt, erklärt dies Bismarck in
einer Depesche vom 3. Juni als Bruch der
gasteiner Konvention. Preussen nimmt die
Givilverwaltuug Holsteins in seine Hand
und löst die bisherige Landesregierung auf,
worauf die österr. Truppen unter Protesten
das Land . verlassen. 11. Juni erhebt Oester-
reich beim Bunde Klage gegen Preussen
wegen gewaltsamer Selbsthülfe in Holstein
und beantragt die Mobilisirung sämmtlicher
Bnndesarmeecorps innerhalb 14 Tagen und
Ernennung eines Bundesfeldherrn. Der
Antrag' wird 14. Juni mit 9 gegen 6 Stimmen
angenommen , worauf Preussen den bisher.
Bundesvertrag für gebrochen und erloschen
erklärt und die Grundzüge eines neuen
vorlegt. 15. Juni stellt Preussen an die
Regierungen von Hannover, Kurhessen u.
Sachsen die Forderung, ihre Truppen auf
den Friedensstand zu bringen und gegen
Garantie ihrer Gebiete und ihrer Souverä-
netät auf der Basis jenes Entwurfs mit
Preussen einen neuen Bund zu schliessen,
und droht für den Fall der Ablehnung mit
sofortigen kriegerischen Massregeln, Die
drei Regierungen lehnen 15. Juni die preuss.
Sommätion ab. Die sächs. Truppen räumen
Sachsen und vereinigen sich in Böhmen
mit den Österreich. 16. Juni besetzen preuss.
Truppen Sachsen und Kurhessen, dann
auch Hannover. Siegreicher Feldzug der
Preussen in Böhmen und Mähren (23. Juni
bis 22. Juli) gegen die Oesterreicher und
Sachsen und in Thüringen und in den
Maingegenden (27. Jan! bis Anfang Aug.)
gegen die Bundestruppen (s. Preussen, Ge-
schichte). 26. Juli Friedenspräliminarien
von Nikolsburg. Preussen schliesst Frieden
und zugleich Schutz- und Trntzbündniss
mit Würtemberg 13. Aug., mit Baden 17.
Aug., mit Bayern 22. Aug.; Frieden mit
Oesterreich 23. Aug. zu Prag, mit Sachsen
21. Okt. 1866.
Stiftung des norddeutschen Bundes 18.
Aug. 1866 zwischen Preussen, Sachsen-Wei-
mar, Oldenburg, Braunschweig, S. -Alten-
burg, S.-Keburg-Gotha, Anhalt, den beiden
Schwarzburg, Reuss j. L., Waldeck, Schaum-
burg-Lippe, Lippe und den Hansestädten,
dem 21. Aug. die beiden Mecklenburg, 3.
Sept. das Gross herzogthum Hessen für
Oberhessen, 26. Sept. Reuss ä. L., 8. Okt.
Sachsen-Meiningen und 21. Okt. das König-
reicli Sachsen beitreten. 24. Aug. letzte
Sitzung der nach Augsburg übergesiedelten
Bundesversammlung. 20. Sept. Hannover,
Kurhessen, Nassau und Frankfurt n/M., 24.
Dec. Schleswig und Holstein durcli Gesetz
mit der preuss. Monarchie vereinigt. 18.
Jan. 1867 übertragen die seit 15. Dec. 1866
in Berlin versammelten Bevollmächtigten
der norddeutschen Bundesstaaten die in
dem preuss. Verfassungsentwurf des nord-
deutschen Bundes bezeichneten Rechte des
Präsidiums und des Bundesraths für das
norddeutsche Parlament der Krone Preussen.
24. März 1867 Eröflfuung des ersten (kon-
stituirenden) Reichstags des norddeutschen
Bundes. 16. April Annahme der Ver-
fassungsvorlage mit 230 gegen 53 Stimmen.
1. Juli tritt die Verfassung des norddeut-
schen Bundes in Kraft. Die in Kassel
tagende Generalversammlung des National-
vereins beschliesst 11. Nov. dessen Auf-
lösung. Deutsches Zollparlament 13. April
bis 23. Mai 1868. 1. Jan. 1870 geht das
preuss. Ministerium des Auswärtigen als
,auswärtiges Amt' auf den norddeutschen
Bund über.
Anfangs Juli wird die Kandidatur des
Prinzen Leopold von Hohenzollom für den
span. Thron vom franz. Kabinet benutzt, um
Verwickelungen mit Preussen herbeizufüh-
ren. Die Zurückweisung der franz. Forde-
rung, dass der König von Preussen eine die
NichtWiederaufnahme dieser Kandidatur für
die Zukunft betreffende Versicherung er-
theilen solle (s. Benedetti), hat 19. Juli die
Kriegserklärung an Preussen zur Folge. Die
Mobilmachung der norddeutschen Bundes-
armee 16. Juli angeordnet. 20.'-22. Juli
erklären sich Bayern, Würtemberg und
Baden auf Grund ihres AllianzTertrags als
502
Deutschland.
PreoMens Verbündete und mit Frankreich
im KriegB&lJ. 2. Aag. übernimmt der
König Yon Prenssen das Oberkommando
über die gesammte deutsche Armee , deren
Aufttellung bis Ende Juli auf der Linie
Koblens • Mains - Qermersheim - Landau sich
vollsieht: 1. Armee unter ßteinmetM rechter
Flügel, 9. Armee unter Prina Friedrieh
Kan Oentrum, 3. Armee unter dem Krön-
prituen linker Flügel. 4. Aug. Sieg des
Kronprinsen bei Weissenburg; 6. Aug. bei
Wörth über Mac Mahons Corps. Infolge
des gleichzeitigen Siegs der 1. Armee bei
Saarbrücken und Spicheren wendet sich
die ganze ftanz. Armee zum Bückzng.
14., 16. und 18. Aug. entscheidende Siege der
1. und 2. Armee bei Metz. 19. Aug. er-
hält der Kronprinz von Sachsen den Ober-
befehl über eine neu gebildete 4. Armee,
vrelche 80. Aug. bei Beaumont die Armee
Mac Mahons zurückschlägt. 81. Aug. ver-
sucht Bazaine mit seinem in Metz ein-
geschlossenen Heer nach Nordosten durch-
zubrechen, wird aber vom Prinzen Friedrich
Karl mit dem 1. und 9. Armeecorps, der
Division Kummer und der 28. Infanterie-
brigade bei Noisseville 1. Sept. nach Metz
zurückgeworfen. Gleichzeitig grosser Si«g
der 4. und eines Theils der 3. Armee bei
Sedan über Mac Mahon; die Franzosen
nach Sedan zurückgeworfen und hier cer-
nirt; Napoleon erklärt sich dem König von
Prenssen kriegsgefangen. 3. Sept. Kapitu-
lation von Sedan (39 Generale, 2825 Offiziere,
84,433 Mann kriegsgefangen, über 400 Feld-,
150 Festungsgeschütze etc. erbeutet). 5.
Sept. £inzug des Königs Wilhelm I. in
Rheims. 19. Sept. Paris von den deutschen
Truppen cernirt. 23. Sept. Einnahme von
Toui. 28. Sept. Kapitulation Strassburgs
(seit 19. Aug. belagert). 10. und 11. Okt.
siegreiche Qefechte eines gemischten Corps
der 3. Armee unter Genoral von der Tann
gegen die ft-anz. Loirearmee; Orleans er-
stürmt. 16. Okt. Kapitulation von Solssons;
24. Okt. von Schlettstadt; 27. Okt. von
Metz (173,000 Mann, 8 Marschälle und über
6000 Offiziere kriegsgefangen); 8. Nov. von
Verdun ; 10. Nov. von Neubreisach ; 24. Nov.
von Thionville. 27. Nov. Sieg des Generals
von Manteuffel mit einem Theil der ersten
Armee bei Amiens. 28. Nov. Amiens be-
setzt. Nach dem Beitritt Badens , Hessens
und Würtembergs zum deutschen Bunde
(Mitte Nov.) 23. Nov. Abschluss des Ver-
trags mit Bayern zu Versailles, wonach
dieses seine eigene Diplomatie, die Ver-
waltung des Heerwesens , der Post , der
Telegraphen, der Eisenbahnen, seine be-
sondere Besteuerung des Biers u. Brannt-
weins behält und an den Bestimmungen
der neuen deutschen Bnudesverfiissnug über
Heimats- und Niederlassungsverhältnisse
keinen Antheil hat. Daneben wird im Bundes-
rath aus den Bevollmächtigten der König-
reiche Bayern, Sachsen und Würtemberg
unter Bayerns Vorsitz ein diplomat. Aus-
schuss gebildet, und das Veto von 14 Stim-
men (so viel haben Bayern, Sachsen und
Würtemberg zusammen) »oll genügen, um
jede Verfassungsänderung sv hindeni. Der
Vertrag wird trotz dieser wichtigen Aas-
nahmebestimmungen vom norddeutschen
Bundesrath einstimmig uud vom Reichstag
10. Dec. mit 196 gegen 32 Stimmen ange-
nommen. 8. Dec. tragt der König von
Bayern Wilhelm I. die Kaiserkrone an, dem
bis 8. Dec. die meisten deutschen Fürsten
zustimmen. 5. Okt. das deutsche Haupt-
quartier nach Versailles verlegt. Orltens
von preuss. Truppen besetzt. 8. —11. Dec.
siegreiche Gefechte der Armee des Gross-
herzogs von Mecklenburg bei Beangency.
9. Deo. Dieppe von Truppen des manteuffel-
schen Corps besetzt. 12. Dec. Kapitnlation
von Pfalzburg; 14. Dec. von Montm6dy;
2. Jan. 1871 von M^zidres; Sieg der 1.
Armee bei Bapaume. 5. Jan. Rocrol durch
Handstreich zur Kapitulation gezwungen.
Beginn der Beschlessung der Südforts bei
Paris. 10. Jan. Kapitnlation von Peronne.
12. Jan. Sieg der 2. Armee unter dem
Prinzen Friedrich Karl und dem G-ross-
herzog von Mecklenburg bei le Maus. 18.
Jan. wird der deutsche Kaiser im Schlosse
zu Versailles proklamirt. 19. Jan. Sie^
Göbens über die firanz. Nordarmee bei
St. Quentin. Tours von den Preussen be-
setzt. 25. Jan. Kapitulation von Longwy.
28. Jan. Abschluss eines Waffenstillstandes
auf 8 Wochen, demgemäss 29. Jan. die pa-
riser Forts von den Deutschen besetzt.
15. — 17. Jan. vor Bolfort siegreiche Verthei«
digung Werders gegen Bourbakl, dessen
AiTuee (86,000 Mann) 1. Febr. auf schweizer
Gebiet gedrängt wird. 3. Febr. zeigt der
Kaiser von D. den auswärtigen Mächten
die Wiederherstellung des deutscheu Reichs
und die Uebemahme der Kaiserwürde an.
16. Febr. Kapitulation von Beifort. 21. Febr.
Verlängerung des Waffenstillstands bis
zum 26. Febr. 1. März rückt das 11. preuss.
Armeecorps und dlo 2. bayer. Division in
Paris ein. Annahme der zwischen Bismarck
und Thiers vereinbarten Friedensprälimi-
narien von Seiten der iranz. National-
versammlung. Nacli denselben verzichtet
Frankreich zu Gunsten D.s auf Vt von Lo-
thringen mit Metz und Tliionville und auf
Elsass mit Ausschluss Beiforts und zahlt an
D. 5 Milliarden Frcs. (eine im Lauf des
Jahres 1871, das Uebrige innerhalb drei
Jahren). 3. März räumen die deutschen
Truppen Paris , 11. März Versailles. 81.
März Eröffnung des deutschen Reichstag^
in Berlin.
Literatur. Neuere Bearbeitungen der deut-
schen Geschichte gaben: K. A. Menzel, ,Ge-
schichte der Deutschen', 1815 — 22, 8 Bde.
gls zum 16. Jahrh.) und ,Neuere Gesch. der
entschenS 1826-48, 12 Bde. (bis 1815);
Luden, ,Gesch. des deutschen VolksS 1825 —
1839, 12 Bde. (bis 13. Jahrh.); jyister, ,Gesch.
der Deutschen', 1829-85 , 5 Bde. f fortges.
yon Bülau bis 1830; W. Wenzel, ,Goscli. der
Deutschen', 1855, 5 Bde. ; Wirth, , Gesell, der
DeutschenS 4. Aufl. , fortges. von Zimmer-
mann, 1860 — 63; Mayer, ,Deutsche Gesch.*,
1858, 2 Bde.; Qieeebrecht, ,Ge8ch. der deut-
schen KaiserzeitS Bd.1-3, 3. Aufl. 1868-68;
Deutsch -Lothringen — Devrient.
603
Bouchay , ,0e8ch. der deutschen MonarcbleS
1861-63, 4 Bde.; Eichhorn, .Deutsche Staats-
und Rechtsgescliiclite', 5. Aufl. 1845 — 47,
4 Bde.; W<^%tz, ,Deut8ohe Yerfassungsgesch.',
1844-61, 4 Bde.
Deutsch -Lothringen, der fast durchaus
deutsch redende Tlieil der frauz. Landschaft
Lothringen, welcher durch den Tersaüler
Frieden vom 26. Febr. 1871 an Deutscliland
abgetreten und mit dem Elsass zu einem
Gouvernement vereinigt ward, umfasst deu
grössten Theil des bisherigen Moseldeparte-
meuts und einen Tlieil des Depait. Meurthe
und wird von der Saar, Nied und Mosel be-
wässei't; 115 QM., mit den Festungen Metz,
Diedenhofen, Bitsch und 520,130 Ew. Ein-
theilung (projektirt) In 8 Kreise: Metz (Stadt-
und Landkreis), Diedeuliofen, Saargemünd,
Saarbnrg, Salzburg (Chateau - Salius) , For-
bach, Falkenberg. Vgl. iS7«a«s u. Lothringen.
DeutHCh-OrETlcza, Bergort im ungar. Kom.
Krasso, an der banater Montaneisenbaliu,
4248 Ew. Gold-, Silber-, Kupfer-, Eisen-
und Steinkoblenbei'gwerke.
Dentz, neu befestigte Stadt Im preuss.
Kegbz. Köln, rechts am Rhein, mit Köln
durch Röhreubrücko verbunden, 10,488 Ew. ;
Hauptort des kölu. Oberstifts ; Eiseugiesserei,
Mascliinenfabriken.
Dcntzia Thwab. (Deutzie), Pflanzengattung
der Saxifrageen. D. crenata S.etZ. und D.
gracilis 8. et Z. aus Japan , Ziersträucher.
Devalration (neulat.), Herabsetzung einer
Geld münze auf einen geringereu Werth;
Devalvationstabellen, Tabellen herabgesetzter
Münzen mit AugabelhreswirkI.MetaIIwei*th8.
Devanagarl (ind., d. i. die In der Götter-
stadt Gebräuchliche), Name der Ind. Sclirift,
mit wclciier das Sanskrit gesclirioben wird.
Devanciren (spr. -wangsiren), den Vorrang
oder Vortritt haben, überlioleu, zuvorkommen.
Bevaprayaga, Ort im brit.-nstind. Staate
Gurwhal, au der Vereinigung der beiden
Quellflüsse des Ganges, einer der heiligsten
Wallfalirtsorte der Hindu.
Bevastation (lat.), Verheerung.
Developpibel (fr.), abwickelbar ; d.e Fläche,
krumme Fläche, welche sich in eine Ebene
ausbreiten lässt. D^veloppement (spr. -we-
lopp'maug) , Eutwickeluug, Entfaltung; in
der Baukunst Specialiiss über ein einzelnes
Stock eines Gebäudes; im Militärwesen Auf-
marsch aus der Kolonne.
Deventer (Demter) , feste Stadt in der
nicderl. Prov. Oberyssel , an der Yssel,
17,7^6 Ew.; Teppichfabrik., Eiseugiesserei,
i>er. Lebkuchen, lebh. Uaudel; früher freie
Reichs- und Hansestadt.
Derenorium (lat.), Herberge, WIrthshaus.
Devestiren (lat.), eutkleiden; die Priester-
würde oder das Lehn entziehen. Dtvestitnr,
Beraubung des Lehns.
Devex O^t.), abschüssig.
Deviation (lat.), Abweichung eines Kör-
pers von seiner Bahn oder Richtung;
in der Astronomie die scheinbare, von der
Nutation der Erdaxe abhängige Bewegung
der Fixsterne; auch die Abweichung des
Mauerquadranten oder desMlttagsferpirobrs
von der wahren Mittngsflächei
Derirgrlnatlon (lat). Entjungferung,
Schwächung.
Devise (v. mittellat. diviaa, Abzeichnung),
Sinnbild mit erklärendem WalUspruch (Seele
der D.), vornehml. im Mittelalter in Ge-
brauch auf Wappenschildern, Fahnen, Schif-
fen, auch an Gebäuden etc. Vgl. Bödowitz,
,Die D. und das Motto des späteren Mittel-
alters' (1850). In Kursberichten s. v. a.
Wechsel. [digkeit.
Devoir (fi*., spr. Döwöahr), Pflicht, Schul-
Devolutlon (\»X.) , Abwälzung; in der
Rechtssprache der in gewissen Fällen kraft
des Gesetzes eintretende Uebergang eines
Rechts oder Besitzthums auf einen Andern ;
Devolutionsrecht (Jus devolutionis) , im Kir-
chenrecht die Befugniss der höheren Kirclien-
behörde, eine erledigte geistl. Stelle wegen
Versäumnisses oder Versehens des zu
deren Besetzung zunächst Berechtigten naclt
Ablauf einer gewissen Frist selbst zu be-
setzen. Devolutiveffekt hat ein Rechtsmittel,
wenn durch dessen Einwendung die strei-
tige Rechtssache an einen höheren Richter
gebracht wird, wie bei der Appellation.
Devon (spr. Dewwön), Grafsch. im Süd-
west!. England, 121,7 QM. und 584,373 Ew. ;
Hügelland, von der Exe und dem Tamer be-
wässert , reich an Mineralien , fruchtbare
Thäler. Hauptst. Exeter.
Devonische Formation, s. Grcmtvacfce,
Devonport (spr. Dewwönpohrt), früher
Plymouth-Doch, befestigte See- und Handels-
stadt in der engl. Grafsch. Devon, an der
Mündung des Tamer, 50,440 Ew., bildet
mit Plymouth und Stonehouse eine einzige
Stadt; Schiffswerfte. gr. Seearseual.
Devonshire (spr. Dewwöuschilir), Spencer
Compton Gavendish, Herzog von, Marquis
von Hartingdon, geb. 1833, Parlamentsmit-
glied fürNord-Lancashire, veranlasste durch
sein 7. Juni 1859 beantragtes Misstranens-
votum den Sturz des Ministeriums Derby
und ward unter Palmerston Unterstaats-
sekretär im Kriegsdepartement.
Devotion (lat.), Ehrfurcht, Ehrerbietung;
devot, unterwür^g gegen Höhergestellte,
auch frömmelnd; Devote, Nonne, Bet-
schwester, Scheinheilige.
Devonement (fr. , spr. Dewumäng) , Elir-
erbietung, Hingebung. [ablegen.
Devoviren (lat.) , geloben , ein Gelübde
Devrient (spr. -wriäng), b^. Schauspieler-
familie. 1) Ludw., geb. 15. Dec. 1784 zu Ber-
lin, seit 1815 unausgesetzt an der Hofbühne
das. thätig; t ^- I>ec. 1832. Der genialste
seines Namens, gleich gross als Komiker
wie als trag. Künstler; bes. hervorragend
in Darstellung shakespearescher Rollen. —
2) Karl Aug., Neff'e des Vor., geb. 5. Aug.
1798 in Berlin, 1823—28 mit der ber. Künstle-
rin Schröder-D. verheirathet, seit 1829 Mit-
glied des Hoftheaters zu Hannover ; im Fach
der Helden und Charakterliebhaber ausge-
zeichnet. Sein ältester Sohn, Friedr. D.,
am Burgtheater zu Wien. — d) Phil. Eduard,
Bruder des Vor., geb. 11. Aug. 1801 zu
Berlin, erst Sänger, dann Schauspieler,
1853—69 techn. Dirigent des Hoftheaters zu
](arlsruhe, P^s, ver()ieut durch seine tr^ffl«
504
Dewsbury — Diakonissin.
jGeflchichte der deutschen Schaaspielkimst,
i 1848—61, 4 Bde.); auch Bühnendichter
,Drain. und dramatnrg. SchriftenS 1845—61,
I Bde.)- Sein Jüngster Sohn OUo seit 186S
ebenfalls am Theater 2U Karlsrahe thätig.
— 4) Guit. JEmil, Bruder des Vor., geb. 4.
Sept. 1803, seit 1831 Mitgl. des dresdner
Hoftheaters, trat 1868 von der Bühne zurück.
Der talentvollste und gefeiertste der 3
Brüder, am glückliebsten in der Darstellung
ideal gehaltener, weicher Charaktei-e (Ham-
let, Posa, Tasso etc.). Von seiner Gattin,
Doris Ji'öhler, geb. 1805 zu Kassel, einer ge-
schätsston Spielerin sentimentaler and naiver
Rollen, trennte er sich 1842.
DeiTsbnry (spr. Djubsböri), Mannfaktur-
stadt in der eugl. Grafsch. York (Westri-
diug), am Calder, 18,148 Ew.
Dexlographie (gr.), das Schreiben von der
Hechten zur Linken.
Dextera (dextra, näml. manus, lat.), die
rechte Hand ; Dexterität, Gcschickliclikeit,
Festigkeit, aucli Treue.
Dextrin (Stärlegummi , Qnmmeline), dem
nrabischen Gummi ähnliche Substanz, farb-
los bis bräunlich, geruchlos, von fadem Ge-
schmack, löslich in Wasser, unlöslich in
Alkohol, lenkt die Ebene des polarisirten
Lichts nach rechts (daher der Name), gibt
bei Behandlung mit Schwofelsäure Trauben-
zucker. Entsteht nebeu letzterem bei Ein-
wirkung dos Malzes auf Stärke (beim Mai-
scheu), beim Behandeln von Stärke mit sehr
verdünnter Schwofelsäure oder Salpetersäure
und beim Erhitzen der Stärke auf l^o
(Leiogommc, Ji'östgummi), findet sich in den
Pflanzen und ist der eigentliche Bildungs-
stoff derselben; dieut als Surrogat des
Gummis Im Zeug- uud Tapetendruck, zum
Appretiren, als Muudleim, zu Bandagen,
feinerem Backwerk, zur Bier- uud Obstwein-
fnbrikation. Es findet sich stets im Bier
und in der Kruste dos Brodes.
JDey, s. Dei.
Dhawaingiri (d. i. weisser Berg), Gipfel
des Ilimalaya, 25,200' ; galt bis vor wenigen
Jahren für den höchsten Berg der Erde.
Dhjoloff (Joloff, Woloff), Volk in Sene-
gambien, zwischen dem Senegal, Gambia
und Falemc, von tief schwarzer Farbe und
hohem Wuchs, Mohammedaner u. geschickte
Goldarbeiter, wahrscheinl. semit. Abkunft;
ninst ein mächtiges Reich bildend , jetzt in
kleinere StaatCfh zciiallcnd, die zum Tlieil
(namentlich Cayor uud Wallo) unter frauz.
Herrschaft stehen.
Dholpar (Dholaptir), Staat der Dschats in
llindostan, 76,7 QM. und Va Mill. Ew. Die
Hauptst. D.j am Dschumna, 12 — 15,000 Ew.
Ohor el Kobid, höchster Gipfel des Liba-
non, 2 St. vom Bleer, 9558'.
Diabas, s. Grümtein. [harunihr.
Diabetes. Harnruhr. D, mellitus, Zuckei*-
Diablereis (spr. -blerä), mehrgipfliger
Berg der Alpeu, auf der Grenze von Bern u.
Waadt, 10,011'; furchtbare Bergstürze 1714
uud 1749 in den Thalkessci von Dcrborence.
Diaböle (gr.), Beschuldigung, z. B. des
Gegners vor Gericht; Verleumdung.
DiabSlas (gr.), Teufel ; diabolisch, teuflisch.
Diachoresig (gr.), DarmauBleerung, Stuhl-
gang. Diachoretische Mittel, Abführmittel.
Dlachflon (gr.), Bleipflaster.
Diadelpliigch (gr.), zweibi*üderig, von
Pflanzen, deren Staubfaden in '2 Bündeln
verwachsen sind ; daher Duidelphia, die 17.
Klasse Jm linn6schen Pflanzensystem.
Diadem (gr.), Stirnbinde aus Wolle oder
Seide, mit Perlen und Edelsteinen verziert;
im Alterthum Schmuck der Könige und
Königinnen, durch die Krone verdräng^
Dladochen (gi*.), Nachfolger, Bezeichnung
der Feldherren Alexanders d. Gr., die sich
nach dessen Tode in sein Reich thellten.
Diäresis (gr.), Trennung, Theilung, in der
Gramm. Auflösung eines Diphthongs in 8
einzeln auszusprechende Vokale, angedeutet
durch 2 über den zweiten Vokal gesetzte
Punkte (puncta diaereseos).
Diät (gr.) , Lebensweise des Menschen
überhaupt, bes. in Bezug auf Wahl von
Speisen und Getränken gebraucht. Diätetik,
Lehre hiervon. Richtige D. ist zur Heilung
der meisten, besonders. chronischen Krank-
heiten Hauptei*fordemiss, bald entziehend,
bald ergänzend. Ersteres erreicht man
durch pflantliche (stickstofffreie) D., die
Geuuss von Früchten, Weissbrod, reichli-
chem Wasser vorschreibt; letzteres durcli
animalische D., bei welcher Milch, Cier,
Fleisch die Hauptnahrung bilden. Die
Verdaulichkeit der Milch wird hierbei er-
höht durch Öfteres Trinken kleinerer Men-
gen und gleichzeitiges Essen von Weissbrod.
Vergl. Moleachott, jPhysiologie der Nahrungs-
mittels 1859, und die Arbeiten von Voit iu
der .Zeitschrift für Biologie*.
Diäten (gr.), Tagegelder, besonders der
Beamten auf Reisen, auch der Abgeordneten
der Stäudevei'samm hingen. Diätarien, zeit-
weise bei Behörden beschäftigte Personen.
Diät, Landtagsperiode.
Diagnose (gr.), das Erkennen der Krank-
heiten, bes. die Unterscheidung der einzel-
nen Erkrankungsformen; bildet den wich-
tigsten Theil der ärztlichen Thätigkeit, in-
dem von ihr die ganze Behaudlungswelse
abhängig ist, beruht auf genauer Uuter-
sfichung: Bestimmung der Fieberverhnlt-
nisse durch Thermometer und Zählen d-er
Pulse, anatomischer Veränderungen durch
Befühlen, Klopfen uud Horchen (Pnlpatfon,
Perlnission und Auskultntiou), mit Spiegeln
unter künstlicher Beleuchtung verborgener
Organe (Augen, Ohren, Kehlkopf etc.), cho-
mische und mikroskopische Prüfung der
Auswurfssioffe etc.
DIagonile (gr.), iu der Geometrie gerade
Linie, welche zwei einander gegeuüber-
liogcude Ecken einer geradlinigen Fignr
oder eines eckigen Körpers (Polyöders) ver-
biudet; bei letzterem weder mit einer
Kante, noch mit der D. einer Seitenfläche
zusammenfallend. Diagonalkraft, s. ibraltelo-
gramm der Kräfte.
Diagramm (gr.), geometr. Zeichnung zum
Beweis oincs Lehrsatzes.
Diakonissin (Aucilla, Mluistra), d. i. Die-
nerin, in der alten christl. Kirche Gehülfin
des Diakonus, in Klöstern Nonpe, welche
Diakonas — I>iaphftnömeier.
605
den Altardienst eu besorgen hat. Eine Dia-
kofUsaenanstali (für Krankenpflege und Kin-
der Unterricht) gründete 1836 der Pastor
!Fliedner (s. d.) in Kaiserawerth. Aehnliche
Anstalten sind seitdem au Dresden (1848),
liUdwigslnst (1847), Berlin (1847), Breslau
(1850) and Stattgart (1856) entstanden.
DUkdnns (gr.), d. i. Diener, In der apostol.
Kirche Armen- und Krankenpfleger, dann
amgleich Gehülfe des Bischöfe beim Altar-
dienste; in der evangel. Kirche Hülfsgelst-
licher, in Wurtemberg auch Heif«r genannt.
Diakoniren, den Altardienst versehen.
Diakrise (gr.), Erkenntniss, bes. einer
Kranklieit aus ihren Symptomen. Diakri-
tische Zeichen, Schriftzeichen Kur Andeutung
der richtigen Aussprache der Silben u. Wör-
ter, sowie zur Yermittelung des Verständ-
nisses , wie die Interpunktionszeichen etc.
Diaknstik (irr.), Lehre von der Fort-
pflanzung des Schalls durch Körper. 4
Dialekt (gr.), Volksmundart.
Dialektik (gr.) , eigentl. die Kunst , mit
Begriffen auf regelmässig wissenschaftlichem
Wege zu verfahren; später insbes. die Fertig-
keit der Sophisten, beim Disputiren den
Gegner durch die falsche Anwendung logi-
sclier Formen, versteckte Fehlschlüsse etc.
zu täuschen, sophistische Disputirkunst.
Dlalenma (gr.), Unterbrechung, Zwischen-
eeit; beim Wechselfieber der fieberfreie
Znstand.
Dlallig (gr.), grüne (Smaragdit) oder
braune, metalliscli perlmuttergläuzende Mi-
ueralien, die mit Labrador den Gabbro bil-
den und sich auch im Serpentin finden;
stehen in der ehem. Zusammensetzung dem
Atigit sehr nahe, aus dem sie nach Blschofi'
entstanden sind.
Dialog fgr.), Gespräch zwischen 2 oder
melirereu Personen, von den griech. Philo-
sophen (Plato, Lncian) angewandte Dar-
Htellungsform zur Mittheilung ihrer wisson-
scliaftl. Untersucliungen. Im Drama wird
der D. dem Monolog, in Singspielen den
G«8angstücken entgegengesetzt. [Analyse.
Dlaljlrsis (gr.), Auflösung, Art der ehem.
DlaniMt (D^nant;, reiner krystallisirter
Kohlen stofT, meist in OktaSdern u. krumm-
flächig mit bellformig gebogenen Kanton,
sehr spaltbar, spröde, ritzt alle Körper (bis
auf Bor), vom spec. Gew. 3,6 — S,«, farblos
oder gefärbt, von lebhaftem Glanz, sehr
stark lichtbrochend , verbrennt zu Kohlen-
säure und ist wahrscheinlich ans organi-
schen Substanzen entstanden. Findet sich
in Ostindien an der Ostseite des Plateaus
von Dekan, auf Borneo, Sumatra, am Ural,
in Minas Geraes, Bahia, Nordcarolina,
Mexiko, in Südafrika, Australien, angeb-
lich auch in Algerien und Böhmen. Dient
als Schmucksteiu, zum Glassch neiden, zum
Bohren und Schrammen von liartem Ge-
stein, zum Graviren, zu Zapfenlagern und
gepulvert als Schleif material ; ist zu tech-
nischen Zwecken ersetzbar durch den
sehtoarzen D.en (Karbon , Karbonate) aus
Brasilien, welcher in detbeu feinkörnigen
Massen iu Bahia vorkommt. Der D. wird
als Edelstein geschliffen (meist in Amster-
dam und von Juden), gewöhnlich in Bril-
lant- und Rosettenform. Man unterscheidet
nach der Schönheit D.en vom ersten, zwei-
ten u. dritten Wasser. Der Preis schwerer
D.en ergibt sich in Thalern, indem man
das Quadrat des Gewichts, in Karaten aus-
gedrückt, mit 18 multiplicirt. Diese Regel
gilt für Steine unter 10 Karat. Der grösste
D. ist der Orlow mit 194>/4 Kar., Ihm folgt
der Regent oder Pitt mit 136 "fft Kar. Der
Kohinoor wiegt IO6V1« Kar. Künstliclie
Bildung von D.en noch nicht geglückt.
Diamantina (Tejuco), Hauptort des Dia-
mantendistrikts in der brasll. Prov. Minas
Geraes, 12,000 Ew.
DlamSter (gr.), Durchmesser; diametral,
gerade entgegen.
Diana , altitalische Mondgöttin , mit der
griech. Artemis identificirt, daher Tochter
des Zeus und der Leto (Latona), Zwillings-
schwester des Apollo, mit diesem auf der
Insel Dolos geb., keusche Jungfrau, in Wäl-
dern, Flüssen und Quellen wirksame, schaf-
fende Gottheit, Schutzgöttin der Jäger, zu-
gleich aber auch Hegerin und Pflegerin des
Wildes, rafft durch Pfeilschüsse die Men-
schen, bes. Frauen und Jungfrauen schnell
hinweg, sucht Menschen und Thiere auch
durch Seuchen heim, wacht aber auch über
Zeugung, Geburt (daher als Geburtshelferin
angerufen) und Erziehung des Menschen;
dargestellt als jugendliche , schlanke Ge-
stalt mit aufgeschürztem Unterkleid, Bogen,
Speer und übergehängtem Köcher, häufig
von einer Hirschkuh begleitet, als Mond-
göttin auch mit dem halben Monde auf dem
Scheitel und der Fackel in der Hand.
Diandrl8eh(gr.), zweimännerlg, mit2 Staub-
gefassen. Diandria, die 2. Klasse des lin-
n6schen Pflanzensystems.
Dianenbanm, in baumartigen Krystallisa-
tionen aus seinen Lösungen ausgeschiedenes
metallisches Silber.
DiantliQg L. (Nelke), Pflanzengattung der
Garyophylleen. Bekannte Zierpflanzen: D.
caryophyllns L., Gartennelke, aus Süd-
europa, in zahlreichen Varietäten uuter-
sehieden nach dem Bau und nach der Farbe
(einfarbige Ooncorden, getuschte Feuerfaxe,
Flammeusen, Gestrichte, PicottenundPicott-
bizarden und Bandblumen); D. plumarius,
Fedemelke , aus Südeuropa ; D. barbatus /..,
Bart-, BiischelHelke, aus Südfrankreich. Wild-
wachsend in Deutschland D. Oarthnsianomm
L,, Karthäuser- oder BltUnelke, D. deltoides
L., deltafleckiqe oder Heidenelke, und J>.
superbus L., Prachtnelke.
Diapison (gr.), s. v. a. Oktave; bei den
Franzosen Stimmgabel, auch Umfang der
Stimme oder eines Instruments.
Dlapltin, durchscheinend; DUkphanbilder,
auf Glas befestigte, durch Tränken mit Flr-
niss durchscheinend gemachte Bilder; Dia-
phangesehirr, gläsernes, mit Blattgold beleg-
tos oder bemaltes und verglastes Geschirr.
DiaphaHOmeier (gr.), Instrument zur Mes-
sung der Durchsichtigkeit der Luft, besteht
aus eiuor Scheibe mit zwei schwarzen Krei-
sen von verschiedenem Durchmesser. Man
bestimmt die Entfernungen, in welchen die
606
Diaphonle — Dibdin.
Kreis« «nslohtbar werden, und vergleicht
diese Entfernangen mit den Durobmessem
der Kreise.
Ditphonle (gr.), Missklang, Dissonanz.
Diaphdrm (gr.), Verschied enheit, als rbetor.
Fig^r die Wiederholung eines und desselben
Wortes in verschiedener Bedeutung.
Diaphoretiea (gr., Diapnoica, Sttdorifera),
scbweisstrt»ibende Mittel. Die vermelirte
Scbweissabsonderung tritt ein dnrch reich-
liche Wasserauftaahme (daher Anwendung
zahlreicher Theearten, besonders leicht aro-
matischer, wie Liudeublüthen, Flieder) oder
erhöhte Temperatur des Körpers und seiner
Umgebung (Sommerhitze , irisch-römische
und Dampfbäder), Einhüllen in wollene
Decken. Anwendung bei Krankheiten, die
in Anschluss an Erkältungen entstanden,
besonders bei Schnupfen, Rheumatismus.
Dltpliragma (gr.), Zwerchfell; in der
Optik s. V. a. Blendung.
Diaphysls (gr.), Zwischenwucbs ; in der
Anatomie das Mittelstück der langen Röhren-
knochen, im Gegensatz zu deren Enden
(Epiphpsi» oder ApopkytU).
Dlarbekr (Amida), befestigte Stadt in der
asiat. Türkei , am Tigris, U,OW Ew. ; Sitz
eines nestorlan., metropolit., jakoblt. Patri-
archen, kath. und armen. Bischofs. Seiden-
weberei u. schwunghafter Handel.
Diarlam (lat.), Tagebuch.
Diarrhoe (gr.), Durchfall, Abweichen, häu-
fige Stuhlentleorung dünnßii$aiger Massen,
Symptom des DarmkcUarrht (s. Darmentzün-
dung). Bei kleinen Kindern (oft lebensge-
fährlich) vorhanden, wenn über 4—5 Auslee-
rungen erfolgen, bes. häufig bei künstlichem
Aufziehen durch Sauerwerden der Milch ent-
stehend; Behandlung: warme Umschläge auf
den Leib, Stärkeklystiere, Muttermilch oder
liebigsche Suppe, bestimmte Medikamente
(s. unten). Bei Erwachsenen nach Diätfehlem
(Obst, Gurken, saures Bier, saure Milch,
kaltes Wasser) und Erkältung des Unter-
leibs (Bauchbinde) bes. Nachts, als Anfang
epidemischer Krankheiten (Ruhr, Cholera,
8. d.), als Folge chronischer Darmerkran-
knng (Schwindsucht, s.d.). Akttte'D.t meist
rasch vorübergehend, doch auch in den ge-
nannten Krankheiten tödtlich. Chronische
D., Folge von Darmgeschwüren, Krebs etc.,
kann jahrelang bestehen. Behandlung:
Warmhalten des Unterleibs, geringe Zufuhr
schwerverdaulicher Speisen (bes. von Obst),
zusammenziehende Mittel (Ratanhia, Casca-
rilla, Golumbo, Tannin, salpetersaures Sil-
ber), sowie von Mitteln, die die Darmbewe-
gung veiTingern, bes. Opium. — Eitrige und
blutige D., s. Buhr.
Diarthröse (gr.), nach allen Seiten beweg-
liches Gelenk (Arm- und Hüftgelenk), im
Allgem. bewegliche Gelenkverbindung.
DiaspQr, Mineral aus der Klasse der Erden,
gelblich, gi-ünlichweiss, perlmutterglänzend,
besteht aus Thonerdehydrat, zerspringt
beim Erhitzen; am Ural, bei Chemnitz, am
St. Gotthard und als Begleiter des Smirgels
auf Naxos.
Diaspftr» (gr.), Zerstreuung, insbes. die
ausserhalb Palästinas zerstreut lebenden
Juden , später auf die ausserhalb Herrnlkut
wohnenden Glieder der Brüdergemeinde
übertragen.
Dlastise (gr.), die wirksame Substanz des
Malzes, welche Stärkekleister in Dextrin
und Zucker verwandelt, besteht aus Eiwelss-
stotf in einem gewissen Zustande der Zer-
setzung und bildet sich bei der Befeuchtung
des Getreides aus dessen Pi-oteVustoffeu ;
wirkt am stärksten bei 60o C. und wird
durch Kochhitze unwirksam.
Diastimeter (BngyvMter), Instrument zur
Messung von Entfernungen oder entfernten
Gegenständen, besteht aus einer Röhre mit
4 in verschiedenen Abständen von einander
parallel ausgespannten Pferdehaaren, zwi-
schen welche der zu messende Gegenstand
gebracht wird. Bei bekannter Entfernung
lässt sich dann leicht seine Grösse, bei be-
kannter Grösse seine Entfernung finden,
r Diastole (gr., auch Ektäsis), das Ansein-
anderzlehen; in der Metrik die dnrch den
rhythmischenAccent bewirkte Deliunngf einer
kurzen Silbe zu Anfang eines Wortes , im
Gegensatz zur Systole oder Yerkürzung einer
langen Silbe.
Diathemiin, von strahlender "Wärme
durchdringlich, also für Wärme dasselbe,
was ,durchsichtig* (diaphan) lür liicht ist.
(^gensatz: atherman. so wie farbige Gläser
nur Lichtstrahlen von bestimmter Farbe
durchlassen, ebenso gibt es auch beschränkte
Diathermanität u. diese heisst Diathermaeie.
Diatöm (gr.), in der Mineralogie nach
einer Richtung hin leicht theilbar, z.B. dia-
tonier Schillerspath.
Diatomeen, Pflanzenfamilie aus der Klasse
der Algen, früher zu den Infusorien g^erech-
net, s. Algen,
Diatonisch (gr., Mus.), Folge von Tönen,
unter denen sich kein Intervall kleiner als
die kleine Sekunde befindet. D.e Tonleiter,
die 5 ganze und 2 halbe Töne umfassend«;
Tonleiter; die halben zwischen der 3. und 4.
und der 7. und 8. Stufe.
Diatribe (gr.), gelehrte Unterhaltung.
Schrift, bes. literar -krit. Schmähschrift.
Dias. 1) JBart<^<mnneo , portug. Seefahrer,
umsegelte 1486, von König Johann II. von
Portugal abgesandt, zum ersten Mal das
Kap, das er ,yorgebirge der Stürme*, Joliann
dagegen ,Vorgeblrge der guten Hoffnung'
nannte; ging später mit Cabrals Mannschaft
nach Brasilien; f ^- ^f^i ^^00 auf dem
Meer. — 2) MieJiael, des Columbus Gefährte
auf dessen 2. Entdeckungsreise, war Jahre
lang Statthalter auf Hispaniola, wo er 14^)5
Goldminen entdeckte, später in Portorico-
f 1512 in Spanien. '
Dibbeln, Legen der Samenkörner in regele
massig vertheilte Löcher, besonders ange-
wandt bei Weizen, Bohnen, JCrbaen, Mais.
Rüben, vortheilhaft durch vollkommene
Ausnutzung des Bodens, Samenersparniss
und kräftige Ausbildung der Pflanzen. Zur
leichteren Ausführung sind Dibbelmaschinen
konstruirt worden; s. Säemcuehinen»
Dibdin , CAaWe« , engl. Komponist, geb.
1748 zu Southampton, Schauspieler Jn Lon-
don; t 2ö. Juli 1814. Zahlr, beliebte Opem
Dibrüobys — Dido.
607
und kom. Geaange von »cht nationalem Oe-
prftffe, auch Dichter (,Seemannslieder*).
Dlbrichys (gr.)f Yersfuss, aas 2 kurzen
Silben bestehend: v w.
DicSarcUe. (gr.) , Verfaasnngsform , wo
nach Recht und Gesetz regiert wird.
Dicasterinm (gr.)> Spruchkollegium, Bich-
terkollegium , welches im Auftrag und auf
Ersuchen anderer Gerichte oder auch von
Priyatpersonen rechtliche Entscheidung gibt,
wie die früheren Schöppenstüble.
Dicephalinm (IHoephalus , gr.), Doppel-
kopf, Missgeburt mit 2 Köpfen.
Dichogamie (gr.)> die ungleichzeitige Aus-
bildung der Geschlechtsorgane beiden Pflan-
zen, androgynUeh , wenn erst die Stanbge-
fässe, gynandritch, wenn erst die Pistille
zur Reife gelangen.
Dichotomie (gr.), Theiluug der Einheit in
2 Theile, Jedes Tlieils dann wieder in 2 etc.;
in der Botanik gabelartige Theilung der
Aeste; dieluitomiach, gabelartig getheilt; in
der Astronomie die Mondphase, wo die
Scheibe gerade zur H&lfte beleuchtet ist.
PIcliroismiis (gr.), die Eigenscliaft man-
cher Krystalle, in der Richtung ihrer Axe
anders gefärbt zu erscheinen, als recht-
winkelig zu derselben (Turmalin, Apatit,
Rauchtopas etc.). Farbige, optisch zweiaxige
Krystalle zeigen ein äliuliches Verlialten,
nur treten bei ihnen meist 3 Farben auf
(TrickroXtmui , £leochroV$mus).
PichroTty s. v. a. Corditril,
Dichromatisch, zweifarbig.
Dichtigkeit der Körper« das Verhältniss
ihres Gewichtes zu ihrem Volumen. Die D.
eines Körpers, bezogen auf die D. des Was-
sers, gibt das specilische Gewicht (s. d.).
Dichtigkeitgmesser, s. SptdßAchesGevncht,
Dickblatt, s. V. a. Sedum Telephium X.
Dickdarm^ s. Darm.
Dickens • CharU%, früher Pseudonym Boz,
ber. engl. Humorist, geb. 7. Febr. 1812 zu
Portsmouth, begründete seineu Ruf durch
die «Sketches of London' (18S6) u. namentl.
durch die ,Pickwick-papers' (bestes Werk,
1837), Hess dann eine Reihe anderer Ro-
mane (z. B. ,01iTer Twist*, ,Nichola8
Nickelby' und ,Meister Humphreya Wand-
uhr' etc.) folgen, besuchte 1812 die Verein.
Staateu, gründete 1845 die Zeitung ,DaiIy
news*, sowie 1850 die Zeitschrift «House-
hold words' (seit 1860 mit dem Titel ,A11
the year round'), hielt 1868 anfeiner zweiten
Reise in Nordamerika vielbesuchte Vor-
lesungen aus seinen Werken ; t 9« Jnni 1870
auf seinem Landgut bei London. Spätere
Romane ; «Martin Cliuzzlewit', ,Dayid Copper-
field', ,Little Doritt' etc. Von seinen zahlr.
, Weih nach tsbuchern' ist das erste ,A christ-
mas carol' das beste. Seine Werke, im
Allgem. durch drastische Komik, launigen
Spott u. mild versölinenden Humor ausgea.,
wurden wiederholt ins Deutscha übersetzt.
Dickgroschen , alte böhm. Münzen, bis
3Loth schwer, durch die Thaler yerdrängt.
Dickhäuter, s. Vidhufer,
Dlckpfennige, die ersten starken Silber-
münzen, die seit dem 13. Jahrh* nach den
Brakteaten entstanden.
DlekUuler (Dicke Tonne), entstandan aua
Ducatou, alter span. Thaler; auch franz.
Diclytra, s. Didyira, [Laubthaler.
Dicta (lat.), Sprüche, bes. Bibelsprüche.
DictamniM L. (Diptam), Pflanzengattung
der Rutaceen. D. albus L, in Mitteleuropa
mit sehr gewürzhaftem Gerucli und firüher
ofBcineller Wurzel (weisse Diptamwurzel,
Specht-, Eschen-, Aschwnrzel).
Dictando (lat.), in die Feder sagend. DikUU,
das nach dem Vortrag Niedei-gesch rieben«.
Dicta gponga (lat.), verlobte Braut.
Dictator (lat., Magister Populi), in der
röm. Republik ausserordentliche, in Zeiten
der Noth von den Konsuln oder vom Senat
längstens auf 6 Monate mit der höchsten
Gewalt bekleidete Magistratsperson. Der
erste D. war Titus Lartius (498 v. Chr.),
der letzte Marcus Junius Pera (216). Die
Diktatur Sullas (82 v. Chr.) war wie die
Jul. Cäsars (47, 45 und 44) von der alten
Diktatur wesentlich verschieden und nur
Titel für die unumsclir&nkte Gewalt beider
Männer. G^enwärtig versteht man unter
Diktatur oder diktatorUcher Gewalt hinsicht-
lich ihrer Befugnisse ganz oder doch sehr
unumschränkte, nicht in dem regelmässigen
Staatsrecht beruhende, über den verfassungs-
mässigen Autoritäten stehende Gewalt. Dih»
latoriseh, gebieterisch.
Dictionariura (lat., fr. Dietiounaire, engl.
Dietionary), Wörterbuch; Dictionnaire de
poche, Taschenwörterbuch.
Didaktik (gr.), Unterrichtslehre, Unter-
richtswissenschaft.
Didaktische Poesie, s. Lehrgedicht.
Didascalia (gr.), Einübung u. Aufführung
eines Theaterstücks, bes. aber Verzeichniss
der aufgeführten Dramen mit Angabe der
Verfasser, der Zeit der AufFührung etc.
Diderot (spr. -oh) Denis, franz. Encyklopä-
dlst, geb. 5. Okt. 1713 zu Langres (Champagne),
erregte zuerst Aufsehen durch seine ,Pen86es
philosophiques' (1746), später unter dem Titel
,Etrennes aux esprits forts' wieder abge-
drucict', gegen die christliche Religion ge-
richtete Flugschrift, auf Bescfalnss des Par-
laments vom Scharfrichter verbrannt, e:ab
mit Eidou» und Touaeaini ein «Dictionnaire
universelle de m^decine' (1746, 6BdeO, dann
mit Danbenton , Rousseau , LMond , Marmon-
tel, d'Alembert u. A. seit 1751 die ber. ,Ency-
clop6dle' heraus , sehr, den Roman ,Le8
bijoux iudiäcrets*, die Lustspiele ,Le ftls
naturol' (1757) u. ,Le pdro de famille' (1758),
beide als ,Th6atre de p.* (1758; deutsch von
Lessing 1781) erschienen « und zahlr. philos.
ästhetische Werke; f ^l- Juli 1784. Aus
seinem Nachlasse erschienen: ,Essai sur la
pelnture' (deutsch von Crnmer 1747, 2 Bde.)
und die Romane ,La religieuse', «Jacques
le fataliste et son maitre* und «Rameaus
Neffe' (übers, von Goethe 1815). Hanptver-
breiter des die Moral auf die Anlagen der
Meuschenuatur gründenden Naturalismus.
Werke herausg. von Kaigron (1798, 15 Bde. ;
neueste Ausg. 1821« 22 Bde.). Vgl. Roten-
krans, «Leben und Werke D.s'« 1866, 2 Bde.
Dido (Elieea), sagenhafte Gründerin von
Karthago, Tochter eines Königs von Tyms
508
Didoi — Dies.
RameM Afsw» oder Bein«, desaen Naeb*
Iblger PjKmalion, der B. Bruder, den Gatten
decMlben, Acerbaa (bei Yirgll Siebios), er-
mordete, entflob mit des letstereu Schäteen
VBd landete an der Knote Ton Afrika vnweit
Utica, wo sie eine Borg Byrsa erbante, an
die sieb später die Stadt Karthago anschlosa.
Sie entaog sich den Heiratbaantrigen des
nninid. Königs Hiarbas dnrcb freiwilligen
Tod anf dem Scbeiterbanfen. Yii^l liast den
Aeneas an D. kommen und gibt dessen Un>
treue als Ursache ihres Todes an.
Dldoty frans. Buchdrucker- und Bneb-
händlerfamiiie, deren Ahnherr Frumfoi* D.,
geb. 1689 an Paris, f ^ Not. 1757, sein Ge-
schäft 1713 EU Paris gründete. Sein Sohn
Franfoit Ambroise D, , geb. 1730, f 10* ^^'^
1804, yerroUkommnete die Schriftschneide-
und Schrif^esseknnst, auch die Buch-
druckerpresse, sowie dessen Bruder PUrrt
Fraufoi* D., geb. 1738 , f 7. Dec 1795, die
Papierjabrikation. Pierre D,, der Aeltere,
Sohn von Fran^ Ambroise D., geb. 1760,
t 31. Bec. 1853; veranstalteto Prachtans-
gaben klassischer Schriftsteller. Sein Bru-
der Firmin D., geb. 1764, f 84. April 1836,
erfand ein neues Verfahren des Stereotyp-
dnicks. Henri D., Sohn Pierre Fran^ois
B.s, geb. 17fö, t 1^2* ausgezeichneter
Scliriftschneider, Tervollkommuete den Let-
temguss. Sein Bruder D, SaiiU-Liger, Leiter
der Papierfabrik an Essonne, erfand das
Papier ohne Ende. Ambroiee Firmin D.,
Sohn Firmin B.s, geb. 20. Bec. 1790, über-
nahm mit seinem Bruder Syacinthe Firmin
D., geb. 11. Bfärx 1794, das Geschäft, an
welchem auch Paml D. und Alfred Firmin
D., Söhne von Ambroise und Hyacinthe B.,
Theilhaber sind.
Didym (gr.), ehem. Element, neben Cer
und Lanthan bes. im Cerit von Riddar-
hyttan in Schweden, bildet rothe n. violette
Sftize.
Dldyna (a. G.), jon. Ort Im Gebiete von
Miletus; ber. Orakel des Apollo (Didymäua).
Die, Stadt im frans. Bepart. Brftme, an
derDröme, 3762 Ew. ; Bischofssits. Mnskat-
wein (Clalrette de B.). In der Nähe der
sogen, unersteigliche Berg (eines der Wun-
der der Banphin^).
Diebltsch-SabalkanskiJ, Han* Karl Friedr .
Ant. von Diebitach und Karden, Graf, russ.
Feldliei-r, geb. 13. Mai 1785 zu Grossleippe
in Schlesien, trat 1801 in russ. Kriegs-
dienste, machte den Feldzug von 1805, dann
die Schlachten bei Bresden, Kulm und
Leipzig mit, ward 1828 Generaladjntant des
Kaisers und Chef des grossen Generalstabs,
im türk. Feldzage von 1889 Oberbefehls-
haber, überscliritt den Balkan (daher sein
Beiname S.) und ward zum Feldmarschall
ernannt. Nach Ausbruch der poln. Revo-
lution zum Oberbefehlshaber über die mss.
Armee ernannt, rückte er 6. Febr. 1831 in
Polen ein, focht mit wenig Erfolg; f 10. Juni
1831 EU KlecEowo bei Pnltusk an der Cliolera.
Vgl. Belmont, ,Graf B.', 1830. .
Diebstahl (furtum), die Aneignung einer
fremden beweglichen Sache zum Zwecke
widerrechtlicher Bereicherung, zieht Jetzt
meist «iafibclM, oder, wenn dvreli er-
schwerende Umstände ansgeBeichmet (qnnü-
ßcirt^ geschärfte Freiheitsstrafe naeh sich.
Dieburg, Kreisst. in der hesa. Pror. Stnr-
kenbnrg, mit Burg SloefaMi. 3618 Ew.
Diedcahofn (fr. 7%i<m9ine), feste Stadt
in Beutscb-Lothringen, an der Bahn lioxem-
bnig-Mets, 7376 Ew. Kapitolation 34. Nor.
1870, nach zweitägiger Bescfaieasuni^.
Wetttmbutkf Johann Friedriek , Gbimrg,
geb. 1. Febr. 1794 sa Königsberg, seit 1832
Professor der operativen Medidn sn Berlin ;
fll. Nov. 1847. Ber. dnrcb seine plastiachen
Operationen. Sehr. ,Ueber Transplantation
thierischer Stotfe* (1888); «Transfusion des
Blutes und Einspritzung der Arsnefen in
die Adern* (1888); ,Gbinirg. Erfahrongen*
(1829-34, 4 Bde.); ,Burchsebneidancf der
Sehnen und Muskeln* (1841); ,Ueber das
Schielen' (1842): .Operative Chirargle' (1S44
bis 1849, 8 Bde.). Seine Vorträge gab Jfeier
heraus (1840). Tgl. über D. Hercnegg (1830)
und BreuatM^r (1841).
DiegCali (fr.), in der Rhetorik dio voll-
ständigo Ersah lung einer Sache von Anfang
bis zu Ende; diegeliech, erzählend.
Dfelytra (nicht Bidylm) Borckk., Pflansen-
gattnng der Fumariaceen. B. spectabüis
(Hangend Herz) ans Sibirien nnd <3hina,
Zierpflanze.
Dienende Brider, in Mönchsklöstern die
den Laienbrüdern gleichstehenden I>iener
der Mönclie, wie dienende Sehweatem , Die-
nerinnen der Nonnen.
Dienstag» Name des 8.Wochentag8, elgentl.
Dieatag, d. i. der dem Zio, dem Kriegagott
der alten Deutschen, geweihte Tag, daher
lat. dies Martis; bei den Bayern Erchtag
oder Ertag, weil dort derKriegsgottEr hiess.
DiepenPTOek, M^hior Freiherr von, Fürst«
bischof von Breslau, geb. 6. Jan. 1796 sn
Bocholt In Westphalen, focht als Landwebr-
lieutenant in den Freiheitskriegen, empfing
1823 die Priesterweihe, ward Sekretär des
Bischofs Salier, 1845 Fürstbischof von Breslau,
1850 Kardinal; f ^- J»n. 1858. Sehr. ,Gteist-
licher Blumeustrauss* (4. Aufl. 1868), ,Hein-
rich Susos, gen. Amandos, Leben u. Schriften*
(2. Aufl. 1837). Biographie von Ftirtier (1859).
DiepholSy Grafach. in der prena». Prov.
Hannover, zwischen Oldenburg und West-
phalen, 11,8 QM., Heide- und Moorlandsch.
mit bedeut. Heidschnucken- nnd Bienen-
zucht. Die Hanptst. B., an der Hunte, 8444 Ew.
Dieppe (spr. Bi-ep), befest. Seestadt im
franz. Bepart. Niederseine, am Kanal,
19,946 Ew. ; Hafen, malerisclies Kastell (Ka-
serne), Seebäder, ehedem der blühendste
Seeplatz Frankreichs. 9. Bec. 1870 von den
Beutschen (Mantenffel) besetxt.
Diendorf, besuchtes Mineralbad imprenss.
Regbz. Breslau, Kr. NImptsch, 883 Ew.
Dies (lat.), Tag, bes. Gerichtstag, Termin.
B. ater, schwarzer Tag, Unglückstag. 2>.
canini oder eanievtares, die Hundstage. B.
cinerum, Aschermittwoch. B. Jovia, der
Bonnerstag. D. luci», Tag des Lichts, Ostern.
B. iMMac, Montag. B. JtfartM, Dienstag. D.
Merciirii, Mittwocli. B. ncUalia, Geburts-
tag. B. Bancti, heilige Tage, die FastenBeit.
Dies irae, dies illa — Diffusion.
509
i>. Saiumi, Sonnabend. D. taxcnicu$, säohs.
Vrist. D. ßoiis» Sonntag. D, »pirittu, Tag
des (heiUgen)Geiste8, Pfingsten. D. »uprema,
der jüngste Tag. D. Veneri§, Freitag. D.
viridium , GrUndounerstftg.
Dies irae, dies iila (lat., d. i. der Tag des
Zorns« Jeuer Tag), uaoh den Anfang^worten
benannter lat. Hymnus auf das Weltgericht,
verfasst von dem Franciskaner Thomas von
Celano (j um 1956), schon von 1385 inidreh-
liohem Gebrauch, oft ins Deutsche übers,
(von A. W. Sohlegel, Folien, Bunsen etc.)
und von Paleetrina, Pergolese,' Haydn,
Cherubiui, Mozart (im ,Requiem') u. And.
fcomponirt. Vgl. Lisco, ,D. i.', 1840.
DImIs (fr. diise, Mus.), das £rhöhnngs-
seichen #. Dietiren, erhöhen.
Dlesplter (lat.), des Tages Vater, Beiname
des Jupiter.
Dieterici, Karl Friedr. Wilh., Statistiker
und National Ökonom, geb. 28. Aug. 1790 zu
Berlin, ward 1881 geh. Oberreglerungsrath,
1834 zugleich Prof. der Staatswissenschaften
an der Universität zu Berlin, 1844 Direktor
des Statist. Bureaus das. ; f als Mitglied der
berl. Akademie 29. Juli 1859. Hauptwerke:
, Statist. Uebersicht der wichtigsten Gegen-
st&nde des Verkehrs und Verbrauchs im
prenss. Staat und im deutschen Zollverband*
(1838; Forts. 1-5, 1841-53); ,Handb. der
Statistik des preuss. Staats* (1858 f., fortge-
führt von seinem Sohn Kaid D,, 1861).
Dieteris (gr.), Zeit von zwei Jahren ; di^i-
terisch, zweijährig.
Diether^ Name zweier Personen der deut-
schen Heldensage : D. der ältere, Sohn Ame-
Inngs und Vater der Härtungen, D. der
jüngere, Bruder Dietrichs von Bern.
Dietmar (Thietmar), Chronist, geb. 25.
Juli 976 zu Hildesheim, Sohn des Grafen
Siegfried von Wallbeck, seit 1009 Bischof
von Merseburg; f 1« Dec. 1019. Sein ,Ghroni-
eon* von 908 — 1018 Hauptquelle fttr die
Geschichte der slav. Länder Jenseits der
Elbe, herausg. von Lappenberg in Pertz
,Monumenta Germanlae historiea* (Bd. 8,
1899), deutsch von Lccurent (1848).
Dietmar tob Aitt, Minnesänger, Oester-
reicher, um 1143—71; seine Lieder (in der
manessischen Handschrift) derb sinnlich.
Dietz, Kreisst. im preuss. Regbz. Wies-
baden, an der Lahn, 8689 Ew. Vor Karl d. Gr.
790 (Theodissa) gegr. Die Grc^seh. D. fiel
1388 an die Linie des Hauses Nassau (Neusau-
D.), welche den niederländ. Thron inne hat.
Dien et mon droit (fr.), Gott und mein
Recht (engl. Wahlspruch).
Dies, 1) Friedr. Otristian, Begrfinder der
roman. Philologie, g^eb. 15. März 1794 zu
Qiessen, seit 1830 Prof. zu Bonn. Haupt*
werke: ,IHe Poesie der Troubadours* (1896;
franz. ronBoiiin 1845) und ,Leben und Werke
der Troubadours* (1829); ,Grammattk der
roman. Sprachen* (neue Bearbeltungl850- 60,
3 Bde.); ,Etvmolog. Wörterbuch der roman.
Sprachen' (3. Aufl. 1869 f.); ,Ueber die erste
portug. Kunst und Hofpoesie* (1863) u. a. —
8) Feodor, Historien- und Schlachtenmaler,
geb. 29. Mai 1813 zu Neunstetten bei Kraut-
heim in Baden, in München geb|ldet|. später
auch daselbst ansässig, seit 1860 Hofmaler
und Prof. an der Kunstschule zu Karlsruhe,
begleitete 1870 die bad. Truppen auf dem
franz. Feldzuge; f 1^- I>ec. 1870 auf der
Helmreise zu Gray belDijon. Hauptwerke:
Zerstörung Heidelbergs durch Melac; eine
lustige Schlacht (Sieg bei Rossbach) ; Blüchers
Uebergang über den Rhein bei Kaub ; Blücher
nach der Schlacht von La Rothidre auf dem
Marsch nach Paris n. a.
DlSzengmenon (gr.), das Getrennte, rhetor.
Figur, wobei bei mehreren auf einander
folgenden Sätzen ^eder einzelne Satz ein
eigenthümliehes Zeitwort erhält.
Diezmami, Joh. Aug,, Schriftsteller, geb.
1805 in Gatzen bei Pegau, lebte in Leipzig,
seit 1834 Redakteur der ,Allgem. Moden-
zeitung* ; t 25. Juli 1869. Sehr. ,Nachtseiten
der Gesellschaft* (1844-46. 18 Bde.); ,Goethe
u. die lustige Zeit in Weimar* (1857); ,Goethe-
Schiller-Museum* (1858); ,Qoethes Liebschaf-
ten* (1868) ; die Romane ,LeichteB Blut* (1864)
und ,FrauenschuId (1866) u. a. Auch ge-
wandter und thätiger Uebersetzer.
Dlffamttloii (lat.), Verbreitung einer üblen
Nachrede gegen Jemanden, insbes. die An-
dern gegenüber ausgesprochene BerUhmung,
an einen Dritten eine Forderung zu haben,
auf welche hin letzterer (Diffamat) berech-
tigt ist, den sich Berühmenden (Diffamanten)
zur Aufstellung einer Klage (Diffamati(ms'
VLag«) gerichtlich zu veranlassen.
DitTerentialBSile. s. 2SoU.
DlfTerems (lat.), Unterschied, in der Mathe-
matik diejenige Grösse, welche man durch
Subtraktion zweier gleichartigen Grössen
erliält. Zieht man in einer Reihe von Zahlen
immer 2 auf einander »folgende von einan-
der ab, so erhält man eine neue Reihe;
ßiffereruenreihe , aus der sich dann auf die-
selbe Weise eine andere, aus dieser eine
dritte etc. ableiten lässt.
DifferenEgeMliaft • Kauf auf Lieferung,
wobei lediglich die DilTerenz gezahlt wird,
welche zwischen dem dermaligen und dem
zu einem gewissen späteren Termine gelten-
den Preise sich ergeben wird, eigentl. blosse
Wette n. nicht klagbar, auch verboten, aber
vom Gesetze schwer erreichbar. [sein.
Differlren (iat.), abweichen, verschieden
DifTession (lat.). Ableugnung, im Rechts-
wesen Handlung, wodurch Jemand eine
gegen ihn gebrauchte Privaturkunde als
ihn nicht berührend erklärt; Diffeeaionseid,
Abschwörung einer Urininde dem Inhalte
und der Unterschrift nach.
Diiflcil Oa^)> schwierig; eigensinnig, pein«
lieh. Difßktdiät, Schwierigkeit.
Diindatlon Hat.), Herausforderung, Absage-
oder Fehdebrief. [Argwohn.
Diflridiren (lat.), misstrauen. DWidenz,
Diinndlreii (lat.), zerspalten; im Bechts-
weseu eine Verhandlung unterbrechen und
verschieben. [Miswestaltong.
Difform (lat.), missgestaltet. Difformitdi,
Diffnslon (lat.), die gegenseitige Durch-
dringung von Gasen und Flüssigkeiten ohne
chemische Veränderuug derselben. Bringt
man 2 Gase, die nicht chemisch auf einander
wirken , in denselben Baum « oder yerbindet
510
l)igai*tsclii *- Dilolo-See.
mau S Ränme mit Terschiedenen Gasen
durch eine Oeffnnug oder poröse Wand, so
verbreiten sich die Gase ganz gleichmässig.
Bei der D. der Flüssigkeiten ist nicht die
Dichtigkeit, sondern die Natur der Körper
massgebend. Vgl. End<mno»e.
BigArtMkl (Dschigatsi), feste Stadt im
südl. Tübet, am Yarn - Dsangbo , 80,000 Ew.
Dlferjbren (lat.)i eine feste Substans bei
massiger Wärme mit einer Flüssigkeit be-
handeln,um sie xn erweichen, oder extrahiren.
Difesten (lat.), a. v. a. Pandekten.
Digestion (lat«), der JProzess dos Dige-
rirens ; in der Mediein s. y. a. Verdauung.
DigestiTE (lat., remedia d., Dige^ivmittel),
Verdauung befördernde Mittel, entweder
durch Abstumpfung übermässiger Magen-
säure wirkend (Salze, besonders doppelt-
kohlensaures Natron, Magnesia) oder durch
Reizung vermehrte Absonderung des Darm-
saftes bewirkend (bittere Mittel , Gewürze),
endlicli einige leicht abführende Salze (Koch-
salz, Glaubersalz, daher Verwendung des
marienbader, karlsbader Wassers). DiffestiV'
aalbe, terpentinhaltig , leicht reizend zur An-
regung der Wundentaündting.
Digestivsalz, s. v. a. Chlorkalium.
Digestor, papinianischer Topf.
Diggen(engl., d.i. Gräber), Bezeichnung
der Goldgräber in Kalifornien.
Digitalin, Alkaloi'd der Digitalisarten,
weiss, schwer krystallisirbar, geruchlos, bit-
ter, kaum in Wasser, leicht in Alkohol löslich,
in Schwefelsäure braunschwarz, dann roth
Q. nach Zusatz von Wasser gi'ün, sehr giftig.
Digitaiig L^ (Fingerhut), Pfianzengattung
der Scrophularineen. D. purpurea L., ge-
meiner F., in Europa, Blätter officinell, sehr
giftig , enthalten Digitalin. So auch andere
Arten, wie D. grandiflora Lam., D. lutea L,
und parviflora Lam. in Mittel- u. Südeuropa.
Zierpflanzen.
Digitatus (lat.), gefingert, bes. von Blättern
mit 6 oder mehr Blättcheu am Ende des
Blattstiels.
Digiiand (lat.), die Grundzahl einer Potenz.
Digne (spr. Dinj), Hauptst. des franz.
Depart. Niederalpen, anderB16one, 7002 Ew.
Dignitat (lat.), die mit einem Amte oder
einer Ehrenstelle verbundene Auszeichnung.
Digiiitare (l^'^O» Würdenträger, insbes.
die Inhaber von angeselienen Hof- und
Kirchen würden (Dignitäten).
Digresslon, Abschweifung; in der Astro-
nomie s. V. a. Ausweichung, Elongation.
Digyniscli (gr.) , zweiweibig, mit 2 Stem-
peln (Griffeln oder Narben).
Dii majoram gentinm (lat.), die höheren
Götter; Vornehmere, im Gegensatz zu Dii
minorum gentium, die unteren Götter, Ge-
ringere. l)ii$ manibU8 sacrum, gewölinlich
abbr. D. M. S., auf Todtendenkmälern: ver-
klärten Seelen gewidmet.
Dljon (spr. -schong), Hauptst. des franz.
Depart. Göted'Or, am Zusammenflüsse der
Ouche u. des Suzon, 39,193 Ew. Akademie,
Industrie und Handel. Zur Römerzeit Dibio,
ein fester Platz ; im Mittelalter die blühende
Hauptst. von Burgund. 31. Okt. 1870 von
den Deutschen besetzt, dann wieder ge-
räumt; Hauptquartier Garibaldis. 21. Jaü.
1871 in der Nähe heftige Gefechte mit den
Garibaldianem; 1. Febr. abermalige Be-
setzung der Stadt durch die Deutschen.
DiJudiciren (lat.), urtheileu, entscheiden.
Dike (gr.), Göttin der Gerechtigkeit, Toch-
ter des Zeus und der Themis, Personifi-
kation des Begriffs der im Gerichtshöfe wal-
tenden Gerechtigkeit.
DiklinifMsli (gr.), zwelbettig, von Pflanxen,
bei denen Staubgefässe und Stempel auf
verschiedenen Blüthen befindlich sind, wie
in der 21. und 22. Klasse des linn. Sjstems.
Dikotyledenen, zweisamenlappige Pflan-
zen, Gewächse, deren Keim mit 2 oder
mehreren (Kiefer, Fichte) Samenlappen (Ko-
tyledonen) versehen ist. Zeichnen sich be-
sonders durch ihren Habitus, durch den Bau
des Stengels und die Nervatur der Blätter
vor den Monokotyledouen aus.
Dllaeeration (lat.), gewaltsame Verletzung
der Weichtheile des Körpers durch ein
stumpfes Instrument.
Dllaleai (gr.), Doppelsprecher, Bauch-
redner. Dilalie, Bauchredeknnst.
Dilatabel (lat.), ausdehnbar. Dilatabilität,
Ausdtthnbarkelt. Dilatation , Erweiterung,
bes. einer Wunde, eines Kanals durch ein
besonderes Instrument, Dilatätor oder Dila-
tatorium. Dilatatores, die Muskeln, welche
die Erweiterung einer Höhlung bewirken.
Dilation (lat.), Aufschub, im Rechts wesen
sowohl die zu einer Rechtshandlnngg^ewährte
Frist, als die Verlängerung einer gewährten
Frist. Dilatorische Ladung, Vorladung, deren
Versäumniss nur zu Erstattung der Kosten
derselben und des angesetzten Termins ver-
pflichtet. Gegensatz peremtorische Jjodung.
Dilemma (gr.), Schlnssart, bei welcher der
Obersatz ein hypothetisches VordergHed u.
ein disjunktives Hinterglied hat, im Unter-
satz aber die in dieser Disjunktion enthal-
tenen- Fälle oder Folgen und damit auch
im Sclilusssatze das Vorderglied oder die
Voraussetzung aufgehoben werden ; als ver-
fänglich auch gehörnter Schluss (Syllogis-
mus cornutus) genannt und ssu Sophismen
missbraucht; im gewöhnl. I«oben n. v. a.
Klemme, unangenehme Wahl.
Dilettant (v. ital. düettare, lieben), Lieb-
haber einer Kunst oder Wissenschaft, der
dieselbe aber nicht berufsmässig treibt. Di-
lettantivmu$ , Kunstliebhaberei, der Meister-
und Kennerschaft en^egengesetst.
Diligence (f^. , spr. -lischangs) , schnelle
Beförderung, Name derPersonenpostvTH^n.
Dill 9 s. Anethum.
Dillenbai^, Kreisst. im prenss. Regbz.
Wiesbaden, an der Dill (Nebenfl. der LAhn),
3033 Ew., Bergschule.
Diilingen, Stadt im bayer. Regbz. Schwa-
ben, an der Donau, mit Donanbrucke,
5192 Ew.; ehedem Residenz der Bischöfe
von Augsburg; die Universität (1554 gegr.
Hauptsitz der Jesuiten) 1809 anfi^ehoben. '
Dilogie (gr.), Zweideutigkeit, Doppelsinn;
als rhetor. Figur s. v. a. Antanaklasis.
Dilolo-See, See im Innern Sijdafrikaa im
Gebiet des Zambesi, 4450' üb. M. , von*Li-
vingstone besucht.
I)ilucida intervalla — Bio Cassius.
511
Dilaeida interralla (lat.)> die lichten, ver-
nUnftigen Augenblicke eines Wahnsinnigen.
Dilucldation (iat.), Erläuterung, Aufkla-
DUudiuni (Iflt), Zwischenspiel. [rung.
Bilueiitla (Iat), blutverdünnende Mittel,
reine oder Mineralwässer, bes. kochsalz-
haltige.
Dilation (Iat.), Verdünnung, Auflösung.
DÜHTium (Iat.)» pleistocäne, quarter näre
Bildung, das alte Schwemmland, ruht auf
den jüngsten Tertiärschichten und unter
dem AUurinin, besteht aus Lehm und Let-
ten, Löss, Sand, Gerolle, mit den erratischen
Blöcken, jüngerem Süss wasserkalk u. Bohn-
erzlagem ; enthält Reste meist ausgestorbe*
her grosser Landsäugethiere , zum Theil in
Höhlen abgelagert, auch Menschenreste.
Der Name D. entspricht der Annahme, dass
diese Ablagerungen durch eine grosse Uebor-
Bchwemmuug der festen Erde gebildet seien.
Dlme (spr. Deim), nordamerikau. Silber-
münze, = Vio Doli. = 4 Sgr. St/w Pf.
Dimension (Iat.), Abmessung, die Richtung
der Ausdehnung einer geometrischen oder
llaumgrösse. Die Linie hat nur eine D., die
Länge; die Fläche 2, Länge und Breite ; der
Körper 3, Länge, Breite und Höhe.
Duneter (gr.), Vers von 2 Takten (Men-
Dimidium (Iat.), die Hälfte. [suren).
Diniinnendo(abbr.dt'm., Mus.), abnehmend.
DiminntiTom (richtiger Deminutivum, Iat.),
Woi*t, dessen Grundbegriff durch eine for-
melle Veränderung in der Weise modificirt
ist, dass es etwas Geringeres, auch Veräclit-
liches bezeichnet, am gewöhnlichsten bei
Hauptwörtern, durch die Silben chen und
lein bezeiclmet, seltener bei Zeltwörtern
(z. B. lächeln, spötteln). [düng.
Dimlssion (Iat.). Entlassung, Verabschie-
Dimissoriile (Iat.), Entlassungs- oder Er-
laubnissschein, insbes. die einem Braut-
paare schriftl. ausgestellte Erlaubniss, sich
an einem anderen Orte als dem gesetzlichen
trauen zu lassen; im Rechtswesen (dimis$o-
rialei, näml. litterae) der Bericht des Un-
terrichters an den Oberrichter über einge-
wandte Appellation. [den.
Dimittlren (Iat.), entlassen, verabschie-,
Dimity ( Wallis), dichte geköperte Baum-
wollengewebe, glatt, gerippt oder gestreift;
dient zu Unter- und Neglig^kleidern.
Dimorphie (Dimorphitmu», gr.), Doppel-
gostalt , Fälligkeit gewisser Substanzen , in
zwei nicht aufeinander zurückfuhrbaren
Krystallformen aufzutreten (Kohlenstoff als
Diamant und Graphit,' kohlensaurer Kalk
als Kalkspath und Aragonit).
Dinan (spr. -nang), Stadt im flranz. Depart.
Cötes du Nord, am Ende des Ill-Rancekanals,
8510 Ew. Altes Schloss der Herzöge Ton
Bretagne. Mineral- und Seebad.
Dlnant (spr. -nang), alte, ehemals bedent.
Handelsstadt in der belg. Prov.Namur, an der
Maas, 6428 Ew., goth. Kathedrale, Citadelle.
Diner (fr., spr. -neh), die Hauptmahlzelt
des Tags; auch .Mittagsgastmahl; dinirtn,
KU Mittag speisen.
Dinero, Silbermünze in Peru, s 10 Cent
oder >/io Peso = Vs Frc.
Piny (niederdeutfch Thing), Tormals und
noch jetzt in SkandlnaTlen tibd hier und da
in Deutsciiland s. t. a. Volksversammlung,
insbes. Gerichtsversammlung, häufig in Zu'
sammeusetzungen vorkommend, z. B. Lands-
ding, Folketbing, Storthing etc.
DIngelstedt, Franz (von). Dichter nnd
Schiiftsteller, geb. 30. Juni 1814 zu Halsdorf
bei Marburg, bis 1841 Gymnasiallehrer zu
Fulda, ward 1843 Bibliothekar und Vorleser
beim Köui^ von Würtemberg, 1850 Intendant
des Hoftheaters zu München, 1857 General-
intendant des Hoftheaters u. der Hofkapelle
zu Weimar, 1867 artist. Direktor des Hof-
opemtheaters zu Wien, 1871 Direktor des
Burgtheaters das., vom König von Bayern
geadelt. Hauptwerke: ,Lieder eines kos-
mopolit. Nachtwächters* (1840); ,Gedichte'
(2. Aufl. 1858): ,Nacht und Morgen. Neue
Zeitgedichte' (1851) ; ,Heptameron' (Novellen,
1841, 2 Bde.); ,Unter der Erde' (Novelle,
1840); ,Novellenbnch' (1850); ,Die Amazone'
(Roman, 1868); ,Das Haus des Barueveldt*
^Trauerspiel) ; .Studien und Kopien nach
Shakespeare' (1857) u. a.; lieferte eine ge-
schickte Bühneubearbeitung der shake-
speareschen Historien (1867), sowie Ueber-
setznngen mehrerer Stücke Shakespeares.
Dingler, Johann Gottfried, Technolog, geb.
2. Jan. 1776 in Zweibrücken , gründete 1806
in Augsburg eine chemische Fabrik und
erwarb sich grosse Verdienste um Färberei
und Zeugdrnck ; f ^' ^^i 1855. Begründete
1820 das ,Foly technische Journal', in dessen
Redaktion 1841 sein Sohn Emil D. eintrat.
Dingo, neuholländischer Hund.
DinJ^el, s. Spelz,
Dinlcel8biilil , Stadt im bayer. Regbz.
Mittelfrankon , an der Wömitz, 5192 Ew.;
ehedem freie Reichsstadt.
Dinotlierinm giganteum Kaup, Dick-
häuter der mittleren Tertiärzeit mit Stoss-
zähnen und Rüssel. Der Schädel von
Eppelsheim ist 3Vs' 1. Hauptftindorte Eppels-
heim, wiener Becken, Touraine. D. indicum
von der Perimiusel im Busen von Gambay.
Dinte, Schreibdinte. Schwarze: Gall-
äpfeldinte aus Galläpfeln und Elsenvitriol,
enthält gerbsaures Eisenoxydnl, welches
sich allmäh lig in gallussaures Eisenoxydul-
oxyd (schwarzer Bodensatz) verwandelt.
Altzdrindinte enthält gerbsaures Eisenoxydul
und Indigolösung nebst Krapp. Kopirdinie
muss sehr koncentrirt sein und enthält
Honig oder Glycerin. Rothe D.n sind meist
ammoniakalische Karminlösungen, Haue am
besten Lösungen von löslichem Berliner-
blau. Sympathetiiche D.n sind meist farb-
lose Metallsalzlösnngen , deren Schriftzüge
beim Erwärmen (Kobalt) oder durch Schwe-
felwasserstoif geförbt hervortreten. Die
lithographitchen und autographischen D.n sind
fettige Mischungen. D. zum Zeichnen der
Wäsche ist am besten HöllonsteinlÖsuug, mit
welcher auf dem mit Soda getränkten und
getrockneten Gewebe geschrieben wird.
DintenfiMh, s. Sepia.
Dio Cassius, eigentl. Cauius Dio, griech.
Geschichtschroiber, geb. um 155 n. Chr. zu
Nicäa in Bithynlen, 221 Konsul, 229 aus
Rom Torwiesen; sehr, die Goschichte Roms
512
Diocietianus — Diorama.
von dessen GrQndang bis 289 u. Chr. In
180 Büchern, nnvollstandlg erhalten. Her-
auBg. Ton Bdtker (1849, 2 Bde.), L. Dindorf
(186S-fö, 5 Bde.); deutsch von LorentM (1826,
4 Bde.) und Ta/a (1831—44, 16 Bde.).
DioCletlaiinS) Caju$ Aurelius Vtderius,
mit dem Beinamen Jovius, röm. Kaiser,
geb. aus Dalmatien, ward 28. Ang. 284 zu
Ghalcedon vom Heere Enm Kaiser ansgerofen,
tfaeilte das Reich , so dass Maximian Afrika
and Italien, Constantius Chlorus Spanien,
Gallien nnd Britannien, Galerius Illyrien,
Thracien, Macedonien nnd Griechenland, D.
den Orient erhielt, erweiterte 297 im Frieden
mit dem Perserkönig Narses die Grenzen des
Beichs über den Tigris hinaus, dankte mit
Maximian 1. Mai SC^ ab, lebte seitdem bei
Salonä in Dalmatien ; f das. 313. Völlige Be-
seitigung der republikan. Formen, Einfoh-
mng oriental. Ceremoniels; Christenverfol-
gnng 903. Vgl. Vogel, ,Der Kaiser D.*, 1857.
Diodöru, griech. Geschichtschreiber, Ton
Sicilien, daher Siculus genannt, sclirleb ein
Geschichtswerk, betitelt .Historische Biblio-
thek', in 40 Bachern, die Geschichte fast
aller damals bekannten Völker bis 60 v. Chr.
enthaltend, unvollst. erhalten. Herausg. von
X.ZWn<lor/(1867-€8, 5Bde.), Bekker (1853-54,
4 Bde.), deutsch von Wurm (1826, 14 Bde.).
DiScese (gr.), bei Konstantins d. Gr. £in-
theilung des röm. Reichs Bezeichnung der
Haupttheile desselben, die wieder in Pro«
▼inzen zerfielen ; Jetzt Jnrisdiktionsbezirk
eines Bischofs; bei den Protestanten die
Gesammtheit der unter der Aufsicht eines
Superintendenten oder Dekans stehenden
Pfarrelen. JH^esan, Jedes zu einer D. ge-
hörige Glied einer Kirche.
Diogenes (D. von Sinope), her. griech.
Philosoph, der cynischen Schule angehörend,
geb. 414 V. Chr., Schüler des Antlsthenes
zu Athen, suchte den Grundsatz, dass es
göttlich sei, nichts zu bedürfen, praktisch
durchzuführen, ward von Seeräubern ge-
fangen und als Sklave nach Korinth ver-
kauft, lebte hier und in Athen; f 824.
Gegenstand zahlreicher, zum Theil wohl
erdichteter Anekdoten. — 2) D. von Laerte
(LaSrtius), griech. Schrifteteller in der
ersten Hälfte des 3. Jahrh. n. Chr., sehr.
,De vitis, dogmatibus et apophthegmatibus
clarorum virorum* in 10 Büchern, für die
Gesch. der Philosophie wichtig. Herausg.
von Co&«f (1850), deutsch v. Snell (1806,2 Bde.).
Diomedes, Sohn des Tydeus und der
Dei'pyle, König von Argos, zog mit den
Epigonen gegen Theben, verwundete vor
Troja den Ares nnd die Aphrodite, wandte
sich, nach seiner Rückkehr von seiner treu-
losen Gattin Aegialea verwiesen, nach Apu-
lien, wo er des Königs DaunusTochterEuippe
heirathete und mehrere Städte gründete.
DlonSa L. (FUegen/aUe), Pflanzengattung
der Droseraceen. D. mnscipula L. in Süm-
pfen Carolinas, mit reizbaren Blättern, die
sich bei Berührung durch ein Insekt über
diesem schliessen, bis die Reizung aufliört.
IHonjrsfa (gr.). Feste des Bacchus (Dio-
nysos) in Griechenland, bes. in Athen.
JOIonysivs^ zwei TyraB^en von S^rakns.
D. der Aeltere schwang sieh aus niederem
Staude zom Feldherm und am 406 v. Chr.
zum Tyrannen von Syrakus empor, kämpfte
glucklich gegen die Karthager, eroberte S87
Rhegium ; t ^67 auf Anstiften seines Sohnes
vergiftet. Unmenschlich grausamer, aber
kluger und unermüdlich thätiger Herrscher.
D. der Jüngere , Sohn und Kachfolser des
Vor., ward von Dion 367 aus Syrakus
vertrieben, floh nach Lokri, nabm 346
Syrakus wieder in Besitz, musste sich 343
an die Korinther unter Timoleon ergeben ;
f vergessen in Korinth.
Dionyslns, 1) D. von Hcdikamaea in Karien,
griech. Rhetor, kam um 30 v. Chr. nach
Rom, sehr, eine ,röm. Archäologie* in 20
Büchern (enthaltend die Geschichte Roms
bis zum 1. pun. Krieg), wovon die 9 ersten
Bücher vollständig, von den übrigen nur
Fragmente erhalten sind. Herausg. v. 'Kietg-
ling (1860—70, 4 Bde.); deutsch yonSeÜMÜer
(1827, 4 Bde.). — 2) D. AreopagUa, so genannt
als Beisitzer des Aroopags zu Athen, ward
vom Apostel Paulus zum Christenthum be-
kehrt nnd soll als erster Bischof von Athen
den Märtyrertod erlitten haben. Die Ihm
zugeschriebenen Schriften (herausgeg. von
Oorderiu» (1854 ; deutsch von EngelhareU 1823,
2 Bde.) verherrlichen die kathol. Hierarchie.
Durch die Fiktion des Abts Hilduin wurde
eiuD., der im 3. Jahrh. die christl. Gemeinde
in Paris stiftete, mit D. A. identificirt, um
einen unmittelbaren Schüler der Apostel xura
Schutzheiligen zu gewinnen. — 3) D. Exigutu,
d.i. der Kleine, Scythe, um 530 n.Chr. Abt
zu Rom; f ^"^ ^^' Soino Samminns der
sogen, apostel. Kacones, Koncilionbeschlüssa
und amtlichen Briefe röm. Bischöfe, betitelt
,Dekretalen', gelangte zu grossem Ansehen.
Dionysos, s. v. a. Bacchus.
Diopsid, s. Augit.
Dioptas, Mineral aus der Klasse der
wasserhaltigen Metallolithe, prachtvoll sma-
ragdgrün, besteht aus kieselsaurem Kupfer-
oxyd, findet sich in Sibirien, am Altyn-
TJube sndl. von Omsk.
Diopter, Instrument zum Visiren, besteht
aus einem Lineal mit einer senkrechten
Metallplatte an Jedem Ende. Jede Platte hat
eine feine Ritze und in der einen (Objektiv)
ist ein feiner Faden ausgespannt. Man visirt
durch die andere (Okular) und stellt den zu
messenden Gegenstend auf den Faden ein.
Dioptra (gr.), Mutterspiegel.
Dloptrik ( Anakla$tih , gr.), der von der
Brechung des Lichis (bes. in Linsengläsern)
handelnde Theil der Optik; erhielt erst
Bedeutung mit Erfindung der Brillen, des
Femrohrs und des Mikroskops und wurde
theoretisch durch die Eiündung des Ge-
setzes von der Refraktion der Lichtetrahlen
(Descartes, ,DloptriqueS 1639) begründet.
Newton , Rob. Bayle , Huyghens, Barrow,
Mariotte u. A. förderten sie, und Eni er gab
ihr die gegenwärtige Wissenschaft!. Gestalt.
Vgl. Euler, ,DioptricaS 1769 — 71, 8 Bde.;
Kliigel, »Analytisclie D.', 1778, 2 Bde. ; Lütrow,
,D. oder Anleitung zur Anfertigung der Fern-
rohre*, 1830: Prechtl, »Praktisclie D.*, 1828.
piorima (gr.), malerischo Schaustellung
Diorlt — Direktorium.
518
TOD Gemälden mit weohselnder Beleuchtung
und Staffage. Durcbsichtiger Stoff trägt auf
beiden Seiten das Bild derselben Landschaft,
das aber unter Terschiedener Beleuchtung,
zuerst bei auffallendem, dann bei durch-
fallendem Licht erscheint, so dass zuerst
das Bild der einen, dann das der andern
Seite erscheint. £i*funden Ton Daguerre,
ausgebildet von Gropius.
Diorit, Felsart, grob- bis feinkörniges
Gemenge von Hornblende, Albit und Diorit-
porphyi*, scheinbar eiafache Hauptmasse mit
Albit und Hornblendekry stallen, weit yer-
breitet, Begleiter vieler Erslagerstätten« als
Bau- und Pflasterstein, eu Säulen, Tisch-
platten benutzt, sehr schön in Nubien und
Oberägypten (Verde antioo).
Dlorrhosls (gr.), s. v. a. Harnruhr.
Dioscorea L. ( Yammottmel) , Pflanzengat-
tnug der Dioskorineen. D. alata X., Igname,
aus Ostindien, in den Tropen vielfach kul-
tivirt wegen itirer 30 — 40 Pfd. schweren
Wurzel, welche frisch narkotisch wirkt,
beim Erhitzen diese £ifl;eoschaft verliert,
als Gemüse und Brod dient und reich an
Stärkemehl (Mandiocca) ist.
Dioskaren (gr. , d. i. Söhne des Zeus),
. Castor und Pollnx, die Zwillingssöhne der
Leda, auch Tyndariden genannt, weil Homer
Tyndareus als ihren Vater nennt; Schutz-
götter der Schifffahrt und der Qastfreund-
soliaft, dargestellt als Jünglinge mit halb-
eiförmigem Hut (da sie aus Eiern gekommen
sein sollen), in der Kegel neben ihren
Rossen stehend (Kolosse von Monte Cavallo
auf dem Quiriual in Rom).
Dlösma L. (G'ötterduft), Pflanzengattung
der Rntaceen, Ziersträucher vom Kap mit
starkem ftromntischen Geruch.
Diospdlit magna (a. G.), Stadt, s. Thdten.
Dlospjrros L. (Dattel-, Bsrsimonpßaume),
Pflanzeugattung der Sapoteen. D. lotus L.,
gemeiner D. , im nördl. Afrika, im Orient
und in Südeuropa, mit geniessbaren Früch-
ten. D. virginiana L., in Nordamerika, liefert
Nutzholz, Harz, gen iessbare Früchte (Persi-
monen) u. heilkräftige Rinde (Cortex Bios-
pyri); D. ebenum Hetz, in Afrika und Ost-
indien nud andere Arten Ebenholz.
Diphtheritis (gr.), Group, Bräune.
Diphthong (gr.,* d. i. Doppellaut), in
der Grammatik ein aus 2 verschiedenen
Vokalen zusammengesetzter und verbunden
gesproclipiuer Laut (au, ei, en, äu, ai).
Blpleidoskop (gr.), Doppelbildseher, astro-
nomisehes Instrument zur Zeitbestimmung,
besteht aus einem vor dem Olgektivglas
eines Fernrohrs zu befestigenden Pri'<ma
aus drei planparallelen Gläsern und gibt
von allen Gegenständen, deren Strahlen
nicht parallel mit ^er Axe des Fernrolirs
laufen, zwei Bilder. Ist das Femrohr im
Ueridian aufgestellt, so lässt sich also leicht
der Zeitpunkt bestimmen , in welchem die
Sonne in den Meridian tritt, weil alsdann
die beiden Bilder zusammenfallen.
DiploS (gr.), lockeres Knochengewebe
zwischen festen Knochenplatten, bes. am
Schädel, am Schulterblatt.
Diplom (gr. diplcma), eigontl. aus 2 Blät-
Meyers Hand 'Lexikon*
tem bestehende Sohreibtafel; dann Erlass
der Kaiser und hohen Staatsbeamten; seit
dem 17. Jahrh. auch Adf>lsbrief u. Urkunde
über Ertheilung einer akadem. Würde.
Diplomatie, der Inbegriff der bei dem
internationalen Verkehr zwischen civil isir-
ten Staaten geltenden Grundsätze, Regeln
uud Gebräuche, daher DiplomcUen diejenigen
Personen, welche im internationalen Ver-
kehr einen souveränen Staat vertreten.
Diplomatisoh«$ Corps (cnrps diplomatique),
die Gesammtheit der Gesandten und ihrer
Attaches an einem Hofe.
Diplomatlkj früher s. v. a. Diplomatie,
jetzt Inbegriff der Regeln für die Aus-
legung und den Gebrauch alter uud die
Abfassung neuer Urkunden. JHplomatisoh,
urkundlich, aus Urkunden erwiesen oder
erweiülich ; Staatsunterhaudlungen oder Ge-
saudtschaftsgeschäfte betreffend.
Diplopie (gl*.), Doppeltseben. Bei D. mon-
ocularis entstehen infolge mangelnder Ein-
stellung eines Auge^ statt eines zwei Bilder
auf der Netzhaut; bei D. blnocnlaris ent-
stehen die Bilder eines Gegenstandes in den
beiden Augen nicht auf dem entsprechenden
Netzhautpuukte, so dass sie an verschie-
dnnen Hirnstellen empfunden werden.
Symptom des Schlelens (Strabismus).
Dipodie(gr. , auch i^^e^g^e), Doppelfnss,
in der Metrik die Verbindung zweier Vers-
füsse zn einem Versgliede.
Dippels Oel, gereinigtes Thleröl, Hirsoh-
homöl , durch Rektifikation gereinigtes
Produkt der trocknen Destillation tlile-
risoher Substanzen , bes. der Knochen,
farbloses Oel von Zimmtgeruch und feuri-
gem Geschmack; früher Arzneimittel.
DipsäcuB L. (KardeHdistel), Pflanzeugat-
tung der Dipsaceeu. D. Fullonnm L.,
Weberkarde (Walker- oder Kardätschen-
distel, Tuch' oder Rauhkarde), aus Süd-
europa, in Frankreich, England, Italien,
Belgien , Deutschland und Oesterreich kul-
tivirt, liefert in den mit elast. Häkchen be-
setzten Fruchthöden die Karden zum Rauhen
des Tuchs. Wurzel und Kraut officinell.
Dipsector (lat.)< Instrument zur Messung
der Depression des Horizonts auf dem Meere,
sowie zur Bestimmung der Depression der
Küsten, mithin auch ihrer Entfernung.
Diptam, s. Dietamnua.
Diptera, s. Zweiflügler.
Dipteros (gr.), mit doppelter Säulenreihe
umgebener Tempel.
DIpteryx Schreb. (Tonkabaum), Pflanzen-
gattung der Leguminosen. D. odorata Willd.,
Baum in Guiana, liefert die aromatischen,
Cumarin haltigen Tonkabohnen, welche zum
Parfümiren des Schnupftabaks dienen.
Diptöton (gr.), Woi't, das nur 2 Casus hat.
Direkt (lat.), geradezu, unmittell>ar.
Direktion (lat.), Richtung, Leitung ; Ober-
aufsicht. Direktionslinie, Richtung, in wel-
cher sich ein Körper bei einfacher Bewegung
fortbewegt, auch eiue Truppeuabtheilung
bewegt. Direktor, Leiter, Vorsteher; Direc-
trioe (spr. -trihs), Vorsteherin, Leiterin.
Direktorium (lat.), Leitung einer An-
gelegenheit; Ausschnss von mehreren Per-
33
hu
Dirigiren — Disposition.
■oneii Enr Leitung eines Geteh&fts, einer
Anstalt, Gemeinschaft etc.; in der ersten
flrans. Revolution die durch die Konstitntion
Tom Jahre III (1795) eingesetzte oberste
Begierungsbehörde, trat 5. Brumaire des
Jahres IV (26. Okt. 1795) in Wirksamkeit,
ward 18. Brumaire des Jahres VIII (9. Not.
1799) Ton Bonapai>te gestürzt.
Dirigiren (lat.), lenken, leiten.
Dirittiiren (tat.), trennen, entscheiden.
Dinclitn, Stadt im preuss. Regbs. Dansig,
Kr. Stargard , an der Weichsel , 6914 Ew. ;
grnssartige Eisenbahubrücke (2^' I.).
Bimlren (lat.), zerstören. [reissen.
Dirompiren (lat.) , durchbrechen , zer-
Dittgio (spr. •aschio), Gegentheil von
Agio, der nach Procenton berechnete Ter-
Inst an einer Geldsorte oder an Werth*
papieren beim Wechseln gegen Kurantgeld.
Disceptation, Erörterung, gelehrter Streit.
Diiteepiator, Schiedsrichter.
Discemlren (lat.), unterscheiden, er-
kennen. De»cemibel, unterscheid bar.
DiseeM (lat.), Abzug, Abschied.
Diaeiplin (lat.), Zucht; Kirchen- und
Klosterzacht ; im Militärwesen Mannszncht;
auch 8. V. a. eine besondere Wissenschaft.
BiMipiintrgewalt , die vom Staat an-
geordnete Gewalt der Vorgesetzten über
die Untergebenen in allen die Ordnung des
Geschäftsgangs betreffenden Angelegen-
heiten, insoweit sie der allgemeinen Straf-
gewalt des Staats nicht unterliegen. Dis-
eiplinar$trafen , auf Grund der DisciplI-
nargewalt auferlegte Strafen: Warnung,
Verweis, Geldstrafe, unfreiwillige Ver-
setzung, Amtssuspension, Dienstentlassung.
Diaciplinarvergehen, die der D. zur Bestrafung
zugewiesenen Gesetzwidrigkeiten.
DiseontO (ital. »conto, fr. eacompte, engl.
discount), Diskont, Vergütung für Zinsenver-
lust bei sofortiger Zahlung einer später fäl-
ligen Summe; insbes. bei Wechselgeschäften
eine an der Wechselsnmme vorweg in Ab-
zug gebrachte Zinsvergütung. Daher dis-
JcotUiren, laufende Wechsel an- und ver-
kaufen; diskontirte Papiere oder Diskonten
8. V. a. Wechsel; Diskontirer, Diakonthäuser,
Geschfiftsleute, resp. Bankhäuser, welche
gewerbsmässig Wechsel diskontiren. Der
Diskontkurs schwankt mehr als der landes-
übliche Zinsfuss und ist in verschiedenen
Ländern weniger gleichartig als dieser.
Uebcr Diskontobanken oder -hassen, s. Bank.
Discordla (lat.), Uneinigkeit, Zwietracht.
Dlscours (fr., spr. -kuhr), Gespräch,
Unterhaltung; diskurriren, ein Gespräch
führen.
Diurimen (lat.), Unterschied, Trennung.
'Dlientin( Dissentii, TomKa.JUustär), Markt-
flecken im Kant. Graubündeu, am Vorder-
rhein, 8540' üb. M. , 1224 Ew.; ehedem her.
Benediktinerabtei (um 614 gegr., seit 1570
reich sfürstlicb ; 1846 abgebraunt).
Disert (liit.), deutlich, beredt. [Ungnade.
Disgrace (fr., spr. -grahs), Miäsfallen,
Disgregation (lat.), Zerstrenuug, iusbes.
der Lichtstrahlen.
Dl8gnsto (ital.). Missfallen, Widerwille.
Disharmonie (lat.), Mangel au Ueber-
einstimmung, Hisston, Uneinigkeit; daher
ditharmonisch, nicht im Einklänge stehend.
Dii^anktion (lat.), Trennung; in der
Log^k das Verhältniss des Gfregensatzes ;
daher disjunktive Begriffe , einander ent-
gegengesetzte, aber in dem UmSeing eines
dritten höheren Begriffs koordinirte Begriffe,
also die Arten eines GattungsbegriflQi.
Diskant (Mus.), s. v. a. Sopran.
DlBkonvenienz, Nichtübereinstimmung.
Diskredit (lat.), Mangel an Zutrauen;
diskreditiren, in üblen Ruf bringen.
Diskrepanz (lat.), Misshelligkeit, Streit.
Diskret- (lat.), getrennt, unterschieden;
daher diskrete Grössen, gesonderte, nicht
stetige Grössen, Zahlengrössen, die aus
abgesonderten, nur dem Begriffe nach zu-
sammengehörigen Theilen bestehen; vor-
oder umsichtig, rücksichtsvoll. Diskretion,
besonnene Zurückhaltung; Grosamuth (des
Siegers), daher sich auf D., d. h. auf Gnade
und Ungnade ergeben. Diskreti^nsjahre,
Jahre der Verstandesreife oder Mündigkeit.
Diskretionstage f s. v. a. Respekttage. Dis-
kretionär, dem (richterlichen) Gutdünken
überlassen, willkürlich. [fertiguog.
Disknipatlon (lat.). Entschuldtgung,Ree}it-
Diskarsiv (lat.), gesprächsweise, beiläufig.»
Diskus (gr.), Wurfscheibe, bei den gym-
nastischen Uebungen der Griechen und
Römer in Gebranch; in der Botanik der
mittlere scheibenförmige Theil der Blüthe
mancher Pflanzen. [Erörterung.
Diskntiren (lat.), erörtern. Diskussion,
Dislokation (lat.), Versetzung der Schüler
von einer Klasse in die andere; Vertheilung
der Trappen in die Garnisonen; in der
Ohirurgie Verschiebung eines Körperglieds
von seiner richtigen Stelle.
Dismembration (lat.), Zergliederung, Zer-
theilung (Zerschlagung) der geschlossenen
grossen Güter in kleinere Parcellen znm
Behuf der Vertheilung derselben unter
mehrere Besitzer. Vgl. KSliehen, ,Gedanken
über D.* 1856.
Dispache (fr., spr. -pasch), Seeschaden-
berechnung oder Ausgleichung eines See-
schadens zwischen dem Befrachter und
Versicherer. Dispacheur (spr. -schör), der
mit diesem Geschäft beauftragte Beamte.
Dispar (lat.), ungleiclr gepaart.
Disparaginm (lat.), Missheirath.
Disparit (lat.), ungleichartig, grundver-
schieden, unvereinbar. D.e Begriffe, welche
sich keinem gemeinschaftl. GattungsbegriiT
unterordnen lassen.
Dispens (lat.), Erlass, Erlaubniss. Dis-
pensation (lat.), die für einen einzelnen Fall
verordnete Aufhebung oder Modifikation
eines verbietenden Gesetzes, bes. Entbin-
dung von einer kirchl. Vorschrift.
Dispersion (lat.), Zerstreuung, bes. des
Lichts, die Erscheinung, dass ein Sonnen-
strahl durch ein Prisma von seiner Richtung
abgelenkt und in Strahlen von verschiedener
Farbe zerlegt wird.
Disposition (lat.), Anordnung, Einrichtung,
Verfügung, daher etwas zur D., d. h. zur
Verfügung, zu freiem Gebrauch stellen;
Entwurf zu etwas, z. B. zu einer Rede etc.,
Di8pro|»ortion — Diatini^iren.
515
sn einem kriegerischen Unternehmen; in
der kaufhiänniscUen Sprache s. t. s. Ver-
fuffong; daher dUponiren, verfugen; ditpo*
nwel, verfügbar: Dispositionsgut j von dem
Besteller nicht angenommene, sondern wegen
schlechter Beschaffenheit, verspäteter Liefe-
rung etc. zur 1>. (Verfügung) des Verkäufers
(Absenders) gestellte Waare; Di»ponent,
Procuraträger, Procurist, der zur Geschäfts-
führung von einem Handelshause oder einer
Gesellschaft schriftl. Bevollmächtigte. Dia-
position^ähigkeit, die Fähigkeit, Verträge zu
sohliessen und Wechsel auszustellen ;'iu der
MedicinEigenthümlichkeit des körperl. Orga-
nismus, der zufolge er zu gewissen Erkran-
kungen vorzugsweise geneigt ist, KrankheU$'
disposition, entweder angeboren, dann oft
erblich, oder erworben.
Disproportion (lat.), Hissverhältniss.
Dispntation (lat.), von 8 oder mehreren
Personen mündlich, bes. öffentlich angestell-
ter gelehrter Streit, bei welchem die eine
Partei (Opponent) das von der anderen
(Respondent oder Defendent) Behauptete zu
widerlegen sucht, ft-üher und in bescliränk-
terer Weise noch jetzt als Uebungsmittel im
Denken und Sprechen, sowie als Versuch,
über Strittiges ins Reine zu kommen» oder
zu Erlangung akadem. Würden (Promotion»-
disputatiou) oder beim Antritt eines akadem.
Lehramts (Habilitations', luavguraldiapu-
tation) nuf Schulen und Universitäten üblich.
' Dispute (fr., spr. -püht), Wortwechsel.
Disqnlrireii (lat.), erforschen, untersuchen^
DiaquisUion, Untersuchung, bes. gelehrte.
D'lsrMlL (spr. Disrihll), Benjamin, engl.
Schriftsteller u. Staatsmann, geb. 21. Dec.
1805 zu London, Sohn des Literarhistorikers
laaak ITL (f 1848), seit 1837 Hitglied des
Parlaments, bekämpfte als Führer der Pro-
tektionisten Wighs , Peeliten und Reformer;
Febr. bis Dec. 1853, dann wieder Febr. 1858
bis Juni 1859 Kanzler der Schatzkammer,
8t<)ht seitdem an der Spitze der toryst. Oppo-
sition im Unterhause, war Juli 1866 bis März
1868 nochmals Kanzler der Schatzkammer,
dann bis Nov. d. J, erster Lord des Schatzes.
Sehr. ,Vlvian Orey' (1826—27, 5 Bde.); ,Con-
tarini Fleming* (1832, 4 Bde.); ,Coning8by,
or the new generatlon* (1844, 3 Bde.);
,Sybi1, or the two natlons' (1845, 3 Bde.);
,Tancred, orthe new Crusade' (1847, 3 Bde.);
,NovelB and Tales' (1868, 5 Bde.); ,Lothair*
(1870). Vgl. MiU, ,D.', 1863.
IHsreBOmm^e (fr.), übler Ruf.
DissekttOB (lat.), die kunstgerechte Zer-
gliederung eines Körpers.
Dissens (DU$€H$u>n, lat), Zwiespalt, Ver-
schiedenheit der Meinung; ditaentiren, ab-
weichender Meinung sein.
DlBBeBters(engl., Andersdenkende), früher
Konkor formisten, InEnglaild im weiterenSinn
alle nicht zur Staatskirche gehörigen Per-
sonen; im engeren Sinne nur die Protestant.
Sekten, die sich in Verfassung und Ritus von
Jener Kirche losgesagt haben, wie die Pres-
byterianer, Independenten, Methodisten,
Baptisten, Quäker, Irvinglaner, Unitarler etc.
Dissertfttion (Ia^O» gelehrte, gewöhnlich
in latein* Sprache abgefosste Abhandlung.
Diaseriren (diaaertiren) , in gelehrter Weise
über etwas verhandeln.
Dissidenten (lat.), Getrennte, früher in
Polen alle Nichtkatholiken , welchen freie
Religionsübung zugestanden war, näml.
Lutheraner, Reformirte, Griechen, Armenier.
Die Lutheraner, Reformirten und böhm.
Brüder in Polen traten im Vergleich von
Bandomir 14. April 1570 zu einer auch für
politische Zwecke vereinigten Kirche zu-
sammen, deren Glieder in dem 1573 vom
König beschworenen Religionsfrieden (Pax
dissidentium) den Katholiken in bürgerl.
Rechten ganz gleich gestellt wurden. In
■Preussen gegenwärtig offtcielle Bezeichnung
für alle ausserhalb der staatlich anerkannten
Kirchen stehenden Religionsparteien.
Dissident (lat.), Meinungsverschiedenheit,
bes. in religiösen Angelegenheiten. Diaai-
dium, Uneinigkeit. [stellang.
DisslmnlatlOB (lat.), Verheimlichung, Ver-
Dlssipation (lat.), Zerstreuung.
Dissolabel (lat.), auflöslich; diaaoliä, auf-
gelöst, ausschweifend, schlaff; JHaaoluHon,
Auflösung; diitaolutiv, auflösend. [bllder.
Di880Lvingvlews(engl.,spr.-wJuhs),Nebel-
DissOBtnE (lat.), Missklang; in der Musik
die härm. Verbindung von 2 oder mehreren
Tönen, die in ihrem Zusammenklang das
Gehör unangenehm berühren und das Ver-
langen nach Auflösung in eine Konsonanz
hervorrufen. [Abstand, Zwischenraum.
Distanz (dißtance, spr. -angs),< Entfernung,
Distanzmesser 9 Instrumente zur Bestim-
mung terrestrischer Entfernungen. Fern-
rohr mit zwei feinen horizontal ausgespann*
ten Fäden hinter der Okularlinse, welches
auf ein an dem entfernten Punkt aufgestell-
tes Lattenmass gerichtet wird. Die Ent-
fernung ergibt sich aus den zwischen den
Fäden erscheinenden Theilstrlchen der
Latte. Zahlreiche andere Konstruktionen.
Distelfink^ s. Stieglitz.
Dlsteli, Martin, Karikaturenzeichner, geb.
1802 zu Ölten im Kant. Solothum, f das.
18. März 1844. Treffi. Illustrationen zu
,Münchhausen' und Fröhllchs ,Fabeln*; bes.
aber ausgezeichnete polit. Karikaturen im
,Schwelzer Bilderkalender' fseit 188!i).
Distelorden (Andre<uorden), schott. Orden,
l.'>40 von König Jakob V. gestiftet, zählt 12
Ritter, Prinzen von Geblüt u. schott. Peers.
Disthen (Cyanit, Ehätizit), Mineral aus der
Klasse der wasserfreien Geolithe, farblos,
bläulich oder roth, besteht aus kieselsaurer
Thonerde, findet sich im Glimm erscliiefer
und Quarz am St. Gotthard, in Tirol, bei
Karlsbad, Penig etc. Schön blaue Cyanite
werden als Ring- und Nadel steine benutzt.
Distlchiasls (gr.), Angenübel , wobei ein
Theli der Lidhaare gegen den Augapfel ge-
stellt sind (infolge von Augonlidentzün-
dang). Behandlung zur Vermeidung schwerer
Entzündungen der Binde- und Hornhaut:
Ausziehen der falsch gestellten Haare , kalte
Ueberschläge.
Distichon (gr.), zweizeiliger Vers; insbes.
ein aus Hexameter und Pentameter bestoben- ,
de<< mntr. Zeilenpaar.
Dlstingniren (lat.), unterscheiden; aoi*
83*
516
Distoniren — Dnjepr.
seicbnen. DMtinkium, Unterscheidung, Her-
vorhebung; Auszeichnung, [falsch singen.
Distoniren (lat.), aus dem Tone kommen,
Distorsion (lat.), Verrenkung, Verdrehung
eines Gliedes.
Distraktien (lat.), chirurg.Manipuladbn zur
Wiedereiurichtung gebrochener und verrenk-
ter Glieder; Zerstreuung, Unachtsamkeit.
Distribation, Austbeilung. Distributioru-
bescheid, Vertheiiungsbescheid, Urtheil über
die Vertbellung eiuer Konkursmasse.
Distrikt (iat.), Bezirk, Landstricli.
Distnrbation (Iat.), Störung, Unterbre-
chung.
Disunlren (Iat.)« eine Verbindung anU
hoben. Disunirte Griechen, die Oberherr-
üchaft des Papstes niclit anerkennende Grie-
chen. Disunionisten , in Nordamerika die
Yertheidiger der Trennung der Union.
Dtihmarachen, fruchtbare Landschaft in
Holstein, an der £Ibe und Nordsee, 84 QM.
und ca. 50,000 Ew. ; Hauptorte Heide, Mel-
dorf und Bruusbüttel. Früher zur Grnfsch.
Stade gehörig, wurden die D. 1474 von
Kaiser Friedrich HI. dem dän. König Chri-
stian I. zu Lehn übertragen, widersetzten sich
aber dessen Herrschaft und bildeten eine
Art unabhängigen Freistaat. Grosser Sieg
derselben über König Johann unter Anfüh-
rung des Wolf Isebrand, 1500; darauf Unter-
werfung der D. durch König Friedrich H.,
1559. Das dithmaraische Landbuch, das be-
sondere Becht der D., 1321 entworfen, 1497
gedruckt, 1561 verbessert, zuletzt 1711 neu
aufgelegt. Vgl. Adolß, ,Chronlk des Landes
D.* (herausg. von Dahlmann 1827) ; Michelsen,
jUrkundenb. zur Gesch. des Landes D.', 1834.
Dithyramben 9 ursprüngl. dem Bacchus
(Dithyrambus) zu Ehren gesungene Lieder,
überhaupt leidenschaftl. Gesänge; daher
ditht/rambiaeh, stürmisch begeistert.
Dltters Ton Dittersdorf, Karl, Komponist,
geb. 2. Nov. 1739 in Wien, lebte meist das.;
t 31. Okt. 1799. Von seinen kom. Operetten
sind ,Hieronymus Knicker', bes. aber ,Der
Doktor u. der Apotheker' noch jetzt beliebte
Yolksstücke; sehr, ausserdem Symphonien,
Oratorien und andere Vokal werke (jetzt
veraltet), sowie eine Reihe werthvoller
Streichquartette im Geschmack Haydns.
Din, portug. Insel an der Spitze von Gnd-
scherate in Ostindion, 0,6 QM. u. 11,000 Ew.
Diäresis (gr.), übermässige Harnabsonde-
rung. DiureliBche Mittel, die Harnabsonde-
rung vermehrende Mittel.
Diurna (Iat.), unter Augustus eine Art
Amtsblatt zu ofBciellen Veröffentlichungen ;
daher Diurnarius, Zeitungsschreiber.
DiT., abbr. divide, theile, oder dividatur,
es werde gotheilt, auf Recepton.
Di?ae memorlae (Iat.), seligen Andenkens.
Diyän (Dtwän, pers.), Kataster, Steuerver-
zoichniss; Gedichtsammlung; jede admini-
Htrativo türk. Behörde, namentl. der geheime
Rath des türk. Sultans; Prachtzimmer der
Türken mit nicdrigou Sophas den Wänden
entlang; daher auch eine Art Sopha.
Dirergiren (Iat.), aus einander geben;
anderer Meinung sein; divergirend oder di-
vergent heissen in der Geometrie zwei gerade
Linien, die sich, unmittelbar oder rerlän-
gert , in einem Punkte schneiden , auf der
diesem Punkte entgegengesetzten Seite.
DlTerslon (Iat.), Ablenkung, veränderte
Richtung; im Kriegswesen Ablenkung der
feindlichen Streitkräfte durch eine Unter-
nehmung, welehe den Feind in einer andern
Richtung als in der Hauptoperationslinie
beschäftigen soll.
DtTerturen (fr.), belustigen, ergötzen; Di-
vertistement (spr. -wertiBs'maug) , Belusti-
gung, Vergnügen; kleines Ballet.
DlY^de et impera (Iat.), theile u. berrsche,
d. b. schaffe Parteiung, um zu herrschen.
Dividende (Iat.), das zu Vertheileude, der
Gewinnantheil, welchen der Theilnehmer
an einem Aktienunternehmen nach Mass-
gabe des periodischen Reinertrags desselben
erhält, meist jährl. ermittelt und ausgezahlt.
Ist den Aktionären ein fester Zins zuge-
sichert, so versteht man unter D. entweder
den darüber hinausgehenden Gewinnantheil
oder auch den festenZins selbst, in welchem
letzteren Fall der weitere Gewinnantheil
als Buperdividende bezeichnet wird.
Divldlren (Iat.), theilen, eintheilen.
DiridiTi (Libidibi), Schoten der Cäsal-
pinia Coriaria, gutes Gerbmittel, werden
auch in der Färberei benutzt. Extrakt von
D. Handelsartikel.
DiTination (Iat.), Ahnung künftiger Er-
eignisse, Wahrsagung, Weissagungskunst.
DiTls (Iat.), Theilungszeichen bei einem
Divisibel (Iat.), theilbar. [Worte.
Dirlsion (Iat.), im Kriegswesen Truppen-
abtheilung, früher Bezeichnung der 3 oder
4 Unterabtheilungen des Bataillons (2 Kom-
pagnien oder Escadrons) ; jetzt gewöhn]. 2
Brigaden von derselben Waffengattung.
Divisionär, der Befehlshaber einer D., ge-
wöhnl. ein Generallieutenant. DivisioM-
$chule, s. Militärschule.
DlTisorlnm (Iat), Theilungswerkzeug; die
Theilscheibe der Uhrmacher; in der Buch-
druckerei die hölzerne Schoere am Tenakal,
womit das Manuskript gehalten wird.
DiTulsion (Iat.), gewaltsame Zerreissnng.
DivDS (Iat.), der Göttliche, Vergötterte.
Dixi (Iat.), d. i. ich habe gesprochen.
Dixon (spr. Dicks*n), Wüliam jHepioorffc,
engl. Publicist, geb. 30. Juni 1821 zu New-
ton-Heath, seit 1853 Hauptredakteur des
,Athenaeum'; sehr, die Biographien Williain
Penns (1850), Lord Bacons (1861) u. A., ,New
America' (1867; deutsch 1868), ,8eelenbräute-
(1869; deutsch 1868) und ,Free Rnssia'
(deutsch 1870).
Dizier, 8t. (spr. Sang Disi^h), Stadt im
franz. Depart. Obermame) an der Marne,
10,170 Ew., Schiffbau.
DmitrijeW) Twan Itoanotmt$ch, mss. Schrift-
steller, geb. 1760 im Gouv. Simbirsk, unter
Alexander eine Zeitlang Justizmiuister; f
15. Okt. 1837 zu Moskau. Mit Karamsin
Begründer einer neuen freiem Literatur-
periode in Russland. Hauptwerk: ,Jermak*
(episch-dram. Gedicht); sehr, auch Satiren,
volksthüml. Lieder. Schriften (6. Aufl. 1828).
Dnjepr (Borgtthenes), Strom in Sädrnss-
land, entspr. auf dem Wolchonsky wald , in
«
Dnjestr — Donniges.
517
der K^ahe der Düna- und Wolgaquelle,
fliegst südl. bis Kiew, *darclibrlcht ia der
Ukraine den sädruss. Landrücken mit 13
Wasserfällen (Porogi), wendet sich dann
^en SW. , erweitert sich bei Gherson za
einem seichten, l'-S M. br. Liman, der
sich bei Oczakow zum schwarzen Meer
öffnet; Lange 260 M., Stromgebiet 9100 QM.
Nebenflüsse rechts: Beresina, Pripjez,
Ingnlez, Bug; links: Desna, Samara.
Dnjestr (Tyrcu), Strom in Südrussland,
entspr. auf dem karpatfa. Waldgebirge in
Galizien, fliesst g6n SO. (Grenze von Boss-
arabien), mündet bei Akjerman in das
schwarze Meer. Lange 165 M., Stromgebiet
schmal nnd eingeengt, 1470 QM. Seine
Schiffbarkeit ist durch Stromschnellen be-
scliränkt. Nebenflüsse Stry und Sered.
Dob^ran, Marktfl. in Mecklenburg-Schwe-
rin, 1 St. von der Ostsee, 8810 Ew. ; ehemals
reiches Clstercienserkloster (bis 1552) ;
grossherzogl. Schloss und andere Paläste;
ber. Seebad (seit 1793, das erste in Dentdch-
Innd); dabei auch Schwefelquelle, Bitter-
wasser- nnd Stahlbrunnen (1829 entdeckt).
Am Heere der sog. heilige Damm, lose über
einander liegendes Steingerölle , vom Meere
angeschwemmt, 1 St. 1., bis 1000' hr., 12--17' h.
Doblon (de I»abel), neue span. Goldmünze
(seit 1864) ä 100 Realen = 26 Goldfrcs. =
0,765 deutsche Kronen; In Silberwährnng =
25,96 Silberfrcs. ; in Chile n. Neugranada k 5
Pe^os =: Va Gondos ; in Peru ä 5 Pesos = V« Sol.
Dobrndscha , der nordöstl. , ganz ebene
Theil der Bulgarei (s. d.), etwa 200 QM.,
/nm Theil sehr fruchtbar, znm Theil sumpfig
und mit hohem Moorgrase erfüllt.
DochmlnSy antikes Versglied, aus einem
Jambus und Greticus zusammengesetzt.
Docks (engl.), künstliche gemauerte
Wasserbassins, durch Schlensson mit einem
Fahrwasser in Verbindung stehend, dienen
zur Aufnahme von Schiffen. Kaue J). dienen
als Häfen nnd haben anch zur Ebbezeit
liinrelchend Wasser, um die Schiffe flott zu
erhalten; trockne D., durch Dampfpumpen
entleert, zur Reparatur der Schiffe; ebenso
die schwimmenden D., durch welche ein be-
mastetes nnd beladenes Schiff schnell aus
dem Wasser gehoben werden kann.
Dockniüy Stadt im niederl. Friesland,
4535 Ew. Bonifacins 755 hier erschlagen.
Doekyardy Hafenmagazin, Seeansenal.
Doct4)r (lat.), nrspr. Lelirer, als höchste
nkadem. Würde zuerst um 1231 zu Paris,
in Deutschland früher aucli von den Kai-
sem verliehen (Bullendoktoren, Doctores
buUatl, im Gegensatz zu den D. rite pro-
moti). Die Ernennung zum D. (Doctor-
promotion) erfolgt gegenwärtig durch den
Dekan der betreffenden Fakultät entweder
nach vorher bestandener Prüfung u. öffent-
licher Vertheidigung einer gelehrten Disser-
tation, oder auch bloss per diploma als
ehrende Auszeichnung.
Dodeka (gr.), zwölf; DodekaMer, in der
Stereometrie ein von 12 regulären Fünf-
ecken begrenzter Körper mit 20 Ecken, 30
Kanten nnd 100 Diagonalen. Dodeka'idräl-
gahlen, die Zahlen 1, 20, 84, 220, 453, 816 etc ,
deren dritte Differenzen konstant, nämlich 27
sind. DodekSgon, das regelmässige Zwölfeck.
Dodekagonälzahlen , die Zahlen 1, 12, 33, 64,
105, 156 etc., deren zweite Differenzen 10
sind. Dodekadik oder dodekadisckee Zahlen-
tystem, von 12 zu 12 fortschreitendes Zahlen-
system, bei dem die Einheiten jeder Klasse
Potenzen von 12 sind.
Dodekandrisch, mit 12 — 19 freien Staub-
gelassen ; Dodecandria, 11. Klasse des Ilnn^-
sehen Pflanzensystems.
DodOy s. Dronte.
Dodona, ber. Helligthum und Orakel des
Zeus im alten Epirus am Tomarus. Der
Wille des Gottes ward von Priestertnnen
aus jlem Rauschen einer Eiche gedeutet.
Dobel, hölzerner Nagel oder Zapfen zur
Befestigung der Fassdauben nnd Boden-
stücke; viereckiger Bolzen, welcher in
Steine eingelassen wird, um diese mit ein-
ander zu verbinden.
Dobely s. Weissfisch.
Dobeln 9 Stadt im sächs. Reghz. Leipzig,
an der ireiberger Mulde und chemnitz-
risaer Eisenbahn, 9666 Ew. In der Nähe
das Stäup ittbad.
Dobereiner, Johann Wolfgang, Chemiker,
geb. 15. Dec. 1780 zu Bug bei Hof, seit 1810
Prof. in Jena; t ^f^^' 24. März 1849. Ver-
dient um die Gähmngschemle, Erfinder des
Platinfeuerzougs. Hauptwerke: .Elemente
der pharmacout. Chemie* (2. Aufl. 1819); ,Zar
Gährungschemie' (2. Aufl. 1844).
Dobling (Oberdming), Dorf bei Wien, vor
der nussdorfer Linie, 2640 Ew., Mineralbad.
DSlller , Theodor , Klaviervii-tuos , geb.
1814 in Neapel, Schüler von* Gzerny in
Wien , machte Knnstreisen durch Europa,
ward 1846 Kammervirtuos des Herzogs von
Lucca; f 21. Febr. 1856 zu Florenz.
DSllinger, Joh, Jo», Ignaz, lutthol. Theo-
log, geb. 28. Febr. 1799 zu Bamberg, seit
1826 Prof. zu München, vertrat, seit 1845
Abgeordneter der Universität München bei
der Ständeversammluug, entschieden die
Interessen der kathol. Kirche, 1848 Mitglied
des frankfurter Parlaments ; neuerlich wegen
seines gegen das Dogma von der Unfehl-
barkeit des Papstes erhobenen Widerspruchs
April 1871 vom Erzbischof von München
exkommunicirt , durch zahlreiche Beistim-
mungsadressen geehrt. Hauptwerke; (Lehr-
buch der Kirchengeschichte* (2. Aufl. 1843,
2 Bde.); ,Muhameds Religion' (1838); ,Die
Reformation, ihre InnAre Entwickelung und
ihre Wirkungen' (1846-48, 3 Bde.); ,Hippo-
lytus und Kallistus, oder die röm. Kirche
in der ersten Hälfte des S. Jahrh.' (1854);
,Christenthum und Kirche in der Zeit der
Grundlegung* (2. Aufl. 1868); ,Kirche und
Kirchen, Papstthum und Kirchenstaat* (2.
Aufl. 1863); ,Vergangenlieit und Gegenwart
der kathol. Theologie* (1863) u. A.
Ddiiniges, Wilh., Xitter von, bayer. Diplo-
mat, gob. 1814 bei Stettin, seit 1841 Prof.
an der Uuiversität zu Berlin, leitete 1842^
1845 die Studien des damal. bayer. Kron-
prinzen Max, ward 1851 bayer. Legations-
rath am Bundestage, 1852 Ministerlalrath,
1855 der bayer. Gesandtschaft in Turin
518
DöTiAg — Dollart.
Attiiohirt, 1860 in den erblichen Ritteratand
erhoben, 1868 bayer. Geschäftsträger in der
Schweiz, 1865 aur Disposition gestellt. Ent-
deckte SU Tarin die Rechtsbüoher Kaiser
Heiniichs yiL, welche er als ,Acta Hen-
rici VII' (1839, 2 Bde.) herausgab und in
einer (nnvollend.) «Gesch. des deutschen
Kaiserthums im 14. Jahrh.' (1841-42, 2 Bde.)
verftrbeitete.
Döring, Theodor, Schauspieler, geb. 1803
in Warschau, seit 1840 als SeydelmAnus
Nachfolger in Berlin. Einer der besten Cha-
rakterspieler Deutschlands; Hauptrollen:
Falstnfi, Dorlirichter Adam, Shylock, Nathan.
Poge (ital., spr. Dohdsche, ▼. üt. dux),
Titel der obersten Magistratsperson i^ den
ehemal. Republiken Venedig (seit Anfang
des 8. Jahrh.) und Genua (seit 13ä9).
Dogge, s. Hund.
Dogni» (gr.) , Lehrmeinung , Lehrsatz ;
iuRbus. religiöser Glaubenssatz.
Dogmatlk (gr.)« die wissenschaftl. Dar-
stellung und Begründung der christl. Re-
ligion als Lehre. Die kriH$che D. beurtheilt,
auf Philosoph. Religionslehre basirt, die
Kirchenlehre selbständig. Die kirchliche D.
hält den kirchl. Standpunkt fest und sucht
die Bedentung der Kirchenlehre für das
religiöse Leben nachzuweisen. Die biblitche
D. stellt die christl. Glaubenslehre nach
der Bibel, ohne Rücksicht auf ein be-,
stimnites kirchliches Glaubensbekenntniss
dar. Die komparative D< ist die vergleiclitinde
Darstellung der Glaubenssysteme der ver-
schiedenen christl. Kirchen.
Dogmatische Medicin, medicinische Lehr-
weise, welche die Erscheinuugeu des gesun-
den und kranken Organismus theoretischen
Lehrsätzen (Dogmen, Axiomen) unterordnet.
Dohle, s. Babe,
Doh)ia , Stadt im sächs. Regbz. Dresden,
an der Müglitz, 1683 Ew., Strohflechterei;
im Mittelalter her. Schöppenstuhl.
Dohnen, Schlingen von Pferdbaaren zum
Fangen der Krammets- und anderer Vögel ;
Dohnenstrich (Sclineuss), Weg im Wald
od'n* Gebüsch, wo D. aufgestellt sind.
Doklniastlk (gr.), s. t. a. Probirkunst.
Dokimastikon, Prüfungs-, Probearbeit.
Doktrin (ist.), Lehre, Wissenschaft. Dok-
trintlr, gelehrt, wissenschaftlich. Doktrinära,
in Frankreich während der Restauration
Fraktion der parlamentaiiscben Opposition,
deren Ziel die Ausbildung des Konstitutio-
nalismnsaufGrunddepCharteLudwigsXVni.
war, aus den Salons des Herzogs von Broglie
hervorgegangen, in der Kammer von Royer-
Collard geführt, in der Presse namentlich
durch Guizot vertreten; dann im Allgem.
solclie Politiker, welche an einem bestimmt
formulirten, in der Praxis aber nicht halt-
baren Programm festhalten.
Doknment (lat.), Urkunde, als Beweis
einer Tliatsache dienendes Schriftstück;
doknmentiren , durch Urkunden beweisen.
Dolee (ital., spr. doltsche), sauft, lieblich;
dolciuimo , sehr sanft.
Doloe tkr niente (ital., spr. Doltsche-),
das süsse Nichtsthun, Müssiggang.
Dolch (Stilet), Stosswaffe, zwei- oder
dreischneidig, 6—18" 1., im Mittelalter von
Rittern und Knappen unter dem Namen
Misericorde im Gürtel geführt, noch bis
ins 17. Jahrh. zur Zierde getra^^en.
Dolci (spr.-tschi), Carlo, her. Maler der
florent. Schule, geb. 25. Mai 1616 zu Florenz,
t 17. Jan. 1686. Seine zahlr. Werke (meist
Madonnen u. Heilige) durch eigeuthünülche
Milde und Zartheit ausgezeichnet.
Dolcian, Holzblasinstrument, aus dem
der Fagott entstanden ist; Orgelstimme.
Dolde (Umbella), in der Botanik Blüthen-
staud, bei welchem dieBlüthenstiele aus dem
Endpunkt der Spindel entspringen und die
BlQthen fast in einer Ebene liegen (Allium).
Sind die Blntheustlele der einfachen D.
wieder doldenartig getheilt, so entsteht die
doppelte D., deren einzelne D.n D^ldchen
heissen (die meisten Umbelliferen). Dolden-
traube, Blüthenstand , bei welchem die der
Länge nach aus der Spindel entspringenden
Blüthenstiele in einer Ebene endigen (Rhodo-
dendron). Bei der Trugdolde entspringen
2 oder mehr Aeste zugleich aus der Spitze
der Spindel, theilen sich dann dichotom
oder trichotom, immer mit einer Blüthe in
der Mitte, welche aber tiefer steht als die
übrigen in einer Ebene liegenden Blütheu
(Euphorbium).
Doldenhom, Schweiz. Alpengipfel, auf dem
Nordkamm des LauterbrunjientbaU, 11,228' h.
Döle (spr. Dohl), Industriestadt im fr».ii%.
Depart. Jura, am Doubs , 11,093 £w. ; röm.
Alterthümer. Im Krieg von 1870 einige
Zeit Hauptquartier Gai'ibaldis, bis es 21.
Jan. 1871 nach leichtem Gefecht von einem
Theil des werderscheu Corps besetzt wurde.
Dolente (lat.), traurig, kläglich.
Dolerlt C6a«aUMC&er Grümtein, Anamegit),
Felsart, meist kleinkörniges Gemengte von
Labrador, Aug^t und Magneteisenerz, auch
Kalk- und Eisenspath, oft sehr feinkörnig
und dem Basalt sehr ahnlich; weit ver-
breitet in den basaltischen Distrikten, liefert
gute Pflastersteine.
DolgorakiJ (Dolgorukoto), Pater Wladitai-
rowitach, Fürst, russ. Schriftsteller, sehr.
,Notice snr les principales familles de la
Russie* (2. Aufl. 1847), ein russ. Adels-
lexikou (1854—57, 4 Bde.), in Frankreich
,V6rit6 sur la Russie* (1860), deshalb mit
Konfiskation seiner Güter und ewigem Exil
bestraft ; ward 1861 in einen Yerlenmdangs-
prozess mit dem Fürsten Woronzow ver-
wickelt, der für ilin ungünstig endete, lebte
dann in Brüssel und in England.
Dollar, span.-mexikan. Weltmünze, der
ältere Peso duro (Silberpiaster) Spaniens,
Central- und Südamerikas, sowie des heu-
tigen Mexiko, = 5,43 Frcs. = 1 Thlr. 14 Sgr.
In den engl. Kolonien gesetzlich = 50 Pence,
doch stellt sich sein Zahlwerth höher. Vgl.
1^90. In den Verein. Staaten Goldmnnse a
10 Dimes = 100 Cents =: 5,254 GoldCrcs. =
1 Thlr. 12 Sgr. lOa/t Pf.
Dollart, Bucht der Nordsee, zwischen
Ostfriesland und der holl. Prov. Groningen,
in welche die Ems mündet, 2V9 H. tief,
l^k M. breit; 1277 durch Eindringen des
Meeres entstanden.
DoUond — Dominikaner.
519
Dollondy John, engl. Optiker, geb. 10. Juni
1706 zu Spitalfields, bis 1752 Seidenweber,
gründete dann mit seinem Sohne Peter
eine optische Werkstatt; f 30. Nov. 1761 in
London. Erfand 1757 die achromat. Fern-
rohre. Biogr. von Kdly (1808).
Dolmft-Baghtsche. Ort bei Konstantinopel,
am Bosporus, mit oommersitzen der frem-
den Gesandten und vornehmen Tnrkon,
bes. prächt. Palast des Sültnns (seit 1847).
Dolman, mit Schnüren und Knöpfen be-
setzte Jacke, urspr. Thell der ungar. Na-
tionalti'acht, Husarenuniform.
Dolmen (breton., d. I. Steintische), Denk-
mäler an der franz. -atlant. Küste aus vor-
histor. Zeit, bestellend aus 3 — 4 aufrecht
gestellten, nubeliauenen Steinblöcken, die
eine grosse Steinplatte tragen; vielleicht
Grnbdenkmäler.
Dolmetschen, mündlich übersetzen; Dol-
metsch oder Dolmetscher, Uebersetzer, Aus-
leger, GesprachsvermittlfT.
Dolomit (Mautentpaih, Braun-, Bitterapath,
BUterkalk) , Mineral aus der Klasse der
v^asserfteien Haloi'de, farblos, fl-^ischfarben
(Perlspath) , grün (Aliamlt) , zu Traversella,
im Cliloritschiefer der Alpen, ini Anhydrit
und Gyps, fein znckerkörnig als salinischer
D. in den Alpen, sehr feinkörnig und dicht
als Breccit, stanbartig als Asche im thüring.
Zechsteingebirge. Massig und geschichtet
in grotesken Felsbildungen u. höhlenreich
(Liebenstt*in , frank. Schweiz, Schwaben,
Tirol). Ausgedehnt treten dolomit. Kalk-
steine, Mergelkalke und Mergel auf. Kry-
stalliiiisuh körniger D. wurde als Statuen-
marmor benutzt, derber fester D. dient als
Mauerstein, manche Arten zu Cäment, sehr
reiner D. zur Darstellung von Magnesia-
salzen. Genannt nach dem franz. Geologen
Dolovtieu (geb. 1750, f 1801).
Dolor Hat.), Schmerz.
Dolat (l<^t.), jede wissentlich widerrecht-
liche Handlung, im Gegensatz zu Culpa
oder Fahrlässigkeit; im Strafrecht der
widerrechtliche, speciell auf Begehung
eines Verbrechens gerichtete Wille (doloses
Verbrechen), im Givilrecht absichtl. wider-
rechtliches Handeln, z. B. bei Verträgen.
D. 0. H.) abbr. für Veo optimo mazimo
(lat.), d. h. dem besten höchsten Gott (ge-
weiht), röm. Tempel inschrfft.
Dom (pnrt., spr. Dong), s. v. a. Don.
Dom (Domkirche, mittelhochd. tuom,
später Thum, Thumb), Kirche, an welcher
ein Bischof höchster Geistlicher ist, dann
überh. s. v. a. Haupt- oder Kathedralkirche;
neuerlich auch s. v. a. Kuppelkirche.
Domänen (v. lat. dominium, d. i. herr-
schaftliches Gut), im AUgem. Grundstücke
(auch nutzbare Rechte), deren Ertrag zu
den Staatseinkünften gehört und ganz oder
theilweise zu Bestreitung der Staatsbedfirf-
nisse verwendet wird, früher Kammergüter,
jetzt &aaisgüter genannt,' verschiedenen
Ursprungs, zum geringeren Theile nach-
weisbares Eigenthnm der fürstl. Familien,
meist als Staatseigenthum zu betrachten
und von den landesherrlichen Privat- und
Schatullgütern zu unterscheiden, hlnsichtl.
ihrer rechtlichen Natur namentlloh in den
deutschen Kleinstaaten bis auf die neueste
Zeit strittig, hier entweder den Dynastien
als unveräusserliches Privatelgenthum vor-
behalten, oder nach bestimmten Quoten
zwischen der Dynastie und dem Staate ge-
theilt, oder in Betreff der Revenuen gans
dem Staate zugewiesen, doch unter Vor-
behalt des fUrstl. Eigenthumsrechts, in den
grösseren Fltaaten (Preussen) reines Staats-
gut, das nicht ohne Zustimmung der Landes-
vertretung und nur zu Befriedigiiug all-
gemeiner StaatsbedQrfuisse mit Schulden
belastet oder veräussert werden darf.
Domeniehino, Maler, s. Zampieri.
Domesdnybook oder Doomsdaybook (engl.,
spr. Dnhmsdehbuck) , eines der ältesten
engl. Rechts- und Gesohichtsdeukmale,
enthält die Ergebnisse einer Statist. Auf-
nahme der Grafschaften, Hundrede etc.,
welche Wilhelm der Eroberer (1086) be-
werkstelligen lies<i; herausg. 1783 in 2 Folio-
bänden, mit 2 Supplementen, 1861.
Domestikation (lat.), Zähmung wilder
Thlere zu Hausthieren.
DomiceUaren (lat.), früher Name der
jüngeren Kanoniker.
Domicil (lat.), Wohnort, Ort, wo sich
Jemand aux die Daner aufhält. Daher
domidliren, an einem Orte wohnhaft, sess-
haft sein. Bei Wechseln Bezeichnung eines
andern Zahlungsorts als der Wohnort des
Bezogenen. Vgl. Weeheel. [röm. Damen.
Domina (lat.), Herrin, Ehrentitel der
Dominante (lat., chorda dominans) , herr-
schender Ton, die 5. Stufe (Quinte) einer
Tonart; Oberdominante (oder schlechtweg D.),
wenn vom Grundton aufwärts) (z. B. von
G auf G), Unter- oder Subdominante, wenn
abwärts gezählt wird (von G auf F). Domi-
nantakkord, jeder auf der D. basirte Akkord,
insbeij. der Septimenakkord (g h d f).
Domination (lat.), Herrschaft.
Domingo, s. San Domingo.
Dominica (lat., näml. dies, Tag), Tag des
Herrn, der Sonntag. Dominicum, Kirchen-
vermds:eu, auch dl» Kirche selbst.^
Dominica. Insel der kleinen 'Antillen,
13,7 QM. und 25,666 Ew. (kaum 1000 Weisse);
im Innern gebirgig, reicli an kostbaren
Hölzern (Rosenholz), Boden sehr fruchtbar,
Klima ungesund. 1493 von Golumbus ent-
deckt, seit 1759 englisch (1778 — 83 im Be-
sitz der Franzosen).
Dominicas (Domingo) de Gnzman, Stifter
des Dominikanerordens, 1170 zu Galarveja
in Altkastilien geboren, seit 1199 Kanonikus
zu Osma, kam mit seinem Bischof 1205 zu
Bekehrung der Albigenser nach Südfrank-
reich ; t 1^1 2U Boloama ; 1233 kanouisirt.
Dominikaner oder Predigermonche (Fra-
tres praedicatores) , von Duminicus de Guz-
man 1215 zu Toulouse gestifteter, 1216 von
Papst Honorius IH. bestätigter Mönchs-
orden, Bettelorden für Predigt n. Seelsorge
im Volke, nahm die etwajf modiftcirte Regel
Augustins an , erhielt das Privilegium,
überall zu predigen und Beichte zu hören,
gewann schnell grossen Einfluss, bes. furcht-
bar durch dio ihm 1238 von Gregor IX.
520
l)ominikat — Donau.
übertrAgene Inquisition, thellte mit den
I'rancivkaneru die Herrschaft an den Höfen
und über das Volk, aählte im 18. Jahrb.
noch über 1000 Klöster, in 45 Provinsson
nnd 12 Kongregationen, blüht Jetzt noch
im Oeaterreichischen, in Frankreich, Italien,
in der Schweiz nnd in Amerika. Ordens-
kleidung weiss mit schwarzem Mantel und
schwarzer spitziger Kapuze. Die schon 1206
▼on Domlnicus gestifteten Dominikanerinnen
folgen ders. Begel , zählen aber Jetzt nur
noch wenige Klöster.
Dominikat (lat.), Herrenbof. [haben.
Dominiren hat.) , herrschen, den Vorzug
Dominliun (lat.), Haasregiment; Elgen-
thnm, insbes. Kittergut.
Domino (ital., d. i. Herr, insbes. Geist-
licher) , sonst in Italien und Spanien Name
dtts grossen, mit Kapuze versehenen Winter-
kragens der Geistlichen; später als Maskem-
tracht seidener Mantel mit weiten Aermeln.
Dominus (lat.), Herr, Gebieter.
Dominng ac Bedemtor noster (lat.), d. i.
Unser Herr und Erlöser, Breve des Papstes
Clemens XIV. Tom 21. Juli 1773, wodurch
er den Jesuitenorden aufhob , der von
Pius VU. durch die Bulle ,Sollicitado om-
uium ecclesiarum* vom 7. Aug. 1814 wieder-
hergestellt ward.
Dominus TObiscnm (lat.), der Herr sei
mit Enchl Gruss des kathol. Priesters an
das Volk beim Beginn des Altardienstes,
worauf Chor und Gemeinde antworten: Et
cum spiritn tuo (Und mit deinem Geiste).
Domitiana quaestio (lat.), domitiauische
Frage, d.i. eine albei*ne, Frage, nach dem
röm. Rechtsgelehrten Domitius Labeo.
Domitianus^ Titus Flavius, röm. Kaiser,
zweiter Sohn des Kaisers Yespasianus, geb.
24. Okt. 51 n. Clir. zu Rom, bestieg 13.
Sept. 81 nach seines Bruders Titus Tode
deu Thron, grausamer Tyrann, focht un-
glückl. gegen die Katten (84), gegen Dece-
balus von Dacien (86 — 91), räumte seine
eignen Blutsverwandten aus dem Wege;
18. Sept. 96 von seiuem Freigelassenen Ste-
phanus einnordet. Vgl. Imhof, ,T.F. D.*, 1857.
Domkapitel, das Kollegium der Stifts-
oder Domheri'en an einer bischöfl. Kirche,
berathet den Bischof in wichtigen Kirchen-
angolegenheiten , führt bei Abwesenheit
oder nacli dem Tode desselben die Regierung
des Stifts, wählt den neuen Bischof. Die
Domherrenstellen, nach und nach in Sine-
kuren für den stiftsfähigeu Adel ausgeartet,
werden neuerl. ohne Bücksicht auf adelige
Herkunft nur an kirchl. Befähigte verliehen.
Domleschg, Theil des Hinterrbeinthals
in Graubünden, unterhalb Tusis, 2V3 St.
lang, bis >/« St. breit, mit 22 Dörfern, zahlr.
Burgruinen und über 6000 Ew.
Domnus (lat.), s. v. a. Dominus.
Donipfaffe, s. Gimpel.
Domremy la Pucelle (spr. -Püssell), Dorf
im franz. Depart. Vogescn, bei Neufchateau,
au der Maas, 380 Kw.; Geburtshaus der
.Tungfrau von Orleans (jetzt Mädchenschule).
Statue derselben (seit 1843).
Domschulen (SUftsschulen), im Mittelalter
die bei den Domstifteru oder Kathodral-
kirchen bestehenden und von Klerikern
geleiteten Schulen; noch Jetzt Name der
Gymnasien in einzelnen Städten.
Don, 1) (im Alterth. Tanais) FInss im südl.
Russland, entspr. südöstl. von Tula ans
einem kleinen See, fliesst in südöstl. Rich-
tung, nähert sich der Wolga bis auf 8 M.,
wendet sich gegen SW. über Nowo-Tscher-
kask, Rostow und Asow, mündet unweit
Taganrog ins asowsche Meer; 236 M. ].,
Stromgebiet etwa 10,500 QM. Hauptneben-
flüsss rechts: Donez und Sosna, links:
Woronesch, Ghoper, Manytscli. — 2) D. (spr.
Dann) Fluss in der schott. Grafsch. Aber-
deen, mündet in die Nordsee, 16 M.
Don (span., port. Dom, v. lat. dominus).
in Spanien und Portugal Titol, welchen der
Adel dem Taufnamen vorsetzt. Feniin. Dona,
Donna.
Donar, deutscher Gott, Gebieter über Wol-
ken und Regen, der sich durch Blitz und
Donner ankündigte. Vgl. Thor.
Donateiio (eigentl. Donato dt Betto Bardi),
ital. Bildhauer, geb. 1383 zu Florenz, f das.
1466. Einer der Mitbegründer der moderuen
Kunst in Italien. Seine zahlr. Figuren zoich-
neu sich durch kraft- und lebensvolle Na-
türlichkeit aus. Vgl. Semper, ,D.% ltf70.
Donatio (lat.) , Schenkung; D. ad pia*
causa», Schenkung zu milden Zwecken; D.
inter vivoe, Schenkung unter Lebenden; D.
mortis causa, Schenkung auf den Todesfall.
Donator, Donatrix, der oder die eine Schen-
kung macht. D. Oonstantini Magni, die
augcbl. SchenkungKaiser Konstantins d. Gr.,
nach welcher er dem päpstl. Stuhle Koni
uud den Kirchenstaat verliehen haben soll.
Donatirgelder , geschenkte Beisteuer, iu
manchen deutschen Territorien die geringen
Geldleistungen der Rittergüter statt der
früher gestellten Hitterpferde.
Donatus (lat.), Laienbruder.
DonatoSy Aelins, röm. Grammatiker nnd
Kommentator, um S55 n. Chr. zu Rom.
Seine Schriften ,De literis, syllabis etc.',
,De octo pai'tibus orationis' u. a. dienten ini
Mittelalter als lat. Grammatik heim Unter-
richt; daher Donat, s. v. a. latein. Grammatik.
Donau (lat. Danubius, Ister, ungar. Duna).
nächst der Wolga der grössto Strom Euro-
pas, entsteht am südöstl. Abhang des
Schwarzwaldes bei Donaueschingen, ans
der Vereinigung der Biege und Brigaeh,
fliesst in ihrem Oberlaufe über Sigmariugen
und Ulm (wo sie schiftbar wird) , dann in
östl. Richtung durch Bayern über Donau-
wörth, Neuburg, Ingolstadt und Regensburg
(nördlichster Punkt) bis Passau, tritt,
nachdem sie auf österr. Gebiet ein romant.
Thal durchströmt hat, oberhalb Wien in
die uiederösterr. Tiefebene, weiterhin uacli
dem Durchbruch des Leithagehirgs in das
oberungarische Tiefland und geht aus
diesem bei Waizen in das niedeningar.
Tiefland über , das sie, erst gegen S. (über
Ofen und Pesth, Semliu und Belgrad), dann
wieder gen O. gewendet, bis zum ,ei3erncn
Thor' (Diirchbruch bei Oi'sowa) durcliströmt.
Hier ihren Uuterlauf beginnend, fliesst
sie in einem südl. Bogen auf der Greu::^
l)önau6Bcliin|eii — Donlier.
521
der Walachei Und Bulgare! > über Widdin,
Nikopoli, Kusclitschuk, Silistria, Braila bis
GalacB (bis liieher für Seeschiffe fahrbar),
uimmt hier wieder ihre östl. Bichtang an.
bildet ein niederes Deltaland (von 47 QM.)
und möndet endlich in 3 Hauptarmen:
Kilia, Sulina (die Schifffahrtsstrasse) und
Goorgiewska in das schwarze Meer. Iiäuge
394 QM., Stromgebiet 14,500 QM. Haupt-
nebenflüsse rechts: Hier, licch, Isar, Inn,
Traun, Enns, Drau, Sau, Morawa; links:
Wörnitz, Altmühl, Naab, Regen, March,
Waag, Neutra, Gran, Theiss, Temes, Aluta,
Sereth, Pruth. — Die BchifffahH der D.,
bei Ulm beginnend, aber erst von Wien an
bedeutend, ist häufig durch Stromschnellen
und den Wechsel des Fahrwassers er-
schwert, überhaupt der ganze Strom viel
weniger entwickelt als der Rhein. Keuer-
tliugs bed. Kon'ektionsbauteu in Bayern u.
Oesterreich. Die Mündungen der D. stehen
(seit dem pariser Frieden 1856) den Schiffen
nller Kationen offen und unter dem Schutze
des europ. Völkerrechts. Dampfschifffabrt
seit 1830. Die k. bayer. Donaudampfschiff-
falirtsgesellschaft ging 1862 an die österr. Ge-
sellschaft über, deren Dampfer gegenwärtig
den FInss von Ulm bis Galacz befahren. '
Donftueschingen , Stadt im bad. Kr. Yil-
lingen, am Zusammenfluss der Brege und
Brigach (Quellflüsse der Donau), Residenz
des Fürsten von Fürstenberg, 3164 Ew.
DonaufUrgtenthünier, gewöhnliche Be-
zeiclinnng für Moldan und Walachei.
Bonaokreis, der südöstlichste der 4 Kreise
Würtembergs, den grössten Theil der Alp
umfassend und bis zum Bodensee reichend,
113,8 QM. und 427,280 Ew. (63o/o protest.,
36?/o kathol.); meist Ackerland, im S. auch
"Weinland; fast 3 QM. ergiebiger Torfboden.
16 Oborämter.
Bonanmoos, mooriger Landstrich inObor-
bayern, südl. von Ingolstadt, 7 M. lang, t>is
IVa M. br.; in seinem westl. Theile schon
seit 1796 urbar gemacht. — Donauried, ähnl.
Landstrich, unterhalb Ulm von Gundelfiugen
bis zum Lech sich erstreckend, 9M. 1., bis
1 M. br., grossentheils entsnmpft.
Donaustanf; Marktfl. in der bayer. Ober-
pfalz, an der Donau, 1003 Ew. ; fürstl. thurn-
nnd taxissches Schloss, in der Nähe die
lininen der Veste Stauf und die Walhalla.
Donauwörth 9 Stadt im bayer. Kegbz.
Schwaben, am Einflüsse der Wörnitz in die
Donau und an der nürnberg-augsburger
Eisenbahn, 3559 Ew.; Schloss des Fürsten
von Wallerstein (vormals Abtei Heiligkreuz),
bis 1606 freie Reichsstadt. Im 13. Jahrh.
Kesidcnz der Herzöge von Oberbayem.
Don BenItO) Stadt in der span.Prov. Ba-
dajoz, am Guadiana, 14,800 Ew.
Doncaster (spr. Dönnkäst'r), Stadt in der
engl. Grafsch. York, am Don, 16,406 Ew.
Donegal (spr. Dönigahl), Irland. Grafsch.,
Prov. Ulster,, am atlant. Ocatm (DQnegalbai)
87,6 QM. (70 ohne Kultur) und 236,859 Ew.
Hnnptort LifTord.
Dones, Nebenflnss des Don in Russland,
dnrchfliesst dasLand der douischen Kosaken ;
U5 M. lang.
Dongola^ Landsch. in Xubien, £u beiden
Seiten des Nil, 30 M. weit von Tumbus bis
Dschebl Döka reichend, fruchtbare Ebene;
früher selbständigstes Reich. Die Hauptst. D.
el Urdu (Keu-D., auch Mardkah), 20,000 Ew.,
ein blühender Ort mit wohlversorgten Ba-
zars. 14 M. weiter oberhalb D.-i4(j'0M« (AU-
D.), die einstige Hauptst. des ifeic/wD., jetzt
ganz in Ruinen.
Donizetti^ Gaetano, ital. Opernkomponist,
geb. 25. Sept. 1797 zu Bergamo , Schüler
Simon Mayrs, machte zuerst 1828 mit , Anna
Bolena* in Neapel Aufsehen , der er noch
einige 30 Opern folgen Hess, lebte in den
letzten Jahren abwechselnd in Paris und
Mailand, verfiel 1847 in Geistesschwäche; |
8. April 1848 zu Bergamo (Denkmal). Beste
Werke: ,Elisir d'amore', »Lucrezia Borgia'
und ,Lucia dl Lftmmermoor', bes. durch
Melodienreichthum ausgezeichnet.
DonJon (fr., spr. Dongschong), urspr. der
Haupttliurm der alten Burgen; in der neue-
ren Fortifikation ein zur Vertheidigung ein-
goiichteter Festungsthurm ; auch kleiner
Pavillon oder Thurm auf Wohngebäuden,
zur Aussicht dienend.
Don Juan (spr. Don Chuan), Held einer
altspan. Sage, die der Faustsage des Nor-
dens entspricht. Juan Tenorio, Zeitgenosse
Peters des Grausamen von Kastillen, nacli
And. Karls V., sucht nach vielen Frevel-
thaten die Tochter eines Gouverneurs (Kom-
thurs) von Sevilla zu entführen, tödtet den
zu ihrer Rettung herbeieilenden Vater im ,
Zweikampf, lädt dann die diesem errichteto
Statue zum Gastmahl, wird von dem wirkl.
erscheinenden steinernen Gaste der Hölle
überliefert. Die ächteD. -J.-Sage wurde zu-
erst vonGabr.Tellez (Tirso de Molina) dramat.
bearbeitet (deutsch von JBraunfels in üapps
,Span. Tlieater* 1870). Nach 1620 auf die
ital. Bühne und mit dieser nach Frankreicli
vorpflanzt, wurde sie hier di*amat. von Vil-
liers, Moliere (,D. J., ou Je festin de pierre*,
1665) und Dumesnil (,Le festin de pierre, on
rath6e foudroyö*, 1669) behandelt. Die span.
Ueberarbeitung des tellezschen Stücks von
Antonio de Zamora liegt den spätem ital.
Bearbeitungen und Mozarts Opemtext von
Lorenzo Daponte zu Grunde. Dramat. in
Deutschland bearbeitet von Grahhcy Braun
von BraimihaX, Lenau u. A.; in Fi'ankreich
von A. Dumas (1836); in Spanien von Zorilla
(1844; deutscli von de Wilde 1850). Byrons
,D. j.' hat mit der Sage nur den Namen
gemein. Vgl. Scheible, ,Kloster*, Bd. 3,
Abth. 2, 1846. [reich.
Don Juan d'Austria^ s. Johann von Oester-
Donna, s. Don.
Donna-Fraucisca (Joinville), deutsche Ko-
lonie in derbrasil. Prov. Sta. Oatharina, mit
den Städtchen Joinville und Annaberg, 1850
von einer hamburg. Aktiengesellschaft ge-
Donner, s. Gewitter. [gründet.«
Donner, 1) Georg Raphael, Bildhauer, geb.
1695 zu Esslingen (Unterösterr.), flß-^ehr.
1741 zu Wien. Hauptwerke; der Neumnrkts-
brunnen zu Wien, mit treffl. Skulpturen,
Statue Karls VI. im Belvedere. — 2) Joh.
Jak. Christian, Uebersetzeraltklass. Dichter,
522
DonnerbüchBO — Doria,
geb. 10. Okt. 1799 sa Krefeld, lelt 1843 Prof.
am Gymnasiam in Stuttgart, lelt 1852 pen«
sionlrt ; übers, den Sophocles (6. Aufl. 1868),
Euripides (i. Aufl. 1858-59), Aeschylus (1854),
Homers .Iliade' (8. Aufl. 1864) und ,Odyssee*
(1858-59), Aristophanes (1861), Pindar (1860),
Terenz (1864), Piautas (1864-65); auch Ca-
moens ,Lu8faden' (8. Aufl. 1869). [Kaliber.
Ponnerbfichse, alte Kanone von grossem
DomierkeUe 9 s. t. a. Belemniten; auch
Belle, Aexte etc. aus der Steinzeit.
DonnerlefiOB (Legio fulminatrix), der Sage
nach eine meist aus Christen bestehende
Legion des röm. Heeres, die im Markoman-
neukriege unter Kaiser Marc Aurel 174 über
die Feinde ein Gewitter, den Römern einen
erquickenden Begen vom Himmel erfleht
haben snll.
DOBnenberg, 1) Berggruppe in Rhein-
bayem, bei Klrchheimbolanden ; höchster
Gipfel der Köuigsstuhl, 2127'. — 2) Berg, s.
BÖhmiaches Mittelgebirge,
Donnentag (engl. Tltursday, lat. dies JoviSy
franz. Jeudi), der 5. Wochentag, zu Ehren
des deutschen Gottes Donar oder Thor (s. d.)
so genannt. Grüner D. (Dies viridinm),
der D. In der Charwoohe, so genannt, weil
an demselben die ölTentl. Büsser nach der
in der Fasteuzeit vollbrachten Busse von
ihren Vergehen losgespi'ochen und als Süu-
denlose (virides) wieder in die Gemeinschaft
der Christen aufgenommen wurden.
Don Qnixote (span., spr. -Kichote), Held
des her. Romans von Cervantes, Karikatur
eines fahrenden Ritters; daher s. v. a.
Abenteurer, Schwärmer, Prahler.
Donmu (lat.), Geschenk, Schenkung.
Doomick. Stadt, s. Tournaff.
Doppeladler^ Wappen des röm. -deutschen
Kaiserreichs, anfangs einköpfig, zweiköpfig
zuerst auf einer um 1325 unter Ludwig dem
Bayer geschlagenen Münze, seit 1433 bestän-
diges Symbol des deutschen Kaiserreich»
bis zu dessen Verfall, 1846 wieder als
deutsches Bundeszeichen angenommen, von
Oesterreich beibehalten, auch vonRussland
unter dem Czaren Iwan Wassilje witsch an-
genommen. Beim deutschen D. sind Schna-
bei und Fänge golden, beim russ. roth.
Doppelgänger, Art zweites Geslclit, krank-
hafte (Jeberspannung der Einbildungskraft,
infolge deren Jemand seine eigene Person
zu sehen glaubt.
Doppelhaken, die starken, 41/9—6' langen
Feuergewehre, welche, auf einem Gestell
ruhend, bis 16 Loth Blei schössen, im 14.
Jalirh. fast zugleich mit den Handröhi*eu
erfanden n. bes. im Festnugskrieg gebraucht.
Doppellaut, s. v. a. Diphthong.
Doppelsalae, Verbindungen zweier Salze
mit einander, z.B. Alaun = schwefelsaures
Kali mit schwefelsaurer Thonerde, Blnt-
laugensalz == 2 At. Cyankalium mit 1 At.
•Eisen cyanür.
Doppeigpath, s. Kalkspath.
Doppelsteme, s. Fixuteme.
Doppia (ital.), ital. Goldmünze, früher von
verschiedenem Werthe ; die -Mue D. = 20
Lire = 5 Thlr. Gold. [pelte Bewegung.
Doppio (ital.), doppelt. D.movimento, dop-
Dora Balten» Kebenfl. des Po in Piemont,
entspr. am Montblanc, tritt bei Ivrea in
die Ebene, mündet 5 M. oberhalbTurin ; 21 M.
Dora d'Istrin, Gräfin, s. Ohika, Heiene.
Dorage (fr., spr. -ähsch), Dorirung, Ver-
goldung; auch das Ueberziehei» des ordi-
nären Hutfilzes mit feinem Haare.
Dora Bipuaria, Kebenfl. des Po in Piemont,
kommt vom M. Viso, mündet bei Turin; 21 M.
Dorchester (spr. Dahrtschester) , Hauptst.
der engl. Grafsoh. Dorset, am Frome, 68i3
Ew.; ber. Alebrauereien. Dabei Reste eines
gmsseu röm. Amphitheaters.
Dordogne (spr. -donj), Flussim südirestl.
Frankreich, entspr. im Depart. Puy de Dome
am Mont d'Or, aus den Quellflüsseu Dore
und Bogne, vereinigt sich unterhalb Bonrg
mit der Garonne zur Gironde ; 61 M. lang.
Danach benannt das Depart» D., 166,8 QM.
und 502,673 Ew. Hauptdt. Perigaeu.
Dordrecht, Stadt, s. DortrecM.
Dore, Gustave, franz. Zeichner und Ikfaler,
geb. 1833, lebt zu Paris. Bes. bekannt als
Illustrator poetischer Werke u. als solcher
von ebenso grosser Handfertig^keit als
reicher Phantasie, aber des Ernates und
der Tiefe ermangelnd. Zu nennen : die
Illustrationen zu Perraults Märchen, Balzacs
Erzählungen, Lafontaini^s Fabeln, zum
Dante, Don Quixote, neuerlich auch zum
A. T. Als Maler nnbedeutend.
Dorer (Dorier), einer der 4 Hanptstämme
der alten Griechen, nach Doms, einem Soline
Hellens, genannt, ursprüngl. in Thessulien
zwischen Olymp und Ossa, später auf Kreta
(Landsch. Doris am Oeta) sesshaft, {ringen
dann mit den Herakliden (dorische Wcmde-
rung) nach demPeloponnes, wo sienameutl.
in Sparta herrschten. Ihr Stammcharakter
männlich streng, ernst und fest , wie auch
aus ihrem Dialekte und ihren Bauwerken,
z. B. der dor. Säule (vgl. Batihmat), hervor-
geht. Vgl. 0. MiiUer, ,Die D.', 2. Aufl. 1844.
— Dorische Tonart, die altgrlech. Tonreihe
d e f g a h c d.
Dorf, offener, nicht mit Stadtrecht ver-
sehener Ort, dessen Bewohner ausschllessl.
oder vorzugsweise auf Landwirthschaft an-
gewiesen sind. In neuerer Zeit gibt es auch
iudustiielle Dörfer, von Stadt noch streng
gescliiedou.
Doria, altes Adelsgeschlecht in Genua,
das unter seinen Gliedern viele Seefaeldeu
zählt. Dorias befehligten die genues. Flot-
ten in den mittelalterlichen Kriegen gegen
Venedig, Pisa, Aragouien, gegen Türken u.
Barbaresken und rangen mit den Spiuola
und Fieschi um das Ihincipat der Rf^publik.
Am berühmtesten Andrea D., geb. SU. Nov.
1468 zu Carrascosa im Genuesischen, focht
erst gegen die Franzosen, wurde 1524 zum
Admiral der vereinigten franz.-gennesisclien
Flotte ernannt, ging 1528 zu Karl V. über,
vertrieb die Franzosen aus Neapel und
Genua und befestigte die republikan. Ver-
fassung Genuas. Vom Kaisef zum Ober-
befehlähaber zur See ernannt, erhielt er das
Fürsteutlium Melfi, unterdrückte die See-
räuberei, schlug 1532 die türk. Flotte an der
griech. Küste, leitete 1535 die Eroberung von
Dorment — Dost -Mohammed -Khan,
523
Tunis unter Karl V. und rettete 1642 vor
Algier das kaiserl. Heer vor g&nzllchem
Untergang. Der Uebermutli seines Ne^en
Gianetlino D, veranlasste die Verschwöning
des Fiesco (3. Jan. 1547) ; f 15. Nov. 1560.
Giovcmni Andrea D., des ermordeten Gianet-
tlno D. Sohn,. ,b«)felillgte seit 1556 die in
span. Diensten- stehende genues. Flotte, zog
sich durch sein Verhalten in der Seeschlacht
bei Lepanto (7. Okt. 1571) Tadel sn; f 1^06.
Öorment • der Korridorgang längs der
Zellen in einem Kloster.
Dormeuse (fr., spr. -möhs), Kaohthanbe.
DormItiT (lat.), £inschläfei*ungsmittei.
Dormitory gigant. Berggruppe an derNord-
eoke von Montenegro, aas kahlen dolomit.
Nndeln und Pyramiden gebildet, über 8000' h.
Dormitorium (lat.), Schlafzimmer, Schlaf-
saal, bes. in Klöstern; auch Todtenacker.
Dom (lat. Aculeus) , in der Botanik ste-
chende Wucherung der Rinde, zu unter-
scheiden vom Stachel (spina), einem durch
Zusammenziehung in eine steife stechende
Spitze verschmälerten Ast; der eiserne
Stab, über welchen die Gewehrläufe ge-
schmiedet werden.
Dom, Heinrick Luäw. Edm., Musiker, geb.
14. Nov. 1804 zu Königsberg, nacheinander
Kapellmeister zu Königsberg, Leipzig, Riga,
seit 1843 in Köln Direktor eines Gesangver-
eins, 1849 als Hofkapellmeister nach Berlin
berufen. Komponist (die Opern ,Schöffe von
Paris* u. ,Die Nibelungen')) Theoretiker und
Kritiker. Sehr. ,Aas meinem Leben' (1870).
Dombim (Dombim, Tombiüiren), industr.
Flecken im tiroler Kr. Bregenz, 8444 Ew. ;
ehedem Reichsdorf.
Domborgy Stadt im Grossherzogth.Sachsen»
Weimar, malerisch auf Felsen an der Saale
gelegen, 630 Ew., 3 Schlösser; schon 937 als
Stadt erwähnt, öfters Aufentlialt der sachs.
Kaiser und Sitz mehrerer Reichstage.
DomgradirliRasery die aus Weiss- oder
Schlehdombüudeln aufgerichteten Wände,
über welche die zu koncentrirende Soole in
feiner Vertheilung geleitet wird, dienen,
wenig modificirt, als Lokalitäten zu Inhala-
tionskuren, da die durch den Wind zer-
stäubte Soole eine mit Salz geschwängerte At-
mosphäre erzeugt (Salzungen, Reichenhall).
Dorntaan, Stadt im würtemberg. Schwarz-
waldkreise, 1562 Ew. Mineralquelle und
merkw. Wasserkunst.
Domlk, Stadt, s. v. a. Toumay.
DontOCll (spr. Dahrnöck), -Hauptst. der
{■chott. Grafsch. Sutherland, am gleichnam.
Firih, 647 Ew.; prachtv. Kathedrale; einst
Residenz der Bischöfe von Gaithness.
Domstein 9 Inkrustation auf den Domen
der Domgradirhänser, besteht aus Gyps,
kohlensaurem Kalk, Eisenoxydul, Magnesia
etc., dient znm Düngen.
voronleuin L. ( Gemnourx), Pflanzengattung
der Kompositen. D. Pardalianches L. im
gebirgigen Deutschland, gewürzhafte Wurzel
früher offtcinell (Kraft-, Schwindel-, Dorant-
wnrzel). Ziorpllanzen.
Dorp. Stadt im preuss.Regbz. Düsseldorf,
Kr. Solingen, an der Wupper, 9920 Ew.
Dorpftt (D'örpt, Derpt), Kreisst* im mss.
Gtouvern. Livland, reizend an der Embach
gelegen, 20,780 Ew. (viele Deutsche); lebh.
Handel, Universität (1632 von Gust. Adolf
gestiftet, ging 1710 ein, 1802 neu errichtet)
mit her. Bibliothek und Sternwarte. Einst
ausehnl. Hansestadt, flel 1582 an Polen, 1625
an Schweden, ward 1704 von Peter d. Gr.
zerstört. [(dorsnm) bezieht.
Dorsil (lat.), was sich auf den Rücken
Dorsftlieii (lat.), Altarbehänge.
Dorseliy s. 8ch«Üßsche.
V Dorset Cspr. Dahrset). Grafsch. im südl.
England, am Kanal, 46 QM. und 188,651 Ew.;
Ackerbauland. Hauptstadt Dorchester.
Dorset, Oharlea Saokviile, Graf von, engl.
Dichterund Staatsmann, geb. 1637, begleitete
1665 den Herzog von York in den Krieg
gegen Holland, dichtete vor einem grossen
Seetreffen das auf der engl. Flotte beliebte
Lied ,To all you ladies now at land', ward
von Wilhelm HI. zum Lord-Kämmerer er-
nannt; t 1700 KU Bath. Seine Gedichte in.
Johnsons Ausg. brlt. Dichter (1780).
Dorsten!« Bum, (Gifttourxel, Krautfeige),
Pflanzengattung derUrticeen. D.brasilien-
sis L. in Brasilien, D. Contrayerva L. in
Westindien und D. Houstoni L, in Mexiko
liefern die offlcinelle Gift-, Bezoar- oder Gon-
trayervenwurzel, die in der Heimat gegen
Schlaogenbiss benutzt wird.
Dortmund, Kreisst. im preuss. Regbz.
Arnsberg, an der bergisch-märkischen und
köln.-mindener Eisenbahn, 33,453 Ew., Ober-
bergamt. Ehemals freie Reichs- und Hanse-
stadt, auch Hauptstuhl der westphäl. Fem-
gerichte (dortmunder Freistuhl); bedeutende
Eisenwerke, Maschinen- und and. Fabriken,
gr. Werkstätten. Der dortmunder Heceas 10.
Juni 1609 bezog sich auf den Jülich-klevischen
Erbfolgestreit. Tgl. FoAfte, ,Die Grafschaft
und freie Reichsstadt D.', 1854 — 58, 3 Bde.
Dortreeht (Dordrecht, Dort), Stadt in der
niederl. Prov. Südholland, auf einer von
der alten Maas, der Merwe und dem Bies-
bosch gebildeten Insel, 24,878 Ew. ; Festungs-
werke anf der Landseite, Hafen, Schiffe-
werfte, goth. Kathedrale} rege Industrie u.
schwunghafter Handel. Die Beschlüsse der
dortreehter Synode (13. Nov. 1618 bis 19.
Mai 1619) flxirten den reformlrten Lehrbe-
griff, namentl. die .Prädestinationslehre, in
streng calvinischem Sinne.
Dos (lat.), Mitgift.
Dos a dos (fr., spr. Dos ä doh), Rücken
gegen Rücken (im Tanze).
Dos d'äne (fr., spr. Do dahn), Eselsrücken ;
Gewölbebogen in Gestalt eines Esels.
Dosis (gr.), Gabe, in der Heilkunde die
Gewichts- und Massmenge eines Arznei-
mittels für Erwachsene, von welcher ein
Kind von 3—7 Jahren Va» von 7-— 14 Jahren
dio Hälfte erhält.
Dosse, schiffbarer Nebenfl. der Havel in
der Prov. Brandenburg, entspr. an der meck-
lenburger Grenze, mündet bei Vehlgast, 15 M.
Dossimng, s. v. a. Böschung.
Dost-Honammed-Khan) Beherrscher von
Kabul, geb. um 1798, Sohn Feth-Alis, des
Ministers Timur Schahs, Beherrschers von
AfghanistaOi erhielt naeh dem Tode seines
524
Dotalitiutn — Draclienblut.
älteron Bradelri Assim-Khan, der nach Ti-
ihurs Tode die Herrschaft über Afghanistan
an sich gerissen, 18S3 Kabul, ward 1839 als
Freund Russlands von den Engländern
bekriegt und musste sich denselben ergeben,
schloss 18&5 mit denEngländem einen Ver-
trag, kiiegte 1856 gegen Persien, nahm 1863
Herat eiu; f ^<^i d. J.
I>otalitiiim(lat.), Leibgedinge, Witthum.
Dotation (tat.), Ausstattung mit Gütern,
z. B. einer Tochter bei der Verheirathung,
verdienter Staatsmänner und Feldherren,
frommer Anstalten etc.
Dotterblmne, s. v. a. Caltha palustris.
Dotzauer, Justua Joh. Fr., Musiker, geb.
20. Juni 1783 bei Uildburghausen , 1820-60
erster Violoncellist an der Hofkapelle au
Dresden ; f das. 6. März 1860. Bedeutender
Cellist, auch als Komponist (bes. für sein
Instrument) und Lehrer ausgezeichnet.
Donane (fr., vom pers.-arab. diwan), Zoll-
haus, Mauthbureau ; auch das gesammte zur
Abwehr der verbotenen Ein- und Ausfahr
und zur Erhebung des Zolls angestellte
Beamtenpersonal (Douani«r8).
Donay (spr. Duäh, fläm. Dauwey), Festung
im franz. Depart. Nord, an der Scarpe und
dem Kanal Sens6e, 24,105 Ew. ; Universitäts-
akademie, Artillerieschule, Kauonengiesse-
rei, zahlr. Fabriken. Seit 1714 französisch.
Donay (spr. Duäh), Charlea, franz. General,
geb. 1809, diente in Algier, wurde 1855 infolge
seiner Bravour beim Angriff auf den Mala-
kow Brigadegeneral, focht als solcher 1859
bei Medole mit Auszeichnung, wurde 1869
Inspektor der Schule von St. Cyr, 1870 bei
Be^nn des Kriegs Kommandant der 2. In-
fanteriedivision; fiel 4. Aug. in der Schlacht
bei Weissenburg.
Donblette (fr.), aus zwei Theilen (Ober-
und Unterthell) zusammengesetzter geschnit-
tener Schmuckstein. Halbächte D. mit Ober-
theil aus Edelstein und Unterthell aus Berg-
ki-ystall oderGlas ; unächte aus Bergkrystall
und Glas: Hohldoublette aus Bergkrystall
und hohlem, mit einer gefärbten Flüssigkeit
gefülltem Glas. D. auch doppelt vorhandener
Gegenstand in Bibliotheken, Kunstsammlun-
Doublone (Doblone), s. Doblon. [gen etc.
Doobs (spr. Duhb), Nebenfl. derSaftne in
Frankreich, entspr. auf dem Juragebirg^,
bildet im Kant. Neufchatel den Wasserfall
Saut du D., mündet bei Verdun, 58 M. Da-
nach benannt das Depart. D., 94,9 QM. und
298,072 £w. Hauptst. Besan^on.
Donceor (fr., spr. Dusöhr), Ti-inkgeld.
Douche (fi*., spr. Dusch), Bad, bei welchem
das Wasser aus einem Brausenkopf auf den
Körper niederströmt. Auch ein starker
Wasserstrahl wird beim Douchebad benutzt.
Doo6 (spr. Dueh), Stadt im franz. Depart.
Main-Loire, 3336 Ew., einst Residenz der
aqnitan. Könige (Palast König Dagoberts).
Douglas (spr, Dögläss), Hauptst. der Insel
Man im Irland. Meer, 9880 Ew.
Douze-le-va (fr., spr.Duhs-le-wa), im Faro-
spiel das ZwölfTache des nrsprüngl. Satzes.
DoTBy Beim: Wilh., ber. Physiker und
Meteorolog, geb. 6. Okt. 1803 zu Liegnitz,
seit 1829 Prof. an der Universität zu Berlin,
Mitglied der Akademie das., yardient bes.
um die Meteorologie, Atmosphärologie und
Klimatologie, stellte das Geseta der Drehung
der Winde auf. Hauptwerke; ,Meteoroiog.
Untersuchungen* (1837); ,Üeber die nicht
period. Aenderungen der Temi>eraturver-
theilung auf der Oberfläche der Erde* (1840
bis 1859, 6Thle.); »Temperaturtafeln* (1848) ;
,Monatsisothermen* (1850); (Verbreitung^ der
Wärme auf der Oberfläche der Erde, dar-
gestellt durch Isothermen und Isanomalen*
(1852); (Darstellung der Wärmeerscheinun-
gen durch fünftägige Mittel* (1856—63, 2
Bde.) ; ,Gesetz der Stürme* (2. Aufl. 1861) ;
,Die Witterungserscheinungeu des nördl.
Deutschlands 1858—63* (1864). Ausserdem
,Ueber Mas.s und Messen' (2. Aufl. 1835);
, Untersuchungen im Gebiet der Induktlons-
elektricität' ri843); ,Dai*steIlung der Farben-
lehre* (1853); ,Optische Studien* (1859) n. A.
Auf seine Veranlassung entstand in Berlin
das königl. meteorolog. Institut.
Dover (spr. Duhwer, das alte Duhri$), be-
festigte Seestadt in der engl. Grafach. Kent,
zwischen Kreidebei^eu an der Meerenge Von
Calais, 21,321 Ew.; Hafen innerhalb der
Stadt; ber. Seebäder; stark freqnentirter
Ueberfahrtsort nach Calais (4VaM. entfernt).
Unfern der Shakesp.earefe]seu (im ,König
Lear'). [Opium u. Ipecacuanha.
Doversehes FalTer, officiuelle Mischung: aus
Down (spr. Dann), Irland. Grafsch., Prov.
Ulster, 44 QM. und 299,866 Ew. Hauptst.
Downpatrick, 3085 Ew., sehr alt.
Doüie (lat.), in Kirchen das Gitter swi-
schen hohem Chor und Hauptschiff.
Doxologie (gr.), Lobpreisung Gottes, na-
mentl. der Schluss des Vaterunser.
Doxomanie (gr.), übermässige Ruhmsucht.
Doxosophie (gr.), Weisheitsdünkel.
Doxy (spr. -si), Iteinhart, Historiker, geb.
21. Febr. 1820 in Leyden, seit 1850 Prof. der
Geschichte das. Bes. um die Aufklärung
der span.-arab. Geschichte verdient. .Haupt-
werke: ,Historia Abbadidai>um* (1846 f., 2
Bde.); ,Recherches sur l'histoire politiquu
et litt6raire de l'Espagne* (2. Aufl. 18W);
Uebersetzungen histor. Werke der Araber.
Dracana L. (Drachenbaitm, Drachenpalme),
Pflanzengattung der Asphodeleen. D. dracu
L., in Ostindien, liefert Drachenbint. Ein
Exemplar auf Teneriffa hatte 45' Umfang
und sein Alter wurde auf mehrere tausenil
Jahre geschätzt. Zierpflanzen.
Drache (Flattereidechae, Draco L.) , Gat-
tung der Schuppeneidechsen mit Flughaut
und spitzem Kehlsack. Grüner D. (D. volans
L.), auf Java, lebt auf Bäumen von Insekten.
Drache, Sternbild am nördl. Himmel swi-
schea Copheus, Hercules und Lyra mit einem
Stern 2. Gr. und elf 3. Gr. Der Stei'n a
Draconis wnr vor ca. 4600 Jahren Polarstern.
Drachenbiut (Sanguis Draconis), dunk^-
rothbraunes geschmack- und geruchloaes
Harz , in Alkohol, Aether, Oelen und Alka-
lien löslich. Ostindisches D. aus den Früch-
ten von Calamus Draco Willd., amerika-
nisches oder westindisches D. aps der ver-
wundeten Binde von Pterocarpus Draco L,,
kanai'isches D. aus dem verwundeten Stamm
Drachenblutbaum — Drake.
526
Ton Dracaena Draoo X. Das D. dient zur
Bereitung yon Firnissen, zum Färben und
Poliren von HoIk u. Marmor, fruheif offlcinell.
Drachenblutbaum, s. Drcuäna und Ptero-
carpus,
Drachenf(Q)i8^ Bergkegel des Siebengebirgs,
bei Königs Winter am Rhein, 1473' b. (830'
üb. dem Bheiu), mit Burgruine und Denk-
mal zur Erinnerung an den 1818» 15 dort
organlsirten Landsturm.
Draehenkopf, s. Dracocephcdum.
Drachenkopf und Draehenschwanz, die
beiden Punkte der Mondbahn, in welchen
diese die Ekliptik durcli schneidet. Drachen-
bauch, der von der Ekliptik nördl. u. südl.
am weitesten entfernte Theil dieser Bahn.
Draeheninin, s. Oalla und Dracontium.
Drachme) altgrlech. Siibermünze, = i/«ooo
Talent, von ungleichem Werthe ; nengriech.
Siibermünze, = 7 Sg^. 3 Pf. Apothekeige-
wlcht, r= Vs Unze := 3 Skrupel.
DracOy Archen zu Athen, entwarf 620
V. Chr. neue Gesetze, die, wegen ihrer über-
triebenen Strenge nicht vollstreckbar, von
Solon (s. d.) durch neue ersetzt wurden.
Draeoeephalum L. (Dracherikopf), Pflan-
zengattuug der Labiaten. D. canariense L.,
CUronenkraut, auf den Kanareu, liefert das
kanarische Melissenkraut. D. moldavicum
L., türkische Melisse, in der Moldau, Türkei,
etc., liefert das Moldaudrachenkopfkrant.
Andere Arten als Zierpflanzen.
Dracontium L. (Drachenkravt, Draehen-
wttrz) , Pflauzengattung der Aroideen. D.
polyphyllnm X. in Südamerika und Japan
mit starker knolliger Wurzel, die in Japan
als Heilmittel dient und, kultivirt, auf den
Gesellschaftsinseln gegessen wird.
Draganty Dragunbeifuss, Estragon, s. v. a.
Artemisla Dracunculus L,
Dragee (fi:., spr. -scheh), überzuckerte
Samen (Anis, Fenchel, Koriander etc.); auch
Liqueurbonbons und bunter Streuzucker.
Dragdman (v. ital. dragomano , das y.
arab, teräschuman herkommt, im 14. und 15.
Jahrh. auch TruUdmann), Dolmetscher der
Pforte, durch welchen frtther die diplomat.
Verhandlungen der europ. Mächte mit dem
Divan vermittelt wurden.
Dragoner, leichte, mit Säbel und Karabi-
ner bewaffnete Kavallerie in allen Armeen,
nur in der franz. Armee Linienkavallerie;
im 16. Jahrh. Büchsenschützen zu Pferde,
als Infanterie und Kavallerie gebraucht.
Dragonniden , die von Lndwig XIV. von
Frankreich angeordnete Zwangsbekehrung
der Protestanten dnrch Dragoner.
Draguignan (spr. -ghinjaug), Hanptst. des
franz. Depart. Var, an der Pis, S)819 Ew.
Dragan, s. v. a. Estragon, s. Artemisia.
Draht, wird bes. ans Eisen, Stahl, Kupfer,
Zink, Blei und manchen Legirnngen her-
gestellt, und zwar indem man einen prisma-
tischen Metallstab dnrch eine Reihe von
aufeinanderfolgend cn, in iliror Weite suc-
cessive abnehmenden Löchern einer Stahl-
platte (Zielioisen) zieht und dadurch den
Qnerschuitt des Metallstnbes verringert.
Dicke Drähte werden auf Walzwerken her-
gestellt. UnrundcPrähtehoissen faconnirt.
Aeohter Golddraht Ist vergoldeter Silber-
draht, unächter oder leonischer ist vergol-
deter (resp. versilberter) Kupferdrabt. Zwi-
schen Walzen flach gedruckter D. heisst
Lahn. Drahtseile, gewöhnl. aus verzinktem
Eisendraht auf Seilspiunmasch inen mit sehr
gestreckten Windungen gedreht, dienen zur
Erzfördei-ung , zu Kraftübertragungen, un-
terseeischen Telegraphenleitungen etc.
Drahtbrficke, s. Brilcke.
Drahtgewebe, Qe webe aus Eisen-, Messing-
draht, wird auf Webstühlen in sehr verschie-
dener Feinheit hergestellt, dient zu Sieben,
Drahtsaiten, s. Saiten, [Gittern etc.
Drahtstifte, Nägel aus Draht, werden auf
Maschinen dargestellt, bei welchen sich der
Draht von einem Haspel abwickelt, ein
Hammer oder Stempel den Kopf des Stiftes
bildet und passend gestellte Messer den
Stift spitz abkneipen.
Drainage (Drainimng) , die unterirdische
J^nt Wässerung des Bodens durch Rohrlei-
tungen, hauptsächlich angewandtauf nassen,
kalten Aeckem mitundurchlassendem Unter-
grund. Die fnsslangen thönernen Röhren
werden Ende an Ende auf die Sohle eines
3^4' tiefen Grabens gelegt und die Stränge
in Thonboden ca. 20', in Sandboden bis 60'
von einander geführt. 100' Röhren erhalten
3" Gefälle. Das Wasser dringt dui'ch die
Fugen zwischen die Röhren und die Leitung
ein. Diese engen Saugdrains von IVs" Durch-
messer münden zuletzt in Sammeldrains von
2— 8" Durchmesser, durch welche das Wasser
in Gräben abfliesst. Die Wii'kung der D. be-
steht in vollständiger Regulii*ung des Feuch-
tigkeitsgehalts, Lüftung und Erwärmung der
Ackerkrume. DieD. stammt aus England und
wird seit 1850 in immer steigendem Grade
angewandt. Vgl. die Schriften von ^'(^khardt
(1852) und Vincent (4. Aufl. 1870).
Draisine, von Drais in Mannheim (f 1851)
konstruirter Wagen für die Strasse, welcher
vermittelst einer Kurbel Vorrichtung durch
die in ihm sitzende Person bewegt wird.
Häufiger in Anwendung ist eine ähnliche
D. für Eisenbahnen , mittelst welcher die
Betriebsingenieure ihre Strecken ohne
Dampfkraft schnell befahren können.
Drake (spr. Drelik), Sir Francis, her. engl.
Seemann, geb. 1545 zu Tavystock in Devon-
shire, focht seit 1567 gegen die Spanier,
machte Dec. 1577 bis Nov. 1579 eine Reise
um die Erde nach Westen, entaeckte Neu-
albion, nahm 1585 San Domingo, zerstörte
die span. Forts in Ostflorida und brachte
600,000 Pfd. St. Beute zurück; verbrannte
1587 im Hafen von Cadiz einen Theil der
span. Armada, segelte 1594 abermals nach
Westindicu; t ^- J&°* ^^^^ ^m Fieber.
Brachte die Kartoffeln nach Europa. Biogr
von Barrow (2. Aufl. 1861).
Drake, Friedrich, Bildhauer, geb«23. Juni
1805 zu Pyrmont, Schüler Ranclis, Prof. an
der Akademie zu Berlin; lieferte zahlr.
treffl. Statuen (Just. Moser in Osnabrück,
2 Kolossal Statuen Friedr. Wilhelms III. im
berl. Thiergarten und in Stettin, Ranch und
Schinkol in Berlin, Reiterstatue König Wil-
helms in Kpln 1867; Statuetten der Bi'udev
526
Drama — Dreieinigkeit.
Hnmboldt, Oo«theg etc.)) «ine Gmppe anf
der berliner Schlossbrücke, B&sten (Oken,
Bänke), i^enrehafte nnd mythol. Werke.
Drams (gr., d. i. Handlung), die dritte
und höchste der 8 Hanptgattungeu der
Poesie, deren Aufgabe darin besteht, ein
Ereigniss als eine eben sich zutragende,
vor unsem Augen sich entwickelnde Hand-
lung zur Anschauung zu bringen ; hat mit
dem Epos den Stoff (das objektive Ereig-
niss). mit der Lyrik die subjektive Sprache
(die Sprache unmittelbar aus den Stimmun*
gen und ans dem Charakter der bei dem
Ereigniss betheiligten Personen) gemein.
Haupt bestandth eile der dramat. Form: der
Monolog und der Dialog; die Verbindung
beitler geschieht in Abschnitten , die man
Auftritte (Soenen), und grössern, zusammen-
fassenderen Abschnitten, die man Aufzüge
(Akte) nennt; der letztern sind gewöhnlich
3 (oder 5), von denen der erste den Anfang
der Handlung oder die Exposition; der 2.
(oder 3.) die Mitte oder die Verwicklung, der
3. (oder 5.) das Ende der Handlung oder
die Entwicklung enthält. Gelegentlich hinzu-
kommende Bestandtbeile : der Prolog und
der Epilog. Untergattungen der dramat.
Poesie: das Trauerapiel (Tragödie), das
Lustspiel (Komödie) und das Schauapid (D.
im engern Sinn) , denen sich gleichsam als
Abarten die Posse, das Singspiel, das Melo-
drama, selbst die Oper und das Vaudevüle
anscliliesseu. Vgl. Freytag, ,Die Technik
des D.sS 1865. — Dramatisiren, einen Stoff
in der Form des D.s behandeln.
Drsmatargie (gr.), die Kunst, Dramen zu
dichten und aufzuführen, insbes. Drama'
turgik, die 'Wissenschaft der Regeln, nach
welchen ein Drama oder dessen Aufführung
beurtheilt werden soll. Daher Dramaturg,
Einer, welcher der Regie einer Buhne als
vom Standpunkt der Kunstwissenschaft aus
bernthend zur Seite steht.
Drambnrg, Kreisst. im preuss. Regbz.
Kösliri, an der Drage, 5223 Ew.
Dnunmen, Hafenstadt an der S&dküste
von Norwegen, an der Mündung der Drams-
tUf in den Dramtjfjord, 14,117 Ew.; Stapel-
platz für den norweg. Holzhandel.
Dran, Nebenfl. der Dran in Steiermark,
vom Bachei'gebii'ge, mündet zwischen Pettau
und Sauritsch ; 16 M. laug.
Dranglaiia (a. G.), asiat. Landsch., zum
Ferserreich gehörig, das jetzige Sedschestan.
Drap (fr., spr. Drä), Gewebe, Tuch.
Drapa, in der altnord. Poesie ein Qedicht
zu Ehren eines Gottes, Königs oder Helden.
Draperle (fr.), die malerische Anordnung
der (jrewänder und Stoffe.
Drastica (gr.), heftig wirkende Abführ-
mittel , bes. AloS , Koloquinten , Jalappa,
Scanimonium, Guniniigutti, Orotonöl.
Dran (Drave), Nebeufi. der Donau, entspr.
am toblacher Felde iu Tirol (Pusteithal),
dnrchfliesstKäruthen und Steiermark, dann
östl. auf der Grenze von Ungarn und Kroa-
tien, müudet unterhalb Essek; 83 M. lang.
Dravidavolker. die Hauptmasse der Be-
vÖlkeruuK des Dekan in Ostindien, von
den arischen Indiern nach Typus und Sprache
verschieden. Die dravüUschen (dekaniacben)
Sprachen gehören zu den sogen, inflektiren-
den (turanischen) Sprachen ; am wicht^steu
das Tamulische, Kanaresische , Malaba-
rische und das Tnluva. Tgl. Caldwett, ,Com-
parative grammar of the Dravddian fantily
of languages*, 1856.
Drawing-room (engl., spr. Driing^-ruhm),
in England Gesellschafts- und Empfangs-
zimmer. D. des Königs und der Königin,
das Lever, wobei die bei Hofe Torzustellen-
den Personen erscheinen.
Drechseln (Drehen), s. Drehhemk.
Drehbank 9 mechanische Yorrichtang zur
Bearbeitung eines rotirenden Arbeitsstücks
durch ein gegen dasselbe geführtes schnei-
dendes Werkzeug, welches mit der Hand
oder mit Hülfe des Supports gefuhrt wird.
Bei der Drehmaschine bewegt sich der Sup-
port mit dem Dreh stahl selbstthätis. Auf
der Passigdrehbank werden nichtrnnde
Gegenstände gedreht. Die D. dient aucU
zum Bohren und zur Darstellung der ge-
drückten Arbeit aus Blech.
Drehbasse, leichtes, nach allen Richtun-
gen hin bewegliches Seegeschüta auf einem
Schwanenhalse.
Drehkrankheit (Drehsueht, Traberkranl-
heit), durch Blasenwürmer (Goennms cere-
bralis) modificirte Gehirnwassersticht der
Schafe, äussert sich durch Betäabimg und
drehende oder sonstige unregelmässig^e Be-
wegungen, beföUt fast nur Jährlin$?e. Wird
verursacht durch Einwanderung reifer Glie-
der des Hundebandwnrms , welche auf der
Weide mit dem Futter aufgenommen werden
und sich Im Gehirn des Schafes entwickeln.
Prog^nose sehr ungünstig; in neuerer Zeit
wurde der Drehwurm häufig durch Operation
aus dem Gehirn entfernt.
Drehwage (Torsionswage), Instrument zur
Messung kleiner Kräfte, besteht ans dem
an einem Draht horizontal schwebend auf-
gehängten Balken , auf dessen Enden eine
Anziehung oder Abstossung (durch £lektri-
cität, Magnetismus) ausgeübt wird. Der
Balken dreht sich dann, bis die Torsion des
Drahtes der einwirkenden Kraft das Gleich-
gewicht Iiält. Die mit dem Drehnngswjnkel
proportional wachsende Torsion gibt ein
Mass für die einwirkende Kraft.
Drei 9 die erste ungerade Zahl nach der
Einheit, in philosoph. Systemen (Trias der
Thesis, Antithesis und Synthesis), sowie in
Religionssystemen (christl. Dreieinigkeit;
Brahma, Wischnn und Siwa der ind. Re-
ligion) bedeutsam hervortretend.
IdreichSrig, s. Chor.
Dreldecker^ die grössten Kriegsschiffe,
welche ausser dem Schiffsraum noch 3 be-
deckte Batterien haben.
Dreieck (Triangel), eine von 3 Linim
(Seiten) eingeschlossene Figur, nach der Be-
schaffenheit der Seiton entweder gleichseitig,
gleichschenkelig oder ungleichseitig, nach
der Beschaffenheit der Winkel recht-, sttimpf-
oder spitzwinkelig. D.e, deren Seiten Bögen
grösster Kugel kreise sind, heisaen sphärische
oder Kugeldreiecke.
Dreieinigkeit, s. Trinität,
l)reier -^ Breissigjähriger Krieg.
•527
Breier 9 Itupformünze in Preussen, = 3
Pfennige; silberne Scheidemünze in Däne-
mark, = ÖVa Schilling = 2 Sgl*. 5,8 Pf.
DreifaltigkeitsMome« s.v. a.Viola tricolor.
Dreifeldenfirthscharl; , Ackorbansy stem,
bei welchem das gesamnite Ackerland eines
Guts in drei Felder (Schläge oder Fluren)
abgetheilt wird, von denen eins brach
liegt (BracM eld) , das zweite mit Winter-
halmfracht, das dritte mit Sommerhalm-
frucht bestellt wird. Fmchtfolge demnach :
1) Brache (gedüngte oder reine), 2) "Winter-
getreide, 3) Sommergetreide. Bei der ie-
s&mtnerten oder verbesserten D. wird der
Brachschlag mit Klee, Kartoffeln, Rüben,
Hülsenfrüchten oder Handelsgewächsen an-
gebaut. Die D. wird bes. da beibehalten,
wo Servituten, wie Weidegorechtigkeiten,
Brachzwaug- etc. noch bestehen.
DreifiDSS (gr., Tripus), symbol. Geräth des
griech. Alterthums, Symbol göttlicher Weis-
heit. Berühmt der delphische D. der Fythia.
Dreigestrichene Oktave, die fünfte Oktave
unseres Tonsystems (die dritte des Diskants).
Dreihermspltz , Alpenstock der hohen
Tauern in Tirol, 10,743' hoch.
Dreiklang 5 ein aus 3 Tönen bestehender
Akkord, iusbes. die Verbindung eines Grund-
tons mit seiner Terz und Quinte.
Drei Konige, in der christl. Legende die
Magier (Weisen aus dem Morgenlande), die
nach Matth. 2, 1 f. ^us Arabien nach Beth-
lehem kamen, um dem neugeborenen Mes-
sias ihre Verehrunft zu bezeigen, Melchior,
Kaspar und Balthasar genannt; ihr Fest das
Epiphauienfest (Fest der heil, drei K.).
Dreikonigsbündniss, das 26. Mai 1849
zwischen Preussen, Hannover und Sachsen
7.nr Wiederherstellung der Ordnung in
Deutschland und zur Entwicklung der deut-
schen Verfassung geschlossene Bündniss.
Dreimaster, grosses Schiff mit 3 Masten.
Dreirnderer, s. THere.
Dreischlitz, s. Triglyph,
Dreissigacker, Doi-f bei Meiningen ; einst
Sitz einer vielbesuchten Forst- und Jagd-
akademie (1800 gegr.), bes. unter Math.
Sechsteln (s. d.) blühend ; 1813 aufgehoben.
Dreissigjahriger Krieg, der von 1618 bis
1648 dauernde Kriegszustand in Deutsch-
land, hervorgerufen zunächst durch kon-
fessionellen Hader, in die Länge gezogen
durch öfteren Wechsel der streitenden
Parteien und insbes. durch die Einmischung
fremder Mäclite. XlrateJPeriode: BUhmUcher
Krieg (1618 — 20). Die Verletzung des von
Kudolf IL den Böhmen bewilligten Majestäts-
briefs durch Kaiser Matthias führt in Prag
zum Aufstand (23. Mai 1618) und zur Erhe-
bung Friedrichs V. von der Pfalz auf den
böhm. Königsthron ; der Sieg des mit Maxi-
Tnilian von Bayern und der kathol. Ligne
verbündeten Kaisers Ferdinand U. auf dem
toeiaten Berge hei Prag (8. Nov. 1620) hat
den Sturz Friedrichs V. und gewaltsame
kathol. Reaktion für Böhmen zur Folge.
Zweite l*eriode: PfäUtischer Krieg (1621-
1624). J^rnst von 3fansfeld siegt als Ver-
fechter der pfälzisch - böhm. Sache über
TiUy bei Wiesloch (27. Aprü 1622) und
brandschatzt die kathol. SÜilter in Franken,
im Elsass und am Rhein. Zu ihm gesellt
sich Markgraf Friedrich von Baden, der
aber bei Wimpfen (6. Mai 1622) von Tilly
geschlagen wird. An seine Stelle tritt Her-
zog Giristian von Braunschweig , der Tilly
gegenüber bei Höchst (19. Juni 1622) und,
nachdem er sich mit Mansfeld nach Holland
gewandt, bei Stadt -Loo (26. Juli 1H23) im
Münsterschen unterliegt. Dritte Periode:
Dänisch - niedersächs. Krieg (1624 — 30). Da
Tilly den Norden Deutschlands bedroht,
erhebt sich Christian IV» von Dänemark
au der Spitze der Stände des niedersächs.
Kreises gegen den Kaiser und die Ligue,
wird aber von Tilly bei Lutter am Baren-
berge (27. Aug. 1626) völlig geschlafen,
worauf der Sieger <ieu ganzen niedersächs.
Kreis besetzt. Wallenstein, der inzwischen
als kaiserlicher Feldherr mit einem von
ihm für den Kaiser geworbenen Heere
Mansfeld bei Dessau (25. Aug. 1626) ge-
schlagen und nach Ungarn verfolgt hat,
erobert Mecklenburg, dringt in Jütland ein,
belagert Stralsund (Mai bis Juli 1628) ver-
gebens und schliesst (22. Mai 1629) zu Lü-
beck Frieden mit Christian IV. Der Kaiser,
durch Wallensteins Siege unumschränkter
Gebieter in Deutschland, erlässt das Besti-
tutionsedikt (6. März 1629), wonach alle seit
dem Vertrag von Passau (i&52) von den
Protestanten eingezogenen Stiftern. Kirchen-
güter den Katholiken zurückgegeben und
die Reformirten vom Religionsfrieden aus-
geschlossen werden sollen. Die bisherigen
Verbündeten des Kaisers, voran die Liga
und Bayern, über das polit. Uebergewicht
des Kaisers besorgt und durch Wallensteins
gewaltthätige Kriegführung beunruhigt,
setzen auf dem Kurfürstentage zu Regeus-
burg (Ende Juni 1630) Wallensteins Ent-
lassung und die Verminderung des kaiserl.
Heeres durch. Vierte Periode: Schwedischer
Krieg (1630-32). Gustav Adolf von Schwe-
den landet (4. Juli 1630) mit 15,000 Schweden
auf der Insel Usedom, besetzt Pommern und
verbindet sich mit Hessen-Kassel und Sach-
sen-Weimar und zu Bärwalde (13. Jan.) mit
Frankreich, das ihm Subsidiengelder und
Truppen zu stellen verheisst. Durch den
leipziger Bund zwischen Brandenburg und
Knrsachsen aufgehalten, vermag er nicht,
Magdeburg zu retten, welches von Tilly (20.
[lO.J Mai 1631) erstürmt wird. Mit Sachsen
und Brandenburg im Bunde gewinnt er
bei Breitenfeld (17. [7.] Sept. 1631) über
Tilly einen glänzenden Sieg, zieht darauf
durch Thüringen und Franken nach Süd-
deutschland, während die Sachsen in Böh-
men eindringen, erzwingt den Uebergang
über den Lech und zieht (17. Mai 1632) in
München ein. Wallenstein, vom Kaiser
wieder zum Oberfeldherrn berufen und mit
unumschränkter Macht ausgestattet, ver-
treibt mit schnell geworbenem Heere die
Sachsen aus Böhmen, wendet sich gegen
Nürnberg, wo er 3 Monate in einem ver-
schanzten Lager Gustav Adolf gegenüber-
steht, dann nach Sachsen, wohin ihm
letzterer folgt, aber bei Lützen (16. [6.] Nov.
628-
Dreizack — Drex^.
1032) fallt I worauf die Schweden unter
Bernhard von Weimar das Schlachtfeld be«
haupten. Fünfte Periode: Srthwediaeh-franz.
KrUg (1632—48). Der achwed. Reichskanz-
ler Axel Oxenstiema, vom schwed. Reichs-
tag» zum Legaten in Deutschland ernannt,
schliosst mit dem fränk., Schwab, u. rhein.
Kreise den heilbrouner Bund. Anfang der
franz. Umtriebe. Die Herzöge Bernhard
von Weimar und Georg von Braunschweig-
Lüneburg Oberbefehlshaber der Kriegs-
macht; jener operirt in Bayern, dieser in
Niederdeutschland. Wallenstein knüpft mit
Sachsen und Frankreich Unterhandlungen
zum Zweck des Abfalls und der Kooperation
an, wird aber zu Eger (25. [15.] Febr. 1634)
ermordet. Bernhard von Weimar wird Itei
Nördliugen (6. Sept. 1634) von dem kaiserl.
Heere unter Gallas geschlagen, worauf der
Kurf&rst von Sachsen zu Prag (10. Mai 1635)
mit dem Kaiser Separatfrieden schliesst,
welchem auch Brandenburg und die meisten
anderen Protestant. Fürsten nach und nach
beilTeteu. Bau6r schlägt die mit den Kaiser-
lichen unter Hatzfeld vereinigten Sachsen
bei Wittstock (4. Okt. 1636); Bernhard von
Weimar, durch deu Vertrag von St.-Germain-
eu-Laye Befehlshaber der franz. Armee,
die Ka*iserlichen bei Kheinfelden (3. März
1638) und erobert (19. Dec.) Breisach, das
aber nach seinem plötzlichen Tode (18. Juli
1639) mit seinem Heere Frankreich anheim-
ßllt. Ban6rs Nachfolger im Oberbefehl,
Torstenson, schlägt die Kaiserlichen bei
Breitenfiild (2. Nov. 1642), wendet sich dann
gegen deu mit dem Kaiser verbündeten
Christian IV. von Dänemark, den er zur
Flucht uiich den Inseln uöthigt, schlägt bei
Jaukow (6. März 1645) die Kaiserlichen unter
Hatzfeld untl Götz, bedroht Wien und zwingt
den JJlurfursteu von Sachsen (Sept. 1645) zum
Rücktritt vom prager Frieden. Nach dem
Sieg über die Kaiserlichen unter Mercj' bei
Allersheim (3. Aug. 1645) dringt das schwe-
disch-franz. Heer im Spätsommer 1646 durch
Schwaben nach Bayern vor und nöthigt den
Kurfürsten von Bayern zum Waffe u still stand
von Ulm (14. März 1647). Die Kaiserlichen
werden unter Melander von Turenne und
Wrangel bei Zusmarshauseu unweit Augs-
burg (17. Mai 1648) geschlagen. Der in-
zwischen in Böhmen eiugedrungene schwed.
General Königsmark nimmt durch Ueberfall
die Kleinseite von Prag , wird aber an
weiteren Fortschritten dArch Abschluss
des westphäl. Friedens (s. d.) gehindert. —
Die Geschichte des dreissigjähr. Kriegs be-
handelten Schiller (fortges. von Woltmann,
1808-9, 2 Bde.), Menzel (1835 — 39, 3 Bde.),
Flathe (1840-41, 4 Bde.), Sohl (1840-43,
3 Bde.), Barthold (1842-43, 2 Bde.) und Gin-
dely (1869 f.). Vgl. Heilmann, ,Ueber das
Kriegswesen im dreissigjähr. Kriege*, 1851;
Hanser, , Deutschland nach dem d.n K.', 1862.
Dreizack^ Stab mit S kurzen Zinken mit
Doppel liaken an den Spitzen, Symbol der
HeiTschaft Neptuns tll)er das Meer.
Drell (Drillich, Zwillich), geköperte und
einfach gemusterte leinene Gewebe. Nach
Feinheit uud Beschaffenheit unterscheidet
man SackzwlUlch, Bettdrell, Atlasdrell (Lei-
nenailas), Hosondrell, Ttsohdrell. £s gibt
such halbleinenen und baumwollenen D.
Drentke, hoU&nd. Prov., 48,4 QM. und
(1868) 107,597 Ew., meist aus grossen Veenen.
Toi-fmooren (burtanger Moor) und Sümpfen
bestehend. Hauptst. Meppel.
Dreschmaschine, landwirthschaftl. Ma-
schine, bei welcher die schnell rotirenden
Aehren so kräftig gegen eine feste Wand
schlagen, dass die Körner abgelöst werden.
Das Getreide wird der Länge nach (Lang-
dreschmaschine) oder quer (Breftdresch-
maschine) eingeführt. Die kombinirten D.u
besitzen einen Reinignugsapparat und liefern
das Korn marktfertig, Stroh uud Spreu ge-
sondert. Die einfache D. wird oft durch
Göpel, die kombinirte durch Dampfbetrieben.
Dresden, Haupt- und Residenzstadt des
Königr. Sachsen, au beiden Ufern der £Ib«
(darüber 2 Brücken : die alte Angiustas- und
die grossartige Eisenbahn- od. Marienbrncke),
156,024 Ew. ; besteht aus Altstadt (HaaptTbeir>
und der Friedrichstadt am linken, und Neu-
stadt und Autonstadt am rechten filbufer.
Gebäude: das formlose königl. Resideuz-
schloss mit dem grünen Gewölbe (Sammlung
von Schmuck- und Kunstarbeiteu ) ; der
Zwinger (mit naturhistor. u. histor. Musenni
und Sammlung mathemat. und physlkal. In-
strumente); das Museum (mit der ber. Ge-
mäldegallerie , Kupferstich- und Oypsab-
güssesammlung); das Japan. Palais mit An-
tikeukablnet (Ängusteum), königl. Bibliothek
(305,000 Bde.), Müuzkabinet und Porzellan-
sammlung; die Frauenkirche, kathol. Hof-
kirche, Kreuzkirche, Sophieukfrche, neue
Synagoge; die brühlsche Terrasse vor dem
brüll Ischen Palais (Hauptprom ouade); Zeug-
haus und Orangeriebans. Anstalten: Aka-
demie der bildenden Künste, 2 Gyninasien,
(Kreuzschulo), 2 Seminarien, polytechnische.
Real-, Handels-, Kadetten-, Thierarznei-
schule; zahlr. gelehrte Vereine, zieml. leb-
hafte Industrie und durch die freie Elb-
schifffahrt uud 5 Bahnhöfe reger Verkehr.
— Der ältere Stadttheil ist Sorbenkolonie,
bereits 1206 erwähnt. Seit 1485 Residenz der
albertin. Linie; 1539 Einführung der Refor-
mation durch Heinrich den Frommen. Ver-
scliönerung der Stadt bes. unter August 11.
und August ni. — Der dresdner Friede, 26.
Dec. 1745, beendete den österr. Erbfolge-
krieg. Seit Mitte Aug. 1813 Mittelpunkt der
Operationen der franz. Armee, ward D. 26.
und 27. Aug. von den Allilrten liombardirt;
vom 17. Nov. 1813 bis 8. Nov. 1814 hier russ.
Gouvernementalregieining. 3. — 9. Mai 1849
Barrikadenkampf. Die dresdner Konferenten,
23. Dec 1850 bis 15. Mai 1851, revidirten die
deutsche Bundesakte. Vgl. GottschaVt, ,D.
und seine Umgebungen*, 10. Aufl. 1866;
Klemm t ,Ohronik von D.*, 1847; Lindau,
.Gesohichto der Stadt D.*, 2. Aufl. 1863, 2 Bde.
Dressiren (fr.) , abrichten. Dressur , Ab-
richtung bes. von Pferden, Hunden etc.
Dressoir (fr., spr. -soahr), gewöhnl. J^re«-
sor. Schenk-, Anrichtetisch.
Dreax (spr. Dröh), Stadt im frans. Depart.
Euro-Loir, an der Eure, 72S7 Ew. ; Sclilos«
Drewenz — Droste-Hühhoff.
529
mit Grabkapelle des Hauses Orions (voa
der Mutter Ludw. Philipps gegrUudet). 17.
Nor, 1870 von Gfreneral v. Treskow nach
heftigem Oefechte besetzt.
Drewens^ Nebenfluss der Weichsel in der
Prov. Preussen, darchfliesst den Drewenuee
(3 M. ].), m&ndet oberhalb Thom; 34 M.
Breyscbock, Alex., Planist, geb. 15. Okt.
1818 BU Zack in Böhmen, Schüler Toma-
scheks in Prag, machte seit 1838 wieder-
holte Kunstreisen mit grossem Ei'folg; seit
1866 Direktor des Konsenratoriums au Peters»
barg; f 1. April 1869 zn Venedig. Zahlr.
meist brillante Klavlerkompositionen, a. B.
Variationen eu ,6od saye the Queen*. —
Sein Bruder Baymund, geb. 1884, f 6. Febr.
1869, trefn. Gelger.
Drejrse, Joh. Nik. von, Erfinder des Zünd-
nadelgewehrs, geb. 22. Nov. 1787 in Söm-
merda bei Erftirt, arbeitete 1809—14 in der
kalserl. Gewehrfabrik zu Paris, gründete,
heimgekehrt, eine Eisenwaarenfabrik , trat
1828 mit seinem Hinterlader hervor, der in
einer von D. geleiteten Staatswerkstätte
angefertigt wurde. Nach 1866 wollte D. das
preuss. Gewehr noch verbessern, t aber
9. Deo. 1867 in Sömmerda. Vgl. ,D. und die
Gesch. des preuss. ZündnadelgewehrsS 1866.
Driburg, Stadt im preuss. Regbz. Minden,
Kr. Höxter, an der Aa, 2094 Ew.; erdig-
salin. Minexvlquellen und Schwefelschlamm-
bäder. Rifine der Veste Ibnrg.
Drill, s. V. a. Drell.
Drillen, herumdrehen, früher Strafe, wo-
bei der Delinquent im Drillhätuehen (dreh-
barer K&fig) öffentlich ausgestellt wurde.
Beim Militär Einüben der Rekruten. Im
Seewesen ein Schiff über seichte Stellen
oder durch schlammiges Wasser bringen.
In der Landwlrthschaft Säen des Getreides
in Reihen, vortheilhait durch kräftige Aus-
bildung der Pflanzen und gute Reinigung
des Bodens; wird meist mit Match ine (Drill-
maschine, 8. Säemaaehine) ausgeführt.
DrllUch, 8. DreU.
DrlUinge. drei gleichzeitig sich ent-
wickelnde Embryonen, gelangen beim Meu-
sclien selten zu vollkommener Ausbildung.
Anf 6—7000 einfache kommt eine Drillings-
Drlllknltvr. s. Dri{I«n. fgebnrt.
Drin (Drilo), Küstenfluss In Oberalbanien,
entsteht aus dem weissen und eehwarten D.
(ans dem See Oehrida) ; 35 M. laug.
Drinft, Neben flnss der Save, entspringt in
Montenegro, bildet die Grenze von Bosnien
und Serbien; 89 M. lang.
Drogheda (spr. Drogldä), Seestadt in
flor irischen Prov. Leinster, Grafsch. Louth,
nahe der Mündung des Boyne in die D,bai,
14,780 Ew.; gr. und besuchter Hafen. 1690
;SieaWilhelmsin.fiberdleIriänder(Obelisk).
Drofnen (Drogueriewaaren) , rohe oder
halbznbereitete Produkte der 8 Naturreiche',
welche der Apotheker braucht. Droguitt,
Inhaber einer Droguenhandlnng
DrohMB, männliche Bienen, s. BUutn.
Droliobitseli, Handelsstadt in Ostgalizien,
am Tisminica, 16,881 Ew.; gr. Saline.
Droit (fr., spr. drSah), Re«h^; im Handels-
vrcsen ■. v. a. Abgabe für Ein • und Ausfnlir.*
Meyera Hand' Lexikon.
Droitwleh (spr. -tuitsch), Stadt in der
engl. Grafsch. Worcester, am Salwarp, 3124
Ew.; seit früher Zeit durch seine Salz-
quellen (Wiclies) berühmt.
Drdnie, Nebenfl. der Rhone im südöstl.
Frankreich, kommt von den Alpen der
Dauphin4, fliesst westl. durch ein pittoreskes
Thal, mündet 2 M. von Valence; 13 M. lang.
Danach benannt das Depart. D., Theil der
Dauphin 6, 118,4 QM. u. 324,231 Ew. Haupt-
Dromedar, s. Kamel. [stadt Valence.
Dronte (Didus L.) , Gattung der Lauf-
vögel. Bodo, Dudu (D. ineptus L.) auf Isle
de France und Mads^skar, grösser als der
Schwan, Im 16. und 17. Jahrli. massenhaft
vorhanden. Jetzt ausgestorben. Ebenso der
Binaiedler, Solitär CD. Solitarius Lath.) anf
Bonrbon, von der Grösse einer Gans.
Drontheim (dän. Tronditjem), befestigte
Hauptst. des norwegischen Stifts D. (Ü19
QM. und ri865j 256,529 Ew.), am Einflnsse
des Nid Elf in den Fjord von D., 19,287 Ew.,
Hafen, ber. Dom (schönste Kirche Skandi-
naviens), lebhafter Handel. Aelteste Stadt
des Landes, 997 gegründet; 11. und 12. Jahrb.
Residenz der norweg. Könige.
Drosera X. (Sonnenthau), Pflanzengattung
der Droseraceen. D. rotnndlfolia X. auf
Torfmooren in Nord- n. Mitteleuropa, früher
als Sonnen-Oder OhrlSffelkraut, JungfernbliUhe
(Herba Rons solis) ofßcinell; Bestandtlieil
der ital. Liqueure Rosoglio. [Thau,
DrOflOmSter (Drososkop) , Thaumesaer, s.
Drossel (Turdus L.), Vogelgattuug der
Pfriemenschnäbler. Schwarsdrotael, Schwarz-
amsel, Merle (T. mernla L.) , 9i/a — 10", in
Europa, März bis Okt. in Deutschland. Ring-,
Schild- oder Meeramsel, Sehneedrossel (T.
torquatus L.), lOVs", im Norden und in den
Alpen, im Sept. bei uns, mit schmackhaftem
Fleisch. Misteldrossel, Ziemer, Sehnarre (T.
viscivorus L.), 11", fast das ganze Jahr bei
uns, frisst Mistelsamen und verbreitet die
Mistel. Waehholderdrouel, gr. Krammetsvogel
(T. pilaris L.), 10", als Zugvogel im Winter
bei uns, u. Singdrossel, Zippe, Oraudrostel (T.
musicus L.), 8", mit schmackhaftem Fleisch.
Heidedrossel (T. illacus L.), 8*V', zieht wie die
vorige im Herbst durch Deutschland nach S.
Drosselndem (Drosselvenen, venae Jugu-
lares), grosse, am Hals verlaufende Venen,
deren innere das Blut aus dem Schädel,
die änssere das aus den äusseren Kopf-
theilen nach dem Herzen führt. In ihnen
entsteht bei Blntarmuth das Nonnen-
geränsch ; Druck (Drosselung) bewirkt Blut-
stauung im Gehirn; Verletzung gefährlich
wegen Verblutung und Lufteindringen.
Drosseii, Stadt im preuss. Regbz. Frank-
furt, Kr. Sternberg, an der Lenze, 53d4£w.
Drost, ehedem in Niedersachsen Verwalter
einer Vogtei; auch Titel für Adlige. Land-
droBt, lu Hannover seit 1822 Titel der Präsiden-
ten der Regiprungsbezirke ( Landdrosteien).
Droste-llulshoff, Annate I^isabeth, Freiin
von, Dichterin, geb. 12. Jan. 1798 anf Hüls-
hoff bei Münster, f 24. Mai 1843 zu Mörs-
dojrf am Bodensee. Ein ungemein kräftiges
Talent, bes. in der Ballade und poet. Er-
zählung ausgezeichnet. ,Gedichte* (1814) und
S4
53Ö
l)ro8te zu Viscilering — tJnueiL
die posthnmen Werk« ,Da9 geixtl. Jahr* (2.
Aufl. 1»57) und »Letzte Gmben' (2. Aufl. 1870).
Vel. Schücking, ,A. von D.*, 1861.
vrotte m Yisclierbig, CUmenM August,
Freiherr von, geb. 22. Jen. 1773 %u Yorhelm
npweit Münster, seit 1835 Erzbischof Ton
Köln, sttspendirte die Professoren Achter-
feldt und Brann wegen hermesscher Leh-
ren vom Seelsni^ranite, forderte zor kathol.
Tr«nnitg das Versprechen katholischer Kin-
dererziehung, ward Not. 1837 nach Minden
abgeführt, lebte seit 1841 in Münster; t <**>•
19. Oi(t. 1845.
DroBjii de l'Hiiyt (spr. Dmhn dö lüh),
Edouard, franz. Staatsmann , geb. 19. Nov.
1»05 za Melnn, war 1848 Mitglied der Con-
stituante und Legislative, in dem ersten
Kabinet des Präsidenten Lndwig Kapoleon
Bliuister des Auswärtigen, seit Juni 1849 Ge-
sandter in London, 10.— 24. Jan. 1851 wieder
Minister des Auswärtigen , half als solcher
den Staatsstreich vom 2. Dec, vorbereiten,
betbeiligte sich dann an der Konsultativ-
kommission und ward Senator. Juli 1852
bis Mai 1855 zum dritten und Okt. 1862 bis
Aug. 1866 zum vierten Male Minister des
Auswärtigen. Sehr. ,Histoire diplomatique
da la crise Orientale etc' (1858).
Droyseiiy Joh. Gust., Gescliichtschreiber,
geb. 6. Juli 1808 zu Treptow in Pommern,
ward l&i5 Prof. an der Universität zu Ber-
lin, 1840 in Kiel, 1848 von der provisor.
Regierung der Elbherzogthümer als Ver-
trauensmann nach Frankfurt gesandt, später
Mitglied des Parlaments das., Schriftführer
des Verfnssiiiigsausschasses, 1851 Prof. zu
Jena, 1859 wieder zu Berlin. Sehr. ,Gesch.
Alezanders d. Gr.' (1837); ,Gesch. des Helle-
nismus' (1836 — 43, 2 Bde.); .Vorlesungen
über die Gesch. der Freiheitskriege' (1846,
2 Bde.); ,Leben des Feldmarschalls Grafen
York von Wartenburg' (4. Aufl. 1863, 2 Bde.) ;
,Aktenniässige Gesch. der däu. Politik' (mit
SamweriSöO) ; ,Gesch. der preuss. Politik' (Bd.
1— lü, 1855— 70)u. A. Uebers. von Aeschylus
(3. Aufl. 1868) n. Aristophanes (2. Aufl. 1869).
Droymig • Dorf im preuss. Regbz. Merse-
burg, Kr. Weissenfeis, an der Elster, 1436
Ew., L»lirerinnenseminar.
Druden (DnUen), in der deutschen My-
thologie weibliche Mittelwesen zwischen
Göttern u. Menschen, in Wäldern, auf Ber-
gen etc., belästigen Menschen u. Hansthiere.
DradenfluSB (Dmtenfme, Pentagon, Penta-
grumm , in der Heraldik Pentalpha). drei-
faches, aus 5 Linien bestehendes Dreieck
(i^), mystisches Zeichen, schon bei den
Pythagoräern, Gnostikern etc. vorkommend,
hauflg auf griech. Münzen, im Mittelalter
bei Zauberformeln gebraucht, als vermeint-
liches Schutzmittel gegen Druden an Tliür-
schwelleu, Viehställen etc. angebracht.
Dmdenniehl^ s. v. a. Lyeopodium.
Drüsen (Glandulae) , Organe , welche
Flüssigkeiten absondern, die theils als Aus-
wnrfsstoffe aus dem Körper entfernt werden
(Exkrete, wie Harn), theils zn bestimmter
Verwendung im Körper kommen (Sekrete),
bestehen meist aus eigenthümlich augeord-
neten Zelleuhaufeu , zwischen denen fein«
Blutgellasnetse verlanfenfUnd lind «nHreder
oAjse Änefükrwngegäng* , wie die LympAidrü-
sen, die Milz, Thymnsdröse, die Hamdeln,
die Schiiddräse, der Eierstock, oder mit Jut-
fuhrungsgang, d. h. mit einer r&hrenformigtqi,
auf eine Haut mündenden OeflTnang, «ind awar
einfsche SeMläuche, wie die Schwelaa-, Ma-
§en- und Darmdrüsen. Zusammwogeaetzte
chlanchdrnsen sind die Nieren, Hoden nnd
die Leber; traubenförmige D., d. h. mehr-
f-ich ansgesweigte Schläuche, die Schleim-,
Thränen-, Eichel- nnd Milchdr&sen. Im ge-
wöhnlichen Leben versteht man unter D.
die Lymphdrüsen (s. d.) , bes. des Halses.
Blutdrüsen: Milz, Nebennieren, Schild-
drüse. — Die Absonderung der D. hängt ab
vom Blutdruck und von Nerveneinflössen.
Dmiden» die Priester der Gelten im alten
Gallien. [KnaOga».
Dnunmondsehes Lieht, Siderallicht, s.
Dmrjlnne (spr. -lehn), das alUste Thea-
ter in London, an Brydges Street, für das
höhere Schauspiel (bes. Shakespeare). Das
Jetzige Gebäude (das 4. an der Stelle) wurde
1812 v.Wyatt erbaut, Raum für 3500 Personen.
Dmse (KryttaUdruae), Aggcegttt Tieler
ohne bestimmte Anordnung nebeueinander
gebildeten Kry stalle, deren Stützpunkte auf
der ganzen gemeinschafU. Unterlage ver-
theilt sind. D.n in einem sphärol'dischen
Hohlraum heissen Oeoden,
hruM(DriUen, FüUendruae), katarrhalisch-
lymphatische Krankheit des Pferdes, bes.
1- und 2jähr. Fällen, besteht in starker
Anschwellung der Kehlgangsdrüsen, wobei
entweder nach einigen Tagen die G^chwnlst
wie ein Abscesi reift und nach dessen
Oefltaung Heilung eintritt (gutartige D.\
oder die Geschwulst ohne Eiterung lange
anhält nnd die Krankheit, wenn nicht
Genesung erfolgt, zuletzt in Rots übergeht
(bösartige D.). Ansteckend.
Dmsen, Völkerschaft auf dem südl. Li-
banon und Antillbanon, in der Breite von
Beirut und Tyrus, theils allein, theils ge-
meinsam mit den Maroniten wohnend,
etwa 30,000 Köpfe stark. Ihre Sprache die
arabische; ihre eigenthüml. dunkle und
geheimgehaltene Religion ein Gemisch von
Christi., jüd. nnd mohammedan. Lehren,
beruhend auf dem Glauben an die Einheit
und Menschwerdung Gtottes. Gebete, Fasten,
Feste, Verbote kenneu sie nicht. Unab-
hängig, stets kampfbereit und mit fanat.
Hasse gegen Andersgläubige erfüllt; ilire
Regierungsform halb patriarchalisch, halb
feudalistisch. Seit 1840 Zwiespalt swiachen
ilinen nnd den (christl.) Maroniten, der sich
bis zn blutigen Metzeleien (Mai bis Okt. 1860)
steigerte. Infolge dessen ward, statt der bis-
herigen eigenen Emirs, 1861 ein christl.
Gouverneur (residirt zu Schweifat bei Beirut)
über sie gesetzt. Früherer Hanptort Beir-
el- Kamer. Vgl. 8glv. de 8aey, ,Expos6 de
la religion des Druses', 1828; Ooemarron,
,The Druses of tho Libanon', 1860.
Drusen, Trestern vom Keltern des Weins
oder Obstes; DmeenSl, s. Pdargoneäure ;
Drusenechwart , verkohlte Drusen, dient zur
Bereitung von Knpferdruckerschw&rzc.
Drushina — Dschirdscheh.
631
Brntliltt*) früher Leibwache der mss.
GrnsBfürsttiu ; überhaupt s. v. a. Heerscliaar.
Brusus, Nero GtutdiuB, Sohn des Tibe-
rius Claudius Nero und der Livia, Jüngerer
Bruder des Kaisers Tiberius, geb. 88 y. Chr.,
unterwarf IS v. Chr. Rhätien, drang in 3
Feidsugen (12—9 t. Chr.) vom Rhein her
tief iu Germanien ein, zuletzfc bis zur Elbe ;
f auf dem Rückzüge infolge eines Sturzes.
Dryaden (Hamadryaden, gr. Myth.), Baum-
nympheu , die Sohutzgöttinnen der Bäume,
mit diesen lebend und sterbend.
Dryburgh-A.bte!, alte Abtei in der schott.
GrHfachaft Berwick; Orabmal Walter Scotts.
Drydeii (spr. Dreid'n), John, engl. Dichter,
geb. ». Aug. 1631 zu Aldwincle in North-
amptonshire, f l. Mai 1701 zu London.
Vertreter der schnlgerechteu Glätte und
Korrektheit; sehr, beissende Satiren auf die
"Whigpartei (z. B. ,Ab8alou und Ahitophel',
1681), ,Fables ancient and modern* (1700,
darunter die von Händel komponirte Ode
das , Alezanderfest*), ,£8say on dramatic
poesy* ; Uebersetzung von Virgil u. A. Werke
herausg. von W. 8coU (1818, 18 Bde.).
Bryotelaiiops Qärtn. ßl. (FlügeUichel,
Kcmpherölbaum) , Pflanzengattung der Dip-
terokarpeen. D. Camphora Colebrooke,
grosser Baum auf der Nordwestküste Sn-
matras und auf Bomeo, liefert den Bomoo-
oder Sumatrakampher.
DBChagarnath (engl. Juggurnaut, Furt),
Stadt iu der brit.-ostind. Präsid. Bengalen,
Landsch. Orissa, am Meere, 29,700 Ew.;
Hauptwal Ifahrtrtort der Inder, mit dem
heiligsten Tempel des Wischnu.
Dschagatai, zweiter Sohn Dschingis-
Kbans, erhielt nach dessen Tode die Län-
der der Uiguren, die kleine und grosse
Bncharei , die Gegenden am Flusse 111 und
zwisclien dem Dschihon und Sihon (Oxns
und Jaxartes), auf welches Länderjerebiet,
Tvie auf die ovttürk. Mundart der Uiguren
der Nnme D. übertragen ward; t i^O.
DscfaaggRy paradiesische Gebirgslandschaft
in OtftKfrika, nuter S« s. Br., mit dem Kili-
mandscharo (s. d.) ; von Rebmann entdeckt,
später V. Erapf, v.d. Decken u. And. besucht.
Die Ew. schön, kräftig u. begabt; flcissige
Ackerbauer und Viohzüchter. [Städten.
Dschami^ Hauptmoschee iu mohammedan.
Dschaml, Mewlana, pers. Dichter, g^b.
1414, t 1492. Die letzte bedeutende Er-
scheinung aus der Bluthezeit der pers.
Poesie. Am hervorragendsten die epischen
Gedichte: ,Jnsstif und Snieika* (deutsch
von Jiotennoeig 1824) u. ,LeiIa u. Medschnnn*
(deutsch von Hartmann 1807); ,Bohari.stan*
(, Krühlingi'garten*, deutsch von Sehlechta-
We$8ehrd 1846). Lieder aus D.s ,Divaii*
übers, von Wiekerhausen 1855.
Dschamna (Jumna) , rechter Nobenfl. des
Ganges, entspr. am Himalaya westl. vom
Ganges, fliesst mit diesem parallel durcli
die Prov. Delhi und Agra, mündet, durch
zahlreiche Zuflüsse ans dem Viudhyagebirgo
verstärkt, bei Allahabad so wasserreich als
der Ganges; 191 M. 1. Zwischen beiden
da« Zweistromland (Duab).
]>tcli«tl, aahlr. Volk in Ostindien, bes.
im NW. die überwiegende Bevölkerung bil-
dend (im Peudschab 3 Mill.); dunkelfarbig,
ansässig und ackerbauend; auch in Gewer-
ben geschickt;, den Radschputen verwandt.
Dschehpor (engl. Jeypoor, früher Amber),
Radschputeustaat iu Ostindien, unter brit.
Schutz, 726 QM.; Haupisl. D., 60,000 Ew.
Dschelälabftd , Stadt in Afghanistau, am
Kabul, nach Kabul die 2. Pforte Indiens,
10.000 Ew. ; im letzten eugl. Kriege (1841) vom
General Säle beiden müthig vertheidigt.
Dschelaleddin-Bami, Mewlana, per«». Dich-
ter, geb. 1207, lebte mei^t am Hofe der
seldsehukidiachen Sultane zu Koni'h (Ico-
nium); f das. 1278. Der gi'össte mystische
Dichter des Orients, gen. die ,Naclitigal
des beschaulichen Lebens*, Stifter der
Mewiewi (des berühmten Ordens mystischer
Derwische). Hauptwerke: ,Mesnewi', ein
umfangreiches, den vollkommensten Pan*
theismus predigendes Gedicht (mit türk.
Uebersetzung, Bulak 1836, 6 Bde.; Bruch«
stücke deutsch von Rosen 1849), und sein
,Divan' (Auswahl von Rosengioeig 1K38).
Einzelnes übersetzt von TUoluch (,Blütheu-
sammlung aus der moi^euländ. My^^tik') u.
Rückert (71 Ohaselen, in seinen ,Gedichten*).
Dsehenne, Stadt, s. Dsohinni
Dtchetair (türk., d. i. Inseln), Name des
türk. Ejalets, welches die Inseln des Mittel-
menrs nmfiisst.
Dschidda (Dsehetta, Gedda) , Stadt in
Arabien, am rothen Meer, der Hafen von
Mekka, 20,000 (nach And. .SO -> 40,0)0) Ew.;
Haupthandelsplatz Arabiens, Station der
engl, und franz. Dampfer. Ausfuhr 1859:
14, Einfuhr fast 28 Mill. Ti-cs. Steht seit
1840 unter dem Schutz des Grossherm; 15.
Juni 1858 Ermordung der christl. Bevölke-
rung, infolge dessHU dreitägiges Bombarde-
ment durch die Engländer.
Dschigfetui, 8. Pferd.
DscmiOlO ( Halmahera ),9ine der Molukken-
inseln, 202 QM.; hoch und valkaniäch;
zum Tiieil holländisch. Hauptort D.
Dschingis - Khan , eigentl. Temtidfchin,
mougol. Eroberer, geb. 26. Jan. 1155, Snhu
lies mongol. Hordonführers Yesukai, ward
(1204) von den ihm g'^horüheudeu Horden
zum Khakan (Fürst der Fürsten) ausgerufen,
iiauntB sich D. (König der Könige?), erstit-g
1209 die chines. Mauer, eroberte 1215 die
Hauptstadt Yen-king (Peking), tiel 1218 in
Tnrkistan ein, verheerte (1219) die Städte
Bokhara, Samarkand und K1towar<'sm,
sclilug die Russen am Flusse Kalka (JetKt
Kaleza) unweit Mariupol (31. Mal 1223),
vernichtete in einer Schlacht auf dem ge-
frornen See Knkonor das Heer des Herr-
schers von Sihla oder Tangut; 1 24..Aug«
1227. 5—6 Mill. Menschen waren infolge
seiner Eroberungszüge gefallen und unzäh-
lige Denkmale der Kunst etc. vemiclitet
worden. Vgl. Erdmann, ,Teniudschin', 1b()2.
Dschinni (DJinne), Ort im wedtl. Sudan,
östl. von Segu, schon 1043 gegründet, 80u0
Ew. ; Hanptnrt für den Sudauhandel.
Dsehirdiieheh (Oirgeh), Stadt in Ober-
ägypteu (eliemals Hanptst.), am Nil, 10,000
Ew.; rom.-kath. Kloster.
84*
532
Dschis^ — Dubuque.
DwllUfth (Oiuh), Ort in TJnterägypten,
links am Nil, Altkulro gegenüber; ber.
Hübnerbrütöfen. In der Nähe 3 der liöcb-
Btea Pyramiden (die des Cbeops 422 ' h.) u.
die grosse Sphinx.
Dwhodpiir (engl. Joudpoore, Martoor),
grösster Radschputenstaat in Ostindien
fpendschab), 1700 QM. Die HaupM. D.
150,000 Ew. Gltadelle, Palast des Radscha.
IHcholiba, FInss, s. v. a. Niger.
Dflcholofy Volk, s. Dhjoloff.
DschoBke, chines. Fahrzeug von etwa
200 Tonnen Trsgf&hfgkeit, mit 2 Masten und
2 Segeln ans Binsenmatten.
Dselinbs, Flnss in Ostaflrika, Grenze des
Semalilandes, mündet südl. vom Aequator;
Tom Reisenden t. d. Decken (s. d.) 18fö bis
Berderah belkhren. .
Dsungarel (Songarei, Ili, chines. 2%<an-
$chan-pe-lu), Landschaft in Hochasien, zwi-
schen dem Himmelsgebirge (Thian • sohan)
und Allai, vom Ili und obern Irtyscb be*
-wässert, bildete ehedem ein eigenes Reich,
das 1754—59 von den Chinesen erobert ward.
Seitdem chines. Prov. und in S Bezirke ge-
theilt: Ilt, Karkara-ussn nud Tarbagatai.
Bevölkerung moogolisch u. roh buddhistisch :
Kalmücken, Khirghisen, Reste der alten
Dsungaren, chines. Truppen, Ansiedler und
Terbannte. Wachsender Handelsverkehr
mit den Rassen (seit 1812). HauptsUdt Ili.
Duab (Zweistromlavd), das Land zwischen
den Flüssen Ganges n.Dschamna in Ostindien,
wahrsclieinl. der älteste Sitz ind. Kultur.
Dualln, Sprengpräparat, besteht aus mit
Nitroglycerin behandelten Nitrosägespänen,
Ist weniger gefährlich, aber zehnfach wirk-
samer als Pulver, auch dem Dynamit (s. d.)
überlegen und leidet weniger durch Frost.
Dnafls (Dual, v. lat. duo, zwei), in der
Grammatik einiger Sprachen (Sanskrit,
Altgriecbisch , Altgnthisch etc.) diejenige
Form des Nomens und Verbs, wodurch die
Zweilieit der Gegenstände oder Personen,
sowie die Ausfahrung einer Handlung von
Zweien ausgedruckt wird. Vgl. W, von
Suwboldt, ,Uober den D.*, 1827.
DnaHsmus (neulat.), Zweitheilung, die An-
nahme zweier Grundwesen, eines galten und
eines bösen, wie Ormuzd und Ahi-iman im
Parsismus; dann Annahme eines doppelten
Lebensprincips im Menschen (Descartes),
eines geistigen und eines sinnlichen, im
Gegensatz zum Monismus (s. d.) ; In der
Politik die Theilung der Staatsgewalt zwi-
schen Regierung und Volksvertretung; in
einem Staatenbunde das Verhältniss, wenn
zwei Staaten als Leiter und Vollzieher der
Exekutive an der Spitze stehen; neuerlich
insbes. die in Oesterreich eingeführte Poli-
tik, durch welche die Monarchie in zwei
selbständige Staaten (diesseits und Jenseits
der Leitha) getheilt iat.
Dnbarry (spr. i>ä-), Marie Jeanne, Gr<i{fin,
Mätresse Ludwigs XV. von Frankreich, geb.
19. Aug. 1746 zu Vancouleurs, Tochter des
Steuerbeamten Gomard de Vaubomier, als
Conrtisane wegen ihrer Schönheit unter
dem Namen TAnge bekannt, ward von
Ludwig XV. an den Vicorote P. verheintthet
und 1769 bei Hof eingeführt, beherrschte
den König völlig, stürzte den Minister
Clioiseul, verschwendete ungeheure Sum-
men; lebte später auf ihrem Scblosa« bei
Marly, ward wegen ihres EinTerständnisses
mit den Emigrauten 6. Dec. 1798 guillotinirt.
Die uuter ihrem Namen erschienenen ,M6-
moires* (1829—30, 6 Bde.) sind uuächt.
DubieBka. Stadt in Polen, Gout. Lnblin,
3764 Ew.; 17. Juli 1799 Sieg Kosciasskos
über die Russen unter Kaehowsky.
Dublin (spr. Döbblin), Hauptstadt Ton
Irland, sowie der Graf seh. D. , 16,6 QM. n.
402,023 Ew., an der Mündung des Liffey in
die DubtinbQi, 318,437 Ew. {•h kath.); Sitz
des Vicekönigs, eines kathol. und protest.
Erzbischofs, der hohen Gerichtshöfe für
Irland u. eines Admiralitätsgerichts. Keben
schmutzigen Gassen prachtvolle Strassen,
z. 6. Sackvillstreet mit der Nelsonaänle,
Plätze: Stephansgreen mit Reiterstatue
Georgs IL, Schlossplatz , Collegegreeu mit
Reiterstatue Wilhelms III., Phönixpark mit
demWelling^n-Obelisk ; Bauwerke: Schloss,
Palast des Vicdkönigs, Trlnltyoollega , das
Gerichtshaus, das ehemal. Parlamentshans,
Kasernen. Protest. Universität (seit 1&93);
königl. Akademie der Wissenschalten (seit
1786) , naturwissenschaftl. Schale , hiber-
nische Malerakademie (seit 1828). Grosser
Hafen, viele Fabriken, Seehandel (Aus-
fuhr: Leinwand, Rindvieh, Korn, Mehl etc.).
D., 851 von Normannen gegründet und seit
10. Jabrh. Sitz eines normannischen Königs-
geschlechts, ward 1171 vom engl. Grafen
Strongbo erobert und bildete bis ins 15.
Jahrh. eine besondere Grafschaft.
Dnbloiie, s. Doblon.
Dtt Bois-Beymond. Emil, Physiolog, geb.
7. Nov. 1818 zu Berlin, ward 1851 Hitcrlied
der Akademie, 1858 Prof. der Physiologie
daselbst. Verdient bes. durch seine Unter-
suchungen über thierische Elektricität. Sehr.
, Untersuchungen über thierische Elektricität'
(Bd. 1, 1848; Bd. 8, Abth. 1» 1849; Abth. 2,
1860); ,De fibrae mnscularis reactione ut
chemicis visa est adda* (1859) n. A.
DnbowkSy gewerbsamer Flecken im rnss.
Oouv. Saratow, an der Wolga, 12,030 Ew.
DnbSy Jakob, Schweiz. Staatsmann, geb.
1882 zu Aifoltern im Kant. Zürich, ward
1847 Mitglied des grossen Raths, 1855 Regie-
rungspräsident und Direktor des Erziehungs-
wesens, 1857 Präsident des eidgenössischen
Bundesg^richts, an der neuen Bundesver-
fassung lebhaft betheiligt, 1861 Mitsfied des
Bnudesraths, 1864 Bundespräsident. Ver-
dient bes. um Ausarbeitung eines Schweiz.
Handelsgesetzbuchs und durch den ,Ent-
wurf eines Strafgesetzbuchs für den Kant.
Zürich* (1855). Sehr. ,Die Schweiz. Demo«
kratie in ihrer Fortentwicklung' (1868).
Dobafe (spr.Dübüf), Edouard, ft'anz. Maler,
geb. 1818 zu Paris, lebt daselbst. Errang
bes. mit Nuditäten grosse Erfolge, malte
ausserdem Porträtstücke (Kongress von Paris
1857), Parabel vom verlornen Sohn etc.
Dnbuqoe (spr. Djnbuhk), Stadt in Iowa
(Nordamerika), am Mississippi, (1870) 18,40^
Ew. ; bed. Bleiausfahr.
Bac — Dürer.
533
Dnc (fr.t 8||>r. Büc), ital. Duea, Herzog;
DucAtf (spr. Düscheh), Herzogtbum ; Lueheue
(spr. Dusch ess), Herzogiu.
Du Chailltt (spr. Du Schalju), Paul Ta-
lent, AfHkaroiseuder, machte seit 1851 meh-
rere Reisen landeinwärts vom Gabun, drang
Im Auftrag der Academy of Natural Sciences
SBU Philadelphia 1856 von Congo aus in das
Innere Ton Afrika ein und berichtete über
seine Beise in ,£xploration8 and adventures
in Equatorial Africa* (1861; deutsch 1862);
unternahm 1868 eine neue Expedition von
der M.ündung des Feman-Yaz- Flusses nach
dem Aschira- und Ashangoland. Sehr,
darüber ,A Joumey to Ashangoland' (1867),
,My Apingi KIngdom* (1870).
Dttchoborsen (d. 1. Oeisteskampfer), Sekte
der Tuss. Kirche, hat keine Kirchen und
Priester, verwirft Eid und Kriegsdienst,
trat SU An&ng des 18. Jahrh. auf, erhielt
erst unter Alexander L Duldung, 1841 nach
dem Distrikt Achalkalaki in Transkaukasien
versetzt; jetzt gegen 3000 Köpfe.
DKcker, kleine unterirdische Kanäle zur
AbfuhrnuK' des Wassers.
PnekwitSy Arnold, deutscher Beichs-
minister, geb. 27. Jan. 1802 zu Bremen,
etablirte sich 1829 das., ward 1841 Mitglied
des Senats, 1848 Mitglied des Yorpai'laments,
dann bis Mai 1849 Beichshandelsmiuister,
leitete 1854 — 66 die Unterhandlungen,
welche zum Abschlüsse des Vertrags vom
26. Jan. 1856 mit dem Zollverein führten,
übernahm Ende 1863 wieder als Senator
die Leitung der auswärtigen Angelegen-
heiten des Freistaats. Sehr. J)er deutsche
Handels- und SchlfTfalirtsbund' (1847).
Daetns (lat.),Führung,Leitung; Schriftzug,
Schreibmanier : in der Anatomie s. v. a. Gang.
Doderaiit, Aurore, s. Oeorge Sand,
Dadley (spr. Doddli), Stadt iu d^ engl.
Grafsch. Worceater, am Dudieykanal) 44,975
£w.; bed. Eisenhandel, auch Olaafabr.
Dudley (spr. Döddli), John, geb. 1502,
ward 1547 zum Qrafeu Warwick, dann zum
Herzog von Korthumberland erhoben, be-
redete Eduard VI. , mit Uebergehung der
Prinzessinnen Marie nnd Elisabeth seine
Cousine Lady Johanna Grey (s. d.) zur
Thronerbin zu ernennen, die er mit seinem
jüngsten Soline, Lord Guilford D., vermahlte
und nach Eduards Tode als Königin aus-
rufen Hess; t 22. Aug. 1553 auf dem Schaffet.
Sein vierter Sohn, Mobert D., war der be-
i*ächtigte Graf von Leicester (s. d.).
Dndn. s. Dronte,
Due (ital.), zwei. D. volle, zweimal Q^t. bia).
Düifel (Sibirienne) , tuchartiges Gewebe,
fi^latt oder geköpeit mit glänzender Ober-
fläche, dient zu Winterkleidern.
Dulkea^ Fabrikstadt im preuss. Begbz.
Düsseldorf, Kr. Kempen, 5202 Ew.
Daell (iat.), Zweikampf.
Oünn (bei den Bussen V)t»Üich« Dwina),
Flttss des westl. Bussland, entspr. auf dem
westl. Waldaiplateau, flieset in einem südl.
Bogen gen SW., mündet 2 M. unterhalb
Biga in die Ostsee. Länge 142 M. {^k
schiffbar), Stromgebiet 3500 QM.; viele
Stromschnellen und Sandbänke.
Dunabnrg, aiarkbefest. Stadt Im ruas.
Gouv. Witebsk, an der Düna, 88,496 Ew.;
Handel und Schltffahrt.
DiliuimiiBde, Festung in Llvland, an der
Müuduug der Düna iu den rigaer GK>If ; der
ei^entl. Hafen von Biga.
D&neii, im Allgem. die iu der Kähe einer
Küste aus dem vom Meere ausgeworfenen
Sande sich bildenden Saudfläclien u. Sand-
hügel; insbes. die an den flandr. Küsten
zwischen Dünkirchen und Nienwpoort.
Dünger, jede Substanz, welche Nahrungs-
stoffe dor Pflanzen enthält und auf dem
Acker zur Vermehrung der Pflauzenmasse
beiträgt: Bewässeruug; Stallmist (starke
Düngung = 10 Fuder k 20 Otr. pr. jMorgeu),
Exkremente, Guauo, Poud rette; miuura-
lischeD.: Mergel, Gyps, Cbilisalpeter, Am-
moniak-Kalisalze, Superphosphat etc.; Ab-
fälle, Kompost, FischMiano, Fleisch, Blut,
Wolle, Knochen, OelkUcheu; Gründüngung
mit Lupinen, Baps etc., die nach kräftiger
Entwicklung untergepflügt werden. Der D.
wird gleiuhmässig ausgebreitet oder mit dem
Samen in Billen oder Löcher gebracht, der
Same wird mit D. iukrustirt (Samendüugung)
oder die Junge Pflanze mit D. beschüttet
oder begossen (Kop(düugling). Schriften von
Heiden (1866), Wolff (1866), ^faytr (1871).
Donklri^hen (fr. DHiüeerque), feste See-
stadt im franz. Depart. Nord, an der Nord-
see, 33,083 Ew.: wichtiger Haudelsliafen,
Fischfang, Seebader. Gegr. 960, «eft 1400
befestigt ; wiederholt erobert von den Eng-
ländern (nameutl. 1540), Franzosen (bes.
15.^8, 1646 und 1658) und den Spaniern.
Diintzer, Joh. Heinr. Joseph, Literarhisto-
riker, geb. 12. Juli 1813 zu Köln, seit 1846
Bibliothekar am kathol. Gymnasium das.,
bekannt durch seine eingehenden Schriften
über die Glanzepoche der deutschen Lite-
ratur, insbes. üb<«r Goethe: ,Goethe als Dra-
matiker* (1837); ,Gofthes Faust« (2. Aufl. 1857,
2 Bde.); ,Goethes Tasso' (1854); ,Gocthes
Götz und Egmont*'(1854); .Schiller u. Goethe*
(1859); ,AusGk)ethes Freundeskreise* (1868) ;
.Goethe und Karl August' (1861-65, 2 Bde.);
ferner: ,Erläuterungen zu den deutschen
Klassikern' (1»55 ff.); ,Goethes lyrische
Gedichte* (1858, 2 Bde.) u. A.; gab heraus
.Briefwechsel zwischen Goethe u. Staatsrath
Schultz* (1853) ; ,Briefe von Schillers Gattin
an einen vertrauten Freund' (1856); ,Aus
Herders Nachlass' (1856-57, 8 Bde.); ,Zur
deutschen Literatur u. Geschichte' (1857—58,
2 Bde.); ,Herders Beise nach Italien' (1859);
,Von und an Herder' (1861-62, 3Bde.)u.A.
Düppel 9 Dorf in Schleswig, Sonderburg
gegenüber. Erstürmung der von den Dänen
angelegten düppeler Scharuen 13. April 1849
durch die Sechsen und Bayern; 18. April
1864 durch die Preusseu.
Düren, Kreisst. im preuss. Begbz. Aachen,
an der Beer, 11,256 Ew.; Tuch- u. Teppich-
fabr. Dabei Kloster Bchwarzenbroieh, mit
Vitriolwerk und Braunkohlengruben.
DSxer, AWr,, ber. Künstler, geb. 20. Mai
1471 zu Nürnberg, Schüler von Mich. Wohl-
gemuth, machte 1490— 94 Beisen in Deutsch'
land, war 1505'-6 in Italien, ward von den
584
Düringsfeld — Dukaten.
Kaisern Maximilian I. nnd Karl V. zum
Itaiserl. Hofmaler eruAnnt, besuchte wieder-
lioU(1519u. 1521) die Niederlande ;t<^- April
1528 iu Nürnberg. Einer der hervorrngeud-
steu und vielsiaitigsten Künstler, die Je ge-
lebt, auflgezeicliiieter Mxler , Kupferstecher
nnd Formsclineider, Bildhauer in Holz,
Elfenbein, Stein und Metall, Architekt und
Schriftsteller über die Kunst. Die Zahl
«einer Oelgemälde, wie insbes. seiner
Haiidzeichnungeii, Holzschnitte und Kupfer-
stiche sehr gross. Er führte zuerst die
Aetzkunst ein, erfnnd das Büttel, die Holz-
schnitte mit zwei Fnrbou zu drucken, und die
gläserne Kopiräclieibe, u. vervollkommnete
die Schriftglesserei (von ihm stammt die
l>'orm der deutschen Letteina). Unter seineu
Schriften (woruutor auch eine über den
restiiugsbnu) sind namentl. die ,Vior Bücher
menschlicher Propi^tion' (1529) zu erwähnen.
Seit 1828 iu Nüruberg sein Staudbild (von
RmucIi). Biographien von Heller (1827) und
A. von Eye (2. Aufl. 1868). Vgl. Hautmann,
,A. D.s Kupferstiche, Radirnugen etc.', 1861;
Zahn, ,D.s Kuustlehre', 1867.
Düringsfeld, Ida von, Schriftstellerin,
geb. 12. Nov. 1815 zu Militsch iu Nieder-
schlesien, seit 1845 mit dem Schriftsteller
Otto von Reinsberg yermählt, lebte mit
diesem abwechselnd in Italien, in Prog, in
Dalmatien, Belgien und Frankreich, meist
mit Sprach- uud Literaturstudien beschäf-
tigt. Sehr, mehrere Romane, , Reiseskizzen'
(1850 f., 8 Bde.), ,Aus Dalmatien* (1857 f.,
8 Bde.), ,Von der Scheide bis zur Slaas' (1861),
,D:i8 Sprichwort als Kosmopolit' (gemeinsam
mit ihrem Gatten, 1863, 3 Bde.) u. A.
DQrkheim, Stadt in der bnyer. Rheiupfalz,
in der Nähe des Hardtgeldrges , au der
Iseunch, 5541 Ew.; Salzquellen, Weinbau.
Duero (port. Douro), Fluss der pyren.
Hallilusel, entspr. im NW. von Soria, durch-
fliesst Altkastllieu uud Leon, mündet bei
Ojinrto in den atlant. Oceau; 104 M. lang.
Dfirrenberg, Salzberg im Salzbnrgi sehen,
an der Sulzauh, nahe der bayer. Grenze,
2ä0O'li.;jährl.Ausbeute400,0OOCtr.Steinsalz.
DSrrenberg, Dorf bei Merseburg, an der
Saale, 267 Ew.; Salzwerk (260,000 Ctr.
Jährl.), Glaubersalz- uud Kalifabrik.
Durrenstein (Dürnstein, Tymstein), Stadt
in Uuterösterreich, an der Donau, 650 Ew. ;
Ruiuen der Burg D. (Richard Löwenherz
11!>2 das. als Gefangener).
Durrheim, Doi*f im bad. Kr. Villingen,
10JI6 Ew. ; Ludwigssaline (jährl. 212,600 Ctr.).
Dflsseldorf, Regbz. der preuss. Rhein-
pr viuz , yyVft QM. und 1,243,902 Ew. — Die
Hiiuptst. D., an der Mündung der Düsael in
den Rheiu, 63,389 Ew. (meist Kath.) ; Hafen,
Schloss, Malerakademie, Gemäldegallerie,
Bibliothek (80,000 Bde.), Sternwarte; bed.
ludustrie , Rheinhandel. 'Früher Residenz
der Herzöge von Jülich, Kleve und Berg,
dann der pfälz. Kurfürsten, 1806— 15 Haupt-
stadt des Herzcgthums Berg; seit 1815
prenssisch. [Musikstück.
Daett (Duetlino, Duo), zweistimmiges
Dufhure (spr. Düfohr), Jules Armand Uta-
ni$la$, firanz. Staatsmann, geb. 4. Dec. 1798
zu Saujon im Depart. Uotercharent«, Advo-
kat in Bordeaux, ward 1886 Staatarath, 1839
auf kurze Zeit Minister der offentl. Bauten,
1848 Mitglied der Nationalversammlung und
des Verfassungsausschusses, Sept. bis Dec.
1818 und wieder Juni bis Okt. 1849 Minister
des Linern, trat, als entschiedener Gegner
der bonapartist. Politik, nach dem Staats-
streich vom 2. Dec. 1851 vom pollt. Schau-
platz ab, ward Febr. 1870 Justizminister,
blieb dies unter der provisor. Regierung.
Dufonr (spr. Düfuhr), Wilh. Heinr., eid-
gonöss. General, geb. 15. Sept. 1787 zu
Konstanz, wohnte seit 1809 als (jrenieoffisier
den Feldzügen Napoleons L bei, ward 1831
Chef des eidgenöss. Generalstabs , verdient
durch Triangulirung und topograph. Auf-
nahme der Schweiz (Karte der Schweiz,
25 BI., 1812-65). 1847 als General an die
Spitze des eidgenöss. Heeres berufen, machte
er dem Sonderbandskrieg rasch ein Ende,
ward dann vom Bundesrath mehrfach mit
Missionen zu Napoleon IU. betraut. Sclir.
,Lehrb. der Taktik etc.* (deutsch 1848).
Dngong (Dvjting, Halicore IU.), Cetaceen-
gattuug der Seekühe. Seejungfer, SeeJkHh
(H. Dugong Cnv.), 8—10' I., au den Küsten
der Südseeinseln, Molukken, Philippinen,
Keuhollauds mit weissem, zartem Fleisch.
DuguescUn (spr. DQgäkläng), BertraHd.
Orafvon Longueville, Gonnetable von Frank-
reich , her. franz. Feldherr, geb. 1314 iu
der Gegend von Reunes, leistete seit 135ti
dem Dauphin , nachherigen Köuig Karl V.,
die wichtigsten Dienste, ward 1364 Gonver-
neur von Pontorson, verhalf dem G-rafeu
Heinrich von Trastamare durch den Sieg
bei Montiel (14. März 1369) zur Krone vou
Kastilien. Von Karl V. zurückgerufen und
zum Gonnetable ernannt, entriss er dan
Engländern fast alle franz. Besitzaugeii
wieder: t 3* Juli ^^^^ ^^I der Belagerung
von Ghäteauneuf de Randon in Gevaudnu.
Duilius, Oojus, erfocht als Konsul 26U
im ersten pun. Kriege mit der ersten röm.
Kriegsflotte den grossen Seesieg der Römer
bei Mylä an der Nordküste von Sicilieu
über die Karthager. Das Andenken de.ss.
durch Errichtung einer mit den Schiffs-
schnäbeln der eroberten Schiffe verzierten
Säule (Columna rostrata) erhalten.
Doisbnrgy Kreisstadt im preuss. Re^rbz.
Dusseldorf, am Rhein • Ruhrkanal und der
köln - mindener Eisenbahn, 25,757 Ew.; Fa-
briken, Schifffahrt, Handel; Universität
1802 aufgehobeu. [Vioo Guldeu.
Duit (spr. Deut), hoU. Kupfermünze, =:r
Dukaten, Goldmünze, In Holland =: 11,63
Goldfrcs. = 0,843 deutsche Kronen ; in Oester-
reich bis 1865 = 11,856 Goldfrcs. = 0,344 Kro-
nen; in Russlaud mit holländ. Gepräge =
11,772 Goldfrcs. = 3,348 Kronen, national =
11,489 (joldfrcs. == 0,334 Kronen. D. komnten
zuerst um 1100 vor, benanut nach dem Fa-
miliennamen Dukas der byzant. Kaiser Kon-
stantin und Michael; in Deutschland 1559
Reichsmünze. Münzdukaten sind neue glän-
zende, Randdukaten solche, an denen
höchstens 1 Promille fehlt, Passii'dukaten
stärker abgenutzte, aber noch für voll an-
DulcamSra — Duncker.
535
suMhmende. Dukatengewiehit, das Gewicht
eines yoUwichtlgen D.s für Goldsachen von
der Feinheit des D.s. [Dulcamara.
Dnleamir» (BiU«r9Üs9), s. y. a. Solanum
Dulk, Albert Friedr. Benno, dram. Dich-
ter, geb. 17. Juni 1819 zu Königrsherg, stu-
dirte Chemie n. Naturwissenschaft, machte
seit 1849 Reisen nach Aegypten u. Arabien,
lebte dann mehrere Jahre in einer Senn-
hutte auf dem Jura am Genfersee, seit
1858 in Stuttgart. Eigenthümlich wie sein
Leben sind seine Dramen: ,Orla* (1844),
,Simson* (1859), ,Je8U8 der Christ' (1865),
,KonrRd U.' (1867) u. a.
Dnller, Eduard, Schi'iftsteller, geb. 8. Nov.
1809 8tt Wien, seit 1851 Pi*ed{ger der deutsch-
kathol. Gemeinde zu Mainz; f 84. Juli 1853
in Wiesbaden. Sehr. ,Dte Witteisbacher*
(Balladeukranz, 1831); ,DerFttr8t der Liebe'
(2. Aufl. 1854); Dramen und Romane (z. B.
,Loyola, 1836), spater meist hiator. Werke:
,Gesch. des deutschen Volks' (3. Aufl. 1845);
,Ge5ch. der Jesuiten' (2. Aufl. 1845) u. A.
Dvmas (spr. Dümah), 1) Matthieu, Graf,
franz. General, geb. 23. Dec. 1753 zu Mont-
pellier, ward Mitglied der gesetzgebenden
Nationalversammlung, dann des Ratlis der
Alten, 1805 Divisionsgeneral, Kriegaminister
und Grossmarschall Joseph Napoleons in
Neapel, 1812 Generalintendant der Armee,
1818 in den Staatsrat!! berufen , 1822 ent-
lassen , organlsirte mit Lafayette nach
Karls X. Sturz nochmals die Nationalgarde,
ward Befehlshaber derselben und Pair; f
erblindet 16. Okt. 1837. Sclir. ,Pr6cis des
^▼duements militaires ou essai historique
sur les campagnes de 1799 k 1814' (1816-26,
19 Bde.). Seine ,SI6moires' gab sein Sohn
heraus. — 2) Alexandre, ber. firanz. Schi'ift-
steller, geb. 24. Juli 1803 zu Villers-
Coterets in der Picardie, Sohn des Generals
Alex. D. (t 1806), erst Sekretariatskopist,
dann Bibliothekar des Herzogs von Orleans
(Ludwig Philipp), gr&ndete seit 1829 durch
eine Reihe bühnenwirksamer Dramen
(,Henri III et sa cour*, ,Antony', ,Charles
Vir, ,AngMe*, ,Gal{gula' u. a.) seinen
literar. Ruf, ging 1843 auf das Gebiet des
Romans über, das er mit grossem äussern
Erfolg und infolge dessen bnld mit wahr-
haft fabrikmässiger Thätigkeit kultivirte;
f 8. Dec. 1870 zu Puys bei DIeppe. Be-
gründer der modernen, der Romantik ent-
gegentretenden realistischen Richtung in
der franz. Literatur. Berühmteste Romane:
,Le comte de Monte- Cristo', ,La reine Mar-
got*, ,La dame de Montsoreau', ,Les trois
Mousquetaires', ,Le Chevalier de Maison-
Ronge' etc., sämmtlich in deutschen Ueber-
setzungen erschienen. Sehr, ausserdem ,116-
moires* (1852), Reiseskizzen U.A.— Sein Sohn,
Alexandre D., geb. 28. Juli 1824 zu Paris, eben-
falls namhafter Romanschriftsteller u. Dich-
ter, bes. durch seine ,Dame aux Gamöiias'
(1848, 2 Bde.) und die Dramen ,Le Demi-
Monde' (1855) und ,Le pdre prodigne' (1859).
DambartOB (spr. Dömbart^n, auch Leaox),
Ghmfschaft in Südschottland , 15 QM. nnd
52,035 £w., gebirgig, mit dem Lomond, dem
^rpsston See Schottlands, Die Bavptst, D.,
am Leven, 8253 Ew. Unfern das in der
Schott. Geschichte berühmte Kastell D.
Damfermllne, Stadt, s. Dunfermline.
Dumfriea (spr. Dömmfris), Grafschaft im
südl. Schottland, 44«/» QM. und 42,730 Ew.;
trefln. Weiden, ergiebiges Ackerland. Die
Hauptat, D., am Nitli, 14,023 Ew.
DiuumkoÜer, s Koller.
Dumont d'UrrlUe, Julea S^baatien C^ar,
franz. Contreadmiral und Weltnmsegler,
geb. 23. Mai 1790 zu Gond^ -sur-Noireau
(Depart. Calvados), machte 1822 unter
Duperrey, 1826-29 und 1834 Reisen um die
Erde, wardEnde 1840 Contreadmiral ; f 8.Mai
1842 bei dem grossen Unfälle auf der paris-
versalUer Elsenbalin. Er nahm grosse
Kästenstrecken von Neuseeland und Neu-
guinea auf, entdeckte zahlr. Inseln und
antarkt. Länder, durchftirschte die Torres-
und Oooksstrasse, bereicherte die Sprach-
kunde und ocean. Naturgeschichte. Sclir.
,Voyage d'Astrolabe' (1830-82, 12 Bde. mit
Atlas) und fVoyage au p6le sud et dans
l'0c6anie' (1841—54, 23 Bde.).
DnmODrI<iz^ Gharle» Pranfois, franz. Ge-
neral, geb. 2o. Jan. 1739 zu Cambray, beim
Ausbruch der Revolution Mar6ühal-de-camp,
1792 kurze Zeit Minister des Auswärtigen,
übernahm nach Lafayettes Abgang den
Oberbefahl über die Armee des Goiitrums
nnd schlug die Oesterreicher 5. und 6. Nov.
1792 bei Jemappes. 18. März 1793 vom
Herzog von Koburg bei Neer winden ge-
schlagen und beim Konvent schon vorher
als Royalist verdächtig, unter liandelto er
zn Herstellung der Herrschaft der Bour-'
honen mit den Oesterreichern und sandte
den Kriegsminister Beumonville und vier
Volksrepräsentanten, vor denen er sich ver-
antworten sollte, als Gefangene ins öäterr.
itauptquartler. Von ssinen Truppen ver-
lassen, floh er 4. April 1793 mit dem Herzog
von Ghartres (dem nachher. König Ludwig
Philipp) u. seinem Stabe zu der österr. Armee.
Aus Frankreich verbannt, f er 11. März 1823
bei London. Vgl. ,M6moire8 du g6n6ral D.',
1794, und ,La vie du g6u6ral D.', 1794.
Dvnajec (Donajec), Nebeufl. der Weichsel
in Galizien, entspr. am Tatragebirge, fliesst
nördl., mündet der poln. Stadt Opatowiec
gesrenüber; 28 M. 1.
Dsnbar (spr. Dönnbär) , Hafenstadt in
der scliott. Grafsch. Haddington, 3516 Ew.;
hier 1650 Sieg Cromwells über die Schotten.
Danclade (vom engl. Dttnee, d. i. Schwacii-
kopf), Satire auf Dummköpfe, benannt nach
dorn gleichnam. Gedicht von Pope.
Duncker, 1) Karl, Buchhändler, ^eb.
25. März 1781, erwarb 1809, mit Humblot
associirt, die Fröllclische Buchhandlung
zu Berlin, die er seit 1828 unter der Firma
,D. und Humblot' alloin fortführte und zn
einem der bedeutendsten Verlagsgeschäfte
Deutschlands erhob; f 1^* Juli 1870. Sein
jüngerer Sohn, Alexander D., begründete ein
Verlagsgeschäft vorwiegend artist. Richtung.
Ein dritter Sohn, Fran» D., (ibemahin 1850
die M. Bessersche Buchhandlung in Berlin,
deren Firma er in ,Franz D.' umänderte;
Verleger der ,Vo^kszeitung', seit 1862 Mit-
ßsd
Öundalk -~ DurÄnÖä.
glied des Abgeordnetenliftaflos. — S) Maxi-
milian H^o2/oan9,Qe8oh1chtichreiber, ältester
Sohn des Vor., geb. 1812 su Berlin, ward
1842 Prof. der Geschichte eu Halle, 1848
Mitglied der NationalTersanimlnng, dann
des Volkshanses au ErfUrt und der preuss.
Kammer von 1849— .'^2, 1857 Prof. in Tübin-
gen , April d. J. Hlilfsarbelter Im Staats-
ministerium zu Berlin, 1861 Tortragender
Rath des Kronprinzen. Hauptwerk: ,Ge-
schichte des Aiterthums* (3. Aufl. 1864 f.);
,Zur Gesch. der deutschen Beichsversamm-
Inng* (1849) ; .Heinrich t. Gagem* (1850) u. A.
Dnndalk (spr. Dönnd4hk) , Hauptst. der
irisclien Grafscb. Lontfa, Prov. Leinster,
10JD75 Ew. Hafen; anaehnl. Handel.
Diindee (spr. Dönndih), Fabrikstadt in der
Schott. Grafsch. Forfar, am Ta^busen, 90,417
Ew.; Hnnptsitz der schott. Lemenindustriö.
DuBedlüy aufl'lüheude Stadt auf dnr Süd-
ostkfiste von N«nseeland, am Port Otago,
(1867) 12,777 Ew. Goidbergwerke.
Danfermline (spr. Donf6rmlin), alte Stadt
in der schott. Grafsch. Fife, 13,506 Ew.;
imposante Abteikirche (Roh. Bruces Grab);
ber. Fabr. feinen Tischzeuges.'
Bnnola und LongoerlUe (spr. Dünoa und
Longhwil), Jean, Bastard von OrlAm$, Graf
von, geb. 23. Nov. 1402, natürl. Sohn des
Herzogs Ludwig von Orleans, zweiten Soh-
nes König Karls V. und der 'Mariette
d'Enghien, der Gattin des Bitters Albret de
Cany, behauptete Orleans gegen die Eng-
länder, bis es 1429 von der Jungfrau von
Or]6ans entsetzt ward, focht dann siegreich
gegen die Engländer, stellte sich, von Lud-
wig XI. seiner Aemter und Guter beraubt,
an die Spitze des Bundes ,Pour le bleu public* ;
t 24. Nov. 1468. Karl IX. und Ludwig XIY.
erhoben die D. zu Prinzen des königl. Hau-
ses. Seit Louis I. (f 1516) waren sie souve-
räne Fürsten von Nenfchatel; 1672 erloschen.
Dana SeotvSy Joh., ber. Scholastiker, geb.
um 1270 oder 1275 zu Dunse in Schottland,
seit 1304 Lehrer der Theologie zu Paris ; f
1308 zu Köln; wegen seiner spitzfindigen
Dialektik ,Doctor subtilis^ genannt.
Dnnsty s. v. a. Ausdünstung ; zu Bläschen
verdichteter Dampf (z. B. Nebel); feines
Schrot: Korumehl.
Dnodecim (lat.), zwölf; Auodecimal, was
sich auf die Zahl 12 bezieht; daher Diiodect-
malmats, 12theilige8 Mass, bei welchem die
Einheit in 12 Theile, also die Ruthe in 12
Fuss, der Fuss in 12 Zoll etc. zerfällt; jetzt
meist durch das Decimalmass verdrängt.
Dnpftnlonp (spr.Dfipangluh), FHi* Antoine
Fhilibert, franz. Prälat, geb. 8. Jan. 1802 zu
St. F61ix in Savoyeu, seit 1849 Bischof von
Orleans, trat mit Entschiedenheit für den
Papst in die Schranken, z. B. in der Bro-
schüre ,La Convention du 15 sept. et En-
oycliqne du 8 dec' (1865); auf dem Koncil
von 1869—70 ebenso entschiedener Gegner
des Unfehlbarkeitsdogmas. Sehr. ,D« rldu-
cation« (1855-57, 3 Bde.); seit 1854 Mi^lied
der f^anz. Akademie.
Dnpe {tr.f spr. Dühp), der Betrogene, Ge-
foppte; Duperie, Betrügerei, Fopperei; dw-
piren, foppen, betrügen, verblüffen. '■
Diipln (spr. Düpäng), Andre Marie Jean
Jaequee, gen. D. derAeltere, franz. Staatsmann
n. Rechtsgelehrter, geb. 1. Febr. ITSSsuVarzy
im Depart. Nidvre, ward nach der Jalirevo-
lutiou Mitglied des Ministerconseils a. Gene-
ralprokurator am Kassationshofe, achtmal
Präsident der Depnttrtenkainmer, in der Gon<
stltuante von 1848 Mitglied des Verfasstuigs-
ausschusses, In der Legislative regelmassig
Präsident, gab infolge des gegen die Familie
Orleans erlassenen Konftskationsdekrets
seine Entlassung, nahm 1857 von Napoleon
das Amt des Generalproknrators am Kassa-
tionshofe wieder an, ward Senator, viiter-
stützte fortan die kaiserl. Politik ; f 9* Nov.
1865. Yerfasser zahlr. Jurist. Schriften.
Bvplex (lat.), doppelt : daher X>wj>I<l»(, das
Zweite, Gleiche eüier Saehe, s. B. eine Ab-
schrift; Duplikation, Verdoppelung; Dupli-
dtäi, Zweideutigkeit im Reden n. Handeln.
Bnpllk (lat.), im Rechtswesen der vierte
der in einem rechtlichen Verfahren von den
streitenden Parteien einzugebenden eohiiftl.
Sätze, näml. die Antwort des Beklagten auf
die Replik des Klägers; auch zweite Recht-
fertigungsschrlft eines Angegriffenen.
Bnpliiutiir (lat.), Verdoppelung; in der
Anatomie doppelte Lage zweier H&nte, b. B.
des Bauchfells als Nets.
Bapllren (lat.), verdoppeln; die Glieder
d., im Militärwesen aus 2 Gliedern S mskchen ;
eine Flotte d., eine feindliche Flotte über»
flügeln und zwischen zwei Feuer nehmen;
ein Kap d,, um dasselbe hemms^eln.
Daplnm (lat.), das Doppelte; Abschrift.
Dupont (spr. Düpong), Jacgfltas Charlet,
genannt D* de VEure , polit. Charakter
Franki'eiohs, geb. 27.Febr. 1767 zn Neu bonrg
in der Normaudle , seit 1789 Advokat beim
Parlament dieser Prov., ward Mitglied des
Raths der Fünflmndert , 181S Mitglied des
gesetzgebenden Körpers und Vicepräsident
dess., gehörte seit 1824 in der Kammer der
liberalen Minorität an, war nach der Juli-
revolution 6 Monate Justizminisier, 84. Febr.
1848 Präsident der Kammer, dann der
provisor. Regierung und Mitglied der Con-
stituante ; t 3. März 1855.
Bnpre (spr. Düpreh), Gtovanai, ital. Bild-
hauer, geb. 1. März 1817 zu Siena, anlangs
Holzschneider, bildete sich zu Florena in
der Bildhauerei als Autodidakt und erregte
zuerst durch seinen »erschlagenen Abel^(1842)
Aufsehen. Spätere Hauptwerke: Sappho
(1857), Triumph des Kreuzes (Hantrelief in
Santa Croce) und eine Pletk \196&),
Dvpres (spr. Dnpreh), Gilbert Lcuie, ttKta.
Sänger, geb. 6. Dec. 1806 in Paris, glänzte
als Heldentenor an der grossen Oper das.,
zog sich ltö5 von der Bühne zurück. Sehr,
eine vorzügl. Gesangsschule*
Dnr (lat., Mus.), hart, bes. diejenige der
zwei Hanpttonarten, in welcher die Tors des
Grundtons eine grosse ist; daher Dur4Mcord,
der Dreiklang mit der grossen Ten.
Durasnater (lat), harte Hirnhaut, s. Oekim.
Dnranee (spr. Dürangs), relssender Neben-
fluss der Rhone in Frankreioh, kommt Tom
Mont Gendvre (cott. Alpen), mundet unter-
halb Avignon; 84 M. lang, nicht tchiilbar.
Durängo — Duvöyrier.
5a7
DuruifO, Binneii|i(taAt von Mexiko, 2Q06
QTÜ. uiid 173,942 ßw. Hochebene, von der
Sierra Madre durchzogen, zu Viehzucht und
Ackerbau geeignet; reich an Metallen. Die
Hauptst. D. (Oludad de Victoria), 12.449 Ew.
In der Nähe der Magneteiseuberg C«rro del
JUercedo (wird Jetzt abgebaut).
DurftniBy Francesco , ber. ital. Kirohen-
komponist, geb. 1684 zu Fratta mag^iore bei
Neapel, Schüler Scarlattis; f 1755. Lehrer
Ton Pergolesi, Jomellf, Piccinl u. A.
Dnrazzo (ital., tUrk. Duradsch, Dratsch),
befest. See- und Hafenstadt in Türkisch-
Albanien, am adrlat. Meer, 10,000 Ew. Bas
alte Epidamntu, 626 v. Chr. gegründet,
blühende Kolonie der Korcyräer, von den
Hörnern Dyrrhachium gen., bes. als Ueber-
fahrtsort nach Italien bekannt; im 4. und 5.
Jahrb. Hauptst. der byzant. Eparchie Keu-
Epirus ; kam nach wechselnden Schicksalen
1205 an Venedig, 1317 an Philipp vonTarent;
1502 von den Türken erobert.
D'Urban (Port Natal), Hafenst. der brit.
Kolonie Natal in Südostafrika, am Nordrande
der Bai von NatM (1887) 4991 E w. (3l87 Eng-
ländelr und Holländer, 464 ind. Kulis); !Ban-
ken, Bibliothek, botan. Garten, Institut für
Kunst etc.; "Wollausfuhr.
Bnrclidriligllclikeity Eigenschaft der Kör-
per, Flüssigkeiten oder Gase In sich ein-
dringen und durch sieh hfndurch gelangen
Dnrchflill, s. Diarrhüc. [zu lassen.
Barchgang, in der Astronomie P. eines
Sterns durch denMittagskreis, s. Kulmination.
' Darchgangstone, Tone, welche nicht zur
Harmonie gehören und auf den schlechten
Takttheil fallen ; auf dem guten. Taktthell
heissen sie Wtch^elnöitm., Ebenso gibt es
durchgehende und wechselnde Akkorde.
Önrchlaocht (dem lat. Serenitas oder Se-
renissimus nachgebildet), Ehrenprädikat der
frank, und goth. Könige, In Deutschland 1375
von Kaiser Karl IV. den Kurflirsten, seit
Leopold I. auch anderen altfürstlichen Per-
sonen gegeben; dann als DurcktaucJitigst
Prädikat der Kurfürsten und der Erzherzöge
von Oesterreich, als' Durchlauchtig oder
Durchlauchtig hochgeboren auch Prädikat
der neuen relchsfürstl. Häuser seit 14. Dec.
1746; nach dem Bundesbesehlnsse vom 18.
Aug. 1825 und 12. März 1829 Prädikat der
Häupter der mediatisirten fürstl. Familien.
Dnrehmesser (Diameter), in der Geometrie
bei krummlinigen Figuren eine gerade Linie,
welche alle parallelen Sehnen derselben
halbirt; D. des Kreises, eine durch den Mit-
telpunkt dess. gezogene , auf beiden Seiten
in der Peripherie endigende gerade Linie,
welche sich zu letzterer Terhält wie
1 : 3,141592653 . . . oder wie 100: 314; D. der
Kugel, die durch den Mittelpunkt der Kugel
gehende und zu beiden Seiten in deren
Oberfläche endigende gerade Linie. Schein-
barer D., der Winkel, welchen zwei von
den Endpunkten eines D.s nach dem Auge
eines in bestimmter Entfernung stehenden
Beobachters gezogene Linien mit einander
bilden. Alle D. eines Kreises und einer
Kugel einander gleich.
Dvrclucliiiltty Lochmaschine, Vorrichtung
•.
um Löcher in Metallplatteu tu. schneiden,
besteht aus einom gUs'sItählernen-Stem^l,.
welcher die Metallplatte genau- über tilnem
entsprechend geformten Loch derr Unterlag»
trifft. Dient auch zur Gewinnung der Plat-
ten'für Münzen, Knöpfe e^e.
Dnrehsiehtlgkelt. die Eigenschaft der
Körper, das Licht durchzulassen« ist nie-
mals absolut; Seewasser wird bei 680' dicker
Schidht undurchsichtig, Luft von der iHch-
tigkeit der Atmosphäre am Boden bei 3
Mill. Fuss Höhe. Farbige Körper sind nur
für bestimmte Lichtstrahlen durchsichtig.
Ein blaues durchsichtiges und ein rothes
durchsichtiges Olas auf einander gelegt
können Tollständig undurchsichtig sein. Bei
Mineralien unterscheidet man : durchsichtig,
halbdurchsichtig, durchscheinend, kanten-
durchscheiueud, undurchsichtig.
Dnrehsachnngsreeht, die Befugnlss zum
Anhalten und Durchsuchen von Kauffahr-
teischiffen und anderen in Privatbesitz be-
findlichen Fahrzeugen auf Kontrebande oder
wegen Verletzung der Quarantäne und son-
stiger polizeilichen Vorsphriften , bes. auch
im Krieg zu Aufirechthaltung der Neutralität
und gegen der Seeräuberoi oder des Sklaven-
transports Yerdächtfge Schiffe in beS. Kon-
ventionen, so 29. Mai 1845 zwischen England
und Frankreich vereinbart.
Bnrham (spr. DÖrrem), Grafsch. im nördl.
England, 45*/« QM. (davon 27 Steinkohlen-
feld) mit 508,666 Ew. Die Hauptst. D., am
"Wear, 14,088 Ew.; Universität, Kathedrale.
BurlacOy Stadt im bad. Kr. Karlsruhe, an
der Pfinz, 5687 Ew.; Schloss, Fabriken. Bis
1517 ttesld. der Markgrafen von £aden-D.
Dniro (Piaster, Dollar), neue Silbermünze
in Spanien, = 2 Escudos == 20 Realen =
200 Decimas = 1 Thlr. 12»/« Sgr. Vgl. Dollar.
Duroc (spr. Dürock) , 3Iichel, Herzog von
FHaul, j&eneral des ersten franz. Kaiser-
reichs, geb. 25: Okt. 1772 zu Pont-Ii-Mousson,
machte' die Expedition nach Aegypten mit,
ward nach dem 18. Brnmaire mit mehreren
diplomat. Missionen betraut, dann Divisions-
general und bei Napoleons T. Thronbestei-
gung Grossmarschall des Palastes, begleitete
als des Kaisers Liebling diesen in den fol-
genden Feldzügen; fiel 22. Mai 1813 am
Abend nach der Schlacht bei Bautzen.
Dnrra (Durrahirse, Moorhirse), s. Sorghum,
l^ursty heftiges Verlangen nach Aufnähme
von Flüssigkeit, entsteht nach grossen
'Wasserverlusten , reichlicher Harn- und
Schweissabsonderung, Diarrhöen, fieberhaf-
ten Krankheiten, anhaltendem Sprechen etc.
Trockne Zunge und Hals, in hohen Graden
heisei*e Sprache, Schlingbeschwerden, rascher
Puls, grosse Erregung bis zum Irrereden,
Tod. Salze, auch gewisse Getränke, bes.
Branntwein, vermehren den D. Beste Lin-
derung durch kühle Getränke, Säuren.
Dnreyrler (spr. Düwerieh), Henri, franz.
Reisender, geb. 1817, bereiste 1SS9 das franz.
NordafHka und die westl. Sahara, darauf
1860 das südl. Tunesien bis zur kleineu
Sy rte und auf einer zweiten Tour das Tnarek-
land und sUdl. Tripolitanien bis Murzuk.
Seine Reisen sind für die Kenntniss der ge-
638
Dux — Dzierzon.
nannten L And er Ton greiser Wichtigkeit.
Sehr. (Exploration du Saliara etc.' (1864).
Bvx (lat.), Anführer eines Ueerestheils ;
im Mittelalter s. y. a. Herzog.
Dnx, Stadt im böhm. Kr. Leitmerits, 2166
Ew.; ber. Scbloss des Orafen Waldstein
mit gr. Bibliothek, Oemäldegallerie, Kanst-
und andern Samminngen.
Bir^rkti (Dtekiget), Hafenst. inderostind.
Landsch. Gndscherate, mit dem berühm-
testen aller Krischnatempel.
Dwina 9 gröBSter schiffb. Strom im nördh
Rnsslaud, entsteht im Gonvern. Wologda
aus der Suchoua und dem Jng, fliesst gen
NW., mundet unterhalb Archangel ins weisse
Meer; Inselreicher Liman. Länge 208 M.
Kebeoflüsse: Waga (links), Pinega (rechts);
durch den Katharinenkanal und kubens-
kischea Kanal mit der Wolga verbunden.
hjce (spr. Deis) , Jlex, , engl. Literar-
historiker, geb. SO. Juni 1798 zu Edinburgh,
t Mai 1869 zu London; bes. verdient durch
seine Arbeiten über Shakespeare (z. B.
jRemarks on Colliers and Knights editions
of Shakespeare* 1844) und seine krit. Aus-
gaben des Dichters; auch Herausgeber von
Beaumont und Fletcher, Marlowe u. A.
Dyek, Maler, s. VanDyck,
Dynimik (gr.), Theil der Mechanik, wel-
cher sich mit den Gesetzen der Bewegung
der Körper beschäftigt , speciell die Lehre
von der Bewegung fester Körper.
DjrBamIt. Sprengpräparat, besteht aus 75
Th. Nitroglycerin und 25 Th. Kieseiguhr,
ist weniger gefährlich als Nitroglycerin,
theilt sonst dessen Eigenschaften und wirkt
viel kräftiger als Pulver. Vorsicht ist bes.
bei gefromem D. nöthig. Findet in Berg-
werken vielfach Anwendung.
Dynamometer (gr.), Kraftmesser, Yorrich-
tung zur Messung der zu einer Arbeit auf-
gewendeten Kraft, z. B. der Zugkräfte von
Thieren, welche man auf vollkommen elasti-
sche, mit einem Zeigerwerk versehene Federn
wirken lässt. Zur Bestimmung der Arbeiten
der Kraftmaschinen dient der Br«m«d^amo-
meUr oder pronysche Zaum, bei welchem
eine Bremsvorrichtung gegei) eine rotirende
Welle gepresst wird.
Dyrrhachinm» Stadt, s. Durano»
Dysenterie^ s. Buhr,
Dyskrasie (gr.), fehlerhafte Mischung der
Körperbestandtheile, bes. des Bluts und der
Lymphe. In der älteren Zeit wurden sog.
«Schärfen im Blut' als Ursache aller Krank-
heiten angenommen, ohne dass man über
diesefben irgend welche Kenntnlss hatte.
D. entsteht durch Vergiftungen mit metal-
lischem (Blei, Quecksilber) oder organischen
Stoffen (Pocken» Hundswuth, Syphilis),
durch unbekannte Kontagten (Wechsel-
fleber, Typhus, Pest, Cholera) oder im
Körper selbst vorgehende Veränderungen
(Gicht, Harnruhr, Wassersucht, An&mie,
Marasmus). Behandlung und Beseitigung
der Ursachen, g^en einzelne (Syphilis,
Chlorose) specifische Mittel, Regelung der
Diät zur Kräftigung des Organismus.
Dyimenorrh9e (gr., Colica uteri menstrua-
lis). Jede Unregelmässigkeit, bes. Schmerz-
baftigkeit der monatlichen Reinigung ; . meiat
bedingt durch Blntarmuih (s. Anämie) oder
durch Lageänderungen (Knickungen nnd
Drehungen) der Gebärmuttor; veranlasst
oft psychische Störung. Behandlung Je nach
der Ursache durch innere Mittel oder me-
chanische Einwirkung (Pessarien).
Dyspepsie (gr.), Verdauuugsstömnsi ent-
weder infolge unpassender oder in unge-
eigneter Menge genossener Nahrungannittel
(d. ab ingestls), oder infolge fehlerhafter
Beschaffenheit des Verdauungskanala (chro-
nischer Magen- und Dannkatarrh) , mangel-
hafter Sekretion des Speichels, der Zelle
(Leberkrankheiten), des Pankreassaftes. Bei
längerem Bestehen derD. leidet der glänze
Körper wegen mangelnder £mälirung.
Symptome: Appetitlosigkeit, Gefühl von
Schwere im Magen, Erbrechen, Verstoxrfnn-
gen oder Diarrhöen. Behandlung: strengste
Diät, bes. Vermeiden fester, sehr kalter oder
heisser Speisen, von Fetten nnd Säuren.
Dysphagie (gr.), erschwertes Schlingen,
durch Mund- und Halsentzündungen, Läh-
mung der Schlundmuskulatur, Geschwüre
oder Gesell Wülste (z. B. Krebs) der Speise-
röhre bedingt. Sind leichte Entzündungen
die Ursache, so schwindet die D. nach Hei-
lung derselben sehr rasch. In schweren
Fällen (Narben nach Schwefelsäurevergif-
tung, Krebs) oft Gefahr des Verhungems,
wenn nicht durch die Schlundröhre Speisen
in den Magen gebracht werden können.
Dyspnöa (gr.), Engbrüstigkeit, s. Asthma,
Dysurie (gr.), Harubesch werden.
Dyveke (Täxibchen von Amsterdam genannt),
Geliebte des Dänenkönigs Christian H.,
geb. 1488 zu Amsterdam, Tochter der
Schenkwirthin Sigbrit Wylms, seit 1513 in
Kopenhagen ; f 1516. Vielfach in Werken
der Dichtkunst gefeiert (dram. von H. Jffarg-
graff. novellist. von L. Schefer n. A.).
DzierzODy Johann, Bienenzüchter, geb. 16.
Jan. 1811 zu Lobkowitz, seit 1835 Pfarrer in
Karlsmarkt bei Brieg, Erfinder der beweg-
lichen Waben und verdient um die Natur-
geschichte der Bienen. Sehr. .Theorie und
Praxis des neuen Bienenfrenndes* (1848,
Nachtrag 1852); .Bienenfreund* (1854—56);
«Rationelle Bienenzucht' (1861),
E — ' Eberhard.
630
E.
E. 9 auf preu9i. Münzen die Münzst&tte
König^aberg , auf Österreich. Karlsburg.
Eagle (engl., spr. Iligl)i Adler. Goldmünze
in den Vereiu. Staaten, s= 10 Dollars.
Eftrl (spr. Erl), engl. Adelstitel, etwa
8. V. a. Graf, bezeiolinete bis Mitte des 14.
Jahrh. die höobste Stufe des engl. Adels,
seit 1346 die zweite, seit 1S86 die dritte,
gegenwärtig blosse Standesauszelchnung.
East (engl., spr. Ikst), Ost.
Eastlftke (spr. Ihstlehk), Cliarle», engl.
Maler, geb. 1793 zu Plymoutli, war längei'e
Zeit in Rom, ward 1850 Pi'äsident der
londoner Akademie, 1855 Direktor der
Natioualgallerle; f ^^^ ^u Pisa. Land-
sclinfteu, Genrebilder, Historien.
Eatt-Main (spi*. Ihst-Mehu), der östl.
Theil des Hudsousbaiteridtoriums.
East-Meatli (spr. Ihst-Miht), Grafsch. iu
der irläud. Prov. Ulster, 421/« QM. und
110,341 Ew. Hauptst. Trim.
East-Kidingf (spr. Ihst-Rei-)t ^^ ostl.
Bezirk der engl. Grafsch. York.
East - BiTOr (spi*. Ihst - Riwwer) , Strasse
zwischen Long-Island-Sonnd und dem Hafen
von Nuwyork, trennt dlesse von Brooklyn
und von Williamsburg; 4 M. lang.
Ean (fi*., spr. Oh), Wasser, in der Par-
fumerie und Pharmacie deatillirte Wässer.
£. de Javelle (spr. dö Schawell), javellesche
Lauge, Fleck wasser, Lösung von unter-
clilorigsaurem Kali oder gewöhnlichem Na«
tron. E. de Labarracgue (spr. -ahk), Fleok-
wasser, Lösung von uuterchlorigsaurem
Natron, durch Zersetzung von Glilorkalk-
lösung mit Soda und Filtration, oder durch
Einleiten von Chlor in Sodalösung dar-
gestellt; dient zura Bleichen und Reinigen
der Wäsche, gewöhnlich unter dem Kamen
£. ,de Javelle.
Ebaache (fr. spr. -bösch), erster Entwurf.
Ebbe 9 Höheu'/ug des Sauerlaudes in
Westplialen, zwischen Sieg, Ruhr u. Lenne ;
im Nordselle 2011' h.
Ebbe ond Flath (Tiden, Gezeiten), das
durch die anziehende Kraft des Mondes
und der Sonne bewirkte regelmässige Fal-
len u. Steigen des Meeres, welcher Wechsel
periodisch alle 6 St. 12i/a Min. eintritt, so
dass binnen 24 St. 50 M,in. (innerhalb der
Zeit zweier aufeinander folgenden Kulmina-
tionen des Mondes) der Stand des Meeres
2mal ein höchster (FltUh) und 2mal ein
niedrigster (Ebbe) ist. Der Höhenunter-
schied zwischen £. und F. ist am gröss-
ten zur Zeit des Neu- und Vollmondes
(SprinffßiUh) , am kleinsten zur Zeit der
Yiertel (Nijfpßuth); im Laufe des Jahres
treten die höchsten F.en zur Zeit der
Nachtgleichen ein, und worden bes. hoch,
wenn zugleich der Mond sicit in der Erd-
nähe befindet. Die F. bildet gleichsam
eine grosse Welle, die, dem Laufe des Mon-
des folgend, sich von O. nach W. um die
Erde bewegt; doch wird der Gang der-
selben durcb die Konfiguration der Kon-
tinente manniclifach modificlrt, so dass
für fast alle Orte die Zeiten der F. ver-
schieden sind. Die FluUih6he ist nicht
überall gleich ; im Allgemeinen in den
Tropen- und Polargegenden geringer als
in den gemässigten Zonen. Zwischen den
Tropen steigt sie bei manchen Inseln nicht
über 1', bei St. Helena 3', an den Küsten
durchschnittl. 6', in den gemässigten Zonen
18—20', in der nördl. kalten Zone bis 13'.
Am höcbsteu steigt sie in engen Kanälen,
z.B. bei Bristol 40-50', iu der Fundy-
bai (Neuschottlaud) 55 — 70*. In Binneu-
meereu sind die Gezeiten unregelmässig
und kaum bemerkbar (Mittelmeer bei Vene-
dig ca. 2', Ostsee 2i;a" Fluthböhe). In den
Flüssen dringt die aufsteigeude F. oft weit
aufwärts (Elbe bis Laueuburg, Themse bis
oberhalb London). Gefahrlich sind Sturm-
fluthen, die z. B. an der deutschen Nord-
seeküste bei West- und Nordwestwiud bis
24' über den mittlem Wasserstand gegangen
sind. [weites Panorama.
Ebenal^, Alpe im Kant. Appenzell, öOöO',
Ebenbürtigkeit 9 Standesgleichheit der
Geburt nach , gegenwärtig bei Eingehung
einer Ehe nur noch bei den souveränen u.
mediatlsirteu oder standesherrlichen Fa-
milien von Bedeutung.
Ebene 9 in der Geometrie eine Fläche,
auf der man von einem jeden Punkte aus
nach Jeder beliebigen Richtung hin eine
gerade, iu der Fläche liegende Linie ziehen
kann. Ihre Lage wird durch 3 nicht in
gerader Linie liegende Punkte bestimmt.
EbenholZ) Name verschiedener tropischen,
dichten, harten, mehr oder weniger schwar-
zen Hölzer. Afrikan. E. von Diospyros
Ebenum ; ostindisches von D. melauoxylon,
Ebeuaster u. tomentosa; Kalamander- oder
Kalambonlholz von D. hirsuta; gestreiftes
oder marmorirtes E. von D. moutana und
melanida; grün Hellbraunes, amerlkau. von
Brya Ebenus; grünes ostindisches von D.
chloroxylon; braunes oder rothes £., Grena-
dillholz aus Westindien (von ?); austra-
lisches £. von Acacia melanozylon.
Ebeuist, Kunsttischler.
Eber, männl. Schwein, bes. Wildschwein.
Eberbaeh» ehemal. Oistercienserabtei iu
Nassau, bei Eltville, Jetzt Domäne; her. durch
EbereHche» s. Sorbm. [Weinbau.
Eberhard 9 würtemb. Dynasten: 1) E. II.
der Greiner oder Bauaehehart , Graf von
Würtemberg seit 1343, focht gegen den
Kaiser, die Schlägler und die verbündeten
Städte ; f 1^* März 1392. — 2) E. im Bart,
erster Herzog von Würtemberg, geb. 1445,
Soltn des Grafen Ludwig des Aeltem. setzte
sich mit Hülfe des Kurfürsten Friedrich
von der Pfalz in den Besitz seines Erbes,
ward dann ein trefflicher Regent, machte
durch den Vertrag von Münsingen 1482 die
UatbeUbarkeit 4e9 Lances %rxTa\ FaiuiUeQ*
540
Eberhard — Echo.
gmndgetiAtz, Schopfer der gtändlaclien Ver-
fassung Würtembergs, Freund der Wissen-
Bchftften, Gründer der Universität Tübingen,
Hanpt des schw&b. Bundes, Yon Müximilian I.
1495 Enm Henog erhoben ; f kinderlos 1496.
Eberhard y 1) Konrcidt Bildhauer und
Maler, geb. 25. Nov. 1768 eu Hindelang Im
Allgan, t IS* M<^n ^^^ <^1" ^^^' <"> ^^^
Akademie zu München. Der Ente, der
wieder die christl. Richtung in der Kunst
einschlug. Werke von ihm in München,
Nymphenburg und Regensburg. Sein Bru-
der Fraiu E., geb. 1767, f 1836, nahm an
setnen Arbeiten mehrfachen Theil, auch
selbständiger Künstler. — 2) Aug, Gotüob,
beiletrist. Schriftsteller, geb. 1769 in Bei-
zig, t 13. Mai 1845 in Dresden. Unter
seinen Schriften (1830—31 , 20 Bde.) am be-
liebtesten die Dichtung «Hannchen und die
Küchlein* (20. Aufl. 1864).
Ebemburgy Dorf in der Rheinpfalz, an
der Nahe , 549 Ew. ; dabei Jiuine E. , einst
Burg Franz von Slcklngens, der hier Ulr.
von Hütten u. A. aufnahm.
Ebenibfteli,Dorf im sächs.Regbz. Bautzen,
6645 Ew. , Hauptsitz der Demicottonsfabr.
Ebersdorfy Marktfl. im Fürstenth. Reass-
Schleiz, 100» Ew. (fiOO Hermhuter) ; bis 1848
Residenz des Fürsten von Reuss-Lobenstein-
Ebersdorf; Herrn hutererziehungsanstalt.
EberswAlde^ Stadt, s. Keustadt-BbemoctUU.
Ebert, Karl Egotiy Dichter, geb. 5. Juni
1801 iu Prag, lange Zeit Bibliothekar zu
Donaueschingen , lebt seit lfö4 In Prag.
Als Lyriker und Balladendichter ausge-
zeichnet, behandelt vorzugsweise Stoffe aus
der böbm. Geschichte und Sage. ,Dich-
tuDgen* (3. Aufl. 1845); ,WIasta, böhm.-
nation. Heldengedicht' (1829); ,Das Kloster,
idyll. Erzählung' (1833); .Fromme Gedanken
eines weltl. Mannes* (1859).
Eberwein , 1) Traugolt Max. , Komponist,
geb. 27. Okt. 1775 in Weimar, f 2. Dec.
1831 als Kapellmeister in Rndolstadt. Sehr.
Messen, Kantaten, Instrumentalsachen. —
2) Karl, Bruder des Vor., geb. JO. Nov.
1784, Yiolinvirtuos und Musikdirektor in
Weimar; t das. 2. März 1868. Sehr. Opern
(Holteis ,Lenore'), Gesänge, Violinsachen.
Ebloniren (flr.), blenden, verblüffen.
EtiÖliy Anna de Mendosa, Fürstin von,
Tochter des Vicokönigs Mendoza von Peru,
Herzogin von Francavilla und Fürstin von
Melito, geb. gegen 1535, vermählte sich
mit Rui Gomez de Sylva, Fürsten von E.,
Günstling Philipps II. von Spanien, Ge-
liebte des letztern und zugleich des Staats-
sekretärs Antonio Perez, Mittelpunkt vieler
Intriguen; f verachtet. Ygl. Mignet, ,Ant.
Perez et Philippe II*, 1845.
Ebonit, s. Kautsehnk» [England.
Eborienmy röm. Name der Stadt York in
Ebro (Iberu$), Fluss in Spanien, entspr.
auf dem kantabr, Gebirge, strömt südöstl.
durch Navarra (Tudela) und Aragonien
(Saragossa) und mündet unterhalb Tortosa
ins mitteiländ. Meer. Länge 90 M., höchstens
zur Hälfte schiffbar, Stromgebist 1200 QM.
Nebenflüsse links: Aragon, Gallego, Sogre,
rechts: Jalon, Guadalope,
Eeee hoaio (lat., d. i. Seht, welch ein
Mensch!), Bezeichnung von bildlichen Dar-
stellungen des leidenden Heilands, rührt
von dem bekannten Ausruf des PilatOB her.
Eeelesift (lat., y. Gr.), Kirche; €, ßLialit,
Tochterkirche; «. mater, Mutterkirohe; e.
mUUana, streitende Kirche.
EeeletJUurtes (gr., hebr. KoheUih, lat. Oon-
cianator), der Sprecher, griech. Name des
alttestamentl. Buchs ,Prediger Salomo*.
EcelesiMticiu (gr.), Geistlicher; in der
Vulgata Name des Buchs ,Jesua fiirach*.
Kchappemeiit (tr., spr. Eschappmins)* das
Entweichen; in Uhren die HemmmfiT-
EeliMiffeMeiit (f^., spr. Eschoffmins), Er-
hitzung; echaufßren, erhitzen.
l^ch^M (fr. , spr. Escheangs) , Yerfall-
zeit (eines Wechsels).
Eehee (fr., spr. Escheck), Schachspiel;
auch Schaden, Yerlust; J?.«, die Ffg:tiren
des Schachspiels. Et» 4, halten, ein feindlichem
Corps so beschäftigen, dass es im entachel-
donden Augenblick nicht thätig sein kann.
Echellei. Lee (spr. Eschell), Grensatadt
im franz. Depart. Savojen, au der Strasse
nach Lyon, 813 Ew.; her. Eng^ass, der
Schlüssel von Savoyen.
Echeloiu (fr., spr. Sschlong), Staffeln,
die Abtheiluugen einer gebrochenen Linie
von Truppen , welche in der Weise hinter
einander aufgestellt sind, dasB sie einander
um ihre eanze Frontlänge überflügeln.
Echlnaaen (Echinae, a. G.), Inselgruppe
im Jon. Meer, Jetzt Kurzolarünseln.
Echiniten, versteinerte Seeige! (s. d.).
Echlnodermatft, Stachel- oder Igelh&uter,
Ordnung der Strahlthiere, umfasst Seeigel,
Seestenie und Haarsterne.
EchinoTdeiiy s. Seeigel.
Echinvs (lat.), Igel; Vormagen; in der
Baukunst das elfdrmig geschweifte, den
Ab«icus tragende Glied der Kapitale.
Echlqnier (fr., spr. Eschikieh), Sehach-
bret; en i. atifetellen ,• die verschiedenen
Truppentheile in zwei oder mehr Ldnien
hinter einander so aufstellen, dass die
Massen der hintern Linie immer die Lücken
der vordem Linie in einem gewissen Ab-
stände decken.
Eehites Oh. ( Klammersir auch) , Pflansen-
gattung der Apocyneen. E. snberecta Jacq.,
Savannen-, Aurorablume, Strauch in Jamaika,
gilt für die Stammpflanze des Woorara-
giftes. Andere Arten in der Heimat medi-
cinisch verwerthet, bei uns Zierpflanzen.
Echlnm L. (Natterhopf) , Pflauzengattung
der Asperifoliaceen. E. vulgare L. (blautr
Heinrich)^ früher ofBclnell. Zierpflanzen.
Eeho (gr.). Wiederhall, der von einer
Wand zurückgeworfene Schall; wird an
der Stelle, wo der Ton erzeugt wurde, nur
dann vernommen, wenn die reflektirend«
Wand senkrecht zur Richtung der sie
treffenden Schallstrahlen steht; die ge-
ringste Entfernung, bei welcher ein E. ent-
steht, ist etwa 66^ (einsilbiges E.), bei wei-
terer können mehrere Silben im E. unter-
schieden werden. Mehrfaches E. entsteht
durch mehrere ungleich weit entfernte oder
zwischen zwei parallelen Wänden.
Echaen — ifecuyer.
541
Eehieiiy s. Saurier,
Echternach, Stadt in Luxemburg, au der
Sauer, 4026 £w. Zu Pfingsten t>«r. ,Spiing-
proaeMioD* (oft 10,000 Theilnehmer).
Eeijft 9 Stadt in der span. Fror. Serilla,
33,700 £w.; hoissester Ort Spaniens.
Eck 9 Joh. Mayr von, Gegner Luthers,
geb. 1486 zu Eck in Schwaben, Doctor der
Theologie, Kanonikus in Eiohstädt und
Prokansler der Uniyersit&t xu Ingolstadt,
disputirte mit Karlstadt und Luther 27.
Juoi Ms 16. Juli 1519 su Leipzig, ging 1520
nach Rom, brachte yon da die Verdam-
mungsbulle gegen Luther sufück, wohnte
1530 dem Reichstage zu Augsburg bei, be-
theiligte sich an den Religionsgesprachen
zu Worms 1540 u. Regensburg 1541; t 1553.
Vgl. Wiedenaim, ,Dr. Job. £.', 1865.
Eckardt, Ludwig, Aesthetiker u. Wander-
Torleser, geb. 1827 in Wien, ging infolge
seiner Betheiligung an der Revolution yon
1848 in die Schweiz, ward Docent der
Aesthetik der Universität Bern, 1860 Prof.
in Luzem; 1862—64 Hpfbibliotbekar zu
Karlsruhe, darauf Redakteur des radikalen
,Deutsohen Wochenblattes' das. ; seit 1868
wieder in Wien; f 1* Febr. 1871 zu Tetschen
in Böhmen. Sehr, mehrere Dramen, ,yor^
schule der Aesthetik* (1865, 2 Bde.) u. A.
Bingr. yon Arnold (1867).
Eekftrtstoerga, Kreisst. im preuss. Regbz.
Merseburg, au der Finne, 1913 Ew.
Ecken Ausfahrt , altdeutsches Epos aus
dem Sagenkreise Dietrichs von Bern; jüngere
Bearbeitung davon im ,I{eldenbuchS
EckermauB, Joh. J^er, geb. 1792 zu
Winsen in der preuss. Prov. Hannover,
seit 1823 in Weimar als Goethes Privat-
sekret&r; f das. 3. Deo. 1854. Am bekann-
testen durch die ,Gespräche mit Goethe' (3.
Aufl. 1868) ; auch Herausgeber von Goethes
, Nachgelassenen Werken*.
Eekenf5rde , Kreisst. im preuss. Regbz.
Schleswig, zwischen einem Busen der Ost-
see und dem Wiudebysee, 4953 Ew.; Hafen,
Seefischerei, SchiflTbau. 5. April 1849 Sitg
derschlesw.-holstein. Strandbatterien über
die dän. Schilfe Christian VIIL und Gefion
(ersteres ward in die Luft gesprengt).
Eekhard (der treue E,), Gestalt der deut-
schen Heldensage, kommt noch jetzt in
thüring. und hess. Volkssagen vor; auch
von Tifck im ,Phanta8Us' behandelt.
Eekhofa Konr., her. Schauspieler, geb.
12. Aug. 1720 zu Hamburg, zuletzt Direktor
des Hoftheaters in Gotha; f das. 16. Juni
1778. Der eigentl. Schöpfer der deutschen
Schauspielkunst, im Tragischen und Ko-
mischen gleich ausgezeichnet.
Eekm&kl (Eggtmihl), Dorf in Nieder-
bayem, an der Laber; 28. April 1809 Sieg
Napoleons über Erzherzog Karl von Oester-
reich. Davoust wurde wegen seiner Tapfer-
keit zum FUreten von K ernannt.
Eclalrtvrz (fr., spr. -kläröhr), Tirailleurs,
welche die Spitze der Vorhut der feindl.
Vorposten vertreiben u. den W^eg reinigen.
Kelat (fr., spr. -klah), Glanz, Schein.
JEklataM, mit £. hervortretend, auffällig.
Ceonev («pr. £kiian(|;), Flecken im franz.
Depart. Seine- Oise, bei Paris, 1282 Ew.;
prachtv. Lustsobloss, unter Franzi, erbaut.
Een (fr., spr. Eküh), Schild, franz. Münze,
gewöhnlich mit Thaler übersetzt.
Ecuador (Quito), südamerik. Freistaat,
zwischen Peru und Neugranada am stillen
Ooean , 10,266 QH. u. 1,108,080 Ew. (601,219
Weisse, 462,400 Indianer, im Uebrigen
Mischlinge und Neger); Geblrgsland, von
den Gordilleren von Quito durchzogen (s.
OordiUeren), reich an Urwäldern, Flüssen
u. Seen; Klima nach der Höhe wechselnd,
von trop.- feuchter Hitze bis zu Eiseskälte.
Produkte: Gold (in den Flüssen), Silber,
Quecksilber, Petroleum, .geschätzte Bau-
und Tischlerhölzer, Färbe- u. Heilpflanzen,
Baumwolle , Kakao , Kaffee , Zuckerrohr,
Bananen etc.; Schildkröten (bis 2 Gtr.
schwer). Einfuhr 6,7 Hill., Ausfuhr 5,6
MlU. Thlr. Exportartikel: Kakao, Baum-
wolle, Strohhüte, Ohinarinde, Gummi.
Staatseinnahme (1869): 1,401,300 Piaster,
Ausgabe (1865): 1,399,672 Piaster (jk 5 Frcs.
30 Cent.). Staatsschuld: 19,7 Hill. Thlr.
Stehendes Heer 3150 Mann. Staatsreligion
die röm.-kathol. (Erzbischof in Quito);
geistige Bildung mangelhaft (Universität
zu Quito). Industrie im Fortschreiten be-
grifTen. Eintheilung in 12 Provinzen.
Hauptst. Quito; Handelsplätze Riobamba,
Imbabarra. — £hedem zum Inkareich ge-
hörig, fiel £. mit diesem an die Spanier
und bildete einen Theil des span. Vice-
könlgreichs Neugranada. Nach einzelnen
Aufstandsversuchen 1809 und 1818 führte
die 1820 zu Gunyaqnil ausgebrochene Re-
volution durch Bolivars Eingreifen zur Un-
abhängigkeitserklärung und zu Einverle^•
bung des Landes in die Aug. 1821 errichtete
Centralrepublik Columbia. Darauf innere
Kämpfe und Mai 1830 Konstitution als un-
abhängige Republik unter dem General Juan
Jos 6 de Flores. Die weitere Geschichte eine
unnuterbroehene Reihe vouRevolutionen und
Kämpfen mit den Nachbarrepnbliken , ins-
besondere mit Peru. Die Verfassung von
1835 (Präsident vollziehende, Kongress von
zwei Kammern gesetzgebende Gewalt) ward
durch die 31. März 1848 proklamirte im
Wesentlichen beibehalten. Flores, 1843 zum
dritten Mal Präsident, Haupt der konserva-
tiven Partei, musste 1845 infolge der Er-
hebung der Liberalen das Land verlassen.
1851—60 Herrschaft der ultraderookrat. Par-
tei. 8. Aug. 1860 Sieg der Konservativen
unter Flores bei Babahoyo , Garcia Moreno
Präsident. Seitdem ruhigere Zustände. Nov.
und Dec 1863 Krieg mit Neugranada wegen
der von diesem erstrebten Wiederherstellung
der Centralrepublik Columbia. 1864 und 1865
vergebliche Versuche der demokrat. Partei,
die Regierung zu stürzen. 1866 Bündniss
mit Bolivia, Chile und Peru gegen Spanien.
März 1869 Revolution in Guayaquil unter-
drückt. April 1871 Adresse an die pariser
Commune. Vgl. VillaiHcencio, ,Geogr. de
la republica del Ecuador', 1858.
tcujet (fr., spr. £ki]\jeh;, Schildknappe,
jetzt Stallmeister; Grand »B.» Grossstall-
meister, HeichswürdQ uuter Napoleon I,
542
Edda — Edom.
Edda (Island., d. f. Üraltermtitter), Name
von 2 wichtigen Sammelwerken der alt-
uord. Literatur: 1) Die ältere JE. (angebl.
gesammelt • von S&mund Sigfusson , t ^^"^
1100), eine Samminng epischer Heldenlieder,
meist aus dem 7. und 8. Jahrb., noch beute
die voll ständigste Quelle der germanischen
Götl^rpoeeie (der Pergamentcodex in Kopen-
hagen; Handausgaben von Mimch 1847,
JUÖbive 1860; Uebersetznng rou Bimrot^k, 3.
Aufl. 1864). 2) Die jüngere E. (dem Island.
Oeschicbtschreiber Snorri Sturluson zuge-
schrieben, 1 1241), theils prosaische mythol.
Brzählnngen, theils Regeln der Skalden-
kunst enthaltend (Ausg. von SveinhjJUtfi
Bgih$on 1848-49). Die ältere £. ward 1643
vom Island. Bischof Brynjolf, die jüngere
1628 von Amgi-im Johnson anfgeftinden.
Edder (£ier;, Nobenfl. der Fulda, kommt
vom Westerwalde , mündet bei Gnntershati-
sen; 15 M.; Goldsaud (Sderdukaten 1775).
Eddystone (spr. Eddistohn), Felsenriff im
Kanal, vor dem Busen von Plymonth; seit
1759 her. Lenchtthurm.
Edelinky Gerard, her. Kupferstecher, geb.
1649 zu Antwerpen, f 1*^07 zu Paris. Bes.
ausgezeichnet seine Porträts n. Stiche nach
Raphael und Leonardo da Vinci.
Edelsteine 9 durch Glanz, Reinheit und
Härte der Masse, Schönlieit der Farbe,
Durchsichtigkeit und Lichtbrechungsver-
mögen ausgezeichneter Mineralien. Gang'
ede/«fetne(gfmmae): Diamant, edle Korunde
(Rubin, oriental. Smaragd und Ohrysolith,
Saphir, orient. Amethyst, Aquamarin, Hya-
cinth u. Topas, weisser n. Sternsaphir, orient.
Oirasol), Aquamarin, Smaragd, Chrysoberyll,
Spinell, Topas, Türkis, Turmaliu, Granat,
Opal , Hydrophan , Zirkon , Ohrysolith,
Cordierit. Halbedelsteine: Bergkrystall,
Amethyst, Aventurin, Achat, Gha Icedon,
Karneol, Ohrysopras, Onyx, Heliotrop,
Jaspis , Katzenauge, Kaschelong, Nephrit,
Oyanit, Lasurstein, Adniar, Amazonenstein,
Aventurinfeldspath, Labrador, Lava, Fluas-
spath, Malachit. Die £. werden gespalten,
zersägt, mir Diamantpulver oder Schmirgel
auf rotireuden Metallscheiben geschlifTen,
polirt, gefftsst, nud zwar k Jour mit frei-
bleibendem Untertheil oder im Kasten und
dann oft mit untergelegter, dit* Farbe heben-
der oder verändernder Folie. Vgl. Doublette.
Kilfutiiche £. stimmen in der Zusammen-
setzung mit den ächten uberein (Korunde,
Spinell, Smaragd, Topas, Granat) «oder sind
gefärbte Glasflusse. Der Werth der £. ist
merklich im Sinken begriffen. Pari*« ist der
Weltmarkt für £. Amsterdam Sitz der
Schleiferei. Vgl. die Schriften von J3lum
(1835\ Kluge (1860). Schratif (1869).
Eden. s. Paradies.
Edenkoben 9 Stadt in der bayer. Rhein-
pfalz, bei Landau, 5103 Ew.; Mineralquelle,
Weinbau. [Zahnliicker,
Edentatily Ordnung der Säugethiere , s.
EdeSM (jetzt ürfa), altberühmt« Stadt im
nördl. Mesopotamien, östl. von Bir, am
Euphrat, 30,000 £w. (2000 armen. Christen) ;
SaxAanfabrikatiou. Nach der Sage von Nim-
rod erbaut, blühte zur Zeit Alexanders
d. Gr. (CaXUrhce, daher arab. und syr. Boka,
Urhoi), ward 137 v. Chr. Hauptstadt des
edeasenischen (osrhoSnisohen) Meich», 216
n. Chr. röm. Militärkoloide , Sitz christl.
Schnlen, dann Beute arab. Khalifen, 640
der Seldschukon, im ersten Kreuzzug 1097
durch Balduin Hauptst. der gleichnamigen
Graf seh. £. (bis 1144); nach vielen Wechsel-
fällen seit 1637 türkisch.
EdeBsenlBChes Bild, Marienbild, das nach
der Sage Christus selbst durch blosses Ab-
wischen des Gesichtes der Maria einem
Tuch aufdrückte und dem Konig Abgar von
Edessa sendete.
Edftt (A0ieh, kopt. A&>o, ehedem ApeUi-
nopolis Magna), Stadt In Oberägypten, am
Nil, 2000 Ew.; dabei guterlialtener und
stattlicher Tempel des Horus (Apollo), 222
V. Chr. gegr., reich an Dokumenten für die
alte Oeograpliie Aegyptens.
EdgewoTtn (spr. £dsch-), Maria, engl.
Schriftstellerin, geb. 1. Juni 1767 in Berks,
t 21. Mai 1»49 zu Edgeworthstowu in Irland.
Veri. trefflicher Jugendschriften und zaiilr.,
bes. auf Irland bezüglicher Tendenzromane.
Edikt Hat.), öffentl. Bekanntmachung.
Ediktalien (Ediktaldtation oder Ediktal-
ladnng), öffentliche, durch Anschlag: an
mehreren Gerichtsstellen und Eiurückung
in öffentl. Blätter bewirkte gerfchtiiche
Vorladung, erlassen, wenn der Aufenthalt
des Vorzuladenden unbekannt oder unbe-
kannte Interessenten, z. B. Gläubiger,
Erben etc., zur Wahrnehmung ihrer Rechte
aufzufordern sind.
Edikt ronTiantes, Urkunde, durch welche
König Heinrich Iv. von Frankreich den
Hugenotten 1598 freie Religionsühnngr ge-
stattete, nach Heinrichs Tode vielfach ver-
letzt, von Ludwig XIV. 1683 widerrufen.
Edinburgh, Hauptst. von Schottland, un-
weit des Firtli of Forth , am Leith , sehr
malerisch gelegen, 175,128 (mit der Hafen-
stadt Leith 208,756) Ew. Die Altstadt un-
ansehnlich, die Neustadt impnnireud schön;
bemerkeus werth; das Reiclisarchiv, die
Börse, Holyroodhouse (alte Residenz der
Schott. Könige, dahinter Arthurs Sitz,
s. d.), Universität (1582 gestiftet), Stern-
warte. Monumente von Lord Melville, W.
Scott, Pitt, Nelson. Viele gelehrte Gesell-
schaften; zahlr. Wohlthätigkeitsanstalten
(George- und Heriots- Hospital, Hospital für
arme Kinder etc.); ausgedehnter Handel;
nächst London Hauptsitz des brit. Buch-
haudels. Am westl. Ende das alte feste
E.' Castle, der älteste Tlieil der Stadt.
Edfnburghshire, Graf ach., s. Mid-Lothian.
Ediren (lat.), herausgeben, drucken lassen.
Edime (Edreneh), s. v. a. Adriauopol.
Edition (lat.y, Ausgabe (von Büchern).
Editio princepg, erster Abdruck alter Schrift-
steller nach Erfindung der Buchdrucker-
kuust. Edilicnseid, Eid darüber, dass man
Dokumente, deren Herausgabe verlangt
wird, nicht in Händen habe, auch nicht
absiclitl. habe abhanden kommen lassen.
Edom (a. 6.), unfruchtbarer L»ud strich im
peträischeu Arabien, von Esaus Abkömmlin-
gen, den Edomitem, bewohnt; später Iduniäa,
Edrisi *- Effrattioli.
543
fidrlst, Ahu Äbd-aUah Mohammed el, arab.
Geograph, geb. 1099 zu Genta in Afftka, f
um 1180. Verfasser eines grossen Werkes
,Nushat iil-ninsclitäk* (von Jaubert ins Franz.
übersetzt, 1835, % Bde.).
Eduard y 1) Name mehrerer Könige ron
England: K I., reg. 1272 — 1307, Sohn und
Nachfolger ICeinriobs III., geb. 16. Jnni
1239, unterwarf in lOJährigem Kampf die
Waliser, behauptete die Oberlehnsherr-
lichkeit über Schottland; f 7. Juli 1307 auf
dem Zuge gegen Bruce. Als Yerbesserer
der Rechtspflege der ,engl. Justinian* ge-
nannt. — E, IL, reg. 13ü7 — 27, Sohn und
Nachfolger des Vor., geb. 25. April 1284 zu
Caemarvnn, führte als Kronprinz zuerst
den Titel eines Prinzen Ton Wales, ein
schwacher Regent, hatte Empörungen der
Grossen zu bek&mpfen, ward 24. Juni 1S14
bei Stirling Ton den Schotten unter Bruce
geschlagen, 1327 auf Anstiften seiner Ge-
mahlin Isabelle durch Pariamentsbescliluss
der Krone beraubt und 27. Sept. d. J. zu
Berkeley -Castle ermordet. — E. III., reg.
1327—77, Sohn und Nachfolger des Vor.,
geb. 13. Not. 1812 zu Windsor, unterwarf
durch die Schlacht bei Ualidonhill 1333
Schottland wieder, nahm nach Karls IV.
von Frankreich Tode Wappen und Titel
eines Köqigs Yon Fmnkreich an, schlug 24.
Juni 1340 Philipp VI. Ton Frankreich in
einer Seeschlacht im Kanal, 26. Aug. 1346
bei Crecy zu Lande, drang 1360 in Frank-
reich bis Paris vor, versichtete im Vertrag
vom 8. Hai 1360 auf die fl*anz. Krone , ver-
lor nach und nach alle seine Eroberungen
mit Ausnahme von Calais, Bordeaux und
Bayonne; f 21. Jnni 1377 zu Shene. Stifter
des Hosenbandordens. — E. IV., reg. 146t—
1483, Sohn des Protektors Richard, Herzogs
von York, geb. 29. April 1441 zu Ronen,
früher Graf von Hansh, ward 4. Mai 1461
als König ausgerufen, schlug Heinrichs VI.
Heer und brachte ihn 1465 als Gelungenen
in den Tower, ward durch einen Aufstand
Nov. 1470 zur Flucht nach Holland ge-
uöthigt und- Heinrich VI. statt seiner auf
den Thron erhoben. März 1471 zurüok-
fl^ekebrt, schlug er seine Gegner bei Bar-
net, wüthete schonungslos gegen die Glieder
des Hauses Lancaster, Hess Heinrich VI.
und seinen eignen Bruder, den Herzog
von Clarence, 18. Febr. 1478 im Tower er-
morden; t ^* April 1483. Seine Söhne,
Eduard V. und Richard, wurden im Alter
von 10 und 12 Jahren, nachdem ihr Oheim,
der Herzog von Gloucester, als Richard III.
sich die Krone aufgesetzt, im Tower schla-
fend erstickt. — E. VI., Sohn Heinrichs YHI.
und der Johanna Seymour, geb. 12. Okt.
1587, bestieg 1547 den Thron unter der
Vormundschaft seines Oheims, des Herzogs
von Somerset, stand nach dessen Hinrich-
tung (1561) unter der Warwicks, Herzogs
von Northumberland , auf dessen Betrieb er
seine beiden Halbschwestern, Maria und
Elisabeth , von der Thronfolge ansschloss
und diese der Johanna Grey (s. d.) Über-
trag; t 6. Juli 1553, der letzte der Tadors.
2) £., Ftim von WdU$f von seiner sdi War-
zen Rüstung der »chvoarze PnnM genannt,
ältester Sohn Eduards III. von England^
geb. 15. Juni 1330 zu Woodstock , focTit bei
Crecy und Poitiers (1556), residirte, von
seinem Vater zum Gouverneur der engl.-
franz. Besitzungen ernannt, zu Bordeaux,
verhalf dem aus Kastilien vertrlebeq^en Peter
dem Grausamen wieder zu seinem' Throne,
eroberte 1870 Limoges, wo er 8000 Menschen
niedermetzeln Hess; f 8. Juni 1376 zu
Canterbury. Vgl. James, ,Life of Edward
the Black Prince', 1836; Le Föitevin de la
Oroix, ,Hist. des exp6dit{ons d*Edouard III
et du Prince noir', 1854.
3) E. , Karl , Enkel König Jakobs H. von
England, Sohn Jakob Eduards, genannt der
Prätendent, geb. 31. Dec. 1720 zu Rom,
letzter Sprössliug des Hauses Stuart, lan-
dete 27. Juni 1745 mit einigen Anhängern
an der nordwestl. Küste von Schottland,
liess sich zum Regenten und seinen Vater
zum König der drei Reiche ausrufen, zog
19. Sept. 1745 in Edinburgh ein, ward 27.
April 1746 vom Herzog yon Cumberland
bei Culloden geschlagen, irrte als Flücht-
ling in den Bergen Schottlands umher, bis
ihn eine flranz. Fregatte nach Frankreich
brachte. Vom franz. Hofe mit einem Jahr-
geld von 200,000 Livres bedacht, lebte er
in Rom and Florenz, irenn&hlte sich 1779
mit einer Prinzessin von Stollberg • Gedem
(s. Albany); f 30. Jan. 1788 zu Rom. Vgl.
Plchot, ,Hist. de Charles E.*, 1830; Klose,
,Lieben des Prinzen Karl', 1842.
Ednlutioii (lat.), Erziehung.
Edakt (lat.), die durch chemische oder
mechanische Manipulationen gewonnene
Substanz, welche in dem Rohmaterial schon
fertig gebildet vorbanden war, im Gegen-
satz zu Produkt, welches erst durch die
Manipulationen gebildet wird.
Kfendl (vom neugriech. Autbente», Herr,
Gebieter), bei den Türken Ehrentitel der
Staatsbeamten und Standespersonen (vgl.
Aga); häufig mit dem Amtsnamen verbun-
den, z. B. Hukim'E., erster Leibiiret des
Sultans; Imam-E-, der Priester im Serail;
Beis-E, der Minister des Auswärtigen.
EflTekt (lat.), Wirkung, Erfolg, namentl.
eines Kunstwerks. Effekten, bewegliche
Habe, Besitzstücke, s. B. eiues Reisenden;
das bewegliche Vermögen eines Kaufmanns
an Waaren, Wechseln, Obligationen etc.;
insbes. Börsenpapiere, Atk\\eet Effektenhandel,
der Handel mit solchen. Effektiv, wirklich,
in der That vorhanden. Effektivbeatand, beim
Militär die wirklich bei den Fahnen befind-
liche Mannschaft. Effektuiren, bewirken.
EirerfBScenz (lat.), das Aufbrausen.
Efnelren (lat.), bewirken.
Efflgie« (lat.), Bildniss.
KffloreseeBS (lat.), Aufblühen der Blumen,
Blüthezeit ders.; in der Medicin s. v. a.
Hautausschlag; in der Chemie Auswitte-
rung, die an der Oberfläche von Stolnen
sich bildenden Krystalle, z. B. Mauersal-
peter; aus der Mutterlauge aufsteigende
Krvstalle, z. B. Salmiak.
Efflniren (lat.), ausströmen.
£lEniktlOB (lat), Ei'brechang, Ausbre-
644
Effulgtiratioii — Ehepakten.
ohuog ; Chirurg, die gewftltMmeZersprengiuig
des Schädels. [AufbUtzein.
ElfulffurfttioB (lat.)i das Aufleuchten,
Effttnoiren (lat.), susgiesson, ergiesseu.
Effusiom, Ausströmung, Brguss.
Egil (fr.), gleich, gleichm&ssig, gleichgül-
tig; egedinren, ausgleichen.
Egalite (fr.). Gleichheit in polit. Beiiehnng,
lYahlspnich der frans. Republikaner, auch
«ngenommener Name des Herzogs Ludwig
Jo?. Philipp Ton Orltens.
£gBrd(fr., spr. »gahr)» Rucksicht, Achtung.
Egartenviirthschaft (Effgartenwirih§ehaft)t
Wirthschaftssystem solcher Qegenden, in
denen, häufige feuchte Niederschläge starken
Graswuch« erceugen, s. B. in Gebirgen.
Mau baut 3 oder 4 Jahre Getreide und dann
ebenso lange Gras.
Egbert, König von Wessezi machte 827
der angelsächs. Heptarchie ein Ende und
sich 2um Alleinherrscher.
Eg ede, Han», der Apostel Grönlands, geb.
81. Jan. 1686 in Norwegen , wirkte 1781-37
als Missionär inGrönlaod, ward 1740 Super-
intendent der grönländ. Mission ; t ^' Vor.
1758. Schrieb über Grönland. — Sein Sohn,
J\»ul E., geb. 1708 in Norwegen, wirkte
1734—40 als Missionär in Grönland, dann
Superintendent der grönländ. Mission und
Bischof; f 17i^^. Vollendete die von seinem
Vater begonnene Uebers. des N. T.s ins
Grönländische (1766), Terfasste ein grönländ.-
dän.-lat. Wörterbuch (17Ö0) und eine grön-
Und.-dän.-lat. Sprachlehre (1760).
Egel, s. SliUegel.
Eger, Nebenfl. der Elbe, entspr. auf dem
Fichtelgebirge unweit des Scbneebergs,
'fliesst nordöstl. und östl., mündet bei The-
resienstadt in Böhmen ; 27 M. lang schiflfbar.
Eger, westlicbster Kreis Böhmens, 79V»
QM. und 370,145 Ew. Die HaupiwL £., au
der Eger, im sogen. EgtrlaniU (5 QM.)*
13,441 Ew Auf dem Stadthause wurde 85.
Febr. 1634 Wallenstein, auf der alten Burg
die Generale lllo und Tereky ermordet.
Egerbrmuieii, a. J'remxenaiod.
Egeria, Nymphe, vpn welcher der zweite
röra. König Numa seine relig. und bnrgerl.
Gesetze empfangen haben soll. Die Grotte
der E. zeigt man in Rom vor dem cape-
nischen Tbore.
Egge» Höhenzug in Westphalen, die südl.
Fortsetzuni; des Teutoburgerwaldes, 1440' h.
EggStemeine 9 s. Ezt€r$teine.
Egin^rd oder Einhard, Biograph Karls
d. Gr., GtoheimBchreiber desselben, Ober-
aufseher der öjQfentl. Bauten, zog sich nach
Karls Tode mit seiner Oeraahlin, die der
Sage nach des Kaisers Tochter gewesen sein
soll , nach der Villa Mühlheim im Oden-
walde zurück, gründete 827 das Kloster
Seligenstadt; f als Abt de8S.847; das. nebst
seiner Gemahlin beigesetzt, jetzt in der Ka-
pelle des Schlosses Erbach. Sehr. ,Vita
GaroliMagni* (herausgeg. am besten in Pert*
,Monumenta Germaniae historica', Bd. 2, und
von Ideltr 1839, 2 Bde.; deutsch von Abel
1850); ,AnnalesregumFrancorum* (lieransg.
in Psrtc .Monnmenta* Bd. 1; deutsch von'
Abil 1850); «Epistolae* (62 an der Zahl, ab-
gedr. in Weinken» ,£ginhardu8 vindicatns^
1714). Die Sage von £. und Emma bear-
beitet von Fouqu6 in einem Roman, von
Auber in der Oper ,Der Schnee*.
Efmoad (Egmoat), Lamoral, Graf 9<m,
Fürst von Gavre, geb. 1588, focht unter
Karl V. in Algier, Beutschland und Frank-
reich, als Befehlshaber der Reiterei 1557 bei
Stk Quentin und Gravelingen und ward von
Philipp II. aum Statthalter der Provinaen
Flandern und Artois bestellt. Weg«a soiner
Verbindungen mit den Atifständischen von
dem vom Herzog von Alba eingesetzten Blut-
rath mit dem Grafen Hoom als Hochver-
räther zum Tod verurtheilt, ward er 5. Juni
1568 zu Brüssel hingerichtet. Seine Grüter
wurden konflscirt. Vgl. Berchtt ,Greschichte
des Grafen E.*, 1810; Ju$^, ,Lecomte d'£. et
le oomke de Homes*. 1862.
EgolUNU (lat.), Selbstsucht.
EgOMfiol (Barra), fettes Gel aus Kurbis-
samen, kommt aus Sierra Leone in den
Handel; Speise-, Brenn-, Maschinenöl.
Ehe, die nach gesetsiiohen Vorsdiriften
eingegangene und mit besonderen Rechten
u. Pflichten verbundene Vereinigung eines
Mannes und eines Weibes zur Gemeinschaft
aller Leben sverhältoisse. Die OtvtleAe wird
vor den vom Staate dazu bevollmächtig-
ten Verwaltungs - oder Justizbehörden ge-
schlossen und ist obiigatorUch t wenn
dies die allgemein verbindliche Form der
Eheschliessung ist, fakmltativ» wenn sie
dem Belieben der betreffenden Personen
überlassen wird. Das katholische Kirohen-
recht fordert Erklärung vor dem zustän-
digen Pfarrer und zwei Zeugen, die kirch-
liche Einsegnung nicht unbedingt, da achon
die passive Assistenz des Geistlichen in
Fällen hinreichend ist, wo die Kirche die
E. nicht verhindern, aber sneh nicht ein-
segnen will. Das Protestant. Kircbenrecht
fordert die aktive Mitwirkung des Geist-
lichen bei der Trauung: Der Code Na-
poleon verpflichtet nur zur Civiltranung
vor dem Maire. In England ist, wie in der
Schweiz, die Gtviltrauung zugelassen, die
kirchl. Ti*annng aber Regel. Da nach der
Lehre der katholischen Kirche die £. ein
Salcrament ist, so gestattet sie keine Ehe-
•obeidung, sondern nur eine zeitliche oder,
bei unheilbarem Zerwürfbiss zwischen den
Eh^lHtten, lebenslängliche Aufhebung des
ehelichen Znsammenlebens (Scheidung von
Tisch und Bett), die evangel. Kirche hat
die Ehescheidung für zulässig erklärt. Als
Scheidungsgrüude sind in den Landes-
gesetzen gewöhnlich anerkannt: Ehebruch,
bösliche Verlassung, Naehstellnng nach
dem Leben, grobe Misshandlung, Wahn-
sinn, unordentliche Leben« weise.
Ehehaft 9 rechtsgültiges Hiudemiss, ror
Gericht zu erscheinen, wie Krankheit, Ab-
wesenheit auf Reisen etc.
Eheloilarkeit) gexwungene, a. Cölibai,
EheiMkten) die bei Eingehung einer Ehe
vereinbarten, nicht im gemeinen Rechte
enthaltenen Bestimmungen über das ehe-
liche Guter- und Erbrecht, Kluderer-
«ieUung eto.
Eheicheidong — Eiche.
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BkMCll^Uilg. ■. Eke,
ShreiLbergy Öhrigtian Oottfried, Natur-
forscher, geb. 19. April 1795 in Delitzsoh,
bereiste 18S0— 85 mit Hemprich Aegypten,
Arabien n. Palftstiiia, n, 18S9 mit A. y. Hum-
boldt nnd G. Böse Asien bis an den Altai;
seit 1826 Professor der Medioin in Berlin.
Höchst verdient um die Kenntniss ,de8
kleinsten Lebens*. Sehr., ausser umfang-
reichen Reiseberichten, über die Koral-
len (1834) und Akalephen des rothen Meers
(1836) , ,Zur Erkenntniss der Organisation in
der Richtung des kleinsten Raumes* (1832—34)
und »Zusätze zur Erkenntniss grosser Organi-
sation im kleinen Baume* (1836); ,Die Infü-
sionsthierchenals vollkommene Organismen*
(1838), lieferte wichtige Arbeiten über Ge-
steinsbildung durch mikroskop. Organismen,
Eusammengefasst in der ,Mikrogeologie*
(1854) und bis JetKt noch fortsetzt.
Ehreiib«rger Klavse» ein früher stark
befest. Punkt an der Nordgrenze Tirols, am
Lieoh, oberhalb Vüssen; im schmalkald.
Kriege 10. Juli 1546 von Sebast. Soh&rtlin
nnd 19. Usi 1552 von Moritz von Sachsen
genommen; 1809 geschleift.
EfereBbreitsteiB, Festung im preuss. Begbz.
und Kr. Koblenz, am rechten Rheinufer,
der Moselmünduug gegenüber, auf 408' h.
steilem Felsen, 1800 von den Franzosen ge-
sprengt, seit 1817 neuerbaut. Am Fnss ders.
Thalehrenbreitttein, 4541 Ew. (2264 MUit.).
EkrenfHedersdorf 9 uralte Bergstadt im
Sachs. Regbz. Zwickau, zwischen Ohemnltz
lind Annaberg, 8026 Ew.; Beigbau auf Zinn
und Arsenikkiese. Spitzenklöppelei.
Ehrengerichte« im Allgemeinen zur Unter-
suchung und Beilegung von Ehrensachen
niedergesetzte Gerichte, welche zugleich auf
Beseit^ung des Duells hiu wirken sollen;
zuerst als vertragsmässig eingerichtete
JE%re»la/eIn beim deutschen Adel vorkom-
mend und nach eigenem Ehrenrechte unter
Vorsitz eines EhrenmareehaU» ericennend,
dann bei Stndirenden, insbei. bei der Bur-
schenschaft, auf einigen deutschen Univer-
sitäten statutarisch eingeführt. — Die E. des
Militärs sind aus mehreren eigens gewählten
Offizieren, oder, wie in Preussen, aus dem
ganzen Offizieroorpe eines Regiments zu-
sammengesetzt, um über zweideutige Hand-
lungen eines Offizio«, die nicht vor das
Kriegsgericht gehören, zu entscheiden.
EhrenlegiQii, Orden der, einziger frans.
Orden, gest. durch Gesetz vom 29. Flor6al
des J. X (19. April 1802) zur Belohnung von
Verdiensten im Oivil- und Militärdienst, be-
steht ausRitterft, Offizieren, Kommandeuren,
Grossoifizieren und Grosskreuz«i. Deko-
ration: Stern mit 5 doppelten Strahlen und
einer Krone darüber; auf der Vorderseite
das von einem Eichen- und Lorbeerkranz
eingefasste Bildulss Napoleons I. mit der
Umschrift: ,Napol6onemperenrdesFran9ais',
auf der andern Seite der kaiserl. Adler mit
der Devise: ,Honneiir et PaMe*, von den
Bourbons beibehalten, aber mit veränderter
Dekoration, 81. Jan. 1852 in seiner ersten
Gestalt hergestellt Die firüher damit ver-
bundenen Dotationen werden nicht mehr
Meper» Sand'Ltxikfm,
verliehen; nur die bis 1614Dekorirtsn haben
Anspruch auf eine Pension von ifiO Fr.
Ehrenpreis, s. Veronica.
Mknnxtehw, bürgeriiche, in manchen
deutschen Ländern Inbegriff der die Theil-
nahme an den Gtomeindeangelegenheiten,
namenti. die aktive und passive Wählbar-
keit zur Gemeindevertretung betreffenden
Rechte der Oiinbürger, deren Ausübung
früher an den Besitz eines gewissen Ver-
mögens oder Einkommens gebunden war.
Jetzt aber in der Regel allen im Gemeinde-
bezirk ansässigen männlichen Personen zu-
steht und nur durch unehrenhafte Hand-
lungen, Konkurs, Empfang von Almosen etc.
verloren wird.
Ehrenstrafen, Entziehung oder Verminde-
rung der bfirgerl. Ehre zur Strafe, Jetzt nur
noch als Nachwirkung gewisser schwererer
Strafen (Verlust der bürgert . Ehrenrechte
und Unfahigkeitserklärung zu Staats- und
Gemeindeämtern als Folge der Verurthei-
lung wegen gemeiner Vergehen) üblich.
Bhreiiworty Versicherung mit Verpfändung
der persönl. Ehre g^^eben, gilt bes. bei
Offizieren und Studenten statt des Eides.
Ei 9 im Eierstock entstehendes Gebilde,
ans welchem sich nach der Befeuchtung
der Embi^o entwickelt, besteht aus dem
Dotter (Eigelb) mit dem Keimbläschen, bei
den ausserhalb der Mutter sieb entwickeln-
den Eiern aus besondem Nahmng^stoffen
für den Embryo (Eiweiis) und aus zum Theil
verkalkten, aber porösen Häuten. Hühner-
eier enthalten 10,6—13 Schale, 48— 55 Weisses
und 32,7—37,6 Dotter. Letzterer enthält
16,4 Vitalin, 29,4 Fett; das Weisse 11,8
Albumin, S,6 Fett; die Schale 94 kohlen-
sauren Kalk, 0,84 phosph<n«aure Salze.
Das Eiweist wird als Albumin technisch
benutzt, das Eigelb in der Gerberei und
zur Bereitung des Bieröls. Als Nahrungs-
mittel sind Eier wichtiger Handelsartikel,
Frankreich exportirte ;1866 für 42 MiU.
Frcs., sehr viele liefert Galizien. Schüd-
kröteneier werden in Brasilien gegessen,
Fischeier liefern Kaviar. Zur Untersuchung
der Hühnereier dient das Ovoskop; Kon-
servirungsmlttel: Einreiben mit Baumöl.
EibeBbanoiy s. Taxus,
Eibeiistoek. Bergstadt im säohs. Begbz.
Zwickau, 6206 Ew. Spitzenstickerei.
Eiblseh, s. AUhäa.
Elche (Qnercus L.), Laubholzgattung der
Kupuliferen. Winter^ oder Steineiche (Q.
sessiliflora Smith, Q. robur var. L.), in
Deutschland, liefert Nutzholz, Knoppem, als
Mastfutter und Kaffeesurrt^at verwendbare
Früchte und zum Gerben dienende Rinde.
Ebenso die SImI- oder Sommereiche (Q. pe-
dunculata Ehr., Q. roh. var. L.)^ In Mittel-
europa bis 650 n. Br. Korkeiche (Q. suber
L., Pantoffelholzbaum), immergrün, in den
Mittelmeerländem nnd in Südaustralien,
liefert Kork. Ebenso Q. ocddentalis Oay,
in Portugal und im südwestl. Frankreich.
Q. esculus L. in Südenropa trägt wohl-
schmeckende Früchte. Oeeterreichisehe, bur-
gundisehe oder Oerri$eiche (Q. Oerrls L.),
in Spanien, Italien und In den Österreich.
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Eichel — Eiderente.
KüBtenlanden, mit geniessbaren Fruchten,
liefert OaUäpfel. FUrbereicke (Q. infectoria
Ölt'vJ, Straach in den östl. SOttelmeerlän-
dem, liefert Galläpfel und Blanna. Ebenso
die Knopper«iche (Q. Aegilops L,), Auf der
Manna liefernden Kermeseich« (Q. coocifera
L.), in Südeuropa, wohnen die als Kermes-
beeren in den Handel kommenden Kermes-
schildlause (Goccus Ilicis Fabr.). Färbereicke
(Q. tinctoria WiUd.). in Nordamerika, liefert
die Quercitronrinde. Vgl. die Schriften Ton
achüte (1870), Geyer (1870).
Eichel 9 Frucht der Biche; der vordere
Theil des mannlichen Gliedes.
Elelieiidorffy Joaepk, JPreih, von, geb. 10.
Mär» 1788 auf Lubowits bei Ratibor, seit
1816 im prenss. Staatsdienst, inletst geh.
Regierungsrath im Kultasministerium , pri-
yatisirte seit 1845; f S6. Not. 1857 bu Neisse.
Einer der talentvollsten und gesundesten
Vertreter der romant. Schule; bes. hervor-
xnhebeu seine seelenvollen Ueder n. kleine-
ren Novellen (s. B. ,Au8 dem Leben eines
Taugenichts*). Auch Literarhistoriker vom
kathol. Standpunkt aus (,Ge8chichte der
poet. Literatur Deutschlands*, 3. Aufl. 1866,
u. A .) und Uebersetser von Galderons ,Gei8tl.
Schauspielen* (1846, 9 Bde.). Sämmtliche
poet. Werke (8. Aufl. 186S, 6 Bde.). Ver-
mischte Schriften (1866—67, 5 Bde.).
EieliennilBtely s. v* a. Loranthns europaeus.
Elclüidnielieii (Sciunas L.)p Gattung der
Nagethiere. OemeinesB. (S. vulgaris L.). ^*
lang, Schwans 10", in Europa und dem ge-
mässig^ten Asien, baut ein Nest, beschädigt
Banmsaaten, Knospen und Vogelnester.
Grauer Winterpelx (Granwerk, Vehe) kommt
besonders aus Russland in den Handel.
Fleisch geniessbar. Grauet E. (S. cinegrens
L.), 11" lang, Schwans lO'', in Nordamerika,
liefert Polswerk (Petit gris). Ebendaselbst
das toeisBohrige E. (S. leucosns L.), ver-
wüstet oft Felder und Gärten.
Elchlioni, Joh, Albr. Friedr., preuss.
Staatsmann, geb. 8. März 1779 zu Wertheim,
trat 1800 in den preuss. Staatsdienst, ward
1810 Syndikus der Universität zu Berlin,
1817 Mitglied des Staatsraths , 1831 Direk-
tor im Ministerium der auswärtigen An-
gelogonheiten, 1840 Minister für die geistl.,
Unterrichts- und Medieinalangelegenheiten.
Der freieren Richtung in Wissenschaft und
Kirche entschieden abgeneigt, musste er
19. Mars 1848 zurücktreten ; f 1^^« Jan. 1856.
ElehkitseheB, s. v. a. Eichhörnchen.
Eiclisfeidy früher kurmainsisches , seit
1802 preuss. Fürstenthum, ein 1200' hohes
Plateau am Südwestabhange des Harzes,
etwa 28 QM. mit gegen 126,000 Ew. und den
Städten Heiligenstadt und Dnderstadt.
Elehaiadt (EhuteU, lat. Änreahm), Stadt
Im bayer. Regbz. Mittelfranken , an der
Altmühl, 8051 Ew. ; alter Bischofssitz (seit
745), Domkirche, wunderthätige Walpurgis-
kircho; Schloss. Ehedem Hauptst. des
PürHenth. E., in welches 1802 das Bisthum
verwandelt wurde, 1817 dem Prinsen Eugen
Beauharnais mit dem Titel eines Hersogs
von Leuöhtenberg und Fürsten von £. als
Standesherrachaft überlassen, Jetst von der
Krone zurückgekauft und als Haduttherr-
schaft dem Prinzen SLari von Bayern abge-
treten. Babel die Ruine der Wüibaidaburg.
Eid oder Eideehwur (Ju^nrandum, Jora-
meutum), feierliche Betheuerung der Wahr-
heit unter Anrufung Gottes. Zur Eidesfahig-
keit wird erfordert: Eidesmfindigkeit (14.,
18., 21. und 25. Jahr), geistige Gesundheit,
Unbescholtenheit, Freiheit. DerE. ist sei-
nem Inhaltenach entvreder promieeorUch, als
Verstärkung eines gegebeneu Versprechens,
oder tueertori$ch, als Bekräftigung einer Aus-
sage. Assertorische E.e sind die sogen, ge-
riehüichen. In Givilsachen unterscheidet
man Haupt- und Nebeneide. Haupteide sind :
der Schiedaeid (J. delatum), der vom Beweis-
fUhrer dem Qegaer über ein bestimmtes
Faktum angetragene E., den dieser anneh-
men (J. aoceptnm) oder dem Beweisführer
zuschieben kann (j. relatum); der nothwen-
dige E. (\. necessarium), entweder Meini-
gungeeidij. purgatorium), wenn er den ge-
führten Beweis wieder entkräftet, oder
Br/iiUungaeid (j. suppletorinm), wenn er zu
Vervollständigung eines ungenügend ge-
föhrteu Beweises dient; der Würderungseiä
g. in litem), der für die Wahrhaftigkeit der
Schätzung eines von einem Andern erlitte-
nen Schadens geleistet wird. Ifebeueide
sind: der Geföhrdeeid (j.calufnniae), der vor
oder im Prozess geleistet wird, um die Bc-
sorgQiss der Böswilligkeit sn heben; der
Zeugeneid, wodurch die im Prozess sage-
zogenen Zeugen und Sachverständigen die
Wahrhaftigkeit ihrer Aussage beglaubigen ;
der Diffestionteid, wodurch man versichert,
eine Urkunde nicht ausgestellt, geschrieben
oder unterschrieben zu haben, etc. In Kri-
minalsachen wird der E. angewandt theiU
als Sicherheitsmassregel (z. B. bei dem Ver-
dacht der Flucht, bei Landesverweisung etc.),
theils als suppletorisches Beweismittel für
die Unschuld des Inkulpaten (Beinigungseid).
Die auseergerichüiehen S.e sind entweder
promissorisch (Dienst-, Huldigungseid etc.),
oder assertorisch. Die falsche Ableistung
eines assertorischen E.es ist Meineid (s. d.),
die Nichterfüllung einer eidlich übernom-
menen Pflicht EideAruch, Vgl. über den E.
die Sehr, von QUchel (18S7), Birippelmann
(1855-57, 2 Bde.) und Kratutold (1857).
Eidechse (Behüdeidechee, Lacerta L,),
Reptiliengattung der Saurier. Gemeine oder
graue E. (L. im^lts L*), in g^ana Europa, ver-
tilgt schädl. Insekten. €hrime E. (L. viridb
Daud.), bis 14", in Mittel- und Südeuropa.
Eldeehseii. Reptilienordnung, s. Saurier.
Eider (Euder), Grenzflnss zwischen Schles-
wig und Holstein, entsteht in Holstein bei
Lohndorf, durchfliesst mehrere Seen, wird
bald schiffbar, mündet unterhalb Tönning
in die Nordsee, 22 M. Mit der Ostsee ver-
bunden durch den 4i/iM. langen JEÜderJfciinal
für Schiffe von 70 Lasten.
Eiderente ( Eidergans , Somateria Leaek),
Gattung der Schwimmrögel. Gemeine E. (S.
mollissima Leaek, Anas molt^ L.) an den
arktischen Küsten des atlant. Ooeans (bes.
Island), 2* lang. Fleisch und Eier geniess-
bar. Bälge zu Kleidern benntibar. Daunen
wlsbttg« Hindelatrtlknl, dl« gi
Leadi, Anna ip. L.} Bbeadta., H" lai
ID,pOO FM., niwh HambiirE SOOO P
RldvnMt, H&lbiniiDl BD der V
von Bchleiwig. zwiBchsn dsn Bac
TonuiDR md iDn Hnsum, e QU.
mittel ! ebeuKO die Bleröl
EitTpflaue, 1. T. B. g.
ElaiHtMk |0»rJiim), O
Je QebknnitRi
Elftl, WBlUgoa F
BfiiderKsUspIatll
El^lb, BldottBr, B. .
Elg«ueluft«woTl> e,
Bßer, Gipfel der berner Alpen, Ia,26V ho
SlIeHbuiI, St'" " ■ —
liurg, Kr. Delii
Adiek
.en,IV
KiDibvek (Sinlijcjt;, Kiolsgt. Im i
■tÄDdlge VerbrennnnK oi
Ife X(iieev6lde mit KarbolaiiDr«
len KBrper mit ffllch geglÜhtBI
ElBbMre, PailD>eIlKB.ttnilg, 9.
ElnhllanlBkel, der Winkel ,
itoem^^lf d™%i4-l*WdemBI
ande beilaht, Im GsgouaatBi
GlBKelegt« libelt, >. Xari
ElBgeBBrengt, von Mlnerel
E[iig«i>d<le IVleeen
ElMgeiT«ldewilm«r (.Sinn
BHm, angebliob ia Afrika, ec
ElnknrBr (SollduiiguU) , Orduimg dsr
ElBkimnenntein, poUl. H^Btem, wobei
die VolkereprieenMtloii nur Blaeo geietl-
EiaUnilwhaft (Unio prollDm), geilobt-
Biu ÜübererEhe ToihudenanKlDderCFdr-
«■ glsloh
Einkommen« , _._-
Elnkarn {Ttitteum moDococenm), b. Bptli.
Elnmaeliw. dt« Zuiiditong toh rröofateD.
widriger Stoffe, z. B. Zncker, EBBig, CogUAO,
Allgeir
.nj»de
BDhlleeBondea Oefees
Elninds lEioeptio)
Eotgeguung eines Beklugteu um u» t'^iu
Ihn erhohoua Klege, iuBbee. die Ton Be-
klBKt™ der Kings enlgegeiiK«atite poiitlvs
nod lelbBtBsdiga Bebaoptiinc einer Tb»t-
BMlie, welche, fär WBbrhell HiBeDOniiBaii,
reobti. gMlsnst W, daa klfcerlnb* BMbt
548
Eiinreibiiiig — Eisen.
oitr 4oeh dfoXlac* n awitateii, iadleiem
gtrae entweder efaie dÜa$oritehe (venSger'
Uehe), wenB sie nicht «Ine ginaliolie Be-
tedmag dei BekUgton Ton d«m geklagten
Anipmche, sondern nnr elnitweilige, tem-
poiiM Abweisung der Klage besweckt, oder
eine Mremtoritehe (teratfirliehe) , wenn sie
rtne Zerstörung des der Klage sn Grande
Hegenden Beobts ihr immer besweokt.
BlBnibuig(Inanctio, niitio), Jedes Medi-
kament, welches durch Beiben auf der äusse-
ren Haut rertheilt werden soll. Die meisten
E.en wirken wohl nnr durch die beim Beiben
entwickelte W&rme, wenn nicht ^m Mittel
als stärkerer Hantreis ableitend wirkt.
EinSAlMa (JSinpl^seln) , Konsenrirungs-
methode für Fleisch, Gemüse, Grünfatter,
Häute, Bosenbl&tter, Gltronen etc. 1 Otr.
Bindfleisah erfordert 0 Pfd. Sali und % Loth
Salpeter, 1 Ctr. Schweinefleisch 8 Pfd. Sals.
Empfehlenswerth ist Zuckersusatz. Bildung
der Lake ist möglichst bu yermelden. Ge-
sajsenes Fleisch ist weniger nahrhaft und
schwerer verdaulich als firisches.
liwMisreade QefisM. s. Lymphgefäsie,
BiMClulfeB, s. Verein.
SiBMlilsfeB der Qlieder« elgenthümlich
prickelnde Empfindung, meist bedingt durch
leichten Druck auf grössere Neryenst&mme,
bes. bei mageren Personen h&uflg. Bisweilen
Symiitom schwerer Nerrenerkrankung.
EliwoliBitt (Incisio), Chirurg. Operation xum
Zweck der Entspannungeinzelner Tbeileoder
zur Entleerung angesammelter krankhafter
Flüssigkeiten, z. B. von Eiter in Abscessen.
Stafetieii, oberflächl. Verstahlung schmie-
deeiserner Gegenstande durch Glühen der-
selbMi in einer mit (thierfscher) Kohle ge-
füllten Büchse und Abkühlen in Wasser.
Hnsiedel. .FW«dr. Hildebrand von, geb. SO.
April 1750, t 9. Juli 1828 als Präsident des
Appellationsgericbts zu Jena; bekannt als
Genosse des weimar. Dichterkreises zu
Goethes 2Sei^ auch als Lustspieldichter und
Uebersetzer (bes. des Terenz).
Eiiuledelii. Flecken im Kant. Schwyz,
im untern Alpthal, 7253 Ew.; her. Benedik-
tinerabtei (864 gegr., seit 1274 reicbsfürstl.)
mit schwarzem Marienbild (jährlich gegen
150,000 Wallfahrer; Haupttag 14. Sept.
ÜBspritsuigy s. Injektion.
ElntagsfllegeSy s. Sphemerm,
Btntrltt, s. ÄuMtriU der i^Btirne.
Elpel (Ungar. Ipdi) , Nebenfl. dex Donau
in Ungarn, entspr. im neograder Komitat,
mündet zwischen Gran u. Wishegrad, 20 M.
Eis bildet sich, wenn Wasser einer Tem-
peratur unter Oo 0. u. B. ausgesetzt wird.
Dabei dehnt sich das Wasser um etwa Vii
seines Tolumens aus; E. schwimmt da-
her auf Wasser, zersprengt Gefässe, in
weldbe es eingeschlossen ist, und erweitert
Felsklfifte, beim Erkalten zieht es sich zu-
sammen. Es ist in grossen Blöcken grün-
lich oder blau, mit doppelter Strahlen-
brechung, musobligem Bruch, spec Gew.
0,M, leitet Elektricität nicht, Wärme sehr
■ehleeht, lässt WännestraUeo aus leuch-
tender Quelle duroh, ohne sieh zu erwär-
nMn (Brenngläser aus B.), Hirte 1,6, ist
sehr zähe (Kaikonai aus B.), Terdamplt hei
trookner Luft, ohne zu sohmelsen, SiÄniels-
punkt bei 0« 0. und B. E. bildet wichtigen
Handelsartikel (Boston Jährlicher Export
200,000Tonnen). Aufbewahrung in JSIWfc«liefn,
EishiS^em mit doppelten Wandungen [vgl.
if«iMeZ(1867), £oII<y(1862), Hai«er(1864)], in
Haushaltungen in Eisschränken. JC^w^
liehe» E. wird durch Kältemis<Anngen her-
gestellt (Salmiak, Salpeter und Wasser,
salpetersaures Ammoniak und Wasser,
Glaubersalz und Salzsäure), in welchem
man mit Wasser gefüllte Gelftsse rotiren
lässt, oder durch Eiamaeehinen, in denen
die Kälte durch Verdampfung von Aether,
flüssigem Ammoniak, den flüchtigsten Be-
standtheilen des Erdöls oder Wasser er-
zeugt wird (Im letzteren Fall dient konoen-
trirte Schwefelsäure zur schnellen Bindung
der Wasserdämpfe). Kirk benutet die
Temperaturerniedrigung , welche kompri-
mirte Luft bei ihrer Ausdehnung ersengt,
zur künstlichen Eisbildung. Die rerdampf-
ten Flüssigkeiten werden in den Eismaschi-
nen durch Kondensation wieder gewonnen.
Zum Betrieb der Eismaschine dient eine
Dampfknaschine. Bei kleinen Eisraasobinen
erzeugt 1 Pfd. Steinkohle S Pfd. El. Tgl.
Bwehoda, ,Die Eisapparate*, 1868.
Eisaek (Eieaeh), Nebenfluss der Btsch in
Tirol, entspr. am Brenner, mündet nnterh.
Botzen: 12 M. lang.
Eisbär, 8. .Bär. [crystallinum.
Eisblume« s. t. a. Mesembryanthemum
Eisboek (EiArecher), Gerüst aus starkeo
Balken zum Schutz der Brückeiyoche und
Pfeiler gegen Treibeis.
Eisen, das am weitesten Terbreitete Me-
tall, findet sich gediegen fast nur als
Meteoreiseu, am häufigsten oxydirt und als
färbender Bestandtheil in zahlreichen Mi-
neralien (Granat, Hornblende etc.), mit
Schwefel yerbunden als Schwefelkies, im
Buntkupferera etc. Wichtigste .ffisenert«:
Magneteisenstein (BisMioxydnloxyd mit
72,4 o/o E.), im krystollin. Schiefergebirge in
Schweden, Norwegen, im Ural, in Schlesien,
Thüringen, -im Harz, in Oesterreicb, Nord-
amerika (liefert auch die naturl. Magnete),
Elsenglanz u. Botheisenstdn (Eisenoxyd mit
70 o/o E.) im älteren u. Uebergangsgebirge *
Glaskopf (Blutstein, dient auch aum Puteen
und Poliren -von Metall), Eisenrahm, Elsen-
ocker , mit Kieselsäure gemengt als Kiesel-
eisenstein, mit Thon als rother Thoneisen-
stein, mit Kalk als Minette, in Sachsen-
im Harz, in Nassau, Westphalen, Siegen!
Hessen, Würtemberg, auf Elba; ftutth-
eisenstein, Eisenspath, Stahlstein, Sphäro-
siderit, Flinz (kohlensaures Blsenoxvdul
mit 48,80/0 E.), HauptbestandtheU der nie-
tallführenden Gebirgsformation, im Harz
in Siegen, Westphalen, Nassau, Schmal-
kalden, Steiermark, mit Kohle und Schie-
ferthon gemengt als Blaokband (Sehott-
land , Westphalen) , mit Thon als Thon-
^enstein, Olajband (England). Burch
YerwitterunglififerterBraunelBenera rSisen-
^^SS^^*^ Nassau, Steloimaik, ^Schle-
sien, Würtembsrg, imSchwaizwaid, VIchtel-
Eisen.
649
gebirg« , Im Thorlngeii , Belgien , England»
Spanien, mit Tbon gemengt a!« branner
Thoneisehstein, Bohn-, Gelbers; Basen-
eisenafeeln, Snmpf-, See-, Wieeenerz, Slmo-
nlt (anreines phospborbaltiges Elsenozyd-
hycbrat) in Norddentecbland, Schweden:
FraakUnit (Eisenozyd mit Zinkoxyd nnd
Mangan) in Newjersey.
Die Erae werden mit kieselsinre- oder
kalkhaltigen Znsohlägen gemengt (beschickt)
nnd in Schacbtöfon mit Qebläse (HoM/en)
▼ersohmolaen. Dnrch die obere Oeifhang
der Oefen (Gicht) werden abwechselnd
Schiohten der Besohioknng nnd des Bronn-
materials (Hollkohle, Steinkohle, doaks)
eingetragen. Die glühenden (Hse, bes.
Kohlenozyd, redndren das Bisenozyd der
Erae, es entsteht Kohlensftnre, die ent-
weicht, nnd E. , welches sich sofort mit
Kohlenstoff Terbindet. Die Zuschläge (Kalk
nnd Kieselsäure) sohmelaen mit der Gang-
art der Erse an Schlacken ausammen, so
dass sich die anerst in der Hasse fein ver-
theflten, dnrch die Gangart getrennten
Eisenpartikelcben mit einander vereinigen
können. Bas flnsslge E. wird Ton Zeit an
Zeit nuten ans dem Ofen abgelassen, ab-
gestochen nnd in Sandformen (E. in Mul-
den: Flossen, in Barren: Gänge) geleitet.
Die Anwendung ron erhitater Geblftselnft
(300—4000 0.) beim Hohofen bewirkt eine
Vermehmng der absoluten Produktion nm
50%. Das so gewonnene Boheisen enthält
4—50/0 Kohlenstoff, Silicinm, Phosphor,
Schwefel, Mangan. Bei nicht zu hoher
Temperatur im Hohofen (leicht schmela-
bare Erae nnd Holzkohle) entsteht weiues
SohetMn, Diet ist silberweiss, sehr hart
nnd spröde, mechanisch nicht zu bearbeiten,
stark glänzend, yom spec. Gew. 7,68— 7,a6,
und wird auf Stabeisen und Rohstahl ver-
arbeitet ^ossblättrlges : Spiegeleisen, Spie-
gelfioss, Bohstahleisen; strahlig fasriges,
blänllcbgraues: blumiges Floss; zackig
brechendes, dunkleres: luckiges Floss).
Aus schwer schmelzbaren Erzen wird bes.
mit Ckwks grames Boheüe» erblasen. Dies
ist dunkler, körnig bis feinschuppig, viel
weniger hart, selbst etwas geschmeidig,
spec. Gew. 7,0, schmilzt schwerer, ist aber
dünnflüssiger nnd dient zu Gasswaaren
(QuneUen). Das weisse Boheisen enthält
nur chemisch gebundwaen Kohlenstoff, das
graue von solchem sehr wenig (bis 8<Vo),
aber viel mechanisch beigemengten (bis
8*7 %)• Geschmolzenes graues Roheisen
schnell abgekühlt gibt weisses. Dieses, bei
hoher Temperatur geschmolzen und lang-
sam abgekühlt, gibt graues Roheisen.
Das Robeisen wird durch Umschmelien
mit Holzkohle nnd dem Gebläse auf dem
FrUchhsrd (deutscher Frischprozess) oder
mit Steinkohlen im Flammofen (englischer
Frischhtfrd, Puddlingsprozess) in Staboisen
▼erwandelt. Dabei oxydirt der Sauersto^
der Lnfk einen Theil E., Kohlenstoff u. SiU-
dum des Roheisens ; es entsteht kiesel-
sanrea Eisenoxydnl (Frisch-, PuddUngs-
schlaoke) nnd der Uebertchnss des oxydlr-
ten B.8 zersetzt sieh mit dem Rest des
Kohlenstoffs nnd Sillolnros. Dabei wird das
flüssige E. teigig u. bildet knetbare MMmwd
Qiuppen), die unter dem Hammer oder
Quetschwerk bearbeitet werden, um die
Schlacke auszupressen. 100 Th. Rohelsen
geben 70 — 75 Th. ScAmied«- oder iSloMwm.
Dies enthält bis 0,8 % chemisch gebundenen
Kohlenstoff, ist grauweiss, glänzend, sehr
zähe nnd geschmeidig. In geschmiedeten
Massen von sehniger und hakiger Textur,
wird durch starke Erschütterungen, durch
Erhitzen nnd Ablöschen In Wasser körnig,
ist bei Weissgluth seh welssbar, Bchmllet
aber nicht, spec. Gew. 7,8 — 7,0; geringer
Schwefelgehalt macht es'Tothbruoh^, Phos-
phorgehalt kaltbrüchig. Man verarbeitet
es auf den VoliwerJken zu &roöe«Mn und
schneidet sehr dünne Stäbe auf den Scft«ei<2e-
werken (abwechselnd grössere nnd kleine
▼erstählte Scheiben auf eiserne Wellen fsst
eingekeilt), nach dem Querschnitt unter-
scheidet man: Quadrat-, Flach-, Rund-,
Fafoneisen von sehr verschiedenem Quer-
schnitt Dünnstes Flaoheisen : Band-, Belf-
eisen. Nicht glatt gesohmiedetee Quadrat-
eisen mit eingekerbten Flächen: 2<ain-,
Kranseisen.
Ohemisch reines E. findet keine Yerwen-
düng, Aequlvalent 88. E. bedeckt sich an
der Luft mit Oxydbydrat (Rost), in der
Weissgluth mit Qxyduloxyd (Hammer-
Bchlag), glühendes E. zersetzt Wasser, löst
sich in. verdünnter Schwefelsäure, Salz-
und Salpetersäure zu Oxydulsalzen. EUen-
oxydvit 1 Aeq. E., 1 Aeq. Sauerstoff, ist forb-
los, sehr leicht oxydirbar, das kohlensaure
Salz findet sieb gelöst in den Stahlwässern,
krystallisirt als Spathelsen stein, istoffidnell.
Das schwefelsaure ist Eisenvitriol (s. d.),
das phosphorsaure findet sich als Blau-
eisenerz (phosphorsaures Eisenoxyduloxyd),
ist ofBcinell, das gerbsaure findet sich in
der Dinte, das apfelsanre, aus Aepfeln nnd
metallischem E. erhalten, findet sich neben
Oxydsalz in der oCacinellen Tinctura ferri
pomati, das weinsaure, mit weinsaurem
Kali verbunden, Im ofBcinell en Eisen Wein-
stein; auch das müchsaure ist offlcinell,
das essigsaure wird in der Färberei benutzt.
Eisenoxyd t 2 Aeq. E., 8 Aeq. Sauerstoff, Ist
braun, findet sich als Rothelsenstein, ent-
steht alB Nebenprodukt bei der Yitrlol-
bereitung (Caput mortuum, vgl. Eagliseh
Roth), ist ofncinell und wird vielfach in
der Technik benutzt. Das Hydrat findet
sich als Brauneisenstein, gelber Ocker,
Rost, wird durch Ammoniak aus Elsen-
chlorld gefällt, verliert beim Erhitzen sein
Wasser, ist ofladnell und dient als Ttrh-
Stoff. Das schwefelsaure ist farblos , die
Lösung wird beim Erhitzen roth und setzt
basische Salze ab. Aehnlich verhält sich
das Salpetersäure. Beide und bes. der farb-
lose Eisenalann (schwefelsaures Eisenoxyd
und schwefelsaures Kali oder Ammoniak)
werden in der Färberei benutzt. Das gerb-
saure findet sldi in der Dinte nnd als
schwarzer Farbstoff auf Geweben , wein-,
apfbl- nnd dtronensaures finden sich in
pharmaoent. Präparaten. Auch das esslg-
650
Eisenach — Eieenbalmen.
MMm Ift offiolnell nad wird als Konaer-
TinungBinittel dea Holses (bes. holsesaig-
Mtnres) und in der F&rberei benutzt. BiMem-
oxifdmloanfd findet sich als Magneteisenstein
und im HammeraohJag,* ist offiolnell. EUen-
Morür , 1 Aeq. S., 1 Aeq. Ohior, weias,
sohmelabar, fluchtig, offiolnell. EUenchlorid,
S Aeq. £., 8 Aeq. Sauerstoff, entsteht beim
Erhitzen von E. in Ohlor, bei Behandlung
einer Ohlorürlösung mit Salpetersäure,
braun, metallgl&nzend , fluchtig, officinell,
blutstillendes Mittel , wird yon glühenden
Laven ausgehaucht, aersetat sich u. bildet
dann Eisenglanz. Ueber Eisencyauär und
Eisencyanid s. Berlinerliau und BlvUaugenr
•ob. BchtoeftieiMn, 1 Aeq. E., 1 Aeq. Schwe-
fel, entsteht bei Berührung von glühendem
E. mit Schwefel, bronzefarben , gibt mit
Siluren Schwefelwasserstoff. Eis^abitul^uret,
1 Aeq. E., 8 Aeq. Schwefel, findet sich als
Schwefelkies und Speerkies (s. d.), gibt
bdm Glühen Magnetkies (s. d.). Boheisen-
produktion:
Orossbritannien . 90,000,000 Otr.
Frankreich. . . 84,S00,000 •
Nordamerika . . 30,800,000 -
Deutschland . . 14,550,000 •
Belgien .... 7,850,000 .
Oesterreich . . 6,750,000 -
Bnssland . . . 6,000,000 -
Schweden . . . 4,500,000 -
AnstraUen . . . 8,000,000 -
Italien .... 750,000 -
Spanien. . . . 1,800,000 -
Norwegen . . . 500,000 -
Dänemark . . . 800,000 -
178,500,000 Otr.
Vgl. auch die statistischen Kärtchen von
Deutschland.
Die Aegypter kannten das E. 8000 Jahre
▼. Ohr., die Griechen im trojan. Kriege,
die Römer trieben bedeutende Eisenindustrie
(Elba, Noricum) ; um 700 n. CJir. war Eisen-
fabrikatiou in Steiermark und ging vou da
über Böhmen, Sachsen, Thüringen, den Harz
nach Spanien, dem Elsass und Niodorrhein.
Im 12. Jahrb. blühten die niederländischen
Eisenwerke, im 15. Jahrb. kam die Eisen-
industrie nach England und Schweden.
Hohöfen stammen wohl ans den Nieder-
landen, die Anwendung des Ooaks aus
England (1780), ebenso das Frischeu mit
Steinkohlen (1784). Vgl. die Werke von
Karaten (1841), Hartmann (1852, 1857), Kerl
(1864), Ftrcy, deutsch von Weddxng (1868);
Kerpdy, ,Berichte über die Fortschritte des
Eisenhüttenwesens' (seit 1866).
Etsenftch^ Hauptst. des ehemal., Jetzt zu
S.- Weimar gehörigen Fürstenthums E.
(82 QM.), am Zusammenflusse der Nesse und
Hör sei und am Knotenpunkt der Thüringer-
und Werrabahn, 12,879 Ew.; Forstinstitut.
Dabei die Wartburg. 1. Sept. 1810 Pulver-
explosion.
Eiaenbahnen. Der Bau der £. erfordert
zur Brzielung einer möglichst geradlinig
und horizontal verlaufenden Fahrbahn die
Herstellung der grossartigsten Kunstbauten
(Binschnitte, Dämme nicht über 100' hoch,
Briioken, Viadukte und Tunnels). Der
Oherban wird nach 3 Systemen auageführt.
Der englische hat bis 8' starke Bettung,
wenige aber starke Schwellen .und sehr
aolide Schienenstühle, in welchen die Schie-
nen mit Holzkeilen befestigt werden. Der
amerikanische hat schwache Bettung, viel
Schwellen u. starke Langhölaer mit achwa-
chen Schienen. Der deutsche Oberbau hat
IVt' starke Bettung aus geschlagenen Stei-
nen, Kies etc., 8 — 18" breite, 5—10" dicke
Schwellen aus Eichen-, Kiefern-, Tannen-,
Lärchenholz (mit Kupfer-, ZinkTitriol,
Sublimat imprägnirt) oder statt der Schwel-
len Steinwürfel; in neuerer Zeit bemüht
man sich um ganz eisernen Oberbau, wel-
cher durch grossere Festigkeit bessere Aus-
nutzung der Triebkraft und geringere Ab-
nutzung des Materials ermöglicht. Dia
iScA««iien bestehen aus Schmiedeeisen oder
Bessemerstahl und haben sehr versehiedene
Querschnitte (in Deutschland und Frank-
reich Vlgnolschienen 84' ]., wiegen SA Pfd.
pro Fnss). In Kurven muss die auaaere
Schiene immer etwas höher liegen ala die
innere, damit die Wägen nicht vermöge
der Oentrifogalkraft entgleisen. Der ge-
ringste Radius der Kurven beträgt 1000
Meter, bei nur 500 Meter muas die
Fahrgeschwindigkeit bedeutend gemäaaigt
werden. Die stärkste Steigung hat die Tnrin-
Genuabahn mit 1 : 28,6. Weichen sind Ver-
bindungen zweier nebeneinander herlaufen-
den Geleise zur Ueberfübrung der Züge von
dem einen 'auf das andere. Um einzelne
Wagen auf andere Gelelse zu setzen, dienen
die Ih-eh$cheiben : kurze Strecken Qeleiae
auf einer um ihren Mittelpunkt drehbaren
Scheibe. Die WauertUxiionen bestehen aus
Brunnen, Pumpwerk, Wasserkrahn und
Vorwärmer und dienen zur Versorgung der
Lokomotiven mit Wasser. Die Bäder der
Eisenbahn wägen sind in den meisten Fäl-
len mit ihren Axen fest verbunden und
können sich nur mit diesen drehen, sie be-
stehen meist aus Schmiedeeisen und er-
halten Beifen (Bandagen) aus Puddel- oder
Gussstabl. Auch die JAxen werden aus
Schmiedeeisen u. jetzt häufiger aus Paddel-
u. Gussstabl hergestellt. Sie ruhen in I^an-
nen aus Lagermetall in gnsseisernen Büchsen
und werden durch sehr verschiedenartige
Schmierapparate mit Fett versehen. Die Ver-
bindung der Axen mit dem Gestell ver-
mitteln die stählernen Federn. Zur weiteren
Vermeidung von Stössen sind die Ketten,
welche die Wägen verbinden, elastisch und
alle Wägen mit Buffern versehen. Soll
der Zujs halten, so werden die Räder ge-
bremst (s. Bremse)» Die engl., fk«na., belg.
Wägen haben meist 4, die deutschen 6, die
amerikan. 8 Räder, und die Belastung der
Axe beträgt bei den erstem 50—70, bei den
zweiten 60^80, bei den letzten 70—80 Otr.
Ausserdem existiren viele Kombinationen
dieser Systeme. Vierrädrige bedeckte Güter-
wagen tragen 80— 100, seohsrädrige 180,— 160,
achträdrige 160— 800 Otr. Last. Aainrüehe
erfolgen , wenn das Metall der Axen durch
Erschütterungen seine sehnige Struktur
Eisenberg — Eisenroth.
551
▼erloren hat, 4ie sind Im Winter am
häaflgsten. Zur Sichemng des Betriebs
dienen optische, akustische und elektro-
magnetische Signale und Teleffraphen. Güter-
%ug8raaschinon bewegen auf ebener Bahn
Lasten von 18 — 20,000 Gtr. mit einer
Geschwindigkeit Ton 3 — SVs M. in 1 St.,
verbrauchen pro M. 150-900 Pfd. Goaks
nnd verdampfen über 6000 Pfd. Wasser.
Schnellzugsmaschineu durchlaufen mit 800 —
1000 Gtr. Last 7 — 10 M. in 1 St. Gebirgs-
bahnen mit starken Steigungen und Krüm-
mungen erfordern besondere Lokomotiven,
hoi denen durch Vermehrung der todten
Last und Kuppelung der Treibräder mit
den übrigen Rädern der Lokomotive und
selbst mit den Tenderrädern die Adhäsion
zwischen Schie)len und Rädern vergrössert
wird. Felis Gebirgsbahn über den Mout
Oenis hat Kwischen den gewöhnlichen
Schienen eine hohe dritte, gegen welche
horisontale Räder gepresst werden, die
Mount -Washington- u. die Rigibahn haben
eine mittlere gezähnte Schiene, in welche
ein Zahnrad der Lokomotive greift. Fells
Maschine überwindet Steigungen von 1:12
nnd Krümmungen von 40 Metern. Sekundäre
Bahnen verbinden kleine Plätze mit Sta-
tionen der Hauptbahnen, sind in der alier-
einfachsten Art hergestellt, nicht auf grosse
Fahrgeschwindigkeit berechnet und gestat-
ten deshalb stärkere Krümmungen nnd
Steigungen ; solche einfache E. werden noch
häufig mit Pferden betrieben.
Statistik, Die Ausdehnung des Biseuhahn-
netzes betrug in
Europa 1869: . . . 18,286,8 geogr. M.
Amerika .... 11,828,6
Asien »70,7 - - .
Afrika 174,9
Australien 1866—69: 118,8
Die Bahnen Europas haben sich im letzten
Jahrzehnt fast verdoppelt, die in ihnen
engagirten Kapitalien betragen 9570 Mill.
Tblr. , die der ganzen Erde (26,830,7 geogr.
M.) 13,687 Mill. Thlr. Die Zahl der Wägen
beträgt 1,400,000, die der Lokomotiven 47,000.
Täglich benutzen die £. etwa S^/i Mill.
Menschen und es werden 82 Mill. Gtr. Güter
täglich auf denselben bew^^.
Geschichte. Die erste Eisenbahn, welche
als solche 1801 koncessionirt wurde, war
die Surreybahn von 2 M. Länge. 1808
wurden zuerst schmiedeeiserne Schienen
benutzt. Die Triebkräfte waren bis dahin
Menschen, Pferde, stehende Dampfmaschi-
nen, welche >die Wägen mittelst sich auf
eine Trommel aufwickelnder Ketten heran-
zogen. Trevethik und Vivian erbauten 1804
die erste Lokomotive für die Merthyr-Tyd-
vilbahn in Süd wales. Die erste dem öffent-
lichen Verkehr dienende u. auch Personen
befördernde, 9 engl. M. lange Eisenbahn
zwischen Stockton u. Darlington wurde 1825
eröffnet. Pferdebahnen wurden 1880 in
Böhmen eröflhet. Die erste kontinentale,
mit Dampf betriebene Eisenbahn wurde
zwischen Brüssel und Mecheln 1836 eröffnet.
In demselben Jahr folg^ die Bahn Fürth-
Nämberg, 1836 Paris - St. - Oermain , 1838
Berlin -Potsdnm und Wien -Wagram, 1839
Leipzig - Dresden. 1830 wurde die erste
deutsche Lokomotive in Dresden gebaut,
1841 lieferte Borsig seine erste Lokomotive.
Seit 1863 wurden Steinkohlen allgemeiner
statt Goaks zum Heizen der Lokomotiven
benutzt und eine Erspamiss von 30 — 50%
erzielt. Der Bessemerprozess ermöglichte
die theilweise Verwendung von Stahl-
schienen. Die neuesten Bestrebungen gehen
auf Beseitigung alier Bewegungshinder-
nisse, Konstraktion eines solideren Ober-
baues, geeigneter Berg- und Lastzugsloko-
motiven, Erbauung billiger Nebenbahnen etc.
Vgl. Weber, ,Schule des Eisenbahnwesens^
2. Aufl. 1862 ; Heiuinger von Waldegg, ,Hand-
buch für specielle Eisenbahntechnik*, 1869 ff. ;
Winkler, ,Eisenbabnoberbau', 2. Aufl. 1871;
Bühlntann, ,Masohinenlehre', Bd. 3, 1868;
CoUmm, ,Locomotive Engineering aud the
Mechanism of Railways*, 1864; Bsrdonnet et
Polonceau, ,Noaveau portefeuille de ring6-
nienr des chemins de fer', 1866; Schwabe,
,Die Anlage sekundärer E. in PreussenS
1865; Koch, ,Das deutsche Eisenbahutrans-
portrecht', 1866.
Eieeaberg, Stadt in S.- Altenburg, 5141
Ew.; altes Schloss; 1675 — 1707 Residenz
eiber besonderen Linie (Sachsen -E.).
Eisenblech, s. Blech,
Eisenburgy ungar. Komitat, Kr. jenseits
der Donau, 91,4 QM., sehr firuchtbar. Haupt-
ort: Stein am Anger.
Eisenerz, Marktflecken in Steiermark, Kr.
Brück, am Fuss des Eiaenberga (4705' hoch),
mit einer der reichsten Eiseiigrubon Euro-
pas O'^hTl. 260,000 Gtr.), 4088 Ew. Eisen-
hüttenbetrieb, Schlackenbäder.
Eisenerse, s. Eiaeti.
EisengieBserei 9 Darstellung von Guss-
waaren aus schwach halbirtem (weisses
Roheisen haltigem) grauen Roheisen , ent-
weder direkt aus dem Hohofen oder häufi-
ger nach dem Umschmelzen der Flossen
oder Gänge in Tiegeln, Schacht- oder
Flammöfen. Die Formen werden gewöhn-
lich mit Formsand (thonhaltigor Saud mit
Kohlenstaub vermischt) oder Lohm her-
gestellt. Beim Schalen- oder Kapselguss
giesst man (Hartwalzen, Bisenbahnwngen-
räder) in gnsaeiseme Formen (Goquillen),
wobei die Oberfiäche der Waaren in hartes
weisses Eisen verwandelt wird. Durch Er-
hitzen in einer Einhüllung (Lehm, Sand)
und langsames Erkalten (Adoucirou, An-
lassen , Tempern) werden die Gusswaaren
so weich, dass sie sich mit Feile u. Meissel
bearbeiten lassen; durch Glühen in Kohle,
Hammerschlag , Eisenoxyd , Braunstein
(Gämentatlon , wobei Entkohlung eintritt)
wird das Gusseisen schmiedbar und lässt
sich dann durch Einsatzhärtung oberfläch-
lich verstählen.
Eiflenkmiit. s. Verbena.
EiseHmennige, dunkelrothbraunes Pulver,
besteht aus Eisenoxyd und Thonerde, Sur-
rogat der Mennige zu Anstrichen.
Eiseaprftpftrftte, die zahlr. in derMedicin
benutzten Verbindungen des Eisens (s. d.).
Elaenitothj s. v. a. Englisch Roth.
562
Eisensafiran — Ejakulation.
; BlMBiaftmBy 8. T. a. Eisenozydhydrat, ■.
BiWMeliwany s. Antimon. [Eiaen,
BIWBftodty Stadt im ungar. Komitat
Oedanbnrg, sädl. am LeithageUige, S765
Ew.; ber. flintl. esterhasyscbes Sohloüs.
ElMBtiBktwmiy offlcin. Losnogen yerachie-
denar Elsensalse, des Cblorlds, des easig-
saaren, apfelsanren Eiflenoxydula od. Oxyds.
Elaienjnxiol(grüner VUriol^ Kmpferwa$Mr),
schwefelsanres Biseooxydul, grünliche Kry-
Btalle mit 7 Aeq. Wasser, von dintenartigem
Geschmack, Yerwittert an der Luft und
serl&llt snletxt an basisch - schwefelaanurem
Eisenoxyd, wird ans verwittertem Schwefel-
und Magnetkies gewonnen (oft aJs Neben-
produkt bei Alannfabrikatiou) oder durch
Lösun« von Eisen in Schwefelsäure, Ist lös-
lich in Wasser, dient aum Blau- und
8chwarsfärl>en , aar Bereitung der Dinte,
der Indigoküpe, des Berlinerblans und der
rauchenden Schwefelsäure, zum Reinigen
des Leuchtgases, sum Desinficiren, aum
Fällen des Goldes, als Anneimittel, in der
Photographie (bes. das haltbare 1>oppeIsal](
mit schwefelsaurem Ammoniak) etc.
Ei§enie Krone, die Krone, mit der seit
Ende des 6. Jahrh. die lombard. Könige,
dann Karl d. Gr., sowie die meisten deut-
scheu Kaiser bis auf Karl V., 1805 Na-
poleon I. und 1838 der Kaiser Ferdinand I.
von Oesterreich als Regenten der Lombar-
dei gekrönt wurden, gefertigt xur Krönung
Agllolfs 593, besteht aus einem goldnen, mit
Edelsteinen besetsten Reif, auf der innem
Seite mit eingelegtem, schmalem eisernen
Reif (angebl. aus einem Nagel des Kreuses
Christi geschmiedet), früher in Monsa, Jetat
KU Wien aufbewahrt. Napoleon I. stiftete
1805 den Orden der e.n K., 1814 aufgehoben,
1816 in Oesterreich wieder hergestellt.
Kiaeme Maske, Staatsgefangener aus der
Regierungsaeit Ludwigs XIV., kam 1698
nach Jahrelanger Haft zu Pignerol mit dem
Kum Kommandanten der Bastille ernannten
St.-Mars in diese und f das. 19. Nov. 1703.
Er trug stets eine schwarze Sammtmaske.
Beglaubigte Aufschlüsse über ihn gab zu-
orst der Jesuit Griffet, Belclitvater in der
Bastille, 1769. Man hielt ihn für den Her-
zog ton Vermandols, natürl. Sohn Lud-
wigs XIV. und der Yallidre, der eine Ohr-
feige, die er seinem Halbbruder, dem Gross-
daupbin, gegeben, mit ewiger Einsperrung
habe bnssen müssen ; dann (Voltaire) für
den älteren Bruder Ludwigs XIV., den
Sohn Annas von Oesterreich von einem
Liebhaber, oder für einen Zwillingsbruder
Ludwigs XIV., den Ludwig XIH. ins-
geheim habe erziehen und Ludwig XIV.
auf Lebenslang habe einsperren lassen;
oder (Senac de Meilhan , Topin u. A.) für
Mattioli, den Minister des Herzogs Karl
Ferdinand von Mantua, der sich gegen
Ludwig XIV. 1678 anheischig gemacht, für
100,000 Scndi seinen Herrn zu bewegen,
die Festung Casale den Franzosen zu über-
geben, aber das Geheimniss an Savoyen,
Spanien und Oesterreich verratfaen habe
und dafür auf Ludwigs XIV. Befehl auf
das firanz. Gebiet gelockt und eingekerkert
worden sei. V|^. Ddart, »Bist, de riioiiiiiia
an maaqne de ferS 1825; ßehioMer und
Berehi, ,Arehiv für GeachichteS Bd. 9,
1831; Bänke, ,Frans. Geschichte*, Bd. 3;
MarHn, ,Hist. de FranoeS Bd. 13, 185B.
ElMrmM KreaSy von König Friedrich
Wilhelm m. 10. März 181S gestifteter prenss.
Orden, verliehen für Verdienet am das Va-
terland im Kampfe gegen Frankreich 181S —
1815; besteht ans zwei Klassen nnd einem
Grosskreuae. Dekoration: schwaraes , iu
Silber gefasstes Kreuz von Qaaaeisea mit
dem Namenszug F. W., der ktfoigfi. Krone,
einer Verzierung von Eichenblättem and der
Jahrzahl 1813; 1870 bei Ausbruch des Kriega
mit Frankreich erneuert
ElMmes Thor, ». Demirkapm,
ElsfUd, Stadt in S.-Meiainsen, an der
Werra und Werrabahn, SOiS Ew.
Ellf nib, Marktfl. im böhm. Kreise Brunn,
an der Taya, 8300 Ew. ; her. furstl. liechten-
steinisches Schloss.
Klsleben, Stadt im preuss. Reghs. Merse-
burg, Hauptort des mansfelder Seekreises,
1S,539 Ew. ; Geburts- nnd Sterbeort liothers,
Sitz der mansfelder kupferschleferbauenden
Gewerkschaft Luthers Geburtshans jetxt
Armenschule.
Elmeer, s. v. a. Polarmeer.
Elaputtkt, s. V. a. GefHerpunkt.
Eisvogel (81. Martintvogei, Alcedo L,),
Gattung der Klettervögel. €^emeiner £. (A.
ispida L.), 7", im gemässigten Bnroiia nnd
in Asien , bei uns vom Sept. bis Mars. Bei
den Alten Gegenstand verschiedener Mythen.
Eiaseit, in die Dilnvialseit fkUende
Periode starker Vergletscherunip der Kon-
tinente, wird durch die erratiscbem Blöcke
(s. d.) und durch eigenthümliche Verbrei-
tung gewisser Pflanzen u. Thiere im Baum
und in der Zeit angedeutet. Verdankt ihre
Entstehung nicht bedeutender Temperatnr-
emiedrignng , sondern wahraebeinllcher
einer von der heutigen abweichenden Kon-
figuration der Ländermassen.
Elter (Pub), rabmähnl. dicke Flüssigkeit,
die entweder von grösseren ViTunden abge-
sondert wird, oder in Hohlränmen ( A baoessen)
entstanden ist, besteht aus farblosen, kern-
haltigen, bisweilen verfallenen Zellen, die
in Blutwasser (Serum) vertheilt sind. Die
Zellen gleichen vollkommen den farblosen
Blutkörpem und werden von Vielen auch
als ausgewanderte Blutsellen betrachtet.
Durch Einwirkung schädlicher Substanzen
zersetzt sich der E. und wird snr ^ameh*,
die, wenn sie ins Blut gelang:t, die sogen!
Eitervergiftung (Infamie und Sep»iehämie)
erzeugt. Die Eiterung ist ein normaler
Vorgang bei Heilung grosser Wunden, und
der £. dient zum Schutze des neusebildeten
Gewebes; nur zu massenhaftes Auftreten
und Missfarbigwerden des G.s deutet auf
Störung iu der normalen Heiluns hin
BiterbUdung in Inneren Theilen ist eine
Folge von Entzündungen deraelben
Eiwelssy 8. AUmmin,
lyaknUtion (lat.), Auaspritaunf . nhvsiol
speciell vom Ausspritzen des Spi^i Jl
braucht; herausgestossene Worte Itaute
Ejälet — Elaaticität.
658
I^^et (ttlrk.), im türk. Beiche grösswe
ProTins oder Statthalterschaft, aerfällt in
mehrere Sandschaks (Distrikte).
lymMden, Dynastie, welche 1171-1254 in
Ägypten regierte. Ihr gehörte Sultan
Salftdin an.
Cktelinft (Agbaiana, a. G.), Hanptst. des
Mederreichs, die Sommerresidens der pers. n.
parth. Könige; Jetzt wahrecheinl. Hamadan.
Ekehynioge (gr.) , Blntunterlanfang, Aus-
tritt You kleinen Blatmengen unter Haute,
stellt tdch als kleiner rother Fleck dar,
dessen Farbe bei Druck nicht Terechwindet.
Entsteht bei Neigung au Blutungen, bei
Skorbut, bei Phosphorvergiftung und in
▼ielen anderen Krankheiten.
Ekel (Nausea), Widerwille gegen gewisse
Speisen, suweiien auch erster Anfang un-
▼ollkommenen Brechreizes; bei Maganer-
krankungen, sowie auch durch rein psy-
chische Einwirkung entstehend.
Ekelkur (Methodus per nauseam), in
früherer Zeit gebrauchlich g^en die yer-
schiedensten Zust&nde und Je nach dem
Individuum durch die verschiedensten Mit-
tel eiTeicht. Am besten wird Ekel durch
Brechmittel in ungenügender Dosis hervor-
gerufan, wobei es nur zum Würgen, nicht
aber zum Brechen kommt.
Eklampsie (gr.), Krampfform .mit Auf-
hebung des Bewusstseins, die wenige Stun-
den oder Tage anhält und entweder mit
Genesung odex Tod endet. Die Anf&lle
ähueln den epileptischen, daher akute JSpi-
leptie genannt. 2 Hauptformen: 1) S, der
Kinder (eclampsia inCauatura), bes. bei der
ersten Zahnung, beim Ausbrach akuter
Krankheiten, bei Vorhandensein von Wür-
mern ; äussert sich in Verzerrung des Gtesichts,
Blauwerden der Lippen, Rückwärtsbiegen
des Kopfes, Zackungen in den einzelnen
Körpertheilen. Behandlung durch Klystiere,
Eisumschläge auf den Kopf, nach Befinden
Blutentziehung. 2) JE. der Sehwangeren und
Gebärenden, selten, nach früheren Ansichten
durch Hamstoffvergiftung (Urämie) entstan-
den. Behandlung bes. durch Aderlass, Haut-
reize, Klvstiere, Chloroform, Opium.
Eklektiker (gr.). Einer, welcher unter
Vorhandenem das, was ihm als das Beste
erscheint, auswählt; daher Bezeichnung
solcher Philosophen, welche sich zu keinem
bestimmten System bekennen, sondern ans
den anerkanntesten Systemen das nach
ihrem Dafürhalten Waihre auswählen; in
der alten Philosophie insbes. Diejenigen,
welche die Itehren des Pythagoras, Plato
und Aristoteles in Ein System (EHelUicis-
mu») zu vereinigen suchten Qlanptreprä-
sentanten Plotinus und Proolus) ; in Frank-
reich die Anhänger des philosc^h. Systems
Royer-Collards und Ck>usins.
Ekliptik (gr.), Sonnenbahn, derjenige
grösste Kreis der Himmelskugel, den sobein-
liar die Sonne, in Wirklichkeit aber die
Erde im Lauf des Jahres beschreibt; die
£. und der Aequator durchschneiden sich
unter 28o £7' 80" (Schiefe der E.), Dieser
Winkel ändert sieh im Lauf der Jahr-
tausende. Die Darehsohnittspnnkte yon E.
und Aequator heissen Aequinoktlalpunkte
(s. d.), die 90O von ihnen abliegenden Punkte
Solstitien (s. d.). Die B. wird In 12 Thefle
(Zeiehen) a SO^ gethellt, benannt nach den
Stembildem des Thierkreises.
Eklfige (gr.), das Ausgewählte, in der
röra. Poesie Jedes kleinere ausgewählte Ge-
dicht; bei den lat. Grammatikern Bezeich-
nung der bukolischen Gedichte des VIrgilius
und Galpumius, daher von den Neuem für
Hirtengedichte irrthümlich beibehalten.
Ekpyema (gr.), Vereiterung, Geschwür.
Ekstise (gr.), das Aussersichsein, Zustand
erhöhter Begeisterung, bes. krankhafter
phantastischer und schwärmerischer Auf-
geregtheit. Eketatiseh, begeistert, verzückt.
Ektasie (gr.), Erweiterung von Hohlorga-
nen, Röhren etc. Beispiele: die Erweiterung
der Luftwege (Bronchiektasle) bei chron.
Lungenkrankheiten, zur Höhlenbildung füh-
rend; E. der Blutgefässe (Teleangiektasie),
angeboren in Muttermälem, erworben durch
chron. Alkoholeinwirkung (Säufemase), in
den Venen der Fasse, Krampfadem.
EktiiiB (gr.), 8. DiaUole.
Ektypevi, Abdrücke von geschnittenen Stei-
nen ; erhabene Arbeit in Holz etc. Sktypo-
graphie. Hoch- oder Reliefdmck (für Blinde).
Eksina (gr.), nässender Bläschenaus-
schlag der äusseren Haut. Bei E. Simplex
bilden sich unter starkem Jucken die Bläs-
chen, bes. an den Ohren u. an Gelenken;
bei E. rubrum fliessen die Bläsehen inein-
ander, grosse, rothe, nässende Flächen
entstehen; bei E. Bquamoeum sind die Bläs-
chen kaum sichtbar, Schuppen bilden sich ;
hei E. impetiginodea kommt es zur Eiter-
bildung, und beim Eintrocknen entstehen
grosse Schorfe (Orusta lactea), bes. bei
Kindern am Kopf und im Gesicht. Ursachen
hauptsächlich Hautreize. Entweder rasch
vorübergehend, bei g^uter Hautpflege, durch
kalte Umschläge, oft aber langwierig, dann
Behandlung durch Bäder, Theersalbepi etc.
Elakorit (lat.), etwas Ausgearbeitetes,
namentl. ausgearbeitete Schrift, Vorlage etc.
EliagBM L, (Oleaster), PAanzengattung
der Proteaceen. E. angustifolla L., wilder
Oelbaum, Paradieebaum , mit silbergrauem
Laub, im Orient, in den Mittelmeerländem
und in Böhmen angebaut, liefert Nutz- und
Farbholz, Früchte geniessbar, Zierpflanze.
ElioptSne, die bei niedriger Temperatur
flüssig bleibenden Bestandtheile mancher
ätherischen Oele , im Gegensatz zu den
Stearoptenen , welche sich beim Erkalten
krystallinisoh ausscheiden.
EUidin, fester, fettähnlicher Körper, ent-
steht bei Einwirkung von salpetriger Säure
auf fette, nicht trocknende Oele, speciell aus
deren Olel'n. Offlcinell als Unguentnm
ozygenatum , dient , wie auch die ans £. '
abgeschiedene oder direkt aus Oleinsäure
dargestellte ElaVdinsäure , zur Kerzen- und
Seifenfabrikatiori.
EUU19 s. V. a. OleYn.
EUlBS&nre, s. v. a. OleVnsäure.
ElEBtlcit&t (Federkraft)» die Eigenschaft
der Körper, ihre unter Einwirkung einer
ftuf seren Kraft (Zug, Druck, Biegung, Dre-
554
Eilasfcics — Elecbrom.
kos) TeriadMia CtMtalt wiadar ansa«
Behnfln, sobald Jen« Kraft nloht mehr
wirkt. Vollkonmeo elastbch sind die
Körper nur iBDerfaalb beetimmter QresBen
(Elasfcicititsgreiixe); J^uwite dendben tritt
bleibende Geetaltrerindemnc «i». SUuti'
eUSttmoduluM besrichnet das Ctowlcht, wel-
ehes nöthig sein wflrde, um einen Körper
von dem Qaersciinltt = 1 aof das Doppelte
seiner Lange anssndehnen.
Elasttcf, geköperte nnd gewalkte Oe-
webe ans Streichgarn ndt grösserer Dehn-
barkeit als Tach; Gummigawebe.
ElaiM (a. O.), Stadt in Phocis, mit her.
Aesknlaptempel ; galt als der Schlässel Ton
Griechenland. Snlnen bei Elefta.
KlateiiBy wirksamer Bestandtheil der
Fruchte von MomordicaElaterlam, gerach>
los, bitter, in Wasser und Alkohol löslich,
wirkt heftig porgirend.
KlAjly Ölbildendes Gas, schweres Kohlen-
wasserstoflTgas , Verbindung Ton 4 Aeq.
Kohlenstoff mit 4 Aeq. Wasserstoff, £srb-
loses, eigenthümlich riechendes Gaa, ent-
steht bei der trocknen Destillation orga-
niseher Stoffe (Steinkohlen, Tette, daher im
Leuchtgas), nicht atliembar, schwer löslich
in Wasser, brennt mit hell leuchtender
Flamme, aersetzt sich bei Rothgluth in Kohle
(Betortengraphit) und Grubengas, löslich
in Schwefels&ure (die verdünnte Lösung
gibt bei Destillation Alkohol). ElajfichUMrür
(aranaeher Acther), farblose Flüssigkeit,
Anästhetikum ; FtrcMorelajflcklorür, Andert-
halbchlorkohlenstoff (Carboneum trichlora-
tum), kampherartig riechende Krjstalle,
Heilmittel g«gen Cholera.
Klbft (lat. Jha, gr. Aethalia), itol. Insel
im mittelländ. Meer, durcli den 8 M. br.
Kanal von Piombino vom Festland getrennt,
4,s QM. nnd 81,400 Ew.; gebirgig (Monte
Oapanna 3100' h.); Eisen, Ikbuinor, mineral.
Wässer; Tlianfischfang. Napoleons L Auf-
enthalt das. vom 14. Mai 1814 bis 86. Febr.
1815, als souveräner Fürst der Insel. Haupt-
stadt Porto -Ferri^o.
Elbe (lat. Albit, böhm. Labe), grösster
Strom Norddeutschlands, entspringt auf der
böhm. Seite und dem höchsten Theile des
Biesengebirgs , südwestl. von Hirschberg,
auf der £lb- und weissen Wiese (4200^ h.),
aas mehreren Quellen, bildet bald den SOO'
hohen EUrfall, flieset in weitem Bogen durch
das nördf. Böhmen (über Königgrätz , Mel-
nik, Tlieresienstadt, Leitmerltz), dann nach
Durchbrechung des böhm. Mittelgebirge
durch das Könlgr. Sachsen (über Pirna,
Dresden und Meissen) u. die preuss. Prov.
Sachsen (Toigau, Wittenberg, Magdeburg),
weiterhin auf der Greuse von Hannover
und Mecklenburg, Lauenburg und Holstein
(über Hamburg, Altona und Glückstadt)
und mündet 2 — S M. br. bei Kuzhafen in
die Nordsee. Länge 155 M. , Stromgebiet
2616 QM. Hauptnebenflüsse rechts: Iser,
Elster, Havel, links : Moldau, Eger, Mulde,
Saale. Die Schiffbarkeit beginnt bei Melnik,
für grosse Eibkahne (100 — 110' 1., 14—16'
br.) bei Pirna, bei Hamburg mit Hülfe der
Fluth für die grössten Kauffahrteischiffe.
BoUlIbare Strecke US M. , -davon 15 zu
PreuBsen gehörig. Begelmässige Dampf-
schifflabrt zwischen Hamimrg und M^de-
burg (meist für Frachtgüter) und v<mi Dres-
den ans durch die sachs. und böhm. Schweiz
(nur für Personen). Die Elbechlfflkhrt, bis
in die Neuzeit durch Lasten und droekMide
Grenzaöile in ihrer Entwicklung gehemmt,
wurde zuerst durch die EXbtekiJ^'mkrt^atie
vom 85. Juni 1821, welche vielerlei Be-
sdirinkni^pen der freien Schiff&hrt besei-
tigte, wesentlich gefördert. Andere Brleich-
teningen erfolgten durch die Additiondakto
vom 2S. April 1844 und deren spätere Re-
visionen; dann 88^ Juni 1861 AbscbafTan^
des stoderElbzoUs, endUch 1. Juli 1870 Anf-
hebuug aller noch bestehenden Zölle.
ElberMd, Kreisstadt im preuss. Regbe.
Düsseldorf, eine der bedeutendsten Fabrik-
und Handelsstädte Buropas, an d^ Wnp-
per, 65,381 Ew.; Leinen-, Baumwollen-,
€kim-, Seiden-, Tapetenindustrie. Bibel-
und Missionsgesellsdmft.
Elbfaig, Kreisst. im preuss. Regba. Dan-
zig, IM. von der Mündung des hier schiff-
baren masse« E. ins Irische Haff, 28,0&5Ew.;
Fabriken, Schiflbwerfte, ansehiü. Bhederei ;
ehedem blühende Hansestadt.
Elboeuf 9 Stadt im franz. Dopart. Kieder-
seine, an der Seine, 81,784 Ew.; Tnchfabr.
Elbma (SOtonu), höchster Berg im Kau-
kasus, 17,400* h., erloschener Vulkan.
Klclie (spr. Eltsche), Stadt in der apan.
Prov. Alicante, am Tarafa, 15,700 Ew.
ElehiigeB (Oberelehingen), Dorf im bayer.
Regbz. Schwaben , unweit Ulm , 499 Ew. ;
dabei die ehemals reichsunmittelbare und
reiche Abtei B. (seit 1806 bayer.). 13. Okt.
1805 Bieg der fkrans. Armee unter Ney (da-
her ,Herzog von E.*) über die Oesterreicher.
Eide, schiffbarer Nebenfl. der Elbe iu
Mecklenburg, mündet bei Domitz, 18 M.
EldenAy Dorf bei Greif swald, 60O Ew.;
ber. landwirtbschaftl. Akademie (seit 1835).
Eldorido (span.) , Goldland , eigen tl. Be-
zeichnung der (nach der Mittheilung von
Pizarros Gefährten Orellana) sehr gold-
relchen Gegend um den (nicht existirenden)
See Parime in Guiana; daher poet. s. v. a.
wunderbares Zauberland, Paradies.
KleatiMhe Behnle, al^^riech. Philosophen-
schale, gestiftet von Xenophanes zu Elea
in Unteritalien, blühte um 540—460 v. Chr.,
umfasst ausser dem Stifter Parmenides Und
Zeno, beide aus Elea, und Melissus ans
Samos. Erklärte vom Idealist. Standpunkte
aus die phys. Welt für illusorische Er-
scheinung und suchte das Wesen der Dinge
aus Begriffen des Verstandes zu bestimmen.
EleetI (lat.), Auserwählte ; &ekti<m, Wahl,
Kürung; Eleklor, Wähler, Wahlfarst, Kur-
fürst; Elektorat, Kurfürstenthum.
EleetrAy Tochter des Agamemnon und der
Klytämnestra, Schwester der Iphigenia und
des Orestes, rettete letzteren nach ihres
Vaters Ermordung, war ihm dann bei Er-
mordung des Aegisthus und der Klytämnestra
behülflich, ward Gattin des Pylades.
Eleetnun (lat.), Bernstein: Leglnmg aus
V6 Gold und ^k Süber.
Elefant — Elektrisches Licht.
55Ö
Elefint (BlepfaM L.), Gattung der
Yielhnfer, Pflanzenfresser. Asiatischer E.
<E. indicas L.), In Indien und auf Oeylon»
10—18' hoch, mit kleinen Ohren, lebt gesellig
in den Wäldern, yerwastet Pflaneungen,
wird gezähmt und gezüchtet, dient im Kriege
n. im Frieden als Reit- , Zug- und Lastthier
(trägt 8000 Pfd.), liefert Blfenbein. A/rikan.
E. (E. Hfricanus Blumenb.), Ton der Sahara
bis zum Kap, 10—18' hoch, mit sehr grossen
Ohren , schwieriger zu zahmen , liefert
Elfenbein, Fleisch, geniessbar.
Elefante, kleine Insel an der Westküste
Vorderindiens, unweit Bombay, mit ber.
Tempelgrotten und Pagoden.
Elefluitenlaas, s.Anaoardium n.8emeearpua,
Elefantenorden, erster dän. Orden, als
geistlich -ritterliche Brüderschaft 1464 ge-
stiftet, von Friedrich U. 80. Aug. 1559 in
einen weltlichen Orden verwandelt, erhielt
▼on Christian V. seine jetzige Konstitution.
Insignien: goldne Halskette und weiss-
emaillirter Elefant mit schwarzem Thurm
an blau gewässertem Bande.
Elefantine, Nilinsel, unterhallb der Kata-
rakten, Fundgrube von Alterthümem.
Eleganz (lat. degantia), Zierlichkeit, An-
mntli, bes. auch in der Darstellung der Ge-
danken durch die Rede; eUgaaU, zierlich;
Substantiv. Elegant (spr. -gang), Stutzer.
Elegie (gr., KUtgeli^), bei den Griechen
und Kömern ein in abwechselnden Hexa-
metern und Pentametern (dem sogen, eleg.
Versmass) abgefasstes Gedicht, patriot. und
gnomischen, später (namentl. bei den Rö-
mern) meist erotischen Inhalts; bei den
Neuem insbes. ein Lied voll Wehmuth und
Klage in verschiedenen Formen, unter den
Deutschen in diesem Sinne bes. von Hölty
n. Matthisson gepflegt, während Schiller die
didakt. (, Spaziergang*) und Goethe die erot.
E. (,Röm. Elegien*) mit Glück kultivirte.
Nebenarten der E. : die Nänie u. die Heroi'de.
ElektonlMhaf, s. Schaf.
ElektrlcltSt. Durch Reibung, Stoss,
Wärme, Berührung lassen sich alle Körper
unter bestimmten Verhältnissen in einen
eigenthümlichen (elektrischen) Zustand ver-
setzen, welcher sich zuerst durch Anziehung
u. gleich darauf folgende oharakteristische
AbstoBsung äussert. Was in diesen elek-
trischen Körpern thätlg ist, nennt man E. n.
betrachtete es früher als ein'eigenthümliches
unwä^ares Fluidum, Jetzt als eine eigen-
thümliche Bewegung der Moleküle. Die
verschiedenen elektrisch gemachten Körper
verhalten sich ungleich, entweder dem ge-
riebenen Glase (positiv, -|-elektrisohe) oder
dem geriebenen Harz (negativ, —elektrische)
ähnlich. Gleichnamige elektrische Körper
stossen sich ab, ungleichnamige ziehen
sich an. Die Vereinigung beider E.en lässt
sich nur durch Einschaltung eines Nicht-
leiters verhindern. Beide E.en ■ wirken
dann, gleiche Stärke vorausgesetzt, nur auf
sich, nicht nach aussen, sie sind gebunden.
Gebundene E.en suchen sich gegenseitig
auszugleichen und so entsteht die tMUriiehe
Spannung und bei genügender Stärke der
letzteren die SkMadungf begleitet von I4cbt
(elektrischer Funke), Schall; Wärmeent-
wicklung und chemischer und mechanischer,
oft sehr heftiger Wirkung. Durch Ver-
einigung der -|-E. und — E. entstellt ein für
unsere Sinne nicht wahrnehmbarer GUich-
getoichtsxustand , in welchem sich alle für
gewöhnlich ,nicht elektrischen* Körper be-
finden. Ein elektrischer Körper stört in
einem, durch einen Nichtleiter von ihm ge-
trennten nicht elektrischen Leiter das elek-
trische Gleichgewicht (eleJUritche Veriheilung,
Inßuenz). Wird der erregte Körper mit der
Erde in leitende Verbindung gesetzt, so
fliesst seine dem erregenden gleichnamige
E. ab (die ungleichnamige bleibt gebunden),
und wenn dann der erregende Körper ent-
fernt wird, so zeigt der erregte freie und
ungleichnamige E. Metalle leiten die E.
fort (60,000 M. in 1 Sek.)' Glas, Harz,
Gutta Pertscha , Seide , trockne Luft sind
Nichtleiter; nur mit Nichtleitern in Ver-
bindung stehende Leiter heissen isolirt,
Freie E. verbreitet sich nur auf der Ober-
fläche der Körper, auf einer Kugel ist ihre
Intensität überiül gleich, an Kanten, Ecken
und Spitzen häuft sie sich au und strömt'
durch solche leicht aus. Ampereschea Oe-
setg, s. Induktion.
Elektrische Batterie, eine Verbindung
mehrerer leydeuer Flaschen (s. d.).
Eleklaische Liutwerke (ScheUenzüge), für
Eisenbahnen und in Wohnhäusern als Er-
satz der mechanischen Schellenzüge, be-
stehen aus einer (meidingerschon) Batterie,
dem Signalgeber an dem Ort, wo geschellt
werden soll, dem Laut werk und einer alle
Theile verbindenden Drahtleitung. Sobald
und so lange durch den Signalgeber der
Strom geschlossen wird , schlägt ein Ham-
mer im Läutwerk 10 — 80mal in einer Se-
kunde gegen eine Glocke.
Elektrucker Fanke, von eigenthüm-
lichem Geräusch begleiteter Funke , der
von einem Körper, auf welchem Elektricität
in hinreichender Dichte angehäiift war,
auf einen genäherten Leiter überspringt, ist
von ungemein kurzer Dauer, besteht in
intensivem Glühen stofflicher Theilcheu
und hat deshalb je nach dem Medium, in
welchem, und nach den Körpern, zwischen
welchen er entsteht, verechiedene Farbe.
Der grösste e. F. ist der Blitz.
Elektrischer Gerach, der eigenthümliche
Geruch in der Nähe einer thätigen Elek-
trisirmaschine, rührt von Ozoniairung des
atmosphärischen Sauerstoffs her.
Elektrischer Strom, s. Galvanischer Strom,
Elektrische S&nle, s. (Galvanische Batterie.
Elektrisches Licht, die durch den elek-
trischen Strom einer starken. galvanischen
Kette oder einer magnetelektrischen Ma-
schine erzeugte blendende Lichterscheinung,
welche zwischen den genäherten, aus Kohle
gebildeten beiden Polen entsteht; wird auf
Leuchtthürmen, bei nächtlichen Bauten, zu
Kriegszwecken (Ueberwachung und Hin-
derung der nächtlichen Belagerung^rbeiten)
benutzt, eignet sich aber wenig zu gewöhn-
lichen Beleuchtungszwecken, well die un-
geheure, von einem PunKt ausgehende
656
Elektrische Spannangsreihe — fileldroplior.
Lictatmenge die fl<^roff«teB Kontraste swi-
iohen Licht und Schatten ersengt.
Blektriieke Sptwimgirelhe, Anordnung
der Elemente gemäss ihrer natftrlichen
elektrischen Beziehungen in einander:
Sauerstoff Chrom QueeksllherZink
Schwefel Bor Kupfer Aluminium
Stickstoff KohlenstoffWismuth Magnesium
Chlor Antimon Zinn Calcium
Brom Kiesel Blei Strontium
Jod Qold Eisen Barynm
Phosphor Platin Wasserstoff Natrium
Arsenik Sflber Mangan Kalium
In dieser Reihe verh< sich jedes obere,
dem Sauerstoff naher stehende Glied elektro-
negatly zu Jedem unteren, welches dabei
elektropositiv wird, wenn eine mechanische
Berührung Statt findet.
ElektriBehe UhreB, Uhren, deren Gang
mit Hülfe des elektrischeu Stroms Yon dem
einer Normaluhr abhängig gemacht wird,
so dass sie mit derselben stets genau über-
einstimmen. Die Normaluhr steht durch
eine Drahtleitung mit einer oder mehreren,
oft weit Yon einander entfernten Uhren in
Verbindung, durch ihr Raderwerk wird
nach Ablauf einer Jeden Minute, ohne Ihren
Gang irgendwie zu stören, ein elektrischer
Strom geschlossen, und infolge dessen mit
Hülfe von Elektromagneten, Federn, Sperr-
haken etc. werden die Zeiger aller Uhren
%benfalls um eine Minute fortbewegt.
El6ktrl8lna»8ehine , Apparat zur Er-
zeugung von Reibungselektricität, besteht
aus einem Glascylinder oder einer Glas-
scheibe, welche durch eine Kurbel gedreht
und dabei gegen ein mit Amalgam be-
decktes Lederkissen gerieben wird, wäh-
rend ein isolirter metallener Körper (Kon-
duktor) zur Ansammlung der Elektricität
dient. Die auf der Glasscheibe erzeugte
positive Elektricität wirkt vertheilend auf
die Elektricitäten des Konduktors und
lässt auf demselben posltiye Elektricität
flrel werden. Die negative Elektricität des
Reibzeugs fllesst durch eine Kette gegen
den Erdboden ab. Amutrongs Bydroelek'
tririrmcuchine besteht aus einem auf Glas-
füssen ruhenden Dampfkessel, aus wel-
chem hochgespannter Dampf durch mehrere
Röhren ausströmt. Durch seine Reibung
gegen das Metall wird Elektricität erzeugt,
der Dampf wird positiv, der Kessel negativ
elektrisch.
ElektroclieiniBehe Theorie, die den Er-
scheinungen bei der elektrochem. Zersetzung
entsprechende Ansicht, nach welcher sich
die Elemente gemäss ihrer elektr. Diffe-
renz (d. h. der Spannungsgrösse der bei
ihrer gegenseitigen Berührung ausgeschie-
denen Elektricität) mit einander verbinden,
und nach welcher in jeder Verbindung ein
elektropositiver und ein elektronegativer
Bestandtheil vorhanden ist.
Slektroehemiielie Zenetsiuig (EMctro-
lya»), die durch den elektrischen Strom be-
wirkte chemische Zersetzung einer Verbin-
dung (HeAtroIyl). Alle snsMnmengesetBten
Flüssigkeiten, welche xn^leidh Leiter der
Elektricität sind, werden durch den olek«
trischen Strom zersetzt. Dabei wird der
elektropositive Bestandtheil einer Verbin-
dung am negativen, der elektroneg^tive am
positiven Pol ausgeschieden, oder ver-
bindet sich mit der Substanz des Pols (der
eingetauchten Metallplatte). Die e. Z. ist
proportional der Stromstärke und findet in
allen Theilen des ScbÜessungsbogens , der
Kette, Batterie oder besonderenZersetzungs-
zelle in äquivalenten Gewichtsmengen Statt.
P/aktische Anwendung findet sie in der
Galvanoplastik (s. d.).
Elektrödea, die Pole einer galvaniachen
Kette, Anod» der positive, Kathode der
negative Pol. Ionen die Elemente des sich
zersetzenden Stoffes; AnUm der an der
Anode und Kation der an der Kathode sich
ausscheidende Bestandtheil.
Elektrodynamik 9 Lehre von der Einwir-
kung elektr. Ströme auf einander. SloMro-
dynamiaoke Vertheüung, s. Induktion,
llektrolyt^'K ^^^ti^chemische Zeneiaung.
ElektromsgnetiBmiM, Wirkung der elek-
trischen Ströme auf Magnete n. umgekehrt.
Der Schllessungsdraht einer galvanischen
Kette leukt die Magnetnadel aus ihrer Ln^e
ab. Diese Ablenkung wird verstärkt, wenn
der Draht in wiederholten Windungen um
die Nadel geführt wird. Letztare seigt
dann schon B«hr schwache Ströme an (s.
Oalvanometer), Windet man mit Seide um-
sponnenen Knpferdraht um einen Stahl-
oder Eisenstab und leitet durch den Draht
einen elektrischen Strom, so wird der Stab
magnetisch (ElektromagnH). Dieser Mag-
netismus erlischt im Eisen sofort mit Unter-
brechung des Stroms, während Stahl anch
dann noch magnetisch bleibt. Elektro-
magnete können sehr grosse Kraft besitzen,
sie dienen zu zahlreichen Apparaten, bes.
auch in der Telegraphie. Die elektromag-
netiaehen Kraftnuuehinen sind Vorrichtnneen
zum Ersatz der Dampfmaschinen, arbeiten
aber bei weitem thenrer als diese. Vgl.
Roloff, ,Der E.*, 1868.
Elektrometer, s. JBMcttodsop,
Elektromotoren, elektrische Erreger, Kör-
per, welche durch gegenseitige Berührung
Elektricität erregen, z. B. Kupfer und Zink.
Elektromotorische Kraft, die Kraft,
welche man als die Ursache des Auftretens
beider Elektricitäten bei Berührung un-
gleichartiger Stoffe bezeichnet.
Elektrophor. ein Harsknchen (8 Kolo-
phonium , 1 Schellack , 1 venetian. Terpen-
tin) auf einer metallenen Unterlage und
mit einem metallenen Deckel, welcher an
seidenen Schnüren oder an einem Handgriff
aus Glas aulji^ehoben werden kann. Peitscht
man den Harzkuoben, so wird er neg^v
elektrisch und wirkt vertheilend auf die
Elektricitäten des au(]gelegten Deckels;
berührt man letzteren mit dem Finger, so
erhält man einen Funken, und wenn man
dann den Deckel isolirt aufhebt, so ist er
positiv elektrtsoh und gibt bei Annäherung
des Fingers einen stärkeren Funken. Der
Elektropunkiur — Elias.
557
E. befa&U Iftüg« seine Wirksamkeit und er-
aetst in yielen T&llen die Elektrisirmaschine.
KlektroimiktVy s. Akuput^w.
ElektrofkoP) Elektrioit&tsanseiger, Instru-
mentt bei welchem 8 Pendel mit Kork-
kfigelchen (Oanton), swei schmale Streifen
eines Strohhalms (VoUa), awel Streifen
Goldschanm (Bennet) oder ein solcher Strei-
fen zwischen deo Polen einer zambonischen
Saale (BohMnb^rger'Ftchner) an einem
isolirten, oben mit einem Knopf Tersehenen
Draht hängend durch ihre Bewegung an-
Beigen, ob ein den Knopf berührender Kör-
per sich in elektriachem Znstande befindet.
S.e mit Gradbogen zur Messung des Aus-
schlags der Pendel heissen Elektrometer,
Elektrotherapie^ HeilYerfahren, bestehend
in der vielfach modiflcirten Einwirkung des
elektr. Stromes auf den Organismus.
Elektrotonisolier Zaatana (Elektrotonus),
8. JfervenelektricUiU. [abdrucke.
Elektrotjpcn» galvanoplastische Kupfer-
Elementarioialyiey s. Analffais.
Elemente 9 Stoffe, welche die Chemie
nicht zu zerlegen vermag, gegenwärtig 65:
Aluminium t Antimon, Arsen, Bary um, Be-
ryllium, Blei, Bor, Brom, Kadmium, Oä-
sinm, Oaleium, Oerinm, CMor, Chrom,
Didym, Eiten, Erbium, J^uor, Oold, Indium,
Jod, Iridium, KitUum, Kobalt, Kohlenstoff,
Kupfer, Lanthan, Lithium, Magnuium,
Mangan, Molybdän, jya<rt«m, Nickel, Niob,
Norium(?), Osmium, Palladium, I%o»pho»r,
Platin, Quecksilber, Rhodium,' Rubidium,
Butheuium, ßauerUoff, Schwefel, Selen, Sil-
ber, SiUcium, StickUoff, Strontiiun, Tantal,
Tellur, Terbium (?), Thallium, Thorium,
Titan, Uran, Vanadin, Waseeretoff, Wis-
routh, Wolfiram, Yttrium, Zink, Zinn,
Zirkonium. Von diesen sind die 18 kureiv
gedruckten weit verbreitet und für den
Haushalt der Natur wichtig. Die E. der
Alten waren unter wechselnden Vorstel-
lungen: Wasser, Erde, Luft, Feuer.
Elenii^ gelbes, terpeutinartiges, leicht er-
weichendes Harz von dillähnlichem Oeruoh,
in kaltem Alkohol theüweise löslich, stammt
von verschiedenen Burseraoeen in Amerika
und Manila, dient zu Pflastern, Salben,
Firnissen, in der Hutmaoherei zum Steifen.
MenntUer (Cervus Alces L,, Alces palma-
tus Gray, Elch, Mooaethier) , Scheich oder
Schelk des Nibelungenliedes, Gattung der
Hirsche, in Nordeuropa und Nordamerika,
früher auch in Deutschland, jetzt nur noch
in Ostpreuzsen gehegt, 8' hoch, mit breit
schaufelfSrmigem , 30—40 Pfd. schwerem
Geweih. Der Waldkultur schädlich ; Fleisch
geniessbar. Haut, Knochen und Geweih
technisch verwerthbar.
BleplMBtUUde(gT.), krankhafte Verdickung
aller Öautschlehten, bes. der Beine, wodurch
diese eine enorme Unförmliohkeit annehmen
(Pachydermia, E. Arabrnn). Heilung selten,
am besten noch DmckverbäBde.
Eleills i^tMt Lewina, a. G.), Stadt in
Attloa, hoohbernhmt durch den GoÄieimdienst
der Ceres und ProserpinaC«lMiWn. Mysterien),
symbolisdbe DarsteUung des Mythus der-
selben (Idee der Vnsterblicltkeit). j
KieTAtlOB 0at,), Erhöhung j in der Astro-
nomie Höhe eines Sterns über dem Horizont.
Elevatlonswliikel. Erhöhnngswinkel, der
Winkel, unter welchem ein Geschütz beim
Richten gegen die Horizontale gestellt wird.
Elire (fr., -spr. -lew), Zögling.
Elfsn (EOten), in der nord. Mythologie
göttliche Wesen niederen Banges, Personi-
fikationen derNaturkräfte, von menschlicher
Ghstalt, glänzoid schön und von verführe-
rischem Reize, lieben Musik und Tanz,
den Menschen meist freundlich gesinnt.
Elfsnliein, die Substanz der Stosszähne
des Elefanten, bes. des afrikanischen, und
des Mammuths aus Nordsibirien (fossiles
oder gegrabenes E.), in der Zusammensetzung
den Knochen ähnlich, aber durchscheinen-
der und mit eigenthümlich netzartiger Zeich-
nung auf geschliffenen Flächen, wird mit
Chlorkalk oder an der Sonne gebleicht; mit
Säure behandelt bi^^m, lederartig, halb-
durchsichtig. Die Vorder- u. Eckzähne des
Nilpferds liefern E. für künstliche 2«ähne,
minder schönes der Stosszahn des Narwals,
sehr gutes die Walrosszähne. £ttn«tf<cAe« E.
besteht gewöhnl. aus mineral. Substanzen
mit Bindemitteln oder aus gehärtetem Gyps
Elfenbeinkttste» s. Guinea.
ElflBnbeinmasse. s. Enkaustik.
EltltmbthaküaM(Taguanils8e, Ooro»so»nUs»e),
Samen der südamerikanischen Phytelephas
macrocarpa und die Muritlnüsse der brasi-
lianischen Itapalme (Mauritia fiexuosa L.
und M. vinifera Mart.), liefern das vegeta-
bilische Elfenbein, eine weisse knochenartige
Masse, die bes. zu Knöpfen verarbeitet wird.
ElfiBBbelBpftpler, zusammengeleimtes, ab-
geschliffenes,mltGyps und Leim überaogenes
und geglättetes Papier zum Miniatunnalen.
Elfrabetaueliwsun (Kasader-, KaUur-
echnoan), bei Luftabschluss geglühtes Elfen-
bein, gibt schwarze Oelforbe. '
Elgexsbug, DorfimHerzogth.S.-Koburg-
Gk>tha, im Thüringerwald bei Ilmenau, 901
Ew., ber. Kaltwasserheilanstalt.
Elgia (Moray), Grafsch. In Schottland,
25 <^. n. 38^ Ew. Hauplet. E., 7548 Ew.
ElglB iDul JUaeardlBe, 1) Tkomae Bruce,
Graf von E. u. K., brit. Diplomat, ber. als
Sammler antiker Kunstwerke, geb. 80. Juli
1766, General, vorzugsweise zu diploroat.
Missionen verwendet; f als Kurator des
brit. Museums 14. Nov. 1841 zu Paris. Seine
ber. Antiken - Sammlung (Elgin - marlUee),
seit 1800 auf seinen Reisen in Griechenland
zusammengebracht, wurde 1816 vom Staate
angekauft und dem brit. Museum elnver^
leibt. — 8) Jamea Bruce, Graf von K u. K,,
brit. Staatsmann, Sohn des vor., geb. 80.
Juli 1811, seit 1841 Bfltglied des Parla-
ments, 1846—54 Generalgouvenieur von
Canada, seit 1849 Peer, erawang Juni
1866 den für England höchst günstigen
Vertrag von Tientsin mit China, leitete
1860 die Expedition nach China; war 1868
Viceköntg von Indien; t das. 80. Nov. 1868.
Slly Hoherpriester u. Richter in Israel; f
bei der Kunde von derNiedertsgedes Israelit.
Heeres durch die Phillsier, 98 Jahre alt.
EUm (Elia), Prophet im Reiche Israel
S68
Eliasäpfel — * Eljen.
unter den Königen Ahab und Ahasja (918
bis 896 V. GhrO« ans Tbisbe im Stamm
Naphthall, strenger Eiferer far den JehoYah'
knlt und Gregner der dem Baalsdienst hul-
digenden Hof][)artei.
Ellasapfel, s. t. a. Koloquinten.
Ellasberg, 1) Gipfel der Seealpen im nord-
amerlkan. Territorium Alaschka, nahe am
Meer, einer der höchsten Berge Nordamerikas,
14J05O' h. — 2) Berg auf der Insel Aeglna,
EliMfeaer, s. F^msfeuer, [4600'.
EllmiHAtion (lat.), Ausstossung, Entfer-
nung; in der Mathematik das Verfahren,
durch passende Verbindung mehrerer Glei-
chungen die Ansahl der Unbekannten in
den einzelnen Gleichungen zu vermindern,
so dass man durch fortgesetzte Anwendung
dieses Verfahrens eine Gleitdiung mit nur
Einer Unbekannten erhält.
Ell« (a. 6.), griech. Landsch. Im Pelopon-
ues, am Jon. Meer, 10 QM., fruchtbar; darin
Olympia. Die Hauptai. E., Vorort des eUU
sehen StädtebundeB; Ruinen bei Belyedere.
EliBfty Prophet im Reiche Israel, Schüler u.
Gefährte des Elias, wirkte unter den Königen
Joram und Jehu (896—856 v. Chr.); f 840.
Elisabeth, 1) E. Petrovma, Kaiserin von
Russland, Tochter Peters des Gr. und Katha-
rinas I., geb. 18. Dec. 1709, ward durch die
Herzogin Anna Iwanowna (s. Anna 6) yon
Kurland von der Thronfolge yerdrängt, be-
stieg in Folge einer PalastreTolution in der
Nacht vom 5. zum 6. Dec. 1741 den Thron.
Verband sich zu Anfang des 7Jähr. Kriegs
mit Oesterreich und Frankreich gegen
l^riedrich 11., der sie durch ein Witzwort
gereizt. Gründerin der Universität Moskau
und der Akademie der schönen Künste zu
Petersburg. Hatte vom Grafen Rasumowsky,
mit dem sie heimlich vermählt war, eine
Tochter und zwei Söhne; f 5. Jan. 1762.
Biogr. von Weydemeyer (1834, 2 Bde.).
2) E., Königin von England , Tochter Hein-
richs VIII. u. der Anna Boleyn, geb. 17. Sept.
1533, während der Regierung ihrer Stief-
schwester Maria als Bastard betrachtet, be-
stieg nach deren Tode (17. Nov. 1558) den
Thron, erhob die Episkopalkirche zur Staats-
kirobe, ihren Günstling, Lord Robert Dudley,
zum Grafen Leicester (s. d.) und Minister,
Hess Maria Stuart von Schottland, als sie
auf engl. Boden 1567 Schutz suchte, verhaf-
ten und nach SOjähr. Gefangenschaft (8.
Febr. 1587) hinrichten. Die Macht des Par-
laments missachtend , berief sie es 1566—71
nicht, gewann aber durch Regelung des
Finanzwesens Verminderung der Staats-
schuld, Förderung des Ackerbaues und der
Indastrie und Gründung der engl. Seemacht
(Sieg über die span. Armada) grosse Popu-
larität. Nadi dem Tod Leiceaters (4. Sept.
1588) übertrug sie ihre Gunst auf dessen
Stiefsohn, den Grafen Essex (s. d.), der
durch Uebermuth seinen Sturz herbeiführte
(25. Febr. 1601). In Schwermuth versunken,
f sie 24. März 1603, nachdem sie Jakob von
Schottland zu ihrem Nachfolger ernannt
hatte. Vgl. Turner, ,Hi8tory of the reigns
of Edward VI, Mary and E.*, 2. Aufl. 1824,
4 Bde. ; Froude, ,The reign of E.*, 1868.
8) S. Charlotte, Bertogin wm OrUaus, sweiie
Gemahlin des Herz. Philipp I. von Orleans,
des Bruders Ludwigs XTV. , Tochter des
Kurfürsten SLarl Lndwig von der PfalB, geb.
27. Mai 1652 zu Heidelberg, ward 1671 aus
polit. Rücksichten dem Herzog von Orltons
vermählt', bewahrte deutsches Wosen und
deutsche Sprache trotz 50jähr. Aufenthalts
am A-anz. Hofe, gab durch ihre Erbrechte
anf die Allodialhinterlassenschaft ihres Bru-
ders Ludwig, des letzten Kurfürsten ans der
p£Bklz-simmernschen Linie, Ludwig XIY. den
Vorwand, 1688—93 die pfälz. Lande su ver-
heeren, ward durch Schledssprach des
Papstes 1702 mit Geld abgefunden ; f 8. Dec
1722 zu St.-Gloud. Sehr. ,M6moires sur la
cour de Louis XIV et la r6gence* (l^S).
4) Philippine Marie Helene von Frankreich,
Madame, Schwester Ludwigs XVI., geb.
3. Mai 1764 zu Versailles, ein Master edler
Weiblichkeit, ihres Bruders vertraute Bath-
geberin, ward IS. Aug. 1792 mit iu den
Tempel abgeführt, 9. Mai 1793 vor dem
Revolutionstribunal der Theilnahme tax den
Verschwörungen der Oapets und der Ent-
wendung der Krondiamanten beschuldigt
und 10. Mai guillotinirt.
5) E., die Heilige, Landgräfin von Thüringen,
geb. 1207 zu Pressburg, Tochter des Königs
Andreas II. von Ungarn, ward schon
1211 dem lljähr. Ludwig, dem Sohne des
Landgrafen Hermann von Thüringen, ver-
lobt und 1221 mit ihm vermählt. Seit
1227 Wittwe und von ihrem Schwager,
Heinrich Raspe, von der Wartburg ver-
trieben, fand sie eine Zuflucht beim Bischof
von Bamberg, ihrem Oheim mütterlicher-
seits, erhielt dann 1229 von ihrem Schwager
die Stadt Marburg eingeräumt, führte hier
unter der despot. Zucltt ihres Beichtvaters
Konrad von Marburg ein streng asoetisches
Leben ; f 19. Nov. 1231 im Hospital , heilig
gesprochen 1235. Ihre Gebeine iu der St-
Elisabethkirche zu Marburg in kostbarer
Lade aufbewahrt. Darch ihre Tochter
Sophie, Gemahlin Heinrichs des Grossmüthi-
gen, Herzogs von Brabant und Matter Hein -
richs des Kindes, wurde sie Stamminutter
des hess. Fürstenhauses. Ihr Leben be-
schrieben JuUi (neue Aufl. 1835), Monlaiewt-
bert (1835 u. öfter; deutsch von atädOer,
2. Aufl. 1845) und Bimon (1854).
Ellubeihgrady Industriestadt, im russ.
Gouvem. Oherson, am Ingul, 27,826 Ew.
Elisabethpoly asiat.-russ. Stadt in Trans-
kaukasieu, am Jansha, 15,439 Ew.
Elision (lat.) , die Abwerfung eines Vokals
am Ende eines Wortes, wenn das nächst-
folgende Wort mit einem Vokale beg^innt,
geschieht zu Vermeidung des Hiatus.
Elite (ir.), das Auserlesene oder Beste
aus einer vorhandenen Menge, daher S.
einer Gesellschaft, Elitetruppen etc. JSIileit-
kompagnien, Grenadierkompagnien, von Na-
poleon I. jedem Bataillon In der Zweisahl
zugewiesen und auf beiden Flügeln postirt
Elixir (v. lat. elixar«, auskochen), phar-
maceutische , tinkturenähnliche Präparate
mit Zusatz von äther. Oelen, Extrakten etc.
ElJen (nngar.), s. v. a. Virati
Eli — EUkss.
lU. 1710 Ew.; Hi^Qpt
m, ward dBibiilb durch 8[r WlllLiini
•r»tit, 1M1 VlDSBdmlri], IföS Ad-
tM. Jn^ 1M3 in KenilugtCD. - S)
ObetftQfBeliAT tu
Hir Okartu, Vetter des Vor.
Sie«! ä'bar <■!• chlt
US fSauidt, ist« OaD-
\inl bofördeic,
Trlnldid, 1861, «in> Vloeadi
''"Sm^ (gr.riii der Gr-m
t^n ff^hörig^MMMht,™«^
OrundaKcfan nlobl purallel
deuBi
Panklan der UiafBngallule geiDgenxa s«rs-
d«a UiilaD beliMD LiehOlroHm odar P<*-
tarea); deo rtiehenlnhk
Khan Verhültalgii&LI S.14Ii> . . . tjc} mnlH-
pllclrt. In der AlRonenils ipl^t die E.
elDS vlchtlEe Holle, iuiofem gleh die Pla-
I (tUiptitchti Sphärmd), KBcper,
rieh die BLUpee dem Kretie, d>g BlHpioVd
der Kugs! nähert; E. dtr Brie, die AbpUt-
tnriK der Erde ao deu Palen.
EllBn, lerfillene Stadt lu OMlndleD, Im
Eliwamgtm, Hauptit. dei «arteniberc.
Jaitkreiiwi, uder Jait, KSSliir.; dabei
da> Sclilo» Unhra-E. und Wallfthrtiklrcha.
Bli IBOailBuptst der ber. Befürateten PtoihW
E. 7 (JM. mit 130,000 Fl. Biokanil«!.
Glm, Waldgablrge In Bnniiiiohwefg, 3H.
laug, 1 M. breit, Im KnklberE 11W8' h.
Blnahaer (Sl. B»qi-. St. BcUmm-, Bl.
tbürmen, Haatea
ElBboRen (01t
bAkenforrnlgeH
igaiMtu (nlu),
9 Umkn
Elaak (Flor. B<*>n;. hebr. Name GotteL
Kloge (fr., ipr. -lohnb, lat. «(ofOun),
«brede, lAboeMiebiing, GrabliuohHft-, in
er n-auz. Literatur aell I^tenella beaon-
erer Zweig dar Daredaamkalt, SshildeFnng
,; (einer Brant).
KlDknUOB (lal.), Aueipraohe, Vortrag.
KlongatlaBflat.), bei PendelacbwlugnnKsa
er Bogen, um den der BobwlngeDde Körper
nAageubllcke Belner ffrouten AbwolcbQDg
ElDigatlonawtnkel (laL), In der Altron.
KloqBeni (Uk) , Ben
and den Vogeaea, nisprangl. deutuh , galt
den Danoobea ■nrftckerabert, ca. U8 4^-
560
Ebebeerbanm — Elz.
mit 1,114,000 Bw.; von dar Dl, Breasch,
IiMitor nebst Saar bewässert; die Abhänge
der Vogesen relob an Wäldern, Weinbergen
nnd Aeokem, die Rheinebene treffl. Knltnr-
land mit sahlr. Städten nnd starker, ge-
werbtbätiger n. wohlhabender Beyölkemng ;
Sprache im Volk noch allgemein deutsch
(alemann. Dialekt). Mineralprodnkte : Eisen,
Kupfer, Blei, Steinkohldki (&ber Si/s MiU.
Otr.). Industriesweige: Giesserei, Eisen-
schmiederei, Hascbinenlkbr. (bes. im obern
E.), Woll- nnd Baumwollen Weberei , Fär-
berei nnd Druckerei (Oentrnm Mülhausen),
Fabrikation Ton Leder, Zucker, Pikier,
Tabak, Bier etc. Handel sehr lebhaft, be-
günstigt durch ein Nets yon Verkehrswegen
(70 M. Eisenbahn). Eintheilung: in 1) Ober-
cfMM, ca. 70 QM. (noch nicht definitiy be-
stimmt) mit etwa 580,000 Ew., in 7 Kreisen:
Oolmar, Rappoltsweiler, Gebweiler, Tbann,
Olromagny (Beifort?), Mnlhansen, Altkiroh;
Festung Neubreisacb, 2) ütUerdsM», 86,7
QM. mit 610,600 Ew., in 8 Kreisen: Stadt-
u. Landkreis Strassbnrg, Erstein, Hagenan,
Molsheira, Sohlettstadt , Weissenburg, Za-
bem ; Festungen : Strassbnrg, Scblettstadt,
Hagenau.
Q0$ehiehte, Das Land gehörte unter
Cäsar in Germania prima; beim Verfall
der Römerherrschait kam es in Besitz der
Alemannen. Nach der Völkerwandernng
trat es als austras. Dukat des Franken-
reichs auf nnd bildete 2 Gaue: Nord- nnd
Sundgau. Bei der Tb eilung von 84S kam
es cum Reich Lothars, ward aber bereits
▼on Lothar II. als besonderes Hervogthum
seinem Sohne Hugo Terliehen und später
yon (träfen regiert. Unter Kaiser Fried-
rieh I. bildete sich aus dem Nordgau die
Landgrafsch. NiedeMiMu$, aus dem Sundgau
die' Landgrafsch. Ober«lsau, Der Besitz
der erstem wechselte öfters in den näch-
sten Jahrh. ; letztere kam durch Heirath
an das Haus Habsburg. IMe österr. Haupt-
linie desselben sah in dem Land lediglich
ein lOttel, ihrer Geldyerl^enhelt abzuhel-
fen ; daher die wiederholten Verpfändungen.
Kaiser Ferdinand ü. gab es 16S5 nebst
Tirol und den übrigen Vorlanden dem Eirz-
herzog Leopold, der es 1632 auf seinen
Sohn Ferdinand Karl y ererbte. Im SO jähr.
Krieg den Angriffen der Schweden unter
Bernhard yon Weimar wehrlos preisgegeben,
kam es dann in die Gewalt der Franzosen,
denen es Ferdinand Karl im westphäl.
Frieden gegen eine Entschädignug yon
8 Hill. Frcs. förmlich abtrat, und zwar
durch ein diplomat. Versehen mit der Land-
graftcbaft Ntoderelsaes. Beim Reiche blie-
ben nur die Besitzungen des Bischofs yon
Strassbnrg, der Herzöge yon Würtemberg
nnd Lotbringen, einiger Reichsgrafen und
der Reichsritterschaft, sowie die Reichs-
städte Strassbnrg, Hag^n^n, Scblettstadt,
Oberehenheim, Rosbelm, Oolmar, T&rkheim,
Münster im Gregorientb»! nebst den zum
Speiergan gehörigen Städten Weissenburg
und Landau. Mit Strassbnrg (1681) fiel
auch dies den Franzosen zu, nnd der
Vriede yon Byswijk (1697) besUtii^ den
Raub. Einige kleine rmohsständlflohe Ge-
biete wurden erst durch die frans. Revolu-
tion yerschlungen , die zugleich allen bis-
her beibehaltenen deutsch« mittelalterlichen
Institutionen einfinde machte. In den pariser
Friedensschlüssen 1814 u. 1815 widersprach
bes. Russland der Rückforderung des £. Die
•deutschen Siege yon 1870 brachten es endlich
wieder in deutsche Gewalt. Durch den 10.
Mai 1871 zu Frankfurt a/M. unterzeichne-
ten Friedensschluss an Deutschland ab-
getreten, bildet es gegenwärtig mit dem
ebenfalls abgetretenen -Deutsch • Lothringen
(s. d.) ein Ganzes, das als ,nDmittelbu-es
Relcbsland* dem deutschen Reiche einyer-
leibt ist. Vgl. acMpflin, ,Alsatia illustmta*,
1751—61, 2 Bde.; BtroM, ,Gesch. des £.',
1840—48, 6 Bde.; Beyer, ,Histoire d'Alaace*,
Bd. 1, 1862; Bckmidt, ,£. und Lothringen.
Nachweis, wie diese. Proyinsen dem deut-
schen Reiche verloren gingen', 2. Aufl. 1871;
Lorenz u. 8eh«rer, ,Geschichte des E.*, 1871.
ElMbeerbawn^ s. Borhm.
Elster (Pical<.,ulte«2), Gattung der Raben-
yögri. ä^eme^iteB. (Pica caudataX.J, Stand-
yogel in Europa und Nordasien, 18", zer-
stört die Brüten kleiner Vögel, vertilgt
Insekten, entwendet glänzende Dinge.
Elster, 2 Flüsse im Königreich Sachsen.
1) iMMse E., entspr. in Böhmoi unweit der
Sachs. Grenze (Asch), nimmt rechts €töltesch
und Pleisse, links Weida auf, mündet nach
28. M. oberhalb Halle in die Saale; — 2)
schwarze E., entspr. in der sächs. Ober-
lausitz, südl. von Elstra, nimmt rechts das
Schwarzwasser, links Pulsnitz u. Röder auf,
mündet oberh. Wittenberg in die Elbe ; 85 M.
Elster, Badeort im sächs. Regbz. Zwickau,
bei Adorf, an der böhm. Grenze, 1171 Bw. ;
Salzquelle und alkalisch -salin. StahlqaeUen.
EltOB r«7ieUo«, Altan Nor), Salzsee im südl.
Russland, Gouvem. Samara, 8,2 QM.; GMxll.
Otr. Salz Jährl. Ausbeute.
EltyUle Oat. AÜaviUa), sehr alte Stadt
im preuss. Regbz. Wiesbaden, ImRheiBgau,
2917 Ew. Bed. Weinhandel.
Elveidntion 0*^^*)» Erläuterung.
EIndiren (lat.), vereiteln; nmgehmi, s. B.
ein Gesetz. Ehuion, Vereitelung.
Elnk«bl»tlOB (lat.), gelehrte Nachtarbeit.
EItss, Grenzfestnng und Stadt in der
portugies. Prov. Alemtejo, 12,^)0 Ew.
Elwend (Erwend, Orontee), (ieblrgspass in
Iran, südl. von Hamadan.
Elj (spr. Ihli), Stadt in der engl. Grafscli.
Cambridge, an der Ouse, 7428 Ew.; Bisohofs-
sitz (seit 1107), her. Kathedrale.
Elfnras L. (Haargras), Pflanzengattang
der Gramineen. B. arenarius I«., B»ndha4ur>-
gras, Strandhafer, auf Dünen, dient sn deren
Befestigung, die kriechenden Wnraeln zu
Flecbtwerk, die Samen in der Noth sn Brod.
Eljs^, ElyseltelM Felder, s. BtrU.
Elysliui (gr.), bei Homer gesegnetes Ge-
filde am Westrande der Erde, nahe am
Ocean, wohin ausgezeichnete Helden, ohne
den Tod zu erleiden, versetst wurden.
Elftrmi (gr.), Hülle; Mutterseheide.
Eis, Nebenfl. des Oberrfaeias im bed. Kr.
Freiburg, mimdet bei Niederbausea, 11 M.
Mzevier — Emetin,
561
Slsetler (M»evier, lat. EUeviriu»), ber.
holland. BnohdruckerCBunille, lieferte bes.
ZQ Amsterdam und Leyden 1583—1680 gute
Ausgaben alter Klassiker.
Email (fr., spr. -malj, Schmelzglas), Glas>
flüsse zam Uebersiehen von Metallarbeiten
(Gold und Kupfer), durch Metalloxyde ge-
färbt, wird pnlverformlg aufgetragen und
aufgeschmolzen. Gusseisemes Geschirr wird
mit Quarz-, Borax-, Thon-, Feldspath-,
Zinnoxydmischung emaillirt. In der Glas-
fabrikation durch Zinnoxyd undurchsichtig
gemachtes Glas.
Emaiifiurben, leichtflüssige Emailgattnn-
gen zum Bemalen von Glas, Porzellan.
Email ombnilt (spr. -malj ongbrang),
E. de ünbeUea (spr. £. de Rubel!) , Litho-
ponieu,. Geschirr oder Kacheln mit Ver-
zierungen , welche aus ungleich tief einge-
drückten u. mit halbdurchsichtiger Glasur-
masse ausgefüllten Dessins bestehen.
Emanatioii (lat.) , das Ausfliesaen , Aus-
strömen. Emanatioiutystem (Emanatiamus),
die Lehre yon einer stufenweise herab-
gebenden Ausströmung oder Entwickelung
aller Dinge aus dem höchsten Wesen, liegt
den meisten oriental. Religionssystemen zu
Grunde. Vgl. Licht.
£maneipatiOH(lat.), Entlassung, Befreiung
aus dem Zustande der Abhängigkeit. E. der
Frauen, Befreiung des weibl. Geschlechts
•von den Schranken, mit denen es natürliche
und sociale Verhältnisse umgeben haben;
B. der Juden, Gleichstellung derselben mit
den übrigen Staatsbürgern binsichtl. der
polit. und bürgerl. Rechte; E. der Bchule,
Befreiung derselben, namentl. der Volks-
schule aus der abhangig^en und untergeord-
neten Stellung zur Kirche; E. der Katho-
liken, in Grossbritannien die 1829 durchge-
führte Massregel, wodurch es den dortigen
Katholiken möglich gemacht wurde, ins
Parlament und in Staatsamter einzutreten.
Emanlren (lat.), ausfliessen, ausströmen,
ergehen lassen, z. B. ein Gesetz.
Emanael I. ^ der Groaee, König von Por-
tugal, geb. 3. Mai 1469, Enkel König Eduards,
bestieg nach Johanns II. Tode den Thron
1495, ordnete die Verwaltung des Reichs,
Hess ein Gesetzbuch anfertigen, sendete
Vasco de Gama u. Oabral zu Ums^elung des
iCaps aus, eröffi^ete den Handel mit Indien,
Persien und China ; f 38. Dec. 1521. Seine
Regierung das, goldene Zeitalter* Portugals.
Embaen^ Fluss in Liyland, entspr. aus dem
Ledlasee, mündet in den Peipussee; 27 M.
Emballage (fr., spr. Angballahsch), Um-
schlag, worin Waaren verpackt werden.
Embargo (span.]) , die Beschlagnahme der
in einem Hafen liegenden fremden Schiffe,
behufs der Zurückhaltung oder (bei feind-
lichen) der Konfiskation.
Embarqnlren (fr., spr. angbark-), ein-
schiffen.
Embarras (fi:., spr. Angbarrah), Verlegen-
heit, Schvrierigkelt. E. de richeue (spr.
-schess), durch Ueberfalle entstehende Ver-
legenheit.
Embsaehewr (fi:., spr. Angbosohöhr),
Werber, Verführor, Seelenverkäufer.
Meyere Hand' Lexikon.
Embelliren (fr., spr. ang-), yersohönem.
EmblSm (gr.), Sinnbild, überhaupt bild-
liche Bezeichnung eines Gegenstandes duroh
ein auf denselben Bezug habendes Zeichen.
EmblemcUiech, sinnbildlich.
Emboitement (fr., spr. Angboatming), Ein-
schachtelung ; verschlungene Devise.
Embolie (gr.), Zustand, wobei ein losge-
rissenes Blutgerinnsel (embolus) oder fremd«
Stoffe (Fett) in den Blutstrom gelangen und
in einem engeren Gefässe sitzen bleiben.
Betrifft diese Verstopfung ein grössere« Blut-
gefäss der Lunge, so tritt fast augenblicklich
der Tod ein ; an anderen Organen zeigt sich
plötzliche Blutleere, damit mangelhafte
Ernährung und Bruid. Häufig bei ohron.
Herz- und Gefasskrankheiten.
Embolus (gr.), KeO, Zapfen; bei den alten
Griechen keilförmige Aufstellung des Heeres.
Embonpolnt (fr., spr. AngbongpS&ng),
Woblbeleibtheit, Korpulenz.
£mboucbiire(fr., spr. Angbuschühr), TIuss-
mündnng; Mundstück und Ansatz bei Blas-
instrumenten; Oeffnung eines Geschützes.
EmbnuMirea (fr., spr. ang-), umarmen; im
Kriegswesen zwischen 'Zwei Feuer bringen.
Mjibraeaement (spr. -mkng), Umarmung.
Embryo (gr.), ersterEntwicklungszustand
des befruchteten Eies zum thierisrhen oder
pflanzlichen Organismus. Der menschliche
E. (Fötus) ist anfangs ein längliches, fkrb-
loses, gekrümmtes Gebilde, an dem sich all-
mählig die Extremitäten zeigen u. gegen den
2. Monat eine ziemlich deutliche Sondernng
der Organe sichtbar wird. . In 40 Wochen
erreicht er seine Reife und wird nach dem
Platzen der Eihäute und Abfluss des Frucht-
wassers geboren. Er steht während der
Entwicklung durch den Nabelstrang mit dem
Mutterkuchen in Verbindung und erhält von
dort seine Nahrung. Bei den lyUtnzen ent-
wickelt sicli der E. im Eichen, vergrössert
sich und bildet theils den alleinigen Inhalt
des Samens, oder ist noch mit einer Zell-
schicht, dem sog. Eiweiss, umgeben. Man
unterscheidet an Uim das Vögelchen und
die Samenlappen (Kotyledonen).
EmbiMcade (fr., spr. Angbüs-), Hinter-
halt ; daher embuekiren, in Hinterhalt legen.
Emden, Kreisst. im preuss. Regbz. Aurich,
am Dollart, unweit der Mundung der Ems,
13,103 Ew.; Hafen für die grössteu See-
schiffe; bed. Handel. Kam mit Ostfriesland
1744 an Preussen, 1806 an Holland, 1809 an
Frankreich, 1814 wieder an Preussen, 1815
an Hannover, mit diesem seit 1866 preussisoh.
Emeadanda (lat.), in einer Schrift zu Ver-
besserndes; Emendation, Verbesserung.
Emeritus (lat.), ausgedient; in Ruhestand
versetzter Geistlicher.
Emenion (lat.), das Auftauchen; in der
Astronomie das Austreten eines Trabanten
aus dem Schatten seines Planeten.
Emofla (a. G.), uralte Stadt in Gölesyrien,
am Orontos, Hanptst. eines bes. Reichs,
später röm. Ber. l'empel des Sonnengottes
(Elagabal). 273 Bieg Aureliana über die
Königin Zenobia. Jetzt Hems.
Emetiea, Brechmittel.
EmetiB, der brechenerregende Stoff in
36
562
Erneute — Empirance.
der Ipeoacnanha, gelbliche! , bitterefl, in
Waiser nnd Weingvlst lösliches, alkalisch
reMlrendes Pnlyer. [Henterei.
Iraiewte (fr., spr. Bmöbt), Empörung,
Emigranten (lat.), Auswanderer; Solche,
welche, um polit. oder kirchlicher Unter-
drüdcnng au entgehen, ihr Vaterland in
Masse entweder für immer oder mit Vor-
behalt der Rückk^r in besseren Zeiten ver-
lassen ; insbesondere Bezeichnung der wäh-
rend der ersten fransös. Reyolntion ausge-
wanderten Franeosen. Unter dem Befehle
des Prinaen Oond6 wurde ein Emigranten'
Aeer gebildet, welches der preuss. Armee in
die Champagne folgte. In Folge davon wur-
den 80,000 Personen für immer vom firanz.
Boden verbannt und ihre Guter konfiscirt.
Viele kehrten schon nach der von Napoleon
als erstem Konsul verkündigten Amnestie,
der Rest nach Napoleons Sturz zurück.
Durch Gesetz vom 27. April 1885 wurde den
E. eine Entschädigung von 80 Mill. Spro-
centiger Renten auf ein Kapital von 1000
Mill. FrcB. zugestanden. Infolge davon
langwieriger Hader, bis die Rente durch
das Gesetz vom 5. Jan. 18S1 zu Gunsten
des Staats eingezogen ward.
Emil, Maximilian Leopcid AuguU Karl,
Prinz von Hessen, Bruder des Grossherzogs
Leopold II. von Hessen, geb. 3. Sept. 1790
in Darmstadt, machte 1809 mit den Rhein-
bundstruppen den Feldzug gegen Oester-
reich, 1812 den nach Russiand mit, erfreute
sich der besonderen Gunst Napolenos I.,
ward bei Leipzig von den Verbündeten ge*
fangen, machte dann die Feldzüge von 1814
und 1815 nach Frankreich mit. Von 1882—48
Präsident der ersten Kammer, galt er in der
öffentl. Meinung als Vertreter des strengsten
monarch.-militar. Systems nnd Urheber der
meisten reaktionären Massregeln in Hessen
nach 1880; f 80. April 1866 zu Baden-Baden.
Emilla (gen. nach der alten Pnmincia
Äemüia an der her. Via Aemilia), Landsch.
in Mittelitalien, nmfasst die früheren Her-
zogth. Parma und Modena und die sogen.
Romagna , 406 QM. nnd 8,034,000 Ew. Im
NO. seicht und sumpfig, im SW. gebirgig
(M. Cimmone 6548'), dazwischen sehr ftiicht-
bar. Industrie nnd Handel nur in Bologna
von Bedeutung. 9 Provinzen: Parma, Pia-
cenza, Modena, Massa-Oarrara, Reggio, Fer-
rara, Bologna, Ravenna, Forll. [net.
Eminent (lat.), hervorragend, ausgezelch-
Ettinens (lat.), Erhabenheit, Hoheit, Titel
der Kardinäle, durch Papst Urban VIU.
1680 auch den geistl. Kurfürsten verliehen.
Emir (arab.), d. i. Gebieter, in den Län-
dern des Islam Titel aller unabhängigen
Stammeshäuptlinge, sowie aller wirklichen
oder angeblichen Nachkommen Mohammeds
(von seiner Tochter Fatime), die das Vor-
recht haben, einen grünen Turban zu tragen.
jE.-al'Mutnenin, d. i. Fürst der. Gläubigen,
Titel der Khalifen; E.-al-Omra, Titel der
ersten Minister, obersten Statthalter etc.
EmisB&r (lat.), ein zu geheimen Zwecken
Ansgesandter. Emitgion, Aussendung, Aus-
gabe (z. B. von Papiergeld). EmiUiren, aua-
jsenden. .
Emmen (Grosse E,, Smmat), Kebenflnss
der Aar, im Kanton Bern, entspringt am
Brienzergrat , durchfliesst das EmimenihaJ
(her. Käse) mündet bei Solothum; 10 H.
Emmraagoga (gr.), Menstruation baför-
demde Mittel (Sadebanm, AloS, Borax,
Safran), werden auch zur Einleitnng des
Abortus verwendet, wirken nicht sicher.
Emmer. Weizenart, s. Weiten,
Emmerfeh (Bmrieh), Stadt im preaas.
Regbz. Düsseldorf, Kr. Rees, am Rhein,
8054 Ew.: lebh. Schifffahrt.
Emmerling, s. Ammer,
EnolUentla (lat.), erweichende, span-
nnngmindemde Mittel, ausser lieh besond.
warme Breiumschläge, Fette, Oele; inner-
lloh bes. schleimige Mittel, die auf den
entzündeten Sohleimhäutrai einra Ueber-
zng bilden, welcher sohädliche Reize der
Sekrete etc. abhält.
Emolwnent (lat.), Vorthell, Nutzen; E.e,
Einkünfte, bes. von einem Amte; auch
Nebenvortheile. [wallang.
Emotion (lat.>, Gemüthsbewegung, Anf-
Emp^hement (fr., spr. Angpäschmang),
Hinderniss, Behinderung.
Empedöeles, griech. Philosoph ans Agri-
geut, lebte um 440 v. Chr., Arzt, Zauberer
und Wahrsager, soll sich in den Krater
des Aetna gestürzt haben, um durch aein
plötiliches Verschwinden beim Volke den
Glauben an seine göttl. Herkunft au er-
wecken. Fragmente herausgeg. von Karaten
(1888) und BUin (1858). Vgl. Cfladieeh, ^
und die AegypterS 1858.
Empenrtnuwe (Enneperstraeae), Thal im
preuss. Regbz. Arnsberg, von Hagen bis
Gtevelsberg» 1 M. lang, von der Emper durch-
flössen und von der berg.-märk. Eisenbahn
durchzogen, voll von Fabriketablissements.
Empi&am L. (Baueehbeere), Pflanaen-
gattung der Empetreen. E. nigmm L.,
Krähenbeere, niedriger, heideähnlicher
Strauch in Nordeuropa, Nordasien und Grön-
land, trägt zur Bildung der Torfmoore bei.
Beeren geniessbar; früher offidnell.
EmpfwignifM. 8. Zeugung,
EmphJlse (gr.), in der Rhetorik nachdrück-
liche Hervorhebung, sur Verstärkung des
Ausdrucks; daher emphatisch, nachdmcksvoll.
Emphraetiea (gr.), ausfüllende Mittel,
Gharpie, Polster etc. [das Ausstopfen.
Emphraxis (gr.), Verstopfung der Genäse,
EmphysSm (gr.), Windgesoliwulst , Lnffc-
geschwulst, Ansammlung von Luft unter der
Haut; entsteht an der Brusthaut besonders
bei Rippenbruch und gleichzeitiger Iiungen-
verletzung, unter der Heilung letzterer von
selbst verschwindend; auch Folge der An-
sammlung von Zersetsungsgasen bei Brand.
E. der Lungen, s. Lungenen^hysem,
Emphytensis (gr.), das vererbliche nnd
veräusserliohe dingliche Recht an einem
fremden fruchttragenden Grundstück auf
vollständige Benutzung desselben, mit der
Verpfliditung zur Entrichtung eines Zinses.
Empirance (fr., spr. Angpirangs), Ver-
schlechterung; Herabsetzung des Münz-
iVisses; der Schaden, den Waareu unter-
wegs nehmen.
Empirie -^ Endogeneae.
668
Empirie (gr.)» ßrünhrang. SmpirUmua,
Philosoph. Sjrstem, Wonach alle ErkeBntnlss
•iiusig und aliein aus der Erfahrung abge-
leitet werden soll; Empiriker, dfe diesem
Systeme huldigenden Philosophen; empi-
ri§ehe Wi—enaehaften, diejenigen, welche
ihrer Natur nach auf die Beobachtung und
Sammlung des Thats&cblichen angewiesen
sind, wie Naturkunde, Geschichte etc.
länplaeeHMit (fr., spr. Angplasm&ng),
Aufstellung oder Lage eines Gegenstandes.
Einpl07^ (fir., spr. Angploajeh), Beamter,
Angestellter. Emploi (spr. -pl5a), Dienst, Amt.
finporivm (gr.), Handels- und Stapelplats.
Kmportemeiit (fr., spr. Angportming),
Aufwallung, Zorn. [Emsigkeit, Eifer.
EmpreB§eiiient (ftr., spr. Angpresm&ng),
EmproBt (fi:., spr. Angpröng), Anleihe,
Anlehen; em^truntiren, eine Anleihe machen.
SmpgyclKMe (gr.), das Eintreten der Seele
in den Körper, Beseelung.
BmpySma (gr.), Ansammlung von Eiter in
der Brusthöhle, s. BmtifeUenUündunff.
EHpyrenm (gr.), nach den alten Natur-
philosophen der oberste oder Feuerhimmel,
Aufenthalt der Seligen; daher «mpyre^tBch,
dem £. angehörig, himmlisch, liohtstrahlend.
EmpyrenHUitlMli (gr.), brenslich.
SuB, Fluss im nordwestl. Deutschland,
entspringt am Südwestabhang des teutob.
Waldes unweit Paderborn, nimmt rechts
Haase und Leda auf, möndet unweit Emden
in den Dollart« Strömlinge 46 M., *ft (yon
Greven an) sohlifbar, Stromgebiet 245 QM.
EinSy Marktfl. und her. Badeort im prouss.
Regbi. Wiesbaden, Kr. ünterlahn, im Lahn-
thale, 8 St. Ton Koblenz, 4473 Ew. ; alkalisch-
erdige Thermen von 83~87o R., Haupttrink-
quellen: Kr&nchen-, Kessel-, Fürstenbrun-
nen, dabei Silber- und Bleibergwerk. Vgl.
DOring, ,Die Thermen Ton B.', 1869.
Enwke (Enueker), Nebenfluss des Sheins
in Westphalen, entspringt am Haardstrang,
mündet unterhalb Buhrort, IS M. lang.
£H§er Punktation« die Uebereinkunfk,
welche die Ersbischöfe und Kurfürsten Ton
Mainx, Trier und Köln und der Ersbisohof
▼on Salsburg su Wahrung ihrer Rechte der
röm. Kurie gegenüber 85. Au^. 1785 su Ems
schlössen, erfolglos, bes. well dieEnsbischöfe
▼ersäumt hatten, die Bischöfe in ihr Inter-
Bmtlo (lat.), Kauf. [esse jsu sieben.
Bmalsm (Syriaptash ■• Amggddlin.
SmvlslBeiiy Fabrikate der Parfümisten,
geben mit Wasser ndlchartige Flüssigkeiten
und dienen a^m Waschen.
EmvlfliOBeBy milchAhnliche Flüssigkeiten,
u. swar Samenemulsionen, durch Zerstossen
und Zerreiben fetter Samen (Mandeln, Mohn)
mit WaMer, oder Oelemulsionen, durch Ver-
reiben TOD Oel mit Gummi und Wasser er-
halten; dienen als Arxneien, Schönheits-
mittel etc. Am bekanntesten Mandelmilch.
Karilige (gr., MeUroH»), in derShetorik
die Vertauschung des bestimmten Ausdrucks
gegen den unbestimmteren, allgemeineren.
BBMithimA (gr.), Ausschlag auf inneren
(Schleim-) Hauten.
SafalMe, Lands^ im aussenrten N. tob
FiBBlaad, 60 QM., inselretob.
Eb «tt«Bd«Bt fr. , spr. aa attaagdang),
in Erwartung; einstweilen.
En BTBBt (fir., spr. an äwang), Torw&rts.
En Moe (fr., spr. ang block), in Bausch
und Bogen; bes. von der Parlamentär. An-
nahme von Gesetxen gebraucht, bei der man
von ins Einzelne gehender Debatte absieht.
EBeeiBte (fr., spir. Angs&ngt), dieGesammt-
heit der Werke einer Festung ; Baupteneeinte,
Hauptwall.
EBcephalfti« (gr.), Himentzündung.
Enoephalonuiiieia (gr.), Himerweichung.
EBehanttreB ' (fr., spr. angschang-) , ent-
zücken, bezaubern. [tragen.
EneliargireB (fr., spr. angscharsch-), anf-
£b eher (fr., spr. ang scheff), alB Befehls-
haber. Haupt. «
EBeBiridlOB(gr.), knrzgefasstesHandbuch .
SBCke. Johann Franz, Astronom, geb. 83.
Sept. 1791 in Hamburg, seit 1885 Direktor
der Sternwarte in Berlin und 1844—63 Pro-
fessor der Astronomie das.; t ^* Aug.
1865 in Spandau. Bestfanrate die Bahn des
Kometen Ton 1680 und des von Pons 1816
entdeckten («ncke»Ker Kämet), gab Seit 1830
die , Astronom. Jahrbücher' heraus, irer-
öffentlichte mehrere Bande astronom. Beob-
achtungen (seit 1840); sehr.: ,DIe Entfernung
der Sonne* (1888—24, 8 Bde.); ,Ueber die
Hansensche Form der Störungen* (1856)
u. A. Biogr. von Brukna (1869).
Ebcobübbi (gr.), Lobrede.
Eb eoBiptruMB (fr., spr. ang kongpa-
rasong), in Vergleich. [routhigen.
Eneouragiren (fr., spr. angkurasch-), er-
EBcnBlam (gr.), das kleine Gehirn.
SBeyeliea (gr.), Umlaufschreiben, insbes.
Eriass des Papstes an die Erzbischöfe etc.
EBOyklopSdle (engl, auch Oydopaedia),
Buch, welches entweder das menschliche
Wissen seinem ganzen ümftmg nach {all'
gemeine B.), oder ein besonderes Gebiet
(partiknlare E.) desselben übersichtlich be-
handele systematisch, d. i. nach logischen
Prlnci^ien geordnet, oder alphabetisch
(Realencyklopadie). EncMopädikf Wissen-
Bchaftskunde. EneyHopäditten , die Mit-
arbeiter an Diderots und d'Alemberts ,En-
cyclop^die, on dictionnaire raissonn^ des
sciences, des arts et m6tiers* (Par. 1751—72,
88 Foliobände; Snppl. Amst. 1776—77; Genf
1777, 39 Bde., u. öher), namentl. Grimm,
Holbach, Rousseau, Turgot, Voltaire, Du-
marsais u. A. ; im weitem Sinne alle, welche
die in dem genannten Werke yertretenen
Ansichten in Bezug auf Religion, Ethik und
Staatslehre theilten.
EBdemlaehe KraBkheiten, bestandig an
einem Orte herrschende Krankheiten, be-
dinget durch besondere Bodenverhältnisse,
Nähe Ton Sümpfen ete. rWechselfieber).
EBderuktiseie Hetkoae, bezweckt Ein-
Terleibung von Medikamenten durch die
von der Oberhaut befreite Haut. Man ent-
fernt dieselbe durch ein Blasenpflaster und
reibt das Mittel in die feuchte Wunde ein.
EndlTle, 8. Cichorium,
EBdogeBeae^ Abtheilung in DecandoUes
Pflanzensystem , entspricht den Monokoty-
ledonen tmssieus.
86*
564
Endor — Enghien.
Sador (a. G.)» h»br. Stadt im Stamme
iBaschar, wo Saul eine Nekromantln (Hexe
vcn £•) befragte.
Endoikop (ffr.)» chimrgisches Instmment,
welches das Innere der Harnblase dem
Ange des Arztes direkt zugänglich macht,
wird wie ein Katheter in die Harnblase
gebracht und dann entfaltet; ist dem Kehl-
kopftipiegel ähnlich konstrnirt.
EndosmOBe und Exosmose, die Diffusion s-
erschelnuugen, welche sich zeigen, wenn
zwei yerschiedene Flüssigkeiten durch eine
poröse Scheidewand von einander getrennt
sind; im Thier- und Pflanzenleben von
grosser Wichtigkeit.
Endymlon, Sohn des Zeus , nach der ge-
wöhnl. Sage König von Elis, ward Ton der
von seiner Schönheit entzückten Selene
nach Karlen auf den Berg Latmos entfahrt
und in ewigen Schlaf versenkt.
Ea ^harpe (fr., spr. an escharp), in schie-
fer Richtung (schiessen).
Energie (gr.), Kraft, Thatkraffc, Nach-
druck; energisch, kraftvoll, nachdrücklich.
Enervatioii (lat.), Entkraftung.
£n esp^ce (fr., spr. an espähs), in klin-
gender Münze. [angesehen.
£n flftee (fr., spr. ang fahs), von vom
Ell fftmille (fr., spr. ang familj), im
eneen Familienkreise.
Enfant (fr., spr. Angfang), Kind. E. terriUe
(spr. -Ibl), Schrecken skind, Siner, der Alles
in Angst hält. E.8 perdus (fr. -du), verlorne
Kinder, Truppen, welche beim Angriff vor-
anfgeschickt vrBVden,
^fllade (fr^, spr. Angfilad), Reihe zu-
sammenhängender Zimmer; im Kriegswesen
Bestreichung einer feindlichen Truppen-
oder Fortifikationslinie ihrer ganzen Länge
nach. Enßlement (spr. Angfilm&ng), durch
feiudl. Feuer bestrichene Linie, (flammen.
Enflammiren (fr., spr. angflam-), ent-
EBfoncement (fr., spr. Angfongsmäng),
Vertiefung, Hintergrund (von Gemälden).
£b firont (fr. , spr. ang frong) , im ersten
OUede, in der Fronte, im Gegensatz zu in
der Kolonne und in der Flanke.
Enftamiren (fr., spr. enfüm.), einränchern.
£nfleurage(fr. Angflörahsch), s. Parfümerie.
Engidin» Alpenthal im süddstl. Gran-
bünden, in nordöstl. Richtung bis zur
tiroler Grenze ziehend, vom Inn durch-
flössen, 18 M. 1.; zerfallt in Oberengadin,
5400' h. gelegen, ein schöner, offener,
mattenreicher Thalgrund, mit den Orten
Silvaplana, St. Moritz (Kurort), Samaden,
Bevers u. a., und das rauhere, engere und
geschlossenere Dhterengadin mit. Zemetz,
Tarasp , Schuols (Mineralquellen) o-tc. Die
Engadiner sind roman. Ursprungs und Pro-
testant.; 7—8000 wandern Jährl. in die
Fremde, um sich als Kaufleute, Zucker-
bäcker etc. Vermögen zu erwerben und dann
heimzukehren. Vgl. ütpo». Das £.', 1857.
EDgagement (fr., spr. Anggaschmäng),
Verpflichtung, Verbindlichkeit ; Anwerbung,
Dienstannahme; Amt, Dienst; auch Cte-
echt; engagiren, anwerben, sich einlassen.
EngastrUog (gr.), Ba^a-ucbrodner. En
strimanti Bauchredner und Wahrsager.
Engbrftftljrkeity s. JsfhtM.
£]|gel (v. Gr.), Bote, Gesandter, im ral^g.
Glauben der Juden und Christen Boten
Gottes. Nach der erst in der nachexUlsehen
Zeit wahrscheinl. unter pers. Eiaflüssen
ausgebildeten Engellehre (Angelologie) bil-
den die E. als Vermittler zwischen Gott
und den Menschen einen förmlichen Hof-
staat Gottes mit versolyedenen Rangord-
nungen, an deren Spitze die 7 Snsengel
(Michael, Gabriel, Raphael etc.) stehen. Die
E»gelverehrung (AngtloUurie), noch im 4.
Jahrh. auf einem Koncil zu Laodioea als
Götzendienst verworfen, kam mit dem
Bilder- und Heillgendionst nach und nach
in Aufnahme und ward auf dem 2. Koncil
zu Nicäa (787) kirchlich sanktionirt. Die
Scholastik unterschied zwischen gn>toii m^d
bösen (gefallenen) E.n. Die Reformation
beseitigte die Engel Verehrung als abgöttisch.
Engel, 1) Joh. Jak., Schriftsteller, geb.
11. Sept. 1741 zu Parchim, erst Prof. am
joachimsthäler Gymnasium zu Berlin, dann
Lehrer des nachmal. Königs Friedrich
Wilhelm Hl., später Oberdirektor des ber-
liner Theaters; f 98. Juni 1802 zu Parchim.
Verf. des Romans ,Lorenz Stark* (1795) und
zahlr. ästhet. u. populär- Philosoph. Schrif-
ten , z. B. ,Philosoph für die Welt* (1788),
,Färsteusplegel* (1798). Gesammelte Schrif-
ten (neue Aufl. 1851, 12 Bde.). — 2) Ertut,
her. Statistiker, geb. 26. März 1821 zu
Dresden, seit 1860 Direktor des Statist.
Bureaus zu Berlin, geh. Oberregierongs-
rath. Sehr. ,Jahrbnch der Statistik and
Staatswissenschaft* (Bd. 1, 1853), gibt seit
1860 die ,Zeitschrift des statist. Bureaus*,
seit 1863 das ,Jahrbuch für die amtliche
Statistik des preuss. Staats*, seit 1861 die
,Preuss. Statistik* heraus; sehr. ,Die Me-
thoden der Volkszählung* (1861); »Liand
und Leute des preuss. Staats* (1863) n. A.
Ueber das von Ihm gegründete stetist.
Seminar zu Berlin berichtete er in einer
bpsondem Schrift (1864).
Engelberg y vielbesuchtes Thai im Kant
Unterwaiden (ob dem Wald), IM. 1.; darin
das gleichnam. Benediktinerklosier.
Engel sbnrg, s. Rom.
Engelsfiss, s. v. a. Polypodium vulgare.
Engelwurz, s. v. a. Angelica.
Enger, Marktfl. im preuss. Regbi. Min-
den, Kr. Herford, 1560 Ew.; einst Wohn-
ort des Sachsenherzogs Wittekihd; in der
alten Kirche (903 erbaut) sein Grab mit
Denkmal (seit 1377). Von £. führte das
Her zogth. Engem, der mittlere Thell des alten
Sachsenlandes (zu beiden Seiten der Weaer),
den Namen. Jder Pferdebremse.
Engerling, Larve des Maikäfers, auch
Engkien (spr. Anghiäng) , Ludwig Anton
Heinrich von Bourbon, Herzog von, Sohn
des Prinzen Ludwig Heinrich Joseph von
Cond6 (s. d. 4), geb. 2. Aug. 1772 zu Cban-
tilly, emigrlrte 1789, trat 1792 in das Emi-
gran teucorps seines Grossvaters, des Prin-
zen Oond6, und lebte seit 1804, mit der
Prinzessin von Rohan-Rochefort insgeheim
vermählt, zu Ettenheim im Badischen als
Privatmann. Auf Befehl Napoleons 14.
England — Englische Komödianten.
565
M&re 1804 verhaftet, ward er nach Vin-
cennes gebracht, tot ein Kriegsgericht ge-
stellt, weil er die Waffen gegen Frank-
reich getragen und im engl. Sold stehe,
zum Tod vernrtheilt und 81. März er-
schossen. Die schnelle Vollziehung des
Urtheils soll Sarary bewirkt haben. Des
letBtern Schrift ,8ur la catastrophe de M.
le Duo d*E.' (1828) , welche auf Talleyrand
einen Theil der Schuld ssu wälzen suchte,
rief über 20 Gegenschriften hervor.
England (Anglia, nach den Angeln be-
nannt), die südl. grössere Hälfte der Insel
Britannia oder Grossbritanniens, mit dem
Vürstenthum Wales 2743 QM. gross mit
(1861) 20,066,224 Ew. — Die JOUien fast
durchaus steil, aber sehr entwickelt und
buchtenreich, daher zahlr. treffliche Häfen.
Der Boden im W. und NW. Gebirgsland
(9/ft des Areals), Im O. and SO. Ebene. Ge-
birge: das Beistand ron Oornwall und
Devon (Brown Willy 1364') und das Ex-
moorgebirge (1706') ; das Gebirge von Wales
(Snowdon 3590'); das Bergland von Oum-
berland und Westmoreland (cambrische
Gruppe, mit Scawfell 3229') und das Peak-
gebirge (Grossfell 2987'). Das Tießand zer-
fällt in eine westl. Hälfte (Steinkohlenfelder)
und eine östl. (fruchtbares Getreide- und
Wiesenland). — Bewässerung ausserordent-
lich günstig; über 50 schiffbare Vlüsse,
unter sich verbunden durch zahlr. Kanäle.
Hauptstrom: die Themse; ausserdem Ouse,
Humber, Tees, Wear und Tyne zur Nord-
see; Avon, Severn, Dee und Mersey im S.
und W. Zahlr. und schöne Seen (bes. in
Oumberland), aber klein ; am bedeutendsten
der Windermere. Das Klima oceanisch;
die Winter mild und kurz , Frost von 12 o
schon selten, die Sommer kühl, Frühjahr
und Herbst nass. Regenmenge im W. 35",
im O. 25"; trüber Himmel, feuchte Luft
und dicker Nebel häufig, daher das satte
Grün der Wiesen und die Ueppigkeit und
niewelkende Frische der Vegetation. —
Prodnkte: Steinkohlen (in ungeheurer
Menge; 10 Begionen in E. u. 3 Kohlenfelder
in Wales, Jährl. Produktion 40 Mlll. Ton-
nen) und Eisen (bes. in Stafford, Shrop,
York, Derby, Monmouth und Glamorg^an,
Jährl. über 3 MiU. Tonnen); ausserdem
Kupfer (Oornwall und Devon), Zinn (Com-
wall), Blei (im N.), weniger Graphit, Zink,
Galmel und etwas Silber; Gold fehlt ganz;
dazu grosse Sehleferbrüche (in Cumberland
und Wales) und Salz (bes. in Oheshire).
Unter den Thierea hervorzuheben: das
engl. Pferd und die engl. Dogge; Wild
spärlich , Fische sehr reichlich ; dazu Wäl-
der, viel Getreide (bes. Weizen) und Futter-
pflanzen. Die Bevölkerung ihrem Haupt-
bestandtheile nach celtisch-deutsch ; im O.
das germanische, im W. das celtische
Element vorherrschend. Die Bildung der
vornehmen Stände streng wissenschaftlich,
die des Volks noch sehr im Argen , da
SchnUwang fehlt. Ber. gelehrte Schulen
(Grammar schools) zu Eton, Winchester,
Westminster, Bogby; 4 Universitäten:
Oxibrd (10. Jahrh.), Oarabridge (13. Jahrh.),
London (seit 1836) und Durham (seit 1845).
Herrschende Kirche: die anglikan. oder
Hoohkirche, deren Supremat mit der SIrone
verbunden ist; 2 erzblschöfl. Sprengel:
Oanterbury mit 20 und York mit 6 Bisthü-
mem. Bekenner der Hochkirche: 16,448,000
(8I0/0); ausserdem 2,788,500 protest. Dissiden-
ten (Methodisten , Baptisten etc.), 929,500
KathoL, bes. in den Fabrikstädten (seit 1850
Erzbisthum Westminster mit 12 Bisthümem
und ca. 100 Klöstern) und 40,000 Israeliten.
— Die HauptbeseMftigung des Volks richtet
sich charakteristisch nach der Landes-
beschaffenheit: Ackerbau und Viehzucht im
ebenen und fruchtbaren S. und SO., Fabrik-
betrieb und Industrie im kohlenreiclien Mit-
tel- und Nordlande, Bergbau und Hütten-
wesen im metallreichen W., Schifffahrt und
Handel in den Küstenstädten. Ackerbau
und Viehzucht, dazu Gartenbau und Wiesen-
kultur, in vorzüglicher Blnthe; die Grund-
bearbeiter sind entweder Erbpächter (Free-
holder, Freisassen) oder Zeitpäohter (Lease-
holder) auf 7, 14, 21 etc., häufig auf 99
Jahre. Ackerbauschulen unbekannt, dafür
zahlr. landwirthschaftl. Vereine und Muster-
anstalten. Die Industrie überragt an Aus-
dehnung, zum Theil auch an VortrefFlichkelt
des Produkts jede andere der Erde. Fabrik-
betiieb am wichtigsten in Wolle (1860: 8280
Fabriken mit 3,471,781 Spindel o, Mittelpunkt
West-Riding von Yorkshire), Baumwolle
(Oeutrum Manchester; 2715 Fabriken mit
28,352,125 Spindeln und 407,598 Arbeitern,
darunter 35,000 Kinder), Seide (761 Fabriken
mit 1,305,910 Spindeln), Flachs und Hanf
(139 Fabriken mit 344,572 Spindeln) ; femer
in Eisen und Metall (Oentrum Birmiugham ;
alle Gattungen von Waaren vom rohen
Gusseisen bis zu den feinsten Stahl- und
Juwelierarbeiten); bed. auch die Produk-
tion von Thonwaareo , Glas , Porzellan
(Derby), Leder, Papier, Bier (Porter und
Ale) etc. Ueber den Handel etc. s. Gross-
britannien. Eisenbahnen Ende 1867: 2177
M. im Betrieb mit 33,398,222 Pfd. St. Ein-
nahme; Telegrapbenlinieu : 4779 M. Auf
und an den Küsten 171 Lenchtthürme und
41 Leuchtschiffe. — Eintheilung in 40 Graf-
schaften (Shires) und seit neuer Zeit in 11
Bezirke (Divisions): 1. London, 2. südöstl.
Bezirk, 3. südL Binnenbezirk, 4. östl. Be-
zirk, 5. südwestl. Bezirk, 6. westl. Binnen-
bezirk, 7. nördl. Binnenbezirk, 8. nordwestl.
Bezirk, 9. Yorkshire, 10. nördl. Bezirk, 11.
Wales. Hauptstadt London. Ueber die staat-
lichen Verhältnisse, Verfassung, Finanzen,
Armee, Marine, Kolonien, geschiclitl. Ent-
wicklung etc. s. Grosabritannien.
Englische Fr&nlein (EngOsschwestem),
1) Nonnenorden, gestiftet 1534 in Mailand
von der Gräfin Luise Torelli von Guastalla,
widmet sich vornehml. der Besserung ge-
fallener Frauen und Mädchen. — 2) Nonnen-
orden , 1609 in York von Maria Werda f ö*
Erziehung und Krankenpflege gestiftet
auch in Italien, Frankreich, Oesterreioh
und Bavem verbreitet.
Englische Ofirten, s. JPark.
Englische Kornddianten» GMellsobaft
566
Englische Krankheit — Enkriniten.
engl. SchMispleler, welche sa Anfang des
17. Jfthrh. Deutschland durchzog und ihre
Stücke (8. Th. Shakespeare nachgebildet)
englisch , dann auch deutsch aufifahrte.
£BgU8eheKruilüielt(Rhachltis),Enocfaen-
erkranknng der Kinder, wobei der wach-
sende Knochen nicht verkalkt, daher weich
bleibt. Es bilden sich über den Gelenken
Anschwellungen (Ztotewueh»), die Röhren-
knochen krümmen sich, das Becken wird
eng, die Wirbelsäule krumm, der Brustkorb
seitlich eingedrückt (Hühnerbrust), die
Sch&delknochen dick. Die Kinder bleibenr
klein: bei Mädchen Oefahr wegen der Er-
schwerung späterer Geburten. Bedingt
durch allgemeine Ernährungsstörung, da-
her beste Kost, ruhige Lage, frische Luft.
Allmähllge Heilung nach mehreren Jahren.
Der Name stammt daher, dass engl. Aerzte
zuerst die Krankheit beschrieben haben.
IiBgUseher GmiS, s. Ave Maria.
Engllflcher Hehwelu^ mehrfoch in Eng-
land beobachtete, epidemisch auftretende
Krankheit, die unter heftigen nwrösen
Erscheinungen und enormem Schweissaus-
bruch auftrat und meist bald zum Tode
führte; betraf meist gesunde Leute in den
mittleren Lebensiahren, wahrscheinl. durch
atmosphärische Einflüsse bedingt.
Englisches Gras, weisse feste Fäden für
Angelschnüre, die in Essig gehärteten,
dann ausgezogenen u. getrockneten Seiden-
drüsen der Seidenraupen; Handelsart. aus
Ohina, Spanien etc.
EngllseheB Leder (Satun, Sati»et), dich-
tes, festes, geköpertes Baumwollengewebe
mit hartem Kettengarn u. feinerem Ein-
schlag, hat schwachen Atlasglanz.
Englisches Pflaster, mit Hansenblase be-
strichener Taffet.
Englische Sprache nnd Literatur. Die
engl. Sprache, zu den german. Sprachen ge-
hörend, ist eine Mischsprache, deren älte-
sten Grundbestandtheil das Angelsächsische
und das nächste Element das normannische
Französisch bildet. Sie entstand im 11.
Jahrh. mit dem Auftreten der Normannen
in England, wurde seit Mitte des 18. Jiüirh.
häufiger zu literar. Produktionen verwendet
und von Eduard HI. (f 1377) anstatt des
Normann.-Französ. zur Hof- und Lsndes-
spräche erhoben. Ihre festere Begründung
als Schriftsprache erfolgte durch die Ueber-
setzung der Bibel (153ft); zur Zeit Hein-
richs VIU. hatte sie im Wesentlichen bereits
ihre gegenwärtige Gestalt angenommen.
Fortwährend sich bereichernd durch Auf-
nahme fremder und neuer Wörter von allen
Seiten her , bildete sie sich insbesondere
zu einem vorzüglichen Mittel des allgemei-
nen Weltverkehrs aus und ward die räum-
lich am weitesten verbreitete Sprache der
Erde. Die reinsten Mundarten in London
und Dublin; unter den Volksdialekten am
bedeutendsten das Schottische. Grammatiken
von Murray (1796), Sroum (1861), Fiedler und
Sache (1861) ; Wörterbücher von Johnson (neue
Ausg. 1866), Worce$ter (18i6), Flügel (1843),
Lueae (1867—68), Hoppe (.Supplementleodkon*
1871), Waiker GPronouddng diction/ 1899).
lieber die engl. lAteraiur und Ihre £b(-
wloklnng s. Tabelle S. 668 u. 569. Lttarar-
geschiehtl. Hauptwerk Wartona (unvoll-
endete) (Hist. of English Poetry' (bis l^-
Jahrh. reichend, 4. Aufl. 1840). Vgl. ausser-
dem die Werke von Cfollier (1831, über die
dramat. Literatur), Ohambera (1848 f.), Spal-
ding (deutsch 1854), BaalÜt (1868), jimald
(1868), Hettner (,Literaturgeschiehte des 18.
Jahrh.*, 1 Bd., 8. Aufl. 1866), GäUeheiAerger
(1861-62,8Bde.).8eAerr(18&4),.B<idk«er(1855).
EngÜBches lUeehMls ( PreatoneaU) , be-
lebendes Mittel bei Ohnmächten, Hirsch-
hornsalz oder Salmiak mit Kalk und atwas
äther. Oel in gut verschlossenen Flaadien.
Auch Schwamm in Flaschen mit parfumirter
Ammoniakflüssiekelt getränkt.
SngUsch Ctowira, NelkenpfefTer, B,Pime$Ua.
Englisch Botk(Sitg€iroth,Ei»emroth)P&isen'
oxyd in verschiedenen Nuancen. Indisch-
roth aus natürlichem bengalischen Eisen-
oxyd bereitet, feine Malerfarbe; ähnlich
Persischroth. Polirroth, Todtenkogf, Koiko-
thar, Oapmt mortuum, Rückstand von der Be-
reitung des Vitriolöls, Anstrichfarbe, Polir-
mittel, ist um so dunkler und härter, je
stärker es geglüht war (Goldroth, Stahlroth,
Eisen violett). Aehnliche Präparate sind Che-
mischroth, Neapel-, Nümbeiger-, Franao-
sisch-, Preussisch-, Yandycks-, Msjrshroth.
English HMrbonr (spr. Inglisoh-Harbör),
wichtige Hafen - und Handelsstadt auf der
brit. Antilleninsel Antigua.
EngUsiren, das Durchschneiden der her-
abziehenden Schweifinuskeln der Pferde,
bewirkt aufrechtes Tragen des abgestutzten
Schwelfes. [tenüh), in festl. Putz.
En grande tenne (fr. , spr. ang grangd
Sngrelnre (fr.), Randverzierung mit rund-
lichen Zäckchen, Spitzenrand.
En gros (fr., spr. ang groh), im Grossen
oder Ganzen; Engroitt, Grosshändler.
Enhamonuch (gr., Mus.X 8 Töne, die, von
verschiedenen Tonarten abgeleitet, auf die-
selbe Klangstufe fallen, s. B. die und «*.
Enhjdrit (Hydroehaleedon), Ohaloedon mit
eingeschlossenen Wassertropftn.
Snif, Stern 2. Grösse am Maul des Pegasus.
Enjambement (fr., spr. Angsohangb'mang),
das Uebergreifen eines Verses in den nächst-
folgenden , so dass der Sohluss des ersten
dem Sinne nach keinen Ruhepunkt bildet.
EnJen (fr., spr. Angschöh), Spieleinsatz.
Enkanstlk (gr.), Einbrennekunst; Malerei,
bei welcher das Bindemittel der Farben eine
Art Wachs ist, das, durch gelinde Hitze an-
geschmolzen, der Malerei besondere Schön-
heit und Daner verleiht. SnkauMeeh, ein-
gebrannt, mit Wachsforben gemalt. Enka»-
stiren, mit Wachs, Stearin etc. jmprägniren,
bes. Gypsabgüsse aus Marienglü (Elfenbein-
masse der Kunsthändler).
EnUinysen (spr. -heusen), Stadt in der
niederländ. Prov. Nordholland, am Zulder-
see , 6686 (ehedem über 40,000) Ew.
EnUaven (lat.), kleinere, von einem
andern Staat rings eingeschlossene Theile
eines Staatsgebiets.
Snkratie (gr.), Enthaltsamkeit. •
Enkriniten (Encrinns MiU,, SUKlUmh
Bn ligne — En töut.
567
Gattuog der HaaniterBe. 0«neine Meerlilie
(E. lili&ormis Sohl.), nnr fossil, oft massen-
haft im Muschelkalk (Enkrinitenkalk), doch
meist nur in einzelnen Gliedern (Boui&cias-
pfennigre, s. d.)«
En Ugne (Cr. , spr. ang llnj^) , Tmppen-
aufstellung in langer Liiüe, bei der Infan-
terie 3, bei der Kavallerie 8 Mann hoch;
Gegensatz Kolonnenaufste^lnng.
En masse (fr. , spr. ang mass) , in Masse.
En minlature (fr., spr. ang mlniatur), im
Kleinen, bes. von Porträts gebraucht.
Enna (a. G.), Stadt, s. Gastro Oiavanni.
Enneutdrlsck (gr.), 9männig, von Pflan-
zen mit 9 freien Staabge&ssen ; daher £n-
neandria, 9. Klasse in LInn6s System.
Enneberger Thal (Godenthal), linkes
Seitenthal des Pusterthals in Tirol, von
der Rienz durchflössen. Hauptort St. Vigil.
EnniuB, QuitUus, röm. Dichter, geb. um
240 v. Chr. zu Rudiä in Kalabrien, Schöpfer
der röm. Kunstpoesie, sehr. Epen (,Anna-
iesS Bruchstücke davon herausgeg. von
Vahlen 1854) , auch Tragödien n. Komödien
(Bruchstücke herausg. von ßibbeck 1853).
Ennnl (fr., spr. Annüi), Langeweile^
ennu^ni (spr. annüjang), lang^eüig.
Enorm (lat.), übertrieben, übermässig.
En pamre (fr., spr. ang parür), im Staats-
kleid, in Gala. [Vorbeigehen, beiläufig.
En passant (flr., spr. ang passang), im
En profii (fl*., spr. ang-), von der Seite an-
gesehen, [eck.
En qoarre (fir., spr. ang karreh), im Vier-
En qnestion (fr., spr. ang kestiong), in
Frage, in Rede stehend.
Enqndte (fr., spr. Angkäht), Untersuchung,
bes. von einer aus Mitgliedern der gesetz-
geberischen Körperschaften bestehenden
Kommission geleitete öffentliche Unter-
suchung behufs der Instruktion über be-
stimmte, durch die Gesetzgebung zu regelnde
Fragen und Verhältnisse.
Enrage (fr., spr. angrascheh), wüthend,
rasend; für eine polit. Richtung leiden-
schaftlich eiugenommen.
En regard (fr., spr. ang regahr), in
Rücksicht. [pfen behaftet.
Enrhfimirt (fr., spr. angrüm-), mit Schnu-
Enrichiren (fr., spr. angrisch-), bereichem.
Ena (Enn»), Nebenfl. der Donau in Ober-
österreich, kommt von den radstädter
Tsuern, 37 M. 1. An der Mündung der-
selben Stadt E., 8784 Ew.; Schloss Eruegg,
EnroIiren(fr., spr. angrol-), in eine Liste
einschreiben, anwerben; Enrolement (spr.
AugrolmÄng) , Anwerbung , Verpflichtung
zum Kriegsdienst.
EnsemMe (fr., spr. angsangbl), ein Gan-
zes, dem Detail entgegengesetzt.
raislfer (lat.), Schwertträger, sonst Titel
des Kurfürsten von Sachsen als Erz-
marschalls. [Reihenfolge.
En wdte (fr., spr. ang swit), nach der
EntftsiB (gr.), Bauchung an Säulen.
Ente (Anas L.)» Gattung der Sehwimm-
vögel. Biiamente (fälschlich türkische, A.
moschata L,), 2Va', aus Brasilien und Pa-
raguay, bei uns Hausthier. Gemeine, wilde,
Spie^eleHte (A. Boschas L.), bis 2', im Nor-
den, bei uns Strichvogel; Stammmutter
der Hausente (A. B. domestica L.). fi^iel-
arten: Bär-, Schmal-, Ross-, Schild-, weisse
E. Fuchs-, Brandente (A. tadorna L.), 2',
an den enrop. Küsten. I^eifente (A. Pene-
lope L.), IVa', in Nordeuropa, bei unsim Win-
ter. Knack', Schnarrente (A. qnerquedula
L.), 16", im Norden, auch bei uns. Krick-
ente (A. crecca L.), 14—16", im Norden der
alten Welt bis Nordafrika, im Winter bei
uns. Alle mit schmackhaftem Fleisch.
Enteleohie (gr.), die Kraft, wodurch etwas,
das als Möglichkeit (potentiell, virtuell)
vorhanden ist, in die Wirklichkeit tritt
(aktuell wird), so bes.' die Seele, als die die
Materie belebende Kraft.
Entente (fr., spr. Angtangt), Sinn (eines
Worts) ; Einverständniss ; e. eordiale, herz
liches Einverständniss. [Lemna
Entengrütze 9 s. v. a. Wassergrütze, s
Enteralgie (gr.), Eingeweideschmerzen
Enterbung 9 vom Erblasser absichtl. ver
fügte Ausschliessung einer Person von der
Erbfolge, zu Welcher dieselbe ausserdem
berechtigt wäre. Ueber die Zulässigkeit
ders. s. Testament, [geweide.
Enteritis (gr.) , Entzündung der Eln-
Entem, ein fieludl. Schiff au das eigene
heranziehen und mit Enterhaken und Enter-
dreppen befestigen, um es zu erobern.
Entf&lirung (Crimen raptus), die von
einer Mannsperson mittelst List oder Ge-
walt verübte widerrechtliche WegführuQg
einer ledigen oder verheiratheten Frauens-
person gegen desjenigen Willen, unter
dessen Gewalt sie rechtl. steht, und zum
Zwecke der Erzwingung der Ehe oder des
Geschlechtsgenusses mit ihr; nach der
deutschen Partikulargesetzgebung gewöhn],
mit mehrjähriger Freiheitsstrafe bedroht.
Entgegengesetzte Grossen , in der Ma-
thematik solche Grössen, welche vereinigt
(durch Addition) sich vermindern oder (bei
gleichem absoluten Werthe) ganz auf-
heben, als positive und negative durch -f-
und — bezeichnet.
Enthelmlnthen^ Eingeweidewürmer.
Enthnslasmns (gr.), Begeisterung.
Enthymem (gr.), ein durch Weglassung
eines Vordersatzes abgekürzter Schluss.
Entlastnngsbogen, eine in einer Mauer
angebrachte Wölbung, welche das darunter
befindliche Mauerwerk vor dem Druck des
darüberliegenden schützen soll.
Entlibnch (Entlebueh), fruchtb. Thal im
Kant. Luzern , von der Enüe und Emmen
durchflössen, 11 St. L, mit dem Dorf E.
Entmannung, s. Kastration.
Entomologie (gr.), Insektenkunde.
Entophytisch (gr.), innerhalb lebender
Pflanzen sich dhtwickelnd , z. B. schma-
rotzende Pilze (Entophyten).
Entoplsch (gr.), einheimisch, örtlich.
Entostdsis (gr.) , nach der Markhöhle der
Röhrenknochen gebendeKnochengeschwulst.
Entonrs (fr., spr. Angtuhr), Umgebung.
En tont (fr., spr. ang tuh), im Ganzen.
En-tottt'Ca» (spr. -kah, d. h. in jedem Fall),
mittelgrosser Schirm, der als Regen- und
Sonnenschirm dienen kann.
568
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Entoxismus — Epagöge.
Emtoxtsiiiiu (gr.)> Veiglfkang.
Entoaoen (gr.)> Eingeweidewürmer.
Entreftcte (fr., spr. Angtr'akt), Zwischen-
akt; auch Tonstück für einen solchen.
Entrechat (£r., spr. Angtr'scbah), Krens-
sprnng, künsti. Tanzsprung.
Entiee (ft-., spr. Angtreh), Eintritt, Ein-
gang; Vorzimmer; Eintrittsgeld; Voressen;
Einleitnngssatz bei Koncerten.
EntreineB(span., tr. JEhitremets, spr. Angt'r-
mäh) , Zwischengerichte; Zwischenspiele;
Festschauspiele bei Hoffesten, Turnieren etc.
Entre nous (fr., spr. angtr nuh), unter uns.
Entrepdt (ft*. , spr. Angtr'pob) , Waaren-
niederiago, bes. eine solche, worin die
Waaren vorläufig unverzollt lagern und
woraus die im Inlande nicht verkauften
gegen Entrichtung des Durchgangszolles
wieder ausgeführt werden können.
Entr^renenr (fr., spr. Angtrprenör),
Unternehmer; Entreprite (spr. Angtrprihs),
Unternehmen.
Entre Bios. Staat der argentin. Konföde-
ration, 2451 QM. mit (1»69) 134,235 Ew. Die
gleichnam. Hauptst. 6050 Ew.
Entresol (fr., spr. Angtrsol), Halb- oder
Zwischengeschoss zwischen zwei Stock-
werken, gewöhnl. zu Wohnungen für die
Dienerschaft, als Garderobe etc. benutzt.
Entreteniren (fr., spr. angtr-), unter-
halten (durch Unterredung und Unter-
stützung); £'n<re<i«n (spr. Angtrtiäng), Unter-
haltung, Gespräch; auch Unterstützung.
Entrevue (fr., spr. Angtrwüh), Zusammen-
kunft, Unterredung. [unternehmen.
Entrlren (spr. Angt-), eingehen, etwas
Entropien (gr.), das Einwartsstehen der
Augenlider, veranlasst durch den Beiz,
welchen die nun einwärts stehenden Här-
chen auf den Augapfel hervorrufen, schwere
Entzündung. Heilung durch Operation.
EntBetznng, Befreiung einer Festung von
dem sie einscbliessenden Feinde, kann be-
wirkt werden durch Ueberschwemmnng
der Umgegend oder durch Abschneidung
der Zu^hr oder durch Gewalt der Wafifen.
Entwässerung, s. Drainage,
Entwlckelnng^krankheiten, s. Krankheit,
Entwohnen, s. Stillen der Kinder.
Entziehnngsknr, s. Hungerkur.
Entzfindnng (Inflammatio , Phlogosis),
Krankbeitszustand der verschiedensten Or-
gane, bei dem es durch Blutüberfüllnng und
Austritt von Blutkörpem zur Röthe (rubor),
Schwellung (tumor), Hitzegefühl (calor) und
Schmerz (dolor , durch Druck auf die Ner-
ven) kommt. Im Allgemeinen gelten diese
Anzeichen nur für äussere Theiie, während
viele E.en innerer Theiie schmerzlos ver-
laufen. Stets finden Funktionsstörungen
der betr. Theiie Statt, mitunter nimmt der
ganze Körper an der Erkrankung Theil
und Fieber stellt sich ein.. Ausgang der
E.en entweder allmäblige Aufsaugung der
ausgeschiedeneu Stofi'e (Resorption), oder
Eiterbildung, oder Vertroehnung der aus-
geschiedenen Zellen (sog. Yerkäsung), die
zu dauernden schmerzlosen Schwellungen
führt. Vgl. die einzelnen Organe, [gieiiea,
EntzfininnsfBwicIrl^e Mittel, s. AntipUo-
Ennmeratlon (lat.), Anfisählang. [chung.
Ennnelation (lat.). Aussage, Bekanntma-
Ennresis (gr.), unwillkürlicher Abgang
von Harn, durch Blasenlähmnng bedingt.
Enveloppe (fr., spr. Angwelopp), Holle;
in der Befestig^ingskunst ein zasammen-
hängendes, meist aus ein- und ausgehenden
Winkeln bestehendes, das Hauptwerk Um-
gebendes Werk.
Envera (fr., spr. Angwähr), Kehrseite.
Environs (fr., spr. Angwirong), die Um-
gebungen, [laufe, im Bufe, beliebt.
En vogne (fr., spr. ang wohk), im Ura-
Envoi (fr., spr. AngwSa), Sendung, Gre-
sandtschaft. Envoyi (spr. angwöajeh), Ge-
sandter (zweiten Rangs).
Enf 0, in der griech. Mythologie die Göttin
des Kriegs, Schwester des Ares, Zwietrachts-
stifterin, mit der röm. Bellona ideutificirt.
Eni (Em), Nebenfl. des Neckar, komme
vom Schwarzwald, nimmt die Nagold anf,
mündet bei Besigheim, 17 M.
EnKlan, s. Qeniiana.
Endo (Entiui), König von Sardinien,
geb. 1225 zu Palermo, Sohn Kaiser Hein-
richs n. und des edeln Fräuleins Bianca
Lancia, treuer Kampl^enosse seines Vaters,
erhielt infolge seiner Vermählung mit
Adelasia, der verwittweten Beherrscherin
von Sardinien und Korsika, den Titel eines
Königs von Sardinien, ward zum Statt-
halter von Italien ernannt, siegte S. Mai
1241 bei Meloria über die geunesiscbe
Flotte, gerietli in der Schlacht bei Fossaita
(26. Alai 1249) gegen die Bologneser in Ge-
fangenschaft, in welcher' er 15. März 1272 f.
Vrf. Münch, ,König E.*, 1827.
Ensootfe (gr.), das durch lokale Ver-
hältnisse veranlasste Erkranken des Viehs.
E. o«, abbr. ex officio (lat.), von Amts
wegen^ Dienstsachen betrefifend (auf Briefen).
£0€an, s. Tertüirgebirge.
Eodem (näml. die, lat.), an demselben,
näml. Tage; eo ipso, ebendadurch.
EStvOB (spr. -wösch), Joseph, Freiherr wm,
Ungar. Schriftsteller und Staatsmann, geb.
3. Sept. 1813 in Ofen, ursprüngl. Jurist,
nahm dann an den publicist.' Kämpfen
regen Antheil, ward März 1848 Kultus-
minister, verliess aber Aug. d. J. das Land
und Hess sich in München nieder, kehrte
1851 nach Ungarn zurück, ward 1856 2.
Präsident der Ungar. Akademie; seit 1867
wieder ungar. Kultus- und Unterrichts-
minister; t 8. Febr. 1871. Fruchtbarer
Novellist (bes. geschätzt ,Der DorfnotarS
deutsch yon Maüath19bl); von seinen polit.
Schriften hervorzuheben: ,Der Eiufiuss der
Ideen des 19. Jahrb. auf Staat und Gesell-
schaft* (deutsch 1852—54, 2 Bde.) nnd ,Dic
Garantien der Macht und Einheit Oester-
reichs* (4. Aufl. 1859).
Eos, s. Aurora.
Eozoon, fossile Rhizopodengattung in
den Kalksteinen der Urgneisformation Nord-
amerikas, Bayerns, Böhmens, Irlands, seigt
sich als Serpentin einsprengung im Kalk,
von Manchen als rein mineralischoiis nicht
organischen Ursprungs betrachtet.
Epa8;^e(gr.),Bowei8 durch Jndaktion («.<!.).
Epagomenen — EpicykeL
671
EpagogH, Zaubersprüche» daher ^^ctgogiteh,
relzead, yerfähreörisoh. [£(obaltiage.
Epacomwen (gr. , die Hlnsugefügten),
EpMLten (gr.), in der Chronologie die
Zahlen, welche für jedes Jahr das Alter
des Mondes am Nei^ahrstage angeben, also
anzeigen, anf den wievielsten Tag vor
dem 1. Jannar — diesen selbst mitgerechnet
— der letzte Neumond gefollen ist. Tgl.
Ooldene Zahl,
Epanln^ndM, der grösste Feldherr und
Staatsmann der Thebaner, geb. um 418
V. Ohr., Sohn des Polyranls, wirkte 379 mit
bei Thebens Befteiung von der spaztan.
Ctowaltherrsehaft, schlug, zum Böotarchen
ernannt, 871 die Spartaner bei Leuctra,
drang 370 in Lakonien ein, organisirte
Messenien von Neuem als Staat, fiel 368,
366 und 362 wieder in den Peloponnes ein,
fiel (Juni) in der für die Thebaner sieg'
reichen Sohlacht bei Mantlnea.
Epuulipslfl (gr.), in der Rhetorik Wieder-
aufhahme eines durch eine Einschiebung
unterbrochenen Satzes.
EpanOdw (gr.), in der Rhetorik Wieder-
holungzweier Satze in umgekehrter Ordnung.
Spurch(gr.), Voi^setzter, Befehlshaber;
Statthalter einer Provinz; daher Eparchie,
der Verwaltungsbezirk desselben, auch Dlö-
cese ; im Königr. Griechenland Departement.
Epanlemeiit (fk*., spr. Epohlming), bei
Belagerungen Brdaufwurf von 8—10' Höhe,
hinter welchem Kavallerie aufgestellt wird ;
dann eine im Festungsgraben aufgeworfene,
nicht direkt zur Yertheidigung mit dem
Gewehr bestimmte Brustwehr.
Epauletten (tr.j spr. Spol-, Aehselaiüi^),
Abzeichen an Militär- und Cüviluniformen,
Klappen von Tuch, Wolle, Dressen oder
Metall, auch wohl mit Fransen oder sog.
Raupen (Bouillons) versehen, als Abzeichen
der OfBziere zuerst in der franz. Armee,
dann bei den meisten übrigen Armeen, mit
Ausnahme der Österreich., eingeführt.
Epentkeiis (gr.), Einschaltung von Buch-
staben oder Silben in der Mitte der Wörter;
epeniheiueh, eingeschoben, eingeschaltet.
Eperles (spr. -Kesch), Hauptort des uugar.
Komitats Siros, an der Tarcza, 8916 Ew.
Eperaaj (spr. -nä), Stadt im franz. Depart.
Marne, an der Marne, 11,704 Ew.; Haupt-
stapelplatz der Champagnerweine.
Epezegcdi (grOt erklärender Zusatz.
Ephebini (gri), Jünglinge vom 16. bis 18.
Lebensjahre. Ephtbie, der Eintritt in die
bürgerl. Mündigkeit, fand nach zurück-
gelegtem 18. Lebensjahre Statt.
Ephemer (gr.), was nur einen Tag dauert.
EpliemSreii (EintagBßiegen, Safte), In-
sektengattung der Neuropteren, hauten sich
noch als ausgebildete Insekten und leben
als solche sehr kurze Zelt, oft als Dünger
benutzt, die Larven als Köder (Uferaas).
Qemeine B. (Ephemera vulgata L.J, 8^9"'.
U/«raa8 (Pallugenla horaria L»), ö— 6"^
Ephemeriten (gr.), Zeitungen, Journale,
bes. astronom. TaSsln , worin die Erschei-
nungen des Himmels für die nächst be-
vorstehende Zeit verzeichnet sind. Die
ersten von Purbach 1460—61,
Ephesns (a. G.), eine der Jon. ZwöUktädte
und bedeutendste Handelsstadt In Klein-
asien, mit Hafen und ber. Dianentempel.
In der Römerzeii Hauptstadt KUinasiens;
431 ökumen. Koneü und 449 sog. JUktber-
iynode; jetat ärml. Dorf (AJasluk).
Epheu. s. Hedera,
EpkÜitety verrätherlscher Grieche aus
Melos, zeigte den Persem 480 v. Chr. einen
Fusssteig am Oeta, auf welchem sie den
bei Thermopylä unter Leonidas aufgestell-
ten Griechen in den Bücken kamen; ward
geächtet und in Antioyra erschlagen.
EphSren (gr.), Aufseher, obrigkeitliche
Behörde In Sparta, zunächst für die innere
Staatsverwaltung, später auch mit der Auf-
riebt über die Jugenderziehung betraut, be-
stand aus 5 aus dem Volk auf ein Jahr ge wähl*
ten Mitgliedern , erhob sich alimählig zur
höchsten Instanz in Sparta. Epk6ru», Jetzt
s. V. a. Superintendent; Ephorie, Bezb'k
eines solchen; EpJu>rat, Amt desselben.
Ephraim^ einer der 12 Stämme der Israe-
liten, genannt nach Josephs aweitem Sohne,
übte bis zu Sauls Regidrungszeit eine un-
bestrittene Hegemonie über die andern
Stämme aus, erkannte nach Sauls Tode
Isboseth als rechtmässigen König an und
unterwarf sich nach dessen Ermordung der
Hegemonie des Reiches Juda unter David,
fiel aber nach Salomos Tode von Jerobeara
mit 9 anderen Stämmen ab und bildete das
Reich Israel oder E.
Ephraimltein, Spottname für die von den
Juden Ephraim und Itzig im 7jähr. Kriege
geschlagenen Gulden. [rede.
Epicedium (gr.), Leicheugedicht, Leichen-
Spieherem (gr.) , Doppelschluss, so zu-
sammengezogen, dass der den andern unter-
stützende Schluss als Nebensatz zwischen
den Vordersätzen der erstem erscheint.
Epieier (fr., spr. -sieh), Gewürzkrämer.
Eplconuin (grO , Wort , welches für Mas-
culinum u. Femininum nur Eine Form hat.
Eplerisii (gr.), wissenschaftliches Urthell
über Entstehung, Entwicklung,- Wesen, Be-
handlung und Ausgang einer Krankheit.
Epietety röm. Stoiker^ geb. um 50 v. Chr.
in Phrygien , lehrte zu Rom bis unter
Hadrian. Sein Lehrsatz: Ertrage und ent-
behre I_ Werke herausg. von Heyne (1793).
Epleunui, griech. Philosoph, geb. 341
V. Chr. zu Gargettus bei Athen, eröffnete
um 305 in seinem Garten bei Athen eine
Schule ; f ^0. Setzte den letzten Zweck
des Lebens in ruhigen Genuss und schmerz-
losen Zustand des Gemüths, nahm 2 ewige
Grundursachen alles Daseins an, die Atome
als untheilbare vielgestaltige Körper und
den leeren Baum, hielt die Seele als aus
Atomen zusammengesetzt für sterblich. Von
E.s Scliriften ist wenig erhalten. Epikuräer,
ein dem Sinnengenuss huldigender Mensch.
Epie7ema(gr.), ungestaltete zweite Leibes-
frucht, Mond- oder Mutterkalb. Epicjßfie,
s. Veberickwängerung,
Epieykel (gr.), bei den alten Astronomen
•in Kreis, in dessen Peripherie sich die
Sonne, der Mond oder ein Plai»et bewegen,
während der Mittelpunkt des Kx^im» «albst
572f
Epicykloide — Epiphania.
wieder auf der Peripherie eluee anderen
Kreises fortrückt, in dessen Mittelpunkt
sieb die Erde befinden sollte.
EpifjkloTde (gr.) , Knnre , welche ein
Pnnkt der Peripherie eines Kreises be-
schreibt, der sich aaf der Anssenseita der
Peripherie eines anderen, mit jenem in der-
selben Ebene liegenden Kreises rollend
fortbewegt. Rollte der bewegliche Kreis
auf der inneren Seite der Peripherie des
anderen, so beschreibt ein Punkt der Peri-
pherie des ersteren eine HypocyklcVde. Uegt
der beschreibende Pnnkt ausserhalb des
Kreises, so bildet er eine Terkürzte, liegt
er innerhalb, eine yerlängerte oder ge-
streckte £. Die Zähne der Kämme an den
Maschinen rädern m&ssen nach E.n geformt
sein, wenn die Maschine einen gleich-
formigen Gang haben soll.
EpiaawrnSy im Alterthum Hafenstadt in
Argolts, am saronischen Busen; prachtroUer
Tempel des Aeskulap (siiemlich erhalten).
J Btzt Dorf Pidctvro (Nea Epidavro) mit Hafen;
das. 1821 erste griech. National Versammlung.
Epidemie (gr.), auf einige Zeit beschränk-
tes massenhaftes Auftretou einer Krankheit,
im Gegensatz zuendemischer Krankheit(s.d.).
Die meisten E.n sind durch direkte oder
durch Luft, Wasser etc. bedingte Uebertra-
gaug des Ansteckungsstoffes von einzelnen
Kranken aufGesande entstanden, daher als
wirksamstes Mittel zur Vermeidung von
Cholera, Pocken, Typhus etc. strengstes
fsoliren der betreffenden Kranken und
namentlich Desinfektion ihrer Auswurfs-
stoffe gelten muss. Alle E.n entwickeln sich
allmählig, baldiges Wechseln des Wohnortes
daher rathsam. Bei Pockenepidemien om-
pflehlt sich Wiederholen des Impfeus.
Epidermis (gr.), Oberhaut, s. Haut.
Epididjfmls (gr,), Nebenhoden, der hintere
und obere Theil des Hodens.
Epidote, isomorphe Mineralien aus der
Klasse der wasserfreien Amphoterolithe,
bes. PUtacit, Eisenepidot, grünes Kalk-
eisensilikat in Norwegen, Italien , Sachsen,
.Schweden etc., dient als Zuschlag beim
Schmelzen der Eisenerze.
Epigamle (gr.). Nach- oder zweite Heirath ;
das gegenseitige Heirathsrecht unter den
Bürgern zweier Staaten; auch das Heirathen
aus einem Stande in den andern.
El^gMtrlam (gr.) , obere Bauchgegand.
EpigiOttis (gr.), Kehldeckel, zum Ver-
schluss des Kehlkopfs. EpigloUUia, Kehl-
deckel entzündung.
Epigömem (gr.), Nacbgebome, vorzugs-
weise die Söhne der 7 gegen Theben ver-
bündeten und im Kampfe bis auf Adrastas
gefallenen grlech. Helden. Sie unternahmen,
um den Fall ihrer Väter zu rächen, 10 Jahre
später einen neuen Zug gegen Theben und
schlugen dessen Bewohner so, dass sie
ihre Stadt verliessen. Der Krieg der E.
Gegenstand der epischen Poesie, auch von
den Tragikern bearbeitet. In der Literatur
Diejenigen, welche sich bloss die Aufgabe
stellen, die Ideen Ihrer epochemachenden
Vorgänger weiter zu verarbeiten.
Epl8mimm(gr.), Aufschrift, z.B. auf Kunst-
werken, meist in Distichen abgefitast; dann
inschriftartiges Sinngedicht, bei den Römern
bes. Ton Martial ausgebildet und vorsugs-
weise satirisch; deutsche Epigranunatücer:
F. V, Logau, Chr. Wsmiche im 17., LetHng,
Kästner, Hang, QottheM. BchüUr im 18. Jahrh.
u. A. Die zahlr. grlech. E.e wurden im
byzant. Zeitalter in ,Anthol<:^en' rereinigt.
Epigrilphe (gr.). Auf- oder Inschrift, Sinn-
spruch, Denksprucb. Epigraphik , Insohrif-
teukunde, eigne Disciplin, weiebe das Ver-
ständniss und die wissen schaflliche Ver-
wendung der aus dem Alterthume auf uns
gekommenen Inschriften lehrt. Epigra-
phiache Seite, bei Münzwi die Seite* auf der
sich Bild and Schrift befinden.
Eplgymlseh (gr.), oberweibig, wenn Kelch
und Blumenkrone höher als der Vrnoht-
knoten stehen.
Spiiemma (gr.), Einwurf, den ein Redner
sich selbst macht, um ihn zu widerlec^en.
Epilepsie (gr. , FaUeuchl) , chroniscbe
Nervenkrankheit von meist unbekannter
Ursache, periodisch auftretende, 1—10 Min.
dauernde Krampfanfiille mit vollständigem
Schwund des Bewusstseins. Meist geht
den Aufallen eine Vorahnung (aura) voran,
oft werden Lippen und Zunge zerbissen,
Schaum tritt vor den Mund. Selten Gene-
sung, doch vielfach Besserung; oft erblich;
selten Todesfälle durch den Anfall. Epi-
leptische Mütter dürfen ihre Kinder nicht
selbst stillen. Behartdlung: Abhalten aller
Reize, Regelung der Verdauung etc.; An-
wendung von Bromkaliura, Atropln , des
konstanten elektrischen Stroms.
EpiloMnm L. ( Weidenröschen, Weiderich),
Pflanzengattuug der Onagreen. £. angusti-
folium L., Fetierkraut, 8t. AiUoniutkraul, in
Nordenroi>a, Nordasien, Wurzeln und Kraut
geniessbar, früher oflficinell (kuril. Tliee).
Epilog (gr.). Nach- oder Schiassrede,
bes. nach einer dramat. Auffüfarong.
Epimenldes, Priester und Seher , aus
Onossus auf Kreta , angeblich Sohn einer
Nymphe Balte, ward 594 v. Chr. nach
Athen berufen und machte hier viele nütz-
liche Einrichtungen, bes. im Knltusvresen,
soll als Jüngling in einer Höhle 40 und
mehr Jahre geschlafen haben (vgl. Goethes
Dichtung ,Des E. Erwachen').
EpimethevB, Sohn des Japetus und der
Clymene, Bruder des Prometheus, ver-
mählte sich trotz der Warnungen des
letztern mit Pandora und bewirkte da-
durch, dass ans der Buchse derselben ein
zahlloses Heer von Plagen aller Art die
Menschen überströmte.
Epinal, Hauptst. des franz. Depart. Vo-
gesen, an der Mosel, 11,870 Ew.; 11. Okt.
1870 nach kurzem Gefechte von den Deut-
schen (14. Corps) besetzt.
Epineox (fr., spr. -nöh), domig; miss-
lich ; Epinoaität, Schwierigkeit, Mlsslichkelt.
Epinikion (gr.). Siegesfest, Siegeslied.
Epiphania (gr.), Erscheinung, bes. eines
Gottes ; in der christl. Kirche die Erscheinung
des Heilandes, deren Fest (Spiphani«»/€$i)
am 6. Jan. gefeiert wird (auch JPesf dr
heil, drei Könige).
Epiphora — Equisetnm.
573
BpijMrm {er.)f Nftch- oder ScltlQMsats;
Endlinie mehrerer Satse mit denselb. Worten.
Epiphfib (gr., AnwueJu), Name der Kno-
chenenden, welche durch Knorpel mit der
Mitte der Knochen (JHaphy$U) verbanden
sind und das Längs wachstham der Knochen
ermöglichen. Die E. verschmilzt nach voll-
endetem Waohsthnm ganz mit dem Knochen.
Eplplerosis (gr.)f krankhafte VoUblütig-
Epipldon (gr.), Netz (s. Baueh). [keit.
Epiras, Iiandsch. des alten Hellas, der
südl. Theil des heutigen Albanien, mit dem
akroceraunischen Gebirge und den Flüssen
Acheron und Oocytus. Hauptst. Dodona.
Bewohner dem pelasgischen Volksstamme
angehörig (Sf olosser im NO., Chaoner im NW.
und Thesproter im S.)> wenig gebildet. Lange
Zeit selbständig unter eigenen Herrschern ;
berühmtester König Pyrrhus. Seit 168 n. Chr.
röm. Prov., im 13. Jahrh. besonderes Des-
potat, 1^2 von den Türken erobert, deren
JochSkanderbegl447 abschüttelte; seitdessen
Tod 1466 wieder türk. Provinz. Vgl. Merle-
her, ,Das Land u. die Bewohner von £.*, 1841.
Eplsarcldlam (gr.), Hautwassergncht.
Epische Poesie, eine der 4 Hanptgattungen
der Poesie, die poetische Darstellung von
Handinngen und Begebenheiten in erzäh-
lender Form. Untergattungen: l)Da8eigentl.
Epo8 (Epopöe, Heldengedieht) , die poet.
Darstellung eines grössern Zusammenhangs
bedeutender Ereignisse, die von heroischen
Charakteren ausgehen, zerfallend in a) das
VolksepoM, welches die im Volke selbst ent-
standenen und bewahrten Sagen in volks-
thüral. Form bearbeitet (z. B. Ilias , Nibe-
lungenlied, Cid etc.); b) das Kufutepo$, das
von einem einzelnen Dichter geschaffen
und nach Kunstregeln gestaltet wird, heroi-
schen (z. B. Eschenbachs ,ParcivaP, Wie-
lands «Oberon*, Camoens ,IiUSiadenS Arlosts
und Tassos Dichtungen), religiösen (KIop-
stocks ,Mes8iasS Miltons , Verlornes Para-
dies*) oder komischen und humorist. Inhalts
(Immermanns ,Tulltäntchen% Byrons ,Don
Juan*); c) das Thierepoa (Reineke Fuchs).
2) Die kleineren Dichtungen epischen Cha-
rakters: Idyll, Ballade und Romanze, poet.
Erzählung, Legende, Roman u. Novelle etc.
Episcdpns (gr.), Bischof; «. in partibut
(näml. inßdeUum), Bischof, dessen Diöcese
unter der Herrschaft der Ungläubigen steht.
Eplslmn (gr.), Bchamlefise.
Eplskopil (gr.), was zum Bischof oder zu
dessen Amt gehört. Episkopalen, 'BUchcitMchej
die Anhänger der anglikan. oder bischöfl.
Kirche, im Gegensatz zu den Presbyteria-
nem. EpiskopcMirche, anglikan. Kirche.
Episkopalsystem , im tom. - kathol. Kir-
chenrecht diejenige Theorie, wonach die
höchste kirchliche Gewalt in der Gksammt-
heit der Bischöfe beruht und der Papst als
der erste unter Gleichberechtigten (primus
inter pare$) unter der Autorität Jener als
der Repräsentanten der ganzenKirche steht;
Gegensatz zum Bxpahyatem (s. d.) ; in der
Protestant. Kirche «Uejenige Ansicht, wonach
die bischöfl. Gewalt auf den Landesherrn
übergegangen und dieser Oberhaupt der
Landesldrehe sein soll.
Episkopit, Blsthum, Bischofsamt.
EpIsSde (gr.), der zwischen den Chor-
gesängen gesprochene Theil der antiken
Tragödie; im Epos, Roman etc. jede ein-
geschaltete Nebenpartie, die keinen wesent-
lichen Bestandtbeil der Haupthand luug
bildet ; überhaupt Abschweifung vom Haupt-
geR:enstand ; daher epitodiach, eingeschoben.
Epispftdi&iis (gr.), männliches Individuum^,
bei dem als angebomer Fehler die Harn-
röhre auf -dem Rücken des Penis offen ist
(Epiipadismtia, durch Operation heilbar).
EpuBpMtica (gr.), blasenziehende und
Eiterung befördernde Mittel, bes. Crotonöl,
Brechweinsteinsalbe, spanische Fliegen.
Eplspermiam (gr.), Samenhülle.
Epistel (gr.), Brief; auch poet. Send-
schreiben; spedelle Bezeichnung der im
N. T. enthaltenen Briefe der Apostel, sowie
der zu Predigttexten auagewähltenAbschnitte
derselben. Epiatolographie, Briefstellerei.
Epistolae obscttromni Tiromm (lat., d. i.
Briefe von Dunkelmännern), Titel einer
Sammlung satir. Briefe in sogen. Küchen-
latein, welche das Treiben der Obskuranten-
partei geisein; Reuchlin, Erasmus u. Hütten
zugeschrieben (neue Ausg. von Böcking 1858).
Episyllogismng (gr.), Nachschluss, ein
solcher Schluss, der zu einem andern hin-
zukommt, indem man. den Schlusssatz des
ersteren zum Vordersätze des zweiten macht.
EpitApUnHl (gr.), Grabschrift; Grabmal.*
EpithaUmlnm (gr.), Hochzeitslied.
Epithelimn (gr.)* s. Baut.
Epitheton (gr.), Beiwort.
Epitkymie (gr.), eigenthümlicher Appetit,
bes. schwangerer Frauen.
EpitSme (gr.), Auszug aus einem Werke;
kurzer Inbegriff einer Wissenschaft.
Epiaenxis (gr.), rhetor. Figur, bestehend
in der Wiederholung desselben Worts des
Nachdrucks wegen.
Epixoen (gr.), Thiere, welche auf und
von andern Thieren leben (Läuse etc.).
Epoche (gr.), Haltpunkt, bes. in der Chro-
nologie Zeitpunkt, von welchem ein Um-
schwung in der geschieht!. Entwickeluug
beginnt, sowie auch der Ausgangspunkt
einer Aera (s. d.). In der Astronomie die
mittlere heliocentrische Länge der Planeten
in ihren Bahnen zu einer gegebenen Zeit.
Epode (gr.), Beschwörungsgesang; (Ab-
gesang) der auf die Antistrophe folgende
Schlussgesang der altgrieoh. Chorlieder ; Art
lyr. Gedichte, in denen auf einen jamb.
Trimeter ein kürzerer jamb. Vers folgt.
EpomeO (]lf<mte S. Nicola), erloschener
Vulkan anf Isohia, 2S68' h.; unter seinem
Gipfel der Badeort Casamicciola.
Epos, s. Epiache Fbeaie.
Eppich, Sellerie, Epheu, Scharbockskraut.
Epsom, engl. Flecken, 3 H. südl. von
London, 4890 Ew.; ehemals besuchter Bade-
ort. Im Mai grosses Pferderennen.
Eques (Mehrz. eguites), Reiter, Ritter»
Equipage (flr., spr. Ekipahsch), Gepäck,
Reisegerätli ; Pferde und Wagen; Offizier»'
ausrüstung; Besatzung eines Schiffs.
Eqnlsetum L. (Sekaehtelhalm), Pflanzen-
gsttung der kryptogamischen Equisetaceen,
574
Erasmns — Erbreclit.
sehr reich an Kiesels&nre. E. arvense L,,
Aekertchachieihalm , EatMenw«del, Sekeuer-
kraut, In Europa, Nordaalen, Nordafrika,
dient snm Schenem von Metall; B. bie-
male L,, Tisehleraehaehtelhalm , Polirheu,
EUm Gl&tten von Holzarbeiten.
Erunw, Deaideritu, ber. Humanist, geb.
38. Okt. 1467 zu Rotterdam, verweilte seit
1497 in England nnd bes. in Italien, ward
von Heinrich VIII. als Prof. der griech.
Sprache nach Cambridge bernfen, seit 1521
in Basel ; f d<^s> ^S* J^^i 15S6. Aasgezeich-
net durch grü^ndliohe Gelehrsamkeit, Ge-
schmack und treifenden Wita, bahnte durch
Bek&mpfnng der scholast. Barbarei der
Reformation den Weg an, obwohl er mit
Luther keine Gemeinschaft hatte. Lieferte
Ausgaben mehrerer Klassiker, des griech.
N. T.s und sonstige philolog. und theolog.
Schriften, von denen die ,Oolloquia* (Amst.
IföO u. öfter) u. das ,Encomium moriae' (d. h.
Lob der Dummheit) die bekanntesten sind.
Werke am vollständigsten herausgeg. von
Lt<Aere (Leyd. 1703—6, 10 Bde.). Biographie
von JirOOer (1828). Vgl. über ihn GlaHu»
(1850), Stichard (1870).
ErltOy Muse der lyrischen, bes. exotischen
Poesie, singend u. tanzend mit der Kithara
in der Linken dargestellt.
Eratottlieiies, griech. Gelehrter, geb. 276
V. Ohr. zu Gyrene in AfHka, Aufseher der
alexandrin. Bibliothek; f 1^* Um die
Astronomie durch Beobachtung der Schiefe
der Ekliptik zu SSo 57' 15'% um die Geome-
trie durch seine Arbeiten über die Dupli-
kation des W&rfals und die Primiahlen ver-
dient. Fragm. heransg. von Bemhardy (1822).
Erbachy Stadt in der hess. Prov. Starken-
burg, an der Mümling, 2357 Ew. Residenz-
schloss der Grafen von E.-E. ; In der Be-
gräbnisskapelle die Särge Ef^hards nnd
Emmas ; Antiken Sammlung.
Erbfimter, im deutschen Reiche theils
erbliche Vikartate (BeiehserbänUer), theils
Nachbildungen der Srzämter (s. d.), näm-
lich Hofämter, die, seit Kaiser Konrad II.
von Reich Bfnrsten nach dem Muster der
4 Erzämter des Reichs errichtet nnd mit
Pfründen dotirt, seit dem 12. Jahrh. in ge-
wissen Familien erblich wurden, mit dem
Aussterben der damit beliehenen Familien
zum Theil aufhörten, zum Thefl aber auch
von Neuem entstanden. Dergl. E. finden
sich gegenwärtig noch in den österr. Erb-
ländem, in Preussen, Bayern seit 1808
(Reichskronämter) , In Würtemberg und in
Braunschweig.
Erbfolge (Suceession), im Privatrecht das
Eintreten in den Nachlass eines Verstor-
benen, sowie das Recht zu diesem Eintritt
(s. ErbreeJU)} im öffentl. Rechte der Ueber-
gang der höchsten pollt. Gewalt durch
Vererbung. Nach der jetzt in allen civili-
sirten monarch. Staaten bestehenden Pri-
mogeniturordnung geht der erstgebome
Sohn der erstgebomen Linie allen andern
Familiengliedem vor, und beim Aussterben
der ältesten Linie sucoediren, wieder unter
Bevorzugung dos Erstgebornen und dessen
Linie, die Descendenten des iweitäitesten
Stammeserben. Ausserdem wird die männ-
liche oder agnattsehe VerwaadtselMtil be-
vorzugt, entweder mit völliger Aus-
schliessung des weibl. Geschlechto ^ wie in
Belgien, oder mit Zurücksetzung desselben
hinter die männlichen Verwandten» so dass
z. B. die männliche Descendenz des awei-
ten Sohnes der weiblichen Desoendeaa des
erstgebomen Sohnes vorgeht lukd Frauen
mit ihrer .männlichen Descendeos erst
beim gänzlichen Aussterben des Manns-
stammes snccediren. Nur in einigen Staa-
ten (England, Russland, Spanien und Por-
tugal) snccediren Frauen (koff»att»che E.),
Jedoch in der Weise, dass innerhalb der-
selben Linie der männliche Desoendent dem
weiblichen, z. B. der jüngere Bruder der
älteren Schwester Vorgeht, die Tochter des
älteren Bruders dageg^en vor dem sweiten
Bruder und dessen Söhnen (Königin Victoria
von England) succedirt. Der Thronfolger
muss stets atis einer rechtmässigen , in
Deutschland auch aus ebenbürtiger Ehe
stammen. [sich im Gtadolinit findet.
Erbl«m. Metall, dessen Oxyd (ErMnerde)
Erblandej Länder, welche ein Fürst kraft
der Erbfolge überkommen hat, bes. solche,
welche schon seit längerer Zeit im erbl.
Besitz einer Dynastie sind und deren Ver-
hältniss zu später hinzu erworbenen Terri-
torien durch gewisse staatsrechtiUohe Be-
stimmungen normirt ist, so Kursachsen mit
Ausnahme der Oberlausitz, die deutseh-
österreich. Länder im G^gensats su Ungarn.
Erblichkeit, im Rechts wesen Im Allge-
meinen die nach den Grundsätzen des Erb-
rechts sich bemessende Uebertragbarkeit
des Eigenthums; in der Medidn die eigen-
thümlidie Erscheinung, dass gewisse Krank-
heiten (Tuberkulose, Syphilis, Bluterkrank-
heit, Geisteskrankheiten) der Eltern oder
Grosseltem bei den Kindern wiederkehren.
Erbpacht 9 mit dem Charakter des ding-
lichen Rechts versehenes erbliches Nutaungs-
recht mit beschränktem Verfügungsrecht u.
der Verpflichtung, beim Antritt einen Srb-
pachtschilling und Jähriich einen bestimm-
ten Pachtzins zu aahlen, begründet ein in
der Familie des Pachters forterbendes
Nutzungsrecht, muss aber bei Veränderun-
gen in der Person des Obereigenthümers
oder Erbpachters erneuert und dabei von
letzterem ein Laudemium entrichtet werden.
Srbreeken (Vomltus), die plötaliche Snt-
leerung des Magens nach oben, eingeleitet
durch gesetzmässiges Nacheinanderwirken
bestimmter Muskeln. Veranlassung bietet
Reisung der Gaumenschleimhaut oder der
an der Eingangsöffuung (cardia) des Magens
gelegenen Nerven bei Ueberfüllung des-
selben. Nach Art des Erbrocdienen unter-
scheidet man Schleim-, Blut-, Qallen-,
Kothbrechen ; letzteres (Miserere) bei Ver-
schluss tieferer Barmtheile. Akutes £. bei
vorübergehender Reizung, chronisches bei
Magenkrankheiten, bes. ohron. Katarrhen.
Erbrecht, im subjektiven Sinne s. v. a.
Erbfolge, im objektiven Sinne der Inbec^ff
der Rechtsgmndsätae, welche sich auf den
Uebergang der Hinterlaaaenacbalt eines
£tbse — Erde.
57Ö
Verstorbeneti auf Andere beziehen. (Gegen-
stand dee li.s ist die Erbschaft, d. h. das
gesammte Besitzthnm eines Menschen, in-
soweit es bei seinem Tode dnrch £. anf
Andere übergehen kann. Das Erbfolgerecht
gründet sich entweder anf den Willen des
Verstorbenen (testamentarische Erbfolge)
oder im Mangel einer letztwilligen Ver-
fügung anf das 6-esetz (Intestaterbfolge)
oder anf Vertrag (s. Erbvertrag). Die testa-
mentarisehe Erbfolge bemht auf dem Recht
einer physischen Person, zu testiren, d. h.
einen letzten Willen zu errichten und dar-
über Verfögung zu erlassen, was nach
ihrem Tode insbes. in Betreff ihres Ver-
mögens geschehen soll. Die Ansprüche
der nächsten Blutsverwandten sichert das
Kotherhrecht gegen die Willkür oder Un-
selbständigkeit des Testators durch die
Bestimmung, dass den Descendenten und
in deren Ermangelung den Asoendenten
selbst in dem Falle einer Testaments-
errichtung, wenn nicht gesetzliche Gründe
zu ihrer völligen Ausschliessung vorhanden
sind, ein bestimmter Theil des Nachlasses
(Pßichttheil) gewährt werden muss. Das
Intestaterbfolgerecht beruht in der Regel
anf Blutsverwandtschaft. Die Reihenfolge,
in welcher die Blutsverwandten zur Erb-
schaft berufen sind, wird nach dem Grade
der Verwandtschaftsnähe bestimmt. Das
positive Recht und das römische Recht
weichen in Aufstellung der Verwandtschafts-
grade zwar mehrfach von einander ab,
stimmen aber im Wesentlichen darin über-
ein, dass sie zunächst die Glieder der
engeren Familiengemeinscbaft, also den
überlebenden Ehegatten und die Abkömm-
linge, letztere zu gleichen Theilen, für erb-
berechtigt erklären, und zwar so, dass die
entfernteren Abkömmlinge (Kindeskinder)
mit den näheren , welche unmittelbar mit
dem Erblasser verwandt sind, theilen; da-
bei, sowie wenn bloss entferntere Abkömm-
linge vorhanden sind, gilt die Erbfolge
nach Stämmen, so dass die entfernteren
Abkömmlinge den fhrbthell erhalten, den
diejenigen erhalten haben würden, durch
welche sie mit dem Erblasser verwandt
sind. Sind keine Abkömmlinge vorhanden,
so fällt die Erbschaft an die Bitern und
Voreltern und an die Geschwister des Erb-
lassers, und in deren Ermangelung an die
übrigen Seitenverwandten desselben.
Erbse (Pisum L.) , Pflanzengattung der
Leguminosen. Ackererbse, wilde E. (P. ar-
vense L.), in Südeuropa, yielleicfat Stamm-
pflanze der gemeinen E. (P. sativum L.);
Unterarten: Zwergbrockelerbse (P. humlle
lers.), Brockeierbse (P. sativum JPere., Koch),
Doldenerbse (P. nmbellatum Per$.), Lu-
pinenerbse (P. quadratum Pers.) , Zucker-
erbse (P. sat. saccharatum Hort.), in zahl*
reichen Varietäten knltivirt; die Samen
dienen als Gemüse, enthalten 93,4 ProteVn-
stoffe (bes. Legumin), 52,7 Stärkemehl, 9
Fett, 0,» Phosphorsäure.
BlrMeii8tel]i(Pj*o(»<ftJ, krystallln. kohlen-
saurer Kalk in runden gelben bis bräunl.
Stücken, als Absatz kalkhaltiger Quellen.
firbsiiiid«, TtMAi, der Kircheulehi'e die
durch den BüAdenfkll entstandene, durch
die Zeugung über alle Menschen gleich -
massig verbreitete Verderbnisä der mensch-
lichen Natur, infolge deren der Mensch
zürn Guten gänzlich untüchtig, zum Bösen
geneigt u. deshalb der Strafe des leiblichen
und ewigen Todes verfallen ist.
Erbtochter, die nächste Verwandte eines
Gutsbesitzers, welche nach Erlöschen des
Mannsstammes zur Nachfolge kommt und das
Erbrecht auf ihre Nachkommen überträgt.
Erbnnterthinigkeit, s. Leibeigennchaft.
ErbTerbrfidemng, Vertrag, wodurch sich
zwei oder mehrere regierende fürstliche
Familien für den Fall des Aussterbens der
einen das wechselseitige Erbrecht zusichern.
Nach dem jetzigen deutschen Staatsrecht
ist zu AbSchliessung einer E. die Einwilli-
gung der Agnaten und Stände nothwendig.
Erbvertrag, Vertrag, wodurch Rechte und
Verbindlichkeiten in Bezug auf den künf-
tigen Nachlass einer noch lebenden Person
festgestellt werden.
Erbzlns, jährliche bestimmte, in Geld
oder in Naturalien bestehende Abgabe,
welche entweder von einem mit Eigen-
thumsrecht übertragenen Grundstück oder
gegen Ueberlassung eines Kapitals für
ewige Zeiten von einem Grundstück ver-
sprochen und von dem Besitzer des letzteren
jährlich zu zahlen ist. Mit einer solchen
Reallast belegte Güter (Erbzinsgiiter) gelten
wohl als Elgenthum des Bebauers, sind
aber kein vollständiges.
ErcUla j ZnSiga, Don Al/onso de, span.
Dichter, geb. 7. Aug. 1533 in Madrid, nahm
an den Kämpfen der Spanier in Chile Theil ;
t 1595 in Madrid. Verf. des Epos ,La
Araucana* (1569—90; deutsch YonWinierling
1831), das Jene Kämpfe in GhÜe (gegen die
Araukaner) verherrlicht.
Erde, der von uns bewohnte Weltkörper,
ein Glied des Sonnensystems, und zwar der
3. der innem oder sonnennahen Planeten,
im Mittel 20,708,000 M. von der Sonne ent-
fernt. Gewalt der E. kugelförmig (Beweise :
1) Kreisform des Horizonts; 2) hohe Gegen-
stände werden, von Weitem erblickt, zuerst
mit dem obem Theile sichtbar; 3) Erdum-
segelungen von O. gen W. und umgekehrt ;
4) bei Reisen von N. gen S. sieht man stets
neue Gestirne über den Horizont treten
und sich dem Scheitelpunkt nähern ; 5) runde
Gestalt des Erdschattens bei Mondfinster-
nissen), aber nicht vollkommen kugeÜormig,
sondern sphäroi'disch , d. h. an den Polen
abgeplattet (Beweise dafür: 1^ Unterschied
der Meridiangrade, die vom Aequator nach
den Polen hin an Grösse zunehmen, ermit-
telt durch Gradmessungen ; 9) Unterschied
der Erdanziehung, ermittelt dnrch Pendel-
versuohe am Aequator und in den Polar-
gegenden). — Grösse der Erdaxe 1713,197
M., des Aequatordurchmessers 1718,87^ M. ;
Umfang des Aequators 5400 M., der eines
Meridians 5391 M. Oberfläche der Erde
9,961,838 QM.; Abplattung 1^4; Kubikin-
halt 9650 MiU. Kubikraeflen (ca. S45,986mal
weniger als die Masse der Sonne); Gewicht
576
Erdapfel — Erdöl.
ca. 9000 TrUUonen Oir. Dichtigkeit der £.
5,68in»l grösser als die des Wassers. — Die
Bewegung der £. eine doppelte: 1) in 24 St.
von W. nach O. lun ihre Axe, welche der
Sonnenaxe nicht parallel, sondern in einem
Winkel von 23Va® gegen sie geneigt ist (Bo-
tation); Folge derselben die 4 Tageszeiten,
welche an einem und demselben Tage für die
östl. Gegenden früiier eintreten als för die
westlichen; 2) in 365 Tagen 5 St. ; 48', 48" um
die Sonne (Bevolution); und zwar in einer
länglich rundeu oder elliptischen Bahn (Erd-
baJm, Ekliptik); daher nicht immer gleiche
Entfernung der E. von der Sonne (im Perihe-
lium 20,356,000, im Aphelium 21,052,000 M.),
Länge der Ekliptik ca. 130 Mill. M., wovon die
E. im Mittel 4,1 M. in der Sekunde zurück-
l^t (im Perihelium raschere, im Aphelium
langsamere Bewegung) ; Folge der Revolution
in Verbindung mit der schiefen Stellung der
Erdaxe: die Abwechslung der Tageslängen
und der Jahreszeiten, da sich bald die nördl.,
bald die südl. Halbkugel der Sonne zukehrt,
während die Erdaxe stets nach derselben
Himmelsgegend gerichtet bleibt. — Einthei-
lung der Erdoberfläche in 5 J^onen, deren Be-
grenzung die beiden Wendekreise und die
Polarkreise bilden: a) ftei^se Zone (Tropen-,
Aequinoktionalgegend) zwischen den 2
Wendekreisen, vom Aequator halbirt, mit
gleicher Nacht- und Tageslänge und nur 2
Jahreszeiten: eine trockne (trop. Sommer)
und eine nasse (trop. Winter oder liegen-
zeit, letztere im N. vom Aequator in unser
Sommer-, im S. In unser Winterhalbjahr fal-
lend) ; b) 2 gemäesigte Zonen (nördl. u. südl.),
jede zwischen einem Wendekreis und dem
nächsten Polarkreis, mit veränderlicher
Tages- und Nachtlänge (längster Tag 13—24
St.) und 4 Jahreszeiten ; c) 2 kalte Zonen
(nördl. und südl.), Kugelabschnitte, deren
Mittelpunkt ein Pol und deren Umgrenzung
der nächste Polarkreis bildet, mit 2 Jahres-
zelten (langer, strenger Winter und sehr
kui'zer, oft recht warmer Sommer); längster
Tag und längste Nacht 24 St. bis 6 Mon.
Im Allgem. kommen 40o/o der Erdoberfläche
auf die heisse, 52o/oauf die beiden gemälssig-
ten, 8o/o auf die 2 kalten Zonen. — Von der
gesammten Erdoberfläche (9,261,000 QM.) ist
ein Gebiet von 140,000 QM. um den Nordpol
und von 396,000 QM. um den Südpol, im
Ganzen 536,000 QM., noch nicht erforscht.
Bekanntes Gebiet also : 8,725,000 QM. ; davon
kommen auf die Meeresfläche ca. 6,282,000
QM. (72 o/o), auf die Landfläche 2,443,000 QM.
(28 o/o); von letzterer kommen wieder auf
die Kontinente 2,280,000 , auf die Inseln
163,000 QM. (ca. Vu). Auf der östl. Halbkugel
liegt 2i/4mal so viel Land als auf der westl.,
und auf der nördl. 3mal so viel als auf der
südl. — Zahl der Menschen auf der E. ca.
1376 Mill. ; absolut in Asien 805, Europa 295,
Afrika 191, Amerika 81, Auiiti-alien 4 Mill.;
relativ (d. h. in Bezug auf Volksdichtig-
keit) auf 1 QM. : in Europa 1657, Asien 988,
Afrika 351, Amerika 109, Australien 25, auf
der ganzen bekannten Landfläche etwas
über 563 Menschen (vgl. das Kärtchen J?e-
viUktrungtdicbtigkeU der Erde),
ürdapfely B. V. a. Kartoffel ; auch Erdbirne.
Erdbeben, Erschütterungen eines grossen
oder kleineren Theils der Erdmasse, welche
sich nach den allgemeinen Gesetzen 'der
Wellenbewegung fortpflanzen; sind theils
vulkanischen, theils neptunischenUrspmngs.
Im letzteren Falle verursachen unterirdische
Wässer durch Lösung von Gesteiusmassen
Auflockerungen, Hohlräume, Verschiebun-
gen, Einstürze, Erschütterungen. Die Ab-
hängigkeit der E. von Sonne und Mond ist
nicht erwiesen. E im Herbst und Winter
zu denen im Frühling und Sommer =z: 4 : 3.
Man uotirt auf Vt der Erdoberfläche Jährlich
60—100 £. mit 2 — öOOO einzelneu StÖBsen.
Vgl. Volger , ,E. in der Schweiz'. 1856 — 57,
3 Bde.; Mcdlet (1858); FucJm, ,Vulkan. Er-
scheinungen*, 1865.
Erdbeeräther, Fmchtäther, besteht aus
Essigsäureäthyl-, Essigsäureamyl- u. Bttttar-
säareäther, dient zu Konfitüren.
Erdbeerbamu, s. Arbutus.
Erdbeere, s. Fragaria.
Erdbime, s. HeliantJiua tuberosum.
Erdbohrer, Voi-richtuug, um tiefe Löcher
in die Erde zu treiben, zur Untersuchung
der Schichten , zur Darstellung artesischer
Brunnen etc. ; besteht aus deih schneiden-
den oder meisselartig durch Stoss und
Schlag wirkenden Bohrer, dem G«st«Jige
aus Holz-, Eisenstangen oder einem Seil
und dem Kopfstück zur Bewegung dea Boh-
rers. Durch Kind sehr verbessert. Vgl.
Beert ,Erdbohrkunde', 1858; DegouB6e nnd
Laurent, ,Anwendung des E.sS 1862.
ErdbrSnde, in Brand gerathene, oft Jahr-
hunderte lang unter der Erde fortbreunende
Kohleuflötze.
Erdeichel, b. Arachia.
Erden, Oxyde, welche in Wasser unlös-
lich sind, auf Pflanzenfarben nicht rea^^ren
und sich mit Kohlensäure nicht verbinden.
Vgl. Mk^ische Erden.
Erdfall, 8. V. a. Bergsturz, bes. trichter-
förmige Einsenkung der oberen Erdschichten-
Erdferne, s. Apogäum.
Erdfloh (llaltica Fabr.), Gattung; der
Blattkäfer (s. d.), zerflressen Samenlappen
und die ersten Blätter, 100 deutsche Ar-
ten; überwintern. Gegenmittel: Aussäen
von Kresse; Begiessen der Saat mit Wer-
muthabkochung oder Bestreuen mit Kalk-
chausseestaub, [theer, Bernstein etc.
Erdharze, Mineralien wie Asphalt, Berg-
Erding, Stadt in Oberbayern, an der
Sempt, 2515 Ew. Am rechten Isarufer von
Vöhring bis Moosburg das erdinger oder
freisinger Mao», 6 M. 1., IV* M. br.
Erdkobalt, Kobaltmanganerz, schwarz,
amorph, bei Saalfeld, Kamsdorf, dient xur
Blaufarbenfabrikation.
Erdmandel, s. Cyperu».
Erdnahe, s. Perigäum.
Erdnusg, s. Lathyrue itü>eroeue und Oarum.
Erdöl, verschiedenartige Giemische flüssi-
ger Kohlenwasserstoffe, welche in allen
Formationen, von der untersilurisohen bis
zur tertiären auftreten, findet sich in Nord-
amerika, Siebenbürgen, GsJizien, bei Baku,
in Italien, Frankreich, auf Trinidad, Zante,
Erdpech — Erich.
577,
in VeneBvela, Hinterindien, China eto., ist
ein Zersetznngsprodnkt organischer Sub-
stanzen. Liefert bei der Destillation: Bhi-
Kolen«, äusserst flüchtig, siedet bei 80 o C.,
Anästhetllnim ; JPetroleumSther , siedet bei
900, Heilmittel gegen Rheumatismus; Ben-
Min, siedet zwischen 80 — 180« 0. (gibt kein
Anilin); desgl. Ligrcitn für die LigroVn-
lampen; Qcadene oder Serosdene, f&r die
atmosphär. Gasapparate ; künstl. Terpentinöl,
Surrogat des natürlichen, siedet von 120—
150« C; LeuchtU, KeroHn, FäraffinÄl, raffi-
nirtea E., ßttroleum, spec. Qte\r. 0,78— 0,89S,
darf frühestens bei SOo G. brennbare Dämpfe
abgeben, ohne Docht nicht brennen ; Sehmier-
'öle für Maschinen und paralflnhaltige De-
BtillaUon»rüekatände zur Gasbereitung. E.
ist seit uralter Zeit bekannt, wurde aber
erst seit der Entdeckung in Nordamerika
(1859) Welthandelsprodukt. Amerikanische
Produktion 1809: 4,215,000 Barrels; Export
2,460,000 B. Vgl. Birtel, »Das Steinöl und
seine Produkte', 1864.
Erdpeeh. s. t. a. Asphalt.
Erdpfelfem (Erdorgein), cylindrisohe, oft
durch mehrere Schichten hindurchgehende,
mit Schutt ausgefüllte Löcher, wahrschein-
lich durch aufsteigende Quellen gebildet.
ErdpistACie (Erdeichel), s. Araekis.
Erdrauch, s. jPwiiMHa.
Erdschelbe^ s. Cyclamen. [rieh, 11,800' h.
Erdsehisch, Berg in Kleinasien, bei Kaisa^
Erdspinme, s. Spinne.
Erdtheer, s. y. a. Bergtheer.
Erdwachs, s. y. a. Ozokerit.
Erdwärme, die innere Temperatur des
Erdkörpers, der Rest einer ft-ühern bedeu-
tend höhern Temperatur, oder das Produkt
der im Erdkörper verlaufenden chemischen
Prozesse; steigt in den oberen Schichten
durchschnittlich mit Je 92' Tiefe um lo C
Erehns (gr.), bei Homer eine finstere
Gegend unter der Erde, der Durcbgangsort
nach der Unterwelt.
Erec, Held der mittelalterl. Ritterpoesie,
ans der Artussage; in der gleiohnam. Dich-
tung von Hartmann von Aue verherrlicht.
Erechtheom (gr.), her. Tempel auf der
Akropolis %n Athen, der Athene Polias ge-
weiht, von König Erechtheus erbaut, von
den Persern zerstört, um 416 wieder ange-
baut; noch jetzt grossentheils erhalten, das
schönste Jon. Bauwerk aus dem Altertlium.
Erektion (lat.), Aufrichtung, Erhebung.
Eremit (gr.), Einsiedler, Anachoret. Ere-
miteige (tr., spr. -tahsch), Einsiedelei; auch
Name eines feurigen Burgunderweins.
Ereptltla bona (lat.), Güter, welche erblos
sind, weil der Erbe aus gesetzlichen Grün-
den sie nicht besitzen kann, fallen ander-
weiten Miterben oder dem Staat anheim.
Ere«biir§r (Hereeburg), alte Grenzveste der
Sachsen gegen die Franken; s. Maraberg.
Erethigmiit (gr.), Reizung, Reizbarkeit,
bes. krankhaft erhöhte.
Eretria (a. G.), Handelsstadt auf der Süd-
westküste von Euböa; jetzt Paläocastro. Die
eretriiche Fhilo$opkenschiile (von Menedemus
gegrO war Fortsetzung der eleVschen.
Erfelden, Dorf am Rhein, unfern Darm-
Meyer 8 Hand- Lexikon,
Stadt; dabei die Bchweden^ixde , von Oustar
Adolf 6. Dec. 1631 zum Andenken an seinen
Rhein Übergang errichtet.
Erfirierung (Congelatio) , betrifft am häu-
figsten freigetragene Theile. In den leich-
testen Graden erbleicht der Theil anfangs,
wird steif, röthet sich beim Erwärmen,
schwillt an und es kommt zur Bildung ober-
flächlicher Blasen , in schlimmeren Graden
zur Geschwürsbildung. In stärkeren Gra-
den friert der Theil vollkommen aus, wird
fefulillos, blaurotli und beim Anstechen
iesst kein Blut. .Solche Theile sterben
meist ab (Frostbrand) und werden abge-
stossen, oder müssen, wenn sie grösser sind,
durch Operation entfernt werden. Der
höchste Grad ist die allgemeine E., die Be-
troffenen schlafen ein, werden starr und
können in diesem Zustand zu Grunde gehen.
Bohandlung: iULitüMiges Erwärmen, Ein-
packen (nicht ReiUen) der erfrorenen Theile
in Schnee, kaltes Zimmer, später kühle Um-
schläge, innerlich etwas Wein. Schutz durch
Bewegung, kräftige Kost, spirituöse Getränke.
Erft, Nebenfluss des Rheins in der preuss.
Rheinprovinz, kommt aus der Eifel, mündet
südl. von Düsseldorl^ 16 M. 1.
Erfurt, R^bz. der preuss. Prov. Sachsen,
64 QM . und 370,072 Ew. — Die HanpUt. E.,
auch Kreisst. und Festung 2. Reuigs mit
den Gitadellen Petersberg und Cyriaksburg,
an der Gera, 41,760 Ew. Goth. Dom (12.
Jahrh., 1852 restaurirt, Susannaglocke 275
Gtr.); daneben Severikirche (14. Jahrb.);
ehemal. Augustinerkloster mit Lutherszelle,
jetzt Waisenhaus (Martinsstift). Akademie
gemeinnütziger Wissenschaften (seit 1754),
Bibliothek von 40,000 Bänden der ehemal. Uni-
versität (1892— 1816). Bed. Kunst- u. Handels-
gärtnerei, zahlr. Fabriken. E. (Erpesfart)
von Karl dem Grossen 805 zum Handelsplatz
für die Sorben erhoben, die alte Haupt-
stadt Thüringens; seit 12. Jahrh. Hanse-
stadt, 1664-— 1802 zu Kurmainz gehörig, von
dem es an Preussen kam, 1806—13 unter
franz. Herrschaft (27. Sept. bis 14. Okt. 1808
erf urler Kongreeg); seit 1814 wieder preuss. ;
im März und April 1850 Sitz des sogen.
Unionsparlaments.
Ei^nzumgsfftrben, s. Farben,
Ergo (lat.), folglich, also; d&h&r Ergoterie,
Rechthaberei.
Ergoün, der wirksame Bestandtheil des
Mutterkoi'us ; pharmaceutisches Präparat,
welches diesen Stoff enthält.
Erhebnngskrater, s. Vulkane,
ErhitBende Mittel, Mittel zur Erhöhung
der Herzthätigkeit ; geistige Getränke, Ge-
würze, überhaupt aromatische Stoffe.
Erica L. (Heide), Pflanzengattung der
Ericeen,* zahlreiche Arten, Ziersträucheri
bes. vom Kap.
Erich (Erik), Name mehrerer dän. und
schwed. Könige: 1) S. VII., Kiinig von
Dänemark, der Pommer , Sohn des Herzogs
Wratislaw VUI. von Pommern, geb. 1382,
ward 1388 von der Königin Margaretha von
Dänemark zum Tiironfolger und 1397 zum
Erben der durch die kalmar. Union ver-
einigten Kronen von Dänemark, Norwegen
37
^
578
Eridanus — Ernährung.
und Schweden erklärt, regierte seit 1412,
feig und grausam, yerlor 1436 Schweden
durch die Empörung der Bauern Dale-
karUen«, floh 1430 nach Gotlüand, später
nach Pommern; f 1459 zu Rügenwalde.
2) K&nige von ßckweden: a) E. VIII., der
Heilige, aus dem Gkschlechte der Bonden,
1150 zum König des eigentl. S^chwedens er-
' wählt, befestigte das Ghristenthum das.,
ward 18. Mai 1160 von dem dän. Prinzen
Magnus zu Upsala getödtet ; galt als Schutz-
patron Schwedens. — b) K XIV. , ältester
Sohn und seit 1560 Jfachfolger Gustav
Wasas, geb. 14. Dec. 1533, zerfiel durch
seine Verheirathnng mit einer Bauemtochter
mit dem Adel, ward von seinen Brüdern
Johann und Karl 1569 entthront, 26. Febr.
1577 auf Anstiften Johanns vergiftet.
KridäanSy myth. Name für den FlnssPo;
auch Sternbild am südl. Himmel, mit 1 Stern
erster Grösse (Acharnar).
Eriesee (spr. Ehrl-), einer der 5 grossen
canad. Seen in Nordamerika, 62 M. 1., 14 M.
br., 140 M. im Umfang, 515 QM. gross, im
Mittel 191' tief, 531' üb. M,; durch denNia-
garaflnss und den Wellandkanal mit dem
310' tiefer liegenden Ontariosee und durch
den EriekawU (von Buffalo aus) mit Albany
am Hudson und Newyork verbunden. Letz-
terer ist 82 M. 1., hat 85Schleussen, führt über
mehr als SO Flusse in z. Th. grandiosen
Aquädukten, steht durch Seitenkanäle selbst
mit dem Mississippistromgebiet in Verbin-
dung, ist für die grössten Dampfboote fahr-
bar und hat ein beispielloses Aufblühen der
Gegend bewirkt; 1819—25 erbaut, 1836 auf
80' Breite und 8' Tiefe erweitert; Kosten
über 40 Mill. Doli., jährl. Reinertrag bereits
1853: lj700,000 Doli.
Erigena^ Johannes, gen. Scolu» , Scho-
lastiker, Irläuder von Geburt, lehrte seit
843 an der pariser Hochschule, ward von
Alfred d. Gr. 877 nach Oxford berufen, f 880.
Stellte eine mystisch • spekulative Emana-
tionslehre auf. Sehr. ,De divisione naturae'
(herausg. von Floss 1853).
Eringerthol (Val d'Herens), Alpenthal im
Kanton Wallis, bei Sitten ins Rhonethal
mündend, 12 St. lang.
Erinna, griech. Dichterin, Freundin der
Sappho, nach Aud. Zeitgenossin des Demo-
sthenes ; f 19 Jahre alt. Die Ueberbleibsel
ihrer Poesien herausg.- von BergJe (,Poetae
graeci lyr.S 1854), übers. \ou Sichler {lSi3).
Erlnnyen^ s. Eumeniden.
Eriometer^ s. WoUmesser.
Eriophdrum L. (Wollgras), Pflanzengat-
tnng der Gyperoideen. E. angustifolium
Moxb. und E. latifollum Hoppe, auf nassen
Wiesen in Deutschland , mit langer, zu
Watte verwendbarer Samenwolle.
Erte, Göttin der Zwietracht, bekannt
durch den goldenen Apfel, den sie bei der
Hochzeit des Peleus unter die Gäste warf.
Eriwan (pers. Rewan), russ. Gouvem. in
Transkaukasien, 497,4 QM. und 421,228 Ew.
(theils Armenier, theils Tataren). DieHaupM.
E., amZenghi, 12,170 Ew., CitadeUe, armen.
Erzbisthuin. Früher Hauptst. des pers.
Armenien, 1827 von Paskewitsch erobert.
Erklltmig, Erkrankung durch Blniluss
niederer Temperatur (Verkühlung) , l>e«on-
ders Anlass zu katarrhalisohan ZustÄiulen
(Schnupfen, Husten), sowie zuBhenmatismus-
Einmalige heftige E. kann auch acliwepe
Krankheiten veranlassen, z.B. Böckeuiwa-rks-
schwund. Zur Vermeidung von B-«» •F~*®
Waschungen. [Aachen, 42» Ew.
ErkeleiUK. Kreisstadt im preaM. K^g*»«-
ErkeiuitaiaB (Sentem), Bescheid einer
richterl. Behörde in einem Bechtaata-eite,
sowie das richterl. Urtheil In fttrafsAchen.
End- oder Dtifinitiverkenntniue erledigen die
Sachen vollständig, ZwiMkenerkentU-Hisse
oder interlokutoriscke Sentenzen entacfceiden
bestimmte Vorfragen. ^^.^^ ,
Erlangen^ Stadt im bayer. Be«:bs. Mittel-
franken, an der Regnits und am liiwl'wigs-
kanale, 11,546 Ew. Universität (1743 gegr.).
Erlau (ungar. Eger), Hauptst. des vuMgnT.
Komitats Heves, am Fhuee B., 17,688 Ew.
Prachtv. Domkirche im griech. Stile, Brz-
bisch. Warme Bäder; bed. Weinbau.
Erlaucht (abbr. für erleuchtet), früher Titel
der regierenden Reichsgrafen, nacb dem
Bundesbeschlass vom 13. Febr. 1829 Prä-
dikat der Häupter der vormal« reich snn-
mittelbaren, jetzt mediatisirten'gräfl . Hänser.
Erle (Alnus Toumef.) , Pflanaengattmiß
der Betulaceen. Eller, Site, Botheise ( A. grluti-
nosa Gärtn.), Waldbaum auf feuchten
Stellen in Suropa, Nordasien, Nordaürika,
gibt Brenn- und Nutzholz, welches sich in
der Nässe gut hält. Die Rinde dient bis-
weilen zum Gerben und Färben. Dasselbe
g^lt von der graue», weieee» E. (A. Incana
Dec.) in Europa.
Erlkönig, s. v. a. Elfenkönig, Beherr-
scher der Elfen (s. d.)*
Ermelaiid (Erndand, Varmia), althistor.
Name eines Landstrichs im prenss. Regbz.
Königsberg, zwischen der Passai^pe und
Frisching, 76 QM. Ehedem Ijandschaft des
alten Preussens, dann Bisthum des Ordens-
landes der deutschen Ritter (die Bischöfe
von E. seit 14. Jahrh. Reicbsfürsten) ; kam
1466 mit g^nz Westpreussen unter poln.
Herrschaft, seit 1772 preuss.
ErmenonvUle (spr. Erm'nonswill), Dorf
im franz. Depart. Oise; Schloss und Park
mit Rousseaus (f 177B) Grab.
Ermrlch. in der deutschen Heldensage
König der Ostgothen in Apnlien, in mehreren
Dichtungen des Heldenbuchs verherrlicht.
Ernährung (Nutritio) , Zuführung vou
Stoffen zum Organismus oder au seinen
Theilen, welche theils zur I^haltong, theils
zur Neubildung der Gewebe bestimmt sind.
Die Nahrungsmittel bestehen aus 1) Biweiss-
körpem zur Gewebsbildnng , 8) Kohlen-
hydraten (Stärke, Zucker etc.) und Fetten,
durch deren Verbrennung Warnte erzeugt
wird (sog. Respirationsnahrungsratittel); S)
Wasser; 4) Reizmitteln anr Anregung der
Sekretion des Speichels etc. (Gtewurse); 5)
Salzen; 6) Sauerstoff zur Verbrennung ver-
brauchter Stoffe. Zur Neubildung von Cie-
weben während des Wachsthnms sind un-
bedingt Eiweisskörper erforderlich (bes.
Milcbkost), während sie beim Erwachsenen
I
Erne — Eros.
579^
theil weise durch eine grössere Menge stärke-
haltiger I^ost ersetzt werden können.
Künstiiche'E. wird nöthtg, wenn durch krank-
hafte Bildungen das Sclilingen erschwert
ist; man führt alsdann ein Rohr durch die
Speiseröhre in. den Magen und bringt durch
dieses fli^ssige koncentrirte Nahrung ein.
£m« (JSam), Vlnss im nördl. Irland,
durchfliesst den sohön gelegenen inselreiohen
Doppelsee E. (Grafsch. Fermanagh) , etwa
3 QMm mündet in die Donegalbai, 15 M.
Ernestiuische Linie, die ältere herzogl.
Linie des sächs. Fürstenhauses, von dem
Kurfürsten Ernst von Sachsen (f 1487) ge-
gründet, Jetzt durch Weimar • Eisenach,
Koburg- Gotha, -Meiningen - Hildburghausen
und Altenburg repräsentirt; s. 8(tch»en.
Emsty 1) JS. August, K^ig von Hannover,
Herzog von Gumberland, 5. Sohn des Königs
Georg m. von Grossbritannien, geb. 5.
Juni 1771, befehligte 1793 — 95 ein hannöv.
Reiterregiment in den Niederlanden, befand
sich 1813 im Hauptquartier der Verbündeten
and lebte dann abwechselnd zu London und
Berlin, wo er sich 29. Mai 1815 mit der
Prinzessin Friederike von Meckleuburg-
Strelitz als deren 3. Gemahl vermählte.
Als Mitglied des Oberhauses Hochtory. Als
nach dem Ableben Wilhelms IV. 20. Juni
1837 die brit. Krone der weibl. Linie zufiel,
folgte er nach dem Rechte der männl. Erbfolge
in Hannover, hob durch Patente vom 1. Nov.
das Staatsgrundgesetz von 1833 auf u. oktro-
yirte 1840 ein neues Verfassungsgesetz, das
1848 liberaler umgestaltet ward, f 18* Nov.
1851. Vgl. Malortie, ,König E. A.*, 1861.
2) E., Kurfür si von Sachsen, Stifter der
ernestin. Linie, Sohn des Kurfürsten Fried-
rich des Sanftmüthigen , ward als 14jähr.
Knabe mit seinem Bruder Albert 1455 von
Kunz von Kaulfuugen geraubt (s. Fringen-
raub), folgte 1464 seinem Vater in der Kur-
würde, regierte bis zur Theilung vom 28.
Aug. 1485 die sächs. Lande mit seinem
Bruder Albert e^raeinschaftlich ; t 26. Aug.
1486 zu Kolditz.
3) E. der Fromm«, Herzog von Sachsen-
Gotha undAÜenburg, Stifter des gothaischen
Gesammthauses, geb. 24. Dec. 1601 auf dem
Schlosse zu Altenbxu'g, 9. Sohn des Herzogs
Johann von Weimar, focht unter Gustav
Adolf am Lech, bei Nürnberg und Lätzen,
trat 1635 dem prager Frieden bei, erbte 1644
die Hälfte des FUrstenthums Elsenach, 1672
die altenburg. und koburg. Lande, wovon
er Jedoch einen Theil Weimar überliess; f
26. März 1675. Hochverdient als Reorgani-
sator seines durch den SOjähr. Krieg zer-
rütteten Landes. Seine 7 ihn überlebenden
Söhne worden die Stifter eigener Linien.
Biogr. von Klaunig und Schneider (1858).
4) E. II. f Herzog von Sachsen - Gotha und
AUenburg, geb. SO. Jan. 1745, Sohn Herzog
Friedrichs UI., folgte diesem 1772 in der
Regierung» r^erte weise und gerocht,
gründete die Sternwarte auf dem Seeberg
und veranstaltete in Deutschland die erste
Gradmessung; f ^- April 1804.
5) E, HL, Beruog zu Scuhsen- Koburg und
Gotha, Sohn des Herzogs Franz, geb. 8. Jan.
1784, nahm am Feldzug von 1806 gegen
Napoleon I. Theil , gelai^^te 9. Dec. 18(% zur
Regierung, schloss sich nach der Schlacht
bei Leipzig den Verbündeten an, übernahm
den Oberbefehl über das 5. deutsche Armee«
Corps und blokirte Mainz , befehligte i im
Feldzug von 1815 die sächs. Truppen , er-
hielt auf dem wiener Kongresse das Fürsten-
tbum Lichtenberg, welches er 1834 für
2 Mill. Thaler an Preussen abtrat. Führte
1821 in Koburg eine neue repräsentative
Verfassung ein, erhielt nach dem Aussterben
des goth. Stammhauses durch den Staats-
vertrag vom 12. Nov. 1826 das Herzogthum
Gotha, wofür er das Fürstenthum Saalfeld
nebst der Herrschaft Kranichfeld an Mei-
ningen abtrat; f 29. Jan. 1844. Er hinter«
liess aus seiner ersten Ehe mit Luise von
Gotha zwei Prinzen, Ernst (s. den Folgen-
den) und Albert (s. d. 8). Seine zweite Ge-
mahlin war Marie von Würtemberg.
6) E. IV. (August Karl Johemnea Leopold
Alexander Eduard), Herzog von Sachsen-
Koburg-Ootha, Sohn des Vor., geb. 21. Juni
1818 zu Koburg, snccedlrte 89. Jan. 1844,
legte die langwierigen Zwistigkeiten mit
den koburg. Ständen bei, übernahm 1849
im Krieg gegen Dänemark ein selbständiges
Kommando (Sieg bei Bckemf5rde 5. April),
vertrat die preuss. Unionsidee mit Eifer auf
dem Fürstenkong^esse zu Erfurt, nahm
den Nationalverein auf, ging in der sohlesw.-
holstein. Frage energisch voran, schloss sich
beim Ausbruch des deutschen Kriegs von
1866 an Preussen an. Beschützer der freie«
ren Richtung in Politik und Kirche, Freund
der Wissenschaft und Kunst, komponirte
mehrere Opern, bereiste 1862 Aegypten und
die nördl. Grenzlande Abessiniens. Vgl.
,Reise des Herzogs E. nach Aegypten etc.*,
1864 ; Schmidt- Weissenf eis, ,Der Herzog von
Gotha und sein Volk*, 1861.
7) E. (Friedr. Paul Georg Mkol.) , Herzog
von Sachson-Altenburg , Sohn des Herzogs
Georg und der PrinzessinMarie von Mecklen-
burg-Schwerin, geb. 16. Sept. 1826, regiert
seit 3. Aug. 1853, schloss 1868 mit Preussen
eine Militärkonvention, revindicirte die von
seinem Vater abgetretenen Domänen, seit 28.
April 1853 mit Agnes von Anhalt- Dessau
vermählt.
8) E. IL, Herzog von Sehwaben, Sohn des
Markgrafen Leopold von Oesteireich, der
1012 das Herz<^h. Schwaben erhielt, ergriff
1025 gegen Kaiser Konrad H., seinen Stief-
vater, die Waffen, folgte ihm dann auf dem
Zuge nach Italien, ward 1029 mit dem
nördl. Herzogthum Bayern belehnt, 1030
wegen Widersetzlichkeit auf dem Reichstag
zu Ingelheim des Herzogthums Schwaben
beraubt, hauste als Flüchtling im Schwarz-
walde; fiel 17. Aug. 1038; Held des Dramas
jHerzog E. von Schwaben* von Uhland.
Etodiren (lat.), abnagen,, beizen, ätzen.
Erosion, fressende Wirkung eines Aetz-
mittels. Erodientia, Aetzmittei.
Erogation (lat.), Vertheilung, Auszahlung.
Eros (lat. Amor und Oupido), der Gott der
Liebe, insbes. der geschlechtlichen , Sohn
und steter Begleiter der Aphrodite, Urheber
37*
582
Esel — Esra.
Ssel (Eqmis asinus L.), Art der Gattung
Pferd, aus den asiat. Hochländern, in Hit-
telasien wild, in Quito verwildert. Fleisch
geniessbar (Salami) ; Milch der Frauenmilch
sehr ähnlich, heilsam; Hant gibt Leder und
Pergament. Durch Kreuzung mit dem Pferd
entstehen Haultfaier und Maulesel. Wüder
£., Kulan (£. a. onager BtÜ.), grösser, in
Vorderasien, wild und gezähmt, gilt für
den Stammvater unseres E.s.
Eselsfeflte, religiöse Volksfeste in Frank-
reich» Spanien un<l Italien, im 9. Jahrh.
entstanden, zu Weihnachten und wieder im
Juni gefeiert, wobei ein Esel vor den Altar
gefuhrt und hier eine Messe gelesen ward,
bei der das Amen durch ein Ya ersetzt ward ;
hier und da bis ins 15. Jahrh. gefeiert.
Eskadre (fr., spr. -kad*r), Abtheilung einer
Flotte, auch wohl selbständige kleine Flotte.
Eskadron (fr., spr. -drong), Schwadron,
takt. Einhett der Kavallerie (150 Pferde stark).
Egkimo, Volk auf den Kästen und Inseln
des arktischen Amerika und den vorliegen-
den Polarländem (Grönland* Labrador), in
bsll. und westi. E. (diesseits und jenseits des
Mackenzieflusses) zerfallend, 5 — 5»/«' hoch,
dabei stark und geschmeidig und von grosser
Heimatsliebe erfüllt. Hauptbeschäftigung
der Fang von Seehunden, Rennthieren und
Walfischen, die ihnen alles an Nahrung,
Kleidung u. Geräth Schäften Nöthige liefern.
Esklsagra, Stadt im türk. EJalet Adria-
nopel, an der Tnndscha, 20,000 Ew.
Eskorte (fr.), militärische Begleitung, so-
wohl um eine angesehene Person zu ehren,
als auch zur Bewachung oder zum Schutz
von Menschen oder Sachen etc.
Esla, Nebenfl. des Dnero im span. Königr.
Leon, ^ M. 1.
Esotcriseh (gr.), geheim, verborgen; E9o-
teryker, die Eingeweihten, im Gegensatz zu
den Exoterikern, den Uneingeweihten.
Espada (span.), Degen.
Espadon (fr., spr. -dong), Scblachtschwert.
Espagnol (fr., spr.-njol), Spanier; Espag-
nolade, Ruhmredigkeit, Prahlerei.
Espana (span., spr. -nja), Spanien.
Esparsette 9 s. Onobrychis.
Espartero^ Don JBcüdamero, Graf von
Luchana, Herzog von Vittoria, span. General
und Staatsmann, geb. 1792 zu Granatula in
der Mancha , focht 1808 — 14 gegen die
Franzosen, 1815 — 24 in Sudamerika, ward
1824 Brigadier. Er erklärte sich 1832 für
die Thronfolge der Tochter Ferdinands VII.,
ward 1836 zum General en chef der Armeu
des Nordens ernannt, rettete zweimal Ma-
drid (Aug. 1886 und Sept. 1837), trieb den
Prätendenten über denEbro zurück, schloss
1839 mit.Maroto den Vertrag von Bergara,
infolge dessen Don Carlos nach Frank-
reich übertreten musste, und kämpfte 1840
gegen Gabrera. Zum Miuisterpräsidbnten
erhoben, erwirkte er die Abdankung der
Königin Christine (10. Okt. 1840) und ward 8.
Mai 1841 von den Cortes zum Regenten er-
wählt. Als solcher dämpfte er mehrere re-
republikan.und karlist. Aufstände, ward aber
durch die verbündeten Progressisten , Re-
publikaner und Moderados gestürzt und |
musste sich 30. Juli 184S nach England
einschiffen. Zu Anfang 1846 durch E^kret
der Königin restituirt, kehrte er nach
Spanien zurüde, nahm (13. Jan.) seineu
Sitz im Senat ein, lebte Jedoch zurück-
gezogen vom polit. Schauplatz zu Logrouo.
In der progressist. Revolution von 1854
zum Ministerpräsidenten ernannt, dankte
er infolge der Intrigüen 0*Donnells (14.
Juli 1856) ab. Nach der Vertreibung der
Königin Isabella als Thronkandidat vorge-
schlichen, lehnte er ab.
Esparto (Sparto), s. v. a. Stlpa tenaciasima,
gigantea, barbata, spanische Gräser. Lycium
spartum, ein algerisches Gras, und die banf-
artige Faser von Sparthnn juncenm in Spa-
nien dienen zu Matten, Stricken, Schuhen,
Teppich'Mi und zur Papierfeibrikation.
Espe, s. Fapptl.
Esp^ranee (fr., spr. -rangs), Hofiiiung.
Espt^gle {tr, -piäkl), Schelm, Eulenspie-
gel; EapxegUHe, Schelmerei.
E«pi]ia«se (spr. Epinass), Esprit Charles
Marie, franz. General, geb. 2. April 1815
zu Saissac, ward H. Dec. 1851 Napoleons
Adjutant und Brigadegeneral, führte 1854
im oriental. Kriege die unglückl. Expedition
in die Dobrudscha, focht 1855 als General-
lieutenant beim Sturm auf den Malakow,
Febr. bis Juni 1858 Minister des Innern, als
solcher rücksichtsloser Vertreter des Im-
perialist. Systems, befehligte im ital. Krieg
eine Division ; fiel 4. Juni 1859 bei Magenta.
Egpingole (fr., spr. Espinjohl), kurze Mus-
kete mit kupfernem, nach der Mündung irich-
terförmig erweitertem Rohr; Gewehr, wel-
ches, mit mehreren Ladungen in einem
Laufe versehen, die Schüsse nach einander
abgibt; wird auf Festungs wällen gebraucht
KSplrito Baiito, 1) Prov. des Kaiserth.
Brasilien, an der Küste, nördl. von Rio-de-
Janeiro, 1060 QM. und (1867) 100,000 Ew.
Hauptstadt Victoria. — 2) Stadt im Inneru
der Insel Guba, 11,000 Ew.
Esplanade (fr.), ebenes Teri*a!n neben einem
Gebäude; der fTeie und ebene Platz, welcher
sich vom Glacis einer Festung bis zu den
Vorstädten, oder vom Glacis der Citadelle
bis zur umgebenden Stadt erstreckt.
E8poir(fr., spr.Espoar), kleines Geschütz,
eliemals auf dem Verdeck der EJriegsschifie
aufgestellt, beim Entern gebraucht.
£8pontOB(fr.), kurze Pike der Rottenlührer
im 17. und 18. Jahrh.
Espressivo (ital.), ausdrucksvoll.
Esprit (fr., spr. -prih), Geist, Scharfsinn,
Witz; BeZ-jE., Schöngeist; ^.-/or«, Freigeist ;
K de Corps, Gemeingeist.
Esprits (fr.), Destillate, bes. alkoholische. '
Esquilinischer Berg (Esquilinu» Mou»),
der höchste der 7 Hügel Roms.
Esqnire (engl., spr. -queir), gewöhnlich
abbr. JEsq., vom engl.-normann. etcttier, fr.
icxiyer, iat. seutifer , d. i. Schildknappe, in
England ursprüngl. Ehrentitel Derjenigen,
welche, ohne Peers oder Ritter zu sein,
wappenföhig waren ; neuerl. Prädikat aller
Leute von Bildung und socialer Stellung.
Esquisse (fr., spr. -kiss), Skizze.
Esra, Jüd. Gesetzlehrer, führte um 45S
Essgier — Este.
583
V. Chr. eiue zweite Karawane Jaden aus
dem babylon. Exil in die Heimat zurück,
Eiferer für den reinen Mbsaismns, Begrün-
der des Synagogengottesdienstes. Das bibl.
Buch £. rührt in seiner jetzigen Gestalt
erst ans dem 2. Jahrh. v. Chr. her.
Essaer^ s. EMener.
Essay (engl., spr. Esseh), Versuch ; in der
engl. Literatur Name für kurze Abhand-
langen Wissenschaft!, oder literar. Inhalts.
Essbare Erden, milde, thonige oder kalkige
Erdmassen, werden von verschiedene'n Völ-
kern gegessen, z. B. von den Ottomaken,
auf den Antillen, in Neukaledonien etc.
Stillen in Zeiten der Koth den Hunger,
aber ohne zu nähren.
Esse (lat.), Sein, Wohlsein; in seinem E.
tein, sich wohl befinden, behaglich fühlen.
Essen, Ereisst. im preuss. Begbz. Düssel-
dorf, an der Börne, 40,695 Ew. In der Um-
gebung gr. Steinkohlenwerke (jährl. Ertrag
ca. IS^/b Hill. Tonnen), Hütten wei'ke, Eisen-
waaren- und Dampfmaschiuenfabriken. Da-
bei die gr. Eisengiesserei zu Sterkrade und
die her. Gussstahlfabrik tou F. Krupp (s. d.).
Essener (Esaäer), jüd. Sekte, entstand ums
2. Jahrh. v. Chr., wohnte an der Westküste
des todten Meeres > bildete einen ascet.
Bruderbund, trieb bloss friedl. Gewerbe und
lebte in Gütergemeinschaft. Nach der Mitte
des 2. Jah/h. n. Chr. als Häretiker Verwor-
fen, aber noch im 4. erwähnt.
Essentiallen (lat.), wesentliche Bestand-
theile. Essentialität, Wesentlichkeit.
Essenzen, in Frankreich s. t. a. ätherische
Oele; bei uns alkoholische Lösungen von
solchen (fr. Extrait, Esprit).
Essequlbo, Fluss in Britisch - Gulana,
kommt aus den Acaraibergen , mündet in
den atlant. Ocean, 120 M. Zahlr. Katarakten.
Essex,^ östl. Grafach. Englands, 77,9 QM.
lind 404,851 Ew.; Hauptst. Colchester. Das
alte augelsächs. Königreich E. (Ostsachsen,
Estrasaxonia), um 527 von Exkenwin gegr.,
umfasste noch Hertford und Middlesex und
hatte Lundenwyk (London) zur Hauptstadt ;
wurde später mit Kent vereinigt und 823
durch Egbert von Wessex unterworfen.
Essex, Robert Devereux, Graf von, geb.
10. Nov. 1567 , seit 1588 erklärter Günstling
der Königin Elisabeth, befehligte das 1591
von ihr zur Unterstützung Heinrichs IV.
nach Frankreich gesandte Truppencorps,
unternahm 1596 mit dem Admlral Howard
einen kühneu Handstreich auf Cadiz, schloss,
zum Gouverneur in Irland ernannt, mit den
Aufruhrern eigenmächtig Waffenstillstand,
trat, deshalb zur Rechenschaft gezogen,
mit dem schott. Hofe in Verbindung und
suchte in London einen Aufstand hervor-
zurufen, ward deshalb zum Tode verurtheilt
und 26. Febr. 1601 enthauptet. Gegenstand
draniat. Dichtungen (z.B. Von B. Laube).
Essiff, verdünnte Essigsäure, wird darge-
stellt durch trockene Destillation des Hol-
zes oder durch Oxydation alkoholischer
Flüssigkeiten. Letztere erfolgt durch den
Sauerstoff der Luft unter Vermittelung eines
Ferments, nach der alten Methode langsam
bei dem in offenen Fässern ruhenden Wein,
Bier etc., nachX der neueren (Schnellessig-
fabi*fkatiou), indem verdünnter Alkohol in
stehenden Fässern (Essigbilder) einem
Luftstrom entgegen über Hobelspäne tröpfelt.
Weinessig enthält 6— 8<Vo Essigsäure, Esslg-
sprlt 10—15 o/o. Zur Bestimmung der Stärke
dient das Acetometer.
Esslgäther (Essigsäure- Aethißäther), aus
essigsaurem Natron, Schwefelsäure und Al-
kohol durch Destillation gewonnene farblose
Flüssigkeit von angenehmem Obstgeruch,
siedet bei 780 C; mit Alkohol und Aether
mischbar, in 12 Vol. Wasser löslich, brenn-
bar, dient in der Medicin, Parfümerie etc«
Esslgbavm, s. Bhus,
Essiggeist, s. v. a. Aceton.
Essigsaure (AcetyUäure), in der Natur
sehr verbreitet, wird aus Essig gewonnen,
indem man ein essigsaures Salz darsteflt
und dies mit Schwefel- oder Salzsäure destil-
lirt. EsHgaäurehpdrat (Eisessig, Acidvun ace-
ticum glaciale) enthält 15% Wasser, siedet
bei 1200 q,^ riecht stechend sauer, zieht auf der
Haut Blasen , erstarrt unter 4* 17o 0., sj)ec.
Gew. 1,0685. Das Acetum concentratum des
Handels enthält 30 o/o Essigsänrehydrat ;
wird in Medicin und Technik viel benutzt.
Die neutraleu essigsauren Salze sind in
Wasser, medst auch in Alkohol löslich.
Essllng fl^ing), Dorf bei Wien, an der.
Donau, 800 Ew.; 21. und 22. Mai 1809 ScMacht
(gleichzeitig mit der bei Aspern); von ihr
erhielt Massdna den Titel ,Fürst von E.*.
Esslingen, Stadt im würtemberg. Neckai*-
kreis, am Neckar, 15,600 Ew. Liebfranen-
kirche. Weinbau, gr. Maschinenfkbr. Burg
Fisrfried. Ehedem freie Reichsstadt.
Estakade, Pfahlwerk in Wasser zur Ab-
sperrung einer Wasserverblndnng.
Estamentos» in Spanien die beiden Kam*
mem der Volksrepräsentanten, der Pro-
ceres und Procuradores.
Estaminet (fr., spr. -mineh), KaiFeehans.
Estampe (fr., spr. stangp), Kupferstich.
Estancta (span.), in Südamerika eine zur
Viehzucht bestimmte Grundbesitzung.
Este, Stadt in deir ital. Prov. Padua, an
den euganeischen Hügeln, 8647 Ew., Stamm-
ort des Hauses Este*
Este, altes ital. Fürstenhaus, beginnt mit
AzKo IL, der von Kaiser Heinrich III. mit
mehreren ital. Landschaften belehnt ward,
theilte sich durch Azzos Söhne, Weif IV.
und Fulco I., in einen .weif- estischen
(deutschen) und fulco-estisohen (ital.) Stamm.
Weif IV. ward 1071 von Kaiser Heinrich IV.
mit Bayern belehnt und durch Heinrich den
Stolzen und dessen Sohn Heinrich den Löwen
Stammvater des braunschweig, und hannöv.
Fürstenhauses ; Fulco I. (f 1185)Stammvater
der Herzöge von Modena und Ferrara. Im
12., 18. und 14. Jahrh. stand das Haus E.
an der Spitze der guelf. Partei. Alfons TL,
durch die 7Jähr. Einkerkerung Tassos be-
rüchtigt, erwählte, selbst kinderlos, seinen
Vetter GSsar (f 1628), den Sohn seines na-
türlichen Sohnes Alfons I., zum Nachfolger.
Hercules Sinaldo HL erheirathete die
Fürstenthümer Massa und Carrara, verlor
aber durch den Frieden von Oampo Formio
584
Este — Etamin.
(1797) Modeaa und Beggio; f 17^7 als der
letzte männliche Sprössllng des Geschlechts.
Seine Tochter, Maria Beatrix Bioarda, war
mit Ferdinand, dem 3. Sohne des deutschen
Kaisers Franz I., yermählt, der aur Ent-
schädigung das Herzogth. Breisgau erhielt
und 1806 f. Beider ältester Sohn, FrawsIV,,
gelangte infolge der Traktate von 1814 und
1815 zum Besitz des Herzogthums Hodeua;
t 1846. Sein Sohn, Frans V., verlor infolge
der Umwälzungen von 1859 seine Länder.
Este 9 in neuerer Zeit Stammname der
Nachkommen des Herzogs August Friedrich
von Sussex (geb. 27. Jan. 1773), 6. Sohnes
Georgs ni. von Bngland, aus dessen Ehe
mit Lady Murray (geb. 27. Jan. 1768), der
Tochter des schott. Grafen Dunmore. Die
Ehe ward 4. April 1793 heimlich zu Rom und
dann noch einmal 5. Dec. d. J. im St.-Genrge-
Kirohspiele zu London gesdUossen, aber auf
Grund eines Hausgesetzes von 1772 vom
erzbischöfl. Gericht für nichtig erklärt. Die
Kinder aus dieser Ehe, Augustu» Frederick
(geb. 14. Jan. 1794) und Augusta Emma (geb.
11. Aug. 1801), erhielten den Namen E. Der
Sohn t unvermählt 18. Dec. 1848. Sei&e
Schwester heirathete 1845 Sir Thomas Wilde,
späteren Lord Tmro, der 1855 kinderlos f*
Esterhäiy von Galantha, ungar. Magnaten-
familie, urkundl. erst seit 12^ erwähnt.
Franz Zerhäsy (f 1595) von ersterer Linie
nahm 1584 bei seiner Erhebung in den
Freiherrenstand den Namen E. von Ga-
lantha an. Drei seiner Söhne gründeten die
I^nien zu Gseszeck, Altsohl oder Zolyom
(beid« seit 1683 gräflich) und Forchtenstein
(seit 1626 gräflich). Letztere theilte sich in
eine gräfliche und fürstliche Linie. Der
ersteren gehört an: Moritz, GraJ v<m E.,
geb. 23. Sept. 1807, bis Mäi-z 1856 österr.
Gksandter zu Rom, 19. Juli 1861 Minister
'ohne Portefeuille im Kabinet Schmerlings
ijnd Belcredls. — Der fürstlichen Linie ge-
hören an: Riul JF, von E., geb. 8. Sept.
1635, Staatsmann und Feldherr, wohnte den
Kämpfen von 1663—86 gegen die Türken
bei, fnngirte 1681 — 1713 als Palatin, 1687
für sich und seine Nachfolger in den Beichs-
fürstenstand erhoben. Ifikolaue von E., geb.
12. Dec. 1765, 8. Sohn des Fürsten Paul Anton
von E. (t 22. Jan. 1794 als Feldmarschall-
lieutenant), Diplomat, Gründer grosser Ge-
mäldesammlungen, lehnte die ihm 1809 von
Napoleon L angebotene Krone von Ungarn
ab; t 25. Nov. 1833 zu Oomo« Sein Sohn,
Bxttl Anton, Füret E., geb. 10. März 1786,
1830—38 Gesandter in London, trat Mäi-z
1848 in das Kabinet Batthyanyi, vertrat als
Minister des Auswärtigen die Interessen
Ungarns am wiener Hofe, wirkte vermit-
telnd, trat Aug. 1848 zurück , ging 1856 als
Krönnngsbotschafter nach Moskau ; f 21. Mai
1866 in Regensburg. Kurz zuvor war die
Sequestration des kolossalen, aber über-
schuldeten Majoratsbesitzes erfolgt. Jetziges
Haupt der Familie : Nikolaus Pnul Karl, Füret
E., geb. 25. Juni 1817.
Esther, Jüd. Jungfrau, eigentl. Hadaaa,
Nichte Mardochais, ward zu Susa Gemahlin
des pers. Königs Acbaschverosch (Xerxes),
rettete die Juden, indem sie Hamau, den
judenfeiudl. Günstling des Königs, stürzte.
Das bibl. Buch E. gehört nach Sprache und
Geist in die Zeit der Seleuciden.
EsthUnd, russ. Gouv., eine der 3 Ostsee-
provinzen, 858,6 QM. und 313,119 Ew.; eben,
reich an Sümpfen und Seen, strichweise
fruchtbar (Getreide und Flachs). Bevölke-
rung: die &then, die ursprüngl. Bewohner
des Landes, Glieder der Ann. Völkerfamilie
mit bes. Sprache (reich an epischen Yolks-
liedePn, Gramm, von Ahrens 1853), energisch
und rauh, dabei faul und schmutzig, und
die Esthländer, ein Gemisch von Deutschen,
Schweden und Bussen. Hauptst. Beval. Im
12. und 13. Jahrb. von den Dänen unter-
worfen, kam E. 1347 durch Kauf in Besitz
der livländ. Schwertbrüder, ward 1561 vom
schwed. König Erich XIV., 1710 von Pe-
ter d. Gr. erobert, seitdem russisch.
Sstime (fr., spr. -ihm), Achtung, Ansehn.
Estomihl (lat., sei mir), der letzte Sonntag
vor den Fasten, so genannt nach dem An-
fang der Messe aus Ps. 31, 3.
Estompe (fr., spr. -stongp), Wischer;
ettompiren, Farbe mit demWischerverbreiten.
Estride (fr.), Erhöhung des Fussbodens
in Zimmern^ bes. am Fenster; auch der
erhöhle Boden in den Schleussenkammem.
Estragon, s. Artemisia.
EstrangeiO, Name der älteren syr. Schrift.
Estrella, Serra d* (spr. -eija). Gebirg in
Poi'tugal, zwischen den Quellbezirken des
Mondego und Zezere, bis 7200'.
Estremadura, 1) Land seh. und ältere Prov.
im westl. Spanien, an der portugies. Grenze,
784,9 QM. und 697,407 Ew,; vom Tajo und
Guadiana durchflössen, fruchtbar, aber seit
Vertreibung der Araber vernachlässigt und
verödet, ein Land der Schaf- u. Schweine-
zucht. 2 Provinzen: Badajoz und Caeeres,
Hauptst. Badajoz. — 2) Portug. Prov., am
atlant. Ocean, 323,s QM. und 808,997 Ew.;
in der Mitte gebirgig und von grosser land-
schaftl. Schönheit y wenig angebaut, mit
grossen Heidestrichen. 3 Distrikte: Loira,
Santarem, Lissabon; Hauptst. Lissabon.
Estrich, aus zusammenhängender Stein-
oder fester Erdmasse gebildeter Ihissboden.
Estroplren (fr.), verstümmeln, lähmen;
estropirt, von Pferden, die vor Alter oder
infolge von Ueberanstrengung auf den
Vorderfüsson steif sind und leicht stürzen.
Eszek (Esaegg), Hauptstadt Slavoniens,
Festuue, an der Drau, 13,883 Ew. Handel.
Etabllren (fr.)« sich niederlassen, etwas
einrichten. Mabliseement (spr. -blissmäng),
Niederlassung, Handlung, Fabrik.
Etaclsmns, die von Erasmus eingeführte
Aussprache des griech. 7j (Eta) wie e oder ä,
im Gegensatz zu dem Itaciemus Reuchlins,
wonach es wie i gesprochen .werden sollte.
Etage (fr., spr. Etahsch), Stockwerk.
Etagere (fr., spr. Etaschähr), Möbel von
mehreren Abtheilungen über einander, ohne
Seiten wände, nur mit Ecksäulen.
EtalOB (fr., spr. -long), das Aichmass;
auch Zuchtliengst. Etalonnage (spr. -Ion
nahsch), das Aichen, auch Aichgebühr,
Etamltt, glattes WoUenzeog.
Etäng — Etschmiadsin.
585
£tiBg (fr., Teich), Name der grossen,
flachen Binuenwässer an den franz. Kasten ;
z. B. E. «2« Berre, E. de Thau.
BtapeB (fr.), Orte an Militärstrassen , in
denen oder in deren Umgebung auf dem
Marsch befindliche Truppen Verpflegung und
Nachtquartier finden, liegen gewöhnl. etwa
4 M. von einander entfernt; Etapentlrdsse,
eine solche Orte verbindende Strasse ; Ela-
penkommandaTU , der an einem solchen Orte
befehligende Ofiisler ; Etapenkonventionen,
Staatsverträge för den Durchsug und die
Verpflegung von Truppen.
Etat (fi'O, Stand, im Staatshaushalt insbes.
Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben;
im Militarwesen Entwurf über den Bestand
der Truppen, sonstiges Personal, Wirth-
schaftsausgaben etc. EtatUirung, Aufnahme
gewisser Ausgaben, z. B. Gehalte, in den
bleibenden E. Etatsrath, s. v. a. Staatsrath.
EtfttB gen^ranx (fr., spr. Eta scheneroh),
Generalstaaten oder Generalstäude, in Frank-
reich seit Anfang des 14. Jahrh. die aus
den Abgeordneten des Adels, der Geistlich-
keit und der städtischen Korporationen zu-
sammengesetzten Landstände, von Pliilipp
dem Schönen 28. Mai 1313 zuerst berufen,
während früher bloss Adel und Klerus darin
vertreten waren, in der Regel nur mit Be-
willigung ausserordentlicher Subsidlen be-
schäftigt, von 1614 bis 5. Mai 1789 nicht ver-
sammelt, nach Beginn der fi'anz. Revolution
in eine Nationalversammlung umgewandelt.
^tendue (fr., spr. Etangdü), Ausdehnung.
EteöcleSy Sohn des Oedipns und der
locaste, Bruder deä Polynices, übernahm
nach seines Vaters Vertreibung mit seinem
Bruder abwechselnd ein Jahr um das andere
die Regierung, hielt aber diese Ueberein-
kunft nicht, was den ,Zug der Sieben gegen
Theben' zur Folge hatte, in welchem £.
und .Polynices im Zweikampf fielen.
Etesische Winde (Etesia), bei den Alten
die Passatwinde, die in Giiecbeulaud in den
Hundstagen wehen und kühlend wirken.
EthlCQS (Aethicut) , mit dem Beinamen
Ister, griech. Geograph im 6. Jaltrh. oder
später, Verfiksser einer Weltbeschreibung,
in lat. Uebers. im Mittelalter viel gebraucht,
herausgeg. von Wutike (1854).
Ethik (gr.), philosophische Sittenlehre.
Ethikotneologie (gr.) , bei Kant die auf
die Sittenlehre bosirte Lehre von Gott, "im
Gegensatz zur Physikotheol(^e, welche den
Glauben an Gott ans der Zweckmässigkeit
der Natur herzuleiten sucht.
Etlinioideum ob, Siebbein, einer der Schä-
del knochen, die Nasenhöhle bildend.
£th]iareli(gr.),Volksherrscher,Statthalter.
Ethnieismiui (gr.), Glaube an mehrere göttl.
Wesen, Heidenthum; ethniich, heidnisch.
Ethnographie und Ethnologie (gr.), Völker-
beschreibung, Bezeiclinung zwei verwandter,
aber selbständiger, erst in neuester Zeit zur
Ausbildung gelangten Wissenschaften. Die
Ethnologie (Anüiropogeographie) , ein Tlieil
der Naturgeschichte des Menschen, be-
schäftigt sich mit der Verbreitung des Hen-
schengesehlechts auf der Erde nach seinen
phys. Abstufungen, mit der Frage der Ab-
stammung und Einheit desselben, der Bacen-
unterschiede und Racenvermisohung eto;
Die Ethnographie (Völkerkunde), eine rein
histor. Wissenschaft, betrachtet das Men-
schengeschlecht in seiner Verbreitung über
die Erde nach Völkern und sucht die geisti-
gen Eigenthümllchkeiten derselben (in Spra-
che, Literatur, Staat und Religion) zu er-
kennen, wie auch den Standpunkt zu er-
mitteln, den die Völkerindividuen unter
sich wie auch zu höheren Einheiten (Völker-
familien) u. zur Menschheit selbst einnehmen.
Etikette (Etiquette, fr.), die durch Vor-
schriften und Herkommen geregelte Form
des geselligen Umgangs, bes. an Höfen
(Ho/etikette); Aufschriftszettel an Waaren.
Etmal. in der Seemannssprache die Zeit
von 24 Stunden, bes. die von Mittag bis
Mittag zurückgelegte Strecke.
Etoil (fl:., spr. -oäl), Stern; h la belle 4.,
unter freiem Himmel.
Eton (Eaton, spr. Iht'n), Stadt in der engl.
Grafsch. Buckingham, an der Themse,
2840 Ew.; A&s Eton-College eine der berühm-
testen Gelebrtenschulen Englands.
Etonffiren (fr.), ersticken, dämpfen.
Etonrderie (fr., spr. Eturdrih), Duram-
dreistigkeit, Unbesonnenheit; efoHrdtren, be-
stürzt machen, verblüffen; Mourdisiement
(spj. -diss'mang), Bestürzung, Betäubung.
Etranger (fr., spr. Etrangscheh), Fremder.
EtroncoB (gr.), abnorme Anschwellung
des Unterleibs, durch Geschwülste, Gas-,
Wasseransammlung bedingt.
Etrurien (später TSiacia, gr. Tyrrhenia,
a. G.), Landschaft in Mittelitalien am tyr-
i-henischen Meere, vom Apennin, dem Flusse
Macra und dem Tiber umschlossen;' die Ew.
(Etrusci, Tus(i) ein Misch volk der ursprüugl.
Bevölkerung (ümbrer) und der von N. her
eingedrungeneu Rasener, mit wohlgeord-
neten Staatseinrichtungen (Art Priester-
aristokratie), einer ernsten, auf Sternkunde
gegründeten Religion, dem Ackerbau und
Handel ergeben und von ungewöhnlicher
Kunstbildung (etrusk. Baustil sehr einfluss-
reich auf die röm. Baukunst ; ausgez. Thon-
vasen, Erzarbeiten etc.). Die etrusk. Sprache
nur noch in Inschriften vorhanden, noch
nicht hinreichend aufgehellt. — Rom, an-
fangs innig mitE. verbunden; seit 485 v. Chr.
Krieg mit der etrur. Stadt Veji, die 396 v. Chr.
durch Camillus erobert ward. Später er-
langten die Etrurier die Givität in Rom, und
der Name E. verlor sich allmählig. Aus
Tuscien ward das spätere Toskana. Vgl.
O. MülUr, ,Die Etrusker', 1828; Dennis,
,The eitles and cemeteries of Etruria*, 1848;
deutsch von Meissner 1852.
Etsch (röm. AthesiB, ital. Adige) , Flnss,
entspringt in Tirol, auf der maiser Heide
aus dem Reschersee, durclifliesst die ital.
Provinzen Verona, Padua und Rovigo, mün-
det bei Fossone ins adriat. Meer. Länge
56 M. (etwa 40 schifiTb.); Stromgebiet 400 QM.
Nebenflüsse: Passeier und Eisack.
Etschmiadsin (auch Ukach-, Kli8$eh), altes
her. armen. Kloster, in Trauskaukasieu, 5
St. von Eriwan, vonfestungsähnl. Aussehen;
seit 1441 Sitz des Patriarchen der Armeniei*.
686
Ettenheim — • Eugenia.
SttealielBl) Stadt im bad. Kr. Freiburg,
3838 Ew.; bis ISOSBesidenz der Fürstbischöfe
▼oa Straasbnrg. Südöstl. die früher ber.
Abtei MHenh«inmUtuter (1803 aufgehoben).
EttWBbery (grotter und Heiner E.), 2
Bergkuppen bei Weimar, 14S6 und 1050' h.
EttllageB» Stadt im bad. Kr. Karlsruhe,
an der Alb, 4821 Ew.; bis 1834 freie Reichs-
stadt, seitdem badisch.
Ettriek. liebliohes Thal in der schott.
Grafsch. Selklrk.
Ktfiden, Uebungsstüclce, bes. musikalische.
Etat (fr.,, spr. Etwib), Besteck; Futteral
für kleine Gregenstäode.
Et|teologle (gr.), die Lehre von der Ab-
leitung der Wörter von ihren Wurseln und
Stämmen; auch die Lehre Ton den verBchle-
denen Wortarten und deren Formen.
Etiel 9 im Nibelungenliede der Hunnen-
könig Attila, Gemahl Ohriemhüds, an dessen
Hof die burgund. Helden fielen.
EtzeU Hoflialtmigy altdeutsches Gedicht,
zur Dietrichssage gehörig ; in einer spätem
Bearbeitung im ,Heldenbuch* enthalten.
£u (spr. Oeh), Stadt im franz. Depart.
Niederrhein, anderBresle, 4168Ew. Histor.
merkw. Schloss, bis 1852 im Besitz der
Orleans. Der älteste Sohn des Herzogs von
Nemours (geb. 29. April 1842) erhielt den
Titel eines Qrafen von Eu.
Enblotik (gr.), Gesundheitslehre, Diätetik.
'Euh^A (Negroponte, Egrihon), griech. Insel,
im ägäischen Meer, durch den Eurlpns vom
Festland getrennt, 63 QM. und 60,000 Ew.;
gebirgig (bis 5400' h.) mit schOnen Wäldern
und ^uchtbaren Ebenen, reich an Produk-
ten, bildet mit mehreren kleinem Inseln
die Nomarehie E., 74 QM. und 72,368 Ew.
Hauptst. Chaicis. E. wurde 194 röm., 1204
eine Beute der Yenetianer und 1470—1821
im Besitz der Türken. [Handeln.
Enbulie (gr.), guter Rath; einsichtsvolles
EucalyptvB HiriU (SckSnmüüK), Pflanzen-
gattnng der Myrtaceen, neuholländische
Bäume. E. g^lobulus Lc^ill., in Südouropa
^ akklimatislrt , wächst ungemein schnell,
' liefert hartes Bauholz; E. gigantea Hook, ßl.,
auf Neuseeland, austral. Mahagoniholz;
E. piperita Smith blaues Gummiholz; E.
viminalis Otmningh. australische Manna;
E. resinifera ^mxth rothes Gummiholz und
Kino. £. amygdalina wird 480' hoch.
Euchartstf e (gr.), Dankgebet ; Abendmahls-
feier; auch die Monstranz mit der Hostie.
EuchelSon (gr.), Gebetaölung, der letzten
Oelnng der Katholiken entsprechend.
EucliSteu. s. Mestalianer. [Kirche.
Enchologlon (gr.). Ritualbuch der griech.
Eaclides, 1) griech. Philosoph, Stifter der
megarischen Schule, ans Megara, Schüler des
Socrates, stellte als Princip den Satz auf,
nur das Gute sei, alles Uebrige sei nicht;
f nm 424 v. Chr. — 2) Der Vater der Mathe-*
niatlk, geb. in Alexandria, um 300 v.Chr.,
zu Athen Schüler des Plato, dann Lehrer
der Geometrie in Alexandria, erweiterte das
Gebiet der Mathematik, strenger Methodiker.
Sehr, herausgeg. von Pegrard (1814—18, 3
Bde.); ,Stoicheia* (Elemente der reinen Ma-
thematik), herausgeg. von Angutt (1826—29,
2 Bde.), deutsch von Lorens (1781, zuletzt
herausgeg. von Hartwig 18G0).
Eudamonismns (gr.), Lehre, wonach die
Glückseligkeit der letzte Zweck alles
menschlichen Handelns sein soll.
Endiometer (gr.), Luftgütemesser, In-
strument zur Bestimmung des Sauerstoffs in
der Luft. [nais.
EndoxU, Gattin Theodosius IL, a. Alhe-
EngaBei84^e Hfigely Berggmppe in Vene-
tien, westl. von Padua; im M. Venta 1830' h.
EugeB, Name von 4 Päpsten: E. J., 652
zum Papst gewählt, erst fö4 anerkannt; f
657. — S. II,, 824 — 827, erklärte sich im
Bilderstreit für die Beschlüsse des pariser
Koncils vom 1. Nov. 825. - E. III., 1145-53,
Schüler Bernhards von Clairvaux, wurde
1146 vom Volke aus Rom vertrieben, von
König Roger von Sicilien 1150 wieder ein-
gesetzt, dann abermals vertrieben. — E. IV.,
1431—47, früher Gabriel Condolmiere, Vene-
tianer, ward wegen seines Widerstands gegen
die Beschlüsse des baseler Koncils 1439 ab-
gesetzt und an seiner Stelle Amadens VIII.
von Savoyen als Felix V. erwählt, der aber
nicht allgemein anerkannt ward.
fingen, 1) Franz, von Savoyen, bekannt
als Pfinx E., ber. Feldherr u. Staatsmann, geb.
18. Okt. 1663 in Paris als Jüngster Sohn des
Prinzen E. Moritz von Savoyen- Garignan,
Grafen von Soissons, und der Olympia Man-
cini. einer Nichte des Kardinals Mazarin,
trat 1683 in österr. Dienste, focht mit Aus-
zeichnung gegen die Türken, dann, seit 1690
General der Kavallerie, im nordwestl. Ita-
lien gegen die Franzosen, schlug, 1692 zum
Feldmarschall ernannt, die Türken bei Zenta
an der Theiss (11. Sept. 1697), erhielt nach
dem Ausbruch des span. Erbfolgekriegs den
Oberbefehl in Italien, schlug die Franzosen
bei Oarpi und Chiari, als Oberbefehlshaber
des kaiserl. Heeres in Deutschland mit
Marlborough die Franzosen und Bayenl bei
Höchstädt (13. Aug. 1704), dann wieddr in
Italien bei Turin (7. Sept. 1706), ward zum
Reichsfeldmarschall ernannt, siegte mit
Marlborough bei Oudenarde u. Malpiaquot u.
schloss 1714 den Frieden zuRastadt. Nach-
dem er 1716 die Türken bei Peterwardein
und 1717 bei Belgrad geschlagen, stand er
dem Kaiser als treuer Rathgeber sur Seite;
t 21. April 1736. Biogr. von v. Ameth (1858—
1859, 3 Bde.). — 2) Friedr. Karl Ihttl Lud-
wig, Herzog von Würtemberg , geb. 8. Jan.
1788 KU Oels, Sohn des als preuss. General
bekannten Herzogs Eugen Friedr. Heinrich
von Würtemberg (f 1822) , seit 1805 mss.
Generalmajor, ward auf dem Schlachtfelde
von Smolensk Generallieutenant, focht 1813
bei Lützen, Bautzen, Dresden und Leipzig
(heldenmüthige Ausdauer bei Wachan), 1814
bei Bar- und Arcis-sur-Aube, ward vor Paris
zum General der Infanterie befordert, be-
fehligte 1828 unter Diebitsch ein Armeecorps
in der Türkei; f 16. Sept. 1857 zu Karlsruhe
in Schlesien. Sehr. ,ErinnemngeB aua dem
Feldzuge des Jahres 1818* (1846) und ,Memoi-
ren* (1863, 8 Bde.). Vgl. Htüdorf, ,Ans dem
Leben des Prinzen E. etc.', 1861—62, 4 Bde.
Eugenia Mich., Pflanzengattung der Myr-
Ettgeaie — Euphrasia.
587
tengewächse, Bäume und Sträucher im trop.
Amerika. £. Pimenta Dee., in Westiadien,
liefert in den Beeren den Jamaika- oder
Nelkenp/effer, Fimeni, Neuwärsu
Engenie, Marie von MorUi^o, Exkaiserin
der Franzosen, geb. 5. Mal 1896 zu Graaada,
8. Tochter des Grafen Hont^o, Herzogs von
Peneranda, und der Mafia Manuela Kirk-
patrik yon Klesebnrn, der Tochter eines
engl. Konsuls in Malaga , erschien 1851 bei
den Festen des Präsidenten im£Iys6e, ward
30. Jan. 1863«Gemahlin Napoleons III., 18.
März 1856 Mutter des kaiserl. Prinzen, fun«
girte 1859, 1865 und seit 2S. Jnli 1870 als
Regeniin, floh 4. Sept. naeh Napoleons III.
Sturz nach Belgien und yon da nach Eng-
land. Ergebene Tochter der Kirche.
SagnMitai, Stadt, s. ChMio,
EnhememB (Euenuru»), griech. Philosoph
der cyrenalschen Schule, ans Messene,
Schüler des Bien, lebte am Hofe des mace-
don. Königs Oassander, bes, dadurch be>
Uanut, dass er die Götter nur für vergöt-
terte Menschen erklärte (EHhemerismua).
Eaklis, Mineral aus der Klasse der was-
serfreien Geolithe, besteht ans kieselsaurer
Thonerdemit kieselsaurer Beryllerde, grüner
Edelstein aus Per«, Brasilien, Tom Ural.
Enlalle (gr.). Wohlred enheit.
£al«9 Borgst, im böhm. Kreise Prag,
3408 Ew'.; Mineralbad, ehemals bed. Gold-
hergwerke. Danach benannt die JEWI«n-
dukalen, 1712— 15 geschlagen, mit einer Eule.
Knien (Strigidae), Familie der Raubvögel.
1) Ohreiileut Uhu, Bubo maximus, 2Va',
in Europa, Asien, raubt kl.Säugethiere. TTald-
o^r«uZe (Otus verus), 14", in Europa, Asien,
Afrika. S) Glattköpfe: Sehleier-, Thurm-,
Ferleule (Strlx flammea L.), 15", in Mittel-
europa, Asien, Afrika, Mäusefänger. Nacht-,
iValdkaug {».kineo L.),16**y in Europa. Stein-
katts (S. noctna Setx.), 9—10'', in Europa.
Eiil«n, Nachtfalter, s. Schmeiteriinge.
Eulenburg, Friedr. Albr., Graf teu, prenss.
Staatsmann, geb. 29. Jan. 1815, ging 1859
als aosserordentl. Gesandter und bevoll-
mächtigter Ministsr an die Höfe von China,
Japan und Slam, achloss 24. Jan. 1861 mit
der Japan. Regierung, Sept. dess. J. mit der
chines. einen Schifffahrtsvertrag ab, ward
1). Dec. 1862 Minister des Innern.
EttloigeUrge, der östl. Rand des glatzer
Gebirgslandes, ein schmaler steiler Rucken,
in der hohen Euie 8100' hoch.
SnleBspteg ely J^, bekannter Schalksnarr,
aus Kneitlingen im Brannschweigischen, f
1S50 zu Mölln. Das nach ihm benannte
Volksbuch, die Erzählung seiner Schwanke
und Harrenstreiche enthaltend, erschien
ursprungl. in plattdeutscher Sprache, aus
der es zuerst von Thomas Mumer ins Hoch-
deutsche (Strassb. 1519; neue Ausg. von
Lappenberg 1859) übertrafen wurde; bis in
die neueste Zeit immer neu gedruckt.
Enl«r, Leonhard, ber. Mathematiker, geb.
15. April 1707 zu Basel, ward 1730 Prof. der
Physik in Petersburg, 1741 Lehrer der
mathemat. Wissenschaften an der Akademie
zu Berlin, kehrte 1766 nach Petersburg
zurück; f das. 7. Sept. 1783 als Direktor
der mathemat. Klasse der Akademie. Sehr.
,Th6orie complite <de la consiraction et de
la manoe^vre des vaisseaux* (1773); ,Thooria
motuum plaaetarnm et cometarum' (1744;
deutsch von ütoassi 1781); ,Introd actio in
analysin infinitorum* (1748, 2 Bde.; deutsch
von Michdsen 1788-91, 8 Bde.; neue Aufl.
18S6); ,In8titutiones calculi dilferentialis*
(neue Aufl. 1804, 2 Bde.; deutsch von Michd-
sen 1790--98, 2 Bde.); ,Iu8titutiones calculi
integralis* (8. Aufl. 1824—27, 4 Bde. ; deutsch
von Saiomon 1928—30, 4 Bde.) ; ,I>ioptrica*
(1769— 71, 3 Bde.); ,Opuscula analytica*
(1783—85, 2 Bde.). — Sein Sohn Johann Al-
bert E., geb. 8. Dec. 1734 zu Petersburg, t
18. Sept. 1800 das. als Professor der Militär-
akademie, ebenfalls ausgez. Mathematiker.
Ealogie (gr.), Segen, Segenssprnch, ancli
Abendmahl; Yernünftlglceit im Reden und
Handeln; Wahrscheinlichkeit.
Eamenlden (gr., d. i. die Gnädigen, ur-
sprungl. Erinny«n, lat. Furien, d. i. die Grol-
lenden, Wuthenden), in der ältesten griech.
Poerie die Schwestern der Schicksal sgöt-
tinnen, Dienerinnen der Gerechtigkeit und
Rächerinnen Jedes von Menschen verübten
Frevels, bei späteren Dichtem 3 an Zahl:
Tieiphone, Alecto nnd Jlfe^ära; mit Fackeln,
Schlangen, eiuer Geisel etc. dargestellt.
EainolpiKy Sohn des Poseidon und der
Ohlone, wanderte aus Thracien in Attica
ein, Stifter der eleusin. Mysterien, Stamm-
vater des Geschlechts der Stimdpidcn.
fimnorphle (gr.), Wohlgestalt. Jsinn.
EnmiMle (gr.), Schönheitsgefühl, Kunst-
SuBOmie (gr.), gute Gesetzgebung.
Eanach (gr., d. i. Betthnter), Kastrat oder
Verschnittener, im Orient Hüter des Harems.
Eupatorift (sonst Koelow), Hafenstadt im
russ. Gouvem. Tanrien, auf der Westküste
der Krim, 8493 Ew. Im orient. Kriege
1854 — 55 Hauptstation der Türken.
Enpatorlvm Zr. (WoMerdosten), Pflanzen-
gattung der Kompositen. E. cannabinum
L., Wasaerhanf, -eenf, in Europa, Wurzel
und Kraut ofSclnell. Zierpflanzen.
Enpatriden (gr.), im alten Athen die Nach-
kommen edier Geschlechter.
Eupen (ft*. Nßaux), Kreisstadt im preuss.
Regbz.Aachen, an derbeig.6renze,14,211Ew.
Eupepsie (gr.), gute Verdauung, leichte
Verdaulichkeit ; eupeptiseh, \eic\xt verdaullcli.
Enph«migiiiii8 (gr.), Umschreibung ^iner
anstössigen oder widrigen Sache durch mil-
dernde, beschönigende Ausdrücke.
Enphdule(gr.), Wohllaut, bes. der Sprache.
Eaphonieche Buchstaben, bloss des Wohl-
klangs w^en eingeschobene Buchstaben.
Euphorbia L. ( Wolfsmilch), Pflanzengat-
tUDg der Euphorbiaceen. E. resinifera Berg,
im marokkan. Atlas, liefert Snphorbiwm.
Von E. cvparissias L., in ganz Europa früher
offLcin.( Bauer urhdbarher), dient der Milchsaft
zum Wegbeizen der Warzen. Zierpflanzen.
Enphorbimn, eingetrockneter Milchsaft
der marokkanischen Euphorbia resinifera,
gelblich, schmeckt heftig brennend, erregt
heftiges Niesen und Entzündung, dient als
blasenziehendes Mittel, ist stark giftig.
Eophnisift L. (Augentrost), Pflanzengat-
588
Eaphrat — Europa.
tnng der Rhiaanthaceen. E. oflcinalis JD.,
in Deutsdhlaud , homöopath. Heilmittel.
Evphrat (arab. Frat), grösster Flnss
Vorderasiens, entsteht im Hochlande Arme-
niens aus 2 Qnellflüsseu, durchbricht, gen
S. fliessend, mit vielen Wasserfällen nnd
Stromschnellen die armen. Bergketten nnd
den Taums (bis Biredschik), fliesst dann
langsam anf der Grenze der syr.-arab.
Wüste gegen SO., an Hillah (Babylon) vor-
bei, nähert sich bei Bagdad dem Tigris auf
3 M. und fliesst 20 M. mit diesem parallel.
Beide vereinigt (bei Kornah) bilden dann
den Schat el Arab, der 30 M. unterhalb
Bassora in den pers. Meerbusen mündet.
Länge 400 M. [der drei Grazien.
Euphrosfiie (gr.), die Frohsinnige, eine
Eophnlsinns (engl.), eine gesuchte, spite-
fiudige, pedantisch süssliche Art des Witzes,
ben. nach dem Boman ,£uphues* von J. Lily
(1580). [ten; auch Wohlbefinden.
Eupraxle (gr.), Wohlthun, Wohlverhal-
Enre (spr. Oehr), linker Nebenfluss der
Seine, kommt von den Perchehügeln, mündet
oberhalb Ronen, 26 M. — Danach benannt
das Deport, £., 108,3 QM. und 394,467 £w.
mit der Hauptst. Evrenx, nnd das Depari. E.
und Loir, 106,6 QM. und 290,753 Ew. mit
der Hauptstadt Ghartres.
Eurhyihmie (gr.), Ebenmass in der Bewe-
gung; schöne Uebereinstimmung der ein-
zelnen Thelle mit dem Ganzen.
Euripides, der jüngste der drei grossen
griech. Tragiker, geb. 480 v. Chr. zu Sala-
mis, Freund des Anaxagoras und Socrates,
lebte am Hofe des Königs Archelaus von
Macedonien; f das. 406. Brachte Sprache
und Ansichten der Philosophie auf die Bühne
und suchte vorzugsweise Rührung zu er-
wecken. Von seinen aahlr. Stücken (75 bis
123) sind ausser dem Satyrspiel ,Cyclops'
noch 17 erhalten: ,HecubaS ,OresteB*, ,Die
Phönissen', ,AlcestisS ,Medea', J)ie Troerin-
nen*, ,Andromache*, ,Ion*, ,Die Bacchan-
tinnen', ,Die Schutzflehendeu% ,Iphigenie in
Aulis', ,Ipfaigenie in Tauris*, ,Die HerakU-
den*, ,HelenaS »Electra*, ,Hippolyt', ,Der
rasende Hercules'. Neuere Ausgaben von
Härtung (mit Uebers. 1848 ff.), Nauch (1857),
Kirchhoff {liSi^.). Uebersetzungen von Minck-
loitz (1836), D<mner (2. Aufl. 1851, 3 Bde.),
Fritze (1856-68, 8 Bde.).
Enripns (a. G.), die Meerenge iewlschen
der lusel Euboa und dem griech. Festlande.
Eulrop«9 Tochter des Königs Agenor von
Phönlcien, ward von Jupiter als weissem
Stier nach Kreta entführt, von ihm Mutter
des Minos, Sarpedon und Rhadamanthus.
Europa, Erdtheil, der kleinste, aber wich-
tigste der alten Welt, Mittelpunkt des
Weltverkehrs und der Kultur, ist eigentKcli
nur die nordwestl. Fortsetzung Asiens, ge-
hört fast ganz der gemässigten Zone an
und wird vom nördl. Eismeer, dem atlant.
Ocean, Mittelmeer und schwarzen Meer
umschlossen; 178,000 QM. (davon 10,000
QM. Inseln). Aeusserste Spitze im N. :
Nordkap 71© n. Br. , im S. Kap Tarifa 36«»,
im W. Kap La Roca. Grösste Ausdehnung
von N. nach S. (Nordkap bis Kap Matapan) :
225 M., von SW. nach NO. (St. Vincent bis
kar. Ctolt): 750 M. Küste ausserordentlich
entwickelt; Küstenlänge 4300 M. (snm
Flächengehalt wie 1 : 38,6); wichtigste Halb-
inseln: lappländ. (Kola), skandinav. , cim-
brische (Jütland), pyrenäische, apenniuische,
griech. - türkische und taurfsche Halbinsel.
Inseln zahlreich änd ziemlich gleichmS3sig
vertheilt, mehrere von ansehnl. Grösse. —
Hauptläi^er: 1) Südeuropa: Spanien und
Portugal , Italien , Griechenland ttnd die
Türkei; 2) Westeuropa: Frankreich, Belgien,
Niederlande, das brlt. Inselreich; 3) Cen-
traleuropa : Deutschland , die Schweiz,
Oesterreich mit Ungarn, Siebenbürgen Bnd
Galizien; 4) Nord- und Osteuropa: Skandi-
navien, Dänemark, Rnsslaud bis zum Ural.
In orograph. Hinsicht zerfällt E. in 2
grosse, ungleiche Hauptmassen: a) Nord-
ostenropa, fast durchaus Tiefland (russ.-
deutscbe Tiefebene), von grosser Einförmig-
keit, 107,000 QM., b) Süd Westeuropa, im
Ganzen Hochland, aber vielfach von klei-
neren Tiefebenen unterbrochen und daher
von grosserMannichfaltigkeit. Das gesammte
Hochland E.s = ca. s/7, das gesammte Tief-
land =: fast *^ des Areals. Zu unterschei-
den: 1) das centrale Hochland: System
der Alpen (bis 14,800' h.) und die Mittel-
geblrgsland Schafken im W. , N. und O. der
Alpen: das franz. Mittelgebirge (höchste
Erhebung: Moni Dore 5800'), das deutsche
Mittelgebirge (Riesengebirge 5000') nnd das
karpath. Mittelgebirge (gerlsdorfer Spitze
8150'); 2) die Hochländer der Halbinseln
und Inseln: Apenninen (Gran Sasso 8955'),
Pyrenäen (Maladetta 10,700') nebst den
Bergländem von Asturlen (bis 8000'), Ka-
stilien (S. de Guadarrama 7300') etc.; die
Gebirge der griech. - türk. Halbinsel (mace-
don. - serb. Scheidegebirge 9200', Balkan
5500', hellen. Gebirge: Olympus 9150', Par-
nass 7570' etc.); die skandinav. Gebji^ (bis
8017'), die Gebirge von Grossbiitannien (bis
4100') und Island (bis 6000'). -: Aach in
Hydrograph. Hinsicht ist E. der entwickeltste
und ausgebildetste Erdtheil. HoMpMr^me,
zum Eismeer: Petschora, Dwina; mm
atlant. Ocean: Glommen, Tornea, Newa,
Niemen , Pregel , Weichsel , Oder , Eider,
Elbe, Weser, Ems, Rhein, Scheide, Themse,
Sevem , Seine , Loire , Garonne , Duero,
Tajo, Guadiana, Guadalquivir; zum Mittel-
meer: Ebro, Rhone, Arno, Tiber, Po,
Etsch ; zum schwarzen Meer: Donau, Dnjestr,
Divjepr, Don; zum kasp. Meer: Wolga,
Ural. Seen: bes. zahlreich um die Ostsee
(Wener, Wetter, Mälar, Ladoga, Onega,
Peipus , und die prenss. und pommerschen
Seen), am Fnss der Alpen (die schweizer
und süddeutschen, die illyr. und lombard.
Seen); ausserdem in Italien, der Türkei und
auf den brit. Inseln.
Der Charakter aller Naturverhältaisse
E.s eine gewisse Mittelmässigkeit , gleich
fern von sclineidenden Kontrusten wie von
ermüdender Einförmigkeit, die Entwicklung
einer hohem und vielseitigen Kultur be-
günstigend. Das Klima E.s eine glückliche
Mischung von kontinentalem und oceani-
Europa.
589
schem Klima, dabei untel* allen Erdstrieben
gleicher geogr. Breite das am meisten ge-
mässigte. West- und Snd Westeuropa hat
ein mehr oceanisches, gleichförmigeres und
milderes Klima, d^er feuchtere Luft, häufi-
geren (Winter-) Regen, mildere Winter,
kühlere Sommer; Kordosteuropa ein mehr
kontinentales Klima, daher klaren Himmel,
trockene Luft, seltneren (Somn»er-) Regen,
warme Sommer, strenge Winter, gesteigert
durch trockene Ostwinde. Die Abnahme
der mittleren Jabreswärme von W. gegen
O. in Nordeuropa Tiel stärker als in
Südeuropa (Folge der grossen JBbenen , die
jenes hat, während dieses von Meeres-
gliedern zerschnitten ist).
Hinsichtlich der Produkte steht das Kolos-
sale, Prachtvolle und Glänzende hinter
dem Nützlichen weit zurück. Das Mineral-
reich Torzugsweise durch die unmittelbar
nutzbaren Arten vertreten: Eisen, Kupfer,
Zinn, Steinkohlen, Salz; Grold und Silber
im Ural, in den Karpathen, im sächs. Erz-
gebii^e etc. Die Pflanzenwelt zerfällt in
4 Vegetationsgürtel : 1) Gürtel der Kiefer
und" JBirke: Island, Nordskandinavien (bis
640), Russland (bis 62 o); Getreide nur
durch Hafer, Ri^ggen und Gerste vertreten ;
2) Oürtd der Buche und Eiche (Komzone),
ca. 64—480: Grossbritannien und Irland,
Dänemark , Südskandinavien , Finnland,
Nordfrankreich, Belgien und die Nieder-
lande, Norddeutschland, Italien und Mittel-
russland ; eharakterisirt durch grössere Lanb-
und Nadelholzwälder; zu Gerste, Hafer,
Roggen tritt der Weizen hinzu ; Buchweizen,
Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Oelpflanzen, Hanf
und Flachs, ebenso nordeurop. Obst (Aepfel,
Birnen, Kirschen etc.) in Menge angebaut;
8) Gürtei der Kattanie und Eiche (Wein-
zone), 50—480 bis zu den Pyrenäen, Alpen
und dem Hämus: Südfirankreich , Schweiz,
Süddeutschland und Lombardei, die Karpa-
thenländer, der grösste Thell der Türkei
und Südrussland ; auf den Gebirgen Wälder
von Nadelholz, in den Tiefen von Eichen,
Buchen, Kastanien; Kultur von Weizen,
Spelt, Hirse, Mais; Obst u. Wein (letzterer
in Frankreich nur bis Yannes 473/ae, am
Rhein bis 51 o n. Br.); 4) Gürtel der Olive
(Zone der Edelfrüchte) : die Niederungen
der 3 südl. Halbinseln und Frankreichs
Mittelmeerküste; reiche wildwachsende
Vegetation, aber statt dichter schattiger Wäl-
der nur lichte Haine und Gebüsche immer-
grüner Laubholzer (bes. Stein- und Kork-
eichen, Johannisbrod-, Lorbeerbäume, Myr-
tengewächse etc.), Pinien, Gypressen etc.,
Kakteen, Agaven; Kultur des Weinstocks
und der Edelfrüchte (Orangen, Gitronen,
Granaten etc.), des Mandel- und Feigen-
baums, bes. aber der Olive, des Maulbeer-
baums, im S. Reis und sogar Zuckerrohr und
Baumwolle. — In der Thierwelt der Charak-
ter grosser Gleichartigkeit vorherrschend;
eigentl. Gegensätze nur im äussersten N.
(Fauna der Polarländer: Robbe, Eisbär, arkt.
•Fuchs, Pelzthlere) gegenüber dem äussersten
8. (Anschluss an die asiat. und afrikan.
Thierwelt: Stachelschwein, Kamel, Fla-
mingo, Pelekan etc.). Die nrsprüngl. Fauna
durch die Kultur wesentlich ihodificirt;
reissende Thiere (Bär, Wolf, Luchs, wilde
Katze) nur auf beschränkten Gebieten (auf
einsamen Gebirgen und in den entlegensten
Wäldern des östl.Tieflaudes), in vielenGegen-
den völlig ausgerottet; Schwarz- und Rotlf-
wild im Abnehmen begriffen, einige Arten
ganz verschwunden, andere (Elenn, Auer-
ochs) nur noch in den Urwäldern Osteuropas
od er vereinzelt auf den Hochgebirgen vorhan-
den (Steinbock, Gemse). Dagegen die Haus-
thiere allgemein und ziemlich gleichmässig
verbreitet. Ausschliesslich eigen ist dem
N. da» Rennthier, dem S. das Kamel (Süd-
russland , Moldau , Walachei) u. der Büffel
(Italien, Griechenland, Donanländer) ; auch
Maulthiere, Esel und Ziegen im S. bes.
häuäg und vollkommen. Die Vögel denen
in andern Zonen an Grösse und Farben-
pracht nachstehend , aber zum Theil durch
Gesang sich auszeichnend. Sehr bedeutende
Federviehzucht; im N. die (wilde) Eider-
gans wichtig. In Beziehung auf Fische,
Amphibien und Insekten ist der S. im All-
gemeinen reicher an Gattungen und Arten,
der N. an Zahl und Menge. Bemerkens-
werth im N. : die Häringe und vielen
Dorscharten, der Fischreichthum der nord.
Flüsse, sowie der Theiss und der Wolga;
im Mittelmeer der Thunfisch, im S. und W.
die Sardelle. Eidechsen und Schlangen im
S. häufiger; demselben ausschliessl. eigen:
die Tarantel, der Skorpion (bes. in Sicilien),
viele Krabben- und Krebsarten. Von Wich-
tigkeit die Kultur der Honigbiene, der
Cochenille (Kermes), der Seidenraupe, der
Blutege). Edelkorallen an den Küsten
Siciliens, der Balearen etc.
Die Bevölkerung E.s 295 Mill. (1657 : 1
QM.), bestehend aus etwa 60 Völkern mit
53 Sprachen und zahlr. Mundarten. Die-
selben gehören (mit Ausnahme weniger
mongol. Stämme im äussersten N. u. NO. :
Samojeden am Eismeer, Kalmücken am
Don und an der Wolga) sämmtlich der
kaukcu. Menschenrace an, und der Haupt-
masse nach (40 Völker mit ca. 282 Mill.
Köpfen) auch demselben Sprachstamme
(dem indoeuropäiechen) , während die übri-
gen 20 Völker mit 13 Mill. Seelen zum
Ann. und türk.-tatar. Sprachstamm zählen.
Ausserdem sind die Völker E.s, mit Aus-
nahme von etwa 1 Mill. Nomaden im SO.,
alle ansässige Kulturvölker, obschon sehr
verschieden an Bildung. — Zu unter-
scheiden: 3 Bauptvölkerfamilien (30 Natio-
nen und ca. 265 Mill. Menschen umfassend),
numerisch und politisch die herrschenden
Völker E.s: 1) die lat.-grieeh. (94 Mill.), und
zwar a) Romanen (913/s Mill.) vorherrschend
im S. und SW.: Italiener, Spanier und
Portugiesen, Franzosen und Proven^len,
Wallonen, Rhätier (Ladiner), Rumänen
(Walachen), b) Griechen (21/9 Mill.); 2) die
germanitche (89 Mill.), In der Mitte und im
N.: Deutsche (56 Mill.) , Skandinavier (fast
8 Mill), Engländer oder Angelsachsen (ca.
25 Mill.); 8) die elavieche (82 Mill.) im 0.:
Ostslaven (Russen, Ruthenen), Südslaven
590
Eurötaft — Evans.
(Serben, Bosoier, Slavonier, KroAten, Dal-
matiner, Sloyenen, Bulgaren etc.) h. Weat-
slaven (Polen, Czechen, Slovaken, Wenden.
Sorben). Von den Nebenvölkern (ca. SO Hill.)
am wichtigsten: die Gelten, in Grossbritan-
nien, Irland und Bretagne (7—8 Mlll.), die
Ungarn oder Magyaren (6Vs Hill.) and
Türken im 80. und die Juden (4*fio Mill.),
überall zerstreut lebend, eahlreicher im O.
und in der Mitte als im W.
Der Rdigion nach: 284 Mill. ChriUen,
davon a) 144 Mill. r'öm, Ealhol., hauptsäch-
lich im S. und SW., im Gebiet der Ro-
manen, aber auch die Mehrzahl der Ir-
länder , zahlr. Schotten , die Hälfl^ der
Deutschen in Deutschland und Oesterreich,
die Polen und zum Theil die Lithaner; b)
71 Mill. griech. Kathol., bes. im O. u. SO.,
im Gebiet der Slaven, dazn die Griechen,
die meisten Walachen und die ohristl.
Albanesen; c) 09 Mill. Proieatanlen , vor-
nehmlich in der Mitte, im N. und NW., im
Gebiete der Germanen , daneben die Mehr-
zahl der Ungarn, Knrländer, Idvländer
und Esthen, mehrere roman. nnd slay.
Stämme in der Sehweiz, in Norddeutschland
und Ungarn. Nichtchrieten: etwa 11 Mill.,
und zwar 4,s Mill. Juden, 6,6 Mill. Moham-
medaner und Vft Mill. Heiden (samojed.
Schamanen und kalmückische Buddhisten).
In BtcMÜicher Beziehung bilden von den
3 herrschenden Yölkerfamilien E.s die
SlaTen zum grössern Theil einen einzigen
Staat: Russland (über die Hälfte E.s, aber
nicht 1/4 seiner Bevölkerung), zum kleinern
Theil Bind sie andern Staaten einverleibt;
zahlreicher sind die roman., am zahlreich-
sten die german. Staaten. Am mächtigsten
unter jenen Frankreich, unter diesen Gross-
britannien und Deutschland nebst Oester-
relch, welche 4 Staaten mit Rnssland die
5 Groesmächte des europ. Staaten$pstem$ aus-
machen, das gegenwärtig 71 (vor 1860: 78)
souveräne Staaten umfasst, und zwar 40
meist konstitutionelle Monarchien und 81
Republiken (darunter seit Sept. 1870 Frank-
reich, 25 Republiken in der Schweiz, 8 in
Deutschland,^ San Marino und Andorra). —
Aussereuropaische Besitzungen und Schutz-
staaten E.s: 773,000 QM. mit ca. 262 Mill. Ew.
Vgl. Sohouw, ,E.S 1833; Hoffmann, ,E. und
seine Bewohner*, 1835—40, 8 Bde. ; Schubert,
,Handb. der allgem. Staatskunde von E.',
1835—48, 7 Bde.; Brandee, ,Geogr. von E.*,
1852, 2 Bde.; BracheUi, ,Die Staaten E.s',
1853; Ritter, ,B. VorlesungenS 1863.
Enrotas (a. G.), Fluss in Lakonien, an
dem Sparta lag, mündete in den lakonischen
Busen. Jetzt Basilipotamo.
Eani§ (gr.), der Ostsüdostwind.
Enrydlce, Dryade, Gemahlin des Orpheus
(s. d.), starb infolge eines Schlangenbisses.
Euryiiömey Tochter des Oceanus, von
Zeus Mutter der Grazien, hatte nach der
ältesten Theogonie vor Kronos mit ihrem
Gemahl Ophion die Weltherrschaft.
Enrystheiu, Sohn des Sthenelus und der
Nicippe, Enkel des Perseus, ward durch
Junos Gkinst Kdnig von Mycenä, legte dem
Hercules die 12 Arbeiten auf,
Saiurkie (gr.), WohlbeleiMheit.
EbmM« (gr.), Frömmigkeit, Gottesfurcht.
EasebiM (S. von Oäsarea), griech. Kirchen-
lehrer, mit dem Beinamen Jbmpkili, geb.
gegen 270 n. Chr., seit 314 Bischof von Gäaa-
rea ; f um 340. In den aiian. Streitigkeiten
vornehmster vermittelnder Wortführer.
Sehr, eine Kircbengeschichte in 10 Büchern
(bis 324), fortges. (bis 395) von SoenUea,
8ozof»enua u. Ajid. (herausgeg. von ßchwegler
1852 und Länmer 1869—62 ; deutsch von CfoM
1839) ; ,Präparatio evangelica* (heraosg. von
Oauford 1843); ,DemonBtraüo evangelica'
(heraosg. von Gauford 1852) u. A. ,Opera'
herausgeg. von v. Migne (1856—57, 6 Bde.).
Eusemie (gr.), gute Vorbedeutung.
Emkirchen, Kreisst. im preoss. Regbz.
Köln, uuweit der Erffc, 5077 Ew.; Bergbau.
Eator, das die Milch absondernde O^gan
der Säugethiere, 2- bis lOfach , je nach der
Zahl der Jungen, welche ein Thier wirft.
Eaterpe (d. L die Ergötzende), Tochter
das Zeus und der Mnemosyne, . Muse des
lyr. Gesangs, mit der Doppelflöte dargestellt.
Eathanaaie (gr.), sanftes, leichtes Sterben;
auch Lehre davon.
Enthyaüe (gr.), Seelen-, Gemüthsruhe.
Elltill (früher Ulhin), Hauptst. des Olden-
burg. Fürstenth. Lübeck, am eutiner See,
3015 Ew. ,Rektor von E.S H. Voss (s. d.).
Entrophie (gr.). Wohlgenährtheit.
EatropiMy Flaviue, röm. Geschichtsehrei-
ber, kaiserl. Sekretär; f um ^70 n. Chr.
Sehr. ,Breviarium historiae Romaoae* (her-
ausgeg. von Bamahom 1887 und IHetach 1849).
Erakaatlon (lat.), Ausleerung; evofeutren,
entleeren, eine Besatzung aus einer Stadt,
Kranke aus einem Lasareth herausziehen.
Evander, kam der Sage nach etwa 60 Jahre
vor dem trojan. Kriege aus Arkadien nach
Italien, gründete eine Niederlassung am
Palatin, verbreitete Kultur, Gtötterdienat etc.
EvaBeBcIren, (lat.), verschwinden.
Evangellarlmm (lat.), in der kathol. Kirche
das Buch, welches die im Missale vereinigen
Abschnitte oder Perikopen der Evangelien
für die einzelnen Messen enthält.
EvaBfrAlioal Friesda (engl., spr. ewend-
schiUikel frennds), kirchl. Sekte, a. Quäker.
EvangellMhe Allisui, in England und
Nordamerika Vereinigung der protest. Kir-
chen und Sekten zum Behuf gemeinsamer
Massregeln gegen die ihnen bes. von Seiten
des EöttholicismuB drohenden Gefahren, 1845
zu Liverpool konstitniri; versammelt 1855
zu Paris, 1857 zu Berlin, 1861 zu Genf.
Evattgeltoche Kirche, s. FroteetantUmw.
Evangelinm (gr.), firohe Botschaft, in der
Christi. Kirche die Kunde von der Erschei-
nung des vexiieissenen Messias^ daher auch
Titel der 4 neutestamentl. Schriften, welche
von Jesu Leben und Lehre Kunde geben ;
auch ein Abschnitt der evangelischen Ge-
schichte, der beim Gottesdienste vorgelesen
wird (s. JPBrikopen). Buangetieten , in der
ältesten Kirche diejenigen Christen, welche
den Unterricht der Apostel fortsetzten ; dann
die Verfasser der neutestamentl. Evangelien.
EraKB (spr. Ewwänns) , 1) Sir Laep de JB.,
brit. General und Parlamentsmitglied, geb.
Evaporation — Exaküirön.
5^t
1787 zu Mojg in Irland, diente 1813-14 als
OfBsler im Greneralstab Im Krieg gegen
Nordamerika, focht als Major belWaterloo,
befehligte 1836—37 dio zor Unterstützung
der span. Konstitutionellen in England ge-
worbene Legion, 1854 im oriental. Krieg als
G^nerallieutenant die 2. Division, focht an
der Alma und bei Inkjerman mit Auszeich-
nung, 1831 — 65 liberales Parlamentsmit-
glied; t 9- J«ki^* 1^<> i^ London. — 2) Mary
Atma (Pseudonym George Miot) , engl.
Schriftstellerin, geb. 1820, Tochter eines
Pfarrers im nördl. England ; Verf. der viel-
gelesenen Bomane ,Adam Bede* (1859),
,SiIas Marner' (1861), ,The wearer of tUivaloe*
(1862), ,Komola* (1863) etc.
Evaporation (lat.), Ausdünstung.
' Evasion (lat.). Entweichung. [niss.
Evenement (fr., spr. Ewen^mang), Ereig-
Eventall (fic-,, spr, Ewangtalj), Fächer.
Eventailmarsch , s. Aufmarsch. Db^S*
£ Ventilation (lat.), Reinigung durch Luft-
Eventuell (lat.), für den sich etwa ereig-
nenden Fall ; Eventualität , Eintritt eines
möglichen Falls; eventualiter, nöthigen Falls.
Eventus (lat.), Ausgang, Erfolg.
Ev@que, Sorte Burgunderwein.
E verdingen 9 Aldert van, ber. holländ.
Landschaftsmaler, geb. 1621 zu Alkmaar, f
das. l^ov. 1675. Grossartig romant. Kompo-
sitionen im nord. Charakter. Auch ausge-
zeichneter Kupfer'stecher (Reineke Fuchs).
Everest (spr. Ewwerest, Gauri$ankar),
höcIistBr Gipfel des Himalaya (lOda/a» ö. L.),
27,212' hoch. [eversiv, umstürzend.
Eversion (lat.). Umkehrung, Umsturz;
Evex (lat.), nach oben zu gerundet.
Evian (spr. Ewiang) , Stadt im franz.
Depart. Obersavoyeu, am Genfersee, 2450
Ew. Dabei die B&der Amphion und C<tchat.
Evidenz (lat.), überzeugende Gewissheit.
Eviktion (lat.), die Entziehung einer von
Jemandem rechtl. erworbenen Sache durch
richterliches Urtheil aus Rechtsgründen,
welche dem Erwerber unbekannt waren,
führt zur ft^t'ArtionsIcts/un^ (Gewährleistung),
vermöge welcher Derjenige, von welchem
die Sache erworben worden ist, den Er-
werber unter der Voraussetzung schadlos
zu halten hat, dass letzterer nicht durch
eigene Schuld die E. veranlasst habe.
Evitation (lat.^, Vermeidung; evUcAel,
vermeidlich; evitiren, vermeiden.
Evokation (lat.), Hervorrnfnng, Vorladung
vor ein auswärtiges, nicht kompetentes Ge-
richt; Aufgebot (von Mannsöhait); Evoca-
lorium, Vorladungsschreiben.
£rointion(lat.), Entwickelung; iniKriegs-
vFeseu Fronte- und Formationsveränderung
einer Trnppeuabtheilung in Linie, Kolonne
etc. ; auch Bewegung einer Flottenabtheilung.
Evolutionstheorie, Annahme, dass die
Keime für alle Tliier- und Pflanzengattun-
gen vorgebildet gewesen seien. Die An-
hänger der Präformation (Leeuwenhoek)
nehmen im männlichen Samen den Keim
an, die der Evolution im weiblichen Ei.
Evolvireii (lat.), sich entwickeln, entfalten.
EvSra (spr. £w-), Hauptst. der portugies.
Prov. Alemtejo, 11,965 Ew, Kathedrale,
rora. Alterthümer (Dianantempel , jetzt
Schlachthaus). Früher öfters Reaideuz und
Versammlungsort der €!orte8.
Eromiren (lat.), sich erbrechen.
Evonjrmos L. (Spindelbaum), Pflanzengat-
tung der Gelastrineen. Von . £. europaeus
L., Spülbaum, Pfaffenhütchen, ZweckhoU,
Strauch fast in guiz Europa , dient das .
dichte Holz zu Zwecken, Zahnstoc^e;m etc.,
die Kohle zur Pulverfabrikation.
Evreux (spr. Ewröh), Hauptst. des franz.
Depart. Eure, amiton, 12,320 Ew., Kathedrale.
Evulslon (lat.), Ausreissung.
fiwftld*9 1) Johannes, dän. Dichter, geb.
18. Nov. 1743 zu Kc^nbagen , f 17. März
1781. Hervorragendfr Lyriker; sehr, auch
lyr. Dramen (,Adam und Eva', ,Tempel des*
GlücksS ,Baldurs Tod', ,Die Fischer*);
sowie witzige Komödien (,Die Hagestolzen',i.
,Die brutalen Klatscher' u. a.); Verf. des
dän. Nationallieds ,König Chriatiau stand
am hohen Bliast'. Werke berausgeg. von
Liebenberg (1850—55, 8 Bde.). Charakteristik
von OUen (1861). — 2) Georg Heinrich Aug.
von E., Orientalist, geb. 16, Nov. 1803 zu
Göttingen, waxd 1827 Prof. das., Dec.
1837 wegen seines Protestes gegen die Auf-
hebung des hannöv. Grundgesetzes abge«
setzt, 1838 Prof. zu Tübingen, 1848 wieder
zu Göttiugen ; vertrat als Mitglied des nord-
deutschen Reichstags 1867 das Welfenthum
und den Partikularismus. Hauptwerke:
, Ausführliches Lehrbuch der hebr. Sprache'
(8. Auili 1870); ,Ge8chichte des Volks Israel'
(3. Aufl. 1864-69, 7 Bde.); ,Die drei ersten
Evangelien' (1850); ,Die Sendschreiben des
Apostels Paulus' (1857) und ,Die Jofaamnei-
schen Schriften' (1861—63, 2 Bde.) n. A.
Ewer, offenes einmastiges Fahrzeug. Ewer-
führer, in Hamburg die Transporteure der
Kaufmannsgüter von und nach den Schififen.
Ewiger Jnde, myth. Person, nach der
Sage der Schunmacher Ahasverus in Jeru-
salem, der Christus auf dem Wege nach
Golgatha von seinem Hause, wo er ausruhen
wollte^ fortstiess und zur Strafe dafür bis
zum jüngsten Tage ruhelos umherwandern
muss. Die Sage wird ziwrst 1229 er-
wähnt; das Volksbuch vom ewigen J.b er-
schien zuerst Danzig 1602. Vgl. Qr&sM,
,Die Sage vom Ewigen J.', 1844.
Ewiger Landflriedo^ der auf dem Reichs-
tage zu Worms 1496 unter Maximilian I.
gestiftete Friede , der dem faustrecbtlichen
Fehdeunwesen ein Ende machen sollte.
Ex (lat.) , aus ; in Zusammensetzungen
s. V. a. vormalig, z. B. Exkönig.
Ex abrupto (lat.), plötzlich, unerwartet.
Exacerbation (lat.), Erbitterung; Steige-
rung der Krankheitssymptome.
Exacervation (lat.), Aufhäufung.
Exaggeration (h^^*)) Uebertreibung.
Exagitation (lat.), Aufregung, Reizung.
Exakt (lat.), genau, sorgfaltig. E.e Wiseen-
schaften, diejenigen Wissenschaften, welche
ihre Probleme mathematisch genau zu lösen
suchen, also ausser der Mathematik die
Physik, Astronomie und Mechanik.
Exaktion (lat.). Bin-, Beitreibung.
E:(akaiiren (lat.), schärfen, spitzen.
592
Exaltädos — fixemÜoti.
ExaltidM (span.), die Ultraliberalen in
Spanien, im Gegensatz zu den Moderados.
ExAltatlOB (lat.), effektvolle, leidenschaft-
liche Erhebung des Gefühls und Willens.
EzlaieB (lat.), Prüfung, Schnlprufung.
SseamincUion, Untersuchung, Verhör. Exa-
m<7>a<or{iim,Repetftion über gehörte Kollegia.
Exanlmatioii (lat.), ^ntseelnng, Muth-
losigkeit; tiefe Ohnmacht. [schlag.
Exanthem (gr.), Hautausschlag, s. Au$-
Exarch (gr.), Titel des byzantin. Statt-
halters von Italien (seit 567), dessen Sitz
Rarenna war. Exarekat, das Gebiet der Statt-
halterschaft, nmfasste die beutige Romagna
und den Küstenstrich von Rimini bis An-
,cona, ward 752 yomLongobardenkönig Aistnlf
erobert, 755 von diesem an Pipin den Klei-
uen abgetreten, welcher dem röm. Bischof
Stephan iL das Patriciat darüber übertrug. —
In der christl. Kirche war E. ursprünglich
Titel der Bischöfe, später nur eines solchen
Ciflchofs, unter welchem andere standen.
Exartik«latIon (Enukleation, lat.), die
Abnahme eines Gliedes im Gelenk.
Ex aase (lat.), ganz, Töllig, bei Heller und
Pfennig. E. a. heres, Universalerbe.
Exandi (lat., d.i. erhöre), Name des 6. Sonn-
tags nach Ostern, nach einem an diesem
Sonntag gesungenen Liede, das mit £. anfing.
Exanguratlon (lat.), Entweihung, Ent-
heiligung; exavgvriren, profan machen.
Ex liene plaeito (lat.), nach Gutbefinden.
Ex eapite (lat.), aus dem Kopfe.
Ex cathedra Petrl (lat.), Ausspruch vom
Lehrstuhle Petri; Machtspruch.
ExeedireB (lat.), über das erlaubte Mass
hinausgehen, ausschweifen.
Excellent (tat.), vortrefflich; excelliren»
sich auszeichnen.
Exeellenz (lat.), YortrefTlichkeit, Ehren-
prädikat zuerst der longobard., dann der
frank. Könige und deutschen Kaiser bis ins
14. Jahrb.; jetzt Amtstitel der wirklichen
Minister, Geheimrätlie, obersten Hofbeam-
ten, Generäle und Gesandten. In Italien
von jedem Adeligen geführt.
ExeelBltftt (lat.), Höhe, Erhabenheit.
Excemtriky kreisförmige Scheibe, welche
ihren Drehpunkt nicht im Gentmm hat, so
dass bei der Umdrehung der grössere Theil
der Scheibe in allen Lagen um den Dreh-
punkt kommt, dient zur Umsetzung einer
rotirenden Bewegung in eine geradlinige hin-
und hergehende, bes. an Dampfmaschinen
zur Beugung, d. h. zur Regelung des Dampf-
zutritts in den Cylinder.
Exeentriseh (lat.), ausserhalb des Mittel-
punkts eines Kreises gelegen. Kreise oder
Kreisbögen heissen e., wenn ihre Mittel-
punkte nicht zusammenfallen, im Gegen-
satz zu kancentrisek ; auch s. v. a. über-
spannt, phantastisch. — Excentricität , in
einer Ellipse die Entfernung der Brenn-
punkte vom Mittelpunkte; in der Astronomie
diese Entfernung dividirt durch die halbe
grosse Axe oder in Bruchtheilen derselben
ausgedrückt.
Excentrischer Ort 9 bei Planetenbahnen
diejenige Stelle im excentrischen, über der
grossen Axe als Durchmesser beschriebenen
Kreise, an welcher der Planet, von der
Sonne aus gesehen, zu stehen scheint
Exeeptlon (lat.), Ausnahme ; Einrede (s.d.).
Excerpiren (lat), etwas aus einer Schrift
ausziehen; Exeerpt, derartiger Ansang.
Excew (lat.), AusschweiAmg, namentlich
Uebertretung solcher Polizeigesetze, welche
Erhaltung der öffentl. Ordnung und Rahe
bezwecken; exee»nv, ausschweifend.
ExehaMe (engl., spr. Exzschehndsch), Unt-
tausch, Wechsel ; Käme der Börse in London.
Excheqner (engl., spr. Exzschek*r, fr.
ichiquier , Schachbret), das Schatzkammer-
gericht (Ot>«r< 0/ f.) in England. E.- Bills,
Schatzkammerscheine, die Obligationen, zu
deren Ausstellung das brit. Finanzministe-
rium durch ein Kreditvotum vom Parlament
ermächtigt wird (zuerst 1606); tragen l>^—2Vs
Pence von 100 Pfd. St. täglich Zinsen nnd
stehen gewöhnlich etwas über dem haaren
Gelde. 1853 wurden auch E. - Bondi oder
Schatzkammerobligationen zu 2'/i<Vo auf 10
Jahre und zu 2i/a o/q auf weitere 30 Jahre
(bis 1894) emittirt.
Exeldlren (lat.), herausfallen; ausschnei-
den; Exciiion, Ausschneiduug, Ausrottung.
Excipiens (lat.), in zusammengesetzten
Arzneien diejenige Substanz, welche der
ganzen Mischung die Gestalt gibt.
Excipiren (lat.), aufnehmen.
ExcitAbllitat (lat.), Erregbarkelt, Relz-
bnrkeit. Excitantia, aufregende Heilmittel.
Excitation, Aufreg^ing; Aufforderung. Mcei-
tatorium, Erinnerungs-, Mahnschreiben.
Ex deereto (lat.), auf Grund gerichtlicheu
Bescheids. [tengebäude einer Kirche.
Exedra (gr.), Yersammlungszimmer; Sei-
Exegese (gr.), Erklärung, Auslegung,
namentl. der heil. Schrift, Bibelerklärung.
Exeget, gelehrter Schriftausleger. Exegetik.
Anslegungskunst. Ygl. Interpretation.
Exexrabel (lat.), verflucht, abscheulich.
Exekration, feierliche Verwünschung.
Exekution (lat.), Vollstreckung eines
Rechtsspruchs; gerichtl. Zwangshülfe (z.B.
Auspfändung); im Kriegsrecht militär. Be-
setzung, zur Erzwingung gestellter Forde-
rungen.
ExekatlTgewftlt, die vollstreckende Staats-
gewalt im Gegensatz zu der bloss anord-
nenden oder entscheidenden, Ausflnss der
Sonveränetät.
Exekuttvprozess (lat.), summarisches Ver-
fahren im Clvilprozess , wobei der Beweis
sofort durch Urkunden geführt und Be-
klagter vorläufig verurtheilt wird, wenn er
die Urkunden nicht ablehnen oder seine
Ausflüclite nicht ebenfalls durch Urkunden
stützen kann.
Exempel (lat.), Beispiel, Muster; arlthmet.
Aufgabe. Exemplaritch , musterhaft; auch
abschreckend, z. B. exemplarische Strafe.
Exemplar (lat.), Muster; Abdruck eines
Buches, Kupferstichs etc.; Einzelstück aus
einer Gesammtheit. [Beispiele.
Exemplifikation (lat.), Erläuterung durch
Exemtion (lat.), Ausnahme, Befreiung
von einer sonst allgemeinen Last oder Ver-
bindlichkeit, daher Eximirte oder EkenUe
Solche, denen eine solche Ausnahme sa
Exequatur — Expellentia.
593
Gute kommt; namentl. im Kirch enrecht Be-
freiung eines Klosters etc. von der geistl.
Jurisdiktion des Diöcesanbischofs und Unter-
stellung unter die eines höheren Kirchen-
obern oder des Papstes selbst, lieber exi-
mirten GerichUstand s. Oerichtsstand.
Exeqaatar (lat., d. i. er vollziehe), die von
einer Regierung dem bei ihr akkreditirten
Konsul einer fremden Macht erth eilte Er-
laubnlss zur Ausübung seiner Funktionen.
Exeqnlen (Exseguien, lat.), Leichenzug;
sonst sämmtliche Beerdigungsfeierlicblcei-
ten; jetzt bes. die Seelenmessen.
Exeqniren (lat.), ausführen, yollstrecken,
eine Leistung, zu der Jemand rechtlich ver-
pflichtet ist, durch Exekution beitreiben.
Exerclren (lat.), üben, insbes. Truppen
in der WafTenführung und in den Evolu-
tionen und Bewegungen zum Zweck des
Angriffs und der Yertheidigung einüben,
geschieht nach dem Exercirreglement , d. h.
der darüber gegebenen Vorschrift.
Exerelrknochen, Muskel Verhärtung , be-
dingt durch häufiges heftiges Anschlagen
des Gewehrs an d«n Oberarm. Behandlung:
Ausschneiden des verknöchei'ten Stücks.
Exercitation (lat.), Uebung.
ExerelÜum (lat.), Uebung, insbes. Sprach-
übung. Oeistliche I^ercUien (exercitia spi-
ritualia), Uebungen in der Frömmigkeit,
namentlich der katholisch - kirchlichen.
Exei^asie (gr.), Ausarbeitung, Ausführung.
Exeter, Hauptst. der engl. Grafsch. Devon,
an der Exe, 33,738 Ew. Kathedrale.
Exhalatlon (lat.) , Ausbauchung , Aus-
dünstung. [Erschöpfung.
Exbaariren (lat.), erschöpfen. JSxhaustion,
Exhaustor. s. Geubeleuchtung.
Exheredition (lat.), Enterbung.
£xhiblreil(lat.), übergeben, einhändigen;
darlegen, aufweisen; »ich «., sich auszeich-
nen. Exhihili<ni, Darlegung, Einreichung,
Ausstellung. Exbibitiomklage , Klage auf
Aushändigung einer Sache.
Exhortatton (lat.), Ermahnung. Exhor-
latorium, Ermahnungsschreiben. [Leiche.
Exhumation (lat.), das Ausgraben einer
Exigiren (lat.), fordern,' eine Schuld ein-
treiben; exigibel, elntreiblich, sicher.
Exil (lat.), Verbannung. Iheüiren, ver-
Eximirte) s. Exemtion, [bannen.
Ex ImpFOTiso (lat.), unvorhergesehen.
Existent (lat.) , seiend, vorhanden. Exi-
stenz, Dasein, Bestand. Exittiren, bestehen ;
sein Auskommen haben.
Exitlnm (lat.), Untergang, Verderben;
exiti'ös, verderblich, unheilvoll.
Exitns (lat.), Ausgang, Ende.
Ex Jnre (lat.), von Rechts wegen.
Exklamatloii Oat.), Ausruf. .
Exkludlreil(lat.), ausschliessen; JE^Husion,
Ausschliessung; exklusive, mit Ausschluss.
Exkoktlon (lat.). Auskochung.
Exkonimnnikation (lat.), Ausschliessung
aus der Kirchengemeinschaft, Kirclienbänn.
ExkorlatlOB (gr.), Abschürfung der Ober-
haut und dadurch Biossiegang der tieferen
(feuchtem) Hautpartien ; Schorfbildung, bis-
weilen Eiterung. Entsteht durch heftiges
Beiben. Behandlung: Auflegen von Fett.
Meyers Hand -Lexikon,
Exkremente (lat.), Auswurfsstoffe , spe-
ciell Darmexkremente, unverdaute Speise-
reste, Epithel, Schleim, Zersetzungsprodukte
der Galle (welche den Geruch bedingen)
etc. Beim Menschen ca. 150 Grm. täglich,
mit 250/0 festen Stoffen und 3,4 o/^ Stickstoff.
Bei Krankheiten bisweilen ansteckend (Cho-
lera). Guter Dünger, getrocknet als Pou-
drette. Vogelexkremente (Guano) enthalten
auch die Hambestandtheile (Harnsäure) und
düngen vollständiger.
Exkresoenz (lat.), Auswuchs, Fleisch-
gewächs, [schuldigung.
Exkulpation (lat.), Rechtfertigung, Eut-
' Exkurs (lat.), Abschweifaug von der
Hauptsache ; einer Schrift als Anhang bei-
gegebene ausführliche Erörterung eines in
Jener vorkommenden Gegenstandes.
Exkursion (lat.), Ausflug, kleine Reise.
Exkusation (lat., fr. excme, spr. -kühs),
Entschuldigung. [venten Schuldners.
Exkussion (lat.). Ausklagung eines insol-
Exlex (lat.), ausser dem Gesetze stehend,
vogelfrei. [ausstreichen.
Exmatrlknliren (lat.) , aus einer Liste
Exmission (lat.), Heraustreibung aus der
Wohnung durch den Gerichtsdiener.
Exodinm (gr.), Ausgang.
Exödns (gr.), Auszug, Name des 2. Buchs
Moses, weil es den Auszug der Israeliten
aus Aegypten erzählt.
Ex omeio (lat.), von Amts wegen.
Exoneration (lat.), Entlastung.
Exorabel (lat.), erbittlich.
Exorbitani (lat.), übermässig, übertrieben.
Exorclsmns (gr.), Austreibung des Teufels
und sonstiger bösen Geister aus dem JMEen-
schen , fand in der alten christlichen Kirche
bei der Taufe der Heiden , auf Grund der
augustin. Erbsündenlehre auch bei der Kin-
dertaufe Statt, von Luther beibehalten, von
den Reformirten abgeschafft, auch sonst in
der Protest. Kirche meist beseitigt, neuerl.
von den Altlutherischen wieder aufgenom-
men. Eeorcist, Teufelsbanner.
Exordinm (lat,)? der Eingang einer Rede.
Exosmose. s. Endomiose,
Exostose (gr.), Knochenauswuchs, Kno-
chengeschwulst; holz. Auswuchs anpflanzen.
Exoterisch, s. Etoteriseh.
Exotiseh (gr.), ausländisch. E.e Gewächse,
anderen, bes. heisseu Zonen angehörigo
Gewächse, welche bei uns nur in Gewächs-
häusern fortkommen. \bel, ausdehnbar.
Expansion (lat.), Ausdehnung. Expanni-
Expansionskraft (Tension, Spannung), das
Bestreben' der Gase, sich auszudehnen.
Expeetorantia (lat.), Auswurf befördernde
Mittel, theils reizend (kl. Dosen von Ipeoa-
cuanha, Brechwein), theils mildernd (schlei-
mige und zuckrige Mittel, Althäa, Säfte).
Expediens (lat.), Hülfs- oder Auskünfte'
mittel, Ausweg. - Expedient, Ausfertiger;
Expedition, Ausfertigung; Versendung; Ge-
schäftszimmer ; kriegerische Unternehmung.
Expektanz (lat.), s. Exspeklanz.
Expektoration (lat.) , Schleimauswurf;
Eröffnung, Herzensergiessung.
Expellentia (lat.), Mittel, welche Unrei-^
nigkeiten aus dem Körper befördern sollen^
88
594
Expensen — Extradiren.
ExpeBien (lat.)) Kosten, Auslagen, bes.
Gerichtskosten. Expetuarium , KostenTer-
xeichnlss. [gäbe ins Rec^nangsbnch.
ExpeniiUtloii (latOjJBintragnng einer Ans-
Experienti« (lat.)i Erfahrang.
Experiment (lat.), Versach, dasjenige Ver^
fahren des Natorforschera , bei welchem er
nach einem bestimmten Plane Stoffe oder
Kr&fte aufeinander wirken lässt, um aus den
dabei sich ergebenden Besultaten tiefere £r-
kenntniss zu schöpfen« als durch Beobach-
tung allein zu gewinnen ist.
Experimentalehemie und -physik, die Er-
läuterung chemischer und phydkalischer
Lehren durch Experimente.
Expert (lat.), erfahren, sachTerständig.
Explation (lat.), Aussöhnung, Büssung;
expialoritch , versöhnend, büssend, genug-
thuend. [Erbschaftsdieb.
Expllation (lat.), Beraubung; ExpikUor,
Explaiuitlo^ (l»t.)i Erklärung, Auslegung.
Explikation (lat.), Erklärung, Auslegung ;
expliciren, erklären, erläutern.
Exploration (Au8for$chung), die ärztliche
Untersuchung von Kranken, durch Besich-
tigen , Befühlen , Klopfen (FiBrkusnon) und
Horchen (Autkultation), Wärmebestimmung
durch das Thermometer, durch chemische
Untersuchung der Auswurfsstoffe und mi-
kroskop. UntersnchuDg bestimmter Objekte.
Explosion (lat.), plötzliche und gewaltige
Entwickelung oder Ausdehnung yon Gasen,
tritt ein bei momentaner Zersetzung gewisser
Körper oder* wenn der Druck eines einge-
sohlossenen Gases das Gefäss sprengt.
ExpSnent (l^t.), in der Mathematik eine
Zahl oder Grösse, welche angibt, wie viel
mal eine andere als Faktor gesetzt oder
mit der Einheit multlplicirt werden soll,
gewöhnlich mittelst einer rechts etwas er-
höht stehenden Zahl bezeichnet , z.B. 5 >
= 5.5;a* = a.a.a etc. Ist der £. auch
eine gebrochene und negative Zahl, so ist
obige Erklärung nicht zutreffend. Exponen-
tialgrö$$e, Potenz, deren E. eine veränder-
liche Grösse i0t. [setzen, gefährden.
Exponiren (lat.), auslegen, erklären ; aus-
Export (lat.X Ausfuhr. [setzung.
Expo«^ (tt.u Darlegung, Auseinander-
Exp08ltion(lat.), Aussetzung, Ausstellung ;
auch Ent<img, Erörterung.
ExpreM (lat.), ausdrücklich, besonders.
JSrpreMdr, Ellbote. Expression, Darstellung,
Ausdruck. Expre$»iv, nachdrücklich, [wurf.
Exprobratlon (lat.), Ausscheltung, Yor-
Sx profeno (lat.), zugestandenermassen;
vorsätzlich ; dem Beruf gemäss.
ExpromlBsion (lat.), die freiwillige Ueber-
ni^me einer bestehenden fremden Schuld mit-
telst Uebereinkommens mit dem Gläubiger
ohne Mitwirkung des bisherigen Schuldners.
ExpromiUerU, der die Schuld Uebemehmende.
Expropriation (lat.), Enteignung, der Akt,
wodurch Jemand vom Staate oder von der
Kommune gezwungen wird, Grundeigen-
thum zu einem öffentlichen Zwecke (z. B.
zum Bau einer Eisenbahn , Strasse etc.)
gef[:en volle Entschädigung abzutreten.
Ex propriis oder proprio (lat.), aus eignen
Mitteln. Ex p. Marie, aus eigner Kraft.
Expurnation (lat.), Eroberung.
Expolslon (lat.), Austreibung.
Expnrgation (lat.), Reinigung, Recht-
fertigung; Abfuhrung.
Exquisit Hat.), auserlesen, vorzüglich;
Exqiiisition, Untersuchui^, Erforschung.
Exrotalatlon Oo>tO> Eröffhung smräck-
gekommener, behufs des Bechtsspruchs
versendet gewesener Akten.
ExslkkaÜon (lat.), Austrocknnng.
Exspektana (lat.), Anwartschaft. Sxtp^k-
tcUiven, Anwartschaften auf gelstL Benefi-
cien, die erst zur Erledigung kommen sollen.
Exspiration (lat.), Ausathmnng.
Exstlnktlon (lat.), Auslöschung, Vertil-
gung; exstiiMutren, auslöschen, vertilgen.
Exstirpation (lat.), das Ausschneiden,
Ausschälen krankhafter Stellen; beschränkt
sich bei gutartigen Geschwülsten nur auf
letztere, wahrend bei bösartigen (krebsigen)
Neubildungen ein Theü der gesunden Um-
gebung mit weggenommen werden muss,
um Rückfällen vorzubeugen.
Exstfrpator (lat.), Ackergeräth, viel-
seharige Pferdehacke zur oberflächlichen
Lockerung des Bodens, Vertilgung des Un-
krauts und zur Unterbringung des Samens.
Exstmktton (lat.), Erbauung, Errichtung.
Ex8adit(Iat.), krankhaftes Ausscheidungs-
produkt in Körperhöhlen, verschieden nach
Art der Krankheit: wässrig (serös), eitrig
(fibrinös) etc. Auch in einzelnen Geweben
kann sldi ein E. finden. Der ganze Vor-
gang heisst Exmdation.
ExtemporSle (lat.)« ohne Vorbereitung
gehaltene Rede; schriftlicher, ohne Vorbe-
reitung und sonstige Hülfsmittel ausgearbei-
teter Aufsatz. Ex tempore, aus dem Stegreif;
exteimporiren , aus dem Stegreif reden.
Extension (lat.), Ausdehnung. Extendiren,
ausdehnen, erweitem. ExtensibUitStt , Aus-
dehnbarkeit; extensive, der Ausdehnung
nach: extensive Grösse, räumliche Grösse.
Exiensores (lat.), die Muskeln, welche
die Streckung eines Gliedes bewerkstelligen.
Ihnen entgegen wirken die £eugemu$kel»
(flexores). [nernng, Herabwürdigung.
Extennatlon (lat.), Verdünnung, Verklei-
Ext^rieoT (fr., spr. -riöhr), das Aeussere.
Extern (lat.), äusserlich, auswendig;
Externen, Extraner, die ausserhalb des
Schulhauses wohnenden Zöglinge einer
Schulanstalt, bes. eines Alumnats.
Exterritorial (lat.), ausländisch, firemd;
Exterritorialität, die rechtliche Qualität
einer Person, wonach sie der Staatsgewalt
eines fremden Staats, in dem sie sicn zeit-
weilig aufhält, nicht unterworfen ist.
Exterstelne (Effgstersteine) , Sandstein-
felsengruppe im Bergrücken der Egge, bei
Hom (Lippe-Detmold), mit natürlichen Kam-
mern, ausgehauenen Bogengewölben und
merkwürdigen Skulpturen (wahrscheinl. 12.
Jahrb.) an den Felswänden. Vgl. darüber
Afefide(1883), Dorow (1894), Cloatermeyer (1824^.
Extorqniren (lat.), entwinden, erpressen.
Extorsion, Erpressung.
Extra (lat.), ausserhalb, zu ungewöhn-
licher Zeit; auch ausserordentlich.
Extradiren (lat.), aushändigen.
i
Extrahiren — Fabel.
595
Extrahiren (lAt.)i ausziehen, einen ge-
richtlichen Befehl auswirken.
Extrajudlelal (lat.), aussergerichtlicb.
Extrakte (lat.), aus ▼egetabUischen Stoffen
durch Ausziehen derselben mit Wasser oder
Alkohol und Verdampfen des Auszugs er-
haltene pfaarmaoeut. oder techn. Präparate.
Extraktion (lat.)* Ausziehuug, Behand-
lung zerkleinei*ter Substanzen mit Flüssig-
keiten bei höherer (Digestion, Abkochung)
oder niederer Temperatur (Maceratlon), um
die in ihnen enthaltenen löslichen Stoffe zu
gewinnen; oft unter Anwendung von Luft-
druck, Pressen, Centrifttgen oder Luftleere.
ExtnktiTBtoffe^ dunkel gefärbte Substan-
zen, die beim Verdampfen f on Pflanzenab-
kochungen zurückbleiben.
Extra mnrofl O^t.), ausserhalb der Mauern,
Extraner, s. Extern. [d. h. der Stadt.
Extraragint Os-t*)» ausschweifend. JE'aBfro-
vagam, Uebertreibung, Unbesonnenheit.
Extravaganten, die dem Corpus juris
canonici beigegebenen späteren Sammlungen,
namUch die Dekretalen des Papstes Jo-
hann XXn. (um 1340) und die von 15 Päpsten
von UrbfturV. bis SixtusIV. um 1488; beide
bestätigt von Gregor XIH. 1580.
Extravasation (ExtravctMi, lat.), .der Ans-
tritt von Blut aus Gkfässen, stets durch
Reissen derselben bedingt.
Extrem (lat.), das Aeusserste. Exirime,
einander entgegengesetzte Dinge.
Extremität (lat.), das Ende ; im Plur. die
äussersten Grliedmassen (Hände und Vüsse).
Extrusfon (lat.), Ausstossnng. [schwulst.
Extumescens (lat.), Anschwellung, Ge-
Exnlaut (lat.) , ein in Vorbannung Leben-
der; exuliren, Terbannen.
Exnlceration (lat.), Verschwarung ; Zer-
fall von Grewebstheilen, bes. auch von sog.
Neubildungen (Krebsen etc.), bei denen es
durch mangelhafte Ernährung zum Ab-
sterben gewisser Theile kommt, deren Beste
dann durch erweichte und verjauchende
Partien losgestossen werden. Meist übler
Geruch der betreffenden Stellen, deshalb
UeberscfalägevondesiaficirendenSubstanzen.
Exvltation (lat.), Frohlocken, Jauchzen.
Exnndation (lat.). Austretung fvon Ge-
wässern); Ueberschwemmting. [brauche.
Ex vsn (lat.), nach der Sitte ; aus dem Ge-
Exvrien Oat.), ausgezogene Kleider; ab-
g^estreifte Hülle oder Haut; Beute.
Ex TOtO (lat.), auf Grund eines Gelübdes.
EyaQord, Bucht an der Kordküste von
Island; daran der Handelsplatz Akureyri.
Eyek, Jan vcm, her. niederländ. Maler,
geb. um 1890 zu Maaseyck bei Lüttich, aus
einer alten Maler&miiie, Schüler seines äl-
teren Bruders, ffvbert van E. (1966—1426),
ging mit diesem nach Brügge, später (1420)
nach Gent; f um 1441 zu Brügge. Die Be-
gründer und Meister der flandr. Malerschule,
von ausserordentl. Einfluss auf die moderne
Kunstentwioklung. Beider Brüder gemein-
sames Hauptwerk die Anbetung des Lammes
in Gent (Altarbild mit Flügelthüren, über
900 Figuren, 1438 beendet); zahlr. Werke
in verschiedenen Gallerien. Jan führte zu-
erst die Oelmalerei ein. Vgl. Hotho, ,Die
Malerschule Huberts van E.*, IföÖ— 59.
Eylan (Preu»*i8ch-E.), Kreisst. im preuss.
Regbz. Königsberg, 3518 Ew. 8. Febr. 1807
Behlaehi zwischen. Napoleon und den Russen
und Preussen unter Bennlgsen undLestocq.
Eyresee (Oregorytee) , See Im Innern
Australiens , bei höchstem "Wasserstande
170—180 QM. gross, während der trocknen
Jahreszeit eine wasserlose Schlamm- und
Lehmfläche: von Eger 1840 entdeckt, von
Stuctrt (1859) und Warburton (1866) besucht.
Ezecnlel (Hesekiel), hebr. Prophet, Sohn
des Priesters Busi , ward 598 v. Chr. als
Jüngling mit dem König Jojachin nach Me-
sopotamien abgeführt, trat hier, am Flusse
Ghaboras wohnend, 594 als Prophet auf und
wirkte als solcher S2 Jahre. Seine im
A. T. erhaltenen Orakel bilden den Ueber-
gang von der älteren Prophetie zu der spä-
tem Apokalyptik.
Eeelin (Exgelino da Bomano), der Dritte gen. ,
unter Kaiser Friedrich n. Haupt derGbibelli-
nen in Italien, Sprössling eines deutschen
Rittergeschlechts, geb. 26. April 1194 zu Onara
in der Mark Treviso, machte sich zum
Podestk von Verona und scbloss sich an
Kaiser Friedrich 11. im Kriege gegen die
Lombarden an, wurde 1236 Oberstatthalter
in Padua, unterwarf sich das ganze nord-
östl. Italien, berüchtigt als ,G«isel Gottes'
durch Grausamkeit (er hatte über 50,000
Menschen tödten lassen), wai'd in einem
Treffen gegen die verbündeten Fürsten 16.
Sept. 1259 bei Gassano verwundet; t 27. Sept.
Von 3 Päpsten mit dem Bann belegt, wusste
er diesen unwirksam zu machen. — Sein
Bruder, ATberich, musste 25. Aug. 1260 sein
Schloss übergeben und ward, nach grau-
samer Ermordung seiner Söhne und Töchter,
an den Schweif efnes Pferdes gebunden'
und zu Tode geschleift. Vgl. Vtrci, .Storia
degll BzzeUniS 1844, 3 Bde.
F.
_ F., als röm. Zahlzeichen, = 40; F oder
F = 40,000 : auf Mfinxen Magdeburg, Angers
und Hall in Tirol; in der Musik z:z forte;
bei thermometr. Angaben = Fahrenheit.
Faam f^Pa^m^, Thee von Bourbon, Blätter
Ton Angrecum fragrans Thouars (Orchidee),
auf den Maskarenen, dient zum Parfümiren
des grünen Thees.
Faba (lat), Sau- oder Puffbohne; Fabae
aitbae, Samen von Pfaaseolus vulgaris.
Fabel, Gedichtgattung, welche in Form
einer kurzen , meist dem Naturleben ent-
38*
596
Faber — Faenza.
nommenen Ers&bluDg irgeDd eine Lebens-
regel veransohaulicht; im weitem Sinne
das Sajet einer Dichtung.
Faber 9 Joh, Lothar von. Industrieller,
geb. 12. Jnni 1817 zu Stein bei Nürnberg,
Urenkel Ton Kaspar F., der 1761 die Blei-
fltiftfabrikation begann, übernahm 1839 das
ererbte Geschäft, gründete 1849 Zweig-
geschäfte zu Newyork und Paris, trug mit
sejueu Künstlersäften bei Land- und Welt-
industrieausstellungen den Preis dayon,
sicherte sich 18&6 durch Vertrag die Aus-
beute des neuentdeokten Oraphitlagers auf
dem sajan. Gebiige in Ostsibirien. Seit
18ß4 lebenslänglicher Reichsrath in Bayern.
Fabias^ röm. Patriciergeschlecht, dessen
sämmtliche Glieder, 806 an der Zalil, 477
T. C^r. im Kampf gegen die Vejenter bis
auf einen einzigen , in Rom zurückgeblie-
benen Knaben gefallen sein sollen. Dem-
selben gehören noch an: QuintuiF. Maximu»
Ounctator (d. i. der Zauderer) , Konsul 233
und 228, hob, zum Diktator ernannt, 217 den
durch Hannibals Siege gesunkenen Muth der
Römer dui'ch geschielt te Strategik (daher
sein Beiname), ward 209 zum 5. Male Konsul.
Quilitu» F. Pictor, schrieb im 2. pun. Kriege
zuerst die Gesch. Roms, der älteste Annalist.
Fabllaa (fr., spr. Fablioh), in der altern
frauz. Literatur poet., zum Recitiren be-
stimmte Erzählung aus dem bürgerl. Leben,
meist mit pikanten oder satir. Anspielungen.
Fabriclus Luscinas, Cqjua, Römer, be-
rühmt durch Sitteneinfalt u. strenge Recht-
lichkeit, bewies sich, nach der Niederlage
der Römer bei Heraclea (280) zu Pyrrhus
gesandt, gegen dessen Lockungen und Dro-
hungen gleich unempfänglich, lieferte 278
den verrätherischen Arzt, der den Pyrrhus
vergiften wollte, diesem aus, war zweimal
Konsul. 275 Censor.
Fabriken O^t.), gewerbliche Anstalten,
wo durch das Zusammenwirken zahlreicher
Menschenkräfte, mit Hülfe Ton Maschinen
und unter Anwendung des Princips der
Theilung der Arbeit Rohstoffe in Kunst-
produkte (Fabrikate) umgewandelt werden.
Fabrikgeriehte, s. Gewerbsgerichte.
Fabfila (lat.), Fabel ;^a6u2ir<n, erdichten,
lügen ; fabuVÖSf fabelhaft.
Fa^aae (fr., spr. -sahd), die Aussenseite,
bes. Vorder- oder Stirnseite eines Gebäudes.
Facehlno (ital., spr. Fackino), Lastträger.
Face (f^., spr. Fahs), die vordere Fläche,
bes. des Gesichts. Vgl. En face.
Facetlen (lat.), witzige Reden, Schwanke.
Facetten {it., spr. -sett-), Schiefecken,
Schiefflächen auf Edelsteinen, Glasflüssen.
Fachlngen, Dorf im preuss. Regbz. Wies-
baden, Unterlahnkreis, unweit der Lahn,
861 Ew. Ber. Stahlbrnnnen.
Fachwerk (Faehtoand), aus einzelnen,
durch Rahmenstücke, Riegel und Bänder
vereinigten Standern bestehende Holzver-
bindung, deren Felder mit Ziegelsteinen,
Lehm etc. ausgefüllt und auf beiden Seiten
verputzt werden.
Facies (lat.), Gesicht. F. Hippocratica, s.
, JBRppoJcralisehes Gesicht, [keit.
FaeOitSt (lat.), Gefälligkeit, Umgängli<^-
Facit (lat., d. i. es macht), das Ergeb-
niss einer Rechnung, Betrag, Summe etc.
Fackeldistel, s. v. a. Cerens.
Fackelkraat, s. v. a. Verbascum.
Fackeltanz, polonaisenartiger Tanz, ^vo-
bei die männlichen Tänzer eine Wachs-
fackel tragen, Geremonie bei Verm&hlungeu
fürstlicher Personen, noch an eineeinen
Höfen, z. B. dem preussischen, üblich.
Fa^OB (fr., spr. Fassong), Fassung, Fomi ;
Anstand, Lebensart. F. de parier (spr.
-loh), blosse Redensart, leere Worte.
Fagonnerie (fr., spr. Fassonrih), Bearbei-
tung, Modeln der Zeuge.
Facsimlle (lat., d. i. mache es älinlich),
die genaue Nachbildung eines Schriftstücks.
Facta (lat.), Plural von Factum (s. d.).
Factotvm (lat., d. i. Mach -Alles), Biner,
der Alles besorgt.
Factum (lat.), Thatsache, Ereigniss.
Factnra (lat., ital. Fatlura, Faktur), Rech-
nung über gelieferte Waaren. Fakturenbueh ,
bei der Buchführung Hülfsbuch, welches
die Abschriften der eingehenden Faktoren
enthält. Fakturiren, berechnen.
Fadalsen (fr., spr. -däsen), Albernheiten.
Faden, Längenmass zu Tiefenmessnugen,
meist k 6'; engl. F. == 2 Yards = 1,8S8
Meter, preuss. F. = 1,888, hamburger =
1,719 Meter; Gammass von der Länge des
Umfkngs der Haspel.
Fadenalgen, s. Algen.
Faden wurm (Filaria Müll.), Gattung der
Rundwürmer (Nematoidea). Medina-, Nestel-,
Guineawurm (F. medinensis Gm.), parasitisch
im Fleisch der Thiere fast aller Klassen.
Faeces (lat., Plur. von faex), Hefe, Bo-
densatz in Flüssigkeiten; Darmkoth.
Fächei^ewölbe, Gewölbe des engl, apät-
gothischen Stils, mit fächeräbnliclien , vom
Gewölbeanfang sich strahlenförmig aus-
breitenden Rippen. [mehrung dienend.
Fächser. Pflanzeuschössling, zur Ver-
Fähnrlcn, im Mittelaltar der Fahnen-
träger, bei der Reiterei Cornet genannt,
gewöhnl. der jüngste Offizier; Jetzt fFoAnen-
junker) Unteroffizier, der nach dem Feld-
webel rangirt, Charge für OfÜzieraspiran-
ten nach bestandenem Examen, trägt das
Offiziersporte6p6e, daher Porte^iefäknrich.
Fähre, bewegliche Brücke, Fahrzeug
zum Uebersetzen über Flüsse, wird mittelst
Fahrbäume geschoben oder an einem über
den Fluss gespannten Seil fortbewegt. Bei
der fliegenden F. ist das Seil in der Mitte
des Flusses befestigt und das Fahrzeug
beschreibt einen Kreisbogen.
.Fällung, Erzeugung eines Niederschlags
(FräeipitcU) in einer Flüssigkeit, wobei die
Substanz des Niederschlags schon fertig
gebildet in der Flüssigkeit vorhanden, aber
gelöst gewesen oder erst nach Zusatz des
Fällungsmittels gebildet sein kann.
Famnndsee, See in der norweg. Landschaft
Oesterdalen, 8 M. iang, fliesst dnrch den
Trysil (Klar -Elf) zum Wenernsee ab.
Faenza (ehedem Faventia), Stodt in der
ital. Prov. Ravenna, am Lamone, 17,486 Ew.;
ansehnl. Dom; Fabr. von Majolicageschirr
(Faj/ence, nach dem l^amen dar Stadt).
Färberei — Faktor.
597
Färberei, die Befestigung von Farbstoffen
auf Gespinnstfasem durch chemisch -physi-
kalische Prozesse. Manche Farbstofife wer-
den aus ihren Lösungen von der Faser
direkt absbrbirt und sehr fest gehalten
(aub$tantive Farben). Andere muss man in
Gegenwart der Faser aus ihren Lösungen
fällen (Oarthamin aus alkalischer Lösung
durch eine Säure, Elsen- und Manganozyd-
hydrat aus der Lösung ihrer Oxydulsalze
durch den Sauerstoff der Luft) ; sie befesti-
gen sich im Moment des Ausscheidens auf
der Faser. Zu diesem Zweck larbt man
oft die Faser in einer Flotte und bringt
sie dann in eine zweite (z. B. zuerst in
Blanholzabkochung , dann in Lösung von
chromsaurem Kali), wo die chemische Ver-
änderung oder die Erzeugung des Farbstoffs
(z. 6. Gelb durch chromsaures Kali auf mit
Bleizucker getränkter Faser) erfolgt. Meist
(bei den adjektiven Farbstoffen) wird die
Faser zunächst gebeizt (mit Alaun, Thon-
er de-, Eisen -,Ziunsalzeu, Gerbsäure, Fetten,
Albumin etc.), d. h. durch eine Lösung der
Beize (Mordant) gezogen, dann wird die
Beize befestigt (durch Kuhkoth • , Kleien-,
Seifenbad , Lüften) und nun die Faser in
der Farbstofflösung (Flotte) gefärbt. Die
gefärbte Faser wird durch saure oder alka-
lische Flüssigkeiten, Seifen- oder Farben-
brühen gezogen, um die Schönheit der
Farbe zu erhöhen (Schönen, Schauen, Avi-
viren). Vgl. die "Werke von Kurrer (1858),
Bolley (1867), Betmann (1867), Schrader (1869),
. Schilucnberger (1870). Vgl. Anilin. [torum.
Färberknoterich, s. v. a. Polygonum tinc-
Färberröthe, s. v. a. Rubia tinctorum.
Färöer (Färeyjar , d. I. Schaflnseln), zu
Dänemark gehörende Gruppe von 22 Liseln
(8 unbewohnt) im atlant. Ucean, zwischen
Schottland und Island, 24 QM. u. 8922 Ew.
Steile baumlose Felsmassen, mit mildem,
aber nebligem Klima. Nahrungszweige :
Schafzucht, Fisch- und Vogelfang, Dunen-
sammeln, Fabrikation grober Wollwaaren.
Die bedeutendsten Inseln : Strömöe, Oesteröe,
Südei*öe, Sandöe, Vaagöe u. Bordöe. Eigne
Verfassung mit eignem Lagthing unter
einem Amtmann und Propst zu Thorshavn.
FanlnisSy die Zersetzung stickstoffhaltiger
pflanzlicher oder thierischer Stoffe durch
Einwirkung eines Ferments, verläuft unter
Entwicklung von Schwefel- und Phosphor-
wasserstoff und endet mit der Bildung von
Kohlensäure^ Wasser u. Ammoniak. Gegen-
wart der Luft ist nicht erforderlich, bei
reichl. Luftzutritt wird die F. Verwesung.
FSnlnisswldrige Mittel, s. Antiieptica.
Fäustel, der Hammer der Bergleute.
Fagne, La (spr. Fanj, d. I. Venu), Land-
schaft in der belg. Prov. Namur.
Fagott (ital.), Holzblasinstrument, be-
stehend aus einer langem u. einer kürzern
ausgebohrten Röhre, mit einem Rohrmund-
stück , das durch eine gekrümmte Mossing-
röhre (das S) mit dem Holzkörper in Ver-
bindimg steht; entspricht seiner Klangfarbe
nach dem Cello. Fagottino, kleineres F.
Fahlcrantz, 1) Karl Johann, schwed.
Landschaftsmaler, geb. 29. Nov. 1774 im
Kirch Sprengel Stora Tu na, seit 1815 Prof.
an der Akademie zu Stockholm; f ^M, 1.
Jan. 1861. Lebensvolle Darstellungen der
nord. Natur. — 2) Axel Magnus, Bildhauer,
Bruder des Vor., geb. 1780, Mitglied der
Stockholmer Akademie; f !• Okt. 1854. Bes.
treffl. ornamentale Skulpturen. — 3) Ohri-
stian Erik, Dichter, geb. 30. Aug. 1790,
Bruder des Vor,, erst Prof. der Theologie
zu Upsala, seit 1849 Bischof von Westeräs ;
t das. 6. Aug. 1866. Sehr. ,Noachs ark*
(treffl. humor. Dichtung, 1825), ,Ansgarius*
(reliR. - Vaterland. Heldengedicht , 1846),
,ßöm förr och nu' (Epos, 1858 — 61). Ge-
sammelte Schriften (1863—65, 5 Bde.).
Fahlerz (Sehwarzerz, Tetraedrit , Wein-
gültigerz), Mineralien aus der Klasse der
Kiese von sehr verschiedener Zusammen-
setzung, enthalten Antimon, Arsen, Kupfer,
Silber , Eisen , Zink und Quecksilber als
Schwefelverbindungen, sind sehr verbreitet
und z. Tb. wichtige Kupfer- und Silbererze.
Fahrende Habe (Fahrnias), alle beweg-
lichen Güter im Gegensatz zu Liegenschaften.
Fahrende Leute, im Mittelalter banden-
weise oder einzeln umherwandernde Gauk-
ler, Spieler, Sänger, Quacksalber etc.
Fahrenheit, Gabriel Daniel, Verbesserer
des Thermometers, geb. 14. Mai 1686 in
Danzig, lebte als Glasbläser meist in Hol-
land und England; f 16. Sept. 1736 in Hol-
land. Verfertigte die ersten genau über-
einstimmenden Thermometer, zuerst mit
Weingeist, seit 1714 mit Quecksilber, Ge-
wichtsaräometer und Thermobarometer.
Fahrlässigkeit, s. Culpa.
Fahrtmesser (Fahrtmas») , Schaufelrad,
welches vom Wasser bei der Fortbewegung
des Schiffs in Rotation versetzt wird, und
dessen Umdrehungen mechanisch registrirt
werden. [Ohnmacht.
Faiblesse (fr., spr. Fäbless), Schwäche,
Fain^ant (fr., spr. Fäneang), Faulenzer.
Fairfax (spr. Färfäks),. Thomas, Lord,
General der engl. Parlamentstruppen im
Bürgerkriege unter Karl L seit 1645, geb.
im Jan. 1611 zu Denton in Yorkshire, siegte
bei Naseby (14. Juni 1645) über Karl L,
befand sich 1660 an der Spitze der Abgeord-
neten, welche Karl II. im Haag zur Ueber-
nahme der königl. Gewalt aufforderteil ; f
12. Ff^br. 1671. Sein Briefwechsel herausg.
von Rob. Bell (1848—49, 4 Bde.). Biographie
von ATarkham (1870).
Faisenr (fr., spr. Fäsöhr), Unternehmer;
Jeder, der eine Sache ausfährt, während
ein Anderer den Namen dazu hergibt; auch
Plänemacher.
Faisst, Immanuel, Musiker, geb. 13. Okt.
1823 zu Esslingen, Direktor des Konser-
vatoriums zu Stuttgart; hervorragender
Orgelvirtuos und Komponist für die Orgel.
Fait (fr., spr. Fä), Thatsache; F. accom-
pli -(spr. fäht akongblih) , vollendete That-
sache, wogegen nichts mehr zu machen ist.
Fakir (arab.). Armer, Name der moham-
medau. Derwische und der ind. Büsser.
Faktloii (lat.), Partei, bes. politische.
Faktisch (lat.), thatsächlich.
Faktor (lat.), in der Arithmetik jede der
598
Faktor
Fall.
beiden 2SahUn, welche mit einander mnlti-
plicirt werden sollen; im Allg. Etwas, durch
dessen Wirksamkeit ein Produkt erzeugt wird.
Faktor (lat,), Oeschäftsfuhrer in Fabri-
ken, Druckereien etc.; auch Disponent,
welchem die Vertretung einer Handels-
gesellschaft oder die Leitung einer Hand-
lung anvertraut ist. S. Procura.
Faktoreien (IaI.), grössere Handelsnieder-
lassungen in fremden Landern und Erd-
theilen, in der Regel mit Niederlagen für
ein- und auszuführende Waaren und unter
eignen, mit besondem Vollmachten ver-
sehenen Beamten (Faktoren) stehend.
Fakult&t (lat.), Fähigkeit; auch Vollmacht.
Ueber die 4 F.en s. OhiveraitoUen.
Fakultativ (lat.), Befugrniss gebend , er-
mächtigend; der eignen Bestimmung über-
lassen, freigestellt.
Fakmiditat (lat.), Beredsamkeit.
FalaUe (spr. -lähs), Fabrikstadt im franz.
Depart. Calvados, an der Aut6, 8183 Ew.
Ber. Färbereien und Stmmpfwirkereien.
FalaschaSy Volksstamm in Abessinien, jüd.
Ursprungs, strenggläubig, sittlich, reinlich,
fleissig und induatriös, bes. gute Eiseuarbei-
ter und Baukünstler.
Falcidiscke ({uart, s. Legat.
Falcdnet. kleines Geschütz aus dem 16.
^hrh.; 86 Kaliber langes Rohr, schoss
Vollkugeln von 1 — 3 Pfd. Gewicht.
Falerli (a. G.), Stadt in Etrurien, 241
V. Chr. infolge einer Empörung gegen die
Römer von diesen zerstört; das. später die
röm. Kolonie Junonia Faliseorum,
Falemns ager (a. G.), das falernische Ge-
biet in Campania (dem heut. Neapel), be-
rühmtdurcli seinen treffi. "Wein (JJ'aZemer).
Falieri, Marino, seit 1354 Doge von Vene-
dig, geb. 1878, zettelte aus Rache gegen den
Patricier Michele Steno, der seine Gemahlin
beleidigt hatte und dafür vom Senat nicht
gebührend bestraft worden war, eine Ver-
schwörung gege]\ den Senat an , ward 17.
April 1355 hingerichtet.
Falk^ Johannes Daniel, Dichter u. Schrift-
steller, geb. 28. Okt. 1768 zu Danzig, seit
1793 In Weimar, wo er 1813 eine Anstalt
für verwahrloste Kinder gründete (später
in eine öffentl. Landosanstalt verwandelt) ;
t 14^ Febr. 1826. Bes. d^rch seine Satiren
bekannt. ,Satir. Werke' (1826, 7 Bde.). Seine
Schrift , Goethe aus näherem persönl. Um-
gange dargestellt* (3. Aufl. 1856) ist nicht
ganz zuverlässig. Vgl. ,J. F., Erinnerungs-
blätterS 1858.
Falke^ Geschütz aus dem Anfang des 16.
Jahrb. ; gegen 7' langes Rohr, schoss eiserne
Vollkugeln von 6 Pfd. Gewicht.
Falke (Faico j?ec&s<.^, Gattung der Falken.
1) EdelfaUcen : Jagd-, isländischer, weister F.
(F. gyrofalcoi.;, über 2', klaftert 41/9', im
hohen Norden, im Winter selten bei uns.
Würgfalke, Blaufuss (F. laniarlus L.), 22",
in Osteuropa, selten bei uns. Wander-, Blau-,
Taubeinfatke (F. peregrinus L.), 17—21", klaf-
tert 3—4', in der gemässigten und kalten
Zone, verfolgt besonders Tauben. Diese 3
Arten zur Baize (s. d.) abgerichtet. Baum-,
Blau-, StoBB-, Lerchenfalke (F. subbuteo L.),
13", in der alten Welt, bei uns gemeiner
Zugvogel, jagt besonders Lerchen. Zwerg-,
Blau-, Steinfaike, Merlin (F. aesalon L.),
10—12", Strichvogel in ganz Europa. 2) Bolh-
falken: Thurmfalke (F. tinnunculns L.), 14",
in der alten Welt, Strich- und Zugvogel,
'%
Iierolien, vertilgt Ungeziefer.
alke^ Jakob, Kultur- und Kunsthistoriker,
geb. 21. Juni 1825 zu Ratzeburg, wurde 1855
Konservator am german. Museum zu Nürn-
berg, seit 1858 Bibliothekar des Fürsten
Liechtenstein in Wien. Hauptwerke: ,Die
deutsche Trachten- und Modenwelt' (1858,
2 Bde.), ,Die ritterl. Gesellschaft im Zeit-
alter des Frauenkultus' (1863), «Geschichte
des modernen Geschmacks* (1866) und ,Die
Kunstindustrie der Gegenwart' (1868). Gab
mit Ege heraus ,Kunst und Leben der Vor-
zeit* (3. Aufl. 1868), jGallerie der Meister werke
altdeutscher Holzschneidekunst* (1858—61).
Falkenberg, Kreisstadt im preuss. Ref^bz.
Oppeln, an der Reina, 2076 Ew.
Falkenler. Falkenjager, Falkner.
Falkenoraen, weimar. Ritterorden» ge-
stiftet 2. Aug. 1732 von Herzog Ernst August,
18. Okt. 1815 als ,Orden der Wachsamkeit
oder vom weissen Falken' von Karl August
erneuert, Verdienstorden für Civil- und Mili-
tärpersoneu; 3 Klassen. Ordenszeichen :
achteckiges, goldnes, grün emaillirtes Kreuz
mit goldnem , weiss emaiUirtem Falken.
Devise; ,Vigilando ascendimus*.
Falkensteln, 1) Stadt im sächs. Regbz.
Zwickau, unweit der Göltzsch, 4881 Ew. —
2) Alte Burg (1832restaurirt) am Unterharz,
1 St. von Ballenstädt; seit 12. Jahrh. Sitz
der Grafen von B. (unter ihnen Qr&fHoyer
von F. im 13. Jahrb., Gründer des Sachsen-
spiegels) ; Jetzt im Besitz der Grafen von Asse-
burg-F. Bekannt bes. durch Bürgers Ballade
,De8 Pfarrers Tochter von Taubenhain*.
Falklandinsetn (Malouinen), brit. Insel-
gruppe im südl. atlant. Ocean, der Ostküste
Patagoniens gegenüber, bestehend aus 2
grossen Inseln Westfalkland (Maidenland)
und Ostfalkland (Soledad), die durch den
FalAIanJcund (Carlislesund) geschieden wer-
den, und 200 kleinen Eilanden , im Ganzen
223 QM. mit 600 Ew. Theils gebirgig, theils
sumpfig, Klima gemässigt, aber sehr stür-
misch. Verwilderte Hausthiere ; ausgezeich-
nete Häfen. 1593 von Rieh. Hawkins ent-
deckt, seit 1833 im Besitz der Briten. Re-
gierungssitz Port William.
Fall, die Bewegung eines Körpers gegen
den Mittelpunkt der Erde hin, Folge der
Schwerkraft. An einem und demselben
Ort fallen alle Körper von gleichen Höben
aus mit gleicher Geschwindigkeit Der
thatsächlich sich zeigende Unterschied rührt
vom Widerstand der Luft her. Die Be-
wegung der ftei fallenden Körper ist eine
gleichförmig beschleunigte und wächst in
demselben Verhältniss wie die Dauer des
F.a. Die Fallräume verhalten sich wie die
Quadrate der Fallzeiten. Auf der schiefen
Ebene fallen die Körper nach denselben
Gesetzen, aber so viel mal langsamer, als
die Höhe der schiefen Ebene in der Länge
derselben enthalten ist.
Fallbäume — Fanti.
599
FaUbattue» aber den FestangstluMren aa
Ketten hängeode Balken, welche bei Ueber-
fällen schnell herabgelassen worden und das
Fallbell 9 s. OuiUoline, [Thor sperrten.
Fallen der Schichten und Gänge, die Nei-
gung derselben gegen den Horizont mit
Bezeichnung der Weltgegend, nach welcher
die Neigung Statt findet (i).
Fallende Sncht, s. Epilepsie.
Fallgatter, aus Vallbäumen (s. d.) xnsam-
mengesetztes und wie diese benutztes Gat-
terthor, [zum Fangen wilder Thiere.
Fallgrube, mit Reisholz bedeckte Grube
FalUbel (lat.), fehlbar: FaUibüitcU, die
Möglichkeit zu irren, Fehlbarkeit.
FalUren (lat.), seine Zahlungen einstellen ;
fehlschlagen; Falliment (ital.) oder Fallis$er
ment (fr., spr. -iss^mang), Zahlungsunfähig-
keit, Bankrott. Faüit, Zahlungsunfähiger,
Fallmaschine, mechanische Vorrichtung
zur Demoustrirung der Fallg^aetze.
Fallnerayer, fhU. Jak., Geschichtsfor-
scher und Keisender, geb. 10. Dec. 1791 zu
Tschötsch beiBrixen, erst OffiziM* in bayer.
Dienst, dann Gymnasiallehrer zu Augsburg
und Landshut, seit 1836 Mitglied der Aka-
demie zu München, bereiste 18S1 , 1840 u. 1847
den Orient, folgte, 1848 in das frankf. Par-
lament gewählt, demselben nach Stuttgart ;
t 26. April 1860 zu München. Sehr. ,Gesch.
des Kalserthums Trapezunt* (1831); , Gesch.
der Halbinsel Morea im Mittelalter' (1830
bis 1835, 2 Bde.); ,Fragmente aus dem
Orient' (1845, 3 Bde.). «Gesammelte Werke'
berausg. von Thomas (1861, 3 Bde.).
Fallreep, an beiden Seiten einer Schififs-
treppe befestigtes Tau.
Fall-lUTer, Fabrik- und Handelsstadt in
Massachusetts (Nordamerika), au der Hope-
bai (1870) 26,786 £w. Baumwollensplnnerei,
Lietnenfnbr., Eisenwerke.
Fallgeliimi. s. Lnßballon.
Fallseliweri, you Kleber in Dresden ein-
geführte Verbesserung der Guillotine.
Fallwind, aus Gebirgen und Schluchten
plötzlich ausströmender Wind , der gleich-
sam in die Segel fällt.
FalmOttth (spr.-mnth), Hafenstadt in der
engl. Grafsch. Gornwall, an der Mündung
des Fol. 5709 Ew. Vorzugl. Hafen. Station
der Faoketboote nach Südeuropa u. West-
iudien. [scher.
Falsa (lat.), Fälschungen; Fcasariua, Fäl-
Falflchmiinzerei, s. Münzfälschung.
Falschsehen (Visus deflguratuf), Anders-
seben, durch die verschiedensten Augen-
krankheiten bedingter Sefafebler, wobei die
Gegenstände verzerrt erscheinen.
Falsett (ital.), Kopfstim^ne, Fistel.
Falsifikation , Verfäl schung.
Falslrechnnn^, s. Jiegula Falsi.
VMhrtmttf John, kom. Figur in Shakespeares
,Heinrich IV.', Begleiter des Prinzen Hein-
rich; wohlbeleibt, schwelgerisch, prahlend,
feig, aber voll Witz und Hnmor.
Falster, dän. Insel in der Ostsee, südl.
von Seeland, 8,5 QM. und 23,249 £w. Bed.
Obstbau. Hauptst. Nykjöbing.
Falsnm (lat.), Fälschung.
Faltenwurf, s. Gewandung.
Falnn (FaKLun), Hauptstadt des schwed.
Län Dalarue, 5561 Ew.; her. Kupferberg-
werk (jetzt minder ergiebig). Bergakademie.
Faluner Brillanten, Bleizinnlegirung mit
eingedrückten Facetten, Theaterschmuck.
Fama (lat.). Gerücht, auch Personifikation.
Farnes (lat.), Hunger, auch Personifikation.
Familiär (lat.), vei*traut, vertraulich. Fa-
miliaritcU, Vertraulichkeit.
Familie Cfat.), Ehegatten und Kinder ; dann
im Allgem. Verwandtschaft, Sippschaft; auch
s. V. a. Abtheilung , die Verwandtes umfasst.
FamilienfldeilLommiss, s. Fideikommits.
Familienpakt (Familienstatut), Vertrag
zwischen den Gliedern einer Familie über
ihre gemeinsamen Angelegenheiten.
Famös (famös, lat.), berühmt, berüchtigt ;
famöme lü>dlus, Schmähschrift.
Famulus (lat.), Diener; auf Universitäten
ein Student, welcher für einen Professor
gewisse äusserliche, auf die Vorlesungen
bezugliche Geschäfte besorgt. [laterne.
FanSl.Leuchtthurra, Feuerzeichen, SchlfTs-
Fanarioten, im Allgem. die griech. Be-
wohner des Fanar (Fanal), d. i. des Leucht-
tburmviertels in Konstantinopel, insbes. die
Nachkommen der bei der Eroberung Kon-
stantinopels durch die Türken verschont
gebliebenen edeln griech. Familien, aus
welchen bis 1822 die Dragomane der Pforte,
sowie dieHospodare der Moldau u. Walachei
genommen wurden, Kaste von geringem
National itatsbewusstsein, Jetet ohne Einfluss.
Fanatismns (lat.) , mit Verfolgungswnth
gegen Andersdenkende verbundener Reli-
gions- oder politischer Parteielfer. ^
Faney (engl., spr. Fänsi), Phantasie;
Fancyartikel, Modewaaren.
Fandango, span. Nationaltanz im '/«-Takt,
von der Zither begleitet, während die Tän-
zer die Kastagnetten schlagen.
Fanega, span. Getreidemass, a 4 Cuartillas
= 55,5 Liter, in Mexiko =r 85,71 L., in Chüe
= 97 L., in Peru = 66,48 L.
Fanfire (fr,), kurzes kriegerisches Ton-
stück für Trompeten und Pauken (Angriffs-
signal), oder für 2 Hörner (Jagdsignal);
auch Tusch bei Lebehochs. Fan/aronade,
Prahleret, Windbeutelei.
Fangdamm, Damm, welcher bei Wasser-
bauten den Arbeitsort trocken erhält.
FanOy Hauptst. in der ital . Prov. Pesaro,
am adnat. Meere, zwischen der Mündung
des Arzillo und Metauro, aof der flamini-
schen Strasse, 19,6G6 Ew.
Fan5, dän. Insel an der Westküste von Jüt-
land, 1 QM. und 3000 Ew.
Fanti, Neger Volk in Guinea« auf der Gold -
küste , ehedem sehr mäehtlg , infolge ihrer
Kriege mit den Ashantis herabgekommen.
Fanti, Man/redo, ital. General, geb. 24.
Febr. 1806 zu Oarpi im Modenesischen , war
1831 bei der revolutionären Bewegung be-
theiligt, focht als Generalmajor 1855 im
Krimkrieg, als Generallieutenant 1859 im
Krieg gegen Oesterreich, war 1860—61 unter
Cavour Kriegs- und Marineminister und Se-
nator, verdient um Reorganisation der ital.
Armee, übernahm 1862 das Kommando des
5. Militärdepart. zu Florenz; f &• April 1865.
600
Faraday — Famese.
Furftday (spr. -d6h), Michael, berühmter
Experimentalphysiker, geb. 28. Sept. 1791 ku
Newington (Sfidlondon), erst Buchbinder,
ward 18 IS Assistent am Laboratorium der
Royal Institution, 18S3 Prof. der Chemie an
ders. Anstalt ; f 25.Aug. 1867 in Hamptoncourt.
Entdeckte die magnetelektr. Induktion, das
GesetB der elektrochem. Aeqniyalente, die
Magnetisation des Lichts, den Diamagnetis-
mus, das Benzol und lieferte zahlr. Arbeiten
über die Elektrolyse, den Magnetismus der
Gase, den atmosphär. Magnetismus etc.
Sehr. ,Lectnres on various forces of matter'
(8. Aufl. 1862); ,Lectnres on the chemical
history of a candle' (8. Aufl. 1866; deutsch
1871). Biogr. Ton 2VHdalI(1869: deutsch Ton
BelmholU 1870) u. Bence Jone» (1870, 8 Bde.).
Ftrtdiamiu, die Induktionselektridtat,
nach deren iSntdeoker Faraday benannt.
Faradiaation , Anwendung ders. zu Heil-
zwecken, besonders bei Lähmungen ron
Nerven und Muskeln, im Gegensatz zur GcU-
vanUation, bei welcher der konstante elek-
trische Strom verwendet wird.
Farmkhftbady Stadt in der brit.-o8tind.
Präsidentsch. Agra, am Ganges, 56,000 Ew.
Farben» die verschiedenartigenErregungs-
zustände der Netzhaut und des SehnerTen,
welche durch die Einwirkung von Licht-
strahlen hervorgebracht werden, die sich
durch die Länge ihrer Wellen von einander
unterscheiden. Gewisse leuchtende Körper
senden nur Lichtstrahlen von einer einzigen
Gattung aus, und in solcher Beleuchtung
zeigen alle Korper dieselbe oder gar keine
F. Weisses Licht enthält, wie seine Zer-
legung durch das Prisma zeigt, Strahlen
aller Gattungen, und nur in ihm erscheinen
alle F., und zwar durch den Konflikt des
Lichts und des beleuchteten Körpers. Dies
geschieht: durch Brechung (prismatische,
Brechungsfarben, Spectrum, Regenbogen,
Höfe), Interferenz (F. dünner Blättchen,
an Seifenblasen, angelaufenem Metall,
Spinneweben im Sonnenlicht, Perlmutter,
l&ferflügel) oder Absorption. Schwarze
Körper absorbiren alles auf sie fallende
Licht und senden daher gar keine Strahlen
Ins Aug^, weisse reflektiren alles Licht,
gelärbte Körper zerlegen das weisse Licht,
absorbiren bestimmte Strahlen und erschei-
nen in der Farbe, welche ans den hindnrch-
gelassenen oder reflektirten Lichtstrahlen
im Augeresultlrt (farbige Gläser oder Flüssig-
keiten, Farbstoffe). Jeder Farbe fehlen ge-
wisse Strahlen, um Weiss zu bildeu. Diese
fehlenden Strahlen zusammengenommen
machen die komplementären oder Ergän-
zungsfarben aus. Roth und Grünblau, Blau
und Orange, Violett und Grüngelb sind
komplementär. Manche F. haben ihren
Grund in einer gewissen Affektion des Auges
(physiologische, subjektive F.). Treffen
Lichtstrahlen von verschiedener Färbung
gleichzeitig verschiedene Stellen der Netz-
haut, so beeinflussen sie sich häufig gegen-
seitig, weiss wird g^n, wenn gleichzeitig
roth, violett wenn gelb, blau wenn orange
auf die Netzhaut fällt (Neben-, Kontrast-, sub-
jektive Ergänzungsfarben). Die Nebenfarbe
erscheint auch, wenn naeh laofir« anhal-
tendem Betrachten einer Farbe das Auge
auf eine weisse Fläche blickt. Vgl. I>ove,
,FarbenlehreS 1853; HelmholtM, «PfaysioL
Optik S 1859; Brücke, ,Phy8iol. der F.*, 1866.
Farbendraok (Buntdrnek) , Herstellung
mehrfarbiger Darstellungen durch Platten-
druok. Congrevedruck ist F. mit zusammen-
gesetzten Platten; Jetzt ist F. auf der Buch-
druckerpresse mit einzelnen Formen am
gebräuchlichsten, daneben lithographischer
F. mit mehreren Platten. Die Farben wer-
den neben und über einander gedruckt.
Farbensehen, physiologisch die Fähigkeit
der Netzhaut des Auges, Farben zu unter-
scheiden, bei den verschiedenen Menschen
ungleich entwickelt und bisweilen bis snr
Unmöglichkeit, Farben zu unterscheiden,
vermindert (Farbenblindheit , Daltonismue).
Das krankhafte F. (Ghromopsie, Cbrupsie)
ist durch Erkrankung der Netzhaut zu er-
klären, wird aber auch künstlich durch ge-
wisse Arzneimittel, bes. Santonin (Wnrra-
samen) hervorgebracht, nach dessen Genass
die Gegenstände gelb erscheinen.
Farbige, in Amerika im Allgem. im Ge^n-
Satz zu den Europäern und Kreolen die
eingeborenen Indianer, die eingeführten
Neger und die durch Vermischung dieser
unter einander oder mit den Weissen ent-
standenen Mischlinge, insbes. aber letztere
im (Gegensatz zu den Weissen, Negfem und
Indianern reinen Bluts, namentl. Jftdo^eti,
Mischlinge von Weissen nod Negern (die
Mutter meist eine Schwarze) ; Meetiten, Misch-
linge von Weissen und Indianern; Zan^oa
(Ohinoa), Mischlinge von Negern und India-
nern. Ans der fortgresetzten Vermischung
der Mulatten oder Mestizen mit Weissen
entstehen die Terzeronen, Quarteronen,
Quinteronen, Kinder Weisser mit Mulattin-
nen, Terzeronen, Quarteronen, letztere von
den Weissen kaum mehr zu unterscheiden.
Farbstoffe, s. Pigmente.
Farce (fr., spr. Farss, ital. Faraa), klein-
gehacktes Fleisch mit Semmel etc.; kurzes
dramat. Stück von niedrig-kom. Charakter.
Farewell, Kap (spr. Fährnell), Vorgebirge
an der Südspitze Grönlands, 59o 49^ n. Er.
Farin, s. Zucker. [haltig.
Farina (lat.), Mehl; farinö», mehlig, mehl-
Farini, Luigi Carlo, ital. Staatsmann,
geb. 22. Okt. 1812 zu Rnssi in der Romagna,
erst prakt. Arzt zu Ravenna, trat 1848 in
das röm. Parlament, ward 1850 Minister
des öffentl. Unterrichts in Sardinien, in
der Kammer eifriger Vertreter von Cavours
Politik, dann Diktator von Parma und Mo-
dena, Juni 1860 Minister des Innern, Der.
1862 Ministerpräsident, verfiel Mars 1863 in
unheilbare Geisteskrankheit.
Farm (engl.), Meierei, Paohthof, Landbe-
sitz ; Farmer, Pächter oder Besitser einer F.
Famese, ital. Fürstengeschlecht, dessen
Grösse von Aleuandro F., als Papst Paul III.,
datirt, der seinen natürl. Sohn, Pietro Luig^i,
1545 zum Herzog von Parma und Piacenza
machte. Aleeeandro F., geb. 1546, Enkel des
Vor., Sohn von Ottavio F. und der Marga-
rethe von Parma, natürlicher Tochter Kaiser
Faro — Fata.
601
Karls y., focht anter seinem Oh«lm Don
Jaan d^Austria 1571 bei Lepanto gegen die
Türken, folgte seiner Mutter in die empör-
ten Niederlande, kämpfte gegen die Gensen,
belagerte 1585 Antwerpen, ward mit einem
Heere gegen Heiuricli IV. nach Frankreich
geschickt; f^. Dec. 1592. Das Hans erlosch
mit Antonio F., f 20. Jan. 1731. — Den Namen
F. führen 2 ber. antike Bildwerke: der far-
neaische Stier, kolossale Harmorgrnppe, von
Apollonius und Tauriscus von Tralles gefer-
tigt, und der farne$. A«rcr<<e8,kol08S.Marmor-
statuej^oiiGlykon einem Werke desLysippus
nachgebildet; beide ehedem im Besitz der
Familie F., seit 1786 im Museum zu Neapel.
Faro (ital.), Leuchtthurm. F. diMesaina,
Meerenge Ton Messina.
Faro 9 der eine, von S. kommende Qaell-
strom des Tschadsees in Adamaua ; Maudung
1851 Ton Barth entdeckt. [8400 Ew.
Faro, Hauptst. der portug. ProT. Algarve,
Faröer, s. Färlier. [Im «/g-Takt.
Farondole (Farandoule) , proven^al. Tanz
Farragut, David O., nordamerik. Admiral
und Befehlshaber der gosammten Ünions-
flotte, geb. 1799 in Tennessee, focht bereits
1812 in der Schlacht bei Valparaiso, erwarb
sich dann bes. im Seoessionskriege grossen
Buhm, . namentl. durch die Einnahme yon
Neworleans, die Unterwerfang yon Port
Hudson am Mississippi und den Sieg bei
Mobile, besuchte 1868 Europa; f 15. Aug.
1870 zu Newyork.
Farren (Farne, FarrenkrätUer) , Pflanzen-
familie der Kryptogamen, perennirende
Pflanzen mit kriechendem Wurzelstock oder
aufrechtem , zierlich gefeldertem Stamm
(Battmfame) ohne Jahresringe. Die Blätter
( Wedel) tragen auf der Ruckseite die in be-
stimmt gestalteten Häufchen (sori) zusam-
menstehenden Sporangien. Die Sporen bilden
bei der Keimung das Prothallium, welches
Geschlechtsorgane erzeugt (Archegonien und
Antheridien) , aus denen sich die F. ent-
wickeln. 4000 Arten, über die ganze Erde
Yerbreitet, bes. in den Tropen; einige sind
offlcinell, von andern das stärkemehlreiche
Stammparenchym geniessbar. Eintheilung:
Hymenophyllaceen, Gleicheniaceen, Schizäa-
ceen, Osmundaceen, Marattiacöen, Gyathea-
ceen, Polypodiaceen (fast alle europ. Arten).
Vgl. die Werke von JMeUeniiis (1856), Hooker
(1866), Bo&er (1868), Fee (1854-66), Lowe
(1861-64), Ettingahaueen (1865).
Farsaninselii, Inselgruppe im rothen Meere,
an der Küste von Jemen. Perlenfisc'herei.
Fanistan. pers. Frov., östl. von Khusistan,
am pers. Golf, wegen der Fruchtbarkeit
seiner Thäler von den Dichtem hoohge-
priesen; Hauptort im Innern Schiras, Hafen
Abuschehr.
Farthlng) engl. Kupfermünze, =2 2,14 Pf.
Fas (lati), das Rechte, sittl. Erlaubte im
Gegensatz zu dem, was positiv Rechtens ist.
f^r f. et nefa», durch erlaubte nnd uner-
laubte Mittel.
Fäm (Bäea), Stadt in der pers. Prov.
Farsistau, südöstl. von Schiras , 18,000 Ew.
Faaan (Phasianns L.), Gattung der Hühner-
vögel. Silber fatan (P. nycthemerus L.)ß 2'
10", in Ohina, bei uns gezüchtet. Ebenso der
Oolifa»an(JP. pictnaL.), S\ in Ostasien, lie-
fert Schmuckfedern. Oemeiner F. (P. coi-
chicusZ.;, 2' 9", in Mittelasien, verwildert in
Mittel- und Südeuropa. Feines Wildpret.
Fasanenlnsely s. Bidauoa, [11,450 Ew.
Fasano, Stadt in der ital. Prov. Bari,
Fasces (lat.), bei den Römern Bündel von
Stäben mit einem Beil in der Mitte, symbol.
Zeichen der Gewalt über Leib und Leben,
wurden von Liktoren den Königen , später
den Konsuln und Prätoren vorgetragen.
Faschinen, Reisigbunde, welche beim Bau
von Feldbefestigungen und Batterien, beim
Wasser- und Wegebau zur'Befest^ng*der
lockeren Erde dienen. Länge von 3— 20^
Stärke von 6—12".
Fasehinenmesser, Werkzeug zur Herstel-
lung der Faschinen, Starke, gerade, breite
Klinge mit Holzgriff, zuweilen auf dem
Fasching, s. Karneval. [Rücken Säge.
Faseination (lat.), Behexung, Verblendung.
Fase (Bank.), abgeschrägte Ecke.
Fasel. Fortpflanzung des Zuchtviehs;
Faaüvieh, die Junge Brut des Zuchtviehs, im
Gegensatz zum Mastvieh; Faeelhengst, Be-
schäler; Faedoch», Bulle, Zuchtochs.
Fasern 9 s. Fibern.
Faserstoff 9 vegetabilischer, s. v. a. Celln-
lose; animalischer, s. ▼. a. Fibrin.
Fashion (engl., spr. Fäsch'n), feine Sitte;
unter den höheren Standen übliche feine
Lebensart. Fashionahle (spr. fäscb'näbbi),
der feinen Lebensart gemäss, modisch.
Fassathal, Alpenthal in Tirol, den oberen
Theil des Fleimsertbals bildend.
Fassbrücke (Tonnvnbrüohe) , leichte, von
schwimmenden Tonnen getragene Brücko.
Fassion (lat.), gerichtl. Bekenntniss, des-
sen Wahrheit nur von der Gewissenhaftig-
keit des Bekennenden abhängig ist, wie
z. B. die Angabe über Einkommen.
Fasten, im Allgem. das Aussetzen des Ge-
nusses von Speisen, im kirchl. Sprachge-
brauch insbes. die zeitweilige Enthaltung
von Fleischspeisen, als Bussübung schon
bei Juden und Heiden in Gebrauch. In der
Kirche sind S grosse F. üblich : das 40täglge
F. vor dem Gharfreitag ( Quad/rage»imalfa$ten) ,
vorzugsweise die Fastenzeit genannt, von
Aschermittwoch beginnend ; das F. von
Pfingsten bis Johannis und das von Martini
bis Weihnachten. Der Koran gebietet das
F. vornehml. im Monat Ramadan.
Fasti calendares (lat.), der Kalender der
alten Römer.
FastidiSs (lat), widerwärtig, ekelig.
Fastigation (lat.), giebelartige Zuspitzung.
Fastnacht, der dem Aschermittwoch vor-
beigehende Dienstag, au dem man sich noch
gütlich tliun durfte (Fasching, Karneval)»
Fastnachtsspiele, dialogische Schwanke
des späteren Mittelalters, seit 15. Jahrh. eine
eigene Literatur bildend. Eine Sammlung
derselben lierausgeg. von KeZ/er (1853, 3 Bde.).
Fastoso (ital., Mus.), prächtig, prunkend.
Fata (lat.), die Schicksale, bes. Abenteuer
eines Menschen. Fatal, verhängnissvoU ,
unheilvoll. Fatalität, Missgeschick. Fata-
lismus, der Glaube an ein Fatum (s. d.).
602
Fata — Fivre.
Fatft(itAl.)> Fee; bes. bekaant^. Mt^rgana,
die ihre Zaubermacht in Lnitspiegeliingen
zeigt, daher auch diese Erscheinung selbst.
rkngamt (lat.)» ermüdend.
Fatiiiey 4. Tochter Mohammeds und der
Khadidscha, geb. au Mekka 606 n. Chr., 623
mit dem naohherigen Khalifen Ali vermählt,
dem sie Hasan und Hnsein gebar; f ^^»
FAftiaddABy arab. Dynastie, geg^ründet von
Abu-Abd-Aliah Hasan, einem Missionar der
Ismaillden;. breitete ihre Herrschaft über
Aegyi^ton, Syrien und Palästina aus; schii-
tisch, erlosch 1171.
Fatrafebirg09 Oebirgssug der Karpathen
in Ungarn, an der Waag nach S. ziehend,
im Qr. Falra 5468' hoch; reich an Metallen.
Fattnra (ital.), s. v. a. Factura.
Fatoitat (lat.), Narrheit, Albernheit.
Fatttni(lat.), Schicksal, die unvermeidliche
Vorherbestimmtheit der Ereignisse.
FanlMUTf (fr., spr. Fohbuhr), Vorstadt.
Faneigmy (spr. Fössinji), Laudsch. im
franz. Depatt. Obersavoyen, das Arvethal
umfassend ; vor 18{M) sardin. Provinz.
Fanlbauin, s. v. a. Prunus Padus und
Rhamnus Frangul».
Faules Heer (Siwauh), Theil des asow-
schen Meers, zwischen der Krim und der
Landzunge von Arabad, 45 QM., sehr seicht.
Faulhom, Qebirgsstock im berner Ober-
land, flüdl. vom Brlenaersee, 8261' hoch.
Fanlthier (Bradypus L.) , Gattung der
Zahnlücker. GemeinUf dreüehiges F., Ai (B.
trydactylus C), 17—20', in Ostbrasilien, lebt
beständig auf Bäumen. Fleisch geniessbar.
Haut gibt gutes I^eder. JiieeenfauUhier der
Urwelt, s. Megatkfirium.
Favna (lat.) , Gesammtheit der auf einem
gewissen Gebiete vorkommenden Thiere.
Fa«BVB, uralter König in Latium, Sohn
des Picus, Enkel des Saturnus, lehrte seine
Unterthanen Ackerbau und Viehzucht, da-
her nach seinem Tode als Wald- u. Hirten-
gott verehrt. Als weissagmider Gott FtUuus,
vervielfältigt in den FawiMn, missgestalteten
Waldgöttern mit Hörnern und Bocksfüssen.
Famse alaroM (fr., spr. Foss alarm), blin-
der Lärm ; F. aUaquB (spr. attak), Schein-
angriff; F. coueke (spr. kusch), Fehlgeburt,
Abortus; auch Fehlschlag. F. braie (spr.
bräh), Erdbrustwehr vor dem HauptwaJl im
Gsaben, zur frontalen Vertheidigung des
Hauptwalls; veraltet, jetzt dafür Deiensiv-
kasematten.
Faust (FuBt), Jol., bei der Erfindung der
Buchdruckerkuust mittiiätig, reicher Bürger
in Mainz, P. Sehöffers Schwiegervater; f 1460.
Fawtty Doktor Johannoa, Held eines alten
deutschen Volksbuchs, geb* um 1480 zu
Kundlingen im Wurtembergischen (n. And.
zu Roda im Sächsischen), trieb sich als
landüahrender Schwarzkünstler umher; f
vor 1540. Infolge des Aufsehns, das seine
Zaubersch wanke erregten, wurden die alten
Sagen von wunderbaren Künsten u. Teufels-
bündnissen auf ihn übertragen und der
Zeit angemessen umgestaltet. Ausbildung
der Faustsage um die Mitte des 16. Jahrb.;
ihre Heimat das protest. Deutschland. Erster
Druck des Volksbuchs Fraukf. 1587 (neue
Ausg. von Kühne 18C8); spatere Bearbeitun-
gen von Widmatm (Hamb. 1599) und von
t^mer (Nürnb. 1674), mit moral. Betrach-
tungen; daneben gegen Ende des 17. Jahrb.
dram. Behandlung des Stoffs in Alexan-
drinern für Volkstheater und Puppenspiel
(neu herausg. von Simroek 1846). Letztere
veranlasste Goethe zu seinem ,Faust% der
(wie auch spätere Dichter: McUer Müller,
Klinger f Lenau, BecJutein u. a.) die Sage
in eine höhere geistige Sphäre rückte. Vgl.
F*iUr , ,Iiiter. der Faustsage', 1852 u. 1857 ;
0. Schade, Jhxf penspiel vom D. F.% 1857.
Faustin I., Kaiser von Haiti, früher Soti-
louque genannt, 1787 als Sohn eines Neger-
sklaven geboren, ward 1846 General und
Kommandant von Port-au-Priuce, 1. März
1847 Präsident der Republik , masste sich
als solcher diktator. Gewalt au uud liess
16. April 1848 die Mulatten als angebliche
Verschwörer in Masse niedermetzeln. 25.
Aug. 1849 zum Kaiser ernannt, liess er sich
Weihnachten 1850 krönen, musste 15. Jan.
1859 abdanken und begab sich nach Paris.
Fanstinsy Gemahlin des röm. .Kaisers
Antoninus Plus, f 141 n. Chr., wegen ihres
sittenlosen Lebens berüchtigt.
Faustkampf, gymnast. Uebung der alten
Griechen (Pygme) und Römer (Pugilatus),
schon inder griech. Heldensage vorkommend,
iu England (Boxen) noch jetzt volksthümlich.
Faustpfand, bewegliches Werthstück, dem
Pfandgläubiger als Pfand für ein Darlehn
überliefert.
Favstrecht, Selbsthülfe mit bewaffneter
Hand, iu deu german. Staaten iu der ersten
Hälfte des Mittelalters allgemein herrschend.
Fante (fr., spr. Foht), Fehler, Mangel.
Fanteall (fr. , spr. Fotölj) , Lehnstuhl.
Fautfracht (fr.-deutsch, d. h. mangelnde
Fracht), Vergütung, welche ein Schiffer zu
fordern berechtigt ist, wenn der Befrachter
die Frachtgüter nicht zu der vertragamässig
bestimmten Zeit an Bord besorgt hat und
das Schiff ohne diese abfahren mnss ; in der
Regel ebenso viel als die bedungene Fracht.
Favtor(lat.), Gönner, Begünstiger; F.de-
lictit Begünstiger oder Beförderer eines Ver-
brechens. [12,800 Ew.
Favara, Stadt auf Sicilien, Frov. Glrgeuti,
Favete Unguis (lat.), wahret eure Zungen,
Riif des röm. Priesters bei Beginn des Opfers.
Favenr (fr., spr. -wöhrj, Gunst, Gefällig-
keit; Faveurtage, s. v. a. Respekttage.
FavoBiuB (lat.), Frühlings -Thau wind.
FaTOr(lat.), Gunst, Begünstigung. Favorit,
Günstling; FavoTite„ erklärte Geliebte eines
Fürsten; Favorite-SuUanin, diejenige der
Frauen des Sultans, welche ihm zuerst einen
Sohn geboran hat.
Favre (spr. Fawr), Gabr. Claude Jules, ftwax.
Advokat und Politiker, geb. 21. März 1809
zu Lyon, seit 1835 Advokat zu Paris, nach
der Februarrevolution von 1848 General-
sekretär im Ministerium des Innern, dann
Mitglied der Konstituante und der Legis-
lative, Gegner des Präsidenten Ludwig Na-
poleon, Führer der demokrat. Partei und
Hauptredner des Bergs, 1858 in den ge.^etz-
gebenden Körper gewählt, ward 4. Sept. 1870
Fäyal — Fehlgeburt.
603
nach Proklatnirung der Republik Mitglied
der Regierung der Nationalyertheidigung
nnd Minister des Aenssem, unterliandelte
zu Yersailles und Frankfurt (Febr. und Mai
3871) mit Bismarck den Frieden.
Fftyal, Insel der Azoren , 2V» QM., sehr
fruchtbar, Hauptort Horta.
Fayence (fr., spr. Fajangs), s. Steingut.
Fayüm, fruchtbare Landschaft und Prov. in
Mittelägypten, mit dem See Birket el Kerun
und zahlr. Ruinen; Hauptort Medinet el F.
Fazends (port.), Landgut» bes^ in Brasilien.
F. real, Staatsschatz.
Fazogl (FassoH), Berglandsch. im obern
Nubien , südl. von Seunaar , am blauen Nil
und Tumat, unter ägypt. Hoheit stehend,
ca. 400 QM. und 150,000 Ew.
Fazy (spr. Fahsi), Jean James, Schweiz.
Parteiführer, geb. 12. Mai 1794 zu Genf,
ward 1841 zu Genf in den grossen Rath
gewählt, trat Okt. 1846 an die Spitze der
Provisor. Regierung, brachte eine entschie-
den demokrat. Verfassung zn Stande, 1847
Abgeordneter der Tagsatzung, dann auch
der Bundesyersammlung , 1855 wieder Prä-
sident des Staatsraths, unterlag bei den
Wahlen Herbst 1862 und Aug. 1864 , ward
als moral. Urheber des bewaffneten Kon-
flikts im Quartier St.-Gervais (22. Aug.) ver-
haftet, ^oh, kehrte dann nach Genf zurück,
seitdem wieder Mitglied des grossen Raths.
Febris (lat.), Fieber.
Febrnar (Homung),, 2. Monat des Jahres,
hat 28, im Schaltjahr 29 Tage, genannt nach
dem altital. Gott Februus wegen der Fehrua-
Ua oder Lupercalia, eines Reinigungsfestes,
gefeiert 18. — 28. Febr. in Rom.
Fecamp (spr. - cang) , Seestadt im franz.
Depart. Niederseine, an der Mündung des
Flusses F. in den Kanal, 12,832 Ew.
Fechoer^ Gustav Theodor , Physiker, geb.
19. April 1801 zn Gross -Färchen bei Mus-
kau , seit 1834 Prof. zu Leipzig. Bes. ver-
dient um die Lehre vom Galvanisraus und
die Psychophysik. Sehr.: ,Elemente der
Psychophysik* (i960, 2 Bde.) ; »Physik und
Philosoph. Atomenlehre' (2. Aufl. 1864);
,Nanna oder über das Seelenleben der Pflan-
zen* (1848) ; ,Zendavesta oder über die Dinge
des Jenseits* (1851, SThle.); ,Ueber die See-
lenfrage* (1861); ,Das Büchlein Vom Leben
nach dem Tode« (2. Aufl. 1866); viel Humo-
ristisches (z. Th. unter dem Namen Dr. Mises).
Facht (Faecht), Nebenfluss der IH im
Elsass, mündet unterhalb Gemar, 9 M.
Fechter, s. Gladiatoren.
Fechtknnst, die Theorie nnd prakt. Ge-
schicklichkeit in Führung der blanken Waffe
(des Degens und Säbels) im Einzelkampfe.
Zn den älteren Formen, ^oss- und Hid>f eck-
ten, ist neuerlich noch das Bajonnetf echten (s.
Bajonnet) hinzugekommen. Stoss- und Hieb-
fechten wird mit Rappieren gelernt und ge-
übt, im Ernstkampf mit Degen und Säbel
ausgeführt. Der Abstand der Kämpfer heisst
Mensur, der Angriflf Ausfall, die Abwehr
Parade, die mangelhafte Deckung Mösse,
verstellte Stö^se oder Hiebe, die den Geguer
zur Blössengebung verleiten sollen, Finten.
Andere Mittel, Blossen zu erzwingen, sind
das Battiren (b. Battemeni), Ligiren (s. d.)
und Kaviren (s. d.). Die Stösse, Hiebe und
Paraden werden nach der Eintheilung der
Klinge, der Richtung, in welcher sie ge-
führt werden, und der Art ihrer Ausführung
unterschieden und benannt.
Feder 9 Metallstreifen, dessen Elasticit&t
zu technischen Zwecken benutzt wird.
Triebfedern, zusammengerollte Stahlbänder,
welche sich aufzuwickeln streben u. ineist
Räderwerke in Bewegung versetzen. Beak-
tions^edem stehen unter einem Druck und
bewu'ken, sobald sie frei werden, eine kurze
Bewegung. Tragfedem dienen zur Ab-
schwächuug von Stössen.
Fe^erhärte, Härtegrad des Stahls, bei
welchem er bedeutende Slasticität besitzt.
Federharz. a. v. a. Kautschuk.
FederlurafCy s. v. a. Elasticität.
Federn, in ihrer Zusammensetzung den
Haaren ähnlich, aber reich an KJeselsäure,
enthalten braunes oder schwarzes Pigment,
die übrigen Farben sind meist entoptische.
Bettfedern: Eiderdaunen, Schwanfedern, am
gangbarsten Gänsefedern, von denen die
freiwillig ausgefallenen (Sommergut) die reif-
sten u. besten sind. 16 Gänse geben 1 Pfd.
Flaumfedern. Norddeutschland , Russland,
Polen, Böhmen, Galizien, Ungarn liefern
die meisten Gänsefedern. Sckmuckfedem:
Straussenfedern , Marabus (aus Afrika und
Ostindien), Reiherfedern (aus Sibirien, In-
dien, Afrika), Hahnen-, Fasan-, Truthahn -
federn ete. Man bleicht mit schwefliger
Säure , färbt mit Anilinfarben , verarbeitet
die F. zu Büschen, Mosaik, Stickerei und
Blumen. Federpelzwerk, ganze Bälge oder
nur die flaumartige .Unterschicht, erster»
von Eisvogel, Ente, Pinguin, Haubentaucher
(Greberfelle), letztere von Gans und Schwan
(aus Holland), Geier etc.
Federnelke, s. Dianthus.
Federsee, See im würtomberg. Donau-
kreis, bei Buchan, 2 St. im Umfang; fliesst
durch die Kanzach zur Donau ab.
Federweiss, s. v. a. Amiant.
Feen (ital. fata, fr. f^e), den Elfen ver-
wandte geisterhafte weibliche Wesen, welche
in der Luft wohnen, vertrauten Umgang
mit Menschen pflegen, bes. der roman. und
celtischen Volkssage angehörig. Das Feen-
märchen in Italien zuerst ausgebildet. Vgl.
Keightley, ,Mythologie der F. und Elfen*,
deutsch von Wolff 1828, 2 Bde.
Fegfener (Ignis purgatorius, Reinigungs-
fener), nach der röm. -kathol. Kirchenlehre
Zwischenzustand der Gläubigen nach dem
Tode, in welchem sie durch Feuer von der
Sünde und ihrer Schuld völlig gereinigt
werden, um sodann zum Himmel empor-
zusteigen. Dieser Zwischenzustand kann
durch gute Werke und Fürbitte der Ueber-
lebenden, bes. aber durch Messopfer ge-
mildert und abgekürzt werden.
Feh (Veh) , Feile der Eichhörnchen, bes.
graue ans Sibirien, jährl. 7,000,000 Felle.
Fehlgebart (Frühgeburt), die verfrühte
Trennung der Frucht vom Mutterleibe. Drei
Stufen: 1) Missfcdl (abortus), Abgang der
Frucht vor der 16. Schwangerschaftswoche ;
604
Felim — Feldspathe.
8) unK9itig4 Geburt (partuB Immatnms), zwi-
schen der 17. und 28. Woche; S) Frühgeburt
(partus praematuras), zwischen 29. und 36.
Woche. Ursachen : AUgeraeinerkrankongen,
Erschütterungen durch Fall, Stoss etc.,
Krankheiten des Eies. Gefahren für die
Mutter durch Blutverluste, bea. in den
früheren Monaten, wobei meist ärztliches
Einschreiten erforderlich Ist. [wäldem.
FehiU) Mastnutzung in Eichen- n. Buchen-
Fehn, s. t. a. Fenn.
FehrDellin , Stadt im preuss. Regbz.
Potsdam, Kr. Ostharelland, am Rhin, 3513
Ew. 18. Juni 1675 Sieg des grossen Kur-
fürsten über die Schweden.
Feigbohne, s. t. a. Lupine.
Feigenbavm (Ficus L.), Pflanzengattung
der Artocarpeen. Gemeiner F. (F. cai'ica L,)
' aus Vorderasien, in Süd- und Mitteleuropa,
Chile und Mexiko kultivirt, liefert die Fei-
gen (fleischig gewordener Fruchtboden),
63 % Zucker enthaltend , als Obst und zu
medicin. Zwecken dienend; wenig haltbar.
Aegyptucher F. (F. Sycomorus L.), in Aegyp-
ten und im Orient, liefert die süssen, gewürz-
haften Maulbeer-, Pharao-, Adamsfeigen und
sehr dauerhaftes Holz (zu Mumiensärgen).
Heiliger F. (F. religiosa L.), in Indien, der
heilige Baum der Buddhaisten. Banjane (F.
iudica Boxb.), durch Luftwurzeln neue
Stämme bildend, in Indien, der heilige Baum
der Brahmanen. Auf beiden lebt die gum-
milackerzeugende Coccus Lacoa. Auch lie-
fern beide Kautschuk. Ebenso F. elastica
L., in Ostindien. Dieser und zahlreiche
andere Arten beliebte Zierpflanzen.
Feigmal (Sycosis, Mentagra), Haut-
krankheit, welche sich zwischen den Bart-
haaren in Gestalt von Eiterbläschen und
Schorfen, starker Böthe und Knötchen zeigt.
Sehr langwierig. Behandlung durch Ab-
rasiren der betreffenden Stellen, Ausziehen
der Haare und (nach Hebra) Bestreichen
mit einem Gemisch von Schwefel, Glycerin
und Alkohol. Einzelne Autoreu nehmen
Pilze als Ursache des F.s an.
Fei^warze (Condyloma) , Wucherung der
Papillen der äusseren Haut und einzelner
Schleimhäute. 1) Spitze Condylome, -von
blumenkohlartigem Aussehen , sehr geiäss-
retch und daher leicht blutend , entstehen
an der Eichel und an den Schamlippen
durch Reizung von Sekreten , bes. durcli
eitrige Ausscheidungen, bei ungenügender
Reinigung dieser Theile. Behandlung durch
mechauische Entfernung (Abtragung, Ab-
bindung) und Aetzen der Wundstelle, oder
durch Bestreichen mit Aetzmittelu. 2) Breite
Condylome, durch syphilitische Erkrankung
bedingt, sind nur durch specifische Mittel
(Quecksilber, Jod), bisweilen durch Hunger-
kuren O^chrothsches Verfahren) zu besei-
tigen. Sie sind flach, roth, nassen stark
und geben oft Anlass zu weitgehenden
Yersch wärungen. [culoides.
Felrwarzenkrant, s. v. a. Ficaria ranun-
Feile« Werkzeug von Stahl, wird ge-
schmiedet, mittelst eines Meisseis mit Ker-
ben versehen (Hieb , FeilenJiauer) , dann
gehärtet, auch auf Maschinen dargestellt.
Die grössten: Arm-, Btrohf eilen, mittlere:
£astard/eüen, feinste: ScIUichtfeilen.
Feimen (Diemen, Mieten), grosse Haufen
von Heu, Stroh, Getreide zur Aufbewahrung
derselben im Freien, oft mit Fussbodeu
uAd verstellbarem Dach aas Holz.
Feingehalt der Hnnzen (Korn), Gehalt
an reinem Gold oder Silber.
Feistritz^ 1) Nebenfl. der Raab in Steier-
mark, kommt vom Semmering, 15 M. 1. —
2) Dorf in Krain, an der Wochein, 5000 Ew.;
Fei (lat.), Galle. [bed. Eisenwerke.
Felbel 9 sarametartiges Gewebe mit lan-
gem, sich umlegendem Haar, bes. zn Hüten.
Feld) im Bergbau eine zur bergmänn.
Nutzung abgesonderte Strecke Landes; «n-
verritztes, unerschürfte» F., s. v. a. noch
nicht bebautes F.
Felda, Nebenfl. der Werra, kommt von
der Rhön, mündet bei Yacha.
Feldberg, 1) höchster Gipfel des Schwarz-
waldes, au der Dreisamquelle, 4650'. — 2)
Oroeser und kleiner F., die höchsten Gipfel
des Taunus, 2711' und 2545'.
Feldeqnipage 9 sämmtliche Gegenstände,
deren eine Trappe ausser iliren Waffen im
Felddienste bedarf, als Koch- und Trink-
geschirr, Lager- und Bivouaksgeräth etc.
Feldgendarmen, berittene Gendarmen mit
Uuterofflziersrang, welche bei der ilh Felde
stellenden Armee Polizei üben.
Feldhuhn (Perdlx Briss., Tetrao L.)» Gat-
tung der Hühnervögel. Wachtel (P. dactylt-
sonans, Cotnmix Ouv.), s. d. Bebhuhn, F.
(P. cinerea Briss.), 12", in Europa bis Skan-
dinavien, lebt in Familien (Volk, Kette),
feines Wildpret. Ebenso frans, Bebhukn,
Eolhhuhn (P. rufas L.), 13i/a", in Südeuropa.
Feldjäger, in der preuss. Armee Militärs
von Feldwebelrang, welche zu Kurierdien-
sten verwandt werden und ein eigenes
Corps bilden ; in der russ. Armee ein Corps
von Offizieren zu denselben Zwecken; in
den übrigen deutschen Staaten und in Oester-
reich s. v. a. Gendarmen.
Feldkirch, Stadt in Vorarlberg, am Aus-
gang des lUthals in die Rheinebene, 2918 £w.
Feldmann, Leopold, Lustspieldichter, geb.
1802 in München von Israelit. Eltern, lebt
das. Seine Stücke, reich an kom. Einfallen
und ergötzl. Situationen, gesammelt in ,Deut-
sche Originallustspiele' (1847—57, 8 Bde.).
Feldmark (Markung), die zu einem Dorf«
gehörigen Felder, Wiesen und Waldungen.
Feldmarschall, höchste militär. Würde,
in der preuss. und russ. Armee selten,
hänfigor in der österr. , span. und franz.
Feldmarschalllientenant, militär. Würde
in Oesterreich - Ungarn, entsprechend dem
,Geuerallieutenant' in andern Ländern.
Feldmass, s. Flächenmau,
Feldmaus, s. Maus,
Feldmessknnst, s. Jfetshunst.
Feldschlange, Geschütz ans der ersten
Zeit nach Erfindung des Pulvers, mit sehr
langem Rohr, nach der Grösse gawte, halbe
oder VierteU-F. ; schössen demgemäss eiserne
Kugeln von etwa 20, 10 u. 5 Pfd. Gewicht,
Feldspathe, Mineraliengruppe aus der
Klasse der wasserfreien Geolithe, wesentliche
Feldspathporphyr — Femgerichte.
605
Gemengtheile mehrerer der yerbreitetsten
Gebirgsarten, In ihrer Zusammensetzung
ziemlich veränderlich , im Wesentlichen
Doppelsilikate der Thonerde und eines
Oxyds von der Formel RO. (Kali, Natron,
Kalk): Orthoklas und Adular (s. d.) oder
Kalifeldapath , Albit oder Natronfeldspath,
OUgoklas oder Natronkalkfeldspath mit vor-
herrschendem Natron, Andesin ebenso mit
gleichviel Natron u. Kulkf Läbradorit ebenso
mit vorherrschendem Kalk, Anorthit oder
Kalkfeldspath. Der Kieselsäuregehalt nimmt
vom Orthoglas oder Albit bis zum Anorthit
bedeutend ab. Alle F. verwittei*n zuletzt zu
Thon (die reinen zu Kaolin) und liefern der
Ackererde Kali. Manche F. werden als
Schmucksteine benutzt. Sonst dient F. zur
Poi'zellanfabrikation , zu Glasuren, Emails,
zur Darstellung von Kali. [phyr.
Feldspathporphyr, Felsitporphyr, s. For-
Feldtelegraph, Telegraph, welcher im
Felde von bes. organisirten Abtheilungen
zur Verbindung der Heerestheile unter ein-
ander schnell errichtet wird; spielte in den
neuem Kriegen, bes. 1870 und .1871 eine
grosse Rolle und dient in grossen Schlach-
ten zur raschen Uebermittelung der BefeJile.
Feldwachen, kleine Abtheilung Infanterie
oder Kavallerie, welche im Felde eine be-
stimmte Anzahl von Posten ausstellt und
Patrouillen aussendet, um den Feind zu
beobachten und die rückwärts lagernde
Truppe zu sichern, nicht zum Kampf, son-
dern zur Beobachtung bestimmt.
Feld Wachtmeister, veralteter Titel für
Majore der Kavallerie.
Feldwebel, der erste Unteroffizier der
Kompagnie in der Infanterie, führt die
Bücher und Listen, betr. Bestand und Be-
tragen der Mannschaft und Unteroffiziere,
sowie deren Dienstleistungen und komman-
dirt zu den verschiedenen Diensten den An-
ordnungen des Hauptmanns gemäss. Ehe-
mals Feldtoeibel, eine wichtige Person bes.
bei den Landsknechten, welche zwischen
dienen und dem Hauptmann vermittelte.
Feldzeichen, zur Unterscheidung von
Freund und Feind im Felde eingeführte
Zeichen an der Uniform, als Binden, Schär-
pen etc. Die Farben der Fahnen, Port-
6p6e8, Schärpen und sonstiger F. sind den
Nationalfarben entsprechend.
Feldzengmel8t«r, militärische Würde in
der österr. Armee nach dem Feldmarschall ;
ehemals s. v. a. Artilleriekommandeur.
Fensen, die krummen Hölzer, aus denen
der Kranz eines Mühl- oder Wagenrades
zusammengesetzt ist.
Felicitas, röm. allegor. Göttin der Gluck-
seligkeit , auf Münzen dargestellt mit dem
Merknrstabe und auf einem Füllhorn ruhend.
Felix, Name von 5 Päpsten: F. I., reg.
269—274; f als Märtyrer unter Aurelian. —
F. IL, 356 von den Arianei*n nach Ver-
treibung des Liberius auf den päpstl. Stuhl
erhoben, musste jenem 858 wieder weichen,
von Gregor XIH. 1582 heilig gesprochen. —
F. IIL, reg. 483—492, Gegner der Mono-
physiten, sprach über den Patriarchen Aca-
Qius von Konstantinopel den Bannfluch aus
und veranlasste dadurch das erste 34jälir.
Schisma zwischen der lat..u. griech. Kirche.
— F. IV., 526—530, vom Ostgothenköuig
Theoderich erhoben. — F. F., vorher als Äma-
deus VIU. Herzog von Savoyen; s. Amadeua.
Fellah, die Ackerbau treibende Be-
völkerung Arabiens und Aegyptans, im
Gegensatz zu den Beduinen.
Fellata (Fellani, Fulbe, Fulah), afTikan.
Volk im Sudan, seit alten Zeiten am mitt-
lem Senec^al als nomad. Viehzüchter wohn-
haft, politisch wichtig seit Anfang des 19.
Jahrb., wo sie erobernd vordrangen, den
Islam und die mohammed. Civilisation bis
südl. des Binu6 verbreiteten und mehrere
bedeutende Staaten gründeten, wie Haussa,
Futa-Djalou, Senegal -Futa, Massina etc.;
im Ganzen 6—8 Mill.
Fellows (engl., spr. -lohs), d. i. Genossen,
diejenigen Mitglieder der Kollegien oder
Gelehrtonstiftuugen auf den engl. Univer-
sitäten zu Oxford und Cambridge, welche
mit der Verwaltung d^r inneren u. äusseren
Angelegenheiten dieser Anstalten betraut
sind und die Einkünfte derselben unter sich
nach der Ancienuetät vertheilen; auch die
Mitglieder wissenschaftl. Vereine in England.
Fells, die Hochebenen im nördl. England,
meist von Schafen be weidet.
Felonie (lat.), im Lehnrecht jede Ver-
letzung der Lehnstreue sowohl von Seiten
des Vasallen gegen den Lehnsherrn, als
auch von Seiten dieses gegen jenen, zieht
als Strafe den Verlust des Lohns oder der
Lehnsherrlichkeit nach sich; im weiteren
Sinne auch Verletzung des die Verpflichtung
zur Treue bedingenden Verhältnisses; in
der engl. Gesetzgebung (Fdony) jedes mit
schwerer Strafe bedrohte Verbrechen.
Felsarten, s. Gesteine.
Felsberg, 1) Gipfel des Odenwaldes,
1546', merk w. durch kolossale Syenitblöcke.
Oestl. und südöstl. daran das Fdienrneer.
— 2) Dorf im Kant. Graubünden, links vom
Rhein, am Fuss des Oalanda; bekannt
durch die Bergstürze von 1842 und 1843
und infolge derselben zum Theil verlassen.
Unfern Neu-F,, 1844 gegr.
Felsen, im Hüttenwesen taubes Gestein,
welches in Pochwerken vom Erz geschi.e>
den und dann auf Haufen ( FeUenhalden)
geschüttet wird.
Felsit (Feldstein) , undeutliches , fast
scheinbar gleichartiges Gemenge von Or-
thoklas mit Quarz, bildet die Grundmasse
des Felsitporphyrs.
Felsitkugebi , abgerundete Feldspath-
stücke in Pechstein und Pech Steinporphyr,
V* — 10' Durchmesser, enthalten zuweilen
Ghalcedon-, Quarzdrusen.
Felncke, kleines Kriegsfahrzeug mit
Ruder und Segel und einigen leichten Ka-
nonen und Drehbassen, zum Küstenschutz.
Femelwirthschaft, s. Henterwirthschaft.
Fernem (Fehmam), Insel an der Nord-
ostspitze Holsteins, 3 QM. und 9655 Ew.
Hauptort Burg.
Femgerichte (v. altdeutschen Feme, d. i.
Gericht), auch Frei-, heimlicht oder west-
phälischc G«rieM^ genannt, Rechtsinstitut
606
Femina — Ferdinand.
des deutschen Mittelalters, wahrscheinlich
ein Ueberreat der altgerman. freien Ge-
richte, bes. im 14. und 15. Jahrh. Ton be-
dentendem Einflnsa, nach Errichtung des
allgem. Landfriedens nach und nach ein-
gehend (letztAs Femgericht 156S bei Celle
gehalten), nur in Westphalen, auf ,rother
Erde' von längerem Bestand und Ansehn.
Die Mitglieder der Fem htessen «Wissendes
aus denen die Freitchßffen , die Beisitzer
des Freigerichts, und dIaUrtheilsTolistrecker
gewählt wurden. Vorsitzender der Frei-
graf. Die Aufsieht über alle westphäl.
Freigerichte führte al0 Stnhlherr der Erz-
bischof Yon Köln; oberster Stuhlherr war
der Kaiser. Das Gericht hiess Freiding,
der Ort FreistuJU (am berühmtesten der zu
Dortmund). Die Gerichte entweder öffent-
liche, bei Tag und Tor Tersammelter Ge-
meinde abgehaltene, oder heimliche, an
denen nur die Wissenden Theil* nahmen.
Das Verffthren war der alte deutsche An-
klag^eprozess. Vgl. die Sehr, von Wigand
(1835), Uaener (1£»2) und Gaupp (1857).
Femlna (lat.), das Weib. Femininum, weib-
liches Wort.
Femur, der Oberschenkelknochen, dessen
Kopf in der Pfanne des Beckens lagert und
das Hüftgelenk bildet; femored, den Ober-
sclienkel betreifend.
Fenchel« s. Fßnietdum.
Fencheloly ätherisches Gel des Fenchel-
samens (s. Ftiniculutn), erstarrt gewöhn-
lich bei -f 100 C. Dient in der Medicin
und zum Vertilgen des Ungeziefers.
F^nelon (spr. -long), Franpoia de Salignac
de Lamothe, geb. 6. Aug. Iföl auf dem
Schlosse F6n61on im Depart. Dordogne, ward
1689 Erzieher der Enkel Ludwigs XTV.,
1693 Mitglied der Akademie, 1695 Erzbischof
von Cambray; f 7. Jan. 1715. Hauptwerk:
,Les aventures de T6]6maque' (1717, 8 Bde.);
vielmal aufgelegt und in fest alle Sprachen
übers. ,Oenvres* herausg. von Baussel (1821
bis 1824, 82 Bde.) ; ,ReligiÖ3e Sehr.* deutsch
von Silber t (1827-89, 4 Bde.).
Fenier (fenische Brüderschaft), Geheim-
bund der Irländer, 1868 in Nordamerika ge-
stiftet, bezweckt die Losreissung Irlands von
England und die Gründung einer irischen
Republik. Nov. 1863 proklamlrte ein Kon-
gress der Führer in Chicago die irische Re-
publik und erklärte die Gentralexekutivge-
walt in Irland für die Vertreterin der fen.
Brüderschaft in Europa. 15. Sept. 1865 Hess
die engl. Regierung zahlreiche als F. ver-
dächtige Personen verhaften und 5 Personen
später hinrichten. Die amerikan. F. mach-
ten Mai 1866 einen Einfall in Canada, der
aber missglückte. Trotz aller Cregenmass-
regelu breitete sich der Geheimbund im
Stillen in Irland weiter aus; aber zu dem
auf 1. März 1867 festgesetzten Ausbruch
eines allgem. Aufstandes kam es nicht, und
die Einzelerhebnngen wurden durch Waffen-
gewalt unterdrückt. Der Name wird abge-
leitet von einem Irland. Worte s. v. a.
Phönicier, die ältesten Ansiedler in Irland,
oder von einem celt. Helden Fenius Farsa
pder yon einef a}te|i Kriegerkaste Finna,
nach ihrem Häuptling Finn so genannt. Vgl.
,Neuer PitavalS neue Serie Bd.^ Heftl, 1869.
Femi (Veen), Moorland, bes. wenn ent-
wässerte Gräben die Bebauung ermöglichen.
Feddor, Name von 8 russ. Ozaren: F. L,
Sohn Iwans des Schrecklichen, gab. 11. Mai
1557, reg. seit 1584, überlies« die Herrschaft
seinem Schwager Boris Godunow; f 7. Jan.
1598, letzter aus Ruriks Stamm. — F, IL,
Sohn Boris Gk>dunow8, reg. kurze Zeit, 16(K
ermordet. — F. III., Sohn des Ozaren Alexei,
geb. Mai 1661, reg. seit 1676, bekriegte die
Polen und Türken; f 87. April 1688.
Feodesia (Theodotia, Kafa), Hafenst. im
russ. Gouv. Taurien, auf der Ostküste der
Halbinsel Krim , 9865Ew. ; Oitodelle , griech.
Srzbischof, bed. Handel (Hauptexport Wei-
zen), Seebäder. Im 13. Jahrh. Mittelpunkt
des genues. Handels, dann unter der Herr-
schaft der Türken (Klein-Stambul genannt,
mit 100,000 EwOt seit 1774 Residenz des
tatar. Khans, 1788 von den Russen erobert
und zum Theil zerstört. — Meerenge von
F., der Sund zwischen dem aaowschen nnd
schwarzen Meer (Strasse von Kertsch).
Feracit&t (lat.), Fruchtbarkeit.
Ferdinand, 1) rüm. - deutsche Kaieer: a)
F. I., Sohn König Philipps I. von Spanien,
Bruder des Kaisers Karl V. , geb. 1503 au
Alcala in Spanien, seit 1526 König von Böh-
men und Ungarn, seit 1531 röm. König,
seit 1556 Kaiser, kriegte In Ungarn mit
Job. von Zapolya und dem türk. Sultan
Soliman; tolerant gegen die Protestanten;
erliess 1559 ein Münzedikt n. eine Reichs-
hoA-athsordnung; f 85. Juli 1564. Vgl.
Buchhols, ,Gescfa. der Regierung Kaiser
F.s LS 1830—41, 10 Bde. — b) F. II., Sohn
des Erzherzogs Karl, Herzogs von Steier-
mark, des jüngeren Bruders Kaiser Maxi-
milians II., geb. 9. Juli 1578 zu Graz, ward
1617 König von Böhmen, 1618 von Ungarn,
88. Aug. 1619 zum Kaiser erwählt, begann
nach Unterdrückung des böhm. Aufstandes
eine kathol. Gegenreformation in den österr.
Erblanden, verbreitete dadurch den Krieg
über Deutschland, verlängerte ihn durch
das Restitutionsedikt 1629; f 15. Febr. 1637
(s. Dreiuigjähriger Brieg). Vgl. Burter, ,Ge-
schichte Kaisers F. II.*, 1850- 64, 11 Bde. —
c) F. III., Sohn und Nachfolger des Vor.,
geb. 11. Juli 1608 zu Graz, 1636 zum röm.
König ernannt, seit 1637 Kaiser, suchte,
weniger intolerant als sein Vater, den
Frieden durch die hambutger Präliminarien
von 1641 anzubahnen; t 8« April 1657. Vgl.
Koch, ,Gesch. des deutschen Reichs unter
F. m.*, 1865, Bd. 1.
8) F. I. , KaH Leop<Äd Franz Märediin,
Kaiser von Oeeterreich, ältester Sohn Kaiser
Franz I. aus dessen 8. Ehe mit Harle
Theresie, Prinzessin beider Sicilien, geb.
19. April 1793 zu Wien, ward 28. Sopt
1830 als F. V. zum König von Ungarn ge-
krönt, folgte 8. März 1885 seinem Vater auf
demKaiserthron, erliess M&rz 1848 die Grund-
züge einer Reichsverfiuisung, ging infolge
der Maiunruhen zu Wien mit seinem Hofe
nach Innsbruck, kehrte Aug. nach Wien
zurück, dankte 8. Dec. 1848 in Obnüts zu
Ferdinand.
607
Gunsten seines Neffen Franz Joseph ab, lebt
seitdem zu Prag (s. Oesterreich, Geschichte).
3) König« von Neapel: a) F. L, Sohn
König Karls III. von S];»anien, geb. 1^- Jan.
1751, folgte, als sein Vater 1759 den span.
Thron bestieg, demselben in Neapel u. Sicllien
unter einem Begentschaftsrathe, übernahm
18. Jan. 1767 die Regierung selbst, ver-
mählte sich 1768 mit Marie Karoline von
Oesterreich, floh Dec. 1798 beim Einrücken
der Franzosen in Neapel nach Palermo,
kehrte Jan. 1800 nach Neapel zurück, floh
1806 abermals nach Sicilien, ward durch
den wiener Kongress 1815 restituirt und
vereinigte 12. Dec. 1816 seine Lande dies-
seits und Jenseits der Meerenge in das
Königreich beider Sicilien, rausste infolge
der Revolution von 1880 die span. Konsti-
tution von 1812 einfuhren, hob dieselbe
1821 mit HiUfe der österr. Waffen wieder
auf; t *• Jan. 1825. — b) F. IL, Sohn
Franz I. aus dessen 2. Ehe mit der Infau-
tin Isabella Maria von Spanien, geb. 12.
Jan. 1810, folgte seinem Vater 1830 auf dem
Thron, begann mit polit. Reformen , unter-
drückte dann jede freiere Regung, verlieh
Anfang 1848 gezwungener Weise die Kon-
stitution vom 10. Febr., Hess das aufstand.
Neapel (15. Mai 1848) bombardiren (daher
,Rd Bomba' genannt), unterwarf Sicilien
mit blutiger Gewalt und begann eine radi-
kale Reaktion mit Einkerkerungen und
Verbannungen, die Frankreich und Eng-
land zur Einsprache veranlassten ; f 8. Mai
1859 zu Gaserta.
4) F. IL, Aug. Frane Anton, K6nig von
Portugal, ältester Sohn des Herzogs Ferdi-
nand von Sachsen -Kobnrg- Gotha -Kohary,
geb. 12. Okt. 1816 zu Wien, 9. April 18ä6
vermählt mit Maria II. da Gloria, Königin
von Portugal, Wittwe des Herzogs August
von Leuchtenberg, erst Herzog von Braganza
betitelt, erhielt nach der Geburt eines
Prinzen den Königstltel, war nach dem
Tode seiner Gemahlin 1853 Regent bis
zum Eintritt der Grossjährlgkeit des Kron-
prinzen Dom Pedro 16. Sept. 1855.
5) Könige von Spanien: a) F. L, der Growe,
erster König von Kastilien seit 1035 , Sohn
Sanchos IH., Königs von Navarra, eroberte
einen Theil von Portugal, kämpfte mit Er-
folg gegen die Mauren, nahm 1056 den
Titel eines Kaisers an , gab seinem Lande
eine Verfassung; f 1065« -- b) F. //., Sohn
und Nachfolger Alfons VIII. in Leon,
Asturien und Galicien seit 1157, focht gegen
die Mauren und Portugiesen; f 1188. —
c) F. IIL, der Heilige, geb. 1199, Sohn
Alfons IX. von Leon , seit 1217 König von
Kastilien und seit 1230 von Leon, erklärte
Kastilien und Leon für ein einiges, un-
theilbares Königreich, entriss Murcia, Se-
villa und Oordova den Mauren, stiftete die
Universität zu Salamanca; f 1252; 1671
heilig gesprochen. — d) F. IV„ König von
Kastilien und Leon seit 1295 , Sanchos IV.
Sohn, kriegte glücklich gegen Portugal,
Aragonien und die Mauren; f 1312. — e)
F. V., der Katholische, geb. 10. März 1452,
Sohn Johanns II. von Aragonien, folgte
diesem 1479, Despot und arglistiger Poli-
tiker, vereinigte durch seine Vermählung
mit Isabella von Kastilien beide König-
reiche, von denen aber jedes seine beson«
dere Regierung behielt, unterwarf 1491
Granada, das letzte maurische Reich , er-
obei'te 1503 Neapel, 1512 Navarra bis an
die Pyrenäen , brach die Macht des Feuda-
lismus, bes. durch Einführung der Inqui-
sitionstribunale in Kastilien (1480) und
Aragonien (1484), machte. Vom Kardinal
Ximenes (s. d.) unterstützt, die königl.
Macht unumschränkt; f 23* Jan. 1516.
Vgl. Breaeott, «Gesch. der Regierung F.s
und Isabellas von Spanien', deutsch 1842,
2 Bde. — f) F. VI., der Weise, Sohn Phi-
lipps V., geb. 1712 zu Madrid, folgte seinem
Vater 174^6, überliess die Regierung seinem
Minister; f 1759 blödsinnig und kinderlos
im Kloster. — g) F. VII., Sohn Karls IV.
und der Prinzessin Marie Luise von Parma,
geb. 14. Okt. 1784, ward als Gegner des
Friedensfürsten CHerzogs von Alcudia) 28.
Okt. 1807 verhaftet und für einen Yer-
räther erklävt, durch die Revolution vom
18. März 1808 zur Thronfolge berufen,
musste 5. Mai zu Bayoune gegen eine jährl.
Rente von 600,000 Fr. zu Gunsten Napoleons
darauf verzichten und bezog das Schloss
Valen^ay. Im März 1814 nach Spanien
zurückgekehrt, hob er die Konstitution der
Gortes von 1812 auf u. begann eine blutige
politisch -kirchl. Reaktion, musste infolge
des Aufstands vom Januar 1820 die Kon-
stitution von 1812 (7. März) wiederher-
stellen, die aber die Intervention Frank-
reichs 1823 wieder beseitigte. Durch seine
4. Gemahlin Marie Ghristine , Tochter
Franz I. von Neapel, bewogen, hob F.
durch eine sogen. Pragmatik das salische
Gesetz 29. März 1830 auf und stellte die
alte kastllische kognatische Erbfolge wieder
her, übertrug während einer Krankheit
Okt. 1832 seiner Gemahlin die Leitung der
Staatsgeschäfte, übernahm 4. Jan. 1833 die
Regierung wieder; f 29. Sept. 1833.
6) Groaiherz'dge von Toskana: a) F. IIL,
Joseph Joh. Baptiat, Erzherzog von Oester-
reich, geb. 6. Mai 1769, zweiter Sohn Kai-
ser Leopolds n. , folgte diesem 2. Juli 1790
in Toskana, musste 1799 vor den in Italien
einrückenden Franzosen nach Wien flüch-
ten , 1801 auf Toskana verzichten , erhielt
dafür 26. Dec. 1802 das Kurfürstenthum
Salzburg, das er 1805 mit dem Grossherzog-
thum Würzburg vertauschte, ward 1814 in
Toskana restituirt; f 17. Juni 1824. — b)
F. IV., Sohn des (Jrossherzogs Leopold II.,
geb. 10. Juni 1835 , folgte seinem Vater in-
folge der Abdankung desselben 21. Juli
1859, lebt seit Einverleibung Toskanas in
das Königreich Italien meist in Dresden.
7) F., Herzog von Braunechtoeig , preuss.
Feldherr im siebenjähr. Krieg, geb. 11.
Jau. 1721 zu Braunschweig, 4. Sohn des
Herzogs F. Albrecht, trat 1740 als Oberst
in preuss. Dienste, ward 1750 General-
lieutenant, 1757 auf Verlangen Georgs II.
von England zum Oberbefehlshaber der
alliirten Armee ernannt, behauptete sich in
608
Ferdinandea — Ferrugo.
Niedenaelis»!! , Heisen und Westplialen
gegen die überlegene frani. Streitmacht,
siegte 1759 bei Minden, nahm 1766 seinen
Abschied, lebte seitdem auf seinem Lust-
schlosse Vechelde; f S. April 1792. Vgl.
Kneaebeck, ,F., Herz. v. Braunschweig, wäh-
rend des 8iei>enjähr. Kriegs', 1857 — 58, 2 Bde.
Ferdinandea (Narita), Insel im Mittel-
meer , bei SciHCca auf Sicillen , durch yuI-
kan. Ausbruch Juli 1831 entstanden, 12.
Jan. 1882 wieder versunken.
PÄre f ha (spr. Fahr) , 1) Festung im
fi'auz. Depart. Aisne, an der Oise, 4984 Ew.;
Artillerieschule. Kapitulirte 27. Nov. 1870
nach zweitägiger Beschiessuog. — 2) (F.-
Champenoisef spr. Schaugpnoa), Stadt im
franz. Depart. Marne, 21^)0 Ew. 25. März
1814 Sieg der Verbündeten über Marmont.
Feretrins (lat.), der Bringer, näml. der
Beute, Beiname des Jupiter zu Rom.
Ferien (Feriae, lat.), Feier-, Buhetage, in
Lehranstalten, Gerichten etc. die gesetzlich
bestimmten Zelten, wo keine Unterrichts-
stunden, Sitzungen etc. Statt finden.
Ferfk (türk.), militÄr. Würde, s. v. a.
Divisionsgeneral ; Ferikx-hahrii', der Admiral.
Fermftn (pers.) , Erlass des türk. Kaisers.
Fermanagh (spr. -mänäh), Grafsch. in
der irischen Prov. Ulster, 35V9 QM. und
105,768 Ew. Hauptst. Enniskillen.
Fermate CTenttt«,ital.), Ruhepunkt, Halt;
mus. Zeichen, das« eine Note über ihre
ZeitgeltUDg ausgehalten werden soll.
Fermentation, s. v. a. Gährung.
Fermente, s. Gährung.
Fermentöie, bei Gälirung und Fäulniss
von Pflanzentheiien sich bildende aroma-
tisclie Gele, welche den oigenthümlichen
Waldgeruch etc. bedingen.
Femambnkholz, s. BrasilienhoU.
Fernando do Noronha, brasU. Insel im
atlant. Ocean, 48 M. nordostl. vom Kap
St. Roque; Verbannungsort undGefängniss.
Fernando-Po, eine der Guineainselu an
der Küste Westafrikas, in der Biafrabai,
gebirgig (bis 10,058' hoch), mit Anuobon
etwa 23 QM. und 5590 Ew. Seit 1778 span.
Hauptort Glarence-Cove, Hafen für den
Falmölhandel und Station der engl. Dampfer.
Femey (Fernex, spr. -näh), Flecken im
fi'auz. Depart. Ain, nahe bei Gent, 1166 Ew.,
Voltaires Aufenthalt (1762-78).
Femkorn, Anion Dominik von, Bildhauer
und Erzgiesser, geb. 1814 zu Erfurt, Schüler
Stlglmayrs und Schwanthalers, ' seit 1840 In
Wien, Direktor der Kunsterzgleqserel das.,
1860 zum Ritter ernannt. Hauptwerke: Mo-
nument des Erzherzogs Karl, Reiterstand-
bild des Banus Jellachich, die Statuen des
Prinzen Eugen, des Herzogs Karl Wilhelm
von Braunschweig, mehrere Büsten.
Femrohr (Teleskop), optisches lustrument,
welches durch Linsenwirkung (dioptrische,
grosse: Refraktoren, mittlere: Tubus, kleine:
Perspektive) oder durch Spiegel- u. Linsen-
wirkung (katoptrische, Reflektoren) entfernte
Gegenstände dem Auge scheinbar näher
rückt und dadurcli vergrössert zeigt. Jedes
F. hat ein dem Gegenstande zugewendetes
Objektiv und ein dem Auge zugewendetes
Okular. Das tutronomiwkt oder hepUrtch* F.
mit konvexem Objektiv und Okular zeigt die
Gegenstände verkehrt, hat ein grösseres
Gesichtsfeld und verträgt stärkere Ver-
grösserung als das holländische , galilei$che
F., bei welchem eine Konkaviinso als Okular
das Objektivbild wieder umkehrt, also in
richtiger Stellung zeigt. Das terrestriaehe
oder Erdfemrohr ist ein astronom. F., dessen
verkehrtes Bild durch ein zweites, kurzes,
hinter dem ersten stehendes astron. F. um-
gekehrt wird. Der Feldstecher hat zu einer
und derselben Objektivlinso gewöhnlich 4
verschiedene Okulare, die vermittelst einer
excentrischen Scheibe beliebig benutzt wer-
den können. Bei den Kometenauchem, Nacht-
rbhren vei-grössert ein hinter dem Objektiv
eingeschaltetes Konvexglas das Gesichtsfeld
und die Helligkeit. Newtons Reflektor mit
Hohlspiegel, ebenem Spiegel und konvexem
Okular wirkt wie ein astronom. F. Bei
Gregorys F. wird das verkehrte Bild des
ersten Hohlspiegels durch einen zweiten
umgekehrt. Herschels¥. besteht aus einem
grossen Hohlspiegel, und das am Rande der
Rohröffnung entstandene Bild wird unmit-
telbar durch ein Okular betrachtet. Dollondn
achromatisches Objektiv besitzt eine konvexe
Crownp:laslinse und eine konkave Flintglas-
linse dicht hinter einander. In PlötisU dia-
lytischem F. sind dies» Linsen von einander
gerücict, das F. ist kürzer, das Bild schärfer
und lichtstärker. Unsere trübe Atmosphäre
gestattet selten OOOmaliga Vei^rösserang.
Femglclitigkeit (Hypermetropie), Zustand
des Auges, bei welchem die parallel ins
Auge fallenden Lichtstrahlen hinter der
Netzhaut vereinigt werden (Gegensats der
Kitrgsichtigkeit , Myopie), da die Axe des
Auges (die Linie zwischen dem Scheitel der
Hornhaut und der Netzhaut) zu kurs ist.
Man verwendet daher konvexe Brillen, um
dies auszugleichen. Die F. alter Leute
(Presbyopie) ist bedingt durch Verhärtung
der Krystalllinse und die dadurch hervor-
gerufene Unfähigkeit für genaue Akkommo-
dation ; daher deutliches Sehen nur in einer
bestimmten Entfernung möglich.
Ferocitat (lat.), Wildheit, Rohheft.
Ferolla Auhl., Pflanzengattung der Rosa-
ceen. F. guianensis AubL, Baum in Gufana
und auf den Antillen, liefert das Atlasholz.
Ferrira, italien. Proy., in der Emilia, 47^^
QM. und 203,037 Ew.; ehedem selbständiges
Herzogth., seit 1.598 zum Kirchenstaat ge-
hörig, 1860 dem Königreich Italien einver-
leibt. — Die befest. Hauptst, F., an einem
Arme des Po, 27,688 Ew. Erzbisch., Uni-
versität; ehedem als herzogl. Residenz eine
der blüliendsten Städteltaliens. Merkwür-
d(^ Arlosts Geburtshaus und das St. Annen-
hospital mit Torquato Tassos Kerker.
Ferro (span. Hierro), kleinste der kana-
rischen Inseln, bis 8300' h., 2V8 QM. Galt
als änsserster Westpunkt der alten Welt,
daher der erste Meridian darüber gezogen.
Ferrol, El-, befest. Seestadt in der span.
Prov. Coruua, 16,640 Ew. Kriegshafen.
Ferrugo (lat.), Eisenrost ; ferruginSa, eisen-
haltig; Ferruginosa, eisenhaltige Heilmittel.
Ferrum — Festangskrieg.
609
Ferrom (lat.), Eisen.
Ferse (Färae), Kalbe, weibliches Kalb
vom ersten Jahre bis zur Begattung.
Ferse (Calz), dor hintere TheJl derFuss-
sohle, dessen Grundlage das Fersenbein ist.
Fertilität (lat.), Fruchtbarkeit.
Ferola L. (Steckenkraut), Pflanzengattung
derUmbelliferen. F. asa foetidaX., in Per-
sien, liefert Asa foetida.
FerTent (lat.), eifrig, brünstig; /erveaciren,
«rglüben, zomfg werden; fer^id, helss.
Fes (Fez, türk.), Kopfbedeckung der Orie^.
eben, Türken u. anderen Orientalen, runde,
schirmlose Mütze mit Quaste.
Fesca, Friedr. Ernst, Musiker, geb. 15.
Febr. 1789 zu Magdeburg, f ^- Mai 1826 zu
Karlsruhe. Trefft. Violinspieler, auch ge-
diegener Komponist (Kirchensachen, Quin-
tette und Quartette, Opern). — Sein Sohn
Alexander, geb. 1820, f ^^^ ^^ Braun-
schweig, ebenfalls talentvoller Komponist.
Feseenninen, Form uralter Ital. Poesie, be-
stehend In muthwilligen Wechselgesängen.
Fescli y Joseph, Kardinal und Erzbischof
Yon Lyon, Stiefbruder der Mutter Kapo-
leons L, geb. 3. Jan. 17fö zu Ajaccio, erst
Geistlicher, dann Kriegskommissär bei der
Alpenarmee und in Italien, 1802 zum Erz-
bischof von Lyon und Kardinal erhoben
lind als Gesandter nach Rom geschickt, be-
gleitete den Papst zur Krönung Napoleons
nach Paris, ward Grossalmoseuier des Kaiser-
reichs, Graf und Senator, präsidirte 1810
dem Nationalkoncil zu Paris, zerfiel' mit
Napoleon und lebte seitdem in einer Art
Exil zu Lyon, floh bei der Invasion der
Alliirten in Frankreich nach Rom; f l^«
Mai 1839 zu Rom. Briefwechsel mit Kapo-
ieon herausgeg. von Dn Gasse (1855, 2 Bde.).
Fessel, bei den Hufsäugethieren Theil des
Fusses zwischen den Köthen und dem Huf.
Fesselbein (FeMelknochen) , die erste Pha-
lanx an der vorderen und hinteren Extre-
mität. Fesselgelenk , Gelenk zwischen F.
und dem vorderen und hinteren Mittelftiss.
Festigkeit, die Kraft, mit welcher ein
Körper der Trennung seiner Tbeilchen
widersteht. Absolute F., Widerstand gegen
Zerreissung, proportional der Grösse des
Querschnitts, unabhängig von dessen Ge-'
stalt und der -Länge des Körpers. Helative
F., Widerstand gegen Zerbrechen, bes. bei
Balken^^ abhängig von der Länge derselben,
der Grosse und Gestalt des Querschnitts^
der Art der Einwirkung auf den Balken
und der Unterstützung des Balkens. Wick-
wirkende F., Widerstand gegen Zerdrücken,
Ist bei kurzen Körpern proportional dem
Querschnitt , bei langen abhängig von dem
Verhältniss der kleinsten Dimension des
Querschnitts zur Länge des Körpers. Hohle
Säulen besitzen grössere F. als massive
von gleichem Gewicht. Torsionsfestigkeit,
Widerstand gegen das Abdrehen. Die F.
der Körper nimmt bei steigender Tempera-
tur schnell ab. "Vgl. BemotUli, ,yademecnmS
1859; JBehse, ,Berechnung der F.*, 1864.
Festtn (fr., spr. -äng). Fest, bes. festl.
Gastmahl. Festivität (lat.), Festlichkeit.
Festfnt lente (lat), Eile mit Weile.
Meyers Band" Lexikons
Festland, s. Kontinent.
Feston (fr., spr. -öng), lebendiges oder
künstlerisch nachgebildetes Gewinde von
Zweigen, Blumen und Fruchten.
Festung, ein durch permanente Befesti-
gung derart hergerichteter PlatB, dass
seine Besatzung sich gegen ein ganzes
Heer vertheidigeu und halten kann. Die
F. dient zur Sicherung von Depots, zur
Sperrung wichtiger Kommunikationen, als
Sammelpunkt sowie als Deckung einer
Armee oder Flotte, zur Sicherung einer
Grenze. Demgemäss Land- u. Seefestungen;
F.en 1., 2. und 3. Klasse nach ihrer Grösse
u. Bedeutung, Grenzfestungen, Bergfestun-
gen. Die F.en haben eine defensive und eine
offensive Bedeutung und liegen meistens
in einer Beziehung zu einander (Fesiungs-
system). Eine F. muss haben: Wall und
Graben; Aussenwerke, als: Hom werke, Lü-
netten, Ravelins, Gontregarden etc. ; Aussen-
forts; Verstärkungen durch Kasematten,
kasemattirte Thürme, krenelirte G^llerien,
Kavaliere etc. Im Kriege 1870—71 hat sich
gezeigt, dass den neuen Geschützen nur
F.en mit weitdetachirten Aussenforts auf
längere Zeit widerstehen können.
Festnngskrieg, die Gesammtheit der krie-
gerischen Operationen, welche Angriff oder
Vertheidigung von Festungen bezwecken.
Die Vertheidigung muss der Jeweiligen Art
des Augriffs entsprechen. Zwar langsam,
aber am sichersten führt die regelmässige
Belagerung zum Ziel; sie zerfallt in 2 be-
stimmte Perioden: 1) die der Vorbereitung,
Herbeischaffung der Geschütze (im Allgem.
schweres Kaliber, 1870—71 als bes. tüchtig
der gezogene 24-Pfünder erprobt; auch
12-, 10-, Szöllige Mörser), der Munition,
der Belagerungsequipage (Schaufeln, Hacken
etc., Schanzkörbe, Faschinen etc.), Siche-
rung des Belagerungscorps. Dem gegen-
über beseitigt der Belagerte alles, was
seine Schusslinien koupirt und dem An-
greifer als Deckung dienen kann. Auch
macht er Ausfälle. 2) Die Periode von Er-
öffnung der Laufgräben bis zur Uebergabe
der F. zerfällt in 2 Abschnitte: a) Eröffnung
der Laufgräben (d. i. der deckenden Annähe-
rungswege an die Festung, der Waffenplätze,
Logements und Belagerungsbatterien) und
Fortführung derselben bis zum Glacis. Die
erste Parallele wird möglichst nahe, bei
günstigem Terrain 800—500 Schritt (Seba-
stopol 1800, Strassburg 800 Schritt) vom
Glacis und so angelegt, dass sie die äusser-
sten verlängerten Facen der angegriffenen
Festungsfi'onte ,umschlie8st , worauf sofort
die Demontir- und Ricochetbatterien an-
gelegt werden. Die Einleitung dieser ersten
Massregeln durch ein heftiges Bombarde-
ment, welches die Diseiplin unter der Be-
satzung zerstören soll, hat sich 1870—71 sehr
bewährt. In Zickzacklinien und mit immer
neuen u. näher gebauten Batterien schreitet
der Angreifer vor bis zur Aushebung der
zweiten Parallele 300 Schritt vom Glacis,
geht von hier mittelst der ,flüchtigen* oder
,Yölligen' Sappe und den Kommunikations-
gräfoen, endlich der auf den beiden ausser«
39
610
Festtingsstrafe — Fettsucht«
sten Kapitalen angelegten Halbparallelen
bis xnm Tom dea Qlacis Tor nnd setat sich
dorch Beendigung der dritten Parallele teat.
Der Belagerte sncht dagegen dnrch Qe-
sehütsfener, Aasfalle und Qewehrfcner die
Arbeiter an hindern» an verjagen und die
Werke an aerstören. Auch geht er durch
Oontreapprochen u. Füsilierbatterien gegen
die feindlichen Kommnnikationsgriben tot.
b) Eroberung des gedeckten Weges. Aus
der dritten Parallele geht der Belagerer
mittelst der einfachen oder doppelt ge-
wendeten Sappe in LauJigraben etc. gegen
die ausspringenden Winkel des gedeckten
Weges Tor und krönt denselben (couronne-
ment du chemin couvert), indem er sicli
dem Stamme des Glacis parallel rechts und
links wendet. Nach derl&önung des gedeck-
ten Weges wird durch die Breschbatterien
eine Sturmlueke in den Wall gelegt. Des-
centen werden angelegt, und die Sturm-
kolonne dringt mit dem Bajonnet ein. Der
Vertheidiger dagegen koncentrirt sein Feuer
gegen den Feind, welcher nicht mehr um-
fassend angreifen kann, sobald er das
Glacds betreten hat, legt Beduits hinter
der Bresche an, macht Ausfllle, sucht
durch Schleussenspiel oder BrandstiHungen
die Arbeiten zu vernichten. Als Regel
glt, dass der Vertheidiger mit Ehren
ipituliren kann, wenn eine praktikable
Bresche gelegt worden ist. Die Cemirung
i^t der Anfang der regelrechten Belagrerung,
wird aber auch aUein angewandt, oder mit
Bombardement lusammen, wo die Grösse
der Festungen (Paris, Meti 1870—71) die
Belagerung schwierig nnd zugleich eine
Aushungerung möglich macht. Das JBom-
bardem0tU soll durch Furcht und Schrecken
den Belagerten schnell zur Uebergabe zwin-
gen, eventuell die regelrechte Belagerung
oder Cemirung unterstutzen. 1870—71 sind
die meisten Festungen durch Bombardement
gefallen. Der UA^feM, unerwarteter, über-
rumpelnder Angriff, gelingt nur g^gen den
unachtsamen oder demorallsirten Feind.
Der MMrirte Angriff findet nach Gernirung,
oft inmitten der regelrechten Belagerung
Statt, in der Begel durch Leiterersteigung
(s. Bicalade). Vatiban brachte zuerst die
Parallelen auf, sein System ward verbessert
dnrch Oormonktigne, Lefivre u. A. Als merk-
würdige Belagerungen resp. F.e neuester
Zeit sind zu nennen: Sebastopol, Strass-
burg, Metz, Paris, Beifort.
Festungastrafe, Freiheitsstrafe für Per-
sonen von höherer Bildung wegen Vergehen,
die nicht aus niedriger Oesinnung entsprin-
gen, z. B. wegen Duells, poUt. Vergehen etc.
Fetitingtbaustrafe für schwere Verbrecher,
der Galeerenstrafe entsprechend.
Fdte (tr.t spr. Fäht), Fest, Festmahl.
Fetiaies (lat.), Frlesterkolleg^um bei den
Römern , hatte über die Aufireohterhaltung
des Völkerrechts bei Kriegen zu wachen,
Bündnissen die relig. Weihe zu ertheilen etc.
Fetiren (fr.), schmeicheln, Ehre erweisen.
F^USy Franf. Jo»eph, Musikgelehrter, geb.
25. März 1784 zu Mons, seit 18SS Direktor
dea Konservatoriums zu Brüssel; t <Im. 86. J
M&rzl871. Hauptwerk: ^Biographie «ni ver-
seile des musiciens' (8. Aufl. 1856—68, 8 Bde.).
FetiiehliMUB, Verehrung einea Fetisch (v.
portug. feiiie&o, d. i. Zauberei),^ d. i. eines
Dinges, dem Zauberkräfte zogeecfarieben
werden, die niedrigste Stufe der AbKöttereiL
Vgl. ackuWt6, ,Der F.*, 1870.
FettdriMy bei Vögeln Drüse am Ende des
Rückens, liefert das Oel zum Elinfetten der
Federn, veruraacht verstopft die Darraujcht.
Fette 9 stiokstofi&eie Substanzen, weit
verbreitet im Pflanzen- nnd Thierreich,
werden durch Auspressen oder Auskochen
gewonnen, sind fest oder flüssig (Oele,
s. d.), in Wasser nicht. In Alkohol wenig,
in Aether, Benzin etc. leicht löslicb , vom
spec. Gew. 0,8— 0,9ö, reagiren neutral nnd
werden im ungereinigten Zustande leicht
sauer (ranzig). Gereiuigt (ausgewaschen,
geschmolzen, vom Bodensatz abgegossen
und flltrirt, auch entfirbt) sind sie gemch-
und geschmacklos und ziemlich haftbar.
Die natürlichen F. sind Gemische einfacher
F. (bes. Stearin , Palmitin , Ol ein) , das
Misohungsverhaltniss bedingt die Konsi-
stenz nnd den Schmelzpunkt. Die ein-
fachen F. bestehen aus einer fetten Säure
und Glycerin minus Wasser. Ueberhitster
Wasserdampf und koncentrirte Salzsäure
zerlegen die F. in fette Säure und Glycerin ;
mit Kalilauge bilden sie Seife und mit
Metallozyden Pflaster und Glycerin. Bei
Abschluss der Luft erhitzt, geben sie brenn-
bare Gase, die mit heller Flamme brennen.
Charakteristisdi ist die Bildung des scharf
riechenden, aus dem Glycerin stammenden
AkroleVns bei unvollkommener Verbrennung.
Vgl. /SiealRfner, ,Oele nnd F.*, 1858; ArtUr,
,Indu8trie der F. und Oele% 1866.
Fette SiareDy die Säuren, welche sich
in den Fetten finden, und einige homologe
Verbindungen (Ameisen-, Essigsäure, s. d.),
werden aus den Fetten dargestellt nnd
dienen zur Darstellung von Fruchtäthem
(BuUer säuret BeUdriaiuäure), Kerzen (SUa-
rinsäure), Arzneimitteln ( Bdldriatuäure) etc.
Fettfell (LidapalUnßeek, FeUfleek, Pingne-
culum), Wucherung derBbidebaut des Ange>
am Rande der Hornhaut; gelb gefärbt, be-
einträchtigt das Sehen nicht.
Fettgesehwnlflt (Lipome), scharf^unschrie-
bene Neubildung von Fettgewebe unter der
äusseren Haut, besonders am Rücken, im
Nacken, am Gesäss.' Entfernung durch
Operation, die meist unbedenklich Ist.
Fettffift, s. V. a. Wurstgift.
FettEaut ^Panniculus adiposus), Fettab-
lagemng zwischen der äusseren Haut und
den die Muskeln bedeckenden Fascien;
dicker beim weiblichen Geschlecht.
Fetthenne 9 s. v. a. Sedum. [käuer.
Fettmagen, der vierte Magen der Wieder
Fettsneiit (Lipomatosis universalis, Obesi-
tas, Polysarcia), übermässige Anhäufung
von Fettgewebe an den verschiedensten
Körpertheilen, besonders in dem Unterliaat-
zellgewebe (s. F«Uhaut), bedingt in geringe-
rem Grade Korpulenz, in höherem Unförm-
lichkeit. Theils angeboren, theils erworben,
besonders durch sitzende Lebensweise bei
J
Fettwachs — Feuerzeuge.
611
reiehlioher, fetthAltiger oder zur Fettbildang
geeigneter Kost (Zucker, Starke). Die V,
veranlasst i^Ster Hnskel- und Gehirn-
sch wache, Störungen des Athmens, der Herz-
th&tigkeit. Behandlung: Regelung der Diät,
Enthaltung von der genannten Kost und
reichliche Bewegung. Anneibehandlongen
(mit Jod) vermeide man wo möglich.
Fettwtehs, s. v. a. Adipocire.
Fevehtenleben, Eduard, Freiherr twn,
Arzt, Dichter und Denker, geb. 89. April
1806 zu Wien , ward Juli 1848 Unterstaats-
Sekretär im Ministerium des Unterrichts; f
3. Sept. 1849. Sehr. ,Lehrbuch der arztlichen
Seelenkunde* (1846); ,Zur Diätetik der Seele'
(1888; 32. Aufl. 1867); «Gedichte* (18S6). Werke
herausgeg. von Hebbel (1861—53, 7 Bde.).
FenchtfgkeitsmeMer, s. Bygnmeter,
Fenelitwaney s. v. a. Feigwarze.
Fevdalia (lat.), Lehnssachen ; FeudadisiMu,
Fftudahj/slem, Lehnswesen; Feudaliet, An-
hänger desselben, auch Kenner des Lehn-
rechts. Feudaiität, Lehnsverhältnlss.
Fe«dnm (lat.), Lehn.
Feaer, aus gleichzeitiger Licht« und
Wärmeentwicklung gebildete Erscheinung;
galt im Alterthum für etwas Materielles
(eins der 4 Elemente).
Fevennbeter. s. Barsen,
Fenerliaeh. l) Bud Joh. Anadm, Bitter
von F., ber. Kriminalist, geb. 14. Nov. 1775
zu Jena, ward 1805 geheimer Beferendar zu
Münchmi, 18086toheimrath das., 1814 zweiter
Präsident des Appellationsgerichts zu Bam-
berg, 1817 erster Präsident des Appellations-
gerichts zu Ansbach ; f 89. Mai 18S3. Begrün-
der der sog. Zwangs- oder Abschreckungs-
theorie im Strafrecht. Sehr. »Revision der
Grundsätze und Grundbegriffe des peinlichen
Rechts* (1799, 8 Bde.) ; ,Lehrbuch des gemei-
nen, in Deutschland geltenden peinlichen
Rechts' (14. Aufl. von MiUermeier 1847);
,8trafgesetzbQch f&r das Königreich Bayern*
(1813); .Aktenmässlge Darstellung merkwür-
diger Verbrechen* (3. Aufl. 1849, 8 Bde.);
,Kasp. Hauser* (1838) ; ,KleineSchr. vermisoh-
ten Inhalts* (1833). Biogr. von£. F. (1852).
— 2) ^ndw, Andreas, Sohn des Vor., Philo-
soph der hegelscfaen Schule, geb. 28. Juli
1804 zu Landshut, ward 1828 I^vatdocent zu
Erlangen, privatlsirte dann. Sehr. ,Gesch.
der neueren Philosophie von Bacon von Ye-
rulam bis Spinoza* (1833) ; ,Dar8tellung, Ent-
wicklung und Kritik der Ijeibnlzschen Phi-
losophie* (1837); ,Pierre Bayle* (1888); ,Das
Wesen des Ghristenthums* (2. Aufl. 1843);
,Grundsätze der Philosophie der Zukunft*
(1843); ,Daa Wesen der Religion* (1849);
,Theogonie* (2. Aufl. 1866); ,Gott, Freiheit
und Unsterblichkeit* (1866). .Sämmtliche
Werke* ]l845->57, 9 Bde.).
Fevftrfest. was dem Feuer widersteht,
daher bei Steinen und Tigeln s. v. a. un-
schmelzbar. Feuer/eeter Anetrich auf Holz
besteht aus Wasserglas, Salzlösungen mit
Hammersdblag, Ziegelmehl etc. gemischt,
hindert die Verbrennung mit Flamme, aber
nicht die Verkohlung. F.e Geldachränke
haben doppelte Wandungen, zwischen wel-
chen s^leobt leitende Substanzen, oder
solche, welche in starker Hitze Wasser
(Krystallwasser ans Alaun, Oyps) abgeben,
sich befinden. Durch die Verdampfung des
Wassers wird sehr viel Wärme gebunden,
und so lange sie andauert, steigt die Tem-
peratur im Schranke nicht über 100« 0. Vgl.
Bnce, ,Feuer- u. diebssichere Schränke*, 1869.
Fenerkvgelny s. Stemeeknuppen.
Fe«erluid (span. Tierra dei Fnego, auch
Kdnig Karle Südkmd), Gruppe von 11 grossen
und mehr als 20 kleinen felsigen Inseln an
der Südspitze von Amerika, 1600 QM. Die
Einwohner sind Fueheräh» (kanm 2000), ein
munteres, gutmütbiges, aber ganz rohes
Völkchen, 5— 5^/»* gross, msger und hässlich.
Fenerlille. s. v. a. Lilium bulbiferum.
Weutir\9aithiioMai(Biiehereehe F.\ Pappkap-
seln mit einem Gemisch von Salpeter, Schwe-
fel und Kohle, welthes entzündet selxr schnell
jsrosse Massen die Verbrennung nicht unter-
haltender Gase entwickelt und mitiün in ge-
schlossenen Räumen ausgebrocbene Feners-
brünste zu ersticken vermag, weil jene Gase
den SanerstoiT der Luft verdrängen.
FeaenMeteore» Sternschnuppen n. Feuer-
Feaerprobe, s. OrdaUen, (kugeln.
Feneisehwtaai (Zunderitohwanm, Polypo-
rus fomentarius), aasBöhmen,Ungarn,Sch we-
den, zerschnitten, mit Asohenlauge gekocht
u. geklopft, dient als blutstillendes Mittel und
(mit Salpeterlösung getränkt) als Zündmasse.
Fenenpelende Berge, s. Vtdkane,
Feattnsnritie • s. Btmpe,
Fenersleln (Flint), Mineral aus der Klasse
der Säuren, besteht grösstentheils aus kry-
stallinischer Kieselsäure, findet sich in
Knollen , als Versteinerungsmaterial , in
Platten, Lagern in verschiedenen Kalkfor-
mationen, bes. In der weissen Kreide und
als zerstreute Gtosohiebe in Nordfrankreich,
Südengland, Holland, Dänemark, auf Rügen,
in Norddeutsohland etc. Feuersteinknollen
durch kieseliges Bindemittel verbunden bil-
den in England den Htddingatein. F. diente
in der Steinzeit zu allerlei Waffen und Ge-
räthen, dann zu Flintensteinen, Jetzt noch
zu Polirsteinen, Schalen, Mörsern, zur
Glas-, Porzellan- und Wasserglasfabriluttion.
Feaeraagwuilage, s. Beiamng,
Feaervenielieraiigy s. Vereieherungeweeen,
Feaerwehr. mehr oder weniger militärisch
organisirtes Corps zur Löschung von Feuers-
brünsten ; besitzt in grossen Städten mehrere
gleichmässig vertheilte Stationslokale und
mit diesen verbundene Telegraphenbureaus
in allen Theilen der Stadt zur schnellen
Signalisirung der Gefahr. Vgl. die Werke
von Faber (1864), Schmier (1865).
Feaerwerk) s. Kunst/eueneerkerei,
Feaerwerker, Verfertiger von Kunstfenem ;
Verfertiger der Artilleriemnnition.
Feaerwolf y plötzliches gewaltsames Aus-
brechen der Flamme aus einem Ofenloch.
FeuerMBgey mechanische F. : Stahl, Stein
und Schwamm in verschiedenen Kombina-
tionen. Bt^eumatieehee F., MoUet» Bimpe:
Metallcylinder, in welchem durch Nieder-
stossen eines Kolbens die Luft stark kom-
primirt wird und die dadurch erzeugte
£Utze Schwauim entzündet. CB^emiachee,
39*
612
Feuillants — Fichtenharz.
D^ereinert F.: Apparat zur Entwicklung
von Wasserstoff, welcher sich beim Aus-
strömen anf Platinschwamm entzündet.
Beim elektrischen F. ( Tachypprion) wird der
Wasserstoff dnrch den Funken eines Eiek-
trophors entzündet.
FeuillantB (fr., spr. FöHjang), Brüder-
schaft der Gistercienser (s. d.), von deren
Kloster zu Paris während der Revolution
ein 1790 von den Gemässigten gegründeter
Klub, der hier seine Sitzungen faieit, u. 28.
März 1791 dnrch einen Voiksaufstand aus
einander getrieben ward, den Kamen erhielt.
Feville (fr., spr. Föllj), Blatt; Feuillage
(epr. FölHahsch), Laub, Blätterwerk.
Fenlllet (spr. Följeh), Ootave, franz. Schrift-
steller, geb. 1822 zu St. Lo (Manche), lebt
zu Paris; bes. beliebt als Dramatiker (,De-
lila*,. ,Le Cl§ d'or*, ,Redemption* u. a.;
dram. Sprichwörter); schrieb auch Romane:
,La petite comtesse*, ,Roman d'un jeune
homme pauvre*, ,Montjoye* (3. Aufl. 1864) etc.
Feuilleton (fr., spr. FöMJ'tong), Blätteben,
der Theil einer polit. Zeitschrift, welcher
für Belletristisches, künstlerische u. literar.
Kritiken etc. bestimmt ist. FeuiUetcniit,
Schriftsteller, der für ein F. schreibt.
Feuilletonstil, leichte, gefällige Schreibweise.
FeTftl, Paul Henri Corentin, franz. Schrift-
steller, geb. 27. Sept. 1817 zu Rennes , lebt
zn Paris; Verf. der Romane ,Loup blanc*
(1843), ,Mystdres des liondres' (lß44, 11 Bde.)
u. V. a., einer ,Hist. des tribnnaux secrets'
(1854, 8 Bde.) und des oft gegebenen Lust-
spiels ,Fils du diable* (1847).
Fexen, s. v. a. Oretins.
Fejdean (spr. Fehdoh), Emette, franz.
Schriftsteller, geb. 16. März 1821 zu Paris,
erregte zuerst Aufsehen durch seinen Roman
,Fanny* (1858), dem er ,Daniel' (1859), ,Cath.
Overmeire' (1860),- ,La Gomtesse de Chalis*
(1867) etc., sowie andere Werke (z. B. ,Du
luxe des femmes etc.', 1866) folgen Hess;
seit 1865 Redakteur des Journals ,Ii'£!poque*.
Fez (FSa), ehedem selbständiges, jetzt
zum Kaiserthum Marokko gehörendes Sul-
tanat in Nordafrika. Die ehemalige Baupt-
und JReHdenzstadt F., wichtigster Ort Ma-
rokkos, in einem herrl. Thal, im Gebiet des
Sebu, 85,000 Ew. (9000 Juden, 4000 Neger).
Prachtv. Hauptmoschee el Karubin; arab.
Universität; noch immer rege Industrie (ber.
Beduinenmäntel) und Handel (ehedem Aus-
gangspunkt der Karawanen nach Mekka).
Fezzan (Fessan, das alte Fhcaania oder
das Land der Garamanten) , Landsch. In
Nordafrika, zu Tripolis gehörig, bestehend
aus einer Reihe von Oasen, 100 M. 1. und
ca. 80 M. breit, 26,000 Ew. Hauptort Murzuk.
Fiaker (fr. flacre), Name der Mieth kutschen,
welche in grösseren Städten an bestimmten
Plätzen zur Personenbeförderung bereit
stehen, zuerst in Paris von Nie. Sauvage
1650 eingeführt und nach dessen Wohnung,
dem ,Hötel de Fiacre*, benannt.
Fiile, goth. schlanke Spitzpfeller, welche
die giebelförmige Fensterumfassung (die
Wimperge) zu beiden Seiten in senkrechten
Linien begrenzen; auch bilden sie zuweilen
die Krönung von Strebepfeilern.
FiM«0 (ital., d. i. Flasche), in derTheater-
sprache das Nichtgefallen eines Stüeka etc.
Fibern (Fasern), die fadeaartigen (Caae-
rigen) Bestandtheile der Gewebe der Thiere
und Pflanzen.
Fibrin, Blutfaserstoff, im Blut gelöster
eiwelssartiger Stoff, gerinnt alsbald an der
Luft, findet sich auch im Chylus und in
der Lymphe , für den Stoffwechsel Ton
höchster Bedeutung.
FIcarla HaU. (FeigtMrzenkraut), Pflansen-
gattung der Ranunculaceen. F. ranuncu-
loides Mdnch, Ranunculus fic. L., Bchtuliocks-
kraut, in Europa, Knöllchen, den Weizeokör-
nem ähnlich, erscheinen nach Regen oft
massenhaft (Getreidei'egen) , genieasbar,
ebenso das Kraut; früher oificiaell.
Fichte, s. Tanne,
Fichte, 1) Joh. Gottliti, her. Philosoph,
geb. 19. Mai 1762 zu Rammenati bei Bischofs-
werda in der Oberlausitz, ward 1794 Prof.
zu Jena, 1810 zn Berlin; f <^as. 27. Jan. 1814.
Scharfsinniger Denker, Patriot und edler,
muthvoller, energischer Charakter, in der
Gheschichte der Philosophie epochemachend
durch konsequente Durchführung des trans-
scendentalen Idealismus in den Schriften:
,Ueber den Begriff der Wissenscbaftslehre'
(1795; 2. Aufl. 1802); .Grundlage der gesamm-
ten Wissenschaftsiehre' (1794; 2. Anfl. 1802) ;
,Ueber die Bestimmung des Menschen* (1800);
,yorlesungen über die Bestimmung des Ge-
lehrten* (1794) ; jGmndlage des Natorrechts*
(1796—97, 2 Bde.); ,Sy8tem der Sittenlehre'
(1798). Seine spätere Theorie vom absoluten
Sein als einem ursprünglichen, sich allein
im sittlichen Handeln freier Subjekte offen-
barenden göttl. Leben Ist bes. enthalten in
der Sehr. , Anweisung zum seligen Leben
oder Religionslehre* (1806), den ,Reden an
die deutsche Nation* (180^; neueste Ausg.
1871) und den Vorlesungen über ,Die That-
s€tchen des Bewusstseins* (1817). Biog;raphie
und Briefwechsel herausg. von J.H. FicMe
(1830-31, 2 Bde. ; 2. Aufl. 1862). — 2)Znimai>««2
Hermann, Philosoph, Sohn des Vor., geb. 18.
Juli 1797 zu Jena, wta'd 1836 Prof. zu Bonn,
1842 zu Tübii^en ; bestritt im Oegenaata zu
Hegel die reale Bedeutung der Dialektik.
Sehr. ,6eiträge zur Oharakteristik der neue-
ren Philosopliie* (2. Aufl. 1841); ,Die Onto-
logie* (1836) ; ,Die spekulative Theologie oder
allgem. Religionslehre* (1846); ySystem der
Ethik* (1850—53, 2 Bde.); , Anthropologie'
2. Aufl. 1860); »Vermischte Schriften» (1868,
' Bde.).
Ficlitelberg, Berggipfel des sacfas. £rz-
gebirss, 3721' hoch, höchster Berg Sachsens.
Fichtelgebirge, plateauai*tiges Maasenge-
birge in der Nordostecke Bayerns, im Schnee-
berg 3300 ' und Ochsenkopf 3200' hoch, be-
waldet, mit bed. Moorstrecken u. grossartigeu
Granitbildungen, am Fuss gut angebaut;
merkwürd. Wasserscheide (Main, Eger, Kab,
Saale); von mehreren Strassen durchaogen
und von 4 Eisenbahnen rings umschloaaen.
Vgl. die Führer von üTtirber (1858) n. Grieben
Fichtelnab, Fluss, s. Ifab. [(1865).
Fichtenharz, gemeines Harz, an derLnft
eingetrockneter, erh&rteter .Terpentin der
^
Fichtennadelbad — Figaro.
613
X'icbte u. anderer Nadelhölzer, wird durch
Verwundung der Bäume (Anreissen) ge-
wonnen tt. umgeschmolzen, anfangs weich,
dann spröde, klebrig. Mit Wasser ge-
schmolzenes und durchgeseihtes F. liefert
ioeis3e$, bei höherer Temperatur gelbes Pech.
Bes. rein ist das Burgunderpech. Bas F.
dient zu Kitten, Seifen, Firnissen, Pflastern,
zum Leimen des Papiers etc.
Flehtemiftdelbiid ( Kiefemadeibad) , Ab-
kochung Yon jungen Fichten- und Kiefer-
sprossen, welche als Nebenprodukt bei der
Waldwollfabrikation gewonnen werdenkann,
enthält Extraktivstoff, Harze, ätherisches
Oel, bes. bei chronischen Hautkrankheiten,
Rheumatismus, Gicht, Neuralgien, Unskel-
lähmung angewandt; zuerst 1845 in Schle-
sien, dann in Thüringen, Sachsen, Hessen etc.
FichteDnadelol, farbloses ätherisches Oel
▼on balsamischem Geruch, wird als Neben-
produkt bei der Darstellung des zu Bädern
dienenden MchtennadelextroMs gewonnen.
FleoroldBehe eiste (Oistaßeoronica), antike
eiste mit interessanten Zeichnungen, 1742 bei
Palestrina aufgefunden, jetzt im Collegio
Romano zn Bom befindlich. Schriften dar-
über von £. Braun (1850) und Wieseler (1860).
FicnS) Feige, Feigenbaum. [Adelige.
Fidalg08 (port., span. Hidalgos), niedere
FideiKomiiiiss (lat., d.i. der Treue anver-
traut), nach röm. Recht die letztwillige Ver-
fügung eines Erblassers, dass der Erbe (Fidu-
ciarius) die betr. Erbschaft oder einen Thell
derselben entweder sofort oder innerhalb
einer bestimmten Zeit, auch wohl bei Eintritt
gewisser Bedingungen an einen bezeichneten
Andern (Fideikommissar) herausgeben soll;
nach deutschem Rechte (Familier^fideikom-
miss) Disposition , dass Yermögensobjekte,
bes. nnbewegl., im Besitz einer Familie unver-
äusserlich verbleiben u. nach einer bestimm-
ten Successionsordnung forterben sollen.
Fld<^iibireii (lat.), bürgen; Fidejussion,
Bürgschaft; Fidejussor, Bürge.
Fldei (lat.), treu, redlich, heiter; Fideli-
tiU, Heiterkeit. Fidiles, Gläubige, Christen
im Gegensatz zu den Ungläubigen (Infideles).
FldeUssimug (lat.), Allgetreuster, Titel des
Königs von Portugal.
Fidemiren (lat.), beglaubigen.
FidenM (a. G.), ber. röm. Stadt Im Sabi-
nerlande, zwischen Tiber und Anio.
Fides (lat.), Saite (auf der Zither) ; Treue,
Glaube; auch pcrsonificirt, als Göttin.
Fldscnlinseln (Viti), Gruppe von 225
Inseln in Polynesien, westl. von den Oesell-
schaftsinseln, 378 Q}X. und ca. 200,000 Ew.
Hauptinseln: Gross-Fidschi , SlOs/sQM., und
Vaniia-Levu, 117 QM.; die übrigen klein.
Die Ew. ein Mittelschlag zwischen Austral-
negern und Polyneslem, lange wegen ihrer
Menschenfresserei gefürchtet; letztere seit
1857 infolge der Verbreitung des Christen-
thums (1837) abgeschafft. Gegenwärtig etwa
Vs der Bevölkerung bekehrt, unter geordne-
ter Regierung. Den Antrag der Oberherr-
schaft lehnte die brlt. Regierung 1862 ab.
Vgl. WiÜiam», ,Fiji and the FijiansS 1870.
FldueU (lat.), Vertrauen, Zuversicht. Fi-
duciar , einstweiliger Vermächtnissnehmer.
Fieber (Febris) , jede die normale Eigen-
wärme des Körpers überschreitende Tempe-
raturerhöhung, meist mit entsprechender
Erhöhung der Pulszahl und der Athem-
bewegung, keine selbständige Krankheit,
sondern Symptom der meisten akuten Krank-
heiten. Sobald die Temperatur 37,6— S8o C.
überschritten, Ist F. da; die höchste beob-
achtete Temperatur beträgt 41,60. Als an-
dere Zeichen von vorhandenem F. treten
Frost und Hitzegefühl, Durst, Mattigkeit
auf, der Harn ist dunkelröth und gibt beim
Erkalten rothen Bodensatz, der beim Er-
wärmen verschwindet. — In den einzelnen
Krankheiten hat das F. so regelmässige
Steigerungen (Exacerbationen) und Senkun-
gen (Remissionen), dass man aus Ihnen ein
genaues Urtheil über Besserung oder Ver-
schlimmerung entnehmen kann. Ursache
des F.s sind entzündliche Zustände, sowie
abnorme Oxydation von Körpersubstanz, ver-
anlasst durch bestimmte ins Blut gelangte
Stoffe (Miasmen), wie beim Wechselfieber
(Quotidian-, Tertian-, Quartanfieber, je nach-
dem es alle 1, 3 oder 4 Tage auftritt) oder
durch allmählige Konsnmption der Gewebe
(hektisches F., bei Tuberkulose). Vermin-
derung des F.s erreicht man durch künstl.
Abkühlung des Körpers (Kaltwasserbehand-
lung); gegen F., welches durch Miasmen
hervorgerufen ist, giltChinin alsHanptmittel.
Vgl. Hirsch, .Entwicklung der Fieberlehre*,
Fieberrlnde, s. v. a. Chinarinde. [1870.
FleberwiirKel, s. Gentiana.
Flelding, Henry, engl. Romanschreiber,
geb. 22. April 1707 zu Sharphampark (Somer-
setshire), f nach einem wechselvollen Leben
8. Okt. 1754 auf einer Reise zu Lissabon.
Hauptwerke: ,Jos. Andrews* (1750), .Jona-
than Wild* (1750) und bes. ,Tom Jones'
(1750), ausgez. durch trefTl. Sittenmalerei
und Charakteristik. Ges. Werke (1821).
Fierftnten (ital.), Kaufleute, welche die
Messe (Fiera) beziehen.
Fieschi (spr. Fi6ski), Jos. Marco, geb. 3.
Dec. 1790 auf Korsika, Dieb, dann Polizei-
spion, machte, von zwei Genossen, Morry
und P6pin, unterstützt, mittelst einer Höl-
lenmaschine 28. Juli 1895 ein Attentat auf
den König Ludwig Philipp, wobei einige 20
Personen, darunter der Marschall Mortier,
getödtet wurden ; 16. Febr. 1836 hingerichtet.
Flesco, Giovanni Luigi, eigentl. de'Fieschi,
Graf von Lavagna , geb. 1524 oder 1525 zu
Genua, zettelte zum Sturz der Dorias eine Ver-
schwörung an, kam bei Ausbruch derselben
in der Nacht vom 1. auf den 2. Jan. 1547 durch
Umschlagen eines Bootes ums Leben, wo-
durch die beabsichtigte Revolution schei-
terte. Vgl. Brea, , Sulla congiura etc.^ 1863.
FlesÖlej Fra Giovanni Angelieo da (eigentl.
8anti Tosini), ital. Maler, geb. 1987 InMu-
gello, ward 1407 Dominikanermönch, später
yon Papst Nikolaus V. nach Rom berufen;
f das. 1454. Einer der bedeutendsten Restau-
ratoren der ital. Malerei.
Fife (spr. Feif), schott. Grafsch., an der
Nordseeküste, 24,1 QM. und 154,770 Ew.;
sorgfaltig angebaut. Hauptst. Cupar.
FigirO) der Barbier von Sevilla, dramat.
614
Figueras — Finanz.
Figur, durch BeanmArchals (9. d.) auf die
Biihne gebracht, sp&ter durch die Opern
Hosarts und Rossinis berühmt geworden.
FIgmSraSy Stadt in der span. Proy. Oerona,
4600 Ew. ; dabei die Festung: 8. Fernando,
ein Hauptschlussel Spaniens.
Flgfirlieli, bUdlich.
Figur (lat. fignra), eine durch lllnien all-
seitig begrenzte Fläche (JF^ächet^gur) oder
ein durch Flächen nach Jeder Richtung hin
umschlossener Theil des Raumes (Körper-
figur); in der Rhetorik (Redi^figur) Bild,
übertragener uneigentl. Ausdruck, auch
verschiedene bestimmte Gestaltungen und
Wendungen der Rede; in der Musik kurzer
mnsikal. Gedanke, Motiv.
Figrnrabel (lat.), bildsam, gestaltbar.
Figuralgesang (Oantoßgurato), der figu-
rlrte, kontrapvuuktisch geschriebene Chor-
gesang, meist mit Instrumentalbegleitung.
Fignranten (lat.), beim Ballet Tänzer,
welche truppweise, nicht einzeln tanzen;
im Schauspiel Personen, welche nichts zu
sprechen haben (Statisten, Komparsen).
Figrimtion (lat.), Belebung einer Rede,
eines Musikstücks durch Figuren. [len.
Figuriren (lat.). gestalten ; eine Rolle spie-
Figurirte Zahlen, die Glieder arithmeti-
scher Reihen höherer Ordnungen, deren
erstes Glied die Einheit ist, und welche durch
successive Addition der Glieder einer an-
deren arithmet. Reihe entstehen. Die ge-
wöhn 1. Zahlenreihe ergibt auf diese Weise
die sogen. Triangulär- oder Trigonalzahlen,
d. i. Dreieckszahlen: 1, 3, 6, 10, 15, 21, 28,
36, 45 . . . Durch successive Addition der
Glieder dieser Reihe entstehen die Pyrami-
dalzahlen : 1, 4, 10, 20, 95, 56, 84 ... , auf
dieselbe Weise die zweiten, dritten etc.
Pyramidal^ahlen: 1, 5, 15, 35, 70, 186, SlO . . .
und 1, 6, 21, 56, 126, 252, 462 .. . Durch
successive Addition der arithmet. Reihen
erster Ordnung, deren Differenzen 2, 3, 4 etc.
sind, erhält man die ßolygonaUahlen (Viel-
eckszahlen): 1, 4,9, 16, 25, 86 . . .: 1, 5, 12,
22, 35, 51 . . .; 1, 6, 15, 28, 45, 66 . . .; 1,
7, 18, 34, 55, 81 . . . Die der ersten Reihe
heissen QuadratsMhlen, die der zweiten Pen-
tagonal- oder Filnfeck$zahlen, die der dritten
Bexagonal- oder Bechsechnzahlen etc.
Fiktilien (lat.), Töpfer- oder Thonwaaren.
Fiktion (lat.), Erdichtung, erdichtete An-
nahme.
Fiiagramiii (lat.-gr.), Zeichen im Papier.
Filament (lat.), Fadenwerk, in der Bo-
tanik Staubfaden. [und Drehen der Seide.
Filatorium (lat.), Maschine zum Abwinden
Filet (fr., spr. -leh), weitmaschiges, fein-
fad iges Flechtwerk mit Knotenkreuzung, mit
der Filetnadel gestrickt; die mit der Filete
(Filetenstempel) auf dem Rücken der Bü-
cfaereinbände gedruckten Yerzieioingen.
Filia pat.), Tochter; filins, Sohn.
Füialklrciie 9 Tochterkirche , Kirche,
welche von dem Geistlichen einer anderen
Kirche (Mntterkirche) besorgt wird. FilUü-
geachUft, ein von einem kaufmännischen Ge-
schäft abgezweigtes anderes Geschäft.
Flliatioii (lat.), Sohn- oder Tochterschaft;
im Ordenawesen die Verpflichtung der
Ordensmitglieder zum Gel^orsam g^^n die
Ordensoberen. Filialionsprobe, 8. Ahnen,
Filib^ • turk. Käme für Philippopel.
Fillciga. VincenK von, ital. Dichter, geb.
SO. Dec. 1642, t ^' Sept. 1707 zu Pisa.
Hervorragender Lyriker (unter seineu polit.
Gedichten das her. Sonett ,Italia! Italia!').
fPoeaie toscane* (1707 u. öfter).
Filllbnn (lat.), fadenförmig. [draht.
FiUgriiiy Kunstorbeit aus Gk>ld- und Silber-
Fliipeply Messandro (gen. Sandro Botti-
ceUi), Maler der toskan. Schule, geb. 1437,
t 1515; einer der Ersten, der die antike
Mythe und Allegorie in die moderne Kunst
übertrug. Hauptwerk die Wandgemälde in
der sixtln. Kapelle.
Fillpponen, s. Lipotoaner.
Filiren (fr.), spinnen ; einen Ton aushalten.
Filix (Plur. Filice»), Farrenkraut.
FiUmorey Miüard, 13. Präsident der Ver-
einigten Staaten von Kordamerika, geh. 7.
Jan. 1800 zu Summer-Hill im Staat Newyork,
ward 1828 Mitglied der Staatslegislatur, 18S3
Kongressmitglied, Kov. 1848 Ticepräsident,
9. Juli 1850 bis 4. März 1853 Präsident, will-
fährig den Sklavenhaltern gegenüber, unter-
lag 1856 als Präsidentschaftskandidat der
nativist. Partei, suchte im Bürgerkriege ver-
geblich zu vermitteln. [Leinen etc.
Flloehe (ft., spr. -osch), Gewebe aus Seide,
Flloa (fir., spr. -uh), Spitzbnb«, Schelm.
Flltrireiiy Trennung fester von flüssigen
Körpern mit Hülfe poröser Substanzen,
welche erstere, aber nicht letztere zurück-
halten. Filtrirpapier ist ungeleimtes , sehr
gleichförmiges und reines Papier (am besten
das schwedische). Was durchläuft, heisst
Filtrat. Statt Papier dientljein wand «Flanell,
Filz, Asbest, Bimsstein, Schieasbaum wolle,
Kohle, ScheerwoUe, Torf, poröser Sandstein
etc. Filtration durch Kohle (Zuckerfabriken)
bezweckt Befreiung der Flüssig^keit Ton ge-
lösten Farbstoffen und Salzen.
Filtnim (lat.), Seiher, Durchschlag:.
Filz 9 dichtes Gewebe aus verworren mit
einander verschlungenen Haaren; dient zu
Hüten, Filtrirbeuteln , Decken, Sohlen, für
Pianofortebauer (HammerJUz aus feinster
Wolle), zum Schiffbau, mit Theer und As-
phalt getränkt zum Dachdeckeu (DacJ^flb).
Fimmely der männliche Huif.
Final (lat.), endlich, schliesslich.
Finale (ital.), Schluss ; in der Musik Schlnss-
satz eines mehrtheiligen Tonstücks ; naraentl.
die aus Soli, Ohören und Ensemblesätzen
zusammengefügten Aktabschlüsse der Opern.
Finalnole, Tonica, Schlussnote.
Finanz (wahrscheinl. vom lat. ßn%9, Zah-
lungstermin), Staatseinkommen, bes. dessen
Verwaltung. Finanstoesen, sowohl die Auf-
bringung, als die zweckmässi^^e Verwen-
dung der dem Staat zu Bestreitung seiner
Ausgaben zu Gebote stehenden Mittel. Fi-
nanzwisaenschaft , die Wissenschaft davon,
Staatswirthschaftslehre. FinanzhoheU, In-
begriff der das Staatseinkommen betreffen-
den Befugnisse der Staatsgewalt. Finanx-
gesetzCf das Staatseinkommen, . namentlich
Steuern , Zölle, Anleihen , Budg^et etc. be-
treffende Gesetze. Vgl. die Werke von Jfol-
Findelhänser — Finnland.
615
ckus (1888), Bau (5. Anfl. 1865), Sergim (1866),
lyeiffer (1866, S Bde.), Bisehof (1870) u. A.
FindelUiiMry Anstalten , in denen Ton
ihren Eltern verlassene oder ausgesetzte
Kinder (Finddkinder) auf Öffentl. Kosten er-
zogen werden. Das älteste historisch nach-
weisbare wa^d zu Mailand 787 gestiftet.
Vgl. Bügel, ,Die V. Europas', 1868.
Fingd (Fin Mae Coul), Held der ga61.
Kationalsage , Vater Ossians, lebte im 8.
Jahrb. n. Chr. als Fürst Ton Moryen in
Schottland : sein Tod von Osslan besungen.
FingalBhoUe (harmonische OroUe), Grotte
an der Sud Westküste der Hebrideninsel Staffa,
nach Fingal benannt, 871' tief, das Portal
117' hoch, 58' breit Das Becken bildet das
Meer, die Wände Basaltsäulen. Durch stetes
Tropfen der Decke melodisches Getön.
Finger, s. Hand.
Flngerentsfiiidiing (Fingerwtrm , Panari-
tium), allgemeine Bezeichnung Jeder am
Finger auftretenden Entzündung und Eite-
rung. Nach der Tiefe des Sitzes unterscheidet
man mehrere Formen. F. periostei, auf der
Knochenhaut, ist die schlimmste, da es zu
Abstossung des Knochens kommen kann.
Ursache: Reizung des Fingers durch Stoss,
Druck, Splitter; Behandlung durch lau-
warme Wasserumschläge, bei schweren (oft
sehr gefährlich t) Formen absolute Ruhe der
Hand durch Aufbinden auf ein horizontal
zu tragendes Bretchen.
Fbigerhmty s. Digitalis,
Fingerknmpfy s. Behreihkrompf.
FiBU (lat.), Ende.
Flnisirmig (lat., fr. flnieeage, spr. -sahsch),
lAtzte Bearbeitung (Abziehen) einer Uhr.
FlnisMwr (fir., spr. -söhr), Musterzeichner.
FlBlsterre , 1) Capo F., das alte Promon-
torium Nerimn, Vorgebirge an der Nord-
westspitze Spaniens; — 2) (Pinietire, spr.
-tär) das westlichste Depart. Frankreichs,
Theil der Nlederbretagve , 182 QM. und
662,485 Ew. Hauptst. Quimper.
Fink (Fringilla L.), Gattung der Sperlings-
vögel. Untergattungen: Kembeisser (s. d.),
Gimpel (s. d.), Steinspatzen (s. Sperling),
Finken und Hänflinge. — Finken : Jßrien^,
Zeitig (F. spinus L.), ^*U*% in Europa und
Japan, bei uns Zug- u. Strichvogel. SHegliu,
Distelfink (F. cardnelis L.), 5Va'% in Europa,
Kleinasien, bei uns Standvogel. Leinßnk,
Berg-, Birkenteisig (F. linaria L.), 5", im
Noi^den der alten und neuen Welt, bei uns
Zugvogel. Hänflinge: Bluthänfling, Berg-
hänfling, s. Hänfling. Buch-, Blut-, Ed^fink
(F. caelebs L.), 6", in Europa und NordafMka,
bei uns Strich- und Standvogel. Harx-, Berg-
fink, Bergnaehtigall (F. montifringilla L.),
6Vt'S tu Europa, Kleinasien, Japan. Kana-
rienvogel (s. d.). Zahlr. ausländ. Arten (2^-
gerftnk, Amandava, eigentlicher U. Bengatiti,
Kstrelda amandava Hartl., aas Ostindien;
Sehmetterling^k, Cordon bleu, blauer Ben-
galist, Mariposa phoenicotis B., aus Afrika;
grau9r AstrUd, Ekstrelda cinerea Hartl., ans
AfHka; HeUiunfatänehen, Astrilda undqlata
B., aus AfHka) beliebte Stubenvögel. Vgl.
Biins (1871), Brehm (1871).
Flaue 9 s. Blatenvmrm.
Finne, Höhenzug Im preuss. Reg^.Erftart,
Fortsetzung der Hainleite, zwischen Unstrut
und Ilmmnndung, 1000—1200'.
Finnen, der westlichste der 4 Baupt-
zweige des altaisohen Völker- und Sprach-
stamms , die Bevölkerung von Nordeuropa
und dem nordwestl. Asien. Vier Gruppen :
1) die ttgrische (Osljaken, Wogul^en, Ma-
gyaren) ; 2) die Imlgariaehe (Tscheremissen,
Mordwinen, Tschuwaschen); 8) die per-
misehe (Permier, Syiiänen, Wotjäken); 4)
die eigentl. finnisehe Gruppe (die urspriingl.
Bewohner Finnlands, die Esthen , Lappen,
Liven , Wessen und Tsehuden). Letzte
Gruppe die edelste, bes. hervorragend durch
starke Neigung zur Poesie; daher reiche
poet. Literatur (Volkspoesie). Bas merk-
würdigste Denkmal ist das min. Epos Kaie-
wala, (deutsch von Schief ner 1852); ausser-
dem Sammlungen von Liedern und Balladen,
Sprichwörtern, R&thseln etc. ; zahlr. asoet.,
Ökonom, und unterhaltende Schriften, Schul-
und Volksbücher. Grammatik der Ann.
Sprache von JSur^ (1848), Lexiken von
RennvaU (1826), LÜnnrot (1852) und FUr4n
(1860). Die finn. Mythologie behandelt von
Caairin (1852; deutsch von Sehiefner 1858).
Finnenkniilüielt der Sehweme. Perl-
krankheit, Hirsesucht, wird durch die Finne
(s. Blaeenwurm) erzeugt, verläuft langsam,
kaum heilbar. Finniges Schweinefleisch ist
gut gekocht unschädlich. Gelangt die Finne
lebend in den Magen des Menschen, so ent-
wickelt sieh ans ihr der Bandwurm«
Flnnftsck, s. Walfisch.
FlnniBflher Meerbneen, Theil der Ostsee
zwischen Finnland und Esthland, 60 M. L,
21/9—17 M. breit; reger Schüffahrtsverkehr;
daran die Kriegshäfen Reval, Slronstadt,
Sweaborg, Festungen ersten Ranges.
Finnland, russ. Grossfürstenthum , mit
eigener Verwaltung und eigenen Gesetzen,
6835 QM. und 1,880,858 Ew. Von sandigen
Höhen (bis 600^ h.) durchzogen, mit zahlr.
Flüssen und Seen, grossen Sümpfen und
Waldungen, die Küste von Inseln und
Klippen umsäumt; Ackerbau nur im S.
möglich. Die Ew. grösstentheils Protestan-
ten (1,789,093) mit 3 Bischöfen (Abo, Wasa,
Wiborg) ; der Nationalität nach Schweden
(ca. 185,000), Russen (20,000), Deutsche
(1000), im Uebrigen Finnen. Hauptbeschäf-
tigung: Viehzucht, Jagd, Fischerei; Berg-
bau auf Kupfer und Eisen, Handel und
SchiflTfahrt. Exporte: Holz- und Wald-
produkte, Vieh, Butter, Häringe, Pelz etc.
Handelsflotte (1868): 440 Segelschitfe , 62
Dampfer und 1200 kleinere Fahrzeuge.
Eisenbahn 65 M. Staatsverfassung von 1772
u. 1789, mit Volksvertretung durch 4 Stände,
durch spätere kaiserl. Manifeste bestätigt.
Höchste Autorität des Landes der Senat
gu Helsingfors) unter dem Vorsitze des
eneralgouverneurs. Einnahme (1869) :
15,072,127 Mnrk Silber, Ausgabe: 15,065,717
Mark Silber (4 Mark =; 1 Rubel). Landes-
nniversität zu Helsingfors (seit 1829). 8 Pro-
vinzen. 88 Städte, darunter 2 (Helsing^
fors und Abo) über 10,000 Ew. — Im 14.
Jahrb. von Schweden erobert, blieb F. (als
61 e
Finnmarken — Fische.
Hdrxogtbum) mifc Schweden verband«! , bis
Peter d. Gr. den südl. Thell eroberte; lets-
terer ward 1721 im Frieden yon Nystad an
Rassland abgetreten , ein anderer 1743 im
lYieden von Abo. Febr. 1818 Ausbruch des
sogen, ßnmschen Krieg» Ewisehen Rassland
und Schweden, der 7. April mit der Ueber-
gabe Sweaborgs endete and die Abtretung
von ganz F. an Rossland zur Folge hatte
(Friede von Frederikshamm 17. Sept. 1809).
Finnmarkeii, Amt im norwegischen Stift
Tromsö, das norweg. Lappland begreifend,
der nördlichste Theil Europas, 1885 QM.
und 54,65SEW' (Fisch- und Renthierlappen).
FiiisterMrlioni, höchste Bergspitze der
bemer Alpen, westl. von der Grimsel, an
der Grenae von Wallis, 18,160' hoch.
Fliistenninzy befestigter Engpass auf der
neuen AJpenstrasse (1855 vollendet) ans
Graubünden nach Tirol, 2807'.
Flntterwalde, Stadt im preuss» Reg^z.
Fi'anlcfiirt, Kr. Luckau, 7289 Ew.
Finte (v. ital. ßnto, erdichtet), in der
Fechtkanst Scheinangriff mit der Waffe;
bildl. für Ausfincbt, Läge.
FioringTM, s. Agro$ti$.
FlrdÜBl (d. i. der Paradiesische), eigentl.
Abul-Keuem'Mansur, her. pers. Dichter, geb.
um 940 n. Chr. bei Tas (Khorassan), lebte
lange am Hofe des Schah Mahmud suGhasna ;
t 1020 eu Tus. Verf. des ,8chahnameh*
(Königsbuch), eines grossen Epos (60,000
Doppelverse), das die Thaten der pers.
Herrscher von den ältesten Zeiten bis zam
Untergange der Sassaniden (6S2 n. Chr.)
besingt. Ausg. von Mohl 1839 f., Ueber-
setzung von 8chack (jHeldensagen des F.%
2. Aufl. 1865). Eine Episode daraus Biickert»
,Roatem und Suhrab*. Vgl. Q'örres, ,Das
Heldenbuch von Iran', 1820.
Firenkl C^ren {7 A«, türk.), türk. Benen-
nung der Europäer in Konstantinopel.
Firenze, ital. Name von Florenz.
Firm (lat.), fest, sicher, geübt.
Firma (lat.), der kaufmännische Name,
unter welchem ein Handels- oder Fabrik-
geschäft betrieben wird. Das deutsche
Handelsgesetzbuch schreibt einzelnen Kauf-
leuten die Wahl des Familiennamens als
F. vor und gestattet höchstens auf das Ge-
schäft oder die Person bezügliche Zusätze.
Offene Handelsgesellschaften müssen in der
F. wenigstens den Namen eines Gesellschaf-
ters (Kommanditgesellschaften eines der
persönlich haftenden) enthalten und durch
einen Beisatz das Kompagnieverhältniss zu
erkennen geben; Aktiengesellschaften aber
in der Regel eiue den Gegenstand des- Unter-
nehmens bezeichnende , Sachfirma* wählen.
Die F. wird in das öffentliche Handelsregister
eingetragen. Firmiren, im Namen einer Han-
delsgesellschaft unterzeichnen.
Firmameiit, das Himmelsgewölbe, weil es
nach Vorstellung der Alten fest (firm) war.
Flrmameiitstein, s. v. a. Opal.
Firmelimg. s. Firmung.
Firmung (^rmelun^^, Einsegnung, in der
griech.- und röm.-katbol. Kirche das 2. der
7 Sakramente, wird in jener mit der Taufe
Terbunden, in dieser an dem wenigsten»
7jähr. Firmling nüttelst Salbung mit dem
Chrisma, Gebet u. Handanflegung vollzogen.
FirAy im Hochgebirge seit Jahren an-
gehäufter, grobkörnig gewordener Schnee,
Uebergang zu Gletschereis. Firner , mit
Schnee und Eis bedeckte hohe Ber^^ipfel.
Firnewein, abgelagerter Wein; Fimse,
dessen besonderer Geschmack.
FimiSB, an der Luft trocknende, einen
harten, glänzenden, in Wasser unlöslichen
Ueberzug bildende Flüssigkeit. Oelßmist,
mit Blei-, Zinkoxyd, Braunstein gekochtes
Lein-, Nuss-, Mohn-, Hanföl (dient auch zur
Darstellung von Oelfarben, Bachdmcker-
ächwärze). Harze, in Oelfimiss gelöst, geben
die hiütbaren fetten Lackßmisse, in Terpen-
tinöl die TerpenHnölßmi»3e (auf Oelfarben -
austrieben), in Weingeist die weniger halt-
baren Weingeistfimisse auf Wasserfarben.
Neuere Lösungsmittel: Theeröle, lagroin,
Benzin, Holzgeist, Chloroform, Schwefel-
kohlenstoff. Vielfach werden Mischnngeu
benutzt. Vgl. die Werke von Finn (1847),
Freudenvoll (1846), Winkler (1859).
Fimissbaum (Fimissmmach), Bhus ver-
Fimissstein, Bernstein. [nicifera.
Firnisstach, s. v. a. Wachstuch. [Dachs.
Firste,- Ber^^ipfel ; die scharfe Kante des
Flrth (FHth), in Schottland Meerbusen,
bes. an den Flussmündungen.
FlschAar, Fischadler, s. Adler,
Fischart, Joh., Dichter und Schriftsteller,
geb. um 1550 zu Strassburg, 1581 — 82 Ad-
vokat am Reichskammergericht zu Speier.
später Amtmann zu Forbach; t 1589. Die
bedeutendste literar. Persönlichkeit in der
2. Hälfte des 16. Jahrb., bes. als I^rosaiker
gross. Seine Werke meist Satiren, theil s
gegen Erscheinungen der Zeit und Persön-
lichkeiten, theils gegen allgem. Gebrechen
gerichtet, durch Witz und Spott, wie durch
reichen Humor belebt : ,AUer Prsiktik
Grossmutter* (1572), »Geschichtklitterung der
Thaten der Helden Gargantua und Panta-
gruer (1575), ,Podagrammisch Trostbüchlein'
(1577) u. a. in Prosa; »Legenden vom Jesuiten-
hütlein' (1580), ,Die Flohhatz' (1573), ,Daä
glückhafft Schiff von Zürich* (1576) etc. in
Versen; auch Psalmen und weltl. Lieder.
Sämmtl. Dichtungen herausg. von Kurz (186>i
—1868, 3 Bde.). Vgl. Wackemagd, ,J. F.*, 1870.
Fischbein, die Barten aus dem Rachen
des Walfisches , 6 — 14' lange sichelförmige
Platten (1500 Pfd. von einem Thier), wer
den zersägt. In heissem Wasser erweicht,
gespalten und glatt geschabt. Dient zu
Schirmstäben, zur Damengarderobe, an Reit-
peitschen, Flecht-arbeiten etc., die Späne
zum Polstern ; erweicht lässt es sich ku
Knöpfen etc. pressen. Surrogate: WaUcmu,
d. i. mit Kautschukmasse imprägnirtes spau.
Rohr zu Schirmstäben. Weiuett, 8.v.a.Sepia.
Fische (Pisces), Klasse der Wirbelthierit
mit rothem kalten Blut, ausschliesslicher
Kiemenathmung, einfachem, ans Yorhof und
Kammer bestehendem Herzen, zu Flossen
(paarige: Bauch- u. Brustflosse, nni>aarige:
Rücken-, Schwanz-, After-, Fettflosse) um-
gebildeten Extremitäten, einer Schwimm-
blase, welche Hebung u»d Senkang er-
Fischer — ■ Fisetholz.
617
leichtert , aber einigen der besten Schwim-
mer fehlt, mit Schuppen, Knocheukörnern,
Kuochenplatten oder schmelzüberzogenen
Knochen platten auf der Oberfläche, auch
nackt, mit kontraktilen Pigmentzellen in
der Lederhaut, mannichfaltig gestaltetem
Skelet und hoch entwickelten Sinnen. Die
seitlichen Porenreihen (Seitenlinien) sind
Sitz eines eigenthümlichen Tastsinus. Die
elektrischen Apparate des Zitterrochens,
Zitterwels, Zitteraals etc. sind gallertige
Säuleu mit häutigen nervenreichen Quer-
platten. Bei weitem die meisten F. sind
Fleischfresser. Die F. wandern zur Laich-
zeit (die Männchen zeigen dann lebliaftere
Färbung [Hochzeitkleid] und Hautwuche-
rangeu) an seichte Stellen, aus dem Heer
in die Flüsse (Lachse, Störe) oder umgekehrt
(Aale). Die Eier (bis 9,000,000 beim Stör)
werden im Wasser beA-uchtet. Einzelne
Männchen zeigen mit Kunsttrieben ver-
bundene Brutpflege. Die F. sterben im
Trocknen um so sclineller, je weiter die
Kiemenspalte ist. Die meisten F. leben
im Meer, man kennt 8000 Arten, über 1400
fossile, von der devonischen Formation an,
als älteste Repräsentanten der Wirbel-
thiere. Eintheilung: I. Osteacauthi, GräUn-
fiachf mit knochigem Skelet und Schuppen.
A. Acanthopterygii/ ßtacAel/Iofwr, Kuckeu-
flosse mit uugegliedei'ten Stach elflossen.
l)Tboracici, BrvsMcKhelflosser, 2) Jugnlares,
KehlBtachelßoMer, 3) Fistulati, P/eifenmäuler.
B. Maiacopterygii, Weichflosser, Rückenflosse
mit gegliederten Strahlen. 4) Abdominales,
Bcmckweichßoaser , 5) Subbracbiales , Kehl-
weiehßosaer, 6) Apodes, KahWäuche. II. Gbon-
dracanthi, Knorpelfitche , mit Knorpligem
Skelet ohne Schuppen. A. Eleutherobran-
chli, Freikiemer mit freien Kiemen und
Kiemendeckel. 7) Plectognathi, Haftkiefer,
8) Braocbiostegi, £edecktkiemer, B. Plecto-
branchii, Hdfikiemer, mit festgewachsenon
Kiemen ohne Deckel. 9) Plagiostomi, Quer'
mäuler, 10) Gyclostomii Hundmäuler, Vgl.
die Werke von Bloch (1782 - 84, 1787 - 97,
1811), Lac4peäe (1798—1803), Cmier und Fa-
lenciennet (1828-49), Müller (1835-46),
Agastix (1833-44), Siebold (1863).
Fischer. 1) Ernst Kuno Berthold, Philosoph,
geb. 23. Juli 1824 zu Sandewalde in Sohle-,
sieu, seit 1856 Prof. zu Jena. Sclir. ,Dio-
tima. Die Idee des Schönen* (1849); ,Die
Logik und Metaphysik oder Wissenschafts-
lehre' (1852); ,Ge8ch. der neueren Philoso-
phie' (2. Aufl. 1865, 4 Bde.); , Franz Baco
von Vernlam* (1856); kleinere Schriften
über Schiller (1858 nnd 1860) , KaUt (1860),
Fichte (1862) und Spinoza (1865). - 2) Joh,
Georg, Dichter, geb. 25. Okt. 1820 zu Gross-
Süssen in Würtemberg, Prof. an der Ober-
realschule zu Stuttgart. Seine «Gedichte*
(2. Aufl. 1858) und ,Neuero Gedichte'* (1865)
jugendlich frisch und gemüthlich. Auch als
Dramatiker bemerkenswerth : .SauP (1862),
«Fciedrich H.* (1863), ,Florian Geyer* (1866),
, Kaiser Maximilian von Mexiko' (1868) u. A.
Fischerei, das Fangen der Fische; wilde:
in Flüssen und Moeren, zahme:' in Teichen,
meist durch Gesetze geregelt (Schonung),
durch Staatsmittel unterstützt. In erster
Linie steht Kordamerika (1000 Schiffe in
die Nordsee, 661 auf den Walfisch&ng, 2800
auf den Kabeljaufang etc.); die englische
Fischerflotte besitzt über 36,000 Schiffe, der
Ertrag zwischen 80-90 Mill. Thlr.; in
Frankreich löVa Mill. Thlr.; Norwegen
äxportirt für 10 Mill. Thlr. ; Spanien hat
einen Ertrag von 5, Holland n. Dänemark
von Je 3 Mill., Deutschland von i/a Mill.
Thlr. Die sehr gesunkene Süsswasser-
fischerei erwartet Aufschwung durch die
künstliche Fischzucht, bei welcher die Eier
mit der Milcli in Gefässön gemischt und in
Brutbehältern ausgebrütet werden. Erste
Anstalt für Fischzucht in Hüuingen(Elsass)
1852. Befruchtete Fischeier sind versend-
bar (Akklimatisation europ. Fische iu Neu-
seeland) und bilden Handelsartikel. Vgl.
Hartig, ,Teichwirthschaft', 1881; Stark,
,WiIde und zahme F.', 1847; Beta, ,Be-
wirthschaftnng des Wassers*, 1868 u. 1871 ;
Vogt, ,Künstl. Fischzucht', 1859; MoUn,
,Rationeile Zucht der Süsswasserfische', 1864.
Fischerring C^nnuItMptscatortsJ, das päpst-
liche Siegel, mit den Bildnissen der Apostel
Petrus uud Paulus nnd dem Namen des
regierenden Papstes, wird nach dessen Tode
vom Kardinallcämmerer zerbrochen, worauf
die Stadt Rom dem neugewählten Papst einen
neuen Siegelring schenkt.
Fischeroptionen, vull<anische Eruptionen,
wobei in der ausgeworfenen Masse Fische
vorkommen; sind auf den plötzlichen Ab-
fluss vulkanischer Seen zurückzuführen.
Fischgoano, Düngmitte) aus gekochten,
gepressteu und getrockneten Fischabfalleu
und uugenlessbaren Fischen, enthält 13—170/0
Ammoniak, 23<>/o phosphorsaure Erden, 1,3-
2,to/o Alkalien.
Fischhaut, die mit Stacheln besetzte
Haut von Hai- nnd Rochenarten aus dem
Mittelmeer, dient zum Abschleifen von
Holz- und Metal 1 arbeiten , zum Einpressen
von Mustern in Satteileder und zur Dar-
stellung von Chagrin (Fiechhautcliagrin).
Fischleinit s. v. a. Hausenblase.
Fischmehl (Fischbrod), kleines Gebäck
aus getrocknetem und gemahlenem Dorsch -
fleisch, kommt von den Lofodden in den Han-
del , ist viermal nahrhafter als Rindfleisch,
vorzuglich zur Yerproviantirung geeignet.
Fischöl, Fischthran, s. Thran.
Fischotter (FluasoUer, Lutra Ray.), Gat-
tung der Marder. Qemvine F. (Lutra vuU
garis Erxl.), 2', in Europa, Nordasien, frisst
Fische, Geflügel, wird zur Fiachjagd ab-
gerichtet; Fleisch geniessbar (bei den Ka-
tholiken Fasteospeise) , schönes Pelawerlc,
Haare zu Pinseln. Ebenso oanadiaehe Otter
(Lt. canadensis 8cU>.), 2' 3", in Nordamerika,
von beiden Jährl. 45,000 Felle.
Fischschuppea, werden auf Leim ver-
arbeitet; die des Cyprinus alburnns liefern
die Perlenessenz zur Fabr. der Wachsperlen;
FisehthraD, s. v. a. Thran, speciell als
Nebenprodukt gewonnener Thran kl. Fische.
Fisetholz (Fustikholz, Fustet), Holz von
Rhus cotinus, enthält Fustin (Quereeti»),
dient zum Gelbfärben von Wolle tmd Leder.
G18
Fisetkassie — Fixsterne.
FÜkil (lat), Beamter, welcher über den
Qerechteamen des Fiskui (s. d-) su wachen
hat, früher auch öffentl. Anklager im Kri-
mlnalprosesae, so die Beiektflakale beim
Refchakammergericht und Reichshofrath,
welche bei Verletsnngen der Reichever-
fassang als Ankläger füngirten.
Fiskiis (lat., eig. Geldkorb), im röm. Reich
die Privatkasae dea Kaisers, später der
öffentliche Schatz überhaupt; im neueren
Rechte die Staatskasse im Gegensats zu der
landesherrl. Privatkasse (Schatulle). Fiika-
li»ch, alles, was mit dem Staatsschatze und
dessen Interesse in Verbindung steht. Fia-
kalgerechtigkeit , das Recht, die eigentlich
dem F. zugehörenden ausserordentlichen
Vortfaeile innerhalb bestimmter Kreise zu
beziehen, wird mitunter städt. Aerarien
und laudschaffcl. Kassen eingeräumt.
FiMil (lat.), spaltbar. [Klauen.
FiaflipSaen (lat.)» Thiere mit gespaltenen
FtsBiir (lat.), Spaltung, Riss.
Fistel (Fistuhi), krankhafte kanalformige
Verbindung eines tief gelegenen Körpertheils
mit der äusseren Oberfläche, bes. der Hohl-
räume, entsteht durch Verwundung, Ver-
eiterung, kann auch künstlich angelegt wer-
den, hellt von selbst oder nach Operationen.
In der Musik Kopfstimme (Falsett).
Flttremey Landsee im Sudan t östlich
vom Tschad see, hat zur Regeuzeit 6—8, In
der Dürre oft nur 2 Tagereisen im Umfang.
Von O. her mündet in ihn der Batha.
Fitz 9 altnormann. Wort {vonjUs, Sohn),
bezeichnet in England einen Abkömmling
des in Verbindung damit Genannten.
Fitzroy (spr. -reu), Soberl, engl. Admiral
und Meteorolog, geb. 5. Juli 1805, leitete 1831
eine geograph. und hydrograph. Expedition
nach den Inseln des stillen Meers, war 1843
bis 1846 Gouverneur Ton Neuseeland; seit
18Ö5 Vorsteher des meteorolog. Gentralamts
in London, begründete die meteorolog. Te-
legraphie und die Sturmwarnungen; f SO.
April 1865 in Norwood in Surrey. Lieferte
die Beschreibung seiner ersten Expedition
(2. Aufl. 1848, 2 Bde.); ,Remarks on New
Zealand' (1846); ,Weather book* (1862) und
,Meteorol. Obsenrations* (seit 1857).
Flame, Komitat in Kroatien, an der kroat.
Küste, 31 QM. Die Haupt$i. F. (Sl.Veit am
Flaum, JReka), an der Mündung der Fiunuira
in den Quarnerobusen , 15,319 Ew. Frei-
hafen; Schiffbau und bed. Handel.
Fix (lat.), fest, in der Ohemie s. v. a. feuer-
beständig. Fixiren, fest haften machen, be-
festigen; bestimmen, festsetzen; etwas fest
ins Auge fassen (Substant. Fixation, Fixt-
mng). Fixa vincta, das Niet-, Erd- und Wur-
zelfeste etc., alle Pertinenzen eines Grund-
stücks. J^txtttn, fes^esetzte Geldsumme. F.e
Käufe, in der Börsensprache Käufe, welche
nicht rückgängig gemacht werden können.
F.e Idee, fest eingewurzelter Wahn, dessen
man sich nicht erwehren kann, Art Geistes-
störung, ^.e Luft, s. T. a. Kohlensäure.
Fixsterne, selbstleuchtende Weltkörper,
welche selbst dem bewafiheten Auge nur als
helle Punkte ohne messbare Dimensionen
erscheinen und sich tob den Planeten
durch das häufigere Funkeln, Flimmern,
Scintilliren (welches auf Interferenz beruht)
auszeichnen. Man theilt sie nach ihrer
Helligkeit in Grössenklassen , von welchen
jede folgende etwa viermal weniger lacht
ausstrahlt als die yorhergehende. Mit
blossem Auge sieht man F. 1. — 6. Gr. (selten
7.), in grossen Teleskopen solche 15. Qr.
Man bezeichnet die grossen F. mit be-
sondem Namen, ausserdem jeden Fixstern
der ersten 9 Klassen und einige kleinere mit
einem latein. oder griech. Buchstaben oder
einer Zahl und dem Namen des Sternbildes,
zu welchem sie gehören. Am nördlichen
Himmel zählt man 10 7. l.Gr., 37 2., 130 3.,
312 4., 1001 5., 4386 6. Gr. In ieder fol«:en-
den Klasse sind also etwa 3-^4m«l mehr F.
als in der vorhergehenden. Die Ifaxima der
StemfüUe gruppiren sich im Himmelsäqua-
tor um die Punkte von 6 *»• 40™- und 18 ^>-
40 ™« Rektasoension. a Gentanri, der uns
nächste Fixstern, ist 4,500,000, der Polar-
stem 54,300,000, der Sirius 18,500,000 Meilen
Ton der Sonne entfernt. Aus Berechnungen
ergeben sich folgende Mittel werthe für die
Entfernungen von der Sonne in Erdbahn-
halbmessern ä 20Mill. M. und fte die Zeit,
welche das Licht gebraucht, um Ton den
F.n auf die Erde zu gelangen :
Sterne Entfernung Jahre
1. Gr. 966,000 15,5
2. - 1,778,000 88,0
3. - 2,725,000 43,0
4. - 3,850,000 60,7
ö. - 5,378,000 84,8
6. - 7,616,000 120,1
Herschels fernste Sterne 224,500,000 3541,0
Der gestirnte Himmel bietet also Ungleich-
zeitiges dar. Die F. zeigen rerschiedene
Farben, welche sich zum Theil im Lauf
der Zeit ändern, manche auch periodischen
Lichtwechsel (veränderliche ^erne, ca. ISO).
Im Lauf zweier Jahrtausende sind 80 — £i
neue F. aufgetaucht, das Verschwinden
vorhandener F. ist weniger sicher kon-
statirt. Nach Spektroskop. Untersuchungen
ordnen sich die F. in 3 Gruppen, für welche
a im Hercules, a Lyrae und unsere Sonne
als Typen gelten können. Etwa 6000
scheinbar einfache F. zeigen sich im Fem-
rohr als Doppelateme , welche durch ihre
kreisende Bewegung um einander oder
durch gemeinsames Fortachreiten im Raum
als physisch mit einander verbunden er-
scheinen. Manche Doppelsteme bestehen
aus 3,4, 7 Sternen, einige zeigen kontra-
stirende Farben. Angesehen Ton ihrer
scheinbaren Bewegung zeigen alle F. eine
geringe Eigenbewegung, welche auf X im
Hercules gerichtet ist. Der Fixstemhimmel,
welchen wir erblicken, bildet einFizstem-
system, einen Sternhaufen, su welchem
auch wir gehören. Die Sternhaufen (s.
Ifebelfleeke) nind andere Systeme. Ans dem
optischen Zusammentreten und Nebenein-
anderlegen zahlloser lixstemsjsteme be-
steht die Milchstrasse, zu welcher unser
Fixstemsystem gehört. Ln Universum exi-
stiren sehr viele Milchstrassen.
Fizabad — Flagge.
619
Flsabad (Faigahad, Bangla), Stadt im
eliemal. Königreich Andh in Ostindien, am
Gogra, 100,000 Ew.; bis 1775 blühende Re*
■Idene der Nabobs, seitdem im Verfall.
Fjord (d&n.), schmaler Meerbusen.
FlMikeiiy mit Pfählen befestigtes Rnthen-
geflecht zur Sicherung der Flussufer.
Flaceieeiu (lat.), Erschlaffung, Welkheit.
Flaehs (Lein, Linum L*), Pflanzengattung
der Lineen. Gemeiner F. (L. usitatissimum
L.), uralte einjährige Kulturpflanze aus
dem Orient, mit den Abarten: Springftache,
Klan^in (L. crepitans Schübl. und Mart,),
asiatischer T. (L. acuminatum), amerikan. und
neuer Königalein, wird der öl- und schleim-
reichen Samen und der Bastfaser halber kul-
tlvirt. Zur Fasergewinuung ist häufiger
Samenwechsel (rigaer) und dichte Saat er-
forderlich. Die gerauften und getrockneten
Stengel werden durch Riffeln von den Samen-
kapseln befreit; durch Fäulniss in kaltem
Wasser (Wasserröste) oder Behandlung mit
warmem Wasser oder Dampf (Dampfröste)
wird die Holz- und Rindensubstanz gelockert
und nach dem Trockne^ beim Brechen und
Schwingen entfernt. Zahlr. Konstruktionen
vonBrech- und Schwingmaschinen (Abfkll:
Schabe, Achenen). Kammähnliche Hecheln
vollenden die Reinigung (Abfall: Werg,
Hede, Tow). 1000 Theile abgeriffelte Sten-
gel liefern 87 Theile F. und 48 Theile Werg.
Die Flachsfaser ist cylindrisch oder platt-
gedrückt, hohl, aber sehr dickwandig, glatt
mit seltenen Qnerlinien, 0,0077 — 0,0SS6
Millim. dick, 0,6— 0,7 Millim. lang, 1,6 spec.
Gew., weniger elastisch als Baumwolle,
ebenso hygroskopisch. Iri»eher und ßan-
drieeher F. ist der feinste; Bassland produ-
clrt am meisten (Export 1868: 180,000 Ton-
nen). Vgl. Meyer (1858), v. d, Sorge (1859).
Flachs, ntMeeUtndiecher, s. JPhormtMifi.
Flaehsseide, s. v. a. Onscuta.
Fiachswolle, Fabrikat aus Flachs, ge-
eignet die Baumwolle zu ersetzen; noch
nicht befriedigend hergestellt.
Flaeon (fr., spr. -kong), zierl. Fläschchen
zu Aufbewahrung wohlriechender Essenzen.
Flfiehe, nach 3 Dimensionen ausgedehnte
Raumgrösse, selbst von Linien begrenzt
und Grenze des Kör{>ers, entweder ebene
F. (s. Ebene) oder krumme F.
Fl&ehenmaM (Fddmass):
Baden
Morgen =
400 DRu-
Bayern
Tagwerk
England
Aprp — IfiO
Frank-
reich Hek-
tare — 100
Oester-
reicli wie-
Preussen
Morgen rr
Sachsen
Acker —
Wurtem-
berg Mor-
tken und
schweizer
Jachart
= 400 0-
Ruthen
QRuthen
QDeka-
meter
= 1600 D-
Klaffter
180 QRu.
tlien
300 QRu-
then
gen = 384
QRuthen
1
1,067
U.890
ü,360
0,686
1,410
0,661
1,142
0,»47
1
0,842
0,841
0,592
1,336
0,616
1,081
1,184
1,188
1
0,406
0,703
1,686
0,731
1,284
2,778
2,936
2,471
1
1,737
3,917
1,807
3,173
1,606
1,689
1,422
0,676
1
2,264
1,041
1,826
0,709
0,749
0,681
0,255
0,444
1
0,461
0,810
1,687
1,624
1,368
0,553
0,962
2,168
1
1,766
0,876
0.925
0,779
0,815
0,548 ,
1,234
0,670
1
DRuthe I QRuthc | QPole IpPekam. | Q Klafter | QRuthe | QRuthe | QRuthe
1
0,947
2,810
11,111
0,400
1,676
2,060
0,912
1,067
0,866
1
0,837
2,969
1
11,740
3,964
0,42«
0,149
1,666
0,661
2,166
0,729
0,964
0,826
U,090
0,086
0,258
1
0,036
0,142
0,184
0,082
2,609
2,868
7,081
»7,777
1
8,943
5,128
2,282
0,634
0,601
1,783
7,060
0,264
1
1,801
0,679
FlSmlsclie Sprache, die in Belgien übliche
Varietät des Niederdeutschen, von dem
Holland, fast nur orthographisch verschie-
den. Die Geschichte der flüm, Literatur
fällt mit der der nlederländ. bis zur Los-
trennnng Belgiens von Holland (1830) zu-
sammen. Seitdem begann Im erstem Lande
die sogen. Jläm. Bewegung, das Bestreben,
die helmische Sprache und Anschauungs-
welse gegenüber dem franz. Sinfluss auf-
recht KU erhalten und zu literar. Geltung
zu bringen. Hauptförderer derselben: Wil-
lem$, Blommaert, Bormane, SneUaert, wan
Beersy Ledegonk, van Bytwyck, Ooneeience u. A.
Grammat. der f.n S. von van Beere und
Heremane; Lexikon von SUecx,
Flisehely Schafkrankheit, Anschwellung
der Drüsen nach schlechtem Futter; ver-
schwindet mit der Ursache.
0,488
0,462
1,871
5,421
0,195
0,769
1
0,445
1,097
1,088
3,083
12,184
0,438
1,728
2,248
Flagrellanten (Qeiüer, Flegler, Bengier),
Brüderschaft des 13. Jahrh. , suchte durch
Geiselung Sündenvergebung zu erlangen,
zog in Italien und Deutschland in Schaaren
umher, trotz strenger Verbote 1849, als der
schwarze Tod Europa entvölkerte, wieder
zahlreich, dann unterdrückt. Vgl. Behnee-
gana (1840).
Flagellarift £. (i^t<«cAen«<rattcAj, Pflanzen-
gattung der Asparagineen. F. indica L.,
unlder Botang , Kriech- und Kletterstrauch
in Ostindien, dient zu allerlei Bindwerk.
Flageolet (fr., spr. -schöläh, ital. Flagio-
letto, Flaechinet), Vogelflöte, Holzpfeife von
2 Oktaven Umfang; auch scharfe Orgel-
Stimme. Flageolettöne , bei Streichinstru-
menten flötenartige Töne, erzeugt durch
eine besondere Art des Fingeraufsatzes.
Flagge, gewöhnlich viereckige Fahne von
620
Flagitation — Flanell.
leiclitem Wollenzeug (Flaggentueh) zur Be-
zeichnnng der Kationalitftt der Schiffe , ge-
wöhnlich nm ein Dritttheil länger als breit,
verschieden gefiirbt, mit Wappen oder Em-
blemen versehen, anf dem Hintertheil des
Scblffd au einem Flaggenalock oder an der
Qaffel des Besahnsegels wehend. Man unter-
scheidet Kriegs- und HandtUflaggen , die
jedoch bei manchen Nationen (England,
Frankreich, Holland etc.) einander gleich
sind. Die F. dient auch zu Bezeichnung
des Banges, den der Kommandirende ein-
nimmt. Der Admiral führt eine viereckige
F. an der Smtze des Grossmastes, der Vice-
»dmiral am Fockmaste, der Kontreadmiral
amBesahnmnste, derCommodore eine drei-
eckige am Grossmaste. Flaggen, das Auf-
hissen von Fahnen bei feierlichen Gelegen-
heiten. S. die Flaggenkarte.
FUgltation (l^t.), Forderung, bes. fieftige.
FUgitios (lat.), lasterhaft.
Flagomerle (fr.), Ohrenblaserei.
Flagrant (lat.) , brennend, heftig; in flag-
ranti, auf frischer That.
Flahault de la Blllarderie (spr. Flaoh
de la Biljardrih), Auguste Charles Joseph,
Graf von, franz. General und Diplomat,
geb. 20. April 1785, ward nach Napoleons I.
Rückkehr von Elba Divisionsgeneral und
Pair , focht bei Waterloo , ging dann nach
England, seit 1841 Gesandter zu Wien, nach
dem Staatsstreich Mitglied der Konsultatlv-
kommission, 1853 Senator ; f 2. Sept. 1870 zu
Paris. Geliebter der Königin Hortense, die
von ihm den Herzog von Morny geboren
haben soll. [stamm german. Abkunft.
Flamander (Flamländer), der belg. Volks-
Fiambeam (fr., spr. Flangboh), Fackel,
holiur Leuchter mit vielen Lichtern.
Flamberg, breites Ritterschwert.
Flamboyant (fr., spr. Flangboyang) , die
im 15. und 16. Jahrh. in Frankreich herr-
schende Form des spätgoth. Stils mit flam-
menartiger Ornamentik.
Flamen (lat), röm. Opferpriester.
Flamingo (Flammant, Phoenicopterus 1^),
Gattuug der Sumpfvögel. Gemeiner, rosen-
rotherY. (Ph. antiquorum Geoffr.), 4—5" h.,
an den südl. Küsten der alten Welt.
Flamininns, Titus Quinctiw, röm. Feld-
herr, 198 V. Chr. Konsul, schlug Philipp
von Macedouien 196 bei Oynoscephalä , er-
klärte die Griechen für frei, besiegte den
Tyrannen Nabis von Sparta, ward 18d Cen-
sor; forderte 188 vom König Prusias von
Bithynien Hannibals Auslieferung.
Flaminlns, Oajns, 232 v. Chr. Tribun,
227 Prätor In Sicilien, 228 Konsul, baute
den nach ihm benannten Circus und die
flaminische Strasse (von Rom durch Etmrien
nach Umbrien), 217 wieder Konsul, vonHan-
uibal am trasimen. See geschlagen, fiel das.
Flamme, s. Leuchtmaterialien.
Flammenblume, s. v. a. Phlox.
Flammense]intzmlttel,Substanzen,welche
auf Geweben, Holz etc. angewandt werden,
um deren leichte Entzündung zu verhin-
dern: salz- und kalk- oder thonh altige An-
striche auf Holz, Imprägniren der Gewebe
mit Salzlösungen (wolframsaures Natron,
Borax, Bittersalz, Ammoniaksalze) nach d«r
Wasche. Vgl. Ikitera, ,F.S 1871.
Flandern (fläm. Viaenderen, span. Flan-
des), ehemal. niederländ. Grafschaft, begriff
Theile vom Jetzigen Belgien (Prov. Ost-
flandern und Westflandern), Holland (sUdl.
Theil der Prov. Seeland, das sogen. Staats-
flandern) und Frankreich (weatl. Hälfte der
Depart. Nord und Pas de Calais); aus-
gezeichnet durch trefil. Bodenkultur und
Industrie. Bevölkerung theils germanisch
(Flamländer), theils romanisch (Wallonen).
Hauptst. Lille. — F., in Deutsch- u. West-
flandern zerfallend, ward 864 als Markgraf-
schaft von Karl dem Kahlen an BalUuin
den Eisernen gegeben. Balduin IV. , der
Bärtige (988 — 1036), erhielt von Kaiser
Heinrich H. die Seeland. Inseln zu Lehn
und ward deutscher Reichsfürst. Bal-
duins VI. Söhne stifteten 1070 die flan-
drische und hennegauische Linie. Die
flandrische starb aus mit Balduin VII. 1120.
Darauf Streit zwischen mehreren Präten-
denten , bis Landgraf Dietrich von Elsa$s
1128 als Markgraf anerkannt ward ; f 1168.
Nachdem dessen Sohn Philipp 1101 vor St.
Jean d'Acre ohne Erben gefallen war,
wurde durch dessen Schwester Margarethe,
die Gemahlin Baldnins VIIL von der henne-
gaulschen Linie, F. und Hennegau wieder
vereinigt. Ihr Sohn, Balchtin IX., war
Stifter des latein. KaiserthumS au Kon-
stantinopel. Seine Tochter Margarethe ver-
erbte F. an ihren Sohn 2. Ehe, Qui Dam-
pierre, dessen Urenkel , Xudiot'^ 'j. , durch
seine Härte den Aufstand unter Jakob von
Artovelde veranlasste und bei Crecy fiel.
Unter seinem Sohn Ludwig IL Empörung
der Städte Gent und Brügge. Durch Lud-
wigs H. Erbtochter, die Gemahlin Philipps
von Burgund, ward 1384 F. mit diesem
Lande vereinigt und später dem burgund.
Kreise des deutschen Reichs einverleibt.
Das sogen. HoUändisch-F. kam im westphäl.
Frieden an die Generalstaaten, einen andern
Theil (Cambray und Artois) riss Lud wig XIV.
an sich. 1794 ward F. der franz. Republik,
dann dem Kaiserreich einverleibt, 1815 dem
Königreich der Niederlande zngetheilt, bei
dem es bis zur Lostrennung Belgiens blieb.
Vgl.Kervjfn v. Lettenhoven, ,Uist. de Flandre',
1847-51; Warnkünig, ,Flandr. Staats- und
Rechtsgeschichte bis 1305', 1834—39, 2 Bdo.
Flandern, Graf von, seit 16. Dec. 1840
.Titel des zweitgebornen Sohnes des Königs
von Belgien, jetzt Philipp, geb. 24. März 1857.
Flandrin (spr. Flangdräng), Jean Büppo-
lyte , franz. Maler, geb. 1809 zu Lyon,
Schüler von Ingres, besuchte Italien, seit
1838 in Paris; f 21. März 1864 auf der Reise
zu Rom. Grosse Historien , bes. religiösen
Inhalts, z. B. Christus und die Kindlein,
Savonarola, Leben des heil. Germanus u.a.
Vgl. Delabord (1865) und Jannet (1866).
Flandrische Inseln, s. v. a. Azoren.
Flanell, leinwandartiges oder geköpertes,
nur wenig gewalktes, einseitig gerauhtes,
nicht oder nur einmal geschorenes Wollen-
gewebe mit Kette ans Kammgarn und Ein-
scbuss aus StreicbwoUe. Oesundheitsflandl,
Flaniren — Fleisch.
621
H^ekoperfc, gewalkt QDd gerauht. Boy, grober
lockerer F., gerauht, selten gewalkt.
Flaniren (fr.), müssig herumschlendern;
Flaneur (spr. -Öhr), Müsalggänger.
Flanke, die Seite einer Trappe, welche
rechtwinklig zur Fronte steht. Bei Linien-
Stellung die schwache Stelle, gegen welche
der Angriff gern gei-ichtet wird. Bin Corps
sucht deshalb seine F. anzulehnen, oder
durch das Terrain oder durch Beservetrup-
pen zu decken. Bei Kolonnen findet da-
gegen eine Entwicklung nach der F.* sehr
leicht durch Einschwenken Statt, und ist
deshalb die F. nicht immer die schwache
Seite. F. heisst auch die Seite eines Schiffes;
in der Befestigungskunst Theil der Bastion,
welcher zwischen Face und Kurtine liegt;
bei Tliieren die nicht von Knochen bedeckte
Gegend des Unterleibes. JFlankiren, dem
Feinde die F. abgewinnen.
Flaschenzug, s. Rolle.
Flaser. Ader im Holz oder Gestein.
Flaserigr, schiefriges Gestein mit sehr
unebenen wulstigen Spaltflächen. [fork.
Flathead (spr. FlättheddX Fluss, s. Olarks-
FlatOWy Kreisst. im preuss. Begbz. Ma-
rienwerder, zwischen S Seen, 2297 Ew.
Flattermine, s. Mine.
Flatterrnster, s. y. a. Ulmus effusa.
Fiatterthiere, s. v. a. Ghiroptera.
Flatnlens (lat.), Blähsucht, Blähungsbe-
Flatns (lat.), Blähung. [schwerden.
Flau, in Marktberichten Bezeiclinung,
das3 das Angebot die Nachfrage überwiegt.
Flanbert (spr. Flobär), Chistave, franz.
Schriftsteller, geb. um 1821 zu Ronen, lebt
zu Paris; erregte bes. Aufsehen durch den
Roman ,Madame Boyary' (1857) u. die histor.-
archäolog. Dichtung ,äalammb6' (1862).
Flautando (ital.), flötend, flötenartig.
Flauto, Flöte (s. d.). Flautone, Bassflöte.
Flayeseiren (lat.), gelblich werden.
Flaxman, John, engl. Bildhauer, geb. 6.
Juli 1755 zu York, war 1781—87 in Italien;
f 9. Dec. 1826 als Prof. an der Akademie
zu London. Zahlr. Werke, yon edlem und
reinem Stil. Bes. bekannt seine Umrisse
zu Homer, zu Dantes Göttl. Komödie und zu
Aeschjlus, wie seine Sechs Bitten.
Fleblie (ital., Mus.), kläglich, traurig.
Fldche (fr., spr. Flehsch), Pfeil; im
Festungsbau Pfeilfeldschanze, bestehend aus
zwei unter einem Winkel yon 60 — 90o zu-
sammenstossenden Brustwehren.
Flechler (spr. Fleschjeh), Esprit, franz.
Kanzelredner, geb. 1. Juni 1632 zu Pemes,
seit 1687 Bischof yon Niraes; f ^' Vehv.
1710. Bes. berühmt seine ,Oraisons fun^bres*
(neue Aufl. 1849) ; ,Oeuyres compldtes' (1782,
10 Bde.).. Blogi*. yon Deiacroix (1865).
Flechse, s. Sehne.
Üechsenhavt, s. Aponeurose.
Siechte (Liehen), Allgemeinausdruck für
verschiedene, besonders chronische Hautaus>
schlage (Flechtengrind)* Die einüAche F.
besteht in Knötchenbildnng auf der Haut,
meist yon kurzer Dauer. Sekuppenßechte, s.
Prurigo; freatendeV.i s. Lupus; Oürtelflechte
(herpes zoster), einem bestimmten Neryen>
yerlaufe entsprechender Bläschenausschlag.
Flechten (Lichenes) , kryptogamische
Pflanzenfamilie mit krusten-, blatt- oder
strauchartigem, geschichtetem oder unge-
schichtetem Thallus aus Fasergeflecht, in
welchem grüne oder bläuliche Zellen (Oo-
nidien) in besonderer Schicht oder gleich-
massig yertheilt liegen. Fortpflanzung
durch beide Elemente des Thallus: durch
Apotheeien, die aus den Zellfäden, u. durch
Soredien, die aus den Gonidieu hervor-
gehen. Die F. erscheinen oft zuerst auf
nacktem Gestein und bereiten den Boden
für höhere Organismen. Fintheilung: Pilz-,
Algenflechten ; Byssus • , Schleimiflechten ;
Krusten-, Laub-, Strauchflechten. Die F.
worden wegen ihres Gehalts an Lichenin,
Bitterstoff und Farbstoffen zur Spiritusberei-
tung, als Nahrungsmittel, Arznei- und Farb-
mittel etc. benutzt. Vgl. De JBary, .Morpho-
logie etc.', 1866; ßabenhorst, ,Flora', 1870.
Fleck 9 Joh. Friedr. Ferdi, her. Schau-
spieler, geb. 12. Jan. 1757 zu Breslau, seit
1783 am berliner Nationaltheater, ward 1790
Regisseur das.; t ^' ^^^' l^^^l^* Ausge-
zeichneter Darsteller yon Heldenrollen.
Flecken, Mittelort zwischen Stadt und
Dorf mit einigen Stadtrechten; wenn mit
Marktrecht^ Marktflecken genannt.
Fledermäuse, Familie der Ghiroptera. a)
Fruehtfreeser, Gattung : Flatterhund, Vampyr,
Rousette (Pteropns Briss.): Kalong (P. eduJis
Geoffr.), 15", klaftert 5', auf dein indischen
Arcliipel, beschädigt die Pflanzungen, Fleisch
geniessbar. b) Eh-ttnaaen, Insektenfresser
und Blutsauger mit den Gattaugen : Blattnase
(Phyllostoma Geoffr.), 24 Arten i^ Südame-
rika, den Heerden lästig, verwunden gele-
gentlich auch den Menschen; Vampyr (P.
spectrum L*), 2Va", in Guiana; Sufeiaennase
(Rhinol ophus Geoffr,): Grosse H. (R. ferrum
equinnm Buff.), 2Va", in Mitteleuropa ; Jbend-
flatterer (Yesperugo Blas.): grosse Speck-
mans (V. Noctula Vaub.), 23/«", bei uns ge-
mein, wie: Spätfliegende F. (V. serotinus
Daub.), 2V'» Fledermaus (Vespertilio i.^;
gemeine Speckmaus (V. murinus L.), 2>^".
— Fledermausguano, auf Jamaika, in Asien,
Aegypten in Höhlen abgelagerte Fleder-
mausexkremente, werden als kräftiger Dün- .
ger yerwerthet. Handelsartikel. [wässer.
Fleet, Hauptabzugskanal der Binnen-
Flegler, s. Flagellanten.
Fleisch, die Mnskelmasse der Thlere,
welche ausser Muskelfasern Nerven, Ge»
fasse, Bindegewebe, Fett, Blut und Fleisch-
safl enthält und aus Muskelfaserstoff oder
Syntonin , löslichen Eiweissstoffen , leim-
gebenden Stoffen, Fetten, Kreatin, Kreati-
nin, Inositt- und Milchsäure, Zucker, Fett-
säuren, Ghlornatrium,. Phosphaten des Kalis,
Natrons, Kalks und der Magnesia, Eisen etc.
besteht. Abgesehen yom Fett ist die quan-
titative Zusammensetzung des F.es ver-
schiedener Thiere sehr gleichmässig; Maat-
fleisch ist viel ärmer an Wasser als F.
magerer Thiere. Worauf der Geschmack
der Fleischsorten beruht, weiss man nicht.
Den grössten Nährwerth besitzt das F. der
Säugethiere und Vögel. In kaltem Wasser
verliert F. seine nährenden Bestandtheüe
622
Fleisch — Fliegen.
und wird dann beim Kochen zäh' und go-
schmacklos. Die Fleischfaaer bleibt am
Bartesten, Trenn sie zusammen mit dem
Fleischsaft erhitzt wird (beim Braten). In
kochendem Wasser gerinnt alsbald das
Eiweiss und der Fleischsaft wird im F.
zurückgehalten. Der Fleisehhandel betrifft
bes. kooservirtes V.: stark gekochtes in
Tvrlötheten Büchsen ; leicht gesalzenes und
mit Fett umgossenes, getrocknetes, getrock-
netes und gemahlenes und mit Fett gemisch-
tes (Pemmilcan), gepökeltes und geräucher-
tes etc. Fleitchkonsum pro Jahr und Kopf :
inPreussen 34,74 Pfd., Sachsen 41,67, Baden
50,8, Frankreich S9,4, England 136, Belgien
84,46, Berlin 114, Frankfurt 159, Wien 151,
Paris 119, Basel 153 Pfd.
Fleisch, wilde» (Caro Inxorians, c. lun-
gosa) , krankhafte Wucherung der bei der
Wundheilung sich bildenden Granulationen
(s. d.)> die pilzförmig über die Umgebung
herrorragen; wird entfernt durch schwache
Aetzmittel (gebrannter Alaun) oder durch Ab-
Fleischbrühe, s. Bouillon. [schneiden.
Fleizcherhand. s. Hund.
Fleischextnkfy zur Huskonsistenz ein-
gedickte Fleischbrühe. Zerhacktes reines
Fleisch wird mit Wasser auf 75—80* C.
erhitzt, die Brühe wird vom Fett sorgfältig
befreit und dann verdampft. 34 Pfd. reines
Muskelfleisch liefern 1 Pfd. F. Gutes F.
soll frei Ton Leim sein, 13 — 29 o/o Wasser
und 10,5 — 81,5 mineralische Substanzen
enthalten. Es gibt, in Wasser gelöst und
stark gesalzen, eine klare Brühe, deren
Geschmack an gebratenes Fleisch erinnert.
Es hat nicht den Nährwerth von Fleisch,
vergrössert aber, zu vegetabil. Kost gesetzt,
deren Nährkraft und wirkt im Uebrigen
anregend wie Fleischbrühe. Wird dar-
gestellt in Fray Bentos, Buenos - Ayres,
Sydney, Russland etc.
Fieischfk«(Mer9 s. Banbthiere,
Fleischgfilley Auflösung Ton Fleiscbab-
iällen , kräftiger flüssiger Dünger.
Fleischliehe Tergehev, durch rechts-
widrige Befriedigung des Gtoschlechtstriebs
verübte Unzuchtsvergehen.
Fleisehmehl, Düngerpräparat aus Pferde-
kadavem, enthält 6,5% Stickstoff, SO %
phosphorsaure Salze, 1,15 % Alkalien.
Fleischziriebaclc, Gebäck, welches neben
Getreidemehl FJeischmehl oder die Extrak-
tivstoffe des Fleisches enthält, dient zur
Verproviantirung bes. der Truppen.
Flektiren (lato, biegen, abändern, bes.
ein Wort in der Endung, s. Flexion.
Fieminy, Bsvl, Dichter, geb. 15. Okt. 1609
zu Hartenstein in Sachsen, ging 1638 mit
einer Gesandtschaft des Herzogs Friedrich
von Holstein - Gottorp nach Bnssland , 1635
nach Persien; f ^« April 1640 in Hamburg.
Der bedeutendste Lyriker des 17. Jahrb.
,Teutsche Poemata* (1642; neue Ausg. von
Lappenberg 1865). Biogr. von Varnkagon
(»Denkmale', Bd. 4) und SchmiU (1851).
Flemmiiig (Fläming), Landrücken im 8.
der Mark Brandenburg, gegen 500' hoch,
Wasserscheide zwischen Elbe und Havel.
FleiiBhvrgy Kreisstadt im prenss. Begbz.
Schleswig, an der ßenaburger FShrde, 81,999
Ew. Guter Hafen mit Schiffswerften; In
dustrie, Handel, SchiffTahrt (107 Schiffe).
Flesche, s. Fliehe.
Fletcher, John, s. Beaumoni.
Fletrireii (fr.), brandmarken, be8«diimpfBn.
Flenr (f^., spr. Flöhr), Blume, auch bildlich.
Flevret (fr., spr. Flöreh), Stossrapier mit
kleinem Stichblatte (Brille) ohne Pariratange.
Flewretten (fir., spr. Flö-), Schmeicheleien ;
Li4»bling8gedanken eines Komponisten.
Fleums (spr. Flörü), Flecken in der belg.
Prov. Hennegau, bei Gharleroi an der Siambre,
4093 Ew. Hier 89. Aug. 1622 8chi€Uiht, in
der sich Herzog Christian von Brannschwreig
und Graf Ernst von Mansfeld durch die Spa-
nier nach Holland durchschlugen; 1. Juli
1690 Sieg der Franzosen über die Kaiser-
lichen; 86. Juni 1794 Bieg der Fransoaeo
unter Jourdan über die Gesterreicher.
Fleiiry (spr. Flöri), Andr^ HereuU de,
franz. Staatsmann, geb. 88. Juni 16SS zu
Loddve, Kardinal, Erzieher Ludwigs XY.,
ward 1726 Premierminister; f 89. Jan. 1743.
Flexion (lat.)» Beugung, Biegung; in der
Grammatik Veränderung der Form der
Wörter durch Umwandlung des inlautenden
Vokals oder durch Anfügung von Endnn-
gen (Flexionsendungen) , betrifft meist das
Verbum, Substantiv, Pronomen und Adjek-
tiv« heisst bei ersterem Konjugation, bei
den 3 letzteren Deklination, ilexibet, bieg-
sam, von Wörtern, die eine F. haben.
Flexor (lat.), Beugemuskel, s. MtuMn.
Fiibnstier (flr., spr. -büstjeh), Verbindung
von Seeräubern in den westind. OeWässem
in der 8. Hälfte des 17. Jahrb., wahr-
seheinl. nach ihren leichten Schiffen (ßibou)
benannt, gestiftet vornehmlich durch Fran-
zosen, welche sich 1625 der Insel St, Chri-
stoph bemächtigten u. span. Schiffe kaper-
ten, sich dann seit 1630 im Norden der
damals span. Insel San Domingo nieder-
llessen, bes. mit der Jagd auf verwildertes
Blndvleh beschäftigt (daher Boucanten ge-
nannt), und eine Art Seeräuberrepnblik
bildeten, durch tollkühnen Muth den Spa-
niern ftirchtbar und von Frankreich , dann
auch von England begünstigt. Die Verbin-
dung erlosch zu Anfimg des 18. Jahrb.
FUeder, s. v. a. Sambnous und Syringa.
FUedner, Theodor ^ protest. Geistlieher,
geb. 21. Jan. 1800 zn Epstein im Nassani-
schen, seit 1888 Pfarrer zu Kaiserswerth,
gründete 1885 eine Klelnkindersehnle an
Düsseldorf, die erste in Deutschland, er-
öffnete 18. Okt. 1886 die erste Diakonissen-
anstalt zu Kaiserswerth, das Mutterhans und
Vorbild zahlr. anderer solchen Anstalten in
und ausser Deutschland ; f ^ Okt. 1864.
Fliegen^ Insektenordnung, s. v. a. Zwei-
flügler; dann Familie der Zweiflügler (Mus-
cidae) mit mehr als 80 europ. Gattungen.
Behnell-, Mord', Raubfliegen (Tachina Meig.),
über 300 europäische, deren Larven schma-
rotzend in andern Insektenlarven leben.
Fleieehftiegen (Sarcophaga Meig,), Larven
im Koth, faulenden Fleisch, in Geschwüren.
Gemeinfliege (Mnsca L.), Larven ebendas.
Stubenfliege (M. domestioa li.), j^eehfliegt,
Fliegende Bracke — Florenz.
623
Brummer (H. Tomitoria L.), Larven auch
in frischem Fleisch. Die Larven mehrerer
Arten der Gattan^ Blumenßiege (Anthomyia
Jlfeig.) s^Btören Zwiebeln f Kohl, Bnnkel-
rtiben. Von der gemeinen Käe^iege CPio-
pbila oasei L.) lebt die Larve im K&se.
Die Larven von Chlorops-Arten verwüsten
Weisen (Gicht), Gerste nnd Boggen.
Fliegende Biileke, s. Brücke,
Fliegender Brand, s. v. a. Karfankel.
Fliegender Fisch (Flug-, Federfach),
mehrere Fischarten der Gattungen Öacty-
loptems nnd Bxocoetus, fliegen mit sehr
grossen Brustflossen einige hundert Schritte ;
zwischen den Wendekreisen.
Fliegender Hollfinder, nach weitverbrei-
teter Sage ein Schiffer in holl&nd. Tracht
des 17. Jahrh., der zur Strafe für seine
Sünden auf einem gespensterhaften SchiflTe
ruhelos auf dem Meere umhersteuert, ohne
je das Ufer erreichen zu können. Von B.
Wagner als Oper behandelt. [FUderm&use.
Fliegender Huid, s. v. a. Vampyr, s.
Fliegender Sommer, s. AUerweüberiommer.
FUegenfklle, s. BioTtiäa,
Fllegeiipspler, mit arseniger Säure ge-
tränktes Papier, wird befeuchtet und mit
Zucker bestreut, zur Vertilgung der Fliegen.
Fll^;eBieliiiipper (MuscicXpa L.), Gattung
der Singvögel. Grauer F., 6" 1., in Europa
nnd Afrika, Zugvogel, April bis Sept. in
Deutschland ; Stnbenvogel.
FUegenseliwUBm (Fliegea>UiJUerpiUt Aga-
ricus muscarius L.) , Art der Blätter-
schwfimme mit rothem weissgefleckten Hut,
überall in Wäldern, sehr giftig. Dient zur
Vertreibung der Fliegen nnd Wanzen, bei
den Kamtschadalen zur Bereitung eines
berauschenden Getränkes.
FlleÜraft. s. Centraibewegung.
Fllesse (liamutzen), gebrannte, oft be-
malte und glasirte Thonplatten, zum Be-
legen der Fussböden.
Fllesspapler, Löschpapier, s. Papier.
Fliete, Instrument zum Aderlassen bei
Thieren, Lanzette mit Handgriff, wird durch
einen kleinen Schlag eingetrieben.
Fllndendand, Landstrich an der Sfld-
küste von Australien, benannt nach seinem
Entdecker, H. Flindere (f 1814).
Fllnfben, Badeort im preuss. Regbz.
Liegnitz, Kr. Löwenberg, 727 Ew., mit her.
Sauerbrunnen.
Flint, Fluss in Georgia (Kordamerika),
vereinigt sich mit dem Appalachicola ; 60
M. 1., bis Albany für Dampfer schifTbar.
Fllnt, engl. Grafsch. im NO. des Fürsten-
thums Wales, 11,5 QM. nnd 69,737 Ew.;
treffl. angebaut. Die HaupUt, F., an der
Deemündung, S540 Ew. Hafen, wichtige
Kohlenlager, Seebad.
Flinte, s. Oewehr. [Handfeuerwaffen.
FUntenfltelne, zugerichtete Feuersteine für
FllAtgUs, s. Gla».
Flitter, kleine runde Meiallscheibchen
mit ^nem Loch in der Mitte, wurden frü-
her zum Putz aufgenäht.
Flittergold (Knittergold, Batuehgold), zu
Papierdicke ausgeschlagenes Messingblech.
FloekeiilMMi 0''lo<^ll^Slum , Garpologia),
Symptom in flel>erbaften Krankheiten, wo*
bei die Kranken starr vor sich blicken nnd
mit den Händen auf dem Bett etwas zu su-
chen scheinen; oft von übler Vorbedeutung.
FldsM, parallel neben einander liegende
und mit einander verbundene Holzstamme,
dienen als einfachste Fahrzeuge oder
Brücken u. bes. zum Transport des Holzes.
Fl5te (ital. Flauio) , Holzblasinstrument,
mit einem Umfong vom eingestrichenen o
oder d bis zum dreigestrichenen h. Die
Flautopiceolo (Querpfeife) steht eine Oktave,
die Terzflöte eine Terz höher.
Flotze, die zum Theil noch horizontal
gelagerten Bänke von Sand-, Thon-, Kalk-
stein, insbes. die plattenförmigen Kohlen-
und Erzlager zwischen jenen.
Fidtzgeblrge , sekundäres Gebirge, nach
Werner durch mechanische Niederschläge
aus dem Meere gebildetes Gestein. Äelleres
F.: Steinkohlengebirge, Todtliegendes und
Zechsteingebirge ; jüngere» F. : bunter Sand-
stein, Muschelkalk, Quadersand8tein,Kreide.
Floh (Pulex L,), Insektengattung der
Diptera, entwickeln sich in modernden
Stoffen , schmarotzen , aber nur die Weib-
chen stechen und sanigen Blut. Menachen-
floh (P. irritans L.), auf Menschen, Hunden,
Katzen, Hühnern, Tauben etc. Bnndsfloh
(P. penetransZ.^, auf Hunden, Katzen, auch
auf Menschen. Sandfloh (Nigua, P. penetrana
L.), im wärmeren Amerika, kehr lästig; das
befruchtete Weibchen bohrt sich in die Haut,
bes. der Zehen des Menschen.
Flohkrebse (Amphipiida) , Familie der
Bingelkrebse. Flueegameele (Gammäinis fos-
sarum Koch), 6'**t und Brurmenkrebe (G.
puteanns Koch), &*\ in Gräben nnd Brun-
nen; Meerfloh (Talitrus locusta PaU.), 6'",
an der Nordseeküste auf Tangen.
Flor (lat.), Blüthezeit; Wohlstand.
Flor, loses gitterartiges, seidenes, baum-
wollenes, leinenes, wollenes Gewebe.
Flor» (lat.), bei den Böraem Göttin der
Blumen, Frühlingsgöttin, identiflcirt mit
der griech. CMoris; Gesammtheit der in
einem bestimmten Gebiete wild wachsenden
Pflanzen nnd Verzeichniss derselben.
Fler^l, im franz. republik. Kalender der
Blüthenmonat, vom 20. April bis 19. Mai.
FlorSn, s. Oulden.
Florenee (fr., spr. -angs), taffetähnliches
Seidengewebe mit starkem Glanz.
Florentiner FlMche, Flasche mit vom
Boden scliwanenlialsförmtg aufsteigendem
Bohr, dient bei der Destillation äther. Oele
zur Trennung ders. von dem schwereren,
durch das Bohr abfliessenden Wasser.
FlorentlBerlackClTamM'nlacJk^.Verblndnng
von Karmin mit Thonerde, Malerfitrbe.
FlorentinerSl, feines Baumöl, Speiseöl.
Florens (ital. Fireme) , ital. Provinz,
106,4 QM. und 696,214 Ew. — Die SauptH.
F. (mit dem Beinunen La Belia, die Schöne),
bis 1859 Hauptstadt des Grossherzogthums
Toskana, seit 11. Dec. 1864 des Königreichs
Italien und Besidenz des Königs , in reisen-
der Lage zu beiden Seiten des Arno, über
den 4 Brücken führen, (1870) 194,001 Ew.
3 prachtvolle Pl&tM (Plan» Sta. Oroce mX%
624
Flores Antimonii — Flügelfell.
dem Stondbilde Dantes seit 1865, Gran
Ducale, Domplatz); Hauptstrasse der Corso
(1 8t-. 1.). Bemerkenswerthe Gebände: der
Dom (roman.)t die Kirchen Santa Oroce, Sta.
Huia Noyella , il Battisterio (im Gänsen
17S Kirchen); Palast Pitti (mit her. Ge-
mäldesammlung, darunter die grössten
Malerwerke der klass. Periode), Palazzo
veccbio (330' hoher Tburm mit der alten
Bürgerglocke) , der grossartlge Palazzo
degli Uffizi (1574 von Vasari erbaut, mit
reichem Archiv und der weltberühmten, an
autlken Gemälden und Kunstschätzen aller
Art reichen mediceischen Gallerie). Uni-
versität (seit 14S8), Konservatorium der
Musik, Accademia della Omsca n. a., zahl-
reiche Bibliotheken und Kunstsammlungen.
Industrie, bes. in Marmorarbeiten u. Seiden-
weberei. — Im Mittelalter (bes. seit der Zer-
störung von Fiesole im 11. Jabrh.) trotz
endloser Kämpfe im Innern u. nach aussen
blühende Republik, deren Macht u. Reich-
thum yon Tag zu Tag wuchs; unter dem
Einflüsse der Mediceer (bes. Cosimo des
Aeltem u. Lorenzo des Prächtigen) Pflanz-
scliule für Wissenschaften und Künste. 1531
Belagerung und Einnahme der Stadt durch
Karl y. , der Alessandro Medici zum Her-
sog von F. machte. S. Toskana.
Flores Antlmonü, durch Verbrennung
von Antimon gewouuenes (unreines) Anti-
inonoxyd; Arzneimittel.
FIoreBcenz(lat.),Blüthen8tand,Blüthezeit.
Flores Zinci (Lana philosophorum), durch
Verbrennung von Zink gewonnenes Zink-
oxyd; Arzneimittel, b. 2ink.
Floret (Florelieide, Flockseide, Filoseüe,
Strazie), das rauhe, die Cocons umgebende
Gospinnst, wird nicht abgehaspelt, sondern
wie Baumwolle zu I^antasiegarn , Bchappe
verarbeitet, welches weniger feine und
glänzende Gewebe liefert als gute Seide.
Florian (spr. Florjang), Jean Pierre Clari$
de, franz. Schriftsteller, geb. 6. März 1755
auf dem Schlosse Florian in Languedoc,
seit 1788 Mitglied der Akademie; f 13. Sept.
1794 zu Sceaux. Bekannt bes. durch seine
,Fables< (1792) und die Romane ,Numa
Pompilius* und ,6uillaume Teil*. , .Oeuvres*
(1784—1807, 24 Bde.). [Zustand.
Florid (lat.), blumig; Floridiiät, blühender
Florida, der südlichste der Freistaaten
von Nordamerika, Halbinsel zwischen dem
atlant. Oceau und dem Golf von Mexiko,
3788 QM. und (1870) 189,995 Bw.; Boden
flach und wohl bewässert, im S. weite
Sumpfebenen (Eoergladea), in der Mitte am
produktivsten. Um die Südküste zieht eine
Kette kleiner Keys (Korallenfelsen, dar-
unter Kejf'Wett, Jetzt wichtiger Seeplatz);
südl. davor das Floridariff, eine Korallen-
bank. Produkte tropisch ; Exportartikel :
Holz, Baumwolle, Tabak, Fische ; Fabrika-
tion und geistige Kultur unbedeutend. Im
Kongress durch 1 Repräsentanten vertreten.
39 Gounties. Hauptst. Tallahnssee. Früher
im Besitz von Spanien , das 1819 das Land
an die Union abtrat; 1822 als Unionsgebiet
onranlsirt, seit 1845 selbständig; trat Febr.
1861 der Konföderation der Südstaaten bei.
Flortlegiuiu (lat.), s. t. a. Anthologie.
Fiorln, s. v. a. Floren , s. Gulden.
Florlren (lat.), blühen; in guten Um-
ständen sich befinden.
Florls (Mangarai) , eine der kleinen
Sundainseln, durch die Floriattrasse Ton Solor
getrennt, 360 QM., zum Theil den Nieder-
landen tributpflichtig.
Florus, Luciua Annchu oder JuliuB, röm.
Geschichtschreiber, gewöhnl.in da82. Jahrh.
n. phr. gesetzt, Verf. eines ,Epitome rernm
Romanorum', eines gedrängten Abrisses der
röm. Gesch. Ton der Gründung Roms bis
zu Augustus; herausg. Ton O. Jakn (1852)
und Halm (1854). Vgl. ßtiber, ,Da8 Ge-
schichtswerk des F.<, 1865.
Flos und Blancflog, altfranz. Liiebessage,
die Verkörperung der Rose und Lilie (alle-
gorisch der Liebe und Unschuld) darstel-
lend; Ton den Dichtem des Mittelalters
mehrfach behandelt, deutsch von Konnid von
Flecke um 1280 (herausg. von Sommer 1845).
Floskel (lat.), Blümchen, Redeblümcben.
FloBsensaiif ethiere, s. Bohben.
FloBsfedern, Flossen, s. Fische.
Flotow, Friedrieh, Freiherr von, Opem-
komponist, geb. 27. April 1812 zu Renten-
dorf in Mecklenburg, Schüler von Reicha,
1856 — 63 Generalintendant der Musik in
Schwerin, ging dann nach. Paris, lebt ab-
wechselnd hier und auf seinen G&tem*
Beliebteste Werke: ,Stradella' u. ,Martha*;
ausserdem ,Indra*, ,RübezahlS ,HilanS
,L'Ombri* etc. ; Jnbelou verture m. Fackeltanz.
Flottbeck, Gut in Holstein, bei Altona;
gr. Parkaulagen mit der her. Baumschule
UDi^ Kunstgärtnerei von Booth (s. d.).
Flotte, eine Anzahl unter gemeiuschaftl.
Befehlshaber vereinigter Schiffe; die ge-
sain mte Seemacht eines Staates. Kriege-
und Handels- oder Kauffahrteiflotteu.
Flottille, Geschwader, Kriegsflotte von
weniger als 18 Schiffen.
Flottireii, schwankend, unstat sich be-
wegen, bes. von Schiffen, welche keinen
festen Kurs steuern.
Fluchtige Oele, s. v. a. ätherische Oele.
Flfichtigkeit, die Fähigkeit eines Kör-
pers, unter gewissen Bedingungen Qas-
gestalt anzunehmen.
Flfie, Nikolaus von der, der Heilige, als
Einsiedler Bruder Klaus genannt, geb. 1417
zu Saxeln in Unterwaiden, erst Krieger,
dann Landrath, lebte seit 1467 als £remit,
vermittelte die Annahme des sogen. Ver-
kommniss zu Stanz vom 22. Dec. 1481 als
Grundgesetzes und verhütete so die Tren-
nung des Schweizerbundes ; f ^* Hai 1487,
1671 kanonisirt. Biogr. von Businger (1827).
Flüelen, Dorf im Kant. Uri, am Südende
des Vierwaldstättersees , nahe der Reuss-
mündung, 600 Ew.; Iiandungsplats der
Dampfer. Unfern die Teilkapelle.
Fliievogel, s. Braunelle^
FlügeleicAel, s. v. a. Dryobalanops.
Flfigelfell (Pterygium. Augenfiuge^fdi),
dreieckige, vom inneren Augenwinkel nach
der Hornhaut reichende häutige, mit Aeder-
chen durchzogene Auflagerung der Binde*
haut des Auges; beeinträchtigt das Sehen,
nüvfilmicht, B. V. a, PterooKrpuB
Flüsalgk«», durjeiite« auat&nd d.
por, In welchem [hra Theilchen i
Ulcbt Ihra gegomeltlge Lagt «ndot,
ügelfrucht — Förater.
Flnor n. 1 Atq. t
FlöMlgkcItniHi :
r eluUKh.'
Fim,t(FliUKhiff, Finkt). groii« fluche
rund, tragt bii MO Loaten.'
PlDSbriBd, ■. Brand.
FlagtatT, a. t. a. Kothluif. [Saud
Flaguid, loclnrer, vom Wind hewsKlci
Flnguhlff, 1. V. a. BripiaHDe.
■Leb im FInaaBpalli. Kryftlltli, Amphibol, li
foiblBen Schlrnmer, welchsr TQD d<
dei auffallend an LIcliti abweicht,
nibt anf oinor Abändernng der Wel!
FIbotUcmI (EiatlnprrfuoTÜ), t
Wasser . Krbl Laokmaiipapler rot!
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FödernUOB (Int.). Bond. fMiTalinLna,
BandeiiCaal. FSderirU, Verbendetn.
FBhB, elgsnibümitchsr warmer Büdwind
Vgl. Dom, ,ElsiBll, r. nnd Si^rocco', 1967;
,D«r ichwalEer F.', 1968.
Föhi (FShrilt), Inael In dar Nordaae, an
der achleBwIgachen Enate, 1,6 QM. nnd
taoo Ew. Hauptort Wyk.
Föfere, I. T. a, Elefer. FIddi gylTeBtrii.
FSnlcSlam Biiffm. (Fmekii), Pflamen^l-
tang der ümbeUiferen. r. ofBcinale AU..
liBliiTlrC, liefert den ofncinellen Fencbel-
FSrdemng, a. Bergbau.
FSriMt, 1) Frit4rith, hiitor. SchriOstelter,
626
Fötus — Fontenay.
geb. 84. Sept. 1791 sv MünohengoBsent&dt,
trat 1818 mit Tb. Körner in das Ifitzowsche
Freicorps , ward dann lj«hrer an der Ar-
tülerieschule sn Berlin, 1817 wegen sogen,
demagog. Umtriebe entlassen, 1829 mit dem
TitelHofrath am königl. Museum angestellt;
t 8. Not. 1888. Hauptwerke: »Leben und
Tbaten Friedr. d. Gr.' (3. Aufl. 1849, 8 Bde.);
jFriedr. Wilh. der grosse Kurfürst' (4. Aufl.
1855); »Friedr. d. Gr. als Menscb, Regent
und Feldherr' (4. Aufl. 1860) ; »Neuere prenss.
und deutsche Geschiehte^ (5. Aufl. 1866 f.,
9 Bde.); »Geschichte der Befreiungskriege
181S» 1814 und 1815' (7. Aufl. 1865» S Bde.);
»Gedichte' (1838, 2 Bde.) u. A. — 9) Ernst
Joachim, Knnstschriftsteller» Bruder des
Vor.» geb. 8. April 1800 zu Mfinchengosser-
stfidt» widmete sich zu Mnncl^en unter
Cornelius der Halerei» später kunstgesdilcht-
lichen Forschungen. Hauptwerk: »Gesch.
der deutschen Kunst* (1851—60, 5 Bde.);
ausserdem: »Denkmale der deutschen Bau-
kunst» Bildnerei und Malerei' (1866—69» 19
Bde.); »Vorschule zur Kunstgeschichte'
(1862) ; »Gedichte' (1854) ; »Reise nach Belgien,
Paris und Burgund' (1864); »Geschichte der
ital. Kunst' (1870» 9 Bde.); ,Raphael' (1869»
9 Bde.). Sehr, auch ReisebUcher über »Ita-
lien' (8. Aufl. 1865), »Deutschland' (2. Aufl.
1852). — 8) Heinrichp Fürstbischof yon Bres-
lau, geb. 24. Not. 1800 ni Grossglogau, ward
1837 Domherr ku Breslau» 1844 u. 1848 ent-
schiedener Vorkämpfer des röm. - kathol.
Kircbenthums» seit 19. Mai 1853 Fürstbischof
von Breslau. Sehr. »Lebensbild Diepen-
brocks' (2. Aufl. 1859); »Die Christi. Familie'
(4. Aufl. 1854) n. A.
IKtnt (Fetus» lat.)» die menschl. Frucht
von der Zeit der Mutterkuohenentwicklung
bis 2ur Lebensfähigkeit, also von Beginn
des 4. Schwangerschaitmonates bis 2um 8.
Foggla (spr. Foddscha) » Hauptstadt der
unterital. ProT. Oapitanata» am GerTaro,
82,493 Ew. Handel (8.— 20. Mai ber. Messe).
FogUettO (ital.» spr. FolJ-, Mus.), die
erste Violinstfmme » in welche die Soli der
übrigen Stimmen mit eingetragen stehen.
Foldy ohines. Heros, halbmyth. Person»
lebte nach chines. Angaben zwischen 8468—
9959 v. Ohr., Brflnder der Künste und
Wissenschaften und erster Gesetzgeber der
menschlichen Gesellschaft.
Foix (spr. F5ah)» Hauptsi. der ehemal.
franz. Orc^fseh. F., jetzt das Depart. Ari^ge,
amFusse der Pyrenäen und an der Aridge»
6746 Ew. Altes Schloss.
Fo-kien^ chin. ProTiuz, S. Fu-kian,
Foksehan« Stadt in Rumänien, durch die
Milkow in 9 Theile getheilt, Ton denen der
westl. zur Walachei, der östliche zur Moldau
gehört, 90,000 Ew.; Sitz der Oentralkom-
mission der Donaufürsteuthümer.
Foliant 9 Buch in Folio, d. i. in halber
Bogenform. (Bäume.
Folimtloii (lat.), das Ausschlagen der
Folie 9 in dünne Blätter geschlagenes
Metall, Blattgold, Blattsilber, s. Goldsehlä-
gerei; Zinnfolie» s. v. a. Stanniol. F. figür-
lich etwas, was, eiu^ Sache als Unterlage
dienend, ihr höheren Glanz geben soll.
FoUgno (iror. -injo), Stadt in der ital. Prov.
Umbrien, 7890 Ew.; 28. Jan. 1888 durch Erd-
beben fast ganz zerstört. Madonna di F.,
von Raphael, jetzt im Vatilum EU Rom.
Foliam (lat.), Blatt; Blattseite eines Buchs;
Folio, auf der und der Blattseite; foUiren,
die Blattseite beziffern.
Folkestoiiey Seestadt in der engl. Grafscfa.
Kent, 8500 Ew. Ueberfahrt nach Boalogne.
FolkethiBg (dän., Volksthing)» Reichstag.
Folkunger, schwed. Herrschei^schlecht,
von Waldemar 1250 bis Magnus n. 1374.
Folkwangr, in der nord. Mythologie der
Palast Freyrs in Walhalla.
Follicolus (lat., FoUikd), Schlauch, in der
Anatomie bes. Name kleiner, in Schleim-
häuten und Lymphdrüsen gelegener abge-
grenzten Häufchen» die, ans zartem Binde-
gewebe und Zellen bestehend , sich durch
Entzündung und Infiltration Tergrössem
u. in Folliknlargeaehumlste übergehen können.
Folter, S. Tortur,
FoltZy Fhü., Historienmaler» geb. 1805 zu
Bingen, bildete sich unter Cornelius in Mün-
chen, 1835—38 in Italien» seitdem Prof. an
der Akademie zu München. Hauptwerke :
des Sängers Fluch, Barbarossa Tor Heinrich
dem Löwen sich demuthigend» Kaiser Sig-
mund etc.; auch Genrebilder (bes. ans dor
Alpenwelt). — Sein Bruder Ludwig F., geb.
1809, 1 1867, namhafter Architekt u. Bildhauer.
Fomeilt. warmer Umschlag, Bähung.
Fond (fr., spr. Fong), Grundlage; der
innere Raum einer Kutsche; Fonds, das einem
Unternehmen zu Grunde liegende Kapital;
tiffentliche F,, in Grossbritannien vorzugs-
weise diejenigen Staatseinnahmen, welche
bei Staatsanleihen behufs der Tilgung der
Zinsen und des Kapitals überwiesen zu wer-
den pflegen; auch die Staatsschuldscheine
selbst ;_daher Fonds- und EffektengeschäfL
FoHseeabal, Bucht des stillen Oceans an
der Küste Ton Centralamerika ; durch Eisen
balin mit Puerto Caballos am Golf Ton Hon-
duras verbunden. fbi^tmnen.
Fontaine (fr., spr. Fongtähn), Spring-
Fontainebleau (spr. Fongtänbloh) , Stadt
im franz. Depart. Seine und Marne » links
Ton der Seine in einem berühmten Walde;
10,787 Ew. ffistorisch merkwürdiges SeJdost
(bereits im 12. Jabrh. Torhanden; hier 22.
Juni 1815 Abdikation Napoleons I.
Fölitaiielle. in der Anatomie die 4 häutiges
(weichen) Stellen des Schädeldachs, durch das
Zusammentreffen mehrerer Scbädelknochen
gebildet. Die grosse F., in der Mitte zwischen
dem Stirnbein und den Seitenbeinen ge-
legen» schliesst sich erst im 2. Lebensjahre.
In der Ohirurgie (Fonticulns) ein meist am
Arme gemachter Einschnitt» den man durch
hineingelegte Erbsen oder verschiedene
Reizmittel beständig in Eiterung hält.
FoBtanges (spr. Fongtangsch) , Marie
AngÜigue de Scoraiüe de ItoussiUe, fferxogin
von, Geliebte Ludwigs XIV., geb. 1661» ward
Ehrendame der Königin -Mutter ; f 28. Juni
1681. Von ihr führt ein Kopf)putz den Namen.
Fontenay (spr. Fongtnäh), Dorf im franz.
Dep.'irt. Yonne; 25. Juni 841 Schlacht tvfi-
I sehen den Söhnen Ludwigs des Frommen,
Fontenoy — Formsand.
627
welche den TheilungsTertrag zii Yerdun
(843) zur Folge hatte.
Fontenof (spr. FongtoSa), Dorf in der
belg. Prov. Heimegil«, 800 Ew.; 11. Mai 1745
Sieg der Franssosea unter dem Marschall
von Sachsen über die Engländern. Oester-
reicher unter dem Herzog von Cumberland.
Fontevraad (Fontevrault, spr. Fo>wroh),
Stadt im franz. Depart. Maine und Loire,
sudöstl. von Saumur, 850 Ew.; Korrektions-
anstalt, bis 1790 Stammsitz eines Kloster-
ordens (Orden von F.) für gefallene Mädchen.
Foote (spr. Fuht), 8cm., engl. Komiker
und Lustspieldichter, geb. 1709 in Com-
wallis, Zeitgenosse aarricks; f &!• Okt. 1777
zu Dover; bes. beliebt durch seine satir.
Possen. Werke (1788, 4 Bde. und öfter).
Forimeii (lat.). Loch, Oeflhnng.
Foraminifers, s. Shizopoda.
Forbach, 1) Kreisstadt in Deutsch-Lothrin-
gen, dicht an derpreuss. Grenze, 4860 Ew. ;
6. Aug. 1870 nach der Schlacht bei Saar-
brücken von den Deutschen genommen. — 2)
Dorf im bad. Kr. Baden, 1358 Ew., der
reizendste Punkt des Murgthals.
Force (fr., spr. Fors), Stärke, Macht;
forciren, erzwingen, mit Gewalt durchsetzen;
forcirte Märsche, Ellmärsche.
Forcellini (spr. -tschellini), Egidio , ital.
Philolog, geb. 26. Aug. 1688, Professor am
Seminar zu Padua; f das. 4. April 1768.
Sehr. ,Totius latinitatis lexicon' (1771, 4Bde.),
die Grundlage aller späteren grösseren lat.
Wörterbücher; neue Aufl. von Corradini
(1859 f.) und De Vit (1860 f.).
Forehhammer, JPtter Wüh., Alterthums-
forscher, geb. 1803 zu Husum, seit 1887 Prof .
zu Kiel. Sehr. ,Hellenika' (Bd. 1, 1837);
,Die Athener und Socrates* (1837) ; ,Topo-
graphie von Athen* (1841); ,Die cyklop.
Mauern' (1847); .Beschreibung der Ebene
von Troja* (mit Karte von SpraU 1850);
, Achill* (1S53); ,Topographia Thebarum
heptapylanim* (1854); ,Halkyonia* (1867};
,UeberdieReinheit der Baukunst* (1856) u. A.
ForcMieim, befest. Stadt Im bayer. Regbz.
Oberfranken, an der Begoitz, 4609 Ew. Be-
reits im 8. Jahrh. karoling. Pfalz (Foraheim),
später Sitz mehrerer Beichstage; gehörte
1017—1802 zum Fnrstenthum Bamberg.
Forden, Stadt im preuss. Regbz. und Kr.
Bromberg, an der Weichsel, 7955 Ew.
Foretgii offlee (engl., bpr. Forin oflßs),
das Fremdenbureau in London. Foreign de-
partment, das Ministerium des Auswärtigen.
Forelle, Käme einiger Arten der Gattung
Salmo (Lachs). Gemeine, fPeich-, Baeh-,
Stein-, Wdldforaie (S. fhrio L.}, 1—1 Va', in
klaren Gebirgsbächen Mitteleuropas, mit
sehr zartem Fleisch. Bothe F., Saibling,
BÜthelein (S. salvelinus L.), 1—3', in den
Alpenseen. Ebenso Seeforelle (S. lacustris
L.), 85—30 Pfd. schwer, wandert aus den
Seen in die Flüsse. Laeh»' , Meerforelle
(S. tmttaZ.^, 10—80 Pfd. schwer, steigt ans
der Ost- und Nordsee in die Flüsse.
Forelleasteln, gestreifter, wolkiger oder
geflammter Alabaster.
ForensM (lat.). Auswärtige, Fremde, bes.
solchoi die im Inlande Grundstücke besitzen.
Foref, mie Fr6d4rie, firanz. General, geb.
10. Juni 1804 zu Paris, focht in Algerien,
ward 1844 Oberst, unterstützte Ludwig
Napoleon beim Staatsstreich vom 2. Dec.
1851, befehligte afls Divisionsgeneral die 4.
Division der orient. Armee vor Sebastopol,
focht im ital. Krieg 1859 bei Montebello,
Melegnano und Solferino, ward Senator, Juli
1862 Oberbefehlshaber der Truppen in Me-
xiko, zwang Puebla zur Uebergabe, zog in
Mexiko ein, kehrte, zum Marschall ernannt,
Okt. 1866 nach Frankreich zurück.
Forei (spr. -reh), alte li*anz. Landsch.,
der nördl. Theil des Depart. Loire, erfüllt
vom Foreggebirge, zwischen Loire u. Allier,
bis 5030' hoch.
Forfkr (spr. Fahrfär, Angus), Grafsch. in
Mittelschottland, 41,7 QM. und 204,485 Ew.
Die Haupt$t. F., im Strathmorethale, 9258 Ew.
Forkel, Joh, Nikol., Mnsikgelehrter, geb.
22. Febr. 1749 zu Meeder bei Koburg; f 17.
März 1818 als akadem. Musikdirektor zu
Göttingen, Hauptwerke : ,Allgem. Geschichte
der Musik* (1788— 1801, 2 Bde., unvollendet),
,S. Bachs Leben* (1802).
Forll, mittelital. Provinz der Emilia, 33,7
QM. und 224,463 Ew. Die Hauptst. F., an
der Ronca, 17,723 Ew. Kathedrale.
Form, Gestalt, in der ein Objekt sich
darstellt, im Gegensatz zu Stoff und Materie.
Formal oder/ormel{, was sich auf die F.
bezieht. FormaUen oder FormalitiUen, Förm-
lichkeiten, nicht wesentliche Dinge. F*tr-
maliamus. Festhalten an der äusseren Form
mit Uebersehen des inneren Gehalts. For-
mein, für bes. Fälle vorgeschriebene oder
durch den Gebrauch eingeführte Worte und
Redensarten; in der Mathematik allgem.
Buchstabenansdrücke für den Werth einer
Grösse, woraus die Regel für Berechnung
ders. sich ergibt. Formular, Vorschrift,
nach welcher Gesohäftsauföätze abgefasst
werden sollen; formHliren, in einen be-
stimmten Ausdruck lassen. Formenlehre,
Theil der Grammatik, Lelire von der Flexion
der Wörter ; auch s. v. a. geometrische An-
schauungslehre, [und Breite.
Format. Buchform in Beziehung auf Höhe
Formation (lat.), Bildung, (Gestaltung;
Truppen auf Stellung; Gesammtheit v. gleich-
zeitig, in derselben Epoche entstandenen Ote-
Steinsbildungen; s. Qebirggformation.
Formeln, chemische, s. Chemische Zeichen.
Fonntft (a. G.), reizender Ort iuLatium,
am Golf vonGaSta, mit vielen Villen reicher
Römer, z. B. dem Formiamum des Oicero.
Formioa (lat.), Ameise.
Formldabel (fk*.), lUrchtbar.
Formlkatlon (lat.), s. Ameisenkriechen,
Formimng (lat.), Truppenaufstellung.
Formoa(lat.), schön; Formosttät, Schönheit.
FormSsa (chines. Thaiwan, Pekan), Insel
an der südöstl. Küste von China, vom Fest-
lande durch die Strasse von F. getrennt,
700 QM. mit über 2 Mill. Ew. Eine Gebirgs-
kette (mit vulkan. Gipfeln von 12,000' Höhe)
scheidet den westl. (chines.) Theil vom
östl. (Ureinwohner). Hanptst. Thaiwan.
Fomiösius. Papst 891-806.
Formsand, s. Eisengiesserei.
40*
628
Formsclineidekaust — Fossil.
FonmeliBeidekwiit) die Kunst, avfHolx-
iafeln erhabene Muster znm Abdruck auf
Gewebe, Wachstuch, Tapeten etc. ausEU-
schneiden. [fomul.
Formfila eoneordiae (lat), s. Konkordien'
FornnlEr^ s. Form.
Formyl, Radikal, i. 3fethfß,
Fomieuia (lat.), Freudenmädchen.
Font) Dorf in der bayer. Rheinp&ls,
«wischen Dürkheimu. Deldesheim, 673 £w.;
ber. Weinbau (Fortter).
ForBtakademie, öffentliche Lehranstalt,
in welcher die Forstwissenschaft in ihrem
fCanaen Umfang gelehrt wird. Die ersten
Anstalten dieser Ar^ waren mehr Privat-
als fitaatsanstalten. Die erste öffentliche war
die 1770 tob Gleditsch in Berlin gegründete.
Eine Verbindung der Theorie und Praxis
bezwecken das Forstinstitut bu Hohenheim
(seit 1783) und die Forstlehranstalten eu Kiel
(seit 1785), Freibnrg im Breisgau (seit 1787),
Dreissigacker im S.-Meiningi sehen (1801— 43),
Marlabrnnn bei Wien (seit 1814) , Tharand
(seit 1816) u. a. Höhere Forstlehranstalten
bestehen gegenwärtig in Deutschland eu
Neustadt-Eberswalde, Mariabrunn, Aschaf-
fenbnrg, Aussee in Mähren und in Eisenach.
Die EU Tharand und Hohenheim sind mit
einer landwirthschaftl. Lehranstalt, die zu
Karlsruhe und Braunschweig mit einer po-
lytechnischen Schule verbunden. Auch mit
derUni-versitätOiessen ist eineF.yerbunden.
Font«) Stadt im prenss. Regbz. Frankfurt,
Kr. Sorau, auf einer Neisseinsel , 7677 Ew.
Förster 9 1) Joh, Beinhold, Reisender und
Naturforscher, geb. 22. Okt. 1789 zu Dirschau
bei DauEig, Abkömmling der schott. Lords
Förster, seit 17Ö3 Prediger eu Nassenhuben,
untersuchte 1765 das Koloniewesen inSara-
tow, lebte seit 1766 in London u. Warrington
in Lancashire, begleitete Cook auf seiner
Eweiten Reise 1772—75, ward 1780 Prof. der
Naturgeschichte in Halle; f 9. Dec. 1798.
Sehr. ,Obseryations made during a voyage
round the world* (1778 ; deutsch von seinem
Sohne J. G. F., 8. Aufl. 1783, 8 Bde.) ; ,Zoo-
logia Indica' (1781). — 8) Joh. Georg, Sohn
des Vor., geb. 26. Nov. 1754 eu Nassenhuben
bei Danzlg, begleitete seinen Vater nach
London und Warrington und auf dessen
Reise mit Cook, ward 1778 Lehrer der Natur-
geschichte an der kasseler Ritterakademie,
1784 zu Wflna, 1788 Bibliothekar des Kur-
försten von Mainz , ging im Auftrag der
dortigen Republikaner nach Paris, um die
Einverleibung der Stadt in Frankreich beim
Konvent zu betreiben ; f 11. Jan. 1794 zu
Paris. Sehr. ,Reise um die Welt in den
Jahren 1773-75« (deutsch 1784, 8 Bde.);
,Kleine Schriften* (1789-97, 6 Bde.) ; ,An-
sichten vom Niederrhein' (1791—94, S Bde.).
,Sämmtl. Schriften* mit Charakteristik F.s
von Gervintu (1843—44, 9 Bde.). — Seine Gat-
tin, l^erese, später mit Huber (s. d.) verhei-
rathet, gab F.s ,Briefwechsel* (1888—89,
2 Bde.) heraus. F.s Leben behandelte E.
Künig in den ,Clubisten in Mainz* (8. Aufl.
1857, 3 Bde.) und in ,F.s Leben in Haus und
Welt* (2. Aufl. 1858, 2 Bde.). Vgl. Moleschott,
,F.*, 2. Aufl. 1862, u. Kitin, ,F. in Mainz*, 1863.
Fontwirtliiehafl, s. WaldkuUur.
Fort (fr. spr. Fohr), kleiner befestigter
Platz von Wichtigkeit und Starke; ist ent-
weder selbständ. Aussenwerk einer Festung
(detachirte» F.) oder liegt selbständig vor
oder in einem Passe, Hafen oder an einem
Flusse. Die F.s bilden in neuester 2jelt den
wichtigsten Thell der Festungen (Paris, Metz,
Beifort), da sie die Belagerung und das
Bombardement der Festung selbst in boheni
Grade erschweren. Dir Zweck ist erreicht,
wenn sie so liegen, dass das Feuer des Be-
lagerers die Festung nur erreichen kann,
wenn sie vorher eingenommen sind.
FortaTcntura, s. Fuerteveniura.
Fort de France (spr. Fohr d^FrangSy auch
F, Moyal), befest. Biafenstadt auf der west-
ind. Insel Martinique, 12,000 Ew.
Forte (ital.). stark ; /oriüsttMo« sehr stark.
ForteplanOy s. Piano/orte,
Forthy Flttss in Schottland, mündet durch
den Firth of F, in die Nordsee ; 18 M. lang.
Fortiflkatlon (lat.), s. Kriegtbattkunsi,
Fortignerra, Niecolo, ital. Dichter, geb. 7.
Nov. 1674 zuPistoja, Prälat am Hofe Cle-
mens XL; t 7. Febr. 1735 zu Rom. Haupt-
werk das kom. Epos ,Ricciardetto* (Satire auf
den Klerus, 1738; deutsch von Orte» 1831 — 32).
FortlB (fr., spr. Forteng), kleine Schanze,
die zur Zeit einer Belagerung schnell auf-
geworfen wird, um ein Feld zu decken.
Fortpflannngy s. Fftante und Zeugumg.
Fortuna (lat), griech. Tyche, Göttin des
Zufalls, namentl. des glücklichen, darge-
stellt mit Steuerruder, Füllhorn, Rad oder
Kugel; das Glück in seinen Wechseliallen.
FortnnatttS) deutsches Volksbuch, die
Schicksale des Fortunatns und seiner Söhne
(mit dem Wünschelhut und dem unerschöpf-
lichen Geldsäckel) enthaltend; zuerst 1509
zu Frankfurt gedruckt.
Forum (lat.), der Marktplatz im alten Rom
(F. romanum). zur Zeit der Republik der
Mittelpunkt des röm. Staatslebens , jetzt
Oampo vaccino; auch Name von Ortschaften
mit Gerichtsbarkeit und Marktgerechtigkeit,
z. B. F. Julii (Jetzt Fr^jus), F. Livil (j. Forli)
etc. In der neuereu Gferichtssprache s. v. a.
Gerichtshof, Gerichtsstand; F. deUcti oder
commitai, der Gerichtshof des Orts, wo ein
Verbrechen begangen worden ist; F. domi-
cilii und habiUUionis, der Gerichtshof des
Wohn- oder Aufenthaltsorts des Ange-
klagten; F, apprehenaumiB, der Gerichtshof
des Orts, wo der Verbrecher ergriffen
worden ist.
FoBcSlo, Ifieecio ügo, ital. Schriftsteller,
geb. 1778 auf Zante aus venetlan. Faroüie,
wirkte rastlos t\a die pollt. Wiedeigeburt
Italiens, ging 1817 als Flüchtling nach Eng-
land ; t 11. Sept. 1827 zu Tumham-Green bei
London. Hauptwerk der Roman ,Ultime
lettere di JacopoOrtis* (1802; deutsch 1847).
Sehr, auch ,Lezionl di eloquenza* (1830),
.Discorsi.storici e letterari* (1843) u. A.
Fossa (lat.), Grube, Kanal; in der Ana-
tomie rinnenartige Vertiefung in Knochen.
Fossil (lat.), was aus der Erde gegraben
wird; was sich auf Versteinerungen bezieht;
Fonüien, MineriJien, bes. Versteinerungen,
Fotheringhay — Fraas.
629
Fotheringliay (spr. -geh) , engl. Dorf in
Northamptonshire » 480 £w.; Buinen des
Schlosses, in welchem 8. Vebr. 1587 Ilaria
Stiiart hingerichtet ward.
Fotscha (I^a), Stadt in Bosnien, an der
Drfaa, 12,000 Ew. Säbel- und Messerfabr.
Foncanlt (spr. Fnkohl), Jean Bemard
LioH, Physiker, geb. 18. Sept. 1819 in Paris,
redigirte seit 18& den wlssenschaftl. Theil
des .Journal desD6bats*; f 12. Febr. 1868 in
Paris. Erfond den Apparat Eur Eriseugnng
des elektrischen Lichts, einen elektromagne-
tischen Regulator. F,9 Pmdelvernteh, das Ex-
periment, dessen er sich bediente, um aus
der scheinbaren allmähligen Yer&nderung
der Schwingungsebene eines längere Zeit
schwingenden Pendels die Umdrehung der
Erde um^ihre Axe direkt zu beweisen.
Fonche (spr. Fuscheh), Joseph, Herzog von
Otranto, geb. 29. Mai 1763 bei Nantes, ward
Mitglied des Konvents, Aug. 1795 ausge«
atoBsen, 1798 Gresandter in Midland, dann in
HoUand, 1799 Polizeiminister, 1805 zum Her-
zog erhoben, als Gegner der masslosen Ent-
würfe Napoleons 1810 ia seine Senatorie zu
Aix verwiesen, 1813 Gouverneur der illyr.
Provinzen zu Laibach, dann nach Rom und
Neapel gesandt, um Murats Schritte zu
überwachen. Während der 100 Tage noch-
mals PolizeTmlnister , betrieb er nach der
Sohlacht bei Waterino Napoleons zweite
Abdankung und vermittelte an der Spitze
der provisor. Regierung die Kapitulation
von Paris. Von Ludwig XVIIL wieder zum
Polizeiminister ernannt, rieth er zur Mässi-
gung, dankte Sept. 1815 ab und ging als
Aranz. Gesandter nach Dresden, floh, durch
das Verbannungsdekret vom 12. Jan. 1816
gegen die Königsmörder getrolTen, nach
Prag; f 26. Dec. 1820 zu Triest. Die ,M6-
moires de F.* (1828—29, 4 Bde.) sind nach
authent. Quellen von Beauchamp verfasst.
Fongmde, Flattermine, s. Mine.
Fonurds (Fottku), bastseidene Hals- und
Taschentücher aus Ostindien ; Kleiderstoffe
ans ungezwimter Rohseide.
Fould (spr. Fnhl), Achille, franz. Staats-
mann, geb. 17. Nov. 1800, leitete als Associ6
seines Bruders B6noit F. mit diesem das
Bankgeschäft ,F., Oppenheim und Comp.*,
ward 1842 Kammermitglied , 1848 konserva-
tives Mitglied der Konstituante , dann der
Legislative, Okt. 1849—51 und 3. Dec. 1851
bis Jan. 1852 Finanzminister, dann zum
Senator, sowie zum Staats- und Hausminister
ernannt, 1858 in den geh. Rath berufen,
trat Nov. 1860 zurück, Nov. 1861 bis Jan.
1867 wieder Finanzminister.
Fotiqn^ (spr. Fnkeh), Friedr, Heinr. Karl,
Freiherr de la Motte, Dichter, Enkel des
preuss. Generals Heinr. Aug. de Ia Motte F.
(t 1774), geb. 12. Febr. 1777 zu Branden-
burg, seit 1794 in Militärdiensten. 1813
Lieutenant bei den freiwilligen «fägem,
lebte später meist auf seinem Gute Nenn-
hansen, 1831— 42 in Halle, wo er Vorlesungen
über Geschichte der Poesie hielt; f ^•
Jan. 1843 zu Berlin. Einer der bekanntesten
und ehemals gelesensten Romantiker ; Verf.
zahlreicher Romane, drani. qnd lyr. Dich-
tungen (am besten die Erzählung ,Undine*).
Ausgew. Werke (1841 f., 18 Bde.). Seine
Gattin Karoline (f 1831) auch Schriftstellerin.
Fonreroya Venu, Pflanzengattung der
Amaryllideen. F. gigantea Vent» in Mexiko
liefert in den Blattfasem Spinnmaterial und
Saft, aus welchem Pulque bereitet wird.
Fouler (fr. fourrier), in einigen Armeen
der mit dem Quartierwesen und der Natural-
Verpflegung beauftragte Unteroffizier, dem
auf dem Marsch einige Muinschaft (Fourier-
achützen) beigegeben ist. Der för den Stab
sorgende Unteroffizier helsst Stabs/ourier.
Fonrler (spr. Furieh), Charles, franz.
Socialist und Gründejr des nach ihm be-
nannten Systems (Fourteriunu»), geb. 7.
April 1772 zu Besan^n, arbeitete zu Ronen,
Marseille und Lyon in Handelsgeschäften;
t 10. Okt. 1837. Sehr. ,Trait6 de l'associa-
tion dome8tique*agricole* (1882). ,Oeuvres
oompidtes* (1810—46, 6 Bde.).
Fonmiren (fr.), Holzgegenstände aus ge-
ringerem Holz (Blindholz) mit ganz dünnen
Platten (Fonrniren) feinerer Holzarten ül>er-
ziehen. Die Fournire, iji— W stark, wer-
den mit Bundsägen auf Fournirschneide-
maschinen geschnitten.
Fonmge (fr.), Futter für die Kavallerie-
pferde; daher fourragiren, die F. durch.
Requisitioa herbeischaffen.
Fox (spr. Faoks), 1) George, Stifter der
Quäker, geb. 1684 in Drayton in der engl.
Grafschaft Leicester, Schuhmacher, predigte
seit 1647 die innere Religion des Geistes,
gründete eine Gemeinde unter dem Namen
(Gesellschaft der Freunde (s. Quäker); f 16.
Jan. 1691. Biogr. von Janney (1852) und
Watson (1860). — 2) Oharle$ James, ber. engl.
Staatsmann und Redner, geb. 24. Jan. 1749,
Sohn Henry F., Lords Holland, Staatssekre-
tärs unter (jreorg U., ward schon 1768 Mitglied
des Unterhauses, als Anhänger des Tory-
ministeriums North Lord der Admiralität
und 1772 Lord des Schatzes, bekämpfte seit
1774 im Unterhause die Politik Norths, bil-
dete 1783 mit North und Portland ein neues
Ministerium, das aber gegen Ende d. J. dem
Ministerium Pitt weichen musste, begann
darauf 1784 im Unterhause mit Burke u. A.
eine grossartige Parlamentär. Opposition
gegen Pitt und trat von 1792—97 fast allein
gegen eine starkeitfajorität in die Schranken.
Anfang 1806 mit Grenville ans Staatsruder
berufen, f «r 13. Sept. 1806. ächr. ,Histoi;y
of the ear)y part of the reign of James IP
(1808; deutsch von Soltau 1810): , Speeches
in the House of Commons* (1815, 6 Bde.).
Biogr. von BnsseU (1856-67, 3 Bde.).
Foxkanal (spr. Facksk-), Meeresstrasse
zwischen Bafflnsland und Melvillehalbinsel.
Foyer (fr., spr. Föäjeh), Herd; Brenn-
punkt; in Theatergebäuden Vorplatz zum
Prnmeuiren für das Publikum.
Fra (ital.), Bruder, Bettelmönoh.
Fraiis, Karl, landwirthscliaftl. Schriftstel-
ler, geb. 6. Sept. 1810 in Rattelsdorf in Ober-
franken, ward 1847 Prof. derLandwirthschaft
in München und 1853 Direktor der Central-
thierarzueischule. Von grosser Bedeutung
fürVerbreitung wissenschoftl. Anschauungen
630
Fracht — Francien.
in der LandwiriliBolMft, Hebnng des Uod-
wlrthMliaftl. Kredit«, der künstl. Kschziicbt
etc. Sehr, ^etnr der Landvirtfaschaft*
(1857, 2 Bde.); ^Bacli der Natur für Laod-
wirthe* (1860); «Konafl. FiscfaerseogimK' (2.
Anfl. 1864); ,AckerbaakriMa und ihre Heil-
mittel* (1860); «Geaehichte derLandbaa- imd
Forstwiseenaefaaft* (1866); «WorsellebeD der
Ktdtorpflaiiseii* (1870).
Fracllt^ SU Schiff oder auf der Axe Ter-
sandte Cruter, aach der dafür aosbedangene
Lohn. Der Frachtbrief , im Seehandel Con-
noeaement (b. d.) genannt, ist für den Land-
und Flnastranaport , ein offener Brief, an
den Empf&nger der Güter überschrieben,
vom Absender oder Spediteurnnterschrieben,
enthaltend Ort und Zeit, wo nnd wann die
Güter yerladen worden sind; Namen und
Wohnort dessen , dem sie zur Beförderung
übergeben worden sind ; die Zahl der Fracht-
stücke (Colli) nebst deren Zeichen, Nummern,
Gewicht nnd Inhalt ; die bedungene F. nnd
etwaige Voransaahlung darauf; die Zeit,
binnen welcher die Ablieferung erfolgen
mnss (Lieferzeit) und <Ue in Bezug auf die
F. daran geknüpften Bedingungen. Der
Inbegriff der Gesetze, des Herkommens und
der Rechtssprüche in Beziehung auf die F.
bildet das FracMJohrerrecht.
Frinklwhe 8chwelXy vielbesuchte Land-
schaft im bayer. Regbz. Oberfranken, zwi-
schen Pegnitz nnd Main, bes. die Gegend
um Huggendorf, mit zahlr. Höhlen in den
Felswänden des Wiesentthaies; bildet den
uördl. Theil des fr&nk. Jura (s. Jura).
FriMy kleines, mit Feilenhieb versehenes
stählernes Schneiderädchen.
FrimaeeUne, Vorrichtung zur Bearbei-
tung von Holz- und Metallgegenständen mit
Fräsen, besteht im Wesentlichen aus schnell
rotirenden Schneidewerkzengen, welche au
dem zu bearbeitenden Stuck eine ihrer Sclinei-
deform entsprechende Fläche glatt bearbei-
ten ; dienen zum Hobeln, Nuthen, Anschnei-
den von Zapfen nnd Federn, Auskehlen etc.
Fragftria X. (Erdbeere), Pflanzengattung
der Rosaceen. F. vesoa L., gemeine Wald-
erdbeere, in ganz £uropa. F. collina Ehrh,,
Hügelerdbeere, Brealing, auf sonnigen An-
höhen das. F. elatior Ehrh., graste Wald-
erdbeere, das. F. grandiflora Ehrh., AnaneU'
erdbeere, ans Nordamerika, F. virginiana
Ehrh., Seharlaeh-, Himbeererdbeere, ans Yir-
glnien, nnd F. chiloSnsis Ehrh., Chili-, Bieten-
erdbeere, aus Chile, werden in zahlreichen
Varietäten bei uns in Gärten kultivirt.
FragUitit Hat.), Zer-, Gebrechlichkeit.
Fragmeat (lat.), Bruchstück, bes. von
Schriftwerken. Fragmentist, Verfasser oder
Herausgeber von F.en.
Frn^rant (lat.), wohlriechend.
Frafchewr (fr., spr. Fräschöhr), Frische.
Fraise (fr., spr. Frähs), Halskrause;
Pfahlwerk um Erdschanzen nUt nach aussen
gerichteten Spitzen.
Fraktion (lat.), Brechung, Bruch ; Parla-
mentär. Parteigenossenschaft.
Fraktur (lat.), Bruch; in der Buch-
druckerei die sogen, deutsjcheu Lettern; in
der Schönschreibekunst die Kanzleischrift.
Fru»b5tl« (v. flr. FraiäboiMe, Himbeere,
Uaulbeere), sogen, grosse oder amboinische
Pocken, in Afrika beimischer, in Form
schwammiger Auswüchse auf der Haut auf-
tretender Ausschlag; durch den Sklaven-
handel nach Amerika verschleppt.
Fnune«, zn Stoss und Wurf dienende Waffe
der alten Deutschen; Stockdegen.
Franc, franz. Silberroünxe, seit 180S Ein-
heit des franz. Müuzsystems, == 80 Sons
oder 100 Centimes = 8 Sgr. Aach in der
Schweiz, in Belgien, Italien (Lirai, den
Donaufurstenthümem nnd Spanien (Beaeta)
eingeführt. [tanz.
Frasfaise (fr., spr. Frangsähs), Kontre-
Francavilla, Stadt in der südital. Prov.
Terra d'Otranto, 17,600 Ew.
FrtBceMa dm JUnünl, Tochter des Guido
da Polenta , Herrn von Ravenna , im IS.
Jahrb. wider iltren Willen mit dem häss-
lichen Malatesta da Rimini vermählt,
liebte dessen Stiefbruder Paolo, ward mit
diesem von ihrem Gemahl überrasd&t nnd
getödtet. Ihre Geschichte zuerst von Dante
(in der ,Hölle') verewigt, später auch von
Andern (z. B. Silvio JMlico) dichterisch
behandelt.
FnuMhe-Comte (spr. -angsch-Kongtefa, die
ehemal. Freigraf eehaft Burgundy Oberbur-
gund), alte Prov. Frankreichs, >nmfasst das
firanz. Juraland im W. der Seh weis mit
hohen Bergketten im O. und Ebenen im W.
Depart. Doubs, Obersaöoe und Jura, etwa
286 QM. Hauptstadt Besan^on. — Geschicht-
liches. Von Seqnanern bewohnt, bildete das
Land nach der Eroberung durch Cäsar einen
Theil von Belgica prima, später nebst der
westl. Schweiz die Prov. Maxima Seqnano-
rum. Im 5. Jahrh. dem bnrgund., dann dem
fränk. Reiche, 887 dem transjuran. Burgund
einverleibt, ward es, nach Abtrennung der
Schweiz, 1156 von der Erbtochter Beatrix
dem deutschen Kaiser Friedrich L suge-
bracht, fiel 1200 durch Heiratli an Otto H.
von Heran, 1248 an die Grafen vonChälons,
1316 durch Heirath an König Philipp V. von
Frankreich, nach dessen Tode (1322) an die
Herzöge von Burgund, nach deren Aus-
sterben 1361 an Margarethe von Flandern,
durch deren Tochter an den franz. Prinzen
Philipp den Kühnen, den Stifter des neu-
burgttud. Hauses, 1477 an Blaximilian von
Oesterreicli als (Gemahl der burg^ind. Erb-
tochter Maria, ward zum burgund. Reichs-
kreise geschlagen und kam mit diesem nach
Karls V. Rücktritt an die span.-habsburg.
Linie, durch den Frieden von Nym wegen
(1678) an Frankreich.
Francia, Jose Gaspar BadrigueK, Diktator
von Paraguay, geb. 1757 zu Assnncion,
Sachwalter das., ward Alkalde, 1811 Sekre-
tär der vom Kongress ernannten Janta,
1813 mit Fulgencio Yeyros Konsul , 1814
Diktator auf 3 Jahre , 1817 auf Lebenszeit,
behauptete sich durch eine Schreckens-
regierung nnd Absperrung des Landes gegen
aussen bis an seinen Tod 20. Sept. 1840.
S. Piirag\iay, Geschichte.
Francia (spr. -ntscha), Maler, s. Baibolini.
Francien, s. Jsle de France u. Frankreich.
Franciskaner — Frankenstein.
631
Franelfkaneir oder Minariten, d. l. mlo-
dere Bruder (Fratres minores), die Glie-
der des von Franz Ton Assisi 1208 bei der
Kirche Portiancula sa Assisi in Neapel ge-
atifteten Mönchsordens, auch Barfüaser,
seraphische oder graue JMider g^enannt, Völ-
liger Armuth , der Predigt, und Seelsorge
gewidmet, nach den 12(^ und 1835 vom
Papste bestätigten Ordensregeln zum streng-
sten Gehorsam gegen den Papst verpflichtet,
der bischöfl. Gerichtsbarkeit ganz entzogen.
Als Vertheidiger der unbefleckten Empfäng-
niss Marias Gegner der Dominikaner, als
Beichtväter der Fürsten vom 13. bis in das
16. Jahrh. von gn^ossem Einfluss in welt-
lichen Angelegenheiten, den sie dann an
die Jesuiten verloren. 1S63 bildete sich bei
Foligui die Brüder|chaft der Soceolanti, d. i.
Sandalenträger oder Barfusser, Obtervanten
im Gegensatz zu den Konventaalen genannt,
deren General seit 1517 Generalminister des
ganzen Ordens ist. Ordenstracht dunkel-
braune wollene Kutte mit Strick um den
Leib und knotigem Geiselstrick, runde,
kurze Kapuze und Sandalen. Den strengen
Observanten nach Regel und Lebensweise
gleich sind die von Matthäus von Basal 1528
als bes. Brüderschaft gestifteten Kapuziner,
ausgezeichnet durch lange, spitze Kapuze
und langen Bart, seit 1619 unter einem
eignen unabhängigen General stehend, im
18. Jahrh. in 1700 Klöstern über 35,000
Glieder zählend. — Als zweiter Orden des
heil. Franz besteht seit 1224 der weibl.
Orden der Klariatinnen; als dritter der der
Teriiarier, 1221 für Weltlente beiderlei Ge-
schlechts gestiftet. Aus letzterem ging 18S7
die regulirte Brüderschaft der Jfinoriten
von der Buue hervor. Jetzt eingegangen.
Gesammtzahl aller F. im 18. Jahrh. 150,000
Mönche in über 9000 Klöstern, während der
franz. Revolution um mehr als s/9 vermin-
dert. Jetzt bestehen die meisten Klöster
derselben in Amerika, dann In Portugal,
Spanien, Frankreich, Italien, in der Schweiz,
in Oesterreich und JSayern.
FrtMCk, Sdtatt., Prosaist des 16. Jahrh.,
geb. 1500 zu Donauwörth , lebte zu Nürn-
berg und an andern Orten Süddeutschlands,
wegen seiner wiedertäuferischen Meinungen
oft vertrieben; 1533 Drucker in Ulm; f um
1545 zu Basel. Ausgezeichnet als Historiker,
Kosmograph, Philosoph und Erklärer von
Sprichwörtern. Hauptwerke: ,Ohronica'
(erster Yersnch einer Weltgeschichte 1531),
,Ghronica von gantz Teutschland* (1589),
»Weltbuoch* (Erdbesclircibung 1531), ,Sprich-
wörter* (1541). Vgl. Bischof, ,S. F. und die
deutsche Geschichtschreibui^*, 1857 ; Oo»che,
,S. F. als Geogi-aph', 1854; Hase, ,S. F. der
SchwarmgeistS 1869.
Fnnekey Aug, Herrn., der Stifter des
halleschen Waisenhauses, geb. 23. März 1663
zu Lübeck, ward 1685 Docent zu Leipzig,
1690 Diakonus zu Erfurt, 1692 Prof. zu Halle,
gründete 24. Juli 1698 das. ein Waisenhaus,
dann auch eine Erziehungsanstalt mit ge-
ringen Mitteln, die aber bald durch Unter-
stützungen aus allen Gegenden bedeutend
vermehrt wurden, so dass Jene Anstalten
sich nach und nach zu den Jetzt noch be-
stehenden ^aneiceschen Bi^ftungen (s. Halle)
erweiterten; f 8. Juni 1727. Biogr. von
Guerike (1827). Vgl. «Beiträge zur Gesch.
F.sS 1861; ,Die Stiftungen F.s', 1862.
Frineker, Stadt im niederländ. Friesland,
6225' Ew.; 1585-1811 Universität.
Frangiila, s. Bhamnue.
Fnokeii) grosser deutscher Volksstamm,
trat zuerst im 3. Jahrh. am Niederrheiu
auf, tlieilte sich dann in 2 Theile: ripuar.
F., links vom Rhein bis über die Lauter,
rechts bis zu den Quellen des Mains, und
»aiische F., in Batavien, im 5. Jahrb. durch
Hennegau und Artoia bis an die Somme
vordringend. Letztere wurden die Gründer
des fränk. Beichs, das zuerst unter der
Herrschaft der Merovinger stand, bes.
unter Chlodwig (f 511) zu Macht und An-
sehen gelangte und durch Besiegang der
Burgunder, Thüringer u. später der Bayern
immer grössern Umfang gewann. Theilun-
gen riefen in der Folge blutige Familien-
kriege hervor, bis das Land unter Chlotar
613 wieder unter Einem Scepter vereinigt
wurde. Seit dem 7. Jahrh. erhoben sich
allmählig neben den Königen die Haus-
raeier (Major domus) und begründeten die
Macht des Hauses der Karolinger, an wel-
ches durch Pipin den Jüiigern 752 die
Königswürde kam. Die grösste Erweiterung
erhielt darauf das Reich unter Pipins Sohn,
Karl d. Gr., der die Grenzen nördl. bis
zur Eider, südl. bis zum Ebro und nach
Unteritalien, östl. bis zur Saale, dem Böhmer-
wald und der Theiss ausdehnte und die
röm. Kaiserwürde erlangte (800). Nach
dem Tode seines schwachen Sohnes, Lud-
wigs des Frommen , wiederum mehrfache
Thellungen, deren wichtigste der Vertrag
von Verdun (843) ist, mit welchem die Ge-
schichte des fränk. Reichs ichüfhört und die
von Deutschland und Frankreich beginnt.
Die Landschaft F., wie seit Gründnng des
fränk. Reichs die Sitze des Volks der F.
am Rhein, Main, Neckar genannt wurden,
blieb auch nach der Trennung Fran^creichs
von Deutchland ein grosses Reichsland
(Heimat der ftänk. Kaiser). Unter Kaiser
Heinrich II. kam die Herzogswürde in F.
an Konrad von Worms, der 1024 deutscher
König ward, und blieb seitdem mit der
Königswürde verbunden. Es zerfiel in
Rhein- u. Ostfranken, wovon ersteres 1155
die Unterlage der Rheinpfalz wurde, wäh-
rend sich im letztern selbständige Landes-
hoheiten (die Bischöfe von Bamberg, Wfirz-
barg, Fulda, die Grafen von Henneberg etc.)
ausbildeten.
Fruikeiiberg, 1) Fabrilutadt im ajfchs.
Regbz. Zwickau, im Zschopauthale, 9408 Ew.
— • 2) Kreisst. im preuss. Kegbz. Kassel, an
der Edder, 2612 Ew.
Frankenhaiiseny Hauptst. der Unterherr-
schaft von Schwarzburg-Rudolstadt, an
der Wipper, 5221 Ew. ; Salzwerk. Auf dem
Schlachtberge 15. Mai 1525 Sieg über Thomas
Münzer.
Frankenstein, Kreisst. im preuss. Regbz.
Breslau, am Pausebach, 7171 Ew.
632
Frankenthal — Frankreich.
Frankenthal 9 Industriestadt im bayer.
Regbs. Pfalz, an der Isenach, 65&3 Ew.
Frankenwald« Hochgebirge im bayer.
Regbz. Oberfranken, nordwestl. yomFichtel-
gebii^ abzweigend, 5—7 M. breites ein-
förmiges Qrauwackeuplatean, von 2000' mittl.
Höhe (im Kulm 2298' h.).
Fnuikenweine 9 die in Franken, bes. am
Main wachsenden, meist weissen Weine, in
einzelnen Sorten TorzQglicb, durch Feuer,
Süsse nnd ^iel Körper ausgezeichnet, ge-
rühmte Krankenweine. LeiUen-, Stein-,
Kaimuthicein , Ton Würzburg, Wertheimer-
w«in6 zwischen Urphar nnd Hasloch etc.
Frankfurt) preuss. Regbz., 848,4 QM. nnd
1,020,157 Ew. Die Hauptst. F. an der Oder,
einst berühmte Hansestadt, 40,994 Ew.;
schön und modern gebaut, Marienkirche.
Ehemals Universität (1506—1811). S Messen.
Frankfurt am Halily bis 1866 freie Reichs-
stadt, gegenwärtig Kreisst. des preuss. Regbz.
Wiesbaden, rechts am Main, mit dem ge-
genüber gelegenen Stadttheil 8achsenhau8en
78,277 Ew. (15,800 Katholiken, 5700 Juden);
Charakter grossstädtisch, mit zum Theil noch
aiterthüml. Crepräge; schöne Neustrassen:
hohe Str., neue Mainzer Str., bes. aber die
Zeil (750 Schritte 1.) und schöne Aussicht (am
Main entlang). Merkwürdige Gebäude;
Dom- oder Bartholomäuskirche (1815 gegr.,
1855 restaur., 15. Aug. 1867 abgebrannt);
Paulskirohe (1833 eingeweiht, 1848—49 Sitz
des Parlaments), Liebfrauenkirche u. a. ; der
Römer (Rathhaus mit dem Kaisersaal), der
thurn- u. ta^issche Palast (ehedem Sitz des
Bundestags) , das Haus zum Braunfels mit
der Börse, Stadtbibliothek; Goethes Geburts-
haus (Sitz des deutschen Hochstifts); das
gr. deutsche Ordenshaus (in Sachsenhausen),
Waisenhaus; das städelsche Kunstinstitut
(Gemäldesammlung) , die senkenbergsche
Stiftung (naturhistor. Sammlungen), beth-
mannsche Villa (mit Antikensaal); 6 Bahn-
höfe. Denkmäler von Karl d. Gr. (Main-
brücke), Gutenberg (Rossplatz), Goethe
(Theaterplatz), Schiller (Schillerplatz) etc.
Zahlr. Anstalten und Vereine für Kunst und
Y^issens^haft, sowie Wohlthätlgkeitsinstituto
(gr. Irrenhaus). Zoolog. Garten. Fabriken
für Wachstuch, Gold- und Silberwaaren,
Kupferdruckerschwärze, Tapeten, Tabak etc.
Handel von grosser Wichtigkeit, vorzugsw.
Speditions- und Kommissions-, Zwischen-
nnd Wechselhandel; der Handel mit Staats-
papieren in keiner deutschen Stadt grösser.
Im Ganzen über 1000 Handelshäuser (zur
Hälfte israelit.), darunter 78 Weinhandlun-
gen, 100 Wechselgeschäfte uud 30 grosse
Bankiers. Die Umgegend (seit Schleifang
der Festungswerke 1804) durch ausgedehnte
Promenaden und Parkanlagen verschönt. —
Schon 794 als Sitz eines Koncils erwähnt,
843 Hauptst. des ostfränk. Reichs, seit 1152
Stadt der deutschen Kaiserwahl, seit 1245
freie Reichsstadt, seit 1711 Krönungsstadt
der deutschen Kaiser, 1806—14 Residenz
des Fürst -Primas und Hauptstadt des von
Napoleon geschaffenen Grossherzogth. F.
(95 QM.), seit 1815 Sitz der Bundesversamm-
lung! 1848—49 der deutschen Reichs Ver-
sammlung; 16. Juli 1866 infolge seiner anti-
preuss. Haltung von Vogel ▼. Falkenstein
in Besitz genommen, seitdem prenssiach.
Frankftarter Schwarz (Drusenachwarz,
Kup/etdruckerechioarz) , verkohlte Weintre-
bem und Weinhefe, dient zur Bereitung^
von Kupfer- und Buchdmckerschwärze.-
FrankUn, 1) Benjamin, nordamerik. Staats-
mann, geb. 17. Jan. 1706 auf Govemors-
Eiland bei Boston, erst Buchdrackerei-
besitzer in Philadelphia und polit. Schrift-
steller, dann Generalpostmeister der engl.-
amerik. Kolonien in London, wiiicte seit
1775 für die Unabhängigkeit derselben,
ging 1776 als geheimer Unterhändler, 1778
als bevollmächtigter Minister nach Paris,
unterzeichnete 20. Jan. 1782 das. die Friedens-
präliminarien, fungirte dann bis 1784 als
Präsident des Kongresses von Pennsylvanien ;
t 17. April 1790. Erfinder des Blitzableiters ;
ausgezeichneter Moralist. Werke herausg.
von Sparks (1850, 10 Bde.; neue Aufl. 1850).
Autobiographie herausg. von JBigeloto (1868);
Biogr. von Spark* (1844) und Birton (1864,
2 Bde.). — 2) Sir John, engl. Seefahrer, g^b.
1786 zu Spilsby (Lincolnshire) , begleitete
schon 1801 Flinders nach Australieu, zeich-
nete sich dann In der Schlacht bei Trafalgar,
sowie 1814 beim Angriff auf Neworleans aas,
nahm als Kommandeur einer Brigg 1818 Theil
an Buchans Nordpolexpedition, machte 1819
und 1825 — 27 Reisen zur Erforschung der
Nordküste von Amerika (bis 150o w. Li.),
war 1836—43 Gouverneur von Vandiemens-
land, unternahm 19. Mai 1845 mit 3 Schiffen
(Erebus und Terror) eine neue Nordpolex-
pedition, langte 4. Juli bei den Walftsch-
inseln an und wurde 26. Juli in der Mel-
villebai zum letzten Mal gesehen. Zahlr.
zu seiner Auffindung abgegangene Expedi-
tionen ergaben endlich (1857), das« die
Schiffe seit Sept. 1846 von Eis eingeschlossen
waren und F. 11. Juli 1847 das. f; die übrige
Mannschaft verliess 25. April 1848 die Schifft»
und brach nach der Mundung des Fisch-
flusses auf, kam aber unterwegs um. Bo-
schreibung der letzten Reise F.s von Od>orR.
Frankreich (fr. la France, lat. Franexa,
Franco-GaUia), eins der europ. Hauptländer,
im W. des Erdtheils , vom Kanal , dem
atlant. Ocean und dem Mittelmeer bespult,
bis Sept. 1870 Kaiserreich, seitdem Republik,
abzngl. der 1871 an Deutschland abgetrete-
nen Gebiete (Elsass u. Deutsch-Ijothringan
ca. 275 QM. mit 1,562,700 Ew.): 9575 QM.
mit 36,629,400 Ew. — Der Bodengeatalt nach
im Allgem. Hügelland und Ebene, In der
Hauptmasse zur atlant. Küste absinkend.
Gebirge: im SW. die Pyrenäen (Mont Verdu
10,482^ h.); nordöstl. davon das Hochland
der Cevennen (5400') mit Forez- (50000 und
Auvergnegebirge (5800*), der franz. Jura
(5300') nnd das nordfranz. Berglaud (Vo-
gesen 4400^, Argonnen 1200', Ardennen
1800'); im SO. die Seealpen (10,400'), die
cottischen (11,800'), grajischen nnd penni-
nischen Alpen mit weiten Verzweigungeu
in der Provence, Dauphin 6 etc.; im NW.
die Berge der Bretagne (bis 1200*). Dss
Tiefland f von der Nordküste bis zu den
Frankreich.
633
Pyrenäen sich erstreckend , 120 M. I. , bei
wechselnder Breite von 20, 40 und 60 M.«
im Ganzen ca. 5000 QM., wellenförmig,
von den Thalfnrchen yielvereweigterFluss-
netze durchzogen, ohne Landseen und
aampfige Flnssniederungen und ohne grosse
Heide- and Sandstrecken (ausser im ausser-
sten SW.); Kalkstein- und Kreideboden
vorherrschend, aber meist mit einer dünnen,
sehr fruchtbaren Schicht aufgeschwemmter
£rde überdeckt. — Bewässerung ausser-
ordentlich reichlich ; 4Hauptströme: Gironde
(mit Aridge, Tarn, Lot und Dordogne) und
Loire (mit AUier, Chöre, Indre, Yienne),
zum atlant. Ocean ; Seine (mit Aube, Marne),
zum Kanal ; Rhone (mit Ain, Safine, Doubs,
Isdre, Durance), zum Mittelmeer; ausser-
dem zahlr. Küstenflüsse: Adour, Gharente,
Orne, Yilaine, Aude u. a. Seen und Teiche
im Ganzen nur Viso des Areals (grösster
der Lac de Grand-tien 1,8 QM.). Schiffbare
KanäU 97 von fast 600 M. Länge (Kanal du
Midi , Kanal von Charolais , Briare , Bur-
gund, Bretagne, Rhone-Rheinkanal etc.). ^
Klima im Allgemeinen sehr gemässigt, mild
und angenehm. 8 Vegetation szonen: südl.
(Olive) 42-45«, mittlere (Mais) 45 — 480,
nördl. Zone (Wein) 48 — 510 n. Br. Mitt-
lere Temperatur: 14, 12 und. 8»/«® R. —
Naiurprodukte: alle Arten Getreide und
Obst, köstl. Weine, auch Kastanien, Pla-
tanen, Südfrüchte. Die herrl. Waldungen
der frühern Zeit sehr gelichtet. Im Thier-
reich sind Seidenraupen, Fische u. Austern
von Bedeutung. Mineralien nicht eben
reichlich vorhanden. Gold und Kupfer
fast ganz fehlend, in grösserer Menge
Eisen, Steinkohlen u. Braunkohlen. Zahlr.
Mineralquellen in 8 natürl. Gruppen ; 900
benutzt (fast die Hälfte in den Pyrenäen),
über 3000 unbenutzt.
Bevölkerung, Die Yolksdichtigkelt : 3826
Ew. auf 1 QM.; am stärksten in den Depart.
Seine mit Paris (1 : 24,895), u. Nord (1 : 13,493),
am dünnsten im Depart. Niederalpen (mit
1132). 8 Städte über 100,000 Ew. (Paris,
Lyon, Marseille, Bordeaux, Lille, Toulouse,
Nantes, Ronen). Die Hauptmasse der Be-
völkemng IVanzosen (ca. 32 Vs Mlll.), ein
rcman. Mischvolk, abstammend von Gal-
liern oder Gelten, Römern, Germanen
(Franken, Burgundern u. a.); von ihnen
sprechen 20 Mill. die Langue d*oui (oder>
beutige Schriftsprache) im N., gegen 12Va
Min. die Langne d*oo (das Provencalische)
im S., beide mit zahlr. Mundarten. Daneben
Nich(franxo8en {196e): öVaMill., als: Vs Mill.
Italiener (Nizza, Korsika), Vio Mill. Spanier,
l«/6 Mill. Wallonen, IVio Mill. Bretonen,
160,000 Basken (Gascogne), 2 Mill. Deutsche
(Elsass, Lothringen, Franche-Gomt6); dazu
89,000 Juden, 9000 Zigeuner, sehr viele
Fremde (Engländer, Belgier, Polen etc.).
Von der Bevölkerung lebten 1866: 51,9 o/q
vom Ackerbau, 28,8 o/q yon der Industrie,
i% vom Handel , 2,9 % von Gewerben , die
sich auf die genannten Berufe beziehen
(Eisenbahnen, Kreditinstituten etc.), 9,50/0
Ton sogen, liberalen Berufen (Beamte, Leh-
rer, Künstler etc.) und als Rentiers.
Der im Ganzen sehr gesegnete Boden be-
günstigt die Landtoirthsehaft; doch sind
Ackerbau, Obstkultur und Viehzucht fost nur
imN. bedeutend. Jährl. Ertrag an Getreide
ca. 333 Mill. preuss. Scheffel (128 Mill. Seh.
Weizen) ; dazu 170 Mlll. Seh. Kartoffeln, wo-
von nichts zur Ausfuhr gelangt. Auch die
Viehzucht deckt nicht den Bedarf. Weinbau
in steter Zunahme begriffen (1866 auf 380
QM.); 3 Hauptgruppen: Ghampagner, Bur-
gunder und Bordeaux; Produktion 1867: 69
Mill. Hektoliter. Seidenraupenzucht bes. im
SO., Jährl. Ertrag 75,000 Ctr. Oocons rWerth
109 Mill. Frcs.). Fischerei an den Küsten
bedeutend. Bergbau und Hüttenbetrieb min-
der bedeutend als in Belgien, Grossbritan-
nien und Norddeutschland. Produktion an
Kohlen 1866: 126 Mill. metr. Gtr. (Werth 193
Mill. Frcs., 500 Gruben); Salz 8a/s Mill. Gtr.;
Eisen über 21 Mill. metr. Gtr. (200 Gruben).
Von grösster Wichtigkeit die Ituhtsirie,
namentl. in Seidenwaaren (an Schönheit und
Qualität die ersten der Welt: Lyon, St.
Etienne, Nimes, Avignon, Paris), Wollen-
waaren (Normandie, Picardie, Flandern, Pa-
i'is), BaumwoUenwaaren (Rouen, Rbeims);
ferner Fabr. von Leder, Maschinen (Paris,
Lille, Rouen), Uhren (Besancon), Porzellan
Qjimog^s), Ghemikalien, Waffen, Stahl- und
Eisenwaaren,. Oognac, Liqueuren, Parfüme-
rien, Guss- und Bronzewaaren, Glas, Spie-
geln, Papier, Handschuhen, Tapeten, Zucker,
Galanterie- und Modewaaren (Paris).
Der Handel, gefördert durch die Lage F.s
an 3 Meeren, durch die überseeischen Be-
sitzungen und alle möglichen Verkehrs-
erleichteiomgen im Innern, in hoher Blüthe;
Uebersicht des Handelsverkehrs (in Mill.
Frcs.) :
Einftahr
1868: 3303,7
1869: 3174,9
Gold etc.
687 I 365
646 i 266,8
Ausfuhr
2789,9
3097,4
Exporte bes. die oben erwähnten Industrie'
erzeugnisse, dazu : Wein, Branntwein, Fische
etc.; Importe: Getreide, Baumwolle, Vieh
und Pferde, rohe Seide, Tabaksblätter etc.
Handelsmarine (Ende 1867) : 15,602 Schiffe (420
Dampfer) mit 1,048,679 Tonnen, dazu 8892
Küstenfahrzeuge mit 67,077 Tonnen. Schiffs-
verkehr 1867: eingelaufen 32,596 Schiflfo mit
6,366,706 Tonnen, ausgelaufen 21,890 Schiffe
mit 4,125,898 Tonnen. Eisenbahnen Ende
1869: 2346,6 M. im Betrieb, 1044 M. im Bau.
Wichtigste Plätze für den inneren Handel :
Paris, Lyon, (Strassbnrg,) Ntmea, Beaucaire,
Montpellier, Toulouse, Renne», Lille, Ronen ;
für den Seehandel: Marseille, Bayonne,
Bordeaux , Nantes , Havre, Dieppe, Dün-
kirchen. Es gab 1866: 3,166,705 landwirth-
schaftl., 1,450,165 industrielle und 392,101
Handelsetablissements. Wichtigstes Kredit-
institut die ,Banlc von F.* (Summe ihrer
Operationen 1866: 8292*/« Mill. Frcs.); die
franz. Bodenkreditanstalt (seit 1852, Kapital
970 Miil. Frcs.) nebst dem ,0r6dit agricole<
(seit 1861). — Bechnung nach Francs, ä 8 Sgr.
Gewicht: metr. Gtr. ä 100 Kilogr. r= 200
Pfd. Längenmass: Meter; Hohlmass: Liter.
Herrschende Religion die röm. • kathol.
(17 Erzbisthümer und 69 Bistbüraer; 1862:
634
Frankreich.
4750 KlöttBr); daneben Jede andere gleich-
berechtigt; Protestuiten (1866) ca. 8 Hill.;
davon l*/io Hill. Befomnirte (meist Fran-
zosen) in Languedoc and ''jio Hill. Luthe-
raner (meist Deutsche) in Üisass und Lo-
tliringen; beide Konfessionen vereinigt in
und um Paris. — OnterrichtsanstaUen : 1
voUstand. Universität (Paris); 18 sogen.
Universit&ten (Falcultäten für besondere
Wissenschaften), 91 Lyceen, zahlr. Colins
und Lateinschulen; 3 höhere Militärscliulen
(St. Oyr, La Vldche, Saumur); 370 Akade-
mien und gelehrte Gesell aohafteu, an der
Spitze derselben das «Institut von F.*. Der
eigentl. VollEsanterrioht dem deutschen
weit nachstehend; kein Schulzwang. 77,906
Volksschulen, aber nur von 76 % der Schul-
pflichtigen besucht. — Sehr zahlr. Wohl-
thätigkeitsanstalten.
F. seit 4. Sept. 1870 Republik, mit Thiers
als Chef der Exekutive; genauere Angaben
über die Staatseinrichtung zur Zeit unmög-
lich. Grundlage der Jiwhtgpßege der Code
Napol6on ; die Principien der Oeifentlichkeit
und Mündlichkeit durchaus in Geltung;'
oberstes Gericht der hohe Gerichtshof. —
Finanzen 1870 (Voranschlag):
Einnahme 2056,022,969 Frcs.,
Ausgabe 2054,588,469 -
Staatsschuld (vordem Krieg): 12,92?,718,073
Frcs. (davon 11,710,971,173 Frcs. konsolid ii*te,
1,212,746,900 Frcs. kündbare Scliuld). — Das
Armeewt»en durch Gesetz vom 1. Febr. 1868
neu organisirt. Dienstzeit 9 Jahre, 5 in der
aktiven Armee, 4 in der Reserve; jährliches
Kontingent 90,000 Mann. Stärke des Heeres
(Fried ensfuss) 1869: 250,900 Mann Infan-
terie. 61,583 Mann Kavallerie, 37,959 Mann
Artillerie, in Summa mit Generalstab, Gen-
darmerie, Verwaltungstruppen etc. 404,794
Mann mit 91,484 Pferden; dazu sollte Re-
serve ca. 400,000 Mann und mobile National-
garde ca. 550,000 Manu kommen. Ueber die
Gestaltung des Armeewesens während und
infolge des Kriegs lässt sicli noch nichts Be-
stimmtos mittheilen. Bedeutendste Festun-
gen : Dünkirchen , Lille, Valendennes, Ca-
lais, Arras, Douay, Cambray, Besannen,
Brian^n, Grenoble, Pex'pignan, Bayonne,
Beifort (Metz und Strassburg, zwei der
stärksten, Jetzt deutsch). 7 Militärbezirke :
Paris, Lille, Nancy, Lyon, Tours, Toulouse,
Algier. ~ Flotte (1869): 1) Schraubendampfer:
55 Panzerschiffe mit 1032 Kanonen (8 neue
im Bau) und 233 nicht gepanzerte Schiffe
mit 2618 Kanonen (23 neue im Bau). 2) 51
Raddampfer mit 116 Kanonen, 3) 100 Segel-
schiffe mit 914 Kanonen. Hauptkriegshäfen:
Cherbourg, Brest, Toulou, uächstdem Lo-
rient, Rochefort. — AMfiEintheüung (vor 1790)
in 17 Prov. (mit 34 Gonvem.) : Isle de France,
Picardie, Flandern, Normaudie, Bretagne,
Orl^anais, Guyenne mit Gascogne etc.,
Languedoc, Provence, Dauphin6, Lyonnais,
Burgund, Franche - Gomt6 , Elsass, Lothrin-
gen , Champagne, Korsika; seit 15. Jan.
1790 Eiuthellung in Departements (gegen-
wärtig 86). Nationalfarben: blau, rotli und
weiss (Trikolore). Einziger Orden: der
der Ehrenlegion. Hauptst. Paris.
Kolonien : In Afrika (Algler, S^negambieu,
Guinea, Rtoniou, fite.-Marie etc.) 17,125 QU.
und 3,960,000 Ew. ; Asien (in Ostindien, auf
Malabar, Cochinchina) 1,081 QM. und 1,461,787
Ew. ; Amerika (Cayaune, Martinique, Goaade-
loupe etc.) 1,702 QM. und 323,441 Ew. ; Austra-
lien (Neukaledonieu,Marquesa8- und Loyal ty-
inseln) 376 QM. u. 54,000 Ew. Dazu Schutz-
Staaten in Afrika, Asien u. Australien 1,668
QM. und 1,040,000 Ew. Summa: 21,903 QM.
und 6,839,228 Ew.
Vgl. Schnitder, ,Statiit. g6n6ralS 1846;
Block, ,Stat. de la France compar6e*, 1860.
und ,Dictionn. de Tadministration fran^.%
186G; Adrian, ,Dictionn. g6ograpb.% 1864;
Duasieux, ,G6ogr. g6n6rale', 1866; Levcuseur,
,La France et ses coIoniesS 1869; l^ign^,
,Dict. g6ogr. etc. de la FranceS S. Aufl. 1869.
Geschichte, Ueber die ältere Geschichte,
«. Gallien, FrarAen und Burgund.
I. F, unter den Karolingern (843—987).
Karl der Kahle, durch den Vertrag von
Verdun (843) König von Westfrankeu,
den mächtigen Vasallen gegenüber ohn-
mächtig; t 877. Ludwig der Stammler
f 879. Ludwig III. und Karlmann regiereu
gemelnschaftl., erkaufen von dem deutscheu
König Ludwig dem Jüngeren Frieden durch
die Abtretung Lothringens. BinCälle der
Normannen. ' Nach Ludwigs (f 883) und
Karlmanns (f 884) Tode wird der deutsche
König Karl der Dicke auf den Thron von F.
berufen , den nach dessen Absetzung (887)
Graf Odo von Iuris einnimmt. KaH der
Einfältige, Ludwig des Stammlers nachge-
boruer Sohn, Gegenkönig seit 893, tbeilt 8D6
das Reich mit Odo, folgt ihm 898 als allei-
niger König, belehnt 912 den normannischen
Heerführer Rollo mit dem Lande zwfscheu
der Eure und dem Meere (Normandie) und
der Bretagne. Graf Robert, Odos Brndör,
erhebt sich als Gegenkönig 983 und schlägt
Karl bei Soissons 923. Nach Karls Tode
^929) Herzog Budolf^ von Burgund König;
t 936. "DMKQt Ludwig IV., g^n. d^ OtUremere,
von dem Grafen Hugo d. Gr. auf d^uTliron
erhoben ; f 954. Nachfolger sein Sohn Lothar
unter Hugos Vormundschaft (f 986). Mit
seinem Sohne Ludung V., dem Faulen, endet
987 die Dynastie der Karolinger. Das Land
in den Händen der Grossen und des Klerus,
n. F. unter den, Capetingem. (987—1328).
Hugo Oapel, Graf von Paris und Orleans,
Herzog von Francien, wird 987 König; -i- 996.
IJnter seinenNachfoIgern : Hoher t (996—1031),
Heinrich I. (1031-60), Philipp /. (1060—1108)
wird das Königthum durdt das Vaaalleu-
thum niedergehalten. Ludwig FJ. (1108— 37)
stellt die Lehnsabhängigkeit der Vasalleu
wieder her. Ludwig VII. (1137—80) kämpft
erfolglos gegen seinen mächtigen Vasallen
Heinrich II. von England. Philipp II. Augnet
(1180-1223) unterwirft das widerstrebende
Vasalienthum, nimmt dem engl. König Johann
ohne Land die Norm audio, Maine, Touraine,
Anjou und Poitou und befestigt dnrch seinen
Sieg bei Bovines (1214) über Kaiser Otto IV.,
den Verbündeten Johanns von Bnglaud das
Ansehen der Krone nach aussen. *Iud-
mg VIIL (1223-2G) vertreibt die Engländer
' Frankreich.
635
vollends aus Poitou. Ludwig IX., der Hei-
lige (1236— 70)y ordnet die Rechtspflege, er-
lässt (1266) di&pragmaUBanlcti&n als Grund-
lage der Selbständigkeit der galiikan. Kirche.
Philipp III. (1270-85) erwirbt Toulouse,
Provence und Venaissln. JF^tilipp IV., der
Schöne (1285—1814), konsolidirt die Central-
gewalt durch Schwächung der Lehn saristo«
kratie, entreisst Eduard I. von England die
Gascogne, beruft 1302 die Keichsstände,
worin die Abgeordneten der Städte als dritter
Stand (tiers - itat) zum ersten Mal Zutritt
haben. Abschaffung der Weiberlehen. Lud-
wig X (1314-16) bekriegt Flandern. Phi^
lipp V. (1316—22) begünstigt den Bürger-
stand , ordnet die Bechtspflege und das
Finanzwesen. Karl IV. (1322-28) auf Ver-
mehrung der königl. Einkünfte bedacht.
lU. F'» unter dem Hmia Valoia (1328
bis 1589). Unter Philipp VI. von Valois
(1328—50), Bruderssohn Philipps lY., An-
fang der Successionskriege mit England.
Eduard m. kommt dnrch seinen Sieg bei
Crecy (1346) in den Besitz von Galais.
Jobann I., der Gute (1359—64), bei Poitiers
(17. Sept. 1356) geschlagen und gefangen,
muss im Frieden von Bretigny (1360) das
ganze alte Aquitanien an Eduard UL von
England abtreten. Die Generalstaaten im
Besitz der Begierungsgewalt , Aufstand der
Bürgerschaft in Paris, der Bauern im Norden
(Jacquerie 1358). Karl F. (1364-80) unter-
wirft die Gcneralstaaten', bestimmt durch
Beichsgrundgesetz, dass der König mit er-
reichtem 14. Lebensjahre mündig sein solle.
Unter Karl VI. (1380-1422) Krieg mit Eng-
land, Flandern, Meutereien und Kämpfe der
Prinzen von Geblüt, Aufstand in Paris (1382).
Der König geisteskrank. Streit des Herzogs
Ludwig I. von Orleans, des Bruders des
Königs, mit dem Prinzen Johann von Bur-
gund über die Regentschaft. Ersterer wird
1407 ermordet. Infolge davon blutiger Kampf
zwischen den Anhängern des Herzogs von
Orleans (Armaguacs) und denen des Her-
zogs von Burgund (Bourguignons). Hein-
rich y. von England überzieht F. mit Krieg,
siegt bei Azincourt (25. Okt. 1415) und viar-
bindet sich mit dem Herzog von Burgund,
der 1417 Paris erobert, aber 1419 auf An-
stiften desDauphins ermordet wird. Letzterer
zieht sich hinter die Ix)iro zurück und fuhrt
als Begeut, dann als König iTarJ VII. (1422
bis 1461) einen langwierigen Krieg gegen
die Engländer. Erwachen des National-
geistes mit dem Auftreten der Johanna d^Aro
(1429). Beorganisation des zerrütteten
Reichs. Die Engländer infolge ihrer Nieder-
lage bei Gastillou (17. Juli 1453) auf Calais
beschränkt. Ludwig XL (1461—83) demüthigt
die widerspenstigen Prinzen, namentl. die
Hänser Bretagne und Burgund (Verschwö-
rung ,pour le bien public' gegen den Thron),
erwirbt im Frieden von Arras (1482) An-
sprüche auf einen Theil -von Burgund (Ur-
sache des 250jährigen Kampfes mit dem
Hause Habsburg). Karl VIII. (1483-98) ge-
winnt Bretagne. Die köuigl. Gewalt unum-
schränkt, infolge davon Erwachen der Er-
oberungspolitik nach aussen. Ludwig XIL
(1498—1515) bemüht sich um Ordnung im
Staatshaushalt und um Verbesserung der
Bechtspflege. Beginn des Kampfes um
Mailand und Neapel mit dem Hause Habs-
burg. Franz I. (1515—47) muss im Frieden
von Crespy (1544) auf Mailand verzichten.
F. absolute Monarchie ; die GeneraUtaaten
durch eine Notabeinversammlung ersetzt;
das Parlament zum Justizhofe herabge-
drückt. Heinnch IL (1547-^59) erwirbt die
Bisthümer Metz, Toul und Yerdun, schliesst
mit Oesterrelch den Frieden von Chäteau-
Cambresis (1559), verfolgt die Protestanten.
Unter Franz IL (1559-60), Karl IX. (1560
bis 1574), Heinrich IIL{1574L-9a) und deren
Mutter, Katharina von Medici, reissen die
kathol. Prins^en von Lothringen (s. Ouise)
die Staatsgewalt an sich. Ihre Gegner, die
Bourbons, als Prinzen von Geblüt an der
Spitze der politisch-kirchl. Oegenbewegung.
Die HugenoUenkriege (1562—89) bedrohen das
Beich mit Zerstückelung.
rv. F» tmterdenJBourbons» Heinrich IV.
(1589—1610) stellt die Buhe im Innern durch
das Edikt von Nantes (1598) her, beginnt
eine durchgreifende Beform der Verwaltung.
Während der Minderjährigkeit XudtotV« XIII.
(1610—43) Hofintriguenu.sch wankende Begie-
rungspolitik (Versammlung der Oeneralstaa-
ten (Etats g6n6raux 1614), hi» Richelieu (1624)
das Staatsruder ergreift. Unterdrückung
jeglicher freien Bewegung durch Gentrali-
sirung der Verwaltung und Herstellung des
unumschränkten Königthums. Während
LndMigs XIV. (1643— 1715) Minderjährigkeit
unter Mazarins Verwaltung Niederhaltung
der Grossen und des Parlaments, infolge
dayon die Unruhen der Fronde (1648—54).
F. erhält im westphäl. Frieden (1648) den
Elsass, den Sundgau, wird im Besitz der
Bisthümer Metz, Toul und Verdun bestätigt,
gewinnt im pyrenäischen Frieden (165d) mit
Spanien einen Theil der Niederlande und
die Grafschaft Boussillon; im Frieden von
Nym wegen (1678) die Franche-Comt6 und
einen Theil von Flandern. Kulmination des
Absolutismus. Förderung des Handels u.
der Industrie unter Colberts Verwaltung.
Die Aufliebung des Edikts von Nantes (1685)
hat neue Verfolgungen der Protestanten
und innere Unruhen zur Folge. Erschöpfung
des Landes durch den 9jährlgen Krieg gegen
Deutschland, Holland, England, Spanien
und Savoyen (1688—97) und durch den span.
Erbfolgekrieg (1701—14). Staatsschuld 3500
Mill. Livres. Während Ludwigs XV. (1715
bis 1774) Minderjährigkeit Herzog Philipp
von Orleans (1715—23) Begent; flnanzielle
Zerrüttung und innere Schwäche. Die Nach-
wirkungen von Fleurys weiser Verwaltung
(1726—43) durch F.s Betheiligung am Öster-
reich. Erbfolge- u. am siebenjährigen Krieg,
durch die Mätressenwirthschafb am Hofe
und die Demoralisation in allen Zweigen
der Staatsverwaltung aufgehoben. Im Frie-
den von Paris (1763) Verlust des grössten
Theils der Kolonien. Ludwig XVL (1774-
1792) beruft 1777 ^ccJter zum Finanzminister,
der den Staatsbankrott abwendet, aber
1781 zurücktreten muss. Calonne (seit 1783)
636
Frankreich.
erschöpft durch leichtsinnige Anleihen den
Staatskredit völlig Oährl. Deficit UO Mill.
Livres); daher 22. Febr. bis 25. Mai 1787
VerMmmlung der Notabein. De Brienne,
Erzbischof von Sens, Finanzminister, erlässt
2 Steueredikte , deren Einregistrirang das
Parlament verweigert, daher Verbannung
deAselben nach Troyes. Necker zurückbe-
rufen. 25. Mai 1789 Yersammlung der (?en0ra<-
sicuUen zu Versailles. 17. Juni erklärt sich
auf Sieyds Antrag der dritte Stand zur Ka-
tioualversammlung, Beginn der Revolution.
V. F. während der Revolution (1789
—1799). Die Zusammenziehung von Trup-
pen und Neckers Verbannung veranlasst
12. Juli zu Paris einen Aufstand. 14. Juli
Eroberung und Zerstörnng der Bastille.
Necker zurückgerufen, Bailly Maire, La-
fayette Befehlshaber der Nationalgarden.
Emigration der königl. Prinzen. 4. August
Anfliebung aller Feudalrechte und persönl.
Lasten und Erklärung der Menschenrechte
in der Nationalversammlung. Nov. Ein-
theilung des Landes in 83 Departements.
9. Dec. Einziehung der Kirch engüter. 14.
Juli 1790 Beeidigung des Königs, der Staats-
gewalten und der Deputirten der Departe-
ments (f6d6r6s) auf die neue Verfassung.
4. Sept. Necker entlassen, Agitation der
polit. Klubs (Jakobiner). Emigration des
Adels; Bildung von Emigrantencorps. 20.
Juni 1791 Ludwigs XVI. Fluchtversuch,
22. Juni Zurückfiihrung desselben nach
Paris. 14. Sept. die Konstitution vom 3.
Sept. 1791 (die Nationalversammlung übt
die gesetzgebende Gewalt allein» der König
die exekutive mit Suspeusivvotum) vom
König beschworen. 30. Sept. Schluss der
konstituirenden Nationalversammlung, 1.
Okt. Eröffnung der Legislative. Partelen:
Girondisten als äusserste konstitutionelle
Partei, ihnen gegenüber Republikaner (Jako-
binerklub). Dekrete gegen die Emigranten
und die den Eid auf die Verfassung verwei-
gernden Priester, denen der König seine
Zustimmung verweigert. 20. April 1792 der
Krieg gegen Oesterreich beschlossen. 10.
August Augiiff der pariser Selvtionon auf
die Tuilerien. Der König rettet sich in den
Schooss der Nationalversammlung, wird IS.
Aug. als Gefangener in den Tempel geführt.
Infolge des Eiurückens der Preussen in die
Champagne fanat. Aufregung des Volks;
2.-4. Sept. Niedermetzelung der in den Ge-
fängnissen befindlichen Royalisten. 21. Sept.
Auflösung der legislativen Nationalver-
sammlung und Eröffnung des Konvents, worin
dio Jakobiner (der Berg) das Uebergewicht
haben. 25. Sept. F. für eine Republik er-
klärt. 20. Jan. 1793 Verurtheilung und 23.
Jan. Hinrichtung des Königs. Aufstand in
der Vend6e. Erste Koalition : England, Hol-
land, Spanien, Neapel und das deutsche
Reich gegen F. verbündet. Beginn der
Schreckensherrschaft. 9. März Errichtung
des Revolutionstribunals. Belgien durch
Dumouriez erobert. 6. April Bildung des
Wohlfahrtsausschusses. 2. Juni Aechtung
der Girondisten. 10. Aug. wird vom Kon-
vent die neue rein-demokratische Verfassung
beschworen, aber sofort bis cum Bnde des
Kriegs suspendirt. Erhebung des Volks In
Masse; Gamot Leiter des Heerwesens. 29.
Aug. ergibt sich Toulon au die Engländer.
6. Okt.Einführungdes republikan. Kalenders.
Abschaffung des Ghristenthums ; Kultus der
Vernunft. 9. Okt. Blutgericht in Lyon.
Ende Nov. Toulon wieder erobert. 13. Mära
1794 Sturz der nitrarevolutionären Heber-
tisten durch Robespierre, 24. März Hinrich-
tung derselben. 31. März Danton u. Genossen
des Royali smns angeklagt und 5. April
hingerichtet. Triumvirat Robespierres, St.
Justs und Couthons. 7. Mai dekretirt Robes-
pierre das Dasein des höchsten Wesens.
Hinrichtungen in Masse. 28. JuliStuzfe und
Hinrichtung Robespierres und seiner €re-
nossen. Ende der Schreckensherrschaft.
11. Nov. Schliessung des Jakobinerkluba.
Siegreiches Vordringen der republikan.
Heere in den Rheinlanden und in Holland.
April 1795 Friede mit Preussen, Juli mit
Spanien. 26. Okt. Auflösung desKonvonts,
Einsetzung der Direktorialregierung (2Rätlie,
Bath der Fünfhundert und Rath der Alten
für die gesetzgebende, Direktorium von 5
Mitgliedern mit verantwortlichem Ministe-
rium für die vol Iziehende Gewalt). 1796 Unter-
drückung des Aufstands in der Vendöe, Bona-
partes Siege in Italien; Jourdan u. Moreau
überschreiten den Rliein; Joubert dringt in
Tirol ein. Parteiumtriebe der Demokraten n.
Royalisten, welche letztere bei den Ergän-
zungswahlen (20. Mai 1797) in beiden Räthen
das Uebergewicht erhalten. Sept. 1797
Herabsetzung der öffentl. Staatsschuld tun
2 Dritttheile, finanzielle Zerrüttung. Der
Staatsstreich vom 18. Fructidor (5. Sept.) rei-
nigt die Räthevonden royalist. Mitgliedern,
wodurch die streng republikan. Partei wieder
zur Herrschaft kommt. 17. Okt. Friede von
Campo Formio mit Oesterreich. 19. Mai 1798
Abfahrt Bonapartes nach Aegypten. Zweite
Koalition gegen F. zwischen England, Oester-
reich, Russland, Neapel und der Pforte. Jan.
1799 franz. Truppen in Piemont und Neapel.
Jourdan am Oberrhein (März), Moreau iu
Oberitalien (April) zurückgeschlagen. Ueber-
gewicht der republikan. Partei durch die
Wahlen von 1799. Die Räthe, in Permanenz
erklärt, ziehen das Direktorium über die
Lage des Staats zur Rechenschaft. Herstel-
lung des franz. Waffenglücks am Rhein.
Bonaparte, 9. Okt. 1799 aus Aegypten zurück-
gekehrt, stürzt die Direktorialgewalt 18.
Brumaire (9. Nov. 1799) mit Militärgewalt,
worauf Einsetzung einer provisor. Regie-
rungsbehörde aus 8 Mitgliedern : Bonaparte,
Siey&s und Roger Ducos, und Vertagung des
gesetzgebenden Körpers bis 20. Febr. 1800.
VI. JP. unter dem Konsulat (1799—1804).
Die neue Konstitution vom Jahr VIII, 7. Febr.
1800 für angenommen erklärt, überträgt die
polit. Gewalt 3 Konsuln , von denen der
erste eigentl. Machthaber ist, dem die beiden
andern nur berathend zur Seite stehen.
Bonaparte xun ersten Konsul, Oambae^ris u.
Lebrun zum zweiten und dritten auf 10 Jahre
ernannt. Ein Erhaltuugssenat (S^nat con-
servateur) tou 80 Mitgliedern erueuut die
Frankreich.
637
Mitglieder d«s geseizgebendeD Körpers
und bestätigt oder Terwirft die Akte der
polit. Gewalten; ein gesetzgebender Körper
-von 800 Mitgliedern entscheidet über die
ihm Toi^elegten Gesetzentwürfe ; ein Tri-
bnnat von 100 Mitgliedern yerhandelt als
verfassangsmässige Opposition über die Ton
den Konsuln vorgelegten Gesetzentwürfe.
18. Jan. 1800 Friede mit derVendöe. Bona-
partes Sieg beiMarengo (14. Jnni) entscheidet
über Italiens Schicksal; Moreans Sieg bei
Hohenlinden (3. Dec.) hat den Frieden von
LuneviUe (9. Febr. 1801) zur Folge, welcher
den Rhein als Grenze F.s festsetzt. 8. Okt.
1801 Friede mit Russland , 9. Okt. mit der
Pforte. 27. März 18ü2 Friede tu Amiens mit
England. Förderung der materiellen In-
teressen. Herstellung der kathol. Kirche
durch Konkordat vom 15. Aug. 1801. 26.
April durch Seuatsbeschluss eine allgera.
Amnestie zu Gunsten der Emigranten er-
lassen. Mai 1802 Bonaparte durch Seuats-
beschluss auf weitere 10 Jahre, 2. Aug. auf
Lebenszeit zum Konsul, 18. Mai 1804 als
Napoleon I. zum erblichen Kaiser der Fran-
zoten erklärt. Senat und gesetzgebender
Körper dem Willen des Monarchen ganz
untergeordeet.
Vn. JErsteg Kaiserreich, 2. Dec. 1804
Salbung d es Kaisers durch den Papst Plus VII.
zu Paris. Kreirung -von Erzämtem und
Groflswürdenträgern und 31 dotirten Seiia-
torien. Einsetzung eines hohen kaiserl.
Gerichtshofs über Hochverrath und alle
Verbrechen gegen Staat und Kaiser. 4. Juni
1805 Vereinigung der ligur. Republik (Genua),
21. Juli Parmas undPiacenzas mitF. Dritte
Koalition zwischen England , Oesterreich,
Russland und Schweden gegen F. Ver-
nichtung der firanz.-span. Flotte durch die
Engländer bei Trafalgar 21. Okt. 1805. Na-
poleons Siege bei Ulm (17. Okt.) u. Austerlitz
(2. Dec.) föhren zum Frieden von Press-
bürg (26. Dec). 12. Juli 1806 Napoleon zum
Protektor des Rheinbundes ernannt. Herbst
1806 Krieg Euuiand», Preuesens, Englands
und Schwedens gegen F., beendigft 7. und 9.
Juli 1807 durch den Frieden von Tiläit.
19. Aug. Abschaffung des Tribnnats. Kon-
tinentalsperre gegen England. Nov. 1807
Portugal von franz. Truppen besetzt. Juni
1808 Joseph Bonaparte auf den span. Thron
erhoben. 17. Mai 1809 Einverleibung des
Kirchenstaats in F. Vierter Krieg Oester-
reich» und Englands gegen F. durch den Sieg
Napoleons bei Wagram (5. und 6.-Juli 1809)
beendigt; Friede von Wien 14. Okt. Die
Illyrischen Provinzen F. eii/rerleibt. Re-
form der Rechtspflege durch neue Ge-
setzbücher und Organisation der Gerichts-
höfe; Hebung der Industrie und des Han-
dels. 9i Juli 1810 das Königreich Holland,
12. Nov. Wallis, 10. Dec. die Mündungen
der Ems, Weser und Elbe nebst den Hanse-
städten F. einverleibt. Russlands Renitenz
gegen die Kontinentalsperre veranlasst die
franz. Kriegserklärung (22. Juni 1812). 14.
Sept. Napoleons Einzug in Moskau. Ver-
nichtung der grossen Armee auf dem Rück-
Bug. RusMoh' deutscher Krieg gegen F. 17.
März 1813 Preussens Kriegserklärimg an F.
Nach den Schlachten bei Lützen (2. Mai)
und Bautzen (21. Mai) Waffenstillstand vom
4. Juni bis 17. Aug. Nach vergeblichen
Friedonsunterhandlungen zu Prag Beitritt
Oesterreichs und Schwedens zu den Ver-
bündeten. Während Napoleon bei Dresden
(26. und 27. Aug.) siegt, werden seine Gene-
rale Oudlnot bei Grossbeeren (23. Aug.),
Macdonald an der Katzbach (26. -Aug.),
Yandamme bei Kulm (30. Aug.), Ney bei
Dennewitz (6. Sept.) geschlagen. Nach der
Entscheidungsschlacht bei Leipzig (16., 18.
und 19. Okt.) Rückzug der Franzosen über
den Rhein. Der Senat infolge seines Wider-
spruchs g^egen die Politik des Kaisers auf-
gelöst. Anfang 1814 Uebergang der AUiirten
über den Rhein. Sieg derselben bei Brienne
(1, Febr.). Febr. Rückzug derselben nach
Ch&lons und Troyes. 5. Febr. bis 19. März
Fried enskongress zuGhatillon resultatlos.
1. März Vertrag zu Chanmont zwischen
Russland, Preussen, Oesterreich und Eng-
land zu Bekämpfung Napoleons und Her-
stellung des Weltfriedens. Siege der AUiirten
bei Laon (9. und 10. März), Arcis sur Aube
(20. März), La-F^re-Champenoise (25. März)
und Paris (30. März); Einzug ders. in Paris
(31. März). Der Senat ernennt 2. April eine
provisor. Regierung, erklärt Napoleon und
seine Familie des Thrones verlustig und
ruft die Bourbous zurück. Napoleon dankt
ab (11. April) und zieht sich (20. April) auf
die Insel Elba zurück. 3. Mai 1814 Einzug
König Ludwigs XVIH. in Paris.
VUI. F* unter der ersten MesUturadion
(3. Mai 1814 bis 19. März 1815). Ludwig XVIH.
(1814—24) erklärt die vom Senat entworfene
Konstitution fiir ungültig, gibt (4. Juni) eine
neue Charte. F. Im ersten pariser Frieden
30. Mai 1814 auf die Grenzen von 1792 be-
schränkt, behält aber Avignon und Venaissin
und die Hälfte von Savoyen und erhält von
England seine Kolonion, mit Ausnahme der
Inseln Tabago, Ste.-Lucie und Isle de France
zurück. Reaktionäre Massregeln der Regie-
rung, Einführung der Gensur, Ausdehnung
der Polizeigewalt ; Verletzung der Selbstän-
digkeit der Gerichte; Zurücksetzung der
Armee. 1. März 1315 Napoleons Landung bei
Fr6Jus. 14. März Ludwigs XVHI. Flucht
nach Gent.
IX. F, während der 100 Tage (20.
März bis 21. Juni 1815). 20. März Rückkehr
Napoleons nach Paris. Verheissung fried-
licher, liberaler Regierung. Die Additio-
nalakte vom 22. April raodificirt die Ver-
fassung des Kaiserreichs im Sinne der Charte
Ludwigs XVni., bewilligt eine erbliche
Pairs- und eine Deputirtenkammer mit
öjähriger Wahlperiode. 1. Juni auf dem
Maifelde feierliche Beschwörung derselben.
25. März Allianztraktat zwischen Oester-
reich, Russland, Preussen und England
gegen Napoleon. Napoleon siegt (16. Juni)
bei Ligny, wird 18. Juni bei Waterloo ge-
schlagen, dankt 21. Juni zu Blois zu Gun-
sten seines Sohnes ab. Einsetzung einer
provisor. Regierung zu Paris. 3. Juli Mili-
tärkonvention Blüchere und Wellingtons
638
Frankreicb.
mit Marflctaall Davoust, gemäss welcher sich
die fraoz. Armee hioter die Loire zurück-
sieht. 7. Jnli Einzug der Verbündeten in
Paris. 9. Juli Rückkehr Ludwigs XVIII.
20. Nov. zweiter pariser FHede. F. auf die
Grenzen yon 1790 beschränkt (Abtretung
von Philippeville , Saarlouis, Marienbnrg
und Landau, des Herzogth. Bouillon, eines
Theils der Depart. Niederrhein, der Land-
schaft Oex und Savoyens) und zu Zahlung
von 700 Mill. Fr. Kriegskontribntion ver-
pflichtet; 17 Festungen auf 5 Jahre von den
Verbündeten besetzt, Okkupationsheer voti
150,000 Mann auf 5 Jahre in F.
X. j^. unt^r der »wetten Be^auration
(1815-30). Sept. 1815 tritt, der Herzog von
Richelieu an die Spitze des Ministeriums.
Massloses Gebahren der royalistischen
Ultras; Protestantenverfolgungen in Mar-
seille und Ntmes; unkonstitutionelle Aus-
nahmegesetze. 12. Nov. 1818 Beitritt F.s
zum Friedensbunde dereurop. Hauptmächte.
Das 28. Dec. eingesetzte liberale Ministerium
BessoIIes unterliegt den Ultras beider Par-
teien. Das 19. Nov. 1819 eingesetzte Mini-
sterium Becazes, gemässigt royalistisch,
sucht durch ein neues Wahlgesetz der Grund-
aristokratie Überwiegenden Einflnss auf die
Wahlen zu verschaffen und die öffentliche
Meinung durch Ausnahmegesetze niederzu-
halten. Nov. 1819 bis Jnli 1820 heftige Partei-
kämpfe in den Kammern. Die Ermordung
des Herzogs von Berri (13. Febr. 1820) ver-
schafft den royalist. Ultras die Oberhand,
infolge dessen Decazes 18. Febr. zurücktritt.
Der Herzog von Richelieu wieder Mtnister-
Sräsident. Wiedereinführung der Gensur.
»urch das neue Wahlgesetz vom 29. Juni
1820 wird die Zahl der Deputirten von 258
auf 430 vermehrt. Sieg des aristokratisch-
monarch. Regierungssystems über den bür-
gerlichen Liberalismus. 4. Sept. 1822 Villgle
Ministerpräsident. Französ. Intervention in
Spanien (April bis Okt. 1823) zu Gunsten des
Absolutismus. Karl X. (1824—30) verheisst
Achtung der Charte und schafft 29. Sept. die
Gensur ab, wird 29. Mai 1815 zu Rheims ge-
krönt. Für die Regierung ungünstiger Aus-
fall der Kammerwahlen für 1827. 30. April
1827 Auflösung der pariser Nationalgarde
wegen antiministerieller Kundgebungen. 6.
Juli Pacifikationsvertrag zwischen F., Eng-
land und Russland zu Gunsten der Griechen.
4. Jan. 1828 Rücktritt des Ministeriums
Villdle infolge des ungünstigen Ausfalls
der Kammerwahlen; Berufung des Ministe-
riums Martignac. Morea durch franz. Trup-
pen von den Türken befreit. Heftige An-
griffe auf die Finanzmassregeln der Regie-
rung haben den Rücktritt des Ministeriums
(8. Aug. 1829) zur Folge. Fürst von Polignac,
erklärter Gegner der Gharte, Minister des
Auswärtigen, seit 18. Nov. Ministerpräsi-
dent, sucht durch dieExpedition nach Algier
(5. Juli 1830 erobert) Popularität zu ge-
winnen, verfolgt die Presse. 16. Mai Auf-
lösung der Deputirteukammer infolge ihrer
Adresse, die ein vollstäud. Misstrauensvotum
enthält. Wiederwahl der 221 Deputirten,
welche die Adresse unterzeichnet haben, in
die neue Kammer. 26. Juli Erläss der
Ordonnanzen, durch welche die Freiheit der
period. Presse suspendirt, ein neuer Wahl>
modus angeordnet und die zum 3. Aug. be-
reits einberufenen Kammern aufgelöst
werden. Julirevolution ^.—29. Jnli. JSine
provisor. Regierungsbehörde, bostehend ans
Lafayette, dem Herzog von Gholseul und
dem General G^rard, und ein pariser Mu-
nlcipalansschuss erklären Karl X. für abge-
setzt. Pairs u. Deputirte, zur gesetzgebenden
Versammlung vereinigt, übertragen die Re-
gierung dem Herzog Ludwig Philipp von
Orleans als Generallieutenant des Reichs,
der 30. Juli sein Amt antritt. 2. Aug. dankt
Karl X. zu Gunsten des Herzogs von Bor-
deaux (Grafen Ghambord) ab und schifft sich
16. Ai^. nach England ein. Der reformirte
Entwurf der Charte spricht den Grundsatz
der Volkssouveränetät aus, schafft dieCensur
für immer ab und verleiht die Initiative
der Gesetzgebung den Kammern, wird 9.
Aug. vQm Herzog von Orleans beschworen,
der darauf als Ludwig Philipp L, König der
Franzosen, den Thron besteigt.
XI. F. utUer Zududg TfiUipp (1830—48).
Ludwig Philipp sucht sich den Grossmächten
als Bürge des Weltfriedens darzustellen, hat
die Republikaner und die gemässigte de-
mokrat. Fraktion Laffittes und Lafayettes zu
Gegnern, die Doktrinärs (Guizot) zu Freun-
den. Wechsel der Ministerien : Broglie 13.
Aug. , LafRtte 2. Nov. 1830, Casimir Parier
(13. März 1831). Letzteres vertritt das Juste-
milieu, den Doktrinarismus und das System
des Friedens, Daher Bruch mit der Demo-
kratie. Nov. 1831 Aufstand in Lyon. 5. Juni
1832 zu Paris republikan. Schilderhebnng
beim Leichenbegängniss des Generals La-
marque. Umtriebe der Legitimisten (die
Herzogin von Berri in der Vend6e). Okt. 1832
Ministerium Soult - Broglie - Thiers - Gnizot-
Humann. Der Versuch der Regierung, durch
ein neues Vereinsgesetz die Klubs zu unter-
drücken, führt in Lyon (9. April 1834) und
in Paris (13. April) zu Aufständen. Juli
1834 G6rard Soults Nachfolger. 18. Nov.
doktrinäres Ministerium Mortier - Guizot-
Thiers-Duchatel. 20. Febr. Rekonstitairung
des alten Ministeriums Broglie. Des Königs
persöniiche Regierung macht jedes konsti-
tutionelle und verantwortliche Ministerium
illusorisch. 28. Jnli 1835 Attentat Fieschis
auf den König ; infolge davon Beschränkung
der Pressfreiheit und der Geschwomen-
gerichte (Septembergesetze). 22. Febr. 1836
Ministerium Tbiers-Sauzet-Montalivet. 25.
Juli Attentat Alibau ds. 7. Sept. 1836 Mini-
sterium Mo]6- Guizot- Duchatel. 30. Okt.
Ludwig Napoleons Versuch in Strassburg,
sich durcli eine Militärrevolution zum Kaiser
ausrufen zu iassen. 27. Dec. Attentat Meu-
niers. Stürmische Kammersitzung. 15. April
1837 Ministerium Mol6-Montalivet-Salvandy.
9. März 1839 Mol6s Rücktritt infolge un-
günstiger Neuwahlen zur Kammer ; darauf
seit 1. April provisor. Verwaltung. 12. Mai
republikan. Schilderhebnng. 13. Mai Mini-
sterium Soult-Duchatel-Testc ; 1. März 1840
Ministerium Thiers aus dem Unken Oe&trum,
1
Frankreich.
639
Die Ausschliessung F.s yon dem londoner
Vertrag xwi8chettEngIand,KussIand, Oester-
retcb und Preussen über die ägypt. Frage
(15. Juli 1840) -veranlasst in F. kriegerische
Manifestationen und die Annahme des Plans
der Befestigung von Paris. 6. Aug* Ludwig
Napoleons Landung in Bonlogne. 15. Okt.
Attentat Darmes. 91. Okt. Rücktritt des
Ministeriums, auf dessen kri^erische Pläne
der König nicht eingeht. 29. Okt. Ein-
setzung des Ministeriums Sonlt-Gulzot.
Wiederaufnahme der Friedenspolitik. Re-
publikan., sooialist. und kommunist. Ver-
bindungen und Umtriebe. 13. Juli 1842 Tod
des Herzogs von Orleans. Sinken der Macht
des Julikönigthums. Störung der Entente
cordiale mit England. 1844 lebhafte Kam-
nierdebatte über die Unterrichtsfrage. 1845
bis 1846 Arbeitseinstellungen. April und
24. Juli Attentate Lecomtes und Henris.
Heftigre Angriffe auf das Wahlrecht und die
Zusammensetzung der Landesvertretung ;
Ueberhandnahmeder Käuflichkeit; (Geldkrise
und Nothstand. 1847 skandalöse Prozesse
(Teste und Cubidres wegen Bestechung, der
Herzog von Praslin -vregen Elrmordung seiner
Gattin angeklagt). Die Frage der Wahl-
reform die Losung aller Oppositionsparteien,
Agitation für diesäbe durch Reformbankette.
Das Verbot des auf den 21. Febr. 1848 an-
gesetzten pariser Reformbankets hat den
Ausbruch der Ftbruarrevolution zur Folge.
24. Febr. Strassenkampf. Abdikation des
Königs zu Gunsten des Grafen von Paris.
Einsetzung einer provisor. Regierung (Du-
pont de TEure, Lamartine, Arago, Marie,
Garnier- Pagds, Ledrn-RoUin, Gr6mieux,
später Marrast und die Socialisten Louis
Blanc, Flocon u. Albert). Flucht des Königs.
XII. F. als Jtqpublik (1848-52). Mini-
sterium Dupont de TEure, Lamartine, Ledru-
Rollin, Gandchanx, Oarnot, Marie, Gr6mieuz
etc. Agitatorische Thätigkeit der socialist.
und terroristischen Gewaltpartei durch die
Klubs und die Presse. 10. März Arbeiter-
parlament im Palais Luxembourg. Erschüt-
terung des Kredits; Lähmung des Verkehrs.
Einrichtung von National Werkstätten. 14.
Mai Eröffnung der Nationalversammlung,
Proklamimng der Republik. Rücktiitt der
provisor. Regierung, an deren Stelle 10. Mai
eine durch die Nationalversammlung ge-
wählte Exekutivkommission (Arago, Gamior-
Pagds, Marie, Lamartine, Ledru- Rollin)
tritt. Neues Ministerium: Recurt, Bastide,
Gr6mieux, Gamet, Flocon, Gavaignac etc.
15. Mai Attentat der socialist. Partei zu
Sprengung der Nationalversammlung und
Einsetzung einer neuen provisor. Regierung,
von der Nationalgarde unterdrückt. Die
Auflösung der Nationalwerkstätten gibt das
Signal zum Juniauf stände. Cavaignac, mit
der diktator. Gewalt bekleidet, unterdrückt
denselben in blutigem Kampfe (24.-26. Juni).
28. Juni überträgt die Nationalversammlung
OavaigQac die Exekutivgewalt als Conseil-
pr&sidenten. Bastide, Senard, Bethmont,
Leblano, Gaudchaux, Recurt, Tourret, La-
morici^re undBedeau zu Ministern berufen.
Beschränkung der Presse and der Klubs.
Die 4. Nov. vollendete Verfassung stellt eine
gesetzgebende Versammlung von 750 Mit«
gliedern auf und überträgt die Exekutive
einem durch allgem. Stimmrecht auf 4 Jahre
gewählten Präsidenten. 10. Dec. Ludwig
Nnpoleon mit 5Va Mill. Stimmen zum Präsi-
denten gewählt , 20. Dec. beeidigt , beruft
ein neues Ministerium (Odilen- Barrot,
Drouyn de THuys, Falloux, L^n Faucher
etc.). Mai 1849 Intervention in Rom zu
Gunsten des Papstes. 28. Mai Eröffnung
der Legislative. 13. Juli Versuch der äusser-
sten Linken zu einer Erneute endet mit der
Flucht oder Verhaftung ihrer Führer. Mo-
narchisches Gebahren des Präsidenten. 31.
Okt. Berufung eines neuen Ministeriums
(Hautpoul, Rayneval, F. Barrot. Rouher,
Fould etc.). Anfang 1850 Etntheiluug des
Landes in vier grosse Militärdivisionen. Mal
und Juli Gesetze zu Beschränkung der Ver-
eine, der Presse und des allgem. Stimm-
rechts. 9. Jan. 1851 Rekonstituirung des
Ministeriums im bonapartist. Sinne, dann
infolge eines Misstrauensvotums der Kammer
ein Uebergangsministerium, endlich 11. April
definitives vorwiegend bonapartist. Ministe-
rium (L6on Faucher, Baroche, Fould. Büffet,
Magne, Rouher etc.). Agitation für Revision
der Verfassung behufs der Verlängerung der
Exekutive und Beseitigung des Wahlgesetzes
vom 31. Mai. 27. Okt. neues ganz bona-
partist. Ministerinra (Gorbin, l^argot, Tho-
rigny, Gasabianca, St.-Amaud etc.). StacUs-
streich vom 2. Dec. Auflösung der National-
versammlung, Aufhebung des Wahlgesetzes
vom 31. Mai. Die Grundzüge der vom Prä-
sidenten vorgeschlagenen neuen Verfassung
nach blutiger Niederworfliug des Wider-
standes (3. Dec.) in Paris und in den Pro-
vinzen unter dem Eindruck des künstlich
geschürten Schreckens vor den ,Rothen*
14.— 21. Dec. durch Volksabstimmung mit
7Va Mill. Stimmen angenommen. Verban-
nungen und Deportationen. 14. Jan. 1852
Einführung der neuen Vorfassung (gegen-
über dem Präsidenten und seinem nur ihm
verantwortlichen Ministerium ein nnabsetz-
barer dotirter Senat und ein in seinen Be-
fugnissen sehr beschränkter gesetzgebender
Körper). 22. Jan. Verkauf der orl&insschen
Privatgüter durch Dekret angeordnet. 18.
Febr. Erlass eines strengen Pressgesetzes.
7. Nov. der Präsident durch Seuatskonsult
als Napoleon lU. zum eritlichen Kaiser er-
hoben, was 21. und 22. Nov. durch allgem.
Volksabstimmung mit 8,157,752 gegen 254,501
Stimmen bestätigt wird. 2. Dec. feierlicher
Einzug des Kaisers in die Tuilerien.
Xni. Zweites KaiserrHeh (1852-70).
Beförderung der materiellen Interessen. >
Staatsbauten. Begünstigung des klerikalen •
Einflusses bei der Reform des Unterrichts-
wesens. Streit über die heiligen Stätten
in Jernsalem mit Russland seit 1850. 12.
März 1854 Allianz F.s und Englands mit
der Türkei; 2B. März Kriegserklärung au
Rassland. Ein franz.-engl.-türk. Heer schlägt
die Russen 20. Sept. an der Alma. 8. Sept.
1855 Erstürmung des Malakow und Fall
Sebastopols. 15. Mal Ms 15, Nov. Weltaus-
640
Frankreich.
Stellung für Industrie und Kunst in Paris.
Attentate Pianoris 28. April und Belleraares
8. Sept. auf den Kaiser. SO. März 1856 Friede
SM AsHs mit Russland. F. erste Grossmacht,
Paris der pollt. Mittelpunkt Ton Europa.
12. Aag. 1857 Stiftung der Helenamedaille
zu Belebung der napoleon. Erinnerungen
und Sympathien. Expedition nach China
(s. d.) in Verbindung mit England. 14. Jan.
1858 Attentat Orsinis und Genossen auf den
Kaiser. Eintheiinng F.s in fünf grosse
Militärbezirke (Paris, Nancy, Lyon, Toulouse
und Tours). 5. Febr. Einsetzung eines ge-
heimen Raths, der eyentuell als Regent-
scbaftsrath fbngiren soll. 1. Jan. 1859 der
Konflikt mit Oesterreich Ton Kapoleon m.
angedeutet beim Net^ahrsempfang des diplo-
mat. Corps. 3. Mal Kriegsmanifest dess.
infolge des Vorgehens Oesterreichs gegen
Sardinien (»Italien frei bis zum Adriameer')*
Nach den für die Franzosen glücklichen
Kämpfen bei Montebello (20. Mai), Palestro
(30. und 31. Mai), Turbigo (2. Juni) Rück-
zug der Oesterreicber in die Lombardei.
4. Juni Sieg der Franzosen bei Magenta,
8. Einzug Napoleons m. in Mailand und
Sieg bei Melegnano. 11. Juli Friede von
Vülafranea. 6. Aug. bis 10. Nov. Friedens-
konferenz zu Zürich. Napoleon III. tritt
die eroberte Lombardei an den König von
Sardinien ab. 23. Jan. 1860 Handelsvertrag
mit England, dem Freihandel günstig. 24.
März 1860 Savoyen und Nizza durch Traktat
an F. abgetreten, was durch Volksabstim-
mung 15. n. 22. April daselbst gutgeheissen
wird. Aug. Expedition nach Syrien zum
Schutz der dortigen Christen. Ein kaiserl.
Dekret vom 24. Nov. gesteht dem Senat und
dem gesetzgebenden Körper das Recht zu,
die jährl. Thronrede mit einer Adresse zu
beantworten, bei der Adressdebatte Aufklä-
rung über die innere und äussere Politik zu
fordern, Amendements zu beantragen etc.
31. Okt. 1861 Vertrag zu London zwischen F.,
England und Spanien zur Okkupation der
mexikan. Küsten. Ein Senatskonsnlt vom 31.
Dec. 1861 erweitert die Kompetenz des gesetz-
gebenden Körpers bei der Abstimmung über
das Budget. 29. März 1862 Handelsvertrag
mit dem deutscheu Zollverein. Die Neuwah-
len zur dritten Legislaturperiode (Mai 1863)
verstärken die Opposition im gesetzgebenden
Körper. Juli 1863 Gründung eines frauz.
Vasallenstaats in Mexiko (s. d., Gesch.) unter
dem bsterr. Erzherzog Maximilian. In der
Bchleswig-holstein. Angelegenheit der Elb-
herzogthümer versucht Napoleon III. an-
fangs zugleich mit England und Russland
zwischen Dänemark und den deutschen
Mächten zu vermitteln, lehnt aber die von
. England gewünschte Mitwirkung zu einer
mehr aktiven Politik ab und bewahrt sich
(28. Jan. 1864) volle Freiheit des Handelns.
15. Sept. Konvention zwischen F. und
Italien, der zufolge die ital. Regierung vor-
läufig auf den Besitz von Rom verzichtet.
22. Jan. 1866 die Thronrede bei Eröffnung
der Kammern dem Verlangen nnch Aus-
dehnung der polit. Freiheiten entschieden
ungünstig. 11. Jnli im Ministerrath Partei-
nahme für und wider Oesierrelcli (Dronyn
de PHuys u. Bouher). Der Kaiser entacheidet
schliessl. gegen die aktive Unterstütsnng
Oesterreichs, gesteht Preussen die von die-
sem geforderte Ausschliessung Oesterreichs
aus Deutschland zu, wogegen Preussen auf
die Beiziehung der südl. vom Main gelege-
nen Länder zum deutschen Bund unter
seiner Führung verzichtet» 14. Jnli das ron
der Regierung vorgelegte Senatskonsult be-
treifend Erschwerung Jeder Diskussion über
die Verfassung vom Senat einstimmig ange-
nommen. 7. Aug. erhebt Drouyn de l*Huys
Kompensationsforderungen in Berlin, welche
entschieden zurückgewiesen werden. 2.
Sept. Rücktritt Drouyn de l'Huys, Moustfer
Minister des Aeussern. 12. Dec. Abzne
der franz. Truppen von Rom. 19. Jan. 18^
kündigt der Kaiser in einem Schreiben an
Rouher die Abschaffung der Adresse nnd
die Ersetzung derselben durch ein ,Tor-
siohtig reglomentirtes Interpellationsrecht %
sowie die spätere Vorlegung von Cresets-
entwürfen über die Presse und das Ver-
eiosrecht an, als die «Krönung des Ge-
bäudes*. 6. Febr. 1867 Abzug der FranB<Men
aus Mexiko, 8. März Einschiffung derselben
zu Veracruz. Missstimmung der ölTentl.
Meinung in F. über diese Demüthi-
guug. 7. März legt die Regierung im ge-
setzgebenden Körper den Entwurf der
Reorganisation der aktiven Armee nnd der
Reserve, sowie der Organisation einer mo-
bilen Nationalgarde vor. 21. März Eiinver-
ständniss zwischen F. und Holland über
Abtretung des Grossherzogth. Luxemburg
nebst Festung an F. 1. April bis 1. Juli
Weltausstellung in Paris. Seit 30. Okt.
Wiederbesetzung Roms durch franz. Trup-
pen zum Schutz des Papstes. Nach An-
nahme dos Gesetzentwurfs über die Armee-
reform im gesetzgebenden Körper (14. Jan.
1868) und im Senat (28. Jan.) wird derselbe (1.
Febr.) vom Kaiser sanktionlrt. März u. Mai
Annahme des Pressgesetzes und des Ver-
sammlungsgesetzes im gesetzgebenden Kör-
per u. Senat. 2. Nov. Demonstration auf dem
Kirchhof des Montmartre am Grabe Bandins
(s. d.). Baudin-Subskription durch Anklage
der betreffenden Blätter gehindert. Mitte
Mai 1869 Unruhen in Paris, Lille, Amiens,
Toulouse, Marseille nnd St. Etienne ver-
anlasst durch Besprechung der Wahlen,
deren Ergebniss die Opposition ansehnlich
verstärkt (3Va Mill. Stimmen). Juni Unruhen
in Paris. 5. Juli Vertrag mit Belgien zu
Beilegung der Eisenbahnstreitigkeiten. 11.
Juli kaiserl. Botschaft betreffend nebe Re-
formen. 2. Aug. Vorlegung des Senats-
konsults über dieselben (dem gesetzgeben-
den Körper das Recht zugestanden, von
sich aus Gesetze und Amendements vorzu-
schlagen ; die Minister vom Kaiser abhängig
und verantwortlich ; die Senatssi tsungen
öffentlich ; dem Senat das Recht zu Amen-
dements und zu unbedingter Verwerfung
der Gesetze zugestanden etc.). 15. Aug. zur
Feier des lOOjähr. Geburtstags Napoleons L
Erlass einer unbedingten Amnestie für alle
pollt. Vergehen. 21. Aug. Leboeuf Kriegs-
Frankreich.
641
minister. 6. Sept. Annahme des Senats-
konsults betreffend die polit. Beformen im
Senat mit 134 gegen 3 Stimmen. Heftige
Bewegung wegen der fortdauernden Ver-
tagung des gesetzgebenden Körpers ; 29. Nov.
Eröffnung dess. 2. Jan. 1870 neues (Parla-
mentär.) Ministerium: Ollivier Justiz, Daru
A euBseres, Büffet Finanzen, Segris Unterricht
etc. Febr. heftige Auftritte zwischen dem
Ministerium und der Opposition im gesetz-
gebenden Körper. Unruhen in Paris. 22.
Febr. Niedersetzung einer Decentralisations-
kommission. 28. März Vorlegung des Ent-
wurfs eines Senatskonsults: der Senat theilt
die Gesetzgebung mit dem Kaiser und dem
gesetzgebenden Körper; die konstituirende
Gewalt des Senats hört auf; die Verfassung
kann nur durch das Volk auf Antrag des
Kaisers verändert werden. 14. April Rück-
tritt Büffets und Darus. 20. April Annahme
der neuen Verfassung im Senat. Dem Volke
wird 23. April zur Abstimmung die Frage
vorgelegt, ob es die vom Kaiser unter Mit-
wirkung der grossen Siaatskörperschaften
seit 1860 in der Verfassung vorgenommenen
liberalen Abänderungen und das Senats-
konsult vom 20. April 1870 genehmige
(Plebiscit). 8. Mai Resultat der Abstim-
mung: 7,350,142 ja, 1,538,825 nein. Unruhen
in Paris. 15. Mai Herzog von Gramont Mi-
nister des Aeussem. 18. Mai Verkündigung
des Ausfalls des Plebiscits. 21. Mai An-
sprache des Kaisers an den gesetzgebenden
Körper über Befestigung des Kaiserthums
auf liberaler (Grundlage. 25. Mai Bildung
einer gemässigten Linken aus 16 Abgeord-
neten. 30. Juni Erklärung OUiviers im ge-
setzgebenden Körper, dass der Friede
Europas nie gesicherter gewesen sei als
jetzt. 5. Juli Anfrage im gesetzgebenden
Körper wegen der Erhebuug des Prinzen
Leopold von Hohenzollern auf den span.
Thron. 6. Juli Erklärung des Herzogs von
Gramont, dass die franz. Regierung dieselbe
nicht dulden werde. 15. Juli Erklärung
OUiviers im gesetzgebenden Körper über
Benedettis (s. d.) Verhandlungen mit dem
König von Preussen zu Ems. 18. Juli be-
willigt der gesetzgebende Körper einstim-
mig 440 Mill. für das Heer, 60 Mill. für die
Flotte. Die Regierung lehnt die von Gross-
britannien auf Grund des Vertrags von 1856
angebotene Vermittelung ab und sendet die
Krieg serMärung nach Berlin ab. 20. Juli
Ernennung des Marschalls Leboeuf zum
Chef des Geueralstabs der Rheinarmee.
23. Juli Eraennung der Kaiserin Eugenie
zur Regentin. 28. Juli Abreise des Kaisers
zum Heere. 2. Aug. Aufhebung des Handels-
vertrags mit dem deutschen Zollverein.
Beschiessnng von Saarbrücken.
Verlauf des Kriegs s. Deutschland, Gesch.
6. Aug. erschien die franz. Flotte in der
Nähe von Kiel. 7. Aug. Paris in Belagerungs-
zustand erklärt. 8. Aug. Rücktritt des
Marschalls Leboeuf; Bazaine Oberbefehls-
haber des Heeres. 9. Aug. Eröffnung des
gesetzgebenden Körpers. Antrag Jules
Favres, dass die Kanuner die Regierung
übernehme, K6ratrys, dass Napoleon UI.
Meyer« Hand 'Lexikon,
abgesetzt werde. Rücktritt des Ministeriums.
10. Aug. Bildung eines neuen Ministeriums :
Graf von Palikao Krieg, Ohevreau Inneres,
Magne Finanzen, Duvernois Handel, J^rönie
David öffentl. Arbeiten, Grandperret Justiz,
Latour d'Auvergne Aeusseres, Brame
Unterricht. 11. Aug. Gesetz über die Neu-
bildung der Nationalgarde einstimmig an-
genommen. 13. Aug. Erklärung Jules Favres
und Gambettas im gesetzgebenden Körper,
dass das Kaiserthum nicht mehr bestelle.
17. Aug. Trochu von der Kaiserin zum Ober-
befehlshaber der zur Vertheidigung von
Paris bestimmten Streitkräfte ernannt. 18.
Aug. Erklärung Trochus , dass ,die Nation
die Lenkung ihrer Geschicke in die Hand
nehme*. 28. Aug. Ausweisung der Deutschen
aus ganz F. 2. Sept. Napoleon in. ergibt
sich dem König von Preussen; die Armee
Mac Mahous kriegsgefangen. 4. Sept. An-
trag Jules Favres auf Absetzung des Kaisers
und seiner Dynastie. Volksmassen dringen
in den Saal des gesetzgebenden Körpers
und verlangen die Republik. Abgeordnete
der Linken proklamiren im Stadthaus die~
Bepublik und die Einsetzung einer ,Regie-
rung deir Natlonalvertbeidigung', bestehend
aus Jules Favre, Jules Simon, Pelletan,
Gr6mieux, Picard, Ferry, Glais-Bizoin, Roche-
fort, E. Arago, Gainier-Pagds ; sie bildet ein
Ministerium : Gambetta Inneres, Cr6mieux
Justiz, Leflö Krieg, Jules Simon Unterricht
und Kultus, Dorian öffentl. Arbeiten, Fouri-
chou Marine, Maguin Ackerbau und Handel,
Picard Finanzen. Trochu Gouverneur von
Paris und Präsident der Regierung; Flucht
der Kaiserin. 5. Sept. Auflösung des ge-
setzgebenden Körpers ; Abschaffting des
Senats. 7. Sept. bemächtigen sich in Lyon
die Mitglieder des internationalen Arbeiter-
vereins unter dem Namen der , Commune'
(Gemeinderath) der Gewalt. 11. Sept. Cr6-
niieux geht nach Tours, um die Regierung
der nicht vom Feind besetzten Landestheile
zu leiten. 18. Sept. Versailles von. den
Deutschen besetzt. 19. Sept. Paris cernirt,
19. und 20. Sept. Besprechung zwischen
BIsmarck und Jules Favre im Schlosse
Ferneres. 24. Sept. Aufruf der Regierung
zu Tours zum Krieg bis aufs Aeusserste.
29. Sept. die Flotte wieder in Gherbourg.
8. Okt. Kundgebung der Radikalen (Flourens,
Blanqui, Ledru-RoUin, Felix Pyat) auf dem
Stadthause zu Durchsetzung der Wahl eines
Gemeinderaths. Die Nationalgarde erklärt
sich für die Regierung. 9. Okt. Gambetta
übernimmt in Tours das Kriegsministerium,
gerirt sich seitdem als Diktator. 30. Okt.
Thiers im deutschen Hauptquartier zu An-
knüpfung von Unterhandlungen über einen
Waffenstillstand. 31. Okt. bewaffnete Haufen
aus der Vorstadt Belleville unter der Füh-
rung von Flourens, Pyat, Blanqui etc.
nehmen die Mitglieder der Regierung ge-
fangen und wollen einen Wohlfahrtsaus-
schuss und eine Commune einsetzen. Trochu,
Arago, Ferry am Abend durch die National-
garde wieder befreit, die übrigen am Mor-
gen. 3; Nov. Abstimmung über die Bei-
behaltung der gegen wärt. Regierung; Re-
41
642
Prankreicli.
fultat 557,976 ja, 69,638 nein. 5. Not. Ab-
bmch der WaffenstillgtandsyerhaudinngeQ.
9. Dec. Beschlnss der Regierung zu Tonrs,
nach Bordeaux überzusiedeln. S9.Dec. der
Mont Ayron Ton den Franzosen verlassen;
Beginn der Beschiessnng der Forts von
Noisy, Rosny und Nogent. Jan. 1871 Gam-
betta ordnet Massenaushebungen zur Fort-
setzung des Krieges bis aufs Aeusserste an.
28. Jan. Abschluss der Kapitulation von
Paris und eines dreiwöchentlichen Waffen-
»tülttande» , in welchen aber Beifort nicht
mit eingeschlossen ist. 29. und SO. Jan.
Besetzung der pariser Forts durch die
deutschen Truppen. Paris zahlt 200 Mill.
Frcs. Gambetta schliesst 31. Jan. bei Aus-
schreibung der Wahlen zur Nationalver-
sammlung die Mitglieder der reg. Familien,
Minister, Senatoren, Staatsrithe und Prä-
fekten aus, verdächtigt die Regierungs-
abtheilung zu Paris als Preussens Ver-
bündete und verweigert ihr den Gehorsam.
Letztere hebt4. Febr. Gambettas Wahldekret
^uf, worauf derselbe seine Entlassnng nimmt
und B. Arago zum Minister des Innern
und interimist. Kriegsminister ernannt wird.
12.Febr. Eröffnung der Nationalversammlung
zu Bordeaux; Tkier» zum Chef der exekutiven
Gewalt ernannt. Ein Fünftehnerausschuss
zur Betheiligung bei den Friedensunter-
handlungen niedergesetzt, die National-
versammlung auf deren Dauer vertagt.
Neues Ministerium : Dufaure Justiz , Jules
Favre Auswärtiges , Picard Inneres , Jules
Simon Unterricht, LeflO Krieg etc. 26. Febr.
Unterzeichnung der FriedemprSliminarien
zu Versailles (1. März Verlängerung des
Waffenstillstandes bis 6. März). Annahme
derselben von Seiten der Nationalversamm-
lung. Agitation der Socialisten in Paris;
die Rothen besetzen den Montmartre mit
Kanonen. Aurelles de Paladine Oberbefehls-
haber der Truppen in Paris. 10. März Be-
schluss der Nationalversammlung, nach Ver-
sailles überzusiedeln. Seit 8. März Her-
stellung der Ordnung in Lyon. Uebersiedlung
des Ministeriums nach Versailles. 16. März
Agitation in der Nationalgarde, die ihre
Befehlshaber selbst wählen soll. 18. März
Besetzung des Montmartre durch Regie-
rungstrnppen , Verbrüderung derselben mit
den aufrührerischen Nationalgarden, Er-
schiessung der Generale Thomas u. Lecomte,
die rothe Fahne auf dem S^dthaus, Barri-
kaden. General Vinoy zieht sich mit 10,000
treu gebliebenen Truppen über die Seine
zurück. Der ,Centralaus8chu98' der Auf-
ständischen beschuldigt die Regierung anti-
repnblikau. Bestrebungen und fordert zu
Gemeindewahlen auf. General Gremer Ober-
befehlshaber derlnsurrekttonstruppen; Zu-
sammenziehung von Truppen bei Versailles.
Paris in Belagerungszustand erklärt; die
Stadt ganz in den Händen der Socialisten.
26.MärzWahl eines Gemeinderaths : Blanqui,
Felix Pyat, Victor Hugo, Assy, Delescluze,
Desmaret etc. 27. März ders. konstitnirt,
daneben der Centralausschnss noch inThä-
tigkeit. Anfang April Beginn blutiger
Kämpfe um Paris zwischen den Truppen
der Regferang und den Insurgenten. Terro*
rismus in Paris, Verhaftung des Erzbischofis
und vieler Kleriker, Requisitionen und Plün-
derungen; das Vermögen der Kirchen nnd
religiösen Genossensdhaften für National-
efgenthum erklärt. Der Mont Valerien im
Besitz der Regierungstmppen. Beschlnss
der Nationalversammlung, dass in den
Städten mit mehr als 20,000 Ew. die Maires
vorlänflg von der Regierung ernannt werden
sollen. Ausgleiohungsversnche zwischen
Paris nnd Versailles erfolglos. 19. April
Programm des Gemeinderaths, wonach F.
in lauter selbständige Gemeinden serfiallen
soll, deren Abgeordnete sich zu einer Central -
leitnng zurWahmng der Einheit des Landes
vereinigen. Verheissung einer nenen Aera.
Paris behält sich das Recht vor, dasEigen-
thum unter Umständen zu jverallgemeinem* ;
dreijähr. Frist zu Bezahlung der Scliulden.
Unterdrückung der den Socialisten feind-
lichen Journale. Die Nationalversammlnng
ermächtigt den Chef der Exekutive, die
Depart. in Belagerungszustand zu erklaren.
Bildung von Fremdenlegionen In Paris.
9. Mai Fort Issy von den Regierungstmppen
genommen. Niedersetzung eines ,Wohl-
fahrtsansschusses* in Paris. Zerstörung der
Vendömesäule nnd der Sühnekapelle. I>as
Ergebniss der auf den 30. April ausgeschrie-
benen Stadt. Wahlen der Regierung günstig.
18. Mai Ratifikation des Friedens mit Deutsch-
land durch die französ. Nationalversamm-
lung, 20. Mai Austausch der Ratifikationa-
urkunden zu Frankfurt a/M. Ende Mai
Besetzung von Parif durch die Regiemngs-
truppen. Zerstörung der monumentalen
Bauten durch die Insurgenten. Nieder-
werfung derselben; Füailladen.
Literatur. Neuere Bearbeitungen der Ge-
schichte F.s von Anquetil (1805 n. öfter,
14 Bde.; bis 1862fortges. YonBouiÜet, 1862,
6 Bde.); 84ffur (1824—30, 9 Bde.); Simonde
de 8ismondi (1832—43, 31 Bde.); Michelet
(2. Aufl. 1845 «f., 5 Bde.); Martin (1855—60,
17 Bde.) ; Schmidt (1839-<-48, 4 Bde.). Binzelue
Perioden der neueren Gesch. F.a behandeln:
LaereUlle (Zelt der Religionskriege, 1814—16,
4 Bde. ; deutsch von Kiesewetter 1815 — 16,
2 Bde.); Sainte- Aulaire (Vroniej 3. Aufl. 1842,
6 Bde.); Bänke (16. und 17. Jahrb., 1852-61,
5 Bde.); Miffnet (Ligne und Heinrich IV.,
1829, 5 Bde.); Baein (Ludwig Xm., 1837, 4
Bde., und Mazarins Zeit, 1842, 2 Bde.);
LaereteUe (18. Jahrh., 1819—26, 14 Bde.);
Lemontey (Regentschaft, 1832, 2 Bde.); Drox
(Ludwig XVI., 1838—42, 3 Bde.; dentsch von
Luden 1842, 3 Bde.); die Revolution: Bomx
und Bttches (1833—88, 40 Bde.); Miffnet(l»U
u. öfter; deutsch von Bundchardt 1842, 2
Bde.); Thter« (1823 - 27 u. öfter, 6 Bde.);
T^uis Blanc (1847—62, 12 Bde.); MicheUt
(1847-53, 7 Bde.) ; Wachsmuth (1833—45, 4
Bde.); Dahltiumn (1845); Sjfiel (1—3. Bd., 3.
Aufl. 1865-66, 4. Bd. 1870); ViUiaum4 (1849
—1850, 4 Bde.); Amd (1851—52, 6 Bde.);
Xamarlt«e(1847, 8Bde.); Ad, Schmidt (1869—
1870, 3 Bde.); das Konsulat und das Kaiser-
reich : Thiers (1845—62, 20 Bde.); die Restou-
ration: Lacretdh (1829, 4 Bde.); LamarHne
Frankstadt — PranÄ.
643
(1853 tf., 8 Bde.); tieUCattel (Bd. 1-13, 1860
—1870); die Zeit bis 1848: Louis Blane (IUI
—1842, 5 Bde.); MegnauLt (1849, 3 Bde.); die
FobruaiTevolution: Lamartine (1849, 2 Bde.);
&«rn (1850); Regnaull (1850); PeZ«>ott (1850,
2 Bde.) ; L. Blanc (1870), Vgl. öttwo«, ,M6.
moires pour servir k l^histoire de mon
tempsS 1858—67, 8 Bde.
Frankstadty Stadt im mähr. Ei*. Neu-
titscbin, an der Labina, 5909 £w.
Franseeky^ Eduard Friedrich von, preuss.
Gteneral, geb. 16. Nov. 1807, trat 1825 in die
Armee, ward 1844 als Hauptmann in den
grossen Generalstab berufen , machte 1848
den dän. Feldzng mit, ward 1849 Major,
1858 Oberst, 1865 Generallieutenant, befeh-
ligte im böhm. ITeldzug 1866 die 7. Infan-
teriedivision, an deren Spitze er bei Mün-
chengrätz, Koniggrätz und Blumenau focht,
im Krieg gegen Frankreich 1870 das 2. Ar-
meecorps, mit dem er namentl. bei Rezon-
ville die Entscheidung herbeiführen half.
FranZy 1) deutsche u. deutsch-üsierr. Kaiser:
a) F. L» ßl^han, geb. 8. Dec. 1708, ältester
Sohn des Herzogs Leopold von Lothringen,
folgte seinem Vater 17^ in Lothringen, ver-
tauschte dieses 1735 gegen die Anwartschaft
auf Toskana an Ludwigs XV. Schwiegervater,
Stanislaus Leszczinski, vermählte sich 1736
mit Maria Theresia, der Tochter Kaiser
Karls VI. , nahm 1737 Besitz von Toskana,
ward nach Karls VI. Ableben 1740 von sei-
ner Gemahlin zum Mitregenten aller österr.
Erblande erklärt, 4. Okt. 1745 zu Frankfurt
als röm. Kaiser gekrönt, überliess die Re-
gierung seiner Gemahlin. Verdient um För-
derung von Wissenschaft, Kunst und Gewerb-
fleiss. f 18. Aug. 1765 zu Innsbruck. — b)
F. IL, Jos. Karl, 1792—1806 röm.-deutscher
Kaiser, seit 1806 Kaiser von Oesterreich, als
solcher F. L genannt, geb. 13. Febr. 1768 zu
Florenz , Sohn Kaiser Leopolds U. , folgte
1. März 1792 seinem Vater in den Österr.
Erblanden, ward 14. Juli d. J. als röm.-deut-
scher Kaiser gekrönt, schloss 1792 mit
Preussen ein Schutz- u. Trutzbündniss gegen
die Republik Frankreich, erklärte sich durch
das Pragmatikalgesetz vom 11. Aug. 1804
zum ersten Erbkaiser von Oesterreich, legte
1806 infolge der Errichtung des Rhein-
bunds die Regierung des deutschen Reichs
nieder, erwarb durch die pariser Friedens-
schlüsse und den Separatvertrag mit Bayern
vom 14. April 1816 einen Länderkomplex,
wie ihn in solcher Ausdehnung keiner seiner
Vorfahren besessen hatte, überliess die Re-
gierung seit 1815 fast ganz seinem Minister,
dem Fürsten Mettemich; f 2. März 1835.
2) F. Joseph L, Kaiser von Oesterreich,
geb. 18. Aug. 1830 in Wien, ältester Sohn
des Erzherzogs Franz Karl und der Prin-
zessin Sophie, der Tochter des Königs
Maximilian von Bayern, Enkel Franz I.,
ward 1. Dec. 1848 im Hoflager zu Olmütz
für volljährig erklärt und 2. Dec, nach-
dem sein Oheim Ferdinand I. abdicirt und
sein Vater Franz Karl auf die Thronfolge
verzichtet hatte, als Kaiser proklamirt.
Seit 24. April 1854 mit Elisabeth, Tochter
des Herzens Max in Bayern, vei*mählt.
Kinder: Gisela, geb. 12. Juli 1856, und Ru-
dolf, Kronprinz, geb. 22. Aug. 1858. S.
Oesterreich, Geschichte.
8) KSnige von Frankreich: a) F. I., geb.
zu Oognac, Sohn Karls von Orleans, Gra-
fen von Angonl£me, folgte 1. Jan. 1515
seinem Schwiegervater, Ludwig XII., als
Enkel von dessen Vatersbruder, auf dem
Thron, eroberte infolge seines Siegs bei
Mariguano (13. und 14. Sept. 1515) über die
Schweizer Mailand und Genua, bewarb
sich 1519 vergebl. um die deutsche Kaiser-
krone, was zu einem langwierigen Kampf
zwischen ihm und Karl V. führte. Bei Pavia
24. Febr. 1525 geschlagen und gefangen,
musste er im madrider Vertrag (14. Jan.
1526) auf seine Ansprüche auf Italien. Län-
der, sowie auf die Oberherrlichkeit über
Flandern und Artois verzichten und das
Herzogthum Burgund abtreten. Daraufhin
freigelassen, brach er den Vertrag und
schloss mit Papst Clemens VII. und meh-
reren ital. Fürsten 22. Mai 1526 zu Oognac
eine sogen, heil. Ligue, die den Fortschrit-
ten des Kaisers Einhalt thun sollte. Er
erneuerte den Kampf 1527, 1535 und 1542,
musste aber in den Friedensschlüssen zu
Oambray (1529), Nizza (1538) und Orespy
(1544) allen Ansprüchen auf die Länder des
Kaisers entsagen, wogegen dieser Burgund
abtrat; f 31. März 1547. — b) F. IL, geb. 19.
Jan. 1544 zu Fontainebleau , ältester Sohn
Heinrichs II. u. der Katharina von Medici,
1558 mit Maria Stusürt vermählt, bestieg 10.
Juli 1559 den Thron ; t 5. Dec. 1560.
4) Könige beider Sicilien: a) Januarius
Joseph, Sohn Ferdinands I., geb. 19. Aug.
1777 zu Neapel, ward 12. Jan. 1812 von
seinem Vater zu Palermo zum Alterego und
Generallieutenant des Reichs ernannt und
gab den SicUiem eine neue Verfassung,
kehrte nach der Restauration 1815 nach
Neapel zurück, stellte sich an die Spitze
des reaktionären Pöbels (Galderari), ward
1816 als Gouverneur wieder nach Sicilien
gesandt, 1820 zurückberufen u. als Alterego
mit der Reglerungsgewalt betraut, beschwor
13. Juli die span. Gortesverfassung, floh
aber beim Einrücken der Oesterreicher
nach Oaserta. Nachdem er 4. Jan. 1825 den
Thron bestiegen, stand er ganz unter österr.
Leitung, jeder Reform abgeneigt; f 8. Nov.
1830 zu Neapel. — b) F. IL, Maria Leopold,
ältester Sohn Ferdinands H. , geb. 16. Jan.
1836, vermählt seit 3. Febr. 1859 mit Marie,
der Tochter des Herzogs Max in Bayern,
folgte seinem Vater 28. Mai 1859 auf dem
Thron, stellte, durch Aufstände erschreckt,
die konstitutionelle Verfassung von 1848
wieder her, räumte 6. Febr. 1860 das von
Garibaldi bedrohte Neapel , zog sich nach
Capua u. dann nach GaSta zurück, musste
13. Febr. 1861 kapituliren ; lebte dann in Rom.
5) J^. de Assisi Maria Ferdinand, Mckönig
von Spanien, Herzog von Cadix^ Sohn des
span. Infanten Franz de Paula, geb. 13.
Mai 1822, seit 10. Okt. 1846 Gemahl der
Königin Isabella II.
6) SerKÖge von Modena: a) F. IV., geb. 6.
Okt. 1779, Sohn des Erzherzogs Ferdinand
41*
644
Franz — Französische Sprache und Literatur.
Ton Oesterreich, trat 1814 die Regienmg an
und begann die r&cksicbtsloseste politische
und kirchl. Reaktion, ward 7ebr. 1831 durch
einen Aufstand zur Flucht genöthigt, durch
österr. Truppen zurückgeführt, seitdem
fiutfterer Despot: f 81. Jan. 1846. — b) -F. F.,
Sohn und Nachfolger des Vor., geb. 1. Juni
1819, reg. seit 1846 in der Weise seines Va-
ters, nahm Ende 1847 österr. Besatzung auf,
zog sich März nach Oesterreich zurück,
kehrte Aug. 1848 nach Modena zurück, floh
nach der Schlacht bei Magenta nach Mantua,
lebte seitdem in Wien und auf seinen Gü-
tern in Böhmen. Letzter Sprössling des
Hauses Este (s. d.).
FrtBZ, 1) Bobert, Komponist, geb. S8. Juni
1815 zu Halle, Schüler von Fr. Schneider,
Organist und akad. Musikdirektor in Halle.
Zahlr. feinempfundene Lieder und Chor-
gesänge; auch treffl. Bearbeitungen S. Bach-
Bcher Werke. Seine Gattin Maria Hinricht
ebenfalls Liederkomponistin. — 2) Julius,
Bildhauer, geb. 1824 zu Berlin , Prof. das. ;
bes. ausgezeichneter Thierbildner (Schäfer
im Kampf mit dem Tiger, Amazonengruppe,
Najadengruppe, allegor. Figuren etc.).
FrtBzbanme • Obstbäume , welche sich
niodiig halten lassen, daher Franz6b$t.
FranzbftBd, Lederband; Halbfranzband,
Rücken und Ecken des Buchs von Leder.
Franzbranntwein, ans Wein durch Destil-
lation gewonnener Branntwein, bes. Gognac
aus den Weinen der Depart. der Gharente,
60-700 stark, Produktion 18-23 Mill. Liter.
Der F. ist farblos, wird beim Lagern in
Holzfässern gelb und gerbsänreh altig.
Franzbnrg^, Kreisst. im preuss. Regbz.
Stralsund, an der kleinen Trebel, 1592 Ew.
Franz^n, Frans Michael, schwed. Dichter,
geb. 1772 zu Ule&borg, f 1^- Aug. 1847 als
Bischof zu Hemösand. Trefifliche Lieder
und Idyllen. ,Gedichte* (1824—36, 5 Bde.).
Franzensbad ( Kaiserfranzensbrunnen, Eger-
brunnen) , einer der berühmtesten böhm.
Badeorte, 1 St. von Eger. 4 Mineralquellen
(als Bad und Getränk benutzt): Franzeus-
brnnnen, Luisenquelle, kalter Strudel (alkal.-
salin. Eisenquellen) und Salzquelle (alkal,-
salin. Säuerling). Jährl. über 200,000 Krüge
versandt. Seit 1793 eingerichtet.
Franzenskanal, schiflTbarer Kanal von der
Donau üinr Theiss im südl. Ungarn, 14J/a M.
Franzensveste , starke Festung in Tirol,
nördl. von Brixen, an der Eisack u. Brenner-
eisenbahn; 1838 erbaut.
Franz - Joseph - Orden, österr. Orden für
Civil verdienst, 2.Dec. 1849 von Kaiser Franz
Joseph gestiftet; 8 Klassen: Grosskreuz,
Kommandeur und Ritter.
Französisch -Cochlnchina, der 1862 nach
einem unglücklichen Kriege vom König
von Anam an Frankreich abgetretene süd-
lichste Theil von Cochinchina nebst dem
Inselchen Gondor; 6 Prov., ca. 1022 QM. und
(1868) 1,204,287 Ew. Hauptstadt Saigun.
FranzSslsche Sprache vnd Literatur. Die
frnm. Sprache entstand aus der Fortbildung
der latein. Umgangssprache (Lingua romana
rustica), welche durch die röm. Heere in
Gallien Eingang und bald die Oberhand
über das Celtische gefunden hatte; sie
schied sich, seit 10. Jahrh., nach und nach
mit schärferer Bestimmtheit, in 2 Haupt-
dialekte: den sÜdfranz. oderproven^alisch^a
(Roman provencal, Langue cToc) und deo
nordftranz. (Boman toallon, Langue d'oui oder
d'oil) , welche während des Mittelalten
beide als Schriftsprachen neben einander
bestanden, bis allmählig das Süd franz. oder
Proven^alische durch das Nordfranz, ver-
drängt wurde und sich letzteres unter
Franzi, zur alleinigen Geschäfts-, Gerichts-
und Bücbersprache erhob. Nach dem Muster
des Latein, geregelt, erhielt dieselbe bereitä
unter Ludwig XIY. (durch Errichtung der
Akademie und das sogen, goldene Zeitalter
der franz. Literatur) ihre feste , sfareng ab-
gegrenzte, mustergültige Gestallt. Daneben
noch zahlr. Volksdialekte (Patois). Dai
Französ. war schon im Mittelalter die ver-
breitetste Konversationssprache, sowie die
Hauptverkehrssprache im Orient (Lingua
franca), gegenwärtig bes. die Sprache der Di-
plomaten. Zu ihrem Gebiet gehören ausser
Frankreich und den franz. Kolonien noch
der südwestl. Theil der Schweiz, Belgien,
Thelle von Ganada, Missouri, Louisiana und
Haiti. Erste franz. Grammatik von Dubois
(1531), neuere von Bescherelle (1840), JPbitevia
(1857), M'dttner (1856) u. v. a. Syntaxen
von McUtner (184S — 45 , 2 Bde.) und von
Oastre» (1856). Lexiken von Etienne (ältestes,
1539), Bichelet (1680), Furetiere (1690) und
das ,Dictionnaire de rAcad^mie Franc-'
(1694), letzteres die eigentl. lexikal. Autori-
tät der Franzosen und Grundlage der
zahlr. nachfolgenden Wörterbücher; ans
neuester Zeit ist das von Litlr€ (1864 f.) Ton
Bedeutung. Franz. - deutsche Lexiken von
Mozin (4. Aufl. von Peschier 1856, 2 Bde.).
Schaffer (1834-38, 2 Bde.), Sachs (1869 ff.)
etc. Das Altfranz, ward gi-ammat. bebandelt
von Baynouard, Diet, Fuchs, Orelii, Burguy
etc. ; lexikal. von Boquefort, Diez, Pougns,
Goitdeau u. A. Die Geschichte der £raoz.
Sprache bearbeiteten JDiez, Chevallet, Weyi
Q4nin, E. du Miril, Del&tre, Scheler (,Dictiou.
etymologique' 1861J u. A.
Die franz. Litemtur theilt sich , der Knt-
Wicklung der Sprache entsprechend, anfaoS^
in 2 Theile, eine nord- und eine südfrant.
Literatur, die bis zum Ende des 13. Jahrh.
getrennt stehen und erst im 14. Jahrb. zn
einer Nationalliteratur mit einander ▼er-
schmelzen. Ueber die Geschichte derselben
s. die nachstehende Tabelle. Literarhistor.
Werke von Villemain (1830), Ampir« (1841)i
Vinet (18. Jahrb., 1852), Ifisard (8. Aufl.
1859-61), LiUri (5. Aufl. 1869), Lucas (.Ge-
schichte des Theaters', 1863), I^ettewtent (Lie-
der Restauration, 2. Aufl. 1858, der Juliregie*
rung, 1855), G€ruzez (4. Aufl. 1863), BeftiuM
(2. Kaiserreich, 1861), Dtmogeoi (5. Aufl. 1862),
Grangier (2. Aufl. 1862). Deutsche: läiAtr,
1842, Bartsch, 1866 (altfranz. Liter.), 3faF
(neue Zeit, 1837), de Castres (1854), Schmidt-
Weissenf eis (1856 ; Revolutionslit., 1859), &«-
mig (Mittelalter, 1862), Kreyssig (3. Aufl. 1866;
Studien, 1865), Jul. Schmidt (seit der BeTO*
lution, 1858).
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Franzosenholz — Freibodenmänner.
FraiUKOgeiiliolSy s. OtuMalAaum.
Fnuuosenkruikheit «les Bindylelis (Lust-
aeuche, Stiersucht, Drüsenkrankheil , Perl-
suelU), cbronisohe Krankheft, charakterisirt
durch eigenthümliche Knotenbüdung auf
Brust- und Bauchfell, häufige Brünstigkeit,
Unfruchtbarkeit , Husten , Abmagerung,
endet stets mit dem Tod ; wird meist als
Gewährsmangel betrachtet und ist wohl
im Wesentlichen Identisch mit Tuberkulose.
Franzperlen, unächte Perlen.
Frans toh Assisi, der Heilige, Stifter
des Franciskanerordens, geb. 1182 zuAssisi
bei Spoleto, e^entl. QioY. Bemardone, Sohn
eines reichen Kaufmanns, strenger Ascet,
zuletzt Einsiedler auf dem Alverno; t 4-
Okt. 1226. .Werke* (17S9). Biogr. von Vogt
(1840) und Eaae (1866). Tag 4. Okt.
Franz yon Paula, Stifter des Ordens der
Minimen, geb. 1416 in Kalabrien, gründete
1474 den Orden der Eremiten des heil. Franz,
1492 Ton Papst Alexander VI. in den der
Minimen umgewandelt; f 2. April 1507.
Franzwetne, firanz. Weine, bes. weisse
Langnedoc-, Oharente-, Orleans-, Anjou-
und Proyenceweine.
Franzweixen, s. v. a. Buchweizen.
Fra8cati, ital. Stadt in der Gomarca di
Roma, am Sabinergebirge, 6000 Ew. Zahlr.
Villen; dabei die Ruinen von Tusculum.
Fräser a Walt., Pflanzengattung der Gen-
tianeen. P. Walterl Mich., In Virginien etc.,
liefert die ofßcin. amerik. Kolumbowurzel.
Fräsers Blyer (spr. Frehsers Riwwer),
Hauptfluss von Britisch - Columbia (Nord-
amerika), entspr. am Felsengebirge , nimmt
den Thompson auf, mündet der Vancouvers-
insel gegenüber in den stillen Ocean, 160
M. 1.; sein Thal reich an Ctold (entd. 1857).
Frater (\&t.), Bruder, bes. Ordens- oder
Klosterbruder. Fraternität, Brüder-, Ge-
nossenschaft; fratemisiren , Brüderschaft
machen, sich eng anschliessen.
Fratta maggiore (spr. -dschore), Stadt in
der südital. Prov. Oaserta, 10,700 Ew.
Frattsein, s. AJterfTatt. [betrügerisch.
Fraüdatlon (lat.), Betrügei*ei; fraudxdtni,
Franenburg, Stadt im preuss. Regbz.
Königsberg, Kr. Braunsberg, am Haff, 2515
Ew.; Bischofssitz Ermelands; Kathedrale
mit Kopernikus Grab.
Frauenlob (eigentl. Ueinr. «o» Meisaen),
einer der letzten Minnesänger, geb. um
1260, seit ISU in Mainz, wo er die erste
Meistersängerschule gestiftet haben soll;
t 1318, von Frauen zu Grabe getragen.
Fruchtbar u. -vielseitig, aber voll Schwulst.
Ausg. von MtmiUler 1843.
Franenmünze, s. £alsamita.
Frauenstädt, Christian Martin Julius,
Philosoph, geb. 17. April 1813 zu Bojanowo,
lebt in Berlin als Privatgelehrter. Erst
Hegelianer, dann Hauptvorkämpfer der
Philosophie A. Schopenhauers. Hauptwerke:
jüebor das wahre Verhältniss der Vernunft
zur Offenbarung* (1848); ,Briefe über die
schopenhauersche Philosophie* (1855) ; ,Briefe
über natürliche Religion' (1858); ,Das sitt-
liche Leben* (1866); ,61icke in die Intel lek-
taelle, physische undmoraiischeWelt' (1869).
Fraunhofer, J^wph von, Physiker und
Optiker, geb. 6. März 1787 in Straubing,
seit 1809 Theflnehmer, seit 1818 Direktor
des optischen Instituts in Benediktbearen,
und seit 1823 in München, Professor und
Konservator am physikal. Kabinet das.; i"
das. 7. Juni 1826. Verbesserte und. erfand
zahlr. optische Instrumente, entdeckte die
nach ihm benannten Linien im Spektrum.
Frans (lat.). Betrug; /. legis, Umgehung:
des Gesetzes durch Scheinhandlnngen ;
f. Pia, frommer, d. i. gtitgemeinter Betrag.
Franstadt, Krelsst. im preuss. Regbz.
Posen, nahe der schles. Grenze, 6595 Ew.
Frederiksborgy königl. dän. Lustschloss
auf Seeland, auf Inseln in einem See.
Prachtvolle Krönungskapelle.
Frederlkshald, Stadt im norweg. Amt
Smalenen, am Tistedalself, 7408 Ew. Oestl.
die Felsenveste Frederikssteen , unter der
Karl XII. umkam (Denkmal seit 1814).
Frederlkshamm (finn. Hamina) , russ.
Festung und Hafenstadt im finn. Gouv.
Wiborg, am Ann. Meerbusen, 3278 Ew. 17.
Sept. 1809 Vertrag zwischen Schweden und
Russland , wodurch Finnland russ. wurde.
Free Chnreh (spr. Frih Tschörtsch, d. i.
freie Kirche), protest. -kirchliche Gemein-
schaft in Schottland , sagte sich 18. Mai 1843
unter Chalmers Leitung von der bestehen-
den Schott. Kirche los, besass Anüeing 1862
819 geistl. Aemter und 3 Seminare (Ediu-
bnrgh, Glasgow, Aberdeen).
Freeholders (spr. Frih-), in England die
freien, wahlberechtigten Grundbesitzer.
Freetown (spr. Frihtaun), befest. Haupt-
stadt der brit. Kolonie SierraLeona in West-
afrika, 18,000 Ew. Hafen.
Fregatte, dreimastiges, schnell segelndes
Kriegsschiff mit nicht über 60 Kanonen,
im Range nach dem LinienschifiF.
Fregattenvogel (Tachypetes Vieill.), Gat-
tung der Pelekane. Gemeiner F., Schneider
(T. aquila L.), 3i/a' 1., klaftert 12', zwischen
den Wendekreisen, oft 400 M. vom Lande.
Freiberg, Bergstadt im sächs. Regbz.
Dresden , unweit der freibergor Mulde,
20,566 Ew.,^ Mittelpunkt des sachs. Berg-
wesens und Sitz der Oberbergbehördeu ;
her. Bergakademie (seit 1765), Mineralien-
niederlage , Hauptbergschule , Domkirche
(mit der ,goldnen Pforte'). Bergbau und
Bergfabriken, leonische Gold- und Silber-
fabriken, Diaphan- und Perlmutterwaaren-
fabrikation, Flachsspinnerei. Schloss Freu-
denstein (Getreidemagazin). In der Nähe
Silberschmelzhütten, das alte grosse Amal-
gamirwerk (in Halsbriicke). Die wichtigsten
Silberbergwerke: Himmelfahrt 0^^^ ^*^
reichste), Himmelsfürst und BescheertGlück.
Gesammtausbeute des freiberger Reviers 1867 :
585 Otr. Erze, Werth über l*/6 Mill. Thlr. —
Gegr; um 1200 durch harzer Bergleute, lange
Zeit Gemeingut des Hauses Wettin, seit 1485
im Besitz der Albertiner ; yon Heinrich dem
Frommen zur Residenz erwählt.
Frelbodenminner (Freesoilers), Partei in
Nordamerika (seit 1848), welche den Grund-
satz vertritt, dass Jedem Landbauer ein freies
Areal vom Staat zugewiesen werden soll.
Freiburg — Freiligrath.
649
Freibnnr« Kanton der westl. Schweiz,
30,8 QM. mit (1870) 110,807 Bw. (94,087
Kathol., 16,805 I*rotest., 50 Jaden), vor-
wiegend französ. sprechend ; bergig, im K.
mit grösseren Ebenen; yon der Saane be-
wässert, frachtbar. Haupterwerb Alpen-
wirthBchaft, Stroh flechterei , Tabakfabr. ;
auch Obst- und Weinbau. Yerfassnng vom
7. Mai 1857. Staatshaushalt (1863) : 1,917,062
Frcs. Binn^fame, 8,197,115 Frcs. Ausgabe;
25 Mill. Frcs. Schulden. 61/9 Hill. Frcs.
Aktivvermögen. Bülitarstand : 7387 Mann.
Wappen: Schwans und weiss in der Quere
pretheilter Schild. Die Hauptst. F. (F» im
IJechtland), an der Saane (ber. Drahtbrücke,
1882 erb., 941' lang), 10,891 Ew., Bischofssitz,
6 Klöster, Akademie, Seminar, Kantons-
schule; efaemal. Jesnitenkollegium. — Seit
1481 Glied der Eidgenossenschaft. Sturz
der Jesuit. - aristoKrat. Partei durch Be-
setzung der Stadt F. durch eidgenöss*
Truppen 16. Kov. 1847; infolge dessen die
freisinnige Verfassung von 1848, die 1857
nach wiederholten Unruhen in mehr kon-
servativem Sinne umgestaltet ward.
Freiburg, 1) (F, im Breisgau) Kreisst. in
Baden, an der Dreisam, 20,793 Ew. Sitz
eines Erzbisoh., herrl. goth. Münster (1152—
1513 erb. , Thurm 356' h.), kathol. Univer-
sität (seit 1457), Forstinstitttt, zahlr. ludn-
strieanstalten , Fabriken. — 2) (i''. unterm
FürgUnUein) Stadt im preuss. Regbz. Bres-
lau, Kr. Schweidnitz, an der Polsnitz, 6429
Ew. Dabei Schloss J^rstenstein.
Freicorps (spr. «kohr), Trappen, welche,
nur für die Dauer eines Kriegs errichtet,
keinen integrirenden Theil der stehenden Ar-
mee ausmachen, aus Freiwilligen bestehend.
Freidaak ( Vrtdank), Verfasser eines mittel-
hochdeutschen didakt. Gedichts ,Bescheiden-
heit* (d. i. Einsieht, Belehrung), das um
1229 entstand, ein Sittenspiegel der damal.
Zeit. Ob der Name ein angenommener (Wal-
ther V. d. Vogelwelde?) oder wahroTi ist
unentschieden. Ausgubarvon W. Orimm, 2.
Aufl. 1860, neudeutsch von BtKmeisUr 1860.
Fr^lAenktr (Freigeia), ein Mensch, der
im Denken und Urtheilen, namentlich auf
dem religiös - kirchlichen Qebiete, sich an
keine Autorität bindet. S. Deltmu»,
, Freie (Frilinge), bei den alten Germanen
der Mittelstand, die Hauptmasse und der
Kern des Volks , aus dem die Edelinge
hervorgingen, begriff die freigebornen Voll-
bürger und Besitzer eines Guts, welches
sie zum Dienst Im Heerbann verpflichtete,
sclimolz infolge des Aufkommens des Va-
sallenthums mehr und mehr zusammen und
bestand seit Ende des 12. Jahrb. nur noch
in geringen Besten eines freien Bauern-
standes, in den städtischen Bürgerschaften
und in dem niederen Adel fort. *
Freie Gemeinden, religiöse Gemeinschaf-
ten , welche sich von den bestehenden
Protestant. Landeskirchen und deren Lehr-
begrilfe losgesagt und selbständig konsti*
tuirt haben, hervorgerufen durch den Kampf
der freien christlich • rationellen Bichtnng
geg^n die pietistisch-mystische Orthodoxie.
Der erste Verein dieser Art war der der
pr(deKtanL Freunde (Lichtfrennde), 1841 zu
Magdeburg gegründet. Hauptleiter: Üblich,
König, Wislicenus, Duncker, Schwetschke,
Sintenis, Baltzer u. A. Die erste wirkl. freie
Gemeinde bildete sich Jan. 1846 in Königs-
berg unter Rupp, dann folgten die zu Halle
(1846), Magdeburg, Halberstadt, Nordhausen,
Marburg, Quedlinburg (1847) u. a. O. 6.-8.
Sept. 1848 Versammlung der Abgeordneten
der f.n G. zu Nordhausen. Bakenntniss :
Glaube ■ an Gott und sein ewiges Reich,
wie es von Christus in der Welt eingeführt
worden. Völlige Autonomie der Gemeinden ;
daher keine äussere Einigung zu einem
Ganzen und Verschwinden des specifisch-
christl. Elements. Die Verhältnisse der
,Dissidentengemeinden* wurden zuerst durch
Toleranzedikt vom 30. Kärz 1847 geregelt.
Während der Bewegungen von 1848 huldig-
ten die f.n G. und deren Führer mehr und
mehr dem polit. Radikalismus. Infolge da-
von wurden sie mehrfach beschränkt, hier
und da, z. B. in Sachsen und Hessen (1851),
gaua verboten und au^eiöst. 3. Bundes-
versammlung 7. Juli 1865 zu Gotha. Seit-
dem fristen die f.n G. bes. infolge der Un-
entschiedenhelt über die religiösen Prin-
cipien ein kümmerliches Dasein.
Freie Künste (Artes liberales , ingenuae
oder bonae) , bei den Alten diejenigen
Kenntnisse und Fertigkeiten, die man des
freien Mannes würdig eraobtete, im Gegen-
satz zu den meist mechan. Beschäftigungen
der Sklaven (artes ilUberalos); gewölinlidi
7: Grammatik, Arithmetik, Geometrie, Musik,
Astronomie, Dialektik und Rhetorik.
Freienwalde^ Stadt im preuss. Regbz.
Potsdam, Hauptort des Kr. Oberbarnim, au
der alten Oder, 5119 Ew. Alexandrinenbad.
Freie Stidle, die 3 Städte Hamburg, Bre-
men, Lübeck (bis 1866 auch Frankfurt a/M.).
Freie Wirtksehaft, Ackerbausystem ohne
bestimmte Fruchtfolge.
Freilfut) Güter und Waaren, welche von
gewissen Abgaben frei sind; Bauerngut, wel-
ches nicht zu Frohnen etc. verpflichtet ist,
sondern nur die gewöhnlichen Landsteueru
oder einen Freitin» zahlt. Die Besitzer
eines solchen Freisassen,
Freikafen^ Hafen, wo Schiffe aller Na-
tionen frei oder gegen n>ässigen Zoll ein-
laufen und Handel treiben dürfen.
Freiheitsb&nmey Symbol der Freiheit, zu-
erst in Nordamerika während des Unabhän-
gigkeitskriegs, dann in Frankreich während
der Revolutionen errichtet.
FreUieltgaifltie, die rothe, spitze Mütze
der zu Marseille befireiten Galeerensträflinge,
wäiirend der firanz. Revolution von 1789
Freibeitssymbol, bes. der Jakobiner.
Freiligrath, Ferdinand, Dichter, geb. 17.
Mai 1810 in Detmold, ursprüngl. Kaufmann,
privatislrte später in der Schweiz und am
Rhein, musste 1849 infolge seiner Bethei-
ligung an der Revolution Deutschland ver-
lassen, bekleidete in London lauge Zeit
eine Stelle in einem Geschäftahause , Hess
sich 1868 in Stuttgart nieder. Werke: ,Ge-
diohte* (zaerst 1838; 20. Aufl. 1862), aus-
gezeichnet durch grossartige, auch seltsame
660
Freimaurerei — Freizügigkeit.
Stoffe und kühn« , glünzende Darstellung ;
polit. Dichtungen (,61auben8bekenntnisBS
1844, »Neuere polit. Gedichte*, 1849 f., etc.)
u. meisterhafte Uebersetzungen Ton V . Hugo
(1836), Longfellows ,Hiawatha* (1857) u. A.
Gesammelte Werke (1870 ff.).
Freimmurerei (Maurereit Jtfasone«), unter
hesondern Formen bestellende, weit Ter-
breitete geheime Gesellschaft, als deren
Zweck Ton Einigen Wohlthätigkeitsubung,
von Andern die Pflege und Förderung reinen
Menschen- und Weltbürgerthums angegeben
wird. Der Ursprung der F. ist in den
Bauhütten (s. d.) des Mittelalters eu suchen,
der neuere Freimaurerbund aber entstand
1717, indem damals die Tier in London
noch bestehenden Logen oder Bauhütten
zu einer sogen. Grossloge zusammentraten,
welche die Werkmaurerei aufgab und sich
die Au^be stellte, den geistigen Bau, d. i.
die Erhebung und Einigung der Menschheit
zu befördern. Als gesellschaftliches Band
behielt man Ton der alten Zunft die Grund-
lagen der Verfassung, die Handwerks-
gebräuche und das Siegel der Verschwie-
genheit bei. Am 24. Juni 1721 wurden 88
vom Grossmeister Payne aus Schriften und
Urkunden der Masonen gesammelte und
zusammengestellte Verordnungen (regula-
tions) sanktionirt und 1723 das auf Grund
jener Ton dem anglikan. Ctoistlichen An-
derson ausgearbeitete und Ton der Gesell-
schaft angenommene Gesetzbuch Tcröffent-
licht. Bis 1766 waren Ton der Grossloge
zu London aus bereits 480 Logen konstl-
tuirt, nämlich 208 im Weichbilde Ton Lon-
don, 178 sonst in England, 94 auf dem
Kontinent Ton Europa, in Alirika, Asien,
Nordamerika und Westiudien. 17S7 ward
als die erste Loge in Deutschland die zu
Hamburg gegründet; ihr folgten die zu
Braunschweig 1788, Berlin (von Friedrich II.
1744 zur grossen Loge erhoben) u. Dresden
1740, Leipzig 1741. Die Gesellschaftsformen
wurden bes. in England, Frankreich und
Deutschland ausgebildet. Bald suchten
andere geheime Gesellschaften, B.osen-
kreuzer, Schotten, Tempelherren, Jesuiten
und Illuminaten die F. ihren Zwecken
dienstbar zu machen, und es entstanden
eine Unzahl tou wunderlichen Systemen
und Graden , aber auch Zwistigkeiten,
welche das Fortbestehen des Bundes in
Frage stellten. 1783 ward in Frankfurt a/M.
und Wetzlar der «eklektische Bund* ge-
stiftet als freie Vereinigung Ton Logen,
die ft-ei Ton Sektengeist und Schwärmerei
und im Genüsse Tollkommen gleicher Rechte
in der Bearbeitung der drei Johannisgrade
sich die Wiederherstellung der alten ächten
Maurerei zur Aufgabe stellten. Seit Beginn
des 19. Jahrb. sucht man die F. nach ihrer
geschichtlichen und philosophischen Seite
zu erforschen und darzustellen. Trotz der
Anfeindungen und Verfolgungen, welchen
.sie von Anfang an ausgesetzt war (päpstl.
Verdammungsurtheile von Clemens XH.
1738, Benedikt XIV. 1751, Plus Vn., Leo XU.
und Pius IX. in der AUokution vom 25. Sept.
1865), hat sie bei allen gebildeten Völkern
der Erde Eingang gefunden. Man sahli
jetzt über 8000 Logen, darunter 74 Oroas-
logen : 10 in Deutschland, 1 in der Schweiz,
1 in Italien, S in Grossbritannien, 1 in den
Niederlanden, 2 in Belgien, 2 in Frank-
reich, 1 in Dänemark, 1 in Schweden, 1 in
Portugal, 40 in den Vereinigten Staaten
Ton Nordamerika, 1 in Ganada, 7 in den
südamerikan. Staaten , 1 auf Haiti , 1 auf
Guba. In mehreren Ländern gehörten und
gehören Prinzen und regierende Fürsten
dem Bunde als Protektoren desselben an.
Vgl. Klo*9, ,Gesch. der F.*, 1847; KelUr,
,Ge3ch. des eklekt. Freimaurerbnndes*, 1857,
und ,Gesch. der F. in Deutschland*, 1859;
Finden, ,Bauhütte*, 1858 ff., und .Gesch. der
F.*, 2. Aufl. 1866.
Freischaaren (Frei^härler), Kriegsscbaa-
ren , welche sich ohne Autorisation von
Seiten des Staats durch freiwilligen Zuzug
bilden, erst in der neuesten Zeit auftretend.
Frei Sehlir, frei Gut, Tölkerrechtl. Grond-
satz, wonach die Flagge die Waaxe deckt.
FreischiitSy nach der Sage ein Schütz,
der sich durch einen Bund mit dem Teufel
sogen. Fretkugdn Terschafft, Ton denen 6
unfehlbar das gewünschte Ziel treffen, wäh-
rend die 7. Tom Teufel die Richtung erhält.
Freising, alte Stadt in Oberbayem, an
der Isar, 7839 Ew.; Bischofsalts (seit 724).
Zweitfaürni. BasUika (von 1159) , theo!. Fa-
kultät, Lehrerseminar; dabei die ehemal.
Benediktinerabtei Weikenttephan, jetzt kgl.
Schloss und Musterwirtfaaehaft mit ber.
landwirtfaschaftl. Oentralschule (seit 1852).
FreiaiBger Moos^ s. t. a. Erdinger Moos,
s. Erding,
FreiBtMty Kreisst. im preuss. Segbz.
Li^nitz, an der Sieger, 34S4 Ew.
Freiti^, der 6. Wochentag, benannt nach
Freya (s. d.), lat. die» Veneris; bei den Mo-
hamm^anem der geheiligte Kuhetag.
Freiwaldan, Stadt in Oesterr.-Schlesien,
anderBiela, S694£w. Wichtige Leinenfabr.
Freiwillig« (fir. voUuUairs), im Gegensatz
zu den Ausgehobenen (Konskribirten) solche
Soldaten, welche aus fireiem Willen in da^
Hedr treten, entweder um einem Feldzug
beizuwohnen oder durch Ausrüstung aaf
eigne Kosten und Versichtleistung auf Sold
ihre Dienstzeit abzukürzen, wie die ein-
jährigen F.n der deutschen Reichsarmee,
welche den Besuch einer höhereu Schule bis
zu einer gewissen Klasse nachweisen oder
sich einem Examen unterwerfen müssen,
um diese Vergünstigung su erlangen.
Freiwillige CierlMitsbarkeity die Befog-
niss der Grerichte, bei nicht streitigen Recht:i-
gesehäften beglaubigend oder bestätigend
mitzuwirken , wie bei Veräusserungeu nnd
Verpfändungen von Grundeigenthum, bei
Errichtung Ton Testamenten, EheTerträgen,
Erbschaftsregulirungen etc. Auch dasVor-
mundschaftswesen fällt unter die f. G.
Freüsigigkeit, die Freiheit, ans einon
Staate in einen andern auszuwandern, obs«
Abaugsgeld entrichten zu müssen, ward
durch Bnndesbeschlnss Tom 28. Jnni 1817
für Deutschland festgestellt, Tollständis
rejtlisirt erst im norddeutschen Bond*
Frejus — Friaul.
651
Fr^ttS (spr. -sobäs), Stadt im franz. De-
part. Var, ani Mittelmeer, 3887 Ew. Das
alte Forum Julii, Hanptstation der röm.
Flotte inGalUen (mit 100,000Ew.). 87. April
1814 Einschiffung Napoleons I. nach Elba.
Fremdenlegioii y Truppe, welche durch
Anwerbung von Freiwilligen, auch solchen
aus dem Auslande, gebildet wird, In der
Regel für auswärtige Kriege. Am bekann-
testen ist die fratu. F., welche 1831 aus
polit. Flüchtlingen fremder Nationen, Aben-
teurern etc. für den Dienst ausserhalb des
Landes, namentlich in Algerien, gebildet,
1835, etwa 5000 Mann staric , der span, Re-
gierung für den Krieg gegen Don Garlos
überlassen ward und tapfer kämpfend bis
auf wenige Ueberreste zu Grunde gingJ
Gegenwärtig besteht in Algerien noch ein
Frenidenregiment.
Fremont (spr. -mong), John Charit»,
amerikan. Entdecker und GenenJ, geb. 21.
Jan. 1813 in Savannah im Staat Georgia,
seit 1838 Ingenieurlieutenant, erforschte
1842—45 den Westen Nordamerikas bis
Kalifornien, ward zum Gouverneur dieses
neuen Gebiets ernannt, 1856 von der repu-
blikan. Partei als Präsidentschaftskandidat
aufgestellt, unterlag aber gegen Buchanan,
erhielt Juli 1861 als Generalmajor das
Kommando von Missouri, erliess 81. Aug.
d. J. eine Proklan^^tion zur Befreiung der
Sklaven in den secessionist. Staaten, welche
von "Washington aus desavouirt ward und
seine Abberufung zur Folge hatte, ward
1862 zum konunandirenden General im
virgin. Bergdepartement ernannt, nahm
1862 seine Entlassung und lebt seitdem als
Privatmann in Newyork.
Fr^re-OrbUy Hvbert Joteph Walther, belg.
Staatsmann, geb. 22. April 1812 zu Lütticb,
wajrd 1832 Advokat das., 1847 MitgUed der
aweiten Kammer, Aug. d. J. Minister der
öffentlichen Arbeiten, Juli 1848 der Finan-
zen, gab Okt. 1852 seine Entlassung, Nov.
1857 und Okt. 1861 abermals Finanzminister,
verdient durch Steigerung der Staatsein-
nahmen, Herstellung grossartiger Staats-
bauten (Befestig^nng von Antwerpen), Haupt-
fährer der belg. Boktrinärs.
Frerlehs, Friedrich Theodor, Kliniker,
geb. 24. Karz 1819 zu Aurich, früher in
Breslau, ward nach Scbönleins Tode Prof.
der Innern Medicin und Direktor der Klinik
in der Charit^ in Berlin, auch vortragender
Rath im Ministerium. Gehört der patholog.-
anatom. Richtung an. Sehr. »Medicin. Kli-
nik' (2. Aufl. 1861-62, 2 Bde.); ,Klinik der
Leberkrankheiten' (1859—62, 2 Bde.).
Freecomalerei • Art der Wandmalerei,
welche auf frischer oder nasser Mauer (al
fretco) ausgeführt wird ; beruht ihrem We-
sen nach auf dem Umstände, dass die in
Wasser gelösten Farbstoffe (mineral. Ur-
sprungs) in den eben aufgetragenen frischen
Mörtel eindringen und sich mit den Be-
standtheilen desselben, Kalk und Sand, zu
^ einem neuen Körper chemisch verbinden,
welcher der Oberfläche einen festen krystal-
linischen, in Wasser schwer löslichen Ueber-
sag glbti bedarf einer besonders sichern
Hand und eines für die Farbenveränderung
(nach dem Troclmen) geübten Auges, da ein
nachheriges Uebermalen von etwas Miss-
lungenem nicht möglich ist. Schon den
Alten bekannt ^ompeji) j neuerdings durch
die Stereochromie (s. d.) verbessert.
FreaenlBS, Karl Bemigius, Chemiker, geb.
28. Dec. 1818 in Frankfurt a^. , Prof. der
Chemie, Physik und Technologie am land-
wirtbschaftl. Institut in Wiesbaden ; höchst
vordient um die chemische Analyse und die
Kenntniss der Mineralwässer. Sehr. ,Anlei-
tung zur qualitativen Analyse' (1. Aufl. 1841,
13. Aufl. 1870); ,Anleitung zur quantitativen
Analyse' (5. Aufl. 1864); redigirt seit 1862
die ,2ieitschrift für analyt. Chemie'.
Fresael (spr. Fränell), AuguUin Jean,
firanz. Physiker, geb. 10. Mai 178&zu Broglie,
Depart. Eure, lebte in Paris; f 14. Juli
1827 zu Ville d'Avray bei Paris. Sehr ver-
dient um die Optik (Diffraktion, Refraktion,
Polarisation), Begründer der neueren Un-
dulationstheorie, vervollkommnete die Kon-
struktion der Leuohtthürme.
Frett Qiustela Furo L.), Raubthier der
Gattung Wiesel, 13Va", in Afrika, Europa,
dient zur Kanincheujagd, sehr blutgierig.
Frendenstadt y Stadt im würtemberg.
Schwarzwaldlcreis, nahe der Murg, 5182 Ew.
FreBdentlial) gewerbsame Stadt inOester-
reich.-Schlesien, am Schwarawasser,6440Ew.
Freimdscliaftsliiselii (Tonga-Iiudn), Insel-
gruppe in Polynesien , im O. der. Fldschi-
insehi, meist kleine niedrige (bis auf 4 hohe
vulkan.) Inseln, ca. 18 QM. mit 20,000 Ew.
Letztere sind Australindier , grösstentheils
Protestanten , und übertreffen au Bildung,
Kunstfertigkeit und poUt. Ordnung alle
übrigen Insulaner. Der grösste Theil der F.
steht unter dem protest. König von Vavau.
Freya» skandinav. Göttin, Tochter Niörds
und Schwester Fre^^rs , dem Wanenge-
schlechte angehörig, jung und schön, Ctötdn
der Liebe, aber auch des Todes; fährt auf
einem mit Katzen bespannten Wagen.
Freyr, skandinav. Hauptgott, Sohn Niörds,
Bruder der Freya, gebietet über Meer und
Luft, segnet Erde und Menschen mit Frucht-
barkeit, tödtete den Riesen Bell und hei-
rathete dessen Schwester Gerd.
Frertagy Gustav, Schriftsteller, geb. 13.
Juli 1816 zu Kreuzburg in Schlesien, erst
Privatdocent für deutsche Literatur in
Breslau, Hess sich 1845 in Dresden, 1848 in
Leipzig nieder, lebt theils hier, theils auf
seinem Landsitz Siebleben bei Gotha. Nam-
hafter Dramatiker (,Die Valentine', 1847,
,Graf Waldemar', 1847 , ,I>ie Journalisten'
und «Die Fabier', 1854) und Romandichter
(,Soll und Haben', 15. Aufl. 1870, ,Die ver-
lorne Handschrift', 5. Aufl. 1869); sehr,
ausserdem ,Bilder aus der deutscheu Ver-
gangenheit* (1867, 4 Bde.), ,Die»Technik des
Dramas' (1865), ,K. Mathy' (1870) u. A. Die
Redaktion der ,Grenzboten*, die er 1848 mit
J. Schmidt übernommen, gab er 1870 auf.
Friaul (ital. Friuli), vormals selbständ.
Herzogtbum, die venetian. Prov. Udine, die
Grafsch. Görz und Gradiska und den
idrianer Bezirk des Grossherzogtb. Krain
652
Frickthal — Friedrich.
amCusend, 175V« QM. Die Ew. (Furianer)
Bind meist Italiener, mit besouderem Dia-
lekt. Ursprünglich von Karniem bewohnt,
ward das Land im 6. Jahrh. eins der 36
longobard. Herzogthümer. Karl d. 6r. setzte
Grafen ein, die zugleich die Mark Treviso
zu überwachen hatten. Durch Niederpan-
nonien und Kämthen yergrössert, ward F.
820 zur Markgrafschaft erhoben und 827 in
vier Grafschaften eingetheilt. Unter den
folgenden Markgrafen erklärte sich Beren-
gar I. 888 zum König von Italien. Nach
seinem Tode (924) ward F. nach Abtrennung
Istriens und der Mark Verona wieder blosse
Grafschaft. 1028 überliess der Kaiser Kon-
rad II. den grössten Theil F.s (das sogen,
venetian. F.) dem Patriarchen Poppo von
Aquileja; 1420 kam es unter venetian. Bot-
mässigkeit, im Frieden von Campo Formio
1797 mit Venedig an Oesterreich, im Frieden
von Pressburg (1805) an das Königreich Ita-
lien. Das Österreich. F. (früher den Grafen
von Tirol gehörend) ward 1809 zu den illyr.
Provinzen geschlagen. 1814 fiel ganz F. an
Oesterreich zurück, 1865 an Italien.
Frickthal, Thal im Kant. Aargau , 5Va
QM. mit den Dörfern Ober' und Unterfrick
und ca. 20,000 Ew.; bis 1802 österreichisch.
Fridericia (Friedrichsodde), Stadt und
Festung in Jütland, am kleinen Belt, 6261
Ew. 6. Juli 1849 siegr. Gefecht der Dänen
gegen die Schleswig-Holsteiner.
Friedberg, 1)F. inderWetterau,Kreisst.u.
ehemal. Reichsstadt in der hess. Prov. öber-
hessen, 4773 Ew. Goth. Kirche. Dabei die
Burg F. (friedberger Warte), einst Sitz der
Burggrafen der wetterauischen Kitterschaft
(Jetzt Seminar und Taubstummenanstalt); —
2) 8. Bohenfriedberg. [Frankfurt, 6014 Ew.
Frledebex^, Kreisstadt im preuss. Kegbz.
Friedensfreiinde, Gesellschaft, an deren
Spitze Cobden, Elihu Burritt, Ducp6tiaux
u. A. standen, suchte Regierungen und
Völker für die Idee des ewigen Friedens
zu gewinnen, veranstaltete zu diesem Zweck
Friedentkongresse zu Brüssel (1848), Paris
(18491, Frankftirt (1850), London (1851).
FnedenBgerlehte (Sehiedagerichte) , Be-
hörden zum Versuch der gütlichen Aus-
einandersetzung bei Rechtsverletzungen u.
Rechtsstreitigkeiten, zuerst in England von
Eduard III. 1360, in Frankreich durch Ge-
setz vom 24. Aug. 1790 eingeführt, von da
in die Rheinlande übergegangen, in Rheiu-
preussen durch Verordnung vom 14. Mal
1843 hinsichtlich der Kompetenz beschränkt.
Friedland, 1) Stadt im böhm. Kr. Bunz-
lau, an der Wittich, 4259 Ew. ; histor. merk-
würdiges Schloss. Ehedem Hauptort des
Herzogth. F., das Albreoht von Wallonstein
(Friedländer) besass. — 2) Stadt im Gross-
herzogth. Mecklenburg-Strelltz, 5079 Ew. —
8) Kreisst. fm preuss. Regbz. Königsberg,
an der Alle, 8412 Ew.; 14. Juni 1807 Sieg
Napoleons über die Russen und Preussen.
rriedloslgkelt, im altgerman. Prozesse
der Zustand eines in die Acht Verfiillenen,
der seiner bürgerl. Rechte verlustig und
des persönl. Rechtsschutzes beraubt war.
Fnedrieh, l) rlim. - deuteche Kaiser: a)
F. I., der Soihbart (Barbarona) , der 2.
deutsche Kaiser aus dem Hause der Hohen-
staufen, geb. 1121, Sohn des Herzogs Fried-
rich des EInäugrigen von Schwaben, folgte
diesem 1147 in der herzogl. Würde und
1152 seinem Oheim Konrad III. auf dem
Kaiserthron, suchte in 5 Zügen nach Italien'
(1154, 1158, 1161, 1166 und 1174) die kaiserl.
Macht das. herzustellen, zerstörte 1162
Mailand, erlitt bei Legnano (29. Mai 1176),
von Heinrich dem Löwen in Stich gelassen,
eine Niederlage, schloss 1185 zu Konstanz
Frieden mit den lombard. Städten , in wel-
chem diesen volle Freiheit u. Föderations-
recht, dem Kaiser aber die Oberherrlichkeit
zugestanden ward. Nachdem er inzwischen
(1180) Heinrich den Löwen zur Unter-
werfung gezwungen, verlieh er Bayern dem
Pfalzgrafen Otto von Witteisbach und ver-
mählte 1186 seinen Sohn Heinrich mit Kon-
stantia, der Tochter u. Erbin des normann.
Königs Roger von Apulien und Sicilien,
unternahm 1189 einen Kreuzzug, schlug
die Seldschuken bei Philomelium (14. Mai
1190) und Iconium, Iknd aber beim Ueber-
gang über den FIuss Oalycadnus bei Seleu-
cia (10. Juni 1190) seinen Tod. Den Rest
der Kreuzfahrer führte sein Sohn, Friedrich
von Schwaben, geb. 1166, nach Tyms; -f 1191
zu Akko an der Pest. Nach der Volkssage
schläft der Kaiser F. im KyfThäuser, um
einst Deutschlands Macht wiederherzustel-
len. Vgl. Voigt f ,Gesch. des Lombarden-
buudes und seines Kampfes mit Kaiser
F. I.', 1818; Prttts, ,Kaiser F. I.*, 18V1 f.
— b) F. IL, Enkel des Vor., Sohn- Kaiser
Heinrichs VI. und der Konstantia von
Sicilien , geb. 26. Dec. 1194 zu Jesi in der
Mark Ancona, stand bis 1209 unter der
Vormundschaft des Papstes Innocenz IH.,
übernahm dann die Regierung seines £rb-
landes beider Sicilien, erschien 1212 in
Deutschland und ward 1215 zu Aachen als
Kaiser gekrönt, verweilte später nur noch
einmal (1235 — 37) in Deutsehland , brachte
(1228) durch friedlichen Vertrag mit dem
Sultan Kamel Jerusalem und die heiligen
Städte wieder in christliche Gewalt. Vom
Papst Gregor IX. in den Bann gethan,
hatte er mit diesem und dessen Nachfol-
gern Cölestin IV. und Innocenz IV., sowie
mit den lombard. Städten die erbittertsten
Kämpfe zu bestehen, schlug die Lombarden
(26. und 27. Nov. 1237) bei Cortennovo, er-
oberte Ravenna und drang bis Rom vor.
Von einem Koncil zu Lyon für abgesetzt
erklärt, hatte er in Deutschland 2 Gegen-
könige, Heinrich Raspe und Wilhelm von
Holland, zu bekämpfen ; t ^S* T^ec, 1250 zu
Fiorentino. Hochsinnig und vielseitig ge-
bildet, aber mehr Italiener als Deutscher.
Vgl. Sber ihn Schirrmacher (1859—65, 4 Bde.)
und Winckelmann (1803), — c) F. III. , der
Schöne, Gegenkönig Ludwigs des Bayern
seit 1314, Sohn des deutschen Königs Al-
brecht I., geb. 1286, seit 1308 Herzog von
Oesterreich, auf einer Tonue bei Bonn in «
freiem Felde gekrönt, focht erst glücklich
gegen seinen Rivalen, ward dann (28. Sept.
1922) bei Mühldorf von ihm geschlagen und
Friedrich.
653
e&fsLiigen. 1325 aus seiner Gefangenschaft
auf der Barg Trausuitz unter der Bedingung
entlassen , dass er Ludwig als Kaiser an-
erkenne und auch die Seinigen zu dessen
A nerkennung bewege , stellte er sich , da
ihm letzteres nicht gelang, freiwillig wieder
als Gefangener, worauf Ludwig die alte
Jugendfreundschaft mit ihm erneuerte und
selbst die Kelchsregierung mit ihm theilen
wollte. F. t 13. Jan. 1330 auf dem Gutten-
stein. — d) F, IV., als röm. Kaiser "F. III.,
als Brzherzog von Oesterreich F. V., Sohn
Herzog Emsts des Eisernen, geb. 21. Sept.
1415 zu Innsbinick, reg. seit 1435 mit seinem
Bruder, Älbreeht dem Yerschwender, in
Steiermark, Kämthen und Krain, ward 1439
zum Kaiser gewählt und 1442 zu Aachen
gekrönt. Unthätig, indolent und schwach.
Unter ihm fielen die Ungarn 1445 und 1452
in Oesterreich ein, kam Mailand 1447 an den
Usurpator Sforza. Er schloss 1448 mit dem
Papst das wiener Konkordat ab, wodurch
alle die päpstliche Macht beschränkenden
Beschlüsse des baseler Koncils zurückge-
nommen wurden. Der letzte deutsche Kai-
ser, der zu Rom (1552) gekrönt ward ; f 1^-
Aug. 1493 zu Linz. Astrolog, Alchemist
und Botaniker. Vgl. Chmel, ,Geschichte
F.s IV.S 1840-43, 3 Bde.
2) Könige von Dänemark: a) F. /., Sohn
Christians L, geb. 1471, ward 1523 von den
dän. Standen zum König erwählt, suchte
den Wohlstand des Landes zu heben, be-
günstigte die Reformation; f 1533. — b)
F. II.» Sohn Christians III., geb. 1534, suc-
cedlrte 1559, unterwarf die Dithmarsen,
kämpfte erfolglos gegen Schweden, beför-
derte Ackerbau und Handel; f 1588. — c)
F, III., Sohn Christians IV., geb. 18. März
1609, ward als Jüngerer Prinz 1623 Bischof
von Verden, 1635 Erzbischof von Bremen,
Buccedirte nach dem Tode seines Bruders,
des Kronprinzen Christian (1647), in Schles-
wig-Holstein, wurde auf dem Reichstag zu
Kopenhagen April 1648 zum König von
Dänemark und Norwegen gewählt; f 9.
Febr. 1670. Ueber ihn s. Dänemark, Gesch.
— d) F. IV., Sohn Christians V., geb. 11.
Okt. 1671 zu Kopenhagen, succedirte 25.
Aug. 1699 , verbündete sich mit August II.
von Polen u. Peter I. von Russland gegen
Karl XII. von Schweden, musste Im Frie-
den von Travendal 18. Aug. 1700 diesem
Bündniss entsagen, erneuerte dasselbe 1709,
erhielt im Frieden von Friedrichsburg 3.
Juli 1720 den gottorp. Antheil von Schles-
wig, hob die Leibeigenschaft auf; f ^^«
Okt. 17S0. — e) F. V., Sohn Christians VI.,
geb. 31. Mftrz 1723, succedirte 1746, reg.
im Sinne des damal. aufgeklärten Despo-
tismus; t 14. Jan. 1766. — f) F. VI., Sohn
Christians VTI., geb. 28. Jan. 1768 zu Kopen-
hagen, seit 14. April 1784 Mitregent seines
geistesschwachen Vaters, succedirte diesem
13. März 1808; f 3. Bec. 1889. S. Dänemark,
Gesch. Vgl. Giesiing , ,Zur R^ierungs-
gesch. F.s VI.*, 1855, 2 Bde. - g) F. VII.,
SohQ Christiana VIU., geb. 6. Okt. 1808 zu
Kopenhagen, ward 1839 Mitglied des Staats-
raths und Gouverneur von Fünen, succe-
dirte 20. Jau. 1848, verlieh 5. Juui 1849 ein
demokrat. Grundgesetz; f 15. Nov. 1863.
S. Dänemark, Gesch. Mit ihm erlosch die
ältere Linie des Oldenburg. Königshauses.
Vgl. über ihn Gieasing (1865).
3) Kurfürsten von Brandenburg: a) F. I.,
Sohn Friedrichs V. von Hohenzollern, Burg-
grafen von Nürnberg, geb. 1372, folgte seinem
Vater 1389 in den fränk. Besitzungen, er-
hielt für die dem Kaiser Sigmund geleiste-
ten Dienste 1411 die Mark Brandenburg
verpfändet, 1415 dieselbe nebst der Kur-
würde erb- und eigenthümlich ; f 20. Sept.
1440 zu Kadolzburg. ~ b) F. Wilhelm , der
grosse Kurfürst, Sohn des Kurfürsten Georg
Wilhelm, geb. 6. Febr. 1620 zu Köln an der
Spree , folgte seinem Vater 1. Dec. 1640 in
der Regierung, förderte nach dem west-
phäl. Frieden die WiederbevÖIkeruug seines
Landes durch Herbeiziehung holländ. Ein-
wanderer, focht 1655 im Bunde mit Schwe-
den gegen Polen, dann mit Polen , Däne-
mark u. Holland verbündet gegen Schwe-
den und erhielt im Frieden von Oliva 1660
die Bestätigung der Souveränetät des Her-
zogth. Preussen. Als 1672 Ludwig XIV.
Holland angriff, schloss er mit letzterem
ein Bündniss, veard aber durch den Einfall
der Franzosen in seine westphal. Besitzun-
gen zum Vertrag von Vossem (16. Juni
1673) genöthigt, nach welchem er vom
Bündniss mit Holland zurücktrat. Nach
Erklärung des Reichskriegs au Frankreich
(1674) focht er mit der Reichsarmee im
Elsass gegen die Franzosen , wandte sich
dann gegen die Sch]vedeu, die auf Lud-
wigs XIV. Anstiften in die Mark eingefal-
len waren, schlug sie bei Fehrbellin (18.
Juni 1675) und eroberte Schwedisch - Pom-
mern, verzichtete aber darauf, vom Kaiser
und Reich verlassen , im Frieden von St.-
Germain-en-Laye (29. Juni 1679). Zur Ab-
wehr der von Ludwig XIV. auf die pfälz.
AUodialhiuterlasseuschaft erhobenen An-
sprüche erneuerte er 1685 sein Bündniss
mit Holland und mit dem Kaiser, unter-
stützte diesen im Krieg gegen die Türken
mit 8000 M. Hülfstruppeu: f 29. April 1688
zu Potsdam. Gründer der Grösse des prouss.
Staats. Vgl. Förster, ,Gesch. F. Wilhelms
etc.*, 4. Aufl. 1855; Frdmannsdörffer , .Ur-
kunden und Aktenstücke etc.*, 1864 f.; Feter,
,Der Krieg des grossen Kurfürsten gegen
Frankreich*, 1870.
4) Könige von Preussen: a) F. I., als Kur-
fürst von Brandenburg F. III., Sohn des
grossen Kurfürsten, geb. 22. Juli 1657 zu
Königsberg, sollte nach dem Testamente
seines Vaters diesem nur in der Kurwürde
und in den Kurländern folgen, die anderen
Besitzungen seinen Brüdern überlassen,
erklärte aber das Testament für ungültig
und trat 1688 die Regiei'ung sämmtlicher
Länder an. Er unterstützte den Prinzen
Wilhelm von Oranien bei dessen Unter-
nehmen gegen England, stellte zur Reichs-
armee gegen Frankreich 1689 20,000 Mann
und dem Kaiser in Ungarn gegen die Tür-
ken 6000 Mann (1691). Er erwarb durch
Kauf Quedlinburg und Nordhausen von Kur-
654
Friedrich.
sacbsen, die Orafschaft Tecklenburg von
den Grafen Ton Solms - Braunfels , durch
Srbschafl Neufchatel nnd Valengin and
1708 die Grafschaften Mors und Lingen,
nnd nahm Geldern nach Erlöschen des
habsbnrg - span. Maunsstammes in Besitz.
Nachdem im sogen. Kronentraktat 16. Nov.
1700 2n Wien der prenss. KönigstiteJ vom
Kaiser anerkannt worden, setzte er sich
18. Jan. 1701 zn Königsberg die Königskrone
anf (Stiftung des schwarzen Adlerordens),
unterstützte den Kaiser im Span. Erbfolge-
krieg mit 20,000 Mann; t 25. Febr. 1718.
Prachtliebend, Grander der Universität
Halle und der königl. Akademie der Wissen-
schaften, wie der der Künste zu Berlin. —
b) F. Wilhelm I. , Sohn des Vor. , geb. 3.
Ang. 1688, succedirte 1713, erwarb in dem-
selben Jahre Limburg, verbündete sich 1715
mit Rassland , Karsachsen und Danemark
gegen Schweden, eroberte Rügen n. Stral-
sund und erhielt im Frieden von Stockholm
(1. Febr. 1790) Vorpommern bis an die
Peene gegen Zahlung von 2 Mill. Thlr. an
Schweden, verband sich 1725 mit England
nnd Holland gegen Oesterreich, dann zu
Wusterhausen 12. Okt. 1726 mit letzterem,
stellte Oesterreich im poln. Thronfolgekrieg
1733—35 10,000 Ifann Hülfstruppen; f ^^'
Mai 1740. Verdient um den Staat durch
Vermehrung der Militärmacht auf 70,000
Mann, Beförderung der Bodenkultur, der Ge-
werbe und des Handels nnd sparsame nnd
geregelte Finanzverwaltung (Steigerung der
Einkünfte des Landes auf 7,400,000 Thlr.,
Hinterlassung eines Schatzes von 9 Mill.
Thlr.), Verwandlung der Leibeigenschaft
in Erbunterthänlgkeit. Feind franz. Wesens ;
Tabakskollegium. Vgl. über ihn F&rsier
(1834-35, 3 Bde.); DroyBen (1869, 2 Bde.). —
c) F. IL, der OroMe, Sohn des Vor., geb. 24
Jan. 1712, büsste für seinen Fluchtversuch
darch strenge Haft in Küstrin, musste sich
gegen seine Neigung 1783 mit der Prinzessin
Elisabeth Christine von Braunschweig-
Bevem vermählen und lebte im Umgang
mit Gelehrten und Künstlern zu Rheinsberg.
Nach seiner Thronbesteigung 31. Mal 1740
benutzte er das Erlöschen des habsbnrg.
Maunsstammes, um Brandenburgs Rechte
auf die schles. Fürstenthümer Jägemdorf,
Liegnltz, Brieg und Wohlan geltend zu
machen. Von Maria Theresia abgewiesen,
eroberte er Dec. 17^ bis Jan. 1741 ganz
Schlesien, in dessen Besitz er durch die
Friedensschlüsse von Breslau (11. Juni 1742)
nnd Dresden (25. Dec. 1745) bestätigt ward.
Einem Angriff der insgeheim gegen ihn
verabredeten Koalition von Oesterreich,
Russland und Sachsen kam er durch seinen
Einfall in Sachsen (24. Aug. 1756) zuvor
und behauptete im 7jähr. Krieg (s. d.)
seinen Läuderbestand , widmete sich dann
mit Elfer der Organisation und Hebung des
Wohlstandes in seinem Lande. Bei der
ersten Theilung Polens (1772) erhielt er
Polnisch-Preussen nebst Grosspoleu bis an
die Netze mit Ausnahme von Danzig und
Thoru. Um die Besetzung eines grossen
Theils von Bayern durch Oesterreich zu
hindern, liess er Juli 1778 zwei Heere
in Böhmen einrücken und rettete durch
den Frieden von tTeschen (13. Mai 1779)
Bayerns Selbständigkeit, wie er auch seinen
Erbansprüchen auf die firink. Fürstenttiümer
Ansbach und Baireuth Anerkennung ver-
schaffte. 1780 fiel ihm durch Erlöschen des
Hauses Mansfeld der magdebarg. Theil
dieser Grafschaft zu. Durch den deutschen
Fürstenbund (s. d.) stellte er die Verfassang
Deutschlands gegen willkürliche Eingriffe
sicher. F. f 17. Aug. 1786 zu Sanssouci,
seinem Nachfolger ein um 1825 QM. ver-
grössertes Reich, einen Schatz von über
70 Mill. Thlr. , ein Heer von 200,000 Mann
und einen kräftig emporblühenden Staat
hinterlassend, der grösste Fürst, Feldherr
und Staatsmann seiner Zeit. Prachtausgabe
seiner Schriften (Geschichte, Staats- nnd
Kriegs Wissenschaft, Philosophie und Lite-
ratur betreifBud), 1846 — 57, 31 Bde. Vgl.
die Werke von Kolb (1828, 4 Bde.), F. Förster
(4. Aufl. 1860), Kugler(7, Aufl. 1870), Macmday
(deutsch 1857) und Carljße (deutsch 1858—6»,
6 Bde.). — d) F, Wilhelm IL, Neffe des Vor.,
Sohn des Prinzen August Wilhelm (f 1758),
geb. 25. Sept. 1744, reg. seit 1786, schickte
1877 eine Armee nach Holland, um den
vertriebenen Erbstatthalter wieder einzu-
setzen, schloss 15. April 1788 im Haag ein
Schutzbündniss mit England und Holland,
verbürgte der Pforte in einem Bündnisse
(1790) ihre Besitzungen und reizte dadurch
Oesterreich zum Krieg, dessen Ausbruch
aber durch den Frieden von Reichenbach
(27. Juli 1790) verhindert ward. Er ver-
band sich Aug. 1791 zu PiUnitz und 7.
Febr. 1792 zu Berlin mit Kaiser Leopold H.
zur Bekämpfung der franz. Revolution und
Hess ein Heer von 50,000 Mann unter dem
Herzog von Brannschweig in Frankreich
einrücken , schloss aber mit der franz. Re-
publik 5. Aug. 1795 den SeparatfHeden von
Basel; 1 16. Nov. 1797. Die innen Festigkeit,
sowie die Würde des Staats nach aussen er-
schüttert. Einführung des ,Preuss. Land-
rechts* (1794). Reaktionare Massregeln, die
Oensuredikte vom 19. Dec. 1788 und 5. März
1792 und das Religionsedikt vom 9. Juli
1788. Mätressenunwesen. Vgl. F. von Oöllnf
, Vertraute Briefe etc.', 1807 — 9, 6 Bde.
Biogr. von Koemar (1798). — e) F. Wü-
heim IIL, Sohn des Vor., g^b. 8. Aug. 1770,
vermählt 24. Dec. 1793 mit Luise von
Mecklenburg-Strelitz, reg. seit 1797, trat 3.
Nov. 1805 insgeheim der Koalition gegen
Frankreich bedingungsweise bei, schloss
aber 15. Dec. zu Wien eine vorläufige
Uebereinkunit mit Frankreich; worin er
Ansbach an Bayern, Kleve und Neuenbuiig
an Frankreich abtrat und dafür Hannover
erhielt. Die Besitsei^eiftang von diesem
Lande durch Preussen (1. April 1806) hatte
die Kriegserklärung Englands an Preussen
(11. Juni) zur Folge, die Jedoch (Aug.)
widerrufen ward. Die Errichtung des
Rheinbundes , welchem Preussen einen
norddeutschen Bund entgegensetzen wollte,
die Rficlq^be Hannovers an England und
der fortdauernde Aufenthalt französischer
Friedrich.
655
Trappen io Deutschland führten zur Kriegs-
erklärung an Frankreich. Die Schlachten
bei Jena und Auerstädt (14. Okt.) machten
die Franzosen zu Herren des ganzen Lan-
des, und der Friede von Tilsit (9. Juli 1807)
kostete dem König die Hälfte der Monarchie.
Ende 1809 in seine Residenz zurückgekehrt,
begann er die Reorganisation des Staats
unter Mitwirkung Steins und später Har-
denbergs. Nothgadrungen schloss er 24.
Febr. 1812 mit Napoleon ein gegenseitiges
Schutzbündniss und stellte ein Hülfscorps
von 30,000 Mann zum Krieg gegen Russ-
land. Die Ton dessen Befehlshaber York
mit dem russ. General (SO. Dec. 1812) eigen-
mächtig abgeschlossene Konvention rettete
dasselbe , ward aber vom König erst nach
Uebersiedeinng nach Breslau (22. Jan. 1813)
gutgeheissen. Den Aufrufen des Königs
vom 3., 9. Febr. und 17. März 1813 an sein
Volk und dem Abschluss eines Schutz- und
Trutzbttndnisses mit Russland (28. Febr.)
folgten (27. März) die Kriegserklärung an
Frankreich und der Befreiungskampf von
1813 u. 1814. S. PreuBsen, Geschichte. F. Wil-
helm III. f 7. Juni 1840. Nach dem Tode sei-
ner Gemahlin Luise (19. Juli 1810) hatte er sich
(9. Nov. 1824) moi^auatisch mit der Gräfin
Auguste von Harnich (Fürstin von Lieg^itz)
vermählt. Vgl. iiber ihn Eylert (1842-46),
Klöden (1841), DUring (1841), Hense (1841);
von Hippel (1841). — f) F. Wilhelm IV.,
Bohn des Vor., geb. 15. Okt. 1795, wohnte
den Feld Zügen von 1813 und 1814 bei, ver-
mählte sich 1823 mit Elisabeth von Bayern,
welche Ehe kinderlos blieb, erliess nach
seiner Thronbesteigung (1840) eine Amnestie
für politisch Verurtjieilte , legte den Streit
mit dem röm. Stuhrbei, zog Grössen der
Wissenschaft u. Kunst (Schelling, Rückert,
Tieck , Cornelius u. A.) nach Berlin , ge-
währte der Presse eine fl'eiere Bewegung,
berief 21. Juni 1842 Ausschüsse der Pro-
vinziallandtage nach Berlin zu gemeinsamer
Berathnng, rief aber durch seine Eingenom-
menheit für den ,christlich - germanischen'
Staat vielfach Misstrauen hervor. Dem
immer lauter sich äussernden Verlangen
nach einer Konstitution genügte nicht der
durch Verordnung vom 3. Febr. 1847 be-
rufene und 11. April eröffnete vereinigte
Landtag; aber die Märzbewegung von 1848
nöthigte ihm ab, was er fireiwillig zu geben
sich geweigert hatte. Aufhebung der Oensur
17. März 1848 ; Strassenkampf in Berlin (18.
März) ; Umritt des Königs mit der deutschen
Fahne und die Erklärung, dass Preussen
fortan in Deutschland aufgehen solle. Am
28. März 1849 von der Mehrheit der deut-
schen Nationalversammlung zu Frankfurt
a/M. zum deutschen Kaiser gewählt, lehnte
er (3. April) ab. Weiteres s. Preuasen, Gesch.,
vgl. Devtachland, Gesch. Attentate Tschechs
(26. Jali 1844) und Sefeloges (22. Mai 1850)
auf den Köhig. Infolge eines beginnenden
Gehimleidens beauftragte F. Wilhelm IV. 23.
Okt. 1857 seinen Bruder, den Prinzen Wilhelm
von Preussen, mit der Stellvertretung in
den Regierungsgeschäften, und 7. Okt. 1858
übernahm derselbe verfassungsgemäss die
Regentschaft. Seit Nov. 1860 hoffnungslos
darniederliegend, f der König 2. Jan. 1861
in Sanssouci. Vgl. ,F. Wilhelms IV. Reden,
Proklamationen etc.*, 1861; Vamhagen, ,Tage-
bücher*, 1861—70, 14 Bde., und dessen ,Blät-
ter aus der preuss. G^sch.S 1868—69, 6 Bde.
5) Kurfürsten und Könige von Sackten: a)
F, I., der Streißtare, Sohn des Aiarkgrafen
Friedrich des Strengen von Meisson, geb.
29. März 1369 zu Altenburg, machte 18. Nov.
1382 zu Chemnitz mit seinen Brüdern eine
Theilnng, wodurch er das Osterland und
die Mark Landsberg, das Pleissnerland, ein
Stück des Voigtlandes u. die Pflege Koburg
erhielt. Die Streitigkeiten über den Nach-
lass seines 1407 kinderlos verstorbenen
Oheims Wilhelm wurden ^1810 dahin aus-
geglichen, dass die Brüder den nördl. , ihr
Vetter Friedrich der Friedfertige von Thü-
ringen den südl. Theil Meissens erhielt.
Durch seine Hülfe im Hussitenkriege dem
K. Sigmund werth, ward er von diesem 1423
mit der erledigten Kur und dem Herzogth.
Sachsen belehnt. 1425 bei Brüx und 1426
bei Aussig von den Hussiten geschlagen,
t er 4. Jan. 1428. Gründete 1409 die Uni-
versität Leipzig. Biogr. von Hörn (1733). —
b) F. IL, der Sanftmüthige, Sohn des Vor.,
geb. 24. Aug. 1411, reg. seit 1428 in Kur-
sachsen, gerieth nach Friedrichs des Fried-
fertigen kinderlosem Ableben mit seinem
Bruder Wilhelm 1445 über die Erbtheilung
in Streit, woraus der Bruderkrieg entstand,
dem erst 1451 auf kaiserl. Mahnung ein
Ende gemacht wurde; t ?• Sept. 1464. —
c) F. III., der Weise, Sohn des Kurfürsten
Ernst, geb. 17. Jan. 1463 zn Toi^au, succe-
dirte 1486 in der Kur, während er die
übrigen Lande mit seinem Bruder Johann
dem Beständigen gemeinsam verwaltete,
Freund der Wissenschaften, gründete 1602
die Universität Wittenberg, schützte Luther,
ohne sich öffentlich zu dessen Lehre zn
bekennen, führte dreimal das Reichsvika-
riat, lehnte die ihm nach Maximilians I.
Tode angetragene Kaiserkrone ab; f 5. Mai
1525. — d) F, August I., der Gerechte, König
von Sachsen, geb. 23. Dec. 1750 zu Dresden,
Sohn des Kurfürsten Friedrich Christian,
folgte diesem 17. Dec. 1763 unter Vormund-
schaft seines Oheims, des Prinzen Xaver,
übernahm 15. Sept. 1768 die Regierung
selbständig, schloss sich 1778 im bayer.
Erbfolgekrieg an Friedrich d. Gr. an, schlug
die ihm 1791 angebotene poln. Krone aus,
nahm seit 1793 am Reichskrieg gegen Frank-
reich Theil und trat 1796 dem Waffenstill-
stands- und Neutralitätsvertrag des ober-
sächs. Kreises mit den Franzosen bei. 1806
mit Preussen gegen Frankreich im Bunde,
schloss er 11. Dec. 1806 zu Posen Frieden
mit Napoleon, nahm den Königstitel an,
trat dem Rheinbunde bei und erhielt im
Frieden von Tilsit 1807 das Herzogthnm
Warschau. Als treuer Bundesgenosse Na-
poleons ward er nach der Schlacht bei
Leipzig Gefangener des Kaisers Alexander
von Rassland u. nahm in Pressburg seinen
Aufenthalt. Durch Beschlnss des wiener
Kongresses der Hälfte seines Landes zn
656
Friedrich.
Gunsten Preussens verlustig, kehrte er 7.
Juni 1815 in seine Hauptstadt zurück; t &•
Mai 1827. Vgl. ül>er ihn WeUte (1811),
Htrrmann (1827) u. PöliU (1830, 2 Bde.). —
e) F. August IL, König von Sachten, Sohn
des Prinzen Maximilian, eines Bruders F.
Augusts I., geb. 18. Mai 1797, ward SO. Sept.
1830 zum Mitregenten des Königs Anton
ernannt, rereinbarte eine konstitutionelle
Verfassung mit den Ständen des Landes
und begann die Reorganisation der Justiz
und Verwaltung und sonstige heilsame
Reformen. Nach seiner Thronbesteigung
(6. Juni 1836) im Sinne des gemässigten
Liberalismus regierend, vermochte er die
Stürme des Jahres 1848 von Sachsen niclit
abzuwenden. Nach Unterdrückung des
Maiaufstandes von 1849 heftige Reaktion. F.
August t auf einer Reise in Tirol zn Breun-
büchl 9. Aug. 1854 infolge eines Sturzes
des Wagens. Vermählt seit 1819 mit der
Erzherzogin Karoline von Oesterrelch (f 22.
Mai 1832) , seit 1833 Maria von Bayern.
6) F. , König von Schweden , Sohn des
Landgrafen Karl von Hessen - Kassel , geb.
1676 zu Kassel, seit 1715 mit Ulrike Eleo-
nore, Tocliter des Königs Karl XI. von
Schweden, vermählt, trat als Generalissimus
in schwed. Dienste, ward "26. März 1720
mit Bewilligung der Stände zum König
von Schweden ernannt, seit 1730 zugleich
Landgraf von Hessen - Kassel ; verlor im
Krieg mit Russland einen Theil von Finn-
land; t 5. April 1751.
7) F. I., Wüh. Karl, König von Würtein-
herg , Sohn des Herzogs Friedrich Eugen
von Würtemberg, geb. 6. Nov. 1754, ward
1787 russ. General lieutenant u. Gouverneur
von Finnland, succedirte 23. Dec. 1797 als
Herzog von Würtemberg, erhielt 1803 die
Kiirwürde u. durch den Reichsdeputations-
hauptschluss eine Entschädigung für Land -
Verlust am linken Rheinufer (Neuwürtem-
berg), durch den Frieden von Pressburg
weitere Gebietsvergrösserung, nahm 1. Jan.
1806 den Königstitel an , hob die alte stän-
dische Verfassung des Landes auf und
regierte absolutistisch. Durch festes An-
schliessen an Napoleon brachte er sein
Land auf 368 QM. mit 1,400,000 Ew. Erst
nach der Schlacht bei Leipzig näherte er
sich den Verbündeten und erhielt durch
den Vertrag von Fulda (6. Nov. 1813) die
Garantie seines Länderkomplexes u. seiner
Unabhängigkeit, trat aber dem deutschen
BundQ erst 1. Sept. 1815 bei. Ein Ver-
fassuugsgesetz , das er durch Ordonnanz
einführen wollte, ward von den Ständen
verworfen. Er f 30. Okt. J816.
8) F. J., Wüh, Ludw., Grossherzog von
Baden, 2. Sohn des Grossherzogs Leopold
aus dessen erster Ehe mit der schwed.
Prinzessin Sophie, geb. 9. Sept. 1826, ward,
da Geistesstörung den Erbprinzen Ludwig
(f 22. Jan. 1852) regierungsunfähig machte,
durch Patent vom 21. Febr. 1852 zum Stell-
vertreter in der Regierung ernannt, folgte
seinem Vater 24. April 1852 zunächst als
Prinz-Regent, 5. Sept. 1856 als Grossherzog,
hob den Kriegszustand auf and lioss die
Verfassung wieder in volle Wirksamkeit
treten, berief März 1860 aus den Mitgliedern
der liberalen Opposition ein neues Ministe-
rium und beganu die Reorganisation des
Staats, namentlich der inneren Verwaltung.
Seit 20. Sept. 1856 vermählt mit Luise vou
Preussen, der Tochter Kaiser Wilhelms I.
9) F. Wilhelm, Herzog von Braunschtaeij,
ji'ingster Sohn des Herzogs Karl Wilhelm
Ferdinand, geb. 9. Okt. 1771, nahm seit
1792 in preuss. Dienst am Krieg gegeu
Frankreich Theil, focht 1806 bei Auerstädt
und fiel mit Blüchers Corps bei Lübeck iu
Gefangenschaft. Nachdem er 1805 das
Fürstenthum Oels geerbt, folgte er 10. Nov.
1806 seinem Vater in der Regierung vou
Braunschweig, ward aber von Napoleou
seines Landes verlustig erklärt, warb b<i
Ausbruch des Kriegs von 1809 in Böhmeu
ein Freicorps, schlug sich mit diesom n.ich
dem Waffenstillstand von Znaini (13. .Juh
1809) nach der Nordsee durch und gelangte«
nach England , kehi-te 22. Dec. 1813 nacli
Brauuschweig zurück; fiel 16. Juni 1815 bei
Quatrebras. Biogr. von Spo7tr (1861).
10) Landgrafen u. Kurfürsten von Hessen :
a) F. IL , Landgraf von Hessen , Sohn des
Landgrafen Wilhelm VIIL, geb. 14. Aug.
1720, trat als Erbprinz zur kathol. Kirche
über, succedirte 1760; f 31. Okt. 1785. Gnh
17,000 Hessen gegen 22 Mill. Thlr. iu brit.
Sold, verschönerte Kassel, Gründer des
Museum Fridericianum. — b) F. Wilhelm L,
Kurfürst von Hessen, geb. 20. Aug. IQOfi,
Sohn des Kurfürsten Wilhelm II., ward 30.
Sept. 1831 zum Mitregenteu berufen, seit-
dem faktisch alleiniger Regent , succedirte*
20. Nov. 1847, uktroyirte nach langen Strei-
tigkeiten mit der Landesvertretung 13. April
1852 eine neue Verfassung, musste aber
einem Bundesbeschluss vom 24. Mai 1863
zufolge die von 1831 wiederherstellen, ver-
lor infolge des Kriegs von 1866 sein Land
an Preussen, ward als Gefangener erat
nach Minden , dann nach Stettin geführt,
lebt auf Horositz in Böhmen. Seit 1831
morganatisch vermählt mit Gertrude , der
geschiedenen Gattin des preuss. Lieutenants
Lehmann, die zur Gräfiu von Schaum bürg,
später auch zur Fürstin von Hanau erhoben
ward.
11) GrossJierzöge von Mecklenburg : a) F.
Franz IL , GrosshenMg von Mecklenburg-
Schwerin , Sohn des Grossherzogs Paul
Frii^drich und der Prinzessin Alexandrine
von Preussen, geb. 28. Febr. 1823, succedirte
7. März 1842, willigte 1848 und 1849 in eine
zeitgemässe Reform der Landesverfassung,
stellte 1850, der Aristokratie und der herr-
schenden Restaurationspolitik sich fugend,
die alten Verhältnisse wieder her. Seit 1851
preuss. General der Infanterie, machte er
den Feldzug 1864 nach Dänemark im Haupt-
quartier Wrangeis mit, befehligte im Krieg
1866 das zweite preuss. Reserve- Armeecorps
und rückte an der Spitze desselben bis Nürn-
berg vor. Beim Ausbruch des Kriegs mit
Frankreich 1870 mit dem Oberbefehl über
die Küstenarmee betraut, ward er Endo
Aug. zum kommandirenden General der
Fnedrich.
657
aus' dem 13. Armeecor^s göbfld^ten R'eserve-
arm'ee ia Lothringen ernannt,' zwang Tbnl
un4 Soissons zui^ Kapitulation, tib&mahm
dann den Oberbefehl über die ans der 17.'
und 22. Division und dem l.bayer. Corps
förmig Armee und nahm bedeutenden An-
thiell an den ICämpfei) an der Loire. Vei>
mahlt sei« Nor. 1849 mit Augusts Mathilde
"WlUieTmine, einer Toehter Heinrichs LXtn.
vött Renis-Schlelz-Köstrltz (t 8. März 1861) ;
seit Mäi 1864 mit der Prinzessin Anna, der
Tochter des Prinzen Karl zc Hessen und
bei Rhelta (f 15, April 1865). - b) F.WUh.,
Groiihtrzög van Mecklenburg - Stretitz , Söhn
des Grossherzogs Georg und' der Prinzessin
Marie , der Tochter des Landgrafeh Fried-
rich Ton ^essen-Kassel,' ^eb. 17. Okt. 1819,
succedirtö 6. Se;pt. 1860. hält den Feudal-
staat aufrecht. Ye)>m&hlt söit; 28. Juni 1848
mit der engl. I^rinzesslh Auguste, TbchteH*
des Herzogs Adolf von Cambridge. '
12) Sfarkgrafen von Meisnen : tt) P. dir Ot-
bins6ne, auch der Fteidige gön., Markgraf zu
Meisten und Landgraf in Thüringen, geb. 1256,
Sohn Albrechts de? Unartigen. Landgrafen
in ThüHi^geh, und MM'garetharf, der Tochter'
Kaiser Friediiphs IL, die' ihn bef det Flttcht
vor den Nachstellungeü ihres Öeniahls Im
Schmer)^ des Abschieds in dfe "Wattge ge-
bissen haben sojl , befcridg^te Im Verelä mit
seinem |Bruder Diezmann denVatör, der
ihm sMnGi*be, zu .entziehen gedaiebte', dann
den Kaiser Adolf von Nassdu, 'dem der
Vfiter ' Thüringen verka'uft" hatte', sowie
dessen Na^hfölg'er Albrecht l:; desseü Heer
sie bei Lncka Sl. Mai' 1^7 schltig^n, kam
nacTi Biezmaun:«' Tode (Endo 1307) 4n den
Alleinbesitz der Mat'kgrafichiifk Meissen,
der Lausitz und der L^ndgrafSchaft Thü-
ringen,' vereinigte dlö Reichsstädte Alten-J
bürg, Chemnitz und Zwickau mit seinem
Lande, verlor die NiddeHatisit^' an den
Markgrafen Otto von Brandenburg; f, seit
1322 gehiüthsktank , 17. Nov. 1824 zu
Eiisenach. Ygl. Wegde, ^F: der Proidf ge',.
1870. — b) F, IT., dei- emtsthafte, Sohn
des.Tör., geb. ISIO, succedirte 18241 unter
Vormundschaft seiner Mütter Eltsabeth von
Arnshaugk, tvard von* der bayer. Partei
nach dem Tode Kaiser Ludwigs lats dessen
Nachfolget ins Auge gefasst , verzlöhtete
zu Gunsten Karls IV.; f 18. Nov. 1849. ^
c) F. III., d^r Strenge, iltesteir Sohn des
Vor., geb. 1831, reg. sel^l849 zugleich f«ir
seine jüngeren Brüder Bitlthäsar (f 1406)
und Wilhelm ("f 1407) , erhielt tcm seiner
Gemahlin Katharina yon Henneberg einen
grossen Thell der Pflfege von Kobnrg zu-
gebracht; t 31. Mal 1381. dein Sohn und
Nachfolger war F. der Streitbare (s. F. '5, a).
n) Kurfürsten von dar Pfalz : fi)' F. ■ t,
der Siegreiche, yon Seinen Gegnern der
,bö8e Frlta» genannt, 2. Sohn Ludwigs Hl.,
des Bärtigen, ward nach seinem- ältetn
Bruders, Ludwigs IV., Todef A'dnrinfstrator
des Kurfürstenthums , Hess »ich 1452 von
den Ständen .die Regierung als Kurfürst
auf Lebenszelt unter der Bedingung über-
tragen, dass er sich nloht standesgemäss
verehelicTiÄn nnä 'selii*ik"Neffen Ph'filpp' ali^
Meyera Hand- Lexikon.
Sohn und Ntichfälger annehmen wollo, was
aber der Kaiser Friedrich HI. nicht geneh-
migte, ward in die Acht erklärt, ergriff ^r
den von Papst Plus H. abgesetzten Erz-
bischof von Mainz , Dietrich von Isenburg,
Partei, woraus der sogen, pfälzer Krieg
entstand, schlug seine Gegner bei Secken-
heim (1462) , blieb trotz des Widerspruchs
des Kaisers im ungestörten Besitz der Re- '
gierung, vergrösserte das Kqrfürstenthum '
ansehnlich; t 12. Dec. 1476. Vermähit mit
einer augsburger Btirgerstoohter , Klara
DBttin, die er tum Fräulein von Bettingen
erhob, durch sie Stammvater der Fürsleu
und Grafen von Löwenstein. — b) JF*. F., Sohn
des Kurfürsten Friedrich IV. von der Pfalz,
geb. 1596 zu Amberg, reg. selbständig seit 1615,
ward alä Reformirter Haupt der protest.
Union, Aug. 1619 zum Köulg von Böhmen
gewählt und 2. Nov. gekrönt, verlor diese
Krone durch die Schlacht am weissen Berg
bei Prag (8. Nov. 1620) , daher spottweise
der ,\Viuterkönig* genannt, 1621 geächtet,
und 1623 der Kur für verlustig erklärt; t
als. Flüchtling zu M^inz 19. Nov. 1632. Ver-
mählt seit 1618 mit El isabeth, Tochter des
Königs Jakob I. von England.
U) Preussitche Primen: a) F. Katl (Niko-
laus), Sohn des Prinzen Karl, Bruders Kaiser
WillielmsL, geb. 20. März 1828, maciite
il 848 als Hauptmann den Feldzug lu Schles-
wig im Stabe des Generals von "Wraugel,
1849 als Major den in Baden mit, ward 1852
iOberst, 1860 kommandfrender General des
!3. Armeecol-ps, 1861 General der Kavallerie,
1863 kommandlrender General des zur Aus-
führang der Bnndesexekution in Holstein
bestimmten preuss. Armeecorps, 1864 Ober-
befehlshaber der alliirten Armee das., im
Feldzug von 1866 gegen Oesterreich Ober-
kommandant der 1. Armee, focht bei Mün-
cHengrätz , Gltschln und Könlggrätz , ward
Im Feldzug von 1870 gegen Frankreich
Oberkommandant der 2. Armee, befehligte
16. Aug. bei Mars Ia Tour, belagerte dann
Hetz und zwang es zur Kapitulation 27.
Okt., focht später an der Loire (bei Beaume
Ia Rolande etc.); ward zum Generalfeld-
marschall ernannt. — b) F. Wilhelm (Niko-
laus Karl), Kronprinz von Preusaen, Sohn
des Kaisers und Königs "Wilhelm I., geb.
18. Okt. 1831,* ward 1859 Kommand^int der
1. Gardelnfftuterle-Di Vision , 1860 General -
lieutenant, machte 1864 unter Wrangel den
Feldzug in Schleswig mit, erhielt in dem-
selben Jahre den Oberbefehl über das2. Ar-
.meecorps, ward 1866 General der Infanterie,
■erhielt Im Feldzng gegen Oesterreich das
Oberkommando der 2. Armee, focht bei
iNachod, Trautenau, Skälitz, Soor, Schwein-
schädel, Könlglnhof und Könlggrätz, Im
iFeldzug von 1870 gegen Frankreich als
■Oberbefehlshaber der 3. Armee bel"Weissen-
•burg, "WÖrth, Sedan; ward zum General -
feldmarschall ernannt.
! 15) F. Christian August, Erbprinz von
Schleswig - Stolstein - Sonderburg - Augusten-
bürg, ältester Sohn des Herzogs Christian
Karl Frledrlcli August, geb. 6. Juli 1829 im
'SclilW"lugtl!rtkibtirg, trat 'Märi" 1848 In
42
658
Friedrichroda — Frisches Haff.
die Schleswig - bolsteJD. Armee und ward
nach Restauration der d&n. Herrschaft aas
dem Lande gewiesen. Kach dem Tode
Friedrichs YII. ron Dänemark erklärte er in
einer Proklamation 16. Nov. 1863, dass er
nach dem Verzicht seines Vaters als nächst
berechtigter Erbe ,die Regierang der Herzog-
thümer Schleswig - Holstein antrete', ward
von mehreren deatschen Fürsten anerkannt
nnd in den Volksversammlangen za Elms-
horn 27. Dec. 1863 and zn Rendsbnig (8. Hai
1864) als Herzog F. VUI. ausgerafen. Nach-
dem Dänemark den Antrag verworfen,
sachte er, vom Bandestage dazu aufgefor-
dert, seine Erbansprüche in Eingaben vom
1. Sept. a. 8. Nov. 1864 la beweisen, ward
aber durch die Besitzergreifung der Herzog-
thümer Schleswig-Holstein durch Preussen
nnd Oesterreich and 1866 durch die Ein-
verleibung der Herzogthümer in den preuss.
Staat bei Seite geschoben.
Friedrieluroday Bergstadt im Herzogthum
Gotha, am Thüringerwald, 2486 Ew.; von
Fremden viel besucht. Dabei Ruine ScKauen-
barg; unfern Schloss Reinhardsbronn.
FrledricliBd'or (Pistole), preuss. Gold-
münze, = 5 Thir. 20 Sgr.
FriedrielMliafem, Stadt im wnrtemberg.
Donankreis, Haupthandelsplatz am Boden-
see, 2546 Ew. ; königl. Schloss (flrüher Klo-
ster Hqfen), Freihafen, 2 Seebadeanstalten.
Lebh. Dampf- und Segelschifffahrt auf dem
Bodensee. Die Stadt hiess früher Buckhom
und stand unter eigenen Grafen; später
freie Reichsstadt, kam 1803 an Bayern,
1810 an Würtemberg, seitdem F. genannt.
Friedrifludiall, Saline und BadeansUlt
in S. - Meiningeu , bei Heldbarg; versendet
jährl. y% Hill. Krüge Bitterwasser.
FrledrielUfltadt (Frederiksslad), Stadt im
preuss. Regbz. nnd Kr. Schleswig, an der
Eider, 2233 Ew. 7. Aug. 1850 von den
Dänen genommen, 4. Okt. von den Schies-
wig-Holsteinern vergeblich bestürmt.
Fries (Borte), der mittlere Theil des Ge-
bälks zwischen dem Architrav und Kranz-
gesims; die Einfassung von getäfelten Fuss-
bödeu, Thürfeldern etc.
Fries, grobes, lockeres, glattes oder ge-
köpertes , wenig gewalktos Wollenzeng mit
langem Haar auf der Oberseite.
Fries, Jak. Friedr., Philosoph, geb. 23.
Aug. 1773 zu Barby, seit 1805 Prof. zu
Heidelberg, seit 1816 za Jena; t d'^* ^^*
Aug. 1843. Suchte vermittelst neuer ana-
lytischer Bearbeitung der Theorie des
menschlichen Geistes die kritische Methode
Kants zu vervollkommnen. Hauptwerk:
,Neue oder anthropolog. Kritik der Ver-
nunft' (2. Aufl. 1828—31, 3 Bde.); sehr,
ausserdem: «System der Logik* (3. Aufl.
1837); .Handbuch der prakt. Philosophie*
(1817 — 32, 2 Bde.); ,Handb. der psych. An-
thropologie* (2. Aufl. 1837—39, 2 Bde.); ,Ge-
schichte der Philosophie* (1837-40, 8 Bde.)
u. A. Biogr. von He$tke (1867).
Friesel (Miliaria), Hautausschlag, welcher
in luiaekorngro88en, einzeln stehenden,
mit farbloser alkalisch reagironder Flüssig-
keit gefüllten Bläschen besteht; tritt bes.
in fieberhaften Knun/kheiten auf, ist ohn«
Elnfluss auf den Verlauf derselben. Aehn-
lich sind HttMattem (sndamina), die durch
Zarückhalten des Schweisses unter der
Haut entstanden sind. Das sogen. Badefrie»eZ
entsteht bei Kindern mit reizbarer Haut
infolge der Wassereinwirkung und ver-
schwindet in karser Zeit von selbst.
Friesem (laL FrisH, Fritomea), german.
Volk im äussersten NW. Deutschlands« Von
Jütland bis Flandern und auf den Inseln
zwischen den Mündungen des Rheins, der
Maas nnd der Scheide; durch Pipin tou
Heristall 689 u. Karl Martell 734, namentl.
aber durch Karl d. Gr. den Franken unter-
worfen nnd allmählig dem Ghristentham
gewonnen. Das Land zerfiel in 3 Theile,
von denen der eine, westl. der Zuidersee
( West/riesland), bei der Theilung des Reichs
an Karl den Kahlen, die beiden andern
(Ost/riealand) an Ludwig den Deatschen
kamen. In Westfriesland, wo die Sprache
mit der firänk. und niedersächs. zur faol-
länd. verschmolz, entstanden seit 10. Jahrh.
einzelne erbliche Graftdiaften. Infolge
innerer Zwistigkeiten nnd äusserer Angriffe
unterwarfen sich die Westftiesen 1457 dem
deutschen Reiche nnd wurden 1523 ron
Karl dem Kühnen zu Burgund geschlagen.
In OstlHesland herrschten einzelne Häupt-
linge über freie Bauern, über welche im
15. Jahrh. der Stamm der Cirksena Landes-
hoheit erlangte, der 1744 erlosch (s. Oti-
frietiand). — Die frie*. Sprache, swischen
dem Angelsächs. n. Altnordischen stehend,
ist namentlich in den fries. Rechtsquellen
(,A segabuch*, um 1200, ,Emslger Domen*,
1310, ,Recbt der RüstringerS 14. Jahrh., etc.)
erhalten; ein neufriesischer Dialekt wird
noch in einigen Gegenden gesprochen. Vgl.
Richthofen, ,AltfHes. WÖrterbach*, 1840.
Friesland (holl. Vriedand), nordwestl.
Prov. der Niederlande, 69,5 Q^. u. 292,503
Ew.; durchweg flach und von zahlr. Ka-
nälen durchzogen, im W. gutes Weide- and
Wiesenland, im N. fruchtbares Marschland,
im S. und SO. abwechselnd Acker, Heide
und Wald mit wichtigen Torflagern. Der
Viebstand der beste . des Reichs. Hauptst.
Leeuwarden, wichtigste Seestadt Harlingen.
Frigg^ nord. Name der Gremahlin Odins,
bei den Deutschen Fria, spendet als mütter-
liche Gottheit Fülle und ehelichen Segen.
Frigid (lat.), kalt, gleichgültig; Frigidi-
tät. Kälte; auch männliches Unvermögen.
Frigidarium (lat). Lokal für kalte Bäder.
Friktion (laL), Reibung.
Frimaire (spr. -mähr), im frans. Revola«
tionskalender der Reifmonat, 4. Nov. bis
20. Dec.
Frlpon(fir., spr. -pong), Schelm, Gaoner;
Friponnerie, Gaunerei. [werk.
Irisage (fr., spr. -ahsch), Latten-, Gitter-
FriBCnen, Eisenhüttenprozess, s. Eisen.
Frisclieg Haff 9 Strandsee in Preassen,
141/8 M. 1. (von Elbing bis Fischhansen nnd
Köuigsberg), 8 M. br., durch die /ritcke
Nehrung (SVa M. 1., ^a M. br.), von der
Ostsee geschieden, nimmt die alte Weichsel,
Nogaty Passarge und den Pregel anf und
Frischling — Frosöard.
65Ö
steht mit der Ostsee dnrch die Meerenge
der pillauer Tiefe in Verbindung.
FriseliUilg, iunges Wildschwein.
Frisiren (i^.), die Haare künstlich ord-
nen ; Friseur (apr. -ör), Haarkräusler ; Frisur,
künstlich geordnetes Kopfhaar.
Fiith, 8. y. a. Firtli.
Frltlijoftoaga, isländ. Sage von dem nor-
weg. Helden Frithjof und seiner Liebe zur
logebjorg, nm 800 n. Ohr., wahrscheinlich
erst im 13. Jahrh. aufgezeichnet; bes. be-
kannt durch Tegn^rs Bearbeitung, in ihrer
ursprüngl. Gestalt herausgegeben in der
,Fomaldar Sdgur Nordhrlanda' (2. Bd. 1829,
deutsch yon Mohnik« 1830).
Frltillarla L. (Sehachblume, Kaiserkrone),
Pflanzengattung der Liliaoeen. F. imperia-
lis L., aus Persieu; Gartenpflanze.
Fritte (ital.), Glasmasse; uuvoilkommen
geschmolzene, halb vei^laste Körper.
Fritzlar, Kreisstadt im preuss. Regbz.
Kassel, an der Eder, 2826 Ew., Kloster mit
schöner Klosterkirche ; ehemals ein Fürsten*
thum, bis 1802 zu Mains gehörend.
FrlrSl (lat.), leichtfertig, des sittlichen
Halts ermangelnd, schlüpfrig; in der Rechts»
spräche vermessen, strafbar (z. B. f.e
Appellation); Frivolität, Leichtfertigkeit;
mit der Hand gefertigte Spitzenarbeit.
Frob«!, Julius, Publicist, geb. 1805 zu
Griesheim, ward 1833 Prof. der Mineralc^e
an der Universität Zürich, siedelte 1846
nach Deutschland über, schloas sich als
Mitglied des Parlaments zu Frankfttrt der
äusseraten Linken an, ging mit Robert Blum
nacb Wien, ward nach Okkupation der Stadt
von einem Kriegsgericht zum Tod verur-
theilt , aber begnadigt. Bereiste 1850 — 57
Nord- und Mittelamerika, entwickelte seit
1862 zu Wien eine rege polit. - literar. Thä-
tigkeit im grossdeutschen Sinne; lebt seit
1866 in München. Sehr. ,System der socia-
len PoUtik' (1847, 2 Bde.); ,Theorfe der
Politik' (1861—64, 2 Bde.); ,Aus Amerika.
Erfahrungen, Reisen und Studien' (1857—58,
2 Bde.); «Oesterreich und der Freihandel'
(1865); ,Die Wirthschaft des Menschenge-
schlechtes' (1870) ; gibt seit 1867 die ,Süd-
deutsche Presse' heraus.
FTWGht( Fr oecMurehe, Ecaudata), Familie
der Batrachier (s. d.). Laubfrosch, Baum',
Tjaubkleber (Uyla arborea L.), IVa^i in Süd-
und Mitteleuropa, Nordafirika, Japan, Nord-
amerika, mit Kletterballen, Wetterprophet.
Grüner Wasserfrosch (Rana esculenta L.),
3", in Europa, Afrika, Japan , und brauner
Grasfrosch (R. temporaria L. ), 3", in Europa,
fressen Insekten, Fischlaich; nur die Männ-
chen schreien. Schenkel werden gegessen.
Ochsenfrosch (R. muglens Jtferr.J, 8", in den
Vereinigten Staaten, mit starker, weit hör-
barer Stimme. Unk^, Kr9ten (s. d.).
FroflelüeliigMeliinilst (Ranula), blasen-
artige, unter der Zunge sitzende Geschwulst,
die ziemliche Grösse erreichen kann, dann
darob Zurückdrücken der Zunge die Sprache
stört, entsteht durch Ansammlung von
Speichel in den Speichelgängen. Behand-
lung durch Operation.
Jf'lDlMeluUBaier, Jakob, Philosoph, geh« 6.
Jan. 1821 zu lUkofen bei Regensburg, ward
1847 Priester, 1854 Prof. der Theologie,
1855 Prof. der Philosophie zu München.
Sehr. »Beitrage zur Kirchengesch.' (1850, in
Rom auf den Index gesetzt); »Einleitung in
die Philosophie' (1858) ; ,Ueber die Freiheit
der Wissenschaften' (1861); begründete die
Zeitschrift ,Athenäum' (1862 — 64), Organ
für kathol. freie Forschung (auf den Index
gesetzt). Weil er unbedingte Unterwerfung
unter den Papst ablehnte, ward er 1863
vom Erzbischof a divinis suspeudirt.
Fronde, Name der Partei, welche sich
während der Minderjährigkeit Ludwigs XIY.
von Frankreich der von Mazarin (s. d.) ge-
leiteten absolutistischen Politik des Hofes
widersetzte und 1648—54 bedeutende Innere
Unruhen erregte. An der Spitze der F.
standen der hohe Adel und die Parlamente,
namentlich auch die Stadt Paris, später
als ELauptführer der Prinz Gond6. Aus der
von den Grossen angeblich im Interesse
des Volks, in der That aber zu Herstellung
ihres Uebergewichts veranlassten Bewegung
ging zuletzt die königl. Gewalt als Siegerin
hervor. Die dabei betheiligten Gegner des
Hofes hiessen Frondeurs,
Frondeteens (lat.), das Ausschlagen der
Bäume; Frondosität, dichte Belaubung.
Fronen (Frohnen, Frohnden, Robbole,
Bauemdienste), dauernde persönliche Dienst-
leistungen, welche die Besitzer bestimmter
Liegenschaften oder die Bewohner eines
gewissen Bezirks zum Vortheil. eines An-
dern zu leisten verpflichtet sind, insbes.
dergl. Leistungen, welche dem Besitzer eines
Bauernguts als Reallast obliegen, Jetzt meist
für ablösbar erklärt oder aufgehoben.
Fronleichnam (d. i. des Herrn Leib), die
geweihte, nach dem Lehrbegriff der kathol.
Kirche in den wirklichen Leib Jesu ver-
wandelte Hostie. Fronleichnamsfest, das
vom Papst Urban IV. 1264 zur Verherrlichung
jenes Dogmas gestiftete höchste Fest der
kathol. Kirche; am Donnerstag nach dem
Trinitatisfest gefeiert.
Fronte (lat. /ron«, fc. front, Stirn), die
Vorderseite eines Gebäudes ; in derMilitär-
spra;;he die Gesichtsseite c4Her Aufstellung;
daher Frontalmarsch, die Bewegung einer
ganzen Linie in dieser Richtung, d. h. im
Felde gegen den Feind hin, daher F.
machen, aus einer andern Richtung nach
dieser Seite sich wenden, auch im Allgem.
s. V. a. Einem die Stirn bieten; Frontalr
angriff, Angriff gegen die F. des Feindes.
Frontispice (fr., spr. Frongtispihs) , der
mittlere , giebelförmig hervorspringende
Theil eines Gebäudes.
Fronton (fr., spr. Frongtong), Giebel.
Frosch, s. Früsche.
Frossard (spr. -sahr) , franz. General, geb.
1807, trat 1827 in die Armee, focht 1833-37
als Kapitän in Algerien, ward dann Ordon-
nanzoffizier Ludwig Philipps und Major, 1819
Kommandant des Geniecorps der Okkupa-
tionsarmee in Rom, ftmgirte 1855—56 als
interimist. Kommandeur des Geniewesens der
Orientarmee, dann bis 1858 als Ohef dos
G^niewesens in Algerien, 1859 als kommun-
42*
660
Frost — . Fuchs.
dirender Genentl des Genieweiens im ital.
S'eldzuge, ward dann GouTerneui* des
kaiserl.l^Inzen, erhielt 1870 beim Ausbruch
des Kriegs nüt Deutschland den Oberbefehl
über das 3. Armeecorps, ward hei Saar-
brücken-Splchem geschlagen.
Wrwt (Schauer), das elgenthümliche, Ge-
fühl von Kälte mit ZUttern und Gänsehaut.
Beim Schüttelfrost schlagen die Zähne zu-
sammen und sind die Muskeln in bestän-
diger Bewegung; dabei hat der Kranke das
Gefühl innerer Hitze. Mit Schüttelfrost
beginnen Lungenentzündang , Scharlach,
Pocken, exanthemat. Typhus, Wechselfieber.
Fro8tl>«ol6ii (Perniones), durch Erfrierung
reranlasste entzündliche Schwellungen der
Haut, welche Jahre lang bestehen können.
Behandlung durch Einpacken der betreffen-
den Stelle in Schnee, bÜs das Schmerzgefühl
vorüber ist; auch Bestreichen mit Petroleum
oder mit I'etten lindert den Schmerz.
Fronde (spr. Fraud), James Anthony,
engl. Historiker, geb. 2S. April 1813 zu
Dartington in Devonshire, erst Geistlicher,
seit 1850 Mitarbeiter an der «Westminster
Review' und an ,Fraser's Magazine'. Haupt-
werk : ,History of England from the fall
of Wolsey to the death of Elisabeth' (2. Aufl.
1870, 12 Bde.; deutsch 1861—64, 6 Bde.).
FmehtSther (Fruchieaaemen) , Lösungen
verschiedener Aether in Alkohol , dienen
zur Nachahmung des Fruchtgeschmacks.
Fruchtbringende ttesellscnaffc (Palmen-
orden), einer der Sprachvereine im 17. J^rh.
zur Erhaltung der Reinheit der deutschen
Sprache, 24. Aug. 1617 in Weimar gestiftet,
später in Köthen, fast nur aus vornehmen
Personen bestehend; ging 1680 ein. Ygl.
Barthold, ,Geschichte der f.n G.', 1848.
Frachtessenzen^ s. Frucht'dfher.
Frachtfolge, s. Landwirlhschaft.
Fnichtknoten (Eierstock, Ovarium, Ger-
men), bei den Pflanzen der untere, hohle,
verdickte Theil des Stempels, s. Pßanze.
Frachtsafte und Fruchtsyrape. ausge-
presste und aufgekochte, zum Theil ge-
gohrne Fruchtsäfte, geben mit Zucker ge-
kocht die Fruchtsyrupe, dienen zu Liqueu-
ren, in der Medicln und in der Küche.
Frachtrrasser (Schafwasser, Liquor amhii),
der Inhalt det thierischen Eihäute, iu wel-
chen (am Nabelstrang hängend) die Frucht
schwimmt, wodurch der Bewegung der
letzteren freies Spiel gelassen ist.
Frnchtzacker, unkrystallisirbarer Zucker,
in Weintrauben, Felgen, Honig, entsteht
au^ Rohrzucker unter dem Einfluss von
säuren und Hefe, lenkt die Ebene des
polarisirten Lichts nach links, ist gährungs-
fähig, hindert, dem Rohrzucker beigemischt,
dessen Krystallisation.
Fractidor (d. i. Fmchtmonat), im franz.
repnblikan. Kalender die Zeit vom 18. Aug.
bis 16. Sept. Denkwürdig der 18. F. des
Jahres V (4. Sept. 1797) durch den Staats-
streich des Direktoriums gegen die Röya-
Usten (s. JPVanÄretcÄ, Gesch.).
Frtthgebort, die zwischen der 28. und
36. Schwangersdhaftswoche erfolgende Ge-
burt, wobei das Kind bei genügender
Pflege am Leben, erhalten werden kann;
je später dieselbe erfolgt, desto »itia Ans-
slcht ist für Leben- und Gesiuidh«lfc des
Kindes vorhanden. B^tnMiehe F. wird notii-
wendig bei sehr engem Beoken, bei Gte»
bärmutter- und anderen Erkranknn^B.
Friihlingsnachtgleiehe» s. Aefuinoetium.
Frflhlingtpanht, Durohscbnittopnnkt des
Aeqnators und der Ekliptik, in weichten
die Sonne am 21. Mara tritt.. Y^l. Aegui'
noHialptmkte,
Fnindsbecg (auchiiVoiMperjf nndJVatfmb-
berg),, Georg von, Herr bu Mindelheim,
kaiseri. Feldhauptmann, geb. 34. Sept. 1475
zu Mindelheim , focht in den KäMpfen
Maximilians I. gegen die Schweioer t stand
seit 1512 an der Spitae der kaiseri. Truppen
in Italien, leistete Karl Y. 1535 in der
Schlaoht bei Pavia wesentliche Dienste,
warb 1526 12,000 Deutsche auf eigne Kosten
und half mit diesen Karl von Boxt^bon
Rqm erobern , führte später das Fusavolk
des Schwab' Bundes gegen den Heraog
Ulrich von Würtemberg-, diente dann im
Krieg ' gegen Prankreich unter Pbilibert
von Orauien; f 20. Okt. 1ÖS& an BCindel-
heim. Vgl. Barthold, ,Georg von F.S 1833.
Faad-FaSQl|»9 türk. Staatsmann, geb. 1614
zu Konstantittopel, Sohn des Dichters laaet
Molla mschedji-Zadeh und Ne£fe der Dich-
terin Leila Hanym, ward- 1840 Botschafts-
sekretär in Iiondon, ,1848> zweiter Interpret
der Pforte, 1845 erster DolmetsohM: and
Grossre&rendar (Amedscfai^ , 1848 Qeneral-
konunissar in den Donaufucstenthümera,
Dec. 1849, Musteschar: (lliniater des Innern)
unter |leschid -Pascha ; Aug. 1862 bis März
1853 und Mai 1855 bis Juli 1857 Minister
des Auswärtigen, wesentlich am Hatti-
Humajun vom 18. Febr. 1856 und an der in
Angriff genommenen civilisator, Umgestal-
tung des Reichs betheUigt, erhielt Juli 1»7
das Präsidium im Tansimatrathe ,' seit Jan.
185B wieder Minister des Auswärtigen und
Bevollmächtigter' der Pforte auf. den pariser
Konferenzen, züchtigte, < Juli IßiBO nach Da-
mask gesandt, Drusen und Hohammedaner
für ihr Würgen.unter.den Christen, erhielt
Nov. 1861 das Gross vezierat, Febr; 1862 die
oberste Leitung der Finanzen. Schr4',Gram-
matik der türk. Sprache' (deutsch 1858).
Fuchs, Johann Ni^omuk voh, Chemiker,
geb. 15. Mai 1774 au MattenaelU 1807 Prof.
der Mineralogie und Chemie in Landshnt,
seit 1826 in München, 1835 «-44 Oberberg-
und Salinenrath, trat 1852 in Ruhestand;
t 5. März 1856 in München. Sehr verdient
um die mineralog. Chemie, und Chemie der
Gämente, Brfinder des Wasserglases. Sehr.
,Naturgesch. des Mineralreichst (1842) u-A.
Blogr. von ^obeU (1866).
Fachs, Unterabtheilung der Gkkttong
Hund (Canls). Gwieimr Vi.,. JSirk/ych* <C.
vulpes L.), 2V3'1., XVa'h., in Europa, Nord-
asien u. Amerika». lebt im selbatgegcabenea
Fuchsbau (aus Kessel und Röhren be-
stehend), der Jagd and den Bnhnerhöfen
schädlich, vertilgt Mause , liefert Pelawerk
(Labrador, Norwegen,Aleaten, jahrl. 900,000),
Lunge und Fett früher o£ficineII...Blaw/ii0A(,
Fttölifeia — Ffisiliere.
661
Krttuifut^ (C. eraeigora Brin,)» in Rufls-
land, Kordamerika, Pelswerlc, Jährl. 16,500.
Sohwan^uchiiferV. (C. melanogasterBcmai).^,
in ItaMttQ, Pel2w«rk. BVSber-, Schwarzfucha
(G. argentaftiis Oeoffr.), la Sibfrien, atif den
Aleat&n, in Nordamerika ; kostbarstes Pelz-
werk, Jährl. 2000. Körmh, Steppenfueha (0.
oorsac L.), l^fa' 1., in asiat. titeppeu, Pelz-
werk der Kirgisen. Kitfuehs, GeUfUchs (G.
einereo • «rgentatus Sehr.), 81" 1., grobes
Pelzwerk , Jährl. 25,000. BU-, Polar-, Step*
pcn-, Blanfueh$ (G. liagopns L.), 2' 1., in
d«n Polargegenden, weisses Pelzwerk, Jahrl.
85,000. JKaniifan, Kitfueh» (0. melanotns
BaU.), in Nordwestamerika, in derTatarei,
Pelzwerk^ Jahrl. 40,000.
Fuehsia Plum.» Pflanzengattnng der Ona-
green in Snd- und Mittelamerika. T. cocci-
ne&^ti.^ ansCiiile, und andere Arten nebst
sahlrelchen Varietäten Zierpflanzen.
Fmlulii. B. Anilin. [rantlms,
FaehsaCBWMUy t. Alopecurus nnd Ama-
VueuB L. (Tat^), Pflanzengattnng der
Algen,. Htergewächse. F. Teslculosus L.,
Bhutmtang, gmwiner Seetang, Meet' oder
8e«eieh€, in enrop. Meeren, früher offlcinell.
¥. eerratns L^ und F. nodosus L. werden
an den Knaten Englands nnd Frankreichs
verbrannt, nm aus der Asche (Kelp, Varec)
Kali und Jod zu gewinnen. F. natans L.
(Sargsassum bacciferum Ag.) bildet die Fucus-
bänke im atlant. Ocean.
Fader ) Wein- nnd Branntweinmass: in
Baden = 10 Ohm =: 1500 Liter; In Bremen
= 60. = 869,4 li. ; In Hamburg == 6 O.
= 868,8 L..; in Prensflen =r 4 Oxhoft =
821,4 L.; in Sachsen = 6 O. rr 808,89 L.; in
Wi»rtemberg = 6 Eimer = 1768,58 L.
FiiUer (FiMhürner, Auteuuae), bei den
Insekten in der Nähe der Augen befludliche,
mehr oder weniger fkdenförmige Tastorgane,
dienen auch zur Yermittelung anderer Sin-
neseindrücke, bes. des Geruchs. Aehnllohe
Onane bei Weiohthieren und Würmern.
FfililheMl) Vorrichtung zur Wahrneh-
mung und Messung sehr kleiner Bewegun-
gen oder Abweichungen eines Körpers von
seiner richtigen Gestalt.
Fiililiuigy im Kriegswesen der Zasammen-
bang, welchen verschiedene Gorps unter-
einander dnrch Detaefaements, Patrouillen
imd Posten haben; auch der Zusammen-
hang, welchen ein Ck>rps mit dem Feinde
insofern hat, als es denselben nicht aus
den Augen verliert und Jederzeit im Stande
ist, ihn anzugreifen.
Fflnen (FÜAnen), dän. Stift, 62 QH. mit
217,244 £w. Hauptbestaudthell die Insel
F., zwischen dem grossen und kleinen Belt,
55)5 QM. mit 182,816 Ew.; eben, sehr frucht-
bar an Gretreide. Hauptst. Odense.
FSafkirchem, Hauptst. fies ungar. Kom.
Baranya, Kr .Jenseits der Donau, 17,447 Ew.
Kathedrale, Fabriken. [schichte.
Fi]B£iigenu8iehiiM> v. Deutsehland, Ge-
FaftTW (apau.), Statuten, Sammlungen von
Rechtsgewohnheiten; bes. die Rechte, Pri-
vilegien uttd Freiheiten einzelner Stfidte
und Landschaften (s. B. der baSk. Provinzen).
FiinI (althochd. FttriHo, spater Fürtte,
lai. princeps), zur Zeit des alten deutschen
Reichs ein dem Herrenstande Angehöriger,
der als Herzog, Pfalz- , Mark- , Land- oder
Burggraf iu einem bestimmten Bezirke die
Kriegs- und Gerichtsgewalt im Namen des
Königs ausübte; später diejenigen Territo-
rialherren, welche im Rang unter den Kö-
nigen und Kurfürsten, aber über den Grafen
standen , also der Erz - und Grossherzöge,
der Herzöge, Pfalz-, Land- und Markr
grafen, die auf den Reichstag(*u die Für-
atenbank bildeten und entweder geisUicbe
(Bischöfe, Aebte) oder toeltliche (di^ oben
geucaunten) waren. Jetzt besonderer Titel
derjenigen Territorialherren, welche im
Rang zunächst den Herzögen folgen. Si6
führen, wie die Prinzen aus furstl. Hau-
sern , Jetzt das Pi'ädikat ,Durchlaucht'.
Das herald. Zeichen der F&rstenwürde ist
der Filrstenhut, uraprungl. eine rothe, mit
Hermelin verbrämte, mit einem Bügel ver-
sehene Mütze, bei souveränen F.en in eine
offene Krone umgewandölt. F. im Allgem.
auch s. V. a. Monarch überhaupt.
Ffiilrtenbnnd^ deutscher, gegen die An-
nexionsgelüste Kaiser Josephs 11. auf Ver-
anlassung Friedrichs d. Gr. 23. Juli 1T85
zu Berlin zwischen Freussen, Sachsen und
Hannover geschlossener Bund, dem dann
auch die Kurfürsten von Mainz und Trier,
der Landgraf von Hessen-Kassel, die Mark-
grafen von Ansbach und von Baden, die
Herzöge von Zweibrücken, Braunschweig,
Mecklenburg, S.- Weimar, S. -Gotha uud der
Fürst von Anhalt-Dessau beitraten. Vgl. Joh.
Müller, ,Darstellung des F.s*, 1789; Ranke,
,Dfd deutschen Mächte und der F.*, 1871 f.
Fftrstenschnlen 9 die vom Kurfürsten
Moritz von Sachsen aus den Gütern der
eingezogenen Klöster zu Pforta, Meissen
(1543) und Grimma (1550, ursprünglich zu
Merseburg) gegründeten Lehr- uud Er-
ziehungsanstalten, worin eine Anzahl Schü-
ler theils oder ganz unentgeltlich (Alumnen),
theils für Kostgeld (Extraner) unterhalten
und unterrichtet werden, Hauptsitze gründ-
licher klass. Studien.
Fürstentagy deutscher, in Frankfurt a/M.,
17. Aug. 186iJ, beabsichtigte unter dem Vor-
sitz des Kaisers von Oesterreich eine Re-
I form des deutschen Bundes , scheiterte an
dem Widerspruch Preussens, dessen König
dem F. fern geblieben war. S. Deutschland,
Geschichte.
F&rgtenwalde^ Stadt im prenss. Regbz.
Frankfurt, Kr. Lebus, an der iSpree, 7881 Ew.
Foei^eventnra (Forlaventura), eine der
kanar. Inseln, 35 QM. mit 14,000 Ew.
Hauptst. S. Maria de Betaneuria.
Furth^ Stadt im bayer. Regbz. Mittel-
franken, an der Rednitz und am Ludwigs-
kanal, 22,496 Ew. (3116 Juden), eine der
betriebsamsten Fabrikstädte Bayerns. Von
hier nach Nürnberg die erste deutsche
Eisenbahn (1835 geb., P/a M. IX
Fflsilierej unter Ludwig XIV. Name der
mit dem fusU, Steinschlossgewebr (anstatt
der Luntenmuskete), bewaffneten Infan-
terie; Jetzt in der preuss. Armee ein Ba-
taillon im Regiment, sowie einzelne Re-
662
Füssen — FunktioiL
glmeiiter, deren Zweck haoptsächlich das
Tiriülliren sein soll. Fuailirem, standrecht-
lich erschiessen. FänUade , G-ewehrfener ;
standrecbtl. Erschiessen Mehrerer sagleich.
FÜBgen, Stadt im bayer. Regbz. Schwaben
und Neuburg, wichtiger Grenzpass nach
Tirol, am Lech, 1780 Ew. Stiftskirche.
Fossil, Name einer schweizer Künstler-
nnd Gelehrtenfamilie. Am bedeutendsten:
Joh. Heinr. F., Historienmaler, geb. 7. Febr.
1741 zn Zürich, f 16. April 1825 zu Pattney-
Hill bei London, als Direktor der königl.
Malerakademie. — Sana Heinr. F., Vetter
des Vor. , geb. 1744 zu Zürich , f ^^' I^^c-
1832 als Mitglied des grossen Raths, aus-
gezeichneter Staatsmann, Geschichtsforscher
und Kunstschriftsteller.
Fvgmto (ital.), kurxes kontrapunktisches
Tonstück mit Eigenartigem Anlauf, nach
und nach aber freier verlaufend.
Ilig« (lat. fuga), mehrstimmiges kontra-
punktisches Tonstück , in welchem eine
zuerst von einer Stimme voi^tragene
Melodie (Thema) von allen Stimmen in be-
stimmter Aufeinanderfolge (sogen. Durch-
führungen, deren in der Begel eine Anzahl
sind, und welche in verschiedenen Ton-
arten nach einander auftreten) nachgeahmt
wird, so dass schliesslich alle Stimmen das
Thema mehrfach gebracht und ausserdem
kontrapunktisch begleitet habeu.
Fugger, fürstliches und gräfliches Ge-
schlecht in Schwaben, dessen Ahnherr der
Webermeister Jbftann«« F. zu Graben unweit
Augsburg i^t. Dessen ältester Sohn, Johanne$
F,, erwarb das Bürgerrecht in Augsburg ;
t 1409. Sein Sohn, Jakob F., trieb schon
ausgebreitete Handelsgeschäfte; f 14. März
1469. Dessen Söhne Dlrich (geb. 1441,
t 1510), Georg (geb. 1453, f 1506) und Jakob
(geb. 1459, I 15^) wurden von JKaiser Maxi'
milian L in den Adelsstand erhoben und
erhielten von ihm die Grafsch. Kirchberg
und die Herrschaft Weissenhom für 70,000
Goldgulden verpfändet. Georgs Söhne,
JRaimund (geb. 1489, f 1535) und Antonius
(geb. 1493, t 1560), die Begründer der jetzt
noch blühenden beiden Hauptlinien des
Hauses F., der Baimundus' u. der Antonius-
linie, wurden von Kaiser Karl Y. 14. Nov.
1530 in den Grafen- und Pannerstand er-
hoben, erhielten Kirchberg und Weissen-
hom erb- und oigenthümlich , den Sitz auf
der Schwab. Grafenbank und fürstl. Ge-
rechtsame. Graf Anselm Maria F. (geb.
1766, t 1821) ward von Kaiser Franz U.
1. Aug. 1803 mit seiner männlichen Descen-
denz nach dem Recht der Erstgeburt in den
Reichsfürstenstand erhoben, unterwarf sich
1805 aber der Souveränetät der Krone Bayern.
Fahrmanv, Sternbild in der Milchstrasse,
östlich vom Pegasus , 66 Sterne , einer 1.
(Capella) und einer 2. Grösse.
Fn-kian (Fo-kien), Küstenprovinz des
südöstl. China, 2513 QM. mit 30 Mill. Ew. ;
eine der reichsten Gegenden des Landes
mit vielen guten Häfen ; Hauptprodukt Reis.
Hauptst. Fu- tscheu -fü.
Fulah (FuJbe), Volk, s. FeUata,
Fulda, 1) Fluss, entspr. auf der Rhön,
unweit Gersfeld, wird bei Hersfeld schiff-
bar, vereinigt sich bei Münden mit der
Werra zur Weser ; 24 M. lang. — 2) Kreis-
stadt im prenss. Regbz. Kassel. Bischofs-
sitz , au der F. , 10,145 Ew. ; Schloas , I>om-
kirche (nach dem Vorbilde der Peters-
kirche), Michaelisidrche , bischöfl. Seminar.
Namhafte Industrie, bes. in lieinvrand.
Ehedem Hauptst. des ans einer von Boni-
facius 744 gestifteten Abtei bervorgegans^nen
und 1803 säkularisirteu Hochsti/ts, das als
FUrHenthum F. erst su Nassau , dann mm
Grossherzogth. Frankfurt geschlagen and
1815 an Knrhessen abgetreten wurde'.
FiilfeBS (lat.), Glanz, Schimmer. Fuigu-
ration, das Blitzen, Wetterleuchten. Fulgtt'
riten. Blitzröhren (s. d.).
FaliglnoB (lat.), russig, russartig.
Fainen (lat.), Blitz; fulminant, hlitsend,
wetternd , tobend ; Fulminate, knallsaure
Salze; Fulmination , das Blitzen, Wettern.
Fnmarla L, (Erdrauch), Pflanzengattnng
der Famariaceen. F. officinalis X.. Erd-,
Feldraute^ Krätxkraut, fast überall, ofilcinell.
FanuiTolen, Bodenöffnungen auf vul-
kanischem Terrain, aus welchen Wasser-
dämpfe ausströmen, bisweilen beladen mit
Scbwefeldämpfen, schwefliger Säure , Salz-
säure, Salmiak, Borsäure, und dann anr
Grewinnung dieser Stoffe technisch aus-
genutst (Solfatara bei Pnzzuoli, Snffioni
bei Toskana). [Speisen, bes. des Wildprets.
Fanet (fr., spr. Fümeb), Gerach der
Faaios (lat.), voll Bauch.
Faaehal (spr. -schähl), befest. Hauptst.
der portug. Insel Madeira, 28,460 Ew., Rhode;
sehr beliebte Gesundheitsstation.
Fandanumt dat.), Grundlage, Grandbau.
FoBdamentalstoiie , Fixsterne , deren
gerade Aufsteigung scharf bestimmt worden
ist , um die anderen Sterne auf dieselben
zu bezieben. [mächtniss.
Fundatiom (lat.), Gründung, Stiftung, Ver-
Fonddiefostidil, Unterschliigung eines ge-
fundenen Werthgegenstandes, wird gelinder
bestraft als der gewöhnl. Diebstahl.
Faadirte Sehud, Schuld, zu deren Ver-
zinsung und allmähliger Tilgung eine be-
stimmte Einnahme angewiesen ist.
Faadjrbal, Bai des nordatlant. Oceans,
zwischen Neuschottland u. Neubraunsch weig ;
merkwürdig durch plötzliche und hochstei-
gende Fluthen (bis 70').
Fangiren, verwalten, verri<diten.
Fuagos (lat.), schwammig.
Fangos (lat.), Pilz ; krebsart. €reschwal8t;
F. chirurgorum, Bovist (blutstillend).
Fankenselieii, Augentäuschung, bes. nach
längerem Gebrauch der Narcotica etc.
Foiikl (FStndji), Volk im obem Nubien,
dunkelgelbbraun bis schwars, aber ohne
den Negertypns^ unterwarfen sich im 16.
Jahrh. von Senhaar aus die Lander bis
Abessinien und Mittelnubien ; ihr Reich
bestand bis 1822, wo Sennaar türk. Provins
wurde. Gross, g^t gebaut, offen und intelli-
gent, gastfrei und voll Nationalstols.
Fnipktlom (lat.), Thätigkelt, Amtsverricfa-
tung ; in der Physiologie die naturgemässe
Thätigkeit eines Organs; in der Mathem.
Furca — Futtermauer.
663
analyi. Ansdruck für eine ans veränder-
lichen und unyeränderJichen Grössen (Kon-
stanten) zusammengesetzte Grösse.
Fnrca (lat.), Gabel; auch Galgen.
Forlen, s. Eumeniden.
Furios (lat.), wild, rasend.
Furka, B^g an der Grense der Kantone
Wallis, Bern und Uri, 8042' hoch, mit dem
FurJcapaM, ans dem Reuss- zum Rhonethale.
Furor (lat.), Wuth, Raserei; Begeisterung.
Furore (Ital.), rauschender Beifall.
Fnrtim (lat.), beimlich, verstohlen.
Furtum (lat.), Diebstahl.
Furunkel (lat.), Blntschwär, Tereiterang
kleiner Hantstellen, wobei es znr Losstossung
kleiner Gewebstbeile (sogen. Eiterstöcke,
Eiterpfropfe) kommt ; beginnt mit Röthtmg,
Schwellung und Schmerzhaftigkeit der be-
treffenden Hautstelle, heilt nach der Los-
stossung des Pfropfes rasch. Behandlung
durch feucbtwarme Umschläge ; sind Allge-
melnerkrankungen die Ursache, so mlissen
diese bes. behandelt werden. Ygl. Karbunkel.
FnselSle, die den alkoholischen Destilla-
tionsprodukten ihren eigenthümUchen Ge-
ruch verleihenden Substanzen, meist Alko-
hole von höherem Siedepunkt, auch zu-
sammengesetzte Aether etc.; spedell das
Fuselöl des ' Kartoffelbranntweins: Amyl-
alkohol, farblose, widerlich riechende, bren-
nend schmeckende Flüssigkeit, unlöslich in
Wasser, löslich in Alkohol, spec. Gew.
0,818, siedet bei 132 o C, brennt mit leuch-
tender Flamme, ist giftig, wird bei der
Rektifikation des rbhen Spiritus als Neben-
produkt gewonnen, dient als I^euchtmaterial,
als Lösungsmittel für Alkaloide, zur Dar-
stellung von Baldriansäure, Fruchtätbern
etc. OetreidefuseVöi dient als KomU, um
Getreidebranntwein aus Kartoffelbranntwein
nachzuahmen.
Fusion (lat.), Schmelzung, Mischung; die
Verschmelzung zweier Parteien, namentl.
der Legitimistenu.Orleanisten in Frankreich.
Fuss (lat. pes) , der unterste Theil des
Beines, welcher mit dem Unterachenkel durch
das Fussgelenk verbunden ist. Theile:
Fassiohle^ planta pedis, Fene, calx, Fuss-
rücken, dorsum p. Die grössten Knochen
Hegen an der Fusswurzel, d. h. dem der
Ferse entsprechenden Theile ; die Fasssohle
ist mit dickem Fettpolster versehen.
Fnss, Längenmass, meist mit duodecima-
1er, bisweilen mit decimaler Theilung.
Baden
Bayern
England
Verein.
Staaten
Russland
Frant
alte pari-
ser Fnss
u'eich
Meter
Oester-
reich
Preussen
Däne-
mark
Sachsen
Würtem-
berg
1
1,028
0,984
0,924
0,300
0,949
0,956
1,059
1,047
0,973
1
0,958
0,898
0,293
0,993
0,980
1,081
0,019
1,016
1,044
1
0,938
0,805
0,964
0,971
1,076
1,064
1,088
1,113
1,066
1
0,325
1,028
1,035
1,147
1,184
3,388
8,436
3,881
3,078
1
3,163
8,186
3,531
3,491
1,064
1,083
1,087
0,978
0,316
1
1,007
1,116
1,103
1,046
1,076
1,080
0,966
0,814
0,998
1
1,108
1,096
0,944
0,970
0,929
0,873
0,383
0,986
• 0,902
1
0,988
0,955
0,983
0,940
0,882
0,286
1
0,906
0,913
1,012
1
Fussaugeln, Eisen mit mehreren ca. A"
langen Spitzen, von denen stets eine nach
oben steht, dienen als Annähernngshinder-
niss für feindliche Truppen oder Diebe.
Fussbad^ zu medicinischen Zwecken bes.
unter Zusatz reizender Mittel (Senfmehl,
Königswasser), dient zur Ableitung des Blntes
von Kopf und Brust , wobei sich zugleich
auch Blutfülle in den Unterleibsorganen
einstellen kann. Wichtig sind baldige Ein-
wickelungen der Füsse nach dem Bad.
Fnsskuss, im Morgenland Zeichen der
Ergebenheit und Verehrung, im Abendland
bereits durch die röm. Kaiser eingeführt,
dann von den Päpsten gefordert:''
Fusspftandy Mass zur Bestimmung der
Grösse einer Arbeitsleistung, nämlich die
Kraft, welche erforderlich ist, um 1 Pfd.
in 1 Sekunde 1' hoch zu heben. Nach dem
Becimalsystem s. v. a. Kilogrammmeter.
Fnssschtrelss 9 reichliche, nicht immer
krankhafte Absondernng des Seh weisses an
den Füssen, führt bei seiner .Zersetzung zu
üblem Geruch. Die Furcht, däss plötzliches
Wegbleiben des F.s zu Krankheiton führe,
ist unbegründet, daher fleisslge Waschungen,
öfteres Wechseln der Fussbekleiduug, Ein-
strenen .von gepulverter Weinsteinsäure
empfohlQUswerth,
Fusswaschen y Ritus der röm. - kathol.
Kirche, wobei der Papst nach Jesu Vorbild
in der clementin. Kapelle 13 Armen als
Stellvertretern der Apostel die Füsse be-
netzt und abtrocknet und sie dann auch
bei der Speisung bedient; auch an den
Höfen mehrerer kathol. Fürsten eingeführt,
z. B. zu Wien, München etc.
Fustage (fl:., spr. Füstahsch), s. v. a.
Emballage ; in der Schiffer spräche die Fässer
und Gefasse für Flüssigkeiten.
Fustanella, Theil der männlichen griech.
Nationaltracht, das weisse Albaneserhemd,
von der Taille bis an die Kniee reichend.
Fustl (ital., d. h. Stengel, Stiele, auch
Refaktie), der Abzug vom Gewicht einer
Waare, wenn dieselbe zu viel Unreinig-
keiten, Stiele etc. enthält, wie bei Kaffee,
Korinthen etc.; auch Abzug wegen schad-
hafter Beschaffenheit der Waare.
Fustle, das Kind eines Weissen und einer
Mustie (der Tochter eines Weissen und
einer Mulattin).
Fustlgation (lat.), Stäupung.
Futil (lat.), nichtig, nichtswürdig.
Fn-tscheu-fti, Hauptst. der chines. Prov.
Fa-kian, 600,000 Ew. Freihafen.
Futtermauer, Mauer zur Bekleidung von
I Er4w^nden iu Strasaen« Fli;ssen, Fe^tuugeu,
66i
t^otärnm <<— G^ge.
Futurum (Ut.), in der Grammatik Zeitform
der ^ukanft^ kommt vor als F. aimj/lex für
eine überh. m die Zukunft fallende Hand-
lung, und als F. exacium zu Bezeichnung
einer Handlung, welche als vor einer anderen
gleichfaUs suküAftigen Handlw^ vollemdfit
dargestellt werden soll. Die ^rman. Spra-
chen bezeichnen das T. durch <*in. Hulfazeic-
wort (werden). [seite des Blattes.
F. Tmf abbrcT. (uiJoHq vtrso, auf disjr Kück-
G.
6, rom. Zahlzeichen = 400, G = 400,0C0;
auf Kurszetteln = Geld; anfpreuss. Münzen
die Münzstatte Stettin, «nf franz. Poitiers;
auf schwel«. Genf; auf Österreich. Nagybanya.
GftbbrOy körnig krystallinisches Gestein,
Gemenge von Labrador, Sauasurit, Diailag
und Smaragdit, meist in Verbindung mit
Serpentin, in gewaltigen Stöcken, schroffe
FeUriffe bildend, in Oberitalien, auf den
Alpen, dem Harz, in Schlesien etc., dient
zu architekton. Ornamenten, Mühlsteinen.
Gabelle (lat.), Nachsteuer, Abzugsgeld ; in
I'rankreich die ehemalige Salzsteuer.
Gabelflberger, Franz Xaver, Begründer der
Stenographie in Deutschland, geb. 9. Febr.
17&9 zu München, seit 1823 geh. Kanzlist im
Ministerium des Innern, später geh. Sekretär,
seit lasi erster Stenograph ; f 4. Jan. 1849.
Sehr. , Anleitung der deutschen Redezeicheu-
kunst' (2. Anfl. 1850) ; ,Neue Vervollkomm-
nung etc.* (2. Aufl. 1850); ,Stenogr. Lese-
buch' (18S8). Seine Schüler gründeten den
,Gabel8berg8r stenogr. Central verein', wel-
cher unter Benutzung der von G. hinter-
lassenen Papiere G.s Hanptschrift : ,Lehr-
gebäude der Stenographie' (1850) herausgab.
Biographie von Gerber (1868).
Gabii (a. G.), mächtige Stadt in Latium,
nördl. am Albanergebirge, Bivalin Roms,
von diesem unter Tarqninins bewältigt.
Gablenz, Ludwig Karl Wilh., Freiherr vcn^
österr. FeldmarschallHeutenant, geb. 19. Juli
1814 zu Jena, Sohn des sächs. Genecal-
lientenants Heinrich Adolf Freiherr von G.
(geb. 1764, f 1843), zuerst in sächs., dann
in österr. Militärdiensten, ward Nov. 1848
Generalstabschef im schlickschenArmeecorps
in Oberungarn, dann Österr. Kommissar
im russ. Hauptquartier während des ungar.
Kriegs, focht 1859 als Brigadegeneral bei
Solferino und übernahm nach des Grafen
Reischach Fall den Oberbefehl über dessen
Division. 1863 zum Feldmarschalilieutenant
ernannt, erhielt er den Befehl über das
österr. (6.) Armeecorps der alllirten Armee
unter "Wrangel, welche 1. Febr. 1864 die
Eider überschritt, fungirte dann als österr.
Statthalter in Holstein, zog nach der Be-
setzung des Landes durch die Prenssen
12. Juni ab. Im Krieg mit Preussen 1866
Kommandant des 10. Armeecorps, focht er
bei Trautenau und Bnrgersdorf.
Gablonz, Fabrikst. im böhm. Kr. Bunzlau,
an der Neisse, 45.53 Ew.; Centrum des Han-
dels mit Glasperlen. [Hanptort Qahar^
Gabordui, firanz.Landsch.indorGascogne,
Gabriel (hebr., d. 1. Mann Gottes), nach
der Spataren jud. Mythologie einer der 7
ErzeugeL [BvMen. G., SS^JMO £w.
(jabs {Ktibet), Hafenstadt ia Tonis» am
Gabim (M'JPongo), Mündnngsmeerbasen
der beiden Flüsse Orombo nndRbambo6 im
westl. Afrika , unter dam Aeqnator , 9 H.
lang bis IVs M. br. ; früher für einen Strom ge-
halten. Gabuniand, das dortige Küstenland.
Gachewr (£r., spr. >8chöbr), Schnöderer,
Sudler; auch Verschleuderer.
Gad (d. i. Glück), Sohn Jakobs und. einer
Sklavin Silpa, Stammvater der Gadüer,
deren Gebiet den Jordan entlang bis an
den See Genezareth reichte.
Gade^ Hielt Wif h. , dkn. Komponist, gob.
22. Okt. 1817 in Kopenkagen, 1844—46 Di-
rektor der Gewand banskoncert» in Leipzig,
lebt seit 184S in Kopei^agen. Sehr, zahl-
reiche, bes. durch reisvolle Instmmentation
ausgezeichnete Orchesterwerke (Sympho-
nien, Ouvertüren n. AÖ, anch Werke für
KammerRkUsik und Gesang, letatere zum
Theil mit Orchesterbegleitung (»ConudaS
«Erlkönigs Tochter', ,Kreusfabrer* etc.).
Gadebucb, Stadt in Mecklenb.-Schwerin,
8366 Ew.} 80. Dec 1712 Sieg der D&nen über
die Schweden. In der Nähe fiel Th. Körner
Gades^ s. Oadtc [26. Ang. 1813.
Gadmeathal, Thal im berner Oberland,
am Fuss der Gadmenßuh (9970'} ; durch das»
selbe Strasse über die Sustenscheideck nach
Mayen und ins Reusstbal.
Gaa, Ge (lat. Talltu, d. h. die Erde),
kosmolog. Gottheit der A Iten, entstand nach
Hesiod zuerst nach dem Chaos, gebar ohne
Befruchtung den Uranus (Himmel), die Ge-
birge und den Pontos (Meer), bierauf , von
Uranus befruchtet, die Titanen, die Khea,
Themis, den Kronos, die Gyklopen etc.
Gährongy Zersetzung gewisser Substanzen,
bes. des Zuckers durch Fermente. Letztere
sind eiweissartige Stoffe, die selbst in einer
Zersetzung sich befinden und diese, so
lange sie dauert, auf die gährnngsfähigre
Substanz übertragen, wahrscheinlich aber
nur unter Vermittlung lebender Organismen
(Pilze) wirken. Alle Gährungsprozesse ver-
laufen bei mittlerer Temperatur, und ihnen
entsprechen bestimmte Fermente. Bier-,
Spiritus-, Brod-, Butters&ure-, Milchsäure-
bereitung beruhen auf O&hmngsprosessen.
tiaeltech (Gadhelisch), Sprache der Hoch-
schotten, zur celt. Grnppe der indogerman.
Sprachenfamilie gehörend.
Gange 9 in der Geognosie Kluite oder
Spalten in Gesteinen, angefüllt mit von
den umgebenden Gesteinen abweichenden
Cranseb^ut' -^ Galatien.
®@&
HinAimlniaftBett, vovBiigi. 'Lagerstittton dar
MciallP'iuiid ihr»! ££Be;.jÜDger Als daa.Q-e-
afcein, in welcbem sie »alBetzen« Das dl« £jrae
im Gang begleitend» Mineral heissc Omtgart.
A&Dselttvt (Gatisanflerüia)i duroh Kiitte-
einfiiiss und pJöteliche nervöee Eirreguns
bedingte) JBUkUtsusammenzishuag, wobei sieh
aah|reiclie kleine Erhebungen Beigea»
Oavse^ Gkkuxeieent Boheiaen^baiTen, direkt
aas dem HohofiBn gegossen.
Gaeta (das alte. CV^'sto), befestigte Stadt
und starke Featnng in der südital. Prov.
Terra di Lavoco, am Bu$en G. , 14,217 £w.
Vom. 25. Not. 1848 bis 4. Sept.. 1849 Asyl
de» Papstes Pius IX.; yom S, Nov«. 1860
letster- Zufiucbtsert Vraius IL von Keapel,
biadie Festung nach Bombardement darch
die Piemen^eeeu 13. Febr. 1861 . kaipitnlirte.
ttaitnlor (a. G.)) K<miadenyolk im. Innern
Liibyiens^ südl. von den Mauritaniern ; die
Yorfahren der beut« Tnarik». {Gilde.
jQaffel (altd.)t Abgabe, bes. Absugsgeld;
GaAbI^, die SegelstaDge , an welche das
obere finde des Besahns befestigt ist.
Gftfl^t (I^hkahle, Mhiaa»eer BemeUint
Jet); schöne achwarae , sehr politnrf&bige
Braunkohle imDApsft>t. Attde, in Spanien etc.,
SU Sohmuckwaaren u. feinen ■ Tischlorarbei«
ten ; Jetst fast ganz yerdrängt dui«b Surro-
gate: Glasflüsee ^Layasohmuck), Steinkohlen-
pech, gehäitetooi Eautsotnik (Jet, Judd).
Gag« (fr;, spr. Oahsch), Pfand, g»d^amour,
LiebespiEfiCkd ; Gehait , bco» der Schmspieler.
Gagem, l) Hana Chri$toph JSrmt, ^Ft^iherr
vom u. , StaatsmanB , geb. 25. Jani 1766
KU Kleinniederheim bei Worms, 1815 niedei:-'
länd. Ge4andter auf dem wiener Kpngress,
dann bis 1618 beim deutschen Bunde, drang
hier auf politiaohe Binignue der deuttotoeu
Nation und anf die Jßinflihrnng- landatftn-
diaeliev Verfassungen itt den Bundesstaa-
ten. 1820 pensionirt, lebte «r seitdem auf
»einem Gute H«ma» bei Höchst , . Mitglied
der ersten Kammer im Grosshevaogtbum
Hessen; f ^^ Okt» 1852 au. Horuau. Bohr.
»Meixfc Antheil aa der Politik' (1823^44,
5 Bde*) und mehrere ■ gesohdohtl. Werke. —
2) ifWtfdr« BoMuin, Frtiktrr von &., nieder*
läud. General, Sohn des Vor., geb. .24. Okt.
1794 SU Weilburg, machte inösterr. Dien-
sten den Zug naeh Russland und den Frei-
heitskrieg von 1813., in niederländischen
den Feldaug von 1815 mit, ftmgirte von
1830 -«31 als Major und Ghef des Gisneral-
Stabs des Hersogs Bernhard Ton Weimar,
ging 184ä ak General nach . Ostindieu,
ikbemahm nach den Marsbewegungen 18i8
den Oberbefelil. gegen Heckers undStravos
Freisohaaren , . fiel 20« April- bei Kandier»
vor Beginn. des Kampfs. Seine Biogr. von
setnem Bruder JSeinr, vom tG. (1856.^57,
3 Bde.). ^ 8) J7mnr. Wüh. Aug., Freiherr
van Q., Bruder. des Vor«, geb. 20i. Augi. 1799
stt Baireuth,. focht- in nawauischen Diensten
beiWaterloo, ward 1829 hesseiit-darmstadt.
Begiening8za«b, 1832 Mitglied dbje swviteo,
Kammer, wegen fretoinnigar. Haltung NviV-
18B3 ans dem Staatsdienst entlasaen. Seil
F^r. 1847 wieder Mitglied der>Kamm^
ward er Mar» 1848 an die Spitze« der Ver-
waltung berufen-, dann shtglied dea Vbr-
parbiments und' Präsident der •defatschen
Nationalteiisammlang, brachte als soloher
die Einsetsung einer provisor. - Gemtral-
gpewait in Vorsehlag, trat 15. Dec. an die
Spitse des Boichsminiateriums und legte
ala solcher 18. Dec. dem Parlament s«[n
Programm vor (s« DemtsnUand, Ge8ch*>. In-
folge der Nichtannahme der Verfassung. im
Ganeen von Selten des Farlantents tnA er
21. März 1849 < mit dem «ansen Beiobs-
tainlsterlum suriick,, führte aJtor difr-.Ge-
sohäffee interimistisch fort, suchte swi-
schen dem Widerstreben der Regierungen
und dem Bräniren der demokrat» Fraktionen
vergeblich su vermitteln und trat 20. Mai
mit seinen Parteigenossen aas dem Parla-
ment aua. Im Unionsparlament au J&fbrt
(Mars 1850) einer .der Hihrer der buades-
staatlichen Pajetei, trat er dann als Ma^or
in schleswjg-holstein. DieuBte,' schloss sich
1862 der grosedeotschen Partei an und war
1864— 7a grosshsgl. hess»< Gesandter in Wien.
Gail^ Nebeafluas der Drau in Karnthen,
entspr; an der tiroler Grenae, mündet unter-
halb Villach, 17 M. > [seil» 2571 Ew.
CkalB» her. Molkenkurort im Kant, Appen-
Gajns^ röm. B«cbtsgeiehvter um 117'-161
n. Ohr., Verf. der »InstltutionesS eines
Lehrbuchs des rÖm. Beohts bis auf Justinian, i
wovon Niefbahr 1816 au Yerot» eine Hand»
Schrift entdeckte. Ausg. von Stksking (ö. Aufl.
1856, grössere Ausg. 186$),^«0Mre<l«61) «. A.
Gala« PraohtauBug, Hoficleid.
Ctelaatomater (fr.^ Laktoekop), Instrument
verschiedener Konstrnktioa aur Bestimmung
der Güte der Milch. {ab^ondamng.
GalttktorrhSa (gr.) , zu relehlicha Milch"
GaUunbntter y gelbes schmderiges Jtett
aua den Früchten von Basaia.* Arten, in
G«raeh und Geacfamaok der Kakaobutter
ähnlich, schmilat bei 86o C. HandelaaatilBel.
Galam (fir.), Liebhaber, Buhle.
Galaader^ «. v. a. Haubenl^che.
Galant (fr,), von schmuckem Ansehn,
fein, artig. 0,e Kranhheit, s. v. a. Syphilis.
GalMUtorie <fr.), Artigkeit, HöHiohkeit,
feine- Lebensart dem schönen Gesd»lecht
gegenüberf dann auch mit dem Nebenbegriff
der Sinnlichkeit und lockereu Sitte. Galant
teriewaaren, Loxnagegenstände aum Putz
und au feiner Ausstattung«
Galant -hemme (fr., spr. Galangtomm),
Einer, der feine Manieren, bes. ipi Umgänge
mit Damen, hat. {galanter Liebhaber.
Galantill (fr., spr. «langtäng), übei^trieben
GaUatnomo <ital.), Ehrenmann.
Galapigos (Sohildkf^taninaeln) , vulkan.
Inselgruj^M im Grossen Ocean ^ nAtear dem
Aequator, zum Staate Ecuador gehörend;
ca. 139 QM. 11 grössere (Alvermuele, Flo-
reana, Cfcato» etc.) und aablr. kleine LiseUK
Schildkröten (Testado indiea) bis 3 Gtr.
Gala ta» Stadttheil Konstantinopels, von den
Gkenuesen eingelegt) Hauptsita des Handels.
GalaUaB<a. G.>, Landsohaft in Kleinaeien,
au. Pompetiua . Zeit Königreich imter Bejo-
tarns, bald darauf rönu Provinz, mit den
Hauptst. Ano^ra n. PMsinus« Das Christen"
thnm breitete aioh fröbaeitig dort aus«
6M
Galatz — Galudea.
eilats (Oolaet), Handalsstadt In der
Holdan , an der Donan , 20,050 Ew. , Frei-
hafen, Sobiffswerfte. Hanptstapelplatx f&r
die Produkte des Landes.
Qalba, 8erviu8 Bnlpiciu», röm. Kaiser, geb.
b T. Chr., war 38 n. Chr. Konsnl, dann nach
einander Statthalter von Aqnitanlen, Ger-
manien, Afrika und dem tarrakon. Spanien,
ward nach Neros Tode Juni 68 ron den
Prätorlanem eum Kaiser erhoben , yon Otho
Jan. 09 gestftrat nnd getödtet. -
Oalbinnm (Mutterhan) , der erhärtete
Milchsaft der persischen Umbellifere Ferula
ernbesoens Boi$»i«r , braunllchgelbe Köm-
chen Ton aromatischem Geruch n. bitterem
Geschmack; Arzneimittel. Das farblose
ätherische Oel ist gleichfalls of&oinell.
Qaleane (Ital. gaUaaa), grösstes Knder-
schiff des mittell&nd. Meeres im 10. <- 14.
Jahrb., mit etwa 1000 Mann Besatsnng,
3 Masten; in Dänemark, Schweden und
Holland (Galea$) kleines Schiff mit Haupt-
und Besabnmast und Schoonersegel.
Claleere, 130—140' langes Kriegsfahraeug
mit 25 Rudern an Jeder Seite, welche von
6 — 7 Gtaleeronsklayen regiert wurden, 2
leichten Masten , mehreren Kanonen und
8 — 500 Soldaten. Die romehmste G. hiess
Roate, ihr folgt die Oa|rftana; kleinere
hiessen Galeoten, Halbgaleeren, breit ge-
baute Bastardgaleeren; seit 17. Jabrh. ausser
Gebrauch. OaUerenUrafe, s. Bagno.
GaleerenoflBii, langer Ofen mit einem der
Länge nach rerlaufenden Feuerkanal und
zwei Reihen ron Retorten, dient zu rer-
scMedenen technischen Operationen.
ttmlena, Stadt in Illinois (Nordamerika),
14,000 Ew. ; bed. Bleiminen. Gegr. 1819.
6alensto«k, Gebirgsstook der schweizer
Alpen, auf der Grenze ron Wallis und
Uri, 11,073' h.; daran der Rhonegletscher.
Galenns, Cfaudta«, ber. Arzt des Alter-
thnms, geb. 131 n. Chr. zu Pergamum,
Srakticirte das. , dann in Rom ; f um 200.
chriften (1821—33, 20 Bde., 1844, 1848).
Cialeote, s. v. a. Halbgaleere, s. Cküeere.
Galerie, tiemacb, dessen Lauge die Breite
bedeutend übertrifft, bes. zum Aufstellen
von Kunstwerken dienend ; daher auch
solche Sammlung selbst, auch übertragen,
z. B. als Büchertitel; ein mit einer Brü-
stung umgebener Gang, bes. in Theatern
die Bethe Plätze vor oder über den Logen ;
vorspringeuder Balkon am Hintertheil eines
Schiffs; iu der Kriegsbaukunst langer schma-
ler Gang zu den Aussenwerken, Minengang.
Galeiins^ Cajus Valeritu Maximianui,
dacischer Hirt, dann Soldat, schwang sich
zu den höchsten militar. Würden empor,
ward Diocletians Schwiegersohn und Mitkai-
ser mit Ck>nstantius Augustns, schlug die
Perser ; f 311 ; letzter Verfolger der Christen.
tialgantworzely gewürzhafte, iugwer-
artige, ätherisches Oel enthaltende, ofB-
cinelle Wurzel aus China, stammt wahr-
scheinlich von Alpiuia ohinensis (Scitaminee).
Galieten (röm. CMaicum), ehemal. König-
reich im nordwestl. Spanien, die Prov.
Ooru&a, Lugo, Orense und Pontevedra um*
fassend, 583 QM. und 1,880,522 Ew. (CMle"
go§) i reich an WaldgeUrgeii and firaeht-
baren Gefilden, gut angebaut, Landwirth-
Schaft u. Viehzucht blübend. Hanptat. Ck>m-
postella, feste Hafenplätze Com&a u. FerroL
Chllllia (a. G.), Landschaft in Palästina,
ursprüngl. Distrikt des Stammes Naphtfaali ;
dann Nordpalastina diesseits des Jordans.
GaUlel. Galileo, ital. Physiker, gab. IS.
Febr. 1564 zu Pisa, ward 1589 Prof. der
Mathematik das., 1592 in Padua, 1610 wieder
in Pisa, erklärte sich hier auf Grand seiner
Beobachtungen für das kopemikan. *^Velt-
system und ward zur Verantwortong nach .
Rom geladen. 1617 nach Florenz auruek-
gekehrt, ward er durch sein «Dialogo
sopra 1 duo sistemi del mondo* (1632) aber-
mals in einen Prozess verwickelt und
musste 16S3 ror dem Inquialtionstribnnal
seine Meinung abschwören (das berühmte
,E pur si muove*, und sie bewegt sich doch !
ist unhistorisch). Nach Siena, dann nach
Arcetrl verwiesen, f er das. 8. Jan. 1642.
Erfend die Wasserwage, den Proport{<mal-
zirkel, konstruirte ein Femrohr, nachdem er
von dessen Entdeckung in Holland Knnde
erhalten, entdeckte die Pendel- nnd Fall-
gesetze, die Mondberge , Juplterstrabanten,
den Satumsring, die Sonnenflecke und die
Libration des Mondes , entwarf Tafeln der
Bewegung der Jupitersmonde. Auaipabe
seiner Werke: 1842— 56, 16 Bde. Vgl. über
ihn: Ca»par (1854), Ghtulen (1862), Epinoia
(1867), Martin (1868), WohUoül (1870).
Cialloiiy Schiffssehnabel.
Gallone, grosses Kriegsschiff der Spanier
im Mittelalter, mit 8 Masten imd 3—4 Ver-
decken, vorzüglich zum Transport der
Schätze ans Amerika benutzt (Silberflotte).
Galipot, franz. Fichtenharz.
Galiteenstelm. toe<w«r, s. v. a. schwefel-
saures Zlnkozyd; Mauer, s. v. a. schwefel-
saures Kupferoxyd.
Galivm L. (Labkraut), Pflaniengrattnng
der Rubiaceen. G. Mollugo L., weisses
Waldstroh, GrasUern , in Europa, Volks-
heilmittel gegen Epilepsie. G. veram L.,
gelbes Wiädatroh, lA^frauenbetiatroh, in
Europa, Sibirien, macht die Milch gerinnen.
GaiiBlen (G.undLodomerien), Königreich,
österr. Kronland, am Nordabhang der Kar-
pathen, 1425,6 QM. und 4,705,525 Ew. Im
W. von der Weichsel (mit Donajec, San
und Bug), im O. vom D^Jestr mit lahlr.
Nebenflüssen bewässert, sehr frachtbar.
430/0 des Bodens Ackerland, 260/« Wald,
fast 100/0 unproduktiv. Hauptprodukte: Hafer
und Gerste, Flachs, Tabak, Runkelrüben.
Bed. Viehzucht. Mineralien, bes. Steinsalz
(Wieliczka undBochnia), Steinkohlen, Erdöl.
Hauptmasse der Bevölkerung: Polen im W.
(2,085,431) und Ruthenen Im O. (2,281,838),
Jene röm. Kathol. (2 Brzbisth. Lemberg und
Krakau), diese griech. Kathol. ; daan deutsche
Ansiedler (ca. 105,000, darunter 80,000 Ka-
thol. I und Juden (442,973). Industrie gering ;
der Handel meist Tniusithandel, von Joden
und Armeniern betrieben ; Export von Natur-
produkten (Holz, Vieh, Salz etc.). Wichtig
für den Handel die Eisenbahn von Cserno-
wits nach Krakau. Vgl. Lipp» ,Die Var-
Galizyn — Gallenfieber.
667
kefars- und Haddelsv^rbältnisse G.bS 1870.
2 UniTersitäten (Erakau und Lemberg), 13
Gymnasien etc.; aber ungenügende Volks»
schulen. Eintheilnng in 2 Yerwaltungs-
gobiete: Krakau (West-) und Lemberg (Ost-
galizien). Von 95 Städten nur 9 mit mehr
als 10,000 Ew. Hauptst. Lembsrg. — G. und
I«odomerien, die beiden west). Landschaften
des alten Rothrnssland , »bildeten bei der
Theilung des Landes unter die Söhne
Jaroslaws L 2 Grossfürstentbümer , die
nach den Hauptstädten (Halicz u. Wladimir)
genannt wurden; kamen noch im 11. Jahrb.
unter die Herrschaft der Ungarn, im 13.
und 14. an Polen, bei der ersten Theilung
Polens 1772 an Oesterreich. Vgl. Krakan.
^hi\zjn(OoHzyn, auch Gdlit»in und 0<U-
litzin) , DmitriJ Alexyetoitsch , geb. 1735,
t 21. März 1803 zu Braunschweig, russ.
Gesandter in Paris und im Haag unter
Katharina U., Freund Voltaires und der
Encyklopädisten ; Verf. der ,Description de
la Tnuride' (1788) etc. Seine Gemahlin,
AmedU, Fürstin v. G., geb. 28. Aug. 1748 zu
Berlin, Tochter des preuss. Generals Gra-
fen von Schmettan, yersammelfce in Münster
einen Kreis der ausgezeichnetsten Gelehr-
ten um »ich , vertraute Freundin von
Hemsterhuls und Hamann, bewog Stolberg
zum Uebertritt zum Katholiclsmus, hoch-
gebildeten Geistes, aber stark zum Pietis'
mus sich hinne^end; f 24. Aug. 1806. An
sie riclitete Hemsterhuis seine ,Letires sur
rath6i8me< (1785). Vgl. KaJttThimg, ,Denk-
• Würdigkeiten etc.S 1828.
Gally 1) Franz Joseph, Anatom u. Pfaysiolog,
geb. 9. März 1758 zu Tiefenbrunn, prak-
tioirte in Strassburg, lebte dann auf Beisen;
t 22. Aug. 1828 zu Montrouge bei Paris.
Begründer der Schädellehre. Sehr. ,In-
troduction au^Nsours de Physiologie du cer«
veau* (1808), ,Anatomio ot Physiologie du
syst, nerv.* (2. Attfl.1822— 25,6Bde.,mitAtias)
u. A. — 2) Heinrich Ludwig Lambert, Tech-
niker, geb. 28. Deo. 1791 au Aldenhoven bei
Jülich, 1836 Regierungssekretär in Koblenz,
1839—49 Oberinspektor auf den Gütern des
Barons Eötvös, seit 1849 in Trier; f das.
31. Jan. 1863. Erfinder rauch verzehrender
Feuerungen, tragbarer Dampferzeuger, der
Weinverbesserungsmethode, eines Spiritus-
destillirapparates etc. Verfasser zahlreicher
Schriften über Brennerei (1830, 1832, 1834),
Dampferzeugung (1860), Weinbereitung (1854,
1858), Feuerungsanlagen (1855) etc. — 3)
Luise von G., s. Schücking.
Galläpfel, durch den Stich von Gall-
wespen an den Eichen erzeugte kugel-
förmige, erbsen- bis klrschgrosse Auswüchse
an Blättern und Blattstielen. Schwarge,
blaue G., von der Larve der Gallwespe
noch nicht verlassene, und weisse, ver-
lassene, daher durchbohrte G. Die meisten
G. werden auf Quercus infectoria Ol. durch
Gynips Gallae tinct. (H, erzeugt. Arten:
AleppO' oder türkische, ungarische, Istria-
und franz. G. Die ehinesitehen G. werden
durch Aphis cbinensis Dottbledag auf Rhus
semialata Murray und B. Japonica ^tei. er-
zeugt und bilden hoble, bisarr gestaltete
Blasen. Die G. enthalten bis 75% Gerb-
säure, dieney zur Darstellung des Tannins,
der Gallus- und Pyrogallnssäure, der Dinte,
in der Färberei und Gerberd.
Gidlait (spr. -ä), Louiß, belg* Historien-
maler, geb. 1812 zu Tournay, auf der Aka*
demie das. unter Hennequin gebildet, lebt
zu Brüssel. Einer der Hanptführer der
belg. Malerschule; Hauptwerke: Tasso Im
Gefängniss , Abdikation Karls V. , £^mont
vor der Hinrichtui^, Exeqnien der Leichen
Egmonts und Hooms etc.
. Gallas, Negervolk im nordösfl. Theile des
südafrlkan. Tafellandes, südl. von Abessi-
nien bis zur Küste, schönen und kräftigen
Körpers, bildsamen Geistes, kriegerisch, zum
Theil noch wild und grausam; meist Hirten-
völker, auch kühne Jäger und Räuber; dran-
gen erst in den letzten Jahrhunderten aus
dem Innern Afrikas verheerend und erobernd
nach dem N. und O. vor, und zerfallen in
mehrere Stämme mit bes. Gemeinwesen,
deren einige zumOhristenthum bekehrt sind.
GallaSy MaUhias, Graf von, kaiserl. Ge-
neral im SOjähr. Kriege, geb. 1589, verrieth
dem Kaiser Wallenstäns Pläne, wurde mit
Vollstreckung der insgeheim über denselben
ausgesprochenen Acht beauftragt, erhielt
nach WallensteinsTode die Herrschaft Fried-
land und den Oberbefehl über das kaiserl.
Heer; f ^^7 in Wien. Sein Mannesstamm
erlosch Mitte des 18. Jahrb., worauf der
Erbe von Friedland, Graf Clam, den Bei-
namen dam' CMUas annahm.
Galle 9 Johann Go^fried, Astronom, geb.
9. Juni 1812 in Sabsthaus bei Gräfen-
hainichen, seit 1851 Direktor der Stern-
warte in Breslau; entdeckte 3 Kometen,
fand den von Leverrier theoretisch ent-
deckten Planeten Neptun auf.
Galle^ Sekret der Leber, sammelt sich in
den Gallengängen und in der Gallenblase
und mischt sich im Zwölffingerdarm dem
Speisebrei bei. Schleimig, gelb, grün bis
schwarz, bitter, neutral, enthält tauro- und
glykocholsaures Natron, Farbstoffe (welche
die Exkremente färben), Gholesteariu, Fette,
Schleim etc. Begünstigt die Besorption des
Fettes, verhindert Gährung im Darm, dient
zur feineren Wäsche (Gallenseife, Seife mit
G., Honig, Terpentin), zum Anreiben der
Farben (Ochsen-, Karp/engaUe) etc.
Gallegos (spr. Ga^e-), die Bewohner von
Gallen, St., s. St.- Gallen. [Galicien.
Gallen, Pflanzengallen, krankhafte, durch
Insektenstiche veranlasste charakteristisch
geformte Auswüchse an Wurzeln, Blättern,
Blatt- und Blüthenstielen, beherbergen ein
oder mehrere Insekteneier und die junge
Brut bis zu verschiedenen Entwicklungs-
stufen (s. Galläpfel). Auf Aeokern sandige
und nasse Stellen. Bei Pferden kleine Ge-
schwülste an den Füssen , entstehen durch
zu gn'osse Anstrengung und infolge von
Schwäche; Behandlung durch zusammen-
ziehende Mittel, Umsohll^e etc.
Gallenfieber (Febris billosa) , firüher ge-
bräuchlicher Name verschiedener Krank-
heiten, die man mit zu reichlicher Gallen«
absonderung in Verbindung bracbte.
ms
Gatlensteiiie — Oftbnei
CklUettlteiM^ V«rliftitaiig6ii in der Gallen-
blase, bestehen thells aus Gallenfltrbstoff,
theils aas Choleitearin etc., yerstopfen bis-
weilen die Qalleng&nge und veranlassen
Qelbsvcht und heftff^e Schmersen (OctiUn-
tieiii^koiik). Bei älteren Franen b&nfig. Be-
handlang: meist nur Regelung; der Diät nnd
SctiinerBstillnnr durch yersehiodene Mittel.
Oallenwnrsei^ s. ▼. a. Jalappenwurzel.
Oallerte^ thieritcke, ist Leim mit so yiel
Wasser, dass bei gewöhnlleher Temperatur
eine zitternde Masse entsteht; pfianzlieht
G. ans Hechten ist Flechtenstärkemehl und
ans Früehten Pektin mit Wasser,
Gaüetselde^ alle ron den Oocons er-
haltenen verspinnbaren Seidenabl&lle.
Gallien (lat. GaUia), das Land der Gallier,
des celt. Hauptrolks im Alteithnm, um-
fasste das heutige Frankreich und Belgien,
seit 4. Jahrb. t. Chr. atieh Oberitalien bis
zur Etsch. Letzteres (das ital. G.), als
GaUia cUmipina Ton dem jenseits der Alpen
gel^euen Q. tran$alpina -unterschieden und
io nach der Lag^ diesseits oder jenseits des
*o (Padns) in G. cispadana und Q-. trun*'
ptMktfMi zerfallend, wurde im sog. gcMUohtn
KrUge (2S4 — 822 t. Chr.) von den Römern
unterworfen nnd seit 191 durch Kolonien
vollständig romanisiri. Wegen ,der von-
den Römern angenommenen Tracht der
Tbga hiess es fortan O. togata, im Gegen-
satz zu 0, brcn:oata (von den weiten Hosen
der Bewohner) oder e&mala (von ihrem
langen Haupthaar). Von 58—61 v. Ohr.
unterwarf Julius Cäsar das ganze übrige
transalpin. G. nnd tbeilte es in 3 durch
Sprache und- Einrix^tnngen verschiedene
Gebiete: in Aquitanien, zwischen den Pyre-
näen und der Garonne, von iber. Völker-
schaften bewohnt , das celt. Q, , bis zur
Seine, und das hdg. Q., bis zum Rhein,
beide letztere Theile von den eigentlichen
Chilliem oder Gelten bewohnt. Unter
Augnstus (27 v. Ohr.) neue Eintheilnng des
Landes. Die 8 ersten Jahrb. n. Ohr. ver-
liefen ruhig für die Gallier; dann beginnt
ihr Verfall, den innere Zerwürfnisse, Ein-
fälle und Besitzergreifiangen der Alemannen
nnd Franken, sowie der Druck der röm.
Stottfaalter und im 5. Jafarh. das Eindringen
der Bui^nder und der Westgothen be-
schleunigen. Der Sieg des Franken Chlod-
wig 486 vernichtet den letzten Best rom.
Herrschaft über G. nnd lässt aus G. das
ftänk. Reich hervorgehen. Vgl. Valkenaer,
,G6ogr. des Gaules*, * 1826 — 88, 2 Bde.;
Thierry, ,Hist. de la Gaule*, 1888, 3 Bde.;
neue Ausg. 1866 f.; ßcherrer, ,Die Gallier
nnd ihre Veiüftssnng', 1865.
GallliMns, JhMimg LUvnius, röm. Kaiser,
erat Mitrogent ' seines Vaters Valerianns,
Kaiser seit 259 , llist bloss anf Italien be-
schränkt (Zelt der sogen. 80 Tyrannen);
268 ermordet.
Galllkstti8«lie KIrdM» die kathol. Kirche
Frankreichs, insofern sie von Alters her
eine gewisse nationale Selbständigkeit aneh
dem i^äpstl. Stuhle gegenüber behauptete.
Obwohl von Rom nie und auch in Frank-
reich nicht allgemein anerkannt, wurde
sie doch SEum Theil Bchon dvreb die png*
matischen Sanktionen von 1269 und 148S,
zuletzt 1682 durch- die ^Quatuor proposi-
tiones cleri Gallicani* bestätigt, wonach
1) der Papst in weltl. Angele^enheitea kein
Recht ül>er FürstMi ufid Könige bat, 2) den
Beschlüssen efnes allgem. Koncils nnter-
worfen ist, 3) seine Macht dureb die in
Frankreich gelteiylen Sateungea desReiehs
und der Kirche beschrankt und 4) auch im
Glauben sein Urtbeil ohne Zustimmtnig
einer allgem. KirchenTersammbtng niebt
unabänderlich ist. Ein kaiserl. Dekret -vom
25. Dec. 1810 erhob diese 4 Artikel cum
Reich^esetz. Das von Ludwig XVIII. mit
Plus Vn. 1817 al^escblossene Konkordat
verletzte in manchen Beziehungen die Frei-
heit der g.n K., die dann bes. die Jesuiten
zu beseitigen strebten. Der höhere franz.
Klerus bett^chtet g^enwärtig seine Sache
als mit der des päpstl. Stuhls solidarfacb
verbunden. [renes Gerede.
GalliniathiM« unverständliches, verwor-
GalUpöli, 1) feste See- und Handelsstadt
in der stidital. Prov. Terra d^Otranto, am
Meerbusen von Tarent, auf einer Felsen-
iusel, 7299 Ew. — 2) Befest. tärk. Stadt in
Thracien, am Hellespont, 80,000 Ew. Her.
Safftanfabr. Haupthandelsplalx der Provtns.
Galligirem^ von Gall angegebenes Ver-
fahren der Weinverbessernng , 'besweokt
Herstellung eines normalen Säure« und
Zuckergehalts im Most nnd besteht in der
gehörigen Verdünnung des Mostes mit
Wasser unter Zusatz von Traut>enzncker.
CMlomanie (lat. und g^r.), übertrsE^bene
Vorliebe für franz. Wesen, bes. zu Friedrichs
d. Gr. Zeiten in Deutschland herrschend.
Gallon, engl. Hohlmass, Imperial-, Stan-
dard > G., ä 4 Quart, ä 2 Pint, ä 4Gill = 4,64«
Liter = 3,968 preuss. <inart.
Gallosehe (fr.), Uebersobuh.
Gallmasäor^ stickstofffrenie Pflanzensänre,
findet sich in vielen gerbstoffhaltigen Sub-
stanzen, entsteht bei Zersetznftg der €lerb-
säure durch Gähmng oder Schwefelsäure,
bildet farblose, in Wasser und Alkohol
lösliche Krystalle, zersetzt sich beim Er-
hitzen in Kohlensäure nnd FyrogaÜmuäure
(s. d.); wird bei der Photographie und zur
chemischen Analyse benutzt.
Gallwespen (Gallicolae) , Insek^enfiandlie
der Hymenopteren , legen ihre Eier unter
die Oberhaut der Pflanzen und vemrsadben
die Entstehung der Gallen. McketOirntt-
^aÜtoespe (Oynips quercus folii/».), 1»^— 3"*,
in Deutschland, ersengt Gallen auf Eidi-
blättem. O. gallae tfnctoriae Ol., im Orxeat,
erzeugt die Ctalläpfel, O. calieis L. die
Knoppern; O. psenes L., in Südenropa,
sticht die Feigen an und begünstigt deren
Ausbildung nnd Reife. Rhodltes rosaa L.
erzeugt anf der Rose den Rosen-, Hage-
buttenschwamm, Bedeguar.
Galmel, Mineral aus der Klasse der
wasserhaltigen Metallolithe, farblos oder
gefärbt, kieselsaures Zinkoxyd mit 67%
Zinkoxyd; auch kohlensanres Zinkoxyd,
Zinkspath, Smithsohit, mit 64,5 «)fo Ziak-
oxyd. Die wiehtigsten Zinkerae, in gronen
Gftlop . — GalTanismufl.
969,
La4*eim in Ol^ertfohlesleii, Polen u« Oalüdeo,
bei Aachen, Stolberg etc.
i^ Galop (fr.) , Oang^rt der vierfussigBn
Thiere, bes. der Pferde, wobei sie sieb in
Sprüngen yorwäi*t8 bewegen; Sechta- oder
Linkagalop, je naohdem die beiden rechten
oder die.linHen Fusse vorgreifen. Qalopä<He,
Tanz in ^/4-Takt. [fcfimndauohL
fiüopirende Schwindsucht , 9. Lungen-
öalTini, Zuigi (Aloi$io), ital. Anatom,
geb. 9. Sept. 1737 zn Bologna, 1762 Prof.
der Anatomie da«.; f ^ Dec> X7d8 dw.
Entdeckte 1780 den Galvanismus.
ClalYaiilsche Batterie (Säule, Kette) , der
Apparat zur Erzeugung dea gaü ran. Stroms»
welcher ans mehreren f^emenlen besteht.
Plattenpaare yon Zin^ und Knpfer mit an>
gefeuchteten Vilzscheiben in gleichbleiben-
der Eeihenfolge auf einander geschichtet
bilden die voUaeehe Säule. Das mit Kupfer
schliessende Ende ist der positive« das mit
Zink der negative Pol. Yon beiden Polen
gehen Drähte aus und die Sänie Ist ge-
schlossen, wenn diese Drähte mit einander
in .leitender Verbindung stehen, andernfalls
offen. Taucht man die Plattenpaare in ver-
dünnte. Säure und verbindet je eine Kupfer-
platte mit einer Zinkplatte, so erhält man
eine g. B.» deren Stärke aber ra9oh abnimmt,
weil der am Kupfer sich ausscheidende
Wasserstoff das Metall einhüllt und unwirk-
sam macht (unkonataute B.), Stellt man das
Kupfer dagegen in KupfervitrioUösung, so
wird der. Wasserstoff zur Reduktion des
Kupfersalzes verbraucht und die Batterie
ist kanttafUf so lange Kupfersalz vorhanden
und das Zink noch nicht von der Schwefel-
säure aufgezehrt ist. Letzterem beugt man
durch Amalgamir^i vor. Formen: Wallaston :
Zink und Kupfer in verdünnter Schwefel-
säure; Smee: Zink und platinirtes Silber in
verdünnter Schwefelsäure; danielische B.:
Zink in verdünnter Schwefelsäure, in letz-
terer ein poröser Thoncylinder mit Knpfer
und Kupfervitriol (Abänderungen: Siemens-.
Halske, Meidinger, Gallaud, Krüger, JAi-
notto); Grove: Zink, Schwefelsäure, im
Thoncylinder Platin mit konoentrirter Sal-
petersäure; Bunsen: statt Platin Kohle
(Siemens-Halske: Zink und Kohle, beide in
verdünnter Schwefelsäure. Chromelement :
Zink in Schwefelsäure, In der Thonzelle
Kohle, verdünnte Schwefelsäure u. doppelt-
ohromsaures Kali); Mari6^Davy: Zink in
Wasser, im Thoncylinder Kohle in ange-
fouchtetem schwefelsauren Quecksilberoxyd ;
L6clanch6 : Zink in Salmiaklösung, im Thon-
cylinder Kohle mit grobkörnigem Braun-
steine und Salmiaklöaung. Man erhält Elek-
tricität von grosser Spannung, wenn man
mehrere galvan. i^lemente kettenförmig mit
einander verbindet (jeden t|~Po1 mit einem
— ), dagegen eine grosse Quantität Elektrici-
tat, wenn man durch Verbindung aller gleich-
naJEuisen Pole gleichsam ein einziges gross-
plattiges Element darstellt. Pie g,n B.n die-
nen zuni Betrieb von Telegraphen , in der
Galvanoplastik, zur Erzeugung yon elektr.
Licht und Glühhitze, zu medicin. Zwecken.
dftlTuUBCbeFIrhim; derHetalle (Meud"
loekranie^, Erzengnng yers^^dentf Fa^en
(Farben dftnper Blättchen) Viu|:ch galvan.
Fällung von Metalloxyden auf Meti^lwaanen,,
welche in einer Lösung Jener Oxyde am
negativen Pol, edner galvan. Batterie hängen.
ClalTanische Kette, s. Qalvanieche JSatterie*
Oalranischer Strom, s. GalvanUmtu,
Galvanische Säule. 9. Galvmniache JScdterie,
fialTanische Terrlelfilltlgiuigy ». 6^ua-
noplastik,
Öaivanigiren, s. y. a. elektrisiren, bes. im
medic. Sinne: Anwendungdesgalvan. Stroms«
Galvanisirte« Eisern^ verzinktes Eisen.
Galvaniamiu (Berührunge- , KonttAtelek'
iricität), entsteht bei Berühning zweier
ungleichartigen Körper , namentliQh weifn
beide gute Leiter sind. Jedes System von
2 oder mehreren einander elektrisch er-
regenden Iieitern heisat Elektromotor. Der
elektrische Zustand, welchen ein Körper
bei Berührung mit einem anderen annimmt,
hängt von Ihrer Stellung in der elektrischen
Spannungsreihe (s. d.) ab ; je weiter sie in
dieser Beihe von einander entfernt sind,
um so grösser ist die . elektromotorische
Thätigkeit bei der Berührung. Die elek>-
trisohe Differenz je zweier Glieder der
Reihe ist gleich der Summe der elektrischen
Differenzen der Zwischenglieder. Tropfbare
Flüssigkeiten erregen Metalleanch, aber sie
nehmen keine bestimmte Stellung in der
Spannungsreihe ein. Zink, Eisen, J^upfer
werden in verdünnter Schwefelsäure nega-
tiv, Gold und Platin positiv, Platin, Gold,
Kupfer, Eisen in konoentrirter Salpetersäure
positiv, 2Unk negativ. Hierdurch wird es
möglich, durch wiederholte Aufeinanderfolge
und Verbindung zweier Glieder der Span-
nungsreihe mit einer leitenden Flüssigkeit
die Spannung der ausgeschiedenen Elektri-
cität beliebig zu verstärken. Dies geschiebt
in den gsjvan. Batterien (s. d.). In der ge-
schlossenen Batterie findet, da die elektro-
motorische Kraft fortwährend thätig ist,
ein fortwährendes Ausgleichen der. beiden,
nach entgegengesetzten Richtungen getrie-
benen Elektricitäten Statt, u. im Schliessungs-
draht verlaufen also zwei einander entgegen-
gesetzte elektrische Ströme, ein positiver
und ein negativer. Im einfachen 2nk-
kupferelement läuft der positive Strom vom
Zink zum Kupfer, im Schliessungsdraht da-
gegen vom Kupfer nach dem Zink. Die
Wirkungen des galvanischen Stroms sind
magnetische (s. Elektromagnetismus) , induk-
torische (s. Induktion), chemische (s. Elektro-
chemische Zeraetmng), optische (a, Elektrischee
Licht), thermische und physiologische. In
den Schliessungskreis eingeschaltete feste
Leiter, welche dem Strom wegen geringer
Stärke grossen Widerstand leisten, erwär-
men sich merkbar und können die höchsten
Temperaturen annehmen (Anwendung: Gal-
vanokaustik, Sprengen, bes. unter Wasser).
Die physiologischen Wirkungen zeigen sich
in eigenthüml. Zuckungen, in Geschmacks-
und Lichtempfindungen im Moment des
OefEnens und Schiessens des Stromes durch
einen Theil des Organismus. Vgl. Wiech'
Plana (1861).
670
Galvftnograpliie — Gambetta.
ttftlTUiOfraplüe, Dantellnng toh Kupfer-
dmckplatten auf gralyanisohem Wege, am
in Tovchmanier auf einer Metallplatte ge-
malte Bilder Sil TerTieli<igen.
ChilTamokawrtlk^ l) die dnrcli Auftragen
von Aetsgrund nnd Radirang regniirte
Aetsnng einer in Knpferlösung am positiven
Pol einer galTanisobeu Batterie hängenden
Knpferplatt«; — 8) (Platinnm candens) An-
wendung der Glühhitse zu chlrorgn'schen
Zwecken mit Hülfe eines dünnen Platin-
drahts, welcher xwisohen die Pole einer kräf-
tigten galran. Kette eingeschaltet ist. Wird
besonders tum Abschnüren von Polypen etc.
angewandt. Vgl, Middeldarpf, «DieG-S 1854.
GftlTaiioaieter 9 Instrument, bei welchem
die Ablenkung einer Magnetnadel , die im
Mittelpunkt eines kreisförmig gebogenen
Kupfersireifens fRheometer, Sinus- und
Tangentenbussole) oder Bahlreicher Win-
dungen von übersponnenem Kupferdraht
(Multiplikator) aufgehängt ist, das Vorhan-
densein, die Richtung und innerhalb ge-
wisser Grenzen die Stärke eines den Draht
oder Streifen durchlaufenden elektrischen
Stroms anzeigt. Die Empfindlichkeit des
Multiplikators wird durch Anwendung astati-
scher Nadeln (8 mit einander in entgegen-
gesetzter Richtung verbundener Magnet-
nadeln) erhöht.
OalTftnoplastik. Erzeugung zusammen-
hängender MetaUniederschläge von be-
stimmter Form auf galvanischem Wege.
Bringet man eine metallene oder eine durch
Ueberpinseln mit Graphit leitend gemachte
Gyps-, Wachs- oder Guttapertschaform (Ma-
tritze) in eine Lösung von Kupfervitriol,
verbindet sie > mit dem negativen Pol einer
galvanischen Batterie und hängt ihr gegen-
über eine mit dem positiven Pol vorhandene
Kupferplatte, so löst sich letztere auf, wäh-
rend sich auf der Form metallisches Kupfer
in immer stärker werdender Schicht ablagert
und endlich als Blech abgelöst werden
kann. Dies Blech ist bis in die feinsten
Details eine getreue Kopie der Form und
besitzt alle Eigenschaften von reinem Kupfer,
nur nicht ganz die Festigkeit desselben,
erhält diese aber durch Glülien, Hämmern
und Pressen. Darstellung von Kopien von
Medaillen, Reliefs, Figuren, Holzschnitten,
Kupferdruckplatten etc. Hat die Form eine
ganz rein metallische Oberfläche, so haftet
der galvanoplastische Metallniederschlag
sehr fest und der Prozess dient daher zum
Vergolden, Versilbern etc. Man hängt den zu
vergoldenden oder zu versilbernden Gegen-
stand in eine Lösung von Gold, Goldchlorid
oder Gblorsilber in Cyankalinm, verbindet
ihn mit dem positiven Pol und häng^ ihm
gegenüber mit dem negativen Pol verbun-
denes Gold- oder Silberblech. Der Prozess
ist in wenigen Minuten vollendet. Besonders
wichtig Versilberung auf Kupfer u. Kupfer-
legirungen, Neusilber, Roh- und Stabeisen,
verkupfertem Stahl, Zinn und Zink. Stärke
des Ueberzags '/«a— V94(M> Millim. Zum Ver-
kupfern dient eine Lösung von Kupferoxydul
in Cyankalium, zum Verzinken Zinkvitriol,
«um Verzinnen eine galvanisch beigestellte
Lösung von Zinn in Aetznatron. In einer
Kupfer u. Zink haltenden Cyankalinmlösiing
wird einMessingniederaehlag, in Eisenvitriol
mit Salmiak ein Eisenniedersohlag erhalten.
Letzterer dient besonders zum Verst&blen
von Kupferdruckplatten, die dadurch in der
Presse widerstandsfähiger werden. Man
arbeitet in der G. gegenwärtig am meisten
mit dem smeeschen, bunsenachen oder einem
einfachen aus Zink, Kohle u. Schwefelsäure
bestehenden Element.
Oalveston (spr. -westn), aufblühende
Handelsstadt in Texas, auf einer Insel ror
der Galveaiovbai , 13,818 Ew. ; kathol. Bi-
schof; Universität; treflfl. Hafen; £xport-
platz nach Europa (Export 1866: 1,778,401
Pfd. St., bes. Baumwolle). Gegrründet 1835.
Oalwftj (spr. Gällueh), Grafschaft in der
irischen Prov. Oonnaugfat, 115 QM. n. 271,042
Ew. Die Bauptst. G., an der Galtoaybai
(des atlant. Ooeans), 16,786 Ew. Kathol.
Universität. Handel. Auswandemn^shafen.
Gama, ViMeo de, portugries. Seefahrer,
geb. 1469 zu Sines in der Prov. Alemtejo,
segelte 9. Juli 1497 von Lissabon ab, um-
schiffte 20. Nov. die Südspitze AfHkas,
lacdete dann an der Küste Zangfuebar, g^e-
langte 80. Mai 1498 nach Kallkut an der
Küste Malabar, kam Sept. 1499 nach Lissa-
bon zurück; segelte 1508 mit 20 Schiffen
von Neuem ab', gründete Kolonien auf
Mozambique und Sofala und kehrte 80.
Dec. 1503 mit 13 reich beladenen Schiffen
nach Portugal zurück; ward 1524 wieder
mit 14 Schiffen nach Indien gesandt, stellte
hier das gesunkene Ansehn der Portugiesen
wieder her; t 2^* ^^* ^^^^ "> Ckichin.
Die Geschichte seiner Entdeckungsfiibrten
schrieb Barroa; OamoeTis behandelte sie in
den ,Lusiaden* poetisch.
Gamander» s. Teucrium.
Gambe (Kniegeige), altes dem Violoncell
ähnliches Streichinstrument.
Gambetta, L4on, f^anz. Minister, geb.
1836 in Gabors ans einer ursprüngl. genues.
Familie, war Advokat in Paris, aeichnete
sich 1868 als Vertheidiger in dem Prozess
gegen die Journale, welche zu Subskriptio-
nen für Baudins (s. d.) Denkmal aufgrefor-
dert hatten, durch scharfen Angriff auf das
Kaiserreich aus, ward Mai 1869 in Marseille
in den gesetzgebenden Körper gewählt, ge-
sellte sich hier der Partei der Unversöhnt
liehen zu, war S. und 4. Sept. 1870 bei der
Absetzung des Kaisers und der Proklamirung
der Republik mitthätig, ward in der damals
eingesetzten provisor. Regierung Minister des
Innern, verschärfte als, solcher das Answei*
Bungsdekret gegen die Deutschen in Frank-
reich, organisirte die Massenerhebung znm
Volkskrieg und schaltete als Diktator, znm
zähesten Widerstand gegen die deutschen
Heere treibend. Nach dem Waffenstillstand,
7. Febr. 1871, nahm er seine Entlassung als
Mitglied der Regierung, Minister des Iimem
und Deleglrter des Kriegsministeriums. För
Elsass in die Nationalversammlung gewählt,
legte er nach Abschluss der Friedenspri-
liminarien sein Mandat nieder und blieb
den weiteren Ereigrnissen fem«
Gaiiibiä — äarcia.
671
Gaiübla) einer der Hauptströme Sene"
gambiens, entspr. nordwestl. von Timbo,
flieest nordwestl. und westl. und ergiesst
sich südl. vom grünen Yoi^ebirge beim Kap
St. Mary ins atlant. Meer; etwa 180 M. 1.
Gambierlnseln (Mangarevaarohipel, EU-
fanteninsdn) vnlkaniscbe Inselgruppe in
Austrjdlen, südöstl. der niedrigen Inseln.
GMnbir. 8. Katechu.
C^ametodorf, Dorf in Oberbayern, bei
Moosburg; Not. 1313 Sieg Ludwigs des
Bayern über Friedrich von Oesterreich.
Öanln (ft*.» spr. -mäug), Küchen- oder
Liehijnnge, bes. der pariser G-assenjunge.
Gandeckeiiy Schuttwälle längs des Glet-
scherrandas, beim Zusammenfliessen meh-
rerer Gletscher in Einen auf dem Rücken
desselben (MiiUAgandeck«, Gitfferlinie).
C^andenlieini^ Kreisst. im Herzogtfaum
Braunschweig, an der Gande (sur Leine),
2660 Ew. Die her. ehemal. Abtei G. (9. Jahrh.)
blieb auch, nachdem sie 1568 protest. ge-
worden, Keichsfnrstenthum ; ISOSeingeeogen.
4}andOy Reich der Fellata im westl.
Sudan, zu beiden Seiten des Niger bis etwa
zur 3inn^ündung, ca. 3880 QM. ; Bevölke-
rung: Fellata (Vieh-, bes. Pferdezüchter)
und Haussaner (Ackerbauer, auch in Ge-
werben geschickt und lebhaften Handel
betreibend). 13 Provinzen.
Oanarbe^ entfernterer Erbe; Miterbe
einer Gemeinbesitzung mit dem Rechte zum
Eintritt in die Yerlassenschaft aussterben-
der Mitglieder. (Veraltet.)
Ganganelliy Papst, s. Clemens XIV.
Oanges (sauskr. Ganga), der Hauptstrom
Vorderindiens, entsteht in 13,000' Höhe am
Südwestabhang des Himalaya (Landschaft
Gurwal) aus 2 Quellflüssen, Baghirati im
W. und AUtkamaida im O., tritt bei Hard-
war in die grosse, ^heraus fruditbare
Qariges^eMt, fliesst sudöstl. über Allahabad,
Benares und Patna, dann mehr südl. ge-
wendet durch Bengalen, und mündet, in 8
Hauptarme (an deren westlichstem, dem
Hugli, Kalkutta liegt) und in mehrere hun-
dert Nebenarme getheilt, in den bengal.
Meerbusen. Seins Mündungsarme bilden
mit denen des Brahmaputra das grösste
Deltaland der Erde (800 QM.), die sogen.
Sundeiimnd», ein mit undurchdringlichen
Sumpfwaldungen und Schilfdickichten be-
decktes Insellabyrinth. Stcomlänge 332 M.,
Stromgebiet 23,500 QM. Unter seinen Neben-
flüssen (davon 12 grösser als der Rhein) ist
die Dschamna der bedeutendste. Der 6. ist
der heil. Strom der Indier, zu dem (bes. zu
den Quellen) zahlr. Wallfeihrten Statt finden.
fianglien (gr.), Nervenknoten, Anschwel-
lungen in den Nervensträngen, aus Nerven-
sehnen und -Zellen bestehend, in denen
sich Fasern verschiedenen Ursprunges
mischen. Die Ganglienzellen sind verschie-
den gestaltet und haben Ausläufer, die
theils die Verbindung der einzelnen Zellen
untereinander, theils mit Nervenfasern er-
möglichen. Sie kommen ausser in den G.
massenhaft im Gehirn und Rückenmark
vor. Das Qanglientystem (Nervus sympa-
tblcns) vereinigt die Nerven für Athmung,
Blutlauf , Verdauung , Hamaussoheidung
und für die Gebärmutter.
Qanglioii (grO, Ueberbein, entweder der
Nervenknoten (s. Ganglien) oder eine rund-
liche Anschwellung der Sehnenscheiden
der Muskeln. Letztere entsteht meist durch
Ueberanstrengung und verschwindet durch
dauernden oder plötzlichen Druck.
Gangotri^ her. Wallfahrtsort der brah-
man. Hindu im Himalaya (Gurwal).
GavgrSiie, s. Brand.
Gangspill (Ankerwinde), senkrechte, durch
lange Barren drehbare Winde zum Eiq-
winden^der Ankerkette.
Ganolden (BckmeUuchupper), Ordnung der.
Fische mit schmelzbedeokten Schuppen und
lungenartiger Schwimmblase, sehr arten-
reich in der Urzeit, meist ausgestorben.
Lebende: KnoehwuhecM, U&fftSLsV&r, Stör eto.
Gans (An8erBr»M.;,Gattungder Schwimm-
vögel. Wilde G., Graugans (A. cinereus M.
et W.), 2' 10" 1., in Mittel- und Nordeuropa,
zieht im Sept. südl., kehrt im März zu-
rück, nistet im N«, der Saat schädlich.
Fleisch und Dunen geschätzt. Ebenso die
kleinere Saat-, Moor-, Zag-, Sehneegans (A.
segetum L.). Behnee-, PtAargans (A. hyper-
borens L.), %' 3" 1., im hohen Norden,
selten bei uns. Ebenso JBlässgans <A. albi-
frons L.). Jüng^, Bemakelgans (A. berni-
cla L.), 2', kommt aus dem Norden an
nnsre Küsten und bis Mitteldeutschland.
Hausgans (A. domestlous L.), von der Grau-
gans abstammend, 31/«', bis 25 Pfd. schwer,
die Marschganse bis 40 Pfd. Pommern,
Westphalen, Elsass, Vogesen, Normandie
produciren viel Pökel- und Rauchfleisch;
das strassburger Lebergeschäft beträgt
jäfarl. 2 Mill. Frcs.
Gant ( Vergantung), in Süddeutschland der
öifentl. Verkauf der Güter eines Ueberschul-
deten durch die Obrigkeit; auch s. v. a. Kon-
kurs. Daher Oanthaus, Versteigerungshaus;
Qantmeister, Auktionator; Gantregister, Auk-
tionskatalog; GarUmann, Konkursschul duer.
Ganymedes^ Mundschenk des Zeus, Sohn
des Tros und der Calirrho6, wegen Seiner
Schönheit von Zeus unter der Gestalt eines
Adlers entführt und in den Olymp erhoben.
Gapy Hauptstadt des franz. Depart. Ober-
alpen, an der Luie, 8165 Ew.
Garancevx, 1 „ n-«.«««
Garancin, } «* ^^«P^*
Garantie (fir., spr. -angtih, Gewähr), Bürg-
schaft, Sicherstellung, bes. bei Friedens-
verträgen, wenn eine dritte Macht als
Garant jedem der beiden vertragschiiessen-
den Theile die Einhaltung des Vertrags
von Seiten des andern verbürgt. Zinsen-
garantie, die vom Staat zu Gunsten von
Aktiengesellschaften gegebene Zusicherung
eines bestimmten niedrigsten Zinsenertrags
des betreffenden Unternehmens.
Garbe (Schafgarbe), s. v. a. Achillea.
Giurcia (Manuel), Opernsänger und her.
Gesanglehrer, geb. 22. Jan. 1775 zu Sevilla,
t 10. Juni 1832 zu Paris; bildete eine An-
zahl namhafter Sänger und Säugerinnen,
darunter seine beiden Töcliter Marie Mali-
brau und Pauline Viardot-G. und seinen
673
Garoima — Garibaldi.
Sohn Matmd &., iceb. 1613 in Neapel, Jefot
In London, Verf. trefl. SolfegvieB.
OarelBU L., Pfleoseni^ttang der Onttl-
feren. O. Horell» DetrMMMano) (O. eUiptioa
WMich), Banra in Slam, enf Ceylon, in
Siogapore, liefert Onmml Ontti ; G*. Mango*
stana L. (IhngotUm«), an/ Malakka und
den Inseln des ind. Arobipeis knltivlrt, Obst.
OAf^OA (fk*., spr. -seng), Knabe; Aof-
Wärter; Janggesell.
Gard (spr. Gahr), reohter Nebeniiits der
Bhone im sftdl. Vrankrelcb, 8 M. 1., mit
dem berühmten r5m. Aquftdukt Pont du Qard
oberhalb Remonlins. Das Deport. G., 105,9
QM. nnd 499,747 £w. Haaptat. KIams.
Gardaftd (Ottarde/ui), Vorgebirge, die
östlichste Spitae Afrikas.
GardMM (Betweu» locus der Römer), Ge-
birgssee in Oberitalien, mit dem Nordende
ZQ Tirol geliörend, mit reisenden Uferhrnd-
sohaften, 8 M. 1., i/a-*8% M. br., EIS' üb.
M., bis S&Ü' tief; empfftogt die Sarca nnd
hat den Minclo snm Abflnss. An der Ost-
seito das nralteDorf Oarifa, SOOOEw. Hafen.
Öarde (fr.), Leibwache der Fürsten, dann
bes. anserlesene Truppe, Kemtmppe, in
der neueren Zeit bes. in Frankreich Ton
den übrigen Trappen gesondert, seit 1776
auf die Gardes du corps , die Oardes fran-
^ises und die Schweizer besehrsnkt, dann
von NM>oi0<»^ I* ^^'^ Konwiat- und KatBer-
gard» (alte O.) wieder vermehrt, 1818 56,000
Mann stark, 1813 in Bassland und 1815 bei
Waterloo grösstentheils aufgerieben, durch
die Jnlirevolution 1830 abgeschafft, von Napo-
leon III. 1854 «1s ToUständiges Armeeeorps
ans allen Waffen unter dem Namen Kaiser«
garde wiederhergestellt; sbnst nur noch iu
Russland und Preussen (Gardegrenadiere
Friedrieh Wilhelms 1. nnd Gardecorps) als
Kerntruppe bestehend*
Gardelegen) Kreisst. im preuss. Regbz.
(Altmark) Magdeburg, an der Mild», 6132 £w.
Garderobe (fr.), Kleidung (ohne Wasche) ;
Aufbewahrungsort für Kleider; auch An-
kleideziramer der Schauspieler.
Garfkgnana (spr. -ftinjana), Landsch. In
Mittelitalien, bes. das Thal des obern Serohio.
GargSno (San Angelo), isoUrte Gebirge-
gruppe iu Unteritalien, auf der in das
adriat. Meer Yorspringendan Halbinsel im
N. des Golfs von Manfredonia, 4620' h.
Gargarisma (gr.) , Gurgelmittel.
Garibaldi, Giuseppe, ital. Patriot und
General, geb. 4. Juli 1807 zu Nizza, trat
früh in den Marinedienst, musste, in die
Verschwörung von 1833 Terwiokelt, 1834
lliehen, begab sich 1836 nach Südamerika
und zeichnete sich in den Diensten der
Republik Rio grande do Sul, dann in denen
Montevideos als kühner Parteigänger aus.
Im Frühjahr 1848 nach Italien zurück-
gekehrt, erhielt er von der damal. lombard.
Bogiemng den Oberbefehl über ihre Frei-
corps, trat. Dec in die Dienste der provisor.
Regierung zu Rom und vertheidigte die
Stadt gegen die Franzosen nnd Neapolitaner,
wandte sich 1851 wieder naoh Amerika,
wo er sich an industriellen Unternehmungen
betheiligte. Nach seiner Rückkehr nach
Italien 1854 erwarb er Gmndbesita hat dar
Insel Caprera. 16öf asm sardto. Clwmnral
ernannt, M<fAieto er an der Spltae der AJpmi-
jftger die Oifensivoperationen gegiea die
Oesterreicher, überschritt 23. Maiden T«asin
nnd siegte bei Vareee «nd 8aB->FeniM> Qber
das österr. Oorps «nter Urban. Kaoh dem
Frieden von Villafranea trat er in die Bieaaste
der centralital. Staaten und lebte damstrieder
auf Caprera. Nach Ausbruch des AniMan-
des in Sieilien landete er mtt Freiaohaarai
11. Mai 1860 bef Marsala. übernahm 14. die
Diktatur nnd drang 87. in Palermo oln. Doreli
Vertrag vom 6. Juni mit dem köafcl. Statte
halter Lanza Herr der- Btiadt mad «icfflleBs,
ging er nach Kalabrienüber, eiegte21. Aug.
bei Beg^io , zog sehen 7. Sept. ±a Ne»pel
ein und sehlug die könfgl. Tnifi^en 19. Sept.
bei Oapna und 1. nnd 9. Okt. a«vk Yt^tom').
Nach Viotor Bmanuels Erbebang «ow» Söttig
von Italien legte er die Diktatur nieder- nnd
kehrte 9. Nov. nach Oapteta aur&ok. Die
Missstlmmuug in Italien über di^ Unter»
brecbnng der Revolution veraiklaaete ibn,
26. Juni abermals nach Palermo an gehen,
um eine allgem. Erhebung des -Volke und
die Eroberung Roms vorzubereiten. Er
bemächtigte sich 19. Aug. Oa*an1a«- vmA
landete 25. in Kalebrien, ward aber 29. Ang.
beim Zusammenstose mit den königl. Trap-
pen bei Aspromonte seh^irer ver^irMidet.
Zuerst als Kriegsgrefangener behaedelt, 6.
Okt. amnestirt, kehrte er 19. Dec. nach Oa-
prera zurück. April 1864 w&rd er bei einem
Besuch in Engtand sehr gefeiert; Mai> 1866
mit dem Oberbefehbüber ein FreiwilHgen-
oorps betraut, lieferte er Joni den Oeeter-
reichem an der tir^er Grenze einig» kleine
Gefeohte und kehrte 15. Ang. na<A Obpreia
zurüdk. Febr. und Mftrz 1867 ovgsnisirte
er auf einer Rnndr^sa durch die venetian.
Provinzen die Agitation geg^ik das Papet-
thum und zurgewansamettEroberoingRoias,
begab sieb 18. Sept. trotz deriAbmahnnngen
der ital. Regierung an die rdm. Grenze,
ward aber 24. Sept. in Asinaltanga . ver-
haftet, nach Alessandria gebrcieht nnd von
dort bedingungslos n%eh Caprera entlatsen,
hier überwacht, auch bei einem Versnok,
naoh Livorno abzugehen, 2. Okt. gewaltsam
dahin zurückgebracht. 14. Okt* ireritess er
Caprera unbemerkt, landete bei UTom«
und erliess von Florenfe aus einen Anfraf
zur Eroberung Roms. Er begalnn 22. Okt.
von Foligao aus den Angriff nnd drang bis
Monte Rotondo vor; 3. No^. wurde sein
Fr«iwilligeneorps von den intervenirenden
Franzosen bei MenttMia aufgerieben, er selbst
von der ital. Regierung verhallet nnd nach
dem Fort Varignauo abgeführt, ven hier
25. Nov. wieder nach Caprera entlassen. 9.
Okt. 1870 erschien er iu Tours und ward von
der dortigen Regfernng zum Befehlshaber
der Freisohaaren in den Vogesen nnd einer
Brigade MQl>ilgarden ernannt. Er begsb
sich 14. Okt. nach Besan^n , fboht 7. Dec.
bei Antun gegen deutsche Trnppen, ward
Jan. 1871 von Werder bei Montbard zurück-
gesehlagen, focht 21. JTan. erfbigleb bef Dljoo.
Naeh Absöhluss'deti WalTenfftfUtftMSdefl (86.
Gftriep — Gas.
673
Vebr.) wurden ■•ine Trappen entlassen. In
diefraiui.N»tionnlversantimJnng sa Bordeaux
gewählt, lehnte er ab und kehrte nach Ca>
prera snrück. Biogr. von Cuneo (19/65), —
Sein älterer Sohn MenotÜ Q. betheiligte sich
an dem Unternehmen von 1862, ward ver-
wundet und hatte auch 1870 in Frankreich
ein Kommando, ebenso der jüngere, BieeioUi.
Qariep (Oitrip), s. ▼. a. Oraqjefluss.
ÖariglliUiO (spr. -Ijäno, Liri» der Alten),
FluBs in Unteritalien, entspr. auf dem Monte
Passero, mundet in den <jk>lf Ton OaSta, 18 M.
GariilBl^ Bergspltae des Gebirge Ephraim
ia Palästen, Statte des samaritan. Tempels.
tiurmaekeB» technische Operationen, s. B.
Reinigung des Bohkupfers au Garkupfer.
fianiy aas xusammengedrehten Haaren
oder Fasern gebildeter (gesponnener) Faden,
wird Bur Weberei benntst oder durch
awei-, drei- und Tier&ches Znsammendrehen
an Zwirn, Schnüren, Sellerwaaren ver-
arbeitet. Banmwollengam (Twist): Water-,
Kettg^m, stark gedreht, dient sur Kette,
Mtde-, SeJmugarm, schwächer gedreht, zum
Einschuss. Ebenso beim Flachs und Hanf.
Schön und fein ist möppelgam, StreichwoH-,
Krempelgam, aus kurahaariger Wolle, etwas
rauh au gewalkten Stofbu, JEammvoU-,
Sayettgamy ans langer Wolle, au glatten WoU-
waaren. Merinogam , aus feiner kurzer,
IM»terg€tm, aus gröberer, langer glänsender
Wolle, Vigognegarn, aus Schaf- und Baum-
wolle. Gemischte Gespinnste bes. ans Al-
paka, Baumwolle, Mohair und Seide. Die
Feinheit des G.s bestimmt die Garnnummer,
d. h. die Zahl der Strähne, welche ein lan-
desübliches Pfund wiegen.
Gameele» s. Krebee,
Garnier -Pagis (spr. Garnieh • Pascha),
Loui» Antoine, geb. 10. Juli 1805 au Mar-
»ellle, seit IftjU. Kammerdeputirter, hielt
sich aur äussersten Linken, ward während
der FebruarreTOlution 1848Malre von Paris,
5. Hära Finanaminister bis cum Jnnianf-
stand, gehörte als Mitglied der Konstituante
aur gemässigt demokrat. Partei , trat dann
in das Privatleben aurüek. 18W in den ge-
setagebenden Körper gewählt, ward er 4.
Sept. 1870 Mitglied der Regierung der Na-
tionalvertheidigpuig.
GAmlaon (fr., spr. -aong), bleibende
Truppenbesataung eines Orts im Trieden;
i^amiseruUentt, Wacht-, Patronlllendienst.
Garsltur (fr.), Einfassung; als Ganaes
Kuaammengehörige Schmucksachen, Pela-
waaren etc.; an Gewehren die den Lauf
und das Schlosa mit dem Schaft verbinden-
den Theile, bei Militärgewehren von Eisen
oder Messing, bei Luxus- und Jagdgewehren
von Neusilber, sohwara gebstetem Stahl,
Hörn etc. (Kapu»(nergamitur).
BurwuUy Strom im sfidwestl. Frankreich,
entmr. in den Pyrenäen auf q>an. Gebiete
ifm Thale Arran, wird bei Muret schiffbar,
empfangt Ari^e, Tarn, Lot, Dordogne,
helsst nach dem ZusammenBusse mit dieser
Qironde und mündet 18 M. unterhalb Bor-
deaux in den atlant. Ocean; 87 M. 1.
Garotte (span.), Halseisen an einem Pfahl
aur firdfosselung von Yerbreohem.
Ifey«;-« Hand' Lexikon»
Garrick (spr. Gär-), Dav,, engl. Schau-
spieler und BühnendichtOT , geb. 80. Febr.
1716 zu Hereford , seit 1747 Direktor und
(mit Laey) Besitzer des Drurjlanetheaters,
zog sich 1776 von der Bühne zurtkok; t 80.
Jan. 1779. Als Mime gleich gross im Tra-
gischen wie im Komischen; bes. verdient
durch WiederelnTührung der Dramen Shake-
speares. Sehr. ,Lust8piele^ (1798, 3 Bde.)«
'Garrot (fr.) , Instrument zur Bintstillung.
Gara, 1) Stadt im preuss. Regbz. Stettin,
Kr. Randow, an der Oder, 4996 Ew. —
8) Stadt auf der Insel Rügen , 8088 Ew. ;
dabei die Reste der Wendenburg Carenaa.
Gag (Leuehtgat), Mischung verschiedener
G.e, welche durch Erhitzen unter Lnft-
abschluss aus Steinkohlen, Holz, Torf, Fett,
Petroleum gewonnen wird. Wasserstoff-
reiche, backende Steinkohle wird in röhren-
förmigen Chamotteretorten , welche zu Je
5—18 in einem Ofen Hegen, ea. 100 Kilogr.
fassen und an ihrem hervorragenden Ende
mit einem eisernen Decke] verschliessbar
sind, 4—5 Stunden erhitat. Der Rückstand
Oaake; die entwickelten G.e, Wasser- und
Theerdämpfe entweichen durch ein auf-
steigendes nnd sehr bald zurückgebogenes
Rohr, welches in ein horizontales weites
Rohr (Hydraulik) mündet. In letzterem
verdichten sich Theer- und Wasserdämpfe
nnd liefern einen hydraulischen Abschluss
des ganzen Apparates. Das G. passiil; dann
ein langes Röhrensystem (Kondensator) und
vertiert in diesem durch Abkühlung noch
mehr Theer und Wasser, wird im Skrubber
gewaschen, indem es über Ooaksstfickohen
strömt, die von herabrieselndem Wasser
feucht erhalten werden, und gelangt dann
in den Exhaustor, eine pnmpenartig wir-
kende Maschine, welche das G. aus der
Retorte ansaugt und den schädlichen , Zer-
setzung und Verlust bedingenden Druck
in demselben beseitigt. Der Exhaustor be-
fördert das G. in den Reinignngsapparat,
in welchem es durch Kalkhydrat oder eine
Mischung aus Bisenoxyd nnd Gyps (la-
mingsche Masse ans Eisenvitfiol, gelösch-
tem Kalk und Sägespänen bereitet) von
Schwefelwasserstoff, Ammoniak nnd Kohlen-
Säure vollständig gereinigt wird. Endlich
gelangt es in den Gasbehälter (G«someter),
ein Wasserbassin, in welchem eine grosse
{iserne Glocke schwimmt, sich zwischen
«eltrollen auf und ab bewegt und durch
Gegengewichte einen leicht zu regulirenden
Druck auf das G. ausübt. Wird das Zu-
leitnngsrohr geschlossen, so treibt dieser
Druck das G. durch ein zweites Bohr in
das Leitungssystem zu den Konsumenten.
Das G. enthält an leuchtenden Stoffen ea.
5 % gasförmige nnd Dämpfe flüssiger Koh-
lenwasserstoffe u. an verdünnenden Stoffen
40-500/0 Wasserstoff, 86—43% Grubengas,
6 «Vo Kohleuoxyd nebst etwas Luft. Wenn
es feuchtes Bleizuokerpapier am geöffneten
Brenner nicht bräunt, ist es frei von
Schwefelwasserstoff. Die Brenner ans Eisen.
Porzellan oder Speckstein (Lavabrenner)
sind Einloch- (die unvorthellliaftetten),
Zweilooh- (Manonester-, Fisohschwana-)|
43
674
Gascogne — Gasser.
DreUoöh - , Schnitt - (Fledemuiiuflikgel-)»
ZwflUngB- (swtA schräg gegan einuider ge>
stellte Schnittbrenner) und Argandbrenner.
Strömt dfts G. unter sn starkem Druck ans,
so wird der Konsum übermässig erhöht und
die lieaohtkraft vermindert. Diesen Uebel-
stand suchen die rerschiedenen Sparbrenner
zu rermeiden. Die Leuchtkraft ist ab-
hängig Tom Oehalt des G.es an schweren
Kohlenwasserstoffen, die in der Flamme
weissglühenden Kohlenstoff ausscheiden,
sie wird rermindert durch Beimischung
Ton Lult und Kohlensaure und durch gaso«
metrische oder photometrische Analysen
oder dadurch bestimmt, dass man unter-
sucht, wie Tiel Luft dem G. beigemengt
werden muss, um seine Leuchtkraft eu eer-
stören. Die Qamhren, rotirende, mit Ab-
theilungen versehene Blechtrommeln, be-
stimmen den Konsum des O.es. 1 Gtr.
deutsche Kohle gibt etwa ÖOO engl. Kubikfüss
G. und 70 Pfd. Coaks; 1000 Kubikf. rohes
G. liefern 966 gereinigftes. — Bei der Hols«
gasbereitnng mnss das entwickelte Ghis-
und Damp^emisch stark erhitzt werden,
um die Theerdämpfe an sersetsen und
Lenchliras su liefern. 50 Kllogr. HoIk geben
ca. 600 Kubikf. O., welches bedeutend
schwerer ist als Steinkohlengas (spec. Gew.
0,7 gegen 0,5) und deshalb aus weiten
Brennern gebrannt' werden muss. Torf
kann vorzftgliches G. liefern. Wasserdampf
über glühende Kohlen geleitet gibt Wasser-
stoff, Kohlenoxyd, Kohlensaure und Sumpf-
gas. Dieses Gemisch (Wassergas) brennt
mit blauer Flamme, welche aber hellleuch-
tend wird, wenn man in ihr Platindraht
Bum Glühen bringt (Platingas) oder das
G., mit Dämpfen von Bensin, Petroleum etc.
imprägnirt. Auch Steinkohlengas hat man
mit solchen Dämpfen zu mischen gesucht
(karbonisirt), um dadurch seine Leuchtkraft
zu erhöhen, und selbst Luft diente als
Träger der brennbaren Dämpfe (Luftgas).
Oelgas besitzt 3 — 4mal grössere Leucht-
kraft als Kohlengas, ist leicht herzustellen,
erfordert *keine Reinigung, ist aber sehr
theuer. Sulntergas wird aus dem Ver-
dampfhngsrückstand (Suinter) seifehaltiger
Waschwässer der Streich > und Karamgam-
fabriken und der Seidenentschälung ge-
wonnen. 1 Kilogr. Suinter gibt 210 Liter
G. Brannkohle gibt kein gutes G., wohl
aber Braunkohlentheer. Petroleum und die
Destillationsrückstände desselben geben das
leuchtkräftigste G., welches keine Beinigung
erfordert und in kleinen kompendiösen Ap-
paraten dargestellt werden kann. — G. zum
Heizen und Kochen muss mit so viel Luft
▼ermischt werden, dass es blau brennt; dazu
dient der bunsensche Brenner, welcher mit
2 Kubikf. G. 1 Liter Wasser zum Kochen
erhitzt. Ueber Leuchtkraft des G.es s. LettdU-
maUrialim, Vgl. SehüHng, »Handbuch*, 2.
Aufl. 1866; Bollej/, ,Beleachtnngswesen*, 1862 ;
JUitsig, ,Holz- und Torfgas*, 1863; für Kon-
sumenten die Schriftchen von Jo&n (1862),
KtihUr (1865), DUU und Ilgen (1870).
Gase<Hpie (spr. -konj'), Landschaft in Süd-
fraukreich^ die Dep. lÄndes, Oberpyrenäen,
Gers und die südl.TheUevonObergaronne,
Tam*€htrontte und Lot-Garonne nmfiMseBd,
366 QM. mit 842,637 Ew.; die westi. IS&lAe
unfruchtbare Sandfläche (dia ,Landes*> und
Heideland; die Osthälfte am Adour und
Gers firuchtbares Geblrgsland. IHe Einw.
(Ga»cogn«r) in den Ebenen klein und mager,
dabei lebhaft, leidenschaftlich und sn lieber»
treibung geneigt (daher Croscomnode») , im
Gebirge gross und stark und von span.
Charakter (Basken). Das Land hatte unter
Karl d. 6r. eigene Herzöge, kam 1054 an
Gnyenne und rait diesem an Frankreich.
Gase, elastisch -flüssige Körper, können
durch Druck bedeutend zusammengepreast
werden und dehnen sieh aus, so lange keine
äussere Gewalt sie daran hindert. Alle
Elemente und zahlreiche zusammengesetste
Körper können bei genügend hoher Tempe-
ratur in Gaszustend übergehen; viele O.
können durch Druck u. Temperaturemledri-
gung zu Flüssigkeiten verdichtet worden
(koörcible G., Dämpfe [s. Dampf]^ im Gegen-
satz zu den permanenten: Sauerstoff, Wasser-
stoff, Stickstoff, Kohlenoxyd und Gruben-
gas). Das Volumen der G. verhält sicli
umgekehrt wie der Druck, dem sie ausge-
setzt sind, oder: die Spannkraft der Luft
bei gleichbleibender Temperatur verhält sicli
direkt wie ihre Dichtigkeit (mariottescfaes
Gesetz). Ueber Ausdehnung der G. durch
die Wärme s. Croy-Lu»9aetchM G^mU. Ton
festen und flüssigen Körpern werden 'G.
absorbirt (s. Abtorption), Dia chemische
Verbindung derG. geschieht nach einfachen
Yolum'enverhältnissen , und wenn die ent-
standene Verbindung gasförmig ist, so steht
ihr Volumen in einfachem Verhältnlss zu
der Snmm6 der Volume ihrer BestandtheÜe.
Gaskalk, Kalk ans den Reinignngs-
apparaten der Gasanstalten, enthält Kalk-
hydrat, kohlensauren Kalk, Calciumsnlf-
faydrat u. Galciumcyanür, dient als Dünger,
Wegbauraaterial, zum Enthaaren derVeUe.
GaskraftuMohiBe, Hotor, bei welchem
nach Art der Dampfinasohine ein Kotben
in einem <3yUnder hin* und herbewegt
wird, aber nicht durch Wasserdampf, son-
dern durch eine Misdinng von Leucfatgas
und Luft, welche durch «inen elektrischen
Funken oder ein Flämmohen entsGndet
wird. Die dabei Statt findende Ausdehnung
der Gase treibt den Kolben fort. Lenoir
und Hugon bauten doppeltwirkende. Langen
ei^e einfachwirkende G. Letztere ver-
braucht pro Pferdekraft und Stunde ca. 1300
Liter Gas , arbeitet ca. dreimal theurer als
die Dampfmaschine, eignet sich aber tr^-
lieh für den Kleinbetrieb ; sehr geraoselivoll.
GasqnallcB, Orte, wo der Erde Gase ent-
strömen; flnden sich überall atif vulkan.
Und nicht vulkan. Terrain , oft ohne sicht-
bare Oeffnnngen, oft mit Wasserqusllen
verbunden, liefern bes. Schwefelwasserstoff,
Kohlensäure (Todesthal, Hundsgrotte, Kau-
heim Jfthrl. 8 Hill. Kubikf.) und brennban
Kohlenwasserstoffe (Baku, Apscheron, Ba-
rigazzo in Modena, Pletramaia).
Gaseer, 1) Hatu, Bildhauer, gel». S. Okt.
1817 zu Sisentratten in Kämthen, Schüler
Gasteiner Thal — Gavial.
675
der wiener Akademie, 1842—47 in Schwan-
thalers Atelier bu München , 1848 — 51 als
Prof. an der wiener Akademie th&tig; f
84. April 1868 eu Pesth. Hauptwerke:
Donanweibohen (1865), Brunnen- u. Treppen-
flguren des Hofopemhanses in Wien, Sta-
tuen und Büsten (Schiller, Bahl). — 8)
Joteph, Bildhauer in Wien, geb. 1818 zu
Walhom in Tirol, Sohfiler der wiener Aka-
demie, 1845—49 in Rom, führte dann meh-
rere Arbeiten für den Dom eu Speler aus,
lieferte spitor Yorsngsweise Statuen ; seit
1865 akadem. Rath der wiener Akademie.
GMtofaier TtuAy 18 St. langes romantisches
Hochtbal im Salzbnrgisohen, ron der ffottei'
ner Aehe durchflössen. Darin Wildbad G.,
Dorf am Oraukogl, 8000' üb. M., mit Heil-
quellen (alkai.-salin. Mineralwasser, 30-88«
R.) und Sofg<utein, Marktfl., 1 M. Tom Wild-
bad, erhält von diesem durch RÖhrenleftung
das Wasser für seine Badeanstalt.
C^asteii. Matrosen, die au einem be-
sondem Dienst verwendet werden , s. B.
Bootsgasten, Marsgasten. [krankheUen,
ÖMtnlgle (gr.), Magensehmen, s. Magen'
OutrllOf (Ut.), Bauchredner.
Öaitrlseh (gr.), ron fehlerhafter Ver-
dauung herrührend. 0<utrisehe$ FUber, mit
Fieber Torbundener Magenkatarrh.
Gaitrltli (gr.), Magenentzündung, s.
Magenkrankheilen. [knnst; Gntschmecker.
OastroBOm (gr.), Kenner der f»lnen Koch-
Oastroiophie (gr.), Inbegriff der Regeln,
nach welchen der Mensch die Tafbift'euden
ohne phys. und moral. Naehtheil geniessen
kann. Vgl. Vaertt, ,0.*, 1851, 8 Bde.
GastroioeB (Bauch-, ßcMeimthiere) , die
dritte Hauptabtheilung des Thierreichs,
ohne Skelet und wahre Qliedmassen, fast
nur Wasserthiere: Mollusken, Strahlthiere,
Polypen, Aufgussthierchen.
C^Atethead (spr. Gehtshedd) , Stadt in der
engl. Grafsch. Durham, amTyne, Newcastle
gegenüber, 88,648 Ew. Eisengiessereien.
wiMth!im%f Stadt im russ. GouTem. Inger*
manland , 6 M. von Petersburg , 8613 Ew.
Prachtvolles kaiserl. Imstschloss.
Gattu^r (Genus), der Inbegriff der durch
gemeinschaftliehe Merkmale als eu einer
engem Abtheilung gehörend bexeichneten
Alien Ton Natnrkörpem. Alt Art (Species)
galt bisher alles, was durch For^flanzung
fortbesteht u. der dauernden Forterzeagung
▼on Seinesgleichen ffthlg ist. Diese Defi-
nition setzt feste unverftnderliche Arten
voraus, w&hrend Jetzt nachgewiesen ist,
dass gerade durch Fortpflanzung neue Arten
entstehen und die vorhandenen aus einer
kleinen Anzahl von Typen sich entwickelt
haben (Darwinismus).
Gau, im Allgem. G^end, insbes. tjand'
Schaft als polit. Bezirk und deren Einwohner
als polit. Genossenschaft, Uralte polit. Glie-
derung in Deutschland, sp&ter der Sprengel
eines Grafen. Die Oauverfaenrng kam bei
den Franken schon im 7. Jahrh. auf und ward
von l&nrl d. Gr. über sein ganzes Reich aus-
gedehnt. Eine Karte der alten deutschen G.e
gab Bpruner in seinem ,Histor. Atlas*; eine
Beschreibung derselb. begann Xanda« (1867).
GMiohoB (spr* Gi-utsohos) , die Landbe-
wohner der argenttn. Staaten, insbes. die in
den Pampas wohnenden und mit Viehzucht
beschäftigten Nachkommen der Oonqoista-
dores von Indianerinnen, welche die Rechte
des Vaters erbten; kühne Reiter.
Gandy, Franz Bertth, Heinr. Wüh., Frei-
herr von. Dichter, geb. 19. April 1800 zu
Frankfurt a/0., kurze Zeit preuss. Ofßzier;
t 6. Febr. 1840 in Berlin. Bes. im humorlst.
Iiiede ausgezeichnet; sehr, auch Novellen
und anschauliehe Reiseskizzen. Dichtungen
herausgeg. von Arih. MÜUer (1845, 2 Bde.) ;
,|£ein Römerzug* (1836, 8 Bde.) n. A.
GauflrlreB (spr. CK>f-), glatten Geweben
oder Papieren Zeichnungen oder Muster
ohne Farbe an^^ragen; geschieht mit gra-
virten Walzen auf der Ganfrirmaschine.
GangaMSla^ Ortschaft in Assyrien, in der
Nahe von Arbela; Okt. 331 v. Ohr. Sieg
Alexanders d. Gr. über Darius CSodomannus.
Gamlt (GaU), Abtheilung der Kreide-
gruppe, Thonlager, zur Töpferei und zum
Walken tanglich, in England, Frankreich etc.
GaoltheriA X. ( Theeheide), Pflanzengattung
der Erioeen. G. procumbens L., Strauch in
Nordamerika, of&cinell als Thee von Ganada,
liefert das in der Parfümerie benutzte
ätherische Gaultheriaöl (oil of wintergreen).
Gaunen (lat. pakUum), die Decke der
Mundhöhle, zur vorderen Hälfte aus dünneu,
mit Schleimhaut bedeckten Knochen gebil-
det (sogen, harter G.) , zur hinteren Hälfte
aus Muskeln bestehend (weicher G.)* Letzte-
rer, auch GattiMefM«^«< genannt, versohliesst
beim Schlingen den hinteren Nasenraum,
indem sich seine Theile, die Oaumenbögen
und das Zäpfchen (uvula) , nach oben wen-
den. In einer Falte der Ganmenbögen liegt
rechts und links die Mandel (tonsilla).
Ganmenq^iltey widernatürliche Oeffnung
im weichen oder harten Gaumen, theils an-
geboren, theils durch Krankheiten (Syphilis,
mechanische Verletzung) hervorgebracht.
Durch Eröffnung der Nasenhöhle bewirkt
die G. bedeutende Sprachstörung. Heilung
durch mechanischen Verschluss (Kautschuk-,
Goldplatte) oder Operation.
Ganrisankar • Berg , s. Evereet.
GansSy Karl Friedrich, Mathematiker und
Astronom, geb. 30. April 1771 zu Braun-
schweig, 1807 Prot der Mathematik und
Direktor der Sternwarte in Göttingen; f
das. 83. Febr. 1855. Er führte 1881—24 die
hannov. Gradmessung aus, erfand ein Helio-
trop, förderte in hohem Grade die Lehre
vom Erdmagnetismus, erfand die Methode
der kleinsten Quadrate und bereicherte die
höhere Arithmetik mit bed. Entdeckungen.
Sehr. ,Theoria motus corp. coelest.* (1809),
,Theoria combinationis observationum erro-
ribus minimis obnoxiae* (1823), ,Beobachtun-
gen des magnet. Vereins' (1837 — 40, 3 Bde.),
,Atlas des Erdmagnetismus' (1840), ,Dioptr.
Untersuchungen' (1841).
Gave (spr. Gaw), in den Pyrenäen Berg-
strom. Am bedeutendsten Q. de lUu (spr.
Poh), Nebenfl. des Adour, entspr. am Mt.
Perdu , mündet oberhalb Bayonne, 81 M. 1.
GaTialy Schnabelkrokodil, s. Krokodil,
43*
676
Gavotte — Gebläse.
C^ATOtt« (spr. Gawott), filt«res Tansmnsik-
stück munteren ' Oharakters , früher den
Sonaten und Sniten einverleibt.
Qaj (spr. Geh), John^ engl. Dichter, geb.
1888 bei Torrington In Devonsfaire, f 4. Dec.
1732 in London. Sehr, treffl. Fabeln, Bchen-
Ifafte Idyllen und die für klass. geltende
,Bettleroper* (1727). Werke (1806, 8 Bde.).
Gmj («pr. 0&), Marie Frtmfai$e Sophie,
feb. LavaUUe, frans. Schriftstellerin, geb.
. Juli 1776 sn Paris, t^- Bfänsl858. Haup^
werke : ,L6onle de Montbrease* (1813, 2Bde.)
und jAnatole* (1815, S Bde.). >- Ihre Tochter
iMphine, geb.. 86. Jan. 180A sn Aachen, seit
1881 Gattin Emils de Girardin, f 80. Juni
1856 zu Paris, ebenfalls Schriftstellerin;
Verf. der pikanten Komödie ,Lady TartnfTe'
(1852). Biogr. von d'Heilly (1868).
Gayfty Stadt in der brit.-ostind. Prasid.
Bengalen, Landsoh. Patna, am Phalgn,
32jOOO Bw.; her. Wischnntempel.
vt%y LvMac (spr. 6ä Lüssak), Louie Je-
»eph, frans. Chemiker und Physiker, geb.
6. Dec. 1778 za St. L6onard, seit 1809 Prof.
in Paris, Mitglied Tieler amtl. Kommissionen,
1839 Pair Ton Frankreich; t 9. Mai 1850 in
Paris. Er entdeckte die YerbindungrsTer-
h<nisse der Gase, erweiterte die Lehre
von der Wärme, nntersachte das Verhalten
des Schwefels, des Jods nnd des Oyans
nnd gab zahlreiche analytische Methoden
an etc. Er redigirte mit Arago seit 1816
die ,Ann. de chimle et de physiqae*. Sehr.
,ReohercheB physico - chlmlqnes* (mit 3%tf-
Hord 1811, 8 Bde.), «Le^ons de physlque'
(1828, 2 Bde.), ,Oours de chimle* (1888).
Gay • LniBMSChes Geseti: Wird ein Gas
unter gleichbleibendem Druck erw&rmt, so
vergrössert es sein Volumen mit Jedem
Temperaturgrad 0. Wärmeerhöhnng um
Vs7S seines Raumes bei OO gemessen. In
geschlossenen Gef&ssen erhitzt, steigt sein
Druck mit Jedem Temperaturgrad um V«i
seines Druckes bei Qo.
Gaza (arab. Okagze), altberühmte Stadt in
Südpai&stina, 1 M. vom Meere, 80,000 Ew.,
Karawanenstation ; im Alterthum Schauplatz
der Heldenthaten Simsons.
Gaze 9 durchsichtige feine Gbwebe mit
viereckigen offenen Feldern. Bei der eigent-
lichen G. liegen 8 Kettenf&den neben ein-
ander, die sich bei Jedem Schussfaden
kreuzen; seidene, halbseidene, baumwollene,
leinene G., vielfach gemustert. Arten: Tar-
latati, Marly, Krepp, Beuteltuch etc.
Gazelle, s. Antilope.
Geba, portugies. Handelsposten in Guinea,
auf der Nordseite des Oo\f$ von O,
Geba, zur vorderen Rhön gerechneter
Berg, westl. von Meiningen, 8817' h.
Gebirmutter (FmehthaUer, Uterus), Organ
des weiblichen Kdrpers, welches die Be-
stimmung hat, dem befruchteten Ei als
Bntwicklungsstatte zu dienen. DleG. ragt
in die Bauchhöhle hinein und wird vom
BanchfBll überzogen; sie Hegt im kleinen
Becken zwischen Harnblase und Mastdarm.
Die menschliche G. hat die Gestalt einer
von zwei Seiten zusammengedrückten Birne,
ist etwa 8 Ctm. lang und zei*fällt in den
sogenannten CUMmmäerk^rper nnd den
HmU, Das Ende des letzteren ngt als Portio
vaginalis in die Scheide. Das ganse Organ
ist hohl; das Scheidenende des Halekanals
heisst äusaerer MtUtemutnd, das nach der
Qebärmutterkörperhöhle sn gerichtete inne-
rer Muttermund, Die Höhle Ist mit Schleim-
haut ausgekleidet, die Wandangren bestehen
aus glatten Muskeln. Bei der Schwanger»
Schaft (s. d.) vergrössert sich das Organ
in dem Masse, als die Fmcht wächst. Die
Krankheiten derG. sind theils I^ageändenin-
gen, wie Senkung nnd Vorfall (prolapsoj
uteri), Vor- nnd RückwftrtswendaQ^; (ant»-
und retroversio), theüs KnicknnsMi (ante-
und retroflexio), theils Entartnngien durrh
Gresch Wülste (Fibrolfde, Krebs). Katar rh*
der Uterusschleimbaut kommen theils selb-
ständig, theils mit obigen Lielden gepaart
vor. Die Qebärmutterkrankhelten erfordern
stets eine lokale ärztliche Behandlung.
Gebern (Quibem, pers.), die in Persles
und Ostindien noch übrigen Bekenner des
Parsismus.
Gebinde, grösseres Fass; Oetrefdegarbe.
GebirgsromatiOll (Formation), ein System
von Gesteinsmassen , welche sich durch
ihre petrographischen und paläontologischeii
Eigenschaften, durch ihre Struktur vod
Lagemngsfolge als gleichzeitige Produkte
gleichartiger Bildungsprozesse zn erkenneo
geben. Die krystallinisohen Massengestein«
werden als phittmitche und die Tulkaniscben
Gesteine als vulkanUche G. Busammeng»-
fasst, ihnen gegenüber stehen die Sediment-
formationen , welche in folgender Ordnuif:
über einander lagern:
L JMäatoieehe oder primäre Formatiom.
1) Urgneisformation mit Oneis, Thon-
schiefer, Kalksteinen (Eosoon).
Silurische oder ältereh .";?^«^«^^^„ ,
Devonischeod.neuere}(^-gr^^^-»^-^
Steinkohlen- od* karbonische Formation.
Permische Formation oder SothliegendM |
und Zecfastein.
n. Mesoeoiecke oder eekundare Formatv»'
6) Triasformation oder Salzgebiige: Bnit-
sandstein, Muschelkalk, Kenper.
7) Jurassische Formation : Lias oder nntenr,
schwarzer Jura, mittlerer oder brauner,
oberer oder weisser Jura nnd Wealden-
formation. <
8) Kreideformation : Neocomien , Ganlt, '
Qnadersandstein, Pl&ner nnd Grnnsaod- j
stein, weisse Kreide.
m. KSnoaoieche oder tertiäre Formatiaa.
9) Molasse: eoc&ne, oligoo&ne, mioeäne,
pliocane Formation.
IV. Quatemäre FormoHom*
10) Diluvium, älteres Schwemmland.
11) Alluvium, Jüngstes Schwemmlaud.
Geblisey mechanische Vorrl<ditnngen um
Einblasen von Luft in Fenernngea, an
hohe Temperaturen zu erzielen. O^imd»-
gddäee, Oylinder, in denen sich ein Kolben
auf und ab bewegt nnd so mit Hülfe von
Ventilen einerseits Luft ansangt und andrer-
seits angesaugte forttreibt; Vorrichtuncw
sehr verschiedener Koiistruktion , in wel-
11
Gebrannte Wässer < — Gefangnisswesen.
677
oben WtßBW die Loft forttreibt (8Ghn§eken'
u. 8ehratAenffMäMt Wauertrommel-, Wcustr-
aäuUn- Q. KolbengAläMe). Oentri/ugdlgAläie,
Ventilatoren mit einer in einem Gehäuse
sich sehr schnell umdrehenden Flugelwelle,
welche in der Nähe ihrer Axe Luft ein-
saui^, um sie an einer Stelle des ümfanges
des Geh&nses durch ein Bohr auszutreiben.
Gebrannte Wmmt» s. Jbgeaogene Wässer.
Gebnrt (lat. partu$), diejenige physlolo-
icische Verrichtung, durch welche das Pro-
dukt der Zeugung mittelst der natürlichen
Kräfte aus dem Mntterleibe ausgetrieben
wird. Ist KunsthAIfe erforderlich, so spricht
man von Jbün«tfioft«r Entbindung, Nach dem
Theile des Kin'des» welches zuerst den
Mutterleib verläset, unterscheidet man
Kopfgebarten (die häufigste Art), Steiss-,
Knie- und Fussgeburten. Alle diese Arten
können noch auf natürlichem Wege vor
sich gehen; Querlagen des Kindes in der
Gebärmutter erfordern die Wendung auf
die Füsse. Der Geburtsakt zerfiUt 1) in
die £rdffnung$periQde: die sogen, vorher-
sagenden Wehen (Rupf er, Zusammenziehun-
gen der Gebärmutter) erweitem die weichen
Theile, die üühäute (Blase) spannen sich,
springen nnd das Fruchtwasser fliesst ab;
9) die Austreibwngsperiods: die Wehen ver-
anlassen die allmählige Vorbewegung, nnd
vTnter stärker schmerzhaften Wehen erfolgt
die Anstreibung der Frucht; 8) die Naeh-
gdmrUpsriod« beg^innt mit beendeter G. des
Kindes nnd endet mit der vollständigen
Ansstossung des Mutterkuchens (placenta,
Nachgeburt). Die Gesammtdaner im Allge-
meinen 6 — 12 St., Ausnahmen häufig.
GebwrUhilfe (flr. aceouchemenl) , die der
Schwangeren, Gebärenden, Wöchnerin und
dem Neugeborenen geleistete Hülfe, sowie
die Kunde von den bei der Behandlung
anwendbaren Regeln; bekam erst im 16.
Jahrb. durch Bösslin eine wissenschaftlichere
Richtung, die durch die anatom. Arbeiten
von Vesal, OolwaAus, Fallopia noch grösseren
Aufschwung nahm. Der Gebrauch, männ-
liche Hülfe nur bei den schwierigsten Fällen
in Anspruch an nehmen, führte zur vorwie-
genden Ausbildung des operativen Theiles;
die Wendung auf die Füsse war neben viel-
fkohen blutigen, das Leben des Kindes ge-
fährdenden Operationen das Hauptmittel.
Mit der Erfindung der Geburtszange begann
eine neue Zeit für die operative G., und es
wurden auch von späteren Autoren die nor-
malen Vox^änge bei der Geburt einer ge-
naueren Würdigung unterzogen. Die Errich-
tong von Entbindungsanstalten seit der Mitte
des vorigen Jahrb. gab dem Hebammen-
nnterriehte einen gewaltigen Aulschwung,
und jetzt ist an allen deutsehen Universi-
täten die geburtshülfliche Prüfung der
Aerste gesetsmässig.
^hutWMBMge (Kopf sänge , Forceps), ge-
burtshülfliches Instrument, mit welchem
der Kopf des Kindes innerhalb der Geburts-
wege gefasst und aus denselben hervor-
gezogen werden kann; wichtigstes und
schonendstes Hülfsmittel zur Beschleunigung
der Geburt; von (Mmbsrlen (1683) erfunden.
Geekonen (Haftsehsr, Ascalabotae Lsmnii),
Gruppe der Schappenechsen, unschädliche,
aber für giftig gehaltene Thiere. Stsrngecko
rPtyodactylus lobatus Oeoffr.), 6" 1., in
Aegypten (, Vater des Aussatzes'), gemeiner
G. (Platydaotylus murorum Cfuv.)» 5", In
den Mittelmeerländern, viel in Häusern.
Gedakt^ Orgelstimme, deren Labialpfeifen
am Obern Ende verschlossen sind.
Gedeckter Weg. der die ganze Festung
umgebende, zur Kommunikation bestimmte
Areie Raum zwischen dem Glacis und dem
äussern Grabenrand, mit Waffenplätzen zum
Ansammeln der Truppen verdrehen, durch
Pallisaden und gegen flankirendes Feuer
durch Traversen geschützt.
Gediegen 9 Metall, welches als solches,
nicht mit andern Elementen oder nur mit
andern Metallen verbunden (nicht ozydirt
oder geschwefelt) in der Natur vorkommt
(bes. Platin, Gold, Silber).
Gedrltttclieiny ».Aspekten, pndschistan.
Gedrosla (a. G.), pers. Landschaft, etwa Be-
Geefli, WiUem, ber. belg. Bildhauer, geb.'
10. Sept. 1806 zu Antwerpen, lebt in Brüssel.
Meister im Individuellen und voll Adels in
der Darstellung. Hauptwerke: die Monu-
mente Friedrichs v. Merode, des Generals
Belliard und der in der Revolution von 18S0
Gefallenen (Brüssel), Statuen von Karl d. Gr.
TMastricht), Rubens (Antwerpen), Verhaegen
(Brüssel) u. A. — Seine Gattin Isab, Marie
Fanny, geb. 18U, geschickte Malerin. Sein
Bruder Jos«j}A<?., geb. 811, f 1860 in Brüssel,
ebenfalls geschätzter Bildhauer.
Geel (GhwH), Stadt in der belg. Prov.
Antwerpen, 11,657 Ew. Ber. Irrenheilanstalt.
Geelong, rasch aufblühende Seestadt in
der südaustral. Kolonie Victoria, 1816: 2000,
1861: 22,986 Ew. Hauptausfuhrhafen der
Kolonie für Gold nnd Wolle.
Geestemflnde. Stadt im preuss. Regbz.
Stade , an der Mündung der Geeste in die
Weser, Bremerhafen gegenüber, 8016 Ew.
Freihafen (seit 1847) ; bed. Schiffs- n. Handels-
verkehr: Werfte von Rlckmers (gegr. 1857).
Geestland 9 in der norddeutschen Ebene
das hoch nnd trocken gelegene Land, im
G^eusatze zum Marschlande.
Gefälle, das Mass für jede Neigung, aus-
gedrückt durch das Verhältniss der Ab-
hangshöhe zur horizontalen Länge, wird
durch Nivelliren bestimmt. Archengef'dlle,
das G., welches dem Aufschlagwasser un-
mittelbar vor dem Rade gegeben wird.
GefSngnisswesen, Inbegriff der vom Staat
unterhaltenen Anstalten zu Einschliessung
solcher Personen, denen der Gebrauch ihrer
Vielheit von Rechts wegen entzogen wird.
Es gehören hierher bes. die Btrafg^ängniue.
Drei verschiedene Systeme : 1) das avbumeche
oder newyorksehe (s. Aubum), 2) das pennsgU
vanische , Isolir- oder I^nitentiarsyetwt:
Einzelhaft der Sträflinge in kleinen Zellen
und stete Beschäftigung derselben, und
3) das gemiechte Sgetem: Verbindung desPrin-
cips der Isolirnng und des geselligen Zu-
sammenlebens der Sträflinge. Baupläne:
Kreii- oder Sehachtelbau (das Gefängniss
mit einer Mauer umgeben, worin die Woh-
678
Getasse — Gehirn.
ntingeii der Aufseher) und der itrahlen-
oder »terf\förmige Bau (das €tobände für
die Beamten in der Mitte der Anstalt, von
dem die Gebäude f&r die Oe&ngenen strah-
len- oder fächerförmig nach der mit einer
Mauer umgebenen Peripherie auslaufen).
Die OeJängnUsHrafe ist entweder einfache
ohne Ebrenstrafe oder Ärbeitshau»- (s.
Arbeitshäuser) oder Zuchthauutrafe, beide
mit Zwangsarbeit und Verlust der bürger-
lichen Ehrenrechte auf Zeit oder auf immer.
Vgl. die Schriften nherQ. ronWUrth (194ß),
Mittermaier (1859 und 1858), Diex (1857),
Apoert (1851), mtgde (1857} u. A.
vefiUse ( vasa), in der Anatomie Bohren,
Je nachdem sie Blut oder Lymphe führen,
Blutgefässe (vasa sanguifera)^ oder Lymph-
gefäase (vasa lymphatlca). £rstere fuhren
theils das Blut vom Herzen nach den Kör-
pertheilen (Arterien), theils aus demKtSrper
nach dem Herzen (Venen). Die Arterien
verästeln sich bis zu den sogen. Kapittar-
gefässen, die später wieder zusammenfliessen
und in die Venen münden.
OefSsspflanzen. s. ▼. a. Phanerogamen.
Gefecht y das feindliche ZusammentrefTen
militärisch organisirter Massen, nach Be-
deutung und Ausdehnung: O., Treffen oder
Schlacht, doch sind diese Begriffe nicht
genau abgegrenzt. Bas G. kann defensiv
und offensiv sein, immer hat es drei ver-
schiedene Stadien: Einleitung, Entscheidung
und Beendigung. Bei eiAem aus allen
Waffen gemischten Corps pflegt vorwiegend
die Artillerie einzuleiten, die Infanterie zu
entscheiden und dieKavaUerie zu beendigen.
Doch ist die Znsammenwirkung aller drei
Waffen beständig erforderlich. Die Infan-
terie ficht in Linie und Kolonne, geschlossen
und zerstreut; 1870—71 hat sich die Kom-
Sagniekolonne sehr bewährt. Die Kavallerie
cht gegenüber der jetzigen Präcisionswaffe
der Infanterie und Artillerie mit wenig
Chancen (Wdrth, Sedan); ihre Bedeutung
liegt in der Verfolgung und im Beobach-
tungsdienst. Die Artillerie gewinnt Immer
mehr an Bedeutung und vertritt neuerdings
häufig sogar die Infanterie, wo der letzteren
die Annäherung an Positionen durch das
feindlidhe Infanteriefener unmöglich ge-
macht wird (St. Privat). Feuergefecht ist
der Kampf aus der Ferne, welcher durch
die verbesserten Waffen an Vemichtungs-
kraft sehr gewonnen hat, aber in der Regel
erst durch (?. mit der blarike» Waffe (Bajon-
net) entschieden wird.
Geflederty s. Fitmatu».
Gefingert, s. JDigitatu».
Gefle* Hauptstadt der nordschwed. Prov.
Gestrikland, an der Mündung des Flusses
G. in den bottn. Meerbusen, 12,138 Ew.
Geftrelter, unterster militärischer Vorge-
setzter in den deutschen Armeen, meist als
Bonden-, AblÖsungs- und Patrouillenführer
Gefirierpankt, s. Thermometer, [benutzt.
Gefiromei (Sis), Mischungen aus Frucht-
säften, Zucker, Sahne etc., welche durch
Kältemischungen iu rotirenden Gefrier-
büchsen zum Erstarren gebracht werden.
Gegenfüssler, s. v. a. Antipoden..
Gegengifte 9 s. Antiäot»m.
GegemekAttlgey e. v. a. Axitiaefi.
Gegeniehelii 9 s. AtgeHen,
Gegenseitiger Unterneht, s. .
sches ünterriektsspstem.
Gegeneonne, die farbigen Binge um den
Schatten des eigenen Kopfes , wenn bei
Nebelwetter die Sonne scheint; benifat anf
Interferenz der Lichtstrahlen.
Gebeine Fonds, Fonds, welche der Staats-
verwaltung etatsmässig oder anseerordent-
licher Weise zur Dispositioii gestellt wer-
den, ohne dass sie über die Verwendnng
derselben Bechenscbaft zu geben bmacht;
dienen zur Besoldung von Agenten, Schrift-
stellern etc^welche für dieB^erungwirken.
Geheime PoUiel, s. Pi>Ktei.
Geheimer Bath (Gekeivtet Kabinet), firfilier
in mehreren deutscäien Staaten die oberste
Landesbehörde unter dem Vorsits des
Fürsten; Amtsfitel der Mitglieder dieser
Behörde; jetzt blosser Titel.
Gehelmmlttel (Aroana), meist aaf Schwin-
del beruhende Arzneien etc., deren Absatz
durch zahllose, prahlerische Annoncen ge-
fördert wird. Enthüllungen (Analysen) fiber
G. liefern fortlaufend die ,uidustrlebl&tter*
und die ,Pharmaeeut. Centralballe* ; susam-
mengestellt In Wittsteins ,Ta8chenboch*
(1871) u. ,Pharmacent. Kalender*^(3. Aufl. 1871).
Genelmschrift (Krj/ptographie), Schreiben
mit geheimen, verabredeten Z^k»fa^ (s.
Gehenn» (hebr.), Hölle. [CMJf^).
Gehirn (CerSbram, Encephalum), die inner-
halb der Schädelhöhle gelegene Nerrenmsase
als Centralorgan für die psych. Thätig-
keiten, sowie für die Bewegungen. Ss
setzt sich nach hinten direkt in das Rücken-
mark fort und entsendet die für den Kopf
bestimmten Nerven. Das G., ein symmetri-
sches Gebilde, ist dicht von der «oeteAai
Hirnhaut (pia mater), welche in die Blutge-
fässe führt und über welche glatt die
Spinnwdfenhaut (arachnoidea) hinweggeht,
dann von der, dem Knochen dicht anlie-
genden harten SimhatU (dura mater) über-
zogen. Theile; das iterlängerte Mark (me-
duUa oblongata) Centrum für die Athmnngs-
n. Blntbewegungen), die direkte Fortsetzung
des Bückenmarks gegen das G. hin ; die Brücke
(pons Varolii), die beiden EimetiOe, welche
in die Sehhügel (thalami optici) und die
Streifenhügel (corpora striata) übergehen;
über letzteren wölben sich , durch je einen
Hohlraum (Seitenventrikel) getrennt, die
Orosfhimhmnisphären , welche durch den
Balken mit einander verbunden sind. Die
HemispJiären zeigen vielfache Windungen
und sind mit einer grauen, die OangUen-
Zellen führenden Schicht bedeckt. Je intel-
ligenter das Thier, desto reichlichere Win-
dungen sind vorhanden. An dem hinteren
Theile der Grosshimhemisphären und dem
verlängerten Marke Hegt das Rleinkim
(cerebellum), dessen Durchschnitt eine |Ntum-
ahnl. Figur (Lebensbaum, arbor vltae) seigt
Die Oehimfunktionen sind noch wenig be-
kannt; es wird angenommen, dass die wetut
Substanz des G.s bes. zur Leitung , die graue
zum Anstoss der Bewegungsnerven , sowie
Gehimenizündung — Gekröse.
679
xnr Vtmiittelaiig der geistigen Funktionen
dient. Xrkrankungen des G.s enengen je nach
dem Site Stöning«n theils in den Bewe-
gungen, thell9 in d«n öbrigen Funktionen.
C^kincntstliidviig (Encephalitis), bestellt
theils in Entzündung der Hirnhäute (me-
ningltis), th^Is in Entsündnng des Gehirns
selbst (encephalltis yen)» Die erstere Form
ist die häufigeren, kommt th^ls selbständig,
theils Im Oefolge anderer Krankheiten Tor.
Die akuteste Form ist dor Sonnemstieh (Inso-
lation), eine durch die Einwirkung heisser
Sonnenstrahlen auf den Kopf entstandene
und oft nsch tödtlich endende Erkrankung.
Heilnng der Hirnhautentafindnng ist mög-
lich, oft aber bleiben Störungen m den
geistigen Funktionen rarück ; Heilung der
Aigenti. G-. nnr theil weise möglioli. Die
Behandlung ist bes. gegen das Fieber ge-
richtet und beschränkt sich auf Fernhsltung
aller Ehregungen dos Gehirns.
Oehtnierweielimig (Bncephalomalacia, Ce-
rebvomalacia) , kommt meist im späteren
Lebensalter vor und beginnt mit aitmähllger
Abnahme der körperlichen und geistigen
Kräfte des Kranken, bis, meist plötalich, ein
SchlaganfiUI mit einseitiger Lähmung ein-
tritt, dem in den schlimmsten Fällen der
Tod folgt. Zur Vermeidung der Schlagan-
fälle sind grösste Massigkeit, Vepneidung
heftiger Erregungen, kühle Waschungen
des Kopfes, Bewegui^ in freier Imft bu em-
Qeliiniliiiite, s. OeAim, [pfehlen.
Ctehiraifsisenaeht (Hydroeephalus), ver-
schiedene Himkrankbeiten , die durch
Wasserausscheidung im Hirn selbst, In Hirn-
höhlen oder Hirnhäuten ausgeseichnet sind.
Der angeborene H^ocMrX»^ besteht in enor-
mer Erweiterung der Himhöhlen und
Sdliwnnd des Gehirns. Der sogen. hiUiiifa
Wasserkopf, Krankheit des Kindesalters, ver-
läuft unter hohem Fieber, Kramp£anf allen,
Bewnsstlos^Kkeit. Behandlung erfolglos.
CMi9r(AuditUB), der Sinn, durch welchen
Schallempflndungren wahrgenommen werden.
Es ihbertragen sich die Schallbewegnngen
auf bestimmte Theile des Hörorgans, erregen
die Enden desHöm^nren (nervns acusticns)
nod werden im <>ehim empfunden. Mit an-
geborenem Mangel des G.s fällt auch die
Möglichkeit der Spraeherlemung fast voll*
stöndlff weg. Vgl. Okt.
«ehSrorgaB, s. t. a. Ohr.
Qehre (Cfthrung), das Zusammentreffen
sweier Flächenkanten unter einem rechten
(gerads O.) oder unter einem spitxen oder
stumpfen Winkel (schief« O.).
G«Il»el) Eman., Dichter, geb. 18. Okt. 1816
BU Lübeck, seit 1868 Prof. der Aestfa^tik eu
München , verlor 1868 seine Stelle infolge
eines Gedichts an den König TonPrensseD,
lebt seitdem in Lübeck. Namhafter Lyriker :
,Gedichte< (58. Anli. 18»), ,Juniu8lieder*
(16. Aufl. 1866), «Neuere Gedichte* (B. Aufl.
1861); sehr, ausserdem Dramen (,König
Roderich' 1844; .Meister Andrea* 1856;
,BrunhiMS 2. Aufl. 1861; ,8ophonlsbeS 8.
Aufl. 18T0, u. A.), das kleine Epos ,K6nig
Slgnrds Brautfbhjrt« (1844). Auch treffliche
Uebeni«zuagen: ,gpan. Liederbnch* (mit P.
Beifse 1868), ,RomanBen der Spanier und
Portugiesen* (mit Ä. F, «. Behaek 1800) und
,Fünf Bücher franz. Lyrik* (mit heuiMd
1868). Biogr. von Qddsl» (1869).
Geier (Vulturinae), Familie der BanbTÖgel,
melsttropische, gesellige, feige, Aasfressende
und deshalb nützliche Thiere. AsgjfpU$aker
O. (Neophron percnoptems L,), 8' 8", klaftert
über 6^, in Afrika und Südeuropa, den alten
Aegyptem heilig. WHssMpßger, Hasengeisr
(Vultur fhlTus (hu.), 8~4', klaftert 10—18',
daselbst. Ebenso der fr<me Q., Mönchs-, Kut"
Ungeisr (Y. cinereus Tem.), Balg Pelzwerk.
KimdoTt Vogel Or«</(Sarcorhamphus Gryphus
L.), 4*, klaftert 14', auf den Anden, fliegt
48,000' hoch. SartgsUr, s. d.
Gelersberg, Gipfel des Spessart, bei Ross-
Gelge, s. Violin«, [brunn, 1900'.
Geiffenhurz, s. v. a. Kolophonium.
GeileMklrehen, Kreisst. im preuss. Regbz.
Aachen, an der Wurm, 1797 Ew.
Geiler von Kaiiersberg, Joh., Kanzel-
redner, geb. 1445 zu Schaffliausen, seij; 1477
Dompred^er in Strassburg; 1 10. März 1510.
Unter seinen Predigten bes. hervorzuheben
die über Seh. Brants ,Narrenschiff* (1580;
neue Ausg. von £one, 1864).
Geilheit, übermässiger Geschlechtstrieb.
Geisblatx^ s. v. a. Loaicera.
Geisel, Leibbürge, ein mit seiner Person
für Erfüllung eines Vertrags Haftender.
Geiselbrüder. s. Flag«Uant«n.
GeisenheiiB, Marktfl. im ehemal. Nassau,
am Rhein, 8600 Ew. ; treffl. Weinbau.
Geiser, period. heisse Springquellen auf
Island; bes. bekannt der grosse und der
neu« Q. (Sirokkr), nordwestl. vom Hekia,
welche Wasserstrahlen von 9—10' im Durdi-
messer und 15—100' Höhe ausstossen.
Geishom, Gipfel der Voralpen im bayer.
Regbz. Schwaben, bei Sontliofen, 6800' h.
Geisiinreiiu Stadt im würtemberg. Donau-
kreis, 9817 Ew. ; her. Kunstdrechslereien in
Holz. Hörn u. Elfenbein (geiüinger Waaren),
Geismar, uraltes Dorf im preuss. Regbz.
Kassel, beiFritzlar, 695 Ew.; ehedem Haupt-
opferplatz der alten Hessen, wo Bonifacius
784 die dem Thor geweihte heil. Eiche fällte.
Gelsrebe. s.v. a.LotticeraPericlymenumI>.
GeifteistSmngeil, s. SeeUnstörungen.
GelBtik(gr., J^irographie), Theil der phy-
sikal. <}eogr^hie, welche von den festen
Landmassen der Brdoberfläche handelt.
Geistliche VerWAndtichftfl, nach der An-
sicht der kathol. Kirche die zwischen Täuf-
lingen und deren Pathen und unter den
Pathen eines Täuflings Statt findende Ver-
wandtschaft, ehedem ein Ehehindemiss.
GeitAve, Taue zum Einziehen der Segel.
Geiti, in den Blattwinkeln hervorkom-
mende SchössIInge (Tabak, Wein, Mais).
GekSrmt. in der Mineralogie s. v. a. mit
kleinen Erhöhungen auf der Oberfläche ver-
sehen. G.e« MetaU, geschmolzenes und über
einen nassen Besen in Wasser gegossenes, in
Körner zertheütes Metall.
Gekrits, Abfitll von Metall bei dessen
Verarbeitung, bes. beim Schmelzen.
Gekrdce (Mesenterium), Bauchüall<e,
welche den Darm Id sich schliesst und von
680
Gekuppelt — Gelenk.
sahlr. Gefinen ond Nerren» die nach dem-
mUmh Ahran, diirchMtzt ist. Vgl. JBamehftU,
Clelnippd,t9 Beseiehniuiff gleiebarticer,
durch ein gemelnMuues Glied Terlmndenar
Oegonft&ade, b. B. swei nvr daroh schmale
Pftiler TOB «iDMider getrennte Fenster etc.
Gel* (a. G.)t rhodlsch-kretens. Kolonie auf
der Südküate Sidliens , .690 t. Chr. gegr.,
unter Oleander nnd Hlppocratea Gebieterin
ober fast gani SiolUen; spater im Verfoll.
GelMinfy Name Bweier Papste: G. L, reg.
492—496, behauptete, dass dem röm. Stuhle
die Aufsicht über die Rechtglaobigkeit und
klrohl. DiscipUn ausschliesslich sustehe. —
O, IL , ng. 1118—19, vorher Johann Ton
GaJita, von der antikaiserl. Partei als Papst
aufgestellt, musste dem von Heinrich Y . auf-
gestellten Gregor VIEL welchen; f ^^^ ^^
Flucht im Kloster Glugny.
GelasiBM (gr.), krampfhaftes Lachen.
Gelatine, sehr reiner, färb-, geruch- nnd
geschmackloser Leim von geringer Binde-
kraft, .meist aus Knochen hergestellt, dient
für Papeteriewaaren und sur Darstellung
von geniessbaren Ghtllerten.
Gelb, eine der drei Grundfarben mit fol-
genden SchattiruDgeu: Stroh-, Wachs-,
Schwefel-, Citronen-, Dotter-, Goldgelb.
Gelbbeeren (Avignonbteren, pernsehe Bee-
ren), die erbsengrossen Beeren vonBhamnus
amygdalinus, Infeotoria, oathartica etc., ent-
hnlteu gelben Farbstoff, färben intensiv,
aber nicht sehr &cht, dienen in der Zeug-
druckerei, Bum Farben des Papiers und zur
Darstellung eines gelben Lacks (Schüttgelb).
Gelbbleien ( Wtdfenit) , Mineral aus der
Klasse der wasserfreien Ohalcite, gelb, be*
steht ans molybd&nsaurem Bleioxyd mit
38,6 o/o Holybdänsäure , wichtigstes Molyb-
däners, in Kämthen, Tirol, Oberbayem etc.
Gelbe Farben , Mineralfarben: Antimon-
gelb, Anripigment, Baryt-, Bleigelb, Bolus,
Bronsefarben, Gadmiuni-, Chromgelb, Gelb-
erde, Indisch Gelb, Jodblei, Kobaltgelb,
Mineralgelb, MHSchelgold, Musivgold, Nea-
polgelb, Ocker, Schutt-, Zinkgelb. Pflansen-
ikrben: Berberin, Buchweizen, Ourouma,
FustHcholz, Gelbbeeren, Gelbhola, Ginster,
Gutti,OrIean, Pikrinsäure, Quercitron, Saflor,
Safbiu, Scharte, Wau, Sumaefa, Wongshy.
Gelberde, Mineral aus der Klasse der
wasserhaltigen Amphoterolithe, ockergelb,
kieselsaure T honerde mit kieselsaurem Eisen -
oxyd, bei Amberg; gelbe Farbe , bes. für
Waschleder, gibt gebrannt rothen Ocker.
Gelbe Bflbe, s. v. a. Daucns carota.
Gelbes Fieber (Febris flava), in den
Tropengegeuden einheimische Krankheits-
form, die bes. Eingewanderte betrifft und
durch atmosphärische Einflüsse bedingt int;
verl&uft selir rasch. Heftiger Schweiss führt
blAweilen cur Genesung; gewöhnlich aber
stellt sich Gelbsucht ein und der Tod erfolgt
unter KrampfanfUIen. Die Behandlung be-
aweckt meist Hervorrufüng der Schweiss-
absondemug. [chines. Meeres.
Geibes Meer (Hoang-hci), nördl. Thell des
Gelbholl (gMet Braeilienkolz, alttr Fhutik,
im Gegensats au neuem Fustik, s. v. a. Flset-
hols) j die rindenf^eieii Kloben von Maclura
tlnefaNrla D<m, ans Südamerika, Chib» (das
beste), Ostindien etc., enthalt löslichies Mo-
rin nnd fest unlösliche Morii^erbsäarB,
färbt wie die Qnerdtronrinde nnd dient in
der Farberei und zur BereitOBS yrcn lAok-
farben. [mit Qnercitron.
GelbkomjKWitioii, Zinnlöauiic; snm ITfirben
Gelbkvprer, s. v. a. Messinir-
Gelbtchotesy s. WongO^,
Gelbaaelit (Icterus), Symptom ▼ersclile-
dener Krankheiten, bei denen der fr«ie
Abflnss der Gialle nach dem Darm reriiin-
dert ist und die Haut, bes* tcach die Faaer-
haut des Auges, intensiv gelb wird. Am
häufigsten vorkommend die kixtarr kalisehe 6.
(Icterus catarrhalls), welche oft msch (durch
Aerger?) entsteht, wochenlang anh< und
erst nach Beseitigung des Magen- und Darm-
katarrhs schwindet.
Gelbwurs. s. Qtreuma.
Geld, auf Kursaetteln s. v. a. g^esucht,
begehrt, Gegensats von Brief, angeboten.
Geldern, 1) ehemsl. deutsches Hersogtb.
SU beiden Seiten des Niederrheins, 1543 vou
Karl V. den Niederlanden einverleibt. In
der niederländ. Revolution trat der nörd).
Theil (das sogen. Nleder-G.) Süden Geaernl-
staaten , der südl. ward im ntrechter Frie-
den 1713 an Preussen abgetreten (Kreis
G.). — 2) (Geldtrland) niederländ. Prov.,
9S,4QM. und (1869) 4S7,819£w. Haiq»tstadt
Arnhetm. — 3) Kreisstadt im prenss. Rogbz.
Düsseldorf, an der Niers, &038 Bw.
GeMe (fir., spr. Soheleh), Gallerte.
Gel^e. Claude, s. CZoud« Lwrrain.
Geleit, bewaffnete Begleitung für Bei-
sende, bes. Kanfleute, sum Schutz vor räu-
berischen Anfällen. QdeÜagdd, hier nmi
da erhobene Verkehnabgabe , im Orient
noch Jetzt üblich. Freie» oder eichtree G., int
Mittelalter der einem Angeschuldigten von
der Obrigkeit gewährte gesetxliche Schutz,
unter welchem er ungefährdet vor Gericht
erscheinen und wieder absieben durfte.
Gelenk (Articulus), jede Verbindong von
Knochen, bes. Jede bewegliche. Bei letsterer
haben die auf einander iMUisenden Knochen -
enden jeeinen Knorpelüberzug (-Oelenkkapeei. )
und werden von den von den Aussensetten
der Knochen ausgehenden QüemÜbändern
umschlossen. Man unterscheidet Cftamter-
oder Winkdgdenk, |2olI- oder Dr^»gd«nk,
Kugelgelenk. Die Beweglichkeit wird durch
die Get/eiaJceckmiere ^Synovia) erleichtert. La-
geändMnngen der das G. bildendenKnoobeo-
enden unter Zerrelssung der Gelenkkapsel
nennt man Verrenhnng oder JAoatüm; dirae
erfordert stets die Einrichtung. Basch vor-
übergehende I«ageftnderangen werden als
Dieiortion oder Veretaud^ng beseichnet. G«-
lenhoauersueht ist «ine Erfülhmg der €to-
lenkhöhle mit sorSser Flüss^eit; bei der
Oelenkentunindung kommt es sn Eiterbildung
innerlialb der Höhle. Unter Geienkrhemna-
tiemu» versteht man heftige Schmersen in
den G.en ; die akute Form tritt mit hohem
Fieber auf und führt häufig Herz- nnd Ge-
hirnkrankheiten mit sich. Bei Gi^t kommt
es sn Ablagerung firemder Stoffe nnd Ver-
dickungen in den Gelenkkapseln, Alle Ge*
Gelenkfiteifigkeit — €l«nelli.
681
lenkkm&kh«it»ii erfordern snr Behftndluig
gröeste Buhe des betroffenen Th^ei, am
besten dorofa feste Verbinde.
Ctelenksleififkelt, \ _ ^_jfe„i^--
««lenkTerwaohsiug. I *" ^^^^'
Geliert, (^ri»iian IihrehtegoU, Dichter und
Moralist, geb. 4. Jttli 1715 an Haynlohen
(Sachsen), seit 1751 Prof. an Leipzig; t dw9,
13. Dec 1709. Fleissiger Mitarbeiter an den
»Bremer Beiträgen*. Hauptwerke: die oft
aufgelegten ,rabeln und Era&hlungen* nad
«Geistl. Oden und Lieder'. Sehr, ausser-
dem fLustspiele* (,Die BetsehwestemS »Das
Loos in der Lotterie' etc.), den Boman ,Die
schwed. GriAnS ,Moral. Vorlesungen* u. A.
S&mmtl. Werke (1768; neue Ausg. 1853 ff., 10
Bde.). Biogr. von Gramer (1774). Vgl. ^«w-
fliia«i«,.Gh»lleribnchS 1854; ,G.s Tageb.*, 1682.
CtoUinSy Autus, röm. Autor, um 150 n. Ohr.
Von ihm das werthvolle Sammelwerk
,Noctes atticae* (Ausg. von Jfferäi, 1863).
GelnhanseSy Kreisstadt im preuss. Begbx.
Kassel, an der Kinsig , 3798 Ew. Ehemals
wichtige Beichsstadt; Dreiütütigkeitskirche.
Dabei die Bninen der Kaiserpfals Friedrich
Barbarossas (1144 erbaut).
Qelon, seit 484 t. Ohr. Tyrann von Syra-
kus, breitete seine ^ Herrschaft bald über
ganx SidUen aus, siegte bei Himera (480)
über die Karthager, regierte mild und weise,
naoli seinem Tode (477) als Heroe verehrt.
ttelt, unfiruchtbar; nicht trachtig; trocken
stehend (vom MilohTieh). [gelntn, kastriren*
Ctelse, rersohnlttenes Schwein; daher
ütmtMgy Saatgeraische, Erbsen und Hafer,
Linsen und Gerste, als Grüuftitter.
Gemlra, s. Talmud.
Gemblou (OemHour*, npr, Schangbluh),
Stadt in der belg. Prov. Namur, 3018 Ew.
Ber. Benediktinerabtei (,Ohronik des Siego-
bert Ton O.' aus dem 12. Jahrb., gesohätste
Geschichtsquelle). 31. Jan. 1578 8Ug Don
Juans d'Austria über die Niederländer.
Gemeinde (Kommune) , die su einer Kor-
poration (Jurist. Person) vereinigten Be-
wohner eines bestimmten Theils des Staats-
gebiets, welche eine eigne Verfisssung haben
und ihre Angelegenheiten unter Aufsicht
des Staats selbst verwalten. Nach den
neueren (Sesetaen muss Jeder Staatsbürger
einer G. angehören.
Gemeindeordunng, Libegrifr von Bestim-
mungen über Verfassung und Organisation
der Gemeinden, Verwaltung des Gemeinde«
Vermögens, Erwerbung des Gtomtinderechts,
Rechte und Pflichten der Gemeinden , Ver-
h<niss derselben sur Staatsgewalt etc.
Oemelnes Beekt, Labegriff aller Bechts-
bestimmungen, welche in gana Deutschland,
insoweit nicht durch das Partikularrecht
abweichende Bestimmungen eingeführt sind,
Geltung haben. Vgl. DeutecheB Becht.
Gemänplata (lat. Iocim cammuni»), ein
Jedermann einleuchtender Sats oder Spruch,
mit der Nebenbededtung.desAbgedroschenen.
GemelnMlimldBer. der f alut.
Gflmellen (lat.), Zwillinge.
Geaiimation Oat.), Verdoppelung.
Oemiachte lÜten) Bhen awischen Be«
keonern verschiedener Bellglonen, bea.
▼ersehledener ohrlstl. Konfessionen! Kaüho-
liken und Protestanten. [in der Krone.
GeauBAy Edelstein; Stern erster Grösse
GeBmenabdrfteke, s. v. a. Pasten.
Genml, Berg der bemer Alpen, 8996' h.;
darüber Pass vom Kanderthal naoh Lenk.
Gemmingen» Otto EMnrieh von, Bühnen-
dichter, geb. 1755 au Heilbronn, t 15. März
1836 SU Heidelberg als bad. Geheimrath;
Verf. des einst beliebten bürgert. Sehanspiels
,Der deutsche Hausvater* (nach Diderot, 1780).
Gemae (Oapella J9icM et Kejfe,)» Glattang
der Wiederkäuer. G. ruploapra BUM et
Key., 8' 8" h., auf den Alpen (bes. bayer.
und steierischen)^ in den Pyrenäen, im kau-
kas. und tanrisohen Gebirge, rudelweise in
der N&he des Schnees und der Gletscher.
Fleisch wohlschmeckend, Fell gibt schönes
Leder, im Magen Beaoar (s. d.). •
Ctom&ae, Schösslinge, Blatter, Blüthen-
und Fruchtthelle , Wuraeln und Knollen,
welche als Nahrungsmittel dienen, enthalten
*ho Wasser, weniger als ^^ <Ve eiweissartige
Substanaen und aueh nur wenig Fettbildner,
dagegen Apfel- und Oitronens&nre und
1—1,7 o/o mineralische Stoffe mit vorwalten-
dem Kali und Phosphorsfture ; sind wenig
nahrhaft, befördern aber die Verdauung
und sind oft von diätetischem Werth. JS<n-
gem^iehte, geiroekneie, aum Theil aueh koni-
nrimirte G. bilden wichtige Handelsartikel.
Vgl. die Werke von ZangetA«! (3. Aufl. 1804),
Jäger (1870), Lukae (3. Aufl. 1870).
Gennppea (spr. Schenapp), Flecken (früher
Stadt) in der belg. Prov. Brabant, an der
Dyle, 1591 Ew.; 17. nnd IS. Juni 1815 vor
und naoh der Schlacht bei Waterloo Schau-
platz heftiger Kämpfe.
Genaaty Dr«tn» Eduard, Sehauspieler, geb.
15. Juli 1797 au Weimar, Sohn des Hof-
schauspielers Anton O. (f 1831), bildete sich
unter Goethes Leitung, seit 1829 Hofschau«
Spieler bu Weimar; f 3. Aug. 1866. Schi'.
, Ans dem Tagebuch eines alten Schauspielers*
(1862-06, 4 Bde.). - Sein Sohn Wilk. Karl
Albert, geb. 80. Juli 1822 an Leipsig, welmar.
Staatsanwalt, Mitglied des norddeutschen
u. deutschen Beichstags ; auch Di<^ter (,Bem-
hard von Weimar*, , Florian Geyer* u. A.).
Gendarmen (i^., spr. Schangd-), miMtär.
Poliaeibeamte auFuss nad an Pferde, meist
dem Ministerium des Innern unterstellt.
Genealogie (gr.), Geschlechterkunde, die
Wissenschaft von Ursprung, Folge und Ver-
wandtschaft der Geschlechter. Zur Veran-
sohauliohung dienen die gaiealog. Taftin,
sowie die eigentlichen OeeckieelUe' oder
Siamimtafeln (Stammbäume)t welche gewöhn-
lich vom ältesten Stammvater beginnen. Da
Familiennamen erst im 11. Jahrh. Vorkom-
men, so vermag keine Familie ihre Ahnen
bis zur Mitte des 11. Jahrh. aurüt^auführen.
Wissenschaftliche Behandlung der G. auerat
von ChUterer (,Abrlss der G.', 1788). Vgl.
Hopf, ,Genealog. Atlas*, Bd. 1 u. 9, 1858— 61 j
und den ,(3t>thaischen gsnealog. Hofkalen-
der*, 106. Jahrg. 1871.
Genelll (spr. Dache-), Bonaventura, Maler
und Zeichner, geb. 7. Sept. 1798 in Be^-lin,
Sohn des Landschaftsmalers «/afKM G« (f 1813),
6821
Gtenepi — Genf.
leMe nach l&iii:Mr«m Aofinthalto in Italien
Bnent In München, seit 1859 In Weimar;
t 13. Not. 1868. Vertreter einer «trengen
Masf. Bichtangf die er bes. in Zeichnungen
voll poet. Kraft und oft hoher Schönheit
bewftbrte. Hauptwerke: Zeichnungen an
Homer, an Dante, Leben eines Wüstlings,
Satnra, Leben des Künstlers n. A.
€^«Mpi (OenippikrSkUer) , mehrere Arten
der Gattungen Achillea und Artemlsia Ton
den Alpen, Bestandtheil des Schweixerthees
und an Liqueuren benutzt.
Geaeraly höchste milit&r. Wurde nach
dem Veldmarschall ; kommandirt In der Be-
'gel ein Armeecorp«. In der franz. Armee
Major gim^rol, Ohef des <3eneralstabs; OoI«nei
Siniral, Inspekteur einer Truppengattung.
GeaeralbMi) im Allgemeinen Harmonie-
oder Kompositionslehre; im Besondem die
Bassstimme eines Tonstücks, über deren
Noten durch Zahlen und andere Zeichen
(Signaturen) die Akkorde und Modulationen
fortlaufend angedeutet werden. Die Zahlen
geben die Intervalle an, z. B. 8 die Se-
kunde, 8 die Terz etc. ; den Dreiklang be-
ziffert man nicht , wenn er der Tonart an-
gehört; ein ft über der Note bedeutet Dur-,
ein p Molldreiklang, {} aufgelöst.
Generalgewalttger (OeMralprofoaa , fr.
grand prMt), früher der mit Ausübung der
Feldpolizei beauftragte und mit dem Recht
über Leben und Tod ausgestattete Offizier.
doierftUfe (span.), maur. Sommerpalast.
OeiMnUmtoiiamnty der höchste Beamte
des Kriegskommissariats (prenss. Armee).
Oeneralisireii (lat.)« verallgemeinem.
OeiieralisslniD«, oberster Heerführer.
tteiiarftlit&tsUndey sonst in Holland Name
derjenigen Lande, welche, nicht zu den sieben
veseinigten Provinzen gehörig, den Erbstett-
halter zum Generalgonvemeur hatten, Theile
von Brabsnt, Flandern, Limburg, (Feldern.
OenerallievteBJUityDivisionskommandeur.
Cleneralnii^or. Brigadekommandeur.
^ieMerainancii, Signal, welches die Trup-
pen, marschfertig auf den Alarmplatz beruft.
Ctonenlpicliter (fr. femiers gindraux),
in Frankreich bis zur Revolution eine Ge-
sellschaft von Spekulanten, welchen das
Salz- und Tabaksmonopol, die Binnenzölle,
die Eingangszölle von Paris, der Gold- und
Silberatempel etc. gegen jährl. Pachtzins
überlassen wurden; wegen der rücksichts-
losen Härte, ntit der sie bei der Einziehung
zu verfahren pflegten, beim Volke verhasst.
CleneralprorozBys. v.a. Generalgewaltiger.
Ctenenilprokvfatory in Frankreich der an
Appell- und Kassationshöfen das Interesse
des Staats vertretende Beamte.
QeBeralfltaftteBy in der ehemaL Republik
Holland die von den Provinzialstfinden ge-
stellten Abgeordneten , welche die Souve-
ränet&tsrechte der Republik ausübten; in
den Jetzigen Niederlanden N^me der Lan-
desverlaretung. S. ausserdem EUUs gin4raux.
tteneralstaby s. Btah, [gung.
tteneratlo Mqulvoea, Urzeugung, s. Ztu-
tteAmratl<tt(lat.), Zeugung ; die zusammen-
gehörig^uGliedereinerGeschlechtsfblge ; das
durehs<Anittl.Ijebeaaalter einer €l«8oht«chta-
reihe,llettschenalter, nach der gewöhnliebeu
Annahme ein Zeitraum von 30 Jaluren.
Generationswechsel 9 s. Ammenerzmtffung.
Generfttor, Erzeuger; in der Teclniik
s. V. a. Dampfkessel; bes. schacbtfc^miger
Ofen, in weldiem durch unvollständige Ver-
brennung aus festen Heizmaterialien brenn-
bare Gase (Kohlenoxyd und Wasserstoff)
erzeugt werden. Sitmen» Regenerator hat
lose, mit feuerfesten Ziegeln angef&llte Kam-
mern, welche die in den Schomstein^&sen
enthaltene Wärme aufsaugen und nutzbar
in den Herd dar Verbrennung zurückführen.
Epochemachend lür die Technik und in
der Glasfabrikation , bei Sehweisa - nnd
Puddelöfen vielfach benutzt.
Generell (lat.), allgemein gültig.
Generifikatioii (lat.)t das Zurücklübren
der Arten auf Gattungen.
Generlsek (lat.). auf das gesammte Ge-
sohlecht oder die Gattung bezüglicb.
GenerSs (fi*., spr. sehe-), edel-, gross-
müthlg, freigebig. [Genua.
GS&es (spr. Schähn), franz. Name von
Genesis (gr.), Entstehung, griech. Name
des 1. Buchs Moses, weil in demselben von
der Entstehung der Dinge berichtet vrird.
€r0tuiUeh, was sich auf den Ursprung eines
Dinges bezieht; daher gef^Ueht Methode,
die Wissenschaft!. Untersuchung der £nt-
wickelungsgesetze , z. B. der Oiganismen,
im Gegensatz zur deskKptiven Methode,
der Beschreibung der Gegenstände als
fertiger Produkte. [Venus.
GenStrIx (lat.), Erzeugerin, Beiname der
Genette, s. Zibethkatxe.
Genevais (spr. Scbenewä), das Gebiet
von Genf, 49V> QM., früher eigne Grafsch.,
seit 1401 savoyischeg Herzogthum, 1860 dem
frsnz Depart.- Obersavoyen einverleibt.
Ctoneve (fr., spr. Sch'nähv), Genf.
Genivre (spr. Scheuähwr), feiner holl.
Branntwein, aus sehr verdünnter Maische
gewonnen und über Wachholderbeeren und
Hopfen rektificirt.
GcB^vre (spr. Scheuähwr), Gtobirgspass
in den cottischen Alpen , mit Knnststrasse
von Brian^on nach Oesannes.
Ge&esärethy See (Oalüäiecke» Meer), Ge-
birgssee im nördl. Palästina, 6 St. 1., 3 St. br.
Genf^ südwestlichster Kant, der Schweis,
am Genfersee, 5,2 QM. und (1870) 94,116 Ew.
(44,138 Reform., 48,340 Kathol.); HügeUand,
von der Rhone bewässert, mit wichtiger
Industrie. Das Ländchen kam 536 zum
fräuk. , um 880 zum burgund. Reich; seit
1535 (mit Einführung der Reformation) un-
abhängige Republik, durch Calvin (seit
1641) Mittelpunkt der evang. -reform. Rich-
tung; 1584 Bund mit Zürich und Bern, 1644
erneuert; 1798 mit Frankreich vereiaigt,
seit 1815 souverän. Kanton der Sohweis.
Die HauptH. G. (Genive, das röm. Aarela«
AUebrogum) , reizend zu beiden Seiten der
Rhone an deren Ausflüsse ans dem Cknte^
See gelegen, sehr wohlhabend, 68,165 8w.
(zum grössten Theil Galvinisten u. tnaaö»,
sprechend). Haupttheile: la Git6 links, St.
Gervais rechts von der Rhone, dazwisohen
Genfersee — Genie.
688
die Ins«!. Qo»! des BerguM n. da Moiitl>laao,
Rne de la Oorraterie, St. Petenklrcho,
Wohnhaus OalTins, Geburtshana Boosseaus.
UnlTonltät (1868 gegr., 1&S8 dureh Oalrln
restaur.), ber. Bibliothek, UhreBfabrikation.
8«BflnriM (im Altertfa. Laeu» Lemanus,
ft*. Lac Lenum), See im t&dweetl. Winkel
der Sebweis, swlschen dem Kant* Waadt
und Savi^en, bes. schön dvrch den Kon-
trast des anrnnthigen gesegneten nördl.
Ufers nnd der grotesken Felsen am südl.,
tiefblau, 1154' fib. M., 999' tief, 8 M. 1., bis
1*/« H. br., 10,s QM. ; yon der Bhone durch*
flössen. Herkwfirdig die Bnhss (s. d.).
Ctonlek. s. Nacken,
Qtniekknmpty s. Mmimgüia.
Genie (fr., spr.Schenih, y.lalLgeniut)^ an-
Kebome schöpferische Geisteskraft; auch
lugenienrknnst, daher Qenieeorp$, s. v. a.
Genien, s. O^niu», (lugenlenreorps.
Genit^plkr&uter, s. Gtnepi,
tieniren (fr., spr. Sohe-), beschwerlieh
fallen; tieh g., sich Zwang anthnn. Oemirt,
mit Figuren versehen, Ton Seidenseugen etc.
Genlsta £. (Giruter), Pflansengattung der
Papilionaceen. G. tinctoria L. , Färber-
achatie, OiWhraut, Strauch in Bnropa und
Mittelasien, blühende Zweigspitsen offlcinell
(Geisterkraut) und sum Gtolbfarben dienend.
Von G. sooparia Lam,, Spartium scoparium
L., Betmutraueht tfriemenkraut, in Europa,
dienen die Blüthen sum Färben, die Zweige
als €torbmittel und su Besen.
Genitalien (lat.), Geschlechtsthelle.
GenitiT, s. OkMtt«.
Genins (lat.), Schutsgeist, Geist; Mehreahl
Oenien, beflQgelt dai^stellte Gottheiten.
GenoisenseBAft, s. Vtreiw und Otnotwn'
scha/tawesen.
GenonllUre (fr., spr. Sch^nulJ&hr), Knie-
schiene; Brüstung dfr Schiessseharte.
GenOTeTS, Heilte, Hersogln von Brabant,
Gemahlin des Pfalsgrafen- Siegfried, um
730; ihr Leben (Gegenstand eines bekannten
mlttelalterl. Volksbuchs; dramat. behandelt
von Titok und BMd, Vgl. Zaeh^, ,Gesch.
der Pfaixgräfln G.*, 1860. [Gattung.
Geiire (fr., spr. Schangr), Gbsohlecht,
Genrenalerei (GaUung$m<aerei), Fach der
Malerei , welches sich mit der Barstellung
▼on Vorg&ngen und Handlungen des Men-
schen beschäfkigt, die thats&chlich der All-
täglichkeit angehören, oder durch die Auf-
fassung in das Allt&gliche Tersetzt werden.
Werden histor- Personen in Situationen
des gewöhnlichen Lebens xur Darstellung
gebracht , so entsteht das hUior, OenreMd,
Schon den Alten nicht unbekannt (Wand-
gem&lde in Pompeji), dq^L^i**^ von den
Niederl&ndem nnd Deutsclmwirklioh aus-
gebildet und bis aur Gegenwart mit Vor-
liebe kultivirt; die filtern Genremaler mehr
humoristisch (Bauern- und Gesellschafts-
stücke, Wirthshanssoenen etc.), die neuem
mehr lyrisch (Scenen aus der Kinderwelt,
dem Familien- nnd Volksleben). Vonüg-
liebste Meister: Tmien d. Jung,, Oiiad»,
Bembrandt, Terburg, J)own,A.; aus neuester
Zeit: die Düsseldorfer Hatendewr, HtlSbner,
SehrÜter etc. , Ho$emonn , ßUfferheim , von
BmUM n. And. (Berlin), i>ahnhau9er, Wodd-
mÜUer, Amerling (Wien), ITaltsnwoMr und
Betd (München), Mey^r (Bremen) u. A.
Gens (lat.), Geschlecht, bei den Römern
Genossenschaft durch gemeinsame A]bstom-
mung Verbundener, Mehrzahl Ctente». Jfbmm
gentilieinm, Geschleohtsnamo, a. B. Valerius.
Genierleli (eigentl. Oai$erich, d. i. Speer-
furst), König der Vandalen, ^hrte 4SK9
diese aus Spanien nach Afrika über, grün-
dete hier nach Besiegung des röm. Statt-
halters Bonifitclus ein Reich mit dem Sits
Karthago, eroberte einen Theil Siciliens,
Sardinien nnd Korsika, plünderte 455 Rom,
zerstörte 461 die Flotte des Kaisers Majorian
im Hafen von Karthi^o. Gewaltiger Krieger,
hinterlistig und grausam; f 477.
Gent (fr. Ckind), Hanptst. der belg. ProT.
Ostflandern, am Zusammenfluss der Lys
und Scheide, durch Kan&le in 96 Inseln
getheilt, 1S7,8S8 Bw. Kathedrale (mit dem
ber. Agnusbilde der Gebrüder van Eyck),
Michaeliskirche, Unltersität (seit 1816),
Jttstizpalast, Beguinenhof. Gegründet im 7.
Jahrb., besass G. im 11. Jahrb. ansehnliche
Macht, verlor aber durch Karl V. mehrere
seiner Besitzungen. 1576 genter BicißkaHon
zwischen Holland und Seeland einer- und
den südl. Niederlanden andererseits gegen
die Spanier.
Genthln, Kreisst. im preuss. Regbz. Mag-
deburg, am plaueschen Kanal, 3539 E^w.
Gentlana L. (Ensian, £iU«naun), Pflanzen-
gattnng der Uentianeen. G. amarella L.,
Bimmdatengei , im nördl. Europa, offlcinell
als Herba Gentianellae. G. lutea L,, BitUv
wun, auch pannonica 8oop,, purpurea Zr.
und punoteta X.> auf den Alpen , in Mittel-
europa, liefSfim die bittere Bnzianwnrzel.
G. F^eumonantfae L,, jMngenNMtne, blauer
Dorantf in Europa nnd Nordasien, als Herba
Antirrhini ooerulei offlcinell. Zierpflanzen.
Gentil (fr., spr. Schangtihl), fein, artig;
0.a, beliebte elsasser Weine.
GentUen* (ital., spr. Dschen-), Adel;
Artigkeit. [Edelmann.
Gentilhomme (fr., spr. Schangtiljomm),
Gentlltenras (laA.), das Heidenthum.
GentUIy (spr. Schangtilji), Fabrikort im
franz. Depart. Seine, 13,900 Ew.
Gentlemftn (engl., spr. Dschänt'lman,
Mehrzahl Owttlemen), in England Bezeich-
nung für die zwischen dem hohen Adel
und den arbeitenden Klassen mitten inne
Stehenden, also für die Baronets und Alle,
welche eine höhere Bildung beslteen; Im
geselligen Umgänge «in Mann von Anstand
und Lebensart, von ehrenhaftem Oharakter.
Gentry (engl., spr. Dschentri), in England
Bezeichnung des niederen Adels (Knights,
Baronets, Esqulres), dann auch aller über den
Gewerbtreibenden oder Büi^ern Stehenden.
Gently Friedrich von, ber. Publiclst der
Restanrationsperiode, geb. 2. Mai (8. Sept.)
1764 zu Breslau, seit 1796 Kriegsrath zu
Berlin, erst Freund, dann fanatischer Geg-
ner aller liberalen Institutionen, nach Boiw-
partes Emporkommen eifriger Verfechter
der Krieffspolitik Englands und Oesterreichs,
ward 1802 Hofrath bei der österr.Hof- und
684
Genn» — Geographie.
BtMtflkMiBlei, VOTffbSMr dar ditorr. Kriags«
numifeste Ton 1809 und 1818, dtaxn als Ter*
trauter UBd Organ Hettemichs und eifriger
Vertreter des StabflitätMyitemg fimatlaoher
Bekimpfer Jeglieher freiheitlichen Regung.
Auf dem pariser Friedenskongresse 1815,
sowie auf spateren Kongressen Protokoll-
führer und erster Sekretär, bereitete er die
Massregeln der Reaktion vor; f, Tom russ.
Kaiser geadelt, 9. Juni 1882. Schriften, her«
ausgeg. von Weiek (1888-40, 6 Bde.). ,M«-
molres et lettres InMlts' (1841), «Briefwechsel
initAd.H. Muller* (1861), .Tagebücher« (1861),
,Aus dem Nachlasse* (1867, 2 Bde.). Vgl.
Mendeluokn-Bartholdy, ,F. r. G.*, 1867.
6eiiaa (ital. Genova» fr. Gine$), oberltal.
ProT., 74,9 QM. und 668,047 Ew. Die Baupt-
BtadiQ. (la Bupwba, die Pr&ohtige, genannt),
am Gatf vo» &., amphitheatralisch an den
Bergterrassen des Apennin aufsteigend,
127,986 Ew. Strassen eng und steil, pracht-
voll aber die neue Strada Balbi und Strada
nnora. Viele herrl. Kirchen, Paläste (Doria,
Durasio), Börse, Theater, Justiapalast,
praehtTolle Universität, viele Akademien,
Kunstsammlungen. Handel, Schifffahrt.
Die Landschaft G-. bildete im Alterthum
einen Tbeil Liguriens, war dann nach ein-
ander römisch, longobardisch , frankisch
und schwang sich im Mittelalter au einer
mächtigen Handelsrepublik empor, die mit
Pisa (1070-1990) und Venedig (1257-1381)
Jahrhunderte lang blutige Kriege um die
Herrschaft auf dem östl. Theile des Mittel-
meers führte und zeitweilig sahlr. auswär-
tige Besltsungen (Elba, Sardinien, Korsika,
Galata und Pera in Konstantinopel, Halb-
insel Krim , Lesbos und Ohios , Famegusta
auf Gypern) besass. Im Innern Parteikämpfe,
die durch die länsetcung lebenslänglicher
Dogeh (1889) nicht beendigt wurden u. Ot. aeit-
weillg unter span. u. franz. Herrschaft brach-
ten. Andrea Doria stellte 1528 die Unabhängig-
keit der Republik wledw her u. begründete
eine streng aristokratische Regiemngsfurm,
die bis zum Ende der Republik bestand.
6. Juni 1797 Umwandlung G.s in die Ii^-
risehe BeptAHk (s. d.)« 4. Juni 1805 EiuTer-
leibung ders. in Frankreich, 1814 Besetzung
der Stadt durch die Engländer und Herstel-
lung der firfiheren Verfiusung. 1615 Ver-
einigung G.s als Hersogthum mit dem Kö*
nigr. Sardinien. Vgl. Obnoie, ,NuoTa storia
delU repnbl. diOenova*, Bd. 1-^,1868—64;
Mnrrmtann, ,Gesch. von G.', 1892, 2 Bde.
GeiMUiy Hertog von, Titel des Prinzen Ferdi-
nand, Bruders des Königs Victor Emanuel 11.
von Italien, geb. 15. Nor. 1822, rermählt 1850
mit der Prinzessin Elisabeth von Saohsen;
•fr 10. Febr. 1855; dann seines Sohnes Tho-
mas Albert Victor, geb. 6. Febr. 1854.
Gennal (lat.), das Knie betreffend; Gmu-
fleerion, Knlebeugung. [Aeehtheit.
GemlM (lat.), acht, unverfälscht; Gemtüät,
Genus (lat.)« (Hsohleoht.
Gaoeenirlscli (gr.), auf den Mittelpunkt
der Erde bezüglich ; g,9 Breite eines Planeten)
die Brette, wie sie sich vom Mittelpunkt der
Erde ans gesehen darstellen würde.
Geo4is|e (gr.), FeldmeQskunst,
OMftrajr St, HltaiM (snr. 6ohofr)Sa
nähr), BUemne, fkunz. Natarforso|ter , s«b.
15. April 1772 zu Etampes, seit 1798 Prof.
der Zoologie in Paris, f <!»>. 19. Juni 1844.
Eifrigrer Förderer der veigleichenden Ana-
tomie und Zoolog(ie, vertheidigte, namestlieli
gegen Onvier, das PHndp typischer Einheit
in der Organisation. Hauptwerke: .Philo-
sophie aaatomique' (1818), ,Philos. soolog.*
(1880), ,Sur le principe de Tunitö de oon«-
position organique* (1888), ,Hist. natnr. des
mammifdres' (mit Ottvier, 8. Aufl. 1881 f,} etc.
Biogr. von Bimrgui» (1865).
Geogenle (gr.), s. GeognoH«,
Geognosie (gr.), die wisienschaft, welche
sich mit der Erde nach ihrer gecenwär-
tigeu Beschaffenbeit als einem Gewordenen
beschäftigt; oft der Geologie koordlnlrt.
Jetzt häufiger snbordinirt und als beobach-
tende G^logie der Geog^nie oder der Ijehre
von der Entstehung der Erde als theoretisohe
Geologie gegenübergestellt.
Geographie (gr.). Erdbeschreibung:, Erd-
kunde, zerfällt in 1) nuahemoL oder »»tronom.
G., wcAche die Erde ipeciell als Weltkdrper,
als Glied unseres Sonnensystems betrachtet
(Gestalt und Grösse der Erde , ihr Verfaält-
nlss zu andern Himmelskörpern, Gtoaetso
ihrer Bewegung etc.); 8) pkyaiitai. (pi^siseke)
G., welche sie schildwt als einen indivi-
duellen Natnrkörper mit bestimmten, ihm
eigenthümlichen Formen, Zuständen und
Eigenschaften (Gebirge, Meere und Flüsse,
Atmosphäre und Klima, Produkte etc.);
S) polit. G., welche die Erde als Wohnsitz
der Menschen nach den Bedingungen ihrer
Ausbreitang Hber den Erdboden und den
verschiedenen staatliehen Verhältnissen las
Auge fssst und in aU« (Alterthum bis ca. 50Ü
n. Ohr.), mitOer« (Mittelalter bis 1500) und
neuere G. zerfällt. — Bedeut. Geographen des
Alterthums: EratoHhetit», Strabo, Ptoi«mäm$;
die Römer Pompon, Mela und Hiniut. IProhe
r&m. Kartographie die ,Tabula Peutingeriana*.
Seit 8. Jahrh. rege Pflege der G. durch die
Araber; gegen Ende des Mittelalters Erwei-
terung der geogr. Kenntnisse durch die
Reisen der Venetianer (Fl. Oarpini, M. BUo),
der Genuesen und Portugiesen, bes. aber
durch die Entdeckung von Amerika. Erster
Versuch einer Weitbeschreibtang £e5.Fr«iidt.<
,Weltbuoch* (1534); andere geograph. Arbei-
teu von 8A. Müntter, Ortelime, Oluver, Merimn.
Begründer der phy slkal. G. Bergmann (f 1787),
der polit«-statist. Brdbeschreibung A. F. fia-
eehing (seit 1754); eine neue Epoche der G.
herbeigeführt durch K, Bitter, den SchöpfHr
der allgem* ,vergleichenden Erdkunde* um!
eigentl. Begründer der G. als Wissenschaft.
Wichtigste neuere geograph. Lehrbücher:
GtupcoH, Haena, Gntsmmtk», ÜkeH, ,Hand-
buch* (1819-81, 23 Bde.), die Werke von
BiiUr, Berghau», Boon, Stein (neue Aufl. von
Wappäm* 1850—71, 11 Abth.), KlÜden, Daniel,
Ohgewitter, OannaUeä U.A. Umfitssende Kar-
tenwerke von Stieler, Kiepert, Ba»en»tei»
u. A. ; Berghau» (,Phy«ikal. Atlas*), 8pr%mer
(,Hi8tor. Atlas*). Geogi'aph. Jahrbücher: vob
Barbier du Booage, Vitien de 8t, Martin, Behm
(1. - 3. Bd. , 1867 - 70). ^eitochrmen : «Mit-
Geologie — Georg.
685
theilimgelk* (PüUmtann), ,Globus* (Andree),
, Ausland* CAtcM^, berliner »ZeitBchr.' (Ko-
nltr) a. A. VerdiensfcToll f&r O. die geograph,
OeseUtekaften eu Parit (1881, die ilteste),
Berlin (1888), London (1880, die bedentendete),
Frankftirt (1836), Petersburg (1845), Darm-
stadt (1845), Newyork (1852), Wien (1856), Gbnf
(1858), Leipiig (1861), Dnsden (1868), Kiel
(1867), Hörens (1867) etc. Die (stoschiohte der
U. behandeln Buehel (1866), L9wmb«rg (1866).
Geologie (gr.), die Wissenschaft von der
Natur unseres Planeten und seiner Ter-
schiedenen Olieder^ ihrer Entwlokelungs-
isreschichte und gegenwärtigen Beschaffcn-
lieit, . serfSUt in 6. des Erdganzen
(Dichtigkeit , innere Warme der Brde, £rd-
magneUsmus) und 6. der peripherischen
Glieder: Aimo$]^roiogit oder M^Uorologie,
HydrographU und Okthonologi«, Letatere,
die O. der festen Erdkruste, aerfällt in
Morpkciogi€ der Erdoberfl&che (Kodtour-
und Seliefformen des Landes), Fetrographie
oder Oesteinslehre, BaXSUmMogi9 oder Pe-
tre&ktenkunde (Lehre von den Versteine-
rungen) und OtoUhUmik oder Struktorlehre
(Formen und Dimensionen, gegenseitige
Stellung und Yerknüpfting der Gksteina-
massen und Mineralaggregate). Die Ge-
steinslehre betrachtet die allgemeinen Yer-
lialtnisse der Gesteine, die Elemente, aus
welchen, und die €tosetBe, nach welchen
sie aus Jenen lusammengesetKt sind , die
Tonnen, in welchen sie auftreten,, ihre Ent-
stehung und Umwandlung. Ys^. Geognotie.
2f. Steno sprach «aerst richtige Ansichten über
Gebiigsbildung aus (1669), 8au$$ur0 lieferte
Untersuchungen über Gletscher und ouf-
geriditete Konglomeratschichten (1779-96);
auch die Paläontologie wurde iln Torigen
Jahrh. wesentlich gefordert (Lang, Sekeuch-
g«r, Bou/rget, ßoldemi, DargenvilU, Knorr-
WaUsh, JB$per), Die Arbeiten von Book
(1688), Satpo (1765), LoMaro Moro (1740) be-
zeichnen einen wesentlichen Vortsohritt.
Anftehen erregten bes. die Ideen Muffen»
(1749 und 1778). Die neuere G. beginnt
erst mit Wemer (1750—1817), dessen neptn-
nisehes System den stratigrapliisohen Tbeil
der G. begründete. Btim» foigi und bes.
Button (1788 und 1795) traten als Gegner auf,
und als L, wm Bueh, Alex, v, Bnmboidt und
Wei— sich der plutonisehen Lehre Huttons
anwandten, war der ITeptttnismuB gestürzt.
Mae Outtoeh orderte gleichfalls den Plnto-
nismus, LueU und aiuder lehrten hauptsäch-
lich die Büdnng vieler Gesteine durch
Metamorphose. Die Formationslehre erhielt
ihre festere Begründung durch die Aus-
bildung der Paläontologie (Lamairek 1808,
Omier 1804, 8mük 1806, Conyfrear« und Iki-
Uppi 1888, Boweiby 1888), welche dann
weitere Tortschritte ermdgliehte (L, von
Bnek, Bantnumn, B, de Beamment)» Bis su
dieser Zeit hatten die Yorstellungen von
heftigen Kataatrophen in der Bntwickelungs-
geschlchte der Erde vorgeherrscht, nnn
suchte Lyell alle Yerändemngen durch das
Spiel der noeh gegenwärtig wirkenden
Kräfte tsa erklären (1880), und diesem Prin-
dp huldigen Jetat alle Forscher, Bieekof
begründete die neuere physikalisch -chemi-
sche G., durch welche der Torschung ganz
neue Bahnen geöffnet worden, und Borby
lieferte (1858) in dem Mikroskop ein neues
Hülfsroittel der G., welches, bereits die
grossartigsten Entdeckungen ermöglicht hat.
Mit phy8ikal.-chemischen und nükroskop.
Studien, mit der geognost. Untersuchung
einzelner (Gebiete und mit vollständigster
paläontologischer Gharakterisirnng der Se-
dimentbildungen sind gegenwärtig die Geo-
logen am meisten beschäftigt. Hand- und
Lehrbücher: BreiOak (ISIP), ßtuder (1844),
de la Beche (1838 und 1858) , von Leonkard
(1886—44, 5 Bde., 1846), £. de Beaumont
(1845), LyeU (10. Aufl. 1868, 8 fide.), Nau-
mann (8. Aufl. 1858-66, 8 Bde^), Bischof (2.
Aufl. 1863-66, 8 Bde.), Oolta (8. Aufl. 1871),
Burmeieter (7. Aufl. 1867, 8 Bde\ Vogt (8.
Aufl. 1866 ir., 8 Bde.), Moaemäsaler (8. Aufl.
1861), Volger (1857-58, 8 Bde.), JToär (1866),
Quenstedt (1861), Dana (1862), v. Leonhard
(1868), XiidiMflr(8.Aufl.l863). Paläontologie:
^ronn (1851-56, 3 Bde.), QuenUedt (1858).
Geomant (gr.), Wahrsager aus Punkten
und Strichen auf dem Erdboden.
Geometrie (gr.), Erdmessung, der Theil
der Mathematik, welcher von den aus-
gedehnten oder Baumgrössen handelt, aer-
fillt in Längen-, Flächen- und Körper-
geometrie oder In Longimetrie, Planimetrie
nnd Stereometrie, Hierzu kommt als rech-
nende G* die Trigonometrie, welche lehrt,
aus gegebenen, aber hinreichend bestimmen-
den Stacken eines Dreiecks die übrigen
Stücke desselben zu suchen. Dies die
sogen, ni^iere oder Mementargeometrie, Die
AöAere oder analyti»che G. umfasst diejeni-
gen geometr. Untersuchungen, bei denen
statt der unmittelbaren Betrachtung die
Algebra und Analysis zu Hülfe genommen
werden, namentlich bei krummen Linien
und Flächen. Die daretdUnde oder deekrip-
tive G. lehrt räumliche Gebilde auf einer
Ebene richtig daraustellen (s. Pregektion»'
lehre). Die praJM«cäe G. lehrt die Anwen-
dung dei: Ergebnisse der theoretischen
(reinen) G. auf Zwecke des prakt. Lebens
und ist namentl. Geodäsie (s. d.). Geometr.
Werke lieferten im Alterthura EueUdea,
Arekimedet, ApoUoniu» von Ferga, Bippus
Uk A., im Mittelalter Älhatm, Purbaeh,
Begiomontaime u. A., in der neueren Zeit
bes. Kepler, Torrieelli, Deeoartee, Bucal,
Hupghen», Epoche machend war die von
Jimoton und LeUmie erfundene Analysis des
Unendlichen, welche bes. BemouUi, Buler
n. A. auf die G. anwendeten und Monge,
Lagrange, Lacroix, Oamot u. A. in dieser
Beziehsng weiter ausbildeten. Keue Bahnen
schlugen in neuester Zeit Gergonne, Bmcelet
und Ohaele» in Frankreich, MÜbive, Steiner
nnd JPlüdber in Deutschland durch Anwen-
dung der synthet. Metiiode der Alten ein.
GeomoiitognphI« (gr.), die Kunst der Dar-
stellung gi^rägter und vlelfiurbig gedruckter
Reliefkarten; Erfinder: Bauerfelder.
Geophyiik (gr.), Lehre ron den physikal.
Erscheinungen im Innern der Erde.
G«ocg) HeUiger« gewöhnl. iUtter ßatüci
686
Georg — Gtorge Sand.
GMtg g«ii.| nftdi der Lef^nde ein kappAdoo.
PrbkB, t unter Diocletian als Märtyrer, Be-
sieger desLindwnrms, der die K&nigstoohter
AJa sn Tersohlingen drohte. Die Krensfoh-
rer ffibrten den Heiligen in ihrem Panier.
Ein BiiUrordem de» heil. &,, gestiftet nm
1468 von K. Frledrioli III., erlosch 1585.
Der bayer, Orden de» heil. O,, angebl. in den
KreuBkngen gestiftet, ward von Karl Albert
(spiterem Kaiser Karl VIL) 1789 erneuert ;
dem Rang nach der 2. bayer. Orden. Der
ru$». Orden de» heil. G. ward 7. Dec. (28.
Not.) 1709 fOr Militftrpersonen gestiftet.
C^Mnrg) 1) König» wm Chroei^ritcmnien: a)
O. I., Ludwig, geb. 28. Mai 1660 m Han-
nover, Sohn Ernst Angnsts von Lüneburg,
naohherigen Knrfursten von Hannover, und
Sophiens, Enkelin des Königs Jakob I. von
England, erhielt durch seine Gemahlin So-
phie Dorothea, Tochter des letzten Herzogs
von CSelle, die cellischen Lande, ward 1^
Kurfürst von Hannover, 13. Aug. 1714 (auf
Onxnd der Successionsakte von 1701) als
ältester Sohn Sophiens auf den brit. Thron
b«rnfen, 81. Okt. gekrönt, unterdrückte die
Erhebung der Stuarts in Schottland (1705),
setzte 1716 die 7jahr. Dauer des Parlaments
durch, verfolgte eine nachdrückliche Politik
nach aussen und hob die brit. Seemacht;
erwarb für Hannover die Fürstenthümer
Bremen und Verden ; f 22. Juni 1727 au Os-
nabrück. — b) O. //., AuguBt, Sohn und
Nachfolger des Vor., geb. 30. Okt. 1683, suc-
cedirte 1727, stützte sich auf die Wbigpartei,
betheiligte sich zu Gunsten Maria Theresias
an dem österr. Erbfolgekrieg, dann am
siebenjfthr. Kriege zu Gunsten Friedrichs 11.
von Preussen ; t ^« ^^^* '^760 zu Kensington.
— e) G. III., WÜhelm Friedr., geb. 4. Juni
1738, Enkel des Vor. und Sohn des Prinzen
Frieds, Ludwig von Wales (f 1751), succed.
1760, machte sich durch absolutist. Gelüste
unpopulär (Attentate), musste 1783 die Unab-
hingigkeit der nordamerikan. Kolonien an-
erkennen, berief in dems. Jahre den Jüngeren
Pitt (s. d.) zum Minister, heftiger Gegner
der ftanzöe. Revolution , stellte durch die
h&rtesten Massregeln 1806 die sogen. Union
Irlands mit Grossbritannien her, litt seit
1765, bes. seit 1788 an Geistesstörung , die
Ende 1810 bleibend ward, daher 29. Jan.
1811 die Regentschaft dem Prinzen von
Wales übertragen ward; terbliikdet29. Jan.
1820. Von seiner Gemahlin, Charlotte Sophie
von Meoklenbnrg-Strelitz, hatte er 7 Söhne,
darunter: Georg Aug. (nachmals G. IV.);
Wilh. Heinrich (sp&terWilhelm IV.) ; Eduard,
Herzog von Kent, Vater der Königin Victoria,
1 23. Jan. 1820; Ernst Aug. (nachmal. König
von Hannover). Vgl. Jtfoweir, ,Historvof
England during the reign of George in*,
1861—63, 4 Bde. — d) O. IV., Aug. Friedr.,
Sohn des Vor., geb. 12. Aug. 1762, als Prinz
von Wales Verschwender und Libertin, ver-
m&hlte sich heim lieh mit der Wlttwe Fitz-
herbert, dann 1795 mit der Prinzessin Karo-
line von Braunsohweig, erhielt Jan. 1811 die
Regentschaft übertragen, Hess den toryisti-
schen Bestrebungen Liverpools und Castle-
reaghs jT^ten Splelranm^ succed, 29, Jan. ^890
als König, Hess sieh 19. Juli ISSl ktönen,
begann den berüchtigten Bhescheldungapro-
zess gegen seine Gemahlin, berief Au^. 18S2
das liberale Ministerium Oam^ng, nsbcfa
dessen Tode wieder ein torylstisches nnter
Wellington, wobei er Jedoch die Eiiianeipa-
tion der Katholiken gestattete; f S6. Juni
1880 zu Windsor. Da seine Tochter und sein
älterer Bruder, der Herzog von York, obne
Nachkommen gestorben waren, ao folgte
ihm sein sweitar Bruder als Wilhelm TV.
Vgl. WaUaee, ,MemoirsS 1882; Hersog von
Buekingham, ,Conrt of George IV*, 1S58.
2) Kurfüreten von Hannoeer, s. Georg 1, a — d).
3) Geerg V., Friedr. Mez. Karl Smet Aug.,
König von Hannover, einziger Sohn des
Königs Ernst August und Friederikes , der
Schwester der K2«igin Luise von Preussen,
geb. 27. Mai 1819 in England, vermählte sich
18. Febr. 1843 mit der Prinzessin Marie von
Altenlmrg, succed. 18. Nov. 1851, versprach
mittelst Patents die Bewahrung der 1848
vereinbarten Landesverlkssung, stellte je-
doch 1. Aug. 1855 das Grundgesetz von 1840
her (Ministerium Borries). Durch die Er-
eignisse von 1886 depossedirt, protestirte er
23. Sept. 1866 g^^n die Einverleibung Han-
novers in Preussen, schloss dann 29. Sept.
1867 ein Abkommen mit Preussen; lebt in
HietBing bei Wien. Seit 1840 erblindet.
4) G. I., ChHitian WUh.Ferd. Adolf, König
der Hellenen , Prinz von Danemark , geb.
24. Dec. 1845, zweiter Sohn des Königs
Christian IX. von Dänemark, SO. Mars 1863
von der grieoh. Nationalversammlung ein-
stimmig zum König erwählt, trat 31. Okt.
d. J. die Regierang an.
5) G, der Bärtige, Hersog zu Sachsen, geb.
27. Aug. 1471, Sohn Albrechts desBehersten,
succed. diesem 12. Sept. 1500 In den saehsen-
albertin. Erblanden, Gegner Luthers und
der Befonnation, g^en die er in seinem
Lande mit Gewalt einschritt; f 17. A|^l 1539.
6) G. Friedr., Markgraf von Bad en*Durlaeb,
Sohn des Blarlqg^rafen Karl, geb. 1573, sueoed.
1604, trat die Regierung 1622 an seinen Sohn
ab, um sich am Kami^ für die Protestant.
Sache zu betbeiligen, ward 1622 bei Wimpflan
geschlagen; f 24. Sept. 1638 zu Strassburg.
7) G., Herzog von S.-Meiningen-Hlldbnrg-
hausen, geb. 2. April 1826, succed. seinem
Vater, dem Herzog Bernhard, bei dessen
Rücktritt von der RegierungJO. Sept. 1866.
8) G. ViOor, Fürst von Waldeck, geb.
14. Jan. 1831, Sohn des Fürsten G. Heinr.
Friedr., sueoed. 15. Mai 1845 unter Vormund-
schaft seiner Mutter, reg. seit 17. Aug. 1852,
trat durch Vertrag vom 18. Juli 1867 die
Verwaltung seines Landes an Preussen ab
und behielt sich nur die Vertretung nach
aussen und die Btoheit in Klrchensachen vor.
Oeoi^d'ory bann. Goldmünze, = 5^« Thlr.
George Bftiidy eigentl. Anrore Dnpin, fnn%.
Schriftstellerin, geb. 5. Juli 1804 zu Paris,
Tochter eines kalserl. Oflislers und einer
Pariserin von abenteuerlichem Oharakter,
verheirathete sich 1823 mit dem Baron Ka».
Dudevanl (f 1871), von dem sie sich 1831
trennte, nm selbständig in Paris zu leben,
beendete hier mit ^m ftoman ^IndiMia*
]
Georgetown — Greparde.
687
(1838) ihren llterar. Ruf und entwickelte in
der Folge eine ansserordentl. poet. Frucht-
barkeit, theils in Paris, thells auf ihrem
liandgut Nohent in Berri, theils auf Keisen
lebend. Einer der herTorragendsten llterar.
Charaktere des 19. Jahrh., Hauptrepr&sentant
des socialoi Bomans: «ValentineS ,l^[a!tre
Simons , Andr6S , Jacques*, JiCliaS ,SpiridionS
,ManpratS ,Iie compagnon du tour de France',
,Leone Leoni', ,Con8uelo' und ,La CJomtesse
du RudolstadtS ,JeanneS y^ ptehA deHsr.
Antoine' n. a. Sehr, ausserdem die reisen-
den Dorfgeschichten ylA Mare ao Diable',
«Fran^ois le GhampiS ,La petite fadette*
etc. Auch Dramen : ,Glandie', ,Le PoessoirS
,Iie Demon du foyerS ,Molidre* etc. und
,Uistoire de ma vie* (1853, 11 Bde.). Werke
deutsch in yielen Uebersetzungen.
Oeorgetoim (spr. Dsohofardschtann), 1)
Stadt im nordamerikan. Bundesdistrikt Co-
lumbia, am Potomac, 10,000 Ew.; kathol.
Uniyers.; — 2) (früher Slabroek) Hauptst. von
Britisch- Guiana, am Demerara, 26,000 Ew.;
Fort William, vonügl. Hafen. -^ 3) Befestigte
Hauptstadt der brit. Insel Prinz -Wales
(Pinang) in HiDterindien, 25,000 Ew. Hafen.
Hauptort für den nudayischen Handel.
Oeorgift (spr. Dschohrdschia), nordamerik.
Freistaat, am atlant. Ooean,.BwischMi Süd-
carolina und Florida, 2728 QM. und (1870)
1,174,832 Ew. Im NW. erfüllt von Zweigen
der Appalachen; im O, niedrig und sumpfig.
Haupraüsse der Savannah, Appalachicolaund
Altamaha. Küste 107 M. lang. Produkte:
Baumwolle, Beis, Tabak, Indigo, Mais, Bata-
ten, Zu<^errohr. BeträobtI. Handel (Hauptpl.
Savannah). Konstitution von 1798. Im Kon-
gress vertreten durch 7 Repräsentanten und
2 Senatoren. Hauptst. MiUedgeTiUe. G. (be-
nannt nach Georg n. Ton England und seit
1783 kolonisirt) war eine der 13 Prov., die
sich 1776 für unabhängig erklarten; 1861
trat es derKonlMeratJoD der Südstaaten bei.
Georglei (pers* Qurdechittan , russ. Oru-
sien), asiat.-ru8s. Landschaft In Transkauka-
sien, die Jetzigen Gouvern. Tiflis und Kutais
umfassend, ca. 1800 QM. mit 1,100,000 Ew.
Eines der schönsten und reichsten Länder
Vorderasiens, Tom Kur und dessen zahlr.
Nebenflüssen bewässert, you mildem und
gesundem Klima und in den Thalebenen Ton
äusserster Fruchtbarkeit. Die Georgier, zur
kaukas. Race gehörig und durch grosse
Körpersohönheit ausgezeichnet; meist moi>-
genländ. Christen. Vier Zweige: 1) die
Karthuli (in denLands^h. Karthli, Kachetien
und Imerethi, sprechen das reinste Geor-
gisch), 2) die Bewohner von Mingrelien
und Ghurien , 8) die Lasen, 4) die Suanen.
Landeshauptstadt Tiflis.
Die beglaubigte OasckieHUe G.s reicht bis
auf Alezander d. Gr. zurück, der das Land
seiner Herrschaft unterwarf. Durch Phar-
nawas von dem maeedon. Joch befreit, stand
es (über 9000 Jahre) unter eigenen Königen
(Meph4). Infolge der Annahme des Christen>-
thums (4. Jahrh.) hatte es die Angriffe der
Sassaniden und Araber abzuwehren, kam
614 unter die Herrschaft der Khalifen und
ward 9. Jahrh. Persien zlnspfliclvtlg. Gegen
Ende dee 10. Jahrh. dweth BegratüL beflnsit,
gedieh es nun zu hoher Blfttfae, namenflioh
unter Dayid HI. (1068~-112e), Thamar äl84
bis 1206) and deren Sohn Qwrg IV. (ia()6~
1222). Unter Bagrat VI. (1860-^) fiel TImnr
in G. ein und zwang die Bewohner zur An-
nahme des Islam. Georg VH. (1886-«140y)
stellte das Ghrlstenthum -wieder her. Sein
Nachfolger, Alezander L , theilte das Reich
unter seine 8 Söhne. Seitdem zerfällt die
Geschichte Gai in die dar beiden östl. Staa-
ten Karthli und Kachetien und In die der
westt.: Imoretiji, Mingrelien und Ghurien.
Jene kamen unter die Botmässigkeit der
pers. Schahs, von der sich die geoi^« Fürsten
durch Verbindung mit den russ. OsEaren (seit
1579) zu befireien suchten. Heraclins U. er-
klärte sich 1783 förmlich zu Rnsslands Va-
sallen; Georg XI. aber trat 1799 das Land
an Russland ab. Im tMstf.G. innere Kriege
unter den verschiedenen Dynastien und An-
griffe der kaukas. Beitcvolker und der Tür-
ken, welche letztere 1536 das ganze westl.
G. zinspflicfatig machten. Cfhuritn kam end-
lich 1810 unter russ. Oberherrsolnft und
ward 1838 mit Rnssland vereinigt. Ebenso
Mingreiien, dessen Fürst Dadian Georg sich
1808 Bttssland als Vasall unterwarf. In Ime-
rethi machte sich der König Salomon I. von
der tflrk. Tributpflichtigkeit mit russ. Hülfe
frei, und Salomon 11, unterwarf si^ 1804
Rnssland, dem das Land 1810 ganz einver-
leibt ward. Nachdem 1829 auch der bisher
noch türk. Theil von 6. mit der Festung
Aohalzik an Rnssland abgetreten worden
ist, geh<»cht ganz G. dem russ. Czaren.
Vgl. Brosfdi, ,Hist. de la Gurgle*, 1849 ff.
Georgine (Dahlia Dee.), Pflanzengattung
der Kompositen. D. snperflua Ihe,, ans
Mexiko, In zahlr. Varietäten kultlvlrte Gar-
tenpflanze (anemonen-, kugel-, flaoh-, röh-
ren-, ofarbluthige). Vgl. Maganteit (1843).
GeorgiMhe Sprache y die Sprache der
Nachkommen der alten Colchler, Albaner
und Iberier am südl. und südwestl. Kau-
kasus (etwa 900,000 Menschen) , bildet mit
den Sprachen der Snanen und Lasen eine
besondere Spraehfkmllie , hat ein eigenes
Alphabet und kommt bereits im 10. Jahrb.
als Schriftsprache vor. Vgl. Brouet, (Ele-
ments de la langue gforgienneS 1837. Die
georg, LiUratinr entwickelte sich unter dem
Binflnss des byzant. Griechenthums , dann
auch der armen, und pers., wie später der
europ« Literaturen zu Reichthum, bes. im
Fach der Erzählung und Geschichte.
C^rgskan^y Meerenge zwischen Bog-
land (Wales) und Irland.
Georgzwnldey Stadt im böhm. Kreise Leit-
merAtz, an der sächs. Grenze, 7717 Ew.
Geostatik (gr.), L^ire vom Gleichgewicht
der festen Körper; Lehre von der Trag-
fähigkeit und Srschöpfiing des Bodens.
Gealektonik (gr.), s. Geologie.
Geparde (JmgdUopardo, JugdHgor), Gruppe
der Katzen, Uebergang zu den Hunden.
2Vcä«l(i*(FelisJnbaU iScftr., Cynailurus Jub.
Wogl,h ^2'M., in Südwestasien, und P<ikdad
i(G. guttatns Wagi.), in AlMka. Beide wer-
den zur Jagd abgerichtet.
688
Glepiden — Gerhardt.
dtpldoiy dMiMhM Volk, den Ootben
■tammyerwandt , anflungs im N. Ton Pan-
Bonien Bwlsehen den West- und den Ott-
gelben, nach AttOas Tode <468) Im Land
an der Tbetss bii lur I>onaa and Save
■eanhaft; wurden 666 nnter ibrem König
Kaaimnnd Ton dem mit den Avaren rer-
bündetenliongobardenkönig Alboin gänslfeh
besiegt, and versohwanden seitdem anter
den Longobarden nnd ATaren.
6ery altdentsober Worfspless.
. tierAy Nebenflass der Unstrnt, kommt yom
Schneekopf, theilt stob bei Erftirt In die
wildt und »ekmtiU G.$ 10 M.
tterft« Hänptst. desFürstentb. Renn Jung.
Linie, im Elsterthale, 16,883 £w. Oymna-
sinm, Beal- und Handelssefanle; rege In-
dustrie, bes. in feineren Wollenwaaren,
Bierbrauerei (100,000 Elm.Jälirl.), Kunsteart-
nerei, Bank (seit 1866).
Gerade y im deutschen Recht bewegliche
Sachen, welche iiacb Geseta und Herkom-
men nur auf weibliche Personen Tererbt
und diesen selbst durch testamentar. Be-
stimmung nicht entaogen werden können*
fiennlnm L. (Storektehnaba), Pflan^n-
gattung der Gtonmiaceen. G. Robertianum
L., Bobert»', Motklamf»', GT^dkOratil, in Europa,
ehemals offioineli. Ebenso 6. sangulneum
L,, BltUkraut, reihe BÜkn0rvfun. Zierpflanzen.
ClAnurd (spr. Schehrahr), 1) Franf. FMeoi,
Baron, frans. Historien- und Portr&tmaler,
geb. 11. Hara 1770 au Rom, Schüler der
Maler Brenet und DaTid in Paris, begrün-
dete um 1796 durch seine Gemälde Belisar
(gest. von Desnoyers), Psyche und Amor
und Psyche seinen Ruf, malte dann u. A.
Ossian, die yier Lebensalter, sahlr. Portr&ts,
die Schlacht Ton Austerllts (gest. von Qode'
froy), Einaug Heinrichs IV. in Paris etc.;
t 11. Jan. 18S7. — 8) Bliemu MauHee, Graf.
frans. Harschall und Pair, geb. 4. April 1778
XU DanvilUers (üeuse), machte 1806—9 die
Veldaüge Napoleons I. in Deutschland mit,
focht 1810 und 1811 in Spanien, 1818 als
Divisionirunter Macdoniüd, ward nnter
Ludwig XVin. Generalinspektor der 6. Mi-
litärdiyision, trat bei Napoleons Bückkehr
XU diesem über, und focht bei LIgny und
\VaTre. Nach der Julireyolutton 1830 Kriegs-
minister, dann Ifarsehall und 1838 Pair. Im
Aug. 1881 yertrieb er als Kommandant der
Nordannee die Holl&nder aus Belgien und
enwang die Uebeiqgabe der Gltadelle von Ant-
werpen. Juli bis Okt. 1834 abermals Kriegs-
minister, ward er 1838 Oberbefehlshaber der
Nationalgarde im Seiaedepart., trat 1842 xu-
rück, ward 1868 Senator; f 17. April 1866.
Gerbea, Fell in Leder yerwandeln; Roh-
nnd Oftmentstafal homogen machen (rafAnl-
ren), indem man sie in dfinneii Stäben
ausreckt, diese rotbglühend in Wasser wirft,
ein Bündel derselben weissglühend macht
und abermals awischen Waisen ausreeki.
Gerltorely die Umwandlung der Hi^t in
Leder, Proaess, welcher im Allgemeinen
darin besteht, dass man durch irgend ein
Mittel das Zusammenkleben der Hautfasem
beim Trocknen verhindert. 7>ie Lokgm^^rH
arbeitet mit Gerbrtoir (iBiehett-, Ftehtea-t
Tannen-, Erlen-, Hemloek-, Weldenrlad«,
Sumach , DiTidfri , Knoppern , JKattechn,
Kino, Myrobalanen). Die Haut -«rlrd in
Wasser geweicht, auf der Fleischseite mit
dem Schabeisen vom Unterhantaellgewebe
befireit, durch das Schwltaen (Gh&hmng)
odsr Bebandeln mit Kalkmilch (Kalk&acber)
oder durch Gaskalk aufgelockert and yon
der Epidermis mit den in ihr heftenden
Haaren befreit. Die übrig bleibende Xjeder-
haut (Blosse) kommt in die sanr» Scliwell-
beise aus Qerstenschrot oder Weisenkleie
und wird dann in Graben mit Lobe ge-
schichtet und mit Wasser übergössen oder
Euerst mit yerdüunten, dann mit koncen-
trirteren Lohaaszug^B behandelt. Ersteres
Verftkhren erfordert oft 8 Jahre und länger,
letzteres bis 1^ Wochen. Schnellgerberei
mit Anwendung Ton Druck, LuftverdQnnung.
Bei der WeUtgerberti werden die g^ereini^-
ten und geschwellten Häute mit Alaun-
und Kochsalalösung getränkt, nach 8 — 8
Tagen getrocknet und dann durch das
Stollen weich gemacht (ordinäres weisses
Leder). Bei der frans, oder erlanfl^r Weisa-
gerberei, welche Leder su Glacehandschuhen
liefert, werden die gereinigten Häute mit
der Nahrung (Brei aus Weixenmehl, Ei-
dotter, Alaun, Sala und Wasser) getreten
und gewalkt, gereckt, an der Luft getrock-
net und wiederholt gestellt. B^ der Sami»ek-
g»f1terei wird beim Enthaaren auch dia
Narbe entfernt (wenigstens bei dicken Hau-
ten), dann kommen die Häute in Kleien*
belle, werden mit ()el oder Thrau getränkt,
wiederholt gewalkt und gelüftet , auf Hau-
fen geworfen, um su gähren, wieder ge-
lüftet etc. Hierbei yerbindet sich das Fett
mit der Faser und verliert seine physikal.
Eigenschaften. Der unrerbundene Rest
wird durch Potaschenlösung entfernt. Das
sämischgare Leder ist weich, wollig,' dehn-
bar, läMt sich wasf^en (Waschleder). Ja
der neuesten Zeit sind besonders die Yor-
bereitungsarbeiten der O. durch Maschinea
(Schab-, Walk-, Krispelmaschinen) sehr
gefordert worden. Vgl. Günther, ,Fabriks-
tion des lohgaren Leders', IWI,
Gerbaänren (GerbUoff«), sehr verbreitete,
adstringirend schmeckende, In Wasser, sum
Theil auch in Alkohol und Aether lösliche,
sauer reagirendePflanaeustofüe, färben Sisen-
oxydlösungen grün od. blau, f&llen Leim und
verwandeln Haut in Leder. Alkal. Flüssig-
keiten aerstören die G. bei Luftzutritt sehr
schnell unter Bildung brauner Bumnssab-
atansen. G. dienen in der Gerberei, Fär-
berei und Medicin. Eiohenspiegelborke ent-
hält 10,8 «/b, Eichenrinde 6,t6, Flchtenrinde
7,8S, Tannenrinde 4-8, Erlen- und Weiden-
rinde 3—6, Buchenrinde 8, Sumach IS— 16,6,
Talonia 19-26,75, Dividivi 19~86,r, Bab-
lah 14,5, Knoppern 40-60, Galläpfel 80-70,
Katechu 40—50, Kino 80— 40o/o Gerbsäure.
Oerbftahl, s. v. a. Brunirstahl; Oämeat-
stahl, vgl. Gerben.
Gerbltoffy b. Gerbeäuren,
tterdmen^ Kreisst. im preuas. R^gbs.
KSutgsberg, am See Banktiu, 8861 Bw.
GertiAiwU l^ttl, geistl. Liederdichter, geb,
GericMsbarkeit — G6r6me.
C89
19. Mftrz 1606 zu Oräfenfaainichen, seit 1657
Diakonas zu Berlin, als Gegner der Union
und weil er dem Religionsedikt nicht folgen
wollte, suspendirt; später Prediger zu Lub-
ben; f das. 7. Juni 1675. Seine Lieder
(,GeistI. Andachten', 1666) neu herausg. yon
Fachmann 1866. Biogr. Ton Lcmgbeeker (ISil).
Cteiichtebarkeit (Jurisdiktion), die staats-
rechtliche Befugniss zur Ausübung der Ge-
recbtigkeitspflege , zerfällt in Deutschland
in die freiwillige (s. Freiwillige G.) und in
die eigentliche oder streitige G. Letztere
ist Civil- oder Kriminaigerichtsbarkeit , je
nachdem sie sich mit bürgert. Rechtsstreitig-
keiten oder mit der Strafrechtspflege befaast.
• Gerichtsstand (Forum), das Gericht, wel-
ches zur Verhandlung und Entscheidung
eines Rechtsfalles , Civil- oder Kriminal-
prozesses zuständig ist. Vgl. Kompetenz.
Gerinnung, die Ausscheidung eines festen
Körpers aus seiner Lösung, z. B. von Ei»
weiss beim Aufkochen der Milch, [ausgeben.
Geriren (lat.), sich benehmen, far etwas
Gerlneh, Errut Ludwig von, preuss. Rechts -
gelehrter, geb. 7. März 1795 zu Berlin, seit
1844 Chefpräsident des Oberappellations-
gerichts zu Magdeburg, gründete 1848
die ,Nene preuss. Zeitung' (Kreuzzeitnng)
mit, für die er früher die ,Rund schau*
schrieb, in der preuss. Kammer bis 1858
einer der Führer der äussersten Rechten;
seit 1865 wirkl. geh. Obeijustizrath.
Germanen (lat. Oermani , d. i. nach celt.
Abstammung Rufer, vom Kriegsgeschrei),
bei den Gelten u. dann bei den Römern Ge*
sammtname der deutschen Stämme, welche
das Gebiet zwischen dem Rhein und der
Weichsel und von der Donau bis zum Meer
im N. bewohnten. Das Land (Germanien)
war nach röm. Berichten rauh uud un-
wirthlich, überdeckt von Wäldern, in denen
Wild aller Art hauste, aber auch reich an
Weiden für zahlr. Heerden von Rindvieh
und Pferden uud an Ackerland für den
Anbau von Hafer, Hirse, Flachs, Weizen
und Gerste (Bier); Obst und Wein wurden
von den Römern nach Germanien verpflanzt.
Geechic?Uliche». Erster Zusammenstoss der
Q[. mit den Römern 113 v. Chr. Erscheinen
der Gimbern (s. d.) und Teutonen (s. d.)
im jetzigen Steiermark. 58 Ariovist (s. d.)
in Gallien. Unterweriting der Rheinlande
unter röm. Herrschaft. 12—9 Drusus (s. d.)
Feldzüge in Deutschland. Quinctllius Varus
Statthalter in Norddeutschland. 9 n. Chr.
Vernichtung dreier röm. Legionen im Teu-
toburgerwalde durch Arminlus (s. d.). Von
14— 16 Kämpfe zwischen Germanicus und
Arminlus. Die Römer geben die Eroberung
Deutschlands auf. 166—180 Krieg des röm.
Kaisers Marc Aurel gegen die Markomannen.
Im Laufe des 3. Jahrh. Bildung vou Völker*
bUnduissen: Alemannen (s. d.), Franken
g. d.), Sachten (s. d.) und Gothen Jb. d.).
er Einbruch der Hunnen (s. d.) in Europa
375 gibt den ersten Anstoss zur Völker-
wanderung (s. d.). Chlodwig (a. d.) gründet
(486) das firänk. Reich, das unter den Ka-
rolingern Pipin dem Kleinen (752 — 768) und
Karl d. Gr. (768 — 814) alle german. Volks- |
Meyera Hand -Lexikon,
stamme umfasst und durch den Theiluugs-
vertrag vou Verdun (843) in die Reiche
Deutschland, Frankreich und Lothringen
zerftillt. Vgl. Barth, «Deutschlands Ur-
geschichte*, neue Aufl. 1840 — 42 , 2 Bde. ;
Mannert, ,Gesch. der alten Deutschen', 1829;
Watterich, ,Der deutsche Name G.', 1870.
GermnnicnSy Cäsar, Sohn des Nero Clau-
dius DruSQS , des Bruders des Tiberius,
geb. Sept. 15 v. Chr., 4 n. Ohr. von Tibe-
rius adoptirt, verwaltete 12 das Konsulat,
erhielt 13 den Oberbefehl über 8 Legionen
am Rhein, machte 14, 15 und 16 Feldzüge
über den Rhein, führte des Armiuius Ge-
mahlin Thusnelda gefangen mit sich fort,
ward von Tiberius 17 abberufen und in
den Orient gesandt; f 9* Okt. 19 wahr-
scheinl. an Gift zu Epidaphne bei Antiochia.
Seine Gemahlin und zwei seiner Söhne
Hess Tiberius tödten; ein dritter, der
spätere Kaiser Caligula, ward verschont.
Germanischer Spraehast, s. Deutsche
Sprache und Literatur.
Germanisches Hnsenm^ Nationalinstitut
für die Kenntniss der deutschen Vorzeit (bis
1650) in Nürnberg (Karthause), bestehend
in Archiv, Bibliothek, Kunst- und Antiqui-
tätensammlung; 1852 vom Freih. von Auf-
sess (s. d.) gegr.; Jetziger Vorsteher Prof.
Essenwein (seit 1866). Organ: , Anzeiger für
Kunde der deutschen Vorzeit' (seit 1854).
Germanisiren (lat.), deutsch machen.
Germanismus (lat.), Eigenthümlichkeit der
deutschen Sprache im Ausdruck, in der Wort-
stellung etc. , bes. wenn sie ungehörig in
einer fremden Sprache auftritt.
Germanisten, gelehrte Kenner der deut-
schen Sprache, des deutschen Alterthums
und des deutschen Rechts.
Germen (lat.), Eierstock, Fruchtknoten.
Germination, das Keimen, Splissen ; Keimueit.
Germersheim 9 Stadt und Festung in
Rheinbayern, am Einflüsse der Queich in
den Rhein, 10,181 Ew. Früher Reichsstadt,
seit 1835 deutsche Bundesfestung. Rudolf
von Habsburg -f das. 30. Sept. 1291.
Germinal (fr., spr. Scher-), Keimmonat,
Monat des franz. Revolutionskalenders, vom
81. März bis 19. April.
Gernrode 9 Stadt im Herzogthum Anhalt,
am Nordfass des Harzes unter dem Stuben-
berg, 2214 Ew. Stiftskirche; Maschinen-
bauanstalt. Einst her. reichsfürstl. Frauen-
abtei (von Markgraf Gero 960 gestiftet).
Gero, Markgraf und Herzog der Ostmark
seit 939, bekämpfte die Wenden an der
mittleren Elbe und an der Saale, machte
die slav. Völker bis an die Oder tribut-
pflichtig, zwang selbst den Polenkönig zur
Aneiiceunung der Oberholieit des deutschen
Reichs ; f 20. Mai 965. Nach Jahrh. noch
in Sa^e und Lied gefeiert. VgL Heinemann
Gerolle, s. Geschiebe. (1860).
Gerokomie (gr.), die Lehre vom diäteti-
schen Verhalten für Greise. Gerontokomium,
Verpfl'^gungsanstalt für Greise, Hospital.
G^rdme (spr. Sehe-), Jean L€on, franz.
Maler , geb. 1824 zu Vesoul , Scliüler von
Delaroche, lebt in Paris, seit 1865 Mitglied
des Instituts; kultivirt bes. das Sittenbild.
44
690
Geröna — Geschichte.
Hauptwerke: Duell nach dem Maskenball,
AIcibladei n. Anpasia, Arnanten Schach spie-
lend , Rembrandt ein eKupferpl atte atzend etc.
fierÖDfty span. Kästenpro V. in Katalonien,
107,8 QM. and 319,477 Ew. Die befestigte
Hanpfst. 6., »m Ter, 13,959 Ew.
deroiiYnio de San Taste, span. Hierony-
mitenkloster, bei Plasencia, 1809 durch Soult
zerstört; letzter Aufenthalt Kaiser Karls V.
Gerollten '(gr. , d. i. die Alten), Aelteste,
in den dorisch-griech. Staaten, namentlich
in Sparta, Rath der Alten (Gem»ia)f der
neben den Königen und Ephoren die höchste
Gewalt im Staat hatte.
Gen (spr. Schähr), linker Kebenfluss der
Garonne in Frankreich, mündet unterhalb
Agen, 17 M. 1. Das Depart. G., Theil der Gas-
cogne, 114QM. u. 295,e98Ew. ; Hauptst. Auch.
tiersan (QtHsau), Dorf im Kant. Schwyz,
am Fusse des Rigl, 1725 Ew. Bis 1798 Re-
publik, din kleinste Europas (kaum 1 QM.).
Gersdorff, Hermann K<m$ta'niin oo«, preuss.
General, geb. 2. Dec. 1809, trat 1827 in
preuss. Militärdienst, machte 1864 als Kom-
mandeur der 11. Infanteriebrigade den Feld-
zng in Schleswig, 1866 den in Böhmen mit,
ward General lieutenant und Kommandeur
der 22. Division, übernahm im Krieg 1870
nach Verwundung des Generallieutenants
Ton Böse das Kommando des 11. Armee-
corps, t« bei Sedan yerwundet, 13. Sept.
GerstiUsker, Friedr., Schriftsteller, geb.
16. Mai 1816 zu Hamburg, war frühzeitig
in Amerika, widmete sich, 1848 nach Deutsch-
land zurückgekehrt, in Iieipzig literar. Be-
schäftigungen, machte 1849 — 52 eine Reise
um die Welt , lebte dann beim Herzog
Ernst von Koburg, besuchte 1860—61 aber-
mals Südamerika, begleitete 1862 den Her-
zog Ernst nach Abessinien und unternahm
1867—68 eine dritte Reise nach Südamerika,
Sehr, sehr zahlr. Reiseschilderangen, Reise-
romane und kleinere Erzählungen.
Gerste (Hordeum L.), Pflanzengattung
der Gramineen, ßuhsaeilige G., Stock-, Roll-,
Kiel-, Rothgerste (H. hexastichon L,), Som-
merfrucht. Varietäten: lange und kurze;
seit 300 Jahren bei uns in Kultur, aber
niemals allgemein yerbreitet. Vierzeüige G.,
kleine, gemeine, Sandgerste (H. vulgare L.),
Varietäten: Wintergerste (Rettema), Som-
mergerste mit beschälten (bes. in Nord-
deutschland) und nackten Körnern (Davids-
korn) für Graupen und Gries, oder ohne
Granne. Zioeizeiliget grosse G. (H. distichon
L.). Varietäten (Sommerfrüchte): Früh-
gerste (nutans), in Mittel- und Süddeutsch-
land allgemein, Himalaja-, russische G.
(nudum), Stauden-, Plattgerste (erectum)
und Reis-, Pfauengerste (Zeocriton). 6. ist
Hauptnahrungsmittel in Sibirien, Schott-
land, Norwegen, Irland; bei uns dient sie
zur Malzbereitung, liefert Graupen etc. ; das
Mehl in besonderer Zubereitung ist ofßcinell.
Gerstenberg 9 Heinr. Wilh. von, Dichter,
geb. 3. Jan. 1737 zu Tendern , seit 1785 Di-
rektor des Lottos zu Altena; f 1. Nov. 1823.
Sehr. ,Gedichte eines Skalden' (1766);
,Ariadne auf Naxos' (Kantate, 1767) ; ,Ugolino*
(Tragödie, 1768) u. A. Schriften (1815, 3 Thle.).
Gerstenkorn (Hordeolum), Drüsenentzün-
dung am Augenlid, die mit Vereiterung
der betrefTenden Stelle endet. BehRndlung
durch erweichende Umsoblftge.
Gemch) derjenige Sinn, welcher die Bei-
mischung riechender Snbstaazea in der
Atmosphäre kund macht. Als Org^n gilt
die Eudigung der Qeruchsaervea aaf der
Schleimhaut des oberen Theila der Nassa-
schleimhaut. Nur wenn ein mit riechenden
Stoffen gemischter Lnftstrom diese Theile
triflft, ist Gerucbempflndung vortaanden (die-
selbe fehlt, wenn Riechstoffe in flüssigrerFonn
auf das Oeruchsorgan gebracht werden).
Gemndlnm dat.), in der latein. Sprache
Verbalform für die Casus obliqnl des In-
finitiTS (s. Otutu). Verwandt damit das Oe-
rundivHin, das Particip des Futurum PassiTi.
GerTinns, Georg QoUfried, Historiker, s^h.
20. Mai 1805 zu Darmstadt, 1836 Prof. in
Göttingen, ward 1837 als einer der bekannten
Sieben entsetzt und verbannt, seit 1844 Prof.
in Heidelberg, begründete 1847 die ,I>eatache
Zeitung*, 1848 Mitglied der National verssunm-
Inng (rechtes Centrum), aus der er Jedoch
schon im Aug. ausschied ; f 18* März 1871 sn
Heidelberg. Der Schule Schlossers an^e-
hörig, bes. als Geschichtschreiber . der deut-
schen Literatur herTorragend. Drei Haupt-
werke: «Geschichte der poet. Nationallite-
ratur der Deutschen' (1835—42, 3 Bde. ; 5. Aufl.
1870 f.); ,Shakespeare< (1849; 3. Anfl. 1862);
.Geschichte des 19. Jahrh.' (1855—66, 8 Bde.).
Sehr, ausserdem: ,Grundzüge der Historik'
(1887); ,Fr. Chr. Schlosser' (1861); ,Shake-
speare und Händel' (1868) u. A.
Geummtstininaey s. ▼. a. Kuriatstimme.
Gesandte, öffentliche Beamte, welche sn
Unterhaltung des Tölkerrechtlichen Ver-
kehrs von einem Staat an einen anderen
geschickt werden und dessen Interessen
bei letzterem- zu yertreten haben. IHe erste
Klasse der G.n vertritt die Person des
souveränen Herrschers und seines Staats
bei einem fremden Souverän oder Staat;
so die Legaten und Nuntien des Papstes
und die Grossbotschafter (Ambassadeurs),
zu deren Absendung nur Staaten mit
könlgl. Ehren berechtigt sind. Die sweite
Klasse vertritt nur ihren Staat, nicht die
Person des Souveräns ; so die Intemnntien,
die ausserordentlichen G.n und die bevoll-
mächtigten Minister, die Residenten und
Minister-Geschäftsträger, die bei dem frem«
den Souverän selbst akkreditirt sind. Die
dritte Klasse bilden die diplomatischen
Agenten, die nur von einem Ministerium
und bei einem Ministerinm beglaubiget sind,
wie die Geschäftsträger. Die amtliche Wirk-
samkeit eines G.n beginnt mit Ueberreichong
seines Kreditivs und hört mit seiner Zurück-
berufang auf. Getandtnchaftartcht, das Recht,
G. an firemde Staaten abzuschicken und von
fremden Staaten zu empfangen, Ausfluss
der Souveränetät. Vgl. Martern*, ,Le gnide
diplomatiaue', 5. Aufl. 1866, 2 Bde.
GeBchäftstrSirer, s. Gesandte.
Geschiehte (Historie), alles Gesofaebeae,
dann die Darstellung des Geschehenen, ins-
bes. des polit. • bürgerl. oder staatl. Lebens
Geschiebe — Gesicht.
691
der Menschheit, wie es sich in der Zeit ent-
wickelt und gestaltet hat. Je nach dem
Umfauge der Darstellang ist sie Bpecialge-
»chichte oder Monographie, wenn sie eine
einzelne (specielle) geschichtliche Erschei-
nang ihren Ursachen, ihrem Verlaufe, ihrer
Stelinng zu anderen, Partikttlargeschichle,
wenn sie die fiir eine Stadt, ein Liand, ein
Volk wichtigen und folgenreichen Begeben-
heiten, Universal- oder Weltgeschichte, wenn
sie die Entwicklung der Zustände der ge-
sammten Menschheit nach ihren wichtigsten
Beziehungen und bedeutungsvollsten Er-
scheinungen darstellt. Die Universalge-
schjchte zerfällt in die alte und neue, welche
letztere mit dem Herrschendwerden der
Christi. Kultur beginnt und sich wieder in
die mittlere und neuere theilt, deren Scheide-
punkt der Anfang des 16. Jahrh. bildet.
Formen der Geschichtschreibung oder Histo-
riographie: trockne Aufzählung der That-
sachen (Annalen, Chroniken); zusammen-
hängende Erzählung ohne tiefer liegenden,
leitenden Gedanken; pragmatische Darstel-
lung, welcher es darum zu thun ist, die
Veranlassungen und Wirkungen der histo-
rischen Thatsachen psychologisch zu erklä-
ren nnd'auf menschliche Motive zurückzu-
führen. Methoden sind die Bffnehronisti$che,
welche das Gleichzeitige in übersichtlicher
Form neben einander stellt; die ^hnogra-
phische, welche die einzelnen Völker abge-
sondert behandelt; die ethnographisch- syn-
chronistische, welche die Vorzüge beider
Methoden zu vereinigen und deren Nach-
theile zu vermeiden sucht. Vgl . Wachsmuth,
,£ntwurf einer Theorie der G.*, 1880; W.
V. HumJbcidt, ,Ueber die Aufgabe des Ge-
schiohtsch reibers', 1822; Gervinus, ,Gnind-
züge der HistorikS 1837; Tr'dchsel, ,Ueber
das Wesen und Gesetz der G.', 1857; Dropsen,
,Gmndris8 der Historik', 1868.
desehiebOy Gesteinstrümmer, durch Glet-
scher, Bäche, Flüsse und die Brandung
fortgeführt und zum Theil- abgerundet, zer-
rieben bisweilen durch Verkittnng mittelst
Kalk etc. zu Konglom&-€Uen verbunden.
Geschlecht (Sexus) , physiologisch der
Gegensatz der Zeugungsverhältnisse (Ei
und Spermatosoen); s. v. a. Gattung (genus)
oder Sippe ; historisch (stirps) Inbegriff von
Individuen, die von einem gehieinschaftl.
Stamme entspringen.
Geschlechtstheile (Zeugungstheile, Sexual-
organe, Genitaiia), die zur Erhaltung der
Art erforderlichen Organe, bei allen höhe-
ren Organismen auf männliche und weib-
liche Individuen vertheilt. Das wesentliche
Produkt der toeibiiehen G. ist das Ei , der
männlichen der Same. Letzterer wird Im
Hoden gebildet nnd gelangt durch den
SamtttHrang in die SamtnWischen und von
liier aus in die Harnröhre, durch welche
er bei der Begattung zugleich mit dem
Safte der Vorsteher drüne (prostata) entleert
wird. Das männliche Glied (penis) besteht
aus einem lockeren Gewebe, welches sich
bei der Erektion mit Blut füllt. Die weih-
liehen inneren G. liegen im kleinen Becken,
sie bestehen aus der zwischen Harnblase nnd
Mastdarm gelegenen GtiMrvstMer (ntems),
von welcher seitlich die Tuben ausgehen,
denen der Merttoek (ovarium), die Bil-
dungsstätte des Eies, ansitzt. Die Höhle
der Gebärmutter kommnnicirt mit der
Scheide (vagina); die äusseren G. bestehen
aus den grossen und kleinen Schamlippen.
In den Scheideneingang mündet die Harn-
röhre, hinter derselben liegt das Jungfern-
häutchen (hyraen). Das Ei gelangt durch
die Tuben in den Uterus und trifft hier
oder unterwegs mit dem Samen zusammen.
Oesehmacky physiologisch deijenige Sinn,
der durch in der Zunge gelegene Nerven
ein Urtheil über gelöste, in die Mundhöhle
gelangende Stoffe vermittelt; unter allen
Sinnen der am wenigsten gekannte, da die
Geschmacksempfindung nnr schwer von Ge-
ruch- und Tasteindrücken zu sondern ist.
Die Geschmacksempfindung bewirkt reflek-
torisch Speichelabsonderung.
Geschoss» s. Gewehr; auch s. v. a. Stock-
Geschflts, s. Kanone. [werk.
Geschwindigkeit, die Grösse der Be-
wegung eines Körpers, gemessen in dem
Weg, welchen er in einer bestimmten Zeit
zurücklegt. Als Mass der Zeit dient die
Sekunde, des Wegs der Fuss oder Meter.
Geschwornengerieht, s. Schwurgericht.
Geschwvr (Ulcus), schai*f begrenzter Ent-
zündungsherd, dessen Grund eitrig durch-
setzt ist, und auf dessen Oberfläche sich
Eiter und abgestorbene Gewebstheilchen ab-
scheiden. Die Behandlung der G.e erfor-
dert fast nur hohe Lagerung des betreffen-
den Theiles, Reinlichkeit und Kühe.
Geschwulst (Gewächs, Tumor), krankhafte
Neubildung von meist kugeliger Gestalt,
welche die normalen Gewebe verdrängt,
von sehr verschiedener Zusammensetzung.
Geselischaftsinseln (Scdetätsinseln), Insel -
gruppe in Polynesien, SOVa QM. mit ca.
18,000 Ew.; zerfallend in eine 'ösll. Gruppe:
Tahiti, Eimeo, Maitea etc., seit 1847 unter
dem Protektorat der Franzosen, und eine
wesü. Gruppe: Raiatea, Huahine, Bolabola,
Tubai u. a. , vom franz. Schutzbünduiss
ausgeschlossen. Die Ew. seit ISIS durch
eng]. Missionäre zum Ghristenthum bekehrt,
mit Kirchen, Schulen und der Bibel in der
Landessprache. Entdeckt 1606 von Quiros.
GesellschBftsrechniing, Theil der Verhält -
nissreuhnung, bezweckt Eintheilung einer
Zahl nach gegebenen Verliältuisseu.
Gesenke , vertiefte stählerne Formen , in
welche das weissglüheude Eisen beim
Schmieden hineingeschlagen wird, um die
Gestalt der Form anzunehmen.
Gesicht (Gesichtssinn, Visus), das Ver-
mögen zu sehen , ermöglicht durch die
normale Beschaffenheit des Auges und die
Fähigkeit desselben, die Lichtschwingungen
des Aethers in Vorstellungen über Grösse,
Farbe und Entfernung der Dinge der Aussen-
welt umzugestalten. Die Sammlung der
Lichtstrahlen geschieht durch die brechen-
den Medien des Auges, entweder genau auf
der Netzhaut oder vor und hinter derselben ;
im ersten Falle werden die Gegenstände
deutlich gesehen, im anderen matt und mit
44*
692
Gtettchtskreis — Getreide.
eiiMm tralMn Binge umgeben (Zerstreumgi-
kreiM). Der GtHekitwimkd , nadi denen
Grösse wir die &«sse des Gesehenen be>
nrtbeflen, wird ans 8 Linien greUldet, die
Tom iossersten Rande des betreffenden
Gh^enstandes nach dem Brennpunkte des
Anges Kesogen werden.
CKdeltskrels, s. Horiaml,
GtÜtkUanrnt^ a. Srusipelas.
Getlchtssehmers (Prosopalgia) , heftiger
Nerrenscbmers der fünf Himnerren, welcher
meist anftlUwefse aoftritt; er kann sämmt-
Uche Empfindongsnerren vom Scheitel, bis
snm Unterkiefer betreffen nnd besteht oft
Jahre lang fort. Ist Halariainfektlon die
Ursache , so dient am besten Chinin, sonst
Behandlung mit dem konstanten elektri-
schen Strom, als letztes Mittel Aussdineiden
des schmerKenden Nerren.
6etielitstin8ebUig«B, s. AugmtShuekungen,
Gesichtswinkel (Camperseher G.), gebildet
ans einer von der Stirn >mr Mitte des Ober-
kiefenahnrandes und einer vom ansseren
Gtehörgange nach dem unteren Kasenrande
gesogenen Linie; Je grösser ders.» desto in-
telligenter ist das Indiridnnm, beim Kultnr-
men sehen ca. 900, beim Hottentotten ca. 650.
Gerims (8im$), die hervorragende Eiu-
fassnog oben (oft anch nnten) am Rand
einer Maner, Wand, Thor, eines Fensters,
einer Säule etc., ans mehreren Gliedern
SQsammengesetzt , meist blosse den Ab-
schlnsB bezeichnende Yerziemng. Man
nnterscheidet Daehgesima (auch Hanpi- und
Krarugesim»), unmittelbar unter dem Dache ;
Ourtgesims, zwfsclien 2 Stockwerken; FttM-
genim», untere Einfassung, Sockel; Oid>el-
sims, Gliederung der Giebelschenkel etc.
Getnerla L. (Getnerie), Pflanzeugattung
der Personaten, mehrere meist brasil. Arten
scliönblühende Warmhsuspflanzen.
Gespanseliaft (von I$pan, Graf), s. Komitat.
<jesplldere€lit, s. v. a. Retrakt.
Gessler, Albrecht, genannt G. von Bruneek,
der gewöhnlichen Angabe nach um 1300
kalserl. Landvogt in Uri, wegen seiner
Harte und Grausamkeit 1807 von Teil in
der hohlen Gasse bei Kössnacht erschossen ;
nach Kopp («Urkunden etc.', 1835) sagenhaft.
Gessner, SaJomon, Dichter, geb. 1. April
1730 zu Ziirich, f das. 2. März 1787. Sehr.
<3edichte in schöner Prosa voll Idyll., oft
t&ndelnd er Kleinmalerei, die grossen Beifall
£anden: ,Die Nacht' (1758), ,Inkle und
Tarlko* (1756), »Idyllen* (1756), ,Tod Abels*
(1758): daneben treifl. Landschaitszeichner.
Geninge^ mehrere zu einem Ganzen ver-
bundene Stangen bei Bohrwerken etc.
Gesta BoniaBOmm (lat. , d. i. Thaten der
Bömer), lat., um 1350 entstandene Sammlung
von Erzählungen, Märchen, Legenden etc.;
deutsch zuerst Augsb. 1498, im Originaltext
herausg. von Kdler 1842. [acliaft.
Gestatlom (lat.) , Tragung ; Schwanger-
Gesteine (Oebirg$arten, Felsarten), Mineral-
und Fossilaggregate, welche in bedeutenden
Massen auftreten und einen wesentlichen
Antheil an der Zusammensetzung grösserer
Theile der Erdrinde haben ; bestehen ent-
weder ans nur einem Mineral (Gyps, Kalk-
rtsin) oder aas mehreren, die entveder
Isieht nnteracbeidbar sind (Gmnit) oder in
so feinen Partikelchen auftreten, dmsa das
Gestein gleichförmig erscheint (Bausalt). Bm
ans gesondertMi Mineralien bestehenden
G. sind körnig oder 8chiefl% krTStaUiDisch.
Infolge ihrer Bildung (Sehicfatni^) oder der
Absondemng (s. d.) sind die G. dureiiklüflet
nnd lerfsUen oft in einaelne Stacke Qoa»
G.). Diese könnMi wieder vereinigt vrerden
nnd bilden Breocien, Konglomerate, Sand-
steine nnd pOiiiscke G. Systematische An-
ordnung : A. AnorgamolUhe, L KryatalHniache
G.: 1) einfache (Wasser, Salz, Gyps, Kalk,
Spatheisenstein, Eisenerze, Magnesia, Mag-
nesite, Qnaraite, Hyalosithe); 2) gentengte
(Sanidinite, Orthoklasite, Stilpnolithe, Qoar-
zite, Amphibolithe, Hyperite, Diabeaite,
Melaphyre. Basaltite). H. Klastische G.:
a) feste, 1) psendoklastische (traclijrtiache,
porphyrische, diabasitfsche, melaphyrische,
basaltisdie, qnandge, kalkige nnd Sisen-
trümmeif^esteine); 2) hemiklastische (Sani-
din-, Basalttnffe, Sanidin-, Basalt-, Cbloro-
lith-, Orthoklasitkonglomerate); 3) halo-
klastische (thonige, kalkige, kohlige Kon-
glomerate, Sandsteine, Schiefer), k) Lrf>se:
1) Blöcke, Gerolle, Sand; 2) Erdkmmen.
B. OrganolUke: Anthraclte, Zoogenite (Ko-
prolithen, Infusoriolithe). Vgl. Ootta, ,G«-
steinslehreS 2. Aufl. 1862; Seufi, «Fcls-
arten*, 1867; Den., ,Felsgemengtheile*, 1868;
Ziriel, ,Petrographie* , 1866: Aaewaas,
,Geognosie*, 2. Aufl. 1858—66, 3 Bde.
Gntlknlntton (lat.) , Handbewegnngen
(Gesten) beim Reden; auch GteberdenspieL
GestlOB (lat.), Führung; Gestio pro keredt,
stillschweigendes Antreten einer £rbachafL
Gestreng, ehemals Titulatur für Personea
des uiedpren Adels, der Doktoren etc.
Gestrlkluid, Landschaft in Nordschwe-
den, östl. von Dalame; Hauptstadt Gelle.
Gestiibe (OeUiOibe), mit klaren Kohlen ver-
mischter Lehm, Material für den Herd des
Schmelzofens; beim Rösten nnd Schmelzen
des Erzes fortgerissene Theile, die in der
Gestöbekammer gesammelt werden.
GestitefStttfereta»), Anstalten znr Pferde-
zucht, zerfallen in wüde, haUnnlde nnd kml-
tivirte G. mit freier oder geregelter Fort-
pflanzung. Müitärgestüte solche, in welche
die zur Zeit brauchbarsten Stuten der Ka-
vallerie znr Deckung al^;eliefert werden.
Gecnndheitsgeschirre , pomellanartige
Töpferwaaren mit bleiflreier Glasur.
Gethsemaney Meierei am Oelberg bei Je-
rusalem , Ort der Gefangennahme Jesu.
Getreide, die nutzbaren Samen von man-
chen Gräsern, bestehen aus der dreifachen
Fruchtscliale,der doppelten Samenhülle, dem
grossen Albumen und dem kleinen Embryo;
enthalten eiweissartige Stoffe (Kleber, bes.
in der äussersten Albumenschicht nnd den
Höllen), Stärkemehl (im Albnmen), Dextrin,
Fett (im Embryo), Salze (bes. in den äusseren
Schiebten) und Zellstoff. Die quantitative
Zusammensetzung wechselt nach Art und
äussern Einflüssen sehr stark. Weisen aas
dem Süden enthält mehr Kleber, Fett und
Snlze als der aus dem Norden, ebenso
Sibirien SO, Kam
unBrlkk unter S1
Im OhlmlwruD
klpan bei STOO',
verbreitet Oenti
lS68);^>i>«>,,Dei
Ofltriebe — Gewerbegerichte.
r eil WlntaigetraUa,
Vgl. LangMal (i. AnB.
D 100 Theili
"■IHilli'
Ithnnid^fl ifrelfeD (Laltrne, TriJling).
«etrl ebene Arbeit (Eriu^ibcrci), ZweJ
Cel1i1if);neDe
VerkB dfe Vlelwla (n Ber-
In BmunichaelB. ImAll-
den UsUllgoH Terdiäogt.
In EnrapA. Ilefi^ die, . ^^^
SedMiHk (Gtiiia, er.). G«hIi
die rnu Simnli
derllnd.Edallmte
. », geilidet a. Not. 1M5; oi.hm,
der SutthiillsriD Kargtrelhe all iln un-
gefiHiiltcbsi Henft lon Bettlern (gnani) be-
teiVl?Erk*rnnJ^'2^h» (Snu««./™^.
(l«T>BdH (ipr. acliancidaiig). frsaa. Lmd-
nchnfi, Depert-Loitrei Huptit. Ueode. Die
ei*ir«d«S.. fiSSO'b., ThtUdBrCeyenB.D.
eeTlertulteta, i. AittHttt.
VewUHAHvai (TriiiSHuier), OlubsnleD
itibnchaft (GiuSkrlriKuns), Heft
eeniiMtte ZeasB (moMrIt
z.). .. k"
>r bilden da
1 Sittea aacii Feiinirti
«SWtb« (Tela), MitomilDb Jede g
seta-
miiMlee Anordnung lon Ubiern entarbes
Ihellen (Zellen. Fasern elc). welche 1
den
nämtleben Thalien immer [u de»
Welse irlsderkBhrc. BlnlhBlIung de
(nach KSlllhtr): ZiUgitciii (Oberhaut
und
lolD
gewebe, BbrlllirB. Bindegewebe, Kn
■pri
Knocheu); Xtaielgcatte (glatte und
"dL
f'-
eelbillhälig m den andern Lauf brlngt|;
(Dreyie. Chaiiepot, Karle, Bsrdan. Petitl)i
d) mit isiikr«elileni Nadellteea (Lenden.
land o™tt (Bayern WcnltTJ; England
I'raakreleb ÖlUmpol; Oeeterrelcb W!tmt.
Wtrtiil^ Sobwelz Jniicr, I^abodu. VeUtrli:
Hallen Pelili; Spanien und Qrjecfaenland
AminulDn ; Kumänien Piabodu. Dia ersten
a.B waten Arkebnsen (i. d.), Yerbeaaarl
durch LantauacMoss . Badsclilois, Slaln-
eder Flinten seh lüis (IfibO , Patronen (1090),
eiserne LadestoeVe (1730). Iconigche Zübd-
"CS,
glatten, längeren Fl««), flMciouf: Kngel.
dann längliche, EipansionJgescbosie (mit
%ilegel Hinie ' - ' -'
üeirelh, i. HirKh.
(■ewerlKgerlclit* (rWrl^erioWeJ . In
694
Gewerbeschulen — Gewürznelkcnöl.
Fabriküiiteii n. den Arbeitern und anter die-
sen oblieget, mebr Scliiedsgerlcbte als eigent-
liche Gerichtshöfe. Ihre Beisitzer Arbeit-
geber und Arbeiter, ein Juristisch gebildeter
Verwaltnngsbeamter meist Vorsitzender.
Gewerbesclmleny Anstalten zum Unterricht
in den zum Betrieb der Gewerbe und Künste
nöthigen Kenntnissen und Fertigkeiten, ent-
weder niedere, die sogen. Sonutagsschulen
Tür Lehrlinge und Gesellen, oder höhere zur
wissenschaftlich-technischen Vorbildung für
den höheren Gewerbsbetiieb, als solche zum
Theil mit Realschulen als deren oberste
Klassen yerbunden, zum Theil selbständige
Anstalten mit 3 oder 4 Klassen.
Gewerbesteuer, s. Steuern.
Gewerbe - und Handelskammern , be-
rathende, aus Sachverständigen zusammen-
gesetzte Behörden zu Vertretung der In-
teressen des Handels und der Gewerbe,
zuerst in Frankreich, seit 1848 in Preussen,
1850 in Oesterreich, 1853 In Bayern, 1864
in Würtemberg, 1861 in Sachsen einge-
führt. Aelinliche Bestimmung haben die in
Preussen 1849 eingerichteten Gewerberäthe.
Gewere, ursprüngl. Bekleidung ; dann Ein-
kleidung (Einsetzung) in den Besitz eines
Grundstücks; auch der Besitz selbst.
Gewerk, g. v. a. Zunft, Innung. Gewerk-
schaft, im Bergbau Genossenscliaft zum ge-
rn ein schaftlichen Betlieb einer Grube etc.
Gewicht, die Grösse des Drucks, den ein
Körper a.uf seine Unterlage ausübt. 8pt-
cifieches G. (Eigenschwere) die Zahl, welche
angibt, wie viel mal ein Körper schwerer
ist als ein ihm gleiches Volumen Wassor
oder Luft. Zur Bestimmung des spec. G.s
wiegt man feste Körper in der Luft, dann,
an einem Faden hängend, in Wasser und
dividirt mit der Biflferen'/ in das absolute
G. Das spec. G. von Flüssigkeiten bestimmt
man mit dem Aräometer (s. d.) oder Pyhio-
9Refer(Flä8chchen, welches 1000 Gran Wasser
hält, mit der zu untersuchenden Flüssig-
keit gefallt und dann gewogen wird).
Gewissensehe, eheliche Verbindung, ge-
schlossen ohne die gesetzliche äussere Form,
nur auf Grund gegenseitigen Vertrauens.
Gewitter, von elektrischen Entladungen
begleiteter atmosphärischer Niederschlag,
entsteht bei sehr schneller Verdichtung des
in der Luft enthalteneu Wasserdsmpfes,
daher sind G. am häufigsten, wann und
wo es am wärmsten ist und die grössten
Dampfmassen In der Luft sich finden. In
den Polargegenden fehlen G. Bei nns am
häufigsten, wenn Südwind durch kalten
Nordwind verdrängt wird. Daher vor dem
6. die Schwüle (zwei Winde gegeneinander),
nach dem G. die Abkühlung, welche fehlt,
wenn Nordwind durch Südwind verdrängt
wird. Der Blitz schlägt von Wolke zu
Wolke oder zur Erde nieder, nachdem
durch elekti*ische Vertheilung (s. Elektriei'
tat) die Spannung sehr hocli geworden ist,
er dauert weniger als ^/looo Sekunde und
erzeugt Ozonger dch. Der Donner entsteht
durch die Vibrationen der gewaltsam
erschütterten Luft gleichzeitig mit dem
Blitz und ist etwa 4 Meilen weit hörbar.
Der BlitB ist so viel mal 1000' entfernt, als
Sekunden zwischen der Wahmebimuic; des
Blitzes und des Donners vergehen. Wetter-
leuchten ist meist Wiederschein entfernter 6.
Der BlitMabieiter hat eine Auffangstang-e mit
vergoldeter Spitze (schützt auf eine Entfer-
nung, welche der IVs— Sfachen Höhe g^leich
ist, um welche sie ^e höchsten benachbar-
ten Theile des Gebäudes überragt) und eine
eiserne Ableitungsstange, welche am besten
mehrarmig in Grundwasser mündet. £iQ
Blitzableiter vermindert die Zahl der Blitz-
schläge durch Ausgleichung der £lektr{ci-
täten, ein schlecht konstrnirter kann die Ge-
fahr vergrössem. Vgl. Klein, ,Das 0.% 1871.
Gewölbe, ans keilförmigen, sich gegensei-
tig stutzenden Steinen ( WSlbstmnen) in Bo-
genform zusammengesetzte Ueberdecknng
von Räumen. Hanptarten: Tonnenffew&lb«,
nach einem halben Kreisbogen geformt;
Kappengeioölbe, nach einem flachern Kreis-
segment oder gedrückten BogeA gebildet;
Kreuggewölbe, entstehend aus 2 sich durch-
schneidenden Tonnengewölben (Grundform
4eckig; die Durchschneiduugslinlen heissen
Gratb^en, die sphär. glatten Gewölbflächen
dazwischen Kappen); ßlemgetoolbey Kreuz-
gewölbe, aus einer grossen Anzahl von
Graten und Kappen sternförmig zusammen-
gesetzt (Grundform vielseitig); Kuppel- oder
KessdgewöAe, dessen Durchschnitte lauter
kongruente Durchschnittsfiguren , insbes.
gleiche Halbkreise bilden (Grundform kreis-
rund); Chorgewölbe, eine halbe Kuppel, JVt-
schengewöibe , eine Viertelkuppel bildend;
Spiegetgeteolbe, Kreuzgewölbe, dessen oberer
Theil fortgesohnitten und durch eine flache
Decke (Spiegel) ersetzt ist; Mtdden- oder
WalmgetoÖlbe, Tonnengewölbe, an den £u-
den nicht durch Schildmauern, sondern
durch Wölbungen begrenzt (muldenförmig);
Fächergewölbe (s. d.).
Gewolle, Ballen, die im Hagen der Raub-
vögel aus den Federn u. Haaren des Raubes
entstehen und wieder ausgespieen werden.
Gewohnheitsrecht, Inbegriff derjenigen
Rechtsnormen , welche ohne das ausdrück-
liche Gebot der gesetzgebenden Gewalt in
Geltung sind , insbes. solcher^ welche un-
mittelbar in dem Bewusstseiu eines ganzen
Volks leben. Vgl. PUcWa, , Das G.*, 1M8-S7.
Gewfirze, vegetabliische SIfCiffe, welche
durch Gehalt an ätherischen Oelen oder
scharfen Stoffen Speisen wohlschmeckender
machen und denVerdauungsprozess anregen,
in zu grossen Mengen genossen aber häufig
Entzündun^szustände herbeiführen. Los-
liche oder koucentrlrte G. sind mit Schwefel-
kohlenstoff bereitete Extrakte der G.
Gewfirtlnseln, s. Molukken,
Gewiirznelkeii (NägeUin , CJaryophylli),
Blüthenknospen von Oaryophyllus aroma-
ticus, braun, schmecken feurig aromatisch,
enthalten bis 25 <Vo ätherisclies Oel; die
besten aus Amboina und Zanzibar. Qt^
samratproduktion 8 Mill. Pfd., ausser den
sofort auf Oel verarbeiteten. Weniger aro-
mat. die Blüthenstiele (NelketuUn^l, Fosti)
und die Früchte ( JfalteraelAren, AnthophylU).
GewirmelkenU , farbloses, im Alter
Gewürzrindenbaam — Gibraltar.
695
bräunliches ätherisches Oel der Gewürz*
nelken, kommt ans Ostindien, ist, schwerer
als Wasser, schmeckt brennend, enthält
Nelkens&ure; wie Gewürznelken benutzt.
C^ewürsrindenbaum, s. Wintera.
Qinrq^er, Aug. Friedr., Geschichtschreiber,
geb. 5. Mäi-z 1803 za Calw, seit 1846 Prof. zu
Freiburg,. entschiedener Vertreter kathol.
hierarch. Tendenzen, 1848 Mitglied dos dent-
sehen Parlaments , trat 1853 zur. kathol.
Kirche über; f 10. Juli 1861. Sehr. ,Gustav
Adoir (4. Aufl. 1862); .Geschichte des Ur-
christenthums* (1838, 3 Bde.); »Allgemeine
Kirchengesch.* (1841 — 46, 4 Bde.); ,Gesch.
der ost- und westfrank. Karolinger vom Tode
liUdwigs des Frommen bis Konrad I.* (1858,
2 Bde.); «Urgeschichte des menschl. Ge-
schlechts* (1855, 2 Bde.); .Papst Gregor VU.
etc.* (1859—64, 7 Bde.); ,Gescb. des 18. Jahrh.'
(herausg. von Weiss, 1862, 3 Bde.) u. A.
GhadABies, wichtige Handelsstadt in Tri-
polis, an der gegenwärtig bedeutendsten
Handelsstrasse von Tripolis und Algier nach
Timbuktu, Kano, Bornu, Wadai, 10,000 Ew.
Clhardeiii, wichtige Handelsstadt im südl.
Algeiieu, in der Oase Wad Mzab, 14,000 Ew.
(jhasel, pers. Dichtform, -von Riickert und
Platen in die deutsche Literatur eingeführt ;
besteht in der Wiederkehr desselben End-
reims, der in den ^wei ersten Zeilen sich
ankündigt und dann in den gleichen Zeilen
(4, 6, 8 etc.) wiederkehrt, während die un-
gleichen Zeilen (3, .5, 7 etc.) reimlos bleiben.
Ohasna (Ghimi) , Stadt im nordöstl.
Afghanistan, 10,000 Ew.; unter den Ghasna-
vjiden eine der blühendsten Städte Asiens.
tihasnawlden (Ghasnetoidtn), erste mohara-
medan. Dynastie in Indien, genannt nach
der Stadt Ghasna (s. d.), gegründet von
oinem horikischeu Türken AIp-Tekin, der
sich von den Samaniden unabhäugig machte
(t 975). Dazu gehörten: des Gründers
Schwiegersohn Sebik - Tekin (f 997) , der
Kabul und Peschawer und andere Gebiete
nroberte; Mahmud, Sohn des Vor., der die
Sanianidendynastte stürzte (f 1028 [1030J);
Massud L, welcher einen grossen Theil von
Persien eroberte , aber Irak , fast ganz
Transozanien und Khorasan an die Seid-
s'chuken verlor. Seitdem Verfall des Reichs
unter fortwährenden Angriffen der Seld-
schuken. Der letzte gliasnawid. Herr-
scher KhosrU'MaUk, 1186 von dem Ghuriden
Ghaiath-ed-din besiegt und getödtet.
Ghats (d. i. Pässe, Treppen), Name der
Gebirgszüge in Hlndostan, welche, der östl.
und westl. Küste des Dekan (Ost- und West-
ghats) parallel ziehend , das innere Hoch-
land umschliessen und sich im S. zum Kila-
girigebirge (8497' h.) vereinigen.
Ghazlpur. Stadt in der brit.-ostind. Präsid.
Agra, nm Ganges, 38,573 Ew.
Ciherärdesea, Ügolino , Haupt derghibel-
lin. Partei zu Pisa, regierte als General-
kapitän der Republik gewaltthätig, ward
Juli 1288 mit zwei Söhnen und zwei Enkeln
in einem vom Erzbischof Ubaldiui veranlass-
ten Aufstand gefangen genommen und t '^^
dem Thnnn von Gnalandi mit den Seinigen
den Hungertod.
Ghetto (ital.)» das Juden viertel, die Ju-
dengasse.
OhibeUinen (deutsch Waihlingtr, von der
hohenstauf. Burg Waiblingen), ehedem in
Italien Name der Hohenstuufen- oder Kai^er-
partei, im Gegensatz zu den Guelfen ( iVel-
fen), der Partei des Papstes. Der Kampf
zwischen beiden, bes. in den Städten Ober-
italiens sehr heftig, überdauerte die Herr-
schaft der Hohenstaufen.
Ghlbertl, Loremo, ital. Bildhauer und
Bildgiesser, geb. 1378 zu Florenz, f um
1455. Berühmtestes Werk die Bronzetliür
des Baptlsteriums San Giovanni in Florenz;
schrieb auch ein Werk über Bildhauerkunst.
Ghika, Belena, Fürstin, pseudoo. JJora
d*l3tria, her. Schriftstellerin, geb. 22. Jan.
1828 in IBukarest, Tochter des Walacliei-
fürsten Michael G., bildete sich 1841-48 im
Ausland, vermählte sich 1849 mit dem
Fürsten Koltzow-Massalsky, lebte meist in
Italien. Ihre Werke ausgez. durch wissen-
schaftl. Gediegenheit, freisinnige Anschauung
der Weltverhältnisse u. ein ungewöhnliclies
Talent der Darstellung. Hervorzuheben:
,La vie monastique dans TEglise Orientale^
(2. Aufl. 1858), ,Les femmes en Orient' (1860),
,Des femmes par une femme* (186.'>, 2 Bde.),
,La suisse allemande* (1856), ,Excursions en
Roum^lie et en Mor6e' (1863, 2 Thie.) u. A.
GhiUn (Güän), pers. Prov., schmaler
Küstenstrich am kasp. Meer, mit Reisbau
und bewaldeten Bergen. Hauptstadt Rescht.
Ghlrlandajo , Domtnico, ital. Maler, geb.
1451 zu Florenz, f 1^95. Chai'aktervolle
Frescobilder (z. B. das Leben der Maria
und Johannes des Täufers). Auch sein Sohn
Rudolfe G., geb. 1485, f 1560, Schüler von
Fra Bartolommeo, talentvoller Maler.
Ghurlen (Qhuriel), Landschaft in Trans-
kaukasien, südöstl. am schwarzen Meere,
71 QM. und ca. 30,000 Ew.; das alte Colchis.
GlaliO (ital., spr. Dschallo), blassgelb;
g. antico, der gelbe Marmor der Antiken.
Glants Canseway (spr. Dscheiänts Kniis-
ueh, d. i. Riesendamm), ein ins Meer sich
erstreckender, aus Basaltsäulen gebildeter
Damm an der Mordostküste Irlands (Grafsch.
Antrim), bis über 400' stell ansteigend.
Giaur (Ghiaur), Ungläubiger, türkischer
Schimpfname für alle Nichtniohammedaner.
Gibbon (spr. Ghibb'n), Sdward, engl. Ge-
schichtschreiber, geb. 27. April 1737 zu
Putney in Surrey, ui^er dem Ministerium
North Lord Oommissioner of trade; t ^^•
Jan. 1794 zu London. Hauptwerk : ,IIistory
of the decline and fall of the Roman Empire'
(1782-88, 6 Bde.; neue Ausg. 1869, 3 Bde.;
deutsch von Sponehil, 4. Aufl. 1863). ,Auto-
biograpliy* (neue Ausg. 1869).
Gibraltar (arab. Gebd al Tarik, d. i. Fels
des Tarik, im Alterth. 3Ton$ Calpe), Vor-
gebirge an der südlichsten Spitze der span.
Landsch. Andalusien, an der Meerenge von
G. (2 M. br.), die das atlant. mit dem
niittelländ. Meer verbindet, ein 1439' hoher,
nur von der Westseite ersteigbarer, mit
dem Festland durch einen schmalen Isth-
mus verbundener Felsen, von den Eng-
ländern zu einer unüberwindlichen Festung
696
Gibson — Giganten.
nmgesShaffeu. Am Fnss« die Stadt G.,
17,750 Ew. ; Freihafen. Stadt und Festung
710 yom maurischen Feldherm Tarik-Aben-
saca gegr., im 14. Jahrh. von den Spaniern
erobert, seit 4. Aug. 1704 (spali. Erbfolge-
krieg) im Besitz der Engländer. Vom 21.
Juni 1779 bis 6. Febr. 1783 vergeblich von
Spaniern und Fransosen belagert.
Gibson (spr. Glbs'n), John, engl. Bild-
hauer, geb. 1791 bei Conway (Wales), seit
1818 in Rom, f d<^s. 27. Jan. 1866. Zahlr.
mythol. Figuren, Harmorstatue der Königin
Victoria (mit bemalter Gewandung), Bild-
säulen von R. Peel, Huskisson u. A. Biogr.
von Eaetlake (1870).
Gicht (Podagra, Arthritis, la goutte),
periodisch auftretende schmerzhafte An-
schwellung in den kleinen Gelenken, be-
dingt durch Ablagerung von Harnsäure in
denselben; entsteht infolge zu reichlicher
Nahrungsznfahr und reichlichen Wein-
genusses. Je nachdem die Krankheit an der
S rossen Zehe, der Hand, der Schulter, dem
[nie beginnt, nennt man sie Podagra,
Chiragra, Omagra, Oonagra, Nach meh-
reren Wiederholungen der Anfälle geht
die G. in die sogen, irregul&re, chronische
Form über, und es kommt zu bleibenden
Gelenkschwellungen. Behandlung: Aen-
derung der Lebensweise, Genuss reizloser
Speisen, Wassertrinken, Bewegung. Die
sogen. Arthritis pauperum, O. der Armen,
besteht in Knochenwuchemng der Gelenk-
enden. Vgl. Rheumatitmu»,
Gicht, die obere Oeffnung des Hohofens.
Oichtbeere, s. v. a. Ribes nigrum.
GichtgSM) Flammen, die aus einem hiitten-
männischen Ofen unbenutzt entweichen, bes.
die aus der Gicht (s.d.) entweichenden Gase,
enthalten Kohlenoxyd, Kohlenwasserstoff,
Wasserstoff, sind brennbar und dienen,
Sissend aufgefangen und abgeleitet, als
rennmaterial beim Puddeln.
Gichtpa^ier^ mit Pech- und Terpentin-
mischung überzogenes Papier, wird gegen
Gicht und Rheumatismus angewandt.
GichtrSbe, s. v. a. Bryonia alba.
Glchttaffei» wie Wachstaffet zubereiteter
Taffet, dient zum Einhüllen der von Gicht
und Rheumatismus befallenen Glieder.
GidSoBy Held und Heerführer (Richter)
der Israeliten, befreite sein Volk von der
siebonj ährigen Herrschaft der Midianiter.
Giebel, Christian Gottfr» Andr., Zoolog,
geb. 13. Sept. 1820 in Quedlinburg, seit 1861
Prof. der Zoologie in Halle. Eifriger Ver-
treter der Theorie von der allmähligen Ver-
vollkommnung der organ. Welt. Sehr. ,AI1-
gem. Paläontologie* (1852); ,Odontographie'
(1854); ,Dle Säugethiere* (1853-55); ,Lehrb.
der Zoologie' (3. Aufl. 1865); »Naturgeschichte
des Thierreichs' (1858—68, 5 Bde.) u. A.
Giebelfeld, s. Frontispiee,
Giebichenstein, histor. merkwürdiges.
Jetzt verfallenes Bergschloss bei Halle, an
der Saale. Sage vom Landgrafen Ludwig n.
von Thüringen, der, das. gefungen gehalten,
durch einen Sprung hinab in die Saale sich
befreite (daher der ,Springer*). Dabei Dorf
G. mit bedeutender Domäne, 9089 Ew,
Gieren 9 das nnregelmisii^e Abweicbon
des Schiffs von seinem Lauf, Fo]£:e l^bler-
haften Baues oder Steuerns.
Giesebrecht, Friedr. Wüh. Benjamin vofs,
Geschichtschreiber, geb. 5. März 1814 in
Berlin, seit 1857 Prof. der Geschichte zu
Königsberg, seit 1862 zu München. Haupt-
werk: «Geschichte der deutechen Kaiser-
zeit* (1860 ff.) ; Uebersetzung der Ar&nk. C^
schichte Gregors von Tours (1851).
Glessbmeliy berühmter Wasserfall im
Kanton Bern , an der Nordseite des S'aul-
homs; fliesst zum brienzer See.
Gle§sen, Hauptstedt der hess. Prov. Ober-
hessen, ehedem Festung, am Einflüsse der
Wieseck in die Lahn, 10,218 Ew. Uni^er-
sltät (seit 1607).
Giesspnckely nach unten spitz zulaufen-
des Gefäss für geschmolzene Massen.
Gift (Venenum, Virus), jeder Stoff*, der,
in hinreichender Menge dem Gtesammt-
körper oder seinen Theilen einverleibt,
auf diesen schädliche Wirkungen äoasert.
Ist das G. Krankheitsprodukt, so beisst es
Oontagium; Micumen sind Ansteckung^stoffe,
die, ausserhalb des Körpers erzeugt, Krank-
heiten veranlassen. Die G.e worden in
narkotische, ätzende, drastische and er-
regende, besser in Blut- und Nervengifte
eingetheilt. Vergiftung heisst der durch
die Giftwirkung hervorgerufene Znstand;
die Behandlung bezweckt zunächst Ent-
fernung des G.es aus dem Körper durch
Erregen von Brechen oder durch mecha-
nische Wegschaffnug , Unwirksammachung
desG.s durch bestimmte Mittel (Gegengifte),
Behandlung der bereits hervorgerufenen
Symptome. Vgl. Orßia (1853), Otto (1870).
Taylor (deutsch von Seydeler, 1883), JBu$e-
mann (1870-71).
Giftbaimi, s. Antiaris.
Giftfang, Schornstein, in welchem sich
beim Rösten arsenikh altiger Erze der mehl-
artige weisse Arsenik absetzt.
Gifthütten, Hüttenwerke .zur Gewinnung
arsenlecer Säure und anderer Arsenpräparato.
Giftpflanzen, Pflanzen, welche mehr oder
weniger giftig wirkende Substenzen ent-
halten, zum Theil wichtige Arzneipflanzen.
Deutschland hat deren etwa 40, davon die
stärksten: Ltactuoa vlrosa, Atropa Bella-
donna, Hyoscyamus niger, Datura Stramo-
nium, Solanum nigrum, Goninm maculatnm,
Aethnsa Cynapium, Gicuta vlrosa, Digitalis
purpurea, Ledum palustre, mehrere Banun-
culusarten , Helleborus niger , Aconitum
Napellusund Lycoctonum, Colchicum aatnm-
nale, Veratrum album, Paris quadrifolia,
Euphorbiaarten, Daphue Mezereum, Arura
maculatnm und mehrere Pilze. Y^l. Dietrich,
(1826), Hartinger (1861), RUek (1866).
Giftztein, Arsenikkies; arsenikalisoher
Ofenbruch, welcher sich beim Reinigen der
Metalle von Arsenik bildet; Bezoar.
Giftsumaeli, s. v. a. Rhns Toxioodendron.
Giftwurzel, s. Dorttenia. [Gabelwsgen.
Gig, einspänniger, zweirädriger offener
Giganten (gr.), in der griech.MyflioIogie
riesenhaftes, wildes, den Göttern feindliches
Geschlecht , nacA Hesiod Söhne der Oäa,
Gijon — Giro.
697
ttafirraten Berge auf Berge, um den Olymp sni
■türmen, worden von den Bl|tssen des Zeus
niedergeschmettert oder unter yulkan. Inseln
bei!rraben. Gigantomachia, Biesenkampf.
OyoiL (spr. Jichon), Stadt in der span.
ProT. Oviedo, am atlant. Ocean, 10,378 Ew.,
Hanptbafen- und Handelsplatz yon Asturien.
ttllay NebenflusB des Colorado, in Neu-
mexiko und Arizona, 90 M. lang.
Gil&n, 8. Ghildn,
Gllbertainseln^ Koralleninselgmppe In Po-
lynesien, unter demAequator. Etwa 60,000 Ew.
ttilbkravty Färbergioster, Schöllkraut.
(}U BlM (spr. Schil Bla), kom. Roman
von Lesage (s. d.).
Gilde (altsächs.), Genossenschaft, Yerbrü"
derung; Innung oder Zunft.
Oilead (a. G.), Gebirge in Palästina, Jenseits
des Jordans; auch das ganze Ostjordanisnd.
Qilet (fr., spr. Schileh), Jacke ohne Aermel,
Weste.
QUgit, Landschaft im westl. Hochasien.
ttigftken, ostasiat. Fischer- und Jagervolk,
am untern Amur, den Korj&ken verwandt.
Öillliluid, grosses Nordpolarland, 20 Bf.
östl. von Spitzbergen, 1707 zuerst vom Hol-
länder Gillis erblickt, 1864 vom Schweden
Nordenskjöld neu entdeckt und von Heuglin
1870 genauer eiuvisirt, wird wahrscheinlich
noch vom Golfstrom bespiilt; gegenwärtig
(Juli 1871) Ziel einer Österreich. Expedition.
Gilly (spr. Schilji), Fabrikstadt in der
beifc. Prov. Hennegau, 15,598 Ew.
OilolOy Insel, s. v. a. Dschilolo.
Üimiani, langhaarige türk. Fnssteppiche.
GimignanO (spr. Dschiminj-), Vineenxo da
San, eigentl. Tamagni, ital. Maler, Schüler
und Gehülfe Baphaels; t ^^ 1^^* Seine
Werke sehr geschätzt, aber selten.
Gimpe (Gimpf), Besatsschnur.
Gimpel (Pyrrhnla £ris».), Gattung der
Sperlingsvögel (Finken). Dompfaffe (P.
mbricilla PoUl.), 6V9". in Europa , Sibirien,
Japan, bei uns häufiger Zug- und Strich-
vogel, beliebter Stubenvogel (gelehrte G.)
Hakenkreuzschnabel, Sidcengimpel (P. enuclea-
tor L.), S^V, im hohen Norden, selten im
Winter bei uns. Grünfink, Girlitt (P. serinus
L.), b"j in Süd- und Mitteleuropa.
Gin (spr. Dschin, von Genever), engl. Na-
tional getränk, über Gewürzen destillirter
Branntwein, reich an ätherischen Oelen.
Gingang (Gingham), baumwollene glatte,
gestreifte oder gewürfelte Gewebe; mit
Seiden fäden durchschossen: Tndiennes»
GimengwnrseU J&a/<to«irceI)> ohines. Reiz-
mittel ans Nordchina, Japan, Nepaul, stammt
von Panaxarten; die amerikan. von Panax
quinquefolia ist ganz indifferent.
Ginfter . s. GenUta,
Gioberti (spr. Dscho-), VincenMo, ital. Ge-
lehrter und Staatsmann, geb. 5. April 1801
in Turin , seit 18A1 Kaplan am Hofe Karl
Alberts von Sardinien, von den Jesuiten der
Theilnahme an den Plänen des sogen. Jungen
Italiens' verdächtigt und exilirt. März 1848
znrüelcfl^erufen, trat er in die Kammer und
ward Mai deren Präsident, Okt. Präsident
des ital. Nationalkongresses zu Turin, Dec.
Itfinister; lebte später zu Paris in freiwilli-
gem Exil ; t 26. Okt. 1858. Bedeutender
Denker und eifriger Kämpfer ßlr Italiens
nationale Unabhängigkeit. Hauptwerke:
,Del primato civile e morale degP Italiani*
(1843) ; ,11 Gesuita moderne* (1849, 8 Bde. ;
deutsch 1,848—49, 3 Bde.) ; ,I)el rlnuovamento
civile d'Italia' (1851, 2 Bde.). Schriften ge-
sammelt (1843—45, 9 Bde.); nachgelassene
Sehr. (1859 f.).
Giordano (spr. Dschor-), Luea, ital. Maler,
geb. 1632 zu Neapel, f das. 1704; ahmte
die verschiedensten Meister täuschend nach
(»Proteus der Maler*). [Barbarelli.
Giorglone (spr. Dschordsch-) , Maler, s.
Giornieo (spr. Dschor-, deutsch Imi»),
Flecken im Kant. Tessin, 750 Ew.; 28. Dec.
1478 Sieg der Schweizer (600) über die Mai-
länder (14,000) unter Graf Torello.
Gipfeldflrre, Krankheit der Holzgewächse,
besonders des Nadelholzes bei schlechtem
Boden, zu starker Beschattung, zu dichtem
StAud, Verletzungen, anhaltender Dürre.
Giraffe (Kamelparder, Gamelopardalis L.),
Tliiergattung der Wiederkäuer. Gemeine G.
(C. Giraffa L.), 18—20% familienweise im
heissen Afrika, das höchste Landthler.
GIrande (fr., spr. Schirangd), Gruppe
Wasserstrahlen bei Springbrunnen.
Ginndole (fr., spr. Schirangdohl) , bei
Lustfeuerwerken eine Fenergarbe ans Hun-
derten und Tausenden von Raketen.
Girardln (spr. Schirardäng), 1) Franf. Ana.
St. Marc, franz. PubJicist, geb. 21. Febr. 1801
zu Paris, nach der Jnlirevolution 1830 Ver-
treter Guizots an der Sorbonne, 1834 Depu-
tirter, 1840 Akademiker, später Mitglied des
Oberstudienraths. Sehr. ,Tableau de la
raarche et des progtis de la littftrature fran-
caise au XVIieme aiheW (1828); f,M61ange8
de litt6rature et de morale* (1840, 2 Bde.);
,Oours de littirature francalse' (1851) n. A.
— 2) Emile de G., franz. Publieist, geb. 27.
Juni 1806 in der Schweiz, angebl. illegitimer
Sohn des royalist. Generals Alexandre de G.,
ward 1834 kammerdeputirter, gründete das
Journal ,La Presse* als Organ der konser-
vativen Politik, scbloss sich nach der
Februarrevolution 1848 der republikanischen
Partei, als Mitglied der Nationalversamm-
lung 1849—51 der Bergpartei an. Nach 2.
Dec. 1851 aus Frankreich verbannt, kehrte er
Fel^r. 1852 nach Paris zurück, leitete wieder
die oberste Redaktion der ,Pres8e' bis 1856.
Später Gegner des Imperialismus und Chau-
vinist, gründete er das Jonmal ,Libert6*,
1870 einer der heftigsten Schärer des Kriegs.
Girardon (spr. Schirardong^, Franf., franz.
Bildhauer , geb. 16. März 1628 zu Troyes,
f 1. Sept. 1715 zu Paris als Kanzler der
Akademie. Hauptwerke: Richelieus Grab-
mal (Sorbonnenkirohe), Ludwigs XIV. Reiter-
statue (In der Revolution zertrümmert).
Girgeh. Stadt, s. Deohirdacheh,
Girgenii (spr. Dschirdsch-), sicil. Prov.,
70,1 QM. und 272,015 Sw. Die BampUtadi
G., das alte Agrigent, 15,925 Ew. Hafen.
GirliU, s. Gimpd.
Giro (ital., spr. Dschir), Kreis, das Indossa-
ment (s. d.) oder die Uebertragung eines
Wechsels auf einen Andern. Girant, der,
698
Girodet-Trioson — Glariden.
w«lch«r «inen glrlrten Wechsel an einen
Anden indosairt; Girat, der, an welchen
das Indossament gerichtet ist. Oirobanktn,
8. Bank.
Gifodet-TriOM« (spr. Schiroda -Trio-
song), Ann» LouU de Cousay, franz. Historien-
maler, geb. 5. Febr. 1767 zu Hontargis,
Schäler Davids (neben 66rard der berühm-
teste); t 9. Dec. 1824 zu Paris. Zahlreiche
Werice (Sändfluthscene, Empörung zu Kairo,
Atala, die Heerführer der Vend^e etc.).
dlronde (spr. Schirongd), der Unterlauf der
Garonne (s. d.). Das franz. Depart. 6., 176,8
QM. und 701,855 Ew. Hauptstadt Bordeaux.
dirondisten (spr. Schirongd-), Name der
gemässigt republikan. Partei in der ersten
franz. Revolution, deren Hauptwortführer
dem Depart. Glronde angehörten. Es waren
dies Yerg^iaud, Guadet, Gensonn^, Grange-
neuve und Dncos, denen sich dann ausser
Brissot und Roland und deren Anhängern
hervorragende Mitglieder des Gentrnms,
Oondorcet, Fauchet, Lasource, Isnard, Ker-
saint und Henri Larivi^ro ansclilossen. Die
G. bildeten im Konvent die äusserste Rechte,
stimmten zwar für den Tod des Königs,
suchten ihn aber durch Appellation an das
Volk zu retten. Von den Jakobinern ge-
stürzt, suchten sie vergebens eine Schild-
erhebung zu ihren Gunsten zu veranlassen.
Am 24. Okt. 1793 ward der Prozess gegen
sie oröffiiet, am 31. wurden 21 G. guillo-
tinlrt, der Rest später. Vgl. Lamartine
(1847, 8 Bde.) und Oranier de Cauagnac (1860).
Oigtke, Robert, Schriftsteller, geb. 15. Jan.
1827 zu Harienwerder, seit 1863 in Berlin..
Sehr. Romane: «Moderne Titanen' (1850),
,PfarrrÖ8cheu< (1851), ,Käthchen< (1864) etc. ;
Dramen: ,Moi'itz von Sachsen' (1860), ,Dram.
Bilder aus der deutschen Geschichte' (1865).
tiUkra, Karl, österr. Staatsmann, geb.
1822 in Mährisch-Trübau , erst Prof. der
polit. Wissenschaften zu Wien, 1848 Mitglied
des frankf. Parlaments (linkes Gentrum),
seit 1859 Advokat zu Brunn, 1860 Abgeord-
net'Or zum österr. Reichsrath, hier Führer
der deutsc)i-mähr. Partei ; vom SO. Dec. 1867
bis 12. April 1870 Minister des Innern.
Gitschin, Kreis im östl. Böhmen, 54 QM.
und 3S4,8!)7 Ew. Die Hauptstadt G., an der
Gydliiia, 5715 Ew. Nachtgefecht 29. Juni 1866.
Giuilo Romano (spr. Dschu-), eigeutl.
Pippi, ital. Maler und Architekt, geb. 1492
in Rom, talentvollster Schüler und Gehülfe
Raphaels, nach dessen Tode in Mautua
thätig, wo er eine wilde, oft anstössige Ma-
nierannahm; 1 1.546. Hauptwerke: mythol.
Fresken und Altarbilder (Rom), Madonna
(Dresden, Stephanus (Genua). Bauten: Villa
Madonna (Rom) , Falazzo del Te (Mantna).
GlarglwD (spr. Dschurd sch-)> Handelsstadt
in der Walachei, an der Donau, 10,557 Ew.
Giusti (spr. Dschu-), Giuseppe, ital. polit.
Dichter, geb. 12. Mai 1809 zu Monsuuano
bei Pescia, f 31. März 1850 zu Florenz.
Der ,B6ranger Italiens'. Seine ,Versi' (1845
und öfter) durch Kraft nnd Prägnanz des
Stils ausgezeichnet; hervorzuheben die satir.
Rhapsodie ,Gingilliuo' (d. i. Kriecher^.
ttlasto (spr. Dschu-), dem Tempo gemäss.
Cllfet (spr. Schi wä),. feste Stadt im franz.
Depart. Ardennen , an der Maas , dicht an
der belg. Grenze, mit der gegenfiberlie^en-
den Festung C^arlemont 6404 Ew.
Oizeh, Ort, s. Dschiseh.
Glace (fr., spr. Glas), Eis; glaciren» mit
einer glatten glänzenden Fläche überziehen.
Glacles Hariae, s. v. a.Gypsspath, s. Gypa.
Gladbach, 1) (Mönehen-G.) Kreisstadt im
preuss. Regbz. Düsseldorf, an der Kiers,
22,149 Ew. Hauptsitz der rheinischen Ma-
schinenspinnerei und Weberei. — 2) Stadt im
preuss. Regbz. Köln, Kr. Mülheim, 5^9 £w.
Gladiatoren (lat.), bei Ben Römern Fechter,
welche in den öfTontl. Kampfspielen miteinan-
der kämpften (Sklaven, Kriegsgefangrene).
Gladii Jas (lat.), das Recht, die Todes-
strnfe zu verhängen. 6^. po«na, Enthauptung.
Glftdldlvs L. (Siegwurz, Ketztfchtoertel).
Pflanzengattnng der Irideen. G. comtnunis
L., in Südeuropa, liefert die runde Si^:-
wurzel. Zierpflanzen.
Glftdstone (spr. Gläddston), William
Eioart, engl. Staatsmann, geb. 89. I>ec. 18ü9
zu Liverpool, ward 1834 Parlamentsmitglied
und Unterstaatssekretär für die Kolonien
im Ministerium Peel, Mai 1843 Präsident des
Handelsamts und Mitglied des Kabiuets,
1845 Staatssekretär für. die Kolonien , Dec.
1852 Schatzkanzler, 1858 ausserordentlicher
Lordkommissär auf den jon. Inseln, Juni
1859 bis Juli 1866 und seit 1868 wieder Schatz-
kanzler. Ausgezeichn. Redner. Sehr. ,The
State in its relations with the chorch* (1838),-
, Homer and Homeric age' (1858, 8 Bde.).
Glänze, s. r. a. Appretur. [8977' hoch.
GlMrnisch. Gebirgsstock im Kanton Olanis,
Gläser, Franz, Opemkomponist , geb. 19.
April 1798 zu Geoi'genthal (Böhmen), erst
in Wien und Berlin, seit 1842 Hofkapell-
meister in Kopenhagen; f 29. Aug. 1861.
Am bekanntesten ,Des Adlers Horst'.
Glattstahl, s. v. a. Brunlrstahl. [matlen.
Glagolitza, altslav. Alphabet, bes. iu Dal-
Glaraorgan (spr. Giämonräii], Grafschaft
im engl. Fürstenth. Wales, 40,sQM. n. 317,752
Ew. Steinkohlen h. Eisen. Hauptst. Cardiff.
Glandeln, Drüsen.
Glans (lat.), Eichel.
Glanzgase, mit Hausenblasenlösung über-
sti'ichencr Tüll , dessen Löcher verklebt
sind, dient zum Bedecken von Bildern ete.
Glanzgras, s. fhalarie.
Glanzkohle, s. v. a. Anthracit.
GlKnz\e^et( Lackleder, Laekirleder), feines
lobgares, mit Oel getränktes und mit gefärb-
tem glänzenden Fimisslack anf einer Seite
überzogenes Leder, bes. Schaf- u. Kalbleder.
Glanzleinwand (Glantschatter, Glandrat-
tun), lockeres leinenes, meist baumwollenes
Gewebe, mit Stärke nnd Gummi überzogen
und glänzend gemacht, dient als Futterzeug.
Glanzruss, fester glänzender Rnss, bild^
sich bes. bei Feuerung mit Buchenholz, reich
an theerigen Produkten, froher offidnell
(Fiiligo), wird auf Bister verarbeitet.
Glanzstärke, Stärkemehl mit i^b Stesrin-
säurepulver , gibt bei der Appretur Olaos.
Glariden (dariden), Gebirgsstock auf d«r
Grenze der Kautone Url nnd Glanis, lOylSS*.
Glartis — CHasgow.
699
dlftras, Kanton der ostl. Schweiz, 12,5 QM.
und (1870) 35,323 Ew. (dariinter6896 Kathol.) ;
Alpenland (Big!, 5541') mit treffl. Weiden,
Ton der Linth bewässert; an den Grenzen
der Züricher-, Zuger- nndVierwaldstattersee.
Schwefelquelle zu Stachelberg. Viehzucht
und Fabrikat, von Baumwollzengen. Rein
demokrat. Verfassung (vom 22. Mal 1842).
Staatseinnahme 1865 : 425,000 Frcs., Ausgabe
391,000 Frcs., Schuld 2Va Hill. Frcs., Bundes-
kontlngent 9244 Mann. Der Hauptort Gr.
(tr. Glurts), an der Linth, 4797 Ew.; 1861
total abgebrannt. — Früher zum Stift Seckin-
gen, später zu Oesterrefch gehörig, durch die
Schlacht bei Käfels 1388 von diesem befi'eit.
Glas, zusammengeschmolzenes amorphes
Gemenge verschiedener kieselsauren Salze :
KalikcdkgloB (bühm. oder leichtes KrystaU'
glas), vollkommen farblos, äusserst streng-
flüssig, hart, chemisch beständig; Spiegel-
glas ist häufig ein Qemisch von dieser mit
der folgenden Sorte. Natronkalkglas (franz.
G. , Fensterglas), bläulichgrüu , weniger
strengflüssig, aber härter; hierher gehört
das Crown- oder Krongla». Kali-Bleioxydglas
( Krystqllglas) , weich, leicht schmelzbar,
schwer, mit hohem Glanz u. Lichtbrechungs-
vermögen und schönem Klang ; Varietäten :
Flintglas , reicher an Blei , auch wismuth-
und borsänrehaltig, optisches 6. und Strasse
die Grundlage der künstlichen Edelsteine.
Thonerdekalk-Jlkaliglas(£outeillenglas),röth-
lichgelb, dunkelgrün, enthält Eisen, Man-
gan, oft Magnesia, wenig Alkali. JSohmate-
rialien: Kieselsäure (Quarz, Sand, Feuer-
stein, zu Bouteillenglas Mergel^ Lehm);
Borsäure, erhöht Schmelzbarkeit und Glanz,
verhindert das En^lasen; Alkalien (Pot-
asche, Soda, Glaubersalz mit Kohle), machen
das G. leichtflüssig und weich ; Natrou, gibt
Glanz, aber blaugrüne Färbung ; Kalk, macht
G. beständiger, härter, glänzender, streug-
fiüssiger, hiehr noch Magnesia und Thou;
Blei- und Wismutlioxyd, machen es leicht-
flüssig, weich, schleifbar , erhöhen Glanz
und Lichtbrechungsvermögen ; Baryt, macht
härter als Blei; Zink, hebt die I^tronfär-
bung auf; Eisen und Mangan, färben und
machen leichtflüssig; Feldspath, Pechstein,
Bimsstein, Klingstein, Amphibol, Basalt,
Lavou, Schlacken, geben mit gewissen Zu-
sätzen gutes G. — Bereitung'. Mau schmilzt
die Materialien, wohl gemischt, mit Vs ihres
Gewichts Glasscherben in deu jetzt häufig
mit Gas (Siemens Generatorofen) geheizten
Glasöfen in feuerfesteu Thonhäfen und lässt
nach Abscheidung der Unreiuigkeiten (Glas-
galle etc.) aus dem dünnflüssigen G.e (bei
1200O G.) die Masse auf 700— SOG« C. erkalten,
wo das G. ungemein dehnbarnnd geschmeidig
ist. Man verarbeitet es dann mit der Pfeife,
einem 4 — 5' langen filasrolir mit einem
Knopf, an welchem die Glasmasse haftet
and sich durch Einblasen von Luft zu einem
hohlen Körper gestaltet. Dieser wird wieder-
liolt im Ofen angewäi;mt und erhält durch
weiteres Ausblasen und geschickte Hand-
grilfe die gewünschte Form. So wird alles
Hohlglas dargestellt; Tafelglas ist meist
WaUenglas, welches durch Aufschneiden
eines an der Pfeife gebildeten hohlen Cylin-
ders und Ausstrecken der gebogenen Platte
im Streckofen entsteht. Spiegelglas wird auf
einer erhitzten Metallplatte gegossen , ge-
schliffen und polirt. Glasröhren werden
durch schnelles Ausziehen eiues an der
Pfeife geblasenen Ballons hergestellt. Kry-
stallglas ist leichter zu verarbeiten, kann
häufiger angewärmt werden, ohne zu ent-
glasen (krystallisiren); man schleift es mit
Sand und Wasser auf der schnell rotirenden
Schneidscheibe, glättet mit der nassen
steinernen Glättscheibe, polirt auf einer
hölzernen und zuletzt auf der B&rsten-
scheibe. Optisches G. (Flint- und Elronglas),
von grosser Härte, Durchsichtigkeit und
lichtbrechender Kraft, schwer herzustellen,
weil es vollkommene Gleichmässigkeit der
Masse ohne' Schlieren und Streifen erfor-
dert. Schnell erkaltetes G. ist äusserst
spröde (s. Qlasthr'dnen, Bologneser Flasche);
alles geformte G. wird deshalb in besondern
Oefen sehr langsam gekühlt. — Gefärbt wird
G. mit Metalloxyden, üeberfangglas ist un-
gefärbt und nur durch Eintauchen oder Be-
streichen mit einer dünnen Schicht gefärbten
G.es überzogen. Bein- oder Milchglas ist
durch phosphorsauren Kalk (Knochen oder
Guano) getrübt. Alabaster-, Opal-, Reis-,
üeissteinglas ist unvollkommen geschtholzen
und durch unaufgelöste Theilcheu getrübt.
Bisglas ist durch Eintauchen des glühenden
G.es in Wasser mit zahllosen Kissen ver-
sehen, die durch weiteres Ausblasen des
wieder erhitzten G.es geöfi'net werden.
Mit verdünnter Schwefelsäure befeuchtetes
G. kann mit eiserneu Werkzeugen bearbeitet
werden. Geätzt wird G. mit Fluorwasser-
stoff'säure; blind gewordenes wir«l durch
Waschen mit Fluorwasserstoff wloder klar.
Man erkennt, dh G. erblinden wird, wenn
man 24 Stunden Salzsäuredämpfe darauf
einwirken lässt. Es darf dann, 24 Stunden
staubfrei aufbewahrt, nicht den leisesten
Anflug ze^en. — Die Chinesen formten 6.
schon 2000 Jahre v. Chr. Auch in Aegypten
ist die Kenutniss des G.es uralt. Unter
Tiberius wurden kunstreiche Glaswaareu
dargestellt. Im 13. Jahrh. blühte die Gla.s-
industrie in Venedig (Erfindung des Kry stall-
glases), von dort kam sie nacli Böhmen und
Frankreich (gegossene Spiegel). Fenster-
scheiben gegen Ende des 17. Jahrb. noch
seiton. Vgl. Stein (1862), Schür (1866).
GlasblSserlsnipe, mit Talg oder Baumöl
gespeiste Lampe mit starkem Docht oder
eine mit einem (Gebläse augefachte Gas-
flamme, dient zur Verarbeitung des Glases.
tilasdiamaiiten, farbloser Strass in Dia-
manteuform geschliffen, an seiner Weiche
erkennbar. [schuugen; s. v. a. Amausen.
Glasflüsse, sehr leichtflüssige Glasmi-
Glasgow (spr. Glässgoh), grösste Handels-
und Fabrikstadt Schottlands in der Grafsch.
Lanark, am Clyde (3 Brücken), (1870) 468,189
Ew. Prächtige Strassen (Argylestreet) und
Plätze (Greenpark). Hauptgebäude : Kathe-
di-ale (1133 gegr.), kathol. Kirche, Irrenhaus,
Gefängniss, Bank. Universität (seit 1450) mit
dem hunterschen Museum, Andersonunlver-
700
Glasleinwand — Gleichung.
slt&t (seit 1796). Hanptiits der Bchott. Baum-
woUindiistrie, Athenäam. Hafen I^rt-O.,
an der Mi'indnng des Clyde, 7214 Ew.
QlMlelnwand, mit scharfem Glaspulver
&berx(>gene Iieinwaud sum Schleifen.
GlasmacheneifB^ s. t. a. weisser Arsenik.
(Glasmalerei, die Kunst, durchscheinende
Tarbeu auf ehem. Wege auf Glas zu über-
tragen und mittelst derselben Bilder her-
sustellen. Zwei Arten des techn. Verfahrens :
die ältere (mechanisch und mangelhaft),
welche farbiges Glas schneidet und nach
einem Vorbild zusammensetzt, wobei die
grossentheils sehr icleinen Olasstüclce mit-
telst Bleieinfassungen verbunden werden ;
die andere neuere (sehr vollicommen), nach
welclier man farblose Glastafeln bemalt, und
die Farben dann einbrennt. Obschon in
ihren Grundzügen bis auf das Alterthnm
zurückführbar, erhielt die G. ihre eigentl.
Anwendung und Ausbildung erst im Mittel-
alter, namentl. in der Perlode der goth.
Baukunst, zu deren eigenth um liebem Wesen
-sie vorwiegend gehört. Die ältesten be-
kannten Glasgemälde sind die ira Kloster
Tegemsee (10. Jahrb.); mit dem 14. und 15.
Jahrh. werden sie immer zahlreicher, bis
mit der Beformation die Kunst allmählig
verfällt und am Schlnss des 17. Jahrh. fost
gänzlich erlischt. Wiedererweckung der 6.
im 19. Jahrh. durch Mohn u. Vörtel in Dres-
den, Frank in Nürnberg und Scheinert in
Meissen ; Vervollkommnung derselben bes. in
München durch Gärtner, Hess und namentl.
Ainmüller. Bedeutendste Anstalten gegen-
wärtig in München und Berlin; ausserdem
in Nürnberg, Wien, Brüssel, Paris etc. Vgl.
Wackemagd, «Gesch. der deutschen G.', 1855.
Glaspapier, mit scharfem Glaspulver über-
zogenes Papier zum Schleifen; zwischen
Glasplatten dargestellte Leim- oder Hausen-
blasenfolle zum Durchzeichnet.
Glaspech, s. v. a. gekochter Terpentin.
Glassbrenner , Adolf, humorist. Sclirlft-
steiler, geb. 27. März 1810 zu Berlin, lebt
daselbst. Hauptwerke die witzigen Epen
,Der neue Reineke Fuchs* (2. Aufl. 1854) und
,Die verkehrte Welt' (5. Aufl. 1865). Sehr,
ausserdem Gedichte (3. Aufl. 1857), ,Berlin
wie es ist und trinkt' (1832-50, 31 Hefte) u. A.
Glasschleifen und Glasschneldeii, s. Glas.
Glasthr&nen, schnell abgekühlte, in eine
Spitze auslaufende Glastropfen, welche beim
Abbrechen dieser Spitze plötzlich zu Staub
zersplittern. Vgl. £ologne$er Flasche.
Glasur, glänzender, glasähnlicher Ueber-
zng auf Thonwaaren; strengflüssige aus
Kaolin, Quarz und Kalk auf Porzellan,
leichtflüssige aus Bleioxyd, Quarz und Thon
auf Fayenoe und Töpfei^schlrr (darf an
Essig kein Blei abgeben). Emailglcuuren
entlialteu Zinnozyd und sind undurchsichtig.
Lüster sind Erd- und Alkaliglasuren in
äusserst dünner Schicht.
Glati, Grafschaft in Schlesien, der süd-
östliche Theil des Regbz. Breslau, 24 QM.,
prächtige Gebirgslandschaft mit Mineral-
quellen (Reinerz, Landeck etc.). Die be-
festigte ITaiipf«/. G., anderNeisse, 11,821 Ew.
GlaUer Gebirge, Theil des Sudetensystems
in Sohlesien, Högelplatean Ton ISOO' Hob«
mit 4 Bandgebirgen: im N. tehweidniizer
Gebirge, im W. J7eu«e)leuer(2870') nnAHabel-
echteertgeb, (4900') nebst den böhm. ICSmm^u
(8500'), im O. BuUn- (31000 und Beichemstei-
nergeb. (36000, im S. glaUtr Sehneegeb. (4400').
GlaiiDerBau, neutrales schwefelsaures
Natron, findet sich in Salzseen, Mineral-
wässern, im Meer und in Salzsoolen, als
Th6nardit und Glauberit, wird vielfach als
Nebenprodukt gewonnen, krystallisirt iu
der Kälte aus kochsalz- und bittersalzhal-
tigen Lösungen (Mutterlaugen der Salinen)
und wird ans Kochsalz und Schwefeisaare
in Snlfatöfen dargestellt. Krystallisirt mit
10 Aeq. Wasfler, verwittert an der Luft, ist
farblos, schmeckt kühlend bitter, ist leicht
löslich in Wasser (am leichtesten bei SQo c.),
dient zur Darstellung von Soda, Ultramarin,
Glas, Kältemischuugen, zum Ausbringen des
Antimons, in der Medlcin nnd Färberei.
Giavchaii, Stadt im säcbs. Regbz. Zwickau,
an der zwickauer Mulde, 19,868 £w., 8
Schlösser; zweite Industriestadt Sachsens
mit grossen Fabriken für Wolle, Baumvroll-
und gemischte Waaren, Druckereien, Eisen-
glessereien und Maschinenbauanstalten etc.
Glanköm (gr.), grüner Staar, gefährliche
Augenkrankheit, die oft rasch zu Erblin-
dung führt. Symptome : hochgradige Span-
nung des Augapfels und meergrüner Schein
der Papille , Schmerz , Unvermögen zum
Sehen. Behandlung durch Ausschneiden
eines Stückes der Regenbogenhaut.
Glebae adscriptns (lat.), ein an die Scholle
Gefesselter, d. i. Leibeigener.
Gleditschia L., Pflanzengattung der Kas-
sieeu. G. triacauthos L., Schotendom, Zucker-
echotenbaum, in Nordamerika, liefert Nutz-
holz, in den Hülsen Viehfutter; Zierbaum.
Gleichberge, 2 isolirte Basaltberge, westl.
von Hildburghausen, 2444' und 2110* hoch,
zur Vorderrhöu gerechnet.
Gleichen (die drei G.), 3 Burgen in Thü-
riDgen, zwischen Crotha und Arnstadt: Bitrg
G. (ehedem Sitz der Grafen von O,, 163U
ausgestorben), JlfUhlberg und Wache^iburg.
Gleichenberg, Kur- und Badeort in Steier-
mark, Kr. Glatz; Wasser vielversandt.
Gleichgewicht, der durch meiirereeiuander
entgegenwirkende Kräfte bedingte Zustand
der Ruhe; feste Körper sind in G., wenn
der Schwerpunkt unterstützt wird, und zwar
im stabilen, wenn bei eintretender Bewe-
gung der Schwerpunkt steigen, im labHen,
wenn bei eintretender Bewegung der Schwer-
punkt eine tiefere Lage annehmen muss.
Gleichung, in der Algebra doppelter Aus-
druck für eine und dieselbe Grösse, besteht
aus 2 durch das Gleichheitszeichen (=) mit
einander verbundenen Seiten, die Je aus
einem oder aus mehreren durch -\- oder —
verbundenen Grössen (Gliedern) bestehen.
Eine G. Ist eine analytische, wenn sie ganz
allgem. Geltung hat, eine algebraische, wenn
sie nur unter der Voraussetzung richtig ist,
dass ein in derselben vorkommender Buch-
stabe (die unbekannte Grösse, gewöhnl. x,
y, z) einen bestimiiiten Werth repräsentlrt.
Mau klassiflcirt die G.en nach der Zahl der
Gleim — Glöckner.
701
ünbekAnniea tiad nach der Potenz oder
dem Grade derselben und nnterscheidet dem-
gemäss G.en mit Einer Unbekannten und
G.en mit mehreren Unbekannten, G.en des
ersten, sweiten, dritten etc. Grades.
Glelniy Joh. Wilh. Ludto., Dichter, geb.
8. April 1719 KU Ermsleben im Halberstädti«
sehen, seit 1747 Sekretär des Domkapitels
in Halberstadt nnd Kanonikus des Stifts
Walbeck; t 18. Febr. 1803. Förderer der
deutschen Poesie durch rege Theilnahme
an allen neuen Erscheinungen und Unter-
stützung Jüngerer Talente. Unter seinen Ge-
dichten hervorzuheben die ,Preuss. Kriegs-
lieder eines Grenadiers' (1758), das Lehrge-
dicht ,HaIlad8t< (1774) und seine ,Fabe1n und
Erzählungen*. Sämmtl. Werke (neue Ausg.
1841, 8 B*».). Biogr. von Kfirte (1811).
Gieissen , Dorf im preuss. Begbz. Frank-
furt, Kr. Sternberg, 955 Ew. . Mineral- und
Kohlenschlammbad, Alaunvrerk (3000 Ctr.).
Oleisweiler , Dorf in der Hheinpfalz , bei
Landau ; Kaltwasser- und Traubeukuranstalt.
Gleiwltl, Kreisstadt im. prouss. Regbz.
Oppeln, au derKlodnitz, 12,273 Ew. Mittel-
punkt des oberschles. Berg- u. Hüttenbaues.
til^naninseln (spr. Glenang-), 9 Felsen-
eilaude an der Küste der Bretagne.
Olenmore, romant. Thal in der schott.
Grafschaft Inverness, mit dem Nesssee, vom
kaledon. Kanal durchzogen.
Gletscher (in Tirol Ferrur, in Steiermark
Kees, in Island JöJcul, in Norwegen Gykl),
Eismassen, welche sich in einigen Gebirgen
der gemässigten und kalten Zonen von dem
ewigen Schnee (Firn) in die Thäler und
Schluchten hinabziehen, oft 5000' weit, in
Grönland Island, Spitzbergen, Lappland und
Fatagonlen (463/s® südl. Br.) bis ins Meer;
in den Alpen ca. GO QM. gross, in schwa-
chen Spuren auch auf den Karpathen nnd
Pyrenäen, in sehr grosser Ausdelinung aber
in Skaudlnavien vorhanden. Sie entstehen,
indem der Firn, in die Thäler und Schluch-
ten hinabgedrängt, durch den Wechsel der
Temperatur von Tag und Nacht, Sommer
und Winter allmählig Immer körniger wird
und endlich in Eis übergeht; sie sind un-
versiegbare Quellen der Ströme. Alle G.
bewegen sich so weit unter die Schneelinie
hiuab, bis das Jährl. Abthauen (Zurückwei-
chen) dem Jährl. Vorrücken gleichkommt.
Sie schieben Moränen (Anhäufungen von
Schutt und Steinblöcken) vor sich hin oder
tragen solche auf sich (s. Gandecken).
Giledemianny s. Gewandung.
Gllederthiere (Arthrozoa) , 2. Kreis des
Tbierreichs, umfässt Thiere ohne inneres
Skelet, mit von beweglichen Ringeln be-
decktem Leib und gegliederten Qliedmasseu :
Insekten, Spinnen, Krebse, Würmer.
. GUedsehwamni (Tumor albus), chronische
Gelenkentzündung, bes. am Knie, veranlasst
starke Schwellung und Verunstaltung des
Gelenks, geht bisweilen in Eiterung über.
Behandlung durch feste Verbände.
Glimmer (Mica, Katzengold, Kateenaüber,
Mariengla$), Mineral aus der Klasse der
wasserfreien Amphoterolithe. Kaiiglimmer
CMnsoovlt, Phengit), farbloi oder gefärbt.
sehr spaltbar und häufig grosse dnrchslch-
tige Platten bildend, besteht aus kiesel-
saurem Kali und kieselsaurer Thonerde,
sehr verbreitet in Felsarten und als Glimmer-
schiefer in Sibirien, der Schweiz, Schwe-
den, Finnland, dient zu Fensterscheiben,
Lampencylindern, Schutzbrillen, Objektträ-
ger für das Milcroskop etc. Lithionglimmer
OHiepidolith) enthält Rubidium, Oäsium und
bis 6<Vo Lithion, in Sachsen, Mähren, Com-
wall, dient zur Gewinnung der genannten
Alkalien. Magnesiaglimmer (Biotit, Rubel-
lau) , enthält neben Kali 9— 300/o Magnesia,
Bestandtheil zahlreicher Gesteine.
Glimmerporphjrr , s. Porphyr.
Glimmerschiefer, Felsart, krystallinisch*
schiefriges Gemenge von Glimmer und
Quarz, Glied des krystallinischen Schiefer-
gebirges, erreicht bis 20,000' Mächtigkeit,
im Thüringerwald, Erz- und Riesengebirge,
in den Sudeten, Alpen, in Skandinavien,
im Ural, Himalaya etc., liefert bei der Ver-
witterung meist nicht sehr guten Boden,
dient zum Dachdecken, als Baustein, zur
Konstruktion des Schmelzraums in Oefen,
(Gestellstein); führt sehr häufig Erze.
Glinka. 3fich. von, russ. Musiker, geb.
1803 zu Nowospask, Schüler von Field und
Dehn, f 3. Febr. 1867 in Berlin. Lieblings-
kompönist der Russen. Opern: ,Das Leben
für den Czar* und ,Russlan und Ludmilla*,
Orchester werke, Lieder. [schleifend.
Glissando (gliesato, ital., Mus.), glatt, sanft
Giobeöl (VttlkanUl, PhÜnixöl) , Erdöl aus
Westvirgiuien, zur Beleuchtung untauglich,
aber treffliches Schmieröl ; sehr billig.
Glocken werden aus Glockengut, Glocken-
speise, einer Legirung aus 80 Th. Kupfer und
20 Th. Zinn, auch aus Spiegeleisen oder Gnss-
stahl in Lehmformen gegossen. Der Ton
der G. ist von der Beschaffenheit des Me-
talls und von der Form abhängig; der grösste
Purchmesser liegt an der Mündung, die
grösste Metallstärke am Schlagring; der
Durchmesser des obersten Theiis (Haube)
halb so gross als der untere* Grösste Weite
die löfache Metallstärke des Schlagringes,
die Hoho, aussen schräg gemessen, das 12-
fache. Grössere G. sollen zuerst von Pau-
linus Nolanus, Bischof von Noia in Kampa-
nien, im 4. Jahrb. gegossen worden sein;
die grössten G. hat Moskau (Iwan Wielke
4320 Ctr.); Toulouse hat eine von 550, Wien
von 514 Ctr. Emony in Amsterdam gab die
ersten Konstruktionsregeln. Silber fllndet
sich in G. nicht in grosserer Menge, es
verschlechtert den Ton. Vgl. Hahn, ,<iam-
panologie*, 1802 ; Otte, ,GlockenknndeS 1858;
Bischoff, ,Das Kupfer*, 1865.
GlocKenblnme. s. Oampanula,
Glockenipit (QlockenmetaU), s. Glocken.
Glockenspiel (ital. CampaneHa), besteht
aus einer Reihe abgestimmter Glocken, die
mit Hämmern geschlagen werden.
Glockcnstnbe , in Glockenthürmen der
mit Schalllöchern versehene Raum für das
Gerüst der Glocken (Qloekemüuld).
Glockentaufle. bei den Kathol. die feierl.
Einsegnung und Benennung der Glocken.
Glöckner 9 s. Qro»»glochner^
702
Glogau — Glyceiin.
6l0fMi (Grö$»glfOgim), befaftigteKreiMtadt
im preusB. Begte. Liegnitss , an der Oder,
17,960 Ew., Schloss, S Gymiiasi«ii. Das
ehem. JP%irste»thum 6., später Herxogthum,
nmfasste das ganze nördl. Niederschlesien ;
erlosch 1560 dorch Aussterben.
QlOffgmitMm Marktflecken in Unteröster-
reich, 3777 £w. Schloss, Maschinen-, Blei-
weissfabr., Hammerwerke. An&ngspunkt
der Bahn über den Semmering.
dloire (fr., spr. Gloabr), Ruhm; meist im
prahlenden Sinn yon frans. Ruhmredigkeit
gebraucht.
GlovneB-Elfy grösster Fluss Norwegens,
entspringt am DovreQeld bei Röraas, mündet
bei Frederiksstad in das Skagerrak; 40 M.
Gloaoin. s. v. a. Nitroglycerin.
Gloria (lat), Ruhm, Pracht; der sogen.
Lobgesang der Engel, ein in der kath. Kirche
während des Hochamts gebräuchliclier Ge-
sang, der S. Theil der Messe. Glorißkation,
Verherrlichung. Oloriiren , sich rühmen,
prahlen. OloriSs, ruhmyoU, ruhmredig.
Glorie 9 8. ▼. a. Heiligenschein.
GlOHO (gr.), die Erklärung eines dunkeln,
bes. veralteten Worts. GloMtUor , der Er-
klärer solcher Wörter ; Glo$aarium, . Samm-
lung solcher Erklärungen. In der Rechts-
wissenschaft heissen G.n kurze Erklärungen
des Textes der jnstinianeischen Kechts-
bücher, yon Accnrsius in ein Ganzes zu-
sammengestellt. In der Dichtkunst ist G.
die poet. Ausfuhrung eines Themas in der
Weise, daas jede Strophe mit einem Verse
des Themas schliesst oder (seltener) beginnt.
Glossitis (gr.), Zungenentzündung, [cheu.
Glomolalie (gr.). Reden in fremden Spra-
Glossop, Fabrikort in der engl. Grafschaft
Derby, 19,100 Ew. Baumwollonmanufaktur.
Gloucester (G/oc««<er, spr. Gloster), 1) Graf-
schaft (Herzoigtlium) im südwestl. England,
59,1 QM. und 485,770 Ew., Viehzucht ((^'ou-
eeUerkäse), Tuchfabrikat. Die Hauptstadt G.,
am Severn, 16,512 Ew. Croth. Kathedrale.
Stecknadelfabr., Miueralbäder. — 8) Seestadt
in Massachusetts (Nordamerika), 15,389 Ew.
Glorer (spr. Glöw-), Jtickard, engl. Dich-
ter, geb. 1718 zu London, f 25. Nov. 1785.
ISes. bekannt seine histor. Epen ,Leonidas*
2737) und ,Atbeniad' (1788) und die nationale
allade ,Admiral Hosior's ghost^
Gloxinift Hdrit., Fflauzengattung der Big-
noniaceen. G. speciosa Ker und and. Arten
aus Brasilien schönblühende Zierpflanzen.
Gluck, Christoph Willibald. Bitter von, ber.
Tousetzer, geb. 2. Juli 1714 zu Weidenwang
in der Oberpfalz (Denkmal, 1871 errichtet),
studü-te 1736—40 in Wien, war bis 1746 in
Italien, Paris, London , darauf in Dresden
neben Hasse angestellt; 1748 —73 meist in
Wien (seit 1754 Hofkapellmeister), dann bis
1780 abwechselnd in Wien und Paris; f 15.
Nov. 1787 zu Wien. Gross als Reformator
der Oper und Schöpfer des musikal. Dramas.
5 Meisterwerke: .Orpheus' (1762), ^]ceste<
(1769), ,Iphigenia in Aulis* (1774), Armida*
(1777) und ,Iphigenia in Tauris< (1779), welche
den endlichen Sieg über die herrschende
ital. Oper davontrug. Seine eigenen, einst
beliebten Opern im ital. Gesclimacke, seiner
ersten Zeit angeliörend, jetst ▼erscbolleii ;
von Interesse sein Ballet ^on Juan* (1761).
Biogr. von A, Bekmid (1854), Marse (1960).
Glück, Elisaibtih, pseudon. B^U^ I^xoii.
Dichterin, geb. SO. Dec. 1815 zu Wien, J843—
1848 Gesellschafterin der Fürstin Ton 8<dB war-
zenberg; seit 1850 meist in Wien. Sehr. .Ge-
dichte' (2. Aufl. 1845); ,Nach dem Oewitter'
(2. Aufl. 1850); ,Romaneero* (8. Aufl. 1856);
,Neue Gedichte* (8. Aufl. 1856) ; .Lyriscbes nud
Episclies« (1855); .Neueste Gedichte* (1870).
Gl&cksbarg, Flecken in Schlesvri^, Kr.
Flensburg, 7G2Ew. Ehedem Residenz einer
herzogl. holstein. Linie (1779 erloscben).
Gliickstadt, SUdt in Holstein, Kr. Stein-
burg, au der Elbe, 5533 Ew. Hafen. Ehe-
dem Hauptstadt des Uerzog:th. Holstein.
Glühen, das Leucliten fester Körper bei
starkem Erhitzen, beginnt bei 400— 440 o R.,
zeigt Je nach der Temperatur alle Farbea-
abstufiingen von Rothbraun bis Weiss.
Gliihlampchcn , Spirituslämpchen mit
einer Spirale aus Platiudralit, welche den
Doclit umgibt und über ihn Iiina,aaragrt.
Wird das G. ausgeblasen, so glüht der
Draht fort, so lange Weingeist vorliandeu
ist. Wird mit alkohol. Lösung von äther.
Oelen gespeist und dient zum Parfümiren.
GlabstaJi], aus weissem Roheisen durch
Glüiieu mit sauerstoffabgebenden Körpern
erhaltener Stahl.
Glfibwaehs, Mischung aus Wachs, Grün-
span, Bolus und Alaun, zum Rothflxben
vergoldeter Gegenstände.
Glähwfirmer, phosphorisclies Licht ent-
wickelnde lusekteu, bei uns das 'Johannis-
würmchen (s. Leuchtkäfer) t im tropischen
Amerika bes. der Cucujo (Elater noctilucus).
Glimer, Adolf von, preuss. General, geb.
5. Juui 1814 zu Lengsfeld im Eiclisfcld,
führte 1866 eine Brigade in der Mainarmee,
1870 eine Division des 14. Arineecorps, seit
3. Okt. die bad. Division, hatto an den Er-
folgen Werders (s. d.) bei Dijon, Beifort
etc. wesentlichen Autheil.
Glakoside {Glykoiide), verbreitete Pilan-
zenstoffe, welche bei Einwirkung von Säu-
ren, Alkalien oder Fermenten in Zucker
etc. zerfallen (Amygdalin, Sallcin etc.).
Gltttäen (fi^'.)i Gesässmuskeln.
Guten, Kleber. [theil des Klebers.
Glutin. Knochenleim; auch ein Bestand-
Glycerla R. Br. (SÜMgraa, Maunagrtu),
Fflauzengattung der Gramineen. G. fluitaos
R. Br., ilannaachwingel, Grashirte, in Mittel-
europa auf Sumpf land, liefert gutes Heu und
Manuagrütze (polu., frankfurter Schwaden).
Glycerin, farblos«, syrupdicke, nicht ver-
dunstende , geruchlose , süssschmeckende,
neutrale Flüssigkeit von 1,18 spec. Gewicht,
löslich in Wasser und Alkohol, löst sehr
viele Stofle, gefriert nicht, zersetzt sich erst
über 1500 G., gährt mit Kreide und Kiso,
liefert mit koncentrirter Salpetersaure Nitro-
glycerin, mit Jodphosphor Jodpropylen, ans
welchem Senf- und Knoblauchöl dargestellt
werden; verbindet sich mit Säuren unter
Ausscheidung von Wasser zu Glyeeridm, n
welchen die natürlichen Fette gehSren. Aos
diesen wjr4 das Q. durch Verseiftng odsr
Glycine — Godavery.
703
Zersehtung mit Säuren, gespanntem Wasser-
dampf abgeschieden und aus der Unterlänge
der Seifensiedereien oder Stearinsäurefabri-
Icen durch Destillation mit überhitzten Was-
serdämpfen rein dai^estellt. Es bildet sich
auch bei der alkoholischen Gälirung. Dient
zum Fenchthalten von Thon, Senf, Schnupf-
tabak , sum Konserviren der Fruchte, sum
Schmieren feiner Jüaschinen, zum Greschmei-
digmachen von Leder, Papier, der Haut
(Qlycerinseife) und Haare, zum Füllen der
Oasnhren, zur Bereitung von Schlichte etc.
Cllyclne, s. Apios.
Glyclnm, s. v. a. Beryllium.
Glyeyrrhizft X. (Sütskoh), Pflanzengattung
der lieguminosen. 6. glabra L., in Frank-
reich, Spanien, Italien, Süddeutschland
ktiltivirt, liefert die officinelle Süssbolzwur-
zel, welche GlycyiThizin (Süssholzzncker)
enthält und zur Bereitung des Lakritzens
dient. Ebenso G. echlnata L., in Asien.
GlykokoU, Leimzucker, entsteht beim
Kocheu des Leims mit Säuren oder Alka-
lien, färb* und geruchlos, süss, in Wasser
und Alkohol löslich, nicht gährungsfähig;
entsteht wahrscheinlich in der Leber.
Glykose, s. v. a. Traubenzucker.
Glyphogene^ Aetzmittel für Stahl: Sal-
petersäure, Weingeist und Höllenstein.
Glyphographie (gr.), Nachahmung von
Holzschnitten auf galvanoplastischem Wege,
bezweckt, die Zeichnung direkt auf eiue
Typenplatte zu übertragen.
Glyptlk (gl*.), die Kunst, in Metall oder
Stein zu graben oder zu stechen. Olypto-
ffraphie, Beschreibung geschnittener Steine.
Glyptothek, Sammlung geschnittenei- Steine,
auch Museum antiker Skulpturen.
Gmelins Salz, s. BluüaugmaalK.
GmSMd (8chioäbi8ch-G.), Stadt im würtemb.
Jaxtkreise, ehedem ftreie Reichsstadt, an der
Rems, 9067 Ew. Industrie, Hopfenbau.
Gmanden, Stadt in Oberösterreich, Haus-
ruckkreis, am Ausflusse der Traun aus dem
Trannsee (Qmtindenersee), 5683 Ew. Hauptort
des Salzkammerguts. Im See Schloss Ort.
Gnadenwahl, s. Präde$tination.
Gsftpluiliiim X. (Huhrkraut), Pflanzen-
gattung der Kompositen. G. dioicum L.,
Katzenpfötchen, in Deutschland, offictnell.
tinelf^ Feisart, krystallinisch - schiefriges
Gemenge von Quarz, Glimmer undFeldspath,
variirt i(ls Gneisgranit ohne deutliches
schiefriges Gefuge, Protogyngnejs mit Ghlo-
rit und Talk statt Glimmer, Hornblende-
gneis, Dicbroi'tgneis ; das wesentlichste Glied
des krystallinischen Schiefergeblrges , er-
reicht in den Alpen bis 30,000^ Mächtigkeit,
sehr verbreitet in den deutschen Gebirgen,
den Pyrenäen, in Schottland, Skandinavien,
Nord- und Südamerika; liefert bei der Ver-
witterung sehr fruchtbaren Boden, dient als
Baustein, zu Gussplatten, Ofenkonstruktio-
nen (Gestellsteitt); führt sehr häufig Erze.
GneiSMftii, Aug., Graf Keidhardt von,
preoss. General, geb. 87. Okt. 1760 zu Schilde,
trat 1783 als Lieutenant in preuss. Dienste,
ward 1806 Major und vertheidigte 1807 als
Kommandant von Kolberg die Festung bis
sum tilsiter Frieden« Sept. 1807 zum Chef
des Ingenienrcorps ernannt, eiktwiokelte er
eine bedeutende Thätigkeit für die Wieder-
geburt des Staats, ward 1809 Oberst, 1813
Generalmajor und nach Schamhorsts Tod
Ohef des Generalstabs. Als solcher hatte
er mit seinen Operationsplänen den bedeu-
tendsten Antheil an den Erfolgon der Be-
freiungskriege, ward nach der Schlacht bei
Leipzig zum Generallieutenant, nach dem
ersten pariser Frieden zum Grafen ernannt
und dotirt. 1815 führte er bei Waterloo die
Entscheidung mit herbei. 1818 zum Gou-
verneur von Berlin und Staatsratli, 1885 zum
Generalfeldmarachall befördert, erhielt er
März 1831 den Oberbefehl über die vier östl.
Armeecorps; f 24. Aug. 1831 zu Posen.
Biographie von ßertz (1864—69, 3 Bde.).
Gnelst, Rudolf, Rechtsgelehrter, geb. 13.
Aug. 1816 zu Berlin, ward 1844 Prof. an der
Universität das.; seit 1859 Mitglied des Ab-
geordnetenhauses, einer der Fülurer des
linken Gentrums und hervorragender Red-
ner. Sehr. ,Dle Bildung der Geschwornen-
gerichte in Deutschland* (1849); ,Das heu-
tige engl. Yerfitssungs- u. Verwaltnngsrecht*
(umgearbeitet 1867); ,Das engl. Grundsteuer-
system* (1S59); ,Die Geschichte des Self-
government in England' (1863) u. A.
Gnesen. Kreisstadt im preuss. Regbz. Brom-
berg, 9050 Ew. Sitz eines Domkapitels (der
Erzbisobof residirt in Posen); prachtvolle
Domkirche. Bis 1380 poln. Krönungsstadt.
Gnome (gr.), Sinn-, Denk-, Lehrsprnch.
Qnomiker, gnomische Dichter (Solon, Theo-
gnis, Simonides u. A.). [weiblicher G.
Gnomen, Erdgeister, Kobolde. Gnomide,
Gnomon (gr.), s. Sonnenuhr.
G]iOSi8(gr.), Erkenntniss, nach alezandrin.
Sprachgebrauch tiefere Einsicht in Reli-
gionswahrheiten. GnoHiker , Theosophen,
welche, unter Zuhülfen ahme kosmogon. Spe-
kulationen und oriental. Mythen tiefere Auf-
schlüsse über Gott und Wesen der Dinge zu
geben und das Ghristenthum durch Umdeu-
tuug seines dogmat. Inhalts als absolutes
Weltprincip zu erweisen suchten. Die Ge-
sammtheit der von ihnen aufgestellten
Systeme ist der Qnoaticismua (2. bis 5. Jahrb.
n. Ohr.). Vgl. die Werke von Neander (1818),
Banr (1835), Matter (2. Aufl. 1838).
Gnu (CJatoblepas Bm.), Thiergattung der
Wiederkäuer. G. (G. Gnu Gm. ), 3 Va', heerden-
weise im Innern Afrika; Kokttn (0. gorgon
8m.),i'y ebenda, nördl.; bdide werden gejagt.
GoAy portugies. Gouvern. an der West-
küste Vorderindiens, 73 QM. mit 408,000 Ew.,
letzter Rest des einst sehr grossen ,yice-
köuigreichs von Indien'. Hauptstadt G. (Neu-
goa), auf einer Insel, 80,000 Ew.; 2 Häfen.
Oestl, davon Altgoa, ehedem Hanptplatz des
europ. Handels in Ostindien; verfallen.
Gobellnstapeten, s. Tapeten,
Gobi(£ro6t, bei den Chinesen ;8cAanto, d.i.
Sandmeer), Steppen- und Wüstenregion im
Innern von Hoohasien, die Mongolei, östl.
Dsungarei und Tatarei erfüllend, 400 M. 1.,
100 M. br., im W. Flugsand, im O. Stein-
felder; die Höhe sehr verschieden; nnr von
nomadisirenden Völkern durchzogen.
GoduT^ry, grosser Fluss in Vorderindien,
704
Godelheim — Gorgei.
entspr. aa den wMtl. Ghati, durchschneidet
sQdöstl. die ganse Halbinsel, mundet in den
bengal. Golf, 187 M. 1., Stromgebiet 5800 QM.
Godelheim 9 Badeort in Westphalen, bei
Höxter, 560 Ew. Eisenhaltige Kocbsaisqnelle.
Godesbergy Dorf im preuss. Regbs. Köln,
bei Bonn, 1775 Ew. Sciiöne Burgruine.
Gesundbrunnen. [iand, 1721 gegründet.
Godtaaaby älteste dan. Kolonie auf Grön-
Godoy, Manud de 0., Hertog von Alcudia,
der «Frtedensfurst*, span. Staatsmann, geb.
12. Mai 1767 su Badajos , ward 1793 erster
Minister, 1795 wegen seiner Verdienste beim
Abschluss des Friedens mit Frankreich anm
Friedensf&rsten ernannt, trat 1796 zurück.
Okt. 1804 zum Generalissimus der span.
Land- und Seemacht erhoben und 1807 mit
unumschränkter Gewalt in der ganzen
Monarchie bekleidet, ward er durch das
8. Aug. 1796 mit Franicrelcli abgeschlossene
Bündniss missliebig und durch den Aufstand
von Aranjuez (18. März 1808) gestürzt. Von
Napoleon nach Bayonne berufen, bewog er
hier den König zur Thronentsagung, lebte
seit 1830 in Paris; f 7. Okt. 1851. Sehr. ,M6-
moires etc.' (1836 f. ; deutsch 1836).
Godtnow, Boris Feodorowitach, russ. Herr-
scher, geb. 1552, war während der Minder-
jährigkeit Feodors L Regent, yollendete die
Unterwerfung Sibiriens, suchte das Reich
mit dem civilisirten Europa in Verbindung
zu bringen, bestleg nach Feodors Tod 21.
Febr. 1598 selbst den Thron; f l^* ^P^^
1605. Sein Sohn, Feodor O,, geb. 1589, nach
des Vaters Tode zum Gzaren ausgerufen,
musste nach kurzer Regierung dem falschen
Demetrius weichen; 10. Juni 1605 ermordet.
GobeMy Augtui von, preuss. General, geb.
10. Dec. 1816 zu Stade, trat 1833 in pi-euss.
Militärdienst, focht 1836—40 in Spanien im
karlist. Heere, trat 1842 wieder als. Lieute-
nant in die preuss. Armee, machte als Haupt-
mann 1849 den Feldzng in der Rheinpfalz
und in Baden mit und ward 1850 als Major
in den grossen Generalstab berufen. 1858
Oberst, wohnte er 1860 dem span. Feldzug
gegen Marokko bei (schrieb ,Reise- und La-
gerbriefe von Spanien und vom span. Heere
in Marokko', 1863, 2 Bde.), befehligte, 1861
zum Generalmajor befördert, 1864 im dän.
Feldzuge eine Brigade bei Düppel und Alsen,
ward 1865 Generallieutenant, führte im Feld-
zug von 1866 die 13. Infanteriedivision 'bei
Dermbach, Kissingen, Lanfach, Aschaffen-
burg, Werbacli, Tauberbischofsfaeim und
Gerchsheim, bei Anfang des Kriegs gegen
Frankreich 1870 das 8. Armeecorps, welches
anfangs zur ersten Armee unter Steinmetz
gehörte, focht bei Saarbrücken, dann vor
Metz, das er cemiren half, rückte im An-
schluss an das.l. Armeecorps unter Man-
teufTel gegen die fk'anz. Nordarmee vor,
siegte bei Amiens, Ronen, Arras, Bapaume
und St. Quentin.
Gocklngk, Leopold Friedr. Günther von.
Dichter, geb. 13. Juli 1748 zu Groningen bei
Halberstadt, zuletzt Oberfinanzrath in Ber-
lin ; t 18.' Febr. 1828 zu Wartenberg (Schle-
sien). Bemerkenswerth seine ,Lieder zweier
Liebenden*, Episteln und Sinngedichte.
Goedekey Karl, Literarhistoriker, greb. 15.
April 1814 zu Gelle, prlvatfarirt in G^ttinsen.
Gründlicher Kenner der deutschen Zilteratiir.
Hauptwerk: ,Grundris8 zur Geschichte der
deutschen Dichtung' (1856—70, 1. — 3. Tb.);
Monographien (,Pamph. Gengenbach*, 1856,
etc.); gab heraus: ,E]f Bücher deutscher
Dichtung' (1849, 2 Bde.), ,Deutsche Dichtung
im Mittelalter' (1858); «Schillers s&mmtlicbe
Schriften' (histor.-krlt. Ausgabe, 1869 f.) u. A.
GShrde, 4 QM. inrosser Wald Im prenss.
Regbz. Lüneburg, mit Jagdschloss ; 16. SepC
1813 Sieg der Preussen und Hannoveraner
unter Walmoden über die Fransu>8an.
Goelettey kleines Fahrzeug mit 8 Masten.
Goll (Hoher Q.), Berg, östl. bei Berch-
tesgaden, 7968' hoch. [Holstransport.
Gdlley grosses flaches FlusaschiflT snun
GSUhein (Getlheim), Marktflecken in der
Rheinpfalz, bei Kirchheimbolanden, 1553
Ew. ; in der Nähe wurde S. Juli 1898 Adolf
von Nassau von Albr. von Oesterrelch be-
siegt und getödtet (Denkstein).
GSltiMh. Nebenfluss der weissen £lster.
mündet bei Greiz. Uober das Göltz»cktkai
bei Netzschkau grossartiger Yiadnkt der
sächs.-bayer. Eisenbahn, 8046' ]., bis 278' h.
Gomor, nngar. Komitat, Kr. diesseits der
Theiss, 74,8 QM.; das unit>uehtbare Quell-
gebiet der Flüsse Sajo, Hemad, Gran ; Berg-
bau (bestes Ungar. Eisen). Hauptort Bosenan.
Göpel) stehende Welle oder Winde, die
durch Menschen- oder Pferdekrafi in Ro-
tation versetzt wird und zum Betrieb von
Maschinen, zum Heben von Lasten etc.
dient. Im Bergbau alle durch Wasser- oder
Dampfkraft getriebenen Fördermaschinen.
Göppingen, Oberamtsstadt im würtemb.
Donaukreis, an der Fils, 7883 Ew. Sauer-
brunnen (ßckmdlbrunnen). Rege Industrie.
Gorgei, Arthur, ungar. Heerfuheer, geb.
5. Febr. 1818 zu Toporcz im zipser Komitat.
stand 1882—45 in österr.Militärdianst, studirte
dann in Prag Chemie, trat 1848 als Hanp^
mann unter die Honveds , ward Oberst in
Mogas Armee, nach der Schlacht bei Schwe-
chat Oberkommandant derselben n. General.
Auf seinem Rückzug in die Bergst&dte von
den überlegenen Streitkräften Nugents und
Schlicks mehrmals geschlagen, hielt er sich
doch in offenem Felde. Anfangs April 1849
mit dem Oberbefehl über das Ungar. Heer
betraut, siegte er bei Gödöllö (7. April),
Waitzen (9. April), Nagy-Sario (19. April),
entsetzte Komorn (24. April), nöthigte
Weiden durch den Sieg bei Waitzen (28.
April) zum Rückzug nach Pressburg, nabm
21. Mai die ofener Yeste mit Sturm und
wa;-d dann Kriegsminister im Ministariora
Szemere. Erfolgreichen Widerstand gegen
die vereinigten österreich.-mss. Streitkriftp
für unmöglich haltend, leistete er der Wei-
sung Kossuths, mit der Hauptarmee Komorn
zu verlassen und sich hinter die Theiss sn-
rückzuziehen, keine Folge, sondern operirte
allein gegen die Oesterreicher, ward 11. Jali
1849 bei Komorn geschlagen und wandte
sich nach der Theiss. 8. Aug. in Arad an-
gelangt, erhielt er 11. Aug. die Diktator und
ergab sich 18. Aug. bei .Yllägos mit 80,001
Görlitz — Goethe.
706
Mann Infanterie» 2000 Mann EaTallerie nnd
130 Oeschfiteen den Bässen; ward in Klagen-
fnrt intemlrt, von wo er 1866 nach Ungarn
zurückkehrte. Sehr. ,Mein Leben und Wir-
ken in Ungarn 1848 und 1849* (1858); »Briefe
ohne Adresse* (1867).
OSrlitz, Kreisstadt im prenss. Regbs.
Iiiegnitz und Hanptort derpreuss. Oberlausits,
an der Neisse, 36,689 Ew. GToth. St. Peter-
und Panlskirche, Rathhans (Bibliothek).
Oberlausitz. Gesellschaft der Wissenschaf-
ten. Bed. Industrie (bes. Toohfabr.). Bis
znm^lS. Jahrb. starke Festung.
Gorreiy Jah, Joseph von, Q«lehrter und
Publicist, geb. 25. Jan. 1776 zu Koblenz,
bekannte sich zu den Ideen der franz. Be-
volution, lebte abwechselnd In Koblenz
und Heidelberg, gab 1814—16 den deutsch-
patriotischen »Rheinischen Merkur* heraus,
floh, wegen seiner Schrift »Deutschland und
die Reroiution* (1820) mit Eestnngsstrafe
bedroht, nach Frankreich und der Schweiz,
ward 1827 Prof. an der Universität zu
München, erst Gegner ^ dann fanatischer
Vertheidiger des Katholicismus, begründete
1838 die ,Histor. • polit. Blatter*; f 29. Jan.
1848. Als Schriftsteller (Hauptwerk: ,Die
Christi. Mystik*, 1836— 42, 4 Bde.) durch und
durch Romantiker. Werke (1854—60, 8 Bde.).
— Sein Sohn GTu^do Gf., geb.1805, 1 1852 zu Mün-
chen, Dichter (Legenden, geistl. Lieder etc.).
OorseheB« s. Grossgörsehen.
tiors nmd Gndiskfty unter dem Titel
,gAfur8tete Grafschaft* ein Kreis des österr.
, Küstenlands*, 53,e QM. und 209,960 Ew.
Flüher Thell Illyricums, seit 1500 zu Oester-
reich gehörend. Die Hauptstadt Oön, am
Isonzo, 16,659 Ew. Fürsterzbischof.
Gotaborg, Stadt, s. Gothenburg.
Gotaelf y Fluss im südwestl. Schweden,
kommt aus dem Wenemsee, mündet in das
Kattegat , 15 M. I. Grossartige Wasserfalle.
Gotakasal. Kanalsystem in Schweden,
führt Ton Soderköplng (Ostsee) durch rer-
schiedene Seen zum Wettersee, Ton da durch
den Botten- und Wenemsee in die GStaelf
(Nordsee). 58 Schleussen. 1832 vollendet.
Goethe. Johann Wolf gang (von), geb. 28.
Aug. 1749 zu Frankfurt a/M., Herbst 1765—
1768 auf der Unirersität Leipzig, seit Ostern
1770 in Strassburg (Verbindung mit Herder,
Jung • Stniing, Lenz u. A.; Bekanntschaft
mit Shakespeare; Friederike Brion in Sesen-
heim; Promotion zum Doktor der Rechte);
Ang. 1771 Rückkehr nach Frankfurt (Be-
kanntschaft mit Merck) ; Frühjahr 1772 Ab-
gang nach Wetzlar,' um beim Reichskammer-
gericbt zu prakticiren (Charlotte BufT; der
Junge Jerusalem); Sept. d. J. Rückkehr in
die Heimat. Ausflüge an den Rhein etc.,
Verbindung mit Klinger, Fr. Heinr. Jacobl,
Sophie La Roche, Lavater n. And. »Götz*
(1773) und ,Werther* (1774) begründen seinen
Dichtermf. 1775 Verhältnlss zu Lili Schöne-
maim (spätere Baronin Türkheim); Reise
mit den Brüdern Stolberg in die Schweiz;
Okt. Einladung nach Weimar durch den
Jungen Herzog , 7. Kov. Ankunft daselbst.
Weimar seit 1776 G.s bleibende Wohn-
st&tte; Tertrautestes Verhältnlss zum Her-
Meyera Band' Lexikon*
zog. 11. Juni 1776 Ernennung zum geh.
Legationsrath mit Sitz und Stimme Im
Gonseil; Verhältnlss zu Frau Ton Stein.
1778 Reise mit dem Herzog nach Berlin;
Anfangs Sept. 1779 Ernennung zum Geheim-
rath , 12. Sept. 1779 Abreise mit dem Her-
zog in die Schweiz, 13. Jan. 1780 Rückkunft
nach Weimar; 11. Jtmi 1782 Ernennung
zum Kammerpräsidenten , 10. April d. J.
Erhebung in den Adelsstand. 8. Sept. 1786
Abreise nach Italien» 1. Hot. Ankunft in
Rom; 21. Febr. 1787 Abreise nach Neapel,
Aufenthalt daselbst bis isum 29. März;
Ueberfahrt nach Sicilien, Rückkehr nach
Neapel und Rom; April 1788 Abreise von
da, 18. Juni Rückkunft nach Weimar. 11.
Sept. d. J. erste Bekanntschaft mit Schiller
in Rudolstadt; Verhältnlss zu Christiane
Vulpius. 1790 Reise nach Venedig (bis Mai) ;
Uebemahme der Theaterintendantur, die
er bis 13. April 1817 führt; Juli 1792 Abgang
mit dem Herzog in die Champagne, 17Sß
Belagerung von Mainz. 1794 Freundschafts-
bund mit Schiller; 1797 dritte Schweizer-
reise, mit dem Maler Meyer. 19. Okt. 1806
Trauung mit Christ. Vulpius (f 6. Juni 1816).
1814 Rhein- und Mainreise. 1815 Ernennung
zum ersten Staatsminister; 7. Not. 1825 50-
Jähr. Dienstjubiläum; nach Karl Augusts
Tod (14. Juni 1828) Niederlegung aller Staats-
geschäfte; t 22. März 1882; 26. März Bei-
setzung in der fürstl. Gruft. — Büsten O.s
Ton Trippel und DaTid (Weimar), Tieok,
Rauch, Schadow n. A. Statuen Ton Schwan-
thsler und Marchesi (Frankftirt) » Rietschel
(Weimar), Rauch (Statuette), Widnmann etc.
Der uuiTersalste Genius seiner Art in
Deutschland (Dichter, Biograph, Naturfor-
scher, Alterthumsforscher, Kritiker, Aesthe-
tiker) und lange Zeit der Beherrscher der
Literatur. Als Dichter durchaus obJektiT
und Tollendeter Künstler, prodnktiT und
bedeutend in fast allen poet. Gattungen, am
grössten als Lyriker. Drei Hauptperioden
seines Schaffens: 1) die sentimentale oder
Sturm- und Drangperiode (Hauptwerke:
,Götz Ton Berlichingen* 1773, , Werthers Lei-
den* 1774, »Prometheus* 1773, die Dramen
,ClaTigo* 1778, ,Stella* 1776, ,I>ie Geschwister*;
dramatische Farcen: ,Götter, Helden und
Wieland* etc., Singspiele, Hymnen und
zahlr. Lieder) ; 2) die ideale (,Egmont* 1777—
1785, »Iphigenia* 1779-86, ,Tas80* 1780—89,
,W. Meisters Lehrjahre* 1777 — 96; Operet-
ten: ,Fischerin* 1782, ,Scherz, List und
Rache* 1785; polit. Lustspiele: ,Gross-
kophta* 1789 etc.; ,Faust*, 1. Thl. 1774 — 90,
,Eöm. Elegien* 1788, Balladen, Xenlen,
»Hermann und Dorothea* 1796 , NoTellen in
»Unterhaltungen deutscher Ausgewanderter'
1795; ,Die naturl. Tochter* 1801 ; ,Die Wahl-
Terwandtschaften* 1808); 3) die didaktiseke
Periode (, Wahrheit und Dichtung* 1809—
1831; ,Westöstl. DlTan* 1818; »Epimenides
Erwachen*, Festspiel, 1814; »W. Meisters
Wanderjahre* 1807—21; Sonette; »Faust*.
2. Thl.» 1831). Ausserdem; »Briefe aus der
Schweiz* (1775 und 1780), »Campagne in
Frankreich* (1792)» »Italien. Reise*; bio-
graphische Schriften: ,Winckelmann* (1805)
46
706
Götterbaum — Gold.
nncl ,Ph.Hiickerf (1611); ^Metamorphose der
PflaDse' (1790); ^ar Farbenlehre* (18U>);
fZiir Optik* (1791); «Kanst und Alterthttm'
(Zeitschrift, 1816—82) eto. Bearbeitangen :
,Re{neke Fuchs* (1793), »Benrennto Oellini*
(Blogr.) .Voltaires »Maliomet* und ,Tankred*.
— Ileichhaltiger Brief weekUL : mit Menk
(1885), Lavater (1883), Jaeobi (1846), ,G. und
Werther* (2. Aufl. 1855), jrn«&e/(1851), Schiüer
(i, Aufl. 1856;, Zelter, (1833), Freu von Stein
(1848), Karl August (1863), Graf Sternberg
(1886) u. A. Vgl. Gervinu», ,Ueber den gOfS-
theschen Briefweclisel*, 1836.
Literatur, Biographien von W. Schäfer
(8. Aufl. 1869), Viehoff (2. Aufl. 1859), Letoee,
(deutsch Ton Fre$e 5. Aufl. 1859), Güdeke (1859).
Vgl. ausserdem Eckermann, ,Gesprfiche mit
6.*, 8. Aufl. 1869; Schubarlh, ,Zur Betirthei-
luDg G.s*, 1817; Siemer, ,Mittheilungen
ükber G.*, 1841 ; Fcäk, ,G. ans persöul. Um-
gang dargestellt*, 3. Aufl. 1856; Dfemtann,
,G. und die lustige Zeit in Weimar*, 1857;
,G.s Uuterhaltungen mit dem Kansler Mül-
ler*, 1869. lieber G. als Dichter: Botenkrane,
,6. und seine Werke*, 1847. Kommentare
zu den Gedichten : von Viehejf (8. Aufl. 1869 f.),
XeAmaan (1852), Dünteer (1857); an »Hermann
und Dorothea* : W. o. Humboidi, jAesthet. Ver*
suche* (1799); Th. Becker (1858), Tinm (1856),
ChoUviut (1863), Beloto (1863); an ,Werther*:
Apelt (1855); femer Düalcer, ,6. als Drama-
tiker* (1837) und ,Göts und Egmont* (1854);
KU ,Iphigenia*: Pudor (1832), Eieeke (1834 und
1837), Viehoff (18S8), 0, Jahn (1843), Suttinger
(1863); zu ,Tasso*: L, Edcardt (1952), DÜntzer
(1854), Hasper (1863); au ,W. Meister': Ore-
aoroo{Ms(1849); BU ,Faust*: Sehvbarth (imi),
Carva (1835), H'eber (1836), Weiue (1837),
Düntzer (1851), Saupe (1856), £ar<«ngr (1865) ;
zu den Xenien: Boaa (1851); in den ,Wan-
derjahren*: ^. Jitn^jr (1854); Virehow, ,G. als
Naturforscher« (1861).
Ausgaben der Werke: Leipzig 1787 — 90,
8 Bde.; Stuttg. und Tub. 1806--8, 12 Bde.;
das. 1816—19, 20 Bde.; Ausg. letzter Hand,
das. 1827—32, 40 Bde.; Nachlass 1827-42,
20 Bde. Revidirte Ausg. von H. Kurz, 1868
bis 1869, 12 Bde. Vgl. S, Hirzel, ,Verzeich-
niss einer Ooethebibliothek*, 1848, 1862; Ber-
nays, ,Ueber Kritik und Geschichte des
goi'thesciien Textes*, 1866.
Familie, G.s Vater, Joh, Kaspar O., geb.
1710, seit 1742 kaiserl. Rath, f 87. Mal 1782;
seine Mutter, Elisabeth, Tochter des frank-
furter Stadtschultheissen Textor («Frau Aja*,
,Frau Rath*), geb. 19. Febr. 1731, f 13.
Sept. 1808; seine Schwester Comelie, geb.
7. Dec. 1750, verheirathet 1778 mit J. G.
Schlosser, f 6. Juni 1777 an Emmendingen.
G.s einziger Sohn Augttst, geb. 1791, Kammer-
herr und geh. Kammerrath, verheirathet
mit Ottilie, geb. Freiin von Pogwisch, f ^«
Okt. 1830 in Rom; hinterliess 3 Kinder:
1) Walther Wolfg,, Kammerherr in Weimar,
Verf. mehrerer musik. Kompositionen; 2)
jfaxim., Legationssekretär in Dresden, sehr.
,Der Mensch und die elementar. Natur*
(1848), ,£rl{nde* (Dichtung, 1851), ,Gedlchte*
(1851); 3i Alma, f ^* S«pt. 1844 zu Wien.
Gotterbaum, s. Ailanthus.
GSttUgSBy Kreisstedt Im prenss. Rag^ba.
Hildesheim, ehedem Hansestadt and 1286—
1468 Hauptst. des welflschen FUrat^nth. G.
S\ QM.), am Hainberge and an der neuen
ine, 14,534 Ew. Univers. (Georgia Aufcnsta,
seit 1737) mit gr. Bibliothek (400,000 Bde.).
OöUinger Sieben: die 1837 wogen ibrer Pro-
testation gegen Aufhebung der Verfassnng
vertriebenen Professoren Albrecht, Datil-
mann, Ewald, Gervinns, Jak. und W.
Grimm, W. Weber.
GSttweiky ber. Benediktinerabtei in Unter-
Österreich, an der Donau (1078 g^^rfindet).
Reiche Bibliothek etc.; bekannt dsis ,Chro-
nicon Gottwlcense* , s. Bestel 8).
Goese, Joh, Maehior, Theolog, s^eb. 16.
Okt. 1717 Bu Halberstadt, seit 1755 Hanpt-
pastor an der Katharinenkirche zn Ham-
burg; t 19« Mai 1786. Bekannt durch seine
Polemik gegen Aufklärung, namentl. gegen
Lessing, der seinen ,Anti- Goeze* ge^en ihn
richtete. Vgl. Boden, ,Le8sing und Cr *, 1862.
Gog und Hagog, Name eines fabelhaften
Fürsten und Volks , wider die der F^phet
Eaechiel (38—39) welssagt.
Qoldy Metall, findet sich fast nur ge-
diegen, als Ber^;old auf nrsprüng:Iicl»er
Lagerstatte, meist anf G&ngen oder als
Waschgold in Körnern und Bl&ttchen im
Sande der Flösse und im Seifengebirg«,
niemals rein, meist silberhaltig (göldisches
Silber, Elektrnm, Palladgold), ausserdem
im gediegenen Tellur, Tellursilber, Roth-
gültigerz, Schwefelkies, Kupferkies, An-
timonglanz, in Zinkblende, Arsenkies; in
Ungarn, Siebenbürgen, Grossbritannien, in
mehreren franz. , und deutschen Flössen
(Rhein, Mosel, Schwarza, Saale), bei Frei-
berg, in Bayern, den Alpen, im Ural, in
Nord-, Mittel- und Südasien, West* und
Südafrika, in Nord- und Südamerika und
Australien. Das meiste G. wird aus <9oId-
sand durch Auswaschen gewonnen, ancli
durch Amalgamation auf Mühlen, indem
man die feinen Partikelchen durch Queck-
silber (natrium haltiges) sammelt und das
erhaltene Amalgam glüht, oder durch Ein-
schmelzen des Goldsandes in Hohöfen und
Abscheiden des G.es aus dem goldhaltigen
Roheisen mit Schwefelsaure. Goldhaltige
Erze werden wie gewölmllch verarbeitet
und aus dem goldhaltigen Metall das G.
abgeschieden, oder man eztrahirt das G.
mit Ghlorwasser und fällt es aus diesem
mit Eisenvitriol. Vom Silber wird das 6.
durch Affiuirung ^s. d.) geschieden. Die
Farbe des G.es wird durch sehr geringt
Mengen anderer Metalle verändert. Es ist
wenig hirter als Blei, das geschmeidigste
Metall, fast so fest wie Siltier, spec. Gtow.
19,95—19,6, Aeq. 197, schmilzt bei 1087o 0.,
zieht sich beim Erstarren sehr stark zu-
sammen, ist au der Luft und Im Wasser
unveränderlich, löst sich in Königswusser
und in jeder chlorentwickelnden Flüwig-
keit. Die Lösung enthält rothgelbes, ier>
fliessliches OoldeMorid (1 Aeq. G. 8 Aeq.
Chlor); Phosphor, viele Metalle, Blien-
vitriol, Oxalsäure fällen daraus meäuiisehes
G. Das Ooldchlorid, Ohlomatrinm mit 4
Goldäther — Goldregen.
707
A9q. Wasser n. das Gk>Idcb]orfdchlorkaUiim
mit 5 A«q. Wasser dienen in der Photo-
graphie snr Tönung. Ammoniak fälJt ans
Gtoldchlorid grünbrannes explosires Etuitt-
gold, welches sur Olanzvergoldung anf Por-
zellan dient; Zinnsesqnichlorid fAUtrothen
Goldpurpur (Cassins O.), welcher in der
Porzellanmalerei nnd znm Rothfarben des
Glases benntzt wird. Ooldchlorid dient znr
Darstellung anderer Ooldpraparate und znm
Bothförben des Glases. KaliumgiMeyanür
entsteht beim Auflösen von G. oder Knäll-
gold in Oyankalinm, ist farblos, in Wasser,
nicht in Alkohol löslich, dient znm Ver-
golden. Jahre$produkH<m im Durchschnitt
der letzten Jahre (nach Wilton): Amerika
104,587,000, Europa 2,799,000, Asien 20,989,000
Australien und Neuseeland 65,767,000, zu-
sammen 194,062,000 Tblr. Nach Söetbeer
1668: 190,650,000 Thlr. gegen 20,832,000 Thir.
im J. 1800 und 58,450,000 Tblr. 1846. Die
russische Produktion datirt erst von 1819
nnd wurde grossartig seit 1842. 1847 wurde
im Golumathal in Kalifornien G. entdeckt,
1848 in^ Australien, 1862 in Neuseeland.
Qoldither^ Lösung von Goldchlorid in
Aether, dient znm Vergolden des Stahls.
Goldamalgam, Verbindung von Gold mit
Quecksilber, dient zur Vergoldung und wird
bei der Gewinnung des Goldes dargestellt.
Ooldap, Kreisst. im preuss. R^bz. Gum-
binnen, am/7t(M<G. (znrAngerap), 4607 Ew.
Goldan, ehedem Dorf im Kant. Schwyz,
zwischbu Rigi und Rossberg, durch einen
Bergsturz am 2. Sept. 1806 verschüttet.
Goldberg y Kreisstadt im preuss. Regbz.
Liesrnitz, an der Katzbach, 6761 Ew.
QoldbrouM, ächte, s. v. a. Muschelgold,
unäehte, s. v. a. Musivgold, auch verschie-
dene Kupferzlnkleglmngen.
Goldehlorld, s. Qold,
Goldene Aae , flmchtbare Ebene in Thü-
ringen, zwischen Harz nnd Hainleite, von
der Helme durchflössen.
Goldene Balle, das von K. Karl IV. auf
dem Reichstag zu Nürnberg 1856 mit den
Ständen entworfene deutsche Reichsgesetz,
bis znm Endo des deutschen Reichs eine
der wichtigsten Verfassungsurkunden; im
Original im Römer zu Frankfurt aufbewahrt.
Goldener Schnitt, Eiutheilung einer Linie
in 2 Tlielle (a und b), die sich so zu einan-
der verhalten wie der grössere von beiden
(b) zu der ganzen Linie (a + b), nach der
Formel a : b = b : a 4- 1>* Nach Zeising als
asthet. Gesetz in Betreff des Baues des
menschl. Körpers nachgewiesen, insofern
bei dessen L&nge vom Scheitel bis zur
Sohle der Eintheüungspunkt nach dem gol-
denen S. in die (hegend der Rippengrenze
&lle. Vgl. Zeising, ,Neue Lehre von den
Proportionen des menschl. Körpers*, 1854.
tioldener Sporn, papstl. Orden, angebl.
von Papst Paul lU. gestiftet. Die Ritter,
sonst ,lateran{sohe HoQ>falzgrafen* genannt,
heissen letzt ,Ritter der goldenen Miliz',
1841 auT 300 festgesetzt. Ordenszeichen:
goldenes, weiss emaillirtes Malteserkreuz,
an den beiden Spitzen des unteren Theilsein
Kleiner Sporn; an rothem Bande getragen:
Goldonet Hom, schmale Booht des Bos-
porus, bildet den Hafen von Konstantinopel.
Goldenes Zeitalter, das erste der vier
mythischen Zeitalter, in dem die Menschen
ein schuld- und sorgenloses Leben fülirten.
Goldene Zahl, Periode von 19 Jahrnn,
nach deren Ablauf die Mondjahre wieder
auf dieselben Tage des Sonnenjahrs fallen.
Um sie für Jedes gegebene Jahr zu finden,
addlre man 1 zur «fahrzahl und dividire die
Summe durch 19, so ist der Rest die g. Z.
Bleibt kein Rest übrig, so ist sie 19 selbst.
Goldenmarkt, s. Zakuhna.
Goldflmlsg, Goldlack, stark gelb gefärb-
ter glänzender Firniss, soll auf Metall und
Holz Vergoldung ersetzen.
Goldflseh, s. Karp/en.
Goldgewleht, im Zollverein und in Oester-
reich seit 1857 das Zollpf^nd; In Frank-
reich, Belgien, den Niederlanden und der
Schweiz das metr. Gewicht; in England das
Troypftind ; in Russland das Handelsgewicht ;
in Nordamerika das engl. Avoirdupois-Pfand.
Goldglitte, s. BUigiatte.
Goldiulden, ältere Goldmünze, = 2 Thlr.
Goldhähnchen (Regulus Ouv.), VOgelgat-
tung der Sänger (Pfrlemenschn&bler). Win-
tergoldhähnchen (R. cristatus Koch), 3i/a— 4",
und S&mmergoldhähnchen (R. ignicapillus
Ouv.), 3V4— S*/4" 1., beide in Europa, ersteres
bei uns Standvogel, letzteres seltener.
Goldkifer (Oetonia Fabr.) , K&fergattung
der Blatthömer. BoseiUeä^r{Ö. aurata Fabr.),
9'" 1., zerstört Rosen, Fomeranzenblüthen
etc., Larve in Ameisenhaufen.
Qoldkratze (Gekrätz), allerlei goldhaltiger
Abfall , wird auf Gold verarbeitet.
Goldkfiste, Küstenlandschaft im nördl.
Guinea, zwischen der Elfenbein- nnd Skla-
venküste, etwa 70 M. 1. Der östl. Theil
brüieeh (280 QM. mit 151,346 Ew., Hanptst.
Coast- Castle), der westl. holVind. (500 QM.
mit 120,000 Ew., Hauptst. Elmina); Grenze
zwischen beiden der Sweet River (Vertrag
Ton 1867). Im Innern das Reich der Ashanti.
Goldleg^lrnngen, Verbindungen des (holdes
mit andern Metallen , werden dargestellt,
weil reines (feines) Gold zu weich ist; ihr
Werth wird nach Karaten berechnet (1 Mark
= 24 Karat); ISkarätiges enthält 18 K.
Gold und 6 K. Kupfer. Knpferleg^rung
heisst rothe, Silberlegirnng weisse, Kupfer-
silberlegirang gemischte Karatirung. <}e-
setzmässig verarbeitet man bei uns 18-, 14-,
8- und 6- (Joajougold), in Frankreich 22-, 20-,
18-, in England 22-, 18-, in Oesterreich 18-, 13-,
7karätiges Gold. Kupfer und Silber be-
einträchtigen die Dehnbarkeit des Goldes
nicht sehr; Kupfer färbt es roth, Silber
erst grünlichgelb, dann weiss. Durch
Kochen mit Kochsalz, Salpeter und Salz-
säure (Goldfarbe) oder durch schwache
galvan. Vergoldung werden die G. gefärbt.
Qoldöttl, Carlo, ital. Lnstspieldichter, geb.
1707 in Venedig, f nach einem unsteten
Leben 1798 zu Paris. Der Meister der ital.
Oharakterkomödie , Verf. von mehr als 120
Stöcken. Beste Ausgabe 1809, 26 Bde.
Goldpnrpnr, s. Oold.
Goldregen, s. Cytisus.
45*
708
Goldsalz — Gordianus.
GoMiftlSy 8. T. a. Goldchloridehlomatrium
oder •kaUiiin; s. Qold.
Goldiehligerel, Dantelliiiig Ton Blatt-
gold, Blattsilber, geschieht aas d&nuem
Qold- und Silberblech, welches aaerst awi-
schen Pergamentblättera , dann awisehen
Ooldachlägerhäatcben (der äusseren feiaeii
Hant vom Blinddarm des Rindes) in Pack-
chen mit dem Hammer geschlagen wird.
Verpackung swischen feinem, mit Bolus
eingeriebenem Papier. 2000->2400 Q " geben
auf das Gewicht eines Dukatens. Zwisehgold
wird aus vergoldetem Silber, vnäefUea Blatt-
ffoid aus Tombak, unächtes Blattnlbtr auf
Zinn dargestellt.
Goldsenmidt, Hermann, Astronom, geb.
17. Juni 1802 in Frankfurt a/M., Maler,
stellte in Paria seit 1834 astronom. Be-
obachtungen mit den einfachsten Hülfs-
mittein an und entdeckte 14 Planeten; f
10. Sept. 1866 in Fontaiuebleau.
Goldschwefely s. Anümon,
Goldsmithy (Hiver, engl. Dichter und
Schriftsteller, geb. 10. Nov. 1788 au Pallas
(Irland), f nach einem abenteuerlichen
Leben 4. April 1774.. Yerf. des ber. idyl-
lisch-sentimentalen Bomans ,Vicar of Wake-
fleld' (1775; deutsch von £Yfner 1870, U.A.) und
mehrerer treffl. Dichtungen («The traveller*
1765, ,The deserted village* 1770, u. A.).
Beste Ausgabe seiner .Miscellaneous Works'
von Ounninffham (1855, 4 Bde.). Biogr. von
/rvtno (1849) und Forater (8. Aufl. 1854).
Goldwähroagy «. Müm/uss.
Goldwage, jede feinere Wage.
Golf (ital. Qolfo), Meerbusen; in Amerika
insbes. der Meerbusen von Mexiko.
Golftteoniy s. Meer.
GolgitlM (d. i. Sch&delst&tte), nicht mehr
genau au bestimmende hügelartige Stätte
der KreUBignng Jesu bei Jerusalem.
Goliath, philistäischer Riese aus Gath,
von David im Zweikampfe mit der Hirten-
schleuder getödtet (1. Sam. 17).
GolkOflda, Stadt in der ostind. Prov.
Hyderabad, mit gr. Fort; Markt für Dia-
manten. Früher Hauptst. dw KönigreieheQ.
Golling, Marktflecken im Salzburgischen,
an der Saiaaoh, 800 Ew.; dabei der schöne
Ooüinoer- oder SehwaräbaehfaXl, 300' li.
GoluioWy Stadt im prenss. Regbz. Stettin,
Kr. Nangard, 7444 Ew. Ehem. Hansestadt.
GoltB. Bogumil, Schriftsteller, geb. 81.
MäriE 1801 in Warschau, erst Landwlrth,
lebte dann in Thorn ausschliesslich der
Literatur, machte grössere Reisen , hielt in
den letzten Jahren in vielen Städten öflfent-
liche Vorträge («Vorlesungen^ 1870, 8 Bde.);
t 12. Nov. 1870 zu Thom. Als Schriftsteller
originell in Inhalt und Form, dabei voll
Geist und Humor, von scharfer Beobach-
tungsgabe und lebhafter Phantasie. Hau]^t-
werke: ,Buch der Kindheit* (8. Aufl. 1854),
, Jugendleben* (2. Aufl. 1865), ,Der Mensch
und die Leute* (1858) , ,Die Typen der Ge-
sellschaft* (1860) u. a.
Golts, Bobert Seinr, Ludw,, Oraf wm der,
preuss. Diplomat, geb. 6. Juni 1817, ward
1855 Ministerresident, dann Gesandter und
bevolUnftchtlgter Minister in Athen, 1859 in j
Konstantinopel, 1863 Botschafter in Paris;
t 84. Juni 1869 an Charlottenbars*
Gomora. 1) eine der kanarischen Inseln,
11 QM. und 18,000 Ew.; ~ 8) befest. Insel
an der Küste von Marokko, seit 15(^ spanisch.
GomsMlIse, durch Erhitzen der Stärke
mit Salpetersaure erhaltenes Dextrin (s. d.).
Gosdmry Hauptstadt der Prov. I>embea in
Abessinien, Residenz desAbbnna, 700O £w.
Gosdely Boot in Venedig, meist flach, 32^ l.y
4' br., mit kleinem Zeltdach (Kasten) in der
Mitte, ^ondelier, Gondeirührer.
GoBdokorö, Handelsposten am weissen üü.
Die 1846 das. gegründete Missionsstation ist
neuerlich aufgegeben.
Gomds, Volk in Vorderindien, swischen
Orlssa und dem Viudhyagebirge, wenig
civilisirt, ein Rest der nicht arischen Ur-
bevölkerung; ihr Land Oondw€ma,
Gonfalom (ital.)^ Banner, Krie^sfahne;
öonfaloniere, Bannerherr, oberste Ma^strsta-
person in den ital. Freistaaten.
Gongfirs y Argot«, Luis de, span. XHchter,
geb. 1561 in Gordova, f das. 84. Mai 1627;
dichtete in seiner Jugend vortreffliche Lie-
der und Romanzen; später gefiel er sich in
einer unnatürlichen und überladenen Ans-
drucksweise, dem sogen. .Estilo culto*, der
viele Anhänger fand und eine bes. Scfanle
(Gongorialen) hervorrief. Werke 1633.
Goniometer (gr.), Instrument sur Messung
von Winkeln, bes. denen, welche zwei Flä-
chen eines Krystalls mit einander bilden.
Goniometrie (gr.), Winkelmessttng, Liehre
von dem Yerhältniss der Winkel und B^en
zu den dazu gehörigen Sinus, CSosinus,
Tangenten^ Sekanten und Kosekanten.
Gonorrhö« (gr., Tripper), Harnröhrenent-
zündung, entstanden durch Einwirkung
eines specifischen Giftes, daher ansteckend.
Beim Manne beginnt die G. mit Kitzel in der
Eichel, dann Röthnng, Schmerz daselbst,
und eitriger, bisweilen blutiger Ausfluss
aus der Harnröhre, der nach ca. Gwöchentl.
Bestehen verschwindet. Belumdlimg:Riibe,
reichlicher Wassergenuss , reizlose Nah-
rung, Später Einspritzungen. Kopaivsbal-
sam Innerlich veranlasst oft Nierenerkrsn-
kung. Zur Vermeidung von Hodenentzün-
düngt Tiagbeutel. B^m Weibe erstreckt
sich die G. zugleich auf die Scheide und
veranlasst den bösartigen weissen Fluss.
Auf das Auge gebracht ist das Sekret die
Veranlassung der gefährlichen Blennorrhoe.
Gonteiiy Badeort im Kant. Appenzell-Inner-
rhoden, westl. von Appenzell; Molkenkur-
anstalt und eisenhaltige Mineralquellen.
GonisgSy altes ital. Fürstengeschlecbt,
welches seinen Ursprung vom deutschen
Kaiser Lothar herleitet, herrschte 1368—
1707 in Mantua, seit 1438 mit markgräfl-,
seit 1530 mit hersogl. Titel, erlosch 1786.
Gorakhpsr (Qorukpoor), Stadt in der brit-
ostind. Präsid. Agra, am Rapty, 54,580 Ew.
Gorales (d. i. Gebirgsbewohner), die Be-
wohner der westl. Karpathen in Galisien.
Gordianus^ Name von 8 röm. Kaisern:
Ifareu« Anieniu» O, L, unter Caracalla and
Alexander Sevenis Konsul, dann Prokossnl
in Afirifca, ward 888 n. Ohr. 80 Jahrs alt
Gordius — Gothto,
709
mit seinem Sobn« Mareu» AnUmiut O. IL
%um Kaiser ausgerufen und Tom röm. Senat
ftiierkannt, tödtete sich 36 Tage darauf, als
G.. H. Tor Karthago geschlagen ward und
fiel. Sein Enkel Marcus Antonius O. III.
ward den gegen Haximinus gewählten
Kaisem Pupienus Haximiis und Balbinus
als Cäsar beigegeben, nach deren Tode
Bum Augustus ernannt, zog 242 gegen die
Pex^er, war4 244 auf Anstiften seines Nach-
folgers Philippus Arabs ermordet.
GordluBy alter König von Phrygien. Von
ihm rührte der gordiaohe Knoten her, dessen
liöser nach einem Orakel der Ueberwiuder
Asiens sein sollte und den Alexander d. Gr.
mit dem Schwerte durchhieb; daher meta-
phorisch für etwas Unlösbares.
Qore (spr. Gohr), Catharine Grctce, geb.
Moody, engl. Schriftstellerin, geb. 1799 ssu
East- Retford, f 29. Jan. 1861 zu Linwood.
Verf. vielgelesener l^milienromane (,The
Dean's daughter*, ,Mammon* etc.) und des
tretri. Werks ,Book of tbe roses' (1838).
tiorgrOy mjth. Ungethüm der Unterwelt, in
3 Personen geschieden als Stheno, Euryale
und Medusa, Töchter des Fhorcys (daher
Phorcydea); insbes. Medusa, deren scblangen-
haariges, yerstelnemdes, von Perseus ihr ab-
geschlagenes Haupt Athene auf ihrer Aegide
befestigte. Daher Gtorgonenhaupt, Sinnbild
des Schrecklichen, Furchtbaren.
GorgonsöU, Ort bei Mailand, 3225 Ew.;
Hauptmarkt lür Stracchinokäse.
Gorilla (Gorilla gina Geoffr.), Affenart
der Schraalnasen, bis V h., in Niederguinea,
grösster und menschenähnlichster Affe.
Ctorkum (Gorinehem), Festung in der lioU.
Prov. Südliolland, an der Merwede, 9323 Ew.
€N>rt8Cliak0W9 1) Michael, Fünt G., geb.
1792, diente 1812 — 15 im Krieg gegen Na-
poleon I. , fungirte im turk. Kriege 1828 als
Stabschef des rudsewitschschen Corps, ward
1831 Generallieutenant, dann Chef des Ge-
neralstabs der aktiven Armee, 1846 Mflitär-
gouvemeur von Warschau ; nahm am Krieg
in Ungarn 1849 hervorragenden Antheil,
überschritt Juli 1853 mit 60,000 Manu den
Pruth, besetzte die Moldau und Walachei,
ging März 1854 über die Donau, belagerte
Silistria vergeblich und musste den Rück-
zug antreten. März 1855 zum Oberbefehls-
haber in der Krim ernannt, unterlag er
16. Aug. an der Tschernaja und räumte
8. Sept. den südl. Theil von Sebastopol.
Febr. 1856 Paskewitschs Nachfolger als
Oberbefehlshaber der ersten Armee und
Statthalter von Polen, suchte er hier ein
milderes Regiment zur Geltung zu bringen ;
t SO. Mai 1861. — 2) Alexander Michaile-
witsch , Fürst G, , Vetter des Vor. , russ.
Diplomat, geb. 1798, ward 1830 Geschäfts-
träger in Florenz, 1832 Botschaftsrath in
Wien, 1841 Gesandter in Stuttgart, 1846
Geheimrath, 1850 Bevollmächtigter am
deutschen Bundestag, 1854 ausserordentl.
Gesandter in Wien, April 1^56 Minister des
Auswärtigen, 1862 Reichsvicekanzler.
CitsaUy Dorf im österr. Salzkammergut,
1600 Ew., an der Gosau, dem Abfluss der
beiden Goviutt^n nach dem Hallstädtcrsce.
Dabei Saline mit dem Goscawioang (Ueber-
brückung des Thaies für die Soole).
Oosanschlcliteii , an Versteinerungen
reiche Abthellung des alpinen Kreidegebir-
ges: Kalksteine, Mergel, Sandsteine, führen
Kohlen, liefern Schleifsteine.
Goslar, alterthümliche Stadt im preuss.
Regbz. Hildesheim, Kr. Liebenburg, am
Rammeisberg und an der Gose, 8805 Ew.
Bergbau. Um 920 von K. Heinrich I. gegr.,
öfters Residenz der Kaiser und Sitz glän-
zender Reichstage (1009, 1015); bis 1801
freie Reichsstadt, 1814 Hannover einverleibt.
Vgl. Crusiits, ,Gesch. von G.', 1842.
Gosporty befest. Hafenst. in der engl. Graf-
schaft Hants, Portsmouth gegenüber,7790Ew.
Gossec, Fran^. Joseph, franz. Musiker,
geb. 1733, t 1829 zuPaiis. Der Komponist
der Patriot. Revolutionshymnen.
Gossyplum, s. BaitmwoUe,
Goszczynski (spr. Goschtsch-), Severin,
poln. Dichter, geb. 1806 in der Ukraine, au
der Revolution von 1830 betheiligt, seitdem
im Exil. Sehr. .Gedichte* (1828, 3 Bde. ; l&'iS),
darunter die treffl. poet. Erzählung ,Da»
Schloss zu KaniowS welche den letzteu
Kampf der Kosaken mit den Polen beschreibt.
Gotha 9 Hauptstadt ■ des Herzogthums S.-
Gotha und abwechselnd mit Kobui'g Re-
sidenz des Herzogs von S.-Kobarg-G., au
einem Kanal der Leine, 19,071 Ew. Schlos»
Friedenstein (an Stelle der alten Veste Grim-
menstein) mit reichem Museum und bed.
BibUothek (160,000 Bde.), Palais Friedrichs-
thal, neue Sternwarte, Perthes geograph.
Anstalt, zahlr. Lehr- und Wohlthätigkeits-
anstalten, Feuer- und Lebensvei'sicherungs-
banken; lebh: Transitohandel, Wurst- und
Schuhfabr. Unfern der SeAerg, 1100' hoch
(früher ber. Sternwarte).
Gothaer 9 Fraktion der deutschen Na-
tionalversammlung, welche 28. Juni 1849
eine Zusammenkunft zu Gotha hatte und
beschloss, das preuss.« Unionsprojekt und
die Wahlen zum erfurter Parlament zu
unterstützen, dann Anhänger der bundes-
staatlichen Verfassung Deutschlands mit
Parlamentär. Formen und preuss. Exekutive.
Gotheiiy alter german. Volksstamm, im
2. Jahrh. noch im Mündungslande der
Weichsel sesshaft, im 3. Jahrh. bereite am
schwarzen Meere zwischen Don und Donau
auftretend und seitdem von bedeutendem
Einfluss auf die Gestaltung des abendlän-
dischen Ifiluropa. ' Erster Zusammenstoss mit
den Römern 251 in Mösien , wo Kaiser
Decius im Kampf gegen die G. fiel, dar-
auf wiederholte Plünderungszüge derselben
über die Balkanhalbinsel und nach Klein-
asien, bis sie von Claudius II. (269) und
Aurelian (270) besieget und von Konstentiu
über die Donau zurückgedrängt wurden.
Bald darauf nahmen sie das Ghristenthuni
an (Ulfilas Bibelübersetzung um 370). Um
dieselbe Zeit Theilung des gothischen Beiehs
(zwischen Don und Theiss) in 2 Hanpt-
theile: Otigothen (Greutungen) und West-
gothen (^erioinger), durch den Dnjestr ge-
schieden; über die erstem die Amaler,
über die letztern die Balten lierrscUeud.
710
Gothenbnrg — Gottschal].
Die Oitgotkem erlagen den eindringenden
Hannen, der grönere Tbeil der WtHifoiktH
entwich vor Uinen unter Fridlgem niich
Tliraclen, wo sie nucfa Be«iegnug des Kai-
s«r« Valens bei Adrlnnopel (878) sieb sa
Herren des Landes machten. Darauf wei-
teres Voniringen nnter Alarich nach Grie-
chenland und Italien (401) und nach ver-
scliledenen WechselAlIen Erstärmung der
Stadt Rom (410). Nach Alarichs Tod führte
Atanlph das Volk nach Gallien (412) und
nach Spanien, und nach seinem Tode (415)
setxte Wallla die Eroberungen fort und
gründete das veatgoth. Beiek, das Südfrnnk-
reich Ton der Ga rönne bis sum biscajischen
Meer nnifasste (Hanptst. Toulouse), durch
Wnllias Nachfolger alter, Theodorich (419—
451) und Eurich (466 - 484) In Gallien so-
wohl (bis snr Loire und ital. Orenie) als
nach Spanien hinein noch bedeutend er-
weitert ward (Hanptst. Arles). Alarich IL
verlor darauf in der Schlacht bei Poitiers
(507) gegen den Franken Ohiodwig Leben
und den grössten Theil des gallischen Lan-
des, und mit seinem Sohne Amalarich er-
losch 5^1 das Geschlecht der Balten. In
der Folge friedliche Verhältnisse, Auf-
blühen von Künsten und Gewerben, bis
wegen der Wahl Rnderichs zum König die
Burückgesetsten Söhne des Königs Witiza
die Arat>er gegen Jenen Ins Lnnd riefen
(710), und mit dem Sieg derselben bei Xeres
de la Frontera (711) der Untergang des west-
gnth. tteichs entschieden ward. Vgl. D(xkn,
,Die piillt. Gesch. der Westgothen', 1870.
Die 0*tgothen, nach dem Sturz Attilas in
Paunonien sesshaft, unternahmen Ton hier
ans glückliche Einfälle in das byzaut.
Reich, besiegten dann unter Theodorich
d. Gr. Odoacer, den Herrscher Ton Italien,
g93) und gründeten ebenfalls ein grosses
eich, das Italien nebst Sicilien, Dalmatlen,
Hochrhätien und später auch die Proyence
umfasste. Nach Theodorichs Tode (526)
führten seine Tochter A malasuinth , dann
Thendat, nach diesem Vitiges (536) die Herr-
schaft, welch letzterer 540 von dem kaiserl.
Feldherm Belisar gefangen ward. Der neu-
gewählte KSnIgTotilas ward Ton letzterem
bald aus Rom vertrieben und endlich von
Narses bei Taginä im Apennin geschlagen
und tödtlich verwundet. Gleiches Schick-
sal hatte sein Nachfolger Tejas, und 566 war
mit Beendigung des Kriegs das Reich der
Ostgothen vernichtet. Vgl. Dahn, ,Gesch.
der Ostgnthen', 1861.
Gothenbarg (schwed. Gotaborg), Hanptst.
der sehwed. Landschaft Westgothland , an
der Mündung der Götaelf, 8. Stadt Schwe-
dens, 4»,846 Ew. Hafen; lebfa. Handel. Ex-
port«« : Häringe (100,000 Tonnen), Eisen, Holz.
Gothisch, den Gothen eigentliümlich;
altertiiüiiillch , altdeutsch; insbes. der vom
13. Jahrh. an auftretende german. Baustil
(Snitzbogenstil), s. £aukunst.
Gothland (schwed. Götaland, OtUa Sike,
d. i. goth. Reich), der südlichste, frucht-
barste und bevölkertste der drei Haupt-
theile Schwedens, 1784,5 QM. und 2,278,687
Ew. ; Gebirge, bes. im NW. und im Innern
(nicht über 2000*), ubwechMlnd mftHfi^s.
Thälem, Ebenen, Seen und 'W&Idera; gut
angebaut, am ei^ebigsten die Sfidsprts«
gtes. Schonen). 8 Landsehafteii : Schonen,
alland, Bofaua, Dalsland, IVes^otlilaod.
Blekingen, Smaland nad Ostdr^^ötfaland,
nebst den Inseln Oeland and Oottland.
Gotter y Frisdr, Wilh,, Dichter, ^eb. S.
Sept. 1746 SU Gotha, grflndeta 1768 es
Göttingen mit Bote den ,Masena.]nutnaeh*,
ward 1771 g^h. Sekretär su Goth a ; f das. 18.
]läral7H7. Werke: ,Gedlchte* (1787 f., 8 Bde.);
,Sing8i)iele* (1778) und ,SchaaspieIe* (1796).
Gottesftriede (lat. Treugx, 2Vewa Dei), Be-
schränkung der Fehden durch Verbot der-
selben auf die Zeit vom Donnerstag Abend
bis Montag früh, auf Konciiien des 11. und
12. Jahrh. bestätigt und eingesehärft, von
Kaiser Konrad II. zum Reichsgesets erhoben.
Vgl. JRNcMofc«, .Geschichte des O.ns*, 1857.
GottfHcdTOBBonllloB, Herxog won Nlader-
lothringen, geb. 1061, ältester Sohn de«
Grafen Eustacb H. von Bonlo^^e, folgte
seinem Oheim 1076 in NiederlothringeB.
kämpfte ffir Kaiser Heinrich IV., dann 1096
Auftihrer des ersten Kreusheeres, eroberte
10U8 Antioehia, 19. Juli 109» Jerusalem, ward
zum König von Jerusalem ernannt, lehnte
den Künigstitel ab, kam durch seineu Sieg bei
Askaiou in den Besitz von gnnz Palästina;
t 18. Juli 1100. Muster ritterlicher Tugend.
Gottfried vom Nifea, Minne8äng:er, ans
Schwaben, um 1250, einer der Vertreter ner
sogen, höfischen Dorfpoesie ; seine Gedichte
volksmäsjig derb. Ausg. von Bäupt 1852.
Gottfried vom Htratsbarg, mitreihocb-
deutscher Dichter, zu Anfang des ISw Jahiii.,
bürgerlicher Herkunft, vielleicht geisti.
Standes ; einer der drei grossen mittelalterl. i
Epiker, Verf. von «Tristan und Isolde* (um
1210, nach franz. Vorbilde), an dessen Voll-
endung ihn der Tod verhinderte. Neue
Ansg. von BeekHein (1869), Ueliersetsungen
von Kurs (1847) und Btmroek (1855). Fort-
setzung des Gedichts von Ulr. wm Tärkem
(um 1240) und Seinr. von Freiberg (nm ISIO).
Gotthel^ Jerendiw, s. BiUin:
Gottlandy schwed. Insel in der Ostsee,
das Län Wisby bildend, 42 QM. und 52,777
Ew.; Kalktelsen (80 — 200' h ) mit frucfatb.
Erdreich. TrefTl. Häfen. Hauptort Wisby.
Gottlieben, Marktflecken im Kant. Thur*
gan, an der Mündung des Rheins in den
Untersee, 214 Ew. Im Schloss 1415 Hosa
und Hieronymus als Gefiingene.
Gottorpy Schloss bei Schleswig, ehedsm
Bischofssitz, 1544—1717 Residenz der He^
Böge von Holstein-G.; seit 1850 Kaserne.
GottsehftU, Bndolf, Dichter und SchnTl-
steller, geb. SO. Sept. 1823 zn Breslau, lebt
nach versuhiedeuen Lebensstellnngen seit
18(>3 in Leipzig als Redakteur der ,Blätter
für literar. Unterhaltung* und der Zelt-
schrift ,Unsere Zeit*. Bedeutend als Lyriker
(,Gedichte* 1849 : ,Neue Gedichte' 1858). als
Epiker (,Carlo Zeno*, 2. Aufl. 1851; ,lbia'
1861) und als Dramatiker (Tragödien: ,MaF
zeppaS ,Nabob*, ,Katharine Howard*; Lost- |
spiele: ,Pitt nnd Fox*, ,Die Diplomaten').
Sehr, ausserdem ,Die deutsche National-
li
Gottsched — Grabbe.
711
literatar in der 1. H&lfte das 19. Jahrb.* (8.
Aufl. 1860), ,Poetik* (2. Aufl. 1870) a. A.;
Bahlr. Kritiken n. dgl.
Gottsched 9 Joh, Chriüoph, Dichter nnd
Aesthetiker, geb. 2. Febr. 1700 sn Judithen-
Icirch bei Köntgfberg, seit 1784 in Leipsig,
Mittelpunkt eines Dichterkrefses («dentache
Oeaellschaft') , später Prof. der Philosophie
und Dichtkunst an der Universität; f 1'«
I>ec 1706. Verdienstvoll durch sein wirk-
sames Auftreten gegen den Schwulst der
8. schles. Schule, gegen den Hanswurst auf
der Bühne und das Opemunwesen, dem er
formgerechte, aber nüchterne Schauspiele
nach fransös. Zuschnitt entgegenstellte
(«Dentsohe SchaubühneS 1740 — 50, 6 Bde.).
Hauptwerk: ,yersuch einer krit. Dicht-
knust* (1730) , lange Zeit Codex der deut-
schen Aesthetik. Im Streite mit den
Schweisem Bodmer und Breltinger, den
Anli&ngem der engl. Dichter, erlitt G.s
An sehn eine vollständige Niederlage. —
Seine Gattin LiUst Adelfftmd« Victoria, geb.
Kulmu» (geh. 1713, f 1768), auch Schi-ift-
stellerin. Vgl. Z>a«£e{, ,G. n. seine Zeit', 1848.
GottseheerUndy Herrschaft in Krain, dem
Fürsten Auersperg gehörig, 48 QM. und ca.
80,000 Ew. fk-ank.-thuring. Stamms, meist
Hau sirer. Hauptstadt Gottachee, 1000 Ew.
GoaMhemalerei (spr. Guasch-, Wagch-
nuUtrei), Art der Malerei mit Wasserfarben,
bei welcher dieselben (mit Gummi ver-
setzt) dergestalt aulisetragen werden, dass
Sie den Papiergrund völlig decken; bes.
geeignet zur Darstellung glänzender Far-
benerscheinungen in der Natur.
Gonadeloupe (spr. Guad'luhp), franz. Insel
in Westindien, durch den Salzfluss, einen ^/s
IL langen Meereskanal, in 8 Theile getheilt :
das kleinere östl. niedrige Orande' und das
westl. gebirgige £a<«e-T«rre (oder eigentl. G»),
bildet mit den umliegenden kleinem Inseln
Desirade, Marie Galante etc. die franz. Kolonit
G., 89,9 QM. und 152,477 Ew. Haup1i)rodnkt
Zucker (Ausfuhr 1869: 540,000 Gtr.). Haupt-
stadt Basse -Terre. Entdeckt 1493 von Co-
lumbus, 1635 von Franzosen besetzt.
Gonda (spr. Gauda, ttr Gou), Stadt in
der niederländ. Prov. Südholland, am hoU.
Jissel, 15,584 Ew. St. Janskirche (her. Glas-
gentälde); Fabr. irdener Tabakspfeifen.
Gongh (spr. Ghoff), ffugh, Baron und Vis-
count, engl. Feldherr, geb. 3. Nov. 1779 auf
Woodstown (Limerick), focht 1809 In Spa-
nien, erhielt 1841 den Oberbefehl über die
nach China bestimmten Truppen, eroberte
Amoy, TschusaUjTschinghai u. Ning-po, dann
Tschapu, besetzte 19. Juni 1848 Schanghai
und erstürmte 81. Juli Tschin-kiang-fü. 1848
mit dem Oberkommando in Indien betraut,
schlug er 89. Dec. 1843 die Mahratten bei
Maharajpor, 18. Dec 1845 die Sikhs bei
Moodkee und 10. Febr. 1846 bei Sobraon und
sog 82. Febr. in Labore ein. Aprü 1846 zum
Peer erhoben, lieferte er 18. Jan. 1849 den
Sikhs die blutige Schlacht beiChillianwallah
und schlug sie bei Gudscherate 81. Febr.,
worauf sie die Waffen streckten. Seit 1868
Feldmarschall, fer 8. März 1869.
GoaUrdiehes WMser, Mlsohung aus Blei •
essig, Brunnenwasser und Alkohol, dient «u
Umschlägen bei Quetschungen.
Gounod. C^rle* Fdix, franz. Komponist,
geb. 17. Juni 1815 zu Paris, Schüler von
Hal6v7, lebt das. In Deutschland bes. be-
kannt durch seine Oper ,Margaretha* (nach
Goethes Faust); sehr, noch die Opern ,K5-
nigin von SabaS ,Bomeo und Julia* u. a., die
Oratorien ,Hiob* und ,U1 jsses*, Kantaten etc.
Gonrgand (spr. Gurgoh), Gaspard, Baron,
geb. 14. Sept. 1783 zu Versailles, Ordonuauz-
ofSzier Napoleons I., begleitete ihn nach
St. Helena, trat nach der Julirevolution 1830
wieder in aktiven Dienst, ward 1849 Abgeord-
neter der Legislative; f 25. Juli 1852. Gab
heraus mit Montholon ,M6moires de Napo-
16on ä St.-H61dne< (1823, 8 Bde.).
Gonrmaiid (fr., spr. Gurmang), Einer, der
Sem viel nnd gut Isst, während Gourmet (spr.
-urmeh) den eigentl. Feinschmecker be-
zeichnet. Goitrma»dfoe (spr. -dihs), Lecker-
haftigkeit; Leckerbissen.
Goat(fr., spr. Gu), Geschmack; goutiren,
kosten, schmecken; gutheissen, billigen.
GouTemante (fr.), Erzieherin, welche zu-
gleich den Unterricht der Kinder versieht.
Genremenr (fr., spr. Guwemöhr), oberster
Militärbefehlshaber in einer Hauptstadt oder
einer Festung ersten Bangs, hat einen
OouvememtnUstab , bestehend aus einem
Adjutanten, Platzmajor, Garnisonsauditeur,
Stabsarzt etc., zur Seite; auch Titel des
Statthalters einer Provinz oder einer Ko-
lonie, die danach Gouvernement heisst, z. B.
in Russland ; in den nordamerikan. Uuions-
Staaten (Govemor) der höchste Staatsbeamte;
auch Erzieher, Hofineister.
GOttVlon St.-C7r, s. Saint- Oyr»
Govemor's Island (spr. Gowwerners -Ei-
land), befest. Eiland im Hafen von Newyork.
Goyazy Prov. im Innern Brasilien, oa.
14,000 QM. und 250,000 (n. And. 160,000) Ew.
Früher bed. Goldgewinnung, Jetzt erschöpft.
Die Haupttt. G., am Rio Vermelho, 8000 Ew.
Goyen, Jan van, hell. Landschaftsmaler,
geb. 1596 zu Leyden, 1 1^^ <ni Haag. Ausgez.
in der Darstellung von Wasaerpartien.
Gozzl. Carlo, Graf, ital. Lustspiel dichter,
geb. 1722 zu Venedig, f ^- April 1806;
Nebenbuhler und Gegner Goldonis, den er
durch seine dramat. Feenmärchen und
phantast. - burlesken Volksstücke aus dem
Felde schlug. Besond. bekannt ,Turandot'
(durch SchlUer). Werke (1792, 10 Bde.;
Uebersetzung von Btreckfus» 1805).
Gozio (das alte Gatdiia) , brit. Insel im
mittelländ. Meer, bei Malta, 1,7 QM. und
12,000 Ew., Hanptort Roboto.
Grabbe. Christian Dietrich, dram. Dichter,
geb. 14. Dec. 1801 zu Detmold, erst Regi-
mentsauditeur daselbst, lebte dann in Düssel-
dorf ganz der Dichtkunst; f körperlich zer-
rüttet 12. Sept. 1836 in Detmold. Genial und
von kräftiger Phantasie, aber der Mässi-
gungundharmon. Durchbildung ermangelnd.
Hauptwerke : ,HerzogTheodor von Gothland'
(in ,Dram. Dichtungen* , 1827), ,Don Juan
und Faust* (1829), ,Friedr. Barbarossa nnd
Heinrich V.* (1829—80), «Napoleon oder die
hundert Tage* (1831; 8. Aufl. 1868), ,Hanni-
712
Graben — Grässe.
bal' (18S6), »Hermiuuissohl&oht* (1838). Vgl.
Ziegler, ,0.1 Loben und Ohanktar*, 1865.
QnbeB, in der Fortiflluttion die ein
Testongswerk nmgebende fortlaufende
künsti. Yertlefiing, welche die Ann&herung
des Belsigrerers hemmt. Der Boden heiest
Sohle, die Wände Escarpe n. Gontreescarpe.
Grftbeueheere (Tenaille), Aussen werk vor
der Kurtlne. Die «infaehe Q. bildet In der
Yerl&ngerung der beiden Bollwerksfacen
einen eingebenden Winkel. Die veretärkte
G. batVacen, Flanken und eine Kurtine. Die
G. ermöglicht rasantere Grabenbestreichung.
Grftbfeldy altdeutscher Gau in Franken,
zwischen dem Thuringerwald, Spessart und
Obern Main, theils den Grafen von Henne-
berg, theils zuWürzbarg u. Bamberg gehörig.
Grftbow. Stadt im prenss. Regbz. Stettin,
an der Oder, nördl. von Stettin, 6608 £w.
Grosse Schiffswerfte, Navigationsschule.
OraboWy Wilhelm, preuss. Abgeordneter,
geb. 15. April 1802 zu Prenzlau, 1847 und
1848 Mitglied der zweiten Kurie des ver-
einigten I^indtags, dann der Nationalver-
sammlung, Präsident derselben, legte Okt.
sein Mandat nieder, trat Frühjahr 1849 in
die zweite Kammer und ward deren Präsi-
dent, protestirte gegen dsren Auflösung,
1862->65 Präsident des Abgeordnetenhauses.
GracchlUy T^eriu» und öajue Bemproniu»,
8 Brüder ans dem röm. Geschlecht der Sem-
pronier. Söhne der Cornelia (s. d.), veran-
lassten durch ihre Gesetzvorschläge (Leges
Sempronlae) zu Gunsten der ärmeren Bürger
die sogen, gnicchiachtn Unruhen ISS und
129 V. Chr. [Lustspiel.
GraclosOy der Possenrelsser im altspan.
Grad (slav.), Stadt, Burg (Belgrad etc.).
Orad&tim (lat.), stufenweise, nach u. nach.
Gradation (lat.)i Steigerung, in der Rhetor.
Aufsteigen vom Schwächeren zum Stärkeren
(Klimax) und umgekehrt (Antiklimax).
Gradbogen^ Instrument zum Messen eines
Fall winkeis , ein aufhängbai*es Lineal mit
Loth, welches an einem graduirten Halb-
kreis die Neigung des Lineals angibt.
Grade, die gleichen Theile auf physikal.
Instrumenten (Thermometer, Barometer
etc.'); bei Winkelmessiustrumenten stets Vseo
des KreisnmfJEtngs, auch Vieo aller Kreise am
Himmel und auf der Erde. 1 G. (o) == 60
Minuten (') k 60 Sekunden (''); letztere wer-
den gegenwärtig decimal getheilt. In der
Geogr. Jeder Breitengrad (Grad eines Me-
ridians) =: 15 deutsche M. Von den Längen-
graden ist nur lo des Aequators = 15 M. =
20 grosse oder 60 kleine Seemeilen = 25 franz.
Lieues = fast 70 engl. M. = 104Va Werst etc.
Die übrigen Längengrade werden, wie die
Parallelkreise selbst, mit zunehmender Ent-
feimung vom Aeguator kleiner, und zwar:
10 des 20. Par. =: 14 M.
10 . 80. - =18 -
10 - S7. - = 12 -
10 . 48. - =11 -
10 - 48. - =10
10 des 53. Par. = 9 M.
10 - 62. - =7 -
10 - 70. - =51/8-
10 - 82. - =2 -
10-86. - =1
Gradevftle (ital.,Mu8.), angenehm, gefällig.
Gradiren 9 schwache Soole koncentriren
(auf Domgradirhäusem, s. d.) ; die Farbe der
Goldleglrungen erhöben.
GradüMiMag» Begümmiuicr der I^a^e
eines bekannten Bogens anf cl«r Brdober-
fläche zu Ermittelung der Grosse vaiA Ge-
stalt der Erde. Die Län00ngraahmsammffem
ermitteln den Abstand sweler Meridiane un-
ter einer gewissen Breite ; die ^raUengrad-
meeeungen den Abstand zweier BreitonlcreiBo
auf einem bestimmten Meridian. I>ie bedeo-
tendsten der letzteren sind die fromm. -engl.
(Meridian Paris) von S8o 40' bis 60o 50' (For-
mentera bis Sazaword), einen Meridianb4^«o
von 220 10' umfassend; die rua: (Meridian
Dorpat) von 450 20' bis 70o 40' (Ismael bis
Fuglenaes), einen Bogen von 25 o SO' um-
fassend. Seit 1867 ist die evrop. Gradmeamtng
(von Palermo bis Christianja) in Angriff
genommen.
GradnireBy Gefässe mit einer SIcale ver-
sehen, um ihren Bauminhalt bis snt jedem
Theilstrich ablesen zu können.
Gradnfrt (graduirte Firton) , Derjenige,
welcher in einer akadem. Fakultät einen
gradus, d.i. eine akadem. Würde, eriialten
hat. Gradu«Udi^^iU4Uion , die zu diesem
Zwecke gehaltene Disputation.
Gradus (lat.), Stufe ; das Lesepult in der
Kirche ; in der Grammatik Steigarunssstufe,
Komparation; auch Bang, Ehrenstelle.
Gradus ad Parsusuoi (lat., d. i. Schritt
zum Parnass), Titel eines lat. Wörterbuchs
zum Gebrauche beim lat. Versemachen, Toin
Jesuiten Jler (1702), vervollkommnet von
Friedemann und Conrad (1842, 2 Thie.).
Graeela (lat.), Griechenland.
Gräfe, 1) Karl Ferdinand von G,, Gbirnig
und Augenarzt, geb. 8. März 1787 zu War-
schau, ward 1811 Prof. der Chirurgie in Ber-
lin, höchst verdient um das preuss. Laza-
rethwesen , Begründer der wissenschaftl.
Chirurgie und der Chirurg. Klinik; f 4.
Juni 1840 zu Hannover. Sehr. ,Normen für
die Ablösung g^rosser Gliedmassen* (1812);
,Rhinoplastik* (1818); ,Beiträge aur Kunst,
Theile des Angesichts organisch zu er-
setzen' (1821) etc. Biogr. von JftcAcMlü
(1840). — 2) JJbreeht 9on €■., Angenoperatenr,
Sohn des Vor., geb. Mai 1828 in Berlin, seit
Anfang der fünfziger Jahre Arzt in Berlin,
wandte mit Erfolg den Augenspiegel an nnd
begründete wichtige Heilmethoden, ward
1858 Professor; f ^* JnU 1^70 in Berlin.
Seine Arbeiten im ,Archiv für Ophthalmo-
logie', in .Klinische Vorträge etc' (1871).
Grafenberg, Dorf im österr. Schlesien, bei
Freiwaldau; her. Kaltwasserheilanstalt (die
erste, von F. Pritesnit», t l^^» errichtet).
Grifirath, Stadt im preuss. Begbs. Düssel-
dorf, Kr. Solingen, an der Itter, 5S06 Ew.
Bed. Metallindustrie. [Schwärmender.
Gräkomame (gr.ll, ein fürs Griechenthum
Gran, Gold- und Silbergewicht, seit ltt7
= 0,0010889 Pfd.; firüher = Vass kölner Merk.
Für Juwelen =: V4 Karat.
Gr&BSe, Joh. Qeorg, Bibliograph und Lite-
rarhistoriker, geb. 81. Jan. 1814 au drinun«,
lebt zu Dresden als Privatsekretär des
Königs. Hauptwerke: ,Lehrbuch einer sll-
gemeinenLiteräfgeschichte' (1887-60, 4 Bde.
in 18 Thln.) und .Handbuch der sUgwi.
Literärgeschichte' (1845—50, 4 Bde.).
Grätz . — Granatfels.
713
CbrStl/Orote;, Hauptetadt tob Steiermark,
an der Mur und der wien-triester Eiflenbabn,
81,119 £w. aoth. Domkirche, Universität,
Oemäldegallerio , techn. Letarinstitnt and
Museum. Lebh. Bidustrie, ansebnl. Handel.
Graf (lat. eotne»), Oeffthrte, Begleiter des
Königs, ursprüngl. ein über einen Oan ge-
setzter königl. Beamter, -welcher die Eze-
katlTgewalt handhabt; nach dem Zerfall
der Gaaverfassnng im 11. Jahrb. erblicher
Besitzer eines Territorinms (ßrqfaehaft);
seit Ende des 15. Jahrh. auch Titel solcher
Herren, ^reiche die Reichsfreibeit ihrer
Iprösseren Besitzungen behauptet hatten und
auf dem Reichstag seit Anfang des 15. Jahrh.
nach Kurien (Banken, wetterausche, schwä-
bische, frank, und westphäl.) stimmten,
durch die Mediatisirungen zu Anfang des
19. Jahrh. aber ihre Souveränetät verloren.
Gimfenkrlegy s. Dänemark, Geschichte.
Gnfftto (ital.), Art Trescomalerei , wobei
die Wand schwarz grundirt, mit Weiss
aberzogen, dann die Zeichnung bis auf den
dunkeln Grund ausgeschabt wird.
Graham (spr. Graham), 1) Sir Jame$ Jtobert
George, engl. Staatsmann und Parlaments-
redner, geb. 1. Juni 1798, seit 1818 Mitglied
des Parlaments , ward 18S0 im Ministerium
Grey erster Lord der Admiralität, Parteige-
nosse der Whigs bei Durchsetzung der Re-
formbill, dann den Konservativen sich zunei-
gend, Sept. 1841 bis Juli 1846 Staatssekretär
des Innern, Dec. 1852 bis Febr. 1855 aber-
mals Lord der Admiralität; f 25. Okt. 1861.
Die Eröffhung der Korrespondenzen Mazzi-
nis (1844) that seinem Ruf grossen Eintrag.
— 2) Thomas, engl. Chemiker, geb. 20. Dec.
1805 in Glasgow , f 16« Sept. 1869 in London.
^Lieferte wichtige Untersuchungen über sohla^
gende Wetter und über die Diffnsionsver-
hältnisse der Flüssigkeiten und Gase. Sehr.
«Elements of chemistry* (2. Aufl. 1865). Bio-
graphie von Hofmann (1870).
Grahambrod. Weizenschrotbrod.
GrahamaUnd (spr. Grahams-), Küsten-
strecke des antarkt. Landes, südl. von Feuer-
Und, 18S2 vom Kap. Bisooe entdeckt.
Gral (der hoü. O., vom altfranz. Or^,
d. i. Schüssel), nach der mittelalterl. Sage
die demantne Schüssel, worin Jos. von
Arimathia das Blut Ohristi aufüng und die,
mit wunderbaren Kräften ausgestattet, spä-
ter ins Abendland kam , wo sie auf dem
unnahbaren Berge Monsalvasch von dem
Templeisen (einer ritterlichen Gtonossen-
sohaft) gehütet wurde. Die tief mystische
Sage wurde zuerst von dem nordfranz. Dich-
ter Chreetien von Troye» (um 1170, ,Merlin',
,De Sana gr6alS ,ParoevalS ,LaYioelot* etc.),
in Deutschland bes. von Wolfram von Eeehen-
hoitih (Parcival*, »Titarel*) poet. behandelt,
und zwar in Yerbindung mit der Artussage.
Gramniy die dem franz. Gewicht zn Grunde
gelegt nominelle Einheit^ = 'Ao DekiHonramm
=: Vioo Hektogramm =r i/iogo KHogr. = 10
Dedgr. = 100 Gentigr. = 1000 Milligramm;
1 G. = 1 Kubikcentim. Wasser bei 40 C.
GranuBatlk (gr.), Sprachlehre ; grammati-
haXiach, grammaHach, die Sprache betreffend.
Oramont (spr. -mong), Jnt, Alfred Agenor^
Herzog von, franz. Diplomat, geb. 14. Aug. 1819
zu Paris , schloss sich nach der Februarre-
volution 1848 an Ludwig Napoleon an, ging
1852 als franz. Gesandter nach Stutt^urt,
1853 nach Turin, Aug. 1857 als Botschafter
nach Rom, 1861 nach Wien, ward 15. Mai
1870 Minister des Aeusseren, als solcher
Führer der Kriegspartd, foh nach dem
Sturz des Kaiserthums nach England.
GrampiaDgebirge (spr. Grämpiän-), der
höhereThoil der schott. Hochlande, mit2Ket-
ten; die südl. (eigentl. Orampian») im Mittel
2500^ hoch, mit dem Ben Macdui (4030^ h.)
in der Oairngormgruppe ; die nördl. (Gebirge
von Invemeu) mit > dem Ben Nevis (4130'),
dem höchsten Berge der brit. Inseln.
Gran (Granum), Apothekergewicht; 20 G.
= 1 Skrupel, 60 = 1 Drachme, 5760 = 1 Pfd.
Gran 9 ungar. Komitat, Kr. diesseits der
Donau, 19,9 QM. und ca. 100,000 Ew., lieb-
liche und Aruchtbare Landschaft zu beiden
Seiten der Donau. Die Hauptstadt G., an
der Mündung des Fltusee G. (32 M. 1.) in
die Donau, 11,215 Ew., Sitz des Erzbischofs
und Primas von Ungarn; prächtige Kathe-
drale (1821-56 erbaut). Bed. Weinhandel.
Granäda, 1) ehemals (1231—1492) maur.
Königreich in Südspanien, Oberandalnsien
oder die heutigen Prov. G., Malaga nnd
Almeria umfassend, über 500 QM. Die
gleichnam. Hauptetadt des Königreichs nnd
der Frovinz G. (232 QM. und 468.123 Ew.),
reizend am Fusse der Sierra Nevada am
JLenil gelegen, 67,826 (sonst 400,000) Ew.
Kathedrale, Univers. Auf einem Felsen die
Alhambra (s. d.). Vgl. Lafuente, ,Hi8toire de
G.S 1851, 2 Bde. — 2) Stadt in Nicaragua
(Oentralamerika) , am Nicaraguasee, 12,000
Ew. 1522 gegr. nnd ehemals durch Handel
sehr reich. Jetzt verfallen.
Gimaity Mbaeral aus der Klasse der wasser-
freien Araphoterolithe , Silikate von sehr
verschiedener Zusammensetzung (Kalk-
Thon-, Eisen-Thon«, Kalk-Eisengranaten):
Almandin (Karfunkel), eeUer G., meist kry-
stallisirt, roth, durchsichtig, sehr häufig als
Gemengtheil von Gesteinen ; weisaer Q,, derb,
fast ungefärbt ; Groeeular, grünlich, krystal-
lisirt, durchscheinend ; Heeeonit, Kaneeletein
(fälschlich Hyadnth) , gelb bis roth , kry-
stallisirt und kömig, durchsichtig; gemeiner
G., grün, braun, schwach durchscheinend,
krystallisirt und derb; Melanit, schwarz,
undurchsichtig, kryjstallisirt. Die schön-
farbigen klaren Varietäten des Almandin
und Hessonit dienen als Schmucksteine
(böhm. in Schwemm- und Schuttland, in
Tirol etc.). Granatschleiferei in Böhmen,
Waldkirch im Breisgau, Warmbnum etc.
Granaten 9 eiserne Hohlgeschosse mit
Sprengladung, mit Ailetten oder Bleimantel
zur Führung in den Zügen und mit tem-
pirtem (auf Zeit gestelltem), Konkussions-
oder Perkussionszünder (Preuasen 1870—71),
werden ans gezogenen Feld- und Festungs-
gesohützen, neuerdings auch aus gesogenen
Mörsern geschossen.
GranatflDls^ Gestein aus kdrnig'krystalU-
714
Granatkariataclie — Granulation.
niieh«m GrmoMt, im kr3rttollfniich«n Schle-
Urg9birg»f EngeMrge, In CaiiAd« etc., dient
flJs Zueehlag beim KiaeDachmelgen.
OnuuitkartiLtache (Bkrapiul) , elfernes
Hohlsescboet, mit 40-^180 Bleilragelii und
BprensleduDg gefüllt, ezplodirt mittelst tem-
plrten Knnkunions- oder PerkunioDaxün-
den; Jetst dnivh die Orasete Terdrängt.
Oraa-CAWiria. eine der kanar. Inseln, SO*/«
QM. mit 70,<W0 E». Hauptstadt Las Palmas.
draa-Chaeo (spr. -Tscliako), weites Ge-
biet im nördL Thef le der argentin. Republik
nnd iu Paraguay bis Bolivia, ca. 20,000 QM.;
Ebene, rem Rio Salado, Vermejo und PUco-
majo durchströmt, im S. WOate, im N. mit
üppiger Vegetation, yon nomadisirenden,
liwien Indianern dnrcliaogen.
Onad, feiner Kies oder grober Sand.
CInuid CowroBBe (spr. Grang), frans. Ort
s&dl. bei Ronen; 31. Dec 1870 siegreiches
Oefe«kt der Deutschen (L Armee) gegen
flmnz. Uebermacht.
Gruden (span. OriutäM) , seit 16. Jahrh.
in Kastilien Titel der Vornehmsten des hohen
Adels, welche, gegen gewisse königl. Lehen
dem König zum Kriegvdienst Torpflichtet
waren und Anspruch auf die ersten Staate-
steilen hatten ; dann abhängiger Hofadel in
3 Klassen. Durch die Revolution ward die
Orandenwürde angehoben, iu den nach-
folgenden Restaurationen wiederhergestellt,
aber ohne wirkliche Vorrechte. GrwnAtiza,
Wurde eines G. ; auch feierlidi hochtraben-
GrandiMy grossartig. [des Benehmen.
Grandison^ Held eines ehemals berühmten
engl. Romans Ton Bichardson ; davon sprich-
wörtlich 8. V. a. Tugendheld.
Grandwn (spr. Grangsöng, Oranton,
OranBen), Stadt im Kant. Waadt, am Nenen-
burgersee, 1476 Ew. Festes Schloss. Bei
G. (oder Motiers) 3. liärs 1476 Sieg der Eid-
genossen über Karl den Kühnen.
ttrud Tentron, Gipfel der Vogesen im
Obern Elsass, 4096' hoch.
GrandviUe (Oranville, spr. Grangwil),
befest. Seestadt im frans. Depart. Manche,
15,622 Ew. Austemfang. Seebäder.
GnndvUle (spr. Gmngwil), Jean Ignace
laidore Qirard, firanz. Zeichner, geb. 1803 su
Nancy, f 17. Mars 1747 su Paris. Bekannt
durch seine humorist. Sittenbilder ,Les m^ta-
morphoses du Jour*, ,Animaux parlans* etc.
und Illustrationen su vielen Pracht werken;
lieferte auch treffende polit. Karikaturen.
Grftnlau(a. G.), Tluas im nordwestl. Klein-
asien , in die Propontis mündend ; daselbst
334 Sieg Alezanders d. Gr. über die Perser.
Granler de CMisfriiM (spr. Granjeh dö
•aajnk), Adolphe, franz. Publicist, geb. 1806
SU Gassagnac, gründete das ultrakonser-
vative Blatt ,L'Epoque* (1845), nachher Mit-
arbeiter am ,Gon8titutionnel* und Redakteur
des officinellen Tageblatts ,LePa78S eifriger
Yertheidiger des napoleon. Regimes , 1852,
1857 und 1864 Blltglied des gesetzgebenden
Körpers. Sehr. ,Hist. de la r^volution franc.*
il850, 4 Bde.); ,Hi8t. de la chute de Louis-
>bilippe< (1857. 4 Bde.) U.A. — Seine Söhne
Hauptvertreter des Journalist. Faustrechts.
Granit^ Felsart, kömig -krystallinisches
Genenge von Qoars, Glimmar (Knli* vsd
Magnesiaglimmer) nnd Feldapatii (OrthoUna
und Oligoklas): O. im engem Sinn« veiss
oder grau; Oroniltf, vorherrschend roth;
FirMogyn mit grünem Glimmer; Sjfemiigrmmit
mit Hornblende neben Glimmer; /Vyinafif,
grosskömig mit aOberweissem Glimmer ond
häufigem Turmalin ; SckrifigromU mit dgen-
thümlichen Krystalllrfldnngen ; Oraie^uUo,
feinkörnig, glimmerarm; GmeUgramii, s.
Gneie. Weit verbreltetas Gestein, bHdet
die charakteristischen Granitbexs>e mit annft
gewölbten Kuppen nnd oft mit Blöcken be-
deckt (Felsenmeere, TeofelBmühlen) « mast
in Begleitung des krystaJlinischea 8«^fefer-
gebirges, oft die Centralmasae der Oebiis*
bildend; liefert bei der Verwittamns Cracht-
l>aren Boden, veranlasst al>er nach leidit
Versumpfung und TorfbOdnng; dient als
Pflaster- und Baustein, su monnmenf len
Werken, su Ctussplattat , Stampftrögea,
Oefen etc.; Erzfühmng verbältniasmäasig
GruütellOy s. Granu, \iBBring,
Granitmnmior, s. Marmor.
Granitporphyr, s. Porpkfr.
Granits, waldige Höhe auf Rucea, SSCKh.
Graaja, La, Schloss der span. Könige, bei
San Ildefonso (Segovia), 1727 im Oesehmack
von Versailles erlnnt ; Somroerres. des Hofes.
Granne (Arista), borstenartige Verlänge-
rung der Speise (gluma, s. d.).
Gran SaaM d'Italia, höchster Berg der
Apenninen, in den Abmszen, 9208' h., nack-
ter Felskegel, östl. 6000' schroiT abfallend.
Gmnt (spr. Gränt), 1) Sir James iETope, engl.
Gteneral, geb. 1808, diente 1840—42 im Krieg
gegen China, befehligte in den Feldsügen
1848 und 1849 in Indien ein Regiment, seich-
nete sich an der Spitse eines fliegenden Goips
ltö7 und 1858 im Krieg gegen die indischen
Rebelleu aus, erhielt bei der Expedition
nach China 1860 den Oberbefehl über die
Landungstruppen und rückte 13. Okt. sieg-
reich In Peking ein, war 1861—65 Ober-
befehlshaber in Madras, dann Geaeial-
quartiermeister der brit. Armee. — S) ITIjrsser
Sidney, nordamerik. Feldherr und Präsident
der Union, geb. 27. April 1822 in Moont-
Pleasant in Ohio, machte unter Taylor den
mexikan. Krieg mit, war dann als Qeometer,
Farmer und Fabrikant thätig, natdi Aus-
bruch des Bürgerkriegs Aug. 1861 Brigade-
general, nahm 6. Febr. 1862 Fort Henry am
Tennessee, siegte an der Spitze der West*
Tennessee- Armee bei Yuka und Oorinth
(19. Sept. und 4. Okt. 1862), nahm 4. Juli
1863 Yicksbuxg, erhielt Sept. das Kommando
der vereinigten Armeen des Gumt>erland,
Ohio und Kentucky, swang den Feind
zum Rücksug nach Georgia, ward März 186A
zum GeneralUeutenant und OberbefehlsbalMr
aller Armeen ernannt, zwang 3. April 18tt
Petersburg und Richraond zur Uebergabe,
ward dann Obergeneral aller nordamerilc
Armeen, März 1869 Präsident der Union.
Biogr. von AbboU (1868), MUkard»on (1868),
Badeau (militärisch, 186d) u. A.
Grannlation (lat.), die Bildung der sogen.
Fleisch wärzchen, welche ans sartem Binde»
gewebe, Blntgeftssen nnd Zellen besteben
Granuliren — Graudenz.
715
und bestimmt aindi die Vemarbang 7011
'Wanden m bewirken. Ihre überm&ssige
Wucherung stellt das sogen, wilde Fleisch
dor, welches durch Aetsung in seiner But-
^wicklung gehemmt werden muss.
OranBliren« körnen^ s. OekönU,
ettMOkulit (ff^eisBslein, Leptinit), Velsart,
meist krystalliulsch - schiefriges Gemenge
aus feinkörnigem Orthoklas, Feldspatb und
QnarEf in Sachsen, Böhmen, Mähren.
ttnuiTella, Ant. Perrenot, Kardinal vQn,
Span. Staatsmann un4 Diplomat, geb. 80.
Aug. 1517 »1 Omans in Burgund, Sohn
Nicolas Perreaot G.s, Reichssiegelbewahrers
Karls V., ward 1540 Bischof von Arras,
1650 Staatsrath und Reichssiegelbewahrer,
und scblost 1553 den passauer Vertrag ab.
X>ann Minister der Statthalterin Margarethe
von Parma in den Niederlanden, ward er
zum Erzbidchof von Mecheln ernannt, 1564
von Philipp II. Ruruckberufen, schloss 1570
zu Rom das Bundniss Spaniens mit dem
Papst und Venedig gegen die Türken, ward
Viceköuig Ton Neapel, 1575 Präsident des
höchsten Raths von Italien, 1585 ErzMschof
von Besancou; f 2^* Sept. 1586 zu Madrid.
Vgl. Oerlaehe, »Philippe n et G.\ 1842.
Oraphik (gr.), Schreib- und Zeichenkunst
(daher graphiache Künste: im engeren Sinn
Verrielfältigungsmethoden für den Druck,
entweder von Platten mit erhabener Zeich-
nung, wie Holzschnitt und Stereotypie, oder
mit yertiefter Zeichnung, wie Kupferstich
und Lithographie); insbes. diplomatische
Schriftkunde.
tirapbit (BeiMblci, WasterUei), Mineral
aus der Klasse der Metnlloide , glänzend
schwarz, mild, krystallinisrh, chemisch
reiner KohlenstofT in besonderer Modifika-
tion, G-emengtheil mancher Gesteine (Granit,
Gneis, Glimmerschiefer), findet sich in Ost-
Sibirien (im östl. Sajangebirge die alibert-
schen Graphitwerke), auf Ceylon, in Bayern,
Böhmen, Mähren, Oberösterreich, Nieder-
Bcblesien, im Depart. der untern Alpen, in
Spanien, Kalifornien, Canada; entsteht durch
Zersetzung von OyauTerbindungen , im
•Hohofen und bei der Darstellung von Aetz-
natron. Dient zur Fabrikation der Bleistifte,
Schmelztiegel, als Leiter der Eiektricität
eum Ueberziehen der Formen in der Gal-
vanoplastik, zum Anstreichen, Bron^iren etc.
Graphotyple (gr.), Darstellung von Druck-
platten für die Buchdruckeipresse , wobei
die Zeichnung auf rein median. Wege in
gehärteter Kreide erhaben dargestellt wird.
Graptolitheiiy ausgestorbene niedere Thie-
re, versteinert bes. Im Thonschiefer (Orap-
tolWienscki^er) des Uebergangsgebirges.
Grasleinen (Graatueh, Chinaeloth), feines
glänzendes Gewebe aus der Bastfaser der
Boehmeria nivea L. Vgl. Bamee,
Graslits^ Indnstriestadt im böhm. Kreise
i^er, au der Zwoda, 5786 Ew.
Graamficke (Sylvia L.), Gattung der Sper-
lingsvögel (Sänger). Meistertängtr (S. orphea
Tan.), 6" lang, in Südeuropa und Süd-
deutsch land. JÜ&neh (S. atricapilla L,), 6",
in Europa, Kleiuasien, Nordafrika. Oraue
Domgratmüokt (S. cinerea Beehtt.), 6'', in
Europa, Südwestasien* Garteugrasmücle (S.
hortensis Bechat.), 6", in Europa. MÜlUr-
ehen, ffausgrasmücke, WeiukeMcken (S. cur-
ruca Lath.), b^j*'' , in Europa. Sptrhergraa-
mücke (S. nisoria BechtQ, 6S/4", in Europa.
Alle Arten Im Sommer bei uns, Stubenvögel.
Grasnelke^ s. Armeria.
Grasöl ( Lemongraaöl t Idris^, ÜarderitH),
farbloses rosenartig riechendes ätherisches
Oel von Andropogon Nardus in Ostin'dien,
Arabien, am Kap, auf Ceylon, dient in der
Parfümerie, zur Verfälschung des Rosenöls.
Grasse, Stadt im franz. Depart. Seealpen,
12,241 Ew. Kathedrale. Parfümeriefabr.
Grassirea (lat.), um sich greifen, verbreitet
sein (z. B. von Epidemien). [muth.
Gratia (lat.). Dank; Gnade, Gunst; An-
Gratiäl (lat.), Geschenk, Trinkgeld.
Gratias (lat. , näml. dico oder ago , ich
sage), Dtnk; Dankgebet. [lohnung.
Gratifikation (lat.), Vergünstigung, Be-
Gratiöia L. (Gnadenkraut), Pflatazengat-
tung der Personaten. Von G. officinalis L.,
Purgir-, Oichtkr aiU,.WurzBl u. Kraut ofElciix.
Gratis (lat.), umsonst, unentgeltlich.
Gratthiere 9 s.. v. a. Gemsen.
Gratoit (fr., spr. -tüi), freiwillig, unent-
geltlich, [tulation, Glückwunsch.
Gratnllren (lat.), Glück wünschen; Gro-
Grata, Stadt, s. Gräix.
Grai|9 Mittelnuauce zwischen Schwarz und
Weiss, meist mit einem Ton in eine der
Grundfarben neigend, wird in der Färberei
meist durch Blau-, (>elb-, Sandelbolz, In-
digo, Gallus, Schmeck hervorgebracht.
Grattbiiiiden, Kant, der südöstl. Schweiz,
127,8 QM. u. (1870) 91,794 Ew. (51,921 Reform.) ;
Alpeuland, von den rhätischeu Alpen er-
füllt (PizLinardll,500', Piz Bemina 12,500')
mit öHauptthälern: Thal des Hinterrheins,
des Vorderrheins, Albulathal, Engadin und
Prettigau. Alpenwirthschaft , auch theil-
weise Weinbau; Transit- und Speditions-
handel. Verfassung vom 24. Okt. 1853. Ein-
nahme 1861: 731,000, Ausgabe 985,000, Schuld
4Vs Mill., Aktivvermögen 8 Mill. Frcs. Kon-
tingent 6578 M. Die Bevölkerung halb ro-
manisch, halb deutsch. — Anfangs Theil
von Rhätlen, 843 mit Deutschland verbun-
den. Im 15. Jahrb. gegen die Augriffe frem-
der Herren Bildung dreier Bünde: der obere
oder graue Bund (der W., 1424), der Gottes-
hausbuud (der östl. Theil mit Chur, 1425),
der Zehngerichtenbund (der N., 1435), die
sich 1471 zum ,ewigen Bunde in Hochrhä-
tien' vereinigten.. 1512 Eroberung der Graf-
schaften Veltlin, Chiavenna und Bormio;
infolge davon in der 1. Hafte des 16. und
Im 17. Jahrb. innere Zerwürfnisse und Ver-
wüstung des Landes durch Österreich, und
span. Truppen. 1797 Jene Gebiete durcU
Bonaparte wieder mit Italien vereinigt. 179!:}
Vereinigung G.s mit der helvetischen Re-
publik; 1803 Eintritt in die Eidgenossen-
schaft. Seit 1851 Eintheilung in 14 Bezirke.
Hauptstadt Chur.
Graudenz y Kreisstadt Im preass. Regbz.
Marienwerder, an der Weichsel, 14,844 Ew.
Nördl. dabei die FeUung d: (1770 — 76 erb.,
von Oourbiöre 1807 tapfsr vertheidigt).
716
Grauer Staar — Gregor.
Clrmmer Stur, b. Staar.
GrSMllegVHdM) Konglomerat, die nnmit-
telbftre Unterlage des Kapferschfefera.
Orrnu, Karl Heinr., Komponist, geb. 1701
in Watarenbrück, seit 1740 königl. Kapell*
roeister in Berlin; t das. 8. Aug. 1759.
Hauptwerk: ,Der Tod Jesn* (Orator. Ton
JSawler); ausserdem an SO Opern.
ttravpra« enthnlste nnd abgerundete Kör*
ner des Weisen s, Dinkels, Boebsweiaens
und der Gerste , werden auf der Oraiupen-
mühle dargestellt; die unter dem gepochten
Ers befindlichen grösseren Stficke.
GravsplcMglaaserSy s. Atuiman.
CIrMiwaekey geschichtetes kömiges Ge-
stein, Gemenge ron Quarz, Thon> und
Kieselschiefer, häufig auch Teldspath und
Glimmer, dient als Bruch- nnd Mauerstein,
wird bei bedeutender Grösse der Bestand«
theile bu Konglomerat, bei Feinheit des
Korns su Grauvackesandstein und Grau-
wackeschiefer. Qeognostisch s. t. a. Ueber-
gangsformation (kambri$ehe , aüuriaehe und
devanitehe Formation), G. bildet znmTheil
guten Waldboden, aber nie guten Acker-
boden; führt häufig Erze.
GniTlineB (lat.), Beschwerde, die man
fiber etwas zu fähren hat. O. irrtUvant,
unerhebliche Beschwerde. €fravaminiren,
Beschwerde fuhren. OrenanHa, esschwe-
rende Umstände.
GrmTe (ital.), ernst, feierlich gemessen.
GraTeluM (spr. -welihn, Oravilingen), be-
festigte Seestadt im franz. Depart. Nord, an
der Mündung der Aa, fölO Ew. 18. Juli
1558 Sieü Egmonts über die Franzosen.
GraTUOtte, Ort, westl. bei Metz ; 18. Aug.
1870 gr. Sieg der I. und n. deutschen Ar-
mee unter König Wilhelm Über die Fran-
zosen unter Bazaine, 8. (entscheidender)
Tag der Schlacht bei Metz.
GnTeosteln. Dorf in Schleswig, bei
Apenrade, 476 Ew. Schloss, her. Obstbau.
GniTesend (spr. Grehws-), Stadt in der
engl. Graftch. Kent, an der Themse, 18,782
Ew. Starker Gemüsebau (für London).
Grartdltit (lat.), Schwangerschaft.
GrarireM^ erhabene oder vertiefte Zeich-
nungen mit schneidenden Instrumenten
(Grabstichel, Radimadel) in Holz oder Me-
tall oder in Glas (Schleifrad) darstellen; ge-
schieht zum Theil mit Maschinen (Gravir-
und Gnillochirmaschinen , Linür- oder
SchrafBrmaschfnen). [Wesen.
Grayltit (lat.), würde, feierlich ernstes
tiraTltatioii(Iat.), Schwerkraft, allgemeine
Schwere , die zuerst von Newton erkannte
Grundeigenschaft der Materie, nach welcher
entfernte Körper einander im direkten Ver-
'liältniss ihrer Massen und im umgekehrten
Verhältniss des Quadrates ihrer AlMtände
anziehen und einander zu nähern streben.
Gray (spr. Greh), Thom., engl. Dichter,
geb. )tO. Dec. 1716 zu London, f SO. Juli
1771 als Prof. der Geschichte zu Cambridge.
Gehaltvoller Lyriker; am bekanntesten seine
»Elegie auf elngm Landkirchhofe* (deutsch
von Seume). WBrke (zuletzt 1870, 2 Bde.).
Grasle (lat. tjratia), Anmuth,
GnritoB (Ut. Qimiia», gr. CkmHfm oder
ChariHnmen), die <3öttiBn«i der Anmntli nnd
LiebUchkeit, bei Hesiod Aglaia, Knplkro-
syne nnd Thalia, Töchter des Zena und. dar
Eurynome, meist mit ▼ersehlanfcenen Ar-
men zu einer Gruppe vereinigt dargestellt.
Greueiö», reizend, lieblich.
Gr^coart (spr. Gr^kuhr), J«an JBapl. Jo*.
Vülaret de, tnnm. Dichter, gab. 1683 zu
Tours, 1 2. April 1748. Meister in der leicht-
fertiKcn poet. Erzählung. «OeuTrae* (1747).
Greea-HowBtalBa (spr. Grihn - Mannt'ns,
d. i. grüne Berge), Tbeil des Alleg^hany-
geblrgs in Nordamerika, von Ganad« nach
Vermont ziehend, im Mansfield dSfiSH b.
Greoiock (spr. Grihnöck), See- und Han-
delsstadt in der schott. Grafsch. fienfraw,
am Mündungsbusen des Clyde, 48,008 Kw.
Gr. Spinnereien, Giessereien, ZnckerrafBne-
rien etc. Vortreffl. Hafen. Hanptstation
der Dampfer von Belfkst und Liverpool.
Greenongii (spr. GrihnöfD, Horaiio, nord-
amerik. Bildhauer, geb. 6. Sept. 1806 su
Boston, 1 18.Deo. 1852. Von ihm die Statue
Washingtons nnd mehrere kolossale Grup-
pen (z. B. Kampf der angelsächs. n. indlan.
Race) vor dem Kapitol zu Washington.
Greemwleh (spr. Grihnitsch), Stadt in der
engl. Grafteh. Kent, an der Themse, an
London stossend, 127,670 Ew. Groasartjges
Seehospital (1752 vollendet, Einkünfte 180,000
Pfd. St.), Park mit der her. Sternwarte (1675
g^r.), über welche die Engländer den ersten
Meridian (170 89' 88" östt. von Ferro) siehea.
Gregor, Name von 16 Päpsten: O. I.,
d. Qr., geb. um 540, erst röm. Prätor, 590—
604 Papst, machte die Prärogative des
röm. Stuhls auf die oberste Leitung der
Kirche dem Patriarchen von Konatantlnopel
gegenüber geltend, suchte die gerraan.
Staaten an Rom su ketten, bildete die
Lehre vom Messopfer und Fegfeuer ans,
beförderte den Heiligen- nnd Reliquien-
dienst, auch als Kirchenlehrer bedentendL
Werke (1705, 4 Bde.). Biogr. von Lau (1845)
und Pfähler (1853). — G. U., 715—781, be-
kämpfte das Bilderverbot Leo des Isauriers,
gewann BonifiMsins für das Interesse des
röm. Stuhls. — O. III., 731^741, ernannte
Bonifacius zum apostol. Vikar, bekämpfte
die Bilderfeinde. — G. IV., 827—848, suchte
zwischen Ludwig dem Frommen nnd dessen
Söhnen zu entscheiden. — Q, V. , ftüker
Bruno , Vetter des Kaisers Otto TU. , durch
diesen 996 zum Papst erhoben, setzte die
Scheidung des franz. Königs Robert von
seiner Gemahlin Berthe durch ; t 999. —
Q. VI., vorher Johannes oder GratUMtu,
bewog 1044 Benedikt IX. und Sylvester 10.
durch Geld, die päpstl. Würde ihm allein
zu überlassen, ward 1046 vom Kaiser Hein-
rich m. abgesetzt ^ G. VII. , BUdebrand,
geb. um 1020 im Ctobiet von Saona, nach
Einigen edler Abkunft, erst im Geheimes
dann als Kardinal sehr einflnssreich, ward
22. April 1078 Papst, bedeotendatar Vsi>
fechter der Hierarchie, legte den Klerikeni
den Cölibat aaf , verbot die Investitur durch
Laien, nalim sich der Sachsen gegen Kaiser
Heinrich IV« an, belegte diesen 1076 mit
Gregorovius — Gretry.
717
dem Bft&n, absolvirte ihn nach demüthiger
Busse KU Oanossa (25.>-88. Jan. 1077), ward
auf einer Synode xu Brixen (1080) abgesetzt,
in der Engelsburg 1084 vom Kaiser be-
lagert, durch Robert Gaiscard befreit, ent-
floh nach Salemo;t das. 25. Mai 1085. Biogr.
-von Voigt (8. Aufl. 1846, 2 Bde.) und G/rürer
(1868^64, 7 Bde.). Vgl. auch Flolo, ,Kai8er
Heinrich lY. und sein Zeitalter*, 1855 — 57,
2 Bde. — ö. C VIII,), früher Burdinxu, Erz-
bischof Ton Braga^ 1118 von der kaiserl.
Partei erhoben als Gegenpapst GelaslusU.,
▼ermochte sich nicht zu behaupten. —
O. VIIL, Oltt. 1187 gewählt, t I>»c. dessel-
ben Jahres. — O. IX., 1227 — 41, Nepote
Innocena m. , heftiger Gegner Kaiser
Friedrichs ü., ernannte die Dominikaner
zu beständigen päpstlichen Inquisitoren. —
O. X., 1271—76, sucht» auf dem Koncil zu
Ijyon 1270 einen Kreuzzug zu Stande zu
bringen und eine Vereinigung mit der
griech. Kirche anzubahnen. — O. XL,
1370—78, kehrte 1377 von Avignon nach
Rom zurück, vermochte aber nicht in Italien
das päpstl. Ansebn herzustellen. — O. XII.,
Angelo Corrario, 1406 zur Zeit des Schisma
von den röm. Kardinälen zum Papst ge-
wählt , wirkte der Beilegung des Schismas
en^egen, ward zu Pisa 1409 abgesetzt,
dankte auf Befehl des kostnitzer Koncils
ab ; t ^^^7 Als Kardinalbiscliof von Porto.
— G. XIII., vorher Buoncompctgno , reg.
1573—85, Reformator des Kalenders, feierte
die pariser Bluthoohzeit durcli ein Dank-
fest. — G. XIV., vorher Nxccolo SfondroUi,
Freund der fl'anz. Ligue, reg. 5. Dec. 1590
bis 15. Okt. 1591. — O. XV., vorher Ludo-
visi, reg. 1621—23, stiftete 1622 die Gongre-
«i^atio de Propaganda fide, führte das noch
jetSEt bei der Papstwahl übliche Ceremoniel
ein. — G. XVI. , vorher Mauro Capeüari,
geb. 18. Sept. 1765 zu Belluno Im Venetia-
nischen, ward General vikar des Camaldn-
lenserordens , 1825 Kardinal, leitete unter
Pins VIII. die Verhandlungen mit d«r
prenss. Regierung über die gemischten
lilhen, ward 2. Febr. 1831 zum Papst ge-
wählt, unterdrückte die Bewegungen im
Kirchenstaat mit österr. Hülfe» verweigerte
alle Reformen in der Staatsverwaltung, er-
liess harte Strafedikte , stellte in Sardinien
die Inquisition her (1882), gerieth mit der
prenss. Regierung wegen der von dieser
angeordneten W^führung der Erzbischofe
Droste-Vischering von Köln und Dpnin von
Posen , mit Russland wegen der Rückkehr
von 8 Hill. Unirter in den Schooss der
griech. - kathol. Kirche in Kollision, hielt
starr am exklusiven Dogma fest, entschie-
dener Gegner der liberalen Zeitideeu und
fireier wissenschaftlicher Forschung, Freund
der Jesuiten; f 1. Juni 1846.
GregorOTloSy Ferd., Schriftsteller, geb. 19.
Jan. 1821 zu Neidenburg in Ostpreussen,
seit 1852 in Italien (meist in Rom). Haupt-
werk: ,GeBcb. der Stadt Rom im Mittelalter*
(1869 f., bis 1870 7 Bde.); ausserdem ,Die
Oi-abmäler der röm. Päpste' (1857), »Corsika*
a. Aufl. 1871), ,Wanderjahre in Italien*
1864.71, 4 Thle.), »Die Ins«! Oapri* (1867);
t
Poesien: ,Tod des Tiberius' (Tragöd., 1851),
,Euphorion' (episch, 1858) u. A. .
Gregor TOn Tours , fränk. Geschicht-
schreiber, geb. 544 in der Auvergne, seit
573 Bischof von Tours; f 17. Nov. 594.
Sehr. ,Geschichte der Franken', wichtige
Geschichtsquello, herausg. von J^rtt in den
,Monumenta', deutsch von Oieaebreeht (1849 f.),
Märtyrergeschichten u. A. Werke herausg.
von Muinart (1699). Biogr. von Loebell (2.
Aufl. hetausg. v6n Sybel, 1869).
Greif, fabelhaftes Thler von löwenähnl.
Gestalt, mit vier Krallenfüssen , zwei Flü-
geln und Schnabel; auch herald. Figur.
Greifenberg, Kreisstadt im prenss. Regbz.
Stettin, an der Rega, 6884 Ew.
Greifenhagen, Kreisstadt im prenss. Reg bz.
Stettin, an der Reglitz, 6774 Ew.
Greifswald, Kreisstadt im prenss. Regbz.
Stralsund, am schiffbaren Ryck, der 1 St.
unterhalb in den greiftwalder Bodden mün-
det und den Hafen Wyk bildet , 17,380 Ew.
Reiche Univers, (seit 1456) mit ber. land-
wirthschaftl. Anstalt (in Eldena) ; Seehan-
del. Ehedem Hansestadt (seit 1270).
Grein, Stadt in Oberöstorreich, in romant.
Gegend an der Donau (Wirbel), 1700 Ew.;
stattl. Schloss (Greinburg).
Greiz, Hauptstadt des Fürstenth. Renss
älterer Linie, an der Elster, 10,796 Ew. 2
Schlösser. Wollen- und Baumwollenfabr.
Gremiale (lat.), Tuch, womit der Bischof,
wenn er während des Gottesdienstes auf dem
Bischofsstuhle sitzt, den Schooss bedeckt.
Greminm (lat.), Schooss, Mitte ; Kollegium.
Grenada (spr. Grennädä), Insel der kleinen
Antillen, 6,8 QM. und 36,955 Ew. Seit 1783
brit. Nördl. die Grenadillen, 4 Felseneilande.
Grenadiere, ursprüngl. Soldaten, welche
Handgranaten warfen, in Frankreich seit
1676 eigene Truppe ; im 18. Jahrb. in Deutsch-
land Gardetruppen; jetzt in Deutschland,
Oesterreich, Russland nur durch den Namen
von der andern Infanterie unterschieden.
Grenadlllholz, s. Ebenhotz.
Grenadine, feste Seide zu schwarzen
Spitzen n. Posamentierartikeln; halbseidene
gazeartige Gewebe. [Metall.
Grenallle (fr., spr. -nallj) , fein gekörntes
Grenoble (spr. -nobl), Hauptstadt des
franz. Depart. Isdre, an derlsdre, 40,484 Ew.
Feste Citadelle. 2 Fakultäten, werth volle
Bibliothek. Fabr. und Handel.
Gresset (spr. -äh), Jean Bapt. Leute de,
franz. Dichter, geb. 1709 zu Amlens, f 16.
Juli 1777. Verf. des kom. Epos ,Vert-vert'
(witzige Gesch. eines Papageis) und des Lust-
spiels ,Le m6chant'. ,Oenvres' (1811, 3 Bde.).
Grenia-Greeo (spr. -nä-Grihn), Dorf in
der Schott. Grafschaft DumfMes, bekannt
durch das gewerbsmässige Kopuliren von
Verlobten, denen die (in Schottland nicht
gesetzliche) Zustimmung der Eltern zur
Ehe fehlte, seitens des dortigen Friedens-
richters, eines Hufschmiedes.
Gretry, Andri EmeUe Modeste, franz.
Komponist, geb. 1741 zu Lüttich, bis 1799
Prof. am Konservatorinm zu Paris ; f 1813
zu Montmorency. Sehr, zahlr., einst sehr be-
liebte Opern («Blanbart*, ,Rich. Löwenherz*).
718
Grevenbroich — GriechenlandL
QrfTMAnlchyKniflfftedtim preiiM.B«gbs.
DfisMldotf, an der Erft, 1889 Ew.
Urejr (spr. 6nb), Jitme, Königin Ton Eng-
tand, gab. 1587, durch ihre Matter. Yrenoes
Bnoidon, ünraniee von DorseC, Urenkelin
König Heinrichs YII. ron England, ward
Ton König Ednard VI. testamentaHsch sn
■•injr Nachfolgerin ernannt, mit Lord Gnil-
ford Dndley, dem Sohne des Henogs Ton
Northnmbertand, rermählt nnd 10. Jnli 1563
an London als Königin ansgemfen, legte aber,
nachdem 19. Jnll die Prinzessin Marie als
Königin proklamirt worden, freiwillig die
Krone nieder, ward nebst ihrem Gemahl
Terhaftet nnd 12. Tebr. Iö54 hingerichtet.
Tgl. HarrU Xieolas, ,Memoirs etc.\ 1832.
Bnj (spr. Oreh), 1) CharUs, Graf, her.
engl. Stsatsmann, geb. 13. Man 1764 anf
Tallowden bei Alnwick in Northnmberland,
trat 1786 ins Parlament, Whig, ward 1806
erster Lord der Admiralität, dann Minister
des Aensseren, bekämpfke im Oberhansse den
starren Toryismns, übernahm im Prozesse
der Königin Karoline die Yertheidigang der-
selben, trat 16. Not. 1830 als erster Lord des
Schatzes an die Spitze eines whigist. Mi-
nisteriams, brachte 1832 die Parlaments-
reform durch, trat 9. Juli 1834 zurück ; f 17.
Jnli 1845. — 2) Sir George, engl. Staatsmann,
geb. 11. Mai 1799 zu Gibraltar, trat 1832
ins Parlament, ward 1834 Unterstaatssekre-
tir für die Kolonien, 1839 Creneralauditenr,
Juni 1841 Kanzler des Herzogth. Lancaster
nnd Kabinetsmiuister, trat Aug. zurück,
darauf 1846, 1852, 1855— 58 und 1859-66
Staatssekretär des Innern.
Ore/Iown, Stadt, s. San Juan dd Norte.
OriDoJedoWy mss. Dichter, geb. 1794 in
Moskflu, seit 1828 mss. Gesandter in Tehe-
ran, 12. Tebr. 1829 das. ermordet ; Verf. des
Lustspiels ,Wehe dem GescbeidtenS das
die mss. Zustände schonungslos geiselt.
Griechenland. Das tüu G. (Bellas, Grae-
da) wichtigster Kulturstaat des Altertbums,
umfasste im weiteren Sinne die ganze südl.
Hälfte der Balkanhalbinsel mit Einschluss
Ton Macedonlen und Illyrien, Im engem
das Land südl. Tom Pindus, ca. 1700 QM.,
und zerfiel in das n9r<Ü. G. (Epirus und
Thessalien), das mittlere G. oder eigent-
liche Hellae (später Livadien, Romaoien)
und den Pdoponnee nebst den umliegenden
Inseln Im ägäijchen nnd Jon. Meer. — Der
Bodengestaltung nach fast durchaus Gebirgs-
land, bes. der N. (Epirus) wildes Bei^-
labyrinth mit über 7000^ hohen Gipfeln,
Mittelgriechenland die grösste Mannich-
faltigkeit Ton G^birgsgauen entwickelnd
(Parnass 7570', Helicon 5500^, Cithäron
4340*), der Peloponnes Hochebene 2000' h.
(Arkadien), von vier 4-7000' hohen Rand-
gebirgen umschlossen (Gyllenegebirjre 7300',
Taygetus 7600' h.); auch die Inseln alle
gebirgig (Ida auf Kreta 7500', Dirphe auf
Euböa 5370'). — Hauptflüsse: Peneus in
Thessalien Qnit dem einzigen eigentlichen
Stromsystem), Thyarois, Aracbthus und
Achelous (Aspropotamo) in Epirus, Euenus,
Sperohius (Hellada) und Cephissus (Mauro-
nero) in Hellas, Enrotas (Tri) und Alpheus
(Ropbta)
nnd Kopals (In Bailas), StymphAlis (i»
Peloponnes). — iVodacite.* Im 8. vad anf
den Inseln Felgen und Oüraa, harrliehe
Weine; Im N. Welsen nnd 6«rsto, trmWL
Pferde, Rindvieh, Ziegen vnd ScImiIIb; Sil-
ber (Attica), Kupfer, Eisen, ber. Marmor
(Paros). Die BevdOcerumg HellenttD, ia ver-
schiedene Stamme (Dorer, Ashfter, Joiü«r,
Aeolier) zerfallend , durch geis^^e Be-
gabung, Schönheitssinn, kriegerincben M nth
und Regsamkeit aosgeseichnet; daher Orön-
dnng zahlr. kleiner Staaten nnd fkvier Ge-
meinwesen, lebendigste Entwickelan^ aller
YertuUtnisse des Lebens, Aushildni^ der
Künste nnd der Poesie, der Wissenschaft
und Rel%ioB su hoher Blnthe (vorxaga-
weise in Athen u. in den Insel- utd Kösten-
staaten). Geographien des alten G. von
Wdchetnmth (1843-45, 2Bde.), BurHau (18631,
bis 1871 S Bde.).
Das heutige KSnigreiek G. nmflu^t das
alte Mittelgriechenland (Hellas oder Roma-
nien), den Peloponnes (Morea) und das
Inselgebiet: Euböa, die Cykladea, die Kord-
si>oraden nnd (seit 1864) die Jon. Inseln,
zusammen 948 QM. mit 1,348,419 Ew. Heber
die Bodengestaltnng etc. s. oben. KlHma
im Allgemeinen trocken; vorzüglich fkvnnd«
lieh In den Thälem von Romanien nnd
Morea, in den tiefen Gegenden ungesund.
Mittlere Temperatur su Athen -\- 15* SO'.
Der Boden felsig und wasserarm, daher
wenig tmchtbar, die Landwirthschaffc noch
vernachlässigt u. den Bedarf nicht deckoid.
Von der gesammten Bodenfläche (45,r MilL
Stremmata = 301,600 Hektaren) über 11
Mill. knltumnfähig und nur 7,5 MIIL knl-
tivirt. Hauptbodenprodukte: Oel nnd Wein,
daneben vorzügl. Tabak (jährlich 450,000
Okas), Krapp, Baumwolle, Korinthen (1846:
21 Mill., 1864: 70 Mill. Pfd.), Südfrüchte ;
der Maulbeerbaum sehr verbreitet; ¥ont-
kultur vernachlässigt. Viehzucht (mit Aus-
nafime der Zi^en) gering, dagegen Bienen-,
Seidenraupenzucht, Seefischerei bedentend.
Mineralprodnkte (gering): Meerschaum, Mar-
mor (Paros), lithograph. Steine (Enböa),
Alaun, Schwefel, Sals, Stein- nnd Braun-
kohlen (neuerl. auf Euböa entdeckt).
Bevöl^rung: Neugriechen, d. h. Abkömm-
linge der alten Griechen (Hellenen) mit
slavischer Beimischung; dazu Albanesen
(Peloponnes und Westlivadien) , Waladien
(Ostlivadien) und sahlr. «Tranken*, d. L
Deutsche, Franzosen. Engländer, bes. aber
Italiener (Jon. Inseln). Die Grundzüge des
alten griech. Charakters, wie auch die
Sprache (s. Neugriechische Sprache) dnd
durch die Mischung und die lange türk. Ty-
rannei ganz ausgeartet. — Herrschende Be-
ligion: die griech. -kathol. (mit sehr sahlr.
Geistlichkeit u. seit 18^ einer unnbhängigen
permanenten Synode an der Spitze und 11
Brzbisch.); daneben Jede andere geduldet
(ca. 50,000 Rom. -Katholische, bes. anf den
Inseln, mit S Erzbischdfen). Der VolH-
unterrieht noch wenig entwickelt, doch im
Fortschreiten begriffen; im Gkuizen 9SW
Elementarschulen; dazu 98 Mittel- oder
Griechenland.
719
h«ll6n. Schulen, 11 Gymnasien. üniTersl-
t&ten sn Athen und KorAi.
Die Indu$trie, mit Ausnahme der Seiden-
fabrikation, Gold- nud Silberstiokerei, Lein-
weberei und Schiffbau , ziemlich unbedeu-
tend und ganz vom Ausland abhängig. Auch
der Handel im Innern wegen mangelnder
Verkehrsmittel (nur 1 Eisenbahn: Athen-
Piräeus, seit 1869) gering; der Seehandel
{au den Küsten und auf den Inseln) da-
gegen ziemlich lebhaft. Exporte: Boden-
produkte (bes. Korinthen, Wein, Oel, Süd-
früchte, Seide, Knoppem, Wolle, Felle,
Honig, Wachs); Importe bes. engl, und
franz. Fabrikate. Gesammteinfuhr 1867:
64 Mill., Ausfuhr 88 Mill. Drachmen. Han-
delsmarine 1866: 5156 Schiffe von 897,484
Tonnen (davon 3493 Küstenschiffe unter
60 Tonnen). Eingelaufen 1865: 13,697 See-
schiffe mit 1,614,816 Tonn.), dazu 79,596
Küstenfahrer mit 8,058,668 Tonn.); aus-
erelaufen: 18,291 Seeschiffe mit 1,484,836
Tonn, und 88,775 Küstenfahrer mit 8,078,118
Tonnen. Kationalbank zu Athen (5 Mill.
Drachmen Kapital). — Seehntmg nach Drach-
men, bisher ä 7V4 Sgr., seit Jan. 1869 =
8 Sgr. (1 Franc). Wichtigste Häfen : Piräeus
(für Athen), Patras, Kalamata, Nauplia,
Syra. — 8taatsverfa9»ung: konstitutionelle
Monarchie; jetziger König Georg I. (seit
1863). Konstitution vom 88. Nov. 1864, nach
welcher die gesetzgebende Gewalt in einer
einzigen Deputirtenkammer (170 Mitglieder,
durch allgemeine direkte Wahlen gewählt)
beruht. Minister verantwortlich. Oberster
Gerichtshof der Areopag (Kassationshof) zu
Athen. — Finanzen (zerrüttet) 1865:
Einnahmen 86,888,646 Drachmen,
Ausgaben 34,564,538
Voranschlag für 1870: 34 Mill. Einnahmen,
S3VsMill. Ausgaben. Staatsschuld Juli 1866:
233,137,000 Dr. (und zwar die fremde Schuld :
178,162,000, die innere 54,975,000 Dr., dar-
unter 13 Mill. schwebende Schuld). Neue
Anleihe 1867 von 12 Mill. Dr. — Armee
1867: 14,300 Mann, wozu noch 17,000 M. irre-
guläre Truppen kommen sollen. Marine:
12 Schiffe mit 188 Kanonen und 980 Pferde-
kraft. — Eintheilung in 14 Nomarchien (mit
59 Eparchien): Attika - Böotien , Euböa,
Phthiotis - Phoois , Akamanien - Aetollen in
Nordgriechenland ; Argolis-Korinth, Achaja-
Elis, Arkadien, Messenien, Lakonlen im
Peloponnes; die Oykladen, Korfu, Cepha-
lonia, Zante, Leukadien. Hauptst. Athen.
Vgl. Oammerer, ,Beschrelbung des König-
reichs G.S 1834; Maurer, ,Da8 grlech. Yolk*,
1835; die Reisehandbücher von Neigebaur
und Aldenhoven (1848), £u$€h (1859); die
Reisewerke von So»», Fiedler, Forehhammer,
Hettner, Taylor (deutsch 1862), Unaar u. A.
Qeeehiehte. I. O, Ma mtfn Anfang der
Tetserkriege (bis 500 v. Chr.). Aelteste
Gesch. Götter- und Heroensag^n. Aelteste
Bewohner Pelasger, neben ihnen Ldeger.
Beide werden zwischen 1500 u. 1800 v. Chr.
verdrängt durch Hellenen (Aeoller, Derer,
Aohäer, Jonler). Einwanderer: Oeerop»,
Gründer Athens , Cfadmue Thebens , Pelops
nnd Danaus, Nach mehreren ssgenhaften
&{eg8zügen nnd Meerfkhrten Einzelner
(Argonauten) um 1200 erste gemeinsame
Unternehmung der Griechen der trcjanisehs
Krieg. 1100 Einfall der Herakliden (Nach-
kommen des Hercules) in Verbindung mit
den Dorern (s. d.) In den Peloponnes.
Aelteste Regierungsform monsrchisch unter
Heroengeschi echtem. 1068 Oodrue, letzter
König von Athen, fällt gegen die Dorer.
Durch Auswanderung entstehen giiech.
Kolonien in Kleinasien, Thracien und Ma-
cedonien, Sicilien, Unteritalien und Afirika.
Beseitigung der monarch. Staatsform durch
die aristokratische und oligarchlsche. In
Sparta stehen 8 Könige, Nachkommen der
Herakliden Eurysthenes und Procles, an
der Spitze des Staats. 888 Lykurg, Gesetz-
geber von Sparta. Die Könige durch Ge-
ronten und Ephoren beschränkt. Gleiche
Vertheilung der Ländereien ; Verhütung des
Verkehrs mit Fremden; gemeinsame Mahl-
zeiten (Syssitien) ; Erziehung der Jugend zu
kriegerischer Tüchtigkeitl 776 Beginn der
Olympiadenrechnung. Die Spai'taner unter-
werfen in 2 Kriegen (744—722 und 688—668)
die Messenier und erlangen im Peloponnes
die Hegemonie. In Athen nach Abschaffung
der königl. Gewalt Archonten (s. Archon) ein-
gesetzt. 600 Solan gibt dem Staate eine ge-
mässigt demokrat. Verfassung. Eintheilung
der Bürger nach dem Vermögen in 4 Klassen,
von denen nur 3 an den Staatsämtem Theil
haben. Jährlich gewählte Archonten, Senat
(Prytanen) nnd Volksversammlungen üben
neben dem Areopagus (s. d.) die höchste Ge-
walt aus. Pisiatratus bemächtigt sich der
Alleinherrschaft, Beförderer der Kultur
(561-528). Sein Sohn Hippias 510 mit Hülfe
der Spartaner vertrieben. Darauf die aristo-
kratische Partei am Ruder , bis Clisthenes
(508) die solon. Verfassung, im demokrat.
Sinne modlflclrt, herstellt.
n. Von den JPerserkriegen bis Mfutn
Ende des peloponnes» Kriegs (500—404
V. Chr.). Ursache dieser Kriege die Er-
hebung der grlech. Pflanzstädte in Klein-
asion gegen die pers. Gewaltherrschaft und
deren Unterstützung von Seiten Athens (500).
490 Sieg der Athener unter Miltiades An-
führung bei Marathon. 480 Sieg der gi*iech.
Flotte bei Salamis (380 Schiffe gegen 2000).
479 Sieg der Griechen unter Pausanlas und
Aristides bei Platäa über das pers. Land-
heer und Sieg der grlech. Flotte unter Xan-
thippus bei Mycale. Tliemistocles erhebt
Athen zur Seemacht und zur Hegemonie
(470—431); Aristides und Clmon erweitem
Athens Einfluss den Bundesgenossen gegen-
über. 469 Cimons Sieg zu Wasser und zu
Land am Eurymedon über die Perser. Wäh-
rend Sparte den Aufstand der Heloten und
Messenier (dritter messen. Krieg 465—455)
bekämpft, erhebt sich Athen unter Pericles
auf den Höhepunkt seiner Macht. Blüthe der
Künste. 449 Ende der Perserkriege durch
Cimons Doppelsleg bei Salamis. Wachsende
Eifersucht zwischen Athen und Sparta führt
zum petoponne». Krieg (431—404) zwischen
der dorisoh-spartan. und Jonisch -attischen
Bundesgenossenschaft. 1. Periode: Ver-
'20
Griechenland,
Wüstung dei atlien. Gebieti durch die Spar-
taner, Seesüge der Athener nach dem
Peloponnea. Peat in Athen 430—429. Zügel-
lose Demokratie. Athen durch den Verlust
Ton Pflansstädten geschwächt. 421 Friede
des IHcia$, 3, Periode: Der Einfluss des
Aldbiades (seit 420) hat neu« Zwistigkeiton
zur Folge. 415 unglückliche Expedition der
Athener nach Sicilien, Verlust der Flotte
und des Heeres. 9. Periode: Abfall der
Bundesgenossen von Athen; Parteinahme
der Perser gegen dasselbe. Parteikampf
zwischen Oligarchen und Demokraten in
Athen. 411—408 Seesiege der Athener unter
Alclbiades und Conon. 405 Niederlage der-
selben bei Aegospotamoi. 404 Eroberung
Athens durch die Spartaner, Schleifhng seiner
Mauern und Vernichtung seiner Seemacht.
ni. Vom Ende des pHoponnes* Kriegs
bis ffur Schlacht hei Chäronea (404—33»).
Spartas Hegemonie (403 — 387); infolge da-
von Einführung der Oligarchie in den
griech. Staaten. Achtmonatliche Schreckens-
herrschaft der 30 Tyrannen in Athen. 403
Befreiung Athens durch Thrasybulus und
Herstellung der Demokratie. Der antalci-
dische Friede 887 gibt die gxiech. Pflanz-
stadte in Kleinasien und auf Gypem den
Persem preis und sanktionirt die Autonomie
aller griech. Staaten. 371 Sieg der Thebaner
unter Epamlnondas und Pelopidas über die
Spartaner bei Leuctra. Beide dringen 370
im Peloponnes ein und erringen für Theben
die Hegemonie. Epamlnondas sie^t und fallt
363 bei Mantinea. Spartas Macht infolge
innerer Zerrüttung im Sinken begriffen. Der
er$te heilige Krieg gegen die Pliocier (356—
346) gibt dem König Philipp H. Ton Mace-
donien Gelegenheit zur Einmischung in die
griech. Angelegenheiten. Von den Amphik-
tyonen mit Führung des ztoeiten heil. Krieqs
gegen die Lokrier beauftragt, schlägt er die
zu spät erwachten Griechen 838 bei Chäronea.
Vf. G. unter tnacedon» Merrsehaft bis
zur Ünter^fochunff durch die Monier
(338—146 T. Chr.). Philipp von Macedonien
336 zum Oberfeldherrn gegen Persien er-
wählt, bemächtigt sich der Hegemonie.
Alezander folgt ihm in derselben. Nach sei-
nem Tode 328 allgemeine Verwirrung in G.
311 Friede zwischen den Diadochen. In den
meisten griech. Staaten Tyrannenherrschaft
oder zügellose Demokratie. Der achäieche
£und (280) bezweckt G.s Befreiung, geräth
aber mit dem ätoligchen Bunde und mit
Sparta in offene Feindschaft. 821 Sieg des
macedon. Königs Antigonus Doson über die
Spartaner bei Sellasia; Macedoniens Herr-
schaft über G. befestigt. Ende derselben
durch den Sieg der Römer bei Oynoscephalä
(197) über Philipp V. Seitdem Roms Ein-
fluss in den griech. Angelegenheiten ent-
scheidend und die röm. Herrschaft ange-
bahnt. 146 Mummius Sieg bei Korinth, Zer-
störung dieser Stadt und Untergang der
griech. Freiheit.
V. O» unter röm. Herrschaft bis zum
Untergang des byzantin. Meichs (146
V. Ohr. bis 1460 n. Ohr.). G. röm. Provinz.
Athen behält eine der Form nach freie
Verfassung. Seit dem Toleranasedikt Kais«
Konstantins d. Gr. (312) Verbreitung dt
Ohristenthums in G. 995 Einfall der Wes
gothen unter Alarich. Seit 578 Sindringe
slavischer Völker. Mitte des 8. Jabrii. En;
stehung slavischer Gemeinwesen. In Gr. Se
867 Verschmelzung der slav. nait der griect
Bevölkerung. Seit 1080 Erobemnson de
Nor'mannen in G. 1204 Bonifaclns, Mark
graf von Montferrat, König von Xhessalo
nich; Besetzung Athens und Thebens dnrcl
denselben. 1205 Wilhelm von ChampHttj
aus dem Hause der Grafen von Cbampag^n«
Herr des westl. Theils von Bdorea. Gott-
fried von Villehardouin Oberherr von i^anz
Morea (f 1216). Dessen Sohn Gottfried tritl
als Fürst vonAchaJa in Lehnspfllcbt £:egeii
den byzant. (lat.) Kaiser. Otho de IL>aroclie,
Grossherr von Athen, zum Herzog erhoben.
Das Herzogthum Athen kommt gegen Bude
des 13. Jahrb. durch Vererbung an Walther
von Brienne, zu Anfang des 14. JahrJi. in
die Gewalt der Katalonier. Der venet. £dle
Marco Sanudo auf Nazos wird vom byzant.
Kaiser als Herzog des Archipels anerkannt
rtl220). Zu Anfang des 14. Jahrh. iat ganz
G. mic Ausnahme des Herzogthums Athen
mit dem byzantin. Reiche vereiniget. 1456
Einverleibung des Herzogthums Athen io
das osmanische Reich. 1460 ganz Morea mit
Ausnahme der von den Venetianem be-
setzten Seeplätze Lepanto, Nauplia, Monem-
basia etc. unter türk. Herrschaft.
VI. O. unter türk. Herrschaft Ms
zum Ende des IJnabhängigheitshatn.pfs
(1460 -r- 1828). Befestigung der türk. Herr-
schaft. Fortgesetzte Kriege zwischen der
Pforte und Venedig (1645-69 und 1687—99,
Morea von den Venetianem erworben , im
Frieden von Passarowicz 1718 den Türken
wieder abgetreten). G. inPaschaliks getheilt
und dem Orossrichter von Rumelien(Rumeli-
Valessi) unterstellt. Aussaugung des Lan-
des durch die türk. Statthalter. Russland
seit Peter d.Gr. natürlicher Beschützer der
Griechen. Im Frieden von Kutschnk - Kai-
nardsche (1774) wird den Griechen Religions-
freiheit und Freizügigkeit zugesichert, was
im Frieden von Jassy (9. Jan. 1792) bestätigt
wird. Aufschwung des grieoh. Handels. 1810
Ali Pascha Herr im nördl. G.; 1814 Stiftung
des Geheimbundes der Hetärie zu Odessa,
die sich schnell über ganz G. verbreitet.
Febr. 1821 Erhebung der Griechen in der
Walachei und Moldau, Juni und Sept. unter-
drückt. 4. April Ausbruch des Aufstands
in Morea. Theodor Kolokotronis und Petros
Mauromichalis bilden in Kalamata eine
provisor. Regierung (Senat von Messenien).
Verbreitung des Aufstands auf die Inseln.
Demetrius Ypsilantis beruft eine National-
versammlung, die anfangs in Argos, dann
in Piada bei Epidaurus tagt. Anftog 1822
Einsetzung einer Regierung von 5 Mitglie-
dern mit Maurokordatos an der Spitze.
Zwietracht unter den Häuptern des Auf-
standes. 21. Juni 1822 fallt die Akropolis
bei Athen durch Kapitulation in die Hände
der Griechen. 16. Juli 1822 Niederlage der
Sullotea bei Peta, Vernlobtong des Phil*
Griechenland.
721
heUeueubaftftilloiM. Seesiege der Griechen
anter MlanliB. Die enrop. Groismichte
der Sache der Griechen ung&nstig» desto
günstiger die öffentliche Meinung; Phil-
hellenearereine nad Freiscfaaaren organisirt.
24. Tebr. 1885 landet Ibrahim Pascha bei
Modon» erobert bis Ende des Jahres fast
Kant Morea» das er ilirohtbar verheert.
Reschid Pascha nimmt 17. Ang. Athen im
Sturm, frühjahr 1827 wird Lord Coohrane
zum Oberbefehlshaber der griech. Seemacht,
Richard Ohureh des Landheeres, der Graf
Kapodistrla (11. April) auf 7 Jahre snm
Regenten von G. ernannt. 7. Juni lieber-
gäbe der Akropolis von Athen an die Tür-
ken. Das Ultimatum der Pforte vom 9. Juni,
welches jede Einmischung der auswärtigen
Mächte ablehnt, veranlasst 6. Juli den lon-
donar Vertrag swischen Bussland, England
und Frankreich über gemeinsam der Pforte
anzubietende Vermittelung. '20. Okt. Ter-
uichtung der türk.-agypt. Flotte bei Navarin
durch die Flotte der Verbündeten. 8. Febr.
1828 kommt Kapodistria, zum Ohef der Exe-
kutive ernannt, in Nauplia an; Beilegung
der inneren Kämpfe.
vn. O, als selbständiger Staat und
Königreich seit 1828. Einsetzung eines
Staatsraths von27Mitgliedem (PanhellenloD)
und Organisation der Militär- und Oivil-
verwaltung des Landes. 29. Aug. 1828 lan-
det ein frans. Pacifikationscorps von 14,000
Mann unter Maison bei Navarin und swingt
Okt. Ibrahim Bur Räumung Moreas. Die
Grossmächte nehmen durch Vertrag vom
16. Nov. 1828 Morea und die Inseln unter
ihre Garantie. Durch das londoner Proto«
koll vom 3. Febr. 1830 wird G. sum $<mW'
ränen Königreich erklärt und seine Grenaen
festgesetzt. 24. April Beitritt der Pforte su
dem Protokoll. Kapodistria, der inzwischen
eine streng absolntist. Ordnung einzufahren
sucht, wird 9. Okt. 1831 ermordet. SO.Dec.
1831 sein Bruder Augastin Kapodistria von
der Nationalversammlung aum provlsor.
Präsidenten ernannt, dankt Aug. ab. 7. Mai
1832 wird durch Vertrag zwischen G., d&f
drei Mächten und Bayern der Prinz OUo von
Bayern zum König von G. ernannt und bis
zu dessen Volljährigkeit eine Regentschaft
angeordnet, was 8. Aug. durch die Na-
tionalversammlung in Nauplia bestätigt
wird. 30. Jan. 1833 Ankunft Ottos und der
Regentschaft in Nauplia. Ausschiffung von
U500 Mann bayer. Trappen, denen die festen
Plätze übergeben werden. Oi^anisation
der Verwaltung auf abendländischem Fuss.
1834 Losung der klrchl. Verbindung mit
dem Patriarchen von Konstantinopel durch
Errichtung eines besondem griech. Synod.
Abzug der bayer. Truppmi. 10. Jan. 1885
Verlegung der könlgl. Residenz von Nauplia
nach Athen. 1. Juni Uebemahme der Re-
gierung durch König Ottp. Graf Armanns-
perg Kanzler von G. Wachsende Rivalität
der Schutzmachte um den Einfluss in G.;
im Innern Misstrauen und UnzufMedenheit ;
Bildung einel: mss., engl., franz. und natio-
nalen Partei. Entlassung der meisten dent-
8oh«B Beamten und der angeworbenen deut-
Jlfsyer« Sand 'Lexikon*
sehen Trappen. Fiaaneielle Klemme. 15.
Sept. 1848 Aufstand in Athen unter Kaier-
gis und Makryzannis Leitung. BeruAing
eines sogen, nationalen Ministeriums und
einer Nationalversammlung zu Entwerfang
einer Konstitution. 20. Nov. Eröffnung der
Nationalversammlung. 30. März 1844 Be-
schwörung der neuen Verfiissung durch den
König. 23. Juni Aufstand in Athen , durch
Kalergis energisches Einschreiten unter-
drückt. Ueberhandnehmen der Anarchie.
Sommer 1848—49 Ministorwechsel Je nach
dem Ueberwiegen des mss:, franz. oder engl.
Einflusses. Differenzen mit England infolge
der Unruhen auf den Jonischen Inseln und
des wachsenden russ. Einflusses in Athen.
11. Jan. 1850 erscheint die engl. Mittelmeer-
flotte unter Parker im Piräeus, um Ent-
schädiguagsforderungen für angebliche Ver-
letzungen engl. Unterthanen (Paciflco), ffir
Verluste bei einem Pdbelauflauf (1847) im
Betrag von 800,000 Drachmen, einzutreiben
und die Abtretung der Inseln Elaphonisi und
Sapienza zu verlangen. Die griech. Regie-
rung protesdrt gegen diese Gewaltthat,
worauf 19. Jan. die Blokade beginnt, die
erst, nachdem sich die griech. Regierung zu
Zahlung von 330,000 Drachmen bereit erklärt
hat, aufgehoben wird. Herbst 1852 die Auto-
nomie des heil. Synod in Athen gesetzlich
festgestellt. Bei Beginn des russ. - türk.
Kriegs 1854 erklärt sich die öffentliche
Meinung in G. laut fQr Russland. Die An-
kunft einer engl. -franz. Flotto im Piräeus
und einer franz. Division von 2000 Mann
unter Forey zwingt die griech. Regierung
(27. Mai), nnbedingto Neutralität zu ver-
sprechen. Die Okkupatioustruppen räumen
den Firäens erst 27. Febr. 1857. Einsetzung
einer Kommission der drei Schutzmäohto
zur Untersuchung der flnaniiellen Lage des
Landes. Reibungen zwischen der Regierung
und der Kammer der Deputirten. Schwinden
der Popularität des Königshauses. 13. Febr.
1862 Empörung der Garnison von Nauplia und
Einsetzung einer provisor. Regierung das.
20. April Kapitulation der von den königl.
Truppen belagerten Stadt. Verkündigung
einer Amnestie und liberaler Koncessionen.
Fortdauer der revolutionären Gähmng. Eine
28. Okt. au Athen konstitnirte provisor.
Regierung erklärt den König Otto für ab-
gesetzt und beruft eine konstituirende Na-
tionalversammlung. Der König verlässt
24. Okt. G., ohne förmlich abzudanken. An-
fang Dec. Wahl des engl. Prinzen Alfred
durch allgem. Abstimmung. Auf Grund der
Vertrage von 1880 und 1832, wonach kein
Prinz der drei Schutzmächte den griech.
Thron besteigen soll , lässt England die
Kandidatur des Prinzen Alfred , Russland
die des Herzogs von Leuchtenberg ibllen.
Die 22. Dee. 1862 in Athen eröffnete kon-
stituirende Nationalversammlung bestätigt
die Absetzung des Königs Otto und der
bayer. Dynastie (16. Febr. 1863) und wählt
auf Empfehlung der Schutzmächte den Prin-
zen Georg von Dänemark 30. März zum Kenig.
Durch Traktat vom 13. Juli zwischen den
drei Schutzmächten und Dänemark wird
40
722 Griechische Kirche — Griechische Sprache und Literatur.
die grieoh. Krone fömilioh Otorg I, Aber«
tntg^u, der 81. Okt. die Beglerang antritt.
Vereinigiing der Jon. Inseln mit G. Tort-
denemde Oihmng in O. S8. Nov. 1864
UBttfaeiohnnng der revidirten Yerfasenng
durch den König, lünananotit. Vergeb-
lielie AnleluuTersnclie. Ang. 1866 Sym-
pathien in G. für die aafrtftndigen Kan-
dioten. Unterstütanng derselben durch
Freiwillige, WafTen, Munition und Geld.
Anfltng 1868 60—70,000 kandiot. nächtUnge
in G. Wiederholte Beschwerden des tnrk.
Gesandten über dl9 Haltung G.s in der
kandiot. Frage. 15. Dec. Ablehnung des
Uttimatoms der Pforte von Seiten G.s. Ab-
reise des türk. Gesandten von Athen. 17.
Dec. Schluss sammtlicher türlc Hafen für
die griech. Schilfe und Ausweisung aller
griech. Unterthanen aus dem Gebiet der
Pforte binnen 14 Tagen. Sammlung eines
türk. Heeres in Thessalien. 9. Jan. 1869
Zusammentritt der Konferena der Gross-
machte sn Paris m Beilegung der griech.-
türk. Differens. 6. Febr. Annahme der
.Deklaration* der Konferens von Seiten der
Regierung. Drückende Finansnoth. 1. Jan.
1870 Beitritt G.s su der swischen Frankreich,
Italien etc. bestehenden Münakonvention.
Neuere Bearbeitungen der Geschichte Alt>
griechenlands von Zinkeisen (auch Mittelalter
und neuere Zeit umfassend, 1888— 4S, 4 Bde^,
Chote (neue Aufl. 1870, 18 Bde.; deutsch 1850
—1857, 6 Bde.), Duneker (8. Aufl. 1860), Ourtitu
(S. Aufl. 1869), J9er<2b«r^ (1868). Die Gesch.
G.S Im Mittelalter bearbeiteten Fallmerayer
(1830—36, 8 Bde.), JPV'»lay (1851 : deutsch 1853) ;
die neuere Gesch. FitUay (1854), Mend^Bsohn-
Bartholdj/ (1870 f.); die Gesoh. des griech.
Freiheitskampfs Finlay (1861) und Qervinu»
(Gesch. des 19. Jahrb., Bd. 4, 1859).
Grieelütelie Kirch« (orientdUsch - crtho'
doxe Kirche), die christl. Kirche des Orients,
welche bloss die Beschlüsse der 7 ökumeni-
schen Koncilien, nicht die spater aufge-
kommenen Satsungen der röm.-kathoL
Kirche, namentlich nicht die AntorltM des
röm. Papstes anerkennt. Die erste Tren-
nung beider Kirchen war veranlasst dnrdi
das vom bysantin. Kitiser Zeno 488 erlassene,
den Lateinern anstössige Henotikon und
durch den 484 vom Bischof Felix II. von Rom
über die Patriarchen sn Konstantinopel und
Alezandria ausgesprochenen Bannfluch. Die
519 vom röm. Bischof Hormisdas erzwungene
Wiedervereinigung beider Kirchen löste
sich wieder durch die von dem röm. Bischof
738 gegen die Bilderstürmer und 868 gegen
den Patriarchen Photins, der das Ausgehen
des heil. Geistes auch vom Sohne (fllioque)
verwarf, ausgesprochenen Bannflüche. Aber
erft 84. Juli 1054 kam es sur bleibenden
Trennung beider Kirchen, indem die Le-
gaten des Papstes Leo EX. die Exkommu-
nikationsurkunde in der Sophienkirche an
Konstantinopel vorlasen und niederlegten.
Zu den 4 Patriarchen von Konstantinopel,
Alexandria , Antiochia und Jerusalem kam
1589 der zu Moskau als fünfter. Das einzige
Symbol. Buch der g.n K. Ist die 1648 von
Metropoliten Mogilas verfasste ,Darstellung
des Glaubens der Kassen* (heranss. -vom
heil. Synod 1788. Die g. K. lehrt, dass
der heil. Geist nur vom Yater ansgehe,
nimmt imt der röm.-kathoL 7 Sakrament«
an, halt aber bei der Taofe drewnMÜgea
Eintauchen des ganzen Körpers ins "Waaser
zur Reinigung von der Erbsünde für noth-
wendlg und verbindet das Ghrisroa (Fir-
mung) sogleich mit der Taufe, hat Marien-
nnd Heiligenverehrung, Transsubstantiation
und Messopfer, aber nicht Anbetans^ der
Hostie, bedient sich beim Abendmahle, das
sie unter beiderlei Gestalt Jedermann, anch
Kindern reicht, gesäuerten Brodes und mit
Wasser vermischten Weines , verwirft die
Lehre vom Fegfeuer, von den Indolgensen
und dem Ablass für Lebende, geatattet den
niederen Weltgeistiichen Eingehung d«r
Ehe mit einer JungArau, duldet in den
Kirchen nur gemalte Bilder (nur die russ.
auch plastisch^), halt viel auf Fasten und
sonstige äussere (Gebrauche, hat keine all-
gemeine Kirchensprache. Die niedere Greist-
llchkeit besteht aus Liturgen, Vorlesern,
Sängern, Hypodiakonen und Diakonen, aus
Priestern, Popen und Protopopen. I>ie Geist-
lichen tragen B&rte und Gewander von
schwarzer, brauner, violetter und blauer
Farbe. Ueber die g. K. in Russland s. d.,
in Griechenland s. d. Vgl. SchmiU, ,Gesch.
der nengriech. und russ. Kirche', 1840.
Grleeluscliet Fever, von Gallinicus um
665 erfuadMie Mischung, auf verschiedene
Welse als zerstörendes Mittel gegen den
Feind benutzt; soll unter dem Wasser bren-
nen. Als g. F. (Fenian Feuer) diente im
nordamerikan. Kriege eine Lösung von
Phosphor und Schwefelkohlenstoff. [Reich.
GrieeUsehea Kalsertkum, s. v. a. Ostrom.
GrlechlieliesKreiiz, s. v. a. Andreaskreuz.
Grieeliiielie Sprache umd Literatur. Die
Spracht der alten Griechen bildet mit der
latein. einen Zweig des indogerman. Sprach-
stamros und wurde zur Zeit ihrer Blüthe
und später ausser im eigentl. Griechenland
In einem grossen Theil von Kleinasien,
Unterltallen, Sicilien und den zahlr. griech.
Kolonien gesprochen. Sie zerfiel in 4,
auch literarisch ausgebildete Mundarten:
Dor<«eft (Pindar, Theokrit, Bionu. Moschus),
Aeoli%ch (Alc&ns u. Sappho), JonifcA (Homer,
Hesiod, Theognis, Herodot) und AUiich,
letzteres zur Zeit der Hegemonie Athens die
allgemeine Sprache der Literatur und des
gebildeten Verkehrs (Thucydldes, Xenophon,
Plato, Domesthenes, die Dramatiker etc.).
Mit ihrer immer steigenden Verbreitnng
entfernt sich später die allgemeine Sprache
immer mehr von dem reinen Attisch der
klass. Schriftwerke und erscheint bereits im
K. T. wie in den Werken derbyzant. Schrift-
steller nicht unbedeutend entartet. Das
Studium der griech. Sprache kam vom by-
zantin. Kalserthum aus im 15. Jahrh. nach
Italien (CSirywlorae, Xo^ibarls und Tk.Owta)
und wurde in Deutschland zuerst durch
Er<umu», Reuchlin, MeUmehlhcm eingeführt
(seit 1518). Neuere Grammatiker: AiMmami,
Thierach, Kühner, Sott, Gurtius u. A. Die
Syntax insbes. bearl>eiteten Bernhard^ und
Griechische Weine — Griffonniren.
723
Mad^ifi, die Formenlehre Lebeck, die Ety-
mologie Oiirliut, die Tergleiohende Oram-
matik des Latein. nndGriech. Lto Meyer ^io.
T^exiken Ton SUphanu» CThesaurus ling. Or.*,
neueste Bearbeitung 1831-57, 8 Bde.), Bu-
aoto, JSoBt u. bes. Fape (8. Aufl. 1864— 71, 4 Bde.).
Die griechische LUeratur, in der Poesie,
Cle«ohicht8chreibung and Bedekunst un-
übertroffen, In der Naturkunde und den
spekulativen Wissenschaften für alle Zeit
grundlegend, beginnt mit einer mythischen
Vorseit (orphi$ehe Periode; Schauplatz das
pierisohe Thracien mit dem Olympus und
Helicon, Pindus und Farnass; Sangernamen :
Orpheus, Mu^tue, Eumolpus, Lintts u. A.)
und umfasBt dann 2 Hauptperioden:
I. Poetische Periode (1000-500 v. Chr.).
Epiiches Zeitalter.
JonischeSänger-
schnle: H&tner
(um 1000, JliasS
jOdyssee*) ; dieJTo-
meriden't die cyUi-
sehen Diehter (Pi-
eander, Panyasls,
Antimachus).
Böotische Sän-
g^erschule: He-
«>W(nm900„Theo-
l^onie*, ,Werke u.
Tage').
LyrischM Zeitalter.
ElegiaoheDichtung. Patriot. Lieder:
OodlinuB, Tyrtäiu(680), Selon. Gnomen
u. Epigramme: Die 7 Weisen, Theognie,
Pkocylidee, Simonides aus Keos (500),
B<$o^j/lide». Fabel: ile«op(6. Jahrh.l.
Erotische Gedichte : Jfimnermus (500),
Skolien: Terpander (670).
Jambische Dichtung (satirisch).
ArchÜoehue (um 640), Bimonides aus
Samos (650), Hipponax (um 540).
Melisohe Dichtung (eigentl. Lyrik).
ii(efl»an(640), AHon (eiO),Aleäus (600),
Sappho, Erinna, Stesichorus , Ibyoui
(550), Anaereon (5S0), JPindar (f 442).
Philosophie.
Jonische Schule (die
sogen. Physiker): ThaUs
(550, ürprincip : Wasser),
Anaximenes (540, Luft),
Heraklit (500, Vener),
Biereeyde» (540, Aether
und Erde). — Anaximan-
der (600), Demokrit (450),
Anaxagoras (f 428).
Blfthagaras (geb. 584)
und seine Schule :
ArehyUu (400), FhilolauB
(880) u. A.
IL Attische Periode (500—300 y. Chr.),
A. Drama.
Tragödie: I%rynichus (f
öll), Aesehylus (f 456),
Ion, Achäus, Sophoeies (f
405), :EuHptde8 (t 406),
Agathon (f 401).
S a t i r s p 1 e 1 : ^Halto«, iVa<t-
na$, Euripides (,0yclop8*).
Mimen: Sophron (f 420).
Komödie: Alte: J?p<cAar-
mu» , CreUintUt Eupolis,
Arütophanea (t 427),
Phereoraie» etc. — Mitt-
lere: Antiphanee (380). —
Neuere: Phüemon, Diphi-
lu9, Menander (f 290).
B. Philosophie.
Eleatische Schule: Xenopha-
ne$ (t 536), lärmenides (t 500),
Empedodes (f 440).
Sophisten: Gorgiaa (440), Prota-
goras, Prodicus etc.
Soerates (f 309) u. seine Schüler :
Xenophon (f 536), JPlaJto (t 848).
Pripatetiker: AristoMes (t
S21), Theophrast (f 286).
Cyniker: Antisihenes (400), Dto-
yene«(400).— Oyrenaische Schule :
Arittipp (380). — Stoiker: Zeno
(t264). — Glückseligkeitslehre:
Epikur (t 269). — Skeptiker:
J)irrho (f 260), Aenesidemus etc.
0. Cresehichte.
HerodAft (t 408), Thu-
eudides (t 402), Xeno-
phon (t 356), Ckesias
(880), PhUistuB, Theo-
pompus, Oallisthenes,
CHitarehu», Ephonuetc.
D. Rhetorik.
Antiphon (411), Andoci-
des, Lysian, leoerates
(338), Isätts, Lykurg,
JOemosthenes (t 323),
Aeschines (f 814), Di-
narchtts (f 319), Deme-
trius Phalereu» (283).
Auf diese Zelt des Schaffens folgt eine vonsugsweise aystematisirende und kritisirende
Periode, das sogen. Alexandrinisehe Zeitalter (s. d.), tou dem die mittelalterlich -byzantiu.
Periode den Uebergang zur neugriech. Literatur bildet. Darstellungen der g.n L. von
0,3(UUer (1841), Bernhardy (5. Aufl. 1869 f.), ifu«jfe (2. Aufl. 1857), Jtfare (1850-57, 5 Bde.).
Grieehisehe Weine ^ meist wenig halt-
bare, schlecht aubereitete, oft nach Harz
schmeckende Weine, am besten derHalyasier
and der Santorin, femer die Weine von
Oypern, Kandia, Tenedos, Oerigo, Zante etc.
cirlepenkerl, Wolfg. Mob., Schriftsteller,
geb. 1810 Bu Hofwyl (Kant. Bern), f ^7.
Okt. 1868 als Professor in Braun schweig.
Sehr. Dramen (darunter ,Rohe8pierre* 1851 :
,Die Girondisten* 1852), das Schauspiel ,Ideal
und Welt* 1855), den Roman ,Da8 Musikfest
oder die BeethoTener* (2. Aufl. 1841), ,Die
Oper der Gegenwart* (1847) u. A.
Orlefy grobgemahlenes Getreide, feiner
als Grhtse, besonders von Weizen, Reis,
Mais, Buchweisen, wird als Nebenprodukt
bei der Mehlbereitung gewonnen.
Griesbaeli^ Flecken in Niederbayern, 888
Ew. Graphit- und Porzellanerdegruben.
Grietinger, Wilhelm, Arzt, geb. 29. Juli
1817 in Stuttgart, 1850—54 Direktor der me-
dicin. Schule zu Oassr-el-Ain und Präsident
des Conseil de Sant6 für Aegypten, später
in Tübingen, Zürich, seit 1865 In Berlin ;
t das. 26. Okt. 1868. Höchst rerdient um
die Behandlung der €remüths- und Nerven-
krankheiten. Sehr. «Pathologie und The-
rapie der psych. Krankheiten* (2. Aufl. 1861),
,Ueber Infektionskrankheiten* (2. Aufl. 1864).
Gab heraus: , Archiv für Psychiatrie und
Nervenkrankheiten* (seit 1867).
GrilTely in der Botanik die Röhre des
Stempels zwischen Fruchtknoten und Narbe.
Grlffelsehiefery in regelmässige prisma-
tische Stücke spaltbarer Thonschiefer von
grosser Milde, bes. im sllur. Uebergangs-
gebirge des südöstl. Thöringerwaldes.
Griffonniren (fr.), schmieren, sudeln. Orif-
fonnage (spr. -alisch), Sudelei; Griffonnenr
(spr. -Öhr), Sudler von Schriftsteller.
46*
724
Grillage — Griseldis.
tirillage (fr., spr. •ahscb), das Bösteu
des Metalls; In der Bankttnst s. ▼. a. Bost.
Grille (Heimchen, Gryllas L.), (Httnng
der Heuschrecken. Feldgriüe (G. campestrls
L.), V* lang, auf Feldern oft sehr schädlich,
nnr die M&nnchen zirpen. HauegriUe (G.
domesticns L.), %**' lang, in Mauerritzen.
ÖrUlparier^ Front, dram. Dichter, geb.
15. Jan. 1790 zu Wien, ward 1832 daselbst
ArchiTdirektor bei der Hofkammer, seit 18&C
imRuhestand, 1861 zum lebenslängl. Reichs-
rath ernannt. Begröndete seinen Ruf mit
der Schicksalstragödie ,Die Ahnfirau* (1816),
welcher sp&ter die Stücke ,8appho* (1819),
,Da8 goldene Yliess* (Trilogie, 1829), ,König
Ottokars Glück und Ende* (1825), ,Ein treuer
Diener seines Herrn* (1830), ,MeIaslne'
(Oper, 1833), ,Des Meeres und der Liebe
Wellen' (1840), ,Der Traum ein Leben* (1834),
,Weh dem, der lügt!* (1840), ,£ather' (Frag-
ment, 1863) folgten. Vgl. S, v. Wurt^ch,
,F. G.S 1871. [Schein.
Grlmass« (fr.), Gesteh tsverzerrung, leerer
Grimm 9 1) Jakob Ludw., Sprachforscher,
geb. 4. Jan. 1785 zu Hanau , seit 1831 Prof.
und Bibliothekar in Göttingen, 18S7 als einer
der bekannten 7 Professoren entsetzt und
ausgewiesen, 1841 als Mitglied der Akademie
und Prof. nach Berlin berufen; t d<^s- ^^•
Sept. 1863. Begründer der wissenschaftl.
Behandlung der yaterl&ndischen Sprache,
Literatur u. Alterthumsknnde. Hauptwerke :
,Deat8che Grammatik* (1819—37, 4 Bde., neue
Ausg. 1869 f.), ,Deutsche Rechtsalterthüraer*
(1828), ,Deut8cho Mythologie* (1835, 3. Aufl.
1854), ,Geschichte der deutschen Sprache* (8.
Aufl. 1868); Ausg. des , Reinhart Fuchs* (1884)
u. A. «Kleinere Schriften* (1864—69, 4 Bde.).
Mit seinem Bruder gemeinschaftlich gab er
heraus: ,Kinder- u. Hausmarchen* (1812—13,
3 Bde. ; 8. Aufl. 1864), «Deutsche Sagen* (1816—
3818, 2 Bde. ; 2. Aufl. 1865), ,Irieche Elfeumar-
chen* (1826), ,Altdeutsche Wälder* (1813-16,
3 Bde.) und das grosse, Deutsche Wörterbuch*
(1854 ff., fortgesetzt yon Hildebrand und Wei-
gand). — 2) Wilhelm Karl, Bruder des Vor.,
geb. 24. Febr. 1786 zu Hanau, seit 1830 Prof. in
Göttingen, theilte 1837 das Schicksal seines
Bruders, seit 1841 Prof. in Berlin ; f clas.
16. Dec. 1859. Bes. als Herausgeber alt-
deutscher Dichtungen thätig, so des ,Frei-
dank* (1834; 2. Aufl. 1860), ,Rosengartens*
(1836), , Rolandsliedes* (1838), der, Goldenen
Schmiede* (1840), des ,SyUe8ter* yon Kon-
rad von Würzburg etc.; sehr. ,Ueber deutsche
Runen* (1826), ,Die deutsche Heldensage*
(1829). Vgl. Deiihard, ,Die Gebrüder G.*, 1860.
— 3) Hermann, Sohn des Vor., Schriftsteller,
geb. 6. Jan. 1828, lebt in Berlin. Sehr.
,Demetrius* (Trag., 1854), ,NoyeIlen' (2. Aufl.
1862), ,Leben Michel Angelos* (3. Aufl. 1868),
,£88ays' (1859 und 1865), ,Ueber Künstler
und Kunstwerke* (1865—67, 3 Bde.), ,Un-
üborwindliche Mächte* (Roman, 1867) u.A.
Grimma, Stadt Im sächs. Regbz. Leipzig,
an der Mulde, 6476 Ew. Ber. Fürstenschule.
Grimmdarm, s. Darm.
Grimmelshausen, Hana Jak, ChrUtoffei von,
geb. um 1625 zu Gelnhausen, langeZeit Soldat,
dann Schulthelss xu Renchen Im Schwärs-
wald; f 17. Aug. 1676. Der bedeutendste
Träger der yolksthüml. Poesie im 17. Jabrfa.
Hauptwerk: ,Der abenteuert. SimpIiciBsimiis*
(1669), einer der besten deutschen Bk>inane,
in acht epischer Weise das Leben dar Zeit
nach allen Hauptrichtungen darstellend.
Sehr, noch mehrers älmliche Werke t ,Xrati
Simplex', ,Da8 wunderliche Yogelnest* etc..
Didaktisches und Anderes. Krit. Ausgaben
des jSimpIicissimufl* von KeUer (1854 — 62,
4 Bde.) und Kurg (,Simplicianische Schrif-
ten*, 1863—64, 4 Bde.).
Grimmen, Kreisstadt Im prenas. Kegbz.
StraLiund, an der Trebel, 3193 Bw.
Grimfby CGr«a< (7.) , Seehandelsstadt in
der engl. Grafsch. Lincoln, an der Mün-
dung des Humber, 11,100 Ew.
Grimsel, Bergspitze der berner Alpen,
8634' hoch , mit Pass (6665') aus dem Ober-
hasll nach Oberwallis. Das. in 5778' Höbe
das Orimselhoapiz; unfern der Todtensee.
Grind (Sehorf), die Kruste, welche sich
durch Vertrocknung nässender Hautatellen
bildet; lockert sich nach der Heilung der
betr. Stelle und fällt ab.
Grindelwaid, Thal Im bemer Ober lande,
8150* üb. M., 4 St. lang, Vs St. breit, gut an-
gebaut, 8500Ew. Zwei vielbesuchte Gletscher.
Grinnellland, Land im arkt. Amerika,
dur<di den Smithsund und Kennedykanal
yon Grönland getrennt; das nördlichste bis
jetzt bekannte Land (82VtO), 1850 entdeckt.
Griphen (gr.), Netze, Räthselau^aben, yer-
fängllche Fragen. Vgl. Logogriph.
Grippe (Inßuenta) , ein epidemisch auf-
tretender, mit hohem Fieber und schweren
Allgemeinerscheinungen verlanfonder Ka-
tarrh der Luftröhre. Fälschlich bezeichnet
man die nicht epidemischen Katarrhe als
G. Die sog. nervöee G. ist gewöhnlich eine
mit starken Himsymptomen yerlaufende
Lungenentzündung. Die ächte G. ist (bes.
im Kindes- und Greisenalter) oft tödtlich.
Gripsholm, altes Schlossder Könige yon
Schweden, Im Mälarsee ; Lleblingsaufenthalt
Gustavs in., auch als Geföngniss Erichs XXV.,
Johanns HI. und Gustavs IV. bekannt.
Griqnas, in Südafrika die rothbraunon
Abkömmlinge derholländ. Boers und ihrer
Hottentottensklavinnen, am Oranjefluss nnd
an seiner Vereinigung mit dem Vaal ange-
siedelt. Hauptorte Philippolis n. Qri^atovn.
Grisebacll, Aug. Heinr. Bndoif, Naturfor-
scher, geb. 1814 EU Hannover, seit 1841 Prof.
der Botanik in Göttingen; verdient um die
Pflansengeographie. Sehr. ,Vegetation8linien
des nordwestl. Deutschlands* (1846); yjäbrl.
Berichte über die Fortschritte der Illanxen-
geographie* (1841—53); ,Ge(^gr. Verbreitung
der Pflanzen Westindiens* (1865).
Griseldis, Heldin eines mittelalterl. Volks-
buchs, armes Bauemmädchen , vom Mark-
grafen Walther von Salusso snr Gattin er-
wählt, der ihre Treue und Demuth auf die
härtesten Proben stellt und bewährt findet.
Die Geschichte findet sich anerst im Boc-
caccio (,Decamerone*, X, 10) ; älteste Ausgabe
des deutschen Volksbuclis G. Augsb. 1471;
dram. behandelt von Hans Sache (1546). In
Fr, Halma ,G,* ist der Stoff wesentl. yerändert.
Grisetten — Grossbritannien.
725
GrisetteBy in den pariser Sittensohildernn-
^en von Balzac, Panl de Kock etc. Klasse yon
IMmdcben (aus dem Arbeiterstand) , die mit
einem sogen. Freunde (Arbeiter, Student) in
einer Eeitweiifgen wilden Iiihe leben.
GrluU Giuliett(t, dram. Sängerin, geb. 38.
Juli 1811 in Mailand; seit 1836 abwechselnd
in Paiis und London, 1854—55 in Amerika
Triumphe feiernd, seit 1856 Gemahlin des
Tenoristen Mario; f 28. Nov. 1869 in Berlin.
Orlsiroldy R^fu3 Wümot, nordamerikan.
Xiiterarhistorlker , geb. 15. Febr. 1815 zu
Senson (Vermont), J 27. Aug. 1857 zu New-
york. Gab heraus: ,Poets and poetry of
America* (1842; 17. Aufl. 1856), ,Prose-writers
of America' (4. Aufl. 1856), ,Femalepoets of
America' (5. Aufl. 1857), ,Poet8 and poetry
of England' (4. Aufl. 1854).
Orobkalk (Sandkalk, Nummulitenkalk , Ce-
Tithienkalk), Felsart, aus kohlensaurem Kalk
mit Quarzsaud, Thon und Eisenoxyd ge-
mengt, äusserst reich an Versteinerungen,
gehört der eocanen Tertiärformation an;
bes. im pariser Becken. Guter Baustein.
CrrobkcdkfortiMUion, s. v. a. Tertiärformation,
s. G^irgsformation.
Grobkonle^ Abart der Steinkohle.
GrochOW» Dorf bei Warschau; 25. Febr.
18S1 8i«g der Rassen über die Polen.
GrodeSy vom Meer angeschwemmtes Land.
Grrodendeich , weit vom Meere abliegender
Deich, der nur bei hoher Fluth bespült wird.
Clrodnoy westruss. Gouvern. , 691,a QM.
und 894,194 Ew. Die ffaMptstadt G., am Nie-
nien, 23,499 Ew. Drei Messen.
Orodener Thal (Valle Oard^a), enges
reizendes Thal in Tirol, Kr. Brixen, mit
ca. 4000 roman. Ew. Bildschnitzerei.
Groningen (Groningen) , nordöstl. Prov.
der Niederlande, 41,6 QM. und (1869) 232,273
Ew. Sorgfältig kultiyirt. Die befestigte
Hauptstadt G., an derHunse undAa, durch
Kanäle mit dem Dollart und derZuidersee
verbunden, 37,634 Ew. Universität (seit 1614).
GrSnlftndy grosses Nordpolarland, zwi-
schen der Bafflnsbai und dem nördl. Eis-
meer, wahrschelnl. Insel, an der Westküste
bis 80O 50' n. Br. besucht, ca. 36,000 (n. And.
17,874) QM.; im Innern ein Tafelland von
mächtigen Eismasaen übergletschertund von
(4—6000' hohen) Gebirgen umsäumi. Der
allein zugängliche, im O. gar nicht, im W.
dürftig bewohnte und bebaute Theil helsst
das Aussen- oder Vorland, bestehend in
einem 4 — 20 M. breiten Küstensaum mit einem
labyrinth. Gürtel von Halbinseln u. Fjorden
und zahllosen Inseln und Klippen. Das glet-
scherlose Gebiet auf der Westküste steht
unter dän. Oberhoheit, ca. 2200 QM. mit (1865)
9481 Ew. (meist Eskimos uud Mischlinge) in
13 kleinen, meist aus Herrnhuter-Missions-
Slätzen bestehenden Kolonien; Julianehaab,
hodhaab , Omenack etc. — Von einem ver-
schlagenen Isländer Gunbiörn im 9. Jahrb.
entdeckt; von Brikr Rauöi (wegen seines
Grans) G. genannt und dann nach und nach
von Skandinaviern kolonislrt. 2 Kolonien:
West- und Ostbygd, die Im 14. und 15. Jahrh.
zu Grunde gingen. Später von Frobisher
(1578), Davis, Hudson (1607) und BafBn (1616)
erforscht; 1721 Einwanderung Hans Egedes
(s. d.), seitdem Kolonislrung G.s seitens der
Dänen. Vgl.JEtzel, ,G.*, 1860; Helms, ,G.', 1867.
Grönsiind, Meerenge zviischen den dän.
Inseln Falster und Möu.
Grog 9 Getränk aus Rum, Zucker und
heissem Wasser, vom Admiral Vemon im
18. Jahrh. eingeführt und von den unzu-
friedenen Matrosen nach dem Spitznamen
des Admirals ,Old <irog' benannt.
Grognard (fr., spr. -njahr), Hurrkopf.
GrOUlUUly Karl Wilh, Georg von, pi'euss.
General, geb. 30. Juni 1777 zu Berlin, machte
als preuss. Major die Freiheitskriege von
1813 und 1814 mit, ward 1815 General-
quartiermeister, fungirte dann bis 1819 im
Kriegsministerium, ward 1837 Geu^'al der
Infanterie; f ^^* Sept. 1843 in Posen. Die
, Gesch. des Feldzugs von 1815 etc.' (1837,
2 Bde.) und die ,Gesch. des Feldzugs von
1814 etc.' (1842, 4 Bde.) sind nach G.s
Materialien von v. Damitz verfasst.
Groma (iat.), Werkzeug zum Feldmessen ;
Gromatik, Feldmesskunst. [Reitknecht.
Groom (engl., spr. Gruhm), eleganter
Gropius, Karl, Maler, geb. 1794 in Berlin,
t das. 21. Febr. 1870 als königl. Hoftheater-
maler und Mitglied der Akademie; bes. aus-
S;ezeichnet als Dekorationsmaler und Ver-
ertiger höchst gelungener Dioramen. — Sein
Vetter, Martin G., geb. 11. Aug. 1824, her-
vorragender Architekt In Berlin.
Gros (fr., spr. Groh), mit einem Zunamen
Bezeichnung vieler seidenen oder halbseide-
nen Gewebe (G. de Tour, de Naples etc.).
Groüinon, ordinäre gesteifte Futtergaze.
Gros (fr., spr. Groh), die Hauptmasse,
etwas im Ganzen und Grossen als Gesammt-
heit (vgl. ßn gros); Münze, = Groschen;
auch fälschl. s. v. a. Gross (s. d.).
Grosclien (v. lat. groMus, dick, im Gegen-
satz zu den Blechmünzen), silberne Scheide-
münze, zuerst in Böhmen im 13. Jahrh., :=:
5'/4 Sgr. ; alter Konventiousgr. = i/m Thlr. ;
jetzt r= Vw Thlr. (Silbergr. zu 12, Neugr.,
im Königr. Sachsen, zu 10 Pf.).
Gros d'amiee(fr., spr. Groh-), Hauptmasse
der Armee, ohne Avant- und Arridregarde.
Gross (fr. grosse), 12 Dutzend, 144 Stück.
Grossalmerode, s. Almerode. [trakt.
Grossaventarhandel, «. Grossaventurkon-
Grossaventurkontrakt, im Seehandel Ver-
trag, zufolge dessen zu einer überseeischen
Unternehmung ein Darlehn gegeben wird,
welches, falls das Schiff verunglückt, nicht
zurückgezahlt, aber hoch verzinst wird.
Vgl. Bodmerei. Grosaaventurhandel, Handel,
wobei man in vorbemerkter Weise ein Ka-
pital borgt, dafür Waaren kauft und damit
in See geht, um sie an überseeischen Plätzen
zu verkaufen. Der Unternehmer Aventurier.
GrOBsbeeren^ Dorf im preuss. Regbz. Pots-
dam, 495 Ew. 23. Aug. 1813 Sieg der russ.-
schwed. und preuss. Armee über die Fran-
zosen, Bayern, Sachsen etc. unter Oudlnot.
Obelisk. [kreis, 2353 Ew. Weinbau.
Grossbottwar. Stadt im würtemb. Neckar-
Grossbritannlen (engl. Great Britain),
europ. Grossmacht, die drei unter einem
Scepter uud zu einem Parlamente vereinig-
72C
Grossbritannien.
ten Königreiche England, Schottland nnd
Irland nmfasaend, besteht ans den grossen
Inseln England - Schottland (G. im engern
Sinn) nnd Irland (5732 QM.) nnd mehreren
kleineren (Hebriden, Orkney- und Shetland-
inseln, Scilly- nnd normann. Jnseln nnd
Man, 15,4 QM.) nebst sahireichen Kolonien
in allen Welttheilen, den grössten, die je ein
Beich besessen (a. unten). — Dem allgem.
Typus nach ist Englald Hügelland, Schott-
land Gkbirgsland, Irland Ebene. Weiteres
über Bodengestaltung, Gewässer, Klima etc.
8. England» SehoUland, Irland,
Bevölkerung: 1861 1871
England nnd Wales 20,066,224 22,704,108
Schottland .... 8,062,294 3,358,613
Irland . . . . . 5,798,967 6,402,759
Sa. 29,070,932 81,465,480
Dazu S50{856 Soldaten und Matrosen ausser
Landes. Wachsthum: 1831—41: 10,84; 1841—
1851 : 2,62 ; 1851-61 : 5,«00/o ; 1861-71 : 2,394,548
Seelen, wobei die starke Auswanderung aus
Irland zu bedenken ist (1868: 196,325; 1869:
358,027 Personen aus G.). Volksdichtigkeit
5488 : 1 QM. ; am stärksten in England ohne
Wales (8000 : 1^, hier aber wieder, abgesehen
von lK>ndon, in den NW.-Slelnkohlen- nnd
Industriebezirken (20,000—27,000 : 1} und in
Mittel Schottland; am schwächsten in Nord-
schottland (kaum 600 : 1 QM.). Die Haupt-
masse derEiDw. G.s und herrschendes Volk
die german. Engländer (England fast aus-
schliesslich einnehmend, auch zahlr. in Süd-
schottland und den grossen Städten Irlands) ;
daneben CtUenmit Terschiedenen, aber ver-
wandten Sprachen, als : Iren (in Irland 5Va
Mill.)) Qatien oder Schotten (in Hochschott-
land, auf den Hebriden nnd Man) , Kymren
(Wales, Oumberland etc.).
Staatskirche die anglihan. oder Bochhirche,
(1861) ca. 17,126,700 Anhänger (59o/o), meist
in England und Wales, mit 43 Bischöfen nnd
4 Erzbischöfen; daneben die tchott, oder
pred^yterian. Kirche, überwiegend In Süd-
schottland, mit den zahlr. protest. Sektirern
oder Dissidenten ca. 6,169,500 (21o/o); die
kathol. Kirche, In Irland vorherrschend, mit
5 Erzbischöfen n. 37 Bischöfen, ca. 5,695,100
Bekenner (19Va*>/o); Juden (zumeist in Lon-
don und Dublin) ca. 40,500.
Ife^rungszweige. Der Äckerba», durch das
ocean. Klima und die Bodenbeschaffenheit
begünstigt,' in hoher Blüthe, doch der Er-
trag für die Bevölkerung nicht genügend.
Areal des bestellten Landes etwa 26 Mill.
Acres. Auch Obstkultur bedeutend. An Holz
Mangel. Die Eigenthumsverhältnisse des
Bodens beruhen auf den alten Feudalge-
setzen. Grund und Boden durchgängig im
Besitz einer sehr geringen Zahl von Grund-
eigentbümem. In England durchschnittlich
91, in Irland 635 Wirthschaften auf 1 QM.
Hauptstärke der engl. Landwirthschaft die
Viehzucht (trefTl. Pferde, 2 Kacen; feinwol-
lige Schafe, 14 Racen; ansgea. Rindvieh,
9 Racen; Ziegen, besonders in Schottland;
Schweine, bes. in Irland). Werth des Vieh-
standes ca. 140 Mill. Pfd. St. — Fischerei
bedeutend, bes. werthvoU für Erziehung der
Seeleute. — Produktion des Bergbaus 1869:
Tons \ 80 Ctr. I»fd. St.
Kohlen . 107,427,557 26,856,883
Eisenerze. 11,508,525 8,732,560
Zinnerze . 14,725 1,097,805
Kupfererze 129,958 619,918
Bleierze . 96,866 1,189,090
Zinkerze . 15,533 49,366
Thone . . 1,200,000 450,000
Steinsalz . 1,250,000 687,500
u. 8. w. Gesammtwerth der Bers^werlcspro-
duktion über 35V4 Blill., Werth der proda-
cirten Metalle: über 17Vs Mill. Pfd. St.
Die Industrie die bedeutendste der Welt.
Fast Jeder Zweig des Fabrlkwesens in Eng-
land nnd Schottland auf hoher Stnfe der
Vollkommenheit (Irland in industrieller Hin-
sicht weit zurück); die charakterfstischeu
und wichtigsten StofTe: Baumwolle, Wolle,
Seide, Flachs. Uebersicht der Spinnerei-
und Webereifabriken 1868:
Fabr. Spindeln Dampf webst
Baumwolle 2549 38,000,014 397,S29
Wolle . . 1652 4,589,500 46,204
Kammgarn 703 2,193,210 71,666
Seide . . 591 978,168 14,625
Leinen . . 405 1,588,124 Sl,040
Zahl der darin beschäftigten Personen:
857,964 (davon 58 o/o weibl. Personen, 12 o/»
Kinder unter 13 Jahren). Ausserdem bed.
Eisenindustrie, Leder- und Papierfabrik.,
Glas-, irdene Waaren, Porzellanmannfaktur,
Bierbrauerei, Schiffbau (vgl. England^.
Wie die Industrie, so auch der Handel
(gefördert durcff die insulare Lage 6.9,
zahlr. vortrefiliche Hafen, ein grossartig
entwickeltes Kanal- und Eisenbahnnetz, das
engl. Bankwesen etc. nnd geschützt durch
die grösste Seemacht der Welt) von nnver-
gleichlicher Grösse; */» des Staatseinkom-
mens fliessen aus dem Handel. Wirklicher
Werth des HandeUverkehr» In Mill. Pfd. St.:
Einfuhr Ausfuhr
brit. Prod. Kolonialprod.
1868: 294,69 179,67 48,io
1869: 295,48 190,04 47,06
Dazu Einfuhr au edlen Metallen 1869: 80,6,
Ausfahr 16,87 Mill. Pfd. St. Von der Ge-
sammteinfuhr und der Ausfuhr brit. Pro-
dukte 1869 kamen auf:
Einfuhr Ansfulir
I. brit. Besitzungen 70,48 48,09
n. fremde Länder . 224,99 141,95
(unter letztem Frankreich mit 83,68 Einfuhr
und 11,46 Ausftihr, Deutschland mit 17,92
und 22,81, Holland mit 12,78 und 10,76, Rnss-
land mit 16,67 und 6,46, Belgien mit 9,89 and
3,99, Aegypten mit 16,70 und 7,98, die Verein.
Staaten mit 42,&i und 24,63 , China mit 9,8i
und 6,84 Mill. Pfd. St. betheiligt). Importe:
hauptsachlich Bohstoffe , wie Baumwolle,
Wolle, Seide, Hanf, Flachs, Schiffbauholz,
Zucker, Theer, Pech, Kulouialwaaren, Ta-
bak, Getreide, Quano etc. Eskorte: äsen,
Zinn, Kupfer, Steinkohlen und namentlieli
Fabrikate (Baumwollen-, Wollen-, Stahl-,
Elsen- und andere Waaren). — Sekifffahrts-
hewegung: eingelaufen 1869: 17,19, ausge-
laufen 17,71 Mill. Tonn. — Banddmarint
1870: 24,187 Segelschiffe zu 4,765,301 Tonn.,
2972 Dampfer zu 948,367 Tonn. Matrosen:
Grossbritannien.
727
195,490. — Sisinbahnen (1867): 3090 Meilen
im Betrieb; Kapital 609,262,887 Pfd. St., Ein-
nahme 39,479,999 Pfd. St. HauptM/en: Lon-
don und Lirerpool; Hnll, Bristol, Soath-
ampton, Leith, Glasgow, Dublin. -> Banken :
Bank y. England (seit 1694; Kapital 14,558,000
^fd. St., wöchentl. Umsatz 1868: 65,897,075
Pfd. St.), ansserdem die Bank von Schott-
land (1.5 Mill.) , Boyalbank von Schottland
(3 Hill.), brit. Linencompany in Schottland
(i/s Mill.) und Bank von Irland (8 Mill. Pfd. St.
Aktienkapital), nebst sahlr. Prlyatbanken.
Mümeinheit: Pftind Sterling (= 20 Schill.
& 12 Pence) = 25 Francs = 12 Golden rh.
= 6^k prenss. Thir. Staatspapiergeld nicht
vorhanden ; Banknoten nicht unter 5 Pfd. St.
— Mass«: 1 engl. Fnss =: 80,48 Oentiin.>=
0,9712 rh. Fass; 100 Yards (Klafter) = 91,43
Meter. Engl. Meile = 1609 Meter = 0,916876
geogr. M. Acre = 1,59 prenss. Morgen. 1
geogr. QM. = 21,9&8 engl. QM. Quarter
(Getreidemass) = 8 Busliets =: 85,78 Liter =
5,99 prenss. Scheffel. Gallon (Flfissigkeits-
raass) = 4,64 Liter =r 8,97 prenss. Quart.
1 engl. Pfd. = 0,46 Kilogramm.
Der Wohlstand im Ganzen sehr gross
(nach Porter Jährl. Zunahme des Staatsver-
mögens 80 Mill. Pfd. St.), aber dabei starke
sociale Gregensätze. Neben 110 Personen
mit jährl. Einkommen von 50,000 Pfd. St.
und mehr, 891 Pers. mit 10—50,000, 14,331
Pers. mit 1000—10,000, 95,466 Pers. mit
200— 1000 Pfd. St. Jährl. Einkommen rechnete
man 1865 ca. 18 Mill. Pers. , die sich küm-
merlich nährten, unterstützungsbedürftige
Arme etwa IVa Mill. Oeffentüche Ausga-
ben für Armenpflege 1868:
Pfd. St. Arme
England 11,380,593 1,034,823
Schottland 863,202 80,032
Irland . . 841,512 56,934
12,085,307 1,171,789
Zahl derWobnplätze: ca. 16,000 Kirchspiele
(parishes), Flecken (borougbs) und Städte
(towns und eitles), darunter London mit
(1870) 3,214,707 Ew., 15 Städte mit 100,000-
500,000 Ew., 68 Städte k 20,000-100,000 Ew.
Im Allgem. 30 o/o der Bevölkeruug in Städten.
Volksbildung und Erziehung mehr politisch
gerichtet als anderswo. Schulwesen: das
allgemeine Wissen hinter Deutschland zu-
rückstehend, Schulzwang nicht vorhanden.
Eigenthümliche Lehr- und Erziehungsan-
stalten für die höheren Stände und 9 Pro-
test. Universitäten (London , Oxford, Cam-
bridge, Durham, Edinburgh, Glasgow, St.
Andrews, Aberdeen), 1 kath. (Dubliu), 1 für
alle Konfessionen (Dublin, seit 1849) ; kath.
Priesterseminar Mainooth- College (bei Bu-
biin). Viele, z. Th. sehr reiche, gelehrte
und and. Gesellschaften (Bibelgesellschaft
die Terbreitetste) ; grosse Bibliotheken, wis-
aeoschaftl. Anstalten und Sammlungen (das
,brit. Museum* das grösste d^r Welt). Pe-
riodische Presse die grossartigste.
Blande den politischenRechten nach zwei ;
l\Nobility, der hohe Adel, im Parlament
(Oberhaus) sitzend, erblich auf den ältesten
äohn. Nach dem Royal Calendar 1869: 20
Herzöge ausser den 4 königlichen, 18 Marquis,
llOEarls, 83 Visooants, 219 Barone. Ber
schottische und irische Adel tbeilt nicht
die Rechte des englischen. 1869 sassen 16
Bchott., 28 irische Peers im Parlament. 2)
Oommoncdty, umfassend die Chntry (b. d.)
und die niederen Klassen : kleinere Kauf-
leute, Fabrikanten, 'Handwerker, Pächter,
Yeomen etc.
Die 8tacU*ver/4XS9ung konstitutionell-monar-
chisch, beruhend auf der alten sächs. Ver-
fassung. Staatsgrundgesetze: die Charta
Ubertatum Heinrichs I., vom J. 1101 ; Magna
Charta, vom 15. Juni 1215, bestätigt 10. Okt.
1297; Petition of rights, von 1627; Habeas-
Corpus-Akte, von 1679; Bill and declaration
of rights, vom 22. Jan. 1689; die Acts of
settlement (protest. Snccessionsordnung),
von 1701 und 1705; Unionsakte, vom 6. März
1707 und 2. Juli 1800 ; Emancipationsbill der
Katholiken, vom 29. April 1529; Reformbill
von 1832 ; Wahlreformakte, vom 15. Aug. 1867.
— Der Konig hat die höchste vollziehende
Gewalt, ist Haupt der Kirche, unverant-
wortlich, beschränkt durch die Reichsstände
(imperial parliament), welchen die Minister
verantwortlich. CiTÜliste des Königs 385,000
Pfd. St. Gegenwärtiger Regent : Victoria I.
(seit 1837). — Das Parlament, zerfallend in
Oberhaus (house of lords) und Unterhaus
(honse of commons), hat die höchste ge-
setzgebende Gewalt. Die Verfassung ge-
währleistet in hohem Grade die persön-
liche Freiheit des Bürgers, ausgedehnte
Selbstverwaltung, Gleichheit Aller vor dem
Gesetz, Pressfireiheit, Unantastbarkeit des
Hauses. — Oberste SuuitsbeMrde der «ge-
heime Rath* (privy Council), statt dessen
aber faktisch ein Geheimrathsausschuss
(ecä>inet) fungirt, nebst einzelnen Komit^s
als selbständigen Behörden (Handelsamt,
richterl. Komit6, Komit6 für Nationaler-
ziehung etc.). 5 Staatssekretäre: der Mi-
nister des Innern, Minister des Aeussem,
Kolonialminister, Kriegssekretär (seit 1854
mit dem Vor. vereinigt) u. der Staatssekretär
für Indien (seit 1858). Die Schatzkammer
(treasury) sorgt für Erhebung und Verwen-
dung der Steuern. Die innere Verwaltung
möglichst durch lokale Beamte (Lordlieu-
tenant, Sherif, Friedensrichter). Es gibt
245 stadtische Gemeinden mit Municipal-
ver waltung. — Die GerichUverfeusung und
JSeehtspßege aehr vetwicliBlty veraltet, voller
Widerspräche und Mängel; keiu allgemein
gültiges Gesetzbuch. Man unterscheidet
gemeines und statutarisches Recht ; römisches
Givilrecht gilt stellenweise. Höchster Ge-
richtshof das Oberhaus, dann das High court
of Chancery. Die drei höchsten Gerichts-
höfe für common law: Court of the kings
Beuch, Court of exchequer, Court of com-
mon pleas. — Finanzen 1869—70:
Einnahmen 75,471,333 Pfd. St.
Ausgaben . 68,857,845 -
Von den Einnahmen kamen auf Zölle
21,449,843, Konsumsteuem 21,879,238, Stem-
pelgefalle 9,248,000 , Einkommensteuer
10,044,000, Grundsteuer 4,500,000 Pfd. St.,
etc. ; von den Ausgaben auf die Staatsschuld
27,046,653, Armee 12,265,400, Flotte 9,757,690
728
Groasbritaumen.
Pfd. St. eto. JStaaitschMid 1870 :. 800,681,488
Pfd. St. (davon 740,789,548 Pfd. St füBdIrt).
Die Armee lablte 1870: 178,000 Mann re-
glmentirte Trappen (davon 68,968 M. in Ost-
indien und 9526 Offialere); ausserdem ca.
188,900 M. Miliz, ca. 14,436 M. Teomanry-
Kavallerie, ca. 1,990,000 M. Tolnnteers; in
Irland militärisch organisirtes Poliaseicorps
von 18,000 M. Bisher Stellenkaof der Offi-
ziere üblich, hört mit Nov. 1871 anf. — Die
Kriegsmarine ssäblte 1870 Mannschaften:
59,7:M) (29,158 Mati'osen), Schiffe: 51 gepan-
zerte Dampfer (81 Panzer-schiffe 1.— 6. Klasse,
5 Schaluppen, 11 Thnmischiife, 4 schwim-
mende Batterien) , 839 nicht gepanzerte
Dampfer (45 X^inienflchiffe, 82 Fregatten, 24
Korvetten, 110 Kanonenboote, 17 Transport-
schiffe), 19 Segelschiffe. Summa: 395 Schiffe
flott, 15 im Bau. -- Orden: Hosenbandorden,
Bathorden, Distelorden, Patricksorden, Mi-
ohaelsorden etc. — Farben: weiss, rotb, blau.
Kolonien G.s: «
Ostindien . 46,278 QM., 148,457,654 Ew.
Australien . 144,760 - 1,720,475 -
Dominion of
Oanada . 153,745 • 4,127,526 -
Dazu kleinere Besitzungen in Europa (Hei*
goland, Gibraltar, Malta): 6,81 QM. und
l73,000Sw. ; in Amerika (Prinz-Edwardsinsel,
Brit. -Columbia, Bermudas, Honduras, Ba-
hama- und Turksinseln, Jamaika und übriges
Westindien, Brlt.-Guiana, Falklandinseln):
16,375 QM. und 1,280,000 Ew. ; in Asien (straits
Settlements, Ceylon, Hongkong, Labuan):
1216 QM. und 8,492,000Ew.; in Afi*ika (Kap-
kolonie, Natal, Bassutoland, Goldküste, Sierra
Leone, Gambia, St. Helena, Mauritius):
10,839 QM. u. 1,367,000 Ew. Gesammtareal der
brit. Kolonien: 375,310 QM.u. 161,826,000 Ew.
Geechichie. Ueber die Anfänge derselben
8. Britannia und Angelsachsen,
I. Angeisäichaische Dynastie (450 —
1066). Einfälle der Normannen (Dänen).
Alfred d,Qr. (871-901) Wiederhersteller der
angelsächs. Verfassung; unter ihm Blüthe,
dann Verfall des Reichs unter schwachen
Fürsten. Eihelred IL (979—1016) ; neue Ein-
fälle der Danen , die unter Kanut d. Gr.
(1013) ganz England erobern. 1041 Ethel-
reds Sohn, Eduard der Bekenner , auf den
Thron erhoben, nach dessen Tode (1066)
sich Harald, Statthalter von Wessex, des-
selben bemächtigt, der aber von dem Nor-
mannenherzog Wilhelm (dem Eroberer) bei
Hastings (14. Okt. 1066) geschlagen wird.
II. Normanniachelhniaatie (1066—1154).
Wilhelm I. (1066—87); Einführung des Lehn-
wesens; Aufhebung des freien Grundbe-
sitzes. WÜhelm IL (1087—1100) verwickelt
England durch seine Eroberungssucht in
viele Kiiege. Heinrich I. (1100-35) gibt die
,Gharta libertatum', die erste Grundlage
der engl. Verfassung. Unter ^ephan (1135—
1154) Bürgerkriege und Einfälle der Schotten.
III. HaM8 Anjou oder JPiantaffenet
(1154-1485). Heinrich IL (1154-89), Be-
herrscher eines Drittheils von Frankreich,
stellt das königl. Ansehn her, Wirbt ein
stehendes Heer, beschränkt den Klerus
durch die Konstitution von Clarendon (1164),
unterwirft Irland. Biohard L, Liitoenherz
(1188-99): Anarchie während seiner Kreuz-
fahrt. ^oAon» ohne Land <1199 — 1216) ver-
liert die Normandie, Anjou,, Maine etc. pkn
Frankreich; England papstl. Lehnsstaat;
Magna Charta (19. Juni 1215). Heinrich IIJ.
(1216-72); Verlust der franz. Landschaften
diesseits der Garonne; £rw«iterung der
Magna Cliarta durch die oxforder Provi-
sionen (1258). Eduard L (1872—1307) unter-
wirft Wales und Schottland der engL Ober-
hoheit, verschafftdem niederenAdel (Geutry ),
sowie den Städtmi und Flecken Vertretung
im Parlament. Eduard IL (1307 — 27) ver-
liert seinen Einfluss in Schottland. Her-
stellung desselben unter Eduard HL (1327 —
1377); 1339 Anfang der Successionskriase
mit dem Hause Valois ; 1848 Scheidung des
Parlaments in ein Ober- und Unterhaas.
Wicliffes Reformationsversuch. Bichard II.
(1377 — 99) ; Zerrüttung des Landes dui'oh
die Umtriebe der Herzöge von Lancaster,
York und Gloucester; Kriege mit Frank-
reich und Schottland; Aufstand der Bauern
unter Wat Tyler. Heinrich IV, (1399 —
1413) aus dem Hause Lancaster. Dem Unter-
hause Steuerbewilligung zugestanden. Hein-
rich V, (1413—22) infolge seiner Siege in
Frankreich (1415 und 1418) im Frieden von
Troyes (April 1420) von der bnrgund. Par-
tei zum Erben der franz. Krone ernannt.
Heinrich VI. (1422 — 61); Verlust aller in
Fiankreich gemachten Eroberungen bis auf
Calais; 30jähr. Successioniikrieg zwischen
den Häusern Lancaster und York (rothe
und weisse Böse). Bichard, Herzog von
York, nach Heinrichs VI. Gefangennahme
bei Northampton (10. Juli 1460) zum Pro-
tektor des Beichs erhoben, fällt in dem
Treffen bei Wakefield (30. Dec. 1460).
Eduard IV. (1461— 83) aus dem Hause York ;
Bürgerkriege. Richard HL, Herzog von
Gloucester, Eduards Bruder, 1483 zum Pro-
tektor gewählt, nach Ermordung Eduards V.
und seines Bruders König, von Heinrich
Tudor, Grafen von Richmond, bei Bosworth
(22. Aug. 1485) besiegt und getödtet.
IV. Maus Ttidor (1485 — 1603). Hein-
rich VIL (1485—1509) erweitert die königl,
Macht dem Parlament gegenüber, begün-
stigt den Mittelstand anf Kosten des Klerus
und des Adels. Heinrich VIIL (1509—47)
verwandelt die Feudalmonarchie fast in
eine Despotie, schmälert die Rechte des
Parlaments, das die kirchl. Suprematie des
Königs bestätigt (1534). Aufhebung der
Klöster (1536 — 88). Eduard VI. (1547-53)
regiert unter dorn Protektorat seines Oheims
Somerset. Feststellung des Lehrbegriffs
der bischöfl. Kirche in 42 Artikeln und
Erhebung derselben zum Staatsgesetz (1552).
Maria (1558 — 58); katholische Reaktion,
Verfolgung der Protestanten. 1558 Calais
an die FranZQ^en verloren. Biisabeth (l^S —
1603); Herstellung der bischöfl. Kirche.
Aufschwung des Landes trotz der Willkür-
regierung. 1568 Zerstörung der span. Ar-
mada. 31. Dec. 1600 der ostind. Kompagnie
der erste Freibrief ertheilt.
V. G. unter den 8t%tarts (1603-88).
Groflabüifeaaiiiieii .
729
J«feo6 /. (leOS— 85), König von G. und Ir-
land, entschiedener Anhänger der biscböfl.
Kirche, Terfolgt die Puritaner. 1605Pulver-
TMTSchwörang. Die Einfuhmng des Treu-
eids (Oath of allegiaoce) für die Geistlichen
nnd 1610 für alle weltl. Beamten hat die
Antschliesaung der Katholiken von Staats-
amtern zur Folge. Seit 1610 Zerwürfnisse
mit dem Parlament. Kmrll. (1625-49) mnss
1628 die »Petition of rights' bewilligen, i-e-
giert von 1629 an 11 Jahre ohne Parlament,
dringt Schottland 1637 die engl. - bischöfl.
liiturgie a«f. jBtne 1638 sn Edinburgh ein-
geset^e revolutionäre Regierung «stwirft
den Govenant (s. d.). Die Schotten schla-
gen die königl. Truppen Aug. 1640 tai der
Tyne, worauf durch Vertrag mit den engl.
Pedrs die Ausgleichung des Streits dem
engl* Parlament anheimgegeben wird. Das
3. Nov. 1640 eröffnete Parlament erklärt
sich Mai 1641 für unauflöslich und sohliesst
7. Aug. 1641 Frieden mit den Schotten.
Okt. 1641 Autistand in Irland. 1642 Anfang
des Kriegs zwischen den Parlaments- und
den königl. Truppen. 8. Juli 1644 Nieder-
lage der Königlichen unter dem Prinzen
Ruprecht von der Pfalz bei Marstou-Moor.
Durch den Einfluss der Independenten
wird Fairfax Oberbefehlshaber der Par-
lamentstruppen, die durch Oliver Crom well
mit religiösen und polit. Fanatismus beseelt
werden. 14. Juni 1645 Niederlage der
Königlichen bei Naseby. Mai 1646 Flucht
Karls I. zu den Schotten, Jan. 1647 Aus-
lieferung desselben an das engl. Parlament.
6. Aug. 1647 Besetzung Londons durch die
Truppen, die 6. Dec. die Presbyterianer
ans dem Parlament vertreiben. Das Rumpf-
parlament, aus Independenten bestehend,
vernrtheilt 87. Jan. 1649 den König als
Tyrannen und Hochverräther zum Tode.
90. Jan. Hinrichtung desselben. Militär-
herrschaft, Abschaffung des Oberhauses und
(7. Febr.) der königl. Würde. Cromwell (s. d.),
zum Lordlieutenant ernannt, beendigt den
Krieg durch seinen Sieg bei Worcester (3.
Sept. 1651) über Karl K., beruft 4. Juli einen
Konvent zur Ausübung der gesetzgebenden
Gewalt, sprengt 12. Dec. auch diesen und
lässt sich zum Protektor der Bepublik ernen-
nen. Der Krieg mit den Niederlanden 5.
April 1654 beendigt. Drückende Militär-
herrschait. Im Bund mit Frankreich 1655
Krieg gegen Spanien. Nach Auflösung des
Parlaments, -welches die ausgeschlossenen
Presbyterianer wieder aufnehmen will, all-
gemeine Gährung. Cromwell t 3* Sept.
1658. Sein Sohn Siehard folgt ihm als
Protektor, wird vom Parlament und der
Armee 85. Mai 1659 zur Abdankung ge-
zwungen. Darauf Anarchie unter einer
sogen. Sicherheitskommisslou. 3. Febr. 1660
Besetzung Londons durch General Monk.
£in 85. April versammeltes Parlament ruft
8. Mai Karl IL (1660 - 85) als König der
drei Reiche aus. Die Gleichförmigkeitsakte
(Act of uniformity) von 1662 zwingt die
engl. Geistlichkeit zum eidlichen Bekennt-
niss der hochkirchlichen Glaubensartikel
ttod ruft neue kirchliche Zwistigkeiten her-
vor. Die kathoL Sympathien des Kota
führen 1664 zum Krieg m^ den Nieder-
landen, welcher 21. Juli 1667 durch den
Frieden von Breda beendigt wird. Das
1669 berufene Ministerium Gabal (s. d.) be-
zweckt im Solde Ludwigs ZIY. die Restau-
ration des Katholiclsmus und der absoluten
Monarchie. 1672—74 Krieg mit den Nieder-
landen unglücklich für G. Heftige Kämpfe
zwischen dem Ministerium und dem Parla-
ment. Letzteres erzwingt 1673 vom König
die Testakte (s. d.). Rücktritt des Ministe-
riams Gabal. 1679 Eabeas-Corpua-Akte (s. d.).
Seit 1680 offene katholisch - royalist. Reak-
tion durch den Bruder des Königs, den
Herzog von York (Entstehung der Partei -
namen Whig und Tory), der Febr. 1685 als
Jakob IL den Thron besteigt. Suspension
der antikatholischen Gesetze und öffentliche
Einführung des kathol. Kults. Die Toleranz-
akte 1687 gewährt den Elathollken gleiche
Rechte mit den Bekennern der Hoehkirche.
Der Prinz Wilhelm von Oranien, Erbstatt-
halter der Niederlande, Gemahl der Maria,
der Tochter Jakobs, landet, von den Pro-
testant. Parteien zu Hülfe gerufen, 5. Nov.
1688 mit 15,000 Mann zu Torbay und zieht
18. Dec. ohne Schwertstreich in London
ein, worauf ein von ihm berufenes Parla-
ment Jakob n. des Throns verlustig er-
klärt und Maria und deren Gemahl 13.
Febr. 1689 auf denselben erhebt. Die ,Do-
claration of rights', Grundlage der engl.
YolksA-eiheit, bestimmt die Grenzen der
königl. Gewalt.
VI. G. unter WÜlietm III, von Ont'
nien und Anna (1689—1714). Begünstigung
der Whigs. Umtriebe der Jakobiten. Ja-
kob U. landet mit 5000 Franzosen in Ir-
land und erobert die Insel, die aber infolge
des Siegs der Engländer am Boyneflusse
(80. Juni 1690) Wilhelm lU. (Okt. 1691)
anerkennt. Der Krieg mit Frankreich 1697
durch den Frieden von Ryswiyk beendigt.
1694 Einführung dreijähr. Parlamente. Auf
Wilhelm HI. folgt 1703 der Bestimmung
des Parlaments zufolge dessen Schwägerin
Anna (1702 — 14). Siege der engl. Truppen
in den Niederlanden, in Deutschland und
Spanien. Schottland durch die Unionsakte
vom 1. März 1707 völlig mit England ver-
einigt. März 1708 erfolglose Landung des
Prätendenten Jakob III. an der schott.
Küste. Sturz Marlboroughs (s. d.) und der
Whigs. 1710 Einsetzung eines Torymini-
sterluras (Harley und Bolingbroke). Der
Friede von Utrecht mit Frankreich 11. April
1718, 13. Juli mit Spanien setzt G. in Be-
sitz der Hudsonsbailänder, Neuschottlands
und Neufoundlands , sowie Gibraltars und
Minorcas. G. durch seine Marine die Meere
beherrschend. Aufschwung seines Handels
und seiner Industrie.
Vn. G, unter dem Sause Mannover
bis smr Thronbesteigunff der Königin
nctoria (1714-1837). Nach Anna folgt
der Protestant. Successionsakte von 1701
gemäss der Kurfürst von Hannover als
Qeorg L (1714 — 27) auf dem Thron. Whi-
gistisclie Verwaltung unter Stanhope und
780
Grossbritannien.
Walpole. IMe Erhebung der Jakoblten in
Schottland unter dem Grafen Marr und
dem Prätendenten, der als Köni^ von
Schottland ausgerufen wird, durch^ie be-
reitwillige Hülfeleistnng des Parlaments
unterdrückt. Befestigung der neuen Dy-
nastie. 1716 durch Akte die siebei^&hr. Daner
der Parlamente festgesetst. Qeorg IL (1787 —
1760), als Oarant der pragmat. Sanktion
Kaiser Karls VI. in den österr. Erbfolgekrieg
verwickelt. 88. Febr. 1744 Sieg der engl.
Flotte über die ftKOz. bei Toulon. Der
Jüngere Prätendent Karl Eduard, Jakobs II.
Enkel, landet mit fk>anz. Hülfe Juli 1745 in
Schottland und erregt einen Jakobit. Auf-
stand, dem der Sieg des Herzogs von Onm-
berland bei Culloden (87. April 1746) ein
Ende macht. 18. Okt. 17^ Friede zu
Aachen mit Frankreich. Bald darauf neuer
Krieg mit Frankreich In Ost- und West-
indien, sowie durch G.s Betliellignng am
siebenjährigen Krieg zu Gunsten Preussens.
Georg IIL (1760 — 1820). Im Frieden von
Paris (10. Febr. 1768) erwirbt G. von Frank-
reksh Oanada , Kap Breton , die Inseln St.-
Vincent, Dominica und Tabago, von Spa-
nien Florida und wichtige Handelsrechte.
Eroberungen in Ostindien durch Lord Olive.
Finanzielle Zerrüttung. 4. Juli 1776 Unab-
hängigkeitserklärung der 18 Vereinigten
Staaten. Krieg G.s gegen Frankreich, Spa-
nien und die Niederlande. 80. Nov. 1788
Separatfriede mit den Kolonien. Sept. 1783
allgemeiner Friede zu Versailles , in wel-
chem G. Tabago und Goree, St.-Pierre und
Miquelon an Frankreich, Florida und Mi-
norca an Spanien zurüc^bt. Unruhen in
Irland, Schottland und England. Dec.
1783 Pitt am Staatsruder. Parlamentarische
Opposition der Whigs unter Fox und
Bnrke. Vereinigung der Whigs und Tories
infolge der franz. Revolution. 1. Febr. 1793
Kriegserklärung des Konvents an O. In-
folge innerer Gährungen die Habeas-Gorpus-
Akte suspendirt und die Fremdenbill und
andere Ausnahmegesetze angenommen. 1.—
8. Aug. 1798 Sieg Nelsons bei Abukir. Die
kathol. Union in Irland sucht mit Frank-
reichs Hülfe das engl. Joch zu brechen;
infolge davon erbitterter Kampf und Herbst
1800 Irland durch Parlamentsakte völlig
mit G. vereinigt. G., durch den Frieden
von Luneville (1801) isolirt, sieht den Neu-
tralitätsvertrag zwischen Rnssland, Schwe-
den und Dänemark zur Sicherung ihres
Handels als Kriegserklärung an und sendet
Nelson in die Ostsee. März 1801 Pitts
Rücktritt. 87. März 1808 Friede von Amiens
mit Frankreich : G. gibt alle Eroberungen,
mit Ausnahme der Inseln Trinidad und
Ceylon, an Frankreich, Spanien und Hol-
land zurück. Das Uebergewicht Frank-
reichs auf dem Kontinent, welches die
europ. Häfen den Briten zu verschliessen
droht, veranlasst G. zur neuen Kriegs-
erklärung an Frankreich 16. Mai 1803. Mai
1804 Pitt wieder am Staatsruder. April 1805
Bfindniss mit Russland, dem Aug. Oester-
"j«h und Schweden beitreten; 81. Okt.
1805 Sieg Nelsons bei Trafalgar. G., durch
die Siege der Franzosen über Oesterreich
und Russland (1805) und über Prenssen
(1806 und 1807) wieder Isolirt, sendet eine
Flotte unter Dnckworth Febr. 1807 nach
den Dardanellen und Sept. in die Ostsee
(Kopenhagen bombardirt und die dän. Flotte
we^eführt). Infolge davon erklären Buss-
land und Dänemark an G. den Krieg. Weg-
nahme einer russ. Eskadre und Eroberung
der dän. Kolonien durch G. Letzteres von
allen europ. Häfen ausgeschlossen. März
1807 Oanning Minister des Auswärt^n.
1808 engl. Truppen nach Portugal und
Spanien. 1811 übernimmt der Prins von
Wales die Regentschaft, Febr. 1812 mit
voller königl. Gewalt. Gewaltthätigkeiteu
brit. Schiffe gegen Neutrale 1818 fuhren
zum Krieg zwischen G. und der 'nord-
amerikan. Union. G. erwirbt im ersten
pariser Frieden (1814) von Frankreich Malta,
Tabago, Ste. -Lucio, Isle de France und die
Sechellen , ' von Holland Demerary , Esse-
quibo, Berblce, das Kapland und Ceylon,
von Dänemark Helgoland. Ende 1814 Friede
mit Nordamerika zu Gent. 29. Jan. 1880
Qeorga I V, (1880^30) Thronbesteigung. Aug.
1888 Cannlng Minister des Auswärtigen, An-
nahme des Princips der Nichtintervention.
1826 Herabsetzung des Geteeidezolis. Jan.
1828 Ministerium Wellington. Ohnmächtige
Politik desselben in den griech.-türk. An-
gelegenheiten und in Portugal gegen Dom
Miguel. Bewegungen in Irland; kathol.
Association das. Febr. 1829 Aufhebung des
Testeides. Einleitung der Emancipation der
Katholiken, denen der Eintritt ins Parlament
gestattet wird. Uebergewicht der Aristo-
kratie im Unterhause, in welchem unter 513
Mitgliedern nur etwa 70 ans unabhängigen
Wahlen hervorgegangen sind. Beginn der
Repealassodation in Irland. 86. Juni 1830
Wilhelm IV, (1830—37) Georgs IV. Nachfol-
ger ; Nov. Whigministerium Grey - Pal-
merson -Brougham -Russell. 81. Sept. An-
nahme der Refomibül Im Unterhause, 7.
Okt. Ablehnung derselben im Oberhauae;
88. März 1838 Annahme der wieder vorge-
legten Reformbill im Unterhanse, nach
Wellingtons vergeblichem Versuch, einTory-
ministerium zu bilden, 4. Juni auch im Ober-
hause; 7. Juni Erklärung derselben zum
Staatsgesetz. Die Zahl der Wähler wird
auf eine Million vermehrt. Unruhen in
Irland; die sogenannte Irische Zwangsbill,
welche dem Lordlieutenant von Irland in
ge «rissen Fällen die Anwendung des Kriegs-
rechts gestattet, angenommen; ebenso die
irische Kirchenreformbill (Aufhebung der
Kirchensteuer, Herabsetzung der Elakünfte
der Pfründen, Abschaffung nnnOthiger Bi-
schofssitze und Kirchen). 19. Juli 1834
Rücktritt Greys wegen der ApproprlationB-
klausel (s. d.) ; Melbourne Ministerpräsident.
1837 Parlamentär. Kämpfe um die Zehntbill,
betreffend die Verwandlung der Zehnten in
eine Geldabgabe, und die irische Städtebill.
VIH. Q, unter der Königin VMoria
seit 1837. 80. Juni 1837 Thronbesteigung
der Königin Victoria (s. d.). Brach mit
Ganada, Suspension der dortigen Verfesfung.
Grossbritannien.
731
Die cbartistische Agitation (s. Chartimitu)
fuhrt 1839 za Unrahea, welche nnterdrückt
werden. Mai Rücktritt des Ministerituns
wegen der Jamaikabill (Suspension der
Verfassung der Insel), mn Ministerium
Wellington - Peel kommt nicht zu Stande,
daher Wiedereinsetzung des alten mit Rus-
sell, Normanby und Macaulay. 15. Juli
1840 Vertrag zwischen 0., Russland, Oester-
reich und Preussen zu Erledigung der
DilTerenzen zwischen der Pforte und dem
Pascha Ton Aegypton (s. Frankreich, Gesch.).
1. Sept. 1841 Ministerium Peel -Wellington.
9. Febr. 1843 Einbringung der KornbiU,
betreffend Ermässigung der Eornzölle, An-
nahme derselben nach heftigen Kämpfen.
26. Aug. Friede mit China (s. C^ina, Ge-
schichte). Lord Ellenboroughs Rachezug ge-
gen Afghanistan. AgitationDaniel 0*GonneIls
für Auflösung der Union Irlands mit Eng-
land. Febr. und Marl 1843 Unterwerfung
Sinds durch Napier. 1844 steigende Agita-
tion gegen die Komzölle. 1845 innere Auf-
lösung der alten Parteien. Abschaffung
der Ausfuhrzölle , Reduktion der Zölle auf
Rohstoffe. 27. Jan. beantragt Peel weitere
Lebensmittel, mit Ausnahme des Gtotreides,
für welches erst nach 3 Jahren die sehr
ermässigteu Zölle ganz abgeschafft werden
sollen (Kornbill). Juni Rücktritt Peels
wegen Verwerfung der irischen Zwangsbill.
3. Juli Whigministerium Russell - Palmer-
ston. Bruch mit Frankreich infolge der
Span. Doppelheirath (Aug.). März 1848 Un-
ruhen und Chartist. Agitation in den Fabrik-
distrikten; in Irland erneute Repealbewe-
jping. Suspendirung der Habeas - Corpus-
Akte für Irland. Der Aufstand Smith
O^Briens 29. Juli mit Gewalt unterdrückt.
Reformyerein der Radikalen unter Oobden.
Palmerston begünstigt die Ital. Bewegung.
Kämpfe im Pendschab mit den Sikhs; 21.
Febr. Sieg Lord Goughs bei Gudscherate.
Restaurationspolitik auf dem Festlande ge-
gen Palmerston ; dessen Politik auf Roebucks
Antrag 29. Juni im Unterhause gebilligt.
1. Mai bid 15. Okt. erste Weltindustrieaus-
stellung zu London. 24. Dec. Palmerstons
Rücktritt ; Oranyille Minister des Aeussern.
Febr. 1852 Rücktritt Russells ; Toryministe-
rlnm Stanley. Erneuerung der Anticorn-
lawleague durch Oobden. 16. Dec. Ministe-
rium Aberdeen- Palmerston, aus Peeliten,
Whigs und Radikalen zusammengesetzt.
SO. Juli Krieg mit Birma (seit April) been-
digt, Erwerbung Pegus. 1. Kot. infolge der
Kriegserklärung der Pforte an Russland
Einfahrt einer firanz. - engl. Flotte in die
Dardanellen; 12. März 1854 infolge des
Ueberfalls der türk. Flotte durch die mss.
bei Sinope Bündniss mit Frankreich und der
Pforte zu Aufrechthaltung der Integrität der
letzteren. 28. März Kriegserklärung an Russ-
land. 22. April Bombardement Ton Odessa ;
erfolglose Expedition Napiers in die Ostsee ;
16. Äug. Eroberung Ton Bomarsund. 20.
Sept. Schlacht an der Alma; 5. Not. Schlacht
bei Inkerman. Jan. 1855 Antrag Roebucks
anf Niedersetzung einer Kommission zur
Untersuchung der KriegsTerwaltung; in-
folge daTon Rücktritt des Ministeriums (1.
Febr.). Palmerston wieder ans Staatsruder
berufen. 8. Sept. Fall Ton SebasCopoL Okt.
1854 und 1855 HandelsTertrftge mit, Japan.
7. Febr. 1856 Annexion Ton Audh. SO. März
1856 pariser Friede mit Russland. Expedition
nach dem pers. Meerbusen und Besetzung
Ton Abuschehr. 22. Okt. und S.Not. Bom-
bardement Ton Kanton. Cobdens Tadels-
Totum gegen dieses Verfahren 3. März 1857
im Unterhause angenommen, infolge daTon
Auflösung des Parlaments. Bei den Neu-
wahlen Niederlage der Opposition. 4. März
Friede mit Persien. 10. Mai Aufstand der
Sipahl in Bfirut ; Niedermetzelung der Euro-
päer in Delhi etc. Sir Campbell zum Ober-
befehlshaber in Indien ernannt; 20. Sept.
Delhi im Sturm erobert. 20. Febr. Ip5»
Ministerium Derby. 19. Ml^rz Eroberung
Lucknows. 8. Juli und 2. Aug. Stanleys
Plan zur Reorganisation Indiens (Aufhören
der Herrschaft der ostind. Kompagnie etc.)
im Unter- und Oberhanse angenommen. Juli
Zulassung der Juden im Parlament im Ober-
hause endlich angenommen. 1. Not. Ueber-
gang der Regierung in Indien Ton der Kom-
pagnie an die Königin. Anfang 1859 Reform-
agitation Brights. Koalition der liberalen
Fraktionen gegen das konserTatiTO Ministe-
rium ; infolge daTOn 11. Juni Rücktritt des-
selben. Kabinetskombination Palmerston -
Russell mit Whigs, Peeliten und Radikalen.
4. Febr. 1860 Abschluss eines HandelsTer-
trags mit Frankreich auf freihändlerischer
Basis. Juli neuer Krieg mit China. 31. Juli
engl. -franz. Expedition im Pei-ho, 13. Okt.
Besetzung Pekings. Im Frieden Tom 24. Okt.
erhält England die Halbinsel Kaulung. 1861
Spannung zwischen G. und der nordame-
rikan. Union infolge der Anerkennung der
abgefallenen Südstaaten als kriegführender
Partei. Störung der brit. Industrie durch
Ausbleiben der Baumwolle. 6. Jan. 1862
Ankunft der brit. Eskadre in Veracruz. 28.
April Vertrag zu Puebla mit Mexiko, In
welchem dieses die Geldforderungen brit.
Unterthanen theilweise anerkennt, infolge
daTon Rücktritt G.s Ton dem Unternehmen
gegen .Mexiko. 1. Mai bis 1. Not. zweite
Weltindustrleaussteilung zu London. 6. Aug.
1863 Abschluss eines Handelsyertrags mit
Italien , 80. Mai 1865 mit dem ZolWerein ;
16. Aug. SchifffahrtsTertrag mit Preussen.
Umtriebe der Fenier (s.d.) in Irland. Auf-
regung daselbst. 11. Okt. Negeraufstand in
Jamaika mit blutiger Strenge unterdrückt.
30. Okt. Berufung des Ministeriums Russell-
Gladstone-Glarendon. 16. Dec. HandelsTer-
trag mit Oesterreich. 17. Febr. 1866 Suspen-
dirung der Habeas-Corpus-Akte für Irland ;
Rüstungen gegen eine fenische Verschwö-
rung daselbst. 26. Juni Toryministerium
Derby - Stanley - D'Israeli. Massendemon-
strationen für Parlamentsreform in London,
Birmingham, Eklinburgh etc. 6. März 1867
Aufstand in Irland. Verhandlungen über
die ReformbiU im Ministerium. 30. Mär/.
Annahme der Bill zu Errichtung einer Kon-
föderation der brit.-nordamerikan. Kolonien.
15. Juli Annahme der Meformbill (in den
732
Grossdeutsche — Groten.
Gra&chaften Herabsetzung dea Gensiu Ton
50 auf 15 Pfd. St., in den Burgflecken Stimm-
recht jedes Hausbesitzers , Beschränkung
der Wahlflecken mit weniger als 7000 £w.
auf eine Stimme etc.) im Unterhanse, 6. Aug.
im Oberhause, 15. Aug. Sanktionirung der-
selben durch die Königin. 4. Okt. Beginn der
Expedition nach Abeesinien. 13. Dec. ,PulTer-
verscbwörungt' der Fenier in London. 25.
Tebr. 1868 Rücktritt Derbys; 88. Febr. D'Is-
raeliSfinisterpräsident. 13. April Erstürmung
▼on Magdala, Fall des Negus Theodor; 17.
April Rückzug der t>rlt. Truppen. 15. Juli
wird die schott. und irische Reformbill nach
deren Annahme im Parlament von der Kö-
nigin sanktionirt. Nov. Parlamentswahlen
nach der neuen Reformbill. S. Deo. Rück-
tritt D*Israelis. 9. Dec. Ministerium Glad-
stbue-Grey-Bright. Ergebniss der Parla-
mentswahlen: 887 Liberale, 871 Konserva-
tive. 1. März 1869 bringt Gladstone seine
früher im Oberhause abgelehnte Bill be-
treffend die Aufhebung der aufl^ikan. Staats-
kirche Irlands wieder Tor das Parlament.
4. März Gesammtkosten des abessin. Feld-
zugs, 8,600,000 Pfd. St. , bewilligt. 6. April
Herstellung der Telegraphenverbindung mit
Ostindien. Juni grosse Agitation für und
gegen die irische Kirchenbill. 23. Juli An-
nahme des Kompromisses in der irischen
Kirchenfrage (die freie anglikan. Kirche in
Irland mit einem Kapitalvermögen von fast
12 Mill. Pfd. St. ausgestattet). 27. Juni 1870
Lord Granville Minister des Auswärtigen;
erfolgloses Wirken des brlt. Kabinets für Er-
haltung des Friedens. 19. Juli die Neutra-
lität G.s in dem deutsch-franz. Kriege pro-
klamirt. Trotz der Neutralität Ausfuhr von
Waffen, Munition, Kohlen etc. aus G. nach
Frankreich ; 30. Aug. Denluchrift dea preuss.
Gesandten Grafen Bemstorff über die ,für
Frankreich wohlwollende* Neutralität G.s
deshalb. 15. Sept. Entgegnung des Lords
Granville, welche die öffentliche Meinung
in Deutschland nicht befriedigt. Gegen Ende
1870 tritt die Frage der Armeereorganisation
mehr und mehr in den Vordergrund.
LUeroUur. Die Geschichte G.s bearbeiteten
neuerlich: Hume (neue Aufl. 1865, 8 Bde.),
Henry (mit Laings Forts. 1814, 12 Bde.),
Heinrich (1806— U), 4 Bde.), Lingard (5. Aufl.
1849, 10 Bde.; deutsch 1827—33), Lappenberg
(fortges. von Faulig 1834 — 58), Macgregor
(1852, 2 Bde.), Keigktlev (1859, 2 Bde.).
Gr088dent8C]ie, seit 1S48 Bezeichnung der-
ienigen polit. Parteien, welche bei einer
Reform der deutschen Bundesverfassung
Oesterrelch nicht ausgeschlossen wissen
wollten, im Gegensatz zu den EJeindeut-
achen, welche Oesterreich, wenigstens vor-
läufig, unberücksichtigt lassen wollten.
Grosse, Jul., Dichter, geb. 25. April 1828
zu Erfurt, seit 1869 in Weimar, Sekretär der
SchillersUftung. Sehr. ,Gedichte* (1857),
,Epische Dichtungen' (1860), ,GundeI vom
Königssee* (1864), Dramen (,Der letzte
Grieche*, ,Die Yglinger* etc.), «Novellen*
(1868). Ges. dramat.Werke (1870, 7 Bde.) u. A.
Grossenhaln, Fabrikstadt im säcbs. Regbz.
Dresden, an der Röder, 9949 Ew,
Grwserle (fr.), EngroahandeL
Grosser OeMUt, a. v. a. Stillea Meer.
Groflsetto. mittelital.Prov. (Toskana), 80,6
QM. u. 101,884 Ew. Hauptstadt G., S917 Ew.
Grossfttrst, alter Titel der rnsa. Fürsten,
jetzt inabes. der Prinzen und Prinzessinnen
des kaiserl. russ. Hauses.
Grossgeran, Kreisstadt in der hess. Prov.
Starken bürg, 2542 Ew.; in neuester Zeit
von zahlreichen Erdstössen heimgesucht.
Grossglockner, höchster Gipfel der no-
rlschen Alpen, an der Grenze von Tirol,
Kärnthen und Salzburg, 11,700' h.
Grossglogan, s. Glogau.
GrossgorscheBy Dorf im preuss. Regbz.
Merseburg, audl. von Lützen, 482 Ew. ; 2.
Mai 1813 Sieg der Verbündeten unter Witt-
genstein über Napoleon I.
GrOBSgrlechenland (Magna Graecia, a. G.),
der südi., von Griechen kolonislrte Theil
Italiens, am tarent. Meerbusen.
Grossherzog^ Souverän^ im Rang zwischen
den Königen und Herzogen stehend, mit
dem Prädikat ,könig], Hoheit*. Erster G.
war Oosimo I. Medici von Florenz, 1569 vom
Papst dazu ernannt.
Gros^Jährigkeit, s. ilftnor«ant<cU.
Grossmachte, europäitche, s. Europa.
Grossmeister, beim Johanniter- und deut-
schen Orden der oberste Vorstand.
Grossnu^rnl» Titel der Herrscher der von
Babur (s. d.) in Ostindien um 1526 gegrün-
deten mohammed. Dynastie wegen ihrer
mongol. Abkunft. Am berühmtesten Babur,
Akbar und Aureng- Zeyb. Alum H. verlor
1803 das Reich an die Engländer. Seitdem
standen die G.n unter der Oberhoheit der
ostind. Kompagnie. Wegen Betheiligung am
ind. Aufstande 1857 ward der letzte G. 20.
Sept. 1857 nach der färoberung von Delhi
zur Kettenstrafe und Verbannung nach Ran-
gun verurtheilt, seine Söhne, Enkel etc.,
g^en 24, hiDgerichtet. [Grosahändler.
GrosBOhandel^ Grosshandel. Oroniu,
Grosspenslonar, s. Pennonär.
Grosspolen, der nordöstl. beherrschte
Theil des ehemaligen poln. Reichs, im (Ge-
gensatz zu Kleinpolen, dem südwestl. Theile.
Grossrassland, der mittlere Haupttheil des
eui'op. Rus^land, s. Bundand,
Grossschonau , Fabrikort im sächs. Regbz.
Bautzen, ao der böhm. Grenze, 4958 Ew.
Mittelpunkt der säclis. Damast Weberei.
Grosssiegelbewahrer, s. Siegel,
Grossstrehlitz, Kreisstadt im preuss.
Regbz. Oppeln, 3702 Ew.
Grossvenediger, Gletscherberg der salz-
burger Alpen, bei Mittersill, 11,297' hoch.
Gross vezler, a. Veaier.
Grosswardein (magyar. Nagy- Warad),
Hauptstadt des ung^ar. Komitats Bihar. am
Sebes, 22,443 Ew. Bischofssitz, 21 Kirchen ;
ansehnl. Handel. Dabei warme Bäder.
Grote. George, engl. Historiker, geb. 1794
zu Glayhill (Kent), ursprüngl. Kaufmann,
auch Parlamentsmitglied, widmete sich dann
ausschliesslich wissenschaftl., bes. hiator.
Studien ; f 18. Juni 1871. Hauptwerk : ,Hist. of
Greece* (1846— 56, 12 Bde.; deutsch 1847— 57).
Groten, silberne Scheidemünze, in Bremen
Grotenburg — Grünstein.
733
r= Vts Thir. In Oold = 4^,3 prenss. Pf. ; in den
Niederlanden =: V40 Gulden, etwa 4 Pf.
Grotenburg 9 Berg im teatobnrgei* Wald,
stidl. Ton Detmold, 1195' hoch; Sandstein-
IK)Stament lür dai Hermannsdenkmal (84').
Groteske (ital.), in der bildenden Kunst
phantastische, aus Thier- und anderen For-
men willkürlich zusammengesetate Verzie-
rung, nach Art der ,6rottengemä]de* (in den
die QrctUn genannten Trümmern romPalasta
des Titus in Rom) ; daher grotuk im AUgem.
abenteuerlich gestaltet, phantastisch.
Grothy KloMi, plattdeutscher Dichter, geb.
24. Apsil 1819 KU Haide In Holstein, seit
1859 Prof. zu Kiel. Bes. bekannt durch
seine Gedichtsammlung ,Quickbom* (1853,
9. Aufl. 1864), welcher später ,yertelln'
(18&5-60, 2 Bde.), ,Yoer de Goem' (1858) und
,Rothge der Meister Lamp' (1862) folgten.
Vgl. Schein, ,Ueber El. G. etc.', 1865.
Grotins (ds Groot), Hugo, holländ. Ge-
lehrter und Staatsmann, geb. 10. April 1583
zu Delft, ward Rathspensionär in Rotter*
dam, 1619 als polit. Parteigenosse Olden-
bameyeldts zu lebenslängl. Qefangnissstrafe
auf dem Schlosse Löwenstein rerurtheilt,
entfloh nach Frankreich, trat 1631 in schwed.
Dienste, fangirte 1635—45 als Gesandter am
franz. Hofe; f ^* Aug. 1645 zu Rostock.
Hauptwerk: ,De jure belli et pacis* (1625;
deutsch von Rirchmann, 1870), lange Zeit
Codex des Völkerrechts (s. d.). Biogr. yon
Luden (1806). Vgl. EaHm$iein, ,Reclitsphi-
losophle des H. G.*, 1850. [peln, 4421 Ew.
Grottkan^ Kreisstadt im preuss. Regbz. Op-
GrOHChy (spr. Gruschi), JEmanuel, Marquis
von, franz. General, geb. 28. Okt. 1766 zu
Paris, focht als Brigadegeneral in der
Vend^e und machte in der Folge alle Feld-
züge der Aranz. Armee mit. Nach Napoleons
Rückkehr von Elba zum Marschall ernannt,
griff er 18. Juni den General Tbielmann bei
Warre an und soll den unglücklichen Aus-
gang der Schlacht bei Waterloo durch sein
Nichteintreffen auf dem Schlachtfelde da-
selbst yerschuldet haben. Nach Napoleons I.
Abdankung rief er Napoleon H. zum Kaiser
aus und rückte mit 45,000 Mann gegen Paris,
dankte bei Bog^n der Verhandlungen ab
und ging nach Amerika; ward nach der Jnli-
revolution 1880 Kammerdeputirter, 1882 Palr ;
t 29. Mai 1847 zu St. Btienne.
Gmbenbao, s. Bergbau,
Grubengas ) s. Methpluauerttoff.
Gmbenhagen, ehemals Fürstenthum, Jetzt
Theil des preuss. Regbz. Hildesheim, 18,4 QM.,
Hauptst. Einbeck. Vgl. Braunscktoeig, Gesch.
Gmbenliekt, Licht, dessen sich die
Bergleute beim Einfahren bedienen, ¥rird an
der Mütze getragen. r&ou.
Grubenwetter (schlagende Weiter), s. Berg-
Grübeln Joh. Konr. , nürnberger Volks-
dichter, geb. 3. Juni 1736 in Nürnberg,
lebte das. als Stadtflaschner und Gassen-
hauptmann; f 8. März 1809. Ausgezeichnet
in der kom. Erzählung und in Gemälden
des reichsstädt. Lebens. ,G«dichte in nürn-
berger Mundart*. (1802, neue Ausg. 1857).
Grttii} eine der 7 Farben des Spektrums,
Steht swisohen Blau u. Gelb ; Sohattlrangen :
Kupfer-, Seladon- oder $teiu-, Berg-, Lauch-,
Smaragd-, Apfel-, Pistacien-, SchwarzUch-,
Oliven-, Gras-, Spargel-, Oel-, Zeisiggrun.
Grün, scheeleeekee (Schwediseh', Mineral-
grün), arsenigsaures Kupferoxyd, zeisig-
grun, Oel- und Wasser&rbe, sehr giftig.
Grün. Ancutaeiut, s. Auersperg S).
Grinoerg (Grüneberg), Kreisst. im prenss.
Regbz. Liegnitz, 11,091 Ew. Bed. Weinbau,
(jährl. über 50,000 Eimer) und Tuchfabr.
Grümbleien, s. Braunbleierg,
Griine Farben, Mineralfarben: bes. Chrom-
und Kupferverbindungen , Bronzefarben,
Grünerde, Kobaltgrün, Ultramaringrün;
Mischfarben aus Berlinerblau mit Chrom-
gelb, Schwefelkadmium , ^ Schwefelantimon,
aus Bremerblau mit Zinkgelb. Vegetabi-
lische: Blattgrün, chinesisches Grün (Lnh-
Kaou), Saftgrün; Mischfarben aas Indigo
und Pikrinsäure; Theerfarben.
Gruneisen, Karl, Dichter und Schriftstel-
ler, geb. 17. Jan. 1802 in Stuttgart, seit 1835
Oberkonsistorialrath das. Sehr. ,Lieder*
(1823), ,Nik. Manuel' (1837), «Christi. Hand-
bueh^in G«beten und Liedern* (5. Aufl. 1859).
Grniierde, verschiedene Mineralien, durch
Eisenoxydul gefärbte Silikate: v<ro«<8«r
JSrde, bei Verona, in Böhmen, seladongrün,
Wasser- und Oelfarbe (Steii^rün, Seladonit,
frans. Grün). Aehnlich sind Dde$8it und
Glaukonit, ChrUnkcdke und Mergel der silu-
rischen Formation und der Kreide in Schwe-
den, Russland, Sachsen, Böhmen, ebenso
Grihuande und Grünaandsteine in Russland,
Frankreich, England, Deutchland etc.
Grüner Zinnober (Od-, Laub-, Seiden-,
Neapel-, amerikan, Grün), nass bereitete
Mischung von Berlinerblau mit Chromgrib,
schöne Wasser- und Oelfarbe ; giftig.
Grünes Vorgebirge (Cap Verd), die west-
lichste Spitze Afrikas (15o n. Br.). In der
Nähe die portug. Inseln des grünen V.s
( Kapfferdische Insdn), 77,0 QM. und (1864)
84,191 Ew. Hauptinsel San Jago.
Grünes Wachs, grünspanhaltige Wachs-
und Harzmischung, Heilmittel gegen War-
zen, Hühneraugen.
Grünkom, Graupen aus unreifen Dinkel-
körnem, in Westdeutschland gebräuchlich.
Grfinsand, s. Grünerde,
Grünspan (SpoMsrrit»;, Verbindungen von
Kupferoxyd, ^sigsäure und Wasser. Kry-
sUMisirter, destiUirter Gt, ist neutrales Salz,
dunkelblaugrün, verwittert, löslich in Was-
ser, gibt bei der Destillation Essigsäure,
dann Aceton. Basischer oder hlauer franz.
Qt, wird durch Schichtung von Kupfer-
platten mit sauer gewordenen Trebern ge-
wonnen, grüner aus Essig und Kupferplatten ;
man kratzt ihn ab, knetet und presst ihn in
Kugeln. G. dient als Oel- und Wasserfarbe,
in der Färberei und Druckerei, zum Ver-
golden, in der Medicin etc.
Grünstein, krystallinisch-körnlge Silikat-
gesteine, bes. des Uebergangsgebirges. 1)
Amphibolite oder Hornblendegrünsteine t
Diorit oder Urübergangsgrünstein (a.Diorit),
Dioritporphyr (Diabase) ; 2) Augitgrünstelne,
Diabaslte: Diabas, körniger G., grob- bis
feinkörniges Gemenge von Labrador , oder
734
Grünten — Gnadiana.
OligoklM mit Anglt und Ghlorit, w«it ver-
breitet; durch Zunahme des Ghlorits entsteht
Diabasschiefer, Gr&nsteinschiefer; durch
VerfelnemBg des Korns dichter oder ba-
saltlsoher O., Aphanit (s. d.) ; durch Herror*
treten grosser Angit- oder OHgoklaskrystalle
G.-, Diabasporphyr.
GrttnteBy Berg der alganer Alpen, bei Im-
menstadt, 5864'. Vielbesuchter Aussichts-
punkt mit grossem Wirthshans.
GrStli (BiMt), Matte im Kant. Uri, am
Vierwaldstättersee, wo in der Nacht Tom 7.
bis 8. Not. 1S07 die 83 Schweizer den Be-
freiungsband beschworen.
Grfttiey gestampfte oder grobgemahlene
und Ton den Hülsen befreite Getreidekömer,
besonders von Hafer und Buchweizen.
GritBluifer^ s. Hafer.
GmmbMh, Wilk, von, frank. Edelmann,
geb. 1503, suchte eine Adelsrerbindung zum
Sturz der grossen Territorialbetrren und
Herstellung der Reichsunmittelbarkeit der
Kitterschafk zu Stande zu bringen, erzwang
Ton dem Bischof von Würzburg durch Ueber-
fall einen Vertrag, nach welchem er und
seine Genossen ihre eingezogenen Güter zu-
rückerhalten sollten. Vom Kaiser in die
Acht erklart, gewann er den Herzog Ton
Gotha Johann Friedrich den Mittleren für
seine Plane. Dafür traf auch diesen die
Acht (17. Dec. 1566), deren Vollstreckung
dem Kurfürsten August von Sachsen über-
tragen ward. Nach harter Belagerung
musste sich Gotha 13. April 1567 ergeben.
G. wurde 17. April lebendig geviertheilt.
Vgl. Ortloff, ,Ge8chiohte der G. sehen Hän-
del* (1868-70, 4 Bde.).
Grummet^ das vom zweiten Hieb gewon-
nene Gras, oft weniger nahrhaft als Heu.
Grandboltrery s. v. a. Erdbohrer.
GroBdeiSy auf dem Boden der Ghswässer
sich bildendes Eis, ist von geringer Festig-
keit, porös, wird, durch Strömungen empo^-
gerissen, den Wehren oft sehr gefährlich.
GmndiioldeB , in Süddeatschland und
Oesterreich Bauern , welche ilir Gut auf
Grund eines Erbzinskontrakts besitzen;
dann überhaupt Gutsnnterthan.
Gmndtnalz, Präparirsalz, zinnsaures Na-
tron, wird in der Färberei etc. benutzt.
GmmdlMten (Seallatten), im Allgem. alle
auf einem Grundstück ruhenden dauernden
Lasten, die der Besitzer als solcher zu tragen
hat; insbes. diejenigen Lasten, welche von
dem Besitzer des Grundstücks zu Gunsten
einer gewissen berechtigten Person oder
Korporation auf Dauer geleistet werden
müssen. Jetzt meist abgelöst. Vgl. AHoiung,
Grundrechte^ in der polit. Bewegung von
1848 diejenigen Rechte und Freiheiten der
Staatsbürger, welche man als unentbehrliche
Grundlage eines freieren Staatslebens für
ganz Deutschland festgestellt wissen wollte.
Dieselben wurden in der frankfurter Natio-
nalversammlung berathen, festgestellt und
als Reichsgesetz in vielen deutschen Staaten,
Oesterreich, Preussen, Bayern, Hannover
und einige kleinere ausgenommen, aner-
kannt, durch Bundesbeschluss vom 23. Aug.
1851 aber wieder aufgehoben.
Grnttdreiite» s. JBodenretUe.
GroBdrlMy Zeichnung der Grundfläche
eines Körpers, neunentl. eines Gebäudes.
Gmndstenery s. Bteueru,
Gnoidttoffe, s. v. a. Elemente.
GrandwMser, das in bald grösserer, bald
geringerer Tiefe unter der Erdoberfläche
sich findende Wasser, fällt und steigt mit
den Jahreszeiten und ist von Bedeutung für
die Entwicklung der (epidemischen) In-
fektionskrankheiten (Cholera, Typhus).
GrvBdiaUeii y s. Zahhoörter.
Gmpp«, Otto Friedr., Schriftsteller, geb.
85. April 1804 zu Danzig, seit 1844 Prof. in
Berlin. Hauptwerke: ,Ariadne. Die trag.
Kunst der Griechen* (1834), ,Dieröm. Elegie*
ri838, 8 Bde.), ,Deutsche Uebersetzerkunst*
(1859), ,Rehih. Lenz, Leben und Werke'
(1860), .Leben und Werke deutscher Dichter*
(1864—69, 4 Bde.). Als Dichter trat er mit
einer Reihe von Epen (,Alboin* 1890, ,'Flr-
dusi* lfö6 u. A.) und Dramen (,Otto von
Witteisbach* 1860, ,Demetrius* 1861) hervor.
Gmsien^ s. v. a. Georgien.
Gmvdresy Stadt, s. Or«ien.
Gryllas (gr.), Grille, wunderlicher Ein-
fall, seltsame Laune ; in der bildenden Kunst
eine Art von Groteske (s. d.).
Gryphliis (eigentl. Greif), Andr., Dichter
der 1. schles. Schule, geb. 8. Okt. 1616 zu
Grossglogau, seit 1650 Syndikus der Land-
stände des Fürstenthums Glogan; fl^* Jqü
1664. Schöpfer des deutschen Kunstdramas
g Tragödien: ,Leo Arminius*, ,Gardenio und
elinde* etc.; bei weitem besser die Lust-
spiele: ,Horribilicribrifax*, ,Peter Squei^z*,
,Das verliebte Gespenst'); auch bedeutender
Lyriker und vielseitiger Gelehrter. Schriften
(1657). Dramat. Schriften neu herausgeg.
von TUtmann (1870). Vgl. Eermann, »Ueber
,A. G.*, 1851. — Sein Sohn Ohristian G. (f
1706), Ivi-. Dichter.
Gnacnaro (Nachtpapagei, FettvogeH, Siea-
tomis Humb.), Gattung der Sperlingsvögel
(Naohtschwalben). Saripiseher G. (8. cari-
pensis Humb.), 81" lang, schaarenweise in
Felsenhöhlen der Anden, liefert den India-
nern Brenn- und Speiseöl.
Gnsdalaviary Fluss in Spanien, mündet
unterhalb Valencia ins Mittelmeer; SB M.
GuadaUxani (spr. -Jära), 1) span. Prov.
(Neukastilien), 888,8 QM. und 804,626 Ew.
Die Hauptstadt G., am Henares, 6500 Ew.
— 8) Hauptstadt des mexikan. Staats Ka-
lisco, 70,000 Ew. Prachtvolle Kathedrale.
Gvadalqnivir (spr. -kiwir, der Bäiis der
Alten), Fluss im südl. Spanien, entspringt
in der Prov. Jaen, an der Sierra Gazorla,
mündet bei San Lucar in den atlant. Oeean ;
79 M. lang. Nebenfl. Guadalimar und Xenil.
Guadarrama (Sierra de O.), Gebirgskette
in Spanten , auf der Scheide von Alt- und
Neukastilien, im Pico de Pafialara 7716* h.
Gaadiana (der Anae der Alten), Fluss im
mittleren Spanien, entspr. in der Prov.
Albacete, auf der Sierra von Alcarraz, durch-
fliesst Neukastilien und EstrematUira, mün-
det auf der Grenze von Spanien tuid Portu-
gal in den atlant. Ooean. Länge 118 M.,
Stromgebiet 1810 QM.
Guadix — Gudscherate.
735
€l«Ulix (apr. •dls), Stadt Inder span. Prov.
Gi'anada, am Flutte 6., 10,1&1 Ew.
QBahaBy Insel, s. Marianen.
Gua^Mum L. (Pockhoh), Pflanzengattung
der Sapbidaceen. G. ojfilcinale L., westind.
Baum , liefert das in der Medlcin and su
Kegelkugeln etc. benutzte schwere, feste und
harte Onajak-, Franzosen- oder Heiligenholz
u. das liohtempfindliohe, officin. Ouajt^hafx.
e^naiAhtMUtm 8. Guajacum.
GJumMB.gtk(Juuamanga), Stadt, s. Ayaeucho.
Önanvniato (spr. -chuato), Staat in Mexiko,
auf den Hochebenen der Gordilleren von
Anahnac, 5S3,6 QM. und 874,000 Ew. ; frucht-
bar, süberreich (jährl. ca. ^*k Mill. Thlr.).
Die ffauptBtadt G. (SoTUa F4dtG.), 6800' üb.
M. , 68,000 Ew. (davon fast Vs Bergleute).
6BAi|Clie8 (spr. -tsches), die Ureinwohner
der kanar. Inseln, wahrscheinl. barbar.
Stammes; seit 16. Jahrh. ausgestorben.
Gaano^ zersetzte Vogelexkremente von
Torschledener Beschaffenheit. Peruanischer
Ton der regenlosen Küste zwischen 2 und
210 s. Br. und den Ghinchasinseln Guanape,
Macabi etc., in Ablagerungen bis 100' Mäch-
tigkeit, gelb, bräunlich, erdig, schmeckt
salzig, riecht scharf ammoniakalisch, enthält
Harnsäure, Oxalsäure, Guanin, 13— 150/0
Stickstoff, 170/0 Wasser und 19— 33<Vo phos-
phorsanre Salze; ähnlich der bolivianische
und chilenische; viel schlechter der \oix
den. Lobosinseln. Bakerguano aus der Süd-
see enthält 79o/o, Sambreroguano 860/0 Phos-
phate (ausgewaschene Exkremente). Auf-
geschlossener G. ist mit Schwefelsäure
behandelt, enthält sauren phosphorsauren
Kalk. Der G. wirkt als kräftigstes Dünge-
mittel, bes. für Oelflrüchte, Kartoffeln, Ge-
treide, wurde schon unter den Inkas be-
nutzt, kommt seit 1842 nach Europa. Ex-
port Ton Peruguano (1868) 10,800,000 Gtr.
(die Ghinchasinseln sind erschöpft, ander-
weit. Vorrath in Peru 1869: 60 Mill. Ctr.), Ver-
brauch in Deutschland 1868 ca. I1/9 Mill. Gtr.
Gnarana, chokoladenartige Pasta ans den
Samen von Paulllnia sorbilis Marl., wird
Ton den Indianern am Amazonenstrom be-
reitet; enthält 4— 5o,'o Kaffein, Fett, Gerb-
säure etc.; in Südamerika wie Ohokolade
oder Koka, bei uns als Heilmittel benutzt.
Gnaranls. Volk, s. TupU,
Guardafnl, s. Gardafuü
Guardian (Gardtan, ital.), Hüter, Wächter;
bes. Vorgesetzter eines Klosters.
Gnariui, Giambattista, ital. Dichter, geb.
1537 zuFerrara, f 1612 zu Venedig. Haupt-
werk das einst her. Schäferspiel ,11 pastor
fldo' (1585; deutsch von H. MülUr 1822).
GvarnSn, Geigenmacher in Oremona; am
berühmtesten Andrea G., 1662 — 80, und
dessen Neffe, Ginteppe G., 1715—40.
Gnastalla» Stadt in der ital. Prov. Reggio,
am Einflüsse des Crostolo in den Po, 8(M0
Ew. Hauptstadt des ehemaligen, zuletzt zu
Modena gehörenden Fürsienth. G. (5,8 QM.).
Guatemala, Republik in Mittelamerika,
durchzogen von der Cordillere von G* (s.
CordilUren), 1918 QM. und 1,180,000 Ew.
(3/3 Indianer, zur grössern Hälfte Christen
und angesiedelt, der Rest Ladinos und ea.
30,000 Weisse). Früheres Hauptprodukt
Cochenille (1860: 10,000 Zuronenk69Kilogr.),
jetzt gegen Kaffee (1869: 85,000 Gtr. expor-
tirt) zurücktretend; auch Zucker, Indigo.
Ausfuhr 1863-68: 9,184,429, Einfuhr 1,794,061
Piaster (nur der Hafen San Jose ist am atlant.
Ocean der Einfuhr geöffnet). Einnahme
1867: 1,518,130, Ausgabe: 1,509,053 DoU.
Staatsschuld 1865: 2,461,978 Doli. Militär
3200 M. stehend, 13,000 M. Miliz. Unabhän-
gige Bepublik seit 21. März 1847, wo sich
G. von dem Verbände mit der Konföderation
von Mittelamerika lossagte. Ver&ssung vom
19. Okt. 1851. Präsident (Periode 4 Jahre):
V. Oerna, gewählt 24. Mai 1869 (bis 31. Dec.
1872). 8 Departements. — Die Haupt9tadi G.
(G. la Nueva), 4372^ üb. M., schön und
regelmässig gebaut, Erzbischofssits, Univers.
40,000 Ew. 4 M. davon die Trümmer von
Mt-G. (1773 durch Erdbeben zerstört) und
das wiedererstandene G. la AiUigua mit der
alten prachtvollen Kathedrale, 15,000 Ew.
Guariäre, linker Nebenfluss des Orinoco
in Neugranada, entspr. an den Andes von
Bogota, mündet bei San Fernando, 200 M.
Gnayaquil, befest. Hafenstadt in Ecuador
(Südamerika), an der Mündung des Flu9set
G. in den Golf von G., 22,000 Ew.
Gnbbio (Eugubivm) , Stadt in der mlttel-
ital. Poov. Perugia, nordöstl. vom trasimen.
See, 6066 Ew. Im Stadthause die 1444 auf-
gefundenen eugvbiniaohein Tafeln, 7 Metall-
tafeln mit etruskischer und oscischer Schrift.
Guben, Kreisstadt im preuss. Regbz. Frank-
furt a./O., am Einflüsse der Lubst in die
Neisse, 18,970 Ew. Tuchfabr., Weinbau.
Gnbemator (lat.), Steuermann; Gouver-
neur. Gvbemiumt Verwaltung.
GnbitE, Friedr. Wilh., Künstler u. Schrift-
steller, geb. 27. Febr. 1786 zu Leipzig, seit
18(^ Prof. der Holzschneidekunst in Berlin,
Begründer des ,Gesellschafters* (seit 1817),
des , Jahrb. deutscher Bühnenspiele'- (1822—
1862) und des bekannten ,Volkskalenders*
(1835—70) ; f 5. Juni 1870. Um die Vervoll-
kommnung der Holzschneidekunst sehr ver-
dient. Auswahl seiner Erzählungen in
, Wirklichkeit u. Phantasie' (1860); ,Gedichte'
(1860, 2 Bde.) ; «Erlebnisse' (1869, 2 Bde.).
Gndbrandsdalen , romant. Landsch. im
norweg. Ghristiansamt, das Thal des Lougeu
umfassend. Hanptort Lillehammer.
Gilden (Gudensaa), grösster Fluss in Jüt-
land, entspr. im Stifte Aarhuus, mündet bei
Randers in das Kattegat, 20 M.
Gudrun (KütHm), mlttelhoohd. Volks-
epos aus dem sächs.-normannischen Sagen-
kreise, die ,deutsche Odyssee' ; seiner jetzi-
gen Gestalt nach wohl der Mitte des 13.
Jahrh. angehörend. Ausgaben von VoUmer
(1845), Mullenhoff(lStö),£arts€hil8^); Ueber-
setzungen von A. Keller (1840), Simroek (1843),
Koch (1847). Vgl. BarUch, ,Beiträge zur
Geschichte und Kritik der G.', 1865.
einäMheT»te(GMzerate), l)Prov. im nord-
westl. Hindostan, bestehend aus der ffalb-
inad G. am arab. Meer (945 QM.) und benach-
barten Gebieten, 1978 QM. mit ca. 6 Mill. Ew.;
theils zur brit. Präsid. Bombay gehörig,
theils vom Guicowar beherrscht. Städte : Sn-
736
Gülden — Guillotine.
rate, Ahmedabad und Baroda. — 2) Stadt im
Pendschab; 21. Febr. 1849 grosser BUg der
Briten unter Gongh Qber die Sikbs.
Ofilden, ehemals s. ▼. a. €k>Idgülden; in
Sachsen = 81 g. Gr., in Franken r= 20 g. Gr.
OUdeiie Ader, s. HämorrhcMen.
ÖlildifMilMS Silber, gediegenes Silber mit
Goldgehalt (bis 28«/o), in Mexiko, Columbia,
Sibirien, Kongsberg. [Fleischab&Uen etc.
Gfilley flüssiger I>üttger aus Exkrementen,
Gfini, königl. Freistadt im ungar. Komi-
tat Eisenbnrg, am Flwu G., 6858 Ew. Yer-
theidlgung gegen die Türken 1532.
Gfiinhery Graf von Schwarzbnrg, geb.
1304, ward 13. Jan. 1349 zu Franktort zum
deutochen Kaiser gewählt, Gegenkaiser
Karls rv., erkrankte, vensichtete gegen eine
Abstandssumme Ton 20,000 Mark auf die
Krone: f 14. Juni 1349. Vgl. {/eU«ro<ft (1862).
Günther 9 Joh, GhHsUan, Dichter, geb.
8. April 1695 ku Strigan, studirte seit 1715
in Wittenberg, f im äussersten Elend 15.
März 1723 zu Jena. Bedeutendes Talent,
an Masslosigkeit und Leidenschaftlichkeit
zu Grund gegangen. Sehr. Liebesgedichte
(voll warmer Empfindung), Oden, poet.
Episteln und Satiren. Gesammelte Gedichte
(1723 u. öfter), fiiogr. von RoqueUe (1860).
GuercinO, Maler, s. Barbieri.
Gvericke, Otto von, Physiker, geb. 20.
Nov. 1602 in Magdeburg, 1646—81 Bürger-
meister in Magdeburg, ging dann nach
Hamburg; f das. 11. Mai 1686. Erfinder der
Luftpumpe (erste Experimente 1654 auf dem
Reichstag zu Regensburg), des Manometers
(1661), einer unvollkommenen Elektrisir-
masehine und der Wassermännchen.
Guerickesclie Halbkngeln (magdeburger
H.) , 2 metallene, luftdicht aufeinander
passende hohle Halbkugeln, mittelst deren
Guericke die Gewalt des Luftdrucks zeigte.
Gserickesehe Leere 9 der unvollkommen
luftleere Raum unter der Luftpumpe, Im
Gegensatz zur torricellischen Leere im Ba-
rometer.
Gverieketche WMuemi&iueheii (Wetter-
männehen), hohle Glasfiguren, die bei Ver-
änderung des Luftdrucks im Wasser steigen
oder fallen, als Wetterpropheten vor Er-
findung des Barometers benutzt, [delaber.
Gaeiidoii (fr., apr. Gheridong), Art Kan-
Gvemsey (spr. Ghernsi), normann. Insel
im Kanal, 1 QM. und 29,846 Ew.
GuerrillaSy in Spanien die aus Landbe-
wohnern, Hirten etc. gebildeten bewaffneten
Banden, welche bei feindlichen Invasionen
oder inneren Kämpfen den kleinen Krieg
(daher der Name) auf eigene Hand führen.
CKirtelthlere (Gingulata lU.), Säugethier-
familie der Zahnarmen, nächtliche Insekten-
fresser mit Panzer. ArmadiÜ, Tatu (Dasy-
pus L.): £ie$engüHeUhier(D. gigas ^.;, 9S**
lang, in Südamerika; langBchwänzige G.
Ckichieame (D. longicaudatus L.>, 16 — 18' 1.,
in Gniana, Mexiko, beide mit wohlschmecken-
dem Fleisch; Panzer dienen als Körbe.
Gnescliiiy Bertrand du, s. Duguesclin.
GftatroWy Hauptstadt des wendischen Krei-
ses (Hertogth, Q,) In Mecklenburg-Schwerin,
an aer Nebel, 10,528 Ew. Goth. Domkirche.
Gaevin (spr. Ghev-), Lutz Velet de, span.
Dichter, geb. 1574 zu Eojja in Andalusien,
t 1646 zu Madrid; Verf. von mehr als 400
BühMenstücken, bes. beorühmt dureh seinen
Roman ,Diable cojuela' (1641 , Vorbild von
Leaagea ,Diable bciteaxO.
Gnlinui, Kreisstadt im prew». Regbz.
Breslau, 4234 Ew. Ueber 100 Windmühlen.
Gviajia (Guayana, Oaribaaa), Land in
Südamerika, am atlant. Ocean zwischen
der Mündung des Orinoco und der des
AmazooMistroms, an 60,000 QM.; Hochland
(Parimegebirge) 2—5000' b., mit wald- und
grasreichen Zwischenebraien und Gipfeln
bis über 9000' Höhe; Küste niedrig und
flach; Klima ganz äquatorial. Die Ein-
gebomen theils Karaiben, theils zu den
Tupis gehörig; noch ziemlich anbekannt.
&Theile: 1) das ehemal. 8pan.-0. (»vrilde
Küste*), jetzt Prov. von Venezuela; 2)
BriHsoh-0,, 4700 QM. und 162,026 Ew., 3 Di-
strikte, Hauptstadt Georgetown; Haupt-
produkt Zacker; 3) HoUänd, - O, (Surinam),
2956 QM. und 49,578 Ew. (7500 Buschneger),
Hauptstadt Paramaribo; 4) Franz,- &,, 1650
QM. und 34,430 Ew- , Hauptstadt Gayenne ;
5) PortuQies.-G., jetzt Theil von Brasilien.
Gttiecuirdlni (spr. Gnittschsrd •) , Fran-
eeeeo, ital. Geschichts^reiber, geb. 6. März
1482 zu Florenz, unter Leo X., Hadrian VI.
un4 Clemens VII. Gouverneur von Modena,
Reggio und der Romagna, wirkte zu Er-
hebung des Hauses Medioi mit; t ^7« ^'^^
1540 zu Florenz. Sehr. ,Istoria d^Italia*
(1561-64; Ausg. von Boaini 1819, 10 Bde.).
Guicowary Name eines Mahrattenfnrsten
in Ostindien; sein Gebiet in der Landschaft
Gudscherate und im westl. Vindhyagebirge,
208 QM. mit 325,000 Ew. Hauptstadt Baroda.
Gnldeii(fr., spr. Ghiden, d. i. Wegweiser),
in der frans, und belg. Armee besondere
Eskadrons, welchen der Ordonnanzdienst
der Stabs wachen, das Rekognosciren, Füh-
rung von Kolonnen etc. obliegt.
Guido von Arezzo (G, Aretinu») , 1083—36
Benediktinermönch zu Pomposa bei Ferrara,
sehr verdient um die Ausbildung des Gb-
sangs und der Weiterbildung 4er Tonleiter;
s. Solmisation, Vgl. Kieteweiter, ,G.v. A.% 1840.
Guido (Guy) von Lusignut (spr. Lü-
sinjang), Sprössling eines alten Dynasten-
geschlechts in Poitou, vermählte sich mit
Sibylle , verwittw. Gräfin von Montferrat,
Tochter des Königs Amalrlch von Jerusalem,
ward 1182 Stellvertreter seines erblindeten
Schwagers Balduin IV. von Jerusalem und
nach dem Tode seines Stiefsohnes Balduin
von Montferrat König von Jerusalem, ver-
tauschte sein Königreich an Richard L^wen-
herz gegen Gypern und gründete hier ein
Königreich, das bis 1473 bestand.
Gaudford (spr. Ghilford), Hauptstzdt der
engl. Grafschaft Surrey, am Wye, 8040 Ew.
Gnilloelliren (spr. Ghiljosoh-), Linienver-
zierungen (QuiÜochen) auf Metallgegenstän-
den durch Einritzen mit einem Grabstichel
hervorbringen. Die Guillochirmas^inen, Mo-
lettirwerke zur Erzeugung der Guillochen,
sind der Drehbank ähnlich.
GnlUotla« (fir., spr, Ghiljotihn), die wäh-
Guinea — Guizot.
737
rend der ersten Revolution in Frankreich
März 1791 eingefflhrte, nach ihrem angebl.
Erander, dem Arsst OuiUotin (f 18U), be-
nannte Maschine zum Köpfen ; neaerlich als
FalUehwert oder Fallbeil in Sachsen, Bayern,
Wurtemberyr etc. eingeführt.
Ovlttea^ Theil von WestaArika, vom Kap
Verga (10 o 18' n. Br.) bis Kap Negro (16©
s. Br.), zerfällt in Ober- oder Nordgninea
nnd Nieder- oder Südgninea (Grenze ELap
Lopez, 10 8. Br.)f wovon letzteres dieLand-
schififten Benguela, Angola, Kongo, Loango
mnfiuist. Die 465 M. lange Küste nmscbliesst
den gr. Meerhuaen von G., mit den Gh>lfen
von Benin nnd Biafra nnd den 4 Ouineok-
insel» (Temando Po nnd Annobon span.,
Prinzeninsel nnd St. Thomas portngies.).
Die Küste von Nordguinea, das vorzugs-
weise als G. bezeichnet wird, Ist einförmig,
meist flach, im Delta des Niger nnd an
andern Flnssmündungen snmpfig nnd un-
gesund; dahinter Hügel- nnd Bergländer
von ausserordentlicher Fruchtbarkeit, mit
prachtvoller trop. Vegetation. Hanptaus-
fahrprodnkt Jetzt das Palmöl. Bevölkerung:
rohe Negerstämme, die sich in neuerer Zeit
auch dem Anbau von Reis, Mais, Indigo,
Baumwolle eto. nnd verschiedenen Industrie-
zweigen TGold- und Eisenarbeiten, Webe-
reien etc.) zugewandt haben. Regierungs-
form despotisch, mit Ausnahme der Republik
Liberia (s. d.)* Die einzelnen Küstenstriche
(mit zahlr. engl., franz. und hoUänd. Nieder-
lassungen) von W. gegen O. : Sierra Leone
(engl.), bis Kap Mesnrado ; ^i^ Pfeffer-, Kör-
ner- oder MalagheUaJcii$te (Republik Liberia),
bis Ka,p Palmas; die Zahn- oder EH/ei^ein-
küste (mit ft*anz. Handelskontoren), bis Kap
Apollonia; die Goldküsie (mit engl, und
hoUänd. Besitzungen), bis zum Rio Volta,
im Innern das Reich der Aahanli ; die ^ifcla-
venküaU (mit engl. Häfen), bis Rio Lagos,
dahinter das Reich Dahomey; Küste Benin
mit dem Nigerdelta; die Knste von Biafra,
nnd südl. davon das Oabunland (363 QM. mit
186,000 Ew., franz.), bis Kap Lopez.
CininMi, ältere engl. Goldmünze, = 81
Schilling = 0,7t89 Krone.
GaiHeapfeffer. s. v. a. Cayennepfeffer,
span. Pfeffer, Paradiesköm6r oder Karda-
mom , ursprünglich die brennend scharfen
Samen von afrikan. Habzella-Arten, welche
vor dem Pfeffer inEnropa gebräuchlich waren.
G«lnegate (spr. GihngaJit), Dorf im franz.
Bepart. Pas -de -Calais, unweit Aire. 84.
Aug. 1477 Bieg Maximilians I. über König
Ludwig XI. ; 17. Aug. 1513 Bieg der Eng-
länder über die Franzosen (Sporenschlacht).
Gnlpure (fr., spr.Glpür), erhabene Stickerei.
GnlpueOfty span. Prov. (Basken), 34 QM.
und 168,547 Ew. Hauptst. San Sebastian.
Gnlfcardy Robert, Herzog von Apulien
und Kalabrien, Sohn Tancreds von Haute-
ville, geb. um 1015, ging, wie seine älteren
Brüder Wilhelm, Dagobert und Humphrey,
nach Italien in Kriegsdienst, ward nach
Wilhelms und Humphreys Tode zum Grafen
von Apulien ausgerufen, eroberte Kalabrien
und vereinigte endlich nnter seiner Herr-
schilt alle Provinzen des späteren König-
üeyert Band- Lexikon,
reichs Neapel; ward von Gregor VH. wegen
seines Einfalls in Benevent in den Btuin
gethan, mischte sich in die griech. Händel,
schlug bei Durazzo ein byzantin. Heer, be-
freite dann den von Kaiser Heinrich IV.
belagerten Papst Gregor VU., bemächtigte
sich mehrerer Inseln des Archipels; f 17.
Juli 1085 auf Cephalonia.
Gidse (spr. Ghihs), franz. herzogl. Fa-
milie, Nebenzweig des Hauses Lothringen,
stammt von Claude, einem jüngeren Sohne
des Hei^ogs Ren6 II. von Lothringen, ab,
der, in der Picardie und Normandie reich
begütert, 1550 f. Seine älteste Tochter
Maria vermählte sich mit Jakob V. von
Schottland und wai'd Mutter der Maria
Stuart. Das Haus erlosch 1675. Erben
waren die Cond6 als nächste einheimische
Agnaten. Merkwürdig sind: 1) Frantt von
Lothringen, Herzog von O., wegen einer Ge-
sichtsnarbe le balafr6 genannt, berühmter
franz. Kriegsmann, geb. 1519, Sohn Claudes,
vertheidigte 1552 Metz gegen Karl V. er-
folgreich, eroberte Jan. 1S58 Calais, be-
herrschte mit seinem Bruder Karl, Kardinal
nnd Erzbischof von Rheims, dem sogen.
Kardinal von Lothringen (geb. 1525, f 1574),
Franz H. nnd Karl IX. , verfolgte die Pro-
testanten, fachte den ersten Hugenotten-
krieg an, siegte bei Dreux (19. Dec. 1562),
ward 18. Febr. vor Orleans meuchlings er-
schossen. — 8) Heinrich I. von Lothringen,
Herzog von O., ältester Sohn des Vor., geb.
1550, war in der Bartholomäusnacht an
Colig^ys Ermordung betheiligt, vereinigte
1576 die kathol. Grossen zur heiligen LIgue,
erregte Mai 1588 in Paris einen Aufstand
gegen König Heinrich IH., verband sich
mit der Königin Katharina zu Ausrottung
der Protestanten, ward 23. Dec. 1588 auf
Heinrichs HI. Anstiften ermordet, der Kar-
dinal am andern Tage. — 3) Heinrich IL
von Lothringen, Herzog von Q., geb. 4. April
1614, Enkel des Vor., erst Erzbischof von
Rheims, dann Krieger, bekannt durch seine
Angriffe auf Neapel 1647, 1653 und 1654;
t Juni 1664 als Grosskammerherr zu Paris.
Gnitarre (ital. Cßiitarra), lautenähnliches
Saiteninstrument, aus dem Morgenland
stammend, in Deutschland 1788 durch die
Herzogin Amalie von Weimar eingeführt.
Sechs Saiten (E, A, d, g, h, e). Bes. zur
Gesangbegleitung geeignet. Schulen von
Giuliani, Lehmann, Sor u. A.
Gnlxot (spr. Ghisoh), Franfoie Fierre
Ouülaume , franz. Staatsmann, geb. 4. Okt.
1787 zu Nimes, ward 1812 Professor der
neueren Geschichte an der Sorbonne, 1814
Generalsekretär im Ministerium des Innern,
folgte bei Napoleons I. Rückkehr von Elba
Ludwig XVni. nach Gent, bekleidete dann
wichtige Aemter nnter der Restauration
und stieg und fiel mit den sogen, konsti-
tutionellen Ministerien. Mit Ro^er-CoUard
Gründer der Schule der Doktrinare , verlor
er nnter Villdle seine Staatsämter und
widmete sich schriftstellerischer Thätigkeit.
Nach der Julirevolution 1830 provisor. Mi-
nister des Öffentlichen Unterrichts, dann
Mitglied des Kablnets Laffitte, gab er, mit
47
738
Gulden — Gustav.
den liberalen Tendenzen desselben nicht
einverstanden, seine Entlassung, bildete
mit Thiers nnd Broglie das Kablnet rom
11. Okt. 18S2 nnd war bis Febr. 1836, dann
wieder Tom Not. 1836 bis April 1887 Unter-
richtsminister. Im Bnnde mit der Linken
half er das Kabinet Molß stürzen, ward
Anfang 1840 Gesandter in London, 89. Okt.
unter Soult Minister des Answärtigen , die
Seele dieses Kabinets, ganz der persönl.
Politik des Königs sieb anbequemend. Nach
der FebmarreTolation 1848 tou der provisor.
Beglerong anf Hoohverrath angeklagt, ent-
floh er nach England, kehrte nach seiner
ITreisprechnng nach Paris zurück nnd war
seitdem eifriger Beförderer der Fusion. Seit
1830 Mitglied der franz. Akademie. Sehr.
jHlstoire de la r6volation d'Angleterre* (1827,
5 Bde.) ; ,Gonrs d^histoire moderne' (1888—80,
6 Bde.); 3i8t. de la ciTÜisation en France'
(neue Ausg. 1869, 4 Bde.); .Washington'
(1841); ,Hist. de la r6pubUqae d'Angleterre'
(1854, 8 Bde.); ,M6molres' (1858-67, 8 Bde.) ;
,M6ditatlons sur la religion chr6tienne etc.*
(1868) u. A.
Onlden f^^ren, FloHn), Silbermünze, In
Oesterreich k 100 Neukreuzer = 20 Sgr.; In
Süddeutschland k 60 Kreuzer, 7 G. = 4 Thlr. ;
In Holland k 100 Cent = 17>Aoo Sgr.; der
poln. G. k 30 Groschen = 4 Sgr. 10»/» Pf.
OuldenftuS) s. minzfuv.
Gumbinneia, Regbz. der ProT. Preussen,
296,8 QM. und 744,778 Ew. Die Haupt- und
Krehsladt G., 8779 Ew. [Köln, 5878 Ew.
Gnmmenbacli, Kreisst. im prenss. Regbz.
Onmral, Pflanzenschleim, amorphe, stick-
Btoflfreie, geschmack- und geruchlose, neu-
trale Pflanzensubstanzen, die entweder wie
Dextrin und Arabin In Wasser löslich sind,
oder wie Oerasln, Bassorln nur aufquellen;
Tielfikch in der Technik und Medicin benutzt.
Gummi, australisches (Botanybaihan, Aca-
roXdharz), Harz Ton mehreren Xanthorrböa-
Arten. Bothes, Nuttharz, mit schwach, gelbes
mit stark benzoSartigem Geruch, schmeckt
süsslich, beide in Alkohol leicht löslich,
dienen zum Färben Ton Firnissen, zur Dar-
stellung Ton Pikrin- u. ParaosybenzoSsäure.
Vgl. Wiesner (1870).
Onmmi arabicum (G. «Mimosae, arabisches
O.) , freiwillig ausgeflossener und einge-
ti*ockneter Saft Ton Acada nilotica Delile,
A. Seyal DeL, A. tortills Hayne und A.
Ehrenbergiana Hayne in Nordafrika, A.
Verek OuilL et Perr. in Westafrika (Sene-
galgnmmi) , das beste aus Kordofan; farb-
lose, gelbe oder braune Stücke, geruch-
und geschmacklos, in Wasser löslich, in
Alkohol unlöslich, besteht ans arabinsauren
Salzen des Kalks, Kali und der Magnesia,
wird mit schwefliger Säure gebleicht, dient
als Klebmlttei, zum Zeugdruck, in der Stein-
drockerei, Appretur etc. [Feigenbaum.
Gummibaum, s. t. a. Ficus elastica; s.
Gummi elasticum, s. t. a. Kautschuk.
Gnnunlgntt, Gummiharz Ton Garcinia Mo-
rella Desr,, aus Siam, rothgelb, geruchlos,
Bchmwskt brennend scharf, ist giftig, gibt
ü? V * A?!®' ®***® hochgelbe Emulsion, löst
sich In Alkohol zu «6, dient als Malerfarbe etc.
Gommlbarie (Schleimharts), Mischungen
Ton harzigen und gummiartigen Substanzen,
ätherisohem und fettem Oel, finden sich in
Pflanzen, bisweilen als Milchsaft, trocknen
an der Luft aus, lösen sich Tollstandig
weder in Wasser, noch in Alkohol: Euphor-
bium, Scammonlum, Gummigntt, Ammo-
niacum, Galbanum, Asa foetlda etc.
Giimmlpflmsteir, s. Meipßaster.
GomadreB, mit Gummilösung überziehen.
C^undawa (Qandawa), Stadt in Belnd-
schistan, östl. Tom Brahuigebii^, 18—15,000
Ew. Winterresidens des Khans Ton Kelat.
GuBBT. s. Jute,
Ctargelmlttel, s. Oargarisma.
GnrJnnbalMm (Balsamum Oapivi, Holse^),
dem KopalTabalsara ähnlicher Balsam tou
Bäumen der Gattung Dipterocarpus, in In-
dien und auf dem Archipel, dient als Fir-
niss und Surrogat des Kopaivabalsams.
Gnrk , Nebenfluss der Drau in Kämthen,
mündet bei Stein, 15 M. Daran der Hecken
G. , 1100 Ew. ; uralte Kirche. Der ,irürtt-
bischof Ton G.* residlrt in Klagenfnrt.
Gurke (Oucumis L.), Pflanzengattung der
Oucnrbitaceen. Gemeine O., Kümmerling
(0. satiTUs L.), aus dem Orient, seit 1573
in England, in zahlreichen Varietäten kul-
tlTirt; Fleisch und Samen früher offtoinell.
Alkohol über Gurkenfleisch destillirt gibt
Gurkenessenz, welche zu der kosmetischen
Gurkenhautpomade Terarbeitet wird. Viele
andere Arten werden in Asien, Afrika und
Amerika kultiTirt. Vgl. Ktir6w, Meiome.
Gurkenkraut, s. Borago und Anethum,
Gnmlgelbad, Bad im Kuit. Bern, am Hoch-
gumigeL (4756'). Schwefelquelle.
GviteB. dicke bandartige Gewebe aus
Seide, Wolle, Zwirn, Bindfaden etc., werden
Tom Posamentier oder Seiler angefertigt.
Guranflsse, s. KclanÜsst,
GuMmanerwerk, aus hydraul. Kalk, Sand,
Kies etc. bereitetes Mauerwerk, wird schioh-
tenweise in hölzerne Kästen gegossen.
Chutar, Name mehrerer Könige Ton
Schweden: 1) O. I. Wa»a, geb. 13. Blärz
1496 zu Lindholm bei Upland, Sohn des
Reichsraths Erich Johansson, der Täter-
licherselts aus dem Hause Wasa, mütter-
licherseits aus dem Hause Sture abstammte,
zwei den alten schwed. Königen Terwand-
ten Familien, kam 1518 an den Hof des
RelchsTcrwesers Sten Sture, 1518 in dän.
Gefangenschaft, entfloh 1519 nach Lübeck,
landete dann in Schweden, brachte nach
langem Umherirren die Dalekarlier aum
Aufetande, rückte gegen Stockholm, ward
24. Aug. 1521 Tom Reichstag, zum Reichs-
Terweser ernannt, zog Juni 1583 in Stock-
holm ein und liess sieh zum König er-
nennen. Auf dem Reichstag zu Westeras
13. Jan. 1544 Einführung der Reformation
in Schweden. Er TerflchafTte dem Büiqger-
und Bauernstand Sitz und Stimme auf dem
Reichsts«, kriegte 1565—57 glücklich gegen
Russland; f 29. Sept. 1560. Blogr. Ton
Fryxell (deutsch 1831). — 8) O, IL Adolf,
geb. 9. Dec. 1594, Sohn Karls IX., Enkel
des Vor., folgte 1611 seinem Vater auf dem
Throne, bildete sich seit 1618 in den Krie-
Gustav -Adolf- Stiftung — jGrutzkow.
739
^en gegen Dänen, Russen und Polen zum
Veldherm, erhielt im Frieden von Stol-
1)0WA 27. Febr. 1617 von Rnssland Karelen
und Ingermanland, im Waffenstillstand mit
Polen 20. Sept. 1629 Polnisch - Prenssen,
schiffte sich 23. Jan! 1630 mit 15,000 Mann
schwed. Trappen nach Deutschland ein,
landete hier 4. Juli, schlug Tilly bei Brei-
tenfeld (s. Dreiasigjähriger Krieg), fiel 16.
Not. 1632 bei Lötzen. Biogr. von Ofrörer
(4. Aufl. 1863) , Droysen (1870). — 8) G. III.,
geb. 24. Jan. 1746, ältester Sohn des Hersogs
Adolf Friedrich von Holstein*Gottorp, nach-
maligen Königs Ton Schweden, und Luise
Ulrikes , der Schwester Friedrichs 11. Ton
Preussen, folgte 12. Febr. 1771 seinem Vater
auf dem Throne, unterschrieb zwar die
neue Versicherungsakte Tom 5. März 1772,
welche die königl. Gewalt noch mehr be-
schränkte, schaffte aber, nachdem er den
Bürger- und Bauernstand, sowie die Trap-
pen fär sich gewonnen , 19. Aug. 1772 die
alte aristokrat. Verfossung gewaltsam ab und
gab eine neue, begann 1788 Krieg mit Rass-
land, der 14. Aug. 1790 durch den Frieden zu
Werelä beendigt ward, suchte mit Russland,
Preussen und Oesterrelch einen Bund zu Be-
kämpfung der franz. RcTolution zu Stande
zu bringen, ward in der Nacht vom 15. zum
16. März 1792 auf einem Maskenball infolge
einer Adelsverschwörung durch Anckar-
ström tödtlich Terwundet; f 29. März. Seine
jOeuvres polit., Ittt6r. et dramat.* gab De-
chaux (1805, 5 Bde.; deutsch 1805) heraus,
seine nachgelassenen, bestimmungsgemäss
erst 1842 eröffneten Papiere hat Oeijer (1843
f., 8 Bde. ; deutsch 1843) veröffentlicht. Biogr.
Ton Beskow (1868). — 4) Q. IV, Adolf, Sohn
des Vor., geb. 1. Not. 1778, folgte 1792 seinem
Vater, erst unter Vormundschaft seines
Oheims, des Herzogs Karl Ton Süderman-
land, reg. seit 1. Not. 1796 selbständig, er>
klärter Feind Napoleons, hob 3; Juli 1807 den
Waffenstillstand mit Frankreich auf, zerfiel
wegen seines Anschlusses an England mit
Russland, an das er Finnland Terlor, infolge
seines Eigensinns auch mit England , ward
24. März 1809 durch eine Verschwörung ge-
zwungen, eine Entsagungsarkunde auszu-
stellen, und Tom Reichstage 10. Mai mit
seinen Erben des Throns verlustig erklärt.
Lebte seitdem nach grösseren Reisen, von
seiner Familie getrennt, als ,Oberst Gustav-
son* in Basel, Leipzig, Aachen und St.-
Gallen; f 7. Febr. 1837. Sehr. ,M&norial
du colonel Gustafsou* (1829; deutsch 1839);
,La Joum6e du 13 Mars 1819< (1835) u. A.
Seit 1797 mit der Prinzessin Friederike von
Baden vermählt, hinterliess er einen Sohn,
Gustav, geb. 9. Nov. 1799, österr. Feldmar-
Bchalllientenant, seit I9i9 Prinz Wasa betitelt,
und 8 Töchter, wovon die älteste, Sophie
WilheXmine (f 7. Juli 1885), seit 1819 mit
dem Grossherzog Leopold von Baden, die
Jüngste, Cäcilie (f 27. Jan. 1844), seit 1831
mit dem Grossberzog Paul Friedrlcli August
von Oldenbuig vermählt war. Aus der
Ehe des Prinzen Wasa mit der Prinzessin
Luise von Baden (f 19. JuH 1864) entsprang
die Prinzessin KaroUne (geb. 5. Aug. 1833),
vermählt seit 1853 mit dem Kronpriniwn
Albert von Sachsen.
GüsUt - Adolf- Stlftnttg , deutsch-protest.
Verein zur Unterstützung evangel. Gemein-
den in kathol. deutscheu und ausserdeut-
schen Ländern, 1832 durch den Superinten-
denten Grossmann zu Leipzig gegründet,
vereinigte sich 16. Sept. 1842 mit dem 1841
von Zimmermann zu Darmstadt in An-
regung gebrachten Verein, konstituirte sich
21. und 22. Sept. 1843, erweiterte sich 1844
durch Ansohluss sämmflicher preuss. Ver-
eine, ward 1849 auch im protest. Bayern
und 1861 in Oesterrelch zu Gründung von
Zweigvereinen autorisirt. Vgl. Zimmermann,
,Der Gustav -Adolfis- Verein*, 7. Aufl. 1867.
Chistoso (e<m gusto, ital.), mit Geschmack.
Chitedel, s. Weinstoek.
GuteBberg, Joh., gen. Genaßeisch, Er-
finder der Buchdruckerknnst, geb. zwischen
1397 und 1400 zu Mainz, lebte 1484 — 43 in
Strassburg, verband sich 1450 in Mainz mit
Joh. Faust (Fust) zu Anlegung einer Drucke-
rei (s. Buchdruckerkunst) , errichtete dann
selbständig eine neue, trat 1465 in den Hof-
dienst des Erzbischofs Adolf von Mainz; f
24. Febr. 1468. Statue zu Mainz seit 1837.
Gatgewiehty Gewichts vortheil, welchen
der Grosshändler dem Kleinhändler ge-
währt, V« — 1 %' [getrocknetes Harz.
Gutta (lat.), Tropfen; in der Pharmacie
Gutta Pertoeha, der durch Einschnitte
in den Baum gewonnene und getrocknete
Milchsaft von Isonandra Gutta Hook., gelb-
röthliche oder weisslichgelbe, zähe, leder-
artige Masse von 0,979 spec. Gew., wird
bei 60—650 knetbar und oimmt dann dau-
ernd jede beliebige Form an, schmilzt bei
110, zersetzt sicli bei 130o, verändert sich
an der Luft, löst sich in Benzin, Schwefel-
kohlenstoff, Chloroform, fetten und ätheri-
schen Oelen, ist der beste Nichtleiter der
Elektrieltät, wird beim Reiben selbst stark
elektrisch, durch Raspeln und Waschen
mit kaltem oder durch Kneten mit heissem
Wasser auf Maschinen gereinigt, auch In
Chloroform gelöst und aus der geklärten
Lösung mit Alkohol gefallt, widersteht der
Einwirkung von Alkidien und Säuren, wird
von starker Schwefel- und Salpetersäure
zerstört, lässt sich gleich Kautschuk mit
Schwefel verbinden und mit zahlreichen
Substanzen imprägniren, dient zu Schlän-
chen, Treibriemen, Gasröhren, Gefassen,
Zahnkitt, Umhüllung Ton Telegraphen-
kabeln, Formen für die GaWanoplastik,
Schuhsohlen, in dünnen Blättern zum Ver-
packen , zu chirurgischen Zwecken , als
Harzkuchen an Elektrophoren , die Lösung
zum Wasserdichtmachen , zum Bedecken
Ton Wunden (Traumaticin) etc.
Gutta rosaeea (lat.), Gesichtsfinne.
Guttural (lat.), zur Kehle (guttnr) ge-
hörig. OuUuralea, Kehllaute.
Gntakow. Karl Ferd., Schriftsteller, geb.
17. März 1811 zu Berlin. Hess sich 1847 in
Dresden nieder (bis 1849 Dramaturg am
Hoftheater), lebte später an Terschiedenen
Orten, seit 1869 in Berlin. Bes. herTor-
ragend als Dramatiker und Romandichter,
47*
740
Guyenne — Gyromantie.
sogleich Bcbarfsinnlger Kritiker und gelat-
▼oller Polemiker. Dramat. Hauptwerke : die
socialen Schaasplele |Richard Savage', ,Wer-
nerS »Ein weissAS BlattS i^Ua RosaS ,LlesU'
etc. ; die histor. Tragödien ,PatkalS , Wnllen-
weber', ,UrIel Aoosta' ; die histor. Lastspiele
,Zopf und Schwerts ^Urbild des TartüffeS
jKönigslientonaot', ,Ijorbeer und Myrte' n. a.
Romane: ,Wally* (1835; 2. Bearbeitung »Yer-
gaDgene Tage* 1858). ,Blasedow und seine
Söhne* (1888 — 39), .iMe Ritter vom Geist'
(5. Aufl. 18fö, 4 Bde^, ,Der Zauberer Ton
Born' (2. Aufl. 1863), ,Hohenschwangau' (1868),
«Die Söhne Pestalozzis* (1870), Novellen etc.
Polem. und literarhlstor. Schriften: «Goethe
im Wendepunkte zweier Jahrhnn derte' (1836),
^Beitrage zur Gesch. der neuesten Literatur'
(1836) , ,Die rothe Mütze und die Kapuze*
(gegen Görres, 1838), ,Bömes Leben* (1840)
u. A. Gesammelte Werke (1845 — 52, 13
Bde.)« Dramat. Werke (1862—63, 20 Bdchn.).
OH/eiue^ alte firanz. Prov. (Herzogthum),
Theil ron Aquitanien, die Depart. Gironde,
Dordogne , Tarn - Garonne , Lot • Garonne,
Lot und Avejron umfassend, ca. 762 QM.
mit 2,450j448 Ew. Im Allgemeinen Hügel-
und Bergland, wohl bewässert und frucht-
bar, mit Ausnahme der Küstenstriche am
Ocean (Landes); im rauhen O. Kohlen und
Eisen. Seit 1152 in engl. Besitz, 1451 von
Karl yn. erobert und Frankreich einverleibt.
dvaerate^ s. Gudtcherate.
Önzmuiy Dominicus de, s. Dominikaner.
GwaUor (Kawariar) , brit. Vasallenstaat
in Ostindien, Besitzthum der Familie Sein-
dia, die Provinzen Agra, Malwau.Khandesch
umfassend, 235 QM. mit 3V8 Mill. Ew.; bis
1844 selbständig. Die Hauptttaoü G., am
Subanrika, 30,000 Ew.; Felsenfestung.
GygeBy nach der g^ech. Sage lydischer
Hirt, der sich mittelst eines unsichtbar
machenden Ringes in Besitz der Königin
setzte und zum Throne aufschwang. Der
Stoff dramat. behandelt von Hebbel (s. d.).
Gymnadenia B. Br. (Nacktdrüae), Pflanzen-
gattung der Orchideen. G. oonopsea B. Br.,
auf WaJdwiesen, liefert Salep (Glüokshand).
Gymmasliiin (gr.) , bei den alten Griechen
Ort oder Gebäude, wo die männliche Ju-
gend nackt (gymnos) körperlichen (gymna-
stischen) Uebungen oblag, später auch Phi-
losophen, Rhetoren etc. lehrten; der Vor-
steher Gymnaaiarch. Vgl. Petersen, ,Das G.
der Griechen', 1858. In Deutschland jetzt
allgem. Name für solche Schul anstalten,
welche für die Universitätsstudien vorbe-
reiten und als Mittel hierzu vornehmlich
die griech. und lat. Sprache und Literatur
benutzen, ohne Mathematik, Geschichte und
Geographie, Naturwissenschaft, Deutsch und
andere neuere Sprachen auszuschliessen
(Gelehrtenschulen , Lyceen , Pädagogien,
latein. Schulen etc.). Progj^ncaium , Vor-
bereitungsschule für das G. Vgl. die Werke
von Thiersch (1826), Deinhardill^l), Köehly
(1845), Lübker (1843), Thaulow (1858).
Gymnastik (gr.) , bei den alten Griechen
die Kunst der Leibesbewegungen, zerfiel in
die kriegerieche , auf Angriff und Verthei-
digung berechnete, dwtetische, welche Star
kung der phys. Kräfte und Erhaltang dei
Gesundheit bezweckte, und aild^tieche (ago'
nistisohe), zur Ausbildung der Athleten.
Jetzt 8. V. a. Tumkunst; Htilgymnaatik, ihre
Anwendung zu Heilzwecken.
' Gymnastische üebnngen, TurnübnngeD.
Gymnopoden (gr.), Biurfussermönche.
GymnoBOphisten (gr.), d. i. nackte V^eise,
bei den Griechen die alten indischen Wei-
sen, die als Asceten und Einsiedler lebten.
Oymnospermus (gr.), nacktsamig; Gymno-
tpermia, die nacktsamigen Pflanzen der 14.
Iinn6schen Klasse«
Gyn&cenm (gr.), Frauengemach; Harem.
Oynäciemue, weibisches Wesen, Gebahren.
Gynakokratie (gr.), Weiberherrschaft.
Gynäkologie (gr.) , Lehre vom Weibe, sei-
nen körperlichen Zuständen , Fnnktioneu,
Krankheiten und deren Behandlung, [ner.
Gynakomanie (gr.), Liebeswuth derMän-
Gynäkomast (gr.), Mann mit weibl. Brust.
Gynandrus (gr.), zwitterig; Qynandria,
Pflanzen, deren Staubgefässe auf dem Frucht-
knoten befestigt sind, 20. Ilnn6sche Klasse.
Gynanthropos (gr.), Zwittermensch.
Gyongyos (spr. Djöndjösch), Stadt Im
Ungar. Kom. Heves, 15,450 Ew. Weinbau.
GypSy Mineral aus der Klasse der wasser-
haltigen Haloide, schwefelsaurer Kalk mit
2 Aeq. Krystallwasser , findet sich krystal-
lisirt und blättrig (Gypsspath , Marienglas,
Frauenglas, Fraueneis, Selenlt), faserig-
(Fasergyps, Federweiss), kömig und dicht
(Alabaster) und erdig, vorherrschend mit
den Salz-, Thon-, Dolomit- und Kalkabla-
gemngen der meisten Formationen in engem
Verbände, aber auch schon in der Ur-
schieferformation , am Harz, im Thüringer-
walde, Ural etc. G. ist farblos, löst sich
in 388 Th. Wasser, leichter in Salz- und
Schwefelsäure, nicht in Alkohol, verliert
schon bei IQOoO. Krystallwasser und wird
bei 2330 wasserfrei (gebrannter G.), nimmt
dasselbe beim Anrühren mit Wasser wieder
auf und erhärtet, nicht aber wenn er sehr
stark erhitzt worden war (todt gebrannt),
wird durch Glühen mit Kohle zu Schwefel-
calcium reducirt. Dient als Dünger, Zusatz
zu Porzellanmasse, Glasur, Email, sehr
fein gemahlen und geschlämmt (Annaline,
Pearlhardening) als Zusatz zu Papiermasse,
gebrannt zum Abformen, zu Bildhauerarbei-
ten, als Mörtel (Sparkalk) und Oäment, Kitt,
zum Klären von Flüssigkeiten. Vgl. dia
Schriften von Johnston (1848), Heriü (2. Aufl.
1856), Heueinger v. Wdidegg (1863), Zo«^(1869}.
Gypsmarmor^ s. Stuck.
Gypsophila L. (Gypekraut), Pflanzengat-
tung der Oaryophylleen. G. struthiom L.,
Halbstrauch in den Mittelmeerlände m,
liefert die spanische, ägypt. oder levant.
Seifenwurzel, welche zum Waschen dient.
Mehrere Arten Zierpflanzen.
Gyration (gr.), Drehsucht, Schwindel.
Gyrenbad, 2 Bäder im Kant. Zürich, das
äuesere am Schauenberge, das inner« G.
am Bachtelberge. [sehen Kreisen.
Gyromantie (gr.), Wahrsagung aos magi-