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Full text of "Meyers Hand-Lexikon des allgemeinen Wissens in einem Band : mit vielen Karten der Astronomie, Geographie, Geognosie, Geschichte, etc"

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MEYEßS  HAND -LEXIKON. 


I. 


A  -  GYßOMANTIE. 


I 

I 


MEYERS 


%x 


HAND-LEXIKON 


DES  ALLGEMEINEN  WISSENS 


IN  EINEM  BAND. 


MIT  VIELEN  KARTEN  DER  ASTRONOMIE,  GEOGRAPHIE,  6E06N0SIE, 

GESCHICHTE  etc. 


Erste  Hälfte 

A  bis  Gyromantie.  —  Seite  1  bis  740. 


HILDBUROHAUSEN 

VERLAG  DES  BIBLIOORAPHISCHEK  INSTITUTS 

1871. 


JAN  21  1901 

■  0^ 
) 


tt^PllJÖ^. 


k. 


kf  auf  MÜDBen  i.  t.  a.  «rster  Landei- 
mttnsort  (s.  B.  Berlin,  Wien,  Mets);  a.  = 
anno.  ,A  nnd  OS  t.  t.  a.  Anfiing  nnd  Ende. 

Aa  (Aaeh,  Aek,  alChoehdentsch  oJba,  d.  h. 
Waaser).  Name  vieler  Fl&tse  in  Deotsob- 
land  nnd  den  angrensenden  LAndem. 

Ameh  Im  Bs^a« .  Stadt  im  bad.  Kr.  Kon- 
ftans,  988  Ew.  Oej^eM  85.  M&n  1798  zwischen 
den  tiegr.  Franxosen  n.  Oesterrelchem. 

Aaelian.  Beg.-Beilrk  der  prenn.  Bheln- 
proTini,  l»k  QH.,  482,817  Ew.  —  Die 
mmpUt,  A.  (lat.  Aquisgrannm,  franz.  Aiz- 
la-Ohapelle),  Knotenpunkt  der  belgisch- 
rheln.  Eisenbahn,  68,178  Ew.  (*/b  kathj. 
Im  MAnster  Grnlt  Karls  d.  Or.  n.  Ottos  m. 
Bathhans  Ton  1853.  88,000  Wollspindeln. 
Nadelfobrikation.  Alkalisch  -  mariatische 
Schwefelquellen  86— 46oR.  ~  A.,  r&mischen 
Ursprungs,  war  bis  1558  die  Krdnungsstadt 
der  deutschen  Kaiser;  seit  1815  preussisch. 
Ertter  Fried»  von  A.,  %.  Mai  1668,  beendete 
den  sogen.  DeTolntionskrieg;  noHUr  Fried« 
vo»  Ä.,  18.  Okt.  n48,  denösterr.  Erbfolge- 
krieg. Aachener  Kongrea  ^.  Sept.  bis. 
21.  Not.  1818),  auf  welchem  die  Omnds&tze 
der  fortan  zu  befolgenden  eorop.  Politik 
festgestellt  wurden;  Frankreich  trat  der 
h.  AlUanz  bei.  Vgl.  Quix,  ,Gesch.  d.  St.  A.*, 
lÜliBenrcUh,  ,A.*,  1865. 

AahvB  (Ahaus),  Kreisstadt  im  preuss.  Reg.- 
Bezirk  Mfinster ,  1687  Ew. 

Aal.  Murtna Ii.,  Anguilla  Oh*v.,Fisehgat- 
tung  der  Kahlb&uche,  Baubflsche.  Der  Ffttst- 
aal,  A.  fluTiatilis  Ouv.,  4—6',  in  Mittel- 
europa sehr  Terbreitet,  fehlt  im  Gebiet  des 
schwarzen  Meeres.  Grösser  wird  der  Meer- 
aal, Oonger  yulgaris  Cnv,,  in  allen  enrop. 
Meeren,  essbar.  Die  Muribte,  Gymnothorax 
Helena  Onv.,  8%  im  Mitteinkeer,  Leckerbissen 
der  alten  Römer. 

Aalborg  (spr.  0hl-),  d&n.  Stift  im  nördl. 
Jfitland,  185  QM.,  804,402  Ew.  —  Die  Hauptst. 
A.,  am  LimlQord,  10,069  Ew.,  wichtiger 
Seeplatz. 

Aalbneh.  Theil  der  schwftbischen  Alp, 
zwischen  Fils-  und  Kocherthal,  8800'  hoch. 

Aalen.  Oberamtsstadt  im  würtemberg. 
Jaxtkreise,  am  Kocher,  5S68  Ew. 

Aali-Pascha.  Mehemed- Emin,  türk.  Staats- 
mann der  Reformpartei,  geb.  1815  zu  Kon- 
itontinopel,  1845,  1843  n.  185S  Minister  des 

Meyers  Band- Lexikon. 


Aufwfirtigen,  seit  Juli  1865  mahrmali  Orazs- 
Tezier,  wohnte  den  wiener  n.  parlMr  Kon- 
ferenzen mit  bei  und  unterzelohnete  80.  Mära 
1856  den  pariser  Frieden. 

Aalmoleli,  Amphiuma  Qarden,  AmphlHen- 
gattung  der  Lurche.  Der  <(nfis«Alf«  A.,  ▲. 
tridactylnm  Wagl,,  t%  in  itehenden  Qa- 
w&ssem  Nordamerikas. 

Aal]ii«tter,Zoarces  Obv.^Tischgattnng  der 
Kehlflosser.  Die  Uibenätg§ebärende  A.  (4al- 
quappe),  Z.  TivlparusX.,  9— U",  oMbar,  In 
der  Nord-  nnd  Ostsee. 

Aalranpe^  s.  Quappe, 

Aalst  (Alcst),  Stadt  im  belg.  Ostftandem, 
an  der  schiffb.  Dender,  19,700  Ew. 

Aalthlerehen,  Anguillnla  £.,  Vibrio  MM,, 
kleine  Eingeweidewürmer,  Im  Wasser,  in 
fenchter-Erde,  in  Regenwftrmem,  Schnecken 
und  Samen.  Das  Weiaenätehen  Terursaeht 
im  Weizen  den  Kaulbrand  (Gichtig-  oder 
Radigwerden).  SssigUehen  auf  trftbemBssig. 

Aar,  Fluss  der  Schweiz,  entspringt  in 
den  berner  Alpen  (Aargletscher) ,  mfindat 
bei  Koblenz  im  Aargau  in  den  Rhein ,  87  M. 
lang.  Bei  Handeck  der  Äe^aU  (886'  hoch). 

AaraU)  Hauptst.  des  Kantons  Aargan, 
an  der  Aar  (Kettenbrftcke),  6100  Bw.  JXeds 
11.  Aug.  1712,  der  den  tegg^nburger  Krieg 
beendigte. 

Aarberg y  St.  Im  Kanton  Bern,  llOS  Ehr. 

Aarbnrg)  St.  im  Kanton  Aargan,  aa  der 
Aar  (Drahtbrficke),  1850  Ew. 

Aargan.  Kanton  der  nördl.  Scihweli, 
25^4  QM.  mit  194,208  Ew.  (104,167  Pro- 
testanten, 88,424  Katholiken,  1538  Jnden), 
fruchtbares  und  wohlkultiTirtes  HUgelland, 
yiel  Obst,  Viehzucht,  BaumwoUmann- 
faktur  und  Strohflechterei.  Heilquellen  zu 
Baden  nnd  Schinznach.  StaatSTer&ssnng 
vom  22.  Febr.  1852.  Staatseinnahme  1866: 
2,004,804,  Ausgabe  2,438,804  Free.  AkftiT- 
vermögen  20,840,202  Frcs.  Bundeskontingent 
14,762  Mann.  Hauptst.  Aaran.  VgL  MBSOer, 
,Der  AargauS  1870. 

Aargletscher,  in  den  östl.  bemer  Alpen, 
am  Zinkenberg;  Aarquelle. 

Aarhnmi  (spr.  Ohr-),  d&n.  Stift  Im  6stl. 
Jütland ,  9Ö  QM.  nnd  195,808  Ew.  —  Die 
Hauptstadt  A.,  am  grossen  Belt,  Dom,  1201 
erbaut,  Olafsmesse,  11,009  Ew. 

Aaroe,  schlaswigsohe  Insel  im  klonen  Belt> 

1 


Abbeokuta  —  Abel. 


8 


mmptukgein  hatten.  Ä»  eommwdatair* ,  «in 
Tom  König  ernannter  A.,  besog  EInk&nIte 
ans  einem  Kloster,  ohne  Dienste  daAr  an 
thnn.    Vgl.  Abbott. 

Ahbeoknta.  Handelestadt  im  Innern 
Ghainea.  'Land  Tomba,  am  Ogan,  75,000  Ew. 
(rlele  Christen).  Vgl.  Burton,  ,A.*,  1863, 8 Bde. 

AbheTiUe  (spr.  AbbwiU,  t.  tat.  Abbatis 
lilla),  Stadt  im  frans.  DeiMUt.  Somme,  am 
Sommekanal,  Handelshafen,  90,060  Ew.  Wich- 
tige Funde  Torhistorlseher  Fenersteinwaifen. 

Abbiate-grano  (Abbiagrano) ,  Beairks- 
ort  in  der  ital.  Fror.  MaUand,  9177  Ew., 
wichtige  milit.  Position. 

Abbotsibrd  (spr.  Aebbots-),  Schloss  (ehe- 
mals Kloster)  In  der  schott.  Qraftchaft  Sel- 
Idrk ,  Wohnsitz  Walter  Scotts. 

Abbott  (spr.  Aebbot),  John  Stevw  (Jabot, 
nordamerikanischer  Graschichtschreiber,  geb. 
1805  an  Brunswick  im  Staate  Maine.  iHistory 
of  lYapoleon*  (1865.  2  Bde.) ;  «History  of  the 


'^Tll  war*  (1868-66). 

AbbraiMB,  die  Raasegelbrassen  nach- 
lassen, tun  den  Segeln  mehr  Spielraum  sn 
geben,  im  Gegensatx  zum  an-  oder  a^fbrauen. 

Abbrechen«  in  der  Taktik  die  Fronte  rer- 
kleinem,  bebnft  des  Passirens  Ton  Defll^s 
oder  des  Durchlassens  Ton  Truppen. 

AbbreTiatoren  (lat.),  Geheimschreiber  der 
pftpstl.  Kanzlei.  [abkiknen. 

AbbreTlatnr  (lat.),  Ablriknrang;  eä)br«viron, 

Abbt.  Thomai,  philosoph.  Schriftsteller, 
geb.  95.  Not.  1738  an  Ulm ,  f  8.  Not.  1766 
als  Konsistorial  •  and  Regiemngsrath  lu 
Bikckebnrg.  «Vom  Tod  fürs  Vaterland' 
(n61);  ,Vom  Verdienst'  (1765);  .Vermischte 
Werke*  (1768—1821,  6  Bde.). 

Abbnnay  geistliches  Oberhanpt  der  abes- 
slnischen  Christen,  resid.  in  Gondar. 

AbcbatieBy  Land  der  Asega  in  Kankasien, 
■wischen  Mingrelien  and  dem  schwarzen 
Meer,  seit  1864  den  Rassen  unterworfen.  Die 
Abehaton,  etwa  80,000,  mohammedanisch, 
in  Sprache  den  Tscherkessen  Terwandt, 
sind  nicht  aasgewandert,  wie  die  übrigen 
St&mme  der  Asega. 

Abetnorlvqi  (Abgatorinm),  die  Im  gregor. 
Kirchenritual  für  die  Einweihung  t.  Kirchen 
Torgeschriebene  Oeremonie  des  Einschrei- 
bens  Ton  grleeh.  und  lat.  Buchstaben  in 
gestreute  Asche. 

Abd  (arab.),  Knecht,  h&uilg  in  Eigen- 
namen, s.  B.  Abd- Allah,  Knecht  Gottes. 

Abdij  Tarab.)',  mohammedanische  Wander- 
m&nche  in  Mittelasien. 

Abdampfen  (EvapoHrtn) ,  Trennen  der 
flüchtigen  BestandthelleeinerLösnngTon  den 
nicht  flüchtigen  durch  Sonnenwärme  (Meer- 
Wasser  zur  Salzgewinnung),  durch  direktes 
Feuer  (im  Flammofen  zur  Potaschengewin- 
nung,  in  Pfannen  zur  Salzgewinnung),  durch 
Dampf  (Extrakte),  auch  im  luftleeren  Baum, 
Vacuum  (Znckerfabrlkation). 

Abd -el- Kader  (El  Had»cM  A.-€.-K.  Üled- 
Mahiddin),  Kabylenfürat,  geb.  1807  bei  Mas- 
kara  in  Algerien,  SprössIIng  einer  Priester- 
&mllie,  folgte  1888  seinem  Vater  Sidl-Maliid- 
diu  als  Häuptling  mehrerer  Araberst&inme, 
ergab  sich  nach  langem  Kampf  28.  Dec.  1847 
an  Lamorici^e  and  den  Herzog  t.  Anmale 


and  ward  als  Gefkngener  nach  Frankreich 
gebracht,  aber  Im  Deo.  1852  Ton  Lndwig 
Napoleon  freigelassen.  A.  lebte  seitdem  in 
Brussa,  ging  1855  nach  Konstantinopel, 
schliesslich  nach  Damaskus,  wo  er  w&hrend 
des  Blutbades  Ton  1860  die  Christen  gegen 
die  Mohammedaner  schützte.  Schrieb  ein 
philosophisch -relifljöses  Werk  ,Bappel  k 
rintelligent,  nriMk  Pindiffftrent*  In  arab. 
Sprache  (franz.  Ton  Dugat  1858). 

Abd-el-Wahab|  Stifter  der  oMhamme- 
danischen  Sekte  der  Wakabiten,  geb.  160 
sa  Hillah  am  Euphrat,  f  1787. 

AbdCrä  (a.  G.),  Stadt  In  Thraeien,  dem 
Jbdertu  sa  Ehren  Ton  Heroales  erbaotL 
zprichwörtl.  wegen  der  Beschrftnktheit  und 
Narrheit  ihrer  Ew.  (AbdtrÜ4n), 

Abdikation  (lat.),  Abdankung,  Versieht- 
leistung;  dbdieiren,  abdanken. 

Abd5tten  (lat.),  Leibes-  od.  Bauchhöhle,  s. 
£aufh;  Abdominaltyphnt ,  Unterlelbstyphos. 

Abd-nl-Asil.  82.  Sultan  der  Osmanen, 
geb.  9.  Febr.  1880,  folgte  95.  Juni  1861 
seinem  Bruder  Abd-ol-Medschid  auf  dem 
Thron;  seine  Beformbestrebungen  sind  bis 
Jetzt  ohne  Konseqnens  n.  tiei^ehend.  Erfolg. 

Abd-nl-Hamidy  97.  Sultan  der  Osmanen, 
geb.  20.  Mai  1725  zu  Konstantinopel,  Sohn 
Osmans  IH.,  Nachfolger  seines  Bruders 
Mustafa  III.,  ward  Ton  den  Russen  unter 
Potemkin  besiegt,  f  7.  April  1780. 

Abd-nl-Latir.  arabischer  Gelehrter, 
geb.  1169  zu  Bagdad ,  f  das.  1231 ;  Verfitsser 
einer  Beschreibung  Ton  Aegypten  (franz. 
Ton  Sylv.  de  £lactf  1810). 

Abd-nl-Hedsehld)  31.  Sultan  der  Osmanen, 
geb.  23.  April  1823,  Sohn  Mahmuds  IL,  folgte 
diesem  I.Juli  18S9,t2&. Juni  1861.  Krimkrieg. 

Abd -Ol -Hamen,  erster  Khalif  der  Al- 
mohaden,  reg.  1180—63,  eroberte  das  ganze 
nordw.  Afrika ,  unterwarf  sich  1151—56  das 
Reich  der  AlmoraTiden  In  Spanien  und 
1160-62  das  afrlk.  Küstenland  bis  Barka. 

Abd-nr-Bahm&B,  1)  Statthalter  dea 
Khalifen  Yezid  in  Spanien,  ward  Ton  den 
Franken  unter  Karl  Mart^ll  bei  Poitiers  7. 
Okt.  782  gesehlagen  and  getödtet.  —  2)  Sul- 
tan Ton  Marokko,  geb.  28.  Not.  1778, 
folgte  seinem  Oheim  Mulei-Suleiman  1823, 
t  Aug.  1859;  Ton  den  Franzosen  unter 
Bngeaud  am  Isly  besiegt  14.  Aug.  184A 

Abegg.  Jvl,  Friedr.  fieinr.,  Krim  inalist,  geb. 
an  Erlangen  27.  M&rs  1796,  f  V«  V^  ^868 
als  Prof.  der  Rechte  In  Breslau.  .Lehrbuch 
der  Strafrechtswissenschaft*  (1836);  .Lehr- 
buch des  Kriminalprozesses*  (1833). 

AbelUe  (spr.  AbelJ),  Jo;  Chritt.  Ludw,, 
Musiker,  geb.  20.  Febr.  1761  zu  Baireuth, 
f  1832  als  Hoforganist  u,  Koncertmeister  zu 
Stuttgart.   Opern,  KlaTlersachen,  Lieder. 

Abeken,  HeinHeh,  geb.  19.  Aug.  1809  sn 
Osnabrück ,  erst  preuss.  Qesandtschaftspred« 
in  Rom,  1842  Lepsius  Begleiter  bei  der  Expe- 
dition nach  Aegypten,  1848  im  preuss. 
Ministerium  des  Aeuss.  angestellt,  1858 
zum  geh.  Leg.-Rath  ernannt.  Verf.  des 
Sendschreibens  an  die  Gr&fln  EUüin-Hahnt 
(Babylon  und  Jerusalem*  (1851). 

Abel ,  zweiter  Sohn  Adams  u.  ETas,  Hirt, 
Ton  seinem  Bruder  Kain  aus  Neid  erschlagen. 

1* 


Aberyfitwith  —  AblftBS. 


i 


■ilMhen  Kreis  EgWt  ^800  Bw.  Äb^riktuMr 
Kä$s  aus  Ziegenmilch  ond  Kr&utern. 

Aberystwltn  (spr.  Ehbr'-),  lebhafter  8e«> 
plats  in  Wales JCardigan),  5641  Ew. 

AltendnleA  (Habesch,  im  Altertb.  Aethlo- 
ien),  grosses,  noch  wenig  erforschtes  Ge- 
let  in  Ostafrika,  südl.  n.  östl.  ron  Nnbien 
am  rothen  Meer»  15—16,000  QM.  mit  etwa 
5  Hill.  Ew..  terrassenförmig  aufsteigende 
Hochebene,  6—10,000'  A.  H.,  mit  Sohlachten 
nad  Bergsfigen  bis  zu  14,000'  Höhe  (in  den 
Landsoh.  Simen  und  Woj^ra).  Zahlreich« 
isollrte  Felsmassen  (Ambs),  als  Festungen 
dienend.  Fl&sse  must  dem  s&dl.  Nilgebiet 
angehörig:  Abal,  Hawasch,.  Qodschab, 
Taoane  mit  Mareb ,  Sobat  (Talfl) ,  Barka 
(lum  rothen  Meei).  Seent  Tsana  (Dem- 
bea)  nnd  Znain.  Das  KUma  im  Hochlande 
geinissigt  n.  gesund,  in  den  Niederungen 
heiss  u«  ungesund;  die  Vegetation  in  den 
Thftlern  tropisch,  in  den  hochgelegenen 
Gegenden  subalpin.  Grosse  Kaffeewälder, 
besonders  in  den  Landschaften  Enarea  und 
Kalk  (daher  der  Name  Kaffee?).  Reiche 
Fauna;  Elephanten,  die  bis  snr  Höhe  Ton 
8000'  hinangehen:  Kamele  nur  in  Sam-, 
hara  und  Adal.  An  Mineralien  bes.  Stein- 
sals ,  welches  als  Tauschmittel  gilt.  Die  £«- 
vVUcwrung  ein  Gemisch  Ton  Nationalitäten 
semitischen  Stammes: «eigentliche  Abessinier 
oder  Aethiopier ,  Juden,  Gallas ,  Adail  oder 
Danakil,  Schangallas,  Abkömmlinge  der 
alten  Gtoramanten,  der  heidnischen  Urbe- 
wohner,  Neger  aus  Haussa,  Wadai  etc.  Etwa 
10  Sprachen  und  Mundarten.  Herrschende 
Religion,  bes.  im  Hochland,  das  Christen- 
thum,  seit  380  durch  Frumentius  u.  Aedesius 
eingef&hrt.  Jetzt  ganz  entstellt  u.  erstarrt; 
daneben  Mohammedaner ,  Juden  n.  Heiden. 
Hauptnahrungszweige  Ackerbau  und  Vieh- 
Bueht.  Haupthandelsplatz  u.  Sitz  des  geist^. 
Oberhauptes  (Abbuna)  ist  Gondar. 

A.  stand  bis  Mitte  des  18.  Jahrb.  unter  einem 
gemeinsamen  Oberhaupt  (Negus)  und  Statt- 
haltern (Ras),  blühte  unter  den  Herrschern 
yon  Axum.  Kämpfe  mit  den  Mohammeda- 
nern u.  Einfälle  der  Gallas  (seit  16.  Jahrh.) 
führten  seinen  Verfall  herbei,  der  durch 
Einmischung  der  Portugiesen  u.  Jesuiten 
in  die  inneren  Händel  beschleunigt  ward. 
Die  Statthalter  schwangen  sich  bei  der 
herrschenden  Anarchie  zu  Königen  empor, 
und  so  entstanden  eine  Anzahl  Staaten, 
unter  denen  Tigr6,  Amhara  (Gk>ndar)  und 
Schoa  die  bedeutendsten  waren.  185s  Tsr- 
trieb  der  Vasall  Dedschodschi  Kftsa  in 
Amhara  seinen  Oberherrn  Ras  All  u.  rer- 
einigte  das  centrale  u.  südl.  A.  unter  seiner 
Herrschaft.  Nach  Besiegung  des  Königs 
Ubiö  Ton  TIgr6  (9.  Febr.  1855)  Hess  er  sich 
unter  dem  Namen  Theodor  t,  zum  Kaiser 
yon  Aethiopien  ernennen  u.  unterwarf  sich 
auch  Schoa.  Sein  hartes  Verfahren  gegen 
Christi.  Missionäre  Teraqlasste  England  zu 
einer  Expedition  nach  A.,  welche  Theodors 
Sturz  (April  1868)  zur  Folge  hatte.  Vergl. 
BÜppM,  ,Relse  in  A.',  1838— 40, SBde. ;  Harria, 
,The  Highlands  of  Aethiopia*,  1844,  8  Bde.; 
deutsch  1845—47,  8  Bde.;  Le/ebvre,  ,Voyage 
en  Abyssinie*,  1848—53,  6  Bde.    Neueres  in 


den  Weisen  Ton  Xe/san«  Airft^M,  Botedem, 
JBeke,  HoUom,  Prideau»,  ffeugUn,  Muiuimg^rj 
iiiMtresu.  der  Missionäre  AtMo»,  Sttrn,  Krapf, 
WoldmtUr,  IXad,  Ueber  den  Krieg  schrieben 
die  Engländer  OarUr,  Qraham,  DvJUm,  SUiinc, 
Uarhham»  Hent§,H9tUr,  die  Deutschen  So^fs, 
KodoliUeh,  [Brixen,  im  Pnsterthal. 

Abfklt•rs1>^•  Mineralbad  in  Tirol,  Kreis 

Abffihrewie  Mittel  (LaaafUia,  FUrgauUa), 
wirken  entweder  reizend  auf  die-Schleimhaut 
des  Darms  (Aloö,  Jalap];>e)  oder  yeranlassen 
stäjrkere  Wasserausscheidnng  aus  dem  Blut 
durch  Exosmose  (Salze).  Oele  machen  nur 
den  Darm  schlüpfHg.  Am  gefisthrlosesten 
sind  Klystiere  Ton  lauem  Wasser. 

Abgan  Name  yon  88  Königen  des  osrhoSni- 
schen  Kelchs  zu  Edessa  (187  y.  Chr.  bis 
816  n.  Chr.),  yon  denen  A.  üokomo  mit 
Christus  Briefe  gewechselt  und  sein  Bildniss 
besessen  haben  soll  (Bild  yon  Edessa,  Jetzt 
im  Besitz  des  Papstes). 

Abgemgene  Wasser  (aromoHseh« ,  ttäs- 
rUche,  duHÜirU  Wäs§«r),  bei  der  Bereitung 
ätherischer  Oele  als  Nebenprodukt  gewon- 
nene Wässer,  welche  mit  ätherischem  Oele 
geschwängert  sind,  dienen  als  Arzneimittel, 
zur  Liqueurfabrikation  und  in  der  Parfümerie. 

Ab^ereiiy  ein  Schiff  yon  dem  Kurs  oder 
einem  anderen  Schiff  ablenken. 

Abhalten  9  die  Richtung  des  Schiffs  se 
ändern,  dass  es,  statt  hart  am  Winde  8u 
liegen,  denselben  mehr  yon  hinten  erhält. 
J^  ein  Schiff  a. ,  demselben  zusteuern. 

JLbholeAy  ein  auf  die  Untiefe  oder  den 
Strand  gerathenes  Schiff  flott  machen. 

Abhorren  (spr.  Aeb-,  Verabaehettemde), 
unter  Karl  IL  in  England  Benennung  der 
Roy  allsten  und  Hochkirchenmänner,  weil 
sie  einen  dienstfertigen  Abscheu  gegen  die 
Grundsätze  der  Volkspartei  kundgaben. 

Abich)  Wilhelm  Hermann,  Naturforscher, 
geb.  11.  Dec  1806  in  Berlin,  bereiste  die 
Länder  am  Blaukasus,  lieferte  zahlreiche 
geognost.,  meteor.  und  hypsometr.  Arbeiten 
über  dieselben  in  den  Petersb.  Bulletins 
und  Mfimoires  und  in  Poggondorffs  Annalen. 

Ablldgaard.  Nikolaue,  dän.  Historienmaler, 
geb.  4.  Sept.  1744,  f  ^*  ^^^^  ^^<^*  Thor- 
waldsens  Lehrer.         [Vermächtniss  erben. 

Ab  intestato  erben^  ohne  Testament  oder 

Abiturient  (lat.),  nach  bestandenem  Ma- 
turitätsexamen  yon  der  Schule  abgehender 

AMnratiOA  (lat.),  A  bsch wörung.   [Schüler. 

Abkochen^  in  der  Chemie  und  Pharmaoie, 
Ausziehen  der  löslichen  Stoffe  yerschiedener 
Substanzen  durch  Kochen  mit  Wasser.  Die 
erhaltene  Flüssigkeit:  Dekokt  (Jbmd), 

Ablagenmg  (Sediment)»  Gestein,  welches 
durch  allmählige  Ausbreitung  seiner  Masse 
auf  der  Erde  (meist  unter  Wasser)  entstan- 
den ist,  zeigt  sich  meist  geschichtet,  sel- 
tener massig,  durch  Ansammlung  kalk-  oder 
kleselschaliger  Thiere  (Mollusken,  Wurzel- 
füssler)  oder  Pflanzenreste  gebildet,  auf  der 
Erde  (terrestrische  A.).  in  Sümpfen,  Seen, 
Quellen  Hakustrische  A.),  in  Flüssen  rfluyia- 
tile  A.),  in  weiten  Strommündungen  (fluyio- 
marlne  A.),  im  Meere  (marine,  pelagische  A.). 

Ablaktfren,  s.  Veredlung. 

Ablas«   (IndnlgenM),  Nachlass   einer  yon 


Abrauohen  —  Abstimmung. 


Af^utMit  JtfrdmM.  —  8)  Laure  Jmmot,  Mtt' 
wogim  90»  A.,  Qftttin  des  Vorigen,  geb. 
6b  Not.  1784  lu  Montpellier,  schrieb  ,M^ 
moiret*  (1831— S4,  18  Bde.;  Fortau  18S6— 87, 
6  Bde.,  'deutsch   Ton  AlvmäUbe»  1886)  nnd 

STergessen  7.  Juni  18S8  im  Pflegehsose  au 
baillot  bei  Paris. 

Abranehen,  Verdampfen  des  Qaecksilbers 
bei  der  FeaerTergoidung.    , 

AbnuuBy  im  Bergwesen  die  eine  Lager^ 
statte  natsbarer  Fossilien  bedeckende 
Schicht  nnnütser  Erdarten. 

Abnanuabie)  die  das  stassftirter  Steinsals- 
lager  bedeckende  Schicht  leicht  löslicher 
Salse,  welche  aus  Ö0-6&0/O  Kamallit,  S5-S0O/o 
8teinsalB  nnd  10>-15«/o  Kieserit  besteht,  das 
wichtigste  Rohmaterial  der  ganzen  Kali- 
Industrie  bildet  nnd  auf  koncentrirten 
Kalidünger.  Ohlorkaliam,  Salpeter,  Potasche, 
Bittersala,  Qlaubersali  und  Brom  Terarbeitet 
wird.  Die  Produktion  der  A.  betrug  1868 
8,68&,000  Ctr.  [Abriss. 

jLhri^i   (fr.,  spr.  Abrescheb),  Entwurf, 

Abrogation  (lat.),  Aufhebung,  Abschaffung. 

Abruxien,  der  nördl.  Theil  des  ehemal. 
Königreichs  Neapel,  Hochland  (Gran  Sasso 
9808') ,  vom  Pescara,  Pangro  etc.  bewässert, 
aerlällt  in  die  Prov.  ^rucco  eiteriore,  68  QM. 
und  887,816  Ew.,  Hauptst.  Chieti;  Jbruuo 
uUorioreJ,  60,4  QM.  und  830,061  Ew.,  Haupt- 
stadt Teramo;  Abrucso  uUeHore  II,  118  QM« 
und  809,451  Ew.,  Hauptstadt  Aquila. 

Absaigen,  Trennung  aweier  Metalle  mit 
Hülfe  eines  dritten,  welches  bei  massiger 
Hitie  mit  dem  einen  xusammenschmÜEt  und 
▼on  dem  andern  festbleibenden  abfliesst. 

AlMakeAy  ein  Schiff  stromabwärts  treiben 
lassen. 

AbMOM  0*^»  BUerbekU,  EUwgttckttmUt), 
fiitermasse,  welche  sich  in  einer  auf  Kosten 
der  Gewebe  gebildeten  Höhle  sammelt  u. 
entweder  durch  schnelle  (heisaer  A,)  cKler 
durch  langsame  Entzündung  (kalter  A.)  ent- 
steht. Ein  Senkungs-  oder  Kongestions- 
-absoess  entsteht,  wenn  der  Eiter  an  einer 
anderen  Stelle  des  Körpers  au  Tage  tritt, 
«Ik  wo  er  sich  gebildet  hat. 

AbiehatSy  Hatu  Aumcmn,  Freiherr  von, 
Dichter  der  zweiten  schlesischen  Schule, 
geb.  4.  Febr.  1646  zu  Würbitz,  f  M*  April 
1689.  Unter  den  Schlesiem  durch  EinlJush- 
helt  ausgezeichnet.    Gedichte  (1704). 

Abachnitt.  s.  Segment, 

▲btchwenkMiy  die  Richtung  einer  Fronte 
um  die  Flügelpunkte  der  einzelnen  Abthei- 
lungenfZü^e)  behufs  des  Abmarsches  ändern. 

Abiekworeny  eine  aufgestellte  Behauptung 
durch  Beschwören  des  Gegentheils  Ter* 
neinen;  sich  Ton  einem  bisher  bekannten 
religiösen  Glauben  eidlich  lossagen. 

Abselne  (lat.),  s.  KoordinaUn.      . 

Abseite  (t.  lat.  Abeida,  gr.  Apai»),^im  Basi- 
llkenstil  die  an  die  Schmalseite  sich  an- 
schliessende, durch  eine  Halbkuppel  über- 
wölbte Halbkreisnische;  auch  in  den  goth. 
Stil  übergegangen:   Flügel  eines  Gebäudes 

Abzenkea,  s.  Atiegen,  [überhaupt. 

Abaent  (lat.) ,  abwesend ;  «i>eentiren,  ent- 
weichen; oöterU^A,  Abwesenheit. 

AbaldoB  (gt,t  Astron.),  s.  J^eiden, 


AbaiBthy  Wenanth,  a.  Artemiala  abaia- 
thium ;  auch  Liquenr  aus  Wermuth  n.  Ania. 

Abaolat  (lat.),  abgelöst,  d.  h.  beziehungs- 
los, in  der  Philosophie  s.  t.  a.  unbedingt, 
unbeschränkt,  ursprünglich. 

AbsolatioB  (U^)f  Lossprecbung  Ton  kirch- 
lichen und  göttlichen  Strafen  nach  abgelegt 
ter  Beichte;  im  Rochtsweaen  Freispreohuag 
Ton  einer  Anklage.  Abeolmtorium,  firei- 
H>rechende8  TJrtheil;abeoMrm,  firaiapreobeii, 
auch  ToUeflden. 

AbaoUtiamaa  (lat.) ,  Unumscthrinktheit 
der  fürstlichen  Gewalt;  AUolmtüten,  An- 
hänger derselben. 

AbaoAdening^  in  der  Geologie  die  durch 
Klüfte  bewirkte  Trennung  der  Gesteins- 
massen in  TerschiedenarUg  geformte,  mehr 
oder  weniger  regelmässige  Theile.  Körnige^ 
schalige,  stenglige,  faserige  A.  bei  einfachen 
Mineralien,  kugelige  (Basalt),  cylindrische 
(Trachyt),  säulenförmige  (Basalt.  Porphyr), 
plattenförmige  (Granit,  Phonolith),  parallele- 
pipedisohe  (Sandstein,  Kalkstein),  Schiefe- 
rung (Thontfohiefer).  —  In  der  Physiologie 
Ausscheidung  solcher  Stoffe,  di,e  im  O^a- 
nismus  weiter  Terwendet  werden  (Sekrete), 
wie  Speichel,  Galle,  Fett,  Magensaft,  im 
Gegensatz  zu  den  Exkreten,  wie  Harn 
Schweiss,  Kohlensäure. 

Abaorbentia  (lat.),  HeUmittel,  welche  die 
Aufsaugung  begünstigen  (Druck  auf  kleine 
Entzündungen)  oder  schädliche  Stoffe  bin- 
den (Magnesia,  doppeltkohlensaures  Natron 
gegen  Magensäure). 

Abaorption  (lat.) ,  Einsaugung  Ton  Gasen 
und  Dämpfen  durch  feste  Körper,  ohne  dasa 
chemische  Verbindung  eintritt.  Holzkohle 
absorbirt  90  Vol.  Ammoniak,  Platinmohr  SSO 
Vol.  Sauerstoff,  Palladium  680  Vol.  Wasser- 
stoff. Die  A.  Ton  GUsen  durch  Flüssigkeiten 
ist  8  Gesetzen  unterworfen:  1)  für  ein  be- 
stimmtes Gas  und  eine  bestimmte  Flüssig- 
keit ist  bei  nuTeränderter  Temperatur  daa 
Gewicht  der  absorbirten  Gasmenge  dem 
Druck  proportional  (also  bleibt  das  absorbirte 
GasTolumen  unter  jedem  Druck  sich  gleich); 
2)  die  absorbirte  Gasmenge  ist  um  so  grösser, 
Je  niedriger  die  Temperatur  ist;  8)  die  Quan- 
tität, welche  eine  Flüssigkeit  Ton  einem 
Gase  zu  absorbiren  Termag,  bleibt  dieselbe, 
mögen  andere  Gase  in  der  Flüssigkeit  ab^ 
sorbirt  sein  oder  nicht.  —  In  der  Pliysiologie 
der  Vorgang ,  durch  welchen  Flüssigkeiten 
durch  Häute  hindurch  in  den  Nahmnga» 
saft  gelangen. 

Abstand^eld,  bei  Rücktritt  Ton  einem 
Kontrakte  Ton  dem  zurücktretenden  Theila 
behufs  der  Befreiung  Ton  den  fibemommo- 
nen  Verbindlichkeiten  geaahltea  Geld. 

Absteigende  Linie,  s.  DeaoeudetUotu 

Absteigung.  s.  Ati/eteigung. 

AbatergenUia  (lat.),  äusserlich  reinigende, 
auch  abführende  Mittel,  Wnndreinlgunga- 
mittel. 

Abatimmnng,  Ermittelung  des  deflnitiTen 
Willens  der  Mitglieder  einer  Versammlung 
hinsichtlich  einer  Torliegenden  Frage,  in 
der  Rngel  nadi  Tomusgegangener  Berathnng 
derselben,  geschieht  durch  Worte,  Zeichen, 
Aufstehen  nnd  Siteenbleiben ,  Theilung  der 


Abydns  —  Achämeniden. 


9 


d«ii  geographischen  Meridian  eine«  Orte 
macht.  0pH9ch€  Ä,  besteht  darin,  dass  die 
▼on  einem  Punkt  aasgehenden  and  dnrch 
linsen  gebrochenen  oder  von  Hohlspiegeln 
■orückgeworfenen  Lichtstrahlen  sich  nicht 
wieder  genaa  in  einem  Pnnkt  vereinigen. 
Bemht  warn  Theil  auf  verschiedener  Brech- 
barkeit der  das  weisse  licht  nisammen- 
aotsenden  Strahlen  (ohromtftisohe  oderFar- 
benabweichnng)  and  verursacht  Undeutlich- 
kalt  der  s.  B.  in  Fernröhren  erzeugten  Bilder. 

Abydu  (a.  G.)i  Stadt  in  Kleinasien,  am 
Hellespont,  Sestos  gegenüber.  Jetat  Nagara- 
Kalessi.  Hier  Xerzes  Schiffbrücke.  Sage 
▼on  Hero  und  Leander. 

Abysflbileny  s.  AbeaHnien, 

AbTMUg   (gr.),  Meeresabgrund ;  Hölle. 

A.  €.9  abbr.  omni  curretOU  (lat.),  des  lau- 
fenden Jahres. 

Aei^aholSy  Hola  von  Spondias  Mombin, 
«iner  westindischen  Anaoardiacee,  so  leicht 
wie  Korkhols  und  Surrogat  dess. 

Aei^ouhola  (spr.  Akaschu,  OaileedrahclM), 
mahagoniartiges  Holi  aus  Senegambien;  in 
V^ankreioh  s.  v.  a.  Mahagonihol«. 

Aef^OunfiBse,  s.  Jnaeardium. 

Aeanthni  L.  (BäretMau),  Pflanzengattung 
ans  der  Familie  der  Acanthaceen.  A.  moUis 
L,,  ächte  B.,  in  Italien,  beUebte  2SierpflanBe 
bei  den  Römern.  Ihre  Blätter  Motive  sum 
korinthischen  Kapital,  zum  gothischen  Or- 
nament das  Blatt  der  kleineren  A.  spi- 
Bosa  L. 

A  eapellft  (aUa  eaptüa,  Mus.),  auf  Kapellen- 
oder Kirchenart,  der  strenge  oder  gebun- 
dene Satz  für  Yokalstimmen  allein,  ohne 
(obligate)  Instrumentalbegleitung. 

A  eapneelo  (ital.,  spr.  kaprittscho,  Mus.), 
nach  Laune  des  Ausführenden  (beim  Vortrag). 

AeapiileOy  bester  Seehafen  Mexikos,  am 
stillen  Meer,  4000  Ew.  Ehedem  berühmt 
als  Ausgangspunkt  der  spanischen  Silber- 
gallionen nacn  Manila. 

Aearoldkars,  s.  Xomthorrhoeia. 

AcSnu.  Krätzmilbe,  s.  Krätge. 

Aeca  (8t,  Jean  cTAore,  das  alte  Ptole- 
mals),  befestigte  Stadt  in  Syrien,  am  Mittel- 
meer, 10,000  Ew.,  1104  von  den  Franken, 
1187  wieder  von  Saladin  erobert;  später 
Sitz  des  Johanniterordens.  1799  von  Bona- 
parte vergeblich  belagert.  Hafen  versandet. 

AeeelentfOB  (lat.),  Beschleunigung;  in 
der  Mechanik  Vermehrung  der  Geschwindig- 
keit. A.  der  Fixsterne,  Unterschied  zwi- 
schen dem  Stemtage  und  dem  mittleren 
Sonnentage,  =  8  Min.  66I/1  Sek.,  um  welche 
der  Sonnentag  länger  ist. 

Aeecnt  (lat.),  Betonang;  auch  Tonzeichen. 

AeeeptattOB  (lat.),  Annahme;  Einver- 
st&ndniss  mit  dem  Anerbieten  eines  Andern. 
Äecefit,  s.  Wechsel. 

AeeMMOatOi  imRechtswesen  die  Zulassung 
Junger  Juristen  zur  praktischen  Uebung  bei 
einem  Gerichte  oder  Advokaten.  Aeoeesiet, 
•In  solcher  Jurist. 

AflMMioa  (lat.),  Zuwachs;  ArtderEigen- 
thnmserwerbung,  wonach  der  rechtmässige 
flifenthfimer  der  Hauptsache  auch  die  damit 
Turbundene  Nebensache  erwirbt. 

AiDMMtOBfTertrafr,  1)  im  Völkerrecht  der 


An>chluss  eines  Staats  an  ein  anter  andern 
Staaten  schon  bestehendes  Vertragsver- 
hältniss,  z.  B.  ein  Bündniss.  —  8)  Verein- 
barung, durch  welche  die  Regierung  eines 
Staats  ganz  oder  theilweise  an  einen  andern 
Staat  übertragen  wird,  ohne  dass  eigent- 
liche Einverleibung  Statt  findet.  • 

Aeeessit  (lat.),  bei  wissensohaftl.  Preis- 
auj^ben  der  zweite  Preis. 

AeceMorlnm  (lat.),  Beigabe,  Beiwerk. 

Ae€ldeBS(lat.),  Zufall ;  zufällige,  unwesent- 
liche Eigenschaft  eines  Dings. 

Aeeldenzien  (ItA.),  zuiäll.  Nebeneinkünfte. 
In  der  Buchdruckerei  s.  v.  a.  Nebenarbeiten. 

Accise  (lat.),  städtische  Abgabe  für  von 
aussen  eingebrachte  Verkaufägegenstände. 

Aceollde  (f^.),  in  der  Musik  die  die  Linien- 
systeme einer  Partitur  zusammenfassende 
Klammer;  oeremonielle  Umarmung  der  in 
einen  Ritterorden  Aufgenommenen  durch 
den  Qrossmeister  nach  dem  Ritterschlage. 

AeeonpagBement  (fr.,  spr.  AckongpanJ- 
mang),  musikalische  B^leltung. 

Aecoplate  (ital.,  Mus.),  verbunden. 

AecordiOBy  Hand-  oder  Ziehharmonika, 
von  Damian  in  Wien  erftanden« 

AcconehenieBt  (fr.,  spr.  Acknsehmang), 
Gkburtshülfe,  Niederkunft;  aeecmckemr  (spr. 
Ackuschör),  Qeburtshelfer. 

Aeeinliu^  Frandeeua  (ital.  Aeeorao),  ital. 
Rechtsgelehrter,  geb.  118S  zu  Florenz,  f  1^0 
zu  Bologna,  Ver£  der  ,Glossa  ordlnaria% 
eines  Auszugs  aus  den  Arbeiten  aller  Glos- 

AeeBMtiVy  s.  Oaeu*.  [satoren. 

AeemuSy  ßebtut,  Fabian,  poln.  Dichter, 
geh,  1551  zu  Sulmierzyce,  f  1608  als  Bürger- 
meister zu  Lnblin;  der  ,sarmati8che  Ovid*. 

Aeerra,  Stadt  in  der  Italien.  Prov.  Oaaerta, 
10,971  Ew. 

AeervftliiB  eerebrl  (leA,),  Himsand,  Körn- 
chen aus  phosphorsaurem  Kalk  und  Eiweiss, 
nur  in  derZirbel  des  menschlichen  Qehims. 

Acervus  (lat.),  Haufen ;  sophistische  Weise, 
durch  fortgesetztes  Fragen  q^ch  der  Anzahl 
der  Körner,  die  zur  Bildung  eines  Haufens 
nöthig  sind,  den  Gefragten  in  Verlegenheit 
zu  setzen,  angeblich  von  Eubulldes,  elBem 
grlech.  Dialektiker,  erfunden. 

Aeetate  Hat.),  essigsaure  Salze. 

AeetomSier,  Essigmesser,  graduirte  Röhre, 
in  welcher  man  eine  bestimmte  Quantität 
Essig  so  lange  mit  Ammoniak  von  bestimm- 
ter Stärke  versetzt,  bis  er  Lackmuspapier 
nicht  mehr  roth,  sondern  blau  färbt.  Die 
Menge  des  verbrauchten  Ammoniaks  ergibt 
die  Stärke  des  Essigs. 

Aceton  (Breneeeaig),  entsteht  bei  trockner 
Destillation  essigsaurer  Salze,  farblos,  brenn- 
bar, mit  Wasser  n.  äther.  Oelen  mischbar, 
löst  Harze ,  siedet  bei  560  C,  spec.  Gh)w.  0,73. 

Aeetam  (lat.),  Essig;  acetiech,  essigsauer. 

Aeetylen,   Kohlenwasserstoff  im  Leuoht- 

SiBBf    bildet  sich  aus  Alkoholdämpfen   in 
lühhitze,    76    Th.    Kohlenstoff,     85   Th. 
Wasserstoff. 

Achftery  altgriech.  Volksstamm  im  Pelo- 
ponnes,  von  Thessalien  her  eingewandert; 
bei  Homer  s.  v.  a.  Griechen  überhaupt. 

Ach&moiideBy  Name  der  aitp^rsischen 
Dynastie,  nach  deren  Bes^ünder  wleAämcne«. 


Acht  —  Actaea. 


11 


Aisht  (£tum),  geriohtliche  AuMloflsiing 
M»  dem  bürgerlicben  Rechts-  n.  Friedens- 
▼erbande,  Tomehml.  wegen  Landfrledens- 
bmchs  Terbängte  Strafe.  Im  AehUproaeu 
(Processus  banuitorias)  erfolgte  auf  drei- 
malige Vorladung  die  ÜnUradU,  welche  des 
Angeklagten  Vermögen  mit  Bescbiag  be- 
legte  und  seinen  Frieden  snspendirte,  in- 
sofern ihn  Niemand  Im  Bannbexirke  aof- 
nehmen  u.  unterstützen,  der  Ankläger  aber 
ihn  ergreifen  und  Vor  Gericht  Stollen  durfte. 
Blieb  dieser  Bann  ohne  Wirkung,  so  ward 
vom  König  im  Einvernehmen  mit  dem 
Reichstag  oder  Fürstengericht  die  OberoiM 
(Abtrucht),  d.  i.  die  '  völlige  Fried-  nnd 
Rechtslos-  oder  Vogelfreierkl&rung ,  ausge- 
sprochen und  durch  den  uieAI«6rt^  bekannt 
gemacht.  Die  BeiekMchi  erstreckte  sich 
über  das  ganae  Reich,  die  IxmdoiM  bloss 
anf  den  Bereich  eines  kaiserlichen  oder 
reichsständischen  Landgerichts.  ^ 

Aehtely  1)  Getreidemass,  in  Frankfurt  := 
1  Halter,  in  Oesterreich  =  >/t  wiener  Metie, 
in  Würtemberg  =  V4  Vierling;  2)  Welnmass, 
in  Sttddeutschland  Vt  Tonne  oder  Mass; 
8)  Brennholzmass ,  in  Preussen  ein  Haufen 
Scheite  9"  hoch,  8'  breit. 

Aehtelflchwenkung.  milit.  Schwenkung  in 
einem  Winkel  von  4oo. 

Achter^  s.  y.  a.  after,  hinter,  bes.  in  der 
Seemannsspracbe  üblich.  [2948'. 

Aehtemumnihohe  9  Berg    im    Oberhars, 

AchtersteTeii  (Eintersieven),  s.  Steven. 

Achtliiigy  Weinmass  in  Süddentschland, 
=  ^/n  würtemberg.  Eimer. 

Aehtnbfty  Mündungsarm  der  Wolga. 

Aehtjrka,  feste  Kreisstadt  im  russ.  Gonv. 
Charkow,  am  FluMe  A.,  14,700  Einw. 

Acfdtmetrie  (lat.),    Bestimmung   des  Ge- 

Aeidun  (lat.),  S&ure.      [balts  einer  Saure. 

Aeinl  dl  Pepe  (ital.,  spr.  Atschini),  PfeCfer- 
kömer,  Ital.  Mehl-  od.  Pastawaareaus  Neapel. 

Aei-Beale  (spr.  Atschi),  Hafenstadt  in  der 
sicU.  Prov.  Catania,  84,100  Ew.  Nahebei  die 
Grotte  der  Galatea  u.  die  Höhle  des  Polyphem. 

A^ker.  s.  Flächwmau. 

Ackerbaluchiileii,  s.  Landtoirthach^^fUiehe 
Lehranttalten, 

Ackerdoppen,  s.  Knoppern. 

Ackermann,  Konrad  JBmtt,  Schauspieler, 
geb.  1710  in  Schwerin,  suletzt  seit  1765  unter 
Liessings  dramaturgischer  Mitwirkung  in 
Hamburg  thätig,  wo  er  18.  Nov.  1771  +.  Seine 
Gattin,  Sophie  Charlotte  Ä.,  geb.  Bxereichelt 
geb.  1714  in  Berlin,  f  14.  Okt.  1793  zu  Ham- 
burg, durch  ihren  ersten  Mann,  den  Or- 
ganisten Bchrtider  in  Berlin ,  Mutter  des  be- 
rühmten Schauspielers  Fr,  Ludto.  Sehrüder, 
war  gleichfalls  als  Schauspielerin  aus- 
gezeichnet. Ihre  talentvolle  Tochter,  C^r- 
lotte  A.,  geb.  1768,  f  bereits  8.  Mal  1775. 

Aekersehnecke  (Garten-  oder  Brdsehnecke), 
Limax  agrestis  L,,  Schneckengattung  aus 
der  Familie  der  Lungenschnecken,  höchst 
schftdlich,  wird  durch  Enten,  Eisenvitriol, 
Ablesen,  Schafmist'  vertilgt  und  durch  aus- 
gestreut« Gerstengrannen  von  Gartenbeeten 
abgehalten. 

A  eommddo  (ital.,  Mus.),  nach  Belieben. 

ieoaeagnay     Gijrf'el    der  Andeskette    in 


Chile,  81,582',  drltttiöohstor  Berg  Amerikas. 
Danach  benannt  eine  Prov.  von  Chile ,  848 
QM.  mit  184,888  Ew.  Hauptstadt :  Sau-Felipe. 

A  eonditloa  (fr.,  spr.  Akondlssiong),  auf 
Bedingung  (die  Waare,  im  Falle  sie  nicht 
verkauft  wird,  narücksenden  zu  dürfen), 
besonders  im  Buchhandel  gebräuchlich. 

AeonitiBy  Alkaloi'd  aus  Aconltumartan, 
geruchlos,  bitter  und  kratzend,  löslich  in 
Wasser,  Alkohol,  Aether  und  Chloroform, 
reagirt  alkalisch.  Mit  Schwefelsäure  erst 
gelblich,  dann  violett;  sehr  giftig;  of&cinell. 

Aeonitum  L,  (EUenhut,  Sturmhut,  VenuS' 
vagen),  Pflansengattung  aus  der  Familie  der 
Ranunculaceen,  Giftpflanzen,  besonders  die 
blaublühenden  und  unter  diesen  A.  Stoer- 
kianum  Sehb,  (neomontanum  Wittd.,  Napel- 
lus  St»rk.),  in  Gebirgswäldem  Europas,  ent- 
halten Aconitin. 

A  eonto  (ital.),  auf  Abrechnung. 

Acorus,  s.  Kalmus. 

Acotta,  Gabriel,  Jüdischer  Reformator, 
geb.  1587  zu  Oporto,  streng  katholisch  er- 
zogen, trat  in  Holland  unter  dem  Namen 
Uriel  A.  zum  Judenthum  über,  f,  von  den 
Rabbinern  verketzert  und  verdammt,  durch 
Selbstmord  1647.  .Jeine  Selbstbiographie 
(1687) ,  lat.  und  deutsch  1847.  Dramatisch 
behandelte  seine  Geschichte  Gutskow. 

A  coiti  (iUl.),  dort,  auf  dortigem  Platae. 

A  eonp  perdu  (fr.,  spr.  a  ku  perdü) ,  aoft 
Gerathewohl. 

A  couvert  (fr.,  spr.  a  kuwähr),  eingO' 

Acqsy  Stadt,  s.  Dax.  [schlössen. 

Acqul  (lat.  AquaeStatiellae),  Stadt  in  der 
ital.  Prov.  Alessandria,  an  der  Bormida, 
6884  Ew.:  berühmte  heisse  Schwefelquellen. 

Acqulrlren  (lat.),  erwerben;  Äcquisüion, 
Erwerbung. 

Acqnit  (fr.,  spr.  Acki),  Empfangschein, 
Quittung ;  jpour  acquü  oder  par  acquit 
(pr.  a.) ,  Quittungsformel  auf  Rechnungen, 

Acre  (St.  Jean  d*),  s.  Acca.    [Wechseln  etc. 

Acre  (spr.  Ehkr),  engl,  und  nordamerik 
Flächenmass,  =  4840  QYards.  80  A.  =t  1 
Yard  of  land.  1  A.  =  4  Roods  (Farthing- 
deals);  s.  Fläehenmaes. 

Act  (engl.,  spr.  Aekt),  Besohluss  einer  Be- 
hörde od. Staategewalt;  A.  o/Parliament,  vom 
Parlament  gefasster  u.  von  der  Krone  geneh- 
migter Beschluss:  A.  o/  setUement,  die  von 
König  Wilhelm  Ul.  1701  sanktionirte  Suo- 
oessloDsakte,  durch  die  nach  Annas  Tode 
das  Haus  Braunschweig-Lüneburg-Hannover 
auf  den  engl.  Thron  berufen  ward.  Vgl.  JA«. 

Acte  (lat.),  Geschehenes,  Insbes.  amtliche 
Verhandlungen,  auch  Titel  von  Zeitschrif- 
ten und  Sammelwerken,  z.B.AShrtuUtorun, 
Titel  der  ersten  gelehrten  Zeitschrift  in 
Deutechland,  erschien  1788—82,  117  Qoart- 
bände ;  A.  Sanetorun  oder  Martyrttm,  Titel 
mehrerer  Sammlungen  über  das  Leben  und 
die  Thaten  der  Märtyrer  und  Heiligen  (s. 
Bollandisten) ;  A.  Apoitolorum,  lat.  Name  der 
Apostelgeschichte;  A.  POati,  ein  unterge- 
schobener Bericht,  den  Pilatus  an  den 
Kaiser  Tiberius  über  die  Verurtheilung  Jesu 
geschrieben  haben  soll. 

Actaea  L.  (Ohriatophskrami),  Pflanzengat- 
tung aus  der  Familie  der  Ranunculaceen. 


Adanson  —  Adelheid. 


18 


aalen,  am  Tannis,  S0,000  Ew.;  Stapelplati 
Ewisehen  Syrien  nnd  Klelnasien. 

Admnson  (spr.  Adangsong),  Miehd,  frans. 
Naturforscher,  geb.  7.  April  1787  su  Aix  In 
der  Provence,  bereiste  1748 — SOSeoegambien, 

5S.  Ang.  1806  EU  Paris-.  .Histoire  naturelle 
e  S6n6ga]'  (1757,  8  Bdt.)  u.  ,Tamilles  dei 
plantes*  (17^,  8  Bde.). 

Adansonia,  s.  Jffeiü>rodbaum, 

Adaptlren  (lat.),  anpassen,  anbequemen. 

Adftrmey  span.  €rold-  u.  Silbei^e wicht,  = 
5811/1«  holl.  As=:l,8  Gramm.  188  A. = 1  Blark. 

A  dato  (lat.),  Tom  Tage  der  Niederschrift 
oder  (auf  We<m8eln)  der  Ausstellung. 

Ad  €aleiidu  Qraeeas,  lat.  Redensart:  an 
den  grlech.  Kaienden,  d.  h.  niemals,  weil  die 
röm.  BeEeichnung  der  Kaienden  den  Griechen 
anbekannt  war. 

Adda  (lat.  Addua),  schiffbarer  Nebenflnss 
des  Po,  entspr.  in  den  Alpen  am  Wormser 
Joch,  durchfliesst  den  Oomersee,  mündet 
bei  Rettino,  S5  M.  Hier  11.  Okt.  490  Sieg 
derOstgothen  unter  König  Theoderich  ftbto 
die  Heruler  unter  Odoaker. 

AddaXj  Antilope  in  Nublen  u.  Aethlopien, 
erscheint  unter  den  Hieroglyphen,  ihre  Hör* 
ner  an  der  Stirn  &gypt.  Gottheiten. 

Addictio  (lat.),  Zuerkennung,  Zusprechung. 

Addlngton  (spr.  Aeddingtn),  s.  Sidmwth, 

Addison  (spr.  Aeddisn),  Joseph,  engl.  Ge- 
lehrter u.  Dichter,  geb.  1.  Mai  1678  eu  Milston 
in  Wlltshire ,  f  als  Staatssekret&r  17.  Juni 
1719.  Mitarbeiter  an  der  Wochenschrift  ,The 
Bpectator'  (s.  Beiträge  deutsch  von  Augustin, 
1866),  Verf.  des  Trauerspiels  ,Gato*  (171S) 
und  der  ,£vidence  of  the  Christian  raligion*. 
Werke,  berausgeg.  von  &reene  1854,  6  Bde. 
Vgl.  Aihin,  .Life  of  A.*,  1843,  8  Bde. 

Additlonu  (lat.),  ergäuEend,  Eus&tElich. 
AddUionälakte,  ZusatEakte,  GesetE  v.  88.  April 
1815,  Ton  Napoleon  I.  bei  seiner  Rückkehr 
Ton  Elba  In  der  Form  eines  ZusatEes  eu 
den  Konstitutionen  des  Kaiserreichs  erlassen, 
modiflcirte  die  Verfassung  des  Kaiserreichs 
im  Sinne  der  Charte  Ludwigs  XVm.,  be- 
willigte eine  erbliche  Pairs-  und  eine  De- 
pntirtenkammer  mit  5J  ähriger  Wahlperiode. 

Adduktoren  O^t.),  Muskeln,  welche  ein 
G-lied  des  Körpers  gegen  dessen  Mittellinie 
binEiehen. 

A  d^conrert  (fr.,  spr.  a  dehkuwähr),  un- 
bedeckt; in  der  Börsensprache  s.  y.  a.  auf 
Lieferung. 

Adel,  bevorsugter  Geburtsstand,  der  sich 
in  allen  europäischen  Ländern  mit  Ausnahme 
Norwegens  und  der  Türkei  findet.  Bei  den 
germanischen  Völkern  ursprünglich  nur  ein 
auf  Tüchtigkeit  beruhendes  Anrecht  gewisser 
Familien  auf  die  Häuptlingschaft,  wesentlich 
Terschieden  Ton  dem  späteren  Feudaladel. 
In  Deutschland  bildeten  die  BesitEer  reichs- 
unmittelbarer,  d.  h.  nur  Tom  König  ab- 
hängiger Güter  den  hohen  oder  Beichiadel, 
EU  welchem  die  Ersbischöfe,  Bischöfe,  Her- 
EÖge,  Mark-,  PfalE-  u.  Landgrafen  u.  Grafen 
gehörten.  Sie  übten  innerhalb  ihrer  Be- 
sitEungen  landesherrliche  Regierungsrechte 
aus  und  hatten  als  Reichsstände  SitE  und 
Stimme  auf  den  Reichstagen.  Die  Besitser 
solcher  Güter  dagegen,   welche  von  einem 


andern,  aalbst  unter  dem  Kön^  stehenden 
Lehnsherrn  rerllehen  waren,  geh5rten 
dem  niederen  oder  landeUetigen  A.  an. 
Eine  Mittelstellung  nahmen  die  Reichsfrei- 
herren oder  Reichsritter  ein.  Indem  ihnen 
gewisse  Herrschaftsrechte  eingeräumt  wa- 
ren. Nach  England  kam  das  feudale  Adeis- 
wesen  durch  die  normannische  Eroberung. 
Der  hohe  A.  stuft  sich  hier  ab  in  Her- 
EÖge  (Dukes),  Marquis,  Grafen  (Baris), 
Visoounts  und  Barone ,  übt  aber  keine  Art 
landesherrlicher  Rechte  ans  und  hat  nnr 
das  politische  Vorrecht,  dass  die  HInpter 
seiner  Geschlechter  gebome  Mitglieder  des 
Oberhauses  sind.  Der  niedere  A.  (Gentry) 
begreift  die  Baronets,  Knights  u.  Esquires, 
welche  ihrem  Taufnamen  den  Titel  Sir  vor- 
setEen.  Vgl.  Onetat,  ,A.  und  Ritterschaft 
in  England*,  1853.  In  Frankreich  gab  es 
bis  Eur  Revolution  von  1789  ebenfiBüls  hohen 
und  niederen  A.  Ersterer  umfasste  die  sogen. 
Pairs  de  royaume,  die  aber  keine  landes- 
herrlichen Rechte  ausübten.  Nachdem  durah 
die  ReTolution  4.  Aug.  1789  der  A.  als  be- 
sonderer Stand  aufgehoben  worden,  schuf 
Napoleon  1. 1806  u.  1808  einen  neuen  A.,  lum 
Theil  mit  Mi^on^ten,  deren  Errichtung  aber 
durch  GesetE  von  1835  wieder 'verboten  ward. 
Die  Adelsklassen  sind:  Prlnce,  Duc,  Mar- 
quis, (üomte,  Vicomte,  Baron,  Chevalier, 
Seigneur  de.  Die  Noblesse  de  la  rohe  bil- 
deten vor  der  Revolution  die  Mitglieder  der 
Parlamente.  In  Schweden  und  Dänemark 
gibt  es  keinen  hohen  A.  In  Spanien  bilden 
die  Granden  den  hohen,  die  Hidalgos  den 
niederen  A.  Auch  in  Italien  bestehen  beide 
Klassen,  ebenso  In  Russland,  Böhmen  nnd 
Polen,  sowie  in  Ungarn.  Den  orientalischen 
Reichen  ist  das  Adelswesen  fremd.  Vom 
Geburtsadel  unterscheidet  man  den  erst 
neuerlich  verliehenen  Bri^adel,  sowie  den 
nur  an  die  Person  des  Beliehenen  geknüpften 
Psraonencidel ,  der,  wenn  mit  einem  Amt 
oder  einer  Würde  verbunden,  Verdienetetdel 
(Russland)  heisst.  Vgl.  ßtrane,  ^Geschichte 
des  deutschen  A.s*,  1845;  Liebe,  ,Der  Grund- 
adel und  die  neuen  Verfassungen*,  1844. 

Adelaer,  eigentl.  Gort  Biverteea,  berühmter 
Seeheld,  geb.  16.  Dec  1688  eu  Brevig  in  Nor- 
wegen, trat,  nachdem  er  in  holländ.  und 
venetian.  Diensten  gestanden ,  1661  als  Ad- 
miral  In  dänische  Dienste,  f  5.  Nov.  1675 
in  Kopenhagen. 

Adelaide^  Hauptstadt  der  engl.  KolonieSüd- 
australien,  am  Torrensfluss,  unweit  dessen 
Mündung,  1836  g^^ndet,  1866  mit  83,500 
Ew.  Den  Hafen  bildet  P»r<  A.,  mit  8500  Ew., 
seit  1845  Freihafen.  * 

Adelaide  9  Eugenie  Adelaide  Louite,  Made- 
moiselle  d'Orldans,  geb.  85.  Aug.  1777, 
Tochter  des  Hersogs  Ludw.  Phil.  Jos.  von 
Orleans  (Egalit6),  Schwester  des  Königs  Lud- 
wig Philipp,  hielt  sich  während  der  Revolu- 
tion im  Ausland  auf,  stand  dann  ihrem  Bruder 
als  Rathgeberln  Eur  Seite,  f  81.  Dec.  1847. 

Adelbodenthal,  Bergthal  Im  Kanton  Bern, 
von  der  Engstlen  durchflössen. 

Adelbonden  9  freie  Bauern  in  Holstein. 

Adelgutkeh,  ostind.GoIdmünEe,  etwa6  Thl- 

Adelheid,  Heüige,  geb.  938,  Tochter  des 


Adler  —  Adönis. 


16 


▼•rlireit«t,  in  hfthflm  bewaldeten  Gkbii^gen. 
Die  grösseren  sind.,  bei  uns  Stand-  oder 
StrIehTögel,  die  kleinem  wandern.  8  8ip- 
vutk :  1)  Bda-  oder  Steinadler,  Aqnila  £ri9$, ; 
Gold-  oder  Steinadler,  I^leo  oltryiaStos  L., 
Aqnila  fttlya  Wol/,  in  den  warmen  nnd  ge- 
mässigten Gegenden  der  alten  Welt,  S',  klaf- 
tert 8.  Sohwarabranner  oder  gemeiner ▲., 
Kaiser-  oder  Königsadler,  Valco  melanaStos 
L,,  A.  imperialis  BtcJuL,  ebendaselbst,  2>/i 
bis  8',  klaftert  9*.  Gefleckter  oder  Schrei- 
adler, TaiconaerinsX.,  A.  macnlata  ^eft«!.. 
Im  nördl.  Europa  nnd  Asien,  8',  klaftert 
fast  6'.  f)8€9adUr,  HallaStns  iSov. ;  See-  oder 
Meeradler,  grosser  Ilschadler,  Falcoalbicilla 
L,,  H.  ossifragns  Sov.,  in  Nordenropa ,  8'  4*^, 
klaftert  8'.  Welsskftpflger  Seeadler,  H.  lenco- 
oepbalaSov.,  Faleo  leneooephalnsX.  in  Nord- 
enropa nnd  Nordamerika,  etwas  kleiner  als 
Toriger.  8)  FUehadUr,  Pandion  Sa».;  Tlnss- 
adler,  FischMur,  Kntenstdsser,  Blanftass, 
Weissbaneh ,  P.  ballaStns  8ap.,  Falco  h.  L., 
im  Norden  beider  Kontinente,  in  Dentsch- 
land  als  Zngrogel,  iy»*,  klaftert  6'.  Knrs- 
aehlger  Schlangenadler,  C  bracbvdaetylns 
VieiU;  Valco  galllons  Om.,  in  Sudenropa, 
2y$*,  Harpyle,  F.  erlstatns  L, ,  Harpyla 
destmetor  Tmm,,  in  Amerika,  grösser  als 
der  Bartgeier.  [münae.  =:  10  Dollars. 

Adler  9  Eagle,  nordamerikanische  Gold- 

Adler«renta.  Karl  Joh,,  Orof,  schwed. 
(General,  geb.  27.  April  1757,  focht  im  schwe- 
disch-mssischen  Kriege  von  1808,  war  bei 
der  Entthronung  des  Königs  GnstarlV.  mit 
tbitig,  1818  Chef  des  schwedischen  Gene- 
ralstabs in  Dentschland,  befehligte  1814 
in  Norwegen,  ward  in  den  Grafenstand  er- 
hoben, t  >!•  -Avg.  1815. 

Adlerholiy  Nutshol&Ton  Aqnilarla  malac- 
oensis  Lam,,  A.  ovata  OenNsi.,  in  Ostindien, 
dient  anch  anm  Fftrben  n.  B&uchem.  Aach 
s.  T.  a.  AloBhola. 

Adlerordea,  UkmoTHir,  1701  Tom  König 
Friedrieh  I.  von  Prenssen  gestiftet,  höchster 
Orden  des  preuss.  Staats,  eine  Klasse;  De- 
▼iset  Snnm  cuiqae  (Jedem  das  Seine);  ro<A«r, 
am  1705  vom  Erbprinaen  Georg  Wilhelm  yon 
Bairenth  gestiftet,  1791  Eum  swelten  Orden 
der  prenss.  Monarchie  erhoben,  4  Klassen; 
Devise:  Sincere  et  constanter  (aufHohtig  nnd 
standhaft);  ^otinvTf  rnss.  Orden,  1821  yon 
Wladislaw  IV.  von  Polen  gestiftet,  1815  sn 
Bnssland  rerliehen;  Devise:  Pro  nde,  rege 
et  lese  (für  Glauben,  König  und  Gesets). 

Adleniparre.  Otorg ,  Oraft  schwed.  Ge- 
neral ,  geb.  28.  Mära  1760  In  Jemtland  in 
Schweden,  nahm  bedeutenden  Anthell  an 
Gustavs  IV.  Entthronung,  ward  1810  Lan- 
deshauptmann von  Skaraborgl&n,  f  23.  Sept. 
1885.  Sehr.  ,Handlingar  rörande  Sveriges 
äldre  och  nyare  historia*  (1880— 8S,  9  Bde.). 

IdlentelB«  (  Oeo(ien,^»««n,jnapjMr«t«<ne), 
hohle  Tbonelsenstelne  mit  einem  losen  Kern, 
bei  MntEschen  in  Sachsen,  Bilin  und  Tepllts. 
Ehedem  Gegentt&nde  des  Aberglaubens. 

Ad  libitum  (Ist.),  nach  Belieben,  in  der 
Mnaik  nach  eignem  Gefallen  schneller  oder 
langsamer.  [bessern  Umst&nden. 

Ad  meliorein  (näml.  fortunam,  lat.),  so 

Admetu,  Sohn  des  Pheres,  thessalisoher 


Ffint,  Thellnehmer  am  Argonantensog,  Oa» 
mahl  der  Aloeste. 

Adminiettlnm  (lat.),  Hölfsmittal;  a.  mHa«, 
Gnadenmittel;  o.  probationU,  bei  Beweis- 
führung Unterstntsender  Gmnd. 

Admutlitrlrem  (lat.),  verwalten;  .ddmlni- 
«IraHon,  Staatsverwaltung  im  Gegensats  i. 
Rechtspflege.    Ädminisirator ,  Verwalter. 

Admuml  (tt.  amiral,  v.  arab.  Amir-nl-ma, 
Befehlshaber  des  Wassers),  Oberbefehls- 
haber einer  Flotte,  befehlieft  das  Gros,  der 
Viceadmiral  die  Vorhut,  der  (hfUrtmdmiral 
die  Nachhut.  Der  A.  hisst  seine  Flagge  am 
grossen  Mast,  der  Vioeadmiral  am  Fook-, 
der  Oontreadmiral  (engl.  Bear-A.)  am  Besan- 
mast.  AdmiraUtäi,  mit  der  Verwaltung  der 
Marineangelegenheiten  beauftragte  Behörde; 
AdmiräUOiMtriekt,  (Bericht  ikber  Oontre- 
bande  snr  See,  Prisenangelegenheiten  eto. 

Admiral  (Vanessa  Atalanta  L.),  schöner 
Tagschmetterling  Deutschlands. 

Admlralit&tainieliiy  Inselgruppe  im  NO. 
von  Neuguinea,  von  Negritos  bewohnt. 

Admlrantenlnaala ,  s.  Jmiranten, 

Ad  modnm  (lat.),  nach  Art  und  Welsiw 

Admonition  (lat.),  Erinnerung,  ^«rmahnnng, 

AdmOBty  Marktflecken  in  Steiermark,  an 
der  Ens,  nördl.  von  Jndenburg,  880  Ew.; 
dabei  berühmte  Benediktinerabtei  (1074  gegr., 
1885  niedergebrannt).  Vgl.  .^Vidk«, , Geschichte 
des  Benediktinerstifts  A.*,  2.  Aufl.  1859. 

Ad  BOtam  (lat.),  snr  Vormerkung  (nehmen). 

Ad  oenloa  (lat.),  vor  Augen;  o.  o.  desion- 
ttriren,  etwas  augenscheinlich  erkl&ren. 

Adolf)  1)  A,  von  Nassau,  deutscher  König, 
geb.  swischen  1250  u.  1255,  Sohn  d«»«  Grafen 
Wallram  von  Nassau,  ward  10.  Mai  1292 
Eum  deutschen  König  gfew&hlt  u.  24.  Juni 
SU  Aachen  gfekrönt,  suchte  sich  Melssen  nnd 
Thüringen  als  Hausmacht  su  erwerben,  ward 
deshalb  28.  Juni  1298  abgesetzt  u.  fiel  (2.  Juli 
1296)  bei  Gtollheim  im  Kampf  gegen  seinen 
Nachfolger  Albrecht  von  Habsburg.  Vgl. 
JSnnen,  ,Die  Wahl  des  Königs  A.  von  Nassau 
1298<  (186^.  —  2)  A.  FrMirieh,  Hersog  von 
Holstein-  Gottorp,  König  von  Schweden,  geb. 
14.  Mai  1719,  Sohn  Christian  Augusts,  Admi- 
nistrators der  holstein-gottorpschon  Lande, 
und  Bischof  von  Lübeck,  ward  1748  durch 
RusslandsEinfluss  sum schwedischen  Thron- 
folger gewählt,  succedirte  5.  April  1751,  f  12. 
Febr.  1771.  Sein  Nachfolger  war  sein  Sohn 
Gustav  lU.  —  8)  Wilh.  Aug.  Karl  Friedr,  A., 
Hersogvon  Nassau,  geb.  24.  Juli  1817,  folgte 
«einem  Vater,  demHeraog  Wilhelm  I.,  20.  Aug. 
1889  in  der  Regierung  u.  dankte  1866,  nach  Be- 
setsung  des  Herzogth.  durch  die  Preussen, 
gegen  elneAbflndungssumme  v.  gegen  9Mill. 
Thlr.  ab.       [schliesslich  für  Gott  gebraucht. 

Adonll  (hebr.),  Herr,  von   den  Juden  aus- 

AdönlSy  nach  der  grieoh.  Mythe  Sohn  de* 
Cjpriers  Cinyras  und  dessen  Tochter  Myr- 
rhe, aus  einem  Myrrhenbanm  geboren,  in 
welchen  letstere  verwandelt  worden  war, 
schöner  Jüngling,  gleichseitig  Aphrodite* 
und  Persephones  Geliebter,  sollte  nach 
Zeus  Entscheidung  abwechselnd  bei  der 
letsteren  in  der  Unterwelt  nnd  bei  der 
ersteren  auf  der  Oberwelt  leben;  bedeutet 
den  im  Winter    sterbenden  nnd  im  Früh- 


Adyton  —  Aegypten. 


17 


Adfton  (gr.)>  s*  Tempel. 

Aeacng  (gr.  Myth.),  König  ^on  Aegina, 
Beherrscher  der  Myrmidonen ,  nach  seinem 
Tode  einer  der  drei  Richter  in  der  Unter- 
veit. Zu  seinen  Nachkommen  (Aeadden) 
gehört  Achilles. 

Aedilen  (lat.),  Magistratspersonen  Im  alten 
Rom,  493  v.  Chr.  eingesetzt,  zugleich  mit 
den  Tribunen,  wie  diese  aus  der  Plebs  ge- 
wählt (Aedihe  pUbeji)  und  mit  der  Leitung 
der  öffentlichen  Spiele,  der  Aufsicht  über 
die  öffentlichen  Oebäude  u.  der  Strassen-, 
Harkt-  und  Sicherheitspolizei  betraut,  ur- 
sprünglich zwei,  zu  welchen  888  t.  Chr.  zwei 
Aedilei  curules  u.  44  y.  Chr.  unter  Cäsar  zwei 
Aedüe»  eerealea  zur  Beaufsichtigung  der 
Yerproviantirung  der  Stadt  hinzukamen. 
AedilitcU,  das  Amt  der  A. 

Aedon  (gr.  Myth.),  Tochter  des  Pandarens, 
Gemahlin  des  Königs  Zethus,  tödtete  aus 
Verblendung  ihren  Sohn  Itylos,  ward  dafür 
von  Zeus  in  eine  Nachtigall  yerwandelt. 

Aedner,  Volk  in  Gallien,  zwischen  der 
Loire  und  Saöne,  den  Kömern, fireundlich. 
Hauptstadt  Bibracte,  J.  Autun. 

Aeetes.  König  Ton  Kolchls,  Sohn  desHelios 
und  der  Perseis,  Vater  der  Medea  und  Hüter 
des  goldnen  Vliesses;  s.  ArgonatUeneug. 

Aj6g%  (gr.  Myth.),  Tochter  des  Olenus, 
ernährte  mit  ihrer  Schwester  den  Jungen 
Zeus;  Ton  diesem  als  Capeila  (Ziege)  unter 
die  Sterne  versetzt. 

Aegadlsche  Inseln  (Aegatn,  Aegusae),  In- 
selgruppe an  der  Westspitze  Siciliens.  Die 
grössten;  Favignana,  Levanzo,  Maretimo. 
Hier  841  t.  Chr.  Sieg  der  Römer  unter 
liUtatius  Catulus  über  die  Karthager,  der 
den  ersten  pun.  Krieg  beendigte. 

A^iisclies  Meer,  s.  ▼«  a.  Archipelagus. 

Aegerly  Thal  Im  Kanton  Zug,  mit  dem 
1  St.  langen  Aegerüee ,  den  die  Lorze  mit 
dem  Zugersee  verbindet. 

Aegeui,  Sohn  des  Pandion,  König  von 
Athen ,  Vater  des  Thesens ,  stürzte  sich  aus 
Trauer  über  dessen  vermeintlichen  Tod 
in  das  (vach  ihm  genannte)  ägäische  Meer. 

A^de  (gr.),  der  von  Hephästus  ge- 
schmiedete Schild  des  Zeus  u.  der  Athene; 
bildlich  für  Schutzwehr. 

Aegilops  Walch  (Ziegenauge),  Pflanzen- 
gattung der  Gramineen;  A.  ovata,  in  Süd- 
europa,  dem  Weizen  ähnliche  Getreideart. 

Angina  (Engia),  griech.  Insel  im  saro- 
nischen  Meerbusen  (Go^f  v.  A.),  1,5  QM., 
60OO  Ew.,  mit  der  Stadt  A.,  SOOO  Ew.  Im 
Alterthnm  weit  bevölkerter  u.  durch  Schiff- 
fahrt und  Handel  mächtig;  seit  457  v.  Chr. 
den  Athenern  zinsbar.  Hauptsitz  und 
Pflanzschule  der  sogen,  äginetitchen  Kunst, 
der  griech.  Kunst  vor  Phldias,  von  der 
wichtige  Ueberbleibsel  in  den  berühmten 
Skulpturen  des  Minerventempels  zu  A.  (um 
490  V.  Chr.  entstanden.,  1811  ausgegraben, 
jetzt  Im  Aeginetensaale  der  Glyptothek  zu 
München  befindlich)  erhalten  sind.  Tech- 
nisch vollendeter,  aber  herber  Naturalismus. 

Aegisthns.  Sohn  desThyestes  und  dessen 
eigener  Tochter  Pelopia,  verführte  während 
Agamemnons  Abwesenheit  dessen  Gattin 
Olytämnestra  und  war  ihr  zur  Ermordung 

Meyer 3  Hand -Lexikon* 


des  Gatten    behülflich;    ward  später  von 
Orestes  ermordet. 

Al^giiim  (a.  G.),  Stadt  in  Achaja,  am  Se- 
linus;  in  späterer  Zeit  Versammlungsort 
des  Achäerbundes.    Jetzt  Vostizza. 

Aegospotamos  (a.  G.),  Flüsschen  u.  Stadt 
im  thracischen  Chersones.  Hier  405  v.  Chr. 
Seesieg  des  spartan.  Feldherrn  Lysander 
über  die  Athener. 

Aegjpten  (bei  den  Arabern  und  Türken 
M(ur,  hehr, MiMraim),  der  nordöstlichste Theil 
Afrikas  zwischen  der  libyschen  Wüste  und 
dem  arab.  Meerbusen,  oder  das  untere  Stu- 
fenland des  Nil,  im  Alterthum  ein  selbst- 
ständiges Reich  und  Kulturland,  Jetzt  Vice- 
königreich  unter  türk.  Oberhoheit;  etwa 
6000  QM.  Zu  beiden  Seiten  des  tiefeinge- 
senkten, >^— 8  Meilen  breiten  Nilthals  (von 
Assuan  bis  unterhalb  Kairo)  kahle  n.  öde 
Wüstenplateaus:  rechts  das  steil  ansteigende 
arabische  (mit  dem  6800'  hohen  Dschebel 
Gharib  am  Meerbasen  von  Suez) ,  Jjnks  das 
sanfter  abfallende  libysche  Felsplateau ; 
beide  von  Einschnitten  und  Schluchten 
durchsetzt,  die  östl.  zum  rothen  Meer  (Thal 
zwischen  Kenneh  und  Kosseir  das  ki^este), 
anderntheils  zu  den  östl.  Oasen  der  Sahara 
führen  (z.  B.  Thal  von  Fayum  mit  dem  See 
Birket  el  Kemn).  8  Meilen  unterhalb  Kairo 
beginnt  das  4ßO  QM.  grosse,  ganz  ebene 
Delta,  wo  sich  der  Strom  in  2  (ehedem  7) 
Arme  tbeilt.  Zahlreiche  Kanäle  dazwischen 
(Mahmuhdieh-Kanal,  von  Atfeh  nach  Alezan- 
dria,  seit  1819).  An  der  flachen  Meeres- 
küste 5  Lagunen,  die  westlichste  der  Birket 
Mariut  (Mareotis),  die  östlichste  der  Men- 
saleh.  Das  Thal  und  das  Delta  des  Nil, 
zusammen  etwa  600  QM.,  ist  der  eigentlich 
kulturfähige  und  produktive  Theil  A.s  in 
Folge  der  Nilüberschwemmungen  (höchster 
Stand  zu  Ende  Sept.) ,  die  durch  Schleussen 
und  Kanäle  regulirt  werden  (merkwürdig 
darunter  besonders  der  alte,  85  M.  lange  Jo- 
sephskanal). Geognostisch  S  Regionen :  Gra- 
nitr^on  (von  Philä  bis  Svene),  Sandstein- 
region (von  Syene  bis  Edfu),  Kalksteinregiou 
(der  nördliche  Theil).  KlivM  äusserst  kon- 
stant.   Mittlere  Temperaturen: 

Wint.  Frühl.  Som.  Herbst 

Oberägypten:      18»       35o      40©     SOOC. 

Mittelägypten:    15«       SO«       350      850C. 

Unterägypten:  18«  87»  320  190  C. 
Regen  selten  (inKairo  Jährl.nur  l,5par.ZolI, 
jährl.  18  Regenfillle).  Sduptprodukte  des 
Landbaues  (S  Ernten) :  Weizen ,  Mais,  Tabak, 
Südfrüchte,  Oliven,  Krapp,  Safran,  Zucker, 
bes.  aber  Baumwolle,  Indigo,  Reis  (im 
Delta  80fAltiger  Ertrag).  Erdöl  und  Schwefel. 
Im  Thierreich:  Esel  und  Maulesel,  Dro-. 
medare  (keine  Kamele),  Krokodile  (häufig 
im  Obern  Nil),  Ichneumone,  zahllose  Wasser- 
Vögel,  bes.  Flamingos,  Pelekane  und  Ibis; 
Hühner  (in  Brutöfen  ausgebrütet).  Be- 
völkerung etwa  4  Mill.  (einst  viel  stärker), 
vorherrschend  Fellahs  (Bauern,  wahrscheinl. 
Nachkommen  der  altägypt.  Landbevölke- 
rung, zum  Theil  gemischt  mit  Arabern^, 
Araber  (theils  Beduinen,  thoils  Ackerbauer), 
Kopten  (d.  h.  jakobitisphe  Christen,  etwa 
150,000,  meist  in  Oberägypten,  zum  Theil 

2 


Aegypten. 


19 


(1655^1826)  erhoben  sich  grossartige  Bau- 
ten, deren  Beste  noch  yorhanden  sind. 

Die  ruhmreichste  Dynastie  ist  aber  die 
19.  (1326—1188),  welcher  Seihoal,  n^Batiuea  II. 
(yon  Herodot  unter  dem  Namen  Sesostris  als 
Eine  Person  aufgeführt)  angehören.  Ersterer 
drang  erobernd  bis  nach  Assyrien  u.  Medien, 
letzterer  nach  Libyen  und  Aethiopien  vor, 
und  beide  brachten  ungeheure  Beute  zu- 
rück. Beide  Könige  unternahmen  auch  im 
Innern  grosse  Reformen  und  verewigten 
ihr  Andenken  durch  grosse  Bauten  (Tempel 
▼on  Karnak  und  Kuma).  Unter  Ramses  It. 
fallt  nach  Liepsius  die  Geschichte  des  Moks, 
aber  erst  unter  seinem  schwachen  Nach- 
folger Menephthe»  (Pheros)  yerliessen  die 
Israeliten  das  Land.  Die  20.  Dynastie  be- 
ginnt mit  Mamst»  III.  (Rhampsinitos) ,  der 
wieder  in  Asien  erobernd  eindrang.  Seine 
Nachfolger  geriethen  in  Abh&ngigkeit  yon 
der  Priesteraristokratie,  welcher  die  Könige 
der  21.  Dynastie  selbst  angehört  su  haben 
scheinen.  Sesonehis  I.,  der  erste  König  der 
22.  Dynastie,  der  Broberer  Palastinas  und 
Jerusalems,  hielt  den  Verfall  des  Reichs 
nicht  auf,  welches  mit  dem  Schlüsse  der 
24.  Dynastie  yon  dem  &thlop.  Herrscher 
Sabakon  (Sebiohos)  erobert  ward,  dessen 
Nachfolger  die  25.  Dynastie  (719—679)  bilden. 
Der  letzte  derselben,  Tarakos  (im  A.  T. 
Tirhaka),  kehrte  freiwillig  nach  Aethiopien 
zurück  und  verbreitete  daselbst  ägyptische 
Kultur.  Es  folgte  in  A.  eine  revolutionäre 
Epoche,  die  DodekarchieHerodots,  der  durch 
AommettcAu«  7.,  den  Gründer  der  86.  Dy- 
nastie (670—616),  ein  Ende  gemacht  ward. 

In  Folge  des  lebhaften  Verkehrs  mit  dem 
Auslande,  namentl.  mit  den  Griechen,  denen 
man  Zutritt  yerstattete,  begann  eine  neue 
Blütheperiode,  die  aber  nach  kaum  andert- 
halb Jahrhunderten  mit  der  Eroberung  A.s 
durch  den  Perserkönig  Qambwt»  (525  v.Ohr.) 
endigte.  A.  blieb  bis  405  eine  Provinz 
Persiens,  war  dann  wieder  unabhängig, 
bis  es  840  zum  zweiten  Male  von  den  Per- 
sem unter  Ochus  erobert  ward.  882  ward 
es  eine  leichte  Beute  Alexander«  d.  Gr. 
und  blieb  macedonische  Provinz,  bis  Pto* 
lemäus  Lagi  805  den  Königsthron  von  A. 
bestieg.  Unter  der  Herrschaft  der  licltmjdeT 
ward  die  nationalägyptisohe  Kultur  durch 
die  eindringende  griech.  verdrängt  und 
Alezandria  der  Mittelpunkt  griechischer 
Gelehrsamkeit.  Doch  zeigen  die  Tempel- 
bauten von  Dendera,  Theben,  Edfu,  Philä 
etc.,  die  aus  dieser  Zeit  herrühren,  im  Gan- 
zen noch  die  altägypt.  Formen.  Nach  der 
Schlacht  bei  Actium  (30  v.  Chr.)  ward  A. 
dem  röm.  Reiche  einverleibt,  dessen  Korn- 
kammer es  fortan  war.  Das  Christenthum 
fand  schon  im  1.  Jahrh.  n.  Chr.  Eingang  und 
rasche  Verbreitung.  Das  Asceten-  u.  Mönchs- 
wesen nahm  von  A.  seinen  Ausgang,  u.^  Ale- 
xandria ward  der  Schauplatz  der  heftigsten 
Kämpfe  um  das  christl.  Dogma.  Seit  895 
dem  oström.  Reiche  zugehörig,  theilte  es 
dessen  Schicksale,  bis  es  638  von  Amm,  dem 
Feldherm  des  Khalifen  Omar,  erobert  ward. 

Mit  arab.  Bevölkerung,  der  die  eingebore- 
nen Kopten  unterlagen,  drang  der  Islam  ins 


Land  ein,  womit  die  letzten  Reste  altägypt« 
Kultur  verschwanden.  Unter  den  Khalifen 
aus  den  Dynastien  der  Omajjaden  u.  Abbasi- 
den  verwalteten  Statthalter  das  Land,  von 
denen  einzelne  sich  zu  unabhängigen  Herr- 
schern aufschwangen.  969  machte  sich  der 
Khalif  Molzz  -  eddiun  -  Bläh ,  aus  dem  Ge- 
schlecht derFatimiden,  zum  Herrn  des  Lan- 
des u.  gründete  970  Zatro.  Unter  seinen  Nach- 
folgern gerieth  das  Land  in  immer  tieferen 
Verfall.  Unter  Addad,  dem  letzten  der 
Fatimiden,  drangen  die  KrenzfSfthrer  unter 
Guido  V.  Lnsignan  bis  Kairo  vor.  Nureddin, 
Herrscher  von  Aleppo  in  Syrien,  sandte 
ein  Hülfsheer  unter  dem  Kurden  Saladin, 
welcher  den  Khalifen  Addad  stürzte  (1171) 
und  die  Dynastie  der  Ejubiden  begründete. 
Unter  Malek-el-Salek  landete  (1248)  Ludwig 
der  Heilige  von  Frankreich  bei  Damiette, 
siegte  über  Jenen ,  erlag  aber  dessen  Nach« 
folger  Turan-Schah,  der  darauf  durch  die 
Hand  des  Anführers  der  Mamluken  (1250) 
fiel.  Damit  begann  die  greuelvolle  Herr- 
schaft der  Mamluken  unter  selbstgewählten 
Sultanen,  deren  binnen  268  Jahren  47  unter 
Mord  und  Gewaltthat  auf  einander  folgten. 
1517  schlug  Selim  L,  Sultan  der  Osmanen, 
die  Mamluken  und  übertarug  dann  die  Ver.- 
waltnng  des  Landes  84  Mamlukenbeis,  die 
von  einem  Divan  überwacht  wurden.  1771 
empörte  sich  Ali,  einer  dieser  Beis,  gegen 
die  Pforte  und  Hess  sich  von  dem  Scheriff 
von  Mekka  zum  Groessultan  von  A.  ernen- 
nen. Nach  seinem  Sturz  (1773)  ward  daa 
Ansehen  der  Pforte  nominell  wieder  her- 
gestellt. 1798  eroberten  die  Franzosen  unter 
Bonaparte  das  Land;  nach  deren  Abzug 
(1801)  kam  es  wieder  unter  die  Herrschaft 
der  Pforte,  die  1806  Mehemed-Ali  zum  Pascha 
und  Statthalter  von  A.  ernannte. 

Mit  diesem  begann  eine  neue  Epoche  für  A. 
Er  vernichtetedie  Mamlukenbeis,  machte  sich 
zum  unumschränkten  Herrn  des  Landes  u. 
unterwarf  1820—88  Nubien,  Sennaar  und 
Kordofan  seiner  Herrschaft,  organisirte  sein 
Heer  nach  europäischer  Weise,  baute  eine 
Flotte,  hob  die  materielle  Kultur  des  Lan- 
des, steigerte  aber  den  orientalischen  Des- 
potismus durch  Anwendung  civilisatorischer 
Massregeln  aufs  Aeusserste.  Er  entriss  1888 
Syrien  der  Pforte  und  erhielt  durch  den 
Frieden  vonKiutahia  (4.  Mai  1833)  die  Statt- 
halterschaft dieser  Provin^  Der  Argwohn 
der  Pforte  gegen  den  machtigen  Vasallen 
führte  zur  Erneuerung  des  Kammes ,  in 
welchem  (84.  Juni  1839).  das  türk.  Heer  bei 
Nisib  geschlagen  ward.  Die  Quadrupel- 
allianz der  europ.  Grossmächte  vom  15.  Juli 
1840  kreuzte  die  weiteren  Eroberungspläne 
des  von  Frankreich  begünstigten  Siegers, 
der  sich  darauf  dem  Sultan  wieder  unter- 
warf. Ein  von  den  5  Grossmächten  garan- 
tirter  Batti-Scherif  vom  13.  Febr.  1842  re- 
gelte das  Verhältniss  des  Lehnstaats  A. 
zur  Pforte.  Aber  die  schonungslose  Aus- 
beutung des  durch  die  Kriegsleistun^n  er- 
schöpften Landes  ruinirte  dasselbe  vollends. 
Als  Stellvertreter  des  in  Geisteszerrüttung 
verfallenen  Meliemed-Ali  ward  (Juli  1848) 
dessen  Sohn  Ibrahim- Pascha  von  der  Pfvrto 

2* 


20 


Aegyptische  Augenentzündung  —  Aeolier. 


bestätigt  und  nach  dessen  Tode  (10.  Nov. 
1848)  Abbas-Pascha,  ein  Enkel  Mehemed- 
Alis,  als  Regent  eingesetzt.  Derselbe  reda- 
cirte  Heer  nnd  Flotte  und  Hess  die  CiTili- 
sationspläne  seiner  Vorgänger  fallen.  Sein 
plötslicher  Tod  (IS.  JuU  1854)  hatte  die  Er- 
hebung Satd'Buchaa,  eines  Sohnes  Mehe- 
med-Ails ,  zur  Folge,  der  sich  die  Hebung 
des  Landes  angelegen  sein  Hess,  aber  den 
zerrütteten  Finanzen  nicht  aufisuhelfen  ver- 
mochte. Ihm  folgte  (18.  Jan.  186S)  sein  Neffe 
Ismail' Biseha,  ein  Sohn  Ibrahim-Paschas. 

Nachdem  unter  Yemdttelung Napoleons  m. 
durch  einen  Vergleich  mit  der  Pforte  (Sept. 
1864)  die  streitige  Frage  des  ßunkcmaXbaaea 
ihre  Erledigung  gefunden,  wurden  die  Arbei- 
ten energisch  fortgesetzt  u.  1869  nahezu  toII- 
endet.  Den  zerrütteten  Finanzen  sollte  eine 
repräsentatiTe  Verfassung  aufhelfen,  u.  so 
trat  18.  Not.  1808  die  erste  ägrpt.  Notablen- 
▼ersammlung  zusammen.  Durch  grosse 
Ctoldopfer  setzte  Ismail-Pascha  bei  der  Pforte 
dieAenderung  der  Thronfolgeordnung  durch, 
-wonach  die  Herrschaft  fortan  in  direkter 
Linie  erblich  sein  soll,  u.  erhielt  den  offl- 
ciellen  Titel  Vicekönig  (Khediye). 

Seit  Sept.  1867  verlautete  es  von  Forderun- 
gen Ismail'Paschas  an  die  türk.  Regierung, 
die  auf  Erlangung  einer  grösseren  Selbststän- 
digkeit, Herabsetzung  des  Tributs  etc.  hinaus- 
liefen. Dem  gegenüber  forderte  die  Pforte 
(Sept.  1869)  Reduktion  der  ägvpt.  Armee  auf 
18,000  Mann,  Ablieferung  der  EUnterlader  u. 
Panzerschiffe  an  die  Pfbrte,Jährl.  Vorlegung 
des  ägypt.  Budgets,  Verkehr  des  Vicekönigs 
mit  europ.  Mächten  nur  vermittelst  der  Ge- 
sandten des  Sultans  etc.  Nach  längeren 
Verhandlungen,  die  durch  die  feierliche 
SrÜffnunff  des  ßutxhandU  (17.  Nov.  1869) 
kaum  unterbrochen  wurden,  fugte  sich 
der  Khedive  wenigstens  scheinbar  diesen 
Forderungen.  Vgl.  über  die  Alterthümer 
A.s:  ,D6scription  de  PEgypte*  (durch  Na- 
poleons Expedit,  veranlasst),  1809—18,  neue 
Aufl.  1821—80,  26  Bde.,  dazu  18  Bde.  Tafeln ; 
Lepsius,  ,DenkmälerS  1849—60,  12  Bde.; 
Brugach,  ,Recueil  des  monuments*,  1862—66, 
4  Bde.;  UhUmannf  ,Aeg7pt.  Altertbums- 
kundeS  1856—58,  4  Bde.;  femer  die  Werke 
T.JoilonjW (1750-52),  Prüchard{\%m,  Oham- 
polUon  (1823-26),  WilHnson  (1841),  Sharpe 
a868),  IHbnichen  (1864-66),  Beauregard  (1866), 
Zeemana  (1866),  Mariette  (1866).  Die  gegen- 
wärtigen Zustände  schildern  (ausser  den 
Beisebeschreibungen  von  Fbcocke,  Korden, 
2fte»uhr,  I>enon,Burckhardt,  Beitoni,  Caülaud, 
Shrenberg,  Minutoli,  Parthey,  Büppdl,  Buss- 
egger,  LepHus  u,  A.) :  Lerne,  ,An  account  of 
the  manners  etc.*,  1836—42,  2  Bde.;  deutsch 
^f^  ^^""'^'^^^  1856,  8 Bde.;  v.  Kremer, 
,A. ,  1863,  2  Bde.  Die  Geschichte  behan- 
Ä«5»;  ^^'^^  (1849),  Bunsen  (1854),  Brugsch 

^^^'•mi^^^J^^)'  ^^"^  (1^63).  Vgl.  Jolo- 
«<«,  ,Bibhothecaaegypt.S  1858-61;  LepHus 
^A  f  !^^ifi?'  .Zeitachr.  für  ägypt.  Sprache 
'»^^^^erthumskundeS  7.  Jahrg.  1869. 
«lo  *5?,-r*^?®  Augenentzfindmig,  Ophtbal- 
Tita^  i^-"^"  *•  contagiosa,  epidemische 
^?.f^Jf;*2«ndung,  angSblich  durch  franz. 
Aruppen   aus  Aegypten   nach   Europa    ge- 


bracht,  besteht  in  der  Einlagerang  eigen- 
thümlicher  Kbrnchen  in  das  Gtowebe  der 
Bindehaut  der  Augenlider  und  kann  in  8 
bis  8  Tagen  das  Auge  zerstören.  Durch  Iso- 
lirung  der  Kranken  zu  bekämpfen.  Vgl. 
die  Schriften  von  Gräfe,  1883;  BUe.  1836: 
Jäger,  1840;  Quh,  1850. 

AegyptiMher  Kanon,  das  Proportionsge- 
setz,  wonach  die  Höhe  des  menschl.  Körpers 
7mal  die  Länge  des  Fusses  betragen  soll. 

Aegyptolog  (jgT.)i  Kenner  der  ägyptischen 
Alterthümer. 

Aegyptu,  Zwillingsbruder  des  Danans, 
erster  Eroberer  Aegyptent,  das  von  ihm 
den  Namen 'erhielt. 

Aehre,  spica,  Blüthenstand  mit  vielen  un> 
igestielten  oder  kurzgestielten  Blüthen  an 
gemeinsamer  Spindel. 

A.  £•  I*  O.  Ü.«  abbr.  für  ,Austriae  Est 
Imperium  Orbis  ijniversi*  oder  ,Alles  Erd- 
reich Ist  Oesterreich  Untertban*,  Wahl- 
spruch mehrerer  deutschen  Kaiser. 

Aelilniu,  1)  A.,  der  Taktiker,  altgriech. 
Kriegsschriftsteller,  lebte  um  98—138  n.  Chr. 
zu  Rom.  Werke  herausgeg.  von  MOÜer 
(1845),  mit  Uebers.  von  Köehly  u.  BiUtow 
in  ,Griech.  Kriegsschriftsteller*  (Bd.  2,  1855). 
—  2)  Claudius  A.,  der  Bophitt,  aus  Präneste, 
lebte  um  180  n.  Chr.,  sehr  in  griech.  Sprache 
,Vermischte  Erzählungen*  (herausgeg.  von 
Koray  1805);  ,Ueber  die  Natur  der  Thiere* 
(herausgeg.  von  Jacchs  1831,  8  Bde.).  Werke 
herausgeg.  von  Eeroher  (1868). 

Aelst,  Stadt,  s.  AaM, 

Aemilliu  Fftnlus,  1)  römischer  Konsul, 
fiel  im  zweiten  punischen  Krieg  bei  Canna 
216  V.  Chr.  -  2)  L,,  Sohn  des  Vorigen,  mit 
dem  Beinamen  Jlfac«(2oii<cw«,  Konsul  188  und 
168  V.  Chr.,  schlug  bei  Pydna  (168)  den 
macedonischen  König  Perseus,  f  160.  Vgl. 
Qerlach,  ,Perseus  von  Macedonien  nnd  L. 
Aemilius  Paulus*,  1857. 

Aeneas,  l)  Sohn  des  Anchises  und  der 
Aphrodite,  trojanischer  Held,  floh  ans  dem 
in  Trümmer  sinkenden  Troja  und  kam  nach 
langen  Irrfahrten  nach  Italien ,  wo  er  sich 
am  Tiber  im  Gebiete  des  Königs  Latinns 
niederliess  und  mit  dessen  Tochter  Lavinia 
vermählte.  Sein  Sohn  Aer^a»  Sylvius  ward 
der  Stammvater  der  Könige  von  Alba  longa, 
der  Mutterstadt  Roms.  Vergl.  Klausen,  ,A 
und  die  Penaten*,  1839—40,  2  Bde.  —  2)  A." 
der  Taktiker,  griech.  Militärschriftsteller! 
lebte  im  4.  Jahrb.  v.  Chr.  Von  seinem 
Werke  3ypomnemata*  ist  ein  Abschnitt 
über  Belagerungskunst  erhalten,  herausgeg 
mit  deutscher  Uebersetzung  von  Köehly  u 
Büsto»  in  der  Sammlung  der  .Griech* 
Kriegsschriftsteller*  (Bd.  1,  1853).  —  8)  ^' 
Sylvius,  Papst,  s.  Pius.        [selhaft,  dunkel* 

Aenigm»(gr.),  Rätbsel;  änigmatisch,  räth- 

Aeolier,  einer  der  Hauptstämme  der  Grie- 
chen, von  Aeolus  abstammend,  verbreitete 
sich  von  Thessalien  ans  über  das  westliche 
Griechenland ,  das  nordwestliche  Kleinasien 
(Aeolien)  und  die  vorliegenden  Inseln 
Unter  den  von  ihnen  gegründeten  Städten 
waren  Smyrna  und  Cyme  (daselbst  ge- 
meinsame Feste)  auf  dem  Festlande  und 
Mitylene  auf  Lesbos  die  bedeutendsten    Der 


Aeolipile  —  Aera. 


21 


Sclisehe  Bund  nrnfasate  im  Ghinzen  12  Städte. 
Schon  CrösuB  Ton  Lydien  tributär,  wurden 
sie  Ton  Persien  abhängig,  traten  nach  den 
Perserkriegen  grösstentbeils  der  athenischen 
BnndesgenoBsenschaft  bei,  kamen  dann  wie- 
der nnter  die  Gewalt  persischer  Satrapen, 
später  nnter  syrische,  zuletzt  nnter  röm. 
Herrschaft.  Der  äolische  Dialekt,  eine  der 
3  griech.  Ebiuptmundarten ,  gelangte  bes. 
auf  Lesbos  zur  Ausbildung  (Alcäus,  Sappho). 

AeolipÜe^  1)  (AeolutbaU),  von  Heron  ange- 
gebener Apparat,  in  welchem  nach  dem 
Princip  der  Beaktionstnrbinen  durch  aus- 
strömenden Dampf  direkt  eine  rotirende 
Bewegung  erzeugt  wird.'—  2)  Löthlampe,  bei 
welcher  heftig  ausströmender  Spiritusdampf 
eine  lange  heisse  Flamme  gibt. 

Aeolsharfe^  Art  Harfe,  deren  im  Einklang 
gestimmte  Darmsaiten  durch  Luftzug  zum 
willkürlichen  Erklingen  gebracht  werden; 
im  vorigen  Jahrh.  sehr  beliebt. 

AeöliUy  einer  der  mythischen  Stammväter 
des  hellenischen  Volks,  Sohn  des  Heilen, 
Enkel  des  Deucalion ,  auf  dessen  Abkömm- 
linge die  Gründung  der  äolischen  Städte  in 
Thessalien  zurückgeführt  ward.  Ein  anderer 
A.,  KachkoiAme  des  Vorigen,  liess  sich  auf 
den  äoUBohen  (jetzt  liparischen)  Inseln  nieder, 
lehrte  den  Gebrauch  der  Segel  und  ward  von 
Zeus  zum  Gebieter  der  Winde  bestellt,  die 
er  in  rtner  Höhle  verschlossen  hielt. 

Aeon  (gr.),  Zeitraum,  Weltalter,  auch 
Ewigkeit.  Aeonen,  bei  den  Gnostikern  gött- 
liche Kräfte,  die  vor  dem  Anfang  der  Zeiten 
von  Gott  ausgeströmt  sind  und  als  selbst- 
ständige Geister  den  verschiedenen  Welt- 
seiten n.Weltordnnngen  vorstehen.  Aeonie», 
äonieehe  Feste,  hundertjährige  Jubelfeste. 

Aeplomit  maxiinns^  aasgestorbene  Vogel- 
art auf  Madagaskar,  zu  den  Geiern  gehörig, 
klafterte  28  Ellen. 

Aeqofttor  (lat.,  Erdgleicher ;  in  der  SchifTer- 
sprache  Linie),  derjenige  grösste  Kreis  auf 
der  Erdkugel,  dessen  Fläche  senkrecht  auf 
der  Axe  derselben,  und  zwar  in  deren  Mitte 
steht  und  die  Erdkugel  in  die  nördl.  und 
südl.  Hemisphäre  thellt.  Die  Ebene  desselben 
bis  zum  Durchschnitt  mit  der  scheinbaren 
Himmelskugel  erweitert  gedacht,  bildet  den 
Bifmmelsaquaior,  in  welchem  die  Sonne  2mal 
im  Jahre  steht  (Aequinoktialpnnkte). 

AeqiUktorealy  astronomisches  Femrohr  zur 
Bestimmung  der  Deklination  und  Rekt- 
aseension  der  Gkstime. 

AeqnatorhShe.  der  Winkel,  welchen  der 
Aeqnator  mit  d^m  Horizont  bildet.  Die 
Polhöhe  oder  geographische  Breite  eines 
Orts  von  90^  abgezogen  ergibt  die  A. 

Aequer  (Aeguicolae) ,  altitalischer  Volks- 
stamm  im  latin,  Bergland,  nach  langen 
Kämpfen  durch  Camillus  (389  v.  Chr.)  be- 
siegt und  im  Samniterkriege  (300)  von  den 
Römern  völlig  unterworfen.  [gewicht. 

A«««llibrl8lBU  (lat.) ,  Lehre  vom  Gleich- 

A««iii]ioetiiim  (lät.),  Nachtgleicbe ,  der 
zweimal  im  Jahr  eintretende  Zeitpunkt,  in- 
welchem  die  Sonne  im  Aequator  steht  und 
folglich  Tag  und  Nacht  gleich  lang  sind. 
Sl.  März  FrühlingeäguinoctiHn,  22.  Sept.  I 
Serbsiäqtdno^ium,  \ 


Aequinoktialkrels,  s.  v.  a.  Aequator. 
AeqatnokUalpmiktey  die  beiden  Punkte 
der  Ekliptik,  in  welchen  dieselbe  den 
Himmelsäquator  schneidet;  rücken  langsam 
von  O.  nach  W.  fort;  s.  PtäcessioTt.  Vom 
Frühlingsäquinoktialpunkt  aus  werden  in 
der  Astronomie  die  Längen  und  geraden 
Aufsteigungen  der  Gestirne  gerechnet. 

AequiBoktimlregeii  und  ••tarme,  heftige, 
zur  Zeit  der  Aequinoktien  zwischen  den 
Wendekreisen  eintretende  Regen  u.  Stürme. 
Aeqnlnoktialiiliry  s.  Sonnenuhr. 
Aeqnlnokttalzon«)  zwischen  den  Wende- 
kreisen zu  beiden  Seiten  des  Aequator« 
liegende  Zone,  hat  das  ganze  Jahr  hindurch 
fast  gleich  lange  Tage  und  Nächte. 

AeqnipoUeiit(lat.),  gleichbedeutend,  gleich- 
geltend; äqtiipollente  Urtheile,  Urtheile  von 
gleichem  Inhalt;  Aequipollens,  Gleichgeltung. 
Aeqnlvalent  (lat.),  Werth  oder  Summe, 
welche  als  Entschädigung  Air  eine  Jeman^ 
dem  entzogene  Sache  oder  für  einen  auf- 
gegebenen Anspruch  gezahlt  wird.  In  der 
Chemie  sind  A.e  (Mischungs-  oder  Verbin- 
dungsgewiohte)  diejenigen  Mengen  ver- 
schiedener Substanzen,  welche  denselben 
chemischen  Effekt  hervorbringen.  So  ver- 
binden sich  100  Schwefelsäure  mit  118  Kali, 
77,5  Natron,  70  Kalk,  und  genau  dieselben 
Mengen  dieser  letzteren  verbinden  sich 
wieder  mit  Je  135  Salpetersäure,  90  Oxal- 
säure, 127  Essigsäure  etc.  Wie  die  zusam- 
mengesetzten so  verbinden  sich  auch  die  ein- 
fachen Körper ,  die  Elemente ,  nach  festen 
Verhältnissen,  und  wenn  man  diese  Ver- 
hältnisszahlen auf  Wasserstoff  als  Einheit 
bezieht,  so  erhält  man  die  üblichen  A. : 

48 
23 
29,5 
53,3 
31 
98,7 
100 
8 
16 
39,7 
108 
21 
U 
43,8 
25 
60 
1 
210 
92 
32,6 
59. 

Aeqüivok  (lat.),  gleichbedeutend,  gleich- 
namig; auch  doppelsinnig,  zweideutig; 
Aegnivoken,  zweideutige  Redensarten. 

Aer  (lat.),  die  atmosphärische  Luft. 

Aera  (lat.),  Zeitalter,  Ctoschichtsepoche; 
Zeltrechnung,  zur  chronologischen  An- 
ordnung der  geschichtlichen  Begebenheiten 
dienend.  Die  wichtigsten  der  gegenwärtig 
gebräuchlichen  Aeren  sind:  die  A,  von  Et' 
Schaffung  der  Welt  (Epoche  nach  Scaliger  und 
Calvisius  3950,  nach  Hillel  8761  v.  Chr.),  seit 


Aluminium 

.    13,7 

Molybdän   . 

Antimon     . 

.  122 

Natrium .    . 

Arsen     .    . 

.    75 

Nickel    .    . 

Barium  .    . 

.    68,5 

Pallaldium  . 

Blei    .    .    . 

.  103,5 

Phosphor   . 

Bor     .    .    . 

.    10,9 

Platin     .    . 

Brom  .    .   '. 

.    HO 

Quecksilber 

Cadmium    . 

.    56 

Sauerstoff  . 

Calcium  .    . 

.    20 

Schwefel     . 

Chlor.    .    . 

.    35,5 

Selon.    •  .. 

Chrom    .    • 

.    26,7 

Silber     .    . 

Eisen .    .    . 

.    28 

Silicium .    . 

Fluor .    .    . 

.   te 

Stickstoff    . 

Gold  .    .    . 

.  197 

Strontium  . 

Jod     .    .    . 

.  127 

Titan.    .    . 

Kalium  .    . 

.    39,1 

Uran  .    .    . 

Kobalt    .    . 

.    29,5 

Wasserstoff 

Kohlenstoff 

.      6 

Wismuth    . 

Kupfer  .    . 

.    31,7 

Wolfram    . 

Lithium  .    . 

.      7 

Zink  .    .    . 

Magnesium . 

.    12 

Zinn  .    .    • 

Mangan  .    . 

.    27,5 

22 


Aerar  —  Aethiopicn. 


dem  11.  Jahrh.  bei  den  Jaden  im  Gebrauch; 
die  A.  von  Chruti  Qtburt,  vom  röm.  AbtDiony- 
BinsExig^os  herrührend,  in  Rom  bald  nach 
der  Mitte  des  6.  Jahrh.  kirchlich  gebraucht, 
auch  Ton  Karl  dem  Grossen  in  Urkunden 
angewandt ,  seit  dem  10.  Jahrh.  -im  Abend- 
lande verbreitet;  die  A»  der  Hedsehra  (Flucht 
Mohammeds,  Epoche  15.od.l6.  Juli  622  n.Chr.), 
seit  dem  Khalifen  Omar  bei  den  mohamme- 
danischen Völkern  im  Gebrauch ;  die  indischen 
Aeren,  unter  denen  die  des  Kaliyuga,  28. 
Febr.  S102  v.  Chr.,  die  des  Yikramäditya, 
genannt  Sanvat,  56  v.Chr.,  die  des  S&livähana, 
genannt  Saka,  78  n.  Chr.  beginnend,  und  die 
der  Buddhisten,  vom  Todesjahr  des  Buddha 
Sakiamuni  (543  v.  Chr.)  anhebend,  die  be- 
kanntesten sind,  und  die  ehinesi3cke(a. China). 
Von  den  älteren  Aeren  sind  für  das  Ge- 
schichtsstudium wichtig:  die  griechische 
A.  der  Olympiaden  (Epoche  1.  Juli  776  v.  Chr., 
Sieg  des  Ooröbus  im  Wettlauf  bei  den  olym- 
pischen Spielen);  die  A.  von  Erbauung  der 
^adt  Born  (Epoche  nach  Varro  21.  April  7&3 
V.  Chr.,  nach  Oato  und  DIonysius  21.  April 
752);  die  A.  Naboncusara  (Epoche  26.  Febr. 
747  V.  Chr.  bis  12.  Nov.  324  zählend,  wo 
sich  die  philippische  A.  oder  die  A.  von 
Alexanders  Tode  anschliesst) ;  die  A.  der 
Seleuciden  (Epoche  Herbst  S12  v.  Chr.,  bei 
den  Juden  bis  ins  11.  Jahrh.  im  Gebrauch) ; 
die  diocleiianische  A.  (Epoche  29.  Aug.  2o4 
n.  Chr.,  Diocletians  Regierungsantritt,  auch 
Jfflrtyrerära  genannt),  bei  den  äthiopischen 
Christen  und  Kopten  noch  im  klrchl.  Ge- 
brauch; die  A.  der  franedsischen  Beptiblik, 
mit  22.  Sept.  1792  beginnend,  eingeführt 
5.  Okt.  1793,  abgeschafft  1.  Jan.  1806. 

Aerar  (lat.),  Staatskasse  (Fiscus);  Kasse 
städtischer  und  sonstiger  Korporationen. 

Aerodynamik  (PneumattV«,  gr.),  Lehre  von 
den  Gasen  im'  Zustande  der  Beweg^ung. 

Aeroe  (Arröe),  dänische  Insel,  südl.  von 
Fnnen ,  1,4  QM.  und  11,420  Ew.  Hauptort : 
Aer^eskjÜbing,  1700  Ew. 

Aeroiithen  (gr.),  s.  Meteorsteine. 

Agronautlk  (gr.),  LuftschififüEthrtskunde, 
8.   Lu/tbmllon. 

ASrophpu  (gr.),  amerikan.  Dampforgel. 

ASrMtat(gr.),  Jede  Vorrichtung,  die  dazu 
dient,  sich  in  die  LufTzu  erheben. 

Aerostatik  (gr.),  Lehre  vom  Gleichge- 
wicht der  Gase. 

Aerostatische  Presse  (Lußpresse),  mecha- 
nische Vorrichtung  zum  Extrahiren,  bei 
welcher  der  Luftdruck  die  Flüssigkeit  durch 
den  zu  extrahireuden  Körper  in  einen  luft- 
leeren Raum  treibt.  ^100  Ew. 

Aerschot.  Stadt  im  belgischen  Flandern, 

Aesche^  Thymallus  C,  Lachsflschgattung. 
Gemeine  A,  (Iser),  Tb.  vexillifer  Ag.,  Salmo 
thymallus  X.,  in  schnellfliossendem  Gewässer 
fast  überall  in  Europa. 

AeschineS)  griech.  Redner,  geb.  889  v.  Chr. 
Bu  Athen,  Nebenbuhler  u.  Gegner  des  De- 
mosthenes,  indem  er  die  Sache  Philipps 
von  Macedonien  vertrat,  lebte  später  zu 
Rhodus,  dann  zu  Samos,  wo  er  314  f.  Noch 
übrig:  8  Reden  (heransgeg.  \on  Franke  1860). 

AeschfluB,  griech.  Tragiker,  geb.  625 
T.  Chr.  zuEleusis  inAttika,  kämpfte  mit  in 


den  Schlachten  bei  Marathon,  Salamis  und 
Platäa  und  f,  nach  Sidlien  ausgewandert, 
456  zu  Gela.  Begründer  der  hohem  attischen 
Tragödie.  Von  70—90  Tragödien  sind  7  er- 
halten: ,Die  Perser*,  ,Die  Sieben  gegen 
Theben',  ,Die  Schntzflehenden*,  ,Agamem- 
nou*,  ,Die  ChoephorenS  ,Die  Eomeniden', 
,Der  gefesselte  Prometheus*:  herausgeg.  von 
Dindorf  (5.  Aufl.  1865),  (7.  Hermann  (2. 
Aufl.  1859);  übers,  von  Voss  (1826),  Dropsen 
(3.  Aufl.  1868) ,  Donner  (1853),  (Hdenberg  (1869). 

Aescnlapias  (gr.  AskU^os),  Sohn  des 
Apolls  und  der  Goronis ,  Gott  der  Heilkunde, 
Schüler  des  Centauren  Chiron,  brachte  selbst 
Verstorbene  wieder  znm  Leben,  ward  deshalb 
von  Zeus  auf  Plutos  Klage  durch  den  Blitz 
erschlagen,  von  den  Menschen  aber  fortan 
«als  Gott  verehrt.  Attribut  ein  von  einer 
Schlange  umwnndenerStab.  Vgl.  Asklepiaden. 

AescuInSy  s.  Bosskastanie, 

AesöpuSy  griech.  Fabeldichter,  lebte  im 
6.  Jahrh.  v.  Chr.,  Zeitgenosse  der  sieben 
Weisen;  nach  Andern  mythische  Person. 

Aesthetik  (gr.),  eigentlich  die  Theorie  des 
sinnlichen  Vorstellens  und  Empfindens,  von 
A.  G.  Baumgarten  (s.  d.  2)  angebrachte  Be- 
zeichnung der  philosophischen  Lehre  vom 
Schönen  (s.  d.).  [miren,  schätzen. 

Aestiraation  (lat.),  Werthschätzung ;  ästi- 

Aestnarlum  (lat.),  breite,  moerbusenähu- 
liche  Strommündung  mit  Ebbe  und  Fluth. 

Aes  «stoia  (lat.),  künstliches  Schwefel- 
kupfer, Aetzmittel  gegen  wildes  Fleisch. 

Aether  (gr.),  Name  chemischer  Verbindun- 
gen, welche  aus  den  entsprechenden  Alko- 
holen dadurch  entstehen,  dass  1  Aeq.  Wasser- 
stoff der  letzteren  durch  1  Aeq.  eines  Alkohol- 
radikals ersetzt  wird.  —  A.,  ßchvfe/eUUker 
(Schwefelnaphtha,Aethyläther,Aethyloxyd, 
Viaäther),  Aether  sulfuricus,.  entsteht  bei 
Einwirkung  von  Schwefelsäure  auf  Alkohol, 
unter  vorübergehender  Bildung  von  Aether- 
schwef Ölsäure;  farblose  Flüssigkeit  von 
eigenthümlichem  Geruch,  0,71  spec.  Gew., 
siedet  bei  S5o  C,  verdunstet  unter  starker 
Kälteerzeugung,  ist  sehr  leicht  entzündlich, 
mit  leuchtender  Flamme  brennend,  in 
Wasser  wenig  löslich,  mit  Alkohol  mischbar, 
löst  Schwefel,  Phosphor,  Jod,  Fette,  Harze, 
Schiessbaumwolle.  Wird  fabrikmässig  dar- 
gestellt. Seit  1840  als  anästhetisches  Mittel 
(ätherisiren)  angewandt. 

Aetherische  Oele  (ßüehtige  Ode,  EssenMen), 
durch  Destillation  (auch  durch  Pressung)  aus 
Pflanzentheilen  gewonnene  Oele,  meist  farb- 
los ,  von  scharfem  Geruch  und  Geschmack» 
entzündlich ,  meist  leichter  als  Wasser,  in 
diesem  wenig  löslich ,  leicht  löslich  in  Al- 
kohol, Aether  und  fetten  Oelen.    Sauerstoff- 
freie ä.  O.  (Kohlenwasserstoffe) :  Terpentin-, 
Citronen-,  Pomeranzenblüthen-,  Kümmel-, 
Fenchel-,  Nelkenöl;  sauerstoffhaltige:  pfef- 
fermünz-. Krausemünz-,  Zimmt-,  Lavendel-, 
Anisöl.  Viele  scheiden  beim  Erkalten  einen 
festen  Körper  (Stearopten)  ab,  von  anderer 
Zusammensetzung  als  das  flüssig  bleibende 
Eläopten.    Sie  werden  in  der  Parfümerie, 
Medicin,  zu  Firnissen  verwendet.  Vgl.  Ar- 
tel,  ,ToiIettenchemie*,  2.  Aufl.  1866. 
Aethiopleii«  ursprunglich  das  ganse.  Ten 


Aethiopischer  Archipel  —  Affidavit 


23 


«cbwarzen  oder  duBkelfarblgen  Völkern 
^(Äähiopiem,  d.  h.  yon  der  Sonne  Verbrann- 
ten) bewohnte  Südland;  später  bes.  das  Land 
am  Obern  Nil  (Nubien) ;  im  Mittelalter  Name 
-für  Abeasinlen. 

Aethiopischer  ArehipeK  die  an  der  Ost- 
küste Afrikas  gelegenen  Iiiseln. 

Aethlopisches  Meer»  alter  Name  für  den 
Südtheil  des  atlantischen  Oceans. 

Aethiopische  Sprache  (bei  den  Eingo- 
bomen  Geet),  die  alte  Sprache  Abessiniens, 
im  14.  Jabrh.  durch  das  Amharische  yer- 
•dr&ngt,  seitdem  nur  als  Schriftsprache  fort- 
lebend; ein  Zweig  des  semitischen  Sprach- 
■stammes ,  Kun&cbst  (auch  in  der  Schrift)  mit 
■dem  himjaritlsphen  Dialekt  des  Arabischen 
verwandt.  Kirchlichen,  historische  Literatur 
seit  Einführung  des  Ohristenthuma  im  4. 
Jahrb.,  Uebersetzungen  der  Apokryphen. 
Wenig  dayon  bis  Jetzt  im -Druck  erschienen. 
Beicho  Sammlungen  äthiop.  Handschriften 
in  Oxford,  Tübingen  u.  Paris.  Grammatiken 
von  lAidoif  (1702)  u.  DiHman  (1857),  Lexikon 
von  Ludolf  (1699). 

Aethnsft  L,  (OUisse),  PAanzengattung  der 
Umbelliferen.  A.  cynapium  L.,  Gartenschier' 
ling,  EundapeteraÜie ,  einjährige  Giftpflanze 
in  ganz  Europa,  unterscheidet  sich  von 
der  sonst  ähnlichen  Petersilie  besonders 
durch  den  widerlichen  Gteruch  'der  ge- 
riebenen Blätter. 

AetiolOgie  (gr.),  die  Lehre  von  den  Ur- 
sachen, insbes.  von  den  Krankheitsursachen. 

AetiiUy  römischer  Feldherr  unter  den 
Kaisem  Honorius  und  Valentinian  m., 
regierte  80  Jahre  das  weström.  Beich,  be- 
Bi^e  Attila  451  auf  den  katalaunischen 
Feldern;  452  von  Honorius  ermordet. 

Aetna  (ital.  Monte  Gibello),  Vulkan  bei 
Oatania  auf  Sicilien,  der  höchste  u.  grösste 
Europas,  10,280'  hoch  auf  einer  Basis  von 
20  Meilen  Umfang.  Bis  zu  7500^  Höhe 
Pflanzenwuchs;  der  Gipfel  nackt,  von  Eis 
und  Asche  bedeckt,  mit  50  grösseren  und  600 
bis  700  kleineren  Eruptionskegeln.  Von  den 
etwa  80  bekannten,  grösseren  Eruptionen 
waren  die  bedeutendsten  neuerer  Zeit  die 
von  1169,  1669,  1693,  1843  und  1852.  Vgl. 
Sartoriu»  ,Atlas  des  A.<  (1848—53). 

Aetolien^  altgriechische  Landschaft  im 
westl.  Theile  von  Hellas,  am  Eingang  in 
den  korinthischen  Meerbusen.  Der  cUoliache 
Bund,  durch  den  lamischen  Krieg  (323-322 
V.  Ohr.)  ins  Leben  gerufen,  erhielt  erst  zur 
Zeit  des  achäischen  Bundes  grössere  Be- 
deutung, war  nach  einander  mit  den  Bö- 
inern,  mit  Antiochus  von  Syrien  und  Perseus 
von  Mai^edonien  verbündet,  und  ward.  189 
mit  Macedonien  der  röm.  Herrschaft  unter- 
worfen. Im  Jetzigen  Königr.  Griechenland 
bildet  A.  und  Akamanien  eine  Nomarchie, 
149,3  QM.  u.  109,892  Ew.  Hptst.  Missolunghl. 

AetseBy  die  Oberfläche  eines  Körpers 
durch  scharf  wirkende  Stoffe  verändern ;  in 
der  Technik  Erzeugung  von  Bildwerken 
und  Druckplatten  durch  Hervorbringung  er- 
habener oder  vertiefter  Zeichnungen  (Hoch- 
und  Tiefätzen)  auf  Metall,  Stein  oder  Glas, 
wobei  die  Stellen,  auf  welche  das  Aettweuser 
(Säuren   oder  Salzlösungen)  iiicht    lösend 


wirken  soll,  durch  einen  dünnen  harzartigen 
Ueberzug  (AeUgrund)  ees<^ützt  werden. 

Aetzndttel  ( Oatutica),  medicinische  (Aetz- 
kali,  salpetersaures  Silberoxyd  und  Queck- 
silberoxydul ,  Kupfervitriol ,  Zinkvitriol, 
Ohlorzink,  Chlorbrom,  Alaun,  Schwefel- 
säure ,  Salpetersäure ,  Dichloresslgsäure), 
dienen  zur  Zerstörung  von  Afterbildungen, 
zur  Oeffnung  von  Absoessen,  zur  Anregung 
der  Eiterbildung  bei  Hautkrankheiten. 

Aetzwasser,  s.  Aetzm.  JJahres. 

A.  f. 9  abbr.  tmni  futuri  (lat.),  künftigen 

Affaire  0[r.,  spr.  Affähr).  Angelegenheit, 
Geschäft; Begebenheit;  Gefecht;  A.  «famotir 
Tspr.  damur),  Liebeshandel;  A.  <fAofin««r 
(spr.  d*onneur),  Ehrensache ,  Duell. 

Affekt  (lat.),  Gemüthsbewegung. 

Affektatlon  (lat.),  erkünsteltes  Benehmen, 
Ziererei;  t^ffeJUiren,  sich  zieren,  den  Schein 
von  etwas  annehmen. 

Affektion  Q^t.) ,  Wirkung  einer  Gemüths- 
bewegung ;^  Gewogenheit;  affektionirt,  ge- 
wogen; in  A,  nehmen,  liebgewinnen;  Affek- 
tionapreis  (pretium  affeetionU),  der  Werth, 
den  man  einer  Sache  in  ^olge  besonderer 
Vorliebe  für  sie  beilegt. 

Afliin  (  Vierhänder),  Quadruroana,  2.  Ord- 
nung der  Säugethiere.  Vier  Hände  oder 
bloss  hinten  Hände,  der  hintere  Daumen 
immer,  meist  alle  Finger  mit  Plattnägeln, 
Augen  nach  vorn  gerichtet,  Brustzitzen, 
Gebiss  sehr  geschlossen,  die  Eckzähne  etwas 
länger»  die  Schneidezähne  des  Unterkiefers 
schräg  nach  vom  gerichtet.  Nicht  selten 
mit  starkem  Wickel-  oder  Greifschwanz. 
Leben  meist  gesellig  in  den  Wäldern  warmer 
Himmelsstriche  (in  der  Palmzone),  fehlen 
in  Neuholland  und  Europa  (bis  auf  Gibraltar), 
nähren  sich  von  Vrüchten,  Insekten,  kleinen 
Vögeln  und  Eiern.  Fleiscli  geniessbar.  I. 
Eigentliche  A.,  Simiae.  Gesicht  kahl,  4Hände. 
a)  Schmalnasen,  S.  catarrhinae,  A.  der  alten 
Welt.  Nasenscheidewand  schmal,  Platt- 
nägel an  allen  Fingern,  nie  Greif-  oder 
Wickelschwanz.  Asien,  Afrika,  b) Breitnasen, 
Plattnasen,  S.  platyrrhinae,  A.  der  neuen 
Welt.  Nasenscheidewand  breit,  Schwanz 
meist  lang,  sohlaff  oder  ein  Greif-  oder 
SLollsohwanz ,  weder  Backentaschen,  noch 
Gesässschwielen.  H.  KraUenßffen,  Uistiti, 
Arctopitheci.  Gesicht  nackt,  vorn  Pfoten, 
hinten  Hände,  alle  Finger  bis  auf  den  hin- 
teren Daumen  mit  Krallnägeln.  Südamerika. 
m.  Halbaffen,  Prosimii.  Gesicht  behaart, 
Kopf  zugespitzt,  Zeigefinger  der  hinteren 
Hände  stets  mit  spitzem  Krallnagel,  in  der 
heissen  Zone  «^er  alten  Welt. 

AffenbrodbAim  (Baobab),  Adansonia  digi- 
tata  L.,  niedriger  afrikanischer  Baum  (Malva- 
cee),  erreicht  unter  allen  Pflanzen  der  alten 
Welt  den  grössten  Umfang;  Blättern.  Frucht- 
fleisch als  Nahrungs-  u.  Heilmittel  benutzt. 

Affenthftly  Dorf  im  bad.  Kreise  Baden, 
bekannt  durch  den  AffentKaler  (Bothwein). 

AfBche  (fr.,  spr.  Affisofa),  Anschlagzettel. 

Afficiren  (lat.),  erregen,  ergreifen,  reizen. 

AfAdmTlt  (mittelalterl.  Ut.) ,  in  der  engl. 
Gerichtssprache  die  Urkunde,  welche  eine 
Darstellung  thatsächlicher  Verbältnisse  und 
derou  eidliche  Bekräftigung  enthält. 


24 


Affigiren  —  Afinger. 


ÄtHgiTttn  (lat.)t  anheften,  anschlagen; 
«tfßaewHi,  8.  T.  a.  AfAche;  auch  Buchstaben- 
öder  Silbenanhang. 

AfBUatlOB  (lat.),  s.  t.  a.  Adoption;  bei 
den  religiösen  Orden  Anfhahme  von  Laien 
in  einen  solchen,  wobei  sich  diese  nicht 
inr  Tollständigen  Beobachtung  der  Ordens- 
regeln, sondern  nur  eu  frommer  bnssfertiger 
Lebensführung  yerpllichteu ;  in  der  Frei- 
maurerei Aufnahme  einer  bereits  konstl- 
tuirten  Loge  oder  auch  eines  einzelnen 
Maurers  in  eine  andere  Loge. 

Afftsinmg  Qat.,  fr.  qfßnage),  Trennung  des 
Goldes  Tom  Silber  durch  Kochen  des  Metalls 
mit  Schwefelsäure,  in  welcher,  sich  das 
Silber  15st.  Aus  der  vom  snrfickbleibenden 
Gold  getrennten  Lösung  wird  das  Silber  mit 
Kupfer  gefallt.   A/Jlnirwasser ,  AetKwasser. 

Aflliiität  (1<^^*))  Verwandtschaft. 

Aflirmatlon(lat.),  Bestätigung.  Affirmative, 
•  bejahende  Meinung,  Beistimmung. 

Affodllly  s.  A^hodelus, 

AfformatlOB  (lat.),  Anbildung,  Bildung 
der  Personalformen  des  Zeltworts  durch 
Anhängnng  der  abgeküraten  Pronomina 
(affortnativa)f  wie  in  der  hebräischen  Sprache. 

Albre  (spr.  Aff*r),  Denis  Aug.,  Erzbischof 
Ton  Paris,  geb.  27.  Sept.  1793  au  St.  Bome- 
de-Tam,  1884  Generalyikar  in  Paris,  seit 
Mai  1840 Erzblschcf  das.,  ward  beim  Strassen- 
kämpfe  25.  Juni  1848,  als  er  cum  Frieden 
eu  reden  Tersuchte,  Terwundet  und  f  27. 
Juni.  Seine  Biographie  tou  Biancey  (1848) 
und  Cruice  (1849).  [Trotz. 

Affl:ont(fr.,  spr.  Affron^,  Beschimpfung, 

Afltet  (fr.,  spr.  Affüh),  Schaft  eines  Schiess- 
gewehrs, Laffete;  affutiren ,  Schäften;  ein 
Geschütz  zum  Schuss  richten. 

AfJBfhinistan  (KiOmlistan),  Land  in  Asien, 
der  nordöstl.  Theil  des  iranischen  Hoch- 
landes, zwischen  Persien  u.  Vorderindien, 
11—12,000  QM.  Auf  der  Nordgrenze  gegen 
Turkestan  der  (bis  20,000'  hohe)  Hindukhu 
(mit  dem  Pass  Hindukusch)  und  der  Paro- 
pamisus,  im  O.  das  Kheiber»  und  Soliman- 
geb.  (mit  den  wichtigen  Kheiberpässen  u. 
dem  Bolanpass  nach  dem  Pendschab).  Das 
Innere  noch  sehr  unbekannt.  Flüsse:  der 
Kabul,  durch  den  Kheiberpass  zum  Indus, 
der  Hilmend,  westlich  zum  Zarehsee  an  der 
pers.  Grenze  fliessend.  Klima  sehr  Terschie- 
den :  im  S.  und  SW.  Datteln  und  die  Produkte 
Indiens,  in  den  nördl.  Alpengegenden  europ. 
Vegetation.  Die  Produkte  im  Allgemeinen 
denen  Persien s  gleich.  Die  Bewohner  (ll^ 
Mil]*,  nach  And.  etwa  4  Mill.) :  Afghanen,  iran. 
Stamms,  als  Eroberer  eingedrungen,  herr- 
schende BeTölkerung,  in  2  Stämmen  (Gildschi 
im  NO.,  Durani  im  SW.) ;  Tadachika,  die  unter- 
jochten Abkömmlinge  der  alten  Einwohner, 
pers.  Stamms,  Landbauer,  Gewerbe  treibend, 
bes.  im  W.;  ^<n<U:i,  indischen  Ursprungs,  im 
NO.;  dazu  kleine  eingesprengte  Völkerele- 
m  ente :  Ki$${l-£d$eM  (türkl),  HeMareh  u.Bimaka 
(mongoL),  im  NW.  nomadisirend ,  Deggan 
und  8waH  (Indogerman.)  im  O. ;  Armenier 
und  Juden,  die  den  EEandel  betreiben.  Herr- 
achende Religion  der  sunnitische  Islam,  daher 
A.  den  Persem  feindlich  gegenüber  stehend. 
Die  Haupthandels-  u.  Verkebrsplätze:  Berat. 


Kabul,  Ghasna  und  Kandahar.    Das  Land 
ist  unter  einzelne  Stämme  (Uluss)  vertheilt» 
die  unter  einem  Schah  stehen;   ihr  Unab- 
hängigkeitssinn  bindertjedocb  Jede  dauernd» 
pollt.  Einigung.  Residenz  des  Schahs :  Kabul. 
Bei  der  wachsenden  Annäherung  Russlanda 
und  Englands  auf  asiat.  Boden  wird  A.« 
als  Hüter  der  Kheiberpässe,  immer  mehr  x^ 
mehr  in   den  Konflikt  europäischer  Inter- 
essen hineingelogen.    Die  afgka»,  BpraeKe 
(Puschtu  oder  Pukhtu),  eine  Schwester  der 
pers.,   seit  15.  Jahrb.  Schriftsprache;  die 
Literatur  eine  Nachbildung  der  pers.  Der  be- 
kannteste Dichterist  Abd-ur-Rahman.  Gram- 
matiken Ton  Dorn  (1840),  Baveriy  (1860—61). 
OeeehiciUe.     Die  Afghanen,  bei  Herodot 
Paktyer  genannt,    zuerst  in    den  Kriega- 
zügen  Mahmuds  Ton  Ghasna  erwähnt,  traten 
erst  um  die  Mitte  des  18.  Jahrb.  geschlossen 
auf,   nachdem  sie  Ahmed -Schah  (1747—78) 
der  pers.  Herrschaft  entrissen  hatte.    Dieser 
gründete    die   Dynastie    der   Durani    oder 
Abdalli,  deren  Reich  (1823)  mit  dem  Sturse 
Mahmuds  zerfiel.    Es  begann  nun  die  Herr- 
schaft der  Baraksl,u.  zwar  herrschte  in  Kabul 
Dost-Mohammed.  Da  dieser  den  Engländern 
feindliche  Absichten  auf  Indien  zu  hegen 
schien,  so  drang  ein  britisch -indisches  Heer 
(7.  Aug.  1889)  in  Kabul  ein  u.  hob  Schud-Schah, 
Mahmuds  Bruder,  auf  den  dortigen  Thron. 
Aber  ein  allgemeiner  Aufstand  im  Winter 
1841—42  nöthigte  die  Engländer  zum  Abzug, 
auf  dem  das  Heer  TöIIig  aufgerieben  ward, 
und  Dost-Mohammed  bemächtigte  sich  dann 
der  Herrschaft  wieder.    Mit  den  Sikhs  im 
Bunde  fing  er  Ton  Neuem  an  gegen  England 
zu  operiren ,  wurde  aber  ^1.  Febr.  1849)  ent- 
scheidend geschlagen  u.  floh  über  den  Indus 
zurück.    Nachdem  er  seine  Herrschaft  be- 
festigt und  durch  die  Eroberung  Ton  Balkb 
erweitert  hatte,   schloss   er  30.  März  185& 
mit   der  britisch -indischen  Regierung  ein 
Schutz-  undTrutzbündniss  ab.    Auf  Veran- 
lassung der  Engländer  fing  er  1856  mit  den 
Persem  Krieg  an;  diese  besetzten  Herat, 
überliessen   es   aber  auf  Grund    eines  im 
Juli   1857   abgeschlossenen   Vertrags    dem 
Baraklhäuptling  Ahmed  -  Khan.    Dost  -  Mo- 
hammed schlug  dessen  (Anfang  1862)  gegen 
Kandahar  anrückendes  Heer  und  eroberte 
(26.  Mai  1868)  Herat  zurück.    Nach  seinem 
Tode  wilder  Kampf  zwischen  seinem  Sohn 
u.  Thronfolger  Schlr-Ali  u.  dessen  Brüdern 
Azlm-Khan  und  Afzul-Khan.    Letzterer  er- 
oberte Kabul   und  Kandahar,   ward   aber 
1869  getödtet,   worauf  Schir-Ali  die  Herr- 
schaft Ton  ganz  A.  wieder  an  sich  riss,  in 
der  er  sich,   tou  England  anerka*hnt,  seit- 
dem behauptet  hat.    Vgl.  Elphinetone,  ,Ac- 
count    of    the    kingdom    of  Cabul*,    1815* 
deutoch  1815—16,   2  Bde.;   Neumamn,    ,D«8 
Trauerspiel    in   A.*,   im   ,Histor.   Taschen- 
buch* für  1848 ;  Eyer,  ,The  milltary  Operations 
atCabulS  1843;  Kaye,  ,Hist.  of  the  war  in 
A.',1861;  die  Reiseberichte  tou  Conolly  (1834 
2  Bde.),  Burnes,  deutsch  Ton  Oelckert  (1842)* 
JfoMon  (1842,  3  Bde.,  deutsch  1843,  9  Bde.) 
FerrUr  (1856),  DeOew  (1862),   Vambery  (1866)! 
Afinger^  Bernhard,  Bildhauer,  geb.  181S 
SU  Nümbei^,  anfangs  Blechschläger,   seit 


Afium-Karahissar  —  Afrika. 


2& 


Anftng  der  40er  Jahre  «iif  Rauchs  Yeran- 
lastinng  in  Berlin.  HimmelfiahrtMarifi  (Relief, 
inNeisse),  Gmciflxna  (Sagan),  Arndtstatue  n. 
Brannenmodell  für  Bonni  Newtonstatne 
(Pesth),  Portraitmedaillons,  Büsten  etc. 

'Aflaiii-Karahissar^  Stadt  in  Kleinasien, 
Natolien,  32,000 Ew.  Mohnban,  Opiumhandel. 
Afirfty  Heilige,  geb.  eq  Augsburg,  ward, 
anr  Dienerin  der  Venus  bestimmt,  vom  Bi- 
schof Narciss  lum  Christenthnm  bekehrt, 
t  als  Märtyrerin  unter  Diocletian.  Tag  5.  Aug. 
Afiraneeudofl  (span.),  auch  Jo8^fino»t  in 
Spanien  Die,  welche  die  von  Joseph 
Bonaparte  1808  proklamirte  Verfassung 
beschworen;  überhaupt  Anh&nger  der 
Franzosen. 

AfruiiM.  iMcitUt  röm.  EomOdlendichter, 
um  95  Y.  Chr.,  Mitbegründer  des  römischen 
Nationallustspiels  (Fabula  togata),  dem 
Menander  geistesverwandt.  Die  erhaltenen 
Fragmente  gesammelt  ton  Bibibech  in  den 
,Comicorum  romanorum  rellquiae*  (1855). 

Afiricanns^  Sextus  Juliua,  röm.  Geschicht- 
schreiber aus  Emmans  in  Palästina,  f  ^h 
Christ,  Verf.   eines  ,Pentabiblion  chronolo- 
gicum*,  wovon  noch  Fragmente  (b.  B.   ein 
Verzeichniss   olymp.  Sieger,  herauf,  von 
Hutgers  1868)  vorhanden  sind. 
AmciM  (lat.),  Südwestwind. 
Aftrika,  dritter  Erdtheil,  das  Südwestglied 
der  alten  Welt,  eine  kompakte,  fast  rings  vom 
Meer  umflossene,  nur  durch   die  Landenge 
von    Suez    mit    Asien    zusammenhängende 
Masse,  vom  Aequator  durchschnitten  u.  von 
diesem  gegen  S.  und  N.  fast  gleichweit  rei- 
chend, 544,000  QM.   Aeusserste  Spitze  im  N. 
KapBlanco  37V»o  n.Br.,  im  S.  Nadelkap  85 o 
s.  Br.  (Entfernung  zwischen  beiden  1070  M.), 
im  W.  Kap  Verde  O«?'  ö.  L.,  im  O.  Kap  Qar- 
daftii,  680  ö.  L.  (Entfern.  1020  M.).  Küsten- 
entwicklung ganz  gering,  daher  Kiistenlänge 
nur  etwa  8500  M.   (zum  Flächengehalt  wie 
1 :152).  An  der  Nordküste  die  Meerbusen  von 
Kabes  undSydra  (kl.  undgr.'Syrte);  an  der 
Westseite:  Meerbusen  von  Guinea  mit  den 
Baien  von  Benin  u.Biafra;  an  der  Ostküste 
die  Delagoabal  und  Busen  von  Sofala,  nöcd- 
licher  der  Golf  von  Aden  u.  der  arab.  Meer- 
busen.   Inseln  nur  im  NW.  u.  SC,  zusam- 
men etwa  11,000  QM.  (darunter  Madagaskar 
8900    QM.).      Die   ffaupOänder    des   Konti- 
nents :  1)  an  der  Nordküste:  Berberei,  Aegyp- 
ten ;  8)  an  der  Ostküste:  Nubien,  Abessinien, 
Somaliland,  Zanzibar  (Suabili),  Mosambique 
und  Sofala  (gegenüber  Madagaskar),  Natal 
und    Kaffemküate;     8)    im    S,:     Kapland; 
4^  an  der  Westküste :  Nieder-  u.  Obergninea, 
Sienegambien ;  5)  im  Innern:  Sahara,  Sudan 
und  Sfid-Hochafrika.    Ebenso  einförmig  wie 
die   äussere  Umgrenzung  ist    die  vertikale 
Gestaltung  des  Erdtheils.    In  Nord-  wie  in 
Südafrika  das  Plateau  vorherrschend,  nur 
im  S.  höher  als  im  N.  u.  dort  mit  SN.-,  hier 
mit  WO.-Haupterstreckung;    daneben  ent- 
hält Nordafrika  überwiegend  Tiefland   (im 
Ganzen  etwa  60,000  QM.,  >/»  des  Festlandes), 
Südaft'ika  die  Hauptmasse  dA  Hochlandes. 
Orogrc^hisoh  ist  zu  unterscheiden :  I.  ßüd- 
Boeha/rika,  bis  5>  n.  Br.,  erst  neuerdings 
Btrichweiae  bekannt  geworden;  das  Innere 


eine  von  S.  gen  N.  gerichtete  Hochebene  oder 
ein  Central be<^en ,  zum  Theil  nur  8—8000* 
hoch,  im  Gkinzen  sehr  eben,  theils  Steppe  und 
Wüste  (Kaliharl),  theils  bewaldet,  wasser- 
reich, fruchtbar,  wohlbevölkert  und  knlti- 
virt;  im  O.  und  W.  überragt  von  sehr  breiten 
Massenerhebungen  oder  Hochflächen  mit  auf- 
gesetzten Höhenzügen  und  Berggruppen,  die 
sich  nach  dem  Meer  wie  nach  innen  meist 
sehr  allmählig  senken.  Im  Ostrande  des  Cen- 
tralbeckens,  hinter  der  Küste  von  Mosambique 
und  SSanzibar,  das  Gebiet  der  grossen  Seen, 
und  unter  dem  Aequator,  näher  der  Küste, 
eine  Reihe  von  Hoohgebirgsländem  (Mond- 
gebirge) mit  mächtigen  Schneegipfeln  (Kili- 
mandscharo 18,827',  Ndurkenia);  im  West- 
rand, an  der  Biaflrabai  (im  Hochland  der 
Amboser),  der  Vulkan  CSamerun,  12,300' ;  der 
Südrand  (Kapland)  terrassenförmig  anstei- 
gend in  8  Stufen,  die  durch  2  der  Küste  pa- 
rallel laufende  Randgebirge  gesondert  sind : 
Küstenebene  fWinterberg  73000.  Plateau  der 
Karrusteppe  (Kompassberg  7970'),  Plateau 
desGharib.  II.  ^ooAMMbm,  derNW.-Vorsprung 
von  Süd-Hochafrika  Jenseits  des  Niger,  und 
das  abestinitch«  MpenUmd  als  der  NO.-Vor- 
sprung;  zwischen  beiden  NigriUen  (Flach- 
sudan), 1000— 1800*  mittl.  Höhe,  von  unbe- 
kannter Ausdehnung  nach  S.  HI.  pie  8<k- 
harä,  die  grosse  Wüste,  110,000  QM.  (nicht 
Tiefland,  sondern  eine  Reihe  von  Plateaus 
von  1200— 1500'  Höhe,  mit  Einseukungen  und 
selbst  ansehnlichen  Höhenzügen,  nur  im 
W.  eigentliches  Tiefland),  nebst  dem  mitt- 
leren und  unteren  Bt^fenländ  des  Nil  (Nubien 
undAegypten).  IV,DßjiMUuplat9€tu,  mit  dem 
Steppenland  Blled-ul-Dscherid ,  dem  Ueber- 
gang  zur  grossen  Wüste.  Auch  die  Strom' 
ayaUiM  A.S  einförmig;  Quellgebiet  und 
()berlauf  der  Flüsse  meist  noch  unbekannt; 
letzterer  nebst  dem  Mittellauf  immer  sehr 
lang,  der  Unterlauf  sehr  kurz;  fast  alle 
Ströme  Delta  bildend.  Das  Wüstenland  im  N. 
ohne  alle  Strombildung.  In  das  Mittelmeer: 
der  Nil ;  in  den  atlant.  Ocean :  Senegal,  Gam- 
bia, Nig«t,  Ogowai,.  Kongo  (Zair6),  Ooanza, 
Garib;  in  den  indischen  Ocean:  Lirapopo, 
Zambesi*  Seen:  der  Tschadsee  in  Flachsudan, 
Tsana  in  Abessinien;  im  östl.  SüdafUka: 
Nyassa,  Victoria  Nyanza  (Ukerewe),  Albert 
Nyanza,  Taganjika,  Schlrwa;  der  Ngaml  im 
Innern  von  Südafrika. 

Das  Klima  A.s ,  insofern  es  überwiegend 
kontinental  ist  und  nur  tiner  Nieder- 
schlagsaone,  der  Regenzone,  angehört,  eben- 
falls einförmig  und  in  Folge  der  Lage  des 
Erdtheils  (zu*/»  in  der  Tropenzone),  der  Aus- 
dehnung der  Sahara  innerhalb  der  heissen 
Zone,  der  wahrscheinlich  sehr  ausgedehn- 
ten Scheitelfläohe  Süd -Hochafrikas,  dergUe- 
derlosen  Gtostalt  der  Küsten,  der  verhält- 
nissmässig  unbedeutenden  Bewässerung  und 
Bewaldung  überaus  trocken  u.  heiss.  Inner- 
afHka  wohl  der  wärmste  Theil  der  Erde, 
doch  mit  grossen  Temperaturgegensätzen: 
Tageshitze  v.  40— 42o,  kühle  Nächte  v.  lOOR. 
Die  Region  des  tropischen  od.  Sommerregens 
im  N.  vom  16.— 81.«  n.  Br.  begrenzt;  die  Regen- 
zeit im  N.  des  Aeqnators  vom  April  bis  Okt., 
im  8.  vom  Okt.  bis  April.  In  den  nördlichsten 


26 


Afrika. 


nnd  südlichsten  Küstenl&ndem  herrtchen 
die  4  Jahresseiten  der  gemäMigten  Zone« 

Die  Vegetation  ist  in  den  trop.  Flnss- 
thalern  und  überall,  wo  Feuchtigkeit  und 
Bf^tze  sich  Terbinden,  ansserordentlioh 
üppig»  kräftig  and  reich  an  eigenthüm- 
lichen  Formen,  tritt  im  Ganzen  aber 
gegen  die  Thierwelt  zurück.  Die  Pflan- 
zen sind  im  Allgemeinen  minder  mannioh- 
faltig ,  grossartig  und  saftvoll  als  in  Asien, 
aber  ge  warzreicher  als  die  amerikanischen. 
Die  Thiere  übertreffen  die  yerwandten  Ar- 
ten andrer  Erdtheile  an  Kraft  und  .Wild- 
heit; die  Zahl  der  eigenthümlichen  ist 
«ebr  g^oss,  der.  Reich tb am  an  Haustfaieren 
bedeutend.  Hervorzuhebende  Pflanxen: 
Baobab  (Adan3onia),  Schih-  oder  Butter- 
bauro,  Dracbenbaum,  Dattel-  und  F&cher- 
palme,  Alotorten,  zahlreiche  Ghswürz-, 
Arznei  -  und  Specereipflanzen ,  Färb-  und 
TTischlerhölzer,  Papyrusstaade  (im  Nilthal), 
Kaffeebaum  (wild  in  Abessinien  und  am 
Niger),  Gummibaum.  Kultirlrt  werden 
Baumwolle,  Indigo,  Bananen,"Weizen,  Mais, 
Beis,  europ.  Obst,  Wein,  Südfrüchte  (an 
den  Küsten),  Erdnuss,  Durra.  Eigenthüm- 
liche  Thiere:  Giraffe,  Zebra,  Quagga,  Gnu, 
sfrikan.  Elephant  (nirgends  gezähmt),  Rhi- 
noceros,  Flusspferd  (nicht  bloss  im  Nil), 
afrikan.  Zibethkatze,  grosse  Löwen,  Leopar-. 
den  nnd  Hyänen,  die,  in  ganz  A.  yerbrei- 
cet,  die  reichlichste  Nahrung  finden  in  der 
grossen  Menge  von  Wildpret  aller  Art: 
Antilopen,  Gazellen  und  Springhasen;  zahl- 
reiche Affenarten  (Schimpansen ,  Gtorillas, 
Meerkatzen,  Paviane):  Krokodile  (kleiner 
als  die  asiatische  Art),  riesige  und  giftige 
Schlangen;  zahllose,  meist  prächtig  gefie- 
derte Vögel  (wenig  Singvögel  darunter): 
Papageien,  Sekretare,  Ibisarten,  Strausse  (in 
den  Wüsten);  Heuschrecken  in  ungeheuren 
Zügen,  als  Landplagen,  ebenso  Ameisen  und 
Termiten  und  die  Tsetsefliege  in  Südafrika. 
Wichtigste  Hausthiere :  das  Pferd  (Berberei, 
Abessinien  und  Nubien)  und  das  Kamel 
nebst  Dromedar;  weit  verbreitet  Esel,  Rin- 
der, Schafe,  Ziegen. 

XHe  BevUlkerung  schätzt  man  auf  191Mill. 

2QM.  :8&1);  am  stärksten  in  Sudan  u.  dem 
ändergürtel  um  den  Golf  von  Guinea,  vom 
Senegal  bis  südl.  der  Grenze  von  Nieder- 
guinea, ausserdem  in  einzelnen  kleinen 
Küstengegenden  u.  an  grossen  Strömen  (Nil) ; 
nach  neueren  Berichten  auch  in  einzelnen 
Landstrichen  im  inneren  Südafrika.  Nord- 
wärts von  Sudan  mit  Einschluss  von  Abessi- 
nien und  dem  Nilgebiet  herrscht  die  kau- 
kasische Race  (hell-  und  dunkelfarbig)  vor: 
die  Berbern  (im  Atlas ,  in  der  Wüste  und  in 
Nubien) ,  die  Abessinier  u.  ägyptischen  Kop- 
ten (letztere  zum  Theil  semitisohev  Stamms, 
wie  die  meisten  eingewanderten  Asiaten  und 
die  Juden),  Türken  (nur  in  Aegypten,  Tripolis, 
Tunis).  Der  übrige  Erdtheil  südwärts  der 
genannten  Länder,  also  ganz  Mittel-  und 
Südafrika,  ist  von  den  verschiedenartigen 
Yölkerstämmen  der  äthiopischen  oder  Neger- 
race  bevölkert  (die  schwärzesten  a,m  Sene- 

§al  u.  an  der  südl.  Ostküste);  im  äussersten 
üden  die  Kaffern,  Baschmänner  u.  Hotten- 


totten« EoropÜBohe  Kolonisten  in  allen 
Küstenländern,  am  zahlreichsten  im  Kap- 
lande, in  Algier  nnd  auf  den  Inseln.  lu 
NordafHka  bis  10<>  n.  Br.  herrscht  der  Islam 
(Araber,  Türken,  Berbern,  Fulahs  u.  Mau- 
dingoneger.  die  Neger  in  Flach  Sudan  etc., 
an  67  Mill.);  das  Ghristenthnm  ist  auf  die 
europäischen  Kolonien  und  Abessinien  be- 
schränkt (9  Mill.);  Juden  an  allen  Küsten, 
bes.  in  der  Berberei  (1  Mill.) ;  alle  Uebrigen 
sind  Heiden  (114  MUl.).  Ein  grosser  Theil  der 
Völker  nur  vegetirend,  andere  nomadisirend, 
mit  Jagd,  Raub  und  Heerdenzucht  beschäftigt 
(auch  mohamraed.  Stämme,  Beduinen  und 
Berbern).  Landvnrthschqft  an  den  Küsten, 
im  Nilthal,  in  Abessinien,  Sudan,  im  Kap- 
und  Kaffernland;  auch  Bergbau  bekannt 
in  Hochsudan,  Abessinien  und  bei  den 
Kaffern  (geschickte  Metallarbeiter).  Die  In- 
du«<H«  beschränkt  sich  auf  Färben,  Gerben, 
Woll-,  Baumwoll-,  Seiden-  und  Leinweberei, 
Schmiede-,  Töpfer-,  Sattlerarbeiten.  Der 
Handel  grösstentheils  Tauschhandel;  statt 
des  Geldes  (meist  nur  an  den  Küsten  be- 
kannt) dienen  Glasperlen,  Zeuge,  Salz,  Kau- 
ris.  Als  Binnenhandel  ist  er  in  den  Händen 
der  Araber  und  (in  Sudan)  der  Fulahs  u.  Man- 
dingoneger.  Zielpunkte  der  Karawanen :  die 
MQSsplätze  Sudans  (Timbuktu,  Kano,  Sokoto, 
KukiOi  d^e  Oasen  Kordofan  und  Darfür, 
Sennaar  in  Nubien,  Kairo,  Murzuk  in  Fezzan 
Qk  die  nordafrik.  Häfen.  Der  Küstenhandel 
hauptsächl.'ln  den  Händen  der  Europäer,  bes. 
lebhaft  in  Aegypten ;  Ausfuhrartikel :  Kaffee, 
Zucker,  Reis,  Datteln,  Gummi,  Baumwolle, 
Palmöl,  Erduuss,  Elfenbein,  Specereien,  Höl- 
zer, Thierfelle,  Straussfedern ,  Moschus, 
Wachs,  Goldstaub,  Sklaven  (jetzt  noch  etwa 
60,000 Jährlich,  nach  Asien).  Kunst  U.Wissen- 
schaft so  gut  wie  unbekannt;  nur  Koran- 
schulen in  den  mohammedanischen  Ländern. 
Geordnete  grössere  Staaten  hat  A.  nur 
wenige;  sie  sind  despotisch,  oder  (wie  die 
grosse  Anzahl  gesonderter  Gemeinwesen) 
patriarchalisch.  Die  namhaftesten:  die 
Staaten  der  Berberei,  Aegypten,  Abessinien 
und  die  Sudanstaaten.  Die  Besitzungen  der 
Europäer  in  A.  sind  weniger  bedeutend,  als 
in  Asien  und  Amerika,  am  ansehnlichsten 
das  franz.  Algier  im  N.  und  das  engl.  Kap- 
land im  S.  —  A.  ist  seit  dem  15.  Jahrb.  Gegen- 
stand europ.  Forschungen.  Umschiffung  des 
grünen  Vorgebirge  durch  Kadamosto  1446. 
Entdeckung  des  Kaps  durch  Bart.  Diaz  i486 ; 
Umschiffung  desselben  durch  Vasco  de  Ganta 
14d8.  ßeitende  ins  Innere  (seit  dem  19. 
Jahrb.):  Mungo  Park,  Lander  (Niger),  Hor- 
nemann  (Fezzan),  Burckhardt  (Nubien),  Oud- 
ney,  Denham  u.  Olapperton  (Sudan),  Laing, 
Ren«  Cailli6  (Timbuktu),  Brocchl,  Hemprich 
u.  Ehrenberg  (Aegypten),  Rüppell  (Nubien  u. 
Abessinien),  Russegger  (Aegypten,  Nubien, 
Kordofan),  Lichtenstein  (Kapland),  Smith 
(Oongo),  Lepsius  (Aegypten),  Beke  (Abessi- 
nien), Barth,  Overweg  und  Vogel  (Nord- 
afrika), Parkyns  (Nubien),  Heuglin  (Abessi- 
nien und  Nubien),  Burton  u.  Speke  (Victoria 
Nyanza,  Somaliland),  Baker  (Albert  Nyafkza), 
von  der  Decken  (Aequatorialafrika),  Petbe- 
rick  (obere  Nilgegend),  Munzinger  (Nord- 


After  —  Aganippe. 


27 


afrlka),  Bennnann  (Noblen,  Abessfnien,  Wa- 
<lai)|  Uvingstone  (Inner  -  Südafrika) ,  Da 
Cballln  (Ghiban),  Lad.  Magyar  n.  Andersson 

isüdl.  Westküste),  Boblfs  (Marokko,  Atlas), 
>aTe7rier  (alger.  Sahara),  Manch  (Ostsüd- 
afrika), FrLTinne,  Schweinfnrth(NiUänder), 
Brenner  ((Hllaland)  n.  A.    Im  Ganzen  uner- 
forscht noch  etwa  100,000  QM.    Vgl.  Ovm- 
precht,  ,A.S  185S;  Ergänzungen  dazu  yon  De- 
utsch, 1866.    lieber  die  Entdeckungsreisen: 
Wappäu9,   ,Unter8uchungen  über  die  geogr. 
Entdeckungen  der  Portugiesen  unter  Heinrich 
dem  See&hrer*,  1842;  £1^6,  .Gesch.  derBeisen 
und  Entdeckungen  in  A.*,  1841 ;  Pctermann  u. 
Baatenstein,  Jnnerafrika',  1863;  Vivien  de  Bt. 
Martin,   »Le  Nord  de  l*Afriqne  dans  l'anti- 
quit^S   1863;    Wagner,  ,Die   neuesten    Ent- 
deckungsreisen an  der  Westküste  A.s*,  1863; 
Schaueninirg,  ,BeiBen  in  Centralafrika   von 
Mungo    Park    bis     auf    Barth',    1858  —  67, 
3  Bde.   Ueler  die  NlUänder  vgl.  die  Werke 
von  MüpptU,  Eussegger,  Werner,  Knoblecher, 
KlJideH,  Hartmann,  Beke.  Neuere  Reisewerke: 
Barth,  ,Reisen  und  Entdeckungen  in  Nord- 
und  Centralafrika  1849-55',  1857  ff.,  5  Bde., 
Im  Auszug  1859,  8  Bde. ;  Speke,  ,Entdeckung 
der  Nilquellen',  1864;   Baker,   ,Der  Albert 
Nyanza',   deutsch  von  Martin,  1867;  Mage, 
,Voyage  dans   le  Soudan   occidental',   1868; 
Meuglin,  ,Rei3en  in  Nordostafrika',  1857,  ,Ost- 
Sudan  u.  Ohartum',  1867,  ,6ebiet  des  weissen 
Nil',  1869;  Keraten,  ,DIe  Reisen  des  Barons 
yon  der  Decken  in  Ostafrika',  1869  ft.  ]Ba»tian, 
,AfHkani8che Reisen  (Congo)',  1859;  QuiUain, 
,DocUDients  sur  Thistoire,  la  g6ographie  et 
le  commerce   de  l'Afrique   Orientale',   1856; 
Krapf,  Jteisen  in  Ostafrika',  1858;  Maitzan, 
,Drel  Jahre  im  Nordwesten  von  A.',  1865, 
4  Bde.,  »Tunis  und  Tripolis',  1870,  3  Bde.; 
Rohlja,  ,Reisen  In  Marokko  etc.',  2.  Aufl.  1870 , 
,Reisen  durch  Nordafrika  bis  zum  Busen  von 
Guinea  1865->67',  1869 f.;  Dv,  ChaXliu,  ,Equa- 
torial    A.',    1862,    Journey     to     Ashango- 
Land',  1867;  Burton,  ,Wand0rlugs  in  West- 
africa',   1863,   3  Bde.,    ,Mlssion  to  Gelele, 
king   of  Dahome',  2.  Aufl.  1864;  Anderason, 
,Rei8en  in  Südwestafrika',  deutsch  von  Lotae, 
1857 — 58,  2  Bde. ;  Livingvtone,  ,Mission8rei8en 
in  Südafrika'.  1858,  2  Bde. ,  ,Neue  Reisen', 
1865,  2  Bde.;  Magyar,  ,Reisen  in  Südafrika', 
deutsch  von  Hunfalvy,  1859;  Fritach,  ,Drei 
Jahre  in  Südafrika',  1869. 

Aftor^  veraltetes  Yerhältnlsswort,  in  Zu- 
sammensetlsung  mit  einem  Hauptwort  mit 
dem  Nebeubegriff  des  Falschen,  Unrechten. 
Aifter^  anus,  Ausmündung  des  Darmkanals, 
von  zwei  rin^örmlgen  SchUessmuskeln  ver- 
schlossen, deren  Widerstand  bei  einer  Aus- 
leerung durch  die  Bauchpresse,  die  Muskel- 
haut des  Darmes  und  die  Aufheber  desA.8 
überwnunden  wird.  Bei  Leichen  offenstehend. 
Widematürlieher  A,,  Kothfistel,  in  der  Bauch- 
wand befindliche,  mit  dem  Darmkanal  in 
Verbindung  stehende  Oelfnung,  durch  welche 
Koth  austritt,  entsteht  durch  Verwundungen 
oder  bei  eingeklemmten  Brüchen. 

Afterbildimg  (Fremdbildnng ,  in  der  Phy- 
siologie AeudopZoMia^,  jede  organische  ano- 
male Anblldung,  welche  einen  integrirenden 
Bestandtbieil  des  lebenden  Organismus  bildet, 


von  den  lebenden  ElementartheUen  dessel- 
ben ausgeht  und  mit  demselben  organisch 
verbunden  ist.  Als  häufige  Krankheitser- 
scheinung Folge  veränderter  Thätigkeit  der 
elementaren  Organtheile. 

Afterbarge,  Gkgen-  oder  Rückbüige. 

Aftererhe  (Nacherbe),  der  unter  Voraus* 
Setzangen  für  den  ersten  Erben  eintritt. 

Ättertntt  (  Wundtdn ,  jeVattatein,  Wolf), 
oberflächliche  Hautentzündung  am  After, 
durch  kaltes  Wasser  undBetupfen  mit  schwa- 
cher Zinkvitriollösung  zu  heilen. 

Afteijacken^  durch  Mastdarm würmer  (bei 
Kindern)  oder  katarrhalische  Zustande  ver- 
ursachtes, häufig  mit  Bildung  von  Knötchen 
verbundenes,  sehr  fiarbiackiges  Uebel. 

Affcerkind^  nachgeborenes  oder  ausserehe- 
liches  Kind. 

Afterklanen  (AberJdanun,  OrUfler),  die 
beiden  hornigen  Auswüchse  über  den  BdUen 
der  Hinterfüsse  beim  Rind,  Wild  u.  Schwein. 

Afterkrystalle,  s.  Fteudcmorphoaen, 

Afterleluiy  von  einem  Lehnsmann  (After- 
lehnaherm)  weiter  verliehenes  Lehn. 

Aftermiethe  (Afterpacht),  Wiedervermie- 
thung  eines  ermietheten  Gegenstandes  an 
einen  Dritten. 

Afterranpen y  Larven  der  Blattwespen, 
von  den  Schmetterlingsraupen  unterscliieden 
durch  6—8  Paar  Bauchfüsse  und  2  kleine 
Fühler  auf  der  Stirn;  Rosen,  Kirschen, 
Wöiden,  Stachelbeeren  verderblich. 

AfiEeliiis.  ArvidAug.,  schwed.  Dichter  der 
sogen,  gothischen  Schule .  auch  Geschichts- 
forscher, geb.  6.  Mal  1785,  seit  1821  Pfarrer 
zu  Enköplng,  f  1863.  Geschichte  Schwedens 
(1839—59,  deutsch  von  üngewitter,  1642). 

Aga  (Agha,  türk.), Ehrentitel  für  ungelehrte 
Respektspersonen,  im  Gegensatz  zu  Efeudi, 
welchen  Titel  nur  des  Schreibens  Kundige 
führen.  Jenitacheri-Agaaai,  Janitscharen- 
anführer;  KyHar-Agcuai ,  Oberaufseher  der 
Odalisken  u.  Chef  der  schwarzen  Eunuchen. 

AgadeS;  Hauptstadt  der  Landschaft  Air 
in  der  mittlem  Sahara,  7000  Ew. 

Igaly  Seetang  in  China,  liefert  Gummi 
zum  Leimen  des  Papiers  und  Appretiren 
des  Seidenzeugs. 

AgaUooheliolz^  s.  v.  a.  Alo8holz. 

Agalmatolith  (gr.,  Bildatein,  chineaischer 
ßpeckaiein,  Pagodit),  Mineral,  Kalithon- 
silikat,  in  China  zu  Kunstsachen  ver- 
arbeitet, findet  sich  auch  in  Siebenbürgen. 

Agame.  Landschaft  im  nordöstl.  Abessi- 
nien,  zu  Tigr6  gehörig. 

AgamedeSy  Sohn  des  Königs  Erginus  von 
Orchomenus ,  geschickter  Baumeister ,  soll 
mit  seinem  Bruder  Trophonius  u.  a.  den 
Apollotempel  zu  Delphi  erbant  haben. 

Agamemnoiiy  Sohn  desAtreus,  König  Ton 
Mycene,  Gemahl  der  Clyt&mnestra ,  Ober- 
feldherr der  Griechen  beim  Zug  gegen  Troja, 
ward  nach  seiner  Rückkehr  von  seiner 
Gattin  und  deren  Buhlen  Aegisthus  ermor- 
det. Sein  n.  seiner  Nachkommen  Schicksal 
war  Lieblingsthema  der  antiken  Tragödie. 

Agimie(gr.)t  eheloser  Zustand ;  <igami9Ch, 
in  dern^tanischen  Terminologie  s.  t*  a*  ge- 
schlechtslos (kryptogamisch). 

AgiBlppe«  Quelle  auf  dem  SeUcoiti  den 


28 


Agapanthns  —  Agglaünation. 


Masen  heilig  (daher  Aganippid^n  genannt). 
Ihr  Oennss  erregte  dichterische  Begeisterung. 

Agaptflithiif  H^rit.  (SehmucklilU),  Pflan- 
zetigattung  der  Lillaceen,  Zierpflanzen  Tom 

Agipen  (gr.).  s.  Liebeamahle.  [Kap. 

AgapSti  (gr.),  Liebesschwestem,  in  der 
alten  christl.  Kirche  Wittwen  und  Jung- 
frauen, welche  in  Enthaltsamkeit  mit  Kle- 
rikern Kusammenwohnten ;  AgapeÜ,  Männer, 
welche  auf  dieselbe  Weise  mit  Diakonissin- 
nen Kusammenwohnten.' 

AgapetnSy  1)  A.  L,  Papst  535^36 ,  suchte 
zwischen  Justinian  und  den  Ostgothen  Frie- 
den zu  Termitteln,  fzu  Konstantinopel  22. 
April  586.  —  2)  A.  11.,  Papst  946-55,  Ver- 
bündeter des  deutschen  Königs  Otto  I.  ge- 
gen Berengar. 

Agar-Agar  (Oeylonmoo;  Jofffnamoot),  Mee- 
resalgen des  ostindischen  Archipels  (beson- 
ders Euchema  spinosum  Ag),  getrocknet 
Handelsartikel,  zum  Appretlren  und  als 
Nahrungsmittel  dienend. 

AgaroJI.  1)  Karl  Adolf,  Algenforscher,  geb. 
22.  Jan.  1785  zu  Bästadt  in  Schonen,  lehrte 
in  Lund,  seit  1834  Bischof  zu  Karlstadt,  f  28. 
Jan.  1859.  Sehr.  ,S7Btema  Algarum'  (1824) ; 
jlcones  Algarum  europaearum'  (1828 — 35), 
auch  Volks wirth schaftliche  und  religiöse 
Schriften.  Sein  ,Lehrbuch  der  Botanik' 
deutsch  Ton  Meyer  und  Orepeliuj  1831  —  32, 
2  Bde.  —  2)  Jakob  Georg,  Botaniker, 
Sohn  des  Vorigen ,  geb.  1813  zu  Lund ,  seit 
1854  Prof.  das.,  schrieb  ,Species,  genera  et 
ordines  Algarum'  (1848—63,  4 Bde.);  ,Theoria 
systematis  plantarum'  (1858). 

AgariCM,  Blätterpilz,  s.  PiUe. 

Agasiag.  Bildhauer  aus  Ephesus,  lebte 
wahrscheinlich  zur  Zeit  Alexanders  d.  Gr. 
Von  ihm  der  sog.  borghesische  Fechter. 

Agassizy  Ludw.  Joh.  Bud.,  ber.  Naturfor- 
scher, geb.  28.  Mai  1807  zu  Mottier  im  Kanton 
Freiburg,  Professor  in  Neufchatel,  schrieb 
,Histoire  naturelle  des  poissons  d'eau  douce 
de  TEurope  centrale'  (1839  —  45,  unyoU- 
endet);  ,Kecherche8  sur  les  poissons  fos- 
siles' (1833  —  42),  auch  über  fossile  und 
lebende  Echinodermen  n.  Mollusken.  Epoche- 
machend waren  seine  Forschungen  über 
die  Eiszeit  unsers  Planeten,  niedergelegt 
in  ,Etudes  sur  les  glaciers'  (1840;  deutsch 
1841)  u.  ,STst&me  glaci&re*  (mit  Gujfot  u. 
Desor,  1847;.  1846  ging  A.  nach  Amerika 
und  wirkt  seitdem  als  Prof.  der  Zoologie 
am  Harvard  -  College  zu  Neucambridge. 
1865  leitete  er  eine  grosse  Expedition  nach 
Brasilien  (A  Joumey  in  Brazil,  1868).  Seine 
,Gontribntion  to  the  natura]  hlstory  of  North- 
America*  (1858  ff.)  ist  noch  unvollendet. 

AgathOy  Heiliger,  geb.  zu  Palermo,  Papst 
678—82,  machte  die  Suprematie  der  röm. 
Kirche  bei  Entscheidung  von  Olaubensstrei- 
tigkeiten  mit  Erfolg  geltend.    Tag  10.  Jan. 

AgathScleS)  Tyrann  von  Syrakus,  geb. 
S61 V.  Chr.,  Sohn  eines  Töpfers,  beherrschte 
Syrakus  und  den  grössten  Theil  von  Sicilien 
28  Jahre  lang  bis  289,  bestieg,  von  seinem 
Enkel  Archagathus  vergiftet,  den  Scheiter- 
haufen. [Gute,  Theil  de):  Ethik. 

Agathologle  (gr.),  Lehre  vom  höchsten 

Agithon,  griech.  Tragiker,  aus  Athen, 


Freund  des  Plato  und  Euripides,  t  Ml  v.  Chi. 
Von  seinen  Werken  nichts  erhalten. 

AgatMlu  türk.  Meile,  =  0,72  deutsche  M). 

Agive  L,,  Pflansengattung  der  Bromelia- 
eeen.  A.  amerioana  L,,  hmnder^Uhrig» 
AloÜ  aus  Mexiko,  in  Südeuropa  (bis  Bozen> 
und  NordeJrika  verwildert.  Dergegohme 
Saft,  nach  dem  Ausschneiden  des  Blüthen- 
schaites  gesammelt,  liefert  denPulque.  Die 
Fasern  der  Blätter  (AloS-,  Pite-,  Domin- 
go-, Campechehanf)  dienen  au  Tanwerk» 
£[ängematten  etc.,  wurden  von  den  alten 
Mexikanern  auch  zu  Papier  verarbeitet. 

Agde^  Hafenstadt  im  franz.  Depart.  H6- 
rault,  am  Flusse  H6rault,  9586  Ew. 

Age  (Axin),  Fett,  aus  einer  Blattlaus,  Coo 
ous  axin  La  tilave,  in  Mexiko  gewonnen,  bil- 
det wie  Collodium  eine  Membran  auf  der 
Haut  und  wird  in  der  Medicin  benutzt. 

AgelidaSy  griech.  Bildhauer,  aus  Azgos» 
um  515  —  455  v.  Chr.  thätig ;  Lehrer  von 
Phidias,  Myron  und  Polyklet. 

Ageu  (spr.  Aschang),  Uauptst.  des  frans. 
Depart.  Lot-Garo&ne,  an  der  Garonne, 
18,222  Ew.  Die  Umgegend  Agenoia ,  be- 
rühmt durch  den   rothen  Agenoiswein. 

Agende  (lat.).  Buch ,  welches  die  kirch- 
lichen Vorschriften  über  die  Form  der 
gottesdienstlichen  Amtshandlungen  der 
Geistlichen  und  insbesondere  über  die  dabei 
zu  gebrauchenden  Worte  enthält.  Das  erste 
Buch  dieser  Art  war  das  Sacramentale 
Gregors  L  (f  604).  In  den  Agendetutreitig- 
ketten  der  neuern  Zeit  gab  sich  der  Gegen- 
satz der  unionistischen  und  konfessiona- 
listlschen  Richtung  besonders  kund. 

Agena  (lat.),  wirkende  Kraft;  Ursache. 

Agent  (lat.),  Geschäftsvermittler,  welcher 
an  einem  andern  Ort«  ansässige  Auftrag- 
geber (Kommittenten)  vertritt  und  in  deren 
Interesse  andauernd  thätig  ist.  JPolitüehe 
A.«n  sind,  ohne  einen  diplomatischen  Rang 
zu  besitzen,  im  Interesse  eines  Staats,  be- 
sonders im  Auslände  thätig;  Weehsdageinien 
(Agents  de  change)  heissen  in  Frankreich 
die  Wechselmäkler  (s.  d.).  Agent$  provoeet- 
teure,  Gehülfen  der  geheimen  Polizei,  welche 
sich  in  das  Vertrauen  politisch  verdächtiger 
Personen  einschleichen  und  sie  zu  straf- 
baren Handlungen  anreizen. 

Ager^  linker  Nebenfluss  der  Traun  in  Ober- 
österreich, mündet  bei  Laubach. 

Agesander,  griech.  Bildhauer  aus  Rhodns, 
um  430  V.  Chr.,  mit  seinen  Söhnen  Verfer- 
tiger der  Laocoongruppe. 

Agesilingy  Name  zweier  Könige  von  Sparta, 

von  denen  A.  H.,  Sohn  des  Archidamus  II., 

einer  der  berühmtesten  Feldherren  des  Al- 

terthums   ist.    Geb.   442  v.  Chr.,  folgte  er 

397  seinem  Bruder  Agis  in  der  Regierung,* 

kämpfte  in  Kleinasien   glücklich  gegen  die 

Perser,  weniger  glücklich   gegen  die  The- 

baner  und  deren  Verbündete  unter  Epami- 

nondas,  machte  auch  einen  Zug  nach  Aegyp- 

ten,   f  aber  auf  der  Rückreise   im  Hafen 

Menelaus   an   der  afrik.  Küste  358.      Vgl. 

Hertzberg,  ,Leben  des  Königs  A.  H.',  1856. 

Aggemtion  (lat.),  Anhäufung. 

Aggerhnns,  norweg.  Stift,  s.  Christiania, 

Agglntlnauon  (lat.),  Schliessung  von  Wun- 


Agglatinirende  Sprachen  —  Agrarische  Gesetze. 


29 


den  durch  Yerklebang ;  AgglutinantiO',  Klebe- 
mittel, die  Wandränder  Bchnell  yerbindende 
BeUmittel  (Heftpflaster,  Ck>Uodiiun  etc.). 
AffvlnüniFUide  Spreehen,  s.  Sprache, 
AfgregAt  (lat.),  Vereinigung  von  gleich- 
artigen   oder   ungleichartigen   Theilen    sn 
einem  fioeserlich  wahrnehmbaren  Ganzen. 
^j^^rei^ofttMtandiAAggregatfonn,  die  Art,  wie 
Jene  Theile  mit  einander  verbunden  sind: 
fest,  tropfbarflüssig  n.  laft-  oder  gasförmig. 
Aggreirinn  (Iaw*  anh&ufen,  cngesellen; 
im  Militarwesen  einem  Troppentheil  einen 
Offisier  als  fibercihlig  Kutheilen,  bis  er  in 
eine  rakante  Stelle  eintreten  kann. 

Aggrenlon  (lat.),  Angriff ;  aggreaHv,  an- 
griffsweise. 

Aghrim.  Dorf  in  Irland  (Galway).  Hier 
18.  JnU  1691 5£eg  Wilhelms  m.  über  Jakob  ü. 
.  Agil  (Ut.),  behend ;  Agilität,  Behendigkeit. 
AgilOUliigery  iltestes  bayerisches  Heraogs- 
geschlecht,  nach  seinem  StammTater.^9»2oZ/ 
genannt,  herrschte  Ende  des  6.  Jahrh.  bis 
aar  JünTerleibang  Bayerns  in  das  fränkische 
Reich  (788)  nnd  endete  mit  Thassilo  IL 

A^O  (ital.,  spr.  Ahschio),   Aufgeld,   der 
Betrag,  nm  den  ein  Werthseichen  (Münze, 
Papiere)  im  Verkehr  den  Nominalwerth  über- 
schreitet, gewöhnl.  nach  Procenten  angege- 
ben; Gegensats  Diaagio,  Verlust  beimEin- 
tanschen  einer  Geldsorte  gegen  eine  andere. 
.  Agiotage  (fr. ,    spr.  Ahschiotahsch) ,    das 
Spekuliren  auf  Schwankungen  im  Geld-  u. 
Papierkurs  (s.  IHffer«iu^e»ohä/te),  Agioteur, 
der  A.  gewerbsmässig  treibt. 
Aglren  (lat.),  handeln;  eine  Bolle  spielen. 
Agis»  Name  mehrerer  Könige  von  Spartas 
1)  A.  1.,   Sohn    des   spartanischen  iLönigs 
Enrysthenes,  um  980  t.  Chr.,  machte  die 
Heloten  eu  Leibelgenen  des  Staats.  —  8) 
A.  n.,  reg.  486—897,  eroberte  im  peloponnes. 
Krieg  den  attischen  Flecken  Decelea  (413). 
^  8)  A.  m.,  reg.  S88— 880,  verband  sich, 
während  Alezander  d.  Gr.  in  Persien  ein- 
drang, mit  mehreren  persischen  Satrapen  zur 
Bekämpf^g  der  Maoedonier.—  4)  A.  IV.,  reg. 
244—240,   wollte  durch  eine  durchgreifende 
fltaatsreform  die  lykurgische  Verfassung  n. 
Sitte  nnd  mit  ihr  die  alte  Volkskraft  wie- 
derherstellen, ward  erdrosselt. 
Agitator  (lat.),  Unruhstifter,  Aufwiegler. 
AgitOy  Gtold-  und  Silbergewicht  in  Pegu, 
=  8176  Jioll.  As.  Waarenge wicht,  etwa  '/«Pfd. 
AglabitOBy  arab.  Dynastie  in  Mauritanien, 
begründet  yon   Ibrahim  Bei  Aglab,   einem 
Statthalter  Harun-al-Baschids,  der  sich  800 
unabhängig  machte ;  herrschte  bis  908. 

AriAia  (die  Glänzende),  eine  der  8  Gjrazlen, 
dMZenz  und  der Eurynome Tochter ;  Name 
«Ines  AsteroVds,  s.  Asttr&tden. 

AgiUMleUo  (spr.  AiOa-),  Flecken  bei  Lodl 
In  der  Lombardei.  Bier  Sieg  Ludwigs  XH. 
über  die  Venetianer,  14.  Mai  1509,  u.  Sieg 
der  Franzosen  unterVenddme  über  die  Oester- 
reicher  unter  Prinz  Engen ,  16.  Aug.  1705. 
AgniBO)  kleiner  See  bei  Neapel,  auf  tuI- 
kan.  Boden;  dabei  die  Schwitzbäder  von 
S.  Germano,  die  Hundsgrotte,  die  Höhle  des 
Pausilipp  nnd  Ruinen  der  alten  Stadt  A. 

Agniten  (lat.),  männliche  Blutsverwandte, 
die  in  männlicher  liinle  Ton  einem  gemein- 


samen Stammvater  abstammen,  im  Gegonsata 
zu  den  Kogtutten,  die  von  diesem  in  weiblicher 
Linie  abstammen.  Jene  in  der  alten  Rechts- 
sprache  Sehwertmagen,  diese  SpiUmagen. 

AgneSy  1)  OrUfin  von  (Mamünde,  aus  dem 
Gteschlecht  der  Herzöge  von  Heran,  soll 
nach  dem  Tode  ihres  Gatten ,  des  Grafen 
Otto  von  Orlamünde,  ihre  8  Kinder,  in 
denen  sie  ein  Hindemiss  ihrer  Vermäh- 
lung mit  dem  Burggrafen  Albrecht  dem 
Schönen  Ton  Nürnberg  sah,  ermordet  haben 
und  als  »weisse  Frau*  in  den  Schlössern 
der  HohenzoIIem  Tor  dem  Eintritt  ver- 
hängnlssToUer  Familienereignisse,  bes.  Tor 
Todesfällen,  als  Gtespenst  erscheinen.  —  8) 
A,  von  Oesterreich,  Tochter  des  deutschen 
Königs  Albrecht  I.  und  Gemahlin  des  Kö- 
nigs Andreas  HL  Ton  Ungarn,  berüchtigt 
durch  -  die  grausame  Verfolgung  der  der 
Theilnahme  an  der  Ermordung  ihres  Va- 
ters .'Verdächtigen;  f  1^  Mai  1864.  Vgl. 
LiAenau,  ,Lebensgesch.  derKön.  A.*,  1869. 

AgnesenrolleBy  auf  der  franz.  Bühne 
naiTe  Mädchenrollen,  nach  der  Agnes  in 
Molidres  ,Schule  der  Frauen*. 

Agni,  in  der  ind.  Myth.  der  Gott  des 
Feuers,  bes.  des  Opferfeuers.  Seine  Gattin 
Agnaji,  das  personificirte  Brandopfer  selbst. 

AgnSmen  (lat.),  Beiname,  Zuname. 

Agnus  Del  Hat.),  Lamm  Gottes,  Benen- 
nung Jesu  nach  Joh.  1, 89 ;  in  der  römisch- 
katholischen Kirche  kurzes  Messgebet ;  dann 
geweihtes  Medaillon  aus  Wachs,  Silber  oder 
Gold  mit  dem  Bilde  des  kreuztragenden 
Lammes  (Gotteslämmohen) ,  Tom  Papst  im 
1.  und  Jedem  7.  Jahre  seiner  Begierung  am 
Sonntage  nach  Ostern  Tertheilt. 

AgOB  (gr.),  Kampf,  besond.  Wettkampf 
bei  den  feierlichen  Spielen  der  alten  Grie- 
chen; ^^onoMete»,  Kampftichter;  AgonisHk, 
Kampfgeschicklichkeit. 

Agome  (gr.),  Todeskampf. 

AgQstay  befest.  Hafenstadt  auf  Sicilien, 
nördl.  Ton  Syrakus,  9883  Ew. 

Agoult  (spr.  Agni),  Marie  Oathirine  Sophie 
de  liavigny,  Gräfin  cP,  Pseudonym  Daniel 
Stern,  firanz.  Schriftstellerin,  geb.  1805  zu 
Frankftirt  a.  M.,  seit  1887  Termählt  mit  dem 
Grafen  d*A.  in  Paris.  Schrieb  NoTellen, 
Beiseberichte,  ,Lettres  rdpublicaines*,  3i8t. 
de  la  ReTolution  de  1848*  (18öl,  8  Bde.)  u. 
jEsqulsses  morales*  (1849). 

AgOWy  Volk  in  Hochabesslnien,  Tielleicht 
die  UrbeTÖlkerung  des  Landes;  mit  eigen- 
thümlicher  Sprache  (Angawi)  und  clanähn- 
licher Verfassung. 

Agrft«  berühmte  Stadt  in  Ostindien,  rechts' 
an  derD8chumna,TielePrachtbauten,  185,000 
Ew.  1559—1658  Residenz  der  Timurideu; 
seit  1835  Hanptst.  der  hordwesth  ProTinzeu 
des  anglo-indischen  Reichs. 

Agralfe  (ft*.),  Spange  oder  Schnalle  zum 
Befestigen  Ton  Bändern  etc. ;  auch  architek- 
tonisches Ornament  amSchluss  einesBogens. 

Agram  (kroat.  Zagor),  Hauptstadt  Ton 
Kroatien,  nahe  der  SaTe,  16,660  Ew. 

Agrarlzehe  tiesetze  (Aekergeeette),  umfas- 
sen alle  diejenigen  rechtl.  Verhältnisse  und 
Einrichtungen ,  welche  den  Besitz  und  die 
Benutzung  des  Grundes  u.  Bodens  betreffen. 


80 


AgraTiädoB  —  Agronomie. 


AgTATildoB  (Span.)}  d.  f.  politisch  MIss- 
TergBÜgte,  Partei  in  Spanien,  welche  in 
den  Jahren  1826—28  auf  Herstellung  des 
inssersten  Absolutismus  in  Staat  u.  Kirche 
und  als  Mittel  dassu  auf  die  Absetzung  Fer- 
dinands yn.  und  die  Erhebung  des  Don 
Carlos  uat  den  Thron  hinarbeitete. 

Agrai  (arab.))  in  Spanien  erft-ischendes 
Getränk  aus  serquetscbten  unreifen  Wein- 
trauben, Wasser,  Zucker  und  Eis. 

Agrest  (lat.),  aus  unreifen  Trauben  ge- 
presster  Saft,  als  Essig  dienend|  auch  zum 
Wachsbleichen  angewandt. 

Agricöla»  1)  Onejua  Juliu»  Ä.,  r5m.  Staats- 
mann u.  Feldherr,  geb.  40  n.  Chr.  zu  Forum 
JuUum  im  narbonensischen  Gallien,  77  Kon- 
sul und  dann  Statthalter  in  Britannien, 
t  98.  Seine  Biographie  von  Tacitus.  —  S)  Bu- 
do^  A.,  eigentlich  RotHof  Euymiann,  her. 
Humanist,  geb.  1443  zu  Baflo  bei  Gro- 
ningen, lehrte  in  Italien,  seit  1483  in  Worms ; 
t  28.  Okt.  1485.  Schriften  herausgeg.  von 
Alard  (Köln  1589,  2 Bde.).  Vgl.  Tresling,  ,Vita 
et  meritaR.  A.«,  1830.  —  3)  Martin  A.,  musik. 
Schriftsteller,  geb.  1486  zu  Sorau,  f  &ls  Kan- 
tor und  Musikdirektor  zu  Magdeburg  10. 
Juni  1556.  Führte  zuerst  den  Gebrauch  der 
Notenschrift  ein.  Sehr.  ,Muslca  instrumen- 
talis*  (1529).  —  3)  Otorg  A,,  eigen tl.  Bauer, 
Gründer  der  wlssenschaftl.  Mineralogie  in 
Deutschland ,  geb.  24.  März  1490  zu  Glau- 
chau, Bürgermeister  und  Stadtphysikus  zu 
Chemnitz,'t21.Nov.  1555.  Sehr.:  ,De  ortu  et 
causls  subterraneorum*  (1546);  ,De  re 
metallica'  (1561).  Mineralog.  Schriften  übers. 
Ton  Lehmann  (1806—18,  4  Bde.).  Vgl.  Becher, 
,Die  Mineralogen  G.  A.  u.  Werner*  (1830).  — 
6)  Joh,  A.,  eigentlich  BchniUer,  Gelehrter 
des  16.  Jahrb.,  geb.  10.  April  1492  zu  Eisleben, 
seit  1537  Prof.  zu  Wittenberg,  Freund  Luthers 
und  Melanchthons ,  f  ^^^  Hofprediger  zu 
Berlin  22.  Sept.  156iß.  Mitverfasser  des  In- 
terims von  1548 ;  ausserdem  vielfach  schrift- 
stellerisch thätig;  auch  Verf.  eines  Schau- 
spiels ,J.  Huss*  (1537).  Wichtig  seine  Samm- 
lung deutscher  Sprichwörter  mit  deren 
Aiislegung  (zuerst  plattdeutsch,  Magdeb.  1528, 
dann  hochdeutsch  1529).  —  6)  Joh.  Friedrich 
A;  Musiker,  geb.  4.  Jan.  1720  zu  Dobitschen 
bei  Altenburg,  Schüler  Seb.  Bachs,  seit 
1759  königl.  Kapellmeister  in  Berlin ,  f  das. 
12.  Nov.  1774.  Opern  und  Kirchensachen. 
Deutsche  Bearbeitung  von  Tosia  »Anleitung 
zur  Singkunst*  (1757). 

Agrlgent  (gr.  Akrageu,  a.  G.),  blühende 
Stadt  in  SiciUen  mit  prächtigen  Tempeln  u. 
300,000  Ew.;  582  v.  Chr.  von  Bhodus  aus 
gegründet,  407  von  den  Karthagern  erobert, 
seit  262  römisch,  im  8.  Jahrh.  n.  Chr.  von 
den  Saracenen  zerstört.    Jetzt  Girgenti. 

Agrikultur  (lat.),  Landwirthschaft,  ins- 
besondere Ackerbau. 

Agrikulturchemie  (Ackerlauchemie),  der 
Theil  der  angewandten  Chemie,  welcher 
sich  mit  der  Beschaffenheit  des  Bodens  u. 
dem  wechselseitigen  Einfluss  zwischen  ihm 
und  der  Vegetation  beschäftigt.  Vergl. 
Iddngs  zahlreiche  Schriften,  besonders  die 
,Ohemie  in  ihrer  Anwendung  auf  Agrikultur 
und  Physiologie*,    8.    Aufl.    1865,  2  Bde.; 


MitJder,  ,Chemle  der  Ackerkrume',  1862,  9 
Bde.;  Hoffmann  i  «Theoretisch  -  praktische 
Ackerbauchemie*,  2.  Aufl.  1869;  fieftvlse, 
»Lehrbuch  der  Chemie  für  Landwlrths',  als 
4.  Aufl.  von  Bth&ltr»  ,Gmnd8&ti«  der-A.*, 
1866;  (Jahresbericht  über  die  Fortschritte  der 
A.*,  1858 ff.;  Fo^e<, ,Entwicklung der  A.*,  1870. 

AgrlmemoreB  (lat.),  die  Feldmesser  der 
alten  Römer,|.  Ihre  Diseiplin,  ein  Gemisch 
geometrischer,  Juristischer  und  religiöser 
Sätze  aus  der  Augurallehre,  wurde  in  eignen 
Schulen  gelehrt  u.  durch  eine  eigne  Idteratnr 
weitergebildet.  Die Ueberreste ders.  (,Sorip« 
tores  gromatici*)  herausgeg.  von  Blume, 
Lachmann  und  Sudorff  1848—52,  8  Bde. 

AgrimSnia  X.  (Odermennig),  Pflanzengat- 
tung der  Rosaceen.  A.  Eupatorium  L,,  ge- 
meiner 0.  (Ackermennig,  Leberklette,  Stein- 
wurz),  durch  ganz  Europa,  ofAo.  als  Herba 
Agrimoniae  s.  Lappulaef  hepaticae. 

Agrippa^  1)  Menenin»  Lanatue,  römischer 
Patricier,  bewog  494  v.  Chr.  das  missver- 
gnüg^te  Volk,  welcheif  auf  den  heil.  Berg; 
ausgezogen  war,  durch  die  Erzählung  der 
Fabel  von  den  wider  den  Magen  sich  em- 
pörenden Gliedern  zur  Rückkehr  nach  Rom. 

—  2)  Maren»  Vipaaniu»,  Feldherr  und  Rath- 
geber  des  Kaisers  Augustus ,  geb.  63  v.  Chr., 
gewann  den  Sieg  bei  Actium  (81),  erst  mit 
Octavians  Nichte  Marcella,  dann  mit  dessen 
Tochter  Julia  verheirathet ;  f  im  Mars  12. 
Vgl.  JFVand»«n,  ,M.  V.  A.',  1836. 

Agrlppa  von  Netteaheim,  Heinr,  Comel,, 
Schriftsteller  und  Philosoph  des  16.  Jahrb., 
geb.  14.  Sept.  1486  zu  Köln,  bekleidete  aben- 
teuernd verschiedene  Aemter  unter  Kaiser 
Maximilian  I.  u.  Franz  I.  von  Frankreich, 
1 18.  Febr.  1535  zu  Grenoble.  Seine  Schrift 
,De  iucertitudine  et  vanitate  scientiarum' 
(Köln  1527)  eine  Satire  auf  den  damaligen 
Stand  der  Wissenschaften;  ,De  occulta 
philosophia*  (Par.  1531,  Köln  1533)  gegen 
den  Hexenglauben  gerichtet.  Werke,  Lyon 
um  1550,  2Bde.  (deutsch  1856, 5Bde.).  Biogra- 
phie von  Morlty,  1856,  2  Bde. 

Agrippfna,  1)  Tochter  des  M.  Vipsanius 
Agrippa,  erste  Gemahlin  des  -römischen 
Kaisers  Tiberius,  der  sich  von  ihr  trennte, 
um  sich  mit  des  Kaisers  Augustus  Tochter 
Julia,  der  hlnterlassenen  Wittwe  Agrippas, 
zu  vermählen.  —  2)  Tochter  M.  Vipsanius 
Agrippas  u.  der  Julia,  Gemahlin  des  Cäsar 
Germanicus,  ward  von  Tiberius  nach  der 
Insel  Pandataria  bei  Neapel  verbannt,  wo 
sie  18..  Okt.  33  n.  Chr.  den  Hungertod  f- 
Ihr  iüngster  Sohn  war  der  Kaiser  Caligula. 

—  3)  ^.  Julia,  Tochter  der  Vorigen  u.  des 
Germanicus,  geb.  16  n.  Chr.  in  Köln,  erst 
Gemahlin  des  Domitius  Ahenobarbus  (durch 
diesen  Mutter  des  Kaisers  Nero),  dann  des 
Passienus  Crispus,  endlich  des  Kaisers  Clau- 
dius, den  sie  54  vergiften  Hess,  ward  59,  auf 
Anstiften  ihres  Sohnes  Nero  ermordet.  Vgl. 
Lehmann,  «Claudius  u.  seine  Zeit',  1858 ;  ßtahr,  - 
,A.*,  1866. 

Agrippinigche  Gebort,  Fussgeburt. 

Agronomie  (gr.),  Lehre  von  der  Be- 
schaffenheit des  Ackerbodens,  bes.  hinsicht- 
lich der  Kultur  der  Nutzpflanzen.  Agronom, 
wissenschaftlich  gebildeter  Landwirth. 


Agrostemma  —  Ahorn. 


81 


Agrostemnia«  Pflanzengattnnir*  a,Lpehnis, 
Agrostll  L.,  Windhalm  (Btratutgras),  Gra- 
mine«.   Gate  Fottergräser:  A.  atolonifera  0. 
(A.  Yulgaris  Wither.),  Fioringra»  auf  Wasser» 
wiesen ,  und  A.  canina  L,  auf  Waldwiesen. 
Ai^nunen  (ital.  agrumi),  gemelosamer  Name 
für  die  Orangerieftüchte  ans  Italien. 
AgtstetBy  8.  T.  a.  Bernstein. 
Agna,   höchster   Berg    rVnlkan)    Mittel- 
amerikas, in  Guatemala,  18,9(MV  hoch. 

AirVM-GBllenteSy  Binnenstaat  der  Republik 
Mexiko,  160  QM.  n.  86,880  Ew.  Die  Hauptat, 
A.,  28,000  Ew.  Warme  Quellen. 

Aguesseftii  (spr.  Agessoh),  Htnri  Fron- 
toi»  d*,  ftanz.  Staatsmann,  geb.  su  Limoges 
87.  Kov.  1668,  seit  1700  Generalprokurator 
am  Parlament  zu  Paris,  1717—50  mit  Unter- 
brechungen Kanzler,  f  9.  Febr.  1751.  Werke : 
1759— 89, 18 Bde.;  neue  Ausg.  1819. 

Aguilar  (spr.  EbgiUr),  Grace,  engl.  Bo- 
manschriftstellerin ,  geb.  aus  Jüdischer  Fa- 
milie 9.  Jnni  1816  zu  Hackney  bei  London, 
1 16.  Sept.  1847  zu  Frankfurt  a.  M.  Werke, 
1861,  8  Bde. 

Agallar,  Stadt  In  der  span.  Proy.  Oordo-va 
(Andalusien),  10,600  Ew. 
Agulhas.  s.  Nadelkap, 
Agit!  (BteUtiMerJ,  Dasyprocta  Jü,,  Nage- 
thier,  vertritt  in  Sudamerika  unsern  Hatten. 
Das  gemeine  Ä.,  D.  Aguti  L.,  18—19",  in  Bra- 
silien, Paraguay  u.  Guyana.   Etwas  kleiner 
ist  das  »ehwarteA»,  D.  nig^cans  ^a<f.,  mehr 
im  Innern  von  Südamerika.   Die  JUdra  (das 
patagon.  A.),  D.  patagonica  X.,  &st  das  ein- 
zige S&ugethier  Patagoniens,  liefertPelzwerk. 
Aha 9  in  der  Gartenkunst  Graben,  durch 
welchen  die  Grenze  eines  Grundstücks  für 
die  Feme  unbemerkbar  bezeichnet  wird. 

AJiah  (Aehab),  König  von  Israel  918—897 
T.  Chr.,  Sohn  und  Nachfolger  Omris,  ward 
Ton  seiner  Gemahlin  Jesabol,  zur  Abgötterei 
und  Verfolgung  der  Jehovahpriester  rer- 
leitet,  fiel  im  Kriege  gegen  Beabadad,  König 
Ton  Syrien.  Der  König  Jehu  Hess  A.s  ganze 
Familie  ausrotten. 

Ahmto^  afHkan.  Landschaft  an  der  Gold- 
küste, fiauptort  Busoa.  Hier  ehedem  die 
prensa.  Festung  Friedrichsbuig  (1683  gegr.). 
AhM  (Achat),  König  Ton  Juda  741—725 
T.  Gbr. ,  Sohn  und  Nachfolger  des  Jotham, 
führte  phönicischen  Götzendienst  ein  und 
rief,  Ton  den  Terbündeten  Syrern  u.  Israe- 
liten hart  bedrängt,  den  König  Tiglat-Pilesar 
von  Assyrien  zu  Hülfe. 

AliaSTemSy  Name  oder  Titel  mehrerer  in 
der  Bibel  erwähnten  Könige  von  Medien  u. 
Persien,  unter  denen  der  Gemahl  der  Esther, 
wahrscheinlich  Xerzes,  am  bekanntesten  ist ; 
auch  Name  des  Ewigen  Juden  (s.  d.). 

AUden»  Flecken  im  preuss.  Regbz.  Lüne- 
burg, 905  Ew.  Das  Schloss  bewohnte  1694— 
1726  König  Georgs  I.  von  England  geschie- 
dene Oemahlin,  Sophie  Dorothea^  ,die  Prin- 
zessin von  A.%  als  Ge&ngene. 

Anlefeld)  Charh  Sophie  Luite  Wilhelm, 
von,  geb.  v.  Seebach,  Pseudonym  Elisa  Sdbigf 
Romanschriftstellerin,  geb.  zu  Stedten  bei 
Weimar  6.  Dec.  1781,  f  27.  Juli  1849  zu  Teplltz. 
AUefeldty  Eli»a  Davidia  Margar.,  Gräfin, 
dentscbe  Patriotin,  geb.  auf  Langeland  17. 


Nov.  1790,  Gattin  des  Freicorpsführer» 
V.  Lützow^  von  dem  sie  sich  1824  trennte» 
dann  mit  Immermann  intim  befreundet,  seil 
1840  in  Berlin,  wo  sie  20.  März  1855  f.  Vgl. 
Ludmüla  Auing,  ,Gräfin  E.  von  A.',  1857. 

AlileBy  Stadt  im  preuss.  Begbz.  Münster» 
Kr.  Beckum,  3512  Ew. 

AUfeld,  Joh,  Friedr,,  Kanzelredner  der 
strengkirchlichen  Richtung,  geb.  1.  Nov. 
1810  zu  Mehringen  bei  Aschersleben,  seit 
1851  Pastor  an  der  Nikolaikirohe  zu  Leipzig. 
Predigtsammlungen  n.  Volksschriften. 

Ahlheide,  breiter  Landrücken  in  Jütland, 
im  Himmelsberg  530'  hoch. 

Ahlwardty  Cfemt.  Wilh.,  Philolog,  geb. 
zu  Grei&wald  23.  Nov.  1760,  f  das.  al» 
Professor  12.  April  1830.  Metrische  Ueber- 
setzung  Ossians  (1811;  2.  Aufl.  1839). 

AJliii.  Flüssigkeitsmass  in  Dänemark  k  4 
Anker  a  38*/4  Pott  gesetzlieh,  im  Grosshandel 
k  20  Viertel  zu  8  Pott ;  gesetzlich  149,75  Liter. 

Ahmedibad.  verfallene  ehemal.  Haupt- 
stadt von  Guascherate  in  der  brit.  -  ostind. 
Präsidentschaft  Bombay,  130,000  Ew. 

Ahming  (Ahm),  die  Skala  am  Vorder-  n. 
Hintersteven  eines  Schiffte ,  welche  angibt, 
wie  tief  dasselbe  im  Wasser  geht. 

Aluiy  Joh,  Front,  Schulmann,  geb.  15.  Dec. 
1796  zu  Aachen,  Verf.  zahlreicher,  oft  auf- 
gelegter Lehrbücher  zur  Erlernung  der 
neueren  Sprachen,  wandte  die  nach  ihm 
benannte  Lehrmethode  zuerst  im  ,Prak- 
tischen  Lehrgang  der  ftanzös.  Sprache'  (1. 
Kurs.  167.  Aufl.  1869)  an ;  f  ^'  Aug.  1866. 

AlineBy  Vorältem,  Vorfahren,  bes.  solche 
vom  Adel.  Seit  dem  13.  Jahrb.  tritt  in  den 
Statuten  von  Stiftern  u.  Domkapiteln,  sowie 
in  den  Hof^angprdnungeu  die  Bestimmung 
auf,  dass  Bewerber  die  Herkunft  nicht  nnr 
von  adeligen  Vätern  u.  Grossvätem,  sondern 
auch  von  adeligen  Müttern  u.  Grossmüttem» 
Ja  von  16  u.  selbst  32  adeligen  A.,  ohne  Da- 
zwischenkunft  von  bürgerlichen  lAüttem, 
nachzuweisen  hätten  (Hof-  und  Stiftsadel). 
Der  Beweis  dieser  adeligen  Abstammung 
hiess  Ahnenprobe  u.  zerfiel  in  die  FUiaHonS' 
probe  oder  den  Nachweis,  dass  man  nebst 
den  Vorältem  ans  rechtmässiger  Ehe  stamme, 
und  die  Bitterpr4>be  oder  den  Nachweis 
der  Ritterbürtigkeit  aller  auf  der  Ahnen* 
tafel  oder  dem  Stammbaume  verzeichneten 
Personen.  16  A.  zählte  man,  wenn  beide 
Aeltern,  die  4  Grossältem  und  die  8  Ur- 
grossältem  adeligen  Standes  waren.  Adop- 
tirte,  desgl.  erst  nach  ihrem  Tode  mitge- 
adelte Vorführen  eines  Neugeadelten  (ge- 
schenkte  A.),  sowie  einem  solchen  in  dem 
Adelsbriefe  erst  erthellte  (gemalte  A,)  zählten 
dabei  nicht  mit.  Gegenwärtig  kommt  die 
Ahnenprobe  nur  noch  bei  Bewerbung  im 
Stiftsstellena.  Verleihung  einiger  Orden  vor. 

Ahorn  9  Acer  L,,  Pflanzengattung  der 
Acerlneen,  einige  80  Arten  in  Europa, 
Asien  und  Amerika  vom  80.  — 60.o  n.  Br. 
Weisser  A.  (gemeiner  A.,  Bergahom),  A. 
pseudoplatanus  L.,  überall  in  Deutschland; 
gutes  feines  Nutzholz.  Spitsahom,  A.  plata- 
noides  L,,  überall  in  Europa;  gröberes  Nutz- 
holz, aus  den  Masern  die  ulmer  Pfeifenköpfs. 
Felddhom  (deutscher  A.,  Mas^holder,  Mass- 


32 


Ahr  —  Aire  sur  la  Lys. 


•Her),  A.  campestreZ.,  in  gftni  Eozopa,  meist 
«l8  Busch ;  Holz  su  Drechslerarbeiten ,  ge- 
flochtenen Peitschenstielen;  starke  Kork' 
blldung.  Zuckerakom,  A.  saccbarinum  L,,  in 
Nordamerika  Tom  48.— 46.o  n.  Br.,  wird  knl- 
tivirt  zur  Zackergewinnung  ans  seinem  Saft. 
Jahrliche  Produktion  ca.  750,000  Otr. 

Ahif  Nebenfluss  des  Rheins  in  Rhein- 
preussen ,  kommt  von  der  Eifel ;  12  M. 

AhrenSy  Seinr,,  Rechtspbilosoph,  geb.  14. 
Juli  1808  zu  Kniestedt  bei  Salzgitter,  ward 
1834  Prot  der  Philosophie  zu  Brüssel ,  1848 
Mitglied  des  deutschenParlamentSi  1860 Prof. 
2U  Grats,  seit  1859  Prof.  der  prakt.  Philoso- 
phie und  Politik  zu  Leipzig.  Hauptwerke: 
»Cours  de  droit  naturel'  (6.  Aufl.  1869; 
deutsch  1846) ;  ,Philosophie  des  Rechts  und 
des  StaaU*  (1851-58,  6.  Aufl.  1870);  »Jurist. 
Encyklöpädie<  (1858). 

Aariuian  (im  Zend  auhro  maiDyus,  d.  i. 
böser  Geist),  in  der  Religionslehre  des  Zo- 
roaster  die  Personifikation  des  Bösen,  Ur- 
quell alles  Uebels,  Gegner  des  Ormuzd  (s.  d.). 

Ahrweiler 9  Kreisstadt  im  preuss.  Regbz. 
Koblenz,  an  der  Ahr,  8814  Bw. 

AhrweiBe^  Weine  des  Ahrthals.  Von  den 
rothen  (Ahrbleicherten)  ist  der  Wallporz- 
beimer  der  beste. 

Ahualnseo»  Ort  bei  San  Luis  in  Mexiko. 
Hier  25.  — S9.  SepL  1859  Schlaeht  zwischen 
General  Miramon  (Sieger)  und  Yidauri, 

Ahmnida,  Don  Bedro  Giron,  Marqwu  de 
leu  AmariÜaa,  Hertog  von,  span.  General  u. 
Staatsmann,  geb.  1788  zu  S.  Sebastian,  wäh- 
rend des  span.  Unabhängigkeitskriegs  Chef 
des  Generalstabs,  nach  der  Reyolutlon  yon 
1820  kurze  Zeit  Kriegsminister,  ward  von 
Ferdinand  Vn.  zum  Mitglied  des  Regent- 
schaftsrathes  ernannt,  dann  Präsident  der 
Proceres,  1835  unter  Toreno  Kriegsminister; 
t  17.  Mai  1842  zu  Madrid. 
■  AhlUL  Flecken  im  schwed.  Lan  Christian- 
fltad.  B3er  1207  ScMaeht  zwischen  Knut  d.  Gr. 
nnd  Olaf  Haraldson. 

Aiy  das  gemeine  oder  dreizehige  Faulthier. 

AlMclim)  Gipfel  des  grossen  Atlas  in 
Marokko,  an  ll^OOO'. 

Albllnger^  Ka»par,  Komponist,  geb.  um 
1788  EU  Wasserburg  in  Oberbayem,  Hof- 
kapellmeister in  München;  f  das.  6.  Mai 
1867.    Messen ,  Requiems ,  Offertorlen  u.  a. 

Aichach 9  Stadt  in  Oberbayern,  an  der 
Paar,  2444  Bw.  Unfern  Ruine  Witteisbach. 

Aicheiiy  das  amtliche  Abgleichen  und  Be- 
richtigen der  JMasse  und  Gewichte,  ehe  sie 
dem  Verkehr  übergeben  werden. 

AichniaM  (Visirmcus),  in  Süddeutschland 
für  den  Grosshandel  gebräuchliche  Massart 
für  Wein  (auch  Bier,  Branntwein,  Essig), 
dst  grösser  als  das  beim  Kleinhandel  übliche 
Schenk-,  Wirths-  oder  Zapfmass. 

Aichspftlt  (AsapOt),  geb.  um  1250  zu  As- 
speltbei  Trier,  seit  1305  Erzbischof  von  Mainz, 
Gegner  des  Hauses  Habsburg,  f  &•  Jai^  1320. 

Aide  (fr.,  spr.  Aehd),  Beistand,  Gehülfe; 
A.  de  camp,  Adjutant. 

AYdes  (gr.),  s.  y.  a.  Hades. 

Aide-tol  et  le  clel  t'aldera  (fr.  Sprich- 
wort), hilf  dir  selbst  u.  Gott  wird  dir  helfen, 
•uch  Wahlspruch  einer   Gesellschaft,    die  | 


sich  1824—32  in  Paris  behufs  gesetim&ssigen 
Widerstandes  gegen  die  zunehmende  Re 
aktloD  bildete.  Zu  ihr  gehörten  u.  A.R^musat 
DuchUtel,  Dubois,  Duyergier  de  Hauranue, 
Montallyet,  Thiers,  Gulzot,  Gamler-Pag^setc 

Aldin  (CHUelhistar) ,  Stadt  in  Kleinasien 
südöstl.  Ton  Smyma,  15,000  Ew.  [weit 

AidonenSy  Pluto  als  Herrscher  der  Unter 

Al^en.  kalserl.  Lustsclüoss  bei  Salzburg, 

Aigreite  (fir.,  spr.  Ehgrett),  Silberreiher 
der  fk>üher  als  Kopl]putz  dienende  Reiher 
husch ;  straussartiger  Juwelenschmuck. 

AignlUe  (fir.,  spr.  EhgiJj),  Nadel,  Bezeich- 
nung vieler  wallisnr  Alpenspitzen. 

Algmi  (Saehalin-Ula-Choten),  chinesische 
Stadt  und  Verbrecherkolonle ,  am  Amur, 
15,000  Ew.  Hier  28.  Mai  1858  VeHrag  zwischen 
Russland  und  Ohina,  das  an  ersteres  das 
Amurgebiet  abtreten  mnsste. 

Ailanthiu  De«/.  (OmeH>aum) ,  Pflanzen- 
gattung der  Xanthoxyleen.  A.  glandulosa 
Dm/.,  aus  Ostasien,  bei  uns  akklimatisirt, 
liefert  Holz  zu  Wagnerarbeiten ;  von  den 
Blättern  lebt  der  Seidenspinner,  Bombyx 
cynthia ;  der  harzige  Saft  der  Rinde  Haup^- 
material  für  Japan.  Firnisse. 

Almaky  Stammabtheilung  bei  den  Kal- 
mücken, 150—800  Familien  zählend. 

Ain  (spr.  Aeng),  Fluss  Im  südl.  Frankreich, 
entspr.  auf  dem  Jura,  mündet  bei  Lyon  in 
die  Rhone;  21  Vs  M.  Das  Departement  A., 
105,3  QM.  und  871,643  Ew.,  Hanptst.  Bourg. 

Alnmflller.  Max  Eman, ,  der  Wiederher- 
steller der  Glasmalerei,  geb.  14.  Febr.  1807 
zu  München,  leitet  daselbst  das  königl. 
Institut  der  Glasmalerei.  Arbeiten  von  ihm 
in  den  Domen  von  Regensburg  und  Köln, 
in  der  münchener  Aukirche,  in  Stuttgart, 
England  etc. 

AinoBy  Volk  auf  der  Japan.  Insel  Jesso, 
den  Kurilen  und  der  Insel  Krafto ;  vielleicht 
die  Urbevölkerung  von  Japan.  Ihre  Sprache 
verwandt  der  Japanischen.  ,  Abhandlungen' 
darüber  (1852),  ,Vocabularium*  (1854). 

Alnsworth  (spr.  Ehnswördh),  1)  WUliam 
Marrüon,  engl.  Romanschriftsteller ,  geb.  4. 
Febr.  1805  zu  Manchester,  lebt  zu  London. 
Urheber  der  Räuber-  u.  Gaunerromantik  in 
der  engl.  Literatur,  z.  B.  ,Rookwood'  (1834), 
,Grichton'  (1837),  ,JackSheppard' (1839),  ,The 
Lancashire  witches<  (1848),  ,Cardinal  Pole* 
(1863);  gab  die  Zeitschriften  ,Ainsworths 
Magazine*  u.  ,Golbums  New  Montbly  Maga- 
zine* heraus.  —  2)  William  Francis,  engl. 
Arzt,  Geolog  u.  Reisender,  Vetter  des  Vorigen, 
geb.  7.  Nov.  1807  zu  Exeter,  bereiste  1835—37 
und  1838—41  Kleinasien,  schrieb  ,Researches 
In  Assyria*  (1842)  und  ,Travel8  and  resear- 
ches   in  Asia   minor  etc.*   (1842,  2  Bde.). 

Aintaby  Stadt  im  nördl.  Syrien,  am  Sad- 
scbur,  20,000  Ew. 

'  Air  (fr.,  spr.  Aehr),  Miene,  Ansehn,   Be- 
nehmen ;  In  der  Reitkunst  die  naturgemässe 
Haltung  des  Pferdes  bei  den  Reitübungen. 
k\s(Ä8ben),  Landschaft  In  der  südl.  Sahara, 
von  Tuariks  bewohnt.    Hauptstadt  Agades. 
Airdrie  (spr.  Ehrdrih),  Stadt  der  scliott. 
Grafsch.  Lanark,  östl.von  Glasgow,12,922  Ew. 
Oentrum grosser  Eisen-  u.Banm  Wollindustrie. 
Alre  sur  la  Lyi  (spr.  Aehr  sür  la  Li),  befest. 


Airy  —  Akademie. 


S3 


6tedt^.*]n   Irans.   Depart.    Paa    de   CaUiB, 
an  der  Lys,  8803  Ew. 

Alrj  (spr.  Ehri),  George  Biddell,  Astronom, 
geh»  27.  Jnli  1801  bu  Alnwlok  in  Kortbom- 
berlaad,  seit  1836  Astronomer  Boyal  in 
Xxreenwich.  Scharfsinniger  Analytiker ; 
sehr.  yRednctlon  of  obserrations  of  tbe 
«Doon<  (1837,  S  Bde.);  »Oatalogne  of  2156 
Start*  (1849);  »Tracta  on  physical  astronomy' 
<4.  Anfl.  1868,  deutsch  ron  LiUrow  18S9); 
,A]gebralcal  and  nomerical  theory  of  errors 
of  obserrations*  (1861);  ,On  tbe  nndalatory 
tbeoty  of  optios'  (1866);  ,Lectnres  on 
Astronomy*  OL  Aufl.  1858,  deutsch  von 
ßOald  1862). 

Alsohy  Nebenfl.  der  Regnita  in  Franken, 
mündet  unterhalb  Forchheim. 

Aisehay  Tochter  Abubekrs,  Mohammeds 
S.  Gemahlin,  Gegnerin  der  Khalifen  Ali  n. 
Omar,  f  678  an  Medina,  als  Prophetin  verehrt. 
Alne  (spr.  Aehn),  Xluss  im  nördl.  Frank- 
reioh,  entspringt  am  Argonnenwald,  mündet 
bei  Complögne  in  die  Oise ;  37  M.  lang  (17  M. 
achiffb.).  Danach  benannt  das  Depart,  A. 
/in  Isle  de  France),  183,5  QM.,  566,025  Ew., 
Hanptst.  Liaon. 

Alstnlfy  König  der  Longobarden  749—56,- 
eroberte  751  Bayenna  und  bedrohte  Born, 
ward  Ton  dem  Frankenkönig  Pipin  aur  Rück- 
gabe seiner  Eroberungen  an  den  Papst  ge- 
zwungen, fiel  Ton  Neuem  ins  p&pstl.  Gebiet 
ein,  ward  von  Pipin  wieder  bekriegt;  t  756. 
AitsSmay  lAeuve  van,  hoUänd.  Gesohicht- 
schreiber,  geb.  19.  Not.  1600  au  Doccum,  f 
23.  Febr.  1669  im  Haag.  Sdlir.  ,6aken  yan 
ataat  en  oorlogh,  in  ende  omtrent  de  ver- 
eenigde  Nederlanden*  (1657—71,  14  Bde.). 

Alwaly  (gr.  Ktfdomä),  Stadt  in  Kleinasien, 
der  Insel  Lesbos  gegenüber,  22,000  Ew. 

Alwasowsky,  Iwm  Kanttantinovntteh,  russ. 
Zjandscbaftsmaler,  geb.  1817  au  Theodosia  in 
der  Krim,  S<diüler  der  Petersburger  Aka- 
domie,  seit  1847  Professor  in  Theodosia. 
£ffektTolle  Marinen. 

Alx  (spr.  Aehks,  lat.  Aguae  Sextiae),  Stadt 
im  tnxiz,  Depart.  Rhonemündungen,  alte 
Haoptst«  der  Provence,  Schwefelquellen, 
28,1^  Ew.  Römische  Kolonie  (123  v.  Chr.). 
Bieg  desMarius  über  die  Teutonen,  102  v.  Ghr. 
Alx-Ia-Chapelle  (spr.  Aehks-la-Schapell), 
Irans.  Name  von  Aachen. 

Aix-les-lbaijui  (spr.  Aehks -li- bang,  lat. 
A^fltae  OreUiancu),  Stadt  im  frana.  Depart. 
Baroyen,  Schwefelquellen  36o  R.,  4430  Ew. 
.  iJacciO  (spr.  Ajatscho),  Hauptst.  der  Insel 
n.  des  franz.  Depart.  Kotsika,  an  der  West- 
küste, 14,558  £v^  Napoleons  I.  Gbeburtsort. 
AJilOiiy  Levitenstadt  in  Palästina,  Stamm 
Dan;  hier  Kcunpf  Josuas  mit  6  kanaanit. 
Königen  (Jos.  10,  12). 

AJan  (spr.  Adsohan),  1)  wenig  bekannter 
Liandatrich  an  der  Ostküste  vonAflrika,  vom 
Kap  Ghardaflii  südw&rts  bis  aum  Aequator, 
vom  Bomftll  bewohnt.  —  2)  Hafenstadt  in  Ost- 
aibiri«B,  am  ochotskischen  Meere ,  600  Ew. 
Niederlage  der  russ.-amerikan.  Kompagnie. 
Ajax  (gr.^a«)MName  zweier  homei-ischer 
Helden :  1)  A,  d^ Kleinere,  Sohn  des  OHeus, 
Königs  der  Lokrer,  entriss  den  Leichnam 
des  Patroclus  den  Trojanern ,  kam  auf  der  | 

Meyer»  Hand- Lexikon, 


Rückreise  Im  Meere  um,  nach  Einigen  wegen 
Misshandluug  der  Oassandra  nach  der  Er» 
oberung  Trojas.  —  2)  jdL  der  Oroaee,  Sohn 
des  Telamon,  Königs  von  Salamis,  einer 
der  tapfersten  Helden  der  Griechen,  be- 
stand einen  Zweikampf  mit  Hector,  tödtete 
sich  aus  Wuth ,  weil  des  Achilles  Waffen 
nicht  Ihm,  sondern  dem  Odyssena  ange- 
sprochen wurden.  Hauptheld-  der  topho- 
Uelschen  Tragödie  ,Der  rasende  A.*. 

A  Joar  (spr.  a  sohuhr)  flMsen»  einen  Edel- 
stein «o  fassen,  dass  auch  seine  hintere  Seite 
frei  liegt,  der  Stein  also  durchsichtig  Ist. 

AJudhJa  (Krung-KcM),  alte  Hauptstadt 
von  Slam,  20,000  Ew.,  bor.  Tempelruinen. 

Akabahy  Oelf  von,  der  nordöstlichste 
Thell  des  rothen  Meeres. 

Akademie  (gr.),  ursprünglich  ein  dem 
Lokalb  eros  Akademos  geweihter  Plata  beim 
alten  Athen,  wo  Plato  seine  Vorträge  au 
haften  pflegte;  dann  die  von  Plato  gestiftete 
Schule.  Man  unterscheidet  drei  A.n:  die  alte, 
von  Schülern  Piatos  (Speosippus,  Zenocra- 
tes,  Polemon,  Orantor) ,  die  mittlere,  um  244 
V.  Ohr.  von  Arcesilaus,  und  die  neue,  um 
160  von  Oarneades  begründete.    Seit  dem 

15.  Jahrb.  versteht  man  unter  A.n  Gelehrten- 
vereine, Universitäten  und  höhere  Fach- 
schulen (Berg-,  Forst-,  Landwirthschalts-, 
Handels-,  Maler-,  Bildhauer-,  Singakademie). 
Die  A.n  als  Gelehrtenvereine  entstanden  in 
Folge  des  Wiederauflebens  der  klassischen 
Studien  seit  der  Mitte  des  15.  Jahrb.  im 
G«gensatae  au  klösterlicher  (Gebundenheit 
und  kirchlicher  Beschränkung.  Nach  d^m 
Vorbild  der  Academia  Platonica  au  Florena, 
1474  von  Lorenao  Medid  gestiftet,  wurden  im 

16.  Jahrh.  in  Italien  zahlreiche  ähnliche  In- 
stitute gegründet.  Der  ital.  Sprachverbesse- 
rung widmete  sich  die  Aocademia  della 
Orusca,  1582  von  dem  Dichter  GraaainI  au  Flo- 
rena gestiftet.  Mit  den  humanistischen  Stu- 
dien verbreiteten  sich  diese  Anstalten  auch 
über  andere  Länder  Europas.  In  Frankreich 
gründete  Richelieu  1635  die  Acaddmie  firan- 
^se,  die  später  mit  ihren  Schwesteranstal- 
ten ausammen  unter  dem  Namen  Institut 
de  France  einen  tiefgreifenden  Einfluss 
auf  die  fhtna.  Literatur  ausgeübt  hat. 
Nationale  Oentrallnstitute  ähnlicher  Art  sind 
die  A.n  au  Madrid,  Lissabon,  Kopenliagen, 
Stockholm  und  Petersburg.  Nicht  eigentlich 
niUlonalen  Obarakters,  aber  für  die  För- 
derung der  Wissenschaft  von  hoher  Bedeu- 
tung sind  die  Royal  Society  of  London,  be" 
gründet  1663;  dieA.  der  Wissenschaften  au 
Berlin,  1711  unter  Leibnia  Vorsita  eröffnet, 
1812  umgestaltet;  die  königl.  Gesellschaft 
der  Wissenschaften  au  Göttiiagen  (seit  1760) ; 
die  königL  bayerische  A.  der  Wissenschaften 
zu  München  (seit  1759),  1809  erweitert,  1829 
umgestaltet;  die  königl.  sächs.  Gesellschaft 
der  Wissenschaften  au  Leipalg  (seit  1846); 
die  kalserl.  A.  der  Wissenschaften  au  Wien 
(seit  1846).  Sie  veröffentlichen  ,Abhandlun- 
gen*,  ,Denksohriften*  etc.  In  Nordamerika 
bestehen  die  Smithsonian  Institution  au  Wa- 
shington, die  American  philosophical  society 
zu  Philadelphia  (seit  1769),  die  American 
Academy  of  arts  and  sdenoes  au  Boston 

8 


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Akademien  —  Akolhuer. 


(Mit  1760),  das  Colnmbfft  Inititate  suWashing^ 
ton  (seit  1881)  nnd  die  National  Academy 
of  Beiences  (seit  IMS)  als  ÜnionslDStltat. 

Akadernftn  (JkademitMcht),  Zeichnnngeii 
oder  Gypsmodelle  vom  menschl.  Körper  and 
Ton  Tbeilen  desselben,  cUenen  an  Knnst- 
sehnlen  als  Zeichnirngsvorlagen;  anch  die 
Zrichnangen  nacli  solchen. 

iJktdenlidiy  was  sich  anf  die  Akademie 
begeht,  gewöhnlich  Ton  den  Jetsigen  Uni- 
▼ersitaten  nnd  ihren  Instituten  gebraucht. 
A,€  Bürger,  Alle,  welche  einer  Unirersit&t 
angehören  und  unter  deren  G^erichtsbarkeit 
stehen.  Ae  Freihtü,  InbegrilT  der  beson- 
deren  Hechte  und  Immunitaten  der  Stn- 
direnden,  sowie  Beieiohnung  der  eine  ge- 
wisse Selbstständigkeit  (Lemfreiheit)  bedin- 
genden Stellung  derselben. 

Akaleplieny  s.  Qwiam, 

Akar-urety  sehr  elastische  Kantschuk- 
art  Ton  einer  auf  Java  häufigen  Apocimee. 

Akamanlui)  westlichste  Landschaft  im 
alten  Griechenland,  am  jonischen  Meer; 
bildet  Jetit  mit  Aetolien  eine  NomarcMe, 
149,2  QM.,  109,892  Ew.,  Hauptst.  Missolunghi. 

AkatolektiMli  (^.),  vollzählig,  Vers, 
dessen  Metrum  gans  ausgef&Ut  ist, 

Akathollkea  (gr.),  Kichtkatholiken. 

Akaale^  Acada  Neck,,  Pflanzengattung  der 
Leguminosen,  Bäume  u.  Sträucher  in  allen 
Brdtheilen  mit  Ausnahme  Europas ,  haben 
gefiederte  Blätter  oder  blattartig  'ausge- 
breitete Blattstiele  (Phyllodien).  Mehrere 
afrikanische  Arten,  besonders  A.  Verec 
€h»iiU.  et  Ftrr,,  liefern  Ghimmi  arabicum  und 
Senegalgummi;  A.  Oatechu  W*.,  in  Bengalen, 
das  Eatechn:  A.  nilotica  D«!.,  in  Senegam- 
bien  und  Oberägypten,  gerbstoffhaltige 
Frficfate  (Neh  Neb),  die  zum  (Serben  dienen. 
Akazienbaum,  unSichte  A.,  s.  Bcbinia. 

Akbar  (d.  i.  der  selir  Grosse),  eigentlich 
DeeheUd •  eddin  Mohammed,  mongolischer 
Kaiser  {Grossmogul)  von  Hindostan,  Kach- 
komme Timurs ,  geb.  14.  Okt.  1542,  regierte 
seit  1566,  breitete  seine  Herrschaft  über 
das  ganze  nördliche  Hindostan,  einschliess- 
lieb  Kaschmir,  Gudscherate  und  die  Indus- 
länder, aus,  iörderte  Ackerbau  u.  Handel, 
begünstigte  Wissenschaft  u.  Kunst;  f  ^^^ 
und  hatte  seinen  Sohn  Selim  zum  Nach- 
folger. Seine  Geschichte  schrieb  sein  Ye- 
zier  Abul-Fasl  in  ,Akbar-nameh* ,  woTon 
Tb.  S  unter  dem  Titel  ,A7inJ-Akbari*  yon 
OladaUme  ins  Engl.  (1800)  übersetzt  ist. 
'    Akelei^  s.  A^ilegta, 

Aken.  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Magde- 
burg, Kr.  Kalbe,  an  der  Elbe,  589S  Ew. 

Aulat.  Stadt  im  türk.  Armenien,  am  Wan- 
see,  4000  Ew. ;  sonst  Residenz  armen.  Könige. 
Akliiiiiii    (das  alte  Pamopoli»),    Stadt  in 
Oberägypten,  am  NU,  10,000  Ew. 

Akiba,  Ben  Joseph,  Schüler  (Hmaliels, 
berühmter  Babbi,  im  1.  und  8.  Jahrh.  n.  Chr., 
Hauptautorität  der  mündlichen  Tradition, 
18&,  über  100  Jahre  alt,  wegen  Betheilignng 
an  dem  Aufstände  Bar-Cochbas  hingerichtet. 

Akiurgie  (gr.),  operative  Chirurgie,  lehrt  die 

kunstgemässe  Handhabung  der  Instrumente. 

Akjerman  (Jkkerman),  befest.  Hafenstadt 

in  der  sfidruss.  Prov.  Bessarabien,  an  der 


Dnjestrmtkndung,  S9,84S  Ew.  Vertrag  rom 
6.  Okt.  1826  zwischen  Russland  und  der 
Türkei.  [auch  Wahl  durch  Zuruf. 

AkklABiatlOB  (Ut.),  beistimmender  Zuruf, 

AkkllMAtiMtlOB  (iat.,  fr.  aeelimakUion), 
Gewöhnung  lebender  Wesen  an  die  Idinia- 
tischen  Einflüsse  eines  fremden  Landes. 
Die  Fähigkeit,  sich  ohne  Nacbtheil  Betten 
Lebensbedingungen  anzupassen  (ÄMnrmö- 
gen),  ist  beim  Menschen  am  grössten,  doch 
unterliegt  auch  er  häufig  A^ekrarnkheHen, 
Grössere  Veränderungen  als  der  Menseh  er- 
leiden die  Thiere,  von  welchen  sich  die  Haus- 
thiere  unter  gehöriger  Pflege  viel  leichter  ak- 
klimatisiren  als  die  wilden.  Indess  sind  auch 
einige  Hausthiere  in  fremden  Ländern  völlig 
verwildert.  Pflanzen  sind  verhältnissmässig 
leichter  zu  akklimattsiren ,  geben  aber  oft 
erst  nach  mehreren  Generationen  volle  Ern- 
ten. Abarten  und  'Vereine  erstreben  die 
Einführung  nutsbarer  Pflanzen  und  Thiere. 

AkkOBUBOdatiOB    (lat.) ,     Anbequemung. 
A^wermUgen,  die  Fähigkeit  des  Auges,   Ge- 
genstände in  verschiedenen  Entfernungen 
deutlich  zu  sehen,  beruht  auf  der  Verschieb-'' 
barkeit  der  Krystalllinse. 

Akkord  (lat.;,  Vertrag,  Vergleich;  beim 
Konkursverlbhren  Nachlassvertrag,  das 
Uebereinkommen  des  Schuldners  mit  seinen 
Gläubigem,  wodurch  er  die  Becbtsnachtheile 
des  Konkurses  abwendet;  auch  der  Vertrag, 
dem  zufolge  ein  Bauherr  oder  sonstiger  Un- 
ternehmer die  Arbeiten  zum  TheU  oder  auch 
ganz  gegen  eine  vereinbarte  Summe  einem  An- 
dern zur  Ausführung  überträgt.  In  der  Mosik 
Znsammenklang  mehrerer  (2 — 5)  in  gewissem 
Verhältnisse  zu  einander  stehenden  Töne. 

Akkredittren  (lat.).  Jemanden  bei  einem 
Andern  beglaubigen  und  die  Gewährleistung 
seiner  Handlungen  in  dem  Umfange  seiner 
Vollmachten  übernehmen.  Akkreditiv,  Voll- 
machtsurlcunde:  Kreditbrief  (s.  d.). 

AkkTMceBS  (lat.),  Zuwachs;  Akkreeeen»- 
reeht,  der  durch  den  Weg&U  eines  oder 
mehrerer  Erben  entstahende  Anspruch  auf 
die  Erbtheile  jener.  tevu>^* 

AkkrimlBalioB  (lat.).  Anklage,  Beschuldi- 

AkkunnlatoreB  G<^t.),  von  Armstrong  er- 
fundene Apparate  zur  Ansammlung  von 
Ejraft  für  besondere  (unterbrochene)Arbei- 
ten.  Zuerst  benutzt,  um  das  für  Wasser- 
säulenmaschinen erforderliche  Wasser  unter 
starkem  Druck  zu  sammeln,  finden  sie  Jetzt 
viel&che  Anwendung,  namentlich  anch  bei 
Hebewerken.  Vgl.  BüMmann,  »Maschinen^ 
lehre',  1862—68,  3  Bde. 

Akne  (Acne,  gr.),  Hautkrankheit,  wird 
durch  Zurückhaltung  des  Hautscluneers  und 
Entzündung  i;i.  Verschwörung  der  in  der  Haut 
eingebetteten  Talgdrüsen  veranlasst.  Auch 
die  sogen.  Mitesser  bilden  sich  häufig  zu 
Aknepusteln  aus,  die  in  Eiterung  übeigehen 
und  dann  abheilen. 

Akoemeter  (Akometer,  gr.),  Gehörmesiur, 
Instrument  zur  Bestimmung  des  Grades  aer 
Taubheit. 

AkoIhneTy  nordamer.  Volk,  wanderte  um 
1150  in  Anahuac  ein,  mit  dessen  Bewohnern 
es  verschmolz.  Ihr  blühender  Staat  (Hauptst. 
Tezouco)  ging  später  in  Mexiko  auf. 


Akologie  —  Akute  Krankheiten. 


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AkoIOgrio  (gr.))  Hellniittellehre,  ixusbeson« 
dere  die  Lehre  von  den  axiMeren,  V^7' 
Bisch  und  mechanisch  wirksamen  Heilmit- 
teln (Verbänden,  Maschinen  eto.)< 

Akolvthen  (gr.),  in  der  älteren  Kirche  ge- 
weihte Kirchendiener,  welche  die  spater  den 
Küstern  und  Chorknaben  übertragenen  Ge- 
schäfte yerrichteten. 

▲kotyledSneii  (gr.),  im  Jnssienschen  Sy- 
stem die  Pflanzen  ohne  Saraenlappen  (Pilze, 
Algen,  Flechten,  Moose,  Farm). 

Akribie  (gr.),  Gtenauigkeit  bei  der  Arbeit 

Akrikometer  (gr.),  Instmoent  zn  genauer 
Messung  kleiner  (Gegenstände. 

AkToamatiseh  (gr.),  was  durch  Hören 
vernommen  wird.  A.«  Lehr/orm,  die  Lehr- 
form, wobei  der  Lehrer  im  Zusammenhange 
vorträgt  und  die  Schüler  nur  zuhören,  im 
Gegensatz  zur  katochet.  Lehrform. 

Akrobiten  (gr.),  Hochgänger,  Seiltänzer. 

Akroeerauuseiies  Gebirge  (a.  G.),  wildes 
Gebirge  in  Epims,  mit  dem  Vorgebirge 
AMroeerannion  (j.  Kap  Linguetta)  am  adriati- 
aohen  Meer  endlfrend. 

Akrolithen  (grT),  die. ältesten  Werke  der 
griech.  Plastik,  mit  Rumpf  und  Bekleidung 
von  Holz  und  Extremitäten  von  Stein. 

Akrop9Ul  (gr.),  der  befestigte,  hochliegende 
Theil  d.  alten  griech.  Städte,  namentl.  Athisns« 

AkrOBtiebOB  (gr.),  Gedicht,  worin  die 
Anfangs-  oder  auch  Endbuchstaben  der  ein- 
zelnen Verse  zusammen  einen  Namen  oder 
eine  Sentenz  enthalten. 

Aksae-ehln,  See  in  Tibet,  der  höchst- 
gelegene der  Erde  (15,586')* 

AuSkoWy  Berget  Timof4jewitseh ,  russ. 
Schriftsteller,  geb.  1.  Okt.  1791  zu  Ufo,  f  ^ 
Moskau  18.  Mai  1859.  ,Famllienchrouik* 
(1856;  deutsch  von  JSatsehiruky  1858)  und  die 
„Kinder|ahre  Bagrows"  (1858).  Sein  Sohn 
Konstantin  A,,  eben&Us  Schriftsteller,  geb. 
10.  April  1819,  •}•  im  Dec.  1860  auf  Zante. 
Eifriger  Panslavlst. 

Akiehebry  Stadt  in  Kleinasien  (Karama- 
nien),  lO/KK)  Ew.    Dabei  der  Saltsee  von  A. 

Akniy  Handelsstadt  in  der  kleinen  Bucharel, 
am  Fluss  A.,  30,000  Ew. 

Akt  (1<^*)>  Handlung,  Verrichtung;  im 
J>rama  Hauptabschnitt  der  Handlung,  durch 
das  Fallen  des  Vorhangs  markirt.  Zwischen- 
aki,  unpassende  Bezeichnung  der  zwischen 
zwei  A.en  eintretenden  Pause. 

Akten  (lat.),  die  i^ber  irgend  eine  Hand- 
Inng,  Verwaltung  oder  einen  Prozess  ge- 
sammelten Schriftstücke.  AJUenmäasigkeit, 
die  Einrichtung  des  gerichtlichen  oder  ad- 
ministrativen Verfahrens,  wobei  alle  Ver- 
handlungen, Verfügungen  und  Erklärungen 
achriftlich  ausgezeichnet  und  zu  den  A.  ge- 
bracht werden  müssen  nach  dem  Rechts- 
spruch: ,Quod  non  est  in  actis,  non  est  in 
mnndoS  d.  h.  «Was  nicht  in  den  A.  steht, 
existirt  für  den  Richter  nicht*.  Aktenver- 
sendung, die  Verschickung  der  in  einem 
Civil-  oder  Kriminalprozess  geführten  A. 
hehnft  der  Erkenntnissfallnng  an  einen 
Schöppenstuhl  oder  eine  Juristen&kultät 
im  G-egoDsatz  zur  Erkenntnissfallnng  durch 
den  den  Prozess  führenden  Richter  oder 
das     kompetente   Obergericht;    nach    Ein- 


richtung völlig  unabhängiger  Gerichte  und 
nach  Annahme  des  Öffentlichen  und  münd- 
lichen Verfahrens  abgeschafft. 

Aktie  (lat.,  fr.  €uHon,  engl,  ehare).  An- 
theil,  welchen  Jemand  an  einem  mit  ge- 
meinschaftlichem Fond  betriebenen  Geschält 
hat,  sowie  das  Dokument,  welches  den 
Kapital werth  jenes  Autheils  an^bt.  Ab- 
tiengeseUseha/t  (anonyme  Gesellschaft),  die 
Vereinigung  Mehrerer  zum  Betriebe  eines 
Gewinn  verheissenden  Gteschäfts,  wobei 
Jeder  Theilnehmer  (Aktionär)  für  die  Ver- 
bindlichkeiten der  Gesellschaft  nur  bis  zum 
Betrage  seiner  Einlage  haftet,  auch  seine 
Mitgliedschaft  '  mit  ihren  Rechten  durch 
Veräusserung  der  A.  an  Andere  übertragen 
kann.  Die  A.n  lauten  entweder  auf  Jeden 
Inhaber  (au  portenr)  oder  auf  einen  be- 
stimmten Inhaber  (JSbminalivaktien),  Erstere 
können  nach  geleisteter  Volleinzahlung 
ohne  Cession  an  Andere  übertragen  oder 
veräussert  werden,  letztere  nur  durch  In- 
dossement  und  Eintragung  des  neuen  Be- 
sitzers in  das  Aktienbuch.  Prioritätsaktien 
sind  solche  A.n,  welche  dem  Inhaber  ausser 
einem  festen  Zinsbezuge  noch  einen  Antheil 
an  dem  schwankenden  .Gewinne  zusichern. 
Im  G^ensata  zu  diesen  heissen  die  ur- 
sprünglichen A.n  ^ammaktien.  Vgl.  Allg. 
deutsch.  Handelsgesetzb.  Art.  207— S49. 

Aktlnieiiy  s.  Seeanemonen. 

Aktinograph  (gr.),  physilcalischer  Apparat, 
registrirt  mit  Hülfe  eines  photographischen 
Prozesses  das  Erscheinen  u.  Verschwinden 
der  Sonne  am  Hiomiel. 

AktiBOmeter  (gr.),  physikalischer  Apparat 
zur  Ermittelung  der  Gesetze  der  nächtlichen 
Wärmestrahlung,  hat  ergeben,  dass  di» 
Strahlung  gegen  den  Himmel  bei  niedriger 
Temperatur  ebenso  gross  ist  als  bei  hoher.^ 

Aktion  Qat.),  Handlung,  in  den  redenden 
Künsten  Unterstützung  des  gesprochenen 
Worts  durch  entsprechende  Stellung,  Ge- 
berde, ELandbewegnngod.  Gesichtsausdruok. 

Aktiv  (lat.);  thätig,  handelnd,  wirksam; 
Aktivität,  Thätigkeit,  Wirksamkeit.  Aktiv- 
Handel,  früher  s.  v.  a.  Ausfahrhandel,  im 
Gegensatz  zum  Pauiv  oder  Bif\fuhrhandel -^ 
Jetzt  Betreibung  der  Ausftihr  u.  Einfuhr  vor- 
wiegend mit  eignen  Kapitalien  und  Arbeits« 
kräften,  wogegen  beim  I^ssivbandel  Ausfuhr 
und  Einftihr  in  den  Händen  Fremder  sind. 

Akupunktur  0at.),  chirurgische  Operation, 
aus  China  oder  Japan  stammend  u.  durch  den 
Holländer  TenRhyne  zu  Ende  des  16.  Jahr- 
hunderts nach  Europa  gebracht,  besteht  in 
dem  Einstechen  metallener  Nadeln  in  kranke 
Körpertheile  bei  Neuralgien  und  Rheumatis- 
men. Bei  der  JElektropunktur  werden  die 
eingestochenen  Nadeln  mit  den  Konduktoren 
einer  Elektrislrmaschine  verbunden. 

Aknreyri  (dän.  O^jord),  zweitgrösste  Stadt 
auf  Island,  a.  d.  Nordküste,  800  Ew.  Handelspl. 

Akustik  (gr.),  Lehre  vom  Schall  (s.  d.). 

Akute  Krankbeiten,  mit  hitzigem  Fieber 
verbundene,  in  8—3  Wochen  verlaufende 
Krankheiten  im  Gegensätze  zu  den  chroni- 
schen Krankheiten.  Fast  alle  Krankheiten 
können  mit  akutem  oder  chronischem  Ver- 
lauf auftreten. 


3'> 


rt 


86 


Akwapim  —  Alarm. 


Akwtplm,  Iiandaohaft  aaf  der  GoIdkAito 
Ton  Guinea,  den  Aahantis  unterworfen. 

Akjah,  Stadt  in  Hinterindien,  Proy.  Arra- 
kan,  brit.  MUlt&rstation,  5000  Ew. 

A  Ift  baiBse  n.  i  la  hmufe  (fr.,  ipr.  b&M, 
hoss),  in  der  Börsensprache  s.  ▼.  a.  auf  das 
Valien  und  Steigen  des  Kurses  (speknllren). 
Alabimt  (spr.  Aelläbihme),  Fluss  im 
gleichn.  nordamerik.  Staate,  entsteht  ans  dem 
Coosa  n.  Tallapoosa,  mündet  bei  Mobile  in 
die  Mobilebai  des  mexikanischen  Qolüs. 

ALlbiniay  nordamerik.  Vreistaat,  am  Ck>lf 
von  Mexiko,  8897  QM.  mit  964,800  Ew. 
Flüsse:  Tennessee  und  der  J^umA,  Im  N. 
gebirgig;  der  hügelige  mittlere  Theil  reich  an 
Produkten  (Mals,  Baumwolle);  flaches  sandi- 
ges Küstenland.  Küstenhandel  und  See&hrt 
(Haupthafen  Mobile).  Sieben  Repräsentanten. 
Hauptstadt  Montgomery.  Seit  1880  souverän. 

Alablnfty  Name  eines  Kaperschiffes  der 
Terbündeten  nordamerik.  Südstaaten,  das 
unter  Kapitän  Semmes  Führung  während 
des  Bürgerkriegs  der  Unionsflotte  grossen 
Schaden  luffigte,  bis  es  auf  einer  Fahrt  nach 
Europa  vor  dem  Hafen  Ton  Oherbourg  Ton 
einem  Schiff  der  Union  In  den  Grund  gebohrt 
wurde.  Anlass  zu  der  bis  jetzt  noch  un- 
erledigten Alabama/rage,  da  das  Schiff  in 
England  erbaut  und  ausgerüstet  war  und 
deshalb  die  Union  nach  dem  Kriege  Ton 
England  Schadenersatz  Terlangte. 

Alabaster,  1)  marmorähnlicher  Gyps,  fkrb- 
los  oder  schwach  gefärbt,  geädert,  gefleckt, 
Ton  splitterigem  Bruch,  mit  dem  Fingerna- 
gel ritzbi^  findet  sich  In  der  älteren  und 
Jüngeren  (iypsformation.  —  8)  Stark  durch- 
sichtiger Kalksinter,  In  verschiedenen  Tropf- 
steinhöhlen. 

Aladagb,  Gkbirg  im  türk.  Armenien, 
nördlich  vom  Wansee,  10,000^  hoch. 

AlagSas.  brasil.  Provinz,  am  atlantischen 
Ocean,  530  QM.,  800,000  Ew.  (50,00a Sklaven). 
Die  gleichnamige  HaupM.  15,000  Ew. 

Alagon,  Nebenflnss  desTeJo  in  der  span. 
Landschaft  Estremadura,  mundet  oberhalb 
Alcantara,  17  M. 

A  la  greeqve  (fr.,  spr.  greck),  auf  grie- 
chische Weise;  rechtwinkelig  sich  ver- 
schlingende Linie  als  Randverzierung. 

A  Ift  hanraey  b.  A  la  haiue. 

AlaiB  (spr.  Aläh),  Stadt  im  franz.  Depart. 
Gard,  am  Gard,  80,800  Ew.  Hier  87.  Juni  1689 
Friedensvertrag  zwischen  den  Hugenotten  u. 
liudwigXnL,  der  jenen  das  Edikt  von  Nantes 
bestätigen  musste.         [Gostarica,  8000  Ew. 

Alftiuelfty  Stadt  im  centralamerlk.  Staate 

Alakananda,  ein  Quellfluss  des  Ganges. 

Alalie  (jgr.)t  Sprachlosigkeit,  s.  StummheiL 

Alftmaiiy  Imcas,  mexikan.  Staatsmann,  geb. 
1775,  wiederholtMinlster  des  Aeussem,  sowie 
der  Innern  Verwaltung,  eine  Stütze  Santa- 
Annas,  f  ^  J^i^i  195&.  Sehr.  ,Historia  de 
Mexico«  (1849—52,  5  Bde.). 

Aiamanly  Fluss,  s.  ffeUada, 

Alamaniüy  Luigi,  ital.  Dichter,  geb.  18. 
April  1495  zu  Florenz,  f  im  Exil  zu  Amboise 
in  Frankreich  88.  Okt.  1556.  Hauptwerk 
das  Lehrgedicht  ,La  coltlvazlone*  (1546). 
Ausserdem  ,Opere  toscane*  (1588,  8  Bde.), 
Sonette,  Elegien  etc.  enthaltend:  das  Epos 


,L*avarchide<  (1570)  und  einige  Dramen.  Im 
Allgemeinen  glatte  Form  ohne  dlohUrischen 
Schwuiu:. 
Alameda  (span.),  öffentlicher  Spaziergang. 
A  la  merare  (fr.,  spr.  mesühr),  nach  Maas- 
gabe; in  der  Musik  s.  v.  a.  a  Tempo. 

Alamot.  Bergwerksstadt  in  Mexiko  (Si- 
naloa),60(X>Ew.;  1865  heftiger  fitnwteiiü«M|t/ 
zwischen  Mexikanern  und  Franzosen. 

Aiaiidy  linker  Nebenfl.  der  Elbe,  mündet 
bei  Schnakenburg  im  Hannoverschen. 

AlftMdftBielBy  Inselg^ppe  im  bottnisohen 
Meerbusen,  zu  Finnland  gehörig;  diegrösate  : 
Aland,  10  QM.  mit  9000  Ew.    Hier  87.  Juni 
1714  Beetieg  der  Russen  über  die  Schweden. 
Alinen,  nomadisirendes  Reitervolk  scy- 
thlschen  Stammes,  breitete  sich  von  seinen 
ursprünglichen  Sitzen  am  Kaukasus  bis  sum 
Don  aus,  fiel  auch  in  Armenien  und  Klein- 
asien ein,   verdrängte  875  mit  den  Hunnen 
die  Ostgothen  aus  ihren  Sitzen  swischen 
Don  und  Donau,  brach  mit   Sueven  und 
Yandalen  in  Gallien  und  Spanien  ein,  ward 
hier  aber  durch  die  Franken  u.  Wes^then 
auftrieben.  Li  der  späteren  byzantin.  Zeit 
am  Elaukasus  noch  erwähnt. 
Alaniflohes  tiebirg,  s.   Waldaigebirgt. 
Alant,  Pflanzengattung,  s.  Jnula, 
A  la  qveve  (fr.,  spr.  köh),  in  langer  Reihe 
hinter  einander  aufgestellt. 

AlarcOBy  Städtchen  in  der  span.  Prov. 
Onenca,  am  Zucar,  700  Ew.     Hier  19.  JuU    « 
1195  Sieg  der  Mauren  über  Alfons  VUL 

Alaroon  j  Mendoxa,  Juan  Suis  de,  span. 
Dramatiker,  geb.  gegen  Ende  des  16.  Jahrb. 
zu  Tasco  in  Mexiko,  lebte  seit  1688  in 
Spanien ,  wo  er  1639  f.  Mitbegründer  der 
Span.  Nationalbühne;  bes.  bedeutend  im 
Charakterlustspiel  (Comedla  de  costumbres). 
,La  sospechosa  verdad*.  ,Ganar  amigos*, 
Jas  paredes  oyen*,  ,E1  tejedor  de  Sego- 
via*  etc.  Werke,  herausgeg.  von  JEEcirteen- 
»ttwA  (1848-58). 

Alineby  König  der  Westgothen,  geb.  um 
876  n.Ohr.  aus  dem  (Geschlecht  der  Balthen, 
durchzog  seit  895  verbeerend  Thracien, 
Macedonien,  Thessalien  und  Griechenland, 
fiel,  von  Arcadlus  zum  Statthalter  des  östl. 
niyriens  ernannt,  400  in  Italien  ein,  ward, 
von  Stilicho  bei  Pollentia  und  Verona  40» 
geschlagen,  durch  Vertrag  zum  Statthalter 
des  westl.  Illyriens  ernannt,  drang  nach 
Stilichos  Ermordung  abermals  in  Italien  ein, 
belagerte  Rom  408  und  eroberte  es  84.  Aug. 
410,  wandte  sich  dann  nach  Unteritalieu 
und  t  AlO  zu  Consentia  (Cosenza).  Er  wurde 
im  Fluss  Buxentius  (Busento)  bestattet.  Vgl. 
Bimonia,  ,Krit.  Untersuch,  über  die  Gesch. 
A.S*,  1858;  Roaenttein  in  den  ,Forsch.  zur 
deutsch.  G^sch.*    Bd.  8,  1868. 

Alarm  (fr.),  Lärm,  Unruhe;  im  Kriegs- 
wesen das  plötzliche,  aussergewöhnliche 
Znsammenrufen  der  Truppen  unter  die 
Waffen  mittelst  Signals.  Alarmirung,  Jeder 
plötzliche  Angriff  auf  eine  feindliche  Vor- 
postenllnle,  um  den  Feind  zu  beunruhigen 
und  zu  ermüden  oder  durch  absichtlich  matten 
Angriff  sicher  zu  machen  oder  seine  Stellung 
und  Stärke  zu  rekognosciren.  Jedes  ernst- 
liche Engagement  wird  dabei  vermieden. 


Alasani  —  Alba  longa. 


37 


AlaBinl  (d«r  alte  Mazonios),  Nebenflnss 
des  Kui;  In  Kaakasien. 

Alaselielir  (das  alte  Hiüadelphia) ,  Stadt 
In  Kleinasieu,  i^alet  Aidin,  15,009  ^^• 

iJmselilu  (A^atka),  Halbinsel  des  nord- 
westl.  Amerika,  80  M.  lang,  sehr  hoch,  reich 
an  Yolkanen.  Danach  benannt  das  Terri' 
torium  A.,  früher  Busaiach- Amerika,  1867 
Ton  den  Verein.  Staaten  för  7y6  Mill.  Dollars 
gekauft,  87,157  QM.  mit  uxxr  54,000  Ew.,  ein 
meist  polares  lÄnd,  aber  wegen  der  Pelz- 
thierjagd  und  des  Vischfangs  von  Wichtig- 
keit ;  auch  Qoldlager.  Für  den  Pelzhandel 
19  Stationen,  darunter  Sitka.  Vgl.  Whymper, 
,Beisen  in  A.*,  deutsch  von  Steger,  1869. 

AlMC()a  (Lcueia),  Fluss  im  sibir.  Gony. 
Jakutsk,  mundet  in  den  arktischen  Ooean. 

Alastor  (gr.),  strafende  Gottheit;  auch 
Plagegeist. 

A  la  mute  (fr.,  spr.  swltt),  im  Gkfolge ;  Offl- 
BiereA  2.  s.,  Offiziere  im  Gefolge  eines  Fürsten. 

AlatiVy  zwei  Gebirge  im  südwestl.  Sibi- 
rien ;  der  tmngariache  A.  östl.  yom  Balkasch- 
see,  mit  Gipfeln  von  lS,OpO';  der  trannlen- 
»istÄe  A,  am  Nordrande  des  Isik-Kulsees, 
14—15,000'  Gipfelhöhe.  Danach  benannt  der 
Alatattkreit,  S864  QM.  mit  150,000  £w.  und 
dem  Hanptort  WJemoJe. 

A  Ifttfire  (lat.),  Ton  der  Seite.  Legaiu» 
a  UUere,  Gesandter  von  Seiten  des  Papstes, 
Ton  demselben  in  wichtigen  Angelegenheiten 
besonders  betraut.      (Frosinone,  11,370  Ew. 

Alatrly    Stadt   im   Airchenstaat,    Deleg. 

Almtyr,  Kreisstadt  in  Ostrussland,  Gouv. 
Simbirsk,  an  der  Sura,  9800  Ew. 

Almuiy  Doppelsalz  aus  schwefelsaurer 
Thonerde  und  schwefelsaurem  Alkali  Q^Ii» 
Natron,  Ammoniak),  findet  sich  in  der  Katnr 
als  Ausblühung  auf  Alaunsohiefer  (Feder- 
alaun, Federsalz,  Haarsalz,  Keramohalit). 
]3arstellung :  Gebrannter  Alaunstein  gibt  mit 
Wasser  fertige  Alaunlösnng  (Tolfit,  röm. 
A.,  roth  von  Eisenozyd);  gerösteter  Alaun- 
schiefer  und  Alaunerde  geben  mit  Wasser 
Ijösung  von  schwefelsaurer  Thonerde,  aus 
welcher  durch  Kali-  oder  Ammoniaksalz  A. 

gefällt  wfrd;  geglühter  Thon  wird  mit 
chwefels&ure  behandelt  n.  die  Lösung  wie 
oben  geiSUt;  endlich  aus  Bauxit  u.  Kryolith. 
Kalialaun  krystallisirt  in  OktaSdem,  verliert 
bei  W>*  0.  18  Aeq.  Wasser,  schmilzt  bei  98», 
«ohmeckt  süsslioh  zusammenziehend,  reagirt 
«aner  (bei  Gegenwart  von  basischem  Sulfitt 
neutral,  krystallisirt  dann  in  Würfeln: 
ieubiaeker  A,),  100  Th.  Wasser  .von  80o  R. 
lösen  16  Th.  A.  Anmoniakalaun,  h&ullger 
dargestellt  als  Kalialaun,  hinterl&sst  beim 
GlfUien  reine  Thonerde.  HeUronttUmn  ist 
■elur  lelobt  löslich.  Konetntrirter  A,  ist 
•olawefelsaure  Thonerde.  Alumeake,  Alaun- 
kn^en,  das  kiesels&urehaltige  Produkt  der 
BiBwirkung  von  Schwefelsäure  auf  Thon, 
findet  Anwendung  in  der  Färberei,  Farben- 
fiabrikation,  Weissgerberei,   als  Klärmitte] 

gron  schlammigem  Wasser),  zum  Leimen  des 
apiers,  zum  Härten  des  Gypses.  A.  ist  in 
grossem  Mengen  und  bei  andauerndem  Ge- 
nuBfl  kleiner  Mengen  giftig.  Chromalaun 
und  Biaenalamn  enthalten  statt  Thonerde 
Ohromozyd  oder  Eisenoxyd. 


Alannerde  (Alaunen),  kieselsaure  Thon« 
erde  im  Gemenge  mit  bituminösen  Theileu 
u.  Sehwefelkies.  In  der  norddeatsohen  Ebene 
bei  Freien walde,  Gleissen,  Schermeisel,  in 
der  Oberlausitz  bei  Muskau,  zu  Kreuzkircb 
bei  Neuwied  u.  auf  der  RlH^n;  wichtiges 
Material  für  Alaunlkbrikation. 

Alannerze  (AlunU),  Alaunscblefer,  Alaun- 
erde, Alaunstein. 

Auransetalefer.  kohle-  und  schwefelkies- 
haltiger  Thonschiefer.  Häufig  in  unmittel- 
barer Nähe  von  Steinkohlenflötzen,  in  Ober- 
bayem,  kn  preuss.  Begbz.  Düsseldorf n.  Trier, 
in  Sachsen,  Böhmen,  am  Harz,  bei  Lüttich  etc. ; 
wichtiges  Material  für  Alaungewinnung. 

Alaunstein  (Alaunapath,  AlunU,  AlaunfeU), 
Mineral,  aus  schwefelsaurer  Kalithonerde  u. 
Thonerdehydrat  bestehend,  Produkt  der 
Einwirkung  schwefliger  Säure  auf  trachy* 
tische  Gebirgsarten.  Bei  Tolfa  im  Klrchen- 
staatj   liefert  den  römischen  Alaun. 

Alava.  span.  Prov.  (Basken),  56,6  QM.  u. 
100,886  Ew.    Hauptst.  Vittoria. 

AlaTay  Don  Miguel  Ricardo  de,  span.  Ge- 
neral, geb.  zu  Vittoria  1771,  schloss  sich 
als  Generalkapitän  von  Aragonien  den  Exal- 
tados  an,  stand  beim  Aufstand  der  Garde 
in  Madrid  7.  Juli  1888  in  den  Reihen  der 
Miliz  und  stimmte  in  den  Oortes  zu  Sevilla 
(1833)  für  Suspension  der  königl.  Gewalt, 
flüchtete  nach  der  Restauration  nach  Eng- 
land, ward  unter  Marie  Christineus  Regent- 
schaft zurückgerufen,  cum  Procer  ernannt» 
t  1843  zu  Bareges. 

Alayrao  (spr.  Alärack),  Nicola»  cT,  itenz. 
Operukomponist ,  geb.  13.  Apr.  1753  zu  Mnret 
bei  Toulouse ,  f  im  Nov.  1809  zu  Paris.  ,Die 
beiden  Savoyarden*,  »Dichter  u.  Musiker'. 

Alby  zwei  Nebenflüsse  des  Rhein  in  Baden : 
oberer  A.  mündet  bei  Albbruck,  unterer  A, 
bei  Knielingen. 

Aibfl^  1)  (das  alte  Pomp^a),  Stadt  in  der 
oberital.  Prov.  Cuneo,  am  Tanaro,  6367  Ew.  — 
3)  (Alba  Fucentia),  uraltes  Städtchen  am 
ehemaligen  Fuciuersee  in  Italien  (Abruzzen), 
zur  Römerzeit  Aufenthaltsort  vornehmer 
Gefangener. 

Alba^  Ferd,  Alvare»  von  Toledo,  Herzog 
von,  spanischer  General  und  Minister  .unter 
Karl  y.  und  Philipp  U.,  geb.  1508,  befehligte 
1530  in  Ungarn,  dann  in  Navarra  und  Ka- 
talonien, besiegte  1547  bei  Mühlberg  den 
Kurfüsten  Job.  Friedrich  von  Sachsen,  nahm 
Tbeil  an  Karls  V.  2uge  gegen  Heinrich  H. 
von  Frankreich,  focht  als  Oberbefehlshaber 
und  Vicekönig  in  Italien  siegreich  gegen 
die  vereinigte  päpstliche  und  französische 
Armee  u.  ward  1567  als  Statthalter  in  die 
Niederlande  geschickt,  wo  er  den  Aufrtand 
mit  blutiger  Strenge  zu  unterdrücken  suchte 
und  18,000  Menschen,  darunter  die  Grafen 
Egmond  und  Hoorn,  hinrichten  liess.  Al^- 
rufen  verliess  er  18.  Dec  1578  die  Nieder- 
lande u.  eroberte  1581  Portugal  für  Philipp  H. ; 
t  zu  Thomar  18.  Jan.  1583.  Vgl.  Motley, 
,The  rlse  of  the  Dutoh  Republic*,  1856, 8  Bde. ; 
deutsch  1857—60,  3  Bde. 

Albacete,  span.  Prov.  (Murcia),  880,6  QM. 

und  814.888  Ew.    Die  Hauptat.  A.  11,860  Ew. 

Alba  longft  (a.  G.),  älteste  Stadt  Latiums, 


38 


Alban  —  Albert. 


HatUnUdt  Roms,  anter  Tullos  HoatlUas 
Eentört.    Unfern  Jetat  Albano. 

AlbsBy  Helllffer,  erster  Märtyrer  Britan- 
niens, geb.  SU  Yeralaminm,  unter  Diocletian 
886  hingerichtet;  Tag  83.  JunL  Nach  ihm 
ist  die  Stadt  St.  >klbans  benannt. 

Alhtttenee,  s.  Mbano. 

JLlbinly  1)  Franeetco,  Maler  der  bologne- 
sischen  Schule,  geb.  1578  su  Bologna,  f  das. 
1660.  Zierliche  Darstellungen  landschalt- 
licher,  namentlich  idyllischer  Scenerien 
mit  mytholog.  Staffage.  —  8)  MaUkiat ,  her. 
Gtoigenmacher  aus  Bozen  in  Tyrol,  um  die 
Mitte  des  17.  Jabrh.  (Jlbaneser  Oeigeu). 

▲IbuUft  (Alania,  a.  G.) ,  kaukas.  Küsten- 
landschaft am  kasp.  Meer,  das  heutige  Da- 
ghestan,  Lesghiatan  u.  Scliirwan  um&ssend. 

Albftülen  (türk.  Amaut),  wilde  Oebirgs- 
landschafc  in  der  Türkei,  am  adriat.  u.  Jon. 
Meer,  die  alten  Länder  Epirus  und  Illyrien 
umfassend,  50  M.  I.,  10—80  M.  br.  Die  M- 
bane$9»  (500,000  —  1  MllL)  wild,  kriegerisch, 
feil,  Tiele  als  Söldner  auswärts.  Nord-A. 
meist  griechisch-,  MiUtl-A,  römisch-katho- 
lisch, Büd-'A,  Torherrschend  mohammed. 
Die  Sprache,  ein  Rest  der  alten  illyrisch- 
thracischen  Sprachen,  bildet  eine  besondere 
Gruppe  des  indo-german.  Sprachstamms. 
Vgl.  £opp,  ,Ueber  das  Albanesische*  (1855). 

Albino 9  Stadt  im  Kirchenstaat,  südöstl. 
von  Bom,  am  Jlbauersee,  5800  Ew.  Zahl- 
reiche Landhäuser  vornehmer  BÖmer.  Das 
Atbanergebirge,  ein  malerisches  vulkan.Bund- 

SBbirge,  1800— SiOO'  hoch.  Am  See  der  Monte 
avo.    Albaneratein ,  feiner  Tuffstein. 

Albang  (spr.  Albens),  ßL,  Stadt  in  der 
engl.  Grafschaft  Hertford,  7600  Ew. 

Albanj  (spr.  Ablbeni) ,  offlcielle  Hanptst. 
des  nordamerlk.  Staates  Newyork,  am  Hud- 
son, (1866)  62,613  Ew. 

Albuiy  (spr.  Ahlbeni),  Luise  Marie  Karo- 
line, Gri{/ln  von,  Tochter  des  Prinzen  Gustar 
Adolf  von  Stollberg -Gedern,  geb.  1753,  seit 
1778  Gktttin  des  engl.  Kronprätendenten 
Karl  Eduard  Stuart,  des  Enkels  Jakobs  n., 
lebte  nach  dem  Tode  desselben  (1788)  in 
Florenz,  in  vertrautem  Umgang  mit  dem 
Dichter  Alflerl;  f  bier  89.  Jan.  1884.  Vgl. 
JSoumont,  ,Die  Gräfin  von  A.*,  1860,  8  Bde. 

AlbuiuiB  opus  (lat.),  s.  y.  a.  Stuck. 

Albatros  9  Diomedea  L.,  Grattung  der 
Schwimmvögel  auf  der  südlichen  Halbkugel. 
Gonuiner  A»  (Schiffsilügler ,  Meerschaf, 
Kapschaf),  D.  exulans  L,,  8V4— 4',  klaftert 
10',  der  einzige  Vogel,  welcher  auf  seinen 
Zügen  den  Aequator  überschreitet;  am  häu- 
figsten an  der  Südspitze  Südamerikas.  Eier 
wohlschmeckend;  Fleisch  unschmackhaft. 

Albe^  1)  (Alba,  lat.),  weisses  Chorhemd  der 
kathol.  n.  anglikan.  Geistlichen.  —  8)  Kleiner 
Weissflsch  (Oyprinus  albnmus). 

Albein y  aus  der  Art  schlagen,  kraftlos 
werden  (von  den  Bienen  gebräuchlich). 

Albemarley  die  grösste  der  Galapagos- 
inseln;  15  QM. 

Albemarlesnndy  Busen  des  atlant.  Meeres 
an  der  Küste  des  nordamerikan.  Staats 
Nordcarolina. 

Albendorf,  berühmter  Wallfahrtsort  im 
prduss.  Regbz.  Breslau,  Kr.  Glatz,  1631  Ew. 


Albea^  (Albingautmm),  Hafenstadt  in  der 
ital.  ProT.  Genua,  am  Meer,  4116  Ew. 

Alber,  Weiss-  oder  Silberpappel. 

Überffttl-Capseelll  (spr.  Kapatschelli), 
Franeeteo',  ital.  Lustspieldichter,  geb.  89. 
April  1728  KU  Bologna,  f  16.  Mars  1804  *uf 
seinem  Iiandsitz  Zola.  ,11  saggio  amioo',  ,11 
ciarlatore  maldioente*. 

AlbergOy  rechter  Nebenfluss  des  Tajo  la 
Spanien,  mündet  oberhalb  Talayera. 

Albexünty  Oiulio,  Kardinal  n.  spanischer 
Minister,  geb.  81.  Mai  1664  als  Sohn  eines 
Weingärtners  su  Flrensuola  un  weitPiacenna, 
vermittelte  als  Resident  des  Hersogs  von 
ParmA  am  spanischen  Hof  die  sweite  Ehe 
Philipps  V.  mit  Elisabeth  Famese,  Prin- 
zessin von  Parma,  wurde  1714  Minister,  be- 
folgte als  solcher  eine  aiifj^eklärte  Politik 
im  Innern,  liess  sich  aber,  um  den  von  der 
spanischen  Thronfolge  ausgeschlossenen 
Kindern  Elisabeths  auswärtige  Throne 
zu  verschaffen,  in  gefährliche  Unterneh- 
mungen ein,  welche  die  Vernichtung  der 
span.  Seemacht  am  Kap  Passaro  (10.  Aug. 
1718)  durch  die  Engländer  u.  (5.  Dec.  1719) 
seine  Entlassung  zur  Folge  hatten;  Nach 
BUemens  XI.  Tode  (1781)  nahm  er  als  Kar- 
dinal seinen  Sitz  im  Konklave  ein,  ward  von 
Klemens  XU.  1734  zum  Legaten  von  Ravenna 
ernannt,  f  16.  Juli  1752  in  Piaoenza.  Vgl. 
Bersani,  ,Storia  dal  Cardinale  Giullo  A.*,  1868. 

Albers.  Joh.  Friedrieh  Semumn,  Mediciner, 
geb.  14.  Nov.  1805  zu  Dorsten  bei  Wesel,  seit 
1831  Prof.  zu  Bonn,  Direktor  einer  Heil- 
anstalt für  Gemüths-  und  Nervenkranke; 
t  18.  ICai  1867.  Werke:  , Atlas  der  pathol. 
Anatomie'  (1838—68);  »Lehrbuch  derSemio- 
tlk<  (1834,8.Aufl.lH61);  »Beobachtungen  auf 
dem  Gebiete  der  Pathologie  etc.'  (1836—40, 
3  Bde.);  ,Handb.  der  allgem.  Pathologie' 
(1848—44,  8  Bde.) ;  ,£rkenutniss  der  Krank- 
heiten der  Brustorgane'  (1850);  »Handbuch 
der  allgem.  Arzneimittellehre'  (1853) ;  »Me- 
moranda der  Psychiatrie'  (1855);  J)ie 
Spermatorrhöe'  (1868). 

Albert 9  1)  Albertus  Magnus,  Graf  von 
Bollstädt,  einer  der  grössten  Gelehrten  des 
Mittelalters ,  geb.  1193  zu  Lauingen  in 
Schwaben,  Dominikaner,  lehrte  in  Köln, 
Hildesheim,  Freiburg,  Regensbutg  und 
Strassburg,  auch  zu  Paris»  wirkte  seit  1254 
als  Provinzial  seines  Ordens  in  Deutsch- 
land, ward  1260  Bischof  zu  Regensburg, 
kehrte  1262  nach  Köln  zurück,  widmete  sich 
ganz  den  Studien  und  f  daselbst  15.  Nov. 
1880.  Hauptlehrer  der  aristotelischen  Philo- 
sophie, wegen  seiner  ausgebreiteten  Gelehr- 
samkeit der  Grosse,  auch  Doctor  universalis 
genannt.  Seine  für  die  damalige  Zeit  be- 
deutenden Kenntnisse  in  der  Physik,  Chemie 
und  Mechanik  brachten  ihn  in  den  verdacht 
der  Zauberei.  Werke,  gesammelt  von  Jammy 
(1651, 21  Bde.).  Vgl.  Bieghart,  »Albertus  Mag- 
nus', 1857 ;  Jod,  ,Verhältni8s  A.s  des  Grossen 
zu  Moses  Maimonldes',  1868.  —  8)  A.  Kasimir, 
Herzog  von  Sachsen-Teschen,  4.  Sohn  König 
Augusts  HI.  von  Polen,  geb.  zu  Moritzburg 
11.  Juli  1738,  vermählt  mit  der  Erzherzogin 
Marie  Christine,  einer  Tochter  der  Maria 
Theresia ,  die  ihm  das  Herzogthum  Teschen 


Aibert  —  Alboiii. 


89 


rerlieh,  and  Oberstatthalterln  der  öitorreich. 
Niederlande,  befehligte  hier  1792,  ward  Ton 
Dnmoarlex  besi^,  f  11>  Vebr.  1823  in  Wien. 
—  3)  Fratu  A.  Aug.  Karl  Emanuel,  Prinz  von 
Sachsen -Kobnrg- Gotha,  geb.  S6.  Aug.  1819, 
3.  Sohn  des  Hersogs  Snist  L  und  der  Prin- 
zessin Luise  Ton  8. -Gotha,  Gtemahl  de^ 
Köni^n  Yictoria  Ton  Grossbritannien  seit 
10.  Febr.  1840,  ward  1847  Kanzler  der  Uni- 
rersität  Cambridge,  erhielt  1857  den  Titel 
eines  ,Prince  Consort',  trat  als  eifriger 
Beförderer  der  Knnst  nnd  Wissenschaft  an 
die  Spitze  yieler  gemeinnützigen  Unterneh- 
mungen und  Vereine,  entwarf  den  Plan  zur 
grossen  Weltindustrieaasstellung  von  1851, 
1 14.Dec.l861zaWindsor.  Auf  Veranlassung 
der  Königin  erschienen  ,The  nrtndpal  Spee- 
ches and  addresses  of  H.  B.  a.  the  Prinoe 
ConsortS  1863.  —  l)  A. ,  Kronprinz  von 
Süchsen,  geb.  83.  Aprfl  1888,  machte  als 
Hauptmann  der  Artillerie  1849  den  Feldzug 
in  Schleswig  mit,  erhielt  als  Generallieute- 
nant  das  Kommando  der  1.  Infanteriedivision, 
focht  1866  bei  Gitschin  und  Königgrätz,  ge- 
genwärtig Kommandant  des  18.  Armeecorps 
des  norddeutschen  Bundes ;  seit  18.  Juni  1853 
vermahlt  mit  der  Prinzessin  Karoline  von 
Wasa.  —  6)A.  Eduard,  Prinz  von  Wales,  geb. 
9.  Nov.  1841 ,  General  der  grossbrlt.  Armee, 
seit  10.  März  1863  vermahlt  mit  der  Prinzessin 
Alexandra  von  Dänemark. 

Alberty   1)  Heiurich,  Liederdichter  und 
Komponist,  geb.  28.  Juni  1604  zu  Lobenstein 
im  Voigtland,  Schüler  von  H.  Schütz,* seit 
1686  Organist  in  Königsberg ,  t  das.  6.  Okt. 
1651   (nicht  1668).     Durch   sein    ,Poetisch- 
musikalisches  Lustwäldlein*  (193  geistliche 
und  weltliche  Gesänge  enthaltend,  1648—48, 
6  Thle.)  gewissermassen  Schöpfer  des  deut- 
schen Liedes.  —  8)  JoMph,  Photograph,  geb. 
5.  März  1885  zu  München,    lebt   daselbst, 
lieferte  trefiUche  Nachbildungen  von  Bildern 
der  münchner  Pinakothek,   der  dresdner 
Gallerie,  Goethes  Frauengestalten  von  Kaul- 
bach a.  a.^  Darstellungen  medidn.  und  natar- 
vrlBsenschaftl.  Objekte.   Albertotypi»,  ein  von 
ihm  erftindenes  VerfEthren,  Photographien 
Bo  Torzurichten,    dass  von  Ihnen  sogleich 
anf  der  Dmckerpresse  mit  Drupkerschwärze 
gedrackt  werden  kann. 

▲Iberti.  1)  Lton  Battista,  ital.  Architekt, 
auch  MAler,  Musiker  und  Dichter,  geb. 
1398  (n.A.  1404)  zu  Florenz;  f^^oin  1478. 
Schrieb  ,De  re  aedificatoria'  (1485)  und 
mehrere  Lustspiele  in  lat.  und  ital.  Vulgär- 
sprache. Bauten:  der  Palast  Bucellai  zu 
Florenz,  die  Kirchen  S.  Andrea  ^u  Mantua 
n.  S.  Francesco  zu  Rimlni,  worin  die  Formen 
der  Antike  den  modernen  Bedürfiiissen  an- 
gepasst  sind.  —  2)  Dcmenico,  Musiker  zu 
Venedig,  um  die  Mitte  des  18.  Jahrh.  Opern 
und  Klaviersonaten;  Erfinder  der  arpeggir- 
ten  B&Bse  (AOertisek«  £ä9M).  —  3)  Friedrich 
August  von,  Geognost,  besonders  verdient 
am  das  SaUnenwesen,  geb.  4.  Sept.  1795  zu 
Stuttgart,  Salinen  Verwalter  in  Friedriohshall. 
Sehr.  »Haluigisohe  Geologie*  (1852,  8  Bde.) ; 
,UeberbU(dc  üb.  d.  Trias*  (1864). 

AlberfelBA  (lat.),  Name  der  Universität  zu 
Königsberg. 


AlbertIttelUy  JfaHotto,  ital.  Maler,  geb. 
1467,  t  za  Florenz  um  1580.  Nachahmer 
von  Fra  Bartolommeo.  Hauptwerk  die  Heim- 
suchung in  den  Ufflzien  zu  Florenz. 

Albertiniiehe  Linie,  s.  Bachitm, 

ÄlhtrtVjM,nEtk(LutaJMg«),  grosser,  von 
Baker  1864  zuerst  besuchter  See  im  ÖstL 
Südafrika  (NUquellengebiet) ,  gegen  60  M. 
lang,  bis  13  M.  breit,  1940'  (n.  A.  96500  hoch 
gelegen,  im  W.  von  einem  7000^  hohen  Gebirg 
begrenzt;  Abfluss  nordwärts,  zum  weissen 
NU.  Vgl.  Baker,  ,A.  N.*,  deatsch  1867,  8  Bde. 

Albertuthaler  (AlberUner,  KreutAäler), 
Sflbermünze,  zuerst  1588  in  den  Nieder- 
landen geprägt,  =  Uyn  Thlr.  pr. 

AlbSnUy  Braemue,  Gelehrter ,  um  1500  in 
der  Wetterau  geboren ,  f  (^1"  mecklenbuisr« 
Gtoneralsuperintendent  zu  Neubrandenburg 
5.  Mai  1563.  Streiter  für  die  Beformation. 
Ver&sser  zahlreicher  Schriften  in  Versen 
und  Prosa,  meist  polemischen  Inhalts: 
,Geistliche  Lieder*  (herausg.  von  Strom- 
berger,  1857);  ,Buch  der  Tugend  n.  Weisheit*, 
49  Fabeln  enthaltend  (1534):  ,Der  Barfusser 
Mönche  Eulenspiegel  und  Alkoran*  (15^. 

Albi  (lat.  Albiga),  Hauptstadt  des  franz. 
Depart.  Tarn,  am  Tarn,  16,596  £w.  Die  Um- 
gegend das  ABngeoie  (Land  der  Albigenser). 

Albigenzer^  im  südl.  Frankreich  verbrei- 
tete kirchliche  Sekte,  huldigte  den  Grund- 
sätzen der  Katharer  und  der  späteren  Wal- 
denser,  daher  dem  Papstthum  feindlich, 
zuerst  1119  anf  dem  Koncil  zu  Toulouse, 
dann  1139  von  Innooenz  H.  verdammt.  Nach 
Ermordung  des  mit  Ausrottung  der  Ketzerei 
beauftragten  päpstlichen  Legaten,  Peter 
von  Oastelnau,  im  Gebiete  des  Grafen  Bai- 
mund VI.  von  Toulouse,  forderte  Papst  In- 
nocenz  HI.  1209  zum  Kreazzug  gegen  die  A. 
auf.  Das  von  Simon  von  Montfort,  Grafen 
von  Leicester,  befehligte  Kreuzheer  drang 
unter  grossem  Blutvergiessen  in  Baimunds 
Länder  ein,  nnd  dessen  Sohn  Baimund  ViL 
musste  im  Frieden  von  1829  die  Lossurechung 
vom  Banne  mit  grossen  Opfern  an  Geld  und 
Land  erkaufen.  Die  A.  aber  waren  von  Jetzt 
an  dem  Bekehrangseifer  der  Dominilcaner 
nnd  liiquisitoren  preisgegeben,  so  dass  seit 
Mitte  des  13.  Jahrh.  ihr  Name  allmählig  ver- 
schwand. Beste  von  ihnen  liessen  sich  in 
Bosnien  nieder.  Vgl.  Fauriel,  ,Croisade 
contre  les  Albigeois*,  1888. 

Albinigiun  (lat.),  Heimfallsrecht. 

Albinos  (KakerlaJie»,  Donäo$,  loeiueNoger, 
Weieuiiehtige,  Lemcotioi),  Menschen  mit 
milchweisser  Haut ,  seidenartigen  weissen 
Haaren,  blass  rosenrother  Iris  und  tlef- 
rother  PupUle,  am  häuflgflten  anter  den 
Negern.  Der  JIM»otaM(«(Leukopathie),  stets 
angeboren,  findet  sich  auch  bei  Thieren 
(weisse  Mäuse,  Kaninchen).  Vgl.  Jfan^eld, 
,Ueber  Leukopathie* ,  1888.        [Schottland. 

AlblOBy    alter  Name    von  England  und 

Albionmetall.  mit  Zinn  plattirtes  Blei. 

Albll  (lat.),  cUe  Elbe. 

Albll.  Bergrücken  westl.  am  Zikricbersee, 
mit  dem  Uetli  (2687').    Am  Fuss  AXHsbnmn, 

Albft,  s.  Feldepath.  [Kaltwasserbad. 

Albdiiiy  König  der  Longobarden ,  folgte 
561  seinem  Vater  Audoin  aof  dem  Throne 


40 


Alboni  —  Albrecht' 


In  PannottfeDi  erlegt«  im  KaiApfe  Knni- 
nvnd,  König  der  Qepiden,  mit  dessen  Toch- 
ter Bosamunde  er  sich  vermählte,  eroberte 
568  Oberltallen,  wurde  674  auf  Anstiften 
seiner  Gemahlin ,  die  er  geswnngen  hatte, 
ans  dem  8oh£del  Ihres  Vaters  an  trinken, 
ermordet. 

▲IbSniy  Marietta,  Alts&ngerln,  geb.  1884 
sa  Cesena  ^omagnia),  bereiste  seit  1841 
die  Hauptstädte  Europas  und  Amerikas; 
aeit  1864  mit  Qraf  Pepoli  verheirathet. 

Albreeht.  l)  dtutseh«  Kaiser:  a)  A.  I.,  älte- 
ster Sohn  des  Kaisers  Rudolf  tob  Habsburg, 
Sib.  1848,  gelangte  erst  durch  den  Bturs 
dolft  von  Nassau  auf  den  Thron ,  regierte 
1896—1808,  kämpfte  unglücklich  in  den 
nördL  Niederlanden ,  in  Ungarn  ,  Böhmen 
n.  Thüringen,  das  er  su  erobern  gedachte, 
reiste  durch  schweren  Druck  (1908)  die 
Schweizer  sur  Empörung  und  ward  Ton 
seinem  Neifen  Johann,  dem  er  sein  Erbe,  das 
Hersogthum  Schwaben,  Torenthlelt,  und 
dessen  Hityerschworenen,  Walther  Ton 
Esohenbach ,  Rudolf  Ton  der  Wart,  Bu- 
dolf  Ton  Palm,  Konrad  Ton  Tegemfeld 
und  Walther  von  Oastelen,  ermordet  (1.  Mai 
1808).  —  b)  A.  n.,  als  Hersog  Ton  Oesterreich 
Albrecht  V.,  Sohn  Hersog  Albrechts  IV., 
geb.  1897,  folgte  seinem  Schwlegerrater,  dem 
Kaiser  Slglsmund ,  1437  als  König  von  Un- 
garn, 1488  in  Böhmen  und  als  deutscher 
König,  t  schon  87.  Okt.  1489. 

2)Her*tige  «.  Eruhenüg« von  Outerreieh :  a) 
A.  IL,  der  Weieeod.  Lähme,  Sohn  des  deutsch. 
Kaisers  Albrecht  I.,  geb.  1298,  reg.  mit  sei- 
nem Bruder  Otto  gemelnschaftl. ,  seit  1339 
allein,  in  Folge  Ton  Vergiftung  gelähmt, 
kämpfte  erfolglos  gegen  die  Schweiser,  ord- 
nete die  Erbfolge  in  den  Österreich.  Landen, 
t  18.  Aug.  1358.  —  b)  A.  HI.,  mit  dem  Zop/e, 
Sohn  des  Vorigen,  geb.  1848,  erhielt  1879 
Im  Theilungsrertrag  mit  seinem  Bruder 
Jjeopold  m.  Oesterreich ,  gründete  die  Uni- 
rersität  Wien  (1366),  f  89.  Ang.  1895.  — 
c)  A.  Vn.,  auch  JÜbert,  Ersherzog  Ton  Oester- 
reich, geb.  1669,  8.  Sohn  des  Kaisers  Maxi- 
milian n. ,  1677  Kardinal ,  1584  Erzbischof 
YOn  Toledo,  1694  Vlcekönig  von  Portugal, 
übernahm  1696  die  Statthalterschaft  der 
yereinigten  Niederlande,  rermählte  sich 
mit  Philipps  n.  von  Spanien  Tochter 
ISabella,  j>  zu  Brüssel  1621.  —  d)  Fried- 
rieh Bud^^f  A,,  Erzherzog  Ton  Oester- 
reich, ältester  Sohn  des  Erzhersogs  Karl, 
geb.  8.  Aug.  1817  zu  Wien ,  ward  1846  zum 
kommandirenden  General  in  Oesterreich  ob 
nnd  unter  der  Enns  ernannt,  befehligte  im  Ital. 
Feldzuge  Ton  1849  unter  Badetsky  eine 
DiTision  und  hatte  wesentliohen  Antheil  an 
dem  Sieg  bei  Novara.  Im  Aug.  1849  ward  er 
cum  GouTemeur  Ton  Mainz,  im  Sept.  zum 
Kommandanten  des  8.  Armeecorps  inBöhmen, 
Im  Sept.  1851  zum  Militär-  undjCÜTilgouTer- 
nenr  von  Ungarn  ernannt,  während  des 
Krimkriegs  befehligte  er  das  Beobachtnngs- 
heor  an  der  türkisch -russischen  Grenze, 
wurde  im  April  1869  mit  einer  Sendung  an 
den  berliner  Hof  betraut,  erhielt  im  Okt. 
1860  das  Kommando  des  8.  Armeecorps  in 
Yioenza  und  ward  1868  Teldmarschall.  Beim 


Ausbruch  des  Krieges  Ton  1866  mit  den» 
Oberbefehl  in  Itollen  betraut,  siegte  «r  bei 
Oustozza  (84.  Juni). 

8)  A.  IV.,  der  Weiee,  Herzog  Ton  Bajem, 
aus  der  Linie  Münohen-Straubing,  8.  Bohn 
Herzog  Albrechts  HL,  des  Trommen,  geb. 
16.  Deo.  1447,  ward  1468  Mitregent,  reg. 
seit  1498  allein,  führte  1606  das  Erstgebnrts- 
recht  ein,  f  10.  März  1508. 

4)  Mdrigrufem  wm  Brandenburg :  a)  A.  L, 
der  Bär,  Sohn  Ottos  des  Reichen,  Grafen 
Ton  Ballenstädt  und  Aschersleben ,  n.  der 
Bllika,  der  Tochter  des  Herzogs  Magnus  Ton 
Saohsen,  des  letzten  Blllungers,  geb.  IIOG 
zu  Ballenstädt,  reg.  seit  1188,  ward  1186  tok» 
Kaiser  Lothar  TL  mit  der  Lausitz,  1184  mit 
der  Markgrafiich.  Nordsachsen  und  Ton  Kon- 
rad m,  mit  dem  Herzogthum  Saohsen  nnd, 
da  er  dieses  gegen  Heinrich  den  Stolzen  nicht 
zu  behaupten  Termochte,  mit  Nordsachsen  aA 
selbstständigem  Territorium  belehnt  u.  rer- 
grösserte  dieses  durch  Eroberung  der  Mittel- 
und  eines  Theils  der  Neumark,  wodurch 
er  Gründer  der  Mark  Brandenburg  ward. 
Hochverdient  um  Germanisimng  seine» 
Landes  f  er  im  Kot.  1170  zu  BallenstAdt. 
Vgl.  Beinemann,  ,A.  d.  Bär*,  1864.  —  b> 
A.  m. ,  Achiüee,  auch  Dlyeee»,  Kurfürst 
von  Brandenburg t  8.  Sohn  Friedrichs,  des 
ersten  Kurfürsten  aus  dem  Hause  Hohen- 
zolIerU)  geb.  24.  Nov.  1414  in  Tangermtknde, 
berühmter  Tumierkämpfer ,  erhielt  1440 
das  Fürstenthum  Ansbach,  1464  das  Fürsten- 
thnm  Baireuth  und  1470  die  Mark  Branden- 
burg nebst  der  Kurwürde,  rieb  sich  in 
zwecklosen  Kämpfen  auf,  f  11.  März  1486 
zu  Ansbach.  Das  ron  Ihm  1478  zu  Colin  an 
der  Spree  erlassene  Hausgesetz  ist  ,AchiI- 
lea*  betitelt.  —  c)  A.,  Meibiade»,  Markgraf 
von  Brandenburg  fränkischer  Linie,  Sohn 
des  Markgrafen  Kasimir,  geb.  zu  Ansbach 
88.  März  1682,  wüster  Parteigänger,  hielt 
im  schmalkaldischen  Kriege  zum  Kaiser, 
sohloss  sich  dann  dem  Zuge  des  Kurfürsten 
Moritz  von  Sachsen  gegen  Jenen  an,  unter- 
nahm, in  die  grumbachschen  Händel  rer- 
wiokelt,  einen  Raubzug  durch  Franken,  ward 
geächtet,  9.  Juli  1668  bei  SloTershausen  Yon 
Moritz  geschlagen,  ging  nach  Frankreich, 
fS. Jan.  1666  zuPforzheim.  Vgl.  Voigt,  «Mark- 
graf A.  AIcS  1868,  8  Bde.  —  d)  A.,  letzter 
Hochmeister  des  deutschen  Ritterordens  u. 
1.  Herzog  in  Preussen,  Sohn  des  Markgrafen 
Friedrich  t.  Ansbach,  geb.  17.  Mal  1490,  ward 
5.  Jan.  1611  zum  Hochmeister  gewählt,  suchte, 
Ton  Polen  wegen  verweigerter  Huldigung  be- 
fehdet, bei  den  deutschen  Fürsten  vergeblich 
Hülfe,  bekannte  sich  zur  Reformation  und 
erklärte  sich  zum  weltlichen  Herzog  von 
Preussen,  das  er  von  Polen  zu  Lehn  nahm 
(8.  April  1686).  Er  ordnete  die  Landesver- 
waltung und  stiftete  1648  die  Universität 
Königsberg,  hatte  harte  Kämpfe  mit  dem 
übermächtigen  Adel  zu  bestehen  und  wurde 
von  Karl  V.  1688  in  die  Reichsacht  erklärt : 
t  80.  März  1668. 

6)  A.,  der  Grotte,  Eertog  von  Brotm- 
tehioeig  und  Lüneburg,  Sohn  Gfibtos  dea 
Kindes,  geb.  1836,  übernahm  1858  die 
Regierung,  die  er  später  mit  seinem  Brader 


J 


AlbrecM  —  Albufera. 


41 


Jobann  theilte,  bethelligte  sich  zu  Gunsten 
Sophlens  ron  Brsbant  an  dem  thüringischen 
Erbfolgekriege,  ward  aber  27.  Okt.  1268  bei 
Besenstedt  zwischen  Wettin  .und  Halle  ron 
den  Söhnen  des  Markgrafen  von  Meissen 
überfallen,  gefangen  und  in  Haft  gesetzt, 
aus  der  er  sich  nach  Jahresfrist  loskaufte, 
schloss  1267  mit  seinem  Bruder  Johann 
einen  Thellungsyertrag,  durch  welchen  ihm 
Braunsohwelg  und  Wolfenbüttel,  Jenem 
Lüneburg  u.  Hannover  zufiel;  f  1269. 

6)  Heradge  von  MeMekSurg :  a)  A.  L  (II.), 
Stammvater  der  jetzigMi  Grossherzög^e  von 
Mecklenburg,  Sohn  des  Fürsten  Heinrich  IIL 
von  Mecklenburg,  reg«  seit  1829  als  Fürst  u., 
vom  Kaiser  Karl  IV.  zum  Herzog  erhoben, 
als  solcher  seit  1848,  ver^össerte  sein  Land 
durch  die  Grafisohaft  Schwerin;  f  l^*  Febr. 
1S79.  —  b)  A.  n.  (IIL),  Prinz  von  Mecklen- 
burg, Sohn  des  Vorigen,  80.  Nov.  1868 
von  den  schwedischen  Reichsständen  zum 
König  von  Schweden  gewählt,  machte  sich 
ab^r  durch  Gewaltthätigkeit  verhasst,  ward 
bei  Falköping  (80.  Sept.  1888)  von  den  Dä- 
nen geschlagen  u.  gefangen  u.  nur  gegen 
Yerzichtleistung  auf  den  Tlu-on  U05  frei- 
gelassen; t  U16  im  Kloster  Dobberan. 

1)  Markgrafen  von  JfHsaen:  a)  A.  L,  der 
ßtoue,  Sohn  des  Markgrafen  Otto  des  Beicfaen 
aus  dem  Hause  Wettin,  setzte  den  Vater,  der 
die  Mark  auf  seinen  zweiten  Sohn  Dietrich 
▼ererben   wollte,  auf   Schloss    Döben    bei 
Grimma  1188  gefangen  und  Hess  ihn  erst  auf 
Befehl  Kaiser  Friedrichs  I.  wieder  frei;  t^ö. 
Juni  1195,  wahrscheinlich  auf  Anstiften  des 
nach  dem  Besitz  von  Meissen  lüsternen  Kai- 
sers Heinrich  VI.  vergiftet.  —  b)  A.  II.,  der  Un- 
artige, Landgraf  v.  Thüringen  seit  1265,  Mark- 
g^raf  vou  Meissen  1288—98,  Sohn  Heinrichs  des 
Brlauchten,  vermählte  sich  nach  dem  Tode 
seiner  ersten  Gattin  Margarethe,  der  Tochter 
Kaiser  Friedrichs  n.,  1272  mit  Kunigunde 
▼OB  Eisenbezff  u.  wollte  seinem  mit  dieser 
erzeugten  Sohne  Apitz    die    Kachfolge  in 
Thüringen  verschaffen,   seine  Söhne  erster 
Ehe ,   Friedrich  den  Gebissenen  und  Diez- 
xnaiuBi,  aber  mit  dem  Pleissnerlande  abfin- 
den, woraus  sich  ein  Krieg  zwischen  Vater 
n.  Söhnen  entspann.    A.  verkaufte  1291  die 
Hark .  Landsberg  an  Brandenburg  u.  Thü- 
ringen nebst  dem  Osterlande  an  den  Kaiser 
Adolf  von  Nassau,  dem  gegenüber  aber  die 
Söbne  ihr  Erbe  behaupteten ;  f  18U. 

8)  A.  der  Behente,  Herzog  von  Sachsen, 
fiüfter  der  albertinischen ,  Jetzt  königlich 
sftchslachen  Linie ,  geb.  17.  Juli  1448,  Jün- 

Krer  Sohn  des  Kurfürsten  Friedrich  des 
nitmüthlgen  von  Sachsen ,  ward  in  sei- 
ner Jagend  mit  seinem  Bruder  Ernst  von 
Kims  von  Kauffangen  geraubt  (s.  Prinäen- 
raub),  wählte  im  leipziger  Theilungs- 
vertraee  vom  26.  Aug.  1485  mit  Ernst 
Meissen,  focht  für  Kaiser  Friedrich  III. 
gegen  Karl  den  Kühnen  vonBurgund,  auch 
in  Ungarn  u.  den  Niederlanden,  ward  14SÜ3 
zum  Brbstatthalter  von  Friesland  ernannt; 
f  IS.  Sept.  1500  zu  Emden,  nachdem 
er  die  Erbfolge  in  den  albertinischen  Län- 
dern nach  dem  Bechte  der  Erstgeburt  ge- 
ordnet hatte. 


9)  A,  von  Brandenburg,  Jüngster  Sohn  des 
Kurfürsten  Johann  Oicero  von  Brandenburg» 
geb.  1489,  ward  1518  Erzbischof  von  Magde- 
burg u.  Administrator  des  Bisthums  Halber- 
stadt u.  1514  Kurfürst  v.  Mainz,  bestellte  den 
Dominikaner  Tezel  z.  Ablassprediger,  nahm 
die  Jesuiten  in  seinem  Lande  auf,  bewilligte 
aber  seinen  ünterthanen  1544  gegen  Be- 
zahlung seiner  Schulden  Beligionsfreiheit ; 
t  zu  Aschaffenburg  1545.  [Atbert  8). 

10)  A.  Kasimir,  Herzog  von  Teschen,   s. 

11)  Friedrieh  Eeinridk  A.,  Prinz  von 
Preussen,  Sohn  Frledr.  Wilhelms  HL,  geb« 

4.  Okt.  1809,  General  der  Kavallerie,  ver- 
mählte sich  14.  Sept.  1830  mit  der  Prinzessin 
Marianne,  Tochter  des  Königs  Wilhelm  I. 
von  den  Niederlanden,  ward  28.  März 
1849  von  ihr  geschieden,  vermählte  sich 
18.  Juni  1858  morganatisch  mit  Bosalie, 
Gräfin  von  Hohenau,  Tochter  0es  Gtenerals 
von  Ranch.  Sein  Sohn  aus  erster  Ehe, 
Alb^echt,  ist  8.  Mai  1887  geboren. 

Albreenty  Tri{A.£;iHar(l,Rechtsge]ehrteiu. 
Germanist,  geb.  4.  März  1800  zu  Elbing,  seit 
1880  Prof.  der  Rechte  in  Göttingen,  1837  einer 
der  7  Professoren,  die  in  Folge  ihres  Prote- 
stes gegen  die  Aufhebung  des  Staatsgrund- 
gesetzes ihres  Amtes  entsetzt  wurden,  seit 
1888  Prof.  in  Leipzig,  1848  einer  der  Ver- 
trauensmänner, welche  mit  dem  Entwürfe 
einer  Bundesver&ssung  beauftragt  wurden. 
Sehr.  ,Die  Gewere  als  Grundlage  des  altem 
deutschen  Sachenrechts'  (1828). 

Albreehteberger.  Joh.  Georg,  Musiktbeo- 
retiker,  geb.  8.  Febr.  1786  zu  Klostemeu- 
bürg  bei  Wien,  seit  1792  Kapellmeister  an 

5.  Stephan  zu  Wien,  f  7.  März  1809.  Lehrer 
von  Hummel,  Beethoven  u.  Sejfried.  Seine 
Generalbassschule,  von  Bej/fried  herausgeg. 
(1826,  8  Bde.),  ehemals  weltverbreitet. 

Albreehtsorden  y  1)  Hausorden  Albrechts 
des  Bären,  anhaltischer  Orden,  gestiftet 
18.  Nov.  1836  von  den  Herzögen  von  Anhalt, 
zählt  8  Klassen:  Grosskreuze,  Komthure 
u.  Ritter.  —  2)  Königl.  sächs.  Orden,  ge- 
stiftet 81.  Dec.  1850  von  Friedrich  August  H. 
zum  Andenken  an  Hersog  Albrecht  den  Be- 
herzten, zählt 5  Klassen:  Grosskreuze,  Kom- 
thure 1.  u.  2.  Kl.  .Ritter  und  Ehrenkreuze. 

Albreeht  von  Halberstadt.  mittelhoch- 
deutscher Dichter,  lebte  um  1210  zu  Jecha- 
bjirg  bei  Sondershausen.  Seine  Nachdichtung 
von  Ovlds  Metamorphosen  ist  nur  in  Wick- 
rams  Umarbeitung  (1545)  bekannt. 

Albrecht  von  SehafffiBnberg,  mittelhoch- 
deutscher Dichter,  um  1270;  verfiEUiser  de» 
sogen.  «Jüngeren  Titurel*. 

AlbrMa^  Stadt  in  Senegamblen,  an  der 
Mündung  des  Gktmbia,  8000  Ew.;  bisher 
fr»nz.  Ukndelsposten,  Jetzt  aufgegeben. 

Albret  (spr.  Albrä),  Landsch.  im  franz. 
Depart.  Landes.  [schwangau. 

Albseey  See  in  Oberbayem,  unfern  Hohen- 

AlbaSn^  Dorf  in  der  span.  Prov.  Bstrema- 
dnra,  bei  Badajoz.  Hier  16.  «Mal  1811  Bieg 
Wellingtons  über  die  Franzosen  unter  Soult. 

AlbufSrty  Küstensee  bei  Valencia  in  Spa> 
nien;  Hereog  von  A,,  Titel  des  Marschall» 
Suchet  in  Folge  der  Einnahme  von  Valen- 
cia (9.  Jan.  1812). 


42 


Albula  —  AlciatL 


llbiU*.  Gruppe  der  rh&tUchen  Alpen  in 
Granbünden,  nördL  Tom  Jnlier,  Gipfel 
9000—10,000'  hoch.  VielbenntKt  der  Mbukt- 
pas$  (7800')i  von  Ponte  im  Engadin  nach 
Bergim  im  Thal  des  Ftuaw  JL,  der  bei  Thuais 
in  den  Hinterrhein  lallt. 

Albun  (JLtX.) ,  Gedenkbach ,  Stammbuch, 
Katalog;  Sammlung  von  Poesien,  Kunst- 
blättern etc. 

Jdhiimin(Etufeu»),  schwefel-  und  stick- 
stoffhaltiger  Körper,  wohl  der  wichtigste 
Bestandtheil  aller  pflanzlichen  und  thie« 
rlsohen  Nahmngss&fte ,  kommt  gelöst  und 
dann  wohl  meist  an  Natron  gebunden  und 
im  Zustande  halber  Gerinnung  vor.  Die 
alkalisch  reagirende  Lösung  gerinnt  beim 
Eärhitzen  zwischen  05  und  7öo  in  Tlocken. 
Salze  der  Erden  und  schweren  Metall- 
oxyde bilden  mit  A.  schwer  lösliche  Jlbu- 
miruUe,  so  dass  A.  als  Gegengift  hohen 
Werth  besitzt.  A.  ist  hauptsachlich  Nah- 
rungsmittel, wird  aber  auch  in  grosser 
Menge  in  der  Färberei  benutzt  u.  zu  diesem 
Zweck  aus  Blut  febrikmässig  dargestellt. 
JJbuwnnpapier  ist  mit  A.  überzogenes  Papier 
für  photograph.  Bilder.  Ausserdem  dient 
A.  zum  Klären,  Appretiren,  Grundiren  beim 
Vergolden  u.  mit  £alk  gemischt  zum  Kitten. 

Afbaminvrie  (gr.),Eiweis8hamen,  Abgang 
von  gelöstem  Ei  weiss  im  Urin,  tritt  am  kon- 
stantesten in  der  brightschen  Nierenkrank- 
heit, aber  auch  bei  andern  Krankheiten  auf. 

Album  opus  (lat.),  s.  y.  a.  Stuck. 

Albutiuerque^  Festungsstadt  in  der  span. 
Prov.  Badajoz  (Estremadura),  7500  Ew. 

Albnqvoravc»  AffoTuo  d',  der  Grosse,  por- 
tngies.  Kriegsheld,  geb.  zu  Lissabon  1452,  er- 
oberte als  Vicekönig  der  portog.  Besitzungen 
in  Indien  seit  1503  Gk>a ,  Malabar ,  Oeylon, 
die  Sundainselnu.  Ormus,  f  abgesetzt  16.  Dec. 
1515.  Sein  Sohn  Bleu  tPA.  ist  Verf.  der  ,0om- 
mentarios  do  grande  AlTonso  d'A.*  (1576; 
1774,  4  Bde.). 

Albumun  (lat.),  Splint. 

AlboB  ^Weisap/ennig),  deutsche  Silber- 
scheidemunze,  seit  1860  geschlagen,  Jetzt 
ausser  Umlauf;  zuletzt  in  Kurhesken  gang- 
bar, =  9  Pf, 

AlcJkvMf  griech.  Lyriker,  aus  Mitylene 
auf  Lesbos,  um  610— 60i  ▼.  Chr.,  Zeitgenosse 
der  Sappho.  Von  seinen  Oden  (im  äol.  t)ia- 
lekt)  nur  Bruchstücke  übrig.  Vgl.  Matthiä, 
,Aloaei  firagmenta'  (1827).  Die  cOcäüche 
Strwhe  vielgebrauchtes  antikes  Versmass. 

Alcali  de  HeaArei,  Stadt  in  der  span. 
Prov.  Madrid,  am  Henares,  5150  Ew.  Ehedem 
ber.  Universität.    Geburtsort  des  Cervantes. 

Alcalde  (span.),  in  Spanien  Titel  der 
Richter  und  obrigkeitlichen  Personen. 

Alcamenesy  berühmter  griech.  Bildhauer 
des  5.  Jahrh.  v.  Ohr.,  Schüler  des  Phidias. 
Von  seinen  Werken  nichts  erhalten. 

AleimOy  Stodt  auf  Sicilien,  Prov.  Trapani, 
19,520  Ew.    Dabei  die  Ruinen  von  Segeste. 

Aleanna  Tausch,  Pflanzengattung  der  Bo- 
ragineen.  Die  Wurzel  von  A.tinctoria  Tausch, 
in  Südeuropa,  Radix  Alcannae  spu^ae ,  dient 
zum  Rothfftrben  von  Tinkturen,  Salben, 
Oelen  und  zur  Bereitung  von  Schminke. 

Aleuitira,  Stadt  in  der  span.  Prov.  Oa- 


eeres  (Bstremadora) ,  am  Lage,  4100  Sw. 
Stammsitz  des  glelohnamigen  Ritterordens. 

AlautirMrdeB,  geistlicher  Ritterorden 
nach  der  Regel  Benedikts,  gestiftet  1156, 
erwarb  im  Kampf!»  gegen  die  Mauren  Ruhm 
u.  Reichthum  und  hatte  seinen  Sitz  in  der 
Stadt  Aloantara.  Gegenwärtig  spanlsch- 
militär.  Verdienstorden.  [gefässe. 

AlcMnuua  (span.),  irdene  noröse  Kühl- 

Aleisar  (span.),  Sohloss,  Palast,  Buzs. 

AleUar  (Ouar  el  Ktbir),  Stodt  in  Marokko, 
6000  Ew.  Hier  4.  Aug.  1578  JSMUrlags  and 
Tod  Königs  Sebastian  von  Portugal. 

AleMtls  (JlessU),  Gattin  des  Admetui,  Kö- 
nigs von  Pherä  in  Thessalien,  Tochter  des 
Pelias,  verlängerte  das  Leben  ihres  Gatten 
durch  Hingabe  des  eignen,  ward  aber  durch 
Hercules  der  Unterwelt  wieder  entriisoa. 
Gegenstand  einer  Tragödie  des  Euripides. 

jQcliemls  (Mchymis,  arab.  al  kimia,  das 
griech.  chemela,  Chemie,  mit  dem  arab. 
Artikel  ap,  bis  in  das  17.  Jahrh.  s.  t.  a. 
Chemie ,  dann  die  vermeintliche  Kunst,  un- 
edle Metalle  in  edle  (Gold  und  Silber)  so 
verwandeln ,  was  mittelst  zweier  Präpsjrate 
zu  Stande  gebracht  werden  sollte.  Das 
eine,  der  rotheLöwe,  das  grosse  Elixir  odei 
Magisterium  (Meisterstück),  auch  rothe  Tink- 
tur genannt,  sollte  nicht  nur  Silber  und 
die  unedlen  (imperfekten)  MetoUe  in  G^d 
verwandeln,  sondern  auch,  aul^löst  u.  ver- 
dünnt, als  Trinkgold  (aumm  potobile)  in 
kleinen  Dosen  genommen,  alle  Krankheiten 
heilen ,  das  Alter  veijüngen  und  das  Leben 
verlängern;  das  andere,  der  weisse  Löwe, 
kleines  Magisterium  oder  weisse  Tinktur 
geiuinnt,  sollte  alle  unedlen  Metolle  in  Silber 
verwandeln.  Beide  Präparate  hiessen  auch 
Stein  der  Weisen,  u.  die,  welche  ihn  gefunden 
hatten,  Adepten.  Die  Alchemiston  pflegen 
ihre  Kunst  von  dem  Aegypter  Hermes  TiUh 
megistos  oder  Thot  abzuleiten.  Die  lange 
Reihe  alchemlst.  Schriften  beginnt  mit  des 
Democritos,  wahrscheinlich  eines  Alexan- 
driners, Werk  ,Physica  et  mystica*.  Dann 
pflegten  besonders  die  Araber  die  A.  mit 
Vorliebe.  Geber,  zu  Ende  des  8.  u.  zu,  An- 
fang des  9.  Jahrb.,  schrieb  ein  alohemist. 
Werk,  lat.  ,Summa  perfectionis  magistorii 
in  sua  natura'  betitelt  (Danaig  1682).  Die 
Araber  brachten  die  A.  nach  Spanien,  von 
wo  sie  sich  nach  dem  übrigen  Abendlande 
verbreiteto.  Die  berühmtesten  Alohemisten 
des  18.  und  14.  Jahrh.  waren  Raünundus 
Lullus,  Albertus  Magnus,  Roger  Baoo  und- 
Basilius  Valentinus.  Im  15.,  16.  u.  17.  Jahrh. 
beschäftigten  sich  besonders  Fürsten  eiftig 
mit  der  A.  (Heinrich  VL  von  England,  Karl 
Vn.  von  Frankreich,  Kaiser  Rudolf  IL,  Kur- 
fürst August  von  Sachsen  u.  a.).  Alohemist. 
Versuche  führten  Job.  Friedr.  Böttcher  lur 
Erfindung  des  Porzellans.  Einer  der  letzten 
Adepten  war  Caetono  Graf  Ruggiero  (1709  in 
Berlin  gehenkt).  Noch  später  trat  der  engl. 
Arzt  James  Prioe  als  solcher  auf  (f  1783), 
und  eine  Gesellschaft  von  Alchemisten  be- 
stond  in  Deutschland  bis  Ins  19.  Jahrh. 
Vgl.  8ehmi4der,  ^Geschichte  der  A.S  1838. 

AleUti  (spr.  AltschSti),  Andrea,  ber.  ital. 
Rochtsgelehrter,  gob.  S.Mai  1492  zu  Alsate 


Alcibiädes  —  Aldringer. 


43 


bei  M&iland,  f  ^'*  J<^i^*'  ^^^  *^  Paria.  Be- 
aondan  bekannt  durch  aelxie  lat.  Epigramme 
,£mblemata*  (1588  n.  ö.). 

üelblldciy  berühmter  Athener,  Sohn  des 
OUniaa,  geb.  451  y.  Chr.  zu  Athen,  ansge- 
aeichneter  Redner  n.  Feldherr,  aber  leicht- 
fertig n.  ehrgeiaig,  veranlasste  die  Athener 
415  an  der  Kzpedition  nach  Slcilien,  ging, 
wegen  angeblichen  Trerels  an  den  Hennen 
angeklagt,  an  den  Spartanern  fiiber,  die  er 
com  Siege  f&hrte,  gewann  dann  den  pers. 
Satrapen  Tissaphemes  in-Kleinaaien,  an  dem 
er  geflohen,  i&r  die  Athener,  ward  daher  von 
diesen  anrückgemfen  n.  mit  dem  Oberbefehl 
gegen  die  Spartaner  betrant,  wegen  eines 
von  ihm  nicht  verschnldeten  Verlustes  sur 
See  abermals  verbannt  n.  in  ei^iem  Schlosse 
iu  Phrygien  auf  Anstiften  des  Satrapen  Phar- 
nabazus  404  ermordet.  Vgl.  Viteher,  ,A.  und 
Lyaander*,  1846;  Herta>erg,  ,A.*,  1853. 

AKdnSiUy  König  der  Phäaken,  nahm  die 
Argonauten,  dann  den  schiffbrüchigen  Odys- 
seus  gastfreundlich  auf. 

AldphroBy  griecfa.  Schriftsteller  um  150 
n.  Chr.  r  Verf.  von  116  ,Erotischen  Briefen', 
lienrasgeg.  von  Seiler  (1858,  8.  Aufl.  1856) 
und  von  Meineke  (1858). 

Altin,  Stadt  in  der  span.  Prov.  Valencia, 
am  Xncar,  10,800  Ew. 

Alcauui  (Aicmäon),  griech.  Lyriker  aus 
fiardes,  um  670—640  v.  Ohr.  Nach  ihm  be- 
nimmt der  alemanieche  Vers,  zur  daktylischen 
Gattung  gehörig.  Bruchstücke  von  ihm  in 
Beigks  ,Poetae  lyrici  graeci*  (8.  Aufl.  1854). 
Alem€n»f  Tochter  des  Eleclryon ,  Königs 
von  Myoene,  u.  Gemahlin  des  Amphittyon, 
gebar  dieson  den  Iphioles  u.  aus  Jupiters 
Umarmung  den  Hercules,  daher  Stamm- 
matter  der  Herakliden,  später  auf  den  Inseln 
der  Seligen  Ghemahlin  des  Rhadamanthus. 
Aleobi^y  ehemals  prächtige  und  reiche 
Oistereienaerabtei  bei  Leiria  In  Portugal, 
1147  von  Alfons  gegründet,  1811  von  den 
Franzosen  angesteckt  und  ausgeplündert. 

Alcolea^  Ort  in  der  span.  Provinz  Jaen  (An- 
dalusien), am  Guadalqulvir;  hier  7.  Juni  1808 
Sieg  der  Franzosen  über  die  Spanier ;  88.  Sept. 
186S  entsofaeidender  Sieg  der  Insurgenten 
unter  Serrano  über  die  Truppen  der  Königin 
unter  Hovaliches. 

AleOT,  Stadt  in  der  span.  Provinz  Ali- 
«ante  (Valencia),  Papier&brikation  (Oigarren- 
papier),  81,900  Ew.  [Godoif. 

Alettdla^  Mantui  de  Ocdojf,  Henog  von,  s. 
Aleafii  (AlekMin)f  berühmter  Gelehrter  des 
8.  Jahrh.,  Lehrer  und  Vertrauter  Karls  des 
OroBsen ,  geb.  um  785  zu  York  in  England, 
erst  Vorsteher  einer  Klosterschule  zu  York, 
folgte  788  dem  Bnfe  Karls,  in  dessen  €^ 
lehrtenTerein  er  den  Namen  Flaocus  Albinus 
fahrte,  erwarb  sich  durch  Gründung  von 
Schalen  im  Frankenreiche  grosses  Verdienst, 
lehrte,  796  zum  Abt  von  St.  Martin  in  Tours 
ernannt,  seit  801  an  der  von  ihm  hier  ge- 
stifteten Schule,  t  das.  19.  Mai  804.  Werke, 
faerauflgeg.  von  Frclben  (1777,  8  Bde.).  Vgl. 
LoreniM,  ,A.s  Leben',  1889.  Monnier,  ,A.  u. 
Charlemagne*,  1864. 

JdeydBey  hellster  Stern  der  Plejaden,  zu- 
nächst der  Oentralaonne. 


Alduiy  rechter  Nebenfluss  der  Lena  in 
Sibirien,  150  M.  1.;  nach  ihm  benannt  das 
Jldanieehe  €Mirge,  im  Kapitän  4863'  hoch. 

Aldebinuiy  Stern  erster  Grösse  im  Stier. 

Aldegonde^  s.  Mämix,  J^ilipp  von, 

Aldegrever  (AUegro^),  Heinrich,  Maler  u. 
Kupferstecher  aus  Dürers  Schule ,  geb.  zu 
Soest  1508,  t  das*  um  1560. 

Aldehyd  (Eetig<adehyd,  Aoetylaldehyd),  farb- 
lose, ätherähnlich  riechende  Flüssigkeit,  aus 
Alkohol  durch  Destillation  mit  Braunstein 
o.  Schwefelsäure  erhalten,  siedet  bei  88<>  0., 
mit  Wasser,  Alkohol  und  Aether  mischbar, 
leicht  entzündlich,  geht  an  der  Luft  in  Essig- 
säure über,  bildet  mit  Ammoniak  krystalli- 
nisches  AcetaJdehydammoniak.  reducirt  sehr 
leicht  Silbersalze  n.  wird  deshalb  zum  Ver- 
silbern von  Glas,  auch  im  Grossen  zur  Ge- 
winnung von  Anilinforben  dargestellt. 

AldenhoTeiia  Flecken  im  preuss.  Regbz. 
Aachen,  Kr.  Jülich,  8048  Ew.;  hier  I.März 
1793  Bieg  derOesterreicher  unter  dem  Prinzen 
Josias  von  Koburg  über  die  Franzosen  unter 
Dumourlez;  8.  Okt.  1794  Sieg  der  Franzosen 
unter  Jourdan  über  die  Oesterreicher. 

Alderman  (engl.,  spr.  Ahldermänn),  Aelte- 
ster,  in  der  angelsächs.  Ver&ssung  Titel  der 
Vorsteher  der  Genossenschaften  und  der 
Aeltesten  (Senatores)  des  Reichs,  die  in 
den  Volksversanmüungen  (Wltena  -  gemot) 
stimmten  u.  im  Kriege  die  Grafschaftsmilizen 
befehligten.  Gegenwärtig  in  England  die 
Mitglieder  des  Stadtraths. 

Aldemey  (spr.  Ahldemi,  fr.  Aurigny,  spr. 
Ohrinji),  engl.  Insel  im  Kanal,  die  nörd- 
lichste der  normann.  Inseln,  V«  0^*  and 
4933  Ew.  Blra—evonA.,  der  Kanal  zwischen 
A.  und  dem  Kap  la  Hogue. 

Aldtoshott  (spr.  -Schott),  Ort  in  der  engl. 
Grafochaft  Southampton;  dabei  seit  1855 
stehendes  Lager  der  engl.  Armee,  in  Folge 
dessen  die  neue  Stadt  A.  entstand,  mit  be- 

AldlneBy  s.  JfanuÜtw.         [reits  17,000  Ew. 

Aldini.  Antonio,  ital.  Staatsmann,  geb. 
1756  zu  Bologna.  Mitglied  der  Regierungs- 
kommission der  cisalpinischen  Republik, 
dann  Präsident  des  Staatsraths  der  Republik 
und  Minister  des  Königreichs  Italien ,  f  ^^ 
Pavia  5.  Okt.  1886. 

Aldobrandlniicke  Hochzeit,  antikes  Fres- 
kogemälde ,  eine  Hochzeit  darstellend ,  1606 
zu  Rom  in  den  ehemal.  Gärten  des  Mäoen 
auQ^fünden,  zuerst  im  Besitz  der  Familie 
Aldobrandini,  Jetzt  im  Vatikan. 

Aldxidgey  Ira  (spr.  Ahldridsch,  Eira)  als 
Schauspieler  bekannter  Neger,  geb.  um 
1810  zu  Bellair  unweit  Baltimore,  ward 
Keans  Diener,  trat  1830  in  Baltimore  zuerst 
auf  der  Bühne  auf,  spielte  seit  1858  in  den 
Hauptstädten  Europas ;  seit  1857  am  Govent- 
Qarden  -Theater  angestellt;  f  atif  der  Reise 
7.  Aug.  1867  zu  Lodz  in  Polen. 

Aldringer  (AUringer,  9küchAldringen),  Jok., 
QtqS ,  kaiserl.  General  im  drelssigjährigen 
Kriege,  geb.  zu  Dledenhofen  Im  Luxembur- 
gischen um  1590,  focht  1686  bei  Dessau 
unter  Wallenstein  gegen  den  Grafen  von 
Mansfeld,  nahm  unter  Oolalto  (Juli  1630) 
an  der  Eroberung  von  Mantua  Theil ,  unter- 
warf, zum  Feldzengmeister  und  Grafen  er- 


44 


Ale  —  AlessandrL 


nftimt,  1681  Würtemberg,  erhielt  nach  Tlllye 
Tode  den  Oberbefehl  über  das  lignistisohe 
Heer  und  schlosi  mit  Wallenstein  Nürnberg, 
ein,  operirte  dann  an  der  Spitze  des  baye- 
rischen Heeres  in  Bayern  n.  Schwaben  gegen 
Hom  nnd  Bernhard  von  Weimar  und  fiel  li. 
Juli  16M  bei  Landshnt. 

He,  8.  JBier,  [Minerratempel. 

Ale«  (a.  G.),  Stadt  in  Arkadien,  berühmter 

Aleander.  Mieronffmu»,  Gelehrter,  geb.  18. 
Vebr.  1480  m  der  Mark  Treviso,  Bibliothekar 
im  Vatikan,  1519,  1531  nnd  1588  papstl.  Nun- 
tius in  Deutschland,  heftiger  Gegner  Luthers, 
dessen  Achtserklärung  er  verfasst  haben  soll ; 
t  81.  Jan.  1543  als  Kardinal  In  Rom. 

AleaticOy  süsser  aromatischer  Wein,  bei 
Florenz  aus  Muskatellertrauben  gewonnen.- 

AleetOy  die  Nimmerrastende,  eine  der 
Erinnyen,  Tochter  desAethers  u.  der  Erde. 

AleitorideBy  Hühnerstelzvögel ,  Tamilie 
der  Sumpfvögel. 

Aleniy  türk.  Ehren-  und  Feldzeichen. 

AlemiBy  MaUo,  span.  Schriftsteller,  geb. 
um  1550  zu  SeTilla,  f  ^^  Mexiko.  Verf.  des 
Schelmenromans  ,Gnzman  de  Alfiiirache' 
(1599;  deutsch  1828,  4  Bde.). 

AlenuumeB  (AUmannen) ,  germanischer 
Völkerverein,  aus  sueTischen  Stammen  ge- 
bildet, erscheint  zuerst  am  Main,  wo  Cara- 
calla  211  n.  Ohr.  mit  ihnen  in  Kampf  gerieth, 
machte  dann  fortwährend  Strei&üge  in  das 
röm.  Grebiet,  das  daher  durch  Wall  u.  Graben 
gesichert  ward  (s.  DecMmaU»  agri).  Vom 
Kaiser  Probus  282  zurückgeschlagen,  nahmen 
die  A.  bleibende  Sitze  innerhalb  des  Römer- 
walls ein  und  wohnten  von  Mainz  bis  zum 
Bodensee.  Von  Julian  357  nochmals  zurück- 
geschlagen, gingen  sie  später  wieder  über 
den  Rhein  und  breiteten  sich  westl.  bis  an 
die  Vogesen,  südl.  bis  an  die  helretischen 
Alpen  aus.  Vom  Frankenkönig  Ohlodwig 
496  bei  Zülpich  besiegt,  kamen  sie  grössten- 
theils  unter  firänk.  Herrschaft.  Der  grössere 
Theil  des  von  ihnen  bewohnten  Landes  bil- 
dete fortan  das  Herzogthum  Alenumnien,  das 
sich  über  die  nordwestl.  Schweiz  und  das 
südwestl.  Deutschland,  vom  10.  bis  ins  18. 
Jahrh.  auch  über  einen  Thell  des  Elsass 
erstreckte.  Seit  Heinrich  IV.  wird  für  den 
diesseits  des  Rheins  gelegenen  Thell  dessel- 
ben der  Name  Schtoaben  (s.  d.)  üblich,  üeber 
alemannüeh^  Mundart  s.  DeutaeAe  Bpraehe, 
Vgl«  Merkel,  ,De  republica  Alamannorum', 
1849 ;  Stläint  Gesch.  y.  Würtemb.,  Bd.  1, 1842. 

Alembert  (spr.  Alangbär),  Jean  le  Bond  d\ 
firanz.  Encyklopädlst  u.  Mathematiker,  geb. 
16.  Not.  1717  zu  Paris,  Illegitimer  Sohn  der 
Frau  T.  Tencln  u.  eines  Beamten  Destouches, 
Findling,  seit  1741  Mitglied  der  pariser 
nnd  später  auch  der  berliner  .^ademie, 
stand  bei  Friedrich  d.  Gr.  in  hoher  Gunst, 
t  29.  Okt.  1788.  Er  yerfosste  die  mathemat. 
Artikel  und  die  Einleitung  der  ,Ency- 
clop6dIe'.  jOeuvres  phllosophiques  et  litt6- 
raires* nL805,  18  Bde.;  1821,  6  Bde.). 

AlemorothflftlSy  Doppelsalz  aus  Quecksil- 
berchlorid u.  Salmiak,  dient  zum  Vergolden. 

Alemtejo  (spr.  Alengteschu),  portug.  ProT. 
Jenseits  des  Tejo,  schwachbevölkert,  firucht- 
bar,  442,9  QM.  n.  838,947  Ew.  Hauptst.  Evora. 


Alea.  Nebenllnss  der  Weser  in  Hannower» 
entspringt  auf  dem  Solllng,  mündet  l>eft 
Klosterbergen. 

AleneoB  (spr.  Alangsong),  Hauptst.  Jk9B 
franz.  Depart.  Ome,  an  d.  Sarthe,  16,115  SSw. 

Alenfon  (spr.  Alangsong),  HerOg^  9om, 
Zweig  des  königl.  Stammes  Valois,  stammt» 
Ton  Karl  IL  ron  Valois  ab,  der  18M  woa 
seinem  Vater  mit  der  Graftohaft  Alencon 
belehnt  ward  und  1846  bei  Oreoy  fiel.  S«in 
Enkel  Johamm  III.  fiel  1415  bei  Azincovrt,  n. 
dessen  Sohn  Johaum  IV,  rerlor  die  Biun 
Herzogthum  erhobene  Grafiichaft  an  die  Büg- 
länder,  erhielt  si^  aber  nach  deren  Ver- 
treibung zurück.  Zweimal  wegen  Verscliyrö- 
rvokg  gegen  Karl  VH.  und  Ludwig  XI.  sn 
Gunsten  Eoglands  zum  Tode  yemrthellt, 
aber  begnadigt,  f  er  1476.  Sein  Neffe,  Hersos 
Karl  IV,,  geb.  1489,  mit  Margarethe  won 
Valois,  der  Schwester  des  Königs  Frans  I.» 
vermählt,  führte  in  der  Scblacht  bei  Favia 
den  linken  Flügel,  verschuldete  durch  vor- 
zeitige Flucht  das  Unglück  des  Tages,  t  ^^* 
April  1525  zu  Lyon,  der  letzte  Sprösslln«  des 
alten  Hauses  A.  Nach  Vereinigung  des  Her- 
zogth.  mit  der  Krone  (1549)  vergab  Karl  IX. 
dasselbe  1570  an  seinen  Jüngeren  Bruder,  den 
Hersog  Franz  von  Anjou,  nach  dessen  Tode 
es  an  die  Krone  zurückfiel.  Seitdem  fährten 
den  Titel  mehrfinch  Prinzen  des  kAnlsl. 
Hauses ,  so  seit  1774  Ludwigs  XVI.  Bruder, 
der  Graf  V.Provence  u.  spätere  Lud  wigXVIU. 
Gegenwärtig  führt  ihn  der  2.  Sohn  des  Her^ 
zogs  von  Nemours,  Ferdinand  Philipp,  geb. 
12.  Juli  1844. 

Alsppo  (HäMf,  Beibon  In  der  Bibel,  gr. 
Ohelybon,  später  Beröa),  Stadt  Im  nördl. 
Syrien,  am  Kifweik,  99,400  Ew.  (flrüher  üb. 
200,000);  Hauptstapel  von  türk.,  pers.  und 
indischen  Waaren.    Erdbeben  1828. 

Aleppoiib«!  (Meppopuetel),  karftmkelartl- 
ger  Ausschlag  im  Gesicht  mit  lange  dauern- 
der Eiterung,  endemisch  in  Aleppo  u.  Ksdro» 
befällt  Einbeimische  und  Fremde. 

Alery  Paul,  Jesuit  u.  Schulmann,  geb.  IßöG 
zu  St.  Veit  im  Luxemburgischen,  -f-  1797  ss 
Düren,  Verf.  des  «Gradus  ad  Pamassum* 
(1702),  bearb.  von  FHedemaam  (1842,  2  Bde.) 
und  Koeh  (5.  Aufl.  1860,  2  Bde.). 

Alesehki  (früher  Di^eprowak),  Kreisstadt 
Im   ruBS.  Gouv.  Taurlen,  6929  Ew. 

Alesia  (a.  G.),  Hauptstadt  der  MianduMer 
in  Gallien ;  hier  Bieg  Gäsars  über  Vercinge- 
torlx  52  V.  Chr.    Jetzt  Alise  bei  Semur  ft). 

Aleasuidresku,  Gregor,  rumänischer  Dich- 
ter, geb.  1812  zu  Tirgovlst  in  der  Walachei. 
1850  unter  Crezzulesku  kurze  Zeit  Finanz- 
minister,  dann  Mitglied  der  liberalen  Onno- 
sition.    Werke  (1847,  1863).  ^*^ 

Alessandri,  i)  Mes^mdro,  ital.  Schrift- 
steller, geb.  um  1461,  f  zu  Rom  2.  Okt.  1523. 
,Dies  geniales*  (Rom  1522,  2  Bde.).  Nach- 
bildung der  ,Noctes  Atticae*  des  Gelllus. 
—  2)  Basil,  rumänischer  Dichter  und  Jour- 
nalist, geb.  1821  In  der  Moldau,  V^ 
treter  des  jungen  Rumäniens,  1857  Mifarlied 
des  Divan.  für  die  Verttssiigsan^i'^S- 
heit ,  nach  vollzogener  Union  der  FürSaa- 
thümer  Minister  des  Auswärti^n  im  mot 
dänischen  Ministerium  Ghika ,  ^t  Äbd  TmO 


Alessandria  —  Alexander. 


46 


snrfick  und  lebte  seitdem  in  Jassy  und  Paris. 
»BaUaden*  (1858-58,  2  Bde.) :  J>oIna8*  (1853) ; 
yDoine  si  lacrlmioare*  (1863). 

ÄlensndrUy  oberital.  Provina,  91,8  QM. 
und  645,607  Ew.  Die  EaupUtadt  Ä.,  am  Ta- 
naro,  87,027  Ew.,  starke  Festung,  1168  gegen 
Kaiser  Friedrich  L  von  den  lombard.  Städten 
gegründet  1859  St&tzpnnkt  der  Operationen 
der  firancosisoh  -  sardiniscben  Armee. 

XleaAf  OaUaaco,  berühmter  Architekt  in 
der  Richtung  Michel  Angelos ,  geb.  1500  zu 
Perugia,  f  ^^'  ^^7^<  Hauptwerke:  die  Pa- 
läste Grimaldi,  Brignola>  Pauli  etc.  und  die 
Kirche  Sta.  Maria  di  Garignano  in  Gtenua. 

AlesdO  (ZjAseh),  Hafenstadt  in  Rumelien, 
ander  Drinmündung,  8000  Ew.  8  Oitadellen, 
"Skanderbegs  Grab. 

A  l'estompe  (fr.,  spr.  -ong),  mit  dem 
Wischer  (estompe)  gearbeitete  Zeichnung. 

AletscligleteCAery  grosser  Gletscher  in  den 
t)emer  Alpen,  an  der  Südseite  der  Jungfrau. 

AlevroB  (gr.),  Klebermehl,  kömige  Ab- 
lagerungen in  gewissen  Pflanzenaellen ,  ein 
Reservestoir  wie  St|rke. 

AlSnten  (KathariHmarehiml),  Kette  hoher 
vulkanischer  Inseln  im  NW.  Amerikas,  von 
der  Halbinsel  Alaschka  bis  nach  Kamtschatka 
sich  erstreckend.  4  Gruppen:  Beringe-  und 
Kupferinsel,  eigentliche  A.  (Sasignanlnseln), 
Andreanowüiseli;^ ,  FuchsinBeln.  30  thätige 
Vulkane.  6000  Ew.  mit  eigner  Sprache.  1781 
von  Bering  entdeckt. 

Alexander  9  der  Qrosae,  König  von  Macedo- 
nien ,  Solin  des  Königs  Philipp  und  der 
Olympias,  einer  Tochter  des  Königs  Neop- 
tolemus  von  Epirus,  geb.  zu  Pella  21.  Juli 
356  V.  Chr.,  hatte  den  Aristoteles  zum 
Lehrer,  zeigte  früh  Grösse  des  Charakters, 
aber  auch  Ehrgeiz  u.  Rulimb^erde.  Nach- 
dem er  836  den  Tliron  bestiegen,  liess  er 
sich  von  den  der  Hegemonie  Macedo- 
nieuB  unterworfenen  Griechen  zum  Oberbe- 
fehlshaber in  dem  zu  beginnenden  Kriege 
gegen  Persien  wählen.  Eine  falsche  Nach- 
richt von  seinem  Tode  im  Kampfe  gegen 
lllyTisclie  Völker  erweckte  in  den  Griechen 
Freiheitsgedanken,  für  die  Theben  schwer 
büssen  mnsste.  Nachdem  er  denHellespont 
im  Frühjahr  834  überschritten,  brachte  sein 
Sieg  am.  Granicus  ganz  Kleinasien  in  seine 
Gewalt.  Ein  zweiter  Sieg  bei  Issus  (Nov. 
333)  öffiDete  ihm  alle  Pforten  des  Perser- 
reichs. J>och  wandte  er  sich  zunächst  nach 
Süden,  eroberte  und  zerstörte  Tyrus  und 
unterwarf  Palästina  und  Aegypten.  Nach- 
dom er  Alezandria  gegründet  und  das  Ora- 
kel des  Jupiter  Ammon  in  Libyen  besucht 
hatte,  wandte  er  sich  wieder  gegen  Darins 
und  schlug  ihn  bei  Gangamela  unweit  Ar- 
bela  (Okt.  831),  worauf  die  Hauptstädte  Ba- 
bylon, Snsa  vnd  Persepolls  ihm  Ihre  Thore 
öffneten.  £i  drang  darauf  durch  Bactriana 
bis  über  den  Jazartes  (Sir)  vor,  wo  er  die 
flcythen  0^29)  schlug,  unterwarf  Sogdiana 
nnd  vermählte  sich  mit  Rozane,  der  Toch- 
ter des  feindlichen  Anführers  Ozyartes. 
Darauf  überschritt  er  (327)  den  Indus,  be- 
eiegte  den  indischen  König  Porus  am  Hy- 
daspes ,  durchzog  das  Penflschab,  gründete 
das.  griech.  Kolonien,  ward  aber  endlich 


durch  die  ünanfriedenheit  seines  Heeres 
zur  Rückkehr  gezwungen,  die  er  zu  Lande 
durch  Gkdrosien  (Beludschistan)  bewerk- 
stelligte, während  Nearchus  die  Flotte  nach 
dem  pers.  Meerbusen  führte.  Mit  weiteren 
Eroberungsplänen  beschäftigt,  f  er  uner- 
wartet 11.  (18.)  Juni  828  zu  Babylon.  Sein 
Leichnam  ward  in  Alexandria  in  goldnem 
Sarge  beigesetzt.  Sein  Reich  zerfiel  unter 
blutigenKämpfon  zwischen  seinen  Feldherren 
(DIadoohen)  in  mehrere  Reiche.  Seine  Gho- 
schichte  solurieb  im  Alterthum  Arrianus. 
Die  Fragmente  der  gleichzeitigen  Gtoschiebt- 
sohreiber  sind  von  Geier  ,Alexandri  l^i^^ 
historiarum  scriptores  aetate  snppares* 
(1844)  gesammelt  Vgl.  Droyitn,  ,Geschichte 
A.8  d.  Gr.  von  Maced.*,  1888.  Der  sogen. 
Pseudocallisthenes ,  griech.  mit  Arrlan 
herausgeg.  von  MOUtr,  1846,  wahrscheinlich 
die  Quelle^  woraus  die  Bearbeiter  der 
Alexandersage  (s.  d.)  im  Mittelalter  ge- 
schöpft haben. 

Alexander.  Name  von  8  Päpsten»  A.  L, 
109—19,    soll  das  Weihwasser    eingeführt 
haben  und  als  Marter  gestorben  sein.  — 
A.  n.,  1061—78,  ohne  Einmischung  des  Kai- 
sers durch  die  Kardinäle  gewählt,  begann, 
von  dem  Kardinal  Hildebrand,  dem  nach- 
maligen Papst  Gregor  VH.,  bei^then,  den- 
Kampf  zur  Befreiung  der  Kirche  von  der 
weltlichen   Gewalt.   —  A.  IH. ,    1159—81, 
wusste  ^Ich  gegen  8  von  Kaiser  Friedrich  I. 
unterstützte  Gegenpäpste  zu  behaupten  und 
das  Ansehen  der  päpstlichen  Kurie  auch  in 
England  aufrecht  zu  erhalten.    Vgl.  JBeater/ 
,Geschichte  A.s  HL*,  1860,  2  Bde.  —  A.  IV., 
1254—61,  kämpfte  erfolglos  gegen  die  Hohen- 
staufen,  f  als  Flüchtling  zu  VIterbo.  —  A.  V., 
1409—20,  hatte  gegen  2  Gegenpäpste,  Bene- 
dikt .ZHI.,  In  Spanien' und  Schottland,  und 
Gregor  XIL,   in  Deutschland   und  Neapel 
anerkannt,  zu  kämpfen,  verdammte  Wioliffes 
Lehre  und  lud  Huss  nach  Rom  vor.  —  A.  VI. 
(Borgia),  1492—1503,  der  berüchtigtste  aller 
Päpste  nnd  der    lasterhafteste  unter  den 
Fürsten  seiner  Zelt,  geb.   zu  Valencia  in 
Spanien  1430,  gelangte  durch  Bestechung 
auf  den  Stuhl  Pe^ ,  suchte  die  Macht  der 
ital.  ifi'ürsten  zu  brechen  und  sich  ihrer  Be- 
sitzungen zur  Bereicherung  seiner  Familie 
undNepoten  zu  bemächtigen.  Er  schlichtete 
den  Streit  zwischen  Spanien  und  Portugal 
über  Amerika  durch  eine  Demarkationslinie 
(s.  d.);  t  18.  Aug.  1503  an  Gift}  welches  er 
für  Gäste  bestimmt  hatte  und  aus  Versehen 
selbst  erhielt,  unter  Ihm  wurde  die  Bücher- 
censur  eingeführt  und  Savonarola  verbrannt. 
—  A.  VEL,  1655—67,  hatte  Händel  mit  Lud- 
wig ^^TV.  von  Frankreich,  welche  durch  den 
Vergleich  zu  Pisa  (1664)  auf  für  ihn  demü- 
thigende  Weise  beigelegt  wurden.  —  A.Vm., 
1689  —  91,   verdammte  die  4  Propositionen' 
der  galllkanlschen  Kirche  u.  die  Lehrsätze 
der  Jansenisten. 

Alexander,  Regenten  der  Neuzeit:  l)Jra{- 
ier  von  Buuland:  a)  A,  L  Pawlowitsch,  Sohn 
des  Kalbers  Paul  L  u.  der  Prinzessin  Maria 
von  Würtomberg  (Tochter  dos  Herzogs 
Engen),  geb.  23.  Deo.  1777,  fblgte  24.  März 
1801  seinem   Vater  auf  dem  Thron«     Von 


46 


Alexander. 


lAharpe  nach  den  Qnandsfttien  «teei  anlS^e- 
kl&rtan  Zeitalters  gebildet,  gedachte  er  Bnss- 
land  dem  earopftlBchen  Knltorsyitem  einsn- 
reihen.  Zahlreiche  Priesteneininarlen,  Qym- 
naslen.n.  Elementarschnlen  n.  7  Hochschnlen 
(Dorpat,  Wilna,  Moikan,  Kasan,  Charkow, 
Warschan  nnd  Petersburg)  worden  nnter 
ihm  thells  nen  gegründet,  theils  besser  ein- 
gerichtet nnd  ausgestattet.     Er  beförderte 
Eftnste  u.  Wissenschaften  dorch  Anlegung 
Ton  Sammlungen  und  Bibliotheken,  setzte 
die  Aufhebung  der  Leibeigenschaft  in  Esth- 
land,  Kurland  nnd  IdTland  ins  Werk,  be- 
seitigte alte  Uebelstinde  (heimliches  Gericht, 
statthalterliche  Willkür,  Strafe  der  Vermö- 
genskonflskation)  nnd  suchte  Industrie  und 
Handel  eu  heben  durch  die  1817  gegründete 
Beichskammerbank,  bessere  Einrichtung  des 
Staatsschnldenwesens  u.  der  Amortisations- 
kasse,  Stiftung  neuer  Messen,  Kanal-  und 
Strassenbanten,  Handelsyertrige  mit  firem- 
den  Mächten  etc.  In  Bezug  auf  die  auswär- 
tige Politik  ging  sein  Bestreben  dahin,  die 
östliche    Hälfte    Europas    dem    russischen 
Principat  zu  unterwerfen.  Um  in  der  deut- 
schen Angelegenheit  seinen  Einfluss  geltend 
zu  machen,  hielt  er  den  Frieden  mit  Frank- 
reich aufbrecht,  bis  ihn  Napoleons  Ueber- 
griffe  bewogen,  im  Bunde  erst  mit  Oester- 
reich  (Schlacht  bei  Austerlitz),   dann   mit 
Preussen  (Schlachten  bei  Ejlau  und  Fried- 
land) ihm  entgegen  zu  treten.    Der  Friede 
von  Tilsit  (1807)  yerschailte  RuBsland  fi-ele 
Heind  In  Finnland  und  den  Donaufürsten- 
thümem,  und  der  Kongress  zu  Erfurt  a808) 
stellte  Europa   unter  firanzösisch-russische 
Verfügung.    Napoleons  Herrschsucht,    der 
Druck  des  Kontinentalsystems  und  die  Be- 
sitznahme Oldenburgs  durch  die  Franzosen 
lösten  die  Theilungsallianz,  und  Napoleons 
verunglückter    Zug    nach    Russland     und 
Prenssens    Erhebung   führten  zum    engen 
Bündniss   mit   diesem.     A.s   bestimmender 
Einfluss  beim  Abschluss  des  1.  und  2.  pa- 
riser Friedens  sicherte  Frankreichs  Stark- 
bleiben und  bedingte  Deutschlands  Schwäche 
und  Preussens  Herabdrückung   zur   nomi- 
nellen Grossmacht.     Die    Hinneigung    A.s 
zu  mystischer  Frömmelei  hatte  die  Stiftung 
der  heil.  Allianz  zur  Folge.   Durch  fireibeit- 
liche  Regungen  im  Innern  Leben  Russlands 
erschreckt,  schlug  A.  die  Bahn  der  Reak- 
tion ein,  und  seine  Umkehr  wnrde  für  ganz 
Europa  massgebend.    Er  f,  auf  einer  Reise 
in  die  Krim  begriffen,  zu  Taganrog  1.  Dec. 
1835.    Seine  Ehe  mit  Elisabeth  von  Baden 
(seit  1793)  war  kinderlos.   Daher  folgte  ihm 
sein  Bruder  Nikolaus  auf  dem  Throne.  Vgl. 
ChoUeul  Oot^iler,  ,M6m.  bist,  sur  Tempereur 
A.S  1829.    Golowin,  «History  of  Alexander  the 
flrstS  1858.  —  b)  A.  IL  mkoltußewitMh,  ältester 
Sohn  des  Kaisers  Nikolaus  und  Alexandras 
(der  Tochter  Friedrich  Wilhelms  HL  von 
Preussen),  geb.  29.  (17.)  April  1818,  bestieg  den 
Thron  2.  März  (18.  Febr.)  1855,  schien  erst  den 
Krieg  geg^en  die  AUürten  in  der  Krim   mit 
Etnei^e  fortführen  zu  wollen;  Sebastopols 
Fall  aber  führte  zum  Frieden  von  Paris  ^0. 
März  1856).    Sogleich  nach  demselben  ward 
die  Ueberstrickung  des  Landes  mit   einem 


(strategisch  wohlberechneten)  Elsenbahnnets- 
beschlossen  und  die  Ausführung  dieses  Plans 
einer  intemationalenAktiengesellschaft  über- 
lassen. Einbei  der  Krönungin  Moskau  (T.Sept* 
1850)  erlassenes  Manifest  konstatirte  die  Auf- 
lösung der  heil.  Allianz.  Die  Emancipation 
der  Lcütb^genen,  schon  1857  beschlossen,  er- 
folgte 8.  März  1868 ,  als  Anfiing  weiterer 
socialer  Reformen.  Der  Reorganisation  der 
Armee  folgte  die  des  bureaukratischen  Or- 
ganismus und  eine  Justizreform  nach  mo- 
dernen Prlnoipien«  Freisinnige  Reformen  anf 
dem  Gebiete  des  Unterrichts  und  der  Yolks- 
aufUärung  wurden  in  Folge  von  Xxcessen 
auf  den  höheren  Schulen  nnd  Universitäten 
wieder  sistirt.  Dagegen  nahmen  Handel  u. 
Industrie  durch  Beseitigung  der  Yerkehrs- 
bemmnisse  im  Innern  des  Reichs  einen 
grossen  Aufschwung.  Die  finanzielle  Be- 
drängniss  wurde  durch  die  revolutionlren 
Bewegungen  in  Polen  (seit  1863)  noch  ge- 
steigert. Durch  Ukas  vom  1.  Jan.  1864 
ward  die  Einrichtung  von  ProvinzJalinzti- 
tutionen  anbefohlen,  der  erste  Schritt  zum 
Bruche  mit  dem  bisherigen  Oentralisations- 
system.  Die  reformatorischen  Tendenzen 
wurden  aber  mit  dem  Umsichgreifen  des 
polnischen  AufMandes  mehr  und  mehr  anf- 
gegr^ben  und  in  Betreff  des  Press-  und 
Vereinswesens  wieder  strengere  Massregeln 
ergrilfen.  Verträge  mit  China  (Nov.  iSSO), 
welche  den  Besitz  des  Amurlandes  sicher- 
ten, vermehrten  Russlands  Einfluss  im 
Osten  und  grosse  Eroberungen  erweitem 
noch  fortwährend  sein  Gebiet  in  Mittelasien. 
Die  kaukasischen  Bergvölker  unterwarfen 
sich  nach  Schamyls  Gefangennahme  (1858) 
grösstentheils.  Vermählt  ist  A.  seit  S8. 
April  1841  mit  Maria  Alexandrowna,  Toch- 
ter des  Grossherzogs  Ludwig  H.  von  Hes- 
sen. Vgl.  ,Rus8land  unter  A.  IL  Nlkolaje- 
witsch*,  1860. 

2)  A,  Johann  7.,  Fürst  von  Rnrnuxien,  geb. 
20.  März  1820  zu  Galaca  aus  der  Bojaren- 
familie JTiua,  diente  erst  in  der  Armee, 
zuletzt  als  Oberst,  ward  1850  Präfekt  in 
Gralacz,  1858  Kriegsminister,  5.  Jan.  und 
5.  Febr.  1859  zum  Fürsten  der  Moldan  und 
Walachei  gewählt.  Im  Nov.  gab  er  den 
vereinigten  Fürstenthümem  eine  Konstitn- 
tion, u.  nach  seiner  Bestätigung  seitens  der 
Pforte  (2S.  Dec  1861)  ward  die  Union  der 
Fürstenthümer  unter  dem  Namen  ,Rumä- 
nien'  proklamirt.  Offen  henrortretendes 
absolutistisches  Streben  führte  Febr.  1866 
eine  unblutige  Revolution  und  des  Fürsten 
Sturz  herbei,  welcher  seitdem  in  Paris  lebt. 

8)  A.  Ludwig  Otorg  Friedrieh  Emil,  Prinz 
von  Hessen  und  bei  Rhein,  Österreich.  Feld- 
marschalllieutenant, Jüngster  Sohn  des  Gross- 
herzogs Ludwig  n.  von  Hessen,  geb.  15.  Okt. 
1823,  befehligte  im  rassischen  Militärdienst 
1845  als  Generalmajor  die  Kavallerie  in 
Kaukasien  und  erstürmte  Dargo,  Schamyls 
befestigte  Residenz,  wohnte,  1852  in  österr. 
Dienste  übergetreten,  im  Italien,  biege 
1859  der  Schlacht  bei  Montebello  und,  zum 
Feldmarschalllieutenant  ernannt,  der  bei  Sol- 
feiino  bei,  übernahm  dann  zu  Treviso  das 
Kommando  des  7.  Österreich.  Armeecorps, 


Alexander  —  Alexandriner. 


47 


k»hrto  im  Dee.  1865  nach  Danastadt  Eorück. 
£m  dentsohea  Erleg  1866  erhielt  er  den 
Oberbefehl  über  dai  8.  Bondeaarmeecorps, 
dessen  erfolglose  Operationen  sein  ,Feld- 
ninjonrnal'  (1867)  an  erklären  versnoht, 

i)  A,  EaragtorgetriUeJi,  Fürst  von  Serbien, 
Sohn  Ozemy  Qeoigs,  des  Befreiers  von  Ser- 
bien,  geb.  11.  Okt.  1806  zu  Topola  in  Ser- 
bien, trat  nach  Ermordong  sdnes  Vaters 
in  rassischen  Militärdienst,  ward  nach  Hl- 
chael   Obrenowitsch   Ston    87.   M&n  1843 
zum  Fürsten  von  Serbien  gewählt ,  wirkte 
mit  Erfolg  für  die  Knltor  des  Volkes  nnd 
Landes,  machte  sich  aber  unpopulär  durch 
seine  Koncessionen   dem  Aaslande  gegen- 
über nnd  besonders  durch   seine  neutrale 
Haltung    im    Krimkriege,     weshalb    eine 
Skuptschina  (Volksversammlung)  seine  Ab- 
dankung verlangte.    Er   Höh  in  die  türk. 
Festung  Belgrad,  ward  S4.  Dec.   alm^esetzt 
u.  lebte  seitdem  abwechselnd  in  Pesth  u.  auf 
■«fnen  (aHktem  in  der  Walachei.    Der  lüt- 
urheberschafl  an  der  Ermordung  Michael 
Obrenowitsch  bezüchtigt,  ward  er  1869  zur 
Untersuchung  gezogen. 

AlezABdCTy  Okriitian  Friedrich,  Qraf  von 
Würtembeig,  s.  Würtemberg, 

Alezuidary  peripatetischer  Philosoph  aus 
Aphrodisias  in  Karlen,  lehrte  zu  Athen 
zwiaiAen  198  und  811  n.  Chr. ,  berühmt  als 
Ausleger  des  Aristoteles.  Kommentar  zu 
Aristoteles  Metaphysik,  herausgeg«  von  Bo- 
wU»  (1847),  ,Quaestiones  naturales*  von 
Bpengd  (1848). 


scheinl.  zwischen  Alezander  und  I>arius 
darstellend,  1881  zu  Pompeji  aufge^inden, 
jetzt  im  Museum  zu  Neapel. 

Alexander  SeTSruf ,  röm.  Kaiser  888—85 
n.  Ohr.,  geb.  808  zuAcco  in  Syrien,  Vetter, 
Adoptivsohn  und  Nachfolger  des  Heliogaba- 
lus,  einer  der  besten  Fürsten  seiner  Zeit, 
focht  siegreich  gegen  Artazerxes,  König 
von  Persien  (881),  wurde  aber  von  den  über 
seine  strenge  Mannszucht  angebrachten 
Soldaten  auf  Maximin  s  Anstiften  unweit 
Mainz  885  ermordet. 

AlexamdervonHalM»  Scholastiker,  Fran- 
dakanermönch  zu  Haies  in  England  (Olou- 
cester),  seit  1888  Lehrer  zu  Paris,  Doctor 
Irrefiragabilis  (der  Unwiderlegbare)  genannt, 
t  87.  Aug.  1845.  Durch  ihn  gelangte  die 
aristotel.  Philosophie  zu  entschiedenem  Ein- 
flüsse auf  die  Christi.  Theologie.  ,Summa 
universae  theologlae'  (1576,  4  Bde.). 

Alexandre  y  B<Mi  Jaron,  berühmter 
Schachspieler,  geb.  um  1766  aus  einer 
Babbiner£unilie  zu  Hobenfeld  am  Main  in 
Bayern,  f  1^*  Nov.  1850  zu  London.  ,En- 
cyclopddie  des  tehecs*  (1887),  ,Oollection 
des  plus  beaux  probl^es  d'echecs*  (1846). 

Alexandrette^  s.  Bhand«run, 

Alexaadri,  s.  Aieuandri, 

Alexuidrlfty  berühmte  Stadt  im  alten 
Aegypten,  auf  der  Landzunge  zwischen  dem 
Meere  und  dem  Strandsee  Mareotis,  von 
Alexander  dem  Grossen  888  gegründet,  unter 
den  Ptolemiem  Residenz-  und  Landes- 
hauptstadt,   zugleich    Sitz    weltberühmter 


Alexander.  Sir  Jörne*  Edward,  engl.  Rei-  '(Gelehrsamkeit  und  Jahrhunderte  hindurch 


sender  und  MUitärschriftsteller,  geb.  1808, 
betheiligte  sich  1885  am  birmanischen  Kriege, 
machte  1889  den  russ.  Feldzug  in  der  Tür- 
kei mit,  unternahm  von  der  Kapkolonie  aus 
«me  Entdeckungsreise  in  die  Lander  nördl. 
vom  Oranjeflusse ,  wohnte  als  Oberstlieute- 
nant  1864  den  ()perationen  gegen  Sebasto- 
pol  bei  u.  avandrte  1868  zum  Oberst.  Sehr. 
,Bxpedition  of  disoovery  into  the  interior 
of  Afrioa*  (18S8,  8  Bde.),  »Enddents  of  the 
last  Maorl  war*  (1868)  u.  A.  m. 

Alexander  5ewsky,  russ.  Nationalheld  und 
Heiliger,  geb.  1219,  Sohn  des  Grossfürsten 
Jaroelaw  von  Nowgorod,  besiegte  1840  an 
der  Newa  die  Schweden  (daher  der  Beiname 
Nevrsk^),  folgte  seinem  Vater  1847  als  Fürst 
von  Nowgorod  und  1858  seinem  Brader  An- 
dreas als  Grossfürst  von  Wladimir,  f  14. 
Not*  1S68.  Spater  wurde  er  in  Volksliedern 
geftiert  und  zum  Heiligen  erhoben.  Peter 
der  Grosse  erbaute  ihm  zu  Ehren  1713  das 
prachtvolle  Alexander'Ifewakij'Kloeter  (Gonv. 
Petersburg)  und  stiftete  den  Alexander- 
NeiotMjorde», 

Alexanderzage^  der  Kreis  von  Dichtungen 
nnd  Mythen,  die  sich  auf  die  Person  Alexan- 
ders d.  Gr.  beziehen  und  bes.  im  Mittelalter 
ansgebildet  wurden.  Am  bedeutendsten  das 
Aiezanderlied  des  P&ffen  Lamprecht  (s.  d.). 

Alexnndersbad,  Badeort  bei  Wunsiedel 
im  bayer.  Regbz.  Oberfranken,  mit  Sauer- 
brunnen und  Kaltwasserheilanstalt.  Dabei 
das  Granitlabyrinth  der  Luisenburg. 

Alexandenenlaelit  y  antikes  Mosaikge- 
malde,    den  Kampf  zweier  Heere,   wahr- 


eine der  ersten  Handels-  und  Grossstädte, 
mit  nahezu  IMUl.  Ew.  Die  nördl.  vorliegende 
Insel  Pharus  (mit  dem  berühmten  Leucht- 
thurm)  ist  durch  einen  Molo  mit  der  Stadt 
verbunden,  daher  Doppelhafen.  Hier,  am 
Hafen,  dAsBmcheion,  der  prachtigste  Stadt- 
theil  mit  dem  Königspalast,  Museimi  (mit 
der  grossen  Bibliothek),  Theater,  SeraiMum 
(Bibliothek),  Poseidonstempel;  im  W.  die 
Nekropolis.  Seit  der  Eroberung  durch 
die  Araber  (688)  Verfall  der  SUdt  durch 
das  ganze  Mittelalter  hindurch;  1778  nur 
5000  Ew.  Neuer  Aufbchwung  unter  Mehe- 
med  Ali,  besonders  in  merkantiler  Hinsicht. 
Das  jeigige  A.  jlskanderieh) ,  europäisch 
umgebaut,  ein  Gemisch  von  Orient  und 
Occident,  stark  befestigt,  170,000  Ew. 
(viele  Europäer);  auf  Pharus  Palast  des 
Vioekönigs  u.  neuer  Leuchtthurm  (seit  1848,  - 
160*  hoch;  der  alte  880');  Arsenal .  Flotten- 
station. Eisenbahn  nach  Kairo  (Suez) ;  Dampf- 
schiirverbindnng  mit  allen  Mittelmeerhäfen. 
Denkmale  des  alten  A.:  Pompejussäule  Qu o- 
nollth  630,  Nadeln  der  Cleopatra  (8  Obe- 
lisken), Katakomben.  Sehkuht  81.  März  1801 
zwischen  den  Engländern  unter  Abercromby 
und  Napoleon  L 

Alexandrla,  Stadt  in  Ostvirginlen  (Nord- 
merika),  am  Potomac,  17,000  Ew.  Starke 
Petroleumausbeute. 

Alexandriner^  6füssiger,  jambischer  Vers, 
in  der  Mitte  mit  Ciäsur  ^ause),  in  der  Regel 
paarweise  männlich  u.  weiblich  gereimt,  bei 
den  Franzosen  schon  seit  dem  13.  Jahrh^ 
beliebt,  weniger  bei  Deutschen. 


48 


Alexandrinische  Bibelubersetzuiig  —  Alfons. 


AlescaadriBlieh«  BIlMittiMnetnHg,  B.Bep- 

AlexAndrlnlseke  Bibliothek ,  tob  Ptolo- 
m&iiB  Lagi  gegründete  n.  Ton  denen  Nach- 
folgern  bis  anf  700,000 Bficherrollen  vermehrte 
Bibliothek  so  Alezandria.  Ein  Theil  der- 
selben verbrannte  bei  der  Belagerung  Alexan- 
drlas  dnroh  Julius  Cisar,  ward  aber  durch 
die  pergamenische  wieder  ersetzt;  der  an- 
dere, im  Serapeum  auQsestellte  Theil  ward 
591  von  ftnatischen  Christen  Eerstdrt,  nicht 
erst  vom  Khalifen  Omar  6AS,  der  seine  Bä- 
der damit  geheist  haben  soll.  VgL  Büaehlf 
,Die  alexandr.  Bibliotheken*,  18S8. 

iiezAndriiilicker  Codexy  eine  der  iltesten 
griech.  Handschriften  der  heil.  Schrift  a^s 
dem  5.  oder  6.  Jahrb.,  kam  durch  den  Pa- 
triarchen Cyrillns  Lucaris  su  Konstantinopel 
1688  an  König  Karl  L  von  England;  Jetxt 
im  britischen  Museum  su  London. 

JJexmBdriniseker  Dialekt^  der  unter  den 
Ptolemäem  in  Aegypten  ausgebildete  Dialekt 
der  griech.  Sprache. 

Alexandrliusckes  Zeitalter,  die  Zelt  der 
Ptolemaer  und  der  römischen  Herrschaft  In 
Alezandria,  dem  Hauptsitz  poetischer  und 
wissenschaftlicher  Th&tigkeit  nach  dem  Ver- 
fall der  griech.  Nationalliteratur.  Dasselbe 
zerfällt  in  zwei  Perioden:  die  Zeit  derPtole- 
m&ev  883— 80  T.  Chr.,  u.  die  Zeit  der  röm. 
,  Herrschaft  bis  zum  Ein&U  der  Araber,  80 
y.  Chr.  bis  640  n.  Chr.  Die  berühmtesten 
unter  den  damaligen  Dichtem  waren:  Apol- 
lonius  von  Rhodus,  Lycophron,  Aratus, 
Oallimachus,  Theocritus,  Timon  Ton  PhUus, 
Dionysius  u.  die  sogen.  aUxandrin.  JPlejaden 
<7  Tragiker  der  Ptolem&erseit,  deren  Werke 
verloren  sind);  alle  ausgezeichnet  durch 
Beinheit  und  Zierlichkeit  des  Ausdrucks, 
aber  meist  des  wahrhaft  poetischen  Geistes 
ermangelnd.  Ihnen  reihen  sich  als  Gram- 
matiker und Literatoren  an:  Zenodotus  von 
Ephesus,  Eratosthenes  von  Gyrene,  Aristo- 
phanes  v.  Byzanz,  Aristarchus  v.  Samothrace, 
Ciratus  aus  Mallus,  Dionysius  der  Thracier, 
Apollonius  der  Sophist  und  Zoilus ,  deren 
Hauptverdienst  es  ist,  die  vorhandenen 
literar.  Erzeugnisse  gesammelt,  kritisirt  und 
der  Nachwelt  auft>ewahrt  zu  haben,  unter 
den  alexandrin.  Philosophen,  meist  Eklek- 
tikern, sind  die  Neuplatoniker  die  berühm- 
testen, welche,  orientalische  Theosophie  mit 
griech.  Dialektik  verbindend,  den  Kampf 
der  antiken  Bildung  mit  dem  Christenthum 
repr&sentiren.  Mathematik  u.  Naturwissen- 
schaften würden  eifMg  kulüvirt,  namentlich 
Ton  Archimedes,  Eratosthenes,  Aristarchus 
von  Samos,  Ptolemäus  u.  a.  Die  alexandrin. 
Astronomen  Hessen  die  Spekulation  bei  Seite 
«md  widmeten  sich  vornehmlich  der  Beobach- 
tung. Vgl.  die  Werke  von  Bimim  (1844—45, 
S  Bde.)  und  BarthAemjf  8t.  Bilaire  (1845). 

AlexAndröpol  (Chtmri),  Festung  in  Rus- 
sisch-Armenien, am  Arpatschai,  14,900  Ew. 
Hier  81.  Okt.  1853  Sieg  der  Russen  unter 
Baratlnsky  über  die  Türken. 

Alexeiy  Name  von  8  russischen  Ozaren: 

1)  A.  Miehaüowitseh,  zweiter  Gzar  aus  dem 

Hause  Romanow,  geb.  10.  März  1689,  folgte 

*  «einem    Vater   Michael   Feodorowitsch  18. 


Juli  1646  auf  dem  Throne,  hatte  8  Prfi- 
tendenten,  den  dritten  Iklschen  Demetrias 
u.  den  Ankudinow,  zu  bekämpfen,  sicherte 
sich  durch  den  Krieg  mit  Polen  (1654—67) 
den  Besitz  der  Provinzen  Smolensk,  Tscher- 
nigow  u.  Bewerien  u.  eroberte  einen  Theil 
der  Ukraine,  mnsste  zwar  seine  im  Kriege 
mit  Schweden  (1655—58)  gemachten  E«robe- 
rungen  in  Livland  u.  Ingermanland  im  Frie- 
den von  Kardls  (8L  Juni  1661)  wieder  zu- 
rückgeben, breitete  aber  seine  Herrsohaft 
in  Sibirien  bis  zum  änssersten  Osten  aus ; 
1 89.  Jan.  1676.  Seine  zweite  Gemahlin,  Mari« 
Narischkin,  war  die  Mutter  Peters  d.  Gr. 
—  8)  X  Petr^vUatk,  ältester  Sohn  Peters 
d.  Gr.  n.  der  Budoxia  Lapuchin,  geb.  18. 
Febr.  16B0«u  Moskau ,  zeigte  sich  den  Neue- 
rungen seines  Vaters  abgeneigt,  entfloh  1717 
nach  Neapel,  ward,  durch  Abgeordbete  Pe- 
ters zur  Rückkehr  verlockt,  zum  Tode  ver- 
urthellt,  begnadigt,  t  7.  JuU  1718  im  Ge- 
fängnlss,  yielleicht  hingerichtet.  Auf  A. 
bwugliehe  Urkunden  veröffentlichte  dieGe- 
seUsohaft  für  russ.  Gesch.  u.  Alterthikmer 
Moskau  1864.  A.s  Schicksal  wurde  von 
/imMTBiaR»  dramatisch  behandelt. 

Alexiuiery  Mönchsorden  angustin.  Regel, 
vom  Papste  Sixtus  IV.  konstituirt,  grün- 
dete Klöster  in  den  Niederlanden,  in  Deutsch- 
land und  Polen.  Zweck:  Kinderunterricht 
und  Krankenpflege;  Tracht  schwarz. 

Alexlz«  VFütöald,Pseudon.  fürW.Häring. 

AlexiSMd.  Badeort  im  anhält.  Theile  dee 
Harzes,  im  Selkethal;  8  Stahlquellen. 

AlexlmB,  der  Heilige,  Sohn  eines  vorneh- 
men Römers,  lebte  zur  Zeit  Innocenz  I. 
(408—16).  Tag  17.  JuU.  Bein  Grab  auf  dem 
aventin.  Berge,  mit  prächtiger  Kirche. 

Alexiif  LCOMBenif,  byzant.  Kaiser,  Sohn 
des  Johannes  Comnenus,  Neffe  Isaaks  L,  geb. 
zu  Konstantinopel  1048,  von  dem  gegen 
die  Türken  gesammelten  Heer  1081  zum 
Kaiser  ausgerufen,  stCirzte  den  Nicephoms, 
kämpfte  gegen  Normannen  und  Tfiu'ken, 
wusste  mit  I<ist  den  von  den  Kreuzfthrem 
ihm  drohenden  Gefkhren  zu  begegnen; 
t  15.  Aug.  1118. 

AtfSdir  (AUvater),  in  der  nordischen  My- 
thologie Beiname  Odins. 

Alfeld  9  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Hildes- 
heim, Kr.  Marienburg,  8867  Ew. 

AlfiBüid  (fr.  jHf^ide),  Leglrungaus  Kupfar, 
Zink  und  Nickel,  in  der  Zusammensetzung 
mit  Neusilber  mehr  oder  weniger  überein- 
stimmend, wird  wie  dieses  benutzt.  Häufig 
versteht  man  unter  A.  galvanisch  versilber- 
tes Neusilber. 

Alfleri,  VUtorio,  Grc^f,  ital.  Dichter,  geb. 
17.  Jan.  1749  zu  Asti  (Piemont) ,  lebte  in 
Rom,  Paris  u.  Florenz,  f  8.  Okt.  1808  zu 
Florenz.  Sehr.  81  Tragödien  (meist  histor. 
Stoffe),  die  Melotragödie  ,Abel',  6  Komödien, 
16  Satiren,  Lyrisches  und  Episches;  ,Opere' 
(1809—80,  87  Bde.);  neue  Ausgabe  der 
Dramen  von  Müanesi  (1855 ,  8  Bde.),  Bio- 
graphie von  Twa,  1861. 

Alfons  (Alfotuo,  Mphonsut),  1)  KtitUg«  von 
Ar€igonienu.  Navarra:  a)  A.  UI.,  derPräek' 
Hge,  folgte  seinem  Vater  Peter  III.  1885, 
bewilligte  den  Stauden  auf  dem  Reichstage 


Alford  —  Algen. 


■   49 


Bu  Saragossa  1287  die  sog.  UnionspriTÜegien ; 
t  1291.  —  b)  A.  Vm  der  Groumüthigt,  folgte 
1416  seinem  Yster  Ferdinand  I.,*  ward  von 
Johanna  L,  Königin  beider  Sicilien,  zum 
Erben  dieses  Reiches  eingesetst,  nannte  sich 
als  König  desselben  A.  I.,  musste  es  sich 
aber  erst  erobern;  f  27.  Juni  1458  während 
der  Belagerung  von  Genua. 

2)  A.,  Künig  von  EJcutilien,  genannt  der 
Astronom  od.  Weise,  geb.  1226,  folgte  seinem 
Vater  Ferdinand  m.  dem  Heiligen  1252,  ward 
1257  von  einem  Theile  der  deutschen  Fürsten 
zum  deutschen  Kaiser  gewählt,  bekriegte  die 
Hauren  mit  Erfolg,  vereinigte  Marda  mit 
KastUien,  verlor  1282  durch  den  Aufstand 
seines  Sohnes  Sancho  die  Krone  und  f  ftlB 
Flüchtling  4.  April  1284  bu  Sevilla.  Er  voU- 
eudete  die  ,Leyos  de  las  partidas*,  welche 
1501  als  allg.  Landrecht  best&figt  wurden, 
Hess  die  Bibel  ins  Spanische  übersetsen  und 
die  ptolemäisohon  Planetentafeln,  nach  ihm 
,aIfon8inische'  genannt,  verbessern.  Seine 
,Opuscnlos  legales*  herausgeg.  von  der 
königlichen  Akademie  (18S6). 

S)  A,  III,  der  Groue,  König  von  Leon, 
Asturien  und  Gktlicien,  Sohn  Ordonos,  geb. 
848,  musste  den  Thron  erst  von  einem  Usur- 
pator, dem  Grafen  FroUa,  erk&mpfen,  ver- 
grösserte  sein  Land  durch  einen  TheU  von 
Portugal  und  von  Altkastilien ,  hatte  Em- 
pörungen seiner  Söhne  au  bekämpfen,  ward 
von  dens^ben  besiegt  n.  musste  au  Gunsten 
seines  ältesten  Sohnes,  Garclas,  der  Krone 
entsagen ;  f  dl2  zu  Zamora. 

4)  KOnigt  von  Bartugod:  a)  A.  L,  erster 
König  von  Portugal ,  Sohn  Heinrichs  von 
Burgund,  des  Eroberers  n.  ersten  Grafen 
von  Portugal,  geb.  1110,  musste  seiner 
Matter  Theresia  von  Kastilien  die  Herrschaft 
abkämpfen,  focht  gegen  die  Kastilianer  und 
Mauren,  schlug  diese  bei  Ourique  25.  Juli 
1139,  nahm  den  Königstitel  an,  ordnete  auf 
den  Oortes  au  Lamego  114S  die  Thronfolge, 
die  Bechtspflege  u. die  Adelsrechte;  f  6.  Dec. 
1186.  —  b)  A.  V.,  der  Afrikaner,  folgte 
seinem  Vater  Eduard  I.  1438,  stand  an- 
fangs unter  Vormundschaft  seines  Oheims 
Feter,  reg.  seit  1448  selbständig,  eroberte 
1471  Tanger,  drang  in  Kastilien  ein  it.  Hess 
sich  als  König  dieses  Beichs  ausrufen,  ward 
aber  bei  Toro  (1476)  geschlagen  und  ver- 
ziclitete  im  Frieden  zu  Alcacevas  (1479)  auf 
Kastilien;  t  1^^«  Unter  seiner  Regierung 
wurden  die  schon  vorher  begonnenen  Ent- 
declnmgsfahrten  der  Portugiesen  (Umschif- 
taug  des  Kaps  Bojador  1483)  von  dem  Infanten 
Heinzich  eiflig  fortgesetzt  und  erschien  die 
alfonsinische  Gesetzsammlung  (1446).  — 
c)  A.  VI.,  folgte  seinem  Vater  Johann  IV. 
1656  unter  Vormundschaft  seiner  Mutter 
Xiuiae  de  Guzman,  reg.  seit  1662  selbst- 
ständig,  wurde  durch  die  Ränke  sei- 
ner geechiedenen  Gattin  Maria  Franciska 
Elisabeth  vonSavoyen,  die  sich  mit  seinem 
Bruder  Pedro  vermählt  hatte,  gezwungen, 
zu  Gunsten  des  letzteren  abzudanken; 
t  12.  Sept.  1688  im  Schloss  Olntra. 

Alford,  Henry,  engl.  Dichter  u.  Theolog, 
geb.  1810  zu  London,  seit  1856  Dean  zu 
Canterbury.     Lehrgedicht  ,The  school    of 

Meyers  Hand -Lexikon. 


the  heart*  (1865,  2  Bde.);   krit.  Ausg.  des 
N.  T.  (6.  Aufl.  1858,  2  Bde.). 

Alftredy  der  Grosse,  König  von  England, 
Jüngster  Sohn  des  Königs  Ethelwulf ,  geb. 
849BuWantage  in  Berkshire,  ward  871  nach 
dem  Tode  seines  älteren  Bruders  Ethelred 
vom  Volke  zum  König  vonWessez  ausgerufen, 
musste  sich  erst  vor  den  eindringenden  Nor- 
mannen (Dänen)  in  die  Wildniss  flüchten, 
schlug  sie  aber  dann  (878  u.  893)  und  brach 
ihre  Macht  in  England.  In  Jeder  Beziehung 
der  Bildner  seines  Volks,  erliess  er  gute 
Gesetze,  gründete  Schulen,  beförderte  Handel 
und  Verkehr  und  veranstaltete  selbst  Ent- 
deckungsreisen nach  Norden ;  f  26.  (28.)  Okt. 
901.  Werkeherausg.  von  BomoHh,  1858,2Bde. 
Aaser,  Bischof  von  Sherbum,  schrieb :  ,Vita 
Alfredl'  (herausg.  von  Wtse,  Oxf.  1722;  engl, 
von  Wrtght  1855).  Vgl.  PmM,  ,König  A.*, 
1851;  Weies,  ,Gtosch.  A.s  des  Gr.«,  1852. 

AI  trweOf  s.  FrescomaUrei, 

Alfirie  (Ael/rie,  Elfrie),  Angelsachse,  seit 
994  Erzbischof  von  Canterbury,  i;  1005,  ver- 
dient um  Ausbildung  der  angelsächsischen 
Sprache  durch  Grammatik,  Glossar  und 
Uebersetzung.  Naoh  ihm  ist  die  1843 
gestiftete  Aljric  society  benannt. 

Alfter,  Dorf  in  Rheinpreussen,  bei  Bonn, 
1496  Ew.  Uraltes  Stammgut  des  Hauses  Salm. 

Alftaren  (Harafuros),  die  Urbewohner 
der  molukkischen  Inseln,  auch  des  Innern 
von  Neuguinea;  stehen  auf  der  Grenzlinie 
zwischen  Malayen  und  Papuas.  Vgl.  Bär, 
,Ueber  Papuas  und  A.*,  1859. 

AlgSu  (AUgau,  der  alte  AMgau),  der 
südwestlichste,  von  der  Uler  durchflossene 
Theil  des  bayerischen  Kreises  Schwaben  mit 
den  angrenzenden  Landstrichen  Würtem- 
bergs  und  Tirols ,  durchzogen  von  den 
algSiuer  Alpen,  zwischen  Rhein  und  Lech, 
mit  Mädeler  Gabel  8105',  Hochvogel  7968', 
Grünten  5361'.  Vorzügliche  Rindviehrace. 
Hauptort:  Kempten. 

kXenhUmC Algarve),  südlichste Prov.  Por- 
tugals, seit  1253  mit  Portugal  vereinigt, 
88  QM.  u.  177,310  Ew.  Hauptstadt:  Faro. 

Algardl,  AUstandro,  ital.  Bildhauer,  geb. 
1602  zu  Bologna,  verfolgte  Berninis  affek- 
tirte  Richtung;  f  l^^*  Hauptwerk:  das 
koloss.  Relief  Attilas  zu  St.  PeteP  in  Rom. 

Algirothpulver  (Englisches  Pulver),  Anti- 
mon oxychlorid  ,  wird  aus  Antimonchlorid 
durch  Wasser  gefällt,  vom  verones.  Arzt 
Algaroth  empfohlenes  Brechmittel. 

jUgmrottl,  Franctsco,  OraJ,  ital.  Grelehr- 
ter  u.  Kunstkenner,  geb.  zu  Venedig  11. 
Dec.  1712,  lebte  zu  Paris ,  Berlin  u.  Dres- 
den, seit  1754  in  Italien,  von  Friedrich 
d.  Gr.  1747  in  den  Grafenstand  erhoben 
u.  zum  Kammerherm  ernannt ;  f  S*  März  1764 
EU  Pisa.  ,Saggf  sopra  le  belle  arti*  (deutsch 
von  Baspe  1769).     Werke,  1791-94,  17  Bde. 

Algebra  (arab.),  Theil  der  reinen  Mathe- 
matik, die  Lehre  von  den  Gleichungen  (s.  d.) 
nebst  der  Buchstabenrechnung. 

Algen,  AlgoA,  Pflanzenfamilie  der  Kryp- 
togamen,  wachsen  im  Wasser  oder  in  sehr 
feuchter  Luft,  haben  ein  mannicbüetch  ge- 
färbtes, schleimiges,  häutiges,  knorpeliges 
oder   lederartiges  Lager;    die  Ausbildung 

4 


50 


Algenib  —  Algier. 


der  Sporen  ist  in  der  Regel  von  der  Ein- 
wirkung beweglicher  Befkmclitnngskdrper 
(AntherozoVden)  abhängig;  viele  A.  ver- 
mehren  sich  auch  durch  keimende  Sehwärm- 
sporen, die  niederen  Formen  besonders  durch 
'Hiellung  und  Gonidlen  oder  Keimzellen. 
Ueber  8000  Arten ,  von  denen  */t  dem  Meere 
angehören.  Viele  dienen  als  Nahrung  für 
Menschen  (Meerlattich)  und  Thiere,als  Hell- 
mit^l  (Caragaheon),  als  Dünger,  zur  Berei- 
tung von  Kohlen,  besonder!  zur  Gewinnung 
des  Jod  (Kelp-  u.  Varecindustrle)  u.  der  Kali- 
salze. Einthellnng:  Diatomeen,  BaeiUarien  od. 
SHlckelalgen ,  mikroskopisch  klein,  aus  ein- 
zelnen Zellen  gebildet,  die  reich  an  Kiesel- 
säure sind,  schalen-,  stab-  oder  schlldf5rmig, 
häufig  in  Sumpfwasser,  auch  in  Seewasser, 
galten  früher  für  Infusorien.  Tossfle  Dia- 
tomeen 'bilden  ganze  Erdschichten  und 
finden  als  Polirschiefer  von  Bllln,  Kiesel- 
guhr,  technischeVerwendung.  Demnidiaeeen, 
mikroskopisch  klein,  einzellig,  weich,  nicht 
kieselhaltig,  die  Zellhülle  aus  2  durch  eine 
Naht  verbundenen,  symmetrischen  Hälften 
bestehend.  In  Sumpfwasser,  ürkemalgen, 
Proloeoceaeeen,  einzellig,  meist  kolonienweise 
vereinigt,  in  Wasser,  auf  nassem  Erd-  oder 
i'elsboden,  auf  Eis  und  Sdinee  (rother 
Schnee).  SehUimaigen,  Kostochaeeen,  geglie- 
derte Fäden  in  homogener  Schleimmasse 
eingehüllt,  in  stehendem  Wasser  und 
feuchter  Luft,  bilden  in  Mineralquellen 
den  Badeschleim.  Kon/erven,  Fadencdgen, 
einfache  oder  ästige  Fäden  aus  schlauch- 
förmig an  einander  gereihten  Zellen  mit 
kömigem  oder  bandartig  abgelagertem 
Chlorophyll,  in  stehendem  und  fliessen- 
dem  Wasser.  Ulvaeeen,  Hautalgen,  röhren- 
förmiges, haut-  oder  schlauchartiges  Lager 
ans  einfacher  Zellschicht  oder  einer  einzi- 
gen Zelle  gebildet,  in  Moor-  und  Süss- 
wasser.  I\tkoVdeen,  Ledertange,  mit  meist 
festsitzendem  Lager,  ahmen  oft  Stengel- 
und  Blattblldnng  der  höheren  Pflanzen 
nach,  besonders  in  nördlichen  Meeren,  bis 
1000'  lang ,  oft  massenhaft  (Sargassomeer)  ; 
viele  sind  essbar,  liefern  Kelp  und  Varec. 
Slüthentange ,  Florideen,  mit  festsitzendem, 
meist  stiotuchartig  ästigem,  fein  zertheiltem, 
knorpeligem,  gewöhnlich  lebhaft  rothem 
Thallus,  besonders  in  wärmeren  Meeren. 
Oiaraceen,  Armleuckter,  quirlformlg  ver- 
zweigt, aus  schlauchförmigen,  oft  mit 
Kalk  inkrustirten  Zellen  bestehend,  häufig 
In  stehenden  Gewässern ,  namentlich  auf 
Torfboden.  Vgl.  die  Werke  von  Agardi, 
Kütnnj,  Sdbenhorst. 

Algeaib,  Stern  2.  Grösse  im  Sternbild  des 
Perseus;  desgleichen  Im  Pegasus. 

Algerien,  s.  Algier. 

Al$wh6im  (Chxu-Jlgesheim),  Stadt  InRhem- 
hessen,  Kr.  Bingen,  2120  Ew.    Weinbau. 

AlgezfrtSy  Hafenstadt  in  der  span.  Prov. 
Cadix,   am  Golf  von  Gibraltar,  14,280  Ew. 

AlghSrOy  feste  Stadt  an  der  Westküste 
Sardiniens,  Prov.  Sassari ,  8419  Ew. 

Algle  (gr*))  Schmerz,  bes.  Nervenschmerz. 

Algler  (spr.  -schir,  Algerien),  vormals  türk. 
Vasallenstaat  (Raubstaat),  seit  1880  fk'anz.  Ko- 
lonialland, auf  der  Nordküste  AfHkas  zwi- 


schen Marokko  u.  Tunis,  lt,150QM. ;  BerflUlt  In 
den  Küstentaum  (Teil),  das  waldreiche  €re- 
birgsplateau  mltmehreren  Bergketten,firucht- 
baren  Tliälem,  zahlreichen  Gipfeln  (Dschebl 
Dsehelliia  86600  und  grossen  Salzsumpfen 
(Shotts)  und  in  den  Wüstensaum.  Zahlreiche 
Flüsse  (z.  B.  Schellf,  Sevbouse,  Semmam). 
Mittlere  Temperatur  15o  R.  Kulturpflanzen : 
Getreide,  Gel,  Tabak,  Wein,  Baumwolle. 
Bevölkerung  (1867):  2,921,246,  worunter 
2,485,000  nomadisirende  Eingeborene ,  218,000 
Europäer,  dazu  Militär  67,774  M.  Drei  Pro- 
vinzen: Algier,  Drau  im  W,  Constantine  im 
O.  Die  geordneten  Theile  nach  Aranz.  Muster 
eingerichtet,  mit  Civil  Verwaltungen,  in  den 
südl.  Militärverwaltungen;  daneben  die 
,Bureaux  arabes*.  Die  Kolonisation  sehr 
langsam  varschreitend.  Handelsflotte  A.s 
148  Segelschiffe  von  4268  Tonnen.  Elnfhbr 
(1866)  28,7  Mlll.  Frcs.,  Ausfuhr  21  MUl.  Free. 
Die  Hauptstadt  A.  (l^anz.  Alger,  span.  Argel), 
am  Mittelmeer ,  Festung  mit  Seearsenal  und 
Hafen,  kathol.  BIsthum,  52,614  Ew.  Vgl. 
Schneider,  ,A.  als  Kurort*,  1869. 

Oeachichte,  Im  Alterthum  war  der  ostl. 
Theil  des  Landes  von  Numidiem,  der 
westl.  von  Mauren  bewohnt.  Unter  der  röm. 
Herrschaft  bildete  jener  einen  Theil  der 
Provinz  Aflrika,  später  unter  dem  Namen 
Numidia  eine  eigene  Provinz,  dieser  die 
Prov.  Mauritania  caesariensis.  Die  damalige 
Blüthe  des  Landes  ward  durch  den  Einikll 
der  Vandalen  u.  dann  durch  den  der  Ara- 
ber vernichtet.  Um  985  wurde  von  dem 
arab.  Fürsten  Zelrl  die  Stadt  Al-Dschesair, 
das  jetzige  A. ,  gegründet.  Die  Nachkom- 
men Zeirls  herrschten  bis  1148,  nach  ihnen 
die  Almohaden  bis  1269;  dann  zerfiel  das 
Land  In  mehrere  kleinere  Ghsbiete.  Die  aus 
Spanien  vertriebenen  Mauren  und  Juden 
vermehrten  (1492)  die  Bevölkerung.  Ferdi- 
nand der  Katholische  eroberte  1506  Oran  und 
Bugia  und  1509  A.  selbst.  1516  landete  der 
Korsarenhäuptling  Horuk  (Harudj)  Barba- 
rossa in  A.  und  schwang  sich  zum  Sultan  von 
A.  auf  Nach  seinem  Sturz  durch  die  Spanier 
ward  sein  Bruder,  Khalr-ed-din  Barbarossa, 
zum  Sultan  ausgerufen ,  der  1520  sein  Gebiet 
unter  die  Oberhoheit  des  Sultans  Sellm  stellte. 
Mit  türkischer  Hülfe  vertrieb  er  die  Spanier 
und  begründete  das  System  des  Militärdes- 
potismus und  der  Seeräuberei,  dessen  Mittel- 
punkt A.  bis  1830  gewesen  Ist.  Kaiser  Karls  V. 
Expedition  nach  A.  (1541)  endete  unglück- 
lich. Seit  1600  stand  ein  von  den  Janit- 
scharen  gewählter  Dei  dem  Pascha  zur 
Seite,  was  häufige  innere  Kämpfe  zur  Folge 
hatte.  Mehrere  Angriffe  christl.  Mächte 
auf  A.  (1683  u.  1687  Franzosen,  1655  u.  1669 
Engländer)  machten  der  Seeräuberei  kein 
Ende.  England  schloss  seit  1662  mit  den 
Deis  von  A.  Verträge,  welches  Beispiel 
andere  europ.  Staaten  nachahmten.  170& 
bemächtigte  sich  der  Del  Ibrahim  Grans, 
der  letzten  Besitzung  der  Spanler  an  der 
algier.  Küste.  Sein  Nachfolger  Baba-AU 
emancipirt^  sich  von  der  türk.  Herrschaft 
und  begründete  eine  Art  v.  Soldatenrepublik, 
in  der  blutige  Serailrevolutionen  an  der  Ta- 
gesordnung waren.     Eine  span.  Expedition 


Algiersches  Metall  —  Aliband. 


51 


gegen  A.  unter  O^Rellly  (1775)  acheiterte  Töl- 
lig.  Die  nach  Wiederhentellang  des  europ. 
Friedens  wieder  frech  betriebene  Seeränberei 
veranlasste  die  christl.  Mächte  zu  energi- 
scherem   Einschreiten.     Eine    nordamerik. 
Flotte  unter  Gommodore  Decatnr  schlug  (20. 
Juni  1815)  die  algiersche  bei  Cartagena,  und 
eine     engl.    Flotte  bombardirte   (27.   Aug. 
1816)  unter  Lord  Ezmouth  A.  u.   Temich- 
tete  die  Seemacht  des  Deis.   Dessen  unge- 
achtet dauerte    die  Seeräuberei  fort.     Die 
thätliche  Beleidigung    des    franz.   Konsuls 
Deral  durch  den  Del  führte  zur  Blokade 
der   algierschen  Seehäfen  (seit  Juni  1827). 
Aber  erst  die  Expedition  der  Franzosen  von 
1830  unter  dem  General  Bonrmont  u.  dem 
Admiral    Duperr6   machte  dem  Baubstaat 
für  immer  ein  Ende.     Am  5.  Juli  übergab 
der  Del  die  Stadt  unter  der  Bedingung  freien 
Abzuges  für  sich  und  die  türk.  Miliz.  Von 
da  an  beginnt  die  franz.  Herrschaft  in  A., 
deren  erste  Periode,  die  der  Eroberung  und 
Pacifikation  des  Landes,  mit  der  ünterwer- 
fling  Abd-el-Kaders  (23.  Dec.  1847)  endigte, 
worauf  die  zweite  Periode ,  die  der  Koloni- 
sation und  CiTilisation,  folgte.    Nach  Bonr- 
monts  Büoktritt  f&hrten  den  Oberbefehl  in 
A.  Marschall  Olauzel  (Sept.  1830  bis  Febr. 
1831),   Berthez^e  (bis  Dec.   1831),    Sarary 
(bis  März  1833;.    Der  gefihrlichste  Feind 
der  Franzosen,  Abd-el-Kader,  ward  in  dem 
Frieden  26.  Febr.  1834  als  Gebieter  über  alle 
westl.  Stämme  bis  zum  Schelif  anerkannt. 
Der  trotzdem  wieder  ausbrechende  Kampf 
konnte  weder  von  Drouet  d'Erlon  (Sept.  1833 
bis  Aug.  1835),  noch  von  Olauzel  (bis  Febr. 
1837)  beendigt  werden.    Erst  seit  dem  von 
Damrteiont  (April  bis  Okt.  1837)  mit  Abd-el- 
Kader  an  der  Tafiia  (30.  Mai  1837)  abgeschlos- 
senen  Vertrag,  durch  welchen  diesem  das 
westl.  Gtebiet  von  Maskara  u.  Titeri  völlig 
überlassen  ward,  datirt  die  wirkl.  Eroberung 
des  Landes  durch  die  Franzosen.     General 
Yalfe  (Okt.  1837  bis  Febr.  1841)  versuchte  die 
Kolonisation  des  Landes  in  grösserer  Aus- 
dehnung. Dem  wieder  ausbrechenden  Kampf 
mit  Abd-el-Kader  gab  erst  der  General  Bu- 
geaad  (Febr.  1841  bis  Mal  1647)  eine  günstigere 
Wendung.     Nachdem  er  am  Isly  (14.  Aug. 
1844)  über  die  Marokkaner  gesiegt  und  einen 
günstigen   Frieden    erzwungen,   vermochte 
sich  Abd-el- Kader,  auch  von  Marokko  aus 
angegriffen,  nicht  mehr  zu  halten  und  er- 
gab sich  (Dec.  1847)  an  General  Lamorid^e 
und  den  inzwischen  (Sept.  1847)  zum  Gouver- 
neur  ernannten  Herzog  v.  Anmale.    Doch 
hatten  auch  die  späteren  Generalgouvemeure 
Gharron  (Sept.  1848  bis  Mai  1851)  und  Randon 
(Dec  1851  bis  Aug.  1658)  noch  oft  feind- 
liche Stämme  zu  bekämpfen.     In   der  Ver- 
waltung des  Landes  trat  durch  die  Dekrete 
vom  84.  Juni  und  31.  Aug.  1858  eine  bedeu- 
tende Veränderung  ein,  insofern  A,  dadurch 
unter  ein  eigenes  Ministerium  fürA.  u.  die 
Kolonien  gestellt  ward,    dessen   Chef  der 
Prinz  Napoleon  ward.     Letzterer  ward  am 
34.  Mars  1858  durch  den  Grafen  Ohasselonp- 
Laubat  ersetzt.     Schon  durch  Dekret  vom 
11.  Dec.  1800  ward  dieses  Ministerium  wie- 
der aufgehoben  und  abermals  ein  alle  Ge- 


walt in  sich  vereihigender  Generalgouver- 
neur eingesetzt,  zuerst  Marschall  P61issier, 
dann  Marschall  Mac-Mahon.  Vgl.  ,Bxplora- 
tlon  sdentiflque  d'A.SofadeI],1844',,;9^r(eu<2» 
,L*Alg6rie  fran^aise* » 1856,  8  Bde.;.,  Berard, 
,Indicateur  g6n6ral  de  rA.S1867^'  v.  Malt' 
zahn,  ,£9ttenbilder  aus  Tunis  u.  A.'  91868. 

Algienehes  Hetally  Legirung  aus  94,5  Zinn, 
5  Kupfer,  0,5  Antimon,  weiss,  klingend. 

Algöabaiy  Meerbusen  an  der  Südostküste 
des  Kaplandes;  brit.  Kolonie  Elisabeth. 

Algodonbai.  öde  Bucht  an  der  Westküste 
Südamerikas  O^ollvia);  reiche  Kupferminen. 

A^^  Stern  8.  Grösse  im  Perseus,  durch 
seine  Veränderlichkeit  merkwürdig. 

Algonkln  (Algonkin-Lenape),  Gruppe  von 
Indianerstämmen  in  Nordamerika,  früher 
vom  Mississippi  bis  zum  atlant.  Ocean  wohn- 
haft; dazu  gehörig:  die  Abenaki,  Karra- 
ganset,Powhatans,  Shawnees,  Illinois,  C^ees^ 
Ottawas,  Foxes,  Ohippeways  etc. 

Algorithmiis  C^iira)'<<AmiM,gr.),  Rechnung 
mit  dem  dekadischen  Zahlensystem;  auch 
Bezeichnung  anderer  mathemat.  Operationen. 

Algreea  ÜHimg,  Tage,  dänischer  Rechts- 
gelehrter, geb.  11.  Okt.  1797  zu  Frederiks- 
borg auf  Seeland,  stellte  als  Mitglied  der 
Ständeversammlung  1844  den  Antrag,  durch 
ein  Gesetz  die  unzertrennliche  und  ewige 
Verbindung  der  Herzogthümer  mit  dem 
Königreiche  auszusprechen,  1848  Mitglied 
der  dän.  Reichsversammlung,  seit  1854  des 
Reichsraths.  'Sehr.  ,H|tandbog  i  den  danske 
Crimlnalret*  (4.  AuH.  1859,  8  Bde.);  ,Laeren 
om  Servituter'  (1846);  ,Haandbog  1  den 
danske  Arveret'  (1855). 

Algnasll  (span.),  Gharlchtsdiener,  Häscher* 

Alnniiny  das  rothe  Sandelholz. 

AlEiinay  Stadt  u.  berühmter  Badeort  In 
der  Span.  Prov.  Granada,  7400  Ew.;  ehe- 
mals wichtige  Maurenfestung. 

Alhimary  Beiname  des  maur.  Königs  Mo- 
hammed V.  Granada  (1236  —  75),  des  Grün- 
ders der  Dynastie  der  Alhamariden  (bis  1493). 

Alhimbn  (arab.,  die  Rothe),  ehemalige 
maurische  Khalifenburg  (Jetzt  Oitadelle)  bei 
Granada,  das  schönste  Denkmal  arab.  Bau- 
kunst in  Europa.  Bauzeit  1800— 1688.  Glanz- 
partlen:  der  Löwenhof  mit  dem  berühmten 
Springbrunnen,  der  Saal  der  8  Schwestern» 
die  Halle  der  Abencerragen  etc.  Vgl. 
GoBcht,  ,Dle  A.S  1854. 

AUildide  (arab.,  d.  i.  Zähler),  an  Winkel- 
messinstrumenten befindliche  Vorrichtung 
zur  Messung  der  Drehung  des  Fernrohrs. 

Ali  (arab.,  d.  1.  hoch,  erhaben),  moham- 
medanischer Name  und  Ehrentitel. 

Aliy  Pascha  von  Janina,  geb.  1741  zu  Te» 
pelen  in  Albanien,  Sohn  eines  Häuptlings» 
wurde  nach  glücklichem  Kämpft  gegen  die 
Feinde  seines  Vaters  Pascha  von  D<»ivino, 
dann  von  Trikala  und,  nach  Unterwerfting 
der  Sulioten  von  Janina,  1808  Oberstatt- 
halter von  Rumelien.  Mit  den  Franzosen 
u.  Russen  insgeheim  verhandelnd,  strebte 
er  nach  völlig  unabhängiger  Stellung  der 
Pforte  gegenüber.  Von  Khurschid- Pascha 
in  Janina  eingeschlossen,  kai^tulirte  er, 
ward  aber  niedergehauen  (5.  Febr.  1882). 

Alibaiid  (spr.  -hob),  Xotiis,  geb.  zu  Nismea 

4* 


52 


Ali -Bei  —  Alkalimetrie. 


1810,   schoBs  25.  Juni  1886  auf  den  König 
Lndwlg  Philipp,  ward  11.  Joli  gnillotinlrt. 

Ali-B«!}  KUmlnkenbei,  geb.  um  17S8  in 
Abcha9ien,  schwang  sich  Tom  Sklaven  mm 
Mamlokenbei,  dann  zum  nnabh&ngigen  Sol- 
tan  TonAegypten  empor,  eroberte  Mekka  u. 
Syrien,  verlor  durch  Verrath  seines  Adoptiv- 
sohnes Abn-Dahab  Aegypten,  ward  1773 
von  demselben  geschlagen  n.  f  bald  daraot 

Ali  ben-Abi-Tftleb.  ,erster  Moslem*  und 
4.  Khalif;  geb.  008  n.  Chr.  cu  Mekka,  Moham- 
meds trenester  GeAhrte  nnd  Gemahl  von 
dessen  Tochter  Fatime ,  655  nach  Othmans 
SSmordnng  snm  Khalifen  erhoben,  k&mpfte 
glücklich  gegen  verschiedene  Rebellen, 
ward  88.  Jan.  661  In  Knfa  ermordet.  Zu 
seinem  Grabmale  daselbst  pilgern  noch  Jetzt 
seine  Verehrer,  die  Schiiten.  Die  ihm  zuge- 
schriebenen Sprache  gab  Fleischer  (1837) 
heraus;  sein  ,Divan*  (lyrische  Gkdichte) 
erschien  1840  zu  Bulak  bei  Kairo. 

Alibert  (spr.  -bahr),  Jean  LouU ,  Baron, 
franz.  Arzt,  geb.  18.  Mai  1775  zu  Villefl^nche, 
lehrte  in  Paris,  t  ۥ  Febr.  1837.  Sehr.  ,De- 
scription  des  maladies  dela  peau*  (1806—87) ; 
«Nosologie  naturelle*  (1817  —  85,  2  Bde.); 
»Physiologie  des  passions*  (1883,  8  Bde.). 

Alibertoelier  Graphit,  s.  Graphü. 

Alibi  (lat.),  anderswo;  Bewei»  de»  A.,  in 
Strafaachen  der  Kachweis,  dass  der  Ange- 
schuldigte sich  zur  Zeit  der  Tbat  nicht  am 
Orte  derselben,  sondern  ,anderswo'  beftin- 
den  habe;  konstatirt  seine  Unschuld. 

AlibraBdo,  Cürolamo,  genannt  ßalvi  di  An- 
Umio,  sicil.  Maler,  geb.  1470,  f  1^24  zu 
Messina.  Hauptwerk:  die  Reinigung  der 
heil.  Maria,  im  Dom  zu  Messina. 

Allcinte.  span.  Prov.  (Valencia),*  98,6  QM. 
u.  418,514  Ew.  Die  gleicbn.  befest.  Sattpt- 
eiadt  am  Mittelmeere,  wichtiger  Seehafen, 
31,168  Ew.    Berühmt  ist  der  Micantetoein. 

Alicita  (Lieata),  Handelsstadt  an  der  Süd- 
knste  Siciliens,  Prov.  Girgentl,  13,500  Ew. 

Alienatlon  (lat.),  Verkauf,  Verausserung. 

Alienbin.  s.  FremdeiibiU, 

AUeni  Juris  homo  (lat.),  ein  Mensch 
j^mden  Rechts,  Bezeichnung  rechtlicher 
Unselbständigkeit  im  Gegensatz  zum  homo 
aui  juris,  einem  Menschen  von  rechtlicher 
Selbständigkeit. 

AligkiSn,  s.  VcmU, 

Alignement  (fr.,  spr.  AllnJ'maag),  im 
Kriegswesen  Herstellung  einer  Frontlinie 
nach  bestimmten  Punkten ;  in  der  Feldmess- 
kunst eine  auf  dem  Felde  u.  dem  Messtisch 
bestimmte  Linie,  nach  welcher  man  letzteren 
in  die  richtige  Stellung  bringt  (orientirt). 

Aligny  (spr.Aliiyi),  Ckmde  Felix  Th4odore, 
Aranz.  Maler,  geb.  1798  zu  Chanmes,  Schüler 
von  Watelet  u.  Regnault.  Klassisch -histo- 
rische Landschalten  mit  architekton.  Aufbau 
der  Linien  und  meist  mythischer  Staffage. 

Alimente  (lat.),  Unterhaltskosten;  Ali- 
menUUiont  Verabreichung  derselben.  Gegen- 
seitige Alimentationspflicht  legt  das  Gesetz 
den  Ehegatten,  sowie  den  Aeltern  n.  Gross- 
ältem  im  Verhaltniss  zu  den  ehelichen  Kin- 
dern und  Enkeln  auf.  Unehelichen  Kindern 
steht  nach  dem  gemeinen  Rechte  u.  nach 
deutschen  Partikulargesetzen,    nicht  aber 


nach  dem  röm.  n.  frans.  Rechte,  eine  Ali- 
meatenfordemng  an  den  lebenden  Vater  zu. 

A  Um«  (lat.),  auf  neuer  Zeile,  von  vom. 

Aliqaaater  Theil  (pars  aliquanta),  in  der 
Arithmetik  Theil  einer  Grösse ,  der  in  dieser 
nicht  ohne  Rest  aufgeht ;  Gegensatz  aHgu**ter 
Theil  (p.  aUquota),  Theil  einer  Grösse,  durch 
welchen  sich  diese  ohne  Rest  dividiren  läset. 

AliqMttdae  (Bannonieehe  OberOne),  die 
zu  einem  Grundton  nach  und  nach  mit- 
erklingenden höheren  Neben-  oder  Beitöne. 

AiiüMa  röm.  Kastell  amEinflnss  derAUne 
in  die  Lippe,  von  Drasus  angelegt;  jetzt 
Dorf  Äl$en  unweit  Paderborn. 

AilaOB  (spr.  Aellis'n),  gelehrte  schoU.  Fa- 
miUe.  ArehibaU,  geb.  13.  Nov.  1757  suEdin- 
bürg,  seit  1800  Geistlicher  das. ,  f  ^7-  Mai 
1889.  Sehr.  ,Essays  on  the  natura  and  prin- 
ciples  of  taste*  (1790,  8.  Aufl  1811).  Arehihaid 
A.,  Sohn  des  Vorigen,  geb.  89.  Dec  1798  an 
Kenley,  seit  1834  Sherif  von  Lanarkshire,  f 
88.  Mai  1867.  Sehr.  ,The  prlnciples  of  the 
oriminal  lawof  Scotlaud'  (1838);  ,History  of 
Europa  ttom  the  commencementof  the  French 
revolntion  to  the  restauration  of  the  Bour- 
bons<  (10.  Aufl.  1861, 14  Bde.,  deutsch  1858); 
,Life  of  the  Duke  of  Marlborongh*  (1847, 
3  Bde..  deutsch  8.  Aufl.  1865);  ,Essay8'  (1850, 
3  Bde.);  ^istory  ofEurope  from  the  CaiU  of 
Napoleon  to  the  accession  of  Louis  Napoleon' 
(1858-57, 6  Bde.) ;  ,Live8  of  Lord  Castlereagh 
and  Sir  Charles  Stewart'  (1861,  3  Bde.). 

A  livre  ouvert  (fr.,  spr.  liwer  uwähr),  bei 
Oeffnunff  des  Buchs,  d.  i.  vom  Blatte  (spielen). 

Aliwal  9  Ort  im  nordwestl.  Ostindien, 
am  Sudletsch.  Hier  88.  Jan.  1846  Sieg  der 
Briten  unter  Hough  Gough  über  die  Sikhs. 

Allsarim,  Farbstoff,  findet  sich  im  Krapp, 
mit  Zucker  gepaart,  als  Ruberythrinsäure, 
gelbe,  in  Wasser  nnd  Alkohol  wenig 
lösliche  Krystalle,  sublimirbar,  wird  durch 
Alkalien  u.  Erden  roth  gefärbt,  kann  aus 
Anthracen  (im  Steinkohlentheer  vorkom- 
mend) künstlich  dargestellt  werden.  Ali- 
earine  verte  des  Handels,  aus  Krapp  mit 
schwefliger  Säure  gewonnen,  enthält  neben 
A.  noch  einen  grünen  harzigen  Stoff,  von 
welchem  das  AUearine  jaune  beiteit  ist.  In 
der  Zeugdruckerei  benutzt. 

Alkalien,  die  ungefärbten  Oxyde  der  Al- 
kalimetalle: Kali,  Natron,  Lithion,  Gäaion 
u.  Rubidion,  sind  die  stärksten  Basen,  sehr 
löslich  in  Wasser,  i&rben  rothes  Lackmus- 
papier blau  (alkaliiche  Beakiion).  Die  Ozyd- 
hydrate  der  A.  heissen  ätzende  A.,  die  lös- 
lichen kohlensauren  '  Salze  hiessen  früher 
milde  A,  Fluchtiges  Alkali  ist  kohlen- 
saures Ammoniak. 

Alkilimetalle,  die  in  den  Alkalien  mit 
Sauerstoff  verbundenen  einfachen  metalli- 
schen Körper:  Kalium,  Natrium,  Lithium, 
Oäsium  und  Rubidium. 

AlkaHmetrie,  Bestimmung  des  Gehalts  von 
käuflicher  Potasche,  Soda,  Kali-  u.  Natron- 
hydrat, geschieht  meist  massanalytiach, 
indem  man  untersucht,  wie  viel  Ozalsäure- 
lösung  von  bestimmtem  Gehalt  eine  ab- 
gewogene Menge  des  Handelsprodukts  zu 
neutralisiren  vei*mag.  Nach  Fresenius  und 
Will  übergiesst  man  in  einem  besonderen 


AlkäKsche  Erden  —  Alkobolometrie. 


53 


Apparat  eine  bestimmte  Menge  Potasche 
oder  Soda  mit  abgewogener  und  überschüs- 
siger Schwefelsftnre.  Diese  treibt  die  Koh- 
lensänre  ans ,  welche  getrocknet  den  Appa- 
rat rerlässt.  Aus  dem  so  entstandenen 
Gewiehtsyerlnst  des  Apparates  berechnet 
man  den  Gehalt  der  Potasche  und  Soda. 

Alkilieche  Srdeiiy  die  ungefärbten  Oxyde 
der  Erdalkalimetalle:  Baryt,  Strontian,  Kalk 
n.  Magnesia,  weniger  löslich  als  die  Alkalien, 
starke  Basen,  reagiren  alkalisch ;  ihre  kohlen- 
sauren Salase  sind  in  Wasser  unlöslich. 

Alkalolde,  organ.  Basen,  stickstoffhaltige, 
meist  in  Wasser  schwer  lösliche  Verbindun- 
gen, bilden  mit  Säuren  meist  krystallisirende 
Salze  genau  so  wie  Ammoniak;  die  sauer- 
stofffreien (Nicotin,  Ck>niin,  Anilin)  sind 
ölig,  flüchtig,  zum  Theil  von  betäubendem 
Geruch;  die  sauerstoflnialtigen  sind  fest, 
meist  &rblo8  und  zersetzen  sich  beim  Er- 
hitzen; sie  finden  sich  zum  Theil  fertig 
gebildet  in  Pflanzen,  sind  dann  den  Fami- 
lien, ja  meist  den  Gattungen  eigenthümlich, 
bedingen  die  Wirksamkeit  eines  grossen 
Theils  der  wichtigsten  vegetabilischen 
Arzneimittel  und  wirken  theils  als  Narcotica 
auf  Gehirn  oder  Bückenmark,  theils  als 
heftige  Acrla,  Magen-  u.  Darmentzündung 
hervormfbnd.  Ihre  Nachweisung  bei  Ver- 
gütungen ist  oft  sehr  schwierig. 

AlkAlnretlea,  Heilmittel,  welche  die  Ab- 
sonderung eines  an  Alkalien  reichen  Urins 
bezwecken,  um  aus  Harnsäure  bestehende 
Blasensteine  zu  lösen. 
AlkaaiiawiiTzely  s.  Alcanna  u.  Lawaonia. 
Alkarsin,  Eakodyloxyd,  s.  KakodyL 
AlJkeny  Schwimmvögelfamilie,  in  grossen 
Schaaren   auftretende  Meeresbewohner:  I. 
der  arktischen  Zone :  Tordalk,  AIca  torda  L., 
16—n'\   namentl.  auf  den  Lofoten;    Sril- 
lenalk,  A.  impennis  L.,  2Vs',  Flügel  dienen 
nur  als  Flossen,  fast  ausgestorben;    Oryll- 
lumrne,     Uria     Grylle    L.,     und     dumme 
Lumme    (Troyllumme) ,    U.    Lomvia    Fall., 
U.  Trolle  Tem.,  kommen  nur  zur  Brütezeit 
ans    Liand,    werden    dann   in   Massen   ge- 
fangen   und    dienen    als   Nahrungsmittel; 
Larventancher  (Papageientaucher ,  Seepapa- 
gei) ,    Mormon   arctica    L.,    M.    fratercula 
T0m.,   12",   südl.    bis    zur  engl.   u.    franz. 
Küste;    die  Jungen  werden    gegessen,    n. 
Bewohner  der  südl.  Halbkugel,   mit  hom- 
schnppenähnlichen  Federn  an  den  Flügeln : 
Pinguin  (Fetttaucher,  patagonische  Fettgans), 
Aptenodytes  patagonica  JC.,  3',  an  der  Magel- 
lanstrasse ,  brütQt  das  Ei  in  einer  Bauch- 
falte ans;  Federpelz  dient  als  Putz ;  Brillen- 
pinguin ,  A.  demersa  L.,  20",  am  Kap  u.  auf 
den  Falklandsinseln ;  schmackhafte  Eier. 

AHunaary  Stadt  in  Nordholland ,   am  gr. 
nordlandischen  Kanal,  12,060  Ew. 

Alkohol  (Aeihylalkohol,  Aethjßoxydhydrat, 
Weingeist,  BpirituB,  lat.  Äleohol  abtclutna, 
fr.  Aleool,  engl.  Alcohol),  der  berauschend 
wirkende  Bestandtheil  im  Branntwein,  Bier 
und  Wein ,  entsteht  durch  Gährung  zucker- 
lialtiger  Flüssigkeiten,  ist  farblos,  vom 
spec.  Gew.  0,79,  siedet  bei  68,30  G.,  dehnt 
»ich  von  0  —  78,30  um  0,0936  seines  Volums 
aus   (Wasser  nur   um    0,0278;    auf   diesem 


Unterschied  beruht  zum  Theil  die  Alkobolo- 
metrie), gefHert  nicht,  zieht  begierig  Wasser 
an,  mischt  sich  mit  Wasser  unter  Volum- 
verminderung  und  ''  Wärmeentwicklung, 
löst  Harze  und  ätherische  Oele,  bildet  bei 
der  Oxydation  Aldehyd  und  dann  Essig- 
säure, wird  von  den  meisten  Säuren  in 
Aether  umgewandelt.  Wasserfreier  A., 
Alcohol  absolutus,  sehr  schwer  darstellbar. 
Man  nennt  A.  von  92—95  Vol.  %  Spiritus 
vini  alcoholisatns  (durch  trockene  Potasche 
oder  essigsaures  Kali  entwässert),  A.  von 
85— 90  Vol.  o/o  Spiritus  vini  rectificatissimns, 
A.  von  60  —  70  Vol.  o/^  Spiritus  vini  rectifi- 
catus,  A.  von  50  Vol.  o/q  Weingeist,  A.  voti 
40—45  Vol.  o/o  Branntwein.  Der  A.  wird  be- 
nutzt zur  Darstellung  ohem.  und  pharmacent. 
Präparate,  zum  Extrahiren,  in  der  Parfa- 
merie  und  Lacküftbrikation,  zur  Füllung  von 
Thermometern,  zum  Konserviren  pflanzlicher 
und  thierischer  Stoffe,  als  Lösungsmittel  etc. 
Alkobolometrie,  Prüfung  des  wässrigen 
Weingeistes  auf  seinen- Gehalt  an  absolutem 
Alkohol ;  geschieht  meist  mit  Aräometern, 
welche,  da  Alhohol  leichter  ist  als  Wasser, 
um  so  tiefer  einsinken,  je  stärker  der 
Weingeist  ist.  Die  Skala  dieser  Instrumente 
zeigt  aber  nicht  die  spec.  Gewichte,  son- 
dern die  den  letztem  entsprechenden  Alko- 
holprocente,  so  dass  die  Stelle,  bis  zu 
welcher  das  Alkoholometer  in  den  zu 
prüfenden  Weingeist  einsinkt,  sofort  den 
Gehalt  des  letzteren  erkennen  lässt.  Alle 
Alkoholometerangaben  sind  nur  bei  einer  be- 
stimmten, auf  dem  Instrument  angegebenen 
Temperatur  richtig,  bei  höherer  Temperatur 
zu  hoch  u.  umgekehrt.  Besondere  Tabellen 
belehren  über  die  bei  andern  Temperaturen 
vorzunehmenden  Korrekturen.  Bei  uns  ist 
am  gebräuchlichsten  das  Alkoholometer 
von  TrctUe»,  welches  bei  15,50  0.  die  Volums- 
procente  angibt.  Nur  wenig  abweichend 
ist  das  franz.  Centesimalalkoholometer  von 
Q<ijf-L»8*ae.  Das  Österreich.  Alkoholometer 
von  Stampfer  zeigt  Volum  sprocente  und 
enthält  ein  Thermometer,  welches  direkt 
angibt,  um  wie  viel  Procente  bei  der  gerade 
herrschenden  Temperatur  das  Alkoholo- 
meter zu  viel  oder  zu  wenig  zeigt.  Das 
engl.  Alkoholometer  von  Syhea  zeigt,  wie 
viel  Volumina  Alkohol  ein  Weingeist  mehr 
oder  weniger  enthält  als  der  Normalalkohol 
^roof  sprit  ==  57,27  Vol.  o/o  =  0,9186  spec. 
Gew.).  Spiritus  von  20o  under  proof  enthält 
in  100  Vol.  20  Vol.  Wasser  mehr  als  proof 
sprit.  BicMere  Alkoholometer  zeigt  bei 
12,50  R.  ^  ^ie  viele  G^wichtsprocente  ab- 
soluten Alkohol  der  Weingeist  enthält, 
ist  aber  sehr  ungenau.  Bisweilen  wird 
auch  der  Gehalt  eines  Weingeistes  in 
Aräometergraden  nach  Baum  6,  Beck,  CSartier 
angegeben  (s.  Aräometer).  Um  Volums- 
procente  in  Gewichtsproc.  zu  verwandeln, 
mmltiplicirt  man  die  gefundenen  Volumsproe. 
mit  0,7946  u.  divldirt  mit  dem  spec.  Gewicht, 
welches  den  gefundenen  Volumsproe.  ent- 
spricht. Vgl.  MuspraU-Stohmamn ,  ,£ncyklo- 
pädie  der  techn.  Chemie',  2.  Aufl.  1865; 
Kupffer,  ,Handbuch  der  A.',  1865;  Franke, 
,Alkoholometr.  Tafeln*,  3.  Aufl.  1864. 


54 


Alla  breve  —  Allenburg. 


Volomsprocante  und  MiichanssrerhältiüBM 
nach  Bxix.  —  bei  IS«/»«  R.  15»bo  G. 


Spec.  Gewicht 

.   100  Quart  enthalten 

des  WeingeiatM 

Q.  Alkohol  1  Qaart  Wasser 

0,9986 

1 

99,055 

0,9988 

5 

95,307 

0,9866 

10 

90,714 

0,9811 

15 

86,191 

0,9760 

80 

81,708 

0,9709 

85 

77,285 

0,9655 

80 

78,712 

0,9598 

35 

68,109 

0,9519 

40 

63,406 

0,9435 

45 

58,593 

0,9343 

50 

53,700 

0,9248 

55 

48,717 

0,9134 

60 

43,664 

0,9081 

65 

38,561 

0,8900 

70 

33,378 

0,8773 

75 

28,135 

0,8639 

80 

22,822 

0,8496 

85 

17,419 

0,832» 

90 

11,876 

0,8164 

95 

6,153 

Alla  breve  (ital..  Mos.)»  in  gekürztem  Takt 
noch  einmal  so  schnell;  durch  ^i  oder  ein 
Tertikai  durohstrichenes  0  bezeichnet. 

Allih  (arab.,  eigentl.  al-il&h,  das  Anbe- 
tungswürdige), arab.  Name  des  Einen  €h>tte8, 
bei  allen  mohammed.  Völkern  in  Gebrauch. 

AllAhabid,  Stadt  in  der  brit.-«8tind .  Präsid. 
Agra,  am  Ganges  u.  Dschnmna,  78,000  Ew. 
Hauptwaflfenplatz;  bar.  Wallfalirtsort  der 
Hindu;  seit  1831  englisch. 

Allmk«llll88lii9  Dorf  im  türk.  Ejalet  Sa- 
lonichi;  dabei  die  Ruinen  des  alten  Pella. 

Allan  (spr.  Aellänn),  1}  David,  schott.  Haler 
u.  Kupferstecher,  geb.  13.  Febr.  1744  zu  Alloa 
(Olackmannan),  f  6.  Aug.  1796  zu  Glasgow.  — 
2)  ßir  William,  Haler,  geb.  1782  zu  Edinbnrg, 
t  das.  22.  Febr.  1850  als  Präsident  der 
Kunstakademie.  Bilder  aus  der  Geschichte 
Schottlands,  oriental.  Scenen. 

AUantoiBy  Hamhaut,  schliesst  bei  den 
Thieren  innerhalb  der  Eihäute  den  ganzen 
Embryo  ein,  bleibt  beim  Henschen  in  ihrem 
Wachsthum  sehr  beschränkt.  Innerhalb 
der  A.  der  Wiederkäuer  befindet  sich  der 
Uquor  allantoidis.,  welcher  das  AUantoin 
enthält.  Letzteres  kann  aus  Harnsäure 
künstl.  dargestellt  werden. 

Alla  polacea  (ital.,  Mus.),  nach  Art  der 
Polonaise. 

Allard  (spr.  -ahr),  Jean  Francoia,  Franzose, 
geb.  1785  zu  St.  Tropez  imDep.  Var,  ging  1815 
nach  der  Ermordung  des  Harschalls  Brnne, 
tei  dem  er  Adjutant  gewesen,  nach  Persien, 
Ton  da  nach  Afghanistan  und  1820  nach 
lAhore,  wo  er  das  Heer  Rnndschit-Singhs 
nach  europ.  Weise  orgunisirte  und  Genera- 
lissimus ward ;  f  8S.  Jan.  1839  zu  Peschawer. 

AUa  atretta  (ital.,  Mus.),  in  schnellerem 
Tempo.  [Frau  in  die  Ehe. 

Allita  (lat.),  Zugebrachtes,  z.  B.  von  der 

Alla  aoppa  (ital.,  Mus.),  auf  hinkende 
Art,  durch  Yerruckung  des  Rhythmus,  in 
komischen  Partien  angewendet. 

Alle,  schiffbarer  Nebenfluss  des  Pregel  in 
Ostpreussen,  mündet  bei  Wehlau;  30  H. 


AlMe  (fr.),  an  beiden  Selten  mit  Bäu- 
men besetzter  Weg. 

Allegit  (lat.),  ein  ans  einer  andern  Schrift 
oder  Rede  wörtl.  angeführter  Satz,  Citat; 
fdUoireiiy  anfuhren,  citiren. 

AllegkJaBy  (spr.  Aellighehni),  nordamerik. 
Fluss ,  entspringt  im  nördl.  Pennsylvanien 
(Grafsch.  Potter),  rereinigt  sich  bei  Pitts- 
burg mit  dem  Honongahela  zum  Ohio. 

AllegliaBy  -  Glty  (spr.  Aellighehni  -  Sitti), 
Fabrikstadt  in  Pennsylvanien ,  am  Alle- 
ghany,  Pittsburg  gegenüber,  88,700  Ew. 

AUegkaBjgeblrge  (spr.  Aellighehni-,  Appa- 
laehian-ByU«m),  Oeb.  im  öetl.  Nordamerika, 
ein  Plateau  mit  6—18  Terschieden  be- 
nannten Parallelketten  (blane,  Lorbeer-, 
Cumberlandberge,  Appalachea  etc.)  in  nord- 
östl.  Richtung  bis  zum  Hudson  ziehend, 
von  zahlreichen  Querthälem  durchsetzt; 
290  M.  lang,  80—85  M.  breit,  Wasserscheide 
zwischen  dem  atlant.  Ocean  n.  den  Grossen 
Seen  nebst  Mississippi.  Mittlere  Höhe  8000' ; 
höchste  Erhebung  der  Black  Dome  in  Nord- 
carolina OSOO'.  Der  Abfall  nach  W.  und 
O.  sanft  mit  breiten  Vorstufen.  Reich  an 
Eisen,  Steinkohlen,  Salz. 

Alleglance(engl.,  spr.  Aellidschäns),  in  der 
engl.  Rechtssprache  die  Unterthanentrene. 

Allegorie  (gr.),  yeranschaulichende  Dar- 
stellung eines  ausgeföhrten  Gedankens 
durch  ähnliche  sinnliche  Begriffe,  sowie  ans- 
geführte  Hetapher.  AlUgoritcke  Arsonen, 
künstlerische  Darstellungen  personiflcirter 
Begriffe  und  Zustände. 

^legimmente  (ital.,  Mus.),  munter,  hurtig. 

Allegret(o(ital.,  Mus.),  gemässigt  lebhaft. 

AUSgriy  1)  Oregorio,  ital.  Kirchenkompo- 
nist der  palestrinaschen  Schule,  geb.  1580 
zu  Rom,  f  das.  1652  als  päpstlicher  Kapell- 
sänger. Hauptwerk:  das  zweichörige  Mi- 
serere. — ■  2)  Alesaandro,  ital.  Dichter  aus 
Florenz,  f  um  1597;  bes.  als  Satiriker  aus- 
gezeichnet. ,Rime  piacevoli*  (1754).  — 
3)  Maler,  s.  Oorreggio. 

AllegrlMimo  (ital.,  Mus.),  sehr  schnell. 

Allegro  (ital.,  Mus.),  hurtig,  munter.  A. 
auai,  A.  di  m<4to,  sehr  rasch ;  A.  eon  brio, 
eon/uoco,  schnell  mit  Kraft,  mit  Feuer;  A. 
giutto,  angemessen  schnell;  A.  ma  non  tanto, 
nicht  zu  schnell;  A.  tehenuxndo,  in  scher- 
zender Bewegung;  A,  vivace,  selir  lebhaft. 

Alleinhandely  s.  Mon<mol. 

Alleinseligmachende  Kirche,  Bezeichnung 
derröm.-kathol.  Kirche, inspfem  kein  ausser- 
halb derselben  Stehender  selig  werden  soll. 

Allemand  (spr.  AlPmang),  Frits  V,  Maler, 
geb.  1812  zu  Hanau,  Schüler  der  Akademie 
zu  Wien,  f  ^*^'  1666.  Darstellungen  aus  dem 
schleswigschen  Kriege  1848  u.  dem  Feldsug 
Radetzkys  1849.  Sein  Sohn  Bigmmd,  eben- 
falls als  Schlachtenmaler  ausgezeichnet,  lebt 
in  Wien.    Hauptwerlt>  Schlacht  bei  Kollin. 

Allemande  (fr.,  spr.  Airmangd),  alter 
deutscher  Rnndtanz  in  ^4 -Takt;  auch  ein  in 
den  Suiten  Bachs,  Händeis  etc.  vorkommen* 
des  nicht  tanzbares  Tonstück  im  */t-Takt. 

AlleSy  See  in  der  irischen  Gräflich.  Rosoom- 
mon,  vom  Shannon  durchflössen. 

Allenburg,  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Kö- 
nigsberg, Kr.  Wehlau,  an  der  Alle,  8600  Ew. 


AUeadorf  —  Alloi. 


55 


AlleBd«rf.  1)  Stadt  in  preuss.  Boc^z. 
Kassel,  anderWerra,  S966Ew.  Gegenüber 
Saline  Soden.  —  2)  Stadt  in  der  hess.  ProT. 
Oberhessen,  an  der  Lmnbda,  1146  Ew. 

AlleBstelBy  Kreisstadt  im  prenss.  Segbs. 
Königsberg,  an  der  Alle,  5628  Ew. 

AUentamdontal.,  Mns.),  zögernd,  sinkend. 
'  AllentowB  (spr.  -taan),  Hauptst.  der  Graf- 
schaft Lehigh  in  FennsylTanien,  am  Lehighi 
8025  Ew.    Eisenindustrie. 

Aller^  Nebenfluss  der  Weser,  entspringt 
bei  Seehaosonim  prenss.  Regbe.  Hagdebnrgi 
mündet  unterhalb  Verden,  83  H.  lang;  ▼<»& 
Celle  an  schiflfbar. 

AUerelffisttieliite  Hftjegtit  (ItA,  Bex 
christianissimus,  fir.  Sa  majest6  tr&s-ohrft^ 
tienne),  Titel  der  franz.  Könige  der  älteren 
bonrbon.  Linie,  1469  vom  Papst  Paul  II. 
dem  König  Ludwig  XL  verliehen. 

AUerge&eneite  Majestät  (lat.  Bex  fide- 
Itssimus),  Titel  der  Könige  von  Portugal, 
1748  vom  Papst  Benedikt  XIV.  dem  König 
Johann  V.  verliehen. 

AUerkeiligeii.  in  der  griech.-kathol.  Kirche 
'  der  dem  Andenken  der  M&rtyrer  gewidmete 
Sonntag  nach  Pfingsten;  in  der  röra.-kathol. 
Kirche  Fest  zu  Ehren  aller  Heiligen,  nach 
einer  Bestimmung  des  Papstes  Gregor  IV. 
von  835  am  1.  Nov.  gefeiert.    [Prov.  Bahia. 

Allerheiligenbai  9    Hafen  in  der  brasil. 

AUerkeiligeniBseliiy  westind.  Inselgruppe, 
südl.  von  Guadeloupe,  franz.  Kolonie. 

Allerhelligstes,  bei  den  Juden  der  abge- 
sonderte hinterste  Theil  der  Stiftshütte  n. 
später  des  Tempels,  der  nur  vom  Hohen- 
priester am  grossen  Versöhnungstage  betreten 
werden  durfte;  bei  den  Katholiken  die  in 
einem  Gelasse  O^i^onstranz)  zur  Anbetung 
ausgestellte,  geweihte  Hostie. 

ABermannsaftmiseliy  s.  Lanch, 

AUertseelen,  Fest  der  röm.- katholischen 
Kirche,  8.  Nov.  gefeiert,  um  durch  Gebet  die 
Leiden  der  Seelen  im  Fegfeuer  zu  er- 
leichtem u.  abzukürzen,  993  vom  Abt  Odilo 
von  Olugny  eingeführt. 

Ulln  (a.  G.,  jetzt  Aja),  Nebenfluss  des 
Tiber  oberhalb  Borns ;  hier  18.  Juli  387  v.  Ohr. 
Sieg  der  Gallier  unter  Brennus  über  die 
Bömer.  [derer  Metalle  zu  Gold  etc. 

Alliige  (fr.,  spr.  -absch),  Beimischung  an- 

Alllinz  (fr.  Alliance,  spr.  -angs),  Bündniss 
zwischen  zwei  oder  mehreren  Staaten.  Man 
unterscheidet  Offeruiv-  u.  De/ernivaUiamen 
oder  ZVaite-  und  Sehutsbündniase ;  femer  sog. 
Kritgagemeinaehajten  (bei  vielen  Theilneh- 
raem  Koalitionen),  wobei  alle  Theile  sich 
verpflichten,  mit  ihrer  ganzen  Macht  den 
gemeinschaftlichen  Feind  zu  bekriegen; 
Sm^f^  (AuxiUar-)  aUianHn,  wobei  die  Ver- 
bündeten sich  wechselseitig  nur  zu  einer 
bestimmten  HiUfsleistnng  verpflichten ;  S«^ 
9idi9nirakMe ,  wobei  der  eine  Theil  nur 
Truppen  .in  den  Sold  des  andern  gibt,  ohne 
■elbat  am  Kriege  thfitig  Theil  zu  nehmen,  od. 
wobei  die  von  dem  einen  Theil  zu  leistende 
Hnllb  nur  in  C^ldbeträgen  besteht.  IWj^el- 
olUane,  A.  zwischen  drei,  QuadrupdaUicmM, 
eino  solche  zwischen  vier  Mächten.  A., 
kfilige ,  s.  Heiligt  AUiam. 

UUMStrtktftty  Verbindung,  10.  Jan.  1678 


zwischen  dem  Kaiser  Iiec^ldL,  Koimafaz, 
Knrtrier,  Knrsachsen,  dem  Bisthnm  Münster 
u.  Brandenburg-Baireuth  gegen  Frankreich 
geschlossen. 

Allier  (spr.  -leb),  Nebenfluss  der  Loire  in 
Frankreich,  entspr.  auf  dem  Loz&regebirge, 
mündet  bei  Nevers,  57  M.  Danach  benannt 
das  Deport.  A.  (in  Bourbonnais),  138,7  QM. 
und  876,164  Ew.,  HanpUt,  Monlins. 

AlUgation  (lat.),  Beimischung. 

AIllgationsreeluivngjMischungsrechnnnff, 
Rechnungsart,  bei  welcher  einerseits  Quan- 
tität TL  Qualität  einer  Mischung  verscUede- 
ner  Substanzen,  andererseits  Quantität  u. 
Qualität  dieser  letzteren  die  bekannten  u. 
unbekannten,  also  zu  suehendenGrössen  sind, 

Alligritor,  s.  Krokodil, 

AUigiren  (lat.),  anbinden;  beimieohen» 
einen  Zusatz  geben,  besonders  Metallen. 

Allüren  (fr.),  ein  Bündniss  (Allianz) 
schliessen;  daher  Jüiirte,  Verbündete. 

AlllSUy  Joe.  Fron»,  kathol.  Theolog,  seit 
1838  Dompropst  zu  Augsburg.  Seine  mit  An- 
merkungen versehene  ,Uebers.  der  heil. 
Sehr.  A.  XL.  N.  T.s  nach  der  Vulgata*  (1880 
und  öfter)  vom  Papst  approbirt. 

AiUtention  (lat. ,  Buehetaben-  oder  Btäb- 
reim),  in  den  Dichtungen  der  althbch- 
deutsch.,  angelsächs.  und  altnord.  Literatur 
das  Vorkommen  dreier  Wörter  mit  gleichen 
Anfangsbuchstaben  in  zwei  zu  einander 
gehörigen  Versen;  im  weiteren  Sinne  Rede- 
figur, bestehend  im  Zusammentreffen  meh- 
rerer Wörter  mit  gleichen  Anlkngskonsonan- 
ten,  z.B.  Mann  u.  Maus,  Kind  u.  Kegel  etc. 

AUinm^  8.  Lattoh. 

Allixy  Jacq.  Aüx.  Franf.,  firanz.  General, 
geb.  87.  Sept.  1776  zu  Percy  in  der  Normandie, 
1808  Brigadegeneral  in  westphäl.  Diensten, 
1814  von  Napoleon  zum  Divisionsgeneral 
ernannt;  f  86.  Jan.  1836.  , Systeme  de  Tar- 
tillerie  de  campagne*  (1887). 

AUnunn»  Gebirgsgruppe  zwischen  dem 
Zäiichersee  u.  Thnn,  mit  dem  Schnabelhorn 
(4800'). 

AUmende.  gemeinheitlicher  Grund  und 
Boden  zur  Nutzung,  bes.  Gtemeinweide. 

AllmerSy  Hermann,  deutscher  Schrift- 
steller, geb.  11.  Febr.  1881  zu  Rechtenfleth 
in  der  österstader  Marsch ,  an  der  untern 
Weaer  (Prov.  Hannover),  lebt  das.  ,Miar- 
schenbnoh*  (1857),  ,Dichtung8n<  (1861),  ,Bö- 
mische  Schlendertage<  (8.  Aufl.  1870). 

Allön^Hafenst.  in  der  scbott.  Graftoh.Clack- 
mannan,  am  Forth,  8867  Ew.  Lachsfiseherei. 

AllObrSger^  oelt.  Bergvolk  im  narbonen- 
sischen  Gbillien,  zwischen  Isire  und  Rhone, 
mit  der  Hauptst.  Vienna  (Vienne) ;  von  Q. 
Fabius  Allobrogicus  188  v.  Ohr.  unterjocht. 

AlloekrQiMli  (gr.),  die  Farbe  wechselnd, 
schillernd.     AUochroismue ,  Farbenwechsel. 

A115d  (AUodium),  freies  Chrundeigenthum, 
im  Gegensatz  zum  blossen  Nutzungseigen- 
thum  oder  Lehn,  Feudum ;  im  weiteren  Sinne 
(AUodidlveTmligen)  die  gesammte  freie,  nicht 
im  Lehnsnezus  befindliche  Habe.  AUodial, 
lehnfrei,  erblich ;  .<iBod<;U»tiM,  Verwandlung 
des  Lehngutes  in  freies  Eigenthum. 

Alloi  (fr.,  spr.  -oa),  Gehalt,  Schrot  u.  Korn 
einer  Münze. 


56 


AUokntion  —  Almanza. 


AUoklüOii  (lat.)t  öffentliche  Anrede,  bee. 
Yortng  dei  Paptiee  im  KardlnftlkoUeginai 
liber  iTgend  eine  wichtige  Angelegenheit. 

Allonge  (fr.,  >pr.  -ongich),  Yerl&ngenuig ; 
Anh&ngiel,  Aneatutfick;  Streifen  Papier, 
welches  einem  Wechsel,  dessen  Bückseite 
keinen  Fiats  mehr  darbietet,  snra  Behaf 
weiterer  Indossinmg  angeklebt  wird. 

Allongeperfleke.  s.  F$rüeke. 

AUopatnie  (JuüopaihU,  gr.),  bei  den 
Homöopathen  die  der  Homöopathie  ent- 
gegenstehende Methode  der  Heilknnst, 
welche  eine  Torhandene  Krankheit  nar 
durch  Erregung  eines  entgegengesetxten 
Leidens  xa  heilen  suchen  soll. 

AUQrly  ChrisUifano,  florent.  Maler,  geb. 
1577  BU  Florenz,  Sohn  des  Porträtmalers 
MuBoniro  Ä.,  f  1^1*  Hauptwerk:  Judith 
mit  dem  Haupt  desHolofemes  (su  Florenz). 

AllotrlA  (gr.),  Nebendinge,  welche  nicht 
sur  Sache  gehören. 

AllOtropIe  {gr.)y  F&hlgkeit  der  Elemente, 
in  mehreren  {dUotiropitehen)  Zuständen  auf- 
zutreten, in  welchen  sie  verschiedene  phy- 
sikalische u.  chemische  Eigenschaften  leigen 
(Sauerstoff,  aktirer  n.  InaktiTer). 

All'  otliva  (ital. ,  Mus.),  eine  Oktave  hö- 
her oder  tiefer  eu  spielen. 

AllöxaBy  Zersetzungsprodukt  der  Harn- 
säure durch  Salpetersäure,  wird  durch 
reducirende  Mittel  in  AUoxmUin  verwandelt. 
IMes  entsteht  auch  durch  verdünnte  Schwe- 
felsäure aus  Harnsäure  n.  dient  zur  Dar- 
stellung von  Murexid. 

Allstedt  y  Sachsen -Weimar.  Enklave  im 
preuss.  Regbz.  Merseburg,  2V»  QM.;  die 
uralte  Stadt  A.,  an  der  Rhone,  8139  Ew.; 
einst Plklz  der  sächs.  Könige  v.  Deutschland. 
*  AlUtOB  (spr.  Ahlst^n),  Waahingiiin,  amerik. 
Maler  und  Dichter,  geb.  5.  Nov.  1779  bei 
Georgetown  in  Südcarolina,  lebte  viel  iu 
Europa,  seit  1820  zu  Oambridgeport  bei 
Boaton ;  1 8.  Juli  1848.  Als  Maler  meist  Dar- 
steller bibl.  Stoffe.  Sehr.  Sonette;  ,The  Syl- 
ves  of  the  seasons*  (1818);  ,Monaldi*  (1842, 
deutsch  184S):  ,Lectures  on  art*  (1850). 

AUnaiettM  (fr.,  spr.  -ümett),  Zündhölzchen. 

All«re  (fr.,  spr.  -ühr),  Gangart,  Haltung 
eines  Pferdes;  auch  von  Personen  gebraucht. 

AUndOB  (lat.),  Anspielung. 

Allnvlilblldiingen  (ASIuviwn,  J^fge- 
MAiMemle«  Land),  im  petrograph.  Sinn  Auf- 
schwemmungen (Schwemmlande)  der  Flüsse, 
Seen  und  Meere,  woraus  alle  geschichteten 
Gebirge  entstanden  sind;  im  stratigraph. 
Sinn  (postäXiuvianitehe  Bildungen)  alle  losen 
u.  festen  Gesteine,  welche  noch  ip  fortwähren- 
der Bildung  begriffen  oder  erst  vor  kurzer 
Zeit  entstanden  sind  u.  daher  Reste  von 
Pflanzen  und  Thieren  der  Gegenwart,  auch 
von  Menschen  und  ihren  Kunstprodukten  ent- 
halten. ^UiivtaUänder^ans  den  Alluvionen  der 
Flüsse  u.  des  Meeres  gebildete  Länder,  an 
deren  Yergrosserung  die  Hebung  des  alten 
Landes  wesentlichen  Antheil  hat;  meist 
durch  grosse  Fruchtbarkeit  ausgezeichnet. 
^BiM;<almeere«Mmd«<«»n,jüngsterMeeresBand- 
stein,  entsteht  aus  Meeressand  und  einem 
kalki^n  Bindemittel,  bei  Messina,  auf  meh- 
reren griech.  Inseln,  in  Kleinasien  etc. 


AIIjrL  flüssiger  Kohlenwasserstoff,  dessen 
■ehwelelbaltfge  TerUndungen  als  ätheriscbe 
Oele  bei  Alllaceen  und  KnicUtoen  vorkoia- 
men.  SchweMverbindungen:  Geldes  Knob- 
lauchs, der  Brunnenkresse,  von  Tropaeolam 
minus ,  Alliaria,  Lepidiom,  Thlaspl  arvena« 
etc.  Sohwefeinranverblndungen:  Senfol, 
RettigölfOel  vonlberisamara,  &psellaburs« 
pastoris,  Meerrettig,  Sisymbrium. 

Alm  (Alb,  Alp),  Viehweide  im  Hocligebfr;g. 

Alma  (lato,  die  Nahrungspendende,  Bei- 
name der  Geres.  A,  vuUer,  Nährmutter» 
Bezeichnung  von  Hochschulen. 

Alma,  Flüsschen  auf  der  Halbinsel  Krim, 
zwischen  Eupatoria  und  Sebastopol.  Hier 
80.  Sept.  1854  Sieg  der  Franzosen  und  Eng- 
länder unter  St.  Arnaud  und  Lord  Raglan 
über   die  Russen  unter  Menscbikoff. 

Almaeks  (engl.,  spr.  Oamäcks),  in  London 
Subskriptionsbälle  für  die  höheren  Zirkel, 
nach  dem  früheren  Besitzer  (}etat  Willis) 
der  betreffenden  Lokalität  so  genannt. 

Almaden  (A.  de  Axogue),  St.  in  der  epan. 
Prov.  Giudad-Real,  in  der  Sierra  Morena,  , 
7400  Ew.  Quecksilbergruben. 

Almagigty  arab.  Name  für  das  grosa» 
astronomische  Werk  des  Ptolemäns. 

Almigre»  braunrotheThonerde  in  Spanien» 
dient  zum  Poliren,  Färben  des  Schnupftabaks. 

Almigro,  St.  in  der  span.  Prov.  Olndad- 
Real  (Neukastilien),  8000  Ew.    Spitzenfabr. 

AlmigrOy  Diego  d*,  span.  Conquistador, 
Findling,  nach  dem  span.  Orte,  in  dessen 
Nähe  er  1475  gefunden  worden,  genannt, 
eroberte  (seit  1524)  mit  Pizarro  Peru,  drang^ 
von  da  aus  in  Chile  ein,  wurde  aber  von 
Pizarro  6.  April  1588  bei  Salines  unweit 
Guzco  geschlagen  und  26.  April  erdrosselt. 
Sein  gleichnamiger  Sohn  rächte  den  Vater 
durch  Ermordung  Flzarros  (1541),  Hess  sich 
zum  Generalkapitän  von  Peru  ausrufen, 
ward  vom  Oberrichter  Vaca  de  Gastro  bei 
Ghupas  (16.  Sept.  1542)  besiegt  u.  enthauptet. 

Almill,  Stadt  in  Kleinasien,  Liwa  Adalia, 
11,000  Ew.,  Gentrum  des  lyclschen  Handels. 

Almamui^  Khalif  aus  der  Dynastie  der 
Abbasiden,  Sohn  Harun-al-Raschids ,  reg. 
818  —  88,  Freund  der  Wissenschaften  und 
Kihiste,  erhob  Bagdad  zum  Mittelpunkt  der 
literar.  Thätigkeit  der  Araber. 

Almänach  (v.  arab.  ol  wumha,  Mass,  Zeit), 
gegen  Ende  des  Mittelalters  Bezeichnung 
astronomischer  Ephemeriden  oder  kalender- 
artiger Tafeln,  die  mit  astrolog.  Bemerkun- 
gen, später  auch  mit  anderweiten  Notizen 
über  Postenlauf,  Messen  u.  Märkte,  Hofieste,  • 
Münzplätze  etc.,  sowie  mit  Anekdoten,  Er- 
zählungen etc.  ausgestattet  waren,  daher 
nach  ihrem  vorwiegenden  Inhalte  als  Musen-, 
Damen-,  diplomatische,  genealog.,  histor.etc. 
A.e  unterschieden  wurden.  Die  ersten  ge- 
druckten A.e  erschienen  um  1460  zu  Wien. 
Vgl.  Teuehenbilcher, 

Almansor,  Abu  Dechaafer,  zweiter  Khalif 
aus  dem  Hause  der  Abbasiden,  geb.  712, 
reg.  764—75,  verfolgte  die  Christen  in  Syrien 
und  Aegypten ,  gründete  Bagdad,  Freund 
der  Künste  und  Wissenschaften. 

Almanza  (Almanea),   Stadt  in  der  span. 
Prov.  Albacete  (MuTCia),  7800  Ew.   Hier  25. 


Almanzära  —  Almoraviden  nnd  Almohäden. 


57 


April  1707  Sieg  des  franz.  -  span.  Heeres 
unter  Berwick  über  die  verbündeten  Eng- 
länder, Holländer  und  Portaglesen. 

AlaAnEirm^iriüsschen  in  der  span.  Land- 
schaft Estremadora.  Hier  4.  Not.  1810 
Sieg  der  Franzosen  nnter  Sebastian!  über 
die  Spanier  nnter  Blake. 

AI  mareo  (ital.),  nach  dem  Mark-,  d.  h.  nach 
dem  reinen  Gold-  nnd  Silbergewicht. 

Almis jy  nngar.  Adelsgeschlecht :  1)  Morit», 
Graf,  hervorragendes  Mitglied  der  konser- 
vativen Partei  in  Ungarn,  geb.  17.  Jan.  1808, 
bis  1858  Präsident  der  nngar.  Hofkammer.  — 
2)  I\xul  V.A.,  geb.  1818  zu  Pesth,  1848  Präsident 
des  Bepräsentantenhavses,  floh  nach  Unter- 
drückung der  ungarischen  Revolution  nach 
Paris,  kehrte  später  nach  Ungarn  zurück. 

Alme  (lat.  Aliso),  Nebenflnss  der  Lippe  in 
Westphalen,  mündet  bei  Neuhaus. 

Almeh^  in  Aegypten  Name  der  öffentlichen 
Tänzerinnen  höherer  Klasse. 

Almely  weisser  Nicht,  Angennicht,  weisser 
mehliger  Zinkkalk,  entsteht  beim  Rösten 
des  Galmeis,  im  Wesentlichen  Zinkoxyd, 
f^her  zu  Augensalben  benutzt. 

AlvMday  Grenzfestung  in  der  portug. 
Prov.  Beira,  4500  Ew.  Hier  28.  Aug.  1810 
Sieg  Mass^nas  über  die  Spanier;  10.  Mai 
1811  Bieg  Wellingtons  über  Mass6na. 

AlBl^da,  1)  Bon  Franeiaeo  d^A.,  portug. 
Held,  Sprössling  der  alten  Grafen  von  Abran- 
tes,  unterwarf,  von  König Emanuel  1. 1505  zum 
ersten  Vioekönig  in  Ostindien  ernannt,  die 
Staaten  Quiloa,  Oananor,  Gochin,  Kalikut, 
Malakka  etc.    der   Herrschaft    der   Portu- 

§  lesen,  sollte,  am  Hofe  verdächtigt,  seine 
ewalt  an  Alfonso  Albnquerque  (1507)  ab- 
treten, setzte  aber  diesen  gefangen,  ver- 
brannte Goa  (Dec.  1508)  und  schlug  eine 
ägyptische  Flotte  bei  Diu,  fiel  (1.  März  1510) 
auf  der  Rückreise  nach  Portugal  an  der 
Saldanhabai  in  einem  Gefecht  mit  den  Ein- 
gebomen. Sein  Sohn,  Loretuto  d^A.»  be- 
suchte 1506  Ceylon  u.  entdeckte  die  Male- 
diven u.  Madagaskar.  ->  2)  Manuel,  portug. 
Jesuit,  geb.  zu  Vizeu  1580,  lebte  1622  —  34 
am  Hofe  des  Sultans  von  Abessinien,  t  ^^ 
Gk>a  1646.  ,Ge8chichte  Aethiopiens*  (1650). 
—  S)  IReolo  Tohntino  d^A.,  portngies. 
Dichter,  bes.  Satiriker,  geb.  1745  zu  Lissabon, 
t  das.  1811.  ,Obras  poeticas*  (1802, 2  Bde.).  — 
4)  Jbäo  Baptieta  de  A.'Oarrett,  portug.  Dichter 
und  PolitiKer,  geb.  4.  Febr.  1799  zu  Oporto, 
nach  der  Revolution  von  1820  Minister  des 
öffentlichen  Unterrichts,  arbeitete  1824  als 
Flüchtling  zu  Havre  in  den  Kontors  des 
Hauses  LaiBtte,  war  seit  1826  in  Portugal 
pnblidstisch  thätig,  floh  1828  nach  England, 
landete  1882  mit  Dom  Pedros  Expedition  in 
Portn^l,  war  1884  Geschäftsträger  in  Brüs- 
sel ,  mach  der  Septemberrevolution  von  1836 
als  Mitglied  der  Oortes  einflussreicher  Red- 
ner, t  «^t^°*  ^^^  '^  Lissabon.  Unter  seinen 
Werken  (1854—55, 16  Bde.)  bemerken  swerth : 
mehrere  Dramen,  die  episch  -  lyrischen  Dich- 
tungen ,Cam9es*  und  ,Adozinda*  und  das 
satirische  Gedicht  ,Dona  Branca*. 

Almenira,  span.  Dorf  in  Katalonien;  27. 
Juli  1710  Sieg  dor  Truppen  Karls  HI.  unter 
Starhemberg  über  die  Partei  Philipps  Y. 


Almeria,  Küstenprov.  des  span.  König- 
reichs Andalusien,  155  QM.  u.  388,650  Ew.  Die 
Hauptet.  A.,  am  Mittelmeer,  Hafen,  29,426  Ew. 

Almerode  (Cfrosealmerode),  Stadt  im  preuss. 
Regbz.  Kassel,  Kr.  Witzenhausen,  2496  Ew. 
Schmelztiegel-  und  ThonpfeifenflAbr. 

Almodövar,  Don  Bdefcneo  Dia»  de  Bibera, 
Graf  von,  span.  Staatsmaiku,  geb.  1777  zu 
Granada,  focht  im  Unabhän^keitskrieg, 
ats  Artillerielieutenant ,  ward  nach  Ferdi- 
nands Vit.  Rückkehr  eingekerkert,  durch 
die  Revolution  von  1820  befreit,  entwich 
1823  nach  Frankreich ,  kehrte  nach  Fer- 
dinands Vn.  Tode  nach  Spanien  zurück 
und  war  mehrmals  Kriegsminister,  kon« 
Zeit  Conseilpräsident,  zuletzt  Minister  des 
Auswärtigen,  f  26.  Jan.  1846  zu  Valencia. 

Almonacfd.  Flecken  in  der  span.  Prov. 
To'ledo,  am  Tajo;  11.  Aug.  1809  Sieg  der 
Franzosen  unter  König  Joseph  über  die 
Spanier  unter  Yanegas. 

Almondbnry  (spr.  Ahlmöndböry,  das  röm. 
Ocanpodunutn) ,  Flecken  in  der  engl.  Graf- 
schaft York,  10,400  Ew. 

AlmSnte,  Don  Juan  Kepomueeno,  meadkKD, 
General  u.  Staatsmann,  geb.  1804  zu  Yalla- 
dolid  in  Mexiko,  indianischer  Abkunft, 
1324  u.  1832  €tosandt8chaftsattach6  in  Lon- 
don und  Peru,  unter  Bustamente  Kriegs- 
minister und  1841  bevollmächtigter  Minister 
in  Washington,  befehligte  unter  Santa-Anna 
im  Krieg  gegen  Nordamerika,  1858  wieder - 
Gesandter  in  Washington  nnd  1857  in  Paris, 
wo  er  in  die  Pläne  Napoleons  HI.  einging. 
Mit  der  franztfs.  Expedition  Anfang  1862 
in  Yeraoruz  angelangt,  ward  er  durch 
Pronundamentos  an  Juarez  Stelle  zum 
Präsidenten  ernannt,  vermochte  aber  als 
solcher  sich  nicht  geltend  zu  machen.  Ob- 
gleich vom  französ.  General  Forey  (Sept. 
1862)  abgesetzt,  zog  er  doch  mit  den  Fran- 
zosen 10.  Juni  1868  in  die  Hauptst.  ein  und 
wurde  hier  Präsident  der  Regierungsjunta; 
t  22.  März  1869  in  Paris. 

Almoraviden  und  Almohiden,  zwei  mau- 
rische Dynastien  in  Si>anien.  Die  Almora- 
ffiden,  ursprünglich  eine  streitbare  Sekte, 
von  dem  Araber  Abdallah  ben-Yasin  ge- 
sammelt, gründeten  unter  Abu-Bekr  (1062) 
Marokko  und  eroberten  unter  dessen  Nach- 
folger Jusuf  ben-Taschfln  seit  1086  fast  das 
ganze  maurische  Spanien.  Die  Almohäden 
(Muahedin),  ebenfalls  eine  fanatische  Sekte,, 
machten  durch  ]^robemng  Marokkos  (1146) 
unter  Abd-ul-Mnmen  dem  Reiche  der  Al- 
moraviden in  AfMka  ein  Ende,  gingen  nach 
Spanien  hinüber,  besiegten  unter  Jakub 
Almansor  1195  die  Kastilier  bei  Alarcos, 
wurden  aber  nnter  Jakubs  Nachfolger  Mo- 
hammed von  den  verbündeten  Königen  von 
KastUien ,  Aragonien  n.  Navarra  bei  Tolosa 
1212  völlig  geschlagen.  Dasselbe  widerftahr 
Abu-  Jusuf,  dem  Beherrscher  der  Almohäden 
in  Afirika,  der  zur  Hülfe  herbeigeeilt  war, 
von  Sancho,  dem  Sohn  Alfons  X.,  u.  nachdem 
dieser  Marokko  erobert  hatte,  endigte  127a 
die  Herrschaft  der  Almohäden.  Ygl.  Atch- 
baeh,  .Geschichte  Spaniens  und  Portugals  znr 
Zeit  der  Herrschaft  der  A.  u.  A.',  1833—87, 
2  Bde.;  Dogy,  »Historyof  the  Almohades',  184& 


58 


Almosen  —  Alpen. 


Almoien  (gr.)i  frelwUlige,  an  Dürftige 
Terabreiohte  Gaben. 

ÜMOMnter  (firans.  Aam^ynier,  apr.  Omon- 
jeh,  engl.  Almoner,8pr.Ablmöner),nnprüngI. 
mit  Verwaltung  der  Almoaengelder  betrauter 
Ordensgeistlicher,  dann  geistl.  Würdenträ- 
ger, welcher  an  einem  f&rstlichen  Hofe  als 
Almofenpfleger  fongirt.  In  Frankreich  stand 
der  GroUahuosenier  (Grand -AnmAnier  de 
France),  zuerst  ron  Frans  I.  krelrt,  an  der 
SpitM  des  Klerus.  Die  während  der  Bero* 
lution  abgeschaffte  Wfirde  ward  von  Na- 
poleon 1. 1804  wiederhergestellt.  In  England 
ist  die  Wurde  eines  Hereditary  Grand  Al- 
moner  eine  8inecure,  der  Lord  High  Almoner 
eine  der  obersten  Hofchargen. 

Almqntoty  Karl  Joncu  Ludwig,  yiel- 
seitiger  schwed.  Schriftsteller,  geb.  1793, 
Rektor  in  Stockholm,  floh  1851  nach  Nord- 
amerika, lebte  seit  1865  in  Bremen ,  f  das. 
26.  Sept.  1866.  Bemerkens werthe  Poesien: 
,Schems-el-Nihar'  und  , Arthurs  Jagd', 
erzählende  Gedichte;  ,Die  Schwanengrotte 
auf  Ipsara',  ,MarjamS  Trauerspiele;  ,OrmU8 
u.  Ahrlman'  (humoristisch) ;  Bomane  u.  No- 
vellen gesammelt  in  ,Tömro8ens  Bok'. 
Ausserdem  histor.,  kritische,  philos.,  gram- 
mat.,   nationalökonomische  u.  a.  Schriften. 

Almnelnthantt  (arab.),  jeder  dem  Hori- 
zont parallele  Kreis  auf  der  Himmelskngel. 

Almnd  (Estc^o),  Feldmass  in  Mexiko  und 
Centralamerika,  =:  50  QYara  :=  0,S5  Are  = 
0,01  preuss.  Morgen.  In  Spanien  und  den 
südamerikan.  Freistaaten  ==  Vs  Fanegada. 

Alniiida  (Almuera,  ÄUnuena),  Getreide- 
mass  in  Mexiko,  =  Via  Fanega  =  4,62  Liter 
=  1,34^  preuss.  Motzen. 

Almvae  (Arnolde),  portagies.  und  brasil. 
Flüssigkeitsmass.  In  Lissabon  für  Wein 
und  Branntwein  =  16,74  Liter  =  14,6  preuss. 
Quart.  In  Rio  de  Janeiro  =  81,87  Liter  = 
27,9  preuss.  Quart. 

Al-Mnmeaiii  (arab.,  d.i.  Fürst  der  Gläu- 
bigen), Bezeichnung  der  Nachkommen  Mo- 
hammeds. 

Almimga.  im  Mittelalter  Gau  von  West- 
engem, zwischen  Alme  und  Diemel. 

Alnwiek  (spr.  Aennwick),  Stadt  in  der  engl. 
Grafsch.  Northumberland,  an  der  Alne,  7350 
Ew. ;  dabei  das  prächtige  Atmotck-OtwOe  (spr. 
-K&ss'l),  Sitz  des  Herzogs  v.  Northumberland. 

AloS  L.,  Pflanzengattung  der  Asphode- 
leen,  in  Afirika  und  Ostindien;  in  Spanien, 
im  ()rient  und  in  Amerika  wohl  verwildert 
oder  wie  auf  Barbados,  Oura^o  und  Ja- 
maica  durch  Kultur  verbreitet.  Mehrere 
Arten,  besonders  am  ELap,  liefern  die  A. 
de«  Handels,  viele  andere  Species  sind 
Warmhanspflanzen.  A.  heisst  fälschlich 
auch  Agave  americana. 

AloS,  der  eingedickte  Pflanzensaffe  mehre- 
rer Species  von  Alo6  L,,  spröde,  glasartig 
glänzende,  gelbrothbraune  Masse  von  wider- 
lich stark  bitterem  (Geschmack,  vollständig 
löslich  in  Alkohol  (Alo&iniiur),  nur  theil- 
weise  löslich  in  Wasser  (die  verdampfte 
Lösung  ist  das  Alo^SeaUrakt) ;  dient  haupt- 
sächlich als  abführendes  Arzneimittel, 
ihre  Zersetzungsprodukte  mit  Salpetersäure 
(  Ohrjfsanminsäure,  kümdieheM  AlolSbitUr,  AloU- 


purpur,  Alo9»äMre)  zum  Färben,  seh  vi 
Alofilösung  gegen  Ameisen,  Wi^rmer  el 

AloSluuu*»  8.  Agave, 

AloSkols,  Lignum  Aloes  s.  Paradisi, 
wohlriechendeHolz  von  Aqullaria  Agall 
Boxb,  in  BUnterlndien,  in  Ghina  sehr  gescl 

Aloldm  (Aloaden),  in  der  griech.  M 
Otus  u.  Ephlaltet,  die  Söhne  der  Iphin 
u.  des  Poseidon,  nach  dem  Gemahl 
Mutter  Aloeus  genannt.  Biesen  von  av 
ordentlicher  Grosso  und  Kraft,  thürmt 
Titanenkampf  den  Ossa  und  Pelion  au: 
Olymp,  um  den  Olymp  su  stürmen,  bü 
dafür  im  Tartarus. 

AloiSy  Maria  Jos.  Joach,  Fran»,  Fürsi 
und  zu  Liechtenstein,  geb.  26.    Mai 
folgte  seinem  Vater  1836  in  der  Regie; 
t  12.  Nov.  1858  und  hatte   seinen  Soh 
hann  zum  Nachfolger. 

Alompray  Begründer  des  Birmaneni 
in  Hinteriudien  und  der  daselbst  noch 
sehenden  Dynastie,  geb.  um  1710,  reg 
1752,  t  15.  Mai  1760. 

Alopecie  (gr.),  Haarschwund.  Man  x 
scheidet  angebome  A.,  wobei  die  Haare 
im  3.  oder  4.  Lebensjahre  hervorkomme 
der  alten  Leute,  wobei  die  Haare  tr( 
werden  und  ausfallen,  auch  bei  jünj 
Leuten  nach  Ausschweifung,  Kummei 
strengenden  geistigen  Arbeiten  und  bei 
lieber  Anlage:  A.  nach  Slrankheiten , 
Wochenbett,  Typhus,  Syphilis  und  < 
Schmarotzei^ilze  in  den  Haarbälgen. 

Alopeeimu  L,  (Fuchtschwanz),    Pfla 

gattung   der  Gramineen.    A.   pratensi 

Wie$et^iteh»$chvfant  (Kolbengras),  treffi 

Yiehfutter  in  ganz  Europa.  Andere  Art« 

feuchten  sumpfigen  Wiesen  saures  Ful 

Alopeofl,  Maximilian  von,  russ.  Dipl 
geb.  21.  Jan.  1746  zu  Wiborg  in  Finn 
seit  1790  russ.  Gesandter  in  Berlin,  w< 
dem  aachener  Kongress  bei,  t  1^6*  Hai 
zu  Frankfurt.  Sein  Bruder,  Daniel, 
geb.  1769, 1808  russ.  Gesandter  bei  Gustt 
von  Schweden,  schloss  1809  im  Verel 
Rumjanzow  den  Frieden  mit  Schwede 
fungirte  seit  1814  als  Gesandter  in  B 
t  das.  13.  Juni  1831.  [837( 

Aldrm,  Stadt  in  der  span.  Prov.  Mi 

A  i'ordisAire  (fr.,  spr.  -ähr),  gewöhi 

Alp  (Alpdrücken,  JDrula,  Mahr,  inci 
durch  Störungen  in  der  Brust  ode 
Unterleib  veranlasster  Traumzustand , 
eher  sich  bei  allen  Menschen  in  ders 
Vorstellung  äussert,  dass  nämlicb 
Thier  oder  Unhold  die  Brust  des  Seh] 
den  drückt,  ohne  dass  er  sichdesselbi 
erwehren  vermag. 

AlpiCA,  8.  Lama,  [gi 

Alpieft*  dem  Neusilber  sehr  ähnlich 

AI  pirly  8.  B»ri, 

Alpen  y  das  höchste  und  umfangrei 
Gebirgssystem  Europas,  das  zwischen 
Rhonethal  im  W.  u.  der  Donauebene  ; 
Norditalien  in  breitem  Gürtel  umzieht.  I 
150  M.,  Breite  im  W.  20,  im  O.  40  M.,  ^ 
4500  QM.  (davon  2200  QM.  deutsch) ;  mit 
Kammhöhe  7600',  am  niedrigsten  im  0. 3 
8000',  am  höchsten  in  der  Mitte  8—12,000' 
auch  die  höchsten  Pässe  und  Gipfel,  S 


Vn-blndoDC  tod  elDielnsn  ilslllub  csimii- 

nig«  In  die  Unge  K«<>K«i*n  nwMfgw  6«- 
bligigrnppan  n.  utlSvaUekeii:  alDuuier- 
«rdutllah  TlsUUsdrigM  b.  munlchlkltloi 
G«blTgHj«Uiii.    D*t  A"""""  '""  "    — "^  — 


Alpen. 

),   Im    T>ttürg< 


.. . HiHÖbä:  Vamifoi 

fi  taaa>  (Ghbm  d«i  HolimebHi),  JHUal- 
alFn  e-SOOO'  (Bahneegreiiw),  Evduiftn 
t-UfiOV  a.  Bisii.  Kuh  dar  IUTi»nlBltn 
ADsdabnuig;  Wart-,  Cantral-  nnd  OiMpen. 
L  EH«  Wulalpm,  derKhnialrtsTheU,  nur 
eins  H»im»koB«,  mit  »Mtl.  V««w»IgmigBii, 
Tom  Uittalmter  ««Ren  N.  iCahend  bli 
lom  Kontbluii:,  ui  WK.  tue.  Thslltdu- 
Btlben :  \}ßtKilf%(Qtmnd  Rjobnrtul  ia,tOO^. 


nOrdlloh  nnd  il 


ribl  (dBOUcl 

nduScliwB[i)d«rG«nfer-,  Nensnbnri 
nnen-,  Blei«-,  Tbnner-  and  Brlen: 
iumldUitter-,  Züricher-,  BodsnisB 
Denticbluid)  derAmniBr-,  SUiealwj 
Chiem-,  HiIlHMUr-ondTrsuniBs:  inl 
"  ■  ■■  ■  ~*-  -lei-,  dBT  Putten 
L.go  Meggloro^L 


b)  dl*  6rÜT  A.  |Ort«ieuplUa,  1S,I»6 

molmdk,  10,800')  i  D&rdl.  VÖrgrappi 
i|bbar  (HDcfavDgel,  1388^  und  Ai^er 
(iTogepla,  WM'l. 

TIT.    Die  öllaljUT      -""  ' — "-- >- 

«B  |«r«llBl«li'ni^  __  .._ 
and  SO.  aiob  isrtheQen 
Ung.    QUeder  denalben:  1)  dla  nniSicIi« 

jdBhend,  mit  den  faaban  Tmuern  (GroBSgloek 
ner,  II.VOO']  Q.  dar  nSrdl.  Vergiuppe  dsi 
fialiiur0*r-  (W^Umann,  VIW)  und  Sab 
iaawniH-^.  IDichBtelD, S2n)-; ;  S)dlDfcir>i 

ao.  blB'iomTBrglou  (Dabrac,   Wl'),^TBii 

/rtoxiar  ^.;  3)  dla  Miacktn  oder  iraifuH 
J..  aüdÖBtl.  blBnKfaIiIrlBD(TerEloil,8800'J 


itebt  and  dlo  Central 
ItBD  wie  ein  Wall  nir 
Italleolactie  lUlkalpen 


(Donangel 


>a  (Rhelneabiat),  ai 
el),  ,--—----  ■ 


>    «M  Tbäler,    In 


wicbtlgilen  meist  6-;im'  boch  ilaisen, 
I.  B.  Aber  den  Cal  dl  Tenda  {17»)',  Hont 
OeDtne  51W,  Hont  Cauli  63»'  ü'Ut  mit 
elnat  bU  UM^uiBtelgBUden  Eliaubahn  nnd 
einem  biüd  nllandetau  DnrctaiUcta),  Kleinen 
Bembud  C300-,  OrDSaen  Bernbud  ItTO', 
Simplen  SlOV,  Bt.  Qotthud  «38'  nHU  EHen- 
babD  bnPioJekt),  Bernhardln  6600',  Spiasen 
CMD'  (Elieabahn  projektlrt).  Bemloa  1W, 

Idar  bönllBle  (ibtbare  Alpanpiaa),  Bronner 
ASOä'    Uetzl    Dill    Eisenbahn!,     die    Teuem 

In  deu  niedern  Östalpen  (S  — SOOC  hocb). 
erhebnag  nnd  im  Beceicb  weniger  Standen 


Ügen  AiinelpaenEen]  n,  Region  der  Alpen- 

Tbell  nöob  mit  debnachen  von  Bbododen- 
dion  et«.],  dreiUonate  lans  mr  Walde  flr 
Scbate  and  Zlecan  benntit.  Im  Innern  der 
aeblrg*  reiche  Ua(alIgiD(a  (baaondara  Elaen, 
KapfBi,  Blei,  Qneckallbw).  Im  TUerreleh 
Torhorcichend  Ziegen  und  Binder,  weniger 
Schafe  und  Pferde;  Im  8.  Eael  and  Haol- 

den  hahorn  Regionen  Humelthleia ;  Blren, 
Wölh,  Lacbie  Jetzt  nur  Tcrelnielt.  VOgel 
Im  Oaniea  ulcbt  anlilrekbi  Bat  den  Hoch- 


60 


Alpenkalk  —  Alta  ottava. 


gebirgen  Raabvögel.  Hanptbesch&ftigiing 
der  eigentlichen  Alpenbewohner  Alpen- 
wirthschaft  (besonders  in  der  Scbweis),  im 
O.  bedeutender  Bergbau.  Die  Bewohner 
(etwa  8  llill.)  im  N.  Oermanen  (Deutsche), 
3Vs  Hill. ;  im  W.  und  S.  Romanen  (Fran- 
zosen, Italiener,  Ladiner),  SVaMill.;  im  SO. 
Slaven  (Kärnthen,  Illyrien,  btrien)  1  Mill. 
Etwa  IVa  Mill.  Hirten,  meist  zugleich  Jager 
und  Schützen.  Die  höchsten,  stets  be- 
wohnten Orte:  das  Manthhaus  St.  Maria  an 
der  StilÜserstrasse  7810' ;  das  Hospiz  des  Gr. 
Bernhard  7370',  Dorf  Oresta  im  Averser- 
thal  (Hinterrhein)  6570'.  Vgl.  die  Werke  über 
die  A.  Yon  Ebel,  Schaubach,  CoUa,  Btudtr, 
SeMagintweit ,  Beitzke,  Berleptch,  Desor, 
TTieobald,  Tschttdi,  die  Mittheilungen  der 
Aipenrereine  und  A. 

Alpenkmlky  ältere  Bezeichnung  für  die 
Slalksteine  der  Alpen,  welche  den  Bildungen 
von  buntem  Sandstein  bis  zur  Kreide  an- 
gehören. 

AlpenUalM,  Vereine  zur  genauem  Er- 
forschung der  Alpen;  der  erste  war  der 
londoner  (1858  gegr.),  ihm  folgen  der 
Österreich.,  der  schweizer,  der  Italien,  und 
der  deutsche  (münchner)  Alpenverein. 

Alpenrose,  s.  Jthododendron. 

Alpensticiiy  in  den  Alpen  endemische, 
leicht  typhös  und  tödtlich  werdende  Brust- 
fellentzündung, Volge  des  Föhns. 

Alpenreilcheii,  s.  Oyclamen. 

AlpeBwirtksehafty  reine  Viehwirthschaft 
in  höheren  Gebirgsgegenden  (Schweiz, 
Tirol,  Steiermark,  Norwegen  u.  Schweden) 
mit  Molkerei ,  Käse  - ,  selten  Bntterfabrika- 
tion,  auch  Schweinemästung  mittelst  der 
Molkereirückstände.  Vgl.  Emminghaus,  ,Die 
Schweiz.  Volkswirthschaft^,  1860—61,  2  Bde. ; 
Schattmann,  ,Schweiz.  A.*,  1858—63. 
.  Alpha  (gr.) ,  erster  Buchstabe  des  griech. 
Alphabets,  daher  Anfang  einer  Sache. 

Alphabet  (gr.),  Folgereihe  der  Buchstaben 
jeiner  Sprache ,  benannt  nach  den  beiden 
ersten  griech.  Buchstaben  Alpha  u.  Beta.  Man 
kennt  aus  alter  u.  neuer  Zeit  gegen  400  A.e; 
die  Zahl  der  jetzt  gebräuchlichen  ist  höch- 
stens 50.  Vgl.  JBallhom,  ,A.e  occidental.  und 
oriental.  Sprachen',  8.  Aufl.  1861. 

iipharts  Tod^  altdeutsches  Heldengedicht, 
aus  dem  13.  Jahrb.,  dem  Sagenkreis  Von 
Dietrich   angehörig,    üebers.  von  Simrock. 

Alpheiiy  Hieronymus  van,  holl.  Jurist, 
Dichter,  geb.  8.  Aug.  1746  zu  Gouda,  Gross- 
schatzmeiSter  der  niederl.  Union,  f  2.  April 
1803  im  Haag.  ,Dichtwerken',  von  Meppen 
neu  herausgeg.  (1856). 

Alpheofl  (a.  G.),  Hauptfluss  des  Pelo- 
ponnes ,  in  Arkadien  entspringend ,  bei 
Olympia  ins  Jon.  Meer  fallend;  jetzt  Ruphia. 

Alpnach,  Flecken  im  Kanton  Unter- 
waiden, am  Alpnacheraee  feiner  Bucht  des 
Vierwaldst&ttersees)  u.  am  Pilatus,  1600  Ew. 

Alpnjftrras.  Gebirgsdistrikt  im  südl.  Spa- 
nien (Granada),  romantische,  dicht  bevöl- 
kerte Thäler,  umschlossen  von  den  südl. 
Vorketten  der  Sierra  Nevada. 

Alqaeire  (Älguir),  portngles.  u.  brasillan. 
Getreidemass,  =:  V«  Fanega.  In  Lissabon  = 
13,84  Liter  =  4,02  preuss.  Metzen.    100  A. 


yon  Lissabon  ^  79>/4  Ton  Oporto.    In 
de  Janeiro  =  ca.  40  Liter. 

AlolftWy  Schönheitsmittel  im  Cr 
zum  Schwärzen  der  Wimpem  und  Au 
brauen,  im  Wesentlichen  Schwefeiblei. 

Almute,  B.  Mandragora. 

Alraneii  (Jircmnen,  ron  runa,  Geheimi 
bei  den  alten  Germanen  weise  Fra 
Wahrsagerinnen. 

Alntla  (lat.),  Slsass. 

Alse,  Alosa  O.  (MuUerhäring),  Fiscl 
tung  der  Bauchflosser;  gemeine  A.  ( 
fisch),  A.  -vulgaris  C,  8— S',  in.  den  ear<: 
sehen  Meeren,  steigt  im  Mai  in  die  Fli 
wird  gesalzen  und  geräuchert.  Aeht 
die  Finitt,  A.  Finta  G, 

AI  segBO  (ital.^pr.  -senjo,  Mus.), 
Zeichnung  für  die  Wiederholung  eines  Ss 
bis  zu  einem  gewissen  Zeichen  (meist  \ 

AlWBy  Insel  im  kleinen  Belt,  zu  Sei 
wig  gehörend,  durch  den  Alienaund  von 
Halbinsel  Sundewitt  geschieden,  5,7 
und  23,500  Ew.  Hauptort:  Sonderb 
Strategisch  wichtig.  Uebergang  der  Pren 
29.  Juni  1864. 

Alteazy  rechter  Nebenflnss  der  Nah 
der  Rheinpfalz,  mündet  bei  der  Ebemb 

Alsfeld  9  Kreisst.  in  der  hess.  Pror.  0 
hessen,  an  der  Schwalm,  3685  Ew. 

Alaiae,  s.  Arenaria  und  SteUaria. 

Alfllebeiiy  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Mc 
bürg.  Kr.Mansfeld  (See),  an  d.  Saale,  2883 

Alstery  Nebenfluss  der  Elbe,  entspr 
in  Holstein,  mündet  bei  Hamburg,  7  M 

AlstrSiiierla     L. ,     Pflanzengattung 
Liliaeeen  aus  Südamerika,   A.  edulis 
in     Neugranada,    mit     stärkemehlhalti 
Knollen,  die  wie  Kartoffeln  gegessen  wer« 

Alt  (ital.  AUo,  Oontr'  alto,  fr.  Hc 
contre),  die  2.  der  4  Hauptstimmenai 
tiefe  Knaben-  oder  Frauenstimme,  etwa ' 
kleinen  g  bis  zum  2ge8trlchenen  d  reichi 

Altii  (d.  h.  Goldgebirge),  Gebirgssyi 
Hochasiens,  zwischen  dem  obernirtysc 
Baikalsee,  von  S.  nach  N.  in  erzreio 
Stufen  abfallend;  besteht  aus  1)  dem  f 
rüss.  eigenÜ.  A.  (A.  £ielki),  zwischen  < 
Irtysch  u.  der  BQa  u.  dem  Teletzkisee, 
dem  kolywanschen  u.  kusnetzkischen  ] 
gebirge  Im  N.  (thätig  betriebene  n.  sehi 
gleblge  Hüttenbezirke,  jährl.  Ausbeute 
Gold  seit  1853  etwa  51,050  Pfd.),  2)  dem  fl 
nischen  Gebirge  im  O.  u.  3)  der  Tanguuk 
im  S.  Höchster  Punkt  des  elgentl.  A. 
Katunjasäulen  10,800'. 

Altalsche  Sprachen  und  Volker  (a 
tichudische,  ecythitche,  turanitehe,  finwL 
tataritche  genannt),  neuerdings  Gesan 
bezeichnung  einer  grossen  Anzahl 
Sprachen  und  Völkern  im  nördl.  Asien  ' 
Europa,  die  jedenfalls  im  Altai  einst  i 
Ursitze  hatten.  Fünf  g^sse  Familien : 
tunguslsche  (mit  dem  Mantscbu),  mong 
türkische,  samojed.  u.  finnische  (mit  ( 
Magyarischen).  Vgl.  Oastr^n,  ,Ethnolog.  1 
les.  über  die  altalsch.  Völker',  1857. 

AltamSra^  Stadt  in  der  unterltal.  Pl 
Terra  di  Bari,  17,100  Ew. 

Altan  (ital.),  s.  y.  a.  Söller,  auch  Ball 

Alta  ottiTa  (ital.,  Mas.),  die  höhere  Oktt 


Altar  —  Altersring. 


61 


Alter  (Iftt.),  nmprüngl.  Opferherd;  In  der 
ckilstl.  Kirche  ein  Tisch  Enr  Anstheilnng 
dee  Abendmahls  und  Yomahme  sonstiger 
kirchlicher  Handinngen,  hat  als  Hoehtdtar 
(meist  reich  geschmückt)  im  Ohor  der  Kirche 
seinen  Plati.  Während  die  Inther.  Kirche 
den  kathol.  A.,  wenn  auch  mit  weniger 
Glanx,  beibehalten  hat,  ist  die  reformirte 
zum  ein&chen  Tische  sorückgekehrt. 

Altaroehe  (spr.  -osch),  Marie  Micha,  franz. 
flehrlitsteller,  geb.  18.  April  1811  xn  Issoire 
(Pny-de-D6me),  1887—48  Chefredakteur  des 
,ChariyariS  18^  Abgeordneter  der  konstitul' 
renden  Nationalyersammlung.  Sehr.  ,Ohan- 
Bons*  (1886—86,  8  Bde.);  ,Gontes  dtenocra- 
tiqnes*  (1837);  ,Aventares  de  Victor  Augerot* 
(1838,  3  Bde.). 

Altdentaeli,  Beaeichnong  alles  der  Zeit 
vor  der  Reformation  Angehörigen,  k.  B. 
Sprache,  Literatur  etc. 

AlMorf ,  1)  Stadt  im  bayerischen  Regbx. 
Mittelfranken,  an  der  Schwarzach,  3317  Ew. ; 
UnlTersitit  1809  angehoben.  —  S)  Stadt  im 
wnrtemb.  Donaukreis,  3100  Ew.  Dabei  die 
ehemal.  Benediktiner-Reichsabtei  Weingar- 
ten, jetzt  Staatswaisenhaus. 

Altdorfer.  Albreeht,  Maler  und  Kupfer- 
steeher in  der  dürerschen  Richtung,  geb. 
1488  zu  Altdorf  in  Bayern,  f  1538  zu 
Regensborg.  l^uptgemalde:  Alexanders 
Sieg  über  Darios  (Ux  München). 

Alte  Lftndy  das,  fruchtbarer  Iiandstrich 
an  der  Elbe  in  Hannover,  zwischen  Este 
und  Schwioge,  SVa  M.  lang. 

Alten  9  SM  Auguet,  QraS  v.,  hannöver. 
General,  geb.  80.  Okt.  1769,  diente  seit  1781 
im  hannÖT.  Heere,  trat  1803  in  engl.  Dienste, 
focht  an  der  Spitze  der  leichten  Brlgadeder 
deutschen  Legion  in  Portug^  und  Holland, 
dann  unter  Wellington  in  Spanien«  sowie, 
1814  zum  G«nerallieutenant  befördert,  bei 
Waterloo  und  blieb  als  Kommandeur  des 
h4nnÖT.  Kontingents  bis  1818  in  Frankreich. 
Spater  hannöT.  Kriegsminister  und  Minister 
des  Ausw&rtigen;  t  ^*  -^P^  ^^^  *^  Bozen 
in  Tirol. 

Altenmy  Kreisstadt  im  preuss.  Regbz.  Arns- 
bers:,  an  der  Iienne,  6453  Ew. 

AttenrnUy  Bergstadt  im  preuss.  Regbz. 
HÜdesheim,  Kr.  Zellerfeld,  an  der  Ocker, 
3818  Ew.   Silberhütte  (Jährl.  8-9000  Mark). 

Altenberg,  1)  Bergstadt  im  sachs.  Erz- 
gebirge, Regbz.  Dresden,  8366  Ew.  Zinnberg- 
werke. —  8)  Ehem.  Abtei  im  preuss.  Regbz. 
Düsseldorf;  bei  Bnrtscheid ;  prachtvolle  Kir- 
che (1856— 1379  erbaut,  neuerdings  restaurirt). 

Altenbezg».  Dorf  im  Gothaischen;  Kan- 
delaber zur  ifrinneruug  an  Bonifacius. 

Altemburg»  1)  Haupt-  und  Residenzstadt 
des  Herzogthums  S.-AUenburg  (seit  1826), 
unfern  der  Pleisse,  18,488  Ew.  Kunz  von 
Kauffungens  Prinzenraub  8.  Juli  1456.  — 
8)  Schloss,  s.  Baibenburg, 

Altengliind  (Old  England),  bei  den  Eng- 
ländern Bezeichnung  lUbres  Vaterlandes  als 
des  Landes  der  alten  Sitte  und  des  alten 
Ruhms.  ». 

Altenesch^  Dorf  im  oldenb.  Amt  Berne; 
6.  Juni  1834  Niederlage  der  Stedinger  durch 
.  die  bremer  Kreozherren. 


AltenUrehen,  l)Krelsortim  preuss.  Regbz. 
Koblenz,  an  der  Wled,  1800  Ew.  —  8)  Dorf 
auf  Rügen  (Wittow) ;  heidnische  Denkmale. 

Alten -Oettbig,  s.  Juming. 

Altenetelgy  Stadt  im  würtemb.  Schwarz- 
waldkreis, an  der  Nagold,  1968  Ew. 

Altenitelny  herz,  meining.  Schloss,  bei  Bad 
Liebenstein  am  Thüringerwald ;  in  der  Nihe 
die  ,Lutherbuohe%  wo  Luther  festgenom- 
men und  auf  die  Wartburg  gebracht  wurde 
(4.  Mal  1581). 

Altenftelny  Karl,  Freiherr  vom  Stein  mm, 
preuss.  Staatsmann,  geb.  7.  Okt.  1770  zu 
Ansbach,  ward  1799  von  Hardenberg  ins 
Ministerium  berufen,  nahm  nach  der 
Katastrophe  von  1806  an  den  Arbeiten  für 
die  Neugestaltung  des  Staats  Theil,  trat  1808 
an  Steins  Stelle  an  die  Spitze  der  Finanz- 
verwaltung,  wirkte  mit  bei  der  Gründung 
der  berliner  Universität,  arbeitete,  1813  zum 
Oivilgouvemeur  in  Schlesien  ernannt,  er- 
folgreich im  Reklamationsgeschäft  gegen 
Frankreich,  trat  1817  an  die  Spitze  des 
neukreirten  Ministeriums  für  die  geistlichen, 
Unterrichts-  und  Medidnalangelegenheiten, 
wirkte  verdienstvoll,  namentlich  auch  durch 
Förderung  der  philosophischen  Bildung; 
t  14.  Mai  1840. 

Altentkeil  (AuMug,  Leibtueht),  die  Rechte 
und  Einkünfte,  welche  sich  ein  bäuerlicher 
Gutsbesitzer  beim  Ueberlassen  seines  Guts 
an  seine  Kinder  zu  seinem  Lebensunterhalt 
ansbedingt. 

AltenjMlle^  ehem.  Cistercienserkloster  Jl>ei 
Nossenin  Sachsen,  1168gregr.;  Familiengruft 
der  Markgrafen  von  Meissen,  1548  säkulari- 
sirt,  1599  vom  Blitz  zerstört. 

Alten  pars  (lat.),  der  andere  Theil,  die 
Gegenpartei. 

jQtentlen  (lat.),  Aufregung;  im  Kirchen- 
rechte Rangerhöhung  einer  Pfründe:  tu 
der  Musik  Notenveranderung  durch  Yer- 
setzungzeichen. 

Alter  Sgo  (lat.) ,  d.  h.  das  andere  Ich, 
Derjenige,  der  von  einem  Andern,  namentl. 
einem  Regenten,  bevollmächtigt  ist,  in 
seinem  Namen  zu  handeln. 

Alteriren  (lat.),  zum  Nachtheil  verändern; 
ärgern,  aufregen. 

AltenanieBte  (aUemaüvo,  ital. ,  Mus.), 
wechselweisii' ,  verschiedene  Abtheilungen 
abwechselnd  vortragen. 

Altemit  (lat.),  diplomatischer  Ctebrauch, 
wonach  in  Urkunden  über  Verträge  u.  dgl. 
die  paoiscirenden  Theile  abwechselnd  in 
anderer  Ordnung  aufgeführt  werden,  zur 
Wahrung  der  Ranggleichheit. 

Altematlon  (lat.).  Ab-  oder  Verwechslung. 

Alternative  (lat.)^  eine  solche  lAge,  in 
welcher  man  zwischen  zwei,  gewöhnlich  un- 
erwünschten Fällen  wählen  muss. 

Altemiren  (lat.),  abwechseln.  Altemi' 
rende  Fürstenhätuer,  von  ihrem  abwechseln- 
den Abstimmungstumus  im  deutschen 
Reichsfurstenrathe  so  genannt.         [Qeibirg. 

Alter  rother  Sandstein ,    s.  Devoniachea 

Altersring,    Greisenring  der  Hornhaut, 

Arcus  senilis,  Gerontotozon ,  sichelförmige 

Trübungen  in   der  Nähe  des  oberen  und 

I  unteren  Randes  der  Hornhaut  alter  Leute, 


62 


Altersscliwäche  —  Alton. 


iMeiutrftehtigt  das  Sehenan  andfftr  sich  nicht, 
ist  aber  stets  mit  Weitsichtigkeit  gepaart. 

Altarnehwiehe^  s.  Marasmus. 

ÄXtex  Stil,  die  Zeitrechnung  nach  dem 
alten  oder  jnlianischen  Kalender,  die  noch 
In  Russland  üblich  ist  und  gegenwärtig  nm 
19  Tage  gegen  den  nemsn  8M ,  d.  h.  den 
gregorian.  Kalender,  Kurükcksteht. 

Alteithnai  (lat.  antiqaitas),  bei  der  Ein- 
theilnng  der  Weltgeschichte  im  Gcgensatso 
snm  Mittelalter  und  zu  der  neueren  24eit  die 
ganze  vorchristliche  Zeit  bis  sn  der  Kai- 
turepoche ,  welche  ansserlich  durch  den 
üntenreng  des  weström.  Reichs  und  das) 
Entstehen  christlich  -  germanischer  Staaten 
marklrt  xn  werden  pflegt.  Als  Hassisches  A, 
bezeichnet  man  die  griechisch  •  römische 
Oeschichte  und  Kultur.  Die  Erforschung 
des  A.s  ist  Anlj^be  der  AUerthumtsnoiuen- 
aehaft,  welche  mithin  G^echichte,  Sprache 
und  Literatur,  Knnst  and  Wissenschaft, 
Religion,  Staat,  Recht  und  Sitte  der  Völker 
des  A.8|  im  engem  Sinne  der  Griechen  und 
Römer,  wissenschaftlich  zu  ermitteln  und 
zu  erfassen  sucht,  sowie  der  AUsrihwmskmiAe, 
welche  die  rerschiedenen  ,  das  A*.  be- 
handelnden Disciplinen  begreift.  Als  AiUr- 
thümsr  oder  Antiquitäten  pflegt  man  theilü 
die  Gegenstände  der  Kunst  und  Industrie 
des  A.s,  theils  die  Kenntnisse  Ton  dem 
gesammten  häuslichen  u.  dlTentlichen  Lebeu 
der  alten  Völker,  namentlich  der  CMecheu 
und  Römer,  die  wir  aus  den  anf  uns  ge- 
kommenen Denkmälern  schöpfen,  zu  be- 
zeichnen. Man  unterscheidet  StaaUaUer- 
thümsr  (Staatsverfassung,  Rechtspflege,  Po- 
lizei-, Finanz-  und  Kriegswesen,  Kultus, 
Handel  und  Gewerbe)  xind  Privatalterthümer 
(physische  und  sociale  Verhältnisse,  Familie, 
Sklaverei,  Lebensweise,  häusliche  Einrich- 
tung etc.).  Unter  den  Alten  versteht  man  vor- 
zugsweise die  Griechen  u.  Römer.  Alterthums- 
forsehende  Vereine,  s.  Historisehe  Vereine. 

Alternm  tantuin  (lat.),  noch  einmal  so  viel 
(als  die  Hauptsumme);  100  Procent. 

Alter  vom  Berge(arab.Scheikh-el-Dschebl), 
Titel  des  Haupts  der  Assassinen  (s.  d.). 

AltorwelbexwmHer  (Fliegender  Bornimer, 
Oraswebe) ,  weisses  Gewebe  junger  Luchs- 
und Wolfsspinnen,  Lycosa,  welches,  vom 
Winde  losgerissen,  oft  mit  den  Thieroheu 
in  der  Luft  umherfliegt. 

AltSne  (f^. ,  spr. -äss),  Hoheit,  Ehren- 
pr&dikat  für  f&rstlicha  Personen ;  A,  impe- 
riale, kaiserl.  Hoheit,  f&r  die  Österreich. 
Erzherzöge  u.  russ.  Grossf&rsten ;  A.  royale, 
königl.  Hoheit,  für  die  königl.  Prinzen  und 
Orossherzöge;  A,  s4r4nissime,  Durchlaucht. 

Altet  Testsmeiity  s.  Bibel, 

Alte  Welt,  Gesammtbezeichnung  der  Erd- 
theile  Asien,  Afrika  und  Buropa,  im  Gegeii- 
zatz  zur  neuen  WeU  (Amerika  u.  Australien) ; 
in  zeitlicher  Beziehung  diejenigen  Völker, 
welche  vor  der  Erscheinung  des  Ohristeu- 
thums  in  Asien,  Afrika  und  Europa  auftraten. 

AltfirSnklgeh,  altvaterisch,  veraltet. 

AltfOrstliche  Häuser,  zur  Zeit  des  deut- 
schen Reichs  diejenigen  Ffirstenhäuser, 
welche  bereits  auf  dem  Reichstag  von 
Augsburg  1589  unter  den  Fürsten  Sitz  und 


SUmme  gehabt  hatten.  Die  übrigen  FGi 
bättser  hiessen  nevfürsUiehe.  [w. 

Altffesell,    Vorsteher   einer    Zunftg 

Altgradlsu,  Festung  in  der  kroat.- 
Militärgrenze,  an  der  Save,  1600  Ew. 

Althaea  X.  (AUhee,  Eibisch),  Pflai 
gattang  der  Malvaceen.  A.  officlnalii 
gemeiner  B.  (weisse  Pappel),  in  Den 
land  wild,  auch  kultivirt,  liefert  die  sc 
mige  Radix  Althaeae,  welche  gegen  Seh 
hautreizungen  angewandt  wird  (AI 
syrup).  Mehrere  (Gartenpflanzen.  A.  ros< 
Stockrose  fPappelrose,  Rosenmalve),  ii 
Flores  malvae  arboreae,  kultivirt. 

AlthAldenilebeii,   Dorf  in  der  Nähe 
Magdeburg,    2285  Ew.,   grossartige    1 
wirthschaftliche    und    Fabrikanlagen 
Nathusius. 

AltheiM  am  Biet,  Marktflecken  in  ^ 
temberg,  bei  Ulm,  1900  Ew.;  7.  April 
Oefecht  zwischen  dem  schwäb.  Städte! 
und  Eberhard  von  Würtemberg. 

AlthochdeniMli.  die  deutsche  Spracl 
Literatur  vom  6.  bis  Ende  des  11.  Jah 

Althorp,  8.  Bpeneer. 

Altieri,  Ludovico,  Kardinal,  geb.  17. 
1805,  erst  Studiendirektor  und  Nuntit 
Wien ,  seit  91.  April  1845  Kardinal , 
bis  zur  Rückkehr  Plus  IX. ,  8.  April  ; 
Mitglied  der  Regierungskommission,  \ 
1851  Präsident  von  Rom  und  der  Comi 
später  Präsident  des  StaaUraths 
Finanzen:  f  11.  Aug.  1867  zu  Albano. 

Altlmeier  (lat.),  Höhenmesser;  .^«m« 
Höhenmessung.  [8  Kopeken  =  ll'/« 

Altin  9    russische    Rechnungsmünze, 

Altlora  (lat.),  das  Höhere;  A,  Cret 
sich  den  Studien  widmen. 

AltUndsberr.  Stadt  im  preuss.  Re 
Potadam,  Kr.  Xfiederbamim,  8152  Ew. 

Altlehii,  Stammlehn,  Lehn,  welches 
reits  anf  einen  Andern  als  den  ersten 
Werber   in    Folge    der    Abstammung 
diesem  übergegangen  ist. 

Altmark,  TheU  der  Knrmark  Bran< 
bürg,  die  Kreise  Stendal,  Salzwedel,  Ot 
bürg  und  Gardelegen  des  jetzigen  Re, 
Magdeburg  umfassend. 

AltnuHS,  Hellaichmass,  besonderes  A 
für  ausgegoh reuen  Wein,  gegenüber  < 
Jungmass,  Trübaiehmass,  für  jungen  W 

Altmiselillk,  türk.  Münze,  =  lH/a  Sg 

AltmUü,  linker  Nebenfluss  derDonai 
Bayern,  entspringt  bei  Rotenburg,  mün 
unterhalb  Kehlheim,  87  M.  Von  Beilng 
an  schiffbar.  [Jahrb.,  =  25i/i  l 

Altnobel,  rheinische  Gk>ldmfinze  im 

Altnordische  Litentnr  und  Sprache 
ßkandinavisehe  Literatur  und  Sprache, 

Alto  (ital.),  Bratsche,  Viole. 

Alto-AmaidBaSy  s.  AmagÜnas. 

Alto-Duero,  Landschaft  am  Duero  in 

P**r^!J§liF™^*  ^""  ^  Montes;  Portweiu 
Altotting^    berühmter   Wallfahrtsort 

Oberbayem,    unweit    des  Inn,    1500  1 

Stift  von  860.    Tlllys  Grab. 
Altomiiiistery     Wallfahrtsort    in    Ol 

bayem,  bei  Aichach,  934  Ew.;  Fntuenklosi 

gegründet  vom  Schotten  St.  JUo  (f  770) 
Alton»  1)  J0h.  Wah,BduardteA.;An;ii 


Altona  —  Alxiuger. 


es 


und  Arebäolog,  geb.  1772  ssn  Aquileja,  seit 
1818  Professor  der  Arcbäologie  und  Knnst- 
gescbichte  in  Bonn;  f  cl&s*  ^^'  ^^  ^^^« 
Scbrieb  ,Nattirgeschichte  ties  Pferdes* 
(1810—17,  2  Bde.);  mit  Rmder  ,Verglei- 
cbendeOsteoIogie*  (Th.l,  1821—22).  Lieferte 
auch  viele  Kupferstiche.  —  2)  Johann  Samuel 
Eduard  d'A.,  Anatom,  Sohn  des  Vor.,  geb. 
17.  Jnli  1808  in  St.  Goar,  seit  1834  Professor 
in  Halle,  f  das.  25.  Jnli  1854,  setzte  die 
,OsteoIogie<  seines  Vaters  fort  (1827  —  38) 
und  sehr.  ,Handbnch  der  Tergleichenden 
Anatomie  der  Menschen*  (Bd.  1,  1850). 

Altana  9  Stadt  im  prenss.  Regbz.  Holstein, 

rechts  an  der  Elbe,  an  Hambnrg  stossend, 

67,850 Ew.  Freihafen.  Seehandel  (160  Schiffe). 

Altorf,  Hauptort  des  Kantons  Url,  nahe 

dem  Vierwaldtstättersee,  2456  Ew. 

Altpreussen^  die  Provinzen  von  Prenssen, 
welche  schon  vor  1806  oder  1815  daza  ge- 
horten, namentlich  Ost-  und  Westpreussen, 
Pommern  und  die  Mark  Brandenburg. 

AltranstSdty  Dorf  im  prenss.  Regbz.  Merse- 
burg; 24.  Sept.  1706  Friede  zw.  Karl  XII.  von 
Schweden  und  August  I.  von  Sachsen,  wo- 
durch letzterer  die  Krone  Polens  verlor. 
Altrfnffer,  s.  Aldringer. 
Alt8acn§eii9  im  Gegensatz  zu  den  Angel- 
sachsen   die  niederdeutschen  Stämme   der 
Ostphalen,   Westphalen  und  Engern.    Ihre 
Sprache   das  Altsächeische   oder  Altnieder- 
dentsche  OSeliftnd). 

AltteUfissel    (Altteiehen),  das    der  Alt- 
stimme vorgesetzte  Zeichen,  der  C-Schlüssel 
auf   der   dritten  Linie,    die    dadurch   der 
Sitz  des  eingestrichenen  c  wird. 
Altthler,  der  ausgewachsene  Hirsch. 
Altiln.  .türk.  Goldmünze ,  =  V«  Dukaten. 
Altraier,    höchste   Spitze   der   Sudeten, 
4576';  südlich  davon  der  Kleine  A.,  4113'. 

AltwMser.  Badeort  bei  Waidenburg  in 
Schlesien,  3200  Ew.;  5  Stahlquellen.  Vgl. 
Wendi,,Die  Quellen  zu  A.*,  1841. 

Alvdel^  rundliches  thönemes  GefSss,  dient 
als  Vorlage  bei  Destillationen  und  Subli- 
Almnen  (lat.).  Alaun.  [mationen. 

AlmnfBa  (lat.),  Thonerde. 
AlnmiBSte  (lat.),  Verbindungen  von  Thon- 
erde mit  starken  Basen. 

Alnmliiit  (lat.\  hallische  Erde,  Websterit, 
Mineral,  schwefelsäurehaltige  Thonerde,  bei 
Halle,  Paris,  in  Sussex,  Würtemberg. 

Alinfft»*"™  (lat.),  Thonerdemetall,  oxydlrt 
und  mit  Kieselsäxire  verbunden  im  Tfaon 
eines  der  verbreltetsten  Elemente,  wird 
dargestellt,  indem  man  Thonerde  (aus 
Axnmoniakalaun  oder  Bauxit  gewonnen)  mit 
Kochsalz  und  Theer  mischt  und  in  der 
Glübbitze  mit  Chlor  behandelt.  Es  ver- 
flüchtigt sich  Chloraluminium  •  Chloma- 
trinm ,  vrelches  ia  einer  Kammer  gesam- 
melt und  mit  Natrium  zersetzt  wird. 
Kryolith  mit  Natrium  behandelt  gibt  A. 
und  Flaomatrium.  A.  ist  grauweiss  (zwi- 
schen Zinn  und  Zink),  vom  spec.  Gew.  2,5, 
Aeq.  13,75,  härter  als  Zinn,  weicher  als 
Zink  und  Kupfer,  von  starkem  Klang,  nicht 
sehr  biegsam  und  hämmerbar,  lässt  sich 
zu  Blech  auswalzen  und  zu  £latt<üuminium 
verarbeiten,   hält   sich   an  der  Luft   sehr 


gut,  öxydirt  auch  in  der  Hitze  nicht  be- 
trächtlich, schmilzt  bei  7000,  lögt  sich  leicht 
in  Salzsäure  und  Kalilauge,  wird  von  Sal- 
petersäure nicht  angegriffen,  bildet  mit  Zinn 
eine  ziemlich  harte,  streckbare  Legirung, 
mit  Kupfer  (90—95  Kupfer,  10—5  A.)  die 
goldähnliche  Aluminiun^ronge.  Frankreich 
hat  8,  England  1  Aluminiumfabrik.  A.  wird 
namentlich  zu  Schmuckwaaren ,  Denkmün- 
zen, Medaillen,  Löffeln,  Gabeln,  Brillen- 
gestellen, Fassungen  für  Operngläser,  Sex- 
tanten etc.  verarbeitet.    1  Kilo  140  Frcs. 

Alumnus  (lat.),  Kostschüler;  Schüler 
höherer  Schulanstalt  mit  Internat ,  in 
welcher  Wohnung,  Kost,  Unterricht  unent- 
geltlich gewährt  wird  (Alumneum,  Alumnat). 

AluniT,  s.  Aiaunstein. 

Aliinno,  Ificeolo,  Italien.  Maler  der 
umbrischen  Schule,  in  der  2.  Hälfte  des 
15.  Jahrb.,  seit  1460  zu  Foligno  wohnhaft. 
Hauptwerke:  Verkündigung  (in  Perugia), 
Kreuzigung  (in  Karlsruhe). 

Alnta  (Olt),  linker  Nebenfluss  der  Donau, 
entspringt  auf  den  Karpathen  in  Sieben- 
bürgen, mündet  Nikopoli  gegenüber;  75  M. 

Alvarez  (spr.  -wSres),  Don  Jos«,  span.  Bild- 
hauer, geb.  1768  zu  Priego,  lebte  meist  in  ^ 
Rom,  1 1827  zu  Madrid ;  folgte  Canovas  Rich- 
tung, aber  mit  mehr  Energie.  Ganymed, 
Nestor  von  Antllochus  vertheidigt,  Venus  u. 
Amor,  Saragössagruppe  etc.    [Gehörganges. 

Alvearlum  (lat.),  der  äussere  Tbeil   des 

Alvenslebeiiy  1)  Albrecht,  Grc^von,  preuss. 
Staatsmann,  geb.  23.  März  1794  zu  Hal- 
berstadt, 1833  geh.  Jastizrath  und  Mitglied 
dos  Staatsraths,  1834  Abgeordneter  bei  den 
wiener  Konferenzen,  1835  Finanzminister 
und  wirklicher  geh.  Rath,  nahm  1842  sei- 
nen Abschied,  1850  preuss.  Bevollmächtig- 
ter bei  den  dresdner  Konferenzen,  seit 
1854  Mitglied  des  Herrenhauses;  f  2.  Mai 
1858  in  Berlin.  ■—  2)  Karl  Louis  Ferdinand 
Wilhelm  Gustav  von  A.,  pseudon.  QusUzv 
Seilen,  beiletrist.  Schriftsteller,  geb.  3.  Mai 
1800  zu  Berlin;  f  5.  Aug.  1868  zu  Wien. 

Alveolen  (lat.),  die  kleinen  Knochenhöhlen 
der  Zahnwurzeln ;  Alveolar,  mit  kleinen 
Höhlen  versehen,  z.  B.  Alveolarkrebs. 

Alvinezy  (spr.  -winzi),  Jos,,  Freiherr  von 
Barherek,  Österreich.  Feldmarschall,  geb.  1. 
Febr.  17S^auf  dem  Schlosse  Alvinczy  in  Sie- 
benbürgen, focht  im  siebenjähr.Kriege,  dann 
unter  London  gegen  die  Türken,  befehligte 
im  Feldzug  von  1792  —  93  eine  Division» 
in  dem  von  1794  ein  Hülföcorps  und  über- 
nahm 1795  als  Feldzeugroeister  das  Ober- 
kommando am  Oberrhein,  ward  aber  vor 
Beginn  des  Feldzugs  von  1796  in  den  Hof- 
kriegsrath  berufen.  In  demselben  Jahre 
Oberbefehlshaber  der  italienischen  Armee, 
ward  er  von  Bonaparte  15.— 17.  Nov.  1796  bei 
Arcole  und  14.  Jan.  1797  bei  Rivoli  ge- 
schlagen ;  t  ^Is  Kommandirender  in  Ungarn 
25.  Sept.  1810  zu  Ofen. 

Alwar  (Matscherri) ,  von  den  Briten  ab- 
hängiger Radschputenstaat  in  Ostindien, 
1681^  QM.  und  280,000  Ew. 

Alxinger.  Jos.  Bapt.  von,  deutscher  Dich- 
ter, geb.  14.  Jan.  1755  zu  Wien,  f  daselbst 
1.  Mai  1797  als  Hoftheatersekretär.    Ritter- 


64 


Alyzia  —  AmalthSa» 


dichtuBgen  «Doolin  von  lUins*  (1787)  und 
^liomberis*   (1791).    Werke,  181S,   lO  Bde. 

Aljxla  Brown  t  Pflamengattang  der  Con- 
tortan ,  Arzneipflanzen  Javas  und  der  Mo- 
lakken.  Die  Binde  yon  A.  stellata  Boxb,  in 
Indien  wichtiger  Handeleartikel. 

Als  9  NebenfloBS  des  Inn  in  Oberbayem; 
Abflass  des  Gbiemsees. 

Aisette  (spr.  -sett\  Ähig),  Nebenflnss  der 
Sauer  in  Lozemborg.  [Selz,  ÖS56  Ew. 

AUejy   Stadt    in  Rheinb essen»    an   der 

Alsogy  Johannes,  Kircbenfalstoriker,  geb. 
29.  Juni  1806  za  Ohlau,  seit  1853  Professor 
der  Kircbengescbicbte  an  der  UniTersität 
so  Freibnrg.  Sehr.  «Handbuch  der  UniTersal- 
Jdrchengesch.*  (1840,  8.  Auil.  1866). 

A.  M.  (a.  m.),  abbr.  far  anno  mnndi,  im 
Jahre  der  Welt;  auch  tar  artium  magister, 
Ijehrer  der  freien  Künste. 

AmadeOy  Antonio,  Bildhauer  der  lombar- 
diSchen  Schule,  geb.  zu  Pavia,  f  <"«  1471. 
Monument  des  Bart.  Colleoni   zu  Bergamo. 

Aaiadeu  (deutsch  Idebegott),  Name  meh« 
rerer  saToyischen Fürsten:  A.  V.,  der  Orosec, 
geb.  1349,  yermehrte  den  Länderbesitz  seines 
Hauses  durch  Heirath  u.  Kriege,  erwarb  die 
Xeichsfürstenwürde  und  fahrte  die  Primo- 
genitur ein;  t  IS^S.  —  A. Tl.,  der  grüne 
Qraf,  geh  4.  Jan.  1334,  erwarb  im  Kampfe 
mit  dem  Dauphin  Faussigny  und  Gex, 
durch  Vertrag  das  Waadtland  u.  Valremy 
und  erhielt  rom  Kaiser  Karl  lY.  das 
BeichsTikariat  über  einen  grossen  Theil 
Ton  Oberitalien;  f  2.  März  1383.  —  A.  VH., 
der  Boihe,  Sohn  des  Vorigen,  geb.  84.  Febr. 
1360,  brachte  Goni  und  Nizza  an  sein  Haus; 
t  1.  Nov.  1391.  —  A.  Vni.,  geb.  4.  Sept. 
1383,  regierte  seit  1396,  ward  vom  Kaiser 
Sigismund  (1416)  zum  Herzog  erhoben  und 
auch  von  Piemont  zum  Regenten  erwählt, 
dankte  1434  ab  und  lebte  als  Einsiedler  zu 
Thonon  am  Ghenfersee,  bis  er  vom  baseler 
Koncil  1439  zum  Papst  emflinnt  ward, 
nahm  als  solcher  den  Namen  Felix  V.  an, 
trat  1449  zurück  und  f  7.  Jan.  1451  zu  Genf. 

AmadiSy  Held  zahlreicher  Ritterromane 
(Amadisromane),  deren  Stammvater,  A.  von 
Oaüien,  wahrscheinl.  in  portngies.  Sprache 
von  dem  Ritter  Vasco  de  Lob6ira  von  Oporto 
zwischen  1342  und  1367  abgefasst  wurde. 
Gegenstand :  die  Liebesgeschichte  des  frans. 
Königssohns  A.  und  der  engl.  Prinzessin 
Oriana.  J>ie  älteste  spanische,  jetzt  noch 
bekannte  Bearbeitung  (zugleich  auch  be- 
trächtliche Erweiterung)  erhielt  dieses  Werk 
durch  Ordonex  de  Montalvo  (zu  Ende  des 
.15.  Jahrb.);  seitdem  erlebte  es  unzählige 
Kachbildungen,  Fortsetzungen  und  üeber- 
tragungen  hi  fost  alle  Sprachen  Europas 
(deutsch  zuerst  Frankf.  1583). 

A  mi^öri  ad  mimM  (lat.),  vom  Grösseren 
auf  das  Kleinere,  und  A  minori  ad  majus, 
vom  Kleineren  auf  das  Grössere  (schliessen). 

Amak  (dän.  Amager),  dänische  Insel  im 
JBund,  Kopenhagen  gegenüber,  mit  einem 
Stadtthoil  desselben,  6000  Ew. 

AmakÖsa.  Kaffemstamm  im  östl.  Kapland. 

Amalekiüer^  edomitischer  Volksstamm, 
nach  Amalekf  Esaus  Enkel,  gen.,  wolinte 
swisclien  Aegypteu  und  Palästina,  Feinde 


der  Juden,  «nter  Saal  o.  David  von 
untezjocht  u.  zu  Hisklas  Zelt  (785  v 
ausgerottet.   Titel  ihrer  Könige:  Aga 

AsUUer^  gothisches  Herrschergesc 
nach  dem  mythischen  König  Amala  ge 
Im  Nibelungenliede  helasea  Amelung« 
trieb  von  Bern  und  seine  Helden. 

Amallly  Stadt  am  Golf  von  Salei 
Unteritalien,  4200  Ew.  Im  MittelaK 
r&hmter  Seestaat  mit  bes.  Seerecbt  ( 
Amalphltana). 

Analgim  (arab.),  Verbindung  eine 
mehrerer  Metalle  mit  Quecksilber;  a 
miren  (anquieken),  metallische  Substani 
Quecksilber  verbinden.  A.  findet  An  we 
in  der  Spiegelfabrikation  u.  Feuervergo 
zum  Belegen  der  Reibzeuge   an  Eleb 
mascliinen  und  auf  Zinkplatten  in  g 
Elementen,  hauptsächlich  aber  zum 
den  des  Goldes  und  Silbers  aus  den  '. 
Dies    geschieht   jetzt   unter   Zusatz 
geringen   Meng^  Natriumamalgam   0 
tische*   A,),   weil   dasselbe   das   Ver 
des   Quecksilbers ,  andern   Metallen 
haften,   sehr  erhöht  und  dadurch  di< 
beute  steigert. 

Amalganuillber}  natürlich  vorkomi 
Verbindung  von  Silber  mit  Quecksilt 
Ungarn,  in  der  Pfalz  und  Dauphin« 
Salzburg  und  am  silberreichsten  bei  Coq 
in  Chile. 

Amslie^  1)  Anna,  Herzogin  von  Sa 
Weimar,  geb.  24.  Okt.  1789,  Tocbtc 
Herzogs  Karl  von  Braunschweig -"Wi 
büttel,  verlor  schon  28.  Mai  1758 
Gatten,  Ernst  August  Konstantin, 
regierte  dann  als  Vormünderin  ihres  £ 
Karl  August  bis  1775,  zog  Wieland,  H 
Goethe,  Knebel  und  andere  Koryphäe 
damaligen  Literatur  an  ihren  Hof; 
April  1807.  —  2)  Marie,  Gemahlin  d< 
uigs  Ludwig  Philipp  von  Frankreich 
26.  April  1782,  Tochter  Ferdinands  I. 
uigs  beider  Sicllien,  vermählte  sich  2S 
1809  zu  Palermo  mit  dem  damals  in 
lebenden  Herzog  von  Orleans,  bestie 
diesem  1830  den  französischen  Tbroj 
gleitete  nach  der  Februarrevolution 
entthronten  Gemahl  nach  England; 
Claremont  24.  März  1866.  —  3)  Marie 
derike  Auguste,  Herzogin  von  Sa< 
älteste  Schwester  der  Könige  Fri< 
August  IL  und  Johann,  geb.  10.  ^ 
1794,  unter  dem  Pseudonym  A.  Hei§ 
dramat.  Dichterin  bekannt ;  ihre  Werk< 
unter  ,Der  Krönung:stag',  ,Der  Ol 
,Die  Braut  aus  der  Residenz',  ,Läg« 
Wahrheit',  ,Vetter  Heinrich',  ,Der 
lobungsring')  gesammelt  in  den  ,OrI 
beitragen  zur  deutschen  Schaab 
(1837—42,  6  Bde.;  neue  Folge  Bd.  1, 

Amalt^^  1)  Pomponio,  Maler  der  ven( 
sehen  Schule,  Schüler  Pordenones, 
1505,  t  1588.  —  2)  Oeronimo,  Italien, 
grammatist,  geb.  1506  zu  Oderzo  (Marl 
viso),*t24^0kt.  1574.  Werke,  Ven.  162 

AmaltheSy    die  Ziege,  welche  den 
gebornen  Jupiter  auf  Kreta  säugte. 
Andern  eine  Nymphe,  die  ihn  mit  der  ! 
einer  Ziege  nährte;   ward  dafür  unt€ 


Arnftn^ —  ,&)iibacht. 


SS 


•JBtern«  TetveW  (Capella)«'  Oomu  JkmaUkta«, 
VöUlibrii.  JmaUhatm,  Bibliothek. 
.  AmsD,  Johann  t  Baaraelster,  geb.  19.  Mai 
176$  SQ  St.  Blulau  im  Schwarawald,  seit 
1808  Hoüarohitekt  in  "Wien,  yerscbönerte 
4ie  kaiserl.  Residenz,  gab  dem  Schlosse 
Schdnbnum  seine  jetzige  Qestalt;  f  28. 
Not.  1884. 

A  nuioo  (ital.),  Im  Handel  das  an  einer 
Waare  oder  Gteldsnmme  Fehlende,  das  in 
AbKQg  kommt. 

AmuütiB)    der    wirksame   Stoff  in  gif- 
tigen Pilsen  der  Grattnng  Agaricns. 
Anuiveiisis  (lat.),  Gehülfe»  Famulus. 
^niBiis  (a.  Ot,)i   Zweig   des   Taurns  in 
Kleinasien;    durch    die    amaniaehen    Päue 
drang  Alexander  d.  Gr.  nach  Syrien  vor. 
Amlra  (lat.),  s.  BütermiUel. 
AmarsatlliU  L.  (Jmaranth,  M^ehstehtcan», 
Sammeäilume),  Pflanzengattuiig  der  Amaran- 
ihaceen,    ans   Aalen    und    Amerika.     Bei 
den  Alten  Tranerpflanzen.   A.  fmmentaceus 
Muckan.,     wichtige  Mehlpflanze,    in    Ost- 
indien kultirirt.   A.  oleraceus  L.,  ebendas., 
Gemüsepflanze. 

Amarapvr»  (  Ummerapu  ra) ,  Stadt  in  Birnia, 
am  Irawaddy,  bis  1822  königl.  Besidenz, 
1»0,000  £w. 

Aniri,  Michel»  ,  Italien.  Staatsmann  und 
Geschichtschreiber,   geb.    7.   Juli    1806    zu 
Palermo,    musste  wegen  seines  Werks   jLa 
gnerra  del  Vespro  Siciliano'  (6.  Aufl.  1859; 
deutsch  von  Schröder  1851)  1842  nach  Frank- 
reich flüchten,   kehrte  1848  zurück,   ward 
JtIitg:Ued  des  Parlaments,  widmete  sich  dann 
in  Paris  wieder  historischen  Studien,  über- 
nahm Aug.   1859  unter  Garibaldis  Diktatur 
das  Portefeuille  des  Auswärtigen,  ward  zum 
Senator  des  Königreichs  Aalien  ernannt,  im 
März  1863  Minister  des   öffentlichen  Unter- 
richts,  zog  sich  Sept.  1864  ins  Privatleben 
zurück.     Schrieb  noch    ,Storia  dei  Musul- 
mannl  di  Sicilia'  (1853). 
▲marillaSy   Marques  de  Uu.   s.  Ahumada. 
AmarylUs  L.  (Narcü$enliUe),  Pfianzengat- 
ting  der  Amaryllideen,  aus  Ostindien,  dem 
Kapland  und  Südamerika.    A.  formosissima 
Jj,,  Zierpflanze.    A.  belladonna  L.,  in  West- 
Indien,  bat  scharf  giftige  Zwiebeln. 

Amasla  (Amasijah),  Stadt  in  Kleinasien, 
EJalet  Siwas ,  am  Jeschil-Irmak  (Iris),  25,000 
£w.;  ehedem  Residenz  der  Könige  v.Pontus. 
Aliisto  (Amosie),  '2  Könige  von  Aegyp- 
ten :  A.  I.  $  erster  König  des  neuägyptischen 
Reichs,  reg.  1684— 59  v.  Chr. ,  Begründer  der 
17.  (18.)  Königsdynastie  Manethös,  brach 
-die  Herrschaft  der  Hyksos.  —  A.  II. ,  der 
86.  Dynastie  Manethös  angehörig,  regierte 
570 <— .586  V.  Chr.,  begünstigte  den  Verkehr 
mit  den  Griechen,  denen  er  Naukratis  über- 
liess,  und  ordnete  den  Staatshaushalt. 

AmaMOment  (fr.,  spr.  Amass'mang) ,  An- 
oder Aofhäufung;  amassiren,  aufhäufen. 

Ämat,  Gewicht  in  Batavia,  =:  etwa  225 
Zollpfd. 

AmSthmit  (AmiUhu$j  a.  -G.),  Stadt  auf 
der  Südküste  von  Cvpern,  mit  berühmtem 
Tempel  der  Venus  (Jmathuaia), 

AmStiy  1)  berühmte  Geigenbauerfamilie 
in  Cremona;  Begründer  des  Geschäfts:  An- 

Meyers  Hand 'Lexikon, 


drea  A.,  um  1560:  Biathe  4esa^  umUr4ii$9Hi» 
und  äieronimo  A,»  1500  —  1630.  —  8)  Oarla^ 
Italien.  Baumeister,  geb.  19.  Juni  1776  zu. 
Monza,  t  23.  Mai  1852  zu  Mailand.  Borro- 
'meuskirche  undFa^de  des  Doms  zu  Mailand* 

AüMltitlany  See  in  Guatemala,  fliesst  durch 
den  Michatoyat  ab.  Daran  die  alte  Indicmer" 
»tadt  A.,  7500  Ew.  .    [Skiar, 

Aautnrosig  ter.)»  der  schwarze  Staar,  s. 

AmavaeB,  Glasflüsse  und  farbige  Ketall- 
Verbindungen,  im  Mittelalter  s.  v.  a.  Email» 

Amaxiclil  (Jmakuki),  Hauptstadt  derJon. 
Insel  S.  Manra,  5500  Ew.    Erdbeben  1885« 

AMMlfty  König  von  Juda  828—799  v.  Chr.» 
Sohn  des  Joas,  siegte  über  die  Edomiter» 
unterlag  dem  König  Joas  von  Israel. 

Amazirghs,  Berbernstamm  in  Marokko» 
im  nördl.  Atlas  und  Im  Rif  (Rifoirateu). 

Amazönu  (ÄUo-A,),  brasil.  Prov.,  vom 
Amazonenstrom  durchflössen,  100,000  Ew. 
Areal  noch  unermittelt.    Hauptort  Barra.' 

Amazonen  (d.  i.  Brustlose,  von  dem  Aus- 
brennen der  beim  Bogenspannen  hinder- 
lichen linken  Brust),  nach  der  älteren 
griech.  &tge  ein  kriegerisches  Weibervolk 
an  der  Ostküste  des  schwarzen  Meeres  und 
im  Kaukasus,  auch  in  Scythien  und  ia 
Afrika,  stand  unter  einer  Königin,  duldet» 
keine  Männer,  unter  sich  und  pflog  bloas 
der  Fortpflanzung  wegen  Gemeinschaft  mit 
den  Männern  benachbarter  Völker;  häufig 
Gegenstand  der  bildenden  Kunst.  Vgl» 
Steiner,  ,Ueber  den  AmazonenmythusS  1857; 
Mordimann,  ,Die  A.S  1857. 

Amazonenstein,  grüne,  kupferhaltige  Va- 
rietät des  gemeinen  Feldspaths,  am  Ama- 
zonenstrom und  bei  Miask,  wird  in  Katha- 
rinenbnrg  zu  Dosen,  Vasen  etc.  verarbeitet. 

Amazonenstrom  (Maranon),  ,  grösster 
Strom  der  Erde,  in  Südamerika,  entspringt 
auf  den  Anden  von  Pasco  aus  dem  Se» 
Lauricocha  (11,250'  h.),  fliesst  erst  90  M. 
nach  N.,  durchbricht  in  dem  60  M.  langen. 
Mittellauf  die  Cordilleren  mit  18  Wasser- 
fällen, fluthet  dann  im  Unterlauf,  oft  meilen- 
breit und  350'  tief,  gen  O.  durch  die  Ur- 
waldungen  n.  Uanos  Brasiliens  u.  mündet 
unter  dem  Aequator  in  einem  mächtigen. 
Aestuarium  in  den  atlantischen  Ocean. 
2  Hauptmündungsarme:  Rio  MaraSon  und 
Rio  Para  (dazwischen  die  Insel  Marajo). 
Mündungsbreite  35  M.,  Gesammtlänge  857M. 
Flussgebiet  etwa  125,000  QM.  Die  Einfahrt 
in  den  A.  äusserst  gefährlich  durch  Sand- 
bänke und  die  Pororoca  (Kampf  zwischen 
Ocean  und  Strom).  Ebbe  und  Fluth  reicht 
120  M.  stromauf,  bis  Obidos.  Die  -  An- 
schwellung durch  Regen  ungeheuer  (40 — 
50'  hoch).  Zahl  der  Nebenflüsse  über  200, 
darunter  mehr  als  100  schiffbare  und  17 
Ströme  ersten  Rangs  von  200--500  M.  Länge  ; 
so  rechts:  der  Ucayali,  Madura,  Burus» 
Tocantins,  links:  Napo,  Rio  Negro.  Ent- 
deckt 1498  von  IHnzon;  zuerst  befahren 
1539  von  Orellana;  später  von  Condcmine 
(1744),  Spix  und  Martius,  PSppig,  Friru 
Adaibert,  Castelftau,  WaUate,  Smyth,  Hsre- 
don,  Marcoy,  Batet,  Aaaseiz,  Orton, 

Ambacht  (altdeutsch),  Amt.  AmbachtHeMtp 
Amtslehn ;  AmbachMeute,  Ambachtsrecki  etc* 

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66 


AmbSges  —  Ameisen. 


|M    Hat.)»    W«ltliaflgkelteii,    Um- 
schweife; am»agttt,  weitschweifig. 
AabAll  " 


>9  Stadt  in  KeogmuUla,  am 
Vagdalenenitrom,  westlich  Ton  Bogota, 
9700  Ew.    Wichtiger  Tabakshan. 

AaballAy  Stadt  in  Ostfaidien,  östl.  Ton 
Lahore,  21,900  Ew.  Konvention  wm  A.,  1899 
abgeschlossen  zwischen  dem  Qeneralstatt- 
halter  Lord  Mayo  nnd  dem  Emir  Schlr  All 
Ton  Afghanistan,  wodurch  letzterer  in 
l^enndschafksTerhältniss  tn.  England  tritt. 

JünhanraUen  (lat.),  bei  den  Römern  Fest 
der  Landleate  zn  Ehren  der  Ceres  nnd 
anderer  ländlicher  Gottheiten. 

AnbuHMde  (fr.,  spr.  Angbassahd^ «  Oe- 
aandtschaft;  Ambcutadenr  (-döhr) ,  Gesandter 
•rsten  Ranges,  Botschafter.  pJeon ,  10,000  Ew. 

AmbitOy  Handelsstadt  in  Ecnador,  Depart. 

Ambe  (lat.),  in  der  KombinatlonsrechnuDg 
Verbindung  Ton  2  Grössen;  im  Lottospiel 
die  Yerbindling  von  2  Nummern. 

Ambergy  Stadt  im  bayerischen  Regbz.  Ober- 

{falz,  an  der  Yils,  12,312  Ew.  Hier  24.  Ang. 
796  Sieg  des  Erzherzogs  Karl  ron  Oester- 
reich  über  die  Franzosen  unter  Jourdan. 

Amberger,  Chrittoph,  Porträtmaler  in 
Holbeins  Manier ,  geb.  1490  in  Amberg ,  f 
1568  zu_Angsburg. 

Ambient  (lat.),  Bewerber  um  ein  Amt; 
ambiren,  sich  um  ein  Amt  bewerben. 

Ambiörix.  Fürst-  der  Eburonen  im  nördl. 
Gallien,  rieb  55  n.  Ohr.  eine  römische 
IJegion  fast  ganz  auf. 

Ambition  (lat.),  Ehrgefühl,  Ehrgeiz. 

Ambltns  (lat.) ,  Bewerbung  um  ein  Amt ; 
1)es.  Amtserschleichung  (crimen  ambitus). 

Amblyaphie  (gr.),  Stumpfheit  des  Ge- 
fühls oder  Tastsinns. 

Amplyopgfe  (gr.),  Schwachsichtigkeit. 

Amboina,  Molnkkeninsel,  den  Holländern 
gehörig ,  13i/a  QM- ,  80,000  Ew.  Heimat  der 
Gewürznelken.  Hauptstadt  A.,  guter  Hafen, 
9000  Ew.  [Palmenholz  ron  Amboina. 

Amboinaholz^  röthlich  goldgelbes  hartes 

Ambolse  (spr.  Angboahs,  das  alte  Am- 
haeia),  Stadt  im  franz.  Depart.  Indre  -  Loire, 
an  der  Loire,  4188  Ew.  Im  alten  Schloss 
1847—52  Abd-el-Kader  In  Haft. 

Ambolse  (spr.  Angboahs),  George  d%  geb. 
1460  zu  Chaumont  -  sur  -  Loire,  Erzbischof  von 
Narbonne,  dann  ron  Ronen,  seit  1498als  erster 
Hinister  der  eigentliche  Regent  von  Frank- 
reich, reizte  den  König  Ludwig  XH.  zur  Er- 
oberung Mailands ;  t  25.  Mai  1510  zu  Lyon. 
Ambra  (grauer  Atnber,  orientalischer 
Agtetein),  Specerei,  findet  sich  in  nnregel- 
mässigen  Stücken  auf  dem  Meere  schwim- 
mend bei  Madagaskar,  Surinam,  Java, 
Japan  u.  Brasilien,  grau  bis  braunschwarz, 
geschmacklos,  ron  angenehmem  Gkruch, 
wahrscheinlich  ein  Produkt  der  Galle  der 
Cetaceen  und  den  menschl.  Gallensteinen 
analog.  Räuchermittel,  bei  den  Alten  Aphro- 
disiacum,  als  Arzneimittel  jetzt  obsolet. 

Ambracia  (a.  G.),  Stadt  in  Epirus,  am 
cmbracischen  Golf  (jetzt  Busen  von  Arta), 
Pyrrhns  Residenz.  JetztKaravassera,  lOOOEw. 

Ambras  (Amras),  kaiseri.  Schloss  (Ka- 
serne) bei  Innsbruck.  Awbraser  Sammlung, 
«eit  1805  in  Wien  (darunter  12,000  Porträts). 


AmbTM,  Jmg.  WUk.,  Kiialkaehrift 

nnd  Komponist,  geb.  17.  Not«  1816  in  '. 
in  Böhmen,  seit  1850  Staatsanwalt  in 
aqch  Direktorialmitglied  des  Kons« 
riums  und  seit  Herbst  1860  Prof.  der 
an  der  Universität  daselbst.  Onvertni 
,GenofeTa',  ,Othello*  u.  a.,  Trios,  I 
Sehr.  ,Ueber  die  Grenzen  der  Mnsil 
Poesie'  (1866)*  ,GeschIchte  der  Musik 
1  — S,  1862  — ffi);  iKnltnrhistorische  : 
aus  dem  Musikleben  der  Gegenwart* 

Ambrosia  (gr.},  die  Götterspeise. 

AmbroslaBuelie  Btbllotliek»  die  toi 
Kardinal  und  Erzbischof  Federigo  Bor 
In  Mailand  1609  für  den  öfTentlichei 
brauch  aufgestellte  r^che  Bibliothek  ( 
gedruckte  Bücher  nnd  15,000  Handschi 
nebst  Kunstsammlung. 

AmbroslttS,  Heiliger  und  berühmte: 
chenvater,  geb.  um  840,  wahrscheinli 
Trier,  869  Präfekt  von  Oberitalien,  3 
Katechumene  zum  Bischof  von  Mailai 
wählt,  ausgezeichnet  durch  Milde  und  i 
muth ,  aber  auch  durch  Gharakterfesti 
belegte  den  Kaiser  Theodosius  wegen 
samer  Niedermetzeinng  der  aufstand i 
Thessalonicher  mit  dem  Bann;  f  ^* 
897.  Tag  4.  April.  Fruchtbarer  Seh rifts 
auf  homiletischem,  ascetisc^em  und  d* 
tisohem  Gebiete.  ,Opera',  herausg.  to 
Benediktinern  (1686^90,  2  Bde.).  De 
zugeschriebene  AmbroBianitehe  Lobgt 
das  ,Te  Deum  laudamus'  (Herr  Gott , 
loben  wir),  ist  100  Jahre  später  vei 
Der  Ambro$iani$che  Bitn$  ist  heute  no 
der  mai ländischen  Kirche  in  Gebraucl 

AmbTOtypen  (gr.),  in  der  Photogr 
positive  Collodiuyibilder  auf  Glasplatt 

Ambulance  (fr.,  spr.  Angbülangs),  fiiei 
Feldlazarethe,  von  den  Franzosen  zu  A 
des  18.  Jahrb.  eingeführt;  ambuleUo 
ärztl.  Praxis  ,  wobei  sich  die  Krankf 
dem  Arzte  oder  in  die  Klinik   begebe 

A.  m.  e.y  abbr.  a  mundo  eondito 
von  Erschaffung  der  Welt  an. 

Amedschi  Efe^dt  (türk.),  Qeheimsel 
des  Reis  Efendi  (Ministers  des  Auswärt 

Ameisen^  Formicidae ,  Insektengattui 
Hymenopteren,  leben  sämmtlich  gesel 
Kolonien,  die  stets  aus  Männchen,  Weil 
und  geschlechtslosen  Arbeiterameisei 
stehen.  Letztere  sind  immer  ungefl' 
während  die  Männchen  ihre  ganze  Le 
zeit,  die  Weibchen  nur  zur  Zeit  de 
gattung  geflügelt  sind.  Die  Männchen 
ben  nach  der  Begattung  im  Spätsor 
Das  befruchtete  Weibchen  legt  im  Lau; 
Sommers  mehrere  tausend  Bier,  ans 
chen  Arbeiterinnen,  und  erst  im  Spätso: 
solche  Eier,  aus  welchen  Männchen 
Weibchen  sich  entwickeln.  Im  Winte 
fallen  die  A.  in  Erstarrung,  und  es  übei* 
ihn  fast  nur  die  befruchteten  Weib 
Die  A.  lieben  besonders  Süssigkeiten, 
sen  aber  auch  kleinere  Thiere,  d| 
skeletiren,  u.  sind  nützlich  durch  Vertu 
schädl.  Insekten.  Ihre  Puppen,  die  sog. , 
sentier,  liefern  Vogelfutter,  u.  ihrer  Am 
säure  (s.  d.)  halber,  die  sie  bei  Angrillll 
Gift  von  sich  spritzen,  benutzt  man  sie  i 


Ameisenbär  —  Amerika. 


67 


dem.  Am  Rio  Negro  lelbtn  die  Eingebornen 
•inen  grossen  Thei]  des  Jahres  youA.  Die 
Wander '  oder  Besuchsameise,  Atta  c^ha- 
lotes  L»,  in  Südamerika,  reinigt  die  Woh- 
nungen  von  Ungeziefer;  die  ZitokerameUe, 
Formica  saccharivora,  vernichtet  in  West- 
Indien  oft  Znckerplantagen.  Han  vertreibt 
A.  durch  ungelöschten  Kalk,  Seifen-  oder 
AloSwasser,  Petroleum,  Insektenpulver. 

AMeteenbir,  s.  Ameisenfresser, 

AaelsenfSnger.  Myiothera  lU,,  Yogel- 
gattung  der  Pfriemenschnäbler,  in  West- 
indien und  Südamerika,  durch  Vertilgung 
der  Termiten  nützlich. 

Amelsenfiresser.  MjrrmecophagaX.,  Säuge- 
thiergattung  der  Zahnlücker  in  Südamerika. 
Der  grosse  A.,  M.  jubata  L.,  von  der 
Grösse  eines  Fleischerhundes,  mit  2'  langer 
Zunge,  vertilgt  Termiten,  liefert  wohl- 
schmeckendes Fleisch  und  gutes  Pelzwerk. 

Ameisenlgel  (LandschruadtMer) ,  Tachy- 
glossus  Bl.,  Echidna  Cuv.,  S&ugethiergat- 
tung  der  Zahnlücker  im  südl.  Australien, 
lecken  Insekten,  besonders  Ameisen,  mit 
ihrer  klebrigen  Zunge  auf! 

Ameisenlurlecheii  (formicatlo,  myrmecis- 
mus),  Prickeln  in  der  Haut,  gebt  gewöhnlich 
Schli^üssen,  Lähmungen  etc.  voran. 

AjneiMiilSwe  (Ameisenjung/er),  Myrmeco- 
leon  £unn,,  Insektengattung  der  Neu- 
ropteren.  I>ie  Larve  des  gemeinen  A»n ,  M. 
formicarins  L.,  lauert  in  selbstgegrabenen 
Sandtrichtern  auf  hineinfallende  Insekten. 

Amelsensiure ,  stickstofffreie  Verbindung 
ans  der  Reihe  der  fetten  Säuren,  von  Natur 
in  den  Ameisen,  den  Giftorganen  stechender 
Insekten,  in  Nesselhaaren,  im  Fleischsaft 
und  im  Seh  weiss  vorhanden ,  bildet  sich  bei 
zahlreichen  Ozydationsprozessen,  wird  im 
Grossen  dargestellt  durch  Erhitzen  von  Gly- 
cerin  mit  Oxalsäure.  Farblose  Flüssigkeit, 
riecht  durchdringend  sauer  und  wirkt  ätzend, 
ist  mit  Wasser  und  Alkohol  mischbar,  er- 
starrt unter  Qo,  siedet  bei  lOO«,  reducirt  leicht 
Hetalloxyde.  Ameinensäureäther ,  zur  Rum- 
fabrikation benutzt,  entsteht  beim  Erhitzen 
von  Glycerin,  Oxalsäure  und  Alkohol. 

Ameisenaßharrw  (ErdwiVder),  Orycteropus 
Cfeoffr. ,  Sängethiergattung  der  Zahnlücker 
in  Südafirika.  Das  Fleisch  des  Brdschtoeins 
od.  afrikan.  Ameisenbär»,  O.  capensis  L., 
S>/b',  wird  gesalzen  und  geräuchert. 

AflieisensplritiUy  Spiritus  formicarum, 
über  Ameisen  destillirter  Spiritus,  Volks- 
xnittel   bei  gichtischen  u.  rheumat.  Leiden. 

AmeXanenier  Lindl.  (Traubenbime,  FeU 
smbirne),  Pflanzengattung  der  Rosaceen, 
Obstbäume,  meist  aus  NordamerÜEa.  A. 
-vulgaris  Dec,  Pyrus  amelanchier  L.,  eng- 
lische Mispel,  Frühbime  in  Frankreich, 
Deutschland  und  der  Schweiz  mit  wohl- 
schmeckenden Früchten. 

Ajaeland,  niederländ.  Insel  an  der  Küste 
Ton  Friesland,  1,1  QM.,  3S00  Ew. 

Amella,  SUdt  in  Mittelitalien  (Perugia), 
7024  Ew.;  d.  alte  Ameria  (älter  als  Rom). 

Amelle-les-Biiiui  (spr.  AmSlih-lä-bäng^, 
Badeort  im  südl.  Frankreich  (Ostpyrenäen), 
18  Schwefelanellen,  320^630  R.  Als  Winter- 
station von  Ruf. 


AnellonttOB  0*^)«  V«rbM*«mng,  beson- 
ders von  Grundstikeken. 

Anelkon  (Amertom) ,  Reisdinkel,  Zw«i- 
kom;  Amelmehl,  Kraftmehl.   . 

AHelmgeB;  s.  Amaler. 

Äsen  (hebr.,  d.  L  gewiss,  so  sei  esl), 
Schlnssformel  von  Gebeten  etc. 

AmendeaiMit  (fr.,  spr.  Amangd'mang),  Ver- 
besserung, Inder  Parlamentär.  Sprache  Aen- 
derung,  welche  zu  einzelnen  Th  eilen  eines 
Gesetzentwurfs  vorgeschlagen  wird. 

AamorrhSe  (gr.),  Mangel  der  Menstma- 
tion.  Primäre  A.,  Folge  angebomer  Ver- 
schliessung  der  Scheide  oder  Gebärmutter, 
mangelhafter  Entwickelung  der  Eierstöcke, 
fehlerhafter  Blutbildung.  Sekundäre  A., 
Folge  äusserer  schädlicher  Einwirkungen. 

A  nMnsn  (lat) ,  vom  Tische  (geschieden). 

Amentkes,  die  Unterwelt  der  alten 
Aegypter,  wo  Osiris  über  die  von  Anubis 
eingeführten  Seelen  Gtericht  hält. 

jünerighiy  Michel  Angela,  s.  Oaravaggio, 

Amerigo  Veqnicei  (spr.  Wesputtschl), 
Italiener,  nach  welchem  Amerika  genannt 
worden,  geb.  9.  März  1461  zu  Florenz,  be- 
sorgte ,  seit  1490  zu  Sevilla  in  einem  italie- 
nis^en  Handelshanse  beschäftigt,  die  Aus- 
rüstung zu  des  C!olumbns  dritter  Reise,  nahm 
1499  an  der  Expedition  des  Admirals  Alonso 
de  Ojeda  nach  Surinam  Theil,  machte  noch 
3  Reisen  1501  und  1508  nach  dem  neuen  Erd- 
theil,  wurde  1508  zum  Grosssteuermann  für 
die  Fahrten  nach  Indien  ernannt;  f  22.  Febr. 
1512  zu  Sevilla.  Der  Vorschlag,  die  neue  Welt 
nach  ihm  zu  benennen ,  ging  von  dem  Buch- 
händler Martin  Waldseemüller  in  St.  Die  ans, 
der  1507  unter  dem  Namen  Hylaoomylns  die 
Reisen  des  A.,  ans  dem  Franz.  übersetzt, 
in  dem  Werke  »Cosmographiae  introductlo 
etc.,  insuper  quatnor  Americi  Vespucii  navi- 
gatlones*  herausgab.  Ygl.JPsschel,  »Geschichte 
des  Zeitalters  der  Entde<ALungenS  1858 :  Kunst' 
mann,  ,Die  Entdeckung  Amerikas*,  1869. 

Amerlkm^  vierter  Erdtheil,  das  grosse 
westliche  Festland  oder  die  Ifene  Welt, 
ganz  auf  der  westlichen  Halbkugel  gelegen, 
im  O.  durch  den  atlantischen  Ocean  von 
Europa  u.  Afrika,  im  W.  durch  den  Grossen 
Ocean  von  Asien  und  Australien  geschieden, 
744,000  QM.  (davon  68,000  QM.  Inseln);  hat 
unter  allen  Erdtheilen  die  grösste  Ausdeh- 
nung von  N.  nach  S.  (2000  Meil.),  nähert 
sich  unter  allen  am  meisten  dem  Sttd-  und 
durch  die  Polarinseln  auch  dem  Nordpol  u. 
erstreckt  sich,  wie  kein  anderer  Kontinent, 
durch  4  Zonen.  Aeusserste  Punkte:  im  N. 
Kap  Murchison  (Boothia  Felix),  72o  n.  Br., 
im  S.  Kap  Froward,  54o  s.  Br.,  im  W.  Kap 
Prinz  Wales,  löO«  w.  L.,  im  O.  Kap  Branoo 
(südlich  von  Kap  Roque),  150  w.  L.  Das 
Ganze  zerfällt  in  2  grosse  Hälften  von  über- 
einstimmenden Naturverhältnissen:  Nord- 
und  Südamerika,  gesondert  durch  die  Land- 
enge von  Panama.  Ifordcmerika,  417,000  QM. 
(davon  65,000  QM.  Inseln),  ganz  der  nördl. 
Halbkugel  angehörig,  ein  Viereck,  600M.  lang, 
700— 400 M.  breit,  im  S.  in  ein  schmaleres  Ver- 
bindungsglied von  sttdöstl.  Richtung  (Mexiko 
und  Centraiamerika)  auslaufend,  das  sich  von 
180  M.  bis  auf  6  M.  (Isthmus  von  Panama^ 

5* 


118 


Amerika. 


•v«r«Bgt  KIMa  auf  aU«n  8«ltott  gBglledert, 
am  meisten  auf  dar  Ostseita  (daher  hiar 
4»a  raache  GhMlalLan  auropiitöher  Kultar) ; 
L&Dge  der  Kü«ta:  6100  M.  (1:58  QM.  das 
Festlandes).    Die  bedentendstan  Halbinseln 

Sm  Ganzen  88,000  QM.}:  Boothia  Felix, 
[elTille ,  Labrador,  Neoschottland ,  Marj- 
land,  Florida,  Ynkatan(aiif  dar  Ost-),  Kall- 
liDnü(BB,T8cbngat8chan-Halblii8el,  Alaschka 
<anf  dar  Westseite).  Hanptbaien:  Bafllns- 
bai,  Hudsonsbai,  St.  Lorensbnsen,  Oolf  Ton 
Mexiko  und  Antillenmeer,  Oolf  von  Panama, 
Ton  Kalifornien.  Inseln  grösstenfheils  im 
närdl.  Eismeer:  Grönland,  Grinnellland, 
Panyarcbipel ,  BafOnsIand,  Nordsomarsat, 
Fr.  Walesinsel,  Victorialand,  Prinz  Albarts- 
land, Baaksland;  im  atlant.  Ocean;  Ken- 
.fonndland,  westindische  Inseln ;  im  grossen 
Oeean:  die  Alenten.  SfUkmerika ,  827,000 
•QM.  (daTon  ca.  8000  QM.  Inseln),  grössten- 
theils  auf  der  südlichen  Halbkugel,  ein 
Dreieck,  1000  M.  lang,  700  M.  breit,  ohne 
bedeotende  Gliederung,  fast  so  massenhaft 
nnd  in  seiner  Gestalt  so  einförmig  wie 
Afrika.  Küstenlftnge  8400  H.  (1:95  QM. 
des  Festlandes).  Wenig  Inseln:  Falklands- 
inseln,  Fenerlandsarehipel,  Galapagos.  Die 
Haujptländer  in  NA.:  Grönland,  Britisch- 
amerlka,  die  Vereinigten  Staaten  (mit  dem 
bisher.  Russisch-A.),  Mexiko,  die  Republiken 
von  Mittelamerika  mit  Westindien;  in  SA.: 
Columbia,  Venezuela,  Guyana,  Ecuador, 
Peru,  Boliria,  Chile,  Patagonien,  Laplata- 
staaten,  Uruguay,  Paraguay,  Brasilien. 

A.   ist  orographisch  charakterisirt  durch 
die  grössten  Kettengebirge  der  Erde ,  Yor- 
faerrschend    Ton     südnördlicher    Richtung, 
mit  bedeutander  Plateau bildung  (besonders 
im  N.);  daneben  ungeheure  Strecken  Tief- 
land (*/»  des  Kontinents)  mit  den  grössten 
Steppenflächen   und   Urwäldern   der  Erde. 
Das  Gebirgsland  vorwiegend  imW.,  das  Tief- 
land im  O.    Hauptgebirge:  die  Oordilleren 
(Anden),  die,   nahe  der  Westküste  und   in 
mehrere  Systeme  zerfallend,   mit  geringer 
Unterbrechung  den  ganzen  Kontinent  durch- 
ziehen und  im  S.  über  28,000',  im  N.  gegen 
17,000^  Gipfelhöhe  erreichen  (53  thätige  Vul- 
kane).   Nebengebirge,   das  l^iefland  im  O. 
unterbrechend:  das  Bergland  von  Brasilien, 
von  Guyana,  das  Kustengebirge  von  Vene- 
zuela, Sierra  Nevada  von  S.  Marta  (Gipfel 
17,0000,  Alleghaniesetc.  Die  Tiefebenen  sind 
grösstentheils  unübersehbare  Grasfluren  (im 
N.  Savannen,  Prairien,  im  S.  Pampas,  Llanos 
genannt)  oder  mit  dichtem  Urwald  bedeckte 
Strecken  (Selvas,  Bosqnes) ;  am  bedeutend- 
sten:  die  Polarebenen  (über   100,000  QM.), 
die  Prairien  des  Mississippi  (70,000  QM.),  die 
atlant.  Küstenebene,  die  Ebenen  des  Ama- 
zonenstroms (über   100,000  QM.),   des   Ori- 
noco,   die  von  Guyana  etc.   (im  Ganzen  in 
NA.  160,000,  in   SA.   24,000  QM.).    Wie  die 
längsten  Gebirge  hat  A.  auch  die  grössten 
Ströme  und  Stromgebiete  der  Erde  und  die 
meisten      grossen      Süsswasserseen.      Die 
Strdm«  durchgängig  mit   kurzem  Oberlauf 
und  sehr  langem  Unterlauf,  daher  weithin 
schiffbar  und  sonst  durch  zahlreiche  Ver- 
zweigungen den  Verkehr    beiordemd;  die 


von  NA.  gafa6rea  S  Haargablatan ,  vor 
weise  aber  dam  atlantischen,  die  SA. 
schliesslich  dem  letztem  an,  daher  A. 
durch  seine  Ströme  rorzugs weise  dar 
Walt  geöfftaat  Ist.  Flüsse  in  NA.,  zurr 
meer:  Mackenziestrom,  grosser  Fisch 
in  die  Hudsonsbai :  Churchill,  Nelson,Se 
zum  stillen  Ocean:  Kwlchpak,  Fräser 
lumbia,  Sacramento,  Colorado;  zum  a 
Ocean:  St.  Lorenz,  Hudson,  Mlssissipp 
Grande  del  Norte ;  in  SA. :  Kagdalenon 
^araib.  Meer),  Orinoco,  Araazouens 
Paranahyba,  S.  Francisco,  La  Plata 
Colorado  u.  Rio  Negro  (atlant.  Ocean). 
am  zahlreichsten  in  NA.:  der  Seogürt( 
die  Hudsonsbai  (Winibag,  Athabasca, 
ven-  nnd  Bärensee),  die  canadischeu 
(Oberer^,  Michigan-,  Hnronan-,  Erle 
Ontariosee),  der  grosse  Salzsee ;  der  N 
guasee  (in  Centralamerika) ;  in  SA. 
Maracaibo  (In  Venezuela),  Titicaca  (lu 
und  Salzsee  von  Atacama  (in  Chile). 

Das  Klima  A.s   ist,   gemäss    der   gr 

Längenausdehnung  des  Erdthells,  mai 

faltiger  als  das  der  andern  Erdthelle ;  ai 

halb  der  Tropen  kühler  als  das   der 

Welt  unter  gleichen  Breiten,   hat  es  \ 

der  Meridianrichtung  der  Gebirge  wc 

schroffe  Temperaturunterschiede   nacl 

Breite;    ausserdem   ist    es   feuchter   i 

nischer)  In  Folge  der  Schmalheit  des 

thells  ,  der  grossen,  viel  verzweigten  S 

Systeme,    der   weiten    Urwälder   und 

Sandlosigkeit  seiner  Steppen.    NA.  insl 

dere,  zum  grössten  Theil  (Westküste  l 

Ostküste  bis  85o  n.  Br.)  der  Zone  des 

änderlichen  Niederschlags  angehörend 

nur  im.  Sommer  oceanisches ,  im  Wiute 

schieden   kontinentales  Klima   (wogei 

Zufrierens  der  grossen  Seen  und  Bucl 

dabei  sehr  kühle   Sommer   und  sehr 

Winter  (Westküste  milder  als  die  OstI 

und   erleidet,   da    das   grosse   Beckei 

Mississippi  ebenso  den  Nordwinden  wi 

heissen  Süd  winden  offen  steht,  plötzlicb 

starke   Temperaturwechsel.     Der   Süi 

von  NA.  und  ganz  SA.  bis  48o  s.  Br.  go 

der    Regenzone    an.     Unter    den    T 

furchtbare  Stürme  u.  das  gelbe  Fiobor  1 

(besonders  anfden  Antillen); in  den  süda 

kanischen  Ebenen   die    Paniperos    (In 

von  den  Cordilleren  kommende  Wostw 

Dem  feucht  -  warmen  Klima  entsprich 

ausserordentliche  Mannichfaltigkeit , 

und  Ueppigkeit  der  Vegetation  A.s.  W< 

ausgebildet  und  unvollkommener   ers< 

die  Thierwelt.    Die  gprösste   Einförm: 

zeigt  der  einheimische  Mensch  A.s. 

Die  Produkte  anlangend ,  ist  A. 
reich  an  kostbaren  Jilineralien:  Gold 
Silfoerminen  (in  Peru,  Mexiko,  Kalifoi 
Nevada,  Colorado,  am  Fräser  etc.),  unei 
liehe  Steinkohlenlager,  Kupfer,  Blei,  1 
Quecksilber,  Platin,  Edelsteine  (Brasj 
Petroleum  (Ponnsylvauieu ,  Canada  ,  ( 
Hauptrepräsentautou  der  A.  ursprfii 
eigenthümlichou  Pflanzen:  Tabak,  Knrtc 
Kakao,  Zuckerahorn,  Vanille  Chinai 
Brechwurzel  (Ipecacuaulia)  u.  andre  A 
pflanzen,    Paraguaythee ,    kostbare  £ 


Aiiierika. 


6» 


(Mahagoni- ,  ]reniainbQk>,P«Iisaiifller>,  Cam- 
pechohoU),  Agayen,  Magnolian.  Gharakta« 
rlstisch  sind  die  nngeheoren  Urwaldungui 
der  Tarachiedenartigsten  n.  rieBenfaaftesten 
Banme,  Kakteen  (awiscben  40o  n.  u.  40«  s.  Br.)i 
Lianen  und  ScfaUngpflanzen .  baumartige 
Farren  und  Gräser  (Bambus),  aablreiche 
Palmenarten^  die  Mehl,  Wein,  Zucker  und 
O«!  liefern.  Wichtigste  Kulturpflanssen  (von 
den  Europäern  eiugefohrt):  Zuckerrohr, 
Kaffee,  Baumwolle,  Brodbaum,  Indigo, 
Pfeffer  u.  andre  Qe würze,  Wein,  Obst-,  und 
Gemüsearten,  Beis,  Mais  u.  a.  Getreidearten 
(in  Peru  noch  In  12,000'  Höhe  angebaut).  In 
der  ThiervftU  sind  die  niederen  Ordnungen 
(Insekten,  Beptilien)  am  meisten  entwickelt 
und  am  reichsten  ausgestattet,  während 
4ie  den  höheren  Ordnungen  angehörigen 
S&ugethlere  an  Grosse  u.  Stärke  hinter  denen 
der  alten  Welt  im  Allgemeinen  aurück- 
stehen;  herrorragend  ist  jedoch  die  Grösse 
und  Parbenpracht  vieler  Vögel.  A.  eigen- 
thümlicheThiere:  Bison  (das  grösste  Land- 
thier),  schwarzer  Bär,  Waschbär,  Polzthiere 
(Zibethmaus,  Seeotter,  Chinchilla,  Stinkthier 
u.a.),  Canadahirsch,  Jaguar .(amerik.  Tiger), 
Kuguar  (aroerik.Iiöwe);  kamelartige  Wieder- 
käuer t  Iduna,  Paco  (neben  dem  Hund  die  ein- 
zigen ursprünglichen  Hausthiere,  in  den 
Anden  von  Peru)  u.Yiouna  (nicht  gezähmt,  in 
Chile);  Meerschweinchen,  Tapir  (Repräsen- 
tant der  Dickhäuter),  Faulthiere^  Oürtel- 
nnd  Panzertfaiere,  zahlreiche  Affenarten 
(alle  ohne  Backentaschen  und  Gesäss- 
sohwlelen),  Beutelratte,  grosser  Ameisen- 
fresser ;  femer  Königsgeier,  Condor  (Anden), 
dreizehiger  Strauss  (Nandu),  Biesenstordi 
(Jabiru),  Truthahn,  Pfefferfirass,  Wander- 
tanbe,  zahlreiche  Papageien  und  andre 
Prachtvögel  (bes.  Kolibris) ;  Riesenschlangen 
(Boa  constrictor  und  Boa  aquatica),  Klapper- 
schlangen, Zitteraal,  Alligatoren  u.  andere 
Krokodile  und  riesige  Eidechsen  (Leguan 
esabar),  ungeheure  Frösche,  Kröten,  Wasser- 
insekten, brasilian.  Brillantkäfer,  präch- 
tige Schmetterlinge,  Schwärme  Ton  Mos- 
kitos (in  den  Ebenen)  etc.  Von  den  einge- 
führten Pferden,  Eseln  u.  Rindern  grosse 
Haerden  in  völliger  Verwilderung. 

Die  Bevölkerung,  auf  81Mill.geschätzt(l  QM. 
109  Ew.),  zerfallt  in :  1)  Ui-einwohner  (India- 
ner) von  knpfer-  und  braunrother  Haut&rbe, 
von  den  Weissen  jetzt  überall  unterworfen, 
vermindert  oder  in  die  Einöden  zurückge- 
drängt (noch  etwa  lOMill.  mit  422  Sprachen) ; 
U)  Weisse  (eingewanderte  Europäer  oder  Ab- 
kömmlinge von  solchen),  die  Beherrscher  des 
Brdtheiis,  46  Mill.,  in  NA.  im  Allgemeinen 
germanischer,  und  zwar  überwiegend  bri- 
tischer Nationalität:  Engländer  und  Anglo- 
amerikaner, daneben  etwa  5  Mill.  Deutsche ; 
in  Mittel-  und  SA.  romanischer  Nationalität 
(Kreolen):  Spanier  und  Portugiesen;  in  NA. 
der  Protestantismus  mit  zahlreichen  Sekten, 
In  SA.  der  Kathplicismus  vorherrschend ; 
3)  Neger  der  afrikanischen Raoe,  etwa 9  Mill. 
(als  Sklaven  eingeführt,  in  den  Vereinigten 
Staaten  seit  1865  frei,  in  Brasilien  und  auf 
den  spanischen  Antillen  der  Freigebung 
entgagengehend).    Letztere  bilden  in  West- 


indien, die  Weissen  in  NA. ,  die  Indlanar 
in  Mexiko,  Centralamerika  und  vielen  Lan- 
dern SAs  die  überwiegende  MehnaÜi» 
Dazu  kommen  noch  4)  Mischlinge  der  % 
Raoen  (Farbige,  Mulatten,  Mestizen,  Zain- 
bos  oder  Chinos),  etwa  16  Mill.;  5)  ost- 
indische  Kulis  (in  Westindien,  als  Arbeiter 
eingeführt),  Chinesen,  Juden,  j^in  grosser 
Theil  der  Neger  und  fast  alle  Mischlinge  sind 

Jetauft;  im  Ganzen  etwa  75  Mill.  Christen» 
00,000  Juden  und  6  Mill.  Heiden. 
Am  frühesten  von  Europäern  baucht  war 
Grönland  (durch  Erik  Randa  982  von  Island 
aus  kolonisirt).  Diese  Kolonie,  der  Küste  ent- 
lang über  Maiicland(Labrador  ?)  bis  zum  wein-<- 
reichen  Vinland  (Gegend   der  Hudsonmün- 
dung?) sich  ausdehnend,  erhieltsicfa  bis  gegen 
Ende  des  14.  Jahrh.    Darauf  die  zweite  u. 
eigentliche  Entdeckung  A.s  durch  Golumbus 
(1492  u.  1493  Westmdien;  1498  Orinocoraün- 
dung,  1502  Küste  von  Honduras  u.  Oostarica). 
Neben  und  nach  ihm  entdeckten  Cabot  1497 
mit  engl.  Schiffen  Neufoundland ;  Alonzo  de 
Ojeda  und  Amerigo  Vespucci  1499  das  Fest- 
land von  SA. ,  1501  Brasilien;  Piuzon  und 
de   Solls   1506   Yukatan;   Pouce    de    Leon 
1512  Florida ;  Baiboa  1513  über  den  Isthmus 
von  Panama  den  Grossen  Ocean;    Msgel- 
haens   1520    die  nach  ihm  benannte   südl. 
Durchfahrt.    Die  nordöstl.  und  nordwestl. 
Küsten  A.s  wurden  erst  im  17.  und  18.  Jahrb., 
die  eigentl.  Nordküsten  erst  im  19.  Jahrh. 
genauer  erforscht,  die  nordwestl.  Durchfahrt 
erst  1852  von  Mac  Clure  aufgeftmden.    Die 
Spanier,   Portugiesen  und  Engländer,    die 
ersten  Besitzergreifer  der  entdeckten  Län- 
der, gründeten   grosse  Kolonialstaaten  in 
NA.   und  SA.,    die   Jahrhunderte   lang   in. 
drückender  Abhängigkeit  gehalten  wurden,, 
bis  sich  1783  der  grösste  Theil  der  engl.  Ko- 
lonien in  NA.  freimachte  und  selbständige 
Staaten  gründete;  1810  begann  der  Freiheits- 
kampf in  den  span.  Besitzungen,  1822  machte 
sich  auch  Brasilien  unabhäugig.    Letzteres 
heute  noch  die  einzige  Monarchie,  während 
alle  übrigen  Staaten  Republiken  sind;   die- 
meisten  derselben  von  Zeit  zu  Zeit  von  revo-^ 
lutionären    Erschütterungen    heimgesucht. 
Den  injeder Hinsicht  bedeutendsten  Xobmtal- 
besil»  hat  England  (in  NA.,  Westindien  und 
SA.,  mit  Einsohluss  der  nicht  kolonislrten 
Länder  im  hohen  Norden  ca.  173,480  QM. 
mit  ca.  5  Mill.  Ew.,   an  eigentl.  Kolonial- 
gebiet aber  nur  35,980  QM.  mit  über  4>/4. 
Mill.  Ew.):  ihm  zunächst  stehen  in  West- 
Indien  u.  SA.  Spanien  (2827  QM.  mit  2,016,50a 
Ew.),  Frankreich  (17o2 QM.  mit  318,940  Ew.) 
u.  Holland  (2973  QM.  mit  92,520  Ew.).  Ueber 
den  Namen  A.  s.  Amerigo  Ve$pucei,  Vgl.  A.  voi» 
Burnboldt,  »Examen  critique  de  Thistoire  de  la. 
g6ographie  du  Nouveau  CöntinentS  1836—39, 
5 Bde.;  deutsch  von  Jdder  1886—39,  8  Bde.; 
Macgrtgor,  ,The  progress  of  America  fl:om 
the  discovery  of  Columbus  to  the  year  1846'» 
1847,  2  Bde. ;  Andree ,  ,NA.  in  geograph.  u. 
geschichtl.  Umrissen*,  2.  Aufl.  1853;   fTap- 
päMß,  neue  Bearbeitung  von  fitein«  u.  Sörsehel-- 
manne  ,Handb.  der  Geographie  u.  Statistik*, 
Bd.  1, 1855  ff. ;  Handelmann,  ,Gesch.  d.  amerik. 
Kolonisation    und    Unabhängigkeit',    1856; 


70 


Amerikanismen  —  Ammermüller. 


jriMWlMMMo1>ieEntd6ekmigA.8S188e  lOärtam- 
btH,, TMlean  gtoteal  deTAmteiqveS  1860; 
KM,  lOesehichte  der  £ntd«ckimg  t.  A.',  1861. 

AmerikABllBieily  die  Modifikationen,  welche 
die  engl.  Sprache  in  Amerika  erlitten  hat. 
Vgl.  Fiek*rinff,  (Yocab.  of  AmericanismsS 
19ib;BartleU,  .Diction.  of  Americanl8m8*,1848. 

IJMrliBff*  Friedr.,  Maler,  geb.  14.  April 
1808  zu  Wien,  stndirte  in  London  unter 
Lawrence,  in  Paris  nach  Yemet,  lebt  seit 
1844  in  Wien.  Hauptfach  das  Porträt  nnd 
rerwandte  Darstellungen  ron  Situationen. 

AHenfbort,  Stadt  in  der  nlederländ. 
ProT.  Utrecht,  an  der  Eem,  1S,164  Ew. 
Dabei  die  amenfoorUr  Berge,  Sandhügel. 

A  Bienreille  (flr.  welj),  zum  Bewundem. 

A  metft  (ital.) ,  im  Handel  s.  r.  a.  auf 
halbe,  d.  h.  gemeinsame  Rechnung. 

AMethyvt,  Halbedelstein,  yioletter  bis 
bläulich-  oder  röthlichweisser  Quarz,  ent* 
färbt  sich  beim  Erhitzen,  auf  Quarz-  und 
Erzgängen,  in  den  Kugeln  des  Kugel- 
porphyrs, in  den  Mandeln  der  Mandelsteine, 
des  Melaphyrs,  am  häufigsten  in  Brasilien, 
am  schönsten  auf  Ceylon  und  bei  Cartagena. 
Haaromef^j/^t  enthält  blättchen-  oder  nadei- 
förmige Einschlüsse.  OrientaHaeher  A., 
Amethyst-Saphir,  violetter  Rubin,  schwerer, 
liärter  und  glänzender  als  der  A.  Im 
Alterthum  zu  Amuleten  yerwendet. 

AHetrie  (gr.),  Mangel  an  Ebenmass. 

Amhira,  Landschaft  in  Abessinien; 
Hauptstadt:  Gondar.    Besondere  Sprache. 

Aaiherst  (spr.  Aemmerst),  engl.  Hafen-  n. 
Handelsstadt  in  Hinterindien ,  am  Golf  Ton 
Martaban,  20  —  80,000  Ew. ;  1826  gegründet. 

Aaüierst  (spr.  Aemmerst),  William  Piit,Earl, 
Neffe  des  Generals  Jeffery  A.  (f  1797),  geb. 
14.  Jan.  1773,  machte  1816  eine  Gesandt- 
schafbsreise  nach  China  nnd  war  1823—26 
Generalgouverneur  von  Ostindien,  f  ^^* 
März  1857  auf  Enole-Park. 

Amlant,  Varietät  der  Hornblende,  lang- 
faserig, seidengläuzend  wie  Asbest. 

Amici  (spr.  Amitschi),  Cfiovanni  Battieta, 
ital.  Optiker  und  Astronom,  geb.  25.  März 
1784  zu  Modena,  Direktor  der  Sternwarte 
zu  Florenz,  f  10.  April  1863.  Konstruirte 
grosse  SpiegeItele8kope,Mikroskope,  mehrere 
Arten  der  Camera  lucida,  einen  Polari- 
sationsapparat etc.,  machte  Beobachtungen 
über  die  Doppelsteme,  Jupitersmoude  etc. 

AMietns  (lat.),  roantelartiges  Gewand; 
Kopfbedeckung  des  messelesenden  Priesters. 

Amfd,  hypothetische  Verbindung  aus 
1  Aeq.  Stickstoff  und  2  Aeq.  Wasserstoff  be- 
stehend. Amide  (Amidbasen),  Verbindungen, 
die  als  A.  angesehen  werden  können;  ein 
Theil  des  Wasserstoffs  ist  darin  durch  einen 
Theil  Kohlenwasserstoff  ersetzt. 

Amida,  s.  Diarbekr. 

Amldon,  s.  y.  a.  Stärkemehl. 

Amiens  (spr.  Amjäng ,  das  alte  Samaro- 
briva),  befestigte  Hauptst.  des  franz.  Depart. 
Somme,  Kathedrale  (12.  Jabrh.),  61,063  Ew. 
Friede  27.  März  1802  zwischen  Frankreich, 
England,  Spanien  und  der  batav.  Republik. 

Amliiea  (a.  G.),  Landschaft  in  Kampanien; 
berühmt  der  itmineische  Wein.  {minut. 

A  minSrl  ad  maju»  (lat.),  s.  A  nu^ori  ad 


AMlnat«B  (Äimiraiuauimtdn) ,  afHk. 
Inselgruppe,  tuidwestl.  ron  den  Bechellen, 
anbewohnt.    Stationsplätie. 

AmIi»  der  If äffe,  scnershaftes  mittelhoch- 
deutsches Gedicht  rom  Dichter  Stricker. 

AhIiu  (a.  G.),  Handelsstadt  in  Pontus 
am  schwarzen  Meer,  zeitweilig  Residenz 
des  Mithrldat.    Jetzt  Bamsun. 

AMftft  (lat.),  des  Vaters  Schwester;  A. 
magna,  die  Schwester  de«  Grossraters. 

Ammm,  Joet,  Maler,  geb.  1S89  zu  Zürich, 
t  1591  zu  Nürnberg.  Zahlreiche  Zeichnun- 
gen für  den  Holzschnitt ;  Illustrationen  zur 
Bibel  nnd  zu  Reineke  Vos;  Todtentanz, 
Fürstenporträts,  Wappen-  u.  Jagdbuch  u.  a. 
Vgl.  Becker,  ,Jobst  A.S1854. 

AmnuBitty  ^rtotommeo,  ital.  Blldhanei 
und  Architekt,  geb.  1511,  Schüler  ron 
Bandinelli  und  Sansorino,  f  1582  zu  Flo- 
renz. Skulpturen:  der  Brunnen  auf  dez 
Piazza  del  Granduca  zu  Florenz,  Statuen 
von  Religio  nnd  Justitia  in  Rom;  Bau- 
werke: Brücke  S.  Trinitk|  Vollendung  des 
Palastes  Pitti  zu  Florenz. 

AmmamB)  s.  v.  a.  Beamter;  in  der  Schweiz 
Bezirks-  oder  Gemeindevorsteher;  Laudam- 
mann,  s.  v.  a.  Regierungspräsident. 

Ammenercengnng  (OeneratUmeweehsei,  al- 
temaiive  Generation),  eigenthümlicho  Fort' 
pflanzuDgsweise  vieler  niederen  wirbellosen 
Thiere,  wobei  die  aus  geschlechtlicher  Be- 
fruchtung hervorgegangene  Brut  nicht  nni 
anfangs  der  Mutter  unähnlich  ist,  sondern 
unähnlich  bleibt  und  ohne  Zeugfung  lediglich 
durch  Keimkörper  oder  Knospen  noch  eine 
Generation  oder  mehrere  hervorbringt,  deren 
letzte  erst  die  Form  des  Mutterthieres  wiedex 
annimmt.  Die  A.  ist  besonders  bei  Einge- 
weidewürmern,  Quallen,  Polypen  etc.  be- 
obachtet worden. 

Ammer,  Emberyza  L.,  V^elgattnng  dei 
Singvögel,  Kegel schnäbl er.  Goldammer  (Em- 
merling,  Gelbgans),  E.  citrinella  L.,  1". 
bei  uns  auf  Feldern  und  in  Wäldern  ,  sehi 
nützlich.  Bohrammer  (Rohrsperling),  E. 
schoeuiclus  L.,  5s/4— 6i/a"«  bei  uns  im  Schilf 
Ortolan  (Gartenammer J,  E.  hortulana  L.,  6", 
in  Südeuropa,  wird  gemästet,  Ausfuhr- 
artikel von  Cypem.  Die  schönste  Art  isl 
der  eckwamköpfige  A.  (Ortolankönig,  Kappen- 
ammer), E.  melanocephala  8cop.,  7"}in  Süd- 
europa  und  Asien.  Schneeammer,  X.  nivalis, 
6Va— 7>/4",  im  hohen  Norden. 

Ammer  (Amber),  Fluss  in  Oberbayern, 
entspr.  bei  Ettal .  nahe  der  tiroler  Grenze, 
durchfliesst  den  Ammereee  (41/9  St.  1.,  IV2  St. 
br.),  mündet  unterhalb  Moosburg  in  die 
Isar;  28  M.  Der  Ammergau  ausgezeichnel 
durch  Industrie  in  allerlei  Schnitzarbeit 
Darin  das  Dorf  Oberammergau  (s.  d.). 

AmmerUnd,  Landschaft  in  Oldenburg 
an  Ostfriesland  grenzend,  4  M.  I.,  3  M.  br! 

AmmermaUer,  Ohriatoph  Friedr.,  Schrift- 
steller im  Fache  der  Naturwissenschaft  und 
Technologie,  geb.  6.  Nov.  1809  in  Stuttgart, 
1837  —  52  Vorstand  der  Oberrealschule  iii 
Reutlingen,  seit  1854  Fabrikant  in  Stuttgart 
seit  1862  Mitglied  der  Kammer  der  Abgeord- 
neten, 1868  Mitglied  des  deutschen  Zollpar- 
laments, hält  sich  zur  süddeutschen  Fraktion, 


Ammi  —  Ammomum. 


71 


Aaaü  L.  (Änm»),  PflAnsengattoog  der 
UmbeUiferen,  in  Südenropa  uud  Nordaftika. 
Von  A.  majns  Xr.  sind  die  Samen  (Ammei- 
sanen)  officioell.  Von  A.  Yisnaga  /^m.  die- 
nen die  yerhoiaten  Doldenstrahlen  in  Spanien 
als  Zahnstocher,  Handelsartikel. 

AaunliMai  MÄroeUfuBS,  römischer  Ge- 
schichtsohreiber ,  geb.  330  zu  Antiochia  in 
Syrien,  lebte  spater  in  Rom,  schrieb  nm 
390  in-  latein.  Sprache  eine  «Geschichte  des 
römischen  Staats'  von  91—378  n.  Chr.  in 
31  Büchern,  voii  denen  die  13  ersten  (bis  352) 
verloren  sind,  heransg.  von  Wagner  and  J?r- 
JurdJt  (1808,  3  Bde.),  deutsch  t.  Büchelt  (1853). 

Ammoilf  ägyptische  Gottheit,  dem  Zeus 
«ntsprechend,  Schatxgott  Thebens  (Ammons- 
Htadt),  dargestellt  sitzend  auf  dem  Throne, 
die  Symbole  des  Lebens  und  der  lilacbt  in 
der  Hand  haltend. 

Animony  1)  ChriUopk  Friedr.  vonA.,  prote- 
stantischer  Theolog,  geb.  16.  Jan.  1766  zu 
Baireuth,  erst  Professor  in  Erlangen  und 
Oöttingen,  seit  1813  Oberhofprediger  in 
Dresden,  f  daselbst  21.  Mai  1850.  Schrieb 
jHandbuch  der  christlichen  Sittenlehre* 
<2.  Aufl.  1838,  2  Bde.);  ,Tortbildang  des 
Christenthums  zur  Weltreligion'  (1833  —  40, 

4  Bde.).  —  2)  Friedr.  Wilh,  Fhil.  von  A,, 
protestantischer  Theolog,  Sohn  des  Vorigen, 
geb.  7.  Tebr.  1791  zu  Erlangen,  Professor  der 
Theologie  und  Stadtpfarrer  daselbst,  f  19. 
Sept.  1855,  Verfasser  mehrerer  populär- 
theologischer  nnd  kirchengeschichtlicher 
Schriften.  —  8)  fVi«dr»cJk  August  von  X, 
Medloiner,  geb.  10.  Sept.  1799  in  G^ttingen, 
Professor  an  der  chirurgischen  Akademie  zu 
Dresden,  königl. Leibarzt  und  geh.Medicinal- 
rath,  t  IS.  Mai  1861.  Sehr.  ,Klinische  Dar- 
atellongeu  der  Krankheiten  und  Bildungs- 
fehler des  menschlichen  Auges*   (1838—41, 

5  Bde.);  ,Oie  angeborenen  chirargischen 
Krankheiten  des  Menschen*  (1839-42);  ,Dle 

6 lastische  Chirurgie'  (1842):  ,Die  ersten 
[utterpflicbten'  (13.  Aufl.  1868) ;  ,Brunnen- 
diätetik'  (5.  Aufl.  1854).  —  4)  Karl  WÜk,, 
Pferdezücliter  und  hippolog.  Schriftsteller, 
geb.  1777  zu  Trakehnen  in  Ostpreusseu,  baye- 
rischer Hofgestütmeister  zu  Rohrenfeld  bei 
Neuburg,  f  1842.  Sehr.  ,Hau8Tieharznei- 
buch'  (3.  Aufl.  1846);  ,Ueber  Verbesserung 
und  Veredlung  der  Ijandespferdezucht  durch 
Landesgestütanstalten'  (1829—31,  3  Bde.) 
u.  A.  m.  Sein  Bruder,  Oeorg  Oottlieb, 
f^eb.  irao  zu  Trakehnen,  Gestütsinspektor  tu 
Kloster  Vessra,  f  26.  Sept.  1839.  Sehr.  .Hand- 
buch der  Gestüts-  und  Pferdezucht'  (1833). 
Ammoniak)  Verbindung  von  1  Aeq.  Stick- 
stoff mit  3  Aeq.  Wasserstoff,  entsteht  durch 
Einwirkung  von  Kalk  auf  Salmiak  bei 
trockner  Destillation  und  Fäulniss  organi- 
scher stickstofflialtiger  Substanzen,  &rb- 
loses  Gkts,  riecht  äusserst  stechend,  schmeckt 
brennend  alkalisch,  bläut  rothes  Lackmus- 
papier, spec.  Gew.  0,596,  brennt  nur  in 
Sauerstoff  oder  wenn  man  es  in  eine  Flamme 
bläst,  wird  bei  Oo  unter  dem  Druck  von  4V9  At- 
mo8phäi*en  flüssig.  1  Vol.  Wasser  löst  bei  Oo 
1050,  bei  159  G.  727  Vol.  A.  Die  Lösung 
(Salmiakgeist)  ist  leichter  als  Wasser  (0,884 
epec.  Gew.  36o/oA.;  0,898,  30<Vo;  0,925,  80<Ve; 


0,959,  l(fik)t  «ibt  an  der  Luft  reichUoh  A. 
ab,  im  luftverdünnten  Raum  unter  starker 
Wärmebindung  (Garr6s  Eismaschine),  dient 
zum  Extrahiren  der  Orseille,  der  Codie- 
nUle  etc«,  zum  Extrahiren  des  Silbers  ans 
den  Erzen,  in  der  Schnnpftabakfkbrikation» 
zum  Verseifen  der  Fette  und  Oele,  zum 
Reinigen  von  Geweben  etc.  Am  häufigsten 
jetzt  aus  den  wässerigen  Destillationspro- 
dukten der  Steinkohlen  gewonnen,  indem, 
man  dieselben  mit  Aetzkalk  destiUirt. 

AmmoaiakMlse  (Ammonsalm,  Ammonium^ 
oxjfdsaUe),  flüchtige  Salze,  welche  beim  Neu* 
tralisiren  von  Ammoniaklösung  mit  Säuren 
entstehen.  Anderihalbkohlensaures  Ammoniak 
findet  sich  in  allen  faulenden  Substanzen» 
wird  aus  faulendem  Harn  (auf  seiner  An- 
wesenheit beruht  die  Wirksamkeit  desselben 
zum  Entsch weissen  der  Wolle),  durob 
trockne  Destillation  von  Knochen,  Haut» 
Hörn  (Hirschhornsalz)  und  bei  der  Borax- 
ÜEibrikation  aus  toskanisohor  Borsäure  ge  won* 
neu  und  durch  Sublimation  gereinigt.  Weiss» 
krystallinische  Masse^  riecht  stark  nach  Am- 
moniak (Rieehsalz),  geht  an  der  Luft  in  zwelp 
fachkohlensaures  Ammoniak  über  (in  Guano- 
lagem,  Handelsartikel),  wird  vielÜBMsh  wi» 
Ammoniak  und  ausserdem  in  der  feinerea' 
Bäckerei  zum  Auftreiben  des  Teiges  benutzt» 
Schwe/elsauret  Ammoniak  findet  sich  neben. 
Borsäure  in  den  SufQoni  Toskanas,  wird  aus 
kohlensaurem  Ammoniak,  aus  faulem  Harn 
und  aus  dem  Kondensationswasser  der  Gas- 
anstalten bereitet  und  durch  Krystallisation 
gereinigt,  dient  zur  DArstellung  anderer  A., 
des  Ammoniaics  uud  Ammoniakalauns.  Sal" 
petersaures  Ammoniak,  aus  kohlensaurem 
Ammoniak  oder  Natronsalpeter  mit  Salmiak 
erhalten,  erzeugt  beim  Auflösen  in  Wasser 
grosse  Kälte  (Benutzung  in  Grefriei«ppa- 
raten),  gibt  beim  Erhitzen  Stickoxydul  (Lnft- 
gas).  Saipetrigsaures  Amntoniak,  Bestand- 
theil  der  Atmosphäre  (neben  kohlensaurem 
und  salpetersaurem  Ammoniak),  bildet  sich 
beim  Verdunsten  von  reinem  Wasser,  beim 
Verbreunungsprozess  und  bei  der  Verwe- 
sung. Schw^elammonium  entsteht  beim  Sätti- 
gen von  Ammoniakflüssigkeit  mit  Schwefel- 
wasserstoff. Farblose,  sehr  übelriechende 
Flüssigkeit,  löst  Schwefsl  und  dient  als  Re- 
agens. Chlorammonium  s.  v.  a.  Salmiak  (s.  d.)« 

Ammoniäcum  (armenische»  Gummi).  Gum- 
miharz der  persischen  Umbellifere  Dorema 
armeniacum  Don,  blassgelb  bis  röthlich, 
von  scharfem,  etwas  knoblauchartig^em 
Geruch  und  widerlich  gewürzhaftem  Ge- 
schmack.  Arzneimittel,  bes.  in  Pflastern. 

AmmoMten^  fossile  Cephalopoden,  unsem 
Nautlliten  verwandt,  sehr  zahlreiche  Arten 
und  Geschlechter,  von  denen  die  meisten 
vorherrschend  in  der  Kreide,  die  A.  im 
engern  Sinn  (AmmonshUmer)  am  formen- 
reichsten im  Jura  auftreten  und  nur  wenige 
bis  zum  Muschelkalk  herabsteigen. 

Ammoniter  (a.  G.),  semitischer  Volks- 
stamm, nordöstl.  von  Judäa,  Feinde  der 
Israeliten.   Hauptstadt:  Rabba  (j.  Ammon). 

Ammonium  (a.  G.),  Landstrich  in  der 
libyschen  Wüste  (j-  Oase  Siwah),  mit  ber. 
Tempel  und  Orakel  des  Jupiter  Ammon. 


7Ö 


Ammoniiun  —  Amphibien. 


AamSilvMy  hypothetlieh««  BAdikal,  ans 
1  Aeq.  Stickstoff  und  4  Aeq.  Watserstoff  be- 
stehend. Ammonimmamalgam  entsteht  anter 
dem  Elnfluss  des  ralvaniscben  Stroms. 

AmmODiam  Mnmticaniy  s.  y.  a.  Salmiak. 

ABim5Diam  Hltrlcniiiy  salpetersanres  Am- 
moniak, flüchtiger  Salpeter,  i.Ammoniak9al*e, 

AmmOnlns  SaccM^  Haupt  der  nenplato- 
nlsehen  Philoaophensehale,  f  Ml  n.  Ohr. 
SU  Alexandria;  s.  Ifeuptatoniktr, 

Ammonshdmery  s.  AmnumUen. 

AmmimitioB  (lat.),  s.  t.  a.  Munition, 
Sehiessbedarf.  [des  Gedächtnisses. 

AmnMie   (gr.),    Schwache   oder   Verlast 

Amnestie  (gr.),  das  Vergessen;  insbeson- 
dere die  Ton  einer  Staatsgewalt  ausgehende 
Erklärung,  dass  verübte  Verbrechen  einer 
^wissen  Kategorie  rergeben  und  alle  Tom 
Gesetze  gebotenen  straft^chtlichen  tfassregeln 
dagegen  eingestellt  werden  sollen;  kommt 
am  häufigsten  bei  politischen  Verbrechen 
Tor,  um  die  Parteileidenschaften  xu  be- 
schwichtigen und  neue,  ans  Staatsumwalznn- 
gen  henrorgegangene  Zustände  zu  sichern. 
Jtmneatiren,  eine  A.  erlassen. 

Amnion  (gr.),  Schafhäutchen,  die  innerste 
Xiage  der  häutigen  Hüllen,  welche  den 
Embryo  im  Ei  umgeben,  scheidet  das  Am- 
nionnoauer  aus,  worin  der  F&tus  schwimmt ; 
lirfert   das   Qoldschlägerhäutchen. 

AmnOD,  ältester  Sohn  des  Königs  David, 
ward  wegen  Entehrung  seiner  Stiefschwester 
Thamar  auf  Anstiften  Absaloms  getödtet. 

Amobiisch    (gr.) ,    abwechselnd. 

Amon(Iat.),  numuthig,  lieblich. 

AmSnebnrg^  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Kas- 
sel, Kr.  Kirch  heim,  1087  Ew.,  früher  starke 
Festung.  Hier  87.  Juni  1686  Sieg  der  Schwe- 
den über  die  Bayern ;  81.  Sept.  1768  Gefecht 
zwischen  den  Prenssen  u.  Franzosen. 

Amoly  Stadt,  s.  AnnU. 

Amömen^  Neugewürz,  Piment,  s.  Pimenta. 

AmSmnm  L. ,  Pflanzengattung  der  Scita- 
mineen.  A.  granum  paradisi  Afkd.,  Melt- 
ifuetta  (Pfefferstande),  in  Asien  kultivirt, 
liefert  die  in  Afrika  und  im  Orient  als 
Gewürz  gebräuchlichen  Buradieskürner ;  A. 
«ardamomum  L.,  in  Ostindien  und  auf  den 
malayischen  Inseln,  das  officinelle  Oarda- 
momum  rotnndum;  A.  augustifolium  Sonner., 
in  Ostindien,  auf  Madagaskar,  die  grossen 
Kardamomen. 

Amor«  der  Liebesgott,  s.  EroB» 

Amoroacli,  Stadt  im  bayerischen  Regbz. 
'Unterft'ankeu ,  im  Odenwald,  8403  Ew.; 
Eesidenz  des  Fürsten  von  Leiningen. 

Amoretten,  Liebesgötter,  s.  Eros, 

Amorgo  (Amurgo),  griech.  Insel  im  Ar- 
chipel, Büdöatl.  von  Naxos,  8  QM.,  4000  Ew. 

Amoriter,  kanaanitisches  Volk,  an  beiden 
Ufern  des  Jordans  sesshaft,  von  Salomo 
völlig  unterjocht. 

Amorph  (gr.),  form-  oder  gestaltlos,  in 
der  Obemie  Gegensatz  zn  krystallinisch. 
Amorphie,  Formlosigkeit:  Missgeburt. 

Amorphm  L.  (Unform),  Pflanzengattung 
der  Papilionaceen  in  Nordamerika.  A.  fru- 
tieosa  X.,  ßastardindigo,  Zierstrauch. 

AmorphozSm  (gr.),  Seesehwämme. 

Amortisrntlon     (fr.),     Ertodtang,     Ans- 


löicboif »  der  Üebergang  liegender  €Kkt< 
Realrechte  und  Gefälle  aos  weltlloben  Häi 
den  an  eine  Kirche ,  ein  Kloster  oder  Stil 
,Kar  todten  Hand',  weil  8<riehe  GMter  d 
durch  nnveränsserlich,  stenerflrrt  nnd  de 
Verkehr  gänzlich  entsogen  wurden;  (Jfo 
tiJOcatUm)  die  amtliche  Erklärung,  dur< 
welche  verloren  gegangene  Wertbpapiei 
(Wechsel,  Anweisungen,  Obligationen,  AI 
tien  etc.),  eowie  auch  andere  Urkundi 
ausser  Geltung  gesetzt  werden;  (Cr.  Arno 
tUtewunt)  Tilgung  von  Staatsschulden ,  n 
mentlicfa  von  Anleihen  durch  auf  einm; 
oder  allmählig  nach  einem  im  Voraus  b 
kannt  gemachten  Plane  (A.iplan«)  erfolgend 
haare  Rückzahlung.  Xs-  oder  7^gung9fom4 
der  dazu  angewiesene  Fonds. 

Arnos.  Israel.  Prophet,  unter  den  K> 
nigen  Üsia  und  Jerobeam  U.  von  Israe 
um  800  V.  Chr.,  Eiferer  gegen  die  im  Reicl 
Israel  um  sich  greifende  Abgötterei,  ein« 
der  besten  hebr.  Schriftsteller. 

Amotton  (lat.) ,  Entfernung  (vom  Amte 
Entwendung  (von  Sachen);  «nRovire«,  b< 
seitigen,  absetzen. 

Amoy  (Bmoi),  See-  und  Handelsstadt  i 
der  chines.  Prov.  Fu  -  klang ,  auf  der  Ins 
A.,  150,000  Ew.     Freihafen. 

AmpelogrspMo  (gr.),  Beschreibung  d< 
Weinbaues.    Amp^lurgie,  Weinbaukunde. 

AmpelSpsts  Michaux  (Zaunrebe),  Pflanzei 
gattung  der  Ampelideen.  A.  hedaracea  Dec 
wilder  Wein,  Jungfernrd>e,  häufig  zu  Laube 
und  Wandbekleidungen  benutzt. 

Ampere  (spr.  Angpär),  l)Andr4  Marie,  he] 
frauz.  Physiker,  geb.  88.  Jan.  1775  zu  Lyoi 
seit  1834  Prof.  der  Experimentalphysik  ai 
CoU^  de  France  SU  Paris ,  f  10.  Juni  1836  z 
Marseille;  forderte  namentlich  die  elektn 
dynamische  Theorie.  Sehr.  ,Recueil  d*obsei 
vations  61ectro-dynamiqaes*  (1888) ;  ,Th^orj 
des  ph6nom^nes  electro-dynamiques*  (1830 
A.»che8  Oesetx,  s.  Elektricität.  —  8)  J.  Jacqui 
Antoint,  franz.  Schriftsteller,  Sohn  des  Vc 
rigen,  geb.  12.  Aug.  1800  zu  Lyon,  Prof.  dt 
neueren  Literatur  am  Goll^  de  France  z 
Paris,  seit  1847  Mitglied  der  Akademie;  f  z 
Pau  87.  März  1864.  Sehr.  ,Hi8toire  litt< 
raire  de  la  France  avant  le  Xllme  si^h 
(1839,  3  Bde.);  ,Sar  la  formation  de  1 
langue  fran^ise<  (1841,  3  Bde.) ;  ,La  Gröc« 
Rome  et  Dante'  (1850);  ,Histoire  romain 
k  Rome'  (1856} ;  ,C«8ar'  (1850). 

Ampezxo,  Ort  im  tiroler  Kreise  Bozer 
an  der  ampeuaner  Strasee,  die  aus  dei 
Pnsterthale  über  die  cadorischen  Alpe 
nach  Piede  dl  Cadore  im  Venetian.  führt. 

Ampfer,  s.  Rumex. 

Ampflng,  Dorf  in  Oberbayern,  an  d.  Isei 
Hier  28.  Sept.  1888  Gkfangennehmung  Fried 
richs  des  Schönen  durch  Kaiser  Ludwti 
den  Bayer;  1.  Dec.  1800  Sehlacht  zwischei 
den  Franzosen  und  Oesterreichem. 

AmphUrSus,  Sohn  des  Oi'cles  und  de 
Hypermuestra ,  Sohn  und  Theilnehmer  ai 
der  Argonautenfahrt,  sowie  am  Zuge  gegei 
Theben,  ward  von  der  Erde  verschloagen 
An  der  Stätte  seines  Todes  ward  eil 
Tempel  mit  Orakel  errichtet. 

Amphibien,  s.  BepHlien, 


AtopluMße.  -^  Amsel. 


75r 


iUipUholIe  fAmphibölofie,  gr.),  •  Zw«i- 
deutigkeit,  DoppeitimiJclKvit. 

AmyhlboliseJle  ttefulme»  Kieselgesteino 
(Silikate)  mit  charakteriBt.  Hornblende- 
gttbalt»  E.  B.  Sventt,  Diorit,  Hornl^lande' 
gattein,  Hornbiendeschiefer,  SUoglt.   . 

Amphlbricliyi  (grOt  «n  beiden  Seiten 
kqrser,  dreisilbiger  Yerifuss  (w—w). 
.  ÄmpUkti^neiibandj  bei  den  alten  Grie- 
cben  Verbindung  einselner  Ydlkersohaften 
BV  gegenseitiger  Beobaobtnng  der  Tölker- 
recbtlichen  Yerbaltnisse  und  Uebnng  eines 
geaieiniiainen  religiösen  Knltus.  Am  einfluss- 
reiebsten  war  der  Ampbiktyonenbnnd  you 
I>elpbi,  ein  der  Sage  naob  von  Ampbictyon, 
dem  Sohne  desDenealion,  gestiftetes Bundes- 
gericbt,  an  welchem  IS  griechische  Völker- 
flchaften  Je  8  Abgeordnete  schibkten,  die 
sich  erst  zu  Delphi,  spater  in  dem  Flecken 
Aathela  bei  Tfaermopylft  rersammelten, 
Zwistigkeiten  awischen  Staaten  n.  Städten 
beilegten,  bürgerliche  und  peinliche  Ver- 
brechen, namentlich  Verletzungen  dos 
Völkerrechtes  und  Verschuldungen  gegen 
den  Tempel  zu  Delphi  mit  Geldbussen  be- 
straften und  ihren  Beschlüssen  selbst  mit 
den  V^affen  Geltung  Terschafften.  Der 
Bund  erreichte  sein  Ende,  mit  dem  Verfall 
des  delphischen  Orakels.  Vgl.  Tütmann, 
,Ueber  den  Bund  der  Amphiktyonen',  1852 ; 
ßerlaeh,  ,Hi8tor.  Studien',  1841. 

Ampbildehma,  Sohn  des  Amphiaraus  und 
der  IQriphyle,  Wahrsager,  Theilnehmer  lun 
Zog  der  Epigonen  gegen  Theben  und  der 
Qriecben '  g^^en  Troja ;  nach  seinem  Tode 
göttlicb  verehrt,  hatte  er  in  Athen  einen 
Altar  und  in  Mallo  ein  Orakel. 

AjniiliiiBioer  (Oretieu»,  gr.),  dreisilbiger, 
an  beiden  Selten  langer  Versfuss  (—  -^  —). 
AmphioiLy   ältester  grieoh.  Tonkünstler, 
Sohn  des  Zeus  und   der  Antiope ,   Zögling 
der  Musen,  Verbesserer  der  Lyra,  Gemahl 
der  Niobe  (s.  d.),  tödtete  sich  im  Schmerz 
ober  den  Tod  seiner  Kinder  selbst. 
AMpiilpoden^  s.  Flohkr^ifte, 
▲mplüpdlts  (a.  G.),  athenische  Kolonie 
an  der  Mündung  des  Strymon  in  Thracien ; 
0j>äter    Hauptstadt  Macedoniens. 
▲mplliflcu»  s.  A$eii. 
AmphÜMM  (a.  G.) ,   Stadt  in  der  griechi- 
schen Landschaft  Locrls;  Jetzt  Salona. 

▲mi^Utlieater  (gr.),  bei  den  Bömern  zu 
Kampf  spielen  bestimmtes  dachloses,  orales 
oder  ruades  Gebäude  mit  der  Arena,  dem 
Schauplatz,  in  der  Mitte  und  treppenlörmig 
ampoFSteigenden,  ringsum  laufenden  Sita- 
r^taen.  ]>as  erste.  A.  liess  Oasar  44  r.  Chr. 
•rrtobten.  Das  grösste  war  das  von  Ves- 
pasian  und  Titus  zu  Born  aus  Stein  er- 
ricbtete  Colosseum  (s.d.).  Vgl. Fri*dUinder, 
«De  ampbitheatrisS  1862—68. 

Aia-pliltrite^  Tochter  des  Meergottes 
Nereus  und  der  Doris,  Gemahlin  des  Posei- 
don, als  Herrscherin  des  Meeres  auf  einem 
Ton  Tritonen  gezogenen  Muschelwagen 
oder  anch  auf  einem  Delphin  sitzend ,  mit 
Poseidons  Dreizack  in  der  Hand  dargestellt. 
AlnphltriiO  (Amphürpon),  Sohn  des  Alcäus, 
Konica  '^^^  Tiryss,  Enkel  des  Perseus, 
Oemabl  der  Alcmene  (s.  d»)- 


AapMn  (gr.),  bei  denOwiooben  u.  Bömern 
thönernes,  umenförmiges  Qeftss  mit  engem 
Halse  und  8  Henkeln,  zur  Aufbewahrung  des 
Weins,  später  auch  als  Asohenkrug  benutzt» 

Anphotere  Bildungen  ^  in  der  Geognoei» 
Bildungen,  die  unter  Mitwirkung  dos  Feuer» 
und  Wassers  entstanden  sind ,  z.  B.  vulka- 
nische Tuffe.  [eines  Prozesses. 

AmpUatloB  (lat.) ,  Erweiterung;  Vertagung 

AmpUflkation  (lat),  Erweiterung;  in  der' 
Rhetorik    ausführlichere  Darlegung    eines 
Gedankens. 

AHplitado  (lat.),  Grösse,  Herrlichkeit» 
Ehrenprädikat  des  römischen  Senats,  dessen 
Mitglieder  jimpliMimi  (Hochangesehene). 

AmpnllA  (lat.),  Ampel,  bei  den  Römern 
bauchiges  Getass  für  Flüssigkeiten;  in  der 
kathol.  Kirche  Gefäss  für  das  Salböl  oder 
Ghrisma.  Die  A.  Remensis  (la  sainte  am- 
ponle),  der  Sage  nach  bei  der  Salbui^  de» 
Frankenkönigs  Chlodwig  I.  496  zu  Rheims 
durch  eine  Taube  vom  Himmel  gebracht, 
enthielt  das  unversiegbare  Oel,  womit  die 
Könige  von  Frankreich  bis  auf  Ludwig  XVI. 
gesalbt  wurden,  ward  aber  in  der  Revolution 
1794  zerschlagen.  Ein  Bruchstück  davon, 
nach  der  Restauration  in  die  Hände  dos 
Erzbischofs  von  Rheims  gelangt,  soll  noch 
etwas  Oel  enthalten  haben,  welches  mau 
1885  bei  der  Krönung  Karls  X.  gebrauchte. 

Amputation  (lat.),  chirurgische  Entfernung 
von  Gliedmassen  oder  Theilen  ^derselben, 
geschieht  im  Gelenk  (EnukleaA>n,  Exar- 
tikulation)  oder  so,  dass  man  deuKnoeben 
durchsagt,  wird  Jetzt  oft  ersetzt  durch  Re- 
sektion der  Gelenke,  s.  Betektion,  Vgl.  die 
Handbücher  der  Chirurgie.  Leiekart,  ,Kom- 
pendium  der  Chirurg.  Operationslehre',  1856. 

Amrllkais  (Amru  -el-  Kais) ,  arabischer 
Dichter  des  6.  Jahrb.  v.  Chr. ,  Verfasser 
einer  Moallaka  (herausg.  von  Hengsten- 
berg  1823,  Arttold  18Ö0)  und  eines  Diwan 
(herausg.  von  OtuAin  de  ßUme  1837).  Ueber> 
setzt  von  Müekert  to  ,A.  der  Dichter  und 
König*  ri84S). 

Amriulr  (Jmrüsar),  Stadt  in  der  anglo- 
Indischen  Prov.  Labore,  99,000  Ew.,  die  alte 
heiUge  Stadt  der  Sikbs. 

AmruB  (Amrcn),  Insel  an  der  Westseite 
von  Schleswig,  Austembänke,  400  Ew. 

AmsehMpmidfl  (pers.),  in  der  Religion 
des  Zoroaster  die  7  höchsten  Geister  des 
Lichtreichs,  deren  oberster  Ormuzd. 

Amsdorfy  Nikolaus  von,  deutscher  Refor^ 
mator,  geb.  3.  Dec.  1483  zu  Zschepa  bei 
Würzen,  ward  1511  Professor  der  Theologie 
zu  Wittenberg,  1524  Superintendent  zu 
Magdeburg,  1542  evangelischer  Bischof  zu 
Naumburg,  von  da  durch  die  Kaiserlichen 
vertrieben,  1552  Superintendent  zu  Eisenach, 
als  IVeund  desFlaotus  einer  der  heftigsten. 
Gegner  der  melanchthonschen  Partei  und 
Verf.  vieler  Streitschriften,  bei  der  Grün- 
dung der  Universität  Jena  mit  thätig;  f  l^« 
Mai  1565  zu  Eisenach.  Besorgte  die  Heraus- 
gabe von  Luthers  Schriften  (1555). 

Amsel»  s.  v.  a.  Schwarzdrossel,  s.  Drosseln^ 
Wasssrataar,  Cinclus  aquaticus  BHat.^Stumus 
cinclusi/.,  Standvogel  in  Europa,  V,  lebt  wia 
ein  Wasser vogel  am  Rande  klarer  Bäche, 


74 


Amselbeere  —  AnAcahutholz. 


AmatXbHmjB.  t.  a.  Bhaurnu  cathartioa  L, 

AauelflBld}  Thal  bei  Kossowa  in  Serbiea. 
8ehlaeht  S7.  (15.)  JnnJ  1380  swiscben  den 
Türken  unter  Mnrad  I.  nnd  dm  Serblem 
nnter  ihrem  Kaiser  Lasar,  in  der  beide 
Herrseher  fielen;  Eweite  ßehlaehi  19.  Okt. 
1448  Ewiscben  den  (siegreichen)  Türken 
unter  Mnr ad  n.  n.  den  Ungarn  unter  Honjrad. 

Analer,  Bamuel,  Kupferstecher,  geb.  17. 
Dec.  1791  Bu  Schittsnach  (Schweis),  seit 
18S8  Professor  an  der  Kunstakademie  au 
München,  f  das.  18.  Mai  1849.  Thorwaldsens 
Alexanderzug,  Bapbaels  Grablegung,  Orer- 
becks  Triumph  der  Religion  etc. 

iBUt&dteB,  Flecken  in  Oberösterreich. 
Oefeeht  5.  Not.  1805  swischen  den  sieg- 
reichen Franzosen  unter  Murat  und  dem 
Österreich.  -  russ.   Heer   unter  Bagration. 

Amstely  Flnss  in  Nordholland,  mundet  in 
den  Busen  Y.  Danach  benannt  Amsterdam 
und  das  ehemal.  franz.  Depart.  AmtieUand. 

Amsterdam  (AmUelodamum),  Hauptstadt  u. 
9! weite  Residenz  der  Niederlande,  bedeu- 
tender Handelsplatz,  am  Meerbusen  Y  und 
am  Ausfluss  der  Amstel  auf  90  Inseln  ge- 
legen, mit  800  Brücken,  27,600  Häusern, 
48  Kirchen,  4  Synagogen  (14  religiöse  Be- 
kenntnisse) und  271,764  Ew.  Königl.  Palast 
{ehemals  Stadthaus)  mit  dem  Krönungssaal; 
Börse  (1845  vollendet) ;  ehemaliges  Admira- 
litätsgebäude (Jetzt  Stadthaus);  Palast  der 
Nationalindustrie;  Hoge  Sluis  (Brücke), 
660'  lang*  mit  86  Bogsn  (11  für  grosse 
Schiffe  passirbar) ;  die  neuen  Dämme ,  2 
Bassins  bildend  (Raum  für  fast  1000 
Schiffe) :  Reichswerft  mit  Arsenal ;  Freihafen 
(^s  Rijks  Entrepot  Dock)  mit  Magazinen; 
daran  der  Park  mit  botanischem  Garten; 
Akademie  felix  meritis ;  Institut  der  Wis- 
senschaften und  Künste;  Seekadetenschule; 
Athenäum,  3  Museen  (Museum  Feodor  seit 
1866);  Sternwarte.  Bank  der  Niederlande 
(1824  neu  errichtet,  Kapital  15  Mill.  Gulden, 
privilegirt  bis  1874).  Niederländische  Han- 
delsgesellschaft (seit  1824,  privilegirt  bis 
Ende  1874)) ;  Westindische  Kompagnie  etc. 

Amt,  s.  y.  a.  Beruf,  insbes.  eine  zu  regel- 
mässiger Förderung  öffentlicher  Zwecke  ge- 
schaffene Stelle  und  der  Inbegriff  der  ihrem 
Inhaber  zukommenden  Pflichten  und  Befug- 
nisse; Staats-,  Kii*ohen-  oder  Gemeindeamt. 

Amt  der  Schlimel,  s.  ScJUiutelgewalt. 

AmtsTerbrechen,  Verletzung  der  den  Be- 
amten obliegenden  Pflichten,  als:  Miss- 
brauch der  Amtsgewalt  zu  selbstsüchtigen 
Zwecken  (amtliche  Erpressung;  unerlaubte 
Annahme  von  Gescheuken;  widerrechtliche 
Amtsverleihung;  Amtserschleichung;  Beu- 
gung des  Rechts  aus  Parteilichkeit  etc.). 

Amm  (Amu  -  Darja,  arab.  Qihon,  der  Oxun 
der  Alten),  Fluss  in  Turan,  entspringt  am 
Belurtagh,  mündet  in  den  Aralsee.  Länge 
350  M.,  Stromgebiet  12,000  M. 

AmmokUttfen.  bei  den  Malaven  durch 
fibermässigen  Opiumgenuss  herbeigeführte 
Raserei,  in  welcher  der  davon  Befallene 
jeden  ihm  Begegnenden  niederstösst. 

Amill(ilmoI^,  Stadt  in  der  persischen  Land- 
schaft Masenderan,  am  Fluss  Aras,  40,000 Ew. 

AmnlSt  (arab.),  Körper  mit  gewissen  Fi- 


goren  oder  InadirifteD,  mr  Atvir«lir  g^afl 
Krankheiten,  Beiauberuug  ato.  ^irafl^en. 

Am«r  (Baehalin,  Earamurtn),  Havptstr« 
Im  nordöstl.  Asien,  entsteht  ans  der  Yi 
•inigvng  der  Söhilfca  (ans  Siblrlea)  and  d 
Argnn  oder  Kemlun  (aus  der  Mongole 
mündet  der  Insel  Krafto  gegenüber  In  d 
Mamiastrasse.  Länge  580  M. ;  Stromgebi 
etwa  53,500  QX.:  430  M.  weit  för  Dampi 
schiffbar.  Nebendfisse  links :  Daeja,  A  nrigni 
rechts:  Sungarl,  Ussuri.  Das  ganze  linl 
Ufer  des  A.  nnd  der  unterste  Thell  sein^ 
Laufet  seit  1856  russisch.  Vgl.  OoUin»,  ,Ei 
pioration  of  Amoor  riverS  (Newyork)  1851 
Der$. , ,  A  rovage  down  the  Amoor  etc.%  1861 

Am«rgeblety  der  seit  1856  ruaaisohe  The 
des  Amurlandes  oder  der  Mandacburei,  513 
QM.  mit  (1861)  13,854  Bw.  (meist  Tungasen] 
seit  1856  mit  eigner  Verwaltung.  Sitz  dei 
selben  Blagoweschtscbensk.  Vgl.  Sehrend 
,Rei8en  und  Forschungen  im  A.  1854  —  50 
1858—67,  4  Bde.;  Atkin9<m,  Travels  in  tli 
reglons  of  Amoor,  1860;  Behmiii,  Glehn  x 
BrulkiiM,  ,Reisen  im  A.*,  1868. 

AmwMtteB  (fr.),  leichte,  einpfündige 
früher  im  Gebii^skriege gebrauchte  Kanonen 

Am/ela  (a.  G.),  Stadt  in  Lakonien,  sui 
Eurotas;   berühmter  Apollotempel. 

Amygdillii,  stickstoffhaltige  krystellisi 
rende  Substanz,  in  vielen  Amygdaleen  an< 
Pomaceen,  bes.  den  bittern  Mandeln,  ix 
Wasser  und  heissem  Alkohol  löslich,  nichi 
giftig,  bildet  mit  Wasser  und  dem  ei< 
weissartigen  Emulsin,  welches  neben  ihm 
und  auch  in  süssen  Mandeln  vorkommt, 
Blausäure,  Bittermandelöl  und  Zucker. 

Amygdilns,  s.  Mandelbaum.  [regend« 

Amyktisch  (gr.),   stark  angreifend,  auf« 

Amylen^  Kohlenwasserstoff,  aus  Fuselöl 
gewonnen,  farblose  brennbare  Flüssigkeit, 
siedet  bei  35o  C,  früher  als  Anästheticum 

Amflum  (gr.),  s.  Btärkemehl.    [gebraucht. 

Amyat  (Amiot,  spr.  Amio),  Joeeph,  franz. 
Jesuit,  geb.  1718  zu  Toalon,  ging  1750  als 
Missionär  nach  Peking,  f  in  China  1794.  Sehr, 
über  Alterthümer,  Geschichte,  Sprache  und 
Künste  Chinas  in  den  ,M6moires  ooncer- 
uants  rhistoire,  les  sciences  et  les  arts 
des  Chinois'  (1776  —  91,  15  Bde.),  ,Diction- 
naire  tatar-mantchou-fran^^ais*,  faeransgeg. 
von  LangUs  (1789,  3  Bde.). 

Amf  ris  L. ,  Pflanzengattung  der  Borsera- 
ceen,  baisam.  Holzgewächse.  A.  Plumieiii[>ee., 
auf  den  Antillen,  liefert  Eleraiharz(£lemi  occi- 
dentale) ;  A.  Opobalsamuni  L.  den  Balsam  von 
Mekka.  [6ap<t«<«w,  Wiedertäufer  (s.  d.). 

Inabaptismus  (gr.),  Wiedertäuferei;  Ana- 

Anmblra,  Fluss  in  Sibirien,  Gouv.  Tobolsk, 
mündet  in  das  Eismeer;  70  M. 

Anmbmsis  (gr.),  das  Hinaufsteigen,  Feld- 
zug von  der  Meeresküste  in  das  höhere 
Binnenland,  Titel  zweier  histor.  Werke 
von  Xenophon  und  Arrian. 

AnabätOB  (Anabaihron,  gr.),  in  den  griedi. 
Kirchen  erhöhter  Ort  vor  dem  Altar  Ar 
den  ministrirenden  Diakonus. 

Anaeahnitholz ,  mexikan.  Holzart,  von 
Cordia  Bossieri  stammend,  1861  nach  Europa 
gebracht  u.  als  angeblich  wirksames  Mittel 
gegen  Lungenschwindsucht  empfohlen. 


Anaoardlom  —  Analögon. 


75 


IsMaidtui  L,,  Pflansengftttiiiig  d«r 
TenbinthaoeeD.  A.  ooddentale  L,,  Aeajcu' 
hctum.  In  Westindieni  S&damerika  und  Ost- 
ittdlffin.  Die  Früchte,  wettindiscM  EUphanien" 
lätue  (AcaJonnüsBe,  Anacarden,  Merknflsse), 
dienen  zur  Bereitung  des  Kardols,  nnans- 
löschl.  Diote  n.  als  Heilmittel  gegen  Beissen. 
ABaehirl89  s.  Wasserpest. 
Anaeliints^  scythischer  Weiser,  Bruder 
des  Scythenkönigs  Saulios,  kam  mit  seinem 
Freunde  Toxaris  su  Solons  Zeit  nach 
Griechenland.  Hanptheid  in  BarlMUmys 
jReise  des  Jöngeren  A.  nach  Griechenland*. 
Asaehoreteii  (grO,  Einsiedler,  enräckge- 
zogen  in  Wüsten,  JBLöhlen  etc.  lebend;  kamen 
im  8.  Jahrh.  auf. 

AnacliTonlNnus  (gxj) ,  Verstoss  gegen  die 
Chronologie ,  indem  Etwas  in  eine  Z^t  rer- 
setzt  wird,  welcher  es  nicht  angehört,  daher 
Anaehronistiteh. 

AnaeiStns^   1)  Heiliger,   der  Sage  nach 
3.  Bischof  Ton  Rom ,  -f  unter  Domitiau  als 
M&rtyrer.   Tag  13.  Juni.  —  2)  A.  H.,  Gegpn- 
papst  InnocenE  II. ,  behauptete  sich  mit  Hülfe 
der  Normannen  u.  Mailands  1180—38  in  B«m. 
ABfteondm^  s.  BiesenaeMangs. 
Anscreon,     griechischer    Lyriker,     aus 
Teos  in  Jonien,  um  560  »478  v.  Ohr,    Von 
seinen   der  Liebe  und   dem   Frohsinn  ge- 
widmeten Liedern   nur   wenige   erhalten; 
herausg.  Ton  Bergk  (1834)  und  Schneideioin 
(1888) ;  übersetzt  von  ManUer,  Bettig,  Kanne- 
ffiesser,  MMke,  üschner.    Nach  ihm  benannt 
die  anakreontische  Poesie, 

Anaerisls  (gr.),  in  der  Musik  Auftakt,  in 
der  Metrik  Vorschlagssilbe,  nach  welcher 
erst  der  Rhythmus  der  Melodie  oder  Vers- 
zeile anhebt. 

AnaefcIuZ.  C^tn^frZwme),  Pflanzengattung 
der  Kompositen.  A.  ofllcinarura  Hayne,  dnU- 
toher  Bertram,  kultivirt,  liefert  die  Bertram-, 
Speichel-  oder  Zahnwurzel,  Radix  Pyretbri  s. 
Dentariae;  A.  Pyrethrum  XA;.,  Anthe)nis  Py- 
rethrum  L. ,  in  Frankreich ,  Tunis  und  der 
Lerante,  die  ächte  oder  römische  Bertram- 
wnrzei,  Rad.  Pyretbri  veri  s.  romani. 

Amidiplöslfi  (gr.),  Verdoppelung,  als 
rhetorische  Figur  die  Wiederholung  eines, 
besonders  des  letzten  Wortes  des  voi'igen 
Satzes  als  ersten  Worts  des  folgenden. 
AnaddÜ  (türk.),  s.  v.  a.  Natolien. 
ABadyoniene  (gr.),  die  Auftauchende, 
Beiname  der  Aphrodite  wogen  Ihres  Ur- 
sprungs ans  dem  Meere. 

Arnrndfr^  Fluss  im  nordöstl.  Sibirien,  ent- 
springt  anf  dem  Stanewoigebirge ,  mündet 
ins  Meer  von  Kamtschatka  (anadyriseher 
Meerbusen).    Länge   100   M. 

Animie  (gr.),  Blutleere,  Blutmängel,  her- 
beigeführt durch  Blutverlust,  lange  Krank- 
heiten, entsteht  auch  bei  mangelhafter  Be- 
reitung des  Blutes,  bes.  der  Blutkügelchen 
(Bleichsucht),  oder  bei  anhaltender  Beschäf- 
tigung mit  Blei,  Quecksilber  oder  längerem 
Aufenthalt  in  Sumpfgas  enthaltender  Luft. 
Anästhesie  (gr.) ,  Bmpfindungslähmung, 
durch  Untbatigkeit  der  Empfindungsnerven 
hervorgebrachter  Zustand  des  ganzen  Kör- 
pers oder  eines  Theils  desselben,  nach 
Schlagfl&saen,bei  Olinmachten,  epilefMäschen 


Krämpfen,  Wahnsinn,  BfiefcsninailKsltideB» 
Verletzungen  eines  Gtofühlsnenren  oder  Ver- 
gütungen mit  Morphin,  Narootin  etc.  Wivd 
zur  schmerzlosen  Ausführung  chimxg.  Opa- 
ratiouen,  auch  bei  Gebärenden  etc.  kftnitlÜnh 
hervorgerufen  dureb  Xtakathmea  der  XHubbC» 
von  Ohioroform,  früher  Aether  (amästk»- 
tische  Mittet)  nnd  örtlich  durch  stark» 
Kälte.  Das  Ohloroformiren  darf  nur  der 
Arzt  vornehmen ,  denn  bei  zu  starker  Ein- 
wirkung des  Chloroforms  kann  der  Tod 
eintreten,  indem  zuletzt  die  Thätigknlt  der 
Athemmuskeln  gehemmt  wird  und  daa 
Herz  still  steht.  Vgl.  Weber,  ,Anwendang 
schmerzstillender  Mittel',  1887. 

Anagljpten  (Anagljiphen,  gr.),  Belief- 
arbeiten  zur  Verzierung  von  Vasen  etc. 
Daher  AnaglypHk,  Zweig  der  Plastik. 

Anagni  (spr.  Ana^ji,  das  alte  Anagitia), 
Stadt  im  Kirchenstaat,  Deleg.  Frosinone, 
6200  Ew.,  einst  Hauptort  der  Herniker. 

AnagnOsten  (gr.) ,  bei  den  Römern  Vor- 
leser, gewöhnl.  Sklaven;  In  der  alten  chriatl. 
Kirche  Vorleser  der  biblisohen  Abschnitte. 

Anagogle  (gr.),  Erhebung,'  Erhöhung. 
Anagogieoh ,  was  den  Gtoist  erhebt;  ama§^ 
giaehe  8chr\ftau^guitg ,  Art  der  Bibeler- 
klärung, wobei  man  den  biblischen  Worten, 
eine  höhere,  symbolische  Bedeutung  beilegt, 
besonders  von  Philo  und  der  Jüdisoh-alexan- 
drin.  Schule  gepflegt. 

AnignuttMter.),  Buchstabenversetaangals 
Wortspiel,  z.  B.  Gras  u.  Sarg,  Dame  u.  Made. 

Anmk,  Stadt  in  Kurdistan,  rechts  am 
Euphrat,  8000  Ew.  Stationsort  für  die 
Karawanen  durch  die  raesopotani.  Wüste» 

AnmliniCy  s.  Mexiko.  [Lichts  und  Schalle«. 

Anmkampsis    (gr.),    Zurückwerfnng    des 

Anskampterlen  (gr.),  Herbergen  für  Anne» 
Verfolgte  etc.  neben  den  Kirchen. 

AnaUise  (gr.),  Brechung,  besonders  der 
Lichtstrahlen.  Daher  AauMastik,  s.  v.  a. 
Dioptrik.  Anaklastisehe  Instrummte,  Apparate 
zur  Nachweisung  der  Brechung  der  Idcht- 
strahlen.        [ders  Krönungsfeierlichkeiten. 

Anmkletorlen  (gr.),  Ernennungs-,  beson- 

Anaklim^  Festung  in  Kankasien,  am 
schwarzen  Meer,  1855  im  oriMitalisehea 
Kjriege  zerstört. 

Anakolnthon  (Anakolutkie,  gr.),  in  der 
Grammatik  Mangel  an  Folgerichtigkeit  des 
Satzbaues,  dient  als  rhetorische  Figur  aar 
Hervorbringung  eines  Effekts. 

Analekten  (gr.),  Sammlung  auserlesener 
Stellen  aus  Schriftstellern,  bes.  Dichtem; 
dann  überhaupt  Sammelschriften. 

Analogie  (gr.),  Gleichmässigkeit,  Ueber- 
einstimmung  von  Dingen  in  gewissen  Be- 
ziehungen. Analogischer  ßcklmes  (AMologi*- 
mus),  Schluss,  welcher  aus  der  Aehnliohkeit 
oder  Gleichheit  zweier  Dinge  in  gewissen 
bekannten  Beziehungen  auf  ihre  Aehnllob- 
keit  oder  Gleichheit  in  anderen,  oder  anf 
ihre  noch  grössere  Ueberelnstimmung  ge- 
macht wird.  In  der  Sprachlehre  ist  A.  die 
Gleichmässigkeit  der  Wortbildung;  in  der 
Mathematik  die  Ueberelnstimmung  gewisser 
Grössenverhältnisse. 

Analogen  (gr.),  ein  in  gewisser  Beslehvnc 
einem  iknilern  Aehnliches. 


7C 


Analysis  -^  AnftstMuis. 


ijulfiäB  (JmdgM;  gr.)>  Aaflösnnc,  Zer- 
gltoderang,   in    der   Philosophie   die   Avf- 
Itenag,  Zerlegung  eines  Begriffs  in  seine 
wMenUiohen  Merkmale,  tm  Qegensats  cur 
fi^thes«;    daher  «MurfyliMAer   Begriff  «In 
•Meher,  der  dnreh  A.  eines  anderen,  in  dem 
tx  enthalten  ist,  gewonnen  wird;  ono^yM- 
sefcM  Urth^  ein  solches»  dessen  Prädikat 
sohon  im  Begriff  des  Subjekts  liegt,  folg- 
lich dnreh  Zergliederung  daraus  gewonnen 
werden    kann;    a$tdl^teh»   Methode,    die 
Ton  den  ertUunngsmassig  gegebenen  That- 
Sachen  ausgehende,  mittelst  Zergliederung 
derselben    tu    den   Prineipien    der   Dinge 
nnfstelgende    Methode     der    wissenschaft- 
lichen Forschung.    In  der  Mathematik  ist 
A.   die  Buchstabenrechnung  im   weitesten 
Sinne  des  Worts ,   deren  erster  Theil   die 
Algebra  ist,  und  deren  sweiter  Theil,  die 
«igontliche  A. ,   in  die  der  endlichen  und 
Jn   die  der  unendlichen  Grössen  zerfällt. 
Jene  begreift  die  Reihen,  Kombinationen, 
JLogaritfamen ,  Kurven  etc.,  diese  die  Diffe- 
rential-, Integral'  und  Variationsrechnung. 
In    der    Chemie    ist     A.     das    Yerfkhren 
nur   Bestimmung    der  Bestandtheile   eines 
Körpers ,   besteht  gewöhnlich  in  der  syste- 
matischen    Anwendung     von     Reagentien, 
deren  Verhalten  gegen   den  au  pr&fenden 
Körper  auf  An-  oder  Abwesenheit  gewisser 
Stoffe    hindeutet.     Die    A.    auf    trocknem 
Wege  prdft  das  Verhalten  der  Körper  beim 
Xrhitsen,  Tor  dem  Löthrohr,  in  der  Flamme 
ITlammenroaktionen)   und   untersucht    das 
Spectmm  der  gefärbten  Flammen  (Spektral- 
analyse); die  A.  auf  nassem  Wege  bringt 
den   8U  untersuchenden  Körper  in  Lösung 
und   eneugt   in   dieser  Niederschläge  oder 
J^rbungen.     Die   qualüative   A,  weist  nur 
die   in   einer    Substans   enthaltenen   Stoffe 
nach   und   muss  stets  der  quantiiativen  A. 
▼orausgehen,   welche   die  Mengen  der  Tor- 
bandenen    Stoffe    bestimmt.    Letzteres   gc 
schiebt  entweder  mit  der  Wage  (Qewichts- 
sinalyse)   oder  mit  Hülfe  von  Flässigkoiten 
Tfm.  bestimmtem  Gehalt  (Mass-  oder  Titrir- 
«nalyse).     Die    EUmentarandlyse    bestimmt 
die  elementareZusammensetzung  oi^^nischer 
Stoffe.  Vgl.  Fresenius,  ,Anleit.  zur  qualit.  A.*, 
18.  Aufl.  1869;  Ders.,    ,Anleit.   zur  quantit. 
A.*,  5.  Aufl.  1866;  Rose,  ,Handb.  der  quantit. 
A..S6.  Aufl.  1867 ;  ^oUej/,, Handb.  der  chem.- 
techn.  Untersuchungen',  3.  Aufl.  1865;  Mohr, 
«liSlirb.  der  TitrirmethodeS  2.  Aufl.  W62;Bam- 
m^berg,  ,Leitf.  für  die  qualit.  A.*,  5.  Aufl. 
1867 ;  Bonnenschein,  ,Anleit.  zur  quantit.  A.% 
1864;   WiU,  ,Tafeln  zur  qualit.  A.',  7.  Aufl. 
1866 ;  Ders.,  ,Anleit.  zur  ehem.  A.',  8.  Aufl.  1869. 

Analytik  (gr.),  Theorie  der  Analysis  (s.  d.)« 
Annl)iiiseh,  auflösend,  zerlegend;  in  der 
Mathematik,  was  "in  die  Analysis  ein- 
sehlägt, analTtische  Gleichung,  Formel  etc. 

Anftm,  s.  Annwn, 

-jMnwrtede  (gr.),  Sündlosigkeit. 
^namorphöse  (grj,  absichtlich  yerzerrte 
Abbildung    eines   Gegenstandes,    die    erst 
unter   bestimmten   optischen   Bedingungen 
In  richtigen  Verhältnissen  erscheint. 

AUiiMy  Ananassa  L,,  Pflanzengattung  der 
Sromeliaceen.    A.  sativa  lAndl.,  aus  West- 


Indlen,  wird  bei  uns  In  TreSbhinMn»  knlti- 
Tirt.  Imp<nrtirt  werden  westindische  und 
brasilianiscfae  Früchte.  In  Martiniq[9«  be- 
reitet man  aus  A.  einen  dem  Madeira  ähn- 
lichen Wein.  Nachahmung  des  Ajvanas- 
bouquets  durch  Buttersäure,  Aeiliy]älifa«r  . 
u.  buttarsäureamyläther  (ÄntmßsXUher) ;  ein» 
Lösung  desselben  in  Alkohol  ist  die  Asut" 
na/sesnHM.  Die  Fasern  der  wilden  A.  auf 
Manila  werden  zu  zarten  durohsichtisen 
O^toeben  (Pina,  Grasscloth)  Terarbeitet. 

Amip  (Amapa),  befestigte  Hafenstadt  in 
Kaukasien,  am  schwarzen  Meere,  9000  £w. 
Awaiiistt  Vertftast,  bestehend  aus  S  kor- 
zen  und  einer  langen  Silbe  (v."^— ). 

Anaphi  (Nanphio),  Oykladeninsel  bei 
Santorin,  H/a  QM.,  1000  Ew. 

Ammphdra  (AvAph«r,  gr.),  rhetorische 
Figur,  nachdmokSTolle  Wiederholung  der- 
selben Worte  zu  Anfang  mehrerer  auf 
einander  folgender  Sätse. 

ABapkiodItfe  (AnaphrodUimKne,  gr.),  der 
Zustand  erloschener  Geschle<dit8lust.  Ana" 
phrodU,  ein  Zeugungsunfähiger. 

AnaplMtlk   (gr.),   in   der   Chirurgie    die 
Kunst,  Terlorne  Körpertheile   (z.  B.   eine 
Nase)  aus  andern  Theilen  desselben  Kör- 
pers (z.  B.  aus  der  Stirnhaut,   dem  Ober- 
armfleisch) wieder  zu  bilden,  auszuheilen. 
Anmplei^se  (gr.),  Herstellung  fehlender  od. 
verlorner  Theile  des  menschlichen  Körpers. 
Anarclile  (gr.),  Regierungs-  oder  Gesetz- 
losigkeit; anarekitch,  im  Zustande  der  Ge- 
setzlosigkeit. 
Anuiitis  (gr.),  Fasten,  Nüchternheit. 
Anas^  alter  Name  des  Flusses  Guadiana. 
Anasarka   (gr.),    Hautwassersucht,    An- 
sammlung Ton  Flüssigkeit  in  allen  Theilen 
des  Zellgewebes,  Symptom  anderer  Krank- 
heiten, wie  der  brightschen  Nierenkrank- 
heit, von  Herzfehlem,  Lungenleiden. 

Anistise  (gr.),  Verpflanzung  von  einem 
Orte  an'denandenji;  auch  Wiedererhebung, 
Genesung. 

AnsstsslSy  Heilige,  rornehme  Griechin  ans 
Konstantinopel,  zog  sich  Tor  den  Liebes- 
bewerbungen des  Kaisers  Justinian  in  ein 
Kloster  zu  Alexandria  zurück  und  lebte  hier 
28  Jahre  als  Mönch;  t  567.   Tag  10.  März. 

Anastazlana  lex,  Gesetz  des  ottröm.Kaisers 
AnastasiuB  (491—518  n.  Chr.),  wonach  der 
Cessionar  vom  S<diuldner  nur  das  wirklich 
gezahlte  Geld  zu  fordern  berechtigt  ist;  in 
Preussen  und  Sachsen  völlig  a^ehoben, 
anderwärts  modifldrt. 

Anastsslns,  1)  Name  von  4  Päpsten :  A.  I., 
398-401,  beseitigte  das  Schisma  zwischen 
der  römischen  und  antiochenischen  Kirche, 
verdammte  mehrere  Lehren  u.  Schriften  des 
Origenes.  A.  U.,  496-98.  A.  HI.,  911  — 13. 
A.  IV.,  1153— 54.  —  8)NMne  zweier  byzan- 
tinischen Kaiser:  A.L,  geb.  480,  aus  Bpidam- 
nus,  bestieg  in  Folge  seiner  Vermählnn«  mit 
der  Wittwe  des  Kaisers  Zeno  491  den  Thron 
begünstigte  die  Monophysiten,  kriegte  gegen 
Perser,  Bulgaren,  Gothen  etc.,  ward  518  vom 
Blitz  erschlagen.  A.  H.,  flrüher  Artemius,  re- 
gierte  713—15,  ward  abgesetzt  und  719  in 
einem  Kloster  ermordet.  —  8)  Apostel  der 
Ungarn,  Benediktiner  aus  Rom,  Bischof  von 


AnütasittB  Qrnn  —  Ancelot. 


77 


Kol^MOi  krönle  den  Heraog  StH>l^*>^  ■iu>> 
Käaiigj  f  am  1010. 
JÜUMtMliift  Grin,  s.  Amertp^rg, 
kmwimtltm  L.,  Pflanzengaätimg  der  Km- 
ciferon«  A.  hieroohontioa  L,,  Bote  von 
Jtridto,  in  Aegypten,  Arabien  und  Syrien, 
mife  sehr  Terzweigtem  Stengel,  der  nach  der 
Fra^htreife,  und  nachdem  die- Blätter  ab> 
£[Q£BUea  sind,  sn  einer  nestartigen  Hasse 
ziieammenscbnunpfl;,  dnrch  Feuchtigkeit 
aber  sich  wieder  entfaltet.  Im  Mittelalter 
«Is  heilkräftig  nnd  in  der  Traumdeuterei 
geschätzt. 

ABAstaftbeker  Ihrnek,  AetsTerfAhren  sum 
VerrieUältigen  von  Kopien  älterer  Druck- 
sachen, .durch  photographisches  DruckTer- 
fahren  ersetzt. 

ABMtOMOM  (grO»  in  der  Anatomie  Ver- 
liiAdnng  zweier  Gefässäste  oder  Nerven. 
Dnrch  zahlreiche  A.n  entsteht  das  Ader- 
nets  und  Adergefleoht ,  besonders  im  Ka- 
pillargelätasystem.  In  der  Botanik  die  Ver- 
Äatelung  der  Oefässbändel,  z.  B.  in  den  Blät- 
tern. AntuUmtoiUche  Mittel,  Heilmittel  zur 
Öeffnung  der  Poren  nnd  Mündungen  der  Ge- 
isse, zur  Erzeugung  Ton  Blutungen  etc. 

AmMtrj^phe  (gr.),  Umkefarung,  gramma- 
tiache  Figur,  wobei  die  gewöhnliche  Wort- 
folge Yeiändert  wird. 

Autiienu  (gr.),  Weihgeschenk,  Jeder  zur 
Weibe  ausgesetzte  Gegenstand,  auch  im 
l)öfl^  Wortsanne,  daher  die  Kirchenbann- 
formel: Anathema  esto !  er  Sei  verflucht.  Ana- 
th^auMtiairm,  mit  dem  Kirchenbann  belegen. 
AnntoelimiU  (gr.),  das  Ziusvonzinsen- 
nehmen;  vor  Aufhebung  der  Wachergesetze 
^gesetzlich  verboten. 

Aiuttdle    (gr.),    Sonnenaufgang,    Osten; 
aneUciiach,  östlich,  morgenländisch. 
ABAtolieB,  8.  Natolim. 
ABatoliaSy    Bischof  von   Konstantfnopel 
z^it  449,   Gegner  der  Monophysiten,  nahm 
.zuerst  den  Patriarchentitel  an,  f  458. 

Anatomie  (gr.),  Lehre  vom  Bau  der  Orga- 
nismen, zerfällt  in  thierische  A.  (Zootomie) 
o.  Pflanzenanatomie  (Fhjftotomie).  Die  prdk- 
tische  A,  (Zei^liederungskimst)  gibt  Anleitung 
zur  anatom.  Untersuchung;  die  theoreliacJie 
A'  (Zergliederungskunde)  schildert  die  Er- 
gebnisse der  anatom.  Untersuchung;  die 
vergleichende  A.  beschäftigt  sich  mit  den 
Aehnliohkeiten  und  Verschiedenheiten  im 
Bau  der  Thiere;  die  mikroskopische  >!.  oder 
Gewebelehre  liandelt  von  den  feineren 
Strukturverhältnissen;  die  pathologische  A. 
von  den  krankhaften  Veränderungen  in 
Xiagerung  und  Struktur  der  Organe.  Nach 
der  Methode,  welche  die  A.  befolgt,  unter- 
scheidet man  systematische  und  topogra- 
phische, Erstere  zerfällt  in  Osteologie,  Lehre 
von  den.  Knochen  und  Knorpeln,  Syndet' 
mcicgis  oder  Bänderlehre,  Myologie  oder 
Muflkellehre ,  Angiologie  oder  6«fässlehre, 
Jfeurclogie  oder  Nervenlehre  und  Splanchno- 
logie  oder  Eingeweidelehre..  Die  topogra- 
phische oder  chirurgische  A.,  benonders  für 
den  operirenden  Chiinirgen  wichtig,  be- 
schreibt die  in  bestimmten  Abtheilungen 
ntegionen)  des  Körpers  liegenden  Theile. 
Die  A.  für  bildende  Künstler  ist  wesentlich 


topographiseh.  I%itcsQphische  A.  Ist  lint> 
Wicklungsgeschichte;  mit  der  (hmiheltthn 
sununmen  hat  man  sie  als  allgemeine  A.  der 
systematischen  oder  speciellen  A.  gegenüber* 
gestellt.  Religiöse  Bedenken  verhinderten 
im  Alterthum  die  Zergliederung  menschlicher 
Leichen}  man  beschränkte  sich  auf  Untersu» 
chung  der  Thiere ;  in  Alezandria  aber  wurde 
wenigstens  eine  Zeit  lang  auch  menschliche 
A.  getrieben;  Galens  Studien  wurden  wohl 
hur  an  Thieren  ausgeführt;  erst  Mondini  de* 
Luzzi  (ISOfl^  zergliederte  ölTentllch  menschl. 
Leichname  und  schrieb  das  erste  Lehrbuch 
der  A*  Im  16.  Jahrb.  wurden  durch  Vesal» 
Eustachi  u.  A.  glänzende  Entdeckungen  ge- 
macht, dann  begannen  die  mikroskop.  Sta- 
dien, Harvey  entdeckte  den  Blutkreislauf, 
Aselli  dieLymphgefässe,  Malplghi,  Leeuwen- 
hoeck,  Swammerdam  und  Buysch  förderten  - 
die  feinere  A.  Die  Reihe  deutscher  Ana- 
tomen b^innt  mit  Haller,  und  jetzt  nimmt 
Deutschland  den  ersten  Rang  ein.  In  der 
neuesten  Zeit  herrscht  bes.  das  Studium  der 
patholog.  A.  vor.  Hand-  u.  Lehrbücher  der 
syst^mat.  A.  lieferten  ^ocifc  (4.  Aufl.  1849, 
2  Bde.),  d' Alton  (%,  Aufl.  1862),  Henle 
(1855-68,  S  Bde.),  ffoUstein  (4L.  Aufl.  1865): 
der  topograph.  Eyrtl  (4.  Aufl.  1860,  SBde.) 
u.  Engel  (1859);  der  prakt.  SyrÜ  (1860);  der 
mikroskop.  K^iker  (1850-57,  2  Bde.);  der 
patholog.  Sokitanski  (3.  Aufl.  1855  —  61, 
SBde.) ,  Sock  (4.  Aufl.  1864) ,  Förster  (Handb. 
S.  Aufl.  1862,  2  Bde.;  Lehrb.  8.  Aufl.  1868) 
u.  Engel  (1865);  der  vergleichenden  Gegen- 
6oMr  (2.  Aufl.  1870)  u.  Schmidt  (5.  Aufl.  1865); 
anatom.  Atlanten  £ock  (5.  Aufl.  1864  bis 
1866);  für  patholog.  A.  Albers  (Heft  1-40, 
18S2— 60).  A.  (anatom.  Theater,  Präparir- 
saal)  heisst  auch  das  Lokal,  wo  anatom- 
Untersuchungen  angestellt  und  anatom.  Vor- 
lesungen gehalten  werden. 

AnaxagSrsSy  griech.  Philosoph  der  Joni- 
scben  Schule,  geb.  um  500  v.  Chr.  zu 
Clazomenä  in  Kleinasien,  Freand  des 
Perlcles,  erklärte  Sonnen-  u.  Mondfinster- 
nisse, Erdbeben  etc.  für  natürliche  Er- 
scheinungen, t  in  Lampsacas  428.  Die 
Fragmente  seiner  Schriften  gesammelt  von 
Schorn  1829.  Vgl.  SchleierTnacher ,  ,tJeber 
A.  PhilosophieS  1815. 

Anaximander,  griech.  Philosoph  der 
jonisclien  Schule  und  Mathematiker,  geb. 
zu  Milet  610,  f  ^6  v.  Chr.,  stellte  ala 
Urprincip  der  sinnlichen  Erscbelnungswelt 
das  Unbegrenzte,  Unbestimmte  auf,  aus 
welchem  sich  die  Gegensätze  durch  ewige 
Bewegung  abscheiden  sollten,  um  schliesa- 
lich  in  dasselbe  zurückzukehren.  Vgl. 
ßehleiermaeher ,  jUeber  A.*,  1811. 

AnftxlnieneB ,  griech.  Philosoph  der  jo- 
nischen Schule,  wirkte  um  556  v.  Chr., 
stellte  den  unbegrenzten,  stets  in  Schwin- 
gung begriffenen  Aether  alu  den  Grund 
und  Urstoff  aller  Dinge  auf. 

Ancelot  (spr.  Angslo),  Jacq.  Arsine  Polp^ 
earpe  Franffoie,  franz.  Dichter,  geb.  9.  Jan. 
1794  zu  Havre,  seit  1841  Mitglied  der  Aranz. 
Akademie,  t  8.  Sept.  1854  zu  Paris.  Schrieb 
mehrere  Dramen  und  Vaudevilles ,  das  Epos 
,Marie  de  Brabant',  Episteln  etc.    ,Oeavre» 


78 


Anceps  —  Anderlom. 


oempl^M*  (18S7)«  —  Seia«  Gattin,  MargutrUe 
Loui—  Virginie  A. ,  geb.  Chardon,  geh. 
15.  Min  1799,  ebenfitlls  drainat.  Schijit> 
■teÜerin.    ,Th6fttre  complet«  (1848,   4  Bde.). 

ABMpl  (lat.),  doppelt,  cweideutig,  in  der 
Prosodik  eine  Silbe,  welche  sowohl  lang 
als  knrs  gebraucht  werden  kann:  ::=: 

ABcUtoeSy  Herrscher  in  Dardanns,  Sohn 
des  Gapys,  Urenkel  des  Tros  und  mit  dem 
trojanischen  Königsgeschlecht  verwandt, 
enieogte  mit  Aphrodite  den  Aeneas,  ward 
▼on  diesem  ans  dem  brennenden  Troja 
hinausgetragen,  f  in  Sioilien. 

ABChOTll  (spr.  AntschÖTi),  Engranlis 
enorasicholos  L»,  Fisch  aus  der  Vamilie 
der  Hiringe,  5 — 6".  Nord-  und  Ostsee  und 
Mittelmeer.  Gesalzen  n.  marinirt  wichtiger 
Handelsartikel. 

ABClcmietit  (tt,,  spr.  Angsjennetat), 
Dienstalter,  besonders  Ton  Militarpersonen, 
bedingt  bei  diesen  in  der  Bcgel  d.  Avancement. 

Aaineii  regime  (fr.,  spr.  angsj&ng  reschim), 
das  alte  Begiment,  nach  siegreichen  Re- 
▼olntionen  Beaeichnung  von  Massregeln 
aas  der  Zeit  vor  der  Revolution. 

ABtifle  (lat.),  kleiner,  ovaler  Schild,  der 
▼om  Himmel  in  Numas  Hand  gefidien  sein 
»oll  und,  als  Pfiimd  der  Weltherrschaft  Roms 
geltend,  als  heilig  aufbewahrt  wurde. 

Aneillon  (spr.  Angsiljong),  Friedrieh  oder 
JiMfi  Pierr«  Fr4d4ric,  preussischer  Staats- 
mann, geb.  90.  April  1767  zu  Berlin,  auerst 
Prediger  der  fransös.  Gemeinde  u.  Professor 
an  der  Militärakademie  bu  Berlin ,  seit  1810 
liTzieher  des  Kronprinzen,  trat  1814  als 
geh.  liOgatlonsrath  ins  Ministerium  des 
Auswärtigen,  wurde  1831  zum  wirklichen 
geh.  Rath  und  Staatssekretär  und  1833 
aum  Minister  des  Auswärtigen  ernannt,  auf 
vrelchem  Posten  Erhaltung  des  europ.  Frie- 
dens und  ängstliche  Ueberwachung  jeder 
politischen  R^ung  im  Volke  sein  Hauptbe- 
streben war;t  18.  April  1837.  Sehr.  ,Tableau 
des  r^volutions  du  systime  politique  de 
l'Europe  depuis  le  Xvme  si^le*  (1803—5, 
4  Bde.);  ,M61anges  de  litt6rature  et  de 
Philosophie'  (1801,  8  Bde.;  3.  Aufl.  1823, 
4  Bde.);  ,Zur  vermittel,  der  Extreme  in  den 
Meinungen'  (1828—31,  2.  Aufl.  1888,  2  Bde.). 

AnckarstroBK  JoK  Jak,,  geb.  1762,  vormals 
schwedischer  Gardehauptmann,  trat  1790 
der  Adelsv^rschwörung  gegen  Gustav  III. 
▼on  Schweden  bei  u.  verwundete  diesen  auf 
dem  Maskenballe  in  der  Nacht  vom  15.— 16. 
März  1792  durch  einen  Pistolenschuss  tödt- 
Uch,  ward  27.  April  hingerichtet. 

AneOiuly  ital.  Prov.  (Marken),  34,7  QM., 
857,630  Ew.  Die  Hauptstadt  A.,  am  adriat. 
Heere,  31,857  Ew.  (5000  Juden),  Festung, 
Freihafen  (Molo  von  Hadrian  erbaut).  Die 
ftühere  Mark  A.,  seit  1532  päpstlich,  um- 
fasste  die  Delegat.  A.  und  Maoerata.  Be- 
schiessung  durch  die  Piemontesen  und 
Kapitulation  von  A.  29.  Sept.  1860. 

ABeOra  (ital.,  Mus.),  noch  einmal. 

ABcre  (spr.  Angk'r),  Baron  von  Lussigny, 
Marechall  d^  eigentlich  Concino  Coneini,  aus 
Florenz,  kam  1600  im  Gefolge  Marias  von  Me- 
dici,  der  Gemahlin  Heinrichs  IV. ,  au  den 
franz.  Hof,  wurde  unter  der  Regentschaft  der  | 


Kftnigla  JUctlscher  Inhaber  der  Staat^gewatt, 
1613  Marschall  und  erster  Minister,  nahm 
vom  erkauften  Marquisat  Anere  in  der  II* 
cardio  den  Titel  an.  Stolz  nnd  anmaztend 
fiel  er  als  Opfer  einer  Verschwörung  des 
Adels  24.  April  1617.  Seine  Gemahlin, 
JBIeonofo  Dori,  gen.  OaUigaX,  wurde  einige 
Monate  später  wegen  Zauberei  hingerichtet. 

Aneidy  San  Carlo*  de,  Hauptstadt  der 
chilenischen  Insel  Chiloe,  4200  Bw. 

AacM  lUlclUy  4.  König  von  Rom,  6S8— 
614  V.  Chr.,  durch  seine  Mutter  Pompllla 
Enkel  des  Nnma,  gründete  Ostia  als 
Hafenstadt  Roms,  krl^te  glfioklloh  gegen 
benachbarte  latinische  Stämme,  befestigte 
das  Janiculnm  jenseits  des  Tiber. 

Anerra,  s.  Angara. 

AHdÄlaitem  (Vandalieia),  Landschaft  im 
südl.  Spanien,  zwischen  der  Sierra  Morena 
nnd  dem  Mittelmeer,  zu  beiden  Seiten  des 
Guadalquivir,  ehemals  die  4  maurischen 
Reiche:  Oordova,  Sevilla,  Granada  und 
Jaen,  Jetzt  die  8  Provinzen :  Huelva,  Oadix, 
Sevilla,  Jaen,  Gordova  (Nieder-A.),  Malaga, 
Almeria,  Granada  (Hoch-A.)  umftssend; 
1581  QM.  und  3,116,255  Ew.  Reich  bevöl- 
kerte, fruchtbare,  wohlkultivlrte  Gegenden 
(Vegas)  neben  menschenleeren  Steppen  und 
Einöden  (Dehesas  deepoblados) ,  in  Folge 
des  Sturzes  der  Maurenherrsohaft  1499  nnd 
der  Vertreibung  von  i/s  Mill.  Juden.  Klima 
im  Süden  das  heisseste  Europas.  Berühmte 
Pferde.  Oel  n.  Orangen.  Die  Bewohner  von 
maurisch-oriental.  Typus,  Sprache  ein  ver- 
dorbener Dialekt  dos  Kastilianischen. 

AndamiHen^  brit.  Inselgruppe  im  bengal. 
Meerbusen^  4  gnrössere  u.  zahlreiche  kleinere 
Inseln;  von  Negritos  bewohnt;  seit  1858 
Verbannungsort  für  Empörer  in  Ostindien. 

Andantamente  (ital.),  ununterbrochen. 

AmdiBte  (ital.),  musikal.  Tempobezeich- 
nung für  gehend  (zwischen  Adagio  und 
AUegro);  ein  Tonstück  in  diesem  Tempo. 
Andantino,  weniger  langsam  als  A. 

ABdehnl  (Ankoi),  Staat  im  südlichen 
Turan,  unbekannt;  die  HauptMadt  A., 
wichtig  für  den  Karawanenhandel  zwischen 
Buchara  und  Afghanisten. 

AndechSy  ehemal.  Bergschloss  am  Ammer- 
see in  Oberbayem,  später  Benediktiner- 
kloster und  Wallfahrtsort.  Die  Ora/en. 
von  A,  erhielten  1202  die  Herzogswnrde 
von  Meran,  erloschen  1248  mit  Otto  n., 
worauf  ihr  Besitz  grösstentheils  an  Albert  I., 
Grafen  von  Tirol,  fiel. 

Andeery  Dorf  in  Granbünden,  im  Scham - 
serthal  am  Hinterrhein,  600  Ew.;  eisen- 
haltige Schwefelquelle  mit  Kurhaus. 

Andegazty  s.  Antogaat, 

Anden  (Andes),  s.  OordiUeren, 

Andentanne^  s.  v.  a.  Araucaria. 

Anderlecht,  Flecken  im  belg.  Südbrabant, 
unweit  Brüssel,  9850  Ew.  14.  Nov.  1792  Sieg 
der  Franzosen  unter  Dumouriez  über  die 
Alliirten,   wodurch  Brüssel  verloren  ging. 

Anderlonly  Pietro,  Kupferstecher,  geb.  in 
^.  Eufemia  bei  Brescia  12.  Okt.  1784, 
Schüler  Longhis,  seit  1831  Direktor  der 
mailändischeu  Kupferstecherschule,  f  zu 
Oabiate  bei  Mailand  13.  Okt.  1849.    Haupt- 


Andermatt  —  Andrea. 


79 


•llBbe:  Bk»hg9täMbi  (lisiMi),  AttiUs  Zug 
8Bg*n  Born,  Urtheil  fialomos  und  Maria 
mit  dem  Kinde  (Raphael),  Mose«  am 
Bnumen  (PouMia). 

▲ademmtty  Dorf  im  Kanton  Uri,  im  Une- 
ranthal,  an  der  Gotthardstrasse,  diSS*  hoch. 

▲■ftonuieli^  alte  Stadt  Im  prauss.  Regb«. 
Xoblenii  Kr.  Mayen,  am  Rhein,  4S23  Ew. 
Merkwürdige  Kirche  (IS.  Jahrh.).  Ehedem 
r6m.^e8tang  (Andemacum),  spater  Residenz 
der  JCerovinger.  Hier  8.  Okt.  976  Sehlaeht 
BwischenKarl  dem  Kahlm  nnd  den  S  Söhnen 
Iindwigs.  Seit  1496  kölnisch,  seit  1815  prenss. 

•AadeciMiy  Ha$u  C^rMian,  danischer 
IMchter,  geb.  2.  April  1805  an  Odense  auf 
Tfinen,  seit  18S3  yiel  auf  Reisen,  lebt  in 
Kopenhagen.  Als  Romandichter  ansge- 
Beichnet:  ,Der  Improvisator*  (1884),  ,0. 
T.*  (1836),  ,Nnr  ein  Geiger'  (1887),  ,£ines 
Dichters  Basar'  (1842),  »Gesammelte  Hi- 
•toriMk'  (1851  IT.),  ,Sein  oder  Nichtsein' 
(1857);  ebenso  als  Marchendichter:  ,Mar- 
chen*  (1843).  Selbstbiographisch:  ,Das 
Märchen  meines  Lebens'  (1847)  nnd  ,Mit 
liiTS  Erentyr'  (1844).  Ausserdem  ,Gediehte' 
(1831)  u.  Reiseschildemngen.  «Gesammelte 
Werke'  (deutsch  1853-67,  46  Bde. :  d&nisch 
1868—62,  23  Bde.). 

Aad«rM0«9  KarlJohatin,  AMkareisender, 
geb.  1827  in  Schweden,  drang  1850  —  51  mit 
d.  Engländer  Gkilton  durch  das  Damaraland 
bis  Bum  ÜTampo ,  1858  bis  anm  Ngamisee 
▼or,  bereiste  1858—59  nnd  1866  das  Strom- 
gebiet desKunene,  entdeckte  den  Okavango : 
^  unterwegs  5.  Juli  1867.  Sehr.  ,IjakeNgamr 
(1855),  »OkavaugoriTer'  (1861). 

AadieneB^  dem  Versicherer  ron  einem 
Seeschaden  Mittheiluug  machen,  Pflicht 
des  Versicherten. 

Aadlaw»  1)  Frame  Xaver  von  A.,  badischer 
Diplomat,  geb.  6.  Okt.  1799  su  Vreibutg, 
ftingirte  1830  —  56  erst  als  Legationsrath, 
dann  als  Geschäftsträger  und  Minister- 
resident  in  Wien,  Paris  und  München  und 
lebte  seitdem  meist  in  Baden-Baden. 
Bohr.  ,Erinnernng8blätter  aus  den  Papieren 
eines  Diplomaten'  (1857);  ,Mein  Tage- 
buch' (1862,  2  Bde.);  ,Die  Frauen  in  der 
Geschichte'  (1861,  2  Bde.).  —  2)  HeinHch 
Bernhard,  Freih.  von  A.,  Bruder  des  Vor., 
geb.  20.  Aug.  1802,  seit  1833  Mitglied  der 
ersten  badischen  Kammer,  Vorkämpfer  der 
katholisch -feudalen  Fraktion.  Sehr.  ,Der 
Anflruhr  und  Umsturz  in  Baden'  (1850). 

ABdoeldes»  attischer  Redner,  geb.  467  zu 
Athen,  floh,  in  den  Prozess  gegen  AIcibiades 
wagen  Verstümmelung  der  Hermensäulen 
Terwickelt,  kehrte  nach  dem  Sturz  der 
dreissig  Tvrannen  zurück,  yerliess  dann 
sein  Vaterland  wegen  Fehlschiagens  einer 
Gesandtschaft  nach  Lacedämon  für  immer. 
Seine  yollständig  erhaltenen  Reden,  berausg. 
XL.  a.  Ton  SehiÜer  (1835) ,  übersetzt  von 
.Beelrer  (1832),  sind  wichtig  für  die  Ge- 
Bchicbte  des  peloponnes.  Kriegs. 

Amdoniy  s.  Marrubium. 

Andorra,  kleiner  Freistaat,  am  Südftiss 
der  östl.  Pyrenäen,  zwischen  Frankreich 
nnd  Spanien,  9  QM.  mit  4000  Ew.;  ron 
liUdwig  dem  Frommen  805  gegründet. 


,  JMe  JBimifaeio  dTA.  •  BOta, 
brasil.  Staatsmann  nnd  Dichter,  geb.  18.  Juni 
1765  zu  Villa  de  Saatos  in  der  brasil.  Prov. 
Sio-Paulo,  ISOOCtonerallntendantdesportog. 
Bergbanwesens ,  kehrte  1819  nach  BrasHien 
surück,  Jan.  1822  bis  Juli  1823  Minister  des 
Innern,  dann  Terbannt,  1829  zurückgerufen» 
1831—34  Vormund  Dom  Pedros  IL,  f  ^> 
April  1838.  ,Poe8ia8  d'Americo  Elyseo' 
(1825).  Auch  seine  Brüder  Antonio  Carlo 
u.  Martino  Franeeaco  d^A,  bekleideten  1840 
und  1841  in  Brasilien  Ministerposten. 

Andrae,  Karl  Christoph  Qeorg,  dänischer 
Staatsmann,  geb.  14.  Okt.  1812  zu  HJerte- 
bjerg  auf  der  Insel  Möen,  1848  Mitglied 
der  NationalTersammlnng  und  des  Folks- 
und  Landsthings,  Dec.  1854  bis  Juli  185S 
Finanzminister. 

Aadral,  Gabriel,  franz.  Arzt,  geb. 
6.  Not.  1797  zu  Paris ,  Professor  der  Pa- 
thologie nnd  Therapie  daselbst,  seit  184a 
MitgUed  der  Akademie,  f  ^-  ^«^r«  ^851. 
Sphr.  ,Glintqne  m6dicale'  (4.  Aufl.  1840, 
5  Bde. ;  deutsch  von  Flie»  1842—45,  5 Bde.); 
,Pr«cIs  d'anatomie  pathologique'  (1829, 
3 Bde.;  deutsch  von  Becker  1829—30, 2 Bde.) ; 
,Cours  de  pathologie  interne'  (2.  Aufl.  1848, 
3  Bde. ;  deutsch  ron  ünger  1886—38,  8  Bde.). 

ABdrigy(spr.  -draschi),l)XarI,  GrcJ,  ungar. 
Patriot,  geb.  29.  Febr.  1792  zu  Gömör,  auf 
den  Reichstagen  von  1839  und  1840  schlag- 
fertiges Mitglied  der  Opposition,  Vorsitzen- 
der der  Tlieissregnlirungsgesellschait,  f 
1845  zu  Brüssel.  —  2)  Emanud,  Graf,. 
ältester  Sohn  des  Vorigen,  geb.  8.  Mära 
1821,  unternahm  1849  eine  Reise  nach  Ost- 
asien, die  er  beschrieb,  ward  1860  Ober- 
gespan des  zempllner  Komitats.  —  3)  Juliu» 
(Gyula),  Grqf,  des  Vorigen  Sohn,  geb.  8.  Mära 
1823,  1848  als  Obergespan  Führer  des 
zempllner  Landsturms  bei  Schwechat, 
später  Gesandter  der  debrecziner  Regierung 
in  Konstantinopel,  ging  dann  nach  Paris,, 
kehrte  1860  nach  Ungarn  zurück  und 
stimmte  als  Mitglied  des  Landtags  1861  mit 
der  deakschen  Partei,  seit  17.  Febr.  1867 
Präsident  des  ungar.  Ministeriums.  —  3) 
Georg,  Graf,  geb.  5.  Febr.  1797,  Direktor 
der  ungar.  Akademie,  altkonservatives  Mit- 
glied des  Landtags,  1862—64  Judex  Curiae. 

Andr^,  Musikerfamilie,  seit  1799  im  Be- 
sitz von  Mozarts  Nachlasse.  Johann  A,,  geb. 
28.  März  1741  zu  OlTenbach,  gründete  1774 
die  Andr6sche  Musikalienhandlung,  f  18. 
Juni  1799  zu  Offenbach.  Operetten  (»Der 
Töpfer',  ,ErwIn  u.  Elmire'),  Lieder  (z.  B. 
»Bekränzt  mit  Laub  etc.')  u.  A.  Sein  Sohn, 
Joh,  Anton,  geb.  6.  Okt.  1775  zu  Offeubach,. 
t  das.  6.  April  1842  als  hess.  Hofkapell- 
meister, bedeutend  als  Lehrer,  Theoretiker 
und  Komponist.  ,Lehrbuch  der  Tonsetz- 
kunst* (1832).  Opern  (,Weiber  von  Weins- 
berg'), Symphonien,  Quartette,  Lieder. 

Anarea^  1)  Jakob,  protestantischer  Theo- 
log, geb.  25.  März  1528  zu  Waiblingen  in 
Wurtemberg,  seit  1562  Kanzler  der  Univer- 
sität und  Propst  zu  Tübingen ,  f  ?.  Jan. 
1S90,  Mitverfasser  der  ,Konkordienformel'. 
—  2)  Joh.  Valent.,  origineller  Schriftsteller, 
Enkel  des  Vorigen,  geb.  17.  April  1586  zc 


60 


ADdreani  —  Andromeda. 


Bemnbelrg  b«i  Tabingen,  Mit  1650Gt«n«ral- 
«nperlntondent  au  Babenhansea  o.  Abt  in 
Adelbergt  1 87.  Juni  1<K4  au  Stuttgart,  angeb- 
licher Stifter  oder  Erneuerer  des  Ordens  der 
Bosenkrenser,  schrieb  »Chymisohe  Hoeh- 
seit  Christioni  Bosenkreus*  (1616),  «Christ- 
lieh  Oemäl'  (1612  und  1614),  »Geistliche 
KorzweU'  (1619)  u.  A.  m.  Vgl.  Ho9Aa6h, 
,A.  n.  s.  Zeitalters  1848. 

AndreiBly  j&ndraat,  Kupferstecher  und 
Vormschneider,  g^eb.  1660  zu  Mantua,  f 
1^  Bu  Boni,  gen.  der  ,kleine  A.  Durer' 
Mregen  seiner  schönen  Holzschnitte  In  Hugo 
da  Garpis  Manier  (Helldunkel).  [pels. 

Andreanoirinseu^Theil  des  Aleutenarchi- 

Andreasy  Apostel,  Bruder  des  Petrus,  aus 
Bethsaida,  ging  yon  Johannes  dem  Täufer 
zu  Christus  über,  yerkündigte  der  Sage  nach 
•das  Erangeliuni  in  Scjthien,  Kleinasien, 
Thracien  und  Griechenland  und  soll  zu 
Paträ  in  Achaja  gekreuzigt  worden  sein 
<(30.  Not.  62  oder  70),  und  zwar  an  einem 
Kreuz  mit  schräg  gestellten  Balken  (^), 
AnAreatkrewt.  Schutzheiliger  von  Schottland 
imd  von  den  Bussen  als  ihr  Apostel  Terehrt. 
,Acta  Andreae*'  und  ,Acta  Andreae  et 
Hatthaei'  apokryph.  Apostelgeschichten. 

Andreas  9  1)  Könige  von  Ungarn  aus  der 
Dynastie  derArpads:  a)  A.  L,  regierte  seit 
1046,  yerfolg^e  anfangs  das  Cbristenthum, 
das  er  später  begünstigte,  erwehrte  sich 
der  Angriffe  der  Deutschen,  fiel  1058  im 
Kampfe  gegen  seinen  Bruder  Bela.  — 
b)  A.  IL-,  regierte  seit  1205,  hatte  mehrere 
Empörungen  zu  bekämpfen,  machte  1217 
•einen  erfolglosen  Kreuzzug,  erliess  1222  die 
Bulla  aurea,  das  alte  Grundgesetz  der 
Ungarn,  welches  die  Vorrechte  der  Magnaten 
feststellte;  f  1236.  —  c)  A.  lU.,  Enkel  des 
Vorigen,  Sohn  des  Stephan  Posthumus,  der 
letzte  der  Arpads,  regierte  1290-- 1301.  — 
2)  Sohn  König  Karls  IT  von  Ungarn,  ward 
als  Knabe  nach  Neapel  gebracht  und  mit 
dor  Erbtochter  Johanna  vermählt,  als 
König  von  Ungarn  aber  nicht  anerkannt, 
20.  Aug.  1345  ermordet. 

AndreMbergy  Bergstadt  im  preuss.  Begbz. 
.Hildesheim,    Kr.    Zellerteld,     südl.    vom 
Brocken,  3510  Ew.    Silbergruben. 

Andreasgroseheil,  ältere  hannoversche 
Konventionsmünze,  =:  1  Sgr.  öVi  Pf. 

Andreasgulden,  flandrische  Goldmünze 
von  1470 ;  auch  braunschweig  -  lünebur- 
gischer Gulden,  Harzgulden,  ==  2Si^^  Sgr. 

Andremsorden,  erster  russischer  Orden, 
gestiftet  30.  Nov.  (10.  Dec.)  1698  von  Peter 
d.  Gr.  für  Glieder  der  kaiserl.  Familie, 
fürstl.  Personen,  Generale  en  chef  etc. 

Andreasnacht,  die  Nacht  vom  29.  zum 
30.  Nov.,  dem  Gedächtnisstag  des  Apostels 
Andreas,  eine  der  gesegneten  Zeiten  des 
Jahres,  in  welcher  der  Aberglaube  durch 
Anrufung  des  Heiligen  Mancherlei  bewirken 
wollte. 

Andreasthaler,  hannöv.  Speciesthaler  zu 
2  Guld.  im  12-Thalerfuss,  =1  Thlr.  162/»  Sgr. 

Andree,  Karl  Theodor,  deutscher  Schrift' 
steller,  geb.  20.  Okt.  1808  zu  Braunschwelg, 
1838—  53  Redakteur  verschiedener  Zeitungen 
{vL.  a.  der  Deutschen  lieichszeitung  und  des 


Baramer  HandeUUaHa),  leMe  dann«  1868 
tarn  Konsul  dar  Bepfublik  Chile  eraauift, 
in  Leipsig,,  spit«  In  Dresden.  8chrM» 
,Nordamerika  in  geographischen  und  ge- 
■ohichtlichen  Umilsaen«  (2.  Anfl.  1864); 
»Geographiaohe  Wanderungen*  (1859,  SBde.); 
,Bneno8-A3rre8  und  die  argentinische  Be- 
publik' (1856);  ,Vorschungsrefsen  in  -Ara- 
bien und  OstafHka*  (1860  £,  9  Bde.); 
«Geographie  des  Welthandels'  (1^63-^,  Bd. 
1  und  2);  seit  1861  die  Zeitschrift  ,QIobn, 
Organ  für  Lander-  u.  Völkerkunde*,  17  Bde. 

Andr^Olsy,  AmUtin»  Franf.,  Gra^,  franz. 
General,  geb.  6.  März  1761  zu  Castetnandary, 
Urenkel  Frauf.  A.s,  des  Erbauers  des  Ka- 
nals von  I*nguedoc  (f  1688),  focht  in  den 
Bevolutionskrlegen,  ward  1799  Kriegsmial- 
ster,  1802  Gesandter  in  London,  später  in 
Wien  und  Konetantinopel,  nach  Napoleons 
Bückkehr  von  Elba  als  Kommissar  den 
Alliirten  entgegengesandt;  f  10.  Sept.  1828 
zu  Montauban.  Vor/,  mehrerer  Schrlflien 
über  physikalische  Geographie,  Wassertem- 
wesen  und  Kriegsgeschichte. 

Andrf«.  Stadt  in  der  unteriial.  Prov. 
Terra  di  Bari,  80,070  Ew. 

Aildriaii-Iferbiirgy  Victor,  Freiherr  wm, 
politischer  Schriftsteller,  geb.  17.  Sept. 
1813  im  G&iaischen,  1848  Parlamentanit- 
glied,  dann  bis  März  1849  Beichsgesandter 
in  London,  f  >«  Wien  25.  Nov.  1856. 
Schrieb  ,Oesterreieh  und  seine  Zukunft' 
(1841  —  47,  2  Thle.),  ,Centralisation  und 
Decentralisation  in  Oesterreioh*  (1850). 

AiidriBiix(spr.  Angdriö),  Franf,  OuiilaumB 
Jean  Stani$lcu,  firanz.  Dramatiker,  geb.  6.  Mai 
1759  zu  Melun,  ward  1814  Prof.  am  College  de 
France,  1816  Mitglied  u.  1829  Sekretär  derAka- 
demie  der  Wissenschaften  zu  Paris,  f  20.  Mai 
1833.  Lustspiele:  ,Moli6re  avec  ses  amis*; 
,Le  vieux  fat*  etc. ;  Tragödie  ,Brutus'.  ,Ge- 
sammelte  Werke'  (1828,  6  Bde.). 

Androgynie  (gr.),  Verbindung  männlicher 
und  weiblicher  Geschlechtstheile  in  Einem 
Individuum,  ohne  die  Möglichkeit  der 
Selbstbefruchtung,  bei  Mollusken  (Wein- 
bergschnecke) ,  Würmern,  Entozoeu. 

AadroideH  (gr.),  Automaten  von  mensch- 
licher Gestalt,  die  menschliche  Thätigkeit 
nachahmen.  [gerippe. 

Andrölltli  (gr.),  versteinertes  Menschen- 

Andromache,  Gemahlin  des  trojanischen 
Helden  Hector,  Tochter  des  Königs  Eetion 
von  Theben  iuCilicien,  edle  Frauengestalt 
der  homerischen  Ilias,  ward  nach  Trojas 
Eroberung  von  Pyrrhus,  dem  Sohne  des 
Achilles,  nach  Epirus  geführt  und  gehörte 
später  dem  Bruder  Hectors,  Helenus,  an; 
Hauptperson  einer  Tragödie  des  Suripidea. 

AndromaehuB.  aus  Kreta,  Leibarzt  des 
Kaisers  Nero,  Erfinder  des  Therlaks  als 
angeblichen    Gegenmittels   gegen    animal. 

Andromanie,  s.  I^tymphomanie.  [Gifte. 

Andromeda,  1)  Tocliter  des  äthiopischei^ 
Königs  Cepheus  und  der  Cassiopeja,  ward, 
an  einen  Felsen  geschmiedet,  einem  von 
Poseidon  gesandten  Meerungeheuer  preis- 
gegeben, von  Perseus  befreit  und  dessen 
Gattin.  —  2)  Sternbild  am  nördl.  Himmel* 
66  Sterne,  davon  3  zweiter  Grösse. 


Andromeda  —  AngeUco. 


81 


Xr.,  Pflansengattnng  dw 
Erlogen,  Zierstraaehdr  aus  Asiea  nnd 
Amerika.  A.  polifölia  L,,  Lavendd-,  Bot- 
marinaeide  (falscher  Porst) ,  bei  uns  auf 
Torf-  und  Moorboden,  narkotisch  giftig. 

Ifldnmleos,  Name  dreier  bysantinischen 
Kaiser:  A.  I.,  Sohn  des  Isaak  Gomnenus, 
ward  nach  Manuels  Tode  (1182)  zum  Kaiser 
aiu^mfen,  regierte  streng,- 1185  ermordet, 
der  letale  Komnene.  —  A.  ü.,  Sohn  des 
Michael  Paläologus,  regierte  seit  1283, 
ward  Ton  seinem  Enkel  A.  HL  1328  ge- 
stürzt und  in  ein  Kloster  gesperrt  und  f 
1888.  Letzterer  ward  nach  kurzer  Regie- 
rung Ton  den  Türken  und  Bulgaren  rer- 
trieben,  f  1341. 

AndronicoSy  1)  A,  a««  ^hodu9,  peripatet. 
Philosoph ,  lebte  au  Giceros  Zeit  In  Bom, 
Erklärer  der  Schriften  des  Ariatot^es. 
Die  ihm  zugeschriebene  Schrift  über  die 
Lieidettsfdiaften,  sowie  eine  Paraphrase  von 
des  Aristoteles  Ethik  gehören  wahrschein- 
lich dem  A.  OaUiatm»  an,  einem  griech.  Ge-  < 
lehrten  des  15.  Jabrh.,  der  U78  in  Frank- 
reich f.  —  2)  Bom.  Dichter,  s.  IAviu$  A. 

AbAtobUlow,  Iwan  Malchaaowitseh,  Fürst, 
russischer  General,  geb.  1801  zu  Tiflls,  seit 
1850  BfllitärgouTemenr  daselbst,  befehligte 
Im  Krieg  von  1854  die  Truppen  in  Gurion, 
Imeretien,  Mingrellen  u.  Achalzik,  schlug 
'die  Türken  unter  Selim-Pascha  bei  Osurgeti 
(16.  Juni),_trat  1855  ins  Privatleben  zurück. 

AndTOpogom  L.  (Bartgras),  Pflanzengat- 
tnng  d^r  Gramineen.  A.  muricatum  Retx., 
Ton  Koromandel  und  Bengalen,  liefert  die 
YetlTer-  oder  Iwarankusawurzel,  ein  reizen- 
des und  scfaweisstreibendes  Mittel. 

AmdroB  (Andro),  Insel  der  Cykladön,  am 
Südende  von  Euböa,  4,7  QM.,  21,000  Ew. 
Hauptttadt  A.,  1800  Ew. 

ABd^Jmr^  Stadt  In  der  span.  Prov.  Jaen 
(Andalusien),  am  Guadalquivir,  12,850  Ew. 

AneaatireB  (fir.),  vernichten,  für  nichtig 
erklären. 

Aneed$ta  (gr.),  bei  den  Alten  alles  noch 
nicht  schriftlich  Bekanntgemachte;  alte  zum 
ersten  Mal  gedruckte  Schriften.  Anekdote, 
kurze  Erzählung  von  witzigem,  über- 
raschendem, zum  Lachen  reizendem  Inhalt. 

Anemogriph  (gr.),  eine  die  Veränderungen 
der  Windrichtung  auf  einem  Papierstreifen 
aelbstregistrirende  Vorrichtung.  Anetnome' 
ter,  Instrument  zur  Messung  der  Stärke 
des  Windes;  man  bestimmt  die  Umdre- 
hungsgeschwindigkeit eines  Flügelrades, 
oder  die  Hebung  eines  Pendels,  das  unten 
«ine  Platte  trägt  und  sich  stets  gegen  den 
Wind  stellt.    Anemoskop,  Windzeiger. 

AneMOlogle  (gr.),  Lehre  vom  Wind. 

AmemSB«  L,  (Windröschen),  Pflanzengat- 
iung  der  Banunculaceen,  viele  Zierpflanzen. 
Bei  uns  heimisch:  A.  hepatica  L.,  Hepatica 
triloba  Dee,,  blaues  Leberidümchen ;  A.  nemo- 
rosa  L.,  Waldrܻchen  (weisse  Osterblume),  u. 
die  friUier  ofBcinelle  A.  Pulsatilla  L.,  Kiiehen- 
^chelle;  liefern  das  narkotische  Anernonin. 

Anepfe  (^r.),  Sprachlosigkeit,  Stummheit. 

Aneplgraph«  (gr.),  Schriften  ohne  TiteL 

Anerbe,  Deijenige,  dem  ein  untheilbares 
Bauerngut  als  Erbe  zufällt. 

Meyers  Hand- Lexikon» 


ABerlOy  1)  Fsliee,  Ital.  Komponist  aus  der 
Palestrinaperiode,  geb.  um  1560  zu  Rom, 
t  das.  nm  18S0  als  p&ptftlioher  Kapellmeister. 
Concerti  splrituali,  Motetten,  Psalmen,  Mia-. 
drigale  etc.  —  2)  FronccMo  Oiovanni,  Bruder 
des  Vor.,  geb.  1567,  f  um  1610  als  B[apeU- 
meister  am  St.  Laterano,  eben&lls  nam- 
hafter Kirchenkomponist. 

ABerkeBBBBgy  jur.  das  Zugestandniss  der 
Wirklichkeit  und  Aechtheit,  z.B.  eines  Kin- 
des durch  den  Vater,  einer  Unterschrift, 
einer  Urkunde,  eines  Beweisstücks  etc.; 
auch  Vorbedingung  zu  diplomatischem  Ver- 
kehr, namentlich  bei  Thronwechsel,  Maeht- 
erweiterung,  Aenderong  der  Staatsform  etc. 
Nach  Völkerrecht  süid  thatsachlich  be- 
stehende Regierungen  anzuerkennen. 

ABeroIdy  s.  Barometer. 

Aneiie  (gr.),  Nächlassen  einer  Krankheit. 
Anetica,  schmerzlindernde  Mittel. 

ABetbBmX.  (DiU,  Ourkenkraut),^üaaa»n' 
gattung  der  UmbelUferen.  Die  Samen  von 
A.  gcaveolens  L.,  OartendiU,  liefern  das 
ätherische  DitUU,  Oleum  anethi. 

ABenrffBUi  to:.,  ArUriektaaU),  Pulsader- 
geschwulst, Erweiterung  einer  Arterie, 
tritt  besonders  an  grösseren  Arterien  auf 
(Aorta),  entsteht  entweder  ohne  äussere 
Veranlassung  (spontane),  oder  in  Folge  der 
Verletzung  einer  Arterle  (traumatische, 
falsche),  wird  gefährlich  durch  Druck  auf 
wichtige  Organe  oder  durch  Oeffnung  nach 
dem  Innern  des  Körpers. 

ABÜngy  junges,  aus  vom  Winde  fortge- 
führten  Samen   entstandenes  Holz. 

ABfOfsly  Pasqttale,  ital.  Komponist,  geb. 
1729  zu  Neapel,  Schüler  Sacchinis  u.  Piocinis, 
lebte  meist  in  Paris,  f  1795  in  Rom.  Komische 
Opern:  ,Avaro*,  ,Isabella  o  Rodrigo*  und  ,1 
Viaggiatori  felid*.    Kirchenmusiken. 

ABfl^n,  Nebenfl.  des  Jenisel  in  Sibirien, 
durchströmt  den  Baikalsee;  238  M. 

ABgavleB  (gr.) ,  Fuhren,  Botengänge  etc. ; 
im  Mittelalter  Wege-  und  Spanndienste; 
auch  sonstige  Frohnen.  AngaHaHon,  Schiff- 
pressen, Beschlagnahme  von  Privatschiffen 
durch    die   Regierung    für    Kriegszwecke. 

Angt^raektenBaMMB  »bweltMB ,  eine 
Klage  als  eine  in  mangelhafter  Form  an- 
gebrachte für  unzulässig  erklären,  wodurch 
nicht  über  den  materialen  Inhalt  derselben 
abgeurtheilt  wird,  so  dass  also  in  derselben 
Sache  eine  neue  Klage  erhoben  werden  kann. 

Angeflogen,  von  Minerallen,  wenn  sie  in 
dünner ,  auf  dem  Querbruch  nicht  mehr  er- 
kennbarer Schicht  einem  Gesteine  aufliegen. 

Ang«U  Herlei  (spr.  Meritschi) ,  Heilige, 
geb.  1511  zu  Desenzano,  stiftete  1537  zu 
Brescia  den  UrsuUnerinnenorden,  f  ^540. 
Tag  21.  März. 

iBfelftnfeB ,  von  Mineralien,  die  auf  der 
Oberfläche  andws  gefärbt  sind  als  im 
Innern,  bei  den  Erzen  der  erste  Orad  der 
Oxydation. 

ABgeld  (Dravfgeld ,  Handgeld),  s.  Arrha. 

Angeliea  L,  (Engüwun,  Bnutwum^), 
Pflanzengattung  der  Umbelllferen.  Von  A. 
Archangelica  L. ,  besonders  im  h<Aen  Nor- 
den, war  die  Wurzel  früher  of&cinell. 

ABgelicOy  Tra  Qiovanni,  s.  Fiescie. 

6 


82 


Angeln  —  Angers. 


AagtlBf  Landechaft  in  Sohleswig,  an  der 
Ostsee,  zwischen  dem  flensbnrger  Basen 
ond  der  Schlei,  IS  QM.,  etwa  50,000  Ew. 
(fiut  nur  Deutsche).    Hauptort:  Kc^peln. 

Angeln  9  altdeutsches  Volk  tfaüriu^chen 
Stammes.  Sie  wohnten  ursprünglich  wahr- 
scheinlich im  Osten  der  Elbe,  zwischen 
den  Mündungen  der  Saale  und  Ohre,  dann 
in  Schleswig  zwischen  Juten  und  Sachsen, 
schifften  mit  letzteren  um   die  Mitte   des 

5.  Jahrh.  in  grosser  Anzahl  nach  England 
nnd  gründeten  daselbst  im  nördl.  Theil  des 
Iiandes  die  Königreiche  Ostanglien,  North- 
nmbrjen  und  Mercia. 

Amgelolntrie  (gr.)j  Verehrung  der  Engel, 
▼on  den  Koncilien  zu  Nicia  787  n.  Trient 
gebilligt.  [Dogmatik. 

Angeiologie  (gr.),  Engellehre,  Theil  der 

AagelophsBfe  (gr.),  Engelerscheinnng. 

AngelBMliseny  gemeinsamer  Name  der 
deutschen  Volksstimme  Angeln  und  Sach- 
sen ,  zu  denen  sich  auch  Juten  gesellten, 
die  Ton  den  Gegenden  an  der  unteren 
Weser  und  Elbe,  der  Sage  nach  zuerst 
unter  Hengist  und  Horsa  44d  n.  Chr.,  nach 
England  übersetzten  u.  sich  dies  Land  nach 
wiederholten  Einwanderungen  unterwarfen. 
Sie  gründeten  das.  7  oder  8  Königreiche, 
die  sogen.  angeltäeJuiache  Heptarchie,  näm- 
licii:  Northumbrien  (aus  der  Vereinigung 
Ton  Bemicia  und  Deira  entstanden),  Kent, 
Snssez,  Wessez,  Essex,  Ostanglien  und 
Mercia.  Egbert  von  Wessez  vereinigte 
diese  Territorien  827  zu  Einem  Königreiche 
Anglia  oder  England  und  ward  so  der 
Gründer  der  amgeUäch»i»chen  DyntuUe,  die 
bis  1066  den  englischen  Thron  inne  hatte. 
Die  €mgtil^Uihai8die  Kirche  behauptete  bis  ins 
10.  Jahrh.  ihre  Unabhängigkeit  yon  Rom. 
Ygl.  Turner,  ,Ristor7  of  the  Anglosaxons', 

6.  Aufl.  18&2,  3  Bde.;  KenOfUt  ,The  Sazons 
in  England*,  1818,  2  Bde. ;  deutsch  von  Bran- 
des IBSZ—U»  2  Bde.;  BOgrave,  »History  of 
the  A.S  1868. 

ABgelsicludsclie  lUee  (Angloeaxon  Ba€e), 
Bezeichnung  der  von  Engländern  abstam- 
menden Nordamerikaner,  im  Gegensatz  zu 
den  eingebomen  Indianern  und  Tarbigen, 
wie  auch  zu  den  von  Spaniern  nnd  Portu- 
giesen abstammenden  Ejreolen. 

AügeUiehsIsclie  Sprache  und  Llteratnr. 
Die  a.  ßpraehe,  ein  Zweig  des  niederdeut- 
schen Stammes  der  german.  Sprache  und 
durch  die  Einwanderung  der  Angeln  .und 
Sachsen  nach  England  verpflanzt,  ward 
hier  im  8.  Jaiirh.  Hof-,  Bücher-  und  Kir- 
chensprache und  durch  Uebertragung  latein. 
Werke  in  dieselbe,  besonders  unter  Alfred 
d.  Gr.,  sehr  ausgebildet.  In  Folge  der 
normannischen  Invasion  wurde  sie  durch 
das  NordfranzOsisehe  vom  Hofe,  sowie  aus 
den  Gerichton,  der  Kirche  und  Schule  ver* 
drängt,  exiiielt  sich  aber  als  Volkssprache 
nnd  bildete  sich  im  Laufe  des  12.,  13.  und 
li.  Jahrb.,  mit  romanischen  Elementen  ver- 
mischt, in  das  Englische  um.  Grammatisch 
am  besten  von  J.  Grimm  (in  der  Deutscheu 
Grammatik),  lexikalisch  v.  Lye  (1772,  2  Bde.), 
Bosworth  (1839,  neue  Ausg.  1869)  und  EU- 
miUler   (1851)    bearbeitet.     Die    noch    vor- 


handenen Beste  der  a.»  LtUniur  lind 
zum  Theil  noch  ungedruckt.  Die  epischen 
Dichtungen,  meist  alliterirend,  ausgezeich- 
net durch  pomphafte  Darstellung,  staid- 
theils  volksthümlichen ,  wie  der  ,Beo- 
wulf  (s.  d.),  theils  biblischen  Inhalts,  wie 
die  dem  Gaedmon  beigelegte  »Paraphrase 
der  Genesis'  ans  dem  7.  Jahrb.  O^en^^CT* 
von  JBouUrweh  1817—51,  2  Bde.,  mit  Wör- 
terbuch) und  die  Legenden  von ,  Andreas  und 
Elene'  (herausg.  von  Grimm  1840).  Die 
Uebersetzung  .des  altfranzös.  ,Roman  de 
Brut*  von  Layamon  um  1200  (heransg.  von 
Madden  1847)  ist  ein  Denkmal  der  imUeber- 
gang  zum  Englischen  begriffenen  Sprache. 
Prosadenkmäler  sind  die  weltlichen  und 
kirchlichen  Gesetze  von  Aethelbirht  von  Kent 
(Ende  des  7.  Jahrh.)  bis  Knut  (herausg.  von 
Schmidt,  ,Die  Gesetze  der  Angelsachsen*, 
2.  Aufl.  1858)  und  das  |AngIosazon  chro- 
nicle«  bis  1154  (herausg.  von  Thorpe  18», 
2  Bde.).  Am  zahlreichsten  sind  die  Schriften 
theolog.  Inhalts.  Hervorzuheben  ist  die  von» 
Bischof  Aelfric  begonnene  Uebersetzung  der 
Bibel  (1688).  Vgl.  Qrein,  ,Bibl.  der  a.a 
Poesie*,  1857—65,  4  Bde. ;  Dvr9.,  «Dichtungen 
der  Angelsachsen*,  1858—59,  2 Bde.;  Thorpe^ 
, Analecta  anslo  -  sazonica*,  2.  Ausg.  1868. 

ABgeluDei,  kathol.  Oebetsformel ,  begin- 
nend mit  den  Worten:  ,Angelus  Domini 
nundavit  Mariae*  (d.  i.  ,ein  Engel  des  Herrn 
verkündigte  der  Maria*). 

Angelns  SUediiB  (eigentl.  Joh.  SoheffUr), 
geistl.  Dichter,  geb.  1624  zu  Breslau,  seit 
1654  Hofmedikus  Kaiser  Ferdinands  HI. ,  t 
9.  Juli  1677  im  Matthiasstift  zu  Breslau  (seit 
1652  katholisch).  Hauptwerk:  ,Oheruoini- 
scher  Wandersmann*  (Glatz  1675),  eine 
Sammlung  i>antheistisch  gehaltener  Sinn- 
sprüche, wiederholt  herausgegeben.  Zahl- 
reiche Streitschriften.  «Sinnliche  Beschrei- 
bung der  vier  letzten  Dinge*  (Schweidnits 
1675).  Vgl.  KaUert,  ,A.  S.*,  1853;  Schröder, 
,A.  S.*,  1853. 

Angely  (spr.  Angscheli) ,  Lauie,  deutscher 
Schauspieler  n.  Lnstspioldichter ,  geb.  1788 
zu  Berlin,  f  das.  16.  Nov.  1885.  Verf.  von 
,Da8  Fest  der  Handwerker*,  ,Sieben  Mädchen, 
in  Uniform',  ,Reise  auf  gemeinschaftliche 
Kosten*  etc.    Werke  1842,  4  Bde. 

Angerap«  FIuss  in  Ostpreussen,  kommt 
aus  dem  Manersee,  mündet  in  den  Pregel 
oberhalb  Insterburg,  22Vs  M. 

Angerbnrg.  Kreisstadt  im  ostprenss. 
Regbz.  Gumbfnnen,  an  der  Angerap,  4197  Ew. 

AjDgemianelfy  Fluss  in  Schweden,  ent- 
springt an  der  norweg.  Grenze,  durchströmt 
Angermanlaud  und  mündet  bei  Hemösandr 
in  den  bottnischen  Meerbusen,  40  M. 

Angermanlandy  schwed.  Landschaft,  am 
bottnischen  Meerbusen,  ein  Theil  der  I^ov. 
Westemorrland. 

Angermfinde,  Kreisstadt  im  preuss.  Begbz. 
Potsdam,  am  Mündersee,  6412  Ew. 

AngeröBm^  bei  den  Römern  Göttin  der 
Angst,  dargestellt  mit  verbundenem  Munde 
oder  mit  an  den  Mund  gelegtem  Finger. 

Angers  (spr.  Angscheh,  lat.  Andeeavum, 
JuUomayu9)j  Hauptstadt  des  franz.  Depart. 
Maine-Itoire  ( Anjon),  an  d.  Maine,  54,791  Ew. 


Angilbert  — .Angouleme. 


83 


AngUbert  (Engelbert),  der  Heilige,  Kanzler 
Karls  d.  Gr.,  in  dessen  Akademie  Homer 
genannt,  angeblich  Gemahl  von  dessen 
Tochter  Bertha,  793  zum  Abt  von  Centnla 
ernannt,  f  ^^^-  ^^  ^^-  I'ebr. 
Angina,  s.  Bräune. 

Angion  (gr.)»  Gefäss  des  thierischen  Kör- 
pers; Angiologte,  Gefösslehre,  Tbeil  der 
Anatomie;  AngieJetaste ,  Erweiterung,  An- 
gieße, £ntzändting,  AngiomakuAe ,  Erwei- 
chung der  Gefasse ;  Angiorrhagte,  Blutfluss 
aus  Gefässen;  Angiostenöse ,  Verengerung 
der  Gefasse;  Angio$töee,  Verknöcherung, 
Angiotomte,  das  kunstgemässe  Zerschneiden 
der  Gefasse. 

Angi08permme  (gr.),  bedecktsamige  Pflan- 
zen, solche,  deren  S^me  mit  einer  Frucht- 
hüUe   umgeben   ist,   im  Gegensatz   zu  den 
nacktsamigen  (Gymnospermae). 
Anglaise  (fl:.,  spr.  -ähs),  s.  v.  a.  Contretanz. 
kB!g\v»t%lAngleuy,  spr.  Aeng^lsih,  das  alte 
Mona),   Insel   an   der  Nordwestkäste  von 
Wales    (Menaistrasse    mit    der   Britannia- 
brucke),  8S/4  QM.,   50,890  Ew.,    fruchtbar, 
bäum-  u.  heokenlos.  Hauptstadt :  Beaumaris. 
Anglesey  (spr.  Aeng'lsih),  Henry  William 
Paget,  engl.  General  und  Staatsmann,  geb. 
17.  Mai  1768,    focht  seit  1808  auf  der  pyre- 
naischen    Halbinsel     und     befehligte     bei 
Waterloo   die   Kavallerie.     1812   zum   Earl 
von  Uzbridge  und  1814  zum  Marquis  von  A. 
ernannt,  war  er  1888  sowie  1831—33  Statt- 
halter in  Irland,  seit  1846  Teldmarschall ; 
t  87.  April  1854. 
Angleterre  (fr.,  spr.  Ang*Itar),  England. 
Anglia  (lat.),  England.        [engl.  Sprache. 
AngllelsiBUB  (IfttJ ,  Eigenthnmlichkeit  der 
AngHkanteche  Kirche  (engliech-hitchdf- 
liche  Kirche,   Episkopal-  oder  Hochkirehe), 
die    Protestant.    Staatskirche    Grossbritan- 
niens   und   Irlands ,    gegründet,    als    sich 
König  Heinrich  YHI.  1534  vom  Papst  los- 
si^e  und  sich  zum  Oberbaupte   der   engl. 
Kirche  erkl&rte,  befestigt  unter  der  Regie- 
rung der  Königin  Elisabeth   (1558— 1G03). 
Das  Bekenntniss,  am  meisten  dem  der  auf 
Calvins  Lehre  fnssenden  reformirten  Kirche 
sich  nähernd  ,  ist  in  den  89  Artikeln  ent- 
halten, welche  auf  einer  Sjmode  zu  London 
(1568)  angenommen  und  1571  durch  Parla- 
xnentsakte  anerkannt  wurden.    VerfiEissung 
und  Bitus  sind  katholisirend.  Die  Bischöfe 
sitzen  von  Alters  her  als  Reichsbarone  im 
Oberhause.    An  ihrer  Spitze  steht  der  Erz- 
bischof von   Ganterbury   als   Primas   und 
erster   Peer    des   Reichs.     Er   krönt    den 
König,   und   ihm  sind  21  Bisthnmer  unter- 
stehen.   Ihm  zunächst  steht  der  Erzbischof 
von   York  mit  7  Bisthümem.     In  Irland 
bestehen    8    Erzbisthümer     (Armag^    und 
I>nblin)  und  18  Bisth&mer.    Die  Kolonial- 
tiisthümer    st^en    unter    dem    Ershischof 
von  Canterbury.    Erzbischöfe  und  BischöfiB 
Mlden  den  höheren  Klerus,  welcher  allein 
1>eltagt  ist,   die  Konfirmation  u.  Ordination 
vorzunehmen  und   die  geistliche  Disciplin 
und     Gerichtsbarkeit     auszuüben.      Seine 
"VVahl  erfolgt    der  Form   nach   durch   die 
Kapitel ,  in  Wirklichkeit  durch  die  Krone. 
rHe  niedere  Geistlichkeit  theilt  sich  in  die 


Kapitel-  und  Pfarrgeistlichkeit.  Die  Liturgie 
ist  in  dem  von  1549  datirenden,  dann  revi- 
dirten  und  durch  die  Uniformitätsakte  von 
1559  eingeführten  ,Book  of  common  prayer* 
genau  vorgeschrieben.  Der  theologische 
Charakter  der  a.n  K.  ist  der  stabiler 
Orthodoxie.  Erst  in  der  neuesten  Zeit  ist 
eine  fireiere  kritische  Richtung  hervorge- 
treten, welche  aber  von  dem  höheren 
Klerus  perhorrescirt  wird.  Vgl.  ßoamea, 
,History  of  the  reformation  of  the  church 
of  England',  1826,  4  Bde.;  Weber,  ,Geschlchte 
der  akatholischen  Kirchen  und  *  Sekten  in 
Grossbritanniens  1845—53,  8  Bde.;  Jlferle 
d^Axibigni,  ,Geschichte  der  Reformation  in 
Englands  aus  dem  Franz.,  1854;  Ftmk,  ,0r- 
ganisirung  der  engl.  StaatskircheS  1889; 
Bogers,  ,A  practical  arrangement  of  eccle- 
siastical  lawS  1849.  [mende  Amerikaner. 
Angloamerikaner,  von  England  abstam- 
Anglolndisehes  Belch,  die  Besitzungen 
Grossbritannlens  in  Ostindien. 

Anglomanie  (lat.) ,   übertriebene  Yorliebe 
für  Eiland  und  engl.  Wesen. 

Angua  (Donga),  Landschaft  in  Nieder- 
guinea-^  zwischen  den  Flüssen  Koanza 
und  Dande,  1800  QM. ;  bildet  mit  Benguela 
das  portug.  Oeneralgouvememeni  A.,  14,70€l 
QM.,  8  Mill.  Ew.  (Neger,  theilweise  kathöl. 
Christen).  Hauptstadt  Loanda.  Andere 
Häfen:  Benguela,  Mossamedes.  YgT.  Toms, 
,Die  portug.  Besitzungen  in  WestafirikaS  1845. 
Angollöla,  Hauptstadt  des  Reichs  Schoa 
in  Abessinien,  4800'  hoch  gelegen,  4000  Ew. 
Angora  (Engyrijeh),  -Stadt  im  innem 
Kleinasien,  50—60,000  (n.  A.  15,000)  Ew., 
zum  Theil  armen.  Christen.  Kamelotfabriken 
und  Zucht  der  Angoraziegen  (s.  Ziege).  Im 
Alterthum  Ancyra,  die  Hauptstadt  der  galat. 
Tektosagen;  unter  den  Ueberresten  dersel- 
ben ein  Tempel  zu  Ehren  des  Augustns  mit 
Inschrift  (veröffentlicht  von  JFVaiis  u.  Zumpt, 
1845).  80.  Juli  1408  iSte^  Tamerlans  über  den 
türk.  Sultan  Bajäzet  I. 

AngomOy  Handelsstadt  in  Bomu  in  Cen- 
tralafi-ika ,  nahe  dem  Tschadsee,  30,000  Ew. 
Angoseheinseln,  Inselreihe  an  der  Küste 
Mosambique  im  östl.  Südafrika. 
'  Angosclöso  (ital.,  spr.  -schoso,  Mus.),  mit 
Ausdruck  der  Unruhe,  des  Kummers. 

Angostnn  (Oiudad  Bolivar),  Hauptstadt 
der  Prov.<}uyana  in  der  südamerik.  Republik 
Venezuela,  7000  Ew.  Hier  13.  Febr.  1819 
Kongreta,  wodurch  Neugranada  und  Vene- 
zuela als  Republik  anerkannt  wurden. 

AngOBtlrannde^  Rinde  mehrerer  Arten 
von  Galipea  AtM.  im  tropischen  Amerika, 
besonders  von  G.  ofßcinalis  Hanco^Je,  be- 
sitzt  tonische  und  kräftigende  Wirkungen. 
Die  faleche  A.  aus  Ostindien  stammt  wohl  von 
Strychnos  nux  vomica  und  ist  sehr  giftig. 
Angonleme  (spr.  Anggulähm,  das  alte 
leuUena),  Hauptstadt  des  flranz.  Depart. 
Gharente,  an  der  Charente,  85,116  Ew. 
Geburtsort  von  Margarethe  von  Valois, 
Ravaillac  und  Balzac.  Ehemals  Hauptstadt 
des  HerzogUiums  Angoumoi»,  das  1808  mit 
Frankreich  vereinigt  ward.  Die  Prinzen 
des  älteren  bonrbon.  Zweiges  führten  seit 
1714  den  Titel  »Herzöge  von  A.S 

6* 


84 


Angouleme  —  Anhalt. 


lamdtee  (spr.  AnggoULhin),  1)  Okariet 
deVatois,  Bertog  van  A.,  gth.  S8.  April  167S, 
luttörl.  Sohn  des  Königs  Karl  IX.  von  Frank- 
reich, ward  1580  Grossprior  Ton  Frankr.,  er- 
hielt  1619    das   Hersogtham  A.     Anfuigs 
Anhänger    Heinrichs    IV.,    liess    er    sich 
später  in  Umtriebe  gegen  denselben  '  ein, 
ward  1604  aum  Tode  verartheilt,  aber  m 
ewiger  Haft  begnadigt  und  1616  unter  Lud- 
wig Xm.  freigelassen.    Spater  theils   mili- 
tärisch,    theils    diplomatisch    beschäftigt, 
t  er  84.  Sept.  1650.  —  2)  Louis  Antoine   de 
£<)urbon ,  Henog  von  A. ,  ältester  Sohn  des 
Grafen   yon  Artois,   nnd  nachdem  dieser 
als  Karl  Z.  den  franssösischen  Thron  be- 
sti^en,    bis   mr  JulireTolntion   Dauphin, 
geb.  SU  Versailles  6.  Aug.  1775,   emigrirte 
1789  mit  seinem  Vater  und  Termählte  sich 
10.  Juni  1799  in  Mitau  mit  der  Tochter  Lud- 
wigs XVI.  Nach  der  ersten  Restanration  aum 
G^ierallieutenant  tou  Frankreich  ernannt, 
sog  er  nach  Napoleons  Rückkehr  Ton  Elba 
Ton  Tonion  gegen  ihn  aus,  ward  aber  von 
seinen   Truppen   rerlassen  und   gefangen. 
Jedoch  nadi  6  Tagen  wieder  freigelassen.  18SS 
fongirte  er  als  Generalissimus  den  Inter- 
Tentionsarmee  in  Spanien  und  erhielt  den 
Titel    Fürst    ron    Trocadero.     Nach    der 
Jnllrevolution  dankte  er  2.  Aug.  1830  mit 
seinem  Vater  zu  Gunsten  des  Herzogs  von 
B<^deaux  ab,  ging  mit  diesem  nach  Holy- 
rood  und  Prag,   1886   nach  Görs;   f  das. 
3.  Juni  1844.  -*  3)  Marie  Thereee  Charlotte, 
BertoginvonA.,  Gemahlin  des  Vorigen,  Toch- 
ter Ludwigs  XVI.,   sass  nach  der  Hinrich- 
tung ihrer  Aeltem  im   Temple  geüEingen, 
ward  85.  Dec.  1795  gegen  fransös.  Deputirte, 
welche  Dumouries  den  Oesterreichern  über- 
liefert hatte,  ausgewechselt  und  lebte  bis 
zu  ihrer  Vermählung  in  Wien.    Sie  theilte 
die  Geschicke  ihrer  Familienangehörigen  und 
t  19.  Okt.  1851  SU  Frohsdorf  bei  Wien. 

AMgT%(A.  do Beroiemo), befestigte Hauptst. 
der  Azoreninsel  Terceira,  18,000  Ew. 

Angrab)    Nebenfluss     des     Tacazse    in 
Abessinien,  entspringt  in  Dembea. 

Asi^lff  (fr.  attaque,  Offensive),  im  strate- 
gischen Sinne  die  Bewegung  einer  Truppen- 
masse gegen  eine  feindliche  Truppenauf- 
stellung, im  taktischen  Sinne  das  Vorgehen 
Ton  Truppen  auf  dem  Gefechtsfelde  selbst 
zur  Verdrängung  des  Feindes  aus  seiner 
Position.  In  letsterem  Sinne  unterscheidet 
man  den  Parallel-  oder  Frontalangriif,  den 
umfikssenden  (auf  einen  oder  seltner  auf 
beide  Flügel  gerichteten)  A.  und  den  keil- 
form^en  A.  zum  Durchbrechen  der  feind- 
lichen Linie.  Nach  den  Waffengattungen 
unterscheidet  man  den  In&nterie-,  den 
Kavallerie-  und  Artillerieangriff;  nach  der 
Beschaffenheit  des  Ang^ffsobjekts  den  A. 
auf  freiem  Felde ,  den  A.  auf  Festungen 
(Bombardement,  Belagerung)  und  den  A. 
auf  FeldverschanzuDgen. 

AngriTsrler,  german.  Volk  an  der  Weser; 
Ton  ihnen  erhielt  die  Landschaft  Engem 
(Angaria)  den  Namen. 

Angster 9  alte  kleinste  Schweiz.  Scheide- 
münze, =  etwa  >/4  Kreuzer. 
AmguilU  (lat.),  s.  Aal. 


AaglilU  (Bnake-Zdand),  brit.  Insel  in 
Westindien,  1,4  QIL,  8100  Ew. 
Aagnis  (lat.),  Schlange. 
AngvlMina  (Angtusoia,  Bofonitbe),  ital. 
Porträtmalerin ,  geb.  su  Cremona  1530,  Hof- 
malerin Philipps  n.  von  Spanien ;  f  1680  zu 
Genua.  Werke  Ton  ihr  in  Florens,  Genua, 
Wien,  Berlin  etc. 

Angnlar  (lat.),  eckig,  winkelig.    Angviar- 
System,  in   der  Befestigungskunst   s.  r.   a. 
Tenaillensystem. 
ABgnrle,  s.  r.  a.  Wassermelone. 
Anns,  s.  Forfar. 

Anhängig  y  vor  Gericht  angebracht,  aber 
noch  nicht  entschieden. 

Anludt,  Hersogth.  des  norddeutsch.  Bun- 
des, fast  gans  tou  der  prenss.  Prov.  Sachsen 
eingeschlossen ,  bestetit  aus  8  Haupttheilen 
und  4  Enklaven,  48,2  QM.  und  (Dec.  1867) 
197,041  Ew.  (3156  Kathol.,  8106  Jaden).  Der 
östl.  Haupttheil  (Dessau-Köthen-Bemburg), 
von  der  Elbe  (mit  Mulde)  und  Saale  (mit  Wip- 
per, Fuhne  u.  Bode)  durchflössen,  ist  eben, 
am  rechten  Eibufer  sandig  und  waldig,  am 
linken  bis  zur  Sa^le  sehr  fruchtbar;  vor- 
trefflicher Viehstand.  Der  westl.  Haapttheil 
(Ballenstädt),  von  der  Selke  bewässert, 
Bergland  im  Unterharz ;  90  Acker  Waldun- 
gen. Hauptbeschäftigung :  Landwirthschaft ; 
Zuckerfabrik. ;  Bergbau  (1863 :  900  Pfd.  Silber, 
8  Min.  Otr.  Braunkohlen,  627  Ctr.  Blei  etc., 
Mineralprodukte  im  Ganzen :  595,830  Thlr.). 
Banken  in  Dessau  und  Bemburg.  18,4  M. 
Eisenbahnen.  5  Gymnasien  (darunter  eiu 
Israelit,  in  Dessau),  3  Seminare.  Verfassung 
(17.  Sept.  1859)  konstitutionell  -  monarchisch. 
Herzog:  Leopold  (geb.  1.  Okt.  1794),  seit 
9.  Aug.  1817.  Einnahme  (1869):  8,705,200 
Thlr.,  Ausgabe:  3,714,200  Thlr.  (davon 
1,716,700  Thlr.  für  die  norddeutsche  Bandes- 
kasse); Civil  liste  198,250  Thlr. ;  Staatsschuld 
(1869):  8,370,860  Thlr.  A.  stellt  zum  Bundes- 
heer das  93.  Infanterieregiment  (zur  7.  Di- 
vision und  zum  IV.  Armeecorps  gehörig). 
Eintheilung:  5  Kreise  (Dessau,  Zerbst,  Kö- 
then,  Bemburg,  Ballenstädt);  Haupt-  und 
Residenzstadt  Dessau.  Landesfarben:  weiss, 
grün,  roth. 

Oesehiehte.  Geschichtlich  beglaubigter  Ahn- 
herr des  Hauses  A.  ist  Graf  Esiko  von  Bal- 
lenstädt (um  940),  reich  begütert  zwischen 
Elbe  und  Saale.    Sein  Enkel  Otto,  Graf  von 
Askanien,  vergrdsserte  seinen  Besitz  durch 
einen  Theil  der  billungischen  FamÜiengütei* 
als  Erbtheil  seiner  Gemahlin  Elike.   Dessen 
Sohn,  Albrecht  der  Bär,   erster  Markgraf 
von  Brandenbui^,  erwarb  dazu  noch  Plötz- 
gau ,  Orlamünde  und  ansehnliche  Güter  in 
Thüringen.     Von    seinen    Söhnen    erhielt 
Bernhard  A.   u.  das  den  Slaven  entrissene 
Gebiet   an   der  Mittelelbe  und   ist  Stamm- 
vater  der  Jetzigen  Herzöge   von  A.    Nach 
Heinrichs  des  Löwen  Sturz  mit  einem  Theil 
von  dessen  Ländern  belehnt,  nahm  er  den 
Titel  Herzog  von  Sachsen  an.  Nach  seinem 
Tode  (1812)  erhielt  sein  älterer  Sohn  Hein- 
rich, der  sich  zuerst  Fürst  nannte,  Aschers- 
leben und  A.,  welches  nun  erst  als  ein  für 
sich   bestehendes    Territorium   hervortritt. 
Heinrichs  drei  Söhne:   Heinrich  H.,  Bern- 


Anhelation  —  Anilin, 


85 


htt d  und  Siegfried,  wurden  1251  die  Stifter 
der  aecherslebener,  der  alten  bernborger 
and  der  Kerbst  -  deasaaer  Linie,  Ton  denen 
die  erete  1915,  die  zweite  1468  erlosch,  die 
dritte  aber,  nach  Erlöschen  des  zerbster 
Zweigs  derselben  (1526),  im  dessaner 
Zweige  fortblühte  nnd  1570  unter  Joachim 
Ernst,  dem  Oründer  der  alten  landständi- 
scben  Ver&ssang,  wieder  alle  anhält. 
LAnder  yereinigte.  Bei  seinem  Tode  (1586) 
erhielt  Johann  Georg  Dessau,  Christian 
Bern  bürg,  Rudolf  Zerbst,  Ludwig  Köthen, 
das  nach  dem  Aussterben  dieser  Linie 
(1665)  an  die  Erben  des  damals  mit  800,000 
Thaler  abgefundenen  dritten  Bruders  Au- 
gust fiel.  Nach  dem  Erlöschen  der  zerb- 
ster Linie  (1798)  theilten  deren  Besitzungen 
die  übrigen  drei.  Üer  1635  abgeschlossene 
Senioratsrecess ,  wonach  die  anhaltischen 
Lande  nach  aussen  durch  den  Jedesmaligen 
Senior  des  Gesammthauses  vertreten  wer- 
den sollten,  ward  1669  erneuert.  Seit  der 
Mitte  des  17.  Jahrh.  führten  die  einzelnen 
Linien  nach  und  nach  die  Primogenitur  ein. 
1807  traten  alle  drei  Linien  unter  Annahme 
des  Herzogstitels  dem  Rheinbunde,  1814  dem 
deutschen  Bunde  bei,  und  1828  schlössen 
sich  nach  Bemburgs  Vorgai^  auch  Köthen 
nnd  Dessau  dem  Zollverein  an.  Nachdem 
die  Linie  Köthen  mit  Ludwig  1818  erloschen 
war,  gelangte  Ferdinand  aus  der  Nebenlinie 
A.- Köthen -Pless  zur  Regierung.  'Derselbe 
trat  1825  zur  katholischen  Kirche  über  und 
führte  die  Jesuiten  in  Köthen  ein.  Ihm 
folgte  1830  sein  Bruder  Heinrich,  mit  dessen 
Tode  (29.  Nov.  1847)  die  köthensche  Linie 
völlig  erlosch.  Die  Regierung  ging  einst- 
weilen auf  den  Senior  des  Hauses  A.,  den 
Herzog  von  Dessau,  über,  dem  Köthen 
durch  Vertrag  vom  1.  Jan.  1853  ausschliessl. 
zufiel.  A.-Dessau  erhielt  in  Folge  der  Be- 
wegung von  18tö  eine  neue  Ver&ssung 
(29.  Okt.),  die  aber  4.  Nov.  1851  durch 
taerzogl.  Patent  wieder  aushoben  ward. 
Die  1.  Okt.  1859  eingeführte  Landschafts- 
ordnung für  ganz  A.  hat  das  alte  System 
bloss  beiräthiger  und  nur  hinsichtlich  der 
Finanzen  selbstfindiger  Feudalstände  wie- 
der auilgenommen.  In  A.  -  Bernburg  kam 
durch  Vereinbarung  das  Grundgesetz  vom 
28.  Febr.  1850  zu  Stande,  welches  jedoch 
1.  Okt.  1859  mit  der  Landschaftsordnung 
für  ganz  A.  vertauscht  ward.  Als  die 
Linie  mit  Karl  Alezander  19.  Aug.  1863 
ausstarb,  succedirte  Dessau,  und  es  sind 
seitdem  sammtliche  anhält.  Lande  wieder 
zu  Einem  Herzogthume  vereinigt.  Ueber 
die  Geschichte  A.s  vgL  die  Werke  von  Ber- 
tram und  Krause  (1780—82,  2  Bde.)>  Stengel 
(1880),  Lindner  (1833),  Heine  (1865),  Krause 
(,UrknndenS  5  Bde.,  1861-66),  Siebigk  (1867). 

AmheUtlOB  (lat.),  schweres  Athmen, 
Kenchen. 

Anliolt,  1)  Stadt  Imprenss.  Regbz.  Münster, 
Kr.  Borken,  an  der  Alten  Tssel,  1708  Ew. 
Herrschaft  A.,  seit  1641  dem  Fürsten  Salm 
gehörig.  —  2)  Dan.  Insel  im  Kattegat,  1 QM., 
150  Ew.    Gefährliche  Sandbänke. 

Aahydrte  (gr.),  Wasser losigkeit;  anhy- 
drisch,  wasserflrei  (von  Salzen  u.  Kalken). 


Anhydrit  (Karstenit,  Muriaeit),  Mineral, 
wasserfreier  Gyps,  regelmässiger  Begleiter 
der  Steinsalzgebirge,  erhärtet  mit  Wasser 
nicht,  wird  zu  Kunstarbeften  benutzt. 

Am,  alte  Königsstadt  am  Arpatschai  in 
Armenien,  Residenz  der  Bagratiden  (seit 
961);  wiederholt  erobert,  1319  durch  ein  Erd- 
beben zerstört.   Ausgedehnte  Trünuner. 

Aniln«^  Sekretär  des  Westgothenkönig» 
Alarich  IL  im  4.  und  5.  Jahrh. ,  redigirte 
das  Breviarium  Alariclanum,  firüher  die 
einzig  bekannte  Quelle  des  antejuatinianei- 
sehen  Rechts.  DiJier  Anianismen,  Fehler 
gegen  das  römische  Recht. 

Anlcet- Bourgeois  (spr.  Anisfi-Burschoa), 
Augitste,  firanz.  Dramatiker,  geb.  zu  Paris 
25.  Dec.  1806,  Verf.  von  beinahe  200  Stücken 
aller  Gattungen,  bes.  Melodramen,  für  die 
paris.  Boulevardtheater.  Eins  seiner  besten 
Produkte  ist  das  Drama  ,LaV6nitienne'  (1834). 

AnicStuB,  röm.  Bischof,  Nachfolger  Pins  I. 
seit  157 , 1 168.  Unter  ihm  begann  der  Streit 
zwischen  der  morgenländ.  und  abendländ. 
Kirche  über  die  Feier  des  Osterfestes. 

Anicliy  Feter,  Kartograph  von  Tirol,  geb. 
22.  Febr.  1728  zu  Oberperfuss  bei  Innsbruck, 
studirte  bei  den  Jesuiten  Mathematik  und 
Astronomie ,  f  !•  Sept.  1766  zu  Innsbruck. 

Anichiiii  (spr.  Anikini),  Francesco,  aus- 
gezeichneter Gtommenschneider  und  Me- 
dailleur, aus  Ferrara,  um  die  Mitte  des 
16.  Jahrb.  thätig. 

Anlgros  (a.  G.),  Fluss  in  Elis,  der  sich 
bei  Samikon  ins  jon.  l^eer  ergoss.  Sein 
Wasser  heilte,  nach  der  Sage,  den  Aussatz. 

Anil  (lat.),  nach  Art  alter  Weiber,  ^nt- 
lität,  Altweiberglaube. 

Anilin  (Fhenplamin,  Ihenamid,  KrjftiaUin, 
Kyanol,  Bsngidam),  organische  Base,  findet 
sich  im  Steinkohlentheer  u.  Knoehentheer, 
entsteht  bei  trockner  Destillation  des  In- 
digos  und  bei  der  Reduktion  von  Nitro- 
benzol,  wasserhelle  ölartige  Flüssigkeit, 
riecht  wetnartig,  schmeckt  aromatisch 
brennend,  wird  bei  20o  noch  nicht  dick- 
flüssig, hat  1,02  speo.  Gewicht,  ist  sehr 
flüchtig,  siedet  bei  182o,  brennt  mit  russen- 
der  Flamme,  in  Wasser  wenig  löslich,  mit 
Alkohol,  Aether  nnd  Oelen  mischbar,  wirkt 
nicht  auf  Lackmuspapier,  löst  Phosphor, 
Schwefel,  koaguUrt  Eiweiss,  fällt  Thon- 
eide,  Eisenoxydul  und  -ozyd,  bildet  leicht 
krystallisirbare,  färb-  und  geruchlose  Salze 
nnd  gibt  bei  der  Behandlung  mit  ozydiren- 
den  Körpern  viele  farbige  Produkte  (AnÜin- 
/arben).  Diese  haben  einen  völligen  Um- 
schwung in  der  Färberei  hervorgebracht 
und  durch  ihre  Pracht  und  Billigkeit  die 
älteren  oft  viel  beständigeren  Farbstoffe 
namentlich  in  der  Woll-  nnd  Seidenlärberei 
verdrängt.  VghKrieg, , Chemie  und  Industrie 
der  Mineralöle',  2.  Th.  ,Theorie  und  prakt. 
Anwendung  von  A.',  3.  Aufl.  von  Oppler  1866; 
Beimann,  «Technologie  des  A.s',  1866;  Jordan, 
,  A.  und  Anilinfarben*,  1866;B«eA;ert,  ,Färberei 
und  Druckerei  mit  Anilinfarbstoffen',  4.  Aufl. 
1870;  Vogel,  ,Ent Wickelung  der  Anilinin- 
dustrieS  2.  Aufl.  1870.  Anilinlblan  (Atmlin, 
Amrin),  entsteht  bei  langem  Erhitzen  von 
Fuchsin  mit  Anilinöl  (Bleu  de  Paris,  Bleu 


86 


Anilinöl  —  Anjou. 


de  Lyon),  bei  der  Behandlung  ron  RoBanilln 
mit  Aldehyd,  Holsgeist,  Alkohol,  Bchellack- 
lösnng  (Bleu  deMnlhoase),  ist  Triphenylros- 
anllinsalz,  im  trocknen  Zustand  kupferfarben ; 
wird  Blen  de  Lyon  in  Schwefelsäure  gelöst, 
Bo  fällt  Wasser  aus  der  Losung  modincirtes 
Anilinblau,  welches  in  Wasser  löslich  ist. 
Anilihbraun  (Bavannabraun)  entsteht  beim 
Erhitzen  Ton  Anilinblau  oder  Anilinviolett 
mit  salzsaurem  A.,  Bitmarekbraun  beim 
Schmelzen  Ton  Fuchsin  mit  salzsaurem 
A.  Anilingttb  (Anüistorange,  Aurin),  wird 
aus  dem  Harz  gewonnen,  welches  bei 
der  Fuchsinbereitong  entsteht,  ist  salzsaures 
Ohrysanilin.  AnilingrUn  (Emeraldin,  Alde- 
hydgrün) entsteht  beim.  Behandeln  von 
schwefelsaurem  Rosanilin  mit  Aldehyd  und 
darauf  folgendem  Kochen  mit  unterschwef- 
ligsaurem  Katron.  Besonders  bei  Kerzenlicht 
sehr  schön.  Anilinroth  «ntsteht  bei  der 
Behandlung  von  Anilinöl  mit  Arsensäure, 
Zinnchlorid,  salpetersaurem  Quecksllber- 
oxyd,  Kohlensuperchlorld ,  ist  stets  eine 
salzartige  Verbindung  der  farblosen  Base 
BotaniKn.  Das  salzsaure  Salz  heisst  Fuch- 
sin, das  essigsaure  BoMVn,  das  salpeter- 
saure AtdUtn.  Alle  sind  roth  mit  grünem 
metallischen  Reflex,  die  Lösungen  in  Was- 
«er  oder  Alkohol  prächtig  karminroth. 
1  Kilo  Fuchsin  färbt  200  KUo  Wolle. 
AwUinsehwarg ,  entsteht  durch  Einwirkung 
Ton  chlorsaurem  Kali  und  Kupferchlorid 
auf  salzsaures  A.  Für  die  Druckerei 
dient  ein  unlösliches  A.  mit  Schwefelkupfer 
auf  dem  Stoff  selbst  erzeugt  (Indigschwarz). 
AnÜinvioUtt  (Anilinpurpur,  AnileVn,  Indisin, 
JPhenameVn ,  Barmalin ,  Violin,  Boscian, 
Mauv^Sn),  durch  Behandlung  Ton  Anilinöl 
mit  saurem  chromsauren  Kali  u.  Schwefel- 
säure erhalten,  ist  ein  Salz  der  Base 
MauTein.  Andre  Tiolette  Substanzen  ent- 
stehen beim  Erhitzen  eines  Rosanilinsalzes 
mit  überschüssigem  A.  (altet  Violett,  Violet 
nonpareü).  Die  neuem  brillanteren  Jod- 
violette, DaMia/arben  entstehen  beim  Er- 
hiteen  von  Fuchsin  mit  den  Jodüren  (oder 
Bromüren)  der  Radikale  Aethyl,  Methyl 
und  Amyl. 

Anilinöl  (Bohanilin),  Gemenge  von  Anilin 
mit  Toluidin  und  Odorin,  wird  durch  Be- 
handlung von  Nitrobenzol  mit  reduclrenden 
Mitteln  (z.  B.  Eisen  und  Säure)  erhalten, 
dient  zur  Darstellung  der  Anilinfarben 
<Toluidinfarben) ,  s.  Anilin. 

Anilliros  (span.,  spr.  Aniljeros),  politische 
Partei  in  Spanien,  erstrebte  nach  der  Re- 
stauration 1813  die  Beibehaltung  der  modifi- 
cirten  Cortesverfiissung. 

AnlnuiClat.),  das  Athmen,  der  Hauch,  Seele. 

Anlmu  (l*t*)i  Jedes  thierische  Wesen. 
A.  di9pu4ax,  streit-,  händelsüchtiger  Mensch. 
Animalemla  epermatica,  Samenthierchen ,  s. 
ßcme»  AninuUieeh,  thierisch,  aus  dem  Thier- 
reiche  stammend,  nach  Art  und  Weise  der 
Thiere;  a.e  Funktionen,  Thätigkeiten  des 
lebenden  thierlschen  Körpers,  gehen  vor- 
nehmlich vom  Nervensystem  aus  (Areiwil- 
lige  Bewegung,  Empfindung,  Schlaf  etc.), 
im  G^ensatz  zu  den  veget<Uiven  IStnktionen 
(Athmung,  Verdauung,  Kreislauf,  Aufsau-  | 


guog,  Absonderung).  Animalitäl,  Thierheit, 
thierisehes  Wesen.  Animaliemtu ,  Inb^rüf 
der  IMgentbümlichkeiten  des  thierischen 
Körpers  im  G^egensatz  zu  den  Pflanzen. 

AmimAllaclie  Bäder  (Thierbäder),  Ein- 
bringen eines  leidenden  Glieds,  auch  wohl 
des  ganzen  Körpers  (von  Kindern)  in  die 
geölfnete  Leibes-  oder  Brusthöhle  eines 
Arisch  geschlachteten,  noch  lebeuswarmen 
Thieres ;  wirken  lediglich  durch  die  Wärme. 

AnlM«  muidi  (lat.),  Weltseele,  Weltgeist. 

AülBMtlOB  (lat.),  Beseelung,  Belebung, 
in  der  gerichtl.  Medicin  der  Augenblick, 
wo  der  Fötus  beseelt  werden  soll. 

Animito  (ital.,  Mus.),  belebt,  Arisch. 

AnlmebAnniy  s.  Bymenaea. 

AnimelleB (lat.),  die  Ohrdrüsen,  Ventile; 
animeüirt,  mit  solchen  versehen. 

AninlreB  (lat.),  aufregen,  erheitern; 
animirt,  beseelt,  aufgeweckt. 

Animigmiu  0<^t.),  das  von  G.  E.  Stahl 
aufgestellte  medicinische  System,  wonach 
die  vernünftige  Seele  (anima)  als  Princip 
des  Lebens  betrachtet  wird.  Animielen, 
Anhänger  Stahls.  [Gereiztheit. 

ABimo8ltSt(lat.),  leidenschaftl.  Erregtheit, 

AnlmöflO  (ital.,  Mus.),  sehr  lebhaft. 

Animuecia  (spr.  -mutscha),  Oiovanni, 
ital.  Komponist,  geb.  um  1495  zu  Florenz, 
t  1571  zu  Rom  als  Kapellmeister  an  St. 
Peter.  ,Laudi'  (4stimmlge,  hymnenartige 
Gesänge,  die  Anfänge  des  Oratoriums), 
Motetten,  Messen  etc. 

Animus  (lat.),  Seele,  G^müth ;  auch  Wille» 
Vorsatz,  besonders  rechtswidrige  Absicht, 
so  a.  furandif  Absicht  zu  stehlen;  a.  ho- 
stiliBf  feindliche  Absicht;  a.  injuriandi, 
Absicht  zu  beleidigeu;  a.  lucri  fctcieudi, 
gewinnsüchtige  Absicht;  a.  noeendi,  Absicht 
zu  schaden;  a.  rem  sibi  halfendi,  Absicht, 
eine  Sache  sich  anzueignen.  A.  pouidendi, 
das  Bewusstsein  der  physischen  Herrschaft 
über  eine  Sache. 

AbIo  (Aniene,  Teverone),  Nebenfluss  des 
Tiber,  entspringt  oberhalb  Trevi  am  Mont 
Geraso.  mündet  oberhalb  Rom;  13  M. 

Aniridie  (Irideremie,  gr.),  Fehlen  der 
Iris,  beeinträchtigt  das  Sehen  nicht  be- 
trächtlich, macht  gewöhnlich  etwas  kurz- 
sichtig, lichtscheu,  erfordert  das  Tragen 
blauer  Brillen. 

Anis  9  Pimpinella  Anisnm  L.,  Gewürz- 
pflanze, stammt  aus  Syrien  und  Aegypten, 
in  Deutschland  und  anderwärts  kultivirt, 
dient  zu  Konfitüren  und  Branntwein.  Die 
Samen  liefern  das  ätherische  Aniadl  (Oleum 
anlsl),  welches  bei  +  10°  G.  erstarrt,  in  der 
Medicin,  zu  Liqueuren  und  gegen  Ungeziefer 
benutzt  wird.  [Enns. 

Anisin  (Anitus,  lat.),  Name  des  Flusses 

Aniwnbniy  Bai  auf  d.  Insel  Sachalin  (Amur- 
land). Eine  1850  das.  gegründete  russ. 
Niederlassung  ward  1854  wieder  angegeben. 

AnJer  (Andscher) ,  niederl.  Hafenplatz  an 
der  Nordwestspitze  von  Java,  etwa  8000  Ew. 

Anjon  (spr.  Angschu,  lat.  Andegavum), 
alte  Grafschaft  im  nordwestl.  Frankreich, 
140  QM.  mit  400,000  Ew.,  Jetzt  zum  grössteu 
Theil  das  Depart.  Maine -Loire  bildend. 
Hauptst.  Angers. 


Anjouan  —  Anleihe. 


87 


A^j0iiui(span.,spr.  -chuan,  Johanna, Nni- 
xena),  eine  der  CSomoreninseln,  fast  6000'  an- 
steigend,   35  QM. ,  80,000  Ew.    Hanptort: 

Anke,  Forellenart,  s.  Forelle,      [Dotnoni. 

Anker  (Bchiffaanker),  znm  Festhalten  des 
Schiffes  an  einem  Ort,  ist  so  gebaut,  dass 
er  beim  Fallen  stet?  mit  der  Spitze  einer 
der  Schaufeln  den  Boden  trifR;.  Aof  je 
-80  Tonnen  Schiffstrachtigkeit  rechnet  man 
1  Tonne  Ankerschwere.  —  In  der  Uhr- 
niacherkanst  ein  zur  Hemmung  gehöriger 
Theil  der  Pendel-  und  Ankeruhren. 

Anker,  Weinmass,  zr.  i/«  Ohm. 
Hamb.  u.  Mecklenb.= IV«  Eimer  =  36,20Lit. 
Braunschweig  .  .  =40  Quartler  =87,47  - 
Hannover  .  .  .  =10  Stübch.  =38,94  - 
Xübeck  .  .  .  .  =  5  Viertel  =36,38  - 
Preuäsen  ....  =30  Quart  =84,85  - 
Dänemark  .  .  .  =19*/g  Kann.  =37,44  - 
England  ....  =10  Gallons  =45,43  - 
Schweden  .  .  .  =:15  Kannen  =39,26  - 
Rnssland  .    .    .    .  =  3  Sterkan  =36,87  - 

Anker,  Bemh. ,  einer  der  bedeutendsten 
Industriellen  Norwegens,  geb.  1746,  hoch- 
Terdient  um  Entwickelung  des  Bergbaues, 
der  Industrie  und  der  Holzausfuhr;  f  1805. 

Ankershofen,  Ootüieb,  Freiherr  von,  geb. 
'22.  Aug.  1775  zu  Klageniurt,  Sekretär  beim 
Appellationsgericht  das.  und  Konserrator 
der  Baudenkmale  für  Kämthen;  f  ^*  März 
1860  das.  Sehr.  ,Handbuch  der  Geschichte 
des  Herzogthnms  Kämthen*  (Bd.  1  und  2, 
1850—51);  jKämthens  älteste  kirchliche 
Denkmalbauten<  (1859). 

Anklage  (aecuBotio),  der  bei  einem  Ge- 
richt gestellte  Antrag  auf  Einleitung  des 
Strafverfahrens  gegen  eine  gewisse  Person 
wegen  eines  bestimmten  Vergehens.  Der 
ArMageprozess  ist  diejenige  Art  des  straf- 
rechtlichen Verfahrens,  wobei  eine  be- 
sondere, dem  Gerichtshofe  nicht  als  Mit- 
glied angehörige  Person,  ein  öffentlicher 
{Staatsanwalt)-  oder  Privatankläger  den 
Antrag  auf  Bestrafting  eines  Verbrechers 
stellt,  die  Lieferung  der  Schuldbeweise  gegen 
denselben  übemimipt  und  dessen  Ver- 
urthellung  zu  der  gesetzlichen  Strafe  zu 
erwirken  sucht.  Durch  diese  Theilnahme 
eines  Anklägers  unterscheidet  sich  das 
Anklageverfkhren  von  dem  sogen.  Ünter- 
-ntehungs'  oder  InguMtionaver/ahren,  wobei 
der  Richter  bei  einem  begangenen  Ver- 
brechen von  Amts  wegen  einschreitet,  die 
Untersuchung  einleitet,  durchfuhrt  und 
schliesslich  das  ürtheil  spricht,  während 
bei  dem  Anklageverfahren  beide  Parteien, 
Ankläger  und  Angeklagter,  ihre  Behaup- 
■tungen  vertreten  und  erweisen  und  das 
Urtheil  nur  feststellt,  wer  in  diesem  Kampfe 
^eger  geblieben  sei. 

Anklagejnry  (grosse  Jury),  im  engl.  Kri- 
minalprozesse Gericht  von  28  Geschwörnen, 
durch  welches  die  Vorfrage  erledigt  wird, 
ob  die  Anklage  in  der  Weise,  wie  sie  ge- 
stellt ist,  als  zulässig  erscheine  und  ob  der 
Ainkläger  vor  der  sogen,  kleinen  oder  XJr- 
theilsjury  zu  erscheinen  habe.  Das  Ver- 
fiüiren  vor  der  A.  ist  geheim,  u.  es  werden 
nur  der  Ankläger  und  seine  Zeugen,  nicht 
auch  der  Anzuklagende  vernommen. 


AnklAgestMid,  das  Verwiesensein  vor 
das  eigentliche  Straijsericht.  Die  Venetmng 
in  den  A.  erfolgt,  wenn  die  gerichtliche 
Voruntersuchung  genugende  Verdachts- 
gründe ergeben  hat,  um  g^gen  den  eines 
Verbrechens  Angeschuldi^en  auf  Grund 
der  von  Seiten  der  Staatsanwaltschaft  gegen 
ihn  erhobenen  Anklage  zur  entscheidenden 
Beweisaufnahme  vor  dem  betreffenden  Ge- 
richtshofb  zu  schreiten.  Mit  der  Versetzung 
in  den  A.  sind  verschiedene  Nachtheile, 
namentlich  Suspension  des  Staatsbürger- 
rechts und  bei  Beamten  einstweilige  Ent- 
hebung vom  Amte  verbunden.  Nach  Be- 
endigung der  Voruntersuchung  stellt  ein 
gerichtlicher  Beschluss  fest,  ob  das  Ver- 
fahren einzustellen  oder  die  Sache  zur 
Hauptverhandlung  an  das  eigentliche  Kri- 
minalgericht zu  verweisen  sei. 

Attluam,  Kreisstadt  im  preuss.  Begbz. 
Stettin,  an  der  Peene,  11,504  Ew.  Ehedem 
(1819—1628)  blühende  Hansestadt. 

Ankober.  Stadt  im  südl.  Abessinien 
(Schoa),  8200'  hoch  gelegen,  15,000  (?)  Ew. 

Ankogel,  Berg  südl.  von  Salzburg,  im 
5stl.  Theile  der  Tauemkette,  10,290^  hoch. 

Ankowfty  Prov.  im  Innern  von  Madagas- 
kar, die  Heimat  der  Howas.  Hauptort: 
Tananarivo.  - 

Ank7lo8e  (AnchyloM,  gr.),  G^lenksteifig- 
keit,  regelwidrige  feste  Verbindung  zweier 
durch  ein  G«lenk  verbundener  lochen, 
meist  am  Hüft-,  Ellenbogen-  und  Knie- 
gelenk. Bei  der  toahren  A.  liegt  die  Ur- 
sache innerhalb  der  Gelenkkapsel;  Folge 
von  tiefer  Zerstörung  der  Gelenke,  Knochen- 
entzündung, Beinbrüchen,  Quetschungen  in 
der  Nähe  der  Gelenke.  Die  falsche  A.  meist 
Folge  limgandauernder  ruhiger  Stellung 
durch Jlrschlaffung  der  Muskeln  und  Sehnen. 

AnlSndnng  (AÜuvion),  Anschwemmung 
eines  Stückes  Land  an  das  Meer-  oder 
Flussufer;  letzteres  wird  nach  röm.  Recht 
Eigenthum  des  Eigenthümers  des  betreffen- 
den Uferstückes. 

Anleihe  (Staataanieihe),  Gfeldauihahrae 
des  Staates  zu  Bestreitung  ausserordent- 
licher Ausgaben.  Man  unterscheidet  a)  nach 
dem  Modus  der  Rückzahlung ;  Bentenanleihen, 
bei  welchen  der  Darleiher  vom  Staate  das 
Recht  zum  Bezug  einer  Jahresrente  erkauft, 
indem  entweder  der  Staat  über  den  jähr- 
lichen Rentenbetrag  (Frankreich,  Italien, 
Spanien)  oder  über  den  zu  verzinsenden 
Kapitalbetrag  (England)  eine  Schuldver- 
schreibung ausstellt;  gewUhniiche  A.n  (Nicht- 
ren<«nanleihen),  bei  denen  sich  der  Staat 
nicht  nur  zur  Verzinsung,  sondern  auch  zur 
Abtragung  der  A.  innerhalb  einer  bestimm- 
ten Frist  verpflichtet  (Preussen,  Oesterreich), 
zu  welcher  Gattung  auch  die  LotterieanleiheH 
gehören,  deren  Tilgung  nach  einem  Ver- 
loosungsplau  erfolgt,  der  den  einzelnen 
Obligationen  Gewinne  zuertheilt ;  b)  nach  Art 
ihres  Zustandekommens :  freimüige  A.n,  bei 
denen  der  Darleiher  den  Kredit  des  Staats  zur 
verzinslichen  Anlage  seiner  Kapitalien  be- 
nutzt, indem  der  Staat  selbst  zu  wichtigen 
nationalen  Zwecken  an  den  Patriotismus 
der  Staatsangehörigen  appellirt  (Preussens 


88 


Anluven  —  Anna. 


flreiwiBige  A.,068t6irreiclis  Nationalaaleihe) ; 
2%9aing»anUih0n ,  weldie  der  Staat,  wenn 
er  def  erforderlichen  Slredlts  entbehrt, 
zwangsweise  von  seinen  Angehörigen  auf- 
bringt, indem  er  die  Beträge  gleich  einer 
Staatssteaer  auf  die  Grösse  des  Besitzes 
yertheilt;  c)  vertinaiiehe  A.n,  bei  denen 
der  Staat  zinstragende  Obligationen,  oder 
tmoertineUche ,  bei  denen  er  Papiergeld 
(Kassenscheine)  ausgibt,  welches  in  Staaten 
mit  guter  Finaazwirthschaft  an  den  Staats- 
kassen gegen  Metallgeld  jederzeit  einge- 
wechselt wird  Q.  sich  der  Münze  im  ümlanf 
gleich  stellt,  dagegen  in  Staaten,  wo  die 
Baareinlösnng  suspendirt  ist  (Zwangskurs), 
gegen  Metallgeld  im  Werthe  yerliert  (Pa- 
pieryahxta  in  Oesterreieh,  Rnssland,  Ita- 
lien, Nordamerika).—  Staatsanleihen  werden 
aufgebracht  a)  durch  ßubskription,  wobei  der 
Staat  unter  Bekanntgebung  der  Höhe  der 
Anleihe,  des  Zinsfasses,  des  Subskriptions- 
kurses,  der  Anmeldefrist  und  der  Zeich- 
nungsstellen die  Kapitalisten  direkt  auf- 
fordert, Betheiligungen  anzumelden  (zu 
zeichnen),  bei  Ueberzeichnungen  aber  eine 
yerhältnlssmässige  Ropartltion  eintritt. 
Diese  Form  setzt  zwar  einen  grossen  Staats- 
kredit voraus,  erspart  aber  durch  Um- 
gehung jeder  Vermittlung  dem  Staat  grosse 
Summen.  Gibt  er  dagegen  die  A.  b)  in 
Submission,  so  holt  er  von  Bankhäusern  Offer- 
ten ein,  zu  welchen  dieselben  die  A.  über- 
nehmen wollen.  Dasjenige  Bankhaus,  wel- 
chem der  Zuschlag  ertheilt  wird,  ist  Ver- 
mittler zwischen  Staat  und  Kapitalisten  und 
erhält  dafür  entweder  von  ersterem  eine 
feste  Provision  oder  sucht  seinen  Gewinn 
in  den  höheren  Kursen,  zu  denen  es  die 
Obligationen  pladrt.  —  Die  Sehuldobliffa- 
tionen  über  eine  A.  werden  entweder  auf 
jeden  Inhaber  (au  porteur,  on  beaver)  oder 
auf  den  Namen  des  Darleihers  ausgestellt; 
erstere  sind  im  Verkehr  die  beliebtesten, 
da  ihr  Verkauf  durch  blosse  Uebergabe  ge- 
schieht, während  eine^Oession  der  letzteren 
im  StaatsschnldMibuch  eingetragen  werden 
muss  Opiskriptionen,  z.  B.  der  franz.  Rente, 
engl.  Stocks),  dafür  aber  Sicherheit  gegen 
V«rlußt  gewährt. 

AnlVTen  (Außuven,  Lufen),  den«yorder- 
thell  des  Schiffs  näher  an  den  Wind  bringen. 

Anmeldestellen^  im  deutschen  Zollverein 
besondere  Zollstellen,  zu  Entiffchtung  der 
beim  Uebergang  von  gewissen  Vereins- 
gebieten auf  ein  anderes  von  Frachtfuhren 
zu  zahlenden  Nachsteuer. 

Anna,  ostind.  Silbermünze,  =  1  Sgr. ; 
Perlengewicht  in  Surate,  =  »/ao  hoUänd^ 
As ;  Gold-  und  Silbergewicht  in  Bengalen. 

Anna,  Heilige,  nach  der  Tradition  die 
Gattin  des  heil.  Joachim  und  Mutter  der 
Jungfrau  Maria,  die  sie  nach  langer  Un- 
fruchtbarkeit gebar.  Ihr  Leichnam  ward 
naeh  der  Legende  710  aus  Palästina  nach 
Konstantinopel  gebracht.  Die  röm.-kathol. 
Kirche  feiert  ihr  Fest,  den  Annentag, 
26.  Juli,  die  griechische  9.  Dec.  Die  8t. 
Annenbriidertchaft,  ihr  zu  Ehren  gebildet, 
wahrscheinlich  schon  im  13.  Jabrh.,  im  16. 
Jahrh.  von    den   Jesuiten   neu   organisirt, 


ging  im  18.  Jahrh.  ein,  tauchtiS  aber  neuer« 
lieh  in  Bayern  und  der  Schweiz  wieder  aut 
Anna,  1)  A,  Comn«uk,  Tochter  des  byzant. 
Kaisers  Alexius  I.,  geb.  1.  Dec.  1063.  sudite 
ihren   Gatten   Nicephorus    Bryennlus  ver- 
geblich anzureizen,   mit  ihrem  Bruder  um 
den  Besitz  des  Thrones  zu  ringen;   f  1148 
im   Kloster.     Sehr,  die   Geschichte    ihres 
Vaters:  ,Annae  Comnenae  Aleziados   Übri 
XIX'   (herausg.    von   Sehopen  1830,    über- 
setzt in  Schillers  ^Historischen  Memoiren*)* 
—  2)    A,  BaUyn,    s.   Bolsjfn.   —    S)  A.  von 
Bretagne,  Tochter  Franz  n.,   des   letzten 
Herzogs   von   Bretagne ,   geb.    zu   Nantes 
1476,   ward    1491  durch  Prokuration   dem 
deutschen  Kaiser  Maximilian  I.  angetraut, 
aber    6.   Deo.    1491    mit   Karl   VIIL    von 
Frankreich   und    nach    dessen   Tode    mit 
Ludwig  XII.   von  Frankreich  vermählt;  t 
11.  Jan.  1514  zu  Blois.  —  4)  A.  von  Otter- 
reich,  Tochter  des  Königs  Philipp  in.  von 
Spanien ,   geb.  22.  Sept.  1601 ,   seit  9.  Nov. 
1615  mit  Ludwig  XIIL  von  Frankreich  ver- 
mählt, Mutter  Ludwigs  XIV.  und  Philipps, 
des  Stammvaters  des  Hauses  Orleans,  nach 
ihres  Gemahls  Tode  (1643)  vom  Parlament 
zur  Begentin  erhoben,  überliess  die  Regie- 
rung Mazarin,  zog  sich  nach  dessen  Tode 
(1661)  in  das  Kloster  Val  de  Grace  zurück ; 
t  20.   Jan.    1666.   —   5)   A. ,  Königin    von 
Grossbritannien  und   Irland,   Tochter   Ja- 
kobs n.   (damals  noch  Herzogs  von  York) 
und  der  Anna  Hyde ,  geb.  zu  Twickenham 
bei  London  6.  Febr.  1664,   ward    1683   mit 
Georg,  dem  Bruder  des  Königs  Christian  V. 
von   Dänemark,    vermählt,    -bestieg   nach 
Wilhelms   IH.    Tode    8.    März    1703    den 
Thron,   Hess    sich  erst  von  Marlborongh, 
dem    Führer     der    Whigs,     beherrschen, 
suchte  nach  ihres  Gemahls  Tode  (1708)  die 
Thronfolge   dem  Prätendenten   Jakob  HL 
zuzuwenden,   hob   deshalb   die  Tories   an 
die  Spitze   der  Verwaltung,   wodurch    der 
für  Frankreich  günstige  Friede  von  Utrecht 
herbeigeführt  ward;  t  !•  Aug.  1714.    Unter 
ihr  wurde  England  und  Schottland  unter 
dem  Namen  Grossbritannien   vereinigt.  — 
6)  A.   Iioanovma,  Kaiserin  von   Russland, 
Tochter  Iwans  IH.  (V.),  des  älteren  Halb- 
bruders Peters  d.  Gr. ,  geb.  25.  Jan.  1693, 
vermählte  sich  1710  mit   dem  Herzog  von 
Kurland   (f  1711),   bestieg  nach  Peters  n. 
Tode    1730    auf    Betrieb    der    Adelspartei 
den  russischen  Thron,   liess   ihren  Günst- 
ling Biron   unumschränkt  regieren;   f  ^« 
Okt.    1740.  —  7)   A.  Kariovma,   ursprüngl. 
Elisabeth  Katharine  Ohristine,  Grossförstin 
und   Regentin   von.  Russland,    geb.    1718, 
Tochter    des   Herzogs   Karl   Leopold    von 
Mecklenburg  und  Katharinas ,   der   Schwe- 
ster  von   A.   1),   vermählte   sich  1780   mit 
Anton  Ulrich,  Herzog  von   Braunschweig- 
Wolfenbüttel ,    erklärte    sich   nach   Birons 
Sturz   1740  zur  Grossfürstin  und  Regenten 
von  Russland,    ward   durch   eine   Palast- 
verschwörung   6.    Dec.    1741   zu    Gunsten 
Elisabeths,   der  Tochter  Peters  d.  Gr.,  ge- 
stürzt; t  18.  März  1746  auf  einer  Insel  der 
Dwina   am  weissen  Meere,   wohin   sie  ver- 
wiesen  worden.  —  8)  A. ,    Kurfürstin   von 


Annaberg  —  Annnarinm. 


89 


Sachsen,  Toehter  GhristUnt  m.  ron  Däne- 
mark; geb.  15S1,  rermahlte  sich  1548  mit 
dem  nachherigen  Knrf&rsten  Angust  I.  von 
Sachsen,  wegen  ihrer  Wirthlichkeit  ,Matter 
Anna*  genannt,  sehr,  ein  ,Erzneibüchlein* ; 
t  1.  Okt.  1585.  —  9)  A.f  Herzogin  von  Sach- 
sen'Kobnrg,  Tochter  des  Karf&rsten  Angnttl. 
▼on  Sachsen,  vermählte  sich  1584  mit  dem 
Herzog  Joh.  Kasimir  von  Kobarg,  ward 
wegen  eines  Uebesrerhältnisses  mit  dem 
KammeiJQnker  Ulrich  Ton  Liohtenstein  ge- 
schieden; t  27*  Jfti^*  ^613  ^  Gefingniss 
auf  der  Veste  Kobnrg.  —  10)  A.  Hyde, 
s.  Clarendon.  —  11)  Ä,  AmaUa,  Herzogin 
Ton  Weimar,  s.  AnuAie» 

Auaberg,  Berg-  und  Tabrikstadt  im 
sächs.  Erzgebirge,  Begbz.  Zwickau,  11,278 
Ew.  Posamenten-,  Band-  und  Seiden- 
waarenfietbrikation ,  Spitzenklöppelei.  Im 
Schreckenberg  Silbergmben  (im  15.  Jahrh. 
sehr  ergiebig).  Dabei  das  amuAerger  Wie' 
$ef)bad,  salin.-alkal.  Quelle  mit  Badeanstalt. 
Aimabarg .  (firi^her  Lochat»),  Flecken  im 
preuss.  Regbz.  Merseburg,  Kr.  Torgau, 
1425  Ew.  Soldatenknabeninstitnt.  In  der 
annc^rger  (lochauer)  Beide  wurde  24-  April 
1547  Kurf&rst  Joh.  Friedrich  nach  der 
mühlberger  Schlacht  gejbngen  genommen. 
AuU  Hat.) ,  Jährlich ,  ein  Jahr  dauernd. 
AmuUen,  Jahrbücher,  welche  die  geschichtl. 
Ereignisse  in  chronologischer  Folge  ent- 
halten; dann  in  dieser  Art  abgefasste  Ge- 
schiobtswerke  überhaupt;  auch  Titel  von 
Journalen.  Die  Ännalee  pontißcufn  oder  An- 
nale» maximi,  die  ältesten  Geschichtsbücher 
derBomer,  gingen  bei  der  Eroberung  Soms 
durch  die  Gallier  zu  Grunde. 

Ajuuub  (Anatn),  Königreich  an  der  Ost- 
k&ste  Ton  Hinterindien,  3915  QM.  mit 
9  Kill.  Ew.  Das  Innere  so  gut  wie  unbe- 
kannt; an  der  Küste  2  Gebiete:  Tongklng 
im  N.,  Gochinchina  im  S.  Hauptfluss  der 
Mekong.  Bevölkerung  mongol.  Abkunft, 
mit  Chinesen  und  Malayen  vermischt. 
Hauptreligion  der  Buddhismus ;  ftrüher  auch 
zahlreiche  kathol.  Christen.  Jetziger  Ktf- 
nig :  Tuduc  (seit  1847) ;  Begierungsform  der 
chinesischen  nachgebildet.  Hauptstadt : 
Hu6.  In  Folge  der  Christenverfolg^nngen 
(seit  1848)  1859  und  1861  französ.  Expedi- 
tionen, welche  1862  die  Abtretung  der 
Prov.  Bien-hoa,  My-tho  und  Saigun  (Fran- 
zösisch -  Oochinchina)  zur  Folge  hatten.  Die 
annamitisohe  Sprache,  monosyllabisch,  wird 
mit  chines.  Schriftzeichengeschrieben.  Lite- 
ratur unbedeutend.  Vgl.  Veuilloi,  ,La  Coohin- 
cbine  et  la  Tonquin*,  1859;  Oortambert  und 
deBoeny,  ,Tableau  de  la  Cochinchlne*,  1865; 
Beutian,  .D.Völker  d.  östl.  Asien«,  4.  Bd.,  1868. 
ÄBmapSlis,  Hauptstadt  von  Maryland 
(Nordamerika),  nahe  der  Sevemmündung, 
4580  Ew.  Im  Fort  Sevem  die  Seeakademie 
derVer.  Staaten.  Einst  bedeut.Handelsplatz. 
^n- Ar  bor,  Stadt  in  Michigan,  am  Huron- 
flnss,  57S0£w.    Staatsuniversität. 

AnBilen  (lat.) ,  Al^abe ,  welche  für  Ver- 
leihung einer  KirchenpAründe  beim  Amts- 
antritt an  den  päpstllehen  Stuhl  gezahlt 
werden  musste  und  im  ganzen  oder  halben 
Jahresertrage  der  Pfründe  bestand.  Früher 


nur  in  ausserordeatUcheu  Fällen  entrichtet, 
seitiBonifiMsius  IX.  (1404)  stehende  Abgabe ; 
jetzt  meistens  durch  Konkordate  auf  eine 
bestinimte  Summe  festgesetzt. 

Ajuieey  (spr.  Ann'si,^im  Mittelalter  Anne- 
sium),  Fabrikstadt  im 'franz.  Depart.  Ober- 
savoyen,  am  See  von  A,,  11,554  Ew.  Ehe- 
dem Sitz  der  Graien  von  Grenevais. 

ABMektirea  (lat.),  anhängen,  einverleiben. 

Auelid«]!,  s.  BiiMeltoürmer, 

AanoilMrildenelitft,  s.  Armay  Heilige. 

Aaneiiordeii,  russ.  Orden,  gestiftet  1735 
vom  Herzog  Karl  Friedrich  von  Holstein- 
G«ttorp  zu  Ehren  seiner  Gremahlin  Anna, 
Tochter  Peters  d.  Gr. ,  1796  von  Paul  L  zum 
russ.  Orden  erhoben,  aus  4KlasBen  bestehend 
und  zu  Belohnung  des  Verdienstes  ohne 
Unterschied  des  Standes  bestimmt. 

Annex  (lat.),  mit  etwas  verbunden,  duu 
gehörig.  Aimexa,  Zubehör,  Nebengüter.  An- 
nexlon  (Annektation) ,  Anlmüpfung,  Aneig- 
nung, in  neuester  Zeit  auigekommene  Be- 
zeichnung für  die  Einverleibung  bisher 
selbständiger  Territorien  in  angrenzende 
grössere  Staaten,  zuerst  gebraucht  bei  der 
Einverleibung  Savoyens  und  Nizzas  in  den 
französ.  Staat. 

AnniUlatioii  (AnnihiUrung ,  lat.),  Auf- 
hebung, Nichtigkeitserklärung. 

AnniTerMrleB  (lat.),  jährlich  wieder- 
kehrende Gedächtnissfeierlichkeiten. 

Auto  (Hanno),  der  Heilige,  erst  Kanzler 
des  Kaisers  Heinrich  HI.,  seit  1056  Erz- 
bischof  von  Köln,  bemächtig^te  sich  1062 
des  jimgen  Heinrich  IV.  u.  somit  der  Beichs- 
verwaltung,  musste  dieselbe  1064  dem  Erz- 
bischof Adalbert  von  Bremen  überlassen, 
übernahm  sie  1072  von  Neuem;  t  4.  Dec. 
1075.  Tag  4.  Dec.  Ygh  Aegid.  Müller,  ,A.n.S 
1858,  und  Idndner,  ,A.  IL*,  .1869»  Der 
Lobgesang  auf  den  heiligen  A,  oder  das  Anno' 
lied,  um  1183  (n.  A.  schon  1075)  verfasst 
(n.  Ein.  von  Lambert  v.  Hersfeld^,  feiert  das 
Leben  A.s  im  Zusammenhang  mit  der  Zeit- 
geschichte ;  herausg.  von  OpU»  (1689),  Beggen- 
berger  (1848i,  Soth  (1848)  und  hi  MOUenhoff» 
xi.ßchererSt'D^nkm.  deutsch  JPoesie  etc. '(1864). 

AnnobSn  (Annabom),  span.  Lisel  im  Meer- 
busen von  Guinea,  bis  8700^  hoch,  3000  Ew. 
Station  für  Seeschiffe. 

-Aniioliedy  s.  Anno. 

Annominfttloa  (lat.,  auch  Pnronofnasie), 
rhetor.  Figur,  bestehend  in  der  Zusammen- 
stellung gleich-  oder  ähnlichlautender 
Wörter  von  verschiedener  Bedeutung,  z.  B. 
aman«  [liebend]  und  amens  [verrückt]. 

AunSnft.  röm.  Göttin,  Beschützerin  der 
Feld-  und  Gartenflrüchte. 

Amioiimrbcli  (lat.),  was  sich  auf  den  G^- 
treidehandel  bezieht. 

ABnonaT  (spr.  Annönäh),  Industriestadt 
im  ftanz.  Depart.  Ard^he,  18,445  Ew.  Mont- 
golflers  Geburtsort. 

Aanonee  (fr.,  spr.  Annongs),  öffentliche 
Anzeigte;  annoneiren,  öffentlich  anzeigen. 

Annotita  (lat.),  Anmerkungen;  Annota' 
tion,  Anmerkung. 

iLmiiill*)  (Iftt.),  ein  Jahr  lang  zu  lesende 
^elenmesse;  Jahrgehalt. 

AmvuriiHi  (lat.),  Jahrbuch,  Kalender. 


90 


Annuität  —  Ansbach. 


Annsitit  0<^-)t  J&brI.  Zahlung  zn  Abtra- 
gung oder  YerEinsnng  einer  Schuld,  kommt 
Tor  als  blosse  stfickweise  Abaahlnng  einer 
anyerzinsllcben  Schuld  oder  als  gleichblei- 
bende Verzinsung  eines  eisernen  Kapitals 
(immerwährende  A.  oder  Rente)  oder  als 
allm&hlige  Abzahlung  der  Zinsen  und  des 
Kapitals  zusammen  in  gleich  grossen 
Jahresbetr&gen  (Zeitrenten)  oder  als  auf 
Lebenszeit  des  Gläubigers  fortgesetzte  Zah- 
lung (Leibrente).  Li  England  sind  A.en 
(annuUie$)  Staatspapiere,  welche  dem  Dar- 
leiher für  sein  dem  St^te  '  geliehenes 
Kapital  Jährliche  gewisse  Konten  gewähren, 
Staatszfnsen,  welche  lange  heissen,  wenn 
sie  auf  99  Jahre,  kurze,  wenn  sie  auf 
49  Jahre  gezahlt  werden.  Das  Kapital  wird 
dann  als  durch  die  Konten  absorbirt  be- 
trachtet und  nicht  zur&ckgezahlt. 

AiiB«lIr  (lat.),  ringförmig. 

Annullten,  s.  Bingtlwürmer.         [derruf. 

AmmllAtioii  (lat.) ,  Nichtigerklärung,  Wi- 

AnimneiiteBordeii,  Ritterorden  Tom 
Herzog  Amadeus  VI.  von  Savoyen  1360  als 
Halsbandorden  gestiftet,  1518  renovirt  und 
A.  benannt,  1720  zum  ersten  Orden  des 
Königreichs  Sardinien  erhoben. 

AimiuieiAtloii  (lat.),  Ankündigung. 

Annas  (lat.),  Jahr;  a.  carenliae,  Karenz- 
jahr, Jahr  oder  kürzere  Vrist,  während 
deren  ein  Angestellter  ohne  Besoldung 
dienen  muss;  a.  detervilu»  oder  gratiae, 
Gnadeiijahr  (s.  d.);  a.  ditcreHoni»,  Jahr,  in 
welchem  Einer  mündig  wird. 

Annunni(lat.),JährUcherBeitrag,Jahrgeld. 

Anobllren  (fr.),  adeln;  AnoblinetMiU, 
Erhebung  in  den  Adelsstand. 

AnSde  (gr.),  Aufweg,  Weg  dos  Sonnen- 
aufgangs, im  Gegensatz  zu  K(Uhode.  Ln 
galyanischen  Element  die  negative ,  Sauer- 
stoff entwickelnde  Fläche. 

AnodjFnA  (gr.),  schmerzstillende  Mittel, 
Opium,  HyoBcvamus,  Belladonna. 

An5a  (gr.),  Verstandesmangel,  geringerer 
Grad  des  Blödsinns. 

Anogen  (gr.),  Bezeichnung  dezjenigen 
Veränderung  der  Gesteine,  welche  unter 
Einwirkung  der  Luft  und  des  Wassers  un- 
mittelbar an  die  Erdoberfläche  oder  in  der 
Nähe  derselben  Statt  gefunden  hat,  im  Gegen- 
satz zu  hOogen,  der  in  der  Tiefe  unter 
höherer  Temperatur  und  höherem  Druck 
erfolgten  Umwandlung  der  Gesteine. 

Anomil  (gr.))  von  der  Regel  abweichend, 
nnregelmässig ;  AncmSla,  in  der  Grammatik 
Wörter,  welche  in  ihrer  Flexion  von  der 
Regel  abweichen;  ÄiMmaU«,  Abweichung 
von  der  sonst  geltenden  Regel.  In  der 
Astronomie  ist  wahr»  ÄnomalU  der  Winkel, 
welchen  der  Radius  vector  eines  Planeten 
von  dessen  Durdigange  durch  das  Peri- 
helium  an  in  einer  gewissen  Zeit  beschrieben 
hat;  mittUre  A,  der  Winkel,  welchen  der 
Radius  vector  von  dem  Perihelium  an  in  der- 
selben 2Seit  bei  gleichmässiger  Geschwindig- 
keit der  Bewegung  beschrieben  haben  würde. 

AnomaiisUselies  Jahr,  s.  Jahr. 

Anomie  (gr.) ,  Gesetzlosigkeit. 

Anonniren  (flr.),  stottern,  stecken  bleiben. 
Anonym  (gr.),  namenlos,  von  Schriften, 


deren  VerfSssser  sich  nicht  genannt  hat; 
Ananj^nm$,  ungenannter  Ver&sser;  Anon^f' 
»iiiU,  VersohweiflTung  des  Namens. 

AnoMTnie  Getellieliafty  s.  v.  a.  Aktien- 
gesellschaft. [Blindheit. 

Anopile   (gr.)}    Unvermögen    zu    sehen, 

Anorexie  (gr.),  Appetitmangel. 

Anorglnlsen  (gr.),  unorganisch,  die 
mineralische  Substanz  im  Gegensatz  zu 
den  von  Pflanzen  und  Thieren  erzeugten 
KohlenstolfverMndungen. 

Anormll  (lat.).  unregelmässig. 

AnorthoskSp  (gr.),  Vorrichtung  zur  Er- 
zielung optischer  Täuschungen,  ähnlich 
der  stroboskopischen  Scheibe,  beruht  auf 
dem  Gesetz,  dass  das  Bild  eines  Gegen- 
standes noch  kurze  Zeit  auf  der  Netzhaut 
des  Auges  verweilt,  nachdem  der  G^en- 
stand  bereits  entfernt  ist. 

Anotmfe  (Anodmie,  gr.),  Unvermögen  zu 
riechen,  angeboren  oder  durch  Lähmung  der 
Riechnerven  erworben,  oder  symptomatisch 
und  vorübergehend  bei  Nervenflebern,  Hy- 
sterie, Schwangerschaft. 

Anplatten,  s.  V«redeln, 

Anqneill  (spr.  Angfeetihl) ,  1)  LouU  Pierre, 
franz.  Historiker,  geb.  zu  Paris  21.  Jan. 
1728,  t  das.  6.  Sept.  1808  als  Mitglied  des 
Listituts.  Hauptwe»:  ,Histoire  de  France* 
(1805,  14  Bde.,  und  öfter,  bis  1863  fortgetf. 
von  BouiÜet,  1862,  6  Bde.).  —  2)  Abrahcm 
Bjf(teitUhe  A.'Duperron  (spr.  -Düpärrong), 
Orientalist,  Bruder  des  Vorigen,  geb.  7. 
Dec.  1731  zu  Paris,  von  17&5— 62  in 
Indien,  dann  Dolmetscher  der  morgen- 
länd.  Sprachen  bei  der  königl.  Bibliothek 
zu  Paris;  t  <!&>•  &ls  Mitglied  des  Ltstituts 
17.  Jan.  1805.  Werke:  Uebers.  des  Zend- 
Avesta  (1771);  ,Recherches  bistoriques  et 
g^ographiques  sur  Tlnde'  (1786,  2  Bde.); 
,L*]äde  en  rapport  avec  TEurope*  (2.  Aufl. 
1798,  2 Bde.);  ,Oupnek'hat*  (1802— 4, 2 Bde.). 

Anquleken  1  s.  Anudgam, 

AnqnlekBilber^  das  beim  Amalgamlrver- 
fahren  nach  dem  Erhitzen  des  Amalgams 
zurückbleibende  unreine  Silber. 

Anrnelügkeity  übler  Ruf:  nach  früherem 
deutschen  Rechte  Unehrlichkeit,  d.  i.  Schmä- 
lerung der  bürgerlichen  Ehre  einer  Person 
in  Folge  gewisser  Eigenschaften,  z.  B.  un- 
ehelicher Geburt,  eines  Gewerbes  etc.,  be- 
wirkte Ausschliessung  von  Zünften  und 
Korporationen. 

AnsA  (lat.),  Henkel,  Handhabe ;  auch  GrifT- 
bret.  Anaae  erudiiUmU,  die  nöthigen  Vor- 
kenntnisse zur  Gelehrsamkeit. 

AnSMlIgkeity  der  Besitz  unbeweglichen 
oder  solchem  gesetzlich  gleichgeachteten 
Eigenthums  an  einem  Orte,  begründete 
firüher  die  Ausübung  gewisser  Gremeinde- 
rechte,  z.  B.  des  Wahlrechts,  gewährt  noch 
in  engeren  Grenzen  dem  Gerichte  Garantie 
für  Zahlungsfähigkeit,  daher  Freiheit  von 
Eautionspflicht  etc. 

Ansirier.  s.  JUbseairier, 

AnMtz  (fr.  embouchure,  Mus.),  die  Stellung 
der  Lippen  zum  Hervorbringen  des  Tons 
auf  Blasinstrumenten;  beim  Gesang  die  Art 
der  Mundätellung. 

Antbaeli  (OndMtack,  OnoWinum),  Haupt- 


Anschoppung  —  Anstett. 


9r 


Stadt  des  bayer.  Begbs.  Mittelfranken,  an 
der  nntern  Kezat,  13.018  Ew.  Gbburtsort 
der  Dichter  Uz  and  Platen.  Ehedem 
Bauptstadt  des  Für$t«Hthiuiu  A.  Letzteres, 
später  znm  frank.  Kreise  gehörig,  60  QM., 
erhielt  1862  Burggraf  Triedrich  V.  von. 
Nürnberg  zn  Lehn.  Dieser  theilte  es  1398 
ia  dos  Land  oberhalb  (Ansbach)  und  in 
das  Land  unterhalb  des  Gebirgt  (Kulm- 
bach, spiter  Balreuth).  Beide  Theile  fielen 
1464  an  den  zweiten  iSohn  des  Kurlürsten 
Albrecj^t  Achilles  von  Brandenburg,  Fried- 
rich, und  dieser  ward  Gründer  der  frank. 
Linie  der  Markgrafen  yon  Brandenburg, 
^  die  sich  wieder  in  die  Linien  A.  und  Bai- 
renth  theilte.  Letztere  erlosch  1769,  wor- 
auf beide  Fürstenthümer  wieder  yereinigt 
wurden.  Der  letzte  Markgraf  Ton  A., 
Karl  Friedrich,  Gemahl  der  Lady  Graven 
(s.  d.),  überliess  beideFürstenthnmer2.  Dec. 
4791  freiwillig  an  Preussen.  Dieses  verlor  sie 
1806  an  die  Franzosen,  die  sie  Bayern 
überliessen.  Vgl.  Lang,  ,AnnaIen  des  Für- 
stenthums  A.  untv  der  j^euss.  Regierung*, 
1806;  Barth,  ,Versuch  einer  Ijandes-  und 
Begentengesch.  der  Fürstenthümer  Balreuth 
und  A.S  1795. 

ABiehoppiuigy  dauernde  Blutstockung  in 
einem  Organe,  s.  Infarkte 

Ansehiitc.  Heinrieh,  berühmter  Schau- 
spieler i{n  Fach  der  Helden-  u.  Charakter- 
rollen, geb.  8.  Febr.  1785  zn  Luchau,  seit 
1821  am  Hofburgtheater  in  Wien;  f  das. 
■  29.  Dec.  1865.  Seine  erste  Gattin,  Jotephine, 
geb.  Kette,  beliebte  Sängerin ;  seine  zweite, 
JBmiUe,  geb.  Budenopp,  Schauspielerin  in 
Wien;  ebenso  seine  Tochter  aus  2.  Ehe, 
Augu$U  (vermählt  mit  dem  Maler  Kober- 
wein),  und  sein  Bruder,  der  Novellist 
JBduard  A.  (f  H.  April  1855). 

Anse  (spr.  Angs),  Stadt  im  franz.  Depart. 
Bhone,  2100  Bw. ,  das  Atua  der  Bömer; 
mehrere  Koncilien  1025  unter  Johann  XTX., 
1075  unter  Gregor  VII.,  1107  unter  Pa- 
flchalis  (Kreuzzug),  1298  unter  Bonifaz  YHI. 

Anseui  Ton  Cantexbnry,  scholast.  Philo- 
soph, geb.  1038  zu  Aosta  in  Piemont,  erst 
'Abt  des  Ellosters  Bec  in  der  Normandie, 
seit  1098  Erzbischof  von  Canterbnry,  Be- 
gründer der  .scholast.  Philosophie,  Er- 
finder des  ontolog.  Beweises  für  das  Dasein 
Gottes;  t  21.  April  1109.  ,Pro8logiumS 
,Monologium',  ,CurDens  homo*,  neue  Ausg. 
von  Lammer  1857,  deutsch  von  Bchirlit»  1861. 
Werjce  herausg.  von  Oerberon  (1675,  2  Bde. ; 
neue  Aufl.  1721).  Vgl.  über  ihn  die  Werke 
von  Fraudk  (1842),  Ha$Me  (1843-52,  2  Bde.) 
und  B4mu$at  (1853).  [Schwimmvögel. 

Anser  (lat.^,    Gans;  AntereB,  bei  Linn6 

Ansgar  (AnschariuB),  Heiliger,  Apostel 
des  Nordens,  geb.  801  in  derPicardie,  erst 
Mönch  in  der  Abtei  Corbie  unweit  Amiens, 
dann  zu  Clorvey  in  Westphalen,  predigte 
seit  826  in  Schleswig  und  Jütland  das 
Ohrlstentbum ,  seit  831  erster  Bischof  von 
Hamburg,  dann  von  Bremen;  f  8.  Febr. 
865  zu  Bremen.  Tag  8.  Febr.  Seine  Biogra- 
phie von  KHppel  (1846). 

AbiIo»  Beinier,  holl.  Dichter,  geb.  1622 
au  Amsterdam ,  seit  1^  in  Italien ,  wo  er 


zur  kathol.  Kirche  überging;  f  zu  Perugia 
16.  Ma4 1669.  ,Die  Pest  zu  Neapel',  ,Pariser 
Blnthochzeit'.  Werke  herausg.  von  «/*.  de 
Haas  (lYlS). 

Absob  (spr.  Aenns^n),  George,  Lord,  brlt. 
Seeheld,  geb.  28.  April  1697  zu  Shugborough 
in  Staffordshire ,  machte  als  Befehlshaber 
einer  Escadre  Sept.  1740  bis  Juni  1744  eine 
Reise  nach  Westen  um  die  Erde,  auf  welcher 
er  die  Galeone  von  Acapulco  erbeutete,  ward 
1744  Oontreadmiral,  besiegte  3.  Mai  1747  bei 
KapFinisterre  den  franz.  AdmiralJonquiöre, 
unterstützte  1758  die  Landung  der  Eng- 
länder bei  St. -Male  und  Cherbourg;  f  6. 
Juni  1762  als  Admiral  der  Flotte.  Seine 
Biographie  von  Borrow,  1839.  Die  Besciirei- 
bung  seiner  Reise  erschien  1748  (deutsdi 
von  Totee  1763).  [tengrind. 

Anspriuig,  s.  v.  a.  Milchschorf  u.  Flech- 

Anzieckuigy  Uebertragung  einer  be- 
stimmten Krankheit  von  einem  Individuum 
auf  das  andere,  geschieht  durch  Organis- 
men, z.  B.  durch  Milben  u.  Pilze,  wie  bei 
Krätze  und  Grind,  oder  durch  einen  gift- 
artigen Stoff,  wie  bei  Hundswuth,  Milz- 
brand j  oder  durch  ein  Ktyntagium,  ein  bis 
jetzt  noch  nicht  nachweisbares  Agens,  wel- 
ches in  dem  erkrankten  Oj^anismus  selbst 
sich  gebildet  hat  und  entweder  an  Eiter, 
Schleim  etc.  haftet  (fixes  Kontagium  bei  Sy- 
philis, Pocken)  und  nur  durch  diese  über- 
tragen werden  kann,  oder  sich  unsichtbar 
durch  die  Luft  verbreitet  (flüchtiges  Kon- 
tagium bei  Masern,  Scharlach).  Aui^e- 
nommen  werden  die  Kontagien  durch  die  Lun- 
gen, Schleimhäute  oder  Wunden,  nicht 
durch  die  unverletzte  äussere  Haut,  wirk- 
sam sind  die  Kontagien  meist  aber  nur  bei 
vorhandener  Disposition  zur  Erkrankung 
(bei  Syphilis  stets),  und  nach  überstandener 
Krankheit  erlischt  gewöhnlich  die  Disposi- 
tion für  dieselbe  Krankheit  (bei  Syphilis 
nicht).  Die  Erkrankung  erfolgt  nicht 
immer  sofort  nach  der  A.,  die  Zeit 
zwischen  beiden  (Stadium  ineubationU)  ist 
bei  .  verschiedenen  Krankheiten  ungleich 
lang.  Die  durch  ein  Miasma  entstehenden 
Krankheiten  (Typhus,  Cholera,  gelbes  Fie- 
ber, Hospitalbrand)  könneii  ansteckend 
werden,  wenn  eine  grosse  Anzahl  Men- 
schen in  schon  an  sich  ungesunden  Räu- 
men zusammengedrängt  sind,  wobei  viel- 
leicht, nur  die  Disposition  zur  Erkrankung 
erzeugt  wird.  Sperranstalten  zur  Fsr- 
hütung  der  A.  haben  sich  mehr  und  mehr 
als  unpraktisch  erwiesen;  Je  nach  der 
Natur  der  Krankheit  sind  besondere  Mass- 
regeln zu  ergreifen :  Isolirung  der  erkrank- 
ten Individuen,  Impfting,  Desinfektion  mit 
Ohlor,  Eisenvitriol  etc. 

ABttetty  Joh,  Br<aa»iut  von,  russ.  Di- 
plomat, geb.  1766  zu  Strassburg,  seit  1801 
bei  der  russ.  Gksandtschaffc  in  Wien,  schloss 
7.  April  1813  mit  Preussen  die  Konvention 
von  Kaiisch  ab,  brachte  mit  Nesselrode  15. 
Juni  den  Traktat  von  Reichenbach  zu 
Stande,  wohnte  dem  Kongresse  zu  Wien 
1814  und  1815  bei,  seit  1818  russ.  Gesandter 
u.  Bevollmächtigter  beim  deutschen  Bunde  ; 
t  14.  Mai  1835  zu  Fran]i;fnrt. 


92 


Antäus  —  Anthela. 


AntiiUy  Sohn  Poseidons  nnd  der  Erde, 
Riese,  ward  Ton  Hercules  bezwnngefl,  in- 
dem dieser  ihn  über  der  Erde ,  aus  .der  A. 
seine  Kraft  zog,  schwebend  erhielt. 

Antafonlslren  (gr.),  widerstreben,  ent- 
gegenwirken; ÄntagonUt,  Gkgner,  Wider- 
sacher; Antag<mi$mu» ,  Qegenwlrknng ;  in 
der  Physiologie  diejenige  Einrichtung  des 
lebenden  Körpers,  wonach  ein  Organ  der 
Thatigkeit  eines  andern  entgegenwirkt, 
dieselbe  also  hemmt  nnd  so  aal  das  ge- 
liörlge  Hass  znrückf&hrt;  daher  Anlago- 
nMen  solche  Muskeln,  welche  einander 
entgegenwirken,  wie  z.  B.  die  Beugemus- 
keln  das  Knie  beugen ,  die  Streckmuskeln 
es  wieder  strecken.  Im  antagonist.  Ver- 
halten stehen  femer  zu  einander  Hautaus- 
dnnstung  und  Absonderung  der  Darm- 
llüssigkeit  und  des  Urins  etc. 

▲ntakleh.  Stadt  in  Syrien,  am  Asi  (Oron- 
tes^,  18,000  iSw.,  das  alte  Antioehia  (s.  d.). 
Antalf  oberungarfsches  Weinmass ,  =: 
73,35  Liter  =  1  Eimer  3  Qu.  preuss.  = 
1  Eimer  lOVa  Qu.  wiener.  Der  tokayer  A.  ist 
um  ^k  kleiner. 

Atttalcidiscber  Friede»  von  dem  spartan. 
Nauarchen  Antalcidas  Sti?  ▼.  Chr.  mit  dem 
pers.  König  Artaxerxes  Mnemon  zu  Stande 
gebrachter  Friede,  wonach  die  griech.  Städte 
auf  dem  Festlande  Kleinasiens  unter  pers. 
Herrschaft  bleiben,  alle  anderen  griech. 
Städte  aber  autonom  sein  sollten,  zerriss 
Griechenland  vollends  u.  steigerte  Spartas 
Uebermuth. 

AntABaUisls  (gr.),  Dilogie,  Doppelsinn, 
in  der  Rhetorik  die  nachdrucksvolle  Wie- 
derholung eines  Worts  in  verschiedener 
Bedeutung. 

Antaplirodltlsehe  Mittel,  Mittel,  welche 
die  krankhaft  gesteigerte  Gtoschlechtslust 
vermindern  (Säuren,  Narcotica,  Kampher, 
Stratnraonium). 

Antira,  arab.  Häuptling  in  der  Mitte 
des  6.  Jahrb.,  Dichter  einer  Moallaka  (her- 
ausg.  von  Menil  1816).  Seine  Abenteuer 
Stoff  zu  dem  Heldenroman  ,Antar*  (engl. 
yon  Hamilton,  4  Bde.,  1820),  angebl.  von 
Asmai  (f  824)  am  Hofe  Harun-al-Raschids. 
Aiitire§.  Stern  1.  Grösse  im  Skorpion. 
Antarktuch  ^.),  dem  Bären,  d.  h.  dem 
Norden,  entgegengesetzt.  A.er  Pol,  Südpol. 
A.e9  Meer,  das  den  Südpol  umgebende, 
ganz  uneingeschlossene  Eismeer.  Die  Eis- 
massen reichen  selbst  im  Sommer  oft  bis  SO® 
s.  Br.  Die  südl.  Polargegenden  sind  kälter 
als  die  nörd).  und  für  die  Schifffahrt  un- 
zugänglicher. Ob  ein  a.er  Kimtinent  existirt, 
ist  ungewiss.  Nur  Kästenstrecken  und 
Inseln  hat  man  entdeckt ;  der  Mensch  fehlt 
auf  ihnen.  A.«  Expeditionen  wurden  aus- 
geführt von  Cook  (1772—75),  Bellinghausen 
(1819-21),  Wedeil  (1823),  Biscoe  (1830),  Kemp 
(1884),  Balleny  (1839),  d^Urville  (1839-40), 
WUkes  (1840),  Ross  (1840-43,  bis  78«  10' 
s.  Br.),  Moore  (1845).  Das  noch  unbekannte 
a.e  Gebiet :  396,000  QM.  (n.  Petermann). 

Antecedens  (lat.),  vorausgehend.  Anteee- 
dentien,  frühere  Vorgänge,  die  auch  für 
die  Beurtheilung  des  €tegenwärtigen  mass- 
gebend sind.    Anteceuor,  Vorgänger. 


Antedfttlren  (lat.),  vorausdatiren ,  für 
etwas  ein  flrüberes  Datum  angeben  als  das 
wirkliche,  bei  Urkunden,  um  gewiesen  An- 
sprüchen eine  festere  Grundlage  sn  geben. 

Ante  dient  dat.),  vor  der  Zeit. 
■  AntedllBTiAnleen  (lat.),  vorsündfluthlloh. 

Ant^nstlnianeleenes  Becht,  das  ge- 
sammte  ans  den  Zeiten  vor  Justiidan  her- 
stammende rom.  Recht  (s.  d.). 

AntelOffinm  (lat.),  s.  v.  a.  Prolog. 

Antelndlnm  (lat.),  Vorspiel. 

Antelnklnlien  (lat.),  was  vor  Tages- 
anbruch geschieht. 

Ante  meridlem  (lat.),  Vormittags. 

Anteaetlea  (gr.),  Mittel  gegen  den  Breofa-     * 
reiz,    Je  nach  dem  Zustand    des   Magen» 
Säuren,  Alkalien,  Mineralwässer,   leichte 
Theeaufgüsse. 

Anten  Hat.  antae),  die  Vorspränge  der 
beiden  Seitenwände  eines  Tempels  hinter 
den  Säulen.  [Gesohlecht  von  Riesen. 

Anten  9    in   der   deutschen  Mythol.   ein 

Antennginm  (lat.),  Vorrecht  der  Erst- 
geburt; AntenatuB,  der  Erstgeborne. 

Antennen  (lat.),  die  Fühlhörner  der  In- 
sekten; auch  die  Querbalken  am  Kreuze. 

AntSnof)  edler  Trojaner,  bei  Homer  ver- 
ständiger, zur  Sühne  rathender  Greis» 
nach  der  späteren  Sage  Freund  der  Grie- 
chen und  Verräther  an  seinem  Vaterlande, 
wanderte  nach  der  Zerstörung  Trojas  mit 
den  Henetem  nach  Italien  aus ,  wo  er  am 
adriat.  Meere  die  henetische  Provinz  mit 
der  Hauptstadt  Patavinm  (Padua)  gründete. 

Antennptlaliseli  (lat.),  was  vor  der  Hoch- 
zeit geschieht. 

Anteooenpntlo  (lat.),  rhetor.  Figur,  mit 
welcher  der  Redner  einen  möglichen  Ein- 
wand selbst  vorbringt  und  widerlegt. 

Antepennltinia  (lat.),  drittletzte  Wort- 
silbe, [tion,  Voranstellnng. 

Anteponlren  (lat.),  vorziehen;   AntepoH- 

Antennen  (spr.  Antekera,  das  alte  Ante- 
caria),  Gtowerbsstadt  in  der  span.  Prov. 
Malaga,  27,200  Ew.  Fabr.  für  Seide  nnd 
Bavetas  nrianell). 

Anterldlon  (gr.),  Strebepfeiler. 

Anteriores  (lat.),  die  Vorderen,  besonders 
Vorfahren.  Anteriorität ,  das  Frühersein, 
Zeitvorzug.  [Gott  der  Gegenliebe. 

AnterOSy  Sohn  des  Mars  und  der  Venus, 

AnteS)  altes  sarmat.  Volk,  zwischen 
Dnjestr  und  Tanais;  später,  nach  der  Be- 
siegnng  durch  Kaiser  Justinian  (daher 
Antieu»),  an  der  untern  Donau  sesshalt. 

Anteslgninl  (lat.),  bei  den  Römern  aus- 
erlesene Kemtruppen  (Tr^aWer^,  die  zum 
Schutze  der  Legionszeichen  vor  denselben 
aufgestellt  zu  werden  pflegten,  zugleich 
Exercirmeister. 

Anteststnre  (fr.,  spr.  Angtestatühr), 
schnell  aufgeworfene,  leichte  Verschanzung. 

Ante  termlnnm  (lat.) ,  vor  dem  Termin. 

Antevenlren  (lat.),  zuvorkommen. 

Antesengmenon  (gr.) ,  in  der  Grammatik 
Beziehung  eines  gemeinsamen  Zeitworts  auf 
mehrere  Subjekte.  Gegensatz  Diezeugnienon, 

Antheln  (a.  G.),  Flecken  bei  Phthiotls 
in  Thessalien,  nahe  den  Thermopylen, 
Versammlungsort  der  Amphiktyonen. 


I 


Anthelien  —  Anthropopathismus. 


93 


AmtbellMi  Xgt.)t  Gog^iMonnen,  auch  Son- 

AatiMbBiiitleft  (gr.),  Mittel  gegen  Ein- 
geweidewürmer, starke  Purginnittel  oder 
Arzneimittel,  welche  direkt  auf  die  Würmer 
wirken  nnd  dann  meiqt  nur  gegen  eine 
besondere  Art  von  Würmern  dienlich  sind, 
z.  B.  Koosso,  Granatrinde,  Farmwnrzel 
gegen  Bandwu^n,  Santonin  gegen  Spulwurm. 

lÄtliSm  (engl.)*  Kirehenmusikstück  mit 
bihi.  Text;  anch  s.  t.  a.  Antiphonie. 

ABtleBis  L.  (AßerhamiOe,  MtmdtkamüU), 
Fflanzengattnng  der  Kompositen.  Bei  uns 
wild  A.  arrensis  L,,  AckerkcmüU,  unäehte 
XamiUep  A.  ootnla  L.j  tunkende  A„  und  A. 
tinctoria  L,,  ^rberkamtile ,  A.  nobilis  L.p 
edle  A.f  rtim,  KamiUe,  in  Italien  und  Süd- 
dentschland,  weiter  nördlich  auf  Feldern 
gebaut,  Blüthen  officlnell. 

AatkeBiiiily  1)  Flavita,  röm.  Kaiser, 
Sohn  des  Procopius,  aus  Galatien,  Gemahl 
der  Euphemia,  der  Tochter  des  Kaisers 
Harcianus,  siegte  über  die  Hunnen  an  der 
Donau,  ward  467  n.  Ohr.  auf  den  Thron 
erhoben,  aber  Ton  Bicimer  ermordet.  — 
2)  Rom.  Präfekt  des  Orients,  wahrend  der 
Mindeij&hrigkeit  Theodosius  II.  408—15 
Begent  des  oström.  Reichs. 

Jjrthire  (gr.),  Staubbeutel,  welcher  an 
dem  Staubfaden  der  Blüthen  sitzt. 

Astiiegterlcii  (gr.),  Bacchusfeste,  be- 
sonders das  St&gige,  vorzogsweise  in  Athen 
▼om  11.  des  8.  Monats  (AiUheslerion ,  d«  L 
Blüthenmonat)  an  gefeierte  Bacchusfest. 

AntlMdliim  (gr.),  die  gemeinsame  Blü- 
thenhüUe  der  Kompositen. 

Anthokoptognphlk  (gr.),  die  Kunst,  in 
Papier  Blumenflguren  als  Durchscheinbilder 
zu  Lampenschleiern,  Lichtschirmen  etc. 
auszuschneiden. 

Astiiologie  (gr.,  lat.  Vlorilegium) ,  Blu- 
menlese, häufig  lltel  für  Sammlungen  von 
Gedichten,  Sentenzen  etc.  Bekannt  be- 
sonders die  grieeh.  A.,  heransg.  von  Jaccb» 
(1794  —  1814,  18  Bde.;  1818-17,  8  Bde.). 
Die  r9ffi.  A.,  ein  Werk  ans  dem  Alterthum ; 
herausg.  -v.FeUr  Burmann  (1759—73,  3 Bde.). 

Astbologlmi  (gc) ,  in  der  griech.-kathol. 
Kirche  das  Missale  oder  Messbuch. 

Antlnoxintbvui  L.  (Buehgra$),  Pflanzen- 
gattung  der  Gräser.  A.  odoratum  X.,  auf 
trocknen  Wiesen,  enthält  Cumarin  und 
gibt  dem  Heu  den  Wohlgeruch. 

Ajitlmoeii,  fester  Kohlenwasserstoff,  wird 
ans  den  letzten  Antheilen  des  bei  der 
Theerverarbeitung  erhaltenen  Destillates 
gewonnen,  dient  zur  Bereitung  ron  Alizarin. 

Ajithraeit  ( KcMerMende),  älteste  Kohlen- 
art, eisen-  bis  granlichschwarz,  stark 
metallifftig  glasglänzend,  enthält  meist 
über  90 «/»  Kohlenstoff,  wenig  Sauerstoff 
und  Wasserstoff,  verbrennt  schwer  u.  mit 
schwacher  Flamme,  ohne  zu  backen  und 
zu  rauchen,  gibt  kein  brenzliches  Oel;  in 
der  silnrischen,  devonischen  und  Stein- 
kohlenformation, Nester,  Stöcke  und  Lager 
bildend,  in  Rhode-Island  u.  Pennsylvanien, 
bei  Schönfeld,  Wurzbach,  Lischwitz,  in  den 
firanzös.  und  piemont.  Alpen ;  gutes  Brenn- 
material. 


Anthrakonlt  (Antkrakolit ,  Madreporit),* 
Kohlenkalkspath,  kleinkörniger,  durch 
Kohle  gefärbter  kohlensaurer  Kalk,  in 
Norwegen  und  Schweden,  un  Harz,  im 
Salzburgischen  etc.  Hierher  gehSrt  anch 
ein  Theil  des  schwarzen  Marmors, Luknllan. 

Anthrax  (gr.), Kohle;  in  derMedicins.T.a. 
Brandbeule ;  gutartige  s.  ▼.  a.  Furunkel  oder 
Blutschwär;  bösartige  pestartig. 

AntJulBeiil  Aer«.  (Klettenkerhel),  Pflan- 
zengattung der  Umbelliferen.  A.  vulgaris 
Been.,  Scandiz  anthriscus  L,,  gemeiner 
Kerbel,  und  A.  sylvestris  Moffm.,    Chaero- 

Jhyllum  sylvestre  L,,  WietenkerUH. ,  KSl- 
erkropf  (nicht  giftig),  bei  uns  wild;  A. 
cerefolium  Hoffm.,  Scandix  cerefoUum  £., 
Gartenkerbel,  Kerbdkraut,  als  Gewürzpflanze 
in  Gärten  kultivirt. 

Anthropodlmoii  (gr.),  vergötterterMensch, 
Gottmensch ;  auch  böser  Dämon  in  mensch- 
licher Gestalt. 

Antbropogeale  (er.),  Entstehung  des  Men- 
schen und  der  verschiedenen  Racen. 

AntkropogüMfe  (gr.) ,  Menschenkennt- 
niss.    Anthropogno^,  Menschenkenner. 

AathropograpUe  (gr.),  Beschreibung  des 
Menschen,  bes.  Lehre  von  den  Raoen-,  Bil- 
dungs-  u.  den  durch  das  Klima  erzeugten 
Verschiedenheiten  des  Menschengeschlechts, 
Theil  der  Anthropologie ;  auch  I^stellung 
des  Menschen  durch  die  zeichnenden  Künste. 

Antiivopolatrie  ^X  Menschenanbetung; 
unwürdige  Menschendienerei. 

Anthropolltkea  (gr,),  angeblich  fossile 
Menschenreste,  entweder  Naturspiele  oder 
Thierknochen.  Scheuchzers  Homo  diluvii 
testls  im  öhninger  Kalk  ist  ein  Riesen- 
salamander. 

Anthropologie  (gr.),  Lehre  von  der  leib- 
lichen (physische  oder  somatische  A.)  und 
geistigen  Natur  (psychische  A.)  des  Men- 
schen; auch  s.  V.  a.  Lehre  von  der  Ent- 
wickelung  des  Menschen  und  seinen  gei- 
stigen Anlagen ,  seiner  phvsischen  Beschaf- 
fenheit, seiner  Sitten  u.  semer  Lebensweise. 
Ygl.  Menech, 

Anthropometrte  (gr.),  Ausmessung  des 
menschl.  Körpers,  Lehre  von  der  Proportion 
desselben. 

'AnthropoaiorphlfHU  (gr.),  die  Vorstel- 
lung nicht  menschlicher,  namentlich  gött- 
licher Wesen  unter  menschlicher  Gestalt; 
insbesondere  die  Vorstellungs  -  und  Rede- 
weise von  Gott,  wonach  man  ihm  Gestalt, 
Glieder  und  Verrichtungen  des  menschl. 
Körpers  zuschreibt;  dient  als  symboliaeher 
oder  formaXer  A.  zur  lebendigen  Vergegen- 
wärtigung des  göttl.  Seins  und  Wirkens, 
so  fn  der  Bibel,  besonders  im  A.  T.,  ist  da- 
gegen als  dogmatischer  oder  tMteriaXer  A,, 
der  Gott  wirklich  menschliche  Gestalt  zu- 
schreibt, verwerflich. 

Anthropomorphoslren  (gr.),  vermensch- 
lichen, menschliche  Gestalt  beilegen. 

Anthropopathlsmu  (gr.),  Uebertragung 
menschlicher  Empflndungen,  Leidenschaf- 
ten und  Affekte  auf  Gott,  findet  als 
symboliacher  A.  in  .der  Nothwendigkeit, 
Gottes  Wesen  und  Verhältniss  zu  uns  an- 
schaulich darzustellen,  seine  Rechtfertigung. 


94 


Anthropophagen  —  Antig  Öne. 


AmthTopophigeii  (Androphagen,  gr.),  Men- 
sclieiifresser,  nenerlich  meist  Kannibalen 
genannt,  Menschen,  welche  Menscbenfleisch 
geniesseui  im  Alterthum  einige  scythische 
Völker,  gegenwärtig  einige  wilde  Völker 
Amerikas,  Afrikas  und  Polynesiens  (Nen- 
seeländer,  Fidjiindianer  etc.)*  Anthropo- 
phagie, Eannibalismtis. 

Antkropoplioble  (gr.)»  Menschenschen. 

Anthropoplastlk  (gr.),  Menschenbildnerel. 

Anthropos  (gr.),  Mensch.  [Menschen. 

Anthropothelsnins  (gr.),  Vergötterung  des 

Antliropothysia  (gr.),  Menschenopfer. 

Anthropotomle  (gr.) ,  Zergliederung 
menschlicher  Leichname,  Anatomie. 

AntliydroplCA  (gr.),  Mittel  gegen  die 
Wassersucht. 

Anthyr  (Anthor,  Anthur),  nach  der  Sage 
erster  König  der  Vandalen  und  Heruler, 
angeblich  Sohn  einer  Amazone,  Tlieil- 
nehmer  am  Zug^  Alexanders  d.  Gr.  nach 
Asien,  gründete,  spater  nach  dem  heutigen 
Mecklenburg  verschlagen,  hier  mehrere  Orte. 

Antiy  griech.  Präposition,  in  Zusammen- 
setzungen (ant. . ,,  anth.  .  .)  s.  t.  a.  gegen, 
wider,  gegenüber  (AntichrUt ,  antarkti$eh), 
auch  s.  T.  a.  vor  (Anticipation). 

AtttUbolitionUt  (gr.),  Gegner  einer  Ab- 
sohafftinff  (Abolition). 

AntliriS  LechenauU  (Antiar,  Cfi/ibaur»), 
Pflanzengattung  der  Urticeen,  Bäume  auf 
den  ostind.  Inseln.  A.  toxicaria  liefert  das 
Pfeilgift  Üpa$-Antiar. 

Antibaeelhiag  (Bdimbaechius),  umgedreb- 
ter  Bacchius ,   Ssilbiger  Versfhss  (—  •—  '-A. 

Antlbes  (spr.  Angtihb,  das  alte  AntipoU»), 
befestigte  Hafenstadt  im  fl*anz.  Depart. 
Seealpen,  Kriegsplatz,  6830  Ew.  Landungs- 
platz Napoleons  L  1815. 

Antiborevm  (gr.),  Mittemachtuhr,  nach 
Norden  gerichtete  Sonnenuhr. 

Antibnrgherfl  (engl.,  spr.  Aentibörkers), 
schottische  Partei  der  Seceders  (s.  d.),  ver- 
weigert die  Leistung  des  Bürgereids. 

iAtiCA  (lat.),  Vorderseite,  Avers. 

ABticsglien  (ital.,  spr.  Antikaljen),  die 
minder  wichtigen  grieäi.  u.  röm.  Alterthü- 
mer,  z.  B.  Waffen,  Schmnckgegenstände  etc. 

Antieliambre  (fr.,  spr.  Angtischangbr), 
Vorzimmer.  Antickambriren ,  in  den  Vor- 
zimmern der  Grossen  verkehren,  d.  h. 
diesen  den  Hof  machen,  um  etwas  zu  er- 
langen. 

AiitieUor,  Lösung  von  unterschweflig- 
saurem  Natron ,  Mittel  zur  Entfernung  von 
rückständigem  Chlor  aus  gebleichten  Zeugen. 

AjitlelireBe  (ge.y  antichretiBoher  Vertrag), 
Vertrag  zwischen  Ffandgeber  und  Pf^nd- 
gläubiger,  auf  Grund  dessen  letzterer  die 
Nutzungen  der  als  PfEtnd  dienenden  Sache 
als  Zinsen  bezieht,  die  der  Schuldner 
(Pfandgeber^  dann  nicht  zu  zahlen  braucht. 

ABtlchriBT  (gr.),  Widerchrist,  nach  ur- 
christlicher Vorstellung  der  vom  Satan  ge- 
sandte gewaltige  Teind,  welcher  kurz  vor 
der  Wiederkunft  Christi  sich  erheben,  aber 
nach  gewaltigem  Kampf  unterliegen  soll ; 
in  der  Offenbarung  des  Johannes  Nero  als 
der  grausamste  Verfolger  der  Christen ;  bei 
spätem  der  rom.  Kirche  feindlichen  Sekten, 


auch  bei  sonstigen  Gegnern  des  Paptt- 
thums,  z.  B.  den  Hussiten,  Reformatoren, 
der  Papst;  in  der  morgenländ.-  Kirche  Mo- 
hammed; bei  den  späteren  Juden  der 
Gegenmessias,  ArmlUus  (Volks verderber) 
genannt. 

AntichronitmB  (gr.),  Fehler  In  der  Zeit- 
rechnung.  [untern  Erdhalbkugel. 

AntlclitliSneii   (gr.),   die  Bewohner  der 

AnttdpAtioB  (lat.),  Vorausergreifung,  im 
Finanzwesen  ( Voraumdhtne)  die  V«rauB- 
erhebung  erst  später  falliger  Steuern ;  im 
Handel  (anticiplrte  Zahlung  oder  Zahlung 
anticipando)  eine  vor  dem  verabredeten 
oder  gesetzlichen  Termin  geleistete  Zäh- 
lung, die  einen  Anspruch  auf  Zinsvergütung 
begnründet,  welche  durch  Abzug  des  sogen. 
Disconto  bewirkt  wird;  im  Rechtswesen 
eine  Handlung,  die  f^her  vorgenommen 
wird,  als  der  gesetzlich  vorgeschriebene 
Rechtsweg  erlaubt,  daher  wirkungslos,  oft 
geradezu  verboten.  Anticipation»$eheine, 
1818  ausgegebenes  Österreich.  Papiergeld, 
zur  sogen,  wiener  Währung  gehörig,  1820^ 
auf  */»  des  Nennwerths  im  Preise  gogen 
Silberkonventionsmünze  herabgesetzt  -  (5 
Guld.  wiener  Wähmng  =  2  Guld.  Silber), 
seit  83.  Febr.  1854  ausser  (3lebrauch. 

Anticlpiren  (lat.),  etwas  voraussetzen, 
firüher  thun,  als  geschehen  soll. 

Antt-Oomlaw^Leagne  (engl.,  spr.  Anti- 
Komlah-Llhk),  in  England  Verein,  welcher 
die  Abschaffung  der  zollfreien  Getreideein- 
fuhr erstrebte,  im  Okt.  1831  durch  Gobden  mit 
Industriellen  u.  Kaufleuten  gestiftet,  bestand 
bis  zur  Aufhebung  des  Getreidezolls  1849. 

Antieosti,  Insel  im  St.  Lorenzbusen 
(Nordamerika),  120  QM.,  zu  Neufoundland 
gehörig,  unbewohnt. 

Anticfra,  Name  zweier  altgriech.  Städte, 
in  Thessalien  und  Phocis,  in  deren  Nähe 
viel  Nieswurz  wuchs,  die  das  Gehirn 
reinigen  und  Dummheit  hellen  sollte;  da- 
her die  sprichwörtliche  Redensart:  Qehe 
nach  A.  [ticismus. 

AatidogBMtlsniiifl  (gr.),    s.    v.   a.  Skep- 

Atttidöron  (gr.),  Gegengeschenk;  in  der 
griech.  Kirche  die  Vertheilung  des  nach  der 
Kommunion  übrigen  gesegneten  Brodes. 

AntidStum  (gr.),  Gegenmittel,  Gegengift, 
neutralisirende  Mittel,  wie  Säuren  gegen 
Alkalien  u.  umgekehrt,  oder  solche,  welche 
die  excessive  Wirkung  eines  Giftes  nieder- 
halten oder  aufheben  (Atropin  gegen  Mor- 
phium), namentlich  aber  Stoffe,  welche 
sich  mit  den  Giften  umsetzen  und  sie  un*> 
wirksam  machen,  z.  B.  Glaubersftlz  gegen 
Bleizucker,  Eisenoxydliydrat  gegen  Arsenik. 

Antigene  9  Tochter  des  Königs  Oedipuff 
und  seiner  eignen  Mutter  locaste,  Schwe- 
ster des  Eteodes  und  Polynices  und  der 
Ismene,  bestattete  trotz  Creons  Verbot 
heiralioh  ihren  beim  Zuge  der  Sieben  gegen 
Theben  gefiallenen  Bruder  Polynices  und 
wurde  deshalb  von  Creon  verurtheilt, 
lebendig  begraben  zu  werden;  Ideal  de« 
reinsten  weiblichen  Heldenmuths  und  der 
hingehendsten  Liebe,  von  Sophocies  in  den 
Tragödien  ,Oedipus  auf  KolOBOi*  und 
,Antigone'  verherrlicht. 


Antigonus  —  Antimon. 


95 


Antlgdan«,  1)  gen.  der  Einäugige,  Feld- 
herr Alexanders  des  Gr.,  erhielt  bei  der 
Theilnng  der  Ton  diesem  eroberten  Länder 
Grossphrygien,  Lycien  und  Fampbylien, 
reiste  darch  seinen  Ehrgeiz  nnd  seine  £r- 
oberangssncht  die  andern  Feldherren,  sich 
gegen  ihn  zn  verbinden,  nahm  306  den 
Königstitel  an,  yerlor  in  der  Scb lacht  bei 
Ipsns  in  Phrygfen  (301  ▼.  Chr.)  gegen  Cas- 
sander,  Lysimachus  nnd  Seleucus  Beleb 
nnd  Leben.  —  2)  A.  L,  Qonatat,  König  yon 
üacedonien ,  Enkel  des  Vorigen,  Sohn  des 
•DemetriasPoliorcetes,  bestieg  276  t.  Chr.  den 
macedon.  Thron,  focht  gegen  Pyrrbns  Yon 
Epims,  t  ^0*  -~  3)  ^'  ^i  DoBon,  König 
Ton  Macedonien,  Enkel  des  Demetrius 
Poliorcetes ,  reg.  seit  230,  schlug  als  Ober- 
feldherr der  verbündeten  Griechen  die 
Spartaner  bei  Sellasia  nnd  zwang  diesel- 
ben, dem  macedon.  Bunde  beizutreten;  f 
221.  —  4)  A.,  Sohn  Aristobulus  n.,  letzter 
König  der  Juden  aus  dem  Geschlechte  der 
Kakkabäer,  reg.  39—87  v.  Chr.,  ward  von 
Herodes  mit  Hülfe  der  Römer  gestürzt. 

Antigdnas  Carystinsi.  von  Carvstus  auf 
Euböa,  um 270 v.Chr.,  Verf.  einer  Sammlung 
wunderbarer  Erzählungen,  berausg.  von 
Westermann  in  den  ,Scriptores  remm 
mirabilium  graec'  (1839). 

AntigraplmiiiCgr.),  Gegen-,  auch  Abschrift. 

ABtigUA  (Antigoa),  Insel  der  kleinen 
AntUlen  in  Westindien,  öVa  QM.  {^h  kulti- 
virt),  36,000  Ew.  Seit  1666  britisch.  Hauptst. 
St.  Johns. 

Antik  (lat.),  alt,  alterthümlich ,  im  All- 
gemeinen- alles,  was  der  Bildung  der 
Völker  des  Alterthums  angehört,  im  Gegen- 
satz zum  Romantisch-mittelalterlichen  und 
Modernen,  insbesondere  aber  das  von  den 
Griechen  und  Körnern  im  Gebiete  der 
Kunst,  namentlich  der  Plastik  Geleistete, 
daher  Antike,  plastisches  Kunstwerk  aus 
dem  griech.  oder  röm.  Alterthum. 

Aatikathüll8e]i(gr.),  dem  kathol.  Glauben 
abgeneiet,  feindlich.  [dalion. 

Antikliniax  (gr.),  rhetor.  Figur,  s.  Ora- 

AntlkoBStltatloiiell  (lat.),  mit  der  Ver- 
fassung eines  Staats  nicht  übereinstimmend. 

Antuoitstitntioiiisteii  (lat.),  Gegner  der 
Bulle  Unigenitus;  s.  Jamsen,  Cornelius. 

ABtIlurltik  (gr.),  Erwiderung  auf  eine 
Kritik  zum  Zweck  der  Widerlegung. 

Antllegomena  (gr.^,  bestrittene  Schriften, 
seit  dem  4.  Jahrb.  jSfame  derjenigen  nen- 
testamentlichen  Schriften,  deren  Aechthelt 
von  Einigen  bezweifelt  ward;  Gegen- 
satz zu  Homologumena ,  den  ohne  Wider- 
spruch als  acht  anerkannten  Schriften. 

AntilSpsifl  (grO,  Einwand ,  Widerlegung. 
AutUeftische  Methode,  ableitende  Me- 
thode, früher  diejenige  Heilmethode,  welche 
durch  Einwirkung  auf  einen  dem  kranken 
entgegengesetzten  Theil  die  Krankheit  zu 
heilen  suchte. 

AntllibanoB,  Gebiige  in  Syrien,  dem 
Libanon  parallel  laufend ,  im  gr.  Hermon 
(Dsohebl  Scheich)  8300'  hoch;  die  frucht- 
barui  und  waldreichen  Abhänge  und  Thäler 
sind  von  Drusen  bewohnt. 

Antillen,  Liselgruppe  zwischen  Kord-  n. 


Südamerika,  vor  und  in  dem  karaibischen. 
Meer  (AntiUenmeer) ,  besteht  aus  den  4 
groeaenA.:  Cnba,  äaitl,  Jamaica,  Portorico 
(alle  gebirgig,  von  WOKetten  durch- 
zogen, bis  7400',  zusammen  etwa  4000  QM.) 
und  den  etwa  40  kieinen  A.  oder  karalbi- 
schen  Inseln  (Trinidad,  Martinique,  Domi- 
nica, Guadeloupe  etc.,  etwa  265  QM.),  ein- 
gethellt  in:  Inseln  urUer  dem  Wind  (Lee- 
ward), die  nördl.  bis  Dominica,  u.  Inseln 
im  Wind  (Windward).  Kolonialprodukte. 
Lebhafter  Handelsverkehr  mit  Europa. 
Von  den  A.  gehören  England:  Jamaica, 
Trinidad,  Tabago,  Granada,  Barbados, 
St.  Vincent,  San  Luda,  Dominica,  Barbuda, 
Antigua,  Tortola,  St.  Crlstopher  u.  a.; 
Frankreich:  Martinique  und  Guadeloupe; 
Spanien:  Ouba  und  Portorico:  Holland: 
St.  Martin,  St.  Eu stäche,  Saba,  Cura^ao; 
Schweden:  St.  Barthelemy;  Dänemark: 
St.  Crplz ;  den  Verein.  Staaten :  St.  Thomas 
und  Si.  John  (1867   den  Dänen  abgekauft). 

AntilSchnSy  Sohn  des  Nestor  und  der 
Eurydice,  der  jüngste  unter  den  griech. 
Helden  vor  Troja,  tapferer  Kämpfer,  fiel 
durch  Memnon,  als  er  seinem  von  Paris 
hart  bedrängten  Vater  zu  Hülfe  eilte,  daher 
Philopator  genannt. 

Antllogarithmns  (gr.),  nach  Neper  der 
Logarithmus  eines  Cosinus  in  Bezug  auf 
den  Logarithmus  des  zugehörigen  Sinus. 

Antilope  Biü.,  Antilope,  artenreichste 
Gattung  der  Wiederkäuer  (Hohlhömer). 
Oemeine  OaaeUe,  A.  DorcasX.,  A.  Gazella 
PM.,  V  10"  hoch.  Im  nördl.  Afrika  heerden- 
weise.  Ebenso  im  südl.  AiHka  dweSpring^ 
bock,  FrunScbodc,  A.  Euchore  Thuvb.,  2Vs'. 
BaigaantÜope,  A.  Saiga  PtM.,  2',  die  einzige 
europ.  Art,  von  der  poln.  Grenze  bis  zum 
Irtysch  und  Altai.    Zwerganlilope ,  A.  spinl- 

Sira  Temm.,  Moschus  pygmaeus  L,,  V,  in 
uinea  und  Loanga,  der  kleinste  Wieder- 
käuer. Hlmalayische  Zwergantilope,  A. 
Goral  Hardwicke,  2',  heerdenweise  auf  dem 
Hlnialaya.  Nylgau,  blauer  OchB,  A.  picta 
PM,,  in  der  Form  zwischen  EQrsch  und 
Ochs.  4'  4",  in  Indien  eifrig  gejagt. 

AntlmaeehiaTell,  Titel  einer  Schrift 
Friedrichs  d.  Gr.  zur  Widerlegung  Macchla- 
vellis.  AntimaeehiaveUimnus,  dem  Macchia- 
vellismus  entgegengesetzte  Denk-  und 
Handlungsweise. 

Antimichns,  aus  Clarus,  griech.  Dichter» 
lebte  meist  zu  Colophon  im  4.  Jahrb.  v.  Chr.,. 
Verf.  eines  Epos  ,Thebals*  (Fragm.  her- 
ausg.  von  8tcU  1845)  u.  einer  £legie  JiydeS 

Antimephitiseli  (gr.),  luftreinigend. 

AntimetabSle  (gr.),  rhetor.  Figur,  Wie- 
derholung derselben  Wörter  in  veränder- 
ter Form. 

Antimetatheiis  (gr.),  Redeform,  durch 
die  der  Redende  an  den  Schauplatz  des 
Geschilderten  versetzt.  (von  MUo. 

AntlndlOB,  Cykladeninselchen,  1 M.  westl. 

AntiminlBtenell  (gr.  u.  lat.) ,  dem  Mini- 
sterium, der  Regierung  feindlich. 

AntimSn  (8pie$«glana,  Spiessgla»,  BeguUts^ 
Antimonii) ,  Metall,  findet  sich  am  häufigsten 
mit  Schwefel  verbunden  als  Grauspiess- 
glänzen  oder  Antimonglanz,  der  auf  Lagern 


96 


Antimongelb  —  AntiScliuB. 


und  Gängen  im  Granit  und  im  krystalli- 
nischen  Schiefer-  und  TJ^heTgBngngeMTg» 
bricht;  auch  als  Antlmonoxyd  (Valentinit 
und  Senannontit,  letsterea  besonders  in 
Oopstantlne  nnd  auf  Bomeo),  wird  ans  Gran- 
epiessglanzerz  darch  Röstang  und  darauf 
folgende  Redaktion  oder  durch  Zersetzung 
des  Erzes  mit  Eisen  (Niederschlagarbelt)  ge- 
wonnen, fast  süberweiss,  blatti^  krystal- 
linlsoh,  spec.  Gew.  6,71,  Aeq.  120,  schmflzt 
bei  4S0O,  ausserordentl.  spröde,  nicht  dehn- 
bar, härter  als  Kupfer,  macht  andre  Metalle 
«pröde,  an  der  Luft  ziemlich  unTeränderllch, 
löst  sich  nur  in  Königswasser,  wird  zu 
Iiettemmetall  und  Brituiniametall  fein  zer- 
theilt  als  Bronze  (Elsenschwarz)  benutzt. 
Antimonoxyd,  antimonige  Säure,  1  Aeq.  A.  u. 
8  Aeq.  Sauerstoff,  entsteht  beim  Erhitzen  des 
A.s  an  der  Luft  und  bei  Behandlung  mit 
Salpetersäure,  giftig.  Brechweinstein  ist  wein- 
saures Antimonozydkali.  ArUinumaäur  6^1  Aeq. 
.  A.  u.  5  Aeq.  Sauerstoff,  entsteht  beim  Glühen 
'  dos  A.s  mit  Salpeter,  das  Bleisalz  ist  Neapel- 
gelb  (orangegelbe,  sehr  beständige  Oel-  und 
Schmelzfarbe).  AfUimonehlotid,  1  Aeq.  A.  u. 
.3  Aeq.  Chlor,  bildet  sich  beim  Lösen  Ton 
Schwefelantimon  in  Salzsäure,  flüchtige 
weisse  Masse  (BvJtyrwm  Antimonii)  In  wenig 
Wasser  löslich  (Liquor  Stibii  chlorati),  Aetz- 
mlttel«  zum  Bruniren  von  Eisen,  durch  viel 
Wasser  zvn&tst  (AtgarotlipHlver).  BchwefeV- 
aniimont  1  Aeq.  A.  n.  3  Aeq.  Schwefel,  in  der 
Katur  als  Grauspiessglanzerz,  ist  metallisch 
glänzend,  graphitfarben,  sehr  welch,  atrahlig 
krystallinisch,  dient  zum  Ausbringen  des 
Goldes  aus  goldhaltigem  Silber,  in  der 
Thierarzeneikunde,  Feuerwerkerei  und  zur 
Bereitung  der  Zündpillen  der  Zündnadel- 
gewehre. Aus  seiner  Lösung  in  Alkalien 
fällt  beim  Erkalten  MinercXkermea  (Arznei- 
mittel Schwefelantimon  mit  antimoniger 
'  Säure)  das  Pentasulfid,  CMieohwefel  (8ul/ur 
aurtUum,  Arzneimittel)  wird  durch  Säuren 
aus  dem  scMippeichen  Salt  gefällt,  welches 
bei  Behandeln  von  Grauspiessglanzerz  mit 
Schwefel  u.  Alkalien  entsteht.  Produktion 
des  A.8  in  Europa  lährl.  26,000  Otr.  (Frank- 
reich 10,000),  viel  Antimonerz  aus  Bomeo. 

AlltimSllgelb,  Neapelgelb,  s.  Antimon. 

AnttmSiiiIiinober,  karminrother  Farb- 
stoff, wird  erhalten,  indem  man  unte^- 
schwefligsaures  Natron  auf  Antimonchlorid 
und  Wasser  einwirken  lässt.  Dient  als 
Oel-  und  Wasserfarbe,  ist  in  Luft  und 
Licht  beständig. 

AntImonllBmas  (gr.  u.  lat.),  Lehrsystem, 
welches  den  Unterschied  zwischen  gut  u. 
böse  geradezu  aufhebt  und  für  das  menschl. 
Handeln  kein  sittl.  Princip  statulrt. 

AntinareotieA  (gr.),  Heilmittel  gegen  die 
Folgen  narkotischer  Vei^ftung. 

Antliuttionil  (gr.  u.  lat.),  den  Interessen 
der  Nation  entgegenstehend,  feindlich. 

Antinomie  (gr.),  Widerspruch  zwischen 
zwei  Gesetzen. 

Antinomismu  (gr.),  Geringschätzung  des 

mosaischen  Sittengesetzes   und   des  A.   T. 

ruberhaupt,   welche   Joh.  Agricola   vertrat, 

um  die  Wirksamkeit  des  Evangeliums  und 

des  Glaubens  zur  Besserung  des  Menschen 


desto  nachdrücklicher  henrorxuheben.  Die, 
welche  ihm  beipflichteten,  hiessen  Gtosetzes- 
stürmer  oder  Antinomer.  Durch  den  Wider- 
ruf Agrlcolas  1540  wurde  der  emtiuomi- 
»tiache  Streit  beigelegt.  Andere  Antinomer 
traten  unter  den  Gnostikern  nnd  den  spiri- 
tualistischen  Sekten  des  Mittelalters  und 
der  Reformationszeit,  sowie  in  England 
zur  Zelt  Cromwells  unter  den  Indepen- 
denten  auf. 

AntinSiUy  der  Liebling  des  Kaisers  Ha- 
drian,  aus  Bithynlen  stammend,  seiner 
Schönheit  wegen  sprlöhwörtlloh;  stürzte 
sich,  des  Lebens  überdrüssig,  unweit  Besä 
in  den  Nil.  Hadrian  benannte  nach  ihm  ein 
Gestirn  und  feierte  auch  sontft  vielfach  sein 
Andenken.  Mehrere  prächtige  Statuen  des 
A.  sind  noch  vorhanden. 

AntlnSniy  Sternbild  In  der  Milcbstnuise, 
dicht  beim  Adler,  4  Sterne  8.  u.  mehrere  4. 
Grösse,  unter  denen  ein  veränderlicher. 

AntioelienliclM  Sclinle»  tbeolog.  Schule 
seitAnfiing  des  4.  Jahrb.,  pflegte  nüchterne 
Schriftauslegung  nach  dem  Wortsinne, 
hielt  sich  in  der  Philosophie  mehr  an  Ari- 
stoteles als  an  Plato  und  stand  daher  im 
Gegensatz  zn  der  alezandrin.  Schule  (s.  d.). 

Antloehis  (a.  G.),  Name  mehrerer  Städte ; 
bes.  merkwürdig:  1)  A.  Bpidaphnee  (jetzt 
Antakieh),  die  prächtige  Hauptstadt  Sy- 
riens, am  Orontes,  von  Seleacus  Nlcator 
um  300  V.  Chr.  gegründet,  Residenz  der 
Seleuciden  (900,000  Ew.)  u.  Lieblingsaufent- 
balt  der  reichen  Römer,  berühmter  Sitz 
griech.  Bildung  und  Wissenschaft  (Philoso- 
phie u.  Astrologie).  Mehrmals  durch  Erd- 
beben zerstört,  684  von  den  Saracenen  ge- 
nommen, seit  975  zum  oström.  Reiche 
gehörend,  1096  von  den  Kreuzfahrern  er- 
obert und  vom  Normannen  Bohemund  L 
als  antiochenischee  Füratenthum  verwaltet, 
1268  von  den  Saracenen  zurückerobert  n. 
verwüstet.  Kolossale  Trümmer.  Die  Be< 
kenner  Jesu  wurden  in  A.  zuerst  Christen 
genannt.  —  2)  A.  in  Pisidieu ,  wo  Paulus 
u.  Bamabas  zuerst  den  Heiden  das  Evan- 
geliumpredigten; Ruinen  bei  JsCIowatsch,  un- 
weit Akschehr,  neuerdings  vielfach  besucht. 

Antiöehuiy  Name  mehrerer  syrischen  K6> 
nige  aus  dem  Stamm  der  Seleuciden:  A.  L, 
So<«r  (Retter) ,  Sohn  des  Seleucus  Nlcator, 
reg.  380  —  262  V.  Chr.,  liebte  seine  Stief- 
mutter Stratonice ,  die  ihm  der  Vater  abtrat. 
A.  n.,  Theos  (Gott),  von  den  Milesiern  so 
genannt,  weil  er  sie  von  dem  Tyrannen 
Timarchus  befreit  hatte,  reg.  262—246,  ver- 
lor Parthien  und  Baktrlen,  ward  von  seiner 
Gemahlin  Laodice  vergiftet.  A.  m.,  der 
Grosse,  reg.  224—187,  suchte  seine  Herrschaft 
flRich  über  Macedonien  auszubreiten  und  ge- 
rieth  in  Folge  davon  mit  den  Römern  in 
Krieg  (antiochiseher  Krieg),  ward  bei  Mag- 
nesia 190  geschlagen  und  musste  in  dem 
darauf  abgeschlossenen  Frieden  ganz  Klein- 
asien diesseits  des  Taurus  den  Römern  über- 
lassen; ward  bei  Plünderung  des  Tempels 
des  elymäischen  Zeus  erschlagen.  A.  IV., 
Bpiphanee,  reg.  176—164,  reizte  durch 
grausame  Tyrannei  die  Juden  zum  Auf- 
stande   unter    den    Makkabäem,    machto 


.  Aiitiöpe  —  Antiscü. 


97 


«inen  erfolglosen  Angriff  anf  Aegypten. 
A.  Xni.,  Aiiaticus,  reg.  seit  68,  wurde  65 
von  Pompejns  entthront  und  mit  der  Pro- 
vinz Gommagene  abgefüBden^  vonAugustus 
wegen  Meuchelmords  an  einem  Gesandten 
seines  Bruders  nach  Rom  beschieden  und 
hier  29  v.  €lir.  hingerichtet. 

Antiöp«,  1)  Tochter  des  Königs  Nycteus 
von  Theben  und  der  Polyxo,  ward  von 
Zeus  Mutter  des  Zethus  und  Amphion,  floh 
aus  Furcht  vor  ihrem  Yater  nach  Sicyon, 
wurde  durch  dessen  Bruder  Lycus  lurück- 
geholt  und  von  des  letzteren  Gemahlin  Dirce 
hart  behandelt,  aber  von  ihren  Söhnen 
an  dieser  gerächt,  indem  sie  Dirce  an  die 
Hörner  eines  wilden  Stiers  banden  (vgl.  Far- 
nesiaeher  Stier);  f  als  Gattin  des  Phocus.  — 
2)  Amazone,  Tochter  des  Ares  und  derOtrera, 
Gemahlin  des  Theseus,  Mutter  des  Hippolyt. 
AntioquiAy  Staat  der  südamer.  Republik 
Neugranada,  1072  QM.  und  327,822  Ew., 
seit  1856  konstituirt.  Die  HaupUtadU  A.,  am 
Cauca,  18,000  Ew. 

Antlorangisten  9  Gegner  des  oranischen 
Fürstenhauses  in  den  Niederlanden. 

AntlpipA  (gr.  u.  lat.),  Gegenpapst;  antipa^ 
pistisch,  dem  Papst  feindlich. 

AntipSros  (das  alteOh'oro«;,  Cykladenlnsel, 
westl.  bei  Paros,  Va  Q^*  ^^^^  ^^^O  Ew.  Ber. 
Höhle,  ISOO'  lang,  100'  br.,  80'  hoch,  mit 
krystallhellem  Tropfstein. 

AntipischA  (gr.),  in  der  griech.  Kirche 
der  erste  Sonntag  nach  Ostern. 

Antlpiter,    Feldherr    Philipps   U.    von 

Macedonien,   ward   von   Alexander  d.  Gr. 

mit  der  Statthalterschaft  über  Macedonien 

betraut  f   schlug  die  nach  Unabhängigkeit 

strebenden  Spartaner  bei  Argä  in  Arkadien 

(330  V.  Chr.),  erhielt  nach  Alexanders  Tode 

mit  Craterus,  seinem  Schwiegersohne,  die 

Statthalterschaft   über  die   europ.  Länder, 

kämpfte    gegen   die   Ghriechen   und   gegen 

Perdiccaa,    wurde  nach    dessen  Tode  zum 

Vormund    der  Kinder  Alexanders   u.   zum 

Beichsregrenten  ernannt;  f  ^^^  '^'  Chr. 

Antipathie  (gr.),  natürliche  oder  erwor- 
bene Abneigung,  Gegensatz  von  Sympathie. 
AntIperl«*»ltl8Ch  (gr.),  nach  entgegenge- 
setzter Richtung  zusammendrückend;  motu3 
antiperistaltictu ,  die  der  normalen  entgegen- 
gesetzte Bewegung  der  Speiseröhre,  wie 
beim  Brechen.    A.e  Mittel,  Brechmittel. 

Antiphanefiy  aus  Rhodus,  Dichter  der 
mittleren  attischen  Komödie,  um  406  v.  Chr., 
Verf.  von  mehreren  hundert  Komödien 
{Fragmente  g^esammelt  in  Meinekes  ,Frag- 
menta  comicoram  graecorum'). 

AntiphflnSy  berühmter  griech.  Maler,  ans 
Aegypten,  Zeitgenosse  des  ApeUes,  um  SSO 
V.  Chr.  liebte  genreartige  Darstellungen  mit 
ssierlichen  liicliteffekten,  Karikaturen  etc. 

AntlphlOglstlCÄ  (gr.),  entzündtragswidrige 
Mittel,  Kälte,  Salze,  Digitalis,  Opium. 
Antiphlogistiker,  in  der  Medicin  die  Aerzte, 
weldfie  alle  Krankheiten,  durch  A.  heilen 
wollten;     in     ^^^    Chemie    die   Anhänger 

I«avoi8iers  (9»  ^•)'      ^     ^      ^^  ^j. 

AntiDhon  9  der  erste  der  10  grossen  atti- 
arhen  Redner,  go*»«  «»"  ^^  zu  Rhamnus  in 
Ittica,   nahm  als  Feldherr,  Staatsmann  u. 
Meyers  Band- Lexikon. 


Gesandter  Theil  am  peloponne».  Kriege, 
ward  wegen  Verrätiierei  411  zum  Tod  ver- 
urtheilt.  Noch  vorhanden  17  Reden,  her- 
ansg.  von  Mätzner  1888. 

Antiphonie  (gr.),  in  der  kathol.  Kirche 
Wechselgesang  zwischen  Priester  und  Ge- 
meinde, von  Ignatius  und  Ambrosius  ein- 
geführt. Eine  Sammlung  solcher  Wechsel- 
gesänge (Antiphonarium  oder  Antiphonate) 
veranstaltete  zuerst  Papst  Gregor  I.  (590  — 
604).  In  der  evangel.  Kirche  bestehen  die- 
selben meist  in  Bibelsprüchen,  die  der 
Geistliche  durch  Intonation  beginnt  und  der 
Chor  im  Responsorium  beendigt. 

AntlpliragiB  (gr.),  rhetor.  Figur,  wodurch 
das  Entgegengesetzte  von  dem  ausgedrückt' 
werden  soll,  was  das  Wort  eigentl.  besagt. 

Atttip9deii  (gr.,  Oegenfösaler) ,  diejenigen 
Bewohner  der  Erde  in  Beziehung  anf  einan- 
der, die  an  zwei  einander  diametral  ent- 
gegengesetzten Punkten  derselben  unter 
gleichen,  aber  entgegengesetzten  geogr. 
Breiten  und  um  180<*  verschiedenen  Längen 
wohnen.  Sie  kehren  einander  die  Füsse  zu 
(daher  der  Name)  und  haben  entgegenge- 
setzte Tageszeiten  und,  mit  Ausnahme  derer 
in  der  Nähe  des  Aequators,  auch  entgegen- 
gesetzte Jahreszeiten.  Die  A.  Deutschlands 
sind  östl.  und  südöstl.  von  Neuseeland  zu 
suchen.  Zu  unterscheiden  von  den  A.  si^d 
die  Oegentoohner  (Antöci),  welche  unter 
einem  und  demselben  Meridian,  aber  auf 
entgegengesetzten  Seiten  des  Aequators 
wohnen,  also  gleiche  Tageszeiten,  aber 
entgegengesetzte  Jahreszeiten  haben ;  sowie 
die  Nebenwohner  (Periöci) ,  welche  auf  der 
näml.  Halbkugel  unter  derselben  Breite, 
aber  hinsichtlich  der  Länge  um  180o  ent- 
fernt von  einander  wohnen,  also  gleiche 
Jahreszeiten,  aber  entgegengesetzte  Tages- 
zeiten haben.  [seeland. 

AntipSdeninsel,  Eiland  südöstl.  von  Neu- 

AntiqvA  (lat.,  fr.  Romäua,  engl.  Pica), 
die  latein.  Schrift  im  Gegensatz  zur  goth. 
und  zur  Fraktur-  oder  deutschen  Schrift, 
eingeführt  und  benannt  von  Manntius  1496. 

jbitlqnar  (lat.),  sonst  s.  v.  a.  Alterthums- 
forscher,  Archäolog;  jetzt  Einer,  der  den 
Antiquarbuehhandel  betreibt.  Letzterer  be- 
fasst  sieh  mit  dem  Au-  u.  Verkauf  älterer, 
oder  im  Freis  herabgesetzter  Büoher.  Man 
zählt  alle  vor  1750  erschienenen  Büoher 
als  zum  Antiquariat  gehörig.  In  Italien 
s.  V.  a.  Cicerone. 

Antlquirt  (lat.),  veraltet.  [Alterlhum. 

Antiqaititen     (lat.),     Alterthümer,     s. 

Antireformeft  (engl.),  Gegner  staatlicher 
oder  kirchlicher  Neuerungen. 

AntirentMns  (engl.),  polit.  Partei  im  Staat 
Newyork,  welche  die  noch  dort  vorhandenen 
Ueberbleibsel  des  von  den  Holländern  mit- 
gebrachten Lehnwesens  (Erbpacht,  Frohnen, 
Abgaben  etc.)  beseitigt  wissen  will. 

Antirrhinnm  L.  (Löwenmaul),  Pflscnzen- 
gattung  der  Antirrhlneen.  A.  majus  L., 
grosses  L,  (Doraat),  Zierpflanze  aus  Süd- 
europa, in  Gärten  und  verwildert.  Kraut 
officinell.  ' 

Antiscii  (gr.),  Gegenschattige,  Bewohner 
der  zwischen  den  Wendeloreisen  liegenden 

7 


98 


Antiscorbutica  —  Antoninus. 


Zone,  deren  Schatten  die  eine  H&lfte  des 
Jahres  nach  N.,  die  andere  nach  8.  fallt. 

Antisoorbntfca  (gr.),  Mittel  gegen  Skorbut, 
zweckmässige  Dlat,  frisches  Fleisch  nnd 
Qemuse,  Löffelkraut,  Bmnnenkresse,  Heer- 
rettlg,  Sanerampfer,  dann  Lüftung,  Bein- 
llohkeit  und  Trockenheit  der  Wohnräume. 

Antiseptle«  (gr.),  fäulnlsshindemde  Mit- 
tel, Kälte,  Wasserentziehung,  Sals  (Ein- 
pökeln), Gerbsäure,  Alkohol,  ätherische 
Oele,  Kreosot,  Pheaylsäure,  Chlor,  schwef- 
lige Säure,  Kohle. 

Antlspasmodleft  (gr.),  krampfbtlllende 
Mittel,  bes.  Narcotica  u.  flüchtige  Reizmittel. 

AnttopiBt  (gr.) ,  Versfhss,  Vereinigung  des 
Jambus  nnd  Trochäus  (^-^ ^. 

Antistes  (lat.),  Vorstehor,  In  der  alten 
Christi.  Kirche  Titel  der  Bischöfe,  Aebte  etc., 
in  einigen  Kantonen  der  Schweiz  Vorsteher 
der  reformirten  Geistlichkeit. 

AntiztheneSy  aus  Athen,  griech.  Philosoph, 
Stifter  der  cynischen  Schule,  geb.  um  422 
'  T.  Chr.,  Schüler  des  Socrates,  setzte  dio  Tu- 
gend in  das  freie  Entbehren  u.  in  die  Unabhän- 
gigkeit Ton  äusseren  Dingen,  yerachtete 
selbst  die  Wissenschaft  n.  erschien  öffentl. 
im  Bettlergewande.  Sein  berühmtester  Schü- 
ler war  Diogenes.  Fragm.  s.  Sehr,  gesam- 
melt Ton  Winekelmann  (1842).  [Aebtissln. 

Antistita  (lat.),  Vorsteherin ;  auch  s.  ▼.  a. 

Antistrepnon  (gr.),  Beweisgrund,  der 
gerade  gegen  Den,  welcher  Ihn  braucht, 
angewendet  werden  kann. 

Antiströphe  (gr.),  s.  Strophe. 

AntlsypUlitlea  (gr.),  Heilmittel  gegen 
Syphilis,  Quecksilber,  Jod  etc. 

AHtitanmB.  s.  Tauru». 

Antithise  (gr.),  Entgegensetzung,  In  der 
Logik  das  Verhältniss  zweier  einander  auf- 
hebenden Urtheile;  in  der  Rhetorik  Ver- 
hindung  zweier  Worte  oder  Gedanken  Ton 
entgegengesetzter  Bedeutung. 
.  AntlthSton  (gr.) ,  Verbindung  kontrasti- 
render  Vorstellungen. 

Antitrlnitarler  (gr.  n.  lat.),  seit  der  Re- 
formation Bezeichnung  der  Gkgner  der 
klrchl.  Lehre  von  der  Trinität;  s.  ünitarier, 

Antlam  (a.  G.),  Stadt  der  Volsker  in 
Latium,  am  tuscischen  Meer,  nach  langem 
Widerstand  von  den  Römern  (0.  Meneulus) 
unterjocht,  später  durch  die  Saracenen 
gänzlich  zerstört.  Unter  den  grossartigen 
Ruinen  (bei  Porto  d^Anzo)  wurden  der 
Apoll  Ton  BelTedere,  der  boighesische 
Fechter  n.  a.  Kunstwerke  aufgefhnden. 

AntliuiloiilBteii  (gr.  u.  lat.),  Gegner  einer 
Vereinigung,  namentl.  in  kirchl.  Hinsicht. 

AntiTiri  (türk.  JBar),  Hafenst.  im  türk. 
Albanien,  am  adriat.  Meer,  5000  Ew.  Kathol. 
Erzbischof,  Station  der  Lloyddampfer. 

AntSel  (gr.),  Gegenwohner,  s.  Antipoden, 

Antogaft  (Ändegatty,  Badeort  im  bad.  Kr. 
Offenburg,  im  Schwarz  wald.  Sauerbrunnen, 
weit  Tersendet. 

Antommirchly  Franeeseo,  geb.  in  Korsika, 
ward  1819  Napoleons  L  Leibarzt  auf  St.  He- 
lena, gab  nach  dessen  Tode  ,Les  demiers 
moments  de  Napol^n'  (1823,  2  Bde.)  heraus ; 
t  8.  April  1888  zu  San -Antonio  auf  Gnba. 

Anton ^  1)  A,  von  Bourbon,  König  Ton 


NaTarra,  Sohn  des  Herzogs  Karl  Ton 
Vendöme,  geb.  1518,  vermählt  1548  mit 
Johanna  d^ Albret,  der  Tochter  nnd  Erbin 
Heinrichs  II.  von  Navarra,  seit  1555  Könisr 
dieses  Landes,  Vater  des  Königs  Hein- 
rich IV.  Ton  Frankreich,  erst  Haupt  der 
hugenottisch  -  bourbonischen  Verbindung- 
gegen  die  Guisen,  dann  Gegner  der  Huge- 
notten, General  Statthalter  des  Reichs;  f  17. 
Not.  1572.  —  2)  ^  Kiemen»  Theodor,  König 
Ton  Sachsen,  Sohn  des  Kurfürsten  Friedrich 
Christian  und  der  Marie  Antonie  Ton 
Bayern,  geb.  27.  Dec.  17fö,  bestieg  nach 
dem  Tode  seines  Bruders  Friedrich  Au- 
gust I.  5.  Mai  1827  den  Thron,  nahm  bei 
den  Bewegungen  Ton  1830  seinen  Neffen 
Friedrich  August  zum  Mitregenten  an ;  t  6. 
Juni  1836  zu  Pillnitz.  -  8)  ^  Ulrich,  Herzog; 
Ton  Braunschweig- Wolfenbüttel,  Sohn  dea 
Herzogs  August ,  geb.  4.  Okt.  1638  zu  Hitz- 
acker im  Lüneburgischen,  seit  1685  Mit- 
regeut  seines  Bruders  Rudolf  August,  nach 
dessen  Tode  (1701)  alleiniger  Regent,  trat 
1710  zur  kathol.  Kirche  über;  f  ^7.  März 
1714.  Beförderer  der  Künste  und  Wissen« 
Schäften,  Mitglied  des  Palmenordens  und 
selbst  Schriftsteller  (Romane,  geistl.  Lie- 
der etc.).  —  4)  Ä.  Dlrich,  zweiter  Sohn  des 
Herzogs  Ferdinand  Albert  Ton  Braun- 
schweig-Wolfenbüttel  (B.-Bevem  bis  1735), 
geb.  28.  Aug.  1714,  Termählte  sich  1739  mit 
Elisabeth  Katharine  Christine  Ton  Mecklen- 
burg- Schwerin,  der  nachherig^en  Anna  Kar- 
lowna,  Regentiu  Ton  Rnssland,  theilte 
deren  Schicksal  (s.  Anna  7)  und  t  1780  zu 
Cholmogory  im  Gouvem.  Archangel. 

Antonelli  9  Giaoomo ,  Kardinal  -  Staats- 
sekretär des  Papstes,  geb.  2.  April  1806  zu 
Sonnino  an  der  neapollt.  Grenze,  Sohn 
eines  Rinderhirten,  schwang  sich  unter 
Gregor  XVI.  zu  hohen  Staatsämtem  empor» 
ward  12.  Juni  1847  Ton  Plus  IX.  zum  Kar- 
dinal und  Minister  ernannt,  blieb  auch 
nach  seinem  erzwungenen  Rücktritt  ge- 
heimer Rathgeber  des  Papstes  und  Leiter 
der  röm.  Politik.  Seit  Sept.  1850  Staats- 
sekretär und  als  solcher  einziger  Chef  des- 
polit.  Staatswesens,  führte  er  die  Reaktion 
Im  Kirchenstaate  bis  zu  dessen  Ende  mit 
Jesuit.  Schlauheit  und  Konsequenz  durch. 

Antonello  da  Hessina,  ital.  Maler,  geb.. 
um  1414,  Schüler  Ton  Joh.  Tan  Eyk,  Ter- 
pflanzte  die  Ton  diesem  erlernte  Oelmaleref 
nach  Italien  (Venedig) ;  f  1493.  Hauptbilder 
in  Berlin  (ein  Porträt,  heil.  Sebastian,  Ma- 
donna), London  (Christusbild),  Palermo 
(Krönung  Maria)  u.  Wien  (Christusleichnam). 

Antonius  9  die  ränkesüchtige  und  aus- 
schweifende Gemahlin  Belisars  (s.  d.). 

Antoninnsy  Heiliger,  geb.  1389  zu  Florenz, 
Dominikaner,  Prior  mehrerer  Klöster,  seit 
1446  Erzbischof  Ton  Florenz ;  f  1459 ,  Ton 
Hadrian  IV.  kanonisirt  1523.  Tag  2.  und 
10.  Mai.  Schrieb  , Summa  theologica'  (Nümb.. 
1477—79,  4  Bde.),  «Summa  lilstorialis'  (das» 
1484,  3  Bde.). 

AntonfnnSy  N.imo  Ton  2  röm.  Kaisern  r 
1)  A.  A'ks,  Ttftts  Aurelitts  Fulvua,  geb.  86 
n.  Chr.  zu  Nemnusus  In  Gallien,  AdoptiT- 
sohu  des  Kaisers  Hadrian,  folgte  diesem  138» 


Antomnus  Liberalis  —  Anurie. 


99 


TBg.  mild,  friedlich  und  sparsam,  erwei- 
terte in  Britannien  das  röm.  Gebiet  und 
schützte  es  -durch  einen  Grenswall ;  f  ^^^' 
Ben  Beinamen  Pins  erhielt  er,  weil  er  sich 
die  Yergötterajig  Hadrians  dem  Senat 
gegenüber  sehr  angelegen  sein  Hess.  Seine 
O^ahlln  war  die  unwürdige  Fanstina. 
Selbst  kinderlos,  adoptlrte  er  Marc  Anrel, 
seinen  Nachfolger.  Vgl.  Bo**aH  und  Müller, 
,Zur  Geschichte  des  Kaisers  A.  P.*,  1868.  — 
2)  A,  der  Philotoph,  Marcu*  Annius  Aurdiu» 
Verus,  gewöhnt.  Marc  Anrel  gen.,  geb.  121 
n.  Chr.,  einer  der  edelsten  röm.  Kaiser, 
folgte  161  dem  Vor»  ernannte  seinen  Adop- 
tlTbruder  Lucius  verus  zum  Mitregenten, 
unterdrückte,  während  seine  Feldherren 
siegreich  gegen  die  Parther  kämpften  und 
bis  Babylon  Tordrangen,  Aufstände  der  ger- 
man.GrenzTölker,  bekämpfte  die  Markoman- 
nen mit  Ei'folg;  f  ^^  2^  Vindobona  (Wien). 
Anhäuger  der  stoischen  Philosophie,  schrieb 
er  In  grieoh.  Sprache  ,Betrachtungen  über 
sich  selbst*  (herausg.  Ton  Koraea  1816,  deutsch 
▼on  Schul»  1799,  Behneider  1865,  Oess  1866). 
Der  Senat  Hess  Ihm  zu  Ehren  die  Antontnue' 
eätUe  errichten,  Jetzt  auf  der  Piazza  Colonna. 
Vgl.  I^o'ä  de$  Vergen,  ,Essal  surMarc-Au- 
rMe',  1860;  £odek,  ,Marc-AurelS  1868; 

Antotoiniis  Liberalis  ^  wahrschelnl.  Frei- 
gelassener des  Kaisers  Antoninus  Piu6, 
um  147  n.  Chr.,  verfasste  eine  Sammlung 
fabelhafter  Erzählungen,  »Metamorphosen* 
betitelt,  herausg.  yon  Koeh  (18S8)  u.  Weeter- 
mann  in  den   »Mythographi  graecl*  (1842). 

Antonliis,  der  Heilige  oder  Grosse,  auch 
A,  von  Theben  gQü.y  Vater  des  Mönchthums, 
geb.  um  251  zu  Coma  bei  Heraclea  in  Ober- 
ägypten, lebte  seit  285  als  Einsiedler  in 
der  ägypt.  Wüste,  wo  sich  zu  Anfang  des 
4.  Jahrh.  Gleichgesinnte  ansiedelten;  f  ^7. 
Jan.  856  über  100  Jahre  alt.  Die  1095  zur 
Krankenpflege  und  Besohützung  der  Pilger 
gestiftete  Ho»pitalbHider»chaft  des  heil,  A. 
ward  1096  Tom  Papst  Urban  IV.  bestätigt 
und  von  Bonifacius  Vm.  1298  zu  einer 
Brüderschaft  ger^^Iter  Chorherren  nach 
Augustins  Regel  erklärt.  Ihre  TTeberreste 
schlössen  sich  1774  den  Maltesern  an. 

Äntoiiias,  Marcus,  röm.TriumTir,  Sohn  des 
Prätors  Marcus  Antonius Creticus,  Enkel  des 
Bednars  Marcus  Antonius,  geb.  83  t.  Chr.,  war 
44  T.  Chr.  als  Cäsars  Mitkonsul  diesem  in 
'  seinem  Streben  nach  der  Alleinherrschaft 
förderlich,  suchte  dann  das  Volk  geg^en 
Cäsars  Mörder  zur  Bache  anzureizen  und 
herrschte  eine  Zeltlang  unumschränkt  in 
Rom.  Auf  Ciceros  Betrieb  vom  Senat  für 
einen  Feind  des  Vaterlandes  erklärt,  ward 
er  Ton  den  Konsuln  Hlrtius  und  Pansa  (43) 
bei  Mutina  geschlagen,  Terelnlgte  sich -aber 
bald  darauf  mit  OctaTianus  und  Lepldus 
zum  Triumvirat,  das  durch  den  Sieg  über 
Brutus  und  Cassius  bei  Phillppl  (42)r  be- 
festigt ward.  Nach  des  Lepidus  Ausscheiden 
theilten  Octavian  und  A.  Ton  Neuem  das 
Beich,  wobei  ersterer  den  Occident,  letzterer 
den  Orient  erhielt.  Der  durch  des  A.  unwür- 
diges Treiben  beschleunigte  Bruch  zwischen 
beiden  hatte  die  Schlacht  bei  Actlum  (31)  zur 
Folge,  welche  Octavian  die  Alleinherrschaft 


gab.  Von  Flotte  und  Heer  verlassen,  tödtete 
sich  A.  selbst  (30). 

Antonlas  von  Ptdua,  Helliger,  geb.  15. 
Au^.  1195  zu  Lissabon,  Schüler  des  hell. 
Franz  von  Assisi  und  eifriger  Verbreiter 
des  Franciskanerordens,  ausgezeichnet  durch 
Beredsamkeit,  die  selbst  Fische  gefJBsselt 
haben  soll;  t  ^S*  J^mi  1231  zu  Padua,  1233 
Ton  Gregor  TX.  kanonislrt.  In  Bom  wird  sn 
seinem  Andenken  vom  17.  bis  25.  Jan.  das 
Fest  der  Thierweihe  gefeiert. 

Antonomasie  (gr.),  rhetor.  Figur,  bei  der 
man  statt  des  Eigennamens  eine  charakte- 
ristische Eigenschaft  oder  statt  des  Gattungs- 
namens einen  Eigennamen  setzt. 

Antrsigaes  (spr.  Angträgh),  EmanuelLouU 
Henri  Delaunay,  Oraf  d\  firanzös.  Publiclst 
und  Diplomat,  geb.  um  1756  zu  Ville-Neuve- 
de-Berg  im  Depart.  Arddche,  vertheidlgte 
als  Mitglied  der  Nationalversammlung  die 
AdelsTorrechte ;  dann  als  Agent  der  Bour- 
bonen  in  Petersburg  und  Wien  thätlg,  ward 
er  zu  Mailand  1797  auf  Bonapartes  Befehl 
verhaftet,  entfloh,  trat  1803  als  Staatsrath 
in  russ.  Dienste,  thellte  die  geheimen  Ar- 
tikel des  tüsiter  Friedens  dem  engl.  Ministe« 
rium  mit ;  f  22.  Juli  1812  durch  Meuchelmord. 

Antrlm  (spr.  Aentrlm),  Grafsch.  in  Irland 
(XHster),  55,9  QM.  u.  247,564  Ew.,  gebirgig, 
sumpfig;  an  der  Küste  der  Biesendamm. 
Hauptst.  Belfast. 

AntmstloneSy  unter  d.  Meroxringran  firänk. 
Edle,  welche  pereönl.  u.  mit  Ihren  Leuten 
dem  König  Heeresfolge  leisten  mussten. 

AntneOy  thätiger  Vulkan  in  den  Cordil- 
leren  vpn  Chile,  8400*  hech. 

Antwerpen  (fr.  Anvere),  belg.  Prov., 
51,4  QM.  mit  473,167  Ew.  (meist  flämisch). 
Die  HaupM<»di  A.,  an  der  Scheide,  Festung 
mit  starker  Citadelle  und  mehreren  detach. 
Forts,  Hauptwaffenplatz  Belgiens.  123,571  Ew. 
Domkirche  mit  379'  h.  Thurm  (14.  Jahrb.); 
älteste  Börse  in  Europa,  Bubens  Denkmal 
(Grünmarkt),  Kriegs-  u.  Handelshafen  (be- 
rühmte Bassins,  1804  von  Napoleon  I.  an- 
gelegt, für 400  Schiffe);  Zwirn- u.  Seidefabr., 
Zuckerraffinerie,  Schiffbau.  Bedeut.  Handel 
(1863  eingelaufen  2553  Schiffe  von  610,000 
Tonn.).  A.  selbst  besitzt  57  Seeschiffe  von 
19,070  Tonn.  Denkwürdige  Belagerungen 
1576  und  1585;  Barrl&revertrag  vom  15. 
Nov.  1715  zwischen  Holland  und  Oesterreich, 
welches  an  ersteres  jährl.  Vs  Mill.  Thaler 
zahlt;  Aufhebung  des  Vertrags  7.  Nov.  1781; 
Bombardement  durch  die  Holländer  4.  Nov. 
1830;  Beschiossung  der  Citadelle  durch  die 
Franzosen  u.  Uebergabe  an  diese  Dec.  1832. 
Die  Südcltadelle  wurde  1869  auf  Abbruch  ver- 
kaufte^ um  einen  neuen  Stadttheü  anzulegen. 

AnnbiSy  ägypt.  Gottheit,  Sohn  des  Oslrls, 
dem  grlech.  Hermes  entsprechend,  auoh 
Hermanubi$  gen.,  begleitet  die  Todten  ta 
die  tlüterwelt  und  wägt  ihre  Thaten  mit 
Horus  vor  Oslrls  ab. 

Annrie  (gr. ,  iBchuria) ,  Harnverhaltung, 
geht  von  den  Nieren  aus  (kein  Urin  In 
der  Blase,  Nierenwassersucht,  armrta 
renalis)  oder  ist  durch  Krankheiten  der 
Blase,  des  Blasenhalses  oder  umgebender 
Organe  veranlasst  (a.  vesieaXiB),  dann  Folge 


100 


Anus  —  Apanage. 


Ton  Blasenentzündung,  Blasenlähmting, 
Blasenkrampf  oder  von  mechan.  Ursachen, 
wieBrasenstelnen,  Strikturen,  VergrösMrang 
der  Vorsteherdrüse  (bei  Greisen)  etc. 

Anns  (lat.)f  der  After. 

AnTille  (spr.  Angwil),  Jean  JBaptMe  Bottr- 
guignon  d',  franz.  Geograph,  geb.  zn  Paris 
11.  Juli  1697,  t  als  Adjunkt  der  Akademie 
28.  Jan.  1782.  , Atlas  g^nfeal'  (1737-80, 
66  Bl.);  , Atlas  antiquus  m%)or'  (12  Bl.), 
-wozu  ,G6ographie  ancienne  abr6g4e'  (1768, 
S  Bde.)  als  Text  gehört.  [Äkkretcenss. 

AniTSchsnngsrecht  (Akkr9»eemrecht) ,   s. 

Aniralty  s.  Bechtaanwalt. 

Annartschsft  (Expektanx) ,  Anrecht  auf 
eine  Stelle  etc.  im  Fall  der  Erledigung. 

Anneiler,  Stadt  in  der  bayer.  Rheinpfalz, 
2465  Ew.    I>arüber  die  Ruine  Trifels. 

Anweisung  (As$ignation),  schrUtl.  Auftrag 
Jemandes  (Assignant)  an  einen  Zweiten 
(Amgnat),  einemJ>ritten(A»$ignatar)  einen 
Werthgegenstand  zur  Verfogang  zu  stellen, 
im  engeren  Sinn  zur  Auszahlung  einer 
Geldsumme ;  unterscheidet  sich  Tom  Wechsel 
wesentlich  -dadurch,  dass  anstatt  der  Be« 
Zeichnung  ,Wechsel'  A.  steht  u.  diese  nicht 
,acceptabel*  ist,  weshalb  das  Wechselgesetz 
keine  Anwendung  auf  die  A.  findet.  Ab- 
weichende Gesetze  in  Bayern,  Sachsen, 
S. -Weimar  und  Reuss  J.  L.  Im  Ausland 
gilt  die  A.  dem  Wechsel  gleich,  wenn  sie 
alle  übrigen  Erfordernisse  des  Wechsels 
enthält.    Vgl.  auch  Akkreditiven,  Cheque. 

Anxur  (a.  G.),  Stadt  an  der  Küste  Ton 
Latium,  Tempel  des  Jupiter  A. ;  j.  Terracina. 

Anytns^  athen.  .Sophist,  Ankläger  des 
Socrates,  ward  nach  dessen  Tode  exilirt. 

Anz«ige,in  der  Rechtssprache  Mittheilung, 
welche  der  Behörde  über  ein  Yerbreehen  zum 
Zweck  der  Bestraiting  gemacht  wird  (s.  Be- 
nunoiation):  auch  Thatsache,  woraus  der  Be- 
weis der  Schuld  oder  Unschuld  mittelst 
Schlussfolgerung  geführt  werden  kann  (s. 

Anzeli,  Stadt,  s.  Enteli.  [Indicien). 

Anziini  (ital.,  Aelteste),  früher  die  ersten 
Magistratsmitglieder  in  den  ital.  Städten. 

Anziehung  (AttraJUion),  die  Kraft,  welche 
man  zwischen  allen  materiellen  Theilchen 
der  Körper  als  wirksam  annimmt,  und  Ter- 
möge  deren  sie  sich  ohne  Unterlass  einander 
zu  nähern  bestrebt  sind.  Der  Begriff  der 
A.  ist  eine  zuerst  Ton  Newton  eingeführte 
Hypothese;  als  naturphilos. Behauptung  hat 
sie  zuerst  Kant  zugleich  mit  der  Repulsions- 
kraft  aufgestellt.  Die  Terschiedenen  Formen, 
unter  denen  die  A.  beobachtet  wird,  bezeich- 
net man  als  Adhäsion,  Kohäsion,  GraTi- 
tation,  Absorption,  Krystallisation,  Affinität, 
Schwere.  Die  A.  zwischen  zwei  Körpern  Ter- 
hält  sich  stets  direkt  wie  ihre  Massen  u.umge- 
kehrt  wie  die  Quadrate  ihrer  Entfernung. 

Anzin  (spr.  Angsäng),  Stadt  im  franz. 
Depart.  Nord,  bei  Valenciennes,  6300  Ew. 
Wichtigste  Steinkohlengruben  S^ankreichs 
(Jährl.  4  Mill.  Ctr.). 

Anzngsgeld,  Abgabe,  welche  in  manchen 
Ländern  bei  der  Niederlassung  in  einer  Ge- 
meinde gezahlt  werden  muss. 

A*  0.  C«  (abbr.),  anno  orhia  eonditi,  im 
Jahre  nach  Erschaff'uDg  der  Welt. 


Aode  (gr.),  Gesang,  Gesangskunst;  Aiidtn, 
griech.  Singer  im  heroischen  Zeitalter. 

ASisek  (gr.),  TOm  Orient  nach  Griechen- 
land gekommen,  a.  B.  aolsche  Götter,  wie 
PhaSton,  Adonis. 

AOBla,  alter  Name  für  Böotien;  daher 
A<mier,  Böotlar;  aoniecker  Berg ,  Hellcon; 
Aoniden,  die  Musen;  aoni»che  Qu^^»  Aga- 
nippe ;  aonitche  QroUe,  Grotte  der  Musen  auf 
dem  Helicon. 

A«  0.  r.  (abbr.),  anno  orbie  redemti,  im 
Jahre  nach  Erlösung  der  Welt. 

Adroife  (gr.),  BUndbeit;  Uusichtbarkeit. 

Adrist  (gr.),  in  der  griech.  Sprachlehre 
die  unbestimmte  Zeitform,  das  absolute 
Präteritum,  das  rein  historische  Tempus. 

Aoner  (a.  G.),  sarmatisches  Volk,  ur- 
sprüngl.  im  NO.  des  Kaspisees,  dann  am 
Tanais,  Ister  u.  an  der  Ostküste  des  schwar- 
zen Meeres  wohnhaft. 

Aorta  (gr.),  grosse  Arterie,  Hauptstamm 
aller  Arterion  des  grossen  Ejreislaufs,  ent- 
springt aus  der  linken  Herzkammer,  durch- 
setzt das  Zwerchfell  und  theilt  sich  in  die 
beiden  Hüftpulsadem. 

Aösta  Cdas  Augu$ta  Praetoria  der  Römer), 
uralte  Stadt  in  der  ital.  ProT.  Turin,  an  der 
Dora  Baltea,  5958.  Ew. ;  Schlüssel  zu  den 
Strassen  übet  den  gr.  u.  kl.  Bernhard.  Rom. 
AHerthümer  (bes.  prächt.  Triumphbogen). 

A«  p.  (abbr.),  omni  praeterili  oder  o.  prae- 
eentia,  des  Terflossenen  oder  des  gegen- 
wärtigen Jahres. 

Apache«  (spr.  -tsches) ,  kriegerischer  In- 
dianerstamm in  Neumexiko,  Arizona,  Colo- 
rado und  den  angrenzenden  raexikan.  Ge- 
bieten. Vgl.  Butchmann,  ,Das  Apache  als 
eine  athapask.  Sprache  erwiesen*,  1860—68, 
2  Bde. 

Apifl^  Michael  L,  Fürst  Ton  Sieben- 
bürgen, geb.  1632,  wurde  auf  türk.  Betrieb 
14.  Sept.  1661  gegen  Joh.  Kem^ny  zum 
Fürsten  Ton  Siebenbürgen  gewählt  und 
siegte  über  jenen  bei  Nagy-Szöllös  (23. 
Jan.  1662).  Als  Schützling  der  Pforte  Ton 
dieser  abhängig,  musste  er  1664  u.  1683  dem 
türk.  Heere  gegen  Oesterreich  folgen,  bis 
durch  den  Traktat  Tom  28.  Juli  1686  Sieben- 
bürgen der  türk.  Botmässigkeit  entrissen  u. 
unter  Österreich.  Schutz  gestellt  ward ;  t  !&• 
April  1690.  Sein  Sohn  Michaü  II.,  geb.  1677, 
wurde  Ton  dem  Grafen  Emmerich  Tökoly 
mit  türk.  Hülfe  Terdrängt,  durch  Oester- 
reichs  InterTention  zwar  wieder  restituirt, 
aber  unter  Vormundschaft  eines  Guber- 
ninms  gestellt  und,  der  Hinneigung  zu  den 
Türken  Terdächtig,  1699  zur  Abdankung 
gezwungen;  t  !•  I'©l>r'  1713  in  Wien. 

Apage  (gr.),  Hebe  dich  weg!  entweiche! 

ApagSge  (gr.),  Hinführung  (deductio),  die 
Widerlegung  einer  Meinung  dadurch,  dass 
man  in  ihr  selbst  oder  in  den  aus  ihr  sich 
ergebenden  Folgerungen  Widersprüche 
nachweist.  Apagog.  Beweis,  s.  t.  a.  deductio 
ad  absurdum,  s.  Absurd, 

Apalochlamys  Ca»a.,  Fflanzengattung  der 
Kompositen  in  Neuholland.  A.  Kerii  Z>e«. 
Zierpflanze. 

Apftiage  (fr.,  spr.  -nasch,  lat.  apanaglum)» 
die  zum  standesmässigon  Unterhalte  nach- 


Aparagement  —  Apercu. 


101 


gebomer  Glieder  legierender  furstl.  HSnser 
ausgesetzte  Dotation,  wird,  wo  eine  Civil- 
liste  besteht,  neben  derselben  ans  der  Staats- 
kasse ausgeworfen,  und  iwar  entweder 
nach    dem   HeimfaHssystem,    so    dass    sie 

ieder  Prinz  von  erreichter  Vol^ährigkeit 
)ia  zu  seinem  Tode  uezieht,  worauf  sie  der 
Staatskasse  wieder  anheimföllt,  oder  nach 
dem  Vererbungssystem,  so  dass  sie  unter 
sämmtliche  Nachkommen  desjenigen,  dem 
sie  zuerst  verliehen  worden,  nach  dem 
Erbrechte  vertheilt  wird  und  erst  nach 
Aussterben  dieser  Linie  wieder  an  den 
Staat  zurückfällt.  Werden  die  Einkünfte 
eines  Landestheils  zur  A.  bestimmt  und 
dem  Apanagirten  gewisse  Regierungsrechte 
darin  vorbehalten,  so  heisst  dies  Paragium, 
und  die  so  Abgeftindenen  Btragirte. 

Aparagement  ((^.,  spr.  •asch*mang),*stan- 
-  desmässige  Heirath. 

Aparelui(gr.),  die  zum  Opfer  für  dieOötter 
oder  als  Ehrengabe  für  Höhere  vorweg- 
genommenen Theile  der  Ernte,  Beute  etc. 
Apart  (fr.),  besonders,  für  sich. 
A  parte  (lat.),  vom  Theile,  theil weise. 
A  parte  ad  totum,  vom  Theile  auf  das  Ganze, 
a  toto  ad  partem,  vom  Ganzen  auf  den 
Theil  (schlieasen). 

ApSte    (gr.),    Trug;    Göttin    des   Trugs. 
Apatetisch,  trüglich,  verf&nglich. 

Apathie  (gr.),  Unempfindlichkeit  ange- 
borner  Mangel  (wie  bei  Idioten)  oder  Folge 
solcher  Ursachen,  welche  die  Funktionen 
des  Gehirns  deprimiren ;  in  psycholog.  Sinne 
leidensohafts-  u.  afftktlose  Seelenruhe,  nach 
der  stoischen  Philosophie  höchstes  Ziel  u: 
cbarakterist.  Eigenschaft  des  Weisen. 

Apatill,  Marktfl.  im  Ungar.  Kr.  diesseits 
der  Donau,  Kom.  Bacs-Bodrog,  9053  Ew. 
(DenUche).    Bed.  Seidenzucht. 

Apatit  9  Mineral  aus  der  IClasse  der 
wasserfreien  Haloide,  besteht  aus  phosphor- 
*saurem  Kalk  mit  Ohlorcalcium  und  Fluor- 
calcium ;  Krystalle  verschiedenfarbig,  spar- 
gelgrüne  als  Spargelstein,  dunkelbläullch- 
grüiie  als  Moroxit  bekannt.  Dichter  A., 
8.  V.  a.  Phosphorit  (s.  d.). 
Apaturl^  (gr.).  Fest  der  alten  Griechen 

ion.  Stammes,  bes.  in  Athen  im  3.  Monat, 
_  ^anepslon,  zu  Ehren  des  Zeus  und  Bacchus. 
^  Apel,  1)  Joh.  August,  Dichter  u.  Schrift- 
steller ,  geb.  1771  zu  Leipzig,  t  ^^^  Advokat 
und  Rathsherr  das.  9.  Aug.  1816.  Novellen : 
,Der  Freischütz*  und  ,Das  stille  Kind*  (im 
.G^spensterbuch*  1810),  Dramen  (minder  ge- 
lungen). Werthvoll  seine  ,Metrik'  (1814—16). 
—  8)  Guido  TJi6odör,  Sohn  des  Vorigen, 
ebenfalls  Dichter,  geb.  10.  Mai  1811  zu 
Leipzig:,  erblindete,  f  das.  26.  Nov.  1867.  Die 
Dramen  ,Nähkäthchen*  und  ,Günther  von 
Schwarzbarg*.   Gedichte  (2.  Aufl.  1848). 

Äpeldoom  9  Flecken  in  der  uiederl.  Prov. 
Geldern ,  12,087  Ew.  42  Maschinenpapier- 
fabr.    Nahebei  das  köiiigl.  Lustscbloss  Loo, 

Apeli5tes  (gr.  Myth.),  der  Ostwind. 

ApeltoSy  der  grösste  Meister  der  altgriech. 
Malerei ,  356  —  308  v.  Chr.  blähend ,  Jonier 
von  Geburt,  Schüler  des  Pamphilus  zu 
Bicyon,  Freund  Alexanders  d.  Gr.  Ein 
antiker  Raphael,  ausgezeiclinot  durch  voll- 


endete Anmuth  und  massvolle  Harmonie. 
Berühmtestes  G«mälde  seine  Anadyomene 
(im  Asklepiostempel  auf  Kos,  von  Augustus 
später  nach  Rom  gebracht).  Ausserdem 
Götter-  und  Heroenbilder  und  mehrere  Bild- 
nisse Alexanders.  Vgl.  Wtutmann,  ,A.', 
1870;  Hou$$aye,  ,A.*,  1867. 

Apelt,  Errut  Friedr.,  Philosoph,  geb.  3. 
März  1812  zu  Reichenau  in  der  Oberlausitz, 
seit  1839  Prof.  der  Philosophie  au  Jena;  f 
das.  31.  Okt.  1859;  namhaftester  Vertreter 
der  frlesschen  Schule.  Sehr.  ,Die  Epochen 
der  Geschichte  der  Menschheit*  (1845—46, 
2  Bde.);  ,Die  Reformation  der  Sternkunde, 
(1852) ;  ,Die  Theorie  der  Induktion*  (1854) ; 
«Metaphysik*  (1857) ;  ,Religionsphilo8.*  (1863). 

Apeuiinea.  das  Hanptgebirge  Italiens, 
schliesst  sich  westl.  von  Genua  an  die 
Seealpeu  an,  umsäumt,  zuerst  in  niedrigeren 
Gruppen,  mit  steilem  Abfall  nach  dem 
Meer,  den  Meerbusen  von  Genua  (liguri' 
»eher  Apennin),  wendet  sich  dann  nach  dem 
Adriameer  (toakan.  A.,  darin  M.  Cimone 
6800'),  zieht  in  der  Nähe  desselben,  kurze 
Quejcjoche  dahin  entsendend,  weiter  frSni. 
Apennin  und  Abrwszen),  nähert  sich  von  der 
Quellgegend  des  Voltumo  an  allmählig 
dem  gegenüber  liegenden  Tyrrhenermeer 
(neapoliUm,  A.)  u.  streicht  längs  desselben 
durch  Kalabrien  (kalaJI>r,  A.)  nach  S.,  bis 
es  Sicilien  gegenüber  endet,  während  ein 
niedriger  südöstl.  Ast  durch  Apulien  (apid, 
A.)lm Kap  di Leuca ausläuft.  Derligur.,  sowie 
der  neapolit.  Apennin  hat  nur  2000  —  2500' 
Kammhöhe-^letzteror  Gipfel  bis  6500') ,  der 
toskan.  und  kalabr.  A.  4000—4500'  (Gipfel 
von  6000—7400'),  die  Abruzzen,  der  höchste 
und  breiteste  Theil,  6000'  (Gran  Sasso  8955', 
M.  Vellno  7700').  Auf  der  Ostseite  des  mitt- 
leren Apennin  durchgängig  steiler  Abfall, 
sehr  schmale  Küstenobene,  kurze  reissende 
Küstenflüsse ;  im  W.  und  SW.  des  Grebii'ges 
bis  zum  Meer  niedrigere  Gebii^slandschaf- 
ten:  Vor-  oder  Subapenninen ,  zerfallend  in 
die  toskan.,  1000'  (M.  Amiata  5300'),  die 
r\im.,  1200  —  4000'  (darin  das  her.  Albaner- 
und  Sabinergebirge,  3000')  und  die  neapolit. 
(Vesuv  3700')  Subapenninen.  Charakter 
des  (Gebirges  im  Allgemeinen  einförmig, 
dürr  und  kahl;  grössere  Abwechslung  nur 
in  den  Landschaften  der  Vorapenninon, 
deren  geräumige  Längenthäler  mit  ansehn- 
lichen Flüssen  (Arno,  Tiber,  Garigliano  a. 
Volturno)  und  anliegenden  Tiefebenen  die 
blühendsten  Kultui^egenden  Italiens  bilden. 
13  Haup^ässe.  Hauptgesteinart:  dichter 
weissgrauer  Kalkstein,  in  den  südl.  Ketten 
auch  Granit,  Gneis,  Glimmerschiefer,  vul- 
kanische Gesteine,  bes.  zahlreiche  gute 
Marmorarten  (Marmorapennin  von  Carrara). 
Mineralquellen   in  grosser  Anzahl. 

Apenrade,  Hafenstadt  im  preuss.  Regbz. 
Schleswig,  an  der  Ostsee,  6155  Ew.  Seebad, 
Hier  30.  März  1848  Gefecht  zwischen  den 
Preussen  unter  Wrangel  und  den  Dänen. 

Apepsle  (gr.),  geschwächte  oder  ganz 
gestörte  Verdauung;  apeptitch,  unverdau- 
lich, auch  an.A.  leidend. 

Apercu  (fr.,  spr.  -sü),  Uebersicht,  kurzer 
Eat>vurf. 


102 


Aperientia  —  A  pied. 


Aperientls  (lat.),  öflbende,  den  Stahl- 
gang  bet&rdenid«  Heilmittel. 

Apert(lat.)}  offen,  nnyerhohlen,  erledigt; 
aperto  termino,  nach  eröffnetem  Termin. 

ApertloClat.),  Eröffnung;  mjfUerium aper- 
tioni»,  Geheimnlss  der  Eröffnung,  in  der 
kathol.  Kirche  Benetznng  der  Ohren  und 
Nasenlöcher  des  Täuflings  mit  Speichel 
unter  dem  Zurufe :  Hephatah  (thue  dich  auf)  I 

Apex  (lat.)t  die  oben  spitz  anlaufende 
Mütze  des  röm.  Poutifex  mazimus,  Symbol 
der  Hoheit  desselben ;  in  der  Gramm.  Zeichen 
der  Zusammziehung  zweier  Silben  (^). 

Apfdbftnniy  Pyrus  malus  L.,  nutzbarster 
Obstbaum  aus  der  Familie  der  Rosaceen, 
wild  als  Holzapfelhaum  (P.  acerba  Dec.)  in 
Laubwaldungen  Süd-  und  Mitteleuropas, 
wahrscheinl.  aus  dem  westl.  Asien  stam- 
mend, Stammpflanze  der  meisten  kultiTirten 
Apfelsortsn.  Zwei  Sträucher,  den  Heckapfel 
(Zaun-  oder  Splittapfel),  P.  malus  sen- 
tescens,  und  4en  Johannisapfet  (Paradies- 
apfel), P.  pumila  Mill.,  benutzt  man  zur 
Zucht  von  Spalier-  und  Zwergapfelbäumen. 
Der  siahmt  J.  wird  fast  auf  der  ganzen 
Erde,  namentlich  aber  in  Mitteleuropa 
kultiyirt.  Die  zahlreichen  Apfelsorten  zer- 
fallen nach  Diel  in  7  Klassen:  Kantäpfel: 
Kalvillen,  Schlotteräpfel,  Gulderlinge;  £t>- 
»enäpfel,  zugespitzte  (Pfingstapfel ,  Tauben- 
apfel) und  runde  oder  platte  (Blmapfel, 
Beidenapfel) ;  ßambouräpfel  mit  weitem 
^ardinalsapfel)  oder  engem  Kernhaus 
(Pflindapfel,  Kaiserapfel);  Beirutteriy  ein- 
farbige, rothe,  graue  und  Goldreinetten 
(Peppings,  Borsdorfer);  BtreifHnge,  platte, 
zugespitzte,  längliche  und  kugelige;  Spitz- 
äpfeX,  längliche  und  stumpfgespitzte ; 
jncUtäpfelf  platte  (Jakobsapfel,  Stettiner)  u. 
kugelige  (Muskateller,  weisser  Stettiner). 
Die  Aepfel  bilden  frisch,  getrocknet  und 
eingemacht  einen  wichtigen  Handelsartikel, 
dienen  zur  Bereitung  von  Cider,  Brannt- 
wein, Essig;  das  Holz  des  A.s  Tischlerholz. 

ApfeisSnrey  weit  verbreitet  im  Pflanzen- 
reich, namentlich  im  Obst,  aber  auch  in 
Blättern,  Wurzeln,  Samen.  Varb-  und  ge- 
ruchlose Ki-ystalle  leicht  in  Wasser  löslich. 
Apfelsaures  Eisenoxyduloxyd  imExtractum 
I*erri  pomatum  ofBcinell. 

Apfelsine,  s.  Oitru».       [Herzogtb.  Gotha. 

Apfelstedl,   Kebenflüsschen  der  Gera  im 

AphSresis  (gr.),  in  der  Gramm.  Weglassung 
eines  Vokals  zu  Anfang  eines  Worts. 

Aphigie  (gr.),  Unvermögen  zu  schlingen. 

Aphanit,  Grün  stein,  Grünsteinporphyr, 
Trappporphyr,  sehr  feinkörnige  Augit- 
fossilien  mit  Feldspath,  weit  verbreitet,  bes. 
im  Gebiet  des  Uebergangsgebirges. 

Aphsretfden,  Lynceus  und.Ibas,  die 
Söhne  des  messenischen  Herrschers  Apha- 
reus,  berühmt  durch  ihren  von  Pindar  be- 
sungenen Kampf  mit  den  Dioskuren. 

Aphasie  (gr.),  Sprachlosigkeit  bei  voll- 
komineuer  Herrschaft  über  die  Sprach- 
orgaue und  ungestörter  Intelligenz,  Folge 
der  Erkrankung  eines  Tlieils  der  vordem 
Hirnlappen,  wodurch  das  G#dächtniss  für 
die  Worte  schwindet. 

Aphellum  (gr.),  Sonnenfenie,  der  Punkt, 


auf  dem  ein  Planet  in  seinem  Lauf  um  die 
Sonne  am  fernsten  von  derselben  ist. 

AphStor  (gr.),  Orakel geber,  Beiname  des 
Apollo  in  Delphi ;  daher  aphetoriache  Söhätte, 
die  dort  aufgehäufton  Schätze ,  sprichwörtl. 
für  grossen  Beichthum. 

Apiildi,  Blattläuse.     [Flamme  brennend. 

ApUogistiscM  (gr.),  unverbrennlich ;  ohne 

AphSble  (gr.),  Furchtlosigkeit. 

Aphonie  (gr.) ,  Stimmlosigkeit ,  höchster 
Grad  der  Heiserkeit ,  meist  Folge  -von  Ver- 
änderungen der  Schleimhaut  des  Kehlkopfs, 
auch  nach  Störungen  im  Bereich  des  Ge- 
schlechtsapparates, nach  heftiger  Anstren- 
gung der  Stimme,  Gemüthsbew^^nng  etc. 

Aphdrie  (gr.),  weibliche  Unfruchtbarkeit. 

Aphorismen  (gr.),  abgerissene,  spruch- 
ähnliche Sätze;  dann  Behandlung  einer 
Lehifi»  oder  Wissenschaft  in  einzelnen,  nicht 
stilistisch  unter  sich  verbundenen,  aber 
logisch  geordneten  Lehrsätzen.  AphoristiBche 
BchreibweiBe,  abgebrochene,  der  stilistischen 
Verbindung  ermangelnde  Aus  drucks  weise. 

Aphrodisiaca  (gr.),  Nahrungs-  u.  Arznei- 
mittel, welche  specifisoh  aufregend  auf  die 
Geschlechtsorgane  wirken,  wie  Eier,  Kaviar, 
Austom,  Aal,  Moschus,  Haschisch,  Myrrhe, 
Sellerie,  Trüffeln,  Stechapfel,  Belladonna, 
Bilsenkraut ,  Kanthariden. 

Aphrodisie  (gr.),  Liebeswahnsinn ;  aphro- 
ditUche  Krankheil,  s.  v.  a.  Syphilis. 

Aphrodlsins,  Aegyptler,  bei  welchem  sich 
nach  der  Sage  die  Eltern  Jesu  in  Aegypten 
aufhielten,  dann  Schüler  des  Petrus,  Bischof 
zu  Bourges;  f  um  70  nt  Chr.  als  Märtyrer. 

Aphrodit  (Anaphrodit,  gr.),  Geschlechts- 
loser; jedes  animalische  Geschöpf  ohne  oder 
mit  so  verkümmerten  Genitalion,  dass  sich 
der  Gesclilechtscharakter  daraus  nicht  be- 
stimmen lässt.  Vollkommener  AphrodUiS' 
mu9  selten. 

Aphrodite  (gr.),  die  aus  dem  Schaum  dos 
Meerei)  Gebome,  gr.  Name  der  Venus  (s.  d.).* 

Aphroessft,  Cykladeniusel  bei  Santorin, 
1866  durch  eine  vulkan.  Eruption  entstanden. 

Aphrosfne  (gr.),  Sinnlosigkeit;  Irrereden 
im  Fieber  oder  Walmsiun. 

Aphthen  (gr.),  s.  Schw'dmmchen, 

AphthoniuS)  griech.  Rhetor,  um  SOOn.  Chr., 
sehr.  ,Progyninasmata'  (bes.  herausg.  von   #* 
Petüholdi  1839).  Nach  ihm  ist  die  aphthonieehe 
Chrie  benannt;  s.  Chrie.  [Belieben. 

A  piacere  (ital.,  spr.  -tschere,  Mus.),  nach 

Apiinns,  Petrus  von,  eigentl.  BienewitK 
oder  Bennewii*,  Astronom,  geb.  1495  bei 
Leissnig  in  Sachsen,  f  ^1«  April  1552  als 
Prof.  der  Mathematik  zu  Ingolstadt.  Sehr. 
,Go8mograpliia*  (Landsh.  1524)  u.  ,Astrono- 
inicum  Gaosareum'  (Ingoist.  1540).  Sein  Sohn, 
Philipp  A.,  geb.  14.  Sept.  1531  zu  Ingolstadt, 
t  14.  Nov.  1589  als  Prof.  der  Mathematik  zu 
Tübingen,  machte  sich  als  Geograph  bekannt. 
Von  ihm  die  ,Bayorischeu  Wandtafeln*  (1566). 

Apices  Juris  (lat.),  juristische  Spitzfindig- 
keiten; auch  strengstes  Recht. 

Apicius,  jli.  Gdbiun ,  röm.  Feinschmecker 
unter  Tiberius ,  angeblich  Verf.  eines  Koch- 
buchs (herausg.  vou  BervihcAd  1800,  Bchuck 
1867);  sprichwörtl.  für  Gourmnud. 

A  pied  (fr.,  spr.  a  pje) ,  zu  Fuss. 


Apios  —  Apokryphen. 


103 


Apf  OS  M'önch,  Pflanzengattung  der  Legnml- 
uosen.  A.  taberosa  lUdneh,  Glycine  Apios 
X. ,  vir  ginische  Knollwicke ,  nordamerikan. 
JErdnuss,  ausdauernde  Pflanze  mit  genless- 
baren  Wurzelknollen,  welche  die  Kartoffeln 
an  Protein-  und  Stärkegehalt  übertreffen. 

Apirie  (gr.)f  Unerfahrenheit. 

Apis  (ägypt.  Hapi),  der  Ton  den  alten 
Aegyptiem  zu  Memphis  seit  etwa  3600  ▼.  Chr. 
verehrte  Stier,  ursprüngl.  lebendiges  Sym- 
lyol  des  Ösiris,  dem  er  gehelligt  'v/ar,  nach 
dem  Volksglauben  selbst  Gott  u.  als  solcher 
identisch  mit  Osiris;  war  schwarz  bis  auf 
.gewisse  charakteristische  weisse  Flecken  u. 
mit  einem  käferähnlichen  Knoten  -(Scara- 
bäus)  unter  der  Zunge ;  wurde  nach  einer 
liobenszeit  yon  25  Jahren  an  einer  be- 
stimmten Stelle  in  den  Nil  gestürzt,  dar- 
auf allgemeine  Trauer  bis  zur  Auffindung 
•eines  neuen,  bei  der  ein  Freudenfest  im 
Lande  gefeiert  ward.  Das  jährl.  Äpi»feü 
4>ezog  sich  auf  das  jährl.  Steigen  des  Nils. 

Apis  (lat.),  Biene.  Apiarium,  Bienenstock. 

Apistie  (gr.),  Unglaube. 

ApitZy  Sohn  des  thüring.  Landgrafen 
Albrecht  des  Unartigen  u.  der  Kunigunde 
von  Eisenberg,  wurde,  vom  Kaiser  legiti- 
mirt,  Ton  seinem  Vater  zum  Erben  von 
Thüringen  bestimmt,  wodurch  jener  mit 
seinen  Söhnen  erster  Ehe  in  Streit  gerieth ; 
-f  vor  Albrecht  zwischen  1298  und  1303. 

ApiumXi.  (Sellerie,  Eppich) ^  Pflanzengat- 
tung der  Umbelliferen.  A.  graveolens  L., 
ifemeiner  8.,  an  Gräben,  Sümpfen,  salz- 
liebend, kultivirt,  gilt  als  Aphrodisiacum. 

Aplanitisch  (auch  aplanelisch ,  gr.}}  un- 
wandelbar, nicht  abweichend. 

A  ploml»  (fr.,  spr.  plong),  nach  demBlelloth, 
■Benkrecht;  Aplomb,  Sicherheitim  Benehmen. 

Apnöa  (gr.),  Athemlosigkeit,  höchster 
'Orad  der  l^gbrüstigkeit. 

ApobStes  (auch  Anabate$,  gr.),  bei  den 
alten  Griechen^treiter,  welche  vom  Wagen 
lierab  kämpften,  meist  Anführer. 

A  poco  a  poco  (ital.,  Mus.),  nach  n.  nach. 

Apocrlsiarins  (gr.),  seit  dem  4.  Jahrh. 
<7esandter  eines  Bischofs,  insbesondere  des 
JPapstes,  jetzt  Nuntius;  am  firänk.  Hofe 
Titel  des  ersten  Geistlichen. 

Apodeixls  (gr.),  Darstellung,  Schaustel- 
lung, insbes.  Prunkrede. 

Apodiktisch  (gr.),  Bezeichnung  einer  Er^ 
kenntniss,  die  mit  dem  Bewusstsein  der 
Nothwendigkeit  verbunden  ist,  welches  auf 
•der  Ueberzeugung  von  der  Unmöglichkeit 
des  Gegentheils  beruht.  Apodikti$cher  Be- 
weis, die  Möglichkeit  des  Gegentheils  aus- 
schliessender  Beweis. 

Ap^disch  (gr.),  fbsslos.* 

Apoddsis  (gr.),  Nachsatz ;  in  der  Khetorik 
der  3.  Theil  des  Exordiums  ^iner  Rede, 
worin  man  die  Zuhörer  um  Gunst  för  den 
Beklagten  bittet. 

Apogäum  (gr.),  Erdfeme,  derjenige  Punkt 
in  der  Bahn  des  Mondes,  in  welchem  der- 
selbe am  weitesten  von  der  Erde  ent- 
fernt ist.  [eines  Gemäldes. 

ApOffriphuni  (gr.),  Abschrift,  auch  Kopie 

Apokalypse  (gr.),  d.  Offenbarung  Johannis. 

Apokalfptik   (gr.),   Zweig   der   späteren 


jüdischen  Literatur,  umfaast  Schilderungen 
von  der  Erscheinung  des  Messias  und  "der 
Erfüllung  der  dem  Volke  Israel  zu  Theil 
gewordenen  Verheissungen  im  Gewände 
symbolischer  Bilder  und  Visionen,  entstand 
zur  Zeit  des  Drucks  unter  der  syrischen 
und  röm.  Herrschaft  als  Ausdruck  der 
Sehnsucht  nach  der  Herstellung  de»  Mes- 
slasreichs. Vgl.  Hilgenfeld ,  ,Die  jüd.  A.*, 
1^7.  ApokcUpptiker,  Schwärmer,  welche  in 
der  Apokalypse  oder  Offenbarung  des  Jo- 
hannes die  ganze  Entwickelungsgeschichte 
der  Christi.  Kirche  prophetisch  angedeutet 
finden  und  sich  mit  ihrer  Erklärung  in 
diesem  Sinne  beschäftigen.  Apokalyptische 
Zahl,  die  mystische,  handschriftl.  Ungewisse 
Zahl  666  in  der  Offenbarung  des  Johannes 
(13,  18),  worin  man  nach  der  Zahlbedeutung 
der  griech.  Buchstaben  den  Antichrist  oder 
eine  Zeitbestimmung  angedeutet  wissen 
wollte,  wahrschelnl.  der  Name  Latiums  mit 
Bezug  auf  die  damalige  röm.  Weltherrschaft; 
auch  die  noch  nicht  aufgehellte  Chron<m>gie 
der  Offenbarung  überhaupt. 

Apokatastise  (gr.).  Wiederbringung  aller 
Dinge,  nach  Apostelgesch.  3,  27  die  Wieder- 
herstellung der  Diuge  in  ihren  ursprüngl. 
Zustand,  welche  nach  jüd.  und  christl. 
Erwartung*  durch  die  Erscheinung  des 
Messias  herbeigeführt  werden  soll. 

Apoköpe  (gr.),  Weglassung  eines  Vokals 
oder  einer  Silbe  am  Ende  eines  Worts. 

Apokryphen  (apokryphiaehe  Schriften,  gr,), 
im  Allgemeinen  alle  diejenigen  Erzeugnisse 
der  jüd.  und  altchristl.  Literatur,  welche 
in  den  alt-  und  neutestamentlichen  Kanon 
nicht  aufgenommen  und  daher  nicht  im 
öffentl.  gottesdieustl.  Gebrauch  waren.  Zu 
den  A.  des  A.  T.  gehören :  die  2  Bücher  der 
Makkabäer,  das  Buch  Judith,  Tobias,  Jesus 
Sirach,  Weisheit  Salomos,  Baruch  u.  einige 
spätere  Zusätze  zu  den  Büchern  Daniel  u. 
Esther.  Erat  nach  Abschliessung  des  Kanons 
(nach  der  Mitte  des  2.  Jahrh.  v.  Chr.),  zum 
Theil  wohl  erst  nach  Christi  Geburt  Verfasst, 
fanden  diese  Schriften  in  dem  Kanon  der 
Juden  keine  Aufnahme.  Da  sie  aber  in  der 
von  den  Christen  gebrauchten  griech.  Ueber- 
setzung  des  A.  T.  enthalten  waren ,  so  wer- 
den sie  von  den  ersten  Kirchenlehrern  un- 
bedenklich als  heilige  Schriften  citirt.  Doch 
sprach  man  ihnen  schon  im  3.  Jahrh.  in 
der  griech.  Kirche  das  kanon.  Ansehn  ab  ; 
die  afrikan.  Kirche  entschied  sich  dagegen 
auf  einer  Synode  zu  Hippo  393  für  die  Auf- 
nahme derselben  in  den  alttestamentl.  Kanon, 
u.  ihrem  Beispiel  folgte  die  ganze  abendländ. 
Kirche.  Doch  blieb  das  Urtheil  schwan- 
kend ,  bis  das  Koncil  von  Trient  in  der  4. 
Session  (8.  April  1546)  sich  für  die  Gleich- 
stellung der  in  der  sogen.  Vulgata  (s.  d.) 
enthaltenen  A.  mit  den  übrigen  Schriften 
des  A.  T.  erklärte.  Luther  fügte  sie  als 
,der  heil.  Schrift  nicht  gleich  gehaltene, 
aber  nützlich  und  gut  zu  lesende*  Bücher 
seiner  Bibelübersetzung  als  Anhang  hinzu. 
Der  schottische  Puritanlsmus  u.  neuerlich 
die  sogen.  Low -Chnrch- Partei  in  der  angli- 
kau.  Kirche  verwarf  sie  ganz,  daher  die  engl. 
Bibelgesellschaft  nur  Bibeln  ohne  die  A. 


104 


Apolda  —  Apollonius. 


yerbreitet.  Auch  die  südwestdeatschon 
Pietisten  erklärten  sich  gegen  die  Auf- 
nahme der  A. ,  was  1851  einen  Streit  ver- 
anlasste, in  welchem  Ebrard,  Keerl  u.  A. 
sich  gegen,  Hengsteuberg,  Stier  u.  A.  für 
diese  Schriften  aussprachen.  Die  grlech.- 
oriental.  Kirche  hat  im  Widerspruch  mit 
ihrer  Vei-gangenheit  seit  Ende  des  17. 
Jahrb.  die  A.  als  göttlich  inspirirte  Schrif- 
ten anerkannt.  Die  A.  den  X.  T.  sind  unter- 
geschobene Evangelien,  Apostelgesch.  etc., 
irelche  Eum  Theil  bis  in  das  2.  Jahrb. 
zurückreichen,  aber  sich  durch  abge- 
schmackte Uebertreibuug  des  Wunderbaren 
von  den  neutestamentl.  Schriften  auffallend 
genug  unterscheiden.  Die  bekanntesten 
sind  das  Protevangelium  des  Jacobus,  das 
Evangelium  des  Nicodemus,  die  Akten  des 
Thomas,  die  Akten  des  Paulus  und  der 
Thecla  und  zahlreiche  Berichte  über  die 
Kindheit  Jesu.  Herausg.  sind  sie  neuerlich 
yoji  Thilo  und  Tisckendorf.  Vgl.  Volkmar, 
,HaÄb.  der  Einleit.  in  die  A.',  1860-05. 

Apolda,  Stadt  im  Grossherz.  Weimar,  an 
der  thäring.  Eisenb.,  8877  Ew.  Bedeutende 
Strumpfwaarenmanufaktur. 

Apolepgie  (gr.),  Aufhalten,  Hemmen, 
z.  B.  Ausbleiben  des  Pulses,  der  Sprache, 
daher  s.  v.  a.  Schlagfluss,  Lähmung. 

ApoUiniris,  1)  A.  der  Aeltere ,  griech. 
G^rammatiker  des  4.  Jahrb.  n.  Chr.,  aus 
Alexandria,  lehi*te  zu  Laodicea  in  Syrien, 
Clirist.  Sehr.  jMetaphrasis  Psalmprum',  bibl. 
Dramen  ,  Gesänge  etc.  —  2)  A.  der  Jüngere, 
Sohn  des  Vorigen,  seit  362  Biscliof  von 
Laodicea,  wie  sein  Vater  Verf.  von  bibl. 
Dramen,  Heldengedichten,  Dialogen  aus 
dem  N.  T.,  lehrte,  dass  der  Logos  in 
Christus  die  Stelle  der  vernünftigen  Seele 
vertreten  habe.  Da  diese  Lehre,  der  ApoUi- 
narUmus,  seit  375  auf  mehreren  Syno- 
den verworfen  ward,  so  bildeten  die 
ApoUinariiten  eigene  Gemeinden,  die  aber 
seit  428  wieder  eingingen. 

ApoUinopdlis,  Name  zweier  altägypt. 
Städte:  1)  A.  Magna,  links  am  Nil,  südl. 
von  Theben,  beim  jotz.  Edfn,  mit  einem 
grösstentheils  noch  erhaltenen  Tempel  des 
Horus  (s.  d.).  —  2)  A.  Parva,  rechts  am  Nil, 
unterhalb  Theben,   nicht  mehr  vorhanden. 

Apollo,  Gottheit  der  alten  Griechen  und 
Kömer,  Sohn  des  Zeus  u.  der  Leto  (Latona), 
als  Gott  des  Lichts,  insbesondere  des  Son- 
nenlichts FfiHbtts  (d.  i.  der  Leuclitende, 
Strahlende)  genannt,  der  Gott  des  Gesangs 
und  des  Zitherspiels  und  Führer  der  Musen 
(Musagetea),  der  Gott  der  Weissagung,  der 
in  des  Zeus  Auftrag  Orakel  ertheilt,  daher 
LoDfias  (Sprecher)  genannt,  auch  der  Heil- 
gott (Fäan)  und  Urheber  und  Beschützer 
aller  bürgerlichen  und  staatlichen  Ord- 
nung, daher  Städtegi'ünder  u.  Gesetzgeber, 
Abwehrer  des  Uebels,  Rächer  frevelhaften 
Uebermnths.  Urspi-üngl.  Gott  der  den  Grie- 
chen verwandten  Lycier,  geboren  auf  der 
Insel  Delos,  von  den  Römern  seit  der  Herr- 
schaft der  Tarquinier  verehrt,  dargestellt 
als  Ideal  männlicher  Jugendschon  heit,  bart- 
los, mit  langem,  bald  über  den  Nacken 
hen^bwallendom,  bald  aufgenominouom  u. 


oben  In  einen  Knoten  gebundenem  Haare» 
bewaffnet  mit  Bogen  und  Köcher,  das  Haupt 
nicht  selten  mit  einem  Lorbeerkränze  ge- 
schmückt, häufig  auch  mit  dem  Dreifuss  als 
Symbol  der  W^issaguug  zur  Seite.  Ab- 
bildungen des  A.  nach  antiken  Bildwerken 
in  0.  Miillera  .Denkmäler  der  alten 
KunstS  bearb.  von  Wieseler,  Bd.  2,  1860, 
Taf.  IX -XIV.  Die  berühmteste  Statue  de» 
Gottes  ist  der  sogen.  A.  von  £elvedere  im 
Vatikan  zu  Rom,  um  1500  zu  Nettuno 
ausgegraben,  walirscheinlioh  Nachbildung- 
eines zu  Delphi  befindlichen  verloren  ge- 
gangenen Originals.  Vgl.  Jahn,  ,Au8  der 
AI  terthums  wissen  Schafts  l^^* 

ApoUocIörus,  1)  griech.  Jtfaler,  aus  Athen, 
um  480  V.  Chr.,  kunstgeschichtl.  wichtig, 
well  er  zuerst  durch  richtige  Vertheilung^ 
von  Licht  und  Schatten  und  Vervollkomm- 
nung des  Kolorits  (der  , Schattenmaler') 
pine  elgentl.  malerische  Wirkung  erstrebte.. 
—  2)  Rom.  Baumeistor,  unter  Trajan,  aua 
Damaskus,  Erbauer  des  Forum  Trajanam 
und  der  Donaubrücke  in  IJugam  (Vs  St. 
lang,  SOO'  hoch),  der  Sage  nach  von  K. 
Hadrian  aus  Eifersucht  ISO  n.  Chr.  zum  Tod 
verurtheilt.  Von  ihm  ,Poliorcetica%  ein 
Werk  über  Belagerangsmaschinen,  abgedr. 
in  .Veteres  mathematiui'  (1693).  —  S)  Griech. 
Grammatiker,  um  140  n.  Chr.,  Verf.  der 
, Bibliothek',  einer  geordneten  Zusammen- 
stellung der  gesammteu  Mythen  des  Alter- 
thums  (herausg.  von  Heyne  1782^83,  3  Bde. ; 
Wettermann  1842;  J,  Bekker  1854). 

Apollonift  (a.  G.),  1)  A.  in  lUyrien,  rechts 
vom  Aous  (Vojutza),  unfern  dem  adriat.  Meer, 
Handelsstadt,  Hauptsitz  griech.  Wissen- 
schaft. Ruinen  beim  Kloster  PoUiua  westU 
von  Berat.  —  2)  A.  in  Thracien,  am  Pontus, 
Kolonie  der  Milesier,  unter  der  byzant. 
Herrschaft  Sogqpolia,  j.  Slzeboli. 

Apollonia,  Heilige,  f  unter  Decius,  Helferin 
bei  Zahnschmerzen.    Tag  9.  febr. 

Apollonius,  1)  A.  derRhodierj  griech.  Dich- 
ter, geb.  zu  Alexandria  um  240  v.  Chr. 
Von  seinen  Werken  nur  erhalten  das  Hel- 
dengedicht ,Argonautica'  (zuletzt  herausg. 
.von  Keil  1853—54,  deutsch  von  Wilmann 
1832).  —  2)  A.  von  Perga  in  Pamphylien, 
scharfsinniger  Mathematiker,  lebte  um  240 
V.  Chr.  zu  Alexandra ;  sehr,  über  die  Kegel- 
schnitte (De  sectionibus  conicis  libri  VIII), 
herausg.  von  iTaifey  (1710),  übers.  \on  Balsam. 
(1861).  -  3)  A.  Dyskolos  (d.  1.  Mui-rkopf), 
griech.  Grammatiker  aus  Alexandria  um 
160  n.  Chr.,  brachte  die  Grammatik  zuerst 
in  systemat.  Form;  sehr.  ,De  syntaxi' 
(horausgeg.  von  J.  Bekker  1817)  u.  A.  — 
4)  A.  von  Athen,  griech.  Bildbauer,  Zeit- 
genosse des  Pompejus;  Verf.  des  Torso  von 
Belvedere  (ruhender  Hercules)  zu  Rom.  —  5) 
A.  von  Trolle»,  griech.  Bildhauer ,  kurz  nach 
Alexander  d.  Gr. ;  mit  seinem  Bruder  Verf. 
des  sogen,  famesischen  Stiers.  — -  6)  A»  von 
Tyrut ,  Held  eines  ursprüngl.  griech. ,  im 
Blittolalter  sehr  verbreiteten  und  in  fast 
alle  Sprachen  übersetzten  Romans.  Di» 
deutsche  gereimte  Bearbeitung  durch  Hein- 
rieh  von  Neustadt,  um  1300,  ist  ungedr. ; 
eine  von  Heiar.  SteinhUvel  nach  Gottlr.  von 


Apollj^on  —  Aposteltheilung. 


105 


Yiterbo  Terfasste  Prosab6«trbeltang  erschien 
1471.  —  7)  A.  von  Tyana  (in  KappadocJen), 
neupythagoräischer  Philosoph,  Zell^^enoBse 
Jesu  Christi,  Sittenlehrer  u.  Wonderthäter 
in  Kleiuasieu ;  f  zu  Ephesus  fast  100  Jahre 
alt,  wurde  im  Alterthum  von  Hlerooles, 
neuerl.  von  Voltaire  und  A.  mit  Jesu  zu- 
sammengestellt. Vgl.  Baur,  ,A.  ▼.  T.  und 
Christus',  1832. 

ApoUyon  (gr.),  Verderher,  Todesengel. 

Apolög  (gr.l,  Erzählung ;  Lehrfabel. 

Apologie  (gr.).  Rede  oder  Schrift  zu 
Yertheidigung  eines  Angeklagten;  insbes. 
Schutzschrift  für  das  Christenthum  gegen 
Angriffe  von  Seiten  Andersgläubiger ;  daher 
Apologeten,  Vertheldiger  des  Christenthums, 
Apologetik,  Vertheidigungslehre  der  Wahr- 
heit des  Cliristenthums ,  gegr&ndet  auf 
'wissenschaftl.  Principien.  In  der  neuesten 
Zeit  rief  bes.  Strauss  ,Leben  Jesu*  zahl- 
reiche apologet.  Schriften  hervor. 

Apologie  der  amgrMbarglielien  Konfessloii, 
symbolisches  Buch  der  luther.  Kirche, 
verfasst  1530  von  Melanchthon  im  Auftrag 
der  evaugel.  Stände  als  Gegenschrift  gegen 
die  sogeu.  Konftitatiou,  d.  h.  die  von  den 
kathol.  Theologen  ausgearbeitete  Wider- 
legrung  der  augsburg.  Konfess.,  ward  82.  Sept. 
1530  beim  Keichsabsohiede  dem  Kaiser 
überreicht,  aber  von  diesem  nicht  ange- 
nommen, von  Melanchthon  auf  G-rund  einer 
erst  damals  erlaugten  Abschrift  der  Konfuta- 
tion  vom  Nov.  1530  bis  April  1531  umge- 
arbeitet j'Ursprüngl.  latein.  geschrieben,  von 
Justus  Jonas  ins  Deutsche  übersetzt. 

Aponenröse  (gr.),  Flechsen-  oder  Sehnen- 
haut, innere  Häute  oder  Membranen  aus 
sog.  Bindegeweben,  dienen  den  Muskeln 
zur  Umhüllung  oder  Anheftung. 

Apophthegma  (gr.),  kurzer  Denkspruoh. 
Apophthegmätiaeh ,  kurz  und  geistvoll. 

Apoplexie  (gr.),  Schlagfluss,  auch  plötz- 
liche Blutentleerung  in  das  Grewebe  eines 
Organs;  upoplekliach ,  schlagflussartig ;  apo- 
plekiiseher  Habitus,  zur  A.  geneigte  Körper- 
bildnng. 

ApopsyehTe  (gr.),  tiefe  Ohnmacht. 

Aporeaia  (Aporisma,  gpr.),  schwer  zu  lö- 
sende Aufgabe;  aporematisoh ,  rätliselhaft. 

Aposlopisis  (gr.),  Verschweigung,  rhetor. 
Figur  (lat.  reticen^a),  wobei  man  in  der 
Mitte  eines  Satzes  abbricht  und  dem  Hörer 
die  Ergänzung  überlässt. 

Apontie  (gr.),  Widerwille  gegen  Speise. 

A  pOBse  ad  esse  (lat.) ,  vom  Können  auf 
das  Sein,  d.  i.  von  der  Möglichkeit  auf  die 
Wirklichkeit  fschliessen). 

Apostastle  (gr.),  Abfall  von  einer  Partei 
oder  Parteiansicht,  z.  B.  von  einer  phllosoph. 
Schule,  einem  polit.  Prlnclp  etc.;  insbes. 
Uebertritt  von  einer  chrlstl.  Konfession 
zu  einer  andern.  Daher  Apoüai,  Einer,  der 
seinen  bisherigen  religiösen  Glauben  mit 
einem  anderen  vertausclit.  Vgl.  Konvertit, 
Jhrostiyt,  Benegat.  Der  A,  des  Wissen»  hat 
man  neuerlich  namentl.  Philosophen  ge- 
ziehen, die,  auf  das  Forschen  verzichtend, 
sich  dem  Klrclieuglauben  in  die  Arme  warfen. 

Apostel  (gr.),   Gesandte,  Boten,  insbes. 
die  12  JüDger  Jesu.    Nach  Matth.  10,  2  f. : 


Simon  Petrus,  Andreas,  Jacobus  (Sohn 
des  Zebedäus),  Johannes,  Philippus,  Bar- 
tholomäns,  Thomas,  Matthäus,  Jacobn» 
(Sohn  des  Alphäus),  Thaddäus  (Lebbäns)^ 
Simon  und  Judas  Isoharioth.  Bei  Marcus 
und  Lucas  wird  statt  des  Matthäus  ein. 
Levi,  nnd  bei  Lucas  statt  des  Lebbäus 
Judas,  des  Jacobus  Bruder  oder  Sc^n». 
genannt.  Matthäus  nnd  Levi  sind  wahr- 
schelnl.  identisch;  zweifelhaft  aber  ist 
es,  ob  der  im  Evangelium  Johannis  er^^ 
wähnte  Nathanael  mit  Bartholomäus  eine 
und  dieselbe  Person  ist.  An  Judas  Ischa- 
rioths  Stelle  wurde  der  sonst  unbekannte 
Matthias  in  die  Zahl  der  Zwölf  aufgenom- 
men. Auf  eine  spätere  wunderbare  Be- 
rufung (Apostelgesch.  9,  13)  u.  die  darauT 
erfolgte  Anerkennung  von  Seiten  der  alten 
A.  stutzt  sich  die  apostolische  Würde  des 
Paulus  (s.  d.),  des  sogen.  Heidenapostels.^ 
Auch  pflegt  man  die  späteren  Verkündiger 
des  Christenthums  in  den  einzelnen  *  Län- 
dern, z.  B.  Bonlfacius,  als  A.  zu  bezeichnen. 

Apostel  (Apostoli),  im  Rechtswesen  die- 
Berichte  des  Unterriohters  an  den  Ober^ 
richter  über  eine  bei  erstorem  anhängige 
Rechtssache,  bei  Appellationen  üblich. 

Apostelbrfider  (Apostoliker,  Apostelorden), 
von  Gerhard  Segarelll  aus  Parma  1260  ge- 
stiftete schwärmerische  Sekte,  trat  der 
Verweltlichung  der  Kirche  und  ihrer 
Oberen  en^egen  und  suchte  apostolische 
Einfachheit  und  Armuth  in  ihr  wiederher- 
zustellen. Nach  Segarellls  Tod  auf  dem 
Scheiterhaufen  (1300)  stand  Dolcino  au  ihrer 
Spitze,  der  1304  so  zahlreiche  Anhänger 
um  sich  sammelte,  dass  der  Papst  einen 
Kreuzzug  gegen  ihn  predigen  liess.  Nach- 
dem auch  er  auf  dem  Scheiterhaufen  (1307> 
geendigt,  ging  die  Sekte  ein,  doch  zeigten 
sich  bis  13^  Reste  derselben  in  der  Lom- 
bardei u.  im  südl.  Frankreich.  Vgl.  Krone^ 
,Fra  Dolcino  u.  die  Patarener',  1844.  Aposto^ 
liker  hiess  auch  eine  christl.  Sekte  Im  2.  u. 
3.  Jahrh.,  welche  ebenfalls  für  apostolisch» 
Einfachheit  eiferte,  sowie  ein  Theil  der 
Katharer  am  Niederrhein  im  12.  Jahrh.  n^ 
die  Anhänger  des  Meunoniton  Sam.  Apostool. 

Apostelgeschichte  (Acta  Apoatolorum),  die 
5.  historische  Schrift  des  N.  T.,  als  deren 
Verfasser  Lucas,  der  Begleiter  des  Paulus  u. 
Verf.  des  3.  Evangeliums,  gilt.  Sie  beginnt 
mit  Christi  Himmelfahrt  und  der  Aus- 
giessung  des  heil.  Geistes  beim  PAngstfeste 
und  reicht,  vorzugsweise  die  Thätigkeit 
der  Apostel  Petrus  und  Paulus  und  von 
Kap.  16  an  ausschliessl.  die  des  letzteren 
berücksichtigend,  bis  zu  Paulus  Gefangen- 
schaft zu  Rom  (62  oder  64).  Vgl.  Schneeken- 
burger,  ,Ueber  don  Zweck  der  A.*,  1841; 
Zeüer,  ,Die  A.',  1854;  Lekebuseh,  ,Die  Kompo- 
sition und  Entstehung  der  A.*,  1854. 

Apostelorden,  s.  Apost eibrüder. 

Aposteltheilung,  F^st  der  kathol.  Kirche 
am  15.  Juli,  seit  dem  11.  Jahrh.  begangen, 
gründet  sich  auf  die  Sage,  dass  die  Apostel 
im  7.  oder  12.  Jahre  nach  Christi  Himmel- 
fahrt sich  zum  Behufs  der  Verkündigung- 
des  Evangeliums  in  die  Länder  der  Welt 
getheilt  haben  sollen. 


106 


Apostem  —  Appel. 


Apostim.  (gr.)>  >.  t.  a.  Abscess,  auch  Jede 
abnorme,  eine  Geschwulst  bildende  An- 
aammlnng  yon  Feuchtigkeit. 

A  po§terIürI,  s.  A  priori. 

Apostlll  (lat.)i  Nachschrift  ku  einem 
Dokument)  welche  au  ihrer  Gültigkeit  der- 
«elbeuRechtaformen  wie  dasHauptdokumeut 
«elbst  bedarf.  [ÄpoUd, 

Apostdll  (lat.),  in  der  Bechtasprache ,  s. 

Apostolisch  (gr.),  was  fon  den  Aposteln 
«ntweder  unmittelbar  herrührt  oder  dem 
Geiste  und  Charakter  derselben  entspricht ; 
auch  was  sich  auf  Lehre  und  Leben  der 
Apostel  bezieht. 

Apostolische.  In  Spanien  in  der  Restau- 
xatiouszeit  die  Partei  der  fanat.  Katholiken 
und  Absolutisten,  nach  der  Revolution  von 
1819  vertreten  durcli  die  apostoiiache  Junta, 
welche  1822  unter  Quesada  eine  förml. 
Streitmacht  (Glaubensheer)  aufstellte  und 
EU  Urgel  in  den  katalon.  Gebirgen  eine 
«oberste  Regentschaft'  einsetzte,  deren 
Mitglieder  Bessi&res,  Mata- Florida  und 
Eroles  waren.  Bei  der  Aussicht  auf  franz. 
Intervention  gingen  die  A.n  zum  Angriff 
über,  wurden  aber  geschlagen,  vereinigten 
sich  nach  dem  Einrücken  der  Franzosen 
wieder  und  bildeten  eine  provisorische  Re- 
^erungsjnnta.  Nach  dem  Abzug  der  Fran- 
Bosen  erregten  sie  als  eiuflussreiche  Gama- 
riUa  mehrere  Aufstände,  bei  denen  sich 
namentl.  der  Pfarrer  Merino  als  GuerriUas- 
lührer  hervorthat.  Später  (nach  1830)  gingen 
sie  in  der  karlistischen  Partei  auf. 

Apostolische  tiemeinden,  von  Aposteln 
gestiftete  christliche  Gemeinden,  von  denen 
die  zu  Jerusalem,  Autiochia,  Ephesus,  Ko- 
rinth  und  Rom  die  angesehensten  waren. 

Apostolische  Jnnta»  s.  Aposioli$che. 

Apostolische  Kammer,  die  Verwaltungs- 
behörde für  die  päpstl.  Finanzen  in  Rom. 

Apostolische  Konstitutionen  v.  Canones, 
den  Aposteln  zugeschriebene  Vorschriften 
über  kirchliche  Sitte  und  Ordnung.  Die 
Ckmsiitutiones  apostolicae,  der  Sage  nach 
von  Clemens  Romanus  herrührend,  8  Bü- 
cher, wahrscheinl.  gegen  Ende  des  3.  Jahrh. 
verfasst,  entlialten  die  ältesten  Gesetze  u. 
Rechtsgewohuheiten  der  morgenläud.  Kir- 
•chen.  Die  Canone*  apoUolici ,  im  5.  Jahrh. 
entstanden,  bilden  die  erste  Grundlage  des 
In  der  röm.  Kirche  gültigen  kanou.  Rechts. 
Vgl.  Drey,  ,Ueber  die  Konstitut,  u.  Canones 
der  Apostel',  1882. 

Apostolische  HaJestSt,  Elirentitel  der 
Könige  von  Ungarn,  von  Papst  Sylvester  U. 
1000  dem  Herzog  Stephan  von  Ungarn  ver- 
liehen und  1758  von  Kiemen  s  XIII.  für 
Maria  Theresia  erneuert. 

Apostolischer  Yikar,  Stellvertreter  des 
Papstes,  bes.  bei  aussorordentl.  Missionen. 

Apostolisches  Symholnm,  das  älteste  der 
•8  ökumenischen  Symbole  oder  Glaubens- 
bekenntnissformeln, das  sogen.  Credo  oder 
der  Christi.  Glaube,  dör  Sage  nach  von  den 
Aposteln  zu  Jerusalem  vor  ihrer  Trennung 
verfasst,  indem  Jeder  derselben  einen  Beitrag 
(gr.  Symbole)  dazu  gegeben  haben  soll,  walir- 
scheinl.  aber  nach  u.  nach  entstanden  und 
Im  7.  Jahrh.  in  der  Jetz.  Form  festgestellt. 


Apostolltche  Titer  9  die  unmittelbaren 
Schüler  der  Apostel,  von  welchen  noch 
Schriften  vorhanden  sind,  als:  Bamabas, 
Clemens  Romanus ,  Ignatius  von  Antiochia, 
Polycarpus  von  Smyrna,  Papias  von  Hiera- 
polis  und  Hermas;  zum  Unterschied  von 
den  <ipostol.  Männern,  den  Schülern  und  Ge- 
hülfon  der  Apostel,  welche  keine  Schriften 
hinterlassen  haben,  wie  Timotheus,  Titus, 
Apollos,  Aquila,  Silas  u.  A.  Die  Werke 
der  a.n  V.  gab  zuletzt  Dressel  (2.  Aufl.  1863) 
heraas.    Vgl.  Bilgeufdd,  ,Dle  a.n  V.*,  1853. 

Apostroph  (gr.),  Lesezeichen  (*),  den  Aus- 
fall eines  Vokals  andeutend. 

Apostrophe  (gr. ,  auch  Metalnui*) ,  leb- 
hafte Aurede;  auch  Abwendxmg  von  der 
Sache  zur  Person  mit  Anredia  an  diese. 
Ap€>8trophiren,  Jemanden  heftig  anreden. 

Apotelesma  (gr.),  Vollendung,  Ausgang; 
angeblicher  Einfluss  der  Gestirne  und  ihrer 
Stellungen  auf  das  Schicksal  der  Menschen, 
daher  apoteltsmatische  KunH,  ApoteUmiatik, 
s.  V.  a.  Astrologie  und  Nativitätsstellerei. 

Apothanasie  (gr.),  das  Abgestorbensein. 

Apotheclum  (gr.),  das  Fruchtlager  oder 
die  Scheinfruclit  der  Flechten. 

Apotheker  n.  Apothekerkuast,s.  PAarmacle. 

ApothekeraeWlcht,  s.  Medicinalgewichi. 

Apothekerfnsely  Insel  in  der  Newa,  mit 
einem  Thell  Petersbuj^sTbotan.  Garten  etc.). 

Apothekerleichen,  %  =  Pftind,   3  = 

Unze ,  3  ^=  Drachme ,   ^  =  Skrupel ,   Gr. 

=  Gran,    Jj,  gjj,    1  und  2  Un^en,   ^  = 

Vs,  ^ß  =  Vs  Drachme.  da  von  jedem 
gleich  viel,  gtt.  =  Tropfen. 

Apotheose  (gr.),  Vergötterung,  Erhebung 
eines  Menschen  zum  Rang  der  Götter. 

A  potior!  (lat.),  nach  der  Hauptsache; 
a  potiori  fit  denominatio ,  nach  dem  Haupt- 
theile  richtet  sich  die  Benennung.     [gebirge„ 

Appalachen  (spr.  -atschen),  s.  AUeghany 

Appaiachiebai  (spr.  -atschi-),  Bai  im  G^If 
von  Mexiko,  an  der  Südküste  Floridas,  2  M. 
br.,  etwa  10  M.  tief.  In  dieselbe  mündet  der 
Appalachieola,  der  im  NO.  von  Georgia  ent- 
springt u.  sich  mit  dem  Flint  vereinigt,  90  M. 

Apparat  (lat.),  Inbegriff  von  Hülfsmitteln 
bei  einer  Arbeit,  wie  physikalischer  A.  bei 
Experimenten. 

Appareille  (fir.,  spr.  -relj),  Pracht,  Glanz; 
Auffahrt  aus  dem  inneren  Räume  einer 
Festung  auf  den  Wallgang ;  s.  v.  a.  Rampe. 

Apparent  (lat.),  anscheinend,  augensch^- 
lich,  offenbar.    Apparent,  Augenschein. 

Apparitores  (lat.),  altröm.  Gerichtsdiener. 

Appartement  (fr.,  spr.  -part'mang),  eine 
Reihe  von  Zimmern;  Abtritt.  In  der  Hof- 
spraclie  Gesellschaft  in  den  Wohnungsräu- 
men des  Fürsten  (Spieltag). 

Appassionäto  (ital.,  Mus.),  leidenschaftliclu 

Appel,  Christian  Freih.  von,  Österreich. 
General,  geb.  1785  zu  Neusohl  in  Ungarn, 
diente  in  den  napoleon.  Kriegen  von  unten 
auf,  befeliligte,  seit  1843  Feldmarscliall- 
lieutenanti  1849  das  3.  Armeocorps  in  Italien, 
mit  dem  er  bei  Olengo  foclit,  dann  das  7. 
Armeecorps  daselbst,  erhielt  1850  den  Ober- 
befehl in  Ungarn ;  f  22.  Jan.  1854  zu  Graz. 


Appell  —  Appertinentien. 


107 


Appell  Hat.)»  Anmf ;  Signal  zur  yersamin- 
lang  der  Soldaten.  In  der  Fechtkunst  ein 
lebhafter  Tritt  mit  dem.  rechten  Fusa,  mit 
oder  ohne  Ausfall.  Folgsamkeit  des  Hundes 
auf  den  Kuf. 

Appellation  (lat.)i  Berufung;  Rechts- 
mittel, bestehend  in  der  Anrufung  einer 
höheren  Instanz  zur  Prüfung  einer  von 
einem  Unterrichter  ergangenen  Verfugung. 
Für  Civil  Sachen  bestehen  in  der  Regel  3, 
für  Kriminalsachen  8  Instanzen.  Hier 
findet  sie  nur  noch  beim  AiiklageTerfaliren, 
nicht  aber  gegen  schwurgerichtl.  Urtheile 
Statt.  Haupterfordemiss  jeder  A.  ist  das 
Vorhandensein  Ton  Beschwerdepunkten 
(gravamina)  bezüglich  des  Erkenntnisses, 
gegen  welches  sie  gerichtet  ist.  Sie  kann 
in  allen  Ciyilrechtssachen  Statt  finden,  so- 
fern sie  Gegenstand  eines  Givilprozesses 
geworden  sind.  Eine  Beschränkung  der 
Appellation  sbeftignlss  hat  das  deutsche 
Recht  hinsichtlich  des  Werths  dos  Streit- 
gegenstandes durch  die  Festsetzung  einer 
sogen.  Appellationssumme  (summa  appello' 
lilis)  eingeführt,  deren  Betrag  aber  in  sehr 
verschiedener  Höhe  angesetzt  ist.  Die  A. 
kann  nur  an  den  nächsten  Oberrichtar  des 
betreffenden  Unterirlchters  gerichtet  worden ; 
eine  Uebergehung  der  nächsten  Instanz 
(appellatio  per  saltum)  ist  unstatthaft.  Die 
"Wirkungen  derselben  sind  der  Suspensiv- 
effekt, indem  die  Rechtskraft  des  angefoch- 
tenen Erkenntnisses  und  in  der  Regel  auch 
dessen  Vollstreckung  durch  die  A.  ausgesetzt 
wird,  u.  der  Devolutiveffekt,  vermöge  dessen 
der  ganze  Prozess  durch  Einwendung  der  A* 
von  selbst  an  den  Oberrichter  übei'gelit  u. 
die  Zuständigkeit  des  Unterrlchtors  für  die 
Dauer  des  Appellationsverfahrens  aufliört. 
Die  Einwendung  der  A.  ist  an  gewisse 
Förmlichkeiten  und  Fristen  geknüpft,  von 
denen  aber  gegenwärtig  mehrere,  wie  das 
Gesuch  um  Ertheilung  der  sogen.  Apostel 
(s.  d.)  etc.,  partikularrechtlich  meist  ab- 
geschafft sind.  Nur  die  Frist  zu  Ein' 
Wendung  der  A.,  gewöhnl.  eine  lOtägige 
(fatale  decendii),  in  manchen  Ländern 
eine  SOtägige,  ist  beibehalten.  Das  Ver- 
fahren auf  eingewendete  A.  besteht  ge- 
wöhnl. im  Schriftenwechsel  der  Parteien 
(Deduktionsschrift  des  Appellanten,  Refu- 
tationsschrift  seines  Gegners,  des  Appellaten) 
und  Im  Bericht  des  Unterrichters  au  den 
Oberrichter,  dem  die  in  der  Saclie  ergange- 
nen Akten  übersendet  werden,  worauf  ent- 
weder ein  Abschlagsdekret  oder  eine  das 
Erkenutniss  sofort  abändernde  Verfügung 
des  Obergerichts  erfolgt  oder  die  A.  zur 
Justifikation  angenommen  wird,  womit 
dann  der  eigeutl.  AppeUationsproxess  vor 
dem  Obergericht  beginnt. 

Appellstionsgerichte 9  Gerichte,  welche 
in  hölierer  (2.  u.  3.  lustanz ,  letztere :  Ober- 
appellationsgerichte)  zu  erkouuon  haben. 
Für  das  deutsche  Reich  bildete  seit  1495  das 
Reichskammergericht  das  oberste  Appolla- 
tlonsgericht  in  allen  Civilrechtssaclieu. 
Im  Läufe  der  Zelt  erlangten  einzeluo  Reichs- 
stände Befreiung  vom  Gerichtszwnng  dieses 
obersten  Reichsgerichts  für  ihre  Terrltoriou 


(Prlvil^a  de  non  appellatido)  u.  errichteten 
dafür  eigene  Gerichte,  die  in  höherer  In- 
stanz Recht  sprachen.  Nachdem  dann  durch 
Art.  12  der  deutschen  Bundesakte  die  Auf- 
stellung von  3  Instanzen  für  jeden  deut- 
schen Staat  gesetzl.  geworden  war,  traten 
mehrere  der  Staaten  von  weniger  als  300,000 
Ew.  zu  Errichtung  gemeinschaftl.  Ober- 
appellationsgerichte zusammen.  Solche  be- 
stehen für  Braunschweig,  Waldeck  und  die 
beiden  Lippe  zuWolfenbüttel,  für  die  sächs. 
Herzogthümer,  die  schwarzbnrg.,  reuss.  und 
anhält.  Lande  zu  Jena ,  für  Mecklenburg  zu 
Parchim,  für  die  Hansestädte  zu  Lübeck. 
Die  grösseren  deutschen  Staaten  haben 
ihre  eignen  Gerichte  dritter  Instanz  anter 
verschiedenen  Benennungen. 

AppellatlTum  (lat.),  Gattungsname,  Im 
Gegensatz  zum  Nomen  proprium  (Eigen- 
namen) jedes  Substantiv,  welches  eine  Gat- 
tung von  Dingen  bezeichnet. 

AppelUren  (lat.),  höhere  Entscheidung 
anrufen;  scherzhaft  für;  sich  erbrechen, 
vollständ.  ,nach  Speier  appoUiren*. 

Appendix  (lat.),  Anhang,  Zusatz,  zu 
einem  Buche  etc.;  Appeudicula,  Anhängsel. 

Appenzell.  Kanton  dar  nördl.  Schweiz, 

7.7  i4M..  und  60,431  Ew.  (14,400  Kath.),  Ge- 
birgsland  mit  schmalen  Thälem  (im  S.  der 
hohe  Säntis,  7709'),  zerfallt  seit  der  Reli- 
gionsspaltung von  1597  in :  1)  inner-  Rhoden 
(kathol.),  2,9  QM.  mit  12,070  Ew.,  ein  Hir- 
teuländchen,  Bauptort  A.  (Albatia  Oella), 
3300  Ew. ,   2)  Aueter  -  Rhoden  (Protestant.), 

4.8  QM.  und  48,431  Ew.,  gewerbfleissig 
(Stickereien,  Musselin  Weberei,  Kattun); 
Hauptort  Trogen.  Verfassung  in  Inner- 
Rhoden  vom  26.  April  1829,  in  Ausser- 
Rhoden  vom  3.  Okt.  1858,  in  beiden  Thei- 
len  demokratisch.  Finanzen  in  Inner- 
Rhoden  (1863):  215^000  Frcs.  Einnahme, 
227,000  Frcs.  Aufgabe,  in  Ausser  -  Rhoden 
249,000  Frcs.  Einn.,  214,000  Frcs.  Ausgabe. 
Buudeskontingent  4060  M.  Das  Land ,  einst 
der  Abtei  St. -Gallen  unterthan,  erlangte 
nach  harten  Kämpfen  zu  Anfang  des  15. 
Jahrh.  die  Unabhängigkeit;  seit  1513  Glied 
der  Eidgenossenschaft.  Vgl.  ZeUweger, 
,Ge8ch.  des  Appenz.  Volks',  1830  ff.,  4  Bde. 

Appereeptlon  (lat.),  Wahrnehmung,  Auf- 
fassung mit  Bewusstsein.  Appereipiren,  ge- 
wahr werd^on,  wahrnehmen. 

Appert  (%pr.  -ähr),  1)  Benj.  Nieolaa  Maria, 
A>anzös.  Philanthrop,  geb.  10.  Sept.  1797  in 
Paris,  widmete  sich  der  Verbesserung  des 
Gefängnisswesens  und  bereiste  zu  diesem 
Zwecke  Frankreich,  Belgien  u.  Deutschland ; 
sehr.  ,Die  Gefängnisse,  Spitäler  etc.  in  Oester- 
reich,  Bayern,  Preussen,  Sachsen,  Belgien* 
(1851-52,  3  Bde.);  ,Ueber  Wohlthätigkeits- 
und  Strafanstalten'  (1853) ;  ,Die  Geheimnisse 
des  Verbrechens,  der  Verbrecher  und  des 
Gefanguisslebens'  (1831,  2  Bde.);  ,Rath- 
schlägo  für  Diroktoreu,  Geistliche  und  Aerzte 
vou  Gofäugnissen'  (1851)  u.  A.  —  2)  Eugene, 
franz.  Historienmaler,  geb.  1814  zu  Augers, 
Schüler  von  Ingrds,  f  l^^'^  i^n  Cannes. 

Appertinentien  ( Appertinemen ,  lat.),  zu 
einem  Gegeustande,  insbes.  zu  einem  Gute 
gehörige,  nicht  mit  dems.  verbundene  Theile. 


108 


Appetenz  —  Approximation. 


Afpetens  (lat.).  Trieb,  Lnst,  Begierde. 

Afpetlttoii (lat.),  das  Begehren;  appetiliv, 
begehrend. 

Ippiini,  Andrea,  Ital.  flialer,  geb.  23. 
Hai  1754  so  Mailand,  Hofmaler  Napoleons ; 
t  8.  Nov.  1817.  Der  «Bfaler  der  GraiienS 
aber  ohne  tiefere  Charaktacistik.  Fresken 
bes.  in  mail&Dder  Kirchen  nnd  Palästen. 
Porträts  der  napoleonischen  Familie. 

Apptinns,  kaiserl.  Finaniboamter  ans 
Alexandria,  erst  Sachwalter  au  Rom,  dann 
röm.  Q«8chichtschreiber,  im  2.  Jahrh.  n.  Ohr. 
nnter  Trajan,  Hadrian  nnd  Antoninns  Pins, 
sehr,  in  grlech.  Sprache  eine  röm.  Geschichte 
Ton  den  ältesten  Zeiten  bis  auf  Augustus 
in  24  Bachern,  Ton  denen  aber  nor  ein 
geringer  Theil  erhalten  ist;  heraasg.  Ton 
achweighäutei-  (1785,  8  Bde.,  1840),  J.  Bdeker 
(1858  -  53,  2  Bde.),  deutsch  von  Zeit*  (1837). 

Apiitagwlsm  (Dam),  Stadt  in  derniederl. 
ProT.' Groningen,  an  der  FItcI,  3641  Ew. 
Ber.  Pferdemärkte. 

Appisehe  Strasse  (Via  Äppia),  berühmte 
Heerstrasse  der  Römer,  von  Rom  bis  Kapna 
Ton  A.  Claudins  Gäcas  813  y.  Chr.  angelegt, 
später  bis  Brundusinm  verlängerte  Ueber- 
reste  noch  vorhanden. 

Appins  ClandioB  CrsssiUy  röm  Deoem- 
vir,  s.  CLaudiu»,  [bringen. 

Applaniren   (lat.),     ebnen.    Ins   Gleiche 

Applaus  (lat.),  Beifallsklatschen,  BeilkUs- 
mf.  Applaniren,  Beifall  klatschen  od.  mfen. 

Appleby  (spr.  Aepprbi),  Hanptort  der  engL 
Grafschaft  Westmoreland,  am  Eden,  2824  Ew. 

Applieiren  ^lat.),  anfägeu,  anpassen,  an- 
wenden;  appltcetur  anf  Recepten:  es  werde 
angewendet.  Sich  n»  etwa»  a.,  sich  zn  etwas 
eignen,  etwas  leicht  lernen. 

AppUkabel  (applikaiiv,  lat.),  anwendbar. 
Applikation,  Anwendung,  Anpassung. 

Applikstnr  (lat.),  Fingersatz  beim  Spielen 
der  Instrumente.  Vgl.  Kühler,  ,Der  Olavler- 
flngersatzS  1862. 

Applomblren  (fr.),  anlöthen. 

Appi^^iftto  (ital.,  spr.  -podschato,  Mus.), 
getragen,  gehalten. 

Appoint  (f^.  spr.  -poäng,  ApputUo,  ital.), 
Wechsel,  welcher  eine  gewisse  Schuld  aus- 
gleicht oder  eine  Summe  voll  macht;  daher 
per  a.  oder  per  appunto  remittiren  (Wechsel 
senden)  oder  trassiren  (Wechsel  ausstellen), 
8.  V.  a.  den  Rest  (Saldo)  einer  Forderung 
übermachen  oder  durch  Wechselausstellung 
erheben;  in  der  neueren  Handelssprache 
Jeder  Theil  einer  Wechselerhebuug  (Rimesse) 
oder  Wechselausstellung  oder  auch  geradezu 
8.  V.  a.  Wechsel;  auch  bei  Papiergeld  und 
Staatspapieren  üblich,  indem  man  sagt, 
Papiergeld  sei  in  A.s  zu  1  und  zu  5  Thlr., 
ein  Staatspapier  in  A.s  (Abschnitten,  Obli- 
gationen)  zu  100  u.  500  Thlr.   ausgegeben. 

Appointiren  (fr.),  eine  Rechnung  mit 
den  Handelsbüchom  vergleichen. 

Apponlren  (lat.),  beisetzen,  hinzufügen. 
Apponatur,  es  werde  hinzugefügt.  Appo- 
naniur  acta,  man  lege  die  Akten  bei. 

Apponjly  1)  Anton  Oeorg,  On^f,  nngar. 
Staatsmann,  geb.  4.  Dec.  1751,  f  17*  März 
1817  als  Gelieimrath,  Obergespan-  des  tol- 
naer  Komitats,  Begründer  der  apponyischen 


Bibliothek  (50,000  Bde. ,  Jetzt  zu  Pressburg). 
—  2)  Oeorg,  QraJ,  Ungar.  Staatsmann,  Sohn 
des  Vor.,  geb.  29.  Dec.  1808,  vor  der  Re- 
volution von  1848  Ungar.  Hofkanzler  und 
Führer  der  konservativ  -  aristokrat.  Partei, 
seit  1859  Führer  der  nationalen  Partei,  ward 
1860  Judex  curiae  zu  Pesth  n.  1861  Präsident 
im  Oberhause  des  Landtags,  legte  1862 
ersteres  Amt  nieder. 

Apportiren  (lat.),  herzubringen,  haupt- 
sächl.  von  dressirten  Hunden  gebräuchl. 
Apportage  (ft.),  Trägerlohn. 

Apposition  (lat.),  Hinzusetzung,  in  der 
Grammatik  die  Hinzufügung  eines  Sub- 
stantivs oder  eines  substantivische  Geltung 
habenden  Adjektivs  zu  einem  anderen  Sub- 
stantiv behufs  näherer  Bestimmung,  z.  B. 
Karl  der  Kühne. 

Apprehendlren  (lat.),  etwas  ergreifen, 
sich  zu  eigen  machen.  ApprekenHon ,  £r- 
greiAing  einer  Sache,  um  sie  in  Besitz  zu 
nehmen;  auch  im  'geistigen  Sinne  Ver- 
einigung einzelner  Begriffe  zur  Einheit  der 
Wahrnehmung;  daher  apprehentibel,  wahr- 
nehmbar, begreiflich ;  apprehentiv,  empfind- 
lich, empfänglich  für  seelische  Eindrücke 
und  KrankheitsstofTe. 

Apprekation  (lat.),  flehentliche,  dringende 
Bitte;  apprekatorisoh,  flehentlich. 

Appresslom  (lat.),  Ausdrückung ;  Apprea- 
»iofüpumpe,  Druckpumpe. 

Approt  (fr.,  spr.  -prä),  Vorbereitung,  bes. 
der  Leinwand  zur  Aufnahme  einer  Malerei. 

Appretilreii  (apprecHren,  lat.),  schätzen, 
würdem,  den  Werth  einer  Sache  bestimmen; 
Appretiation,  W'erthbestimmung. 

Appretur  (fr.),  Zurichtung,  durch  welche 
Ghume  oder  Webstoffe  das  ihnen  als  Han- 
delswaare  nöthige  äussere  Ansehn  erhalten. 
Wollene  Gewebe  werden  gerauht,  geschoren, 
grenoppt,  gepresst,  zum  Theil  auch  dekatirt; 
baumwollene  geseng^t,  gerauht,  geschoren, 
gebleicht,  gestärkt  und  geglättet;  bei  den 
leinenen  fällt  das  Sengen  und  Scheren  weg. 
Meist  Maschinenarbeit. 

Approbatlom  (lat.),  Billigung,  Genehmi- 
gung; in  der  kathol.  Kirche  die  Billigung 
religiöser  Druckschriften  von  Seiten  de-» 
Bischofs  hinsichtl.  ihrer  Rechtgläubigkeit, 
bezeichnet  durch  ,approbatur* ,  es  wird  ge- 
billigt. Appröbiren,  nach  vorheriger  Prü- 
fung gutheissen,  genehmigen. 

Approchen  (spr.  -prosclien),  s.  Laufgräben. 

Appropinquatlon  (lat.),  das  Herannahen, 
bes.  eines  Zeitpunktes  oder  Ereignisses. 

Appropriation  (lat.),  Aneignung. 

Appropriationsklansel  (lat.,  Aneignungs- 
Jdäutel),  Bestimmung  engl.  Gesetzentwürfe, 
dass  der  Staat  befugt  sein  solle,  den  Ueber- 
schuss  des  Einkommens  der  anglikan.  Kir- 
chen in  Lrlaud  zu  sonatigen  gemeinnützigen 
Zwecken,  namentl.  zu  Gunsten  des  kathol. 
Kirchen-  nnd  Schulwesens  verwenden  zu 
dürfen;  ward  seit  1833  öfter  verhandelt, 
von  den  Whigs  vertlieidigt,  von  den  Tories 
verworfen,  23.  Juli  1869  angenommen. 

ApprOTisionlren  (fr.),  eine  in  Belagerungs- 
zustiiud  erklärte  Festung  oder  auch  Truppen 
mit  Muuition,  Proviant  etc.  versehen. 

Approximation  G^^Ot  Annäherung,  in  der 


Appui  —  Aqua  haeret. 


109 


Kttthematik  eine  dem  wahren  Werth  einer 
Grösse  nahe  kommende  Angabe  desselben, 
bes.  in  den  logarithm.  u.  trigonometr.  Tafeln, 
sowie  bei  astronom.  Berechnungen  gebräuchl. 
Alle  sogen,  irrationalen  Grössen  lassen  sich 
nur  approximativ,  annähernd,  angeben.  Ap- 
proximative, bef  Verträgen  Bestimmung,  wel- 
che behnfs  der  Einigung  der  Parteien  gegeben 
wird,  Annäherungspunkt.  [Operationen. 
Appnl(fr.,  spi*.  -püi),  Stützpunkt  bei  mllitär. 
AppnlejnS)  Aulus  Ludu»,  röm.  Rhetor  u. 
Philosoph,  geb.  zu  Medaura  in  Afrika  um 
130  n.  Chr.,  vertheidigte  sich  gegen  die  Be- 
schuldigung der  Zauberei  in  der  noch  vor- 
handenen ,Apologia  de  magia*  und  schrieb 
u.  a.  einen  launigen  Roman  ,Der  goldne 
Esel'  (Metamorphoseon  s.  de  Asino  aui'eo 
libri  XI).  Werke  herausg.  von  Eildebrand 
(1842,  2 Bde.),  Krüger  (1864-65);  der, Goldne 
Eser,  deutsdh  von  Sode  (1783,  2  Bde.) ;  der 
Abschnitt  daraus  über  Amor  und  Psyche 
Ton  Kehrein  (1834)  und  Jahn  (1856). 

Appuls  (lat.) ,  Anstoss ;  in  der  Astron.  das 
scheinbare  Zusammentreten  zweier  Sterne. 

Appnnto«  8.  Ap^oint. 
.  A.  pr.  (abbr.),  anni  praesentis,  des  gegen- 
wärtigen, a.j>raefert/t,  a.  vergangenenJahres. 
A.  p.  B.  c.  (abbr.),  anno  post  Bomam  con- 
ditam,  im  Jahfe  nach  Roms  Erbauung. 

Apraxln,  Stefan  FedorowitscA,  russ.  Feld- 
marschall, Befehlshaber  der  Armee,  welche 
1757  in  Preusseu  eindrang,  schlug  die 
Preussen  bei  Grossjägerndorf  (30.  Aug. 
1757),  zog  sich  aber  zurück  in  Folge  eines 
mit  dem  Reichskanzler  Bestuschew  verab- 
redeten Plans,  nach  dem  Tode  der  Kaiserin 
Elisabeth  den  Grossfursten  Paul  auf  den 
Thron  zu  erheben,  ward  deshalb  vor  ein 
Kriegsgericht  gestellt;  f  31.  Aug.  1758  im 
Gefän/coiiss. 

Aprikosenbanm  (3farille),  Prunus  arme- 
ni'aca  L.,  Armeniaca  vulg.  Lam.,  Obstbaum 
aus  der  Familie  der  Rosaceen,  stammt  aus 
Armeulen,  In  mehr  als  20  Sorten,  namentl. 
in    Südenropa  und  Nordamerika  kultivirt. 
Die  Prüchte  bilden  frisch,  eingemacht  oder 
getrocknet    und    gepresst    einen   Handels- 
artikel,   dienen  zur  Verproviantlrung  von 
Schilfen,    zur  Bereitung   von   Branntwein; 
ihre  bald  süssen,  bald  bittem  Kerne  liefern 
fettes  Oel  (Huilo  de  marmotte),  die  verkohl- 
ten Steine  schwarze  Tusche;   das  Holz  des 
A.s  wird  vom  Drechsler  benutzt. 

April  (Aprilis,  lat.,  Ostermouat.  holl. 
Oraemonat),  bei  den  Römern  der  2.,  bei  uns 
der  4.  Ikfonat  des  Jahres.  Das  Aprilschicken 
am  1.  A.  stammt  nach  Grimm  aus  Frank- 
reich, wahrscheiul.  Ueberbleibsel  eines  alt- 
celtischen  Frühlingsfestes. 

A  prima  vlsta  (ital.,  Mus.),  auf  den  ersten 
Blick,  vom  Blatt  (spielen). 

A  priori  (lat.,  d.  t.  von  vorn),  in  der 
liOgik  von  Erkenntnissen,  die  der  menschl. 
Geist  rein  aus  sich  selbst,  unabhängig  von 
der  Erfahrung  erzeugt,  im>  Gegensatz  zu  a 
posteriori,  durch  Tliatsachen  der  Erfahrung 
gewonnen.  [Vorhältulss. 

A  Proportion  (fr.,  spr.  -porsioug),  uacli 
A  propOS  (fr.,  spr.  -po),  zu  rechter  Zeit; 
auch  s.  ▼•  a-  eben  fällt  mir  ein. 


ApseherOB«  Halbinsel  am  kasp.  Meer,  zur 
russ.  Prov.  Schirwan  gehörig,  merkwürdig 
durch  ihre  Kaphthaquellen  und  SchUtmm- 
vulkane  (bei  Baku). 

Apsiden  (gr.),  die  Punkte  der  Bahn 
eines  Planeten  oder  Kometen,  in  welchen 
er  der  Sonne  am  nächsten  (Perlhelium) 
oder  ihr  am  fernsten  (Aphelium)  ist;  ihre 
Verbindungslinie,  ApHdeniinie,  die  grosse 
Axe  der  elliptischen  Planetenbahn,  bewegt 
sich  in  der  Richtung  des  Planetenlaufd, 
d.  1.  von  W.  nach  O.  vorwärts. 

Apsls,  8.  Abieite.  [macht,  Scheintod. 

ApHycliie   (gr.),   Bewusstlosigkelt,   Ohn- 

Apteryx,  Vögelgattung,  s.  Kiwi, 

Aptiren  (lat.),  zum  Gebrauch  vorbereiten ; 
dramat.  Werke  zur  Aufführung  zu  richten. 
AptilUrde  (fr.,  spr.  -tühd),  Fähigkeit. 

Aptota  (gr.),  nicht  deklinirbare  Nomina. 

Apaanisehe  Alpen,  Kette  der  nördl. 
Apenniuen,  zwischen  Carrara  und  der 
Landsch.  Garfagnana,  im  M.  Pisanino  6147' 
hoch;  reich  an  vorzüglichem  Marmor. 

Apnllen  (ital.  Puglia,  spr.  Pulja),  der  süd- 
östl.  Thell  von  Italien,  vom  Flusse  Frento 
(Fortore)  bis  Tarent,  die  Jetzigen  3  Prov. :  Ca^ 
pitanata,  Bari  und  Lecce  umfassend,  452  QM. 
mit  1,389,443  Ew.  Ebene  mit  Ausläufern  der 
Apenninen ;  isolirt  der  M.  Gargano.  Frucht- 
bar, wald-  und  weidereich.  Strandseen  mit 
SalzsiedereL  Die  Urbewohner  des  alten  A. 
waren  die  Japyger.  Den  Römern  ward  es 
tributpflichtig  zuerst  317  v.  Chr.  Im  Mittel- 
alter (1043)  setzten  sich  die  Normanneu 
unter  R,  Guiscard  in  A.  fest,  erhoben  es 
zum  Herzogthum  und  verbanden  es  unter 
Rüdiger  11.  mit  Kampanien,  Kalabrien  und 
Sicilien   zu  Einer  Monarchie. 

A  pnnto  (ital.,  Mus.),  pünktlich,  genau. 
A  punto_  d'arco ,  mit  der  Spitze  des  Bogens. 

Apure,  linker  Nebenfiuss  des  Orinoco  in 
Venezuela,  entspr.  auf  der  östl.  Andeskette, 
213  M.  (188  M.  schiffbar).  I^naoh  benannt 
die  iVooiTwA.,  1006  QM.  mit  etwa  25,000  Ew. 
Hauptst.  Achaguas. 

Apyrexie  (gr.),  die  fteberfi*eie  Zeit  zwi- 
schen zwei  j\nfälleh  beim  Wechselfieber. 

Apyrisch  (gr.)>  feuerfest,  nicht  brennbar. 

Aqua  (lat.),  Wasser;  a.  destiüata,  durch 
Destilliren  vollkommen  gereinigtes  Wasser; 
a.fontanaf  Brunnenwasser.  "iäLhhTztihUAquae, 
Name  vieler  altröm.  Badeorte,  z.  B.  A, 
Sexti<ie  (Aix),  A,  Aureliae  (Baden-Baden). 

AqniUliAt  (lat.),  Wasserleitung,  insbes. 
ein  auf  hohem  Unterbau  und  Bogen  ruhen- 
der Kanal  zur  Versorgung  eines  Orts  mit 
Trinkwasser,  meist  altröm.  Bauten  (noch 
zahlreiche  Ueberreste  in  Italien,  Gallien, 
Spanien  etc.),  jetzt  durch  Röhronleitungen, 
Druckwerke  etc.  entbehrlich  geworden. 
Neuere  Werke  von  ähnlicher  Bauart  die 
Kaualbrücken  in  England  u.  Nordamerika.  — 
lu  der  Anatomie  sind  A.e  enge  Röhren  oder 
Oeffnungen  in  Knochen,  durch  welche  Feuch- 
tigkeit abfiiesst  oder  Nerven  austreten,  bes. 
im  Gehirn,  Ohr  etc. 

Aqua  et  igne  Interdletns  (lat.),  Ver- 
saguttg  von  Wasser  u.  Feuer,  röm.  Formel 
der  Achtserklärung  und  Verbannung. 

Aqua  baeret  (lat.),  das  Wasser  stockt 


110 


Aquamanile  —  Arabien. 


{In  der  Wasseruhr),  sprlchwörtl.  Redens- 
art f&r  in  Verlegenheit  sein. 

Aqnftmanfle  (lat.),  Gefäss,  worin  sich 
der  konsekrlrende  Priester  bei  der  Messe 
die  H&nde  w&s^ht. 

Aqiiftmsrfn^  Schmnckstein,  grünliche  oder 
blftnliche  Varietät  des  Berylls,  in  Sachsen, 
Böhmen,  Sibirien,  Ceylon,  Brasilien. 

Aquarell  (tta].),dnrchsichtlge  Wasserfarbe. 
AguartUmaterei,  seit  Anfang  dieses  Jahrb. 
in  England  als  Kunst  geübt,  aber  auch  in 
Deutschland  (Hildebrand,  Werner),  Frauk- 
r^ch  etc.  heimisch. 

Aquarium  Qat.),  Wasserbehälter  zur  Auf- 
nahme von  Wasserpflanaen  und  Wasser- 
thieren  (aus  Binnenwissem  oder  Meeren), 
seit  1852  Ton  England  aus  (durch  Ward, 
Gosse  u.  A.)  als  Zimmeraierde  empfohlen. 
Grosse  Aquarien  in  zoolog.  Garten  namentl. 
in  London,  Hamburg,  das  grösste  A.  in 
Berlin.  Vgl.  die  Schriften  über  d.  A.  yon 
Goue  (18S5),  Rosamaüler  (2.  Aufl.  1869),  Hih- 
Urd  (1869),  Wood  (1869). 

Aqnarins  (lat.),  Wassermann. 

Aqvatfnta  (lat.),  getuschte  Manier,  Nach- 
ahmung yon  Tusch-  oder  Seplaseichuungen 
durch  Kupferstich,  erfunden  yon  Gilpin; 
ausges.  Stecher  Pieringer  und  Haldenwang. 

Aqua  Tofina  (Aoquetta  di  Napoli),  Gift- 
trank, der  KU  Ende  des  17.  Jahrb.  von 
einer  Sidlianerin  Tofanasu  yerbrecherlschen 
Zwecken  bereitet  und  unter  dem  Namen 
Ma%na  von  8i,  Nikolaus  von  Bari  verkauft 
wurde.  Zusammensetzung  unbekannt  (wahr- 
soheinl.  Arseniklösung). 

Aquarft  (latA  Lebenswasser,  Liqueur. 

AquariTS,  Claudio,  geb.  14.  Sept.  1543, 
seit  1581  4.  Ghneral  des  Jesuitenordens  u. 
gleichsam  Neubegründer  desselben,  Urheber 
der  ,Ratio  studiorum  Societatis  Jesu*  (Rom 
1686)  u.  des  ,Dlreotorlum  exercitiorum  spiri- 
tualium';  f  31*  Jas*  l^l^*  Unter  ihm  stieg  die 
Zahl  der  Mitg|^der  des  Ordens  auf  10,000. 

Aqnlla  (lat.),  Adler;   Stein  der  Weisen. 

AquilSy  befest.  Hauptst.  der  ital.  Prov. 
Abruzzo  ulterioreü,  am  Atemo,  12,000  Ew. 

Aqullfty  1)  Pontieus,  nebst  Symmachus  u. 
Theodotion  Verf.  der  ältesten  ipiech.  Ueber- 
setzung  des  A.  T.,  Jude  aus  Sinope,  um 
130  n.  Chr.,  später  Ohrist,  soll  als  Baumeister 
Ton  Hadrian  den  Auftrag  erhalten  haben,  den 
Tempel  zu  Jerusalem  wieder  herzustellen.  — 
2)  Katpar,  eigentl.  Adltr,  Freund  u.  (^ehülfe 
Luthers,  geb.  7.  Aug.  1488  zu  Augsburg, 
Feldprediger  bei  Franz  von  Sickingen,  seit 
1528  Superintendent  in  Saalfeld,  reizte  den 
Zorn  des  Kaisers  durch  seine  gegen  das 
Interim  gerichteten  Schriften,  ward  von  der 
Gräfin  Katliar.  von  Schwarzburg  geschützt; 
t  15.  Nov.  1560  zu  Saalfeld.  ,Cliristl.  Erklä- 
rung des  kleinen  Katechismus*  (Augsb.  1538). 

Aquilsrls  Lamarch,  Pflanzengattung  der 
Thymelaceen,  Bäume  in  Ostind.  u.  Chiua, 
A.  malaocensis  Lam.  liefert  das  Adler-  oder 
unächte  AIo6-  oder  Paradiesholz ;  A.  Agal- 
locha  J?ox5.  das  Agallochholz. 

Aqvllegla  L.  (Aictiti,  Aglei),  Pflanzengat- 
tung der  Ranunculaceen,  in  Europa,  Nord- 
asien und  Nordamerika.  Von  A.  vulgaris  L, 
sind  die  Samen,  Semen  Aquilegiae,  officiuell. 


Atiui\i}&(AgloJ),  alte  Stadt  im  Stterrelcb. 
Küstenland  (Ctöra  und  Gradiska),  y%  St. 
vom  Meer  (Kanal  dahin),  1750  Ew.  Zur 
Römerzeit  Hauptfestnng  und  bedeutende 
Handelsstadt,  452  von  Attila  zerstört;  im 
Mittelalter  Sitz  eines  Patriarchen.  Dom  von 
1041.    Viele  röm.  Alterthümer. 

Aqullo  (lat.).   Nordostwind. 

Aqnincn«  (Acincum,  a.  Gr.),  röm.  Festang 
an  der  Donau  in  Pannonien,  jetzt  Alt-Ofen. 

Aquiao  (lat.  Aquinum) ,  Stadt  in  der  unter- 
ital.  Prov.  Terra  di  Lavoro,  1860  Ew.  Ge- 
burteort  Juvenals  und  des  Thomas  von  A. 

AqnisgrrXnuniy  lat.  Name  von  Aachen. 

Aquitanien ,  Prov.  des  alten  Gallien, 
zwischen  defi  Pyrenäen,  dem  atlant.  Ocean, 
der  Garonne  und  den  Ceveunen,  von  iberi- 
schen Völkerschaften  bewohnt,  ward  412 
von  den  Westgothen  erobert,  diesen  von 
dem  Frankenkönig  Chlodwig  508  entrissen, 
unter  den  Merovingem  von  unabhängigen 
Herzögen  beherrscht,  von  Karl  d.  Gr.  769 
wieder  unterworfen  und  als  Königreich 
seinem  Sohne  Ludwig  dem  Frommen 'zuge- 
tbeilt.  Später  wieder  unter  fast  unab- 
hängigen Herzögen  stehend,  fiel  es  in  Folge 
der  Vermählung  des  Königs  Ludwig  VTI.  mit 
Eleonore,  der  Erbin  des  Landes,  an  die 
Krone  Frankreich,  1152  mit  Eleonorens  Hand 
an  Heinrich  H.  von  England,  nach  langen 
Kriegen  unter  Karl  VII.  1451  dauernd  an 
Frankreich.    Vgl.  Gnj/enne  und  0<ucogne, 

Aquitanlsches  Meer,  der  Golf  von  Bis- 
caya  in  etwas  weiterer  Ausdehnung. 

A.  r.  (abbr.),  anno  regni,  im  Jahr  der 
Regierung  oder  des  Reichs. 

Ära,  Gattung  der  Papngeien  (s.  d.). 

Arabah,  }Yadi  el,  Felsenthal  zwischen 
dem  Meei'busen  von  Akabah  u.  dem  todten 
Meere,  mit  den  Ruinen  von  Petra;  einat 
wahrscheinl.  das  Bett  des  Jordan. 

Arabesken  (Moreiken,  Qrotteaken),  ans 
phaatastisch  verbundenen  Pflanzen-  und 
Thierformen  bestehende  Ornamente,  schon, 
bei  den  alten  Griechen  in  Gebrauch,  aber 
bes.  von  der  röm.  und  griech.-röm.  Kunat 
Unteritaliens  ausgebildet,  in  der  neueren 
Kunst  namentl.  von  BLaphael  wieder  in 
Aufuahme  gebracht. 

Arabien,  die  grosse  südwestl.  Halbinsel 
Asiens,  zwischen  dem  pers.  Meerb.,  dem 
rothen  und  dem  arab.  Meere,  durch  die 
(jetzt  durchstochene)  Landenge  von  Suez 
mit  Afrika  zusammenhängend,  48,260  QM. 
mit  nur  4  (n.  And.  9  —  12)  Mill.  Ew.  Ein 
durch  Wüsten  und  gefährliche  Meere  abge- 
schlossenes, vom  Völkerverkehr  wie  von 
der  Heerstrasse  der  Eroberer  stets  ab- 
gelegenes Hochland,  Im  Innern  (Nedschd) 
wüstes  Plateau,  an  den  Küsten  terrassen- 
förmig, oft  steil  abfallend,  mit  6  —  8000'  h. 
Gipfeln;  auf  der  peträischen  Halbinsel 
(NW.)  isolirt  der  Sinai,  über  8000*.  Eigent- 
liche Flüsse  fehlen;  zur  Regenzeit  stürzen  un- 
zählige Wasserläufe  durch  Wadis  (Schluch- 
ten) von  den  Küstongebirgen  ins  Meer. 
Das  Klima  Im  Allgemeinen  alHkanisch: 
auf  der  Hochebene  grösste  Hitze  u.  Trocken- 
heit abwechselnd  mit  rauher  Kälte,  ja 
Schnee.    Die  Küsteuterrassen-  durch  ocean. 


Arabische  Sprache  und  Literatur. 


111 


Elfma  begünstigt  tt.  daher  meist  frachtbar. 
I^odukte:  Kaffee,  Datteln,  Bidlgo,  Weih- 
rauch, Baumwolle,  Myrrhen,  Gummi-  und 
Gewürzpflanzen ,     Manna ,     Sennesblätter, 
Droguen,  Perlen  (im  pers.  Golf),  bes.  aber 
ausgeseiohnete  Pferde,   über   deren  unrer- 
Dilschtes  Blut  man  Stammbäume  führt,   u. 
Kamele,     beide    charakteristisch     für     A. 
Bevölkerung:  ausser   den   elgentl.   Arabern 
Osmanen,    Turkmanen,   Armenier,    Juden, 
Banianen     ^ind.    Kaufleute),     Neger    und 
Abessinier  (als  Sklaven).    Die  heimischen 
Araber  sind  yor  allen  Völkern  Asiens  durch 
Kraft  und  Bildsamkeit  ausgezeichnet,   von 
Freiheitsliebe,   Stolz  und  Muth  erfüllt  und 
zu  Entbehrung  aller  Art  wie  geschaffen; 
sie  leben  patriarchalisch,  sind  zum  grössern 
Theil    Nomaden   (Beduinen) ,    zerstreut   in 
Tlele  Stämme  u.  Horden,  die  unter  Scheiken 
und  Emirn  stehen,   zum  kleinern  Hadhesi, 
d.  1.  ansässig  in  Städten  u.  Landgemeinden 
unter  Imamen,   wo  sie  von  Ackerbau  (Fel- 
lahs)  und  Handel  leben,  nii^ends  aber  Ge- 
werbe treiben.    Die  Hauptlandschaften  A.s 
am  rothen  Meer:  Hedschaa  u.  Jemen  (glücM. 
A.),  im  Innern:  2fed»chd,  am  arab.  Meer: 
Hadramaut,   am  pers.  Golf:  Oman  (Maskat) 
und  Lachsa  (El  Hasa).    Wichtigste  Städte: 
Mekka,  Medina,  Mokka,  Maskat  und  Aden. 
Der  mächtigste  inländ.  Herrscher  ist   der 
Imam  von  Maskat.     Hedschas    und   Jemen 
(9112  QM.  mit900,OOOEw.)  gehören  zurTürkei, 
die   Stadt  Aden   den  Engländern.    Haupt- 
sprache das  Arabische.  Religion:  der  Islam, 
dessen  Wiege  A.  ist.   Die  Mehrzahl  der  Be- 
wohner Sunniten ;  auf  pers.  Meerb.  Schiiten ; 
im  Innern  Wahablten.    Geduldet  sind  Chri- 
sten, Juden,  Brahmabekenner  und  Parsen. 
Vgl.  J?rftter,  »Erdkunde*,  Bd.l2u.  13, 1846-47, 
die  Reiseberichte  von  Niehuhr,  Burckhardt, 
WaÜin,    Wellstedt,  Burton,  Palgrave  u.  A.; 
MdUaan,    »Wallfahrt    nach   Mekka*,     1865; 
Wrede,  ,Reisen  in  Hadhramaut',  1870;  Avril, 
,L'Arabie     contempor.',    1868;     WüHenfeld, 
»Wohnsitze  und   Wanderungen    der    arab. 
Stämme',  1869. 

Oesehichte.  Als  Ureinwohner  A.s  wer- 
den die  Bajaditen,  angebl.  Nachkommen 
Ismaols,  genannt.  Gleichen  Ursprung  sollen 
die  Fürsten  der  arab.  Landschaften  haben, 
wie  namentlich  die  Dynastie  der  Htm- 
jariten  (Homeiriten),  welche  2000  Jahre  in 
Jemen  herrschte.  Hier  lebten  die  Bewohner 
in  Städten  und  trieben  Ackerbau,  während 
der  übrige  Theil  des  Volks  nomadisirte. 
Von  den  morgenländ.  Eroberern  nicht 
unteijocht,  unterwarfen  die  Araber  nach 
Alexanders  d.  Gr.  Tode  einen  Theil  Ohal- 
däas,  Irak-Arabi  genannt,  und  gründeten 
das.  ein  Königreich  Hira.  Ein  anderer 
Stamm  stiftete  am  FIuss  Ghassan  das 
Reich  der  Ghassaniden.  Erst  der  röm.  Kaiser 
Trajan  drang  (107  n.  Chr.)  tiefer  in  das 
Innere  des  Landes  ein  und  brachte  die 
nSrdl.  Gebiete  unter  röm.  Abhängigkeit. 
Fortwährende  innere  Kämpfe  Hessen  das 
Volk  nicht  erstarken.  Als  Ganzes  fühlte 
es  sich  erst  seit  Mohammeds  Religions- 
stiftung. Aus  den  Grenzen  der  Halbinsel 
heraustretend,    gründete    es   Reiche  in  S 


Welttheilen  (s.  Mauren  und  Khalifen),  Der 
Starz  des'  Khalifats  zu  Bagdad  (1258)  und 
die  Vertreibung  der  Mauren  aus  Spanien 
(1492)  bezeichnen  das  Ende  der  arab.  Herr- 
schaft in  Vorderasien  u.  Europa,  die  auch  In 
der  Kulturgeschichte  Epoche  macht.  Di» 
wichtigsten  Data  in  der  neueren  Geschieht» 
A.s  sind  die  Unterwerfung  Jemens  im  .16. 
Jahrh.  durch  die  Türken  u.  deren  Wieder- 
vertreibung Im.  17.  Jahrh.,  die  Herrschaft 
der  Portugiesen  von  1508  — 1659  über  Mas- 
kat, vornehm],  aber  das  Auftreten  der 
Wahabiten  (1770)  und  deren  Bekämpfung 
durch  Mehemed-Ali  (1818).  Letzterer  be- 
mächtigte sich  der  Küste  von  Hedschas  u. 
mehrerer  Punkte  von  Jemen,  sah  sich  Jedoch 
in  Folge  der  Ereignisse  von  18^  in  Syrien 
gezwungen,  seine  die  arab.  Küsten  betref- 
fenden Eroberungspläne  auf-  u.  das  Hüter- 
amt der  heil.'  Städte  mit  der  nominellen 
Herrschaft  über  Hedschas  dem  Sultan  Ibu- 
rückzugeben.  Seitdem  hat  von  fremden 
Mächten  nur  England  in  Folge  der  Besitz- 
nahme von  Aden  Einfluss  in  A.  ausgeübt. 
Das  15.  Juni  1858  von  Mohammedanern  zu 
Dschldda  auf  die  dort.  Christen  gemachte 
Attentat  hatte  das  Bombardement  der  Stadt 
durch  die  Engländer  (25.  Juli)  zur  Folge. 
Vgl.  Oriehton,  ,Hi8t.  of  Araby*,  1852;  £1«* 
dillot,  ,Hist.  desArabesS  1854;  Flüga,  ,Ge- 
schichte  der  Araber',  1865 ;  MiUler,  Beiträge 
zur  Gesch.  d.  westl.  Araber*,  1868;  Weil, 
, Gesch.  der  islamit.  Völker*,  1868. 

Arabische  Spraehe  and  Literatur.  I.  Die 
arab.  Sprache,  ein  Zweig  des  semit.  Sprach- 
stamms, überaus  bildungsfähigi  reich  und 
von  geschmeidigen  Formen,  hatte  sich  schon 
vor  Mohammed  als  vorzügliches  Organ  für 
Poesie  bewährt  und  wurde    besonders  von 
den  Beduinen   in  Ihrer  Reinheit   bewahrt. 
Zwei  Hauptdialekte :  der  südliche  oder  hlm- 
Jaritische  (jetzt  ausgestorben)  und  der  nörd- 
liche; letzterer  durch  den  Koran  die  allge- 
mein  herrschende  Schrift-   und  Umgangs- 
sprache im  ganjsen  arab.   Reiche  und  als 
solche  in  Syrien,  Aegypten  und  NordafHka 
noch     Jetzt     bestehend     ( Vulgärarabiscl|) ; 
ausserdem  Kirchen-  u.  theilweise  GelehrteU- 
sprache  bei  allen  islamitrschen  Völkern  (von 
Afrika  bis  Indien).  Zahlr.  Grammatiker  (der 
älteste  Alful  A»wad,  um  660)  und  Lexikogra- 
phen (die  geschätztesten:  AI  DscTiauhari,  f 
1009,  und  AI  Firuzabadit  f  1414).   Wiederbe- 
lebung des  Studiums  der  arab.  Sprache   in 
Frankreich  durch  Poatel  1588,  in  Deutschland 
durch  8pey  158S.   Neuere  Grammatiken :  von 
aUv.  de  8aey  (1831,  S  Bde.),  Ewald  (1831  ff., 
2  Bde.),  Gaapari  (2.  Aufl.  1859),  Boorda  (1859) 
und  Hassan  (1869).     Neuere  Wörterbücher  r 
von  Freytag  (1830  f.,  4  Bde.,  Auszug  1837)  und 
Katimirski  (1848),   für  das  Vnigärarabische: 
von  Catafago  (1858,  2  Bde.),  Zenker  (1862—70),   . 
Xone  (1863  f.).   Die  arab.  Metrik  behandelten  ' 
Ewald  (1825)  und  Freytag  (1880).    Sammlnn-  j 
gen  arab.  Manuskripte  im^scurlal,  in  Rom, 
Paris,   Leyden,   Oxford,   London,  Gotha, 
Wien,  Berlin,  Kopenhagen,  Petersburg.  — 
Die  arab',  Schrift  wird  wie  alle  semit.  von 
rechts  nach  links  gelesen.    Ihre  älteste  Gk» 
st^It  ist  die  kv^flache  Bchrift,  die  später  durch 


112 


Arabischer  Meerbasen  —  Arächan. 


das  noch  Jetst  gebräuchliche  JftdBehe  yer- 
drangt  wvrde.  Vgl.  MÜOer,  ;OrientaL 
PaläographieS  1848. 

II.  Die  arab.  Literatur  bildet  in  der  Ge- 
schichte der  Entwicklung  der  Menschheit 
und  der  allgem.  Weltliteratur  ein  bedeuten» 
des  Moment.  Die  älteste  ib««<e  ist  Volks- 
lyrik,  mit  epischen  und  didakt.  Elementen 
Tei-setzt;  dadei  Reim  neben  Silbenmessung 
Ton  Anfang  an  wesentlich.  Aelteste  Volks- 
sänger:  Tadbata  Beharren  und  Sehanfara. 
Bei  regster  Pflege  der  Dichtkunst  noch  vor 
Mohammed  hohe  Blüthe  derselben:  Helden- 
und  Kriegsgesänge,  Liebeslieder,  Todtenkla- 
gen,  Ehren-  u.  Scnmähgedichte,  Sprüche  etc. 
Ein  grosser  Theil  derselben  vereinigt  in  d^r 
Samasa  (s.  d.)  u.  andern  Gedichtsammlungen. 
In  Folge  dichterischer  Wettkämpfe,  die  all- 
Jährl.  auf  der  Messe  su  Okadh  Statt  fandeu, 
entstanden  die  ber.  Jfoa22aA;a<  (Preisgedichte), 
wovon  7  von  7  Dichtem  vorhanden:  Tara/a, 
Bareth,  Amru  (6.  Jahrh.  n.  Chr.),  Antara, 
Buhair,  Lebid,  Amrükaia  (7.  Jahrb.).  Nach 
Mohammed  ward  die  Dichtung  vielseitiger 
und  glänzender,  aber  auf  Kosten  der  ur- 
sprfingl.  Kraft  und  Originalität.  Strenge 
Befolgung  der  Metrik  und  Prosodle,  aber 
meist  ohne  B^eisterung  und  Geschmack. 
Der  Koran  brii:^  das  religiöse  Element  in 
die  Poesie ;  daneben  widmen  sich  die  Dich- 
ter vorzugsweise  dem  Dienste  der  Khalifen 
<die  glänzenden,  Poesie  u.  Wissenschaft  pfle- 
genden Höfe  Almansorp  754-— 775  u.  Harun 
«1  Raschids  786—808),  daher  das  Lobgedicbt 
bes.  ausgebildet.  Hauptgattungen  der  Lyrik : 
die  Kasside,  das  Ohasel,  die  Makamen  und 
Mesnewi.  Drama  unbekannt.  Vorzüglichste 
Dichter  der  nachmohammed.  Zeit:  Jbn  Do- 
reid  (t893),  Motenebbi  (t965),  Abulcda  (f  1058), 
Toghrai  (t  1121),  Meidani  (f  1125),  Zamakh- 
^chari  (f  1143))  Bcha^rüh,  letztere  bes.  als 
Didaktiker  ausgez.;  Hamadani  und  Hariri, 
Makamendichter.  ^hlr.  Fabeln  (Lohnum), 
Romane  u.  Märchen  (.Tausend  u.  Eine  Nacht',' 
,Antars  Thaten*  u.  a.).  Allgem.  Verfall  der 
«rab.  Poesie  seit  dem  13.  Jahrh. ;  reiche  Nach- 
bljjthe  derselben  in  Spanien,  unter  den  Omaj- 
Jaden  zu  Gordova,  später  zu  Granada. 

Die  historische  Literatur  zahlreich  (angebl. 
1300  Werke,  meist  ungedruckt);  wichtig 
durch  den  Stoff,  die  Darstellung  chronik- 
«rtig,  dabei  orientalisch  -  schwUlstig.  Bedeu- 
tendste Historiker:  PToibedt  (t  822),  Kotaibah 
<t  889;,  Tabari  (f  922),  Mamdi»  Eutychiue, 
bes.  aber  ^&u2/eda  und  Ibn  Khaldun;  in  Spa- 
'uien  Abul  Ka»em,  Tamimi,  Ibn  Khatib  u.  a. 
Biographien  schrieben:  Oibi  (Mahmud  von 
Gazna),  JSohaeddin  (Saladdin),  Ibn  Arab- 
^chah  (Timur);  biographische  Lexiken:  Ibn 
Osaiba,  Ibn  Khallikan,  Dsahebi  etc.  Dane- 
ben Briefschreiben  Gegenstand  stilistischer 
Knnstleistung.  Pflege  der  exakten  Wiwen- 
3ehaften  schon  unter  den  Abbasiden  (seit 
750) ,  hervorgegangen  aus  dem  Studium  der 
a]tgi*iech.  Literatur.  Zahlreiche  Ueber- 
setzungen  aus  derselben.  Polygraphen  von 
seltener  Produktivität  (z.  B.  Bojuti,  f  l&^t 
Verf.  von  560  Schriften).  Das  Studium  der 
Medioin  wurde  durch  die  Araber  im  Mittelal- 
ter erhalten  und  neu  belebt;  bes.  die  Arz- 


neikunde, Chemie  und  Nosologie  gefördert. 
Gesetzgeber  für  die  Medicin  war  Avieenna; 
andere  berühmte  Aerzte :  Zohr  (f  1160}  und 
Averroee;  Jfsrve  (Arzneimittellehre),  Abtdka- 
Hm  (Chirurgie),  Beitar  (Botanik).  Auch  die 
Mathematik  ward  eifrig  gepflegt,  namentl. 
durch  Moham.  ben  Musa  (Albategnus,  f  ^29) 
und  Thabet  ben  Korrah,  wie  die  Optik  durch 
Haaem  (um  1100).  Für  Astronomie  berühmte 
Schulen  u.  Sternwarten  zu  Bagdad  u.Cordova. 
Astronomische  Tafeln:  die  nasslreddinischen 
zu  Maragha,  die  toledauischen  vaxd  alfon- 
sinischen.  Wichtige  astrou.  Werke  von  Al- 
fargani,  Albaten,  Alpetragius  etc.  Auch  die 
Leistungen  in  der  Geographie  höchst  wichtig, 
die  Literatur  darüber  sehr  reich.  Die  be- 
deutendsten geograph.  Aatoren:  Edriti  (um 
1150),  Bchehabeddim  (f  1229),  TaJcuti  (f  1249), 
Abulfeda,  Kaetoini,  Leo  Africanus;  liaeHr- 
eddin  und  ülug  Bei  (mathemat.  Geographie). 
Berühmte  Reisende:  Ibn  Haukai  (um  950), 
AJbiruni  (11.  Jahrh.)  und  Ibn  Batuta  (um  1354). 
Die  arab.  Fhilosophie  ist  ganz  aus  Aristoteles 
geschöpft  und  beschränkt  sich  auf  Dialektik 
und  Metaphysik,  die  beide  auch  auf  reli- 
giöse Untersuchungen  angewendet  wurden. 
Eigentl.  Begründer  der  arab.-aristotel.  Phi- 
losophie :  El  Fartibi  (f  960) ;  ber.  Kommentato- 
ren des  Aristoteles:  Avieenna  nnd  Averroee, 
beide  aber  entgegengesetzter  Meinung;  durch 
des  letztem  Schüler,  Moses  ben  Maimon,  kam 
die  Philosophie  vorzugsweise  in  die  Pflege 
der  Juden  und  durch  diese  an  die  abendländ. 
Christen.  Die  Spekulation  über  den  Koran 
rief  zahlreiche  Sekten  hervor,  wovon  4  (Ha- 
nefiten,  Kambaliten,  Schaflten,  Malechiten) 
als  rechtgläubig,  72  als  ketzerisch  gelten. 
Dogmatlker:  Omar  -  al  -  Naseß  (12.  Jahrb.); 
Kirchenrechtslehrer:  Alschaß ;  Yert,  des  an- 
gesehensten Gesetzbuchs:  Sheikh  Ibrahim 
(16.  Jahrh.).  Wichtig  für  die  arab.  Liter, 
das   ,Lexic.  bibliogr.'   des  Hadschi-Khalfa. 

Die  literar.  Thätigkeit  in  den  letzten  Jahrh. 
und  der  Gegenwart  sehr  dürftig:  Schollen 
und  Kommentare,  grammat.  Untersuchungen 
über  die  alte  Sprache.  Daneben  noch  Pflege 
der  medicin,  Studien.  Heutige  Mittelpunkte 
der  literar.  Bestrebungen:  Kairo,  Beirut  u. 
Algier.  Vgl.  Flügel,  ,Gesch.  der  arab.  Lit.^ 
1840;  ffammer  -  PurgstaÜ,  «Gesch.  der  arab. 
Liter.*,  1850  ff^.,  7  Bde. ;  Weil,  ,Die  poet.  Liter, 
der  Araber  vor  Mohammed',  1837;  Behack, 
, Poesie  und  Kunst  der  Araber  in  Spanien  u. 
SicilienS  1865,  2  Bde. ;  Bitter,  ,Ueber  unsere 
Kenntniss  der  arab.  Philosophie*,  1844; 
WUstenfeld,  ,Gesch.  der  arab.  Aerzte  und 
Naturforscher',  1840. 

Arabischer  Heerbosen,  das  rothe  Meer. 

Arabischer  Weihrauch,  s.  v.  a.  Olibanum. 

Arabisches  Gummi,  s.  Qummi  arabicum, 

Arabische  Ziffern«  unsere  den  Arabern 
entlehnten  9  Zahlzeichen ,  wahrscheinlich 
aus  Indien  stammend;  im  Abendland  seit 
dem  10.  Jahrh.  bekannt,  aber  langsam  Ein- 
gang findend. 

Arachan  (Arrakan),  brit.  Küstenprov.  in 
Hinterindien,  am  bengal.  Meerbusen,  836  QM., 
376,000  Ew.  Bedeut.  Handel  mit  Reis. 
Seit  1825  britisch.  Hauptst.  Akyab.  Die 
einst  blühende  Stadt  A.  Jetzt  verfallen. 


Avsohis  —  Aräometer. 


IrihiUl  L.  (Erämui.  Erdmandtl) .  Fau- 
tflU^ttan^  der  LA^niEnofteo.  A.  hypvȣ:jua 
L.,  ErdtitM  (BrdpIiUota,  MaidDblbohi»], 
wlohtigs  Knlturpfl»dM  In  MinBlafrik«  nnd 
Omodtsn,     Cräst    In    der    Erde    nlfSTida 

dam  ,  bei  3»  gwleliBndem   bei   IKÄtJuDKBl), 


uhnideB  {'Spimunltitrs),  GLIedsr 


waraon  jSkorpfnna  etc.);   ii SpInZ»   [Am- 

BKMnnki    (riod«»)?   Ra°ken  "mir'tiflclie.n 
(ApneuatK)!   HlBtetlelh  ftlilsnii  nd-r   vor- 


woiohsn  H»ol  (OBßHShftM)  <l«r  lwid,.ii  Ceu. 
IralthBilB  ds^  NsiTsnajatsm,,    d».  Geblra» 

AnehlMogi«  (er,,  JramiilngJE),  Splnusn' 

liaalrtiwtrt-rUtjmval.  ,Annf1"SW,  t7!lT. 

AruhasI»  in.  a.)i  dtBiadS.tlirh«'«  Pmr. 
des  hIIti«'!.  Itslefas,  dai  henMKn  AfKii»Dl«MD. 

^■ehowk  (dai  alte  Anemo'-i^M),   Ploirk-n 

LIakura  (^iraasi);  üor"  iiipüi  wVlü'hi^u.  *' 

Irad,  Ungar.  Komttat,    Ki-.  j«u-ln  dar 

Ttaalas.    II»  QM.  und  SM.OOU  ifw.,  w..IiIIk. 

welnraich  (Msnea).     ÄoatiM.   A     


*rion6tert«T 

,  Saakmc«  (kirdroilallKAa 

ipec.  Oewlchti  namentl.  tds  FlfliaigkalUo, 

bealBhl     am     «insm     pussud     gsformtMi 

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Tiaiälgkelt  ebs&in  Tlal  »lagt  aJ'a'd^rV"» 

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[al.    de  A.  IBM  BaumI,   Cartjsr  nnd  Beck 

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Gmd 

agan,  Bool-oderSiliisiii- 

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Arafat  —  Aralsee. 


dein,  Säoremeaser  etc.  —  Die  A.  Ton 
Nicholson,  Fahronheit  n.  Tralles  beruhen 
auf  dem  Satz,  dass,  wenn  ein  Körper  in 
Flüssigkelten  von  verschiedenem  spec.  Gtew. 
bis  SU  demselben  Punkt  einsinken  soll, 
sein  Gewicht  in  dem  Mass  verg^Sssert 
werden  muss,  als  das  spec.  Gew.  der  Flüs- 
sigkeit zunimmt.  Dem  'entsprechend  hat 
z.  B.  das  A.  von  Nicholson  ein  Tellerchen, 
auf  welches  man  so  lange  Gewichte  legt, 
bis  das  Instrument  bis  zu  einer  bestimmten 
Marke  eingesunken  ist.  Diese  nur  noch 
wenig  gebräuchlichen  A.  können  auch  zur 
Bestimmung  des  spec.  Gew.  fester  Körper 
dienen,  indem  man  z.  B.  ein  Mineral  von 
bekanntem  Gewicht  an  das  untere  Ende  des 
in  Wasser  getauchten  A.s  hängt  u.  durch  Auf- 
legen von  Grewichten  bestimmt,  wie  viel  ein 
dem  seinen  gleiches  Volumen  Wasser  wiegt. 

Arafat,  Wallfahrtsberg  bei  Mekka. 

ArSgO,  1)  Dominique  Franpois,  her.  franz. 
Physiker,  geb.  26.  Febr.  1786  zu  Estagel 
bei  Perpignan,  seit  1809  Mitglied  der  Aka- 
demie der  Wissenschaften  und  bis  1831 
Prof.  an  der  polytechn.  Schule  zu  Paris,  be- 
schäftigte sich  bes.  mit  Untersuchungen 
über  die  Polarisation  des  Lichts,  überGalva- 
nismus  u.  Magnetismus,  entdeckte  den  durch 
Rotation  entwickelten  Magnetismus.  Seit 
183].  Mitglied  der  Deputirtenkammer,<  hielt 
er  sich  zur  äussersten  Linken,  ward  Febr. 
1848  Mitglied  der  provisor.  Regierung  und 
Kriegs-  und  Marineminister,  später  in  der 
Nationalversammlung  Mitglied  des  Kriegs- 
ausschusses; t  3.  Okt.  1853  zu  Paris.  Sehr. 
«Astronomie  populaire'  (1884  —  35,  4  Bde.) 
und  zahli*eiche  Aufsätze  in  den  ,M6m6ires', 
den  ,Comptes  rendus*  und  den  von  ihm  und 
Gay-Lussac  redigirten  ,  Annales  de  chlmie  et 
physique',  sowie  in  dem  ,Annualre  des  Lon- 
gitudos*.  , Oeuvres*,  herausg.  von  JSarrcd 
(1855-60,  17 Bde.;  deutsch  von Hankel,  1855 
bis  1861,  17  Bde.).  Vgl.  Audiganne,  yVr.  A.*^ 
1869;  Bertrand,  ,A.  et  sa  vie  scientifiqueS  1865. 
—  ä)  Jaesues  Etienne  Victor,  Schriftsteller, 
Bruder  des  Vor.,  geb.  10.  März  1790,  machte 
1817—20  unter  Kapitän  Freycinet  eine  Reise 
um  die  Erde,  sehr.  Melodramen  und  Lust- 
spiele, ward  1835  Theaterdirektor  zu  Ronen; 
t  erblindet  Jan.  1855  in  Brasilien.  Sehr. 
, Promenade  autour  du  monde'  (1822,  2  Bde., 
mit  Atlas) ;  ,Voyage  autour  du  monde* 
(1838  —  40,  5  Bde.);  ,Voyage  d'un  aveugle 
en  Galifomie  et  dans  les  r6gions  aurif&res* 
(1851).  —  3)  EHeime,  Theaterdichter  und 
Journalist,  Bruder  des  Vor.,  geb.  zu  Estagel 
•  7.  Febr.  1803,  übernahm  1829  die  Direktion 
des  Vaudevilletheaters  in  Paris,  ward  Febr. 
1848  ■  Oberpostmeister  und  Mitglied  der 
Nationalversammlung,  wegen  Betheiligung 
am  Juniaufstand  0  in  contumaciam  zur  De- 
portation verurtheilt,  hielt  sich  in  Belgien 
und  England  auf,  kehrte  später  nach  Paris 
zurück,  wo  er  Sept.  1870  Maire  ward.  —  4) 
Etnanuel,  Sohn  von  A.  1),  geb.  6.  Aug.  1812 
zu  Paris,  sehr,  seit  1832  einige  Lustspiele 
und  Vaudevilles,  ward  dann  Advokat,  be- 
theiligte sich  an  der  Februarrevolution  von 
1848,  ging  Mai  d.  J.  als  Gesandter  nach  Ber- 
lin, zog  sich  nach  2.  Dec.  1851  yqfn  öffeiit|. 


Leben  zurück,  ward  1869  Mitglied  des  ge- 
setzgebenden Körpers,  Sept.  1870  der  provi- 
sorischen Regierung.  —  5)  Alfred,  Maler, 
Bruder  des  Vor.,  Schüler  Delaroches,  ward 
1852  General  Inspektor  der  schönen  Künste 
im  Ministerium.    Karl  V.  in  San-Juste  etc. 

Aragon,  linker  Nebenfl.  des  Ebro  ia 
Spanien,  entspringt  am  Mt.  d'Aspe  in  den 
Pyrenäen,  mündet  oberhalb  Alfaro;  80  M. 
Danach  benannt  das  Königr.  A.  (Aragonien). 

Aimgonlen,  Landsch.  (Königr.)  im  nördl. 
Spanien,  an  Frankreich  stossend,  auf  beiden 
Seiten  des  Ebro,  845  QM.  mit  nur  921,305  Ew. 
Hocharagonien,  anmuthiges  Gh)birgsland,  u. 
Niederaragonien ,  öde  Ebene.  Berüchtigte 
Winde:  Cierco  von  NW.,  Bochoma  von 
SO.  Kultur  äusserst  vernachlässigt.  Die 
Ew.  von  sprich wörtl.  Starrsinnigkeit,  finster, 
tapfere  Soldaten.  8  Provinzen:  Saragossa, 
Temel,  Huesca.  A.  war  um  1000  ein  Theil 
des  Königreichs  von  Sobrarve  u.  Ribagorza, 
dessen  Beherrscher  Ramiro  der  Bastard, 
Sohn  des  Königs  Saneho  d.  Gr.  von  Navarra, 
1035  den  Titel  eines  Königs  von  A.  annahm. 
Als  1162  nach  dem  Erlöschen  dieser  Dy- 
nastie der  Graf  Berengar  IV.  von  Barcelona 
den  Thron  von  A.  bestieg,  begann  die 
Glanzzeit  dieser  Monarchie,  die  bis  zum 
Tode  Ferdinands  des  Katholischen  (1516) 
dauerte.  Das  Reich  umfasste  in  dieser  Zeit 
auch  Valencia  u.  die  Balearen,  sowie  zeit- 
weilig Sicilien  und  Sardinien.  Durch  Ferdi- 
nands Vermählung  mit  Isabella  von  Kastilien 
(1479)  wurde  die  Vereinigung  der  Reiche 
Kastilien  n.  A.  herbeigeführt,  doch  behielt 
letzteres  seine  alten  Vorrechte  und  Gtesetze, 
die  es  erst  unter  den  Bourbonen  verlor.  Vgl. 
Schmidt,  «Geschichte  A.s  im  Mittelalter*,  1828. 

Aragomt,  Mineral  der  Kalkhalllthe,  koh- 
lensaurer Kalk  isomer  dem  Kalkspath,  auf 
Klüften  und  in  Drusen  von  Basalt,  in  den 
Kalkabsätzen  heisser  Quellen. 

AragriiA,  Küstenfl.  in  Venezuela,  mündet 
bei  Nuova  Barcelona  in  das  karaib.  Meer. 
Sein  Thal  durch  Fruchtbarkeit  berühmt. 

Antguay,  Nebenfl.  des  Tocantins  in  Bra- 
silien, fliesst  zwischen  den  Prov.  Matte 
Grosso  und  Goyaz,  mündet  bei  Sa5-Joäo. 

Arak  (Arrtus) ,  geistiges  Getränk,  wird 
durch  Gährung  und  Destillation  aus  Reis, 
Palmensaft  und  Melasse  bereitet.  Der  beste 
A.  kommt  aus  Batavia.  Der  Goaarak  aus 
reinem  Palmensaft  ist  schwächer,  vertritt 
in  Indien  die  Stelle  unseres  Branntweins. 

ArakatMha,  s.  Maniok. 

Araktsch^ew,  Graf  von,  russ.  General, 
geb.  1769,  1806  Kriegsmiuister,  1810  MitgUed 
desReichsraths,  Gründer  der  Militärkolonien 
und  Chef  derselben;  f ,  von  Nikolaus  1825 
verabschiedet,  3.  Mai  1834.  Biogr.  von  ßatach 
(1864,  Bd.  1). 

Aralia  L. ,  Pflanzengattung  der  Umbelli- 
feren  in  Asien  und  Nordamerika,  viele  Blatt- 
zierpflanzen. Aus  dem  Mark  der  chines.  A. 
papyrifera  ITooA;.  wird  das  Reispapier  gefertigt. 

Aralsee^  Steppensee  in  Asien,  östl.  vom 
kasp.  Meer  (dazwischen  der  Turkmanenisth- 
mus),  nur  25'  üb.  Meer,  1267  QM.  Schwach- 
salziges Wasser;  im  Abnehmen  begriffen. 
Zuflüsse  (von  Turkistan):  Ami^  und  Syr. 


Araiü  —  Arbeitshäuser. 


115 


Aram  (spr.  Aqräm),  Eugen,  durch  sein  trag. 
Schicksal  bekannt  gewordener  engl.  Schul- 
mann, geb.  1704  zu  Ramsgill  in  der  engl. 
Orafsch.  York,  ward  wegen  eines  1745  aus 
Eifersucht  verübten  Mords  S:Aug.  1753  zu  York 
^ehenkt^    Held    eines  Bomans  von  £üliffer. 

AramSa  (d.  1.  Hochland,  gegenüber  Ka- 
naan, d.  i.  Tiefland),  im  A.  T.  das  ge- 
sammte  Land  zwischen  Arabien,  Armenien, 
Palästina  u.  Phönicien.  Aramäische  ßpraehe, 
dem  semit.  Sprachstamm  angehörend,  mit 
'S  Hauptdialekten:  west-  (syrisch)  und  ost- 
aramäisch (chaldäisch). 

Aran  (Val  d'A.),  Pyrenäenthal  in  Ära- 
^onien,  nahe  der  französ.  Grenze;  Quelle 
der  Garonne.    Westl.  der  Maladetta. 

Aranda,  Pedro  Pablo  Abaraca  de  Bolea, 
<iraf  von,  span.  Diplomat  und  Staatsmann, 
geb.  21.  Dec.  1718  zu  Saragossa,  seit  1765 
Präsident  des  Raths  von  Kastilien,  be- 
schränkte als  solcher  die  Inquisition,  ver- 
trieb 1767  die  Jesuiten  aus  Spanien,  ward 
1773  von  der  Verwaltung  entfernt,  über- 
nahm sie  1792  auf  kurze  Zeit  wieder;  f  1799. 

Araneiden^    s.  ▼.  a.  Arachniden. 

AraBeoIogie,  s.  v.  a.  Arachnologie. 

Ara^Jnez  (spr.  -chues),  Stadt  in  Spanien, 
-am  Tigo»  ^Va  M.  von  Madrid;  königl.  Lust- 
sohloss  (unter  Philipp  IL  erbaut) ,  4000  (bei 
Anwesenheit  des  Hofs  über  10,000)  £w<  Ver- 
trag vom  12.  April  1772  zwischen  Frank- 
reich u.  Spanien  ge^en  England.  A4>dankung 
König  Karls  IV.  zu  Gunsten  seines  Sohnes 
Ferdinand  19.  März  1808. 

ArSny.  Janos,  ungar.  Epiker,  geb.  1.  März 
1»17  au  I^agy-Szalonta  (Kom.  Bihar),  seit 
1851  Prof.  zu  Kagy- Koros,  seit  1860  Direk- 
tor der  Kisfaludygesellschaft  zuPesth,  seit 
1859  Mitglied  der  ungar.  Akademie.  Haupt- 
werke: ,Toldi*  (deutsch  von  Kolbenheyer 
1855) ;  ,Dle  Belagerung  von  Murany*  (deutsch 
von  Kertbeny  1851);  ,Katalin*  (1850);  ,Die 
2igeuner  von  Nagy  -  Ida'  (1852) ;  ,Toldis 
Abend*  (deutsch  von  Kolbenheyer  1856); 
^Bnda  halila^  1.  Th.  einer  epischen  Trilogie, 
1864  von  der  ungar.  Akademie  gekrönt. 

Aranyos  ^  rechter  Kebenfl.  der  Marcs  In 
Siebenbürgen,  18  M.,  fühi*t  Gold. 

Arar,  im  Alterth.  die  Sa6ne. 

Ararat,  höchster  Berg  Armeniens,  auf 
•der  Grenze  von  Kussland,  Persion  und  der 
Türkei,  vulkanisch,  mit  2  Gipfeln  16,250 
und  12,284'.    Arche  Noahs. 

Aras  (Araxes),  Nebenfl.  des  Kur  in  Ar- 
menien, entspr.  bei  Erzerum;  Grenze  zwi- 
schen Russland  und  Persien ;  110  M. 

Aritns^  1)  A.  aus  Sicyon,  grlech.  Staats- 
mann, um  272  V.  Chr.  geb.,  befreite  seine 
Vaterstadt  von  der  Tyrannis,  bewirkte  251 
deren  Beitritt  zum  achäischon  Bunde,  der 
unter  seiner  Leitung  Kraft  und  Ansehen 
{gewann,  aber  in  Folge  der  Herbeirufung  der 
Macedonier  gegen  Sparta  (224)  unter  mace- 
don.  Herrschaft  kam;  f  213,  auf  Anstiften 
Philipps  LEI.  von  Macedouien  vergiftet.  Blogr. 
▼on  Plutarch.  —  2)  A.  aus  Soli  in  Sicilien, 
um  270  V.  Chr.,  behandelte  das  damalige 
Astronom.  System  in  einem  Lehrgedicht 
jPhaenomena',  herausg.  von  J.  Hekker  (1828) 
find  JOchly  (1851);  übers,  von  Voss  (1824). 


Araneo»  linker  I^ebenfl.  des  Orlnoco  in 
Venezuela ,  entspr.  auf  den  Anden  im  östL 
Neugranada,  100  M. 

Arancanla,  Küstenlandschaft  in  Chile, 
zwischen  dem  Biobiofluss  und  der  Insel 
ChiloS  bis  zu  den  Anden,  deren  nördl. 
Theil  die  heutige  Prov.  A.  (Arauco)  bildet, 
652,5  QM.  mit  (1867)  80,066  Ew.  und  der 
Hauptst.  Los  Angeles.  Die  Hanptbevölkerung 
von  A.  die  Araukaner  (Araucos),  ein  allezeit 
ziemlich  unabhängiges  Indianervolk  mit 
mllitär.  aristokrat.  Verfassung,  das  einst  eine 
Art  Föderativstaat  von  4  Fürstenthümem  mit 
i/a  Mill.  (jetzt  kaum  80,000)  Ew.  bildete  und 
sich  gegen  die  Angriffe  der  Spanier  (seit  1537) 
mit  Erfolg  wehrte  Diese  alten  Kämpfe  ver- 
herrlicht Ercilla»  span.  Epos  ,Araucana*.  In 
neuester  Zelt  errang  ein  französ.  Advokat, 
de  Tonneins,  die  Herrschaft  über  die  India- 
ner und  Hess  sich  1860  unter  dem  Namen 
Orelie  Antoine  I.  zum  konstitution.  König 
von  A.  erklären.  Schon  1861  wurde  er  Jedoch 
von  den  Chilenen  gefangen  und  nach  Frank- 
reich zurückgeschickt.  Seitdem  fortdauern- 
der Krieg  zwischen  der  Regierung  und  den 
Araukanem,  den  erst  der  Friede  vom  22. 
Jan.  1870  beendete.  Orelie  ist  inzwischen  von 
Neuem  in  A.  erschienen  u.  hat  sein  Königr. 
wieder  hergestellt.  Vgl.  Smith,  ,The  Arau- 
canians*,  1855;  ,0relie  Antoine  I  etc.,  par 
lui  mdmeS  1863;  Aimard,  ,L^AraucanS  1864. 

Araocarla  Ju$s.  (Andentanne),  Pflanzen- 
gattung der  Koniferen,  hohe  Bäume.  A. 
braslliensis  Rieh,  bildet  ausgedehnte  Wälder 
in  den  brasil.  Gebirgen;  A.  imbricata  Pub. 
rPehuen),  über  150'  hoch,  im  sudl.  Chile; 
A.  Cunnlnghaml  Ait.,  bis  100'  hoch,  an  der 
Ostküste  von  Neuholland ;  A.  Bidwilll  Hook,, 
nord  westl.  von  derMoretonbai  in  Australien, 
liefert  sehr  dauerhaftes  Holz. 

Aranjo  Porto -Alegre  (spr.  -auscho),  Mo- 
noel  de,  brasil.  Dichter  und  Maler,  geb.  29. 
Nov.  1806  zu  Rio-Pardo  (Prov.  Sao- Pedro), 
ward  1887  Prof.  an  der  Kunstakademfe  zu 
Rio,  1859  brasil.  Generalkonsul  in  Berlin. 
Sehr.  ,Colombo'  (Epos)  und  ,Brasilianas*. 

Arauslo  (lat.),  Stadt,  s.  Orange. 

Aravalligebirge^  Gebirge  in  Westvorder- 
indien, Wasserscheide  zwischen  dem  arab. 
Meer  und  dem  Gangesgebiet.  [Gniana. 

Arawiken,     Indianerstamm     im     westl. 

ArSxes.  s.  Ära», 

Arbe.  dalmat.  Insel,  an  der  kroat.  Küste, 
3,5  QM.  und  3460  Ew.,  fruchtbar. 

Arbedo.  Dorf  im  Kanton  Tessln,  am 
Tessiu.  Hier  30.  Juni  1422  Sieg  der  Schwei- 
zer über  die  Mailänder  unter  Carmagnola 
(Schlacht  von  St.  Paul). 

Arbeitahaoser,  im  Allgemeinen  Anstalten, 
welche  den  Zweck  haben,  Ihre  Insassen 
mit  Arbelt  zu  beschäftigen,  entweder  Werk- 
häuser  für  freiwillige  Arbeiter,  vom  Staat 
oder  von  Gemeinden  oder  von  Privaten 
unterhaltene  Anstalten ,  welche  ohne  eigne 
Verschuldung  arbeitslos  gewordenen  Arbei- 
tern Arbeit  darbieten  und  dazu  Wohnung 
und  Unterhalt  gewähren;  oder  Zwange- 
arbeitshäuser ,  in  welchen  Müssiggänger, 
Bettler  und  Vagabunden  zur  Arbeit  ange- 
halten   worden;      oder    Straf arbeitefiäuser, 

8* 


116 


Arbela  —  Archaismas. 


'Wirklich«  Stntlknstelten,  in  welchen  gerin- 
gere Vergehen  durch  mit  Arbeit  verban- 
denes  GrefKngniss  abgebüsst  werden. 

Arbela  (j.  Arbil),  Stadt  im  östl.  Assyrien; 
881 T.  Chr.  Sie^  Alezanders  d.  Gr.  über  Darins. 

Arber  (Groiur  A.),  höchster  Berg  des 
BShmerwaldes.  in  Niederbayem,  iftSCr. 

Arbiter  (lat.),  Schiedsrichter. 

Arbiträr  (lat.),  nach  Gutdünken. 

Arbitrage  (fr.,  spr.  -trab seh),  Schieds- 
richterspruch; im  Handelsverkehr  Vorhe- 
rechnung,  welcher  Weg  für  ein  Geschäft 
In  Werthobjekten  der  Torthellhafteste  ist, 
Wtehitl-,  Effekten-  oder  CcmptarUen-A,  ermit- 
telt, 1)  welche  Gattung  von  Wechseln,  Effek- 
ten oder  Geldsorten  sich  am  besten  zur  Ein- 
.BiehuDg  einer  auswärtigen  Forderung  oder 
snr Tilgung  einer  auswärtigen  Schuld  eignet; 
8)  an  welchem  Börsenplats  gewisse  Gattungen 
Ton  Wechseln  (Devisen),  Effekten  (Staats- 
papieren, Aktien)  oder  Geldsorten  (Comp- 
tanten)  am  vortheilhaftesten  eingekauft  oder 
verkauft  werden.  Die  A. -Berechnung  ge- 
■chieht  durch  Yergleichung  der  gleichzei- 
tigen Börsenkurse  und  bildet  einen  hervor- 
ragenden Zweig  des  Bankgeschäftes. 

Arbitrlam  (lat.),  Gutachten.  A.  honi  viri, 
das  Gutachten  eines  rechtlichen  Iklannes  als 
Grün  dinge    eines    richterl.    Erkenntnisses. 

Arböga,  uralte  Stadt  in  Schweden  (Wester- 
maulaud),  S39S  Ew.;  früher  wichtiger  Han- 
delsplatz, auch  ResidensB  mehrerer  Könige 
(bes.  Karls  XI.).  Durch  die  Arbogaartikel 
beschränkte  Erich  XIV.  die  Macht  der 
Herzöge.  Arbogaklipping ,  viereckige  Kupfer- 
münzen. Unfern  der  ArbogakaTuU,  zwischen 
Mälflr>  und  Hielmarsee. 

Arbdgasty  Franke,  Feldherr  der  röm. 
Kaiser  Gratian  und  Yalentinian  H  ,  liess 
letzteren  ermorden  und  hob  den  Geheim- 
schreiber  und  Kanzler  Eugenius  auf  den 
Thron,  ward  von  Theodosius  d.  Gr.  bei 
Aqnileja  894  geschlagen  u.  tödtete  sich  selbst. 

Arbois  (spr.  -boa),  Stadt  im  firanz.  Depart. 
Jurn,  6672  Ew.    Weinbau  (Arboi$wein). 

Arbon,  Stadt  im  Kanton  Thuigau,  am 
Bodensee,  1600  Ew.  Nahe  dabei  Risste  des 
Arbor  Felix  (Kömerlager). 

Arbor  (lat.),  Baum.  A.  genealogica,  Stamm- 
baum. A.  vitae,  Lebensbaum,  s.  Qehim.  Ar- 
boretum, Baumanlage  in  botan.  Gärten. 

Arbnsen^  in  Russland  Wassermelonen. 

Arbathnot  (spr.  Aerböthnot),  John,  engl. 
Satiriker,  geb.  zu  Arbuthnot  in  Schottland 
1675,  Freund  Swifts  und  Popes,  seit  1709 
Leibarzt  der  Königin  Anna;  f  27.  Febr.  1785. 
Hauptverf.  der  in  Popes  Werken  veröffent- 
lichten jMemoirs  of  Martlnus  Scriblems'  und 
des  Romans  ,John  Bull'  (1712),  letzteres  seit- 
dem Spitzname  des  engl.  Volks.  Posthum: 
jiaiscejianeons  works  of  A.*  (17S1|  2  Bde.). 

Arbntns  L.  (Sandbeere),  Pflanzengattung 
der  Eiiceen  in  den  Mittelmeerländem  und 
an  der  Westküste  Nordamerikas.  A.  unedo 
L.,  Erdbeerbaum,  in  Südeuropa,  mit  widerlicli 
fade  schmeckenden  Früchten,  die  in  der 
Levante,  Italien  und  Spanien  auf  Spiritus 
verarbeitet  werden.  fvoyen,  14  M. 

Ar&9   linker  Nebenfl.   der  Isdre    In    Sa- 

ArC)  Jeanne  cP,  s.  Jeanne  d^Arc, 


Areadia,  Dichterakademie  in  Rom,  a.  1090.. 

Arcadlni,  erster  oström.'  Kaiser,  Sohn. 
des  Kaisers  Theodosius  d.  Gr.,  geb.  377  in 
Spanien,  erhielt  S95  bei  der  Thellung  des 
Reichs  den  Orient  (sein  Bruder  Honoriua 
den  Occident),  überliess,  in  Trägheit  und 
Ueppigkeit  versunken,  die  Regierung  nachr 
einander  dem  Gallier  Ruflnus,  dem  Eunuchen 
Eutropius  und  seiner  herrschsüchtigen  Ge- 
mahlin Eudoxia;  f  1.  Mai  408. 

ArdBl  dlaeipliiia  (lat.),  (}eheimlehre ;. 
insbes.  die  Lehre  von  den  Sakramenten  der- 
christl.  Kirche.    Vgl.  Bothe,  ,De  a.  d.S  1847. 

ArcSnua  (lat.),  Geheimmittel. 

Areas.  Sohn   des  Zeus  und  der  Calllsto, 
lehrte   die     alten    pelasgischen   Bewohner 
des  Peloponnes  Getreidebau,  gab  dem  Ijande 
Arkadien  den  Namen. 

Arcesllins,  griech.  Philosoph,  Stifter  der 
zweiten  akadem.  Schule,  geb.  zu  Pitane  ia 
Aeolien  816  v.  Chr.,  f  ^^^  zu  Athen;  Skep- 
tiker, gestand  der  menschl.  Erkenntniss 
bloss  einen  höheren  oder  geringeren  Grad* 
von  Wahrscheinlichkeit  zu  und  empfahl 
daher  Zurückhaltung  Jedes  apodiktischen- 
Urtheils,  während  er  in  der  Praxig  sich 
an  das  Wahrscheinliche  zu  halten  lehrte. 

Archäologie  (gr),  Alterthumskunde,  Alter- 
thums Wissenschaft   überhaupt;   insbes.   die- 
KenutnisB  der  Antiquitas  figurata,  d.  h.  der 
in  Stein,  Erz  oder  and.  festen  Material  auf 
uns  gekommenen  Kunstdenkmale  desAlter- 
thums,  tmd  zwar  vorzugsweise  des  klassi- 
schen, im  Gegensatz  zur  Philologie,  welche 
die  AntiquitoB  literaia,  d.  h.  die  Schriftwerke 
der  Alten,   zum  Gegenstande   der  Untersu- 
clmng   macht.     Der  Begründer  der  A.    ist 
Winckelmann,  nach  ihm  sind  als  Archäologen 
zu  nennen:   Fea,  Visconti,  Saoul-Bochette,. 
Zoega,  Bründsted,  Leasing,  Heyne,  Hirt,  Meyer, 
Bmtiger,  F.  G.  Welcher,  0.  Müller,  E,  Ger- 
hard, Boss,  A,  Feuerbach,  0.  Jahn,  Braun 
und  E.  Ourtius.    Vgl.  0.  Müller,  ,Handb.  der 
A.*,   8  Aufl.  von   Welcher,  1848;  Feuerbach, 
.Vatikan.  Apoll',  1833;  Hettner ,   ,Vor8chule 
zur    bildenden    Kunst    der    Alten',    1848;- 
Overbeck ,  «Geschichte  der  griech.   Plastik', 
8.  Aufl.  1869  f.;   Ders.,  ,DIe  antiken  Schrift- 
quellen   zur  Gesph.   der   bild.   K'ünste   bef 
den  Griechen*,    1868;   Stahr,  ,Torso',   1854; 
Westropp,  ,Handbook  of  archaeology',  1867; 
Jnhn,    ,Au8    der    Alterthnmswissenschaft% 
1868.    Biblische  A. :  Keil,  ,Handbuch  d.  bibh 
A.*,  1859;  Haneherger,  ,Die  religiösen  Alter- 
tliümer   der  Bibel*,    2.   Aufl.   1869.     Nordi- 
sche (heidnische)  A. :  Lubbock,  ,Prehlstoric- 
timesS  2.  Aufl.  1869.    Hauptorgane  für  die 
A.  sind    die  ,Annali',   das  ,Bulletino'  und 
die   ,Monumenti    Ineditl'    des    Instltuto    di 
corrispondenza  archeologica  zu  Rom,  welche 
1829-53  getrennt  erschienen,  seitdem  aber 
als   ,Monumenti,   Annall  e  Bulletino*  ver- 
einlgft  sind.    Die  christl.  oder  hirchL  A.  ist 
am   besten  von  Otte  in  seinem  ,Handbuch*^ 
(4.  Aufl.  1863)  bearbeitet  worden. 

Archalsmiis  (gr.),  Gebrauch  veralteter 
Wörter  u.  Wendungen ;  auch  altvaterisches 
Wesen;  daher  archaiatiech ,  veraltet,  alt- 
väterisch.  Archaistischer  Stil,  die  alte, 
Steife,  bes.  in  der  Gewandung  übertrieben 


Archangel  —  Archilöchus. 


117 


:zier]iche  Dai'stellnngBweise  der  spätom 
rgriech.  Künstler  bis  zur  röm.  Kunstepoche. 

Arehan^el  (Archangehk),  Grouv.  in  Gross- 
mssland, 13,925  QM.  mit  284,244  Ew.  (dar- 
iinter  Lappländer  u.  Samojeden) ,  grössten- 
tbeils  kulturonfähig,  reich  an  Steinkohlen. 
'Die  Hauptat.  A.,  au  der  Dwina  (unfern 
'<leren  Mündung),  mit  Hafen,  wichtiger 
•Handelsplatz,  Ausgangspunkt  des  Walfisch- 
and  Robbenfangs,  19,143  Ew. 

Archangellea  flo/frn.  (Engdvntm),  Pflanzen- 
■^attung  der  Umbelliferen.  A.  officlnalis 
Boffm. ,  ächU  E. ,  im  hohen  Norden  bis 
rxnr  Diskobai;  die  Wurzel  im  Norden  be- 
liebtes Hausmittel.  Die  Engelwurz  der 
Apotheken  stammt  von  kultivirten  Pflanzen 
ans  Thüringen  und  dem  Erzgebirge. 

Archangelskoje.  prächtiges  Lustaohloss 
'bei  Moskau,  dem  Fürsten  Juflsupow  gehörig. 

Archarii  (gr.),  Novizeb  in  griech.  Klöstern. 

Arche  (lat.  arca),  Kasten,  kastenähnl. 
Flussfahrzeug;  Noahs  Schiff  (1.  Mos.  6, 14 ff.). 

Archegetes  ^r.),  oberster  Vorsteher,  An- 
-^hrer,  Titel  der  spartan.  Könige;  auch 
«Gründer  einer  Stadt,  Ahnherr,  Stammvater. 

Arehelins,  1)  A.,  Heraklide,  floh,  von 
«einen  Brüdern  vertrieben,  nach  Macedonien 
«ind  ward  Gründer  des  Herrschergeschlechts, 
"Welchem  Alexander  d.  Gr.  angehörte.  — 
.2)  A.,  König  von  Macedonien,  413  —  399 
^.  Chr.,  natürl.  Sohn  des  Perdiccas,  Ver- 
breiter griech.  Sitte  und  Bildung,  fiel  dui'ch 
Keuchelmord  399  v.  Chr.  —  3)  A.,  Feldherr 
'Mithridates  d.  Gr.,  aus  Kappadocien  ge- 
bürtig, bewog,  87  v.  Chr.  von  Mithridates 
miit  Flotte  und  Heer  zur  Bekämpfung  der 
Römer  nach  Griechenland  geschickt,  die 
r^rrlech.  Staaten  zum  Abfall  von  Rom,  ward 
aber  von  Sulla  bei  Chäronea  u.  Orohomenos 
•(86)  geschlagen,  fiel  in  Folge  davon  bei 
Mithridates  in  Ungnade  und  floh  zu  den 
'Römern.  —  4)  A.,  Sohn  des  Vor.,  erhielt  von 
Pompejus  63  die  Würde  eines  Oberpriesters 
in  Comana  n^d  damit  königL  Rang,  ver- 
Tnählte  sich  (56)  mit  Berenice,  der  Tochter 
"des  ägypt.  Königs  Ptolemäus  Auletes,  und 
bestieg  mit  ihr  den  ägypt.  Thron,  ward 
«ber  schon  nach  6  Monaten  (55)  von  den 
Römern  unter  Gabinius  besiegt  und  ge- 
-tödtet.  —  5)  A.,  Enkel  des  Vor.,  bekam 
von  Antonius  Kappadocien  als  Königreich, 
'Ward  von  Tiberius  wegen  gesetzwidriger 
l^euerungen  nach  Rom  entboten  und  f  das. 
17  u.  Chr.  —  6)  A.,  Sohn  des  Königs  He- 
Todes  von  Judäa,  folgte  diesem  1  n.  Chr. 
nind  erhielt  von  Angustus  mit  dem  Titel 
Ethnarch  Judäa,  Samaria  und  Iduinäa  zu- 
-getheilt,  ward  nach  9jähr.  Regierung  ab- 
.-gesetzt  und  nach  Gallien  verbannt. 

Archena,  ber.  Badeort  in  Spanien,  bei 
Murcia,  Schwefelthermen  42— 45 oR.;  schon 
-von  Römern  und  Arabern  benutzt. 

ArchenholZy  Joh.  Wilh.,  Baron  von,  deut- 
scher Schriftsteller,  geh.  3.  Sept.  1745  in 
Langenftirt,  einer  Vorstadt  Dauzigs,  machte 
1760  als  preass.  Offizier  den  siebeujähr. 
Krieg  mit,  bereiste  dann  einen  grossen 
Theil  Europas;  f  auf  seinem  Landsitze  zu 
Oyendorf  im  Holsteiuischen  28.  Febr.  1812. 
£chr.  (England  u.    Italien'  (2.  Aufl.    17b7, 


5  Bde.);  ,Annalen  der  brit.  Geschichte, 
(1789—98,  20 Bde.);  ,Ge8chichte  des  sieben- 
jähr. Kriegs*  (1793,  2  Bde.;  9.  Aufl.  von 
Pöithcut  1867);  ^Geschichte  der  Königin 
ElisMibeth*  (1798);  .Gesch.  Gustav  Wasaa« 
(1»01,  2  Bde.).  Zeitschriften :  «Literatur  -  o. 
Völkerkunde«  (1782-91)  u.  ,Minerva'(1792  ff.^. 

Archerfl  (fr.,  spr.  Arsch  eh ,  lat.  arciarii), 
Bogenschützen,  im  Mittelalter  leicht  berit- 
tene Schützen,  mit  Bogen  oder  Armbrust 
später  mit  Feuergewehr  bewaffnet.  Von  A. 
(ital.  Arciere)  kommt  Hartschier. 

Archeus  (Arohäus,  gr.,  d.  i.  Herrscher), 
bei  dem  Gnostiker  Basilius  Valentinus  das 
Ceutralfeuer  als  das  Lebensprincip  aller 
Vegetation;  bei  Paracelsus  und  Helmont 
das  den  Organismus  regelnde  Urprincip, 
ein  astral.  Wesen  oder  eine  Luftgestalt,  die 
das  von  ihr  Erzeugte  bis  zu  seinem  Unter- 
gange bewohnen  sollte.  [dernach. 

Archvau»   die  Gegend  von  Bonn  bis  An- 

Arohf,  griech.  Vorsilbe  mit  der  Bedeu- 
tung der  Erste,  Oberste,  dem  deutschen 
,Erz'  entsprechend. 

Archiac    (spr.    -schiak),     Etienne    Jules 
Adolphe  Deamier  de  8t. 'Simon,   Vicomte  d*,' 
franz.  Geolog,  geb.  24.  Sept.  1802  zu  Rheims. 
Hauptwerk:    ,Histoire   des    progr^s   de    la 
g6ologie  de  1834-51*  (1847-56,  6  Bde.). 

AreniaSy  Aulu3  Licinius,  griech.  Dichter 
aus  Autiochia  in  Syrien,  geb.  121  v.  Chr., 
kam  102  nach  Rom,  ward  der  Anmassung 
des  röm.  Bürgerrechts  angeklagt  u.  von  Cicero 
vertheidigt.  Die  Ihm  zugeschriebenen  36 
Epigramme  gehören  einer  späteren  Zeit  an. 

Arcbiiter  (gr.),  Oberarzt,  Leibarzt  eines 
Fürsten,  zuerst  der  röm.  Kaiser. 

ArchlcamerariuB  (gr.  und  lat.),  Erz- 
kämmerer.   ArehicancellariuB,  Erzkanzler. 

Archldamla,  Tochter  des  spartan.  Kö- 
nigs Cleonymns  II.,  widersetzte  sich  dem 
Beschlüsse,  dass  die  Weiber  wegen  der 
von  Seiten  des  Pyrrhus  drohenden  Be- 
lagerung Spartas  nach  Kreta  gebracht 
werden  sollten,  mit  dem  Schwerte  iu  der 
Hand,  sowie  später  der  Ermordung  ihres 
Enkels,  des  Königs  Agis,  und  ward  hierbei 
gefangenjind  getödtet. 

Arenidamus  ^  Name  von  4  spartan.  Kö- 
nigen: A.  I.,  um  6s6  V.  Chr.,  beendigte 
den  zweiten  messen.  Krieg.  A.  U.,  Sohn 
des  Zeuxidamus,  reg.  468—426,  beendigte 
den  dritten  messen.  Krieg.  A.  IH.,  Sohn 
des  Agesilaus,  reg.  361  —  338,  schlug  die 
Arkadier  bei  Megalopolls.  A.  XV.,.  Sohn 
des  Eudamidas,  reg.  um  290. 

ArcMdaplfer  (gr.  und  lat.),  Erztruchsess. 

Archidiakönus  (gr.),  Erzdiener,  ursprüngl. 
Titel  des  ersten  der  Diakonen  an  einer 
bischöfl.  Kirche,  dann  Stellvertreter  eines 
Bischofs  in  der  Diöces  (seit  dem  18.  Jahrb. 
abgekommen);  bei  den  Protestanten  Titel 
des  zweiten  Geistlichen  au  den  Hauptkirchen 
grösserer  Städte. 

Archldloees  (gr.),  erzbischöfl.  Sprengel. 

Archidvx  (gr.  u.  lat.),  Erzherzog. 

ArchlepiscdpttS  (gr.  u.  lat.),  Erzbischof. 

Archierens  (gr.),  der  jüd.  Oberpriester; 
in  der  griech.  Kii'che  ein  höherer  Kleriker. 

ArchildchnSy  der  älteste  lyrische  Dichter 


118 


ArchimagihiB  —  Arciere. 


der  Griechen,  ans  Faros  in  Lydien,  am  678 
Ms  629  V.  Chr.,  angebl.  Erfinder  des  Jambus. 
Die  Schärfe  seiner  Satire  machte  ,archi- 
lochische  Bitterkeit'  und  ,parische  Verse* 
sn  sprlchwörtl.  Redensart.  Nach  ihm  helsst 
der  halbe  Pentameter,  dessen  er  sich  oft 
bediente,  arehilochiseher  Vers.  Fragmente 
seiner  Gedichte  gesammelt  von  Bergk  In 
yPoetae  lyricl  g^eci' (1854) ;  Uebersetsnngen 
Ton  Herder  in  den  ,Zerstrenten  Bl&ttern*  n. 
Ton  Pmsow  im  , Pantheon*,     [küchenmeister. 

Archimagirns  (gr.),  im  Mittelalter  Erb- 

Arehimigiis  (gr.),  Obermagier,  Erz- 
sanberer,  Alchemlst;  Archimagie,  Alchemie. 

ArchimuidTit  (gr.)>  Erz-  oder  General- 
abt, in  der  grlech.  Kirche  Abt,  welcher 
über  mehrere  Klöster  die  Aufsicht  führt. 

ArcMmedeSy  her.  griech.  Mathematiker 
ans  Syrakns,  geb.  nm  287,  bereicherte  die 
Mathematik  u.  Physik  durch  wichtige  Ent- 
deckungen (Kegel,  Halbkugel  und  Cylinder 
Ton  gleicher  Grundfläche  und  Höhe  Ter- 
halten  sich  wie  1:2:3;  Yerhältniss  der 
Peripherie  zum  Durchmesser  kleiner  als 
22:7  und  grösser  als  828:71;  hydrosta- 
tisches Gesetz,  dass  das  Wasser  Ton  dem 
Gewicht  eines  in  dasselbe  getauchten  Kör- 
pers so  viel  trägt,  als  die  von  letzterem 
verdrängte  Wassermasse  beträgt;  Schraube 
ohne  Ende  etc.),  schadete  den  Syrakus  be- 
lagernden Römern  durch  von  ihm  erfun- 
dene Wurfmaschinen,  ward  212  bei  Erobe- 
rung der  Stadt  erschlagen.  Werke  gesam- 
melt von  Torelli  (1792),  übers,  und  erläat. 
Ton  Nizze  (1824);  Einzelnes  herausg.  von 
Jlauber  (1798),  Hoffmann  (1817),  Krüger  (1820), 
Outenäcker  (1828).  [Ende,  s.  Sehraube. 

Archimedische  Schranoe^  Schraube  ohne 

Archlondehus  (gr.),  Obermundschenk. 

Archiofttcia  (lat.),  Erzämter. 

Archipipa  (gr.),  In  der  griech.  Kirche 
erster  Presbyter,  auch  Erzpriester. 

Archipel  (ArchipdSgus,  gr.),  Inselmeer, 
inselreiche  Meergegend;  dann  die  Insel- 
gruppenselbst, z.B. indischer A.,  Tahiti-A., 
Mulgraves-A.  etc.;  speciell  seit  den  Zeiten 
des  latein.  Kalserthums  der  griech.  A.,  der 
zwischen  Griechenland,  Kleinasien  u.  der 
Türkei  liegende  Theil  des  Mittelmeers, 
welcher  die  Inseln  Kandia,  Euböa,  die  Spo- 
raden und  Cykläden  enthält.         [Admiral. 

Archipirita  (gr.),  im  Mittelalter  s.  v.  a. 

Archipresbfter  (gr.),  in  der  ältesten 
Christi.  Kirche  der  erste  der  Presbyter. 

Archisteriam  (lat.),  bischöfl.  Sitz. 

-Architekt  (gr.),  Baumeister,  Leiter  eines 
Baues.    Architektur,  Baukunst. 

Architektonik  (gr ),  eigentl.  die  Wissen- 
schaft der  Baukunst;  Aufstellung  eines 
wissenschaftl.  Lelirsystems.  ArchitektonUch, 
den  Regeln  der  Baukunst  angemessen. 

Archltekturmalerei.  Gattung  der  Malerei, 
welche  sich  mit  der  Darstellung  architek- 
tonischer Gegenstände  befasst,  bes.  inso- 
weit dieselben  dem  Gebiet  künstlerischer 
Produktion  angehören.  Man  pflegt  reine 
Architekturstücke  und  architekton.  Land- 
schaften zu  unterscheiden.  Als  Architek- 
turmaler sind  zu  nennen:  die  Niederländer 
JP.   2fee/i,    Steentpyck    der    Jüngere,    Blick, 


9am  Deelen,  E.  de  Vüle,  Jok.  Okeriug,  WaU 
dorp,  Lareen,  van  Heutnen,  Springer  eto.;  die 
Italiener  Canale  und  Belloito  (genannt  Cana- 
letto) ,  Migliara  und  Nerly;  die  Deutschen 
Schinkel,  Quaglio,  von  Bayer,  Haeenpßmg,  Ain- 
fHÜUer,  Vermeereeh,  ütlian,  Konrad,  Gärtner,; 
Oraeb,  HtUfft,  Dietrich,  Tacke,  Grefe,  Oemmei,. 
Werner  etc.;  die  Franzosen  Granet,  Ouvrii,. 
Gamerey,  ViUeret;  die  Engländer  Haghe,. 
Chaee,  Howee,  Prottt,  Robert»  etc. 

ArchlteMvruiu  (gr.),  Erzschatzmefster. 

ArchltriT  (EpiUylion,  gr.),  im  antiken 
Säulenbau  der  unmittelbar  auf  den  Säulen 
ruhende,  die  horizontale  Längenverbindung 
des  Gebäudes  darstellende  steinerne  Balken. 

Arehltyp  (gr.),  Urbild;  Ur- oder Original- 
handschrin;  auch  erster  Druck. 

Archiv  (gr.),  Sammlung  von  schriftlichen,, 
zur  Erhaltung  für  die  Nachwelt  bestimmten 
Urkunden  reohtliohen  od.  geschichtl.  Inhalts. 
Archivwineneehaft,  die  systemat.  Darstel- 
lung der  für  die  Einrichtung  u.  Verwaltung- 
der  A.e  geltenden  Grundsätze.  Archivar, 
Archivbeamter.  Hßfer,  Erhard  und  Medem 
begründeten  eine  »Zeitschrift  für  Archiv- 
knnde,  Diplomatik  u.  Geschichte*  (18S8— 35, 
2  Bde.),  Friedemann  eine  ,Zeitschrift  für 
die  A.e  Deutschlands*  (1846—53,  2  Bde.). 

Archivolte  (ital.),  die  Vorderseite  eines 
Bogens,  als  Architrav  gedacht. 

Archologfe  (gr-)*  Gmndlehre,  s.  v.  a. 
Tundamentalphilosophie. 

Arehon  (gr.),  in  Athen  oberste  Magistrats- 
person. Ehrster  A.  war  Medon,  Sohn  des 
Königs  Godras ,  nach  dessen  Tode  (um  1008 
V.  Chr.)  eingesetzt,  aus  dessen  Nachkommen- 
schaft 13  A.ten  auf  einander  folgten.  753 
ward  die  lebenslängl.  Daner  des  Archonten- 
amts  auf  10  Jahre  beschränkt,  714  der  Zu- 
tritt dazu  allen  Eupatriden  (Adeligen),  durch 
Solons  Gesetzgebung  auch  den  Demoten, 
durch  Aristides  477  allen  Bürgern  ohne 
Rücksicht  auf  Geburt  oder  Vermögen  geöff- 
net, 683  die  einjährige  Dauer  ^es  Amts  und 
die  Zahl  der  A.ten  auf  9  festgesetzt,  von 
denen  der  erste  als  Oberaufseher  über  das 
ganze  Gemeinwesen  vorzugsweise  A.,  auch 
A.  Eponymus  hiess,  weil  nacli^  seinem  Namen 
in  öffentl.  Urkunden  das  Jahr  bezeichnet 
ward,  der  zweite,  Baeileus,  als  Oberauf- 
seher des  Kultuswesens  Titel  und  Schmuck 
des  Königs  führte,  der  dritte,  Memarehot, 
die  Leitung  des  Kriegswesens  hatte.  Die 
übrigen  6  hiessen  Thesmotheten  (Gesetzge- 
ber). Nach  Ablauf  ihrer  Amtszeit  mussten 
die  A.ten  Rechenschaft  über  ihre  Amtsfüh- 
rung ablegen  und  traten  darauf  in  den 
Areopag.  Bei  den  Juden  hiessen  A.ten  zur 
Zeit  der  röm.  Herrschaft  die  Beisitzer  des 
Sanhedrin,  bei  den  Gnostikern  die  der  Welt 
entsprossenen  Aeonen. 

Archytas,  von  Tarent,  Pythagoräer,  Zeit- 
genosse des  Plato,  Mathematiker,  Staats- 
mann und  Feldherr,  angebl.  Erfinder  der 
analytischen  Methode  in  der  Mathematik 
und  Loser  mehrerer  geometr.  und  mechan. 
Probleme.  Fragmente  seiner  Schriften  her- 
ausg. von  Orelli,  1821.  Vgl.  Hartenatein,  ,Do 
Archytae  fragmeutis  philosophicis',  1833. 

Arciere  (ital.,  spr.  -tschere),  s.  Arehers. 


Arcis  stir  Aube  —  Arenaria. 


119 


Areis  inr  Anbe  (apr.  Artlh  für  Ohb),  Stadt 
im  frans.  Depart.  Aabe,  2820  Ew. ;  hier  20. 
und  21.  März  1814  ßchlaeht  Ewiscben  den 
Verbündeten  nnter  Scliwarsenberg  und  Na- 
poleon; letzterer  sog  sich  hinter  die  Anbe 
zurück,  jene  rückten  auf  Paris  sq. 

ArcIteneAS  (lat.),  Bogenführer,  Beiname 
des  Apollo:  auch  Sternbild  des  Schützen. 

Areo.  Stadt  im  tirol.  Kr.  Trient,  2490  Ew. 

Aredie^  Dorf  bei  Verona,  nahe  der  Etsch ; 
15. —  17.  Not.  1796  Schlacht  zwischen  den 
Vransosen  unter  Bonaparte  u.  den  Oester- 
reichem  unter  Alvinczy;  erstere  Sieger^ 

ArQOn  (spr.  -song),  Jean  Claude  Eleonore 
Lemieaud  d\  franz.  Ingenieur,  geb.  1733  zu 
Pontarlier,  erfand  1780  die  schwimmenden 
Batterien,  leitete  bei  dem  Einfalle  der 
Franzosen  in  Holland  unter  Dumonriez  die 
Operationen  gegen  mehrere  Festungen ;  f  als 
Mitglied  des  Senats  1.  Juli  1800.  Hauptwerk 
,Coh8id6ratlon8  militaires  et  politlquea  sur 
les  fbrtificationsS  1795. 

Areos  de  la  Fronter»,  Stadt  in  der 
Span.  Prov.  Gadiz,  am  Gnadalete,  10,300  Ew. ; 
1519  Abfahrt  Magelhaens  zur  ersten  Um- 
schiffung der  Erde. 

AretlBUS,  aus  Milet,  um  770  v.  Chr., 
<7klischer  Dichter,  sehr.  ,Aethiopi8*  und 
,Illupersis* ;  Fragmente  von  DüiUzer  und 
Dübner  in  Didots  Ausg.  des  Homer,  1837. 

Aretopitheci,  Krallenaffen,  s.  Affen. 

AretOStaphjFlM  Adan».  (Bärentraube), 
Pflanzeng^ttungderEriceen.  Von  A.  uvaursi 
Bpr.  (Arbutus  uva  ursi  L.),  über  den  grössten 
Theil  der  nördl.  Halbkugel  verbreitet,  sind 
die  gerbsaurehaltigen  Blätter  offlcinell. 

Aretnniz,  Stern  1.  Grösse  in  dem  Bootes. 

Arenbalista  (lat.),  Armbrust. 

Arcnell  (spr.  -küelj'),  Dorf  bei  Paria,  3200 
Ew. ;  ber.  Aquädukt,  von  Maria  Medicis  auf 
den  Trümmern  eines  röm.  erbaut. 

Areas  (lat.),  Bogen  als  Waffe;  bogen- 
förmiges Bauwerk;  in  der  Geometrie  der 
zu  eiuer  Sehne  gehörige  Kreisbogen. 

Ardm,  schiffb«  Nebenfl.  der  Maritza  in 
der  Türkei,  mündet  oberh.  Adrianopel ;  23  M. 

Ardilnsy  Sohn  des  Vulkan,  ans  Trözene, 
soll  die  Flöte  erfanden  und  den  Musen  in 
Trözene  ein  Heillgthum  erbaut  haben ;  daher 
Ardaiiden,  s.  v.  a.  Musen. 

Ardea  (lat.),  Reiher. 

ArdeZy  Dorf  bei  Rom,  dabei  die  Trümmer 
des  alten  A.,  Hauptst.  der  Rutuler. 

Ardeb  (Ardebe),  ägypt.  Getreidemass ,  in 
Alezandria  =  271,   in  Kairo  =  179  Liter. 

Ardebil,  Stadt  in  der  pers.  Prov.  Aser- 
beidschan,  östl.  vonTebris,  4000 Ew.;  Grab 
Seil  Haiders  (f  1334),  Wallfahrtsort. 

Ardiche  (spr.  -älischX  rechter  Nebenfl.  der 
Rhone  in  Frankreich,  kommt  von  den  Ge- 
rennen, mündet  unterh.  Bourg  St.  And6ol; 
10  M.  Danach  benannt  das  ßepart.  A.,  den 
nordöstl.  Thoil  von  Languedoc  umfassend, 
100  QM.  mit  387,174  Ew.     Hauptst.  Privas. 

Aldell,  Jamet  Mac,  vorzüglicher  Kupfer- 
stecher in  der  sog.  Schwarzkunst,  geb.  um 
1705  in  Irland,  f  1765  zn  London.  Blätternach 
Rubens,  Van  Dyck,  Blurillo,  Rembrandt  etc. 

Ardcnaen  (EMing),  Berglandschaft  za 
beiden  Seiten  der  Maas  in  Luxemburg,  dem 


aüdöstl.  Belgien  und  den  anatoaaenden. 
Theilen  Frankreichs ,  ein  1400—1800'  hohes 
Plateau,  sehr  zerschnitten,  zum  Theil  stark 
bewaldet  (Ardennerwald) ,  auch  felsl;;, 
moorig,  öde,  aber  wichtig  durch  seine  Erze, 
Bausteine  und  die  am  Nordrande  hinzie- 
henden unerschöpfl.  Steinkohlenlager.  Da- 
nach benannt  das  franz.  Depart.  A.,  95  QM. 
und  326,864  Ew.  Hauptst.  Mezi^res.  Der 
Ardennenkandl  verbindet  Seine  u.  Maas,  15  M. 

Ardent  (lat.),  brennend,  heftig;  Ardeur 
(fr.,  spr.  -döhr),  Hitze,  Heftigkeit,  Eifer. 

Ajrdey,  Gebirgszug  in  Westphalen,  um 
Herdecke;  sehr  reich  an  Kohlen. 

ArdlUtn,  Landschaft  im  pers.  Kurdistan. 

Ardiata  ßwartt,  Pflanzengattung  der  Myr- 
sineen,  Bträucher  und  Halbsträucher  der 
Tropengegenden,  Zierpflanzen,  bes.  A.  japo- 
nica,  A.  punctata  und  A.  crispa. 

Aidito  (ital.,  Mus.),  ktthn,  beherzt. 

Ardor  (lat.),  Wärme,  Hitze. 

Ardrea  (apr.  -d'r),  feste  Stadt  im  franz. 
Depart.  Pas  de  Galais,  2300  Ew.;  hier  1520 
Zusammenkunft  Franz  L  u.  Heinrichs  VUI. 
von  England,  wegen  der  dabei  entfalteten 
Pracht  Oamv  de  drap  d^or  genannt. 

Ardsehlscli,  1)  Nebenfl.  der  Donau  in 
der  Walachei,  entspr.  in  den  transsylvan. 
Alpen,  mündet  bei  Oltenitza,  50  M.  —  2) 
Berg,  a.  Erdeehiech. 

Are  (fr.,  v.  lat.  area,  Fläche),  die  Ein- 
heit des  franz.  Flächenmasses,  bes.  Feld- 
mass,  =:  100  Quadratmeter  oder  1  Quadrat- 
dekameter, wird  in  10  Deciaren,  100  Oeu- 
tiaren und  1000  Milliaren  eingetheilt.  lOOA.en 
=:  1  Hektare,  das  gowöhnl.  Mass  für  Feld- 
und  Waldgrundstüoke  =  10,000  Quadrat^ 
meter  s=  8,917  preuss.  Morgen  =  1,737 
wiener  Joch  es  1,807  sächs-  Acker.  100 
Hektaren  =r  1  Quadratkilometer.  Vgl.  Meter. 

Area  (lat.),  freier  Platz  (Hof)  am  Hause; 
Flächenraum.  [Grundstücken. 

Areal  (lat.),  Flächeninhalt,  namentl.  von 

Areb,  ostind.  Rechnuugsmünze,  =  25  Lac 
Rupien  od.  2Va  Mill.  Rup.  =  1,600,185  Tblr. 

Areca  L,  (Arecapaltne),  Pflanzengattung 
der  Palmen,  in  Ost-  u.  Westindien  heimisch. 
A.  Gatechu  X. ,  Kateehupdlme,  in  Ostind.,  lie- 
fert die  Betelnuas  u.  Katechu;  A.  oleracea  L., 
Kohipalme,  in  Westind.,  Palmenkohl. 

ArefltelreB  (lat.),  austrocknen;  Ar^akt, 
durch  Austrocknung  gewonnenes  Produkt. 

Aregio  (spr.  -chin),  Pablo  de,  span.  Maler, 
um  1500,  lebte  zu  Valencia;  folgte  Leonardo 
da  Vincis  Richtung. 

Arelat  (areUUiechea  Reich),  burgund. 
Königlich,  nach  der  Hauptstadt  Arles  (das 
Arelatum  der  Römer)  genannt,  880  vom 
Grafen  Boso  von  Vienne  begründet,  um- 
fasste  die  Franohe-Gomt6,  die  Gebiete  von 
Gh&lons  und  Macon,  Vienne  und  Lyon,  den 
südöstl.  Theil  von  Languedoc,  einen  Theil 
von  Savoyen  u.  die  Provence.    S.  JBurgund, 

Arembergy  s.  Arenberg. 

Ariaa  (lat.),  in  den  alten  Amphitheatern 
Sandplatz  für  Wettkämpfe;  jetzt  Gebäude 
für  Thierhetzen,  Reiterkünste  etc. 

Areaarial^.  (Bandkraut),  Pflanzengattung 
der  Alsineen.  A.  peploides  L„  auf  Island 
als  Gemüse  genossen. 


120 


Arenberg  —  Aretino. 


Areubm  (Aremherg),  Berttige  von,  1) 
Engelbert  Ludwig,  geb.  3.  Jali  1750,  Torlor 
lin  Frieden  von  Lnneville  seine  reichs- 
unmittelbaren  Besitzungen  Jenseits  des 
Kheius  (7>^  QM.  mit  14,800  Ew.)  und  er- 
hielt dafür  1H03  als  £nt«chädigaug  das 
Amt  Meppen  (1826  zum  Hergogthum  A.- 
Meppen erhoben, -40  QM.  mit  56,765  Ew.) 
und  die  Grafschaft  Recklinghansen  (14  QM. 
mit  49,983  Ew.)  in  Westphaleu,  erbte  von 
■einer  Gemahlin  Louise  Antoinette  von  La- 
ragnais,  4er  Tochter  des  Herzogs  von 
Brancas,  1818  di«  Besitznngen  des  Hauses 
Chälons  u.  Hochburgand;  f  zn  Brüssel  7. 
März  1820.  —  S)  Pro»per  Ludwig,  Sohn  des 
,  Vor.,  geb.  28.  April  17»5,  folgte  1803  selnoni 
"^  Vater  In  der  Regierung,  trat  1806  dem 
Rheinbünde  bei,  vermählte  sich  1808  mit 
Stephanie  Tascher  de  la  Pagerie,  Nichte 
der  Kaiserin  Josephine,  verlor  1810  sein 
Gebiet  tlieils  an  Frankreich,  theils  an  Berg 
ward  1813  mit  einer  Reute  von  840,800 
Frcs.  entschädigt,  erhielt  1815  seine  Be- 
sitzungen als  Standesherrschaften  zurück, 
Meppen  unter  hannöv.,  Recklinghauseu 
unter  preuss.  Hoheit;  f  27.  Febr.  1861,  hatte 
seinen  Sohn  Engelbert,  geb.  11.  Mai  1824, 
zum  Nachfolger.  —  8)  Augtul  Maria  Baimund, 
Bruder  von  A.  1),  geb.  30.  Aug.  1753  zu 
Brüssel,  nach  seinem  Grossvater  mütter- 
licherseits, dem  Grafen  Ludwig  von  der 
Mark ,  Graf  von  Lamark  genannt,  stand  in 
franz.  Kriegsdiensten,  Freund  Mirabeaus, 
1796  österr.  Unterhändler  mit  den  Aranz. 
Behörden:   f  26.  Sept.  1833  in  Brüssel. 

Arendal,  Hafenstadt  an  der  südÖstl.  Küste 
Ton  Norwegen,  4456  Ew. 

Arendsee,  Stadt  Im  preuss.  Regbz.  Mag- 
deburg, Kr.  Osterburg ,  am  Set  A.,  2143  Ew. 

Arenenberg  (Arenaberg) ,  Schloss  am 
Bodensee,  Im  Kanton  Thni^au,  Besltzthum 
der  Königin  Hortense,  nach  deren  Tode 
(1839)  von  Ludwig  Napoleon  verkauft,  1855 
von  der  Kaiserin  Eugenle  zurückgekauft. 

Arenga  XiobiU.  (Zuckerpalme),  Pflanzen- 
gattuug  der  Palmen.  A.  saocharlfera  Xobitt., 
auf  den  Molukken  und  in  Cochinchina, 
liefert  nach  dem  Ausschneiden  des  Blüthen- 
kolbens  viel  Saft  zu  Palmzucker. 

Arensbvrg,  Hauptst.  der  livländ.  Insel 
Oesel,  3875  Ew.   Hafen,  2  Leuchtthürme. 

AreClft  (lat.),  kleiner  Hof,  ringförmige  ge- 
röthete  Hautstelle  um  Blattern,  Geschwüre 
etc. ;  auch  der  Hof  um  den  Mond. 

Areopagns  (gr.),  uralter  Gerichtshof  zu 
Athen,  benannt  nach  seinem  Versammlungs- 
orte, dem  unweit  der  Akropolis  gelegenen 
Hügel  des  Ares  (Mars),  von  Oeorops,  nach 
And.  von  Selon  gestiftet,  richtete  über  Mord, 
Raub,  Mordbrennerei,  Vaterlandsverrath, 
Neuerungen  im  Staats-  u.Religlonswesen  etc. 
mehr  nach  Gutdünken  als  nach  positiven 
Gesetzen,  griff  in  kritischen  Zeiten  auch 
eigenmächtig  in  die  Leitung  der  Staatsange- 
legenheiten ein  und  ward  auch  von  anderen 
griech.  Staaten  angerufen.  Seine  Milglieder 
(Areopagiten),  abgegangene  verdiente  Ar- 
chonten,  waren  dies  lebenslänglich.  Sitzun- 
gen Nachts  unter  freiem  Himmel,  am  Ende 
jeden  Monats,  8  Tage.    Noch  zur  Zeit  der 


röm.  Kaiser  bestehend,  acheint  der  A.  unter 
Vespasian  aufgehoben  worden  zu  sein.  Vgl. 
Forchhammer,  ,De  Areopago',  1828. 

Areqvipa  (spr.  -kipa),  Depart.  in  Peru, 
1270  QM.  und  180,000  Ew.  Die  Hauptat.  A., 
8  M.  von  der  Küste,  Handel  (Wolle,  China- 
Hnde}.  45,000  Ew.  Dabei  der  Vulkan  von  A., 
18,90(r.  Islajf,  der  Hafen  von  A.  (Eisenbahn 
dahin),  im  Aug.  1868  durch  Erdbeben  zerstört. 

AreS]^  griech.  Name  des  Mars  (s.  d.). 

Aretavs .  griech.  Arzt  aus  Kappadocien, 
lebte  zu  Eude  des  1.  u.  zu  Anfang  des  2. 
Jahrh.  n.  Ohr.  in  Rom,  sehr,  ein  Werk 
über  die  Ursachen  u.  Zeichen  der  Krank- 
heiten u.  deren  Heilung,  herausg.  von  KUkn 
(1828)  n.  Ermeriua  (1847),  übers,  von  Ifan» 
(1858).  Vgl.  Locher,  ,A.  a.  Kappadocien*,  1847. 

Arethösa,  Quelle  auf  der  Insel  Ortygia 
bei  Syrakus,  Kultusstätte  der  Artemis; 
nach  der  Mythe  Tochter  des  Nereus,  ward, 
von  Alpheus  verfolgt,  auf  ihr  Flehen  von 
Artemis  in  jene   Quelle   verwandelt. 

Aretin,  1)  Adam,  Freiherr  von  A.,  bayer. 
Staatdmann,  geb.  24.  Aug.  1769  zu  Ingol- 
stadt, seit  1817  bayer.  Bundestagsgesandter, 
mit  Stein  Stifter  des  Vereins  für  ältere 
deutsche  Geschichtskunde,  Besitzer  einer  be- 
deutenden Kupferstichsammlung;  f  16.  Aug. 
1822.  Vgl.  Brulliot,  ,Gatalogue  des  estampes 
du  cabiuet  d'A.S  1827,  3  Bde.  >-  2)  Otorg, 
Freiherr  von  A.,  Bruder  des  Vor.,  geb.  29. 
März  1766  zu  Ingolstadt,  ward  beim  Aufstand 
in  Tirol  1809  als  Generalkomnflssär  des 
Eisackkreises  gefangen  und  nach  Ungarn 
abgeführt,  widmete  sich  nach  seiner  Frei- 
lassung der  Wissenschaft  und  Kunst ;  f  30. 
Jan.  1845  zu  Münclien ;  Verf.  verschiedener 
Schriften  polit.  uud  kameralwlssenschaftl. 
Inhalts.  —  3)  Oirieioph,  Freiherr  von  A,,  Bru- 
der des  Vor.,  geb.  2.  Dec.  1778  zu  Ingol- 
stadt, ward  1806  Oberbibliothekar  zu  Mün- 
chen, 1819  Präsident  des  Appellationsgerichts 
Im  Regenkreise  und  Landtagsdeputirter;  f 
24.  Dec.  1824  zu  München.  Vei'f.  zahlreicher 
Schriften  juristischen  u.  polit.  Inhalts,  auch 
einiger  Dramen.  Sein  ,  Staatsrecht  der  kon- 
stitutionellen Monarchie*  von  Roiteck  voll- 
endet (neue  Aufl.  1838—39,  3  Bde.).  —  4)  Karl 
Maria,  Freiherr  von  A.,  Sohn  des  Vor.,  geb. 
4.  Juli  1796,  Historiker  von  streng  kathol. 
Richtung,  ward  1834  geh.  Hans-  und  Staats- 
archivar, 1847  Legationsrath  bei  der  bayer. 
Gesandtschaft  in  Berlin,  1851  wirkl.  geh. 
Rath,  1854  mit  der  Einrichtung  des  bayer. 
Nationalmusenms  beauftragt,  1859  Reichs- 
rath  und  Vorstand  des  geh.  Staatsarchivs 
und  des  Nationalmuseums  zu  München;  f  als 
Abgeordneter  zum  deutschen  Zollparlament 
29.  April  1868  zu  Berlin.  Sehr.  ,Gesch.  des 
Kurfürsten  Maximilian  I.*  (1842);  ,Alterthü- 
mer  und  Denkmale  des  bayer.  Herrscher- 
hauses* (1855  ff.). 

Aretino,  Pietro,  Ital.  Dichter,  geb.  90. 
März  1493  zu  Arezzo,  f  zu  Venedig  1557; 
talentvoll,  witzig,  angelassen,  obscön. 
Werke:  5  Komödien  (,Marescalco*,  ,Corti- 
giana*,  ,Ipocrito*,  ,Talanta*,  ,11  fllosofo*); 
,Sonetti  lussuriosi*,  ,Ragionamenti  placevoll*, 
,  Putana  errantc*,  Rime,  Stanze,  Lettere  etc. 
Biographie  von  MauueheUi  (1741). 


Aretologie  —  Argentinische  Konföderation. 


121 


Aretologie  (gr.)»  Togendlehre. 

Arezzo,  ital.  Prov.  (Toskana),  60  QM.  ti. 
^19,559  £w.  Die  Hauptat.  A.  (das  alte  Arre- 
iium),  11,100  Ew.  Ausgez.  Kathedrale.  Ge- 
burtsort Petrarcas.  Im  Alterthum  eine  der 
12  etrusk.   Republiken;  ber.  Thonarbeiten. 

Arfiak,  Berg  im  NW.  Neuguineas,  8930'. 

Argins  (a.  G.),  Gebirge  zwischen  Kappa- 
docien  und  Gilicien,  Jetzt  Erdschisch. 

Argali,  s.  Schaf. 

Argana,  Aimi,  Physiker,  geb.  1755  zu 
Genf,  t  "^'  Okt.  1803  in  England ;  Erfinder 
der  Argandbrenner  (s.  Lampen), 

Argelander,  Friedrieh  Wilhelm  August, 
Astronom,  geb.  22.  März  1799  zu  Memel, 
1823—37  Direktor  der  Sternwarte  zu  Abo 
und  zu  Helsingfors,  seit  1837  zu  Bonn. 
Sehr. :  ,üntersuchungen  über  die  Bahn  des 
grossen  Kometen  von  1811*  (1822);  .Obser- 
▼ationes  astr.  Aboae  factae'  (1830—82, 3  Bde.) ; 
,DLX  Stellarum  fixarum  positiones  mediae* 
(1835);  ,Ueber  die  eigene  Bewegung  des 
Sonnensystems*  (1837) ;  ,Neue  Uranographie' 
(1843) ;  (Durchmusterung  des  nördl.  Himmels 
zwischen  45  und  80o  n.  Br.*  (1846);  ,Atlas 
des  nördl.  gestirnten  Himmels'  (1857  f.). 
Sein  ,Stei7iTerzeicbni8s'  findet  sich  im  3. 
und  4.  Bde.  der  ,A8tron.  Beobachtungen 
auf  der  Sternwarte  zu  Bona'  (seit  1846). 

Argemt^ne  L.  (Stachelmohn),  Pflanzengat- 
tUBg  der  Papaveraceen,  Zierpflanzen  aus 
Mexiko;  so  A.  albiflora,  ochroleuca  etc. 

Argen,  Fluss  im  södl.  Wurtemberg,  fällt 
in  den  Bodensee  bei  Langenai^en,  9  M. 

Argens  (spr.  -schang),  Küstenflnss  im  franz. 
Dep.  y  ar,  fällt  bei  IVejus  ins  Mittelmeer,  15  M. 

Argens  («pr.  -schang),  Jean  Baptiete  de 
Boyer,  Mar  quin  d*,  franz.  Schriftsteller,  geb. 
24.  Juni  1704  zu  Aix,  diente  erst  in  der 
franz.  Armee ,  ward  dann  Kammerherr  und 
Gesellschafter  Friedrichs  n.  von  Prenssen, 
Direktor  der  Abtheilung  für  schöne  Wissen- 
schaften und  Künste  bei  der  berliner  Aka- 
demie; t  11*  Jan.  1771  auf  einem  Schlosse 
seiner  Schwester  unweit  Toulon.  Sehr 
,Lettresjuives',  ,Lettres  chinoises'  u.,Lettres 
cabalistiquesS  sowie  ,La  Philosophie  du  bon 
sens*  (zus.  unter  dem  Titel  ,Oeuvres  du 
Marquis  d^A.*,  1768,  24  Bde.);  ,Histoire  de 
l'esprit  humain*  (1765-68,  14  Bde.). 

Argens&la,  Lupercio  Leonardo  de,  span. 
Dichter,  geb.  1565  zu  Barbastro  in  Aragonien, 
folgte  1611  dem  Vicekönig  Grafen  von  Lemos 
nach  Neapel;  f  das.  1613.  Oden,  Episteln 
nach  liorazischera  Muster.  Sein  Bruder, 
Bartolomeo  Leonardo,  geb.  1566,  f  26.  Febr. 
1631  KU  Saragossa,  geachteter  Historiker, 
A,ls  Dichter  in  der  didakt.  Satire  glücklich. 
Werke:  ,Gonqnista  de  las  Molucas*  (16ü9), 
,Primera  parte  de  los  Anales  de  Aragon' 
<16S0).    Beider  Brüder  ,Rimas*  1634. 

Argenson  (spr.  -schangsong),  1)  3larc 
Ren^  d'A.,  franz.  Staatsmann,  geb.  4.  Nov. 
1652,  unter  Ludwig  XIV.  Chef  der  Polieei 
in  Paris,  dann  Präsident  des  Fiuanzconseils 
und  Siegelbewahrer,  dankte  als  Gegner  der 
^awschen  Finanzoperationen  1720  ab;  f  8.  Mai 
1721  —  2)  Ben4  Louis,  Marquis,  Sohn  des 
Vor.,  geb.  18.  Okt.  1694,  1741—47  Staats- 
sekretär  des  Auswärtigen,    widmete   sich 


dann  wissenschaftl.  Beschäftigung;  f  10. 
Jan.  1757.  Sehr.  ,Gonsid6rations  sar  le 
gouvememcnt  de  la  France'  (1764,  1784)  u. 
,E3sais'  (1786,  1787,  2  Bde.).  —  3)  Mare 
Antoine  Beni,  Marquit  de  Pauhny,  Sohn  des 
Vor.,  geb.  1722,  bekannt  als  Schriftsteller 
und  Sammler  der  150,000  Bände  zählenden 
Bibliothek  des  Arsenals,  sehr.  Novellen, 
leitete  die  Herausgabe  der  «Biblioth^que 
universelle  des  romans'  (1775  ff.);  f  1787  als 
Gouverneur  des  Arsenals.  —  4)  Jlfarc  Pierre, 
Oraf  d'A,  Bruder  von  A.  2),  geb.  16.  Aug. 
1696,  übernahm  1742  das  Staatssekretariat 
dea  Kriegs,  ward  1757  durch  die  Intriguen 
der  Pompadour  seines  Amts  entsetzt;  f  ^« 
Aug  1764  zu  Paris.  —  5)  Marc  Bm4  de 
Voyer  d'A.,  Enkel  des  Vor.,  geb.  10.  Sept. 
1771,  lebte  während  der  Revolution  zurück- 
gezogen auf  seinen  Gütern,  bekämpfte 
dann,  seit  1815  Mitglied  der  Deputirten- 
kammer,  die  Restaurationspolitik,  sowie 
nach  der  Julirevolution,  der  republikan. 
Partei  sich  anschliessend,  die  orleanistische 
Politik;  t2.  Aug.  1842  au  Paris.  —  6)  GharUe 
Marc  Benide  Voyer,  Marquis  d^A.,  Sohn  des 
Vor.,  geb.  20.  Apr.  1796,  Archäolog,  sehr. 
,Le3  nations  europ6ennes'  (1859)  u.  A. 

Argent  (fr.,  spr.  •schang),  Silber. 

Argentan  (spr.  -schangtang) ,  Stadt  Im 
franz.  Depart.  Ome  (Normandie) ,  5638  Ew. 
Ber.  Spitzen  (sonst  Points  d'Alen^on  gen.). 

- ArgentSn,  s.  v.  a.  Neusilber. 

Argentarins  (lat.),  Wechsler,  Inhaber 
einer  Wechselbank;  auch  Sehatzmeister. 

Argenteall  (spr.  -achangtolj) ,  Stadt  Im 
franz.  Depart.  Seine  und  Oise,  an  der  Seine, 
7269  Ew.  ^  Bedeut.  Weinbau. 

Argentevs  (lat.),  Silbermünze,  der  röm. 
Denar;  im  Mittelalter  s.  v.  a.  Solidus. 

ArgentiuB  Codex    (sifberner    Codex) ,    die 
zu   Upsala   befindl.   Handschrift   der  goth. 
Bibelübersetzung  des  Ulfilas,  mit  silbernen 
Buchstabeo  (Initialen  von  Gold).    Vgl.  wm  , 
der  Oabelent»  u.  L^e,  ,Uppströms  C.  a.',  1860. 

Argentiera,  Insel,  s.  Kimolo. 

Argenti^re  (spr.  -schangtiähr) ,  Dorf  Im 
Chamounithal ;  darüber  der  Glacier  de  VA. 
in  der  Montblancgruppe. 

Argentinitfche  Konföderation  (Vereinigte 
Staaten  von  La  JPlata),  südamer.  Staatenbund, 
bestehend  aus  14  Freistaaten  (Provinzen): 
Buenos -Ayres,  Santa- F6,  Entre  Rios  und 
Corrientes  am  untern  Lauf  des  La  Plata; 
Cordova,  San  Luis  und  Santiago  in  der  Mitte; 
Catamarca,  Jujuy,  Salta,  Mendoza,  La  Rioja, 
San  Juan  und  Tucumau  im  W.,  zusammen 
28,375  QM.  mit  (1869)  1,736,701  Ew.  Haupt- 
strom der  Parana  (Rio  de  la  Plata)  mit 
Paraguay,  Pileomayo,  Salado  und-  Uru- 
guay. Im  W.  die  Ostabfälle  der  Anden 
von  Chile  und  Bolivla  (Sierren  von  Cordova 
und  Salta);  der  übrige  Theil  des  Landes 
niedrige  Ebene,  theils  öde  Grasfluren,  theils 
Salzsümpfe  und  kahle  Salzsteppen  enthal*^ 
tend.  Produkte:  Reis,  Mais,  bes.  aber 
Südfrüchte,  Rindvieh  und  Pferde  in  Un- 
geheuern Heerden;  daher  Talg,  Häute, 
Hörner,  Pferdehaare,  Salzfleisch  Hauptaus- 
fnhrartikel;  ausserdem  Esel,  Maulthiere, 
Schafe   (sächs.   Merinos,    1823   eingefuhi-t. 


122 


Argentor&tum  — •  Arg^alets. 


Wollexport  ]8fi9:  140  Hill.  Pfd.),  Lamas, 
Heerden  verwilderter  Hunde.  Die  Ein- 
wohner meist  Indianer,  ansserdem  Kreo- 
len, Mestizen,  Neger;  merkwürdig  bes.  die 
Gauchos,  ein  span. - indian.  MischYoIk. 
Enrop.  Einwanderung  1868:  S9,284  (darun- 
ter 10,004  Italiener,  1044  Deutsche),  1869 
etwa 40,000.  Staatseinnahmen  (1867)  18,040,287 
Pesos  fbertes,  Ausgab«  19,526,464  Pesos  fner- 
tes  (span.  Dollars,  a  1>/|  Thlr.).  Staatsschuld 
(1868):  8,862,297  Pfd.  St.  Armee:  10,700  M. 
Kriegsflotte  nicht  vorhanden.  AusfVihr  1867 : 
28,1  Mill,  Einfuhr:  S3,S7  Mill.  Pesos  Aiertes. 
Schiflfsverkehr  1867:  1316  Schilfe  von  887,M1 
Ton.  ausgel  auf en,  11S6  Schiffe  von  297,307  Ton. 
(darunter  882  Dampfer)  eingelaufen.  Ende 
1868:  90  M.  Eisenbahn  in  Betrieb,  39  M.  im 
Bau.  Hauptst.  n.  Kongressort:  Buenos-Ayres. 
Ge$ehiehte.  Das  Gebiet  der  a.n  K.,  von 
Juan  Dias  de  Solls  (1509  u.  1515)  und  Se- 
bastian Gabot  (1528)  luerst  betreten,  s^t 
1555  von  Spanien  aus  kolonislrt  und  in  die 
Provinzen  Tucnman,  Buenos -Ayres  und 
Paraguay  eingetheilt,  bildete  seit  1776  einen 
Theil  des  span.  Yicekönigreichs  Buenos- 
Ayres.  Die  liberalen  Bewegungen  begannen 
1810  u.  führten  9.  Juli  1816  zur  formlichen 
Unabhängigkeitserklamng  der  «Vereinig- 
ten  Staaten  von  Rio  de  la  Plata*.  Nach 
heftigen  Kämpfen  konstituirten  sich  Para- 
guay und  Urug^uay  (Banda-Oriental)  ieils 
besondere  Republiken.  Unter  den  übrigen 
14  konföderlrten  Republiken  stand  Buenos- 
Ayres  obenan,  dessen  (3eneralkapitan  als 
die  oberste  Exekutivbehörde  der  Konföde- 
ration galt.  Nach  weiteren  Kämpfen  zwi- 
schen den  Unitariem,  welche  eine  starke 
CJentralgewalt  eingesetzt,  und  den  Födera- 
listen, welche  den  einzelnen  Republiken 
möglichste  Unabhängigkeit  gewahrt  wissen 
wollten,  schwang  sich  der  Gauchoshäuptling 
Rosas  zum  Haupt  der  Konföderation  empor. 
Die  Schreckensregierung  dieses  Tyrannen 
endete  mit  der  Niederlage,  die  er  3.  Febr. 
1852  bei  Mopte-Gaseros  durch  die  vereinig- 
ten Truppen  Brasiliens,  Paraguays,  Uru- 
guays und  der  argentinischen  Opposition 
erlitt.  In  Folge  der  hierauf  eintretenden 
Differenzen  zwischen  dem  zum  Diktator 
ernannten  General  Urquiza  und  dem  Staate 
Buenos -Ayres  schied  letzterer  (1852)  aus 
der  Konföderation  aus.  Nach  mehreren  ver- 
geblichen Versuchen  zur  Wiedervereinigung 
trat  Buenos- Ayres  In  Folge  der  Niederlage,' 
welche  seine  Truppen  23.  Okt.  1859  bei 
Gepada  von  Urquiza  erlitten,  durch  die  am 
6.  Juni  1860  zu  Parana  geschlossene  Union 
dem  a^eutinischen  Bunde  wieder  bei.  Die 
25.  Hai  1862  nach  Buenos  -  Ayres  berufene 
Nationalversammlung  nahm  eine  neue  Kon- 
stitution an,  nach  welcher  die  Stadt  Buenos- 
Ayres  eine  ähnliche  Stellung  haben  sollte 
wie  der  Distrikt  Golnmbia  zur  nordamerikan. 
Union.  Mitr6  wurde  14.  Okt.  Präsident  der 
nun  wieder  vereinigten  Konföderation.  Strei- 
tigkeiten mit  dem  benachbarten  Uruguay 
verwickelten  die  a.  K.  im  Bunde  mit  Brasi- 
lien 1863  in  einen  Kampf  gegen  Paraguay, 
welcher  erst  1870  beendigt  ward  (s.  Jirasi- 
lien).    Im  Herbst  1868  wurde  Don  Faustiuo 


Sarmiento  Präsident.  Vgl.  Andre«,  ,Bixenos- 
Ayres  und  die  argent.  Provinzen',  1856; 
Mannequin,  ,Le8  provinces  argentinea  et 
Bouenos-AyresS  1856;  de  Moutey,  ,De9crip> 
tion  gtographique  et  statistique  de  la  Oon- 
fM^ratlonArgentineS  1861,  iBde.-yduOraiy^ 
,La  conf4d6ration  Arg.*,  2.  Aufl.  1865;  Beck- 
Bernard,  ,La  R6publique  Arg.*,  1865;  Domin' 
gue*,  ,Hi8t.  of  the  Argentine  Republic',  1865; 
Jhjige,  ,La  Plata,  the  Argentine  Gonfederatioi» 
etc.',  1867;  Ford,  ,La  RApublique  Argentine',. 
1867 ;  Latham, , Stetes  of  the  riverPlate*,  1668; 
Sarmiento,  ,Life  in  the  Argent.  Republic*, 
1868;  ,Die  Argent.  Republik*,  1869;  Teehudir 
,Reisen  durch  Südamerika',  Bd.  5,  1869. 

Argentoritemy  lat.  Name  von  Strassburg. 

Argentun  (lat.),  Silber. 

Arftlit,  s.  T.  a.  Thonschiefer. 

ArgipbontM  (gr.),  Beiname  des  Herme» 
als  Tödters  des  vieläugigen  Argus. 

Argirer,  die  Einwohner  der  griech.  Land- 
schaft Aigos;  bei  Homer  Griechen  überh. 

Argo,  Name  des  Schiffs  der  Argonauten 
(s.  d.);  Sternbild  am  südl.  Himmel  mit 
Ganopus  als  Stern  1.  Grösse. 

ArgOy  Nilinsel  in  Nubien  (Dongola)  mit 
2  kolossalen  Memnonstatnen  aus  Granit. 

Argöllty  die  östl.  Landschaft  des  alten 
Peloponnes,  die  kleinen  Reiche  Argos, 
Mycenä,  Trözene,  Hermione  und  Epidauru» 
umfassend.  Seit  233  v.  Ghr.  zum  aohäi- 
schen  Bunde  gehörig;  später  röm.  Prov.,. 
dann  von  den  Venetianem»  zuletzt  von 
den  Türken  erobert.  Nach  der  Befreiung^ 
Griechenlands  eins  der  7  Depart.  von 
Morea  (bis  1838).  Gegenwärtig  die  No- 
marchie  A.  undKorinth,  68  QM.  mit  112,910 
Ew.,  Hauptstodt:  Nauplia. 

Argollseher  Meerbusea,  Golf  von  NanpUa. 

ArgOBAuten  (gr.),  Schiffer  auf  der  Argo» 
die  griech.  Heroen,  welche  ein  Menschen- 
alter vor  dem  trojan.  Kriege  unter  Jasons 
Anfahrung  die  Seefahrt  nach  Kolchis  am 
schwarzen  Heere  au&führten,  um  das  gol- 
dene Vliess  des  Widders,  auf  dem  Phrixua 
und  Helle  entflohen  waren,  aus  dem  Haine 
des  Ares  zu  holen,  wo  es  von  einem  Drachen 
bewacht  ward.  Die  Sage  vom  A,tug  belian- 
delten  dichterisch  Apollonius  von  Rhodus 
und  VaJerius  Flaccus. 

Argonavtenorden,  1382  von  Karl  m.  von 
Neapel  bei  der  Krönung  seiner  Gemahlin 
Margaretha  gestifteter  Orden  zu  Bekäm- 
pfting  aufrührerischer  Bestrebungen  etc. 
1386  nach  Karls  Tode  wieder  aufgehoben. 

Argonantensngy  s.  Argontatten, 

Argonite,  Landsch.  im  uordöstl.  Frank- 
reich, zu  beiden  Seiten  der  Aisne, 'zwischen 
ülame  und  Haas;  darin  der  Argonnerwald 
(Maasberge),  900—1200'. 

ArgoS)  griech.  Stadt  auf  Morea,  am  Pla- 
nitza  (Inachns),  9160  Ew.  Dabei  Trümmer 
des  alten  A.,  der  Hauptstadt  von  Argolis 
(Heratempel).     *  flonia,  5500  Ew. 

Argostdli)  Hauptst.  der  Jon.  Insel  Gepha- 

Argot  (fr.,  spr.  -go),  die  Gaunersprache; 
argotiren,  diese  reden;  Argotimtn»,  Aus- 
druck oder  Eigenheit  derselben. 

Argoulets  (fr.,  spr.  -guleli),  sonst  s.  v.  a. 
Carabiniers. 


Argoat  —  Ariädne. 


123 


Aiyout  <8pr.  -ga),  Antoin«  Jfanriee  Apd- 
Unaire,  Grc^fd\  ft>anz.  AdminiBtratlvbeamter, 
geb.  27.  Aug.  1782  anf  SchlQss  YeyBsUieux  bei 
La-Tonr-du-Pin  im  Depart.  Isdre,  seit  1830 
nach  einander  Minister  fast  aller  Branchen, 
eifriger  Vertreter  der  orleanlst.  Politik,  seit 
Sept.  1886  Gouverneur  der  Bank  von  Frank- 
reich, nach  dem  Staatsstrelch  von  1851  Mit- 
glied der  sogen.  Commission  consultative, 
1852  Senator;  f  15.  Jan.  1858. 

Argnelles  (spr.  -geljes),  Auguslin,  span. 
liberaler  Staatsmann,  geb.  1775  ku  Ribade- 
sella  in  Asturien,  1812  — U  Mitglied  der 
Cortes ,  ward  nach  Ferdinands  VII.  Rück- 
kehr KU  lOjähr.  Zuchthansstrafe  verurtheilt 
und  SU  Ceuta  und  dann  bu  Alcudia  auf 
Mallorca  eingekerkert,  1820  befreit  und 
Minister  des  Innern,  floh  nach  Aufbebung 
der  Konstitution  1823  nach  England,  ward, 
nach  der  Amnestie  von  1832  surückgekehrt, 
Präsident  der  Procuradorenkammer,  1841 
Vormund  der  Königin  Isabella;  t  28.  März 
1844  cn  Madrid. 

ArgvlB,  Insel  an  derWestküste  von  Afrika, 
südl.  V.  Kap  Blanco,  ehed.  portug.  Handels- 
station, Jetzt  franz.  [beweisen. 

Argvlren   (lat.),    anzeigen,    überfuhren, 

Argument  (argumentum,  lat.),  eigentl.  Be- 
weisgrund, dann  s.  v.  a.  Beweis,  daüher  Argu- 
mentation, Beweisführung.  Argumentum  ad 
hominem.  Beweis,  der  sich  auf  die  subjek- 
tive Ansicht  dessen,  der  überzeugt  werden 
soll,  gründet;  A.  ad  veritaiem.  Beweis,  der 
sich  auf  allgemein  anerkannte,  sogen, 
objektive  Wahrheiten  stützt;  A.  e  con»en$u 
gentium,  Erfahrungsbeweis,  der  sich  auf 
die  Uebereinstlmmung  aller  Völker  und 
Zeiten  beruft;  A.  a  baeulo  oder  baeulinum, 
Beweis,  dessen  überzeugende  Kraft  in  der 
Fanst  liegt,  Prügelbeweis;  A.  a  tuto.  Be- 
weis aus  dem  Nachtheil,  der  bei  der  An- 
nahme des  Gegentheiis  erwachsen  kann. 
Argumentiren,  folgern,  einen  Beweis  führen. 

Argan  (im  Oberlauf  Eerulun) ,  einer  der 
beiden  Quellflüsse  des  Amur,  kommt  aus 
der  Mongolei,  durchfliesst  den  Dalalnoor; 
Grenzfl.  zw.  China  u.  Sibirien,  etwa  80  M. 

Argurl  9  ehedem  Ort  in  Rnss.- Armenien, 
östl.  am  Ararat,  1840  durch  einen  vulkan. 
Ausbruch  desselben  total  vernichtet. 

ArgvSy  mit  dem  Beinamen  Panoptes,  der 
Allsehende,  lOOäugig,  ward  von  Jano  zum 
Wächter  der  in  eine  Kuh  verwandelten 
lo  bestellt,  von  Merkur  (Argiphontes)  ge- 
tödtet.  Arguaaugen,  sprichwörtl.  für  arg- 
wöhnisch, ängstlich  bewachende  Augen. 

ArgvtIeB(lat.), Spitzfindigkeiten;  argutiöe, 
spitzfindig,  gesucht. 

Argyle  (spr.  Argheil),  Graf  seh.  an  der 
Westküste  von  Schottland,  153  QM.  und 
79,724 Ew.,  rauhes  Bergland;  Anbau  nur  an 
der  Küste.    Hauptstadt:  Inverary. 

Argyl*  o^ei^  Argyll  (spr.  Argheil),  Her- 
zogstitel der  scliott.  Familie  Campbell: 
1)  Arehibald,  Earl  von  A. ,  geb.  1598, 
Haupt  der  strengen  Presbyterianer  und 
Freund  Cromwells,  wurde  von  Karl  H. 
amnestfrt,  aber  27.  Mai  1662,  weil  er 
Karls  I.  Hinrichtung  mit  befördert  haben 
sollte,   enthauptet.   —   2)  Arehibald,  Lord 


Lom,  Sohn  des  Vor.,  erhielt  als  ent- 
schiedener Royalist  von  Karl  IL  die  väter- 
lichen Güter  zurück,  kam,  weil  er  sich 
weigerte,  den  Testeid  ohne  Vorbehalt  zu 
unterschreiben,  in  Haft,  entfloh,  nahm  an 
der  Schilderhebung  des  Herzogs  von  Mon- 
mouth  Tbeil,  ward  bei  Paisley  gefangen 
und  SO.  Juni  1685  zu  Edinburgh  enthauptet. 
—  3)  John,  Enkel  des  Vor.,  geb.  10.  Okt. 
1678,  fooht  1706  unter  Marlborough  in 
Flandern,  ward  1712  Oberbefehlshaber  in 
Sehottland,  wegen  seiner  oppositionellen 
Haltung  gegen  den  Hof  abgesetzt,  schlug 
1715  die  Jakobiten  bei  Dumblane  in  Schott- 
land, erhielt  1718  mit  dem  herzogl.  Titel 
von  Greenwich  die  Peerswürde;  f  als  Mit- 
glied des  Kabinets  1743.  —  4)  Georg  John. 
Dougla»  Oampbdl,  Bertog  von  A.,  geb.  30. 
April  1823  zu  Ardohcaple-OastleinDnmbar- 
tonshire,  wurde  1852  üii  Ministerium  Aber- 
deen  Grosasiegelbewahrer,  1855  im  Mini- 
sterium PalmerstonGreneral  Postmeister,  18ö& 
abermals  Grosasiegelbewahrer,  1861  Prä- 
sident der  Royal  Society  in  Edinburgh. 

Argynspiden  {gt.)y  mit  silbernem  Schilde 
Bewaffiaete,  Theil  der  macedon.  Phalanx» 
Veteranen,  von  Antigonus  aufgelöst. 

Argyrliils  (gr.),  blaugraue,  später  bronze- 
artige Färbung  der  Haut,  nach  längerem 
innerlichen  Gebranch  von  salpetersaurem 
Silberoxyd. 

Argfro-Xagtro,  Stadt  im  türk.  Albanien» 
6000  Ew. ;  bester  türk.  Schnupftabak  (Fuli). 

Argyrokntle  (gr.),  Herrschaft  der  Geld- 
aristokratie. 

Argyropülos»  1)  Johanne»,  Verbreiter  der 
griecb.  Literatur  im  Abendlande,  geb.  um 
1416  zu  Konstantinopel,  lehrte  seit  1434  zu 
Padua,  Florenz  und  Rom;  t  wahrscheinl. 
1486.  Uebers.  mehrere  Schriften  des  Aristo- 
teles etc.  —  2)  FtriHe»,  neugriech.  Rechts- 
gelehrter, geb.  17.  Sept.  1809  in  Konstauti- 
nopel,  seit  1837  Prof.  der  Jurisprudenz  zu 
Athen,  wirkte  eifrig  für  Einführung  und 
Ausbildung  der  konstitutionellen  Staatsfornt 
in  Griechenland,  seit  1843  Kammermitglied, 
Mai  1854  bis  Sept.  1855  Minister  des  Aus- 
wärtigen. Sehr., Staatsverwaltung  Griechen- 
lands* (2.  Aufl.  1859,  2  Bde.). 

Arla  (Ital.,  fir.  Air),  einstimmiges  Ge- 
sangstück lyrischen  Inhalts,  mit  festgeglie- 
derter Melodie  u.  Instrumentalbegleitung, 
meist  in  grossem  Werken.  A,  concertata,  » 
A.  di  bravura,  reich  ausgeführte,  für  den 
Konoertvortrag  bestimmte  A.  A,  parlante, 
durchweg  syllabisch  bebandelte  A.,  Art 
Redtativ,  in  komischen  Opern.  -  Arielt«, 
kleine,  weniger  ausgeführte  A. 

Arla  cattlva  (ital.),  schlechte  Luft,  Name 
der  schädl.  Ausdünstungen  derMaremmen, 
der  pontin.  Sümpfe  etc.  . 

Ariidney  Tochter  des  Königs  Minos  von 
Kreta  und  der  Pasiphae,  half  dem  Theseus 
mittelst  eines  Garnknäuels,  sich  nach  der 
Tödtung  des  MInotaums  aus  dem  Labyrinth 
wieder  herauszufinden,  floh  mit  ihm,  ward 
auf  der  Insel  Naxos  von  ihm  verlassen, 
von  Bacchus  bei  seiner  Rückkehr  von 
seinem  Zuge  nach  Indien  zur  GNtttin  ge- 
nommen   und    unter  die  Götter  versetzt. 


124 


Ariadne  —  Ariosto. 


Ariadnefaden,  Bpirichwörtl.  für  Anweisung 
-zur   Lösung   verwickelter   Probleme    oder 

Arlidne,  s.  Planeten.  •  [Verh&ltnisse. 

ArliB»  (a.  G.),  die  Osthälfte  des  pers. 
Beichs,  die  Landschaften  Paropamisns, 
Dranglana,  Arachosia,  Oedrosia,  Partliia 
und  Aria  (also  das  jetzige  Afghanistan, 
Beludscliistan  und  den  östl.  Theil  Per- 
«iens)  umfassend.  Die  Landsch.  Aria  (das 
Jetzige  Sedschestan  und  Südkhorasan)  war 
die  wichtigste;  Hauptst.  Artacoana. 

Arifiner,  die  Anhänger  des  Presbyters 
Aritts  zu  Alexandria,  welcher  lehrte  (seit 
818),  dass  der  Sohn  als  vom  Vater  gezeugt 
«in  Geschöpf,  nämlich  das  erste,  welt- 
echaffende  und  nicht  von  Ewigkeit  her  ge- 
'wesen  sei.  Es  entspann  sich  daraus  der 
'ariänisehe  Streit,  welcher  länger  als  ein 
halbes  Jahrh.  den  ganzen  christl.  Orient 
-und  einen  Theil  des  Occidents  bewegt  hat. 
Die  Lehi'e  des  Arius  (Arianlamus)  wurde 
unter  dem  Einflüsse  des  Athanasius  auf 
^em  ersten  ökumen.  Koncll  zu  Kicäa  (325) 
verdammt  und  die  Wesensgleiohheit  des 
Lohnes  (Homousie  im  Gegensatz  zu  des 
Arius  Homousie,  Wesensähnlichkeit),  sein 
Erzeugtsein  aus  dem  Wesen  des  Vaters 
von  Ewigkeit  her  in  dem  nlcäischen  Sym- 
bolum  als  Dogma  der  röm.  Reichskirche 
-festgesetzt.  Nachdem  der  Arlanismus  in 
Folge  der  schwankenden  Haltung  Kon- 
stantins d.  Gr.  und  seiner  Nachfolger  den 
Parteien  gegenüber  seit  380  in  Konstan- 
tinopel  auf  einige  Zeit  die  Oberhand  ge- 
wonnen, ward  er  auf  dem  zweiten  ökumen. 
Kon  eil  zu  Konstantinopel  (381)  von  Neuem 
Verdammt  und  verschwand,  in  mehrere 
Fraktionen  getheilt  (Semiarianer,  Euno- 
■mianer)  mit  dem  5.  Jahrh.  im  röm.  Reiche. 
Dafür  fand  er  neuen  Boden  unter  den 
'german.  Völkern,  welche  um  diese  Zeit 
das  Ghristenthum  annahmen.  Vandalen, 
Ost-  und  Westgothen,  Burgunder  u.  Lon- 
rgobarden  nahmen  d^s  arian.  Ckristenthum 
an,  vertauschten  aber  dasselbe  im  Laufe 
•des  5.  und  6.  Jahrh.  gegen  den  Katholicis- 
mus.  Am  längsten  bekannten  sicli  die 
Longobarden  (bis  662)  zum  Arianismus. 

AriinOy  Stadt  in  der  ital.  Prov.  Avellino 
i(Gampaufa),  hoch  im  Gebirge,  12,588  Ew. 

Ar  IM  9  Benito,  span.  Theolog,  geb.  1527 
2u  Frexenal  de  la  Sierra  im  andalus.  Ge- 
*  birge,  leitete  im  Auftrag  Philipps  U.  zu 
Antwerpen  den  Druck  der  von  Chr.  Plantin 
herausg.  Polyglottenbibel  (Autw.  1569—72, 
^  Bde.),  erhielt  eine  Komthurei  des  Kon- 
vents San-Jago;  f  1598.  [Westsudan. 

Aribinda,    Staat   der  Mandiuj^oneger  in 

Arica,  Hafenstadt  in  Peru,  sudöstl.  von 
^requipa,  4000  Ew.;  13.  Aug.  1868  durch 
JErdbeben  zerstört. 

Ariel  (spr.  -itschl),  Cesart,  ital.  Dichter, 
geb.  2.  Juli  1782  va.  Brescia,  seit  1824  Prof. 
der  latein.  Sprache  das.;  f  2.  Juli  1836. 
Oeschätzt  die  didakt.  Gedichte  ,La  colti- 
vazione  degli  olivi'  (1808),  ,La  pastorizia' 
<1814}.    ,Opere'  (1818  und.  1858,  6  Bde.). 

Ariccia  (spr.  -itscha),  Stadt  in  der  Ck>- 
marca  von  Rom ;  von  Landschaftsmalern 
viel    besucht.    Im   Alterthum  Arieia,   eine 


der  ältesten  Städte Latiumfl,  an  der  appischen 
Strasse;  dabei  ein  her.  Tempel  und  Hain 
der  Diana  (Aridna)  mit  eigenthüml.  Kult. 

Arid  (lat.),  dürr,  trocken;  Aridität,  Dürre, 
Trockenheit,  auch  von  Reden  in  Gebrauch. 

Aridvr   (lat.),    Schwund,   Kleinerw erden 
eines    körperl.  Organs  in  Folge   von  Er- 
Arie, s.  Aria.  [nährungsmangel. 

Arlige  (spr.  -iähich),  rechter  Nebenfl.  der 
Garonne  im  südl.  Frankreich,  entspr.  in 
den  Pyrenäen  (am  Ool  de  Puy-Moren), 
mündet  oberhalb  Toulouse,  goldführend,  22 
M.  Danach  benannt  das  Depart.  A.,  88,9 
QM.  und  250,436  Ew.  Hauptst.  Foix. 

Ariel  (hebr.),  Löwe  Gottes,  Name  mehrerer 
alttestamentl.  Personen;  auch  Altar  Gottes 
und  Jerusalem;  in  der  kabbalist.  Dämono- 
logie ein  Wassergeist;  in  Shakespeares 
,, Sturm'  ein  Luftgeist. 

Arier,  im  Sanskrit  Aryas  (d.  i.  ursprüngl. 
wohl  Ackerbauer),  in  den  Vedas  Name  des 
Ackerbau  und  Viehzucht  treibenden  brah- 
manischen  Volks,  welches  aus  den  Hoch- 
ländern im  Nordwesten  von  Vorderindien 
in  das  Pendschab  einwanderte  und  sich 
von  da  aus  allmäh lig,  über  das  ganxe 
Gangesland  ausbreitete,  seine  Religion 
(Brahmanismns),  sein  Staatswesen  (Kasten) 
und  seine  Sprache  (Sanskrit)  der  unter- 
worfenen Urbevölkerung  aufdringend ;  da- 
her Ehrenname  der  3  oberen  Kasten  (Brah- 
manen,  Krieger  und  Ackerbauer)  zum 
Unterschiede  von  der  untersten  Klasse, 
den  Sudras,  den  Nachkommen  der  unter- 
worfenen Ureinwohner;  in  neuester  Zeit 
ethnograph.  Gesammtname  für  alle  Völker 
und  Sprachen  indogermanischen  Stammes. 

Arleg  (lat.),  Widder,  Mauerbrecher  der 
alten  Römer:  s.  KrieganuuchineH, 

Arif-Efendi,  türk.  Staatsmann,  ward  1845 
Unterstaatssekretär  (Musteschar) ,  1849  Mi- 
nister ohne  Portefeuille,  Sept.  1850  Botschaf- 
ter in  Wien,  März  1854  Scheich -ül -Islam 
(Grossmufti),  nahm  an  den  15.  März  1855  in 
Wien  eröffneten  Friedensunterhand lungen 
Theil,  seit  Dec.  1858  KaVmakan  (Stellvertre- 
ter) des  Handelsministers;   t  Anfang  1866. 

Arl  hinn  Prodi  (d.  1.  Ari  der  Weise), 
ältester  Geschichtschreiber  Islands,  geb. 
1067  im  Westviertel  der  Insel.  Sein  ,l8- 
lendingabok'  herausg.  in  den  ,l8lendiuga 
sögur«  (Bd.  1,  1843). 

Arimaspen,  nach  Herodot  einäugiges 
Scythenvolk  im  äussersten  Nordosten, 
Nachbarn  der  Hyperboräer,  lebten  in  stetem. 
Kampfe    mit    den    goldhütenden     Greifen. 

Arimathia  (a.  G.),  Stadt  in  Palästina, 
4  M.  von  Jerusalem;  jetzt  Ranileh. 

AriOHy  ber.  Säuger  und  Zitherspieler  aus 
Methymua  auf  Lesbos,  -628—525  v.  Chr.,  Er- 
finder des  Dithyrambus,  errang  zu  Tarent 
den  Preis  in  dichterischem  Wettstreite, 
ward,  auf  der  Heimfahrt  von  Räubern  mit 
dem  Tode  bedroht,  von  einem  Delphin 
nach  dem  Vorgebirge  Tänarus  getragen. 

Ariöso  (ital.,  Mus.),  sangbar»  nach  Art 
der  Arie;  kleiner  melodiöser  Liedsatz. 

Ariö8tO,  Lodovieo,  ital.  Dichter,  geb.  8. 
Sept.  1474  zu  Reggio,  lebte  am  Hofe  des 
Kardinals  Hippolyt  von  Este,   später  bei 


ArioYist  —  Aristolochia. 


125 


1    dessen  Bruder,  dem  Herzoe  Alfons  I.  von 

,    Ferrara;  f  das.  6.  Juni  1583.     Der  Meister 

'    des  romant.  Epos.     Hauptwerk:  ,Orlaiido 

•    ftiriosoS  in  46  Gesängen  (1.  Ausg.,  Ferrara 

*'    1516,  Tollst&ndig  15S2;  deutsch  Ton   Gries, 

,    4.  Anfl.  1851 ,   Streck fuM,  1818 ,  Kurt,  1855). 

Sehr. .  auch    Komödien,    Satiren,    Sonette, 

latein.  Gedichte  etc. 

I        AriOTist.  Heerführer  der  Sueven,  machte, 

Ton   den  Sequanem  gegen   die  Aeduer   zu 

Hülfe  gerufen,   einen  Heereszug  über  den 

Bheln   und   suchte  sich  darauf  in  Gallien 

festzusetzen,  ward  aber  von  Jul.  Cäsar  bei 

Vesontium  (Besan^on)  geschlagen  und  floh 

Aber  den  Rhein  zurück. 

Arisch,  pars.  Längenmass,  =  87  Zoll  rhein. 

Arisch,  Stadt,  s.  El  Jriteh. 

Arista.  Don  Mariano,  mexikan.  General, 
geb.  16.  Juli  1802  im  mexikan.  Staat  San- 
Luis>Potosi,  zeichnete  sich  im  Kriege 
gegen  die  Verein.  Staaten  aus,  war  1848 
Kriegsminister,  vom  15.  Jan.  1851  bis  15.  Juni 
1853  Präsident;  f  9-  Aug.  1855  in  Spanien. 

AristSnetns,  aus  Nicäa,  kam  in  Niko- 
medien  bei  einem  Erdbeben  um;  angebl. 
Yerf.  von  50  griech.  erot.  Briefen  in  2  Bü- 
ehern  (herausg.  von  Boissonckde  1822). 

Aristias,  Sohn  des  Apollo  und  der  Cyrene, 
Schüler  des  Chiron  in  der  Heil-  und  Wahr- 
sagerkunst, des  Cadmus  Schwiegersohn, 
ward  in  Thracien  in  den  Geheimkult  des 
Dionjsus  eingeweiht;  Erfinder  u.  Pfleger  der 
Bienenzucht,  Beschützer  der  Jägern.  Hirten. 

Aristirchns,   1)  A.  aus  Samos,   griech. 

Astronom,    zwischen  281   und   264  v.  Chr. 

Erhalten  ist  seine  Sehr.    ,yon  der  Grösse 

nnd  den  Entfernungen   der  Sonne  und  des 

Mondes*  .('»erausg.  von  Waüi»  Oxf.  1688).  — 

2)  A.  aus  Samothrace,  griech.  Grammatiker 

n.  Kritiker  zu  Alexandria,  um  150  v.  Chr. ;  f 

72  Jahre  alt   freiwillig   den  Hungertod  auf 

Cypem.    Hersteller  des  Textes  des  Homer 

I    in  seiper  gegenwärtigen  Gestalt.  Vgl.  Lekrs, 

,De  Aristarchi  studiis  Homericis*,  1833.  Seine 

■    krit.  Bemerkungen  finden  sich  zerstreut  in 

!     den  Scheuen  zu  Homer.    Nach   ihm  nennt 

man  strenge  Kritiker  Aristarche. 

AristeftB,  Grieche,  im  8.  Jahrh.  n.  Chr. 
zu  Alexandria  lebend,  erhielt  von  dem 
ägypt.  König  Ptolemäus  Philadelphus  den 
Auftrag,  die  70  Gelehrten  aus  Jerusalem 
zu  holen,  denen  die  griech.  (alexandrin  ) 
TJebersetzung  des  A.  T.  zugeschrieben  wird. 
Die  hiervon  Kunde  gebende  Schrift  rührt 
Ton.  einem  alexandrin.  Juden  her. 

Arlstides,  1)  der  Gerechte,  athen.  Staats- 
mann und  Feldherr,  Sohn  des  Lysimachus, 
einer  der  10  Anführer  (Strategen)  der 
Athener  beim  Zusammentreffen  derselben 
mit  den  Persem  bei  Marathon,  ward  später 
auf  des  Themistocies  Betrieb  durch  den 
Ostracismus  ans  Athen  verbannt,  trug 
dann  als  Anführer  der  Athener  in  der 
Schlacht  bei  Platäa  gegen  die  Perser  unter 
Mardonius  wesentl.  zum  Sieg  bei;  f  ^67 
T.  Chr.  Sein  Leben  beschrieben  Oomeliu» 
"  Nfpoa  und  Rutarch,  —  2)  Aus  Theben,  ber. 
fi^ech.  Maler,  Schüler  des  Enxeuldas, 
Zeitgenosse  des  Apelles,  der  Erste,  der 
auch  Leidenschaften   auszudrücken  suchte. 


"  3)  Griech.  Schriftsteller,  aus  Mllet,  im 
2.  Jahrh.  v.  Chr.,  Verf.  der  lasciven  novel« 
lenartigen  sogen.  ,MlIesischen Geschichten*; 
nichts  davon  erhalten.  —  4)  Aeliu«,  griech. 
Rhetor  des  2.  JCahrh.  n.  Chr.,  geb.  117  (129) 
zu  Hadrianopolis  InMysien,  f  um  189;  Verf. 
von  55  noch  vorband.  Reden  u.  Deklamatio- 
nen u.  einer  theoret.  Schrift  über  Bered- 
samkeit (herausg.  von  Dindorf  1829,  8  Bde.). 

Aristippiig,  aus  Cyrene,  Stifter  der  cyre* 
naischen  Philosophenschule,  um  380  v.  Chr.,. 
hörte  in  Athen  den  Socrates,  setzte  das' 
höchste  Gut  in  das  sinnliche  und  gei- 
stige Vergnügen,  dem  auch  Tugend  und 
Weisheit  dienen  müsse.  Diese  Genussleihre- 
(Hedonismus)  bildete  sein  Enkel,  de'r 
jünger t  A.,  genannt  Metrodidaktos,*  zum 
System  aus.  Nach  dem  Geburtsorte  de» 
A.  nannte  man  seine  Anhänger  auch  Oyre- 
naiker.  Vgl.  Wendt,  ,De  philosopliia  eyre- 
naica*,  1842.  Wielands  Roman  ,A.  und  einige- 
seiner  Zeitgenossen'  schildert  das  Leben  und 
Treiben  jener  Philosophen. 

Aristobülas,  1)  Sohn  des  Alexander 
Jannäus,  Königs  von  Judäa,  bemächtigte 
sich  69  V.  Chr.  des  elgentl.  seinem  Bi'uder- 
Hyrcanus  zustehenden  Thrones,  wurde 
von  Pompejus  63  gefangen  genommen  und 
in  Rom  im  Triumph  aufgeführt,  entkant 
wieder  nach  Judäa  (56)  und  sammelte  hier 
ein  Heer,  unterlag  aber  wieder  den  Römern 
und  ward  gefangen  nach  Rom  gesandt. 
Von  Cäsar  49  an  der  Spitze  zweier  Le- 
gionen nach  Judäa  gegen  die  Pompejaner 
gesandt,  f  er  unterwegs  an  Gift.  —  2)  Ale- 
xandrin. Jude,  peripatetischer  Philosoph,, 
um  175  V.  Chr.,  gilt  als  Verf.  eines  allegor. 
Kommentars  über  die  Bücher  Mosis,  be- 
titelt ,£xegetlca*,  worin  alle  Weisheit  der 
griech.  und  röm.  Schriftsteller  als  von  Moses 
entlehnt  dargestellt  wird,  Produkt  eine» 
späteren  Schriftstellers.  Vgl.  Vcdckenaer,  ,De 
Aristobulo  Judaeo*,  herausg.  von  Luzac  1806.. 

Aristodemns,  1)  Sohn  des  Herakliden 
Aristomachus,  beim  Einfall  in  den  Palo- 
ponnes  vom  Blitz  oder  von  Apollo  getödtet,. 
nach  spartan.  Sage  Herrscher  von  Sparta, 
Vater  des  Eurysthenes  und  Procles,  der 
Stammväter  der  beiden  Königsfamilien 
Spartas.  —  2)  König  der  Messenier  seit  729, 
opferte  einem  Orakolspmch  zufolge  seine 
Totiliter  zur  Rettung  seines  Vaterlandes,, 
besiegte  724  die  Spsirtaner,  tödtete  sich,  an 
der  Sache  Messeniens  verzweifelnd,  auf  dem 
Grabe  seiner  Tochter  selbst. 

AriRtogiton,  s.  Harmodius  und  Ariatogiton,. 

Aristokratie  (gr.),  dem  Woi-tsinne  nach 
Herrschaft  der  Besten,  im  Gegensatze  zur 
Demokratie  Bevorzugung,  welche  eine  ge-. 
wisse  Klasse  von  Staatsbürgern  in  Bezug; 
auf  Herrschaft  und  Rang  vor  den  anderen 
Volksklassen  beansprucht  oder  inne  hat. 
Man  unterscheidet  Geburts-  oder  Adels-, 
Standes-,  Beamten-  und  Geldaristokratie 
(Timo-  oder  Plutokratie).  Ausartung  der 
A.  ist  die  Oligarchie.  Aristokrat,  Mitglied 
der  A.  oder  Anhänger  derselben.  Aristo- 
kratismus,  thatsächliche  Geltendmachung- 
aristokrat.  Gmudsätze. 

Aristolochia  L.  (Osterluzei),  Pflanzengat- 


126 


Aristomenes  —  Arizona. 


-hing  der  Aristolochleen.  A.  dematitis  X., 
Waldrebenhohltour»,  in  Süd-  XL.  Mlttolenropa, 
mit  früher  officineller  Wnrzel.  A.  serpen- 
taria  L.,  in  Nordamerika,  liefert  die  offici- 
nelle  Schlangenwurzel,  Radix  Serpentariae. 
A.  Sipho  W.,  Pfeifenstrauch,  aus  Nord- 
amerika, beliebte  Laubenpflanze  mit  schönen 
grossen  Blättern. 

Aristomenes,  messeniscfier  Held  ans 
köulgl.  Geschlechte,  tapferer  Anführer  der 
Hessenier  im  zweiten  Kriege  derselben  gegen 
Sparta  684—668  y.  Chr.,  unterlag  in  Folge 
von  Vorrath,  gab  seinen  übrig  gebliebenen 
Laudslenten  den  Rath ,  nach  Sicillen  (Mes- 
saua)  auszuwandern;  fbei seinem  Schwleger- 
soline  Damaget  zu  Jalysus  auf  Rhodus. 

Aiiston  (gr.,  das  Beste),  das  Frühstück  der 
alten  Griechen,  aus  Brod  n.  Wein  bestehend. 

Aristophanes.  1)  ber.  grioch.  Komödien- 
dichter,  trat  427  y.  Chr.  (im  4.  Jahr  des 
peloponn.  Kriegs)  zuerst  als  Dichter  auf, 
lobte  noch  386.  Der  Meister  der  sogen, 
alten,  d.  h.  achten  attischen  Komödie, 
durch  und  durch  polit.  Dichter  yon  konser- 
ratiyer  Gesinnung,  unerschöpflich  an  Witz 
11.  zügelloser  Laune,  sein  Stil  aller  Töne 
fähig,  seine  Sprache  Huster  des  attischen 
Dialekts.  Von  seinen  54  Stücken  nur  11 
erhalten:  ,AcharnerS  ,Ritter',  Wolken*, 
^Wespen',  »Friede',  »Vögel*,  »Lysistra*, 
,Thesmophoriazusen*  (die  Weiber  am  Thes- 
rnophorieufest) ,  ,Frösche*,  ,Ekkleslazu8en* 
( Weiber volksyersammlung)  und  ,Plutos*. 
(xesammtausgaben:  yon  £mnck  (1781—88, 
3  Bde.)  ,  Mekker  (1829,  5  Bde.),  2>tndor/ (1838 
11.  1869),  £ergk  (1860,  S  Bde.),  Meineke  (1860, 
^  Bde.),  in  Auswahl  yon  Kock  (1852  f.).  Ueber- 
i3etzuugen  yon  Voss  1821,  Dropsen  (2.  Aufl. 
1868^69),  ff.  Mülltr  (1843  —  46,  3  Bde.), 
Seeger  (1842-48,  3  Bde.),  Minckwitz  (1854  f.) 
und  Donner  (1861—62,  3  Bde.),  —  2)  il.  von 
Bytan»,  alexandr.  Grammatiker  u.  Kritiker, 
um  264  y.  Chr.,  mit  Aristarch  Verf.  des 
Kanons  der  grlech.  Schriftsteller  u.  angobl. 
Erfinder  der  Accente  und  Interpunktions- 
zeichen.   Fragm.   herausg.  yon  Nauck  1848. 

Aristoteles,  ber.  griech.  Philosoph,  geb. 
384  y.  Chr.  zu  Stagira  (daher  der  Stagirit 
genannt)  in  Macedonien,  Sohn  des  Nico- 
machus,  des  Leibarztes  und  Vertrauten 
des  Königs  Amyntas  yon  Macedonien,  20 
Jahre  hindurch  Schüler  Piatos,  seit  343 
Lehrer  Alexanders  d.  Gr.,  gründete  331  in 
den  Spaziergängen  des  Lyceums  eine  Phi- 
losoph. Schule,  die  peripatetische ,  so  ge- 
nannt entweder  nach  dem  Orte  oder  nach 
der  Gewohnheit  des  A.,  seine  Vorträge 
theilweiseim  Umherwandeln  (gr.  peripatein) 
zu  halten,  yerliess  Athen,  des  Atheismus 
beschuldigt;  f  zu  Chalds  auf  Euböa  822. 
A.  ist,  im  Gegensatz  zu  dem  Idealisten  Plato, 
der  Begründer  des  Realismus  in  der  Philo- 
sophie. Sein  System  beruht  auf  den  beiden 
Sätzen,  dass  der  Geist  seine  Ideen  aus  der 
Erfahrung  annehme,  und  dass  die  durch  die 
Erfahrung  erkannten  Eigenschaften  Wahi*- 
heit  haben.  Er  ist  Schöpfer  der  pliilosoph. 
Terminologie  und  der  meisten  noch  gang- 
baren Definitionen,  Begründer  der  Logik, 
Psychologie,  Rhetorik  und  Poetik,  Vater  der 


Naturgeschichte  n.  Metaphysik.  Seine  Phy- 
sik ist  ein  schwacher  Versuch;  seine  Ethik 
und  Politik  (8  Bücher)  erheben  sich  nicht 
zu  den  höchsten  Principten.  A.  Philosophie, 
im  Alterthum  lange  gering  geachtet,  grewann 
durch  die  Araber  neues  Ansehen  n.  genoss, 
you  diesen  in  Europa  eingeführt,  bes.  im 
Mittelalter  einer  grossen  Verehrung.  Seine 
Schriften  (1000,  n.  And.  400,  yiele  yerloren) 
herausg.  yron  Aldus  ilfaiiut<u«(Vened.  1495—98, 
5  Bde.),  Casaubonus  (Leyd.  1590)  u.  A.,  neuerl. 
yon  Bekker  (4  Bde.,  mit  lat.  Uebers.  und  Aus- 
zügen aus  den  Kommentatoren)  und  Didoi 
(1847—57,  4  Bde.).  Daneben  zahlr.  Ausgaben 
der  einzelnen  Schriften,  unter  dem  Namen 
«Organen*  begreift  man  seine  Werke  logi- 
schen Inhalts  (14  Bücher).  Eine  Sammlung 
der  Fragmente  gab  Rose  im  ,A.  pseudepl- 
graphus*,  1863.  Vgl.ßtaÄr,,Aristotelia*,  18S0; 
Biene,  ,Die  Philosophie  des  A.*,  1835,  2 Bde.; 
Michelet,  ,£xamen  crit.  de  Touvrage  d'Ari- 
stote',  1836;  Jourdan,  ,Gesch.  der  Aristotel. 
Schriften  im  Mittelalter*,  deutsch  von  Stahr 
1831;  Lewes,  ,Aristotle*,  1864,  deutsch  Ton 
Carus  1865. 

Aristoxenns  y  aus  Tarent,  griech.  Philo- 
soph und  bor.  musikal.  Schriftsteller,  Schü- 
ler des  Aristoteles,  lebte  um  350  y.  Ohr.'  zu 
Athen;  Fragmente  über  Musik  in  Meiboms 
Sammlung  , Auetores  Septem* (Amsterd.  1652), 
neuerl.  yon  WeUphai  krit.  beleuchtet. 

Arithmetik  (gr.),  Zahlenlehre,  der  Theil 
der  Mathematik ,  der  sich  mit  den  un- 
stetigen oder  diskreten  Grössen,  Zahlen  u. 
deren  Formen  und  Verhältnissen  beschäf- 
tigt, im  engeren  Sinne  die  Lehre  von  der 
Rechnung  mit  bestimmten,  durch  Ziffern 
ausgedrückten  Zahlen,  zerfällt  in  die  ge- 
meine A.  (die  sogen.  4Species,  Proportionen 
und  Progressionen,  Quadrat-  und  Kubik- 
wurzeln, Logarithmen)  und  in  die  Mher« 
A.  (Zahlentheorie),  die  Untersuchung  der 
Eigenschaften  der  Zahlen,  die  Zerfällung 
der  ganzen  Zahlen  in  Faktoren,  Primzahlen, 
Kettenbrüche  etc.  Ferner  unterscheidet  man 
theoret.  und  prakt.  (Rechenkunst),  nume- 
rische (Logistik)  und  reine  A.  (Buchstaben- 
rechnung). Die  harmonische  A.  lehrt  die 
Berechnung  der  Schwingungsyerhältnisse  in 
der  Akustik.  Die  polit.  A.  ist  die  Anwen- 
dung der  A.  auf  Berechnung  der  Lotterien, 
Renten-,  Versorgungs-  und  Versicherungs- 
anstalten ,  Sterblichkeitsyerhältnisse ,  der 
mittleren  Lebensdauer  etc.  Instrumentale 
A.  ist  die  Rechnung  mittelst  gewisser 
Werkzeuge,  namentl.  der  Rechenmaschinen. 

ArithmStisehe  Beihe,  s.  Progression, 

Arithmologie  (gr.),  Zahlenlehre,  insbes. 
Lehre  yon  den  merkwürdigen,  mitunter  zu 
abergläubischen  Zwecken  benutzten  Eigen- 
schaften der  Zahlen. 

Arithmomantie  (Arithmantie,  gr.),  Wahr- 
sagung aus  Zahlenyerhältnissen. 

AriuSy  yon  Cyrene,  nach  Andern  aus 
Alexandria,  erst  Diakon,  dann  Presbyter 
das.,  Haupt  der  Arianer  (s.  d.)  ;  f  336  n.  Chr. 

Arizona»  Territorium  der  Verein.  Staaten 
yon   Nordamerika,    1863    ans   dem    westl. 
Theile  von  Neumexiko  gebildet,   bis   zum  • 
Rio     Colorado    reichend,     5858    QM.    mit 


Arkaden  —  Armagnac. 


127 


(1869)  86,000   Ew.,    ein    erz-,  wald-  und 
weidereiches  Gtebiet.    Hanptst.  Prescott. 

Arkaden  (Ital.),  Bogenhallen,  Reihe  Ton 
Bogen,  anf  Säulen  ruhend  und  überwölbt; 
sonst  auch  vor  dem  Erdgeschoss  der  Häuser 
häufig  a^ebracht  (vgl.  Lauben). 

Arkadien  9  der  mittlere  Theil  des  alten 
Peloponues  (Pelaagien),  ein  wald-,  quellen- 
und  triftenreiohes ,  von  Hirten  und  Jägern 
bewohntes  Grebirgsland ;  von  den  Dichtem 
als  das  Land  der  eiiiiacheu  patriarchal. 
Sitte  gepriesen.  Die  jetzige  Nomarchie  A. 
d5,4  QM.,  118,719  Ew.,  Hauptst.  Tripolizza. 

Arkansas  (spr.  -känaäs),  Fluss  in  Nord- 
amerika,  entspr.  im  Felsengebirge,  nördl. 
der  Sierra  Mojada,  durchbricht,  durch  den 
Ganadian  verstärkt,  das  Ozarkgebirge  und 
mündet  oberhalb  Bolivar  in  den  Mississippi. 

Arkansas  (spr.  -känsäs),  nordamerik.  Staat, 
westl.  am  Mississippi,  2455  QM.  mit  435,450 
!Ew.;  eben,  bewässert  vom  Arkansas  und 
Whiteriver;  reich  an  Naturprodukten  aller 
Art;  54  Counties,  2  Repräsentanten;  seit 
1836  souverän.  Hauptstadt  Llttle  Rock. 

ArkebSse  (fr.),  Hakenbüchse,  2Va'  langes 
Feuerrohr  mit  deutschem  Radschloss,  wel- 
ches im  16.  Jahrh.  die  reitenden  Schützen 
(Ärktbusiere)  fährten. 

Arkebnside^  Schusswas8er,Name  mehrerer 
alten  Wundwässer,  z.  B.  thedensche  A. 

Arkelel  (Arckdley),  Name  des  älteren  Be- 
lagerungsgeschützes. 

ArkQna,  nördlichste  Spitze  der  Insel 
Rüg-en,  Halbinsel  Wittow,  170'  hoch;  hier 
dar  Burgiiug,  ein  70— 80*  hoher  Wall,  wo 
der  Tempel  des  Wendengottes  Swantewft 
stand  (1168  durch  König  Waldemar  von 
Dänemark  zerstört).    Leuchtthurm. 

Arkot  (Arkadu),  Stadt  in  der  brit.-0Btind. 
Präsidentsch.  Madras,  am  Palao,  58,500  Ew. ; 
früher  Resid.  der  Nabobs. 

Arktisch  (gr.),  was  in  der  Nähe  des 
Sternbildes  des  Bären  (Arktos)  liegt,  daher 
8.  V.  a.  nördlich.  Gegensatz  antarktisch. 
A.e  Länder  s.  Nordpolarländer. 

Arkwrlght  (spr.  Arkreit),  Bichard,  engl. 
Mechaniker,  geb.  23.  Dec.  1732  zu  Preston 
in  Lancashire,  früher  Barbier,  verband  sich 
1767  mit  einem  Uhrmacher  Kay  zur  Her- 
stellung einer  Bau^n wollspinnmaschine ,  bei 
welcher  das  Spinnen  durch  Walzen  bewirkt 
wird.  Die  Maschine  (Water  machine,  Was- 
flermaschine,  weil  sie  die  erste  mit  Wasser 
betriebene  war)  ward  1769  patentirt.  A.  f  3. 
Aug.  1792  zu  Crumbford  in  Derbyshire. 

Arlberg,  Gebirgsstock  der  algäuer  Alpen, 
am  oberu  Lech,  6200^;  danach  benannt  die 
Landsch.  Vorarlberg.  Darüber  Pass  (5370') 
aus  dem  Stanzer-  (Inn)  ins  Klosterthal  (Hl). 

Arleclüno  (ital. ,  spr.  -kino),  die  komische 
Maske  der  ital.  Bühne;  davon  das  deutsche 
Harlekin  (fr.  arlequin),  Hanswurst. 

Arier  ^  Heinrich  (bei  den  Italienern  Mhirico 
di  Gamodia),  Baumeister,  geb.  aus  Gmünd 
in  Schwaben,  soll  den  Plan  zum  mailänder 
Dom  entworfen  haben  (?);  Erbauer  derHel- 
Ugkreuzkirohe  zu  Gmünd  (1351).  Seine  Söhne 
Johann,  Wenzel  und  Peter  ebenf.  berühmte 
Baumeister;  letzterer  erbaute  u.  a.  die 
Moldaubrücke  zu  Prag. 


Arles  (spr.  ArP,  das  alte  ^reZo/itm,  AreUde), 
Hafenstadt  im  franz.  Depart.  Rhonemün- 
dungen, an  der  Rhone,  26,367  Ew.  Rom. 
Alterthümer.  Seit  879  Hauptst.  des  ardcUi- 
sehen  Beichs.    Wichtige  Kirchensynoden. 

Arlesbeere^  s.  v.  a.  Elsebeere. 

Arllnconrt  (spr.  -längkuhr),  Charles 
Victor  t  Vicomte  d\  franz.  Schriftsteller, 
geb.  10.  Sept.  1789  zu  Merantres  bei  Ver- 
sailles ,  unter  Napoleon  Militärintendant  in 
Aragonien,  nach  1830  eifriger  Legitimist; 
1 22.  Jan.  1856  zu  Paris.  Zahlreiche  Schriften 
autirevolutionärer  Tendenz,  daiomter  die 
oft  aufgelegten  Romaue  ,Le  R6n^t'  (1822), 
»Ipstboö*  (1823),  ,Le  Solitaire'  (1825),  die 
legitim.  Flugschrift  ,Dieu  le  veutl*  (1848, 
mehr  als  60  Aufl.)  u.  ,L'Italie  rouge'  (1850). 

Arlon  (spr.  -long),  Hauptst.  der  belg. 
Prov.  Luxemburg,  5779  Ew.  Hier  19.  April 
1793  Sieg  Jourdans  über  die  Oesterrelcher. 

Arlt,  Ferdinand,  Augenarzt,  geb.  18. 
April  1812  zu  Obergraupen  bei  Toplitz, 
lehrte  in  Prag,  seit  1856  in  Wien.  Sehr. 
«Krankheiten  des  Auges*  (1851  —  56,  3  Bde., 
4.  Aufl.  1867),  ,Pflege  der  Augen  im  gesunden 
und  kranken  Zustande*  (3.  Aufl.  1865),  gibt 
mit  Donders  und  Gräfe  das  ,Archlv  für  Oph- 
thalmologie* (seit  1854)  heraus. 

Arm  (hrachiwn),  obere  Extremität  des 
Menschen  und  der  Afi'en,  besteht  aus 
Schulter,  Oberarm,  Vorderarm  und  Hand. 
Die  Schulter  enthält  das  Schlüsselbein 
und  Schnlterbein ,  der  Oberarm  einen,  der 
Unterarm  zwei  Knochen,  den  Elnbogen- 
knochen  und  die  Speiche.  Die  Beugemus- 
keln des  A.s  liegen  an  der  inuem,  die 
Streckmuskeln  an  der  äusseren  Seite.  Der 
an  der  Innenseite  des  Oberarms  gelegene 
Musculus  biceps,  der  bei  starker  Beugung 
des  Elnbogengelenks  anschwillt,  dient  als 
Mass  für  die  Entwickelung  des  Muskel- 
systems des  ganzen  Körpers.  In  der  Ach- 
selhöhle tritt  eine  grosse  Arterie  in  den 
Oberarm  und  theilt  sich  im  Elnbogengelenk 
in  zwei  Aeste,  von  denen  der  eine  bei  der 
Hand  so  nahe  an  die  Haut  tritt,  dass  er 
zur  Untersuchung  des  Pulses  dient.  Die 
Venen  des  A.s  verlaufen  theils  neben  den 
Pulsadern,  theils  dicht  unter  der  Haut  und 
werden  deshalb  zum  Aderlass  benutzt. 
Von  den  Nerven  des  A.s  liegt  der  Eln- 
bogennerv  sehr  oberflächlich,  daher  ein 
Stoss  gegen  das  Gelenk  heftig  schmerzt. 

Arma  (lat.),  Geräthe,  bes.  Waffen.' 

ArmSda  (span.),  jede  bewaffnete  Macht, 
bes.  Kriegsflotte,  insbes.  die  grosse,  von 
Philipp  II.  gegen  England  1588  ausgerüstete 
Seemacht,  welche  durch  Stürme  und  die 
Engländer  vernichtet  ward. 

Armadlll.  s.  Gürtdthiere. 

Armagh  (spr.  -mäh),  Grafsch.  der  Irland. 
Prov.  Ulster,  24  QM.  und  190,086  Ew.,  frucht- 
l^ar.  Die  Bauptst.  A.,  8655  Ew.  Kirchl. 
Hauptst.  von  Irland;  Markt  für  Leinwand. 

Armagnac  (spr.  -manjack,  Ager  Aremoni- 
cus),  Landsch.  der  Gascogne  in  Südi^ank- 
reich  (Depart.  Gers) ;  auch  altes,  von  Chlod- 
wig abstammendes  Geschlecht,  das  in  der 
Geschichte  Frankreichs  wiederholt  eine  be- 
deutende Rolle  gespielt  hat,  erlosch  1497. 


128 


Armagnac  —  Armenien. 


Äxwugma^f  eoguB/eihnl.  Spiritus  »ns  den 
Weinen  der  fimns.  Depert.  Qen  u.  Landes,  52 
Ms  5fi»/o  tterfc.  Jährt.  Produkt.  12  MiU.  Liter. 

AlwugaaktM  (ron  der  franz.  Landschaft 
Armagnac),  der  Kern  der  Kriegsbanden, 
welche  cor  Zeit  Karts  VII.  in  Frankreich 
rerwästond  bansten  n.  ron  diesem  auf  Ver- 
langen des  Kaisers  Friedrich  III.  und  der 
Grossen  in  Sehwaben  nnd  im  Elsass  in  2 
Heeren,  eus.  SO,000  Mann  stark,  nach  dem 
Elsass  nnd  gegen  die  Schweiz  gesandt 
wurden.  Letztere  rettete  der  Si^  der 
Schweizer  bei  St.  Jakob  an  der  Birs  26.  Aug. 
1444,  dem  der  Friede  ron  Ensisheim  (28.  Okt.) 
folgte.  Dies  der  sogen.  Armegeekenkrieg. 
Yfß.  BoMmert  «Histor.  Taschenbuch*,  1M2. 

ArmalitsUM  (Armale»,  lat.),  in  Ungarn 
früher  Adelige,  welche  ohne  Grundbesitz 
waren  nnd  rom  Waffendienste  lebten. 

.^nMlBd-Dunutraq,  Charle»Ed<mard,tnM%. 
Schlachtenmaler,  geb.  zu  Paris,  Schüler  von 
Chmture.Gambronne  bei  Waterloo,  Kürassier- 
•ngriff  bei  Waterloo,  Schlacht  bei  Solferino. 

Xrmaimsperg,  Jos.  Ludwig,  Graf  von, 
bayer.  Staatemann,  geb.  28.  Febr.  1787  zu 
KötzÜng  in  Niederbayem,  ward  unter 
König  Ludwig  I.  Staatsrath,  Reichsrath, 
Minister  des  Inneren  und  der  Finanzen, 
dann  der  Finanzen  und  des  Auswärtigen, 
hatte  wesentlichen  Antheil  an  der  Reform 
des  höheren  Verwaltungswesens ,  trat  1832 
an  die  Spitze  der  Regentschaft  ron  Grie- 
chenland ,  ward  Juni  1835  Staatskanzler 
das.,  zog  sich  in  dieser  Stellung  zahlreiche 
Gegner  zu,  die  seinen  Sturz  (14.  Febr. 
1837)  bewirkten;  t  3.  April  1853. 

▲rmsrinm  (lat.),  Rüstkammer;  Bücher- 
schrank; iirmaWtw,  Waffenschmied;  Biblio- 
thekar; in  Klöstern  der  Vorsänger  und  Auf- 
bewahrer der  Messbücher. 

Amuiteur  (fr.,  spr.  -töhr},  Ausrüster  eines 
Schiffs,  Rheder;  Kapitän  eines  Kaperschiffs. 

Armstölen.  die  kriegerischen  Bewohnor 
der  unter  Kapitenis  stehenden  Bezirke 
(Armatolien)  der  nördl.  Grebirgsgegenden 
Griechenlands,  die  bald  als  Räuber  (Kleph- 
then)  die  angrenzenden  Landschaften  heim- 
suchten, bald  gegen  Sold  die  Sorge  für  die 
Sicherheit  derselben  übernahmen;  bethei- 
ligten sich,  etwa  12,000  Mann  stark,  am 
griech.  Freiheitskampfe,  u.  zählen  in  ihrer 
Mitte  die_  gefeiertsten  Helden. 
.  Ämistnr  (lat.) ,  die  yoUständige  Aus- 
rüstung eines  Soldaten,  auch  eines  Schiffs; 
Im  Bau-  und  Ingenieurwesen  die  rerschie- 
denen  Mittel ,  wodurch  einem  Bauobjekte 
Tragfähigkeit  oder  Haltbarkeit  gegeben  wird. 

Armbrast  (vom  lat.  arbalista  oder  arcu- 
balista),  ehemals  ein  aus  Bogen  und  Schaft 
mit  Drücker  bestehendes  Grewehr  zum  Ab- 
schiessen  von  Pfeilen  und  Bolzen.  Die 
grösston  (Eiben)  wurden  mit  einer  Winde, 
dio  kleineren  (Schnäpper)  mit  einem  Heb^I 

g'ippe)  gespannt.  Im  westl.  Europa  seit  den 
euzzügen  bis  ins  16.  Jahrh.  im  Gebrauch. 
Armee  (fr.),  im  Allgemeinen  Kriegs- 
heer,  die  gesammte  Truppenmacht  eines 
grösseren  Staats;  dann  eine  grössere  Tnip- 
penmasse,  welche  unter  Einem  Oberbefehls- 
haber  auf  einem  bestimmten  Kriegsschau- 


platze Operiren  soll,  häufig  nach  letzterem 
(s.  B.  Rheinarmee)  oder  nach  der  Himmels- 
gegend desselben  (s.  B.  Nordarmee)  oder 
nach  dem  Zwecke,  dem  sie  dient  (z.  B. 
Obserrations-,  Okkupationsarmee),  benannt, 
zeriallt  in  Armeeeorpg,  weiter  InDiTisionen 
nnd  Brigaden. 

ArM€f eekeakrf€f 9  s.  Ärwtmgnakeu, 

ArMeBeat  (fr.,  spr.  Ann*mang),  Aus- 
rüstung, Bemannung  und  Bewaflüinng  eines 
Schiffs,  einer  Flotte. 

AraeBblbely  s.  BMia  pamperum. 

AnBemles,  ehemaL  Reich  in  Vorder- 
asien, zwischen  dem  schwarzen  und  kasp. 
Meere,  ein  Hochland  mit  Plateaus  tob 
5—7000' Höhe,  tief  eingeaclmittenen  Thälem 
und  Gipfeln  (Ararat)  bis  16,000*;  Quell- 
bezirk des  linphrat,  Tigris  und  Araü; 
Klima  excessir,  mit  strengen  Wintern  nnd 
heissen  Sommern;  Vegetation  in  den  Thä- 
lem  nnd  au  den  Berghängen  üppig,  auf 
den  Hochebenen  spärlich.  Areal  etwa 
5000  QM.  Die  Einwohner,  theils  AriHenier 
(Nachkommen  der  frühem  Inhaber  des 
Landes),  theils  Türken,  Perser,  Turkmanen, 
Kurden,  Russen.  Von  den  eigentl.  Arme- 
niern, die  einer  besondem  christl.  Gemein- 
schaft angehören  und  unter  einem  eigenen 
geistl.  Oberhaupte  (Patriarch  zu  Etsch- 
miadzin)  stehen,  ist  ein  grosser  Theil  seit 
Untergang  des  Reichs  im  Ausland  zerstreut, 
meist  als  Kaufleute  (s.  unten  i.  Sprache, 
Literatur  und  Volkscfaarakter  hat  sich  er- 
halten. Das  Land  ist  gegenwärtig  vertheilt 
an  Rnssland  (Russisch- A.  oder  Gnuv.  Eri- 
wan),  Persien  (Per^isch-A.  oder  Prov.  Aser- 
beidschan)  n.  die  Türkei  (Türkisch- A.  oder 
die  Ejalets  Erzerum  und  Wan). 

Geschichte.  Die  Armenier  selbst  nennen 
sich  Haikh  nach  Eüiik,  dem  4.  Nachkommen 
Japhets  und  dem  angebl.  Gründer  ihres 
Reichs  (f  4020  v.  Chr.).  Einer  seiner  Nach- 
kommen war  Aram,  der  Zeitgenosse  des 
Ninus,  von  welchem  die  einheimischen  Gö- 
sch ichtsch  reiber  den  Namen  A.  herleiten, 
während  ihn  die  Griechen  auf  den  Thessa- 
lier Armenios ,  einen  der  Argonauten ,  zu- 
rückführen. A.  ward  frühzeitig  von  Assy- 
rien, dann  ron  Babylonion  und  Medien 
abhängig.  Um  die  Mitte  des  6.  Jahrh. 
Y.  Chr.  warf  zwar  Tigranes  T.,  aus  dem 
Geschlechte  Haiks,  das  fremde  Joch  ab, 
doch  kam  das  Land  bald  wieder  unter 
pers.  und  dann  unter  macedon.  Oberhei'r- 
sühaft.  Die  Seleuciden,  zu  deren  Reich  es 
nach  manchen  Wechselfälleu  geschlagen 
ward,  Hessen  es  durch  Statthalter  regieren, 
von  denen  sich  zwischen  223  und  190  v.  Chr. 
zwei,  Artaxias  und  Zariadres,  unabhängig 
machten,  um  zwei  Reiche,  Gross-  u.  Klein- 
armenien, zu  gründen. 

Tu  Grossarmenien  wurde  des  Artaxias 
Dynastie  um  die.  Mitte  des  2.  Jahrh. 
V.  Chr.  durch  einen  Zweig  der  parthi- 
schen  Arsaciden  verdrängt.  Dieser  Dy- 
nastie gehörte  Tigranes  d.  Gr.  an,  wel- 
clier  Syrien,  Kappadocien,  Kleinarmenien, 
sowie  Mesopotamien  und  andere  benach- 
barte Gebiete  eroberte,  aber,  durch  seinen 
Schwiegervater,    Mithridstes    von  Pontos, 


^ 


Armenisclie  Kirche  —  Atmeniscbe  Si»raclie  und  Literatur.     129 


mit  den  Röm«m  iik  Kobflikt  gerathen,  Ton 
diesen   63   y.    Ohr.   fast  'aller  dieser  Er- 
oberungen    wieder     beraubt    ward.     Die 
Nachfolger  des  Tlgranes  waren  thells  Ton 
den  Körnern,   thells  von  den  Partbem  ab- 
hangig.    Nachdem    Grossarmenien    unter 
dem  Kaiser  Trajan  einige  Zelt  röm.  Prov. 
gewesen,   ward   es  868  n.  Ohr.  Ton   den 
Sassanlden  erobert  und  28  Jahre  behauptet. 
Unter  Tlrldates  IIL,  der  286  mit  Hülfe  der 
Bdmer  wieder  cum  Besita  seines  Brblandes 
gelangte,  fing  das  Ohrlstenthum  an  sich  In 
A.  au  verbreiten,  das  bald  Landesreligion 
ward.    Aber  schon  428  machte  der   pers. 
König  Bahram  V.  A.  su  einer  Prov.  des  Sas- 
sanldenrelohs.     In  den  K&mpfen  swlschen 
den  Khalifen  und  den  byzant.  Kaisem  ward 
das  Land  aufs  fürchterlichste  Terheert,  bis 
Aschod  L,  aus  der  alten  armen.  Familie  der 
Bagratlden,  859  mit  Bewilligung  des  Kha- 
lifen den  Thron  bestieg  und  so  Gründer  der 
dritten   armen.  Dynastie,    der  JSagraiiden, 
ward.     Unter   seinen  Nachfolgern   gedieh 
Grossarmenien  eu  neuer,  aber  kuraer  Blü- 
the.    In  Folge  Innerer  Zwlstlgkelten  ohn- 
roiohtig,   vermochte  es  nicht   dem  gleich- 
aMltigen  Andränge  der  Seldschuken  und  der 
Byiantiner  sra   widerstehen,    so    dass   die 
Griechen  1080  eines  Thells  des  Landes,  die 
Türken  und  Kurden  aber  des  anderen  sich 
bemächtigten.   Nur  eluselne  armen.  Fürsfeen 
behaupteten   ihre  Unabhängigkeit  bis  aum 
Einfall  der  Mongolen,  welche  124S  gani  A. 
eroberten.    1472  ward  Grossaxmenlen  pers. 
Prov.,   deren  westl.  Thell  1522  vom  türk. 
Sultan  Sellm  IL  erobert  ward,  während  der 
Östl.  unter  der  Herrschaft  der  Perser  blieb. 
In  SMnarmenien  hatte  die  Dynastie  des 
JSariadre»  den  Thron  Inne  bis  sur  Eroberung 
des  Landes  durch  Tlgranes  d.  Gr.  (70  v*  Ohr.). 
Dieser  verlor  es  bald  wieder  an  die  Bömer, 
die  es  erst  verschiedenen  aslat.  Dynasten 
verliehen ,  später  aber  Eur  Prov.  machten. 
Als  solche  fiel  es  bei  der  Thellung  des  röm. 
Reichs  dem  orlental.  Kalserthum  su,  dessen 
Schicksale    es   theilte,    bis   sich   um   1080 
Rhupen,    ein  Verwandter  des   letiten  Ba- 
gratldenkönigs ,  nun  unabhängigen  Herr- 
scher    emporschwang.      Seine    Nachfolger 
«pleiten  In  den  ELreuzaügen  eine  wichtige 
Rolle   und    dehnten  ihre  Herrschaft  über 
Oiliden  und  Kappadoden  aus.    Das  Reich 
blühte,  bis  es  1375,  dnrch  innere  Unruhen 
zerrüttet,    dem  Angriff  des  ägypt.  Sultans 
Schaban  erlag.    Der  letzte  König,  Leo  VI., 
aus  dem  Hause  Luslgnan,  mütterlicherseits 
ein  Rhupenide,  starb  1S93  in  Paris.  1408  kam 
das    Land    unter    die    Botmässlgkelt    der 
Turkmanen,  1508  unter  die  der  Perser  und 
bald  darauf  unter  die  der  Osmanen. 

Die  Armenier  sind  gegenwärtig  über  Vor- 
der- und  Mittelasien  bis  nach  Ohlna,  sowie 
.über  die  Küstenländer  des  Mittelmeers 
sserstreut.  Etwa  5000  leben  In  Afrika,  ebenso 
viele  in  Ostindien ,  etwa  100,000  in  Persien 
tind  den  angrenzenden  Gebieten,  500,000  in 
Russland,  wo  sie  namentl.  seit  Peter  d.  Gr. 
Schuts  fanden,  8000  in  Siebenbürgen  und 
ebenso  viele  in  Ungarn  und  Galizlen,  im 
übrigen  Europa  etwa  1000.     Berühmt  ist 

Meiftrs  Sand 'Lexikon, 


die  Kongregation  armen.  Mechltaristen  In 
Venedig,  Triest  und  Wien.  In  der  europ. 
Türkei  schätzt  man  Ihre  Zahl  auf  400,000, 
in  A.  selbst  auf  höchstens  1  MilL,  so  dass 
die  Kopfzahl  des  ganzen  Volks  kaum  2i/i 
Mill.  übersteigen  würde.  Vgl.  8t.  Martin, 
,M6m.  hlst.  et  g6ogr.  snr  l'Arm6nie',  1818; 
Kunae,  ,Hlstor.  Darstellung  des  gegenwärt. 
Zustandes  des  armen.  Volks*,  1831 ;  die  Reise- 
werke von  Koch  (1846  und  1847,  3  Bde.), 
Wagner  (1848)  u.  ßrasaet  (1849—50,  2  Bde.) ; 
Curzon,  ,ArmeniaS  1854;  Saxthau$en,  ,Trans- 
kaukasiaS  1856,  2  Bde. ;  Strecker,  ,Beitr%ge 
snr  Geographie  von  Hocharmenien*,  1869. 

AroieaiBeiie  Kirche.  Das  Ohristenthum 
gewann  schon  im  2.  Jalirh.  Anhänger  in 
Armenien,  festen  Bestand  aber  erst  im  4. 
Jahrh.  durch  den  Bischof  Gregor  und  im 
5.  Jahrh.  dnrch  ICesrobs  Bibelübersetzung. 
Im  Streit  über  die  zwei  Naturen  in  Ohristo 
trat  die  a,  K.  auf  die  Seite  der  Monophy- 
slten  u.  gestaltete  sich  au  einer  besondem, 
der  gregorian.  Kirche.  Der  Lehrbegriff 
derselben  statulrt  in  Ohristus  nur  Eine 
Natur  und  lässt  den  heil.  Geist  bloss  vom 
Vater  ausgehen.  Eigenthüml.  Gebräuche: 
dreimaliges  Besprengen  und  Eintauchen 
des  Täuflings,  Verbindung  der  Firmelung 
mit  der  Taufe,  Gebrauch  unvermischten 
Weines  und  gesäuerten  Brodes  b^m 
AbMidmahl,  Vornahme  der  letzten  Oelung 
nur  bei  geistlichen  Personen  und  gleich 
nach  dem  Tode.  Die  Armenier  verehren 
Hellige  und  beobachten  strenges  Fasten, 
glauben  aber  an  kein  Fegefeuer.  Die 
Messe  wird  in  altarmen.,  die  Predigt  in 
neuarmen.  Sprache  gehalten.  Der  Katho- 
Ukos,  das  Haupt  der  a.n  K. ,  hat  seinen 
Sitz  im  Kloster  Etschmiadzin  bei  Eriwan, 
wohin  Jeder  Armenier  in  seinem  Leben 
wenigstens  einmal  wallfahrten  muss.  Er 
setzt  die  Patriarchen  von  Konstantlnopel 
und  Jerusalem,  sowie  die  Erzblschöfo  u.  Bi- 
schöfe ein.  Die  armen.  Mönche  folgen  der 
Regel  des  heil.  BasUius.  Die  Weltpriester 
müssen  verheiratliet  sein,  dürfen  aber  nach 
dem  Tode  der  ersten  keine  zweite  Frau 
nehmen.  Wiederholte  Versuche  von  Selten 
der  Päpste,  eine  Union  der  a.n  K.  mit  den 
röm.-kathol.  zu  Stande  zu  bringen,  blieben 
ohne  Resultat.  Unirte  Armenier  gibt  es  nur 
in  Italien,  Polen,  Galizlen,  Perslen,  Mar- 
seille. Vgl.  JSTomaeAod,  ,Chronol.  suooession 
of  Armen.  Patriarchs',  1865. 

Armenliehe  Sprache  und  Literfttar.  Die 
annen.  Sprach;  ein  Zweig  des  indogerman. 
Sprachstamms,  zerfällt  In  die  altart\en, 
(Literatursprache,  Jetzt  tödt)  und  die  ne«- 
armen,  (mit  4  Dialekten,  vom  Türkischen 
beelnflusst).  Eigene  Schrift  mit  36  Buch- 
staben (von  Meerob  406  eingeführt).  Gram- 
matiken von  Alermann  (1838,  Auszug  1841), 
Lauer  (1869) ;  Lexiken  von  Aucher  (armen.* 
engl.,  1821, 2  Bde.)  und  Tscha/Uschak  (armen.- 
ItaL,  1837).  Die  armen.  Literatur  beginnt 
mit  Einführung  des  Christenthums  (4.  Jahrh.) 
und  blühte  seitdem  bis  ins  14.  Jahrh.  Bei 
der  Vorliebe  für  griech.  Literatur  zahlreiche 
Uebersetzungen  {a,  B.  die  Claronik  des  Euse» 
biui,  hersnsg.  von  Aucher  1818;  die  Reden 

9 


180 


Armenreclit  —  Armitag«. 


des  Philo,  von  Aucher  1821);  auiterdem  Ge- 
■ohichtswerke  und  Chroniken.  Der  bedeu- 
tendste Historiker  Mo$e9  von  Choren«  (f  487). 
Bibelübersetznng  Ton  Jfesrob  und  seinen 
Söhnen  (seit  411),  noch  Jetzt  klassisch. 
Theolog.  n.  philos.  Schriftsteller:  David  (5. 
Jahrb.,  Uebers.  des  Aristoteles),  Sanik  (Joan- 
nes Ozniensis,  8.  Jahrh.),  Ner$es  KlagienH» 
(IS.  Jahrb.).  Bie  poetische  Literatur  dürftig ; 
ansser  kirchl.  Hymnen  sind  zu  erwähnen 
die  Gedichte  des  genannten  N«r8e$  und  die 
Fabeln  Ton  Mechitar  Kosch  nnd  Wartan  (13. 
Jahrb.).  Seit  dem  14,  Jahrh.  wenig  bedeu- 
tende werke  (der  Histor.  Michael  Tschani' 
Ueh9an)\  aber  noch  lebhaftes  Interesse  an 
der  national.  Literatnr.  In  allen  armen. 
Niederlassungen  (bes.  interessant  die  der 
Hechitaristen  auf  S.  Lazaro  bei  Venedig) 
armen.  Druckereien  und  period.  Presse. 
Vgl.  Somtd,  ,Quadro  della  storia  liter.  d'Ar- 
menia',  1819;  Neumann,  ,Gesch.  der  armen. 
Literatur',  1836.  Neue  Samml.  der  armen.  Ge- 
schichtschreiber von  Langloi$  (.Collect,  des 
histor.  de  rArm6nie*,  Bd.  1  u.  2,  1868-69). 

Armenrecht ,  armen  Personen  auf  Nach- 

■  suchen  gewährte  Vergünstigung,   wodurch 

sie  von  den   durch  Anstellung  einer  Civil- 

klage   oder   Führung   eines   Ciyllprozesses 

erwachsenden  Kosten  entbunden  werden. 

Armentaxe,  in  England  Steuer,  welche 
zur  Unterhaltung  der  Armen  Tomehml. 
den  Grundeigenthümem  auferlegt  wird, 
stammt  aus  den  Zeiten  der  Königin  Elisa- 
beth und  erti-ägt  jährl.  etwa  6  Mill.  Pfd.  St. 

Armenti^res  (spr.  -mangtiär),  Stadt  im 
firanz.  Depart.  Kord,  an  derLys,  15,579  Ew. 
Bed.  Webereien.  [krieg. 

Armer  Heinrich  (a,  Konrad),  s.  Bauern' 

Armeris  Willd.  (Grasnelke) ,  Pflanzengat- 
tung  der  Plumbagineen,  in  Südearopa.  A. 
maritima,  Nelken-  oder  Seegras,  dient  zum 
Einfassen  der  Gartenbeete. 

Armfelty  1)  Karl  Gustav,  schwed.  General, 
geb.  1666  in  Ingermanland,  nahm  an  den 
Kämpfen  Karls  XIL  gegen  Bussland  Theil, 
Tertheidigte  tapfer,  aber  fruchtlos  Helsing- 
fors,  ward  im  Sept.  1718  mit  6000  Mann 
nach  Norwegen  entsendet,  Terlor  aber  auf 
dem  Bückmarsch  durch  Hunger  und  Kälte 
den  grössten  Theil  seiner  Mannschaft ;  1 1736 
als  Oberbefehlshaberin  Finnland.—  2)  Gustav 
MoritK,  Baron,  später  Graf,  geb.  1.  April 
1757,  ward  als  Günstling  Gustays  m.  von 
diesem  testamentarisch  zum  Mitglied  des 
Begentschaftsraths  ernannt,  Ton  dem  Be- 
genten,  Herzog  Ton  Südermanland  (späterem 
König  Karl  XHI.) ,  aber  als  solches  nicht 
anerkannt  und  als  Gesandter  nach  Neapel 
geschickt.  Der  Verschwörung  gegen  den 
Begenten  angeklagt,  floh  er  1798  nach  Buss- 
land, ward  von  Gustav  IV.  1800  restitulrt, 
:  nahm  1810  seine  JBntlassung,  trat  in  russ. 
IMenite,  wurde  zum  Grafen,  Kanzler  der 
Universität  Abo  und  Mitglied  des  Senats 
ernannt:   t  l^*  Aug.  1814  zu  Zarskoje-Selo. 

Armfassler.  s.  Braehiopoden. 

ArmIdSy  Frauengestalt  aus  Tassos  ,Be- 

flreitem  Jerusalem';    sinnbildlich    ein  ver- 

.   fuhrerisches  Weib.      [Knappe  eines  Bitters. 

Armlfer  (Armiger,  lat.),  Waffenträger, 


ArMiUIrvpliir«  (ArmUle,  JKugfcte^el),  Zxt^ 
sammensetzung  Von  Bingen,  welche  dle^ 
Hauptkreise  der  Himmel  skugel  darstellen, 
dient  zur  Veranschaulichung  der  gegensei' 
tigen  Lage  derselben ,  ward  noch  von  Tycho- 
de  Brahe  zu  wirklichen  Beobachtungen  ge- 
braucht, [s.  £ur8ehen9eh(\ß, 
ArmlBls,  burschenschanliche  Verbindtmg, 
Armlnlliier  (Bemonstranten) ,  nach  JaM^ 
Arminius  benannte  Partei  der  reformlrtan 
Kirche  der  Niederlande,  welche  Im  Wider- 
spruche gegen  die  calvinische  Lehre  von- 
der  unbedingten  Prädestination  (s.  d.)  eine 
Mitwirkung  des  Menschen  zu  Erlangong- 
der  Seligkeit  oder  Unseligkeit  durch  Glau- 
ben oder  Unglauben  annahm,  sich  in  der 
1610  den  Ständen  der  Prov.  Holland  über- 
reichten Bemonskration  gegen  den  Vorwurf' 
des  Pelagianismus  zu  rechtfertigen  suchte,» 
aber  auf  der  Synode  zu  Dordrecht  (13.. 
Nov.  1618  bis  9.  Mai  1619)  von  der  Kirchen- 
gemeinschaft ausgeschlossen  ward.  Seit' 
1630  geduldet,  bilden  die  A.  selbständige- 
Gemeinden  (1860  92).  Ihre  Gesammtzahi 
beträgt  in  Holland  etwa  5000;  doch  gibt  e^ 
deren  auch  in  England  und  Amerika.  Vgl.. 
Begenbog,  ,Gesch.  der  BemonstrantenS  1781^ 
Arm\tAuB( Hermann),  der  Befreier  Deutsch- 
lands von  der  röm.  Herrschaft,  Sohn  de» 
Cheruskerfursten  Sigimer,  geb.  17  v.  Chr., 
erwarb  sich  im  röm.  Kriegsdienst  die  röm. 
Bitterwürde,  stellte  sieb  nach  der  Bückkefai- 
in  sein  Vaterland  an  die  Spitze  der  über 
die  von  Quinctilius  Varus  begonnene  Bo- 
manisirung  des  Landes  unzufriedenen  Che- 
rusker und  vernichtete  (Sept.  9  n.  Chr.)  iu 
Stägiger  Schlaoht  (Hermannstchlaeht)  8  röm* 
Legionen  unter  Varus  im  Teutoburgerwalde. 
Als  er  den  römisch  gesinnten  Chemsker- 
fürsten  Segestes,  dessen  Tochter  Thusnelda 
er  entfahrt  hatte,  in  seiner  Burg  belagerte,, 
ward  derselbe  von  dem  röm.  Feldherm  Gter- 
manicus  (15)  befreit  und  Thusnelda  gefangen 
nach  Born  geführt,  wo  sie  den  ThumelicTi» 
(.Fechter  vonBavenna*)  gebar.  A.  lieferte- 
16  dem  Germanicus  noch  2  Schlachten,  sehlug^ 
dann  den  Markomannenfürsten  Marbod,  ward 
aber  selbst,  des  Strebens  nach  der  Aliein- 
herrschaft beschuldigt,  von  seinen  Verwand- 
ten ermordet  (21).  Dem  schon  1844  im  Unter- 
bau vollendeten  Arminsdenkmal  auf  der 
Grotenburg  im  Teutoburgerwalde  fehlt  nocb 
die  Statue.  Vgl.  Both,  ,Hermannu.  Marbod% 
1817;  König,  .Armin  der  Cherusker*,  184(X. 
Armlniiu  (eigentl.  Harmensen),  Jakob,. 
theolog.  Begründer  der  Kirchenpartei  der 
Arminianer  (s.  d.),  geb.  zu  Oudewater  In 
Sudholland  1560,  seit  1603  Prof.  in  Leyden,. 
bestritt  die  Prädestination  und  verfocht  die 
freiere  (universalistische)  Ansicht;  f  ^- 
Okt.  1609.  Werke  (Leyden  1629). 
Armininsqnelle.  s.  Lippspringe, 
Armiren  dat.),  bewaffiien,  ausrüsten« 
Armistitlnm  (lat.),  Waffenstillstand. 
Armitage  (spr.  -tahsch),  Edward,  engl. 
Historienmaler,  geb.  1817  zu  London,  Sohü> 
1er  von  Delaroche,  bereiste  1855  die  Krim 
und  Kleinasien:  seit  1869  Mitglied  der  Aka- 
demie. Cäsars  Landung  In  Britannien,  Tra- 
falgar,  Die  Garden  bei  Inkerman  etc. 


^fr 


Armlencbter  —  Ameth. 


181 


Inileueliter,  ».  Ohara, 

ArmonlSeo    (ital.)«    harmoniBofa,    wohl- 

Armorilela«  a:  Jfeerreitig,  [klingend. 

Amorles  (d.  i.  Land  am  Heere),  celtischer 
Name  des.  westl.  Traukrelchs,  Insbes.  des 
Küstenstrichs  zwischen  den  Hündangen 
der  Seine  nnd  Loire;  dessen  Bewohner 
Armoriei,  d.  i.  Meeranwohner,  Messen, 
später  anf  die  Bretagne  bes<$hrftnkt. 

Armpolyp,  S.  Hydra, 

Armstrong,  1)  John,  sohott.  Dichter,  geh. 
1709  sn  Oastleton,  f  7*  Sept.  1779.  Verf.  des 
Lehrgedichts  ,The  art  of  presenring  health* 
(1744 ;  detitsch  von  2flildeke  1799),  der  lasclven 
Dichtung  ,The  economv  of  loTe'  (1739)  und 
^on  ,Hl8cellanles*  (1770,  8  Bde.).  —  2)  Sir 
WiUiam  George,  engl.  Oiyilingenlenr,  geb. 
1810  lu  Newcastle,  erfand  1854  die  Arm- 
Hrongkanone  (s.  KtmoTte),  seit  18S9  Direktor 
der  könlgl.  Qiesserel,  nahm,  weil  die  Ton 
Whltworth  konstmlrte  Kanone  den  Vorzng 
erhielt,  Febr.  1863  seine  Entlassung. 

Araan^  Stadt  im  böhm.  Kr.  Gltschln,  au 
der  Elbe,  2257  Ew.    Sohloss,  Papierfiibr. 

Anwnd  (spr.  -noh),  1)  Jaeguee  Leroy  de 
8aint-A.,  s.  Leroy  de  8i,-ArnaMd,  — >  2)  JPVomp. 
,  Thom,  'Marie  £aculard  d'A,,  frans.  Schrlft- 
'  steller,  geb.  18.  Sept.  1718  lu  Paris,  Ton 
Voltaire  und  Friedrich  11.  von  Preussen. 
der  ihn  nach  Berlin  berief,  geschätzt;  f 
8.  Not.  1805  zu  Paris.  ,OeuTres*  (1770,  neue 
Aufl.  1808.  12  Bde.). 

Amavld  (spr.  -oh),  1)  AnMne,  her.  fr«nz. 
Sachwalter,  geb.  1500,  eifriger  Verfechter 
der  Sache  Heinrichs  Iv.  und  Vertheidiger 
der  Universität  zu  Paris  gegen  die  Jesuiten, 
daher  Ton  diesen  rerfolgt:  f  ^*  ^^^  ^^l^* 
—  2)  Anioine,  Sohn  des  Vor.,  geb.  6.  Febr. 
1612,  Doktor  der  Sorbonne,  Wortführer 
der  Jansenlsten,  floh  vor  den  Verfolgongen 
der  Jesuiten  nach  Holland ;  f  8.  Aug.  1694 
BU  Lüttich.  fOeuvres*  (herausg.  Tom  Abt 
Ton  Haviefage^  1775—88,  45  Bde.).  —  S)  AtU. 
Vineent,  der  Tragiker  des  1.  firanz.  Kaiser- 
reichs, geb.  28.  Jan.  1766.  seit  1799  HitgUed 
des  Instituts,  lebte  nach  der  8.  Restau- 
ration verbannt  in  Brüssel,  kehrte  1819 
nach  Frankreich  zurück;  f  l^«  Sopt«  1^^ 
zu  Godeville  bei  Harre.  Seine  Tragödien 
deklamatorisch ,  von  klassischem  Zuschnitt, 
mdst  der  Römerzeit  entnommen  (,Marius*, 
,€tormanlcus*,  ,Lucr^ce*  etc.).  ,OeuTres* 
(1824—27,  8  Bde.);  sehr,  auch  ,Vle  polltl- 
que  et  milit.  de  Napoleon*  (1822—26,  8  Bde.) 
und  ,Le8  Souvenirs  d*un  sexagAnaire'  (1833, 
4  Bde.).  ->  4)  Laden  Emile,  ^hn  des  Vor., 
geb.  1.  Okt.  1787,  ebenfaUs  Dramendichter, 
unter  der  Juliregierang  Präfekt;  t  1868. 
Sehr,  die  Tragödien  ,RegulUB*  (1822),  ,Gustave 
Adolphe*  (1880)  u.  a.  [ten,  Albanesen. 

Amavty  türk.  Name  v.  Albanien;  Aman- 

Amant- Belgrad,  Stadt,  s.  £erat. 

Arasy  rar  Arroux  (spr.  -näh  sür  Arm), 
Stadt  Im  franz.  Depart.  C6te-d*Or,  am  Arrouz, 
2800  Ew.  Hier  27.  Juni  1576  Bieg  der  Hugenot- 
ten unter  Oolfgny  über  den  Marschall  Coss6. 

Amd  (Arndt),  Joh,,  protest.  Theolog  u. 
asoet.  Schriftsteller,  geb.  27.  Dec  1556  zu 
Ballensttdt  Im  Anhaltischen,  f  <^8  General- 
soperintendent  zu  Gelle  11.  Mal  1621.   Sein 


bekanntestes  afcet.  Werk  das  ,Wahr* 
Ohrlstenthum*  (zuerst  Frankf.  1605,  fast  In 
alle  gebildeten  Sprachen  übers.).  Blog^.  von 
Amdi  (1838);  Ferta,  ,De  Joh.  A.*  (1852). 

Arndt,  Bm$i  Iforitt,  deutscher  Patriot^ 
geb.  26.  Dec  1769  in  Schorltz  auf  Rügen, 
ward  1806  Prot  der  Geschichte  zu  GrelfiH 
wald,  musste  wegen  seiner  gegen  dl« 
napoleon.  Herrschaft  gerichteten  Schrift 
,Gel8t  der  Zeit*  (Altona  1807)  nach  Schwe- 
den flüchten,  trat  dann  in  Berlin  und 
Breslau  In  Verbindung  mit  den  preuss. 
Patrioten,  sowie  in  Petersburg  1818  mit 
dem  Freiherm  von  Stein  und  betheiligte 
sich  am  Freiheitskriege  durch  Gedlohte  xu 
Flugschriften.  Durch  Hardenberg  für  den 
preuss.  Staatsdienst  gewonnen,  gab  er  1815 
in  Köln  olx^  pollt.  Zeltschrift  ,Der  Wäch- 
ter* heraus,  übernahm  1817  eine  Professur 
der  Geschichte  an  der  neu  zu  errlchtmdeai 
Universität  zu  Bonn,  ward,  In  die  demagog. 
Untersuchungen  verwickelt,  vom  Amte 
suspendlrt,  von  Friedrich  Wilhelm  IV. 
18^  restltalrt.  Seit  April  1848  Mitglied 
der  deutschen  Nationalversammlung,  schlosfl 
er  sich  der  erbkalserl.  Partei  an,  trat  mit 
dieser  21.  Mal  1849  aus,  lebte  seitdem  In 
Bonn;  f  das.  29.  Jan.  1860.  Sehr.:  ,Gesc]u 
der  Lelbeig«ns<diaft  In  Pommern  u.  Rügen* 
(1808);  ,Relse  durch  Schweden*  (1806) ;  ,  An- 
sichten und  Aussichten  der  deutschen  Ge- 
schichte* (1814);  , Seh  wedlache  Geschichten 
unter  Gustav  m.  und  Gustav  IV.  AdolT 
(1839) ;  ,Versuoh  in  vergleichenden  Völker^ 
gesohlchten*  (2.  Aufl.  1844);  »Erinnerungen 
aus  dem  äusseren  Leben*  (4.  Aufl.  1861); 
«Nothgedrungener  Bericht  aus  meinem 
Leben*  (1847);  ,Schriitea  für  und  an  meine 
lieben  Deutschen*  (1845—55,  4  Thle.);  ,£ln 
Büchlein  für  den  liehen  Bürgers-  u.  Bauen- 
mann* (1848);  ,Reden  und  Glossen*  (1849): 
,Blätter  der  Erinnerung  aus  der  Paulskirche* 
(1849);  ,(3elst  der  Zelt*  (5.  Aafl.  1868);  ,Ge- 
dichte*  (2.  Aufl.  1865);  ,Heine  Wanderungen 
und  Wandelungen  mit  dem  Reiohsfreiherm 
von  Stein*  (2.  Aufl.  1868).  Blogr.  von.  Bamr 
(2.  Aufl.  1862)  und  Sehenka  (1866). 

Arndts,  Ladwig,  deutscher  Reohtsgelehr- 
ter,  geb.  19.  Aug.  1803  zu  Arnsberg,  lehrte 
zu  Bonn,  Breslau,  Hünchen,  seit  1855  ProC. 
des  röm.  Rechts  zu  Wien.  Hauptwerk 
,Lehrbuch  der  Pandekten*  (6.  Aufl.  1868). 

Arne  (spr.  Arn),  Thema*  Augaelin,  engl. 
Komponist,  geb.  1710  zu  London,  f  <^lfta. 
5.  Harz  1778.  Musik  zu  Hiltons  ,Gomus*, 
Shakespeares  ,Sturm*  etc. ;  n.  Ein.  auch  Kom- 
ponist der  Volkshymne  ,Rule  Brltannlal* 

Ameburgy  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Hag- 
deburg,  Kr.  Stendal,  an  der  Elbe,  2170  Ew. 

AmedlllOy  bes.  Badeort  in  dar  zpan.  Prov. 
Logroüo  (Altkastllien);  Therme  von  42«  B. 

ijraellofly  Stadt  In  der  portng.  Prov.  Belra» 
am  Dnero  oberhalb  Oporto,  Haaptverlao 
dtmgsplatz  für  Portwein  und  Salz. 

Amethy  1)  JbsepA  CtnIoMiisa,  Bitter  von  A», 
Geschichtschreiber,  Archäolog  und  Kunst- 
historiker, geb.  12.  Aug.  1791  zu  Leopold- 
schlag in  Oberösterreloh,  seit  1840  Direktor 
dos  k.  k.  Hünz-  und  Antlkenkablnets  zu 
Wien,  HitgUed  der  Akademie  der  Wissen- 

9^ 


182 


Amheim  —  Amtin 


«ehaften  das.;  f  81.  Okt.  1863.  Sehr.  , Syn- 
opsis numomm  graeconun*  (1837);  ^Synopsis 
nnmoram  romanonun*  (1842);  »Katalog  der 
k.  k.MedalUensteinpeIsammlimg'  (1842) ;  ,Da8 
k.  k.  MÜHE-  und  AntikenkaMnet*  (1845)  «tc. 
—  8)  A\fr«d,  BiUtr  vom  A.,  Qeschlctatschr^- 
ber,  Sohn  des  Vor.,  geb.  10.  Jnli  1819  bq 
Wien,  Yicedirektor  des  k.  k.  Hans-,  Hof- 
nnd  Staatsarchivs.  Sehr.  »Leben  des  kalserl. 
Feldmarschalls  Grafen  Guido  yon  Starhem- 
berg*  (1853);  »Prins  Engen  Ton  Savoyen* 
(1868<-5e,  8  Bde.);  «Maria  Theresias  erste 
Begiernngsjahre*  (1863 •- 65,  8  Bde.);  , Jo- 
seph IL  und  Katharina  von  Rnssland,  Ihr 
Briefvvechsel*  (1869);  «ICaria  Antolnette,  Jo- 
seph H.  und  Leopold  II.,  ihr  Briefwechsel* 
(1866);  ,Maria  Theresia  n.  Maria  Antolnette, 
Ihr  Briefwechsel*  (2.  Anfl.  1866);  ,MarlA 
Theresia  und  Joseph  IL*  (1.  Bd.,  1867).  ^ 
8)  Arthur,  Mathematiker  nnd  Physiker, 
geb.  19.  Sept.  1802  an  Heidelberg,  seit  1838 
Prof.  das.;  t  <1«^*  16«  I>oo.  1858.  Sehr. 
»System  der  Geometrie*  (1840,  2  Bde.);  ,Die 
Geschichte  der  reinen  Mathematik  in  ihrer 
Beiiehnng  rar  Geschichte  der  Entwlckelnng 
des  menschl.  (Geistes*  (1852). 

Amheim  (Atmhem),  feste  Hauptstadt  der 
niederl.  Prov.  Geldern,  am  Rhein,  28,872  Ew. 

Arnhemslsiidy  älterer  Name  für  einen 
Theil  der  Nordküste  Australiens  (1628  vom 
Holländer  Amhem  entdeckt). 

Andy  BiesenbüiFel,  s.  JSüffel, 

Amica  L.  CTToftlvsrleiik^,  Pflansengattung 
aus  der  Familie  der  Kompositen.  A.  mon- 
tana  L.,  Bergwohherleih  (Fall-,  Stich-,  En- 
gel-, Lungen  kraut,  Mutter-,  Mönohswun), 
in  Mittel  -  und  Nordeuropa ,  Wurzel  und 
Blüthen  officlnell.  Aus  letiteren  wird  die 
Amieatinktur  bereitet,  Hellmittel  gegen 
Neuralgie,  Quetschungen. 

Amlmy  1)  (Amheim),  Joh,  G«ürg,  Feld- 
herr im  30Jahr.  Krieg,  geb.  eu  Boitzenburg 
1581,  stand  nacheinander  In  schwed.,  poln. 
nnd  kalserl.  Diensten,  unter  Wallenstein  als 
Feldmarschall,  trat  1631  in  kursacbslsche 
IMenste,  befehligte  bei  Breitenfeld  den 
rechten  Flügel  der  Sachsen,  Terlless  nach 
dem  Frieden  von  Prag  den  s&chs.  Dienst, 
ward ,  des  geheimen  ElnTerständnlsses  mit 
Wallenstein  Terd&chtig,  Ton  den  Schweden 
auf  seinem  Schlosse  Boitzenburg  aufgehoben 
und  nach  Stockholm  in  Haft  gebracht,  ent- 
floh, gedachte  auf  eigne  Kosten  eine  Streit- 
macht aufzustellen;  f  18.  April  1641  zu 
Dresden.  Vgl.  HelMg,  »Wallensteln  u.  A.', 
1850. —2)  Kart  Otto  lAtdw,  von  A.,  deutscher 
Schriftsteller,  geb.  1.  Aug.  1779  zu  Berlin, 
verwaltete  mehrmals  interimistisch  die  In- 
t^dantur  derkönigl.  Schauspiele  zu  Berlin, 
ward  königl.  Kammerherr,  Mitglied  der 
Generalordenskommission  u.  Oberst-Schenk 
des  Königs;  f  9.  Febr.  1861  zu  Berlin.  Sehr, 
das  liustspiel  ,Der  Smaragdring*  (1822); 
,Flüchtige  Bemerkungen  eines  flüchtig  Rel- 
•enden*  (1888—60, 6  Bde.) ;  lieferte  auch  Kom- 
positionen byronscher  Gedichte.  —  S)  Ludv. 
Äehim  von  A.,  deutscher  Dichter  der  mnant. 
Schule,  geb.  26.  Juni  1781  zu  BerUn,  lebte 
iMit  seiner  Yerheirathung  mit  Elisabeth 
Brentano    (Bettina)    1811  abwechselnd   in 


Berlin  und  auf  seinem  Gute  Wi^^ndorf 
bei  Dahme;  f  das.  21.  Jan.  1881.  N&ohat 
Tieck  der  reichste  Dichter  der  Schale.  Sehr, 
die  Romane  ,Ariels  Offenbarungen*  (1804); 
»Wintergarten*,  Norellen  (1809);  ,Armuth, 
Reichthum,  Schuld  und  Busse  der  Gräfin 
Dolores*  (1810,  2  Bde.) ;  ,Dle  Kronenwächter* 
(1817,  2.  Th.  1855)  nnd  zahlreiche  NoveUen ; 
ausserdem  dramat.  Dichtungen:  ,Halle  und 
Jerusalem*  (1811);  «Schaubühne*  (1813);  ,Die 
Gleichen*,  Schauspiel  (1819);  gab  die  Zeit- 
schrift ,Trösteinsamkelt*  (1808)  und  mit  EU- 
nun»  Brtntano  die  Volksliedenammlung 
,I>e8  Knaben  Wunderhom*  (1806— 8, 'S  Bde.) 
heraus.  ,Sämratliche  Werke*,  neue  Ausg. 
1853—56,  22  Bde.  -  4)  Eli$abeth  von  A,,  ge- 
wöhnl.  JSeUina  genannt,  Gattin  des  Vor., 
Tochter  des  Handelsherrn  Peter  Brentsao 
und  der  MaximiUuie  Laroche,  Enkelin  Ton 
Sophie  Laroche  u.  Schwester  des  Dichtere 
Klemens  Brentano,  geb.  4.  April  1785  zu 
Frankfurt,  zeigte  früh  Neigung  zum  Phan- 
tastischen n.  Ezcentrischen,  fSreundin  des 
Stiftsfräuleins  Ton  Günderode,  widmete  dann. 
Goethe  schwärmerische,  obwohl  unerwiderte 
Liebe,  wandte  später  ihr  Interesse  den 
sodalpolitlschen  Zeiterscheinuogen  zu;  t20. 
Jan.  1859  zu  Berlin.  Sehr.  ,Goethes  Biief- 
wechsel  mit  einem  Kinde'  (1835,  8  Bde.); 
,Dle  Günderode*  (1840,  2 Bde.);  ,Dles  Buch 
gehört  dem  Könige*  (1843,  2  Bde.);  ,Illu8 
Pamphillus  u.  die  Ambrosia*  (1848,  2  Bde.) ; 
jGespräche  mit  Dämonen*  (1852).  Ihre  Toch- 
ter, Giaela  von  A.,  verheirathet  mit  Hermann 
Grimm,  veröffentlichte  »Dramatische  Werke* 
(1857-65,  3  Bde.). 

Arnim,  preuss.  Staatsmänner  und  Diplo- 
maten: 1)  Heinrich  Friedrich,  Qraf  von 
A.-Heinriehsdorff-Werblow,  geb.  28.  Sept. 
1791  zu  Werblow  In  der  Uckermark,  seit 
1831  preuss.  Gesandter  In  Brüssel,  Paris  nnd 
Wien,  vom  24.  Febr.  bis  3.  Mal  1849  im 
Ministerium  Brandenburg -Manteuffel  Mini- 
ster des  Auswärtigen,  1851—58  wieder  Ge- 
sandter In  Wien;  t  18.  April  1859  zu  Berlin. 

—  2)  Heinrich  Alex«möLer,  Freiherr  von  A,, 
geb.  13.  Febr.  1798  zu  Berlin,  aus  dem 
Hause  A.-Suokow  in  der  Uckermark, 
machte  die  Freiheitskriege  1813  —  15  mit, 
war  1840— 46  Gesandter  in  Brüssel,  dann 
bis  März  1848  In  Paris,  veranlasste  den 
König  zu  der  Manifestation  in  der  deutschen 
Sache  vom  21.  März,  übernahm  dann  im 
Ministerium  A.-Boitzenburg,  später  Gamp- 
hausen,  das  Auswärtige,  schied  8.  Juni 
1848  aus,  schloss  sich  als  Mitglied  der 
ersten  Kammer  der  deutsch  -  konstitu- 
tionellen Partei  an  und  war  entschiedener 
Gtogner  des  Ministeriums  Manteuffel  u.  der 
Fendalpartei;  f  5.  Jan.  1861  zu  Düsseldorf. 

—  3)  Ado{f  Heinrich,  Qraf  von  A.-Soitm- 
bürg,  geb.  10.  April  1803,  ward  1840  Ober- 
präsideni  der  Pi'or.  Posen,  1842  Minister 
des  Innern,  trat  1845  zurück,  wirkte  als 
Mitglied  der  Herrenkurie  des  vereinigten 
Landtags  jron  1847  vermittelnd,  stand 
19.— 29.  März  1848  an  der  Spitze  des  Ka- 
blnets,  war  seit  1849  Mitglied  der  zweiten 
Kammer,  wo  er  zur  äussersten  Rechten 
gehörte,  vertrat  dann  im  Herrenhanso  an 


Amis  —  Arnulf. 


188 


d«r  Spitz«  einer  tob  Ihm  gebildeten  Trak- 
tion die  konsemttlylibentle,  regienmgi- 
freaadliohe  Rlehtnng,  neigte  sich  aber  seit 
1858  mehr  der  feudalreaktionftren  Partei  zn. 
Sehr.  ,Da8  Becht  des  Herrenhauses  bei  Test- 
setrang  des  Staatshaushalts*  (186S). 

Amis,  Städtchen  im  nrenss.  Regbi.  Schles- 
wig, an  der  Schley,  984  Ew.;  hier  6.  Febr. 
18M  Uebergang  der  Prenssen  vermittelst 
einer  Brfkeke. 

Amo^  FlQss  in  Italien,  entspr.  in  den 
etrask.  Apenninen  (am  Falterone),  berührt 
Florenz ,  mündet  unterhalb  Pisa  ins  ligur. 
Meer, '96  M.;  das  obere  Thal  frachtbar. 

AmoblnSy  1)  der  Aeltere,  nm  800  n.  Chr., 
Lehrer  der  Beredsamkeit  an  Sicca  in  Nn- 
midien,  wnrde  Ohrist;  Verf.  einer  Apologie 
desOhristenthnms:  ,AdTersas  gentes*  (her- 
ansgeg.  Ton  HÜdebrand  1844, .  dejatsch  von 
JS«9nard  1842,  AlUk^r  1866).  —  S)  A.  der 
Jüngere,  nm  470  Bischof  in  Gallien,  Verf. 
«Ines  Kommentars  über  die  Psalmen. 

Arnold  f  1)  CkrUtoph,  als  Astronom  be- 
rühmt gewordener  Bauer  zu  Sommerfeld 
bei  Leipzig,  geb.  das.  17.  Dec.  1650,  beob- 
sofatete  anf  seinem  eignen  Observatorinm 
den  DnrchgaDg  des  Herknr  dnrch  die 
Sonne  81.  Okt.  1690;  f  15.  April  1695. 
Nach  ihm  benannte  Schröter  drei  sogen. 
Mondthäler.  —  8)  0ct{fr,,  Inth.  Theolog, 
geb.  zu  Annaberg  6.  Sept.  1655,  f  80.  Mai 
1714  als  Prediger  zu  Perleberg.  Sehr.  ,Un- 
parteüsche  Kirchen-  u.  BLetzerfaistorie*  (Frkf. 
1698—1700,  8  Bde.);  auch  Yerf.  geistl.  Lie- 
der (herausgeg.  Ton  Knapp  1845,  Ehmann 
1856).  —  8)  8amM€l,  engl.  Musiker,  geb.  10. 
Ang.  1740  (in  Deutschland),  f  als  Hofkom- 
ponist zu  London  88.  Okt.  1808.  Sehr.  ,The 
eure  of  Saul*,  OratoriTim  (1767)  n.  a.  Heraus- 
geber von  Handels  Werken  im  Klayleraussug 
(1786,  86  Bde.).  —  4)  Oeorg  Dantd,  elsass. 
Dichter,  geb.  18.  Febr.  1780  zu  Strassburg,  t 
das.  1889  als  Prof.  der  Rechte.  Bes.  bekannt 
durch  das  Lustspiel  ,Der  Pfingstmontag', 
in  strassburger  Mundart  (1816).  —  5)  Iftomo«, 
engl.  Sohulmann,  geb.  18.  Juni  1795  zu 
Oowes  auf  der  Insel  Wight,  seit  1827 
Direktor  der  Schule  zu  Bugby,  die  er  zu 
einer  Musteranstalt  erhob,  1841  nach 
Oxford  berufen ;  f  hier  18.  Juni  1848.  Sehr. 
jEUstory  of  Borne*  (4  Bde.,  unrollendet), 
gab  den  Thucydides  (18S0->8ö,  8  Bde.)  her- 
aus. Ygl.  StamUy,  ,Life  and  correspond.  of 
Th.A.*,  1844,  8  Bde.;  ZIwsow,  ,Th.  A.*,  1869. 
Sein  Sohn  Matthew,  geb.  84.  Dec.  1888,  eben- 
fUls  Schulmann  und  Prof.  der  Poesie  in 
Oxford;  sehr.  dieDichtuDgen:  ,Empedocles 
on  Etna«  (1859),  ,Poems*  (1854,  8  Bde.),  ,Me- 
rope*  (Tragödie,  1858)  u.  a. 

Araold  Ton  Breid«,  hervorragender  Geg- 
ner der  Hierar<^ie  im  18.  Jahrb.,  Schüler 
AbAlards,  predigte  als  Kleriker  in  Brescia, 
seiner  Vaterstadt,  gegen  die  Verweltlichung 
des  Klerus,  floh,  auf  der  zweiten  Lateran- 
synode  (11S9)  bIb  Ketzer  angeklagt,  nach 
Frankreich,  wirkte  seit  1149  in  IU>m  an  der 
Spitze  der  Volkspartei  für  Wiederherstel- 
lung der  alten  röm.  Republik ,  fiel ,  von 
■einen  Anhfingem  verlassen,  in  die  Hände 
de«  Papstes  Hadrian  IV.,  ward  an  Friedrich 


Barbarossa  ausgeufert  und  1165  verbrannt. 
Vgl.  Franke,  ,A.  v.  B.*,  1885:  Olave^  ,A.  de 
B.  et  les  Romains  du  XII  si^oleS  1868. 

Amoldl,  1)  Ernst  Wilh. ,  geb.  81.  Mai 
1778  zu  Gotha,  gündete  1881  die  Feuere 
und  1887  die  Lebensversicherungsanstalt 
das.,  wirkte  mit  Erfolg  fva  Verbreitung  der 
Runkelrübensuckerfabrikation  in  Deutsch» 
land;  f  27.  Mai  1841  zu  Gotha.  Biogr.  von 
Otto  (1868).  —  8)  WUh.,  geb.  4.  Jan.  1796  zu 
Baden  im-  Regbz.  Trier,  seit  1839  Bischof 
das.,  wirkte  in  streng  ultramontanem  Sinne, 
ordnete  1814  die  Ausstellung  des  angebl. 
Bocks  Christi  an;  f  7.  Jan.  1864. 

Amolfb  dl  Canblo  (fäischl.  A.  di  Lapc), 
her.  Baumeister  und  Bildhauer,  geb.  zu 
Florenz  1838,  +1300;  Hauptwerke:  der  Dom 
S.  Maria  del  nore  zu  Florenz  u.  das  Taber- 
nakel  zu  S.  Paolo  in  Rom. 

AmoB  (a.  G.),  Fluss  in  Palistina,  schied 
die  Moabiter  und  Ammoniter,  mündete  ins 
tedte  Meer;  jetzt  Wadi  Modscheb. 

AmOB  (spr.  -nong)}  Nebenfl.  des  Gher  in 
Frankreich,  mündet  unterhalb  Vierzon,  14  M. 

AmoU  (spr.  Ahmött),  NeiU,  engl.  Arzt  und 
Physiker,  geb.  1788  zu  Dysart  bei  Montrose, 
seit  1887  Leibarzt  der  Königin,  Mitglied 
der  Royal  Society,  Erfinder  des  nach  ihm 
genannten  Ventilators  und  Ofens;  sehr. 
«Elements  of  physics*  (6.  Aufl.  1864—65); 
,A  snrvey  of  human  progress*  (1861). 

Amonld  (spr.  -nun),  l)  Jean  Frangoie 
(eigentl.  ATuMol  oder  Moetei),  franz.  Schau- 
spieler und  Dramatiker,  geb.  1784  zu  Be- 
sannen, t  1795  zu  Paris.  Mitschöpfer  der 
£ranz.  Pantomime;  Verf.  von  mehr  als  40 
Lust^delen  und  VaudeviUes  (,Le  Sav6tier 
dup6",  Xe  Denicheur  de  Merles',  ,Le  Chat 
bott4S  ,Riquet  k  la  Hoope'  etc.).  —  2)  Sophie, 
Opemsän^rin,  geb.  14.  Febr.  1744  zu  Paris, 
1757  —  78  Primadonna  der  pariser  Oper,  f 
1808;  auch  durch  ihre  Bonmots  (,Amol- 
diana*,  1813)  bekannt. 

Arnsberg,  Regbz.  der  preuss.  Prov.  West- 
phalen,  140  QM.  u.  791,360  Ew.  JAeHamplst. 
A.,  au  der  Ruhr,  4681  Ew.;  ebed.  Hauptst. 
des  Herzogth.  Westphalen. 

Ansliaugky  Schloss  u  Dorf  in  S.-Weimar, 
bei  Neustadt  an  der  Orla ,  Stammsitz  der 
einst  m&chtigen  Greifen  von  A.,  die  1890 
mit  Graf  Otto  ausstarben. 

Arnstadt.  Hauptst.  der  Oberherrschaft  des 
Fürsteoth.  Schwarzb.-Sondershauseo,  an  der 
Gera,  8084Ew.  Liebf^nenkirche  (11. Jahrb.). 
Gr.  Mühle.    Dabei  Saline  ArnahaU, 

Anstein,  Stadt  im  bayer.  Regbz.  Unter- 
franken, an  der  Wem,  1700  Ew.;  unfern 
die  uralte  Wallfahrtskirche  ßondheim.      . 

Amswalde,  Kreisst.  im  preuss.  Regbz. 
Frankfurt,  zwiachen  8  Seen,  6880  Ew. 

Arnulf,  der  Heilige,  Franke  aus  edlem 
Geschlecht,  seit  614  Bischof  von  Metz,  f 
16.  Aug.  641  im  Kloster  Remirmont.  Sein 
Sohn  Ansegisil  vermählte  sich  mit  Begga, 
der  Tochter  Pipins  von  Landen,  und  der 
Sprössling  dieser  Ehe  war  Pipin  von 
Heristnl,  der  Urgrossvater  Karls  d.  Gr. 

Amsliy  deutscher  Kaiser,  natürl.  Sohn 
des  deutschen  Königs  Karlmann  und  der 
Luitswinda,  der  Schwester  des  nordgaui- 


134 


Arogy  —  Arresto. 


sehen  Grafen  Emert,  erhielt  880  das  Her- 
Eogth.  Kämthen,  ward  nach  Karls  des 
Dicken  Absetsnng  887  snm  deutschen  König 
gewählt,  schlug  891  die  Normannen,  unter- 
warf 893  den  Mihrenfursten  Swentibold, 
Bog  nach  Italien,  nahm  Born  im  Sturm  und 
liess  sich  daselbst  zum  röm.  Kaiser  krönen; 
f  8.  Dec.  899  zu  Kegensburg. 

Arogy  9  Ort  bei  Magdala  in  Abessinien; 
10.  April  1868  Si^g  der  Engländer  über  Kaiser 
Theodor,  worauf  die  Erstürmung  von  Mag- 
dala folgte. 

Ardlas«  D<m  Juan,  span.  Dichter,  geb.  20. 
Juni  1805  zu  Barcelona,  trat  1821  in  den 
Piaristenorden,  f  als  Kaplan  zu  Valencia 
25.  Not.  1849.  Sehr.  Romanzen,  religiöse 
und  erotische  Gledichte.  Werke  (1860,  SBde.)- 

Arolsen,  Hauptstadt  des  Fürstenthums 
Waldeck ,  2150  Ew.  Geburtsort  des  Bild- 
haners  Rauch  und  des  Malers  Kaulbach. 

Aroma  (gr.),  Wohlgeruch,  bewirkt  durch 
&theri8ches  Oel  (s.  d.),  das  Tiele  Pflanzen 
(auch  Thiere)  in  besondem  Drüsen  abson- 
Oem;  aromati$eh,  8.  y.  a.  gewürzhaft. 

Aromatische  lUttel.  Tegetabilische  Stoffe, 
welche  reizend  auf  die  Schleimhaut  wirken, 
Absonderung  der  Säfte  befördern  und  das 
Nerrensystem anregen,  enthalten  ätherisches 
Oel,  Harz,  Säure,  Extraktivstoff  etc.,  dienen 
als  Gewürze  und  In  der  Pharmacie. 

Aröna,  Stadt  in  der  oberital.  Proy. 
Kovara,  am  Lago  Maggiore,  3000  Ew.  Da- 
bei die  100*  h.  Statue  Karl  Borromeos. 

Aronsstab.  Pflanze,  s.  Arum, 

AropileSy  Dorf  bei  Salamanca  in  Spanien ; 
hier  22.  Juni  1812  Bieg  Wellingtons  über 
die  Franzosen  unter  Marmont. 

Arpad^  erster  Grossfürst  der  Magyaren 
seit  894,  eroberte  Ungarn  u.  Siebenbürgen, 
schuf  eine  R^erung  und  Rechtspflege;  f 
907.  Kationalheld  der  Ungarn  und  Begrün- 
der der  Dynastie  der  Arpaden,  die  yon 
Stephan  dem  Heiligen  bis  Andreas  HI. 
(1000—1301)  den  Ungar.  Thron  inne  hatten. 

Arpalisk  (türk. ,  d.  i.  Gerstengeld) ,  Ge- 
richtsbarkeiten,  deren  Einkommen  hohen 
türk.  Staatsbeamten  zufliesst. 

Arpeggio  (ital.,  spr.  -pedscho,  arpeggiato, 
spr.  -pedschato,  Mus.),  nach  Haifenart  (spie- 
len), d.  h.  mit  gebrochenen  Akkorden.  Ar- 
peggiatura,  Folge  solcher  gebroch.  Akkorde. 

Arpent  (Ar.,  spr.  -pang),  altfranz.  Feld- 
mass.  Der  pariser  A.  =:  82,400  par.  QF.  := 
S4,18  jetzige  franz.  Aren. 

Arpl  (a.  G.),  griech.  Stadt  in  Apulien, 
durch  Handel  blühend,  yon  den  Römern  un- 
teriocht,  gerieth  seitdem  in  Verfall.  Ruinen. 

ArplBOy  Stadt  in  der  unterital.  Proy. 
Terra  di  Layoro,  6240  Ew.;  im  Alterth. 
Arpimum,  Vaterstadt  des  Marlus  u.  Cicero. 
Ansehnliche  Ruinen. 

Arplno^  11  Oavaliere  d*,  s.  Cesari,  Giuseppe. 

Arqna,  Flecken  in  Oberitalien,  südwestl. 
bei  Padua;  Sterbehaus  Petrarcas. 

Arquebnsey  s.  Arkdmse, 

Arquebusadey  s.  Arkebusade, 

Arqnes  (spr.  Ark),  Stadt  im  franz.  Depart. 
Kiederseine,  1200  Ew.;  hier  21.  Sept.  1589 
Bieg  Heinrichs  IV.  über  das  Heer  der  Ligue. 

Arracaria  £ancr.  (ArrakaUcha),  Fflanzen- 


gattung  der  Umbelllferen.  A.  xantboRhlst 
Bancr.,  A.  esonlenta  Dee. ,  in  Bogota  knlti» 
virt,  als  Surrogat  der  Kartoffel  empfohlen« 

Arrak^  s.  Arak. 

Arraa  fspr.  Aerrän),  schott.  Insel,  yor 
der  Mündung  des  Glydo,  zur  Grafschaft 
Bnte  gehörig,  7Vt  QM.  und  6700  Ew. 

Amuiflren  (fr.,  spr.  -rangschiren),  anord- 
nen, einrichten.  Arrangement  (spr.  -rangsch^- 
mang),  Etnrlchtungj  Vergleich  eines  Schuld- 
ners  mit  seinen  Glaubigem. 

Anras  (spr.  Arrah),  befest.  Hanptst.  des 
franz.  Depart  Pas  de  Galais,  an  der  Scarpe, 
25,750  Ew.  Ehedem  Hauptort  der  Atrebaten, 
später  der  Grafsch.  Artois;  seit  1640  frai». 

Arratel  (portug.,  Mehrsahl  ArrattV»,  auch 
Libra),  das  portug.  Pfund,  auch  in  Brasilien 
in  Gebrauch,  =  459  frans.  Grammen  es: 
1,29  Zollpid..  .82  Arratei's  =  1  Arroba. 

ArrebOy  Anders,  dän.  Dichter,  geb.  1587 
auf  der  Insel  Arroe,  seit  1617  Bischof  yon 
Drontheim,  1622  wegen  anstössigen  Lebens« 
wandeis  abgesetzt ,-  später  Prediger  in  Vor- 
dingborg;  t  ^^^-  ^^'*  Sehr.  ,Heza8meronS 
Nachbildung  eines  Gedichts  des  Franzosen 
Bartas  über  Erschaffung  der  Welt.  Biogr. 
yon  BUrdam  (1857,  2  Bde.). 

Arrende  (Arende),  der  Reinertrag  einer 
Ernte,  gewöhnlich  etwas  weniger  als  die 
Hälfte  des  Ghssammtertrags ;  auch  s.  y.  a. 
Pacht,  daher  arrendiren,  pachten,  ^rren- 
äator,  Pachter.  In  Russlaud  heissen  A.n 
die  an  yerdiente  Personen  gegen  geringes 
Pachtgeld  überlassenen  Krongüter. 

Arrest  (lat.,  Hc^t,  Verkümmerung,  JSe- 
»oMaglegung),  die  gerichtlich  yerfügte  Fest- 
haltung eines  Menschen  (PereonalarreM) 
oder  einer  Sache  (Realarreat),  yorläufige 
Sioherheitsmassregel ,  bezweckt  in  Giyfl- 
rechtssachen ,  dass  durch  Entfernung  eines 
Schuldners  oder  der  zur  Befriedigung  des 
Gläubigers  dienenden  Sache  das  Recht 
eines  Dritten  nicht  yerletzt  werde.  In 
Strafsachen,  dass  sich  ein  Angeschuldig^r 
der  Strafe  nicht  enteiehe  oder  dass  er 
durch  den  A.  selbst  sein  Vergehen  büsse.  Der, 
dessen  Person  oder  Vermögen  angehalten 
wird,  heisst  Arrestant,  der,  welcher  dieselbe 
zur  Sicherung  seines  Rechts  beantragt, 
Arrestat.  Der  Kriminalarrest  ist  entweder 
Untersuchnngs-  oder  Strafarrest.  Als  beim 
Militär  übliche  Strafart  wird  der  A.  in 
weiten  (Stubenarrest)  und  engen,  in  einem 
Lokal  der  Hauptwache  zu  yerbüssenden  .ein- 
getheilt.    Arrestation,  Verhaftung. 

Arrest  (spr.  Arrä),  Heinrieh  Ludwig  d*, 
Astronom,  geb.  13.  Aug.  1822  zu  Berlin, 
Schüler  Enckes,  seit  1848  Obsenrator  an 
der  Sternwarte  zu  Leipzig,  seit  1857  Prof. 
zu  Kopenhagen,  entdeckte  4  Kometen  und 
das  Asteroid  Freia.  Sehr.  «Resultate  ans 
Beobachtungen  der  Nebelflecken  und  Stern- 
haufen* (1856);  ,Ueber  das  System  der 
kleinen  Planeten*  (1851)  u.  ,De  Instrumento 
magno  aequatorio.Haymae  erecto*  (1861). 

ArrestOy  Ohrietian  Oeorg  Heinr,,  genannt 
JBurchardi,  Schauspieler  u.  Bühnendichter, 
geb.  1764  zu  Schwerin,  Theaterdirektor  in 
Petersburg u.  Schwerin;  f  1818  zu  Dobberan. 
Verf.  des  Schausp.  ,Die  Soldaten*  (1804). 


Arrest  of  jadgtaent  —  Arrow -Boot. 


135 


Arrest  of  Jvilgniait  (engl.,  spr.  Aerreit 
of  I>8chöd8ohm«ii]t) ,  Im  tngi»  Recht  die 
-Hinderung  der  VolUlehung  des  gesprochen 
■Tien  Urtheils  durch  de«  Yerurtheilton,  ge- 
^chieht  mittelst  Nachwelses  wesentlicher 
•3^onnfehler  im  ProzessrerfMireu. 

Irrdt  (Ar.,  spr.  Arr&h),  amfl.  Bescheid 
oder  Haltbefehl;  auch  Erkenntnisa  eines  Qe- 
Tichtshofs  letster  Instans.  A^  d'amour.  Aus- 
«prüche  der  Minnehdfe  im  Mittelalter. 

Arrli*  (gr.,  An^,  A^f',  Hand;  Hqftgdd), 
Ansahlung,  wodurch  ^n  Vertrag  (Kauf, 
Hiethe  etc.)  bindend  abgeschlossen  wird, 

Arrhenatemm  jB«auv.  (Glatiturftr),  Fflan- 
^sengattung  der  Qräser.  A.  elatius  Jieauv., 
jlTena  elatior  X.  (Jranz,  Baygra»),  fMt  in 
-gAns  Europa,  gutes  Futtergras. 

ArrlS)  Gattin  des  Römers  Gädna  P&tus, 
der  als  angebliches  Haupt  einer  Verschwö- 
rung gegen  den  Kaiser  Claudius  42^  n.  Ohr. 
-aum  Tod  Temrtheilt  ward,  stiess  sich,  als 
«ie  ihren  Gatten  in  dem  Entschluss,  sich 
«elbst  sm  tödten,  wanken  sah,  den  Dolch  ins 
fiers  mit  den  Worten:  ^&tus,  •■  sohmerzt 
Idphtl*  ihn  jenem  darreichend. 
<  AnrliBOS.  Flaviua,  gzlech.  Schriftsteller, 
%eb,  zu  Nicomedia  in  Blthynlen  um  100 
n.  Chr.,  ward  136  unter  Badrlan  Prafekt 
Ton  Kupadocien,  widmete  sich  später  in 
•seiner  Vaterstadt  wissenschaftl.  Studien : 
•sab  heraM:  ,£picteti  Enchiridlon'  und 
^Diatribe  Rietet!*  (herausg.  ron  KoraU 
1827,  8  Bdel);  jAnabaslsS  Geschichte  der 
Veldzüge  Alexanders  d.  Gr.  (herausgegeb. 
Ton  Mlendt  1832,  2  Bde.,  Krüger,  2.  Aufl.  1851, 
<ftier  1851  und  SintenU,  neue  Aufl.  1867, 
deutsch  von  Cleu,  1862  f.),  womit  gewöhnl. 
^e  ,Indlca*,  Ind. Geschichte,  Yerbundeu  sind; 
.fOjrnegeticus*,  über  die  Jagd  (herausg.  von 
QcMppe  1840)  und  iwel  takt.  Werke,  wovon 
imr  Fragmente  yorhand«n.  Die  «Scripta 
minora'  gab  Sercher  (1854)  heraus. 

Axriaia  y  Superrielay  Don  Juan  £ap' 
fÜUa  de,  Span.  Dichter,  geb.  su  .Madrid 
1770,  Legatlonssekretar  bei  der  span.  Ge- 
«andtsohaft  zu*  London,  erkl&rte  sich  als 
Jknhänger  des  absoluten  Königthums  1812 
Segen  die  Cortes«  ward  von  Ferdinand  VH. 
^nim  Rath  und  Eammerherm  ernannt;  f 
1897  au  Madrid.  Sehr,  ein  dldaktisch-be- 
«ohreibendes  Gedicht  ,Emilia'  (1808),  die 
sohwnngTolIen  ,Cantos  patriotioos'  (3.  Aufl. 
1815)  und  ,Poesias  liricas'  (6.  Aufl.  1829—32). 

Arrliregarde  (fir.,  spr.  -riähr-,  Naehirab, 
Jfaohhut),  Truppenabtheilang,  welche  den 
Bücken  einer  and.  grösseren  Heeresabthei- 
lang  gegen  feindl.  Angriffe  zu  decken  hat, 
"bes.  bei  Rücksügen  von  hoher  Wichtigkeit. 

ArrfgU  (spr.  -rigi),  Jean  TotuMint  A,  di 
^yaaanova,  Hergog  von  iWua,  geb.  8.  März 
1778  zu  Corte  auf  Korsika,  Verwandter  der 
bonapartescben  Familie,  focht  als  Brigade- 
sreneral  bei  Austerlltz  und  Friedland,  als 
Divisionsgeneral  bei  Esslingen  u.  Wagram, 
iiess  17.  Juni  1813  das  lützowsche  Freicorps 
bei  Kitzen  übwfallen  und  vertheidigte  nach 
der  Schlacht  bei  Leipzig  die  Vorstädte  die- 
eer  Stadt.  Nach  der  2.  Restauration  1815 
«US  Frankreich  verbannt,  erhielt  «r  1820  die 
£rlaubnlss  zur  Rückkelir,  vertrat  1849  als 


Abgeordneter  der  gesetzgebenden  Versamm- 
Inng  elArig  das  bonapartiatische  Interesse, 
ward  nach  dem  Staatsstreich  vom  2.DeG.  1851 
zum  Mitglied  der  sogen.  Konsultativkom« 
mission,  1852  zum  Senator  und  Gouverneur 
des  Invalidenhauses  ernannt;  f  S^*  März" 
1853.  Sein  Sohn  Emett  A. ,  geb.  26.  Sept. 
1814,  Senator  seit  1853,  Mai  bis  Nov.  1^ 
Minister  des  Inneren,  später  Mitglied  des 
Generalraths  für  das  Depart.  Seine-Olse. 

AnriBUwe(fr.,  spr.  -mahsch),  die  gleich- 
massige  Yertheilung  der  geladenen  Güter 
im  Schiffsräume,  auch  Packerlohn. 

Arrlplren  (lat.),  ergreifen,  sich  etwas 
auf  rechtswidrige  Art  zu  Nutze  machen. 

ArrlnSy  Quintue,  reicher  Römer,  Zeit- 
genosse des  Horaz,  gab  splendide  Gast- 
mähler Cdaher  arriach^  MaM). 

Arrimen  (fr.),  anlangen,  sich  ereignen. 
Arrivage  (spr.  -wahsch),  Ankunft,  Landung. 

ArrÖDa^  älteres  span.  Handelsgewichl^  =: 
25  Libra,  V4  Quintajj^  jetzt  metrisch.  In 
Spanien ,  Spanisch  -  Westiudien ,  Mexiko^ 
Central  •>  und  Südamerika  =:  11,5  Kilo  =3 
23  Pfd.;  luden  Laplata- Staaten  =  11,48 
Kilo  =  22,96  pr.  Pfd.  Spanisches  Flüsslg- 
keitsmass,  s.  v.  a.  Cantaral  Die  Weln- 
arroba  in  Chile  meist  =:  9  alte  engl.  Wein- 
gallonon  =  32,27  Liter  =  28,17  pr.  Quart. 
A,  menor,  Oelmass  =  16,56  Liter  =  14,46 
pr.  Quart.  Handelsgewicht  in  Portugal  n. 
Brasilien,  3k  32  Arratei's  k  16  Oncas  =  14,68 
Kilo  =  29,36  pr.  Pfd.  Getreidemass  in 
Marokkos  Häfen  nach  Gewicht,  die  grösser» 
=  22,96  pr.  Pfd.,  die  kleinere  =  14,31  pr.  Pfd. 

Arroe^  dän.  Insel,  südl.  von  Fünen, 
liya  QM.  und  11,418  Ew.;  sehr  frachtbar. 

Arrogant  (lat.),  anmessend;  Arrogam, 
anmassendos  Betragen. 

Arrogation  (lat.),  Adoption  (s.  d.)  einer 
selbständigen  Person. 

Arrom«  Ckcüia,  s.  Bthl  von  Faber, 

ArronaLrang  (fr.,  spr.  -rongd-},  Zurundung, 
Zusammenlegung  der  Grundstucke  im  Weg» 
geg^enseitigen  Austausdies,  auch  von  Staats- 
gebiet in  Gebrauch.  Arrondiseement  (spr. 
-dls^mang),  abgerundeter  Grundbesitz;  in 
Frankreich  Unterabtheilung  eines  Departe- 
ments, in  Paris  s.  v.  a.  Stadtviertel. 

Arrosement  (fr.,  spr.  -s'mang,  Arrosirung), 
Befeuchtung,  Anfrischung ;  im  Finanzwesen 
nachträgl.  Zahlung  zum  Zwecke  der  Sioher- 
,  Stellung  einer  früheren  Zahlung,  z.  B.  wenn 
bei  Aktienuntemehmungen  bei  Unzuläng- 
lichkeit des  veranschlagten  Kapitals  auf 
jede  Aktie  noch  nachgezahlt  werden  muss. 

Arrosion  (lat.).  Benagung;  Knochenfrass« 

Arronx  (spr.  Arruh),  rechter  Nebenfl.  der 
Loire,  mündet  bei  Digoin,  15  M.  * 

Arrow -Boot  (engl.,  spr.  Aerrorut,  Jtfo* 
rantaetärke,  I^eilumrgeUtärke) ,  Stärkemehl 
aus  Maranta  indiua  u.  arundinacea,  gleicht 
dem  Kartoffelstärkomehl ,  doch  sind,  die 
Körner  von  kugliger  Form,  nur  von  7—50  Ma- 
kromillim.  Durchmesser  und  beginnen  unter 
Wasser  erst  bei  700  zu  quellen;  auch  von 
Tacca  piunatifida  ForH.,  Manihot  utilisslma' 
Pohl  und  Curcuma -Arten  kommt  Stärke- 
mehl als  A.  in  den  Handel.  Das  A.  hatte 
ehemals  grossen  Ruf  als  leichtverdauliches 


1?6 


Arrowsmith  -*-  Artabuns. 


Nahrangsmlttel ,  besitct  aber  keinen  Vor- 
atiff  vor  Kartoffel  -  und  Weizenst&rke. 

AnowBmlth  (spr.  Aerrosmith),  Aron,  engl. 
Geograph  und  Kartenzeichner,  geb.  14.  Juli 
1760  zu  Stockton  (Dnrham),  f  23.  April  1883. 

An  (lat.),  Knnst. 

Anaelden^  die  Könige  des  256  y.  Chr. 
Ton  Arsaces  I.  begründeten  parthlschen 
Reiohfl^eren  letzter,  Arsaces  XXIX.  Arta- 
banns  lY.,  Ton  Artaxerxei,  dem  Stammvater 
der  Sassanlden,  226  n.  Chr.  gestürzt  ward. 

ArsimaSy  Kreisst.  im  grossmss.  Gk>nT. 
Nischni-NoTgorod,  an  der  Tescha,  12,285  Ew. 

Arschin,  die  rnss.  Elle,  =  0,7112  franz. 
Meter,  1,0663  prenss.,  1,2587  lelpi.  Ellen. 

Arsenil  (ital.),  s.  Zeughaus, 

Aneniky  weit  verbreitetes  Metall,  gedie- 
gen im  Erzgebirge  und  am  Harz,  mit  andern 
Metallen  verbanden  (Arsenmetalle:  Speis- 
kobalt, Glanzkobalt,  Knpfemickel,  Fahlerze), 
am  häufigsten  als  Arsenkies  (Arseneisen 
mit  Schwefeleisen)  im  Erzgebirge  und  in 
Schlesien,  ausserdem  als  Arseneisen  (Arse- 
fiikalkies)  und  mit  Schwefel  verbunden 
(Rauschgelb,  Auriplgment  oder  Operment 
und  Realgar  oder  Sandarach),  in  sehr  ge- 
ringen Mengen  auch  in  Eisenquellen  und 
in  der  Ackererde;  wird  gewonnen  durch 
Erhitzung  der  Kiese,  ist  grauweiss,  von 
starkem  Metallglanz,  sehr  spröde,  vom 
spec.  .Gew.  5,39,  Aequivaleut  75,  krystalli- 
sirt  leicht,  verflüchtigt  sich  beim  Er- 
hitzen, ohne  zu  schmelzen,  und  bildet  ein 
spiegelglänzendes  Sublimat  (Arsenspiogel). 
Der  Dampf  riecht  nach  Knoblauch.  Mit 
lufthaltigem  Wasser  angefeuchtet  bildet 
es  Qraenige  Säure,  Diese  (weisser  A.,  Giffc- 
mehl)  enthält  3  Aeq.  Sauerstoff,  entsteht 
beim  Erhitzen  von  A.  oder  arsenhaltiger 
Erze,  bildet  sich  als  Nebenprodukt  beim 
Rösten  der  Kobalt-,  Nickel-,  Zinn-  und 
Silbererze,  wird  aber  besonders  durch 
Rösten  des  Arsen-  und  Arsenikalkleses  in 
Schlesien  bereitet  und  verdichtet  sich  in 
den  Giftkammem  zu  einem  farblosen  kry- 
Stallinischen  Mehl  oder  amorphen  Glas, 
welches  bald  auch  krystallinisch  wird.  Die 
arsen.  Säure  löst  sich  schwer  in  Wasser, 
schmeckt  schwach  süss  mit  einem  Gefühl 
von  Schärfe,  ist  in  Säuren,  namentl.  in 
Salzsäure  leichter  löslich  (unter  Bildung 
von  flüchtigem  Arsensuperchlorür),  wird 
von  Salpetersäure  ozydirt,  ihr  Dampf  ist 
geruchlos,  gibt  beim  Erhitzen  mit  redu- 
cirenden  Körpern  Knoblauchgeruch  und 
Arsenspiegel ;  aus  der  sauren  Lösung  fallt 
Schwefelwasserstoff  gelbes  Schwefelarsen. 
Von  den  Salzen  der  arsen.  Säure  sind  nur  die 
der  Alkalien  in  Wasserlöslich.  Arsen.  Säure 
dient  namentl.  zur  Farbenfabrikation ,  da 
sie  die  Nuance  der  meisten  organ.  und  iin- 
oi^an.  Farbstoffe  verschönert,  zur  Reini- 
gung des  Glases  während  des  Schmel- 
zens,  zur  Fixirung  der  Beizen  in  der 
Kattundruckerei ,  zur  Bildung  von  Anilin 
aus  Nitrobenzol,  zum  Graubeizen  von  Mes- 
sing, zum  Härten  von  Elsen,  zur  Schrot- 
fabrikation etc.  Sie  ist  sehr  giftig.  Araen^ 
säure,  durch  Oxydation  der  arsen.  Säure  er- 
halten, enthält  5  Aeq.  Sauerstoff,  ist  farblos, 


seriliesst  an  der  Luft,  schmeckt  ttarfc  iauer, 
ist  nicht  so  giltig  wie  arsen.  Säure,  wird  durch 
Schwefelwasserstoff  redudrt  u.  in  der  Zeug- 
druckerei, namentl.  aber  cur  Bereitung  dea 
Fuchsins  benutzt.  Das  saure  arsensaure 
Natron  dient  als  Surrogat  des  Knhkoths  in 
der  Färberei  u.  wird  aus  arsen.  Säure  und 
Natronsalpeter  bereitet.  Ueber  Schwefel- 
arsen  s.  Auripigmeni  und  Realgar,  Arten- 
amperehlorür  entsteht  beim  Erhitzen  von  A. 
in  Ohlor,  bildet  eine  farblose,  ölig«,  an 
der  Luft  rauchende  Flüssigkeit,  löst  Schwe- 
fel und  Phosphor,  ist  mit  wenig  Wasser 
mischbar  (eine  solche  Mischung  ist  die 
Lösung  von  arsen.  Säure  in  koncentrirter 
Salzsäure),  wird  durch  viel  Wasser  in 
arsenige  Säure  u.  Salzsäure  zersetzt.  Arten- 
UHueeratoff,  farbloses  Gras  von  sehr  unange- 
nehmem Geruch,  entsteht,  wenn  arsen.  Säur» 
bei  der  Auflösung  von  Zink  in  Schwefel- 
säure zugegen  ist,  zersetzt  sich  beim  Er- 
hitzen im  Rohr  unter  Ausscheidung  von 
spiegelndem  Arsen  und  verbrennt  -mit 
blänlichweisser  Flamme ,  aus  welcher  sich 
bei  starker  Abkühlung,  z.  B.  durch  kaltea 
Porzellan,  ebenfalls  ^n  Arsenspiegel  ab- 
scheidet, fällt  aus  salpetersaurem  Silber 
metallisches  Silber  und  wird  auf  Gnmd 
dieser  Reaktionen  bei  der  Nackieeiaung  von. 
A,  dargestellt  (Apparat  von  Marsh).  AI9 
Gegengift  bei  Araenvergißungen  dient  bes. 
frisch  gefälltes  Eiseuoxydhydrat  mit  nicht 
stark  gebrannter  Magnesia. 

ArsenillOy  zu  Pulver  gemahlener  Ataka- 
mit  aus  Peru,  als  Streusand  verkauft. 

ArseninSy  früher  Einsiedler  auf  den» 
Berg  Athos,  seit  1254  Patriarch  von  Kon- 
stantinopel, exkommunicirte  den  Kaiser 
Michael  Paläologus,  weil  er  den  lOjähr. 
Sohn  seines  Vorgängers  Theodor  Laskaris 
hatte  blenden  lassen,  ward  auf  eine  Insel 
im  Marmarameer  verwiesen;  f  do^*  1267. 

4iT8in9S9  Gemahlin  des  Alcmäon;  aucH 
Name  »mehrerer  ägypt.  Fürstinnen  (Ptole- 
mäer),  wie  einiger  altägypt.  Städte,  z.  B.  A. 
am  See  Möris,  jetzt  Medinet-el-Fayüm. 

Arsis  (gr.),  Hebung;  der  durch  den 
Acoent  hervorgehobene  Theil  eines  Vers- 
fuBses  im  Gegensatz  zu  dem  nicht  hervor- 
gehobenei^  (Thesis) ;  in  der  Musik  umgekehrt 
der  leichte  Takttheil  (Auftakt),  im  Gegen- 
satz zum  guten  (Thesis). 

Art,  Pflügung,  gepflügtes  Land;  Arien. 
(Feldarten),  Winter ',  Sommer-  und  Brach- 
feld. Artfeld,  A  rtland,  gepflügtes  und  in  Feld- 
arten getheiltesLand;  ilrt&ar,  urbar,  tragbar. 

Art  (Naturgesch.),  s.  Gattung. 

Arts  (Narda),  Stadt  in  Türk.- Albanien,, 
am  Bluaae  A.,  unfern  dessen  Mündung  in 
den  Meerhuaen  von  A,  (Jon.  Meer),  6000  Ew. 

Artiba,  pers.  Getreidemass,  =  6i5,24  Liter. 

Aftabizus,  1)  Perser,  befehligte  bei  des 
Xerxes  Zug  nach  Griechenland  die  Parther 
und  Chorasmier,  floh  in  der  Schlacht  bei 
Platäa  mit  seinen  Truppen,  diente  später 
als  Unterhändler  mit  König  Pausanias.  —  2> 
A.,  Feldherr  des  pers.  Königs  Artaxerxes  K. 
Mnemon,  empörte  sich  856  v.  Ohr.  gegen 
Artaxerxes  Ochus,  begleitete  später  den  Kö- 
nig Darius  Godomannus  auf  seiner  Flucht 


Artaxita  —  Artillerie. 


IST 


nach  der  Söhlacbt  bei  Arbela,  ward  ron 
Alexander  i.  Stattlialter  y.  Bakfcrien  ernannt. 
Artftxstoy  ehemals  Haaptst.  Ton  Arme- 
nien, am  Araxee,  vom  röm.  Feldherm 
Ck>rbnIo  serstört,  Ton  Tiridates  wieder 
aufgebaut,  S70  n.  Chr.  von  den  Pertem 
erobert;  Ruinen  vorhanden. 

ArtAXerxes.   Name   mehrerer    pera.   Kö- 
nige: A.  I.,  l^ongimaniu,  s weiter  Sohn  des 
Xerxes,  reg.  4fö— 425  t.  Chr.;  beginnender 
Verfall  des  Reichs.    A.  U. ,  Mheaum,  Sohn 
und  Nachfolger  Darios  II.,  reg.  405—862, 
ward  in  einen  Krieg  mit  Sparta  verwickelt, 
den  er   durch   den  Frieden   des  Antalcidas 
887  mit  Gewinn  beendigte.    A.  m.,    Ochus, 
Sohn  und  Nachfolger  des  Vor. ,    unterwarf 
Phönicien  und  Aegypten  wieder,   Hess  den 
heü.  Stier  Apis  schlachten,   ward  888  von 
seüiem  Feldherm  Bagoas  vergiftet.  — .  A. 
(A.   JBiAegan),   der  Gründer    des   neupers. 
Reichs  der  Sassanlden;  reg.  286—289  n.  Chr. 
Arteftikt  (lat.),  Kunstprodukt. 
ArtemidSnu .  1)  (A.  von  Ephent»)  griech. 
Geograph  und  Tteisender,   um  100  v.  Chr., 
sehr,   einen   ,PeripIus',   woraus  Mardanns 
von  Heradea  500  Jahre  später  einen  (noch 
vorhandenen)  Auszug  machte.  —  2)  (A.  Dal- 
diamu)  griech.  Schriftsteller  ans  Ephesus, 
lebte  in  Rom,    sehr,    über  Trajimdeutung 
(,Oneirocritica',  heransg.  von  Heroher  1864). 
Arteinls,  griech.  Name  der  Diana  (s.  d.). 
Artemisla.  l)  A.,  Königin  von  Halikamass, 
begleitete    den    Zerxes    auf    seinem   Zuge 
gegen  Griechenland,  bewies  in  der  Schlacht 
bei  Salamis  (480)  Klugheit  u.  Entschlossen- 
heit, endete  ihr  Leben  wegen  unglüoklicher 
Liebe  durch  einen  Sprung  vom  leukadischen 
Felsen.  —  2)  Königin  von  Karlen,  852—850 
V.  Chr.,  Schwester  und  Gemahlin  des  Man- 
solus,  liess  diesem  zu  Ehren  In  ELalikamass 
das  ber.  Mausoleum  errichten. 

Artemlsla  L.  (Bei/uat),  Pflanzengattung 
der  Kompositen.  A.  Abrotanum  L,,  8tcA- 
wurz  (Eberwurz,  Citronelle),  im  südl.  Eu- 
ropa ,  liefert  Abrand  -  oder  Hartkrant.  A. 
vulgaris  Z.,  gemeiner  Beiftua  (Mutterkraut), 
überall,  Küchengewürz,  Wurzeln  offldnell. 
A.  Absinthium  L.,  Wermuth,  in  Süd-  und 
Hitteleuropa,  Blätter  u.  Blüthen  offldnell, 
auch  zur  Bereitung  von  Liqueur  (Absinth) 
benutzt.  A.  Dracunculus  L,,  Ertragon,  wird 
kultlvlrt  als  Gewürzpflanze.  Mehrere  Arten 
der  aralokasp.  Länder  und  Hochasiens 
liefern  hi  ihren  Blüthenköpfohen  den  sogen. 
Wurm-  oder  ZiUweraamen,  der  ftther.  Gel 
und  Santonln  enthält  und  als  Mittel  g^^n 
Eingeweidewürmer  officinell  Ist. 

Artemisliim  (a.G.),  nördl.  Vorgebirge  der 
Insel  Euböa,  Magnesia  gegenüber,  Jetzt  Kap 
Syrochorl;  480  v.  Chr.  Beetreffm  zwischen 
tirlecheu  und  Persem.  [verständiger.- 

Arte  perit«8  (lat.),  Sach-  oder  Kunst- 
Arterien^  Puls-  oder  Schlagadern,  Blut- 
gefässe, welche  das  aus  dem  Herzen 
strömende  Blnt  in  alle  Theile  des  Körpers 
führen,  lassen  nach  jeder  Bewegung  des 
Herzens '  einen  Schlag  (Pols)  fühlen.  Aus 
der  rechten  Herzkammer  führt  die  Lungen- 
$chlagader  das  aus  dem  Körper  zurück- 
kehrende Blnt  in  die  Lunge,   von  wo  es, 


durch  die  Lungenvene  zum  Unken  Henen 
zurückkehrend,  dnroh  die  grosse  £[eikla^<Mler 
(Aorta)  in  den  ganzen  Körper  getrieben 
wird.  Die  Wand  der  A.  ist  sehr  dick,  mit 
viel  elastischem  U.Muskelgewebe;  letzteres 
bedingt  die  Kontraktllität  and  durch  diese 
die  gleiohmässige  Vertheflung  der  Blut- 
masse. Zerschnittene  A.  fallen  nleht  wie 
die  Venen  zusammen,  sondern  bleiben 
klalfend,  so  dass  starke  Blutung  eintritt» 
Krankheiten  der  A.  sind  Entzündung,  Er^ 
weiterang,  Verhärtung,  Verengung. 

ArierleBentsandwig^  Entzündung  der 
äusseren  bindegewebigen  Haut  und  der 
Ringsfaserhaut  der  Arterien ,  immer  mehr 
oder  weniger  örtlich  beschränkt. 

Irteriotomf •  (gr.) ,  knnstgemässe  Eröff- 
nung einer  Pulsader  zum  Zweck  einer 
raschen  und  reichlichen  Blntentleemng ; 
wird  nur  noch  bei  heftigen  Augenentzün- 
düngen  an  der  Sohläfenarterie  ausgeruhrt* 

Arteniy  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Merse* 
bürg,  Kr.  Sangerhausen,  an  der  Unstrut,. 
4060  Ew.    Steinsalzwerk  (jährl.  1150  Last). 

Arteilicke  Braimeii.  s.  Bmnnm. 

Aitei  liberales  (lat.),  freiev  Künste  (s.  d.). 

Arterelde,  Jakob  von,  flandr.  Agitator,, 
trat  dem  Grafen  Ludwig  I.  von  Flandern» 
der  mit  dem  Adel  des  Landes  sich  zu 
Frankreich  hinneigte,  als  Führer  der  Volks- 
Partei  und  Freund  der  Engländer  entgegen,, 
ward  aber  bei  einem  Volksaufstande  (17» 
Juli  1845)  ermordet.  Sein  Sohn  I^Üipp 
va«  A, ,  1881  Führer  der  Genter  bei  ihrer 
Erhebung  gegen  den  Grafen  Ludwig  H» 
von  Flandern,  wurde  als  Regent  von  Flan« 
dem  anerkannt,  27.  Nov.  1882  bei  Rosbecque 
von  Ludwig  mit  Hülfe  der  Franzosen  ge- 
sdilagen  und  fiel  selbst  im  Kampfe. 

Artfeld,  s.  Art.  [zuger  See,  2198  Ew» 

Arth,   Flecken  im  Kanton  Schwyz,   am 

Arthritis  (gr.),  Gelenkentzündang,  bes* 
Gicht ;  daher  arthriUeoh,  gichtisch. 

Artliroeice  (gr.,  auch  ArthrophlogZsia), 
Gelenkentzündung,  Gelenkversehwärung» 
am  häufigsten  im  Hüft-,  Knie-  und  Fussge» 
lenke  vorkommend,  langwierig  und  meist 
zu  Knochenfrass  und  bedeutenden  Zerstö> 
mng^n  des  Gelenks  führend. 

Artirar.  s.  Artua, 

Arthurs  Bits,  Berg  bd  Edinburgh  (800'  h.)» 
von  welchem  König  Artus  (s.  d.)  das  Land 
überschaut  haben  soll,  bevor  er  die  Angei- 
sachsen schlug. 

ArtieU  (lat.),  die  Kunst  betreifeDd;  arti» 
ßeitU,  künstlich,  durch  Kunst  erzeugt f 
arlißciü»,  schlau,  auf  Kunstgriffe  bedacht. 

Artikel  (lat.),  Glied,  Gelenk,  Theil  eines 
gegliederten  Ganzen,  z.  B.  eines  Schrift- 
stücks; Hauptsatz;  Handelsgegenstand;  in 
der  Sprachlehre  das  Gteschlechtswort.  Arti» 
kuliren,  die  Worte  naeh  ihren  Silben  deut* 
lieh  aussprechen;  daher  artikulirte  LeaUe, 
Verbindungen  von  Vokalen  und  Konsonan- 
ten zu  Silben  und  Worten. 

Artikulation  (lat.),  Gliederung. 

Artlknlirte«  Verhör,  s.  SpeeialinfuiHHwu 

Artillerie,  das  grobe  Geschütz  und  die 
dasselbe  bedienende  Mannscliaft,  neben 
Infanterie  u.  Kavallerie  die  dritte  Waffen- 


188 


Artilleriebedeckung  —  Arva. 


gattnui;,  lerfäUt  in  LaAd-  taid  SchlffB- 
«rtillerie;  entere  wieder  tu.  Feld-,  Küsten- 
«.  Belagemngsartillerie.  Die  Feldartillerie 
l^rt  leichtere  Geschütze,  um  mauörrir- 
iikhlg  au  sein,  und  ist  Fuss-  oder  reitende 
A.,  je  nachdem  die  Bedienungsmannschaft 
beritten  ist  oder  marschirt.  Häufig  findet 
-dieselbe  aber  auch  auf  der  Laffete  Plata. 
JHe  Festungsartillerie  hat  schwere,  bes. 
jRUch  Wur^eschütze ,  die  schwersten  aber 
'besitzt  die  Küstenartillerie,  bes.  seit  Ein- 
führung der  Panzerschiffe,  deren  Annäbe- 
•rui^  verhindert  werden  soll.  Eingetheilt 
wird  die  FeldartilleHe  in  Brigaden ,  Ab- 
theüungen  oder  Regimenter,  Bataillone, 
Kompagnien  oder  Batterien  (k  G  —  S  Ge- 
schütze). Die  A.  ist  keine  selbständige 
"Waffe,  spielt  bei  der  Vertheidigung  die 
JBLauptroUe,  wii'kt  aber  beim  Angriff  in  der 
Hauptsache  nur  vorbereitend.  Den  Ar- 
.tllleristen  liegt  ausser  der  Bedienung  der 
•Geschütze  auch  die  Anfertigung  der  Muni- 
tion in  dem  Laboratorium  ob.  Letztere 
Jeitet  der  Oberfeaerwerker.  Feuerwerker 
u.  Korporale  sind  die  Führer  der  einzelnen 
Xreschütze,  Bombardiere  und  Kanoniere 
bilden  die  Bedienungsmannschaften. 

Artüleriebedeckuiig  ^  TrnppenabtheilTing 
:2sum  Schutz  der  Batterien  auf  Märschen  etc. 

Artilleriedepoty  Aufbewahrungsort  für 
Oeschütze,  Muninon  und  Kriegsgeräth ,  in 
4er  Regel  verbunden  mit  Werkstätten. 

Artilleriepark,  Vereinigung  von  Artille- 
:rlematerial ,  welches  den  Geschützen  nicht 
unmittelbar  ins  Feuer  folgt.  Es  gibt  Bat- 
■terie-,  Brigade-,  Divisions-  und  Armeecorps- 
parks. Letztere,  die  Hauptreserve  des 
Artilleriematerials  bildend,  wird  in  Birk- 
kolonnen  eingetheilt.  Belagerungspark ,  das 
^anze  zur  Belagerung  erforderliche  Artille- 
jriematerial  nebst  den  zur  Fortbringung 
.desselben  nöthigen  Wagen. 

ArtiUerietraln,  Trnppentheil  zum  Trans- 
j>ort  der  zu  einer  Armee  gehörigen  Ge- 
schütze und  Wagen. 

Artlschoke,  Pflauzengattuug,  s.  Cynara. 

ArtocarpoB  L.(Broäbaum),  Pflanzengattung 
.aus  der  Familie  der  Artocarpeen.  A.  incisa 
X.  fit.,  gemeiner  JBrod/ruchtbaum ,  starker 
Baum  auf  den  Südseeinseln  (bes.  Otaheiti), 
-verpflanzt  nach  St.  Maurice,  Westindieu, 
iSüdamerika.  Die  Früchte,  3—4  Pfd.  scliwer, 
werden  geröstet  und  zu  Brod  verbacken. 
A.  iutegrifolia  L.  ßl.,  ind.  Brodbaum,  in 
Ostindien  mit  10—25  Pfd.  schweren  Früch- 
ten (Jaka),  die  erfrischendes.  Obst,  auf 
Ceylon  wichtiges  Nahrungsmittel  sind.  A. 
pubescens  WiUd,  in  Ostindien  liefert  Nutz- 
jiolz  und  wohlschmeckende  Früchte. 

Artist  (lat.),  Künstler,  bes.  Maler  oder 
■  Bildhauer:  artistisch,  zur  Kunst  gehörig. 

ArtiniiilibermUu]iimagiBter(lat.),  Meister 
•der  freien  Künste;  s.  Freie  Künste, 

Artner,    Maria    Therese   von,    Dichterin, 

«eb.  19.  April  1772  zu  Schintau  im  Ungar. 

Komitat  Neutra,  lebte  später  in  Wien ;  1 1^« 

jNov.  1829  in  Agi-am.    Sehr.  Gedichte  (1806, 

•  1818,  2  Bde.)  und  mehrere  Schauspiele. 

Artois  (spr.  -toa),  alte  Grafsch.  im  nord- 
westl.  Frankreich  (etwa  das  Depart.  Pas 


de  CaUU);  Hauptst  Arms;  seit  1678  flranz. 
Karl  X.  führte  nach  seliier  Vertreibung 
den  Titel  Oraf  von  A,  [der  Hostie. 

Artolatrie  (gr.),   Anbetung  aea  Brodes, 

Artot,  Joseph,  Violiuvirtuos,  geb.  4.  Febr. 
1815  in  Brüssel,  f  ^-  Juli  1845  in  Paris. 
Seine  Nichte,  Desir^e  A.,  geb.  1837  in  Paris, 
ausgez.  Koloratursängerin,  Schülerin  der 
Viardot  Garoia,  lebt  in  Paris. 

Artus  (Arihnr),  Fürst  der  celt.  Süuren 
oder  Damnonier,  Vertheidiger  des  alten 
Celtenthums  gegen  die  angelsächs.  Invasion, 
t  nach  der  Sage  542,  Mittel-  u.  Ausgangs- 
punkt vieler  Heideusagen,  welche  sich  von 
Wales  und  der  Bretagne  aus  über  die 
roman.  und  german.  Länder  verbreiteten 
und  von  den  Dichtem  des  Mittelalters 
vialfach  bearbeitet  wurden.  A.  residirte 
zu  Caerlleon  am  Usk  in  Wales  mit  seiner 
schönen  Gemahlin  Ginevra  (Ghwenhwywar), 
umgeben  von  einem  glänzenden  Hofstaate, 
dessen  Mittelpunkt  12  Bitter  bildeten,  welche 
als  die  Tapfersten  und  Edelsten  der  Kön^s 
um  eine  runde  Tafel  zu  versammeln  pflegte 
{A,  Tafelrunde),  Sie  zogen  nach  Abenteuern 
aus,  und  die  Beschreibung  derselben  bildet 
den  Inhalt  der  zahllosen  Dichtungen  dieses 
Sagenkreises  in  allen  abendländ,  Sprachen. 
Die  bedeutendsten  hiehor  gehörigen  deut- 
schen Gedichte  sind :  ,Iweiu'  und  ^Erek*  von 
Hartmann  von  Aue,  ,LancoIot  vom  See*  von 
Ulrich  V.  ZaUikhoven,  .Wigalois*  von  Wimi 
von  Gravenberg ,  ,Die  Krone*  von  Seinr,  von 
Türlein,  ,Daniel  von  Blumenthal*  vom 
Stricker,  ,Gauriel  von  Murtaval*  vom  Meister 
Kunfiart  vom  Stoffel.  Wol/r.  v.  Eschenbacha 
,Parcival'  und  ,Titurer  beruhen  zum  Theil 
auf  der  Artussage.  Vgl.  San-MarU  (A. 
Schulz),  ,Die  Arthursage',  1842 ;  Ders.,  ,Zur 
Arthursage*,  1843. 

Artushöfe^  Junkerhöfe,  im  Mittelalter  Ge- 
bäude ,  worin  sich  die  Bittor  nach  Art  von 
Artus  Tafelrunde  zu  Gelagen  versammelten. 

Arninselii ,  niederl.  Inselgruppe  im  ind. 
Archipel,  westl.  von  Neuguinea. 

Arum  L,  (Aronsumrt,  Aaronsumr»,  Zehr- 
würz),  Pflanzengattung  aus  der  Familie  der 
Aroideen.  A.  maculatum  L.,  A.  vulgare 
Lam.,  gemeiner  Aronsstab,  deutscher  Ingwer, 
Eselsohren,  in  schattigen  Wäldern,  giftig, 
Wurzel  früher  officinell.  A.  Dracunculus 
L.,  Dracunculus  vulgaris  Schott,  ScJdangen- 
kraut  (Drachen würz) ,  im  südl.  Europa, 
Wurzel  ebenfalls  früher  officinell,  stärke- 
reich, gekocht  auch  als  Nahrungsmittel 
verwendbar ;  ebenso  die  Wurzel  von  A.  vir- 
giuicum  L.,  in  Nordamerika. 

Arundel  (spr.  -Öndel),  Hafenst.  in  der  engl. 
Grafsch.  Sussex,  am  Arun,  2500  Ew.  Schloss. 
Arundelscher  Marmor,  s.  Marmorchronik. 

Arnndo  L.  (Mohr,  Bchi^f),  Pflanzengattnng 
der  Gi*amiueeu.  A.  Donax  L. ,  ßchcUmeien- 
rohr  (Pfahlrohr,  span.  Bohr),  im  südl. 
Europa  und  nördl.  Afrika,  mit  6—10'  hohem 
Stengel,  wird  kultivirt  und  technisch  be- 
nutzt. A.  Phragmites  L.,  Phragmites  com- 
munis Trin.,  gemeines  Teich-  oder  Schilf  - 
röhr,  in  ganz  Europa,  dient  zum  Dach- 
decken, zum  Verwahren  der  Wände  etc. 

Arra,    rechter  Nebenfl.    der    Waag  im 


Arvj^lisolie  Brüdep  —  As. 


189 


nordwestl.  Ungarn,  kommt  Ton  den  Ksr- 
psthen;  12  M.  Danach  benannt  das  Komitat 
A.,  37,7  QM.  und  90,000  Ew.,  rauh  und 
nnAmchtbar;  Hanptort  Also-Knbfn. 

Aryali§che  BrAaer,  s.  Ambarvalim. 

Arve,  linker  Kebenfl.  der  Rhone,  entspr. 
am  Montblanc,  dnrchfliesst  das  Ghamouni- 
thal ,  -mündet  unfern  Genf;  12>/s  M. 

Arye,  s.  t.  ä.  Zirbelkiefer,  8.  Kiefer. 

Arremer,  Volk  im  sudl.  Gallien,  in  der 
hent.  Auvergne,  noch  zu  Gäsars  Zeit  bedeu- 
tend.   Hauptst.  NemosflUB,  Jetzt  Clermont. 

Arwidsson  y  Adolf  Iwar ,  ichwed.  Schrift- 
steller, geb.  7.  Aug.  1791  zu  Padai^oki  in 
Tayastland  inlTiunland,  seit  1817I>ocent  der 
Geschichte  zu  Abo,  w«fd,  von  der  russ. 
Regierung  1822  des  Landes  yerwiesen,  bei 
der  k.  Bibliothek  in  Stodcholm  angestellt, 
1848  deren  Ghef ;  f  21.  Juni  1858  auf  einer 
Reise  in  Wiborg.  Gab  heraus  jSvenska  Fom 
8&nger*  (1834—42,  S  Bde.),  Sammlung  alt- 
schwed.  Volkslieder;  »Svenska  Konungar  och 
deyas  Tidehyarf  (1630->4S ;  neue  Aufl.  1855f .). 
Armeimittel  (medicameirUa) ,  Stoffe, 
welche  zum  Behuf  der  Heilung  bei  Krank- 
heiten angewendet  werden,  eigenthümliche, 
<iem  Körper  meist  fremde,  dem  Thier-, 
Pflanzen-  oder  Mineralreich  uxgehörige  oder 
•durch  die  neuere  Ghemie  dargestellte  Sub- 
stanzen. Die  Wirkung  der  A.  ist  eine 
chemisch  -physikalische,  aber  nur  als  solche 
in  sehr  wenigen  Fällen  vollständig  be- 
kannt. Früher  schrieb  man  den  A.n  eine 
•eigenthümliche  dynamieehe  oder  vitaie  Wir- 
kung dem  Organismus  gegenüber  zu,  und  in 
4ier  Homöopathie  gipfelte,  dieser  Dynamls- 
mns,  wahrend  man  jetzt  das  Verhalten  der 
als  A.  benutzten  chemiaohea  Verbindungen 
zu  den  chemischen  Bestandtheilen,  des  Or- 
-ganismus  zu  erforschen  u..au8  den  erkannten 
Beaktionen  ihre  Wirkung  zu  erklären  sucht. 
Diesen  Bemühungen  gegenüber  Ist  auch  die 
Annahme  Yon  der  apeeifUchen  Wirkung  der  A. 
nicht  mehr  stichhaltig  geblieben.  Die  Wir- 
kung der  A.  i%t  physikaliech,  wenn  schleimige 
Substanzen  die  Sohleimliäute  einhüllen,  wenn 
Salze  im  Darm  die  Endosmose  beschleunigen ; 
ehemiteh,  'wenn  z.  B.  Basen  zu  reichlich  vor- 
handene Säuren  abstumpfen.  Viele  A.  wer- 
den im  Organismus  zersetzt,  pflanzensaure 
fialze  verlassen  ihn  als  kohlensaure,  Ben- 
zoSsäare  als  Hippursäure,  andere  werden 
unverändert  wied«r  ausgeschieden,  z.  B. 
Jodkalium,  aber  nicht  ohne  eine  bestimmte 
chemische  Wirkung  ausgeübt  zu  haben.  Letz- 
tere kommt  häufig  an  der  Applikationsstelle 
zu  Stande,  auf  der  Haut,  im  Magen  oder 
Darme,  häufig  aber  auch  erst,  nachdem  das 
A.  in  die  Blutbahn  gelangt  ist.  Früher 
konnten  A.  unr  auf  dem  gewöhnlichen  Wege 
vom  Magen  aus  in  das  Blut  gebracht  werden, 
jetzt  spritzt  man  sehr  häufig,  z.  B.  Morphium- 
lösungen, direkt  unter  die  Haut  und  erreicht 
eine  viel  schndlere  Wirkung  (mbhutant  In- 
jektion), Oft  wirken  die  A.  indirekt,  z.  B. 
wenn  durch  Erregung  oder  Beruhlgnng  der 
Gentraltheile  des  Nervensystems  der  patho- 
logische Prozess  in  bestimmten  Theilen  des 
Körpers  beelnflusst  wird.  Man  sucht  Jetzt 
die  Wirkung  der  A.  an  gesunden  Menschen 


und  an  Thieren  zu  erforschen  und  gelangt  zu 
um  so  zuverlässigem  Ergebnissen,  als  man 
Jetzt  aus  den  vegetabilischen  A.n  die  wirk- 
samen Stoffe  ganz  rein  abscheiden  kann  und 
in  der  Bosirung  nicht  mehr  auf  Kräuter|Wur- 
zeln,  Rinden  von  ganz  schwankendem  Qehait 
an  wirksamem  Stoff  angewiesen  ist.  Die 
phjfeiologische  Wirkung  der  A.  (am  gesunden 
Organismus)  ist  aber  von  der  therapeutischen 
oft  sehr  verschieden,  ein  brechenerregender 
Stoff  kann  bei  Krankheiten  des  Gehirns  seine 
Wirkung  ganz  versagen.  Die  A.  rufen  im 
Organismus  nicht  nur  eine,  sondern  ver- 
schiedene Veränderungen  hervor,  von  denen 
jedoch  eine  die  hervorragendste  ist  (Haupt- 
loirhtng),  während  die  andern  (Nebenwir- 
kungen) in  geringerem  Grade  hervortreten 
und  je  nach  dem  Krankheitsfall  die  erstere 
unterstützen  odfr  beeinträchtigen.  Li  der 
Heilkunde  theilt  man  die  A.  ein  nach  ihrer 
Wirkung  und  unterscheidet:  Alterantien 
(Metalle  und  ihre  Verbindungen,  fixe  Alka- 
lien, Erden,  Metalloide  und  ihre  Verbin- 
dungen), bittere  adsti-ingirende-  Pflanzen- 
stoffe (Roborantien ,  Touica,  Euplastica), 
flüchtigerregende  Stoffe  (Kampher,  ätheri- 
sche Oele,  Balsame,  Harze  etc.),  scharfe 
irritirende  Stoffe,  betäubende  und  asphyzi- 
rende  Stoffe  (Narootica,  Gyanverbindungen), 
indifferente  nährende  Stoffe  (Eiweiss,  Gum- 
mi, Fette,  Mineralwässer). 

Arsty  ein  Mann,  der  sich  der  Heilung  der 
Kranken  widmet.  Der  ärztliche  Stand,  ruht 
mit  seinen  Anfängen  in  den  Tempeln,  wo 
die  Priester  den  von  den  Göttern  Hülfe  er- 
flehenden Kranken  Rath  ertheilten.  Später 
emancipirte  sich  die  Heilkunst  von  dem 
Priesterthum.  Bei  den  Römern  waren  die 
Aerzte  meist  griech.  Sklaven.  In  Deutsch- 
land war  die  Heilkunst  bis  zur  Reformation 
in  den  Händen  der  Mönche;  nur  in  Italien 
wurden  weltliche  Aerzte  ausgebildet.  Gegen 
Ende  des  Mittelalters  bildeten  die  Aerzte 
eine  besondere  ^unft  und  wurden  duifeh  die 
Promotion  Mitglieder  der  Fakultät.  Später 
wurde  die  Doktorwürde  und  die  Licenz  zur 
Praxis  käuflich  und  die  ärztliche  Kunst 
sank  zum  Handwerk  herab,  so  dass  der 
Staat  einschreiten  und  Staatsprüfungen  ein- 
führen musste.  Dies  führte  zur  Erthoilung 
verschiedener  Qualiflkationen,  man  unter- 
schied Aerzte  erster  und  zweiter  Klasse,  ist 
davon  Jedoch  in  neuester  Zeit  vollständig 
zurückgekommen.  Dagegen  erforderten  die 
Fortschritte  der  Wissenschaft  und  ärztlichen 
Technik  die  Ausbildung  von  Specialärzten, 
welche  durch  ihre  grösseren  Erfahrungen  auf 
beschränktem  Gebiet  die  Heilkunst  ausser- 
ordentlich gefördert  haben.  In  neuester 
Zeit  hat  die  eifrige  Befolgung  der  physiolo- 
gischen Richtung  den  deutschen  Aerzten 
den  Vorrang  vor  allen  übrigen  verschafft. 

As,  1)  älteste  röm.  Kupfermünze,  zuerst 
unter  Serv.  Tullius  geprägt,  ursprüngl. 
vom  Gewicht  eines  Pftindes,  nach  u.  nach 
auf  Vaa  Pfd.  redudrt,  zerflel  als  Gewicht 
in  12  Theile:  unda  =  Vit*  sextans  =  % 
quadrans  =  V4  A.  etc.  —  2)  Gewicht  in 
Deutschland  und  Holland,  kleinster  Theil 
des  Pfandes  und  der  Mark,  diente  vormals 


140 


AsSdi  —  Asche. 


bes.  ra  B«8tfmmtingr  der  Schwefr©  der  Mtkn- 
sen,  jetst  dnrch  das  fl*anz.  Qrammengewicht 
TerdrfiDgt.  Die  alte  köln.  Mark  hielt  4020 
köln.  As  oder  Dtikatenas  und  wog  4864,68 
lioll&iid.  As.  20*lt  hoU&nd.  As  =r  1  frans. 
Gramme. 
Asldi.  mit  *dem  Beinamen  Thtui,  alter 

?er8.  Dichter,  geb.  eq  Thns  in  Khorasan, 
um  1020  n.  Chr. ;  Lehrer  des  Tirdusi. 

Aiaflly  Stadt,  s.  Sq;!. 

▲m  föetida  (SHnkaaand,  Teuf eUdr eck),  der 
an  der  Laft  erhärtete  Milchsaft  von  Femla 
Asa  foetidalr.,  Scorodosma  foetiditm  Ptm^e, 
einer  pers.  Umbelliferei  enth&lt  Hars, 
Gnmmi  und  fither.  Oel,  riecht  nnd  schmeckt 
höchst  widerlich;  dient  als  kräftiges  Reis- 
mittel  txLT  das  Nervensystem,  in  Indien  nnd 
Persien  auch  als  Küchengewürs. 

Asam  (Assam),  Landscha  In  der  angloind. 
Präsidentschaft  Kalkutta,  Ewischen  den 
Gebirgen  von  Bhutan  und  dem  Garro,  vom 
Brahmaputra  durchströmt,  fruchtbar  (Thee- 
bau);  früher  eigner  Staat,  seit  1825  den 
Briten  unterworfen;  1157  QM.,  750,000  Ew. 
Hanptst.  Dschorhatt,  ehemals  Rangapur. 

Asamonäer,  das  Geschlecht  der  Makka- 
bäer,  bes.  von  Hyrcanus  (135  v.  Chr.)  an, 
n.  Ein.  von  dem  Berge  Aaamon  in  Galiläa. 

Assn.  bulgar.  Könige,  s.  Bulgarien. 

Assnischewsky,  Michad  von,  Komponist, 
geb.  1839  in  Moskau,  Schüler  von  M.  Haupt- 
mann, lebt  in  Paris.  Sehr.  Klaviersachen, 
ein  Streichquartett,  Lieder  u.  A. 

Asarja  (auch  UHa),  1)  König  von  Juda, 
798  —  746  V.  Chr.,  Sohn  des  Amazia,  be- 
siegte die  Philister,  musste,  weil  er  in  die 
Rechte  der  Priester  eingegriffen,  sra  Gun- 
sten seines  Sohnes  Jotham  abdanken.  — 
8)  (Abed-Nego)  einer  der  drei  Gefährten 
des  Daniel  in  Babel,  nach  dem  dag  Oebet  des 
A.  im  A.  T.  betitelt  ist. 

Asarkie  (grO>  Fleischlosigkeit,  Magerkeit. 

Asaniin  X.  (ffaselwurt) ,  Pflanzengattung 
der  Aiistolochieen.  Von  A.  europaeum  L., 
wilde  Narde,  in  Deutschland  und  dem  nördl. 
Europa,  war  die  Wurzel  früher  offlclnell. 
A.  arifolium  Michx,,  wilder  Ingwer,  im  Sü- 
den Nordamerikas. 

Asasel^  bei  den  Juden  böser  Dämon,  der 
in  der  Wüste  wohnen  sollte  und  jährl.  am 
grossen  Versöhnungstage  durch  einen  Bock 
beschwichtigt  ward. 

Asbest,  faseriges,  aus  Kieselsäure,  Mag- 
nesia, Kalkerde  nnd  Eisenozyd  bestehendes 
Mineral  (Hornblende,  Augit  und  Serpentin 
nahe  stehend) ,  weiss  oder  grau ,  spec.  Ge- 
wicht 8,5—2,9.  Der  hiegaaime  A,  (Amiant, 
Bergflachs,  Federwelss),  in  Korsika,  Tirol, 
Piemont  etc.^  lässt  sich  zu  feuerfesten  Ge- 
weben verarbeiten.  Der  gemeine  A.  hat 
gröbere  kürzere,  und  Bergkork  (Bergleder) 
in  einander  gewobene,  verfilzte  Fasern. 

Asbjoniseiiy  PUer  Chriatian,  norweg. 
Schriftsteller,  geb.  15.  Jan.  1818  in  Chri- 
stiania,  Forstmeister  im  Stift  Drontheim. 
Verf.  geschätzter  naturwissenschaftl.  (meist 
Koolog.)  Werke  u.  Volksbücher ;  auch  Samm- 
ler von  Volkssagen  etc.  ,Norweg.  Volksmär- 
chen* (mit  J,  Moe  1848—43,  deutsch  von 
Breaemann  1847) ;  ,Norweg.  Feenmärchon  und 


Volkssagen*  (deutsch  V.  ^rSsse- 1858);  auMer^ 
dem  ,Jnle-traet*  (1850),  ,Ydale*  (1868)  n.  a. 

AseaBlniy  Sehn  des  Aeneas  und  der 
Creusa,  auch  Jvlue  genannt,  kam  mit 
seinem  Vater  nach  Italien,  überliess  nach 
dessen  Tode  seiner  Stiefmutter  Lavinia 
Latium ,  gründete  in  Alba  longa  eine  neu« 
Dynastie,  Stammvater  der  röm.  Gtens  Julia. 

Aseendenten  (lat),  Verwandte  In  auf- 
steigender Linie. 

AsceiMlOB  (lat.),  Aufsteigung ,  namentl. 
die  Himmelfahrt  Christi;  im  astronom. 
Sinne  s.  Aufsteigung, 

AfCensiOB  (Himmelfdkrinntel),  Insel  im 
atlant.  Ocean,  nordwestl.  von  St.  Helena, 
Vulkan.,  kahl.  öOO^Ew.;  seit  1815  englisch. 

Amcm  (gr.),  die  enthaltsame  Lebens- 
weise der  al^^ech.  Athleten;  bei  den 
Stoikern  Uebung  in  der  Beherrschung  der 
Leidenschaften  nnd  Begierden;  in  der 
Christi.  Religionsgeschichte  '  die  zu  Er- 
langung Christi.  Vollkommenheit  für  nötfaig 
gehaltene  Verttiohtleistnng  auf  die  Freuden 
der  Welt,  verbunden  mit  besondem  Uebun- 
gen  zu  ihrtödtnng  der  sinnlichen  Triebe  n. 
Begierden,  führte  im  3.  Jahrb.  zum  Anacho- 
retenleben ,  woraus  das  Mönchswesen  ent- 
stand. Aacetik,  die  Theorie  der  A.,  moral. 
Gymnastik.    Aaeeten,  der  A.  sich  Widmende. 

Aseh.  Stadt  im  böhm.  Kreis  Eger,  9405  Ew. 
Bergschloss.  Im  Sexirk  A.  (8Vt  QM.)  über 
84,000  Protest.,  mit  bedeutender  Industrie. 

Aschaifenburgy  Stadt  im  bayer.  Regbs. 
Unterfranken,  am  Main  nnd  an  der  Aaeihaff, 
10,676  Ew.  Stiftskirche;  Schloss  Johannis- 
bürg;  Pompejan.  Haus.  Seit  8.  Jahrb. 
Stadt  (Ascapha),  früher  zu  Mainz  gehörig; 
seit  1814  bayerisch.  Hier  14.  Juli  1866  Bieg 
der  Preussen  über  die  Oesterreicher  etc. 

Asehbaeh.  Joa.,  Geschichtschreiber,  geb. 
29.  April  läOl  zu  Höchst,  seit  1842  Prof.  zu 
Bonn,  seit  1853  zu  Wien.  Sehr.  ,Geseh. 
der  Westgothen*  (1827);  ,Gesch.  der  OmM- 
jaden  in  Spanien*  (1829-30,  8  Bde. ;  8.  Aufl. 
1860) ;  ,Gesch.  Spaniens  u.  Portugals  zur  Zeit 
der  Almoraviden  nnd  Almohadeu'  (1833—87, 
2 Bde.);  ,Gesch.  Kaiser  Sigmunds'  (1838—46, 
4  Bde.);  ,Urkundl.  Gesch.  der  Grafen  von 
Wertheim«  (1^^*  2  Bde.);  gab  heraus  ,Allg. 
Kirchenlexikon'  (1846-50, 4  Bde.).  Aufsehen 
machte  sein  letztes  Werk  ,Roswitha  und 
Conrad  Geltes*  (1867,  2.  Aufl.  1868). 

Asche,  gelehrter  Jude,  Vorsteher  der 
Akademie  zu  Sora,  f  427  n.  Chr.;  gilt  für 
den  Urheber  des  babylon.  Talmud. 

Asche  9  der  unverbrennliche  Rückstand 
beim  Einäschern  pflanzl.  und  thier.  Stoffe, 
von  sehr  verschiedener  Zusammensetzung, 
findet  mannlchfache  Verwendung:  phosphoir- 
säurereiche  Thier-  (bes.  Knochen-)  asche 
zur  Phosphorbereitung,  alkalireiche  Pflui- 
zenasche  zur  Potaschegewinnung.  In  keiner 
A.  fehlen  Kali,  Kalk,  Magnesia,  Eisenoxyd, 
Kohlen-  und  Phosphorsäure;  fast  Immer 
vorhanden  sind  Natron,  Mangan,  Chlor, 
Schwefelsäure  und  Kieselsäure;  Seepflanzen 
enthalten  Jod ;  selten  ist  Fluor-,  Thonerde», 
Kupfer-  und  Bleigehalt.  Die  A.  findet  jetzt 
meist  nur  lokale  Verwendung  als  Dünger 
und  In  der  Haushaltung  zur  Laugenberel- 


Aschenbrödel  -—  Asiago. 


141 


taug  (nur  SoloMche).  A.  ist  auch  veralte- 
ter Name  einiger  Metalloxyd»  (Blei-,  Knpfer-, 
Zinnasche),  sofern  sie  durch  langes  Erhitzen 
der  Metalle  bei  Luftzutritt  erhalten  werden. 
VulkanUehe  A.,  staubförmiger  Auswurf  von 
Vulkanen,  besteht  aus  SUneraltrummem, 
wird  durch  Winde  oft  sehr  weit  fortgeführt 
und  bildet  beim  Niederfallen  den  Aschen- 
regen, Unter  vulkan.  A.  wurden  Pompeji 
und  Herculanum  begraben. 
•Aielienbrodely  Küchenjunge;  Hauptperson 
eines  bekannten  deutschon  Volksmärchens, 
Königstochter ,  die  von  ihren  hochmüthigon 
Schwestern  aufs  eftiiedrigendste  behandelt 
wird,  bis  ihre  Tugend  und  Schönheit  die 
Liebe  eines  Königssohns  gewinnt.  Stoff  zu 
Platens  satir.  Lustspiel  ,Der  gläserne  Pan- 
toffel*, KU  den  Opern  ,Gendrillon'  von 
Isonard  und  ,Cenerentola'  von  Bossini. 
Afchenregen,  s.  Asche, 
AfCbernüttwocli  (Aschertag),  der  Mitt- 
woch nach  Fastnacht,  an  welchem  in  der 
kathol.  Kirche  die  Glaubigen  mit  geweihter 
Asche  bestreut  werden. 

Asehenlebeiiy  Kreisst.  im  preuss.  Begbs. 
Magdeburg,  an  der  Eine,  15,960  Ew.  Ehe- 
dem Hauptort  der  Grafsch.  Askanien. 

Aielirftry  Ortiin  Persien  (Masenderan) ;  8. 
Okt.  1727  Friede  zw.  der  Türkei  und  Persien. 
AfCii(gr.),  Unschattige,  Schatteulose,  die 
Bewohner  der  heisaen  Zone,  weil  sie  zu  ge- 
wissen Zelten,   wenn  die  Sonne  in  ihrem 
Meridian  stehl^  Mittags  keinen  Schatten  wer- 
fen,  was  bei  den  unter  den  Wendekreisen 
Wohnenden  Jährl.  einmal,  bei  den  zwischen 
denselben  Wohnenden  zweimal  Statt  findet, 
liotstere  heissen  auch  Amphiseii,  Zweischat- 
tige, weil  sie  ihren  Sohatten  in  den  übrigen 
Zeiten  des  Jahres  eine  2(eitlang  nach  Süden 
und  eine  Zeitlang  nach  Norden  würfen.  Die 
Bewohner  der  gemässigten  Zonen  heissen 
HeUroscii  oder  Einschattige,  weil  ihr  Schat- 
ten Mittags  stets  nach  ders.  Seite,  näml.  in 
der  nördl.  gemässigten  Zone  gegen  Norden, 
in  der  südl.  gegen  Süden    fällt;  Ftriscii, 
Umschattige,  die  Bewohner  der  kalten  Zo- 
nen, weil  ihr  Sohatten  zur  2Seit,  in  der  die 
Sonne  ihnen  nicht  untergeht,  nach  allen  Sei- 
Aseldlen*  s.  Seeseheiden,    [ten  herumgeht. 
ABClepiSaet,  griech.  Arzti  aus  Prusa  in 
Bithynien,  praktlcirte  zu  Born,  t  96  v.  Chr., 
Stiller    der    methodischen    Schule.     Sehr. 
,De   Omnibus  a<yutoriisS    die  erste  allge- 
meine Therapie.    Das  ihm  zugeschriebene 
kleine  Gedicht  »Praecepta  sanitatis'    (her- 
auig.  von  Weh  1841)  ist  späteren  Ursprungs. 
AidepIasZ.  (Schwatbenrntr»,  Seidenpßame), 
Pflanaengattung     der     Asclepiadeen.      A. 
syriaca  If,  eyriseke  Seidennfianze,  in  Vtr- 
ginien    und    dem    Moigenlande,    vielfach 
kultlvirt  Bur  Gewinnung  der  seidenhaarigen 
Samenkrone,  die  als  Splnxunaterial  dient. 
A.  aathmatioa  L.,  in  Ostindien,  brechen- 
erregend, als  Arzneipflanze  häufig  benutzt. 
AMdli  dl  Pnglia  (spr.  -Pulja,  röm.  Aseulum 
AmOutn),  ital.  Stadt  in  Apulien,  6000  Ew.; 
279  V.  Chr.  Bieg  der  Bömer  über  Pyrrhus. 
AscdU-PIceno  (spr.  -Pitscheno),  Prov,  in 
Mittelitalien  (Marken),  88  QU.,  196,030  Ew. 
Die  HamjpM<idiA»t  am  Tronto,  11,098  Ew. 


Aseot-Heath  (spr.  Aeseot-Hith),  Heide- 
ebene bei  Windsor ;  das.  Jährl.  im  Juni  be- 
rühmte Wettrennen  (Ascot-Saces). 

Aseutnex  (spr.  Aeskötni),  Berg  im'  nord- 
amerik.  Staa^  Vermont,  bei  Windsor,  3120'. 

Asebie  (gr.),  Gh>ttlosigkeit,  namentl.  Ver- 
aclitung  der  Nationalreligion. 

Asega,  in  Friesland  Volksrichter.  Asega- 
luoh,  fries.  Gesetzbuch  aus  dem  13.  Jahrb. 

Asega^  tscherkess.  Völkerstamm  im  westl. 
Kaukasus,  seit  1864  den  Bussen  unterwor- 
fen; zerfallt  in  die  Abchasen,  Dschigeten, 
Sambal  im  S.  und  6  kleinere  Zweige  im  N., 
zusammen  ca.  108,000  Seelen,  wovon  nur 
der  kleinere  Theil  ausgewandert  ist. 

Aseitit  (lat.),  Selbstgenügsamkeit,  in  der 
Scholastik  absolute  Unabhängigkeit  Gottes. 

Aselgfe  (gr.),  Ausschweifung,  Wollust. 

Asellly  Kckspar,  ital.  Anatom,  lehrte  in 
Pavia,  t  1626  in  Mailand,  Entdecker  der 
Milchgefässe  des  Gekröses  (A.a  Milchvenen), 

Aieil  (altnord.  As,  Plur.'  Aeir,  goth.  Ans, 
Plur.  Anseis,  althochd.  Ans,  Plur.  Bnsi, 
angelsächs.  Os ,  Plur.  Es),  in  der  nord. 
Mythologie  das  mächtigste  Göttecgeschlecht, 
als  dessen  Stammvater  Odin  galt,  begreift 
die  18  männl.  Gottheiten:  Odin,  Thor, 
Beider,  l^örd,  Freyr,  Tyr,  Bragi,  Heim- 
dal,  Wldar,  Wali,  ÜUer  und  Forseti,  und 
12  weibl.  A.  (Asinnen),  darunter  Frigg, 
Freya,  Idun,  Eir  und  Saga. 

Aseroeldschan  (Kleitmedien,  im  Alterth. 
Atropatene),  nordwestlichste  Prov.  Persiens, 
TheU  von  Medien,  ein  Alpenland,  gut  be- 
wässert, fruchtbar;  eins  der  reichsten 
Handelsgebiete  Persiens.  Etwa  2  Mlll.  Ew. 
(Turkmanen,  Kurden);  Hauptst.  Täbris. 

Asgard  (Burg  der  Äsen),  in  der  nord. 
Mythol.  der  himmlische  Göttersitz,  durch 
die  Brücke  Bifröst  (Begenbogen)  mit  der 
Erde  (Mitgard)  verbunden. 

Ashanti  (As-janti),  mächtigstes  Neger- 
reich Oberguineas,  auf  der  Goldküste,  um- 
fasst  (seit  1837)  ausser  der  Berglandschaffc 
A.  noch  die  ehemals  freien  Landschaften 
Ahanla,  Adingea,  Gamon,  Sanem,  Wassaw, 
Daghumba,  Aklm  u.  a.,  etwa  84fi0  QM.  mit 
41/i  Mill.  £w.  Monarchische,  despotische 
Verfassung;  Mensdienschlächterei  iJs  Gere« 
moniel  der  HofTeste  üblich.  Bewohner 
meist  heidnisch,  zum  kleinen  Theil  moham- 
medaniich;  muthvoUj,  tapfer,  auch  tech- 
nisdi  sehr  geschickt.  Hauptstadt:  Kumassie. 

Azliery  Adolf,  deutscher  Buchhändler, 
geb.  88.  Aug.  1800  zu  Kammin  in  Pommern, 
seit  1830  zu  Berlin  ansässig;  f  1.  Sept.  185s 
zu  Venedig.  Tüchtiger  Bibliograph;  sehr. 
,BibliographicaI  essay  on  the  coUection  of 
voyages  and  travels  by  L.  Hulslus*  (1839); 
,Bibllographioal  essay  on  the  Scriptores  renun 
germanloarum*  (1848);  gab  heraus  das  .Itine- 
rary  of  B.  Benjamin  of  Tudela'  (1840). 

AslitOB  mder  Lyiie  (spr.  Aeschf  n  önder 
Leine),  Stadt  in  der  engl.  Grafsch.  Lan« 
caster,  am  Tawe,  84,886  Ew.  Ber.  Twist- 
Spinnerei,  Baumwoll-»  Tuchfabr. 

Ali»  FluM;  der  alte  Orontes. 

AziagO)  Hauptort  der  «Sieben  deutschen 
Gemeinden',  in  der  oberital.  Prov.  Vloenza, 
M40  Ew.   Ber.  Strohhüte. 


142 


Asiatisclie  Banise  —  Asien. 


•'\ 


t 


JjistlBelie  Bsntse,  alter  deutscher  Roman, 
TOn  H.  A.  von  Ziegler  (8.  d.). 

AlUtiiehe  Brfider,  geheime  Gesellscbaft, 
1780  in  Oesterreich  entstanden,  huldigte 
theosoph. ,  kabbalist.  nnd  alchemist.  Träu- 
mereien. Vgl.  ,Die  Brüder  St.-Johaunls  des 
Erangelisten  aus  Asien*,  1830. 

AsUtlsche  OesellBChaften,  Vereinigung 
▼on  (belehrten  zur  Erforschung  der  Literatur, 
Geschichte,  Geographie,  Religion  und  Spra- 
chen des  Orients;  die  erste  17^1  ron  den 
Hollftüdem  in  Batavia  gegründet;  ihr  folgte 
die  Asiatic  society  of  Bengal  in  Kalkutta, 
von  W.  Jones  1784  gestiftet,  und  ähnliche 
in  Bombay,  Madras,  auf  Surhatra,  Malakka 
XL,  Ceylon;  die  Soci6t6  Asiat,  in  Paris  (seit 
1822),  die  Royal  Asiatic  society  of  Great- 
Britain  (seit  1823),  die  Deutsche  morgenländ. 
Ctosellschaft  in  Leipzig  (seit  1845),  die  Ameri- 
can oriental  society  (seit  1842  zu  Boston). 

Asleiiy  grSsster  Erdthell,  die  östl.  Haupt- 
masse der  ,alten  Welt*,  mit  seinem  Fest- 
lande gans  auf  der  n5rdl.  Halbkugel  ge- 
legen u.  vom  Aequator  am  weitesten  gegen 
N.  reichend ,  daher  alle  8  Zonen  der  He- 
misphäre durchschreitend,  765,000  QM. 
(mit  den  Inseln  815,000)  und  etwa  805  Mill. 
Ew.  Von  8  Seiten  Ton  Oceanen  umflossen 
(nördl.  Eismeer  im  K.,  stiller  Ocean  im  O., 
Ind.  Ocean  im  S.,  arab.  und  Mittelmeer  im 
W.),  nur  im  NW.  mit  Europa  und  im  8W. 
durch  die  (jetzt  durchstochene)  Landenge 
von  Suez  mit  Afrika  zusammenhängend. 
Aeusserste  Punkte:  Kap  Tscheljuskin  78« 
n.  Br.  (nordöstl.  vom  Kap  Talmyr),  die  Nord- 
spitze der  alten  Welt ;  K.  Büro  V/*^  n.  Br. 
(westl.  vom  Kap  Romania),  die  Südspitze 
A.b;  das  Ostkap  152«  w.  L.,  die  Ost- 
spitze der  alten  Welt,  die  hier  nur  durch 
die  Behringsstrasse  von  der  neuen  Welt  ge- 
trennt ist ;  Kap  Baba,  44fi  5.  L.,  Westspitze 
A.s.  Femer:  K.  Lopatka,  Kambodscha  (Ong- 
dok),  Komorin.  Grösste  Länge  (K.  Baba  bis 
Tataigolf  am   Amurland)    1300  M.,  Breite 

gCap  Tscheljuskin  bis  Kap  Büro)  1150  M. 
ahlreiche  und  grosse  Halbinseln  (Kleiu- 
asien,  Arabien,  Vorder-  und  Hinterindien 
mit  Malakka,  Korea,  Kamtschatka,  Tschukt- 
schenhalbinsel) ,  Im  (Hnzen  150,000  QM., 
aber  der  Grösse  des  Kontinents  gegenüber 
doch  nur  geringe  Gliederung ;  Küstenlftnge 
7700  M.  (l:99Vs  des  Festlandes).  Die 
Inseln  grÖsstentheUs  im  O.  nnd  SO.  ange* 
häuft  als  die  grossartigsten  Gruppen  und 
Inselketten  der  Erde  (dort  die  chines.  und 
Japan.  Inseln,  Sachalin,  die  Kurilen;  hier 
der  ostind.  Archipel,  Ceylon,  Lakediven, 
Sokotra  etc.).  Im  Ganzen  51,000  QM.  (1 :  16>/io 
des  Erdtheils).  Die  Hauptländer:  im  N. 
Sibirien  mit  Kamtschatka;  im  O.  Ohina, 
Mandschurei  (Amurland),  Korea,  Japan ;  im 
9.  Vorder-  und  Hinterindien  mit  dem 
ostind.  Archipel,  Arabien;  Im  W.  Iran 
(Peraien  mit  Afghanistan  und  Beludschl- 
stan),  Tnran  oder  Westtnrkistan  (grosse 
Bucharel  eta),  Kaukasusländer,  aslat. 
Türkei;     in     Oentralasien:     Ostturkistan 

S leine  Bucharei  oder  hohe  Tatarei),  Tübet, 
ongolei  nnd  Songarel. 
Die  SodengestdU  A.g  anageselobnet  durch 


die  h&chsten  und  ausgedehntesten  Massen- 
erhebungen  mit  den  höchsten  Berggipfeln^ 
die  grössten  Plateaus  mit  den  ungeheuer- 
sten Randgebirgen   der  Erde.    In  keinen» 
andern  Erdtheile  die  Gegensätze  von  Hoch- 
und  Tiefland  Menes  */6,  dieses  *l%  des  ganzen 
Areals)  in  gleicher  Ausdehnung,  die  Ueber- 
gangsformen  der  Gebirgs-  und  Stufenlänfler 
jn  gleicher  Grösse  und  Mannichfaltigtceit» 
Das   Hauptgebirgsland   liegt  in   der  Mit|e- 
des  Erdtheils,    von,W.   nach  O.   sich   aus- 
breitend und   in  2  Centralhochländer  ser- 
fallend:   das   Hoch]an(^  Vorderasiens   xin<l 
das  Hochland  Hinterasiens;   beide  verbun- 
den   durch   eine    Verengung  des  Gebirgs- 
landes   unter   OOo  5.   L.:     das   nur    60   M. 
breite   Alpenland   des   Hindukhu.     Ausser 
diesem  Haup^ebirgsland  auf  allen  Seiten 
Nehengebirge ,    theils    auslaufend,     theü» 
getrennt  vorliegend.    I.   Das  Hochland  von 
Hinterasim  (280,000  QM.) ,   das  grösste  der 
Erde,   auf  4  Seiten  von  Randgebirgen  um- 
wallt :  im  S.  Himalaya  (mit  U^BOO*  mittlerer 
Kammhöhe    und    unzähligen  Gipfeln   über 
20,000',  im  Mt.  Everest  27,212'  h.,  nach  S.  in 
mehreren  Stufen  abfallend) ;  im  O.  das  viel- 
verzweigte chines.  ^Jünling)  u.  mandschur. 
Alpeuland;  im  N.  eoenfalls  vielverzweigte, 
aber  weniger  hohe  Alpenländer  (daurisches 
Gebirge,   Altai   und  songar.  Bergland) ;  im 
W.  Alpenland  von  Westtnrkistan  (Belortagb 
u.  Plateau  von  Pamir,  15,000').    Innerhalb- 
des  Randes  streichen  das  Himmelsgebirge- 
Thianschan)  und  der  Küen  -lün  mit  Gipfeln 
bis  zu  20,600'  Höhe.    Der  grösste  Theil  der 
Scheitelfläche   Steppe   und    Wüste    (Gobi); 
an  Höhe  sehr  verschieden  (Tübet  8—12,000', 
Songarel   1800-2000',    Gobi   4000'   hoch), 
n.  Das  Hochland  von  Vorderasien,  weniger 
hoch  und  ausgedehnt  (71,000  QM.),  in  S  Ab- 
theilungen zerfallend :  a)  Plateau  von  Tran, 
in  der  Mitte  2-3000',  im  O.  nnd  W.  4—6000* 
hoch,  durchaus  wasser-  und  holzarm,  um- 
schlossen  von  Randgebirgen   (meist  Paral-  ' 
lelketten  mit  flrnchtbaren  Thälem);  Nord- 
rand: der  Hindukhu  (bis  19,000'),  Paropa- 
misus  nnd  Elburz   (17,300');  Ostrand:   da» 
ind.  -  pers.     Grenzgebirge     ^Solimanskette- 
10,600^;   Südrand:   die  Bergterrassen  von 
Beludschlstan    und    Farslstau;    Westrand: 
das  Gebirge  Kurdistans   mit  dem  Elwend 
und  (im  NW.)  das  Alpeuland  Aserbeidschan. 

b)  Plateau  von  Armenien  (Ararat  16,000')  n. 

c)  Hochland  von  Jna<oIten  (Taurus  11,000')» 
Nebengebirge:  im  S.  die  Hochländer  von 
Syrien  und  Arabien,  das  Plateau  von 
Dekhan  (Vorderindien),  die  Kettengebirge 
Hinterindiens  I  im  O.  die  Gtobirge  Nanling- 
und  Peling,  die  Kette  von  Korea;  im  N. 
der  ostsibir.  Höhenzug  (mit  Aldan-  nnci 
Stanowoigebirge),  die  Bergketten  von  Kamt- 
schatka; im  W.  der  Ural  und  Kaukasus.. 
Neben  und  zwischen  den  Ctobirgsmassen 
das  Tiefland,  in  6  Hauptmassen  verthelltr 
Tiefland  von  Sibirien  (200,000  QM.),  kasp. 
Tiefland  mit  den  grössten  Seen  der  Erd» 
(50,000  QM.,  davon  V-a  onter  dem  Meeres- 
spiegel liegend:  aralokaspische  Erdsenke},, 
chines.  Tiefland  (das  fruchtbarste  und  kul- 
tivirteste  Land  der  Erde,  10,000  QM.),  dl» 


Asien. 


14S 


Tieftbenen  Hlnterindlens,  das  Tiefland  Vor- 
derindien« (HlndoBtan)  und  Mesopotamien. 
Auf  den  Inseln,  bes.  den  Snndainseln,  Mo- 
Inkken  nnd  Philippinen  nnd  den  nordösä. 
aslat.  Inseln,  zahlreiche  hohe  nnd  grossen- 
tfaells  thätlge  Ynlkane.  Niedrig  sind  nnter 
den  loseln  nnr  dieMaledlren  und  Lakedi  Yen. 

Die  äirOme  A.s  eiglessen  sich  nach  allen 
4  Weltg^nden  nnd  suglelch  nach  4  Hanpt- 
meeren,  stellen  aber  nicht,  wie  die  Ströme 
Amerikas  nnd  Europas,  eine  Verkehrsver- 
blndung  her  zwischen  ihrem  Quellland  nnd 
den  Heeren  und  Küsten,  weil  sie  theüs  in 
Ihrem  weiten  Ober-  nnd  Mittellauf  wenig 
oder  nleht  schiflFbar  sind,  theüs  In  unwlrth- 
baren  Polai^^enden  münden.  Zum  Eismeer 
fliessent  Ob,  Jenlsel  nnd  Lena;  zum  grossen 
Ocean:  Amur,  Hoangho  u.  Jangtsekiang ;  zum 
Indischen  Ocean:  Sll^ang,  Mekhong,  Menam, 
Saluen,  Irawaddy,  Brahmaputra,  Ganges, 
Indus,  SchatelArab  (Eaphratu. Tigris);  zum 
Mittelmeer;  KlsH  Irmak  (Halys).  Daneben 
grosse  Steppenflüsse  in  Binnenseen  mün- 
dend: Kur,  Terek,  Kuma,  Ural  (Kaspisee), 
Amu,  Syr  (Aralsee),  Tarlm  (Lop-noor),  Hl 
(Balkaschsee).  Zahlreiche  Seen,  einen  Gür- 
tel bildend,  rom  todten  Meere  erst  nach 
NO.,  dann  nach  O.  am  Rande  des  Hoch- 
landes bis  in  die  Mitte  A.s;  darunter  die 
höchsten  aller  Seen,  sowie  der  grösste  Al- 
pensee: der  Baikalsee,  und  die  grössten 
Kiederungrsseeu  der  Erde:  das  kasp.  Meer 
und  der  Aralsee;  neben  diesen  der  Issik- 
kul,  Balkasch,  Dsaisan,  Ubsa-noor,  Kosso- 
gol;  ausserdem  auf  den  Hochfl&chen  der 
Goktscha,  Urmia,  Wan8ee,'Hamum,  Tengrl-, 
Iiop-  und  Khuku-noor. 

Das  Klima  A.s  ist  in  Folge  der  Gestalt 
und  Lage  des  WelttheOs  (zum  bei  weitem 
grössten  Thefl  in  der  gemässigten  Zone 
und  der  Zone  des  Ter&nderlichen  Nieder- 
schlags; nur  etwa  5000  QM.  innerhalb  des 
Polarkreises)  entschieden  trocken,  kontinen- 
tal, im  Vergleich  zudem  AfMkas  mannlch- 
faltig,  aber  dem  Amerikas  geg:enüber  her- 
Torstechend  durch  grone  Einerlelheit  auf 
Ungeheuern  Strecken.  Die  Warme  nimmt  Ton 
W*  firmen  O.  ab,  und  allgemein,  bes.  aber  Im 
Innern,  treten  die  äassersteuGlegens&tzeYon 
Winterkälte  und  Sommerhitze  auf.  Schnee- 
grenze am  höchsten  am  Blarakomm  in  Tübet, 
n^iSO*  an  der  Nord-,  18,200'  an  der  Südseite. 
Vier  klimatische  Reylere :  1)  Klima  ron  Vor- 
derasien innerhalb  der  Regenzone  heiss, 
dürr,  thellwelse  üppig  und  reizend  fKüsten- 
terrasse  Kleinasiens,  Libanon,  Ranagebirge 
Irans);  ausserhalb  derselben  k&lteres  Step- 
penklima (Turan),  oder  europ.  Gtebirgskllma 
Kaukasus,  Sohne^^enze  daselbst  11,000'); 
8)  Klima  des  Östl.  Hoohasiens,  noch  kon- 
tinentaler, trockner  und  im  Sommer  noch 
heisser;  daher  Schneegrenze  des  Himalaya 
In  T&bet  16,800'  (d.  1.  höher  als  an  der 
Südseite,  15,200'),  Getreidebau  bis  14,000'; 
V)  Klima  des  (trop.)  Südasiens,  In  den 
TiefUndem  theils  feuchtheiss  (am  (Hnges, 
in  Hinterindien,  auf  den  Inseln),  theils 
trockenheiss  (am  Indus);  in  den  Berg- 
Iftndem  subtropisch,  an  den  Hochgebirgen 
empor   abgestuft  bis  zum  Polarklima;  4) 


Klima  Nordasiens,  kontinental,  mit  langen,, 
sehr  strengen  Wintern  und  schrolf  ein-^ 
tretenden,  kurzen,  drückend  helssen  Som* 
mem  (Schneegrenze  am  Altai  6600',  Ge» 
treidebau  bis  2400'). 

Produkte,  In  der  Pflanzenwelt  grosser 
Relchthum  und  fiusserste  Mannlchfaltlgkeit,. 
von  der  üppigsten  u.  £n!t>ssartig8ten  Flora, 
des  trop.  Südens  bis  zum  Polarmoos  an  > 
der  Schneegrenze  und  der  kümmerlichen 
Vegetation  der  Wüsten  und  Steppen  im  , 
W.  und  N.  Nicht  minder  gross  die  Meng» 
und  Vielartigkeit  der  ausgebildetsten  Thlere, 
namentl.  Im  feuchthelssen  S.,  dessen  Fauna 
die  aller  übrigen  Erdstriche  übertrifit.  Da- 
bei ist  A.  die  Heimat  einer  Menge  weitver- 
breiteter Kulturgew&chse,  sowie  fast  aller 
europ.  Hausthlere  (hier  noch  in  ursprfltng- 
licher  Wildheit).  MinercarHeh:  Gold,  Silber» 
Platin,  Kupfer,  Eisen,  Zinn,  Quecksilber, 
Magnet,  Steinkohlen,  Graphit,  Naphtha,  Salz». 
Salpeter,  Ambra,  Salmiak,  Edelsteine.  Eigen* 
thümliche  I*ßaiuen:  Palmen  (Sago-,  Kohl-, 
Schirmpalme  etc.),  ind.  Feigenbaum,  Barn» 
bus,  ind.  (span.)  Rohr,  edle  Holzarten 
(Sandel-,  Teakholz  etc.),  Thee  (Ohlna), 
Zimmt  (Ceylon),  Pfeifer  (Ton  Malabar  bis 
Ostbomeo),  Ingwer,  Muskatnuss,  Gewllrs* 
nelke,  Kampher-  u.  Fimlssbaum,  Balsam-, 
Gummibaum ,  Weihrauchpflanzen ,  Seifen- 
baum. Ausgedehnte  Kultur  von  Kaffee, 
Baumwolle,  Reis,  Indigo,  Zucker,  Tabak, 
Wein,  Mohn  (zu  Opium),  Maulbeerbaum» 
vielerlei  Obst,  Betelnuss  (Arecapalme), 
Saflran,  Yamswurzel,  Mals.  EigenthümK 
Thiere:  der  asiat.  Elephant,  ges&hmt  und 
wüd  (auch  weisse  in  Hinterindien),  Königs- 
tiger (bis  500  n.  Br.),  schwarzer  Tiger 
(Java) ,  einhömiges  Rhinoceros  (auf  Suma- 
tra mit  2  Hörnern),  Zebu  (den  Indlem 
heilig),  Dschaggatal  (in  den  Steppen  beer- 
denwelse),  Grunzochs  (Jak),  Kulan  (wilder 
Esel),  Zibethkatze,  Angora-,  Kaschmir-  u. 
Tübetziege,  Argallschaf,  Zobel,  Moschns- 
thier,  zahlreiche  Affenarten,  z.  j9.  Gibbon, 
Orang-Utang  (Bomeo  und  Sumatra)  und 
Hulman  (von  den  Indlem  verehrt)  etc.; 
Kasuare  (südöstl.  Inseln),  Pfauen  (Indien 
und  Japan},  Nashornvögel,  Marabustörche, 
Gold-  und  SÜberfesanen,  Paradiesvögel» 
Kakadus,  Rüsselpapageien  etc.,  Salang^anen 
(iud.  Schwalben  mit  essbaren  Nestern), 
Reisvögel;  femer  das  Gavial  (Ganges- 
krokodin,  geflügelte  Eidechsen,  Python 
(die  ostlnd.  und  javan.  Riesenschlange)» 
giftige  Seesohlangen,  Brillen-  und  Feld- 
sclilangen,  Goldflsche,  Seidenraupen  (Seiden- 
fabrikation A.s  ca.  188  Mill.  Thlr.),  Schild- 
kröten, Perlmuscheln,  pr&chtige  Schmetter- 
linge. Von  grosser  Wichtigkeit  die  Zucht 
von  Pferden  (Arabien,  Persien,  Kaukasien), 
Kamelen  und  Dromedaren  (nördl.  vom 
Himalaya  und  im  W.  des  bidus,  nirgend» 
wild).  Ausserdem  theilt  A.  mit  andern 
Brdtneflent  Löwen,  Hyftnen,  Panther» 
Schakale,  Rennthlere,  Steinböcke,  Bären  u.. 
viele  andere  Pelsthiere,  GazeDen,  Strausse.. 

A.  ist  die  Wiege  des  Menschengeschlechts» 
der  Ursita  seiner  ersten  Erziehung,  Ent- 
Wickelung  und  Clvillsatlon,   sowie  seiner 


144 


'Asin  —  Askelöf. 


allm&hligen  Verbreitai«,  dar  Land  der 
srössten  Völkermannlohfaltigkeii  a.  Yölker- 
vanderangen,  der  ältesten  Staaten  nnd  der 
ältesten  und  verbreltetsten  Religionen.  Die 
Bevölkerung  etwa  805  Hill. ,  am  dichtesten 
Im  S.  nnd  In  China,  sehr  dfinn  in  den 
xiördl.  Ländern  Us  etwa  40«  n.  Br. ;  3  Baoen: 
1)  mongol.  oder  aricU.  Raoe  im  0.  nnd  N. 
/Chinesen,  Japanesen,  Tübetaner,  Birmanen, 
ßiamesen,  Mongolen,  Kalmücken,  Kirgisen, 
Alandschuren,  Tangusen  etc.) ;  2)  kaukae,  oder 
ind. '  europ,  Raoe  im  W.  u.  SW.  CHlndn, 
Perser,  Afghanen,  Belndsohen,  Türken, 
TTorkmanen ,  Armenier ,  Tscherkessen, 
•Georgier,  Araber,  Syrier  etc.) ;  8)  mdlayieehe 
Baoe  im  äuss^rsten  SO.  (Malayen  auf  Ma- 
lakka, Java,  Sumatra  etc.).  In  Beaug  auf 
£prachTerwandtschaft  (Zahl  der  Sprachen  in 
,A.  ca.  153)  5  Völker-  und  Sprachenstämme: 
'  1)  der  chinee,  -Japan.  Stamm  im  SO.  mit  4  Fa« 
tnilien  (Chinesen,  Koreaner,  Japaner  und 
IndoChinesen  in  Hinterindien) ;  8)  der  tatar. 
im  übrigen  Kord-  u.  Ostasien,  mit  4  Familien 
(Tübetaner.  Tataren,  Tungusen  und  die 
U^irkvölker) ;  3)  der  ural.  oder  jUnn.  (ugrische, 
tsohudische) ,  ah  der  Nordkuste  A.s  und 
auf  beiden  Selten  des  Ural,  mit  3  Famflien 
(Finnen,  Samojeden,  Ostsibirier);  4)  der 
ind. -europ,  (Indier,  Perser,  Kaukasier, 
Araber,  Syrier  etc.);  5)  der  malayitch- 
4xuHräl.  Stamm,  im  SO.  (noch  wenig  be- 
kannt). Nach  Massgabe  der  OeeiUung  3 
Abtheilnngen :  1)  wilde  Jäger-  u.  Fischer- 
Tölker,  in  Nordasien  (Sibirien);  8)  Nomaden 
mit  patriarchal.  Leben,  in  gani  Mittel-  und 
•einem  grossen  Theil  ron  Westasien  (die 
mongol.,  türk.  und  arab.  Völker);  3)  an- 
sässige Völker  mit  mehr  oder  weniger 
Ausgebildetem  Staatsleben,  In  Ost-  und 
£üdasien  (Chinesen,  Japaner,  Tübetaner, 
Hindu,  Hinterindier,  Perser,  ein  Theil  der 
Afghanen  und  der  Türken) ;  die  einen  ohne 
«lle  Gewerbthätigkeit  (Araber,  Hinterindier 
tu  a.) ,  andere  darin  ausgezeichnet.  Saupt- 
4ndtutriexweige  :  Porzellan-  und  Papierfabri- 
kation, Elfenbein-,  Lackirarbeiten  (Chinesen 
und  Japanesen),  Seiden-,  Vt^oUen-  u.  Baum- 
wollenweberei, Leder-  und  Metallarbeiten 
(Hindu,  Chinesen,  Persar,  Türken  etc.). 
I>er  Mandel  A.s  vorwiegend  Karawanenhan- 
•del.  Von  den  monotheistischen  Beligionen 
ist  nur  der  Islam  herrschend,  im  W.  und 
«um  Theil  im  S.;  daneben  Juden-  und 
Christenthum,  theüs  in  zersprengten  Sekten 
kümmerlich  erhalten,  theils  durch  europ. 
lüsslonen  und  Kolonisation  neu  eingeführt. 
Ausserdem  polytheistische  Religionen  herr- 
schend: der  Brahmanismus  (Vorderindien) 
und  der  Buddhismus  mit  dem  Lamadienst 
<Ost-  u.  Mittelasien);  daneben  Feueranbeter 
<Guebem,  Parsen),  rohes  Schamanenthum 
(Sibirien)  nnd  anderes  Heidenthum  (südöstl. 
Inseln).  Die  Staaten  A.s  zu  allen  Zeiten 
sämmüich  Despotien,  darunter  keiner  Jetzt 
Ton  polit.  Bedeutung;  die  einen  bis  auf  die 
neueste  Zeit  rom  grossen  Völkerrerkehr  ab- 
geschlossen (China,  Japan),  andere  in  Ohn- 
macht Tersunken  (Persien,  das  osman. 
Reich),  oder  noch  unentwickelt;  ein  grosser 
Theil  unter  Herrschaft  enrop.  Mächte*  Von  | 


grosser  Bedeutung  in  dieser  Besi^uiigs 
Bueeiteh-Atien  (ganz  Nord-  undTbeÜe  vott 
Ost-  u.  Westasien)  874,000  QM.  und  5>Ä  MüL 
Ew.,  und  das  angloindisehe  JBeiek  (Vorder- 
indien, ein  Theil  Ton  Hinterindien,  Ceylon 
und  mehrere  andere  Inseln)  74,810  QM.  mit 
199  MiU.  Ew.,  davon  unmittelbarer  Besitz 
nur  46,140  QM.  mit  ca.  153  MiU.  Ew.  Ausser- 
dem haben  zerstreute  Besitzungen :  die  JBbZ- 
länder  (auf  Java,  Sumatra,  Borneo,  Celebes, 
den  Molukken  etc.)  88,983  QM.  mit  fast  21  >^ 
MiU.  Ew.;  die  Portugiesen  (In  Indien,  im 
Archipel,  in  China)  334  QM.  mit  ca.  H/s  »01. 
Ew.;  die  Spanier  (Philippinen)  3100  QM. 
mit  4,319,870  Ew. ;  die  Franzoten  (in  Indien, 
Cochinchina)  1031  QM.  mit  1,838,SS7  Ew. 

Den  Alten  war  nur  Vorderasien  näher 
bekannt;  über  den  Ostthell  machten  zuerst 
die  Araber  (se)t  8.  Jahrh.)  Mittheüungen. 
Bar.  spätere  Beisende:  der  Frandskaner 
Buytbroek  und  Mareo  Poto  (13.  Jahrh.),  die 
Araber  AhvJlJeia  und  Wbn  Batuta  (14.  Jahrh.). 
Fahrten  der  Portugiesen  nach  A.  (Indien 
und  Archipel)  seit  1510,  der  Spanier  seit 
1526,  der  Kngländer  seit  1591,  der  Hollän- 
der seit  1595,  der  Franzosen  seit  1601.  Rus- 
sische Expe^tionen  seit  1710.  Centralaslen 
bereisten  zuerst  Jenkineen  (1557),  L.  JSau- 
wolff  (1573),  Breunig  von  Buochenhach  (1758). 
Seitdem  ward  die  Kenntniss  A.s  durch  zahl- 
lose Reisende  und  Expeditionen  gefördert. 
Vgl.  Bitter,  ,ErdkundeS  8.  Ausg.  1838—55, 
17  Bde.  (Hauptwerk);  Humboldt,  jAsle  cen- 
trale*, 1843,  deutsch  von  Mahlmann,  1844; 
Murray,  ,Accouut  of  discoveries  and  travels 
in  AsiaS  1830;  Vivien  de  St.  Martin,  JBlst. 
des  d6couv^rtes  etc.*,  8.  u.  3.  Th.,  1845—47; 
DereeXbe,  ,Etudes  de  g6ographie  ancienne  et 
d^ethnographie  asiatlque*,  1850  —  58;  Klap^ 
roth,  ,Asia  Polyglotta*,  1883;  DereeVbe,  ,M6- 
moires  relatives  k  l^Asie*,  1886,  3  Bde.,  und 
,Magasin  asiatlque*,  1885-87  ;£rauern.P2a/&, 
,Handbuch  der  Geo^.  und  Statistik  von  A.*, 
1864;  V.  Schlagintweit,  ,Physical.  -  geograph. 
Schilderung  von  Hochaalen*.  1865;  Bastian, 
,Die  Völker  des  östi.  A.S  1866-69,  5  Bde. 

Asin  9  Landschaft  auf  der  Goldküste  in 
Oberguinea,  den  Ashautis  unterthan. 

Asinara  •  Insel  an  der  Westküste  von  Sar- 
dinien, 8  QM.  u.  800  Ew.,  Hirten  u.  Fischer. 

Asinarii  (lat.),  Eselsverehrer,  Spottname 
der  Christen  im  8.  Jahrh.,  weil  sie  der 
Verehrung  eines  Esels  beschuldigt  wurden. 

Asiöliy  Boni/acio,  ital.  Komponist,  geb. 
SO.  Aug.  1769  zu  Correggio,  lebte  in  Turin, 
Venedig,  Malland,  seit  1813  Musikdirektor 
des  Vicekonlgs  von  Italien;  f  86.  Mai  1838. 
Zahlr.  Werke;  Gesangs-  u.  andere  Schulen. 

Askalon  (a.  G.),  eine  der  fünf  Fürsten- 
städte der  Philister  in  Palästina,  am  Mittel- 
meer, stark  befestigt,  Hauptsitz  des  Kultus 
der  Derceto;  wenige  Ruinen  übrig.  18.  Aug. 
1099  Sieg  der  Kreuzfahrer  unter  Gottfr.  von 
Bouillon  über  die  Aegypter. 

ABkanlen  (Aaeharia),  Burgmine  b.  Atohers- 
leben,  einst  Mittelpunkt  der  Qrajsckm^ 

Askariden,  s.  Eingeweidewürmer, 

Askelo^  Joh,  Ohristopher ,  schwed.  Jour- 
nalist, geb.  1787,  1 1848.  Herausg.  verschie« 
dener  Zeitschriften,  i.  B.  ,Polyphem*  (1810 


Askersond  —  Asphodeliu. 


Ii5 


bis  1812),  gegen  deu  firans.  Geschmack  ge- 
richtet; ,Svenska  lUnerTa' (1829— i8),  gegen 
die  liberale  Bewegung  gerichtet. 

AtkeniiBdy  Stadt  im  schwed.  Län  Nerilce, 
am  Wettersee,  1389  Ew. ;  nahe  dabei  die  be- 
deutendsten Zinngmben  Schwedens. 

AsklepiideAy  die  angebl.  Nachkommen 
Aesculaps;  medicin.  Orden  oder  Priester- 
innung, in  der  sich  die  geheim  gehaltenen 
medicin.  Kenntnisse  traditionell  fort  erhiel- 
ten. Zu  den  kölschen  A.  gehörte  Hippocrates. 

AsmaBiitluiuen .  Dorf  im  prenss.  Begbz. 
Wiesbaden,  am  Rhein;  rortreffl. Rothweiu. 

AmSdi  (Atehmedai,  d.  i.  Zerstörer),  in 
den  sp&teren  jüd.  Schriften  vorkommender 
böser  Dämon,  tödtete  nach  dem  Buch 
Tobiaa  die  sieben  Ehemänner  der  Sara; 
deshalb  später  Ehetenfel  genannt. 

AflOMltiselL  (gr.),  körperlos.  A*<m^im, 
nnkörperliches  .Wesen,  Gott. 

A  eOM  lüse  (fr.,  spr.  -äbs),  nach  seiner 
Bequemlichkeit;  a  ton  goüt  (spr.  a song gub), 
nach  seinem  Geschmacke.  [heit. 

Asoplif  e  (gr.) ,  Mangel  an  Weisheit,  Thor- 

Asotfe  (gr.).  Schwelgerei,  Ueppigkelt. 

Asoir.  befest.  Stadt  im  südmss.  Gout. 
Jekaterinoslaw,  an  einem  Mfindnngsarm  des 
Don ,  10,945  Ew.  Im  Alterthum  die  reiche 
und  volkreiche  Handelsstadt  TanaU,  im 
Mittelalter  Tana,  über  welches  die  Genuesen 
seit  dem  13.  Jahrh.  den  Handel  nach  Indien 
betrieben ;  1696  u.  1736  von  den  Russen  erobert. 

AsoirteliM  Meer  (Palu$  MaeoHs),  der 
nördl.  Theü  des  schwarzen  Meers,  mit 
demselben  nur  durch  die  Strasse  von 
Kertsch  verbunden,  638 QM.  Handelsplätze: 
Taganrc«.  Mariupol,  Ber^jansk. 

Asowiehe  Steppe,  Steppengegend  in  Sükd- 
russland,  au  beiden  Seiten  des  Manytsch, 
vom  asowschen  Meer  bis  sum  Don  reiehend. 

AspalitaliolSy  nnächtes  AloShols,  Hols 
von  Aquilaria  malaccensis  oder  A.  ovataJ/. 
aus  Ostindien  und  China,  dient  aum  Par- 
fumiren  und  eu  Tischlerarbeiten. 

AspanigfB,  stickstofThaltige  Yisrbindnng, 
im  Pflanzenreich  weit  verbreitet  (Spargel, 
Bibisehwnrsel,  Runkelrübe,  Kartoffel),  aber 
nur  bis  cur  Blütfaezelt,  krystallisirt  in  Ok- 
tafidern,  färb-  und  geruchlos,  von  fadem  Ge- 
schmack, die  Lösung  In  Wasser  wird  unter 
dem  Einflnss  von  Fermenten  alkalisch,  stin- 
kend und  liefert  bemstelusaures  Ammoniak. 

AspurlgU  L.  (Bpargd),  Pflansengattung 
der  Sarmentaoeen.  A.  offlcinalis  L,,  gtr 
meinar  Spargd,  in  Europa  bis  England  und 
Schweden  wegen  der  fleisehigen  Stock- 
triebe knltivirt.    Beeren  früher  ofadnell. 

AtpMlAy  gefeierte  griech.  Hetäre,  geb. 
snMilet,  Tochter  des  Azlochus,  Geliebte 
des  Perioles,  ausgezeichnet  durch  Gtoist  und 
Anmuth;  verheirathete  sich  nach  des  Perl- 
cles  Tode  mit  dem  Viehhändler  Lysldes. 

Aspe,  1)  (Pie  d'Ļpe)  6800'  h.  Gipfel  der 
westl.  Pyrenäen,  von  dem  sich  das  A.-Th<ä 
bis  Oloron  zieht.  Aus  dems.  alter  Pass  über 
den  Col  de  Somport  nach  Aragonien.  —  2) 
Stadt  in  der  span.  Prov.  Allcante,  7185  Ew. 

Aspektea  (ktkt.)^  die  verschiedenen  gegen- 
seitigen Hauptsiellungeu  der  Planeten,  der 
Sonne  und  des  Mondes  im  ThierkreiBe:  Kon- 

Meti9r*  ffand -Lexikon, 


funktUn,  Zusammenkunft  ^,  Dlstaniwlnkel 
der  Gestirne  00;  OppotUion,  Gegenschein  ^j^, 
Distanzwinkel  der  Gestirne  1800;  Tr^omd- 
oder  QedrUt$ehein  At  Distanzwinke]  der  Ge- 
stirne 1300;  Quadrat'  oder  Oevierl$chein  Q], 
Distanzwinkel  der  Gestirne  90  o  etc.  In  der 
astronom.  und  Kalendersprache  bedeutet 
demnach  Q^Qc;;^:  Jupiter  und  Mars  im  Ge- 
drittschein, das  Zeichen  des  Mondes  wird 
aber  ganz  weggelassen,  und  QQL  heisst 
Quadratschein  von  Jupiter  und  Mond.  Sonne 
mit  Mond  oder  mit  den  oberen  Planeten  im 
Quadratschein  heisst  Quadratur.  Besondere 
Wichtigkeit  hatte  die  A.  für  Astrologie. 

Aspeädsi  (a.  G.),  blühende  Stadt  in 
Pamphylien,  amEurymedon.  Berühmt  der 
ZithertpieUr  von  A.,  Bildwerk,  dasderröm. 
Statthalter  Yerres  von  dort  entehrte. 

ABper  (Aktsehe,  d.  1.  Weisspfennig),  türk. 
Rechnnngsmünze.  8  A.  =  1  Para,  40  Para 
=  1  Piaster  =  2Vs  Sgr.  (1  A.  etwa  »/•  Pf.)« 

Aipem»  Dorf  am  Manhartsberg  bei  Wien. 
Hier  81.  und  82.  Mai  1809  Schlacht  zwischen 
den  siegr.  Oesterrelchem  unter  Erzherzog 
Karl  und  den  Franzosen  unter  Napoleon; 
gleichzeitig  mit  der  Schlacht  bei  Essllng. 

Aspenonnm  (lat.,  Atpergiü),  Weihwedel. 

Atperflla  X.  (Waldmeister),  Pflanzengat- 
tung der  Rnbiaceen.  A.  odorata  L.,  Stemr 
leberkraut,  in  ganz  Deutschland  in  schattigen 
Laubholzwäldem,  von  angenehmem  Geruch, 
den  es  einem  Gtehalt  an  Oumarin  verdankt, 
wird  zu  Maitrank  benutzt,  früher  offidnell. 

Aspetti,  TiMiano,  ital.  Bildhauer,  geb. 
1565  zu  Padua,  Schüler  von  J.  Sansovino, 
t  zu  Pisa  1607.  Werke  (zu  Padua  und  Ve- 
nedig) gesucht  grossartig. 

Aiphllt  (Erdpeeh ,  Judenpech,  eekwarua 
Harn),  wahrschelnl.  durch  allmählige  Oxy- 
dation von  Erdöl  entstanden,  findet  sich  2a 
grosser  Menge  auf  der  Insel  Trinidad,  an  der 
Kordküste  von  Südamerika,  vor  der  Mündung 
des  Orlnoco,  auf  dem  todten  Meer  schwim- 
mend. In  Frankreich,  in  der  Schweiz  etc., 
löst  sich  wenig  in  Alkohol,  leicht  in  Erdöl, 
Benzin  und  Terpentinöl,  dient  zur  Bereitung 
von  schwarzem  Lack,  des  Aetzgrundes  der 
Kupferstecher,  als  dunkelbraune  Lasurfarbe 
in  der  Oelmalerei  und  mit  Kalk  und  Sand 
gemischt  zur  Pflasterung.  Zu  letzterem 
Zweck  dient  bes.  der  SrdhartkUt  von  Bepssd, 
Mastix  bitiunineux,  welcher  aus  einem  mit  A. 
durchdrungenen  Kalkstein  tn  der  Nähe  von 
Seyssel  (franz.  Depart.  Ain)  bereitet  wird. 
Aehlüiche  Asphaltstein^  finden  sich  heH 
Limmer  ün  Hannover,  zu  Lobsann  im  Da» 
part.  Niederrhein,  in  Nordtirol,  zu  Yal  de 
Travers  im  Kanton  Neufchatel.  Künsfiiehen 
A;  welcher  gegenwärtig  in  grossen  Massen 
verwendet  wirdf  erhält  man  als  Rückstaifil 
bei  der  Destillation  des  Steinkohlentheera. 
Vgl.  Jeep,  .Der  A.  u.  seine  Verwendung',  1870. 

Aiphaltoly  flüchtiges  Oel  von  widerlichem 
Geruch,  durch  trockne  Destillation  des 
Asphalts  erhalten,  wird  bes.  gegen  Luugan- 
sucht  angewandt. 

Azphodelvs  L.  (AffodUl),  Pflanzengattnng 
der  Liliaoeen,  bes.  in  den  Mittelmeerläadem 

10 


146 


Afpbyzie  —  AssekuraiuE. 


Tcrbnitet.    ▲.  Intens  L,  liefert  In  Sieflien 

Staigelartiges  Gemüse.    A.  ramosns  L. ,  In 
rlechenland,  Spanien  nnd  Italien,  mit  ge- 
niessbaren  WnrselknoIIen ,  der  Proserpina 

feweiht,  wnrde  von  den  Griechen  anf  Grft- 
er  gepflanzt  (anch  in  Japan).  Anf  den  Ä*- 
phoddutwieten  wandeln  die  Seelen  nnd  halt 
VinosGtericht.  Wnreeln  rerschiedener  Arten 
firüher  ofdcinell  (AffodiU-,  AlTolder-,  Gold- 
nnd  Drecklflienwnrzel). 

Asphyxie  (gr.),  Mangel  an  Ptdsschlag, 
daher  Scheintod;  <uphyJui8ch,  scheintodt. 

Aipidlnm  Swart»  (Scküdfarm),  (Httnng 
der  Farrenkrauter.  A.  Baromes  WiUd., 
teythischer  Schild/arm  in  China,  Cochin- 
qhina  nnd  der  Bncharel,  mit  fllsig  behaar- 
•tem,  oft  über  den  Boden  herrorragendem 
Stock,  als  Agnus  scythicus  Gegenstand  vieler 
Fabeleien.  A.  fillx  mas  Stoartz,  männl.  Far- 
renkraut  (Wurm-  oder  Wandfarm,  Johan- 
nlswursel),  in  Nordeuropa,  A-sien  nnd  Ame- 
rika; Stock  ofQcinell,  ätherisches  Extrakt 
wirksames  Arzneimittel   gegen  Bandwurm. 

Aspinwall  (spr.  Aespinnnal,  oflic.  Colon), 
Stadt  in  Centralamerika  (Neugranada),  am 
karaib.  Meer,  8000  £w.  Freihafen.  Eisen- 
bahn nach  Panama  (seit  1855). 

Asplrlnt  (lat.),  Einer,  der  sich  um  etwas 
bewirbt,  namenti.  um  ein  Amt. 

Aspiration  (lat.),  Athmung;  Aussprechen 
eines  Hauchlauts;  Aspiraten,  Hauchlaute. 

Asplritor  (lat.),  Luftsanger,  Vorrichtung 
zur  Erseugung  eines  Luftstroms,  besteht  aus 
einer  mit  Wasser  gefüllten  Flasche  mit 
einer  oberen  und  einer  unteren  OefFaung. 
Fliesst  aus  letzterer  das  Wasser  ab,  so 
tritt  durch  die  obere  ein  Luftstrom  in  die 
Flasche.  Durch  eine  Glasröhre  verbindet 
man  die  obere  Oeflbung  mit  im  Wasser- 
bade erwärmten  Köhren  oder  Koch- 
flaschen, in  welchen  Substanzen  getrocknet 
oder  Flüssigkeiten  verdampft  werden  sollen. 

Aspleninm  L.  (Streifen-,  Strich'  oder 
Miliifarrn),  Grattung  der  Farrenkrauter.  A. 
trichomanes  L.,  in  ganz  Europa  an  Felsen, 
Itaub  firüher  officinell.  A.  filix  femina  Bemh., 
«0etM.  Btreifenfarrn  (falscher  Wurmfarm) 
In  Laubwäldern,  wirkt  ähnlich,  aber  schwä- 
cher als  Aspidium  fllix  mas. 

Aepre  (spr.  Aspr'^,  Konstantin,  Baron  d*, 
österr.  Feldzeugmeister,  geb.  18.  Deo.  1789 
zu  Brüssel,  wohnte  seit  1806  den  meisten 
Feld  Zügen  gegen  Frankreich,  1820  der  Ex- 

{edition  nach  Neapel  bei,  kommandirte  seit 
833  als  Genera]  tu  Böhmen  und  Tirol ,  seit 
1810  als  Feldmarschalllientenant  und  Di  vi- 
sionär in  Italien,  erhielt  1846  das  Kom- 
mando des  S.  Armeecorps  daselbst,  nahm 
wesentl.  Antheil  an  den  Schlachten  und 
Gefechten  von  Sona,  Sommacampagna,  Cu- 
•tozza  und  Volta,  besetzte  13.  Aug.  Bresda, 
wnrde  18.  März  1849  zum  Feldzeugmeister 
ernannt,  erstürmte  im  zweiten  Feldzug 
gegen  Sardinien  Mortara  (Bl.  März)  nnd 
focht  mit  Auszeichnung  bei  Novara  (28. 
März),  nahm  (11.  Mai  1849)  Livomo  im 
Sturm,  erhielt  (Okt.)  das  Kommando  des  6. 
Axmeecorps ;  f  82.  Mai  1850  zu  Padna. 

Aspresyles  (spr.  Aspr),  Gebirgszug  im  südl. 
nuikreioh  (BonMillon},  im  0»Q|go«  8532'  h. 


AfprOMMtey  Gebirge  an  der  SSdweei- 
spitze  Italiens,  bei  Reggio;  bekannt  durcb 
das  Oe/eoM  28.  Aug.  1862  zwischen  den 
Sardinien!  unter  Pallavicinl  und  den  Frei- 
sehaaren  nnter  Garibaldi  (letzterer  ge- 
schlagen und  verwundet). 

Aspropotiaio,  Fluss,  s.  Aehelou». 

Aflsa,  8.  König  im  Reiche  Juda,  Solm 
Abia»,  reg.  949—908  v.  Chr.       [schnell,  eto. 

Aiui   (ital.),   sehr;    <usai    aüegro,    sehr 

Asnly  kleiner  Salzsee  in  Adal  (Ostafrika). 

Ananiy  s.  Asam. 

Aflsapby  Psalmist,  Davids  Zeitgenosse; 
uigebl.  Verfasser  des  60.  und  73.— 83.  Psalms. 

AflUUHlmeB  (/«moeUfen,  von  Ismael,  einem 
Urenkel  Alis  In  7.  Linie),  politisch -religiöse 
Ordensgesellschaft  oder  Sekte  der  zchiitf- 
schen  Mohammedaner,  bildete  sich  in  Per^ 
Sien  in  der  ersten  Zeit  der  Abbasidenherr- 
schaft  als  Gegner  derselben.  Der  eigentL 
Stifter  des  Ordens  ist  Ha»an  Ibn-ScMnth, 
welcher  seit  1090  mit  seinen  Anhängern  in 
der  Burg  Alamut  In  der  Nähe  von  Kaswin, 
von  Jüngern  umgeben,  die  er  durch  Reiz- 
mittel in  einen  Zustand  äusserster  Aufreg^ung 
zu  versetzen  wusste,  der  Macht  der  Seld- 
schuken  trotzte.  Vor  seinem  Tode  (1124) 
ernannte  er  den  Buzurg-Umid  zu  seinem 
Nachfolger,  dessen  Nachkommen  die  Würae 
inne  hatten,  bis  Rokneddin-Ohurschah,  der 
7.  und  letzte  Assassineuhäuptling  in  Per- 
sien, den  Angriffen  Hulagus  unterlag  (1256). 
Die  Burg  Kahf  im  Libanon  war  die  Residenz 
ihres  Häuptlings,  Scheikh-al-Dschebl  (Ober- 
haupt des  Geblrgs),  bei  den  Europäern  der 
,Alte  vom  Berge*  genannt.  Von  hier  aus 
bekriegten  sie  die  Kreuzfahrer,  und  mehrere 
Christi.  Grosse  fielen  unter  ihren  Dolchen. 
Der  Häuptling  Sinan  (f  1193)  entband  seine 
Anhänger  von  der  Befolgung  der  Vorschrif- 
ten des  Koran,  der  ihnen  von  Anfang  an 
nur  als  äussere  Hülle  der  Religion  gegolten 
hatte.  Hulagu  führte  in  Persien  einen  Ver- 
tilgungskrieg gegen  sie,  während  der  Sultan 
Bibars  von  Aegypten  sich  damit  begnügte, 
ihre  Macht  zu  brechen,  sie  aber  als  Sekte 
fortbestehen  liess  und  sich  ihrer  bei  Ge- 
legenheit als  mörderischer  Werkzeuge  zu 
seinen  Zwecken  bediente.  In  Folge  davon 
sanken  sie  nach  und  nach  zu  gewöhnl. 
Meuchelmördern  herab ,  die  für  Geld  Jedem 
dienten  (daher  seit  dem  12.  Jahrb.  das  fk-ans. 
assassin,  ital.  assasslno,  s.  v.  a.  Meuchelmör- 
der; iisAOMtnal,  Meuchelmord).  Als  religiöse 
Sekte  bestehen  sie  noch  gegenwärtig  im 
Libanon,  zählen  aber  nur  noch  einige  hun- 
dert Familien.  Göttliche  Verehrung  AUa, 
Glauben  an  Inkarnation  der  Gottheit,  ^ee- 
lenwandemng  und  allegor.  Interpretation 
des  Koran  haben  sie  mit  den  Nossairi  nnd 
Drusen  gemein;  nur  glauben  die  A.  an  die 
Wiederkehr  Ismaels,  des  7.  Imam.  VgL 
Hammer,  ,Gesch.  der  A.*,  1818;  Weü,  ,Die  A.*, 
in  Sybels  ,Histor.  Zeitschr/,  Jahrg.  1868. 

AsMvt  (tr.t  spr.  -soh),  stürmender,  ge- 
waltsamer Angriff,  namentl.  der  Kavallerie. 

Ane,  Hügelkette  Im  Braunschweigischen, 
nördl.  vom  Harz;  Ruinen  der  Asseburg,  ■ 

AssekiuraiUB  (Ataekuration,  lat.,  auch  ilsni- 
ran»,  ttX  Vertrag,  in  welchem  sich  der  eim^ 


AsseknnitionBeid  —  ÄBsing. 


147 


Th«il  rerbindllch  macht,  gegen  Bntrlclitang 
einer  bestimmten  Summe  (Prämie)  eine  ge-^ 
wlsie  Gefahr  an  übernehmen.  Der»  welcher 
die  Gto&hr  übernimmt,  heisst  Asaekurant 
fAsaenratenr,  auch  Assorateur,  Versicherer, 
tr,  as9urarU):  der,  welcher  sich  durch 
Zahlung  der  Prämie  sicher  stellt,  A*$€kitrat 
(Assekurirter,  Versicherter,  fr.  aatur^);  der 
■ohrlftl.  Kontrakt  Astekuramqfoliee.  Vgl. 
JEZm«r,  ,A.*AlmanachS  i.  Jahrg.  1870.  S. 
Versicherungswetei^. 

Aaseknratlonseid,  Huldigungseid,  welchen 
Güterbesitzer,  die  nicht  persönl.  Unter- 
thanen  des  Staats  sind,  in  welchem  die  be- 
treifenden  Güter  liegen,  dem  Fürsten  leisten. 

Asselljny  Jan,  genannt  Krabbetje  (d.  i. 
Krebs,  Ton  einer  verkrüppelten  Hand), 
niederlMid.  Landschaftsmaler,  geb.  1610  zu 
Antwerpen,  Schüler  Tau  der  Veldes  und 
Pieter  Tan  Laars  (in  Rom);  f  1660  zu  Am- 
sterdam.   Seine  Bilder  sehr  gesucht. 

Aneln  (GMe^ütMr,  Audkreb$e,  Isopoda), 
Familie  der  Krustenthiere.  1)  LaufoMteln, 
Ambulatores.  Gemeine  Waturtuael,  Asel- 
lus  aqnatious  L.,  in  stehenden  Gewässern 
Bnropas,  6'".  £ohra»$el,  Umnoria  terebrans 
Leaeh,  in  der  Nordsee,  zerstört  das  Holz 
Ton  Hafenbauten,  2'".  Mauer-  od.  KeUerauel, 
KeUereeel,  Oniscus  murarius  Latr.,  O.  asel- 
lU8  X».,  in  ganz  Deutschland  in  Kellern  ge- 
mein, 5—6'",  frisst  faulende  Vegetabllien. 
8)  8chwimmas$eln ,  Katatores.  FUehcueel, 
Meerfloh,  OymothSa  asilus  Fabr.,  Vs"',  und 
£remteiuiBeel,  O.  oestrnm  Fabr.,  IVs'',  fressen 
schuppenlose  und  kleinschuppige  Fische  an. 
9)_L(näKu*dn,  Bopyrina.  Oameeletuua^,  Bo- 
pyrus  sqnillamm  Lam.,  schmarotzt  unter 
der  Schale  der(}ameele,  und  zwar  lebt  das 
IVs'"  grosse  Männchen  unter  der  Kiemen- 
platte  des  6'"  grossen  Weibchens. 

AnMinbUe  (fr.,  spr.  -  sangbleh),  Versamm- 
lung, Gesellschah,  insbes.  glänzende  Abend- 
gesellschaft; auch  Versammlung  tou  Wahl- 
koUegien,  Landständen  u.  dgl.  Denkwürdig 
ist  die  A,  tuUioncUe  eonUituante  (konstitui- 
rende  Nationalversammlung),  seit  1789,  zur 
Feststellung  der  neuen  Verfassung  Frank- 
reichs, der  die  A.  nationale  legieiatiw  (ge- 
setzgebende) 1.  Okt.  1791  folgte. 

AiMn,  Hauptort  der  holl.  Pror.  Drenthe, 
6156  Ew.   In  der  Nähe  zahlr.  Hünengräber. 

Anenheioiy  Stadt  in  Oberhessen,  an  der 
Wetter  u.  Nidda,  823  Ew.,  dem  Grafen  Ton 
Solms-Rödelheim  gehörig. 

AiMiiB.  Hafenstadt  auf  der  dän.  Insel  Fü- 
nen,  S589  Ew.    Ueberfahrt  nach  Schleswig. 

Anens  (Asseneion,  lat.),  Zustimmung,  Bei- 
fall.   Aeeentaiion,  schmeichlerischer  Betfall. 

Anentlren  (lat.),  beipflichten,  dann  Jeman- 
den für  einen  beiBtimmteii  Zweck  tauglich 
erklären,  z.B.  für  den  Militärdienst;  daher 
Aesentirung,  Werbung,  Rekrutenaushebung, 
insbes.  das  formlose  Aufgreifen  und  Ein- 
stellen in  den  Militärdienst,  meist  polizei- 
liche oder  politische  Massregel. 

AtMibr .  ( Aseher ,  d.i.  Glücklicher),  Sohn 
Jakobs  und  der  Silpa,  Gründer  des  nach 
ihm  benannten  Israelit.  Stammes,  dessen 
Gebiet  sich  im  Norden  Ton  Palästina  längs 
d^  Meeresküste  erstreckte. 


AiMrlreii  (lat.),  behaupten,  bejahen. 
Asnrtion,  Behauptung;  aeaeriorieehe*  Ur^ 
ihtü,  UrtheÜ,  welches  einfach  aussagt, 
dass  sich  etwas  so  oder  anders  Terhalte. 

AsiesMr  (lat.),  Beisitzer  einer  Behörde, 
eines  Geriohtskollegiums.  [rang. 

AiMTentloB  (lat.),   ernstliche  Versiehe- 

AB8idiiIt&t(lat.).  Emsigkeit,  Beharrlichkeit. 

Asslento  (span.),  Vertrag,  insbes.  der  Ver- 
trag der  span.  Regierung  mit  einem  anderen 
Staate,  durch  welchen  letzterem  gegen  eine 
Abgabe  der  Alleinhandel  mit  afrikan.  Neger- 
sklaTen  nach  den  spanisoh-amerikan.  Kolo- 
nien zugestanden  ward ;  daher  il««<ento«eJlit^e, 
die  diesen  SklaTenhandel  Termittelnden 
Schiffe.  Jene  Vergünstigung  ward  erst  den 
Niederländern  (bis  1552),  1580  den  Genuesen, 
1702  der  franz.  Guineagesellschaft,  1718  einer 
Gesellschaft  brit.  Kanfleute  zu  Theil. 

Aasig y  flafM  vom,  deutscher  Dichter  der 
2.  schlesisch.  Schule,  geb.  8.  März  1650  zu 
Breslau,  f  5.  Aug.  1694  als  Kammerdirektor 
zu  Soh  Wiebus.    Gesammelte  Werke  (1719). 

AMigniten (fr.),  Anweisungen;  insbes.  das 
19.  Aprü  1790  Ton  der  französ.  Natlonalyer« 
Sammlung  zur  Tilgfung  der  Staatsschuld 
dekretirte  n.  Tom  König  bestätigte  Papier- 
geld, bestand  ursprüngl.  in  Anweisungen 
zum  Nominalbetrag  tou  400  M^l.  Livret 
auf  den  zu  10,000  Mill.  abgeschätzten 
Werth  der  €dngezogeneu  geistl.  Güter  und 
Domänen,  welche  beim  Verkauf  Jener 
Güter  an  Zahlungsstatt  angenommen  und 
auch  im  Verkehr  als  baares  Ckld  kursiren 
sollten,  ward  dann  mit  Zwangskurs  und 
wiederholt  emittirt,  so  dass  sich  1796  der 
(^sammtbetrag  aller  Emissionen  auf  45,578 
Mill.  Frcs.  belief,  sank  in  Folge  daTon 
schon  1798  auf  Vs,  bald  nachher  auf  Vs  des 
Nominalbetrags  und  März  1796  so  tief,  dasz 
man  für  einen  Louisd'or  7200  Frcs.  in  A. 
erhielt,  ward  endlieh  durch  Beschluss  des 
Direktoriums  Tom  80.  PluTiose  IV  (19. 
Febr.  1796)  ausser  Kurs  gesetzt  und  zu 
Vso  des  Nominalwerths  gegen  sogen.  Man- 
date umgetauscht. 

Anignation  (lat.),  s.  t.  a.  Anweisung. 

Atsimilation  (lat.,  Verähnlicfaung),  in  der 
Physiologie  die  Uro  Wandlung  des  durch  die 
Verdauungsorgane  bereiteten  Milchsafts  in 
Körperbestandtheile ;  in  der  Spraohwissen- 
schidt  die  beim  Zusammentreffen  zweier  Tex^ 
schied enen  Konsonanten  erfolgende  Vex^ 
Wandlung  des  ersten  in  den  nächstlSolgenden 
oder  einen  Terwandten,  jenem  sich  leichter 
anschliessenden,  bes.  den  neuere  Sprachen 
eigen  (z.  B.  lat*  captlTus,  ital.  cattiTO,  Sep- 
tem, sette),  auch  im  Latein,  häufig. 

Attringy  1)  Bota  Maria,  Dichterin,  geb.  28. 
Mai  nsa  zu  Düsseldorf,  Schwester  von  Vam- 
hagen  tou  Ense,  seit  1816  mit  dem  Arzt 
Asaing  in  Hamburg  Terheirathet;  f  22.  Jan. 
1840.  ,Rosa  Marias  poet.  Nachlass*  (Lieder, 
NoTellen,  1841).  —  2)  LudmiUa,  jüngste 
Tochter  der  Vor.,  geb.  22.  Febr.  1827,  lebte 
in  Berlin  bei  ihrem  Oheim  Varnhagen  Ton 
Ense,  in  letzter  Zeit  zu  Florenz:  sehr,  die 
Biographien  ,£Ii8a  Ton  Ahlefeldt*  (1857),' 
»Sophie  la  Roche*  (1859),  »Piero  Cironi*  (l867);, 
ubersetKteMaviniB  Schzllten  (1867, 2  Bde.)  n. 


148 


Annme  <—  Ast. 


TeröffeafUohte  Vanhagens  Nachlasa :  «Briefe 
Alex.  T.Hwnboldti  an  Yarnhasen  ▼.  Enae' 
(1860).  »Tasebüoher'  (I.-IS.  Band,  186S-70). 

Aamaitf  Flosa  in  Guinea  auf  der  Goldküste, 
daran  die  frans.  Faktorei  A.  (seit  1853). 

AjatnlbolB  (apr.  Aeaslnlbeun) ,  Fluas  in 

Brlt. -Nordamerika,  kommt  Tom  Felaenge- 

'  blrge,  mündet  In  den  Winipeflrsee;  benannt 

nach  dem  anwohnenden  Indianerstamm  der 

Atsinüflin»,  einem  Zweig  der  Sionx. 

Amümb  (lat.),  Sitsnngen;  insbesond.  6e« 
sohwomengericbte. 

Assilly  Stadt  in  der  mlttelital.  Prov. 
Perugia,  S903  Ew.  Grab  des  beil.  Fram»  v,  A, 

Assisieiis  (iBt,),  Beistund ,  Mitwirkung, 
Aushülfe.  Pa$9ive  A.,  in  der  katbol.  Kirche 
die  bloss  seagenmisslge  Gegenwart  des 
katbol.  Priesters  bei  der  von  einem  nieht- 
kathol.  Geistlichen  sn  verrichtenden  Tran- 
nng  einer  gemischten  Ehe,  wodurch  diese 
als  gültig  anerkannt  wird. 

Asstmt,  s.  i8»«<. 

Assmayer,  Jgnat,  Kirchenkomponist,  geb. 
11.  Febr.  1790  lu  Salsbnrg,  ward  1824HofoTga> 
nist  in  Wien,  1846  Vicehofkapellmeister  das., 
t  1869.    Messen,  Offertorien,  Oratorien  u.  a. 

Aasoeiatlon  (lat.),  VergeseUschaftung,  im 
Allgemeinen  Jede  Vereinigung  Mehrerer  su 
^nem  gemeinsamen  Zweck,  im  engeren 
Sinne  und  im  Unterschied  -von  den  durch 
Verfassung  und  Ghesets  konstituirten  Kor- 
porationen freie  Vereinigung  von  Staats- 
bürgern SU  einem  politischen,  sittlicben, 
religiösen,  die  Kultur  betreffenden  etc. 
Zwecke.  Weiteres  s.  Verein»-  u.  Genoeeen- 
sohaftaoesen,  AsaooiationsreeJU,  das  Recht 
sn  Vereinen,  namentl.  mit  polit.  Zwecken, 
snsammensutreten. 

Association  der  Ideen,  s.  Ideenaeeodation, 

Assoeie  (fr.,  spr.  -sossieh),  Handelsgenosse, 
Theilfaaber  an  einem  kaufoiänn.  Geschäfte. 

Assollftnt  (spr.  -lang),  Jean  Baptitte  A\fred, 
franz.  Schriftsteller,  geb.  1887  zu  Aubusson, 
lebt  in  Paris.  Sehr.  Novellen  und  Bomane, 
%,  B.  ,I)eux  amis  en  1792*  (1859),  Jja  Mort 
de  Boland*  (1860),  ,Marcomir'  (1861),  ,Un 
quaker  a  Paris'  (1866)  u.  a.;  auch  ,Pens6e8 
diverses,  impressions  intimes  etc.*  (1864), 

AssSnau  (lat.).  Anklang;  in  der  Poetik 
Gleichklang  der  vokale  in  mehreren  aufein- 
ander folgenden  Worten  oder  in  den  Schluss- 
wörtem  der  Verse ,  bes.  der  span.  Poesie 
eigenthürolich. 

Asnortiment  (fr.,  spr.  -itiang),  Waaren- 
lager  in  verschiedenen  Sorten;  auortiren, 
nach  Sorten  ordnen,  auch  sich  hinreichend 
mit  Waarensorten  versehen. 

Assonpissement  (fr.,  spr.  -supiss'mang), 
Einschlaferung,  Betäubung,  Linderung. 

Assuln  (das  alte  8yene),  Stadt  in  Ober- 
ägypten, am  Nil,  4000  Ew.;  in  der  Nähe 
der  letzte  Nilkatarakt. 

Assomiren  (U^t.),  annehmen,  gelten  lassen, 
aulTassen,  c.  B.  cdnen  Gedanken.  Assumtion, 
Annahme,  Aulhahme;  Nachsatz,  Untersatz 
eines  Schlusses;  In  der  katbol.  Kirche 
Aufnahme  der  Seele  iu  den  Himmel,  daher 
Sterbetag  eines  Heiligen. 

Assnrance  (fr.,  spr.  -  surangs),  Sicherstel- 
Inng»  Bürgicnaft;  sicheres  Benehmen. 


(a.  G.),  Stadt  In  Troas,  berühmt 
doroh  trefll.  Weizen,  und  den  aaeieefum 
Stein,  der  das  Fleisch  des  menschl.  Leich- 
nams sohneil  verzehrte. 

AaiyrieB  Oiebr.  Aeeur,  altpers.  Athura, 
a.  G.),  altes,  mächtiges  Reich  in  Asien, 
ursprüngl.  das  heutige  Kurdistan  umfassend 
und  etwa  1600  QM.  gross,  aber  sur  Zeit  sd- 
ner  Blüthe  weit  darüber  hinaus  reichend. 
Die  Bevölkerung  war  semitischen  Stamms ; 
Hauptstadt:  Nlnive.  Die  Anfänge  des  assyr. 
Reichs  liegen  im  Dunkeln.  Die  einheimi- 
schen Inschriften  und  Reliefdarstellungen 
reichen  bis  ins  13.  Jahrb.  v.  Chr.  zurück. 
Nach  1.  Mos.  glug.Nimrod,  mit  dem  Ninus 
der  griech.  Schriftsteller  identisch,  nach  As- 
sur  u.  gründete  das.  Niuive  (assyr.  Nlnuah). 
Als  aweite  Königsstadt  erschien  bald  Kalsh 
(das  heut.  Nimrud).  Um  1150  wird  Tiglath 
Pileear  L  und  nach  ihm  ßardanawii,  su 
Anfang  des  9.  Jahrb.  aber  Divantübar  als 
Eroberer  genannt.  Unter  einem  andern 
Sardanapal  riss  sich  um  754  Medien  los  u. 
7  Jahre  später  errang  auch  Babylonien 
unter  Nabonassar  Selbständigkeit.  Um 
760  machte  fhül  Eroberuugszüge  nach 
Westen  und  den  König  Menachem  von 
Israel  tributpflichtig.  Sein  Nachfolger 
Tiglath  Pilesar  IV,  stand  dem  Könige  Ahas 
von  Juda  gegen  den  König  Pekah  von 
Israel  und  Rezin  von  Syrien  bei.  Sein 
Nachfolger  Salmanaeaar  V,  (725—721)  kriegte 
gegen  Israel,  eroberte  Samaria  u.  deportirte 
den  König  Hosea  und  viele  Israeliten. 
Den  letzten  dieser  Dynastie  stürzte  Bärge* 
(Sargina  t  721—702),  der  Gründer  einer 
neuen  Dynastie,  welche  über  ein  Jahrh. 
den  Thron  inne  hatte.  Er  machte  Kriegfl- 
züge  nach  Samaria,  Tyrus,  Armenien, 
Medien,  Syrien,  Chaldäa,  Cypern  etc.  und 
hatte  seinen  Sohn  Sanherih  (702— 680)  zum 
Nachfolger.  Dieser  bekriegte  den  König 
Hiskia  von  Juda,  der  seinen  Abzug  von 
Jerusalem  mit  Gold  erkaufte.  Nach  seinem 
gewaltsamen  Tode  folgte  ihm  sein  Sohn 
Aeearhaddon  (680—668),  der  die  verödeten 
Stä4te  Palästanas  mit  Kolonisten  ans  Ost- 
asien bevölkerte  und  den  König  Manasse 
von  Juda  eine  Zeitlang  in  Babel  gefangen 
hielt.  Unter  den  folgenden  Königen  dieser 
Dynastie:  Tiglath  FUesar  V.  ^68—661), 
Sardanapal  VI.  (660-647),  Khiniladan  (647- 
625)  und  Sardanapal  Vn.  (625— 606)  ver- 
fällt das  Reich  mehr  und  mehr,  während 
die  benachbarten  Reiche  Babylonien  und 
Medien  sich  heben.  Der  vereinigten  Macht 
Nabopolassars  von  Babylonien  u.  Oyaxares 
von  Medien  unterlag  Sardanapal  "VIL  606. 
Vgl.  Gumbach,  ,AbriS8  der  assyr. -babylon. 
Geschichte*,  1854;  NielMüir,  ,Gesch.  Assurs*, 
1857;  IngebM,  ,Jnda  und  die  assyr.  Macht 
741-711%  1863;  Bau>lina<m,  ,The  fife  great 
monarchies  of  the  ancient  World*,  1862—67, 
4 Bde.;  Opperi,  ,Hi8t.  des  emplres  de  Ohal- 
d6e  et  d'Assyrie  etc.*.  1866. 
Asiyrisehe  AlterthSmer,  s.  Ninive, 
Asty  Georg  Ant,  Friedr.,  Pbilologu.  Philo- 
soph, geb.  29.Dec.  1 776  zu  Gk>tha,  seit  1826  Prof. 
inMünchen,  f  das.  31.  Okt.  1841.  Sehr.  ,Hand- 
buoh  der  Aesthetik'    (1805);  »GnudlinleB 


Astarte  —  AsMa. 


149 


der  PhHofophie*  (1.  Anfl.  '1800);  »Flatens 
Leben  u.  Schriften^  (1^6);  ,HaiiptmomeBte 
der  Oesch.  der  Phflosophie*  (19S»)  eto.  Gktb 
Piatos  Werke  mit  latein.  Uebers.  und  Kom- 
mentar (1819— 8S,  11  Bde.)  und  ein  ,Lexieon 
Platonicum*  (1894—89,  8  Bde.)  heraus. 

Altarte  (hebr.  Asohthoreth),  weibliche 
Hanp^ttheit  der  alten  Syrer,  Phönider 
nnd  Hebräer,  deren  Haupttempel  sich  in 
PhÖniden  an  Tyms  und  81don  befanden, 
dargestellt  mit  awei  Hörnern,  dem  Symbol 
der  Stärke*  Ihr  Dienst  bei  den  Hebräern 
durch  Salomo  wieder  eingeführt.  Ihr 
Kultus  war  ein  wollüstiger.  Als  m&nnl. 
Gk>ttbeit  steht  ihr  Baal  cur  Seite. 

Astiltmiu  (gr.),  feines  Benehmen,  Urba- 
nität; in  der  Rhetorik  scheinbare  Yevschwei" 
gung  Ton  etwas,  das  man  dennoch  sagt. 

Aatenberg.  höchster  Berg  Westphalens, 
an  der  Ruhrquelle,  8682'.  Auf  seinem 
Gipfel  einst  ein  berühmter  Freistuhl. 

Aster,  1)  Bmst  Ludwig  vcn  Ä.,  ansgeaelchn. 
Ingenieurofldaier,  geb.  Not.  1778  an  Dres- 
den, stand  erst  in  säohs.,  seit  1818  in  russ. 
und  seit  1815  in  preuss.  Diensten,    wohnte 
den  Schlachten  bei  Ligny    und  Waterloo 
bei,  leitete  als  Generalinspektor  der  preuss. 
Festungen  die  Befestigung  Ton  Koblenz  u. 
Ehrenbreitstein,   ward   das.  1885  Komman- 
dant, 18S7  Generallieutenant,   1848  General 
der  Infanterie;  f  10.  Febr.  1855  au  Berlin. 
Nachgelassene  Schriften  (1866—61,  5  Bde.). 
Vgl.  EiUr9t  ,Betrachtungen  und  Urtheile 
B.  L.  T.  A.s  über   die  polit.,  klrchl.   und 
pädagog.  Fartelbewegungen  unseres  Jahrh.*, 
1858-50,  8  Bde.  -  8)  Karl  Heinrieh,  milltär. 
Schriftsteller,  Bruder  des  Vor.,  geb.  4.  Febr. 
1782  au  Dresden,  nahm  seit  1809  an  der  Re- 
oi^nisation  der  sächs.  Armee  thätigen  An- 
theil,  nahm  1884  seinen  Abschied;  t  83.  Dec. 
1855  als  Oberst  su  Dresden.    Sehr.  ,Lehre 
Tom  Festangakrieg'  (3.  Aufl.  1835,  8  Bde.); 
»Unterricht  für  Pionier-,  Sappenr-,  ArtlUerie- 
und Mineorunteroffiaiere*  (1837—41,  3  Hefte); 
,Die  Gefechte  und  Schlachten  bei  Leipaig* 
(1858-53,  8  Bde.). 

Atter  JO.  (Sternblume},  Pflanaengattung 
der  Kompositen,  meist  ausdauernde  Kräuter 
aus  Kordamerika,  beliebte  Gartenpflansen. 

AfteralAdy  Stadt  in  der  pers.  ProT.  Ma- 
senderan,  nahe  dem  kasp.  Meere,  treffL 
Hafen,  7000  Ew.;  einst  Resldens  des  Kad- 
scharenfürsten,  Jetzt  grossentheils  Terödet. 

Afterisens  (gr*)»  Sternchen  (*)»  bei  den 
griedh.  Grammatikern,  Im  Gegensätze  zum 
Obeliscns  (f)*  krit.  Zeichen  für  ächte  Stel- 
len; Hinweisung  auf  Noten  unter  dem  Texte. 

Asteroiden  •  kleine  Planeten ,  s.  JRaneten. 

Alteropliylliteny  beblätterte  Zweige  der 
Kalamiten,  Hauptbestandthell  der  charakte- 
ristischen Steinkohlenflora. 

Asthenie  i^gr.).  Schwächezustand;  a*th^ 
uitch,  sehwach,  kraftlos. 

Asthenopie  (gr*),  SchwachsichMgkelt. 

AsthmA  (gr. ,  BruHkromp/,  Engbrüstigheit, 
Jhmsif) ,  periodisch  und  in  AnfiUen  auf- 
tretende Athmungsbeschwerde,  beruht  auf 
einem  Krampf  der  Athemmuskeln,  besonders 
des  Zwerchfells  (nervB«««  oder  euemMdiee 
A.),  hänfiger  Symptom  irgend  eines  Leidens 


der  Bnt^'  oder  Halsoigane  fayiiiptomaM- 
$eke»  A,),  Die  Vorhersage  beim  nerTösen  A. 
zwar  günstig,  Heilung  wixd  aber  selten 
beobachtet.  A,  der  Kinder  (Lanrngoraaa* 
mus  inlkntflis),  Stimmritaenkrampf,  welcher 
meist  Kinder  Ton  ^—8  Jahren  befällt,  b^ 
gleitet  zuweilen  Keuchhusten,  Group  etc., 
entsteht  am  häufigsten  bei  Relsungszustän- 
den  anderer,  selbst  entfernter  Organe.  Die 
Vorhersage  ist  ungewiss. 

Ast!  (das  röm.  AHa  Pomp^a),  Stadt  in 
der  oberital.  ProT.  Alessandrta,  am  Tanaro, 
80,839  Ew.    Ber.  Muskatwein  (Vino  dTAA. 

Astigmatisains  (lat.),  Sehstörung,  wobei 
die  Ghegenstände  Terzogen  und  nüt  Ter» 
schwommenen  Konturen  erscheinen,  beruht 
auf  Asymmetrie  des  lichtbrechenden  Appa* 
rats  im  Auge,  zunächst  auf  unregelmässiger 
Krümmung  der  Homhautoberfläche  und  der 
Kry stalllinse,  wird  korrigirt  durch  Glas- 
linsen ,  deren  eine  oder  beide  Oberflächen 
konkav  od.  konvex  od.cylindrisch  geschlilTen 
sind.    Vgl.  Hegmamn,  ,A.- Tafeln*,  1870. 

Aster.  Joh.  Jakdb,  geb.  17.  JuU  1768  zu 
Walldorf  bei  Heidelberg,  begab  sich  1788 
nach  Newyork,  rüstete  mit  Genehmigung 
der  Regierung  zwei  Expeditionen  in  das 
OregongeUet  aus  zur  Eröffnung  einee 
direkten  Verkehrs  mit  den  Bingebomen, 
(s.  AHoria),  spekulirte  glücklich  in  G^nd- 
eigenthum  in  den  nordwestl.  Staaten  und 
in  Newyork,  dehnte  seine  HandelSTer- 
bindungen  über  aUe  Länder  der  Erde  aus; 
t  89.  März  1848  zu  Newyork  mit  Hinter- 
lassung eines  Vermögens  Ton  80  Mill.  Dol- 
lars. Er  gründete  durch  Aussetzung  Ton 
400,000  Doli,  die  Astorbiblioikek  zu  Newyork, 
j.  120,000  Bde.    Vgl.  Btrton,  ,Life  of  A.S  1865. 

As^rga,  Bmcmude  d',  ital.  Komponist, 
geb.  um  1681  zu  Palermo,  in  einem  Kloster 
zu  Astorga  in  Spanien  erzogen,  später  am 
Hofe  des  Herzogs  Franz  Ton  Parma,  1705 
und  wieder  1713  in  Wien;  t  nm  1786  in  Lon- 
don (n.  And.  in  einem  böhm.  Kloster).  Verf. 
eines  ber.  ,Stabat  mater*  für  Chor  und  Or: 
ehester  (neu   herausg.  Ton  B,  Frone  1864). 

Astoria,  Ort  in  Oregon  (Nordamer.},  am 
Golambla,  1811  durch  Astor  (s.  d.)  gegründet. 

Astnehiny  ostruss.  Gout.,  am  kasp.  See, 
meist  dürre  salzige  Steppen,  nur  die 
Niederungen  an  der  Wolga  fruchtbar; 
3995  QM.  mit  511,240  Ew.  (darunter  134,000 
Kirgisen ;  auch  zahlr.  Kalmücken,  TatarSn, 
Kosaken).  Die  Bauptet,  A.,  auf  einer  Insel 
der  Wolga,  9  M.  Tom  kasp.  See,  bestehend 
aus  dem  lureml,   der  weissen  Stadt  (Beloi- 

Sorod)  und  16  Vorstädten,  48,832  Bw. 
rriech.-russ.  und  armen.-gregor.  Ensbisth.» 
lamaitlsche  geistl.  Verwaltung,  gelstl.  Se- 
minar; Seide-  und  Lederfabriken;  bedeut. 
Fischerei  (nächst  den  Fischereien  Ton 
Neufoundland  die  beträchtliohste  der  Erde, 
10—11  MiU.  Rubel  Jährl.  Ertrag);  Kariar- 
berdtnng.  Hausenblase.  Ausg<Baeichnete 
Weintrauben  und  Melonen;  Sohifffahrt  (Kas- 
piflotte);  bed.  Handel.  Die  alte  Hauptst. 
des  tatar.  Khanats  gl.  N.,  1554  dureh  Iwan  IV* 
zerstört,  lag  weiter  aufwärts  an  der  Wolga. 

Astraehliiy  feine  Lammfelle  aus  Astrachan. 

Astria,  Tochter  des  Zeus  n.  der  Themis» 


150 


Asträiu  —  Astronomie. 


OÖttfn  der  Q«rechilgkelt,  auch  Dlke  gen., 
Terlless  als  die  letzte  aller  Gdttinnen  im 
ehernen  Zeitalter  die  Erde,  glänst  seitdem 
vnter  dem  Kamen  Jungfrau  als  Sternbild 
im  Thierkreise ;  mit  einer  Wage  und  einem 
Stemenkranse  dargestellt. 

AstriUy  Sohn  des  Titanen  Grins  und 
der  Enrybia,  sengte  mit  Anrora  die  Winde 
Zephyms,  Boreas,  Notns  etc.,  ward  als 
Theilnehmer  an  dem  Gigantenkriege  ron 
Zeus  in  den  Tartarus  Verstössen. 

Asiragalliaii»  (gr.),  Würfelspiel. 

Astaragalu  (gr.),  in  der  Baukunst  s wi- 
schen 8  Plattchen  liegendes  Rundstäbchen, 
scheidet  das  Kapital  vom  Säulensohaft;  in 
der  Anatomie  Fnsswurselknochen  zwischen 
Ferse  und  Mittelfhss. 

Attnigilu  X.  (Tragant),  Pflanzengattiing 
der  Leguminosen.  A.  creticus  Lam.,  auf  den 
Gebirgen  Griechenlands  u.  Kretas ;  A.  reras 
OL,  in  Kleinasien,  Armenien,  Nordpersien, 
Vüd  A.  Parnassi  var.  O^Uenea  Boi$s»  et  Hddr., 
auf  den  Bergen  des  nördlichen  Peloponnes, 
niedrige,  sehr  ästige  Striacher,  liefern  Tra- 
gant ,  den  man  durch  Einschnitte  in  die 
unteren  Stammtheile  gewinnt.  A.  glycy- 
phyllos  L,,  wildes  Süssholg,  in  Europa  und 
Nordasien,  hier  und  da  als  Futterkraut 
angebaut.  A.  baeticus  L. ,  Kaffeewicke,  .in 
8&deuropa,  liefert  in  seinen  Samen  ein 
Kaffeesurrogat  (schwed.  oder  Stragelkafiee). 

Astril  (gr.),  was  auf  die  Gestirne  Bezug 
hat;  aatralieehe  Welt,  Sternhimmel;  Aetral- 
geiiker,  nach  der  Dämonologie  des  Mittel- 
alters bald  gefallene  Engel,  bald  abge- 
schiedene Seelen,  bald  aus  Feuer  entstan- 
dene Geister,  welche  zwischen  Himmel, 
Erde  und  Hölle  schweben. 

ABtrillampey  argandsche  Lampe  mit  cy- 
lindrischem  Docht,  in  dessen  Mitte  sich 
ebne  horizontale  Metallscheibe  zar  gleich- 
massigeren  Yertheilung  des  Luftzugs  und 
der  Flamme  befindet. 

Astrantla  L,  (Btemdolde,  ThaUtem), 
Pflanzengattung  der  Umbelliferen.  A.  major 
L;  sehwarxe  Meistervmr»,  in  Ckbirgswäldern 
des  mittleren  Buropas  mit  purgirend  wir- 
kender, früher  offtoineller  Wurzel. 

Astrodeiktlkon  (Astrognottikim,  gr.),  von 
Weigel  erftindenes  Instrument,  um  die  auf 
dem  Globus  verzeichneten  Sterne  am  Himmel 
aufsufinden. 

A8tr<^nosIe  (gr.),  Stemkenntniss ,  Lehre 
Ton  den  Namen  und  der  gegenseitigen 
Stellung  der  Ckstime. 

Astregripb  (gr.),  von  SleinheÜ  erfundener 
Apparat  zum  mechanischen  und  schnellen 
Entwerfen  von  Sternkarten. 

Astrographle  (gr.) ,  Stembeschreibung, 
Darstellung  der  destime  nach  ihrer  Yer- 
theilung u.  gegenseitigen  Stellung  am  Him- 
mel, sowie  der  äusserlich  wahrnehmbaren 
Eigenthümlichkeiton  ihrerGestalt,  Farbe  etc. 

Astrolablmii  (gr.),  Stemaufoehmer,  von 
Sippareh  angegebenes,  von  Plolemäue  u.  A. 
modiflcirtes  Instrument  zur  unmittelbaren 
Bestimmung  der  Lage  der  Gestirne  gegen  die 
Ekliptik,  Jetzt  durch  den  Theodoliten 
verdrängt;  auch  Instrument  zur  Winkel- 
messung bei  nahe  gelegenen  Punkten. 


Attrolatrle  (gr.),  Stemdienst. 

Astrologie  (gr.),  eigentl.  Sternkunde, 
insbes.  aber  Stemdeutekunst,  die  angebl. 
Kunst,  aas  der  Stellung  der  Ctestime 
künftige  Ereignisse,  namentl.  auch  das 
Schicksal  von  Menschen,  vorauszusagen, 
verbreitete  sich  von  Ghaldäa  aus  über 
Vorderasien,  Aeg^pten  und  das  Abendland, 
wurde  vom  7.  bis  zum  18.  Jahrh.  von  den 
Arabern,  später  von  grossen  Gelehrten  u. 
Astronomen  des  Abendlandes  (Gardanus, 
Tycho  de  B;rahe,  Kepler  u.  A.)  mit  Vor- 
liebe betrieben  und  erst  durch  das  koper- 
nikanische  Weltsystem  in  ihrer  Nichtigkeit 
hingestellt.  Die  Versuche  J.  M.  Ffalfä  (|A.*, 
1816;  ,Der  Stein  der  drei  Weisen*,  1821),  sie 
wieder  in  Aufnahme  zu  bringen,  sind  ganz 
wirkungslos  geblieben.  Nur  im  Orient  steht 
sie  noch  gegenwärtig  in  Ansehn.  In  den 
astrolog.  Regeln,  das  Schicksal  eines  Men- 
schen vorauszusagen,  spielten  die  sogen. 
,Häuser*  eine  wichtige  Rolle.  Man  theüte 
näml.  den  Aequator  in  18  gleiche  Theile  nnd 
zog  durch  die  Theilungspunkte  u.  diejenigen 
beiden  Funkte,  in  denen  der  Meridian  den 
Horizont  schneidet,  Kreise,  welche  den 
Himmel  in  18  Theile  thellten.  So  erhielt 
man  die  ,Häu8er'  des  Lebens  (Horoskop), 
des  Glücks  und  Relchthums,  der  Brüder, 
der  Verwandtschaft,  der  Kinder,  der  Ge- 
sundheit, der  Ehe,  des  Todes,  der  Religion, 
der  Würden  oder  Kronen,  der  Freunde  n. 
Wohlthätei>  der  Feinde  oder  der  Gefangen- 
schaft. Die  Lage  der  18  Häuser  gegen  den 
Horizont  eines  gegebenen  Ortes  der  Erde 
im  Augenblick  der  Geburt  eines  Menschen 
hiess  Thema  (Nativität).  Vgl.  Maury,  ,La 
Magie  et  Astrologie  dans  l^antlqult6  et  en 
moyen-ägeS  1860. 

Astronomie  (gr.),  Sternkunde,  die  Lehre 
von  der  physikalischen  Beschaffenheit,  Ver- 
theilung  und  Bewegung  der  Himmelskörper, 
zerfällt  in  hechachtende  oder  empiriache  und 
rationeUe  oder  »cienl^ifische  A.  Erstere  um- 
fasst  alles,  was  der  unmittelbaren  Beob- 
achtung sich  darstellt,  während  letztere 
aus  den  durch  Beobachtung  gewonnenen 
Resultaten  und  durch  mathematische  Be- 
rechnung die  den  Erscheinungen  zu  Grunde 
liegenden  Gesetze  abzuleiten  sucht.  Die 
ai^etoandie  oder  praktische  A.  beschäftigt  sich 
damit,  aus  den  wissenschaftl.  gewonnenen 
Resultaten  Nutzen  für  bestimmte  Zwecke 
(Orts-  und  Zeitbestimmungen)  zu  ziehen. 
Häufig  unterscheidet  man  auch  sphärische  A,, 
s.  V.  a.  empirische  A,,  theoretische  A.,  s.  v.  a. 
scientifische  A,,  u.  physische  A.,  die  Lehre  von 
den  im  Weltall  thätigen  Kräften,  oder  auch 
von  der  physischen  Beschaffenheit  der  Ge- 
stirne und  des  Weltenraums.  Die  frühesten 
astronom.  Kenntnisse  finden  sich  bei  den 
Ghaldäern,  die  besonders  die  chronolog. 
Grundlagen  feststellten.  Auch  Inder,  (Chi- 
nesen und  Aegypter  beschäftigten  sich  schon 
sehr  früh  mit  A.,  und  einzelne  Angaben 
reichen  über  1500  v.  Ghr.  zurück.  Die 
Griechen  erwarben  sich  einige  Verdienste 
um  Berichtigung  der  Zeitrechnung.  Metom 
setzte  19  Sonnoi^ahre  =  235  Mondmonaten. 
Bedeutenderas  aber  leistete  die  Schule  eu 


Astronomische  Jahrbücher  —  Asyl. 


161 


Alexandria     (SOO    y.   Chr.,    eq    dwr    beg. 
Aritiareh,  Eratofthen««  u.  der  grösst«  Astro- 
nom des  Alterthums,  Hipparehf  gehörten.  Der 
tAloiagest'    des   Ptolemäus  war  1400   Jahre 
lang  die  Hauptqnelle  aller  Mtronom.  Kennt- 
nisse und  sein  Planetensystem  hat  bis  Eor 
Aofttellnng  des   icopernikanischen  Geltung 
gehabt.    Im   alten  Rom  ist  die  A.   nie  von 
Bedentting  gewesen,   die  Verbesserung  des 
Kalenders  unter  Cäsar  war  das  Werk  des 
Alexandriners  ßoaigenn.    Nach  Ptolemius 
folgen  Jahrhunderte  des  VerfftUs,  der  erst 
durch  die  Thätigkeit  der  Araber  gehemmt 
wurde.      Diese    ubersetsten    viele    griech. 
Werke,  ohne  die  Wissenschaft  selbst  su  be- 
reichem.   Ihnen  ist.  auch  die  erste  Grad- 
messung zu  verdanken.    Die  neuere  A.  be- 
ginnt mit  Georg  PeurfricA  (148S)  und  seinen 
'Schülern  Joh.  Müller,  Begiomontanus.    Dann 
folgte  Kopemihu,  der  Reformator  des  Welt- 
systems, u.  Tycho  de  Breche,  der  Reformator 
der    Beobachtnngskunst,'   dessen     Bestim- 
mungen diejenigen  Hlpparchs  an  Genauig- 
keit sechsmal  übertrafen.    Auf  Grund  dieser 
Resultate  entdeckte  Kepler  die  Gesetze,  nach 
welchen  sieh  die  Planeten  um  die  Sonne 
bewegen.    Die  von   ihm  gefertigten  rudol- 
finischen  Tafeln  übertrafen  alles  In  diesem 
Fach    bisher   Geleistete.     Weitere    grosse 
Tortschritte    sicherte    nun    die  Erfindung 
der  Uhren  und  Fernröhre,  und  in  wenigen 
Jahrzehnten  hatten  sich  die  Objekte  der  A. 
nach  allen  Seiten  hin  mehr  als  verdoppelt. 
Dazu  kamen  die  Entdeckungen  des  Gesetzes 
der  Pendelschwingungen  u.  der  Fallgesetze 
durch  OtUilei  u.  Huyghena  und  endlich  die 
Entdeckung  des  Gravltationsgesetzes  durch 
JSeioUm,  wodurch  die  theoretische  A.  eine 
völlige  Umgestaltung  erfahr.    In  diese  Zelt 
fällt  die  Gründung  der  Observatorien  zu 
Greenwlch  u.  Paris  u.  es  beginnt  mit  Flam- 
tteed  in  England  und  Oaeaini  in  Frankreich 
eine  lange  Reihe  thätlger  Astronomen,  deren 
Th&tigkeit  durch  die  Eifindung  der  achro- 
matischen Ferngläser  und  die  Vervollkomm- 
nung der  Spiegelteleskope  durch  Hereehel, 
den  Erforscher  des  Fixsternhimmels,  wesent- 
lich gefördert   wurde,  wahrend   Lagrange 
und  Lapiace  die  Analysis  verfeinerte  und 
sie  zur  Lösung  der  schwierigsten  Probleme 
geschickt  machte.   Mager,  Euler,  Bode,  Bürg 
u.  Otbers  traten  nun  auch  In  Deutschland  für 
die  A.  ein,  und  durch  die  Arbeiten  von  G^aitss, 
Argetander,  Hansen,  Bncke,  Struve  u.  A.  er- 
rang sie  in    diesem  Jahrhundert   die  erste 
Stelle.    Die  neuesten  Fortschritte  verdankt 
'  die  A.  der  Entdeckung  der  Spektralanalyse 
durch  Kirehhoffn.  ^uncs«,  weichenamentlich 
über  die  physische  Natur  der  Gestirne  un- 
geahnte Aufschlüsse  ergibt.    Vgl.  Butggine, 
»Ergebnisse  der  Spectralanalyse  In  Anwen- 
dung auf  die  Himmelskörper*  (deutsch  von 
Elinkerfuee    1868).      Populäre   Handbücher 
der  A.  schrieben  Mädler  (6.  Aufl.  1867),  IM- 
irwo  (5.  Aufl.   1866),  -Bod»  (11.  Aufl.  1858),* 
Klein  (1870),  Arag^   (8.  Aufl.  1866,    deutsch 
Ton  Hankd,  1866),  Airy  (6.  Aufl.  1868),  Her- 
tcha  (10.  Aufl.  1869). 

Avtronoidselie  JAhrbfiehoN  Ephemerides 
astronomlcae,  Art  Kalender  für  Astronomen 


mit  Angabe  der  wichtigsten  Elemente  ftr 
das  laufende  Jahr.  Die  bedeutendsten  sind 
die  .Berliner  a.n  J.*  von  Bode,  später  vom 
Eneiee,  Jetzt  von  Förster  herausgeg.,  die  ,0on<* 
naissance  des  temps*,  seit  1679  in  Paris,  und 
,The  nautioal  Almanac',  seit  1667  In  Green« 
wich  erscheinend. 

Aitronomifleher  Monat,  die  Zeit,  in  wel- 
cher die  Sonne  ein  Zeichen  des  Thierkreiset 
durchläuft;  ein  durch  den  Mondomlauf  be* 
stimmter  Oyklus  von  Tagen,  Stunden,  Min« 
und  Sek.  im  Gegensatz  zum  büigerl.  Monati 
der  aus  lauter  ganzen  Tagen  besteht. 

Avtronomiscber  Ort,  die  Stelle,  welche 
ein  Stern  zu  gewissen  Zeiten  einnimmt. 

Aitronomisehe  Tafeln,  Verzeichnisse  der 
Orte,  Durchgänge,  Bedeckungen  etc.  der 
Himmelskörper  für  bestimmte  Zeiten.  Die 
wichtigsten:  Bessels  ,Fundam.  astronomiae' 
(1818)  und  ,Tabulae  Regiomontanae*  (18S0). 

AftrOMOmlsclLe  Ukren,  genau  gehende 
Pendeluhren  zum  Gebrauch  der  Astrono- 
men; Räderwerice,  welche  Erscheinungen 
am  Himmel  im  Kleinen  nachahmen. 

Astronomliebe  Zeichen,  s.  v.  a.  Kaleiii« 
derzeiohen,  vgl.  auch  Aspekten. 

Attaropbotonetrfe  (gr.),  Lehre  von  der 
Bestimmung  der  Helligkeit  der  Sterne,  be- 
sonders gefördert  durch  Zöllner  (,Photome- 
trische  Untersuchungen  mit  besonderer 
Rücksicht  auf  die  physische  Beschalfenheit 
der  Himmelskörper*,  1865).  Die  lichtreflek- 
tirende  Kraft  der  Oberfläche  der  Gestirne 
(Albedo)  verglichen  mit  derjenigen  irdischer 
StolTe,  gestattet  Schlüsse  auf  die  physisehe 
Beschaffenheit  der  Himmelskörper. 

AstniBi  (lat.),  Gestirn. 

Aitorien,  Fürstenthum  an  der  Nordküste 
Spaniens,  die  Jetzige  Prov.  Oviedo,  ge- 
birgig, reich  an  Wald,  Eisen  und  Kohlen, 
198  QM.  mit  571,000  Ew.  Die  Asturier  angebL 
die  ältesten  Christen  Spaniens  und  relUf- 
gothischer  Abkunft.  Pritut  wm  A.  seit  1S88 
Titel  des  Thronerben  von  Spanien. 

Ästyife«,    letzter    König    von    Medien,« 
Nachfolger  seines  Vaters  Cyaxares  seit  590 
V.  Chr.,  ward  von  seinem  Enkel  Cyrus  bei 
Pasarg^dä  (558  v.  Chr.)  besiegt  und  entthront. 

Afftyanaz,  Sohn  des  Heetor  und  der 
Andromaohe;  sollte  nach  einer  Wahr- 
sagung nach  dem  Falle  Trojas  das  trojan« 
Reich  wieder  herstellen  und  ward  deshalb 
von  Pyrrhus,  dem  Sohne  Achilles,  von  der 
Mauer  Trojas  herabgestürzt. 

Aitjdainas,  griech.  Tragiker,  Neffe  des 
Aeschylus,  lebte  um  400  v.  Chr.  in  Athen. 
Von  seinen  Tragödien  sind  nur  Titel  übrig. 

AsunciOB,  Hanptst.  u.  Haupthandelsplati 
der  südamer.  Republ.  Paraguay,  am  Fluste 
Paraguay,  48,000  Ew.    Flusshafen. 

A  fuo  arbitrio  (a  tuo  plaeito,  ital.,  Mus.), 
nach  Belieben  im  Vortrag  und  Tempo. 

Asyl  (gr.),  Freistätte,  Ort,  wo  Verfolgte^ 
selbst  Verbrecher  Sicherheit  finden.  Daa 
Asylreeht  hatten  bei  den  Alten  Tempel, 
Altäre,  Götterbilder  etc.,  später  die  christ^ 
Kirchen  und  deren  Pertin^nzeu  (auf  der 
Synode  su  Toledo  681  auf  90  Schritte  von 
Jeder  Kirche  ausgedehnt),  sowie  die  Wohr 
nungen  der  Gesandten  wegen  der  dieien  - 


152 


Asymmetrie  -*  Athanasiinisohet  Symbolam. 


T&lkwrsditlloh  lUfftolieiideB  TexTitorüdlUt. 
In  Folge  der  Entwlckelang  der  Rechte- 
pflege  werd  ee  durch  die  Geietegeboog 
ent  beschrinkt,  spater  meist  gans  aufge- 
hoben. In  nenester  Zelt  ist  die  Frage,  in 
wie  weit  ein  Staat  berechtigt  sei,  den 
wegen  pollt.  Handlangen  in  einem  anderen 
Staate  Verfolgten  Aufenthalt  und  Schute 
sa  gestatten,  mehrfach  sur  Verhandlung 
g^ommMi,  s.  B.  nach  Unterdrückung  der 
Ungar.  Revolution  zwischen  Oeaterreich  n. 
der  Türkei,  nach  Orsinis  Attentat  s wi- 
schen Frankreich  und  England,  früher 
Bwischen  der  Schweiz  n.  den  angrenzenden 
Staaten.    S.  Audieferung  d»r  Verhreeher, 

Asyminetrie  (gr.),  Mangel  an  Ebenmass. 

Asymptote  (gr.),  wörtl.  die  Nichtzusam- 
aenfaUende,  in  der  Geometrie  eine  gerade 
oder  auch  eine  krumme  Linie  Ton  unbe- 
stimmter Länge,  welche  neben  einer 
anderen  krummen  Linie  von  unbestimmter 
L&nge  hinläuft,  und  zwar  so,  dass  sie  sich 
derselben  mehr  and  mehr  nähert,  aber 
nicht  mit  ihr  zusammentrilFt  oder  sie 
schneidet.  Unter  den  Kegelschnitten  hat 
nur  die  Hyperbel  2  A.n,  die  durch  ihren 
Mittelpunkt  gehen  und  mit  der  Axe 
gleiche  Winkel  bUden. 

Asyndeton  (gr.),  Satz,  worin  die  Binde- 
wörter weggelassen  sind;  <uyndeti*eh,  ver- 
bindungslos,  ohne  Bindewörter. 

Asynesle  (gr.),  Unverstand. 

AtftbixOy  linker  Nebenfl.  des  Orinoco, 
In  Gulana;  von  Hamboldt  befahren. 

Atabek  (türk.),  bei  den  seldschukisehen 
Sultanen  die  Erzieher  der  Prinzen,  welche 
sich  mitunter  zu  unabhängigen  Satrapen 
aufschwangen. 

Atabyrio  (a.  O.),  höchster  Berg  der  Insel 
Rhodas;  Tempel  des  Zeas  (AlcSyrio*). 

Atacima,  Prov.  von  Chile  in  Südamerika, 
1750  QM.,  (1867)  80,878  Ew.  Hauptst.  Goplapo. 
Per  nördl.  Thell  bildet  die  Wüatt  A.,  ein 
grösstentheils  unfruchtbares,  ödes,  -onmittel« 
bar  am  Meer  aufsteigendes  Hochland  von 
9  —  5000'»  bis  nach  Bolivia  reichend.  Vgl. 
I%xHppx,  ,Rei8e  durch  die  Wüste  A.*,  1860. 

Atair.  Stern  1.  Grösse  im  Adler,  mit 
weissgefblichem  Licht,  ein  Doppelstem. 

Atlliaoift  (SaUkupftren ,  ßmaragdoehal-^ 
eü),  Mineral,  besteht  aus  Kupferoxychlorid, 
findet  sich  auf  Gängen  in  Peru,  Chile  und 
bes.  in  der  Algodonbai  in  Bolivia.  Wird 
auf  Kupfer  verarbeitet,  gepulvert  als  grü- 
ner Streusand  (Arsenillo)  benutzt. 

Ataktlscli(gr.),ungeordnet,  unregelmftssig. 

Atalimta,  1)  Tochter  des  Jesus  und  der  Gly- 
mene,  bogenkundige  Jägerin,  nahm  am  Argo- 
nautenzage n.  an  der  Jagd  auf  den  kalydon. 
Eber  Theil.  —  8)  Tochter  d.  Königs  Schönens 
von  Scyrus,  berühmt  durch  Schönheit  und 
Schnelligkeit  im  Lauf,  besiegte  alle-  FAler 
im  Wettlaufe,  bis  Hippomenes  auf  der 
Aphrodite  Rath  sie  durch  goldne  Aepfel, 
deren  Aufsuchen  sie  im  Laufe  hemmte,  be- 
siegte. Da  Hippomenes  des  der  Aphrodite 
schuldigen  Dankes  veigass,  verwandelte 
diese  beide  in  ein  Löwenpaar. 

Ataraxfe  (gr.),  Unerschrockenheit  des 
Oemüths,  unerschütterliche  Seelenruhe« 


AtMCkg*»  das  ewige  Feuer  bei  Baku  (■.  d.). 

Atavismni  (lat.),  Vererbung,  besonders 
anoh  von  abnormen  Eigenschaften  des  Kör- 
pers oder  Geistes  auf  die  NachkoroAien- 
Schaft ,  insbes.  die  Art  dieser  Erblichkeit, 
wobei  Abnormitäten  erst  wieder  in  spätem 
Generationen,  nachdem  sie  schon  lange  ex^ 
loschen  zu  sein  schienen,  plötzlich  snm 
Vorschein  kommen.  Spielt  im  Darwinismus 
eine  grosse  Rolle. 

Atbara  (im  Oberlauf  2VioaatEe  gen.),  einziger 
Nebenfl.  des  Nil,  entspr.  im  abesain.  Hoch- 
land, mündet  unterhalb  Damer  in  Nubien. 

Ate  (gr.),  Unheil;  Unheilsgöttin,  welche 
theils  in  Schuld  verwickelt,  theils  als  stra- 
fendes Verhängniss  (wie  die  Nemesis)  die 
Schuldigen  züchtigt. 

Ateehnie  (gr.),  Kunstlosigkeit. 

Ateknie  (gr.),  Kinderlosigkeit,  Unfhicht- 
barkeit,  auch  männl.  Unvermögen. 

Atelfe  (gr.),  Unzweckmässigkelt,  UnvoU- 
kommenheit;  Steuerl^iheit.         [KUnstlers. 

Atelier  (f^.,  spr.  -jeh),  Werkstätte  eines 

AteUineB(o#e<«eäeSjnel«),  Art  Volksdrama 
der  alten  Römer,  nach  der  oscischen  Stadt 
AtMain  Kampanien  benannt,  mit  den  stehen- 
den Oharaktermasken  Maocus  u.  Bucco  (ähn- 
lich dem  Arlequin  u.  Polidnell) ;  erhielt  sich 
in  veränderter  Gestalt  bis  in  die  Kalserzelt. 

A  tempera  maleB  (ital.),  alte  Art  der 
Malerei,  wobei  die  Farlten  mit  Leim  und 
Biweiss  angemacht  wurden ;  kam  durch  die 
Oelmalerei  ausser  Gebrauch. 

A  tenpo  (ital.,  Mas.),  Bezeichnung  des 
Wiedereintritts  des  vorgeschriebenen  Tem- 
pos ;  a  tempo  giusto,  in  passender  Bewegung. 

AtSrnns  (a.  G.),  Fluss,  s.  Peaeara, 

Atessa,  Stadt  in  der  ital.  Prov.  Abrusso 
dter.,  9170  Ew.  [Hennegan,  8050  Ew. 

Ath  (Aeth),  befest.  Stadt  in  der  belg.  Prov. 

Atkabasea  (Athaptdcow),  s.  Aikapatea, 

Athalja^  Schwester  Ahabs,  Königs  von 
Israel,  Gemahlin  Jorams,  Königs  von  Juda, 
gelangte  nach  dem  Tode  ihres  Sohnes 
Aha^Ja  durch  Ermordung  aller  Prinzen  aus 
Davids  Hause  auf  den  Thron,  ward  von 
Joas ,  dem  Sohne  Ahaqjas,  nach  6jähr.  Re- 
gierung (879  V.  Chr.)  gestürzt  n.  getödtet. 
Von  Racine  dramatisch  behandelt. 

Athamanla  (a.  G.),  €^blrgslandscb.  im 
südl.  Epirus,  westl.  am  Pindus.  Hauptst. 
Argithea.  Die  Bewohner  (Athamäne»), 
thessal.  Stamms,  machten  sich  nach  dem 
Untergang  des  Reichs  der  Molosser  selbst- 
ständ^;  ihr  letzter  Fürst  Amynander. 

AthaMas«  Sohn  des  thessal.  Königs 
Aeolus  u.  der  Enarete,  zeugte  mitNephele^ 
den  Phrixus  und  die  Helle,  ward  von  Jano 
rasend  gemacht,  weil  er,  durch  ein  Orakel 
bewogen,  fast  seine  Kinder  geopfert  hätte, 
wenn  sie  Nephele  nicht  durch  einen  Widder 
mit  goldenem  Vliesse  hätte  retten  lassen. 

AthaBirleh,  König  der  Westgothen, 
kriegte  mit  Kaiser  Valens,  mnsste  880  n.  Ohr. 
in  Folge  einer  Meuterei  nach  Konstantino- 
pel fliehen;  f  das.  881. 

Athanaaiinisckes  SymbMam  (Sj/mboUrn 
guiennque),  das  dritte  der  3  ökumen.  Sym- 
bole, gibt  eine  strenge  Zusammenfassung 
der  auf  den  4  ersten  allgemeinen  Kirchen- 


Atbanaue  —  Athen. 


158 


▼ersammliinirea  fes^setsten  Lebren  ftber 
die  Dreieinigkeit  und  die  Hensohwerdnng 
Öottes.  Ea  wird  dem  Athanasiaa  sagesohrie- 
ben,  ist  aber  wahrscheinl.  im  5.  Jahrb.  im 
westgoth.  Reiche  sn  Bekampfting  des  Aria- 
nlsmns  abgefasst  worden. 
Athanasfe  (gr.)»  Unsterblichkeit. 
Atlianasliis«  der  Grosse,  Vater  der  Ortho« 
dozie,  her.  Kirchenrater,   geb.  %a  Alexan- 
dria nm  896,  anf  dem  Koncü  ronNica«  885 
siegreicher   Gegner   des   Arins,   ward  888 
Bischof  Ton  Alezandria,    auf  der  Partei- 
Synode  sn  Tyras   (885)   seines  Amtes  ent- 
setzt nnd  nach   Trier  verwiesen,  von  Kon- 
stantin dem  Jüngeren  838  zurückgerufen, 
musste  noch  Tiermal  seinen  Qegnern  wei- 
chen (zuletzt  367)  u.  brachte  im  Ghmzen  80 
Jahre  in  der  Verbannung,   zum  Theil  in 
der  Wüste   zu ; .  f  8.   Mai   878.    Schriften 
herausg.  von  Montfaueon  (Par.  1698,  8  Bde.), 
die  dogmat.  Hauptschriften  ron  T^ilo  (18&8). 
Eingehende  Darstellungen  der  Lehre  des  A. 
haben  Ritter,    Baur,  Dorow  und  Voigt  ge- 
geben.   Vgl.  3fShler,  ,A.  d.  Gr.  u.  die  Kirche 
seiner  Zeit*,  1827,  2  Bde. ;  Voigt,  ,Lehre  des 
A.  y.  Alexandria*,  1861.   Jllchkelt  der  Seele. 
Athanatlsmu  (gr.^ ,   Cflaube  an  Unsterb- 
Athanatologf e  (gr.),  Unsterblichkeitslehre. 
Ithapasca  (EUnfluts,  fr.  Biviire  la  Biche), 
Fluss  im  brit.  Nordamerika,  entspr.  auf  dem 
Felsengebirge,  fliesst  nördl.  und  mündet  In 
den  140  QM .  grossen  Jikapascasee,  140  M.  1. 
Danach  benannt  die  Athapasca-Portage,  6800' 
h.  Einsenkung  im  Felsengoblrge,  zwischen 
Mt.  Hooker  (14,700')  und  Mt.  Brown  (über 
15,000'  h.),  ein  Hauptpass  mit  kleinem  See 
(Punchbotole) ,  der  gen  W.  nach  dem  Colum- 
bia, gen  O.  nach  dem  Mackenzlegebiet  ab- 
fliesst;  und  die  AtJiapaakas,  nordamer.  India- 
nerstamm, im  Gebiet  des  A.  und  Mackenzie- 
flusses.     Vgl.    Buschmann^    ,Der   athapask. 
Sprachstamm*,  1856;  Worttafel  dazu  1859. 

Athamnasie  (gr.).  Zustand,  in  dem  man 
sich  über  nichts  wundert,  nach  alten  Phi- 
losophen Quelle  der  Glückseligkeit. 

Afheiamns  (gr.),  Unglaube  an  das  Sein 
Gottes  oder  die  Ansicht,  dass  die  Ver- 
nunftidee Yon  Gott  keine  Wirklichkeit 
habe.  Der  theoret.  A.  bestreitet  ledigl.  die 
objektive  Realität  der  Gottesidee,  während 
er  sie  als  unser  Denken  und  Handeln 
regelndes  Princlp  anerkennt,  ihr  also  sub- 
jektive Gültigkeit  zugesteht.  Der  praM.  A. 
spricht  der  G-ottesidee  auch  die  letztere  ab 
nnd  will  sie  ulclit  als  eine  der  Vernunft 
mit  Kothweudlgkelt  Inwohnende  Idee,  son- 
dern nur  als  eine  zufällig  durch  Erziehung 
und  sociale  Verhältnisse  heryorgemfene 
Vorstellung  betrachtet  wissen.  Der  skepU 
A.  stellt  bloss  die  Möglichkeit  eines  ge- 
nügenden Beweises  für  das  Dasein  Gottes 
in  Abrede.     Atheist,  Gottesleugner. 

Afhelney  (spr.  Aetheini),  Insel  in  der  engl. 
Grafsch.  Somerset,  bei  Bridgewater,  gebildet 
durch  die  Vereinigung  der  Flüsse  Tone  und 
Parret;  Zufluchtsort  Alfk-eds  d.  Gr. 

Athelstan  (spr.  Aetholstänn,  auch  Rhel- 
stan),  König  der  Angelsachsen,  Enkel  Al- 
freds, geb.  895,  folgte  seinem  Vater  Edward 
i^  t  ^5.  Okt.  941  zu  Glocester. 


ktkumfOd&m),  der  bei  der  Ausathmung 
erzeugte  Luftstrom,  ist  reicher  an  Kohlen- 
säure nnd  Wasserdampf  und  wärmer  tH» 
die  Atmosphäre.  Gesunder  A.  ist  geruchlos, 
bei  Mund-,  Magen-,  liungenkrankheiten  und 
bei  Störungen  in  der  Absonderung  des  Urins 
wird  er  übelriechend.  Der  gewöhnliche 
Übelrisehende  A»  findet  sieh  aber  in  der  Regel 
bei  karlösen  Zähnen  und  Unsanberkelt  des 
Mundes,  auch  bei  yerdorbenem  Magen 
etc.  und  yersehwindet  im  ersten  Fall 
bei  Behandlung  der  Zähne  und  der  Mund- 
schleimhaut mit  Kohle  u.  Lösung  yon  chlor- 
saurem Elali,  im  letztern  bei  passender  Diät. 

Atkemnotii  (Dyspnoea)  .Zustand  erschwer- 
ter Athmung,  tritt  bei  sehr  yerschiedenen 
Krankheitszuständen  der  Respirationsor- 
gane, Herz-  und  Kenrenkrankheiten ,  bei 
durchdringender  Verletzung  des  Brustkorbs 
auf.   Höchster  Grad  der  A.  heisst  Orthopnoe, 

Athen  y  Hauptstadt  des  alten  Attloa,  die 
Metropole  altgriech.  Kultur,  zwischen  den 
Flnsschen  Cephlssus  und  Hissus,  4  St.  yom 
saronischen  Meerbusen.  Aeltester  Theil 
dls  Burg  oder  Akropolis  (1550  y.  Chr.  yon 
Cecrops  gegr.,  daher  auch  Oeeropia),  auf 
schroff  abfitllendem  Kalkfelsen  (180'  über 
der  Ebene,  800'  1.,  400' br.,  Aufgang  an  der 
Westseite),  mit  den  her.  Propyläen  als  Thor 
und  herrlichen  Tempeln  und  Kunstwerken : 
Parthenon  mit  Athenestatue  yon  Phidias, 
(46*  h.),  Erecbtheum,  Tempel  der  Nike  Ap- 
teros,  Statue  der  Athene  Promachos  (60'  h.) 
u.  a.  Fast  rund  um  die  Burg  lag  die  untere 
Stadt  mit  11  Thoren,  ebenfalls  reich  an  Prscht- 
bauten.  Am  Südabhang  der  Akropolis  das 
grosse  Dionysostheater  (500  v.  Chr.,  für 
ca.  80,000  Menschen);  westl.  dayon  das 
Odenm  des  Herodes  (um  140  n.  Chr.)  und 
die  Agora  (Markt  mit  prächtigen  Hallen,  bes. 
ausgezeichnet  die  sog.  Pöcile) ;  an  der  Nord- 
ostselte  das  Prytaneum,  südöstl.  das  Odeum; 
entfernter  im  SW.  der  Burg  der  Museum- 
hügel (mit  Monum.  des  Philopappus) ;  nördl. 
dayon  der  Hügel  der  Pnyx  (Volksyersamml.) 
und  der  Hügel  des  Areopags ;  welter  nördl.  der 
Theseustempel ;  im  SO.  der  riesige  Tempel 
des  Olymp.  Zeus  (580  y.  Chr.  begonnen, 
unter  Hadrian  yollendet) ;  jenseits  des  Illssus 
das  Stadium  (Arena  für  Festspiele) :  ansser- 
he^lb  der  Mauer  die  Akademie  u.  das  Lyceum. 
Umfang  der  Stadt  zur  Zelt  der  Blüthe  (unter 
Cimon  u.  Perfcles)  8  Stunden ;  Einwohnerzahl 
etwa  150,000.  Drei  Hafenstädte:  Plräeus 
(für  400  grosse  Schilfe),  Munychia  und  Pha- 
leron  (für  50  Seh.),  die  erstere  mit  A.  durch 
Mauern  (40  Ellen  h.)  rerbunden.  Ueber 
die  pollt.  Geschichte  A^s  s.  Oritehenland, 
Eine  Reihe  yon  Unglücksfällen  brachte  die 
Stadt  yon  ihrer  Höhe  herab,  namentl.  der 
unglückliche  Ausgang  des  peloponnes.Kriegs, 
die  Plünderung  durch  Sulla,  die  Zerstörung 
durch  Alarich;  sie  gelangte  weder  unter 
byzantln.,  noch  unter  türk.  Herrschaft  wieder 
zu  einiger  Bedeutung.  Die  siten  Pracht- 
bauten in  Kirchen,  Moscheen  oder  Harems 
umgewandelt.  Im  Kriege  yon  1687  arge 
Verwüstung  des  Parthenon  durch  yenetlan. 
Bomben.  Zu  Anfang  des  19.  Jahrh.  Raub 
zahlreicher  Statuen  n.  Reliefs  durch  Lord 


154 


Athenäma  —  Athmimg. 


JEl^n  (Elcin  MarblM,  Mit  1816  im  brit.  Mu- 
aenm).  M«ae  Zerstömng  der  Stadt  im  grlech. 
Vreiheitikampf  (die  Akropolis  als  Festang 
benutst) ;  an  Ende  desselben  nur  800  Häuser 
übrig.  Nener  Anfschwnng,  als  König  Otto 
1834  seine  Residena  Ton  Nauplia  nach  A. 
▼erlegte.  Das  nett«  A.  (Atinah,  türk.  Se- 
tinei),  im  N.  der  Akropolis  regelmässig  an- 
biegt (Hermes-,  Aeolns-,  Athenestrasse), 
41,298  £w.  Königl.  Palast  (1896-44);  Uni- 
▼ersität  (s.  1884);  Nationalbank  (s.  1842, 
Kapital  5  Mill.  Drachmen) ;  Handel  nber  den 
Hafen  Piräens.  Alterthümer:  Thesenstempel 
(auf  32  Säuleu  ruhend,  sehr  gut  erhalten), 
18  Säulen  vom  Tempel  des  olymp.  Zeus, 
derfieckige  Thurm  der  Winde,  Monum.  des 
lijsicrates  (Laterne  des  Diogenes),  der  Ha- 
diiansbogen,  die  Propyläen,  die  Beste  des 
Parthenon,  Erechtheum  eto.  Vgl.  Leake,  ,To- 
pography  of  A/,  1821,  deutsch  8.  Aufl.  von 
Matter  n.  Bauppe  1844 ;  Stuart  u.  Bev^t^  ,I>ie 
Alterthümer  eu  A.S  1762,  deutsch  1830>88, 
3  Bde.;  Thürmer,  , Ansichten  von  A.  und 
seinen  Denkmälern',  1823;  FtfcAer,  ,£rin- 
nerungen  aus  Griechenland*,  1857 ;  Welcker, 
,Tagebach  einer  griech.  Reise*,  1865;  (Mrliua, 
,7  ELarten  s.  Topographie  von  A.,  m.  Text*, 
1868;  £r4t(m,  ,A.*,  1868. 

AthenSuD,  Tempel  der  Athene  (Minerra) 
sn  Athen,  wo  Gelehrte  und  Dichter  ihre 
Werke  vorzulesen  pflegten.  Am  berühm- 
testen das  von  Kaiser  Hadrian  um  138—139 
in  Rom  errichtete  A.,  eine  Art  Akademie, 
auch  zum  Unterricht  in  der  Poetik  und  Rhe- 
torik dienend.  Titel  für  höhere  Unterrichts- 
anstalten und  wissenschaftl.  Zeitschriften. 

Athen&iM,  griech.  Grammatiker  aus  Nau- 
cratis  in  Aegypten,  lebte  zu  Anfiing  Av>s 
8.  Jahrb.  in  Alexandria  und  Rom;  sehr. 
jDeipnosophistae*  in  15  Büchern,  von  denen 
das  2.  und  der  Anfang  des  8.  im  Auszuge 
noch  vorhanden  sind  und  wichtige  Notizen 
über  öffentliches  und  häusliches  Leben,  Sitte, 
Kunst  und  Wissenschaft  der  alten  Griechen 
enthalten ;  neuerl.  herausgegeb.  von  JHndorf 
<1827,  8  Bde.)  und  Meindce  (1859-67,  4  Bde.). 

AthenagdimSy  piaton.  Philosoph  zu  Alexan- 
drla,  ward  Ohrist  und  verfasste  um  176  die 
,L^atio  pro  ChristianiB*  (Apologie  des 
Christenthums)  und  ,De  resnrrectione  mor- 
tuorum*,  beides  herausg.  von  Otto  im  «Cor- 
pus Apologetarum  Christian.*,  Bd.  7,  1857. 

AthenSlSy  Tochtei;  des  Sophisten  Leon- 
tinus  zu  Athen,  ward  Christin  und  unter 
dem  Namen  JSudojcta  Gemahlin  des  oström. 
Kaisers  Theodosius  II.,  später  in  Folge 
von  Verleumdungen  vom  Hofe  verwiesen; 
t  460  zu  Jerusalem.  Von  ihren  Schriften 
u.  Gedichten  ist  nichts  auf  uns  gekommen. 

Athene»  s.  Minerva» 

Athenodömi.  1)  stoischer  Philosoph,  aus 
Tarsus,  lebte  m  Rom,  Lehrer  des  Kaisers 
Augustus.  —  2)  A.  Oordjßion,  aus  Tarsus, 
Vorsteher  der  pergamenischen  Bibliothek  u. 
Lehrer  Catos  von  Utica.  [losigkeit. 

Athesmle   (gr.),   Gesetzlosigkeit,   Zügel- 

Atlils  und  ProphillaB.  mittelhochd.  Ge- 
dicht des  12.  oder  18.  Jahrb.,  von  unbe- 
kanntem Verf. ;  nur  Bruchstücke  erhalten. 
YgL  W.  Grimm,  ,A.  und  P.*,  1846. 


AtUSten  (gr.),  altgriech.  Wettkämpfer, 
die  sich  der  Uebuug  Ihrer  Kunst  (Athletik) 
berufsmässig  widmeten.  In  Rom  traten  A, 
zuerst  186  v.  Chr.  auf.  Athletisch,  muskel- 
kräftig,  riesig  gross. 

Athmnng  (Betpiration),  physischer  Pro- 
zess,  bei  welchem  das  Blut  aus  der  Luft  oder 
aus  dem  Wasser  Sauerstoff  aufnimmt  und 
Kohlensäure  abgibt,  bildet  einen  wesent- 
lichen Theil  des  Stoffwechsels ,  der  bei  ge- 
störter A.  alsbald  erlischt.  Bei  den  nie- 
drlgsten  Thieren  besorgt  die  äussere  (zum 
Theil  auch  die  innere)  Körperoberfläche 
den  Austausch  der  Gase,  bei  hohem  sind 
£e«p<ration«or^ane  vorhanden,  und  zwar  bei 
den  Wasserthieren  in  der  Rc^el  Kiemen,  bei 
den  Landthieren  Xtingsn  (Säuger,  VSgel, 
Spinnen),  oder  ein  im  ganzen  Körper  ver- 
ästeltes  System  von  Luftröhren ,  Tracheen, 
die  in  seitliche  Oeffüungen  (Stigmen)  mün- 
den. Alle  Respirationsorgane  haben  den 
Zweck',  das  Blut  über  grosse  Flächen  zu 
vertheilen  und  zahlreiche  Berührungspunkte 
mit  der  eingeathmeten  Luft  zu  schaffen. 
Das  Sinckthmen  ist  eine  Folge  der  Ausdeh- 
nung des  Brustkastens  mit  Hülfe  der  Ath- 
roungsmuskeln  u.  vorzugsweise  des  Zwerch- 
fells, welches  sich  zusammeuzleht  und  seine 
nach  oben  gerichtete  Wölbung  verflacht; 
beim  Aueathmen  sinkt  der  Brustkasten  an- 
sammen  und  das  Zwerchfell  erschlafft.  DI« 
Lunge  verhält  sich  beim  Einathmen  völlig 
passiv;  wird  der  Brustkasten  durchbohrt, 
so  fällt  sie  sofort  zusammen  und  die  A.  hört 
auf.  Die  J  thembetcegung  en  kommen  grössten- 
theils  unwillkürlich  zu  Stande,  sie  sind 
Reflexbewegungen  in  Folge  mannichfaltiger 
Reizungen  von  Empfindungs-  oder  Be- 
weg^ungsnerven  und  Ueberstrahluug  dieser 
Reizung  auf  die  Athmungsnerven  und  Mun- 
keln. Erwachsene  athmen  12  — 20mal  in 
der  Minute,  Säuglinge  44mal,  Lungen-  o. 
Fieberkranke  athmen  schneller.  Das  Ein- 
athmen verursacht  gewisse  Athemgeräue^», 
die  beim  Anlegen  des  Ohrs  an  die  Brust- 
wand hörbar  sind  und  in  ihren  Modifikationen 
durch  Ansammlung  von  Schleim,  Eiter  etc. 
zur  Erkennung  der  Lungenkrankheiten  (Aum- 
kultation)  dienen.  Die  Menge  der  ein-  nnd 
ausgeathmeten  Luft  ist  sehr  schwankend,  ein 
erwachsener  Mann  liefert  bei  ruhigem  Aua- 
athmen  etwa  Vs  Liter  Luft.  Diese  ist  ärmer 
an  Sauerstoff  und  reicher  an  Kohlensäure 
als  die  eingeathmete  Luft,  und  zwar  enthält 
sie  16,08o/o  Sauerstoff  und  4,38o/o  Kohlen- 
säure, daneben  sehr  viel  Wasserdampf  und 
geringe  Mengen  organischer  Substanzen,  die 
oft  durch  den  Geruch  erkennbar  sind.  Der 
Austausch  der  Gase  zwischen  dem  Blut  o. 
der  eingeathmeten  Luft  ist  ein  rein  physi- 
kalischer Prozess,  der  nicht  mehr  Statt 
findet,  wenn  die  Differenz  zwischen  dem 
Kohlensäuregehalt  der  Luft  und  des  Blutes 
zu  gering  wird.  Deshalb  darf  bereits  ge- 
athmete  Luft  nicht  von  Neuem  geathmet 
werden,  und  geschlossene  Räume  sind  gut 
zu  ventiltren.  Das  mit  Kohlen  säure  beladene 
zu  den  Lungen  strömende  Blut  ist  dunkel- 
roth,  das  von  Kohlensäure  beiseite  sauer- 
stoffhaltige Blut,  welches  die  Lunge  Ter- 


At  bome  —  Atlas. 


^S5 


UUflt}  bellrofh.  Der  auf^enoromane  Sauer- 
stoff macht  die  aus  den  Nahmngsstoffen 
neu  gebildeten  Chylus-  und  Blatbestand- 
theile  zur  Ersetzung  der  verbrauchten  Kör- 
perbestandtheile  fähig,  während  die  Kohlen- 
säure als  Endprodukt  des  Stoffwechsels 
za  betrachten  ist.  Durch  dun  Athmungs- 
prozess  wird  aber  auch  die  Erzeugung  der 
thierischen  Wärme  ermöglicht  und  der  Blut- 
lauf wesentlich  unterstützt.  Durch  künst- 
lich eingeleitete  A.  lässt  sich  die  Herzbe- 
wegung stundenlang  unterhalten. 

Die  A.  der  Pflanzen  besteht  im  Gegensatz 
zu  der  derThlerein  Aufnahme  von  Kohlen- 
säure und  Abgabe  von  Sauerstoff  und  findet 
hauptsächlich  durch  die  Blätter  Statt.  Sie 
wird  bedingt  durch  die  Einwirkung  des 
Iiichtes  und  erlischt  in  der  Finstemiss,  in- 
dem die  Pflanzen  dann  etwas  Kohlensäure 
ausscheiden.  H>ie  A.  der  Pflanzen  und  der 
Thiere  gleicht  sich  deshalb  in  ihrer  Wir- 
kung auf  die  Atmosphäre  aus. 

At  home  (engl.,  spr.  ät  bohm,  d.  1.  zu 
Hause),  theatralische  Vorstellungen  satir. 
Inhalts,  vom  englischen  Schauspieler  Foote 
zuerst  als  Frivatvorstellungen  aufgebra<^t, 
1834  vom  Komiker  Mathews  und  seinem 
Schüler  Yates  öffentl.  gegeben. 

Athor  (Alhyr),  ägypt.  Göttin,  Tochter 
des  Ra  (der  Sonne),  von  den  Griechen  mit 
Aphrodite  identificirt,  auf  den  Denkmälern 
in  der  R^el  mit  Kuhkopf,  zwischen  den 
Hörnern  die  Sonnenscheibe  tragend,  oder 
auch  ganz  als  Kuh,  später  als  ,Herrin  des 
Tanzes  und  Scherzes'  in  menschl.  Figur 
mit  den  Sti-icken  der  Liebe  und  dem  Tam- 
burin als  Zeichen  der  Freude  dargestellt. 

AtllOS  (das  alte  Acte,  neugr.  ffagUm  Oroa, 
Ital.  Monte  Santo),  die  östl.  Zunge  der  chaicid. 
Halbinsel  im  ägäischen  Meere,  Gebirgsland- 
schaft, 6  M.  1.,  2  —  3  M.  br.,  im  eigentl. 
Berg  A.  (am  Südende)  6349'  h.,  Sitz  einer 
alten  Mönchsrepublik  (968— 1375  entstanden) : 
21  Klfister  (festungsartige,  mit  Geschützen 
versehene  Gebäude,  das  älteste  die  Abtei 
Laura),  11  DörfSr  (Sketen)  und  190  einzelne 
Zellen  etc.,  bewohnt  von  ca.  6000  (sehr  un- 
wissenden) Mönchen  und  Eremiten  aus  fast 
allen  Nationen.  Frauen  ausgeschlossen. 
Reiche  Klosterbibliotheken,  nicht  ohne 
Werth  für  theolog.  Wissenschaft.  Hauptort 
Karuäs,  Sitz  eines  ttii-k.  Aga  (jährl.  Tribut 
24,000  Fl.)  und  Versammlungsort  der  heil. 
Synode.  Vgl.  Fallmeraper,  ,Fragm.  aus  d. 
Orients  1845;  iVfcAon, , Die  Mönchsrepublik 
auf  A.*  in  Raumers  Histor.  Taschenb.  1860 ; 
On9»,  ,Gesch.  der  A.- Klöster*,  1863. 

Athy,      Stadt    in    der    Irland.    Grafsch. 
Kildare  (Leicester),  am  Barron,  4113  Ew. 
Atinle  (gr.)t  Beschimpfung,^  Ehrlosigkeit. 
Atltlan  9   Vulkan  im  centittlamerik.  Staat 
Guatemala,  aAi  gleichnam.  See,  12,500'. 

Atkyas  (spr.  Aet-),  Sir  Robert,  engl.  Rechts- 
gelehrter, geb.  1621,  1672  —  82  Richter  am 
Court  ofCTommon  Pleas,  vertheidigte  1683  den 
Lord  William  Russell  u.  1684  den  Sprecher 
des  Unterhauses,  Williams,  ward  nach 
Wilhelraz  ni.  Thronbesteigung  1689  Präsi- 
dent des  Schatzkammergerichts  und  Vor- 
sitzender  des  Oberhauses,  trat  1684  zurück; 


L1709  auf  seiner  Besitzung  Sapperton-HaU 
Gloucestershire.  Seine  »Parliamentaxy 
and  political  tracts<  (1734)  für  die  Zeitge- 
sclilchte  von  Literesse. 

Atlantis  (gr.) ,  bei  den  Alten  fabelhafte« 
grosses  Inselland  im  Westen  von  Afrika. 

Atluitischer  Ocean,  Theil  des  Weltmeers 
zwischen  Europa  und  Afrika  im  O.  u.  Ame- 
rika imW.,  nördl.  u.  südl.  von  den  beiden 
Polarmeeren  begrenzt;  nach  der  Lisel 
Atlantis  benannt,  etwa  1,626,000  QM.  Cha- 
rakteristisch ist  der  Parallelismus  der  Ost« 
und  Westküsten,  vergleichbar  den  gegen- 
überliegenden Ufern  eines  mehrfach  ge- 
wundenen Stroms.  Die  nördl.  Hälfte  bes. 
ausgezeichnet  durch  reiche  Küstenentwiok- 
lung,  durch  das  weite  Eindringen  in  die 
alte  Welt  (bis  60o  ö.  L.)  und  in  die  neue 
Welt  (bis  800  w.  L.)  In  Gestalt  von  Bin- 
nenmeeren, durch  den  Reichthum  an  Liseln 
(meist  Gestadeinseln)  und  durch  vielfache 
Strömungen,  welche  die  Verbindung  zwi- 
schen Europa  und  Amerika  wesentlich  be- 
fördern. Grösste  Breite  (ohne  die  Binnen- 
meere) 950  M.;  geringste,  kaum  150  M.,  an 
8  Punkten :  zwischen  Norwegen  und  Grön- 
land, Irland  und  Labrador,  Afrika  u.  Bra- 
silien. Wichtigste  Binnenmeere  u.  Busen 
im  W.:  Hudsonsbai,  St.  Lorenzbnsen,  Golf 
von  Mexiko,  Antillenmeer;  im  O.:  Nordsee 
nebst  der  Ostsee,  britisches  Meer,  Busen  von 
Biscaya,  Mittelmeer,  Busen  von  Guinea. 
Hauptströmungen:  die  südatlaut.  Strömung 
(vom  Kap  längs  der  Küste  Afrikas  bis  etwa 
zum  Wendekreis  des  Steinbocks),  die  Aequa« 
torialströmui^;  (von  der  Oongoküste  in  ost- 
westl.  Richtung  quer  über  den  Ocean,  an 
der  brasil.  Küste  in  einen  südl.  und  einen 
^ nördl.  Arm  sich  spaltend),  der  Golfstrom 
(s.  d.).  Die  Tiefe  sehr  verschieden,  z.  Th. 
noch  wenig  ermittelt;  der  uordatl.  0.  im 
Durchschnitt  2—3000  FaAen.  In  der  Mitte  des 
Oceans  grosse  unterseeische  Tangfelder,  bes. 
die  Fucusbank  von  Corvo  und  Flores  (20— 25<> 
w.  L.)  und  das  sogen.  Sargassomeer,  südöstl. 
davon.  Der  a.  O.  ist  der  eigentl.  Schauplatz 
des  Weltverkehrs;  er  bildet  die  Brücke  zwi- 
schen der  alten  und  neuen  Welt,  deren  kul- 
turfähigste Seiten  er  bespült,  und  dient  mehr 
als  irgend  ein  anderer  Ocean  zur  Verbindung 
der  entferntesten  Gegenden  der  Erde.  Ueber 
die  zahlreichen  regelmässigen  Dampfschiff- 
fahrtslinien, '  von  denen  er  durchschnitten 
wird,  8.  Dampf achifffahrt.  Daneben  3,tran8- 
atlantisohe  Telegraphenkabel,  2  engl.,  von 
der  Insel  Valentia  bei  Cork,  seit  1866, 1  franz., 
von  Brest  nach  Neufoundland,  seit  1869. 

Atlas,  Titane,  Sohn  des  Japetus  und  der 
Clymene,  zeugte  mit  Pleone,  der  Tochter 
des  Oceanus,  die  Plejaden,  musste,  weil 
er  am  Sturm  der  Titanen  auf  den  Olymp 
Theil  genommen,  zur  Slrafe  das  Himmels- 
gewölbe tragen;  nach  Späteren  ein  mäch- 
3ger,  der  Astronomie  kundiger  König; 
daher  Jetzt  Titel  einer  Sammlung  von 
Land-  und  Himmelslparten ,  auch  sonstiger 
Abbildungen;  in  der  Baukunst  kolossale 
männl.  Statue  zum  Tragen  von  Gesimsen, 
Vorsprüngen  etc.  Mehrzahl  AthuUen. 
1     AtlaSy  das  Gebirgssystem  der  Berberei  in 


166 


Atlas  ^-  Atome; 


Hordafrlka,  die  Scheidewand  swiseben  dem 
Baatln  des  Mlttelmeerea  und  dem  der  Sa- 
hara, ein  Plateaa  ,  das  anf  2S00— 8500'  h. 
Basis  uDBäliliffe  Bergketten  tragt,  meist  pa- 
rallel-Ton  8W.  gen  NO.  gerichtet,  schrolT, 
Ton  engen  Schluchten  eerrissen,  aaf  den 
K&mmen  kahl,  an  den  Abhängen  reich  be- 
waldet. Es  erfallt  den  Westen  Marokkos 
(der  sogen,  hohe  A.  oder  Idrar  Nderen,  mit 
dem  10,700'  h.  Miltsin ,  nnd  damit  in  Ver- 
bindong  stehend  am  Mittelmeere  das  Rif, 
8-4000^,  die  Mitte  Algiers  (hier  der  itl«in« 
A,t  d.  i.  di£  Fortsetzung  des  Rif:  bis  7100', 
die  Hochebene  der  Schott,  bis  8500'  h.,  and 
der  ffro»$«  A.,  bis  7050')  nnd  den  Osten  von 
Tunis  (mit  4450'  Gipfelhöhe).  Vgl.  M.  Wag- 
ner, ,Reise  in  Algier*,  1841 ;  Bohlf»,  .Reise 
durch  Marokko*,  2.  Aufl.  1869. 

Atlu  (fr.  eatin),  einseitig  gewebtes  Sei- 
denseng, bei  dem  die  aus  feiner  Seide  be- 
stehende Kette  grösstentfaeila  obenauf  Hegt, 
•o  dass  der  Stoff  starken  Glans  erh&lt.  Halb- 
seidener A.  ans  Seide  und  Baumwolle  wird 
in  China  fabricirt. 

AtlMholCy  Hols  von  FeroUa  gulanensis, 
in  England  gebr&uchlichos  feines  Tischler- 
holB,  roth,  gelbgeadert. 

Atmometer  (Atmidomeler,  gr.).  Verdau- 
stungsmesser,  meteorologisches  Instrument 
zur  Bestimmung  der  Wassermenge ,  welche 
bei  freier  Berührung  mit  der  Laft  in  einer 
gewissen  Zeit  verdunstet.  Die  neuesten  ver- 
Tollkommneten  A.  von  Preetel  und  Lamont. 

AtmoiphSre  (gr.),  Dunstkreis,  Luftkreis, 
die  den  Erdball  umgebende  Hülle  von  gas- 
förmigen Sabstanzen,  besteht^m  Wesent- 
lichen und  bis  auf  sehr  geringe  Schwan- 
kungen konstant  aus  21  Vol.  Sauerstoff  und 
79  Vol.  Stickstoff.  Ausserdem  enthält  sie 
^/io>ooo  Kohlensäure,  wechselnde  Mengen  von 
Wasserdampf  und  in  geringen  Quantitäten 
Ozon,  Ammoniak,  salpetrige  und  Salpeter- 
säure. Als  zufällige  Belmis<^ungeu  und 
Verunreinigungen  kommen  vor  Meersalse, 
Schwefel-  u.  Phosphor  Wasserstoff',  schweflige 
and  Schwefelsäure,  Sumpfgas  und  als  Staub 
mineralische  und  organische  Partikelchen 
und  Keime  niedriger  Organismen.  Verän- 
derungen In  der  Zusammensetzung  der  ge- 
sammten  freien  Luft  durch  die  uns  bekannten 
Vorgänge  (Athmung,  Verbrennungsprozesse) 
können  seit  der  Entdeckung  genauer  analy- 
tischer Methoden  noch  keine  wahrnehmbare 
Grösse  erreicht  haben,  dagegen  sind  lokale 
nnd  temporäre  Abweichungen  im  Sauerstoff- 
und  Kohlensäuregehalt  mit  Sicherheit  nach- 
gewiesen, und  der  Wassergehalt  der  A. 
schwankt  nach  Temperatur,  Windrichtung 
u.  Lokalität  in  weiten  Grenzen.  Der  Druck 
der  A.  entspricht  einer  Quecksilbersäule 
Ton  28"  und  beträgt  auf  1  (^.  16  Pfd. ;  er 
nimmt  ab  mit  der  Erhebung  vom  Meeres- 
q;>iegel  an  und  schwankt  auf  derselben  Höhe 
nach  den  meteorologischen  .Verhältnissen. 
DieOestalt  derGesammtatmosphäremuss  ein 
SphäroYd  sein,  dessen  kurze  Axe  mit  der  Erd- 
axe  gleiche  Lage  hat.  Die  Grenze  der  Erd- 
atmosphäre liegt  InderR^ion,  wo  die  An- 
ziehungskraft der  Erde  der  Expansivkraft 
der  Gase  das  Gleichgewicht  hält.    Die  ab- 1 


solute  Höhe  derselben  ist  aber  nieht  be- 
stimmbar, weil  wir  nicht  wissen,  nach  wel- 
chem Gesetz  die  Temperatur  in  der  Höhe 
abnimmt.  JedenfSalls  ist  das,  was  von  der 
Luft  über  10—18  geogr.  M.  hinausgeht,  ein 
verschwindend  kleiner  Bruchthefl  der  übri- 
gen A.  und  die  Gewichtshälfte  der  Lnft- 
masse  befindet  sich  in  der  Höhe  vom  Meeres- 
spiegel bis  au  Ys  Melle.  Auf  einer  Kugel 
von  1'  Durchmesser  würde  die  A.  eine 
Schicht  von  1"'  bilden.  Die  Lult  Ist  bei 
Oo  0.  778mal  leichter  als  Wasser  von  40  O., 
und  das  Gewicht  der  Gesammtatmosphare 
beträgt  mindestens  5  TriU.  Kilogr.  Trockne 
Luft  dehnt  sich  beim  Erwärmen  um  V>  G. 
um  Vrrs  ihres  Volumens  aus,  ihr  Ansdeh- 
nnngskoSflicient  ist  0,009665,  und  sie  gehorcht 
dem  mariottesohen  Gesetz  bis  zu  dem  Druck 
einiger  A.n  1  Liter  Luft  wiegt  bei  Oo  und 
760  Mm.  Bar.  1,293  Grm.,  ein  rh.  KubikzoU 
0,023  Grm.  Die  Luft  ist  nicht  vollkommen 
durchsichtig,  am  durchsichtigsten  Ist  sie, 
wenn  nach  langem  Regen  eine  rasche  Auf- 
heiterung des  Himmels  folgt.  Folge  der 
unvollkommenen  Durchsichtigkeit  ist  die 
allgemeine  Tageshelle.  Das  Blau  des  Him- 
m^s  wird  durch  elgenthümliche  Dichtfg- 
keitsverhältnisse  des  Wasserdampft  der  A. 
hervorgebracht,  auf  hohen  Bergen  erscheint 
der  Himmel  fast  schwarz,  in  warmen  Län- 
dern und  auf  dem  Lande  dunkler  als  In 
den  kalten  Zonen  und  auf  dem  Meer.  Bei 
Jeder  Witterung  und  Temperatur  enthält 
die  A.  Elektridtät,  welche  Vormittags  und 
2  Stunden  nach  Sonnenuntergang  ihr  Muci- 
mum  erreicht  und  im  Winter  stärker  ist  als 
im  Sommer.  Folge  der  ungleichen  Erwär- 
mung der  A.  ist  Bew^sinng  in  derselben, 
Erzeugung  von  Luftströmungen,  die  bei 
einer  Geschwindigkeit  von  4'  in  der  Sek. 
direkt  durch  unsere  Nerven  wahrgenommen 
werden.  Stärkere  Lnf  tströme  sind  die  Winde. 
Ausserdem  hat  die  A.  Ebbe  u.  Fluth,  bemerk- 
bar an  den  Schwankungen  des  Barometara. 
AtmospbSrilien  (gr.)»  die  gasförmigen 
Bestandtheile  der  Atmosph&re:  Saueratoff, 
Stickstoff,  Kohlensäure,  Wasserdampf,  koh- 
lensaui^es  und  salpetrigsaures  Ammoniak, 
Ozon  etc.  [Regen,  Schnee,  Hagel. 

Atmosphirisehe  Niedenchlige  y  Than, 
Atome  (gr.) ,  die  letzten,  untheilbaren  Be- 
standtheile der  Körper.  Die  neuere  Chemie 
unterscheidet  eine  Theilbarkeit  der  Materie 
durch  mechan.  Mittel,  welche  zu  dem  Mole» 
fuhrt,  von  der  idealen  Theilbarkeit,  welche 
durch  die  Einwirkung  physikal.  Kräfte  ver- 
anschaulicht wird  und  zu  den  nicht  mehr 
wahrnehmbaren  JfoIeJtüt«»  führt.  Alle  Körper 
sind  zusammengesetzt  aus  gleichartigen  Mo- 
lekülen. Jedes  Molekül  aber  lässt  sich  durch 
chemische  Mittel  inzwei  nicht  mehr  theilbare 
A.  spalten,  und  auch  die  Molelcüle  der  ein- 
fachen Körper  enthalten  2  A .  Das  Atom  eines 
Elements  ist  das  Minimalgewicht  desselben, 
welches  in  eine  chemische  Verbindung  ein- 
zutreten vermag,  das  Molekül  dagegen  das 
Minimalgewicht,  welches  Im  freien  Zustande 
existlren  kann.  Manche  Elemente  verbinden 
sich  mit  einander  ausschlielislich  zu  je  einem 
Atom  (Wasserstoff,  Chlor,  Kalium,  Silber), 


/ 


Atomgewichte  -^  Att&las. 


IST 


Ton  andern  Terl>lndet  sich  1  Atom  stets  mit 
2  A.n  der  ersteren  (Sauerstoff,  Schwefel»  Cal- 
cinm,  Magneslam),  wieder  von  andern  1  Atom 
mit  8  A.n  der  ersteren  (Stickstoff,  Phosphor, 
Arsen,  Antimon)  nnd  Ton  noch  andern  1  Atom 
mit  4  A.n  der  ersteren  (Kohlenstoff,  Silicium, 
Zinn)  etc.  Dem  gemäss  nennt  man  die  A. 
der  Elemente  oder  diese  selbst  ein-,  zwei-, 

drei«  nnd  vierwerthig  (O.N.  C.)*  Das  Mass 
für  die  Werthiglsit  der  Elemente  geben  die 
einwerthigen.  Man  sagt,  das  Atom  des 
Wasserstoffs,  Chlors  etc.  stelle  eine  Ver- 
wamdt$ch^fü«inheit  Tor,  das  Atom  der  zwei- 
werthlgen  deren  8  etc.  Bei  chemischen 
Verbindungen  und  Zenetsnngen  ersetsen 
sich  die  Bestandtheile  in  dem  Yerhaltniss 
gleicher  Verwandtsohaftseinheiten.  In  die- 
sem YerhUtniss  sind  sie  ftqnivalent.  1  Atom 
Ohiorist  ftquiv.  1  Atom  Wasserstoff;  1  Atom 
Sauerstoff  äqniT.  2  A.n  Wasserstoff  etc. 

AtOBgewlelite »  Yerbindungsgewichte, 
Zahlenansdrücke  fftr  die  einfachen  Yolu* 
menTerh&ltnisse  der  Elemente.  Gleiche 
Yolnmen  einfacher  Gase  enthalten  gleich 
▼iel  Moleküle,  ihre  Volumengewichte  (Ge- 
wiohte  gleicher  Volumen)  drücken  also  su- 
gleich  das  Yerhaltniss  ihrer  Molekularge- 
wichte aus  und,  wenn  1  Mol.  =  2  Atom  ist, 
au4di  das  der  A.  Da  ferner  die  Volumen- 
gewichte  einfacher  Gase  zugleich  die  Yer- 
bindungsgewichte der  Körper  sind,  so' setzt 
man  Yerbindungsgewichte  =  A.  und  den 
Wasserstoff  als  Einheit  derselben  und  der 
Volumengewichte. 

AtOAie  (gr.),  Schlalfheit,  in  der  Medicin 
Mangel  an  naturgemässer  Spannkraft  und 
Elastidtat  organischef  Theile,  kann  örtlich 
oder  allgemein  sein,  tritt  besonders  im 
hohen  Alter  auf  (Harnblase,  Mastdarm). 

Atnmentsteliiy  bei  den  Alten  grüner 
Vitriol,  schwefelsaures  Eisenoxydul. 

AtettBUintUBi  CLBt,)y  schwarze  Farbe,  bes. 
Dinto:  Im  Mittelalter  der  Stein  der  Weisen. 

AtntOy  FIuss  im  südamerikan.  Freistaat 
Keognmada,  entspr.  auf  der  westl.  Cor- 
dillere,  mündet  in  den  Golf  tou  Darien, 
66  M.  lang  (i2  M.  schiffbar).  Vermittelst 
desselben  ist  eine  Kanalverbindnng  mit  dem 
^  stillen  Meer  ausführbar. 

A  tre  (ital.),  zu  dreien;  a  tra  mani,  zu 
drei  Händen;  atrevoei(parU),  dreistimmig. 

Atreblt«s  (a.  G.),  Volk  in  GaUia  belgica, 
mit  der  Hauptstadt  Nemetacum  (].  Arras); 
siedelte  zum  Theil  nach  England  über. 

Atreile  (gr.),  Undnrchbohrtsein,  Missbil- 
dnng,  bei  welcher  natürliche  Oeffnungen  des 
Körpers  geschlossen  sind,  entweder  angebo- 
ren (After,  Scheide  etc.),  oder  durch  Krank- 
heit erworben;  meist  schwierig  zu  beseitigen. 

Atztniy  Sohn  des  Pelops,  Enkel  des  Tan- 
talns  und  Bruder  des  Thyestes,  ward 
Herrscher  in  Mycenä,  wo  Thyestes  seine 
Gattin  verführte.  Dies  der  Anfang  jener 
Reihe  Ton  Grenelthaten  im  Hause  des 
Tantalns,  die  den  alten  Tragikern  reichen 
Stoff  dargeboten  haben.  A.  ward  Ton 
Aegiathus  getödtet.  Seine  Söhne  (Atridtn) 
sind  Agamemnon  und  Menelaus. 

AirliiilexJD.  (Melde),  Pflanzengattung  der 
Chenopodeen.    A.  ualimus  X.,  Metrmelde, 


MeerportulaXf,  als  Gtemüse  in  England,  Hol- 
land nnd  Portugal  benutzt.  A.  hortensii 
L.,  Garten'  oder  Zuekermeldet  toilder  ßpintd, 
in  ganz  Europa  als  Gemüse  kultiyirt.  Von 
A.  portulacoides  L*,  Ibrtulakmelde ,  an 
europ.  Meeren,  werden  die  Jungen  Sprossen 
wie  Kapern  eingemacht. 

Atrium  (lat.),  der  rordere  Hauptraum  der 
altröm.  Häuser,  wohin  die  ringsum  gmp- 
plrten  Wohngemächer  ihren  Ausgang  hat- 
ten, Versammlungsort  der  Hansgenossen; 
der  mit  Säulen  umgebene  Vorhof  der  alt- 
christl.  Basiliken. 

Atropa  X.  (Tolüerata,  Toükireehe),  Pflan- 
zengattung der  Solaneen.  A.  Belladonna  L,, 
gemeine  ToUkireehe,  Woifttouth,  Tett/dt' 
kireche,  in  Gebirgswäldem  Mittel-  und  Süd- 
europas, eine  der  gefährlichsten  Giftpflan- 
zen; Wurzel  und  Blätter  ottcinell.  Wirkung 
scharf  narkotisch.    S.  Atropin, 

Atrop«t6ne  (a.  G.)>  der  nordwestl.  Theü 
Yon  Persien  (Alpenlaad  von  Aserbeidschan). 

AtropUe  (gr.).  Zustand  aufgehobener  Er- 
nährung des  ganzen  Körpers  oder  einzelner 
Theile  desselben. 

Atropin  (Daturin),  Alkalotd,  wirksamer 
Bestandtheil  der  Belladonna  und  des  Stech- 
apfels, krystallisirt  in  farblosen  Nadeln,  ist 
in  Wasser  schwer,  in  Alkohol  leicht  löslich, 
wird  in  der  Augenheilkunde  und  gegen 
Nervenübel  angewandt,  hebt  die  giftigen, 
aber  nicht  die  schmerzstillenden  Wirkungen 
des  Morphiums  auf  und  wird  deshalb  bäuflg 
zugleich  mit  letzterem  angewandt. 

AtrSpoiy  eine  der  drei  Parzen  (s.  d.). 

XUcmMi(Aehin,  Aehan),  malayisches  Sul- 
tanat im  K.  von  Sumatra,  1200  QM.,  fast 
ganz  unbekannt;  die  Hauptet.  A.  38,000  Ew. 

Atselünsky  Stadt  im  ostsibir.  Gout.  Jen!« 
seisk,  amTschulym,  2700  Ew.,  Durchganga- 
punkt  für  alle  lÄndtransporte. 

Attftf  Titue  Quinctius,  röm.  Komödien- 
dichter,  t  um  100  T.  Ohr.  Bruchstücke  in 
Bibbeck,  ,Comicor.  roman.  Fragm.',  1865. 

AttMCAjital.,  Mus.),  hänge  an;  Bezeich- 
nung am  Ende  eines  Satzes ,  dass  der  fol- 
gende sofort  begonnen  werden  soll. 

AttaehemeBt  (fir.,  spr.  -tasch^mang),  As- 
hän^chkeit,  Zuneigung;  aUaehiren,  sieh 
an  Jemanden  anschliessen.  Aitaehd,  eia 
Jemandem  Beigegebener,  angehender,  einer 
Gesandtschaft  beigegebener  Diplomat. 

Atteignamt  (spr.  -tänjang),  Oabrid  CkarU§ 
de  V,  franz.  Lyriker,  geb.  1697  zu  Paris, 
t  10.  Jan.  1779  als  Kanonikus  zu  Rheima. 
,Po6s!e8<  (1757,  4  Bde.,  Auswahl  1810). 

Attike  (fir.),  Angriffsbewegung  gegen 
den  Feind,  um  denselben  durch  Waffen- 
gewalt aus  seiner  Stellung  zu  vertreiben, 
wird  nur  von  der  Infanterie  und  Kavalleiie 
gebraudit;  aUakiren,  angreifen. 

AttSlnik  Name  mehrerer  Könige  Ton  Per- 
gamus:  A.  I.,  reg.  seit  241  v.  Chr.,  er- 
weiterte durch  Siege  (229)  über  Antioohus  IL 
Ton  Syrien  fein  (Gebiet,  verbündete  sich, 
Ton  Antipchus  HI.  und  Philipp  HL  von  ' 
Macedonien  bedrängt,  mit  den  Römern; 
f  noch  vor  der  Schlacht  bei  CynoscephaU 
(197).  —  A,  IL  Fhiladelphns,  Sohn  des  Vor., 
folgte  159  seinem  Bruder  Eumenes  in  der  j 


15S 


Attelage  —  Attribut. 


Xegiemncr,  ebenfalls  Verbündeter  der  B5- 
mer,  f  138.  —  A.  ITI.  Fhilometor,  Neffe  and 
Nachfolger  des  Vor.,  yerflel  in  Schwermnth, 
f  ISS,  nachdem  er  In  seinem  Testament  die 
Römer  als  Erben  seines  Reichs  eingesetzt 
hatte.  Alle  3  Fürsten  waren  Beförderer 
der  Künste  nnd  Wissenschaften.  Vgl.  We- 
gener,  ,De  aola  Attallca  etc.*,  18S6. 

AttelAg6(flr.,  spr.  Att'lahsch),  Bespannung, 
Insbes.  das  Geschtrrvresen  bei  der  Artillerie 
und  dem  Train,      [berg,  Kr.  Olpe,  17S4  Ew. 

Attendorn.  Stadt  im  prenss.  Regba.  Ams- 

Attenens  (lat.),  Zubehör.      [merksamkeit. 

Attent  (UtOf  aufmerksam.   Attention,  Anf- 

Attentit  (lat.)i  Versuch  einer  gesetzwi- 
drigen Unternehmung,  insbes.  mlssglückter 
Versuch  sa  Ermordung  einer  hervorragenden 
Person.  AttetUire»,  ein  Verbrechen  yorha- 
t>en;  in  eines  Andern  Rechte  eingreifen. 

Atterbom,  Peter  Daniel  Ätnadetu,  schwed. 
pichter,  geb.  19.  Jan.  1790  im  Kirchspiele 
Asbo  in  Ostgothland,  seit  1828  Prof.  der 
Philosophie  zu  Upsala;  f  in  Stockholm  26. 
^  Juli  1855.  Führer  der  romant.  Dichterschnle 
in  Schweden  (Phosphoristen).  Hauptwerk 
die  lyrisch-episoh-dramat.  Dichtung  ,Lyck- 
zalighßtens  O'  (1824—27,  deutsch  ,Die  Insel 
der  Glückseligkeit^,  1831<-3S,  2  Bde.).  .Sam- 
lade  Dikter*  (1836— S7,  2  Bde.).  Verdienst- 
Toll  auch  die  Schilderung  yon  Schwedens 
Sehern  und  Oichtem  (,8yeriges  Siare  och 
JSkalder*  (1841—56,  6  Bde.). 

Atterration  (lat.,  Atterrieeement,  fir.,  spr. 
-Iss'mang),  Anschwemmung  yon  Land. 

Attenee  (Kammereee),  See  in  Oberöster- 
reich, 2>/4  M.  lang,  Vs  M.  breit,  ISOO'  tief; 
Im  Südwesten  der  Schafberg. 

AttSst  (Atteatat,  lat.) ,  schriftUohes  Zeug- 
niss :  atteatiren,  ein  solches  ausstellen. 

Attiea.  Staat  des  alten  Griechenland,  die 
güdöstl.  Halbinsel  des  eigentl.  Hellas,  etwa 
40  QM. ;  gebirgig  (Oithäron,  Farnes),  wasser- 
arm, aber  mit  mildem  und  gesundem  Klima 
nnd  frühzeitig  (nach  der  Sage  zuerst  durch 
Oecrops  1550  y.  Ohr.)  kultivirt;  bes.  reich 
an  Oliyen.  Hauptst.  Athen.  174  Ortschaften 
(Demen).  Vgl.  Leake,  ,Die  Demen  Von  A.*, 
deutsch  Ton  Westermann  1840;  Bou,  ,I>ie 
I>emen  yon  A.',  1846.  Die  fi^genw&rtige 
K&marehie  A.  mit  BHotien  116,7. QM.  und 
116,024  Ew.    Hauptstadt  Athen. 

Attichy  Ackerhollunder  (Sambucus  ebulus). 

AtticisninSy  das  Streben  späterer  griech. 
Schriftsteller,  in  acht  attischer  Form  zu 
schreiben ;  der  dem  attischen  Dialekte  eigen- 
fhümliohe  Wohlklang. 

Attl'cnSy  Titus  Pomponius,  edler  Römer, 
geb.  109  y.  Ohr.,  lebte  den  Wissenschaften 
nnd  seinen  Freunden  (darunter  Oicero,  z. 
dessen  ,Eplstolae  ad  Atticum')»  übte  aber 
durch  seinen  Verkehr  mit  den  ersten  Staats- 
männern auch  Einflnss  auf  den  Ghtng  der 
öffentl.  Angelegenheiten  aus ;  f  32  y.  Chr. 
Biogr.  yon  Cornelius  Nepos,  Vgl.  fiitUemonn, 
,Diatribe  in  T.  P.  A.»,  1838. 

Attlgny  (spr.  -tinji) ,  Stadt  im  franz.  De- 

Sart.  Ardennen,  an  der  Alane,  1470  Ew. ;  im 
Elttelalter  Attiniacum,   zeitweil.   Residenz 
der  firänk.  Könige ;  Witteldnds  Taufe  785. 
^Aitilft^    König  der  Hunnen,    Sohn   des 


Mnndzuk,  folgte  438  n.Chr.  seinem  Oheim 
Rugilas  in  der  H6rr8chaft  über  die  Hunnen 
In  den  Ebenen  Pannoniens,  yereinigta  die 
hunnischen,  scythischen  und  germanischen 
St&mme  yon  der  Wolga  bis  tief  nach  Deutsch- 
land hinein  zu  einem  seiner  Herrschaft  un- 
terworfenen Völkerbunde.  Nachdem  er 
darauf  die  illyrisch  -  thracische  Halbinsel 
bis  in  die  Nahe  yon  Konstantinopel  yer^ 
beert  und  yon  Theodosius  II.  einen  jährL 
Tribut  yon  2100  Pfd.  Gk>ld  erzwungen  hatte, 
brach  er  451  mit  dem  Heerbann  der  Hunnen 
nnd  der  ihm  gehorchenden  andern  Völker 
yon  seinem  Ebtnptsitse  in  der  Gegend  des 
heutigen  Tokai  auf,  vurchzog  Norioum, 
Vindellcien  und  Alemannien  und  drang  in 
Gallien  ein ,  erlitt  aber  auf  den  catalaun. 
Feldern  (bei  Chälons  sur  Marne)  yon  den 
yereinigten  Westgothen,  Franken,  Sachsen 
nnd  andern  Völkerschaften,  welche  der 
weström.  Feldherr  A6tius  yereiuigt  hatte, 
^ne  entscheidende  Niederlage  und  ging 
über  den  Rhein  zurück.  Im  Frühjahr  452 
drang  er  in  Oberitalien  ein,  kehrte  aber, 
durch  eine  Seuche  oder  durch  den  röm. 
Bischof  Leo  I.  bewogen,  plötzlich  um  und 
f  in  seinem  Stnndlager  in  Pannonien  (454). 
In  der  Sage  lebte  er  als  Etzel  oder  Qode- 
gisel  (d.  i.  Gtottesgeissel)  noch  lange  fort. 
Vgl.  über  ihn  die  Werke  yon  Klemm  <1827), 
Thierry  (1852,  deutsch  1865),  HcMge  (1862). 

Atttughavsen 9  Gerhard  von,  1206  Land- 
amman des  Kantons  Uri,  einer  der  Begründer 
der  schweizer.  Eidgenossenschaft. 

Attirail  (fr.,  spr.  -tiralj),  die  Geschirr- 
nnd  Reitzeugstacke  J>ei  der  Artillerie  und 
dem  Kriegsfahrwesen. 

Attis  (Altes,  Atys),  Sohn  des  Oalaus,  Kö- 
nigs yon  Phrygien,  ward  entmannt  und 
yom  Tode  wieder  auferweckt,  seitdem  steter 
Begleiter  der  Cybele.  Der  Mythus  symboll- 
sirt  das  Ruhen  der  Vegetation  im  Winter 
und  deren  Erwachen  im  Frühling  ohne  Bo- 
firuchtung  durch  zeugende  Kraft. 

Attischer  Dialekt,  s.  Qrieehinche  Spraehe, 

Attitüde  (fr.,  spr.  -tühd),  Haltung  des  Kör- 
pers, bes.  in  artist.  Hinsicht  Stellung  leben- 
der Figuren  als  Ausdruck  eines  bedeutungs- 
yoUen  Lebensmoments.  Vgl.  Ld>endt  Bilder^ 

Attok  (Atak),  Festung  am  Indus  im  Pend- 
schab, der  Kabulmündung  gegenüber,  2000 
Ew.;  seit  alter  Zeit  der  Schlüssel  Indiens. 

Attorney  (engl.,  spr.  Aettömi),  in  Eng- 
land Bezeichnung  dexjenigen  Rechtsanwälte, 
welche  bei  den  öffentl.  Gerlchtsyerhandlnn- 
gen  nicht  plaidoyiren,  aber  unmittelbar  mit 
dem  Klienten  yerkehren,  Vorstellungen  and 
Schriften  für  ihn  einreichen  nnd  in  der  Re- 
gel dem  Barrister  schriftl.  oder  mündl.  In- 
struktion ertlieilen.  Die  A.s  oder  Solieitora- 
bilden  eine  gesctilossene,  priyilegirte  Kor- 
poration, deren  Rechte  und  Pflichten  zuletst 
1843  festgestellt  wurden.  A,  general  (Kron- 
anwalt), der  in  Ciyilprozessen  die  Krone  yer- 
tretende,  auch  in  gewissen  Fällen  im  Namen 
derselben  Anklage  erhebende  Reclitsanwalt. 

Attrape  (lt.,  spr.  -trap),  Falle,  Schlinge, 
Täuschung;  attrapiren,  worüber  ertappen* 

Attribut  (lat.) ,  das  Beigelegte ;  In  der 
kaatiscben  Logik    eine   ans   den   wesent- 


Attrition  -—  Anctor. 


159 


Uchan  Merkmalen  eines  Begriffs  folgende 
Bestimmong;  in  den  bildenden  Künsten 
Zeichen  oder  Symbol,  wodurch  die  Bedeu- 
tung einer  Figur  hervorgehoben  wird. 
j^ribuiren,  beilegen,  suschreiben. 

Attrition  (lat.),  im  Lehrsystem  der  röm.- 
kathol.  Kirche  die  unvollkommene,  d.  i. 
ledigl.  durch  die  Furcht  vor  der  Strafe  her- 
Toxcerufene  Reue,  wogegen  Kontrition  (eon- 
tritlo  eordU)  die  voUkommene,  auf  sittlichem 
Grunde  beruhende  Reue.  [lauf. 

Attronpemeiit  (fr.,  spr.  -tmp^mang),  Auf- 

AtnreSy  vertilgter  Indianerstamm  am 
Obern  Orinooo;  Ort  das.,  mit  her.  Katarakt. 

Atwood  (spr.  Aettwud),  George,  engl.  Phy- 
siker, geb.  um  1745,  Prof.  der  Physik  zu  Cam- 
bridge, 1 1807.  Erfinder  einer  Fallmaschine. 

Atypisch  (gr.),  ohne  Bild,  unbUdllch; 
auch  form-,  regellos,  abnorm. 

Atyi.  8.  JtHa. 

AtseL  Elster;  auch  s.  v.  a.  Per&cke. 

Atsvogel,  Nesthocker,  die  im  Nest  auf- 
wachsenden Vögel,  welche  von  den  Alten 
gefuttert  (geätzt)  werden  müssen  (Raubvögel, 
Klettervögel,  Singvögel,  Tauben). 

An  (Aue),  Name  mehrerer  Flüsse  in  Kord- 
deutschland. Am  bedeutendsten  A.,  Keben- 
fluss  der  Weser,  mündet  bei  Nienburg,  15  M. 

Anb,  Stadt  im  bay er.  Regbz.  Unterfranken, 
an  der  würtemberg.  Grenze,  926  Ew. 

Anbade  (fr.,  spr.  Obahd),  Morgenstand- 
chen;  auch  Katzenmusik. 

Anbagne  (spr.  Obanj),  Stadt  im  ftranz. 
Dep.  Rhonemündungen,  7200  Ew.  Rothwein. 

Anbe  (spr.  Ohb),  rechter  Nebenfl.  der  Seine 
mündet  unweit  Mardlly;  25  M.  Danach 
ben.  das  Depart,  A.,  Theil  der  Champagne, 
209  QM.  mit  261,951  Ew.    Hauptst.  Troyes. 

Anber  (spr.  Obar),   Daniel    FranfoU   Ea- 

5rü,  her.  franz.  Opemkomi>onist,  geb.  29. 
an.  1784  zu  Cäen,  Schüler  von  Cherubini 
und  seit  1842  dessen  Nachfolger  als  Direktor 
des  pariser  Konservatoriums ;  seit  1857  auch 
kaiserl.  Hofkapellmeister.  Als  sein  Haupt- 
werk gilt  die  .Stumme  von  Portici*  (1828); 
noch  glücklicher  ist  er  im  leichten  komischen 
Genre,  wie  ,Fra  Diavolo*,  ,Der  schwarze 
Domino',  ,Manrer  und  Schlosser*,  ,Des  Teu- 
fels Anthell'  n.  a.  Diese  wie  viele  seiner 
andern  zahlr.  Opern,  z.  B.  ,Der  Schwur*, 
J>er  Schnee',  »Gustav  oder  der  Maskenball*, 
JMe  Krondiamanten*,  haben  sich  auf  dem 
Repertoire  der  meisten  Bühnen  erhalten. 

Anberge  (fir.,  Obersch),  Gasthaus;  Auber' 
tut,  Gastwirth. 

Anberlen^  Karl  Aug.,  Protestant.  Theolog, 
Vertreter  der  strenggläubigen  Richtung  in 
der  Exegese,  geb.  19.  Nov.  1824  zu  Fellbach 
bei  Caunstadt,  seit  1860  Prof.  zu  Basel. 
Sehr.  ,Die  Theosophie  F.  Chr.  Oetingers* 
(2.  Aufl.  1859);  ,Der  Prophet  Daniel  und 
die  Offenbarung  Johannis*  (2.  Aufl.  1857); 
»Schleiermacliex"  (1859);  ,Die  göttl.  OfTenba- 
rung.  ein  apologetVersuch*  (1861—64, 2  Bde.). 

Anblgn^  (spr.  Obinjeh),  Thiod»  Agrippe 
^,  latinisirt  Albinae»9,  ftranz.  Schriftsteller, 
geb.  8.  Febr.  1550  auf  dem  Schlosse  St.  Maury 
bei  Pons,  Heinrichs  IV.  Vertrauter,  Statt- 
halter der  Insel  016ron,  später  Viceadmlral 
▼on  Guyenii»  und  Bretagne;  f  au  Genf  29. 


April  1680.  Sehr.  «Bistoire'nnlTeneUe  1550 
bis  1601*  (1616-20,  SBde.);  ,Histoire  secr^te« 
(1729-Sl,  2  Bde.;  deutsch  von  Sviber  1780); 
,Tragiques*  (neue  Ausg.  von  Lo^wm  18Bo, 
8  Bde.) ;  ,Aventure8  du  baron  de  Foeneste* 
(neue  Ausg.  von  Afertm^  1855).  Sein  Sohn, 
Otnuia'nX  d'A.,  war  der  Vater  der  Marquise 
de  Maintenon  (s.  d.). 

Anbry  de  Kontdidler  (spr.  Obry  dö  Mong- 
didieh),  franz.  Ritter  zur  Zeit  des  Königs 
Karl  V.,  wurde  1371  von  Richard  de  Maoaire 
meuohling»  ermordet.  Letzterer  musste  mit 
dem  Hund  des  Ermordeten  ordalienmässig 
kämffen  und  unterlag  hierbei.  Dramatisch 
bearbeitet  ward  die  Sage  unter  dem  Titel 
,Der  Hund  des  A.  oder  der  Wald  bei  Bondy' 
auf  die  Bühne  gebracht,  wobei  ein  dressir- 
ter  Pudel  die  Hauptrolle  spielte.  Als  das 
Stück  auch  in  Weimar  zur  Aufführung  kom- 
men sollte,  legte  Goethe  die  Leitung  der 
Bühne  nieder. 

Anbry  -  Leeomte  (spr.  Obry  -  Lekongt), 
Hyacinthe  Loui*  Victor  Jean  Saptitte,  flranz. 
Lithograph,  geb.  81.  Okt.  1797  in  Nizza, 
lieferte  ausgez.  Blätter  (308)  nach  Raphael, 
G^rard,  Vemet  etc. ;  f  2.  Mai  1858  zu  Paris. 

Anbnm  (spr.  Oaböm),  Stadt  im  nord- 
amerikan.  Staate  Newyork,  11,000  Ew.  Im 
Gefängniss  das.  wurde  das  auburn^he  System 
(Nachts  Einzelhaft,  Tags  über  unter  Schwei- 
gen gemeinsame  Beschäftigung)  zuerst  ein- 
geführt. 

Anbiuson  (spr.  Ohbüssong),  Stadt  im  flranz. 
Depart.  Oreuse  (Marche),   an   der  Creuse, 
6060  Ew«    Ber.  Teppiche. 
.  A.  n.  e.  (abbr.),  anno  urbi»  conditae,  im 
Jahr  nach  Erbauung  der  Stadt  (Rom). 

Aneeps  (lat.),  Vogelsteller,  Fink  1er. 

Anch  (spr.  Ohsch),  Hauptst.  des  franz. 
Depart.  Gers  (Gasoogne),  am  Gers,  12,000  Ew. 

Anekluid  (spr.  Oakländ),  Hauptstadt  der 
brit.  Kolonie  Neuseeland,  auf  einem  Isth- 
mus der  Nordinsel,  17,606  Ew. 

Aneklsnd  (spr.  Oakländ),  WiUiam  Eden, 
Lord,  engl.  IMplomat  und  Staatsmann,  geb. 
1745,  1779—82  Oberstaatssekretär  in  Irland, 
seit  1785  Gesandter  in  Versailles,  Madrid, 
Holland,  1801  Generalpostmeister;  f  ^-  ^^ 
1814.  Sehr.  ,Prinoiple8  of  penal  law*  (1771); 
,Joumal  and  correspondence*  (1860  —  62, 
4  Bde.,  herausg.  von  s.  Sohne  Robert  John  A,), 
Sein  Sohn  Georg  Eden,  Lord  A.,  geb.  25. 
Aug.  1784,  im  Oberhause  einer  der  Führer 
der  Whigpartei,  1835—88  Gteneralgouvemeur 
von  Ostindien,  sohloss  das  Bündniss  mit 
Rundschit-Singh  und  führte  den  unglückl. 
Krieg  mit  den  Afghanen,  1839  zum  Grafen 
von  A.  ernannt,  seit  1846  erster  Lord  der 
Admiralität;  f  1-  Jan-  1849. 

AneklnndimmlB  (spr.  Oakländs-),  austral. 
Inselgruppe,  südl.  von  Neuseeland,  unbe- 
wohnt, aber  anbaufähig,  von  England  ans 
neuerdings  zur  Kolonlsimng  bestimmt. 

An  eontnire  (fr.,  spr.  o  kongträr),  im 
Gegentheil. 

An  conrant  (fkr.,  spr.  o  knrang),  im  Laufe 
einer  gewissen  Zeit;   im  laufenden  Preise; 
a.  c.  *ein,  mit    dem  Laufenden  oder  dem 
Stande  einer  Sache  eto.  vertraut  sein. 
'    Anctor  (lat.),  Urheber,  in  der  RechtiK 


1^0 


Aadace  —  Auerbadi. 


spr&ohe  Der,  welcher  ein  Seeht  oder  elnea 
Besiti  durch  Verkauf  etc.  auf  einen  Andern 
überträgt,  und  von  dem  der  letitere  rer- 
langen  kann,  dass  er  ihn  gegen  Bean- 
spruchung eines  besieren  Rechts  durch 
Dritte  sicher  stelle.  AMciori$  nominaHo, 
Kennung  des  A.s,  im  OiTilprosesse  die  Br- 
klarung  des  Beklagten,  dass  er  bei  dem  an- 
gebrachten Klaggegenstande  nicht  im  eig- 
nen, sondern  im  Kamen  des  eigenfl.  Urhe- 
bers, Bigenthümers  oder  Gew&hrleisters 
erscheine,  kommt  am  h&uflgsten  vor,  wo 
Jemand  wegen  einer  Sache,  die  er  in  frem- 
dem Kamen  besitat,  verklagt  wird.      [kühn. 

Audaee  (ital.,  spr.  -datsche,  Mus.),  feurig, 

Ande  (spr.  Ohd),  Küstenfl.  im  südl.  Frank- 
reich, entspr.  in  den  Ostpyrenäen,  mündet 
ins  IMUttelmeer,  80  M.  Danach  benannt  das 
Deport.  A.,  TheU  von  Languedoc,  114  QM. 
mit  288,6S6  £w.    Hauptst.  Oarcassonne. 

Andeoert  (spr.  Ohdbähr) ,  Jmh  M^ptUU, 
franz.  Katurforscher  und  Maler,  geb.  1759 
SU  Rochefort,  f  1800 ;  brachte  die  Illumina- 
tion KU  hoher  Vollkommenheit.  Sehr.  ,Hist. 
naturelle  des  sings,  des  makls  etc.*  (1800), 
,Hist.  des  colibrla'  (1608),  ,Hist.  des  grim- 
pereaux  et  des  oiseaux  de  paradis'  (1803), 
letztere  beiden  ToUendet  Ton  Desrap. 

Andh  (Oude),  ehem.  Königreich  in  Ost- 
indien, im  mittlem  Grangesgebiet,  1317  QM., 
4—8  Mill.  Ew.;  Hauptst  Lakhno.  Früher 
brit.  Schutzstaat,  nach  der  gewaltsamen 
Absetzung  des  Königs  (Aridschul-AIt)  1856 
der  brit.  Präsid.  BengiUen  einverleibt.  1857 
Hauptstütapunkt  der  Insurrektion. 

Andieneia  (span.),  Gerichtshof. 

Audientes  (lat).  Hörende,  in  der  alten 
Kirche  s.v.  a.  Katechumenen ;  auch  Büssende. 

Andienx  (lat.).  Gehör,  Vorlassung  bei 
Fürßten  und  sonstigen  hochgestellten  Per- 
sonen (daher  A.  erhalten);  früher  auch  G^ 
richtssitznng,  bes.  bei  dem  Reichskammer- 
gericht und  den  franz.  Parlamenten. 

Audiflredi,  Giov.£atti%ta,  ital.  Bibliograph, 
geb.  2.  Febr.  1714  zu  Saorgio  bei  Kizza,  f 
8.  Juli  1794  als  Dominikanermönch  und  Auf- 
seher der  casanatischen  Bibliothek.  Sehr. 
den  Katalog  Jener  Bibliothek  (1761  —  88» 
4  Bde.);  auch  als  Astronom  thätig. 

Anditevr  (fr.,  spr.  Oditöhr),  beim  Militär 
der  den  Regimentern,  Brigaden  u.  Divisionen 
beigegebene  Rechtsverständige,  welcher  bei 
vorkommenden  Untersuchungen  das  Tech- 
nische des  Rechtsganges  leitet. 

Auditor  (lat.),  eigentl.  Zuhörer,  in  der 
mittelalterl.  Gerichtssprache  dasjenige  Mit- 
glied eines  Gerichts,  das  die  Parteien  zu 
vernehmen  hatte ;  gegenwärtig  in  Deutsch- 
land Aspirant  zum  Mntritt  in  den  Justiz- 
dienst, der  an  den  Geschäften  u.  Verhand- 
lungen einer  Justizbehörde  TheU  nimmt, 
aber  ohne  Sitz  u.  Stimme.  Vgl.  Atuikultator. 

Aiidit5rl«m  (lat.),  Hörsaal;  auch  die  zu- 
hörende Versammlung  selbst. 

Audouin  (spr.  Oduäng) ,  Jean  Victor, 
franz.  Katurforscher,  geb.  27.  April  1797  zu 
Paris,  seit  1833  Prof.  am  naturhistor.  Mu- 
seum das.,  ausgezeichneter  Entomolog;  t9. 
Kov.  1841.  Sehr.  ,Recherches  pour  servlr 
h  rhlstoire  naturelle  du  Uttorale    de  la 


Vranoe*  (1880,  9  Bde.)  und  «Histoire  des  In- 
seetes  nuisibles  k  la  vigne*  (1843). 

A«dran  (spr.  Odrang),  berühmte  frans. 
Künstlerfamilie,  daude  A.,  geb.  1599  au 
Paris,  t  1677  <^>  Prof.  zu  Lyon,  und  s^n 
Bruder  Oharlet  A.,  geb.  1594  zu  Paris,  f  das. 
1674,  als  Kupferstecher  ausgezeichnet.  Die 
beiden  Söhne  des  erstem,  GtrmainA,,  geb. 
SU  Lyon  1631,  t  1710,  und  Oirard  A.,  geb. 
9.  Aug.  1640  zu  Lyon,  f  1703  zu  Paris,  eben- 
falls ausgezeichnete  Kupferstecher,  bes.  letz- 
terer im  histor.  Genre  hervorragend  (Le- 
bruns Werke),  während  ein  dritter  Bruder, 
Olawde  A,»  geb.  1644,  f  1684,  als  Maler  in 
Paris  thätig  war.  CSattde  A.,  geb.  zu  Lyon 
1658,  t  1734,  Sohn  von  Germain  A.,  nam- 
hafter Ornamenten-  und  Groteakenmaler, 
und  seine  Brüder,  Jean  A.,  geb.  1667,  f  1756, 
und  Louis  A.,  geb.  zu  Lyon  1670,  f  1<19  zu 
Paris,  wieder  treffliche  Kupferstecher, 
Schüler  ihres  Oheims  G6rard. 

AudseUl«  (üdsohila),  Oase  der  ösia. 
Sahara,  südl.  von  Barka,  von  Tripolis  ab- 
hängig.   Berühmte  Datteln. 

Audnbon  (spr.  Odübong),  John  Jameg, 
nordamerikan.  Omitholog,  geb.  4.  Mai  1780 
in  Louisiana,  befkihr  die  Ströme  u.  Flüsse 
des  Westens,  um  die  Vögel  zu  beobachten 
und  zu  zeichnen;  f  27.  Jan.  1851  zu  Kew- 
york.  Sehr.  ,Birds  of  America'  (1826—39, 
4  Bde.,  435  Tafeln;  3.  Aufl.  1864,  6  Bde., 
500  Tafeln  kolor.  Abbildungen) ;  ,The  Qua- 
drupeds  of  Korth-America'  (1843— 50,  3 Bde.; 
9.  Aufl.  1854).  Vgl.  8t, 'John,  ,A.S  1855;  JBu- 
ehanan,  ,A.',  9.  Aufl.  1869. 

Aue  9  Borgst,  im  sächs.  Regbz.  Zwickau, 
an  der  Mulde,  9040  Ew.  Die  dortige  Grube 
weisser  Porzellanerde  ist  Jetzt  erschöpft. 

Ane,  Hartmann  von,  s.  Hartmann, 

Auenbnigger  von  Auenbmg,  Leopold,  Arzt 
am  span.  Hospital  zu  Wien,  geb.  1799  zu 
Graz,  t  ISO^'  Erfinder  der  Perkussion  der 
Brust  (1754).  Sehr.  ,Inventum  novum  ex 
percussione  thoracis  humani  intemi  pecto- 
ris morbos  detegendi'  (1761). 

Aner,  Alop»,  um  die  Typographie  verdien- 
ter Mann,  geb.  11.  Mai  1813  zu  Wels ,  seit 
1841  Direktor  der  k.  k.  Hof^  und  Staats- 
druckerei in  Wien,  die  unter  ihm  zu  einem 
der  grossartigsten  Etablissements  aufblühte, 
Erfinder  des  Katurselbstdrucks  u.  mehrerer 
Pressen;  f  !!•  Joli  18^  in  Wien.  Schrieb 
frans,  und  ital.  Sprachlehren,  ,Entdeckung 
des  Katurselbstdracks*  (1856),  «Geschichte 
der  wiener  Staatsdruckerei*  (1851) ;  gab  meh- 
rere typograph.-lingnistische  Werke  heraus. 

AuerbaeJiy  1)  Stadt  im  sächs.  Regbs. 
Zwickau,  im  Voigtland,  an  der  Göltzsch. 
4477  Ew.  Industrie  in  Baumwolle.  —  9) 
Stadt  Im  bayer.  Regbz.  Oberpfalz,  1696  Ew. 
In  der  Kähe  zahlreiche  Versteinwungen 
und  unterirdische  Gänge,  z.  B.  das  Wlnd- 
und  Rauchloch.  —  3)  Dorf  in  der  hess. 
Prov.  Starkenburg,  an  der  Bergstrasse; 
grossherz.  Lustschloss ,  Gesundbrunnen, 
1480  Ew.    Dabei  Ruine  Auerberg, 

Auerbach,  Berthold,  Romanschriftsteller, 
geb.  28.  Febr.  1812  zu  Kordstetten  im  w1^- 
temberg.  Schwarzwald,  Jüdischer  Herkunft^ 
machte  Jüd.-theol.,  philosoph.  u.  gesohlohtl. 


Auerberg  — -  Au  fait. 


161 


Studien,  wandte  sich  dann  ganx  der  literar. 
Thitigkelt  sn ;  lebte  in  Dresden,  Berlin  und 
and.  Orten ,  in  den  letzten  Jahren  am  Bhein 
bei  Bonn.  Bes.  hervorragend  aU  Begründer 
der  sogen.  Dorfgesobfchte:  ,Sohwar2w&Ider 
Porfgeschichten*  (1843—64,  4  Bde.),  ,Bar- 
füssele*  (1856),  ,Joseph  Im  Schnee*  (1860), 
jEdelwelss'  (1861):  sehr,  ansserdem  die  Ro- 
mane jSpinoca*  (1897),  .Dichter  u.  Kanfmann* 
äl83e),  ,Neaes  Leben*  (1869),  ,Aiif  der  Höhe* 
1865),  ,Da8  Landhans  am  Bhein*  (1869); 
brner  das  Drama  ,Andree  Hofer*  (1850),  ,Der 
Wahrspmeh*  (1859),  ,8ehatik&Btlein  des  Ge- 
Tattersmanns*  (1866),  ,Tagebuch  aus  Wien* 
(1849),  ,Deut8che  Abende*  (1861— 67,  9  Bde.) 
und  mehrere  kleinere  Schriften;  Heraosg. 
des  Yolkskalenders  ,Der  Gerattersmann* 
(1846—48),  des  JDentschen  Familienkaien- 
den*  (1858)  nnd  jDenteohen  Yolkskalenders* 
(1859—69).  Gesammelte  Schriften  (neue  Ausg. 
1861—64,  22  Bde.). 

Auerberg  (Jo*eph»h9M),  Berg  Im  ünter- 
hars,  bei  Stolberg,  1852*,  mit  Anssiohtsthorm. 
AnerhahBy  Tetrao  Urogallus  L,,  Vogel 
ans  der  Familie  der  Feldhühner,  8— 4iV 
klafternd,  2^^— S'  1.,  19-16  Pfd.  schwer, 
Standvogel  in  den  Berg^waldem  des  mitt- 
leren EarojMis  nnd  Asiens,  wird  schädlich 
dnrch  Aasscharren  der  Holzsaaten  nnd  Ab- 
pressen der  S^ospen.  Gehört  znr  hohen 
Jagd  (Anerhahnsbalz  im  März  nnd  April). 

Anero^hs  (Ur,  üroeAa,  Bos  primigenitis 
Bojan),  der  in  historischer  Zelt  erst  aus- 
gestorbene, noch  zn  O&sars  Zeit  in  Deutsch- 
land n.  England  lebende  XJr  des  Nibelungen- 
liedes. Von  ihm  stammt  das  halbwilde  Rind 
in  den  Parks  von  Millingham  n.  a.  ab,  ebenso 
wie  mehrere  grosse  domestidrte  Racen, 
das  holsteiner,  Frieslandrind  u.  a.  Nicht 
zu  verwechseln  ist  hiermit  der  fälschlich 
anch  A.  genannte  Bos  europaeus  lüo.,  Bos 
urus  Nor  dm.,  der  Wuenl,  früher  in  Mittel- 
europa verbreitet,  Jetzt  im  Walde  von  Bialo- 
wicza  gehegt,  wild  im  Kaukasus;  das  grösste 
Ijandsaagethier  Europas,  10'  1.  und  6'  b. 

Anenbe^g«  einer  der  Hauptgipfel  des 
flachs.  Erzgebirgs,  bei  Eibenstock,  8132'. 

Auernerg,  Flecken  Im  österr.  Hersogthum 
Krain;  Stammschloss  der  Fürsten  von  A. 

Auerspergy  1)  Karl,  Fürtt  von  A.,  österr. 
TeldmarschallUeutenant,  geb.  21.  Okt.  1740, 
befehligte  1806  die  Kachhut  des  sich  zurück- 
siehenden Heeres,  liess  sich  26.  Nov.  von 
dem  französ.  Harschall  Lannes  durch  die 
Nachricht  von  einem  abgeschlossenen  Waf- 
fensttllstand  bewegen,  die  Donaubrücke  am 
Spitz  bei  Wien  nicht  abzubrechen,  so  dass 
die  Franzosen  Jenseits  feste  Stellung  nehmen 
konnten,  wurde  deshalb  vom  Kriegsgericht 
zur  Kassation  u.  Festungsstrafe  verurthellt, 
nachmals  begnadigt;  f  26.  Dec.  1822.  — 
8)  Anton  Alexander,  Graf  von  Ä.,  als  Dichter 
Anaglaaitu  Grün  gen.,  geb.  11.  April  1806  zu 
Ijaibach,  lebt  thells  auf  seiner  Besitzung 
Gurkfeld,  theils  in  Wien,  1848  (bis  Sept.) 
Mitglied  der  frankftirter  Nationalversamm- 
lung, seit  1860  Hi^lied  des  Reichsraths. 
Hervorragender  Lyriker.  Werke:  die  frel- 
flinnlgen  pollt.  Gedichte ,  Spaziergänge  eines 
wiener  Poeten*  (1881),   ,Schatt*  (1835)  und  | 

Meyers  Hand 'Lexikon. 


,Ctodlohte*  (1887) ;  ausserdem  ,Der  letzte JUt- 
ter*,  lyr. -epischer  Romanzencyklus  (|8n}, 
,Nibelungen  im  Frack'  (1843),  ,Der  Pfaff  vom 
Kahlenberg*,  ländl.  Gedicht  (1850),  ,yolkfl» 
lieder  aus  Krain*  (1850),  ,Robin  Hood*  (1864> 

AnentSdt.  Dorf  im  preuss.  Begbz.  Mene* 
bürg.  Kr.  Eokartsberga,  660  Ew.  Hier  14 
Aug.  1906  Bieg  der  Franzosen  unter  Davoust 
(daher  Eertog  von  A,)  über  die  Pre^ssen 
unter  Karl  von  Braunsohweig. 

Amnwaldy  l)  Hon«  Jakob  von  A,,  preuss. 
Staatsmann,  geb.  26.  Juli  1767,  war  1808—10 
Oberpräsident  von  Ostpreussen,  West* 
preussen  nnd  I4thauen,  1811  — 14  Landhof- 
meister des  Königreichs  Preussen,  nahm 
bedeutenden  Antheil  an  der  Neugestaltung 
des  Staats;  f  8.  AptU  1833.  —  2)  San»  Adolf 
Erdmann  von  J.«  preuss.  Generalmi^or,  Sohn 
des  Vor.,  geb.  19.  Okt.  1792  auf  dem  Gute 
Faulen  bei  Rosenberg  in  der  Prov.  Preussen, 
machte  die  Freiheitskriege  mit.  trat  1817 
in  den  Generalstab,  ward  1846  Brigade- 
kommandeur in  Neisze,  1848  in  Breslau, 
hielt  sich  als  Mitglied  der  deutschen  Na- 
tionalversammlung zur  Rechten,  wurde  18. 
Sept.  1848  in  der  Nähe  von  Frankfurt  von 
einer  Sohaar  Aufständischer  ermordet.  •^' 
3)  ^Mdo^von  A;  preuss.  Staatsmann,  Bruder 
des  Vor.,  geb.  1.  Sept.  1795,  focht  In  den 
Freiheitskriegen  mit,  wohnte  seit  18S7  den 
Landtagen  der  Prov.  Preussen  als  Abgeord- 
neter bei,  ward  1842  Regierungspräsident 
in  Trier,  Mars  1848  Oberpräsident  der 
Prov.  Preussen,  ftugirte  25.  Juni  bis  10. 
Sept.  d.  J.  als  Ministerpräsident  und  Mi- 
nister des  Auswärtigen,  kehrte  dann  als 
Oberpräsident  nach  Königsberg  zurück, 
war  1849  nnd  1850  Präsident  der  ersten 
Kammer,  sowie  des  Staatenhauses  zu  ErAirt, 
Juli  1850—61  Oberpräsident  der  Rheinpro- 
vinz, ward  6.  Nov.  1858  vom  Prinzregenten 
zum  Staatsminister  ohne  Portefeuille  er- 
nannt, trat  in  Folge  der  Annahme  des 
hagenschen  Antrags  im  Abgeordnetenhause, 
betreffend  die  Spedallsirung  des  Militär- 
etats im  Budget,  März  1861  mit  seinen 
Kollegen  zurück,  ward,  dem  König  per- 
sönl.  sehr  nahe  stehend,  sum  Oberburg^ 
grafen  von  Marienburg  ernannt ;  f  15.  Jan. 
1866.  —  4)  Alfred  von  A.,  Bruder  des  Vor., 
geb.  16.  Dec.  1797  zu  Marienwerder,  machte 
den  Feldzug  von  1815  mit,  stellte  auf  dem 
Hnldignngslandtage  von  1840  den  Antrag 
auf  Einberufung  der  seit  1816  verheissenen 
Reichsstände,  ward  1847  zum  Direkter  der 
Generallandsohaft  von  Ostpreussen  erwähltt 
stand  in  dem  vereinigten  Landtage  1847 
mit  an  der  Spitze  der  liberalen  Partei, 
übernahm  in  dem  29.  März  1848  von  Oamp- 
hausen  gebildeten  Kabinet  das  Linere, 
trat  14.  Juni  1848  mit  seinen  Kollegen  zu- 
rück, hielt  sich  dann  als  Mitglied  der 
Nationalversammlung  zum  rechten  Oen- 
trum,  gehörte  seit  1849  der  zweiten  preuss. 
Kammer  als  Abgeordneter  an  u.  bekämpfte 
im  Sinne  der  konstitution.  Linken  die  Politik 
Mant»uffels;  f  8*  J^li  1870.  Vgl.  Voigt,  »Bei- 
träge zur  Gesch.  der  Familie  von  A.*,  1824. 

A«  fkit  (fr.,  spr.  o  fäh),  im  Stende;  a. /. 
»ein,  mit  dem  Stende  der  Sache  bekannt  sem, 

11 


162 


Aufbereitung  —  Auflassung. 


Avfbereltmg)  Im  BergbauwMen  dleTrea- 
nung  der  nutabaren  Tossillen  resp.  Erse 
Ton  fremdartigen  BeitandtheUen,  geschieht 
meist  mechaDisch  diirch  Auslesen  (Ausklau- 
ben) oder  Slebsetien  und  Waschen  unter 
Benntiang  des  hohem  speo.  Gewichts  der 
nntsbaren  Minerallen.  Vgl.  OiUMuhmaMn, 
.Die  A.S  1858—70,  8  Bde. 

Anfbewalmuiar  der  LebennütteL  6ah- 
rvng  und  Fänlniss  yogetabillscher  nnd  thie- 
rischer  Stoffe  wird  yermieden  durch  Kalte 
(Lagerung  auf  Eis) ,  Entfernung  des  Was- 
sers rrrocknen  Ton  Fleisch,  Fisch,  Früch- 
ten, Gemüse,  Eiern,  Milch,  Einmachen  in 
Zucker,  Einpökeln),  Zusats  fEulnisswidriger 
Stoffe  (R&uchem,  Einmachen  In  Essig«  Alko- 
hol), Zerstörung  Torhandener  und  Abhal- 
tung neuer  Faolnisskeime  (Erhitzen  u.  Ein- 
schliessen  in  Flaschen  oder  Büchsen  nach 
Appert,  oder  Uebergiessen  mit  Fett). 

Aufbl&hen  (Trommel$ue?U,  Ju/lavfen, 
Bokdde,  VlMe,  Windsuchi),  Rinder-  und  Schaf- 
krankheit, wird  herrorgebracht  durch  Gäh- 
rungsgase,  die  sich  im  Magen  aus  den  Nah- 
rungsmitteln entwickeln,  yerläuft  sehr 
schnell  und  oft  tödtlich,  wird  bekämpft 
durch  Kohlensäure,  absorbirende  (Alkalien, 
Kalkwasser)  oder  Rülpsen  befördernde 
äussere  und  innere  Mittel. 

Aufboyen.  im  Seewesen  einen  im  Wasser 
sinkenden  Körper  durch  Befestigung  an 
einem  schwimmenden  (leere  Tonnen)  an  der 
Oberfläche  des  Wassers  erhalten. 

Aufbrauieiiy  Entweichen  frei  werdender 
Gase  aus  Flüssigkeiten,  z.  B.  beim  Ueber- 
giessen Ton  doppeltkohlensaurem  Natron  mit 
Weinsteinsäure  (Brausepulver). 

Aufbringen,  im  Seewesen  ein  feindliches 
Schiff  wegnehmen  und  in  einen  sichern 
Hafen  bringen. 

AufentbaltskArte,  polizeil.  Erlaubniss- 
schein zum  zeitweil.  Aufenthalt  an  einem 
Chrie,  zuerst  in  Frankreich  zur  Zeit  der  Re- 
volution eingeführt. 

Anfentehnng  (der  Todten,  des  Leibes 
oder  des  Fleisches),  die  dereinstijge  Wieder- 
herstellung des  im  Tode  aufgelösten  Meu- 
schenkörpers  und  seine  Wiedervereinigung 
mit  der  Seele  zu  neuem,  uhsterbl.  Leben, 
christliches  Dogma. 

-  Auffenbergy  Jouph,  FrHh,  von,  dramat. 
Dichter,  geb.  25.  Aug.  1796  zu  Freiburg  im 
Breisgau,  seit  1889  Hofmarschall  des  Gross- 
herzogs Ton  Baden;  f  zu  Karlsruhe  25. 
Dec.  1857.  Unter  seinen  (24)  Stücken  sind 
,Alhambra'  und  ,Das  Nordlicht  von  Kasan' 
hervorzuheben.  Werke  (1843—47,  22 Bde.; 
Auswahl  1850,  7  Bde.). 

Anflrischen  desBlutes,  in  der  Viehzucht 
die  Wiederanwendung  eines  m&nnl.  Zucht- 
tiiiers  derjenigen  Race,  von  welcher  die 
Veredlung  einer  Heerde  ausgegangen  oder 
die  ganze  Zucht  entstanden  ist. 

Aufitterang  der  Kinder.  Ernährung  der 
SäugUnge  ohne  Muttermilch,  geschieht  am 
besten  mit  guter  Eselsmilch.  Wo  diese 
fehlt,  mnss  gute  fette,  nicht  abgerahmte 
Kuhmilch  mit  gleich  viel  Wasser  verdünnt 
und  mit  Milchzucker  versüsst  werden.  Die 
Moharlaiuchen  Jfüchpulver  bezvrecken  einen 


Ersati  der  tn  rerdtbrnter  Kuhmilch  feh- 
lenden mineralischen  Stoffe  der  Mutter- 
milch. Gute  Resultate  gibt  auch  la^igr 
Suppe  (1  Loth  Mehl  mit  10  Lotb  Mflch  ge- 
kocht, auf  660  0.  abgekühlt,  mit  1  Lotb 
Malzmehl,  2  Loth  Wasser  u.  «5  Gran  llpro- 
oent.  Potaschenlfisung  rersetat,  nach  halb- 
stündigem Digeriren  gekochtu.durchgeseiht). 

Aufgang  der  Gesturney  Hervortreten  der- 
selben über  den  Horizont  des  Beobachters. 
Der  «cheinbare  A.  erfolgt  wegen  der  Bre- 
chung der  Lichtstrahlen  früher  als  der 
wahre  A.,  bei  welchem  der  Mittelpunkt  dea 
Gestirns  in  den  wahren  Horizont  eintritt. 

Anfj^bot.  Aufruf  der  gesammten  Wehr- 
kraft eines  Staats  zum  Schutze  des  bedroh- 
ten Vaterlandes;  Im  norddeutschen  Bunde 
als  erstes  und  aoeUes  A.  Theil  der  bewaff- 
neten Macht.  A.  (ProUasnation),  Bekannt- 
machung einer  beabsichtigten  ehelichen  Ver- 
bindung vor  versammelter  Kirchengemeinde, 
ward  auf  dem  2.  Laterankondl  11S9  zum 
Gesetz  erhoben,  von  derprotest.  Kirche  bei- 
behalten, von  der  griech.  nicht  angenommen. 

Anfgetriebenheft  (At^f treibung),  in  der 
Medicin  abnorme  Volumvergrössernng  des 
Körpers  oder  eines  Theils  desselben,  tritt 
an  Knochen,  Drüsen  und  andern  Weichthei- 
len,  bes.  der  Unterleibshöhle  und  im  Verlaui 
sehr  verschiedener  Krankheitsprozesse  auf. 

Aufgiessen  (It\fundiren),  in  der  Pharmacie 
Uebeii^iessen  eines  Arzneimittels  mit  Was- 
ser, um  die  wirksamen  Stoffe  auszuziehen. 
Die  nach  halbstündigem  Stehen  abgegossene 
Flüssigkeit  heisst  In/usum. 

Aufrassthierchen,  s.  v.  a.  Infusorien. 

Aufniggen.  im  Seewesen  kleinere  Lasten, 
besonders  die  Segel  mittelst  eines  Taues  in 
die  Höhe  ziehen. 

Aufkauf  (fr.  accaparement),  die  von  EUn> 
zelnen  (Spekulanten)  in  sehr  umfangreichem 
Masse  bewirkte  käufliche  Erwerbung  einer 
Waare  auf  einem  ganzen  Gebiete  ihrer 
Produktion,  ist  insofern  nicht  bedenklich,, 
als  Steigerung  der  Preise  an  einem  Orte 
entfernte  Gegenden  zur  Konkurrenz  einla- 
det, welche  bei  den  Jetzigen  Verkehrsmit- 
teln leiclit  zu  bewerkstelligen  ist. 

Aufkrimpen^  das  Herumgehen  des  Winde? 
von  W.  nach  O.,  bedeutet  meist  unbeständi- 
ges Wetter,  da  sehr  bald  die  entgegenge- 
setzte Bewegung,  das  Au/sehiessen ,  zu  ex- 
warten  ist. 

Aufkündigung,  s.  Kündigung. 

Auflägslgy  im  Bergwesen  Gruben,  die 
nicht  mehr  gebaut  vrerden. 

Auflage  9  Anordnung  eines  von  den 
Staats-  oder  Ortsbürgem  zu  entrichtenden 
Beitrags  zur  Bestreitung  der  öffentlichen 
Bedürfnisse  des  Staats  oder  der  Gemeinde, 
dann  dieser  Beitrag  selbst  (s.  Steuern);. 
richterlicher  Befehl,  durch  welchen  einer 
sfreitenden  Partei  etwas  auferlegt,  d.  h. 
befohlen  oder  untersagt  wird;  im  Buch- 
handel die  Gesammtzahl  der  von  einer 
Druckschrift  mit  dems.  Satze  gemachten  Ab- 
drücke, wird  meist  kontraktl.  bestimmt. 

kufltiUnngCresignatio  dominii  judieialis),. 
die  öffeutl.  Erklärung  des  Eigenthümers 
eines  Grundstücks,  dasB  er  sein  Recht  auf 


Auflegrung  der  Hände  —  Aufstedien. 


163 


dasselbe  auf  einen  gewissen  Anderen  über- 
trage, erfolgt  Tor  dem  Richter  und  leitet 
die  nach  deutschem  Rechte  erforderliche 
oiFenlnindige  Erwerbung  des  rollen  Grund- 
elgenthums  durch  gerichtl.  Einweisung 
(Investitur)  ein. 

IvflegiiBg  der  HSnde,  Gebrauch  bei  reli- 
glöser  Weihe  u.  Segnung,  fand  vom  Juden- 
thum  ins  Ohrlstenthum  Eingang. 

AMtlieg9n.(DureJdiegen,  decubitus),  Wund- 
werden an  denjenigen  Stellen,  wo  ror- 
sprlngende  Knochenfheile  dicht  unter  der 
Haut  liegen,  schmerzliches  und  geflLhrliches 
Leiden  bei  langwierigen  Krankheiten,  muss 
durdi  passende  lii^rerung  auf  Matratzen, 
Luftkissen  etc.,  durch  Reinlichkeit,  und  wenn 
eingpetreten,  durch  Salben  und  geeignete 
WMchnngen  bekämpft  werden. 

AirflSeende  Mittel  (BesdvenHa) ,  in  der 
Heilkunde  solche  Mittel,  durch  welche  irgend 
eine  krankhafte  Yerlübrtnng  beseitigt  wird. 

AvflSnmgy  in  der  Chemie  Vereinigung  eines 
f(Mten  oder  gasförmigen  Körpers  mit  einem 
flflssigen  ohne  chexnische  Zersetsung.  Die 
Flüssigkeit  helsst  XSsunpsmiMel,  und  die  L6e- 
Uehkeit  wächst  in  der  Regel  mit  der  Tem- 
peratur. Eine  Lösung  heisst  ge»ätHat,  wenn 
ne  so  viel  Substanz  enttUUt,  als  sich  bei  der 
herrschenden  Temperatur  in  der  Flfissigkeit 
lOsen  kann.'  Beim  Verdunsten  oder  Ab- 
kühlen gesättigter  Lösungen  scheidet  sich  in 
der  Regel  der  gelöste  Körper  krystalliniseh 
oder  amorph  ab.  UebertäUiffte  Lösungen, 
die  unter  bestimmten  Bedingrungen  entstehen, 
enthalten  abnorme  Mengen  gelöster  Stoffe 
und  scheiden  gewöhnlich  beiErschflttemngen 
den  Ueberschuss  an  letztem  aus.  In  der 
Jfedioin  ist  A.  Zersetzung  innerhalb  des  Or- 
ganismus ^aulfleber,  Sepsis)  oder  s.  ▼.  a. 
Tod  oder  Fäulnlss;  In  der  n%erapie  die  Be- 
seitigung abnormer  Verhärtungen  oder  An- 
achwellungen  durch  Arzneimittel. 

kvtmtxtehf  im  taktischen  Sinne  die 
Bntwicklung  einer  Marschkolonne  in  die 
Front-  oder  Schlachtlinie,  geschieht  ent- 
weder durch  Frontmachen  oder  Einschwen- 
ken, wobei  die  im  Flankenmarsch  begriffene 
Kolonne  Halt  macht  und  einschwenkt  (Front 
macht),  oder  durch  ETentallliren|,  wobei  die 
binteren  Züge  der  Kolonne  schräg  (fächer- 
artig) in  die  Front  vorrücken,  oder  durch 
Deployiren,   wobei  die  Züge  der  Kolonne 

Sarallel  zur  Frontlinie  (Alignement)  aus  der 
lolonne  vorrücken  und,  wenn  sie  in  der 
Höhe  des  von  ihnen  einzunehmenden  Platzes 
angelangt  sind,  mittelst  Frontwendung  in 
die  Frontlinie  anrücken.  Jn  strategischem 
Sinne  ist  A.  die  Ankunft  der  verschiedenen 
Heeresabtheilungen  auf  dem  zur  gemein- 
samen Operation  ausersehenen  Punkte. 

Aafjpauflen  (Aufpatroniren,  Aufpudern), 
mechanisches  Uebertragen  von  Zeichnungen 
mit  Schablonen,  mit  Hülfe  von  abfärbendem 
Papier,  welches  man  unter  die  Vorlage  legrt, 
w&nrend  man  mit  einem  Stift  die  Kontouren 
der  letztem  nachzieht,  oder  mit  durch- 
stochenen Vorlagen ,  indem  man  durch  die 
feinen  Lochreihen,  welche  die  Konturen 
bezeichnen,  ein  gefärbtes  Harzpulver  reibt 
und  dieses  nachher  durch  Wärme  befestigt. 


Avf^rotieBy  ein  Geschütz  nach  beendig* 
tem  Feuern  mit  seinem  Vorderwagen 
(Protee)  verbinden,  um  dasselbe  abzufahren. 

Anfirlfliy  die  Darstellung  eines  Gkgen* 
standes  auf  vertikaler  Ebene,  im  Q^en- 
satz  zum  Grundriss,  der  Darstellung  dee 
Gegenstandes  auf  herizontaler  Ebene. 

Anfirollen,  Im  Ifilitärwesen  einen  Flügel 
der  feindl.  Aufstellung  durch  einen  mtt 
grosser  Uebermaoht  ausgeführten  AngrüT  se 
in  Unordnung  bringen,  dass  die  dort  auf^ 
gestellten  Truppen  ausser  Stand  gesetet 
werden,  eine  neue  Defensivstellnng  einzu- 
nehmen, sondern,  nach  dem  Oentrum  ge- 
worfen, die  übrigen  Truppen  in  Ihre  AeP 
lösung  mit  fortreissen. 

Anftmlir  (TumuU) ,  Zusammenrottung 
einer  Mehrzahl  von  (nach  röm.  Rechte 
wenigstens  10)  Personen  zum  Zwecke  ge- 
waltsamer Auflehnung  gegen  die  Obrigkeit 
um  wider  deren  Willen  iigend  eine  Ford^ 
rang  durchzusetzen,  ein  Verbrechen,  wel- 
ches nach  den  meisten  Kriminalisten 
schon  vollendet  ist,  wenn  die  Zusammen- 
gerotteten ihre  aufrührerische  Absicht  un- 
zweideutig, durch  Geschrei  etc.  an  den 
Tag  gelegt  haben.  Bes.  seit  ISIS  sind  im . 
vielen  Staaten  besondere  Aufruhrgeeetae  er- 
lassen worden.    Vgl.  Arnfstand,  Bebeüion. 

AufkiatZy  in  der  Artillerie  die  Vorrichtung 
zum  Richten  der  Geschütze. 

Anftougmig,  s.  Absorption* 

Anftehnft  (gr.  epigraphe,  lat.  inseriptloX 
im  Allgemeinen  Jede  auf  der.  Aussenselto 
eines  Gegenstandes,  z.  B.  eines  BrleA, 
Buchs,  Gtebäudes,  angebrachte  Schrift.  Ist 
diese  von  sinnvoller  Kürze  auf  Monumen- 
ten, Gebäuden  etc.,  so  heisst  sie  IneArift 
(s.  Ifuehriften  und  Ineehriftenkunde).  In  der 
Numismatik  versteht  man  unter  A.  die  das 
Bild  umgebenden,  unter  Inschrift  die  Im 
inneren  Raum  der  Medaille  befindl.  Worte. 

Äuttttn,  Hans  FML  Werner  Ohristi^m 
Gottlob  Frone,  Beiehsfreiherr  von  und  am, 
der  Begründer  des  gwman.  Museums  au 
Nürabe^,  geb.  7.  Sept.  1801  zu  AufiMss 
im  bayer.  Regbz.  Oberflranken.  Sehr.  ,Daa 
Lehnswesen  in  Beziehung  auf  die  Anforde- 
rungen des  Rechts  und  der  Zeit'  (1828)  u. 
A.,  gab  18Sia->85  mit  Mono  und  1853-68  mit 
von  Bye  und  Fromaumn  den  ,Anzeiger  fftr 
Kunde  der  deutschen  Vorzeit*  als  Oi^an 
des  german.  Museums' heraus. 

Au^ringen  der  Uant  (Rhagades,  FIssnra), 
Hf^tleiden,  entsteht  bei  der  Einwirkung 
rauher  Luft  auf  feuchte  Haut,  wird  am  besten 
dnroh  Bestreichen  der  Risse  mit  Coldoreasa 
oder  Glycerln  beseitigt. 

Aufstand  (Inemrrektion) ,  Erhebung  einei 
Volks  oder  eines  Theils  desselben  zum 
Widerstände  gegen  eine  für  unreehtmässlg 
gehaltene  Herrschaft  oder  gegen  eine  Re- 
gierung, welche  rechtswidrigen  Druck  aue- 
übt, ohne  dass  zu  gesetzlicher  Beseitigung 
desselben  ein  Weg  offen  gelassen  let.    Das 

Semeine  Recht  bedroht    A.   Je  naeh  der 
achlage  mit  Landesverweisung  oder  seibit 
Todesstrafe  für  die  Anstifter  und  FreUiell»- 
beraubung  für  die  Theilnehmer. 
Auftteeiieii.  chirurgische  Operation  iv 


184 


Aufsteigung  —  Auge. 


BttMamtuiC  ▼<».  FMMlgkeiten  aas  abnorm 

SibUdeten  oder  den  natürlichen  Höhleu  dei 
&rp«n,  wird  mk  Kadel,  Metier,  Lansette 
oder  Trokar  anagefthrt. 

▲nfttdgsBflr  (Aacenilo),  die  aftoonomlflche 
Beatteunnng  eines  Orts  am  Himmel  in  Be- 
BOff  auf  Grade  des  Aeguators.  Die  ^erod« 
A^  oder  .BeftAaeeenWon  ist  der  Bösen  des 
Aeqnators  Tom-  Vrühllngsnaohtglelchen- 
punkte i^stL  bis  lum  Abweiohungs-  oder  De- 
Uinatlonskrelse  eines  Sternes  an  der  Hirn- 
aslskngel.  Die  gerade  A.  und  die  Abwel- 
ohnng  bestimmen  den  Ort  eines  Qestims 
am  ffiflunel,  indem  die  gerade  A.  dergeogr. 
lilnge.  die  Abweichung  der  geogr.  Breite 
entspneht.  Die  »chi«sfe  Ä,  Ist  der  Bogen  des 
Aequators,  der  a wischen  dem  I^hllngs- 
naohtgleichenpunkt  und  dem  mit  dem  Ge- 
stirn augleieh  aufgehenden  Punkt  des 
A«quators  liegt.  Ffir  Orte  unter  dem  Erd- 
iqüater  ist  gerade  und  schiefe  A.  identisch, 
für  Orte  auf  der  nördl.  Halbkugel  Ist  die 
Mbiefe  A.  bei  nSrdllchen  Sternen  kleiner, 
bei  sfidliohen  grösser  als  die  gerade  A. 
Dieser  Unterschied  heisst  ÄMVMUmaidifftr- 
Die  A,  der  MUU  des  Binmd»  ist  der 


Vtankt  des  Aeguators,  der  zu  irgend  einer 
mgebenen  Zeit  Im  Meridian  steht;  wird 
besonders  bei  der  Berechnung  der  Tix- 
iteme  gebraucht. 

Aufliwssen  (Ruotus),  das  plötallohe  Auf- 
steigen von  Gas  aus  dem  Magen  durch  die 
0p^eröhre.    Das  Gas  Ist  entweder  mit  den 

Stsen  hinuntergeschluckte  Luft  oder  hat 
t  im  Magen  aus  den  Speisen  entwickelt. 
Dies  geschieht  besonders  bei  schwacher 
"V^dauung  oder  in  Tolge  eines  rer&nderten 
yerreaeinflusses,  s.B.  bei  Hysterie,  und  wird 
beseitigt  durch  geregelte  Diftt  u.  Bewegung, 
bat  saurem  A.  aber  durch  Magnesia  oder 
doppeltkohlensaures  Natron. 

Auflrtttykleintte  Abtheüungeines  dramat. 
Cladichts,  bezeichnet  durch  das  Auftreten 
einer  neuen  Person.    Vgl.  8oe$u, 

Amta«^  s.  AM  und  JVocenion. 

AvgCk  Tochter  des  Aleus  und  der  Neära, 
eines  Herrscherpaares  zu  Tegea  in  Arka- 
dien, Priesterin  der  Pallas,  Ton  Hercules 
Mutter  des  Telephus. 

Auge  (ihhongan),  besteht  beim  Menschen 

Std  bei  den  höhwen  Thieren  aus  dem  nach 
tischen  Qeseteen  gebauten  Augapfel,  wel- 
er  Ton  elastischem  Tet^olster  umhüllt  in 
der  triobterförmigen,  knöchernen  Augen- 
höhle liegt,  durch  6  Bewegungsmnskeln 
nach  allen  Selten  hin  bewegt  werden  kann 
und  ftusserliefa  ron  den  Augenlidern  bedeckt 
wird.  Der  Augapfel  bildet  eine  von  8  koncen- 
tAschMi  Hautlagen  umgebene  Hohlkugel,  in 
4eren  innerem  sich  der  lichtbrechende  Ap- 
parat befindet.  Die  äusserste,.  derbe  gefäss- 
und  Berrenarrae  wciue  AugenhcaU  (gelerotiea) 
qmgibt  den  ganzen  Augapfel  bis  auf  den  vor- 
dersten (sechsten)  Theil,  welchen  die  stärker 
gewölbte,  durchsichtige  gefässlose  und  ner- 
Tenarme  Eomhaui  (eomea)  einnimmt.  Diese 
iyt  aussen  von  der  Bindehaut  (eanjunetiva), 
innen  von  der  Wofvrhma  überkleidet. 
Die  mittlere  Hautlage  des  Augspfels  besteht 
ans  8  gelftss-  und  nervenrelchen,  schwarz 


gefitrbten  muskulösen  Membranen,  der  ITe^ 
föuhaut  (Aderhaut,  schwarzen  Augenhaat, 
ehorMdM)  und  der  BegeiAogenhaiU  (IrU), 
Von  welchen  die  letztere  sieh  dort,  wo  Oor- 
nea  und  ^derotica  susammenstossen,  als  Im 
der  Mitte  mit  einem  runden  Looh  (PißpiU^) 
rersehene,   aussen  braun,  blau  oder  grau- 
grün gefärbte  Scheibe  ausbreitet.  Sie  trennt 
den  Torderen,  mit  Augenwasser  angefEUltea, 
zwischen  Hornhaut  und  Linse  beflndliehen 
Hohlraum  des  A.s  In  die  vordere  und  iiiOsr« 
Augenkammer ,  die  durch  die  Pupille  mit 
einander  in  Verbindung  stehen.   Zwei  Mus- 
keln der  Iris   dienen  zur  Verengung  und 
Erweiterung    der   Pupille.     Die    innerste 
Hantlage    des   Augapfels  ist    die  faatbko- 
gelformige  Ihrveu'  oder  HeUhatU  (retiua), 
die  hautartige  Ausbreitung  des  Sehnerren» 
der  als  dicker  Strang  die  Sclerotk»  und  Obo- 
rioidea  durohbohrt.    Der  Glaskörper  bildet 
mit  der  Linse  und  dem  Augenwasser  den 
UekAreekmiffeappttreii  de»  A»9,     Die  Jdtue, 
in  der  Linsenkapsel  eingeschlossen,  gleicht 
einem  startt  gewölbten  Brennglase  und  wirkt 
ähnlleh  wie  eine  Glaslinse.    Sie  liegt  dicht 
hinter  der  Regenbogenhaut  in  einer  Ver- 
tiefong  des  GkuMrpere,  der,  ron  der  Glaa- 
hant  umsehlossen,    den  ganzen  hinteren 
Theil  des  Augapfels  erlüllt.      Durch  die 
Krümmung  itnd   die  Terschied'ene  Dicht%^ 
keit  der  liohtbrechenden  Substanzen  werden 
die  ron  äusseren  Gegenständen  ausgehenden 
Lichtstrahlen   Im  A.    so    Tereinigt,    dass 
ein  umgekehrtes  Bild  der  Gegenstände  auf 
der  Netshaut  entsteht.    Die  Iris  fungirt  als 
Blendung  der  Linse  und  lässt  beim  Fern- 
sehen und  bei  schwachem  Licht  mehr,  beim 
Nahesehen  u.  bei  grellemldoht  weniger  Liebt 
insA.  fallen.  Die  schwarze  Tarbe  derAder^ 
haut  und  der  Innern  Seite  der  Iris  yerhln- 
dert  die  Zerstreuung  und  Spiegelung  des 
Lichts.  Um  nahe  u.  ferne  Gegenstände  gleich 
scharf  zu  sehen,  lässt  sich  die  Linse  etwas 
Terschleben  und  in  Ihren  Flächen   etwas 
anders  krümmen.    Mangel  des  Bewegpangt- 
yermögens  der  Linse  bedingt  Weitsichtig 
keit  alter  Leute  (Presbyopie).  —  Der  BduOt- 
apparat  des  A.s  besteht  aus  den  AugetAmuen 
und  den  Augenvtimpern  an  den  beiden  Augeetr 
lidern,  •  Letztere  sind  innen  mit  der  glatten 
feinen  Sindehaut  überzogen,   die    sich  auf 
die  vordere  Fläche  des  Augapfels  fortsetzt 
und  die  Gefässe  enthält,  welche  cnan  oft 
im  Weissen  des  A.s  sieht.    Die  Bewegung 
der  Lider  ist  theils  willkürlich,  theils  un- 
willkürlich, um  die  Thränen  über  den  Aug^ 
apfel  wegzuspülen  und  thn  rein  za  erhalten. 
Hinter  den  Wimpern  liegen  die  Mündungen 
der  AugerämUerdriisen  (s.  Aatgextbutter),  auf 
dem  Boden  des  Inneren  Augenwinkels  der 
ThränenkarunM    und    über  dem  äusseren 
Augenwinkel  die  Thränendrüw,  Die  Thränen 
werden  durch  das  Augenlidblinken  vertheflt, 
sammeln  sioh  im  inneren  Augenwinkel  und 
fliessen  durch  die  Thränenkanälohen  nach 
der  Nasenhöhle  ab.  —  Die  A.n  der  niederen 
Tbiere  bestehen  im  einfachsten  Fall,  wo  sie 
nur  zur  Unterscheidung  von  Hell  und  Dun- 
kel beföhigen,  aus  einem  Pigmentfleckexi 
mit  hinzutretendem  Nerven.    Bei  höheren 


Aageas  -—  Augenspiegel. 


16& 


Thleren  finden  sich  lichtbr«ch«nd«  Körper 
nnd  bei  Anneliden  ond  Mollneken  snersi 
eine  Netthant.  Die  Insekten  haben  snsam- 
mengesetite  A.n  mit  gewöhnlich  1 — 6000, 
nach  unten  kegelförmig  sieh  snspltsenden 
Krystallkörpem,  welohe  In  die  Glaskörper 
übergrehen  und  liier  mit  dem  Sehnerren  in 
Terblndnng  stehen.  Neben  ihnen  kommen 
einfache  PonktangMi,  Ooellen  Tor.  Trete 
der  UnbewegUchkeit  der  A.n  haben  die  In- 
sekten doch  ein  grösseres  Sehfeld  als  die 
Wlrbelthlere.  Ygl.  Cftg^nbaur,  »Grandsöge 
der  Terglelchenden  Anatomie*,  1870.  Kütui- 
Ueh«  A,n  bestehm  ans  Glas,  Emaille  oder 
emallllrtem  Goldblech  in  Form  eines  XThr- 
glases  nnd  dienen  bei  Yerlnst  Mnes  A.s  ssnr 
Yerhötnng  entstellenden  Ansehens.  Vgl.JB«- 
terich,  ,Das  könstUche  A.*,  1808. 

Avgeafy  s.  Augias, 

Ang«naxe  (Behaxe,  opUteke  Axe),  die  Ver- 
längerang  der  Linsenaxe  des  Auges  nach 
Tom  aaf  die  Hornhaut  nnd  nach  hinten  auf 
die  Netzhaut.  Bei  recht  deutilohem  Sehen 
eines  Punktes  f&llt  die  Bichtungdlnle  mit 
der  A.  susammen;  bei  dem  gewöhnlichen 
Sehen  mit  swel  Augen  treflTen  sich  die  A*n 
in  dem  flzlrten  Punkt. 

Angenbutter^  sähe,  gelbliche,  fette  Hös- 
sigkcdt,  wird  von  den  Augenbutter-  oder 
meibomschen  Drüsen  at^esondert  u.  salbt 
die  Wimpern  und  Augenlldrander  ein. 

A«gments1biduBg  der  Neugebomen»  tritt 
meist  am  8.  oder  4.  Tage  nach  der  Geburt 
auf,  beginnt  mit  AnschweUnng  der  Augen- 
lidr&nder  und  mit  Absonderung  von  Elter, 
rerlangt  sofortige  aratllche  Hülfe,  Verdun- 
kelung und  Lüftung  des  SSimmers  und 
unausgesetste  Reinigung  des  Auges  mit 
warmem  Wasser.  Der  Eiter  Ist  sehr  an- 
steckend auch  tur  Erwachsene. 

Aagenl^ll,  Krankheit  der  Hausthlere,  bei 
der  das  Auge  wie  mit  einer  weissen  Haut 
fibersogen  erscheint,  entsteht  dxaoh  Ent- 
Eündnng  oder  Yerletsung. 

Augenf las,  s.  Okular, 

AngenheUkunde  (OphAalmiairik) ,  derje- 
nige Theil  der  praktischen  Medlcin.  wel- 
cher Erkennung  und  Hellung  der  Augen- 
krankheiten lehrt,  wurde  schon  im  alten 
Aegypten  gepflegt.  In  der  Neuxelt  hat 
Boerh€MV0  zuerst  die  Augenkrankheiten  be- 
sehrieben und  systematlsoh  geordnet.  In 
Deutschland  wurde,  die  A.  suerst  durch 
Barth  XU  Siehter,  dsnn  durch  Schmidt,  Binüff 
und  Beer  ihrer  Jetsigen  Höhe  entgegen- 
gefahrt. Augenkliniken  entstanden  auerst 
in  Göttingen,  Wien,  dann  unter  Jüngketu 
Leitung  in  Berlin.  In  der  neuesten  Zeit 
wurde  die  A.  durch  die  Physiologen  sehr 
gefSrdert;  BeimholtM  erfknd  den  Augenq[>ie- 
gel,  ArU  entwickelte  die  pathologische  Ana- 
tonde  des  Auges,  Or^fe  gl&nsfes  als  genialer 
Operateur  und  Bondert  förderte  die  physl- 
ksUsch-mediclnische  Seite  der  A.  Vgl.  Buete, 
JUbsfbwh  der  Ophthalmologie*.  18ö8;  ArU, 
,Dle  Krankheiten  des  Auges*,  ö.  Aufl.  1868; 
ßchmenbura,  ,ÖphthaImiatrik\  6.  Aufl.  1870. 

Attgcnhelhiilttel,  örüich  auf  das  Auge 
angewandte  arsmeUlohe  Mittel,  entweder 
wanne    oder  kalte  Umsohlige   (Fosaente), 


Augenwasohw&sser ,  aus  zelneni  Wasset»  vwor« 
wie  die  Augentrcq^oton,  Lösungen  gewisser 
Substansen,  welehe  auf  Tersehledone  Weise 
appliclrt  werden.  Sehr  gebrtaeUioh  «Ind 
gegenwärtig  die  Augenpfaiselw4sser,  die 
mittelst  eines*Plnsels  auftetragen  werden, 
und  die  Augensalben,  bei  denen  eil  eine 
Mischung  aus  Glycerln  n.  Stärke  dsb  TMgcr 
für  das  ansuwendftnde  A.  bildet.  KalMMl 
und  Blelcucker  wendet  man  anoh  pulTeiför» 
mig  an,  und  Augenspirltus,  acomaMsohe  und 
splrituöse  Pliksdgkeiten  wie  aueh  Ammeniak 
werden  häuflg  in  die  hohle  Hand  eingerieben, 
welehe  man  dann  Tor  das  Auge  hält,  da- 
mit die  Dämpfe  auf  dasselbe  einwirbsn. 

Augenkranklniltini,  alle  erworbenen  «der 
angeborenen  krankhaften  AfTektlonen  de» 
Angapfels,  der  Bewegung»-  nnd  Sehutaer- 
gane  desselben,  Bildungafehler  (Cyklope»* 
äugen  oder  gespaltene  Ixis),  Bntannduagen 
(besonders  der  Bindehaut,  der  Augenlider, 
der  Hornhaut,  Ckfias-  und  Nenrenfaant» 
Eitsrungen,  Gesshwfkre,  Yerdiokusgei^ 
Trfibungen),  Ernährungsstörungen  (Kveb^ 
sdkwammlge  Wucherungen,  Trftbnngen  'Ton 
Linse  und  Idnsenkapseln ,  d.  h.  grauer 
Staar),  Nerrenkrankheiten,  n.  iwar  an  grosse 
Reisbarkeit  (Idehtsohen,  Veuecsehen,  AngeD- 
Schmers,  Aogenlldezferaropl)  oder  theil  weise 
Lähmungen  (Stumpf-,  Kon-  und  Weitsieh* 
dgkelt)  oder  gänaliohe  Lähmungen  der 
Nerrenhaut  (sohwaraer  Staar),  Legever- 
änderungen  (Ümstülpungen  der  Lider.  Her» 
austreten  des  Augapfels,  Schielen).  *A»  An- 
den sich  kuehr  bei  Männern  als  bei  Pranen« 
bei  Blondeiwmehr  als  bei  Brwietten:  ate 
treten  besonders  auf  Ms  zum  10.  Leaene- 
Jahr  (Entaöndungen),  werden  dann  seltener, 
zur  .Pubertätszeit  wieder  häuAgsr,  sind 
selten  Tom  80.  bis  ÖO.  Lebensjahr,  worauf 
dann  bis  zum  70.LebeiiiJahr  LlxMentrubnngen 
häufiger  werden. 

AigenplUga  (At^mdUUetlk,  Opkthatmokic 
tik),  das  richtige  Verhalten,  um  das  Sehver- 
m^gen  zu  bewahren  und  Krankheiten  des 
Auges  TonBubeugen,  besteht  in  der  Pem- 
haltung  zu  starken  Lichtreizes  (namentlich 
bei  Neugebomen),  Vermeldung  Ton  Ansteen- 
gungen  (bei  ScbulkindemX  anreiner  Luft, 
Rauch,  Staub,  Hltse  (b«i  Feuerarbeitem),  in 
passender  Reinigiuig  und  guter  Belenohtung 
bei  der  Arbeit.  Ygl.  ArU,  «Die  Pflege  der 
Augen  in  gesundem  und  krankem  Zustaade', 
3.  Aufl.  1866;  JSmgken,  ,Augendiätetik*«  187<^ 

Angenplgment  (Augmeehwarg),  schwarzer 
Farbstoff,  Melanin,  welcher,  in  Zellen  ge- 
lagert, das  Innere  des  Auges  auskleidet  u. 
nur  den  Albinos  fehlt,  vielleioht  identisch 
mit  dem  FarbstoifderNegerhant,  dermelano* 
tischen  Geschwüre,  der  Bronchialdrösen  etc. 

Angenflalbe»  s.  A^genkeümUta,* 

Aug«nsplegel  (Opkthäimtkop),  von  Brfm- 
AoKs  angegebenes '^strument,  um  durch  die 
Pupille  hinduroh  in  das  Innere  kranker 
Augen  au  sehen,  besteht  ans  einem  kleinen 
Spiegel,  mittelst  dessen  Kenaenlloht  ins 
Auge  geleitet  wird.  Die  Ton  der  beleu<A- 
teten  Netzhaut  znritokgeworfenen  Strahlen 
treten  durch  ein  Loch  ia  der  Mitte  des 
I  Spiegels  und  werden  dann,  weil  sie  fcon- 


166 


AagenspiritoB  *-  Angit. 


yei^nt  lind ,  duroli  eine  KonkaTÜnte  ge- 
leitet, damit  de  dem  blnter  letsterer  be- 
ibidlieheii  beobechtonden  Auge  ans  dessen 
natnrllcher  8eeweito  in  kommen  scheinen 
n.  so  ein  deutliches  Bild  der  Netihant  geben. 
Angennplrltw.  s.  AugenJUUmUUL 
▲«MBsUUy  Varietät  des  Chalcedons  mit 
ilngnrmiger,  dem  Ange  ähnlicher  Zeich- 
nung; ZinkTitriol,  weither  gegen  Tiele 
Augenkrankheiten  benutat  wird ;  Lapis 
diTinus,  Kupfervitriol  mit  Alaun,  Salpeter 
und  Kampher  zusammengeschinolBen,  dient 
lur  Bereitung  Ton  Augenwasser;  krank- 
hafte Stoinbildungen  in  den  Flüssigkeiten 
des  Auges,  seinen  Hauten  und  Augenlidern. 
AngentiuschuigeB^  Wahrnehmungen  des 
C^esichtssinnes,  über  deren  Ursache  wir  uns 
täuschen.  Die  Netahaut  antwortet  auf  alle 
Beiiungen  mit  Lichtempfindungen,  die  stets, 
auch  wenn  die  Reiiung  Ton  innen  kam, 
nach  bestimmten  Gesetaen  nach  aussen  pro- 
jicirt  werden.  So  entetehen  die  nAjektiven 
A,  Dahin  gehören  die  Hallucinationen,  die 
nur  durch  die  Erregung  der  Nerrenapparate 
entstehen;  die  Illusionen,  bei  denen  die 
Phantasie  von  dem  Nerrenapparat  darge- 
botene Bilder  su  Phantasmen  steigert;  alle 
Druck-  und  Kongestionsfig^uren:  die  Nach- 
bilder, welche  nach  längerer  Dauer  eines 
bestimmten  starken  Lichteiudmckes  ent- 
stehen und  in  der  rerschiedensten  Weise 
sich  geltend  machen.  Die  otjektiven  A. 
entetehen  durch  Gebilde,  die  steh  in  den 
Brechungskörpem  des  Auges  beflnden  und 
daher  optische  Eindrücke  vermitteln.  Man 
sieht  die  Binnenobjekte  umgekehrt  und  wie 
durch  ein  Mikroskop  vergrössert,  indem  sie 
nach  aussen  ungefähr  in  die  Entfernung 
der  mittleren  Sehweite  projicirt  werden. 
Solche  entopHseJU  Eraeheinungen  (Okular- 
spektra)  werden  namentl.  als  Perlenschnüre, 
Körnchenmosaik  ete.  wahrgenommen  und 
sind  als  fliegende  Mücken  bekannt;  andere 
treten  bei  Erkrankungen  der  durchsichtigen 
Medien  des  Auges  auf.  Endlich  rechnet 
man  su  den  A.  auch  alle  Jene  falschen 
Schlüsse,  welche  man  aus  dem  Gesehenen 
zieht;  dahin  gehören  die  scheinbaren  Be- 
wegungen ruhender  Körper,  die  Irrthümer 
über  die  Grösse  entfernter  Köxper  etc. 

AngentrippeTy  Augenentsündung,  welche 
durch   Uebertragung    des    Tripperschleims 
auf  die  Augen  enteteht,  sehr  gefährlich  u. 
schnell    verlaufend,     verlangt    energische 
ärstliche  Behandlung. 
Angentrost,  s.  Euphrana, 
Angenwasser,  s.  ÄugenheHmiUeL 
Angenwettey  die  Entfernung  der  Innern 
Augenwinkel  von  idnander,  insbesondere  als 
generisches  Merkmiä  der  Mensohenracen. 

Anger  (ipr.  Oscheh),  flrani.  Philolog  und 
Alterthumsforscher,  geb.  18.  Dec  1734  zu 
Paris,  t  als  Mitglied  der  Akademie  der  In- 
schriften 7.  Febr.  1792;  übers,  den  De- 
mosthenes,  Aeschines,  Isocrates,  Lysias  u.  A. 
fOenvres  posthumes*  (1792—95,  10  Bde.). 

Augereau  (spr.  Obsch^roh),  Pierre  Franf. 
Charles,  Herzog  von  Oattiglione,  Marschall 
und  Pair  von  Frankreich,  geb.  11.  Nov.  1757 
SU  Paris,  ward  1794  bei  der  Pyreuäenarmee 


zum  Brigade-  und  1796  bei  der  ital.  Armee 
unter  Bonaparte  zum  Divisionsgeneral  be- 
fördert und  kämpfte  als  solcher  bei  Mille- 
simo,  Lodi,  Ceva,  Castiglione  etc.,  voll- 
führte, 1797  mit  dem  Oberbefehl  über  die 
17.  Militärdivision  in  Paris  betraut,  den  Ge- 
waltetreich vom  IS.  Fructidor.  1804  ^um 
Marschall  ernannt,  drang  er  1805  in  Vorarl- 
berg ein,  nahm  dann  Theil  an  den  Schlach- 
ten bei  Jena  und  Eylau,  focht  1809  in  Ita- 
lien ,  war  Febr.  1813  Gouverneur  in  Berlin 
und  nahm  mit  einem  Reservecorps  an  der 
Schlacht  bei  Leipzig  Theil.  Nach  Napo- 
leons L  Abdankung  trat  er  zu  Ludwig  XYIU. 
über  und  ward  zum  Pair  ernannt,  von  Na- 
poleon nach  dessen  Rückkehr  von  Elba  für 
einen  Yerräther  erklärt;  f  H-  Jnnl  1816  auf 
seinem  Landgnto  La  Houssain. 

AvglM  (Augea»)f  König  von  Elis,  Sohn 
des  Helios  und  der  Iphinoe,  berühmt 
durch  seinen  Beichthnm  an  Rindern,  deren 
Dünger  sich  so  sehr  aufhäufte,  dass  Her- 
cules von  Eurystheus  als  unmöglich  zu 
leistende  Arbeit  den  Auftrag  erhielt,  den 
Stell  des  A.  in  Einem  Tage  zu  reinigen, 
was  Jener  vollbrachte,  Indem  er  die  Flüsse 
Peneus  u.  Alpheus  durch  den  Stall  leitete. 
Daher  AugiautaU  sprichwörtl.  eine  durch 
Vernachlässigung  gross  geword.  Unordnung. 

Angler  (spr.  Oscbieh),  Ouilkmme  Victor 
Emüe,  franz.  Dramatiker,  geb.  17.  Sept.  1820 
zu  Valence,  lebt  zu  Paris,  seit  1858  Mitglied 
der  Akademie.  Neben  Ponsard  der  leteto 
Vertreter  des  altfranz.  Dramas.  ,La  Ciguö* 
(1844),  phantest.  Nachbildung  der  antiken 
Sitten ;  ,GabrieUe*(1849)u.  ,Philiberte*  (1851), 
Verherrlichung  des  tugendhaften  Familien- 
lebens ;  ,Le  gendre  de  Mr.  Poirier*  (1856),  die 
Rettung  des  heutigen  Bürgerthums  gegen- 
über dem  Adel  schildernd;  ,Le  Mariage 
d^Olympe'  (1855),  ,Le8  Lionnes  pauvres' 
(1858),  ,Les  elfrontte' (1861),  ,Maitre  Gu6rin* 
(1864),  satir.  Stücke,  gegen  den  neueren  Ma- 
terialismus gerichtet.     ,Po6sies*  (1856). 

Angit  (Pifroxen  Hauys,  Pentakaeit),  Mine- 
ralgeschlecht aus  der  Klasse  der  wasser- 
freien Amphoterolithe ,  besteht  ans  kiesel- 
saurem Kalk  mit  kieselsaurer  Magnesia  oder 
Eisenoxydul  in  wechselndem  Verhältniss, 
auch  thonerdehaltlg ,  von  der  Hornblende 
nur  durch  die  Krystellform  unterschieden. 
Varietäten:  iXopsjd,  graulich  weiss  bis  grün, 
krystoUisirt  auf  der  Mussaalp  in  Piemont, 
bei  Schwarzenstein  im  SUllerthal  etc.,  bil- 
det mit  Strahlstein  den  grünen  Smaragdid, 
der  mit  Granat  den  Omphacü  zusammen- 
setzt; MaiakoUth  (ßcdü),  grün,  bei  Sala 
in  Schweden,  Arendal  in  Norwegen,  am 
Baikalsee;  FaeeaU  und  Pyrgom,  lauch-  und 
dunkelgrün,  im  Fassathal,  am  Vesuv  ete.; 
Kokkolüh,  kömiger  A.,  licht-  oder  dun- 
kelgrün, häufiger  Begleiter  des  Magnet^ 
eisens  auf  den  Erzlagern  von  Nordeuropa 
und  Amerika.  A.  im  engern  Sinn,  schwarz, 
Bestandtheil  vieler  Gesteine,  des  Dolerits, 
Basalts,  der  Lava,  selbständig  gesteinbildend 
als  Lherzolit.  Schöne  Varietäten  des  Diop- 
sids  werden  als  Schmucksteine  geschliffen, 
KokkoUth  und  kömiger  A.  bisweilen  als 
Zuschlag    beim    Schmelzen    der  Eisenerze 


AngitfelB  -^  August, 


167 


benutzt,  Kunstlloh  entstehen  Aiigitvarle- 
taten  sehr  häufi«  bei  H&ttenprossessen. 

Augltfels,  8.  ZherMclU, 

Ivgrlt^esfelnei  Gemenge  Ton  Angiträrie- 
täten  mit  kiesel&rmeren  Teldspathen,  aus- 
gezeichnet durch  den  Mangel  freier,  als 
Qnarz  ausgeschiedener  Kieselsäure:  Grün- 
ateine,  Diabas,  Gabbro,  Hypersthenfels  der 
paläozoischen  Zeit,  Augi^orphyr  der  se- 
kundären Zeit,  tertiäre  Dolerite,  l^ephelin- 
dolerite,  Leucitophyre ,  Anamesite,  Basalte 
und  doleritische  Laven. 

Aagltporphyr^  s.  Mdaphyr, 

Augment  (lat.),  Vermehrung,  In  der 
Grammatik  der  Zuwachs  eines  Worts  am 
Anfang  desselben ,  wodurch  die  Bedeutung 
der  Wortform  geändert  wird,  besteht  ent- 
weder in  der  Wiederholang  der  anlauten- 
den Stammsilbe  einer  Verbal  wurzel  (Bt- 
duplikation) ,  oder  in  der  Vorseteung  eines 
kurzen  a  oder  e  vor  die  histor.  Formen 
des  Zeitworts.  Imperfekt  und  Aorist,  letz- 
teres nur  im  Sanskrit  und  Im  Griech. 

Avgsbvrg»  Hauptst.  des  bayer.  Begbz. 
Schwaben  und  Neuburg,  ehemals  freie 
Keichsstadt,  am  Zusammenfluss  des  Lech 
und  der  Wertach,  50,067  Ew.  (33,559  Kath.). 
Bathhans  mit  dem  goldnen  Saal;  nahebei 
der  Perlachthurm:  Bischoftihof  (die  sogen. 
Besidenz,  hier  1530  XJebergabe  der  augs- 
burger Konfession) ;  Kathedrale,  Barfüsser- 
klrche  (protest.)  mit  grosser  Orgel:  Zeug> 
haus  (Hauptwaffendepot  Bayerns),  die  alten 
Fuggerhäuser;  Gtomaldegallerle  (700  St.); 
Fuggerei  (51  Häuser  mit  106  Armenwohnun- 
£:en,  1519  gegr.);  alte  Wasserleitung.  Zwei 
Gymnasien.  StadtbibUothek  (130,000  Bde.). 
Im  Alterthnm  DamMia,  um  13  t.  Chr.  von 
AugustUB  zur  röm.  Kolonie  erhoben  und 
Augusta  Vinddicorum  genannt.  Im  Mittel- 
alter weltberühmte  Handelsstadt  (die  Fug- 
gevt  Welser),  deren  Blüthe  bes.  der  30Jähr. 
Krieg  vernichtete ;  seit  1276  reichsunmittel- 
bar; seit  1806  bayerisch.  Das  a.lte  Hcchttift 
A»  (6.  Jahrb.),  ein  am  Lech  schmal  hinge- 
strecktes Gebiet,  45  QM.  QTriede, 

Angsbnrger  BeUgioinfHede.  s.  Baigiom- 

Avgsbargisehe  Konfesston  (Cfonfessio  Au- 
ffuatana),  die  wichtigste  Bekenntnissschrift 
der  evangel.  •  luther.  Kirche,  auf  Grund 
der  torgauer  Artikel  und  unter  Zurathe- 
ziehung  Luthers  u.  anderer  evangellsohen 
Theologen  Ton  Melanchthon  in  deutscher 
und  latein.  Sprache  ausgearbeitet  und  auf 
dem  Reichstage  zu  Augsburg  25.  Juni  1530 
dem  Kaiser  überreicht  und  öffentl.  vorge- 
lesen, zerfällt  in  2  Theile.  Der  1.  Th.  enthält 
21  Artikel  des  Glaubens  u.  der  Lehre,  worin 
das  den  Evangelischen  und  Katholiken  Ge- 
meinsame geflissentlioh  hervorgehoben,  das 
Unterscheidende  auf  die  Stücke,  worin  man 
durchausnichtnachgeben  konnte,  beschränkt 
und  mit  möglichster  Milde  dargelegt  ist.  Der 
2.  Thell  behandelt  in  7  Artikeln  die  Miss- 
bräuche, welche  von  den  Evangelischen  ab- 
gestellt seien.  DasBekenntnlss  wurde  unter- 
eclirleben  von  dem  Kurfürsten  Johann  von 
Sachsen,  dem  Markgrafen  Georg  von  Bran- 
denburg, dem  Herzog  Ernst  von  Lüneburg, 
dam  LfmdgraÜBn  Philipp  von  Hessen  9   dem 


Fürsten  Wolfgang  von  Anhalt  und  von  den 
Reichsstädten  Nürnberg  und  Reutlingen, 
wahrscheinlich  auch  von  dem  Kurprinzen 
Johann  Friedrich  von  Sachsen  und  dem 
Herzog  Franz  von  Lüneburg.  Nachdem  Me- 
lanchthon schon  seit  1531  an  der  Schrift 
in  formeller  Beziehung  Manches  geändert 
hatte,  erlaubte  er  sich  in  der  lat.  Ausgabe 
von  1540  (Oonf.  variata)  bedeutendere  Aea- 
derungen  und  Erweiterungen,  namentl.  im 
Artikel  vom  Abendmahle,  in  Betreff  dessen 
er  im  Interesse  der  Versöhnung  eine  For- 
mel aufstellte,  welche  die  Lehre  Luthers 
und  Calvins  vereinigen  sollte.  Diese  ver- 
änderte Konfession  ward  von  den  evangal. 
Theologen  und  Reichsständen  als  authen- 
tische Auslegung  der  Konfession  von  1580 
wiederholt  ausdrücklich  anerkannt  und 
erst  seit  dem  Religionsgespräch  zu  Weimar 
1560  von  den  orthodoxen  Lutheranern, 
Flacius  an  der  Spitze,  angefochten.  In 
Folge  davon  hat  sich  die  luther.  Kirche 
seit  Annahme  der  Konkordienformel  an  die 
,unveränderte'  a.  K.  gehalten.  Calvin 
unterschrieb  1641  auf  dem  Religionsgespräoh 
zu  Regensburg  die  »erklärte*  a.  K.,  ebenso 
Farel  und  Beza  auf  dem  Religionsgespräch 
zu  Worms.  So  fand  die  a.  K.  auch  von 
Seiten  der  Reformirten  Anerkennung,  daher 
im  westphäl.  Frieden  die  Reformirten  auoh 
offlciell  als  zu  den  augsb.  Konfessionsver- 
wandten gehörig  anerkannt  wurden.  Auf 
Grund  der  a.n  K.  ward  auoh  neuerlich  die 
Union  der  lutiier.  und  reform.  Kirche  ins 
Werk  gesetzt.  Die  zu  Augsburg  dem  Kai- 
ser übergebenen  Originale  sind  nicht  mehr 
vorhanden.  Vgl.  Weber,  »Historie  der  augs- 
burger  K.*,  1783, 2  Bde. ;  Gering,  ,€toschichta 
der  A.  K.S  2.  Aufl.  1860. 

Angst  (Baed'A.),  Dorf  im  Kanton  Basel, 
an  Ergolz  und  Rhein;  das  alte  Auguekik 
Bauracorum,  einst  Hauptstadt  der  Hei  votier, 
unter  Augustus  gegr.  Röm.  Alterthümer 
(Amphitheater,  Tempel,  Bäder). 

AvgiirA  (Auguree),  bei  den  Römern  die 
Mi^lieder  eines  Priesterkollegiums,  das 
aus  dem  Flug  und  Geschrei  der  Vögel,  ans 
Blitz  und  Donner  etc.  die  Zukunft  und  den 
Willen  der  Götter  verkündigte  und  des- 
halb sowohl  in  ötrenüichen  als  Privat- 
angelegenheiten befiragt  ward.  Die  Aus- 
sprüche und  Anzeichen  hiessen  Augurien, 
die  Vorhersagungen  aus  Beobachtung  der 
Vögel  insbes.  Auspieien. 

Angvst.  der  6.  Monat  des  röm.  (daher 
Ursprung!.  ßextÜU),  der  8.  unseres  Jahres, 
nach  Kaiser  Augustus  benannt ;  Erntemonat. 

Augnsl«  1)  Kurfüreten  wmBaeheen:  a)A., 
zweiter  Sohn  des  Herzogs  Heinrich  des 
Frommen  von  Sachsen  und  Katharinas  von 
Mecklenburg,  Bruder  des  Kurfürsten  Moriti, 
geb.  81.  Juli  1526  zu  Freiberg,  gelangte 
nach  Moritz  Tode  1553  zur  Kurwürde, 
wusste  durch  kluge  Benutzung  der  Ereig- 
nisse und  die  Gunst  des  Kaisers  seine  lan- 
deshoheitllohen  Rechte  auszudehnen  und 
sein  Ghsbiet  lu  erweitem  (Unterwerfung  der 
geistl.  Stifter  Merseburg,  Naumburg  und 
Meissen  unter  das  Kurhaus,  Erwerbung  der 
assekurirten  Aemter  von  der  emestlii.  Linie, 


166 


AngnstH  —  Augusti. 


•Ines  Thefls  der  Gnftcliaft  Henxiebwg;  der 
0raftchafk  Mansfeld.  des  Erzstlfks  Hagde- 
bnrgetc.).  UbbestreitDäree  Verdienst  erwarb 
0r  sich  als  Qesetageber  und  Ordner  der 
Btaatsrenraltiuig  n.  der  Staatshanshaltang, 
sowie  durch  Hebung  der  Inneren  Krflfte  des 
Landes  mittelst  Belebung  des  AokerbaueSi 
Oewerbfleisses,  Handels  und  Bergbaus;  f  H« 
Vebr.  1866.  Seine  erste  Gtemahlin  und 
treue  Helferin  war  Anna  (s.  d.  8).  —  b^  A.  n., 
^iedrieh,  der  Starke,  iweiter  Sohn  des 
Surfarsten  Joh.  Qeorg  HL  und  der  dan. 
Priusessin  Anna  Sophia,  geb.  19.  Mai  1670 
zu  Dresden,  folgte  seinem  Bruder  Georg  lY. 
1694  in  der  Regierung,  trat  behufs  der  Er- 
werbung der  poln.  Königskrone  SS.  Mai 
1697  zu  Baden  bei  Wien  ;Eur  kathol.  Kirche 
über,  ward  87.  Juni  rom  poln.  Reichstage 
Kum  König  erw&hlt  und  15.  Sept.  in  Krakaa 

g krönt.  Um  die  Summe  ron  lOMill.  poln. 
ilden,  welche  die  Gewinnung  der  poln. 
Grossen  gekostet  hatte,  aufzubringen, 
mus'ste  er  mehrere  Theile  seines  Erblandes 
rerpfänden.  Im  Bunde  mit  D&nemark  und 
Peter  d.  Gr.  von  Rnssland  focht  er  un- 
glücklich gegen  Karl  Xu.  von  Schweden, 
wurde  14.  Febr.  1704  yom  poln.  Reichstag 
der  Krone  verlustig  erklärt  und  musste  im 
Frieden  Ton  Altranstädt  (84.  Sept.  1706)  zu 
Gunsten  des  Woiwoden  Stanislaus  Lesz- 
czynski  auf  dieselbe  verzichten.  Kach 
Karls  Xn.  Niederlage  bei  Poltawa  suchte 
er  im  Bunde  mit  dem  Zaren  die  verlorne 
Krone  durch  die  Waffen  wieder  zu  gewin- 
nen, erlangte  aber  erst  nach  Karls  XII.  Tode 
gL718)  durch  einen  Waffenstillstand  mit 
chweden  dieselbe  wieder  und  wusste  die 
Kation  durch  den  Reiz  einer  gl&nzenden, 
üppigen  Hofhaltung,  welche  dem  Kurlande 
schwere  Opfer  kostete,  sich  geneigt  zu 
machen;  f  1.  Febr.  1733  in  Warschau.  Sein 
einziger  legitimer  Sohn  aus  seiner  Ehe  mit 
Christine  Eberhardine  von  Brandenburg- 
Kulmbach  war  —  c)  A.  HI.,  Friedrieh,  geb. 
7.  Okt.  1696,  ward  in  der  protest.  Lehrß  er- 
zogen, trat  18.  Nov.  1718  zu  Bologna  zum 
Katholicismus  über,  folgte  1783  seinem  Vater 
in  den  Erblanden  und  wurde  in  demselben 
Jahre  von  einem  Theile  des  poln.  Adels  zum 
König  gewählt,  aber  erst  1736  auf  dem 
warschauer  Friedenskongresse  als  solcher 
allgemein  anerkannt.  Er  überliess  die  Re- 
gierung Sachsens  seinem  Günstling,  dem 
Grafen  von  Brühl,  übernahm  nach  Kaiser 
Karls  VI.  Tode  1740  das  Reichsvikarial^ 
stand  im  ersten  schles.  Kriege  auf  Preussens, 
Im  zweiten  auf  Oesterreichs  Seite,  weshalb 
die  Preussen  den  Kurstaat  besetzten,  ward 
in  F61ge  seiner  geheimen  Verbindung  mit 
Oesterreich  auch  in  den  siebei^ähr.  Krieg 
verwickelt,  sah  sein  Land  abermals  von  den 
Preussen  besetzt,  floh  nach  Polen;  f  6.  Okt. 
1763  in  Dresden. 

8)  A.,  der  48.  und  letzte  Erzblschöf  >on 
Magdeburg,  zweiter  Sohn  des  Kurfürsten 
Joh.  Georg  I.  von  Sachsen,  geb.  13.  Aug. 
1614  zu  Dresden,  ward  schon  1685  sSum 
Koadjutor  des  damaligen  Administrators 
Ohrtstlan  Wilhelm  von  Brandenburg  und 
nach  dbsseil  Aechtung  und  Absetzung  1688 


■um  Srzbfsöhor  tob  Miigdelmrf  erw&hlt^ 
gelangte  aber  erst  1618  zum  mhigen  Beslt» 
des  Enstifts,  das  er  nach  seiner  Vermäh- 
lung mit  Anna  Maria  von  Meoklenburg  1647 
als  Administrator  verwaltete.  Nach  dem 
Tode  seines  Vaters  1656  erhidt  er  10  Aemter 
im  kursächs.  Thüringen,  sowie  die  Stadt 
Weissenfels,  wo  er  seine  Residenz  nahm 
und  4.  Juni  1680  f.  Sein  ältester  Sohn,  Jo- 
seph Adolf,  war  Gnünder  der  herzogl.  Linie 
von  Sachsen-Weissenfels,  die  1746  ausstarb. 

8)  A,  Emil  Leopold,  Herwog  von  SacA#es»- 
Ooika,  Sohn  Herzog  Einsts  IL  von  Gotha  und 
Altenburg,  geb.  83.  Nov.  1778,  folgte  seinem 
Vater  1804 ;  1 17.  Mai  1888.  Verf.  von  ,Kylle- 
nlon  oder  Auch  ich  war  in  Arkadien*  (1805X 

4k)  A,  Paul  Friedrieh,  Qrouhergog  von, 
Oldenburg,  Sohn  des  Herzogs  Peter  Friedrich 
Ludwig  von  Oldenburg,  geb.  13.  Juli  1783,  be- 
gab sich  1811  nach  der  Besetzung  Oldenbui^ 
durch  die  Franzosen  nach  Russland,  nahm 
thätigen  Anthell  am  Befreiongskriege,  folgte 
1889  seinem  Vater  in  der  Regierung  mit 
dem  Titel  Grossherzog,  ordnete  das  Ge- 
meinde- und  Gtowerbswesen,  sowie  die 
kirchl.  Verhältnisse,  erlless  19.  Febr.  184» 
ein  neues  mit  dem  Landtage  vereinbartes 
Gemeindegesetz;  tSt.  Febr.  1853. 

5)  A,  Friedr.  Wilh.  Beinr, ,  Pritu  von 
JPreuuen,  Sohn  des  Prinzen  Aug.  Ferdinand 
von  Preussen,  des  Bruders  Friedrichs  d.  Gr., 
geb.  19.  Sept.  1779,  focht  1806  bei  Jena, 
ward  bei  Prenzlau  gefangen,  nach  13monatl. 
Gefangenschaft  freigegeben,  übernahm  nach 
dem  WaffienstiUstande  von  1813  als  Gheneral- 
lieutenant  das  Kommando  der  12.  Brigade  des 
kleistschen  Armeeoorps,  machte  die  Schlach- 
ten bei  Dresden,  Kulm,  Leipzig,  MontmiraU, 
Laon  und  Paris  mit,  erhielt  1815  das  Kom- 
mando des  8.,  norddeutschen  Armeecorps, 
nach  dem  8.  pariser  Frieden  das  der  Artil- 
lerie, für  deren  Vervollkommnung  er  sehr 
thätig  war;  t  19.  Juli  1843  zu  Bromberg. 

AugostA,  1)  Haupst.  des  nordamerikan. 
Staats  Maine,  am  Kennebec,  10,000  Ew.  — 
8)  Stadt  im  nordamerikan.  Staat  Georjgien, 
am  Savannah,  12,500  Ew. 

AugustZy  Name  mehrerer  von  röm.  Kaisern 
angelegten  Städte,  z.  B.  A.  AUobrogum,  Genf; 
A,  Auseorum,  Auch ;  A.  Cciecilia,  Straubing; 
A,  Julia  Gaditana,  Gadix ;  A.  Nemetian,  Speler ; 
A.  Praetoria,  Aosta;  A.  Bauraeomm,  Äugst 

gSasel- Äugst);  A,  Bomanduorutn ,  Luxem- 
urg;  A,  Bue$aionutn,  Soissons;  A,  Tcmrino' 
r«m,  Turta;  A.  Tiberii,  Regensbarg;  A.  Tre- 
virorum,  Trier;  A.  übiorum,  Köln;  A.  Van- 
gionum,  Worms ;  A.  Vindelicorum,  Augsburg. 

Angntta  historla  (Ia*.),  Kaisergeschichte, 
Titel  einer  Sammlung  von  Geschichten  röm. 
Kaiser,  von  Hadrian  bis  Numerian,  von  Ver- 
schiedenen verfasst  Im  3.  und  4.  Jahrb. 

Augustilei^  Goldmünzen  der  deutsche q 
Kaiser,  zuerst  von  Friedrich  II.  1231  zu 
Neapel  geschlagen.    100  A.  =  5  Pfd.  Gold. 

Angnstd'or,  sächs.GK>]dmünze,=5'^  Thlr. 

Augnstenburg,  Flecken  auf  der  schlesw. 
Insel  Alsen«  1116  Ew.  Schloss,  firüTier  Re- 
sidenz der  Herzöge  vouHolstein-Sonderimrg- 
Augustenburg;  s.  Behle§toig-Hcl$tein, 

AugnsUy  Joh,   Christian   WUh*,  protest. 


170 


Aagastosbad  —  Anrelios  Victor. 


nur  des  Yaros  Nl«derUge  (9  &.  Ohr.)  Im  teu- 
toborger  Wald«.  Befonn  des  Senats,  Her- 
itellnog  der  KrlegsKQoht  und  der  öffenfL 
Sicherheit,  BegünstlgnngderEheschllessang, 
YerschÖDernng  Borns,  Strassenbanten,  Blüthe 
der  röm.  Literatur.  A.  f  1^*  Aug.  14  n.  Chr. 
zu  Nola  in  Kampanien.  A.  war  rermählt 
Buertrt  mit  Olodia,  der  Stieftochter  des  M. 
Antonius,  dann  mit  Soribonia,  die  er  yer- 
stless,  endl.  mit  liTia  Drosllla,  der  ge- 
tchledenen  Gattin  des  Tiberius  Oland.  Nero. 
Sein  Nachfolger  war  Tiberius,  sein  Stiefsohn. 

Augnitnslimdy  Mineralbad  bei  Badeberg 
In  Sachsen.    4  erdlg-salin.  Eisenquellen. 

Aungtnibiirgy  s.  SeheUenberg, 

Au  (Joul),  Im  Kaukasus  s.  ▼.  a.  Dorf. 

AnU  (lakt)t  hofähnlicher  Platx  in  den 
Wohnh&usem  der  alten  Griechen  u.  Bömer; 
Wohnung  und  Haushaltung  von  Fürsten; 
gegenw&rtig  su  Disputationen,  Bedeakten 
etc.  bestimmter  Saal  in  Unirersit&tsgebftu- 
den;  auch  akadem.  Gtenossenschaft. 

AvIatIi  (fr.,  spr.  olawih,  Mal.),  mit  ver- 
waflchenem,  Terlaufendem  Schatten. 

AiiUeli.  iMdwig,  Ungar.  BeTolutionsgeneral, 

5eb.  1793  SU  Pressburg,  war  beim  Ausbruch 
er  M&rsreTolution  ron  1848  Oberstlleute- 
aant  im  Österreich.  Infanterieregiment  Kaiser 
Alexander,  k&mpfte  mit  demselben  gegen 
^e  Serben  bei  St.  Tamas,  dann  als  Oberst 
am  linken  Donauufer  gegen  die  rereinlgte 
flchwanenberg-slmunlchsche  Armee.  7.  März 
1849  cum  General  ernannt  und  mit  der  Tüh- 
rung  des  3.  Armeecorps  betraut,  trug  er 
Tiel  KU  den  Siegen  der  Ungarn  über  Win- 
dischgr&ts  im  März  und  April  bei,  zog  24. 
April  in  Posth  ein,  wurde  Juli  mit  Osanyl 
und  Kls  nach  Komom  zu  Görgei  geschickt, 
um  diesen  zum  Gehorsam  gegen  die  Ungar. 
Begierung  zu  bewegen,  und  übernahm  nach 
dessen  Bücktritt  das  Portefeuille  des  Kriegs. 
In  Arad  stimmte  er  mit  Görgei  für  Unter- 
liandlung  mit  den  Bussen  und  f  6.  Okt.  1849 
mit  13  andern  Generalen  am  Galgen. 

Anlls  (a.  G.),  Stadt  In  Böotlen,  am  Eu- 
ripus;  Versammlungsort  der  griech.  Flotte 
^gen  Troja. 

Aulne  (Aufu),  Kflitenfl.  Im  firanz.  Depart. 
Finisterre,  mündet  IndleBhede  von  Brest; 
16  M.  [Lustspiels  Ton  Piautas. 

Aulnlarl«  (lat.),    Geldtopf,    Titel    eines 

AnmAy  St&dtchen  Im  Grossherz.  S.-Wei- 
nar,  Kr.  Neustadt,  3507  Ew. 

Anmale  (spr.  Omahl,  lat.  AlbaiMrU),  Stadt 
Im  firanz.  Depart.  Niederseine,  81d4  Ew. 
Mineralquelle.  Ehedem  lothring.  Grafschaft. 

Anmale  (spr.  Omahl),  Henri  Eugine  Phüippe 
ZouU  tPOrliaru,  Hertog  von,  Tierter  Sohn 
des  Königs  Ludwig  Philipp,  geb.  16.  Jan. 
1822  zu  Paris,  wohnte  1840  als  Adjutant  seines 
Bruders,  des  Herzogs  von  Orleans,  in  Al- 
gerien der  Expedition  gegen  Medeah  bei, 
ward  1843  als  Brigadegeneral  mit  dem  Ober- 
t)efehl  im  Distrikt  Medeah  betraut,  nahm 
die  Smalah  Abd-el- Kaders  ein,  leitete  als 
Generallieutenant  und  Oberbefehlshaber  der 
ProTinz  Oonstantine  1844  die  Expedition 
gegen  Biskarah,  ward  Sept.  1847  General- 
gouTemeur  vpn  Algler,  legte  nach  der 
FebmarreTolutlon   1848   sein  Amt    in   die 


Hinde  des  Generalfl  OaTalgnac  nieder  und 
schifft«  sich  8.  BC&rz  nach  England  ein. 
Durch  eine  die  Orltens  beleidigende  Bede 
des  Prinzen  Napoleon  veranlasst,  yeröffent- 
llohte  er  April  1861  eine  Flugschrift  ,Lettre 
sur  rhistolre  de  France*,  worin  er  den 
Prinzen  u.  Napoleon  HI.  schonungslos  kritl- 
sirte.  Seit  1844  vermählt  mit  Marie  Karoline 
Auguste  Ton  Bourbon,  Tochter  des  Prinzen 
Leopold  Ton  Salemo;  Sohn:  Frcuu,  g^eb.  S. 
Jan.  1854,  Herzog  Ton  Gulse.  Sehr.  ,£:crit8 
poUtiques*  (1861—68,  1869);  ,Hi8toire  des 
princes  de  Oond4*  (1869.  8  Bde.). 

A  nn«  corda  (ital.,  Mus.),  auf  nur  einer 
Saite,  bezeichnet  beim  KlaTlerspiel  die  An- 
wendung der  Verschiebung. 

A«ne  (fr.,  spr.  Ohn),  altArans.  Elle,  =  1,888 
Meter  =  1,783  berliner  Ellen,  In  Frankreich 
nicht  mehr  gebräuchlich,  als  Stab  mit  ge- 
ringen Abänderungen  noch  an  vielen  Orten 
Deutschlands  und  der  Schweiz. 

Annli  (spr.  Ohnl),  Landschaft  Im  wesfL 
Frankreich,  Depart  Nlederoharente,  88  QM. 

Aupe  (Upawa,  Eiptl) ,  Nebenfl.  der  Elbe 
In  Böhmen,  durchmesst  am  Fuss  der  Schnee- 
koppe den  wilden  Aupagrvmd  (Wasserfiall), 
mündet  bei  Jaromirz ;  11  M. 

Auplk  (spr.  Ohplk),  Jaeque»,  franz.  Gto- 
neral,  geb.  38.  Febr.  1789  zu  Grarellnes, 
machte  die  Feldzüge  des  Kaiserreichs  mit, 
focht  183S  In  Spanien,  1830-81  In  Algerien, 
wurde  1847  Generallieutenant,  bekleidete 
1848  —  53  mehrere  Gesandtschaftsposten ; 
t  39.  April  1857  zu  Paris. 

An  portevr  (fr.,  spr.  O  portöbr),  an  den 
Inhaber,  von  Geldpapleren,  die  deii\)enigen 
heimgezahlt  werden,  welcher  sie  eben  in 
Händen  hat,  im  Gegensatz  zu  solchen,  die 
,auf  den  Namen*  lauten. 

Anradi,  Nebenfl.  der  Begnitz  In  Mittel- 
franken. [Kr.  Wohlau,  1015  Bvr. 

Anrasy  Stadt  im  prenss.  Begbz.  Breslau, 

Anrax  (spr.  Orähf,  Haflsnstadt  im  firanss. 
Depart.  Morblhan,  8987  Ew.  Hier  89.  Sept. 
1364  Bieg  Johanns  I.  von  Montfort  über  Karl 
von  Blois,  wdcher  in  der  Schlacht  fiel. 

AnrbaeneTy  Ludwig,  Schriftsteller,  geb. 
36.  Aug.  1784  zu  Markt-Türkheim  in  Bayern, 
seit  1809  Prof.  der  Aesthetlk  In  München, 
f  das.  85.  Mai  1847.  Yolksschrlften :  «Aben- 
teuer der  sieben  Schwaben*,  ,Abentener  der 
Spiegelschwaben',  ,BÜchleln  für  die  Jugend*, 
,Geschichte  des  ewigen  Juden*  u.  a. 

AnrelllBVSy  lAuiue  Domitiua,  röm.  Kaiser, 
aus  Pannonien  gebürtig,  ward  nach  des 
Claudius  n.  Tode  370  n.  Chr.  von  den 
Truppen  in  Mösien  zum  Kaiser  angerufen, 
verMeb  die  Markomannen  und  Alemannen 
aus  Italien,,  begann  die  Befestigung  Roms 
durch  eine 'Mauer,  die  Probus  876  voll- 
endete, schlug  die  Gk>then,  als  sie  die 
Donau  überschritten  hatten,  machte  der 
Herrschaft  der  Zenobla  In  Palmyra  ein 
Ende  (373),  unterwarf  Aegypten  wieder, 
siegte  über  den  gallischen  Gegenkaiser 
Tetricus,  fiel  auf  dem  Zuge  gegen  die 
Perser  376  als  Opfer  einer  Verschwörung. 

Anrelliis  Ttctor»  Sextu»,  röm.  Gesohlcht- 
schreiber  aus  dem  4.  Jahrb.  n.  Chr.,  beklei- 
dete unter  Julian  und  Theodosius  d.  Gr. 


Aurelles  de  Paladine  —  Ausdehnung. 


171 


die  höchsten  Ehrenstellen ;  sehr.  «Orig^o 
^ntls  RomanaeS  ,De  viris  illuatribns  Ro- 
mae',  ,De  OaesarfbusS  ,De  yita  et  moiibas 
Imperatomm  Romanorum  epitome*.  Werke 
herausg.  von  SchrdUr  (1829  —  31,  8  Bde.)i 
dentsch  yon  dos»  (1837). 

AnrelleB  de  PaUalney  flranx.  General,  geb. 
1803,  trat  1823  in  die  franz.  Armee,  kom- 
mandirte  18541m  Krimkrieg  erst  als  Brigade- 
general, dann  (vor  Sebastopol)  als  Di  visionär, 
ward  später  Kommandeur  yon  Marseille  und 
Mai  18e9  zur  Disposition  gestellt.  Seit  Okt. 
1870  Oberbefehlshaber  der  sogen.  Loirearmee. 

Avreng-Zejb  (Awreng-Sib,  d.  1.  Zierde 
des  Throns),  Orossmognl,  geb.  80.  Okt. 
1619,  Sohn  des  Grossmoguls  Schah -Dschl- 
hän,  folgte  diesem  1659  auf  dem  Thron  yon 
Hindostan,  nahm  den  Namen  Alem-Ghlr, 
Ueberwinder  der  Welt,  an,  reg.  mit  Weis- 
heit, beförderte  Wohlstand  und  Bildung, 
yergrösserte  durch  glückliche  Kiiege  sein 
Reich  bedeutend ;  +  81.  Febr.  1707. 

Avredlft  (lat.,  Aureole),  Heiligenschein, 
Glorie;  Hof  um  die  Brustwarze. 

Anredlvs.  Marcus  Aciliua,  Befehlshaber 
der  röm.  tjegionen  In  Illyrlen,  erklärte 
sich  261  n.  Ohr.  zum  röm.  Imperator,  be- 
siegte seinen  Riyalen  Macrianus  und  er- 
zwang yon  Gallienns  die  Mitregentschaft, 
ward  bei  Mailand  yon  diesem  und  368  yon 
Claudius  H.  nochmals  geschlagen. 

Anrieh)  Regbz.  in  der  preuss.  Proy.  Han- 
nover, 54,5  QM.  mit  193,876  Ew.  Die  Haupt- 
stadt A.,  4919  Ew.    Kanal  nach  Emden. 

Auricnalcit  (Zinkerz),  kohlensaures  Ka- 

Eferoxyd  mit  Zinkoxydhydrat,  spangrän,  bei 
roktewsk  am  Altai. 

AnrlfSber.  1)  Joh,,  eigentl.  Goldaohmidt, 
geb.  um  1519  in  der  Gra&chaft  Mansfeld, 
seit  1545  Luthers  Famulus,  ward  1551  Hof- 
prediger in  Weimar,  aber  1562  in  Folge 
dogmat.  Streitigkeiten  seiner  Stelle  entsetzt; 
t  als  Senior  des  evangel.  Ministeriums  zu 
Erfurt  1579.  Herausgeber  von  »Luthers 
Tischreden*  (1569).  —  2)  Joh.,  geb.  1517  zu 
Breslau,  Schfiler  Melanchthons ,  seit  1558 
Prof.  der  Theologie  zu  Rostock;  f  1567  als 
Kircheninspektor  zu  Breslau.  Verf.  der 
mecklenburg.  Kirchenordnung  yon  1557. 

Anriirnae  (spr.  Ohrinjak),  Stadt  im  franz. 
Depart.  Obergaronne,  1485  Ew.;  merkw. 
Höhle  mit  17  menschl.  Skeletten,  1852  ent- 
deckt, nach  E.  Lartet  (1860)  uralter  Begräb- 
nissplatz aus  der  sogen.  Steinzeit. 

Aurlllae  (spr.  OhrflJak),Hauptst.  des  franz. 
Depart.  Cantal  (Auvergne),  10,998  Ew.  Jährl. 
Pferderennen  1.— 15.  Mai.  Kahebei  die  Ex- 
perimentalmeierel  La  Peyronsse. 

AariplgmeBt  (lat.,  SausehgOb,  Oper- 
ment,  ffelbe  ÄrsenUende) ,  Mineral  aus  der 
Klasse  der  Blenden,  besteht  aus  Schwefel- 
arsen (Arsensulfid),  findet  zieh  bei  Andreas- 
berg, in  Ungarn,  Siebenbürgen,  Kleinasien, 
China,  Mexiko.  Künstliches  A.  (farbiges 
Arsenglas),  durch  Erhitzen  von  Arsenikmehl 
mit  Schwefel  auf  den  Arsenhütten  oder  auf 
nassem  Wege  durch  Fällen  einer  Lösung 
von  arseniger  Säure  mit  Schwefelwasseratoff 
erhalten ,  findet  als  KOnigsgeOf  in  der  Oel- 
malerei    und    zur    Bereitung .  der    Oper- 


mentküpe  in  der  Zeugdruckerei  Anwendung. 
Mit  gelöschtem  ELalk  gemischt  bildet  es 
ein  wirksames  Enthaarungsmittel  (Mhusma 
der  Orientalen),  welches  auch  in  der  Weiss- 
gerberei benutzt  wird.  Wegen  seiner  Un- 
löslichkeit wirkt  es  nur  bei  längerem  Ver- 
weilen Im  Körper  giftig. 

Anriskop  (lat.  und  griech.),  Vorrichtung 
zur  Untersuchung  eines  kranken  Ohrs,  be- 
steht aus  einem  elastischen  Schlauch,  einem 
die  Ohrmuschel  des  Patienten  einschliessen- 
den  Trichter  und  einer  konischen  Spitze, 
welche  der  Arzt  in  sein  Ohr  steckt.  Man 
kann  sich  auf  diese  Weise  über  den  Zu- 
stand der  eustachlschen Röhre  unterrichten. 

AurOBSO,  Dorf  in  Venetien,  Prov.  Belluno, 
an  der  Piave,  3475  Ew.  Galmeigruben. 
■Bed.  Fichtenwald,  Schiffsholz  für  Venedig. 

Aurora  (lat.,  gr.  Eos),  Göttin  der  Moi^en- 
röthe,  Tochter  des  Hyperion  und  derThia, 
Schwester  des  Helios  und  der  Selene,  Ge- 
mahlin des  Titanen  Asträns ,  Königs  von 
Arkadien,  erhebt  sich  desMorgeAs  von  Ihrem 
Lager  und  fährt  mit  ihren  Rossen  Lampus 
und  Pha@ton  am  Himmel  hin.  Meist  geflü- 
gelt, in  rothgelbem  Gewände  mit  einem 
Stern  auf  dem  Haupte  und  einer  Fackel  in 
der  Rechten  daigestellt. 
'  Aurora  borealM  (lat.),  s.  y.  a.  Nordlicht. 

Anrorainzeln)  Inselgruppe  im  südl.  atlant. 
Ocean,  östl.  von  den  Falklandsinseln. 

Anrnngabad,  Stadt  in  Ostindien,  im  Ge- 
biet des  Nizam  von  Hyderabad  am  Dudna, 
60,000  Ew.^  früher  sehr  blühend. 

Ausa,  Küstenfluss  in  der  Romagna,  mün- 
det bei  Riminl  in  das  Mittelmeer. 

Ausartung  (Entartung),  Umwandlung  eines 
bestimmten  Thier-  oder  Pflanzentypus  in 
einen  andern,  und  zwar  entweder  wirkliche 
Abartung  (degeneratio)  als  Folge  einer  Ba- 
stard erzeugang,  oder  Zurückartung,  wenn 
Abarten,  Kulturracen,  zur  Stammform  zu- 
rückkehren. Letzteres  geschieht  durch  Be- 
firuchtimg  mit  der  Stammform,  durch  Hah- 
rungs-  und  klimatische  Verhältnisse. 

AozbliUieB  (Uffloresetns),  s.  Auswittern. 

Ausbmel^  vorzügliche  Weinsorte,  welche 
aus  den  besten  vor  der  allgemeinen  Lese 
ausgebrochenen  Trauben  bereitet  wird. 

Anschwits  (Osvfi^cim),  Stadt  in  West- 
galizien,  3043  Ew.;  Hauptort  des  ehemal. 
schles.  Heraogthums  A,  und  Zator,  44*/4  QM. 
mit  200,000  Ew.,  das  1457  an  Polen,  1778 
an  Oesterreich  kam  und  seit  1818  zum 
deutschen  Bunde  gehörte. 

Ansei  (a.  G.),  Volk  Im  aquitan.  Gallien; 
Hanptst.  Augusta  Auscorum  (Auch). 

Ausdauernd  (perennls,  lat.),  mehrere  Jahre 
hindurch  fortlebend.  Ausdauernde  oder  per« 
ennlrende  Gewächse  (Stauden)  sind  solche, 
bei  denen  ein  im  Boden  verheißener,  mit 
Knospen  versehener  wurzelartiger  Stengel- 
theil (fälschlich  ausdauernde  Wurzel  gen.) 
den  Winter  über  anshält  und  im  Frühling 
austreibt.    Zeichen  QL. 

Ausdehnbarkeit,  Fähigkeit  der  Körper, 
ihr  Volumen  zu  vergrössem,  ohne  dass  sich 
der  AggregatzustlBuid  ändert  od.  der  Zusam- 
men hang  der  Theilchen  aufgehoben  wird« 

Aisdefiiuiiig,  die  Volumenvergrösserung 


172 


AnsdfinBttuig  —  AnsgleicliimgBabgabe. 


tfer  Körper  durch  mecbaalache  Kittel 
rSchlag,  ]5nick,  Zug)  und  durch  die  Wärme. 
Alle  Körper  dehnen  sich  beim  Erw&rmen 
uns  und  stehen  sich  beim  Erkalten  znaam- 
men.  Die  Zahl,  welche  angibt,  mn  den 
wieTlelten  Theil  seiner  bei  0^  gemessenen 
Länge  sich  ein  fester  Körper  ausdehnt, 
wenn  er  Ton  0—100*  erwärmt  wird,  heisst 
der  lineare  Autdehnnngakoi/JMerU  desselben. 
Vit  8  mnltiplldrt  gibt  er  den  kubischen 
AusdehnungskoSfBcienten.  Kur  bei  niederer 
Temperatur  (0— lOO«)  dehnen  sich  feste 
Körper  glelchmässlg  aus,  bei  höherer  Tem- 
peratur und  namentlich  in  der  Nähe  des 
Punktes,  bei  welchem  sich  der  Aggregat- 
zustand  ändert,  wird  die  A.  ungleich- 
massig.  Dies  gilt  auch  für  Flt^ssigkelten, 
die  sich  im  Allgemeinen  stärker  ausdehnen 
als  feste  Körper.  Gase  dehnen  sich  am 
stärksten,  nahen  gleich  stark  und  der 
Temperatur  proportional  aus.  Die  lineare 
A.  bei  der  Erwärmung  von  0— 100«  beträgt 
bei:  Glas  Viiw— Viii*»  gehärtetem  StahU/iOT, 
Schmiedeeisen  Vsw  — */t»»,  Gusseisen  »/booi 
Gold  Vm»-»M4»,  Kupfer  Vms,  Süber  »^s4, 
Zink  Vs40'  I>i<»  körperliche  A.  von  0— lOOo 
beträgt  bei  Quecksilber  0,018018.  1  Vol. 
Wasser  bei  Oo  ist  =  0,999  Vol.  bei  40  C. 
ÖDiohtigkeitsmaximum)  ==  1,000U  bei  10«  = 
1,01157  bei  50  o.  Die  A.  des  Wassers  von  0— 45o 
beträgt  ca.  l<Vb,  bis  65  2o/o,  bis  82  3o/o,  bis 
100  4,8^/0.  I>ie  Banmesvermehrung  der  Gase 
von  0—100*  beträgt  0,8665  oder  nahe  >Vm. 
Die  Kraft,  mit  welcher  sieh  die  Körper 
beim  Erwärmen  ausdehnen  oder  beim  Erkal- 
ten susammenziehen,  ist  gleich  dem  Wider- 
Stande, den  sie  einer  Kompression  oder  A. 
durch  mechan.  Mittel  entgegensetzen.  Luft 
dehnt  sich  beim  Erwärmen  um  272  auf  das 
doppelte  Volumen  aus,  und  wenn  sie  daran 
▼erhindert  wird,  drückt  sie  auf  die  ein- 
Bohllessenden  Gefässwandungen  mit  ver- 
doppeltem Druck. 

JLngdSiistuigy  langsames  Austreten  von 
Gkksen  und  Dämpfen  besonders  aus  der  Ober- 
fläche der  Organismen;  Hantausdünstung. 

Aiufally  das  Ausrücken  einer  Truppen- 
masse aus  einer  belagerten  Festung,  um 
die  Arbeiten  der  Belagerer  su  zerstören; 
geschieht  meist  von  leichten  Truppen  aller 
Waffengattungen  und  gewöbnl.  des  Nachts. 

Ausfulthory  in  Uteren  Festungen  das 
ins  Freie  führende,  gedeckt  liegende  Thor, 
aus  dem  die  Ausfälle  lugeschehen  pflegten, 
Jetzt  durch  unter  den  Wällen  angebrachte 
Durchsänge  (Potemen)  ersetzt. 

AuaUMnmeBy  ein  Gewehr  oder  Geschütz 
mit  wenig  Pulver  laden  und  abfeuern,  um 
es  zu  erwärmen  und  zu  trocknen.         [mik. 

Ansflungeiciiwliidlgkeit,   s.  S^rodyna- 

Ansfuhr  (Export),  der  Gesammtbetrag 
der  Güter,  welche  ein  Volk  oder  ein  Ter- 
ritorium an  das  Ausland  absetzt.  Durch 
Au^hrvefiote  und  Au^uhräOÜ€  glaubte 
mau  im  Sinne  des  Merkantilsystems  die  A. 
solcher  Rohstoffe,  welche  zur  Ernährung 
•der  Arbeiter  dienen  oder  in  Inland.  Fa- 
briken verarbeitet  werden  konnten,  hin- 
•dtm  oder  beschränken  zu  müssen,  wodurch 
'man  aber  nur  den  Produoenten  der  Roh- 


stoffe zu  Gunsten  des  Fabrikanten  benach- 
theiligte.  Yermehrung  der  A.  suchte  man 
von  Selten  des  Staats  manchmal  durch 
Au9fuhrprämi4n  oder  Au^fuhrhcniflkaUonen 
zu  bewirken,  was  aber  insofern  unatatt- 
hall  ist,  als  dadurch  dem  ganzen  Volk  zu 
Gunsten  einer  Minderzahl  von  Fabrikanten 
eine  Abgabe  auferlegt  wh*d,  während  die 
betreffenden  Industriezweige  durch  eigne 
Anstrengung  ihr  Bestehen  sichern  sollen, 
wenn  sie  überhaupt  zu  bestehen  verdienen. 
In  der  neueren  Zelt  ist  die  A.  fast  allent- 
halben fheils  ganz  freigegeben,  theils  nur 
durch  niedrige  Ausftihrzölle  in  Be^ff 
einiger  Artikel,  wie  Häute,  Pferde-  und 
Ochsenhaare,  Porzellanthon,  Abfälle,  Holz- 
asche, Roheisen,  Erze,  rohe  Baumwolle  u. 
Wolle,  beschränkt  worden.  Beschränkun- 
gen der  Gtetreideausftihr  sind  durch  die 
Vervollkommnung  des  internationalen  Ver- 
kehrs ganz  üboiflüssig  gemacht  und  lassen 
sich  vorübergehend  nur  noch  in  solchen 
Ländern  Mchtfertlgen,  wo  im  Winter  der 
Verkehr  zu  Wasser  und  zu  Lande  gehemmt 
ist  und  Zufhhr  nur  langsam  n.  aus  weiter 
Feme  her  zu  bewerkstelligen  Ist.  Im  Zoll- 
verein bestehen  Ausfuhrzölle  nur  noch  auf 
Lumpen  und  altes  Tauwerk  im  Interesse 
der  einheimischen  Papierfabi-ikation.  Für 
den  Kriegsfall  sind  die  Ausfuhrverbote  von 
Kriegsbedarf,  einschliesslich  der  Pferde,  Re- 
gel. Aus  der  Jährl.  A.  lässt  sich  auf  die 
Produktionskraft  eines  Landes  schliessen, 
wiewohl  sie  nur  einen  Thell  der  gesammten 
producirten  Gütermasse  ausmacht.  Man  be- 
rechnet diesen  Theil  in  Nordamerika  auf 
lOVs,  in  Frankreich  auf  6V4,  in  England  auf 
ca.  10<Vo  der  Jährl.  Güterproduktion.  Im 
deutschen  Zollverein  beträgt  die  A.  unge- 
fähr den  8.  TheQ  des  Durchschnittewerths 
des  gesammten  Güterverbrauchs  der  Bevöl- 
kerung. IJnter  AtufukrJumdd  versteht  man 
die  A.  der  elnheimlsclftn  Erzeugnisse.  Der- 
selbe ist  Aktivhandel,  wenn  er  mit  eignen 
Transportmitteln  und  Kapitalien,  Busiv- 
handel,  wenn  er  von  Fremden  betrieben  wird. 

Ausgabe  9  im  llterar.  und  bnchhändl. 
Sinne  eine  zum  Behuf  der  Vervielfältigung 
gedruckte  HandschrifL  Man  unterscheidet 
erste,  zweite  ete.  A.,  wenn  das  Werk  in 
demselben  Formate  u.  ohne  Textveränderung 
mehrmals  gedruckt  wird.    Vgl.  AuAage. 

Ausgiessung  des  heiligen  Geistes  ^  die 
am  ersten  Pflngstfesto  nach  der  Auferstehung; 
Jesu  an  die  Jünger  erfolgte  Mittheilung  des 
heil.  Geistes    (vgl.  Apostelgesch.  2,  1  ff.). 

Ansglelehzngsabgabe  (ErgSnzungs'  oder 
UAergang$abgcä>e),  im  deutechen  Zollverein 
Abgabe^  welche  von  Bier,  W^n,  Branntwein 
beim  Uebergang  dieser  Produkte  aus  einem 
Vcfreinslande  in  das  andere  bis  zur  Ein- 
führung gleicher  Besteuerung  der  im  In- 
nern des  Zollvereins  producirten  Verelns- 
gegenstände  erhoben  wird,  durfte  die  Diffe- 
renz der  etwa  in  den  beiden  betreffenden 
Steaten  bestehenden  Steuern,  denen  Jene 
Artikel  unterliegen,  nicht  übersteigen.  An 
Stelle  der  eigeutlicben  A.n,  dulfi^  welche 
die  Differenz  der  beiderseitigen  Steuern  er- 
hoben wurde,  ist  seit  1841  das  System  der 


Ausliängebogeft  —  Ausöner. 


178 


▼ollen  {^rhebung  der  eigenen  Stener  als  Zoll 
und  der  Gewftfarnng  Ton  AnafahrYergütan- 

ßm.  getreten,  die  sonst  verboten  waren, 
er  norddeutsche  Bnnd  erhebt  keine  lieber- 
^ngsabgabe  von  Wein  mehr,  nnd  diejenige 
für  Tabak  ist  mit  der  einheitlichen  Tabaks- 
Btener  des  Zollvereins  seit  1868  weggefallen. 
Vgl.  Zkmov,  J>le  Gesetze  nnd  R^^nlative 
des  Zollvereins*,  1867. 

AvslübigebogeB)  in  der  Buchdrackerei 
die  ersten  gedrackten  Bogen  eines  Werkes, 
welche,  korrekt  in  Satz  nnd  Dmck,  dem 
Verfasser,  Verleger,  Korrektor  etc.  znm 
Nachsehen  eingehändigt  werden. 

Anikeileny  im  Bergbau  gebränchl.  Ans- 
dmck  von  (Hbirgsschichten,  die  nach  einer 
Seite  hin  dünner  werden  und  verschwinden. 

Amkrieehen  und  Efakrlecheiiy  im  See- 
wesen vom  Winde,  wenn  derselbe  abwech- 
selnd ist,  seine  Sichtung  ver&ndert  und 
wieder  annimmt. 

AviknltatioiL  (tat) ,  Behorchen  des  Kör- 
pers, ^m  aus  den  wahrgenommenen  Geräu- 
schen auf  den  Zustand  der  untersuchten 
Körpertheile  zu  schliessen,  besonders  an- 
wendbar bei  Lungen-,  Hecz-  u.  Rippenfell- 
krankheiten. Geschieht  entweder  durch 
direktes  Auflegen  des  Ohrs  oder  mit  Hülfe 
des  Hörrohrs,  SMkotkops,  welches  der  Arzt 
auf  den  zu  untersuchenden  Körpertheil  setzt 
und  dann  an  sein  Ohr  bringt.  Zuerst  im 
18.  Jahrh.  durch  Auenbrugger  geübt,  durch 
Laennec  (1819)  weiter  ausgebildet  u.  durch 
Skoda  in  Wien  wissensohaftl.  begründet. 
Vgl.  Ifiemeyer,  ,Handbuch  der  theoret.  und 
klin.  A.*   1870,  S  Bde. 

Anslniltitor  (latO,  Zuhörer,  Beisitzer  eines 
Kollegiums  ohne  Votum  (Auditor). 

XmiMAer ,  Apparat  zur  Entladung  einer 
elektrischen  Batterie,  besteht  aus  zwei  in 
Kugeln  endigenden  und  durch  Charnier 
verbundenen  Drähten  mit  gut  isolirendem 
Handgriir.  Die  eine  Kugel  wird  mit  der 
äussern,  die  andere  mit  der  innem  Belegung 
kk  Verbindung  gebracht. 

Anslangen^  die  Trennung  löslicher  Stoffe 
von  unlöslichen  durch  ein  passendes  Lö- 
sungsmittel, z.  B.  die  Gewinnung  von  Sal- 
peter aus  ßalpetererde,  von  Soda  aus  der 
Kohschmelze,  auch  die  Reinigung  des  Hol- 
zes von  seinen  löslichen  und  schnelle  Fäul- 
niss  bewirkenden  Substanzen. 

AuBlegen,  mit  einem  Schiff  auf  dieRhede 
oder  in  den  Aussenhafen  hinausgehen,  tun 
bei  guter  Gelegenheit  sofort  zur  Fahrt  be- 
reit zu  sein. 

4iisUefening  von  Verbreeliern.  Bei  Unter- 
suchung der  Frage,  ob  und  in  wie  weit  ein 
Staat  durch  das  Völkerrecht  verbunden  sei, 
ein  in  seinem  Gebiete  weilendes  Indirl- 
duuro,  welches  eines  Verbrechens  gegen  die 
Straijsesetze  eines  andern  Staats  angeklagt 
ist,  an  den  fremden  Staat  behufs  der  Unter- 
suchnng  und  Bestrafung  auszuliefern,  ist  zu 
unterscheiden,  ob  ein  Inländer  im  Auslande 
ein  Verbrechen  begangen  hat,  oder  ob  ein 
eines  Verbrechens  Beschuldigter  sich  aus 
dem  Staatsgebiete,  wo  er  das  Verbrechen  be- 
gangen, in  ein  anderes  geflüchtet  hat,  ohne 
Angehöriger  des  betreffenden  Staats  zu  sein. 


Im  ersten  Fall  pflegen  einige  Sta^tei^  allf 
von  Inländern  im  AusUnde  verübteu  V«v 
brechen  (Preussen),  andere  nur  gewisM 
Verbrechen  (Frankreich),  wie  Kajestfttsbck- 
leidigungen,  MünzTerbrechen ,  hoch-  Qn^ 
landesverrätherische  Handlungen  gegen  dQft 
eigenen  oder  fremden  Staat,  nocl^  and*  (Bug* 
land,  Nordamerika)  in  der  Regel  g&r  keine 
im  Auslande  begangenen  Verbrechen  zu  her 
strafen.  Im  zweiten  Fall  erfolgt  die  A.  mei«^ 
erst  auf  vorhergegangene  Requisition^  von 
Seiten  des  anderen  Staats,  und  es  wird  seibat 
dieser  Requisition  nicht  unbedingt  und  bei 
allen  von  den  dortigen  Strafgesetzen  verpön- 
ten Handlungen,  sondern  nur  bei  gewissen 
Gattungen  von  Verbrechen,  insbesondere  bei 
schweren,  Folge  gegeben,  dabei  auch  die  Be- 
dingung gestellt,  dass  die  Schuld  entweder 
bereits  durch  rechtskräftiges  Erkenntniss 
festgestellt  oder  wenigstens  überwiegend 
wahrscheinlich  gemacht  sei.  Auf  poli- 
tische Verbrecher  erstrecken .  sich  die  Aus- 
lieferungsverträge in  der  Reg^l  nicht,  weil 
in  Betreff  solcher  die  requirirende  Regierung 
nicht  immer  im  formellen  Rechte  ist.  Den 
deutschen  Bundesstaaten  Jedoch  legte  eii^ 
Bundesbeschluas  vom  18.  August  1^  die 
Verpflichtung  zur  gegenseitigen  A.  politisch 
Angeklagter  auf,  und  ein  weiterer  Bundes^ 
beschluss  vom  26.  Jan.  1864  dehnte  diese 
Verpflichtung  auf  alle  wegen  gemeiner  Ver- 
brechen angeklagten  oder  verurtheüten  In- 
dividuen aus,  Auch  haben  einzelne  deutsche 
Staaten  mit  nichtdentschei^  Staaten  Ver- 
träge über  gegenseitige  A.  v.  V.  abge- 
schlossen, z.  B.  Preussen  mit  Belgien« 
den  Niederlanden,  Frankreich,  Luxemburg, 
den  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika 
und  Russland.  Mit  letzterer  Macht  besteht 
ein  solcher  seit  1869  nicht  mehr. 

Auslobung 9  die  Entschädigung,  welche 
der  Anerbe  (s.  d.)  seinen  Hiterben  gewährt; 

AlunulunegeBetM  y  im  weiteren  Sinne 
solche  Regierungsmassregeln,  welche  einen 
von  den  sonst  und  allgemein  geltenden 
Rechtsgrundsätzen  abweichenden  Zustand 
begründen  oder  die  allgemeine  Rechtsgleich- 
heit aufheben;  im  engeren  Sinne  solche 
Verfügungen  der  höchsten  Exekutivgewalt, 
durch  welche  wegen  eines  wirklich  obwal- 
tenden oder  vermeintlichen  Nothstandei 
verÜBkSSungsmässige  Rechte  suspendirt,  ins- 
besondere auch  Untersuchung  und  Aburthei* 
lung  einzelner  Verbrechen  den  ordentlichen 
Gerichten  entzogen  und  Ausnahmegerichten 
zugewiesen  werden«  Zulässig  sind  solche  A. 
nur  in  der  Beschränkung  auf  zeitweilige 
Suspension  der  Gesetze  über  Verhaftung, 
Haussuchung  und  Versammlungsrecht,  und 
ihre  Erlassung  setzt  die  Mitwirkung  aller 
gesetzlichen  Faktoren  in  Jedem  einzelnen 
Falle  voraus  unter  Ausschluss  einer  allge- 
mein ertheilten  Ermächtigung  an  die  Re- 
gierung zum  Erlass  solcher  Verfügungen« 
Biese  Mitwirkung  ist  Jedoch  gewöhnlich  nur 
nachträglich  und  beschränkt  sich  s.  B.  In 
Preussen  auf  eine  Gutheissung  der  meist 
vollständig  vollendeten  Thatsadien. 

Ausöner  (a.  G.)>  Volk  in  Italien,  latin. 
Stamms ,  nachmals  in  Kampanien  sesshaft, 


174 


Ausonius  —  Ausstener. 


818  T.  Cbr.  Ton  den  RSmem  nnteijocht. 
AuaonUt,  poetisch  auch  s.  t.  a.ganz  Italien. 

IAvMOnliilu  l>«o.  Magnut,  röm.  Dichter,  geb. 
nm  809  zu  Bardegala  (Bordeaux) ,  Erzieher 
des  Kaisers  Gratian,   seit  879  Konsul  von 
.  Qallien.  fron  892.     Sehr.  Eklogen,  Epi- 
'  gramme,  Briefe  in  Versen  nnd  80  sogen. 
Idyllen,    darunter  jMosella*   (deutsch  von 
Oeib  1848,   SticMng  1845,    B.  Lingg   1870\ 
die  berühmteste,  und  ,Gento  nuptialis',  die 
berüchtigtste.   Ausgaben  yon  ßcatiger  (1575), 
,    ßouehap  (1780). 

Anspelldlly  Tiefe  und  BeschaiTenheit  des 
Meeresbodens  mit  dem  Senkblei  untersuchen. 
AvspfSndimg,  s.  I^ändung. 
jlnipleien  (lat.  auspicia),  Vogelschau,  bei 
den  alten  Römern  die  Vorhersagung  der 
Zukunft  aus  Beobachtungen  gewisser  Thiere, 
besonders  der  Vögel,  s.  Augum, 

kwsrHstvtLf  Im  Militärwesen  ein  Heer  oder 
•ine  Heeresabtheilung  mit  Allem  versehen, 
dessen  es  zum  Zwecke  der  Kriegführung 
bedarf.   Es  gehört  hierher :  1)  Kompletirung 
der  Mannschaften  auf  Kriegsstärke  ,   Auf- 
.  Stellung  der  Depots  (zur  Uebemahme  der 
I  Ersatzmannschaft) ,  Zusammensetzung  der 
'  Beserven ;  2)  Herbeischaf^ng  der  Remonten, 
der  Bekleidungs-  und  Rüstungsgegenstände 
.  für  Mann  und  Pferd,  sowie  der  WaiTen  für 
\  alle  Truppengattungen,  nebst  der  erforder- 
lichen Munition ;  8)  Bereitstellung  aller  Ge- 
räthe  zu  Schanz-,  Brücken- und  Belagerungs- 
arbeiten (Brücken-  und  Belagerungstrains) ; 
4)  Errichtung    von  Feldbäckereien,   Feld- 
küchen, Feldposten;  5)  Vorrichtungen  für 
Pflege  der  Kranken  und  Verwundeten  (La- 
sarethe,  Feldapotheken,  Verbandmittel  etc.) ; 
8)  Anschaffung  von  Mund vorrath  und  Four- 
!  rage  und  Sicherung  der  Zuführ  während  des 
Marsches;   7)    Aufstellung   von  Transport- 
mitteln aller  Art  zur  Beförderung  der  Trup- 
pen und  des  Trains.    Vgl.  Armiren. 

Auuts  (Lepra),  Miselsucht  der  alten 
Geschichtschreiber,  allgemeine  Erkrankung 
mit  bedeutenden  Veränderungen  der  Haut, 
im  Alterthum  sehr  verbreitet.  Jetzt  in  Eu- 
ropa namentlich  noch  in  Norwegen  vor- 
kommend, tritt  In  zwei  Formen  auf.  Die 
knotige  Form  dauei^t  ca.  9Va  Jahre,  beginnt 
mit  braunen  Flecken,  aus  denen  sich  Ge- 
schwüre bilden ,  die  allmähllg  alle  Organe 
zerstören.  Bei  der  flachen  od.  anästhetischen 
Form,  die  ca.  18  Jahre  dauert,  entstehen  zu- 
erst Blasen,  auf  grosse  Empfindlichkeit  der 
Haut  folgt  immer  mehr  sich  ausbreitende 
Gefühllosigkeit,  bis  Brand  hinzutritt,  ein- 
zelne Glieder  sich  ablösen  und  der  Tod  er- 
folgt. Der  A.  wurde  stets  für  ansteckend 
'  nnd  erblich  gehalten  und  die  Aussätzigen 
'  (ßoudersieehe)  in  St.  Georgs  spitäl  er,  Lepro- 
series,  Mesellerles  gebracht.  Sie  trugen 
besondere  Kleidung,  durften  sich  nicht  ver- 
,  heirathen  nnd  galten  in  Frankreich  für  bür- 
gerlich todt.  Vgl.  Virehow,  ,Zur  Geschichte 
des  A.es  und  der  Spitäler'  in  seinem  ,Ar- 
chiv*,  Bd.  18-22. 

AnneUag  (Exanthema),  Hantkrankheit, 
die  in  sehr  verschied.  Formen  als  Flecken, 
Knötchen,  Knollen,  Quaddel,  Blase,  Haut- 
abschürfbng,  Geschwür,  Schrunde,  Kruste, 


Schuppengrfnd  auftritt  nnd  verschiedene, 
aber  nicht  immer  innere  Ursachen  hat. 
Die  Furcht  vor  den  Folgen  eines  ,surück- 
getriebenen*  A.s  ist  unbegründet.  Heil- 
mittel sind  Bäder,  Seifen,  Aetzmittel,  aus- 
nahmsweise innerliche  Mittel.  Vgl.  Virehow, 
,Handb.  der  Pathologie  etc.*,  8.  Bd. ;  Bebra, 
»Akute  Exantheme  u.  Hautkrankheiten',  1860. 
Anwclinltt  (ßector),  in  der  Geometrie  ein 
solches  Stück  einer  krummlinigen  TiguXt 
welches  von  8  von  einem  Punkt  innerhalb 
der  Figur  an  den  Umfang  derselben  gezo- 
genen Linien  nnd  dem  von  ihnen  abgeschnit- 
tenen Bogen  begrenzt  wird;  insbesondere 
das  von  8  Halbmessern  und  dem  zwischen 
diesen  liegenden  Bogen  begrenzte  Stück 
einer  Kreisfläche.  Em  Kugelau$8chniU  ist 
ein  kegelförmiges  Stück  einer  Kugel,  dessen 
Spitze  im  Mittelpunkt  derselben  liegt  und 
dessen  Grundfläche  durch  eine  Kreislinie 
auf  der  Oberfläche  ders.  beschrieben  wird. 
AuMChram,  im  Bergbau  Thon  u.  Letten 
zwischen  dem  Gange  und  Gestein. 

AnasehnsSy  ein  aus  einem  grösseren  Verein 
von  Personen  gewählter  und  mit  besonderen 
Geschäften  beauftragter  engerer  Kreis  von 
Mitgliedern,  insbesondere  eine  Deputation 
oder  Kommission  in  einer  parlamentarischen 
Versammlung. 

AuBsee,  Marktfl.  in  Steiermark,  Kr.  Brück, 
im  steierschen  Salzkammergut,  an  der 
Traun,  1400  Ew.  Grosse  Salzsiederei  (Soole 
aus  dem  Salzberg  Sandling  gewonnen). 

Anssenkl&ver  (Jagerbaum),  das  äussere 
Ende  des  BujBfspriets. 

AuBsenwerke,  alle  ausserhalb  des  Haupt- 
walls Jenseits  des  Hauptgrabens,  aber  noch 
diesseits  des  gedeckten  Wegs  befindlichen 
Werke  einer  Festuug,  nämlich:  die  Gra- 
benscheere  oder  Grabentenaille,  das  Ra- 
velin, die  Lünetten  oder  Brillen,  die  Contre- 
garden  und  (Üouvrefacen ,  die  Enveloppe. 
Die  düsteren  oder  vorliegenden  Werke  liegen 
Jenseits  des  gedeckten  Wegs,  mit  der  Festung 
durch  Anschlusslinlen  verbunden,  welche 
von  dort  oder  von  den  A.n  flanklrt  werden 
können.  Als  solche  kommen  vor  die  ein- 
fache (Tenallle)  nnd  doppelte  Scheere,  der 
Schwalbenschwanz,  die  Bischofsmütze,  das 
Hom-,  Krön  -  und  doppelte  Kronwerk.  Si» 
sind  neuerlich  wogen  zu  schwacher  Fron- 
talyertheidigung  durch  selbständige  deta- 
chirte  Forts  ersetzt. 

Aussig,  Stadt  im  böhm.  Kreis  LeitmeritE» 
an  der  Elbe  und  Biela,  10,938  Ew.  Kohlen- 
lager. Hier  5.  Juni  1426  Bieg  der  Hussiten. 
AussplelgesGliaft,  Form  der  Veräussernng 
einer  Sache,  wobei  dieselbe  aus  einer  Mehr- 
zahl von  Einsetzenden  demjenigen  zu  Theil 
wird,  welchen  das  Loos  bestimmt  oder  wel- 
cher in  einem  gemeinschaftlichen  Glücks- 
oder Geschickiichkeitsspiele  den  Sieg  davon- 
trägt; unterliegt  polizeilicher  Genehmig^ong. 
Ausstellung  des  Sakraments,  In  der  kathol. 
Kirche  die  feierliche  Ausstellung  der  ge- 
weihten Hostie  auf  dem  Hochaltar,  seit 
Einführung  des  Fronleichnamsfestes  (1264) 
ein  Bestandtheil  des  kathol  Kultus. 

Ansstener  (Au$stattung),  im  Allgemeinen 
das,   was  die  Töchter  bei  ihrer  Verheira- 


Ausstich  —  Austrag. 


175 


thnng  aus  dem  elterlichen  YermSgen  erhal- 
ten hat,  insbes.  die  Ton  der  Frau  zu  Führung 
dea  EDftuswesens  oder  zu  eignem  Bedarf  ein- 

Sehrachte  bewegliche  Habe  nnd.  in  diesem 
inne  ein  von  der  Mitgift  Terschiedener 
Vermdgenstheil,  über  welchen  die  Verfügung 
aewöhnlich  der  Frau  Euateht.  Die  Aussteuer' 
fauen,  welche  den  bei  ihnen  betheiligten 
oder  versicherten  Personen  beim  Eintritt 
eines  bestimmten  Alters,  bei  ihrer  Majoren- 
nitftt,  Yerheirathnng  oder  Etablimng  ein 
gewisses  Kapital  auszahlen,  sind  entweder 
auf  Gegenseitigkeit  gegründet  oder  mit  Ben- 
tenbanken  und  Lebensversicherungsanstal- 
ten  verbunden.  Vgl.  Cflaser,  ,Ueber  die 
Anssteuerkassen',  1852.-  [oder  Jahres. 

Ausstich  9   der  beste  Wein  eines  Berges 

Ausstopfen  der  Thiere ,  als  Kunst  Taxi- 
dermie  genannt,  wird  mit  Anwendung  eines 
künstl.  dem  natürl.  nachgebildeten  Körper 
aus  Werg  oder  dergL,  Ueberziehen  des  ge- 
gerbten oder  vergifteten  Balges,  Einschieben 
starker  Drähte  zur  Erhöhung  der  Festigkeit 
und  Einsetzen  künstlicher  Augen  ausgeführt. 
Vgl.  die  Schriften  über  das  A.  von  Ifdtmann 
(1815),  £rehm  (1842,  8.  Aufl.  bearb.  von 
Martin  1869),  Berling  (1860),  ßylvesUr  (1866), 
£oUard  (1868),  Gardner  (1869). 

Ausstreichen  der  Flötze  oder  Gänge,  das 
Erscheinen  derselben  an  der  G«birgsober- 
fläche.  Der  sichtbare  Theil  helsat  Ausstrich. 

Anssfissen  (EdüUeriren,  Auswaschen),  aus 
einem  Niederschlag  die  Mutterlauge  ent- 
fernen, geschieht  gewöhnlich  auf  einem 
Filter,  indem  man  Wasser  durch  den  Nie- 
derschlag sickern  lässt,  bis  die  ablaufenden 
Tropfen  geschmacklos  sind  und  beim  Ver- 
dampfen keinen  Bückstand  lassen. 

Anster  (lat,  grlech.  Noios),  der  Nebel  und 
B^en  bringende  Südwind. 

Anster^  Qstrea  L.,  Molluskengattung  aus 
der  Familie  der  eiumuskeligcn  Muschel- 
thJere.  O.  edulis  £.,  die  gemeine  A.,  in 
vielen  Varietäten  an  den  europ.  Küsten  in 
Wasser  von  mindestens  l,7o/o  Salzgehalt 
(nicht  in  der  Ostsee),  in  Tiefen  von  der 
mittleren  Strandmarke  bis  20  Faden  und 
mehr,  nördl.  bis  65o,  ist  hermaphroditisch, 
producirt  Jährl.  (April— Juli)  oft  weit  über 
1  Mill.  Junge,  die  sich  in  der  Mantelhöhle 
der  Mutter  entwickeln,  ausschwärmen  und 
sich  bald  durch  Ausschwitzungen  der  Schale 
meist  in  Massen  (Austernb'dnke)  an  geeig- 
neten Orten  festsetzen.  Mit  3  —  5  Jahren 
sind  sie  geniessbar.  Man  bricht  sie  mit 
der  Hand,  mit  dem  Austemschaber  oder 
dem  Schametz  los  und  bringt  sie  gewöhn- 
lich in  milderes  Wasser  von  2  —  So/o 
Salzgehalt,  und  zwar,  wie  schon  die  Bömer 
thaten.  In  Bassins  (Parks,  Glaires,  z.  B.  bei 
La  Tremblade  und  Marennes,  wo  sich 
die  A.n  grün  färben,  Isle  deB6,  Hayling, 
Ostende),  oder  an  geeignete  Küstenpunkte 
rWhitstable  mit  seinen  Natives,  Herne  Bay, 
Wangeroog).  Das  Zurückgehen  der  Bänke 
durch  unrationelle  Ausbeutung,  natürl. 
Feinde  der  A.n  (Fische,  Krebse,  Seesterne, 
Schnecken,  Schlamm)  führte  zur  künsü. 
Austemtuchi,  bei  welcher  man  die  schwär- 
mende Brut  entweder  auf  natürl,  Banken  j 


in  tiefem  Wasser  (St.  Brieuc,  Tonion,  Cette) 
oder  in  flachem  (Arcachon,  Isle  de  B6,  Lo- 
rjent,  La  Trinit6)  an  Faschinen,  Ziegeln 
oder  Bretem  aufhängt  und  zur  Entwick»^ 
lung  bringt,  oder  alte  A.n  in  abschliessbar» 
Teiche  setzt  und  die  auf  SammelkÖrpem 
angesiedelte  Brut  in  freies  Wasser  ver- 
pflanzt (Beculvers,  Hampton,  Hayling).  Dia 
ersteren,  besonders  durch  Ooste  (1^5)  an- 
geregten Versuche  sind  erfolglos  geblieben» 
die  letzteren  sind  noch  nicht  genügend  er- 
probt. —  A.n  haben  die  Zusammensetzung 
eines  guten  Nahrungsmittels ,  rohe  wirken 
fast  nur  appetitreizend  'und  gehen  theil- 
weise  für  die  Ernährung  verloren,  gekochte 
wirken  in  viel  geringerer  Zahl  sättigend. 
In  London  werden  Jährl.  über  80,000  berl. 
Scheffel  A.n  importirt.  Paris  verbrauchte 
1867  für  1,887,800  Frcs.,  der  gesammte  fVanz. 
Ertrag  betrug  aber  1866  nur  für  1,676,000 
Frcs.  O.  borealis  Lam,,  an  der  östl.  Küste 
Nordamerikas,  bes.  in  derChesapeakbai  und 
bis  20  Meilen  nördl.  von  der  Hudsonmün- 
dung, liefert  reiche  Erträge  (Baltimore, 
Austernstadt).  O.  arborea  Chem,,  in  Ost- 
und  Westindien,  ist  sehr  gesucht.  Auch 
die  asiat.  Küsten  sind  reich  an  A.n.  Vgl. 
Beta,  jBewirthschaftung  des  Wassers  und 
die  Ernten  daraus',  1868;  Busch,  ,Der  ge- 
rechte und  vollkommene  Austemesser',  1868  ; 
Sturz,  ,Austernbetrieb  in  Amerika,  Frank- 
reich und  England',  1868 ;  Sckmarda,  ,KuItur 
des  Meeres  in  Frankreich',  1869;  Brco,  ,No- 
tizen  über  Austemkultur' ,  1869;  MSbius, 
«Austern-  und  Miesmuschelzucht',  1870. 

Austerliti^  Stadt  in  Mähren,  Kr.  Brunn, 
an  der  Litowa,  8452  Ew.  Hier  2.  Dec.  1805 
Sieg  Napoleons  über  die  Oesterreicher  und 
Bussen  (Dreikaiserschlacht). 

Aostemdleh  (Atisten\ßscher ,  Meerelster, 
Haematopus  L.),  Vögelgattung  aus  der  Fa- 
milie der  Regenpfeifer.  GemeinerA,,!!.  ostrea- 
legus  L,,  15—17",  an  den  Küsten  des  nördl. 
Europas ,  Asiens  und  Amerikas .  ftisst  ge- 
legentl.  todte,  aber  nie  lebende  Austern. 

Austemschaleny  meist  aus  kohlensaurem 
Kalk  bestehend,  werden  als  Dünger,  prä- 

garirt  als  Zahn-  und  Putzpulver,  zu  Kitt  etc. 
enutzt.  In  grossen  Massen  aufgehäuft  in 
den  vorgeschichtlichen  KJökkenmöddings 
an  den  dän.  Küsten. 

Aiistin-Cityy  seit  1844  Hauptstadt  von 
Texas,  am  Oolorado,  3000  Ew. 

Aastrag,  Schlichtung  einer  Sache,  Schlnss- 
urtheil,  dem  Folge  gegeben  wird.  Im  deut- 
schen Becht  der  Plural  Austrage  s.  v.  a. 
schiedsrichterliche  Entscheidungen,  auch 
gewählte  oder  bestehende  Schiedsmänner, 
die  einen  Bechtsstreit  zu  Ende  bringen. 
Nach  Verkündigung  des  allgemeinen  Land- 
ft-iedens  wurde  für  die  Beichsunmittelbaren 
eine  besondere  Austrägälinstans  kreirt,  von 
der  man  an  das  Beichbkammergericht  ap- 
pelliren  konnte.  Vor  diese  gehörten  all» 
Givilrechtssachen,  und  das  Verfahren  musste 
binnen  Jahr  und  Tag  beendigt  sein.  Die 
Austrägalinstanz  beim  deutschen  Bunde 
ward  durch  die  Bundestagsbeschlüsse  vom 
16.  Juni  1817  und  8.  Aug.  1820  eingesetzt. 
Der  verklagte  Theil  schlug  hiemach  dem 


176 


AoBtralia  felix  «—  Anstralien. 


klagenden  drei  anparteUsohe  Bnndesglieder 
▼or,  und  der  Klager  wfthlte  ans  diesen 
•ins,  dessen  oberstes  Oerloht  alsdann  die 
rechtliolm  Yerhandlnng  nnd  Entscheidong 
des  StrdUs  naeh  den  bei  demselben  giUtigen 
Prosessnormen  im  Nanlen  der  BnndesTer- 
sammlnng  fibernabm  nnd  das  Brkenntniss 
l>ekannt  machte,  f&r  dessen  Vollaiehnng  die 
>3nndesyersammlang  sorgte.  Vgl.  Leonhardi, 
«Das  Anstragalver&hren  des  deutschen  Bun- 
des*, 1888—46,  S  Bde.  Die  norddeutsche  Bon- 
desverfassnng  setst  Art.  76  fest,  dass  Strei- 
tigkeiten zwischen  Terechiedenen  Bundes- 
staaten, insofern  sie  nicht  priTatrechtllcher 
Mator  und  daher  von  den  sust&ndigen  Qe- 
richtsbehörden  sn  entscheiden  sindi  auf 
Anrufen  des  einen  Theils  yom  Bundesrath 
erledigt  werden.  Yer&ssungsstreitigkeiten 
in  solchen  Bundesstaaten,  wo  keine  Be- 
hörde sn  BntBcheidung  solcher  besteht, 
werden  yom  Bundesrath  auf  Anrufen  des 
einen  Theils  gütlich  ausgeglichen  oder  im 
Valle  des  Misslingens  der  dahin  zielenden 
Versuche  im  Wege  der  Bundesgesetsgebung, 
folgl.  unter  Mitwirkung  des  Beichstags,  anr 
Erledigung  gebracht. 

Anitrmlu  felis,  alter  Name  ftr  den  Sfid- 
osttheil  von  Neuholland  (Kolonie  Victoria). 

Ausfcr^en  (Oeeamitn),  f&nfter  ErdtheÜ, 
bestehend  aus  dem  Kontinent  A.  im  SO.  der 
alten  Welt,  auf  der  Grense  des  indischen 
und  des  grossen  Oceans  gelegen,  und  aus 
unzähligen  Inseln,  die  Jenem  nordöstl.,  östl. 
und  südöstl.  yorliegen  und  zum  Theil  der 
westl.  B^bkugel  angehören ,  yon  W.  gen 
O.  1650  H. ,  yon  N.  gen  S.  lOöO  M.  sich  er- 
streckend ;  im  Ganzen  161,000  QM.  A)  Der 
KonUnent  A,  (AuUraüand,  Neuholland), 
auf  der  südl.  Halbkugel  gelegen,  yom  südl. 
Wendekreis  durchzogen,  im  S.  durch  die 
Bassstrasse  yon Ta8mania(Vandiemensland), 
im  N.  durch  die  Torresstrasse  yon  Neuguinea 
getrennt,  138,000  QIL  Nordspitze  Kap  York 
■  110  8.  Br.,  Sndspitze  Kap  Wilson  S9o  s.  Br. 
(Entfernung  430  M.);  Westspitze  Steeppoint 
.1310  5.  Ii.,  Ostspitze  Kap  Byron  171  o  ö.  Ii. 
(Entfernung  Ö50  H.).  Küste  sehr  gering  ge- 
gliedert und  durch  yorliegende  Korallen- 
und  Sandb&nke,  Klippen  und  BlfTe  schwer 
zugänglich ;  nur  der  SO.  ist  sehr  hafenreich. 
Küstenlänge:  1900  M.  (zum  Flächeninhalt 
wie  1 :  78).  Ausser  der  einen  grossem  Halb- 
insel York  (östl.  am  Basen  yon  Carpentaria) 
gibt  es  nur  noch  einige  kleinere,  wie  Koburg 
im  N.,  Peron  im  W.  und  York  im  8.  (zwischen 
Spenser-  und  S.  Vincentgolf).  Küstenland- 
schaften: Queensland  im  NO.y  Neusüdwales 
im  SO.,  südl.  dayon  Victoria  (Australia  fe- 
lix) ;  westl.  hieryon  Süd  -A.  (Adelaide)  und 
West-A.  die  8 W. -Ecke.  Das  Innere,  bes. 
die  Westhälfte,  ist  wenig  beJcannt;  über 
die  Mitte  ward  durch  Stuarts  Querreise 
(1860)  einiger  Aufbchluss  ertheilt.  Im  All- 
gemeinen bestehen  die  Bänder  aus  Hochland, 
das  Innere  aus  Tiefland.  Die  Sandgebir§e 
sind  plateauartig  mit  aufisesetzten  Berg- 
gruppen und  Bergketten,  ohne  entwickelte 
Thalbildung,  zum  Theil  ausgezeichnet  durch 
Goldlager.  Sechs  Gruppen,  an  den  yerschie- 
denen  Küsten  y ertheilt.  Am  bedeutendsten : 


das    südottaustral.  Hochland  (In  Vict<nrla 
nnd  Neusüd  wales)  mit  den  Grampiaiu  (ÜOOO^), 
Südpyrenäen  (Qoldlager)  and  den  ouslrok 
^Isenod.  demWaTragonggebirge(Ko8oiiiszlDS 
68l3',  Hotham  6860');  das  Bexgland  ▼<» 
Queensland  (Bellenden-Ker>HiUs  5100');  yoa 
den  übrigen  Gruppen  erreicht  nur  die  weoO. 
über  8000*  Höhe  (Mt.  Bmee  SSeO*,  Mt.  Au* 
gustns  85600.  Das  Janere  ist,  so  weit  bekannt^ 
auf  weite  Strecken  einförmig,  mit  Steppen, 
Wüsten  und  undurchdringlichen  Sümpfen 
erfüllt;  zum  Theil  mannichfaoh  abwechsdnd 
zwischen  Sandflächen,  grasigen  Landstri- 
chen nnd  Höhenzügen  J^is  SOOOO,   kargem 
Gestrüpp  und  schönen  Wäldern  (bes.  Aka- 
zien),  wie  die  Bodengestaltnng  so  auch  die 
Gti0ä$9er    wenig    ausgebildet.     Die   Flüifse 
erglessen  sich  meist  aus  Seen  der  Bandge- 
birge mit  flachem  Bette  in  das  Innere,  wo 
sie  zur  Regenzeit  das  Land  überschwemmen 
und  Moräste  oder  bald  yertrocknende  Seen 
bilden.    Von  Bedeutung  ist  nur  der  Murray 
(mit  Murmmbidschi  und  Darling) ,  der  im 
victoriasee  endet  (yon  da  unfahrbarer  Ka- 
nal nach  dem  Meer).    Daneben  zahlreiche  . 
Kfistenflüsse,  meist  mit  yorliegenden  Inseln 
oder     Sandbänken;     schlifbar     darunter: 
Hawksbury,  Hunter,  Brisbane  imO.,  Schwan- 
fluss,  Murchison,  Gascoyne,  Vortescue  im  W., 
Victorlafluss  im  N.    Unter  den  Seen  bes. 
bemerkenswerth  der  Torrenssee,  ein  seich- 
ter Salzsumpf  in  einer  Salz  wüste ;  Gairdnctr-, 
Gregorysee.   B)  Die  Ausiralinseln  (JMyne- 
iien),  83,000  Q^,  liegen  grösstenthells  in 
der  stillen  See  zwischen  den  Wendekreisen, 
meist  südl.  yom  Aequator,  und  zerfallen  in 
mehrere  Beihen.   1)  Innere  od.  westl.  Beihe : 
Neuguinea,  Neubritannien  und  Neuirland, 
Neugeorgien  (Salomonsarchipel),    Archipel 
yon  Santa -OruB,  neue  Hebrideu,  Neukn«- 
donien,  Norfolk  y  Neuseeland.    3)  Aeussere 
oder  östl.  Beihe:   Palaosinseln,  Karolinen, 
Marshalls-  und  Gilbertsinseln,   Fidschiar- 
chipel, Freundschaftsinseln,  Schifferinseln, 
Oooksarchipel,  Gesellschaftsinseln,  Tnamotu 
(niedrige   Inseln).     8)  Vereinzelte   Inseln: 
Marquesas,   Marianen   (Ladronen),    Bonin- 
inseln,  Sandwichsinseln,  Osterinsel  (Widhu), 
Tasmania.      Die   ganze   innere  Inselreihe 
nebst  Vandiemensland   ist   hoch    und  ge» 
birgig,  zum  Theil  mit  yulkanischen  Erschei- 
nungen (auf  Neuguinea  der  12,400'  h.  Owen 
Stanley,  auf  Neuseeland  der  18,400'  h.  Mt. 
Cook  und  der  Vulkan  Tongariro,  61000 ;  <<ut 
die  ganze  äussere  Reihe  ist  klein,  zu  Ket- 
ten und  Gruppen  yereinigt,  meist  Koi^elloB- 
inseln;  andere  sind  hohe,  ausschliesslich 
yulkanische  Inseln,   z.  B.  die  Marianen-, 
Sandwichs-   (Manna  Loa  18,1000,   Qeaell- 
schafts-,  Marquesasinseln  u.  a. 

Alle  Naturyerhältnisse  A.s  gleich  elnfSr- 
mig;  so  das  Klitna,  das  (abgesehen  yom  in- 
neren Kontinent)  yorherrschend  oceanisch, 
daher  mild  und  angenehm  ist;  so  die  Thier- 
und  Pflanzenwelt,  die  unausgebildet,  arm 
an  Arten  erscheint,  dabei  durch  EigenthÜmr 
lichkeitund  Sonderbarkeit  der  Formen  über- 
rascht. Die  V^etation  ist  bes.  charakterl- 
slrt  durch  die  Leguminosen  und  myrtenar- 
tigen  Gewächse;  Eucalypten  (bis  500'  h.). 


AuBk^aHen. 


177 


S^admmgtpflaiizen:  die  Sago-  n.  KohlpaUne, 
Felg«ik  Pteuig,  Yams,  Beeren ;  an.  einhelmi- 
«chen  Getreidearten  und  essbaren  Vrüchten 
ist  Mangel;  eingeführte  Knltnrpflanaea  g^ 
•deihen  nberall.  Aaf  den  Inseln  zum  Theil 
mar  Kokospalmen  n.  BrodbinmO)  die  grossen 
xind-  hoben  aber  sind  reich  an  Hoohwald ; 
«un  OTglebigsten  die  Sandwiohsinseln.  Eigen* 
-tbümliche  Säugethiere:  das  Scfanabelthier, 
^as  Kangumb,  der  Dingo  (wilder  Hnnd); 
sprosse  Raabthiere,  Affen,  Wiederfc&ner 
li»hlen.  Eingeführte  Hausthiere  (bes.  Schafe 
und  Alpaeas)  kommen  gat  fort.  Grosser 
X.eichtham  anYdgeln,  bes.  häufig  die  honJg* 
anchenden;  charakteristisch  der  weisse  Ad* 
1er,  der  nenholl&nd.Kasaar  (Emu),  schwane 
flohwan,  ParadiesTogel.  Manche  Inseln  ha- 
lben kein  einheimisches  Sängethier,  andere 
nnr  Hunde  oder  Schweine  oder  Hatten  eto» 
Metall*:  ausser  Gold  (seit  1851  entdeckt,  in 
Keusfidwales  u.  Viotoria).  Bisen,  Kupfer,  Blei, 
Zinn,  Wismutii,  Quecksilber,  Steinkohlen. 

Die  Bev^herung  auf  4  Mill.  geschätzt 
<85 : 1 QM.),  davon  81/9  Mill.  der  Malayenrace 
angehörig  und  VI»  Mill.  Nlohtmalayen,  meist 
Europäer.  Die  ersteren  serfallen  in  S  Grup- 
pen: 1)  Aiutralnegvr  (Negritos,  Papuas), 
-vHlde  und  halbwilde  Neger,  auf  dem  Fest- 
lande und  den  benachbarten  Inseln  von 
Neuguinea  bis  Neukaledonien ;  8)  Jautral- 
indier  (Polynesler),  hellfftrbiger,  wohlgebü« 
<let,  geschickt  und  bildungsföhig,  auf  den 
übrigen  Inseln.  Beide  Gruppen  durch  viel- 
fache Mittelracen  verbunden.  Früher  (und 
aum  Theil  noch)  zu  den  vegetirenden  Natur- 
▼ölkem  gehörend  mit  einer  Art  feudaler 
Staatsverfassung  und  in  verworrenen  re- 
ligiösen Vorstellungen  befkngen,  welche  zum 
Menschenopfern  und  Mensehenfiressen  führ- 
ten, ist  Jetzt  ein  grosser  Tlieil  der  Austral- 
indler  dem  CThristenthum  (bes.  durch  engl, 
und  firanz.  Missionäre)  und  der  europäischen 
•Civilisatlon  gewonnen.  Die  wichtigsten  In- 
seln in  dieser  Beziehung,  zugleich  die  be- 
deutendsten telbgtändiffen  Inselreiche  sind: 
die  Sandwichsinseln ,  die  Frenndschalts-, 
die  Schiffer-,  die  Oooks-,  die  Gesellsohafts- 
und  die  Fidschiinseln  (s.  diese  Art.).  Im 
Uebrigen  sind  die  Europaer  das  herrschende 
Volk  in  A.,  vor  allen  die  Briten. 

]>as  briti9e?ie  A.,  im  Ganzen  1U,760  <)M. 
mit  (1867)  1,750,000  Ew.,  umi&isst  1)  das 
ganze  Festland  (nebst  den  KüstoiinselA)  mit 
5  Kolonien:  Neusüdwales  (1788  als  Verbre- 
oherkolonie  gegr.),  Queensland  (seit  18&B), 
Yfctoria  (seit  1851),  Süd-A.  (seit  18S6yund 
West-A.  (seit  1889),  zusammen  118,015  QM. 
mit  1,896,000  Ew.,  und  dem  noch  nicht  ko- 
lonisirten  Nordterritorium ,  24,624  QM. ;  2) 
•die  kolonisirten  Inseln :  Tasmania  und  Neu- 
seeland, zusammen  6281  QM.  und  857,000  Ew. 
Die  Bevölkerung  besteht  (ausser  ca.  50,000 
Papuas  auf  dem  Kontinent)  aus  Engländern, 
Schotten,  Iren  und  Deutschen:  theili  Pro- 
testanten ,  vorzugsweise  Anglikaner  (6  Bi- 
schöfe, zu  Sidney,  Newcastle,  Melbourne, 
Hobarton,  Adelaide,  Auckland),  theils  Ka- 
tholiken (Iren,  bes.  in  Neusüdwales  und 
Tasmania  häufig;  Erzbisthum  zu  Sidney, 
4  Bischöfe    zu  Adelaide,  Perth,  HobMton, 

Mq/ers  Band' Lexikon, 


Auckland).  Ausserdem  etwa  70,000  Chinesen^ 
meist  Gh>ldgräber.  Joden  nicht  zahlreich* 
Deportation  fand  znletzt  nur  noch  in  West- 
A.  Statt ;  seit  Ende  1867  auch  hier  ganz  auf- 
gehoben. Der  Erfolg  der  wirthschaftUobAn 
Thätlgkett  der  Kolonisten  ist  überraachend 
grossartig:  die  Kolonien,  aus  einer  Absied- 
lung von  kaum  700  Yerbreohem  (1788)  her- 
vorgegangen, gehören  gegenwärtig  zn  den 
reichsten  und  wichtigsten  Handelsgebieten 
der  Erde.  Von  Wichtigkeit  ist  die  Vieh- 
und  bes.  die  SohaflEucht  (80  Mill.  Sehafe» 
8  Mill.  Stück  Hornvieh,  ^t  MUI.  Pferde),  der 
Handel  mit  Wolle  (Ausfuhr  über  100  MUI. 
Pfd.)  und  anderen  Bohprodukfesn,  der  Bei^- 
bau  auf  Gold,  Kupfer,  Kohlen  etc.  (Auqftahr 
edler  MetaUe  1867:  fast  18  MilL  Pfd.  St., 
Goldausbeute  1866:  60Mill.,  Silberproduktion 
1  MiU.  Pfd.  St.,  Kohlen  an  IS  MUI.  Otr.). 
Der  Ackerbau  ist  mit  Giürten-  und  Weinbau 
verbunden.  Der  Arüher  stark  betriebene 
Walflschfling  hat  jetzt  abgenommen.  Jährl. 
Handelsverkehr  60-65  Mill.  Pfd^  St.  Ein- 
fhhr  der  Kolonien  (Manufakturen,  Zucker, 
Theo,  Spirituosen,  Flachs,  Kokosöl)  1867: 
88,984,000,  Ausfuhr  30,578,000  Pfd.  St.  Ebi- 
nahme  10,144,000,  Ausgabe  11,480,000  Pfd. 
St.,  Schuld  87,621,000  Pfd.  St.  Eisenbahnen 
1867:  119,3  M.  Fabriken  u.  Manuihkt.  sind 
bis  jetzt  noch  auf  die  noth  wendigsten  LebenB- 
bedürfniflse  beschränkt,  aber  in  sichtlichem 
Auibohwung  begriffen;  Wissenschaft  und 
Kunst  noch  in  der  Kindheit,  obschon  höhere 
Lehranstalten  (Universitäten  zu  Melbourne 
und  Sidney)  nicht  fehlen  und  auch  för  den 
Yolksunterricht  rühmliche  Anstrengungen 
gemacht  werden. 

Ausser  den  Engländern  besitzen  die  Fran- 
Mosen  (seit  1842)  die  Marquesasinseln,  Neu- 
kaledonien, die  lioyaltyinsein,  876,i5  QM. 
mit  54,000  Ew.,  dazu  als  Schutzstaaten: 
Tahiti,  die  Tnamotuinseln,  Gambierinseln, 
Tubuai  und  Yavltu  etc.,  144,7  QM.  und 
20,400  Ew.;  die  Spanier  (seit  8  Jahrh.)  die 
Marianen,  80  QM.  und  5600  Ew.;  die  Nord- 
amerikaner (aeit  1856)  etwaöOKoraUeneilande  - 
zu  beiden  S^ten  des  Asquatons,  zum  Theil 
durch  Guanohandel  wichtig,  darunter  die 
Ghristmasinsel. 

Den  Anfkng  der  Entdeckung  A.s  machte 
JUagelhaenB  1581  (Marianen);  nach  ihm  ent- 
deckte Menetes  1586  Neuguinea;  Saavtdra 
1537  die  Marshallsinseln;  Mendana  1567  die 
Marquesas-,  fialomons-  u.  Santa  Oruzüiseln; 
L.  de  Torree  u.  de  Quiro*  1606  Tahiti  und  die 
neuen  Hebriden ;  ein  holländ.  Schiff  1606  das 
Festland,  dessen  Kenntniss  dann  bes.  durch 
Dirk  Hartogh  (1616),  Bohtmim  (1616),  Edda 
(1619),  Nuyta  (1687),  A,  Taaman  (1648)  erwei- 
tert ward.  Femer  entdeckten  LMeana  1686 
die  Karolinen,  der  Brite  Dampier  1700  Nen- 
britannien,  Boggemeem  1781  die  Ostexinsel; 
Byron  und  WaUia  seit  1765  die  Admlralitfts- 
inseln  u.  a.,  BougailimioiUe  die  Schifferinseln, 
J.  Oook  1768^79  Neukaledonien,  die  Oooks- 
inseln,  Sandwichsinseln,  die  Ostkttste  Neu- 
hollands etc.;  im  19.  Jahrh.  erforschten 
Baudin,  dann  Flindere  und  Orant  die  West« 
und  Südküste  des  Kontinents;  die  Macqua- 
rieinseln  wurden  1818  u.  die  Aucklandslnsel 

12 


178 


Aasiralschem  —  Aaswintem. 


1816  entdeckt.  Neueste  Reisende  Im  In- 
nern A.s:  Stuart  (1860—61),  Burke  (1800), 
Scuritt  (1861),  Walker  (1861),  Eifdag  (1862), 
Mae  Intyr€  (1865),  BameU  (1866).  —  Vgl. 
Meinieke,  ,I>as  Festland  A.*,  1887,  8  Bde.; 
Seising,  ,Das  anstral.  Festland  nnd  die  Qold- 
entdecknng^,  1856;  Büehels,  ,A.  in  der  G^ 
genwart*,  1856;  OkriUmann,  ,A.*,  1869;  Mun- 
dy,  ,Onr  Antlpodes*,  1857  (deutsch  Ton  &er- 
«<ä6Jberl857;;  Meidinger,  ,Die  brlt.  Kolonien 
in  A.S  1860;  Förster,  ,8ontb  Anstralia,  fta 
progress  et  prosperity*,  1866;  Jeunesse, 
jGfogr.  de  rOctenle',  1869;  Jobsan,  ,Anstra- 
lia*,  3.  Anfl.  1863;  Jacobs,  ,L'0c6anie  non- 
Teile*,  1868;  MaedonneU,  ,Aastralia,  wath  it  Is 
eto.*,  1863;  DoneouH,  ,L*AQ8tralie*,  1869; 
-  £.  Smith,  ,The  goldfields  and  mineral  distr. 
of  Yiotoria*,  1869;  die  Reisebeschreibnngen 
von  Ohapelap  (1863),  Davis  (1863),  Lands- 
horough  (1866),  Jardine  (1867),  JZt«imaMn(1868), 
Beauvoir  (1869),  J^rron  d'Are  (1869) ;  über  die 
Entdeckung  A.s:  HinoiU  (1865),  TTood  (1865); 
Hoehstetter,  ,New  Zeeland*  (1868). 

Aottralsekein,  Südlicht,  rgl.  Nbrdiieht. 

AostrMien,  Name  des  östl.  Theils  des 
Frankenreichs,  namentl.  CiOthringens,  Bel- 
giens nnd  der  LÄnder  am  rechten  Rheinafer 
mit  Mets  als  Mittelpunkt,  im  Gegensatz 
zn  Nenstrien  (s.  d.).  Unter  den  Nachfol- 
gern Karls  des  Gr.  ging  A.  in  Deutsch- 
land, Nenstrien  in  Frankreich  auf.  Vgl. 
Begusnin,  ,Histoire  du  royaume  M^rovlngien 
d'Anstrasie*,  1863. 

Austritt  der  Gestirne  ^  der  Moment,  in 
welchem  die  Ränder  zweier  Gl^stime,  von 
denen  eins  das  andere  scheinbar  bedeckte, 
sidli  Ton  reinander  trennen ,  im  Gegensatz 
zam  Mntritt  der  Ckstime,  dem  Moment,  in 
welchem  ein  (Hstim  den  Rand  eines  an- 
dern scheinbar  berührt.  Für  den  Astro- 
nomen  wichtig,  zur  Bestimmung  der  Oerter 
und  der  Entfernung  der  Gestirne,  zur  Mes- 
sung der  Geschwindigkeit  des  Lichts. 

Awrtxoeknende  Mittel  (Exsiocantia),  Heil- 
mittel, welche  die  Flüssigkeiten  im  Orga- 
nismus, bes.  auch  Absonderungen  desselben 
Terring^m ;  mechan.  wirkende  zum  änsser- 
Uchen  Gebrauch:  trockne  Soda,  Kochsalz, 
Watte,  Bfirlapp,  St&rke ;  adstringirende  zum 
iusserlichen  Gebrauch:  Vitriole,  Gerbs&ure, 
Kreosot j  entziehende  od.  zehrende :  passende 
Di&t,  Strapazen,  Aufenthalt  in  trookner 
liUft,  Jod-.  Quecksilberpräparate  etc. 

Aaswachsen  des  Getreides,  das  unzeitige 
Keimen  des  uneingebrachten  Getreides  in 
Folge  von  Nässe.  Mehl  aus  ausgewachse- 
nem Gtetreide  gibt  schlechtes,  stark  ge- 
salzen aber  gutes  Brod. 

Auswuidenmg,  das  Verlassen  des  Staats, 
welchem  man  durch  Geburt  oder  festen 
Wohnsitz  angehört,  in  der  Absicht,  ans  dem 
Verbände  desselben  auszuscheiden  und  sich 
in  einem  andern  Staat  niederzulassen.  Jede 
Beschränkung  des  Auswanderungsrechts  ist 
ein  Eingriff  in  die  Urreohte  des  Menschen. 
Zulässig  sind  nur  solche  Beschränkungen, 
die  in  priTatrechtlichen  Verhältnissen,  in 
dem  ehelichen  Rechte  des  Ehemanns,  in 
Täterlichen  oder  vormundschaftlichen  Be- 
ftagnissen  oder  darin,  dass  der  Auswanderer 


sich  wegen    eines  Verbrechens   in  Untere 
suohnng  befindet,    ihren  Ursprung  haben» 
Das  Feudalsystem,  welches  das  Indiyidnun» 
als  an  die  Seholle  gebunden  betrachtete, 
erkannte  das  Auswanderungsreoht  nicht  an 
und  gestattete  den  Wegzug  nur  unter  der 
Bedingung  der  Zurücklassung  eines  Theils 
der  Habe.    In  Deutschland  war  die  Ueber- 
siedelung  Ton  einem  Bundesstaat   in    den 
anderen  gestattet,  doch  nur  unter  der  Be- 
dingung des  Nachweises,  dass  der  andere 
Staat  den  Uebersiedelnden   als  Unterthan 
annehmen  wolle  und  die  Militärpflichtigkeit 
dem   Wegzug  nicht    im   Wege    stehe.     Iik 
Oesterreioh  und  Preussen  war  das  Recht 
zur  A.  in  speclellen  Fällen  an  die  Geneh- 
migung der  Regierungen  gebunden.     Dort 
datirt  die  Freiheit  der  A.  Ton  der  Verfks- 
sungsänderung  yom  21.  Dec.  1867,  hier  rojk 
der  Verfessnng  Ton  1850.   Im  norddeutschen 
Bunde  ist    die  A.    nach    ausserdeutschen 
Ländern  der  Beaufeicbtigung  und  Gesetz- 
gebung des  Bundes  unterstellt.   Die  A.  aus 
Europa  hat  erst    seit  dem  amerikan.  Be- 
fireiungskriege  grössere  Ausdehnung  gewon- 
nen.   An  der  A.  nach  Amerika  betheiligte 
sich  Tomehml.  Deutschland.    England  lei- 
tete die  A.  bes.  nach,  seinen  Kolonien,   na- 
mentlich nach  Oanada,  Westindien,  Austra- 
lien und  Neuseeland,  während  es  dieselbe- 
▼on  Ostindien  fem  zu  halten  suchte.    Frank- 
reich suchte  Algerien  durch  A.  zu  bcTölkem» 
Der  fireie  Zug  der  Auswanderer  geht  vor- 
zugsweise nach  Nordamerika.    Die  Koloni- 
sationsTersnche  in  Südamerika  haben  meist 
missliche  Erfolge  gehabt.    Von  1844—61  sind 
aus  Deutschland  nach  Nordamerika  1,476,000, 
aus  Grossbritannien  und  Irland  von  1815—63 
nach  den  amerikan.  Kolonien  1,234,506,  nacl» 
den  Verein.  Staaten  3,838,579,  nach  Austra- 
lien und  andern  Ländern  807,751  Personen 
ausgewandert.    Im  J.  1868  wanderten  Ton- 
europ.  Häfen  227,000  Personen  aus.     Ein» 
,Allg.  A.szeitung*  erscheint  seit  1846  in  Rn- 
dolstadt,  eine  JDeutsche  A.szeitung*  seit  1858. 
zu  Bremen.     Ueber  A.  im  Allg.  schrieben 
Wappäus,  QaMer,  BiUow,  Bromme,   Sturs». 
Meuiinger,  Lsgoyt,  Duval  (,Hist.   de  1^6mi- 
gration  europlenne,  asiatique  et  africaine*,. 
1864)  u.   A.;   über  A.    nach    Nordamerika 
ausser  Kapp  (,Ge8ch.   der   deutschen  Ein- 
wanderung in  Amerika*  (1868),  noch  Bromme, 
FUischmann,  Frt^bel,  .Oppert,  Qrund,  Bouard. 

Auwasehen^  s.  AussHssen.  [u.  A. 

Ausweisung 9  Polizeimassregel,  wodurch^ 
Fremde  zur  Räumung  des  Staatsgebiets,  In 
welchem  sie  sich  eben  aufhalten,  oder  auch 
Landesangehörige  zum  Verlassen  eines  Or- 
tes, wo  sie  nicht  heimatsberechtigt  sind, 
angehalten  werden.  Es  ist  kein  Staat  yöl- 
kerrechtl.  yerpflichtet.  Fremden  den  Auf- 
enthalt im  Staatsgebiete  zu  gestatten,  docb 
pflegt  man  in  civUisirten  Staaten  aus  Rück- 
sicht auf  den  eignen  Vortheil  sowie  aua- 
Humanität  tou  dem  Rechte,  Fremde  auszu- 
weisen, nur  aus  Gründen  der  Sicherheits- 
und Gesundheitspolizei  Gebrauch  zu  machen. 

Auswintern,  Absterben  der  Wintersaaten, 
erfolgt  besonders  auf  nassen  Aeckem  nach 
starkem  Frost  ohne  Schnee,    im  Früt^ahc 


Auswittern —  Antoljfcus. 


179 


nach  warmem  Sonnenscbein  in  kalten  N&ch- 
ten.  G€«emnittel :  Drainage  n.  tiefes  Pflfigen. 
Aviimteni  (Ausblühen),  das  yegetatlons- 
ähnliche  Emporsteigen  von  Krystallaggre- 
gaten  ans  SalElösnngen ,  an  den  Gef&ss- 
wandnngen,  Tolge  der  Verdunstung  nad  der 
kapillaren  Anfiiangnng  der  Ldsung  ewischen 
den  zuerst  gebildeten  Krystallep,  bes.  bei 
Soda,  Salmiak,  Zinkvitriol:  auch  die  schim- 
mel&hnliohe  S^dnng  Ton  Krystallen  (meist 
Soda)  an  feuchten  Misiuem;  vgl.  Jfauerfrcus. 
ÄMSwruthB  (Exkre»c«ng) ,  in  der  patholog. 
Anatomie  Jede  abnorme  Heryorragung,  be* 
iteht  .ans  einerVerdickung  d.  Gewebe  desKör- 
pers (SfÄwielen,  Warzen),  aus  Wucherungen 
derselben  (Krebs,  Marksohwamm,  Blutge- 
sohwUste),  ans  Umhüllungen  ron  Schma- 
rotzern (BOlbengeschwülste  der  Vögel),  oder 
durch  Verschiebung  innerer  Theile  (bei 
Buckligen)« 

Auswurf  (Sputum),  die  aus  den  Luftwegen 
durch  B&uspem  oder  Husten  heransbeför- 
derte  Substanz,  besteht  aus  Schleim,  Blut, 
Elter,  Epithelialzellen  etc.  und  gibt  für  den 
Arzt  nach  Menge  und  Beschaffenheit  ein 
Merkmal  zur  Beurtbeilung  des  Zustande« 
der. betreffenden  Organe. 

Auuehrnng  (Schwinda^cht) ,  begleitraide 
Ersch^ung  vielerKfankhef  ten,bes.der  Lun- 
gentuberkulose, Syphilis,  Vereiterung,  Ner- 
Tonl&hmung  etc.,  Folge  mangelhafter  Er- 
nährung' der  Körpergewebe  und  im  vorge- 
schrittenen Znstande  unheilbar.  PhthisU  ist 
in  Volge  von  Eiterungs-  und  fieberhaften  Pro- 
sessen entstehende  A.,  Atrophi«  der  Schwund 
dnzelner  Orgaiie  und  Tobet  der  allgemeine 
Schwund  ohne  Verschw&rung. 

Awaeldeljiy  den  bevölkerten  Bienenstöcken 
den  Bovdg  nehmen. 

Ansmg  (Ausgedinge,  Alttheü,  Leibgedinge, 
Leibsucht),  Vorbehalt,  durch  welchen  der 
Besitzer  eines  Grundstücks,  namentl.  eines 
Bauernguts  bei  dessen  Abtretung  an  den 
Sohn  oder  bei  Veräusserung  desselben  sich 
Wohnung  und  Unterhalt  ausbedingt. 

Auswicken 9  im  Bauwesen  zwischen  die 
grossen  Steine  einer  Mauer  kleine  Steine 
mit  dem  Hammer  treiben. 

AutMirlethy  1)  Johann  Heinrich  Ferdi- 
nand  von,  medidn.  Schriftsteller,  geb.  80. 
Okt.  1772  zu  Stuttgart,  seit  1797  Prof. 
der  Medicin  in  Tübingen ;  f  ^^^'  ^*  ^^^ 
XB85.  Sehr.  ,I>er  physische  Ursprung  des 
Hensehen*  (anonym  1800,  8  Bde.);  ,Hand- 
tmeh  der  emplr.  menschlichen  Physiologie' 
(1801— S,  3  l^le.).  Seine  Vorträge  gab  Hein- 
hard  heraus :  ,SpecieUe  Nosologie  und  The- 
znnie*  (183i— 35,  8  Bde.).  Redigirte  mit  Beü 
daa  Archiv  für  Physiologie'  (1807-12),  mit 
JBohnenberifer  die  »Tübinger  Blätter  für  Natur- 
wissenschaft und  Arzneikunde'  (1815—17).  — 
2)  Hernutnn  Friedrich,  Sohn  des  Vor.,  geb. 
A.  Mai  1799  zu  Tübingen,  folgte  seinem  Vater 
Im  Amt.  Sehr.  ,Volkskraukheiten  in  Gross- 
liritannlen*  (1884),  ,Gift  der  Fische'  (1838). 

AvtoiiU  (spr.  Otöl^) ,  Quartier  von  Paris, 
ftikher  Dorf,  am  Bois  de  Boulogne. 

Arnfhlriek  (A»thari$),  König  der  Longo- 
tMurden  seit  584  n.  Chr.,  Gemahl  der  Theo- 
delinde,  der  Tochter  des  Herzogs  Garibald 


von  Bavem^  kriegte  unglücklich  gegen  den 
austrasischen  König  OUldebert  und  die 
Griechen:  t  sn  Pavla  590. 

Anthentfe  (AuthentidtSU,  gr,),  Aechtheit 
einer  ^hrift  oder  Urkunde,  insofern  sie 
von  dem  Veriksser,  dessen  Namen  sie  führt, 
oder  zu  der  Zeit  und  unter  den  Umständen 
geschrieben  ist,  wie  sie  ihrem  Inhalte  nach 
geschrieben  sein  will.  Gegenstand  des  Streits 
warnenerl.  besonders  dieA.  der  biblischen, 
namentl.  neutestamentl.  Schriften. '  Authen" 
tische  Interpretation,  von  dem  Gesetzgeber 
selbst  ausgehende  Erklärung  eines  Gesetzes. 
Anthentlken  (gr.,  lat.  Authentieae),  kurze 
Auszüge  aus  den  Novellen  (s.  d.),  welche 
Abänderungen  einzelner  im  Obdex  oder  in 
den  Pandekten  sich  findenden  Bestimmungen 
enthalten.  Sie  sind  zwar  ins  Corpus  Juris 
aufgenommen,  haben  aber  als  blosse  Privat- 
arbeit der  Glossatoren  keine  Gesetzeskraft. 
Solehe  besitzen  nur  die  Authentieae  Friderl- 
danae,  18  Verordnungen,  welche  die  deut- 
schen Kaiser  Friedrich  I.  und  H.  In  Italien 
erliessen  und  von  den  Juristen  in  Bologna 
gleich  den  andern  A.  im  Justinianeischen 
Codex  einschalten  Hessen. 

AutiduuBp  (spr.  Ohtiachang) ,  OhafUs  de 
Seaumont,  Cfraf  d',  geb. 8.  Aug.  1770  zu  Az^ou, 
1798—99  Führer  der<Vend6er,  dann  in  Napo- 
leons Diensten,  nach  der  Restauration  Ge- 
nerallieutenant und  Pair,  befehligte  1888  dla 
erste  Division  der  franz.  Interventionsarmea 
in  Spanien,  suchte  nach  der  Julirovolutioa 
in  der  Tend6e  einen  AufbtMid  zu  erregen« 
ward  deshalb  1883  in  contumadam  zum  Tod 
verurtheilt,  amnestirt;  f  ^*  ^^^  ^^^' 
AntOy  s.  Autos, 

Anto  (gr.),  selbst,  in  zusammengesetzten 
Wörtern  vorkommend.  [Schreibung. 

Autobiographie  (gr.),  eigne  Lebensbe- 
Antochtnonen  (gr.,  lat.  Aboriginer),  Lan- 
deseingebome,  die  Urbewohner  eines  Lan- 
des, im  Ghnrensatz  seu  den  Eingewanderten. 
Anto  de  v6  (span.,  portug.  Auto  da  F4, 
lat.  actus  fidei,  d.  i.  Handlung  des  Glau- 
bens), die  fiiüher  in  Spanien  und  Portugal 
übliche  feierliche  Verbrennung  der  von  der 
Inquisition  verurtheilten  Ketzer,  fand  ge- 
wöhnl.  an  einem  Sonntag  zwischen  Ostern 
und  Pfingsten  Statt    Vgl.  Inquisition. 

Antodldikt   (gr.,   d.   i.    Selbstgelehrter), 
Einer,  welcher  sein  Wissen  und  Können 
durch  sich  selbst  ohne  Lehrer  erlangt  hat. 
Antodynimlgcli  (gr.),    aus  eigner  Kraft 
hervorgehend. 
Antognofle  (gr.),  Selbstkenntniss. 
Antogriphen  (gr.),  Originalhandschriften. 
Autographentamunlungen ,  Sammlungen  von 
Handschriften   berühmter  Personen.     Vgl. 
Schni»  und  Günther,  ,Handbuch  für  Auto- 
graphensammler*, 1856. 

Autokratie  (gr.),  Selbst-  oder  Alleinherr- 
schaft, diejenige  Staatsform,  bei  welcher 
das  StaatsoDerhaupt  die  gesetzgebende  und 
vollziehende  Ghswalt  in  sioh  vereinigt,  daher 
Autokrat  oder  Autokrator,  Selbsthernoher, 
Titel  (Samodersohetz)  des  russ.  Kaisers. 

Antokrltlk  (gr.),  Selbstbenrtheilung,  Kri- 
tik einer  Schrift  durch  deren  Verüasser  selbst. 
AvtOlfovfly  1)  Sohn  des  Hermes  und  der 

12* 


180 


AutomSt  -—  Au20ut. 


Ghlone,  Lehrer  des  Hercnles  in  der  Bine* 
kanst,  Theilnehmev  «m  Atgonaatenange.  — 
2)  Griech.  Astronom,  ans  Pltane  In  Aeoliea, 
um  880  n.  Chr.,  eohr.  fkber  die  sieh  bewe- 
gende Sphäre  nnd  über  Anf*  and  Untergang 
der  VIxsteme  (abgedr.  in  Daeypodinff  ,Pro* 
positiones  doctrinae  sphaerioaeS  1578). 

AntomSl  (gr.,  ^l.  i.  ans  eignem  Antriabe 
handelnd),  jede  sich,  seibat  bawegend«  me* 
chajoische  Yorrichtnng,  im  engem  Sinne 
eine  solche  von  Menschen-  (Androld)  oder 
Thiergestalt,  dergl.  schon  im  Alterthnm 
bekannt  waren  (fliegende  Tanbe  des  Arehy- 
taa  von  Tarent,  400  ▼.  Chr.);  im  Mlttelatter 
fertigten  Roger  Baoon,  Albertos  Magnns, 
Regiomontanbs ,  sp&ter  Vancansoin  (1788), 
Gebrüder  DroE  von  Ohanx  de  Fonds  (1778;, 
Kempelen  nnd  nenerlloh  Vn.n|twi^-n  (1807) 
in  Dresden  berüfamte-A.en,  die  steh  beweg- 
ten, sprachen  nnd  Musik  machten.  Autc 
matiich,  8.  y.  a.  mechanisch  im  C^ensats 
zn  allem ,  was  mit  Ueberlegnng  gescdiieht. 
A.e  Bewegungen  Inletsterem  Sinn  im  Pflan- 
zen- und  Thierkörpec  ToUführen  bes.  die 
Säfte,  die  Eingeweide,  viele  Muskeln  etc., 
meist  Folge  von  Adh&sions-,  Koh&sions-  nnd 
TemperaturverhäUnissen  oder  Beisanges. 

Automedon,  Wagenlanker  dds  Achilles; 
auch  jeder  gesdiiofcta  Wagenlenker. 

Autonomie  (gr.) ,  Selbstgesetzgebung, 
Selbständigkeit  und  Unabhängigkeit  ein- 
zelner Kreise,  der  büxgerl.  Gesellschaft  in 
disr  Verwaltung  ihrer  Angelegenheiten, 
z.  B.  der  Gemeinden«  Bezirke  etc. 

AntOfaUtle  (gr.),  egoistische  Unempfind- 
lichkeit  flogen  fremde  Leiden  u.  Freuden. 

Autopkonle  (gr.),  Selbstmord. 

Autopifltle  (gr.),  innere,  äusserer  Be- 
weise nicht  bedürfende  Glaubwürdigkeit, 
namentl.  der  bibl.  Schriften. 

Antoplastlk  (gx.),  SelbstbUdnng,  ohlmr- 
giflches  VerfiEkhren,  wobei  behufe  der  Her- 
stellung fehlender- Theile  das  nöthige  Ma- 
terial vom  Körper  dea  Kranken  selbst  ge- 
nommen wird,  B.  B*  Bildung  einer  neuen 
Nase  aus  den  Weichtheilen  der  Stirn;  be- 
sMkders  von  Dieffenbach  u.  A.  ausgebildet. 

Autopsie  (gr.),  Selbstschau,  eigenes  Sehen ; 
in  der  Medidn  Art  von  Diagnose  einer 
Krankheit  mittelst  blosser  Besichtigung  des 
E^nken  ohne  Befragung  desselben.      1 

Autor  (lato  t  s*  v.  a.  Anctor,  insbes.  ver* 
fasser  einer  Schrift,  Schriftsteller;  auch  Ur- 
heber eines  musikalischen  oder  der  bilden- 
den Kunst  angehörigen  Werks. 

AutorteatlO]L(Iat.),  Ertheilung  einer  Voll- 
macht oder  Befngniss,  Ermächtigung. 

Antorlt&t  (lat.),  im  weiteren  Sinne  An- 
sehen oder  Mf  Ansehen  gegründete  Macht; 
im  engeren  Sinne  der  Ehrfurcht  einflössende 
geistige  Einfluss,  den  überlegene  Macht  oder 
hervorra^nde  intellektuelle  Befähigung 
oder  sittliche  VoUkommenheit  ausübt;  Auto- 
ritäten, in  der  Wissenschaft  Solche,  die  in 
ihrem  Fache  eines  derartigen  Buf^  ge- 
niessen,  dass  ihre.  Stimme  in  Bezug  auf  die 
Wahrheit  und  Sicherheit  einer  Angabe  den 
Ausschlag  gibt.  ÄutoHtätsglavbt ,  das  Zu- 
trauen, das  man  auf  die  Einsicht  und  das 
Urtheil  eines  Andern  setzt. 


AJktorttiAo  (lat),  unter  Genehuigoiis. 

Amtoi  (span.),  Akte ;  A,.  saercMMnlales»  in 
Spanien  dramatische  Spiele  geistWnhen  In- 
haltB,  von  allegortsohem  oder  mystlsoh- 
symbolisehem  Charakter,  sur  Verherrlichung 
kirchlicher  Feste,  bes.  durch  Lope  de  Vegn 
ausgebildet;  um  die  Mitte  des  18.  Jahrh.  als 
Profiuiation  des  Heiligen  verboten. 

AutosekettiiBiA  (gr.),  ohne  Vorbereltong 
Vorgetragenes,  i.  B.  Stegreifigedioht. 

Autos  ephik  (gr.),  er  (n&ml.  Pythagoras) 
hat  es  selbst  gesagt,  bei  den  PytiMgeriam 
unbestreitbarer  Beweis  für  die  Bichtigkntt 
einer  Behuiptnng.      [durch  die  Natnr^n^. 

AutotkAffspIe  (gr.),  Selbstheüung,  Hailnng 

Astm  (spr.  Otong),  daa  alte  BOraeto« 
Stadt  im  fkirns.  Depart.  Saftne- Loire  (Bnr- 
gnsd)^  am  Arrouz,  18,889  Ew.  Die  Umge- 
gend das  Autwnoi*.  [tendaoh. 

Auvent  (fi:.,  spr.  Owang),  Schutz- oder  Wet* 
-  AuTorgae  (spr.  Owämje),  alte  Provias  des 
sftdl.  Fnmkreich,  die  Jetzigen  Depart.  Pny 
de  Ddme  nnd  Oantal  umfiassend,  Gebirgs- 
land  mit  dem  Oberlauf  dea  Allier  und  dem 
Quellgebiet  der  Dordogne,  349  QüflL  und 
809,684  Ew.  Das  Auvergturgebirge ,  wildes 
und  rauhes  Plateau,  etwa  3000'  h.,  16  M.  1.« 
5—7  M.  br.,  mit  den  basalt.  Berggruppen 
des  Oantal  5700',  Mont  d'Or  5800',  Pnj  de 
D6me  4500'  und  vielen  andern  Kraterber- 
gen, Kuppen  (Pnys)  und  Kegeln ;  das  klaos. 
Land  für  das  Studium  erloschener  Vulkane, 
reich  an  kalten  und  wannen  Heilquellen* 
Die  Orafteh,  A.  fiel  im  13.  Jahrh.  aa  dem 
König,  wurde  öfter  an  apanaglrte  Prinaea 
verliehen,  1360  zu  einem  PairiehersogttkUia 
erhoben,  1531  definitiv  dem  Königreich  ela- 
verleibt.  Die  AuvergneUen,  Nachkommen  der 
alten  celtischen  Arverner,  sind^einüsoheL 
betriebsame  Menschen,  meist  Hictea  uad 
Ackerbauer. 

Auxerre  (spr.  Osär,  lat.  Atäisiodorum), 
BAuptst.  des  franz.  Denart.  Yonne  (Bur- 
gund),  an  der  Yonne,  15,497  Ew.  AmaertHh 
wein,  ein  leichter  Burgunder.  Die  ehemal. 
Graf  seh.  Auxerroit  wurde  1477  nach  Karls 
des  Kühnen  Tode  mit  Frankreich  vereinigt* 

Auxetis  (gr.),  s.  v.  a.  Augment;  rednerl« 
sehe  Uebertreibung.        [pew,  Hülfstmppsn. 

Auxillar  (lat.),  aushelfend;  Avxiliartnq^ 

Anxolfl  (spr.  Osoa),  Landschaft  im  attaa 
Herzogth.  Burgund,  Hauptst.  Semur;  Jetst 
zu  den  Depart.  Yonne  und  06te  d^Or  gehörig. 
Bei  dem  Dorfe  Alise  der  Berg  A.  mit  Kolos- 
salstatue des  Arverners  Verdz^^etoriz  (186& 
durch  KH>oleon  HI.  errichtet). 

Auxometer  (gr.),  Instrument  zur  Bestim« 
mung  der  Vergrösserung  der  Fernrohre, 
von  Adams  angegeben. 

Auxonue  (spr.  Osonn'),  befest.  Stadt  tn 
franz.  Depart.  Cöte  d'Or  (Burgund),  an  der 
Saöne,  7103Ew. ;  Arsenal  und  Stückgiesserei. 

Auzin  (spr.  Osäng),  Dorf  bei  Valeaelennea 
im  franz.  Depart.  Nord,  mit  dem  grössten 
Steinkohlenwerk  Frankreichs,  300'  tiafL 

Auzout  (spr.  Ohsuh),  Adrien,  fhina.  Asteo- 
nom,  geb.  zu  Roaen,  eins  der  ersten  Mit- 
glieder der  pariser  Akademie,  -fi  101'  in 
Rom,  bekannt  durch  sein«  Bemühungen, 
Objektivgläser    für    Fernröhre    von    sehr 


Aya  ' —  Avellino. 


181 


fro«8W  'Brannweite  m  revfertlifeta,  Srüader 
des  Mlkvemeten  mit  bewegt.  Vaden. 

Al^y  «atd«lit8ehe  DiohteHn,  t  <^I*  BeeliiM 
8.  V^lar.  11S7  sn  CMttweih  in  0<wterreich; 
Verf.  ^rtnee  Q«diclbt8  vom  Leben  Jeen,  Anti- 
ehriBt  und  Jüngsten  Qertcbt,  «bgedrnelct 
in  Hoffmanm  ^ndgrnben*  (1.  Tb.  1880). 

A¥tAf  Hanptinsel  der  Babreinm^pe. 

Aval  (fr.,  8pr.  Awal),  Weobselbürgscbwft, 
tedet  beiondem  beim  eigenen  Weehsel,  tind 
Bwar  dann  Statt,  wenn  Derjenige,  für  wel- 
chen man  eleh  verbürgt,  nicht  We^selffthlg 
ist,  biswellen  auch  beim  eingeiogenea 
Weobsel,  wenn  der  Aussteller  dem  Remit- 
tenten (ersten  Wechselnehmer)  nicht  n&her 
bekannt  ist,  kann  aber  anch  für  einen  Indo»* 
santen  nnd  so  geleistet  werden ,  dass  man 
alfl  Indossant  seinen  Namen  anf  das  Pa- 
pier «etat  nnd  so  in  die  Reihe  der  weohsel- 
rechtl.  haftbaren  Personen  eintritt.  Da- 
durch, dass  die  Allgemeine  dentseheWech- 
selordnnng  Jedem  IMspooitloniÜihlgen  auch 
Wecheetfllhigkeit  anerkannt  hat ,  ist  das  A. 
sitMiftliofa  bedentnngslos  geworden. 

AfiMaB  («pr«  Awalong,  lat.  JbaUo),  1)  Stadt 
im  firana.  Depart.  Yomoe  (Bnrgnnd),  am  Oo«t- 
sfn,  4070  Bw.  Traffl.  RdthWein.  —  t)  Insel 
Im  yinsse  Bret  in  der  leiigl.  Grafteb.  Somer- 
set,'in  dar  altengl.  Sagengesehichte  viel  gen. 

AvttMa  (ft.,  Bpr.  awangs),  Votvpmng, 
Vortheil;  Oeldvorsohuss ;  anch  der  Preis 
oder  X«ps,  welchen  eineCtold-  oderWech* 
B«lsorte  über  Pari  hat  (Agio).  Binen  Betrag 
aväntftrtn  helsst:  ihn  im  Vorans  besahlen, 
ehe  man  den  (}egenwerth  erhalten  hat. 

AwwMßknm.  (fr.,  spr.  awangslran),  fort- 
schreiten ;  von  Truppen :  in  Schlachtordnung 
sioh  gegen  den  Veind  bewogen.  Avanentvmt 
(spr.  -e*mang),  im  MilltArwesen  das  Anf- 
rüelceii  in  eine  hühere  Stelle,  erfolgt  meift 
nach  der  Anciennetat,  und-swar  entweder 
In  lallen  Graden  durch  die  ganne  Waffe,  wie 
in  kleineren  Staaten,  oder  bis  snm  Haupt- 
mann oder  Stabsoffizier  im  Regimente,  von 
da  ab  durch  die  Waffe  oder  auch  durch  die 
gleichen  Chargen  im  Armeeoorps,  bei  beson- 
derer BefShigung  anob  ausser  d^r  Refhe. 

Avaaie  (ft*.,  spr.  -wanih) ,  willkArl.  Qeld- 
oder  Diensterpressung,  vom  tfirfc.  Awami, 
die  willktkrl.  Zölle,  welche  die  tfirk.  Beamten 
den  Kauf  leuten  auferlegen ;  auch  binterlisti- 
ger  Ueberfall  eines  ScbilTs.  {VoHheil. 

Avutm  (tr,,  sor.  -wangtahsefa),  Gewinn, 

ATUiisEeadB  (frw,  spr.  Awangtschemftng), 
in  den  Festungen  der  Weg  hinter  der  Bmst- 
wehr  des  bedeckten  Wegs. 

AvsBtoMir  (fr.,  spr.  Awangkuht),  Vorhof. 

AVurtgarde  (fr.,  spr.  Awanggard),  Vorhut, 
Vortrab,  diejenige  Abtbeilnng  a«f  dem 
Marfok  befindlicher  Truppen ,  welche  dem 
BattpteoffpB  in  gewisser  Distaaa  vorangeht, 
nm  etwaiire  Hindernisse  en  beseitigen  Und 
bei  «inem  etwaigen  Angriff  des  Feindes  die- 
sen solange  anJteuhalten,  bis  das Hanpteorps 
sehlai^ertig,  also  in  Schlachtordniung  «uf- 
g«stant  ist  (AvamifaräeHge/Bekt}. 

Afttnt  la  lettre  (fr.,  spr.  awang  la  lettr*), 
vorder  Sebtift,  Beaeichnung  der  sweltbesten 
Art  von  SnpferStiohabdilioken  mit  dem  Ha- 
men des  Künstlers,  aber  ohne  volle  Unter- 


i^ehitft.  A,  I.  7.  ßnie  oder  asiec  lettre  priae, 
die  dritte  Aft  mit  bloss  eingerissener  X7n- 
tefschrüt.  AwtiU  Unte  Mtre,  ohne  alle 
Untersehrift,  die  werthvollsten  Abdrücke, 
auch  ^i^fmtvee  d'artMe  genanlit. 

Avaliio^  Jaeopo  «r,  ital.  Maler,  ans  Verona, 
lebte  um  1877  au  Padna.  Wandgemälde  der 
Kapelle  S.  Giorgio  das. ,  ansges.  durch  le- 
bendigere Auffassung  und  reicher  durchge- 
bildetes Kolorit;  für  die  Entwicklung  der 
ital.  Malerei  wichtig. 

AvirsBy  Voli  uralisch-tataHsohen  Stam- 
mes, drang  um  656  aus -den  Ebenen  um  den 
Don  g^;en  die  Donau  vor,  liess  sieh  iu 
Dacien  nieder  und  verbreitete  sich  von  da 
aus  über  Pannonien  und  Dalmatien«  sowie 
über  die  Donaulftnder  und  Bulgarien  bis 
ans  schwarze  Meer,  machte  verheerende 
Einf&lle  in  Deutschland  und  Italien,  ward 
später  auf  Pannonien  beschrinkt,  von  Karl 
d.  Gr.  796  besiegt  und  verschwindet  nach 
887  aus  der  Geschichte.  Von  ihren  mit 
Wällen  umgebenen  Wohn|>l&taen  finden  sich 
hier  nnd  da  noch  Spuren  (nvt^ritehe  Bfnge). 

Avarte  (fr.,  spr.  -wulh),  -s.  Baverei, 

Av«lr»9  Hafenstadt  in  der  portug.  Prov. 
Beira,  an  der  Mündung  des  Vouga  in  dSn 
Strandete  von  A. ,  4600  Bw.;  im  16.  Jahrb. 
bedeutender  Handelsplats.    Beesals. 

AveirOy  Jöeepk  Maecärmätde ,  Henag  v<m, 
Portugiese,  geb.  1708,  Oberhtrfhieister  unter 
Johann  V. ,  ward  unter  -Joseph  Emanuel 
durch  Pombal  verdringt,  als  Haupt  Miss- 
vergnügter -der  Theilninime  au  dem  in 
der  Nacht  vom  8.  snm  4.  Sept.  1758  auf  den 
König  gemachten  Attentat  beschuldigt  und 
mit  Andern  18.  Jan.  1750  hingerichtet.  Vgl. 
Ol/ere,  ,treber  den  Mordversuch  gegen  den 
König  Joseph  von  Portugal*,  1689. 

AveoLaDemant  (spr.  Aweh-Lallemang), 
1)  FHedrich  ChrisHan  Benedikt,  geb.  88.  Mal 
1809  SU  Lübeck,  ward  1848  Obergerichts- 
prokurator  das.  und  1861  an  das  neu  ein- 
gerichtete Polizelamt  beinfen;  sehr.  ,Da8 
dentsehe  Gaunerthum'  (IS^S-^OSr,  4  Bde.^  und 
mehrere  Romane.  —  8)  Sohert  ChrUticm 
Berthdd,  geb.  86.  Juli  iS18,  Hess  sich  als 
Arst  In  Rio -de -Janeiro  nieder,  kehrte  1855 
nach  Deutcbland  und  mit  der  Österreich. 
Kovaraexpedition  nach  Rio  zurück,  bereiste 
1858  u.  1859  Brasilien  und  lebt  seitdem  als 
prakt.  Arzt  in  Lübeck.  Sehr.  {Reise  durch 
Südbussilien*  (1899,  8  Bde.),  .Reise  durch 
Nordbrasllien<(1860,8Bde.)  u.  ,Anson*  (1868). 

AvellasMa,  Oertrudh  G&me»  d' ,  Span. 
Dichterin,  geb.  1816  auf  Cuba ,  seit  tw>  in 
Madrid,  später,  mit  dem  Obersten  Masieu 
vermählt,  wieder  in  Cuba.  Sehr,  trelfl.  No- 
vellen nnd  lyrische  Gedichte  (,Poesia8  liri- 
cas*,  8.  Aufl.  1850) :  Dramen:  ,Alfon8o  Munio* 
(1S44),  ,Recaredo'  (1851).  ,Bl  donativo  del 
diablo*,  ,La  Somnambula*  (1868)  u.  a. 

Avellfno  (bisher  Principato  wtteriore),  nn- 
terital.  Provinz  (Kampanien),  66  QM.  mit 
860,418  Ew.  Die  Hanptet.  A.,  am  Mte.  Vergine 
(herühmtes  Kloster),  18,446  Ew.  Ausftihr 
vortrein.  Haselnüsse  (schon  im  Alterthum 
als  Nuces  Avellanae  berühmt). 

AvelllBOy  Franeeeco  Maria,  ital.  Archäolog, 
geb.   14.  Aug.  1788  zu   Neapel,   Prof.  der 


182 


Ave  Maria  —  Avigliano. 


griech.  Literatur  an  der  UoJyenitftt  Neapel, 
leitete  1800—15  die  Erzlebang  der  Kinder 
Mnrats;  t  9*  ^^^'  ^^^  ^^'  Mitglied  dea 
obersten  Ratfas  für  den  öffentl.  Unterricht 
nnd  Direktor  des  bourbon.  Maseums,  Verf. 
aroh&olog.  und  namismat.  Monographien. 
»OpuBColi  diTersi*  (1831-86,  S  Bde.). 

Are  Maria  (lat.),  engelischer  Grass,  ange- 
llca  salntatio,  d.  i.  Grass  des  Bngels  Ga- 
briel an  Maria  (Luc.  1,  28),  an  die  Jongfraa 
Maria  gerichtetes  Gebet  der  Katholiken, 
gen.  nach  den  Anfangs  Worten:  ,Gegrä88t 
seist  du,  Maria  etc.*,  erscheint  als  dem 
Vaterunser,  gleich  geltendes  Laiengebet 
seit  dem  11'.  Jahrb.,  soll  nach  Verordnung 
Ton  1S26  von  jedem  Katholiken  Morgens, 
Mittags  und  Abends  je  Smal  mit  den  klei- 
nen Kugeln  des  Roseukranzes  (Ato  Maria) 
gebetet  werden.  150  A.  M.  bilden  ein  Paal- 
terium  Mariae. 

ATenehes  (spr.  Awangsch,  Wijluburg), 
Stadt  im  Kanton  Waadt,  im  8.  des  Murten- 
sees,  1756  Ew.;  zur  Römerzeit  Aventiewn, 
Hauptst.  Helyetieus,  zerstört  'durch  die  Ale- 
mannen (307)  u.  Attila  (447).    Alterthüraer. 

Arenlo  (a.  G.),  Stadt  der  Uavori  im  narbo- 
nensischen  GktUien,  jetzt  Arignon. 

ATentinischer  Berg,  einer  der  7  Hügel 

Arentiniu,  s.  Thurmayr.       [Roms  (s.  d.). 

Arenturien  (fr.,  spr.  Awantürieh,  Aben- 
teurer) oder  Av«nturierkaMfleuU ,  firüber  Sol- 
che, welche  mit  erborgtem  Geld e  eingekaufte 
Waaren  unter  Gefahren  an  entfernte  Küsten 
sohaflFten,  um  sie  dort  mit  grossem  Gewinn 
abzusetzen  (s.  6ro9aaventurh<mdel) ;  im  18. 
Jahrhundert  auch  Titel  von  Büchern,  welche 
meist  erdichtete  Reiseabenteuer  enthielten. 

Arentnrln  (Avanturin,  Venturin),  gelber, 
rotber  oder  brauner,  mit  vielen  kleinen  Glim- 
merschuppeu  oder  auch  von  vielen  kleinen 
Rissen  nach  allen  Richtungen  erfüllter 
Quarz;  bei  Madrid,  Mariazeil,  Nantes,  in 
Schottland,  im  Ural  und  im  Altai;  wird  zu 
kleinen  Schmucksachen  verarbeitet. 

Areutiiriiiey  mit  Goldglimmer  überstreutes 
Töpfergeschirr. 

ATeBtnrlBfeldspath,  Natronfeldspath  nüt 
zahlreichen  flimmernden  Punkten ;  bei 
Arcbangel ,  auf  Ceylon,  am  Baikalsee ,  bei 
Tvedestrand  am  GhristianiaQord  etc.,  bes. 
an  alten  Schmucksachen,  J.  selten  benutzt. 

ArentariiiglUy  aventurin&hnlicher  brau- 
ner Glasfluss,  früher  bes.  auf  Murano  bei 
Venedig  fabricirt,  mit  flimmernden  Kupfer- 
krvställchen,  von  Pettenkofer  nachgeahmt. 

Arentarlngnuidy  bei  Malern  u.  Lackirem 
mit  Metallspanen  vermischter  Lack,  zur 
Nachahmung  von  Aventurin. 

Aremer  m«,  kleiner  See  im  alten  Kam- 
panien,  bei  Gumä;  alter  Valkankrater  mit 
schauerlicher  Umgebung;  nach  Virgil  der 
Eingang  in  die  Unterwelt.  Unfern  die 
sogen.  Grotte  der  Sibylle. 

AverrhSa  L. ,  Pflanzengattung  der  Oxa- 
lideen.  Die  Früchte  von  A.  BiÜmbi  L.  in 
Ost-  und  Westindien  und  A.  Carambola  L. 
werden  gekocht  und  eingemacht  gegessen. 

ArerrhSSs  (Av^rroei),  eig.  Ibn-Roschd,  be- 
rühmter arab.  Philosoph,  geb.  1120  sa  Gor- 
dova,  bekleidete  unter  dem  Almohaden  Jussuf 


Q168— 84)  höbe  Ehrenämter  und  wirkte  in 
Oordova , '  Sevilla  nnd  Marokko ,  ward  von 
Almansor  wegen  Irrlehren  eidliit,  dann 
zurückgeraftn ;  f  18*  ^^'  ^^^  '^  Marokko. 
Uebersetier  und  ,Ausleger*  des  Aristoteles, 
veriksste  ausser  Philosoph.  Schriften  eine 
Art  medicln.  System,  unter  dem  Namen 
,GoIUget'  (verstümmelt  aus  dem  arab.  Knl- 
liyat,  d.  1.  Ganzes,  System)  ins  Lat^n. 
übersetzt  (Vened.  1482,  1514).  Werke  (Ven. 
1489).  Vgl.  Binan,  ,A.  et  TAverroismeS 
1852;  2.  Aofl.  1860;  MülUr,  ,Philosophie  und 
Theologie  von  A.*,  1859. 

Atmts  (lat.,  fr.  elfigie,  engl,  obverse),  die 
Vorderseite  einer  Münze  mit  dem  Bilde  des 
Regenten  etc.    Die  Rückseite  heisst  Fevers. 

Avenfty  Stadt  in  der  unterital.  Prov. 
Terra  di  Lavoro,  15,902  Ew.,  grosse  Irren- 
anstalt. Weinbau  (Asprino);  nahebei  die 
Ruinen  von  Atella. 

Aversion  (lat.),  Abneigung,  Widerwille. 

ATenloBuqnantnm  (lat.),  Geldbetrag  zur 
Umgehung  schwieriger  Liquidationen  und 
zeitraubender  Werthsermittslungen  nach 
annähernder  Schätzung  vertragsmassli:  be- 
stimmt, s.  B.  bei  Vergleichen  etc. 

Areriissement  (fr.,  spr.  Awertiss^mang), 
Benachrichtigung;  im  Müitärwesen  dievor- 
länflge  Benachrichtigung  über  etwas,  wor- 
über noch  weitere  Ordre  erfolgen  soll,  pflegt 
durch  Signale  oder  Kommandowdrter  (»Ach- 
tungO  gegeben  zu  werden.  AvtrtU$9ment9'' 
oder  AvUoposten,  detachirier  Posten,  wel- 
cher von  einem  geeigneten  Punkte  den  An- 
oder Abmarsch  des  Feindes  etc.  beobachten 
und  davon  durch  Ordonnanzen  oder  Signale 
Kunde  geben  soll. 

Avesti  (Avettad),  Flecken  im  schwed. 
Län  Dalame,  am  Dalelf,  700  Ew.;  hier 
Reinigung  und  Verarbeitung  des  Kupfers 
von  Fahlun;  Münzort. 

Arejron  (spr.  Awärong),  Nebenfluss  des 
Tarn  im.  südl.  Frankreich,  mündet  bei 
Gastres,  29  M.  Danach  benannt  das  Deport. 
A.  (Theil  des  alten  Guyenne,  die  Rouergoe), 
158,8  QM.  nnd  400,070  Ew.,  Hauptst.  Rbodez. 

ATjBSiinOy  Stadt  in  der  unterital.  Prov« 
Abrnzzo  ult.  II,  an  der  Via  Valeria,  5146  Ew. 

AviSnas.  röm. Fabeldichter,  um 880 n.Chr.; 
42  äsop.  Fabeln  in  lat.  Versen  (herausgeg. 
von  Laohmaim  1845,  Frühner  1862). 

AvieauSy  elgentl.  Ibn-Sina,  berühmter 
arab.  Philosoph  und  Arzt,  geb.  980  zu  Af- 
schema  in  Bokhara,  Leibarzt  bei  mehreren 
samanidischen  nnd  dilemitischen  Saltanen; 

?•  1037.  Veri.  eines  Systems  der  Medicln 
,Kanan  fi'l  Tibb«,  Rom  1593^,  4  Bde.;  lat. 
von  Gerardue  Oremoneneis,  Ven.  1595, 2  Bde.) 
und  zahlreicher  and.  Schriften. 

AviiBaSy  Featu*  Bt^fua,  röm.  Dichter  im 
4.  Jahrb.  n.  Ghr.,  aus  Volslnii  in  Etrurlen, 
sehr.  ,Descriptio  orbis  terrae*  and  ,Ora 
maritinaS  beide  in  Versen  (herausgeg.  in 
den,  Geographi  minores*  von  Hudson,  Bd.  4), 
Paraphrasen  der  ,Phaenomena'  u.  ,Progno- 
stica*  des  Aratus  und' kleinere  Dichtungen 
(herausgeg.  in  Wernsdorfs  ,Poetae  laüni 
minores',  Bd.  5).    Vgl.  Ohrist,  ,A.S  1865. 

AvlfllABO  (spr.  Awi^ano),  Stadt  in  der 
unteritaL  Prov.  ISasilioata,  9236  Ew. 


Avignon  —  Axe. 


183 


JiTlgBOii  (spr.  Awinjong),  Hanptst.  des 
franz.  Depart.  Yaraolase,  an  der  Rhone, 
86,4S7  Ew.;  asahlreiche  Kirchen  (,Stadt  der 
vielen  Glocken')»  &1M  grosse  Kathedrale; 
Palast  der  Päpste  (Kaserne),  Tborm  Glaci^re. 
itelohes  Museum.  Krappf&rberei,  Seidenfabr. 
Im  Alterthnm  Avenio  Oavarum,  Hanptst.  der 
Cayaren;  zahlreiche  röm.  Ruinen.  Im  Mit- 
telalter Haaptort  der  den  Päpsten  gehörigen 
GrafBcb.  A.;  1309^78  Sitz  der  Päpste; 
1791  Frankreich  einTerleibt. 

ATigiiombeer«ii*Gelbbeeren  von  Arignon, 
die  Vrüchte  von  Khamnns  infectorlas. 

ATignonet  (spr.  Awinjoneh),  Stadt  im 
flranz;  Depart.  Obergaronne  (Langnedoc), 
2400  Ew.  Hier  1842  Ermordung  der  päpstl. 
Inquisitoren  durch  die  Albigenser. 

ATilft,  Span.  Ptot.  (AltkastUien),  140  QM., 
178,701  Ew.  Die  SawpUtadt  A.,  6480  Ew. 
Denkmäler  uralter  Skulptur. 

ATlla,  Oü  GonzcOe*  «T,  span.  Historio- 
graph,  geb.  um  1577  in  AltkastÜlen^  Jesuit 
und  Canonicus  zu  Salamanca,  f  25.  April 
1668.  Sehr,  eine  Geschichte  Heinrichs  lU. 
Ton  Kastllien  (Hadr.  1688),  Philipps  HI.  etc. 

AtÜ»  7  ZuSlga^  Don  Luxm  de,  span.  Di- 
plomat, General  und  Geschichtschreiber, 
geb.  um  1490  zu.Plasencia,  begleitete  Karl  V. 
auf  dessen  Zügen  nach  Afrika  und  gegen 
<lie  sohmalkald.  Verbändeten,  ward  Ton 
dems.  mit  Missionen  an  die  Päpste  Paul  lY. 
und  Plus  IV.  betraut  und  zum  Grossmeister 
des  Alcantaraordens  ernannt.  Sehr.  ,Ck>m-. 
«nentarios  de  la  gnerra  de  Alemaüa,  hecha 
por  Garlos  V  en  1546  y  1547*  (1547,  deutsch 
Ton  Herzog  Fhilipp  Magnus  von  Brauntcktoeig 
1558,  anonym  1858). 

Anli§f  Seestadt  in  der  span.  ProT.Oriedo 
<Asturien),  8350  Ew.    Handelsplatz. 

ATÜiren  (fr.),  herabwürdigen,  schänden. 

Avil  {tr.y  spr.  Awih,  ital.  aTiSb),  Bericht, 
Anzeige,  bes.  über  abgegangene  Waaren- 
und  Geldsendungen  an  deren  Empfänger, 
sowie  über  Ausstellung  von  Wechseln  an 
den  Bezogenen;  AviArief,  das  betreffende 
Schreiben;  avisiren,  anzeigen.  Avüoachiff, 
leichtes,  schnellsegelndes  Kriegsfahrzeug 
Eum  Ueberbringen  tou  MlttheiluDgen  zwi- 
Bchen  grösseren  Schiffen  und  Küstenplätzen. 

ATiiatlOB  (tr.)y  Vorhalt  über  die  Wich- 
tigkeit des  Eides  Tor  Ablegung  eines  solchen. 

AtIsIo^  Fluss,  s.  LavU, 

AfltOB,  Marcua  CQliui ,  prätorian.  Prä- 
fekt  in  GhUlien  unter  dem  westrom,  Kaiser 
Valentinian  m.,  nahm  nach  dem  Tode  des 
Kaisers  Maximus  455  zu  Arles  die  Krone  an, 
liess  sich  456  von  Ricimer  mit  dem  Blsthom 
Placentia  abfinden,  f  bald  darauf. 

Avis  (spr.  -is),  Stadt  in  der  portng.  Prov. 
Alemtejo,  1500  Ew.;  früher  6itz  des  Avia- 
^crden$  (1148  zur  Vertreibung  der  Mauren 
gestiftet,  seit  1789  militär.  Verdienstorden). 

AvliniA  (Vallona),  türk.  Hafenstadt  in 
Albanien,  am  gleichn.  Qolfdea  Adriameeres, 
6000  Ew. ;  in  der  Geschichte  der  normann. 
Kreuzfahrer  viel  genannt. 

AvooitoTlwn  (liUera«  avoctOoHae,  lat.), 
dffentl.  Bekanntmachung,  durch  weloheeine 
Regierung  ihre  im  Auslände  sich  aufhalten- 
den Angehör^enunter  Strafandrohnagin  die 


Heimat  zurückruft,  bes.  in  Russland  üblioli, 
früher  auch  im  deutschen  Reiche  vor  Aus- 
bruch eines  Reichskriegs. 

AvogitobauiBy  Avogatobirne,  Advokateoi- 
oder  Alligatobirne,  s.  JPerMa. 

Avoir  (fr.,  spr.  awoar,  haobn),  in  der  firanz. 
Buchführung  Bezeichnung  der  Kreditseite. 

AvoirdupoM  (spr.  Awördjupeus,  zusam- 
mengezogen aus  dem  firanz.  avolr  du  poids), 
Beiname  des  engl.  Handelsgewichts,  dessen 
Pfund  (Pound)  =  7000  engL  Troygrän  = 
453,59  franz.  Grammen  =  0,9072  deutsche 
Zollpfnnd  in  16  Unzen  (Ounces)  zu  16 
Drachmen  (Drams)  eingetheilt  wird,  auch 
in  den  Verein.  Staaten  von  Nordamerika 
in  Gebrauch.  Der  Stein  (Stone)  hat  14,  der 
Quarter  88,  der  Gtr.  (Hundredweight)  112, 
die  Tonne  (Ton)  8840,  in  Newyork  der  Ctr. 
100,  die  Tonne  2000  A. 

AvoUy  Stadt  auf  Sicilien,  Prov.  Noto, 
Museum,  12,534  Ew.    Zuckerrohrbau. 

Avon  (spr.  Aewwön),  Name  mehrerer 
Flüsse  in  England  und  Schottland.  A., 
Nebenfluss  der  Severn,  mündet  bei  Tewkes- 
bury,  22  M. ;  daran  Stratford,  die  Geburtsstadt 
Shakespeares  (daher  ßehwan  von  A,  gen.). 

Avon«  (fir.,  spr.  -wueh),  Schirmherr  über 
Kirchengüter;  Stellvertreter  (beim  Militär). 

Avc^yer  (fr.,  spr.  -woajeh),  in  der  Schweiz 
s.  V.  a.  Stadtschultheis«. 

AvnHekei  (spr.  Awrangpch,  oelt.  Ingena, 
Abrinea),  uralte  Stadt  im  ftanz.  Depart. 
Manche  (Normandie),  8600  Ew.;  früher 
wichtige  Festung.  Die  Umgegend  Avranekin» 

Avalsion  (lat.),  Ab-  oder  Losreissung. 

Awa^  ehemal.  Hauptstadt  von  Birma,  am 
Irawaddy,  1839  durch  Erdbeben  theilweise 
zerstört  und  verfallen. 

Awiren,  Volk  lesghischen  Stamme«  im 
Gebirge  von  Daghestan,  zählt  auf  einem 
Gebiet  von  15,32  QM.  (Atoarien)  etwa  85,000 
Köpfe  u.  hat  bis  auf  die  neueste  Zeit  seine 
Freiheit  den  Russen  gegenüber  behauptet. 
Hauptort  Chansag.  Vgl.  Schiefner,  ,Ver- 
such  über  das  Awarische',  1862. 

Äwatseha,  Bai  an  der  Ostküste  von  Kamt- 
schatka, mit  der  Hafenstadt  Petropaulowak; 
daran  der  Vulkan  AwUtehanekqja,  8360'. 

Awe  Loch,  See  im  westl.  Schottland,  5  M.  I. 

Ax»  Städtchen  im  franz.  Depart.  Ari^, 
am  Fuss  der  Pyrenäen,  an  der  obern  Ari^^, 
1700  Ew. ;  58  heisse  Schwefelquellen,  17->620, 
mehrere  grosse  Badeetablissements. 

Axe^  in  der  Astronomie  ( TTelt-  oder  Eim* 
mehaxe)  die  eingebildete  Linie,  um  welche 
sich  der  Himmel  bei  seiner  scheinbaren 
tägl.  Rotation  dreht,  Erdaxe  dasjenige  Stück 
derselben,  welches  in  den  Erdkörper  fällt, 
mit  Nordpol  und  Südpol  als  Endpunkten. 
In  der  Physik  und  Mechanik  ist  Umdre^ 
huug$<uee  diejenige  gerade  Linie,  welche 
bei  einem  sich  bewegenden  Körper  allein 
in  Ruhe  bleibt,  während  alle  übrigen  Theile 
desselben  sich  in  kreisförmigen  Bahnen  um 
sie  bewegen.  Ai.  des  Magnet»,  die  Linie, 
welche  beide  Pole  desselben  verbindet. 
A.n  eine»  KrptteäU ,  diejenigen  Linien, 
gegen  welche  die  äusseren  Flächen  eine 
symmetrische  Lage  haben.  Opti»ehe  A.  einet 
Linse,  die  Linie,  welche  die  Mittelpunkte 


164 


Axenberg  —  Aiimath. 


der.D«id«ii  KngeUHoheii,  deren  Absohaltt« 
die  linse  bilden,  mit  einander  verbindet. 

▲xenbergy  Ber^r  am  YienvaldstiltenMe ; 
«m  Vnsa  desselben  die  Tellenplatte. 

▲xenle  (gr.)»  UnsastUclikelt.  Bmiut  Jxemu, 
aonrirtblicbes  Heer,  ältester  Name  des 
»Bhwaraen  Meeres. 

AxkolM«,  lisndsoh.  in  der  engl.  Qrafach. 
Uncoln,  swiscben  Trsnt,  Idle  tf.  Dnn,  40  QM. 

jLxISni  (gr.)i  in  der  Philosophie  a.  Mathe- 
matik ein  Sats,  weleber  als  unmittelbar 
gewiss  keines  Beweises  bedarf  od.  fthig  ist. 

jüdometer  (gr.),  Vorrichtang  auf  der 
Mitte  eines  Schiffs,  nm  die  Richtung  der 
Bttderpinne  des  Steuers  mittelst  eines  Zei- 
'gers  ansttseigen. 

AxiopIsÜe  (gr.),  Glanbw&rdigkeit. 

Axam,  alte  Haaptst.  von  Abessinien, 
westl.  von  Adowa,  7000'  h.,  1536  lerstdrt; 
nfblreidbe  Rainen,  8000  £w. 

Axingl«  (lat.),  Fett. 

Ay  (spr.  A-i),  -Stadt  im  frans.  Depart. 
Marne ,  2800  Ew. ;  vorzttgl.  Ohampagner. 

A'JEacvcOiO  (spr.  •kntsoho),  Depart.  der  Re- 
publik Peru,  1568  QM.  n.  130,000  Ew.  Die 
J9a«0tot.A.  (Huamanga),  S4  Kirchen,  88,000 
Ew.  Hier  9.  Deo.  1824  Bieg  der  Liberalen 
unter  Suere  aber  die  Spanier. 

ATllft»  JMro  Lapm  de,  «I  Fiii/o  gen.,  Ordss- 
kansler  und  Oberkamme  Aerr  von  KastiUen, 
geb.  1838  SU  Muroia,  t  1^7  ^^  Oalahorra; 
sobr.  Chroniken  der  kastil.  Könige  Peter, 
Heinrich  H.,  Jobann  I.,  Heinrich  m.  (1780, 
2  Bde.),  übertrug  den  Llifius  ins  KastUlsebe, 
hlnterliess  auch  poet.  Werke. 

Ayunomte,  feste  Stadt  in  der  span.  Prt>¥. 
Huetya  (Andalusien),  an  der  östl.  Mündnng 
des  Gaadiana,  Hafen,  5500  Ew. 

Aya^faiAy  Eapatorium  Ayapana,  Strauch 
ans  der  Vamille  der  Kompositen,  in  Süd- 
amerika nnd  Osdiidien;  Wurzel  u.  Blfttter 
dienen  gegen  Vergiftungen,  Syphilis  etc. 

Ayleabwy  (spr.  Aehlsböri),  Stadt  in  der 
engl.  GrafiMshaftBaokingham,an  der  Themse, 
87,090  Ew. 

Ayr  (spr.  Aehr),  Grabohaft  in  Südschott- 
la&d,  ander  Westküste,  47,8  QM.  n.  198,971 
Ew.,  gebirgig,  mineralreioh.  Die  HttupM. 
A..  am  Glydebusen,  10,573  Ew.,  guter  Halbn. 

Ayroüioff.  Cbm«<*  Herrn,  von,  dram.  Dieh- 
ter,  geb.  28.  Mai  1733  su  Wien,  seit  1794 
österr.  Feldmarschalllientenant«  t  ^*  •^^* 
1819.  Gegner  Shakespeares  und  der  goethe- 
sehen  Richtung.    ,Werke*  (1808,  6  Bde.). 

Ayrer.  Jakob,  deutscher  dram.  Dichter 
des  16.  Jahrh.,  seit  1594  Notar  und  Qeuichts- 
proknrator  in  Nürnberg,  t  <i&8. 1005.  Dich- 
tungen gesammelt  in  ,Opus  theatrioum ,  80 
ansbfindige  schöne  Komödien  und  Tragö- 
dien etc.*  (Nümb.  1618;  nette  Ausg.  Ton 
A.  V.  EJeUer  1868).    Vgl.  Sekmidt,  ,J.  A.*,  1851. 

Aytoan  <spr.  Ahtenn),  1)  JR&beH,  sohott. 
Dichter,  geb.  1570  xn  Kinaldie  (Qrafiicbaft 
Vife),  t  ^^38  >ni  London.  ,Poems*  (in  lat. 
und  Schott.  Sprache)  heransgeg.  von  J^ger 
1844.  —  8)  WüUam  EdmonaMtnep  sehott. 
DIofatsr,  geb.  1818  su  Edinburgh,  sciit  1845 
Prof.  jder  Rhetorik  an  der  UniTorsitit  das.; 
t«d.  Aug.  1865.  Hauptwerk:  ,Ijays  of  the 
■vottish  cavaliers*  (17.  Aufl.  1865).     Sehr. 


axmserdem:  «Bon  Gkathier  baHads*  (MM); 
,FlrmIlian,  or  the  Student  of  Bad^oo*  (1864) & 
,Bothweir  (Epos,  1856) ;  ,Ballads  of  Soottand^ 
(1858) ;  «Norman  Sinclair«  (1861, 8  Bde.).  YifU 
Martin,   ,Memoirs  of  A.<,  1867. 

A7Witeari«nto,  in  Spanien  die  Muniatpal» 
gewalt  in  den  Städten,  ward  seit  1581  we» 
sentiloh  beeinträchtigt,  1818  vondenOotle» 
hergestellt,  ron  Ferdinand  VU.  wled«r  be^ 
seitigt,  Itt^Ton  den  C6ites  von  Nenem'ker- 
gestellt,  nach  der  frans.  Invasion  absfrmal» 
beseitigt,  durch  die  VerfiMSung  von  t8S7 
bestätigt,  1840  noehmals  durA  roaktionara 
Massregeln  bedroht,  Was. einen  AuiltMid 
veranlasste,  welcher  die  Vertreibung  der 
Königin  Ohristine  sur  Folge  hatte,  endU 
1844  durch  die  Oortes  gesetslich  gesichert» 

AMI«*  X.  (JbuaU,  FeU9iutra»ch) ,  Pilan- 
sengaltnng  aus  der  Familie  der  Ericaoeeu» 
A.  pontica  L.,  In  den  Lindem  am  «ehwar- 
■en  Meer,  stark  narkotischer  Stninch,  dessen 
BenntEung  von  den  Bienen  den  Honig  glffcic 
macht  (Xenophons  Anabasis).  Viele  Arten 
nnd  sahllose  Bastarde  (auch  mit  Rhodo» 
dendron)  Garten-  nnd  TreibhanspflaaBe». 

AliMy  Jo9^  Nicola  eP ,  Span.  Biplornnt  u. 
Knnsticenner,  geb.  1731  su  Barbunatles  In 
Aragonled,  1765  ->  97  span.  Oesohftfts» 
triger  In  Rom,  dann  bis  1809  in  Paris;  f 
das.  96.  Jan.  1804.  Heraasgeber  der  Werke 
seines  Freundes  Menge  und  dessen  Bio* 
grapb.  Sein  Bruder  Don  FoUx  d'A.,  gebw 
,18.  Mai  1746,  f  1811,  Naturforscher  u.  Rei- 
sender, sehr.  «Voyage  dans  rAm6riqtM  m^ 
ridlonale*  (1809,  4  Bde.,  mit  Atlas). 

Aauoltomny  s.  Oraimogm, 

Aseglio  (spr.  Azeljo),  M»§»if»o  TapafMi^ 
Maroheu  d%  Ital.  Staatsmann  und  Publidst, 
geb.  8.  Okt.  1798  su  Turin,  wirkte  filr  Ita- 
liens nationale  Restauration  dur<^  Romane 
(,Bttore  FleramoBcaS  1833,  ,Nicool6  deLapi% 
1841,  beide  deutsch  Ton  Langetm  1848),  publl- 
cistische  Schriften  und  auf  Reisen,  zog  184S 
mit  den  p^tl.  Truppen  gegen  die  Oestw* 
reicher  aus,  befehligte  in  Venedig  alsOberst, 
foeht  beiVioenzaanderSpitse  einer  Legion, 
war  dann  Mitglied  der  sardln.  Depntlrtein«' 
kammer,  Mai  1849  bis  Okt.  1858  sardln. 
Minister  des  Auswftrtigen  und  Kabinets- 
prasident,  1650  nach  Ausbruch  des  XsiagB 
Bevollm&ohtigter  in  der  Romagna,  sog  sieh 
dann  ins  Privatleben  zurück;  t  -^  ''*°- 
1866.  A.  war  auch  Mater  (Kampf  bei  Bar- 
letta,  Nausikaa,  Waldbild)  und  Operiücom« 
ponist.  Seine  ^Denkwürdigkeiten*  ersidile- 
nen  1867,  dentsob  1869.  Seine  politische  Kor» 
respondenz  (1847->65)  herausg.  TOfU  Bmtdu 
(1866).  Vgl.  Lang,  ,Massimo  d*A.*,  in  den 
,Preuss.  Jahrbüchern*,  17.  Bd.,  1866;  Ikäti, 
,Vita  e  nwrltt  di  M.  A.*,  1868.  Sein  älterer 
Bruder  B^erto  IbparelK,  Mareheio  «T^/ 
widmete  sich  den  soliönen  Künsten,  namentl. 
der  Malerei;  t  als  Senator  u.  Dir^itor  der 
königl.  -Gem&ldesammlung  su  Turin  84.  -Deo. 
1868.  Sehr.  ,Stu4j  sulle  artl  del  disegao*» 
1861.  Ein  anderer  Bruder,  Lmigi  TkparMi, 
t  84.  Sept.  1868  au  Rom,  Jesuit  *uad  als 
Leiter  der  ,€lTilitlb  cattolloa*  gewandter  Strei- 
ter für  das  Papstthnm. 

AdmaUi  (arab.),  Südweite,  der  B<«ea  dA 


Azinoonrt  -^  Babbagfl. 


la» 


Hpxiionit»  -vreloher  BwlBchen  dem  Mlttag»- 
punkt  (wo  der  Heridian  den  HoriEont  auf 
der  sftdl.  Himmelskug^el  sohaeldet)  «nd  dem 
VerfctkatkrelM  eines  i^estfriia  liegt.  Je  nach- 
dem der  Stern  vor  oder  nach  seinem  Dnrch« 
gaqg  dnrch  den  Meridian  (seiner  Kulmi- 
nation) beobachtet  wird,  unterscheidet  man 
östl.  oder  westl.  A.  AitimuthcMrtU,  horiaon- 
taler,  g^etheilter  Kreis  an  den  astroncmi. 
Instmrnenten  aar  Messung  des  A. 

iflfaieowrt  (spr.  As&ngludir),  Dorf  Im  ftenE. 
Depart.  Pas  de  Calais.  Hier  25.  Okt.  1416 
Sieg  der  Engländer  (14,000  M.)  unter  K&nig 
iEeinrich  Y.  über  die  Vrenaosen  (50,000  M.) 
unter  dem  Oonnetable  d^Albret,  welcher  fiel. 

AMÜMhe  VonutlMi^  die  ältesten  sedi- 
mentäre Ablagerungen  der  festen  Erd- 
kruste, in  denen  noch  keine  als  -solche 
deutlich  erkennbare  Versteinerungen  auf- 
geftinden  worden  sind. 

Asorai  (BabüMtiiitMhi),  eu  Portugal  ge- 
holt Onippe  Ton  9  Inseln  im  atlant.  Ocean, 
unter  gleicher  Br.  mit  Lissabon,  47  QM.  und 
249,185  Ew.;  Tulkan.  Ursprungs,  daher  ge- 
biiKig,  mit  «teilen  Kasten  und  toU  fracht- 


barer lliäler;  Klima  mild,  feucht  «nd  aelir 
gleichmässig.  Produkte:  Oetoeide,  Wein, 
Südfrüchte  (bes.  Orangen,  Zucker).  Die  Ew. 
portug.  Afokui^  und  kathollseh.  Haupt* 
Inseln:  Terceira  (mit  der  Hauptst.  Angra)» 
San  Miguel,  Pico  und  Fayal.  Entdeckt  1482 
Yon  den  Portugiesen. 

Asoty  s.  Y.  a.  Stickstoff. 

Asotnrle  (gr.),  Harnstoffhamnihr»  be»t«bt 
in  abnormer  Yennebrung  der  Barastoff- 
absonderung  mit  oder  ohne  Yermehrunir 
des  Urins,  tritt  bes.  bei  aenrösen  sohwäch» 
liehen  Männern  auf;  durch  dtttetlseha 
Massregeln  au  heUen. 

AbubI,  DometUeo  Jib^rto,  ital.  Getchlchts- 
forscher,  geb.  8.  Aug.  1749  Elf  Sassari  «uf 
Sardinien,  t  ele  Mi^Ued  des  Obetkonsublts- 
tribunals  zu  Gi«Iiari  88.  Jan.  1627.  Sehr» 
,Sistema  universale  dei  principi  del  dtritt» 
marittimo  dell'  Buropa'  (1796, 4  Bde.;  firana^ 
1S0&,  2  Bde.) ;  ,Hlstoire  g^ogr.  polit.  et  natur. 
deSardaigne«  (1802, 2  Bde.,  deutsch  1808)«.  A. 

AsWy  Tompers.Iiasur,  die  sohöne  himmel- 
blaue Varbe;  das  blaue  Hlmmelsgewftlbe» 
Daher  «sam,  himmelblau. 


B. 


B»  auf  Mfinzan  die  Eweite  Münastätte  eine* 
Belchs:  Breidaiu,  Rouen  (Bb,  Strassbuiy), 
Kremaits  etc.  In  der  Musik  (b)  Yorsetchnung 
(fr.  b4mol),  bedeutet  die  Erniedrigung  einer 
Note  um  einen  halben  Ton;  Doppel^b  (bb) 
um  einen  ganaen. 

B*  A«.  «bbr.  kenia  ^tutpieiU  oder  h<mi» 
avibu»  (lat.) ,  d.  i.  mit  guter  Yorbedeutung. 

Saadar,  1)  <f  Jssmim  Alag»,  bekannt  als  Her- 
ausgeber des  »Gelehrten  Baiem',  geb.  S. 
April  1762  «u  München,  f  eis  bayer.  Begie- 
ruags-  und  <Sohulrath  28.  Mära  1888.  ^  2) 
Jo$epk  wm  B.,  bayer.  Oberbergrath,  geb.  80. 
Sept.  1768  BU  München,  f  das.  20.  Nov..  1885, 
namhafter  Mechaniker  und  Ingenieur.  — 
8)  JFVams  JEatfer  von  B,,  mgrst.  Philosoph ,  geb. 
27.  Mära  17C5  au  München ,  f  <^1>  Prof.  der 
Pbilosc4;>hie  eu  München  23.  Mai  18ti.  «Schrif- 
ten' heirauag.  von  F.  Baffmann  (1860  ~  80, 
16  Bde.).    Btogr.  yon  F,  HitfftMmn  (1857). 

Baakey  s.  Bake. 

Baal  (d.  i.  Herr),  männliche  Hauptgott- 
heit der  altan  somit.  Yölker,  naroentl.  der 
Babylonier  (Büh  Phönicier  und  Hebräer, 
UTSj^n^  Gott 'der  Sonne,  mtt  prachtvollem 
und  lärmendem,  auch  blutigem  Dienst ;  als 
weib].  Gottheit  stand  ihm  BooIHb  (Astarte, 
Mylitta),  die  im  Wasser  and  in  der  Erde  em- 
l^tagande  und  gebärende  Gdttin,  Eur49eite. 
BaaM.i«M,  falscher  Gottesdienst;  BoaU- 
Pf^^t  heuehlecischer  Priester. 

Baalbak  (Stadt  des  Baal,  gr.  HeUoptiie), 
einst  ^osse  und  reiche  Stadt  in  Lycien, 
BwisolKett  Iiibanon  und  Antiiibanon;  1401 
durch  Vamerlan,  1759  durch  ein  Erdbeben 
verheert;  Jetsl  unbedeutender  Ort;  pracht- 
volle Ruiben  des  kolossalem  SonnentempaU. 


laal»2eplMA  (a.  G.),  Stadt  in  AegypCen; 
nahebei  Durchgangspunkt  der  Israeliten 
duroh  das  nthe  Meer. 

Baan.1)  Ja%  de  B»,  faolländ.  Porträtmaler, 
geb.  1688  au  Harlem,  f  1702  an  Amsterdam. 
Portr.  Karls  H.  von  England  und  dessoi 
Gattin,  MoritE  von  Nassau  etc.  —  2)  JetecbvM 
deB.,  Sohn  des  YoY.,  ebenfalls  Porträtmaler, 
geb.  1678  au  Gravenhage,  war  in  England 
und  Italien,  t  <u  Wien  1700. 

Baur,  ^bem.  reictisfreie  LandgrafrohsSt  in 
Baden,  auf  dem  Sohwarswald,  etwa  10  QM« 
und  80,600  Ew.,  seit  1283  den  Gr.  v.  Fürsten-» 
borg  gehörig.   Bauptort  Donaueaohiagen. 

BtUTOrriHi,  die  Bestände  von  gemuns- 
tem  und  ungemünatem  Edelmetall,  welche 
die  Notenbanken  halten,  um  Jederselt  ihre 
Noten  gegen  Gold  oder  Silber  einlösen  an 
können.  Die  gewöhnliche  Annahme  ist, 
daas  ein  Baarvorrath  von  einem  Drittel  der 
umlaufenden  Noten  hinreichend  sei,  um 
daa  Yerlangen  nach  Einlösung  eu  b^firle- 
digen,  weil  die  meisten  Noten  sich  als  be- 
quemes Zahlungsmittel  Im  Umlauf  erhalten 
und  nicht  aur  Einlösung  präaentirt  werden. 
Die  meisten  Banken  haben  in  der  Hegel 
stärkeren  B.,  doch  halten  auch  Banken  bei 
geringerem  B.  ihre  Noten  im  Umlauf. 

Bab  (arab.),  Thor;  Meerenge. 

Baba  (tüik. ,  d.  i.  Yater),  in  Peralen  und 
der  Türkei  Titel  angesehener  Geistlichen. 

Babadagh.  1)  Stadt  in  Bulgarien,  über 
4000  Ew.,  Hauptort  der  Bobrudscha.  —  8> 
Gipfel  des  südöstl.  Kaukasus,  11,988'. 

Babbage  (spr.  BäbbedsohX  Okarle»,  Math^ 
roatiker  und  Mechaniker,  geb.  26.  Deo.  1792 
EU  Teignmouth  in  Devonshixe,  1828—89  Prof. 


186 


Babel  —  Babylonien. 


der  Mathematik  in  Oftmbridge.  Sobr.  ,Tables 
of  logarithms'  (S.  Aufl.  18S4);  »Economy  of 
nani^actareB*  (4.  Aufl.  1846,  deutsch  ,Ueber 
Maschinen  und  Fabrikwesen'  fon  Friedenberg 
2638);  yViews  oflndustry  of  England <  (1851) 
H.  A. ;  baute  eine  Maschine  an  Bereohnuufc 
mathemat.  und  seemännischer  Tafeln,  die 
Jedoch  nicht  cur  Vollendung  kam. 

Babely  s.  v.  a.  Babylon. 

Bab-el-Mandeb  (d.  i.  Thor  der  Gkfahr), 
Meerenge  awisohen  Arabien  und  Afrika,  Ein- 
gang zum  rothen  Meer,  6  M.  br. ;  darin  die 
▼on  den  Engl&ndern  befestigte  Insel  Perim. 

Babelsberg;  königl.  Schloss  bei  Potsdam, 
183&  im  normann.  Stil  erbaut.  [gruppe. 

Babelthnapy  die  Hanptinsel   der  Pelew- 

Babenberg,  Grafen  von,  eins  der  ältesten 
deutschen  Dynastengeschlechter,  nach  dem 
Sieifdmamigen  Stammschlosse  westl.  von 
Bamberg  genannt,  schon  im  9.  Jahrh.  in 
Oberfiranken  reich  begütert,  histor.  merk- 
würdig, insofern  ein  Sprössling  desselben, 
Leopold  Lp  983  Markgraf  Ton  Oesterreich 
ward,  erlosch  mit  dem  Herzog  Friedrich 
dem  Streitbaren  von  Oesterreich  184S. 

BabenJIauseny  1)  Stadt  in  der  hess.  Prov. 
Starkenburg,  an  der  Gersprenz,  SlOl  Eir.  — 
S)  Marktfl.  im  bayer.  Regbz.  Schwaben,  an 
der  Oünz,  2  Schlösser,  1844  Eir.,  Residenz 
des  Fürsten  von  Fagger-B.,  Herrn  der 
ehemal.  Beio1uherr$ch.  B.,  7  QM.  u.  11,000  Ew. 

Baber^  Grossmogul,  s.  Babur, 

BAbeiuT  (spr.  -böf;,  Franfoie  Jf6&,  Haupt 
•iner  kommunist.  Versohwömog.  unter  der 
Direktorialregierung  in  Frankreich,  gen. 
Cf^  US  Gracchus,  geb.  1764  zu  St.-Quentln, 
predigte  in  seinem  Blatte  ,Le  tribun  du 
peuple'  die  MassenherrschafI  und  forderte 
neue  Vertheiluug  des  Grundes  und  Bodens ; 
84.  Mai  1796  guillotinirt.  Vgl.  F,  Buona- 
rotti,  ,0on8piration  ponr  r6galit^,  dite  deB.', 
1828,  8  Bde.  [pathen,  5400^. 

Babiagora,  Gipfel  der  Beskiden  in  den  Kar- 

Bablset  (spr.  -neb),  Jaeque»,  Physiker, 
^eb.  6.  März  1794  zu  Lusignan,  Depart. 
Vienne,  erst  Militär,  dann  Prof.  in  Poitiers, 
später  in  Paris;  Terdient  um  Optik,  Meteo- 
rologie, Magnetismus  und  um  die  Kon- 
struktion physikal.  Apparate. 

Bablngton  (spr.  Bäbingt^n),  Anthony,  Edel- 
mann aus  der  engl.  Grafich.  Derby,  Haupt 
einer  Verschwörung  zu  Gunsten  der  Maria 
Stuart  von  Schottland  gegen  die  Königin 
Elisabeth ,  18.  Sept.  lf>86  hingerichtet. 

Bablntoehe  Bepnbllk,  Art  Narrengesell- 
«chaft,  1568  von  Bianka,  einem  polnischen 
Edelmanne,  auf  seinem  Gute  Babine  bei 
Lublin  gestiftet,  yerlieh  Solchen,  die  sich 
Irgend  eine  lächerliche,  verkehrte  Hand- 
lung zu  Schulden  kommen  Hessen,  darauf 
bezügliche  Titel,  bestand  bis  1677. 

BAbirussa,  s.  Sirtcheber. 

BabUli  (Bambolah,  Galle  d'Inde),  Hülsen- 
früchte verschiedener  Akazien,  aus  Ost- 
indien und  vom  Senegal,  reich  an  Gerbsänre 
und  röthliohem  Farbstoff,  dienen  zur  Fär- 
berei, Gerberei. 

BsbO,  1)  Joeepk  Maria  von  B.,  dram.  Dich- 
ter, geb.  14.  Jan.  1756  zu  Ehrenbreitstein, 
t  5.  Febr.  1822  sn  München,  als  Intendant 


des  Theaters  das.  Verf.  des  Schauspiela 
,Otto  von  Witteisbach*  (1782)  und  des  Lust- 
spiels ,DerPnlB*.  ,Schauspiele*  (1793);  ,NeQ6 
Schauspiele*  (1804).  —  2)  Lambert  Jo$,  Leop,, 
Freiherr  von  B,,  Landwirth  und  Oenolog, 
geb.  1790  zu  Mannheim,  seit  1831  Vorstand 
des  bad.  laudwirthschaftl.  Vereins  für  den 
Unterrbeinkreis.  Sehr.  ,Anleitung  zur  An- 
lage und  Behandlung  der  Wiesen*  (1836); 
,Der  Weinbau'  (2.  Aufl.  1855) ;  ,Der  Wein- 
stock und  seine  Varietäten*  (2.  Aufl.  1857); 
,  Acker bauchemie  für  den  Landmann'  (2.  Aufl. 
1862) ;  mit  MeiKger  ,Die  Wein-  und  Tafel- 
trauben* (2.  Aufl.  1855)  u.  A.  Sein  Sohn 
KUm.  Heinr.  Lambert,  Freiherr  vonB.,  geb.  25. 
Xov.  1818  zu  Ladenburg,  Prof.  zu  Freiburg 
im  Breisgau,  als  Chemiker  bekannt. 

Babolna,  Passta,  in  Ungarn,  beiK(Mnom; 
berühmtes  Gestüt.    Behlaeht  1848. 

Babrliu,  röm.  Fabeldichter  der  alezan- 
drin.  Perlode,  Veranstalter  einer  grossen 
Sammlung  äsop.  Fabeln.  Zu  den  bisher 
belcannten  wurden  1813  auf  dem  Borge 
Athos  noch  123  neue  Fabeln  des  B.  ent- 
deckt. Ausgaben  von  Laehmann  ^1845),  Lo" 
toi»  (1846-59),  Sehneidewin  (1853),  Weite  (1855) ; 
übersetzt  xon  Hertzberg  (1846),  Härtung  (1858). 
Vgl.  Mantels,  ,Ueber  die  Fabeln  des  B.',  1846; 
Eberhard.  ,B.',  1865. 

Bibfl  (Ind.),  Fürst;  s.  t.  a.  unser  «Herr*. 

Babnr  (Baber,  Zehir- eddin  "Mohammed), 
erster  Grossmogul  in  Indien,  Urenkel  Timurs, 
geb.  14.  Febr.  1483,  eroberte  die  Gebiete  Ton 
Kaschgar,  Khotan,  Kunduz,  Kandahar  und 
Kabul ,  überschritt  Ende  1525  den  Indus, 
schlug  27.  April  1526  in  der  Ebene  roa 
Pannibet  unweit  Delhi  die  Indier  unter 
Ibrahim  Lody  und  zog  in  Delhi  ein;  f  ^« 
Dec.  1530.  Sehr,  seine  Geschichte  in  tatar. 
Sprache  (herausg.  Ton  Hminski  1857,  engl, 
von  Waddigton  1826). 

Babnyanen,  span.  Inselgruppe  im  ind. 
Archipel,  nördl.  von  Manila,  7000  Ew. 

Babylon  (Babel,  a.  G.),  uralte  Hauptst. 
von  Babylonien,  zu  beiden  Seiten  des  Eu- 
phrat,  in  Gestalt  eines  Vierecks  (12  M.  Im 
Umlkng)  erbaut  und  von  100  Ellen  hoher 
Mauer  umschlossen,  mit'  100  Thoren.  Im 
Westtheile  der  her.  Tempel  des  Bei  (s.  Babjf- 
Ionischer  Thurm)  und  die  alte  Köuigsborig; 
im  Osttheile  die  hängenden  Gärten  der  8e- 
miramis  u.  a.  In  Verfall  seit  der  Gründnnif 
von  Seleucia;  zu  Pausanias  Zeit  bereits 
Ruine.  Die  riesigen  Trümmermassen  wnr> 
den  von  Rieh,  Rawllnson,  Loftus,  Oppert  und 
bes.  von  Layard  untersucht.  Vgl,  Layard, 
,Discoveries  in  the  ruins  etc.*,  1853  (deutsch 
von  -Zenker  1856) ;  Oppert,  ,ibcpedit.  sdent. 
dans  les  Mesopotamies',  1857  f.,  m.  Atl. 

Babylonien  (in  der  Bibel  Sinear,  a.  O.), 
Reich  in  Asien,  die  fruchtbare  Tiefebene 
am  untern  Lauf  des  Euphrat  (J.  Irak  Arabi) 
umfassend,  von  Semiten  bewohnt,  die  Stätte 
einer  uralten  Kultur  und  staattlohen  Ent- 
wicklung; Hauptst.  Babylon.  Kunstfleiss 
und  Handel  in  hoher  Blüthe,  in  Folge  dessen 
die  Bewohner  in  Schwelgerei  und  Sitten« 
losigkeit  verfielen.  Religion  hanptsächL 
Verelurung  des  Baal  und  der  Baaltis  (s.  d.), 
gepflegt  von  der  Priesterkaste  der  Ohftldäer. 


Babylonischer  Thnrm  —  Bacciochi. 


187 


Bauwerke,  ausges.  durch  kolossalen  Um- 
fang und  grandiose  Einfkchbeit  der  Anlage. 
Von  Bildwerken  ist  wenig  erbalten. 

€^aehichte.  /Aa  Gründer  des  babvlon. 
Seichs  wird  in  der  Bibel  der  Kuscfaite  Mim- 
rod,  Ton  späteren  Griechen  der  Gott  Baal 
genannt.  Trotz  der  Dynastenreihen  des 
Berosus  (s.  d.)  und  der  alten  Chronologen 
ist  die  Geschichte  B.s  sehr  dunkel.  Es  kam 
unter  die  Suprematie  des  später  und  Ton 
B.  aus  gegründeten  Reichs  Assyrien.  Grün- 
der der  neubtätylon.  Dynastie  war  der  Chai- 
däer  NabopoUu$ar  oder  Nebttkadnesar  I., 
welcher  sich  mit  dem  medlschen  König 
Cyaxares  zum  Sturz  des  assyr.  Reichs  ver- 
band. Dessen  Sohn,  Nebukadnetar  IL,  machte 
durch  seinen  Sieg  über  d,en  ägypt.  König 
Necbo  bei  Circeslum  am  Euphrat  (604  ▼.  Chr.) 
der  ägypt.  Herrschaft  in  Asien  ein  Ende, 
unterwarf  den  König  Jojakim  von  Juda, 
«roberte  und  zerstörte  Jerusalem  und  das 
Beich  Juda  unter  Hiskias  (588)  und  führte 
den  Kern  des  Volks  nach  B.  Er  verschönerte 
Babylon  mit  Bauwerken,  deren  Trümmer 
noch  vorhanden  sind.  Nach  seinem  Tode 
(508)  gerieth  sein  Reich  in  Verfkll,  und  unter 
2fii>on»edo$  (Labynetos  bei  Herodot),  der  sich 
mit  Cröstts  von.Lydien  gegen  Persien  ver- 
banden hatte,  ward  es  von  Cyrus  (539)  er- 
obert  und  pers.  Provinz.  Nach  dem  Sturze 
des  pers.  Reichs  kam  es  unter  die  kurze  Herr- 
schaft AlesEanders  d.  Gr. ;  nach  dessen  Tode 
fiel  es  Seleuous  I.  zu,  der  es  aber  dem  Anti- 
gonus  erst  abringen  musste  (318).  Den  syr. 
Herrschern  entrissen  es  um  140  v.  Chr. 
die  Parther.  Unter  röm.  Herrschaft  kam 
es  nur  vorübergehend 'unter  Trajan  (114 
n.  Ohr.),  Septimins  Severns  (199)  und  Julian 
(363).  Nachdem  das  neupers.  Reich  der 
Sassaniden  durch  Mohammeds  Nachfolger 
<650)  sein  Ende  gefunden,  herrschten  in  B. 
die  Kbalifen  bis  1258.  1638  entrissen  es 
die  Türken  den  Persem  zum  zweiten  Male, 
und  seitdem  steht  es  unter  türk.  Herrschaft, 
i^etheüt  in  die  Paschaliks  Bagdad  u.  Basra. 
Vgl.  M0buhr,,QeBch.  Assurs  u.  Babels',  1857. 

Babylonischer  Tlinrm  (Bduaempel),  Tem- 
pel zu  Babylon,  eins  der  Wunderwerke  der 
alten  Baukunst,  bestehend  aus  mächtigem 
Unterbau  und  7  den  Planeten  geweihten 
Stufenthürmen,  600^  h.;  nach  der  Bibel  (i. 
Mos.  11,  1—9)  von  Noahs  Nachkommen  als 
weithin  sichtbares  Versammlungszeichen  er- 
baut, aber  von  Jehovah  durch  Verwirrung 
der  Sprache  der  Bauenden  (babylon.  ^raeh- 
Verwirrung)  in  der  Vollendung  gehemmt. 
Herodot  beschreibt  ihn;  zu  Alezanders  d.  Gr. 
Zeit  lag  er  schon  in  Trümmern;  Jetzt  noch 
das  Tundament,  über  2000'  im  Umkreis, 
-800'  b.,  und  das  erste  Stock  übrig,  die 
älteste  Ruine  der  Erde,  Birs-Nimrnd  gen. 

BabTlomUehes  Exil  (babyUm.  Orangen- 
aehaft),  die  Abführung  des  angeseheneren 
Tfaeils  der  Bevölkerung  des  Reiches  Juda 
Bach  Babylonien  durch  Nebukadnezar  nach 
der  Zerstörung  Jerusalems  (588  v.  Ohr.)  u. 
der  Aitfenthalt  daselbst  56  Jahre  hindurch 
(von  Jeremias  zu  70  berechnet).  Die  Juden 
«rfnhren  in  Babylonion  eine  milde  Behand- 
lung und  gelangten  zu  Wohlstand  und  Reieh- 


thum.  Nach  der  Eroberung  Babyloniens 
durch  Cvrns  (588  v.  Ohr.)  gestattete  ihnen 
dieser  die  Rückkehr  nach  Palästina.  Doch 
kehrten  nur  die  Stämme  Levl  und  Benjamin 
zurück;  die  andern  (die  vtrlomen  10  Sühmme) 
blieben  zurück;  ihre  Abkömmlinge  hat  man 
in  einzelnen  asUt.  Völkern  erkennen  wollen. 
In  der  Kirchengescb.  heisst  b.  E.-  auch  der 
Aufenthalt  der  Päpste  in  Avlgnon  (1309— Z7). 

BaecA  (lat.),  Beere. 

Baeeaiawriiis  (Baeccdari»»,  tr.  BaeheHer, 
engl.  Bachelor),  ursprüngl.  ein  Knappe,  der 
den  Ritterschlag  zu  erhalten  wünschte,  dann 
Kleriker  untersten  Rangs;  seife  dam  13. 
Jahrh.  akadem.  Titel,  von  Gregor  IX.  auf 
der  pariser  Universität  för  Stud«üten  ein- 
geführt, welche  durch  Bestehung  einer  Prü- 
fung das  Recht  erworben  hatten,  gewisse 
Vorlesungen  zu  halten.  Baeoolaureot ,  die 
Würde  des  B.,  die  später  auch  bei  den 
anderen  Fakultäten  den  niedrigsten  akade- 
mischen Grad  bezeichnete. 

Baeearat  (spr.  -karah),  Stadt  im  franz. 
Depart.  Meurthe  (Lothringen),  4763  Ew.; 
bedeutende  Glasfabriken. 

Baeeiiaiialieii^  s.  Baeckus. 

Baecha&ten^  die  Theilnehmer  an  den 
Bacchnsfosten;  im  Mittelalter  die  fahrenden 
Schüler,  deren  Jüngere  in  ihrem  Unterricht 
stehende  Gefährten  SehütMn  hiessen. 

BaeehigUoiie  (spr.  Bakkiljone),  Küstenflnss 
im  Venetianisehen ,  im  Oberlauf  Timonchio 
genannt,  80  M. ;  von  Vicenza  an  schiffbar. 

BaechlvS)  Ssilbiger  VersAiss :  w . 

Bacchus  (gr.  Baechos  und  Dionysos,  lat. 
auch  Liber),  Gott  des  Natnrsegens,  insbes. 
des  Weinstocks,  Sohn  des  Zeus  und  der 
Semele,  ward  von  den  Nymphen  in  Thraelen 
erzogen,  durchzog  nach  der  späteren  Sage 
Syrien,  Aegypten  und  Indien  bis  an  den 
Ganges,  bändigte  die  rohen  Naturkräfte, 
lehrte  den  besiegten  Völkern  den  Weinbau 
und  höheren  Lebensgenuss  nnd  vermählte 
sich  auf  Nazos  mit  Ariadne.  Ausschwei- 
fender Orgiasmus  in  Freude  und  Schmerz 
charakteristische  Eigenthümlichkeit  des 
Bacchus-  oder  Dionysusdienstes.  Berüchtigt 
durch  masslose  Aussch  weifting  waren  insbes. 
die  sogen.  Baeehemalion,  186  v.  Chr.  in 
ganz  Italien  durch  ein  Senatuskonsult  ver- 
boten. Dargestellt  ward  B.  als  Jüngling 
mit  weichen  Körperformen  nnd  dem  Aus- 
druck trunkener  Schwärmerei  im  Antlitz, 
auch  als  Mann  von  reiferem  Alter  mit 
reichem  Haupt-  u.  Barthaar,  in  der  Hand 
ein  Trtnkgefäss  od.  eine  Weinrebe  od.  den 
ephenumrankten  Stab  mit  dem  Pinienapfel. 

BaccliylideSy  griech.  Dichter,  geb.  518 
V.  Chr.  zu  Julis  auf  der  Insel  Ceos,  lebte 
am  Hofe  Hieros  zu  Syrakus.  Dithyramben, 
Hymnen ,  erot.  nnd  parthenische  Lieder  im 
dor.  Dialekt.  Fragmente  in  Btrgk$  ,Poetae 
lyricl  graeci*  (1853);  mit  Uebers.  von  Härtung 
(,Griech.  LyiikerS  1857,  Bd.  6). 

Bacciochi  (spr.  Batsohoki),  Feiiee  Ruguale, 
geb.  18.  Mai  1762  in  Korsika,  diente  unter 
Bonaparte  in  Italien,  heirathete  1797  dessen 
Schwester  Elisa,  ward  1804  Senator,  erhielt 
1805  von  dem  seiner  Gemahlin  zugethellten 
Fürstenthum    Luoca    und    Piombino    den 


188 


Baccio  della  Porta  —  Bache. 


VftritoAtttel;  f  ^7.  ApHl  1841  bq  Bologn*. 
Seine  Qeroablin  Maria  Anna  (spater  &i*a) 
BcnapaHe,  älteirt«  Schwester  Napoleons  I., 

Sb.  8.  Jan.  1777  sn  AJaedo,  ward  1806 
wMhwBOgin  von  Toskana,  wegen  ihnr 
kÖnigl.  Haltnng  ,Semiramls  von  Lacoa'  ge- 
nannt; t  7*  •^^*  1^^  '^^f  ihrem  Ijand^t 
Villa -Vicentina  bei  Trlest.  Ihre  Tochter 
XapOemu  BUa  £,,  geb.  S.  Juni  1806,  Ter- 
mählte  sich  1825  mit  dem  Grafen  OamemCa, 
trennte  sich  18S0  Ton  ihm;  f  3-  S^br.  1869 
auf  ihrem  Schlosse  in  der  Normandie. 

Bäeelo  Aalla  P«rta  (spr.  Batsoho),  s.  Poria. 

Baefcy  Musikerfamille ,  aus 'Pressbarg  in 
Ungarn  «tammead,  seit  Anfang  des  17. 
Jahrb.  in  Thüringen  ansässig.  Am  be- 
rühmtesten:  Joh.  ß4ba»t.  B.,  geb.  21.  M&rs 
1685  an  Eisenach,  Sohn  des  das.  Hofmnsikns 
Aini>ro»iH9  £,  (f  1695),  aaerst  Schaler  seines 
altem  Bruders  Joh,  Chriaioph,  Organist  an 
Ohrdrvf^  lernte  dann  in  Lüneborg  weitw, 
bildete  sich  in  Hamburg  bei  Reineke ,  dana 
bei  dem  lübeoker  Organisten  Buxtehude  im 
Orgelspiel  aus,  wurde  1703  Koncertmeister 
in  Weimar,  1704  Organist  in  Arnstadt,  1707 
Organist  in  MühUiauseta ,  1708  Hoforganist 
in  Weimar,  1714  Koncertmeister  das.,  1715 
KapeUneiBter  in  Käthen,  1723  Kantor  und 
Musikdirektor  an  der  Thomasschule  Xu 
Leipzig;  t  dM.  28.  Juli  1750,  in  den  lotsten 
licbensjahren  erblindet.  Seine  sahireichen 
Werke,  aus^aeichnet  bes.  durch  höchste 
Vollendung  in  der  polyphonen  kontra- 
punktischen €ktftaltttnrg,  sfaid  theils  geist- 
liche, theits  weltliche  Ifaeikstüoke;  unter 
ienen  henromnheben :  die  ft-^^stiimnigen 
Idtetton ,  die  Kantaten ,  die  beiden  Pas- 
sionen nach  den  Evangelien  des  Matth&us 
und  Johannes ,  das  Weihnaobtsoratorium, 
die  grosse  H-moll- Messe,  das  grosse  Mag- 
nifleat,  zahlreiche  Orgelkompositiouen  aller 
Art,  Präludien,  Fugen,  Ohoralbearbeitan^m, 
Trios,  Sonaten  (auch  för  Violine  n.  Orgel), 
Tokkaten  etc.;  die  weltlichen  bestehen 
In  Suiten  und  Ourerturen  für  Orchester, 
Koncerten  und  Sonaten  für  verschiedene 
Instrumente  und  in  zahlreichen  Klavierwer- 
ken: -Präludien,  Fugen,  Inventlonen,  Phan- 
tasien, Variationen  etc.  (darnilter  das  ,wohl- 
temperirto  Klavier*,  aus  48  Präludien  und 
Fugen  in  allen  Dur-  und  Molltonarten  be- 
stehend, dl>e  6  grossen  sogen,  engl.  Suiteb, 
die  sogen,  goldbeiifisohen  Variationen,  die 
Könfgsfiige,  das  ital.  Konoert  eto.).  Eine 
Prachtausgabe  der  sämmtliohen  Werke  er- 
scheint seit  1860  darch  die  B€ichg«a«U9t'ki^t 
(bia  jetat  »"Bde.).  Biogr.  B.8  von  Bitter  (1865). 

Sehest.  B.s  Sdhne:  1)  WiUitlm  FtUAMnann, 
der  älteste  und  genialste,  geb.  1710  zu 
Weimar,  nasaentl.  ausgezeichnet  als  Orgel- 
virtuos,.  1738— 47  Hofoi^ianist  in  Dresden 
und  bis  1765  Organist  in  Halle,  dann 
ohne  bleibsrnde  Stellung  unstät  sich  um- 
treibend; t  im  Elend  1.  Juli  1784  zu  Berlin. 
Kompositionen  (Sonaten  und  Konoerte  für 
Klarier,  Orgelstüeke,  Kirchenmusiken)nicht 
zahlreich.  Neue  Ausgabe  von  WiedAnueai* 
(1842).  —«)  Karl  Philipp  Emannd,  der  sogen. 
herlinef  ^er  hmiUMtger  B.,  geb.  14.  M&rz 
17U   zu  Weimar,    1740  -^  67  Hofoembalist 


und  Aoeönpagnateur  Friedrichs  II.  tnBerlin, 
seit  1767  Musikdirektor  in  Hamburg;  f  dM. 
14.  Sept.  1788.  Bes.  verdient  um  die 
Klaviertechnik  (»Versnoh  über  die  wahre 
Art  KUvier  an  spielen*,  1787  —  97,  2  Bde», 
neue  Ausgabe  von  Schilling).  Unter  seinen 
Kompositionen  bes.  bedeutend:  die  Instra- 
mentolwerke  (Phantasien,  Sonaten,  Rondos^ 
Suiten  für  Klavier  und  Orchester),  das 
Orator.  ,Die  Israeliten  In  der  Wüste*,  das 
2ch5r.  ,Heilig*  etc.  Vgl.  Bitter,  ,K.  Phfl.  Em. 
und  W.  Fried.  B.  und  deren  Brüder*,  1869.  — 
3)  Johann  C^rittian,  der  sogen,  maüänder 
oder  Unuhmer,  B.,  geb.  1735 ,  seit  1754  Or- 
ganist in  Mailand,  seit  1769  Hoforganist  ist 
London ,  f  das.  1782.  Sehr.  Opern  und  an- 
dere ,galante*  Gesang-  und  Klavierstücke; 
wenig  bekannt.  —  4)  Christoph  Friedrioh, 
der  sogen,  bückeburger  B.,  geb.  1732,  f  1796 
als  Kapellmeister  zu  Büokeburg.  Sehr.  Ge- 
sangwerke (z.  B.  die  ,Amerikanerin*)  nnd 
Klavierstücke.  Ein  Sohn  desselben,  WiXh* 
Fri«dr.  Bmat  B„  geb.  27.  Mai  1758  zu  Bücke« 
bürg,  seit  1798  in  Berlin  Kapellmeister  der 
Königin  Louise  und  Musiklehrer  der  höniifl. 
Prinzen;  f  dM.  25.Dec.  1845,  als  der  letMe 
Sprössling  der  bachschen  Familie.  Sohr. 
Oratorien  (,Vetorunser*),  Kantaten,  <)nar* 
tette,  Sonaten  eto. 

BtMt,  1)  Ang.  Wilh.»  KlrcbenkoApotilBt» 
geb.  4.  Okt.  1796  in  Berlin,  Schüler  «von 
Zelter  und  Berger,  Organist  an  derMalrten- 
kirche  in  Berlin  und  Direktor  des  könl^U 
Musikinstituts ;  f  ^-  April  1869.  Psalmen, 
evang.  Ghoralbuch  etc.<*-  2)  Otto,  Komponlat. 
geb.  1883  in  Wien,  Schüler  von  Sachter, 
seit  1866  Theaterkapellmeister  in'Augsburg. 
Symphonie  (D  moU),  Streichquartett,  Oper 
,Sardanapar,  Gksang-  und  Pianowerke. 

Baeli.  Alex.  Ant.  Stephan,  Freiherr  von,. 
öeterreioh.  Staatsmann,  geb.  4.  Jan.  1818 
zu  Loosdorf  in  Niederosterreich,  als  Advo- 
kat zu  Wien  März  1848  einer  der  Letter 
der  Bewegung,  im  Ministerium  Doblhoff- 
Wessenberg  (8.  Juli  1848)  Justizminister» 
nach  Ausbruch  der  Oktoberrevolution  ent- 
lassen, 21.  Nov.  1848  im  Kabinet  Setawar- 
zenberg- Stadion  wieder  Justizminister,  2B» 
Juli  Minister  des  Innern,  setzte  als  solcher 
das  von  Stadion  eingeleitete  Werk  der  Cisn« 
tralisation  der  Monarchie  fort,  organisirte 
die  polit.  Verwaltung  in  den  Kronlandeli  und 
fahrte  die  Grundentlastnng  durch,  war  aber 
auch  bei  Abschluss  des  Konkorttat«  .mit- 
thätig.  Nach  dem  unglückl.  Ausgang  den 
ital.  Kriegs  21.  Aug.  1859  entlassen,  -erikielt 
er  und  bekleidete  bis  1870  die  Botsefaalter- 
stelle  in  Rom.  Sein3ruder,  Eduard,  FrHh^ 
von  B.,  geb.  21.  Dec.  1814,  wirkte  als  Statt- 
halter von  Oesterreich  ob  der  Enns  ver- 
dienstl.  Beide  Brüder  1854  in  den  Frei<^ 
herrenstand  erhoben. 

.  Baelulraeli,  alte  Stadt  im  prenss.  J^bk. 
Koblenz,  Kr.  St.  Goar,  links  am  Rhein,  1669 
Ew.  Ruine  Stahleek  (1680  zarstört),  ehemala 
Resldena  der  Pfalzgrafen. 

BaelHuraekty  2%erc«0  von,  s.  Lüteöw. 

Badibttigey  s.  v.  a.  VeronicaBeoeablinga. 

Baehey  das  weibliche,  Bacher,  das  «männ-r 
liehe  Wildschwein. 


Bftchelier  —  -Bacon. 


189 


Bfteli«Uer  (fr.,  «pr«  BMclili-«li),  ■*  Jktcea- 
laureua. 

Baeheller  <q>r.  Baschli-eh),  Jea»  Xaegpte», 
fruis.  Maler,  geb.  1724  eu  Paris,  f  <^<^** 
1806  all  Prof.  der  Akademie;  nameatl.  als 
Blrnnen-  und  Früchtemaler  (bes.  auf  Porael- 
lan)  ansgeseicbnet«  Sehr.  »Hietoira  et  seoret 
da  la  peintnre  k  la  cire*  (1756). 

SaelieralpMiy  Qebirgssug  in  Steiermark:, 
swiflchen  Dran  and  Save  (Planinka  4686'  b.). 

BMlunat.  Erelsst.  im  sfidrass*  Oonr. 
Jekaterinösla  w,  an  der  üaoAinttll»,  10,898  Ew. 
Talgacbmelsereien.  In  der  Nahe  Steinkoh- 
lengmben^  nnd  Alabasterbrücbe. 

Baclwteljt»,  Motacilla  X.,  Baditee  Ouv., 
Yögelgattnng  aas  der  Familie  der  Pfriemen«* 
■obnabler.  WeitM  B.  (Wippsters,  Acker- 
mftnnoben),  M.  alba  L.,  in  gana  fjoropa  bis 
sojn  hoben  Horden,  b^nns  schon  im  ersten 
9MbJahr.  Oett«  B.  (Sohafstelse),  M.  flaya  L., 
in  gans  Bnropa,  bei  ans  im  April  bis  Okt. 
üi' Ebenen*  Örcv«  J9.,  M.  salpharea  Beohü*, 
Boamla  J%f».,  im  mittlem  a.  s&dl.iEoropa. 

BMbtlJaren  (BakhHaren),  GobirgSTolk 
In  Persien,  das  Hochland  von  Loristan 
(JBachttjarigetirff)  bewohnend,  kriegerisch, 
tapfer«  gastfrei^  etwa  Va  Mill.  Köpfe  stark. 

ItecularleH,  s.  Algen, 

BaeiUe»  (iat.).  Stabchen. 

Baek  (spr.  Bäck)^  Sir  Otorg«,  Beiseader, 
gebw  6.  Kot.  1796  an  Stockport,  begleitete 
Vzanklln  and  Bichardson  aaf  fliren  Expe- 
<Utlonen  nach  der  Nordküste  Amerikas, 
machte  18S8.-85  and  1836-»87  Entdeckangs* 
reisen  nach  dem  Norden,  entdeckte  den 
grossen' risehflasB  oder  Backalrom,  Seine 
Beiseberiehte  18S6  (deutsch  v.  Andi^M  1889)  u. 
1889.  Er  ward  1857  Oontre-,  1868  Vioeadmiral. 

Back,  Kasten,  kastenartiger  Behalter; 
tiefe  Schüssel;  Torderer  innerer  Baom 
(Yorderschanse)  des  Schiffs. 

Back,  BitekUgen,  wenn  der  Wind  ypn 
Tora  auf  ein  Segel  fällt,  so  dass  es  sich 
gegen  den  Mast  anlegt. 

Baekbordy  linke  Hinterseite  des  Schiffii, 
Tom  Steaer  aas  gesehen ;  rechte  ^  ßUutrbord, 

Baekentaselieii,  h&utige  Säcke  an  der 
innern  Backenwand  der  Hamster,  Ziesel- 
mAoee,  Tasohenratten,  einiger  Eichhörnchen 
and  Affen  zom  Fortschaffen  der  Niüirang* 

Baeker.  l)  Adrian,  Portrat-  a.  Historien- 
maler, geb.  1648  EU  Amsterdam,  f  das.  1686 ; 
Baaptwerk  das  jüngste  Gericht  im  Stadt- 
bans  an  Amsterdam.  —  8)  Jakob,  ebenJalls 
Bortrfit-  and  Geschichtsmaler,  geb.  16Q8 
»n  Harllngen,  f  27.  Aag.l6öl  saAmsterdaDk 

Baekkayiem  (spr.  -heas%),  Ludo{f,  nie- 
derl&nd.  Marinemaler,  geb.  18.  Beo.  16S1 
Sil  Emden,  f  1709.  Bilder  yon  Ihm  In.  Ber> 
lia,  München,  Dresden,  Wien,  Paria  etc. 
Sein  Enkel  LutM/  B.,  geb.  1717  m  Amstor« 
dan,  1 1788 j  als  Schlachtenmaler  bekannt. 

BaoKaaBgiy  Stadt  im  würtemberg.  Neckar- 
fcrete,  an  der  Morr,  4877  Ew.  Dabei  das 
BMgsohloss  Bbwtborg^ 

Baekof^  s«.  3red. 

BaekpulTWy  braasepalyerfibnUohes  Ge^ 
miMh,  welches  beim'  Fenohtwerden ,  also 
beim  Termisohen  mit  dem  Teig  Kohlens&oxe 
estwiekelt  und  daher  den  Teig  auftreibt, 


dient  als  Sarrogat  der  Hefe.   Horsfordsches 
B.  enthält  aoeh  Phosphorsänre* 

Baekimaatea^  6—10  Seeleute,  die  wäh- 
rend der  Seereise  aosammen  essen  und 
neben  einander  schlafen;  auch  der  Baum 
a wischen  swei  Kanonen,  wo  die  B.  ihre 
Hängematten  haben. 

Backitage  (BarÖMnm),  Taae,  welche  die 
Stengen  nach  hinten  halten.  Alles,  was  in 
der  Bichtong  dieser  Taue  also  schrüg  nach 
den  Seiten  läuft,  heisst  Baokttagaweite, 
Ba^Hagawind,  der  günstigste  Wind,  da 
er  die  grdsste  Fläche^  der  Segel  triflft,  a.  B. 
der  Südwind,  wenn  das  Schiff  nach  NO. 
oder  NW.  steuert. 
I  Baekwoodf  (engl.,  spr.  Bäckwnhds),  Hin- 
terwälder, ehedem  Name  der  unermess- 
lichen  Urwälder  im  Westen  des  All^hany- 
gebirgs ,  jetzt  s.  t.  a.  unangebaute  TVald- 
gegend.  Baektoöodtmen,  BhU^rtoäldUr fViob. 
ßquatUrs  (s.  d.)  und  PUmetrs  genannt,  die  in 
den  westl.  Urwäldern  wohnenden  Weissen. 

Baemelflter,  Georg  Heinr,  Jul,  Karl  Friedr. 
Juauu,  hannov.  Staatsmann,  geb.  1805  zu 
Lüneburg,  seit  1845  Mitglied  des  Staats- 
raths,  1847  mit  der  Beyision  der  ton  manck 
entworfenen  Allgem.  bürgerl.  ProxesscMrd- 
Qung  beauftragt ,  1851  Oberstaatsanwalt'  u. 
Mitglied  der  ersten  Kammer,  nach.  Georgs  V. 
Thronbesteigung  im  Elabinet  Schele  Kul- 
tus-, 1852  Finanzminister,  resignirte  1858, 
dann  bei  den  Justizorganisationen  1858 
unter  Borries  mitthätig,  seit  1868  Landdrost 
yon  Ostfriesland. 

Bacoif  (spr.  Behk^n),  1)  (Baco)  Roger,  eng^. 
Naturkundiger,  geb.  1814  zu  Ilchester  in  der 
Grätsch.  Somerset,  trat  1840  in  den  Franols- 
kanerorden,  lebte  seitdem  au  Oxford,  ward 
wegen  seiner  Entdeckungen  in  der  Physik 
und  seines  Tadels  der  Unwissenheit  und 
der  Sittenyerderbniss  der  Mönche  vom 
Lehrstuhl  entfernt  und  zweimal  eingeker^ 
kert;  t  ^1-  Jon!  1294  (1898).  Wegen  seiner 
ausgebreiteten  Gelehrsamkeit  Dootor  mira- 
bilis  genannt.  Hauptwerk  ,Opas  majus* 
(herausg.  yon  JeM  1783).  Er  machte  wich- 
tige Entdeckungen  in  der  Chemie,  Optik 
(VergrösserungsgläserD,  berichtigte  den  Ka- 
lender etc.  Sein  ,Opus  minus'  und  ,0pu8 
tertinm*  nebst  andern  seiner  Schrinen 
herausg.  yon  BrefM«r  (1869).  B.s  Leben  be- 
schrieben BUbert  (1861)  und  Oharlea  (1861).  -^ 
8)  JTrasiei«,  Lord  VeruUnm,  ber.  Beformatov 
auf  dem  Gebiete  der  Wissenschaften ,  geb. 
82.  Jan.  1561  za  London,  ward  Sachwalter, 
1505  Mitglied  dea  Parlaments,  1608  zum 
Bitter  geschlagen,  1604  Bechtsbeiatand  der 
Krone,  1607  Solicitor  general,  1618  Attomey 
general,  1617  Siegelbewahrer,  1619  Lord- 
kanzler und  Baron  yon  Verulam,  1620  Vis- 
count  Saint-Albans,  als  feiles  Werkzeug 
des  Hofs  und  Beförderer  der  Korruption 
der  Gerichtshofs  aum  Schein  zu  einer  Geld- 
busse yon  40,000  Pfd.  St.  und  zur  Haft  im 
Tower,  yemrthellt;  f  9.  April  1686  zu  High- 
gate. Empfahl  als  einzig^  Weg  zu  ^üud- 
Hohem  Wissen  den  der  Induktion  an  der 
Hand  des  Experiments,  bekämpfte  die  scho- 
lastische Methode  und  gab  der  brit.  Phi- 
losophie die  sensualistlscheBichtung,  welche 


190 


Bac8  —  Baden. 


dann  durch  Hobbes,  Locke,  Berkeley  nnd 
Hnnie  snr  kantschen  Kritik  binüberleitete. 
Scbr.  tHasHjB*  (herans^r.  von  MarUktf  1859, 
Mbniagu  1851,  Wkaidy,  6.  Anfl.  1864),  ,No- 
Tam  organon  scientlarnm*  (1630 ;  neue  Ausg. 
von  Dtvtjf  1853,  Kitekin  1855,  Bremer  1856, 
deutscb  von  Brück  1880  und  Kirehmann  1870), 
,De  dignitaf  e  et  angmentls  scieDtianun*  (1623, 
deutsch  von  jyingsten  1783,  2  Bde.).  Werke 
heransg.  von  Bcail  3fontagu  1825—34,  16 
Bde.,  von  Mis,  Bpedding  und  Heath  1857^62. 
Ygl.  Kuno  Fieeher,  «Frans  B.  t.  Yerulam*, 
1856;  Speddinff,  ,Letters  and  life  of  Lord  B.*, 
1862—68,  4  Bde.  Biogr.  von  Martin  (1836), 
Craik  (1860),  Campbell  (1854),  Dixon  (1860 
und  1867)  und  Liebig  (1863).  —  3)  John,  engl. 
Bildhauer,  geb.  24.  Nov.  1740  su  Sonthwark, 

L4.  Aug.  1799.    Statuen  von  Lord  Chatam, 
>rd  Hali&x,  Major  Pierson,  Miss  Draper 
(Sternes  Elisa)  in  der  Westminsterabtei. 

Baes  (Baea-Sodrogh),  ungar.  Komitat,  Kr. 
diesseits  der  Donau,  186,8  <^.  u.  490,000  Ew., 
eben,  theils  sumpfig,  theils  (ewischen  Donau 
u.Theiss)  sehr  fruchtbar.  1848  u.  1849  Schau- 
platz blutiger  Kämpfe.    Hauptst.  Zombor. 

Baenliui  (lat.),  Stab,  Stock.  £,  astrono- 
mieuB,  Jakobsstab,  Sternbild. ^ 

BaezkOy  Ludwig  von,,  deutscher  SchrifT;- 
steller,  geb.  8.  Juni  1756  zu  Lyk  in  Ost- 
prenssen,  erblindete  in  seinem  21.  Jahre,  seit 
1816  Vorsteher  des  Bltodeninstituts  zu  Kö- 
nigsberg; t  27.  März  1823.  Sehr.  «Gesch. 
Preussens*  (1792—1800,  6  Bde.);  ,Gesch.  der 
franz.  Revolution*  (2.  Anfl.  1812);  ,Gtosch. 
meines  Lebens'  (1824,  3  Bde.). 

Bad  (lat.  balneum),  Eintauchen  des  Kör- 
pers (Vollbad)  oder  eines  Theils  desselben 
(partielles  B.)  in  feste  Körper  (Sand),  Flüs« 
■igkeiten.  Dämpfe  oder  Qase,  oder  die  Be- 
handlung^des  Körpers  mit  solchen.  Wasser- 
bäder zu  Heilzwecken  wirken  viel  mehr  durch 
ihre  Temperatur  alz  durch  beigemischte 
vegetabil.  oder  mineral.  Stoffe,  welche  in- 
dess  die  Wirkung  vielfach  modifidren.  Den 
russischen  Bädern  mit  heisser  feuchter  Luft 
stehen  die  türkischen,  römischen  und  iri- 
schen Bäder  mit  heisser  trockner  Luft  ge- 
genüber; bei  Grasbädem  wird  der  Körper 
der  Einwirkung  von  Kohlensäure  oder  fri- 
scher Luft  (Luftbäder)  ausgesetzt;  bei  Sand- 
bädem  bedeckt  man  den  Körper  mit  war- 
mem trocknen  Sande.  In  der  Chemie 
und  Technik  werden  Bäder  zu  anhaltend 
gleichmässiger  Erhitzung  angewandt.  Man 
erhitzt  Wasser  (Wasser-  oder  Marienbad), 
Oel  (Oelbad),  geschmolzenes  Metall,  Sand 
fSandbad)  oder  Salzlösungen  über  direktem 
iTeuer  und  versenkt  in  dieselben  das  Oefäss 
mit  der  zu  erhitzenden  Substanz. 

Bad«)02  (spr.  -chos),  span.  Prov.,  Theil 
von  Estremadura,  408  QM.  und  416,905 
Ew.  Die  Hauptsi,  B. ,  am  Guadiana  (schöne 
Brücke),  22,895  Ew.,  als  Grenzfestung  Schlüs- 
sel zu  Portogal.  7.  Mai  1709  Bieg  der  Spa- 
nler über  die  Österreich.  Partei.  7.  April 
1819  von  den  Engländern  erobert. 

BadftUisekan,  malerisches  Gtobirgsland  in 
TurMstan,  Khanat  Kunduz,  2000  (^.  mit 
etwa  i/a  Mill.  Ew.  und  der  gleichn.  HaupiU. 
Berühmte  Bubingraben. 


BadaloeeUo  (spr.  -lokkio),  Otto,  gen. 
Boea,  ital.  Maler  und  Kupferstecher,  geb. 
1581  zu  Parma,  f  1^7  cu  Rom.  Mit  Lan- 
fk«nco  stach  er  Raphaels  Bibel  in  23  Bl. 

BwUiid  (fr.,  spr.  -doh),  Tropf,  Einialtspin- 
seh  Badauderie,  Faselei,  leeres  Geschwats. 

lUdMUseUag  (Bade/riee^) ,  Hautaus- 
schlag, der  sich  bei  häufig  angewandten 
Bädern,  bes.  bei  Mineralbädem  und  Kalt- 
wasserkuren zeigt,  früher  fiUsohlich  als 
heilsame  Krise  betrachtet. 

Badeii,  Grossherzogthum  im  SW.  Deutsch- 
lands,   südl.    und  westl.    vom  Rhein   be- 
grenzt, 278  QM.    Ein  schmales ,   von  SW. 
nach  NO.  sich  erstreckendes  Gebiet  (32  M. 
1.,  2  —  16  M.  br.);  zu  •/•  Berg-  und  Hügel- 
land.   Hanptgebirg  der  Schwarzwald  (Mit- 
lelhöhe  3800—2600'),  an  den  sich  südsüdösU. 
der  Schwab.    Jura  anschliesst,  im  N.  der 
südwestlichste  Theil  des  Odenwaldes ;  beide 
mit  bedeut.  Hochebenen:  der  schwarzwälder 
Baar  u.  dem  odenwälder  Bauland  (vorzügl. 
Komländem).     Westl*  von  beiden  sohroff 
abfallenden  Gebirgen  die   schmale  Rhein- 
ebene,  25  M.  1.,  1  —  l^h  M.  br.,  das  einzige 
Flachland  B.s.   Südl.  über  ders.  erhebt  sich 
isolirt   noch  der  Kaiserstuhl.    Hamptßüue: 
der  Rhein,  der  hier  die  Wutaeh,  Wiesen, 
Elz  mit  Dreisam,  »die  Kinzig,  Acher,  Mnrg, 
Pfiuz,  Salbach  und  den  Keckar  anfiiimmt; 
der  Main  mit  der  Tauber  im  NO.  des  Lan- 
des;  im  SO.  hat  die  Donau   ihr  Qnellge- 
biet.  Seen:  ein  Theil  vom  Bodensee  (3/^Q1C) 
mit  den  Seehäfen  Konstanz,  Ludwigshafen 
und  Meersburg;  Zellersee,  Titisee,  Feldsee, 
Mummelsee  u.  a.    Klima  nur  in  den  hohem 
Gegenden  rauh,    im  Rheinthal  mild  und 
freundlich ;  der  Boden  üftst  durchgängig  er* 
giebig  u.  wohl  knltivirt,  das  Land  daher  eins 
der   ges^poietsten  Europas.     Produkte:  CSe<- 
realien  aller  Art   (auch  Mais),  Küchenge- 
wächse, Obst  und  Wein  (Markgräfier,  See- 
wein, AfTenthaler,  Tauberwein  etc. ,  jährl. 
580,000  Ohm)  über  Bedarf;  an  bes.  warmen 
Stellen  Mandeln   und  Kastanien;   vorzügl. 
Hanf  Oährl.  105,000  Ctr.),  Tabak  (110,000— 
120,000   Ctr.  auf  18,977  Morgen),  Hopfisn, 
Krapp,  Cichorien  etc.  Waldungen  auf  dV% 
des  Areals,  davon  684,700  Morgen  Eigenthun» 
der  Gemeinden,  249,360  Morgen  des  Staate«. 
Wenig  Mineralien    (etwas   Silber,    Eisen. 
Rhei^old,  Steinkohlen) ;  aber  viel  Salz  und 
über  60  warme  und  kalte  Mineralquellen.  - 
Grosse  Siüinen  zu  Dürrheim  und  Rappenau 
Öährl.   883,900  Ctr.).     Besuchteste  Bäder: 
Baden  -  Baden ,    Badenweiler ,    Rippoltsav, 
Antogast,  Ueberlingen.  BevUUeerung  im  S.  der 
Murg  alemannisch,  nördl.  davon  Mischvolk 
mit  fränk.  Mundart.    Ende  1867:   1,434,970 
Ew. ,  davon  931,007  Kath.  (ErzMsth.  Freibnxg), 
475,918  Evang.,  25,600  Israeliten.    Neben  der 
Protest.  Universität  zu  Heidelberg  und  der 
kathol.  zu  Freiburg  viele  gut  ausgestattete 
Lehranstalten  (7  Lyoeen,  5  Gymnas«,  8  Päda- 
gogien, 3  Seminare);  ausserdem  4  Stern  war* 
ten,  1  Kunstschule  u.  Iber.  polyteohn.Sohn]e ; 
Anstalten  für  Blinde,  Taube  ete.    Hamptbe- 
eehä/tiguag:  Ackerbau  (Schule  m  Hochbung, 
(Hrtenschule  zu  Karlsruhe),  Vlehsnoht  and 
Weinbau;    Leinspinnen  und  Waben.     70a 


Baden. 


191 


Fabziken  (UM  Arbeiter,  41  Mill.  FI.  Waa* 
rm);  die  meisten  wn  Mamiheim,  Pfonsheim, 
Labr,  Karlsruhe,  Emmen  dingen  n.  Nenstadt. 
Bes.  berühmt  die  Bi[)onteriefitbriken  in  Pforz- 
heim» sowie  die  ubrenfabrikation  auf  dem 
Schwanswald  and  die  Strohflechterei.  Eisen- 
bahn durchs  ganse  Rheinthal,  mit  yerschie- 
d«nen  Zweigbahnen,  Gesammtl&nge  107,7 
H.;  Telegraphenlinien  il2  M.  mit  165  Sta- 
tionen. Wichtiger  Transithandel.  Landes- 
ansftihr  bes.  Naturprodukte,  BUouterie- 
waaren,  sohwarzw&lder  Uhren  (Jährl.  f&r 
IVs  Mill.  Ft.),  Holzwaaren,  Strohgeflechte. 
Jfthrl.  Ausftihr:  20—88  Mill.  Fl.,  Einfuhr 
ebenso  hoch.  Haupthandelsplätze  Mann- 
heim(8tapelpIatB  für  die  Rhein-  n.  Keckar- 
schi£Q^hrt),  Wertheim  (Stapelplatz  a.  Main), 
Jjtkhr,  Pforzheim,  Offenburg,  Konstanz  etc. 
487  Segelschiffe  und  3  Dampfschiffe  auf 
dem  Rhein  (yon  Kehl  ab)  und  auf  dem 
Neckar  (bis Heilbronn).  Bampfdohleppschiff- 
flthrtsgesellschaffe  für  Fahrten  von  Mann- 
heim nach  Amsterdam  und  Rotterdam.  Die 
Regierung,  nach  Verfassung  vom  88.  Aug, 
1818  konstitutionell -monarchisch  und  im 
Mannesstamm  erblich;  der  Grossherzog 
führt  den  Titel  könlgl.  Hoheit  und  hat 
allein  die  administratiTe  Gewalt;  die  legis- 
latire  theilt  er  mit  den  Landst&nden  (8  Kam- 
mern); die  riehterlitdie  ist  unabhängig. 
Geschwomengerlchte,  Oeffentllohkeit  und 
Mündlichkeit.  Offlcielles  Budget  fQr  1868 
nnd  1869:  28,806.968  Fl.  Einnahme,  88,154,819 
Fl.  Ausgabe.  Staatsschuld  1868:  38,885,003 
Fl.,  Eisenbahnschnld:  97,084,515  Fl.  Müi- 
tär:  Allgemeine  Wehrpflicht  (durch  Gesetz 
Tom  12.  Febr.  1868  eingeführt) ;  das  jährl. 
auszuhebende  Kontingent  4700  M.,  Dauer 
derlMenstseit  im  stehenden  Heer»  3,  in  der 
Reserre  4L,  in  der  Landwehr  5  Jahre.  Das 
■tehende  Heer  in  Friedenszeit  14,828  M., 
im  Kriegsfuss:  85,843  M.  (19,101  M.  Infltnt., 
9081  M.  KaT.,  8485  M.  Artill.  etc. :  dazu  mooh 
8087  M.  Ersatztruppen).  Drei  SUterorden: 
Bausorden  der  Treue  (1715) ;  miüt.  Verdienst- 
orden (1807);  Orden  Tom  zähring^er  Löwen 
(1812).  Wappen:ein  unten  zugerundetesHaupt- 
■ohild,  querweise  u.  pfähl  weise  in  80  Felder 
getheat,  und  ein  Mittelschild.  Landesfar- 
ben: roth  n.  golb.  Landeseintheüung  früher 
In  4  Kreise:  Seekreis,  Ober  rheinkreis,  Mit- 
telrheinkxeis,  Unterrheinkreis;  seit  1864  in 
11  Kreise:  Konstanz,  Villingen,  Waldshut, 
Freiburg,  Lörrach,  Offenburg, Baden,  Karls, 
ruhe,  Mannheim,  Heidelberg  und  Mosbach. 
Landeshauptstadt  u.  Residenz:  Karlsruhe. 
OesehieJUe,  Das  Grossherzogth.  B.  ist  im 
Lauf  des  Mittelaltert  und  der  neueren  Zelt 
au  Tersohledenen  Territorien  gebildet 
worden.  Unter  den  röm.  Kaisern  im  Besitz 
der  Alemannen,  kamen  diese  Lande  in 
Folge  der  Schlacht  bei  Znlpich  496  unter 
dia  Herrschaft  der  Franken.  Doch  behaup- 
teten sich  die  Kachkommen  der  einhei- 
mischen Herzöge  als  Gau-  und  Landgrafen 
In  der  Baar.  Von  diesen  sind  Gebhard  n. 
Lanzelin  die  Ahnherren  der  Dynastenge- 
•oUechter  von  Zähringen  und  Hab^urg: 
ersterer  als  Grossvater  des  Grafen  BerihUd, 
der  die  Bur^  Zähringen  im  Breisgan  er- 


baute, letzterer  ab  Vater  Ratbolds,  de» 
Erbauers  der  Burg  Habsburg  im  Aargau. 
Berthold  erhielt  von  Kaiser  Heinrichs  in« 
Wittwe  das  Herzogth.  Kämthen .  BertholdsL 
ältester  Sohn  Berthold  II.  erbte  1067  die 
Täterlichen  Güter  im  Breisgau  ^  in  der  Or- 
tenau,  im  Schwarzwald  und  imNeckai^u; 
der  Ji^Dgere  Sohn  Hermann  I.,  welcher  die 
Herrschaft  Hochberg  im  BreUgau  und  die 
Burg  Baden  besass ,  führte  als  Besitzer  der 
mit  dem  Herzogthum  Kämthen  verbundenen 
Mark  Verona  den  Titel  Markgraf  (t  1074). 
Sein  Sohn  Hermann  U.  nahm  in  Baden 
seinen  Sita  und  nannte  sich  zuerst  Mark- 
grof  wm  B.  (um  1100).  Hermann  V.  und 
Heinrich ,  die  Sohne  des  Markgrafen  Her- 
mann IV.  (t  1190  im  heil.  Lande),  theüten 
das  Täterliche  Erbe:  jeuer  erhielt  Baden, 
wozu  er  noch  die  Städte  Ettlingen  u.  Dur- 
lach erwarb,  dieser  die  Stammherrschaft 
Hochberg.  Als  das  hoohberg.  Markgrafen- 
geschlecht 1417  erlosch,  fielen  dessen  Be- 
sitzungen an  Baden  zurück.  Eigentlicher 
Gründer  der  MarkgrOjfsckaft  B.  als  einea 
Fürstenthums  ist  RudcXfI.  (t  1888),  der  zweite 
Sohn  Hermanns  V.  Dieser  wusste  während 
des  Interregnums  durch  Erwerbung  Ton 
Reiohsgütern  und  Reichsrechten  seinen  er- 
erbten Besitz  beträchtlich  zu  Termehren. 
Rudolf  VI.  aber  erhielt  Ton  Kaiser  Karl  IV. 
1368  die  urkundliche  Belehnung  mit  dem 
,Fürstenthum  der  Markfl^aftchaft*.  Trotz 
wiederholter  Theilungen gewann  das  Land  an 
Ausdehnung  wie  durch  Kultur,  namentl.  un- 
ter den  Markgrafen  Bernhard  I.  (seit  1380), 
Jakob  L  (seit  1430)  und  Karl  I.  (seit  1453). 
Markgraf  dhristoph  (f  1587),  der  sämmtl. 
badische  Lande  wieder  Tereinigte,  hatte 
seine  Söhne  Bernhard  HL  und  Ernst  I.  zu 
Nachfolgern;  Jener  wurde  Stifter  der  Linie 
Baden-Baden,  dieser  der  Linie  Baden-Dur- 
lach,  Bernhard  (f  1537)  führte  die  Refor- 
mation in  seinem  Lande  ein;  'sein  Enkel 
PhiUpp  n.  aber  zwang  demselben  den  Ka- 
thoUcismns  wieder  auf.  Unter  seinen  Nach- 
folgern zeichnete  sich  namentlich  Ludwig 
Wilhelm,  der  ,badisohe  Held'  (f  1707).  aus. 
Die  Linie  Baden-Baden  erlosch  1771.  In 
den  baden -durlachschen  Landen  führte 
Emsts  L  Sohn  Karl  H.  (1555)  die  Refor- 
mation ein.  Gkorg  Friedrich  trat  die 
^Regierung  an  seinen  Sohn  Friedrich  V.  ab, 
um  mit  einem  selbst  geworbenen  Heere  die 
Sache  des  Tertriebenen  Böhmenkönigs  iPried- 
rich  V.  Ton  der  Pfalz  zu  Terfechten.  Unter 
Friedrichs  V.  Enkel  Friedrich  Magnus  (f  1709) 
machten  die  Franzosen  Tcrheerende  Einfälle 
in  B.  Dessen  Sohn  Karl  HI.  begann  1715  den 
Bau  der  neuen  Residenz  Karlsruhe.  Unter 
Karls  m.  Enkel  JKäH  Friedrich  (seit  1746) 
gewann  B.  bedeutend  an  Grösse,  indem  er 
nach  dem  Erlöschen  der  baden-badenschen 
Linie  (1771)  deren  Lande  mit  den  seinigen 
Tereinigte,  im  Frieden  Ton  LunevUle  (1801) 
als  Entschädigung  für  8  QM.  Landes  mit 
85,000  Ew.,  die  er  jenseits  des  Rheins  ab- 
trat ,  die  bischöfl.  Gebiete  Ton  Konstanz, 
Basel,  StrassbuiK  und  Speier,  dann  die 
pfiUz.  und  hess.  Aemter  Mannheim,  Laden- 
burg, Heidelberg  und  Bretten,  Llchtenan 


192 


Baden. 


imd  Willst&dt,  mehrere  Stifter  ti.  die  Reichs* 
■tidte  OAnbars,  Gengenbaoh,  Zell  und 
I>ftiileiidorf,  EQfl.  60  QU.  mit  M5,000  Ew.. 
durch  den  Frieden  von  Pressbars  (1805) 
aber  den  Breisgaiiy  das  alte  Stammland 
der  Zahrlnger,  mit  Vreibursr«  einem  Theil 
der  Baar  mit  Villingen,  nebst  der  Ortenan 
und  der  Stadt  Konstans ,  zus.  49  QM.  mit 
160,000  Ew.  erhielt.  Schon  1803  hatte  der 
Harkg^raf  den  kqrffirstl.  Titel  angenommen. 
Durch  den  Beitritt  zum  Rheinbund  (1806) 
aber  erhielt  er  mit  dem  grosshercogl.  Titel 
dieHSouyer&netat  über  den  grössten  Theil 
der  fürstenberglschen  Lande,  das  Fürsten- 
thumlieiningen,  dieBesitsnngen  der  Fürsten 
Ton  Löwenstein -Wertheim,  sms.  100  QM. 
mit  380;000  Ew.  Auf  Karl  Friedrich  folgte 
(1811)  sein  Enkel  Karl  Ludwig  Friedrich, 
der  Gemahl  der  Stephanie,  der  Adoptiv- 
tochter Napoleons.  Derselbe  trat  181S  dem 
deutschen  Bunde  bei  und  gab  seinem  Lande 
die  Verikssung  vom  22.  Aug.  1818,  worin 
der  Grundsatz  derUntheilbarkeit  desGross- 
herzogthumz  ausgesprochen  ward  gegenüber 
den  Ansprüchen,  welche  Bayern  auf  Grund 
des  Vertrags  von  Ried  und  einer  alten 
sponheimschen.  Erbeinsetzung  theils  unbe- 
dingt, theils  eventuell  auf  einen  grossen 
Theil  des  Landes  erhob.  Karl  Ludw.  Friedr. 
"f"  8.  Dec.  1818  ohne  mfinnllche  Nachkom- 
men und  hatte  seines  Vaters  Bruder,  den 
Markgrafen  Ludwig  Wilhelm  August,  zum 
Nachfolger.  Schon  auf  dem  ersten  April  1819 
erölfneten  Landtage  begann  das  Ringen 
der  durch  Duttlinger,  Wluter,  Rotteck, 
Wessenberg  u.  A«  vertretenen  liberalen 
Opposition  nach  Durchführung  des  Konsti- 
tutionallsmus.  Grossberzog  Ludwig f  kinder- 
los 80.  März  1880  und  hatte  Karl  Leopold»  aus 
der  morgajiat.  Ehe  des  Grossherzogs  Karl 
Friedrich  mit  der  Graün  von  Hochberg, 
aus  dem  ^eichsritterschaftl.  Geschlechte 
Geyer  von  Geyersberg,  zum  Nachfolger. 
Die  eventuelle  Successionsfilhigkeit  der 
Nachkommen  aus  dieser  Ehe  war  schon 
durch  ein  Statut  von  1806  und  durch  ein 
Patent  vom  4.  Okt.  1817  ertheilt  und  1819 
von  den  Hauptmächten  anerkannt  worden, 
Bayern  achien  jetzt  seine  Ansprüche  mit 
Gewalt  durchsetzen  zu  wollen,  doch  wurde 
der  Streit  durch  Oesterreichs  vermittelung 
zu  Gunsten  B.s  geschlichtet.  Mit  Leopolds 
Regierungsantritt  schien  ein  frischeres  kon- 
stitutionelles Leben  zu  beginnen.  Das  Ge- 
setz vom  24.  Dec.  1831,  welches  dem  Lande 
volle  Pressfreiheit  gab,  ward  in  ganz 
Deutschland  mit  Jubel  begrüsst.  Aber 
dessen  Zurücknahme  (28.  Juli  1882)  auf 
Grund  seiner  Unvereinbarkeit  mit  der  Bun- 
desgesetzgebung über  die  Presse  bewies 
die  Ohnmacht  eines  Kleinstaates  gegenüber 
der  wieder  m&chtig  gewordenen  Reaktion, 
die  am  entschiedensten  von  dem  Ministerium 
Bllttersdorff  (1885—43)  vertreten  ward.  Der 
dadurch  hervorgerufenen  Entfremdung  zwi- 
schen Regierung  und  Volk  suchte  das  li- 
beralere Ministerium  Nebenius  vergebl.  ab- 
suhelfen.  Ueberdles  entzweite  ausserhalb 
der  Kammer  eine  künstl.  genährte  kirch- 
liche Agitation    die  Gemüther.     Erst  als 


Bekk  das  Ministerium  des  Innern  übernahm, 
kam  der  konstitnti<m^]e  Liberalismus  in 
der  Verwaltung  zur  €(eUung  und  eine  ver* 
s.6hnlichere  Stimmung  schien  Platz  zu  grei- 
fen. Aber  die  französische  Februarrevolu- 
tion von  1818  setzte  das  weit  vorgeschobene 
Grenzland  B.  in  neye  Aufregung.  Die  vier 
Forderungen :  Pressfreiheit,  Sohwurgeriefate, 
Volksbewaffiiung  und  Nationalvertretung 
beim  Bunde  machten  von  B.  aus  ihren  Weg 
durch  Deutschland.  Die  radikale,  der  li- 
beralen jetzt  feindlich  gegrenüberstehende 
Fraktion  der  Opposition  blieb  jedoch  bei 
diesen  und  anderen  Forderungen,  welche 
die  Regierung  gewährte,  nicht  stehen. 
Zwar  scheiterten  die  repnblikan.  Schild- 
erhebnngen  Heokers  und  Struves  (April) 
und  Struves  (Sept.  1848),  aber  die  ruhrige 
Thätlgkeit  der  radikalen  Partei,  dazu  die 
Schwäche  der  Regierung  und  der  Mai^el 
an  Enei^e  auf  Seiten  der  Gemässigten 
vereitelten  die  möglichen  Erfolge  dieser 
Siege.  Unter  dem  Eindruck  von  Soldaten- 
meutereien in  Rastadt  und  aoderwärfcs 
stellte  eine  demokratische  Volksversamm- 
lung (18.  Mai  1849)  zu  OlFenburg  Forde- 
rungen, welche  mit  einer  konstltutionell- 
monarohisehen  Regierungsform  unvereinbar 
waren.  Ein  Landesausschuss ,  bestehend 
aus  Führern  der  demokrat*  Klubs,  nahm 
die  Durchführung  dieser  Beschlüsse  auf 
sich.  Eine  Soldatenroeuterei  zu  Karlsruhe 
(18.  u.  14.  Mai)  veranlasste  den  Hof  u.  das 
Ministerium,  die  Residenz  zu  vorlassen. 
Eine  ans  dem  Landesausschuss  hervorge- 
gangene Exekutivkommission  (Brentano, 
Gogg}  Peter,  Eichfeld)  übernahm  darauf  die 
verschiedenen  Ministerien.  Die  preuss.  Inter> 
ventlon  machte  dem  revolutionären  Regi- 
ment ein  Ende.  Mieroslawski,  an  die  Spitze 
der  Revolutionsarmee  berufen,  vertheidigte 
zwar  (15.  u.  16.  Juni)  die  Neckarlinie  gegen 
dieReichsa.rmee,  konUte  aber  nicht  hindern, 
dass  diePreussen  die  Pfalz  besetzten  und  den 
Rhein  bei  Germersheim  (20.  Juni)  überschrit- 
ten. Nach  der  Niederlage  der  Revolutionsar- 
mee bei  Waghäusel  (21.  Juni)  rücicte  die 
Reichsarmee  unter  Peuckernach  dem  oberen 
Neckar  vor,  und  das  preuss.  Oorj^  unter 
Groben  überschritt  den  unteren  Neckar. 
Am  25.  zogen  die  Preussen  in  Karlsruhe 
(»ein;  am  29.  und  80.  Juni  gaben  die  Insur- 
genten die  Murglinie  auf;  am  10.  u.  11.  Juli 
betraten  die  letzten  flüchtigen  Kolonnen 
das  Schweizergebiet;  am  23.  ward  Rastadt 
übergeben.  Noch  während  der  Emign^tion 
hatte  der  Grossherzog  das  Ministerium 
Bekk  entlassen  und  Klüber,  Marschall, 
Regenauer,  Stabel  und  Rogg^enbach  berufen. 
Rasch  erhob  sich  das  Land  unter  der  ge- 
mässigten Verwaltung  dieses  Restaurations- 
ministeriums aus  tiefem  moralischen  und 
materiellen  Verfall.  Im  März  1850  traten 
die  Kammern  wieder  zusammen;  mit  ihnen 
vereinbarte  die  Regierung  eine  Reihe  von 
Gesetzen,  welche  die  wichtigsten  der  vor 
dem  März  1848  errungenen  Reformen  ret- 
teten. Leopold  t  24.  April  1692  und  hatte 
seinen  zweiten  Sohn  Friedrieh  zum  Nach- 
folger, da  der  ältere,  Ludwig,  durch  schwere 


Baden  —  Badeschwamm. 


195 


leibliche  und  gehitige  Erkrankung  an  Ueber- 
nahme  der  Beglemng  gehindert  war.  Den 
nächsten  Anstoss  zn  einer  der  Freiheit 
günstigeren  Wendnng  der  Dinge  gab  der 
Kirchenstreit,  herrorgemfen  dnrch  eine 
Eingabe  des  Erzbisohofs  Ton  Vreiburg  7. 
Sept.  1849  an  die  Regierang,  worin  er  anf 
Gmnd  der  zn  Würzbnrg  yon  den  Prälaten 
gepflogenen  Verabredung  die  Wiederherstel- 
lung der  altkirch liehen  Rechte,  namentl. 
freie  Besetzung  der  kirchlichen  Pfrimden, 
freie  Verwaltung  des  klrchl.  Vermögens, 
aofortlge  Aufhebung  des  kathol.  Oberkir- 
chenraths  etc.  forderte.  Der  Erzbischof 
nahm  das  Besetzungsrecht  der  Pfarreien 
allein  in  Anspruch  und  exkommunicirte  die 
dagegen  Einsprache  erhebenden  Mitglieder 
des  kathol.  Oberkirch  enraths  (Koy.  1853). 
Verhandlungen  mit  der  Kurie  f&hrten  erst 
28.  Juni  1859  zn  einer  Konvention,  In  wel- 
cher die  Hierarchie  siegte.  Ein  Kammer- 
beschluss,  dass  die  Konvention  nicht  in 
Wirksamkeit  treten  solle,  hatte  Sturz  des 
Hinlsteriums  und  Wechsel  des  Regierungs- 
sjstems  zur  Folge  (März  1860).  Das  libe- 
rale Ministerium  Lamev-Stabel,  dem  später 
(März  1861)  von  Roggenbach  als  Minister  des 
Auswärtigen  hin^gesellt  ward,  regelte  den 
klrchl.  Konflikt  nach  dem  Qrundsatze  der 
Unabhängigkeit  der  Kirche  vom  Staate,  der 
auch  anf  die  Protestant.  Landeskirche  aus- 
gedehnt ward.  Die  Juden  wurden  den 
Christen  staatsbürgerl.  gleichgestellt.  Auch 
auf  anderen  Gebieten  erfolgte  (1.  Okt.  1864) 
eine  völlige  Umgestaltung  (Gkwerbefl*eiheit, 
neue  Organisation  der  Gerichte  und  der  in- 
neren Verwaltung  etc.).  Freiherr  von  Edels- 
beim,  Nachfolger  Roggenbachs  als  Ijeiter 
der  auswärtigen  Politik  (Okt.  1865)  war  den 
klerikalen  Interessen  wenigstens  mittelbar 
forderlich.  1866  war  die  Haltung  B.s  an- 
fangs neutral.  Durch  Zustimmung  zum 
Bundesbeschlusse  vom  14.  Juni  trat  die 
bad.  Regierung  auf  die  Seite  der  Gegner 
Preussens.  Als  Bestandthell  des  8.  Bundes- 
armeecorps  bethelligte  sich  die  bad.  Division 
an  dessen  erfolglosen  Operationen,  focht  bei 
Hundheim  (23.  JuU)  und  Werbaoh  (24.  Juli) 
,  und  trat  darauf  in  Folge  der  zwischen  B.  und 
'  Preussen  angeknüpften  Friedensunterhand- 
lungen den  Rückzug  an  (80.  Juli).  Der 
Friedensschluss  vom  17.  Aug.  legte  B.  die 
Zahlung  von  6  Mill.  Gulden  Kriegskosten 
an  Preussen  auf.  Das  neugebildete  Mini- 
sterium (Matthy,  J0II7,  Freydorff)  verfügte 
den  Austritt  B.s  aus  dem  Bunde.  Zugleich 
mit  dem  Frieden  ward  ein  Schutz-  u.  Trutz- 
bündnlss  mit  Preussen  abgeschlossen,  kraft 
dessen  Im  Fall  eines  Kriegs  der  Oberbe- 
fehl über  die  Truppen  B.s  wie  der  anderen 
süddeutschen  Staaten  an  den  König  von 
Preussen  übergehen  sollte.  Im  Laufe  des 
Jahres  1867  ward  das  gesammte  bad.  Mi- 
litärwesen atif  preussisch  -  norddeutschen 
3*uss  gesetzt  und  der  preuss.  General  Beyer 
zum  Kriegsminister  ernannt.  Mai  1867 
sprach  sich  der  Landtag  für  unverzüglichen 
Anschluss  des  Landes  an  den  norddeutschen 
Band  aus.  Seit  Mai  1869  gemeinsame  Agi- 
tation der  kathol.  und  demokratisch -gross- 

iieytra  Hand- Lexikon, 


deutschen  Partei  zu  Einberufung  eines  neuen 
Landtags  auf  Grundlage  des  direkten  und 
geheimen  Wahlverfahrens.  Seit  Aag.  1870 
rühmliche  Betheiligung  der  bad.  Truppen  am 
Krieg  gegen  Frankreich  unter  General  Wer- 
der. Nov.  Eintritt  B.s  in  das  , deutsche 
Reich*.  25.  Nov.  Abschluss  einer  Militärkon- 
tentlon  mit  Preussen.  Vgl.  Bader,  ,Badenia 
oder  das  bad.  Land  u.  Volk*,  1839—44, 3  Bde. ; 
neueFo]gel858— 62,  2Bde.;  Heuniach,  ,Das 
Grossherzogthum  B.',  1857 ;  I^üger, .  ,Bad. 
Vaterlandskunde*,  1866;  Bader,  ,Bad. Landes- 
geschichte*, 1836;  JHone,  ,Quellen8ammlung 
zur  bad.  Landesgesch.',  1.— 4.  Bd.,  1850—67; 
Vierordt,  ,Bad.  Gesch.  im  Mittelalter*,  1865. 

Baden,  bad.  Kreis,  19  QM.  mit  123,925  Ew. 
Die  HaufiH,  B.  ( BadtU' Baden ,  das  uralte 
(HvUa  Aurelia  Aguensia  der  Römer),  her. 
Badeort  in  einem  Thal  des  Schwarzwaldes, 
an  der  Oos ,  9281  Ew.  13  warme  Quellen 
von  87—540  R.  fHauptquelle  der«,Ursprung*), 
gegen  Rheumatismus  u.Unterlelbsbesch wer- 
den wirksam  und  seit  den  Römern  stets  be- 
nutzt. Vortreffl.  Anstalten.  Konversations- 
haus und  neue  Trinkhalle  die  Oentren  des 
Badelebens.  Antiquitätenhalle  (röm.  Denk- 
mäler der  Umgegend) ;  zahlreiche  Villen  u. 
Prachtbauten.  1860:  46,842  Badegäste  (dar- 
unter 12,812  Franzosen, ~  5672  Engländer, 
3540  Russen  etc.)..  Auf  der  Höhe  die  Ruine 
des  alten  Schlosses  B.  (Hohenbaden) ,  1689 
zerstört;  das  neue  8chlo$$  in  der  Stadt  (1471 
erbaut)  bis  1589  Residenz  der  bad.  Herzöge. 
Vgl.  Schreiber,  ,B.,  die  Stadt,  ihre  Heilquel- 
len etc.',  2.  Aufl.  1869 ;  Huhn,  ,Beschreib.  von 
B.*,  1851  u.  1868.  —  2)  (B.  bei  Wien)  Stadt 
und  besuchter  Badeort  in  Unterösterreich, 
an  der  Scbwechat,  8  M.  von  Wien,  an  der 
Südbahn,  7590  Ew. ;  warme  Schwefelquellen 
von  22—290  R.,  als  Ajuas  Binnoniae  schon 
den  Römern  bekannt,  Jährl.  von  7—8000 
Badegästen  besucht.  Prächtige  Gebäude 
(Sauerhof,  Bürgerspital,  Palast  Weil- 
burg etc.),  reizende  Umgebung.  —  3)  Stadt 
und  alter  Badeort  Im  Eanton  Aargau,  2922 
Ew. ;  schwefelhaltige  Quellen  von  25—400  R., 
bei  den  Römerm  Thermae  Eelvetiae  ge- 
nannt (Hauptquelle  das  Veronabad).  Altes 
Schloss  ,der  Stein  zu  B.'.  Der  Badener 
Friede  7.  Sept.  1714  zwischen  Frankreich 
und  dem  deutschen  Reiche  beendete  den 
span.  Erbfolgekrieg. 

Badenweiler.  Dorf  in  Baden,  Kr.  Lörrach, 
am  Fuss  des  Blauen,  424  Ew.  Ber.  warme 
Quellen  von 22o  R.,  Molkenkuranstalt.  Wohl- 
erhaltenes röm.  Badehaus ,  222'  1.,  81'  br., 
mit  50  Gemächern,  1784  entdeckt. 

Badesehavm  und  Badegehlaiiim.  salzig- 
erdige Absonderungen  von  Minerslquellen, 
Folge  theilwelse  Statt  findender  Zersetzung, 
zu  den  sogen.  Sohlammbädern  benutzt. 

Badesehwunm  (Meerschvamm),  Spongia 
JJ>k.,  Protozoengattung  aus  der  Familie  der 
Homschwftmme,  zahlr.  Arten,  von  denen 
bes.  die  des  adriatisehen  und  Mittelmeers, 
durch  Taucher  gewonnen  (Schwammflsche- 
rei)  und  durch  Kneten  von  der  gallert- 
artigen Sarkode  (s.  Schtoämme)  befreit,  in 
den  Handel  kommen.  Die  feinsten  sind 
die  syrischen  Schwämme.    Man  reinigt  den 

13 


194 


Badestem  —  BaiEn. 


B.  durch  Waiöhen  nJt  ▼ardÜBiitor  SalsAfton 
11*  bMoht  ihn  mit  tobwefUger  S&nre.  Ditnt 
Buai  Baden  und  WMOben,  aniaminengttweMt 
in  der  CbiruTgie  snrErweitemnc  Ton  wun- 
den. AeA«0aiMiiMU0,  früher  gefeo  den  Kropf 
gebranoht.  Kim$tUeke  ßekwtmammoki ,  auf 
Vermehnuig  durch  Zertheil«qg  gegründet, 
wird  im  adriKt.Meer  mit£rfolg  ausgeführt. 

BsdestelB  (BaduitUer),  fester  Hieder- 
sehlag  ans  Mineralqnellmi|  meist  aasKaik- 
salsen  beetehend. 

Bad&geom  (fr. ,  «pr.  -schong) »  Pntimortel 
aus  Gyps;  oadigeomirtn ,  .mit  Oypsmörtel 
abpntaen. 

Badilfty  OiofMmni  AnUmio,  ital.  Haler,  geb. 
1480,   t  1^^>  Iiehrer  des  Paul  Veronase; 
strebte  cuerst  in  Verona  eine  freiere  Kich- 1 
tuDg  an.  [Baiinerie,  Possenreisserei. 

Badbi  (fr.,   apr.  -ding),    Postonreisfler; 

BaekerkcfttMy  frieselavtiger  Hantans- 
sohlag  bei  JSäckern  and  Hfilleni,  entsteht 
in  Folge    des  Hautrefses  durch  Hehlstaub. 

Bfthr,  1)  J0h.  i^ristiiM  Füix,  PbUolog  und 
. Alterthnmsforscher ,  geb.  IB.  Juni  1796  in 
Darmstadt,  Bohn  des  nachmaligen  badiscben 
Prälaten  Johrnmes  B.  (geb.  96.  Aug.  1767  au 
Heidelberg,  f  ^'  April  1888  an  KarlBrufae), 
seit  1821  Prot  au  Heidelberg.  Sehr.  ,Ge- 
schicbto  der  röm.  litaratar*  (4.  Aufl.  1669, 
S  Bde.),  bearbeitate  den  «Herodot*  (2.  Anfl. 
1855—61).  lütheransgeber  der  (Heidelberger 
Jahrbftcher*.  —  tUHto,  Bechtsgelehrter,  geb. 
2.  Juni  1617  au  Fulda,  ward  1849  Oberge- 
riohlsrafh  in  Kassel,  1864  Oberappellations- 
geriohtsrath  d(M.,  1867  au  Berlin;  8«itl867  Blit- 
glied  4es  prenss.  Abgeordnetenhauses  vnd 
des  Seiidistags.  Sehr.  ,Die  Anerkennung 
als  Verpflichtungsgrund'  (2.  Aufl.  1867);  ,Der 
Beohtsstaat    Eine  pablidst  Sfcizae'  (1864). 

Bähung  ■(fomentano),  Anwendung  fencliter 
W&rme  au  Heilawecken,  Jetzt  meist  durch 
lokale  Bäder  ecsetet.  [11,600  £w. 

Baena,  Stadt  in  4er  «pan.  Prov.  Oordoya, 

Baena^  Alfom  de,  ein  atun  Ghristenthum 
übergetretener  span.  Jude  ans  Baena,  um 
1430,  Verf.  eines  berühmten  ,(}kncionero* 
(herausgeg.  Ton  Jftdk«!  1860). 

Binder  (ligamenta),  aus  Biodegewebs- 
fasem  bestehende  Gebilde  der  Körper,  rer- 
binden  Hnskeln  mit  Knochen  (lange  und 
sdlimale  B.  ßebneu,  breitere  FascUn)  oder 
gehen  von  einem  Kiiochen  cum  andern  über 
ein  Gelenk  hinweg  (BänuUr).  Die  Xjshre  von 
den  B.n  heisst  ßjfiuienuiiogie, 

B&fy  awei  Sternbilder  am  ndrdl.  Himmel. 
Der  grosu  B.,  ein  Komplex  yon  444  Fixster- 
nen, wovon  7  (6  s weiter,  1  dritter  Grösse) 
den  gr.  Wagen  bilden.  Der  mittelste  Stern 
in  der  Deichsel  (Miaar)  ist  Doppelstem.  Der 
JUetM«  B.,  aus  86  Sternen  bestehend ,  bildet 
mit  7  Sternen  den  iU.  Wägete;  der  Stern  am 
Ende  der  Deichsel  ist  der  ibtorslern. 

Bar  (Ursus),  Baubthiergattung  ans  der 
Familie  der  Sohlengäuger.  ^«iiieüicr  (brauner 
oder  schwarzer  europ.)  B,,  U.  arctos  L., 
l-b^k'  Im  tber  400  Pfd.  schwer,  wird  40-50 
Jahre  alt;  im  mittleren  ?:nd  nördl.  Europa 
bis  Itittelasien  und  Sibirien.  Tatzen  und 
Keulen  Leokerbissen.  Ei$bär,  U.  maritinius 
L.,    6  — 8'  1.,     an  der    Küste  des  nördl. 


Polarmeers  (nnr  das  Weibchen  schläft  Im 
Winter).  Fleisch  geniessbar.  Ämerikccnieelur, 
eekwarmr  B.,  Baribal,  TJ.  americanus  Batt,, 
5—7'  1.,  im  nördl.  Nordamerika.  Fleisch 
geniessbar.  Gria^/,  Grieselbär^  U.  ferox 
Oeoffr,,  fSast  9'  1.,  in  Kordamerika.  Kali- 
fornien. Fleisoh  geniessbar.  Zappen-  oder 
BiUaelbär,  U.  lablatus  Deem.,  5'  1.,  in  Ost- 
indien, Ton  Gauklern  herumgeführt.  Der 
«MisM  Landbär,  Dab  der  Juden,  U.  syriacos, 
4'  1.,  im  labaoon.  Der  B&hlenbär,  U. 
spelaens  OoUl/.,  aus  den  mitteleurop.  Kno- 
ohenhdhlen  und  DiluTialbildoDgen,  noch 
grosser  als  der  Eisbar.  Alle  B.en  liefern 
gutes  Felawerk. 

Bir(batardeaa}>  atelnemer  Damm,  quer 
über  «nen  Festongsgraben  laufend,  zur 
Anstauung  des  Wassers,  yerbirgt  bisweilen 
auch  einen  Gang  inr  Verbindung  mit  dem 
bedeckten  Wege  oder  «inem  Ansaenwerk. 

BaeZy  Kairi  Bmei  von^  Haturforscher,  geb. 
17.  Febr.  1793  auf  Pi^  in  Esthland ,  seit 
1819  Prof.  der  Zootomie  in  Königsbei^,  seit 
1884  Mitglied  der  Akademie  in  Petersburg. 
Höchst  Terdient  um'  die  Entwigklungsge- 
schiohte  und  Zootomie.  Sehr.  ,VorlesttDgen 
üher  Anthropologie*  (1824);  ,De  otI  mamma- 
lium  et  hominis  genesi*  (1827);  ,Ueber  Ent- 
wicklungsgeschichte der  Tbiere*  (1838  und 
1887,  2  Bde.);  «Untersuchungen  über  die 
Entwick^fing  der  Fische  nebst  einem  An- 
hanre  über  die  Schwimmblase*  (1835). 

Blrenhalde,  Berg  imSchwarewald,  4083'  h. 

Bireminael,  unbewohnte  Insel  südl.  voa 
Spitzbergen,  18  QH.,  gebirgig  (ca.  1200'), 
Steinkohlenlager;  1586  von  BarenU  entdeckt. 
Vgl.  X.  V.  Buok,  ,Die  B.*,  1847. 

BSrenlaielA.  Inselgruppe  an  der  Küste 
Sibiriens,  nordweatl.  der  Kolymamündung. 

BarenklMi»  Pflanzengattuug,  s.  Äcanthwi 
uuäohier  deutecher  £.,  «.  Heraüoleum, 

Baceaaee  (groaeer  B.),  Binnensee  im  NW. 
▼on  Britiack- Amerika,  500  (^.;  Abfluss 
durch  den  Bärenßuee  nach  dem  Hackenzie. 

Barensteln,  kleinste  Stadt  Sachsens, 
Re}?hz.  Dresden,  an  der  Müglitc,  597  Ew. 

Bärentraube,  Pflanseagattung,  a.  Ärct^ 
aUuthjfUf. 

Bärlapp*  Pflanzengattung,  s.  Lycepoiitan, 

Birwalae.    1)   Stadt  im  prenss.   Begbs.- 
Frankfurt,  Kr.  Königsberg,  8873  Ew.   Hier 
1631  VeHrog  Gustav  Adolfr  mit  Frankrekh.  — 
8)  Stadt  im  prenss.  Begbz.  Köslin,  Kr.  Neo- 
Btettin,  1699  Ew. 

Barwursy  Pflanzengattung,  s.  Jfe««. 

BaUSy  alter  Name  des  GuadalqulTir. 

B£uerle,  Adolf,  Theaterdichter,  geb. 
9.  April  1786  zu  Wien,  f  10.  Sept.  1859  zu 
Basel.  Gründer  der,  Wiener  Theaterzeitung* 
(seit  1806);  Verf.  zahlreicher  Lustspiele  u. 
Lokalpossen  (zum  Theil  in  seinem  ,Kom. 
Theater*,  1880-26,  5  Bde.),  seit  1853  auch 
mehrerer  Bomane. 

Baeaa  (das  röm.  Beatia,  Baetula),  Stadt  In 
der  span.  ProT.Jaen  (Andalusien),  13,400  Ew« 

Baittn  (spr.  Bäifin),  William,  engl.  See- 
fahrer, geb.  1584,  unternahm  ausser  andern 
Keisen  1618  mit  Jarnos  Hall  und  1615  mit 
BobertBylotEntdeckungsfiihrten  nach  dem 
arktischen  Amerika;   f  1688  bei    der  Be- 


Bafing  —  Bahar. 


195 


lagernng  toh  Ormns  am  pars.  Qolt»  Nach 
ihm  battanst  die  maae  BaffIrMittf,  ^n  Thail 
des  arittiatihea  Meeres  awfsebea  Orönland 
Im  O.  «nd  den  arktischen  I|iB«ln  Cumber* 
land ,  Prins  WilUaitisland  etc.  (sonst  anter 
Ba/Jbutemä  anäammengefttaat)  ImW.;  im  8. 
fQhrt  die  Datisstrasse  in  den  atlant.  Ocean. 

BallAg,  Hanptqttellstrom  des  Senegal  (s.d.). 

BAg  (engl.),  Sack,  Ballen  ycn  1—4  Otr. 

BagAM  (fr.,  spr.  -gahsch),  Gepäck. 

BAgftMllMemiiy  CiTilreehtsstreitigkeiten, 
bei  welche«  wegen  der  (Hrlngffiglgkeit  des 
Streitg^Tsmatandes  und  der  präsnmtiTen 
-  Einlkehheit  des  Reehtorerh&ltnisses  ein  ein-> 
facheres  n.  kftrseres  gerichtliches  Verfiihren 
an^reofdnet  Ist.    8.  BummarUeher  Proteu, 

Bagdwl  (sonst  BaUaeh),  8tadt  in  det  asiat. 
Tbrkei,  ProT.  Irak  Arabl,  links  am  Tigris 
(ßW  1.  Sehiftbröeke),  76,000  Bar.  Ansehn- 
liche Gitadelle.  Seiden«  n.  Banmwollw^berel. 
EBgl.  DampfschlfffehrtsYerkehr  nach  Indien ; 
btod.  Handal.  Rechts  am  Flnss  die  Reste  roh 
AU-B.,  der  Residena  der  Khallfsn  (768  bis 
1258);  bUchster  6Ia»a  ders.  nnter  fianm  al 
Raschid  Im  9.  Jahrh. 

Bagger.  KaH  Okrütiaii,  dän.  Dichter, 
geb.  10.  Mkl  1807,  f  25.  Okt.  184«  in  Odense. 
Sehr.  ,I>ronning  Christine  og  Honaldeschi* 
(TragMie);  .Smaadigte'  (kleine  Oedichte), 
,14in  Broders  Lernet'  (deutsch  18S5). 

Bagger  y  Maschine  cum  Reinigen  oder 
Vertiefsn  (Baggern)  Yon  Hafen,  Kanälen  etc., 
bestAt  an»  einem  Fahraeog ,  Ton  welchem 
eine  mft  Eimern  besetzte  Kette  ohne  Ende 
bis  auf  den  Grund  reicht.  Die  Eimer  haben 
einen  sehArfen  Rand.  Wird  die  Kette  durch 
Mensehen-  oder  Dampfkraft  bewegt,  so  he- 
ben die  Kfaner  den  Sand  oder  S^lamm 
empor  u.  las^n  ihn  In  einen  Kasten  fallen. 

Bagghw».  Jmu,  däa.  u.  deutscher  Dichter, 
geb.  15.  Febr*  1764  an  Korsftr  auf  Seeland, 
t  8.  Okt.  1886  au  Hamburg.  Deutsche 
Werke  (18S6,  8  Bde.),  darunter  ,Parthenais* 
(idyll.  BpotOf  «Der  Tollendete  Faust*  (Drama), 
,Adani  und  Bya'  (humor*  Epos).  Unter  den 
dän.  Werken  (1845-47,  12  Bde.)  ahid  die 
im  komischen  Qenre  am  gelungensten. 

Bsgherl»  (Baggaria),  Ort  auf  Sieillen, 
aüddstl.  Ton  Palermo,  18,950  Ew.,  sahireiche 
Villen  Ttm  sicllian.  Grossen. 

Baglittllfl,  westl.  Quellflnss  de«  Ganges. 

Baghlmly  Königr.  in  Oentrafafrlka,  stid- 
öfltl.  desTsohad8eea,yom  Schar!  u.  Serbenal 
bewässert,  2700  QM.  und  l^ft  Mill.  moham- 
med.  Bw.  Sohdnhett  der  Fraaen  hn  gecuiBn 
fludan  berfihmt.    Hauptst.  Masenja. 

BagllM«  (spr.  Baijone),  Giovanni,  ftal. 
Maler,  geb.  1578  zu  Rom,  f  16441;  einer  der 
beaaeren  r8m.  Manieristen  zu  Anfang  des 
17.  Jahrh.  Sehr.  ,yite  de*  pittori,  seultori, 
«r«hltettl  1878-1848*  (Rom  1842),  voll  schätz- 
bar^r  BetifeeB.  [s.  Bomtnghim 

BsgftiCtTalld  (spr.  Ba^a-),  BatMtmto, 

B«g»>CT  (spr.  Banjara,  daa  röm.  Ihttu» 
OrtatH},  Stadt  in  der  unterttal.  Frorr.  Oa- 
labrla  Ultra  I,  8517  Ew. 

Bantow  (spr.  Baniähr),  2  her.  Badeorte 
ta  Sudfrankreieh :  1;  B.  <i«  Bigatf  (spr. 
Blgorr),  Stadt  im  Depart.  Oberpyrenlett,  am 
Adour  und  an  daoi  As^gang  dea  Kampcner- 


thals,  8488  Ew.;  üb«r  40  kalkhaltig -saU- 
nische  Quellen  von  20— 60e  R. ,  schon  VoA 
den  Römern  B\n  Aqua»  Big^rrortM  gekannt 
und  benutzt.  Etwa  17,000  Badegästejährl. — 
2)  B.  de  iMehon  (spr.  Luschong),  Stadt  iA 
Depart.  Obergarenne,  in  einem  F/ren&an- 
thale  am  Zusammenfluss  der  Pique  tthd  One» 
8976  Ew.;  eins  der  glanzToUsten  ftanz.  Bä- 
der; 49  Schwefelquellen  Yon  16—58*  R.,  yoft 
den  Römern  Ajfiae  Conotmafum  genannt. 
Tgl.  CktU-POs,  ,Südfrankreich*,  1889. 

BagnMtliai  (spr.  BanJ*-),  Gebirgsthal  Ift 
Wallis,  von  St.  Branehier  bis  aum  18,281'  k. 
Oombin  in  Piemont  sich  erstreckend. 

]8ag]iO  (ital.,  spr.  Banjo,  d.  i.  Bad),  ttf- 
Bprüngl.  ICame  der  Bäder  im  Seratl  au 
Konstantin<^el.  bei  denen  sich  ein  Ge- 
flngniss  fax  Sklaven  beflind ,  daher  Be- 
zeichnung der  franzds.  Straünnstalten  Ia 
Toulon,  Brest  und  Rochefort,  in  wetchea 
die  Sträflinge  (Galeerensträflinge)  Su  schwe- 
ren Hafenarbeiten  verwandt  werden. 

Bagnolea  (spr.  Banjohl),  kl.  Badeort  im 
franz.  Depart. Ome  (Normandie),  SM.  von 
Alen^n;  her.  Schwefelquellen  (22*  R.). 

Bagnola-lM-BaiM  (spr.  Banjohi-lä-BängX 
Badeort  im  fTanz.  Depart.  Loz^re  (Ladgtte- 
doc);  Schwefelquellen  ydü  88o  R. 

Bagrätfdett.  Ffirstengeschlecht  in  Ar- 
menien und  Georgien,  reg.  885  — 1045. 

Btgration,  1)  FitUr ,  Fttru,  rass.  Ge- 
neral, geb.  1765,  Sprössling  der  georgischeik 
Bagratlden,  Iboht  1792  und  1794  unter  Su- 
worow  in  Polen,  1799  in  Italien  und  in  der 
Schweiz  gegen  die  Franzosen, ISO^beiAuster- 
litz,  1807  bei  Eylaa  und  Friedland,  1808  iil 
Finnland,  1809  als  General  der  Infanterie 
an  der  Donau  gegen  die  TQrken,  befthligta 
1812  die  zweite  Westarmee ;  f.  bei  Borodlnd 
verwundet,  7.  Okt.  1812.  —  2)  Pttet  Soma- 
nowitich,  Fartt,  Neffe  des  Vor.,  rusS.  Gene- 
ralmajor und  seit  1862  Gouverneur  von 
Twer,  entdeckte  in  der  acUmatoWer  Mine- 
ralgrube bei  Slatonst  ein  neues  Fossil  (Ba- 
grationit). 

Btgr^ew-SpenmiAnry  MiMbe(h  iwn,  geb. 
1801  zu  Petersburg,  Tochter  des  russ.  Mi- 
nisters Grafen  Sperausky,  vermählte  sich 
in  Sibirien  mit  einem  Herrn  von  Bagrejew^ 
lebte  erst  in  Petersburg,  dann  in  der 
Ukraine ;  f  4.  Aprtl  1897  zu  Wien.  Verf. 
mehrerer  tourlst.  und  notelllst.  Schriften. 

Bahsniliniela  (span.  tMeapos),  Archlpat 
in  Westindien,  zwischen  Florida  und  Haiti, 
im  Ganzen  138  QM.  und  85,000  Ew.  (meist 
Neger),  seit  1768  britisch,  von  den  ca.  500 
Inseln  20  bewohnt,  die  meisten  nur  kup- 
pen mit  vorliegenden  Sandbänken  und  Ko- 
rallen riffion  ,  z.  B.  die  190  M.  lange  BaJUt- 
maibank.  Die  wichtigstem:  Providehoe  (Resi- 
denz des  Gouverneurs),  Qr&tt-B,  (18Vi  QM.), 
Abaco,  San  Salvador,  Oat-Island  etc.  Pro- 
dukte: Kaffde,  Zuckerrohr,  Banm wolle,  In- 
digo, Mahagoni-  und  Brasllienbols.  Tgl. 
Baeol,  ,The  Bahamas*,  1869. 

Bahar  (Beharr,  Barre),  ostlnd.  Gericht; 
auf  Java  der  kleine  B.  =  8  Plkul  :^  186  Kilo ; 
der  grosae  B.  ^  ly»  Flknl  £=  ttVh  Kilo; 
in  Surate  =r  84  Maund  von  Sorate ;  in  Fraas.- 
Ostfndlen  =  tO  Bbrand  ==  838  Kilo. 

18* 


196 


Bahariden  —  Bailly. 


BaliMrIdM}  Dynaati*  der  Hamloken  in 

Aegypten,  1254—1390. 

BfthftWAlpiir  (Bhaudpur),  brit.  Scbutsstaat 
in  Ostindien,  im  SO.  des  Pendschab,  1189 
QM. ,  9S&,000  Ew.  SaupM.  B.,  am  Ghara, 
SOjOOOEw. 

Sahift  (spr.  Ba-ia),  ProT.  im  südöstl. 
BrasUien,  0091  QM.  n.  1,450,000  £w.  (SOO.OOO 
SklaTen).  Die  HaupM.  B.  (sonst  San  Sal- 
vador), an  der  Allerheiligenbai,  erster  Han- 
delshafen Brasiliens,  Festung,  Erabisth., 
180,000  Ew. ;  ftlteste  Stadt  (1549  gegr.)  und 
bis  1763  Hauptst.  des  Landes. 

Bahllngen^  Stadt  im  würtemb.  SchwarZ' 
waldkreise,  an  der  Eyaoh,  3029  Ew. 

Bahn  9  Stadt  im  preüss.  Begbz.  Stettin, 
Er.  Greifenhagen,  S981  Ew. 

Bahr  (arab.), Meer,  z.B.  B.-d-Fan,  pers. 
Meerbusen,  B.-el'Xatt,  das  todte  Meer, 
£.-OmcBn,  das  arab.  Meer;  dann  auch  Was- 
aerlauf,  s.  B.  B.-el-Abiad,  der  weisse  Flusa 

il)>   £.'d'A»rek,   der  blaue  FInss  (Nil); 


>elä  mä  (Fluss  ohne  Wasser),  eine  was- 
aerlose  Stromrinne  in  der  libyschen  Wüste. 

Bahrdt.  Karl  FrUdr,,  Theolog,  geb.  25. 
Aug.  1741  zu  Bischofs werda  in  Sachsen, 
Sohn  des  als  geistlicher  Liederdichter  be- 
kannten Joh,  FrUdr,  J3.,  Prof.  der  Theol. 
EU  LeiiHdg  (t  1775),  lehrte  als  Prof.  in  Leipzig, 
Erfurt  und  Giessen,  übernahm,  durch  seine 
beterodoxen  Lehren  missliebig  geworden, 
1775  die  Leitung  eines  Philanthropins  zu 
Marschlins  in  Graubünden,  ging  dann  als 
Generalsuperintendent  nach  Dürkheim  im 
Fürstenth.  Leiningen  •  Dachsburg,  gründete 
1777  im  Schloss  zu  Heidesheim  bei  Worms 
ein  Philanthropin,  ward  wegen  seiner  Ton 
grosser  Frivolität  zeugenden  Uebersetzung 
des  N.  T.  vom  Beichshofrath  für  unfähig 
erklärt,  ein  geistl.  Amt  zu  verwalten,  wandte 
sich  1779  nach  Halle,  ward  wegen  seiner 
Schriften  ,Das  Religionsedikt*  und  ,Die 
deutsche  Union'  zu  2jähr.  Festungshaft  ver- 
urtheilt;  f  ^>  April  1792  in  Halle.  Sehr, 
ausser  theolog.  Werken  deistischer  Richtung 
jGeschichte  seines  Lebens,  seiner  Meinun- 
gen und  seiner  Schicksale'  (1790,  4  Bde.). 
Kotzebue  veröfifentlichte  über  ihn  unter  Enig- 
ges  Kamen  ,Dr.  B.  mit  der  eisernen  Stirn'. 
Vgl.  Leyger,  ,K.  F.  B.',  1867. 

Bahreininseln  (Avdlinseln),  arab.  Insel- 
jnruppe  im  pers*  Meerbusen,  von  40,000 
Arabern  bewohnt ;  die  grosste  Bahrein(Aval) 
mit  der  Hauptst.  Menama.   Perlenfischerei. 

Bahri  (Bahhari),  arab.  Name  für  Unter- 
ägypten. BcAri&i,  Bezirk  'das. ,  zwischen 
der  Wüste  und  dem  westl.  Nilarm. 

Bahirecht»  s.  Ordalien, 

Bah«  (Bouto),  Feldmt^a  auf  Java,  =  V« 
Diong  =:  500  rheinl.  QRuthen,  ca.  71  Aren. 

Baider^  Simon,  ausgez.  Bildschnitzer  aus 
Eonstanz ,  um  1470,  Yerf.  des  Schnitzwerks 
an  den  Thürflügeln  des  Hauptportals  im 
konatanzer  Dom  (Passionsgeschichte). 

Bttier  (£aierl>erg) ,  Gipfel  der  Yorderrhon 
im  Weimar.  Amte  Lengsfeld,  2158'. 

Baiera  und  Zus.,  •.  Bayern» 

Bidenbroniiy  grosses  Dorf  im  wnrtemb. 
Sqkwarzwaldkreis ,  am  Anfang  des  Murg- 
thals,  mit  dwMlhlbaeker  Gkuhütte,  5262  I<:w. 


Baikal  (SHUgf  Bm),  Binnanaee  A^ens» 
im  südl,  Sibirien,  Gouv.  Irkutsk,  grösater 
Gebirgssee  der  Erde,  84  M.  1.,  bis  10  M.  br., 
zwischen  steilen  Felswänden  mit  Schnee- 
gipfeln, 500'  tief,  1832'  ü.  M.,  durch  Stürme 
und  Schwankungen  der  Wassermasae  ge- 
fährlich. Zuflüsse:  Selenga  und  obere 
Angara,  Abflusa  durch  die  untere  Angara 
zum  Jenisei.  Am  Ufer  zahlreiche  Fels- 
inseln. Danach  benannt  das  Baikaigebirge, 
am  Nordrand  des  Sees,  ein  Zweig  des  Altai. 

Baikle  (spr.  Behkl),  Batfour,  engl.  AArika- 
reisender,  geb.  1824  zu  Arbroath,  erforschte 
auf  mehreren  Expeditionen  (1852, 1857, 1862) 
die  Länder  zwischen  dem  Niger  und  Binue 
im  8.  u.  Eano  im  N. ;  f  hi  AfHka  30.  Nov.  1864. 

BaUey  (spr.  Behli),  1)  Phil.  Jam»$,  engl. 
Dichter,  geb.  22.  April  1816,  lebt  in  London ; 
bekannt  zuerst  durch  die  dram.  Diobtung 
,Festus'  (1839),  eine  Faustiade.  Spätere 
Schriften:  ,Angelword'  (1850),  ,The  Mystic' 
(1855),  ,The  Age'  (1858),  »Universal  B(ymn' 
(1868).  —  2)  John,  schott.  Landwirth,  Er- 
bauer des  ersten  Pfluges  nach  richtigem 
mathemat.  Grundsätzen.  Vgl.  ,Der  beslanög- 
liche  Pflug'.    Aus  dem  Engl.  1805. 

Baille  (tr.,  spr.BailJ),  halbrundes  Baveiin» 

Baillenl  (spr.  Balljöhl),  Stadt  hn  franz. 
Depart.  Nord  nriandem),  10,100  Ew.  Zwirn- 
und  SpitzenfiEiDr.    Beliebter  Eäse. 

Bailli  (ft-.,  spr.  Bällji,  engl.  BaUiff,  spr. 
Behliff,  lat.  Ballivua,  Ital.  Balio),  Vorsteher, 
am  byzantin.  Hofe  (Bajulos)  Oberaufseher 
der  kaiserl.  Kinder,  dann  Titel  des  veue- 
tlan.  Gesandten  das.,  durch  den  Johan- 
niterorden  (BaUivi  conventuales  die  8  Mit- 
glieder des  Ordenskapitels)  auch  in  Deutach- 
land gebräuchl.  geworden  (daher  Bailei); 
in  Frankreich  Anführer  des  Heerbanns, 
Domänenverwalter  und  Bezirksrichter,  spä- 
ter nur  erster  es  (B.  d*6p6e) ;  in  England 
seit  Wilhelm  L  Vorsteher  einer  Grafschaft; 
Jetzt  s.  V.  a.  Gerichtsdiener;  in  einigen 
Städten  Titel  des  obersten  Beamten. 

Baillle  (spr.  Behli),  Johanna,  engl.  Dich- 
terin, geb.  1762  zu  Bothwell  bei  Glasgow, 
t  23.  Febr.  1851  zu  Hampstead.  ,Dram.  and 
Poet,  works'  (1853);  ,Fugitive  veraes'  (1860). 

Baillon  (Ar«,  spr.  Balljong),  Chirurg. 
Instrument,  womit  der  Mund  bei  Operationen 
in  demselben  geöffnet  erhal|en  wird. 

Baiilot  (spr.  Bal^oh),  Pierre,  her.  Violi- 
nist, geb.  1.  Okt.  1771  zu  Passy,  f  15.  Sept. 
1842  zu  Paris  als  Prof.  am  Konservatorium; 
gab  mit  Rode  und  Ejreutzer  eine  grosse 
Violinschule  heraus  (im  par.  Konservato- 
rium eingeführt).  Sein  Sohn  Bän^  B.,  geb. 
23.  Okt.  1813,  seit  1848  Prof.  am  Konser- 
vatorium zu  Paris,  ausgezeichneter  Pianist. 

Bailly  (spr.  Ballji),  Jeai^  Sylvain,  geb. 
15.  Sept.  1736  zu  Paris,  erst  Maler,  dann 
Astronom,  seit  1763  Mitglied  der  Akademie, 
ward  1789  von  der  Stadt  Paris  zum  Depo- 
tirten  des  Bürgerstandes  für  die  General- 
staaten erwählt,  Präsident  ders.  und  der 
Nationalversammlung,  nach  der  Erstür- 
mung der  Bastille  Maire  von  Paris,  lebte 
dann  zurückgezogen  auf  dem  Lande,  ward 
auf  Betrieb  der  Partei  des  Herzogs  von- 
Orleans   12.   Nov.  1793  guillotinirt.     Sehr. 


Baily  —  Bajonnet. 


197 


«Histoira  de  rastroBomie*  (1775-87, 5  Bde.). 
Aus  seinen  Papieren  wnrden  heraasgeg. 
^Easai  snr  l'origine  des  fables  et  des  reli- 
^ioDS  anciennes*  (1799,  2  Bde.)  und  ,M6- 
moires  d^un  tdmoln  de  la  rövolution*  (1804, 
3  Bde.;  deutsch  von  Weyland  1805). 

BaUj  (spr.  Behli),  Edward  Bodgea,  engl. 
Bildhauer,  geb.  1788  zu  Bristol,  Schüler  Flax- 
mannSy  dessen  kolossale  Britannia  er  aus- 
führte,  seit  1821  Mitgl.  der  Akademie;  f  ^867. 
Zahlr.  Werke:  Apoll  (Pfeile  schietsend), 
£Ya  am  Brunnen,  die  Skulpturen  im 
Bnckinghampalast  etc.:  Statuen  und  Büsten. 

BaiiiM  (spr.  Behns),  1)  Edward,  engl. 
Publicist,  geb.  1774  zu  Ripon  in  Yorkshire, 
Eigenthttmer  des  ,LeedBMercury*,  des  Haupt- 
organs des  Liberalismus  im  nördl.  England, 
1833  Mi%lled  des  Unterhauses,  Haupt  der 
Protestant.  Dissenters ;  f  3*  Aug.  1818.  Sehr. 
jHistory  of  the  reign  of  George  HI  etc.' 
Biogr.  von  seinem  Sohne  Jjdward  B.  (1851). 
—  2)  Edward,  Sohn  des  Vor.,  geb.  1800,  nach 
dem  Tode  desselben  Redakteur  des  ,Leeds 
HerouryS  seit  1859  Parlamentsmitglied,  Füh- 
rer der  die  Vorrechte  der  Hochkirche  bekäm- 
pfenden Partei.  Sehr.  «History  of  the  cotton 
manufacture  in  Great  Britain'  (1835;  deutsch 
von  Bemouüi  1836)  u.  A. 

Balni  (spr.  Ba-ini),  Giuseppe,  ausgez.  Ital. 
Muaikgelehrter,  geb.  1775  zu  Rom,,  seit  1814 
Direktor  der  p&pstl.  Kapelle ;  f  10.  Mai  1844; 
einer  der  gründlichsten  Kenner  der  Schule 
Palostrinas,  auch  dessen  Biograph  (,Me- 
morie  storico-critiche  della  vita  e  delle  opere 
di  G.  P.  da  Palestrina',  1828, 2  Bde. ;  deutsch 
von  Kandier  1834).  Sehr,  aucli  mehrere  Kir- 
ch enkompositionen.  Tgl.  HiUerj  ,Aus  dem 
Tonleben  nnsrerZeit',  1868. 

Bairaktir  (türk.,  d.  i.  Fahnenträger), 
Ehrenname  des  Grossvezlers  Mustafa.  Die- 
ser, geb.  1755,  focht  1806  als  Pascha  von 
Rnstschnk  gegen  die  Russen,  suchte  den 
durch  die  Janitscharen  abgesetzten  Sultan 
Selim  m.  wieder  zurestitulren,  liess  alle  bei 
dessen  Ermordung  Betheiligten  hinrichten, 
setzte  Mustafa  Iv.  ab ,  rief  28.  Juli  1808 
dessen  Bruder,  Mahmud  H.,  zum  Sultan  aus, 
ward  dessen  Grossvezier,  suchte  als  sol- 
cher die  Janitscharen  vollends  zu  vernich- 
ten, tödtete,  durch  deren  Empörung  Qp.  Nov. 
1808)  im  Serail  bedroht ,  Mustafa  iV.  und 
sprengte  sich  in  die  Luft. 

Balrevtli  (offic.  Bayreuth),  Hauptst.  des 
bayer.  Regbz.  Oberfiranke'n,  am  rothenMain, 
19,464  Ew.;  2  Schlösser,  grosses  Opernhaus, 
Denkmal  Jean  Pauls  von  Schwanthaler; 
lebhafter  Fabrikverkehr.  Dabei  8t.  Geor- 
gen am  See,  gleichsam  Vorstadt  B.s,  mit 
Irrenheil-  und  protest.  Strafanstalt  für  Ober- 
franken, Fayence-  und  Marmorfabrik.  Der 
Tormal.  sog.  brandenburger  See  Jetzt  aus- 
getrocknet.  Ueber  das  eUemal.  branden- 
burger Fürstenthum  JH.  s.  Ansbach.  Kahebei 
die  Lustschlösser  Eremitngo  und  Fantaisie. 

BftiM  (spr.  Bähs),  südl.  Nebenfluss  der 
Garonne,  kommt  von  den  Pyrenäen,  mündet 
bei  Damezon;  21  M.  I. 

Baisse  (flr.,  spr.  Bäss),  das  Sinken  oder 
Fallen  des  Kurses  von  Börsen werthen 
(Staatspapiere,  Aktien);    daher  Spekulation 


ä  lab.,  die  darauf  gerichtete  Spekulation; 
Baiseier,  Spekulant,  der  ein  Fallen  dar 
Kurse  zu  bewirken  sucht. 

Baiter,  Joh.  Georg,  PhilolM^  und  Eri- 
tlker,  geb.  81.  Mai  1801  zu  Zürich,  seit 
1849  Prorektor  des  Gymnasiums  daselbst; 
gab  die  Sammlung  der  »Oratores  attici'  (mit 
Bauppe  1839—50),  Piatos  Werke  (mit  OreUi 
und  Winckelmaam  1839—42,  2  Bde.)  heraus, 
bearbeitete  für  Didot  den  Isocrates  (1846) 
und  für  Tauchnitz  die  philosoph.  Schriften 
Clceros  (1863—64). 

Balze  (Beize),  Jagd  mittelst  abgerichteter 
Raubvögel,  bis  ins  18.  Jahrb.  ritterliches 
Vergnügen  (Falkenbaize),  noch  jetzt  in  Asien 
und  Afrika  beliebt.  [19,000  Ew. 

BaJa,  Handelsst.  im  ungar.  Komitat  Baos, 

Bajaderen  (t.  portngies.  bailadeira,  Tän- 
zerin), bei  den  Earopäem  Name  der  öffentl. 
Tänzerinnen  und  Sängerinnen  in  Indien, 
zerfallen  in  2  Klassen:  DSvadäsi,  d.  i.  Qöt- 
tersklavinnen  (dem  Tempeldienste  geweiht) 
und  frei  im  Lande  herumziehende,  die  bei 
Privatfestlichkeiten  herbeigerufen  zu  wer- 
den pflegen  (Nati,  Kuttani,  Sutradhari). 

BaJS  (a.  G.),  Stadt  an  der  kampan.  Küste 
bei  Neapel,  glanzvollster  Badeort  der  röra. 
Welt,  in  herrlicher  Umgebung;  jetzt  ein 
kleiner,  fast  verödeter  Ort. 

BiVlizxo  (ital.^,  Hanswurst,  im  Kostüm 
dem  Pierrot  gleichend,  nur  mit  zuckerhut- 
formiger  Kopfbedeckung. 

BiVlesld  (Bajazid),  ehedem  bed.  Stadt  im 
türk.  Armenien,  nahe  der  pers.  Grenze,  ma- 
lerisch gelegen,  5000  Ew.    Grossart.  Ruinen. 

Bl^esid  (Bdjäeet),  Name  zweier  türk.  Sul- 
tane :  B.  L,  geb.  1347,  folgte  1389  seinem  Vater 
Murad  L  auf  dem  Thron,  eroberte  die  Bnl- 
garoi,  einen  Theil  Serbiens,  Macedonlens 
und  Thessaliens ,  unterwarf  sich  die 
meisten  Städte  Kleinasiens,  schloss  Kon- 
stantinopel fast  10  Jahre  lang  ein,  siegte 
über  die  verbündeten  Ungarn,  Polen  und 
Franzosen  unter  König  Sijgismund  28.  Sept. 
1396  bei  Nikopolis,  ward  bei  Angora  in 
Galatien  Juli  1402  von  Timur  geschlagen 
und  gefangen;  f  1403.  —  B.  H. ,  Sohn  des 
Sultans  Mohammed  H.,  geb.  1447,  folgte  sei- 
nem Vater  1481,  kriegte  gegen  Ungarn, 
Polen,  Venedig,  Persien  etc.,  auch  gegen 
seinen  Bruder  Dschem,  den  er  (1495)  In 
Rom  vergiften  liess,  dankte  zu  Gunsten 
seines  von  den  Janitscharen  erhobenen 
Jüngeren  Sohnes  5^elim  ab;  f  an  Gift  1512. 

Bl^OCCOy  röm.  Kupformünze,  =  5>/b  preuss. 
Pf.,  100  Bajocci  =  1  Scudo. 

Bajoire  (fi:.,  spr.  -schoahr,  verdorben 
ans  Baijoire),  KussmünKe,  Münze  mit  zwei 
hintereinander  stehenden  Brustbildern,  die 
sich  fast  decken,  bes. Vermählungsmedaillen ; 
alte  genfer  Münze,  c=  1  Thlr.  17  Sgr. 

Bajonnet  (fr.  bayonnette),  3-  od.  4schnei- 
dige,  meist  hohl  geschlifirene  Klinge ,  wird 
mittelst  einer  den  Gewehrlauf  nmschliesseo- 
den  Dülle  auf  das  Infanteriegewehr  ge- 
steckt, um  die  Feuerwaffe  in  eine  zum  An- 
griff wie  zur  Vertheldigung  geeignete  Stoss- 
waffe zu  verwandeln,  seit  der  Mitte  des 
17.  Jahrh.  zuerst  in  der  f^anzös. ,  dann 
in  den  übrigen  europ.  Armeen  in  Gebrauch 


198 


Bigns  —  Baknnin. 


«Bd  nMh  dem  Ort  d«r  Brilndiing  Bajonne 
'beiumiit.  SQMbai<nme» ,  som  Awetsen  auf 
die  Bdchse  eingerichteter  Hirsefaflliiger; 
J7ajoitii«tp8&el  (tabre  polgnard,  Tatagan), 
mit  etwai  gekrnmmter,  apitaerRückenklinge, 
wird  auf  die  k&rseren  Gewehre  der  leichten 
InÄnterte,  die  Bdcbsen  der  Jiger  etc.  anf- 

Sesteckt  and  macht  dietelben  BnrBieb-  n. 
toeswaffe.  Der  B<i^'<»ii«eMnflfW^flndet  Statt, 
wenn  eine  Enttoheidnng  gesucht  und  der 
Veind  ans  seiner  Position  geworfen  werden 
■oll.  Bajonnetftchtm  (Bajonnetiren),  zuerst 
Tom  Sachs.  Hauptmann  Sebnnits  eingef&hrt, 
tjehung  .der  Influitetle,  kommt  mehr  im 
BiiuE^kainpfs  als  im  Gefecht  selbst  zur  An- 
Wendung,  namentl.  gegen  KaTallerie,  dient 
bas.  dazu,  den  Soldaten  gewandter  und 
krilUger  zu  machen. 

Bl^ai,  MiehaA  (elg.  <{e  Ba^),  kathol.  Theo- 
log, geb.  151S  in  Hennegan,  seit  1550 Prot 
in  Löwen,  Blitgl.  des  Kondls  yon  Trient, 
seit  1578  Kanzler  der  üniTersitit  und 
später  Geoeraliijqnlsltor  der  Niederlande; 
\  16.  Dec.  1589.  Seine  augustinlschen  An- 
sichten (BajanUmu»)  erbten  auf  die  Janse- 
nisten  fort.  Auf  Betrieb  der  Jesuiten  wur- 
den 1&07  76  seiner  Sätze  durch  eine  päpstl. 
Bulle  verdammt.  Vgl.  Linunimcmn,  ,M.  B. 
und  die  Grundlegung  des  Jansenismus*.  1867. 

Bake,  niederländ.  Philolog  und  Kritiker, 

5eb.  1.  Sept.  1787  znLeyden,  seit  1815  Prof. 
er  griech.  und  rörn.  Literatur  an  der  Uni- 
Tersität  das.;  f  ^<  JäAn  1864;  besorgte 
Ausg.  des  Astronomen  Oleomeaes  (1880), 
yon  Giceros  ,De  legibus*  (1848)  und  ,De 
oratore'  (1868),  redi^e  mit  Qeu,  SanuJeer 
und  Pterlkan^  die  ,Bibliotheca  critica  nova* 
(1825—81, 5  Bde.),  sehr.  ,SchoUoa  hyiwmne- 
mata«  (1837-62,  5  Bde.). 

Bake  (Baake,  Bifji,  Boje,  Blüte),  Wamungs- 
oder  Orientlnmgszeichen  für  die  Schifffahrt, 
an  Küsten,  Stromufem  oder  in  der  See  auf 
Untiefen,  Holzgestell  oder  schwimmende, 
am  Grunde  verankerte  Tonne,  ßdkengeld, 
Zoll  zur  Erhaltung  der  B.n.  Im  Wasser* 
bau  heissen  B.n  die  Stäbe,  womit  man  die 
Unien  der  Deiche  und  Kanäle  absteckt. 

Bakfely  franz.  Stadt  in  Senegambien,  am 
Senegal,  Fort,  6000  Ew. ,  bed.  Handel. 

Baker,  Samuel  White,  engl.  Afirikareisen- 
der,  geb.  1828,  ursprüngl  OfQzier,  bereiste 
Ceylon  und  Ostindien,  untersuchte  1861  die 
Zuflüsse  des  Atbara  ün  nordwestl.  Abessi- 
nien  und  unternahm  1862  im  Aultrag  der 
geogr.  Gesellschaft  in  London  eine  Expe- 
dition von  Ohartum  aus  den  weissen  Nil  auf- 
wärts bis  Gondokoro,  wo  (Febr.  18fö)  Speke 
und  Grant  mit  ihm  zusammentrafen,  von 
denen  er  vom  Vorhandensein  eines  8.  grossen 
Nilsees  erfuhr.  Diesen  zu  entdecken,  brach 
B.  (18.  April)  auf,  reiste  über  Latuka,  Asua- 
flnss  bis  Mruli  (Zusammenfluss  des  Nil  und 
Kafnr)  und  erreichte  von  hier  aus  (18.  März 
1864)  den  gesuchten  Luta  Nsige  (Albert 
Nyanza),  den  er  18  Tage  lang  auf  einem 
Kahn  befahr.  In  Chartum  6.  Hai  1865 
wieder  angelangt,  kehrte  er  nach  London 
zurück,  wo  er  seine  Werke  «Discovery  of 
fhe  Albert  Nyanza*  (1866,  deutsch  von  Mar' 
iin  1867)  und  ,The  Nile  tributaries  of  Abys- 


sinla  etc.*  (18C7.  de«tse|i  ven  Asfer  1868) 
schrieb.  Nenerl.  hat  sieh  B.  auf  Anlass  des 
Yicekönlgt  von  Aegypten  an  die  Spitze  einer 
milltär.  wisseosehaitUchen  Expedition  ge- 
stellt, am  die  Gegenden  am  weissen  Nil  und 
an  den  grossen  Seen  der  ägypt.  Herrschaft 
m  unterwerftn  und  bes.  den  Sklavenhandel 
das.  abznschatren;  dieselbe  ging  im  Febr. 
1870  von  Ohartum  ab» 

BakM,  Jam  de,  niederländ.  Bildhauer, 
um  1485;  Hauptwerk  dasDenkm^  der  Maria 
von  Burgund  au  Brügge. 

Bakewell  (spr.  Behkwell),  Bobert,  engl. 
Landwirth  und  Viehzüchter,  geb.  1786  zu 
Dishley  In  Leioestershire,  f  ^«^i  machte 
glüokl.  Versuche  mit  Veredlung  der  Haus- 
thiere,  legte  seine  Er&hrungen  nieder  in 
der  ,Domestio  Encyolopaedla'  TBd.  1).  Nach 
ihm  ist  die  Bokewellrace  des  Rindviehs  ben. 

BakhaeUeeh  (pers.),  Geschenk,  Trinkgeld. 

BakÖBywaldy  Gebirge  in  Ungarn,  zwi- 
schen Baab,  Donau  und  Plattensee,  18  H. 
1. ,  5  IL  br.  Nagelflne  -  u.  Molasserücken, 
Ausläufer  der  steier.  Alpen,  bis  S700*  h., 
reich  bewaldet;  sahlr.  Schweineheerden. 

Baktrlea  (Bactriana,  a.  G.)»  Land  in 
Asien,  nördl.  vom  Paropamisns,  etwa  ^^ 
heutige  Tocharistan ;  Bevölkerung  arischen 
Stammes;  Hauptst.  Bactra  (Zariaspa,  jetzt 
Balkh).  In  uralter  Zeit  Ceotrum  eines 
mächtigen  Reichs,  das  später  an  die  Meder 
und  mit  diesen  an  die  Perser  fiel  (B.  ist 
die  Wiege  der  pers.  Religion,  die  Zoroaster 
im  6.  Jahrb.  v.  Chr.  reformirte) :  dann  Tbeil 
der  Monarchie  Alezanders  d.  Gr.,  der  hier 
Städte  griech.  Bildung  gründete,  und  spä- 
ter des  Reichs  der  Seleuciden;  856  —  140 
V.  Ohr.  unabhängiges^rt«e]b.-&aA;<r»«cAe«  Beich 
(gegr.  vom  griech.  Statthalter  Diodotus  !•)» 
das  sich  bis  sum  Kabulfluss  und  zum  Indus 
ausdehnte,  aber  von  127  v.  Chr.  an  allmäh- 
lig  an  die  Scythen  verloren  ging.  Wichtig 
sind  die  in  jenen  Gegenden  gefundenen 
Idktr,  Münun  mit  griech.  Legenden.  Vgl. 
Wileon,  , Arlane  antlqua*,  1841 ;  Fritisep,  ,0n 
the  hlstorical  results  of  Bactrian  coins*,  1816; 
Lauen,  ,Ind.  Altarthumskunde',  1844  f. 

Baktechisaril  (d.  i.  Gartenpalast),  Stadt 
auf  der  Halbinsel  Krim,  am  Tschuruksee, 
ehemals  Resid.  des  Tatarkhans,  noch  jetzt 
ganz  tatar.«  11.186  Ew.  Palast  der  alten 
Khane  (restaur.),  viele  Moscheen,  Fabriken. 

Baku 9  russ.  Gouv.  in  Transkaukasien, 
das  alte  Khanat  fichlrwan  am  kasp.  See. 
Die  ffauptst,  B.,  südl.  an  der  Halbinsel 
Apscheron,  Festung,  besuchtester  Hafen  dee 
kasp.  Sees-,  13,700  Ew.    Naphthaquellen. 

Bakülometrie  (lat.  und  gr.) ,  die  Kunst, 
Höhen,  Entfernungen  etc.  mit  Stäben,  ohne 
Messiustrumente  zu  messen,  beruht  auf  der 
Lehre  von  der  Aehnlichkeit  der  Dreiecke, 
gibt  nur  annähernd  richtige  Resultate. 

Baknnln,  Jfiehaei,  russ.  Agitator,  geb. 
1814  zu  Torschok  im  Gouvernement  Twer, 
wirkte  seit  1841  in  Berlin,  Dresden,  Paris 
und  Brüssel  für  Verbrüderung  der  Russen 
und  Polen  zur  Revolutionirnng  Russlands, 
ward,  während  der  Maikatastrophe  von 
1849  za  Dresden  Mitglied  der  dort,  revo- 
lutionären Regierung,  10.  Mai  verhaftet  und 


Bala  —  Baldain. 


199 


Bftch  d«in  Könlfstdn  gebracht.  Kai  1850 
zum  Tod  venirtheUt.  ward  er  au  lebenslängr* 
lieber  Haft  begnadigt  und  an  Oesterralch 
ausgeliefert,  hier  Mai  1861  als  HocbTerr&- 
ther  xnm  Tod  Terurtheilt,  wieder  an  lebens- 
länglicher Haft  begnadigt,  an  Russland 
aasgeliefert- nnd  mehrere  Jahre  in  den  Kase- 
matten der  Kewafestung  in  Haft  gehalten. 
Nach  dem  Krimkriege  nach  Ostsibirien  trans- 
portirt,  lebte  er  hier  mehrere  Jahre  als  Straf- 
kolonist, siedelte  dann  mit  Erlatibnlss  des 
QeneralgoQTemeurs  nach  dem  Amnrlande 
über,  entfleh  anf  einem  amerikan.  Schiffe 
nach  Japan  und  gelangte  von  da  über  Ka- 
lifornien nach  London.  Sept.  1870  bei  den 
Arbeitemnraheu  in  Lyon  betiieüigt. 

Balfty  Haaptst.  der  Gräflich.  Herioneth  in 
Wales,  am  JBcHtM,  2883  Ew. 

BaUdua,  Dorf  bei  Baku  in  Transkau- 
kasien;  dabei  Naphthaqnellen,  Schlammvul- 
kane nnd  das  sogen,  ewige  Feuer  JUuchga 
(entsündetes  WasserstofTgas,  aus  Erdritzen 
emporsteigend)  anter  einem  grossen  Ge- 
bäude, Wallfahrtspunkt  der  Gaebem. 

Balaclmay  Fabrikstadt  im  nun.  Gout. 
Nischni-Nowgorod,  an  der  Wolga,  4239  Ew. 

B^aelelghy  irisch.  Name  von  Dublin. 

Baladeay  s.  y.  a.  Neukaledonien. 

Balagna,  fruchtbare  Landschaft  im  KW. 
der  Insel  Korsika;  Hauptort  Isle  Rousse. 

BalaUiwa.  Stadt  an  der  Südküste  der 
Halbinsel  Krim,  guter  Hafen ,  (üi  Ew. j  da- 
bei das  her.  griech.  Oeorg$klo$Ur.  Im  ICrim- 
krieg  1854  Hauptstation  der  engl.  Flotte; 
26.  Okt.  1854  Sieg  der  FHnsosen  und  Eng- 
länder unter  Lacy  Evans  über  die  Bussen 
unter  Liprandi.  [Nationalinstrument. 

Balalaika  9    südrnss.     guitarrenförmlges 

Balau,  Dorf  in  Siebenbürgen,  Stuhl  Csik, 
nahe  der  Alutaquelle;  bed.  Kupferwerke. 

Balance  (IT.,  spr.  -angs),  die  Wage,  das 
Gleichgewicht;  BaUmcAer  (spr.  -anglich), 
Wagebalken,  gleicharmiger  Hebel,  zu  Fort- 
pflanzung der  Bewegung  in  Haschinen 
dienend ;  in  Taschenuhren  s.  t.  a.  Unruhe. 

Balanen«  s.  JSeereichtlm,      \t»  QonorrMe, 

BalaHObleniiorrliSe  (gr.),  Eicheltripper, 

Balaroe,  Badeort  im  firans.  Depart.  H6- 
rftult.  nördl.  vonCette;  Soolbäder  48— 50»  O. 

BalasfalTa,  Stadt,  s.  JBlattndorf, 

BalaaM-GyarmatA,  Hauptort  des  ungar. 
Komitots  Neograd,  an  der  Ipoly,  5487  Ew. 

Balatoiiy  Ungar.  Name  des  Plattensees. 

Balbly  AdHatu>,  ital.  Geograph  und  Sta- 
tistiker, geb.  25.  April  1782  zu  Venedig, 
f  das.  als  kaiserl.  Rath  14.  März  1848. 
Sehr.  , Atlas  ethnogr.  du  globe*  (1826); 
,Abr6g«  de  gtegraphie*  (1832,  2  Bde.;  8. 
Aufl.  1850;  deutseh  von  Andree  1833—84, 
nea  boarb.  yon  Arendts  1870).  Sein  Sohn 
Sugenio  B»,  ebenfalls  Geograph,  veröffent- 
lichte die  ,Scritti  geografici«  (1841-42, 5  Bde.) 
seines  Vaters,  ,Gea,  ossia  la  terra  descritta* 
(1854  f.)  und  ,Sagglo  di  Geografla*  (1868). 

BalbOy  Cetare,  Oonte,  ital.  Staatsmann 
«nd  Geschichtschreiber,  geb.  4.  Nov.  1789 
an  Turin;  1815—21  sardinischer  Gesandter 
in  London,  nahm  als  Haupt  der  gemässigten 
Partei  seit  1847  eine  hervorragende  polit. 
Stellung  ein;  f  3*  J^n^  l^^*    &cbT.  ,Spe- 


ranxe  dttalia*  (1848):  ,Del]a  ttoria  dltalia* 
(11.  Aufl.  1859)  u.  A.  Blogr.  von  iStcoNi  (1856). 
BalbSEy  Foaeo  iV^es  de,  span.  Conqol- 
stador,  geb.  1475  zu  Xerea-de^Badajoz,  naJim 
an  der  Expedition  Francisoos  deBnrico(1510) 
nach  Darien  Theil,  erhielt  den  Oberbefehl 
in  der  neuen  Kolonie,  sah  zuerst  von  einem 
Berge  der  Land  eng»  von  Panama  aus  die 
Südsee,  musste  aber  den  Oberbefehl  in  den 
von  ihm  in  Besitz  genommenen  Landstrichen 
an  Pedrarlas  Davila  abtreten,  unternahm 
in  untergeordneter  Stellung  noch  mehrere 
Expeditionen  in  das  Linere  des  neuen  Welt- 
theils,  wurde  1517  der  Rebellion  angeklagt 
und  enthauptet. 

Balbuena.  Don  B«mardo  de,  span.'Dich- 
ter,  geb.  1568  za  Valdepefias ,  f  1627  als 
Bischof  von  Puertorico.  Sehr.  ,La  graodeza 
mejicana*  (Mex.  1609),  eine  Beschreibung 
Mexikos;  ,±21  siglo  de  oro'  (Madr.  1608),  eine 
Idylle,  und  das  Epos  ,BI  Bernardo,  6  sea 
la  Victoria  de  Roncesvalles*  (1^08). 

Balck,  JBRsrmann  von,  lUtter  des  dentchen 
Ordens ,  besiegte  1281  die  heidn.  Preussen, 
ward  1SB7  Heermeister  in  Livland,  Gründer 
von  Kulm  und  Marienwerder;  f  um  1847. 

Baldadu  alter  Name  von  Bagdad. 

Bälde,  Jakob,  Dichter,  geb.  160S  au  Ensis- 
heim  im  Elsass,  Jesuit,  Ftedlger  am  kurbayer. 
Hofe,  f  9.  Aug.  1666  zu  Neuburg.  Meist  lat. 
Gedichte  von  acht  poet.  BegeisterungOnd  kla- 
rer Sprache ;  wenige  deutsche.  Bekannt  bes. 
,Solatinm  podagrieorum*  (1661).  Auswahl 
seiner  ,Opera  poetica*  von  Oretti  (1818)  und 
desca  21829);  Uebers.  von  Herder,  Aigner 
(1831),  8chrottn,Sehleieh(tReneABBAno%;  1869). 
Biogr.  von  Eitner  (1864)  u.  WeeUrmeger  (1868). 

Baldegger  See,  See  im  Kant.  Lnzem, 
IVa  St.  1.,  Va  St.  br.,  1488'  h.,  Abfluss  zum 
Hallwylersee. 

Baldenburg,  Stadt  im  preuss.  Begba* 
Marienwerder,  Kr.  Schlochau,  2186  Ew. 

Baldeirln  (Balduin),  der  Fröhliche,  Unbe- 
kümmerte, Name  des  Esels  im  Thierepos. 

Baldinl,  Baeeio,  erster  namhafter  ital. 
Kupferstecher  und  €k>Idschmied  zu  Florena, 
geb.  1486, 1 1488;  stach  nach  Zeichnungen  de« 
Sandro  Botticelli,  seine  Blätter  sehr  selten. 

Baldoffnettt.  Alessio,  florentin.  Maler, 
geb.  1422,  i'  1^,  Lehrer  dea  Dom.  Ghir- 
landajo;  ging  zuerst  in  Florenz  bestimmt 
auf  die  flandr.  Richtung  ein. 

Baldrian.  Pflanaengattong,  s.  Valeriana. 

Baldrianol'«  äther.  Gel  aus  der  Baldrian- 
wurzel, enthalt  Baldriansäure;  offtcinell. 

BaldriansSure,  Fettsäure,  im  Baldrian,  im 
Delphinöl,  in  der  Angellcawurzel  etc.,  künstl. 
aus  Fuselöl  (Amylalkohol)  gewonnen,  forb- 
lose,  stark  riechende  Flüssigkeit,  mit  Al- 
kohol mischbar,  siedet  bei  174o,  bildet  &rb- 
und  geruchlo8e.j(offlcinelle)  Salze.  Baldrianr 
aäureäther,  zum  Theil  mit  Fruchtgerucb, 
dient  zur  Darstellung  von  Fruchtäther. 

Baldnceio  (spr.  -uttscbo),  Oiowinni  dt, 
Bildhauer  aus  der  Periode  des  ital.-gerroan. 
Stils  in  Italien,  geb.  zu  Pisa  um  1295,  fsr- 
tigte  1839  das  Grabmonument  des  heil. 
Petrus  Martyr  in  St.Bnstorgio  zu  Mailand. 

Balduiu,  1)  Name  mehrerer  Könige  von 
Jerusalem:  B.I.,  Brader  des Heraogs Gott- 


200 


Baidang  —  Ballanche. 


fried  von  Bouillon,  nahm  Theil  am  ersten 
KrenzBoge,  vrard  Fürst  von  Edesia,  nach 
seines  Bmders  Tode  1100  Schirmyogt  des 
heil.  Grabes  nnd  Baron  von  Jerusalem, 
nahm  den  Königstitel  an,  eroberte  Gasarea, 
Asdod,  Tripolis,  Ptolemals  nnd  Sidon;  f 
1118.  —  B.  n. ,  Vetter  nnd  Nachfolger  des 
Vorigen ,  f  >!•  Aug.  1181.  —  B.  m. ,  Sohn 
und  Nachfolger  des  Königs  Falko,  Grafen 
von  AdIou,  geb.  1129,  bestieg  114S  den 
Thron,  focht  1152  siegreich  gegen  Nureddln, 
Sultan  von  Aleppo;  f  !<>•  Febr.  1162  zu  Tri- 
polis. —  B.  rV.,  Sohn  und  Nachfolger  Amal- 
richs,  gen.  der  Aussätzige,  reg.  1178—83. 
Nach  ihm  ward  der  5jährige  B.  V.»  Sohn 
des  Grafen  Wilhelm  von  Montferrat  nnd 
Sibylles,  der  Schwester  B.s  IV.,  zum  König 
ausgemfen,  f  1187.  —  2)  B.,  Graf  von  Flan- 
dern, half  auf  dnn  vierten  Kreuzznge  den 
Venetlanem  Konstantinopel  erobern  nnd 
gründete  1204  das.  das  lat.  Kaiserthum. 

Baldimgy  San$,  gen.  Orten,  her.  Maler 
u.  Holzschneider  der  oberdeutschen  Schale, 
geb.  zu  Gmünd  in  Schwaben,  f  1552  zu 
Strassburg.  Hauptwerk  ein  Altarblatt  von 
1516  im  fVeiburger  Dom.  Ein  anderer  Hon» 
B.,  geb.  1476  zu  Meiersheim  bei  Strassbarg, 
t  1545  in  Strassburg  als  bischöfl.  Hofmaler. 

BaldoTy  in  der  nord.  Mythol.  Sohn  Odins 
und  Friggas,  Gemahl  der  Nanna  und  Vater 
ForsetiB,  auch  Phol  gen.,  nach  Einigen  Gott 
des  Sommers  (daher  sein  Kampf  mit  Hother 
der  Kampf  zvfischen  Sommer  and  Winter), 
nach  Andern  Friedensgott,  durch  seine 
Tapferkeit  den  Frieden  schützend. 

Baleiren  (Bohleudererinseln),  Inselgruppe 
im  Mittelmeer,  vor  der  Ostküste  Spaniens, 
bestehend  aus  Mallorca,  Menorca  und  Ca- 
brera,  bilden  mit  den  Pithyusen  die  span. 
Prov.  der  B.  (sonst  Königreich  Mallorca), 
87,5  QM.  mit  278,660  Ew.  Hauptst.  Palma. 
Vgl.  ,Die  B.,  in  Wort  n.  Bild  geschildert*  (von 
Erzherz.  Ludw.  Salv.  v.  Toskana),  Bd.  1, 1869. 

Baletty  Heinr,  van,  niederl.  Historien-  n. 
Landschaftsmaler,  geb.  1560  in  Antwerpen, 
t  das.  1632,  Lehrer  van  Dycks. 

Baiester  (lat.),  Kugeln  werfende  Armbrust. 

Balfe^  William,  engl.  Komponist,  geb.  15. 
Mai  1808  in  Dublin,  seit  1845  Direktor  der 
ital.  Oper  und  der  philharmon.  Koncerte 
in  London;  f  ^^-  Okt.  1870.  Zahlr.  Opern 
des  leichten  ital*  Genres,  z.  B.  ,Die  vier 
Haimonskinder'  und  ,Die  Zigeunerin*. 

Balfinnsell  (Barfunuch),  Stadt  in  der  pers. 
Prov.  Masenderan,  einst  reich  bevölkert 
(150—200,000  Ew.),  Jetzt  durch  Pest  u.  Cho- 
lera verödet;  Handel  nach  Russland. 

Balg,  in  der  Anatomie  kleine,  innere  Hohl- 
räume abgrenzende  Bläschen  (Haarwurzel- 
balg); in  der  Botanik  Kelch  der  Grasblüthe, 
Häutchen  an  der  Aehre,  wprin  das  Samen- 
korn sitzt;  auch  die  Haut  kleinerer Thiere. 

Bilgfts  Flecken  imprenss.  Begbz.  Königs- 
berg, am  frischen  Haff,  719  Ew. ;  dabei  die 
alte  KreuKherren-Ordenäburg  B.,  j.  restaurirt. 

BalggeschwulBt  (Cyste,  tumor  cysticus, 
lupia,  cystis),  geschlossener  häutiger  Sack 
mit  wässerigem  (Hydatiden  oderHygrome), 
leim-  (Kolloid bälge)  oder  breiartigem  Inhalt 
(Cholesteatome  und  Atherome),  tritt  als  ab- 


norme Bildung  am  häufigsten  In  den  inneren 
Geschlechtsorganen  des  Weibes  auf  u.  ist 
meist  nur  durch  operative  Behandlung 
heilbar.  Die  falschen  Cysten  umgeben  sich 
erst  im  Verlauf  ihres  Wachsthums  mit  einer 
bindegewebeartigen  Hülle. 

Ball  (Klein- Java),  eine  der  kleinen  Snn- 
dainseln,  am  Ostende  von  Java,  94  QH., 
450,000  Ew.,  fimchtbar;  seit  1846  hoUänd. 

Balingen^  Stadt,  s.  BahUngen. 

Balkan  (der  H^tmtu  der  Alten) ,  das  bul- 
garisch -  thracische  Scheidegebirg  in  der 
Türkei,  von  W.  (bei  Ichtiman)  gegen  O.  zwi- 
schen dem  Donau-  und  Maritzagebiet  bis 
zum  schwarzen  Meer  ziehend,  50  M.  1., 
21/9—5  M.  br.;  im  Ganzen  nur  2—3000',  in 
den  höchsten  Kuppen  selten  über  5500*  h. 
Abfall  gegen  S.  nach  Thracien  (Kamelien) 
steil,  gegen  N.  nach  der  Bulgare!  allmählig 
und  öfters  durch  tiefe  Thäler  zerrissen; 
gegen  die  Donau  hin  eine  lang^  Reihe  von 
Vorbergen,  noch  über  2000'  h.  Nur  fünf 
Passagen  über  das  wenig  gangbare  Wald- 
gebirge :  wichtig  die  von  Sophia  nach  Tatar- 
Basardschyk;  von  Timovo  über  Kasanlik 
u.  Selimnia  (nach  Adrianopel) ;  von  Schumna 
über  Karnabad  und  Aldos  (nach  Konstanti- 
nopel). Auf  den  ersteren  Pässen  wurde  der 
B.  1829  vom  russ.  Heere  unter  Diebitsch 
überschritten,  daher  dessen  Ehrenname 
BabaXkanaky,  d.  i.  Besieger  des  B. 

BalkaBhalbiiigel,  die  südöstl.  Halbinsel 
Europas,  die  Türkei  und  Griechenland. 

Balkascluee,  asiat.  Binnensee  in  der 
Kirgisensteppe,  8ß  M.  1.,  1—11  M.  br.,  70' 
tief;  Hauptfli^ss  der  Ili  vom  Thianschan. 

Balken,  in  der  Anatomie  der  die  beiden 
grossen  Hirnhälften  verbindende  Theil  des 
menschlichen  Gehirns  (corpus  callosum  ce- 
rebri);  auch  Muskelbündel,  Herzwände 
(trabeculae  cameae). 

Balkenschleife,  Ackergeräth  zum  Unter- 
bringen der  Saat  oder  zum  Ebenen  eines 
scholligen  Bodens. 

Balkh,  Stadt  in  Turkistan,  Khanat  KTin> 
duz,  in  fruchtbarer  Bewässerungsebene, 
2000  Ew.;  vielleicht  das  alte  Bactra. 

Ballade  (vom  ital.  baÜcUa),  ursprüngl.  in 
Italien  (seit  12.  JahrhO  ein  kleineres,  sonett- 
und  madrigalartiges  (gedieht  (Tanzlied);  im 
14.  Jahrh.  in  England  und  Schottland  Be- 
zeichnung für  das  epische  Volkslied  (Samm- 
lungen von  Percy  1765,  BeZi  1863) ;  im  moder- 
nen Sinne,  durch  Bürger  (,Lei\ore*)  bei  uns 
eingeführt,  das  epische  Lied,  in  welchem, 
im  Gegensatz  zur  Romanze  (s.  d.),  der  Ton 
der  Stimmung  und  die  sangbare  Form  vor- 
waltet und  somit  das  Ereigniss  ganz  in 
Empfindung  aufgelöst  wird.  Bedeutendste 
Balladendichter:  Goethe,  ühland,  Heine, 
ZedJLitt,  Eichendorff  u.  A.;  Balladenkompo- 
nisten :  Zumtteg,  Fr,  Schubert  und  bes.  Löwe 
und  Schumann.  Auch  charakteristisches 
Klavierstück,  phantastisch -romant.  Inhalts, 
bes.  von  C%optn  kultivirt. 

Ballanche  (spr.  -angsch),  Pierre  8im<m, 

franz.  Socialphilosopb,  geb.  4.  Ang.  1776  zu 

LyoD,  Buchdrucker  und  Buchhändler,   seit 

1842  Mitgl.  der  Akademie;  f  13.  Juni  1847. 

'Sehr,  ausser  der  symbolisch -epischen  Dich- 


Ballantyne  —  BallyAannon. 


201 


tvaxg  »Antigone*  ,Es8ai  aar  les  Institotions 
sociales*  (1808);  ,Honune  sans  nom*  (1820); 
»Essai  de  paling6n6sie  sociale*,  eine  uxiToll- 
endet  gebliebene  Qeschichte  der  Philosophie. 
Werke  (1831,  4  Bde.). 

BaUantjBe  (spr.  Bällantin),  James  E.,  aus- 
gezeichneter Orientalist,  geb.  18.  Dec.  1813 
zn  Kelto  in  der  schott.  Crrafschaft  Bozbnrgh, 
ivard  1841  Direktor  des  College  bu  Benares, 
1861  Bibliothekar  der  East-India- Office;  f 
16.  Febr.  1864.  Sehr.  «Sanscrit  grammar*  (2. 
Aufl.  1862),  «Elements  of  Hindi  Braj-Bakha 
grammar'  (1839),  ,HiQdustani  grammar*(1848), 
-,Mahratta  grammar'  (2.  Aufl.  1868)  u.  A.,  gab 
die  Sanskritgrammatik  ,Lagha-Kaamudi'  mit 
Uebers.  und  ELommentar  (1849—52,  8  Bde.) 
lierans,  lieferte  Uebersetsungen  der  Haupt- 
werke derKy&ga-  and  Sankbya-Schule,  ver- 
suchte eine  Vermittelung  der  indischen  mit 
•der  europ.  Wissenschaft  in  der  , Synopsis  of 
soience  in  Sanscrit  and  Engluh*  (1856) 
und  in  jChristianity  oontrasted  with  Hindu 
T)hilosophy*  (1859). 

Ballanity  Stadt  *in  der  aastral.  Kolonie 
Victoria,  im  Golddistrikt,  22,000  Ew.  (mit 
der  Umgebung  40,000). 

Ballut)  schwere  Massen  (Sand,  Steine), 
•die  der  Schiffer  einnimmt,  vCm  dem  nnbe- 
fTnchtetenScfaiffdengehör.Tiefgang  zu  geben. 

BaUel  (vom  mittellatein.  baUivus),  bei  den 
Tempelherren,  deutschen  Rittern  und  Jo- 
hannitern Name  der  einzelnen  Provinzen 
ihrer  Territorialbesitzungen.  Die  deutschen 
Kitter  hatten  in  Deutschland  später  u.  bis 
zur  Auflösung  des  Reichs  11  B.en,  die  in 
Kommenden  zerfielen.    Vgl.  Bailli, 

Ballen^  Zahl-  oder  Stückmass  für  Papier. 
1  B.  =3  10  Ries  k  20  Buch  k  25  Bg.  Druck- 
oder 24  Bg.  Schreibpapier.  Beim  Tuch- 
liandel  1  B.  =  12  Stück  k  32  Ell.  1  B. 
Leinwand  =  12  —  30  Ell.  .  1  B.  Leder  = 
^0  Rolled  oder  220  Stück  Juften-  oder  30 
Stück  Pfundleder.  Im  Baumwollengarnhan- 
del  in  England  1  B.  r=  60  Pack  k  4  Pfd.  1 B. 
-amerikan.  Baumwolle  400  oder  440  engl.  Pfd. 

BftUenst&dt,  Stadt  im  Herzogth.  Anhalt, 
nördl.  am  Harz,  4500  Ew.  Ehemal.  Re- 
sidenz des  Herzogs  von  Anhalt-Bernburg. 

BaUenyingeln.  5  Inseln  im  südl.  Eismeer, 
bis  12,000'  h.;  1839  entdeckt. 

Ballesteros  (spr.  Baljesteros),  Von  Fran- 
cisco, span.  Patriot  und  Staatsmann ,  geb. 
1770  zu  Saragossa,  focht  im  Befreiungskriege 
gegen  die  Franzosen,  ward  nach  Ferdi- 
nands Vn.  Rückkehr  Kriegsminister,  musste 
als  Freisinniger  zurücktreten,  bestimmte, 
1820  wieder  an  den  Hof  berufen,  den  König 
zur  Annahme  der  Konstitution  von  1812, 
ward  zum  Yicepräsideuten  der  provisor. 
Regierung  ernannt,  befehligte  im  Krieg 
gegen  die  Franzosen  1823  die  zur  Verthei- 
digung  von  Navarra  und  Aragonien  be- 
stimmte Heeresabtheilung,  floh,  von  der 
Amnestie  ausgeschlossen,  1824  nach  Paris; 
•f-  das.  29.  Juni  1832.  Sein  Bruder,  Luis 
Lopez,  geb.  1778  in  Galicien,  Finanzminister 
1825-33,  t  12.  Okt.  1853. 

Ballet  (ital.  balletto,  von  balare,  tanzen), 
Schautanz  auf  der  Bühne,  früher  wesent- 
licher Bestandtheil    der   Oper;    bes.   aber 


Barstellung  einer  Handlang  doroh  Tanz  aud 
Pantomime,  mit  planmässig  angelegter  Ex- 
position, Knoten  und  Entwicklung,  unter- 
stützt durch  eine  charakteristische,  dem 
Iidbkalt  und  Verlauf  der  Handlung  entspre- 
chende Musik ;  im  letztem  Sinne  zuerst  von 
Noverre  (Mitte  des  18.>  Jahrh.)  behandelt  und 
selbst  von  Beethoven  («Geschöpfe  des  Prome- 
theus'), Gherubini  u.  A.  kultivirt. 

BaUhom,  Joh,,  Buchdrucker  in  Lübeck 
(n.  And.  zu  Soest),  um  1531—99,  nahm  bei 
einem  Fibeldrucke  dem  als  Titelbild  ge- 
bräuchlichen Hahn  die  Sporen  und  legte 
ihm* Eier  zur  Seite  und  fügte  die  Worte  hin- 
zu: ,Verbessert  durch  J.B.';  daher  ballhor' 
nisiren,  vsrbaühomen,  eine  Schrift  durch 
abgeschmackte  Yeränderungen  und  vermeint- 
liche Verbesserungen  verschlechtern. 

Bslllna  (spr.  Bäl-),  Hafenstadt  in  der  Ir- 
land. Grafsch.  Mayo  (Gonnaugbt),  6570  Ew. 

Balllaasloe  (spr.  Bällinasloh),  Stadt  in 
der  Irland.  Grafsch.  Galway  (Gonnaught), 
am  Suck ,  3200  Ew.  Hier  im  Okt.  gi'össter 
Viehmarkt  Irlands. 

Balllagy  KarlJoteph Napoleon,  Ghemiker, 
geb.  21.  April  1805  zu  Gabrielshütte  in  Böh- 
men, seit  1835  Prof.  der  Chemie  in  Prag, 
trug  durch  seine  ,Gährungschemie'  (3.  Aufl. 
1865,  4  Bde.)  wesentl.  zur  Förderuug  der 
landwirthschaftl.  Gkwerbe  bei,  führte  bei 
diesen  das  Saccharometer  ein.  Sehr.  ,An- 
leitung  zum  Gebrauch  des  Saccharometers' 
(1855),  über  Eisenhüttenwesen  (1829),  Eisen- 
erzeugung in  Böhmen  (1849)  etc. 

BalllBger,  im  Mittelalter  Art  Kriegsfahr- 
zeug der  Franzosen  und  Engländer. 

BalUste  (lat.),  bei  den  Römern  Wurfge- 
schütz zum  Schleudern  von  Steinen  oder 
steinernen  Kugeln  im  stark  gekrümmten 
Bogen,  starkes  Holzgerüst  mit  armbrust- 
artiger,  schiefstehender  Rinne  zur  Auf- 
nahme des  Geschosses,  das  durch  Elasti- 
cität  fortgeschleudert  ward. 

Ballistik  (lat.),  Lehre  von  der  Bewegung 
(Bahn)  geworfener  Körper  im  widerstehen- 
den Medium  der  Luft,.  Theil  der  Mechanik, 
der  bes.  in  der  neuesten  Zeit  in  Folge  der 
Einführung  weit  tragender  Geschütze  sehr 
ausgebildet  worden  ist. 

BaUon  (fr.,  spr.  -long),  leichter  runder 
hohler  Körper;    in    der  Technik   grosses 
kurz-  und  weithalsiges  Glasgefäss  von  an-, 
nähernder  Kugelgestalt  zur  Aufbewahrung 
von  Flüssigkeiten  (Schwefelsäure  etc.). 

BMlon  (spr.  -long),  Name  mehrerer  Gipfel 
der  Vogesen:  S.  de  Sule  (B.  de  Guebweiler), 
4374';  B.  cTAlsace  (Elsastbelcken) ,  an  der 
Moselquelle,  3850'. 

Ballöta  L.  (Bailote),  Pflanzengattung  aus 
der  Familie  der  Labiaten.  B.  nigra  L,, 
schtoarze  B.  (schwarzer  Andorn),  bei  uns 
wild,  früher  officinell  als  Zahnlosenkraut. 

Ballotige  (fr.,  spr.  -tahsch),  Wahl  durch 
Kugelung,  Art  der  geheimen  Abstimmung. 

Ballston -8paa  (spr.  Bällstn-Spah),  her. 
Badeort  im  nordamerik.  Staat  Kewyork, 
Grafsch.  Saratoga,  2234  Ew. 

Ballyshannon  (spr.  Bällischännon),  Ha- 
fenstadt in  der  irländ.  Grafsch.  Donegal 
(Ulster),  an  der  Ememündung,  »31Ö3  Ew.; 


202 


Balihes  —  Bamberg. 


dabei  traf  «lilflr  8«eitti«l  dl«  Hdhle  des  heil. 
Patrfk,  groiaei  BelUgthvm  der  irflech.  Sage. 

BalBiMy  JiUm«,  tpan.  Theolog  und  Publi- 
eist,  auch  Philosoph,  geb.  SB.  Aug.  1810  en 
Yich  in  Katalonien,  lebte  in  Barcelona  und 
Madrid;  f  9*  J«U  1848.  Sehr.  ,La  religion 
demonstrada  al  aleanse  de  losnlfioe*  (1841  und 
öfter,  deutsch  1868);  ,ElProtestantismo  com« 
parado  con  el  Catolidsmo  en  sus  relaoiones 
con  la  civilisaclon  europea*  (1842—44, 4Bde. ; 
8.  Aufl.  1849),  als  Vertheidigung  dos  Ka- 
thollcismus  ins  Italienische,  Franiösische, 
Englische  und  Deutsche  (von  Hakm,  1861—82, 
2  Bde.)  übers. ;  auch  als  streng  wis&en- 
schaftl.  Philosoph.  Lehrbücher  «Filoeofla 
fundamental*  (1846;  neue  Aufl.  1849,  4  Bde.; 
deutsch  Ton  Lorin$«r  1855->56,  4  Bde.; 
2.  Aufl.  1861  etc.)  und  ,Curso  de  filosofia 
eIeJnentaP  (1847 ,  4  Bde. ;  deutsch  Ton  Lo- 
rinser  1852-58,  4  Bde.)  u.  A.         [11,352'  h. 

Balmhoniy  Gipfel  der  Honterosagruppe, 

Baimond  (spr.  -rfti),  Schloss  in  der  scfaott. 
Orafsch.  Aberdeen,  am  obern  Üee,  seit  1848 
im  Privatbesitz  der  Königin  Victoria  und 
ihre  gewöbnlicho  Sommerresidens. 

Balmnng,  das  sagenberühmte  Schwert 
Siegfrieds  im  Nibelungenliede. 

Balneographie  (gr.),  Baderbeschreibung; 
Balne<4ogi€,  Lebre  Ton  den  B&dem  und 
ihrer  Anwendung;  BaXneoteehnik,  Knust, 
Bäder  einsurlchten ,  xp  bereiten. 

BalfMUDy  dickflüssige,  harzige,  stark 
riechende  Materie ,  die  von  Pflanzen  ab- 
gesondert (Perubalsam,  KopaiTabalsam)  u. 
TJelfach  in  der  Medicin  benatzt  wird; 
verschiedene  pharmaceut.  Präparate,  Lö- 
sungen ätherischer  Oele  (Lebens-,  Wund-, 
mailänder  B.);  Lösungen  von  Schwefel  in 
fettem  Oel  (Schwefelbalsam). 

Balsambanmy  s.  Balsamodendron, 

Balsamholi.  Xylobalsamum,  von  Balsa- 
modendron  Kafeil  und  B.  Opobalsamum, 
orientalisches  Bancherwerk. 

Balsamina,  Pflanzengattung,  s.  Impatiems, 

Balsamiren  9  s.  Einbalsamiren, 

Balsamita  Vieill.,  Des/,,  Pflanzengattang 
aus  der  Familie  der  Kompositen.  B.  major 
J)t$f.,  Tanacetum  Balsamita  Koch,  Frauen- 
mün»e  (Morgenblatt),  aus  dem  südl.  Frank- 
reich, ftüher  of&cinell.    Gartenpflanzen. 

Balsamodendron  Kttnth  (Balsamea  Oled», 
JBdlsambaufn),  Pflanzen gattung  aus  der  Fa- 
milie der  Burseraceen.  B.  gileadense  Kunth, 
Amyris  Opobalsamum  I*.,  BaUanutaud«,  in 
Arabien  u.  Abessinien,  liefert  Mekkabalsam ; 
B.  Ehrenbergianum  Berg,  in  Südarabien, 
die  Myrrha  und  B.  afticanum  Amcit,  in 
Senegambien,  sowie  B.  Mukul  Hook,,  am  un- 
tern Indus,  das  Bdellium. 

Balsamstaude.  s.  BaJeamodendron* 

Balse,  amerlk.  Flösse  mit  Segeln  u.  Butten. 

Balta^  Kreisstadt  im  westruss.  Gouv.  Po- 
dolien,  an  der  Kodima,  14.629  Ew. 

Balta-LimaAy  Bai  im  thrac.  Bosporus; 
ehedem  Versammlungsort  der  türk.  Flotten 
zur  Belagerung  Konstantinopels.  Vertrag 
vom  1.  Mai  184»  zwischen  Russland  und  der 
Tikrkel  über  das  Interventionsrecht  beider 
Staaten  in  den  Donaufürstenthümem.  | 

Balti(^oMls(a«,j:iesii.2Vasi;,Gebirgsland-  J 


sehaft  am  oberm  Indus,    Dordwestl.    von  . 
T&bet,    7008'  hoch,   mit  etwa  600,000  Ew. 
(meist  Mohammedaner);  B^uptst.  Iskardo. 
Früher  selbständig,  j.  au  Kaschmir  gehörig. 

BaltU  (a.  G.),  da«  Bemstelnland  im 
nördl.  Europa.  B^Uitekee  Meer,  die  Ostsee ; 
boU,  iVovtNsei»,  die  msa.  OstseeprovInzeB. 

Baltimore  (spr.  Bahltimohr),  Haaptst.  von 
Maryland  (Kordamerika),  an  der  Chesapeak- 
bai,  (1809)  852,186  Ew.  (etwa  y»  Deutsche), 
8.  Handelsplata  und  Hauptsitz  des  Katholl- 
clsmus  in  den  Verein.  Staaten.  Maryland- 
Universität  ;  Washingtons  koloss.  BÜdsänle. 
Hafen  1729  von  Lord  Baltimore  angelegt; 
seit  1797  Stadt. 

Baltlseli-Porty  HaÜmstadt  in  Esthland,. 
am  Ann.  Meerbusen,  446  Ew.;  Ausgangs- 
punkt der  Petersburger  Eisenbahn. 

Baltaer,  1)  Johtmne»  ^Saptieia,  kathol. 
Theolog,  geb.  16.  Juli  1803  zu  And«mach^ 
seit  1881  Prof.  der  Dogmatik  zu  Breslau^ 
ward  1848  geisfl.  Sath  des  Konsistoriums,. 
1846  residirender  Domherr  bei  der  breslauer 
Kathedrale,  1860  I>omscholastikus.  Verf^ 
zahlreicher  polemischen  Schriften  philosoph. 
und  dogmat.  Inhalts,  u.  a.  ,Das  christU 
Seligkeitsdogma  nach  kathol.  und  pvotest. 
Bekenntnisse*  (2.  Aufl.  1844);  tTheologische- 
Briefe«  (1.  Serie,  2.  Aufl.  1844;  9.  Serie  1845). 
Ward  1860  vom  Fürstbischof  in  seiner  Lehr- 
thätigkeit  suspendirt,  was  aber  der  kgl.Dis- 
dplinarhof  für  einen  Uebergriff  erklärte.  — 
2)  Wilhelm  Eduard,  Vertreter  der  fireien 
Ckmelnden,  geb.  24.  Okt.  1814  in  dem  preuss. 
Dorf  Hohenleine  an  der  sächs.  Grenze,  seit- 
1841  Hospitalprediger  in  Delitzsch,'  dankte 
ab  und  gründete  5.  Jan.  1847  zu  Nord  hausen 
eine  f)reie  Gemeinde,  Mitgl.  des  Parlament» 
in  Frankfürt  a.M.  und  der  preuss.  Natio- 
nalversammlung. Sehr.  ,Das  sogen,  apo- 
stol.  Glaubensbekenntnisse  (1847);  ,AIte  u. 
Neue  Weltanschauung*  (1850—59,  4  Bde., 
2.  Aufl.  1868);  ,Das  Leben  Jesu*  (2.  Aufl. 
1861);  ,Al]gem.  Religionsgeschichte*  (1854}- 
.Preuss.  Verfassungsbüchlein*  (4.Auft.  1864); 
IVoii  der  Arbeit*  (2.  Aufl.  1870);  ,Pythagoras 
d.  Weise*  (1868);  .Natürliche  Lebensweise* 
(1867-69,  8  Bde.), 

Ball,  Paarungszeit  bei  Aner-,  Blrk-,  Ha- 
selhühnern, Fasanen,  Trappen,   Schnepfen. 

Balzte  (spr.  Balsaok),  H<mor4d»,  franz.. 
Romanschriftsteller,  geb.  20.  Mai  1799  zu 
Tours,  t  18.  Aug.  1850  zu  Paris.  Grosser 
Anatom  der  Individuen  und  der  Gesellschaft^ 
aber  nur  selten  Künstler.  Zu  seinen  besten 
Arbeiten  gehören:  ,La  peau  de  chagrin', 
,£ng6nie  Grandet*,  ,Hist.  intdllectnelle  de 
L.  Lambert*  und  bes.  die  .Seines  de  la  vi» 
de  province*  u.  ,Scönee  de  la  vle  parisienne*. 
Seine  sämmtl.  Werke  erschienen  unter  dem 
Titel  ,La  Com^die  humaine*. 

Bambamu  Negerreich  im  Innern  Afrikas» 
am  obern  Niger,  mit  der  Hauptst.  Sego  und 
den  Handelsplätzen  Bammaku,  Nyanima, 
Sansadig,  sämmtl.  am  Niger.  Bevölkerung 
Mandingos,  zum  Theil  zum  Islam  bekehrt. 

Bambei^y  Stadt  im  bayer.  Begbz.  Ober- 
franken, an  der  Regnitz,  25,900  Ew.;  Sita 
eines  Erzbischofs ;  schöner  roman.  Dom 
(von  Kaiser  Heinrich  H.  1002  gegr.,  seit  1837 


Bunberger  —  Bandello. 


208 


restavr.);  seae  bliehdlL  ]t«tldens  (Bwfbiar 
t  181&):  Hiohelsberg  (Benediktinerklostor, 
jetzt  Bürcerlio^itAl).  Bedontendar  Qarton* 
MO  und  Handel  mit  S&mereien»  GArtenxe- 
wfichsen  et«.  (700  Oirtnermelster,  800  Ctr. 
S&merelen  jährl.  Ausfuhr).  Unfarn  die 
Boinen  der  Altenburg  (Babenborg).  Univer- 
«ität  (1647  gegr.),  seit  180S  autisehobeo.  Pas 
Bistkwn  B.,  1007  von  Kaiser  Heinrieb  U. 
gestiftet,  ein  reichsonmittelbares  Hochstlft» 
wurde  in  Folge  des  lüneTiller  Friedens 
sakularisirt  nnd  I8I7  aum  ürzbistbnm  erho- 
ben. Die  bamberger  JKot\fereHMtH  im  Kai  1854, 
anf  denen  sich  die  Vertreter  der  dentsehen 
Mittelstaaten  über  den  Anschlnss  an  das 
osterr.-prenss.Bündnias  Tom20.  April  1854 
beriethen. 

Bamberger.  LucMg,  Schriftsteller,  geb. 
22.  Jnli  1828  zu  Mains,  betheiligte  sich  1849 
am  Aufstand  in  der  Plkls,  begab  sich  dann 
nach  der  Schweiz  und  nach  England,  grünr 
dete  1851  ein  Bankgeschäft  in  Botterdam  und 
stand  1863—66  an  der  Spitze  eines  grossen 
Bankhauses  in  Paris.  1868  national-liberales 
Mitglied  des  Zollparlaments;  Sept.  1870  im 
Slsass  dem  Civllgouvemeur  beigegeben,  Kot. 
in  Versailles  dem  Bundeskanzleramt  atta- 
chirt.  Sehr.  ,Erlebnisse  aus  der  Pfälzer  £r- 
hebuxtf*  u.  A. 

Banlboceiaden  (ital.,  spr.  -botsch-),  Genre- 
bilder niederer  Art;  s.  Xoar. 

Bambuky  Land  in  Senegambien,  am  obem 
Senegal,  von  Mandingos  bewohnt;  Gold. 

BambiJM  Schreb.  (Basnbus),  Pflanzengat- 
tung  aus  der  Familie  der  Gräser.  B.  arun- 
dinacea  Wiüd.,  gemeine»  Bambusrohr,  im 
südl.  Hinterasien,  über  40'  hoch ;  die  Halme 
dienen  als  Baubolz,  liefern  Röhren,  Gkfasse, 
Stöcke  etc.;  Junge  Schösslinge  werden  ge- 
gessen (s.  Achia),  Eigenthüm  liehe  Konkre- 
tionen in  den  Kn'oten  alter  Halme  (Taba^ 
scheer)  dienen  in  Ostindien  als  Heilmittel. 

Bamlyan^  wichtiger  Gebirgspass  über  den 
Hindukuh  in  Asien,  8490'  h.,  die  einzige 
fahrbare  Strasse  von  Kabul  nach  Turkistan. 
Das  Thal  einst  Hauptsits  des  Buddhakultus, 
mit  zahlreichen  Ruinen  und  Skulpturen. 

Ban  {Bawus,  Tom  slay.  Pan,  d.  i.  Herr), 
früher  Titel  der  Befehlshaber  der  östl. 
Grenzmarken  des  Ungar.  Reichs,  die  wie 
die  deutschen  Markgrafen  Im  Krieg  und 
Frieden  die  oberste  Gewalt  ausübten ;  gegen- 
wärtig Titel  des  Stotthalters  von  Kroatien, 
Slavonien  und  Dalmatien. 

Banll  (▼.  franz.  ban),  im  Lehnreoht  eine 
Ton  dem  Lehnsherrn  seinen  Vasallen  gegen 
gewisse  Gegenleistungen  zur  Benutzung 
überlassene  Sache;  etwas  Jedermann  zu 
fireiem  Gebrauch  Ueberlassenes ;  etwas  durch 
häufige  Anwendung  bedeutungslos  oder  tri- 
Tlal  Gewordenes,  z.  B.  banale  Phrase. 

Banineiiy  Früchte  ^m  PIsangs,  Musa 
paradisiaca  und  M.  sapientium. 

Baaitj  ein  von  einem  Ban  regierter  Be- 
zirk; Insbes.  Käme  einer  Landschaft  in 
Ungarn,  die  ^omitate  Temes,  Torontal  und 
Krasso  umfassend,  Hauptstadt  Temesvar, 
478  QM. ;  Ton  Jeher  zu  Ungarn  gehörend, 
1849—60  ein  bes.  österr.  Kronland  bildend« 
seitdem  wieder  mit  Ungarn   verschmolzen. 


BftBav^tek  (gr.),  handwerksmässig;  auch 
philisterhaft,  engherzig. 

Baaek)  Karl,  Komponist  und  musikal. 
SchrifkateUer,  geb.  27.  Mai  1811  zu  Magde- 
burg, Schüler  ycm  Klein  und  Fr.  Schneider, 
seit  1840  in  Dresden.    Zahlreiche  Ueder. 

Baaea  (ital.),  die  Geldwähnmg,  nach  der 
eine  Bank  rechnet  und  zahlt,  in  Deutschland 
meist  die  hambuiger  Bankwäbrung  als  all- 

gemeine  BechanngSTaluta  des  hamhuiger 
^rosshandels.  In  der  27>/4  Mark  eine  (kölner) 
Mark  fein  Silber  betragen,  so  dass  eine  Mark 
B.  =  15>^  Sgr.  im  14-Thalerfuss  =  57>/«  Kreu- 
zer im  24Vfl-Guldenfuss  beträgt.  Die  Mark 
wird  in  16  Schillinge  k  12  Pf.  eingetiieilt. 

Baneroft  (spr.  Bank-),  Oeorge,  nordame- 
rikan.  Gesohichtschrelber  und  Staatsmann, 
geb.  8.  Okt.  1800  zu  Worcester  in  Massa- 
chusetts, gründete  18SB  mit  CogsweU  zu 
Northampton  eine  eigne  Lehranstalt,  die 
Roundhillschule,  ward  1838  Kollektor  (Ober- 
zolldirektor) des  Hafens  ▼on  Boston,  1846 
Marineminister,  1846—49  Gesandter  in  Eng- 
land, seit  1867  in  Berlin.  Hauptwerke 
,Histor7  of  the  United  States*  (1834-64» 
9  Bde.}  deutsch  von  KreUteehmar  1845  f.); 
»History  of  the  American  BeTolutton*  (1855» 
3  Bde.),  ,A.  Lincoln'  (1866). 

Band  •  in  Riga  Mass  für  Stückgüter,  =z 
30  Stiick;  eine  Tonne  Butter:  Schmalband 
in  Hamburg  224,  in  Bremen  280  Pfd.,  Bucket- 
band  in  Hamburg  280,  in  Bremen  800  Pfd. 

Bandage  (fr.,  spr.  -dahsoh),  kunstgerechter 
Verband  zur  Bedeckung  von  Wunden,  zur 
Erhaltung  gebrochener  oder  ▼errenkter 
Theile  in  der  richtigen  Lage,  zur  Ausübung 
eines  Druckes  auf  alte  Geschwüre  etc. 
Aeltester  Abriss  der  Verbandlehre  oder  Des- 
mologie  in  Galetu  Schrift  ,De  fasciis*.  Vgl. 
Henkel,  ,Anleitung  zum  Chirurg.  Verbände*, 
bearbeitet  von  Dieffetibach  1889;  Bardd^en, 
,Lehrbuch  der  Ohirurgle  etc.',  1860;  Bavoth, 
,Gompendlum  der  Bandagenlehre',  1870. 

BandagUty  gewerbsmässiger  Verfertiger 
chirurgischer  Apparate,  Binden  etc. 

Bandalnseliiy  etwa  10  kleine  vulkan.  Inseln 
des  indischen  Archipels,  in  der  ^andase« 
(zwischen  den  Molukken  und  kl.  Sunda- 
inseln),  11  QM.  mit  5600  Ew. ;  den  Holländern 
gehörig;  wichtig  durch  Muskatnussreich- 
thum  (Jährl.  ca.  600,000  Pfd.).  Hauptinsel 
Banda-Neira,  Sitz  des  hoU.  Gouverneurs. 

Bandanna.  ans  Indien  stammende  Methode 
der  Färberei,  bei  welcher  Thelle  des  Ge- 
webes ,  die  weiss  bleiben  sollen ,  mit  Bind- 
faden so  stark  zusammengeschnürt  werden, 
dass  beim  Eintauchen  in  die  Farbenbrühe 
keine  Flüssigkeit  eindringen  kann« 

Banda  orientaly  Staat,  s.  ürugnap. 

Bandely  Emat  von,  Bildhauer,  geh,  1800 
zu  Ansbach,  Schüler  der  münchner  Aka- 
demiey  lebt  zu  Hannover ;  bes.  bekannt  durch 
das  kolossale  Arminsdenkmal  (Kopf  14 Va' 
h.)  für  den  teutoburger  Wald,  noch  unvoll- 

Bandelakand,  s.  Bunddkund»  [endet. 

BandeUer  (fr.  bandouliire),  Sohnlterrie- 
men,  an  welchem  früher  die  Patrontascbe 
getragen  wurde ;  Wehrgehenk. 

Bandello^  Matteo,  ital.  Schriftsteller,  geb. 
1480  zu  Castelnnovo  in  Piemont ,   seit  1550 


204 


Bande  noire  —  Bang. 


Erabiscbof  zu  Agen  In  Frankreich ;  f  1562. 
Berühmt  und  berüchtigt  durch  seine  ,No- 
vellen*  (Lncca  1554,  4  Bde.;  deutsch  von 
Adrian  1818,  Anawahl  in  Kdlera  ,Ital.  No- 
Tellenschatz'.  Bd.  3,  1861). 

Bande  noire  (fr.,  spr.  Bangd  noahr, 
Schwarz«  Bande),  in  der  ersten  frans.  Re- 
Tolntion  Name  der  (Gesellschaften  Ton  Ea- 
pitalisten,  welche  Domänen,  eingezogene 
Emigranten-  und  Kircheng^ter  kauften,  um 
sie  in  kleineren  Abtheilung^n  wieder  zu 
verkaufen,  auch  die  darauf  befindlichen 
Baulichkeiten  rücksichtslos  abbrachen,  um 
die  Materialien  zu  verwertben. 

Btndeiien  (y.  nenlat*  handerium,  Fahne), 
im  Mittelalter  die  Beiterbegleitung  ungar. 
Magnaten  und  Prälaten  Im  Felde  und  auf 
Reichstagen,  Jetzt  die  berittenen  Edelleute 
der  Komitate,  welche  in  Nationaltracht  auf 
Reichstagen  und  besonders  bei  Krönungen 
die  militärischen  Honneurs  machen.  Vgl. 
Piringer,  .Ungarns  B.',  1810—16,  2  Bde. 

Banderilla  (span.,  spr.  -ilja),  die  mit  einem 
Fähnchen  versehene  Lanze  der  Kämpfer  im 
Stiergefecht,  BanderiUerot  (spr.  -iljeros). 

Banderole  (fr.,  spr.  Bangdrohl),  Scbiffs- 
wimpel ; Lanzenfähnchen;  Wetterfahne;  Tä- 
felchen mit  Preisbestimmung  einer  Waare. 

Bandettini,  Tereaa,  auch  AmariUa  Tos- 
c'ana  genannt,  Ital.  Dichterin  und  Impro- 
visatrice,  geb.  1763  zu  Lucca,  seit  1789  mit 
Landucci  vermählt;  f  5.  April  1837.  Sehr. 
,Ilime  diverses   Xa  morte  di  Adone*  u.  A. 

Bandgras.  s.  JPhotor»«. 

Bandlnelli,  Baccio,  ital.  Bildhauer,  geb. 
1487  zu  Florenz,  Sohn  des  ber.  Goldschmieds 
Michel  Angelo  de  Viviano ;  f  1569 ;  Neben- 
buhler und  manierirter  Nachahmer  Michel 
Angelos.  Bestes  Werk  die  Reliefgestalten 
der  Propheten,  Apostel,  Tugenden  etc.  am 
Chor  im  Dom  zu  Florenz. 

Bandit  (ital.  bandito,  fr.  äsBostin),  Geäch- 
teter, gedungener  Meuchelmörder. 

Bandknorpel,  Sehnen-  oder  Faserknorpel, 
Euorpelgebilde  zwischen  den  Wirbeln,  in 
Gelenken  zwischen  den  Knochen  in  Form 
eines  Ringes  oder  Halbmondes. 

Banddia  (ital.),  guitarrenartiges  Instru- 
ment, mit  10  Metallsaiten. 

Bandoler  Weine,  die  über  Marseille  aus- 
geführten provencaler  Weine. 

Bandora  (ital.),  zitherartiges  Instrument. 

Bandoska  (Kohoa) ,  böhm.  muslk.  Instru- 
ment, bestehend  aus  einem  mit  Wasser  ge- 
füllten 'Krug,  worüber  ein  Stück  Leder  mit 
Pferdehaaren  gespannt  ist,  die  mit  angefeuch- 
teten Händen  hin-  und  hergezogen  werden. 

Bandscher -MasBing,  ehemals  selbständ. 
Reich  auf  der  Südküste  der  Insel  Borneo, 
jetzt  holländisch;  Hauptort  die  iStod<  B.,  am 
Flusse  Bandaeher,  3000  Ew. 

Bandsteine,  bandartig  gezeichnete  Mine- 
ralien (Achat,  Jaspis,  Marmor). 

Bandtke  (Bandtkie),  Georg  8am.,  poln. 
Geschichtschreiber  und  Sprachforscher,  geb. 
24.  Nov.  1768  zu  Lublin,  seit  1811  Bibliothe- 
kar und  Prof.  zu  Krakau;  f  ^^'  Juni  1835. 
Sehr.  ,Polniscli-deuisches  Wörterbuch*  (1806, 
2  Bde.) ;  ,PoInische  Grammatik  für  Deutsche' 
(1808  u.  öfter);  ,Begebnisse  des  poln.  Volks* 


(1820—36,  8  Bde.)  n.  A.  Sein  Bruder,  Joh. 
Vineens  B.,  geb.  1783  zu  Lublin,  bis  1830 
Prot  der  Rechte  zu  Warschau ;  f  1851 ;  um 
die  Geschichte  des  poln.  Rechts  verdient. 

Bandiuium  (a.  G.),  Stadt  der  Sabiner,  un- 
weit Tibur ;  dabei  der  bandusisehe  QtieU  und 
Horazens  Sabinum. 

Bandweberei,  s.  Weherü, 

Bandwürmer.  Familie  der  Eingeweidewür- 
mer, leben  im  Darm  der  Wlrbelthiere,  treten 
in  Ketten  oder  Kolonien  auf,  bei  denen  das 
Mntterthier,  scolex  (der  Kopf),  an  einer  lan- 
gen Reihe  hermaphroditischer  Thiere  (Glie- 
der) sitzt.  Letztere  schnüren  sich  von  Zeit 
zu  Zeit  ab  und  legen  Eier,  aus  denen  sich 
in  dem  Fleisch  eines  andern  Thieres  ein 
geschlechtsloser  Blasenwurm  (s.  A.i  ent- 
wickelt. Kommt  dieser  wieder  in  den  Darm- 
kanal des  ersteren  Thieres,  so  stösst  er  die 
Blase  ab  und  bildet  nun  den  Kopf  des  Band- 
wurms, welcher  allmählig  immer  mehr  Glie- 
der entwickelt.  Im  Menschen  leben :  der  ge- 
meine Bandwurm,  Ketten-  oder  Kürbiswurm, 
Taenia  solium  L.,  in  Deutschland,  England, 
Holland,  30—50'  1.,  lebt  als  Blasenwurm, 
Finne,  Clysticercus  cellulosae,  im  Schwein. 
Der  $chtearze  B.  oder  Kanalwurm,  T.  medio- 
canellata  Küchenm.,  -äusserst  beschwerlich, 
in  Europa  u.  Afrika.  Blasenwurm  unbekannt. 
Der  breite  oder  schweizer  B.,  Botriocepha- 
Ins  latus  L.,  in  der  Schweiz,  in  Frankreich, 
Polen,  Russland  und  Schweden.  Blasen- 
wurm unbekannt.  B.  machep  grosse  Be- 
schwerden, Uebelkeit,  Erbrechen,  Krämpfe; 
ihre  Gegenwart  wird  konstatirt  durch  Ab- 
gehen von  Gliedern.  Yertreibungsmittel : 
Fari*nkraut Wurzel ,  Granatwurzel,  Kousso. 
Beweis  der  Heilung :  der  abgegangene  Kopf. 

Ban^r  (gewöhnl.  Banner  gen.),  Johann, 
schwedischer  General  im  SOjähr.  Kriege, 
geb.  23.  Juni  1595  auf  dem  Rittergute  Djiirs- 
holm  bei  Stockholm,  ging  als  Generalmajor 
mit  Gustav  Adolf  nach  Deutschland,  befeh- 
ligte bei  Leipzig  den  rechten  Flügel ,  focht 
dann  am  Lech  gegen  Tilly,  bei  Nürnberg 
gegen  Wallenstein,  vertrieb  den  General 
Aldringer  aus  Bayern,  rettete  als  Feld- 
marschall Schwedens  und  des  niedersäclig. 
Kreises  die  Sache  der  Schweden^  durch  die 
Siege  bei  Wittstock  (24.  Sept.  1634)  über  die 
Sachsen  und  bei  Chemnitz  (4.  April  1639) 
über  die  Kaiserlichen;  f  10.  Mai  1641  zu 
Halberstadt. 

BanfT,  Grafsch.  im  nördl.  Schottland ,  SS 
QM.,  59,215  Ew.  Die  Hauptst.  B.,  an  der  MHii- 
dung des Deveron,  6781  Ew.:  Lachsfischerei. 

Bang,  Pster  Georg,  dän.  Jurist  u.  Staats- 
mann, geb.  7.  Okt.  1797  zu  Kopenhagen, 
seit  1830  Prof.  der  Rechte  daselbst,  wirkte 
im  Interesse  des  dän.  Gesainmtstaats  als 
Mitglied  der  g^rundgesetzgebenden  Reichs- 
versammlung, fungirte  Nov.  1848  bis  Sept. 
1849  und  dann  wieder  Dec.  1851  bis  April 
1853  als  Minister  des  Innern  und  des  Kultus, 
trat  12.  Dec.  1854  an  die  Spitze  des  Kabinets, 
welches  2.  Okt.  1855  das  Yerfassung^gesets 
für  den  Gesammtstaat  durchbrachte,  ward 
bei  seinem  Rücktritt  (18.  Okt.  1856)  geheimer 
Konferenzrath  und  Justitiarius  beim  liöcli- 
sten  Gericht;  f  2.  April  18(H..    Hauptwerke: 


Bangalore  —  Bankier. 


20& 


^rebog  1  de  tu  den  Romerske  private  Bet 
lien  hörende  Discipliner*  (1833-89,  8  Bde.) 
and  jSystematiskl^einstelling  af  denDanske 

,  Procesmaade*  (mit  Inkrtan  1841—43,  5  Bde.). 

<     Bangidore.   Stadt  im  ostind.  Königreich 

arsore,  60,000  Ew.    Hanptstatlon  des  brit. 
lit&rs.    Qr.  Oitadelle  (1799  erstürmt). 

Bangkok  (d.  1.  Gartenstadt),  Hanptst.  des 
Xönigr.  Slam,  anderMQndnng  des  Menaro, 
das  «Venedig  des  Orients*,  grösstentheils  aus 
schwimmenden  Bambushfitten  bestehend, 
900,000  £w.  (über  Va  Chinesen).  Zahlreiche 
Tempel  mit  schlanken  Thftrmen.  Handels- 
oentmm  von  Hinterindien. 

Bangor  (spr.  Bftngor),  1)  Hafenstadt  im 
nordamer.  Staate  Maine,  15,000  Ew.  —  2) 
Stadt  im  nördl.  Wales,  Or.  Caernarron,  an 
der  Menaistrasse  (Britanniabrücke),  10,669 
Ew.    Grosse  Schieferbrüche, 

Banim,  John,  irischer  NoTellist,  geb.  1800, 
t  1.  Ang.  184S  KU  Windgap  Cottage  bei 
Kilkenny:  Verf.  trelTlicher  Schilderungen 
ans  dem  Leben  u.  der  Geschichte  Irlands, 
a.  B.  fTtiles  ot  the  O'Hara  familv«  (1825-27). 

Banjalnka.  tfirk.  Stadt  in  Bosnien,  am 
Yerbas,  15,000  Ew.  Starke  Festung;  warme 
Quellen;  röm.  Alterthümer. 

Baqjane^  ind.  Kaufinann,  bes.  Grossh&nd- 
1er  in  den  westl.  Handelsplätzen. 

Banky  Handelsgesellschaft,  welche  die  Er- 
leichterung  n.  Besohleunlgang  des  (Hldver- 
kehrs  sum  Zweck  hat.  Man  unterscheidet: 
1)  Oirdbankm,  blosse  Geldaufbewahrungs- 
anstalten,  die  ihren  Kunden  den  Gtoldtrans- 
port  ersparen,  indem  sie  durch  Ab-  und 
Znschreibung  an  dem  Guthaben  Vorderun- 
gen  und  Verbindlichkeiten  ausgleichen  (die 
norddeutsche  B.  in  Hamburg):  2)  ZeUelban- 
Jtm,  welche  meist  mit  einer  Begierung  in 
mehrfacher  Beziehung  stehen.  Indem  sie 
Antheil  an  der  Kassenyerwaltung  der^ 
selben  haben  und  dem  Staat  für  das  Recht 
der  Notenausgabe  ein  gewisses  Entgelt  in 
der  Form  unverzinslioher  Vorschüsse  oder 
unentgeltlicher  Verrichtungen  aahlen  (die 
B.en  Ton  England,  Frankreich,  die  österr. 
Kationalb.,  die  preuss.  B.) ;  3}  Kredithanktn, 
Gesellschaften,  die  sich  mit  Bankiersge- 
schäften befMsen  und  namentlich  an  der 
Börse  ihren  Wirkungskreis  haben,  indem 
sie  sich  theils  bei  der  Ausführung  Ton 
Geldoperailonen  betheiligen,  theils  Effekten 
erwerben,  um  sie  nach  und  nach  ans  Publi- 
kum abzusetzen,  Iheils  Geld  zu  Börsenge- 
schäften im  Report  (s.  d.)  darleihen.  Das 
Vorbild  der  modernen  Kreditbanken  ist  der 
Orödit  Mobilier  in  Paris,  die  bedeutendste 
Nachahmung  desselben  die  österr.  Kredit- 
anstalt. —  IHe  B.  von  England  ist  gegründet 
1694,  ihr  Kapital  beträgt  14,558,000  Pfd.  St. 
inol«  einer  Forderung  an  die  Regierung  Ton 
11,015,100  Pfd.  St.,  welche  nur  mit  3^  yer- 
izinst  wird  und  kündbar  Ist.  Bie  Gmnd- 
Hage  der  Geschäftsführung  Ist  die  unter 
Minister  Peel  festgesetzte  Bankakte  Tom 
19.  Juli  1844.  Die  B.  ist  zur  Ausgabe  von 
14  Mül.  Noten  berechtigt,  was  sie  darüber 
ausgibt,  muss  durch  Baaryorrath  gedeckt 
sein.  Die  B.  von  Frankreich,  1800  gegründet, 
hat  .ein  Kapital  von  182,500,000  Frcs.,  wo*. 


von  100  MUl.  in  Staatsrente  angelegt  sind. 
Ihre  Ton  der  Regierung  bevorsugte  Stellung 
verdankt  sie  ausserdem  dem  Umstände, 
dass  sie  zu  Vorschüssen  an  den  Staat  bi» 
zum  Betrage  von  80  MiU.  bereit  sein  muss. 
In  ihrer  Notenausgabe  ist  die  B.  an  keine- 
bestimmten  Vorschriften  gebunden.  Die 
iM^rr,  NaHonaXbank,  1816  gegründet,  hat  ein 
Kapital  Ton  110,250,000  Fl.,  darunter  ein  Dar- 
lehen an  den  Staat  von  80  MiU.  für  die  Dauer 
des  Pririlegiums ;  sie  darf  einen  von  Metall 
unbedeckten  Notenumlauf  von  200  MiU.  ha- 
ben. Die  preuss,  B,,  1765  gegründet,  hat  ein 
Kapital  von  20  Mill.  Thlr.,  wozu  noch  der 
Einschuss  des  Staats  kommt.  Die  Höhe  des 
Notenumlaufs  Ist  nicht  durch  bestimmte  Vor- 
schriften flxirt.  —  Vgl.  Bübner,  ,I>ie  B.*,  1854, 
2  Bde.;  TeUkan^f,  ,Ueber  die  neue  Ent- 
wickelung  des  Bankwesens  in  Deutschland', 
4.  Aufl.  1857 ;  Wagner,  »Beiträge  zur  Lehre 
von  denB.enS  1857;  Moter,  ,Die  Kapitalan- 
lage in  WerthpapierenS  1862;  Wirth,  ,Na- 
tlonalökonomie',  3.  Bd.:  Bankwesen,  1870; 
RUterson,  ,Science  of  flnance*,  1868.    v 

Bank^  in  Bei^^erken  eine  durch  Zwischen- 
schichten isolirte  Abtheilung  eines  Flötzes ; 
im  Kriegswesen  (QeeehüUi',  Kanottenbank) 
Erhöhung  hinter  der  Brustwehr  zur  Aur- 
stellung von  Kanonen,  um  mit  diesen  un- 
mittelbar über  die  Brustwehrkrone  (über 
B.)  feuern  zu  können. 

Banka,  Sundainsel,  südöstl.  von  Sumatra 
(die  Bankastretue  dazwischen),  217  QM., 
55,000  Ew.  (viele  Chinesen),  seit  1668  hol- 
länd.;  reich  an  Zinn  (das  beste  der  Erdo, 
Jährl.  gegen  100,000  Ctr.);  Hauptst.  Banka- 
kota,  1600  Ew. 

Bankban  (Bonus  Bank),  bekannt  durch 
sein  an  Gertrud,  der  Gemahlin  des  Ungar. 
Könige  Andreas  II.,  verübtes  Attentat.  Hit 
ihrer  Hülfe  hatte  nämlich  ihr  an  dem  Hofe 
des  Andreas  lebender  Bruder  Eckart  die 
Tugend  der  Gattin  B.s  überwältigt,  weshalb 
der  beleidigte  Gatte  mit  andern  Unzufi-iede- 
nen  das  kön^l.  Schloss  stürmte,  wobei  die 
Königin  niedergehauen  ward.  B.  büsste 
dafür  mit  dem  Tode.  Stoff  zu  GrÜlparzers 
Trauerspiel  ,Ein  treuer  Diener  seines 
Herrn'  (1830). 

Banket  (ft.),  in  Festungen  stufenförmige 
Erhöhung  hinter  der  Brustwehr,  von  wel- 
cher aus  die  Soldaten  über  letztere  schiessen. 

Banket  (ital.),  Schmaus,  festliches  Gelage. 

Bankier  (Banguier,  fir.,  spr.  Bangkleh), 
Kaufmann,  welcher  hauptsächlich  Geld-, 
Wechsel-  und  StaatspapiergeschUte  treibt, 
also  Geldsorten  umwechselt,  diskontirt, 
trasdrt,  Wechsel  für  eigne  und  fremde 
Rechnung  remittirt,  das  Lioasso  firemder 
Forderungen  und  Auszahlungen  für  fremde 
Rechnungen  übernimmt ,  Gresohäffcsleuten 
laufende  Rechnung  eröffnet,  verzinslich» 
und  unverzinsliche  Depositen  annimmt, 
Geld  gegen  Unterpfand ,  Hypothek,  Unter- 
schrift oder 'BtUrgschaft  ausleiht,  Staatspa- 
piere, Aktien,  Obligationen  und  andere 
Werthpapiere  für  eigene  und  fremde  Rech- 
nung kauft  und  verkauft,  ai^  Im  Grossen 
Geldgeschäfte  für  den  Staat  übernimmt, 
Staatsanleihen  vermittelt  etc. 


206 


Banknoten  —  Bans. 


BuikBOtMi^  asTanrinsliche  8^«<ne,  welche 
Ton  ZettellMkakeB  stett  baaren  Qeldea  aas- 
gecebeB  werden,  keinen  gecwnngenen  Ktirs 
haben  nnd  an  der  Bank  tn  jeder  Zeit  gegen 
die  danuif  angegebene  Summe  Metallgeld 
umgewechselt  werden  mflesen. 

Bankport«gal5fnry  hambnrgar  goldene 
Schaamvnie,  s  10  Dukaten. 

Bamlorott  (▼.  ital.  hamec  rotto,  aerbroohene 
Tafeli  weil  frftber  die  Zahlbank  insolventer 
SZanflente  dfrentllch  seibrocfaen  bq  werden 
pflegte),  auch  FatUstemmi,  Zustand  der  Zah- 
langsnnlfthigkelt  (InsoWens)  eines  Schnld- 
ners  (Falliten)  gegenüber  der  Gesammthelt 
seiner  Gülabiger,  wird  snm  Konkars  (s.  d.), 
wenn  der  Sohnidner  nicht  mit  den  Gl&nbi- 
gem  akkordirt  (sich  vergleicht) ,  Ist  vnver- 
3chtddet9r,  in  Tolge  von  Ungl&cksfillen, 
namentlich  Verlosten  bei  B.  anderer  Per- 
sonen ;  IHehiHnniger ,  bei  gemachtem  über- 
mässigen Aufwand,  naehlftssiger  Geechftfts- 
führtiBg,  gewagten  Unternehmungen;  frS«- 
toillig«!^,  bei  betrügerischem  Verfahren  Eum 
ScbaMen  der  GIAubigerschaft.  AelterePar- 
tiknlarreohte  bestraften  B.  mit  Ausstellung 
am  Pranger;  die  neueren  Gesetzgebungen 
bestrafen  lelehtsinnlgen  B.  mit  Gefängniss, 
böswilligen  mit  mehrjähriger  Zwangsarbeit. 

Bankt  (spr.  B&ngks),  1)  Thomtu,  engl. 
Bildhauer,  geb.  28.  Dec.  1735  su  Lambeth, 
f  2.  Febr.  1806  zu  London.  Werke  von  ihm 
in  derWestminsterabtel  und  St.  Paulskirche. 
—  S)  JfhthamUl  J^enii»» ,  nordamer.  Staats- 
mann, geb.  SO.  Jan.  1816  bu  Waltham  in 
Massachusetts,  ward  1851  Präsident  der 
Staatsgesetigebung,  1852  Mitglied  des  Bun- 
deskongresses, 1857  Gouverneur  von  Massa- 
chusetts, befehligte  im  Bürgerkrieg  als  Divi- 
sionsgeneral 9.  Aug.  1862  in  der  Sehlacht 
bei  C^dar-Mountain  in  Virginien,  übernahm 
im  Dec.  dess.  Jahres  an  der  Stelle  des  Ge- 
nerals Butler  die  Verwaltung  in  Louisiana, 
leitete  im  Sommer  1868  die  Berennung  von 
Port -Hudson,  das  sich  8.  Juli  ergab,  focht 
glücklich  im  vrestl.  Louisiana,  okkuplrte 
Okt.  die  Süd  Westküste  von  Texas,  nahm 
dann  die  Reorganisation  des  Staats  Louisiana 
in  die  Hand,  mehrfach  als  Präsidentschafts- 
kandidat in  Vorschlag  gebracht.  —  S)Edw9rd, 
Syndikus  von  Hamburg,  geb.  das.  28.  Febr. 
1796,  übernahm  1847  die  Leitung  der  aus- 
wärtigen Angelegenheiten,  ging  als  Bnndes- 
tag^gesandter  naoh  Frankfurt,  nach  den 
Märxerrignissen  von  1848  als  Bandesge- 
sandter nach  London  und  Kopenhagen,  ver- 
trat Hamburg  im  Verwaltuugsrathe  und  im 
FürsteBkolIegtum  SU  Bertin,  sowie  im  erfarter 
Parlament  und  bei  den  dresdner  Konfe- 
ren3en,nahm  nach  Reaktivimng  der  Bondes- 
versammlung  In  dieser  seinen  Sita  wieder 
ein;  f  17.  Dec.  1851  an  Veytaux  bei  Vevay 
am  Geafersee.  ~  4)  Bir  Joseph,  verdienst- 
vollnr  Förderer  der  Naturforseliung ,  gob. 
13.  Febr.  1748  lu  NeveshV' Abbey  in  Lincoln- 
shire,  Begleiter  Cooks,  Gründer  der  AIHean 
assodation,  Entdecker  der  Ba«al(»iulen  tob 
Staffa,  verdient  um  die  Veredlung  der  Scha^ 
sucht ;  t  19.  März  1820  in  London. 

BsBkBUUid  (spr.  Mngks-,  Borfaf»fa»el>, 
Insel  des  arktiselien  Amerika,  stkdl.,vo«  d»r 


MelvillelnBel  (die  J?anAsifr«MSe  daswischen); 
1819  von  Parry  gesehen,  1850  tou  MacGluro 
näher  untersucht. 

Buuiy  Küstenfluss  fan  n8Hl.  Irtand,  dundi- 
8tr5mt  den  Lough  Feagh;  22  H. 

Bam  (lat.  hamutä,  bammtm),  die  «inam 
geistl.  oder  welfl.  Richter  (Bamth«rm)  sn- 
stehende  Gewalt  und  G«rlchtsbarkeft  Mäher 
Kutiann,  Recht  über  Leben  und  Tod);  da« 
Gebiet,  über  welches  sich  dieselbe  erstreiket; 
das  vom  Bannherm  ausgesprochene  Gebot 
oder  Verbot  (daher  HeerAom»,  Aufgebot  Bum 
Heer);  die  gegen  den  Säumigen  ericannte 
Strafe,  inebes.  Ausweisung  aus  dem  Ctebiete 
(analog  mit  Acht)  und  Ausstossung  ans  der 
kirchl.  Gemeinschalt  (Ktrehtnbann);  dann 
Überhaupt  Bezirk,  In  welchem  gewisse  Ein- 
flüsse oder  Rechte  ausgeübt  werden. 

Banner  (Bmier,  fr.  banni^re),  Heerfahne, 
Feldzeichen,  um  das  sieh  ein  kriegerisehoB 
Aufgebot  sammelt;  dann  ein  solches  Kon- 
tingent selbst.  Das  deutsche  Reichsheer 
ward  durch  die  B.  der  Herzöge,  Grafen, 
Reichsstädte  und  Relehsireiherren  (Banner» 
kerren).  gebildet.  Symbol  des  Oberbefehls 
war  das  Beu^apanier,  firüher  in  Wimpelfbrm 
mit  dem  Bilde  des  lärzengels  Michael,  seit 
dem  12.  Jahrb.  mit  dem  Adler.  Des  Reichs 
Bturtt^fahne,  das  Symbol  des  Rechtes  zum 
Vorstreite,  trug  In  der  Regel  Schwaben. 
Das  Recht  zur  Führung  des  Reichsbanners 
war  eins  det  eitlen  Streitobjekte  unter  den 
Würdenträgern  des  Reichs. 

Bannmeile,  ehemals  Berekdi  des  Markt- 
Schutzes  einer  Stadt;  Weichbild  eines  Orts 
ale  Gerichtsbezirk. 

Bannoekbwrn  (spr.  Bannoekb6m),  Dorf 
bei  Stirling  in  Schottland.  24.  Juli  UUfSteg 
d.  Schotten  unter  Bruce  über  die  Engländer; 
II.  Juni  1488  Schlaeht  zwischen  K.  Jakob  m. 
und  seinen  Unterthanen;  letztere  Sieger. 

Bannreeht  (Bannfferechtigkeit).  das  eltier 
bestimmten  Person  Busteheiide  Recht,  vtm 
Andern  zu  fordern,  dass  sie  Bedürfiiisse 
einer  bestimmten  Art  nur  durch  sie,  als 
Bannberechtigte,  befriedigen  lassen,  ward 
in  der  Regel  gegen  die  Einwohner  eines 
bestimmten  Orts  oder  Bezirks  (BmmbttMts) 
ausgeübt,  z.  B.  der  Mahl-  und  Bierzwang 
als  wichtiges  Vorrecht  der  Stödte  etc.  In 
neuester  Zeit  Hut  allenthalben  durch  Ab- 
lösung beseitigt. 

Bannwmldy,  Wald ,  In  welchem  kein  HoIb 
gefällt,  kein  Wild  geschossen  werden  darf. 

Baue»  (Span.,  spr.  Banjos),  Bäder,  Name 
zahlreicher  span.  Badeorte. 

Banshee  (spr.  Bansehi),  in  Irland.  Sagen 
ein  gespenstisches  weibliches  Wesen,  dessen 
Erscheinen  den  bevorstehenden  Tod  einee 
Famrillengliedes  bedeutet. 

BMtIngknr.  diitetisohe  Ifothode  zur  Hei- 
lung übertriebener  WohlbelelblSieit,  tob 
Harvpy  erdacht  und  von  Banting  in  LondoBt 
zuerst  benutzt  (1868). 

Bantrjbal  (spr.  Bintri-),  tieft  Bndkt  na 
der  Südwestecke  Irlands. 

Bans 9  ehem.  reiche  Benediktinerabtel  In 
Oberfrankett,  über  dem  Main;  1808  sikate- 
risirt,  jetzt  ScMose  des  HeMogB  IEbx  im 
Bayern;  PetrefakCeaiammlang. 


1 


Baobab  —  Baräbasteppe. 


207 


BAobab«  s.  A^^nbroäkatm, 
BMMur-LoniiMii  (spr.  B»-«r  Lermlang), 
JPierre  Frat^f,  Loui» ,  frani.  Dichter  der 
«raten  Kaiserseit,  geb.  84.  M&rs  1770  za 
Toaloiue,  f  in  Parte  1856.  Strenger  eogen. 
Klassiker;  UebersetsM-  des  Oeslan  a.  Tasso. 
Baphomn^  Symbol  der  Temp^herren, 
TeofelsbUd,  welches  sie  nach  Aussage  ihrer 
Ankl&ger  angebetet  haben  seilen,  nach 
j5aNMi«r  (.FundgrabMi  des  OrientsS  Bd.  6) 
mannweibUcbes  SteinbiM  mit  9  Köj^en,  nm« 
geben  von  Schlangen,  Sonne,  Mond  etc. 

Baptisten  (gr.),  d.  i.  Tftafer,  dlcdeaigen 
christlichen   Sekten,    welche    die   fibliche 
Tanfe  als  nnbifolisch  Terwerfon  und  allein 
die  wahre  sohriftgemässe  l^nfe  su  haben 
behaupten,  daher  sie  die  sn  ihnen  Ueber- 
tretenden  noch  einmal  tanfen.     Sie  stehen 
weder  mit  den  Wiedertäufern  der  Befor- 
matloasceit,  noch  mit  den  heutigen  Men- 
noniten    oder    Taufgesinnten     in     histCMri- 
schem  Zusammenhang,  gingen  TonBngland 
aus  in  Folge  von  Beformbestrebnngen  inner- 
halb der  Poritantf  und  Independenten.  Die 
erste    baptistische    Gemeinde    in  ]&igland 
wurde  1^  gegründet.    Der  englische  Bap- 
tismus hat  Torberrsohend  reformirtes  Ge- 
präge; ausserdem  sind  seine  Hauptmerkmale 
religiöser  Subjektivismus  bei  starrem  Fest- 
halten am  Bibelbuebstaben,  Gteringschätanng 
der  theol.  Wissenscliaft  und  neuerlich  immer 
unverhohlener  sich   kundgebender  Wider- 
wille gegen  jede  festere  Glaubensnorm  als 
Beeinträchtigung  des  allgem.  Priesterthoms. 
Nach  voräbergehender  Duldung  unter  Crom* 
>vell  als  Revolutionäre  verfolgt,  wurden  die 
B.  erst  unter  Wilhelm  IIT.  mit  den  übrigen 
Dissenters  in  die  Toleranaalcte  .von  1689  mit 
einbegrilfen  und  geniessen  seitdem  mit  den 
Kongregationallsten    und     Presbyterianern 
gleiche  Rechte.    Ihre  beiden  Hauptparteien 
sind  die  Purtitular'BQpH^,  die  an  dw  oalvin. 
Prädestinatioaslehre    festhaltMi ,     die    bei 
weitem  xahl reicheren,  in  England  an  1800, 
in  Amerika  an  8000  Gemeinden  umfMsend, 
und   die  General' BoplisU  (auch  Universal- 
oder Freewili-Baptists),  welche  Jene  Iiehre 
verwerfen ,   in  England   120 ,   in  Amerika 
liegen  llOO  Gemeinden  aählend.    Von  ihnen 
trennte  sich   1770  die  orthodoxe    Fraktion 
als    <7eneraZ-B«y»<l«l9-iireio-0(mn«Bio«.    Von 
den  Partikularbaptisten  haben  sich  nach  «nd 
nach  zahlreiohekleine  strengere  Partei«!  ans- 
fifeschieden,  so:  die  Ihih^tarier  od.Seventh- 
dny-Baptists,  1685  von  Franz  Bompfield  ge- 
stiftet, welche  statt  desSoantags  <ton  Sonn- 
abend feiern;  die  Tufiker,  welche  nnr  das 
Uutertauehen  in  einem  Flusse  oder  Teich 
Tür  schriflgemässe  Taufe  halten;  die  iVtfM* 
liaiuT,  von  dem  Deutschen  Jak.  VrjwuA  1724 
grestiftet,  welche  ebenfitils  den  Sabbat  feiern 
und  Ton  den  »Yollkommnen'   Ehelosigkeit 
fordern ;    die  Jumpert  (Springer),  dardi  ihre 
Versnckungen  im  Stadium  der  Wiedergebart 
den  Metbodteten  verwandt,  1803  von  einem 
Mühlknecht  Albreoht  gestiftet.  Freiere  Sek- 
ten sind  die  Bt/ormed' Baptist»,  nach  ihrem 
Stifter    onch    Oampbelliten    und    Jvmger 
Christi*  genannt,    welche  statt  jeden  Be* 
iceantnlsses  nur    die  T$mH   aur  Sünden« 


Vergebung  und  Wiedergeburt  fordern,  so- 
wie die  mhlreichen,  aus  B.  nnd  Pres- 
byterianern  hervorgegangenen  ,Ohristen* 
(Christian- Gonnexion),  welche  die  Feier 
der  Sonn-  und  Festtage,  sowie  die  Lehre 
von  der  Dreieinigkeit,  von  Holle  und 
Teufel  und  selbst  Taufe  und  Ehe  ver- 
werfen, auch  allen  Gemeindegliedem  das 
Predigen  gestatten,  und  die  Si»-Prineiple*- 
BaptiaUt  deren  Glaubeasbekenntniss  nach 
Hebr.  6,  1  n.  8  sech«  Punkte:  Busse, 
Glaube  (an  Gott),  Taufe,  Händeauflegen, 
Auferstehung  der  Todten,  ewiges  Gericht 
enthält.  Die  €tosammtaahl  der  amerikan. 
B.  mag  an  6  Mlll.  betragen.  Ihre  Kirchen- 
Verfassung  tet  kongregatimalistisch,  inso- 
fern Jede  EUneelgemeinde  vollkommen  sou- 
verän ist  und  nur  sra  fireien  Berathungen 
mit  anderen  demselben  Bunde  angehörigen 
Gemeinden  sunnimentritt.  Um  der  Sekten- 
zersplitterung Einhalt  au  thnn ,  ward  181S 
in  England  die  Baptist -UM^n  gegründet, 
welche  alle  Partikniar-  und  Universalbap- 
tisten SU  gemeinsamer  Arbeit  an  .der  ,För- 
derung  des  göttlichen  Reichs*  vereinigen 
will.  Die  erste  Baptistengemeinde  in 
Deutschland  wurde  loSi  von  Onksn  in 
Hambuig  gegründet.  Aber  erst  seit  1851 
fand  dn  Baptismus,  gefördert  durch  die 
damals  mächtige  reaktionäre  Strömung, 
weitere  Verbreitung.  Seine  Anhänger  wa- 
ren anfangs  (  namentUoh  in  lutherisichen 
Ländern,  harter  Terfolgnng  ausgesetzt  und 
erfuhren  erst  mildere  Behandlung,  als 
sich  die  evangel.  Allianz  ihrer  annahm 
und  den  König  Friedrich  Wilhelm  lY.  von 
Preussen  günstiger  für  sie  stimmte.  Wirk- 
liohe  Duldung  ist  ihnen  aber  erst  seit  1858 
zu  Theil  gewerden.  1854  ward  ihre  Zahl 
au  etwa  5000,  1860  auf  nahe  an  8000  ange- 
geben. 1868  zählten  sie  47  Gtemeinden  in 
Deutschland  und  im  Ganzen  70  ,Stationen* 
auf  dem  europ.  Kontinent.  {Imptmittel- 
pnnkt  ist  noch  immer  die  hamburger  Ge- 
meinde unter  Omkens  Leitung.  In  Ham- 
burg versammelt  sieb  auch  alle  drei  Jahre 
die  Bnnde^onferenz  der  deutschen  Ver- 
einigung, welche  wieder  in  eine  preussische, 
nordweittliche ,  mitteldeutsche  nnd  süd- 
deutsche zerfällt. 

Baptisterlnn  (gr.,  Taufhaus),  Gebäude 
zur  Vornahme  der  Taufliandlung,  anfangs 
n^lMin  der  Kathedrale  errichtet,  von  runder 
oder  aohteokiger  Formt  la  der  Mitte  mit 
einem  weiten  und  tietfen  Becken,  in  welches 
der  Täufling  stieg. 

Bafwaina,  Stamm  der  Betschuanen. 

Bar»  bei  d[enMeistersängem,  s.  v.  a.Lied. 

Bar»  Stadt  im  westruss.  Ge^v.  Podolien, 
(Ukraine),  8104  Ew.  Hier  89.  Febr.  1768 
Kos^Msraiion  poln.  Edelleute  gegen  den 
russ.  Einfluss  am  Hofe  des  Klinigs  Stanislaus 

Bar,  %.  ÄniivarL  [August. 

Bar  (Baroü),  ^hem.  Hensogthum  a wischen 
SVankreich  und  I>eut8chland,  im  15.  Jabrh. 
mit  Lothringen  vereinigt,  das  Jetzige  Depart. 
Haas.   Hauptst.  Bar  le  duc. 

BarabMten^y  Steppe  im  asiat.  Russland, 
zwischen  Ob  und  Irtysoh,  an  100  M*  1.,  über 
100  M.  br.,  nur  im  Frühling  bewachsen,  im 


208 


Barabra  —  Barbarelli. 


Sommer  und  Winter  mit  dfirrer ,  salc-  oder 
■chneebedeckter  Oberfläche.  Die  Bewohner 
(Barabituten)  Nomaden  türk.-tatar.  Abkunft. 
Vel.  Middendorff,  »Die  BarabaS  1870. 

Baribrty  Stamm  der  Nabler. 

Baricke.  von  Stroh,  Reisig,  Bretern  etc. 
erbaute  Hatte  bes.  f&r  Truppen,  welche  im 
Xiager  oder  auf  Vorposten  stehen. 

Baragnay  d*Hiill«n  (spr.  Baragft  d'lljeh), 
1)  Louis ,  ff anz.  General,  geb.  18.  Aug.  1764 
BU  Paris,  nahm  unter  Bonaparte  an  den  Teld- 
zügenln  Italien  1796  u.  1797  Thell,  focht  Im 
Winterfeldzuge  von  1799  unter  Macdonald 
in  Oraubünden,  1809  unter  Eugen  bei  Raab, 
übernahm  dann  den  Oberbefehl  in  Tirol, 
kommandirte  1810  in  Oberkatalonien,  führte 
im  russ.  Feldznge  von  1812  eine  Division, 
dann  GouTemenr  in  Berlin ;  f  das.  Im  Dec. 
1812.  —  2)  Achiüe,  ft-anz.  Marschall,  Sohn 
des  Vor.,  geb.  6.  Sept.  1795  in  Paris,  focht  bei 
Leipzig,  1844—47  Generalinspektor  der  Infan- 
terie, als  Mitglied  der  konstituirenden  und 
gesetzgebenden  Nationalversammlung  eiiH- 
ger Konservativer,  ging  Nov.  1849  als  Ober- 
befehlshaber der  flranz.  Interventionsarmee 
nach  Rom,  erhielt  Jan.  1851  an  Changamiers 
Stelle  das  Kommando  der  Truppen  in  Paris, 
nach  dem  Staatsstreiche  den  Gesandtschafts- 
posten in  Konstantinopel,  1854  den  Oberbe- 
fehl über  das  nach  der  Ostsee  bestimmte 
Expeditionscorps  und  nach  der  Einnahme 
vonBomarsund  den  Marschallsstab  und  die 
Senatorwurde.  Im  ital.  Kriege  1859  Kom- 
mandant des  ersten  Armeecorps,  dann  des 
fünften  in  Tours  und  1868  des  Lagers  von 
Chälons;  nach  Ausbruch  des  Krieges  mit 
Deutschland  Aug.  1870  Kommandant  v.Paris. 

Bannia .  Berg  der  Karpathen ,  auf  der 
Bchles.-gahz.  Grenze,  4062';  Weichselquelle. 

Baranken  (Bchma9tn),  schwarze  und  graue 
Lammfelle,  bes.  aus  Perslen,  Astrachan,  der 
Krim  u.  Ukraine,  feines  Pelzwerk.  Gröberes 
aus  Ungarn,  der  Türkei,  Italien,  Südfrank- 
reich, Holland,  Seeland,  Norddentsohland. 

Barante  (spr.  Barangt),  Amable  QuUlaumt 
Prower  Brugiire,  Baron  ton,  fkanz.  Staats- 
mann, Geschichtschreiber  und  Publiclst, 
geb.  10.  Juni  1783  zuRiom,  wurde  1815  Staats- 
rath,  1819  Mitglied  der  Pairskammer,  hier 
bis  1825  entschiedener  Gegner  der  Restau- 
rationspolitik, 1828  Mitglied  der  fhtnz.  Aka- 
demie, nach  1880  als  eifriger  Anhänger  der 
Julidynastie  Gesandter  in  Turin  und  Peters- 
burg, verliess  nach  der  Februarrevolution 
den  Staatsdienst;  f  23.  Nov.  1866  in  Paris. 
Hauptwerke:  »Histolre  des  ducs  de  Bour- 
gogne  de  la  maison  de  Yalois*  (1824—26, 
18  Bde.;  1854,  12  Bde.);  ,Hl9toire  de  la 
Convention  nationale'  (1851—1858,  6  Bde.); 
,Histoire  du  direotoire  de  la  r^publique 
Itan^ise'  (1855,  8  Bde.)  und  ,Le  parlement 
et  la  Fronde*  (1854).  Uebers.  von  Schillers 
dramat.  Werken  (1821,  6  Bde.). 

Bar&nya.  ungar.  Komitat,  Kr.  Jenseits  der 
Donau,  zwischen  Drau  und  Donau,  92,5  QM., 
262,800  Ew.    Hauptst.  Fünf  kirchen. 

Baratarlab^i,  Bucht  im  mezik.  Golf,  im 
SO.  V.Louisiana ;  ehedem  Piratenzufluchtsort. 

Barateaa  (spr.  -tob),  Emile,  franz.  Schrift- 
steller in  Paris,  Kabinetsohef  des  Vicomte 


de  Martignac  im  Minifterfvm  de«  Innern;, 
t  16.  Febr.  1870.  Zahlr.  populäre  Romane- 
(»Jenny  l^ouvridre',  ,Oomme  a  vingt  ans'  ete.). 

BaratliiBkQ^Jev^eN^/^fom,  mss.Dichtar, 
firüher  Offizier,  f  im  Sept.  1844  zu  Neapel ^ 
folgte  der  Richtung  Puschkins.  Unter  sei- 
neu  Dichtungen  (1883,  2  Bde.)  ,EdaS  ,Der 
Ball'  und  .Die  Zigeunerin*  hervorzuheben. 

Baratten«  (ital.,  TauechgesehUft ,  Betrü- 
gerei), in  der  Seemannssprache  Jede  betrü- 
ferische  oder  gesetzwidrige  Handlung  des 
chifl'skapitftns  oder  der  Mannschaft  zum 
Nachtheil  des  Rheders  oder  der  Ladung 
eines  Kauffohrtelsehifi's.  In  den  meisten 
Landern  und  auch  nach  dem  deutschen 
Handelsgesetzbuche  kann  man  gegen  Ver- 
luste durch  B.  Assekuranz  erheben. 

Baratt«»  (fr.,  spr.  Baratt),  Schutzbriefe, 
welche  von  den  Gesandten  am  Hofe  zu 
Konstantinopel  christl.  und  and.  Kaufleu« 
ten  ausgestellt  werden. 

Baratthandel  (  Tcnuehhandii),  kommt  noch 
im  Verkehr  mit  unoivilisirten  Völkern,  na- 
mentlich in  Afrika,  vereinzelt  auch  zwischen 
gebildeten  Nationen  vor.  Man  bamtHr^  oder 
troquirt  hier  vornehmlich  solche  Artikel, 
welche  der  sie  besitzende  Theil  weniger 
gut  zu  verwerthen  weiss  als  der  sie  im 
Tausch  annehmende. 

Barbadoefl  (spr.  BarbMos),  Insel  der  klei- 
nen Antillen,  seit  1624  britisch,  8  QM., 
152,727  Ew.  (18,000  Weisse);  grösstentheils 
Korallenfels,  erst  durch  Menschenhand  mit 
einer  Humusschicht  bedeckt,  flach,  nur  im 
NO.  bis  1100'  hoch ;  nach  Jamaika  die  wich- 
tigste d.brit.  Antillen.  Hauptst.  Brldgetown. 

Barbar  (gr.),  bei  den  Griechen  Jeder 
Ausländer,  nach  den  Perserkriegen  mit  dem 
Nebenbegriff  des  knechtischen  Gehorsams, 
der  Rohheit,  idedriger  Gkuiinnung;  bei  den 
Römern  Bezeichnung  aller  Völker,  denen 
grieeh.  und  röm.  Bildung  abging,  besonders 
auch  der  Germanen.  Barbarisch  und  Bctr- 
barismue,  in  der  Sprachkunde  fehlerhaüfeer 
Ausdruck.  Vgl.  Both,  ,Ueber  Sinn  und  Ge- 
brauch des  Namens  B.*,  1814. 

Barbara^  Heilige,  t  als  Märtyrerin  unier 
Maximin  um  286  in  Nicomedia  inBithynien, 
der  Legende  nach  von  ihrem  eignen  Vater 
Diesoorus  enthauptet,  der  darauf  vom  Blitz. 
erschlagen  ward,  daher  bei  Gewittern  an- 
gerufen und  Schntzpatronin  der  Artillerie; 
Bainte- Barbe,  die  Pulverkammer  auf  f^anz. 
Kriegsschifl'en.    Tag  4.  Dec. 

Barbara^  Oiarles,  franz.  Schriftsteller, 
geb.  1822  zu  Orions ,  f  ^l*  Sept.  1866  8u 
Paris  durch  Selbstmord.  Sehr,  den  Roman 
,I/assasBinat  du  Pont  Rouge'  (1856),  ,Mes 
petites  maisons'  (1860),  ,ArTZang'  (1864)  u.A. 

Barbarei  (gr*)»  Zustand  eines  Volks,  in 
welchem  es  noch  der  Kultur  und  OivilisatioB 
ermangelt;  rohes,  grausames  Benehmen. 

Barbsreiliy  Giorgio,  gen.  GiorgUme,  ital. 
Maler,  geb.  1477  au  Gastelfiranoo,  Schüler 
von  Giov.  Bellini,  f  1511  zu  Venedig. 
Gründer  der  eigentl.  venetian.  Schule,  wett- 
eiferte mit  Tizian  an  Pracht  nnd  Weichheit 
des  Kolorits  wie  an  Grossheit  des  Stils, 
steht  ihm  aber  in  der  Zeichnung  nach. 
Vorzüglichste  Werke:    Jakob  und    Rahel 


Bübsreskenstaaten  — -  Barclay« 


209 


(Dresden),  Seestnrm  (Akademie  ra  Vene« 
dlg),  das  KoQcert  (Floreni),  Moses  ans 
d«n  Wasser  gesogen  (Mailand)  n.  a.  Sein 
bedeutendster  Nachahmer  Palmayecchio. 

Barbareskenstaaten,  s.  Berberei, 

Barbarossa  (Mothbart),  Beiname  des  dent- 
sehen  Kaisers  ITriedrich  I. 

Barbarossa,  Beiname  zweier  algierischen 
Seeräuber :  1)  Mmitk,  Sohn  eines  anm  Islam 
übergetretenen  Töpfers  su  Castro  auf  Les- 
bos,  als  Seer&nber  der  Schrecken  des  Biit- 
telmeerSf  ward  1516  vom  Emir  von  Algier 
gegen  die  Spanier  zu  Hülfe  gerufen ,  Ter- 
jagte  diese,  Hess  den  Emir  erdrosseln  und 
sich  selbst  zum  Herrscher  ron  Algler  aus- 
rufen, ward  bei  Oran  vom  span.  Statthalter 
Marchese  de  Gtomarez  geschlagen  und  1519 
auf  der  Flucht  aus  Tlemsan  getödtet.  — 
8)  Khaireddin  (ffayreddin) ,  Bruder  und 
Nachfolger  des  Yot»^  kühner  Seeräuber, 
bemächtig^te  eich  der  Stadt  Tunis,  ward  Ton 
Karl  y.  15S5  bekriegt  und  geschlagen,  er- 
oberte 15S9  GastelnuoTo  an  der  dalmatin. 
Küste,  Temichtete  1540  eine  chrlstl.  Flotte 
bei  der  Insel  Kandia,  zog  1543  mit  starker 
Seemacht  dem  König  Franz  I.  von  Frank- 
reich zu  Hülfe ;  t  1^7  zu  Konstantinopel. 

Barbarossaholiie,  neuerl.  entdeckte  grosse 
Höhle  in  der  schwarzburg  -  rudoist.  Unter- 
herrschaffc,  unter  der  Falkenburg;  8  Abthei- 
lungen, 800,  eOOunddOO'  I.,  mit  9 Teichen; 
Wand  und  Decke  fester  Gyps. 

Barbaroiix  (spr.  -ruh),  franz.  Revoltitlons- 
mann,  geb.  6.  März  1767  zu  Marseille,  ward 
1792  als  Agent  nach  Paris  gesandt,  schloss 
sich  als  Konventsdeputirter  den  Girondisten 
an,  ward  als  Gegner  Bobesplerres  und 
Marats  royaliat.  Gesinnung  angeklagt,  81. 
Mai  1798  proskribirt,  auf  der  Flucht  gefangen 
und  85.  Juni  1794  guillotinirt.        (7897  Ew. 

BarbastrOy  Stadt  in  der  span.ProT.Huesoa, 

Barbe^  Barbus  Ouv.,  Fischgattung  aus  der 
Familie  der  Karpfen-  oder  Weissflsche.  Die 
gemeine  B.,  B.  fluTiatllis  Ouv.,  Oyprinus 
Barbus  L.,  bis  2*  I.,  in  süssen  Gewässern 
Mitteleuropas.    Rogen  ungeniessbar. 

Barb^s  (spr.  -bäh),  Armand,  franz.  Re- 
volutionär, geb.  18.  Sept.  1810  zu  Pointe -k- 
Pitre  auf  der  Insel  Gouadeloupe ,  studirte 
seit  1880  zu  Paris  die  Rechte,  ward  als 
Mitrastifter  des  InsurrektionsTersuchs  vom 
12.  Mai  1889  von  der  Pairskammer  zum 
Tod  Terurtheilt,  zu  lebenslänglicher  Haft 
begnadigt,  durch  die  Februarrevolution 
1848  befreit,  Mitglied  der  konstituirenden 
Yersammlung,  wegen  Betheiligung  an  dem 
Attentat  vom  15.  Mai  1848  gegen  die  National' 
Tersammlung  zur  Deportation  verurtheilt, 
aber  au  lebsnslängllchep  Haft  nach  Belle- 
Isle-en-mer  abgeführt,  von  Napoleon  IIL 
freigelassen,  lebte  seitdem  in  freiwilligem 
Xzil  in  Belgien;  f  86.  Juli  1870  Im  Haag. 

Barbi^  du  Boeagr«  (spr.  B.  du  Bpkahsch), 
Jean  Denis,  firanz.  Geograph,  geb.  88.  April 
1760  zu  Paris ,  seit  1809  Frof.  am  OoU^e 
de  France;  f  K*  I>eo.  1885.  Lieferte  den 
Atlas  zu  Biartbttemys  ,Voyage  da  Jeune 
Anacharsis'  (1789),  mit  Saint« -Oroix  die  ,M^ 
moires  historiques  et  giograpbiques  sur  les 
pays  sitnte  entre  la  mer  noire  et  la  m«r 

Meyert  Band- Lexikon* 


caspienne*  (1797).  Sein  Sohn  Mex,  Fräd4ric 
B,,  geb.  1796,  Prot  der  Geographie  an  der 
Facult6  des  lettres  in  Paris ;  f  85.  Febr.  1885. 

Barbier  (spr. -hieb),  Henri  Auguste,  f^anz. 
satir.  Dichter,  geb.  88.  April  1805  zu  Paria, 
lebt  das.  Hauptwerk :  ,Jambes*  (1888,  deutsoli 
von  FUrsUr),  energische  Strafgedichte  at^ 
die  polit.  und  sociale  Korruption,  Habsucht, 
Stellenjägerei  etc.  der  höhern  ftanz.  Stände ; 
weniger  kräftig  die  späten  Tendenzgedichte 
,11  Pianto*  (1884)  und  ,Lasare«  (1887),  welche 
den  itai;  u.  engl.  Zuständen  gewidmet  sind. 

BarbleilL  Qiowami  Franeeseo,  gen.  Guer' 
eino  (dar  Schielende),  ital.  Maler,  geb.  1590 
zu  Gento,  f  1666  zu  Bologna;  in  seinen 
frühern  Bildern  markig,  naturalistisch; 
später  mehr  das  Zarte,  Weichliche  darstel- 
lend. Hauptwerke:  Fresoobild  der  Aurora 
und  die  sterbende  Dido  (Rom),  mehrere 
grosse  Bilder  zu  Bologna. 

Barbltoiif  lyraförmlges  Saiteninstrument 
der  alten  Griechen. 

Barboraea  X.  (Barbe,  Barbenkraut),  Pflan- 
zengattung aus  der  Familie  der  Gruciferen. 
B.  vulgaris  L,,  gemeines  Barbetdcraut ,  in 
Europau.  Sibirien,  g^gen  Skorbut  angewandt. 

Barbonr  (spr.  Bärbör),  John,  sehott.  Dich- 
ter, geb.  um  1316,  f  1396  als  Archidiakon 
zu  Aberdeen.  Verf.  von  ,Tlie  Bruce'  (her- 
ansgeg.  von  Ptnkerton  1790),  einer  nationalen 
Heldenchronik  in  ifnssigen  Jamben,  auch 
als  Sprachdenkmal  wichtig. 

Barblida  (spr.  Barbjuda) ,  brit«  Insel  der 
kleinen  Antillen,  nördl.  von  Antigua,  8>/i 
QM.,  1900  Ew.    Besitz  der  Fam.  Oodrington. 

Barby.  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Magde- 
burg, Kr.  Kalbe,  an  der  Elbe,  5018  Ew. 
(800  Hermhuter).  Sonst  Hauptort  der  Oraf- 
»eha/t  B,,  deren  Besitzer  1659  ausstarben. 

Bareellona  Poaso  di  Gotto,  Hafenstadt 
auf  Sicillen,  Prov.  Messina,  80,846  Ew. 

Bareelona.  1)  span.  Prov.  in  Katalonien, 
140  QM.,  746,453  Ew.,  der  kultivirteste,  ge- 
werbreichste  und  woblhabendste  Theil  Spa- 
niens. Die  Bauptst.  B.,  amphitheatralisoh 
am  Meer,  stark  befestigt  (Gitadelle  und  Fel- 
senfort Montjuieh),  wohlvertheldigter  Hafen, 
189,849  Ew.  (davon  10,000  in  der  Vorstadt 
BarceUmeta),  Schöne  E[athedrale.  Börse. 
Universität.  Zengtiaus  (mit  Kanonengiesse- 
rei).  Erste  Handels-  n.  Fabrikstadt  Spaniens. 
Schon  den  Römern  als  J^arctaant  bekannt. 
Stand  unter  eigenen  Grafen  bis  1187;  dann 
mit  Aragonien  vereinigt.  1714  von  Herzog 
von  Berwick  erobert.  ^  8)  Stadt  in  der 
südamer.  Republik  Venezuela ,  am  Neveri 
unfern  dem  Meer,  18,000  Ew.         [Schwein. 

Bwreli  (B  rg),  verschnittenes  mannliches 

Barellfeld  9  Flecken  im  preuss.  Regbz. 
Kassel ,  Kr.  Schmalkalden,  an  der  Werra 
(Exklave),  Schloss;  1788  Ew. 

Barekflkt  (Barehet),  geköpertes  Baumwol- 
lengewebe (auch  mit  leinener  Kette) ,  auf 
einer  Seite  rauh  und  ^oUig,  Kleider-,  Fut- 
ter- und  Bettbarchent. 

Barelay  (spr.  -kleh),  1)  Alexander,  engl. 
Dichter,  geb.  um  1480,  t  1558  als  Vikar  In 
London.  Verf.  der  allegor.  Dichtung  ,The 
Castle  of  labour'  (1506)  und  von  ,Ship  of 
fbols'i  einer  Nachahmmig   von  S.  Brants 

14 


210 


Barclay  de  Tollj  -^  BavgieL 


,NarraiMckiff*.  —  S)  J^hm,  «MlAtoin.  IMeb- 
t«r,  g«b.  iBw  Jaa.  lött  i«  Pvnt^rMovsson, 
aalt  1«15  in  Born,  f  <1m.  11.  ▲««.  IMl. 
Hanptwark  ,AigaBia*.  —  S)  £obcr<,  Apostel 
der  Quäker,  geb.  SS.  Dao.  16A8  m  Cksrdoaa- 
town  in  HorajrsUra  In  SelM>ttland  ans  alt- 
adeligwr  FamUia,  f  ^S-  Okt.  1690  an  Ury. 
Sehr.  ,Tnitb  elaarad  af  oaluiBiM*  (Abard. 
1670);  ,An  apology  for  llie  tma  Ghristlaa 
divloi^,  aa  the  •ama  if  praaehed  and  held 
forth  bj  tbapeople  in  acorm  oalled  Qnakers*. 
Sain  Uranfcal,  £o6«r«  A,  gab.  1750,  f  18^> 
war  Basitaer  dar  groMarfcigan  Branarei 
Barolav,  Perkins  et  Co.  an  London. 

Bareiajr  da  T«Uy  fapr.  Barkleh  dö  -), 
Michael,  Für$t,  mas.  Qaneral,  geb.  1750  in 
LiTland  a«8  einer  schott.  Vamilie,  focbt 
1788  u.  1789  gegen  die  Türken,  1798  n.  179i 
gegea  die  Polen,  1806  als  daneraUieatenant 
in  Finnland,  ward  1810  Kriegaministar,  18U 
Oberbefehlababer  der  eretan  Wastarmee, 
focht  181S  als  Oberbefehlababer  der  gesamm- 
ten  niss.  Streitmacbt  bei  Dresden,  Kulm  und 
Leipaig,  dann  bei  Paria,  erhielt  Ton  Alexan- 
der 1815  den  Füratentitel ;  t  aI«  Oberbe- 
fehlshaber der  ersten  Armee  in  Mohilew 
2Ö.  AprU  1818  an  Insterborg. 

Bu-Ooekba  (d.  i.  Stemenaohn),  tümon, 
Anf&hrer  der  /adea  in  ihrem  Aniitande 
gegen  die  Bömer  nater  Kaiser  Hadrian 
181  —  135  n.  Chr.,  liess  sich  in  Jenisalem 
zum  König  ausrufen,  eroberte  60  Städte, 
ward  TOB  Julius  Se¥arua  besiegt,  in  Bethai^ 
belagert  n.  fiel  bei  deasenEroberung  Aug.  135. 

Bmoaa  (Bmrcan,  ital.),  grösoeras  Fahr- 
Beug  ohne  Segel. 

Barciyil  •  Siadt  im  preusa.  B«ffba.  Bram- 
barg.  Kr.  Sebubin,  868  Bw. 

Bardoi  (oalt.  hard),  die  Dichter  und  Sän- 
ger der  alten  Galten;  seit  den  tOer  Jahren 
des  vor.  Jabrh.  nach  EHopstoeks  Vorgang 
auch  auf  deutsehe  Dichter  angewandt. 
£ardiet  (lat.  hardlim»),  Bardeageaang. 

BardeaiBai  («igeatl.  Bar-daiaaa),  Chkosti- 
kar  aus  Bdesaa,  geh.  154  a.  Chr.,  verbrei- 
tete seine  Lehren  durch  Hymnen,  die  aoch 
im  6.  Jahrb.  Toa  den  kathol.  Ohrlsten  ge- 
sungen und  erst  von  Ephraem  verdrängt 
wurden.  Seine  Anhänger,  die  £ard»»anide», 
scheinen  sich,  wie  er  selbst,  nicht  von  der 
rechtgläubigen  Kirche  getrennt  an  haben. 
Vgl.  Hahn,  ,B.  gnosticus*,  1810;  Merx,  ,B. 
von  Edessa*,  1864. 

Ba,T4«wiek( Bardowitk),  Flecken  im  preuas. 
Regbs.  L&aebuzg,  an  der  Ilmenau,  1569 
Ew. ;  einer  der  ältesten  Orte  Horddeutsch- 
lands, aar  Zeit  Karls  des  Grossen  und  spä- 
ter wichtiger  Handelaplatz  mit  9  Kirchen ; 
1189  von  Heinricli  dem  Löwen  aarstört. 

Bardill.  OhrUtaph  Gat^fr,,  Philosoph,  geb. 
28.  Mai  1761  au  Blaubeuren  ia  Wftrtemherg, 
seit  1794  Prof,  am  Qymaaatum  au  Sfeattgart, 
trat  in  der  Schrift  ,Gruadriaa  dar  arstea 
Logik*  (1800)  als  Oegaer  Kaata  und  in  ge- 
wissem Sinne  als  YorläuliBr  der  Ideatltäta- 
philosophie  auf;  f  1808.  Sohr.  noch  ,PhiIo- 
8oph.  Eleroentarlehra'  (1809—6,  S  Hefte); 
, Beiträge  aur  Beurtheilung  des  gegenwär- 
tigen Zustande  der  Vemunftlehre*  (1808). 

Bardo,  wiederhei^stellte  Festung  In  der  | 


ital.  Prov.  Twin«  «n  der  Dora,  am  Eingang 
das  Thalaa  von  Aosta. 

BttrdwaBy  Distrikt  im  brit.  Oatiadiaa, 
im  NW.  von  Kalkutta,  100  QU.,  diehtba- 
völkert  und  aahr  produktiv. 

Barea,  Yölkerschafl  im  nördl.  Abaasialen, 
awisohen  den  Flüssen  Mareb  und  Barka, 
etwa  90,000,  dunkelfurbig ,  Abkonfl  aaar- 
mittelt.    Hauptort  M<^elo. 

Bar^f«  (fr.,  spr.  -ähsch),  leichter  daroh- 
aichtiger  Kleiderstoff  mit  Kette  von  feiner 
uniUrter  Seide  oder  Baumwolle  und  Schuss 
von  Kammwollgnara  od.  Seide  mit  Baumwolle. 

Barit«a-lti-Baiaa  (spr.  -ähsch-lä-Bäng), 
Stadt  im  frana.  Depart.  Oberpjrenäea,  im 
Bastanttale,  stark  besuchter  Badeort  (im 
Winter  unbewohnt);  8  Thermen  (alkalisch- 
salln.  Schwefelwasser),  81—45«  R.;  mit 
einem  eteeathüml.  Extraktivstoff  (Barigine). 

BaralUj  (BarM),  Festungs-  und  Fabrik- 
Btadt  ia  der  brit.-ostiad.  Präsidentschaft 
Agra,  Landschaft  Bohilkaad,  98,000  Sw. 

Bareataea^  Dirk,  niederländ.  Maler,  geb. 
16S4,  Sohn  des  Historienmalers  Barent  de 
Dowe  (der  Taube),  bildete  sich  unter  Tialan 
in  Venedig  aum  Porträtmaler  im  grossen 
Stile  aus;  f  1699  au  Amsterdam. 

Barmu,  WiiUn,  holl.  Seefahrer,  machte 
wiederholt  (1594  und  1596)  Versuche,  durch 
das  nördl.  Eismeer  nach  Chiaa  zu  gelan- 
gen, kam  bis  78«  n.  Br. ;  f  auf  Nowaja  Seml^a. 

Barere  de  Yleuiae  (spr.  Barähr  dö  WJö- 
sack),  Bertrand,  frana.  Bevolutioasmaiin, 
geb.  10.  SepL  1765  auTarbea,  ward  1789  Mit- 
glied der  National  versammiuag,  dann  des 
Konvents  und  des  Wohlfahrtsausschusaa«, 
als  Mitsehnldigar  Bobe^Manres  nach  dessen 
Sturz  aur  Deportation  verurtbeilt,  18.  Bm- 
maire  amnesttrt,  1815  während  der  hnndert 
Tage  Kammerdeputlrter,  nach  der  aweiten 
Restauration  als  ,König8mörder*  verbannt, 
nach  der  Julirevolution  1830  Mitglied  des 
Verwaltaagsraths  im  Depart.  Hochpyrenäeu : 
1 14.  Jan.  1841.  Sehr.  ,M4moires'  (1842, 2  Bde.). 

Baret  (fHiher  Birei,  lat.  Mrelam^,  mätaen- 
artige  Kopfbedeekuag  von  verschied.  Farm, 
im  16.  Jahrh.  von  Männern  und  Frauea  ge- 
tragen, bunt)  später  schwara,  jetat  rund 
oder  eckig  und  sehirmlos,  Amtatraeht  der 
Geistlichen,  Universitsisprofessoren  etc. 

Barflaar  (spr.  -Ilöhr),  Hafanst.  im  firana. 
Depart.  Manche  (Halbinsel  Ck>teatin) ,  1304 
Ew.;  9  Leuohttbirme.  Hier  bereitete  Wil- 
helm der  Eroberer  seine  Expeditloa  vor. 

BarfSaaer  (lat  discaleeati,  d.  i.  Unbe- 
schuhte), Mönche  und  Nonnen  (BarföBaerin- 
nen),  welche  entweder  gans  oder  für  eine 
gewisse  2eit  keine  Fmsbekleidang  oder 
höchstens  mit  Blemen  befeatigt«  Saadalan 
tragen,  fiadaa  alch  als  voUkommnere  Aaae- 
tea  bei  verschiedenen  Möaelifordea. 

BaKgai»  Stadt  in  der  ital.  Prov.  Lnoea, 
7216  Ew.  Hauptort  dar  Ijaadaeh.Q4ri^(B«aa. 

Bargft  (spy.  Bakrdseh),  in  der  eagl.  Flotte 
10— Uradrige  Sehalnppe  des  Admirals  oder 
Seekapitäns,  in  Frankreich  plattes,  20—80' 
langes  Sehlff  mit  Segeln  und  Ruder. 

Murgial.  WiAdmmr,  KompoBlst,geb.a.Okt. 
1828  in  Berlin,  seit  1865  Direktor  der  Muaik- 
schule  au  Rotterdam.  Folgt  der  aehamaan- 


Barhebräus  —  Barker. 


2ll 


sehen    Rlehtnng.     KammtrmiiBik    (Trios), 
1  Symphonie,  OuTerturen,  Lieder  etc. 

BarMbritti  (d.  I.  Sohn  des  Hebrfters,  einei 
geteaflen  Jnden,  eig^ntl.  Ore^er  Afnäftk- 
raätch  h*n-^Anm),  arab.  und  syr.  Scbrifto 
steller,  g«b.  12M  bu  Malatia  in  Armenien, 
erst  Blsehof  von  Gnla,  li64  Weihbisehof 
(Maphrian);  f  1286.  Zahlr.  Sohriften  von 
ihm  in  der  Yatioana  in  Born.  Zu  erwähnen 
sind  seine  ,Selbstblograpbie'  (herausg.  von 
Äitemani),  eine  syr.  rerfasste  «Ohronik*  von 
Adam  bis  auf  seine  Zeit  in  3  Thellen  (1.  Th. 
heransg.  tonBrmna  und  Kir$eh  1789,  S  Bde.), 
arab.  Ansaug  daraus,  von  ihm  selbst  vor- 
fasst :  ,Abgekürzte  Geschiehte  der  Dynastien* 
Theransg.  von  Pceoeke,  arab.  und  lat.,  Oxf. 
1663;  deutsch  von  £aMer  1789,  2  Bde.). 

Bari  (Terra  di  B.),  nnterital.  Fror.,  Theil 
Ton  Apulien,  108  QM.  n.  570,037  Ew.  BaupM. 
B.  (£.  eUUe  Piiglie)j  am  Meere,  94,063  £w. 

Baribal,  s.  Bär,  [Kastell,  Hafen. 

Barile,  Tiüssigkeitsmass,  in  Venedig  =: 
6438  Liter;  in  Argenttna  =  76  L. 

Baring  (spr.  Behring,  Firma:  Barim^  Bro- 
ther» et  Co.),  eines  der  ersten  Handelshaoser 
Londons  n.  der  Welt.  Johatm  B»,  Sohn  FranS 
B.s,  Pastors  Ton  St.  Ansgarli  hi  Bremen, 
gründete  in  der  ersten  Hälfte  des  18.  Jabrh. 
zu  Exeter  in  der  engl.  Grafschaft  Devon  ein 
kleines  G^chäft.  Seine  Söhne,  John,  geb. 
1730,  und  Prameis  B,,  geb.  18.  April  1740  sn 
Eäceter,  Mitglied  des  Raths  der  ostind.  Kom- 
pagnie, eilHger  Vertreter  der  Politik  Pitts, 
1793  Bum  Baronet  erhoben,  f  13.  Sept.  1810, 
gründeten  ein  Geschäft  in  London,  die 
Grundlage  des  noch  Jetst  bestehenden. 
Francis  ältester  Sohn,  Thoma»  B.,  geb.  IS. 
Juni  1772,  erbte  den  Titel  des  Vaters,  f  8. 
April  1848.  Francis  aweiter  Sohn,  Alexan- 
der B„  geb.  27.  Okt.  1774,  ward  1812  Parla- 
mentsmitglied, Dec.  1884  Hünsmeister  und 
Präsident  des  Board  of  Trade,  1885  als  Lord 
Ashbnrton  Peer;  ging  1846  nach  Aufhebung 
der  SchutaaöUe  zur  Opposition  über,  glich 
1842  die^fferenaen  zwischen  England  nnd 
den  Vereinigten  Staaten  aus;  f  12.  Mai  1848. 
Erbe  der  Baronetie  war  ßir  Franci»  Thom^ 
hiU  B.,  Sohn  yon  Thomas  B.,  geb.  1796,  seit 
1826  Parlamentsmitglied,  1890—84  Lord  des 
Schataes,  1889—41  Kanzler  der  Sehatzkam- 
mer, 1849—58  erster  Lord  der  Admiralität. 
Dessen  Bruder,  Thomas  B.,  geb.  1800,  Direk- 
tor der  Bank  Ton  England,  seit  1835  Parla- 
mentsmitglied, KonserTStlTer,  sohlug  zwei- 
mal, 1862  und  1856,  das  ihm  von  Lord 
Derby  angebotene  Finanzministerium  ans. 
Waiiam  Bingham  B.,  aweiter  Lord  Ashbnr- 
ton, geb.  1.  Juni  1799,  nnter  Peel  Sekretär 
der  indlsehen  Kontrole  und  Kriegszahl- 
melater,  zog  sich  seit  seinem  Eintritt  ins 
Oberhaus  von  der  Politik  anröck;  t  ^« 
Mära  1864.  In  der  Peerage  folgte  ihm  sein 
Bruder,  Franei»  B.,  geb.  90.  Mal  1800,  lebte 
meist  an  Paris,  vermählt  mit  einer  Tochter 
Marets,  Heraogs  Ton  Bassano.  Das  Haus 
ist  in  Negoolatioa  von  Staatsanleihen,  im 
Wechsel-  und  Qeldhandel,  Produktenhan- 
del, eigner  Kofonialproduktion  (s.  B.  auf 
Ceylon),  Import  und  Export  auf  eigne  und 
fremde  Rechnung  stark  interessirt. 


BariBgOMe,  See  im  5stl.  Afrika,  östl. 
an  den  Ukerewe  stosseud,  von  80.  nach 
NW.  gestreckt;   ein  Hauptquellsee  des  Nil. 

Banrngtlnaely  s.  v.  a.  Banksland. 

BaritOBy  tiefe  Tenor«  oder  hohe  Bass- 
stimme {tt.  haeee-taüU),  vom  grossen  g  oder 
a  bis  zum  eingestrichenen  f  in  Brusttönen.  — 
B.  (Bardon)  zu  Haydns  2eit  auch  ein  gam- 
benartiges Streichinstrument. 

BarJatIttsUJ,  Füret  Alexander  Iwnowitseh, 
russ.  Feldmarschall,  geb.  1814,  focht  1850—52 
im  Kaukasus  mit  Brfolg  gegen  Sehamyi,  trog 
als  G«neralstabschef  der  kaukas.  Armee  un- 
ter Bebutow  viel  zum  Sieg  bei  Kerttk-Dere 
(5.  Aug.  1854)  bei,  unterwarf,  1856  zum  Ge- 
neral der  Inftinterie  befördert,  in  3  Feldaü- 
gen  die  Kaukasusvölker,  nahm  6.  Sept.  1859 
das  Bergschloss  Ghnnib,  Schamyls  letaten 
Zufluchtsort,  mit  Sturm,  legte  wegen  Krank- 
heit 1860  den  Oberbefehl  nieder. 

BarlEa  (Fiateam  von),  Hochland  in  Nord- 
afrika, am  Mittelmeer,  zwischen  der  grossen 
Syrte  und  Aegypten  bis  f  nr  libyschen  Wüste 
reichend,  das  alte  Oyrenaica,  1500'h.,  geseg- 
netes, qnellenreiches  Weideland;  viele  Rui- 
nen des  Alterthums ;  Bevölkerung  auf  400,000 
Köpfe  geschätzt  (Beduinen),  dem  Pascha  von 
Tripolis  tributär.-  Benannt  nach  der  alten 
cyrenaischen  Stadt  B.,  seit  560  v.  Ohr.  selb- 
ständ.  griech.  Stadt,  510  von  den  Persem 
erobert;  seitdem  im  Verfall. 

Barkäy  Fluds  im  südl.  Nubien,  nimmt 
den  Ain-Saba  auf,  iliesst  nordöstl.  durch  die 
Länder  der  Bog^s  und  Habab  zum  rothen 
Meer;  Mündung  noch  nicht  ermittelt;  60—70 
M.  An  seinem  Oberlauf  liegt  das  abessin. 
Bergland  B.,  (Bdraka),  an  200  QM.,  mit  der 
5400'  h.  tafelförmigen  Zad-Amba. 

BarkarBle^  venet.  Gondellied:  dem  ent- 
sprechendes Musikstück  im  ®/s  -  Takt. 

BarkatMy  das  grösste  Boot  an  Bord 
grosser  Schifte. 

Barke  9  kleines  Sehiff  von  nicht  über  100 
Tonnen  Tragfah^keit,  häufig  mit  8  Masten, 
pliitter  als  die  Fregatte. 

Barker ^  1)  George,  engl.  Seemann,  geb. 
um  1760,  machte  die  grossen  Seekämpfe 
Englands  gegen  Nordamerika ,  Frankreich, 
Spanien  und  Holland  mit,  hatte  auch  an 
den  Siegen  der  brit.  Flotten  au  Anfang  des 
19.  Jahrh.  bedeutenden  Antheil,  ward  1825 
zum  Admiral  ernannt;  t  ^>  ^^o.  1851.  — 
2)  John,  geb.  1771  zu  Bakeweli  in  Derby - 
shire,  seit  1826  brit.  Konsul  an  Alezandria 
und  später  Ctoneralkonsnl  in  Aegypten,  aog 
sich  1834  in  das  Thal  Snedia  (das  alte 
Seleucia  Pieria)  am  Orontes,  ä  Stunden  von 
Antiochia,  zurück  und  züchtete  hier  edle 
Obstarten,  stand  europ.  Reisenden  mit  Rath 
bei}  t  5.  Okt.  1849  zu  Suedis.  —  3)  Mkbnond 
Hearjf,  engl.  Philolog,  geb.  22.Dee.  1786  zu 
Holiym  in  Yorkshire,  hatte  bedeutenden 
Antheil  an  Valpys  neuer  Ausgabe  von 
Stephanus  ,Thesaurus  lingnae  graeeae^  (1816 
bis  1828,  13  Bde.),  behandelte  in  seinen 
,Classical  reoreations*  (Bd.  1,  1812)  als 
einer  der  Ersten  Gegenstände  der  Alter- 
thumswissensohafkinengl.  Sprache,  besorgte 
viele  Schulausgaben  griech.  und  röm.  Klas- 
siker; t  21.  Mära  1839  zu  London.   —    4) 


212 


Barkerole  —  Baroöcio. 


MaUheto  SeHty,  engl.  NoTellist  im  Marine- 
genre,  gen.  ,The  old  SailorS  geb.  um  1790, 
stand  «ine  Zeitlang  im  brit.  Seedienstf  re- 
digirte  1888—41  den  ,Nottingham<MeroaTyS 
8ohr.  Seemannsgesohiohten ;  f  29.  Juni  1846. 

]tark«r51e  (ital.),  kl.  mastloses  Fahneug 
aaf  der  Rbede  oder  im  Hafen,  (}ondel. 

Barkhaaey  Beisegeräth  der  pers.  Grossen. 

Barkow.  Hcuu  Karl  Leopold,  Anatom,  geb. 
1798  zu  Trent  auf  Rügen,  seit  1826  Prof. 
der  Medicin  in  Breslau.  Schrieb  ,Monstra 
animalinm  dnplicia  per  anatomen  indagata' 
(1828-S6,  2  Bde.). 

Barlaam  und  Josaphat,  mittelalt.  geistl. 
Roman ,  aus  Griechenland  stammend ,  im 
Abendland  vielfach  bearbeitet  (deutsch  u.  A. 
von  Rudolf  von  Em;  heransgeg.  t.  J^eiffer 
1843).  Inhalt  die  Bekehrung  des  ind.  Prin- 
zen Josaphat  durch  den  Eremiten  Barlaam. 

Barläns,  s.  Bärle, 

Bar  le  dve,  Hanptst.  des  franz.  Depart. 
Maas,  am  Omain,  15,854  Ew.   Konfitüren. 

Barlerla  X.,  Pflanyengattnng  der  Acantba- 
ceen,  mehrere  Arten,  in  ihrem  Yaterlande  als 
Heilmittel  benutzt,  bei  uns  Zierpflanzen. 

Barietta,  Hafenstadt  In  der  Unteritalien. 
ProT.  Terra  di  Bari,  am  adriat.  Meer, 
26,925  Ew.  iCastell.  Antike  Bildsäule  des 
Kaisers  Heraolius.  Seesalz  (aus  dem  Salpisee). 

Barlow  (spr.  -loh),  Joel,  amerik.  Dichter 
und  Staatsmann,  geb.  17^5,  erst  Theolog, 
dann  längere  Zelt  als  Publiclst  in  England 
und  Frankreich  thätig,  seit  1811  nordamerik. 
Gesandter  in  Paris ;  f  22.  Dec.  1812  auf  der 
Reise  zu  Zarowicza  bei  Krakau.  Haupt- 
werke die  Gedichte:  ,The  conspiracy  of 
kings'  (1791),  ,The  Golumbiad'  (1801)  und 
das  kom.  Epos  ,Hasty  Pudding*  (1805). 

Barmakiden  (Barmekidm),  die  Nachkom- 
men Barmaks,  eines  Arztes  und  Priesters 
aus  Balkh  in  Khorasan,  bis  zur  Zeit  Harun 
al  Raschids  im  Besitze  der  höchsten  Aemter 
unter  den  Kbalifen,  803  n.  Chr.  wegen 
Freigeisterei  oder  weil  sie  durch  ihre  Frei- 
gebigkeit und  Prachtliebe  den  Khalifen 
gefährlich  zu  werden  schienen,  gestürzt. 

Barmbeek,  gr.  Dorf  bei  Hamburg,  6042  Ew. 
Irrenheilanstalt  FriedricTuS>erg ;     Fabriken. 

Barmen.  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Düssel- 
dorf, dicht  bei  Elberfeld,  2  Stunden  1. 
im  Wnpperthal  sich  hinziehend,  eigentlich 
ans  den  Ortschaften  RitUrahoMnvn ,  Wiek- 
linghatuen,  Wupporfeld,  Oemarke  undB.  be- 
stehend, 64,945  Ew.  Fabrikstadt  ersten 
Ranges.  361  Fabriken  (für  Baumwolle,  Seide, 
Leinwand,  Band,  Zwirn,  Knöpfe  etc.), 
jährl.  Produktion  für  4  Mill.  Thlr.  Sitz  der 
rhein.  Missionsgesellschaft. 

Barmherzige  Brfider  und  Sckwesteniy 
zwei  weitverzweigte  kathol.  Vereine  zur 
Pflege  von  Armen  und  Kranken  ohne  Un- 
terschied der  Konfession  und  Nation.  Die 
barmhervigen  Brüder  (fr.  Frdres  de  la  charit6, 
ital.  Fate  ben  fratelli),  gestiftet  1540  in  Se- 
villa von  Juan  di  Dio,  1572  vom  Papst  aner- 
kannt unter  Auferlegung  der  Regel  des  heil. 
Augustin  und  1624  in  eine  spanische  Kongre- 
gation (Generalmajor  in  Granada)  und  eine 
Italien.  (Generalmajor  in  Rom)  gethellt; 
Kleidung  braun  oder  schwarz.    Die  harm- 


hertigen  8chwe$Um  (Soeurs  oder  Filles  de 
la  charlt4  oder  de  la  misiricorde),  1634  von 
Vincena  de  Paula  in  Frankreich  gestiftet, 
durch  die  Revolution  ihrer  Sllöster  beraubt, 
von  Napoleon  1. 1807  restituirt.  Das  Mutter- 
haus des  Ordens  ist  St.  -  Charles  zu  Nancy. 
Eine  Nachbildung  d.  barmh.  Schwestern  sind 
in  der  protest.'  Kirche  die  Diakonissinnen. 

BarnilMW  (eigentlich  Joses),  Levit  von 
Oypem,  anfangs  Gefahrte  des  Paulus,  trat 
dann  als  Anhänger  des  mosaischen  Gere- 
monialgesetzes  auf  des  Petrus  Seite ,  grün« 
dete  (Ue  Christengemeinde  zu  Antiochia, 
soll  auf  Cypem  den  Märtyrertod  erlitten 
haben.  Der  Brief  des  B.,  eine  allegor. 
Ausdeutung  des  alttestamentl.  Ceremonial- 
gesetzes,  ist  nicht  von  B. 

Bamabiten,  die  1530  in  Mailand  gestif- 
teten regulirten  Chorherren  des  heil.  Paulus 
(Paulaner) ;  widmen  sich  der  Krankenpflege, 
Seelsorge,  dem  Unterricht  etc.,  bewerben 
sich  nicht  um  höhere  kirchl.  Würden ;  noch 
etwa  20  Häuser  (Kollegien)  in  Italien  und 
Oesterreich,  Haupthaus  zu  Rom. 

Baraally  Stadt  in  Westsibirien,  Gonv. 
Tomsk,  11,100  Ew.  Sitz  der  altaischen  Hut- 
tenverwaltnng,  Bergwerkschule ,  Museum, 
Gold-  und  Silber^uben. 

Bamave  (spr.  -naw),  Antoine  Pierre  Joseph 
Marie,  franz.  Revolutionsmann,  geb.  22.  Okt. 
1760  an  Grenoble,  1789  Deputirter  der  Ge- 
neralstaaten, half  als  bedeutender  Redner 
den  alten  feudalen  Staat  umstürzen,  in  den 
Verhandlungen  über  das  königl.  Veto  Haupt- 
gegner Mirabeaus,  führte  mit  Latour -Mau- 
bourg  und  P6tion  den  geflohenen  König  zu- 
rück, vertheidigte  dann  die  Unverletzlich- 
keit des  Königs,  ward  nach  10.  Aug.  1792 
der  mit  dem  Hofe  geführten  Korrespondenz 
wegen  in  Anklagestand  versetzt  und  29. 
Nov.  1793  guillotinirt. 

Bamel.  Stadt  in  der  engl.  Grafsch.  Hert- 
ford,  2938  Ew.  Hier  14.  April  1471  Sieg  des 
Hauses  York  (Eduard  IV.)  üben  Lancaster. 

Bamett^  John,  engl.  Komponist,  geb.  1S02 
in  Bedford,  lebt  in  Gheltenham.  Opern  (,The 
mountain  Sylph',  ,Fair  Rosamund*  etc.)  u.  A. 

Barnim^  Name  zweier  Kreise  im  preuss. 
Regbz.  Potsdam:  Ober-B.,  mit  der  Stadt 
Freienwalde ,  Nieder-B,,  mit  Berlin  als  Sita 
der  Kreisbehörden. 

Bamsley  (spr.  -11),  Fabrikstadt  in  der 
engl.  Grafsch.  York  (Westriding),  17,890  Ew. 
Vorzügl.  Eisendraht  und  Stricknadeln. 

Bamstaple  (spr.  -stehpU),  Hafenstadt  in 
der  engl.  Grafsch.  Devon,  am  Taw,  unfern 
der  Bristolbai,  10,743  Ew.  [1148  Ew. 

Barntmppy   Stadt  im  Fürstentn.  Lippe, 

Bamvm  (spr.  Barnom),  Fhineas  Taylor, 
durch  seinen  originellen  ,Humbug*  bekannter 
amerikan.  Spekulant,  geb.  5.  Juli  1810  zu 
Bethel  im  Staat  Connecticut,  errichtete  B.s 
Museum  in  Newyork,  her.  Lokal  für  Schau- 
stellungen, trat  dann  als  Mässigkeitsapostel 
und  mit  öfl'entl.  Vorlesungen  über  die  Kunst 
reich  zu  werden,  den  Humbug  etc.  auf,  sehr, 
eine  ,Autobiography*  (1855). 

Baroceio  (spr.  -ottscho),  1)  Giacomo,  gen. 
Vignola,  ital.  Architekt,  geb.  1507  zu  Yiguola 
im  Modenesischen,  seit  1550  Baumeister  des 


Baroche  —  Barquisimeto.  • 


213 


Papstes  Julius  m.  in  Rom,  f  1573.  Strenge 
Anfn^ssung  der  Antike.  Hanptbauten :  Schloss 
Oaprola  bei  Yiterbo  und  die  Kirche  del  Gesü 
in  Rom.  Sehr,  ein  Werk  über  die  sogen. 
5  klass.  S&ulenordnungen.  —  2)  Pederigo, 
ital.  Maler,  geb.  1528  zu  Urbino,  f  das.  1612 ; 
Maler  der  Grazie,  nach  dem  Vorbilde  Cor- 
reggioa,  aber  manierirt.  Hanptbild  Kren2* 
abnähme  zu  Perugia. 

Baroche  (spr.  -osch),  Pierre  Jules,  franz. 
Staatsmann,  geb.  18.  Nov.  1802  zu  La  Rochelle, 
ward  1846  Batonnier,  1847  Kammermitglied, 
trat  nach  der  Februarrevolution  1848  als 
Mitglied  der  konstltuirenden  Nationalver- 
sammlung den  demokrat.  Bestrebungen  ent- 
schieden entgegen,  ward  vom  Präsidenten 
Ludwig  Napoleon  zum  Generalprokurator 
am  pariser  Appellhofe  berufen,  März  1850 
Minister  des  binern,  setzte  als  solcher  die 
Beschränkung  des  allgemeinen  Stimmrechts, 
die  Veränderung  der  Pressgesetze,  die  Auf- 
lösung der  Volksvereine  etc.  durch,  gab  14. 
Okt.  1851  seine  Demission,  ward  nach  dem 
Staatsstreich  Präsident  des  Staatsraths  und 
Minister  ohne  Portefeuille. 

Barock  (fr.  baroque),  eigentl.  schiefrund 
(von  Perlen);  unregelmässig,  seltsam,  lau- 
nenhaft, wunderlich,  Mittelbegriff  zwischen 
bizarr  und  komisch. 

Barockperlen^  Perlen  von  nicht  regel- 
mässig runder  Gestalt. 

Barockgtily  mit  dem  17«  Jahrh.  in  Italien 
aufgekommener  Baustil,  nach  welchem  die 
antiken  Säulenordnungen,  Gebälke,  Giebel 
etc.  mit  fremden  und  abenteuerliehen  For- 
men, geschwungenen  und  gebrochenen  Li- 
nien vermischt  und  überladen,  mit  grösster 
Willkür  dekorationsmässig  verwendet  wer- 
den.   Hauptrepräsentant  Bernini. 

Baroda,  ostind.  Stadt  im  Reich  des  Gui- 
kowar,  140,000  Ew. 

Barolongy  Volksstamm  der  Betschuanen. 

Baromakrometer  (gr.),  von  Stein  erfun- 
denes Instrument  zur  Bestimmung  der 
Länge  und  des  Gewichts  Neugeborner. 

Barometer,  Schweremesser,  Instrument 
zum  Messen  des  von  der  Atmosphäre  aus- 
geübten Druckes,  besteht  aus  einer  über 
28"  langen  vertikal  stehenden,  oben  ge- 
schlossenen, mit  Quecksilber  gefüllten  Rohre, 
deren  unteres  offenes  Endo  in  ein  mit  Queck- 
silber gefülltes  offenes  Oefäss  taucht  oder 
aufwärts  gebogen  ist.  Der  normale  Atmo- 
spbärendmck  hält  bei  0<*  und  am  Meeres- 
spiegel einer  Quecksilbersäule  von  760  Mil- 
Hm.  (nahe  28")  das  Gleichgewicht,  und  so 
hoch  stellt  sich  daher  der  obere  Spiegel  des 
Quecksilbers  im  B.  über  den  unteren.  Der 
Atmosphärendruck  nimmt  in  einer  geome- 
trischen Reihe  ab,  wenn  die  Höhe  über  dem 
Meeresspiegel  in  einer  arithmetischen  steigt, 
und  dem  entsprechend  sinkt  das  Quecksilber 
im  B.,  so  dass  es  bei  17,000'  nur  noch  halb  so 
hoch,  bei  160,000'  nur  noch  1  Millim.  hoch 
steht.  Hierauf  gründet  sich  die  Benutzung 
des  B.S  als  HÖkenmesser.  Der  Stand  des  B.s 
schwankt  aber  auch  je  nach  der  physIka). 
Beschaffenheit  der  Atmosphäre.  Es  steigt 
beim  Hereinbrechen  einer  kalten  Luftströ- 
mung, bei  Vermehrung  des  Wasserdampfs 


in  der  Atmosphäre  etc.  und  dient  daher  als 
meteoroiogiache»  Instrument,  dessen  Angaben 
aber  für  die  Vorhersage  des  Wetters  ohne 
gleichzeitige  Berücksichtigung  der  Tempe- 
ratur-, Wind-  und  Feuohtigkeitsverhältnisse 
nur  geringen  Werth  haben.  JBourdons  Ane- 
rovdbarometer  besteht  aus  einem  luftleeren 
Metallkörper,'  dessen  sehr  dünne  Wandungen 
unter  dem  wechselnden  Luftdruck  schwache 
Biegungen  erleiden,  die  durch  ein  Hebel- 
werk auf  einen  Zeiger  übertragen  werden. 

Btromez,  s.  Aspidium. 

Baron  (lift.  baro),  nach  der  deutschen 
Reichsverfassung  Mann  von  Adel,  welcher 
unmittelbar  unter  dem  Kaiser  stand ,  Frei- 
herr ;  gegenwärtig  in  Deutschland  u.  Frank- 
reich die  erste  Klasse  des  niederen  Adels, 
welche  zwischen  den  Grafen  und  den  ein- 
fachen Edelleuten  steht ;  in  England  die 
unterste  Klasse  des  hohen  Adels  (Nobillty), 
auch  Titel  der  Richter  des  Exobequerliofs. 

Baron  (spr.  -ong),  1)  Michel,  franz.  Schau- 
spieler, geb.  8.  Okt.  1653  zu  Paris,  f  Dec. 
1729;  Zögling  und  Freund  Moli^ros;  auch 
Verf.  mehrerer  Lustspiele  (1759).  —2)  Henri 
Ckarle»  Antoine,  franz.  Maler,  geb.  1817  zu 
Besan9on,  lebt  zu  Paris.  Darstellungen  hei- 
terer und  festlicher  Scenen  mit  glänzendem 
Kolorit  und  leichter  Zeichnung. 

Baronet  (engl.,  spr.  Bärronnett,  abbr.Bart, 
s.  V.  tb,  Kleinbaron),  in  England  Mitglied  der 
von  Jakob  I.  1611  gerundeten  und  zwischen 
hohen  Adel  und  Gentry  eingeschobenen,  dem 
Stande  derGemeinen  angehörig.  Ritterklasse. 

Baronesse  (Baronin),  Freiin,  Freifrau. 

Baronie,  Besitzung  eines  Barons,  welche 
ihm  auf  Grund  dieser  Würde  gehört  und 
von  der  er  die  letztere  hat;  im  Mittelalter 
s.  V.  a.  freies  Reichslehn.  Baronisiren,  in 
den  Freiherrenstand  erheben. 

Baronfus,  Oäear,  röm.  Kirchenhistoriker, 
geb.  SO.  Aug.  1538  zu  Sora  im  Neapolitan., 
Schüler  des  heil.  Philipp  von  Neri,  ward 
1593.  Superlor  der  von  diesem  gestifteten 
Kongregation,  späterBeichtvaterdesPapstos, 
apostol.  Protonotar,  1596  Kardinal;  f  SO. 
Juni  1607.  Verf.  der  gegen  die  magdeburger 
Oenturien  gerichteten  , Annales  ecclesiastici 
a  Christo  nato  ad  annum  1198*  (Rom  1588—93, 
12  Bde. ;  neu  herausg.  von  Tft0tn«r  1863  f., 
bis  jetzt  18  Bde.),  sowie  eines  ,Martyrologium 
Romanum'  (Rom  1586). 

BaroskSp  (gr.),  veralteter  Name  des  Baro- 
meters; auch  chemisches  Wetterglas,  be- 
stehend aus  einer  Lösung  von  Kampher,  Sal- 
miak und  Salpeter  in  Branntwein,  soll  je 
nach  der  Witterung  verschiedenartige  Kry- 
stallisationen  zeigen. 

Barösma  Willd.  (Buecostrauch),  Pflanzen- 
gattung aus  der  Familie  der  Diosmeen.  B. 
crenata  Kuntse  und  andere  Arten  rom  Kap 
liefern  die  an  ätherischem  Oel  reichen 
Bnccohlätter.    Ziersträucher. 

Barotscli  (Broach),  Hafenst.  in  der  brit.- 
ostind.  Präsid.  Bombay,  am  Nerbudda, 
33,000  Ew.  [am  Liambeyfluss. 

Barotse.   Voiksstamm  der  Betschuanen, 

Barquisimeto 9  Stadt  in  Venezuela  (Süd- 
amerika), 10,000  Ew.,  1522  gegr.,  1812  durch 
Erdbeben  zerstört. 


214 


Barr  —  Barrot. 


Barr,  Stadt  im  UBtern  Elsass,  am  Fius  dar 
Vogeseu,  5807  Ew.  Gr«  Wolltplnnarei.  Un- 
fern der  Tielbesnchte  Odüienberf,  SSM'. 

Barr«  do  Bio  negrOy  Hanptort  der  brasU. 
Prov.  Amazonas,  am  Amaaonenatrem,  unfern 
der  Mündang  des  Rio  negro,  6000 Ew.;  anf- 
blfibender  Handelsplatz. 

Barrainf  ein  CBarra«;,  die  südlichsten  In- 
seln derHebriden;  Hauptinsel:  BarraMfain- 
land  mit  1591  Ew. 

Barnu  (spr.  Barra),  Rtul  Jeam  Frangois  Ni- 
cola», Qrajvon,  franz.  Revolntionsmann,  geb. 
30.  Juni  1755  zu  Voy  in  der  PATenee,  1789 
Deputirter  des  dritten  Standes  bei  den  Gene- 
ralstaaten, dann  Kontentsdeputirter  und 
Gegner  der  Girondisten.  Bei  den  blutigen 
Massregeln  im  südl.  Vrankreich  betheiligt, 
auch  Mitglied  des  Wohlfahrtsausschusses, 
spielte  er  dann  bei  Robesplerres  Sturz  eine 
Hauptrolle,  trat  aber  auch  den  Umtrieben 
der  Royalisten  und  den  Aussohweiftingen 
der  pariser  Sektionen  mit  Energie  entgegen. 
Am  13.  Vendtoiiaire  (5.  Okt.  1795)  vom  Kon- 
vent zum  Obergeneral  ernannt,  nahm  er  Bo- 
naparte als  Gehfilfen  an,  und  als  Mitglied 
des  Direktoriums  Terschatfte  er  demselben 
das  Oberkommando  in  Italien.  Am  18.  Vruc- 
tidor  mit  der  Diktatur  betraut,  beherrschte 
er  2  Jahre  hindurch  dieDirektoiialregierung, 
leitete  im  Einverständniss  mit  Bonaparte  die 
Revolution  vom  18.  Bmmaire  ein,  mnsste 
dann  der  Kmasularreglerung  weichen  und 
ging  nach  Brüssel.  Seit  1805  lebte  er  in 
Marseille,  Rom  und  Montpellier  unter  poli- 
zeilicher Aufsicht,  später  auf  seinem  Land- 
gut OhaUlot  bei  Paris ;  \p.  Jan.  1899.  Seine 
Memoiren  wurden  mit  Beschlag  belegt. 

Barre,  Sand-  oder  Schlammbank  vor  einer 
Tlussmündnng ,  erschwert  den  Eingang  in 
diese  vom  Meere  her,  Art  der  Deltabildung. 

Barre.  Pfahl,  Schlagbaum,  Riegel,  im 
Franz.  (harre)  und  Engl,  (bar)  s.  v.  a.  Ge- 
richtsschranke oder  die  Brustwehr,  durch 
welche  bei  dem  öffentl.  Gerichtsverfahren 
die  Tribüne  des  Gerichtshofes  von  dem  zu- 
hörenden Publikum  getrennt  wird,  daher 
auch,  sowie  das  davon  abgeleitete  franz. 
Barreau  (spr.  -roh),  der  Stand  der  Advoka- 
ten,   welche  an  der  B.  ihren  Platz  haben. 

Barre  (A*.,  Mus.),  Taktstrich. 

Barrel  (spr.  BärU,  engl.,  Fass),  engl.  Hohl- 
mass,  =  Ve  Tun  Bier,  5  Bush.  Cäment,  36 
Imp.-Gall.  Reis  etc.:  auch  Gewicht,  =:  196 
Pfd.  avdp.  Mehl,  200  Pfd.  Potasche,  100  Pfd. 
Schiesspulver,  224  Pfd.  Butter  etc.  In  Nord- 
amerika Hohlmass,  =  SOGhill.  Oider,  5  Bush. 
Mais  etc.  Gewicht  =  196  Pfd.  avdp.  Mehl, 
600  Pfd.  Reis,  200  Pfd.  Salzfleisch,  Fische  etc. 

Barren,  stangenformige  Stücke  Gold  oder 
Silber  für  den  Handel,  deren  Feingehalt 
durch  den  Stempel  eines  Wardeins  beglau- 
bigt wird,  dienen  oft,  in  China  allgemein 
als  Zahlungsmittel;  in  Senegambien  als 
Geld  dienende  Eisenstangeu  im  Werth  von 
5  Frcs.  oder  IVi  Thlr. 

Barren -Groundz  (spr.  B.-Graunds),  öde, 
unfruchtbare  Strecken  im  arktischen  Ame- 
rilca,  nördl.  der  Wälderzone. 

Barren-Island,  Andamaninsel  im  Golf  von 
Bengalen,  mit  1650'  h.  thätigem  Vulkan. 


Barriere  (fir.,  spr.  -riäbr),  Schlagbauni, 
Gatterthor,  Behranke.  ' 

Bairi^retraktat,  der  Vertrag  vom  28.  Okt. 
1709,  wodurch  England  den  holländ.  Gene- 
ralstaaten zu  ihrer  künftigen  Sicherheit  «ine 
sog.  Barriere  in  den  span.  Niederlanden, 
d.  h.  den  Besitz  fast  sämmtlicher  festen 
Plätze  an  derselben  gewährleistete,  29.  Juni 
1713  durch  einen  andern  ersetzt,  welcher 
das  holUnd.  Bezatzungsrecht  auf  Furaes, 
Fort  Knocke,  Ypem,  Menin,  Tonmay,  Mona, 
Oharleroi  und  Namur  beschränkte.  Nach 
einem  dritten  B.  vom  15.  Nov.  1715  sollte 
den  Generalstaaten  in  den  5  erstgenannten 
Orten ,  sowie  in  Namur  und  Wamston  das 
Besatsungsreoht  aussdillessUch,  in  Dender- 
monde  und  Ruremonde  gemeinschaftl.  mit 
Oesterreich  zustehen.  Im  österr.  Erbfolge- 
krieg wurden  diese  sog.  Barrihr«'  oder  Bi- 
cherkeitsplätge  von  den  Franzosen  grössten- 
theils  geschleift,  der  B.  aber  von  Kaiser 
Joseph  II.  1781  eigenmächtig  auJi^ehoben. 
Im  zweiten  pariser  Frieden  (1815)  musste 
Frankreich  sieh  zur  Zahlung  einer  Geld- 
summe behufs  der  Herstellung  dieser  Plätze 
verpflichten.  Nach  Errichtung  des  Königr. 
Belgien  fielen  die  Barri^replätze  diesem  zu. 

Barrler-Biff,  grosses  Felsenriflf  an  der 
Nordostküste  von  Australien. 

Barrikaden  (v.  franz.  barriqn«,  Tonne), 
Verrammelungen,  die  in  Eile  iu  einer  Strasse, 
auf  einer  Brücke  etc.  hergerichtet  werden, 
um  gegen  den  andringenden  Feind,  beson- 
ders Artillerie  und  Kavallerie  gesicherte 
Angriffspunkte  zu  bilden,  kamen  schon  Im 
Mittelalter,  namentl.  aber  bei  den  Volkser- 
hebungen der  neuesten  Zeit  zur  Anwendung. 

Barril,  Flüsslgkeitsmass  in  Portugal,  == 
18  Alumdes. 

Barri^ue  (fr.,  spr.  -rihk),  Stückfass;  in 
Bordeaux  Flüssiglceitsmass,  =  12,000  par. 
Knbiksoll.    4  B.s  z=z  1  Tonneau. 

Barrister  (engl.,  spr.  Bär-),  die  erste  Stufe 
der  engl.  Sachwalter. 

Barros,  JoSo  de,  portngies.  Geschieh t- 
schroiber,  geb.  1496  zu  Viseu,  ward  1521 
Gouverneur  der  portug.  Niederlassungen  in 
Guinea,  1533  Schatzmeister  von  Indien; 
t  20.  Okt.  1570.  Sehr,  einen  histor.  Roman 
,Oronica  do  emperador  Clarimundo*  (Ooimbra 
1520;  1791,  3  Bde.),  die  erste  portug.  Gram- 
matik (Liss.  1540,  1785)  und  die  Geschichte 
der  Portugiesen  in  Indien,  betitelt  ,Atia' 
(das.  1502  —  63,  3  Bde.,  fortges.  von  Dieao 
do  Couto,  das.  1602  —  45;  1778—88,  deutsch 
im  Auszug  von  Solta»  1821,  5  Bde.). 

Barrot  (spr. -roh),  1)  Camille  Byaeinthe  Odi- 
lon-B.,  franz.  Staatsmann,  geb.  19.  Juli  1791 
zu  Villefort  im  Depart.  Loz&re,  vor  der 
Julirevolution  1830  Advokat  am  pariser 
Kassationshof  und  seit  1827  Mitglied,  später 
Präsident  des  Vereins  Aide-toi  et  le  ciel 
t^aidera,  Haupt  der  Opposition  in  den  Par- 
lamentär. Verhandlungen  bis  1848,  Theil- 
nehmer  der  Reformbankete ;  welche  der 
Februarrevolution  vorhergingen, am  24.Febr. 
einige  Stunden  Minister,  dann  Mitglied  der 
konstituirenden  und  der  gesetzgebenden 
Nationalversammlung,  20.  Dec.  1848  bis  81. 
Okt.   1849  Justizminister,  trat    nach   dem 


Barrow  —  Barth. 


216 


Staatsstreich  Tom  2.  Dec.  1851  ▼otn  polit. 
Schauplatz  ab.  —  8)  Victorin  ß^rdinand, 
Bmder  des  Tor.,  geb.  10.  Jan.  1806  za  Paris, 
ward  1842  Mitglied  der  Deputlrtenkammer, 
1848  der  ISfationalversammlung ,  General- 
sekretär des  Präsidenten ,  Minister  des  In- 
nern, (Slesandter  in  Turin,  fitaatsrath  und 
M&rz  185S  Senator  des  Kaiserreichs. 

A«rrow(spr.  Barroh),  Flnss  in  Irland,  ent- 
springt in  Kildare,  wird  naoh  Vereinigung 
mit  dem  Nore  und  Snir  schifTbar,  bildet  bei 
Waterford  einen  der  besten  HSfen  Irlands. 

Barrow  (spr.  Bärroh),  1)  I$aak,  engl. 
Theolog  und  Katbematiker,  geb.  1690  lu 
London,  seit  1668  Prof.  der  Mathematik  su 
Cambridge ,  Lehrer  Newtons ,  trat  diesem 
seinen  Lehrstuhl  ab,  ward  Kaplan  Karls  11., 
1675  Vioekanzler  von  Cambridge;  f  4.  Mai 
1677  an  London.  Theolog.  Schriften  herausg. 
von  TiUoU4>n  (1688,  8  Bde.;  1818,  6  Bde.), 
HamiUon  (1842, 8  Bde.),  Ifdpier  (1889, 9Bde.); 
mathemat.  Schriften  von  Ifapier  (1851),  Whe- 
wdl  (1861).—  2)  Sir  John,  engl.  Reisender  und 
Qeograph,  geb.  19.  Juni  1764  zu  Dragleybeck 
in  Lancashire,  begleitete  1792  al^  Privat- 
sekretftr  den  Lord  Macartney  nach  China 
und  nach  Kapland ,  war  1804 — 45  Sekretär 
der  Admiralität;  f  23.  Kot.  1849  zu  London < 
Sehr.  ,TraTels  to  China'  (1804,  deutsch  von 
Hüttner  1804—5,  2  Bde.);  «Travels  in  the 
interior  of  Southern  Afrlca*  (1801—8,  2 Bde.; 
deutsch  von  Sprengel  1801—5,  8  Bde.);  ,A 
voyage  to  Ooehin  China  in  the  years  1792 
and  1793<  (1806;  deutsch  von  £ftrmann  1808). 

BarrOWStnsse,  Wasserstrasse  im  arkt. 
Amerika,  vom  liancastersund  in  den  Mel- 
villesund ;  zuerst  1819 von  PuriT  durchschifft. 

Barry  (spr.  Bärri),  Sir  Charlee,  engl. 
Architekt,  geb.  28.  Mai  1795  au  London,  f 
das.  12.  Mai  1800;  Hauptwerk  das  Parla- 
mentsgebäude im  goth.  Stil  (seit  1840). 

Ban  (spr.  Barsch),  ungar.  Komitat,  Kr. 
diess.  der  Donau,  48,5  QM.  mit  119,400  Ew., 
im  N.  gebirgig  und  metallreich,  im  S.,  an 
der  Gran,  fruchtbar.    Hauptst.  Kremnitz. 

BarsaCy  Stadt  im  flranz.  Dep.  Gironde,  an 
der  Garonne,  8076  Ew.    Guter  Wein. 

Barseh^  Perca  L.,  Vischgattung  aus  der 
Ordnung  der  Brustflosser.  Fluesbarsch,  P. 
fluviatilis  L.,  16-18"  1.,  2—8  Pfd.  schwer, 
schmackhafter  Banbflsch,  in  ganz  Europa. 
Nilbaraeh,  P.  lates,  2'  1.,  grösster  Kilfisch, 
schmackhaft.  Seebarsch,  Rauhbarsch,  Kaul- 
barsch, Sägebarsch,  s.  d. 

Bar-sur-Avbe  (spr.  -sfir  Ohb),  Stadt  im 
franz.  Depart.  Aube  (Ohampagnei,  an  der 
Aube,  4809  Bw.  Weinbau.  27.  Febr.  1814 
Sieg  der  Allürten  unter  Schwsrzenberg  über 
Ondinot  und  Macdonald. 

Bar -B«r -Seine  (spr.  -sür-S&hn),  Stadt 
im  ftanz.  Depart.  Aube  (Champagne),  an  der 
Seine,  2980  Ew.    Bed.  Weinhandel. 

Bartadler,  s.  t.  a.  Bartgeier. 

Bartaffe,  f.  Mdkako. 

Barten^  Stadt  im  preass.  Rei^z.  Königs' 
berg,  Kr.  Rastenburg,  1749  Ew. 

Barten,  s.  WaUheh. 

Bartenttein,  i)  Stadt  im  preuss.  Regbz. 
Köuip:sberg,  Kr.  Friedland,  an  der  Alle, 
5882  Ew.  —  2)  Städtchen    in>   würtemberg. 


Donaukreis,  868  Ew.,  Residenz  des  Färstea 
von  Hohenlohe-B. 

Bartfedem  (Iftaum) ,  kurze  und  weiohe 
Federn,  welche  den  eigentlichen  Leib  des 
Vogels  bedecken. 

Bartfeld  y  Stadt  im  nngar.  Kom.  Saros, 
an  der  Tepl,  4222  Ew.    Ber.  Sauerbrunnen. 

Bartflnne  (Feigma^l),  Gesichtsausschlag, 
entsteht  durch  die  Umwandlung  des  von 
einem  Stärkerik  Haar  durchbohrten  Talg- 
drfisenknötchens  in  ein  Eiterbläsohen,  wird 
durch  vorsichtige  Aetzungen  mit  koncentr. 
Salpetersäure  beseitigt. 

Bartgeier  (Geieradler),  GypaStos  Storr, 
Ossiflraga  der  Römer,  Gattung  der  Raubvögel 
aus  der  Familie  der  Geier.  Bart-,  Joeh- oder 
Lämmergeier,  G.  barbatus  L,,  4*,  klaftert  fast 
10',  auf  den  Pyrenäen,  Alpen,  in  Westasien 
U.Afrika.  Grösster  Raubvogel  der  alten  Welt. 

Bartgras,  s.  Andropogon. 

Barthy  alte  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Stral- 
sund, Kr.  Franzburg ,  6024  Ew.  Hafen  an 
dem  mit  dem  Meer  in  Terbindting  stehen- 
den barther  A^dden  (Binnensee). 

Barth,  l)  Marquard  AdcAf,  geb.  1.  Sept. 
1809  in  Eichstädt,  seit  1887  Rechtsanwalt  ia 
Kaufbetxren ,  1848  Mitglied  des  frankf.  Par- 
laments, seit  19X&  der  bayer.  Abgeordneten- 
kammer, Fuhrer  der  Linken,  leitete  1866 
und  1867  die  Versammlungen  der  sfiddeut- 
sohen  Nationalpartei  in  Stuttgart,  1868  Mit- 
glied des  Zoljparlaments.  —  2)  Xbrf,  Bruder 
des  Vor.,  geb.  2.  Juni  1811  in  Eichstädt, 
Rechtsanwalt  in  Augsburg,  vorzugsweise  als 
Vertheidiger  vor  den  Schwurgerichten  be- 
schäftigt, seit  1863  Mitglied  der  bayer.  Ab- 
geordnetenkammer  und  der  geschänsleiten- 
den  Kommission  des  36er  Ausschusses,  seit 
1864  des  ZolIi>arlaments.  Sehr.  ,Vertheidi- 
gnngs-Momente'  (Heft  1, 1851).  —  3)  Heinrich, 
ber.  Reisender,  geb.  16.  Febr.  1821  zu  Ham- 
burg, studirte  zu  Berlin,  machte  1845—47 
seine  erste  grössere  Reise  durch  KordalHka, 
Aegypten,  Syrien  u.  Kleinasien,  dann  1849—56 
seine  grosse  Eribrsohungsreise  durch  Nord- 
und  Centralafrika:  von  Tripolis  über  Murzuk 
und  Agades  nach  dem  Tschadsee  (Kuka),  von 
wo  ans  verschiedene  Expeditionen  unternom- 
men wurden,  dann  über  Kano,  Sokoto  und 
Say  am  Niger  durch  die  Landschaften  Lib- 
toko  und  Dalla  nach  Timbuktu,  wo  er  7 
Monate  blieb;  von  da  über  Gago  (Sonrai- 
land)  zurück  nach  Kano  und  Kuka  und 
über  Bilma  und  Murzuk  wieder  nach  Tripo- 
lis. Ausdehnung  der  Reise  8000  M.  Haupt- 
resultate: Erforschung  der  Länder  Air  (As- 
ben)  und  Adamaua,  erste  genaue  Beschrei- 
bung der  Königr.  Baghinhi  und  Waäai  und 
Entdeckung  der  Reiche  Gando  und  Hamd- 
Allahi.  Nach  der  Rückkehr  ward  B.  1863 
Prof.  der  Geographie  und  Präsident  der 
geogr.  Gesellschaft  zu  Berlin;  f  das.  25. 
Nov.  1865.  Werke:  ,Wanderungen  durch 
die  Küstenländer  des  Mlttelmeeres^  (l.Bd., 
1848);  ,Reisen  und  Entdeckungen  in  Nord- 
und  CentralaMka*  (1855—58,  5  Bde.;  Auszug 
1850—60, 2  Bde.);  ,Reise  von  Trapozunt  durch 
die  nördl.  Hälite  Kleinasiens  nach  Skutari' 
(1860);  ,Reise  durch  das  Innere  der  europ. 
Türkei'  (1864).   Biogr.  von  Koner  (1866). 


216 


Barthe  —  Bartolommeo. 


Bftrtliey  Felix,  franz.  Staatsmann,  geb. 
28.  Jali  1795  zu  Narbonne,  trat  seit  1810  in 
polit.  Prozessen  in  Opposition  zur  Regie- 
rung, ward  nach  der  Julirevolution  Q«neral- 
£rokurator  am  pariser  Appellhof,  Ende  1830 
[inister  des  öffentl.  Unterrichts,  1831  der 
Justiz,  188i  Präsident  des  Recfannngshofii 
und  Mitglied  der  Pairskammer,  1858  Sena- 
tor, 1855  Mitglied  der  Akademie  der  moral. 
und  polit.  Wissenschaften;  f  1863. 

Bütholy  Karl,  christl.-orthodozerLiterar- 
histor.,  geb.  84.  Febr.  1817  zu  Braunschweig, 

Ldas^  28.  M&rz  1853.  Sehr.  ,Die  deutsche 
teraftor  der  Neuzeit'  (8.  Aufl.  1870),  ,Die 
klass.  Periode  der  deutschen  Literatur  im 
Mittelalter*  (herausg.  von  Findel  1857). 

BartliAenijry  1)  Jean  Jaches,  franz.  Alter- 
thumsforscher,  geb.  20.  Jan.  1716  zu  Cassis 
in  der  Provence,  seit  1747  Mitglied  der 
Akademie  der  Inschriften,  seit  1753  Direktor 
des  königl.  Medaillenkabinetz  zu  Paris; 
t  80.  April  1795.  Verf.  der  in  fast  alle 
enrop.  Sprachen  übersetzten  «Yoyage  du 
Jeune  Anaoharsis  en  Grdoe*  (1788,  deutsch 
r*Ftseher  u.  Haupt  1836),  einer  ansehnlichen 
Schilderung  antiker  Znstande.  —  2)  JFron- 
föis,  Marquis  de  B,,  franz.  Diplomat,  geb. 
20.  Okt.  1747  zu  Aubagne,  schloss  1795  mit 
Preussen  den  baseler  Frieden,  ward  1796 
Mitglied  des  Direktoriums,  4.  Sept.  1797 
verhaftet  und  mit  Pichegru  u.  A.  nach 
Quiana  geschickt,  entfloh  nach  England, 
ward  nach  der  Katastrophe  vom  18.  Brn- 
maire  vom  ersten  Konsul  zum  Yiceprasiden- 
ten  des  Senats  und  zum  Beiclisgrafen  er- 
nannt, stand  1802  an  der  Spitze  der  Depu- 
tation, welche  Bonaparte  das  Konsulat  auf 
Lebenszeit  übertrug,  führte  April  1814  den 
Vorsitz  im  Senat,  der  Napoleons  Absetzung 
aussprach,  ward  nach  der  zweiten  Bestau- 
ration  Minister  und  Marquis;  f  3.  April 
1830.  —  3)  Augu9le,  franz.  Dichter,  geb.  1796 
zu  Marseille,  lebte  seit  1828  in  Paris  und 
schrieb  (mit  Merjf  gemeinschaftlich)  zahlr. 
beissende  Satiren  gegen  die  Bourbons  und 
die  Julidynastie:  .La  Vllldliade'  (1826),  ,La 
Peyronntide*  (1887),  ,La  Censure'  (1887)  etc., 
(ias  histor.  Gedicht  ,NM>ol6on  en  Egypte* 
(1838,  deutsch  von  Schwab  1830>  und  die 
Elegie  auf  den  Herzog  von  Beichstadt  ,Le 
fils  de  Vhomme*  (1889) ;  zog  sich  1838  von 
der  Opposition  zurück.  Durch  sein  Gedicht 
•Le  peuple-roi'  ward  er  Direktor  der  königl. 
Druckerei.  Sein  letztes  Gedicht  ,La  Tauride' 
(1856,  dentsch  1856)  hatte  keinen  Erfolg.  Er 
t  23.  Aug.  1867  zu  Marseille. 

Barth^lerny  Saint  •Hilalre  (spr.  -Sangt- 
Il&hr),  •Tule«,  franz.  Gelehrter,  geb.  19. 
Aug.  1805  zu  Paris,  ward  1838  Prof.  der 
griech.  und  röm.  Philosophie  am  Oollßge  de 
France,  1839  Mitglied  der  Akademie  der 
moral.  und  polit.  Wissenschaften,  hielt  sich, 
nach  der  Februarrevolution  in  die  Consti- 
tuante und  Legislative  gewählt,  zur  Partei 
der  Gemässigten,  ward  bei  dem  Staats- 
streiche von  1851  nach  Mazas  abgeführt,  ver- 
weigerte Napoleon  in.  den  Eid  und  legte 
seine  Professur  nieder.  Hauptwerk  Ueber- 
setzung  des  Aristoteles.  Sehr,  ausserdem 
,Sur  les   Yedas'   (1854),    ,Le   Bouddhisme' 


(1855),  ,Bonddha  et  sa  religlon*  (1859,  S.  AvlL 
1865),  ,Mahomet  et  le  Ooran*  (1865). 

BlLnheB  (spr.  -tehs),  Paul  Joieph,  frans. 
Arzt,  geb.  11.  Dec.  1734  in  Montpellier,  grün- 
dete das.  eine  berühmte  ärztliche  Schule, 
später  kaiserl.  Leibarzt;  f  l^«  Okt.  1806  In 
Paris.  Sehr.  ,Nouveaux  616menB  de  la  scienoe 
de  Thomme'  (1806,  8  Bde.);  ,Noavelle  mtea- 
nique  des  mouvemens  de  Thomme  et  dez 
animaux*  (1798,  deutsch  1800);  ,TraIt6  des 
maladies  gontteuses'  (1819,  8  Bde.;  deutsch 
1803);  ,Consaltations  de  mßdedne«  (1810). 
Vgl.  liordat,  ,ExpoBition  de  la  doctrlne  m6- 
dicale  de  P.  J.  B.  etc.',  1818. 

Barthold,  Friedrieh  Wükdm,  Geschicht- 
schreiber, geb.  4.  Sept.  1799  zu  Berlin,  seit 
1831  Prof.  zu  Greifswald ;  f  das.  14.  Jan.  1858. 
Sehr.  ,Der  Römerzug  K.  Heinrichs  von Lützel- 
bnrg<  (1830—81,  8  Bde.);  , Georg  v.  Frunds- 
berg  oder  das  deutsche  Kriegshandwerk  zur 
Zeit  der  Beformatlon*  (1833) ;  .Gesch.  des 
grossen  deutschen  Kriegs  vom  Tode  Gustav 
Adolfii  ab'  (1848—43,  8  Thle.);  «Gesch.  von 
Rügen  und  Pommern'  (1839—45,  5  Bde.); 
,Gesch.  der  deutschen  Städte  und  des  deut- 
schen Bürgerthums'  (1850— 58,  4 Bde.);  ,Cte- 
sclilohte  der  deutsch.  Hansa' (1853, 3 Bde.)  n.A. 

Bartholdjy  JaJceb  Salomo,  preuss.  Diplo- 
mat, geb.  zu  Berlin  13.  Mai  1779,  Jüd.  Her- 
kunft, trat  1805  zum  Christenthum  über, 
arbeitete  seit  1813  in  der  Kanzlei  des  Fürsten 
Hardenberg,  entwarf  das  Landsturmedikt 
vom  81.  April  1813,  ging  1815  als  preuss. 
Generalkonsul  für  Italien  nach  Rom,  1818 
zum  Kongrress  nach  Aachen,  dann  als  Ge- 
schäftsträger an  den  toskan.  Hof;  f  ^7. 
Juli  1885.  Er  brachte  die  Fresoomalerel 
zuerst  wieder  in  Aufnahme.  Seine  Knnst- 
sammlnneen  kamen  an  das  berl.  Museum. 

BarthoiIni8clie  Gef&sse,  lymphatische  Ge- 
fasse.  B.r  Gang,  Ausführungsgang  der  Spei- 
cheldrüse unter  der  Zunge. 

BartholomfiaSy  der  Apostel,  Sohn  Tol- 
mais,  aus  Kana  in  Galiläa,  soll  das  Christen- 
thum in  Indien,  d.  i.  wahrschelnl.  im  südl. 
Arabien  (Jemen)  verkündigt  haben*  und  z^ 
Albania-pyla  (Derbeut)  am  kasp.  Meere  ge- 
kreuzigt worden  sein.  -  Tag  84.  Aug. 

BartkoloniSasnaeht,  s.  JEru^«i»o<teii. 

Bartholominssee,  s.  Küniguee, 

Bartling,  Friedrich  Gotüieb,  Botaniker, 
geb.  1798  zu  Hannover,  seit  1831  Prof.  in 
Göttingen.  Sehr.  ,Ordines  naturales  planta- 
rnm'  (1830);  mit  ffaslpa  «Vegetabilia  cellula- 
ria  in  Germania  septentrionali'  (1834  u.  1836). 

BartSIl,  1)  Daniellc,  ital.  Gelehrter,  geb. 
18.  Febr.  1608  in  Ferrara,  Jesuit,  f  13. 
Juni  1685  als  Rektor  des  Jesuitenkollegiums 
zu  Rom.  Hauptwerk:  ,l8toria  della  com- 
pagnia  dl  Gesü'  (E^m  1653—73,  5  Bde.; 
1881,  3  Bde.).  ,Opere  complete'  (1883—44, 
34  Bde.).  —  2)  Pietro  Bcmti,  gen.  Perugio, 
ital.  Maler  u.  Kupferstecher,  geb.  1635  zu 
Bortola,  f  zu  Rom  1700.  Schüler  Poussins, 
dessen  Bilder  er  täuschend  genau  kopirte. 

BartSIOy  Taideo  di,  ital.  Maler  der  Schule 
von  Siena,  um  1390—1420;  Hauptwerk  die 
Wandmalereien  in  der  Kapelle  des  öffentl. 
Palastes  zu  Siena  (Leben  der  heil.  Jungfrau). 

BartolommSo^  Fra,  b.  Porta, 


Bartolöni  —  Basalt. 


217 


BartOlSaty  Lorento,  IUI.  Bildhauer,  geb. 
1777  za  Yernio  (Toskana),  f  80.  Jan.  1850  zu 
Floreni  als  Direktiousmitgl.  der  Akademie. 
Zahlr.  Werke,  über  Europa  zerstreut. 

Bttrtoloiziy  Franeeteo,  Kupferstecher,  geb. 
1730  zu  Florenz ,  seit  1764  in  London ,  seit 
1805  in  Lissabon ;  f  das.  181S  als  Direktor 
der  Malerakademie.  Ausgezeichnet  in  ge- 
ätzten Blättern,  aber  durch  Einfuhrung  der 
weichlichen  Punktirmanier  von  üblem 
Einfluss.   Zahlreiche  Werke  ruber  8000  BI.). 

Burton  (spr.  Barten),  1)  Elisabeth,  das 
yheiligeM&doben  von  Kent*  gen.,  angebliche 
Seherin,  weissagte  dem  Eön^  Heinrich  YIII. 
atnr  Strafe  für  seine  Scheidung  von  Katha- 
rina Ton  Aragonien  einen  nahen  Tod,  ward 
1584  hingerichtet.  —  8)  £ernard ,  gen.  der 
Quakerpoet,  geb.  Sl.  Jan.  1784  zu  London, 
1810—47  Commis  in  einem  Bankgeschäft  in 
Woodbridge;  f  ^9.  Febr.  1849.  Sehr.  ,Me- 
trical  effusions'  (1818),  ,Poems  by  an  ama- 
teur*  (1818),  »Poems*  (4.  Aufl.  1885),  ,Hou- 
sehold  Verses'  (1845)  u.  A.  Vgl.  Ourney, 
,Memorfal  of  B.',  1847.  ~  3)  Benjamin  Smith, 
nordamerikan.  Naturforscher,  geb.  1766  zu 
Lancaster,  seit  1789  Professor  der  Naturge- 
schichte, später  der  Medicin  in  Philadelphia; 
f  das.  1815.  Sehr.  ,A  memoir  conceming 
the  fascinatlug  faculty,  whlch  has  been 
ascribed  to  the  rattlesnake  and  other  americ. 
serpents*  (1796,  1800,  deutsch  1798);  ,A  me- 
moir oonoernin^  the  disease  of  goitre'  (1800, 
deutsch  1808) :  ,Element  of  botany'  (1818  und 
1814,  8  Thle.)  u.  A. 

Bartsch,  rechter  Kebenflnss  der  Oder, 
kommt  aus  Posen,  mündet  bei  Grossglogau, 
28  M.  1.,  Ton  Militsch  an  schiffbar. 

Bartscll,  1)  Joh.  Adam  £«mh.,  £itUr  von  B., 
Kupferstecher,  geb.  17.  Aug.  1757  zu  Wien, 
seit  1806  Kustos  der  Hofbibliothek  und 
Kupferstichsammluug  das. ;  f  81.  Aug.  1881. 
Sehr.  ,Peintre  -  graveur'  (1808—21,  81  Bde., 
neue  Ausg.  1866),  ,An}eit.  zur  Kupferstich- 
kunde* (1881,  8  Bde.);  lieferte  505  Blätter 
nach  Gemälden  jeder  Periode  n.  Schule.  Sein 
Sohn,  Friedr.  Jos.  Adam,  Bitter  von  B.,  geb. 
18.  Juli  1798,  seit  1887  Kustos  der  Kupfer- 
stichsammlung zu  Wien,  sehr.  ,Oatalogue 
d^estampes  de  A»  de  B.*  (1818)  und  ,I>ie 
Kupferstichsammlnng  der  k.  k.  Hofbiblio- 
thek zu  Wien'  (1854).  —  2)  Karl  Friedrich, 
Germanist,  geb.  25.  Febr.  1838  zu  Sprottau, 
seit  1856  Prof.  der  deutschen  und  roman. 
Philologie  zu  Rostock ;  gab  ältere  deutsche 
Dichtungen  und  provencal. Sprachdenkmäler 
heraus;  schrieb  ,Ueber  Slarlmeinet*  (1861), 
,  AI  brecht  von  Halberstadt  und  Ovid  im  Mit- 
telalter' (1861),  ,Beiträge  zur  Geschichte  und 
Kritik  der  Kudrnn*  (1865}  und  als  Haupt- 
werk: ,Untersuohnngen  über  das  Nibelun- 
genlied' (1865),  dem  er  eine  treffl.  kleinere 
/  Ausgabe  (2.  Aufl.  1869)  und  eine  grössere 
mit  Lesarten  etc.  (1870),  sowie  eine  neu- 
deutsche  Uebersetzung  (1867)  folgen  Hess. 
Uebersetzte  Bnrns  Gedichte  (1865).. 

Barneh  (d.  h.  der  Gesegnete),  Freund  und 
Gefährte  des  Propheten  Jeremias,  ward 
während  der  Belagerung  Jerusalems  durch 
Nebukadnezar  mit  Jeremias  von  seinen 
Landdlenten  in  Haft  gehalten,  b«gab  sich 


I  dann  mit  Jenem  nach  Aegypten;  angebl. 
Verf.  einer  apokryph.  Schnit  des  A.  T., 
Buch  B.  (Trostrede  an  die  Israeliten). 

Bamth,  Stadt  im  preuss.  Begbz.  Pots- 
dam, Kr.  Jüterbogk  -  Luckenwalde ,  an  der 
Geila,  1850  Ew.;  Hauptort  der  dem  Gr.  v. 
Solms  gehör.  8tandesherrsch<\ft  B.  (IVa  QM.). 

Bamtsclie  (vom  ital.  J>aroccio),  in  Italien 
zweirädriger  Karren,  in  Wien,  Tordorben 
Fierutseh,  zweirädrige  Halbchaise. 

Barye,  Antoine  Louis,  franz.  Bildhauer, 
geb.  84.  Sept.  1795  zu  Paris,  lebt  daselbst. 
Bes.  als  Thierbildner  bedeutend :  die  Löwen- 
gruppe im  Tuileriengarten,  Jagdstücke,  der 
Löwe  für  die  Juliussäule,  Theseus  und 
der  Centaur;  Beiterstatue  Napoleons  I.  für 

Bar^t,  8.  Barjfum,  [AJaccio  (1864). 

Baryam,  silberweisses  hämmerbares  Me- 
tall, oxydirt  und  mit  Schwefelsäure  verbun- 
den als  Schwerspath,  mit  Kohlensäure  als 
Witherit  vorkommend.  Aeq.  68,5;  bildet  mit 
1  Aeq.  Sauerstoff  das  Baryumoxyd,  Baryt, 
Schwererde,  mit  8  Aeq.  Sauerstofl*  Baryum- 
»uperoxyd.  Dies  entsteht  durch  massiges 
Erhitzen  von  Baryumoxyd  an  der  Luft,  dient 
zur  Darstellung  von  Wasserstoffsuperoxyd 
und  zur  Bereitung  von  Sauerstoff,  da  es  in 
starker  Hitze  wieder  zerfallt.  Baryumoxyd- 
hydrat,  Aetzbaryt  aus  Schwefelbaryum  er« 
halten,  krystallisirt,  In  Wasser  löslich  (Ba- 
rytwasser), absorbirt  schnell  Kohlensäure, 
dient  als  Reagens,  gibt  mit  Zucker  unlös- 
lichen Zuckerbaryt,  Kohieneaurer  Baryt,  in 
Wasser  unlöslich,  dient  zur  Darstellung 
von  Barytpräparaten.  Behtoefehaurer  Baryt, 
Permanentweiss,  Neuweiss,  Barytweiss,  ganz 
unlöslich  in  Wasser,  schöne  beständige 
weisse  Farbe,  besonders  zur  Tapetenfabri- 
kation. Ohlor$aurer  und  salpetersaurer  Baryt, 
in  Wasser  löslich,  dient  in  der  Feuerwerkerei 
zu  hellgrünem  Feuer.  Ohromsaurer  Baryt,  Ba- 
rytgelb, Ultramaringelb ,  schöne  beständige 
gelbe  Farbe.  Schwefelbarynm  entsteht  beim 
Glühen  von  Schwerspath  mit  Kohlen,  zer- 
setzt sich  mit  Wasser,  gibt  mit  Salzsäure 
Öhlorbaryum.  Dies  krystallisirt,  löst  sich 
in  3  Theilen  Wasser,  ist  wie  alle  Barytsalze 
giftig  (Gegengift  Glauber-  oder  Bittersalz), 
verhindert  die  Fäulniss  und  ist  wie  alle 
lösliche  Barytsalze  scharfes  Besgens  auf 
Schwefelsäure. 

Baryxjf ion  Lour.  (Sohwerholz),  Pflanzen- 
gattung aus  der  Familie  der  Cassieen.  B. 
rnfam  Lour.,  Intsia  amboinensis  Dec,  Baum 
in  Ostindieu  und  China  mit  scliwerem  har- 
ten Nutzholz  (Eisenholz). 

Basalt,  dunkelgefärbtes,  scheinbar  gleich« 
artiges,  sehr  dichtes,  hartes,  zähes  Gestein, 
welches  in  einer  glasigen  oder  entglasten 
Grundmasse  Augit,  Mi^eteisen  und  Feld*- 
spath,  meist  auch  Ollvin  und  andere  Ein- 
schlüsse enthält,  tritt  in  eigenthüml.  Ab- 
sonderungen als  Säulen-,  Pyramiden-,  Tafel- 
und  Kugelbasalt  auf,  ist  über  die  ganze 
Erde  weit  verbreitet  und  zeigt  sich  als 
Eruptivgestein  namentl.  der  mitteltertiären 
Zeit,  isolirte  Höhen,  ganze  Bergzüge  und  Ta- 
fellandschaften bildend.  Dient  zum  Strassen- 
bau,  zu  Mühlsteinen,  Pochsohlen  u.  dgl., 
gibt  geschmolzen  ein    leichtflüssiges  Glas, 


218 


Basaltit  —  Basilika. 


beim  Verwittern  ein  sehr  fruchtbares  Erd- 
reich (gepnlyert  als  Bünger).  Ba$alüava, 
schlackiger  B.,  poröse  blasige  dunkle  Ge- 
steine TOB  basaltischem  Habitas,  stehen 
stets  mit  einem  Krater  In  Terblndnng,  yon 
welchem  ans  sie  sich  in  lagerartigen  Strö- 
men ausbreiten.  Vgl.  Ifeonhard,  ^ie  Ba- 
sal^ebilde  in  Ihren  Besiehnngen  su  nor- 
malen und  abnormen  Felsmassen*,  1832; 
La$atdx,  ,I>er  Streit  über  die  Entstehung  des 
B.B*,  1809;  JSirkd,  »Bükroskop.  Znsammen- 
setsTingu.  Struktur  der  Basaltgesteine*,  1870. 

BMiutlt,  8.  y.  a.  Melaphyr. 

Basanfty  schwarzes  Romblendegestein» 
diente  den  alten  Aegyptern  als  Material 
zu  Statuen. 

Basehl-Boflskg,  in  den  türk.  Heeren  die 
aus  kriegerischen  Stämmen  geworbenen 
irregulären  Frelschaaren,  berüchtigt  durch 
wilde  Zuchtlosigkeit. 

BMChl-Insem  (Batanei) ,  Gruppe  der 
Philippinen  Im  ostlnd.  Archipel,  nördl.  von 
Msnila,  etwa  8000  Ew. 

BMCh-KadSn  (tUrk.,  Ober/rau),  Name  der 
4  rechtmäss.  Frauen  des  Sultans,     [schistan. 

Buckkerd,  Hochland  im  SW.  von  Belud- 

Basekkiren  (eig.  ScuehJturtf  d.  i.  Bienen- 
züchter), Volk  in  den  russ.  Gonv.  Perm, 
Orenburg  und  Samara,  am  Südural,  tatar. 
(nach  Neuern  finnischen)  Stamms  mit  türk. 
Sitte  und  Sprache,  theils  sesshaft,  theils 
nomadisirend,  476,200  M.  stark;  stellen  eine 
Art  von  Kosakoncorps. 

Bascnle  (fr.,  spr.  -kühl),  Schaukel ;  schwan- 
kendes   Benehmen ;     daher    Boßpulesystem, 

Base^  s.  v.  a.  Basis.         [Schaukelsy^tem. 

BaseaoWy  Joh.  Bemh.,  eigentl.  Joh.  Berend 
Bassedau,  her.  Pädagog,  geb.  11.  Sept.  1723 
zu  Hamburg,  ward  1753  Lehrer  an  der  Rit- 
terakademie zu  Soroe,  1761  am  Gymnasium 
zu  Altena,  trat,  durch  Rousseaus  ,£m]le* 
begeistert,  als  Reformator  des  Erziehungs- 
wesens auf,  brachte  durch  Sammlungen 
bis  zu  15,000  Thalern  das  ,£lementarwerk* 
(1774,  4  Bde.  mit  100  Kupfern  meist  von  Gho- 
dowiecki)  zu  Stande,  errichtete  1774  zu 
Dessau  das  ber.  Philanthropin  als  Muster- 
schule, trat  1778  von  dessen  Leitung  zurück ; 
t  85.  Juli  1790  zu  Magdeburg.  Vgl.  Bath- 
mann,  ,Beiträge  zur  Lebensgesch.  B.s',  1791 ; 
Meyer,  .Char.  und  Schriften  B.s«,  1791-92. 

Baseiikse  (spr.  -seljak),  Jecm,  franz.  Wund- 
arzt, geb.  itOS  zu  Poevastruc  bei  Tarbes, 
t  1781.  Erfinder  des  gekrümmten  Trokars 
zur  Anbohrung  der  Blase,  machte  Stein- 
extraktionen. Sehr.  jBecueil  de  pidces  impor- 
tantes  concernant  la  taille  par  le  lithotome 
cach6*  (1751);  ,Nouvelle  methode  d'extraire 
la  pierre  par  dessus  le  pubis*  (1779). 

Baiely  Kanton  der  nordwestl.  Schweiz, 
8,44  QM.  und  98,265  Ew.  (19,497  Kathol., 
175  Jud.),  schöne  und  ftuchtbare  Bergland- 
schaft (Wisenberg  8087')»  vom  Rhein  (mit 
Ergolz  und  Birs)  bespült;  Feld-,  Obst-  und 
Wiesenbau.  Rege  Industrie,  bes.  Selden- 
band&br.  Seit  1833  8  unabhingige  Theile : 
1)  B.-8Uidi,  0,67  QM.  und  40,683  Ew.;  kon- 
servativ, strengkirchlich,  gebildet,  spekula- 
tiv ;  Verfassung  vom  28.  Febr.  1858 ;  Einnahme 
1865:  1,275,000,  Ausg.  1,575,000  Frcs.;  Staats- 


schuld 5Vs  Mill.  Frcs.,  Vermögen  unbekannt 
8)  B,'Land,  7,77  (£M.  und  51,588  Ew. ;  radikal 
und  firel  von  Pietisterei;  Verfassung  vom 
6.  März  1868;  Einnahme  1865:  514,300,  Ausg. 
511,573  Frcs. ;  Staatsschuld  1  Mill.,  Vermögen 
1,343,000  Frcs.  Gesammtkontingent:  Öl^M. 
Der  Baselgan,  seit  1501  Glied  des  schweizer 
Bundes  (18.  Kanton),  1815  mit  dem  Btrsgau 
vereinigt.  Seit  1831  Streit  zwischen  der 
Stadt  und  den  Landgemeinden,  in  Folge 
dessen  17.  Aug.  1833  die  Trennung.  —  Die 
HaupM,  B.,  zweltgrösste  Stadt  der  Schweiz, 
vom  Rhein  durchflössen  (Brücke  von  1226), 
37,918  Ew.  Reicher  und  bed.  Handelsplatz. 
Im  Münster  (1010  gegr.)  das  ber.  hcader 
KoncÜ  (14.  Dec.  1431  bis  7.  Mal  1449,  zur 
Ausrottung  der  Ketzereien  und  Reformirung 
der  Kirche);  Universität  (seit  1450);  Rath- 
haus  (1508),  Museum  (1849).  Gr.  Missions- 
anstalten. Der  batder  Friede  5.  April  1795 
zwischen  Frankreich  und  Preussen,  22.  Juli 
17%  zwischen  Frankreich  und  Spanien. 

Basel -Avnt,  s.  Äugst. 

Baseler  Konfusion y  1538  zu  Basel  in 
deutscher  Sprache  aufgesetztes,  1550  in  Mühl  - 
hausen gedrucktes  (daher  auch  mühlhäaüer 
Konf.)  Glaubensbekenntniss  der  Reformirten. 

Basen  (gr.),  Sauerstoffverbindungen  (Me- 
talloxyde),  welche  sich  mit  Säuren  zu  Salzen 
verbinden,  so  Kali,  Natron,  Bleioxyd  etc. 

Basente  (Vatento),  Fluss  in  Unteritalieu, 
müudet  in  den  Golf  von  Tarent,  21  M. 

BasentellOy  Stadt  in  der  unterital.  Prov. 
Terra  d'Otranto;  13.  Juli  98i8ieg  der  Grie- 
chen und  Araber  über  Kaiser  CN;to  H. 

Basford,  Industr.  Dorf  in  der  engl.  Graf- 
schaft Nottingham,  12,185  Ew.  Fabrik,  von 
Spitzen,  Strumpfwaaren,  Maschinen  etc. 

BasilUy  Gruppe  d.  Suluinsoln  (Ostindien). 

Basilens  (gr.),  bei  den  alten  Griechen  der 
König,  zugleich  Oberanführer  Im  Krieg, 
Oberrichter  und  Oberpriester. 

Basttianer  s.  BaeiUua. 

Basiliemta,  unterital.  Prov.  in  Kalabrien, 
194  QM.,  492,960  Ew.    Hauptst.  Potenza. 

Baslllcnm,  Pflanzengattung,  s.  Ocimttm. 

Basilides,  alexandr.  Gnostiker  zuHadrlaus 
Zeit,  nahm  365  aus  dem  oberen Lichtreiclie 
stufenweise  emanirte  Geisterordnungen  an. 
Seine  Anhänger,  die  Basilidianer,  erhielten 
sich  bis  ins  4.  Jahrh.  Vgl.  Hoo/Mede  de  Oroot, 
,B.S  deutsch  1868. 

Basilika  (gr.),  das  unter  dem  byzant.  Kaiser 
Basilius  Macedo  (f  886)  begonnene,  unter 
dessen  Sohn  Leo  dem  Weisen  vollendete 
und  unter  dessen  Sohu  Konstantin  Porphy- 
rogeneta 945 revidirte  Gesetzbuch  des  byzant. 
Reichs,  aus  60  Büchern  bestehende  Umar- 
beitung des  Jujrtinianeischen  Gesetzwerkes  ; 
herausg.  von  Heimbach  (1883—50,  5  Bde.). 

BasiUka  (gr.),  urspr.  Königshalle,  Königs- 
wohnung; dann  bei  den  Griechen  und  Rö- 
mern Gebäude  mit  Säulenreihen  Im  Innern, 
für  Rechtspflege  und  Handelsverkehr.  Nach 
deren  Vorbild  wurden  seit  Konstantin  die 
ersten  christl.  Kirchen  gebaut.  Grundplan 
der  Christi.  B.  (seit  10.  Jahrb.):  oblonger 
Raum,  durch  8  (oder  4)  Säulenreihen  in  3 
(oder  5)  Schiffe  ^ethellt,  von  denen  das  mitt- 
lere Schiff  grössere  Breite  u.  grössere  Höh» 


BaBÜisk  —  Bassein. 


219 


hat  n.  dnrob  die  Niseh«  des  Altars  (Abside) 
abgesdhlofsen  wird.  Ber.  Kirchen  der  Art: 
Johann  Im  I<at«raD,  8.  Xaria  Ma<siore ,  S. 
Sablna  n.  a.  in  Sem;  8.  ApoUlnara  in  Ka- 
▼enna;  neo«M:  die  B.  In  Mnnehen  (tou 
Ziebland  erb.) ,  die  Jakobskirche  in  Berlin. 
Vgl.  Stauen,  ,]>le  chrlstl.  Basiliken  Borns*, 
1849;  Zetitruwun,  ,Die  antiken  und  christl. 
Basiliken',  1847;  Jlf«Mt»er,  ,Ur8pmnc  der 
B.',  1854;  Mothe»,  ,Die  Basilikenform',  18«5. 

BaiUilky  Basiliscus  Law»  (Kr<meideeh$e), 
BeptiUengattung  ans  der  Tamifie  der  Schup- 
penechsen,  gehdm$4r  J9.,  gemein«  K.,  B.  ml- 
tratus  J>«M<I.,  B.  amerieanus  Laur.,  harm- 
loses Thier,  8'  lang,  im  heissen  Südamerika. 
Der  fabelhafte  B.  der  Alten  hat  Hahnen- 
körper mit  dreispitzigem  Schlangensohwans, 
funkelnde  Augen  n.  eine  Krone  anfdemKopf. 

Bulllll.  1)  £.  I.  Maeedo,  bysant.  Kaiser, 
ward  als  Soldat  ron  Michael  HI.  als  Mit- 
regent  aiig^nommen.  nach  dessen  Tode  867 
AUeinherrsoher;  f  o86.  —  8)  B.  der  Groue, 
griech.  Kirchenvater,  geb.  8S9  en  Cäsarea 
in  Kiqipadocien,  anfangs  Sadiwalter,  862 
zum  Presbyter  geweiht,  870  Bischof;  f  879. 
Regelte  die  Kirchensucht,  den  Gottesdienst 
und  Insbesondere  das  Hönchswesen,  daher 
die  Mönchsgel&bde  des  Gehorsams,  der 
Keuschheit  .und  Armuth  anf  ihn  lurückge- 
fährt  werden,  wie  auch  die  Mönche  und 
Nonnen  der  oriental.,  nicht  unirten  Kirchen 
der  nach  B.  benannten  Begel  folgen.  Werke 
herausg.  Ton  den  Benediktinern  (1780, 8Bde.). 
Vgl.  aoee,  ,B.  d.  Gr.*,  1885.  —  8)  Bischof 
von  Ancjra,  Haupt  der  Semiarlaner,  860 
durch  das  Koacil  au  Konstantinopel  al^e- 
setzt  und  nach  Illyrien  Terwiesen. 

BnloeestniM  (gr.),  Kopfbohrer,  Instru- 
ment zur  Durchbohrang  des  Kindersehadels 
bei  Entbindungten. 

Baals  (gr.),  die  Grundlage  einer  Sadie; 
in  der  Geometrie  die  Seite  oder  Flache,  auf 
welcher  eine  geradlinige  Figur  oder  ein 
Körper  als  ruhend  gedacht  wird;  in  der 
Geodäsie  eine  gerade  Linie  yon  beträcht- 
licher Lange  (i^,  1  Meile  und  darfiber),  die 
anf  der  Oberfläche  der  Erde  sorgflltig  ge- 
messen und  an  welche  dann  zum  Behuf  der 
trigonometrischen  Vermessung  eines  Landes 
das  Netz  von  Dreiecken  angelegt  wird;  in 
der  Kriegskunst  ein  Landstrich  mit  festen 
Punkten  oder  eine  Verkehrt*  oder  Stromlinie 
als  Grundlage  und  Stütze  der  Operationen. 

Bsaiseke  vaäM,  s.  8aUe. 

Baaken  (Vasconen),  uraltes  Volk  zu  bei- 
den Seiten  der  Westpyreuäen;  in  Frankreich 
im  Dep.  Niederpyrenäen  (etwa  150,000),  in 
Spanien  die  Hauptbevölkerung  von  Navarra 
und  den  gebirgigen,  sogen,  baskieehen  Ptcmn- 
zen  (Viuconqadaa):  Alava,  Guipuzeoa,  Bis- 
caya  (ca.  500,000) ;  in  ihrer  eigenen  Sprache 
BiueeUdunctc,  das  Land  JBueoaieria  genannt. 
Der  letzte  Rest  der  iberischen  Urbewohner 
Spaniens,  tapfer  und  freiheitsliebend,  robust, 
klug  und  arbeitsam  (ihr  Land  woblkultivirt), 
heiter  und  Vergnügen  liebend ,  ehrlich  und 
gastfrei,  aber  t^ueh  leidenschaftlich  und 
rachsüchtig,  stola  auf  ihr  Iiand  und  ihre 
Sprache;  kühne  Seelente,  ausgezeichnete 
Guerrillas.    Früher  unabliäugig  und  frei, 


unterwarfen  sie  sich  im  13.  Jahrb.  freiwillig 
den  Königen  von  Kastilien  als  Schntzherren, 
aber  mit  Vorbehalt  einer  Menge  von  Vor- 
rechten (ftieros),  an  denen  sie  mit  Zähigkeit 
festhielten  und  von  denen  südi  viele  (Frei- 
heit vom  Salz-  und  Tabaksmonopol,  von 
der  Konskription,  eigene  Verwaltung  etc.) 
bis  in  die  Gegenwart  erhalten  haben.  Die 
ßprtkche  der  B.  (bask.  Eueeara,  Seguera),  die 
alte  iberische,  nicht  sum  indogerni.  Sprach - 
stamm  gehörend;  noch  in 4 Dialekten  (dem 
autrigonisoben,  vardnUschen,  vasconischen 
und  labortanischen)  gesi>roehen.  Literatur 
unbedeutend:  Sammlungen  von  Sprichwör- 
tern, Lieder  (Dantzas)  und  blbl.  oder  histor. 
Volksschauspiele.  Grammatiken  von  Blant 
(185^  und  L^rdiMobal  (1856) ;  Lesdkon  von 
Ckao  (1856).  Vgl.  Humboldi,  »Untersuch,  über 
die  Urbewohner  Hispaniens',  1881;  JIToän, 
»Denkmäler  der  bask.  Sprache',  1857;  die 
Schriften  von  Miekel  (1856),  JBMLi  (1868) 
und  Garai  (1868). 

BaskerviUe  (spr.  Bäsker-),  John,  engl. 
Buchdrucker  und  SchriAslMMr ,  geb.  1706 
zu  Wolverley  in  Glocesterahire,  f  ^*  J<^* 
1775;  gründete  1756  zu  Birmingham  eine 
Buohdruckerei  und  Schriftgiesserei  and  gab 
röm.,  engl,  und  ital.  Klassikisr  in  typograph. 
schön  ausgestatteten  Ausgaben  heraus. 

Basnage  (spr.  Banahsch),  JMqmee,  geb. 
1658  au  Ronen,  Pfarrer  das.,  floh  in  Folg« 
der  Aufhebung  des  Edikts  von  Nantes  aus 
Frankreich,  ward  1690  Prediger  zu  Rotter- 
dam, 1709  im  Haag;  f  das.  1728  alsHistorlo- 
graph  der  Generalstaaten.  Sehr.  ,Histoire 
des  «glises  r6forra«es*  (Rotterd.  1690,  8  Bde.) ; 
,Histoire  de  T^lise  depuis  J4sns- Ohrist 
jusqu'  2k  prfeent'  (das.  1699,  2  Bde.); 
,Histoire  des  Juifii*  (1706,  5  Bde.). 

Batra  (Baaaora),  herabgekommene  ^Stadt 
in  Mesopotamien,  am  Sohat  ei  Arab,  5000 
Ew.,  einstHauptstapel platz  zwischen  ludien, 
Persien  und  Konstantinopel;  636  gegr. 

Baarellef  (fr.,  spr.  Barelieff),  s.  JMi^. 

Baza  (£r.  iaeae,  ital.  baeeo),  die  tiefste,  für 
alle  andern  Stimmen  die  Basis  bildende 
Stimme,  im  Gesang  wie  in  der  Instrameatal- 
musik.  Als  Singstimme  tiefe  Männerstimme, 
vom  grossen  f  bis  zum  eingestrichenen  d 
oder  e;  als  Instrument,  s.  v.  a.  Kontrabass 
und  Violonoell  (s.  d.).  Für  alle  Bassstimmen 
besonderer  Notenschlüssel:  BaaseekliUeel  (F- 
Schlüssel)  auf  der  4.  Linie,  deren  Note  für 
das  kleine  f  steht.  [=a  4,41  Liter. 

Bassa  (ital.),  Flüssigkeitsmass  in  Verona, 

Bani  (a.  G.),  Dorf  im  südl.  Arkadien 
bei  Phigalia;  berülimter  Apollotempel,  von 
Ictinus  zu  Anfang  des  peloponnea.  Krieges 
erbaut.  Rest«  wohlerhaltea.  R^efii  davon 
(1812  entdeckt)  im  brit  Museum.  Vgl. 
BUtckdberg,  ,Der  Apollotempel  zu  B.',  1832. 

BatBino»  Stadt  in  der  oberital.  Provinz 
Vioeoza,  an  der  Brenta,  12,207  Sw.  Seiden- 
und  Strohhutfabr.  8.  Sept.  1786  Bieg  Bona- 
partes  über  die  Oesterreicher  noter  Wurmser. 
Herzog  von  £,  (seit  1811)  s.  Jiarei, 

BaMino,  s.  Bmte,  Jacopo  da. 

Basaanssans,  s.  Pelekam.  Jtiefer. 

Bana  ottava  (ital.,  Mus.),   eine  Oktave 

Bassein  (Persaim),  brit.  Stadt  in  Pegu  in 


220 


Basselisseweberei  —  Bastia. 


Hinterindien,  am  Irawaddy,   20,000  Ew.; 
bed.  Reisbandel. 

BMSellsMweberely  f.  Tapetenweberei. 

BasteBy  8.  Drehb€usen. 

BMMerHUUi.  Friedr.  Daniel,  geb.  24.  Febr. 
1811  zu  Mannheim,  Besitser  eines  Materfal- 
geschäftfl,  dann  einer  Bachhandlnng  das., 
seit  1841  Hitglied  der  badischen  Kammer 
und  einer  der  Führer  der  liberalen  Oppo- 
sition, begründete  anf  dem  Landtage  von 
1847—48  kurz  Tor  Aasbrnch  der  pariser 
Febmarreyolation  eine  Motion  anf  deutsch  o 
NationalTertretnng  beim  Bundestage,  ward 
März  1848  Vertrauensmann  bei  letzterem, 
dann  als  Mitglied  derNationalrersammlung 
zu  Frankfurt  Gegner  der  äussersten  Linken, 
Aug.  1848  Unterstaatssekretär  des  luuem 
im  Reichsministerium,  suchte  Not.  1848  und 
Mai  1849  In  Berlin  yergeblich  eine  Verstän- 
digung mit  der  preuss.  Regierung  anzu- 
bahnen, ward  Mitglied  des  erfurter  Unions- 
parlameids ;  erschoss  sich ,  geistig  und  kör- 
perlich idfdend,  29.  Juni  1856. 

BlBMB- Alpes,  8.  Niederalpen. 

BAMW'VjHneM,  s.  Jfiederpifrenäen. 

BMMe-Terre(spr.  Bas-Tär),  Hauptst.  der 
franz.-westind.  InselGouadeloupe,  15,000Ew. 
Sitz  des  GouY emeurs.  1844  furchtbare  Feuers- 
brunst. In d. Gegend  bed.  Kaffeepflanzungen. 

Bassethom,  Holzblasinstrument,  Art 
grosser  Klarinette  Im  Umfang  vom  grossen 
f  bis  dreigestrichenen  c;  von  Mozart  mit 
Vorliebe  angebracht  (Titus,  Requiem). 

BaiMWltSy  Magnus  Friedr,  von,  preuss. 
Staatsmann,  geb.  17.  Jan.  1773  zu  Schönhoff 
in  Mecklenburg -Schwerin,  1824—42  Ober- 
präsident der  Provinz  Brandenburg  und 
Mitglied  des  Staatsraths;  f  14.  Jan.  1858 
zu  Berlin.  Sehr.  ,Die  Kurmark  Branden- 
burg, Ihr  Zustand  und  ihre  Verwaltung  un- 
mittelbar vor  dem  Ausbruch  des  französ. 
Kriegef  im  Okt.  1806«  (1847);  ,Die  Kurmark 
Brandenb.  in  der  Zeit  vom  22.  Okt.  1806  bis 
Ende  des  Jahres  1808<  (1851-52,  2  Bde.); 
,Die  Kurm.  Bjptndenb.  im  Zusammenhange 
mit  den  Schicksalen  des  Gesammtstaats 
Preussen  während  der  Jahre  1809  u.  1810' 
(herausg.  von  K.  von  JReinhard  1860). 

Bassia  X.  (BtUterbaum),  Pflanzengattung 
der  Sapoteen.  B.  butyracea  Boxb.,  Mähwa- 
oder  Madhucdbanm  in  Ostindien,  B.  longi- 
folia  L,,  Oallertbaum,  lUipi  das.  und  B.  la- 
tifolia  Moxb.  das.  haben  ölreiche  Samen, 
aus  denen  die  OaXom-  qder  Bcmi^nüämtter  ge- 
wonnen wird;  aus  den  Blüthen  wird  Spiri- 
tus bereitet. 

Basgigny  (spr.  -sinji),  Landsch.  im  franz. 
Pepart.  Obermarne,  Hauptst.  Langres. 

Bassin  (fV.,  spr.  -sang),  Becken,  Wasser- 
behälter; auch  See,  der  mehrere  Flüsse 
aufnimmt. 

Basslnide  (f^.,  spr.  -sinahd),  Stichelrede. 

Bassklansel  (Mus.),  beim  Tonschlusse  die 
Fortschreitnng  des  Basses  vo'n  der  Domi- 
nante zur  Tonica,  eine  Quart  aufwärts  oder 
eine  Quinte  abwärts. 

Basso  contbiuo  (ital.,  Mus.),  der  beständig 
fortgesetzte  Bass,  in  älteren  Kircheuwerken 
(Bach,  Händel  etc.)  eine  Instrnmentalbass- 
figur  bewegter  Art,  die  sich   in  ununter- 


brochenem Gange  den  ruhig  dahlnschrei- 
tenden  Singstimmeu  entgegenstellt.  Dann 
B.  c.  auch  die  bezifferte  Bassstimme,  nach 
welcher  die  Begleitung  auszuführen  ist. 

Bassonpierre  (spr.  -songplär),  Frane<d»  de, 
firans.  Staats-  u.  Kriegsmann,  geb.  12.  April 
1579  zu  Harouel  in  Lothringen,  Günstling 
Heinrichs  IV.  und  Ludwigs  XUI.,  ward  1622 
zum  Marschall  ernannt  und  mit  Gesandt- 
schaften nach  Spanien,  der  Schweiz  und 
Eugland  betraut,  wegen  seiner  Verbindung 
mit  den  Anhängern  der  Königin  auf  Riche- 
lieus  Befehl  in  der  Bastille  eingekerkert, 
erst  nach  12  Jahren  wieder  freigelassen ; 
j-  12.  Okt.  1646.  Seine  ,M6moires'  (Köln 
1665,  2  Bde. ;  1723,  4  Bde.),  In  der  Bastille 
geschrieben,  Quelle  für  die  Zeitgeschichte. 

Basso  ostinato  (ital.,  fr.  haste  contrainU, 
Mus.),  hartnäckiger  Bass,  musik.  Figur,  nach 
welcher  der  Bass  ein  Thema  oder  Motiv 
fortwährend  wiederholt;  von  Aranz.  und 
ital.  Komponisten  vielfach  als  Spielerei  be- 
nutzt (Brillenbässe). 

Bassoraganmi  (Basragunmi),  Pflanzen- 
produkt von  unbekannter  Abstammung,  ge- 
ringer Tragantsorte  vergleichbar. 

Bassorln,  Pflanzenschleim,  Bestandtheil 
des  Tragants,  desBassoragummis,  des  Saleps 
etc.,  bildet  mit  Wasser  eine  Gallerte,  ohne 
sich  wieGummi  arabicum  vollständ.zu  lösen. 

Basso  ripieno  (ital.,  Mus.),  unwesentliche 
Bassstimme,  Tuttibass. 

Bassstrasse y  Meerenge  zwischen  Austra- 
lien und  Vandiemensland. 

Bassvtoland,  Bergland  im  östl.  Südafrika, 
am  obern  Nu-Garip,  bisher  von  freien  Bet- 
schuanenstämmen  (Bassutos,  Barolong  etc.) 
bewohnt,  600  QM.  mit  etwa  100,000  Ew. 
Ackerbau  und  Industrie  blühend.  Zahlr. 
Missionsstationeu.  Wiederholte  Kämpfe  mit 
der  Oranjeriverrepublik,  an  welche  durch 
Friedensschluss  vom  26.  März  1866  ein  bed. 
Theil  des  Gtebietes  abgetreten  ward;  der 
Rest  (mit  ca.  60,000  Ew.)  wurde  darauf  (12. 
März  1868)  von  der  brit.  Regierung  anuektirt. 

Bast  (über),  maschige  fasrige  Schicht  zwi- 
schen Rinde  und  Holz,  besteht  aus  Bündeln 
zäher  dickwandiger  Prosenchvmzellen,  den 
äussern  Theilen  der  Gefässbündel.  Aus 
Rüstern-  und  Lindenbast  fertigt  man  Bän- 
der, Matten,  aus  Weidenbast  Bastschuhe. 
Die  BasthiUe  bestehen  aus  fein  gespaltenem 
Holz.  In  der  Jägersprache  ist  B.  die  rauhe 
wollige  Bedeckung  des  Hirsch-  und  Rehge- 
liöms ,  welche  durch  das  Fegen  abge- 
scheuert wird;  in  der  Weberei  vierbindig 
geköpertes  Baumwollenzeug;  auch  starke 
unausgekochte  Seide. 

Bastaiiy  Gebirgsthal  im  franz.  Depart. 
Oberpvrenäen ,   mit   dem  Badeort  Bariges. 

Bssiard,  Erzeugniss  der  geschlechtlichen 
Vermischung  zweier  verschiedenen  Arten 
angehörigen  Individuen  männlichen  und 
weiblichen  Geschlechts,  z.  B.  von  Pferd  und 
Esel  etc.,  meist  unter  Einwirkung  des  Men- 
schen, selten  im  freien  Zustande  hervorge- 
bracht; uneheliches  Kind. 

Bastei,  Bollwerk,  s.  Baetion, 

Bastia,  Festungs-  und  Hafenstadt  an  der 
Nordostküste  Korsikas,    21,535  Ew.;    1380 


Bastian  — -  Batavia. 


221 


durch  den  Genuesen   LomtMno  gegr.,  bis 
1791  Hauptstadt  der  Insel. 

BastiaBy  Adolf,  deatscher  Reisender,  geb. 
86.  Juni  1826  za  Bremen,  ging  1851  als 
gchtffsarst  nach  Australien ,  bereiste  die 
dortigen  Golddistrikte  und  einen  Theil  des 
Innern,  dann  Neuseeland,  begab  sich  durch 
die  Südsee  nach  Peru,  Ton  da  über  West- 
indien nach  Nordamerika ,  durchstreifte 
Mexiko  und  Kalifornien,  segelte  durch  den 
nördl.  Theil  des  Gössen  Oceans  nach  China 
und  Ostindien,  durchzog  Dekhan  und  das 
Mahrattenland,  ging  über  Basra  nach  Bag- 
dad und  Ton  Mesopotamien  nach  Syrien  und 
Pal&stina,  besuchte  Mekka,  segelte  von 
Aden  aus  nach  dem  Yorgebirg  der  guten 
Hoffnung,  durchforschte  die  portugies.  Be- 
sitzungen an  der  Westküste  Südafrikas  und 
das  Nigerdelta,  besuchte  Liberia,  Sierra- 
Leone  und  Senegambien  und  kehrte  von  da 
Dec.  1859  nach  Bremen  zurück.  Im  ^an. 
1861  schiffte  er  sich  nach  Madras  ein,  fuhr 
den  Irawaddy  hinauf  in  das  Birmanenreich, 
ging  dann  nach  Bangkok,  von  da  durch 
Kambodscha  nach  Saigun  und  Singapore, 
besuchte  1864  undA865  den  ind.  Archipel, 
Japan,  Peking  und  kehrte  durch  die  Mon- 
golei und  Sibirien  und  über  den  Kaukasus 
nach  Europa  zurück.  Seit  1866  Präsident 
der  geogr.  Gesellschaft  in  Berlin.  Sehr. 
,£in  Besuch  in  San-Salvador,  der  Hauptstadt 
des  Königr.  Gongo'  (1859);  ,Der  Mensch  in 
der  (beschichte*  (1860,  8  Bde.);  .Die  Völker 
des  östl.  Aslen'(1866— 70,  6Bde.j;  ,Beitr&ge 
zur  vergleich.  Psychologie*  (1868);  ,Das  Be- 
ständige in  den  Menschenrassen'  (1868). 

BMtwt  (spr.  Bastia),  Fr4d4rio,  flranz.  Na- 
tionalökonom, geb.  29.  Juni  1801  zu  Bayonne, 
Generalrath  des  Depart.  Landes,  1848  und 
1849  Mitglied  der  Constituante  und  Legis- 
lative; t  24.  Dec.  1850  in  Bom.  Bekämpfer 
des  Socialismus  und  des  Schutzzolls  und  Yer- 
.  treter  einer  neuen  Worththeorle.  Hauptschr. 
,Harmonies  6conomiques'  (deutsch  von  JVtnce 
8müh  1850),  für  volkswirthschaftl.  Interes- 
senbarmonie  unter  Anlehnung  an  Carey; 
,Oeuvre8  compldtes'  (2.  Aufl.  1865,  7  Bde.); 
,Sophismes  6conomiques'  (deutsch  von  Noback 
1847),  neuestens  In  Nordamerika  ^rie  in 
Deutschland  als  Agitationsmittel  benutzt. 
, Ausgewählte  volkswirthschaitl.  Schriften 
B.s*  (deutsch  von  £ergiu$  1859,  2  Bde.). 

Bastide  (spr.  Bastihd),  Jules,  franz.  Publi- 
cist,  geb.  22.  Nov.  1800  zu  Paris,  betheiligte 
sich  an  allen  Unternehmungen  gegen  die 
Restauration,  nach  der  Julirevolution  an 
der  Decemberemeute  1880 ,  ward  als  einer 
der  Anführer  des  Aufstandes  vom  5.  Juni 
1832  bei  der  Bestattung  Lafayettes  zum  Tod 
verurtheilt,  floh  nach England,nach  Armand 
Carrels  Tode  Hauptredakteur  des  ,National', 
gründete  1847  die  ,Revue  nationale',  nach 
der  Februarrevolution  1848  Mitglied  der 
Constituante,  10.  Mai  bis  20.  Dec.  1848 
Minister  des  Auswärtigen.  Sehr.  ,La  R6- 
publique  fran^aise  et  ritalie  en  1848'  (1858); 
,Les  guerres  de  la  R6forme'  (3.  Aufl.  1868). 

BaztlUe  (ft-.,  spr.  -stillj'),  festes  Schloss 
mttThürmeu;  spec.  das  Kastell  von  Paris, 
1970-89  gegen  die^EogläDder  erbaut,  später 


berüchtigtef  Staatsgefängniss,  14.  Juli  1789 
zerstört.  Ygl.  Bcwai»$on,  .Archives  de  la  B.', 
1870;  JBojan<m»ki,  «Erstürmung  der  B.',  1865. 

Bastian  (JSoUioerk),  in  der  Befestigungs- 
kunst ein  aus  der  ümwallung  einer  Festung 
vorspringendes  Werk;  besteht  aus  zwei  vor- 
deren Facen,  welche  in  einem  Winkel  von 
nicht  unter  60o  (Saillant  oder  Bollwerks- 
Winkel),  dessen  Spitze  der  Bollwerkspunkt 
oder  die  Pünte  heisst,  zusammenstossen, 
und  zwei  Flanken,,  welche  sich  mit  einem 
stumpfen  Winkel  (Schulterwinkel)  im  Schul- 
terpunkt an  die  Facen  anschliessen ,  dient 
zu  Beherrschung  des  Yorterralns  und  Be- 
streichung des  Hauptgrabens. 

Bastogne  (Baatnaeh),  Stadt  Imbelg.  Luxem- 
burg, Ardennerwald,2903£w.  Ber.  Schinken. 

Baatonnade  (v.fr.  baston  od.  b&tpn,  Stock), 
die  im  Orient  übliche  Stockprügelstrafe, 
namentl.  auf  dieFusssohlen  od.  den  Rücken. 

Bataille  (fr.,  spr.  -ta^),  Schlacht,  Treffen« 

Bataillon  (ft:.,  spr.  -talljong,  vom  ital. 
battaglione),  im  16.  Jahrh.  Jeder  selbständige 
Schlachthanfe ,  gegenwärtig  Infanterieab- 
theilung von  600—1000  Mann,  aus  4 
(Preussen)  oder  6  (Oesterreich,  Frankreich) 
Kompagnien  bestehend.  2—3  B.e  bilden  ein 
Regiment.  Man  hat  auch  Grenadier-,  Jäger- 
und  Schützenbataillone,  welche  in  keinem 
Regimentsverbande  stehen.  Bataillonskom- 
mandeur  ist  ein  Major  oder  Oberstlieutenant. 

Batalha  (spr.  -Ija),  Stadt  in  der  portug. 
Prov.Estremadura,  1500 Ew.;  Dominikaner- 
kloster, von  Johann  I.  gegr.  zum  Gedächt- 
niss  des  Siegs  bei  Aljubarrota  (14.  Aug.  1985). 

BataneSy  s.  v.  a.  Baschl- Inseln. 

Batarde,  wiener  Wagen. 

Batatas  Ckoi$.  (BaUUe,  sütte  Kartoffd), 
Pflanzengattung  der  Convolvulaoeen.  B. 
edulis  Choü,t  Convolvulus  Batatas  L„  Ipo- 
moea  Batatas  Poir.,  aus  Amerika,  durch 
ihre  fleischigen  Wurzelknollen  eine  der 
nützlichsten  Brodpflanzen  der  wärmeren 
Länder,  vielfach  bis  zum  40.  Breitengrade 
kultlvirt.  Knollen  anderer  Arten  kommen 
als  Jalape  in  den  Handel. 

Baiiva  eastra,  lat.  Name  von  Passau. 

Bataver,  altdeutsches  Volk,  bewohnte 
einen  Thefl  der  heutigen  Niederlande,  na- 
mentl. die  nach  ihm  genannte  Insel  Batavia 
(zwischen  Rhein,  Waal  und  Maas),  von 
Germanieus  unterworfen,  leistete  den  Rö- 
mern gute  Dienste,  besonders  durch  ihretreff- 
liche  Reiterei,  empörte  sich  unter  Vespasian 
unter  Anführung  des  Claudius  Civilis  gegen 
die  Römer,  ward  von  Trajan  und  Hadrian 
wieder  unterworfen,  verschwindet  mit  dem 
3.  Jahrh.  unter  den  saliscben  Franken, 

Batavia  9  l)das  Land  (Insel)  der  Bataver, 
später  lat.  Name  für  Holland  u.  die  Nieder- 
lande. Batavische  Bepublik,  Name  der 
Niederlandenach  der  Flucht  des  Erbstatthal- 
ters Wilhelm  IV.  in  ihrer  neuen  Organisation 
nach  franz.  Muster  vom  16.  Mai  1795  bis  zu 
ihrer  Verwandlung  in  ein  Königreich  Hol- 
land 5.  Juni  1806.  —  2)  Stadt  auf  der  Nordküste 
von  Java,  Hauptst.  von  wnx  Niederländisch- 
indien und  Sitz  des  Generalgouverneurs, 
70,000  Ew.  (3000  Europäer,  17,000  Chinesen). 
Festung,  HAfen,  yiele  Kf^näle.  Ungesondes 


222 


Batli  —  Batrachomyomaclna. 


Kltma.  1619  toh  d«n  Holländern  gegr.;  bis 
KU  Anfang  des  18.  Jahrh.  erster  ostind. 
Handelsplati  mit  800,000  Ew. ;  1611— U  nnter 
engl.  Herrschaft. 

Bath  (ipr.  Bäth),  1)  Stadt  in  dar  engl. 
Orafseh.  Somerset,  am  Aron,  51,S28  Ew. 
Qoth.  Abteiklrelie  (1495  gegr.);  das  ber&hm- 
teste  Bad  Bnglauds  (3  warme  Quellen),  95,000 
OftsCe  iAhrl.,  das  Agpta  Bolia  der  Römer.  — 
9)  Stadt  Im  aordamerikan.  Staat  Maine,  am 
Kennebec,  19,000  Ew.,  Schiffbau. 

BAtkfty  Flttss  inWadai  (Innerafrika),  ent- 
springt auf  dem  Hoehlande  Ton  Darfur, 
mikndet*  in  den  Flttresee  (östl.  vom  Tschad); 
ein  150  M.  langes  Thalbette  IBr  period.Regen. 

Bsthaatall .  dem  Tombak  analoge  Legi- 
mng  ans  99  Th.  Messing  und  9  Th.  Zink. 

BitkOBiiter  (gr.),  Instrument  <um  Messen 
der  Tiefe  des  Meeres.  Brookes  B.  besteht 
aus  einer  dünnen  starken  Schnur  mit  einer 
Kanonenkugel,  die  sich  ablöst,  sobald  sie 
dan  Gtavnd  beröhrt,  wAhrend  ein  am  Bude 
der  Schnur  befestigter  Stab,  der  wieder 
heranfgewunden  wird,  eineProbe  des  Meeres- 
bodens heraufbringt. 

Bsfhorden  (Knights  of  the  Bath),  alter 
englischer  Ritterorden,  gegenwärtig  der  5. 
dem  Raugnach,  wahrscheinl.  1899  bei  der 
Krönung  Heinrichs  IV.  gestiftet  und  nach 
dem  Gebrauche,  jeden  neu  aufgenommenen 
Ritt«  au  baden,  benannt,  1725  und  1815  neu 
konstituirt  als  yorangswelse  mllltir.  Orden 
in  8  Klassen:  Ritter «Gromkreuxe,  Ritter- 
Kommandeure,  Genossen  (Gompantons),  seit 
1847  auch  an  hohe  Oirlldiener  und  Diplo- 
maten verliehen.  Ordensseiohen  t  Stern  mit 
der  Derise  ,Tria  Jnncta  in  uno*  nebst  Col- 
lier und  Krena  an  rothem  Bande. 

Batkmriy  altadellges^  später  fOrstllebes 
Oeechlecht  in  Siebenburgen.  tHephan  £., 
seit  1571  Fürst  Ton  Siebenbürgen,  1676  aum 
König  Ton  Polen  erwählt,  regierte  bis  1586. 
Sigimmnd  B.,  Werkaeng  der  Jesuiten,  trat 
Siebenbftrgen  an  den  Kaiser  Rudolf  II.  ab, 
übernahm  1S99  die  Regierung  wieder,  musste 
1602  abdanken  und  f  ^7.  März  1613  zu 
Prag.  Der  letzte  Sprössling  des  Geschlechts, 
Oabrieit  (Gabor)  B. ,  Sohn  Stephans  B.,  Kö- 
nig» von  Polen,  regierte  als  Fürst  von 
Siebenbürgen  1608—13,  ward  11.  Okt.  1613 
zu  Grosswardetn  ermordet.  ^tMbeth  B., 
GemahHn  des  Ungar.  Graf&n  Frans  Nadasdy, 
Hess  Jungen  Mädchen  das  Blut  abcapfSsn, 
das  sie  als  Schönheitsmittel  zum  Baden  ge- 
brauchte; t,  au  lebenswieriger  Gefangen- 
schaft TerurthelU,  1614. 

Batkos  (gr.),  das  Tiefe;  erhaben  sein 
sollende  Rede-  und  Scbreibwelae. 

BAtkMba,  Gattin  de»  Hethiters  Urla,  nach 
dessen  von  David  geflissentl.  herbeigeführ- 
tem Tode  Gattin  Mvids,  Mutter  Salomos. 

BatkOTSt  (»pr.  Bäthörst),  1)  Stadt  in 
Australien  (Nensfidwales),  im  W.  der  blauen 
Berge,  am  Macquarle;  Mittelpunkt  eines 
Golddistrikts,  6000  Ew.;  ältester  und  be- 
deutendster Ort  im  Innern,  1815  von  den 
Engländern  gegr.  —  9)  Insel  an  der  Nord- 
küste Australiens,  westl.  von  der  Melville- 
insel.  —  8)  Engl.  Stadt  in  Senegambien,  auf 
der  Insel  S.  May  in  der  Gambiaroündung. 


Batkant  (spr.  Bäthörst) ,  1)  RaJLph,  engl. 
Theolog,  Arzt  und  Dichter,  geb.  1690  au 
Howthorpe  in  Korthamptonshlre ,  gründete 
1658  die  Royal  Soolety,  t  U.  Juni  1704.  — 
2)  Allen,  Oraf  JB.,  Sohn  des  Vor.,  geb.  1684 
zu  Westminster,  ward  1711  als  einer  der  von 
der  Königin  Anna  ernannten  19  Peers  Mit* 
glied  des  Oberhauses,  als  eifriger  Torv 
Gegner  Walpoles,  1742  Mitglied  des  gehei- 
men Raths,  1757  Schatzmeister  des  Prinzen 
von  Wales,  1772  zum  Grafen  erhoben;  t  16. 
Sept.  1775.  Freund  Bolingbrokes ,  Swifts 
und  Popes.  —  3)  Hmrjf  OMrg;  Qrmjf  B.  und 
LordÄpüeg,  Urenkel  des  Vor.,  geb.  94.  Febr. 
1790,  Mitglied  des  ostind.  Kontrolamts;  sehr. 
,The  ruinous  tendenoy  of  auctioneering* 
(1819.  1848). 

Batkyelefy  grieeh.  Bildhauer  aus  Magnesia 
in  Thessalien,  um  650  v.  Chr.;  Verfertiger 
des  Apollothrons  zu  Amycla. 

BatfeyilOBy  aus  Alexandria,  Freigelasse- 
ner des  Mäeen,  Begründer  der  Pantomimik 
als  selbständiger  Kunst. 

Batist  (BaUiBt) ,  feinste ,  sehr  fest  und 
dicht  gewebte  Leinewand  ips  eigens  dazu 
gebautem  Flachs,  bes.  Jn  Frankreich  und 
Flandern  hergestellt.  BiUistmutselin ,  aehot- 
ti3ch«r  B.  Ist  sehr  feines  Baumwollgewebe; 
auch  wird  halbUinener  B.  hei^estellt. 

BatJifBehkaw,  Kamtamtin  Mkolt^twitseh, 
rnss.  Dichter,  geb.  18.  Mai  1787  zu  Wologda, 
seit  1818  Attache  der  russ.  Gesandtschaft 
in  Neapel,  späten  geisteskrank ;  f  17.  Juli 
1855  zu  Wologda.  Führte  in  seinen  Ge- 
dichten (1834)  die  ital.  Formen  in  die  ruas. 
Poesie  ein.  [Amu  und  Sir. 

Batkak-Kvm,  Wüste  in  Tnrkiston,  zw. 

Batlapi,  Volksstamm  der  Betschuanen. 

Batnany  Handelsgewicht  in  der  Buehare) 
und  Tatarei,  =  197,76  Kilogr. 

Bataa  y  Landsch.  im  östl.  Arabien ,  am 
arab.  Meer,  dem  Fürsten  von  Maskat  unter- 
than.  [fern  des  Euphrat;  Jetzt  Serug. 

Batni  (n.  G.),  Stadt  in  Mesopotamien,  uu- 

Bata-el-Hadaekar.  Landstrich  in  Nubien, 
am  Nil,  südl.  von«Wadi  Halls. 

Batockea.  s.  Padoffgen. 

Batoka  9  Volksname  der  Betaehnanen  ara 
mittleren  Zambesl. 

Batonnier  (fir.,  spr.  -onnieb),  Fahnenträger 
einer  Zunft;  der  Präsident  dee  parteer 
Advokatenausschusses. 

Baton  Baaga  (spr.  -toag  Ruhsch),  Haaptst. 
des  nordamerik.  Staats  Louisiana,  am  Mia- 
sissippi,  4500  Ew. ;  alte  f^anz.  Niederlassung. 

Batraekier  (Imrche),  Batrachii,  Ordnung 
der  dritten  Wirbelthlerklasse^  die  Famdlieu 
(Frosch-,  Schwanz-,  Schleichen-  und  Fisch- 
lurclie)  umfassend,  welche  von  den  nennen 
Zoologen  ala  Amphibien  im  Gtegensata  zu 
den  Reptilien  beaetdinet  werden,  Kaltblüter 
mit  Lungen-  und  vorübergehender  oder 
dauernder  Kiemenathmung  und  unvoll- 
ständig doppeltem  Blutkreislauf,  machen 
meist  eine  Metamorphose  durch,  entwickeln 
sich  wie  die  Fische  ohne  Bildung  von 
Amnion  und  Allantois. 

BatrackOMyonwekIa  (gr.,  Frotckmäute- 
krieg),  dem  Homer  fälschlich  zugeschrie- 
benes komisches  Heldengedicht,  soll  von 


k.. 


Batschian  -—  Bauchfellentzündang. 


223 


Pigres  fttt«  Karlen  Terfasst  sein ;  heransg. 
▼on  3aum0i$t»r  (185S),  übarsstst  rou  Kern 
(1MB),  V9ek»$r  (IMO),   W9i»$a  (1870). 

Bufmkiukf  MolnkkeniBMl,  ludwestl.  tob 
GUoIo ;  €k>ld,  Kupfer,  Kohlen,  lieiBt«  (gellen. 

Battfty  freies  Volk  im  Innern  von  Sumatra, 
vreder  SobwanM,  nodi  Malayen ;  ohne  polit. 
Verbindung;  industariös,  friedlich  und  gaat- 
frei,  aber  HenschenfreMer.  Ygh  Jnnghukn, 
,Die  BatUUnder  auf  Sumatra*  (1847). 

BatteglU  (spr.  -talja),  Badeort  in  der 
ital.  ProT.  Padua,  an  den  engaaeiachen  Hu- 
geln :  warme  Schw^elqueilen. 

BaftoHeat  (fr.,  spr.  Battmang),  das  A^- 
schlagen  einer  Kugel  im  Innern  des  Rohrs 
beim  Abfeuern,  macht  denSchnss  unsicher; 
in  der  Fechtkunst  (beUtiren)  kuraer,  kräfti- 

Sir,  streiehender  Schlag  an  die  Klinge  des 
egners,  um  diesen  aus  der  Auslage  au 
bringen. 

Bstteabeigy  Stadt  im  preuss.  Regba. 
Wiesbaden,  Dillkreis,  an  derEder,  1186  Ew. 

BAtteri#(fr.),  Zusanlinenstflllung  mehrerer 
(Hschlitse  an  oiuem  takt.  Zwecke.  Man  nn* 
tencbeidet  Veld-,  Belagerungs-,  Festungs-, 
Poiitioni-,  Kisten-  oder  Strand-  und 
schwimmende  B.n;  in  der  Befestigungs- 
kunst 8.  ▼.  a.  CUschützstand,  Xrdwerk  oder 
gamanart. 

Batterie,  OMrUche,  s.  EUktritsüät, 

Battenea  (spr.  Bittersih),  Voratadt  Toa 
London  im  S  W.,  an  der  Themse.   Ber.  Park. 

BatUia  (spr.  -töh),  Abbä  OharUa,  frans. 
Aeathetiker,  geb.  6.  Mai  171S  im  Dorf 
AUandhujr  bei  Yoniiers,  lehrte  su  Paris, 
ward  17M  Mitglied  der  Akademie  der  In- 
schrÜten,  1761  der  Acad6mie  fran^se;  t 
14.  Juli  1780.  Hauptwerk:  ,Ck>nr8  de  belles- 
lettres*  (1765,  5  Bde.;  deutseh  von  Bani«r 
1774,  4Bae.).  Sein  Grundprinoip  der  Kunst: 
Nachahmung  der  schönen  Natur,  war  yer 
Leasing,  Herder  etc.  auch  in  Dcortschland 
in  Geltung. 

Battliyaayly  altes  ungar.  Magnateaga- 
schlecht,  führt  seinen  Stammbaum  bia  auf 
Eöra,  einen  der  Heerf&hrer  Arpads,  auruck, 
ward  1685  in  den  deutschen  Vreikerren- 
stand ,  1603  in  den  Reich  sgrafenstand,  1784 
in  seinerältem  Linie  in  den  Reichsfürsten- 
stand  erhoben.  Kckrl,  Fürst  B. ,  geb.  1887, 
wohnte  als  FeldmarachalUieutenant  den 
Faldaigen  dea  Prinaea  Engen  am  Rhein  und 
dem  letatea  Türkenkrieg  unter  Karl  VI.  bei, 
siegta  bei  Pfalleahofen  (15.  April  1745)  über 
die  Fransosaa  und  Bayern,  befehligte  als 
Feldmarscball  spater  amRbain  und  in  den 
Niederlanden,  ward  nach  dem  Frieden  von 
Aa^en  Oberhofmeiater  des  n&ohmal.  Kaisers 
Josaph  n. ;  t  U-  AprU  1779.  iMäwig,  €hßf, 
ungar.  Staatsmann,  geb.  1806  a«  Pressburg, 
seit  184»  aa  der  Magaalantafal  Spvecsker  dar 
Oppoalttoa,  auf  dem  Reichstage  1848—44 
Gegner  der  Begier«ng,  17.  Mara  Ma  U.  Sapfc. 
Präsident  des  ungar.  Ministeriums,  seit  Mov. 
ReichstagsmilgUäd,  ward  nach  4eai  Biaaag 
Windiscbgrftta  8.  Jan.  1848  varhafM,  6.  Okt. 
durch  kriegsgericht).  Spruch  aum  Strang  ver- 
iirtheilt  und  6.  Okt.  au  Peath  arsohoasen ; 
1870  feierlich  rebabilitirt  und  seiaa  Laiche 
beigesetst.    Ygl.  Hwrvaih,  ,L.  B.«  ein  p<Hit.  ( 


Härt^er',  1860.  Kasimir,  Qtßf,  geb.  4.  Juni 
1807,  seit  1840  ahiea  der  r&hrigsten  Mitglie- 
der der  Opposition,  im  Sommer  1848  aum 
Obeigeapan  des  baranyaar  Komitats  er- 
nannt, beeetxte  die  Festung  Esseg,  nahm, 
Febr.  1848  von  der  Regierung  an  Debrecain 
aum  CÜTil-  und  Milit&rgouremeur  f&r  Klein- 
kumanien,  Saegedin,  Theresiopel  und  £om- 
bor  ernannt,  Theil  an  Percaels  Feldaug  in 
der  Baeska,  ward  nach  der  Unabhingigkeits- 
erklärnng  Tom  14.  April  1848  Minister  des 
Answirtigen,  fl&ohtete  nach  der  Katastrophe 
Ton  yilagM  nach  der  Türkei,  wandte  äch 
später  nach  Paris;  f  dM.  18.  Juli  1854. 

Battly  Binnensee  im  Somaliland  (Ost- 
afrika), nimmt  den  Web  oder  Hainea  auf. 

Batila  (spr.  Bittl),  Stadt  in  der  engl. 
Grafsch.  Sussex,  3895  Ew.;  Ruinen  einer 
prächtigen,  von  Wilhelm  dem  Eroberer  er- 
bauten Abt^.  [Geschwätz. 

Baitologie  (gr.),  stotternde  Rede ;  unn&taes 

Battuteaa,  swel  tiefe  unsugängl.  Gebirgs- 
thäler  in  der  span.  Landschaft  Estremadura ; 
sollen  erst  im  15.  Jahrb.  Ton  awei  fluch- 
tigen Liebenden  entdeckt  worden  sein. 

Battuta  (ital,)>  das  Taktschlagea;  in  der 
Feetatkunst  s.  ▼.  a.  Battement. 

Bat«^  Inselgruppe  an  der  Westküste  Toa 
Sumatra,  13,4  QM.  mit  SOOO  Bw. 

Batnay  Landschaft,  s.  B«<«t0«. 

Batanil  (das  alte  SatAys),  Stadt  in  Türk.- 
Armenien,  an  der  Südküste  des  schwaraan 
Meeres  ;rnterHafeB,  aber  ungesund,  3000 Ew. 

Baturlky  Flecken  im  kleiarusa.  Gony. 
Tschernigow ,  1400  Ew. ;  ehem.  Residenz 
der  Atmanne  Kleinrusalands. 

Bataniy  silberne  Scheidemünia  in  der 
Seh  weis,  ==  Vie  Schweiaerfrank ,  seit  1851 
nickt  mehr  gebräuchlich ;  in  Süddeutsehland 
früher  Schaidemüna«  ä  5,  auch  4  Kreuiar. 

Bau  9  Dorf  in  Schleswig  bei  Flensburg, 
1900  Ew.;  9.  April  1848  iSM^  der  Dänen  über 
die  Schleswig-Hoisteinar. 

Baneh  (Veater,  Abdomen),  unterer  Theil 
des  Rumpfes,  oben  Tom  Zwerchfell,  hinten 
Ton  der  Wirbelsäule,  seiflich  und  yom  von 
Muskeln  (Bauchdecken),  unten  yom  Becken 
begrenat,  enthält  den  Magen,  ZwölfOnger- 
darm.  Dünn-  und  Dickdarm,  die  Leber, 
Mila,  die  Nieren,  Nebennieren,  das  Pankreas, 
die  Lymphdrüsen,  das  Neta,  Arterien  und 
y«ien,  die  inneren  weiblichen  Geschlechts- 
organe, die  Blase,  theila  yom  Bauchfell 
(s.  d.)  übariogen,  theils  hinter  demselben 
liegend.  TheUe:  Oberbauebgegand  (regio 
epigastrlca)  mit  Magen,  Leber,  Mila;  Mittel- 
baochgegend,  hauptsächlleh  Därme;  Unter- 
bauehgflgend  (r.  hypogastr.)  nüt  weiblieben 
Genitalien,  Bhtfe,  Blind-  und  Mastdarm-. 

BandifeÜ  (Parltonaeam),  glatte  dnreh- 
sehainende  serüse  Haut,  kleidet  die  Bauch- 
\Mkkn  aua,  überall  geachleas«u,  luftteer, 
üb«zleht  dicht  Leber,  Magen  ,  Darm,  Mila, 
Geb&rmattar,  Eierstöcke,  Blase.  Eine 
sohüraealörmig  den  Dann  bedeekende  Ein- 
stufung ist  das  grosse  Neta.  An  der  hin- 
teren Bauchwand  Uegt  es  loeker  über  de^ 
Nieren,  Lymphdrüsen,  Arterien  und  Venen. 

BamehfeUoitiftnduBf  ÖPwritonitia),  besteht 
In  Blutüberfüllung  des  Bauchfells,  mit  Aus* 


224 


Bauchfloiser  —  Bauernfeld. 


Bchwitsong  Ton  Blntwasaar  lud  llbri«- 
serinnBeln,  f&hrt  bei  langsamem  Varlatife 
^hroniscbe  P.)  su  Verwachraiigen  dar 
Organe  des  Bauches.  Bei  raschem  Verlaufe 
(akute  P.)  heftiger  Schmers  bei  Druck, 
Tieber,  aufgetriebener  Leib  (Gasansamm- 
lung), oft  tödtlich.  Ursachen:  Verletiungen 
des  Bauches,  Durchbruch  yon  Magen-  und 
Darmgeschwüren  (bei  Typhus  und  Tuberku- 
lose), Kothanh&uftingen  (bes.  im  Blinddarm 
und  Wurmfortsatz),  Entzündung  der  Gebär- 
mutter (im  Wochenbett),  Eindringen  un- 
reiner Luft  in  die  Bauchhöhle.  Entzündung 
der  Bauchfellüberzüge  einzelner  Organe  we- 
niger gef&hrlich,  der  Leber:  Perihepatitis, 
der  Milz:  Perisplenitis;  der  (Gebärmutter: 
Perimetritis  etc.  Behandlung:  Ruhe,  Aus- 
leerung durch  Kly stiere,  warme  Ueber- 
Bohläge,  leicht  yerdauliche  Kost. 

BanehflOMer  (Bauchweichßoner) ,  Abdo- 
minales ,  Ordnung  der  Fische  mit  Bauch- 
flossen, die  hinter  der  Brustflosse  gerade 
unter  der  Rückenflosse  stehen  (Welse, 
Karpfen,  Härlnge  etc.). 

BanehgrlmmeB^  s.  ^olt*. 

BAvehseliaieni  (CoeUalgla),  Schmerz  in 
den  Gedärmen  (s.  KoUk)  oder  den  Bauch- 
decken (Banchmuskelsohmerz),  rheumatisch, 
entzündlich  oder  krampfhaft. 

Banetaseluütt  (Sectio  abdominalis,  Lapa- 
rotomia),  Eröffiiung  der  Bauchhöhle  zur 
Entfernung  fremder  Körper,  auch  nöthlg 
bei  dem  Kaiserschnitt,  bei  Ausschneidung 
▼on  Eierstockcysten.  Gefährlich  wegen 
leicht  eintretender  Bauchfellentzündung. 

BavchspetcheldrÜM.  s.  B»nkreat. 

BavehtJiiere  (SehMmthier») ,  Gasterozoa, 
Myxozoa,  nach  Leunis  dritter  Kreis  der 
Thiere  (neben  Wirbel-  und  GUederthieren), 
umfasst  Weichthiere,  Strahlthiere,  Polypen 
und  Urthferchen. 

BftuehwMMnmeht  (Ascites),  Ansammlung 
Ton  wässriger  Flüssigkeit  im  Unterleib, 
entsteht  nach  Stauungen  des  Blutes  im 
Pfordadersysteme,  bes.  nach  chronischer 
Entzündung  des  Bauchfells ,  nach  Leber- 
schrumpfung (Cirr^ose,  Säuferleber),  ge- 
meinsam mit  allgemeiner  Wassersucht  bei 
Herzfehlem ,  chronischer  Lungenerweite- 
rung, Nlerenschrumpfang.  Leib  sehr  auf- 
getrieben, schwappend,  beim  Klopfen  leerer 
Ton  an  den  tief  gelegenen  Stellen,  der 
beim  Wenden  des  Kranken  Terschwinden 
kann.  Behandlung  durch  harntreibende 
Mittel,  bei  grosser  Athemnoth  Entleerung 
der  Flüssigkeit  durch  Einstich. 

Baude  9  im  Riesengebirg  einzelnes,  Ton 
Hirten  und  Holzhauern  bewohntes  Haus. 

BaudiB  (spr.  Bohdäng),  ftanz.  Abgeord- 
neter, fiel  S.  Dec.  1851  Im  Kampf  auf  einer 
Barrikade.  Die  8.  Not.  1868  vom  ,ATenir 
national*  eröfbete  Subskription  zu  Errich- 
tung eines  Denkmals  für  B.  gestaltete  sich 
zu  einer  förmlichen  Demonstration  gegen 
den  Staatsstreich  Tom  8.  Dec.,  die  auch  in 
den  ProTlnzen  Anklang  fand  und  zahlreiche 
Verurthellungen  zur  Folge  hatte. 

BaudlsBin.  1)  Wolf  Seinr.  FrUdr»  Karl, 
Graf,  geb.  80.  Jan.  1789  zu  Rantzau,  früher 
im  d&n.  Staatsdiensti  lebt  seit  1827  meist  in 


Dresden;  Terdienstroller  Uebersetser,  Mit- 
arbeiter an  der  schlegel-tieckzchen  Shake- 
speareausgabe (13  Stucke  Ton  ihm);  übertrug 
ausserdem  Tier  Jugendarbeiten  Shakespeares 
nL8S6),  eine  Reihe  älterer  engl.  Dramen  (,Ben 
Jonson  und  seine  Schule*,  1836,  8  Bde.),  fer- 
ner die  altdeutschen  Gtodichte  ,lweln*  Ton 
Hartmann  Ton  Aue  (1845)  und  ,Wigalois* 
Ton  Wirnt  Ton  GraTonberg  (1848)  und  neuer- 
dings Molidres  Lustspiele  (in  reimlosen  Jam- 
ben, 1866—67,  4  Bde.).  —  %)  OUo  FrUdr, 
Magmu,  Or^f,  schleswig-holstein.  Greneral, 
Bruder  des  Vorigen,  geb.  5.  Juli  1792  zu 
Rantzau,  trat,  als  Major  in  dän.  Diensten, 
1848  zur  Sache  Schleswig -Holsteins  über, 
zeichnete  sich  1849  bei  Bau  und  Kolding, 
1850  bei  Idstedt  aus,  lehnte  den  ihm  nach 
Willisens  Rücktritt  übertragenen  Oberbefehl 
ab,  lebte  seit  1861  meist  in  Hamburg. 

Baudrj  (spr.  Bob-),  Bml  Jaeque*  Äim4, 
franz.  Historienmaler,  geb.  1828  zu  Napo- 
leon-Vend^e,  Schüler  tou  Sartoris,  ging 
1864  nach  Rom.  Befi.  Maler  der  sinnlich 
reizenden  Schönheit:  Venusbllder,  Diana, 
Magdalena  etc.  Porträts  von  reallst.  Kraft. 

Baner^  1)  Gtorg  Loren»,  protest.  Theolog, 

feb.  14.  Aug.  17Ö6  zu  Hlltpoldstein ,  f  18. 
an.  1806  als  Prof.  zu  Heidelberg.  Sehr. 
,Hebr.  Mythologie  des  A.  und  N.  T.'  (1802— S, 
8 Bde.);  ,Lehrb.  der  hebr.  Alterthümer*  (2. 
Aufl.  Ton  Bo9tnmWler  1885) ;  ,BibI.  Theologie 
des  N.  T.*  (1800-8,  4  Bde.).  —  2)  AnUm, 
Rechtslehrer,  geb.  16.  Aug.  1778  zu  Cröttin- 
gen,  t  als  Prof.  das.  1.  Juni  1843.  Sehr. 
,Lehrb.  des  Strafrechts*  (8.  Aufl.  183S); 
,Lehrb.  des  Strafprozesses*  (2.  Aufl.  Ton 
MorHadt  1848);  ,AnIeltnng  zur  Kriminal- 
praxis* (1837)  u.  A.  —  8)  JBruno,  Philosoph 
und  Kritiker,  geb.  6.  Sept.  1809  zu  Eisenberg, 
seit  1834  Docent  der  theol.  Fakultät  zu  Ber- 
lin, seit  1839  SU  Bonn,  lebte,  nachdem  ihm 
18^  die  Erlaubniss  zu  lesen  entzogen  wor- 
den, zu  Berlin.  Erst  Anhänger  der  speku- 
latlT -orthodoxen  Richtung  der  hegelschen 
Schule,  wandte  er  sich  später  den  Jung- 
Hegelianem  zu.  Sehr.  ,S[ritik  der  evang. 
Gesch.  des  Johannes*  (1840);  ,Krltik  der 
eyang.  Synoptiker*  (8.  Aufl.  1841,  8  Bde.); 
,Kritikder  Evangelien*  (1850  u.  1851, 8  Bde.) ; 
,Die  Apostelgeschichte*  (1850);  ,Krltik  der 
Paulin.  Briefe*  (1850—52) ;  ,Gesch.  der  Politik, 
Kultur  und  Aufklärung  des  18.  Jahrhunderts* 
(1843-45,  4 Bde.);  ,Gesch.  der  Parteikäoipfe 
in  Deutschland*  (1847,  8  Bde.)  u.  A.  Später 
als  PubÜdst  des  preuss.  KonserTatismus 
thätig.  Sein  Bruder,  Edgar,  geb.  1^1  zu 
Charlottenburg,  jetzt  in  Altena;  gab  heraus 
,Blbliothek  der  deutschen  Aufklärer*  (1845 
—1847)  n.  A.  —  4)  Andrea»  Friedrich,  Mit- 
erfinder der  Schnellpresse,  geb.  1789  zu  Stutt- 
gart, gründete  1818  mit  König  die  Maschinen- 
bauanstalt in  Oberzell  bei  Würzburg  für 
Sohnellpressen,  die  ersten  auf  dem  Kon- 
tinent; t  27.  Febr.  1860. 

Banerbaek,  Dorf  bei  Meiningen,  400  Ew. ; 
auf  dem  dortigen  Rittergut  schrieb  Schiller 
1782-83  als  Flüchtling  ,KabaIe  und  Liebe«. 

Bauenfeld^  Eduard  von,  Lustspieldichter, 
geb.  13.  Jan.  1802  zu  Wien,  lebt  im  Itaats- 
dienst  (als  Jurist)  daselbst«  Verf.  der  Kqu* 


Bauernkrieg  -^  Baukunst. 


225 


▼ersatioiis-  and  Tendensstucka  «Bürgerlicli 
und  Bomantisch'  (1835),  ,Tag«btteh*  (1836), 
iBer  literar.  Salon'  (1837),  »Modern»  Jagend« 
(1808),  ,Landfrledo*  (histor.  liUltopiel,  1870) 
u,  a.  Werke  gesammelt  in  »Lastspiele'  (1888) 
und  ,Theater<  (1826—87,  8  Bde.)>  Auch  ,Ge- 
dichte*  (8.  Aufl.  1856). 

Bamernkriegy  der  grosse  deutsche  Bauern- 
aufstand von  1585 ,  dem  seit  1476  Iclelnere 
Aufstände,  so  1502  am  Bhein  der  sog.  ,Bund- 
BchuhS  1514  in  Wfirtemberg  der  ,BQnd  des 
armen  Konrad'  oder  «armen  Heinrich^  yoraus- 
gegangen  waren.  Der  grosse  B.  begann  1. 
Jan.  1585  im  Stift  Kempten  und  verbreitete 
sich  schnell  nach  Tirol,  über  die  Gegenden 
zwischen  Bodensee  nnd  Donau  nnd  nach  den 
Rhein-  n.  Maingegenden  bis  nach  Lothringen 
und  Thüringen.  Die  Torderungen  der  Auf- 
ständischen waren  in  18  Artikeln  formnlirt 
und  im  Ganzen  gemässigt,  so  dass  sie  auch 
von  Sahir.  Städten  angenommen  wurden.  Als 
Vührer  der  Banem  thaten  sich  hervor:  Jäck- 
leinKohrbach  (erstürmte  16.ApriI  1585  Weins- 
berg, wobei  Graf  v.  Helfenstein  u.  70  Ritter 
niedergemetzelt  wurden),  Wendelin  Hippler, 
Organisatofc'  des  Aufstands,  Florian  Geyer 
und  Götz  V.  Berlichingen.  Bis  in  den  April 
hatte  der  Anfistand  einen  solchen  Fortgang, 
dass  sich  die  Führer  schon  mit  tiefgreifen- 
den Reformplänen  trugen.  Im  Mai  und  Juni 
wurden  die  Bauemhanfen  allenthalben  nie- 
dergeworfen, in  Thüringen  bes.  daroh  den 
Landgrafen  Philipp  von  Hessen  u.  die  säohs. 
Herzöge  bei  Frankenhausen  (15.  Mai),  in 
Schwaben  und  Franke^  durch  den  schwäb. 
Bundeshauptmann  Georg  Truchsess  von 
Waldbug  bei  Königshofen  an  der  Tauber 
(8.  Juni),  im  Allgaa  durch  Georg  Fmudsberg. 
Eis  folgten  blutige  Strafgerichte  nnd  härterer 
Druck.  Vgl.  die  Sehr.  Über  den  B.  von  Sarto- 
ritu  (1795),  Oechtle  (1880),  Burekhardt  (1632, 
9  Bde.),  WaeJumuth  (1234,),  Bensen  (1840)  und 
Zimmermann  (3.  Aufl.  1856—57,  3  Bde.). 

Banemsptele.  s.  J^u»ionMpiele, 

Bauemwetsel ,  s.  Parotitis. 

Bauerwitz  (Barbarow),  Stadt  im  preuss. 
Regbz.  Oppeln,   Kr.  Leobschütz,   8404  Ew. 

Bangee,  Reismass  in  Bengalen,  =  3,61 
Kilo  für  rohen  u.  4,88  K.  für  enthülsten  Reis. 

Banliin,  Ka$par,  Botaniker,  geb.  17.  Jan. 
1560  zu  Basel,  seit  1588  Prof.  der  Botanik 
nnd  Medicin  das.,  t  5.  Dec.  1624,  stellte  zu- 
erst die  Idee  einer  Synopsis  aller  bekannten 
Pflanzen  in  seinem  »Phytopinax*  (1596)  auf. 

Bauhlnla  L. ,  Pflanzengattnng  der  Legu- 
minosen, grosse  Schlingkräuter  oder  Bäume 
in  Südamerika,  Ostindien  und  Afrika,  viele 
Arten,  bei  uns   zum  Theil  als  Zierpflanzen. 

Baunitten  (Baulogen,  Baugeseütehaften), 
im  Mittelalter  Korporationen  der  Steinmetzen 
und  Bauleute,  für  die  1459  zu  Regensburg 
ein  gemeinsames,  1498  von  Kaiser  Maxi- 
milian I.  bestätigtes,  1563  revidirtes  Statut 
zu  Stande  kam.  Hauptorte:  Strassburg, 
Wien,  Köln,  später  auch  Bern. 

Baukonsty  im  Allgem.  die  Geschicklich- 
keit, Bauwerke  jeglicher  Art  zweckent- 
sprechend aufzuführen ;  zerfällt  in  Kriegs-, 
Wasser-,  Strassen-,  Schiffbaukunst  etc.  nnd 
in  bürgerliehe  B.^  welche  sich  mit  G^bänden  | 

Meyers  Hafid- Lexikon. 


für  die  Zwecke  und  BedürfiiisSe  des  bürger- 
lichen Lebens,  der  Industrie,  Landwiith- 
Schaft  9tc.  beschäftigt*'  Macht  sich  dieselbe 
dabei  zum  Träger  einer  Idee,  iiydem  sie  den 
Zweck   des   Gebäudes   in   seiner    grössten 
Vollendung  erfasst  und  denselben  in  dem 
Gebäude  selbst  unmittelbar,  und  zwar  in 
schöner  Form  zu  veranschaulichen  strebt, 
so  wird  sie  zur  Behlin«n  B.   (ArehiteJUur), 
die  zu  den  Mldenden  Künsten  gehört  und 
sich  vorzugsweise  mit  monumentalen  Bau- 
ten befasst.    Grundbedingung  eines  schönen 
Bauwerkes:  symmetr.  Anordnung  und  Ein- 
heit des  Gkknzen,   die  äas  Werk   als  einen 
einigen    und    unlöslichen  Organismus    er- 
scheinen lässt  ;  Hauptausdrucksmittel,  gleich- 
sam Kunstsprache  der  B.:   das  Ornament, 
das  dem  mathematisch  Trockenen  der  Kon* 
struktion  einen  natürlich-schönen  Ausdruck 
verleiht.    Die  B.,  die  älteste  der  bildenden 
Künste  und  der  getreueste  Ausdruck  des 
Kulturlebens  der  verschiedenen  Völker  und 
Zeiten,  umfasst  zwei  grosse  Gruppen  bau- 
licher Denkmäler:   1)  religiöse  Bauten  (die 
Tempel   der  Alten,   inisbes.   der  Griechen, 
die    Christi.   Kirchen    des  Mittelalters),   8) 
Profanbauten  ("im  Alterthum  Königspaläste, 
bei  den  Griechen  Theater,  Stadien,  Thore 
etc.,   bei  den  Römern    noch  Amphitheater, 
Kaiserpaläste ,  Nutz-  und  Kriegsbauten;  im 
Mittelalter  Herrenburgen,  fürstl.  und  geistl. 
Höfe,  Rathhäuser,  später  [in  Italie^  gross- 
artige Adelspaläste;  in  der  Heuzeit  Siuseen, 
Theater,  Bibliotheken,  Börsen,  Ausstellungs- 
paläste, Bahnhöfe  u.  a.  Gebäude  des  öffeutL 
Verkehrs);  ausserdem  verschiedene  Baustile, 
d.  h.  bestimmte  Grundformen  der  Bauart, 
in  denen  der  allgem.  Charakter  der  Kunst 
bei  einem  Volke  und  In  einer  bestimmten 
Zeit  sich  ausspricht.   Das  Wesen  derselben 
beruht  auf  der  Konstruktion   (an   die   das 
Ornament  sich  anlehnt),  und  für  diese  ist 
wieder  die  Decke  das  entscheidende  Merkmal, 
als:  die  horizontale  Plattendecke  (Aegyp- 
ter),  die  horizontale  Balkendecke  (Griechen), 
das  Tonnengewölbe,  die  Kuppel,  das  Kreuz- 
gewölbe (Römer),   das   horizontale  Hänge- 
werk (altchristl.  Basilika),  die  Hängekuppel 
(Byzanz),  der  Rundbogen-  oder  roman.  Stil 
und    der  Spitzbogen-    oder    gothische   Stil 
(mittelalterl.  Ocddent).     Hiermit    schliesst 
die  Reihe  originaler  Baustile.   Die  Folgezeit 
greift  auf  ältere  Formen  zurück  (Renaissance, 
Rococco  etc.),  ohne  Neues  in  Bezug  auf  Kon- 
struktion hervorzubringen;   alle  Versuche 
dazu  (z.  B.  das  arab.  Hufeisen,  ^ie  russ. 
Zwiebel,   der  spätengl.  Zapfen,   der  Flach- 
bogen der  neuesten  Zeit  etc.)  erwiesen  sich 
mehr   oder   weniger  als    entwickeJungsun- 
fähig.    Vgl.  Kugler,  ,Gesch.  der  B.S  1856  fl". ; 
lAihke,  ,GeBch.  der  Architektur*,  4.  Aufl.  1870 ; 
Dersea>ef  ,  Abriss  der  Gesoh.  der  Baustile',  8. 
Aufl.  1868;  Oailhäbauä,  ,Denkmäler  der  B.S 
1842—52,  4  Bde. ;  DertObe,  ,I)ie  B.  des  5.— 
16.  Jahrh.S   1855-66,    150  Lief.;    Lützow, 
,Die    Meisterwerke   der  KirchenbaukunstS 
1862;   Semper,  ,Der  Stil',   1861—62,  2  Bde.; 
Botengarten,    ,I)ie    architekton.   Stilarten', 
8.  Aufl.  1870.    lieber  die  (3toschichte  der  B, 
liebe  umstehende  Tabelle, 

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Bauland  —  BaUmkr&ize. 


329 


BanlAild)  komrdicho  HQoheb«nt  im  nord- 
5atl.  Theil  tqh  Bad«ii,  Mi  d^r  TMil>er. 

BftUi^  Qtwüohs  mit  eiaAohem  holdgVB 
Stamm  und  ästiger  oder  bl&ttriger  Krone. 
Ueber  den  Bau  dos  mon«kotyIischen  und 
dikotyliAchen  Stammes  s.  i^fue.  Am 
grössten  werden  die  Encalypten  Australiens 
OBucalyptus  amygdalinae  ASO').  Das  höchste 
Alter  erreichen  Affenbrod-,  Drachen*,  Gy- 
pressen-,  Zapfen-,  Gummi-  und  Palmbäume 
(das  Alter  einer  kaliforn.  Sequoia  wurde 
auf  3000  Jahre  berechnet).  Bäume  finden 
sich  in  Europa  noch  unter  71o  n.  B.,  auf 
den  tropischen  Anden  noch  bei  14,700'  Höhe, 
im  Himalaya  bei  12,000'  auf  den  Alpen  hört 
der  Banmwnchs  bei  5000'  Höhe  auf.  Vgl. 
Schachl,  .Der  B.',  2.  Aufl.  1860. 

BanmaloSy  s.  t.  a.  Agave. 

BaummniiBhSlÜe,  Tropfsteinhöhle  auf  dem 
Harz,  im  braunschw.  FürstenthumBUnken- 
burg,  links  an  der  Bodo  bei  Rübeland;  6 
Hauptabtheilungen,  766'  ]. ;  1672  rom  Berg- 
mann Baumann  entdeckt. 

Baiim4  (spr.  Bomeh),  Anioine,  franz. 
Chemiker  und  Apotheker,  geb.  26.  Febr. 
1728  an  Senlis ,  Erfinder  des  nach  ihm  be- 
nannten Aräometers,  Prof.  an  der  pharma- 
ceut.  Schule  zu  Paris;  f  lö.Okt.  180i.  Sehr. 
,Chimie  exp6rimentale  et  raisonu6e*  (1773, 
3  Bde.;  deutsch  1775—76);  .BItoiens  de 
pharmaoie*  (9.  Aufl.  1818,  2 Bde.);  ,0pu8enles 
do  chlmie*  (1798,  deutsch  1800);  ,Mannel  de 
chimie'  (1766). 

Bannieistery  Johann  Wilhelm,  Thierarzt 
u.  Thlerzöchtungslehrer,  auch  Thlermaler, 
geb.  27.  April  1804  zu  Ghnund,  seit  1881 
Lehrer  am  landwirthschaftl.  Institut  Hohen- 
heim,  seit  1839  Prof.  an  der  Thierarznei- 
schule  in  Stattgart;  t  ^M,  3.  Febr.  1846. 
Sehr.  , Anleitung  zur  Kenntnlss  de«  Aeusse- 
ren  des  Pferdes'  (5.  Aufl.  1868);  ,Thierärat- 
liehe  aeburtshfilfe'(5.  Aufl.  1870) ;  ,Anleitang 
zum  Betrieb  der  Bind  viehsucht'  (4.  Aufl.  186S) ; 
,Handbttch  der  gesammten  Thierheilkunde* 
(mit  Duitenhofer  1848--44);  »Handbuch  der 
landwirthschaftl.  Thlezkunde  und  Thier^ 
zucht'  (4.  Aufl.  1863,  3  Bde.). 

BanmgSrtMr,  Karl  Heinrich,  Mediciner, 
geb.  21.  Okt.  1798  zu  Pforzheim,  seit  1824 
Prof.  der  medicin.  Klinik  in  Freiburg ,  der 
eigentliche  Urheber  der  Zellentheorie.  Sehr. 
,Ueber  die  Natur  tmd  die  Behandlung  der 
Fieber'  (1827);  ,Haudbach  der  speziellen 
Krankheits-  und  Heilungslehre'  (4.  Aufl. 
1847—48,  2  Bde.);  ,DuaUstisches  System  der 
Medicin'  (1835-87,  2  Bde.);  ,Lehrbuch  der 
allgem.  Pathologie  u.Theram'e'  (3.  Aufl.  1854) ; 
,Sehöpihngsgedanken'  (18öd-59,  2  Bde.). 

Baoingiurtoiiy  1)  Signutnd  Jakob,  protest. 
Theolog,  geb.  14.  März  1706  zu  WoUmir- 
städt,  t  als  Prof.  zu  Halle  4.  Juli  1757, 
suchte  Wolfs  demonstrative  Methode  auf 
die  Dogmatik  anzuwenden.  —  2)  Al&ocmder 
Oottlieb,  Philosoph  aus  Wolfs  Schule,  Bru- 
der des  Tor.,  geb.  14.  Juli  1714  zu  Berlin, 
f  als  Prof.  der  Philosophie  zu  Frankfnrt 
a.  d.  O.  26.  Mai  1762,  Gründer* der  Aesthe- 
tik  als  systematischer  Wissenschaft  vom 
Schönen ;  sehr.  ,Aesthetica'  (1750—58, 2  Bde.), 
,Metophysica'  (7.  Aufl.  1779).  -  8)  Michael, 


Protest.  Theolog,  geb.  S5.  Min  1812  zu 
Hasaldorf  in  der  holstein.  Blbmarsoh,  sdt 
1850  Prof.  zu  Bostook,  gerieth  wegen  hete- 
rodoxer  Ansichten  mit  dem  mecklenburg. 
Oberkirchenrath  in  Zwiespalt  und  ward 
6.  Jan.  1858  seines  Lehramts  enthoben. 
Sehr.    ,Theolog.    Kommentar    zum   A.   T.' 

g.  Th.  1843—44);  ,  Apostelgeschichte  oder 
ntwicklungsgang  der  Kirche  von  Jerusa- 
lem bis  Rom'  (2.  Aufl.  1859,  2 Bde.);  ,Nacht- 
gesichte  Sacharjas'  (1854);  ,Eine  kirchl. 
Krisis  in  Mecklenburg'  (1858)  und  Anderes 
über  die  dortigen  kirchl.  Verhältnisse ;  fer- 
ner ,Ge8chIchte  Jesu*  (1859)  und  .David,  der 
König  ohne  gleichen'  (1862). 

Banmgarteii-Cnisiusy  Ludwig  Friedrich 
Otto,  Protest.  Theolog,  geb.  81.  Jnli  1788  zu 
Merseburg,  seit  1817  Prof.  in  Jena;  f  das. 
31.  Mai  1848.  Sehr.  ,Lehrb.  der  Dogmenge- 
schichte'  (1881—82,  2  Bde.);  ,Handb.  der 
Christi.  Sittenlehre'  (1827);  ,Grandzüge  der 
bibl.  Theologie'  (1828);  ,Compend.  derDog- 
mengesch.*  (1840— 46,  2 Bde.);  ,Exeget.  Sehr, 
zum  N.  T.'  (1844—48,  herausg.  von  OUo, 
Kimmd  und  achauer), 

BaUBgartner^  l)Andreae,  Freiherr  vnS., 
Österreich.  Staatsmann  und  Gelehrter,  geb. 
23.  Nov.  17^  zu  Friedberg  in  Böhmen,  ward 
1833  Prof.  der  Physik  an  der  Universität 
zu  Wien,  später  Direktor  der  k.  k.  Porzellan-, 
Gussspiegel-  und  Smaltefkibriken ,  1847  mit 
der  obersten  Leitung  des  Eisenbahnbaues 
betraut,  übernahm  1848  das  Portefenille  des 
Bergwesens  und  der  öffentl.  Bauten,  28. 
Mai  1851  das  des  Handels  u.  derGkwerbe  und 
26,  Dec.  d.  J.  zugleich  das  der  Finanzen, 
trat  1855  in  den  Ruhestand,  ist,  in  den 
Freiherren  stand  erhoben,  seit  1861  Mitglied 
des  Herrenhauses  im  Reichsrath ;  f  30.  Juli 
1865.  Sehr.  ,Mechanik  in  ihrer  Anwendung 
auf  Künste  und  Gewerbe'  (2.  Aufl.  1823) ;  »Na- 
turlehre* (8.  Aufl.  1844— 45);  gab  heraus  ,Zeit- 
schriit  für  Physik  und  Mathematik'  (mit 
BuinghoMeen  1826—38,  10  Bde.)  u.  ,Zeitschrift 
für  Physik  und  verwandte  Wissenschaften* 
(1832-37,  4  Bde.).  —  2)  QdllmJdk.,  Schweiz. 
Staatsmann,  geb.  18.  Okt.  1797  zu  Altstätten 
im  Kant.  St.-Gallen,  ward  1825  Mitglied  des 
grossen  Raths  das.,  1826  erster  Staats- 
schreiber, 1831  Mitglied  des  kleinen  Raths 
und  Gesandter  bei  der  Tagsatzung,  wirkte 
als  solcher  für  Reform  der  Schweiz.  Bundes- 
verfassung und  überhaupt  im  Sinn  der  libe- 
ralen Partei,  bekämpfte,  von  den  Klerikalen 
gewonnen,  seit  Okt.  18^  in  seinem  Blatte 
,  Schweizer  Zeitung*  die  Liberalen  aufla  Ent- 
schiedenste, verfocht  1847  selbst  die  Sache . 
der  Jesuiten  und  des  Sonderbunds ,  war 
1857—60  Mitglied  des  Ständeraths. 

Baamholdar,  Flecken  im  preuss.  Regbz. 
Trier,  Kr.  St.  Wendel,  1696  Ew.;  Achat- 
schleiferei.  Quecksilber.   Ruine  LichtevAerg. 

Banmkivt  fBa«mm9r<eI,  BauvMaJIhe),  Masse 
zur  Bedeckung  grösserer  Wunden  an  Bäu- 
men, z.  B.  Steiukohlentheer  mit  Kohle, 
Thonerde  mit  Kuhfladen  (St.  Fiakers  Salbe) 
nach  dem  Trocknen  mit  Theer  überstrichen. 

BaunkritM.  die  den  Stamm  bes.  älterer 
oder  kranker  Bäume  bedeckenden  Flechten 
(Parmelia  parletina  u.  a.). 


230 


Baunikrankheiten  "^  Baumwolle. 


BftUlkrudLheiteBy  entstehen  durch  Ver- 
derben der  Wurzeln  In  einem  mit  Wuser 
überfüllten  Untergrund,  aus  Hangel  oder 
Ueberfluss  an  Saft  und  Störung  des  Saftnm- 
laiüTs,  sowie  durch  Yerletsungen :  Brand,  Rost, 
Krebs,  Harzflnss,  Schimmel- oder  Hehlthau, 
Bleich-  oder  €relbsucht,  Darrsucht,  Wasser- 
sucht, Grind  oder  Schorf,  Stamml&ule,  Kräu- 
selkrankheit ,  Honigthau  und  Frostschaden. 

BaUBliMfer,  Certhla  Z.,  Vogelgattung 
aus  der  Ordnung  der  SperllngsyÖgel.  Oe- 
iMtncr  B.t  BaumrvUeh^r ,  Grauspecht,  C.  fa- 
miliaris  L.,  6"  1.,  in  gans  Europa  und  im 

Banmdl.  s.  OUvefOi.  [nördl.  Asien. 

Baumselilfipfery  s.  ▼.  a.  Zaunkönig. 

Baumschrölery  s.  v.  a.  Hirschschroter. 

BAWBStarlLy  1)  Anton,  deutscher  Philo] og, 
geb.  14.  April  1800  zu  Sinzheim  in  Baden, 
seit  1886  Prof.  an  der  Universität  Vrei- 
burg  und  Direktor  des  philolog.  Seminars 
das.  Sehr.  ,BIüthou  der  griech.  Dichtkunst 
in  deutscher  Nachbildung*  (1840,  6  Bde.); 
,B]ütben  röm.  Dichtkunst«  (1841, 4 Bde.);  ,F. 

A.  Wolf  und  die  Gelehrtenschulen«  (1864). 
—  2)  Eduard,  Bruder  des  Vor.,  geb.  88.  März 
1807  zu  Sinzheim,  seit  1848  Prof.  der  Staats- 
und Kameralwissenschaften  an  der  Univer^ 
sität  Greifswald  und  Direktor  der  staats- 
und  landwirthschaftl.  Akademie  zu  Eldena, 
1848  als  Mitglied  der  preuss.  Nationalyer- 
Sammlung  Führer  der  Rechten,  1848  als 
Mitglied  der  ersten  Kammer  Gegner  der 
absolutist.  Partei  bei  der  Verfassungsre« 
yision,  bekämpfte  1850  —  58  in  der  ersten 
Kammer  die  Politik  Manteuffels,  yertritt 
seit  1859  die  Universität  Greifswald  im 
Herrenhause  in  liberalem  Sinne;  seit  1859 
auch  Mitglied  des  Laodesökonomiekolle- 
giums.  Sehr.  ,Kameralistisohe  £n<nrklo- 
p&die*  (1835);  ,Zur  Einkommensteuerirage« 
(1849);  ,Ueber  die  Mittel  zur  Verbesserung 
der  Zustände  der  arbeitenden  Klassen* 
(1860);  »Anleitung  zum  wissenschaftl.  Stu- 
dium der  lAudwirthschaft*  (1860):  ver- 
ölfentlichte  mit  Ton  Waldbrübl  (Zuccal- 
maglio)  ,Bardale.  Sammlung  auserlesener 
Volkslieder  der  verschied.  Völker«  (1836). 

BAUBwachSy  Pfi'opfwadis  zur  Bedeckung 
der  beim  Veredeln  gemachten  Wunden, 
Mischung  ans  1  gelbem  Wachs,  1  Terpentin, 
V*   weissem  Pech  und   V»  Talg.    FlÜMtget 

B,  ist  häufig  eine  spiritnose  Lösung  dieser 
Stoffe  und  erhärtet  an  der  Luft. 

Banmwetzslingy  s.  WeUaling. 

Baumwolle  9  Samenhaare  mehrerer  Arten 
der  Malvaceengattnng  Gossypium  L,  (bes. 
G.  herbaceum  L.  aus  dem  östl.  Asien,  bar- 
badense  L.  aus  Westindien,  religiosum  L, 
mit  gelber  B.  aus  Ohina,  hirsutum  L,  ans* 
Slam,  arboreum  L.  aus  Ostindien),  welche 
in  den  Südstaaten  der  nordamerikan.  Union, 
in  Mexiko,  Brasilien,  West-  und  Ostindien, 
Algerien ,  Aegypten ,  Queensland  und  meh- 
reren- Südseeinseln ,  dann  auch  in  der 
Türkei,  in  Neapel,  Sicilien,  Malta,  Anda- 
lusien, Griechenland  und .  der  Krim  kultivlrt 
werden.  Die  thefls  ein-,  theils  mehzjährigen 
Pflanzen  tragen  in  8  >- öfächrlgen  Samen- 
kapseln von  der  Grösse  einer  wälschen 
Nuss  zahlreiche  Samen  mit  langen  weissen 


Samenhaaren ,  welche  beim  Reifen  aus  den 
geplatzten  Kapseln  hervorquellen.  Die  ge- 
erntete  B.  wird  durch  E^n^nirmasohinen 
von  den  Samqp  getrennt.  Letztere  werden 
als  Viehfatter,  Dünger  und  zur  Gewinnung 
von  Oel  benutzt.  Die  B.  bildet  18—53  Millim. 
lange  hohle,  aber  in  der  Mitte  zusammen- 
gefiillene  u.  daher  bandförmige,  schrauben- 
artig gedrehte  Röhren  von  0,015  —  0,025 
Minim.  Breite,  0,0045-0,0088  Millim.  Dicke 
und  1,47  —  1,5  spec.  Gew.  Sie  enthält  luft- 
trocken 9—10,  feucht  an  85  o/o  Wasser  und 
trägt  8Vs— 41/i  Grm.  Nach  der  Länge  unter- 
scheidet man  langstnchelige  von  80—38  und 
k'urzstachelige  B.  von  durchgängig  unter 
25  MilUm.  Länge.  Die  Gesammtheit  der 
Eigenschaften  einer  Sorte  gestattet  die  Er- 
zeugung eines  mehr  oder  weniger  feinen 
Garns,  und  man  unterscheidet  danach  8 
Klassen,  von  welchen  die  erste  zu  den 
feinsten,  die  letzte  nur  zu  den  gröbsten  Ge- 
spinnsten  verarbeitbar  ist:  lange  Georgia; 
Bourbon,  Jümel,  Portorf co;  Fernambuk; 
Louisiana;  Carolina,  Geoxgia  (Upland);  Vir- 
ginia; Surate;  Bengala. 

B.  wurde  in  Indien  schon  im  hohen  Alter- 
thum  benutzt.  Die  alten  Aegypter  kannten 
sie  nicht;  zur  Zeit  derPtolemäer  wurde  sie 
im  Delta  kultivirt.  Zu  Beginn  unserer  Zeit- 
rechnung holten  die  Araber  Baum  wol  Ige- 
webe  aus  Indien,  aber  lange  blieben  diese 
im  westl.  Morgenlande  und  fai  Europa  Luxus- 
artikel. Bis  ins  16.  Jahrh.  stand  Ostindien 
in  der  Baumwollmanufaktur  voran.  1350 
wurde  zuerst  B.  in  Lancashire  verarbeitet, 
aber  nur  als  Einschlag  zu  halbleinenen 
Geweben.  Columbus  fand  in  A  Mei-ika  Baum- 
wollenbau; Azteken  und  Inkas  verarbeite- 
ten B.  1750  lieferte  Jamaika  für  England 
8000  Ballen.  Im  Ganzen  bezog  England 
1782  nur  33,285  Ballen;  grossartigen  Auf- 
schwung brachten  erst  die  Maschinen.  1818 
hatte  England  schon  4  Mill.  Spindeln,  und 
1816  begann  die  Twistausftihr  nach  dem 
Kontinent.  Zu  Anfang  des  19.  Jahrh.  be- 
trug die  Gesammtmenge  der  B. ,  welche  in 
den  grossen  Handel  kam,  500  Mill.  Pfd. 
Nordamerika  hatte  1790  81  Säcke  geliefert. 
Nach  Erfindung  einer  Egrenirmaschine  in 
Georgien  wuchs  die  Kultur,  und  1881  wur- 
den 125  MUl.  Pfd.  ausgeführt.  1860  betrug 
die  Ausfuhr  1767  Mill.  Pfd.  Die  Ernte  hatte 
damals  4,675,000  Ballen  erreicht.  Der  Bür- 
gerkrieg ruinirte  die  amerikan.  Industrie, 
und  1868  betrug  die  Ernte  nur  2,550,000 
Ballen.  Dagegen  nahm  die  Baumwollen- 
kultur in  Ostindien,  Brasilien  und  Aegypten 
beträchtlich  zu  (s.  unten  Einfuhr  nach  Eng- 
land). Die  Zahl  der  Spindeln  beträgt  gegen- 
wärtig 59Vs  Mill.,  die  Zahl  der  mechan. 
Webstuhle  836,000.  Davon  kommen  auf: 
Sphideln  u.  Webstühle 
England    .    .    36,000,000  600,000 

Nordamerika       7,800,000  88,000 

Frankreich   .      6,250,000  80,000 

Deutschland .      2,300,000  85,000 

Oosterreich   .      1,630,000  13,000' 

Schweiz    .    .      1,608,000  13,676 

Russland  .    .      1,600,000  13,000 

Der   gesammte    Baumwollenverbrauoh    in 


Baumwollsamenöl  — •'  Baxillare  os. 


231 


Eorop«  betrag  1861  — 65  jahrl.  2,865,000 
Bftllen,  daron  kommen  ö8o/a  auf  England, 
14,6o/o  auf  Frankreich  und  27,3«A>  auf  das 
übrige  Europa.  Die  Einfuhr  nach  England 
Jtwtrug  1868  aus  Nordamerika  562,17,  Indien 
537,24,  Brasilien  101,92,  Aegypten  101,00, 
Westindien  18,00  Mill.  Pfd.  Der  Zollverein 
importirtel866  1,573,103  Otr.  B.  Von  seinen 
Spindeln  kommeh  auf  Sachsen  630,  Prenssen 
600,000,  Bayern  536,000,  Baden  296,000,  Wür- 
temberg  200,000.  Chemnitz  und  Umgegend, 
Augsburg  und  Bairenth,  sowie  mehrere  Orte 
in  Baden,  Würtemberg  und  derRhelnprorinz 
sind  die  Hauptsitze  der  Spinnerei.  Einge- 
führt wurden  noch  247,744  Otr.  Garn.  Die 
Weberei  blüht  besonders  in  Sachsen  und 
am  Nieflerrhein.  Norddeutschland  hat.  min- 
destens 8000,  Baden  4000,  Würtemberg  3000 
mechan.  Wel>stühle. 

BaomwollsniieBÖl  y  fettes  Oel  ans  den 
Baumwollsamen,  ist  dem  Leinttl  sehr  ähn- 
lich, gibt  gute  Seifen,  dient  aber  bes.  zur 
Verfälscliung  des  Olivenöls,  als  Blaschinen- 
schmiere  und  LeuchtmateriEtl. 

BauMeh^  Nebenfluss  des  Main,  von  den 
Hassbergen,  mündet  bei  der  ßtadi  B.,  Il58£w. 

BavBSeheidtlfiBiM,  nach  dem  Mechaniker 
Karl  Baunscheidt  (t  13.  Jan.  1860  in  Münster) 
benanntes  Heilverfahren,  s.  v.  a.  Akupunk- 
tur.   Vgl.  ,Der  B.S  10.  Aufl.  1869. 

Baiir^  1)  Johann  Wilhelm,  Miniaturmaler 
und  Kupferätzer,  geb.  1600  zu  Strassburg, 
t  1640  zu  Wien.  Landschaften,  See-  und 
Architekturstücke.  —  2)  (Bauer)  Nikölae, 
holländ.  Landschafts-  und  Seemaler,  geb. 
12.  Sept.  1767  zu  Harlingen,  f  38.  Mäfz  1820. 
—  3)  Ferdina-nd  ChrUtian,  her.  protest. 
Theolog,  geb.  21.  Juni  1792  zu  Schmiden  bei 
Cannstadt,  f  als  Prof.  der  Theologie  zu 
Tübingen  2.  Dec.  1860.  Sehr.  ,Symbolik  n. 
Mythologie  oder  die  Naturreligion  des  Alter- 
thums*  (1824—25,  3  Bde.);  ,Die  christliche 
Gnosis  oder  die  Christi.  Religionspbilosophie' 
(1855) ;  ,Die  chrlstl.  Lehre  von  der  Versöh- 
nung' (1838);  ,Die  Christi.  Lehre  von  der 
Dreieinigkeit  und  Menschwerdung  Gottes* 
(1841—43, 3  Bde.) ;  ,Der  Gegensatz  des  Katho- 
licismus  und  Protestantismus*  (2.  Aufl.  1836); 
,Lehrb.  der  christl.  Dogmengeschichte*  (3. 
Aufl.  1867);  «Paulus,  der  Apostel  Jesu  Christi* 
(1845,  2.  Aufl.  1867);  ,Krit.  Untersnchungen 
über  die  kanon.  Evangelien*  (1847);  ,Das 
Christenthum  und  die  christl.  Kirche  der 
drei  ersten  Jahrhunderte'  (3.  Aufl.  1863); 
,Die  cliristl.  EUrcbe  vom  Anfang  dos  4.  bis 
zum  Ende  des  6.  Jahrb.'  (2.  Aufl.  1863); 
,Dle  Christi.  Kirche  des  Mittelalters'  (2.  Aufl. 
1869);  ,Die  Kirchengeschichte  der  neueren 
Zeit*  (1863);  ,Vorlesungen  über  die  christl. 
Dogmengesch.*  (1865—67,  3  Bde.);  letztere 
drei  Werke,  sowie  die  «Vorlesungen  über 
nentestamentliche  Theologie*  (1846)-  von  sei- 
nem Sohne  Ferd.  Friedr.  £,  und  ZeUer 
herausgeg.  Die  von  B.  gegründ.  krüi$che  (tti- 
binger)  Schule  brach  einer  wesentlich  neuen 
Anschauung  des  Urehristenthums  Bahn. 
Vgl.  Baur,  ,Die  Tübinger  Schule  und  ihre 
Stellung  zurGegenwart*,  1899.  Ihre  Haupt- 
vertreter ausser  B.  sind  Zeller,  Schwegler, 
Köstlin,  Hilgenfeld  u.  A. 


BftuntMrg,  Berg  in  Holsteiji,  bei  Blan- 
kenese,  304*  h. 

Bftiue^  Joh.  FrUdHeh,  Kupferstecher,  geb. 
1738  zu  Halle,  seit  1787  Prof.  an  der  Kunst- 
akademie zu  Leipzig;  f  zu  Weimar  1814. 
Seine  Blätter  (über  200,  bes.  Porträts  und 
Historien)  durch  Sauberkeit  des  Stichs  aus- 
gezeichnet. Vgl.  Keil,  .Katalog  des  Kupfer- 
stichwerks von  B.',  1849.  [4020  Ew. 

Bauske*  Stadt  in  Kurland,  an  der  Memel, 

Bausteine  y  natürliche  oder  künstliche 
Steine  von  geeigneter  Härte,  Festigkeit  und 
Widerstandsfähigkeit  gegen  Atmosphärilien. 
Mittlere  rückwirkende  Festigkeit  pro  O"  ^^^ 
Basalt  ca.  20—30,000,  bei  Granit  5—15,000, 
bei  Sandstein  sehr  ungleich,  1200— 7000  Pfd. 
Die  Belastung  soll  nur  V30>  bei  Säuleu  und 
dünneu  Pfeilern  Vm— Veo  betragen.  AUeB. 
müssen  nach  ihrem  natürlichen  Lager,  d.  h. 
wie  sie  in  der  Natur  entstanden,  sind ,  ver- 
legt werden.  Widerstandsfähigkeit .  gegen 
Frost  am  geringpiteu  bei  schiefrigen  Ge- 
steinen; kann  durch  Kochen  mit  Glauber- 
salzlösung un4  Krystallisirenlassen  geprüft 
werden,  da  das  krystallislrende  Salz  ähnlich 
wie  Eis  wirkt.  Schutz  gegen  Verwitterung 
gewährt  Anstrich  mit  Wasserglas. 

BautftlA  (spr.Botäug),  Leute  Eugene  Marie, 
franz.  Philosoph  und  Theolog,  geb.  17.  Febr. 
1796  zu  Paris,  seit  1848  Obervikar  der  pa- 
riser Diöcese.  Sehr.  »Psychologie  exp6rimen- 
tale*  (1839,  2  Bde.);  «Philosophie  morale* 
ri842, 2  Bde.^ ;  ,Philosophie  du  christianisme* 
(1835, 2  Bde.) ;  ,La  morale  de  TEvangile  com- 
par6e  aux  divers  systdmes  de  morale*  (1855). 

Bantasteine,  im  skandinav.  Norden  Ge- 
denksteine ohne  Inschrift. 

Bantseiiy  Regbz.  des  Königr.  Sachsen 
(sächs.  Oberlansitz),  45,7  QM.  mit  (1867) 
822,562  Ew.  Die  Hauptat.  B.  (Budissin),  an 
der  Spree,  12,591  Ew.  Dom  (von  Kaiser 
Heinrich  I.  927  gegr.),  Schloss  Ortenburg. 
20.  u.  21.  Mai  1813  Bieg  Napoleons  über  die 
Russen  und  Preussen  unter  Barclay  deTolly. 

Banxity  Mineral,  besteht  aus  ca.  600/» 
Thonerdo,  25o/o  Eisenoxyd,  30/o  Kieselsäure 
und  12o/o  Wasser ,  wichtig  für  die  Fabrika- 
tion von  Aluminium  und  Thonerdepräpa- 
raten,  findet  sich  besonders  In  Südfirank- 
reich  (Aiigile  des  Baux  bei  Avignon). 

BaTarifty  lat.  Name  für  Bayern ;  spec.  die 
kolossale ,  eherne  Statue  der  B.  vor  der 
Ruhmeshalle  bei  München,  von  Schwan- 
thaler  entworfen,  1844—50  gegossen. 

Bavay^spr.  -wäh),  Städtchen  im  firanz. 
Depart.  Nord,  1646  Ew. ;  das  alte  Bavacum, 
Hauptst.  derNervier;  zahlr.  rom.  Baureste. 

BavenO)  ital.  Städtchen  am  LagoMaggiore, 
Pallanza  gegenüber,   1406  Ew.    Marmorbr. 

Barlns  und  Mäviue,  zwei  unbedeutende 
röm.  Dichterlinge,  Bekrittler  des  Horaz  u. 
Virgil;  sprichwörtl.  für  schlechte  Poeten 
und  Kritiker. 

Bavony  niederländ.  Heiliger,  Schutzpatron 
von  Qent,  f  ^^*  Daher  die  Bawmsmewe 
(1.  Oktbr.). 

BftxilUre  08(lat.),  das  Kellbein,  Knochen 
am  Schädelgrunde  gelegen,  schliesst  eine 
mit  der  Nase  kommunicirende  Höhle  ein, 
Stütze  der  G^lchtsiuLOchen. 


282 


Bayard  —  Bayern. 


BftytrA  (cpr.  -Jahr),  PUrr^  Ai  Arrait, 
Seigneur  4«,  ,der  Bittor  ohne  Vvrcht  und 
TftdelS  frass.  Ho«ii&hrw,  geb.  1476  auf 
Schlosfl  Bayard  bei  Orenoble,  ent  Page 
bei  dem  Hertog  Ton  SaToyen,  trat  in  flrauia. 
Kriegtdieneto,  focht  in  Italien,  dann  gegen 
die  Spanier,  Genneien  und  Yenetianer,  in 
der  Picardie  gegen  die  Engländer,  entechled 
bei  Marignano  den  Sieg,  vertheldigte  Me- 
zidres  gegen  Karl  Y.,  unterwarf  das  anf- 
•tändische  Genna,  ward  80.  April  1584  an 
der  Sesia  tödtl.  yerwnndet.  Seine  Qeech. 
T.  BerviUe  (1824),  DOandier  de  m,'Stprü  (U42). 

Bayer,  1)  Joh.»  prot.  Oeietlicher,  geb. 
1572  KU  Bhain  in  Bayern,  f  7.  Mars  1625  in 
Augsburg,  Itoferte  in  seiner  ,Uranometria' 
(Augsb.  1608;  Ulm  1607  n.  1685)  die  ersten 
sweckmässig  angelegten  Himmelskarton,  die 
er  in  der  ,£zp]icatio  caractemm  aeneie  tabu- 
lis  inscnlptomm*  (Augsb.  1654)  erläuterte. 
—  2)  Hiertmyrnua  Joh,  Ibttl,  deutscher 
Bechtslehrer,  geb.  21.  Sept.  1792  xu  Kauris 
im  Salzbargischen,  seit  1826  Prof.  an  der 
Unlyersität  Hünchen,  1863  zum  Beichirath 
ernannt.  Sehr.  ,Yorträge  über  den  gemeinen 
ordentl.  Givilprozess'  (10.  Aufl.  1869) ;  .Theorie 
der  summar.  Prozesse'  (7. Aufl.  1856) ;  .Theorie 
des  Konkursprozesses'  Oi,  Aufl.  1899). 

Bayer -Bfirky  MarU,  Schauspielerin,  geb. 
1821  zu  Prag,  Tochter  des  Schauspielers 
Fratu  Sudo^f  Bayer,  1838—41  am  Theater  zu 
Hannover,  seitdem  in  Dresden  engagirt;  seit 
1849  mit  dem  Schriftsteller  A.  Bürk  Termahlt. 
Ausgpezeichnet  in  tragisch  -  nairen  Bollen. 

Bayerische  Alpen,  Theil  der  deutschen 
Alpen,  zwischen  Lech  u.  Salzach;  mitMut- 
tekogl  8754',  Zngspitz  9153%  gr.  Solstein  9020'. 

BayerlMher  wald,  Gebirge  in  Bayern, 
zwischen  Begen,  Hz  und  Donau,  dem  Böh- 
merwald vorliegend ;  höchste  Punkte :  Klin- 
genberg  8746',  Hirschenstein  8841'. 

Bayern,  Königreich,  der  östlichste  und 
grösste  Staat  Süddeutschlands,  aus  zwei 
getrennten  Theilen,  dem  grösseren  östlichen 
Haupttheil  und  der  Pfalz  Jenseits  des 
Bheins  bestehend,  1377,8  QM.  Das  Areal 
zur  grösseren  Hälfte  Gebirgsland,  zur  klei- 
neren wellenförmige  Ebene;  die  Gebirge 
mehr  an  den  Grenzen,  die  Ebene  in  der 
Mitte  des  Landes;  niedrigster  Theil  die 
Donauebene.  Baupig^rge :  im  S.  die  Alpen 
O&Igäuer  und  bayerische  Alpen ,  der  nördl. 
Theil  der  salzburger  Alp&a  mitWatzmann 
8812');  an  diese  nördl.  angelehnt  die 
schwäbisch-bayerische  Hochebene  zwischen 
Hier  und  Inn  bis  zur  Donau.  Längs  der 
Ostgrenze  der  Böbmerwald,  mit  dem  ror- 
gelagerten  bayerischen  Wald;  im  NO.  das 
Fichtelgebirge  nebst  dem  Frankenwald;  im 
KW.  die  Bbön,  der  sich  südwestl.  der 
Spessart  anschliasst;  weniger  bedeutend 
sind  der  östl.  davon  gelegene  Steigerwald, 
die  Hassberge  und  der  nördl.  von  .  der 
Donau  gegen  das  Fichtelgebirge  ziehende 
Aränkische  Jura  (mit  der  sogen,  fränkischen 
Schweiz).  Im  Überrhein.  Theile  das  pfäl- 
zische G^ebirge  und  die  Hardt. 

Die  Oewäeeer  gehören  zum  überwiegend 

g'össem  (südl.)  Theil  dem  Flnssgebiete  der- 
onau  an,  die  B.  von  Ulm  bis  Passau  durch- 


lUMrt,ft7H.:  Kab^BfiaiM  derMlbmi  raehtt: 
Bier,  Gftna,  Leoh,  Paar,  Isar,  YUil  Inn  ete.; 
rechte:  Wtenllz,  Altmühl,  Naab,  tLagea  ete. 
(im  Ganzen  89).  In  K.  Ist  Hanptflnss  dar 
Main,  mit  Bodach,  lU,  Beeoits,  ficink.  Saale, 
Sinn  (Bheingebiet).  Donau  und  Main  durch 
den  Ludwigskanal  verbunden.  In  derPfalx 
der  Bhein,  als  (^renaflnsa,  mit  Lauter  und 
Qneiofa.  2ahlrei<Ae  Seen,  meist  Alpen- 
seen ;  Ammer*,  Stamberger*,  Staffel-,  Kochel-, 
Walchen-,  Tegern-,  Ohiem-,  Waginger-, 
Königssee  etc.  (im  Ganzen  etwa  50).  Auf 
der  bayer.  Hochebene  beträchtliche  Sumpf- 
gegenden (Moose  oder  Biede) :  das  Donan- 
moos,  Isar-,  Dachauer-,  Freisinger-Moos  n.  a. 
Kleinere  Moore  anch  auf  der  Bfaön.  Das 
Klima  im  Ganzen  gemässigt  und  gesund; 
am  mildesten  in  den  Main-  und  Bhein- 
gogenden,  rauh  nur  in  den  Grebirgen,  im 
S.  zum  Theil  alpenhaft.  Der  Boden  im 
Allgemeinen  sehr  fruchtbar,  derBeichthum 
an  JProdtUäem  beträchtlich,  namentlich  an 
Yieh  und  Getreide,  nebst  anderen  Erzeug- 
nissen des  Landbaues  (s.  unten);  an  Mine- 
ralien etwas  Gold  (im  Bhein,  Inn,  Isar), 
Quecksilber  (Pfalz),  wenig  Zinn,  aber  viel 
Eisen  (Oberfranken,  Bheinpfolz,  Oberpfalz, 
Oberbayem),  Stein-  und  Braunkohlen  (am 
meisten  in  Oberbayem,  Oberfranken,  Ober- 
pfklz,  Bheinpfslz,  namentl.  im  Becken  von 
St.  Ingbert) , .  Graphit  (passauer  Schmelz- 
tiegel) ,  Lithographirsteine  (Solenhofen), 
Schiefer,  Porzellanerde;  grosser  Salzreich- 
thum  (s.  unten).  Berühmte  Mineralquellen 
in  UnterAranken  und  Oberbayern. 

Bevmerung :  l</4  Mill.  Bayern  (im  SO.), 
21/4  Mill.  Franken  (imN.),  %  Mill.  Schwaben 
(im  SW.),  im  Ganzen  (Ende  1869)  4,824,421 
Seelen  (8502  auf  1  QM.j;  am  dichtesten  in 
der  Pfalz  (5806) ,  am  dünnsten  in  Oberpfalz 
und  Oberbayem  (2678  : 1  QM.).  Arme  in  der 
Pfalz  40^,  sonst  nur  20/o.  Ausser  3,441,029 
Kathol.  (mit  2  Erzbisthümem  München- 
Frelsing  und  Bamberg,  6  Bisthümern  und 
60  Klöstern)  1,828,718  Protest,  (meist  Luthe- 
raner, unter  dem  Oberkonsistorium  zn 
München  und  3  Konsistorien) ;  ausschliessl. 
katholisch  Ober-  u.  Niederbayem;  Protest, 
überwiegend  in  Mittel-  u.  Oberfranken  u. 
in  der  Pfalz;  gegen  50,000  Juden  (unter  dem 
Oberrabbiner  zu  Fürth),  am  zahlreichsten 
in  Unterflranken  und  der  Pfalz.  Wissen- 
schaftliche und  Erziehungsanstalten :  3  Uni- 
versitäten (München,  Würzburg,  Erlangen), 
9  Lyceen,  28  Gymnasien,  10  Schullehrer- 
seminarien  (7  kathol.,  8  protest.)  und  7118 
Yolksschulen  (4810  kathol.,  2150.  protest., 
158  Israel.).  Schulbildung  am  weitesten 
zurück  in  der  Oberpfalz,  in  Kiederbayem 
und  in  der  Bheinpfslz.  Ausserdem  viele 
latoin.  Schulen,  techn.  Anstalten  (polytechn. 
Schulen  in  München  und  Nürnberg),  Fach- 
schulen aller  Art  (Forstlehranstalt  in 
Aschaffenburg),  5  Taubstummen-  u.  8  Blln- 
deninstiitute.  Akademie  der  Wissensdiaften 
in  München.  Femer  reiche  Kunstsamm- 
lungen Q»%ä,  in  München  und  Nürnberg)  n. 
zahlreiche  Schulen  für  gewerbliche  und 
Kunstbildung  (obenan  die  Akademie  der 
bildenden  Künste  in  München).    Hanptbe- 


Bayern. 


233 


•ohSfUlninff  Aokerban  u.  Vleheucht;  letztere 
bes.  in  den  Oebdrgsfegenden ,  ertterer  in 
den  Ebdnen,  am  bedeutendsten  in  Nfeder- 
bayern  und  den  Gegenden  von  Ochsenfart 
und  Sehweinfürt.  Im  Ganzen  landwirth- 
schaftl.  benutzt  826  QM.,  davon  825  QM. 
Gerealien,  320  QM.  Ylehfutter,  42  QM.  Kar- 
toffeln. Ausserdem  wird  gebaut  Torzfig- 
lieber  Hopfen  (Mittel-  und  Oberfranken  und 
Schwaben),  Tabak  (Pfalz  u.  Mittelfranken), 
Obst  und  Wein  in  der  Pfitlz  (Uugsteiner, 
Förster,  Deidesheimer  etc.,  im  Ganzen 
4  QM.,  J&hrl.  960,000  Eimer}  und  im  Main- 
thal und  dessen  Seitenthalem  (ber.  der 
Leisten-  u.  Steinwein,  dar  Saalecker  etc.). 
Bedeutende  Gartenkultur  um  Bamberg. 
Wald  450  QM.  (davon  156  QM.  Staats-, 
72  QM.  Gemeinde-,  223  QM.  Privateigen- 
thum);  daher  die  Foratwirthschaft  einträg- 
lich und  gut  geordnet.  Bergbau  bes.  auf 
Eisen  (259  Eisenwerke  u.  über  500  Werke 
zur  Verwerthnng  des  Erzes),  Salz  (Stein- 
salzwerk in  Berchtesgaden  und  6  Salinen, 
j»hrl.  Ph)duktion  975,276  Otr.  Salz,  2,910,193 
Thir.  anWerth)  und  Stein-  und  Braunkoh- 
len (181  Werke,  Ausbeute  5,831,403  Ctr., 
769,708  ThIr.  an  Werth). 

Industrie  am  regsamsten  in  Mittelfranken, 
Schwaben  und  der  Pfalz.  Hauptlndustrie- 
st&dte :  Augsburg,Kempten,Nümberg,  Fürth, 
SchwabacbjBaireuth,  Würzburg,  Bamberg, 
Erlangen,  Hof  etc.  Nationalgewerbe  Bier- 
brauerei (5365  Brauerelen,  Jährl.  fast  9  Mill. 
Eimer  Bier ,  wichtiger  Exportai'tikel).  Lei- 
nen- und  Wollweberei;  Fabrikation  von 
Holz-  u.  Eisenwaaren,  Glas  (51  Glashütten, 
bes.  Spiegelfabriken,  Jährl.  über  1,200,000 
Stüok),  Papier,  Porzellan,  Gewehren,  be- 
rühmten Schmelztiegeln  (zu  Oberzell), 
Tabak  (über  1200  Gtr.  Bauchtabak,  30  Mill. 
Oigarren),  Chemikalien,  mechan.  u.  musikal. 
Werkzeuge,  Holzwaaren,  Geflechten,  Bijou- 
terie- und  .Spielwaaren.  Lebhafter  Handel, 
bes.  in  Nürnberg  und  Augsburg  (Wechsel- 

fesohäfte),  nächstdem  in  Hof,  Bamberg, 
chweinuirt,  Würzburg,  Speier,  München, 
Regensburg  und  Fassau  (Donauschifffahrt) 
etc.  Eisenbahnen  in  einer  Ijänge  von  328  M. 
(Lindau  -  Hof  74  M. ,  Kufstein  -  Regensburg- 
Waldsassen  43  M.,  Aschaffenburg-Kürnberg- 
Schwandorf  47  M. ,  Ulm  -  München  -  Passau 
48  M.,  dazu  zahlreiche  Seitenbahnen),  Tele- 
graphen 423  M. ,  Schifffahrt  auf  der  Donau 
(15  Dampfer  und  über  2000  Segelschiffe, 
nebst 800  Flössen),  deminn  (über 2000  Schiffe) 
und  dem  Rhein  (12  Dampfboote  u.  286  Segel- 
schiffe). Banken  in  München  u.  Nürnberg. 
Hauptausfuhr:  Getreide,  Holz,  Vieh,  Wein, 
Hopfen,  Bier  etc.,  Jährl.  etwa  50  Mill.  FL 

Verfassung  (nach  Staatsgrundgesetz  vom 
26.  Mal  1818  und  dem  neuen  Wahlgesetz  vom 
4.  Juni  1848)  konstitutionell -monarchisch; 
die  Krone  nur  im  Manns  stamm  erblich 
nach  dem  Rechte  der  Erstgeburt.  Der  König 
hat  die  administrative  Gewalt;  die  gesetz- 
gebende theilt  er  mit  der  StändeVersamm- 
Inng.  Diese  hat  2  Kammern  (Reichsrätho 
und  Abgeordnete,  letztere  alle  6  Jahre  neu 
zu  wählen)  u.  muss  wenigstens  »alle  3  Jahre 
zusammenberufen  werden.    Rechtspflege  un-  | 


abhängig;  9  Appellationsgerichte,  SSchwar- 
gerichlshoft;  letzte  Instanz  das  Oberappel- 
lationsgericht in  München.  Gesetzbuch:  das 
bayerische  Landrecht  (in  der  Pfltlz  Oodo 
Napoleon).  Finanzen  wohl  geordnet.  Ein- 
nahme und  Ausgabe  nach  dem  Budget  für 
1868/69  Je  87,144,606  Fl.  Oivflliste  nebst 
Apanagen  3,146,089  Fl.  Staatsschuld  Ende 
1868:  412,799,009  Fl.  (davon  148,371,900  Fl. 
Eisenbahnschuld  und  96,229,725  Fl.  Grnnd- 
rentenablösung3Schul4).  Die  Armee  besteht 
(laut  Gesetz  vom  SO.  Jan.  1868)  ans  dem 
stehenden  Heer  und  der  Landwehr.  Dienst- 
zeit: 3  Jahre  in  der  aktive» Armee,  3  Jahre 
in  der  Reserve,  5  Jahre  in  der  Landwehr. 
Allgemeine  Wehrpflicht  eingeführt.  Stärke 
der  aktiven  Armee:  34,174  M.  Infanterie 
(16  Regim.  Linie,  10  Jägerbataill.),  7290  M. 
Kavallerie  (10  Regim.),  6361 M.  Artillerie  etc. 
Hanptfestungen  Ingolstadt,  Landau  und  Ger- 
raersheim,  Ulm  (gemeinsam  mit  Würtem- 
berg).  Staatsorden:  Hubertusordan,  St. 
Georgsorden,  militär.  Maximilian -Josephs- 
orden, Civilverdienstorden  der  bayer.  Krone, 
St.  Michaelsorden,  Lndwigsorden ,  Maximi- 
liansorden für  Wissenschaft  und  Kunst, 
Militärverdienstorden,  Elisabeth-  und  The- 
resienorden  für  Frauen.  Landesfarbe  blau 
und  weiss.  LandeseirUheilung  (seit  1837)  In 
8  Regierungsbezirke:  Oberbayem,  Nieder- 
bayern, Schwaben  und  Neuburg,  Oberpfalz 
n.  Regensburg,  Mittel  franken,  Oberfranken, 
Unterfranken  und  Aschaffenburg,  Rbein- 
pfalz ;  Jeder  Regbz.  in  Verwaltungsbezirke 
(154).  Haupt-  und  Residenzstadt  München. 
Vgl.  Walther,  ,Topogr.  Geogr.  von  B.*,  1844; 
Btumpff,  ,B.,  geogr.-hlstor.-statist.  Handb.', 
1852;  ,Bavaria.  Landes-  u.  Volkskunde  des 
Königr.  B.',  1860— 68,  5  Bde.;  Kümhd,  ,Geo- 
gnost.  Beschreibung  des  Königr.  B.',  1868. 
Geschichte.  Das  heutige  Altbayeru ,  ur- 
sprünglich von  dem  celtischen  Volk  der 
Bojer  bewohnt,  bildete  unter  Augustus  die 
röm.  Provinz  Noricum.  Zur  Zeit  der  Völ- 
kerwanderung drangen  gerraan.  Stämme  in 
das  Land,  aus  denen  der  Völkervere|n  der 
Bojoarier  erwuchs,  der,  obwohl  unter 
eigenen  Fürsten,  von  den  frank.  Skönigen 
Austrasiens  abhängig  ward.  An  der  Spitze 
stand  das  um  556  zuerst  erwähnte  Ge- 
schlecht der  Agilolfinger ,  von  denen  Odilo 
den  königl.  Titel  annahm.  TluMsilo  IL  wurde 
von  Karl  d.  Gr.  777  wegen  seiner  Verbindung 
mit  den  Avaren  in  ein  Kloster  verwiesen. 
788  hob  Karl  die  herzogl.  Würde  iuB.  ganz 
auf  und  setzte  seinen  Schwager,  den  Schwab. 
Grafen  Gerold,  als  Statthalter  ein.  Nach 
dem  Erlöschen  des  karoling.  Geschlechts 
(911)  nahm  Arnulf  IL,  seit  907  Markgraf, 
die  herzogl.  Würde  an.  Unter  seinen  Nach- 
folgern litt  das  Land  durch  Kämpfe  im 
Inneren  und  gegen  äussere  Feinde  und  unter 
dem  steten  Wechsel  der  Herzöge,  bis  1180 
derPfalzgraf  OMo  von  Wittelsbach,  der  Stamm- 
vater des  Jetzt  noch  regierenden  Hauses, 
damit  belehnt  ward.  Otto  von  Wittelsbach 
(t  1183)  sowie  sein  Nachfolger,  Ludwig  L, 
vei*mehrten  ihre  Stammgüter  beträchtlich; 
letzterer  (f  1231)  erhielt  von  Kaiser  Fried- 
rich   IT.    die  Rheinpfalz   zu  Lehn.     Auch 


2S4 


Bayern. 


unter  degsen  Sohn,  Otto  dem  Erlauchten 
(t  18&S),  ward  das  Staatsgebiet  erweitert. 
Dessen  Söhne,  Ludwig  u.  Heinrich,  theflten 
sich  1255  in  das  Land,  und  zwar  erhielt 
Imdwig  Oberbayem  mit  der  Bheinpfftlz  and 
der  Kurwürde,  Heinrich,  dessen  Linie  schon 
nach  wenigen  Jahren  aasstarb,  Nieder- 
bayern. Ludwigs  gleichnamiger  Sohn  ge- 
langte 1314  als  Ludwig  IV,,  der  Bayer,  xur 
Kaiser  würde.  In  einem  Ton  ihm  au  Payia 
1329  mit  seines  Bruders  Rudolf  Söhnen  ge- 
schlossenen BrbfblgeVertrag  trat  er  diesen 
die  Ffols  mit  einem  Theile  des  Nordgaues, 
deshalb  die  Oherpfols  genannt,  ab,  doch 
so,  dass  die  Kurwürde  unter  beiden  Linien 
wechseln  sollt«,  welche  letztere  Bestimmung 
aber  durch  die  goldne  Bulle  1356  wieder 
aufgehoben  ward.  Nach  dem  kinderlosen 
Tod  des  Herzogs  Johann  von  Niederbayern 
(1340)  fiel  dieses  an  Ludwig;  auch  vereinigte 
dieser  in  Folge  der  Vermählung  seines 
Sohnes  mit  Margarethe  Maultasch ,  Gräfin 
von  Tirol,  letzteres  mit  B.  Ludwigs  des 
Bayern  6  Söhne  theilten  nach  zweijähriger 
gemeinschaftlicher  Begierung;  da  aber  die 
meisten  dieser  Linien  schnell  ausstarben, 
so  vereinigte  JJbrecht  IV.,  der  Weise,  1506 
die  bayerischen  Lande  wieder.  Durch  Ein- 
führung der  Primogenitur  setzte  er  die 
XJntheilbarkeit  des  Landes  fest.  Doch  führ- 
ten nach  Albrechts  Tode  (1508)  liHXhdm  IV. 
und  Ludwig  bis  zu  des  letzteren  Tode 
(1515  —  34)  die  Regierung  gemeinschaftl. 
Beide  wirkten  der  Reformation,  die  auch 
in  B.  Anhänger  gewann,  mit  Erfolg  ent- 
gegen. Auf  Wilhelm  IV.  folgte  1550  dessen 
Sohn  Albrecht  V.,  der  Grossmüthige ,  der 
die  Jesuiten  begünstigte,  aber  auch  Wissen- 
schaft und  Kunst  förderte,  auf  diesen  1579 
sein  Sohn  Wilhelm  V.,  der  Fromme,  der 
1596  die  Regierung  an  seinen  Sohn  Maxi- 
inilian  I,  abtrat.  Dieser  war  die  Seele  der 
der  Protest.  Union  gegenüber  gebildeten 
kathol.  Ligue.  Durch  den westphäl.  Frieden 
erhielt  er  die  5.  Kurwürde  und  die  Ober- 

Sfizlz,  während  für  die  pfälzische  Linie  eine 
.  Kurwürde  geschaffen  und  derselben  im 
Falle  des  Erlöschens  der  bayer.  Linie  die 
Nachfolge  in  allen  Landern  und  Würden 
derselben  zugesichert  ward.  Auf  Maximi- 
lian L  folgte  1651  dessen  Sohn  Ferdinand 
Maria,  auf  diesen  1679  dessen  Sohn  Maxi- 
tnilian  II.  Emanuel,  der  als  Verbüudeter 
Frankreichs  im  span.  Erbfolgekrieg  1706  in 
die  Acht,  seiner  Länder  verlustig  erklärt 
und  erst  im  Frieden  zu  Baden  1714  wieder 
resUtuirt  ward.  Ihm  folgte  1726  Karl  AI- 
brecht,  der  nach  Kaiser  Karls  VI.  Tode 
1740  unter  Berufung  auf  den  Ehevertrag 
zwischen  dem  Herzog  Albrecht  V.  und 
dessen  Gemahlin  Anna,  Kaiser  Ferdinands  I. 
Tochter,  und  Ferdinands  I.  Testament, 
worin  für  den  Fall  des  Aussterbons  der 
männlichen  Nachkommen  Ferdinands  die 
Nachfolge  in  den  Österreich'.  Staaten  Anna 
oder  deren  Nachkommen  zugesichert  worden 
sein  sollte',  dieselbe  Maria  Theresia  gegen- 
über in  Anspruch  nahm,  nach  der  Erobe- 
rung Oberösterreichs  1741  den  Titel  eines 
iErzherzogs  von  Oesterreich  annahm,  sich 


auch  als  König-  von  Böhmen  huldigen  Hess 
und  174S  als  Kcwl  VII.  zum  deutschen 
Kaiser  gewählt  ward.  Doch  musste  er 
bald  darauf  sein  eignes  Land  den  Oester- 
reichem  überlassen,  kehrte  1744  unter 
Friedrichs  H.  von  Freussen  Schutz  zwar 
dahin  zurück,  f  »her  schon  1745.  Sein 
Sohn  Maximilian  III.  Joseph  erkannte  im 
Frieden  zu  Füssen  (22.  April  1745)  die 
pragmat.  Sanktion  an  und  erhielt  seine 
Länder  von  Oesterreich  zurück.  Da  mit 
ihm  30.Dec.l777  die  wittelsbach-bayerische 
Linie  erlosch,  so  stand  nach  der  Bestim- 
mung des  westphäl.  Friedens  die  Nachfolge 
in  B.  ohne  Zweifel  dem  Kurfürsten  Karl 
Theodor  von  derPfiatlz  zu.  Oesterreich  aber 
erhob  auf  das  grössere  Dritttheil  der  bayer. 
Lande  als  böhm.,  Österreich,  und  Reichs- 
lehen Anspruch  und  Hess  die  betreffenden 
Distrikte  besetzen.  Karl  Theodor  fügte  sich 
zwar  In  einer  besonderen  Uebereinkunft  vom 
3.  und  14.  Jan.  1778  dem  Verlangen  Oester- 
reichs.  Aber  der  Herzog  Karl,  von  Zwei- 
brückeu  als  nächster  Agnat  und  mmthmass- 
licher  Erbe  protestirte  gegen  diese  Verzicht- 
leistung. Hierdurch  entstand,  da  Friedrich  II. 
von  Preussen  sich  des  Herzogs  von  Zwei- 
brücken atmahm,  der  bayerische  Erbfolge^ 
krieg,  der  aber,  ohne  dass  Blut  geflossen 
war,  7.  März  1779  durch  einen  Waffenstill- 
stand und  13.  Mai  durch  den  Frieden  zu 
Teschen  beigelegt  ward.  Vgl.  Beimann, 
,Gesch.  des  bayer.  ErbfolgekrlegsS  1869.  In 
diesem  ward  dem  Herzog  von  Zweibrücken 
die  eventuelle  Erbfolge  in  B.  zugesichert, 
doch  erhielt  Oesterreich  das  Innviertel  mit 
Braunau.  Als  Joseph  H.  1784  dem  Kurfürsten 
Karl  Theodor  vorschlug,  B.  gegen  die  österr. 
Niederlaude  zu  vertauschen  und  den  Titel 
eines  Königs  von  Burgund  anzunehmen, 
nahm  sich  Friedrich  U.  abermals  des  da- 
gegen protestirenden  Herzogs  von  Zwei- 
brücken so  energisch  an  (s.  Fürstenbund), 
dass  man  in  Wien  die  Sache  fallen  Hess. 
Karl  Theodors  Regierung  schritt  gegen  den 
Illuminatenorden  ein,  beschränkte  die  Presse 
durch  strenge  Gensur,  rief  die  Jesuiten 
wieder  ins  Land.  Karl  Theodor  f  16.  Febr. 
1799 ,  und  da  inzwischen  auch  der  Herzog 
Karl  von  Zweibrücken  kinderlos  gestorben 
war,  so  wurde  dessen  Bruder  Maximilian  IV. 
Joseph,  Herzog  von  Pfalz-Zweibrücken,  Kur- 
fürst von  B.  und  der  Pfalz.  Die  neue  Re- 
gierung, mit  Montgelas  an  der  Spitze,  mil- 
derte die  Gensur,  beschränkte  die  geistl. 
Gewalt  in  weltlichen  Dingen  und  hob  die 
Klöster  auf.  Durch  den  Frieden  von  Lune- 
ville  (9.  Febr.  1801)  verlor  B.  die  ganze 
Rheinpfiüz  und  die  Herzogthümer  Zwei- 
brücken und  Jülich,  erhielt  aber  durch  den 
ReichsdeputationshauptschlusB  reichen  Er- 
satz, bes.  durch  Einverleibung  der  Bis- 
thümer  Bamberg,  Freising  und  Augsbui^, 
sowie  ansehnlicher  Theile  von  Würsburg, 
Eichstädt  u.  Passau,  femer  von  12  Abteien 
u.  15  Reichsstädten  (319  QM.  mit  898,000  Ew. 
gegen  einen  Verlust  von  220  (^.  mit  694,000 
Ew.).  Im  Krieg  von  1805  schloss  sich  der 
Kurfürst  an  Frankreich  an  und  erhielt  im 
Frieden  von  Pressbarg  für  das  abgetretene 


Bayern. 


n^ 


Würaburg  Tirol,  Vorarlberg,  die  Mark- 
Grafschaft  Bargau,  die  noch  übrigen  Theile 
der  BJsthümer  Passau  und  Eichstädt  und 
die  Reichsstädte  Augsboi^  und  Lindau  (für 
97  QM.  mit  200,000  Ew.  58S  QM.  mit 
1,028,000  Ew.).  Am  1.  Jan.  1806  nahm  der 
Kurfürst  mit  der  vollen  Souveränetat  den 
Königstitel  an  u.  12.  Juli  1806  trat  er  dem 
Rheinbunde  bei.  Nach  einem  weiteren  Ver- 
trag mit  S'rankreich  erhielt  König  Maximi- 
lian Joseph  I.  gegen  Abtretung  desHerzog- 
thums  Berg  (54  QM.  mit  260,000  Ew.)  die 
MarlEgrafschaft  Ansbach  (68  QM.  mit  245,000 
Ew.),  dann  auch  die  Reichsstadt  Nürnberg 
und  die  Souveränetät  über  die  enklavirten 
Oraf-  und  Herrschaften  und  reichsritter- 
schaftl.  Güter  etc.  Zum  Schutze  des  Rhein- 
bundes musste  B.  ein  Kontingent  von 
30,000  Mann  stellen.  Am  1.  Mal  1808  ward 
eine  neue  Konstitution  oktroyirt,  die  aber 
ein  todter  Buchstabe  blieb.  Für  die  Theil- 
nahme  am  Feldzug  ^egen  Oesterreich  er- 
hielt B.  im  wiener  Frieden  (14.  Okt.  1809) 
Salabui^,  Berchtesgaden,  das  Inn-  u.  einen 
Theil  des  Hansmckviertels  und  nach  einem 
28.  Febr.  1810  zu  Paris  geschlossenen  Ver- 
trag gegen  Abtretung  des  südl.  Tirols  an 
Frankreich,  einiger  Theile  des  Mainkreises 
an  das  Grossherzog^hum  Würzbnrg,  Ulms 
und  anderer  Gebietstheile  in  Schwaben  an 
Würtemberg  die  Markgrafsohaft  Baireuth 
und  Regensburg.  Im  russ.  Feldzug  von 
1812  ging  das  bayer.  Kontingent  von  30,000 M. 
bis  auf  wenige  Trümmer  zu  Grunde.  Es 
ward  zwar  ein  neues  Heer  ausgehoben  und 
au  der  österr.  Grenze  aufgestellt;  in  Folge 
der  Fortschritte  der  Verbündeten  aber  sagte 
sich  der  König  im  Vertrag  von  Ried  (8.  Okt. 
1813)  vom  Rheinbund  los  und  trat  zu  den 
Alliirten  über,  indem  er  sich  gegen  Zu- 
sicherung des  Besitzes  von  Würzburg, 
Aschaffenburg  und  eines  linksrheinischen 
Gebiets,  sowie  gegen  Garantie  seiner  Sonve- 
ränetät  zur  Rückgabe  von  Tirol,  Vorarl- 
berg, Salzburg,  dem  Inn-  und  Hausmck- 
viertel  verpflichtete.  Die  bayer.  Truppen 
betheiligten  sich  darauf  an  den  Feldzügen 
von  1814  und  1815  in  Frankreich.  Durch  den 
pariser  und  wiener  Frieden  und  den  Vertrag 
vom  14,  April  1816  mit  Oesterreich  wurden 
die  Gebietsverhältnisse  in  der  zuvor  be- 
stimmten Weise  geordnet.'  Dienach  aussen 
diplomatisch  geschickte,  im  Innern  auf  Gen- 
tralisation,  Bureankratie  und  Aufklärung 
gerichtete  Verwaltung  Montgelaa  musste 
2.  Febr.  1817  Österreich.  Einflüsse  weichen. 
Nach  wie  vor  aber  war  die  bayer.  Regierung 
eifrigst  auf  Wahrung  ihrer  Souveränetät 
bedacht  und  hinderte  dadurch  das  Zustande- 
kommen einer  festeren  Einigung  Deutsch- 
lands. Die  Kirchenangolegenheiten  der 
Protestanten  wurden  neu  geordnet  und  die 
der  Katholiken  durch  Abschluss  eines  Kon- 
kordats mit  dem  päpstl.  Stuhle  (8.  Juni 
1817)  geregelt.  Am  26.  Mal  1818  erfolgte  die 
Oktroyimng  einer  neuen,  auf  Repräsentation 
aller  Stände  basirten  Verfassung.  Auf  Max 
Joseph  folgte  13.  Okt.  1825  dessen  Sohn 
Ludwig  L  Er  begann  mit  Erspamngsmass- 
regeln  im  Hof-  u.  Militärwesen,  wie  in  der 


Staatsverwaltung,  und  sohaflte  sich  dadurch 
die  Mittel  zur  Aufföhrung  von  Kunstbauten 
in  der  Residenz.  Das  Ueberwiegen  des 
klerikalen  Elements  zeigte  sich  in  der  Her- 
stellung zahlreicher  Ellöster.  Erfreulicher 
war  das  Zustandekommen  eines  Zollvereins 
mit  Würtemberg  (12.  April  1827).  Den  For- 
derungen des  Liberalismus  gegenüber  zeigte 
die  Regierung  eine  schwankende  Haltung, 
erst  nach  der  Julirevolution  1830  schlug  sie 
eine  entschieden  reaktionäre  Richtung  ein. 
Strenges  Einschreiten  gegen  dia  oppositio- 
nelle Presse  steigerte  die  Aufregung  bes.  in 
der  RheinpfiBtlz  (hambacher  Fest  Mai  1832), 
aber  die  vom  Kabinet  des  Fürsten  Oettingen- 
Wallerstein  dagegen  verfügten  Gewaltmass- 
regeln  schüchterten  die  Volksrepräsentation 
so  sehr  ein,  dass  sie  selbst  gegen  die  ver- 
fassungswidrige Sendung  bayer.  Truppen 
naoh  Griechenland  zur  Sicherung  des  für 
den  Prinzen  Otto  neu  errichteten  Thrones 
nichts  einzuwenden  wagte.  Ein  Fortschritt 
zum  Bessern  war  nur  der  durch  Vertrag 
vom  15.  Mai  1833  erfolgte  Anschluss  B.s  an 
den  preuss.  Zollverein.  Nov.  1837  erfolgte 
die  Einsetzung  des  ultramontan  -  reaktio- 
nären Ministeriums  Abel  (März  1838),  dessen 
Druck  besonders  auch  die  Protestanten 
durch  Verletzung  ihrer  verfassungsmässigen 
Rechte  zu  empfinden  hatten.  Die  den  pro- 
testantischen Soldaten  zugemuthete  Kniebeu- 
gung vor  dem  Venerabile  wurde  bes.  auf 
dem  Landtage  von  1842—43  debattirt.  Der 
Sturz  des  Ministeriums  Abel  wurde  nicht 
durch  die  möglichst  von  oppositionellen 
Elementen  gereinigte  Kammer,  sondern 
durch  die  Tänzerin  Lola  Montez  (s.  d.) 
bewirkt  (Febr.  1847).  Das  neue  Ministerium 
Zu -Rhein,  Maurer  etc.  machte  dem  Libera- 
lismus einige  Zugeständnisse,  musste  aber 
schon  Nov.  1847  dem  Ministerium  Waller- 
stein-Berks  weichen.  Tumultuarlsche  Be- 
wegungen in  München,  zunächst  durch  die 
Extravaganzen  der  Lola  Montez  hervor- 
gerufen, erhielten  durch  die  Kunde  von 
der  Februarrevolution  1848  einen  politischen 
Charakter  und  hatten  die  Abdankung  dos 
Königs  Ludwig  (20.  März  1848)  zur  Folge. 
Das  vom  Nachfolger  Maximilian  IL  berufene 
neue  Ministerium  (Thon-Dittoiar,  Lerchen- 
feld etc.)  gerieth  mit  dem  16.  Jan.  1849  nach 
dem  neuen  Wahlgesetz  berufenen  Landtag  in 
Konflikt,  weil  es  partikularistische  Tendenzen 
verfolgte,  und  trat  zurück,  um  einem  ent- 
schieden, reaktionären  Ministerium  von  der 
Pfordten  Platz  zu  machen.  Die  Weigerung 
der  Regierung,  sich  der  deutschen  Central- 
gewalt  zu  unterwerfen,  veranlasste  den 
Aufstand  in  der  Pfalz  (Mai  1849),  der  aber 
schnell  durch  ein  preuss.Truppencorps  unter- 
drückt ward.  Bayer.  Truppen  halfen  Oester- 
reich (Nov.  1850)  bei  der  Vernichtung  des 
Verfassungsrechts  in  Kurhessen.  Im  Innern 
trat  das  Ministerium  von  der  Pfordten  jedem 
Streben  nach  konstitutioneller  Fortbildung 
der  Verfassung  schrofT  entgegen,  was  zu 
wiederholten  Kammerauflösungen  führte, 
bis  es  endlich  einem  neuen  Ministerium 
I  (Schrenk,  Neumayr  etc.)  Platz  machen  musste 
I  (29.  April  1859).     Unter  diesem  ward  die 


$86 


Bayersbronn  —  Bazeilles. 


lang  begehrte  Trcnnting  d«r  JastiK  und  Ad- 
mlniitefttioii  dnzchgaföbrt.  In  der  ■chlea* 
wig  •  hoUMalichen  S«chQ  baobaohtete  die 
bftyeiiich«  RegieruDg  eise  •ntaebieden  na- 
tionale  Haltang.  W&hrand  dar  dlplomati- 
■ohen  Yerhandlimgen  übar  dieae  Angelegen- 
heit starb  plötaiich  Maximilian  IL  10.  Man 
1864.  Es  folgte  ihm  lein  Sohn  Ludwig  IL 
JHe  sehr  kritisch  gewordene  ZollTereinsfirage 
ward  durch  den  Beitritt  B.a  iinm  neuen 
2joUTer^n  gelöst.  Al>er  die  Bemfting  Ton 
der  Pfordtens  znm  Minister  des  Auswärtigen 
(4.  Dec.  1864)  hatte  cur  Folge ,  dass  B.  so- 
wohl in  der  schleswig-holsteinischen  Frage, 
als  in  dem  darauf  folgenden  Konflikt  s  wischen 
Oesterreich  und  Preussen  am  14.  Juni  1866 
in  die  Beihe  der  Gegner  Preussens  trat.  Der 
Ton  bayerischer  Seite  unglücklich  geführte 
Krieg  wurde  durch  den  Frieden  Tom  22.  Aug. 
beendigt,  welcher  B.  die  Zahlung  von  80  Min. 
Fl.  KriegskoBten  und  die  Abtretung  eini- 
ger kleinen  Qebietstheile  an  der  Rhön  auf- 
erlegte. Gleichzeitig  erfolgte  der  Abschlusa 
eines  Schute-  und  Trutabündnlsses  mit 
Preussen  und  die  Anknüpfung  ron  Unter' 
handlungen  über  möglichst  gleichförmige 
Heeresorguiisi^on  beider  Staaten.  Die  Be- 
rufung des  Fürsten  Hobenlohe  zum  Minister 
des  Auswärtigen  (Ende  1866)  schien  denAn- 
scbluss  B.s  an  Preussen  anzubahnen.  Die 
neuen  ZollTereinsverträge  vom  Juni  1867 
wurden  nach  langem  Sträuben  (Okt.  1867) 
von  den  Kammern  angenommen,  ebenso  das 
neue  Wehr-  und  Gtowerbegesotz  (Jan.  1868). 
Gegen  das  neue  Schulgesetz,  sowie  überhaupt 
gegen  die  ganae  neuere  Entwickelung  des 
Staates  begann  der  kathol.  Klerus  eine  hef- 
tige Agitation,  die  selbst  das  Einscbrdten 
der  (xerichte  nöthig  machte.  Das  Schulge- 
setz scheiterte  an  dem  Widerstand  der  Kam- 
mer der  ReichSräthe  (April  1869).  In  den 
nach  Auflösung  der  Abgeordnetenkammer 
vorgenommenen  Neuwahlen  hatten  die  Ultra- 
montanen («Patrioten*)  die  Majorität.  Die 
Adressen  beider  Kammern  enthielten  ein 
Misstrauensvotum  gegen  das  Ministerium 
Hohenlohe,  welches  letzteres  zum  Rücktritt 
bew<^  (Jan.  1870).  Das  neue  Ministerium 
Bray  hielt  an  dem  Bündniss  mit  Preussen 
fest,  und  B.  stellte  nach  der  franz.  Kriegs- 
erüämng  an  Preussen  2  Armeeoorps  unter 
Befehl  des  preuss.  Kronprinzen.  Die  bayer. 
Truppen  fochten  siegreich  bei  Weissenburg 
(4.  Aug.),  Sedan  (1.  Sept.)  u.  au  der  Loire  (Okt. 
bis  Dec).  Ende  Nov.  1870  erklärte  die  bayer. 
Regierung,  vorbehaltl.  der  ständischen  Ge- 
nehmigung, gegen  weitgehende  Zugeständ- 
nisse ihren  Beitritt  zum  deutschen  Reiche 
(s.  DetUteMand,  Geschichte).  Vgl.  die  Werke 
von  Büchner  (1820  —  51,  8 Bde.),  Zschokke 
(2.  Aufl.  1821 , 4 Bde.) ,  Mfannert  (1827,  2  Bde.), 
£0lli<7er(1832),i2tu2Aar((,Goschichteder  Land- 
stände in  B.S  2.  AuiL  1819,  2  Bde.,  n.  ,Aelteste 
Gesch.  B.s* ,  1841),  Spruner  (,Leitfiiden  zur 
Gesch.  B.s',  2.  Aufl.  1853,  u.  ,Histor.  Atlas  von 
B.S  18S8),  OotUMen  (1853)  u.BluntacAH  (,Lebrb. 
des  bayer.  Verfsssungsreohts*,  2.  Aufl.  1854). 
BayenbroHH,  .  Dorf  im  würtemberg. 
Schwarzwaldkreis,  an  der  Murg,  mit  dem 
Eisenhammer  Friedrichethal,  51S8  Ew. 


Bayendorfy  Stadt  im  bayer.  Begbs. 
Mittelfkmnken,  an  der  Regnita,  ISIS  Sw. 
(400  Juden).    Dabei  Ruine  Sdiar/Mieek. 

Bayeu  (apr.  Bajöh),  Stadt  im  tttaiz, 
Depart.  Gahrados  (Normandie) ,  an  der  Aure, 
91S8  Ew.  Ausgez.  Kathedrale.  Zu  Cäsars 
Zeit  BoiooaM$ee,  her.  Druidenschule.  7\Mpis- 
eerie  de  £.,  Tapete  auf  dem  Stadtbaua, 
von  der  Köidgin  Margaretha  gestickt,  Wil- 
helm des  iäroberers  Landung  darsteUend. 

Bayeyey  Yolksstamm  der  Betschoanen. 

Bayingeliiy  Inselgruppe  in  der  Hondnras- 
bai;  1850  zur  brit.  Kolonie  erklärt,  aber  in 
Folge  des  Protestes  der  Verein.  Staaten  an 
Honduras  1856  zurüdcgegeben. 

B*fle  (spr.  Bähl),  JPlerre,  freisinniger 
franz.  Denker,  geb.  zu  Garlat  In  der  Graf- 
schaft Foix  18.  Nov.  1647 ,  seit  1675  Lehrer 
der  Philosophie  zu  Sedan,  seit  1681  zu  Rot- 
terdam, ward  1693  in  Folge  der  Angriffe 
des  Theologen  Jurieu  seines  Lehramts  ent- 
setzt, t  ^'  I>ec.  1706.  Verf.  des  ,Diction- 
naire  historique  et  critique*  (1696,  2  Bde.; 
neue  Aufl.  1702 ;  am  vollständigsten  von  Pee- 
maizeaux  1740;  neueste  Ausg.  1820,  16  Bde. ; 
deutsch  von  QoUeehed  1741—44,  4  Bde.). 
B.  steht  an  der  Spitze  der  neueren  Skep- 
tiker und  suchte  insbes.  die  Unabhängigkeit 
moralischer  und  rechtlicher  Ueberzengungen 
von  religiösen  Glaubenssätzen  darzuthun. 
Vgl.  Feuerbaeh,  ,B.S  1838. 

BayleH  (spr.  Ba-iUn),  Stadt  in  der  span. 
Prov.  Jaen  (Andalusien),  7831  Ew.,  mit  Berg- 

8ass,  bei  welchem  23.  Juli  1808  der  ttKOZ. 
General  Dupont  mit  20,000  M.  kapitulirte. 

BayonHe  (spr.  Bayöun),  Stadt  im  fifani. 
Depart.  Unterpyrenäen ,  am  Adour,  nahe 
dem  Meere,  26,333  Ew.  Starke  Festung,  See- 
hafen, Schiffbau,  Handel  mit  Schiffbauholz, 
Schinken  etc.  Das  Volk  in  der  Umgegend 
baskisch.  Hier  1565  Zusammenkunft  der 
Katharina  von  Medici  mit  Herzog  von  Alba 
wegen  Unterdrückung  der  Protest,  in  Frank- 
reich; 5.  Mai  1808  Entsagung  Karls  IV., 
Königs  von  Spanien,  zu  Gunsten  eines  von 
Napoleon  zu  wählenden  Nachfolgers ;  10.  Mai 
1808  Unterzeichnung  der  Konvention  zwi- 
schen Warschau  und  Frankreich.  Erfin- 
dung der  Bajonnette  1619. 

Baza  (das  alte  Basti),  Stadt  in  der  span. 
Prov.  Granada,   10,000  Ew.    Wein. 

Bazalne  (spr.  -sahn),  Franfoie  AehiÜe, 
fjntnz.  General,  geb.  1811,  diente  seit  IdSH 
in  Afrika,  kommandlrte  seit  1850  ein  Regi- 
ment der  Fremdenlegion,  ward  1855  Di- 
visionsgeneral ,  befehligte  im  Okt.  d.  J.  das 
Expeditionscorps  gegen  Kinbum ,  übernahm 
1863  nach  Foreys  Abgang  das  Oberkommando 
der  firanz.  Truppen  in  Mexiko,  trug  zu  dem 
Fall  des  Kaisers  Max  viel  bei  und  ward 
Ende  1865  abberufen.  Im  Krieg  gegen 
Deutschland  1870  Kommandant  des  8.  Ar- 
meecorps, denn  der  bei  Metz  vereinigten 
Streitkräfte,  ward  er  auf  Metz  zurüdcge- 
drängt,  musste  27.  Okt.  kapitaliren  und  sich 
mit  173,000  Mann  gefkngMi  geben. 

Bazar  (pers.,  spr.  -sar),  im  Orient  s.  v.  a. 
Marktplatz,  in  grossen  Stildten  Kaufhalle, 
bes.  für  Luxuswaaren. 

Ba«eiUet(spr.  -sUIJ*)»  franz.  Dorf,  bei  Se- 


BcuEoche  —  B^auharnais. 


287 


dan;  1.  Sept.  1870  heftlgar  Kampf  swisoben 
Bayern  und  Fransosen  (Theil  der  Sohlacht 
von  Sedan). 

Buoche  (fpr.  -lösch,  ConfrMe  de  la  B.), 
die  Gilde  der  pariser  Advokatengehälfen 
(seit  li.  Jahrh.)i  deren  Oberhaupt  den  Titel 
JCönig*  führte,  erhielt  von  Philipp  dem 
Schönen  ein  PriTileglnm  zur  Anffahmng 
gelstl.  Schauspiele,  wozn  später  auch  Farcen 
(die  Omndlage  der  nation.  Komödie  Mo- 
liöres)  kamen,  seit  1500  in  einem  bes.  Schau« 
spielhause;  bestand  bis  zur  Bevolutlon. 
vgl.  Fahre,  ,Etude8  historiqnes  Bur  les 
dercs  de  la  B.',  1856. 

Bazoehes  les  Havtes  (spr.  -s<Ssoh  1&  Hobt), 
Aranz.  Ort,  nördl.  bei  Orleans;  8.  Dec.  1870 
siegr.  Treffen  der  Deutschen  unter  Grossh. 
V.  Mecklenburg  gegen  die  franz.  Loirearmee. 

Bdelllum,  Gummiharz  Ton  Balsamoden- 
dron  africauura  Arnoii  In  Senegamblen  u. 
B.  Mukul  Hook,  am  untern  Indus  und  in 
Beludschlstan,  altes  Bäucherwerk. 

BdellomSter  (gr.),  von  Scarlandiire  er- 
J^denes  Instrument,  besteht  aus  Schröpf- 
kopf, Lanzette  und  Säugpumpe^  soll  die 
Blutegel  ersetzen.  Vgl.  ,Le  Bdellom&tre', 
1819,  deutsch  1820;  Hüttchmann,  ,Die  Blut- 
pnmpeS  1848. 

Beaeliy-HeMi  (spr.  Bihtschi-Hedd),  Vorge- 
birge in  der  engl.  Grafsch.  Sussex,  am  Ka- 
nal, zw.  Brighton  und  Hastings,  Leucht- 
thurm.  1.  Juli  1690  Biog  der  franz.  Flotte 
tiber  die  brit.-hoUand.  unter  Torrington. 

Beanmi  (▼.  fr.  h^CMn»,  Gelbschnabel), 
früher  neu  angekommener  Student,  Fuchs; 
dummdreister  Mensch.  Beaniamuß,  unge- 
schicktes, dummdreistes  Benehmen. 

B^niy  ehemal.  Fürstenthum  im  SW. 
Frankreichs,  etwa  das  heut.  Depart.  Nieder- 
pyrenäen; kam  nach  Aussterben  der  alten 
Regenten  (seit  820)  an  die  Grafen  von  Foix 
und  1593  mit  Heinrich  IV.  (dem  Beamer) 
an  Frankreich;  seit  1608  franz.  Kronland. 
Hauptst.  Pau.  DIb  Boamesen,  Kachkommen 
der  alten  Benehami,  die  feinsten  Gascogner. 

Best«  Tlrgo  (lat.) ,  selige  Jungfrau,  Be- 
nennung der  Jungfrau  Maria. 

Beaticum  (lat.),  s.  t.  a.  Viatlcum. 

Beatlllkatioii  (lat.),  Seligsprechung,  Akt, 
welcher  der  Kanonisation  oder  Heiligspre- 
chung 50  Jahre  ;rorh  ergeht. 

Beatitudo  (lat.),  Seligkeit  durch  Fröm- 
migkeit erworben:  daher  B.  vestra,  Eure 
Heiligkeit,  Ehrentitel  des  Papstes. 

Beftton  (spr.Biht*n,  Bethune),  David,  Kar- 
dinal und  Primas  von  Schottland,  einfluss- 
reicher Gegner  der  Reformation  das.  und 
der  Vereinigung  Schottlands  mit  England, 
geb.  1494,  Termittelte  153S  in  Paris  die  Ver- 
heirathung  Jakobs  V.  mit  Magdalena,  der 
Tochter  Franz  I.,  und,  als  diese  starb,  mit 
Maria,  der  Tochter  des  Herzogs  von  Gnise, 
veranlasste,  seit  1539  Erzbischof  von  St.- 
Andrews,  harte  Verfolgung  der  Protestan- 
ten; 88.  Mai  1546  ermordet. 

Beattle  (spr.  Bihti),  James,  schott.  Philo- 
soph und  Dichter,  geb.  85.  Okt.  1735  zu  Law- 
rencekirk  (Kincardine),  Prof.  der  Moral- 
philosophie zu  Aberdeen;  f  18.  Aug.  1808. 
Hauptwerke;  ,£ssay  on  thenature  and  immn- 


tability  ef  truth<  (1770 ;  deutsch  von  CftnUn- 
borg  1777),  gegen  Humes  Skeptidsmus  ge- 
richtet; und  das  Gedicht  ,The  mlnstrel,  or 
theprogress  of  genius*  (1771—74;  UlTutr.1861). 

Bea«  (fr.,  spr.  Boh),  Stutzer,  Zieraffe;  i. 
mottde,  die  schöne  Welt,  feine,  vornehme 
Gesellschaft ;  b.  »exe,  das  schöne  Geschlecht. 
BemUi,  Schönheit,  schöne  Frau. 

Beauealre  (spr.  Bohkähr),  Stadt  im  f^nz. 
Depart.  Gtard  ?Languedoc),  an  der  Rhone, 
grosse  Messe,  9395  Bw. 

Beauee  (spr.  Bobs,  Paff»  ehartruin),  firänz. 
Landsch.  in  Orltenais.    Hauptst.  Chartres. 

Beaueonrt  (spr.  Bohknhr),  Dorf  im  obem 
Elsass,  3550  Ew.    Bed.  Uhrenfabr. 

Beanfort  (spr.  Bohfohr),  franz.  Stadt  in 
Anjon  (Dep.  Maine-Loire),  5808 Ew.;  danach 
benannt  die  engl.  Bergöge  von  B. 

Beaufbrt  (spr.  Bohfohr),  1)  Edmund,  Her- 
zog von  Somerset  und  Marquis  vonDonet, 
Sohn  von  Johcmn  B.,  einem  später  legiti- 
mirten  natürlichen  Sohne  Johanns  von 
Gaunt,Herzog8  von  Lancaster,  dritten  Sohnes 
Eduards  HI.,  unter  Heinrich  VI.  Regent 
von  Frankreich,  das  unter  ihm  f&r  England 
verloren  ging,  ward  deshalb  in  den  Tower 
gesetzt,  später  zum  Gouverneur  von  Calais 
und  Cruines  ernannt,  fiel  14551n  der  Schlacht 
bei  St.-Albans.  —  2)  Heinrich,  zweiter  Sohn 
Johanns,  Herzogs  von  Lancaster,  Kardinal 
und  Bis<diof  von  Winchester,  dreimal 
Kanzler,  f&hrte  1431  den  Jungen  König 
Heinrich*  VI.  zur  Krönung  nach  Paris,  prä- 
sidirte  dem  Blutgerichte,  welches  die  Jung- 
frau von  Orleans  zum  Tode  verurtheilte; 
tu.  April  1447. 

Beaulort  (spr.BohfohrJ,  Sir  Francis,  geb. 
1774  zu  Oallan  in  der  Irland.  Grafreh.  Louth, 
t  17.  Dec  1857  zu  Brighton,  Hydrograph  der 
brit,  Admiralität,  durch  Vermessungen  und 
Aufiiahmen  in  vielen  Ländern  und  Meeren 
verdient  um  die  Geographie  und  Nautik. 

Beangeuey  (spr.  Bohsdiangsi) ,  Stadt  im 
franz.  Depart.  Loiret,  südwestl.  von  Orleans, 
5072  Ew.;  8.  — 11.  Dec.  1870  siegr.  Gefechte 
der  Deutschen  unter  Grossh.  von  Mecklen- 
burg gegen  die  franz.  Loirearmee. 

BeauhamalB  (spr.  Boamäh) ,  1)  Frawoia, 
Mar^i»  de  B,,  geb.  18.  Aug.  1756  zu  La 
Rochelle,  hielt  sich  als  Mitglied  der  National- 
versammlung zur  Partei  des  Adels,  emi- 
grirte,  ward  Generalmajor  in  der  Armee 
des  Prinzen  Gond^,  kehrte  1804  nach  Frank- 
reich zurück,  ward  1805  Gesandter  am  Hof 
vonEtrurien,  1807  zu  Madrid,  wegen  seiner 
Verbindung  mit  dem  Prinzen  von  Asturien, 
gegen  den  Friedensfursten  nach  Sologne 
verbannt,  kehrte  nach  der  Restauration 
nach  Paris  zurück;  t  ^^^  ^^^  ^*  März 
1846.  —  8)  Alexandre  Vicomte  de  B,,  Bruder 
des  Vorigen,  geb.  1760  auf  der  Insel 
Martinique,  verheirathete  sich  als  Major 
mit  Josephine  Tascher  delaPagerie,  nach- 
mal. Gemahlin  Napoleons  I.,  focht  unter 
Rochambeau  in  Amerika,  stimmte  1789  in 
den  Generalstaaten  mit  dem  dritten  Stande, 
ging  Aug.  1791  als  Generaladjutant  zur 
Nordarmee,  reichte,  zum  Oberbefehlshaber 
der  Rheinarmee  ernannt,  1798  seine  Ab- 
dankung ein ,  weil  man  den  Adel  aus  der 


238 


Beaujolaifl  —  Beanne. 


Armee  stiess,  ward,  der  Mitwirkung  bei 
der  Ueberptbe  von  Mainz  angeklagt,  23. 
Joli  1794  gnillotinirt.  Sein  Sohn,  Eugen, 
■nr  Zeit  des  franz.  Kaiserreichs  Viceköuig 
Ton  Italien,  ward  später  Herzog  yonLeach- 
tenberg  (s.  d.);  seine  Tochter  Horteruia,  die 
Gemahlin  Lndwig.  Bonapartes ,  Königs  ron 
Holland.  —  3)  Claude,  Oraf,  Sohn  eines 
Oheims  der  vorhergehenden  nnd  der  als 
Romanschriftstellerin  bekannten  G-rafin 
Farmy  B.  (f  2.  Jnli  1818),  geb.  39.  Sept. 
1756,  Mitglied  der  Generalstaaten,  ward  bei 
Errichtung  des  Kaiserreichs  Senator,  nach 
der  Restanration  1814  Pair;  f  zn  Paris 
10.  Jan.  1819.  Seine  ältere  Tochter  Stephanie 
(s.  d.),  ans  seiner  ersten  Ehe  mit  der  Gräfin 
Marn^ia,  ward  von  Kapoleon  I.  1806  mit 
dem  damaligen  Erbprinzen,  spätem  Gross- 
lierzog  Karl  Lndwig  ron  Baden,  rermählt. 

Beai^oUlt  (spr.  Bohscholä),  franz.  Land- 
schaft in  Lyonnois  zwischen  Loire  und 
Sadne;  Hauptst.  Beaujeu. 

Beauie«  (spr.  Bohliöh),  Jean  Kerre,  Frei- 
herr von,  österr.  General,  geb.  1725  in  Na- 
mnr,  seit  1743  in  österr.  Diensten,  focht  im 
siebenjähr.  Kriege  unter  Daun,  als  Feld- 
zengmeister  im  Feldzng  von  1792,  erhielt 
1796  den  Oberbefehl  über  die  ital.  Armee, 
Terschnldete  durch  strategische  Fehler  den 
Verlust  der  Lombardei ;  f  ^>  ^^c*  ^^l^* 

Beaumarchais  (spr.  Bohmarschä),  Pierre 
Augustin  Oaron  de,  franz.  Dramatiker,  geb. 
24.  Jan.  1782  zu  Paris,  Sohn  eines  Uhr- 
maohers, an&ngs  selbst  Uhrmacher,  führte 
sieh  durch  sein  musikal.  Talent  bei  Hofe 
ein ,  wo  er  Musiklehrer  der  Prinzessinnen 
wurde,  bereicherte  sich  durch  Handels- 
speknlationen,  kämpfte  in  mehreren  Pro- 
zessen mit  Geist  und  Ausdauer  gegen  die 
Ungerechtigkeiten  einer  bestochenen  Justiz 
und  wurde  durch  seine  hierauf  bezüglichen 
,M6moires*  (Prozesspamphlete  gegen  den 
Parlamentsrath  Görzmann,-  1774),  wie  na- 
mentlich durch  seine  Lustspiele  ,Le  barmer 
de  S^rille'  (1775)  und  ,Le  mariage  de  Figaro' 
(1784,  deutsch  von  Dingdatedt  1867),  die  sich 
mit  der  stärksten  Satire  gegen  die  ernstesten 
Missbränche  der  Zeit  richten,  einer  der 
wirksamsten  Wegbahner  der  Revolution. 
Sehr,  ausserdem  die  Rührstücke  ,Eugenie* 
und  ,La  mdre  conpable*  (sentimentale  Fort- 
setzung des  ,Figaro*)  und,  nachdem  er  sein 
Vermögen  eingebüsst,  ,Mes  slx  6poques': 
t  19.  Mai  1799.  Biograph,  von  Berger  (1847) 
und  Lominie  (2.  Aufl.  1858). 

BeanmariB  (spr.  Binhmärris),  Hauptst.  der 
Insel  Anglesea,  am  Menaykanal,  2558  Ew. 
Seebad. 

Bea«moiit  (spr.  Bohmong),  Städtchen  im 
franz.  Depart.  Ardennen,  sudl.  von  Sedan; 
80.  Aug.  1870  Sieg  der  Deutschen  (Sachsen  u. 
Bavern)  über  die  Franzosen  unter  MacMahon. 

Beaumont  (spr.  Biuhmont),  Francis,  und 
John  FUtcher  (spr.  Fletscher),  zwei  engl, 
gemeinschaftl.  arbeitende  Dramatiker,  erste- 
rer  geb.  1586  zn  Grace  Dien  in  Leicester- 
shlre,  f  zu  I^ndon  1615;  Fletcher  geb.  1576 
(Sohn  des  Bischof^  von  London,  Richard 
Fletcher),  f  1625.  Beide  verbunden  seit  1606, 
Rivalen  Shakespeares,    ausgezeichnet  bes. 


durch  Sprache  und  Exposition  der  Stücke; 
im  Uebrigen  zu  sehr  auf  den  Effekt  arbei- 
tend; am  bedeutendsten  im  bürgerlichen 
Lustspiele  nach  der  Weise  Ben  Jensons 
(,Wit  without  money'  und  ,Wit  al  several 
Weapons*).  Beste  Ausgabe  ihrer  Werke  von 
Dyee  (1841-48,  13  Bde.).  Mehrere  Stücke 
übersetzt  von  Kcmnegiesser  in  ,B.s  und  F.a 
Werke*  (1808,  2  Bde.),  Baudissin  in  ,Ben 
Jouson  nnd  seine  Schule*  (1836),  Bodetutedi 
In  «Shakespeares  Zeitgenossen*  (1867). 

Beaumont  (spr.  Bohmong),  1)  Oustave  Aug. 
de  la  Bonniniire  de  B.,  franz.  Publicist, 
geb.  2.  Dec.  1802  zn  Beaumont-le-Chartre 
(Sarthe) ,  ward  1831  mit  Tocqueville  nach 
Amerika  gesandt,  um  das  dortige  Geföngniss- 
wesen  kennen  zu  lernen,  hielt  sich,  seit 
1840  Mitglied  der  Kammer,  zur  Opposition, 
nach  der  Februarrevolution  von  1848  als 
Mitglied  der  Constituante  und  Legislative 
zu  den  gemässigten  Republikanern,  ging 
unter  Cavaignacs  Verwaltung  als  Gesandter 
nach  London,  ward  nach  dem  Staatsstreich 
von  1852  eine  Zeitlang gefangeu  gehalten ;  f  2. 
April  186Qzu  Tours.  Hauptwerke :  ,Trait6  do 
syst&me  pfoitentialre  aux  Eitats-Unis  et  de 
son  application  k  la  France*  (3.  Aufl.  1845; 
deutsch  1833),  ,Marie,  ou  l'esclavage  aux 
£tat8-Unis*(4.  Aufl.  1840);  ,L'Irlaude  sociale 
politlque  et  religieuse*  (5.  Aufl.  1842;  deutsch 
von  Brinekmeier  1840).  —  2)  B.-  Vassy,  Edouard 
Ferdinand  de  la  Bonniniire,  Vicomte  de  B., 
franz.  Geschichtschreiber,  Vetter  des  Vor., 

S»b.  1813  auf  Schloss  La-Mothe-Souzay 
,  ndre-Loire),  1851->58  Präfekt  in  Laon,  1859 
in  Folge  finanzieller  Schwindeleien  zu  zwei- 
jähr. Gefängniss  verurtheilt.  Sehr.  ,Les  Sn6- 
dois  depuis  Charles  XII  jusqu'  k  Oscar  I* 
(3.  Aufl.  1847) ;  ,Hist.  des  Ktats  europ6ens  de 
puis  le  congrds  de  Vienne*  (1843—53,  4 Bde.); 
,Hist.  de  mon  temps*  (1855—58, 4Bde. ;  deutsch 
1856—59).  —  3)  Jean  Baptiste  Armand  Louia 
Läonee  Elie  de  B.,  (Geolog,  geb.  25.  Sept.  1798 
zu  Canon  im  Depart.  Calvados,  seit  1832  Prof. 
der  Geologie  am  Collie  de  France  zu  Paris, 
Ingenieur-en-chef  der  Bergwerke,  seit  1^5 
Mitglied,  seit  1853  beständiger  Sekretär  der 
Akademie  der  Wissenschaften ;  bes.  verdient 
um  die  Theorie  der  Erhebung  d.  Gebirgszüge. 
Sehr.  ,M6molres  pour  servir  k  une  descrip- 
tion  g6ologiqne  de  la  France*  (mit  J>uJr4noy 
1833-38,  4 Bde.);  ,Observations  g^ologiques 
sur  les  diff6rentes  formations  dans  le 
systdme  des  Vosges'  (1829);  ,Extrait  d'une 
s^rle  de  reche^hes  sur  quelques -unes  des 
rftvolutions  de  la  surfaoe  du  globe*  (1835). 
Hauptwerk  ,Carte  giologique  de  la  France* 
(2.  Aufl.  1855,  mit  2  Bdn.  Text). 

Beame  (spr.  Bohn),  Stadt  im  Aranz. 
Depart.  Cdte  d*Or  (Burg^und),  an  der  Bou- 
zeoise,  10,907  Ew.;  Hauptstapelplatz  der 
burgnnd.  Weine  (Jährl.  Ausfuhr  40,000  Fass). 

Beamte  (spr.  Bohn),  Ftorimond  de,  franz. 
Mathematiker,  geb.  1Ä)1  zu  Blois,  f  als  Rath 
beim  königl.  Gericht  das.  1652 ;  Jugendfreund 
von  Descartes,  Erfinder  der  Integralrech- 
nung, da  er  die  Natur  der  krummen  Linien 
zuerst  ans  den  Eigenschaften  ihrer  Tangen- 
ten abzuleiten  suchte.  Die  heaunesehe  Auf- 
gaX>e  besieht  sich  anf  dieses  Problem 


ßeanne  la  Rolande  —  Bechstein. 


289 


Beaane  la  fiolande  (spr.  Bohn  la  RoiangdV 
franz.  Flecken,  nordöstl.  von  Orleans;  28. 
Kot.  1870  siegr.  Trtfftn  der  Deutschen  unter 
Prinz  I'riedrich  Karl  gegen  die  Franzosen. 

Beanregard  (spr.  Bohr^gar),  TtUr  Gustav, 
General  der  konföderirten  Südstaaten  von 
Kordamerika,  eig.  Toutcthif  geb.  bei  New - 
Orleans  1818,  ward  Febr.  1861  Brigadege- 
neral der  Südstaaten,  leitete  den  Angriff 
anf  das  Fort  Snmter,  erhielt  Jnni  den  Ober- 
befehl über  die  Armee  in  Virginien,  siegte 
(21.  Juli)  bei  BuU-Run,  verlor,  Jan.  1862 
nach  dem  Mississippi  beordert,  durch  die 
Schlacht  bei  Shiloh  (6.  April)  seinen  Ruf 
als  Feldherr,  musste  das  Oberkommando 
niederlegen,  operirte  dann  an  der  Spitze  der 
Trappen  von  Tennessee,  Südcarolina,  Geor- 
gia und  Florida  Febr.  1865  abermals  so  un- 
glücklich ,  dasB  er  sein  Kommando  an 
Johnston  abgeben  musste. 

BeauvaiB  (spr.  Bohwäh),  das  alte  Bdlo- 
vcuium,  Hauptst.  des  franz.  Depart.  Oise 
(Isie  de  Fran<*e) ,  am  Therain  ,  15,307  Ew. 
Einst  Hauptstadt  der  Bellovaker.  845  und 
1115  hier  Koncilien.  J&hrl.  Fest  zu  Ehren  der 
Frauen,  welche  B.  1472  unter  Anführung  der 
Jeanne  Hachette  (seit  1850  ein  Denkmal) 
tapfer  gegen  die  Burgunder  yertheidigte. 

Beavers  (engl.,  spr.  Bihwers),  baumwol- 
lene Gewebe  nach  Tuchart  gewebt. 

Bebeky  Sommerpalast  des  türk.  Sultans 
am  Bosporus. 

Bebenhavsea .  ehem.  Cistercienserkloster 
bei  Tübfugeu,  1183  gest. ,  seit  1807  Jagd- 
schloss;  schöner  goth.  Bau. 

Beberbeeky  Hof  bei  Hofgeismar  im  preuss. 
Regbz.  Kassel  ;laudwirthschaftl.  Au8talt(seit 
1845).  [an  der  Fulda,  1500  Ew. 

Bebra^    Stadt  im  preuss.  Regbz.  Kassel, 

Bebung  (Mus.),  s.  Tremolo. 

Bebütow^  Fürgt  Wasnlij  Owipowitsck,  mss. 
General,  geb.  1791,  machte  1828  unter  Paske- 
witsch  den  türk.  Feldzng  mit,  ward  1835 
Gouverneur  der  neuen  russ.  Pro v.  Armenien, 
schlug  Okt.  1846  die  Lesghier  unter  Schamyl 
bei  Kutischi  und  ward  Nov.  1847  Präsident 
des  Verwaltungsrathes  von  Transkaukasien. 
1853  mit  dem  Kommando  des  Operations- 
corps an  der  türk.  Grenze  betraut,  schlug 
«r  1.  Dec.  den  Seraskier  Abdi- Pascha  bei 
Kadiklar,  Zarif- Pascha  5.  Aug.  1854  bei 
Küruk-Dere,  führte  im  Sommer  1856  in- 
terimistisch den  Oberbefehl  im  Kaukasus, 
ward  Jan.  1857  zum  General  der  Infanterie 
ernannt;  f  zu  Tiflis  22.  März  1858.  Sein 
Bruder,  David  B.,  focht  unter  Paskewitsch 
in  Polen ,  Ungarn  und  vor  Silistria ,  ward 
1856  Generallieutenant,  1861  Kommandant 
in  Warschau. 

Becearia,  1)  Giovanni  Battista,  her.  ital. 
Mathematiker  und  Physiker,  geb.  3.  Okt. 
1716  zu  Mondovi,  lehrte  zu  Rom,  Palermo 
und  Turin,  f  27.  Mai  1781.  Sehr.  ,Deir 
elettricismo  naturale  ed  artifiziale*  (1753); 
,Deir  elettricismo  artiflziale'  (1772).  Mass 
mit  Canonica  1760  im  Auftrag  der  Regie- 
rung in  Piemont  einen  Grad  des  Meridians 
und  machte  das  Resultat  bekannt  in  dem 
,GradU8  Taurinensis*  (1774).  —  2)  Oesare 
Bonesano  de  B„  ital.  Staatsreohtslehrer,  geb. 


15.  Mars  1738  zu  Malland,  seit  1768  Lehrer 
der  Staatswirthschaft  zu  Mailand ;  f  das. 
28.  Nov.  1794.  Sehr.  ,Dei  delittl  e  delle 
pene*  (1764,  in  viele  Sprachen  übersetzt, 
deutsch  ronC«rgk  1798,  Okuer  1851),  gegen 
die  Mitsbrauche  der  damaligen  ICriminal- 
Justiz,  insbes.  Tortur  und  Todesstrafe  ge- 
richtet. ,Opere'  herausgeg.  von  FtIZa«  (1854). 

Beche  (spr.  Betsch) ,  Bir  Henry  Thoma» 
dt  la,  Geolog,  geb.  10.  Febr.  1796  zu 
London,  Generaldirektor  der  Geolog.  Survey 
für  Grossbritannien  u.  Direktor  der  Metro- 
politanschule  für  Wissenschaft;  f  13.  April 
1855.  Sehr.  ,Geolog.  manual*  (1831,  deutsch 
von  Decken  1832) ;  ,Researches  in  theoretical 
geology*  (deutsch  von  flar<mannl8S6) ;  ,€toolo- 
gical  observer*  (1851;  deutsch  von  Dveffen- 
bach  als  ,Vorschu1o  der  Geologie*   1852). 

Becher,  Biegfried,  Statistiker  und  Natio- 
nalökonom ,  geb.  28.  Febr.  1806  zu  Plan  in 
Böhmen,  seit  1835  Prof.  der  Gesch.  u.  Gec^r. 
am  polytechn.  Institut  zu  Wien,  ward  Sept. 
1848  Ministerialrath ,  Mai  1852  pensionirt. 
Sehr.  ,Dasösterr.  Münzwesen  von  1524—1838* 
(1838, 2  Bde.) ;  ,Statist.  Ueberslcht  des  Handels 
der  Osten*.  Monarchie  mit  dem  Auslande 
1829-38'  (1844) ;  ,Die  Bevölkemngsverhält- 
nlsse  der  österr.  Monarchie  von  1819—43* 
(1846) :  ,Die  Volkswirthschaft'  (1853). 

Becher  (Kraier),  Sternbild  am  südl. 
Himmel  auf  der  Wasserschlange,  enthält 
121  Sterne  (6  vierter  Gr.). 

Becher^Ghetreidemass,  in  Basel  =  Vs  Sester 
=  2,13  Liter,  InLuzem  =  2,15L.,  in  Karls- 
ruhe =  Vioo  Sestor  ==  0,15  L.,  in  Münster  = 
Vis  Scheffel  =  1,94  L.,  in  Oesterreich  =  Vs 
Massel  =  0,48  L.  [Luschnitz,  2150  Ew. 

Bechin,  Stadt  im  bohm.  Kr.  Tabor,  an  der 

Bechstein  y  1)  Joh.  MatthäuB,  verdienter 
Naturforscher,  geb.  11.  Juli  1757  zu  Walters- 
hausen, gründete  1794  die  forstwirthschaftl. 
Lehranstalt  zu  Kemnote  bei  Waltershausen, 
übernahm  1800  die  Direktion  der  Forstaka- 
demie zu  Dr^ssigacker  bei  Meiningen;  f  das. 
1822.  Sehr.  ,Gemelnnützige  Naturgeschichte 
Deutschlands»  (2.  Aufl.  1801-9,  4  Bde.); 
,Forstinsel»tologie'  (2.  Aufl.  1829);  ,For8tbo- 
tanik*  (5.  Aufl.  von  Beiden  1841-42);  ,For8t- 
und  Jagdwissenschaft  nach  allen  ihren  Thei- 
len*  (1818—21,  5  Bde.) ;  »Abbildungen  natur- 
histor.  Gegenstände'  (2.  Aufl.  1816-23,  6 
Bde.);  »Naturgeschichte  der  Stuben vögel* 
(4.  Aufl.  von  I^Amafin  1840).  Biographie  von 
Ludw.  B.  «855).  —  2)  Ludwig,  Schriftsteller, 
Neffe  des  Vor.,  geb.  24.  Nov.  1801  in  Weimar, 
t  14.  Mai  1860  als  OberbibUothekar  zu 
Meiningen.  Sehr,  die  Gedichte:  ,Sonetten- 
kränze'  (1820) ,  ,Der  Todtentanz',  mit 
Kupfern  nach  Holbein  (1831),  ,Der  Sonntag* 
(1882),  ,Faustus*  (1833),  ,Luther*  (1834)  u.a.; 
zahlr.  Romane  und  Novellen.  Ausserdem 
verdient  um  Sagen-  u.  Märchenknnde:  ,I>er 
Sagenschatz  des  Thüringerlandes'  (1835—38, 
4  Bde.),  »Deutsches  Sagenbuch'  (1853),  ,Tbik- 
ringer  Sagenbuch*  (1858,  2  Bde^,  ,Deut- 
sches  Märchenbuch'  (24.  Aufl.  1868),  .Neues 
deutsches  Märchenbuch'  (la.  Aufl.  1869).  Sein 
Sohn,  Beinhold  B.,  Professor  in  Jena,  nam- 
hafter Germanist;  gab  Gottfried  von  Strasi- 
burg  (1869)  heran 


240 


Beck  -—  Becker. 


Beek,  1)  Johann  iMdmg  Wilhdm,  Rechts- 
gelehrter»  Soha  des  Philologen  and  Histo- 
rikers Ckriatian  J>aniel  B.,  Prof.  eu  Leipzig 
(geb.  28.  Jan.  1757,  f  18.  Dec.  16&B),  geb. 
81.  Okt.  1786  ra  Leipaig,  seit  1937  Präsident 
des  Appellationsgerichts  das.;  f  14.  Febr. 
1869.  Gab  heraus  »Corpus  juris  ciTilis^ 
(1885—86,  8  Bde.) ;  »Anleitung  zum  Roferir«i 
und  Dekretiren'  (1839);  »Bemerkungen  über 
den  Kriminalgerichtsstand  in  Sachsen'  (1842). 
—  8)  Heinrich,  Schauspieler  und  Dramatiker» 
geb.  1760  in  Gotha»  seit  1800  Oberregisseur 
in  München,  f  das.  1803.  Glücklich  beson- 
ders in  Bollen  von  Liebhabern  und  Bonvi- 
yants.  Von  seinen  Stücken  (,Theater%  1802, 
3  Bde.)  »Schachmaschine'  und  »Quälgeister» 
(nach  Shakespeare)  noch  jetzt  auf  dem  Re- 
pertoire. —  S)  Joh.  Tobia»,  Protest.  Theolog» 
geb.  82.  Febr.  1804  zu  Bahlingen  in  Würtem- 
berg»  seit  1843  Prof.  zu  Tübingen»  sucht  im 
Gegensatz  zu  der  kritisch  -  spekulativen 
Schule  Baurs  durch  positire  Einführung  in 
die  Schriftlehre  zu  wirken.  Sehr.  »Ein- 
leitung in  das  System  der  christl.  Lehre' 
2888);  »Die  christl.  Lehrwissenschaft  nach 
en  bibl.  Urkunden'  (1.  Tb.»  1841) :  .Umriss 
der  bibl.  Seelenlehre'  (2.  Aufl.  1862);  ,Ge- 
danken  aus  u.  nach  der  Schrift'  (8.  Aufl.  1868, 
neue  Folge  1868);  ,Christl.  Reden'  (seit  1834 
6  Sammlungen).  —  4)  Karl,  deutscher  Dichter» 
geb.  1817  zu  Bajain  Ungarn»  jüd.  Abkunft,  erst 
Kontorist,  studirte  dann  in  Leipzig,  lebt  als 
Redakteur  in  Wien.  Seine  Dichtungen  spie- 
geln die  Leidenschaftlichkeit  u.  eigenthüml. 
Natur  des  ungar.  Volkes.  ,Nachte.  Gepan- 
zerte Lieder'  (1838);  »Der  fahrende  Poet' 
aSSS);  »Stille  Lieder'  (1839);  »Janko,  der 
UBgar.  Rosshirt'  (1842) ;  »Mater  Dolorosa'  (2. 
Aufl.  1854).  Weniger  gelungen  das  Drama 
,Saul'  (1841).  Später :  »Gesammelte  Gedichte' 
(1849);  »Lieder  vom  armen  Manne'  (1846); 
«Gepanzerte  Lieder'  (1848);  »Aus  der  Heimat' 
(1853);  ,Still  und  bewegt'  (Gedichte,  1870).  - 
5)  Karl  Joseph,  Mediciner,  geb.  1794  zu  Gen- 
genbach in  Baden,  seit  1821  Prof.  der  Augen- 
heilkunde und  gerichtl.  Medidn  in  Freiburg ; 
f  15.  Juni  1838.  Sehr.  ,Handbuch.der  Augen- 
heilkunde' (2.Anfl.  1832);  »Krankheiten  des 
Gehörorgans'  (1827);  ,Ueber  den  Kropf 
(1883);  ,Ophthalmologischer  Atlas'  (1836). 

Becken  (Pelvis),  unterster  Theil  des  Rumpf- 
gerippes, unten  ringförmig  geschlossen  (klei- 
nes B.)»  oben  nach  beiden  Seiten  schaufel- 
förmig  (grosses  B.).  Bestandtheile :  Kreuz- 
bein und  Steissbein  an  die  Wirbelsäule 
anschliessend),  rechts  und  links  Darmbein- 
schaufeln, Sitsknorren»  vor  dem  Scham- 
beine (Vereinigungsstelle  beider:  Symphyse). 
Männliches  B.  enger»  weibliches  (zur  Durch- 
lassung des  Kindes)  weiter.  Verengerung 
Hauptcursache  für  schwere  Gteburt.  Aussen 
die  Pfannen  für  die  Oberschenkelköpfe;  An- 
satzpunkte der  Muskel  für  die  Beine  und 
der  Bauchdeckeu.  Bei  niedei»n  Thieren  B. 
nicht  ringförmig  geschlossen. 

Beekenried,  Hafenort  am  Vierwaldstätter- 
aee,  Kant.  Unter  waldeu ,  1367  Ew. 

Becker^  l)  Bnd.  Zachar.,  Volksschriftstel- 
ler» geb.  9.  April  1752  zu  Erfurt»  lebte  seit 
1784  in  Gotha,  gründete  das.  1797  eine  Buch- 


handlui^»  gab  seit  1791  den  »Anzeiger'  (seit 
1792  »Reichsanzeiger'»  seit  1806  »Allgem.  An- 
zeiger der  Deutschen')»  seit  1796  die  »Natio- 
nalzeitnng  der  Deutschen'  heraus,  sehr,  das 
weit  verbreitete  und  oft  übersetzte  ,Koth- 
und  Hülfsbüchlein  oder  lehrreiche  Freuden- 
und  Trauergeschichte  des  Dorfes  Mildhelm' 
(1787-96, 2  Bde.),  d^s  »Mildheimische Lieder- 
buch' (1799)  und  das  »Mildheimisclie  Evan- 
gelienlmch'  (1816) ;  sass  Nov.  1811  bis  April 
1813  auf  Davousts  Befehl  gefangen  zu 
Magdeburg,  sehr,  darüber  »B.s  Leiden  und 
Freuden  in  17monatIicher  franz.  Gefangen* 
schaff  (1814):  f  28.  März  1822.  Sein  Sohn, 
Friedr,  Gotüieb  £„  geb.  9.  Nov.  1793  zu 
Gotha,  fasste  1830  die  »Nationalzeitung  der 
Deutschen'  und  den  »Allgem.  Anzeiger' 
in  ein  täglich  erscheinendes  Blatt  zusam- 
men» das  Juni  1850  einging»  1848  Mitglied 
der  deutschen  Nationalversammlung,  dann 
bis  1860  Direktor  der  gothaer  Feuerver- 
sieherungsbank.  —  2)  Wilhelm  Gotüieb,  deut- 
scher Schriftsteller  und  Archäolog,  geb. 
4.  Not.  1753  zu  Oberkallenberg  im  Schön- 
burgischen» seit  1782  Prof.  an  der  Ritter- 
akademie zu  Dresden»  erhielt  1795  zugleich 
die  Aufsicht  über  das  Antiken-  und  Münz- 
kabinet  das.;  f  3*  «^uni  1813.  VeröfiTent- 
lichte  eine  Reihe  von  Taschenbüchern, 
sehr.  jAugusteum»  Dresdens  antike  Denk- 
mäler enthaltend'  (2.  Aufl.  1832-37,  mit  162 
Kupfertafeln).  Sein  Sohn ,  Wilh.  Adolf  £., 
Alterthumsforscher,  geb.  1796  zu  Dresden, 
seit  1836  Prof.  der  Alterthumskunde  za 
Leipzig,  t  SO.  Sept.  1846,  sehr.  »Gallus»  oder 
röm.  Scenen  aus  der  Zeit  des  Augastus'  (3. 
Aufl.  von  Stein  1863»  2  Bde.);  ,Gharikles. 
Bilder  altgriech.  Sitte'  (2.  Aufl.  von  Hermann 
1854»  8  Bde.);  »Handbuch  der  röm.  Alter- 
tbümer'  (fortges.  von  Marguardt  1843—64, 
5  Bde.).  —  3)  Karl  Ferd. ,  deutscher  Sprach- 
forscher» geb.  14.  April  1775  zu  Liser  im 
Kurtrierschen,  seit  1815  prakt.  Arzt  zu  Offen- 
bach» gründete  1823  eine  Erziehungsanstalt 
das.;  f  5.  Sept.  1849.  Sehr.  »Ausführliche 
deutsche  Grammatik*  (2.  Aufl.  1843) ;  ,SchuI- 
grammatik  der  deutschen  Sprache'  (8.  Aufl. 
1862);  »Organism  der  deutsehen  Sprache' 
(1841);  fLehrbuch  des  deutschen  Stils'  (her- 
ausgeg.  von  Th.  Becker  1850).  —  4)  Karl 
Friedr,,  Geschichtschreiber,  geb.  1777  in 
Berlin»  f  das.  15.  März  1806;  Verf.  der  be>- 
kannten  beckerschen  »Weltgeschichte',  die 
zuerst  als  ,Weltgeschichte  für  Kinder  und 
Kinderlehrer'  (1801—5,  9  Bde.)  erschien  und 
seitdem  mehrfach  umgearbeitet  und  erwei- 
tert wurde,  letzte  (8.)  Aufl.  neu  bearbeitet 
von  Hertäberg,  Ifatemann,  A.  W,  Schmidt  und 
Amd  (1860—69,  20  Bde.);  ,Erzählungen  aus 
der  alten  Welt'  (1801—3,  3  Bde. ;  10.  Aufl. 
bearb.  von  EcksUin  1864).  —  5)  Gottfr.  Wil- 
helm, Schriftsteller,  geb.  22.  Febr.  1778  zu 
Leipzig,  lebte  das.  als  prakt.  Arzt,  später 
als  populärmedic. ,  beiletrist,  und  histor. 
Schriftsteller  tliätig;  f  17.  Jan.  1854.  Den 
Ertrag  seiner  Schriftstellerei  (53,000  Thlr.) 
vermachte  er  zur  Gründung  einer  Blinden- 
anstalt in  Leipzig»  wozu  sein  Sohn  Karl 
Ferd,  £,,  ein  eigenes  Hans  fugte.  Sehr. 
,Der  Freiheitskampf  der  Polen  gegen  die 


Beckerath  —  Bedeau. 


241 


Russen*  (18Si,  3  Thie.);  «Xudreas  Hofer* 
<1841— 42,  S  Bde.) ;  ,NapoIeon  ,  dargestellt 
nach  den  besten  Quellen*  (3.  Aufl-.  1846--47). 
—  6)  Karl  Ferdinand,  mnsik.  Schriftsteller, 
Sohn  des  Vor.,  geb.  17.  Juli  1804,  war  1843 
bis  1856  Lehrer  des  Orgelspiels  am  Konser» 
-vatorinm  zu  Leipzig,  priratisirt  iseltdem  in 
PlagnnritK.  Sehr.  ,Die  Hausmusik  der  Deyt- 
schen  im  IG.,  17.  und  18.  Jahrb.*  (1840)  und 
,£>ie  Tonkünstler  des  19.  Jahrb.*  (1849).  — 
7)  Joh.  Philipp,  bekannt  durch  seine  Bethei- 
ligung an^  den  revolutionären  Bewegungen 
in  Süddeutschland,'  geb.  19.  März  1809  zu 
I'rankeuthal  in  der  PiHlz,  nach  der  pariser 
Februarrevolution  von  1848  republikan.  Agi- 
tator in  Süddeutsohland,  betheiligte  sich  am 
heckerschen  Aufstande,  Mai  1849  an  der 
Spitze  einer  SchweizerlegioQ  am  Aufstande 
in  Baden,  suchte  sich  1863  u.  1864  durch  Grün- 
dung eines  republikan.  ,yolksbundes'  an  den 
deutschen  Angelegenheiten  zu  betheiligen, 
fand  aber  mit  seinem  kesmopolitisch-revolu« 
tionären  Streben  keinen  Anklang.  Gab  mit 
Easelen  eine  ,Geschichte  der  süddeutschen 
Mairevolution*  (1849),  ausserdem  Broschüren 
etc.  heraus.  —  8)  Jakob,  Maler,  geb.  1810  zu 
Dittershelm  bei  Worms,  Schüler  der  düssel- 
dorfer  Akademie,  seit  1840  Prof.  am  städel- 
sehen  Institut  zu  Frankfurt  a.  M.;  auchMit- 
j^lied  der  Akademien  von  Berlin  und  Brüssel. 
Besonders  ausgezeichnet  im  Genrebild.  —  9) 
Julius,  musikal.  Schriftsteller,  auch  Kompo- 
nist, geb.  3.  Febr.  1811  zu  Freiberg,  privati- 
sirte  seit  1846  bei  Dresden ;  t  %•  ^ebr.  1859. 
Sehr.  ,Die  Neu -Romantiker*,  musikal.  Ro- 
man (1840,  2 Bde.);  ,Harmonielehre*  (1842); 
,Männerg6sangschule*  (1845).  —  lOy  Nikolaus, 
der  Dichter  des  Rheinlieds  ,Sie  sollen  ihn 
nicht  haben  etc.*,  geb.  1816  zu  Geileuklr- 
ehen  in  Rheinpreussen,  Arbeiter  bei  einem 
Gerichtsschreiber  das.;  f  28.  Aug.  1845. 
»Gedichte*  (1841).  —  11)  0»kar,  geb.  18.  Juni 
1839  zu  Odessa,  studirte  seit  Ostern  1869  zu 
Leipzig,  schoss  14.  Juli  1861  zu  Baden-Ba- 
den auf  den  König  Wilhelm  von  Preussen, 
ward  zu  20  Jahren  Zuchthaus  verurtheilt, 
die  er  zu  Bruchsal  zum  Theil  verbüsste, 
später  begnadigt. 

-  Beckerath.  Hermann  v,,  rheinprenss.  Libe- 
raler, geb.  Dec.  1801  zu  Krefeld,  gründete 
das.  ein  Bankgeschäft,  auf  dem  vereinigten 
Landtag  1847  einer  der  Führer  der  Liberalen, 
in  der  frankfurter  Nationalversammlung  dem 
rechten  Oentrum  angehörig,  ward  9.  Juli 
1848  Finanzminister  im  Reichsministerium, 
April  1849  Mitglied  der  Kaiserdeputation, 
legte  Mai  sein  Mandat  als  Abgeordneter 
nieder  und  trat  aus  dem  Reichsministerium 
ans,  dann  Mitglied  des  erfurter  Volkshauses 
und  der  zweiten  prenss.  Kammer,  schied 
1852  aus;  f  18.  Mai  1870  zu  Krefeld. 

Becket,  Thomas,  gewöhnl.  Thomas  von 
Canierbuiy  gen.,  geb.  1117  (1119)  zu  London, 
ward  1158  Grosskanzler,  1162  Erzbischof 
von  Canterbury  und  Primas  von  England, 
vertrat  als  solcher  eifrig  die  Vorrechte  der 
Kirche  dem  König  gegenüber,  ward  29.  Dec. 
1170  von  vier  Edelleuten  am  Altar  ermordet. 
il72  kanonisirt,  ihm  zu  Ehren  auch  Jährl. 
ein  Fest  und  alle  50  Jähre  ein  Jubiläum  ge- 

Meyers  Hemd-Lexikon. 


feiert.  Heinrich  VHI.  verbot  die  Feier  dieses 
Festes  und  Hess  die  Gebeine  des  Heiligen 
verbrennen.  B.s  Biographie  von  Qüe»  (1846) 
und  Hope  (1868). 

BeckmaHn,  Frit»,  her.  Komiker,  geb.  180S 
zu  Breslau,  erst  am  königsstädter  Theater 
zu  Berlin,  seit  1846  am  Hofbnrgtheater  in 
Wien,  dort  mehr  als  Lokal-,  hier  als  Gha- 
rakterkomiker  wirkend ;  f  7.  Sept.  1866.  Verf. 
der  beliebten  Volksposse  «Eckensteher  Nante* 
(39.  Aufl.  1861).     Vgl.  Findeisen,  ,B.*,  1867. 

Beckum  9  Kreisst.  im  preuss.  Regbz. 
Münster,  an  der  Werse,  27^  Ew. 

Becks,  Itter  Joh.,  General  des  Jesuiten- 
ordens, geb.  8.  Febr.  1795  za  Sichem  in 
Belgien,  trat  1819  zu  Hildesheim  in  den 
Orden,  ward  Beichtvater  des  zum  Katho- 
licismus  übergetretenen  Herzogs  Ferdinand 
von  Anhalt -Köthen,  1847  Prokurator  der 
Prov.  Oesterreich,  1848  Rektor  des  Kolle- 
giums in  Löwen,  nach  der  Rückkehr  der 
Jesuiten  nach.  Oesterreich  Superior  für  Un- 
garn u.  wieder  Provinzial  für  Oesterreich, 
2.  Juli  1853  Roothaans  Nachfolger  als 
General  des  Ordens.  Sehr.  ,Monat  Maria* 
(1843,  12.  Aufl.  1867). 

Becqverel  (spr.  Bekerel),  1)  Anloine  Cisar, 
franz.  Physiker,  geb.  7.  März  17%  zu 
Chatillon  sur  Loing,  erst  Genieoffizier,  dann 
Prof.  am  Museum  der  Naturgeschichte  in 
Paris ,  bes.  verdient  um  die  Lehre  von  der 
Elektricität  und  dem  Magnetismus.  Sehr. 
,Trait6  exp6rimental  de  T^Iectricitö  et  du 
n\agndtisme*  (neue  Bearb.  1855,  2  Bde.); 
,E16mens  d'61ectrochimie*  (1843;  deutsch  8. 
Aufl.  1857);  ,Trait6  de  physique  dans  ses 
rapports  avec  la  chimie*  (1842—44,  2  Bde.); 
,Traitö  eomplet  de  magnetlsme*  (1845) ;  ,£16- 
mens  de  la  physique  terrestre*  (1847).  —  2) 
Alexandre  JSSdncond,  Physiker,  Bruder  des  Vor., 
geb.  24.  März  1820  zu  Paris,  seit  1853  Prof. 
am  Konservatorium  der  Künste  und  Hand- 
werke das.,  verdient  durch  Untersuchungen 
über  das  elektr.  Licht  und  phy8ik.-chem. 
Gegenstände.     • 

Beeskerek  (Grou-JB.),  Hauptort  des  ungar. 
Kom.  Torontal ,  am  Begakanal ,  17,510  Ew. 

Beciwa,  Nebenfluss  der  March,  von  den 
Karpathen,  mündet  bei  Kremsier;  16Vs  M. 

Beda,  gen.  Venerttbili* ,  geb.  672  zu 
Monkt^n  in  der  engl.  Grafschaft  Dnrham, 
seit  702  Presbyter  im  Kloster  Girvy ;  f  das. 
26.  Mai  735.  Sehr,  ausser  Kommentaren 
der  Bibel,  Homilien,  Hymnen,  chronolog. 
und  grammat.  Werken  (Gesammtausgaben 
Paris  1544)  eine  ,Historia  eeclesiastica  gentis 
Anglorum*  in  5  Büchern  (Strassb.  1500,  von 
Stevenson  1838,  Moverley  1869);  ,De  sex 
aetatibus  mundi',  nach  der  von  ihm  zuerst 
eingeführten  Zeitrechnung  desDionysius  die 
Grundlage  der  meisten  Universalchroniken 
des  Mittelalters.  B.s  hlstor.  Sehr.  engl, 
von  Giles  (1843  —  44,  6  Bde.).  Vgl.  GeMe, 
,De  Bedae  venerab.  vita  et  seriptis',   1888. 

BedAwl  (arab.),  Beduinen. 

Bedburg,  Flecken  im  preuss.  Regbz.  Köln, 
Kreis  Bergheim,  800  Ew.  Ritterakademie 
für  den  rhein.  kathol.  Adel  (seit  1846). 

Bedeau  (spr.  Bedoli),  Marie  Alphonse, 
franz.  General,  geb.  10.  Aug.  1804  zu  Verton 

16 


242 


Bedeckter  ^eg  —  Beethoven. 


li«I  Nantet,  Mit  1885  »Is  OfÜsier,  w*rd  1. 
Juli  1847  Ck>iiTerB«iir  Yon  Algerien,  befeh- 
ligte, rar  Zeit  der  Febnuurreyolation  Ton 
1848  auf  Urlaub  in  Paris,  eine  der  5  Kolob- 
nen,  welche  den  Aufstand  unterdrücken 
sollten,  ward  unter  der  proTisor.  B^erung 
Oberbefehlshaber  der  Armee  von  Paris, 
stimmte  als  Mitglied  der  Gonstitnante  und 
L^SislatiTe  mit  der  gemässigten  Rechten, 
ward  beim  Staatsstreich  vom  2.  Dec  1851 
Terhaftet,  dann  nach  Belgien  gebracht; 
t  SO.  Okt.  1863  in  Nantes. 

Bedeckter  Weg  (richtiger  gtdtckUr  W.), 
der  um  den  äusseren  Grabenrand  einer 
Festung  herumlaufende  Wallgang,  ist  durch 
eine  sich  in  das  Feld  verlaufende  Brust- 
wehr (Glacis)  geschützt,  behufs  der  Oflfen- 
sive  mit  Waffenplätzep  zum  Ansammeln  der 
Truppen  und  Ausfallsöffhungen   versehen. 

BMWcktee  Temln,  Gegend,,  welche  wegen 
der  darauf  befindlichen  Wälder,  Ortschaften, 
Hecken  (Knicks),  Gürten  etc.  keine  l^ie 
Ueber-  und  Umsicht  gestattet. 

BedeckuBg  (Eseorte),  Truppenabtheilung, 
welche  einen  Transport  oder  auch  Artillerie 
gegen  feindlichen  Angriff  schützen  soll. 

Bedeckung,  in  der  Astronomie  das  ganze 
oder  theilweise  Unsichtbarwerden  eines 
Btemes  für  die  Beobachtung  durch  das 
Vortreten  eines  anderen,  der  Erde  näher 
stehenden  Himmelskörpers.  Die  B.en  der 
Planeten  und  Fixsterne  durch  den  Mond 
dienen  zur  Berechnung  der  Mondparallaxe 
und  zur  Bestimmung  der  geograph.  Breite 
des  Beobachtungsortes. 

Bcdford  (spr.  -ford),  Grafschaft  im  süd- 
ostl.  England,  21,7  QM.,  135,287  Ew.  Die 
ffm^tsi,  B.,  an  dem  schiffb.  Onse,  13,413  Ew. 

Bedford  (spr.  -förd),  Hertog  von^  dritter 
Sohn  König  Heinrichs  IV.  von  England, 
blieb,  während  der  König  in  Frankreich 
kämpfte,  als  Wächter  des  Reichs  in  Eng- 
land zurück,  proklamirte  nach  seines  Bru- 
ders Heinrichs  V.  Tode  (1422)  den  unmün- 
digen Heinrich  VI.  als  König  von  England 
und  Frankreich,  ging  dann  als  Regent  nach 
Frankreich  und  erfocht  Sieg  auf  Sieg,  bis 
die  schwankende  Haltung  des  Herzogs  von 
Burgund  und  das  Auftreten  der  Jeanne 
d'Aro  dem  Kampfe  eine  andere  Wendung 
gab.  B.  musste  1431  den  Frieden  vonAouen 
unterhandeln:  t  1^*  Sept.  1435.         [bourin. 

Bedon  de  Bizcay  (fir.),  das  baskische  Tam- 

BeduinenCBtfikitoi,  d.  h.  Kinder  der  Wüste), 
die  nomadisirenden  Bewohner  der  Wüsten- 
länder Arabiens,  Syriens  und  Nordafrikas, 
Bekenner  des  Islam,  von  Viehzucht,  Handel 
und  Raub  lebend;  freiheitliebend,  tapfer, 
gastfreundlich,  aber  auch  räch-  u.  gewinn- 
süchtig, treulos.  Kleidung:  Haikh  (weites 
Unterkleid)  und  Burnus  (grosser.  Mantel). 
Patriarchalisches  Stammleben  unter  gewähl- 
ten Stammeshäuptern  (Kaids  oder  Emirs),  mit 
Priestern  (Marabuts).  Vgl.  die  Reisewerke 
Ton  Niebuhr,  £urekhardt,  Burton,  Barth  u.  a. 

Beechey  (spr.  Bihtschi),  1)  Bir  Wiüiam,  engl . 
Porträtmaler,  geb,  12.  Dec.  1753  zu  Burford, 
t  28.  Jan.  1839  als  Hofinaler  zu  London.  — 
2)  Frtderiek  William,  engl.  Seemann  und 
Beisender,  Sohn  des  Vor.,  geb.  17.  Febr. 


1796  in  LoudoiT,  begleitete  die  arktischen 
Expeditionen  Franklins  (1818)  und  Parrys, 
ging  1825  als  Commodore  nach  der  Nord- 
westküste Nordamerikas,  um  sich  mit  den» 
Tom  Lande  her  vordringenden  Franklin  zu 
vereinigen,  kehrte  Sept.  1829  unverrichteter 
Sache  zurüde,  erhielt  1847  die  Leitung  des 
Marinedepartements  im  Handelsministerium , 
ward  1854  €k>ntreadmiral ;   f  29.  Nov.  1856. 

Beedenuuui,  geringes  Geweb^,  halb  Lei- 
nen, halb  Wolle,  bes.  in  Nord  Westdeutsch- 
land. [Kr.  Zauche- Beizig,  2839  Ew. 

BeelitZy  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Potsdam» 

BeeUebub  (d.  i.  Fliegengott),  der  von  den 
Philistern  zu  Eluron  verehrte  Gott  Baal,  bei 
den  Juden  in  Beelzebul,  d.  i.  Nichtgott, 
verändert  und  Name  des  obersten  der  un- 
reinen Dämonen. 

Beenstor,  grösser  Polder  in  Nordholland, 
Bez.  Hoom,  8639  Ew.;  starke  Viehzucht. 

Beer,  1)  WUk.,  geb.  4.  Febr.  1797  zu 
Berlin,  Bruder  des  Komponisten  Meyerbeer, 
Bankier  zu  Berlin  und  Astronom,  verdient 
vomehml.  durch  seine  Beobachtungen  des 
Mars  und  des  Mondes ;  f  ^*  März  1850.  Lie- 
ferte eine  treffl.  Mondkarte  (1836)  und  als 
Kommentar  dazu  das  Werk  ,Der  Mond  und 
seine  kosm.  und  indiv.  Verhältnisse*  (1837). 
—  2)  Miclmel,  dramat.  Dichter,  geb.  19.  Aug. 
1800  zu  Berlin,  Bruder  des  Vor.,  f  22.  März 
1833  in  München.  Hauptstücke:  ,Klytäm- 
nestra',  ,Die  Bräute  von  Aragonien',  ,Der 
Paria*,  ,Strnensee*.  Sämmtl.  Werke  (1835). 
«Briefwechsel*  herausgeg.  votu  E.  v.  aekemk 
(1837).  —  3)  August,  Mathematiker  und  Phy- 
siker, geb.  31.  Juli  1825  zu  Trier,  Prof.  zu 
Bonn,  beschäftigt  sich  bes.  mit  Losung  op- 
tischer Probleme,  sowie  mit  der  Theorie  der 
Elektricität  und  des  Magnetismus.  Sehr. 
.Einleitung  in  die  höhere  Optik*  (1853); 
,Grundriss  des  photometr.  Kalküls*  (1854) 
und  .Einleitung  in  die  Elektrostatik*  (1865). 

Beerbergy  höchster  Berg  des  Thüringer- 
waldes, nördl.  bei  Suhl,  3063'. 

Beere  9  fleischige  Frucht,  bei  welcher  die 
äusseren  Schichten  des  Fruch^häusea 
derber  und  fester  sind  als  die  fleischigen» 
saftigen  inneren  und  die  Samen  unmittelbar 
im  Fleisch  liegen.  [aucuparia, 

Beerezche,  s.  v.  a.  Vogelbeerbaum,  Sorbua 

Beerfelden,  Marktflecken  in  der  beas. 
Prov.  Starkenburg,  an  derMümling,  2744  Ew. 
Dabei  das  erbachsche  Schloss  Krähberg, 

BeSrseba  (a.  G.),  Stedt  an  der  Südgrenza 
Palästinas,  Wohnsitz  Abrahams. 

Beeskowy  Kreisst.  im  preuss.  Regbz.  Cotz- 
dam,  an  der  Spree,  4207  Ew. 

BeethoTeii,  Ludwig  wm,  grösster  Kom- 
ponist des  19.  Jahrb.,  geb.  17.  Dec.  1770  in 
Bonn,  Sohn  eines.  Tenoristen  an  der  kur-. 
fürstl.  Kapalle,  erhielt  von  diesem  und  dem 
Hoforganisten  Neefe  n.  van  Eden  den  ersten 
Musikunterricht,  erregjte  frühzeitig  durch 
sein  Phantasiren  auf  dtoi  Klavier  Aufsehen, 
gab  schoU  als  Knabe  Klaviersonaten  heraus 

Später  von  ihm  ignorirt),  wurde  15  Jahre  alt 
oforganist  des  Kurfürsten,  dann  (1792) 
von  diesem  nach  Wien  geschickt,  wo  er 
nacheinander  bei  J.  Haydn,  Schenk  und 
Albreohtsberger    strenge   Studien    machte. 


Befana  —  Begattung. 


243 


Wenige    Ausflüge    abgerecbnet ,    blieb    er 
fortan  in  Wien,  ohne  je  ein  masikal.  Amt 
zu  bekleiden,  ansschlieBslich   der  Kompo» 
sitlon  gewidmet;   in  den  ersten  Jahren  oft 
als  Klavierspieler  auftretend,  spater  immer 
zurückgezogener  und    einsamer  (meist  xu 
Hödling)  lebend,  während  der  letaten  90  Jahre 
TOn  Sohwerhörigkeit  befallen,   die  bald  in 
-völlige  Taubheit  überging ;  f  ^*  Mars  1827. 
Denkmäler  von  ihm  in  Bonn  (1845)  u.  Wien 
(1868).    Gross  auf  allen  musikal.  Gebieten, 
hat  a,  das  Höchste  auf  dem  der  Instrumen- 
talmusik geleistet,  ind^m  er,  auf  dem  Grund 
Haydns  und  Mozarts  fortbauend,  die  Formen 
derselben    wesentlich   erweiterte  und    den 
Inhalt  aus  dem   Bereich  des  blossen  Ton* 
Spiels  allmihlig  in  das  der  Ideenwelt  hin- 
überführte.   Seine  zahlreichen  Werke  (188 
mit  Opuszahl  und    viele   ohne   Opuszahl) 
sind:     9    Symphonien;     das     Tongemälde 
jSchlacht  bei  Vittorla* ;  das  Ballet  ,Geschöpfe 
des  Prometheus*;  die  Musik  zu  ,Egmont*; 
die  Oper  ,Fidelio*  (erst  ,Leonore*) ;  das  Fest- 
spiel ,Die  Ruinen   von  Athen*;  die  Ouver- 
türen zu  »Leonore'  (8),  zu  ,Coriolan',  ,KÖnig 
Stephan*  n., Zur  Weihe  des  Hauses*;  IKon- 
cert  für  Violine ,  5  für  Piano ;  1  Triplekon- 
cert;  16  Streichquartette  u.  mehrere  Quin- 
tette; 1  Sextett;  1  Septett;  8  Klaviertrios; 
über  80  Klaviersonaten,  10  Violin-,  5  Cello- 
sonaten mit  Pianobegleitnng,   1  dergl.  für 
Hom;     zahlreiche     Variationen,     kleipere 
Klavierstücke,  Tänze  etc.;  8  grosse  Messen; 
das  Oratorium  ,Ohristus  amOelberg';  Kan- 
taten; zahlr.  Lieder  (darunter  die  schott. 
und  andere  Lieder  mit  Triobegleitung)  etc. 
Sämmtliche  Werke  zerfallen  nach  Form  u. 
Inhalt  in  3  Hauptperioden.   I.  Periode:  Die 
Zeit  der  Anlehnung  an  Haydn  und  Mozart, 
op.  1  bis  etwa  op.  16  umfassend  (darunter 
die  8  ersten  Trios  und  die  Symphonien  in 
C  und  D);  II.  Periode:  Die  Zeit  der  selb- 
ständigen Beife  und  Gediegenheit,  etwa  bis 
op.  80  reichend  (darunter  die  Symphonien 
Nr.  a— 6,  die  Musik  zu  ,£gmont*,  die  ,Ruinen 
von  Athen*,   ,Fidelio',  viele  Kammermusik- 
stücke); ni.  Periode,  in  welcher  der  Genius 
B.s  fesselloser  auftritt,  die  spateren  Werke 
umfassend  (darunter  die  9.  Symphonie,  die 
,Missa  solennis*,  dieFestouverture,  mehrere 
spätere    Klaviersonaten    und    die    letzten 
Streichquartette).     Erste   Gesammtausgabe 
der  Werke  (redig.  von  Bietz,  Hauptmann, 
Nottebohm,  O.  Jahn  u.  A.)  erschien  von 
1864--67  in  24  Serien,  nach  Gattungen  ge- 
ordnet.   Biographien  von  Biet  und  W^Oer 
(1888) ,   Schindler  (8.  Aufl.  1860),  OulibUiheff 
(1867,    deutsch  von  Bischof  1859),  Marx  (2. 
Aufl.  1868),  Ifbhl  (1864, 2  Bde.),  ITuiper  (1.  Th., 
1866).   Vgl.  ausserdem  Letu,  ,B.,  eine  Kunst- 
studie', 1860—60,  5  Thle.;  Der$.,  ,B.  et  ses 
trois  styles*,  1856,   2  Thle.;   EUerhin,  ,B.s 
Klaviersonaten*,   8.  Aufl.  1866;  Der».,   ,B.8 
Symphonien  nach  ihrem  Idealen  Inhalt*^  2. 
Aufl.  1858;  Alberti,  ,B.  als  dramat,  Tondich- 
ter', 1899;  Bürenberg,  ,Die  Symphonien  B.s*, 
1863;  Der«.,  ,B.8  Klaviersonaten*,  1868;  Lo- 
renz, ,Haydns,  Sfozarts  u.  B.s  Kirchenmusik', 
1866;  Marx,  »Anleitung  zum  Vortrag  Beet- 
hovenscher  Klavierwerke',  1868;  JVolte&otm, 


,Skizzenbuch  B.s<,  1865;  Thaper,  ,Ghronolog. 
Verseichniss  der  Werke  B.s*,  1865 ;  Nottebohm, 
/Themat.  Katalog  der  Werke  B.s*,  2.Aufl.  1868. 
,B.s  Briefe*,  heransgeg.  von  Nohl  (1865  u.  1867). 

BetinAf  korrumpirt  aus  Epiphania,  in 
Florenz  eine  Puppe  aus  Lumpen,  die  am 
Vorabend  des  Dreikönigsfestes  durch  die 
Strassen  getrageu  wird;  überhaupt  Popanz. 

BefettlningBkuist,  s.  Kriegabaukunet. 

Betrmehtang  (Foecundatio),  der  Vorgang, 
bei  welchem  der  von  dem  Eierstock  her- 
rührende Keim  durch  den  an  den  männ- 
lichen Orgauen  kommenden  Zeugungsstoff 
(Samenthierchen)  zur  Weiterentwicklung 
angeregt  wird,  erfolgt  bei.  den  höheren 
Thieren  Im  weiblichen  Organismus,  bei  den 
niederen  (schon  bei  Amphibien  u.  Fischen) 
häufig  ausserhalb  desselben.  Ueber  B.  bei 
den  Pflanzen  s.  Pflanx«, 

Beg  (Bei,  d.  i.  Herr),  bei  den  Türken  Titel 
heberer  Militärpersonen,  bes.  der  Gbuver* 
neuro  kleinerer  Bezirke  mit  einem  Boss- 
schweif. BegUrheg  (eig.  Beilerbegi,  d.  i.  Herr 
der  Herren),  Titel  der  Statthalter  der  Pro- 
vinzen (B^lerbeilifs)  mit  drei  Rossschweifen. 

Bega,  linker  Nebenfluss  der  Theiis  in 
Ungarn ,  mündet  bei  Titel ;  der  BegeJoemai, 
zwischen  Temesvar  und  Becskerek»  i  M. 

Bega»  CoriMiie,  niederländ.  Genremaler 
und  Kupferstecher,  geb.  1620  in  Harlem, 
Sehüler  von  Adrian  von  Ostade,  f  ^*  Aug. 
1664.    Knpferstichwerk  von  85  Blättern. 

Begag,  l)irar2>aU8gez.  Maler» geb.  80.  Sept. 
1794  zu  Heinsberg  bei  Aachen,  1812  Schüler 
von  Gros  in  Paris,  dann  in  Italien,  seit  1825 
in  Berlin  Mitgl.  der  Akademie  u.  Hofmaler 
des  Königs;  t  das.  28.  Nov.  1854.  TheiU 
biblisch-historische  Gemälde  (Hieb,  der  Jungs 
Tobias,  Bergpredigt«  Aussetzung  Moses,  Ver- 
klärung Christi,  Christus  den  Unterganip 
Jerusalems  weissagend,  Christus  am  Oel« 
berg  u.  V.  a.),  theiis  genrehafte  oder  romant. 
Darstellungen  (Loreley,  Heinrich  IV.  Z« 
Canossa,  Mohrenwäsche,  Mädchen  unter 
der  Eiche,  Winzerfamilie  etc.);  auch  trefft. 
Porträts.  —  2)  Otkar,  Maler,  Sohn  des  Vor., 
geb.  1828  In  Berlin,  seit  1866  Prof.  zu  Berlin, 
bes.  im  Porträt  ausgezeichnet.  —  8)  Beinr 
hold,  namhafter  Bildhauer,  Bruder  des  Vor., 
geb.  1881  in  Berlin,  1860—62  Prot  an  der 
Bildhauerschule  zu  Weimar,  seit  1862  wieder 
in  Berlin.  Entschiedener  Gtonrebildhauer, 
der  das  Malerische  in  der  Plastik  in  genialer 
Weise  zur  Erscheinung  bringt;  von  Vielen 
angefochten.  Hauptwerke:  Pan,  die  ver- 
lassene Psyche  tröstend,  Fauuenfamilie» 
Reiterdenkmal  Friedrich  Wühelms  IH., 
Schillerdenkmal  (für  Berlin,  Preisstatue), 
badendes  Mädchen,  Susanna,  Merkur  u.  a.  — 
4)  AäaXbert  Franx  JBugen,  Maler,  Bruder  des 
Vor.,  geb.  1836  in  Berlin,  erst  Kupferstecher, 
war  mehrere  Jahre  in  Paris,  lebt  zu  Berlin. 
Treffl.  Kopien  alter  Gemälde,  stilvolle  Ori- 
ginalbilder und  bes.  Porträts. 

BegasMy  ausgepresstes  Zuckerrohr,  dient 
zum  Heizen. 

Begattaag)  die  Vereinigung  zweier  ge- 
trennten Ctoschlechter  derselben  oder  nahe- 
stehender Ai-ten  zum  Zweck  der  Fortpflan- 
zung, 1b  der  Regel  veranlasst  durch  den 

16* 


iu 


Beglaubigung  —  Behlen. 


periodlscb  erwacbenden  Geschlechtstrieb 
(Branft),  besteht  in  der  UeberführoBg  des 
männlichen  Zengungsstoffes  anf  den  weib- 
lichen Organismus.  Nicht  jede  B.  hat  Be- 
flmchtang  zur  Folge,  aber  bisweilen  (bei 
manchen  Insekten)  genügt  ein  einziger  Be- 
gattnngsakt  zur  Befruchtung  einer  grossen 
Zahl   lange  nachher  ausssustossender  Eier. 

TiegiaMhignakgf  Ausweis  über  die  Aechtheit 
einer  Schifft  oder  sonstigen  Sache,  sowie 
über  einen  erhaltenen  Auftrag,  geschieht 
bei  Abschriften  hinsichtl.  ihrer  Ueberein' 
Stimmung  mit  dem  Original  durch  gericht- 
liches, notarielles  oder  bloss  amtliches 
Zeugniss  (Vidimation). 

Beigleitsehein,  im  deutschen  Zollverein 
zollamtliche  Ausfertigung  für  aus  dem  Aus- 
lände'eingehende  Waaren,  welche  nicht  an 
der  Grenze,  sondern  erst  an  dem  Inland. 
Bestimmungsorte  versteuert  werden  sollen, 
und  zwar  gehen  unter  B.  I.  solche  Waaren, 
welche  an  der  Grenze  nicht  reridiit  sind, 
im  Inlande  bei  allen  Hauptsteuerämtem  als 
nur  durchgehendes  Gut  auf  Lager  genom- 
men und  gegen  Erlegung  der  Plombirungs- 
und  sonstigen  Spesen*  wieder  ausgeführt 
werden  dürfen ;  unter  B.  II.  aber  solche 
Waaren,  die  der  Einfuhrende  schon  an  der 
Grenze  hat  revidiren  lassen  mit  der  aus- 
gesprochenen Absicht,  sie  im  Inlande  zu  yer- 
werthen,  und  die  daher  im  Falle  der  Wieder- 
ausfuhr mit  der  vollen  Steuer  zu  lösen  sind. 

Begnadlyimg,  die  gänzliche  oder  theil- 
weise  geschehende  Aufliebung  einer  gesetz- 
lich zuerkannten  Strafe  durch  die  höchste 
Staatsgewalt,  erfolgt  als  Ausfluss  der  Sou- 
veräuetätwechte  erst  nach  gefUUtem  Ur- 
theilsspruche ,  zum  Unterschied  von  der 
Abolition  (s.  d.)  und  Amnestie  (s.  d.). 

Begna-Elf,  Fluss  in  Norwegen,  entspr. 
am  Filefjeld,  durchfliesst  den  Spirilensee 
und  TyriQordsee,  hiündet  bei  Drammen  in 
den  OhristianiaQord ,  80  M. 

Begonia  L.  (Bchiefblatt),  Pflanzengattung 
der  Begoniaoeen,  sehr  zahlreiche  Arten  und 
Hybriden  als  Zierpflanzen  aus  Mittel-  und 
Südamerika,  Ostindien,  Java  u.  Madagaskar. 

Begrabnlsfl.  s.  TodtenbestaUung. 

BegniHen  (Beghinen,  Beguinae,  Beguttae), 
Frauen-  und  Jungfrauenverein  zu  frommen 
Zwecken,  welche  seit  Ende  des  IS.  Jahrh. 
in  niederländ.  Städten  sich  bildeten,  wahr- 
scheinlich nach  dem  Priester  Lambertus  le 
B^gnes,  welcher  um  1180  in  Lüttich  einen 
solchen  Verein  stiftete,  benannt.  Weder 
durch  Klostergelübde,  noch  durch  die  Regel 
eines  Ordens  gebunden,  lebten  sie  in  be- 
sonderen ,  zu  einem  Hofe  vereinigten  Häu- 
sern (Begfninagien)  susammen,  der  Jugend- 
erziehung sich  widmend.  Die  Blüthezeit 
dieser  Vereine  das  IS.  und  13.  Jahrh.  Sie 
fanden  auch  in  Deutschland  und  Frankreich 
Verbreitung,  waren  manchen  Verfolgungen, 
bes.  von  Seiten  der  Bettelorden  ausgesetzt 
und  erhielten  sich  in  den  Niederlanden 
bis  gegen  Ende  des  18.  Jahrh.  Die  jetzt 
*  noch  hier  und  da  in  Belgien  und  Deutsch- 
land bestehenden  Beguinenhäuser  sind 
fromme  Stiftungen  mit  Wohnungen  für  un- 
Tsrheirathete    weibl.    Personen    aus    dem 


Biirgerstande.  Hännervereine  ähulicl»er  Art, 
die  der  JBegTiarden  (Beguini),  treten  seit  etwa 
1815  in  Deutachland,  den  Niederlanden  und 
Frankreich  auf.  Hart  verfolgt ,  schlössen 
sie  sich  zuletzt  meist  an  den  dritten  Orden 
der  Dominikaner  u.  Franciskaner  an.  Vgl. 
Moaheim,  ,De  Beghardis  et  Beguinabus', 
1790;  Haütnarm,  ,Gesch.  des  Ursprungs  der 
belg.  BeghinenS  1843. 

Behaim,  Michael,  1)  Dichter  des  15.  Jahrb., 
geb.  1421  zu  Sulzbach  bei  Weinsberg,  Weber, 
Meistersänger,  that  Kriegsdienste;  f  1474. 
Mannichfach  in  den  Stoffen,  an  Reichhal- 
tigkeit von  keinem  seiner  Zunftgenosseu 
übertroffen.  Hauptwerke:  ,Bnch  von  den 
Wienern*  (der  Aufruhr  der  Wiener  gegen 
Friedrich  in.  1462,  herausg.  von  Karajan 
1843);  ,Leben  des  Pfalzgrafen  Friedrich  I. 
bei  Rhein'  (1469,  ungedruckt);  ,Gedicht  von 
der  Minne  und  State';  ,Gedicht  von  der 
Liebhabung  Gottes';  geistl.  Gedichte  u.  A. 
—  2)  Martin,  Seefahrer  und  Geograph, 
geb.  um  1459  zu  Nürnberg,  Kaufmann, 
1480—84  in  Portugal ,  wo  er  für  Johann  I. 
ein  Astrolabium  verfertigte  und  Deklina- 
tionstafeln berechnete,  1484—85  Begleiter 
dos  Diego  Garn  auf  einer  Entdeckungsreise 
nach  WeistafVika,  lebte  dann  auf  den  Azoren, 
von  wo  er  1490  nach  Nürnberg  zurückkehrte. 
Hier  verfertigte  er  den  noch  vorhandenen 
grossen  Globus.  1494  —  1506  abermals  auf 
den  Azoren ,'  t  er  29.  Juli  1507  zu  Lissabon. 
Seine  Geschichte  von  GhiUany  (1853). 

Beham  (Behaim),  Name  zweier  Maler  und 
Kupferstecher ,  zu  den  sogen,  kleinen 
Meistern  gehörig.  1)  Barthel,  geb.  1496  lu 
Bamberg,  Schüler  Dürers,  später  Marcantons 
in  Rom ;  f  das.  1540.  Bilder  von  ihm  in 
München,  Nürnberg,  Berlin,  Wien.  85  an- 
muthig  u.  korrekt  gestochene  Blätter  (bes. 
ausgezeichnete  Porträts).  —  2)  Hans  Swald, 
Neffe  des  Vor.,  geb.  1500  zu  Nürnberg,  eben- 
falls Dörers  Schüler;  f  1550  zu  Frankfort  a.M. 
Von  ihm  eine  zierlich  gemalte  Tafel  mit 
Scenen  aus  der  (beschichte  des  David  (in 
Paris);  Miniaturgemäldo  in  einem  Gebet- 
buch (Aschaffenbnrg) ;  268  Blätter  in  Kupfer. 

Beharrvagwermogeii,  s.  Trägheit. 

Behenoth,  grosses  vierfüssiges  Thier  im 
Buch  Hiob  (Kap.  40) ;  nach  Neuem  das  an- 
tedilnvian.  Mammuth.  Vgl.  Bargilao,  ,11  Bon- 
mot. St^gio  di  paleontologia  blblica*,  1870. 

BelteniLiisa.  s.  Hyperanthera, 

Behenol  (Beeu&),  fettes,  nicht  trocknen- 
des Oel  aus  den  ost-  und  westindischen, 
früher  officinellen  BeHennüssen  von  Maringa 
aptera  und  oleifera,  kommt  nur  noch  selten 
nach  Europa. 

Behlen^  Stephan,  Forstmann,  geb.  5.  Aug. 
1784  zu  Fritzlar,  1881^38  Prof.  an  der 
Forstlehntnstalt  zu  Aschaffenburg;  f  das. 
7.  Febr.  1847.  Sehr.  ,Lehrbuch  der  Forst- 
und  Jagdthiergeschichte'  (1886);  »Lehrbuch 
der  Jagdwissenscbaft*  (8.  Aufl.  1839);  ,Beal- 
und  Verballexikon  der  Forst-  und  Jagd- 
kunde* (1840—45,  7  Bde.);  gab  mit  Laurop 
eine  ,8ystemat.  Sammlung  der  Forst-  und 
Jagdgesetze  der  deutschen  Bundesstaaten* 
(1827—83,  5  Bde.)  heraus,  fortgesetzt  Inf ,  Ar- 
chiv der  Forst-  und  Jagdgesetzgebung  der 


Behn  —  Bein. 


245 


a«iit8cheii  Bundesstaaten'  (1834—47, 29  Bde.) ; 
begründete  X823  and  rediglrte  bis  zu  seinem 
Tode  die  ,Allgem.  Forst-  und  Jagdzeitung*. 

Behn.  Aphra,  geb.  Johnson,  engl.  Sciirift- 
stelletifl,  geb.  um  1035,  Gattin  eines  holl&nd. 
Kaufmanns  zu  Liondoj),  führte  ein  aben- 
teuerndes Leben,  f  1689  zu  London.  Sehr. 
Bomane  n.  17  Lustspiele,  welche  die  Zoten- 
reisserei  auf  der  engl.  Bühne  einführten. 

Behr,  Wllh.  Jos.,  deutscher  Publicist, 
geb.  26.  Aug.  1775  zu  Sulzheim,  1799—1821 
Prof.  des  Staatsrechts  an  der  UniTersItät 
zu  Würsburg,  1819  in  der  bayer.  St&ndever- 
sammlung  Führer  der  Opposition,  später 
Bürgermeister  zu  Würzburg,  1833  wegen 
einer  beim  bayer.  Eonstitutionsfeste  zu 
Qladbach  gehaltenen  Bede  verhaftet  und 
nach  mehljähr.  Untersucbungshaft  1836  zu 
Festuugsstrafe  verurtheilt,  die  er  in  der 
Festung  Oberhaus  bei  Passau  abbüsste;  März 
1848  amnesttrt  und  in  die  deutsche  National- 
versammluog  gewählt;  f  1.  Aug.  1851  zu 
Bamberg.  Sehr.  ,System  der  Staatslehre'^ 
(1810,  8  Bde.):  ,yerfassnng  und  Verwaltung 
des  Staats'  (1811—12 ,  3  Bde.)  u.  A. 

Behrendt,  Stadt,  s.  Berent, 

Behring,  Seefahrer,  s.  Bering, 

Beichte  (althochd.  pigiht,  Bekeuntniss, 
lat.  confessio),  das  Sündenbekenntnlss,  wel- 
ches der  Christ  vor  dem  Geistlichen  (^eicAf- 
vater)  ablegt,  um  die  Absolution  (s.  d.)  zu 
empfangen.  Als  PtivcU-  oder  geheime  £., 
besonders  von  Papst  Leo  d.  Gr.  neu  em- 
pfoh^n  und  seit  dem  5.  Jahrb.  als  Vor- 
bereitung zum  Genüsse  des  heil.  Abendmahls 
üblich ,  gestaltete  sie  sich  mehr  und  mehr 
zum  sakramentalen  Akt  und  ward  von  Inno- 
cenz  m.  1215  auf  dem  4.  Laterankoncil  als 
Ohrenbeiehte  (conf.  auricularis)  oder  Auf- 
zählung aller  schwerereu  oder  Todsünden 
in  Gedanken,  Worten  und  Thaten  zum  Kir- 
chengeset«  erhoben.  Die  B.  muss  vor  dem 
Buständigen  Priester  Im  Beichtstuhl  abge- 
legt werden,  und  zwar  von  jedem  Christen 
reifen  Alters  Jährl.  einmal,  gewöhnl.  Ostern. 
Mittelst  des  Beichtbriefs  (Litterae  dimis- 
soriales)  ertheilt  der  •  Bischof  ausnahms- 
weise die  Erlaubniss,  die  B.  vor  einem  frei 
gewählten  Priester  abzulegen.  Die  OeneraU 
beichte,  das  ganze  Leben  umfiissend,  wird 
bes.  vor  dem  Eintritt  in  ein  Kloster  abge- 
legt. Die  griech.  -  kathol.  Kirche  hält  die 
specielle  B.  für  heilsam,  aber  nicht  für 
nothwendig.  Die  evangel.  Kirche  verwarf 
die  Ohrenbeiehte,  behielt  aber  die  Privat- 
"beichte  (.heimliche  B.')  bei,  bis  später  die 
allgemeine  B,  als  Vorbereitungsandacht  auf 
das  Abendmahl  üblich  ward.  Die  engl.  Epis- 
kopalkirche hat  auch  letztere  nicht,  inso- 
fern sie  allgemeine  B.  u.  Absolution  in  dem 
,Book  of  common  pray er'  mit  Jedem  Morgen- 
und  Abendgottesdienst  verbindet,  während 
die  scliott.  Presbyterianer  imd  die  Quäker 
die  B.  ganz  verwerfen.  Neuerlich  sind  in 
der  luther.  Kirche  über  die  Privatbeichte 
(Beichtverhör  und  Privatabsolution),  welche 
besonders  das  Neulutherthum  als  Recht  des 
geistl.  Amtes  zurückfordert,  wieder  lebhafte 
Verhandlungen  gepflogen  worden.  Vgl. 
Ackermann,  ,Die  B.,  bes.  die  Privatbdehte', 


1852;  Kliefoth,  ,1)ie  B.  u.  Absolution',  1856. 
Ueber  den  Unterschied  des  kathol.  und 
evangel.  Begriffs  der  B.  vgl.  die  Sehr,  von 
KUe  (kathol.  1828)  u.  Stäudlin  (protest.  1839). 

Belclitgeld  (Beichipfennig) ,  die  Gabe, 
welche  der  Beichtende  dem  Beichtvater  zu 
spenden  pflegte,  in  der  kathol.  und  reform. 
Kirche  später  abgeschafft,  in  der  luther. 
als  Stolgebühr  zum  Theil  beibehalten. 

Belchtsiegel  (Sigillum  con«»ssionis),  die 
pflichtmässige  Verschwiegenheit  des  Geist- 
lichen über  Alles ,  was  ihm  in  der  Beichte 
anvertraut  wird,  von  Innocenz  m.  im 
12.  Jahrh.  sanktionirt.  Auf  der  Verletzung 
des  B.s  steht  in  der  kathol.  Kirche  schwere, 
selbst  Lebensstrafe,  in  der  evangel.  Dienst- 
entsetzung ,  Gefänguiss  - '  und  Geldstrafe. 
Während  das  kanon.  Recht  das  B.  selbst 
auf  das  Gteständniss  erst  zu  begehender 
Verbrechen  ausdehnt,  macheu  neuere  Ge- 
setzgebungen in  diesem  Falle  dem  Geist- 
lichen die  Anzeige  zur  Pflicht.  Yg\.  Breiger, 
,Ueber  das  Beichtgeheimnlss',  1827. 

Bei  dem  IVinde,  am  Winde,  segelt  ein 
Schiff,  wenn  der  Wind,  von  vom  aus  ge- 
rechnet, mit  dem  Kiele  desselben  einen 
Winkel  von  6  Kompassstricheu  macht. 

Beidrehen,  ein  Schiff  zum  Stehen  bringen, 
indem  man  die  Segel  einander  entgegen 
■teilt,  so  dass  die  Wirkung  der  hinteren 
die  der  vorderen  aufliebt. 

Beifti88,  s.  Ariemisia, 

Beige  (8er gebeige),  nach  Art  der  Serge  ge- 
webter Wollenstoff  aus  ungefärbter  Wolle, 
schwarz,  braun  oder  grau,  oder  gemischt. 

Beil,  Jos.  David,  Schauspieler  u.  Bühnen- 
dichter, geb.  1754  zu  Chemnitz,  anfangs 
Jurist,  seit  1779  Direktor  des  mannheimer 
Theaters;  f  15.  Aug.  1794.  Bes.  bekannt 
die  Stücke  ,Der  Spieler*  (1785),  ,Die  Schan- 
spielerschule'  (1785),  ,Curt  v.  Sportau'  (1790). 

Beiinger  (Conscensio  thalami),  feierliche, 
die  Vollziehung  der  Ehe  repräsentirende 
Besteigung  des  gemeiuschaftl.  Lagers,  sonst 
bej  der  Vermählung  fürstl.  Personen  üblich, 
auch  oft  durch  Gesandte  abgemacht. 

Beiibrtef  (Bielbrief),  das  nach  Verneh- 
mung der  Gewerke  von  der  Obrigkeit  aus- 
gestellte Zeugniss  über  den  vorsclirifts- 
mässig  ausgeführten  Bau  eines  Schiffs,  gibt 
Alter,  Grösse,  Tragfähigkeit  etc.  dess.  an. 
Ohne  dasselbe  darf  kein  Schiff  zum  Waaren- 
oder  Personentransport  gebraucht  werden. 

Beile,  Stadt  in  Jütland.  Stift  Ribe,  im 
8<Mr.  ,dan.  Paradies',  4920  Ew.,  Hafen. 

Beilegen,  ein  Schiff  durch  Gtegenbrassen 
der  Rasen  zum  Stfllstehoi  bringen ;  im  Sturm 
mit  dicht  gerefften  Segeln,  mit  dem  Ruder 
im  Lee  liegen. 

Beilngries,  Stadt  im  bayer.  Regbz.  Mlttel- 
f^anken,  an  der  Altmühl  und  am  Ludwigs- 
kanal, 1579  Ew. ;  Jagdschloss  Jifrschberg. 

Bein,  im  AUgem.  s.  v.  a.  Knochen;  spee. 
die  untere  Extremität.  Theile  derselben 
sind:  Oberschenkel  (feraur),  Unterschenkel 
(crus)  und  Fuss  (pes).  Die  Befsstigung  des 
B.S  am  Becken  wird  bewirkt  durch  die 
Roll-,  Streck-,  Beuge-  und  Anziehemuskeln 
des  ObersohenkeA ,  die  Gliederung  in  der 
Pfanne  durch  den  Schenkelkopf.    Der  Ober^ 


246 


Beinarbeiten  -*  Bekk. 


Schenkel  enthält  einen  Knochen  (os  femorls), 
an  dessen  Vorderseite  die  Streckmuskeln 
für  den  Untersehenkel  liegen,  deren  Sehne 
thellwelse  in  die  Knie»eheü>e  (patella)  über- 
geht, welche  das  Umklappen  des  B.s  nach 
Tom  verhindert.  An  der  Innenseite  liegen 
die  Ansiehemuskeln  (muscnll  adductores), 
die  grosse  Schenkelarterle  n.  oVene  n.  Ner- 
ven,  hinten  der  Hüftnerv  und  die  Beuge- 
mnskeln  des  Unterschenkels.  Die  Knochen 
des  Unterschenkels  sind  das  Schienbein 
(tibia),  BoUdlck,  vom  und  innen,  und  das 
Wadenbein  (fibul^,  halb  so  dick,  aussen. 
Hier  liegen  die  Mnskeln  für  Fuss-  und  Zehen- 
beweguug,  Nerven  und  Gefasse.    Fuss,  s.  d. 

Belaarbeiten,  Knochen-  (auch  Elfenbein-) 
arbeiten,  werden  meist  auf  der  Drehbank 
hergestellt,  bes.  aus  Rindsknochen.  Qeiss- 
lingen,  Nürnberg. 

Beiaasche  Cj&einm«A2;,gebranntes  Knochen- 
mehl, findet  auf  den  Testen  Verwendung. 

Belnbrecli  (Beinwell) ,  Kalktnff  vom  An- 
sehen versteinerter  Knodien,  ehemals  Volks- 
hoilmittel  bei  Knochenbrüchen. 

Belnbrecli,  Pflanzengattung,  s.  Karthecium, 

Beinbruch,  s.  Knochenbrüche, 

Beinglas,  Milchglas,  s.  Glas. 

BeiBsrkienen,  TheU  der  Ritterrüstung, 
aus  den  Schenkeldecken  (cuissards)  und  den 
Blechen  der  Schienbeine  (grdves)  bestehend, 
die  an  den  Knieschildemoder  Gelenkbändern 
(fi^nouilldres)  zusammenstiessen.  Schon  bei 
den  Römern  gebräuchlich. 

Beinschwan  (Knochenkohle),  verkohlte 
Knochen ,  besteht  aus  K^lenstoff  mit  phos- 
phorsaurem und  etwas  Bohlensaurem  Kalk 
innig  gemengt,  entfärbt  Flüssigkeiten  sehr 
energisch  und  wird  deshalb  bes.  in  der 
Zuckerfabrikation  angewandt.  Benutztes  B. 
virdtpiederbelebt  durch  Behandeln  mit  schwa- 
chen Sauren,  Gährenlassen ,  Auswaschen 
und  Glühen  bi  verschlossenen  Cy lindem. 

Beira,  port.  Frov.,  4S5  QM.,  1,377,244  Ew. ; 
im  NW.  gebirgig  (Sierra  d*£strella);  Berge 
kahl,  aber  erzreich;  die  Thäler  ftttchtbar 
und  gut  angebaut.    Hauptst.  Vizeu. 

Beinm,  pers.  Name  zweier  grossen  Feste 
der  Mohammedaner.  Das  grosse  B.,  gleich 
nach  Beendigung  des  Ramasanfastens  ge- 
feiert, dauert  gewöhnlich  8,  das  kleine, 
60  Tage  später  fallende  4  Tage. 

Beireis,  Gott/r,  Christoph,  Polyhistor  und 
gelehrter  Sonderling,  geb.  2.  März  1780  zu 
Mühlhausen,  seit  1758  Prof.  der  Physik  u. 
Medicin  zu  Helmstedt;  f  ^'^^'  ^^*  Bept. 
1809.  Besitzer  werthvoller  Sammlungen 
von  Natur-  und  Kunstgegenständen,  gab 
sich  ein  mysteriöses  Ansehen,  machte  ehem. 
Erfindungen.  Vgl.  über  ihn  Liehtenstein  im 
3istor.  Taschenb.*,  1847;  Heister,  1860. 

Beirit  (das  alte  phönic.  Berj/tos),  Stadt 
an  der  syr.  Küste,  in  gesunder  Lage, 
Ji00,000  Ew.,  sehr  viele  Christen;  Jahr- 
hunderte lang  in  Verfall ,  Jetzt  wieder  der 
vriohtigste  Hafen-  u.  Handelsplatz  Syriens; 
Station  der  DampfiichifTe  des  Österreich. 
Lloyd.  BaomwoU-  und  Seidenwebereien. 
Ooldarbeiter.    Ber.  KofTer. 

Beialts,  das  Recht  des  überlebenden  Ehe- 
gatten auf  mit  den  Kindern  gemeinscbaftl. 


Verwaltung  und  Benutzung  des  von  dem 
Verstorbenen  hinterlassenen  Vermögens. 

Beitsbeere,  s.  Capsicum. 

Beit5Be,  s.  Aliquote  Tline.  ^ 

Bettike.  Heinr.  Ludw.,  Geschichfichreiber 
der  deutschen  Befireiuugskriege,  geb.  15. Febr. 
1796  zu  Muttrin  in  Pommern,  machte  den 
Feldzug  von  1815  als  Freiwilliger  mit,  ward 
1818  Secondlleucenant,  1823^26  bei  den 
topographischen  Vermessungen  des  General* 
Stabs  beschäftigt,  fungirte  1828—36  als  Lehrer 
an  der  Divisionsschule  zu  Stargard,  erhielt 
1849  seinen  Abschied  als  Major.  Seit  1858 
Mitglied  des  prenss.  Abgeordnetenhauses,  ge- 
hörte er  der  Fortschrittspartei  an  und  bethei- 
ligte sich  besonders  bei  den  Verhandlungen 
über  die  Milltärfi-age ;  f  10.  Mai  1867  zu  Ber- 
lin. Sehr.  ,Gesch.  der  deutschen  Freiheits- 
kriege 1818  u.  1814*  (S.  Aufl.  1868--64, 3 Bde.); 
,Ge8ch.  des  russ.  Kriegs  im  Jahre  1812*  (2. 
Aufl.  1862);  ,Gesch.  des  Jahres  1815'  (1865). 

Bellen,  verschiedene  chemisch-technische 
Operationen:  in  der  Fäfberei  das  Befestigen 
gewisser,  gewöhnlich  mineralischer  Sub- 
stanzen auf  der  Faser ,  um  diese  zur  Auf- 
nahme des  Farbstoifs  geeignet  zu  machen; 
bei  Metallarbeiten  das  oberflächliche  Reinigeo 
des  Metalls  mit  Säuren ;  beim  Holz  und  Hörn 
s.  v.a.  Färben;  in  dm  Lmtdwirthschaftdu 
Imprägniren  des  Saatgutes  mit  Salzen,  uin 
es  vor  Mäusefrass  und  die  Ernte  vor  dem 
Brande  zu  schützen ;  in  der  Medicin  s.  v.  a. 
Aetzen,  s.  Aetmnittd. 

Beizen,  mit  dem  Falken  jagen,  s.  Falken. 

Bcja  (röm.  ihx  Julia),  uralte  Stadt  in  der 
port.  Prov.  Alemtejo,  5300  Ew.;  zahlr.  röm. 
und  maur.  Baureste. 

Bcjar,  1)  Stadt  in  der  span.  Prov.  Sala- 
manca,  am  Cuerpo  de  Hombre  romantisch 
gelegen,  4500  Ew.  Ber.  Schwefelquellen  von 
340  R.;  —  2)  (8.  Antonio  de  B.)  alte  Stadt 
im  Innern  Texas,  am  San  Antonio,  von  den 
Spaniern  gegr. ,  8235  Ew.    Arsenal. 

Beke  (spr.  Blhk),  Charles  Tilstone,  engl. 
Reisender,  geb.  10.  Okt.  1800  zu  London, 
1885—87  engl.  Konsul  in  Leipzig,  daranf 
Theilnehmer  an  der  Expedition  des  Major 
Harris  nach  Abessinien ,  wo  er  namentl.  die 
südabessin.  Ländergebiete  durchforschte, 
lebte  in  den  letzten  Jahren  zu  London. 
Die  Resultate  seiner  Reise  in  zahlr.  kleineren 
Schriften  zur  Geographie  und  Ethnographie 
Abessiniens.  Sein  Bruder  William  George  B. 
bereiste  1839  die  Gegenden  des  todten  Meeres. 

Bekenner  (Confessores) ,  in  der  alten 
Christi.  Kirche  Diejenigen,  welche  ihretf 
Glaubens  wegen  Verfolgungen  erduldeten» 
ohne  den  Tod  zu  erleiden. 

B^k^  (spr.  -  kehsch).  ungar.  Konii(at,  Kr. 
Jenseits  der  Theiss,  62  QM.;  fruchtbare,  vom 
schwarzen  und  weissen  Koros  bewässerte, 
waldlose  Ebene  mit  ungesunder  Luft,  Hanpt- 
ort  Bekesvar,  20,125  Ew.;  bed.  Bienenzucht. 

Bekk,  Joh.  Bapt.,  bad.  Staatsmann»  geb. 
89.  Okt.  1797  zu  Triberg  im  bad.  Schwan- 
wald ,  ward  1832  Rath  im  ICinisterlom  des 
Innern,  1887  Vicekanzler  des  obersten  (}e- 
«iehtshoib  zu  Mannheim,  1842  Präsident  der 
zweiten  Kammer,  Dec.  184^  Minister  des 
Innern,  nach  dam  Aasbrach  der  Hairevo- 


I 


Bekker  —  Belgien. 


247 


lution  Juni  1849  enthuiseix  und  zum  Präsi- 
denten des  Hofgerichts  2u  Bruchsal  ernannt, 
dann  Abgeordneter  im  Volkshause  su  Erfurt, 
März  1850  Präsident  der  bad.  Kammer;  f 
22.  März  1856.  Sehr.  ,Die  Bewegung  in 
Baden*  (1850)  u.  Hehreres  über  das  landes- 
übliche Recht. 

BekKer,  Immanuel,  ber.  Philolog  und 
Kritiker,  geb.  1785  in  Benin,  seit  1815 
Slitglied  der  Akademie  das.,  besorgte  treff- 
liehe Textrecensionen  fast  aller  bedeuten- 
deren griech.  und  mehrerer  röm.  Schrift- 
steller, gab  vom  ,Corpus  scriptorum  bist. 
Byzantinae*  24  Bände  heraus,  publicirte  in 
den  Abhandlungen  der  berliner  Akademie 
Tuehreres  Romanische  (proyeucalisch  den 
Vierabras,  alt£ranz.  die  Romane  von  Aspre- 
mont  und  von  Flor  und  Biancaflor  «tc); 
sehr.  »Homerische  Blätter'  (1863).  Sein  Sohn, 
JBmH  Immanvel  £.,  geb.  1827  zu  Berlin,  seit 
1853  Prof.  der  Rechte  in  (xreifiswald ,  sehr. 
,Dle  processualische  Konsumption  im  klass. 
röm.  Recht*  (1853);  ,Theor{e  des  heut. 
Strafirechts*  (1857);  gab  1857—68  ein  , Jahrb. 
des  gem.  deutschen  Rechts*  heraus. 

Beia^  Name  von  4  ungar.  Königen  ans 
der  arpadischen  Dynastie:  B.  L,  1061—63, 
regelte  das  Mass-,  Gewichts-  und  Münz- 
wesen  und  führte  reichstägliche  Vertretung 
ein.  —  B.  H.,  der  Blinde,  1131—41,  stand, 
dem  Trünke  ergeben,  ganz  unter  Leitung 
aeiuer  blutdürstigen  Gemahlin  Helena.  — 
B.  in.,  1174—96,  führte  am  Hofe  byzant. 
Sitte  und  Kultur  ein  und  machte  das  Land 
der  byzant.  Politik  dienstbar.  —  B.  IV., 
1285—70,  Sohn  Andreas  U.,  bekämpfte  den 
Adel  und  schlug  1336  den  von  diesem  her- 
beigerufenen Österreich.  Herzog  Friedrich  IL, 
Aoh  1341  vor  den  Mongolen  nach  Oester- 
reich,  kehrte  im  folg.  Jahre  in  sein  Land 
xurück,  focht  glücklich  gegen  Oesterreich 
und  gegen  die  Mongolen. 

BeUd  (arab.,  Plural  von  Biled),  Bezirk; 
JJ.-ei-Dseherid  (d.  1.  Dattelland),  der  südl. 
Theil  der  Regentschaft  Tunis. 

Belagemng,  s.  Festunffthrieg, 

BelagemHgznutand  (B«lagerung$»tand, 
4tat  de  ai^ge),  Uebertragung  aller  öffent- 
lichen Autorität  auf  die  Militärgewalt,  findet 
in  von  einem  feindlichen  Angriff  bedrohten 
oder  von  feindlichen  Truppen  belagerten 
Plätzen  Statt,  als  natürliche  Folge  des 
Kriegszustandes,  erst  in  neuerer  Zeit  bes. 
bei  revolutionären  Bewegungen  In  Anwen- 
dung geblecht  und  auf  ganze  Distrikte  aus- 
gedehnt; zuerst  in  einem  franz.  Gesetz  vom 
10.  Juli  1796  erwähnt  und  bes.  von  Napo- 
leon I.  ausgebildet.  Vgl.  prenss.  Ctosetz 
über  den  B.  vom  4.  Jan!  1851. 

B^IiOuwrkoWy  Stadt  im  kleinmss.  G<mv. 
Kiew,  den  Brannlekis  gehörig,  8000  Ew. 

B^Iinly  8.  HBkertin,  Kart  Lmdm, 

Belelioii,  Gipfel  des  Schwarzwaldes,  südl. 
von  Vreiburg,  4965'.  Der  Belehtupa»» ,  aus 
dem  Wiesentbai  Ins  Münsterthal,  8400'. 
Anch  Name  mehrerer  Gipfel  der  Vogesen ; 
0.  Satton* 

Bdeher  (spr.  Beltscher),  8tr  SAwurd, 
engl.  Seefahrer,  geb.  1799,  begleitete  18S& 
Beeehey  nach  der  Beringsstrasie,  machte 


1836  —  42  eine  Reise  um  die  Erde ,  war 
1843  —  48  mit  Aufnahme  der  Küsten  des 
ind.  Oceans  beschäftigt,  leitete  1852—53  eine 
Expedition  nach  den  Polarländem  zur  Auf- 
suchung Franklins,  die  aber  völlig  miss- 
glückte,  ward  deshalb  vor  ein  Kriegsgericht 
gestellt,  aber  freigesprochen.  Sehr.  ,Narra- 
tive  of  a  voyage  round  the  world*  (1843, 
2  Bde.);  ,Voyage  of  the  Samaraug  to  the 
Eastem  Archipelago*  (1846,  2  Bde.);  ,The 
last  of  the  Arctic  voyages*  (1855,  2  Bde.). 

Belecke,  Marktfl.  im  preuss.  Regbz.  Arns- 
berg, an  der  Mohne,  llOoEw.,  gr. Eisenwerk. 

Beiehnnng  (Inventur),  gerichtlicher  Akt, 
durch  welchen  der  Lehnsvertrag  geschlossen 
und  das  Lehn  übertragen  wird,  heisst  Mit' 
belehntmg,  wenn  Mehreren  das  Anrecht  auf 
ein  noch  in  Besitz  eines  Dritten  befindliches 
Lehn  erthellt  wird  (ge$ammte  Hand);  Ge- 
sammtbelthnung ,  wenn  Mehreren  das  Mit- 
eigenthum  nebst  Besitz  und  Niessbrauch 
verliehen  wird;  Eveniudlhelthnung ,  wenn 
ein  Lehn  für  den  Fall  seiner  Eröffnung  an 
Jemanden  verliehen  wird;  A/terbelehnung, 
wenn  ein  Vasall  Thelle  seines  Lehubesitzes 
weiter  verleiht. 

Belem  (spr.  -leng,  Bethlehem),  1)  Vor- 
stadt von  Lissabon,  ehedem  selbständiger 
Flecken,  an  der  T^omündung;  königl. 
Schloss  und  ehemal.  Kloster  (jetzt  Waisen- 
haus) mit  schöner  Kirche  und  der  königl. 
Gruft;  —  2)  (NoMa  Senhora  de  £,)  s.  Bira. 

Belemniten  (Donnerkeile),  BelemnitesXam., 
Versteinerungen  von  der  Gestalt  eines  zu- 
gespitzten Oy linders,  stammt  von  ausge- 
storbenen, sepienartigen  Thieren,  finden  sich 
vom  Lias  bis  zur  weissen  Kreide;  gegen  120 
Arten,  früher  abei^läubischen  Zwecken  die« 
nend  (Teufelsfinger). 

Beleuchtung,  s.  Leuchtmaleridlien  u.  Lioki. 

Belflwt  (spr.  -fast),  bed.  Handelsstadt  in 
der  Irland.  Grafsch.  Antrim  (Ulster),  an 
der  LH^anmündung,  120,777  Ew.,  56  Kirchen, 
kathol.  Universität  (seit  1849) ;  Leinwand-, 
Baumwoll-,  Glasfabriken,  Zuckersiederelen ; 
Hafen  mit  schönen  Bocks  (1839—52  erbaut), 
in  welchem  Jährl.  ca.  3000  Schiffe  einlaufen; 
Ausfuhr  über  70,000  Pfd.  St.,  Zollein- 
nahme  über  383,000  Pfd.  St. 

Beifort  (spr.  -fohr,  Bi/ort),  Festung  Im 
obernElsass,  an  der  Savoureuse,  8400  Bw.; 
wichtig  als  Vertheidignngspunkt  der  Trouie 
de  B.  (Durchgang  zwischen  Jura  und  Voge- 
sen) ;  seit  Okt.  1870  von  den  Deutschen  unter 
Treskow  belagert. 

Beigard  9  Kreisst.  des  preuis.  Regbz. 
Köslln,  an  der  Persante,  6130  Ew. 

Beigem  9  Stadt  in  dem  preuss.  Begbs. 
Mersebnig,  Kr.  Torgau,  an  derElbe,  3211  Ew. 

Belgiea«  Königreich,  an  der  Nordsee  zwl' 
sehen  Holland,  Preussen  u.  Frankreich,  Ö34,9 
<;pf .  u.  (Auf.  1869)  4,961,644  Ew.,  das  am  dich- 
testen bevölkerte  Land  Europas  (9274: 1  QM.). 
Boden  fiist  durchaus  eben,  theils  fett  nQd 
fruchtbar,  theils  (im  O.)  sandig  und  mooflg 
(Campine  und  Peel),  nur  der  S.  durch  Aus- 
läufer der  Ardennen  hUgelig  u.  waldbedeckt. 
Küste  (10  M.)  flach  und  einiörmig.  Beiehe 
Bewäuertmg  durch  Maas  und  Scheide  und 
deren  Nebenflüsse  Sambre,  Ourthe,  Wene, 


248 


Belgien. 


Lys,  Dender,  Bupel  u.  a.  Grössere  Seen 
fehlen;  dagegen  zahlr.  Kanäle  (Zelzarte-, 
Deyenzekanal  etc.).  Klima  im  Allgeni.  ge- 
mässigt; mittlere  Jahrestemperatur  10>/40C. 
Beichthum  an  Produkten  aller  Art:  Vieh, 
Wild,  Fische,  Q«treide,  Kulturpflanzen,  Obst, 
Wald;  an  Mineralien  bes.  Eisen  und  Stein- 
kohlen. Grosses  Kohlenflötz  Yon  22,4  QM., 
ganz  B.  durchziehend  und  2Haaptbecken  um- 
fassend, von  denen  das  eine  in  Frankreich, 
das  andere  in  Preussen  sich  fortsetzt ;  Salz- 
quellen bei  Arlpn;.  Mineralquellen  von  Spaa. 

BcvWJ^rung:  2  Stämme  von  zieml.  gleicher 
Anzahl:  Flamänder  (im  belg.  Niederland 
mit  flämischer  Sprache)  2>/4  Mill.,  Wallonen 
(im  Oberland  mit  wallonischer  Sprache) 
2  Mill. ;  dazu  Deutsche  etwa  35,000 ,  Eng- 
länder, Israeliten  (2000)  etc.  Staats-  und 
Gerichtssprache  seit  1794  die  flranzösische ; 
neuerdings  aber  rege  Bemühung  zur  Hebung 
der  fläm.  Sprache  und  Wiedereinsetzung  in 
ihr  altes  Recht  (gegen  40  fläm.  Zeitungen). 
Der  Konfession  nach  ist  B.  ein  völlig 
kathol.  Staat  (nur  10,000  Protest.);  Erz- 
bischof von  Mecheln  mit  5  Bischöfen  (Gent, 
Brügge,  Lüttich,  Namur,  Tournay);  1866: 
993  Klöster.  Uebrigens  völlige  Glaubens- 
freiheit und  unbeschränkte  Gleichheit  für 
Amt  und  Recht.  Der  Unterricht  frei,  aber 
die  Volksbildung  mangelhaft.  4  Univer- 
sitäten: G«nt,  Lüttich,  Brüssel,  Löwen 
(letztere  kathol.).  Zahlreiche  Special-  und 
Fachschulen  u.  sonstige  Bildungsanstalten  ; 
hervorragend  die  Akademien  der  schönen 
Künste  zu  Antwerpen  und  Brüssel,  Museum 
der  Malerei  und  Skulptur  zu  Brüssel,  Musik- 
Konservatorien  zu  Brüssel,  Lüttich,  Gent. 
Die  HaupAeachäftigung  des  Volks:  Land- 
wirthschaft  (in  hoher  Blüthe ,  B.  eines  der 
bestkultivirten  Länder  Europas) ,  Bergbau 
auf  Steinkohlen  (in  den  Bassins  von  Lüttich, 
Kamur  und  Heunegau  193  Minen  mit  über  800 
Dampfmaschinen  und  91,678  Arbeitern,  Aus- 
beute: 10,057,163  Tonnen  Kohlen,  im  Werth 
-von  29,337,380  Thlr.),  Eisen  (7,250,000  Ctr.), 
Galmei,  Schwefelkies,  Blei  etc.  Lebhafte 
Industrie:  Leinwandfabrikation,  bes.  in  Flan- 
dern ,  Brabant,  Hennegau  (Battist,  Damast, 
Zwillich,  Linon,  Spitzen  und  Zwirn),  Baum- 
wollenfabriken (Gent),  Wollfabriken  (Tuch, 
Kasimir),  ZuckerrafOnerien,  Runkelrüben-, 
Kutschen-,  Oel-,  Gewehr-JLüttich),  DAmpf- 
maschinen  -  (Seraing) ,  Holzschuhfabriken 
(Waesland);  gr.  Zieg^eleien  (Boom,  Rupel- 
monde),  Bierbrauereien  (2671).  Blühender 
Sandelt  befördert  durch  ein  dichtes  Eisen- 
bahnnetz, 476  M.  (Einnahme  daraus  über  40 
Mill.  Frcs.).  Hauptverkehr  mit  Frankreich, 
l^olland,  England,  Preussen,  Nordamerika, 
Russland.  Einführ  (1868) :  864,4  Mill. ,  Aus- 
fuhr 656,6  Mill.  Frcs.  Handelsflotte  1868: 
79  Schiffe  (11  Dampfer)  mit  «31,893  Tonnen. 
Telegraphenlänge  550  M.  Wichtigste  See- 
plätze: Antwerpen,  Ostende  und  Nieuwe- 
poort;  Landhandelsstädte:  Brüssel,  Gent, 
Brügge,  Lüttich,  Namur,  Oourtray. 

Verfassung  (vom  S.  März  1831)  konstitu- 
tionell-monarchisch; die  Krone  erblich  nach 
dem  Recht  der  Erstgeburt,  nur  im  Blanns- 
stamm.    Per  König  bat  die  Exekutive  allein, 


die  legislative  Gewalt   theilt  er  mit  den 
Kammern:  Senat  und  Repräsentantenhaus. 
Höchster  Gerichtshof  der  Kassationshof  in 
Brüssel ;  3Appellhöfe  (Brüssel,  Gent,  Lüttich). 
Geschwomengerichte  seit  1831.    Gesetzbuch 
der  Oode  Napoleon.    Finanzen  1870: 
Einnahmen      176,525,000  Frcs., 
Ausgaben         176,812,836 
Staatsschuld    696,530,214 
Die  AAnee  zählt: 

Mann   Pferde  Geschütze 
Infanterie    74,000        —  — 

Kavallerie     7,903      6572  ^ 

Artillerie     14,513      4050            152 
Genie 2,354        — — 

Sa.  (ohne  OfÖz.)   98,770    10,622  152 

Dazu  Bürgergarde  über  100,000  M.  in  857 
Legionen.  Marine  unbedeutend.  FeHungen: 
Antwerpen,  Mens,  Oharleroi,  Philippeville, 
Marienburg,  Ath,  Tournay,  Menai,  Tpern,  * 
Gent,  Namur.  —  Münzen  und  Masse  nach 
franz.  System:  Francs  (k  100  Gent.),  Aune 
(Mdtre),  Litron  (Litre,  für  Getreide),  Baril 
(Hektoliter,  für  Flüssigkeiten).  Politische 
Kintheilung:  9  Provinzen. (Südbrabant,  Ant- 
werpen, Ost-  und  Westflandern,  Henne- 
gau, Namur,  Lüttich,  Limburg,  Luxem- 
burg); Haupt-  und  üesidenastadt  Brüssel; 
Sommersitz  des  Königs  Laeken.  Landes- 
farben: roth,  gelb  und  schwarz,  senkrecht 
neben  einander;  fTap^pen:  der  brabant.  Löwe 
mit  der  Ueberschrift :  ,L'union  fäetlt  la  force*. 
Geschichte,  Unter  den  Römern  bildeten 
die  von  celtischen  und  german.  Stämmen 
bewohnten  südl.  Niederlande  unter  dem 
Namen  Gallia*  belgica  einen  Theil  Galliens« 
Unter  der  fränk.  Herrschaft  gehörten  sie 
zu  Neustrien  (die  nördl.  zu  Austrasien), 
und  durch  den  Vertrag  von  Verdun  (843) 
kamen  jene  (Flandern  und  Artois)  zu  Frank- 
reich, die  nördl.  mit  Brabant  zu  Deutschland. 
Nach  Auflösung  des  karoling.  Reichsver- 
banda  wurden  erstere  nach  und  nach  in 
Herzogthümer  und  Grafschaften  umgewan- 
delt. Die  reiche  Grafschaft  Flandern  fiel 
nach  Erlöschen  des  Mannsstamms  ihrer 
Grafen  1385  an  das  Hans  Büxigund,  welchem 
zu  Anfang  des  15.  Jahrh.  durch  Erbschaft, 
Heirath,  Vertrag  n.  Kauf  auch  alle  andereu 
niederländ.  Provinzen  unter  seiner  Herr- 
schaft vereinigte.  Kaiser  Karl  V.,  der 
Enkel  Kaiser  Mai^imilians  L  und  der  Erbiu 
Maria  von  Burgund,  durch  deren  Vermäh- 
lung die  Niederlande  zu  Anfang  des  16. 
Jahrh.  an  das  Haus  Habsburg  gekommen 
und  als  burgund.  Kreis  dem  deutschen 
Reiche  hinzugefügt  worden  waren,  wies 
bei  seiner  Abdankung  (1555)  die  Nieder- 
lande seinem  Sohne  Philipp  II.  zu,  u.  zwar 
in  der  Weise,  dasa  sie  fortan  nach  Primo- 
geniturrecht  mit  der  span.  Monarchie  ver- 
einigt bleiben  sollten.  Die  reformatorisohen 
Bewegungen  u.  Philipps  II.  EingriiTe  in  die 
Rechte  der  Provinzen  führten  zum  Aufstand, 
welcher  den  nördl.  Niederlanden  die  Un* 
abhängigkeit  brachte,  während  die  südl.» 
B. ,  unter  der  Herrschaft  Spaniens  blieben* 
Nur  1598-1621  bUdeten  sie,  Ton  Philipp  H* 
an  seine  Tochter  Is&bella  u.  deren  Gemahl, 
den  Erzhersog  Albert,   abgetreten,   eisen 


Belgien. 


249 


selbstandigea  Staat.  Dann  fielen  sie  an  Spa- 
nien ssurück  und  wurden ,  unter  Statthaltern 
stehend,  in  den  Verfall  dieser  Monarchie 
mit  hineingerissen.  Im  pyrenäischen  Frieden 
1659  kam  die  Grafschaft  Artois  mit  anderen 
Gebieten  an  Frankreich,  und  die  Friedens- 
schlüsse Ton  Aachen  (1668)  und  Nymwegen 
(1679)  sicherten  diesem  weitere  Brobernngen, 
die  im  Frieden  vonRyswick  nur  zum  klei- 
nen Theil  zurückgegeben  wurden.  Durch 
den  Frieden  von  Utrecht  (1713)  fiel  B.  au 
Oesterreich,  das  aber  im  sogen.  Barridre-, 
traktat  den  Generalstaatendas  Besatzungs- 
recht in  den  wichtigsten  Festungen  längs 
der  franz.  Grenze,  sowie  die  Schliessung 
der  Scheide  zugestand.  Im  Österreich.  Erb- 
folgekrieg ward  fast  das  ganze  Land  yon 
den  Franzosen  unter  dem  Marschall  yon 
Sachsen  erobert,  im  Frieden  von  Aachen 
(18.  Okt.  1748)  aber  an  Oesterreich  zurück- 
gjegeben.  Durch  Verbesserung  der  Verwal- 
tung erwarb  sich  unter  Maria  Theresia  bes. 
der  Prinz  Karl  von  Lothringen  (f  1780)  als 
Statthalter  grosses  Verdienst  (Gründung 
der  belg.  Akademie  der  Wissenschaften). 
Joseph  IL  erzwang  von  den  Generalstaaten 
die  Aufhebung  des  Barridretraktats ,  ver- 
letzte aber  durch  seine  Neuerungen  die 
ireUgidsen  Sympathien  des  Volks  und  die 
stand.  Gerechtsame,  deren  AufrechterhtA- 
tung  die  in  der  Joyeuse  entrfo  für  Brabant, 
Limburg  und  Antwerpen  ausdrücklich  fest- 
gesetzte Bedingung  des  Gehorsams  war. 
In  Folge  davon  brach  Dec.  1789  in  Brüssel 
ein  Aufstand  aus,  uud  11.  Jan.  1790  konsti- 
tuirten  sich  die  belg.  Provinzen  als  ,ver- 
eintes  B.*  zu  einem  selbständigen  Staat,  in 
den  nur  Luxemburg  nicht  eintrat.  Die  Zer- 
würfhisse zwischen  der  aristokrat.  und 
demokrat.  Partei  der  Insurgenten  erleich- 
terten den  Oesterreichem  (Nov.  1790)  die 
Wiedereroberung  des  Landes  und  die  Her- 
stellung der  früheren  staatsrechtl.  Zustände. 
Nach  der  Schlacht  von  Jemappes  (7.  Nov. 
1798)  ward  B.  von  den  Franzosen  besetzt, 
die  aber  nach  Dumouriez  Niederlage  bei 
Neerwinden  (18.  März  1793)  dasselbe  wieder 
räumen  mussten.  Erst  der  Sieg  der  Fran- 
zosen bei  Flenrns  (86.  Juni  1794)  machte 
der  Herrschaft  der  Oesterreicher  für  immer 
ein  Ende.  B.  ward  darauf  Frankreich  ein- 
verleibt, in  9  Departements  eingetheilt  und 
die  Verwaltung  ganz  auf  firanz.  Weise  orga- 
nisirt.  Der  erste  pariser  Friede  (SO.  März 
1814)  unterstellte  B.  und  Holland  der  Herr- 
schaft des  Prinzen  Wilhelm  Friedrich  von 
Oranien-Nassau,  der  83.  März  1815  den  Titel 
^ines  Königs  der  Niederlande  annahm, 
woi%kuf  der  londoner  Vertrag  vom  19.  Mai 
1815  und  die  Beschlüsse  des  wiener  Kon- 
gresses vom  31.  Mai  und  9.  Juni  1815,  sowie 
der  zweite  pariser  Friede  die  Verhältnisse 
des  neuen  Königreichs  regelten. 
,  Der  nationale  und  religiöse  Gegensatz  zwi- 
schen den  reform.  Holländern  und  kathol. 
iBelgiem  machte  sich  bald  bemerkbar.  Der 
von  einer  gemischten  Kommission  ausgear- 
beitete Entwurf  einer  Konstitution  ward  von 
den  holländ.  Notabein  einstimmig  angenöm- 
sneD,  von  den  belg.  dagegen  mit  19$  gegen  627 


Stijumen  verworfen,  aber  gleichwohl,  naeh- 
dem  man  eine  Majorität  dafür  flngirt  hatte^ 
proklamirt.  Unzufriedenheit  auf  Seiten  der 
Belgier  erregten  namentl.  die  dem  König  aus- 
schUessl.  zugewiesene  Leitung  der  Kolonien, 
die  Vertheilung  des  Budgets,  die  Beiziehung 
B.s  zu  der  gesammten  holländ.  Schuldenlast, 
die  Anerkeunung  voller  Kultusfireiheit,  die 
Fnverantwortlichkelt  der  Minister  und  die 
gleiche  Vertheilung  der  Repräsentation 
zwischen  den  nördl.  und  südl.  Provinzen, 
während  bei  der  ungleich  stärkeren  Bevöl- 
kerung dieser  von  110  Deputlrten  68  allein 
auf  B.  hätten  kommen  müssen.  Die  Be- 
schränkung der  verfassungsmässigen  Press- 
freiheit durch  ausserordentl.  Verfügungen 
steigerte  die  Unzufriedenheit  aufs  Höchste, 
und  die  franz.  Julirevolution  1830  brachte 
dieselbe  endlich  zum  Ausbruch.  Volksauf- 
läufe zu  Brüssel  am  89.  Aug.  gaben  das 
Signal  zu  einer  allgemeinen,  über  ganz  B. 
sich  verbreitenden  Revolution.  Noch  aber 
dachte  man  nicht  an  die  Gründung  eines 
selbständigen  Staats;  man  forderte  nur 
Abstellung  der  Beschwerden  UAd  admi- 
nistrative Trennung  der  nördl.  und  südl. 
Landestheile.  Erst  als  auf  Betrieb  der 
holländ.  Deputlrten  die  Unterhandlungen 
scheiterten  und  ein  Armeeoorps  aus  Bra- 
bant gegen  Brüssel  anruckte,  vollendete 
sich  der  Riss.  Am  80.  Sept.  wurde  in  Brüssel 
eine  proviaor,  Regierung  gebildet,  welche, 
nachdem  der  Prinz  Friedrich  nach  4tägigem 
Kampfe  zur  Räumung  der  Hauptstadt  ge- 
zwungen worden,  am  4.  Okt.  die  Upabhän- 
glgkeit  B.s  erklärte  und  die  Berufung  eines 
Nationalkongresses  ankündigte.  Derselbe, 
10.  Nov.  eröffnet,  nahm,  unter  Ausschliessung 
des  Hauses  Oranien  vom  Throne,  für  B.  die 
konstitutionell-monarch.Verfassung  mit  dem 
Zweikammersystem  an.  Nachdem  die  Wahl 
des  Herzogs  von  Nemours  zum  belg.  König 
von  Seiten  der  londoner  Konferenz  der  Gross- 
mächte verworfen  worden,  ward  (83.  Febr. 
1831)  der  Präsident  des  Kongresses,  Baron 
Surlet  de  Chokier,  zum  provisor.  Regenten 
ernannt,  4.  Juni  aber  auf  Empfehlung  Eng- 
lands der  "Prinz  Leopold  von  Sach$en'Koburg 
zum  König  gewählt,  der  9.  Juli  die  Wahl 
annahm.  Holländ.  Truppen,  welche  Anfang 
Aug.  unter  dem  Prinzen  von  Oranien  in  B. 
einrückten,  zogen  sich  vor  einer  franz.  Hülfs- 
armeo  und  auf  die  Einsprache  der  Gtesandten 
Englands  und  Frankreichs  wieder  zurück. 
Da  die  von  der  londoner  Konferenz  verein- 
barten 84  Artikel,  welche  Luxemburg  und 
Limburg  zwischen  B.  und  Holland  theilten, 
von  Seiten  Hollands  verworfen  wurden,  blo- 
kirte  eine  engl. -franz.  Flotte  die  Scheide 
und  rückte  (15.  Nov.  1838)  abermals  ein 
franz.  Heer  ein,  welches  nach  84tägiger  Be- 
lagerung die  Gitadelle  von  Antwerpen  zur 
Kapitulation  zwang.  Der  Prälimiuarvertrag 
vom  81.  Mai  1833  zwischen  England,  Frank- 
reich und  Holland  machte  den  Zwangsmass- 
regeln ein  Ende.  Aber  erst  14.  März  183& 
erfolgte  die  definitive  Annahme  der  84  Ar- 
tikel von  Seiten  Hollands.  Seitdem  vollzog 
sich  in  B.  der  Ausbau  der  Verfassung  auf 
der  Basis  religiöser  Freiheit  und  municipaler 


2S0 


Belgiojoso  —  Bellarmin. 


Seltwtindigkttit.  Die  materiellen  Intsreuwn 
des  Luidfle  wurden  gefordert  dnrch  Eiaen- 
iMluibMi  nnd  Helmng  des  Fabrik  wesens. 
Trots  des  Kampfes  swisehen  der  liberalen 
und  klerikalen  Partei  tun  ^le  Parlamentär. 
Herrschaft  nnd  nm  die  Trage  des  öffentl. 
Unterrichts  wnrde  der  innere  Friede  selbst 
dnrch  die  Stfirm«  des  Jahres  1848  nicht  gej 
stört.  Den  öfter  sidi  regenden  Annexions- 
gelnsten  Frankreichs  wehrte  die  belg.  Be* 
giemng  dnrch  Yemiehmng  der  militar. 
Streitkräfte  des  Landes  nnd  dnrch  Umge- 
staltung Antwerpens  an  einem  grossen 
WalTenplatxe.  Leopold  I.  f  10.  Dec  1865 
nnd  hatte  seinen  Sohn  Leopold  H.  nun 
Nachfolger,  der  die  klnge  Politik  des  Vaters 
den  inneren  Parteikämpfen  gegenüber  fest- 
hielt. Vgl.  Bckeler,  »Annnaire  statistiqne  et 
historiqne  beige*,  1864—64;  JuUe,  .Hlstoire 
de  Belg^qneS  4.  AniL  1868, 2  Bde. ;  Moke,  ,Hl8t. 
de  la  Beigiqne*,  5.  Anfl.  1868;  Thcninen,  ,La 
Belgiqne  sons  le  rdgne  de  Leopold  I*,  2.  Aufl. 
1862;  OpptU,  ,Hl8t.  g6n4rale  et  chronologlqae 
de  UBelglqne  de  1830  k  1860',  1861 ;  Deehamp$, 
,Les  partis  en  Belgiqne  et  le  nonreau  rdgne*, 
1806. 

BelglcJOfO  (spr.  -dschojöso),  CrUtina, 
Fürtiin  von,. ital.  Schriftstellerin  und  Pa- 
triotin, geb.  28.  Juni  1808  als  Tochter  des 
Harchese  Geronimo  Isidoro  ron  Trivulzio, 
seit  1824  rermählt  mit  dem  Fürsten  Emilio 
Ton  Barbiano  nnd  B.,  seit  1858  Wittwe;  be- 
theiligte sich  1830  eifrig  an  den  Bewegungen 
in  der  Bomagna,  errichtete  Mirz  1848  auf 
eigne  Kosten  ein  Freicorps,  begab  sich  nach 
der  Einnahme  Boms  durch  die  Franzosen 
nach  Athen  nnd  ron  da  nach  Konstantino- 
pel, gelangte  dnrch  die  Amnestie  vom  Mai 
1856  wieder  in  den  Besitz  ihrer  eingezogenen 
Güter,  wirkte  seit  1858  für  Cavours  Plan. 
Sehr.  ,Emina.  Rfeits  tnrco-asiatiqnes*  (1856, 
2  Bde.);  ,R6flexions  snr  TMat  actuel  de 
lltalie  etc.*  (1869). 

Belgrad  (Weistenburg ,  lat.  Singidunum), 
Hanptst.  Ton  Serbien,  am  Einflnss  der  San 
in  die  Donau,  18,860  Ew.;  Festung  mittnrk. 
Besatzung  (4000  M^,  ehedem  sehr  wichtig 
(Schlüssel  der  Türkei);  Hittelpunkt  des 
Handels  zwischen  Ungarn  nnd  der  Türkei. 
Hier  21.  Juli  1456  Sitg  der  Ungarn  unter  Hu- 
uyad  über  Mohammed  11.  Ewiger  Friede  29. 
Dec.  17^  zwisclien  Russland  n.  der  Türkei. 

Bellal  (hebr.),  Verderben;  Satan. 

Bellscr,  Feldherr  unter  dem  oström. 
Kaiser  Justinian,  ansDacien  oder  ans  Thra- 
den  gebürtig,  fi>cht  (529)  siegreich  gegen 
die  Perser  unter  Kosru ,  unterdrückte  (&S2) 
einen  Aufstand  ß^ikaanfruhr)  in  Konstan- 
tinopel ,  machte  (^)  dem  Reich  der  Vanda- 
len  in  Afrika  ein  jBnde,  eroberte  Unteritalien 
(535),  Rom  (536)  nnd  Ravenna  (540),  ward 
abberufen  und  wieder  gegen  die  Perser, 
dann  (544)  Ton  Neuem  nach  Italien  gegen 
die  Ostgothen  gesandt,  549  durch  Narses 
ersetzt ,  sehlug  599  die  Bulgaren  Tor  Kon- 
■tantlnopel,  ward,  derThellnahme  an  einer 
Verschwörung  beschuldigt,  eingekerkert  n. 
wieder  Dreigelassen;  t  1^.  Mira  565.  Dass 
er,  der  Augen  beraubt,  in  Konstantinepel 
•ein  Brod  steh  habe  erbetteln  müssen,  ist 


wahrscheinl.  eine  Sage.  Seine  Geschidite 
schrieb  sein  Zeitgenosse  Prooopins.  Vgl.  Jfa- 
h4m ,  ,Life  of  B.*,  1829.  Zum  Helden  eines 
Trauerspiels  machte  ihn  £.  t.  Schenk. 

BeU«,  s.  Baiite. 

Belkna»  (spr.  Bellnäp),  WtUiam  Jf.,  nord- 
amerik.  Staatsmann,  geb.  1831  in  Hudson 
im  Staat  Newjork ,  focht  als  Major  in  der 
Schlacht  bei  Shiloh  als  Oberst,  nahm  am 
Sturm  aufVicksbnrgTheil,  machte  1863  als 
Brigadegeneral  den  Westfeldzng  Shermans 
mit  und  bestand  seine  letzte  Walfenprobe 
bei  BentouTille.  Seit  1866  Stenerkontroleur 
Ton  Iowa,  ward  er  Okt.  1869  Tom  Präsiden- 
ten Grant  zum  Kriegsminister  ernannt. 

Bell,  1)  Andrew,  anglikan.  Geistlicher 
im  brit.  Nordamerika ,  später  in  Madras  in 
Ostindien,  geb.  1753  zu  St. -Andrews  in 
Schottland ,  bildete  als  Lehrer  in  dem  dor- 
tigen ,Asyl  der  Militärwaisenknaben*  die 
Methode  des  gegenseitlgeu  Unterrichts  (s. 
BM-laneaeter»eke$  ÜfUerrichiseyttem)  fr eiter 
aus  und  wurde  1807  mit  der  Einführung 
derselben  in  den  hocbkirchllcben  Armen- 
schnlen  beauftragt;  f  27.  Jan.  1832  znChel- 
tenham.  Sehr.  ,An  experiment  in  edueation 
made  in  the  asylum  of  Madras*  (1797).  — 
2)  Bobert,  engl.  Schriftsteller,  geb.  10. 
Jan.  1800  zu  Cork  in  Irland ,  lebt  als  Re- 
dakteur der  ,Home  News*  in  London. 
Sehr.  ,History  ofRussia*  (18S&-S8,  3  Bde.); 
,Live8  of  the  English  poets*  (1838,  2  Bde.); 
,Lives  of  the  English  dramatisk*  (1837, 
2  Bde.);  ,Life  of  George  Gannlng*  (1846); 
die  Schauspiele  ,Marriage*  (1842),  ,Mothers 
and  daughters*  (1843)  und  »Temper*  (1849); 
den  Roman  ,The  ladder  of  gold'  (1850,  3  Bde.) 
u.  A.;  gab  die  «Annotated  edition  of  tbe 
british  poets*  (neue  Aufl.  1866,  29  Bde.)  heraus. 

Bellte,  Stadt  im  franz.  Depart.Obervienne, 
3674  Ew.   Merkw.  Dmidendenkmal. 

Belladouia,  Pflanzengattung,  s.  Atropa, 

Bellaggio  (spr.  -ladseho),  Flecken  in 
der  ital.  Pror,  Como,  in  reizender  Lage  am 
Comersee,  wo  derselbe  sich  spaltet,  2712  Bw. 

Bellimy,  Jakcb,  holl.  Dichter,  geb.  12.  Nor. 
1757  zu  Vliessingen,  f  H-  März  1786.  Haupt- 
werke :  ,Vaterlandsche  gezangen*  (1782)  nnd 
die  Dichtung  ,Roosje*  (1785,  deutsch  Ton 
Janeeen  1834).    ,Gedichten*  (3.  Aufl.  1842). 

Bellang^  (spr.  -schee),  Bippolyte,  fnms. 
Schlachtenmaler,  geb.  17.  Jan.  1800  zu  Pa- 
ris, Schüler  Ton  Gros,  seit  1861  Ofteier  der 
Ehrenlegion;  f  10.  April  1866  zu  Pari«. 
Hauptwerke:  Schlacht  bei  Wagram,  Napo- 
leons Rückkehr  Ton  Elba,  Kürassiere  ron 
Waterloo,  Schlacht  bei  Magenta;  auch  S^^f^ 
artige  Darstellungen  ans  dem  Soldatenlepe^« 

BelUri,  Stadt  in  der  angloind.  Frifid* 
Madras,  30.430  Ew.,  wichtige  militär.  Station. 

BellAnala.  Bobert,  gelehrter  Jesuit ,  g^«* 
4.  Okt,  1542  zu  Monte- Puleiano  im  n^'J* 
tinischen,  trat  1500  in  den  Jesuitenorden, 
ward  ISee  Kardinal,  1605  Protektor  de« 
Gölestinerordens;  t  17.  Sept.  1621  zu  V^ 
In  der  Sehr.  ,De  potestate  pontlficis  in  tem- 
poraUbus*  TerHieidlgte  er  die  Oberhenrncn" 
keit  des  Papstes  über  alle  Könige.  Banpv- 
werk  ,Di8puUtione8  de  oontroTorsiis  onei 
adTersni  higus  temporls  haereticos*  (»<>'" 


Belle -AUiance  —  Bellöna. 


251 


1581;  heransg*  von  Batuen  1842;  deutsch 
TOD  Oumpoach  1842).  Als  Gegenschrift  gab 
4Sferhard  heraus:  ,B.,  orthodoxias  testis* 
<1631— 38.  S  Bde.).  Werke  äCölD  1619,  7  Bde.). 

Belie-Allianee  (spr.  Bell-AUiangs),  Meier- 
hof in  der  belg.  Pror.  Südbrabaut,  wonach 
■die  Schlacht  beiWaterloo  (s.  d.)  benannt  wird. 

Bellean  (spr.  Beiloh),  JSemjf,  franz.  Dichter, 
einer  der  sogen,  klass.  Plejade,  geb.  1528 
-zu  Nogent-le- Botron,  t  ^*  März  1577  sn 
Paris.  Sehr,  gezierte  Sonette,  Lieder,  Oden 
etc.    Werke  (Paris  1578,  2  Bde.). 

BellAgarde  (spr.  Bellgard),  Felsenfestnng 
im  franz.  Dep.  Oberpyrenäen,  an  der  von 
Perpignan  nach  Katalonien  l&hrenden  Py- 
renaenstrasse ,  deckt  den  Uebergang  über 
<leü  Col  de  Pertnis. 

Bellegude  (spr.  Bellgard),  Friedr.  Heinr., 
Oraf  von,  Österreich.  Qeneralfeldmarschall 
und  Minister,  geb.  18.  Dec.  1760  zu  Cham- 
bery,  focht  Im  Tftrkenkriege  von  1788  und 
nahm,  seit  1796  Feldmarschalllieutenant,  an 
den  Kriegen  bis  1815  hervorragenden  An- 
theil,  war  mehrmals  Präsident  des  Hof- 
kriegsraths,  bis  1825  zugleich  Staats-  und 
Konferenzminister;  f  ^-  J°ii  ^^^  2U  Wien. 

Belle -Iflie  (spr.  Bel-ihl),  befest.  Insel  im 
atlant.  Meer,  an  der  Südkfiste  der  Bretagne, 
zum  trtinz.  Dep.  Morbihan  gehörig,  9800  Ew. 

Bellelsle  (spr.  Bel-ihl),  Charles  Louis 
Auguste  Foulet ,  Qraf  von ,  Marschall  von 
Frankreich  und  Diplomat,  geb.  22.  Sept. 
.1684  zu  Yillefrancho,  mit  Broglie  Befehls- 
haber der  flranz.  Armee  im  Österreich.  Erb- 
folgekrieg, 1746  General  en  ohef  der  Italien. 
Armee,  um  Organisation  des  Aranz.  Heer- 
-wesens  verdient;  f  26.  Jan.  1761. 

Bellelsle- Strasse  (spr.  Bel-ihl-),  Strasse 
zwischen  Nenfoundland  und  Labrador. 

Bellenz,  Stadt,  s.  Beüintona. 

Bellermami,  1)  Ohristian  Friedrich,  geb. 
8.  Juli  1793  zu  Erfurt,  1818—25  Pfarrer  der 
deutsch -evangel.  Gemeinde  zu  Lissabon, 
1827—85  Gesandtschaftsprediger  zu  Neapel, 
dann  Pfarrer  zu  St. -Paul  In  Berlin;  f  24. 
März  1863  in  Bonn.  Verf.  theok>g.  Schriften; 
sehr,  ausserdem:  ,I>ie  Katakomben  zu  Nea- 
pel* (1839);  ,I>ie  alten  Liederbücher  der 
Portugiesen*  (1840);  .Portngies.  Volkslieder 
und  Romanzen*  (1864).  —  2)  Joh,  Friedrieh, 
Bruder  des  Vor.,  geb.  8.  März  1795  zu  Er- 
furt, seit  1847  Direktor  des  Gymnasiums  zum 
grauen  Kloster  in  Berlin.  Verdient  um  die 
Kenntniss  der  alt -griech.  Musik;  sehr.  ,Die 
Hymnen  des  Dlonysins  und  Meomedes*  (1840) ; 
,Die  Tonleitern  und  Musiknoteu  der  Grie- 
chen* (1847)  u.  A.  -'S)  Heinrieh,  Sohn. des 
Vor.,  geb.  10.  März  1832  zu  Berlin,  seit  1866 
Prof.  der  Musik  an  der  das.  Unlrersität. 
Sehr.  ,Die  Mensuralnoten  und  Taktzeichen 
des  15.  u.  16.  Jahrb.*  (1858);  ,Ber  Contra- 
punkt*  (1862)  u.  A. 

Belleröplioay  eig.  Hipponous,  Sohn  des 
korinth.  Königs  Glauons  und  derEurymede, 
tödtete  seinen  Bruder  Bellems  aus  Ver- 
sehen, floh  nach  Argos,  erlegte  hier  mit 
Hülfe  des  geflügelten  Bosses  Fegasus  das 
Ungeheuer  Chlmära,  wollte  sich  auf  dem 
Pegasus  zum  Olymp  emporschwingen,  ward 
aber  abgeworfen  lud  erblindete. 


Beiles  lettre8(Ar.,  spr.  Bell  lettr),  die 
sogen,  schönen  Wissenschaften;  Belletrist ,i 
Einer,  der  sich  mit  diesen  beschäftigt  und 
sie  ausübt  (Belletristik). 

Belliard  (spr.  Belliahr),  Augustin  Daniel, 
Graf,  franz.  General,  geb.  .25.  März  1769 
zu  Fontenay ,  machte  die  Expedition  nach 
Aegypten  mit,  focht  bei  Austerlitz,  Jena  n. 
Friedland,  seit  1808  in  Spanien,  1812  in 
Russland,  1813  bei  Dresden  und  Leipzig  als 
Generaladjutant  der  Armee,  ward  1814  Ober- 
befehlshaber der  Kavallerie,  nach  der  zwei- 
ten Restauration  Nov.  1815  als  angeblicher 
Theilnehmer  an  einem  Komplet  zu  Neys 
Befreiung  verhaftet,  1819  Palr,  wirkte  nach 
der  Julirevolution  1830  in  Wien  für  Ludwig 
Philipps  Anerkennung ;  t  ^.  Jan.  1832. 

BeUinlyvenet.  Malerfamilie,  deren  Stamm- 
vater OiacomoO.  (t  1470),  Schüler  des  Gentile 
da  Fabriano,  ist.  Am  bedeutendsten  dessen 
jüngster  Sohn,  Giovanni  B.  (Oianbeüin, 
SanbeÜin  genannt),  geb.  1428,  f  1516,  der 
Gründer  der  altern  venet.  Schule.  Seine 
Ctomälde  durch  den  Ausdruck  milden  Ernstes 
oder  kindlicher  Heiterkeit  anziehend.  Haupt- 
werke in  Venedig,  Dresden,  Berlin  etc.  Sein 
älterer  Brhder  Gentile  B.,  geb.  1421,  f  1507, 
hat  etwas  mehr  alterthümliche  Richtung; 
Werke  in  Venedig  und  Mailand. 

Belllnl)  Vineenzo,  ital.  Opernkomponist, 
geb.  3.  Nov.  1802  zu  Catanea  in  Sicilien, 
Schüler  des  Konservatoriums  zu  Neapel,  seit 
1833  in  Paris;  t  das.  24.  Sept.  1835.'  Frucht- 
barer Nachahmer  Rossinis:  Hauptwerke: 
,Norma*,  ,Die  Nachtwandlerin*  u.  ,bie  Puri- 
taner* (letztes  Werk).  Vgl.  Fbugin,  ,B.*,  1868. 

BelllnsQna  (BeUenn),  Stadt  im  Kanton 
Tessin,  am  Tessin  (714' 1.  Brücke),  3  Kastelle, 
2330  Ew.  Speditionshandel  über  den  St. 
Gotthard  ynd  St.  Bernhard. 

Belüg  X.  (Masdiebe,  dfünsMume),  Pflan- 
zengattnng  der  Kompositen.  B.  perennis  L. 
in  ganz  Europa,  kultivitt  als  Tausend- 
schönchen (B.  hortensis  MiU.). 

Bell  -  laneastersehefl  IJnterrielitssystem 
(Methode  des  gegenseitigen  ünterriehts),  Lehr- 
system, bei  welchem  die  vorgerückteren 
Schüler  unter  Aufticht  eines  Lehrers  die 
schwächeren  untenichten ,  war  schon  1623 
in  Ostindien ,  seit  1747  in  der  Schule  des 
Hospitals  der  Barmherzigkeit  in  Paris  in 
Anwendung,  wurde  aber  erst  durch  Andreas 
Bell  (s.  d.  1)  u.  Jos.  Lancaster  ausgebildet, 
seit  1811  bes.  in  England  und  Nordamerika 
verbreitet.  Vgl.  Bamiseh,  ,  Ausfuhr  liehe 
Darstellung  und  Beurtheilung  des  Bell- 
Lancasterschen  Schulwesens  etc.*,  1819. 

Bellzuui,  Karl  Michael,  schwed.  Volks- 
dichter, geb.  24.  Febr.  1741  zu  Stockholm, 
seit  1775  Hofsekretär;  f  ^0.  Febr.  1795.'  Im 
Leben  dissölut;  als  Dichter  am  bedeu- 
tendsten In  bacchanalischen,  idyllischen  u. 
humoristischen  Liedern,  die  er  mit  eigenen 
Melodien  versah;  sehr,  ausserdem  kleine 
dramat.  Spiele  (Der  glückliche  SchiATbrnoh, 
Das  Wirthshaus  etc.),  ,Sions  Högtid*  (Be- 
trachtmigen  in  Versen  über  Texte  der  Evan* 
gellen)  u.  A.  Vgl.  WinUrfdd,  ,Der  sohwe* 
dische  Anakreon*.  1866. 

Belliu    (Du9Uona)i    Kriegsgöttia    der 


252 


Bellona  —  Bern. 


Bömer,  bei  den  Dichtern  bald  Gemahlin, 
bald  Schwester  des  Mars.  In  ihrem  Tempel 
auf  dem  Marsfelde  £u  Rom  gab  der  Senat 
den  Konsuln,  welche  auf  den  Triumph 
Anspruch  machten,  Audienz.  Ihre  Priester, 
die  BeÜonarii,  ritzten  sich  beim  Opfern 
Schenkel,  Nacken,  u.  Arme  u.  besprengten 
den  Altar  mit  ihrem  Blute,   bes.  24.  März. 

Bellönty  Asteroid,  s.  Haneten. 

Bellotstrftsse,  im  arkt.  Amerika,  zwischen 
Boothia  und  Nordsomerset;  benannt  nach 
dem  franz.  Schiffslieutenant  Bellot  (f  1852 
im  Eismeer). 

BellOjr  (spr.  -loa),  Pierre  Laurent  Bui- 
rette  <{m,  franz.  Bühnendichter  aus  der  Zeit 
des  ,klas8ischen*  Handwerksgebrauchs,  geb. 
17.  Nov.  1727  zu  St.  Flour  (Auvergne),  f 
5.  März  1775  zu  Paris.  Beste  Stücke:  jLe 
si^ge  de  Galais'  und  ,Gascon  de  Bayard'. 
jOeuvres*  (1779-87,  6  Bde.). 

Bellrocky  einsame  Klippe  in  der  Ostküste 
von  Schottland,  unfern  des  Firth  of  Tay, 
mit  ber.Leuchtthurm  (1811  erb.,  20Flammen). 

Bellnno,  ital.  Prov.  (Venetien),  59  QM., 
167,229  Ew.  Die  Hauptst,  B.,  zwischen  den 
Flüssen  Piave  und  Ardo,  14,176  Ew.  Herzog 
von  JB. ,  Titel  des  franz.  Marschalls  Victor. 

Bellye,  Dorf  im  uugar.  Komitat  Baranya, 
an  der  Donau ;  Hauptort  der  dem  Erzherzog 
Albrecht-  gehörigen  Herrschaft  B.  (15  QM. 
mit  35  Ortschaften). 

Belmont.  Dorf  in  Kentucky  (Nordamerika) ; 
1.  Nov.' 1861  Bieg  der  Konföderirten  unter 
Plllow  über  die  Unionisten  unter  Grant. 

Belmontet  (spr.  -mongteh),  Louis,  franz. 
Dichter  und  Publicist,  geb.  25.  März  1799 
zu  Montauban;  begründete  1830  die  bona- 
partist.  Zeitschrift  ,Tribun  de  peuple*  und 
'gab  1839  die  Memoiren  der  Königin  Hortense 
heraus;  1852  u.  1863  in  den  gesetzgebenden 
Körper  gewählt.  Hauptwerke:  ,Iies  Tristes* 
(Elegien,  1824),  ,Ije  souper  d* Auguste'  (Ge- 
dicht, 1828)  und  ,Une  fete  de  N6ron'  (Tra- 
gödie, 1829);  sehr,  noch  zahlr.  Oden  zur 
Vevherrlichung  des  Kaiserreichs  (,Napol6o- 
niennes')  und  ,Po^sie  des  larmes'  (1865). 

Belol  (Bjely),  Stadt  im  russ.  Gonv.  Smo- 
lensk,  an  der  Obscha,  6746  Ew. 

Belolgorod  (russ.,  weisse  Stadt),  s.  Moskau. 

Belper,  Stadt  in  der  engl.  Grafisch.  Derby, 
am  Derwent,  9509  Ew.,  Baumwollindustrie. 

BelsSzftr  (eig.  Belschätzar) ,  Sohn  des 
Nebukadnezar,  letzter  König  von  Babylon 
aus  dem  Stamme  der  Chaldäer,  ward  im 
17.  Jahre  seiner  Regierung  von  den  Persern 
und  Medern  unter  Gyrus  in  seiner  Haupt- 
stadt belagert  und  bei  -der  Eroberung  der- 
selben (538  V.  Ghr.)  getödtet.  In  den  grieoh. 
Berichten  üabonnedos  oder  Labynetoa. 

B^lty  zwei  Meerengen  zwischen  Ost-  und 
Nordsee.  Der  grosse  £.,  zwischen  Seeland 
und  Fünen,  8  M.  1.,  2V4— 4  M.  br.,  8—16 
Faden  tief;  für  die  Schifffahrt  gefährlich 
wogen  Untiefen  und  starker  Strömungen, 
aber  doch  J>efahren ;  der  kleine  B.,  zwischen 
Fünen  und  Jüiland ,  Vio— 2  M.  br. ,  5^14 
Faden  tief;  weniger  beführen. 
.  BelndselilgUii,  Land  in  Asien,  der  Süd- 
oBttheil  des  iran.  Plateaus,  zwischen  Aigha? 
aistaa  und  dem  arab.  Meer,  ()as  alte  Qe- 


drosien,  7800  QM.,  2  Mill.  Ew.  Der  grösst» 
, Theil  steiniges,  trocknes,  unfruchtbares 
Hochland,  im  O.  begrenzt  durch  das  Brahui- 
gebirge,  im  S.  terrassenweise  zum  flachen 
sandigen  Küstenstriche  abfoUend ;  fruchtbar 
nur  die  Landschaften  Katscha -Gandawa  u. 
Kelat  im  NO.  Gewässer  unbedeutende 
Küsten-  oder  Steppenflüsse.  Klima  in  dem 
wüsten  Strich  heiss,  in  den  Tliälern  feucht 
und  warm,  in  Gebirgsgegenden  streng,  aber 
gesund.  Bewohner  im  N.  u.  W.  die  eigent- 
lichen ^eZut^scft«»  (ein  Gemisch  von  Persem, 
Hindu,  Semiten),  im  O.  die  Brahuis  (Rest 
der  Urbewohner,  mit  eigehthümlicher 
Sprache),  im  SO.  die  Lamri,  sämmtlich 
sunnit.  Mohammedaner  und  Hirtenvölker, 
die  ersteren  räuberisch ,  die  beiden  letzteren 
friedliebend;  ausserdem  Hindu,  Tadschiks 
(Dehwar),  Armenier,  Juden  (in  den  Städten). 
Hauptstadt  Kelat,  Residenz  des  Oberkhans, 
dem  die  übrigen  Stammeshäuptlinge  (Sir- 
dare)  e^ne  Art  Heeresfolge  leisten.  Vgl. 
ThortttoH, ,  Agazetteer  of  the  counties  adjaceut 
to  India  on  the  North  west*  (1844 ,  2  Bde.). 

Belnm,  Dorf  im  preuss.  Itegbz.  Stade, 
nahe  der  Ostemündung,  870  Ew. ,  Pferde- 
markt; Batterie  zur  Küstenvertheidigung. 

Belur-tftgh  (Bolor-tagh),  der  Westrand 
des  ostasiat.  Hochlandes,  ein  breites,  von 
N.  nach  S.  streichendes,  noch  wenig  er- 
forschtes Hochgebirge,  mit  dem  Pamirpass 
(18,000')  und  mehreren  Verzweigungen  und 
Alpenstufen  gegen  W.;  verknüpft  den 
Himalaya  mit  dem  Thianschan  u.  scheidet 
die  Stromgebiete  des  Amu  u.  des  Jarkand. 

Belvedere  (ital.,  franz.  Bellevue,  d.  i. 
schöne  Aussicht),  Name  mehrerer  Lust- 
schlösser, z.  B.  zu  Weimar,  Wien  etc.  Be- 
rühmt bes.  der  mit  dem  Vatikan  verbun- 
dene Bxlast  B.  in  Rom  mit  dem  Museo 
Pio  Glementino  (Sammlung  von  Antiken, 
darunter  der  ApoU  von  B.). 

Belvedere,  Ort  in  Griechenland  (Achaja), 
an  der  Stelle  des  alten  Elis. 

Beiz,  Stadt  im  östl.  Ga^zien,  an  der 
Zolokia,  2630  Ew.;  Hauptort  eines  ehemals 
russ.,  dann  (s.  1462)  poln.  Herzogthums. 

Beizen,  s.  Veredeln.  [dam,  2627  Ew. 

Belzlg.  Kreisst.  im  preuss.  Begbz.  Pots- 

Belzöni,  Giovanni  Battiata,  ital.  Reisender, 
geb.  5.  Nov.  1778  zu  Padua,  begab  sich 
1815  nach  Aegypten,  widmete  sich  daselbst 
der  Erforschung  der  ägypt.  Alterthümer, 
eröffnete  1817  das  Grab  des  Psammetich  u. 
die  Pyramide  des  Ghephren,  fand  an  der 
Küste  des  rothen  Meeres  die  Smaragd- 
gruben von  Zubara  und  die  Trümmer  des 
alten  Berenice,  besuchte  die  Oase  Siwah, 
unternahm  1822  eine  Reise  nach  Timbuktu 
in  Afrika;  f  3.  Dec.  1823  zu  Gato.  Sehr. 
,Narrative  of  the  Operations  and  recent 
discoveries  etc.  in  Egypt  and  Nubia*  (1821). 

Bern,  Joseph,  poln.  General,  geb.  1795  zn 
Tarnow  in  Gallzien,  seit  1819  Hauptmann 
in  der  reorganislrten  poln.  Armee,  1825 
verabschiedet,  während  der  poln.  Revolution 
von  1831  General,  dann  in  Paris.  Okt.  1848 
in  Wien  Organisator  der  Vertheidignngs- 
mittel ,  entkam  er  nach  der  Kapitulation, 
sammelte  in  Ungarn  im  Auftrag  der  &e> 


Bemmel  —  Benedek. 


253 


Siemng  ein  Crorps,  brach  Ende  1848  in 
Siebenbürgen  ein,  schlug  19.  Dec.  die 
Oesterrelcher  bei  Dees,  ward  4.  Febr.  von 
iPnchner  bei  Vizakna  geschlagen,  eroberte 
11.  März  Hermannstadt ,  dann  Kronstadt, 
suchte  aber  die  Vereinigung  der  Bussen 
und  Oesterreicher  vergebl.  zu  hindern.  Bei 
Schässburg  IS.  Juli  1849  geschlagen,  -ging 
er  nach  Ungarn  zurück,  betheiligte  sich  an 
der  Schlacht  bei  Temesvar  (9.  Aug.)  and 
rettete  sich  dann  auf  türk.  Gebiet.  Zum 
Islam  übergetreten,  erhielt  er  unter  dem 
Namen  Amurat- Pascha  eine  Stellung  in  der 
türk.  Armee.  Im  Nov.  1850  unterdrückte 
er  in  Aleppo  an  -der  Spitze  4er  türk.  Trup- 
pen den  Aufstand  der  arab.  Bevölkerung 
gegen  die  Christen ;  f  10.  Dec.  1850.  Sehr. 
,Expo86  g6n6ral  de  la  m6thode  mn6raonique 
Polonaise  etc.*  (1889).  Vgl.  Czecx,  ,B.8  Fcfid- 
ziig  in  Siebenbürgen*,  1850. 

Bemmel,  zahlreiche  Malerfamilie;  Stamm- 
vater:  Wilhelm  van  B.,  geb.  10.  Juni  1630 
in  Utrecht,  seit  1662  in  Nürnberg,  f  ^^  Wöhrd 
10.  Nov.  1708;  als  Landschaftsmaler  ausge- 
zeichnet. Seine  beiden  Söhne:  Joh.  Oeorg, 
geb.  1669  zu  Nürnberg,  t  1723,  und  Peter, 
geb.  1685  zu  Nürnberg,  f  1754  zu  Regens- 
bni^^  ebenfalls  Land  Schafts-,  ersterer  auch 
tre^.  Thiermaler.  Unter  deren  Nachkom- 
men ist  bes.  Karl  Sebastian  van  B.,  Enkel 
Feters,  geb.  1743  zu  Bamberg,  f  17^  ^^ 
Nürnberg,  als  Aquarellmaler  (Seestücke, 
Feuersbrüüste  etc.)  hervorzuheben. 

Ben  Oio^>^*  ^D^  arab.),  Sohn,  dient  mit 
dem  Namen  dos  Vaters  als  Beiname  von 
l*ersonen,  z.  B.  AH  Ben -Hassan,  d.  i.  Ali, 
Hassans  Sohn ,  bei  Juden  häufig  auch  vor 
den  Familiennamen  gesetzt,  z.  B.  Ben- 
Jaisch,  d.  i.  Baruch,  Ben-Melech,  d.  i.  Sa- 
lomo.  Aus  der  Zusammensetzung  des  B. 
und  des  väterl.  Namens  sind  in  neuerer 
Zeit  neue  Familiennamen  gebildet  worden, 
analog  den  Zusammensetzungen  mit  dem 
ddutschen  ,sohn*  und  dem  dänischen  ,sen', 
z.  B.  Benary,  Beudavid,  Benfey  etc. 

Benires,  Stadt  in  der  angloind.  Präsid. 
Agra,  am  Ganges,  200,000  Ew.  (50,000  Mo- 
hammed.); 1000  Hindutempel  und  333  Mo- 
scheen (darunter  die  prächtige  des  Aureng- 
Zeyb);  uralter  fiitz  aller  brahman.  Gelehr- 
samkeit (her.  HinducpUege ,  Sternwarte)  u. 
ali  heilige  Stadt  von  den  Hindu  hochge- 
ehrt und  vielbesucht.  Mittelpunkt  bedeut. 
Industrie  (Sbawl-,  Indigo-,  Gold-  und 
Silberstoff-,  Zuckerfabriken)  und  eines  aus- 
gedehnten Handels  (Hauptmarkt  für  Edel- 
steine in  ganz  Asien). 
'  Benekendorfy  Alexander,  Graf  von  B., 
russ.  Genera],  geb.  1783  in  Esthland,  machte 
die  Feldzüge  1813  — 15  mit,  zeichnete  sich 
bei  Unterdrückung  der  Militärrevolution  bei 
Nikolaus  Thronbesteigung  aus,  ward  1829 
General  der  Kavallerie,  organisirte  als  steter 
Begleiter  des  Kaisers  eine  geheime  Polizei ; 
t  23.  Sept.   1844. 

Benda.  sahireiche  Musikerfamilie.  Stamm- 
vater: Hans  Georg  B,,  mnsikal.  Leineweber 
in  dem  böhm.  Dorfe  Alt-Benatka.  Unter 
seinen  4  ebenfalls  mnsikal.  Sölinen  zeich- 
neten sich  bes.  aus:  Franz  B.,  der  älteste, 


geb.  25.  Nov.  1709  zu  Ali-Benatka,  seit  1732" 
in  Berlin ,  1771  zum  Kapellmeister  Fried- 
richs II.  ernannt;  f  das.  7.  März  1786;  aus- 
gez.  Geiger  und  Komponist  für  sein  Instru- 
ment ;  und  Georg  B.,  geb.  1721  in  Jungbunz- 
lau,  1748  —  87  Kapellmeister  in  Gotha, 
später  in  Hamburg  und  Wien ;  f  6«  Nov.  1795 
in  Köstritz ;  der  berühmteste  des  Namens  B.,' 
Violinist, Oboist,  treffl.  Pianist  und  Kom- 
ponist; sehr,  zahlr.  Opern,  z.  B.  ,MedeaV 
und  die  Melodramen  (die  ersten  in  Deutsch- 
land) ,PygmaIionS  ,Ariadne  auf  Naxos'. 
Die  Söhne  beider  haben  sich  ebenfalls  als 
Violin-  oder  Klavierspieler  wie  in  der  Kom- 
position hervorgethau.  Anna  Franciska  B., 
die  einzige  Tochter  des  Stammvaters,  geb. 
1726,  t  1780  zu  Gotha,  war  eine  der  fer- 
tigsten Sängerinnen  ihrer  Zeit.  Joh,  Wilh, 
Amadeus  Otto  B.,  Enkel  von  Franz  B.,  geb. 
30.  Okt.  1775  zu  Berlin,  t  n<^ch  wechsel- 
vollem Leben  28.  März  1832  als  Regierungs- 
ratli  zu  Oppeln;  als  Uebersetzer  Shake- 
speares (1825—26,  19  Bde.)  bekannt. 

Bendemann,  Eduard,  ausgez.  Maler  der 
düsseldorfer  Schule,  geb.  3.  Dec.  1811  zu 
Berlin,  Schüler  Schadows,  mit  diesem  1830 
in  Italien,  seit  1838  Prof.  an  der  Kunst- 
akademie zu  Dresden;  1860  zum  Direktor 
der  düsseldorfer  Malerakademie  ernannt. 
Seine  zahlreichen  Werke  meist  grossartig 
komponirt,  durch  Tiefe  des  poetischen  Ge- 
dankens, treffl.  Charakteristik  u.  meister- 
hafte Technik  ausgezeichnet.  Hervorzuhe- 
ben :  die  trauernden  Juden  (1832,  gest.  von 
Ruscheweyh),  zwei  Mädchen  am  Brunnen 
(1833,  gest.  von  Feising),  die  Töchter  des 
serb.  Fürsten  (1834),  die  drei  Könige  auf  der 
Wanderung,  die  Ernte  fgest.  von  Eichens), 
der  Hirt  und  die  Hirtin  (nach  Uhland,  gest. 
von  Steifensand) ,  Jereroias  auf  den  Trüm- 
mern von  Jerusalem  (1836),  die  Fresken  im 
königl.  Schloss  zu  Dresden,  Abführung  der 
Juden  in  die  babylon.  Gefangenschaft,  viele 
kleine  Bilder  idyll.  Inhalts ;   Porträts   etc. 

Bender  9  befest.  Stadt  im  russ.  Gouv. 
Bessarabien ,  am  Di^estr,  Citadelle,  22,448 
Ew. ;  1770  u.  1774  von  den  Russen  erobert, 
aber  den  Türken  zurückgegeben,  seit  1812 
russisch.  Im  nahen  Dorfe  Vamitza  lebte 
Karl  Xn.  von  Schweden  1709—12. 

Bender- Abassl 9  Hafenstadt  in  der  pers. 
Prov.  Kerman,  an  der  Strasse  von  Ormuz, 
dem   Imam   yon  Maskat  gehörig,   ehemals' 
wichtige    Niederlage    ind.    Waaren,    jetzt 
herabgekommen,  4000  Ew. 

Bendorf,  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Koblenz, 
am  Rhein,  2843  Ew.    Eisenwerke. 

Beneeke.  Georg  Friedr.,  Germanist,  geb. 
10.  Jan.  1762  zu  Mönchsrode  im  Fürsten» 
thum  Oettingen ,  seit  1814  Prof.  der  Philo- 
sophie zu  Göttingen ,  f  ^^^'  ^^*  ^^K-  18^* 
Sehr.  (Beiträge  zur  Kenntniss  der  altdeut- 
schen Sprache  und  Literatur*  (1810  —  32, 
2  Bde.),  gab  heraus  Boners  ,Edelstein  oder 
Fabeln*  (1816),  Wirnt  von  Gravenbergs 
,WigaIois*  (1819),  mit  Laehmann  Hartmaans 
von  Aue  ,Iwein*  (1827).  Sein  ,Mitte]hoch- 
deutsches  Wörterbuch*  gaben  W,  MüUtr  und 
ZamcTce  (Bd.  1—3,  1847  —  67)  heraus. 

Benedek ,  Ludw,  ton ,   Österreich.  Feld- 


254 


Benedetti  —  Benediktiner. 


sengraeisteri  geb.  1804  ni  Oedenborg  in 
T7ng»rn,  focht  1818  und  1849  als  Oberst  im 
ital.  Kriege,  befehligte  als  Generalmajor  in 
Ungarn,  ward  dann  Chef  des  Generalqnar- 
tJermeisterstabs  bei  der  zweiten  Armee  unter 
Badetsky,  1858  zum  Feldmarscballlleutenant 
befordert,  18S9  Kommandeur  des  8.  Arinee- 
eorps  in  Italien,  seichnete  sich  bei  Solferino 
ans,  ward  nach  dem  Vrieden  von  Villafranca 
knm  Feldeeagmeister  u.  Generalgonvemeur 
▼on  Ungarn  ernannt,  Nov.  1860  wieder  an 
die  Spitze  der  ital.  Armee  berufen.  1866  im 
Krieg  gegen  Prenssen  zum  Generalissimus 
ernannt,  bnsste  er  bei  Königgratz  seinen 
militar.  Ruhm  ein ,  musste  wegen  -  seines 
Verlabrens  eine  kriegsgerichtliche  Unter- 
suchung über  sich  ergehen  lassen,  die  aber 
bald  eingestellt  ward,  lebt  verabschiedet 
seitdem  in  Graz  und  Pestli. 

Benedetti,  1)  Alexander  Beuedictus,  Medici- 
ner,  geb.  zu  Legnano  bei  Verona,  ward  1493 
Prof.  der  Anatomie  zu  Padua,  1495  Militär- 
arzt in  venetian.  Diensten;  1 1&8Ö*  Restau- 
rator der  Medicin.  ,Opera'  (15S3 und  1549).  — 
8)  Vinceruio,  Graf,  franz.  Diplomat,  geb.  1815 
inKorsika,  erst  Kanzler  beim  franz.  Konsulat 
in  Alexandria,  1848  Konsul  in  Palermo,  nach 
dem  Staatsstreich  Ge^andtschaftssekretär  in 
Konstantinopel,  nach  dem  Krimkrieg  Direk- 
tor im  Ministerium  des  Auswärtigen,  1861 
Gesandter  in  Turin,  vermittelte  1866  als 
ausserordentlicher  Botschafter  in  Nikols- 
bürg  den  Waffenstillstand  zwischen  Oester- 
reich  und  Preussen  und  blieb  dann  in  der- 
selben Eigenschaft  bis  zum  Ausbruch  des 
Kriegs  von  1870  in  Berlin.  Aug.  1866  unter- 
handelte er  mit  Bismarck  über  Herstellung 
der  franz.  Grenze  von  1814  gegen  Prenssen 
und  Abtretung  der  linksrhein.  bayer.  und 
hessischen  Gebiete  sowie  später  Belgiens 
an  Frankreich,  und  9.^14.  Juli  1870  zu 
Ems  mit  dem  König  Wilhelm  I.  von  Preussen 
über  die  Berufung  des  Prinzen  von  Hohen- 
zollem  auf  den  span.  Thron  und  stellte 
schliesslich  13.  Juli  im  Auftrag  Napoleons  III. 
die  Forderung  an  den  König,  die  Verzicht- 
leistung des  genannten  Prinzen  nicht  nur 
zu  approbiren,  sondern  auch  die  Versiche- 
rung zu  ertheilen,  dass  auch  in  Zukunft 
diese  Kandidatur  nicht  wieder  aufgenommen 
werden  würde.  Die  Zurückweisung  dieser 
Forderung  von  Seiten  des  Königs  hatte  die 
flranz.  Kriegserklärung  vom  19.  Juli  an 
Prenssen  zur  Folge. 

Benedielren  (lat.),  weihen,  segnen.  B«ne- 
dicUe,  segnet,  sprechet  den  Segen,  Aufruf 
znm  Tischgebet  in  Klöstern. 

Benedict,  Jtaius,  Komponist,  geb.  24.  Dec. 
1804  zu  Stuttgart,  Schüler  von  Hummel  und 
K.  M.  V.  Weber,  früher  wiederholt  in  Ita- 
lien ,  1850  mit  Jenny  Lind  in  Amerika,  lebt 
als  Kapellmeister  und  Pianist  in  London. 
Unter  seinen  halb  in  Rossinis,  halb  in  We- 
bers Manier  geschriebenen  Opern :  ,Der  Zi- 
geunerin Warnung',  ,Der  Alte  vom  Berg', 
,Lilie  von  Killamey*.  Zahlr.  brillante  Kla- 
Tiersachen;  ,St.  Peter*  (Oratorium). 

Benedikt,  Heiliger,  geb.  480  zuKursia  in 
Umbrien,  gründete  529  auf  Monte  Casino 
bei  Neapel  ein  Mönchskloster  und  entwarf 


eine  Mönchsregel,  die  ioi  ganzen  Abend* 
lande  Geltung  erhielt;  f  21*  M&rz  543. 

Benedikt,  Name  von  14  Päpsten:  £,  L, 
574—78,  von  den  Longobarden  in  Rom  be- 
droht.—B.  IL,  683—85,  erhielt  vom  byzant. 
Kaiser  Konstantin  Pogonatus  das  Recht,  die 
röm.  Bischöfe  ohne  Einholung  kaiserl.  Ge- 
nehmigung zu  ordiniren.  —  B.  ///.^855— 58, 
Nachfolger  derangebUchen  Päpstin  Johanna. 
—  B.  IV.,  900—3,  krönte  Ludwig,  den  Gegner 
Berengars,  zum  Kaiser  und  König  von 
Italien.  —  B.  V.,  seit  964  Gegenpapst 
Leos  Vin. ,  des  von  Kaiser  Otto  I.  er- 
nannten Papstes;  f«  DAch  Hamburg  ver- 
wiesen, 965.—  jB.  vi.,  als  Papst  von  Otto  I. 
972  anerkannt,  ward  vom  Usurpator  Cres- 
centins  974  Im  Kerker  erdrosselt.  —  B.  VIL, 
975  von  der  toskan.  Partei  als  Gegenpapst 
Bonifacius  VH.  aufgestellt;  f  984.  —  B.  VIII., 
1012  zum  Papst  erwählt,  ward  vom  Gegen- 
papst Gregor  vertrieben,  .1014  von  Heinrich  n. 
zurückgeführt,  entriss  den  Saracenen  Sar- 
dinien, den  Griechen  Apulien,  verbot  den 
Klerikern  Ehe  und  Konkubinat;  t  1024.  — 
B.  IX.  (Theophylakt),  Neffe  des  Vor.,  als 
Knabe  1033  durch  Bestechung  zum  Papst 
erhoben,  1038  vertrieben,  1044  formlich  ab- 
gesetzt, wieder  restituirt,  verkaufte  seine 
Würde  an  den  Erzpriester  Joh.  Gratianus 
(als  Papst  Gregor  vL),  blieb  dessen  unge- 
achtet Papst,,  ward  zugleich  mit  Sylvester 
und  Gregor  von  Kaiser  Heinrich  UI.  auf  der 
Synode  von  Sutri  1046  abgesetzt,  1047  noch- 
mals restituirt,  1049  durch  Leo  lA.  beseitigt ; 
t  1056.  —  B.  X.,  ward  1058  durch  Bestechung 
Papst,  musste  nach  9  Monaten  dem  Einflasse 
Hildebrands  (nachmaligen  Gregors  VH.) 
weichen.  —  B,  Xi.,  1303—4,  später  selig 
gesprochen,  Tag7.  Juli.  —  J5.  XT/.,  1334-42, 
residirte  zu  Avignon,  Feind  des  Kommende- 
unwesens und  des  Nepotismus.  —  B.  XIIL, 
1724—30,  stand  unter  Leitung  des  unwür- 
digen Kardinals  Coscia,  bevölkerte  den 
Himmel  mit  Heiligen.  —  B.  XIV.  (Prosper 
Lambertini),  geb.  1675  zu  Bologna,  bestieg 
1740  den  päpstlichen  Stuhl,  Gelehrter  und 
Beförderer  der  Wissenschaft  und  Kunst, 
fromm,  duldsam  und  auQi^eklärt;  \Z.  Mai 
1758.  Werke  herausg.  von  dem  Jesuiten 
deAKevedo  (1747-51, 12 Bde.;  1777,  16 Bde.)- 

Benediktbenem ,  Dorf  in  Oberbayern, 
nahe  am  Kochelsee;  ehemals  Abtei  mit 
schöner  Kirche;  Knnstglasfabrik  (1806  von 
Utzschnelder  gegr.)'  Unfern  die  steile  Be- 
nediktenwand  (6100')  mit  prächt.  Fernsicht. 

Benediktenkraut,  s.  v.  a.  Gentaurea  be- 
nedicta,  bisweilen  auch  s.v.a.  Genm  urbanum. 

Benediktiner,  im  Allgemeinen  die  Mönche, 
welche  nach  der  Regel  des  heil.  Benedikt 
vonNursia  leben,  verbreiteten  sich  seitdem 
6.  Jahrh.  von  ihrem  ersten  Kloster  auf 
Monte  Casino  aus.  Vermittler  der  Christiani- 
sirung  und  der  Givilisation ,  ihre  Schalen 
(zu  St.-Gallen,  Fulda,  Relchenaa,  Hirschau,  ' 
Corvei,  Hersfeld  etc.)  Hauptbildungsan- 
stalten für  das  Abendland.  Der  Verfall  der 
Klosterzucht,  Folge  der  angesanimelten 
Reichthümer,  fahrte  zu  Reformen  durch 
Benedikt  von  Aniane  (8.  Jahrb.),  Bemo, 
Abt  von  Clagny  (910),  Johann  von  Minden 


Benediktion  —  Bengalische  Sprache. 


255 


In  der  Abtei  Banfelde  in ' Westphalen  etc. 
Die  1618  Ton  Lorens  Benard  in  dem  Kloeter 
der  Welssmintel  sn  Paris  gestiftete  Kongre- 
gation Tom  heil.  Hauras,  eine  Art  von  Aka- 
demie für  histor.-tbeoL.  Wissenschalteni 
machte  sieh  bes.  durch  Herausgabe  der 
"Werke  der  Kirchenväter  und  grosser  histor. 
Sammelwerke  verdient.  Im  15.  Jahrh.  zähl- 
ten die  B.  15,107  Klöster,  nacb  der  Refor- 
mation nur  etwa  noch  5000;  gegenwärtig  un- 
gefähr 800.  Unter  den  Mitgliedern  des  Ordens 
sind  14  Päpste,  800  Kardinäle,  1600  £rs- 
bischöfe,  4000  Bischöfe,  15,700  Schriftsteller, 
1560  kanonisirte  Personen.  Ber.  sind  die 
Brüderschaften  der  B.  zu  Monte  Casino, 
Monte  Vergine  und  Monte  Ollveto  (Olive- 
taner)  in  Italien  u.  Sicilien,  zu  Valladolid 
und  Montserrat  in'  Spanien,  zu  MQlk  in 
Niederösterreich  etc.  Wegen  seiner  milderen 
Regel  und  seiner  vorzugsweise  wissen- 
schaftlichen Richtung  und  geistigen  Selb- 
ständigkeit ist  der  Orden  in  den  nltramon- 
tanen  Kreisen  wenig  beliebt. 

Benediktlon  (lat.) ,  in  der  kathol.  Kirche 
die  Einsegnung  einer  Sache  oder  Person 
durch  Gebete,  Besprengung  mit  Weihwasser, 
Räucherung  etc.  Die  B.  erhalten  Aebte, 
Aebtissinnen  und  Gottesäcker,  die  Konse- 
kration mit  dem  heil.  Oele  Bischöfe,  Kirchen 
n.  Glocken.  Der  Papst  ertheilt  dreimal  im 
Jähret  am  grünen  Donnerstage,  am  Oster- 
feste u.  am  Himmelfahrtstage,  die  feierliche 
B«  der  Stadt  Rom  und  dem  Erdkreise  (urbi 
et  orbi).  Benedietio  becUica  oder  Viaticum 
heisst  der.  büssenden  Kranken  ertheilte 
Segen,  JB.  sacerdotali$  die  priesterliohe  Ein- 
segnung oder  Trauung  Verlobter. 

Benediktow,  Wladimir,  russ.  Lyriker,  geb. 
nm  1810,  erst  Militär,  lebt  zu  St.  Peters- 
burg, im  FinanzÜEich  angestellt.  Seine 
»Dichtungen*  (1856,  3  Thie.)  bes.  durch  tie- 
fes Natargefuhl  ausgezeichnet. 

Benedlx,  Jul,  Roderich,  fruchtbarer  Lust- 
spieldichter,  geb.  1811  zu  Leipzig,  seit  1883 
R^issenr  an  mehreren  Bühnen  (Eiber- 
feld,  Köln,  Frankfurt  u.  a.) ,  privatisirt  in 
Leipzig.  Yerf.  der  beliebten  Stücke  ,Da8 
bemooste  Haupt',  ,Dr.  Wespe',  ,Die  Hoch- 
zeitsreise*, ,Die  Eifersüchtigen',  ,Das  Lügen*, 
»Das  GefäDgniss',  ,Der  Vetter'  u.  v.  a.  Ge- 
sammelte dram.  Werke  (Bd.  1^28, 1846—70). 
Sehr,  ausserdem  ^nder  aus  dem  Schauspie- 
lerleben'  (1852);  ,Die  Lehre  vom  mündlichen 
Vortrag'  (1862);  ,Der  mündliche  Vortrag'. 
(8.  Aufl.  1870,  8  Bde.);  ,Das  Wesen  des 
deutschen  Rhythmus*  (1862);  .Briefsteller 
iür  Liebende  etc.*  (1865)  u.  A. 

Benefleiit  (lat.) ,  Jemand ,  der  von  An- 
deren Wohlthaten,  bes.  Stipendien  bezieht; 
kathol.  Geistlicher,  welcher  auf  Omnd  und 
im  Genuss  einer  Messstiftung  geistl.  Funk- 
tionen versieht. 

Benefleinm  (lat.),  Wohlthat,  Begünsti- 
gung; Kirchenamt,  Pfründe;  B,  curßtum, 
Fhründe  mit,  £,  non  euratum,  Pflünde  ohne 
Seelsorge;  £,  juris,  Rechts  wohlthat,  d.  i. 
die  gegebene  Möglichkeit,  durch  Beruf^ing 
auf  Ausnahmebestimmungen  der  Gesetze 
die  Wirkung  einer  ungünstigen  Rechtsregel 
von  sich   abzuwenden;   £.  inventarii,  die 


einem  Erben  anstehende  RechtswohMhatf 
zufolge  deren  er  unter  öffentlicher  Autorität 
ein  yerzeichniss  der  Hinterlassenschaft  an- 
fertigen lassen  darf  und  dann  nicht  mehr 
Schulden  zu  bezahlen  braucht,  als  ans  der 
Erbmasse  bezahlt  werden  können. 

Benefiz  (lat.),  Theatervorstellung,  deren 
Ertrag  nicht  dem  Direktor,  sondern  einem 
engagirten  Mitglied  zufällt. 

Beneke,  Friedr,  Eduard,  Philosoph,  geb. 
17.  Febr.  1798  zu  Berlin,  seit  1838  Prof.  der 
Philosophie  daselbst,  verschwand  1.  März 
1854  und  ward  nach  JahresfMst  als  Leich- 
nam im  Wasser  gefunden.  Suchte  die  em- 
pirische Psychologie  als  philosoph.  Haupt- 
und  Omnd  Wissenschaft  vorzugsweise  auszu- 
bilden. Sehr.  ,Erfahmngsseelenlehre'  (1880) ; 
,Lebrbnoh  der  Psychologie  als  Naturwissen- 
schaft' (8.  Aufl.  1861);  ,£rziehungs-  und 
Unterrichtslehre*  (3.  Aufl.  von  Dre$sler  1864)  > 
,Grundlinien  des  natürlichen  Systems  dek' 
prakt.  Philosophie*  (1837— 41,  3  Bde.) ;  ,Prag- 
matische  Psychologie'  (1850,  8  Bde.)  u.  A. 

Benesekan.  Stadt   im  böhm.  Kr.  Tabor, 

Bene  valete  (lat.),  lebt  wohlt    [3169  Ew. 

BeneventOy  ital.  Prov.in  Kampanien,  82^ 
QM.  mit  280,506  Ew.  Die  HaupUL  B. ,  am 
Sabate  und  Galore,  18,998  Ew.  Kloster  Santa 
Sofia;  zahlr.  Alterthümer  (Trajansbogen). 
Beim  alten  Beneventum  (in  Samnium)  87Sr 
V.  Chr.  ber.  Sieg  der  Römer  über  Pyrrhus» 
Im  Mittelalter  (seit  571)  bUdete  B.  mft  der* 
Umgegend  ein  mächtiges  Heraogthum  der 
Longobarden,  war  seit  1077  im  Besitz  des 
Papstes,  1806—15  Fürstenthum  Talleyrands 
und  seitdem  bis  1860  wieder  päpstlich.  Hier 
86.  Febr.  1866  Bieg  Karls  von  A^Jou  über 
König  Manfred,  welcher  fiel. 

BenevöleM  (lat.),  Wohlwollen,  Gunst. 

Benfey  y  Theodor ,  Orientalist,  geb.  88.  Jan. 
1809  zuNörten,  seit  1834 ^rof.  zuOöttingen. 
Sehr.  ,Griech.  Wurzellexikon'  (1839 -48^ 
8  Bde.) ;  »Vollständige  Grammatik  def  Sans- 
kritspraohe'  (1858),  der  sich  eine  ,Chresto- 
mathie*  (mit  Glossar,  1853-54,  8  Bde.),  eine 
,Kurze  Grammatik  der  Sanskritsprache* 
(1853)  und  ,A  practica!  grammar  of  the  Sans- 
crit  language*  (8.  Aufl.  1869)  anschliessen; 
Uebersetzung  des  ,Pant8chatandra*  (1859, 
8  Bde.) ;  ,Sanscrit-EngUsh  dictionary*  (1866); 
,Gteschl<dite  der  Sprachwissenschaft*  (1869). 

Bengalen 9  Landschaft  in  Ostindien,  das 
Gebiet  am  untern  Ganges  und  das  Delta, 
desselben  umfassend;  Präsidentschaft  des 
angloindischen  Reichs,  s.  KaUtuUa, 

Bengali,  VögeL  s.  Bengaliiien, 

Bengaliseker  Meerbosen»  Theil  des  ind. 
Oceans  zwischen  Hinter-  und  Vorderindien. 

BengallBekefl  Fener,  Weissfeuer,  aus  In- 
dien stammende  Feuerwerkskomposition, 
besteht  aus  Salpeter,  fichwefel  und  Antimo- 
nium  oder  rothem  Arsen;  brennt  mit  hell- 
leuchtender weisser  Flamme. 

BengaliMke  Sprache  (Bengali),  Enkel- 
sprache des  Sanskrit,  mit  eigener  Schrift, 
von  mehr  als  35  Mill.  gesprochen;  als 
Schriftsprache  erst  seit  dem  16.  Jahrh.  ge- 
braucht. Bengalische  Literatur:  meist  Ueber« 
Setzungen  aus  dem  Sanskrit  (z.  B.  Mahab- 
harata  uud  Ramayana)   und   anderen  ind. 


256 


Bengalisten  —  Bennigsen. 


Spraclien,  Grammatiken  yon  Haughton  (1821) 
und  Yatos  (1847);  Lexikon  von  Haughion 
(1841) ,  Gordon  (1837)  n.  A.  Vgl.  Lonfu  ,A 
descriptive  catalogne  of  Bengali  works'^l^' 

Bengalisten,  mehrere  Arten  asiat.,  afrikan. 
und  australischer  Prachtfiuken  (s.  Finken), 
bei  uns  als  Stubenvögel  gehalten. 

BengBzl  (Bengeui,  das  alte  Btrenice),  See- 
liandelsplatz  in  Tripolis,  Landschaft  Barka, 
7000  Ew. 

Bengore -Head 9  nördl.  Spltco  der  Irland. 
Grafsch.  Autrim ;  dabei  der  sog.  Riesendamm. 

Bengnelft,  Landschaft  in  Niederguinea, 
vom  Koanza  bis  zam  Kunene,  zum'portug. 
Generalgouvem.  Angola  gehörig.  Die  Haupt- 
und  Hafenstadt  B.  (San  Felipe  de  B.) ,  1500 
Ew.,  verfallen;  Deportationsort. 

Benl  (Veni),  Strom  in  Bolivia,  entspr. 
auf  der  östl.  Andeskette,  möndet  in  den 
Madeira,  140  M.  Das  Depart.  B.,  im  östl. 
Bolivia,  13,895  QM,  mit  53,973  Ew. ;  Haupt- 
stadt Trinidad. 

Ben!  Am^r,  hellfiirbiger  Volksstamm  im 
nördl.  Abessinien,  am  Barka,  "Nomaden; 
mit  zaiilr.  unterworfenen  Stämmen. 

Benicarlö,  Stadt  in  der  span.  Prov. 
Castellon  de  la  Plana  (Valencia),  7000  Ew. 

Benlela,  frühere  Hauptstadt  von  Kalifor- 
nien, 4000  Ew.;  guter  Hafen. 

Benl  -  Hezab  (M'tiAütn) ,  Berberstamm 
am  Rande  der  Sahara,  imWadiM'zab,  etwa 
40,000  Köpfe  ;   Hauptst.  Ghordala. 

Benin,  Reich  in  Oberguinea,  an  der 
Sklavenküste,  von  zahlreichen  Küstenflüssen 
und  den  Mündungsarmen  des  Niger  durch- 
schnitten ;  fruchtbar,  ungesund.  Die  Hauptst. 
B. ,  am  Benin^rom  (Nigerarm) ,  15,000  Ew. ; 
früher  wichtiger  Ort  für  den  Sklavenhandel. 

Beningkasa  Savi,  Pflanzengattung  der 
Cucurbitaceen.  B.  cerifera  Savi,  Cucurbita 
hispida  Willd.,  in  Ostindien,  wird  kultivirt, 
Früdite  und  Samen  daselbst  officinell, 
erstere  im  Alter  mit  Wachsüberzug. 

Benisch,  Stadt  in  Oesterreich.-Schlesien, 
3319  Ew.    Bleibergwerk. 

Ben!  -  8aef,  Hauptstadt  von  Mittelägypten, 
6000  Ew.;  Industrie  und  Handel. 

BenJftmiiL  (hebr.,  d.  i.  Sohn  des  Glücks), 
Jüngster  Sohn  Jakobs  und  der  Rahel,  der 
einzig^  rechte  Bi*u der  Josephs.  Das  Gebiet 
seines  Stammes  ( BenjaminiUn)  lag  zwischen 
den  Gebieten  der  Stämme  Ephraim ,  Dan 
und  Juda,  mit  den  Hauptorten  Bethlehem 
und  Bethel.  Im  Zeitalter  der  Richter  in 
einen  Krieg  mit  den  übrigen  Stämmen  ver- 
winkelt, ging  der  Stamm  B.  fast  zu  Grunde. 
Aus  ihm  stammte  der  König  Saul. 

Benjamin  ans  Tvdela,  gelehrter  Rab- 
biner, machte  in  Handelsgeschäften,  und 
um  die  Lage  der  zerstreuten  Juden  kennen 
zu  lernen,  zwischen  11S9  und  1173  eine 
Reise  von  Saragossa  über  Italien  u.  Griechen- 
.land  nach  Palästina  und  Persien  und  kehrte 
über  Aegypten  in  die^eimat  zurück.  Sein 
Reisebericht  herausg.  von  il«Aer  (1841,  S  Bde.). 

Benjowsky,  Üfor.  Aug.,  Graf  von,  geb. 
1741  zu  Werbowa  im  Koniitat  Neutra  in 
Ungarn,  focht  unter  den  polnischen  Konfö- 
derirten  gegen  Russland,  ward  als  Oberst 
gefangen   und   1770  nach  Kamtschatka  ge- 


bracht, heirathete'  hier  die  Tochter  des 
Statthalters  Nllow  und  entfloh  mit  ihr  und 
96  andern  Verbannten.  Auf  einem  franz. 
Schiff  nach  Frankreich  gelangt,  erhielt  er 
hier  den  Auftrag,  auf  Madagaskar  eine 
Niederlassung  zu  gründen,  kam  das.  Juni 
1774  an,  gründete  Foul-Point  und  wusste 
sich  bei  verschiedenen  dortigen  Stämmen 
so  in  Ansehn  zu  setzen,  dass  sie  ihn  1776 
zu  ihrem  Kenig  ernannten;  fiel  23.  Mai  1786 
in  ein^m  Gefecht  mit  franz.  Truppen.  Seine 
franz.  geschriebene  Autobiographie  herausg. 
von  Niehohon  (1790,  2  Bde.),  übersetzt  von 
Forster  (1791, 2Bde.)  und  Ebüing  (1791, 2  Bde.). 

Benkiileii.  befest.  Stadt  auf  der  Südwest- 
küste von  Sumatra,  in  ungesunder  Gegend, 
12,000  Ew. ;  früher  engl.,  seit  1824  holländ. 

Benneckenstein,  Stadt  im  prenss.  Regbz. 
Erfart,  Kr.  Nordhausen,  in  einer  Exklave 
am  Harz,  .3589  Ew. 

Bennett,  Wüliam  StemdaU,  engl.  Kom- 
ponist, geb.  13.  April  1808  zu  Sheffield,  Schü- 
ler und  Freund  Mendelssohns,  Prof.  der 
Musik  in  London.  Klavierkoncerte,  Ouver- 
türen (»Die Najade',  ,Die Waldnymphe*  u.a.), 
,Die  Maiköni^n*  (Kantate),  »Auferstehung 
des  Lazarus*  (Oratorium),  Lieder. 

Ben-Nevls  (spr.  -Nivls),  Gipfel  des  Gram- 
piangebirgs  iu  Schottland,  am  Loch  Linnhe, 
4133';  Ben-Maedui ,  Berg  ebendas.,  in  der 
Caimgormgruppe,  4031 ';  die  höchsten  Berge 
Grossbritanniens. 

Bennigsen,  1)  Levin  Aug.  Tkeophil,  Graf 
von  B.,  russ.  Feldherr,  geb.  10.  Febr.  1745 
zu  Braunschweig,  trat  1773  in  russ.  Dienste, 
focht  unter  Rnmänzow  gegen  die  Türken, 
1794  in  LIthauen,  1796  in  Persien.  Bei 
Paul  I.  In  Ungnade  gefallen ,  war  er  eins 
der  Häupter  der  Verschwörung  gegen  diesen. 
Befehligte  im  Krieg  von  1805  die  Nordarmee, 
dann  die  ganze  gegen  Fl'ankreich  aufge- 
stellte rn8sisch-prcussls<^e  Streitmacht,  bei 
Leipzig  die  3.  Hauptkolonne  des  rechten 
Flügels ,  ward  vom  Kaiser  auf  dem  Schlacht- 
felde in  den  Grafenstand  erhoben,  belagerte 
dann  Hamburg  und  erhielt  nach  dem  zweiten 
pariser  Frieden  den  Oberbefehl  über  die 
zweite  Armee  in  Südrussland.  Zog  sich  1818 
auf  sein  Stammgut  Banteln  im  Hannover- 
schen zurück;  f  das.  3.  Okt.  1826.  —  2) 
Alexander  Levin,  Graf  von  B.,  hannöv.  Staats- 
mann, Sohn  des  Vor.,  geb.  21.  Juni  1809  zu 
Zakret  bei  Wilna,  kam  mit  seinem  Vater 
1818  nach  Hannover,  seit  1841  Mitglied  der 
ersten  Kammer,  März  1848  bis  Okt.  1850 
Ministerpräsident,  Febr.  1851  Präsident  der 
ersten,  1856  der  zweiten  Kammer,  ward 
wegen  seiner  Opposition  gegen  die  Re- 
gierung von  der  Mitgliedschaft  der  Stände- 
versammlung 1857  durch  Urlaubsverwelge- 
rung  ausgeschlossen,  erst  1864  wieder  Mit* 
glied  der  zweiten  Kammer  und  Präsident 
ders.  —  3)  Rudolf  von  B.,  Fuhrer  der  libe- 
ralen Opposition  in  der  hannöv.  Stände- 
versammlung und  Präsident  des  deutschen 
Nationalvereins,  geb.  1824  in  Lüneburg,  seit 
1846  im  hannöv.  Justizdienst ,  schied ,  als 
ihm  1855  die  Erlaubniss  zum  Eintritt  in  die 
zweite  Kammer  verweigert  ward ,  aus  dem 
Staatsdienst  aus,  ward  1857  von  Göttingen  in 


Bennington  —  Bentinok. 


26X 


JeiMgewSlitt  and  •tand  hier  Ms  1M6  an  der 
Spitze  der  Opposition  iregen  das  Mlnisterinni 
Boiries.  Seine  mit  Miqnel  and  Andern  ent- 
worfene Erklärang,  worin  das  Bedfirfoiss 
eines  dentsehen  Parlaments ,  einer  starken 
Oentralgewalt  und  Prenssens  Ansprache 
aaf  diese  nachgewiesen  wnrden ,  ward  19. 
JnU  2669  Ton  85  herrorragenden  Liberalen 
nnteraelehnet  und  fitnd  ihren  Wiederhall  in 
dem  sogen,  elsenacher  Programm  Tom  14. 
Aug.,  welches  die  Gründung  des  deutschen 
NattonalToreins  zur  Folge  hatte,  dessen 
Präsident  B.  bis  1667  gewesen  Ist.  Seitdem 
Mitgtted  des  hannöv.  ProflnaiaUandtags  und 
des  preuss.  Abgaordnetenfaauses,  sowie  1868 
Mi^Ued  und  zweiter  Viceprftsident  des  kon- 
stltuirenden  und  der  folgenden  Reichstage. 

BaBütegtoB,  Stadt  In  Vermont  (Kordame- 
rika), 4000 Ew.;  16.  Aug.  1777  siegr.  €^eftcht 
der  Amerikaner  gegen  die  Braunsohwelger. 

BeBMOy  Heiliger,  geb.  1010  zu  Hildesheim 
aas  dem  gräfl.  Hause  der  Bulten-  oder  Wo!- 
denburger,  erhielt  rom  Kaiser  Heinrich  IV. 
das  Bisthum  Meissen,  wirkte  mit  Erfolg 
f&r  die  Bekehrung  der  Sorben ,  f  16.  Juni 
1107;  löSSkanonisirt,  wogegen  Luther  in  der 
Schrift  ,Wider  den  neuen  Abgott  und  alten 
Teufel,  der  zu  Meissen  soll  erhoben  werden* 
auftrat.    B.8  Gebeine  seit  1576  in  München. 

Bannohu^y  s.  Büdeshtim. 

Beuiftedty  Dorf  im  preuss.  Regbz.  Merse- 
burg, westl.  Yon  Halle,  98SBw.:  Uefert  der 
berlin.  Porzellan&brik   den  weissen  Thon. 

B^iMVlilley  L4<m,  tnxa.  Historienmaler, 
geb.  1821  zu  Paris,  f  1869.  Heiligenbilder 
(heil,  l^ranciscns)  und  Porträts. 

Beanfh.  Dorf  am  Bhein,  oberhalb  Düs- 
seldorf, 8897  Ew.    Eönigl.  Schloss. 

Bensl^ergy  Dorf  östl.  bei  Köln,  789  Ew. 
Schlöss  (Kadettenanstalt). 

Bewbeimy  Stadt  in  der  hess.  ProT.  Star- 
kenburff,  an  der  Bergstrasse,  4781  Ew. 

Bentham  (spr.  Bentäm),  Jertmy,  Rechts- 
gelehrter, Begründer  des  Utilitarismus,  geb. 
15.  Febr.  1748  zu  London,  widmete  sich  der 
Ausarbeitung  der  Theorie  Temunftm&ssiger 
Gesetzgebung  •  f  6.  Jani  18S2.  Sein  Freund 
und  Schüler,  Etlenne  Dumont  aus  Genf,  gab 
aus  B.s  Schriften  eine  systemat.  Darstellung 
seiner  Lehre  (deutsch  Ton  JBeneX»  unter  dem 
Titel  ,Grund8ätze  der  Civil  •  und  Kriminal- 
gesetzgebung aus  den  Bandschriften  B.s', 
1880,  8  Bde.)  heraus.  Zur  Verbreitung  der 
Lehren  B.s  ward  1834  zu  London  die  ,West- 
minster-Reriew*  gegründet.  Werke  mit 
Bf  ogr.  herausgeg.  von  £ou>ring  (1838, 11  Bde.). 

Bentkeiv.  Grafsch.  und  Standesherrschaft 
im  preass.  Regbz.  Osnabrück,  16,7  QM.  mit 
ca.  80,000  Ew.  Hauptori:  FUeken  B.,  8857 
Ew.,  Schloss  mit  Park ;  dabei  Mineralquelle. 

Bentlieiii,  Wilhelm  Selgieut,  Qraf  von, 
oeterr.  General,  geb.  17.  April  1788  zu  Stein- 
IVirt,  trat  1799  in  österr.  Militärdienste, 
focht  1809  bei  Aspem  und  Wagram,  1818 
bei  Dresden  und  Kulm ,  1831  als  Feldmar- 
schalllieutenant  gegen  die  Aufatändischen 
im  Kirchenstaat;  f  als  Chef  des  8.  Armee- 
coips  in  Italien  12.  Okt.  1889  zu  Villaftanea. 

Bentineky  Adelsgeschlecht,  schon  iih  14. 
Jahrb.   in    Geldern    ansässig    und  später 

Meytr^  Sand -Lexikon, 


nach  England  und  Oldenbui^  übergesiedelt. 
Der  äiteren  Linie  gehören  an:  1)  "muiam 
Henrff  Cktvanditk-B.,  Lord,  geb.  14.  April 
1788,  hielt  sich  im  Oberhanse  während 
des  amerikan.  Krieges  zur  Opposition,  trat 
1783  als  erster  Lord  des  Schatzamts  an  die 
Spitze  der  Regierung,  musste  Dec.  d.  J.  dem 
Ministerium  Pitt  weichen,  Aingirte  1794  bis 
1801  als  Staatssekretär  des  Innern,  seit  1807 
wieder  als  erster  Lord  des  Schatzamts;  f 
30.  Okt.  1809.  -  8)  Wmiam  Henry  Owendisä- 
B.,  Lord,  Sohn  des  Vor.,  geb.  14.  Sept.  1774, 
▼ertleh  als  Oberbefehlshaber  der  brit. 
Hülfstruppen  und  BeToUmäohtigter  am  Hof 
des  Königs  Ferdinand  in  Sicilien  1818  der 
Insel  eine  Konstitution,  landete  1813  in 
Katalonien,  1827— SöGeneralgouvemeur  ron 
Ostindien;  f  17-  J^bI  1889  in  Paris.  —  8) 
Wiüiam  George  Frederiek  OavendUh-S., 
Lord,  KefTe  des  Vor.,  geh,  87.  Febr.  1802, 
hielt  sich,  seit  1826  Mitglied  des  Parlaments, 
zu  den  gemässigten  Whigs,  dann  Anhänger 
Peels,  später  Haupt  der  Protektionlsten,  im 
Parlament  einflnssreioher  Redner;  f  21.  Sept. 
1848.  Vgl.  Diaruai,  .Lord  George  B.*.  1851. 
—  Der  jüngerem  Linie  gehören  an:  4)  WU- 
Aelm  V.  B.,  Stifter  derselben,  geb.  1701,  Herr 
zu  Rhoon  und  Pendrecht,  Präsident  der 
Staaten  Ton  Holland  und  Westfriesland, 
1782  aum  Reichsgrafen  ernannt,  Tetmählte 
sich  1738  mit  Charlotte  Sophie,  der  Erb- 
tochter des  letzten  Grafen  yon  Aldenburg, 
und  brachte  dadurch  das  aldenbuig.  Fldei^ 
kommiss(Knipbausen,Varel  etc.  nebst  Gütern 
in  Oldennurg)  an  sein  Ha«t:  f  1778.  —  5) 
WilMtm  Chukn  Friede  t.  B,,  Enkel  des 
Vor.,  geb.  1768  Inir  Haag,  kam  nach  dem 
Tode  seines  Vaters  1766  in  den  Besitz  der 
Fideikommissherrschaften*,  hatte  tob  Sara 
MargaretfaaGerdes,  der  Tochter  eines  olden- 
bu^.  Landmanns,  die  er  1816  heirathete, 
3  Söhne,  von  denen  der  zweite,  Qustav 
AdtHS,  geb.  1809,  1885  seinen  Vater  beerbte. 
Schon  bei  des  letztem  Lebzeiten  hatte  aber 
dessen  Bruder,  «ToA.  Karl  (geb.  1768,  f  als 
brit.  Generalmi^or  1838),  die  Suocessions- 
fähigkelt  seiner  Nefllsn,  als  nicht  aus  stan- 
desraässiger  Ehe  entsprossen,  bestritten, 
deshalb  Einspruch  beim  Bundestag  und 
1829  Klage  beim  Oberappellatlonsgerioht  zu 
Oldenburg  erhoben.  Nach  seinem  Tode 
setzten  seine  Söhne  ( 'Wühdv^,  geb.  15.  Nöy. 
1787,  fS.  Juni  1855,  Karl,  geb.  4.  März  1798, 
grossbrit.  Generallieutenant,  und  Heinriek, 
geb.  8.  Sept.  1796,  grossbrit.  General- 
major) den  Streit  unter  Bethefllgung  der 
angesehensten  Rechtsgelehrten  für  die  eine 
oder  andere  Partei  fort.  Ein  Urtheil  der 
Juristenfkkultät  in  Jena  (1842)  fiel  zu  Gunsten 
der  Beklagten  aus,  aber  die  Kläger  wandten 
dagegen  Appellation  ein,  über  welche  die 
Juristenfakultät  zu  Giessen  entsch^den 
sollte.  Beyer  aber  dies  geschah,  schlug 
Oldenburg  1854  einen  Vergleich  yor,  worin 
es  sich  zum  Ankauf  des  b.schen  Fideikom- 
misses  um  cä.  2  Mill.  Thaler  und  zur  raten- 
weisen Vertheilung  dieser  Summe  unter  die 
Streitenden  erbot.  Der  Vergleich  ward 
yon  dem  Grafen  Gustay  Adolf,  sowie  yoan 
Grafen  Wilh.  und.  1855  auch  yom  Grafen 

17 


258 


BentkowBky  —  Berathene  Kinder. 


Karl  angenommen.  Kar  der  Graf  Heinrich 
protestirte  bei  der  BnndesTersammlnng  ge- 
g^en  den  Vergleich.  Oldenburg  nahm  darauf 
mittelst  Erklärung  Tom  2.  Sept.  1868  den 
Recbtsstandpnnkt  wieder  ein.  Seitdem  hat 
Ton  dem  Streit  nicbts  mehr  Terlautet. 

BentlLOWtky,  WladislauB  von,  poln.  Publi- 
cist,  geb.  1817  in  Warschan,  ward  1864 
Mi^lled  des  preusB.  Abgeordnetenhauses, 
rertrat  hier  eilMg  die  Sache  der  poin, 
Nationalitat,  betheiligte  sich  1868  am  Auf- 
stand In  Russisch-Polen,  ftingirte  unter  dem 
Diktator  Langiewlcx  als  Ohef  des  General- 
stabs, trat  mit  dems.  auf  6sterr.  Gebiet  Aber. 

Aentley  (spr.  Bentli),  Siohard,  Philolog 
und  Kritiker,  geb.  27.  Jan.  1662  in  Oulton 
bei  Wakeüeld  in  Torkshlre,  seit  1717  Prof. 
der  Theologie  sn  Cambridge,  f  1^*  Jnli  1742. 
Hauptwerkt  Ausgabe  des  Horas  (8.  Aufl. 
172S;  neue  Ausg.  1869  f.).  Gab  ^uch  den 
Terens,  PhSdrus  und  Hanilius,  sowie  Mil- 
tons  ,Paradise  lost*,  aber  mit  wlllki&rl.  Ver- 
änderung des  Textes,  heraus.  Werke  Ton 
Dyee  (1886 ,  8  Bde.,  nuTollend.).  Biogr.  Ton 
MMk  (1880),  Mähiy  (1868). 

•B«ntOB  (spr.Bent'n),  Th<masHBiH,  amerik. 
Staatsmann,  geb.  4.  Man  1782  au  HUlsbo- 
rough  in  Kordoarolina,  bekämpfte  als  Bun- 
dessenator des  neuen  Staats  Missouri  als 
Anhänger  Jacksons  die  auf  Zerrelssung  der 
Union  abiweckende  oalhounsche  J'raktlon 
der  demokrat.  Partei.  Seit  1862  Mitglied 
des  Repräsentantenhauses,  unterlag  er  1854 
bei  den  Wahlen  cum  Kongress ;  f  ^0.  April 
1858  in  Washington.  Sehr.  »Thirty  years 
Tiew  of  the  Senate'  (1858»  2  BdeA 

BratflChen,  Stadt  imepreuss.  Regbs.  Po- 
sen, Kr.  Meserits,  an  der  Obra,  19&  Ew. 

B«ntael-8tena«9  Okrittiem  Emtt,  Oraf 
ftvn,  Staatsmann  und  Schriftsteller,  geb.  9. 
A^l  1767  KU  Mains,  1806-12  bad.  Mhilster 
des  Innern ,  dann  Staatsminister  des  Gross- 
herBogs  Ton  Frankfurt,  privatisirte  später 
meist  SU  Mariahalden  am  Zürichersee ;  t  das. 
18.  Aug.  1849.  Als  Schrifksteller  bes.  als 
Humorist  mit  liberaler  Richtung  bedeutend. 
Hauptwerk  «Das  goldene  Kalb'  (1802). 

B«nTennti,  1)  Giixaib9Uia%Qk  (gen.  VOrUAaMo), 
einer  der  ersten  Maler  der  Schule  Ton  Fer- 
rara,  geb.  um  1480,  f  ^^m  \h7&,  Werke  in 
'Ferrara,  Berlin,  Dresden.  —  2)  Pietro, 
ausgezeichneter  ital.  Maler,  geb.  1769  su 
Aresso ,  f  ^^^  ^^  Florens  als  Direktor  der 
das.  Akademie.  Zahlr.  Bilder histor.,  mythol. 
and  kirchl.  Inhalts  in  Oel  und  Fresco;  z.  B. 
Judith  (ArezSo),  Pyrrhus  den  Priamus  tod- 
tend,  Tod  des  Ghrysologus  (RaTonna),  die 
Mythe  des  Hercules  (Florenz). 

BMinldehyd.  ätherisches  Bittermandelöl, 
entsteht  aus  dem  Amygdalin  (s.  d.)  der 
bittem.  Mandeln,  Pfirsichkeme  etc.,  wird 
durch  Destillation  ders.  mit  Wasser  ge- 
wonnen, enthält  roh  Blausäure',  ist  schwe- 
rer als  Wasser,  siedet  bei  180o  und  geht  an 
der  Luft  in  BenzoSsäure  über,  bildet  sich 
auch  bei  Einwirkung  Ton  Katriumamalgam 
auf  Benso«-  oder  Hippursäure.  Beliebtes 
Parfüm.    Verfälschung  mit  Nitrobensin. 

Bensamld.  s.  y.  a  Anilin. 

BeuiH  (Btmtol),  Phenylwasserstoff  flfts- 


slger  Kohlenwasserstoif,  entsteht  bei  trock- 
ner  Destillation  der  bensoSsauren  Salze  und 
der  Steinkohlen ;  wird  aus  Steinkohlentheer 
durch  Destillation  abgeschieden,  fttrbtos, 
spec.  Gew.  0,8,  erstarrt  bei  Oo,  siedet  bei 
800,  sehr  brennbar,  in  Wasser  nicht  ISsIleh, 
löst  Kautschuk,  Fette,  Schwefel  etc.,  gibt 
mit  Salpetersäure  Nitrobenzin.  Dient  zur 
Darstellung  von  Anilin,  zur  Entfernung  tou 
Fettflecken  (sog.  chemisch  -  trockne  Reini- 
gung), zur  Vertilgung  yon  Ungeziefer,  als 
Lösungsmittel  etc. 

BenzoS  (Bemse^),  Harz  aus  dem  Stamm 
yon  Styrax  Benzoin  Dryand,  in  Hinterindlen 
und  auf  Sumatra,  milchweisse  Kömer  ent- 
weder einzeln  (B.  in  Thränen)  oder  in  einer 
röthllchgelben  bräunlichen  Masse  liegend 
(Mandelbenzofi  und  gemeine  B.),  riecht  an- 
genehm, schmeckt  kratzend  aromatisch,  löst 
sich  in  Weingeist  (BenzoStlnktur),  gibt  beim 
Erhitzen  ein  Sublimat  yon  BenzoBsäure, 
dient  bes.  als  Parfüm. 

BensoSbanm^  s^  Styrax, 

BemoSsiure.  weit  yerbreltet  Im  Pflanzen- 
reich, bes.  in  der  Benzo6,  im  Styrax,  Peru- 
balsam, Ruchgras,  Waldmeister  etc.,  wird 
aus  BenzoB,  Hippursäure  (Harn  der  Pflan- 
zenfresser) und  Maphthalin dargestellt;  fiirb- 
lose  Krystalle,  geruchlos,  in  Wasser  schwer, 
in  Alkohol  leicht  löslich,  leicht  sublimirbar, 
bildet  meist  leicht  lösliche  Salze.  Dient  als 
Arzneimittel,  zur  Darstellung  yon  Anilin- 
farben, Tabakssaucen  und  zur  Befestigung 
gewisser  Mordants  in  der  ZeugdruckereL 

BeSthy^  1)  LadUUau,  ungar.  humoristischer 
Schriftsteller,  geb.  1.  Mai  1826  zu  Komom, 
t  20.  Mai  1857.  —  2)  Sigmund,  beiletrist. 
Schriftsteller,  geb.  17.  Febr.  1819  zu  Komorn; 
Gedichte:  ,Osszes  Kölkmönyl'  (1861). 

Beowvlf)  altes  angelsächs.  Heldengedicht 
aus  dem  8.  Jahrb.,  die  Thaten  des  Jnten- 
köuigs  B.  besingend;  in  Stabreimen  abge- 
fasst;  nach  der  einzigen  vorhandenen  Hand- 
schrift herausgeg.  von  KembU  (1833),  Grein 
(1867)  und  Heyne  (1863):  übersetzt  yon  EU' 
mOUer  (1840),  Simroek  (1859),  Orein  (1857), 
Heyne  (2.  Aufl.  1868). 

B^raagar  (spr.  Berangscheh),  Pierre  Jean, 
nationalster  und  populärster  Liederdichter 
Frankreichs,  geb.  19.  Aug.  1780  zu  Paris, 
erst  Buchdruckerlehrling,  seit  1899  im  Sekre- 
tariat der  Universität  angestellt,  1821  wegen 
seiner  gegen  die  Bourbons  und  die  Regierung: 
gerichteten  Lieder  dieser  Stelle  enthoben, 
mehrfach  angeklagt  und  yerurtheilt;  an 
der  Julireyolution  lebhaft  betbeiligt,  lebte 
dann  zurückgezogen  auf  seinem  Ghite  zu 
Passy,  seit  1862  zu  Paris;  f  <1<M«  17*  J^U 
1857.  Seine  ,Ghausous'  in  zahllosen  Aus- 
gaben gedruckt:  deutsch  yon  Seeger  (2.  Aufl. 
1869),  Laun  (1869).  ,Oauvres.compltees'  (1857, 
8  Bde.).   Vgl.  Janin,  ,B.  et  son  temps'  (1866). 

BenuTy  ehemal.  Mahrattenstaat  in  Ostin- 
dien, dessen  Radscha  1853  ohne  Leibeserben 
j-,  seitdem  dem  angloind.  Reiche  einyerlei\>t, 
3605  QM.  mit  465,000  £>v.;  der  ,Garten  yon 
Indien'.    Hauptst.  Nagpur. 

Bent  (Amaut- Belgrad),  bofest.  Stadt  in 
Türk.- Albanien,  12,000  ifw.    Griech.  Erab. 

Bentheae  Kinder,  Kinder,  welche  noch 


Beraun  —  B^engar  von  Tonrs. 


25» 


bei  liftbieiten  der  Eltern  durch  ein  gewisset 
Quantum  (Berathung)  abgeftinden  werden 
und  deshalb  später  nicht  miterben. 

1ien,vn(Beraunka),  Nebenflnss  der  Holdan 
in  Böhmen,  entspr.  im  Böhmerwalde,  mündet 
bei  Königssaal;  83  H.  Am  Zusammenflnss 
der  B.  n.  Litawka  die  ßtadt  B.,  4010  Ew. 

BenmaclieBde  Mittel  (Inebriantia),  wirken 
«nfangs  erregend,  dann  rasch  die  ITunktionen 
desGefftss-  und  Nervensystems  überreisend, 
wie  Alkohol,  Opinm,  Fliegenschwamm; 
Kohlens&nre:  gährende  Weine,  Champagner, 
kohlensanre  Wässer  (Bninnenransch).  Vgl. 
Nareotiea, 

Berber  (Sl  M*$eheriff),  Stadt  in  Nnbien, 
rechts  am  Nil,  8000  Ew.;  Handelstrassen 
nach  Aegypten  nnd  Khartnm. 

Berbera,  Hafen-  und  Hanpthandelsplati 
Im  Somaliland,  am  Golf  von  Aden. 

Berberell  die  Küstenstaaten  des  nordwestl. 
Aftika:  Marokko,  Algier,  Tnnls  (Atlaslin- 
tler)  nnd  Tripolis.  Die  Einw.  (ausser  den 
Türken  im  O.  und  den  Europäern  in  Algier): 
-ureinheimische  BeH>*m  im  Innern  (wosu  die 
meist  unabhängigen  Nomaden-  und  Räuber- 
«tfimme  der  Kabylen  In  Algier  und  die 
theilweise  angesiedelten  Amasirghen  In 
Marokko,  flsrner  die  Schilluk  und  Tuariks 
gehören);  hellbraune  Araber  (theils  Acker- 
bauer, theils  Nomaden  oder  Beduinen)* 
Hauren  (Hischvolk  vorherrschend  arab. 
Stammes,  meist  Gewerbe  und  Handel  trei- 
bend), Neger  und  zahlreiche  Juden  (ver- 
achtet und  gedrückt,  bes.  in  Harokko). 
Hauptsprache:  Arabisch.  Im  Alterthum 
nicht  unbedeutende  Kulturstaaten  (Numi- 
dien,  Hauritanien,  Karthago),  bildeten  diese 
-Gegenden  später  das  Abendland  (el  Hogb- 
rib)  der  Hohammedaner  und  machten  sich 
-gelt  dem  16.  Jahrh.  ftirchtbar  als  Satba- 
r€$ken'  oder  JRavbataaten  (und  zwar,  ausser 
Harokko ,  als  Vasallenstaaten  der  Türkei), 
deren  Unwesen  erst  1830  durch  die  frans. 
Urobemng  Algiers  ein  Ende  gemacht  wurde. 

Berberln^  stickstoffhaltiger  Bestandtheil 
derBerberis-u.  Oolombowurzel,  kryatallisirt, 
schmeckt  scharf  bitter,  färbt  Gewebe  gelb. 

Berberil  L.  (ßerberittenfiraueh ,  Sauer- 
dorn), Pflanzengattung  der  Berberideen.  B. 
vulgaris  L.,  Essigdom,  Sauereuh,  BerbB^e«re, 
Zierstrauch,  in  ganz  Nordasien  und  Europa. 
Die  Beeren  werden  eingemacht  und  sind  wie 
die  Rinde  officinell.  Letztere  und  die  Wurzel 
dienen  zum  GjBlbfärben,  enthalten  Berberin 
und  Oxyacanthin.  Schönes  Nutzholz.  Darf 
nicht  in  der  Nähe  von  Getreidefeldern  gehal- 
ten werden,  weil  der  auf  den  Blättern  vor- 
kommende gelbe  Pilz  (Aecldinm  Berberidis) 
auf  Getreide  sich  zu  Rostpilz  entwickelt. 
Andere  Arten  bei  uns  als  Ziersträucher. 

Berberitsevstnnehy  s.  Berberis, 

Berbemeer.  der  die  Berberei  bespülende 
Theil  des  Mittelmeers. 
Berbern^  s.  Berberei, 

Berbesbeere^  s.  Berberil, 

Berbiee  (spr.  -bis),  Distrikt  von  Britisch- 
Oulana,  180  QM.  und  ca.  40,000  Ew.,  vom 
JPtiwt  B.  (Nebenfluss  des  Orinoco)  bewässert ; 
^früher  holländ.,  seit  1814  engl.  Hauptort : 
Jieii «Amsterdam,  8000  Ew. 


B9iMhlT(Tllrk,'Orad4eka),  Festung  in Türk.- 
Kro«tien,  dem  ungar.  Gradislca  gegenüber. 

Bereeai  (fr.,  spr.  -soh),  Wiege;  Bogen- 
gang in  Knnstgärten ;  flacher  GewÖlbebogen. 
Bereemse  (spr.  -söhs*)*  Wiegenlied;  liedar- 
tiges Klavierstück,  dem  Notturno  verwandt. 

Berebem  (Berghem),  Nikolaae,  niederländ. 
Haler,  geb.  1624  zu  Harlem,  f  das.  18.  Febr. 
1683;  bes.  ausgezeichnet  in  Idyll.  Kompo- 
sitionen mit  Italien.  Auffassung  der  Land- 
schaft; auch  trefll.  Radirungen. 

Berebet.  Oiovanni,  ital.  polit.  Dichter, 
geb.  um  itSS  in  Hailand,  unter  Napoleon  I. 
Staatsbeamter,  später  als  Flüchtling  im 
Ausland,  dann  amnestirt  bis  1847  in  Florenz, 
nach  Ausbruch  der  Revolution  in  Turin; 
t  das.  83.  Deo.  1851.   ,Poesie  italiane*  (1848). 

Bereblngy  Stadt  im  bayer.  Regbz.  Hittel- 
ffanken,  an  der  Sulz,  1478  Ew. 

Bercht»  (althochd.  Ferahta,  d.  i.  die  Glän- 
zende, das  heutige  Bertha),  in  der  deutschen 
Volkssage  weibl.  Götterwesen  von  meist 
bösartiger  Bedeutung. 

Berenteigaden  (Berehtolegaden),  Alpenge- 
bii^sländchen  südl.  von  Salzburg,  ehedem 
gefürstete  Propstel,  1808  als  Fürstenthum 
mit  Salzburg  vereinigt,  seit  1810  bayerisch, 
zum  Regbz.  Oberbayern  gehörend,  7  QH. 
mit  9500  Ew.  Wichtige  Steinsalzwerke.  Der 
Hauptori  B.,  in  herrlicher  Lage,  von  Frem- 
den viel  besucht,  1788  Ew.  Stein  Salzberg- 
bau; grosse  Soolenleitung.  Elfenbein- nnd 
Holzschnitzereien. 

BerehteigadeiKer  Tbron^  s.  Ühtereberg, 

Berdfty  der  östl.  Theil  von  Hontenegro, 
fruchtbare  und  weidereiche  Niederung,  seit 
1868  von  der  Pforte  abgetreten. 

Berdenhy  Stadt  im  Somaliland,  am 
Dschub;  in  der  Nähe  1865  Untergang  der 
von  der  deckensohen  Expedition. 

BerditielieWy  Stadt  im  kleinruss.  Gk>uv. 
Kiew,  64,655  Ew.,  täBt  nur  Juden.  Mittel- 
puilkt  des  südruss.  Handels  mit  Deutschland 
(überBrod^O*   Pferdemarkt  für  Tataren  etc. 

Berdjanslc»  Hafenstadt  im  südruss.  Gouv. 
Taurien,  am  asowschen  Heer,  12,116  Ew. 

Bereezk,  Flecken  in  Siebenbürgen,  Land 
der  Szekler,  2913  Ew.    Naphthaquellen. 

Beregb,  ungar.  Komitat,  Kr.  diesseits  der 
Theiss,  in  den  Karpatben,  67,7  QH.  (</» 
Wald)  und  180,000  Ew.;  viele  Alaunsie- 
dereien.    Hauptort  Bereghstdu,  8801  Ew. 

Bereagar,  Name  zweier  Könige  von  Ita- 
lien: B,  I.,  Sohn  des  Herzogs  Eberhard 
von  Friaul  und  Giselas,  der  Tochter  des 
Kaisers  Ludwig  des  Frommen,  ward  888 
König  von  Italien,  Hess  sich  vom  deutschen 
Kaiser  Arnulf  mit  Italien  belehnen ,  916 
vom  Papst  Johann  X.  zum  Kaiser  krönen; 

J9S4  durch  Heuchelmord.  —  B,  IL,  Sohn 
es  Harkgrafen  Adalbert  von  Ivrea,  Enkel 
des  Vor.,  ward  nach  Lothars  Tod  König 
von  Italien,  hielt  Lothars  Wlttwe  Adelheid 
in  harter  Gefangenschaft,  musste,  von  Kai- 
ser Otto  I.  bezwungen,  952  das  Königreich 
Ralien  als  deutsches  Lehn  annehmen,  em- 
pörte sich  wiederholt  gegen  den  Kaiser, 
ward  von  diesem  961  besl^;  f  966  als  Ge- 
fangener in  Bamberg. 
B«)r«Bgftr  TOB  Touf  y  Scholastiker,  geb. 

17  • 


deo 


Berenice  —  BergamottoL 


«98  zu  Toani  seit  1040  Arohidfakomig  sn 
Angers,  focht  Mit  1060  di«  Lshre  Ton  dor 
Brodverwandlang  im  Abendmahl«  an,  ward 
aiiro  Widerruf  geawungen,  Bog  »ich  1060  auf 
die  Insel  St.  Cosmoi  bei  Toars  mrück;  f  das. 
1068.  Vgl.  LesHn§,  ,B.S  1770.  Werke  her- 
ausg.  Ton  A.  F,  und  F.  Tk,  Vi»ch«r  (1834). 

Bareaiee  (a.  G.),  1)  wichtiger  Handels- 
platz in  liibyen,  an  der  gr.  Syrto;  Jetzt 
Bengazl.  —  2)  Seestadt  in  Aegypten,  am 
rothon  Meer;  Bninen  beim  Bas  Benas. 

BttreHiee  (eig.  Fherenik;  gr.,  s.  t.  a.  Sieg- 
bringerln),  Name  mehrerer  her.  Franen  des 
Altorthnms,  bes.  mehrerer  Königinnen  Ton 
Aegypten  und  Syrien.  Am  bekanntesten 
ist  £,  II.,  Gemahlin  des  Ptolemäns  III. 
Energetes  Ton  Aegypten,  Tochter  des  Magas, 
Königs  Ton  CTrene,  brachte  als  Weihge- 
scheuke  für  die  Siege  ihres  Gemahls  in 
Asien  der  Aphrodite  ihr  schönes  Haupthaar 
zum  Opfer  dar.  Als  dasselbe  am  andern 
Tage  aus  dem  Tempel  Terschwunden  war, 
erklärte  der  Astronom  Conon  von  Samos, 
es  sei  von  den  Göttern  als  Sternbild  an 
den  Himmel  rersetzt  worden ;  seitdem  Name 
eines  Sternbildes  (Goma  Berenioes)  am  nördl. 
Himmel,  nahe  am  Schweif  des  Löwen,  ant- 
li&lt  Sterne  4.,  5.  und  6.  Gr.  und  mehrere 
ausgez.  Nebelflecken. 

Beren^  Kreisstadt  im  preuss.  Begbz.  Dan- 
zig,  an  der  Ferse,  4004  Ew. 

Bereafbrd  (spr.Bihrsford),  William  OarrB., 
Viscount,  brit.  General,  natürl.  Sohn  Georges 
de  la  Poer,  Marquis  von  Waterfbrd,  geb. 
8.  Okt.  1768,  befehUgte  1807  die  Landtruppen 
bei  der  Expedition  nach  Madeira,  wurde 
nach  Eroberung  der  Insel  Gouverneur  das., 
begleitete  Sir  John  Moore  nanh  Spanien, 
warf,  März  1809  zum  Generalissimus  der 
portngies.  Armee  ernannt,  am  Duevo  das 
ftanz.  Corps  unter  Loison  zurück,  focht 
auch  1812  und  181S  ruhmvoll,  unterdrückte 
1817  einen  Aufstand  in  Rio-de-Janeiro.  Seit 
1810  Mitglied  des  Unterhauses  und  ent- 
schiedener Tory^  ward  er  1814  Peer,  1823 
Yiscount,  182&  General,  1828  Generalfeld- 
seugmeister;  f  &  J<^d*  ^^^ 

BerMlMy  Fluss  im  russ.  Gouv.  Minsk, 
mit  flachen,  oft  sumpfigen  Ufern,  mündet 
rechts  in  den  Dnjepr;  77  M.  1.,  von  Boris- 
sow  an  (53  M.)  schifibar;  durch  den  B«re- 
ainakanm  mit  der  Buna  (Ostsee)  verbunden. 
Berühmt  durch  den  unglücklichen  Ueber- 
gang  der  franz.  Armee  26.-29.  Nov.  1812. 

BeresoWy  1)  Stadt  in  Sibirien ,  Gouv.  To- 
bolsk,  «n  Ob,  1670  Ew.  Pelzbandel.  Ver- 
bannungsort von  MentschikoiT  und  Oster- 
manu.  —  2)  Flecken  im  ostruss.  Gouv.  Perm ; 
in  der  Nähe  viele  Goldgruben. 

BerVy  vormals  selbständiges  Herzogthum 
(Ducatus  Montensis),  unifasst  Theile  der 
prenss.  Begierungsbezirke  Arnsberg ,  Köln 
und  Düsseldorf,  seit  Anfang  des  12.  Jahrh. 
von  Grafen  von  Teisterband  regiert,  kam 
nach  deren  Aussterben  1219  an  die  Herzöge 
von  Limburg,  1348  an  Gerhard,  Prinzen  von 
Jülich,  dessen  Sohn  Wilhelm  I.  vom  Kaiser 
Wenzel  die  Herzogswürde  für  B.  erhielt. 
Nach  dem  Aussterben  der  Jülich-bergsehen 
Herzöge  (1609)  gelangten  Pfalz-Neuburg  und 


Kurbrandenburg  zur  gemeinsebaftl.  Be^e* 
rung  des  Landes,  bis  sie  1624  Pfalz-Nwibarg 
durch  den  Vergleich  von  Düsseldorf  allein 
erhielt.  Nach  dem  Erlöschen  der  kurpfils.^ 
Linie  1742  kam  B.  an  den  Kurfürsten  Karl 
Theodor  von  der  sulzbaohschen  Linie  und 
nach  dessen  Tode  1799  an  den  Herzog  Ma- 
ximilian Joseph  von  Pfklz  -  Zweibrücken.. 
1806an  Frankreich  abgetreten,  ward  es  von 
Napoleon  L ,  durch  Kleve  und  andere  Ge- 
biete vergrössert,  als  GrouhenogtJmm  B. 
(96  QM.  mit  374,235  Ew.)  seinem  Schwager 
Joachim  Murat,  nach  dessen  Erhebung  auf 
den  Thron  von  Neapel  (1809),  auf  315  QM. 
mit  878,157  Ew.  vergrössert,  dem  noch  an- 
mündigen  ältesten  Sohn  des  Königs  Ludwig 
von  Holland  (dem  älteren  Bruder  Napo- 
leons JJL)  verliehen,  1813  von  den  Verbün- 
deten besetzt,  1815  Preussen  zugetheilt 

Berg 9 1)  Dorf  im  würtembei^.  Neckarkreis,, 
am  Neckar,  mit  grossen  Fabrikanlagen,  Mi- 
neralquellen und  1583  Ew.  —  2)  Dorf  mit 
köiUgl.  Lustschloss  am  Stambexgersee  in 
Oberbayem;  LieblingsauiBnthalt  des  Jets. 
Königs  von  Bavem. 

Bergy  JTorl  Meinr,  Edmund,  Freiherr  von, 
Forstmann,  geb.  30.  Nov.  1800  zu  Gtötkingen, 
seit  1845  Oberforstrath  und  Direktor  der 
Akademie  für  Forst-  und  Landwirthe  za 
Tharandt  Sehr.  «Staatsforstwirth Schafts- 
lehre*  (1850) ;  bearbeitete  die  7.  und  8.  Aufl. 
von  Ootiae  ,Waldbau*  (1849  und  1856)  und 
Försters  Werk  ,Ueber  die  kleine  Jagd'  (4.- 
Aufl.  1856).  Seit  1846  Eedakteur  des  .Forst- 
wissenschaftlichen  Jahrbuchs  der  Akademii^ 
Tharandt*  (Bd.  1-16,  1846  ff.). 

Berg>  Friedrich  WUh,  BenOteri  (CQ8<- 
JPedor  Fedorowitsoh),  russ.  General,  geb.  26. 
Mai  1790,  machte  als  Oberst  1822-24  meh- 
rere Expeditionen  gegen  die  Kirgisenstämmer 
focht  1828  und  1829  als  Generalmajor  geeen 
die  Türken,  1831  in  Polen,  ward  1848  Ge- 
neralquMtiermelster  des  kaiserl.  General- 
stabes ,  1854  Generalgouvemeur  in  Finnland 
und  1856  zum  Grafen  erhoben,  1861  wegen 
seiner  Unbeliebtheit  abberufen  und  31.  Okt.. 
1863  zum  Statthalter  in  Polen  ernannt,  wo 
er  den  Aufstand  mit  rücksichtsloser  Streng» 
unterdrückte  und  die  Russifikation  des  Lan- 
des begann.    Seit  Nov.  1866  FeldmarschalU 

Berga.  Stadt  in  S.-Weimar,  Kr.  Neustadt^ 
an  der  Elster,  1073  Ew.,  Schloss. 

Bergamasca  (ital.) ,  alter  ital.  Tanz  top 
lebhaftem  Charakter. 

Bergamo«  oberital.  Prov.  (Lombardei)». 
48,3  QM.  und  353,898  Ew.  Die  Bewohner 
(Bergamatken)  als  plump  und  lächerlich 
versdirieen;  daher  die  Possenreisser  der 
ital.  Volkskomödie  Bergamasker.  Die  Bauft- 
Stadt  B.,  24,576  Ew.  Xastell,  Academia  Car- 
rara,  Kathedrale,  Kirche  Sta.  Maria  Mag- 
l^re,  Messehaus  (Fiera)  mit  500  Buden. 

Bergamottenbimen ,  syrische  BirneB^ 
Pomeranzenbimen,  Bimenfkmilie,  randliche 
Birnen  von  mittlerer  Grösse ,  deutsche  Na- 
tionalbergamotte ,  rothe  B.  oder  Sommer- 
crasanne,  schweizer  und  holländische  B. 

B6lganott$l,  äther.  Oel  aus  den  Fruehtea 
von  Citrus  bergamium  Bisso,  in  Italien  durc» 
Pressen  gewonnen,  beliebtes  Parfüm* 


Bergara  —  Berger. 


26t 


Bergirt,  Stadt,  s.  Vergara, 

Bergban^  die  Arbeiten  zur  Ausliringung 
mitibarer  Mineralien.  Diese  treten  in 
"EjagerUf  Gängen,  Adern,  Stöcken,  Nestern 
«oder  Niereu  auf.  IMe  Gesteinsmasse  ,  auf 
'welcher  sie  ruhen,  heisstr  das  Liegende, 
■die  bedeckende  das  Hangende.  Die  kürzeste 
liinie  vom  Hangenden  lum  Liegenden  be- 
seichnet  die  Mächtigkeit  /^reichen,  d.  h. 
der  Winkel,  weichen  der  Gang  mit  der 
Hittagslinie  maeht ,  und  FaUen ,  d.  b.  die 
Xage,  nach  der  er  in  die  Tiefe  (Tenfs)  geht, 
"wird  mit  Kompass  und  Gradbogen  bestimmt. 
Das  Aufsuchen  der  Mineralien  geschieht 
^urch  Schürfen  (Wogranmen  der  lockern 
Bedeckung  bis  auf  den  Fels ,  Bohren  (mit 
-dem  Brdbohrer)  und  Anisen  Ton  Yersuchs- 
«tollen  oder  Schächten.  Die  Qetoinnung  der 
Mineralien  und  die  Bewältigung  des  Neben- 
-^estelns  geschieht  mit  dem  GezShe  OBpitz- 
hammer,  Kell  oder  Fimmel,  Keilhaue,  Schla- , 
:gel  oder  F&ustel  und  Eisen),  durch  Spreng- 
arbeit ,  selten ,  bei  höchst  festem  Gestein, 
•durch  Feuersetzen ,  in  der  neuesten  Zelt 
vielfach  mit  Maschinen,  die  durch  Wasser, 
Dampf  od.komprimirteLuftgetrieben  werden. 
Der  Orvibenbau  ist  streckenartig  (annähernd 
horizontal:  Stollen,  Strecken,  Röschen, 
Fall-  und  Steigörter,  Querschläge)  oder 
schachtartig  (annähernd  vertikal).  Die  Ab- 
haue, auf  denen  die  nutzbaren  Mineralien 
^gewonnen  werden,  sind  auf  Gängen  und 
Xagem,  die  das  Fallen  der  Gänge  haben: 
Strossen-,  Forsten-  und  Querbaue;  auf 
tit^em:  Strebe-,  Pfeiler,  Stoss-  u.  Würfel- 
"baue;  auf  Stöcken:  Bruch-  und  Stockwerks- 
baue. Beim  B.  in  zerklüftetem  Gestein  Ist 
•eine  Sicherung  der  Arbeitsräume  durch 
Zimmerung,  Mauerung  oder  Bergyersatz 
<Ansfüllung  mit  Gestein)  nothwendig.  Be- 
fahren werden  die  Räume  auf  Leitern  (Fahr- 
ten), in  auf-  und  absteigenden  Gelassen ,  auf 
Dohief  liegenden  Holzbahnen  (rutschend)  etc. 
Die  Luft  in  den  Gruben  kann  durch  Ozy- 
datlonsprozesse  ihres  Sauerstoffs  beraubt 
und  so  oder  durch  Entwlokelung  von  Kohlen- 
säure zum  Athmen  untauglich  werden 
(btiae  Wetter);  oft  entwickelt  sich  auch,  be- 
sonders aus  Kohlen  brennbares  Qim  (Gruben- 
gas, Sumpfgas),  welches  mit  Luft  gemengt 
bei  Annäherung  einer  Flamme  explodirt 
{schlagende  Wetter),  Zur  Sicherung  dient 
Ventilation ,  die  nach  Art  der  Feueressen 
«def  mit  Maschinen  hergestellt  wird,  sowie 
die  Sicherheitslampe.  Die  Forderung  der 
^wonnenen  Mineralien  ist  Streekenforde- 
rang  In  Karren,  Schlepptrögen,  Hunden 
(kl^bie  vierrädrige  Gefässe  zum  Stossen), 
Wagen  etc.  oder  Schaclitfordernng  (ilaspsl- 
•oder  Göpelförderung).  Die  in  den  Gruben 
«ich  sammelnden  Wasser  werden  durch 
Pumpwerke  beseitigt  (Wasserhaltung).  — 
Ueber  den  B.  der  Alten  ist  wenig  bekannt. 
A^iypter,  Phönicier,  Karthager  betrieben  B. ; 
viel  rationeller  die  Römer,  unter  denen  er 
schon  Regierungssache  war.  In  Deutsch- 
land findet  sich  der  erste  B.  unter  Karl  d.  Gr., 
Vasallen  wurden  mit  Bergwerken  belehnt. 
Im  10.  Jahrh.  waren  die  harzer  Bergwerke 
schon  bedeutend,   im    12.  Jahrh.   die  von 


Sachsen  u.Böbmeu.  Grosse  Förderung  brachte 
das  Schiesspulver,  die  wichtigste  aber  das 
neueMasohipeuwesen,  wodurch  es  möglich 
wurde,  früher  verlassene  Bergwerke  mit 
Vortheil  wieder  aufzunehmen  und  in  Teufen 
von  mehreren  KXX)'  vorzudringen.  Vgk 
Oätzechmann, ,  Vollstand.  Anleitung  zur  Beig- 
baukunstS  1.  Bd.,  8.  Aufl.  1866:  Bartmtmn, 
»Handbuch  der  Bergbau- und  Hüttenkunde', 
1857;  Bittinger,  ,Mittheilnngen  &ber  berg- 
männische Maschinen*,  18Ö5. 

Bergblan,  Kupferblau,  Malerfarbe;  natfir- 
liches  B.  ist  geschlämmte  Kupferlasur  von 
Ohessv,  Salzburg,  aus  Tirol,  Ungarn  und 
vom  Ural,  künstliches  ist  Kupferoxydhjdxat, 
also  s.  V.  a.  Bremerblau. 

Bergboek,  s.  v.  a.  Steinbock. 

Bergbohrer 9  s.  Bohren. 

Bergbntter.  Salzausblähung  auf  schwefel- 
kieshaltigen  Schiefem;  s.  v.  a.  ZinkvitrioL 

Benedorf •  hamburg.  Amt,  zwischen  Blbe 
und  Bille,  1,7  QM.  mit  18,510  Ew.  (Vier- 
länder); früher  Hamburg  u.  Lübeck  gemein- 
sam, 1867  von  Hamburg  für  800,000  Thlr. 
ganz  angekauft.    Die  Stadt  B.,  3131  Bw. 

Bergeil  (Val  Bregaglia),  enges  Thal  in 
Graubünden,  von  Maloggia  bis  Chlavenna, 
8  St.  1.,  von  der  Maira  durchflössen,  etwa 
1600  Bw.  Ausfuhr  von  Heidelbeeren  (Jährl. 
über  40,000  Frcs.).  Vgl.XecAner,  ,Thal  B.*,  1865. 

Bergen  9  1)  Hauptstadt  der  Insel  Rügen, 
nahe  dem  Rugard,  3536  Ew.  Fräulein  stift 
(seit  1198).  —  2)  Dorf  unweit  Frankfort  a/M., 
2440  Ew*  IS.  April  1759  Sieg  der  Franz<nen 
unter  Broglio  über  Ferdinand  von  Braun- 
schweig.  —  3)  Belg.  Stadt,  s.  Mon$.  —  4) 
Dorf  in  Oberbayern,  mit  grossem  Eisenhüt- 
tenwerk. —  5)  Stift  in  Norwegen,  an  der 
See,  874  QM.  und  848,914  Ew.  An  der  Ost- 
seite das  Longfield.  Viehzucht  und  Fische- 
reL  Die  Eauptet.  B.  mit  der  Vorstadt  Sand- 
Vtgen  25,797  Ew.  Gr.  befest.  Hafen.  Bed. 
Häringsausfuhr  (Jährl.  oft  200,000  Tonnen}. 
1069  von  K.  Olaf  Kyrre  gegr.;  im  Mittel- 
alter wichtigste  Hansestadt  in  Norwegen. 

Bei^en^  Segel  wegnehmen;  die  Güter  eines 
gestrandeten  Schiffes  retten ;  ein  Schiff  oder 
seine  Ladung  aus  Seenoth  (Givilbergung) 
oder  Feindeshand  (Militärbergnng)  retten. 

Bergenflseli,  s.  v.  a.  Dorsch. 

Bergen  op  Zoom,  starke  Festung  in  der 
holländ.  Frov.  Nordbrabant,  am  Einfluss 
der  Zoom  in  die  Ostscheide,  9139  Ew. 

Berger,  1)  Ludwig  von  B.,  geb.  1768  In 
Oldenburg,  Kanzleirath  das.,  181S  Mitglied 
der  dort  eingesetzten  provisor.  Verwaltungs- 
kommission, ward  nach  der  Rückkehr  der 
Franzosen  wegen  einiger  Aeusserungen  ge- 
gen die  Fremdherrschaft  mit  seinem  Stunde 
Fink  10.  April  1813  in  Bremen  erschossen. 
Vgl.  Oildemeister,  ,Finks  und  Bs  Ermor- 
dung', 1814.  —  2)  Joh.  Kepomuk,  Öster- 
reich. Staatsmann,  geb.  16.  Sept.  1816  su 
Prossnits  in  Mähren,  ward  1844  Assistent 
für  die  Lehrkanzel  des  Natur-  u.  Krimfnal- 
rechts  am  Theresianum,  vertrat,  1848  in  das 
iVankfurter  Parlament  gewählt,  auf  der 
Linken  die  grosadeutsche  Richtung,  prak- 
ticirte  dann  iu  Wien  als  Rechtsanwalt,  ward 
1863    Mitglied    der    Abgoordnetenkammer, 


262 


Bergerao  —  Bergseife. 


Dec.  1667  zum  Minister  ohne  Portefeuille 
«rsajint,  trat  Jan.  ISJO  zurück;  t  ^^  ^^o. 
1876  in  Wien.  —  3)  Ludwig,  Komponist  und 
Planist,  geb.  18.  April  1777,  leibte  1804  —  15 
in  Petersburg,  Stockholm  und  London ;  f  1^* 
Tebr.  18S9  zu  Berlin.  Lehrer  Mendelssohns. 
Gediegene  Klavierkompositionen. 

Bergerae  (spr.  Berschrak),  Stadt  im  franz. 
Bepart.  Dordogne  (Guienne),  an  der  Dor- 
dogne,  12,224  £w.    Weinbau  u.  Eisenwerke. 

Bergerie  (spr.  Berschrie),  höchster  Gipfel 
.der  Arana.  Ardennen,  bei  Fumay,  1515'. 

Bergfahrt 9  Fahrt  der  Schiffe  stromauf- 
w&rts,  Gegensatz  Thalfahrt. 

Bergflachs,  s.  AabetU 

BergfleUch,  Gemenge  von  Asbest  mit  Talk. 

Bergfried  (mittelhochd.  berc/rit  oder  ber- 
vrit),  Wachtthurm  auf  Burgen. 

BerggieBflhfibel,  Bergst.  im  sächs.  Begbz. 
Dresden,  bei  Pirna,  im  Gottleubethale,  1007 
Ew.  Ehemals  blühender  Bergbau.  Mehrere 
Mineralquellen  (Johann  -  Georgenbad). 

Berggrün,Ungari8chgrün,Tiroler-,  Kupfer- 
oder  Schiefergrün,  gute  Wasserfarbe;  na- 
türliches ist  geschlämmter  Malachit,  künst- 
liches ist  gefälltes  kohlensaures  Kupferoxyd ; 
giftig,  ziemlich  haltbar,  deckt  schlecht. 

Berghftus,  Heinr.  Karl  Wilh.,  Geograph, 
geb.  3.  Mai  1797  zu«  Kleve,  1824-55  Prof. 
an  der  Bauschule  zu  Berlin,  privatisirt  das. 
Zahlr.  kartogr.  Arbeiten:  , Atlas  von  Asien' 
(1833-43),  ,PhyslkaI.  Atlas'  (1837-48, 2.  Aufl. 
1849  —  51),  , Sammlung  hydrogr.-phVsikal. 
Karten  der  preuss.  Seefahrer*  (1840)  etc. 
Sehr.    ,AIIgem.  Länder-  und  Völkerkunde' 

S  1837- 40,  5  Bde.);  ,Die  Völker  des  Erdballs' 
1845-47, 2  Bde.);  ,DeutschIand  seit  hundert 
Fahren'  (1859-62, 5 Bde.);  ,Was  man  von  der 
Erde  weiss'  (1856-60,  4  Bde.);  ,Briefwechsei 
mit  A.  V.  Humboldt'  (1863,  3  Bde.)  u.  A.  — 
Auch  sein  Neffe,  Hermann  B.,  geb.  16.  Nov. 
1818,  ist  durch  geograph.  Arbeiten  bekannt ; 
lieferte  n.  A.  eine  ,Karte  des  Oetzthaler 
Gletschergebiets'  (1861),  eine  ,Weltkarte  in 
Mercators  Projektion'  (1859,  4  Bl.)  und  mit 
9.  Slülpnagel  die  treffliche  ,Chart  of  the 
World*  (1863,  8  Bl.). 

Bergneim,  Kreisort  im  preuss.  Regbz. 
Köln,  an  der  Erft,  576  Ew. 

Berghem,  Maler,  s.  Berchem, 

Bergtech  -  Gladbach ,  Stadt  im  preuss. 
Begbz.  Köln,  Kr.  Mülheim,  5899  Ew. 

Bergk,  Theod.,  Philolog,  geb.  22.  Mal 
1812  zu  Leipzig,  Sohn  des  als  Uebersetzer 
und  populär -Philosoph.  Schriftstoller  be- 
kannten Joh.  Ad.  B.  (geb.  1773  zu  Hay- 
nichen  bei  Zeitz,  f  27.  Okt.  1834  zu  Leipzig), 
seit  1842  Prof.  zu  Marburg,  1847  Mitglied 
des  Landtags,  1848  einer  der  17  Vertrauens- 
männer, seit  1852  Prof.  zu  Freiburg  Im 
Breisgau,  seit  1857  zu  Halle.  Best  verdient 
um  die  Kritik  und  Erklärung  der  grlech. 
Dichter.  Gab  heraus:  ,Poetae  lyrici  graeci' 
(1853—67,  3  Bde.),  Aristophanes  (2.  Aufl. 
1857),  Sophocles  (1857)  n.  A.,  von  1843  bis 
1852  mit  Cäsar  die  «Zeitschrift  für  Alter- 
thumswissenschaft'. 

Bergkalk,  s.  Kohlengruppe, 

Bergkork,  s.  Asbe$t. 

Bergkrystal]^  •.  Quar», 


Bergleder,  s.  Asbest, 

Bei^manli,  s.  Mesotyp. 

Bergmehl,  s.  Infusorienerde  u.  Kieeelguhr, 

Bergmllch  (Mondmilch),  Melilkreide,  erdi- 
ger Kalkspath,  häufig  in  Kalksteinklüfteo,. 
dient  als  Farbe. 

Bergdl,  s.  v.  a.  Erdöl. 

Bergpech  9  s.  v.  a.  Asphalt. 

Bergrecht,  Inbegriff  der  Rechtsg^mndsätze, 
welche  sich  auf  den  Bergbau,  insbesondere 
auf  die  Erlangung  des  Beigeigenthums  und 
die  daraus  herfliessenden  Verhältnisse,  so- 
wie auf  den  Verlust  desselben  beziehen. 
Das  deutsche  B.  bat  sich  frei  von  der  Ein- 
wirkung des  röm.  Rechts  erhalten  u.  auch 
ausserhalb  der  Grenzen  Deutschlands,  in 
Dänemark,  Schweden  und  Norwegen,  Eng- 
land, Spanien,  Mexiko  etc.  Geltung  erhalten. 
Die  ersten  Anfänge  desselben  fallen  in  das 
12.  Jahrh. ,  in  welchem  der  Bergbau  in 
Böhmen ,  Meissen  und  am  Harze  in  Auf- 
nahme kam.  Das  älteste  B.  ist  das  von 
Iglau,  um  1250  aufgezeichnet.  Mit  Ausbil- 
dung der  Landeshoheit  entstanden  umfas- 
sendere Bergordnungen,  von  denen  die 
joachlmsthaler  von  1548  und  die  sächsische 
von  1589  die  wichtigsten  sind.  Aus  der 
neueren  Zeit  sind  hervorzuheben:  das 
preuss.  Landrecht,  Th.  U ,  Tit.  16 ,  und  das 
k.  preuss.  Gesetz  vom  21.  Slai  i860|  betr. 
die  Aufsicht  der  Bergbehörden  über  den 
Bergbau  und  die  Verhältnisse  der  Berg: 
hüttenarbeiter;  das  Österreich.  Berggesetz 
vom  23.  Mai  1854;  das  k.  sächs.  Berggesetz 
vom  22.  Mai  1851;  die  franz.  Berggesetze 
vom  28.  Juli  1791  und  21.  April  1810;  die 
engl,  vom  10.  Aug.  1843,  14.  Aug.  1850, 
14.  Aug.  1855  und  28.  Aug.  1860;  das  span. 
vom  6.  Juli  1859 ;  das  portugics.  vom  31.  Dec 
1851.  Vgl.  Karsten,  ,Grundriss  der  deutschen 
Bergrechtslehre',  1828;  Kressner,  ,System8t. 
Abriss  der  B.e  in  Deutschland',  1858;  Brastert 
und  Achenbach,  ,Zeitschrift  für  B.',  1.  — 12. 
Jahrg.  1860-71. 

Bergregal,  die  ausschliessl.  Befügnlss  der 
Staatsgewalt  zur  Gewinnung  von  Fossilien. 
Die  Ausdehnung  des  B.s  ist  landrechtl.  ver- 
schieden. Während  durchschnittl.  nur  Me- 
talle und  nicht  einmal  allenthalben  Eisen- 
steine darunter  gehören,  dehnen  manche 
Bergrechte  das  Regal  auch  auf  Marmor, 
Kalk,  Schiefer,  Stein-  und  Braunkohlen  etc. 
aus.  Verschieden  von  dem  B.  ist  die  Berg- 
hoheü  oder  das  dem  Staatsoberhaupte  als 
solchem  zustehende  Recht,  das  Bergban- 
wesen  zu  beaufsichtigen,  den  Bergwerks- 
betrieb zu  besteuern,  den  Grubenbetrieb 
nach  den  Anforderungen  der  Sicherheits- 
polizel  und  Volkswirthschaft  zu  regeln, 
Berggesetze  zu  erlassen ,  Bergbehörden  «ti 
kiToirdi  otc 

Berg-Beickensteiiiy  Bergstadt  im  böhin. 
Kr.  Pisek,  1900  Ew.  ,.  ,  , 

Bergrelen  (Bergreihen),  Bergmannsbeder, 
im  15.  u.  16.  Jahrh.  Art  lyr.  Volkslieder  geirtl. 
und  weltl.  Inhalts.   Vgl.  Bchad»,  3- 1/^ 

Berggehotten  (Hochschoiten) ,  die  oelt.  i»e- 
wohner  Hochschottlands,  mit  bes.  TracDj. 

Bergtelfe  (Böckseife),  feinerdiger,  miiaer 
Thon,    bei    Wältershausen,    Babciisoheia, 


Bergstadt  —  Berlin. 


26a 


Silin,  io  Polen,  anf  Skye,  dient  mm  Waschen 
und  Walken  grober  Zeuge. 

Bergstadt,  Stadt  mit  Bergwerksbetrieb 
und  darauf  besugl.  Privilegien. 

Bergstrasse 9  Strasse  yon  Darmstadt  am 
Odenwald  entlang  bis  Heidelberg,  12  St.; 
die  Gegend  sehr  f^chtbar  (Wein,  Obst). 

Bngstars,  Loslösen  und  £instänse^  einer 
Bteiien  Felswand  in  Folge  Ton  Aufweichung 
der  unteorgelagerten  Gtesteinsmassen.  Häufig 
an  B.en  ist  die  Schwels  bes.  bei  Molasse  und 
Nagelfluhgebilden.  Herabratschende  Erd- 
und  Oesteinsmassen  heissen  Erdachlipfe. 
.    Bei^gtftlgy  Bergwachs,  s.  t.  a.  Osokerit. 

BergtheffiTy  sähflüssiges  Erdöl. 

Bennes  (spr.  Bergh),  befest.  Stadt  im 
franz.  Depart.  Nord,  €022 Ew.  Getreidemarkt. 

Bergunermeeir,   Landsee   ijOL    der  hoU. 
ProY.  Friesland,  8  St.  im  Un^ang. 
,     BergwteliS)  Bergtalg,  8.T.a.  Oeokerit. 

Beigwagey  Apparat  zur  Aufhahme  Ton 

Bergwerk,  s.  Bergbau.         [BergprofiUn. 

Bergiabem,  Stadt  in  der  bayer.  Bhein- 
pfals,  am  Fttss  der  Vogesen,  252S  Ew. 

Berlberi  (Sjndonus  indicus),  in  Indien 
endemische  Krankheit^  befällt  Einheimische 
und  Fremde  bes.  in  der  Begenselt ,  meist 
nicht  tödtllch. 

Berlelsche  Hügel«  Berggruppe  in  Veue- 
tieu,  bei  Vicenza,  1830'. 

Bering  (Behring) ,  Vitu» ,  Seefahrer,  geb. , 
zu  Bnde  des  17.  Jahrh.  zu  Horsens  (Jüt- 
.land),  nahm  russ.  Seedfenste  unter.  Peter 
d.  Or. ,  entdeckte  1728  auf  einer  Beise  ins 
Meer  yon  Kamtschatka  die  Durchfahrt  zwi- 
schen Asien  und  Amerika  (Bering»ttra9$e), 
vraxd  1741  auf  einer  zweiten,  zur  Unter- 
suchung der  nordwestl.  Küste  tou  Amerika 
(bis  69<^  unternommenen  Entdeckungsreise 
auf  die  nach  ihm  benannte  Beringsimel  yer- 
sch lagen;  t  das.  8.  Dec.  1741. 

Bensgerbad,  Badeort  (Soolbad)  bei  Sude- 
rode, am  Eingang  des  Harzes,  seit  1827. 

Bmngsmeer,  der  nördlichste  Theil  des 
Grossen  Oceans  zwischen  Asien  u.  Amerika, 
im  K.  durch  die  Beringsstrasse  mit  dem 
attischen  Meer  verbunden. 

Beriet,  OftarZet  ÄuguHe  de,  Viollnvlrtuos 
modemer  Schule,  geb.  20.  Febr.  1802  zu 
Löwen,  seit  1883  mit  der  Madibran - Qarcia 
Terhelrathet,  wurde  1842  Bail lots  Nachfolger 
am  Konserratorium  zu  Paris;  lebte  spater  au 
Brüssel,  seit  18^  erblindet ;  f  10.  April  1870. 
Schüler  von  ihm:  Vieuxtemps  und  Prume. 
Zahlr.  Violinkompositionen  (Koncerte,  Va» 
riationen,  Phantasien  etc.),  elegant  und 
effektvoll,  aber  ohne  Tiefe. 

Besiislaw,  Stadt  im  südruss.  Gouvem. 
Oherson,  am  Dnjepr,  6495:  Ew.  Deutsche 
Kolonien.     < 

Berka,  1)  Stadt  u.  Badeort  in  S.-Weimar, 
Kr.  Weimar,  an  der  Um,  1550  Ew.  —  2)  Stadt 
das..  Kr.  Eisenach,  an  der  Werra,  1144  Ew. 

Berkaa«  wollenes,  seidenes  oder  halb- 
seidenes,, leinwandartig  gewebtes  Zeug. 

Berkel,  Nebenfluss  derYssel  in  Holland, 
kommt  aus  Westphalen,  mündet  bei  Zütphen. 
.  Berkeley  (spr.  Börkll),  Stadt  in  der  engl. 
Grafscb.  Gloucester,  am  Severa,  5000  Ew. 
Jenners  erste  Kubpockenimpfting  1796. 


Berkeley  (spr.  Börkli),  George,  engl.  Phi- 
losoph ,  geb.  12.  März  1684  zu  Thomastown 
in  Irland,  seit  1733  Bischof  von  Cloyne; 
t  14.  Jan.*  1753  zu  Oxford.  Gegner  des  da- 
mals herrschendeaKealismus  und  Materialis- 
mus, bestritt  er  die  Realität  der  Aussenwelt 
und  gestand  nur  dem  Geiste  Wirkliclikeit 
EU.  Sehr.  ,Treati8e  on  the  principles  of. hu- 
man knowledge*  (1710);  ,TIiree  dialogaes 
betweenHylas  and  Philonous'  (1713;  deutseh 
1781);  ,Aloiphron  orthe  minute  philosopher* 
(1732)  und  ,Theory  of  Vision«  (1709;  neue 
Aufl.  1860);  ,Work8'  (1784,  2  Bde.;  neue 
Ausg.  mit  Biogr.  184S). 

Berkheyden,  Gerhard,  niederl.  Maler,  geb. 
1645  EuHarlem,  t  1698;  trelfliche  Architek- 
tnrstüoke  (Trajanssaale  im  Louvre  zu  Paris, 
Bathhaus  zu  Amsterdam  etc.).  [Istrien. 

Berkliier,  slowen.  Volksstamm  im  nördl. 

Berkowits.  russisches  Schiffspflind,  =  10 
Pud  =  163,8  Kilo  =r  3  Ctr.  27,6  Pfd. 

Berks  (BerkaMre),  Grafsch.  im  südl.  Eng- 
land, 33  QM.,  176,256  Ew.   Hauptst.  Reading. 

Berlat  (Byriat),  Fluss  in  der  Moldau, 
mündet  links  in  den  Sereth,  30  M. ;  von  der 
Stadt  B.  (5000  Ew.)  an  schiffbar. 

Berleburg .  Kreisst.  im  preuss.  Regbz. 
Arnsberg,  2041  Ew.,  ehedem  HauDtort  der 
Grafsch.  Wittgenstein.    Schönes  Sohloss« 

Berlenga,  dürre  Felseninsel  an  der 
portug.  Küste  (Estremadura),   bei  Peniche. 

BenlchtngeB,  Dorf,  im  würtemberg.  Jaxt-. 
kreis,  an  der  Jaxt,  bei  Künzelsau;  Ruinen 
des  Stammschlosses  der  Familie  von  B. 

BerliehlBgeii,  Oütz  oder  Qot^-ied  von, 
mit  der  eieemen  Sand,  tapferer  Ritter  des 
16.  Jahrh.,  geb.  1480  zu  Jagsthausen  im 
Würtemberglschen,  dem  Stammschlosse  sei- 
ner Familie,  diente  dem  Herzog  Albrecht  V. 
von  Bayern -München,  verlor  bei  der  Be- 
lagerung von  Landshat  die  rechte  Hand,  die 
er  dann  durch  eine  ^eme  ersetzen  Hess, 
stand  1519  dem  Herzog  Ulrich  von  Würtem- 
berg  gegen  den  Schwab.  Bubd  bei,  fiel  bei 
Möckmühl  in  Gefangenschaft,  fungirte  1525 
im  Bauernkriege  gezwungener  Weise  als 
Hauptmann  der  Bauern,  ward  deshalb  in 
Augsburg  in  Haft  gehalten  und  erst  1530 
IVei  gelassen;  focht  1541  unter  Kaiser  Karl  V. 
gegen  die  Türken,  1544  gegen  Franz  von 
Frankreich ;  f  23.  Juli  1562  anf  Schloss  Hom- 
berg.  Sein  Grabdenkmal  im  Kloster  Schön- 
thal. Seine  Autobiographie  (zuerst  1781)  gab 
Goethe  den  Stoff  zum  ,Götz  von  B.*.  Das  Ge- 
schlecht B.  blüht  noch  in  2  Linien,  zu  Jagst- 
hausen und  zu  Rossach,  von  denen  die  letz- 
tere G.  V.  B.,  die  erstere  dessen  Bruder  Hane 
9on  B,  (geb.  1476,  f  1558)  zum  Ahnherrn  hat. 
Der  Linie  B.- Rossach  gehört  an  Friedr, 
Wolfg,  Gut»  von  B„  geb.  26.  Juni  1826,  wür- 
temberg.  Major  und  Abgeordneter  der  ersten 
Kammer,  17.  Juli  1859  in  den  Grafenstand 
erhoben.  Sehr«  ,Ürkund  liehe  Geschichte  des 
Ritters  G.  von  B.  und  seiner  Familie*  (1861). 

Berlin,  Hauptst.  der  preuss.  Monarchie 
wie  des  bisherigen  norddeutschen  Bundes 
und  des  neuen  deutschen  Reichs,  erste  Re- 
sidenzstadt des  Königs,  Sitz  der  obersten 
Bundes-  u.  Landesbehörden  und  Versamm- 
lungsort des  deutschen  Reichstags,  des  Zoll- 


864 


Berlin. 


Parlaments  (1867—70)  und  des  prettss.  Lnnd- 
tags,  in  der  Hittelmark  in  weiter  Ebene,  an 
beiden  Seiten  der  Spree  (mit  mehrem  Inseln), 
1  QM.,  (18«7)  83,96S  Gebäude  (700  öffentliche, 
darunter  00  Kirchen  nnd  Bethänser)  und 
70S,4S7  Ew.  (incl.  21,978  Militär),  darunter 
€88,0M  Protest. ,  42,480  Kath.,  27,607  Juden. 
B.  hat  16  Stadttheile:  AU-B.  rechts  an  der 
Spiree,  nnd  AU-KlUn  auf  einer  Insel  (die 
ältesten),  Keu-KOln  (seit  1681  bebaut)  und 
JPVietfrtcAMperdsr  (seit  1658)  auf  einem  Wer- 
der ;  links  an  der  Spree :  Z>oroth6en*ktdt  (Neu- 
fltadt ,  seit  1673) ,  Friedrich»$ta€U  (seit  1694) 
liikd  Lui*e$i»tadt  (seit  1669),  rechts:  drolower 
VUrta  (seit  1705),  Königutadt  (seit  1^, 
gpandaiur  Bevitr  (Sophienstadt,  seit  1691) 
und  Friedrich'  Wilhelm$$tadt  (seit  1888  be- 
nannt); ausserhalb  der  Ringmauer,  welche 
die  genannten  Theile  einschliesst  (aum  Theil 
niedergerissen),  die  Vorstädte  Wedding  (Ora- 
nienburg. Vorstadt) ,  ifooMI  (Voigtland,  seit 
1752),  Jiaswr«  FriedHchntadi  (1888  angelegt), 
ÖMttret  Bpandatur  Bevier,  »ehVnAerger  und 
tempelho/er  BetHer,  19  Thore,  596  Strassen, 
Gassen  nnd  freie  Plätae.—  IIampMra»$eH :  Un- 
ter den  Linden  (3800'  1.,  144'  br.,  mit  4facher 
liindenallee  nnd  dem  Brandenburgerthor), 
Friedrichsstrasse  (8500')  u.  Wilhelmsstrasse 
(bis  zum  neuen  Luisenthor  9100')  u.  Königs- 
Btrasse  J^andel  und  Verkehr).  —  Oeffentliche 
FUUge:  Opemplatz  (mit  der  18'  h.  Reiterstatue 
Jriedrlchs  d.  Qr.  von  Rauch,  seit  1851),  Lust- 
garten (1888  angelegt,  mit  den  Museen),  Gen- 
darmennlati  (mit  dem  neuen  Schauspiel- 
haus), Wilhelmsplatz  (Statuen Ton  Schwerin, 
Winterfeld ,  Seidlitz ,  Keith  ,  Ziethen  und 
Leopold  Ton  Dessau),  Belle -AUianspIatB 
(Victoriasänle ,  seit  1843),  Lefpzigerplati 
(Denkmal  des  Grafen  von  Brandenburg)  und 
PariserplatB.  —  Brücken:  Kurfurstenbrücke 
(Statue  des  grossen  Kurfürsten),  Friedrichs- 
brficke  (118  Sehr.  1.,  mit  8  eisernen  Bögen), 
Schlossbrficke  (erb.  1884,  auf  8  massiven  Bö- 
gen, mit  8  allegor.  Marmorgruppen:  Leben^ 
lauf  eines  Krlt^ers),  weidendammer  Brücke 
(Elsen,  erb.  1886),  Alsenbrficke  (erb.  1864)  u.  a. 
Schulter  u.  and.  Öffentliche  Geiäude :  königl. 
Schloss  (,weisser  Saal') ;  königl.  Palast,  ver- 
bunden mit  dem  Palast  des  Pr.  Ludwig; 
Palast  der  Königin  der  Niederlande;  «e 
Paläste  des  Pr.  Karl  (mit  Waffenhalle),  des 
Kronprlnsen  und  des  Pr.  Albrecht  (Winter- 
garten); Lustschloss  Monb^ou,  Zeughaus, 
die  Königs-  oder  Neue  Wache  (nach  der  Idee 
eines  röm.  Kastrums,  mit  den  Statuen  Scham- 
faorsts  und  Bülows,  gegenüber  die  Blüchers 
von  Rauch);  die  Artillerie-  nnd  Ingenieur- 
aohule;  16  grosse  Kasernen;  der  köuigl.* 
Stall  (Reitakademie,  mit  Rüstkammer);  die 
Universität  (früher  Palais  des  Pr.  Heinrich, 
mit  anat.,  aooL  und  mineral.  Museum);  die 
königl.  Bibliothek;  Akademie  (mit  Stern- 
warte); Singakademie;  königl.  Bauschule 
gSaualüulemie);  Börse;  das  Münshaus;  Giess- 
aus;  die  Staatsdruckerei;  das  alte  Museum 
(1888  erbaut  von  Schinkel,  mit  Jon.  Säulen- 
halle, dem  Löweutödter  von  Wolff  und  der 
Amasonengruppe  von  Kiss),  enthaltend  die 
Gemäldegallerle  und  die  grossen  Sammlun- 
gen antiker  nad  anderer  Kunstgegenstäude; 


damit  verbunden  das  kol<Msale  neue  Musaum 
(seit  1848  begonnen ,  für  nord.  und  ftgypt. 
Alterthümer,  die  Oypsabgüsse  und  die 
Kupferstichsammlung,  her.  Treppenhaus  mit 
Kaulbachs  Fresken;  davor  die  kolowale 
Granitschale);  das  Opernhaus  (1843  neu  er- 
baut, für  1800  Pers.),  das  neue  Schauspiel- 
haus (181T  neu  aufgebaut,  für  1500  Zu- 
schauer); LuisenstUkung  (sonst  ^alais  der 
Prinsessin  Amalie);  der  neue  Packhof; 
Krolls  Etablissement  (1852  neu  erbaut,  für 
5000  Gäste);  das  neue  Bathhaus  (1870  er- 
öffnet), das  neneOirkusgebäude,  dasOrphenm 
(Vergnögungslokal),da8  Zellengefängnisseto. 
—  Die  Kirchen  ohne  hervorstechende  arohi- 
tekton.  Bedeutung;  die  ältesten  (18.  Jahrh.) : 
Nikolai-  oder  Hauptkirche,  Marienkirche  (nea 
entdeckter  Todtentanz)  uftd  Klosterkfrclie; 
die  neuesten:  die  kath.  Michaels-,  die  evan^. 
Thomaskirche  n.  die  Klosterkirche  am  neuen  . 
Dominikanerkloster  in  Moabit  (seit  1869); 
die  schönsten:  die  Friedrichswerderldrohe 
(goth.),  die  kath.  Hedwigskirche  (Rotunda) 
und  die  Parochlal-  und  Gamisonkirche;  die 
neue  Synagoge. 

Wiieentchafaiche  und  KknetanttaUen:  die 
königl.  Bibliothek  (500,000  Bde.  und  10,000 
Manuskr.),  Universität  (1810  gegründet,  1868: 
2997  Hörer) ;  Akademie  der  Wissenschafken 
(seit  1700,  mit  der  neuen  Sternwarte) ;  Aka- 
demie der  Künste  (seit  1699);  Bauakademie 
(mit  dem  Benth -Schinkelmuseum,  Gewerbe- 
und  Bansohulen);  die  beiden  Museen  (s. 
oben);  das  gr.  Aquarium,  zahlr.  gelehrte 
Gesellschaften,  das  medicin. -Chirurg.  Fried- 
rich-Wilhelmsinstitut, die  Miliarakademie 
für  Offiziere,  Artillerie-  u.  Ingenieurschule^ 
Thierarsneischule,  Kadettenanstalt,  10  Gym- 
nasien (5808  Schüler) ,  86  öffentl.  und  106 
private  Elementar-  u.  Mittelschulen,  Taub- 
stummen- und  Blindenschule,  verschiedene 
Seminare,  Entbindungsanstalt,  Hebammen- 
schule, Bei^werkseleveninstitut,  Gewerbe- 
institut u,r.n,—  WohUh<UigkeiteamUMen:  die 
Oharit6  (das  Hanptkrankenhaus ,  Jetzt  mit 
dem  klinischen  Institut  verbunden ,  oft 
10,000  Kranke  Jährl.),  Bethanien  (Kranken- 
verpflegungsanstalt für  350  Kranke,  seit 
1847),  das  Hedwigskrankenhaus  (seit  1852), 
Frie^ichs- Waisenhaus,  die  Luisenstütung 
(f.  Ersiehung  Junger  Mädchen),  das  Fried- 
richsinstitnt  und  Invalidenhaus  (600  M.), 
die  Wadzecksanstalt  etc.;  dazu  noch  11 
Hospitäler  und  9  Waisenhäuser  der  Stadt. 

Industrie  von  grösster  Bedeutung.  Unter 
den  Fabriken  (über  950)  am  wlchtifl^rten: 
die  Eisengiessereien  (ausser  der  kön<g]. 
10  Privatt^essereien)  und  Maschinenbau- 
fabriken (75,  meist  in  Wedding,  darunter 
diejenigen  von  Borsig,  Egel  und  Wöhlert 
von  europäischem  Rxä);  ausserdem  die  für 
Seiden-,  Wolfen-  und  BaumwoHenwaaren, 
Wollen-  und  Seidenbänder,  Tabak,  Zucker, 
Papier,  Tapeten,  Spiritus,  lackiito  Blech- 
waaren,  Neusilber-  n.  BronseaiMton,  Puts- 
nnd  Modewaaren,  künstl.  Blumen,  Stroh- 
hüte, Stickmuster  und  Stickerelen,  Pape- 
terien, Portefeuille-  und  Lederwaaren  (bes* 
Portemonnaies,  Oigarrentaschen),  chirurK.Y 
mathemat.,  opt.,  physikal.  und  nmsikal.  In,« 


Berlincbeii  —  Bern. 


265 


strumente,  Hüte,  Gold-  und  Silberwaaren, 
CbaUeb,  Möbel,  Ooldlelsten,  Farben,  Stein- 
gut, Thonöfen,  Porzellan  (könig!.  Fabrik) 
etc. ;  Sahir.  Buch-,  Kunst-  und  Muslkalien- 
handlnngen,  lithogr.  Anstalten,  Buch-  und 
^otendruckereien.  —  Beträchtlicher  Handel, 

g'efördert  durch  die  königl.  Bank,  die  See- 
andlung,  die  Schifffahrt  auf  der  Spree 
pebst  deren  Kanälen  (nette :  der  Schlfffahrts- 
k&nal  8.  -1858,  luisenstädter  und  Spandauer- 
kanal  s.  1858)  und  die  Eisenbahnverbindan- 
gen  (Knotenpunkt  der  Bahnen  Ton  Kord- 
dentschland,  7  Bahnhöfe).  Hauptimporte: 
Ctetreide,  Vieh ,  Kolonialwaaren,  Wein  und 
Rohprodukte  etc.  —  Bemerkenswerth  ausser- 
dem :  der  ThiergartenimW.  (Volksgarten  mit 
Spasiergängen  etc.,  820  Morgen  gr.,  Statue 
Friedrich  WUh.  III.  seit  1849) ,  dabei  der 
zoolog.  Garten  und  das  Lnstsohl.  Belleme 
(mit  Park),  der  Friedrichsbain  (im  NO.,  seit 
1840),  der  Kreuzberg  (vor  dem  halleschen 
Thor,  eisernes  Monument,  Yergnügungsort 
TiToll);  der  grosse  botan.  Qarten  der  Aka- 
demie der  Wissenschaften  (vor  dem  Pots- 
damer Thor,  Palmenhaus) ;  die  sogen.  Hasen- 
beide  (im  schÖneberger  Revier,  an  Flehten- 
^hölz  mit  KafTee-  und  jpamdhäusem  und 
dem  Turnplatz  des  alten  Jahn)  und  das 
Lniienbad  (an  der  Pankow,  mit  Anlagen). 

B.  Ist  exemte  Stadt  und  steht  unmittelbar 
unter  dem  Ministerium. 

Einnahmen  (1867):  5,381,786  Thir., 
Ausgaben     .    .    .    4,688,323      - 
Schuld     ....    7,930,712      - 
Wappen:  aufgerichteter  sch^ranser  Bar  im 
Silbernen  Feld.  —  Die  ältesten  Stadttheile, 
Köln   (Oolne)   und  Berlin,   vrerden  zuerst 
1237  und  1244  erwähnt,  beide  wurden  1307 
vereinigt;  die  Doppelstadt  trat  zur  Hansa, 
ward  das  Haupt  des  mark.  Städtebundes  und 
zu  ^nde  des  15.  Jahrh.  unter  Job.  Oicero 
Residenz.     Lebhaftes  Aufblähen  derselben 
aelt  dem  grossen  Kurfürsten; 

bei  dessen  Tode  1688     20,000  Ew., 
bei  dem  Friedrichs  IL  114,000     • 

1817 188,000      - 

1840 311,000     - 

1851  .    .  ' 436,000     - 

(Jeber  die  Geschichte  und  Topographie  B.8 
siehe  die  Schriften  yon^  Kttden,  G^ppert, 
Fidiein,  ßjpiktr,  Streekfui»  und  die  Führer 
von  Berlepaeh,  Kapp,  OrUben,  sowito  ,Berliner 
Chronik  nebst  Urkundenbuch*  (1869). 

Berllnelieii)  Stadt  im  preuss.  Regbz. 
Frankfurt,  Kr.  Soldan,  am  See  von  B:,  4826  Ew. 

Berlliierblav  (PreuetiwlMan),  Verblndun- 
ffen  von  Eisencyanür  mitElsencyanid,  blaue 
Niederschläge,  welche  durch  gelbes  und 
rothes  Blntlaugensalz  In  Elsenoxyd-,  resp. 
XÜsenozydnlsalz- Lösungen  erseugt  werden. 
In  der  Färberei,  Im  Zeug-  und  Tapeien- 
dmtik]^  als  Oel-  un0  Wasserfurbe  benutzte 
nicht  giftige  blaue  Farbstoffe;  so:  Tumbnlls 
Blau,  Pariser-,  Mineral  -,  Antwerpenerblan. 
I>as  lösliche  B.,  eine  Verbindung  von  B.  mit 
Kallumelseneyanür,  dient  als  blane  Tinte. 

BerlinerbmuB  (Pteueritchhraun) ,  gute 
Oel  -  und  Wasserfarbe,  wird  durch  Glühen 
von  Berlinerblau  erhalten,  besteht  aus  Elsen- 
ozyd  Und  Kohlenstofltelsen,  nicht  giftig. 


Berltnergr&n ,  sohlechte  veränderliche 
Malerfarbe,  durch  Fällen  von  schwefel- 
saurem Kobaltozydul  mit  gelbem  Blutlaugen- 
salz erhalten. 

Berlinerrotli  (PreuwiKkroth),  s.  v.  a.  ge- 
brannter Ocker,  Englischroth  oder  Laok- 
forben  aus  Rothsalz. 

Berliox  (spr.  -os),  Hector,  franz.  Kom- 
ponist, geb.  11.  Bec.  1803  in  Oöte  St.  Andr6 
(Depart.  Is^re),  ursprüngl.  Medlciner,  er- 
regte zuerst  1832  durch  seine  phantastischen 
Orchesterwerke  ,Harold*  u.  a.  Aufsehen, 
machte  1843  eine  Kuustrelse  dnrch  Belgien 
und  Deutschland,  hier  bes.  durch  Liszt  un- 
terstützt. Seit  1889  Bibliothekar  am  Kon- 
servatorium zu  Paris;  f  das.  9.  März  1869. 
Erfinder  der  sogen.  Programmmusik,  d.  1. 
Instrumentalmusik,  die  einer  Erläuterung 
durch  Worte  bedarf,  um  verstanden  zu  wer^ 
den.  Die  Urtheile  über  ihn  schwankend. 
Zahlreiche,  zum  Theil  umfiängreiche  Werke' 
die  Symphonien  ,Harold  In  Italien*,  ,Episode 
aus  dem  Künstlerleben*,  ,Romeo  und  Julie* 
(mit  Chören),  ,Verdammung  Fausts*,  ,Trauer- 
und  Siegessymphonie';  die  Ouvertüren  ,Wa- 
yerleyS  ,yehmrichter',  ,König  LearS  ,Röm. 
Gameval*  u.  a. ;  die  Oratorien  ,KIndheit  Jesu* 
und  ,Le  temple  universel' ;  die  Opern  .Ben- 
venuto  OelliniS  ,Beatrioe  und  Benedikt*  und 
,Die  Trojaner';  ,Napoleons  Tod*  (Kantate), 
Wiederauferstehung*  (Melolog),  1  grosses 
Requiem,  1  doppelchör.  Tedeum,  Psalm  etc. 
Ausserdem  geistvolle  Kritiken  und  andere 
musikal.  Schriften  (deutsch  von  Pohl  1863, 
4  Bde.)  und  eine  werthvolle  ,Instrumen- 
tatlonslehre*  (ISMj  deutsch  von  Dörffel  1864), 
,M6moires*  (1870). 

BermndAMiiselii  (8<m0rtin$eln),  Gruppe 
von  über  800  Koralleninseln  und  Klippen  im 
atlant.  Ocean,  zu  Britisch  -  Nordamerika  ge- 
hörig, Vit  QM. ;  nur  8  bewohnt  (11,450 Ew.); 
wichtig  als  Schlfffahrts-  und  Militärstation. 
Hauptst.  Hamilton ,  ein  atlant.  Gibraltar. 
,    Bern,  altdeutsche  Namensform  für  Verona 

2:.  B.  Dietrich  von  Bern).  —  Semer  Elauee, 
ergenge  nahe  demGb^dasee  mit  der  Strasse 
aus  Tirol  in  die  Lombardei  und  nach  Verona. 
Bern,  zweitgrösster  Kanton  der  Schweiz, 
125  QM.  mit  467,141  Ew.  (58,319  Kathol., 
820  IsraeL);  der  N.  und  NW.  hügelig,  von 
Zweigen  des  Jura  (Ohasseral  4936')  duroh- 
zogen,  fruchtbar  und  wohl  kultlvirt;  der 
S.  wildes,  aber  an  erhabenen  NaturschCn- 
helten  reiches  Gebirgsland;  das  viel  besuchte 
bertter  Oberland  mit  den  höchsten  Gipfeln 
der  bemer  Alpen  (s.  d.),  den  ausgedehn- 
testen Gletschern,  zahlreichen  Wasserfällen 
und  freundlichen  Thälem  (Hasli,  Grindel- 
wald, Lauterbrunnen  etc.).  Hauptfluss  die 
Aar  (mit  Bmme  und  Saane);  Seen:  Brienzer-, 
Thuner-,  Bieter-  und  (zum  Theil)  Nenen- 
burgenee.  Hauptnahrungsquelle  Viehzucht 
und  Alpenwlrthschaft  (Käse  Jährt.  150,000 
Gtr.);  imN.  auch  Getreide-,  Obst-  u.  Wein- 
bau. Uhrenfabriken  u.  Schnitzerei.  1  Uni- 
versität und  3  Gymnasien.  Staatsverfltssung 
(31.  Juli  1846)  rein  demokratisch.  Staatsein- 
nahmen (1865)  5,084,172,  Ausgaben  6,853,078 
Fr.  Staatsschuld  20^1»  Mlll.,  Aktivvermögen 
651^  Mlll.  Fr.    Mflitärstand:  8S,8öö  M.    Die 


266 


Bemaocbi  —  Bernhard. 


Haupttt,  B.,  an  der  Aar,  seit  88.  Nor.  1848 
Hauptst.  der  ganzen  Schweis,  29,016  Ew. 
Goth.  Munster  (1421  gegr.)»  Bnndespalast 
(seit  1857).  Universität  (seit  18M);  wissen- 
schaftl.  Sammlangen,  Barengraben. 

Bemacchl  (spr.  -nakU),  Antonio,  ber. 
Altist  (Kastrat),  geb.  am  1700  bu  Bologna, 
sang  1780—36  anter  H&ndels  Direktion  in 
London,  stiftete  dann  an  Bologna  eine  be- 
rähmte  Gesangsschale;  t  um  1750. 

Bemakelgftns,  s.  Oans. 

Bemardony  komische  Figar  auf  den  wiener 
Volkstheatem ,  leichtsinniger ,  tölpischer 
Barsche,  nach  demSohanspielerB.  (eigentl. 
Jos.  Felix  Karz,  17S7~70)  benannt. 

B«niav,  Stadt  im  preass.  Rogbz.  Potsdam, 
Kr.  Nieder-Bamim,  an  der  Pankow,  Olli  Ew. 

Bemanery  Agne»,  Tochter  des  Baders 
Kaspar  B.  zn  Aagsbarg,  ward  insgeheim 
mit  Herzog  Albrecht  von  Bayern,  dem 
Sohne  des  Herzogs  Ernst  von  Bayern- 
München,  vermählt,  anf  Herzogs  Ernst  Be- 
fehl verhaftet,  der  Zanberei  beschuldigt  a. 
12.  Okt.  14S5  zu  Straubing  in  der  Donau 
ertränkt.  Albrecht  befehdete  deshalb  seinen 
Vater,  versöhnte  sich  aber  später  wieder 
mit  ihm.  Den  Stoff  bearbeiteten  «Tul.  KSmer 
(1821)  und  Bmtger  (1846,  1850)   dramatisch. 

Bemay  (spr.  -näh),  Stadt  im  ftranz.  Bepart. 
Eure  (Normandie) ,  7510  Ew. 

Bembrpnn^  Karl,  pseudonym  Carl  Oarl, 
Theaterdirektor,  geb.  1787  zu  Krakau,  erst 
Soldat,  dann  in  Wien  und  München  Schau- 
spieler, seit  1826  Direktor  des  Theaters  an 
der  Wien  und  des  Josephstädter  Theaters, 
erbaute  das  Karltheater  (1847  erölbet);  -f 
14.  Aug.  1854.    Biogr.  von  Kaiter  (1854). 

Bembvi^.  Stadt  imHerzogth.  Anhalt,  an 
der  Saale,  12,898  Ew.  Schloss,  Papier-  u. 
Fayencefabriken. 

Bemeek,  Stadt  im  bayer.  Regbz.  Ober- 
franken, an  der  Oelsnitz  (Perleö^scherei), 
1294  Ew.    Kaltwasser-  u.  Molkenkuranstalt. 

Bemeeky  Karl  6u»U  v.,  Pseudonym  Bernd 
V.  Gutok,  geb.  28.  Okt.  1803  zu  Kirchhain 
in  der  Niederlausitz,  lange  Zeit  Lehrer  der 
Taktik  am  Kadettenhause  a.  der  Geschichte 
der  Kriegskunst  an  der  Artillerieschnle  zu 
Berlin.  Sehr,  militär.  Werke:  «Elemente 
der  Taktik*  (6.  Aufl.  1870),  «Geschichte  der 
Kriegskunst*  (3.  Aufi.  1867),  ,Bnch  der 
Schlachten'  (1856),  und  zahlreiche  Bomane. 

Bemer  Alp^iif  Theil  der  lepontischen 
Alpen  (s.  d.),  vom  Brienzersee  u.Haslithal 
Südwest!,  bis  zum  Genfersee  reichend,  mit 
Finsteraarhom  18,200',  Schreckhom  12,600', 
Jungfrau  12,800',  Wetterhom  11,400',  Mönch 
12,200'  u.  V.  a.  Gipfeln  von  12-13,000' Höhe; 
gewaltige  Sohneefelder  und  Gletscher ;  Abfall 
gen  S.  nach  Wallis  steil ,  nadi  N.  zum  ber- 
ner Oberland  allmähliger. 

Bernhard,  1)  Groner  B.,  Berg  der  walliser 
Alpen,  7680',  mit  stets  gangbarem  Passe 
Bwiaahen  Martigny  und  Aosta  und  ber. 
Hospiz  (seit  962).  —  2)  Kleiner  B,,  Berg  der 
grajisolien  Alpen,  6604';  Pass  aus  Savoyen 
in  das  Thal  von  Aosta;  Hospiz. 

Bernhard,  1)  Herzog  von  Sachsen-Weimar, 
geb.  6.  Aug.  1604,  Jüngster  Sohn  des  Her- 
zogs Johann  UI.  von  Sachsen-Weimar,  focht 


unter  dem  Harkgrafen  von  Baden  1682  bei 
Wimpfen,  unter  Christian  von  Braunschweis 
1623  bei  Stadt-Loo,  operirte  nach  der  Lan- 
dung Gustav  Adolfs  von  Schweden  1690, 
zum  General  ernannt,  in  Hessen,  nahm 
Ende  1631  Mannheim  und  andere  Plätze  u. 
vereinigte  sich  erst  wieder  bei  Nürnberg 
mit  dem  König.  In  der  Schlacht  bei  Lützen 
befehligte  er  den  linken  Flügel  der  Schwe- 
den und  übernahm  nach  Gustav  Adolft 
Fall  den  Oberbefehl.  Anfangs  1633  vom 
Kanzler  Oxenstlerna  mit  dem  Oberbefehl 
über  die  eine  Hälfte  des  Heeres  ernannt, 
nahm  er  Bamberg  und  andere  Plätze  und 
erhielt  von  Jenem  das  ihm  schon  vom  Kö- 
nig zugesicherte  Herzogthum'  Franken  als 
sohwed.  Lehn,  verlor  es  aber  wieder  durch 
die  Schlacht  bei  Nördlingen  (27.  Aug.  1634). 
Vom  seh wed.  Kanzler  und  dem  heilbronner 
Bunde  nicht  unterstützt,  schloss  er  17.  Okt. 
1635  mit  Richelieu  zu  St.-Germain-en-Laye 
einen  Vertrag,  durch  welchen  ihm  4  Hill. 
Livres  Jährliche  Subsidiengelder  zur  Unter- 
haltung eines  Heeres  von  12,000  Mann  deut- 
schen Fussvolks  und  6000  Reitern  nebst  der 
nöthigen  Artillerie,  ein  bedeutender  Gehalt 
auf  Lebenszeit  u.  insgeheim  als  Belohnung 
das  zu  erobernde  Elsass  zugesichert  ward. 
B.  bekämpfte  darauf  1636  u.  1637  die  Kaiser- 
liehen  mit  Erfolg  im  Elsass  und  In  Bur- 
gund ,  schlug  (11.  Febr.  1638)  Savelli  und 
Johann  von  Werth  bei  Rheinfelden,  80.  Juli 
Götz  bei  Wittenweiher  und  4.  Okt.  den 
Herzog  von  Lothringen  bei  Thann  im  Sund- 
gan,  zwang  7.  Dec.  Breisach  zur  Kapitula- 
tion und  Hess  sich  daselbst  huldigen.  Ln 
Begriff  über  den  Rhein  gegen  Bayern  vor- 
zudringen, t  ^'  S«  Juii  loS9  zu  Neubarg  am 
Rhein ,  nach  Einigen  an  einer  pestartigen 
Krankheit,  nach  seiner  eignen  Meinung  an 
Gift.  Seine  Trappen  und  die  eroberten  Plätze 
gewann  Richelieu  durch  Geld.  B.s  Leiche 
ward  1655  nach  Weimar  gebracht.  Vgl. 
Büse,  ,Herzog  B.  d.  Grosse*.  1828—29,  2  Bde. 
—  2)  B.Karl,  Herzog  von  Sachsen-Weimar, 
zweiter  Sohn  des  Grossherzogs  Karl  August, 
geb.  30.  Mai  1792,  focht  1806  in  Hohenlohes 
CSorps  bei  Jena,  machte  als  Generalstabs- 
offizier im  Sachs.  Kontingent  den  Feldzag 
1809  gegen  Oesterreich  und  nach  Sachsens 
Beitritt  zur  Koalition  als  Oberst  den  Winter- 
feidzug  von  1814  in  den  Niedeurlanden  mit. 
Seit  1815  in  niederländ.  Diensten,  nahm  er  an 
den  Schlachten  bei  Quatrebras  und  Waterloo 
rühmlichen  Antheil,  wurde  1816  General, 
1819  Kommandant  von  Ostflandern  in  Ghent, 
unternahm  1825—26  eine  Reise  nach  Amerika 
(Beschreibung  ders.  herausgeg.  von  Ludern 
1824,  2  Bde.),  befehligte  als  General lieute- 
nant  1880  und  1831  in  Belgien,  1848-58  als 
Oberbefehlshaber  der  niederländisch  -  indi- 
schen Armee  in  Java:  f  81.  Juli  1862  im 
Bad  Liebenstein.  Vgl.  SiarUof,  ,B.  von 
Sachsen*,  1866.  —  3)  B.  Erich  Freund, 
Herzog  von  Sachsen-Meiningen,  geb.  17.  Dec 
1800,  folgte  24.  Dec.  1803  seinem  Vater  Georg 
unter  Obervormandschaft  seiner  Matter 
Luise  Eleonore  von  Hohenlohe-Langenburg, 
trat  1821  die  Regierung  selbst  an,  gab 
4.  Sept.  1824  seinem  Lande  eine  landständ. 


Bembardin  —  BemsteinÖl. 


267 


Terfttssnng,  erbte  1886  nach  Aussterben  der 
liiaie  Sachsen- Gotha  die  Värstenthümer 
Hildbru-ghansen  und  Saalfeld,  die  Grafschaft 
Kamburg  und  die  Herrschaft  Elranichfeld, 
nahm  1889  eine  neue  Organisation  der  Yer- 
valtung  vor,  dankte  1866  an  Gunsten  seines 
So]|nes,  des  Erbprinzen  Georg,  ab. 
Bemliardiiiy  uralter  Gebirgspass  In  den 

fraubündner  Alpen,  6540'  h. ;   darüber  die 
trasse  aus  dem  Hinterrheinthal  nach  dem 
Misoxerthal  bis  Bellinzona. 

Bemhardiiier,  s.  Oitterdetuer. 

Bemliard  Ton  Clairranx,  der  Heilige, 
geb.  1091  2U  Fontaines  bei  Dijon,  ward  1118 
Hönch  in  Citeaux  und  1115  erster  Abt  von 
ClairTaux  bei  Langres,  einflussreloher  Be- 
rather von  Päpsten,  Bischöfen  und  Fürsten, 
Hanptbeförderer  des  zweiten  Kreuzzugs  1147, 
Ascet  und  Kedner;  f  20.  Aug.  115S.  Werke 
herausgeg.  von  Mabitlon  (1690,  3  Bde.,  neu 
1861—58).  Biogr.  von  Neandtr  (1818),  EUm- 
dort  (18S7),  Mpriton  (1868). 

Bernluurdy»  Go^frUd,  Philolog,  geb.  80. 
M&rz  1800  zn  Landsberg  in  der  Nenmark, 
seit  1889  Prof.  zu  Halle,  seit  1844  Ober- 
bibliotbekar  das.;  sehr.  ,Wi88onschaftl. 
Syntax  der  griech.  Sprache*  (1889),  dazu 
jParalipomena*  (1868)  j  ,GrundriS8  der  röm. 
Liter.*  (6.  Aufl.  1869 f.);  ,Grundrl8S  der  griech. 
Liter.*  (8.  Aufl.  1856-59,  2  Bde.);  gab  den 
Suldas  (1884—53,  4  Bde.)  heraus. 

Bern!)  Francetco,  ital.  Dichter,  geb.  um 
1490  zu  Lamporecchio  im  Toskanischen,  f 
26.  Juli  1536  als  Kanonikus  zu  Florenz. 
Schöpfer  des  B^mcsco,  eines  besondern, 
durch  Anmuth  ausgezeichneten  Genres  der 
burlesken  Poesie:  Hauptwerk;  die  geist- 
reiche, nur  zu  sehr  witzelnde  Umarbeitung 
Von  Bojardos  ,Orlando  inamorato*  (1541); 
ausserdem  Kime,  Sonetti,  Terzinen.  ,Opere 
burlesche*  (Flor.  1548—55,  8  Bde.). 

Bemieia,  angelsächsisch  es  Reich  im  nördl. 
England,  gestiftet  von  Ida  547. 

Beinlna^  Gebirg^gruppe  in  Graubflnden, 
Tfaeil  der  rhätischen  Alpen,  zwischen  Inn- 
und  Addathal;  darüber  der  Btminaptut, 
7185'.    Höchste  Spitze  der  Fi*  B.,  18,594'. 

Bemini)  Oiov,  Loreruo,  ber.  ital.  Bau- 
melster und  Bildhauer,  auch  Haler,  geb. 
1599  zu  Neapel,  Sohn  des  Bildhauers  Retro 
£.,  lebte  meist  zu  Rom ;  f  das.  88.  Nov.  1680. 
Als  Architekt  Hauptrepräsentant  des  sog. 
Barockstils,  aber  massiger  als  seine  Nach- 
folger (Hauptwerke :  die  Kolonnade  vor  und 
das  Bronzetabemakel  in  der  Peterskirche, 
die  Scala  regia  im  Vatikan,  der  Palazzo  Bar- 
berinl  n.  a.) ;  in  der  Plastik  hervorragend 
durch  übertriebenes  Streben  nach  Natur- 
wahrheit und  dramatisch  ergreifende  Dar- 
stellung, dabei  nicht  ohne  hohles  Pathos 
und  Afirektation  (Raub  der  Proserpina, 
Dilphne  vor  Apollo  fliehend,  die  h.  Therese 
ohnmächtig  werdend,  Reiterstatne  Konstan- 
tins, die  h.  Bibiana,  Statue  des  Longin  und 
T.  a.).  Ausserdem  gegen  200  Gemälde. 
'  BemkMt«!,  Kreisstadt  im  preuss.  Regbz. 
Trier,  an  der  Mosel,  8805  Ew. 

BenKmlll,  l)  Joh,,  Mathematiker,  geb.  87. 
7uli  1667  zu  Basel ,  Prof.  der  Mathematik 
zu  Basel;  t  !•  Jftn.  1748.    Erfinder  der  Inte- 


gralrechnung. Werke  (1748,  4 Bde.);  Brief- 
wechsel mit  Leibniz  (1745,  8  Bde.).  —  8> 
\,€9iri8loph,  geb.  15.  Mai  1788  zu  Basel,  seit 
1817  Prof.  der  Naturgeschichte  das.,  nam- 
hafter Technolog;  f  6*  Febr.  1863.  Sehr» 
(Handbuch  der  Technologie*  (8.  Aufl.  1840); 
,Handbu%h  der  Dampfmaschinenlehre*  (5. 
Aufl.  1861—65);  ,Handbuch  der  industriellen 
Physik,  Mechanik  und  Hydraulik*  (1834-35, 
8  Bde.).  —  3)  Joh.  Oust.,  Sohn  des  vor.,  geb.. 
zu  Basel  1811;  sehr.  «Yademecum  des  Me- 
chanikers* (11.  Aufl.  1868). 

Bemstadiy  1)  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Bres- 
lau, Kr.  Oels,  an  der  Weida,-  3750  Ew.  -- 
8)  Stadt  im  säehs.  Regbz.  Bautzen,  -  an  der 
Pliesnitz,  1701  Ew. 

Bernstein.  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Frank- 
jtart,  Kr.  Soldin,  2810  Ew. 

BematelBy  Aaron,  deutscher  Bnblicist  und 
Yolksschriftsteller ,  geb.  1818  zu  Danzig,. 
Israelit,  lebte  seit  1838  in  Berlin,  gründet»^ 
März  1849  die  demokratische  ,Urwählerzei- 
tung*,  leitete  nach  deren  Unterdrückung  seit 
1853  die  dnnkersche  ,Volkszeitung*.  Sehr.. 
,Novellen  und  Lebensbilder'  (1840);  ,Aus 
dem  Reiche  der  Natur*  (8.  Aufl.  1858—61^ 
3  Bde.) ;  die  Novellen  ,yögele  der  Maggid* 
und  ,MendeI  Gibbor'  (1860)  u.  A. 

Benutelii  (von  hörnen,  altdeutsch  für 
brennen,  auch  AgUtein,  Succinit) ,  fossiles- 
Harz  in  unregelmässigen  Stück^nj  Insekten^ 
Pflanzentheüe  einschllessend,  wachsgelb  bi» 
braunroth ,  gerieben  elektrisch ,  vom  spec» 
Gew.  1,0—1,1,  Härte  8  —  8,5,  schmilzt  bei 
8870,  brennt  mit  heller  Flamme  und  eigen- 
thümlich  stechendem  Geruch,  in  erwärmtem 
Alkohol  löslich  /  gibt  mit  Salpetersäure  ge- 
kocht Bemsteinsäure,  welche  neben  flüch- 
tigem Oel  und  Wasser  auch  bei  trockner 
Destillation  entsteht  und  in  geringer  Menge- 
im  B.  enthalten  ist.  B.  stammt  von  vielen, 
(nach  Zaddach  nahe  an  30)  Nadelhölzern  ab- 
und  ist  sehr  verbreitet  in  der  Kreide-  und 
Tertiärformation.  Er  wird  bes.  im  Samlande- 
gegrraben  und  an  der  Ostküste  vonPreussen 
von  Memel  bis  Banzig  theils  an  der  See 
ausgeworfen,  theils  gebaggert.  Hauptgewin- 
nungspunkte: Sassau,  Wamicken,  Schwarz- 
ort, Brüsterort.  Die  Gewinnung  ist  Regal 
und  1870  für  87,000  Thlr.  verpachtet.  Pro- 
duktion 1866  73,000  Pfd.  Benutzung  al» 
Schmuck,  zu  Pfeifen-  u.  Cigarrenspltzen,  za 
Fimiss,  Bernsteinsäure  u.BernstoInöl,  sowi» 
zu  Räucherungen.  Vgl.  B«rend(  und  QUppert,. 
,Der  B.  und  die  in  ihm  vorkommenden  Ueber- 
reste  der  Vorwelt*,  1845;  JSunge,  ,Die  Bern- 
steingräberei  im  Samlande*,  1869;  Zincken^ 
,Die  Braunkohle*,  1867. 

Bemsteinflmiss,  Lösung  von  Bernstein 
oder  Bemsteinkolophonium  (s.  d.)  in  Ter- 
pentinöl, Leinölfirniss  oder  Alkohol,  dauer- 
hafter Anstrich. 

BernBtetnkolophonf  um,  harzartiger  Rück- 
stand von  der  trocknen  Destillation  de» 
Bernsteins,  löslich  in  fetten  Oelen  und 
Terpentinöl ;  s.  Bemsteinfirniss, 

Bemstelnkfiste,  Tlreil  der  ostpreuss. 
Küste,  von  Pillau  bis  Kap  Brüsteroit. 

BemsteinSly  Produkt  der  trocknen  Destil- 
lation des  Bernsteins,  im  reinen   Zustand» 


268 


Bernsteinsäure  —  BersaglierL 


AmbrtM,  riecht  unangenehm  durchdringend, 
Arzneimittel;  gibt  mit  Salpetersäure  zähe 
Haase  Ton  Hoschn«gernch  (künstl.  HoschuB). 

Bemstelnsäare^  flüchtiges  Bemsteinsalz, 
findet  sich  in  geringer  Mei^e  im  Bernstein, 
aus  welchem  sie  bei  trockener  Destillation 
reichlich  sich  bildet,  entsteht  auch  belOxy- 
4lation  der  Fette  mit  Salpetersaure  und  beim 
Oährungsprozess,  forblose  Krystalle,  geruch- 
1(M,  schmeckt  kratzend,  in  Wasser  löslich, 
leicht  sublimirbar,  bildet  meist  lösliche  Salze, 
firüber  medicinisch  benutzt,  jetzt  als  Reagens. 

Benttorffy  1)  Jok.  Hartwig  Ernst,  Grqf 
von  B,,  däu.  Minister,  geb.  IS.  Mai  1718  zu 
Hannover,  von  Stmensee  1770  verdräugt; 
+  19.  Febr.  1772.  —  2)  ^«<<r.  FtUr,  Vetter  des 
vor.,  geb.  88.  Aug.  1735  zu  Gartow  in  Braun- 
•chweig-Lünebnrg,  nach  Struensees  Sturz 
<län.  Minister,  1780  entlassen,  1784reaktivirt; 
■f  21.  Juni  1797.  Wie  der  Vor.  verdient  durch 
Förderung  des  Handels,  der  Industrie  und 
<le8  Ackerbaus.  —  8)  Giri$tian  Günther,  Graf 
xon  B;  geb.  8.  April  1769  zu  Kopenhagen, 
ward  1797  dän.  Minister  des  Auswärtigen, 
1810  Gesandter  in  Wien,  dann  in  Berlin, 
1818  preuss.  Minister  des  Auswärtigen, 
flchadete  durch  Anschluss  an  das  metter- 
nlchsche  Beaktionssystem  der  Entwicklung 
4les  preuss.  Staats;  1831  pensionirt;  f  88. 
März  1835.  —  4)  Albreoht,  Graf  von  B»,  preuss. 
Diplomat  und  Minister,  geb.  22.  März  1809, 
erst  Attach6  der  preuss.  Gesandtschaften  in 
Hamburg,  Petersburg  und  Paris,  ward  1845 
gesandter  in  München,  1848  in  Wien,  1851 
Mitglied  der  ersten  Kammer,  1852  Gesandter 
in  Neapel,  1857  in  London,  Okt.  1861  bis  Sept. 
1862  Minister  des  Auswärtigen,  dann  wieder 
Botschafter  in  London. 

Bemnth)  1)  Aug.  Mor,  Ludw.  Heinr.  Wilh, 
von  B,,  preuss.  Minister,  geb.  1808  zu  Münster, 
1849  und  1850  liberales  Mitglied  des  Herren- 
hauses, 1859  Ghefpräsident  des  Appellations- 
Berichts  in  Posen,  1860  lebenslängliches 
Mitglied  des  Herrenhauses,  Dec.  1860  bis 
März  1862  Justizminister.  —  2)  Otto  Friedr, 
Karl  von  B,,  Vetter  des  Vor.,  geb.  1816  zu 
Berlin,  1850  Landrath  dos  liegnitzer  Kreises, 
vrar  1849  bis  1852  und  1858-61  Mitglied  des 
Abgeordnetenhauses,  stimmte  mit  den  Feuda- 
len; seit  Juli  1862  Polizeipräsident  zu  Berlin. 

Bemward.  Sachse,  durch  Gelehrsamkeit 
und  Kunstsinn  ausgezeichnet,  geb.  um  950, 
Sohn  des  Pfalzgrafen  Dietrich,  Erzieher  des 
Kaisers  Otto  HI.,  seit  993  Bischof  von 
Hildesheim,  übte  selbst  Malerei  und  Bild- 
hauerkunst;  f  20.  Nov.  1022.  1193  kanoni- 
«irt.  Seine  Biogr.  von  seinem  Lehrer  Tang- 
ntad  in  Pertz  ,MonumeDta'  (Bd.  6). 

BerSa  (a.  G.),  1)  Stadt  in  Macedonien,  J. 
Veria.  —  8)  Stadt  in  Gölesyrien,  j.  Aleppo. 

Berolsheilliy  Flecken  im  bayer.  Regbz. 
Mittelfiranken,  bei  Weissenburg;  Schloss 
Bpielberg,  Residenz  der  Fürsten  v.Oettlngen. 

Ber5«it|  Priester  zu  Babylon  um  260 
▼.  Chr.,  sehr,  in  griech.  Sprache  3  Bücher 
babylou.  Geschichten,  wovon  bei  Josephus, 
Eusebiufl,  Syncelliis  u.  A.  Fragmente  er- 
halten sind,  gesammelt  von  Bichter  (1885). 

Berre  (spr.  Berr),  Elang  de,  Strandsee  im 
franz.  Depart.  der  Rhonemüudungen ,  5  St. 


].,  3  St.  br.,  bei  Martigues  mit  dem  Meer  in 
Verbindung.    Daran  die  Btadt  B.,  8126  £w. 

Berrl  (Berry),  Landschaft  im  mittlem 
Frankreich,  links  an  der  Loire  (Depart. 
Indre  und  Chdr),  93  QM.:  einförmige  Ebene, 
wald-  und  'weidereicb.  Die  Ew.  Berrieh/om 
oder  Berruyer»,  Stand  ehedem  unter  den 
Grafen  von  Bourges;  1100  von  Frankreich 
erkauft,  später  zum  Herzogthum  erhoben 
für  apanagirte  Prinzen. 

Berrl,  1)  OharU» F*rd.,HerMogv.B.,%wvit»r 
Sohn  des  Grafen  von  Artois,  spätem  Königs 
Karl  X.  von  Frankreich,  und  der  Maria 
Theresia  von  Savoyen,  geb.  zu  Versailles 
24.  Jan.  1778,  floh  mit  seinem  Vater  1798 
nach  Turin,  hielt  sich  dann  in  Russland 
und  England  auf,  kehrte  81.  April  1814  nach 
Paris  zurück,  erhielt  bei  Napoleons  Rück- 
kehr von  Elba  als  Generaloberster  den  Be- 
fehl über  die  Truppen  in  und  um  Paris, 
musste  sich  nach  Gtent  zurückziehen,  kehrte 
8.  Juli  zum  zweiten  Male  nach  Paris  zurück, 
vermählte  sich  1816  mit  der  Tochter  des 
nachmal.  Königs  beider  Sictlien,  Franz  L; 
ward  13.  Febr.  1880  von  dem  polit.  Fana- 
tiker Louvel  ermordet.  Vgl.  Chateaubriand, 
,M6moires  touchant  la  vie  et  la  mort  du 
Duc  de  B.',  1820.  Seine  Wittwe,  Karolin^ 
Ferdinande  Luiae,  Hertogin  von  B,,  geb.  5. 
Nov.  1798,  die  ihm  schon  1819  eine  Tochter, 
Luise  Marie  Therese  von  Artois,  Mademoi- 
seile  de  France  (seit  1845  mit  dem  Herzog 
Karl  HL  von  Parma  vermählt,  f  1.  Febr. 
1864),  geboren  hatte,  gebar  29.  Sept.  1820 
Heinrich,  Herzog  von  BoVdeaux,  späteren 
Grafen  Ghambord  (s.  d.),  folgte  1830  mit 
ihren  Kindern  Karl  X.  nach  Holyrood, 
landete  mit  einigen  Anhängern  der  ver- 
triebenen Linie  29.  April  1832  bei  Marseille, 
trat  in  der  Vend6e  als  Regentin  auf,  ward 
8.  Nov.  in  Nantes  verhaftet  und  als  Staats- 
gefangene in  die  Gitadelle  von  Blaye  ge* 
bracht.  Ehe  man  noch  über  ihr  Schicksal 
entschieden  hatte,  ergab  es  sich,  dass  sie 
schwanger  und  insgeheim  mit  dem  Marchese 
Lucchesi-Pally  vermählt  sei,  worauf  sie, 
ihrer  polit.  Bedeutung  beraubt,  freigelassen 
ward.  Lebte  seitdem  thells  in  Oesterreich, 
theils  in  Italien;  i  16.  April  1870  in  ihrem 
Schloss  Brunnsee  (Steiermark). 

Berryer  (spr.  -rieh),  Pierre  Antoine,  her. 
franz.  Advokat  und  Redner,  geb.  4.  Juli 
1790  zu  Paris,  praktioirte  seit  1814,  gewann 
als  Vertheidiger  hohen  Ruf,  verfocht  die 
Sache  der  Bourbonen  und,  seit  1829  Mit- 
glied der  Deputirtenkammer,  nach  der  Juli- 
revolution von  1830  trotz  seiner  legitimisti- 
sehen  Richtung  die  liberale  Sache  der 
Julimonarchie  gegenüber,  vertheidigte  nam- 
hafte Koryphäen  der  republikan.  Partei, 
auch  Ludwig  Napoleon  nach  dem  bonlogner 
Vorfall  (1840).  Nach  der  Februarrevolution 
in  die  Nationalversammlung  gewählt,  zählte 
er  zu  den  Häuptern  der  Majorität,  die  aus 
der  Vereinigung  aller  früheren  monarchi- 
schen Parteien  bestand,  ward  1863  Abge* 
ord  neter  zum  gesetzgebenden  Körper.  Seft 
1854  Mitgl.  der  Akademie;  f  SO.  Nov.  1868. 

Bersaglieri  (spr.  -saljeri,  vom  Ital.  der- 
eaglio,   Scheibe,   Ziel),    die  Scharfschützen 


Berserker  —  Berton. 


269 


d«r  Itellan.  Ann««,  Ton  LamArmom  bacIi 
d«m  Master  der  flrani.  Jiffer  su  Fass  orga- 
nleirt;  6  Kegimenter  (sn  9  BatalU.,  Eriege- 
ttirke  etwa  80,000  M.). 

B«nerker  (yon  h^r,  d.  i.  bloM  oder  nackt, 
und  terker,  d.  i.  Paazer),  nach  der  skandinav. 
Sage  Enkel  des  achth&ndigen  Starkader  und 
der  schöben  Alfhllde,  gefQrchteter  Kriegs- 
beld,  focht  ohne  Panzer  und  Helm  mit 
nwender  Wnth ,  wie  seine  12  Söhne ;  daher 
B.  Name  kampfwüthiger  Krlegeri  und  Ber- 
strktrwuth,  wilde  Kamp&swuth. 

Beitha  (altd.  Berchta,  Ptrahta,  d.  1.  die 
Ql&nzende),  Tochter  des  Alemannenheriogs 
Burkhard  und  Gemahlin  Rudolfs  IL,  Königs 
des  tramjuranlschen  Burgunds,  dann  Hugos, 
K&nigs  Ton  Italien;  f  gegen  Ende  des  10. 
Jahrh.  Master  einer  sorgsamen  Hausfrau, 
auf  Siegeln  etc.  spinnend  dargestellt,  daher 
das  Sprichwort:  4n  der  guten  alten  Zeit,  da 
die  Königin  B.  spann*. 

Berthidsdorf  9  uort  in  der  s&chs.  Ober- 
laasits,  unweit  Hermhut,  1900  Ew.  Sitz 
der  Aeltestenkonlbrens  der  Brüderunit&t. 

Bc(iilller  (spr.  -thi«b),  1)  Alexandra,  Har- 
schail  des  frans.  Kaiserreichs,  geb.  20. 
Not.  175S  su  Versailles,  focht  unter  La- 
ikyette  In  Amerilca,  ward  1793  Birisions- 

Smeral  und  Chef  des*OeneraIstabs,  dann 
berbefeblshaber  der  Italien.  Armee,  be- 
setzte 19.  Febr.  1798  Rom  und  proklamirte 
daselbst  die  Republik.  Bei  der  Expedition 
nadi  Aogypten  Chef  des  Generalstabs, 
kehrte  er  mit  Bonaparte  zurück  und  half 
die  Revolution  Tom  18.  Bramaire  durch- 
ffthren,  ward  Kriegsminister,  befehligte  im 
ital»  Felding  1800  die  Reservearmee,  flingirte 
im  Kriege  g«gen  Oesterreich  1805  als  Chef 
des  Oeneralstabs,  wohnte  1808  und  1807  den 
Feldzügen  gegen  Preussen  und  Rnssland 
bei  und  erluett  nach  Abtretung  der  Fürsten- 
thümer  Neufchatel  und  Valengin  ron  Seiten 
Preussens  von  Napoleon  die  souveräne 
Herrschaft  über  dieselben.  Er  vermälüte 
sich  1808  mit  MarieElisabeth  Amaüe,  Tochter 
des  Herzogs  Wilhelm  von  Bayem-Birken- 
feld.  Im  Feldsug  von  1809  gegen  Oester- 
reich Majorgenera]  der  Armee  n.  Chef  des 
Gtoneralstabs,  leistete  er  besonders  bei  Wa- 
gram ausgezeichnete  Dienste  und  erhielt 
den  Titel  Fürst  von  Wagraro.  Nach  Napo- 
leons Sturz  nnteirwarf  er  sich  Ludwig  XVIH. 
und  ward  zum  Pair  und  Harschall  ernannt. 
Bei  Napoleons  Rückkehr  von  Elba  rathlos, 
begab  er  sich  nach  Bamberg,  verfiel  hier 
in  eine  Art  Geisteszerrüttung  und  stürzte 
sich  beim  Anblick  einer  nach  Vi^ankreich 
marschirenden  Abtheilung  russ.  Truppen 
aus  dem  Fenster  des  Schlosses  auf  die 
Strasse  (1.  Juni  1815).  Er  wurde  in  der 
Kirche  zu  Banz  beigesetzt.  Seine  «Mimoires* 
.  erschienen  1826.  Sein  Sohn  AUxandr«,  Fürst 
von  Wagram,  geb.  10.  Sept.  1810,  seit  1852 
Senator,  eifriger  Anh&nger  Napoleons  HL 
Berthold,  Ärndd  Adolf,  Forscher  auf 
'.  dem  Gebiete  der  Physiologie,  vergleichenden 
Anatomie  und  Zoologie,  geb.  26.  Febr.  180S 
zu  Soest,  seit  1885  Prof.  zu  Göttingen,  seit 
1837  Mitglied  der  Societ&t  der  Wissenscb. 
das.;   t  &•  Jab,  1861.    Sehr.  ,Lehrbuch  der 


Physiol.  der  Menschen  und  Thiere*  (1889; 
8.  Aufl.  1848);  ,Lehrb.  der  Zoologie*  (1815). 

Bertholdsdorfy  Flecken  und  Badeanstalt 
in  Niederösterreich,  an  der  wian-triester 
Eisenbahn.  2626  Ew.    Herrliche  Kirche. 

Bertbold  TOM  Holle,  mittelhochd.  Dichter 
im  13.  Jahrh.  Epische  Diolitungen:  .Orftne*- 
(vollständ.) ;  ,Demantin*  u.  ,Darifant'  (Frag>. 
ment).  Ausgabe  von  Bartteh  (1858). 

Berthollet  (spr.  Bertoleh),  Claude  LouU^ 
Graf  von ,  Cliemiker ,  geb.  7.  Nov.  1748  zu 
Talloire  in  Savoyen,  wurde  1784  Mitglied  der 
Akademie  der  Wissenschaften,  1794  Prof.  an 
der  Normalschule  zu  Paris,  spater  Mitglied 
desErhaltnngssenats  und  Senator,  nach  der 
Restanration  Pair;  t6.Nov.  1822  zuArcueü 
bei  Paris.  Verdient  um  die  technische  and 
theoret.  Chemie  (berthoUetsche  Bleichflüs^ 
sigkeit,  Chlor),  berth.  Knallpulver  (KnallsU- 
her),  Schiesspniver  (chlorsaures  Kali,  Schwe- 
fel, Kohle).  Sehr.  ,£Idmens  de  Tart  de  la 
teinture*  (2.  Aufl.  1805,  2  Bde.;  deutsch  1806); 
,Eecherches  snr  les  lois  de  TafBait^*  (1801» 
deutsch  1802);  ,Essai  de  statique  chimique^ 
(1808,  2  Bde.;   deutsch  von  Bertholdy  1811)* 

BertlMlletU  Hvmb,  et  BoupL,  Pflanzen- 
gattung  der  Ifvrtaceen.  B,  excelsa  Bumb^ 
et  BonpU  In  Südamerika.  Die  ölreichen» 
schmackhaften  Samen  als  brasllian.  Nüsse,. 
Stein-  oder  Paranüsse  Handelsartikel. 

Berün  (spr.  -tilng),  1)  Antoine,  Oh«ftalier  de 
B,,  franz.  Lyriker,  geb.  10.  Okt.  1752  auf  der 
Insel  Bourbon ,  f  im  Juni  1790  auf  S.  Do- 
mingo als  franz.  Offizier.  ,Der  franz.  Pro^ 
perz'  genannt.  Am  besten  seine  El^en 
,Les  amours*  (1782).  ,Oeuvres*  (1782,  2  Bde.; 
neue  Ausg.  1824).  —  2)  Louis  Fr^nfoi»^ 
geb.  14.  Dec  1766  zu  Paris,  erwarb  1800  mit 
seinem  Bruder  von  dem  Drucker  Baudoin 
das  Elgenthum  des  seit  1789  bestehenden 
,Journal  des  D6bats  et  des  Dterets',  das 
seitdem  unter  seiner  Leitung  als  ,Joamal 
des  D6batsS  seit  Napoleons  I.  Kaiserkrönung 
als  «Journal  de  TEmpIre*,  seit  1814  aber 
wieder  unter  seinem  friUieren  Titel  er- 
schien; f  18.  Sept.  1841.  —  8)  Edouard 
FroMtoi»,  Botin,  des  Vor.,  geb.  1797  zu  Paris» 
Landschaftsmaler,  übernahm  nach  dem 
Tode  seines  Jüngeren  Bruders  die  Leitung 
des  Jonmals.  —  4)  Loui$  Marie  Armand, 
Bruder  des  Vor.,  geb.  22.  Aug.  1801,  Leiter 
des  Journals  nach  dem  Tode  seines  Vaters ; 
t  12.  Jan.  1854.  —  5)  Louitt  Angüiqut, 
Schwester  der  Vor.,  geb.  15.  Jan.  1805  fn 
Les  Roches  bei  Bidvres,  widmete  sich  an- 
fangs der  Malerei,  dann  der  Musik,  sclir. 
1^7  die  Opern'  .Le  loup-garou',  «Fausto* 
(18S1),  ,EsmeraIda*  (1836),  auch  Gedicht» 
(Jies  GlanesS  1842). 

Bertoldo.  ital.  Volksbuch,  benannt  nacb 
der  Hauptnisur,  einem  verkrüppelten  spass- 
haften  Bauer  (Art  Eulenspiegel)  am  Hofe 
des  longobard.  Königs  Alboin. 

BertOB  (spr.  -tong),  Henri  MonUm,  seiner 
Zeit  beliebter  Opernkomponist,  geb.  17. 
Sept.  1767  zu  Paris ,  f  das.  22.  April  1844» 
als  Prof.  am  Konservatoriom.  Sein  natür- 
licher Sohn  Ftatif.  Montan  B ,  geb.  8.  Mai 
1784,  t  15.  Juli  1832,  ebenfalls  Musiker  und 
Komponist  mehrerer  komischen  Opern. 


270 


Bertram  —  Besan^on. 


BertniB«  s.  Anacffdu». 

Bertnna  (spr.  -traug),  ffenri  CfrcUiem,  Cfrtuf, 
tnmm,  General  des  KfiiserreichB ,  geb.  &. 
Marx  1778  su  Gh&teauroux  im  Den.  Indre, 
trat  w&hrend  der  Revolution  in  daslngenienr- 
«orps,  wohnte  der  Expedition  nacli  Aegypten 
bei,  ward  bler  Brigadegeneral,  focht  1805 
'bei  Ansterlltz,  18(X7  als  Divisionsgeneral  bei 
IPrledland,  1809  bei  AapHrn  und  ward  Gou- 
Temeur  von  Illyrien.  Zum  Grossmarschall 
des  Palastes  ernannt,  machte  er  den  Krieg 
Ton  1818  mit,  deckte  nach  der  Schlacht  bei 
Hanau  den  Rheiuiibergang  der  Franzosen 
bei  Mains  und  ward  zum  Aide*maJor-g6n6ral 
der  Nationalgarde  ernannt.  Er  folgte  dem 
Kaiser  nach  Elba  und  dann  nach  St.  Helena, 
ward  nach  seiner  Rückkehr  nach  Frankreich 
in  alle  seine  Würden  wieder  eingesetzt,  nach 
<ier  Jnlirevolution  von  1830  Kommandant 
der  polytechn.  Schule  und  Mitglied  der  De- 
putirtenkammer,  ging  1840  mit  nach  St. 
Helena  zur  Abholung  der  Asche  Napoleons ; 
t  31.  Jan.  1844  zn  Ghäteauroiix. 

Bertriell,  ber.  Badeort  im  preuss.  Regbz. 
Koblenz,  amisbach;  2  Mineralquellen  260R. 

BertüCll.  FtHedr.  Justin ,  geb.  SO.  Sept. 
1747  zn  Weimar,  Gründer  des  Landes- 
industriecomptoirs  und  des  geogr.  Instituts 
das. ;  1 3.  April  1822.  Veröffentlichte  mehrere 
dramat.  Dichtungen  (Trauerspiel  ,EIIHde* 
1775),  Uebersetzung  des  ,Don  Quixote*  (1775 
bis  1779),  ,Blaue  Bibliothek  aller  Nationen* 
<1790-1800),  ,Bilderbuch  für  Kinder*,  ,Ma- 
gAzm  der  spon.  und  portug.  Lite]%tur*, 
,Bibliothek  der  ReLsen*,  ,Geogr.  Epheme- 
ridea*  (1798—1814),  nebst  andern  geogr. 
Werken  und  zahlreichen  trefflichen  Karten. 

Bemhlgende  Mittel,  s.  BuämftigendeMiua. 

Berül*  Koch  (Berit) f  Pflanzengattung  der 
UmbelUferen.  B.  angfustifolia  Koch,  Sinm 
angustifolia  £.,  G&nsekresse,  in  ganz  Europa 
und  Mittelasion,  früher  officinell. 

Berwildy  Franz,  schwed.  K.omponist,  geb. 
93.  Juli  1796,  Direktor  des  Konservatoriums 
zu  Stockholm;  f  das.  3.  April  1868;  als 
Komponist  eigenthümlich  und  selbständig, 
bes.  bedeutender  Kontrapunktist.  Meist 
Kammermusik  (Klaviertrios,  Quartette  etc.). 

Berwiek  (firfiher  iferse;,  Grafsch.  im  südl. 
Schottland,  22,2  QM.  mit  36,313  Ew.  Grössten- 
theils  eben  u.  fruchtbar.  Hauptst.  Greenlaw. 

Berwlck  (spr.  Berrick)»  Jamu  FitiHamei, 
JHerzog  von,  Feldherr  Ludwigs  Xlv.  von 
Frankreich,  natürlicher  Sohn  des  Herzogs 
von  York,  nachmal.  Königs  Jakob  H.  von 
JEIngland,  und  der  Arabella  Churchill ,  der 
Achwester  des  Herzogs  von  Marlborough, 
geb.  21.  Aug.  1670,  focht  in  i^anz.  Diensten 
2.691  und  1692  unter  Luxembnurg  und  Vllleroi 
In  Flandern,  yon  Ludwig  XIV.  zum  General- 
lieutenant ernannt  und  natural  isirt,  1704  In 
Spanien,  1705  in  Savoyen,  eroberte  (4.  Jan. 
1706)  Nizza,  befehligte  dann  als  Marschall 
wieder  In  Spanien,  siegte  (25.  April  1707)  bei 
Almanza,'  ward  zum  Herzog  yon  Liria  und 
Xerica  ernannt  und  beendigte  in  Spanien  den 
Krieg  11.  Sept.  1714  mit  der  Einnahme  von 
Barcelona.  1733  Oberbefehlshaber  am  Rhein, 
Uel  e»  12.  Juni  1734  vor  Philippsbnrg. '  Ans 
«einer  ersten  Ehe  mit  der  Tochter  des  Gra- 


fen Clanricarde  stammen  die  Herzoge  nm 
Liria  in  Spanien,  aus  seiner  zweiten  mit 
Miss  Bulkeley  die  Herzöge  von  Fitzjamet. 
,Memoirs*  (1778,  2  Bde.). 

Berwlck  vpon  Tweed  (spr.  Berrick  Öppen 
Twihd),  Stadt  in  der  englischen  GrafMsh. 
Northumberland ,  am  Tweed,  Grenzstadt 
gegen  Schottland ,  13,265  Ew.  Bed.  Laohs- 
flscherei. 

Berfll,  Mineral  aus  der  Ordnung  der 
wasserfreien  Geolithe,  kieselsaure  Thonerde 
mit  kieselsaurer  Beryllerde  und  meist  durch 
Eisen-  oder  Ghromoxyd  gefurbt.  EdUr  B» 
beliebter  Edelstein ,  grün,  gelb,  blaugrün 
(Aquamarin),  in  Böhmen,  am  Ural,  in  Ost- 
indien, Brasilien;  gemeiner  B.,  schlecht  ge- 
färbt, in  oft  riesigen  Krystallen  (bis  6'  lang, 
SOOO  Pfd.  schwer),  bei  Bodenmais ,  Limoges, 
im  Ural.    Vgl.  Smaragd, 

Beryllerde  9  s.  Beryllium, 

Beryllium  (CUycium),  chemisches  Element, 
im  Beryll,  sehr  strengflüsslg^s  Oxyd  der 
Beryllerde  (Süsserde),  ftrblos.  In  Wasser 
unlöslich,  der  Thonerde  ähnlich,  bildet  fiurb- 
lose  Salze  von  süsslichem  Geschmack. 

Berftns,  tStadt,  s.  Beirut, 

BerzelinSy  Johann  Jakob,  Froiherrvon,  ber. 
Ohemiker,  geb.  29.  Aug.  1779  zu  WesterVfoa  im 
Kirchspiel  Wfifversünda  im  Stift  Linköplng, 
wurde  1802  Adjunkt  am  Sanitätskollegium  zu 
Stockholm,  1807  Prof.  der  Medidn  und  Phar- 
macie,  1808  Mitglied  der  Akademie  der 
Wissenschaften,  1815  Prof.  der  Chemie  am 
medico  -  chirurg.  Institut  das. ;  f  7.  Aug.  IStö. 
Höchst  verdient  um  die  neuere  Chemie,  be- 
stimmte viele  Atomgewichte,  klasslficirte  die 
Mineralien ,  reformirte  die  Analyse  und  be- 
gründete das  elektrochem.  System.  Sein 
,Lehrbuch  dei*  Chemie'  (1806  —  18,  8  Bd^.) 
wurde  in  alle  europ.  Sprachen  übers,  (deutscb, 
5.  Aufl.  1843-47,  10  Bde.).  Lieferte  ,JahreB- 
berlehte  über  die  Fortschritte  der  Chemie  und 
Mineralogie*  (deutsch  1821 —48).  Noch  schrieb 
er  ,Ueber  die  Zusammensetzung  der  thier. 
Flüssigkeiten*  (deutsch  1815);  ,Von  der  An- 
wendung des  Löthrohrs'  (deutsch,  4.  Aufl. 
1844);  ,Versuch  über  die  Theorie  der  che- 
mischen Proportionen'  (deutsch  1820). 

Bemeiiyly  Daniel,  ungar.  Lyriker,  geb. 
7.  Mai  1776  zu  Heteny  (Kom.  Eisenburg), 
t  24.  Febr.  1836  zu  Nikla.  Verf.  der  be- 
rühmten  .Ode  an  die  Ungarn*.  Werke  (1862). 

BeBinmgende  Mittel  (Beruhigende  Miua, 
SedtiHva),  Heilmittel,  welche  schmerzhafte 
Empfindungen  oder  Aufiregungen  mindern 
oder  beseitigen:  Narcotica  oder  Anodyna, 
anästhetisehe,  krampfstilleude  Mittel,  Kalte, 
Blutentleerungen,  Ruhe. 

Bewliiiy  das  unterste  Segel  am  hintersten 
Mast  (stets  ein  Gaffelsegel).  Be$€thnma»t, 
der  hinterste  der  drei  Masten  auf  Linien- 
schiffen, Fregatten  und  Korvetten,  Vr  Länge 
des  grossen  Mastes. 

Bezan^n  (spr.  B^sangsong,  das  alte  Fe- 
»wUio,  deutsch  Biaang),  Hanptst.  des  firanz. 
D.epart.  Doubs,  am  Doubs,  46,961  Ew.  Erz- 
bischof. Citadelle;  Kathedrale.  Porta  nigra 
(Triumphbogen).  Akademie  (seit  1752) ;  Uhr- 
macherschule. Alte  Hauptst.  der  Freigraf- 
sohaft  Burgnnd;  bis  1648  fiiele  Reichsstadt. 


Beschälen  —  Bessel. 


271 


'  BesehSlen,  die  BefVachtnng  der  State  dnrcli 
«len  Hengst  (BetehSler).  £e»chälkrankheit, 
ansteckendes  Uebel  an  den  Qeschlechtsthel- 
len  mancher  Hausthiere,  bes.  der  Pferde, 
(Aphthen-  und  Schaulcerkrankheit). 

Beschlckeii,  £rze  vor  dem  Einbringen  In 
den  Schmelzofen  mit  Flussmitteln  nnd  an- 
dern Zuschlägen  vermischen;  auch  s.  v.  a. 
legtren,  daher  beschickte  Mark,  rauhe  Mark, 
die  mit  unedlen  Metallen  legirte  Mark  eines 
edlen  Metalles. 

Besehiktucli^  Dorf  bei  Konstantinopel.. 
Ifieblingslustschloss  der  Sultane. 

pesehlsgen,  Bildung  eines  Ueberzugs 
«tm  festen  Körpern  bei  physikal.  oder  ehem. 
Prozessen,  z.  B.  bei  Auswitterung  yon  Salzen, 
Verdichtung  von  Dämpfen  etc. 

Besehlik,  türk.  Silbermünze,  =  S«/«  Sgr. 

Bevehneidnng,  das  Abschneiden  der  Vor- 
haut des  männlichen  Glieds,  bei  den  al- 
ten Aegryptern,  Arabern,  Aethiopiern  und 
Hebräern,  wie  noch  Jetzt  bei  den  Kopten, 
«hristlichen  Abes'siniem  und  Mohammeda- 
nern in  Gebrauch,  wird  bei  den  Bekennem 
des  Islam  am  13.,  bei  den  Juden  8  Tage  nach 
der  Geburt  yoUzogen,  bei  den  letzteren  In 
Tolge  eines  schon  dem  Abraham  gewordenen 
göttlichen  Gesetzes  und  als  Zeichen  der 
Anftaahme  in  den  Bund  Gottes;  ursprüngl. 
^nrahrschelnlioh  Vorsichtsmassr^el  gegen 
ünreinlichkeit  und  Entz&ndung. 

Besehwomiigy  s.  Exorcinnus. 

Beseler,  1)  Wük.  Hartwig,  hervorragender 
Vdhrer  der  Schleswig  -  holsteinschen  Be- 
wegung' in  den  fahren  1848—51,  geb.  8. 
März  1806  auf  Schloss  Marienhausen  in  der 
Grafschaft  Jever  im  Oldenburgischen ,  Ad- 
vokat in  Schleswig,  seit  1814  Mitglied  der 
schleswigschen  Ständeversammlung  und 
Präsident  derselben,  1848  Mitglied  der 
provisor.  Kegiernng  derHerzogthümer,  dann 
der  Statthalterschaft  derselben ,  %uch  Ab- 
geordneter der  deutschen  National  versamm- 
lang, später  im  preuss.  Staatsdienst  geb. 
Oberregiernngsrath  und  Kurator  der  Uni- 
versität Bonn.  —  2)  Karl  Georg  Ohriatian, 
Rechtsgelehrter,  Bruder  des  Yor.,  geb.  2. 
Kov.  1809  zu  Rödemiss  bei  Husum,  seit 
18S5  Prof.  zu  Basel,  Rostock  und  Greifs- 
wald, als  Mitglied  der  deutschen  Kational- 
versammlung  einer  der  Fuhrer  des  rechten 
Centrums  u.  Verf.  des  Koalitionsprogramras, 
unter  welchem  sich  später  die  Oentren 
als  ,Gasinopartel*  vereinigten,  auch  Mitglied 
und  Berichterstatter  des  Verfassungsaus- 
schusses,  trat  Mai  1849  mit  seiner  Partei 
aus.  Seit  Aug.  Abgeordneter  in  der  zwei- 
ten preuss.  Kammer,  wirkte  er  bei  der  Re- 
vision der  Verfassung  im  konstitutionellen 
Sinne,  ward  1859  als  JProf.  nach  ^erlin  be- 
rufen, 1861  Mitglied  des  preuss.  Abgeord- 
netenhauses. Sehr.  ,Lehre  von  den  Erb- 
verträgen* (1835-38,  3  Bde.);  ,VoIksrecht 
und  Juristenrecht'  (1843);  ,System  des  ge- 
meinen deutschen  Privatrechts*  (2.  Aufl. 
1866);  »Kommentar  über  das  Strafgesetz- 
buch fGr  die  preuss.  Staaten'  (1851). 

Bes^rmianen,  Völkerschaft  Im  russ:  Gouv. 
Wiatka,  zur  permiscben  Gruppe  des  ural- 
finnischen Völkerstamms  gehörend. 


{  Besenene  (Baemontaci) ,  an  Epilepsie, 
Krämpfen,  Wahnsinn,  Mondsucht  (daher 
lunatici)  Leidende,  die  nach  der  Ansicht 
der  Juden  zur  Zeit  Jesu  von  einem  bösen 
Geiste  oder  Dämon  in  Besitz  genommen  sein 
sollten.  Ueber  die  angeblichen  Besessen- 
heitsfälle neuerer  Zeit  vgl.  J.  Kemer,  ,Ge- 
sohichte  Besessener  neuerer  Zeit*,  1^; 
Graf  BanUau,  ,Briefe  über  die  Geschichte 
Besessener  von  J,  Kerner*,  1836. 

Beaighelm,  Stadt  im  würtemberg.  Neckar- 
kreis ,  am  Einfluss  der  Eüz  in  den  Neckar, 
24S4  Ew.    Zwei  BÖmerthürme. 

Beslkabaiy  Bucht  des  ägäischen  Meeres 
an   der  Westküste  Kleinasiens,    Tenedos 

gegenüber;  mit  der  Mündung  des  alten 
kamander;  als  Flottenstation  öfter  genannt. 

Beskiden.  nordwestl.  Vorkette  der  Kar- 

pathen.  Östlich  streichend,   dicht  bewaldet, 

schwer  zugänglich;  Lissahora  438Q'.      Auf 

dem  Nordabhang  nach  der  Weichsel  reiche 

'  Steinsalzlager  (Wieliczka). 

BeskoWy  Bernhard  Freiherr  von,  schwed. 
Dichter,  geb.  19.  April  1796  in  Stockholm, 
seit  1834  ständiger  Sekretär  der  schwed. 
Akademie;  f  1868.  Sehr.  Gedichte  (darunter 
,Karl  XU.')  und  effektvolle  Dramen  aus  der 
schwed.  Geschichte  (,Erich  XIV.*,  ,Torkel 
Knutson*,  ,Birger',  ,Gustav  Adolf*  etc.). 

Besleria  L.,  Pflanzengattung  der  Gesneria- 
oeen.  B.  violaoea  AuU.,  Strauch  in  Guiana, 
Beeren  färben  violett.  B.  incamata  Äubl. 
das.  mit  essbaren  Beeren.  Andere  Arten 
Warmhauspdanzen. 

BessanMeB,  südmss.  Gouv.,  zwischen 
Dqjest^  Pruth  und  schwarzem  Meer,  früher 
856  QM.,  Jetzt,  nachdem  Russland  1856  ca. 
223  QM.  an  die  Pforte  abgetreten,  nur  noch 
634  QM.  mit  1,086,346  Ew.  Der  N.  hügelig, 
der  S.  flaches  Steppenland ,  ergiebig,  aber 
wenig  angebaut.  Schaf-  und  Rindviehzacht. 
Reiche  Salzseen  am  Meer.  Bevölkerung 
gemischt  aus  Rumänen,  Bulgaren,  Griechen, 
Tataren,  deutschen  Kolonisten.  .  Seit  dem 
Frieden  von  Bukarest  1812  zu  Russland  ge- 
hörig.   Hauptst.  Kischinew. 

BeBSsrion,  Johannee  oder  Bcunlim,  aus 
Trapezunt,  geb.  1395,  begleitete  als  Bischof 
von  Nicäa  den  Kaiser  Johannes  Vn.  Paläo- 
logus  nach  Italien  und  erwirkte  auf  dem 
Koncll  zu  Florenz  1439  eine  (nicht  nach- 
haltige) Union  der  griech.  und  röm.  Kirche, 
trat  später  zur  röm.  Kirche  über,  ward 
Kardinal,  Bischof  und  fungirte  1450 -55  als 
Legat  zu  Bologna,  vermachte  seine  600 
griech.  Handschriften  der  Marcusbibliothek 
zu  Venedig;  f  zu  Ravenna  19.  Nov.  1472. 
Seine  Sehr,  theils  ITebers.  griech.  Autoren, 
theils  Streitschriften,  Reden  und  Briefe. 

Bessel,  l)  Friedrich  Wilhelm,  her.  Astro- 
nom, geb.  22.  Juli  1784  in  Minden,  ward  1806 
Inspektor  der  Sternwarte  Schröters  in  Lilien- 
thal, 1810  Prof.  der  Astronomie  In  Königs- 
berg; t  ^^s*  ^''*  März  1846.  Schrieb  über 
Kometen,  Gradmessung  etc.;  ,Astronom. 
Untersuchungen*  (1841  u.  1842 ,  2  Bde.)  und 
«Populäre  Vorlesungen  über  wissenschaftl. 
Gegenstände*  (herausgeg.  von  Schvmacher 
1848);  «Briefwechsel  mit  Olbers' (herausgeg. 
von  Erman  1852, 2  Bde.).  -^  2)  Gotljried  von  B., 


»79. 


Bessemerttbafal  - —  Betäubende  MitteL 


gelehrter  Abt  des  Benediktlnerklocten  QUt- 
wefli  in  Oesterreich ,  eeb.  5.  Sept.  1672  bq 
Buchheim  bei  Haioz ,  f  20.  Jan.  1749.  An- 
geblioli  Verf.  de«  ,Ghronicam  Gk>ttwioense* 
^732),  wichtig  für  die  mittelalterliche  Geo- 
graphie Yon  Deutschland. 

B«Biementskly  s.  Stahl. 

Besser^  Jo».  von,  knrs&chs.  Ho4>oet,  geb. 
8.  Hai  1654  zu  Fraaenbnrg  in  Kurland,  f  10. 
Tebr.  1729  sa  Dresden.  Werke  heranag. 
Ton  Künig  (1732).  Biogr.  Ton  Varnhagen  von 
Bnse  in  dessen  ,Biogr.  ^Deiikmalen'  ^d.  4). 

BesBestad  (Bessattadir) ,  Ort  auf  Island, 
unweit  Reil^A^liCi  sonst  mit  gelehrter 
Schnle.    Wohnort  des  Snorre  Stnrleson. 

Bessl^B  (spr.  -siahr),  Jean  BaptMe, 
Herzog  von  Ittrien,  Marschall  des  I.  firanz. 
Kaiserreichs,  geb.  5.  Aag.  1768  zu  Preissac 
(Depart.  Lot),  trat  1790  in  die  konstitutio- 
nelle Garde  Ludwigs  XVL,  wohnte  1798  als 
Brigadegeneral  der  Expedition  nach  Aeg^p- 
ten  bei,  organisirte  als  Divisionsgeneral 
die  neue  ital.  Armee,  entschied  bei  Marengo 
durch  rechtzeitige  Kayallerieattake  den  Sieg, 
focht,  1804  zum  Marschall  ernannt,  bei 
Austerlitz,  Jena,  Eylau  und  Friedland,  be- 
fehligte 1808  ein  Armeeoorps  in  Spanien, 
1809  im  Krieg  gegen  Oesterreich  die  Re- 
servekavallerie, 1812  die  Garden;  fiel  1. 
Mai  1813  bei  einer  RekoguQscirung  vor  der 
Schlacht  bei  Lützen. 

Bessin  (fr.,  spr.  -säug),  Landschaft  in  der 
27iedernormandie,  Depart.  Calvados,  Haupt- 
stadt Bayeux. 

Bessoit  (spr.  -song),  bekannter  als  Besson- 
Bei,  Vioeadmiral  Mebemed  -  Alis ,  geb.  1783 
in  Frankreich,.  1815  Schiffslieutenant,  erbot 
sich  bei  Rochefort,  Napoleon  L  auf  einem 
far  den  Schleichhandel  gebauten  Schiffe 
nach  Amerika  überzfifuhren ,  was  dieser 
aber  ablehnte,  trat  1821  in  die  Dienste 
Mebemed  Alis,  organisirte  dessen  Flotte; 
t  als  Viceadmiral  12.  Sept.  1837 zu  Alexandria. 

BesBimgeiiy  schönes  Dorf  dicht  bei  Darm- 

stadt,  gleichsam  Vorstadt  davpn,mit.2  Gärten 

•des  Prinzen  Karl,  Orangerie  etc.  u.  4725  Ew. 

Bestandnng  (Be»tockung) ,  das  kräftige 
Wachsthum  einer  Pflanze,  welches  bei  ver- 
pflanzten Gewächsen  mit  der  Ausbildung 
und  dem  Eindringen  der  Wurzel  in  die  Erde 
in  nächster  Beziehung  steht. 

Berteeky  Futteral  mit  mehreren  zusammen- 
gehörigen Instrumenten  ,und  diese  selbst, 
z.  B.  chirurgisches  B.;  im  Seewesen  der 
Arbeitsriss  zu  einem  Schiff;  beim  Wasser- 
bau die  Bestimmung  des  Profils  ,fur  einen 
Damm  oder  Deich. 

BmUtt  nacheiiy  mittelst  astronom.  Be- 
obachtungen und  Berechnung  des  gesteuerten 
Kurses  und  der  gesegelten  Distanz  den  Punkt 
bestimmen,  auf  dem  sich  das  Schiff  befindet. 

BMtiiaiieh  OAt.),  thieriscb,  viehisch; 
BeHialUät,  thierisehes  Wesen;  Bestie,  wil- 
des Thies»  boshafter,  grausaiuer  Mensch. 

Bestoeknngy  s.  Bettaudung, 

Beitreieheiiy  in  der  Militärsprache  s.  v.  a. 
einen  Weg  feindlicher  Annäherung  durch 
entsprechende  Verwendung  vonFeuerwaffen 
beherrschen.  Bestriehener  Banm,  derTheil 
der  Fingbahn  eines  Geschosses,  in  wel<^em 


es  sieh  in  der  Höhe  der  zu  beBchlefliend«n 
Truppe  befindet,  verringert  sich  mit  der 
wachsenden  Entfernung  des  Ziels  in  Folge 
der  dadurch  bedingten  stärkeren  Kräm> 
mung  der  Flugbaiin,  vergrössert  sich  in  Ab« 
nähme  derEntfernung.  UnheHrichenerBourn, 
der  Theil  der  Flugbahn,  in  welchem  das  Ge-. 
schoss  sieh  über  der. Höbe  des  Ziels  hält; 
bei  nicht  flankirten  Befestigungs werken  der 
vor  der  Spitze  befindliche  Raum,  welcher 
von  der  Schusslinie  der  beiden  Schenkel 
(Facen)  nicht  bestrichen  wird. 

Bestvsehew,  Alex.,  als  Schriftsteller  JTo» 
tack  Marlintki  genannt,  geb.  1795,  Sohn  des 
als  Publicisten  bekannten  Staatsraths  B. 
(t  1825),  russ.  Rittmeister,  1825  als  Dekabrist 
degradirt  und  nach  Jakutsk  verbannt,  focht 
später  im  Kaukasus;  fiel  Juni  1837  bei  Jeka> 
terinodar.  Herausgeber  des  ersten  russ.  AI- 
manachs  ,Der  Polarstern*  (1823) ;  Verf.  zbhlr. 
Novellen  und  Skizzen  ^^ammeOlt  unter  dem 
Titel  ,Kaukasus')  und  des  Romans  ,Amnta- 
lath-Beg*.  Sein  Gedicht  ,Woinorowski*  von 
OhamisM  verdeutscht. 

Bestvaeliew-^Janilny  1)  Äleaaei  BetrovHgeh,, 
Gretf,  russ.  Feldmarschall  und  Reichs- 
kanzler, geb.  2.  Juni  1698  zu  Moskau,  ward 
von  der  Kaiserin  Anna  zum  Kabinets- 
minister,  von  der  Kaiserin  Elisabeth  zum 
Grafen  und  Reichsvicekanzler  ernannt,  lei- 
tete 1756  den  Krieg  gegen  Preussen  ein» 
rief,  den  Tod  der  kranken  Kaiserin  fureh- 
tend  und  in  der  Absicht,  die  Thronfolge  dem 
Prinzen  Paul  Petrowitsch  zuzuwenden,  die 
russ.  Armee  unter  Apra^n  zurück,  ward 
deshalb  1758  als  des  Hochverraths  s<^iil- 
dig  seiner  Würden  entsetzt  .und  verbannt, 
von  Katharina  H.  1762  zurückgerufen  und- 
zum  Feldmarscball  ernannt;  t  21.  April 
1766.  —  2)  Michael,  Verwandter  des  Vor.^ 
stand  mit  Pestel  an  der  Spitze  der  geheimen. 
Verbindungen,  betrieb  und  leitete  als  Lieute- 
nant im  In&nteriereglmente  Poltawa  mit 
Murawjew  die  Militärrevolution  von  1825  in 
Südrussland ;  t  25.  Juli  1826  mit  Pestel,  Ry- 
lejew  und  Sergius  Murawjew  am  Galgen. 

BeBtügchewsche  NerreBtinktiir  (Tinctur» 
tonlco-nervInaBestuschevii,  Liquor  anodynus 
martiatus,  Lamottes  Goldtropfien),  Lösung  von 
Eisenchlorid  In  Aetheralkohol,  wird  im  Lieht 
durch  Reduktion  farblos.  Vom  Grafen  Bestn- 
schew-Rjnmin  1725  zuerst  angegebenes  Arz> 
neimitteL  wirkt  nervenreizend  und  stärkend. 

Beta  Z.  (Mangold),  Pflanzengattung  der. 
Chenopodeen.  B.  vulgaris  L.,  wild  am  Mittel- 
meere kultivirt  als :  Bübenmangold,  dessen 
Wurzel,  Runkelrübe,  In  zahlreichen  Varie- 
täten zur  Zuckerfabrikation,  als  Viohi^tter 
und  Kaffeesurrogat  dient  (Abart  rothe  oder 
Salatrübe);  Oartentnangold ,  Gartengemüse. 
B.  cicia  Ij.%  B.  hortensis  Mill.^  aus  Portugal,, 
in  ganz  Europa  als  Gartengemnse,  auch 
Zierpflanze,  ebenso  B.  brasiliensls. 

Betinbende  Mittel  (Ifareotica),  bewirken 
eine  Zeitlang  vollkommene  Bewusstlosigkelt, 
oder  sie  lähmen  einzelne  Nerven,  z.  B.  die 
der  Empfindung.  Wichtigste:  Ohioreform, 
Aether,  Opium;  Anwendung  thells  durch 
Elnathmen,  theils  inuerlich.  Wichtig  für 
Operationen,  beruhigend  bei  Schlaflosigkeit., 


Bete  -^  BeaI6. 


27a 


Bdto(Ar.,  spr.  B&hl),  iiBy«niiliiftiges  Tfater ; 
PamnüLopf;  JB^<M  (spn  Bätihfl),  Dummheit. 

BeteUr^BBe)  FbEstefn  erster  Grösse  «n  der 
östK  Schulter  des  Orion. 

Betel  y  B.  T.  a.  KBapfeffer,  Piper  Betle, 
T|§.  Pf^er.  [Ostechii  L, 

BetelBBsa  (Arteaiinua),  Fmcht  tob  Areoa 

Beten  (BuUn,  petitiones,  preoariAb)»  im 
SflttelalCer  Steuern,  welohe  TorQbergehend 
in  Nothlällen  und  mit  dem  Vorbehalt  be* 
willigt  wurden,  dass  daraus  kein  Recht  bu 
ihrer  Erhebung  hergeleitet  werden  dürfe. 

Betluuiift  (a.  G.),  Flecken  bei  Jerusalem,  am 
Oelberg,  Wohnort  d«8  Lasarus,  der  Martha 
und  Maria;  jetzt  Asir  oderLazarieh,  50(^Ew. 

BethSldB  (d.  1.  Gnaden-  oder  Heilort), 
mit  Hallen  umgebener  Teich  bei  Jerusalem, 
deesen  Wasser  HefltEr&fte  beJMiss  (Job.  6.)> 

BethldieBi  (d.  1*  Haus  des  Brodes),  1) 
Stadt  im  alten  Pal&stina,  1  M.  sftdöstl.  Ton 
Jerusalem,  Geburtsort  Dayids  und  Christi ; 
Jetzt  Seit  el  Lahm,  mit  2000  christl.'Ew. 
Mocrienklrohe  (ton  K.  Justinian  erb.).  8 
Klöster  der  KathoL,  Grteöhen  u.  Armenier. 
—  8)  Hermhuterkolonie  in  PennsTlränlen, 
am  Lehigh,  2860  Bw.;  1741  angelegt. 

Betblen  Gabor  (d.  i.  Gabriel  B.),  geb. 
15S0,  ward  1618  mit  türk.  Hülfe  zum  Fürsten 
▼OD  Siebenbürgen  erhoben,  verband  si«di 
1619  mit  den  gegen  Oesterreich  sich  aufleh- 
nenden bShm.  Standen)  drang  in  Ungarn 
ein,  bedrohte  Wien  imd  Hess  sich  85.  Aug. 
1^  zum  König  von  Ungarn  wftblen,  erhielt 
1681  im  Frieden  mit  Oesterreich  den  könlgl. 
Titel  und  sieben  ungar.  Komitate  nebst  der 
Stadt  Elaschau  und  den  schles.  Fürstenthü- 
mem  Oppeln  und  Ratibor  zugesagt,  ward 
in  Folge  seiner  Yerm&hlung  mit  Katharina 
von  Brandenburg  1686  nochmals  in  den  30- 
j&hr.  Krieg  verwickelt :  f  15«  Nov.  1689. 

-BetknanBy  Friederike  Auyugle  Konradine, 
her«  Schauspielerin,  geb.  ii,  Jan.  1766  zu 
Gotha,  ward  von  ihrem  Stiefvater,  dem 
Schauspieler  Grossmann,  für  die  Bühne  ge- 
wonnen, kam  mit  ihrem  Manne,  dem  Ko- 
miker Unzelmann,  1788  nach  Berlin,  hier 
allgremeine  Bewunderung  erregend,  Hess 
sich  1803  scheiden,  heiiathete  später  den 
Schauspieler  B. ;  f  1814  zu  Berlin. 

Bethmann-HoUweg)  MorUt  Aug.  von,  her. 
Oivilist  und  Forscher  auf  dem  Gebiete  des 
röm.  Rechts,  geb.  8.  April  1785  zu  Frank- 
furt a/M.,  Sohn  J.  J.  B.s,  damaligen 
zweiten  Chefs  des  Bankierhauses  Gebrüder 
Betiunann  das.  Seit  1880  Prof.  zu  Berlin, 
seit  1889  zu  Bonn,  1848—48  Kurator  «der 
Universität  das.,  seit  1845  Mitglied  des 
Staatsraths,  18^—58  Mitglied  der  ersten, 
1851—55  der  zweiten  preuss.  Kammer,  1858 
bis  1868  Minister  der  geistlichen,  Unterrichts- 
und Mediclnalangelegenheiten,  1840  in  den 
Adelsstand  erhoben,  Besitzer  des  Schlosses 
Rheineck  am  Rhein.  Sehr.  .Grundriss  des 
Givilprozesses*  (3.  Aufl.  1888);  ,Yersuche 
über  einzelne  Thelle  der  Theorie  des  Civfl* 
Prozesses*  (1887) ;  ,Gerichtsverfii88ung  und 
Prozess  des  sinkenden  röm.  Reichs*  (1834); 
»Ursprung  der  lombard.  Stadteflreiheit*(1846). 

Bethaal-GreeB.  einer  der  östl.  INstrikte 
von  London,  den  victoriapark  einschllessend. 

Jfeifer»  Hand- Lexikon* 


Bethsaida  (a.  G.),  Ort  In  Palistin«,  am 
See  GeneBareth;  Geburtsort  der  Apostel 
Petrus,  Andreas  und  Phillppns. 

BithBBe  (spr.  Betühn),  1)  Fluss  im  firans. 
Bepart.  Nlederseine,  miindet  bei  Dieppe  in 
den  Kanal.  —  8)  Befest  Stadt  im  franz. 
Den.  Pas  de  Calais,  an  der  Brette,  8178  Ew« 

Biton  (gr.),  Grobmörtel,  Misefaung  von 
Grobsand  oder  Steinbrnok«»  mit  0&«iebt» 
bes.  zu  Wasserbaugründiuigen  angewandt. 

BetOBlea  X.  (Beionie^),  Pflanzeugattung  der 
Llppeablumen.  B.  offioiBalis  L,,  Stachys  Ber 
toniea  JSenth.,  überall  in  Buropa,  Arüher  für 
hellkrfiftiggehalteu.  ABd.ArtenZierpflanzeQ» 

Betaehe  (poln.  Bote^,  Stadt  im  preuss, 
Regbz.  Posen,  Kr.  Meseritz,  1886  Ew. 

BetiehBaBeB  (£etimanm),  ausgedehntes 
Volk  im.südh  und  südöstl.  Bfainenland  von, 
Südafrika,  den  Kaffem  verwandt,  abergeistiff 
minder  begabt,  auch  weniger  kriegwisch ; 
leben  von  Ackerbau  und  Yiehsudit  und 
bearbeiten  Eisen,  Kupfer,  Elfenbein  und 
Thierfeüe.  Zahlreiche  St&mme:  Batoka, 
BasuBga,  Bayeya,  Baquaina,Bakaäa^  Basiiti, 
Barolong,  Batlapf,  Seha^Tutsi  etc.  Grosse, 
wegen  h&ufigev  Fehden,  befestigte  Ortsehaf- 
ten:  Kuruman,  SohoMdiong,  Kolobeng  etc. 
Im  Gebiet  der  B.  grikadeten  die  Boers  die 
OranleflUBS-  und  transvaalsohe  Bepublik. 

BetMhwa  (£eo»wa),  linker Jifebenfluss  der 
March  In  Ungarn,  kommt  v<m  den  Kaqjwthen. 

BettelmSneke  (MendUumen),  in  der  kath. 
Kirche  Möndie,  welche  ihrer  Regel  Bufolge 
gar  kein  lügenthum  besitzen  dürfen  und 
nur  auf  die  von  Ihnen  ausserhalb  des 
Klosters  gesammelten  milden  Gaben  ange- 
wiesen sind;  entstanden  im  Ctogensatz  zu 
der  mehr  uhd  mehr  eharelssenden  Yer- 
weltUchungr  des  Klerus  In  der  ersten  Hälfte 
des  18.  Jahrh.  (Doninikaner-,  Frandskaner-, 
Karmeliter-,  Augustiner-  und  Serviten- 
Bettelorden).  Wegen  der  störenden  Ein- 
griffe derselben  in  die  regelmässige  Seel- 
sorge Wurde  vom  Koncil  zu  Lyon  1874  die 
Gründung  weiterer  Bettelorden  verboten. 

BettenfiaBaeB,  Dorf  bei  Kassel,  1386  Ew., 
grosse   Industrieanlagen;  Vergnügungsort. 

BettlBelliy  Saverio,  ^tal.  Dichter  und 
-Schriftsteller,  geb.  18.  Juli  1718  zu  Mantua, 
Jesuit,  1739—55  Lehrer  zu  Brescia  und 
Parma;  t  ^^*  ^^^  ^^^  '^  Mantua.  Sehr. 
,Risorgimento  d'Italia*  (1775,  8  Bde.) ,  Dra- 
men, Versi  sciolti  etc.  ,Opere»  (1801, 84  Bde.). 

BettBBf.  Jede  »ste Unterlage  von  gleich« 
massiger  Tragfähigkeit,  bes.  zur  Aufstellung 
von  Maschinen,  G^chützen;  im  Wasserbau 
der  Rost  bei  Sehleussen  und  Gerinnen. 

Betuwe  (einst  Batua),  Landschaft  in  Hol- 
land, zwischen  Rhein  undWaal,  ea.5QM.; 
fruchtbares  Marschland. 

BetwBy  Nebenfluss  des  Dsohumna  In  Ost- 
indien, kommt  vom  Vindhyagebirse. 

BietseBstelB,  Stadt  im  bayer.  Regbz«  Ober- 
flranken ,  an  der  Pegnitz,  676  Ew.  Sehloss. 
In  der  Nähe  Ruine  Stierberg. 

BeBl<  (spr.  Bohl  4),  Charlee  Erntete,  franz. 
Archäolog,  geb.  89.  Jim!  1886  zu  Saumur, 
leitete  seit  1849  die  Ausgrabungen  an  der 
Akropolis  zu  Athen ,  ward  J854  Prof.  der 
Archäologie  «n  der  kalserl.  Bibliothek  zu 

18 


274 


Beule  —  Beutelthiere. 


Paris,  1800  Mitelied  der  Akademi«  der  Ib- 
schriften,  1868  Sekretär  der  Akademie  der 
Künste.  Sehr.  ,L^AcropoIe  d^Atb^es*  (1854, 
2  Bde.);  »Etndes  sor  le  P^Iononnise'  (18&5); 
,L*architectare  an  sidcle  de  fisistrato*  (1856) ; 
,Le8  monnales  d'Ath^es*  (1858). 

Benle^  Jede  abnorme  Brböbung  der  Haut 
durch  unterliegende  entsündliohe  Drüsen- 
anschwellnng  oder  Eltoransamminng  (Eiter- 
beule, Abscess,  s.  d.)  oder  in  Folge  Ton 
Schlag  oder  Stoss  (Blufbenle). 

Bennde  (Beun«),  umfassendes,  nrsprtkngl. 
eingefHedigtes ,  von  dem  Rechte  der  Ge- 
meinde (bes.  dem  Yiehtrieb),  befreites  und 
daher  au  anssohliessUcher  Nutnmg  des  Be- 
rechtigten abgeschlossenes  Gmndstfiok. 

BevmonTUle  (spr.  Böhmongwll),  JSerre 
de  Bud,  Marqui»  de,  franz.  Marschall  nnd 
ßtaatamann,  geb.  10.  Mai  1752  in  Ohampignolle 
Sn  Bourgogne ,  machte  die  Teldsüge  in  Ost- 
indien 1779->81  mit,  focht  1799  an  der  Spltce 
der  Kordarmee  bei  Valmy,  zog  sich,  Tebr. 
1798  zum  Kriegsminister  ernannt,  den  Hass 
der  Jakobiner  im  nnd  trat  Evruck.  Vom 
Kationalkonvent  mit  mehreren  KonTcnte- 
deputirten  abgesandt,  um  Dumouries  ge- 
fangen EU  nehmen,  ward  er  selbst  von 
diesem  gefitngen  genommen  nnd  den  Oester- 
reichem  ausgeliefert.  Kaoh  seiner  Ans- 
-wechslung  OberbeJSAhlshaber  der  Kordarmee, 
dann  Generalinspektor  der  Infanterie,  seit 
1805  Senator,  sttmmte  er  1814  fQr  Kapoleons 
AbsetEung,  ward  von  Ludwig  XYIÖ.  Eum 
Staatsminister  und  Pair,  1816  sum  Marschall 
ernannt;  f  83.  April  1881  bu  Paris. 

Beurteil  (niederland. ,  d.  i.  Gilden,  Ge-' 
Seilschaften),  Vereinigung  der  Schiibeigen- 
thümer  in  Deutschland  und  den  Nieder- 
landen, welche  Im  Dienste  der  Huidels- 
schifTfahrt  und  auf  den  schiifbaren  Strömen 
eine  gewisse  Begelmassigkeit  der  Vahrten 
unterhalten  und  der  Konkurrena  derSchiifs- 
eigenthümer  unter  einander  entgegenwirken. 
Beurtmann,  ein  einem  solchen  Vereine  an- 
gehöriger  Schiffer. 

Beust,  1)  FHedr.  KomtanHn,  Freiherr  von 
B,,geh,  13.  April  1806  su Dresden,  seit  1851 
k.  Sachs.  Oberbei^hauptmann;  sehr.  ,Krit.  Be- 
leuchtung der  Wernerschen  Gangtheorie' 
(1840) ;  ,Geognost.  SkiEze  der  wichtigsten 
ForphyrgebÜde  Ewischeu  Freiberg,  Frauen- 
stoin,  Tharandt  und  Kossen*  (1845)  u.  A.  — 
2)  Friedr.  Ferdifiand,  Freih^r  von  B»,  östorr. 
Ministerpräsident,  Bruder  des  Vor.,  geb.  13. 
Jan.  1809  eu  Dresden ,  ward  1886  Legations- 
sekretär  in  Berlin,  1838  in  Paris,  1841  Ge- 
schäftsträger in  Münohen,  1846  Minister- 
resident in  London ,  Mai  1848  Gesandter  in 
Berlin,  übernahm  24.  Febr.  1849  das  Porte- 
fotdlle  des  Auswärtigen,  nach  KiederwerftiDg 
des  Maiaufttendes  von  1849  auch  das  des 
Kultus.  -  Er  betrieb  den  Rücktritt  Sachsens 
Tom  Dreiköntgsbündniss  und  die  Wieder- 
herstellung des  alten  Bundestags  im  Bunde 
mit  Oesterreich  und  galt  für  die  Seele  der 
seitdem  immer  entschiwlener  hervortretenden 
Restanrationspolitik.  Seit  1853  Minister  des 
Innern,  übernahm  er  nach  Zschinskjs  Tode 
den  YorsitE  im  Ministerium.  In  einem  <^- 
ciellen    Aktenstücke  1868  machte  er  Vor- 


schläge EU  einer  Umgestaltung  der  bestehen- 
den Bundeseinrichtungen.  Der  londoner 
Konferens  Eur  Vermittelung  des  deutsch- 
dänischen Konflikts  wohnte  er  als  Vertreter 
des  deutschen  Bundes  beL  Bei  der  wachaen- 
den  Verstimmung  Ewischen  Oesterreich  und 
Preussen  trat  er  tfuf  die  Seite  des  ersteren. 
Da  in  Folge  des  Krieges  von  1866  seine 
Stellung  in  Sachsen  unmöglich  geworden, 
trat  er  30.  Okt.  1866  als  Minister  der  aus- 
wärtigen Angelegenheiten  Iq  östorr.  Dienste, 
ward  7.  Febr.  18i87  Eum  Ministerpräsfdenten 
und  30.  Juni  zum  Reichskanzler  ernannt. 
Als  solcher  brachte  er  den  Ausgleieh  mit 
Ungarn  zu  fitende  und  gewann  die  dsleltha- 
nischen  Kronländer  durch  aufrichtige  Rück- 
kehr Eum  konstitutionellen  Principe  —  3) 
Karl  LouU,  OraJ  von  B„  sachsen-altenburg. 
Staateminister,  geb.  18.  Febr.  1811  zu  Fried- 
richstanne im  Altenbui^schen,  ward  1848 
Kreishttuntmann  des  altenbu^er  Kreises, 
Ifov.  1848  Vorsitzender  des  Staatsmfnlste* 
riums,  1850  wirklichef  Geheimrath,  1853 
grossherzogl.  säehr.  Gesandter  am  preuss. 
.Hofe,  hier  zugleich  Vertreter  dersäehs.  und 
anhält.,  der  schwarzburg.  und  reuis.  Höfe. 

Beutel  I  in  der  Anatomie  kleite  al^e- 
schlossene  Hohlgebilde,  uneben  gewisse 
Organe  (Herzbeutel)  oder  dienen  zur  Ver- 
minderung der  Reibung  (Schlelmbentel),  z.  B. 
am  Knie,  Ellenbogen. 

Beutel,  türk.  Recbnungsmünze ;  B.  Silber 
(Keser)  =  500  Piastor  =  89  Tblr.  5  Sgr. ; 
B.  Gold  (Kize)  =  80,000  P.  =  17S0  Thlr. 

Beutelduchs,  Perameles  Geoffr.,  Gattung 
derRaubbeutolthiere.  SpitznoHger  B.,  Baa^i' 
kut,  Perameles  nasutns  Oeoffr„,  18'',  in  Keu- 
holland. 

Bevtelmgehlrr  (BeaUeUoerh},  s.  JfSJUe. 

BevtelliBM,  s.  v.  a.  Känguruh. 

BentelnuiBeliiiie.  Vorrichtungen  zum  Ab- 
sondern feiner  Pulver  von  gröberen,  Siebe. 

Beutelmelsey  s.  MeUe, 

Beutelntte  (Bueehratte,  Sarigue,  Didel-> 
phys  LOt  Gtattung  der  Raubbeutelthiero, 
nächtliche  stinkende  Thiere.  Weissköpfige* 
oder  virginüches  Beuieltkier,  D.  vii^iniana 
L,,  18—18"  lang  mit  8-12"  1.  Schwanz, 
•in  Kordamerika.  Opoesum  (s.  d.).  Utilander, 
Aeneaeratte,  D.  dorsigera  L.,  b^k"t  ^^  Suri- 
nam, trägt  wie  die  folgenden  die  ausgebil- 
deten Jungen  auf  dem  Rücken.  Maus- 
Sehupati,  D.  murine  L.,  5",  häufig  in  Bra- 
silien. Dreietreißge  Buechratte,  D.  trlstriate 
Kühl,  5",  in  Brasilien. 

Beutelstaar  (CasHean,  Cassicns  Cnv.),  Vö- 
gelgattung der  Sperlingsvögel  mit  grossem  i 
Schnabel ,  gesellig  im  wärmeren  Amerika 
von  Insekten  und  Sämereien  lebend,  4—6' 
lange  beuteiförmige  Nestor  bauend,  richten 
auf  Feldern  grossen  Schaden  an.  Bauben' 
benteUtaar,  Japu,  G.  cristotus  Ouv,,  15—17", 
geniessbar.  Spottvogel,  G.  perslcus  L.,  9", 
ahmt  die  Stimmen  anderer  Thiere  nach. 

Beutelthiere  (Marsupialia) ,  Ordnung  der 
Sängethiere,  bilden  nach  Gobiss,Fu8sbiIdung 
und  Lebensart  eine  Uebergangsgruppe  von 
den  Raub-  zu  den  Kagethieren,  mit  Bauch - 
Eitzen  in  einer  sackartigen  Tasche  oder 
hinter  seitlichen  Hautfalton  verborgen,  an 


f 


Benteltttcb  —  Bhils. 


275 


-welohen  die  mireif  und  bewegnwsslos  gebor« 
oen  s^hr  kleinen  Jungen  noch  etwa  2  Monate 
lang  getragen  werden.  Im  Büdl.  Amerika, 
in  Anstralton  nnd  auf  den  Sundainieln.  Das 
Fleisch  Tieler  B.  genlessbar.  Dieselben  wer^ 
•den  eiogetheilt  in  SavXtbeutelthiere,  mit  dem 
'Oeblss  derBanbthiere,  n.  fruehtfrentende  £., 
mit  den  Nagethieron  ähnlichem  Qebiss. 

Bestettnch  (Biebtuek,  JHiitter-  oder  £euiel- 
^aze,  Biebieinwand) ,  gazeartiges  Gewebe  ans 
starken,  fest  gedrehten  Fäden  Yon  Banm- 
-wolle,  Leinen,  Wolle  oder  Seide,  anoh  ans 
Haaren  i  dient  zu  Sieben,  Modelltnchem  für 
Stickereien  etc.  Feinstes  B.  hat  ca.  26,000 
"OefÄinngen  im  QZ. 

Beiltelwerk,  8.  Mühle. 

Bevth,  Fiet«r  Christian  Wühdm,  FöMerer 
^er  Industrie  in  Prenssen,  geb.  28.  Dec. 
1781  zu  Kleve,  ward  1814  Oberflnanzrath  in 
der  Abtheilnng  für  Handel  nnd  Gewerbe, 
1828  Direktor  derselben,  1844wirkI.Geheim- 
rath,  gründete 'das  Qe werbein stitn^,  die 
Bauschule  und  die  Bangewerbeschule:  f^* 
Sept.  1853.  Sein  Standbild  (von  Kiss)  seit 
1861  vor  der  Banakademie  In  Berlin. 

BevtlieBy  1)  (Ob0t-B.)  Ereisst.  im  prenss. 
Kegbz.  Oppeln,  an  der  Elodnitz ,  Hanptort 
der  dem  Grafen  Henckel  von  Donuersmark 
^gehörigen  StandesherrschafI  B.,  14,529  £w. 
In  der  Umgegend  starkerSteinkohlenbergban. 
—  2}  (Ifieder'B.)  Stadt  Im  preuss.  Regbz. 
Iilegnitz,  an  der  Oder,  Hauptort  des  Mediat- 
lürstenthums  Karolath-B.,  8875  Ew. 

Bevteeheiii  Stadt  im  prenss.  Regbz.  Posen, 
an  der  Obra,  1829  Bw. 

Benvnj  (spr.  Böwräh),  Jfont,  Berg  westl. 
1>ei  Antun  in  Frankreich,  2498';  seit  1868 
das.  Ausgrabungen  einer  alten  celt.  Stadt, 
wahrsohelnl.  Bibracte.  Vgl.  BulUoi,  ,Foninefl 
de  BlbracteS  1869. 

BerelAiid,  2  Inseln  des  Scheldedeltas.  hoU. 
Prov.  Seeland ;  Nord-B.,  1,2  QM.  u.  5300  Ew., 
ßud-B.,  6,2  QM.  und  28,000  Ew. 

BereTen,  indnstr.  Marktfl.  im  belg.  Ost- 
flflndem,  im  Waesland,  7151  Bw. 

Beveriil  (Bt  B.),  Berg  der  granbünd. 
Alpen,  im  Hintergrund  des  Nollathals,  9234'. 

BeTerIo<>9  Flecken  im  belg.  Limburg; 
stehendes  Lager  der  belg.  Armee. 

Berem.  Flecken  In  Brannsohwete,  Kreis 
Holzmtnden,  an  der  Bever,  1916  Ew.;  das 
Schloss  Korrektionsanstalt.  Hiema<di  be- 
nannt die  Linie  Braufuchweig'B, 

Bevera.  Aug,  Wüh» ,  Herzog  von  Braun- 
sehwelg-B.,  prenss.  Genera],  geb.  15.  Okt. 
1715  zu  Brannschweig  ans  der  apanaglrten 
Nebenlinie  des  Hauses  Braunschw.-Wolfen- 
büttel,  machte  in  preuss.  Diensten  den  ersten 
nnd  «.weiten  sohles.  Kri^  mit,  schlag  21. 
April  1757  die  Oesterreicher  nnter  dem 
Gräften  tob  Kdnigseck  bei  Beichenberg, 
ward  22.  Nov.  bei  Breslau  geschlagnen  vnd 
gefangen,  nach  seiner  Freflassung  (Mai  1758) 
Gonvemeur  von  Stettin,  erhielt  nacli  dem 
siegreichen  Gefecht  bei  Reichenbach  (7.  Aug. 
1762)  nochmals  das  Oberkommando  inSchle- 
eien;  t  1.  Aug.  1781  zu  Stettin. 

BereniiireBy  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Min- 
den, Kr.  Höxter,  am  Einfluss  der  Bever  in 
■die  Weser,  1754  Ew. 


Bex,  Dorf  und  besnohter  Badeort  im 
Kanton  Waadt,  am  Aven^on,  S552  Ew. 
Schwefelquellen.  Saline  Qährl.  40,009  Otr. 
Salz).    Merkwürd.  Stollen  4000'  I. 

Bexbaeh,  Dorf  in  der  bajer.  Rheinpfalz, 
an  der  Blies,  2500  Ew.    Steinkohlengruben. 

Beyle  (spr.  Bähl),  Mari«  Henri,  pseud; 
Stendal,  Aranz.  Schriftsteller,  geb.  28.  Jan. 
1783  zu  Grenoble,  f  23.  März  1842  als  fk'anz. 
Geüeralkonsul  in  Givita  -  Vecchia.  Sehr. 
,Vies'  von  Mozart,  Haydn,  Metastasio  etc., 
mehrere  Tragödien  nnd  den  Roman  «Le 
roiige  et  le  noir'.  Werke  (1855-56, 18  Bde.). 

Best)  Theodor,  eigentl.  de  Bize,  genfer 
Reformator,  geb.  24.  Juni  1519  zu  Yezelay 
in  Burgund ,  ward  1559  Prediger  nnd  Prof. 
der  Theologie  zu  Gtenf  und  Gehälfe  Calvins, 
polemisirte  eifrig  für  den  strengen  reformir- 
ten  Lehrbegrlff  1561  und  1562  bei  den  Re- 
ligionsgesprächen zu  Poissy  nnd  Si.- Ger- 
main, galt  in  Genf  nach  dalvins  Tode  als 
der  erste  Theolog  der  reform.  Kirche ;  f  13. 
Okt.  1605.  Biogr.  von  8ehlo»»er  (1809),  Baum 
(1848-51,  2  Bde.),  Seppe  (I9ßl). 

BeslBkeBy  serbisch-kroat.  Yolksstamm  In 
Istrien,  um  Pislno. 

Bezien  (spr.  -siähr),  Stadt  im  Aranz. 
Depart.  H6rault,  an  der  Orbe,  27,722  Ew. 

Beioar  (Beeoareteine) ,  krankhafte  stein- 
artige Verhärtungen  im  Magen  und  in  den 
Eingeweiden  mehrerer  Thiere,  bestehen  ans 
kohlensaurem  und  phosphorsaurem  Kalk  mit 
Ckillenfett  nnd  Pflanzensubstanz,  firüher  sehr 
geschätzt  als  Heilmittel. 

Besoftnmrzely  s.  Doratenia, 

Besoursiege.  s.  Ziege. 

BkagBlpor  (Baglipur),  brit.-o8tind.  Stadt 
in  Bengalen,  Landsch.  Bahar,  am  Chinges, 
SO^OOOEw. 

BhagBTftd-Glta  (d.  1.  der  gOttl.  Gesanji:), 
ind.  religionsphilos.  Lehrgedicht,  wichtigste 
Quelle  der  ind.  Philosophie;  als  Episode 
im  Mahabharata  (s.  d.)  enthalten.  Ausgaben 
von  A.  W.  Schlegel  (2.  Aufl.  yon  Laasen  1846), 
deutsche  Uebers.  von  Meter,  Abhandlung 
darüber  von  TT.  v.  Humboldt  (1826). 

Bhaglrithi,  heil.  Qnellflnss  des  Ganges, 
entspr.  am  Himalaja  aus  einem  Gletscher. 

BBSgBinty  (Bhagamati),  linker  Nebenflnss 
des  Ganges,  entopr.  in  Nepal  auf  dem 
Himalaya.  mündet  bei  Monghir,  60  M. 

BluiBiO  (Bhanmo),  Handelsst.  in  Birma,  am 
Irawaddy,  15,000  Ew.  Vgl.  Bower;  ,Bharoo- 
Expedltion*,  deutsch  von  Mergdorf,  1871. 

Blutratpur,  Stadt,  s.  Bhurtnur, 

Bkartrihan.  indischer  Weiser,  um  60 
V.  Chr. ;  von  ihm  eine  Sammlung  von  80O 
Sprüchen ,  ein  Meisterwerk  ind.  Gnomlk. 
Herausg.  von  Bohlen  (1833);  übersetzt  von 
Bohlen  (1836)  nnd  m/er.  [50,000  E^r. 

BhfttgOBg»  Stadt  im  ostind.  KSnigr.  Nepal, 

BhattiaBB,  Land  schalt  im  nordwestl.  Vor- 
derindien, links  vom  Sedletsoh;  die  Ew.  die 
Bhattiae;  Hanptst.  Bhatnir. 

Bhawlpnr  (Bahawalptir),  brit.  Schntzstaat 
in  Vorderindien,  östl.  am  Indus,  1200  QM. 
mit  925,000  Ew.  (Dschats,  Afghanen  nnd 
Beladschen).  Hanpttt.  B.,  am  Sedletsch, 
20,000  Ew. 

Bliib.  rohes  räuberisches  Volk  in  Ost- 

18* 


27d 


BhUsa  -^  Bibel 


tedlea,  in  den  Waldgebii^en  nm  d«n  Ker- 
bndda  vnd  Tapty  woEnbaft ;  klein ,  rüstig, 
tohwan,  gehen  fitet  nackt;  sahlr.  Btftmme; 
nur  wenige  mohammedaniscb;  einJteit  dar 
nicbtarisoben  Urbeyölkernng  Indiens. 

BhilMy  Btadt  im  ostind.  F&rstenthum 
Chralior,  am  Betvra,  80,000  Bw..  Bnddhlflti- 
sobe  Denlcmäler  (Bhüta  tope»), 

WUnuiy  linker  Nebenflnse  des  Klstna  im 
südl.  Ostindien. 

Bhoptl  (Bhapola) ,  brit.  Yaeallenetaat  in 
Ostindien,  Prov.  Malya,  am  Vindhyagebirge, 
318  QM.  n.  664,000  Ew.  BaufM.  B.,  am 
Betwa,  80,000  Ew. 

Bknrtpnr  (Bharaitpur) ,  brit.  Schntutaal 
in  Ostindien,  ProT.  Agra,  885  Qli.  nnd 
600,000  Ew.  ^OHpM.  B.,  100,000  Ew.  Trtkher 
starke  Festung. 

Bhutan  C^ooton),  unabhängige  Landschaft 
in  Ostindien,  nOrdl.  tou  Bengalen,  im  Hi> 
malaja,  900  (?)  QH.  und  ca.  1  BUH.  Ew.; 
letztere  {Skut}fM)  mit  tubetan.  Dialekt  und 
dem  Lamaismns  huldigend,  unter  der  gelstl. 
und  weltl.  Doppeldespotie  des  Dharma-Lama 
und  des  Deb-Radscha,  und  in  geringer  oder 
gar  keiner  Abhängigkeit  von  China.  Haupt- 
stadt Tassissndon. 

Blaftrabid.  der  imierste  östl.  Thell  des 
Golfe  Ton  Guinea.    Daran  die  BtaM  B. 

Biila,  1)  Grenzflüsschen  «wisch.  Galislen 
und  Oesterreich.- Schlesien,  mündet  in  die 
Weichsel;  daran  in  Galiaien  die  Stadt  B., 
4667  Ew.  —  8)  Nebenfl.  des  Donsjec  in  €kf 
llsien,  kommt  von  den  Beskiden,  mündet 
bei  Tarnow,  U  M. 

Blalla.  Stadtchen  im  preuss.  Regbs.  Gum- 
binnen.  Kr.  Jehannisburg,  1604  Ew. 

Bialogndy  Stadt,  s.  t.  a.  Akjerman. 

Blalowieser  Heide  (Bjelowjueht  Bttckta), 
Urwald  im  westruss.  Gour.  Gr^dno,  Ton 
der  Narew  durchflössen,  26  QH.  Darin 
wilde  BüfTel  (die  einsigen  In  Europa). 

Bial  jfltock,  Kreisstadt  im  westruss.  Gout. 
Grodno,  16,786  Ew.  [Gatania,  9888  Ew. 

BlaneaTllUy  Stadt   auf  Sicilien,  Prov. 

Blanehi  (spr.  -ki),  Fraaceseo,  ital.  Kom- 
ponist, geb.  1758  zu  Oremona,  f  84.  Sept. 
1811  zu  Venedig.  Grazlöse  Opern,  8  Ora- 
torien und  Kirchenmusiken. 

Blanehi  (spr.  -ki).  Friedrieh,  Baron  wm, 
österr.  FeldmarschallUeutenant,  geb.  SO. 
Febr.  1768  zu  Wien,  focht  1798-94  in  den 
Niederlanden,  1795  am  Oberrhein,  1796—97 
In  Italien,  führte  1809  eine  Brigade,  befoh- 
ligte 1818  die  8.  ArmeedlTision  des  Corps 
SohwarzenbergbeiI>re8den,  Kulm  undLe^ 
zig,  schlug  1.  Hai  1815Hurat  bei  Tolentino, 
ward  Hofkriegsrath ,  1887  pensionirt;  f  21. 
Aug.  1865.  —  Sein  Sohn  Friedrieh,  Baron  von 
B.f  geb.  84.  Not.  1818  zu  Pressburg,  führte 
im  ital.  Feldzug  Yon  1849  eine  Brigade  des 
8.  Armeeeorps,  trug  bei  NoTara  Tlel'  zum 
Sieg  bei ,  befehligte  auch  bei  Acs  und  Ko- 
mom  eine  Brigade,  spater  als  Feldmarschall- 
lieutenant Terabschiedet. 

Blanehini  (spr.  Biankini),  Jf^ranessco,  ital. 
Astronom  und  Arch&olog,  geb.  18.  Dec. 
1668  zu  Verona ,  unter  Papst  Kiemen  s  XI. 
Sekretär  der  mit  der  Kalenderyerbesserang 
beauftr*gten  Kommission,  zog  in  der  Kirche 


Santa-Harla-degli-Angeli  zu  Rom  eine  Hit-' 
tagslinie  und  errichtete  das.  einen  Sonnen-- 
aeiger;  f  8.  Hin  1789  zu  Rom.  Verf.  von» 
Schriften  astronom.  und  antlquar.  Inhalts.. 

Blard(8pr.  -ahr),  Francoi^,  franz.  Genre^ 
maier,  geb.  87.  Jimi  1800  zu  Ljon ,  bereist»- 
Spanien,  Griechenland  und  den  Orient,  spä- 
ter (1889)  Grönland  und  Spitzbergen,  185» 
Hexiko,  trat  1866  eine  Beise  um  die  Welt  an. 
Seine  zahlr.  Bilder  theUs  tief  ernst,  theUa- 
Ton  Humor  und  Witz  sprudelnd,  Immer- 
ausgez.  durch  feine  Naturbeobachtung,  poe- 
tisebe  Auffassung  und  tüchtige  Technik;, 
z.  B.  Araber  in  der  Wüste  Tom  Samum^ 
befallen,  Sklarenmarkt,  Dorfnationalgarde,^ 
Familienkoncert,  die  Schiffbrüchigen  etc. 

Bianrits.  berühmtes  Seebad  im  franz.. 
Depart.  Nlederpyrenaen ,  1  H.  südl.  Ton 
Bayonne;  8800  Ew.  Yon  der  franz.  Aristo- 
krfitie,  Spaniern  u.  Engländern  Tiel  besucht,, 
früher  Herbstresidenz  der  kaiserl.  Familie.. 

Biafy  einer  der  sieben  Weisen  Griechen- 
lands, aus  Priene  in  Jonien,  um  670  n.  Chr. 
Unter  seinen  Sittensprüchen  (gesammelt  toi» 
OrMi  in  ,Opuscnla  Graecorum  Teterum  sen- 
tentiosa  et  moralia'  1819:  deutsch  in  BiUkey»^ 
,Fragmente  der  Sieben  Weisen*  1836)  ist  am 
bekanntesten:  ,Ich  trage  alles,  was  mirge* 
hört,  bei  mir*  (lat.  Omnia  mea  mecum  porto).. 

BibbieilAy  Bemardo  Donveio  von,  ital» 
Diplomat  und  Dichter,  geb.  4.  Aug.  1470  sa 
Bibbiena,  Kardinal  unter  LeoX.,  f  9.  Not. 
1680;  Freund  Ariosts,  Verf.  des  her.  ln> 
triguenstücks  ,La  Calandria*  (1681). 

Bibei  (t.  gr.  biblia,  d.  i.  Bücher,  s.  T.  ä. 
das  Buch  der  Bacher,  das  wichtigste 
Buch),  durch  den  KirchenTater  Catrysosto-« 
mus  im  4*  Jahrb.  eingeführter  Name  der 
Sammlung  derjen.  heil.  Schriften,  welch» 
Ton  den  Christen  als  die  Urkunden  ihrer 
göttlich  geofTenbarten  Religion  angesehen 
werden.  Die  B.  zerfällt  in  das  Alte  und  das 
^eue  Testament ,  d.  i.  den  alten  und  den; 
neuen  Bund , '  Indem  man  die  .  mosaische 
ReligionsTerlkssnng  als  einen  Bund  oder 
Vertrag  ijn.  diatheke,  latinisiert  testameiUumy 
zwischen  jehoTah  und  dem  Volke  Israel  und 
auch  das  Erlösungswerk  Christi  unterdiesem- 
Gesichtspunkt  betrachtete.  jDas  AUs  Te9U»^ 
tnent,  zu  Jesu  Zeit  als  »Bchrüt*  (Oraphe) 
oder  »heilige  Schrift*,  auch  als  ,das  Gesetn. 
und  die  Piroplieten*  bezeichnet,  enthält  in 
89  in  hebr.  und  chald.  Sprache  geschriebe- 
nen Büchern  das  ,  was  tou  der  hebr.  und' 
chald.  Literatur  bis  um  dieHitte  des8.  Jalirh.. 
T.  Chr.  erhalten  ist.  und  wird  eingetheilt 
in  1\  das  Qe»etM,  d.  i.  me  6  Bücher  Hoses;: 
8)  die  Propheten,  unterschieden  in  die  sog. 
früheren;  Bucher  J'osua,  Richter,  Samueli» 
und  der  Könige,  und  in  die  späteren:  die- 
eigentl.  Propheten  (grosser  Jesaias,  Jere- 
mias,  Ezecliiel;  kleine:  die  übrigen  18); 
3)  die  Bagiographen  (Hlob,  Sprichwörter,. 
Psalmen,  Hoheslied,  Prediger,  Ruth,  Klage- 
tieder  und  Estiier,  wozu  später  noch  die- 
Büclier  der  Chronik  (in  der  zweiten  H&Utedea^ 
4.  Jahrb.)  und  das  Buch  Daniel  (um  die 
HItte  des  8.  Jahrb.),  sowie  die  Bücher  Esra. 
und  Nehemia  kamen.  V^lwr  die  Apokryphem 
s.  d.   Das  Nette  Teatatneni,  die  Sammlung- 


BibelgeseUaobBftm.  377 

Dh  gebrinclillchite    ttt.    fil   dis   Tulaala 

(i.  lt.).  Auch  du  tf.  T.  irud  frab  Im  S^iiichg. 
Ar«td>ch»,  Aothlopliob»,  Asgyptischs,  G«or- 
glicbe  eto.  ftbsnBUt  \8pnwhlfcli  «luhllg  M 


a  Apaitals*Hh1chII 


Qmlitw,  Ephasi 
dl*  t%«utlonlc 
-S  an  Ttaiatbini 
Britf  lUiPhllsii 


■  «1  TUnI,  d*D 
Ol.  Briafe,  Dbnitoh  t  du 


plitHicIit  Schrift  dli  OOsDbtrDiig  Johuinl* 
■  fApokalTpiB).    Der  gaiimmt«  gegsmllrHg« 

in  Hlppo  Rsgiai  (tBSl ,  Ssnhico  (WT)  und 
Korn  Im)  »■■tki.iinl. 
Dm  A*  T.  «BcfaleJi  nunt  gadmckt  14fiS  n 


iigalwDi  BibKn  PoIrcJatU  i 

li— in ,  BoDibern  BftiliK  Ri 

Esbbl  Jafai-Ben-CS 


fisii— 17) 
■DHt  Ton  Bsbb 
15Sß-M),  diu  Bi 

■(ibe»—ii,  e  Bat 

168T   n.    ÖfWr), 


■DHhllBiien.   Dia  KapltfliDtnlbelLanr  wnrds 

ÄlMr,  dT*  ]Bl«  BbHoh8°rilbrt  mni  d>m 
lt.  Jibrh.   bar.    D«   IT.  T.   snch[en   g*- 

FoljglDU«,    IBte  — SS  ranfruBl  wiodtrholt, 

wgonvirtTgeu  gewahnllcliaD  grlach.  Taxt 
<taiCai  »«p'D')  dea  S.  T.i  (maral  Oanf 

Lardan  Ißü^.  i^)'iigtt£ita  danOrosd! 

ITiUMii.  OW^cA  (1771),  jroJIM«  (iTsa-se, 
la  fidm),  Actsli  (1890),  JdcknoiM  (ISn)  nnJ 
lUeUndiir/  (1311).     HsndKbriltaii , 


a*nikT]tu).  Üebera.  d 


mda  Obat.  nnd  nladerdantuh*  Uabar- 
insan.  NichBrtndDDiidHrBDchdniekar- 
it  anobleDaa  bli  Uts  IT  daaMoha  Bji, 


itiBw  dsa  N.  T.I 
inia  B.  mit  dan 


Apohryphau  l&U.      Vgl.   übar    die  BiAal- 

SAnfl.  17»!),  Scioil  ,11836) ,  'boh/  (1817). 
a  RefbrmJrtBD  arhleltnn  elae  läwaliai- 
deoticbaBIbslübarseUni«  dmch  Varml  ttlnng 
ZsiDglli  Tnn  Lto  Ji^dü  und  £dqiiir  ffrgu- 


int  olÄclellaa  roformlrtan  BibBldbarat^Hns 
arhaben  vud.  Koflnnd  erblelt  antcr  Ellu- 
batb  die  .Blihops-Blble'  lon  llnb[icho( 
Farkti-  (IB«8) .  der  181!  Jia  ,Kov«J  Vartloii' 
Jikobi  1.  folgte;  Holland  »on  der  dort- 
rsDbtar  S^nda  die  .Slulenblbel'  (1S37) ;  dls 

Snicer.  Fallit  B.A.  lieSS.'^Bml^b.  U^'z 
dia  InaE-ntorm.  Ktnha  aliiB  doroli  dl* 
TtnCribla  Oampignle  unter  Leitung  Bir- 
h-aoi  unisaubaitaM  BlbBlüberaetnu«  <1S88). 
Ton  rdm.-kubol.  Seile  lieRvteii  BilHiabera. 
Dloiierir  (Kall ._...- 


(Ami 


I  KUmi 


die  Tnlftaln 
«d»  Xh  (1807  n.  SRer) ,  E-ftMmoAar  (IBIS), 
ScMi  (I^) ,  jaiM  (ISSej  u.  A.     Tonpro- 

halTnar  B.'  (17M)  und  der  Uebaci.  tdd 
».  BoJinU  <1T73)  o.  A.,  lom  atlndpunkt  det 
heuUgan  WliHnachaft  m  die  Uabera.  von 
Da  WetU  (IBSl) ,  BSctd  (189SI ,  ^1  (18»),  t 
"-  --"     ■!]«.  l-'    ■■'^-'    "■■     -    ■- 


lläa)  nnd  -. 

ÜbelfcwUim 

ni  VerbHlinnK  di 


Bde.j,  SHer  (3.  Xnll. 
(atchloiMiia  TerelB* 
e  «nutabea ,  d*  dj« 


und    OBtUnd.    BlUlgei 

ud  forafgn  Btbia  Sa.._  „,,   „_ 

leoi,   der  erita  Tarela  dluar 

gvenvirtlg  aber  7000  TöohterKeaelliontllan 

inidhatalneJehraaalDi»hinevouoii.l,10a,0>» 

Thii.   Sie  b«t  bli  18«3  die  Bibel  !u  167  Spr«- 

oben  flbaraetun  lueen  und  bHarUKIIl.BI- 

Dle  imerihm.  S.,  1817  an  Nawyork  gegr., 
»erbrellel  Jlhrl.  en  ZSO.OOO  Bibeln  nnd  fut 

neuere.  In  eprache'n  dar  Indianer.  Dl* 
BeupIMMguellKtori  fn  Sti-Kn  beitalit  aalt 

mni  Preuiieo  nnd  verbroiletJShrllcb  an 
gi,DOO  Blbaln  und  i3-M,0OON.T.a.  Ander* 
B.  biMeben  luJIa'mbBn  (i*lt  1B17),  Droiden 


278 


Bibelverbot  —  Bidens.        / 


<B&chs.  Hauptbibelgesellschaft  mit  S8  Zweig- 
vereinen, seit  1813),  Nürnberg  (seit  1823), 
Schleswig  (seit  1886),  Bremen,  Frankfurt  a/M., 
Stattgart,  Hannover,  Bern,  Basel,  Paris, 
Strassbnrg,  Stockliolin,  Kopenhagen  u.  a.  O. ; 
verbreiteten  bis  1863  an  16  MtU.  Bibeln. 

Bibel  verbot,  Folge  der  Veränsserlichung 
der  Frömmigkeit  und  der  Aasbildung  der 
Hierarchie  in  der  kathol.  Kirche,  sollte  das 
Volk  fester  an  die  Autorität  der  Kirche  and 
der  Tradition  binden,  vorbereitet  durch  die 
officlelle  Erhebung  der  lat.  Sprache  zur 
Kircbensprache  durch  Papst  Gregor  VII. 
(1080) ,  dann  in  Bezug  auf  die  Waldenser 
erlassen  von  Innooenz  III.  (1199),  auf  der 
Synode  zu  Oxford  (1883)  gegen  WicliflTe  nnd 
dessen  Anhänger,  und  auf  der  Synode  zu 
Tarragona  (1284).  Neuere  Verordnungen 
gegen  das  Liesen  der  Bibel  im  Volke  und 
gegen  Bibelgesellschaften  erliessen  Pins  VII. 
(1816),  Leo  Xn.  (1884),  Plus  VIIL  (1829), 
Gregor  XVI.  (1844)  und  Pins  IX.  (1846  und 
18^).  Aehuliche  Verbote  ergingen  von 
Seiten  der  Oberen  der.griech.  Kirche. 

Biber^  langhaariges,  ungeschorenes  Wol- 
lenzeug,  s.  ▼.  a.  Düffel,  auch  lang  aufge- 
rauhte, bedruckte  baumwollene  Futterzeuge. 

Biber,  Castor  £.,  Gattung  der  Nagethiere 
mit  plat^edrücktem ,  schuppenbesetztem 
Schwanz.  Gemeiner  £,,  C.  fiber  L.,  8  —  3' 
lang,  lebt  gesellig  an  Flüssen,  fällt  Bäume 
durch  Benagen,  um  die  Rinde  zu  fressen, 
flösst  die  Stämme  auf  dem  Wasser  ^ u  seineu 
backofenförmigen  Wohnungen,  deren  unte- 
rer Theil  im  Wasser  steht,  und  baut  grosse 
Dämme  zur  Bestauung  seichter  Wasserläufe. 
In  Deutschland  selten,  häufiger  in  Ostdiropa 
bis  zum  Polarkreis  und  in  Sibirien,  bes.  aber 
In  Nordamerika.  Die  B.  liefern  kostbares 
Pelzwerk  (Asien  Jährl.  30,000,  Nordamerika 
130,000),  geniessbares  Fleisch  und  in  den 
beiden  Drüsensäckeu,  die  vor  dem  After  an 
den  Geschlechtsorganen  münden  und  eine 
braune,  schmierige,  stark  riechende  Substanz, 
£ibergeil  (Oastoream),  enthalten,  eins  der 
theuersten  (krampfstillenden)  Arzneimittel. 

Biberaeh,  Stadt  im  würtemberg.  Donau- 
kreis, an  der  Riss,  6600  Ew.  Ehedem  freie 
Reichsstadt.  9.  Hai  1800  Sieg  Moreaus  über 
die  Oesterreicher  unter  Kray. 

Blb«rhidUBer,  nordamer.  Indianervolk, 
Zweig  des  '  athapaskischen  Stammes;  am 
grossen  Sklavensee  bis  zum  Mackenzle. 

Bibergeil,  S.  £iber. 

Bibemell,  s.  Fimpin^Ua;  falsche  oder 
rothe  B.,  s.  y.  a.  Poterinm  Sangpiisorba  X.> 
oder  Sanguisorba  ofttcinalis. 

Bibersee,  s.  Beaver  Ltike. 

Biblla  panpemra  (lat.,  d.  i.  Armen- 
bibel), Im  Mittelalter  beliebtes  Buch,  ent- 
Blelt  auf  40  —  50  Tafeln  Darstellungen  der 
Hanptbegebenheiten  der  neutestamentl.  Ge- 
schichte mit  kurzen  Erklärungen  nnd 
Sprüchen  In  lat.  Sprache ,  einer  der  ersten 
Drucke  mit  beweglichen  Lettern. 

Bibliographie  (gr.),  Bucherkunde,  die 
Kenntniss  der  literar.  Produkte  der  ver- 
schiedenen Völker  und  Zeiten,  die  Grund- 
lage und  Ergänzung  der  Literaturgeschichte, 
zerfallt  in  die  allgemeine  (Biblidogic  oder 


Büeherkunde),  welche  das  gesammte  Bücher- 
wesen nach  seinem  Ursprünge,  seiner  Ent-- 
wicklung  und  seinen  gegenwärtigen  Zu- 
ständen betrachtet,  und  die  besondere  (B. 
im  engeren  Sinuc)  oder  JBiicherbe$chreibung,. 
welche  die  als  Handschriften  vorhandenen 
oder  gedruckten  Bücher  methodisch  ver- 
zeichnet und  beschreibt. 

BlbUoIatrie  (gr.),  abergläubische  Ver- 
ehrung der  Bibel. 

Bibltolitlieii  (gr.),  Handschriften,  welche, 
unter  vulkau.  Auswürfe  begraben,  mineral^ 
Ansehen  angenommen  haben. 

Bibliomanie  (gr.),  Büchersucht,  insbes. 
Liebhaberei  an  seltenen  Ausgaben,  wertli- 
vollen  Exemplaren  etc.  Ist  die  Sammellust 
mit  Benutzung  der  Bücher  zu  wissenschaft- 
lichen Studien  verbunden,  so  heisst  sie 
Bibliophüie. 

Bibliothek  (gr.),  Sammlung  von  Bachern. 
Bif^liotkekar,  Beamter  einer  B.  Vgl.  Schrit-^ 
tinger,  .Versuch  eines  vollständ.  Lehrbuchs 
der  Bibliothekwisseuschaft*,  1808—29, 2  Bde. ; 
Ebert,  ,Bildung  des  Bibliothekars',  8.  Aufl. 
1820;  und  die  Schriften  von  Molbeeh,  Con- 
»lantin,  Schmidt,  Budik,  Zoller,  Petzholdt^ 
bes.  Seixinger  (,BibliothekstechnikS  18&5; 
jTheorie  und  Praxis  der  B.enS  1863). 

Bibra,  Stadt  im  preuss.^legbz.  Merseburg,. 
Kr.  Eckartsberga ,  1473  Ew.  Salin.  Eiaeu- 
quelle  mit  Badeanstalt. 

Bibra»  EmtU,  Freiherr  von,  Naturforscher 
und  Schriftsteller,  geb.  9.  Juni  1806  zit 
Schwabheim  in  Unterfranken,  bereiste  184i> 
Brasilien  und  Chile;  sehr.  ,Reisen  in  Süd- 
amerilca'  (1854,  2  Bde.);  ,ErinnGrungen  ans- 
Südamerika*  (18G1,  3  Bde.) :  ,Aus  Chile,  Peru 
und  Brasilien'  (1862,  3  Bde.);  zahlreiche» 
Romane;  ausserdem  mehrores  Naturwissen- 
schaftliche, wie  ,yergleichende  Untersu- 
chungen über  dns  Gehirn  des  Mensclieu 
und  der  Wirbel thiere'  (1854) ;  ,Die  narkot. 
Genussmittel  und  der  Mensch'  (1855) ;  ,Dje' 
Getreidearten  und  das  Brot'  (1860)  u.  A. 

Bibracte  (Auguitodunum,  a.  G.),  gross» 
Stadt  der  Aeduer  iuGallieh;  i.  Autun,  n.  And» 
Berg  Beuvroy  (s.  d.).  [das  Natronsalz. 

Blcarbonatydoppeltkohleusaures  Salz,  bes» 

Bicetre  (fr.,  spr.  Bissähtr),  altes  Schlos» 
bei  Paris,  von  Ludwig  XIV.  als  Bürger- 
hospital eingerichtet;  später  mit  Irrenan- 
stalt verbunden. 

Bichat  (spr.  -schah),  Marie  FranfoiaXa- 
vier,  franz.  Arzt  uud  Physiolog,  geb.  11. 
Nov.  1771  zu  Thoirette,  seit  1800  Arzt  anv 
H6tel  Dien  zu  Paris;  f  22.  Juli  1802.  Be- 
gründer   einer    wissenschaftl.    Histiologie. 

Bicoeea,  Dorf  in  der  Lombardei,  nordöstU 
von  Mailand;  27.  April  1522  Sieg  der  Kaisei*- 
lichen  unter  Prosper  Colonna  über  die  Fran- 
zosen und  Schweizer  unter  Lautrec. 

BIconsia  (Bicowia) ,  veuetiau.  Weinmass,. 
=  1/4  Amphora  =  128,77  Liter. 

Bldanöa,  Grenzfluss  zwischen  Spanien 
und  Frankreich,  entspr.  in  Spanien,  mündet 
bei  Fuentarabia  in  den  biscayi sehen  Meer- 
busen. In  der  Mündung  die  Fasanoninsel,. 
wo  7.  Nov.  1659  der  pyrenäische  Friede  ab- 
geschlossen wurde. 

Bldem   L.  (Zweimhn),    PflanzengattuDg 


Bidery  —  Biene. 


279 


der  Kompotiten.  B.  tzipartlU  X. «  Wa$$er^ 
hanf,  an  fiberschweramten  Stellen,  und  B. 
oenraaX.t  an  Wassergraben,  früher  ofBcinell. 
Andere  Arten  Zlerpflansen. 

BidenTy  ostindische  MetaUlegIrting  ans 
Zink,  Kupfer,  Blei,  zu  Oefässen  dienend. 

BIdpai  (Pilpai),  angebl.  Verf.  einer  per«. 
Fabelsammlnng,  welche  eine  Bearbeitung  des 
indischen  Fabelwerkes  ,Pant8chatantra*  und 
des  »Hitopadesa*  ist,  im  8.  Jahrh.  ins  Ara- 
bisefae  (deutsch  von  Wo{ff  1837)  übertragen 
wurde  und  von  «hier  aus  in  Uebersetzungen 
und  Bearbeitungen  in  fast  alle  Sprachen 
des  Orient!  und  Occidents  überging.  In 
Europa  zuerst  bekannt  durch  die  lat.  Ueber- 
setznng  des  Jokamnt»  von  Oaptta  («Directo- 
rium  humanae  vitae'  «1863,  mit  Zugrund- 
legfung  der  hebr.  Version  durch  den  Rabbi 
Joel),  wonach  der  würtemb.  Hersog  Eber- 
hard L  die  erste  deutsehe  Bearbeitung 
(,Budi  der  Byspel  der  alten  Weysen'  1480} 
veranstaltete,  lange  Zeit  Volkslektüre. 

Bidscliapur«  Stadt  in  der  brit-ostind. 
Präs.  Bombay,  Landsch.  Pattara,  ehedem 
die  pr&ohtige  And  volkreiche  Hauptstadt  des 
mohammed.  £eiche$  vonB.,  das  von  Tussuf 
(t  1510)  gegründet,  von  Aureng- Zeyb  1686 
erobert  und  dem  Reich  des  Grossmoguls 
einverleibt  wurde;  Jetzt  verfolleu  und  ver- 
ödet, aber  mit  starker  Citadelle. 

BlelMTltehi.  ehedem  Jagdschloss  der  fhl-> 
daischen  Bischöfe,  8  St.  östl.  von  Fulda. 

Blebxleli  (Biberich),  Marktfl.  im  preuss. 
Regbz.  Wiesbaden,  am  Rhein,  mit  dem 
daranstossenden  Flecken  Jfo$baeh  570i  Ew. 
Von  1744— ;L840  ständige  Residenz  der  Her- 
zöge vonNSiSsau.  Schloss.  Neuer  Rheinhafen. 

Bledeikopf)  Kreisst.  im  preuss.  Regbz. 
Wiesbaden,  an  der  Lahn ,  2814  Ew.  Dabei 
die  Eisenwerke  Ludwigshütte  und  Kilians- 
hütte.  JDer  Krei$  B.  wurde  1866  von  Hessen- 
Darmstadt  an  Preussen  abgetreten. 

BledenauiB^  Friedr.  Karl,  Schriftsteller, 
geb.  25.  Sept.  1818  zu  Leipzig,  ward  1838 
ausserordentl.  Prof.  das.,  in  den  Härztagen 
1848  einer  der  Leiter  der  dortigen  Bewegung, 
Mitglied  des  Vorparlaments  zu  Frankfurt  u. 
Schriftführer  im  Fünfzlgerausschuss,  sowie 
in  der  Nationalversammlung,  kurz  vor  deren 
Auflösung  erster  Vioepr&sident,  hielt  sich 
zur  erbkalserl.  Partei  und  trat  vor  der 
Uebersiedelnng  der  Versammlung  nach  Stutt- 
gart aus.  Als  Abgeordnete^  der  zweiten 
Sachs.  Kammer  1849  —  60  vertrat  er  die 
deutsche  Unionspolitik  Preussens,  ward  als 
Henrasgeber  der  ,Deutschen  Annalen'  in 
einen  Pressprozess  vernickelt,  in  Folge 
dessen  er  seine  Professur  verlor,  übernahm 
1865  die  Redaktion  der  ,Weimar.  Zeitung*, 
1868  in  Leipzig  die  der  ,Deutschen  allgem. 
Zeitung*,  erhielt  1865  seine  Professur  wie- 
der. Sehr.  ,Die  deutsche  Philosophie  von 
Kant  bis  auf  unsere  Tage*  (1848-43,  8 Bde.); 
,Deutsch]and  im  18.  Jahrh.'  (bis  8.  Bd.  1. 
Abth.,  kulturgoschiclitlich:  1854—67);  die 
Tragödien  »Kaiser  Heinrich  IV.*  (1861)  und 
«Kaiser  Otto  III.«  (1863)  u.  A. 

BledersteiBy  Luatschloss  im  engl.  Garten 
l>ei  München,  seit  1842  der  Herzogin  Luise 
in  Bayern  geliörig. 


BlifVe  (spr.  Biähw),  Bdouard  d«,  ber^ 
belg.  Historieumaler,  geb.  1806  zu  Brüssel, 
Schäler  von  PaeÜnk,  1831—41  in  Paris,  lebt 
seitdem  in  Brüssel.    Hauptgemälde:  Kom- 

gromiss  der  burguud.  Edeln  1566  (für  da» 
alg.  Nationalmuseum). 

Biel  (&.  Bi«nM),  indns^.  Stadt  im  Kanton 
Bern,  am  Fuss  des  Jura,  5973  Ew.  Nahebei 
der  BitUrte,  8Vs  St.  1.,  >/«  St.  br. ,  mit  der 
Petersinsel  (Rousseaus  Aufenthalt  1765). 

Bielfty  8  Nebenflüsse  der.  Elbe,  vom  Erz' 
gebirge  kommend:  der  eine,  in  Böhmen, 
mundet  bei  Aussig,  10  H. ;  der  andere  (Bit- 
lit»),  in  Sachsen,  mündet  bei  Königstein; 
des  letztem  Thal  {BitUrgrtmd)  ^ne  der 
schönsten  Partien  der  sächs.  Schweiz. 

BieUch,  rechter  NebeniL  der  Donau  in 
Oberösterreich,  mündet  bei  Melk,  15  M. 

Bielangy  Dorf  bei  Warschau ,  an  der 
Weichsel ;  Schloss  u.  Park ;  Vergnügungsort 
der  Warschauer. 

Bielefeld,  Kreisstadt  im  preuss.  Regbz. 
Minden,  an  der  Lutter,  18,701  Ew.  .Bedeut. 
Leinenindustrie,  Bleichen  und  Seldenfabr. 

Bielits,  Stadt  in  Oesterr.- Schlesien,  an 
der  Biala,  der  galiz.  Stadt  Biala  gegenüber, 
11,059  Ew.  Schloss  des  Fürsten  Sulkowsky. 
Evahgel.  Seminar  (seit  1867,  das  einzige  im 
cisleitfian.  Oesterreich),  Tuchfitbr. 

BielmauSy  s.  v.  a.  Siebenschläfer. 

BIHsholile,  Tropfsteinhöhle  im  Harz, 
rechts  an  der  Bodo,  bei  Rübeland  (Herzogth. 
Braunschwelg),  1768  entdeckt;  11  Abtheil. 
Nahebei  die  Baumannshöhle  (s.  d.). 

Bielsk,  Stadt  im  westruss.  Gouv.  Wilna, 
an  der  Biala,  4306  Ew.  Ehemal.  Hanptst. 
von  Podlachien. 

BienalBi4  (spr.  Blenämeh),  Luigi,  ital.  Bild- 
hauer, geb.  zu  Carrara,  Schüler  Thorwald- 
sens,  Prof.  zu  Florenz  und  Mitglied  der  röm. 
Akademie  von  S.  Luca;  neben  Tenerani  das 
Haupt  der  neuem  röm.  Bildhanerschule. 
Seine  Werke  (Artemis  im  Bad,  Diana,  Amor 
den  Pfeil  prüfend,  Bacchantinnen  etc.)  an- 
muthig  in  der  Komposition  und  trefl.  be- 
handelt, [des  südl.  Polarkreises. 

Biene  9  kleines  StembÜd  in  der  Gegend 

Biene  (Honisfititne,  Apis  L*)»  Insektengat- 
tung der  Bienen  (s.  d.).  AumMsim  (A.  melli- 
AetkL,)  in  Europa,  Afrika,  Asien  (nicht  in  Ost- 
indien und  auf  den  Inseln),  Nord-  (zum  Thqil 
verwildert),  Südamerika  und  Australien. 
6  Racen,  von  denen  die  deutsche  B.  (A.  melL) 
im  grössten  Theil  Europas  und  in  Amerika, 
die  Ualienitehe  B.  (A.  ligustica)  seit  1853 
allgemein  verbreitet  (Australien)  und  der 
ersten  weit  vorgezogen,  und  die  ägyptitehe 
B.  (A.  fasciata)  in  Aegypten,  Arabien,  Syrien, 
Hoofaasien  und  China,  seit  1863  auch  bei 
uns  akklimatisirt  ist.  Die  B.  lebt  in  Gesell- 
schalten  von  6—800  Männchen  (Drohnen), 
8'",  ohne  Stachel,  10-80,000  in  Folge 
der  schlechteren  Ernährung  verkümmerten 
Weibchen  (C^chlechtslose,  Alrbeitsbienen), 
6'",  mit  Sammelappajrat  und  1  Weibchen 
(Konica,  Mntterblene,  Nixe,  Weisel),  8'", 
mit  langem  Hinterleib,  in  Höhinngen,  die 
bis  auf  ein  Flu^och  veraohlosien  werden, 
und  hier  bauen  die  Arbeiter  aus -Wachs, 
welches  der  Körper  bereitet  und  zwischen 


a^ 


Bienenzucht  —  Bier. 


den  Hlnterleibtringen  abscheidet,  Waben 
ans  sechsseitigen  Zellen,  ron  denen  einige 
snm  Aitfbewahren  von  Honig  und  Bldthen- 
srtanb,  andere  cnr  Entwickelnng  der  Bmt 
(die  kleinsten  f&r  die  Arbeiter,  die  grossten, 
sehr  gering  an  Zahl,  f&r  Königinnen)  dienen. 
Die  mit  einem  Arbeiterrolk  fiberwinterte 
befrachtete  Königin  besitzt  in  der  Samen« 
tasebe  den  minnlichen  Samen  nnd  legt  be- 
fmohtete  Eier  in  die  Arbeiter-  nnd  Weisel- 
'  neuen,  nnbeftuchtete  In  die  Drohnensellen. 
IHe  Maden  werden  von  den  Arbeitern  ge- 

Sflegt  nnd  beim  Verpuppen  eingeschlossen, 
obald  die  erste  Junge  Königin  auskriecht, 
Terlässt  die  alte  nrit  einem  Thell.  des  Volks 
den  Stock  (Vorschwarm]),  hanget  sich  mit  den 

'  Arbeitern  an  einem  Baum  auf  und  schreitet 
dann  £ur  Chrfindung    einer  Kolonie.     Die 

'  Jttnge  Königin  rerlässt  mit  den  Drohnen 
den  Stock  OSoohzeitsflug),  um  sich  hoch  in 
der  Luft  begatten  eu  lassen.   Zurückgekehrt 

'irbemlmmt  sie  das  Geschäft  des  Eierlegens, 

-  Terlässt  Jedoch  mit  einem  Thell  der  Arbei- 
fer   gleichfalls    den     Stock    (elgentlioheä 

'  Schwärmen) ,  um  eine  Kolonie  cu  grfinden, 

■  wenn  noch  ^ne  andere  Königin  auskriecht. 

■  Bchliessllch  werden  die  Drohnen  von  den 
Arbeitern  getödtet.  Letztere  werden  im 
Sommer  meist  nur  6  Wochen  alt,  die  Köul* 
gln  kann  5  Jahre  leben. 

Bleüensnelit  aum  Zweck  der  Honig-  und 

■  Wachsgewinnung  wird    in   Bnssland   und 
'Tolen  in  künstuch  ausgehöhlten  Bäumen, 

sonst  in  Behältern  betrieben,  welche  In 
neuerer  Zeit  durch  ElnfQhmng  bew^licher 
Waben  (Dsfenson,  y.  Berlepsch)  wesentlich 
Terbessert    wurden.      Letztere    gestatten, 

'  einem  einzuschlagenden  Schwärm  aus  vor- 
räthigen  Waben  einen  Bau   insammenzu- 

•  setzen,  gewissen  Stöcken  Vorräthe,  weisel- 
losen  Stöcken  Junge  Brut  zuzuffihren  etc. 
Ton  den   verschiedenen  Methodm  der  B. 

'  gebührt  der  dzlerzonschen  entschieden  der 
Voi^ug.  Grosse  Vortheile  wurden  erreicht 
durch  Elnffthrung  der  italienischen  und 
ägyptischen  Biene.  Als  Bienenpflanzen,  die 
den  Bienen  bes.  reichlich  Nahrung'  geben, 
gelten:  Linden,  Bosskastanien,  Obstbäume, 
Ginster,  Heidekraut,  Haselnuss,  Sahlweide, 
Buchweizen,  Esparsette,  Raps,  Sonnenblume, 
Thrmian.  Telnde  der  Bienen  sind :  Wespen- 
falke (Pemls  apivorus) ,  Bienenfiresser  (Me- 
rops  apiaster),  rtele  Raubwesp^n,  dleLarre 
des  Bienenkäfers  (Triohodes  apiarius),  die 
Baupe  der  Wachssohabe  (Galleria  Cerella), 
die  s<dimarotzende  Larre  des  Matwurms 
OfeloS)  und  eine  Lausfliege  (Braula  eoeca). 
Vgl.  Huber,  ,Keue  Beobachtungen  an  den 
BienenS  1855;  Dtienon,  ,Der  Bienenfireund*, 

-X8&4;  V.  £9rUp»ch,  ,Die  Bienen  und  die  B.', 
1860;  ,HandwÖrterbuch  für  Bienenfreunde*, 
1867;  Vogel,  , Jahrb.  der  B.«,  1871. 

BleBBll  (lat.),  2  Jahre  dauernd  oder  alle 
S  Jahre  wiederkehrend. 

Bieimis  (lat.),  zweijährig,  von  Pflanzen, 

die  erst  im  zweiten   (oft   erst  im   dritten) 

Jahr  blühen  nnd  Samen  tragen. 

Bleuilum  (lat.),  Zeitraum  von  9  Jahren. 

Bteu-pablie  (fr.,  spr.  Bläng-pfiblik),  das 

•Gemeinwohl. 


Bler^  uuTolIständig  Tergohrenes  n.  noch 
gährendes  geistiges  Getränk  aus  gekeimten 
stärkemehlhaltigen  Substanzen  (meist  Gtorsts 
und  Weizen ,  seltener  Hafer ,  Hais  un^ 
Kartoffeln)  und  Hopfen.  Durch  Feuchtigkeit 
und  Wärme  wird  die  Keimung  des  Getrei- 
des bis  zu  einem  gewissen  Grade  gefrieben, 
dann  durch  Abkühlung  unterbrochen  nnd 
das    Malz    bei    gewöhnlicher    Temperatur 

gjuftmalz)  oder  meist  In  der  Wärme  auf 
arren  (Darrmalz)  getrocknet.  Durch  die 
Keimung  entsteht  im  Getreide  Diattaae, 
welche  das  Stärkemehl  in  Dextrin  und 
Zucker  verwandelt.  Dieser  Pn^ess  wird 
beim  Maischen  vollendet,  wobei  zugleich 
alle  löslichen  Bestandtheile  des  Malzes  in 
die  Würze  übergeführt  werden.  Dies  ge- 
schieht auf  verschiedene  Weise.  In  Nord- 
deutschland, England ,  Frankreich,  zum  Thell 
in  Oesterreich  wird  das  geschrotene  und  in 
Wasser  eingeteigte  Malz  mit  heissem  Wasser 
(75»  C.)  Übergossen,  nach  gehöriger  Ver- 
zuckerung die  Würze  al^lassen,  und'  durch 
einen  zweiten  und  dritten  €ki8s  werden  die 
Trebem  erschöpft  (Tn/t$Hon»meihade).  In 
Bayern  wird  die  Dekoktiotumethode  ange- 
wandt, und  zwar  erhitzt  man  entweder 
einen  Thell  der  Maische  In  der  Braupfanne 
bis  zum  Sieden,  schüttet  ihn  dann  zu  der 
übrigen  Maische  im  Maischbottich  und 
wiederholt  dies ,  bis  das  Gkmze  auf  IV*  er-, 
hitzt  ist  (Dickmaisehkoehen);  oder  man 
bringt  das  eingeteigte  Malzschrot  auf  die 
Maischtemperatur,  gibt  die  erste  Würze  In 
die  Pfanne  und  bringt  sie  siedend  auf  das 
Schrot  zurück  (Lamtermaisehkoehen),  Die 
Würze  wird  unter  Zusatz  von  Hopfen  ge- 
kocht, dadurch  konoentrirt,  von  einem  Theil 
der  Prot^'nsubstanzen  (Pflanzenleim),  die 
der  Haltbarkeit  des  B.s  nachtheilig  sind, 
durch  die  Gerbsäure  des  Hopfens  befreit  nnd 
in  Folge  dessen  geklärt.  Hopfenbitter,  -öl 
und  -harz  bleiben  im  B.  und  geben  Ihm 
seinen  bittem  (Geschmack  und  narkotische 
Eigenschaften.  Die  gekochte  Würze  wird 
schnell  gekühlt  (auf  Kühlschiffen,  durch 
kaltes  Wasser  und  Eis)  und  ohne  (belgischer 
Faro,  LamUk)  oder  gewöhnlich  mit  Hefe  in 
Gährnng  versetzt.  B.e  von  grosser  Haltbar- 
keit unterliegen  bei  niederer  Temperatur 
der  Untergähmng,  schnell  trinkbare  der 
viel  rascher  verlaufenden  Obergähmng. 
Nach  der  Hauptgährung  Im  Gährbottich 
kommt  das  Jüigbier  auf  Fässer  In  den 
Lagerkeller  und  unterliegt  hier  der  Naofa- 
gähmng,  worauf  es  auf  die  SchenkfSsier 
abgezogen  wird.  Normales  B.  enthält 
S— 70/0  Alkohol,  0,1— 0,9 «Vb  Kohlensäuze, 
0,9 — 1,9  0/0  Glykose,  4  —  6  oft»  Dextrin,  ausser- 
dem IHweisssubstanzen,  MQch-,  Essig-  und 
Bemstelnsäure  und  Salze.  Der  gesammte 
Extraktgehalt  steigt  von  4  bis  lOtVo,  f  m  Burton- 
Ale  auf  900/0.  Je  nach  der  Bereitungsart 
unterscheidet  man  Winter-  oder  Sohenkbler 
und  Sommer-  oder  Lagerbier.  Man  braut 
in  Bayern  nur  vom  Okt.  bis  April  und  k<Mi- 
sumlrt  das  Winterbier  (9,5—9,6  Vol.  aus 
1  Vol.  Mftlz)  im  Winter,  das  hopfenreiohere 
Lagerbier  (^—8,1  Vol.  aus  1  Vol.  Mala)  tm 
Sommer.    Pi>rter  wird  durch  lange«  Kochen 


Bierey  «-»  BqotitepieiB. 


281 


A119  dunklem,  »terk  geröstetem  Kais  ge« 
wonneB,  ist  Tollinuiidig  nnd  enthält  Tiel 
PfliuiKeiileim;  Ale  ist  hell,  wird  aus  der 
«rsten  Würse  bereitet,  die  nur  wenig  ge- 
kocht und  durch  Wel  Hopfen  Tom  PSanzen- 
leim  befreit  wird.  Das  berliner  Wei$»bier 
Ist  Weiaenbier  mit  Znsats  von  Weinstein- 
saure.  Das  -aehwethaier  B.  wird  wie  das 
bayerische  bereitet  nnd  verdankt  seine  Vor- 
süge  der  sorgsameai  Ifalsbereitnng.  —  Die 
Bierbcanerei  hat  in  den  lotsten  Jahren  durch 
Anwendung  ronDunpf  (Dampfbrauerei)  statt 
des  offenen  Feuers,  durch  Maschinen  und 
rationeUe  Leitung  aller  Prosesse  sehr  grosse 
Fortschritte  gemacht.  Die  kleinen  Braue- 
reien Terschwinden  und  machen  grossen 
Fabriken  Plats.  In  England  werden  jahr- 
lich aoOO,  In  Frankreich  880,  In  Belgien  150, 
in  Bayern  436,  im  fibrigen  Zollverein  818,4, 
in  Oesterreieh  580,  in  der  Seh  weis  50,  In 
Bussland,  Schweden,  Holland  1640  Hill. 
UterB.  producirt.  Ygh  OUo,  ,Iiehrbuch  der 
rationellen  Praxis  der  landwlrtfaschaftl.  Ge- 
werbe*, 6.  Aufl.  1865;  BdUing »  ,Dfe  Bier- 
brauereiS  3.~^ufl.  1865;  Sabieh,  ,Schule  der 
Bierbrauerei*,  1867;  Bein,  ,Die  BierbrauerelS 
5.  Aufl.  1870;  Pfemih,  ,Taschenbuch  der 
baierischen  BierbraUBreiS  1870. 

Vlwvjf  Q.  B.,  Komponist,  geb.  25.  Juli 
1772  in  Dresden,  Schikler  von  Welnliff, 
1824—88  Tbeaterdirektor  in  Breslau ;  f  das.  o. 
Mai  1840.    Opern,  Quartette,  Ouvertüren  etc. 

BleniABiu  KeirlESitiard^Landschaftsmaler, 
geb.  26.  Juli  1808  su  Berlin,  Prof.  u.  Mitgl. 
der  Akademie  daselbst.  Seine  Werke  ausges. 
durch  Natnrwabrheit,  grossartige  Auffassung 
und  geistvolle  Behandlung:  s.  B.  Aussicht 
liuf  Florensj-Tasso-Elche,  Klosterhof  in  As- 
sisi,  Abend  auf  der  Hochalp  u.  a.  Auch  treffl. 
Aoparellen  (Ansichten  aus  Dalmatien). 

BlenatEU^  Joh,  Chrittoph,  Schriftsteller, 
)!:eb.  17.  Okt.  1795  zu  Elmshorn  in  Holstein, 
1 11.  Mai  1840  als  Prediger  su  Friedrlcbsetadt. 
Sehr.  ,Die  Hallig,  oder  die  BchifFbrüchigen 
auf  dem  Eiland  in  der  Nordsee*  (1826) ; ,  Wege 
sum  Glauben*  (1886);  ,Der  braUne  Knabe' 
<1888)  etc.  Oes.  Schrinen (2.Aufl.  1850, 8Bde.). 

Btenrtadt,  Albert,  Landschaitsmalbr,  geb. 
1819  SU  Dnsseidorf,  wanderte  mit  seinen 
Eltern  nach  Kordamerika  aus,  vrar  dann 
mehrere  Jahre  siT  seiner  Ausbildung  wieder 
In  seiner  Vaterstadt  u.  in  Rom,  lebt  suNew- 
bedford  (Massachusetts).  Hattptbllder:  Fei- 
sengebirg,  Sierra  Kevada,  Bai  v.  Sorrent  u.  a. 

InentelB  (GetreUeUeSn) ,  eingekochte 
Wtkrse,  für  den  Export  nach  den  Tropen 
bestimmt,  um  dort  die  Bierbereitung  su  er- 
leiehtem.  [Konoentratiou  der  Würse. 

Blerwnge^  Ar&ometer  sur  Bestimmung  der 

Bi^slWMh  (d.  1.  Binsenbuseh),  morastfthn- 
lioher,  inselreicfaer  Küstensee  Im  südl.  Hol- 
land, sfidöstl.  von  Dortrecht,  durph  die 
HoUandsdiep  und  Hiringsvliet  mit  der  Kord- 
eee  verbunden,  8Vs  QM.  Entstand  18.  Nov. 
1421  durch  einen  Deiehbmch  der  Maas, 
wobei  72  Dörfer  mit  100,000  Ew.  untergingen. 

Metenthnl,  Stadt  Im  preuss.  Regbz.  Pots- 
dam, Kr.  Oberbamim,  an  der  Finow,  1997IBw. 

Bieskkien,  s.  Bedeiden, 

Bletiglietia,  Stadtim  würtemberg.Keekar- 


kreis,  an  der  Metter  und  Ens,  8S01  Ew. 
Wollenspinnerel. 


Bit  vre  (spr.  Bläwr),   iSariehai,  XarqnU 
..  y47 
SU  Ansbach,  bekannt  durch  seine  Galem- 


von,  geb.  1747  su  Paris,  f  als  Emigrant  1792 


bourgs;  sehr.  ,Almanac  des  ealembourgs* 
(1771).  Sammlung  seiner  Wortspiele  ,Bid- 
vriana*  (1600). 

BiftmOy  Küstenfl.  in  Unteritalien,  entspr. 
in  den  Bergen  des  Matese,  mündet  bei  Ter- 
moH  In  das  adrlat.  Meer.       [Doppelgestalt. 

Blform  (lat.) ,  doppelgestaltig;  B\formit9i, 

BifroBS  (lat.),  mit  2  Stirnen  oder  Gesich- 
tern versehen,  Beiname  des. Gottes  Janns. 

BiftokitlOB  (lat.),  gabelfSrmige  Theilung 
in  2  Aeste  oder  «Arme. 

Big«  (lat.),  Zweigespann. 

Bigamie  (gr.),  das  Eingehen  einersweiten 
Ehe,  während  wenigstens  der  eine  der  Ehe- 
gatten durch  eine  noch  bestehende  Ehe  ge- 
bunden ist,  wird  nach  den  meisten  neueren 
Gesetsgebungen  mit  Arbeits- oder  Zuchthaus 
bestraft,  und  swar  an  dem  vorher  nicht  ver- 
heiratheten  Theil  minder  hart  als  an  dem 
verheiratheten.  Jener  ist,  falls  er  von  dem 
Yerheirathetsein  des  andern  Thells  keine 
Kenntniss  hatte,  straflos. 

BlgwBlBek-BlTer(spr.  -blfick-),  Kebenfluss 
des  White-River  in  Arkansas  (Kordamerika).' 

Bifhom  (Ltmge-Pik),  einer  der  höchsten 
Gipfel  des  Felsengebirges  In  Kordamerika, 
Territor.  Oolorado,  13,200'. 

BlgUetto  (itel**  'Pi*-  Blljetto),  kleiner 
Brief,  Billet,  Papiergeld. 

Blgi^onla  L,  (Trompetenbtume),  Pflaasen« 
gattung  der  Bignoniaceen ,  strauchartige 
Schlingpflanzen  luden  amerikan.  Urwäldern. 
B.  leucoxylon  L,,  auf  den  Antillen ,  liefert 
weisses  Ebenhols,  in  der  Rinde  ein  Mittel 
gegen  Schlangenbisse  und  Yergiftung  durch 
den  Mancinellbaum.  B.  Ohica  JS*.  et  B.  in 
Südamerika  liefart  das  Ohicaroth  (s.  d.). 
Andere  Arten  Zierstriucher  fürs  Warmhaus. 

Bigorre  (spr.  -gohr),  Landschaft  im  südl. 
Frankreich  (Depart.  Hochpyrenaen),  ehedem 
zur  Gasoogne  gehörig;  Hauptst.  Tarbes. 
Seit  1007  franz. 

Big  otfMjrott^fr.),  andachtelnd,  firdmmelnd, 
eifMg  fai  der  skrapulOsen  Ausübung  relig. 
Gebräuche;  Bigotterie,  Blindgl&ubigkeit. 

Biltaes*  befest.  Hanptort  von  Türk.-Kroa- 
tien.  an  der  Unna,  3000  Ew.  .  [birge,  5672'. 

Blhmr,  Berggipfel  im  siebenbürg.  Erzge- 

BIliBr.  xmgar.  Komitat,  Kr.  jenseits  der 
Theiss,  201,3  QM.  nnd  575,196  Ew.,  im  O.  Ge- 
birgsland ,  im  Uebrigen  fruchtbare  Ebene, 
reich  an  Metallen u.WiId.  Hauptpt.Debreczin. 

Bihtr  (Bekar,  Bahar),  Landsch.  in  Ost- 
indien (Bengalen),  2500  QM.  nnd  12  MUI. 
Ew.    Bed.  Reisbau.    Hauptst.  Patna. 

Bilie  (Oaguenha),  Kegerreich  In  Kleder- 
g^inea,  östl.vonBexiguela,  letzterem  tribntilr. 
Portug.  Faktorei  Boa  Yistiu 

BUSy  Quellfluss  des  Ob,  entspr.  am  Altai. 

BIjOBterieB  (fr.,  spr.  Bischut-),  allerlei 
kleine  Schmucksachen  mit  und  ohne  Edel- 
steine) die  unächten  helssen  QuineaiUerie- 
»aaren.  Bes.  in  Paris ,  in  der  Schweiz ,  in 
Pforzheim,  Stuttgart,  OiTenbach,  Berlin 
(Eisenb^outerien)  gefertigt. 


282 


Bikanir  —  Billaud-Yarennes. 


Blkaalr^  brit.  Bchntaitfiat  in  Otilndiea, 
einer  der  Radsohpntenstaaten,  842  QH.  und 
>.    &iO,000  Ew.    ffauptst.  B.,  00,000  Ew. 

Bilim  (T.lat.  bi{ana;,  itAhbilaneia,  Wftge, 
Gleichgewicht),  die  periodisclfb  SchlasB- 
rechnang  sn  Ermittelung  der  Bichtigkeit 
der  bachhalterischen  Einträge  und  des 
Standes  des  OeschaftsTermögens.  Die  Mo- 
naUbilanM  dient  snr  Prüfung  der  Summen- 
. eintrage,  di^SaupthüanM,  in  der  Regel  Jährl. 
gesogen,  zur  Ermittelung  des  Oeschafts- 
Termögens. Das  Allg.  deutsche  Handelsge- 
setsbuch  schreibt  alljährl.  die  Aufstellung 
der  B.  vor. 

BiUteril  (lat),  sweiseitig,  nach  S,  ent- 
gegengesetzten Seiten  zu  gerichtet. 

BilbaOy  Hauptst.  der  span.  Prov.  Biscaya, 
am  Bio  Ansa,  18,800  Ew.  Hafen.  Wollhandel. 
6.  Jan.  1813  Sieg  der  Franzosen  unter  Soult 
über  die  Spanier. 

BUbilis  (a.  6.),  Stadt  in  HispanU,  bei 
dem  jetz.  Calatayud;  Geburtsort  Hartials. 

Bileli  (£üekmau$),  die  grosse  Haselmaus. 

BildeBde  Kfinste,  s.  Kutut. 

Bilderdienst  und  Bildenrerelmiiig  (J%o- 
nolatrUp  IdoMatrie) ,  Yersinnlichung  der 
Gottheit  durch  bildliche  DarstOillung  und 
Verehrung  derselben  unter  dieser  Gestalt. 

Bilderdljk  (spr.  -deik),  WiUem,  holl&nd. 
Dichter  und  SchriftsteUer,  geb.  7.  Sept.  1756 
zn  Amsterdam,  f  ^8.  Dec.  18S1  zu  Harlem. 
Produktiv  und  yielseitlg  gebildet,  aber  nüch- 
tern, in  der  steifen  franz.  Knnstregei  be- 
fangen. Hauptwerke  die  Lehrgedichte  ,De 
Ziekten  der  geleerden*  (,Dle  Krankheiten 
der  Gelehrten',  1807),  ,I>e  Mensch*  (1808) 
und  ,De  ondergang  der  eersten  wereld*  (1820; 
neue  Ausg.  von  J>a  Co^a  1845—47).  Von  Ver- 
dienst seine  ,Geschiedeni8  des  Vaterlands* 
(herausg.  Ton  Tijdefoann  1832-39,  12  Bde.). 

Bilderstreit  und  BUderstnrm.  Nachdem 
die  Kirchenväter  des  4.  und  5.  Jahrhunderts 
yeVgebens  gegen  den  mehr  und  mehr  ein- 
reissenden Bilderdienst  angekämpft  hatten, 
verbot  ihn  726  der  byzant.  Kaiser  Leo  HI. 
Isaurious  und  Hess  730  die  Bilder  aus  den 
Kirchen  entfernen.  Leos  Nachfolger  Con- 
stantius  Copronymns  (741—75)  und  Leo  IV.' 
GhazaruB  (776<-80)  hielten  als  Bilderfeindo 
(Iconomachi,  Iconoclaatae)  das  Bilderverbot 
anfirecht,  und  auch  die  allg.  Synode  zu 
Konstantinopel  (754)  verdammte  die  Bilder- 
verehrung, die  besonders  unter  Geistlichen 
und  Mönchen  fanat.  Vertheidiger  (Icono- 
latrae)  fand.  Leos  IV.  Gemahlin  und  Nach- 
folgerin Irene  (780—802)  war  dem  Bilder- 
dienst zugethan,  und  auf  der  7.  ökumen. 
Synode  zu  Nicäa  (787)  ward  die  BOderver- 
ehrung  zum  Kirchengesetze  erhoben  und 
festgesetzt,  dass  den  Bildern  zwar  nicht 
Anbetung,  aber  doch  der  heil.  Gmss, 
Verehrung,  Weihrauch-  und  Lichtspende 
zn  Theil  werden  solle.  Die  bilderfeind- 
liohen  Kaiser  Leo  V.  Armenus  (813  bis 
820)  und  Theophilns  (829-42)  ergriffen  wie- 
der strenge  Massregeln  gegen  den  Bilder- 
dienst, die  Kaiserin  Titeodora  aber  erklärte 
sich  für  denselben  (842),  und  die  Synoden 
zn  Konstantinopel  869  und  879  bestätigten 
dieses  in  das  Christenthnm  aufgenommene 


Ueberbleibsel  des  Heldenthums.  Während 
des  Aufenthalts  Luthers  auf  der  Wartburg 
erregte  Karlstadt  in  Wittenberg  einen  Bildeav 
Sturm,  der  Luther  veranlasste,  nach  Witten- 
berg zurückzukehren.  Vgl.  Sckloswr,  ,Gesch. 
der  bilderstürmenden  Kaiser*,  1812;  MarXy 
,Der  BUderstreit  der  byz.  Kaiser*,  1812; 
Wes9e9ib€Tg,  ,Die  christl.  Bilder*,  1827,  2  Bde. 

BildgieflMrei,       > 

Btldliftmerkviist.  >  i.  FUulik, 

BildielmitMrei;  ) 

BUdstelBy  s.  V.  a.  Agalmatolith.  auch  zu- 
fällige Nachahmungen  (Naturspiele)  im  Mine- 

BudmigSMft.  s.  ^aMM.  [ralreich. 

BUdimgBtrieb  (Nlsus  formativus),  das  nach 
Annahme  der  NaturphUosophen  dem  Leben 
und  Schaffen  der  Natar  zu  Grunde  liegende 
Prlndp  der  Stoff-,  und  Formbildung.  Vgl. 
Mum0nSb<»ch,  ,Ueber  den  B/,  1791;  Smringar, 
,De  nisu  formativo*,  1824;  Bitchof,  ,Die£nt- 
wicklungsgesch.  der  Säugethiere  etc.*,  1842. 

Bileam,  Prophet  ans  Pethor  in  Mesopo- 
tamien, ward  von  dem  Moabiterkönig  Balak 
herbeigerufen,  um  die  siegreich  vordringen- 
den Israeliten  fn  verfluchen',  folgte  dem 
Rufe  trotz  Jehovahs  Abmahnung  und  trotz 
des  Zurückscheuens  seiner  Eselin  (B^EUl), 
die  selbst  zu  ilim  redete,  sprach  aber  gegen 
seinen  Willen  statt  des  Fluchs  einen  drei- 
maligen Segen  über  Israel,  blieb  später  in 
einem  Treffen  der  Midianiter  gegen  Inael. 

Biled-nl-gwidy  s.  v.  a.  Belad-ul-dscherid. 

BiUar  (lat.),  zur  Galle  gehörig;  BUiar- 
gänqe,  s.  v.  a.  Gallengefässe. 

BUin,  Stadt  und  Badeort  in  BShmea,  an 
der  Biela,  nahe  bei  TepUtz,  3620  Ew.  Ber. 
Sauerbrunnen,  dem  Selterswasser  ähnlich, 
(Jährh  90,000  Krüge  versandt).  Unfern  der 
büiner  FtUen  (Borzen),  1644'. 

BiliBgalBch  (lat.),  in  2  Sprachen  geschrie- 
ben: doppelsinnig.  [Stemwarte. 

BUk.  Dorf  bei  Düsseldorf,  1160 Ew.;  ber. 

BUl  (Biüa,  abgeleitet  vom  lat.  lilMlu%), 
in  der  engl.  Rechtssprache  jeder  schrift- 
liche Aufsatz;  insbesondere  der  parlamen- 
tarische Vorschlag  zn  einem  Gesetzentwurf. 
Einem  solclien  muss  das  Gesuch  um  Erlaub- 
niss  zur  Einbringung  (die  sog.  Motion)  vor- 
hergehen ;  dann  wird  er  schriftl.  übergeben, 
in  herkömmlidien  Zwischenräumen  drei- 
mal verlesen,  nadi  dem  zweiten  Verlesen 
diskutlrt,  durch  Zusätze  und  Verände- 
rungen (amendements)  mehr  oder  weniger 
umgestaltet  und  -  endlich  zur  Abstimmnng 
gebracht.  Erfolgt  die  Annahme  der  B.  durch 
Mehrheit,  so  wird. sie  zum  dritten  Mal  ver- 
lesen und  alsdann  dem  andern  Hanse  v<hv 
gelegt,  wo  sich  dasselbe  Verfahren  wieder- 
holt. Wird  sie  hier  verworfen,  so  wird  sie 
nicht  weiter  erörtert.  Gesetzeskraft  erhält 
sie  erst  durch  königliche  Bestätigung. 

BUIand-Vftreniies  (spr.  Bi^Joh  -Warenn), 
Jean  NieoUu,  fhtnz.  RevolutionsmanB,  geb. 
23.  April  1756,  seit  1785  Advokat  zu  Paris, 
einer  der  Hauptnrheber  der  September- 
metzeleien ,  fnngirte  als  Kommissär  der 
pariser  Gemeinde  in  verschiedenen  Depar- 
tements, wirkte  als  Mitglied  des  Konvents 
eifHg  zur  Verurtheilung  des  Königs,  zum 
Sturz  der  Girondisten  und  bei  Begründung 


BiUaolt  —  Binneriief. 


283 


des  Schreokenisystems  mit,  ward  1795  mr 
Deportation  Terartheilt  and  in  den  Einöden 
von  Sinnamari  in  Guiana  aasgesetzt;  f  3. 
joni  1819  an  Port-au-Prinoe  aul  Haiti. 

BilUvlt  (spr.  Bi^johl),  Juffiuie  Adolphe 
Marit,  frana.  Staatsmann,  geb.  12.  Nov. 
1805  za  Vannes ,  seit  1837  liberaler  Abge- 
ordneter  der  Depatirtenkammer,  Harz  bis 
Okt.  1840  Unterstaatssekretär  in  Thiers 
UUnisteriam,  in  den  Febraartagen  1848 
■radikales  Hitglied  der  Nationalversanun- 
lang,  nach  dem  Staatsstreicii  vom  8.  Dec. 
1851  erster  Präsident  des  gesetzgebenden 
Körpers  und  thatig  bei  Herstellung  des 
Kaiserreiehs,  Juli  1854  bis  Tebr.  1858  Sena- 
tor, seit  Not.  1859  Hinister  des  Innern, 
seit  Ende  1860  Hinister  ohne  Portefeuille, 
▼ertheidigte  die  Politik  des  Kaisers  im  ge- 
setzgebenden Köiper;  f  13.  Okt.  1863. 

Bflley  Nebenflüsschen  der  Elbe,  bildet 
die  Grenze  iwischen  Holstein  u.  Lauenburg. 

JUllerbeek,  Stadt  im  preuiss.  Begbc. 
Hünster,  Kr.  Koesfeld,  1535  Ew. 

Billet  (flr.,  spr.  Bil^eh),  Briefohen,  Be- 
sneh-  oderXlnlasszettel;  JSaukHUet,  s.  ▼.  a. 
.  Banknote;  SanddsbilUt,  ein  dem  eigenen 
Wechsel  verwandtes,  aber  nicht  Wechsel- 
krftftiges  Pi4>ier,  Schuldschein  über  Waaren, 
die  aof  Kredit  verkauft  sind;  inVrankreich 
der  eigene  oder  trockene  Wechsel  (welchen 
der  Aussteller  selbst  bezahlt).  B.  d'amour 
oder  B.  doux,  Liebesbrief.  [1422  Ew. 

BlUigheiM«  Stadt  in  der  bayer.  Rheinpfalz, 

BUliOBy  eine  Hillion  Hillionen,  bei  den 
Tranaosen  nur  s.  v.  a.  tausend  HilUonen 
oder  HUliarde;  B.  bei  ihnen  s.v.  a.  Trillion. 

BUUtOBy  hoUand.  Insel  in  Ostindien,  östl. 
Ton  Banka,  113 QH.  und  15,000 Ew.;  Eisen. 

BillOB  (flr.,  spr.  Bil^ong) ,  Scheidemünz- 
silber, Silberlegimngen  mit  mehr  als  50  o/o 
Kupfer;  In  Frankreich  alle  zur  Bestaus- 
gleiohnng  der  Zahlungen  dienenden  Hünzen. 

BIUuMger  (Biüinger),  Sachs.  Adelsgeschl., 
dessen  Glieder  961—1106  die  hersogl.  Würde 
,ln  Sachsen  Inne  hatten.  Hermann  BiUung 
ward  961  von  Otto  L  zum  Herzog  von  Sachsen 
ernannt,  f  27*  Harz  973  zu  Quedlinburg. 
Seine  Nachfolger  waren  in  regelmässiger 
Erbfolge  vom  Vater  zum  Sohn:  Bernhard  L, 
t  9.  Febr.  1011;  Bernhard  II.,  f  29.  Juni 
1059;  B!u4olf,  f  88.  Hars  1071;  Magnue,  f 
23.  Aug.  1106.  Nach  dem  Erlöschen  des 
Geschlechts  im  Hannsstamme  verlieh  Kai- 
ser Heinrich  Y.  das  Hersogth.  Sachsen  an 
den  Grafen  Iiothar  von  Supplinburg,  den 
BaehmaL  Kaiser  Lothar.  YgL  Wediekind, 
^Hermann,  Heneg  von  Sachsen*,  1817. 

BUlwerder.  Strich  Harschland  rechts  an 
der  Elbe,  bei  Hamburg,  au  diesem  gehörig, 
mit  grossen  Ortschaften  und  7546  Ew. 

BtliMy  Ort  in  der  östl.  Sahara,  Land  der 
Tibbn,  an  der  Strasse  von  Fesaan  nach 
Bomu;  grosse  Salssümpfe.  [vonien. 

Bilogeolrge.  bewaldete  Bergkette  in  Sla- 

Bllseha«.  Flecken  in  Schleswig,  bei  Flens- 
burg; 24.  April  1848  Otfechi  awischen  den 
Dänen,  und  Schleswig-Holsteinern. 

BtlieB«  Stadt  in  der  belg.  Prov.  Limburg, 
an  der  Demer,  8564  Ew.  Hineralquelle. 

BIlMBkraaty  s.  Byoßc^amtu, 


BIlstelB,  Bete  im  Yogelsgebirge,  2695^'. 

Bllston  (spr.  Bilst'n),  Fabrikstadt  in  der 
engl.  GrafiKsh.  Stafford,  bei  Birmingham. 
14j500  Ew.  Laokirte  und  emaill.  Kurzwaaren. 

Bimana  (lat.),  nach  Blumenbach  u.  Ouvier 
Ordnung  der  Säugethiere;  einzige  Familie: 
der  Hensch. 

Bim-Basehl,  bei  den  Türken  Befehlshaber 
über  1000  Hann,  Oberst.  [naten. 

BlmeBSis  (lat.,  BimetUr),  Zeit  von  2  Ho- 

BlwuteiBy  schaumige,  blasige  oder 
schlackige  Ausbildungsform  von  Obsidian, 
Periit  oder  Tracbyt,  bildet  schlackig» 
Ströme  oder  bindungslose  Auswürflinge  in 
der  Nähe  thätiger  oder  erloschener  Vulkane» 
oft  grosse  Bäume  bedeckend;  z wisch en 
Andernach,  ]|Cayen ,  Bassenheim  und  Benn- 
dorf,  in  der  Auvergne,  In  den  Eoganeen,. 
auf  Island ,  Hilo  und  Santorin ,  Teneriffa,, 
bei  Quito.  Dient  zum  Putzen,  Glätten ,  al» 
Baumaterial.  Bimatiein' KongUmtrat,  aus 
Bimsstein  mit  oder  ohne  Bindemittel ,  bes» 
in  Ungarn.  BimnUintuJf,  verwittertem  Bims- 
stein ähnliche  Hasse,  in  Ungarn ,  bei  Neu» 
wied,  Engers,  Neapel. 

BimtstelBseiflD.  Seife  mit  eingeschmolzen 
nem  Bimssteinpulver,  für  Handarbeitsr. 

BiBBrUes  (Speer-,  Kamm-,  Waeeer-,  Cfrau- 
eieenkie».  Markant),  Hineral  von  der  Zusam- 
mensetzung des  Schwefelkieses,  aber  anderer 
Krystallform,  bei  Klausthal,  2Sellerfeld,  Frei- 
berg, verwittert  sehr  leicht,  dient  zur  Dar- 
stellung von  Elsenvitriol,  Schwefelsäure. 
.  BlBBteo.  Flecken  in  der  ital.  Prov.  Hai- 
land, am  Paviakanal,  1340  Sw.  Ruine  de» 
Kastells,  wo  1418  der  eifersüchtige  Visconti 
die  Beatrice  di  Tenda  hinrichten  liess. 

BiBChe  (spr.  Bängsch),  gewerbsame  Stadt^ 
in  der  belg.  Prov.  Hennegan,  6711  Ew. 

BlBde  (Fascia,  Chir.),  langes,  schmales,, 
zum  Einwickeln  bestimmtes  Verbandstück» 
entweder  ans  Leinwand,  Flanell,  oder  mit 
Kautschuk  durchzogene  Gewebe  (elastische' 
B.).  Arten:  einlache  B^lbinde,  MweikOp^e 
B,,  beide  Enden  bis  zum  Begegnen  aullgerollt,. 
T'B„  Band,  an  dessen  Hitte  rechtwinklig: 
ein  Bweites  angenäht. 

BiBd'ehanty  s.  Äuge. 

BlBettchy  s.  V.  a.  Spinat. 

BlBgelkimnty  s.  MercurUAU, 

BiBgeB  (röm.  Bm^tam),  Stadt  in  Rhein- 
hessen, am  Binfluss  der  Nalie  (Drususbrücke) 
in  den  Rhein  u.  am  Bochusberg  (Kapelle  und 
Ruine  der  Kloppbarg),  5649  Ew.  Weinbau 
(Scharlachberger),  lebh.  Schifffalirt.  Dabei 
im  Rhein  derHäusethurm  des  Bischofs  Hatte, 
1866  restanrirt;  nördl.  davon  das  hinger 
Loch,  jetzt  ungefährlicher  Rheinstrudel. 

BtameBdeieli  (Sturmdeich,  Land'  oder 
SeMaf deich),  hinter  dem  Hauptdeich  auf- 
geworfener Damm,  schützt  das  Land  nach 
Durchbrechung  des  Hauptdeichs. 

BiBBeBWBMery  das  in  einem  durch  Deiche 
geschützten  Lande  sich  ansammelnde  Begen- 
oder  Schnee  Wasser;  ein  vonliand  ganz  um- 
gebener Heerbusen ,  nur  durch  einen  schma- 
len Kanal  mit  dem  Heere  verbanden. 

BISBertlefy  Graben  innerhalb  eines  Deichs, 
welcher  das  Wasser  vom  Sammelbassin  zur 
Deichschleusse  leitet. 


284 


Binomisch  -^  Birkenwasser. 


Bin*BilMi1i(gr.),  in  der  Mathemattlk  eine  ans 
'S  Thellen  bestehende  oder  all  sweitheiUgr 
•dargettellte  Oröase,  e.  B.  a  +  b;  6—2. 
Binomiseher  Lehrsabt  (BinomiaUheorem), 
Reihe  oder  analyt.  Tormel,  durch  welche 
irgend  eine  Poteni  eines  Binoms  ausge- 
•drückt  und  entwickelt  wird,  üs  l&stt  «Ich 
mittelst  desselben  die  Worsel  einer  Jeden 
Zahl  von  jedem  beliebigen  Grade  bis  sn 
Jeder  rerlangten  Genauigkeit  finden.  Bi- 
nomiaXko'iffieienten ,  die  in  der  Reihe  des 
b.en  Lehrsatses  auftretenden  Faktoren  der 
«inaeinen  Glieder. 

Binsen,  s.  Juneu»  nnd  Lnpula, 

Bintang.  osttnd.  Insel,  am  Ende  der 
Halbinsel  Malakka,  22  QM. 

BlBn^9  linker  Nebenflass  des  Niger,  mün- 
•det  00  M.  Ton  der  Küste;  wichtige  Fahr- 
bahn (in  nenester  Zeit  mit  Dampfern)  weit  in 
•das  innere  Sudans. 

BioAritkmetik  (gr.),  Bereohnnng  der 
■durcbschnittl.  Lebensdauer  der  Menschen. 

BioMOy  Flnss  im  südl.  Chile,  mündet  bei 
'Goncepcion  in  den  Grossen  Ooean,  40  M. 

Biographie  (gr.),  Lebensbeschreibnng. 
Sioffraph  t  Lebensbeschreiber. 

Biologie  (gr.),  Lehre  vom  Leben,  insbes. 
•die  systemat.  Darstellung  der  Bedingungen 
•des  Menscheidebens  nach  seinen  Yerschie- 
•denen  Seiten  hin ;  auch  s.  t.  a.  Physiologie. 

Blomagnetlsinvfl  (gr.) ,  s.  t.  a.  thlerischer 
Hagnetismus. 

Bioinantie  (Biomantik,  gr.),  Bestimmung 
«ua  gewissen  Zeichen,   e.  B.   der  Lnngen- 

Srobe,  dass  Leben  vorhanden  war;  angeb- 
che  Vorherbestimmung  der  Lebensdauer. 

BUntf  ^ech.Idyllendichter,  ausBmyma, 
Nachahmer  des  Theokrit,  um  280  t.  Ohr. 
Nur  Bruchstücke  übrig,  heransgeg.  tod 
^aeob» (1795),  Hermann (1848),  Akten»  (1854), 
FritzBcht  (1860),  übersetzt  von  Von  (1808). 

Bionomle  (gr.),  Lehre  ron  den  Gesetzen 
^es  Lebens. 

Blophlnomeiiologle  (gr.) ,  Lehre  Ton  den 
Erscheinungen  des  Lebens. 

Bfostatik  (gr.),  Lehre  Ton  der  mittleren 
Xiebensdauer ;  Lehre  von  der  mittleren  dnrch« 
achnittlichen  Beyölkemng. 

Biet  (spr.  9ioli)>  Jean  B^ptiste,  frans. 
Mathematiker  und  Physiker,  geb.  21.  April 
1774  £U  Paris,  seit  1803  Mitglied  der  Aka- 
•demie  der  Wissensdiaften,  seit  1809  Prof. 
•der  Astronomie  an  der  Universität  an  Paris, 
-machtein  Angelegemlieiten  der  Gradmessung 
Reisen  nach  Spanien  (1806  —  8),  Schott- 
land und  den  orkad.  Inseln  (1817)  nnd  Ita» 
Hen  (1824—25);  f  8.  Febr.  1862  an  Paris. 
Sehr.  ,Essai  de  gfom^rie  analytique*(1805 
m.  oft. ;  deutsch  von  Ahrent,  2.  Aufl.  1840) ; 
^Trait^  ^Ifonentaire  d'astronomie  phyilque* 
<3.  Aull.  1841-57, 5Bde.) ;  ,Trait6  da  physique 
«xpirimentale  et  math  toiatique'  (1816, 4  Bde.) ; 
fTraitft  äfoientaire  de  pliysiqne  expMmen- 
tale*  (1818— 21,  2 Bde.;  deutscli mit Znsfttaea 
^on  reekner  1828—29,  5  Bde.);  ,Btades  sur 
^Gastronomie  Indienne  et  sur  l*astronomle 
«hinoise«  (1862). 

Bipiirtiiioii  (lat),  Zweitlieilung,Halbirung. 

BI|»«MleB  (lat.),  Zweifüssler. 

WfMtivm  (lat),  Zweibrücken. 


Bl4iuidnit(Iat.),  die4.Potens  einer  Grosse. 

Blr  (BiredBekii),  asiat.-türk.  Stadt  in  Me- 
sopotamien, am  Euphrat,  an  der  Strasse  von 
Aleppo  nach  Diarbekr,  10,000  Ew. 

Birch-PflBiffer  9  Charloue,  Schauspielerin 
nnd  Bühnenschriftstellerin,  geb.  1800  an 
Stuttgart,  seit  1825  mit  dem  dan.  Sehrift- 
steller  Ohrist.  Bireh  (Verf.  des  Werkes 
,Ludwig  Philipp  I.,  König  der  Franaosen*, 
2.  Aull.  1846  —  47,  3  Bde.)  vermählt,  seit 
1844  am  Hof  theater  au  Berlin ;  1 24.  Ang.  1868. 
Bes.  bekannt  durch  ihre  aahlreichen  Theater* 
stücke,  die  von  grosser  Bühnenkenntniss 
zeugen,  ohne  auf  künstlerische  Durchbil- 
dung Ansprüche  zn  machen.  ,Dram.  Schrif* 
ten<  (1863-69,  18  Bde.). 

BlxWittettoraeB ,  s.  BtHgittenorden. 

Bine^  Betula  L»,  Pflaniengattnng  der 
Betulaceen.  jBauA-  oder  WeistMrke,  Stein-, 
Winter-,  Maser *,  Harzbirke,  Malenbanm, 
B.  alba  L.,  B.  verrucosa  Bkrk,,  wichtiger 
Waldbaum ,  vom  47.— 71.<»  n.  Br.,  strauch- 
artig an  der  Baumgrenze.  Giftes  Nutz-  nnd 
Brennholz.  Die  Masern  dienen  zu  Schnitz- 
arbeiten (Pfeifenköpfe),  die  Rinde  im  Norden 
zu  QttRssen,  Kleidungsstücken  und  in  der 
(Gerberei ;  die  Blätter  in  der  Färberei  (Schütt- 
gelb); die  Wurzel  und  Rinde  zu  Birkentheer, 
der  Frühlingssaft  wird  als  Birkenwasser 
benntzt.  Varietäten:  Traueibirice ,  B.  alba 
vendxAh,  Sotk"  oder  akorrAUUtrige  WeMrirk«, 
B.  alba  hybrida  Btom,  Biedt;  8<»nmet-  oder 
Moeehuabirke,  B.  pubesoens  Skrk,,  B.  odorata 
BeehsL,  in  Deutschland.  Varietät:  ttretmek» 
artige  Brockeribirke ,  ,B.  pumila  bro<dcen- 
bergensis.  BappeUHrke,  B.  populifolia  Ait,^ 
B.  lenta  Bttroi,  im  nördl.  Amerika,  bei  uns 
kultivirt.  Hoke,  »ektearite  B,,  Zkckerbirk4,  B& 
excelsa  AÜ,,  B.  lutea  Mich.,  in  NordamMflca 
und  Oanada,  liefert  sehr  gutes  Nutzholz, 
der  Saft  Zucker.  Zwerg  •  oder  Mora^Miite, 
B.  nana  X.,  auf  den  höchsten  Mooren  Deutsch- 
lands nnd  im  hohen  Norden,  fast  kriechend. 
Die  Wurzeln  werden  zu  Decken  verarbeitet. 
Straiuehhirke ,  B.  fmticosa  BaXL,'  B.  hnmilia 
Bekrank,  niedriger  Strauch,  auf  Hochmooren 
nnd  im  Norden. 

Birkenfeld,  Oldenburg.  Füratenthnm,  vom 
Hauptland  getrennt,  am  Hundsrück,  von 
der  Nahe  durchflössen,  9  QM.  nnd  35,668 
Ew.  (7286  Katb.);  1817  von  Preussen  an 
Oldenburg  abgetreten.  Die  Hanpttt,  B., 
2249  Ew.;  bis  1783  Sitz  derPfi^zgrafen  von 
Zweibrücken,  von  denen  die  Jetzt  in  Bayern 
r^erende  I^inie  direkt  abstammt. 

BIrkenhead  (spr.  -hedd),  Handelsstsdt  in 
der  engl.  Prov.  Ohester,  Liverpool  g^pen* 
über,  am  Mersey,  51,649  Ew.  Herr].  Docks, 
13  Werften  zum  Kalfatern  der  Seeschiffe. 

Blrkentlieer  C.&<ri«n8{,  Deggoi,  Daggel), 
Produkt  der  trockenen  DestillatioB  der 
Birkenwnrsel  oder  -rinde,  durchdringend 
riechendes  Oel,  bes.  in  Russland  beratet, 
dient  zur  Juftanfisbrikatton,  auch  alsWagen- 
schmiere  und  zum  Anstreichen.  • 

BlrkeKWtMer,  Frühjahrssaft  der  Birke, 
durch  Anbohren  des  Stammes  gewonnen, 
enthält  Zucker,  gährt  leicht,  dient  aur  Dar- 
stellung von Birkensyrup, Birkenwein;  letz- 
ter früher  ofikolnel]. 


Blicket  •—  Biron* 


286 


Btrktt  («Dkb.),  Landeee;  i,-Matiui,  dor 
See  Mareotl»;  B.-d-Kerün,  See  Mdri«. 

Bir]dudui(Tetnu>  tBtrtxL.)»  Vogelart  mu 
der  OattoBg  WAldhnhn  (Tetrao  X.)«  !>•' 
Birkhahn  1'  9"  long,  die  Birkhenne  wn  i/« 
kleiner;  In  den  W&ldem  Enropes  tind  Aaiene ; 
Wfld  der  hohen  Jagd;  halst  im  April  o.  Mai. 

BIfBUl  (Barma),  Beioh  im  nordwestl. 
Hinterindien,  von  den  Engländexn  durch  die 
Xrobenmg  der  Knstenitriöhe  Tom  Heere 
snriokgedr&ngtv  SMO  QM.  mit  4  MiU.  Ew. 
Landschaften:  Awa  nnd  Oterpejn  am  Ir&> 
waddy»  nnd  Obep*Laoa  jenaeite  des  Salnen. 
Die  eigentl.  Birmanen  (Mranma)  sind  stär* 
ker  als  die  Hindn,  in  den  Waffen  geübt, 
aber  trage,  Trennde  der  Unsik  nnd  des 
Spiels.  HaoptreUgiofn  der  Baddliismas.  Titel 
des  Herrschers  Boa.  BanmwoUenban  leb- 
haft annehmend  (85,000  Olr.  Anst),  Erdöl 
(300,000  Gtr.  AusL  nach  England).  Hanptst. 
nnd  Besidens  Mandalay  (16S7  gegr.) ;  ftühere 
Kraptstidte  Amarapnra  nnd  Awa;  Hanpt* 
Sita  des  Handels  (mit  Ohina)  Bhamo. 

GtHkie^te.  Die  älteste  Geschidite  B.s  ist 
sagenhaft.  Tom  9.  bis  gegen  Ende  des  18. 
Jahrh.  war  Pagan  am  Irawaddy  Mittelpunkt 
ettMi  büUiteden  Reichs,  das  mit  Zersto- 
neung  der  Stadt  dnrch  die  Chinesen  1S84 
endete«  Dann  entstand  bis  gegen  Ende  des 
14.  JahA,  das  Beioh  Awa,  welches  schon 
am  1500  in  sahireiche  kleinere  Vürstenthü- 
raer  serftel.  Nachdem  1518  die  Birmanen 
von  Pegn  unterworfen  worden,  -machten  sie 
rieh  IMO  wieder  frei  nnd  nnterwaxfen  nnn 
ihrerseits  die  Pegnaner.  1758  ward  Awa 
nochmals  TonPega  nnterworfien,  1757  aber 
zerstörte  Alompra,  Begründer  der  gegen- 
wärtigen Dynastie,  Pegn  nnd  Tercdnigte 
dieses  Gebiet,  sowie  andere  angrensende 
seinem  Reiche.  la  Folge  der  Erobemng 
Assams  daroh  seinen  Enkel  Pha-dschi-dan 
(1819-87)  erklärte  England  anB.  den  Krieg 
(Min  1824),  der  84.  Febr.  1886  dnrch  den 
Frieden  von  Jandabn  beendigt  ward,  worin 
B.  Araohan  nnd  die  TeaasserimproTinaen  an 
die  ostind.  Kompagnie  abtreten  mnsste. 
In  Folge  Ton  GewaltthStlgfcelten  gegen  engl. 
Kanflente  in  Rangnn  (Jnni  1851)  erschiMi 
eine  engl.  Flotte  an  der  Kftste  und  nahm 
(Aprn  bis  Okt.)  die  Städte  Martaban,  Rangnn, 
Bassein  und  Prome,  worauf  80.  Dee.  1858 
Pegn  den  Besitzungen  der  ostind.  Kompagnie 
eluTerleibt  ward.  Im  Frieden  (Jnni  1858) 
ward  die  Orense  des  brit.  Gebiets  bestimmt 
nnd  die  Schlflfahrt  auf  dem  Irawaddy  für 
die  Handelsschiffe  beider  Nationen  firelge- 
geben.  Tgl.  Cfrmoforfi,  ,JoamaI  of  an  em- 
bassy  to  theoourt  of  Ära*,  1889;  Sangemano, 
,Deseriptk)n  of  the  Burmese',  1860;  FuT«, 
,A  narratlTe  of  the  mission  to  the  court  of 
Ava*,  1858;  Jfarähaü,  ,Fouryears  InBurmah*, 
1800,  8  Bde. ;  Maton,  ,Burmah ,  its  people 
and  natural  productions*,  1868;  BeuUan, 
,Die  Völker  des  östl.  Asien*,  8.  Bd.,  1866. 

BirmlBghftni  (spr.  Börmlngim),  Stadt  In 
der  engl.  Grafseh.  Warwick,  unweit  der 
Tame  am  Birminghamkanal,  nächst  Man- 
chester die  wiclitigste  Fabrikstadt  Eng- 
lands, 1869: 860,846  Ew.  (1819  85,700).  Neues 
Rathhaus  (grosse  Orgel),  Statden  von  Nel- 


son nnd  Watt.  Fabrik,  roa  MetaUknöpffan» 
Schnallen,  Messingwaaren,  plattirtea  Ar* 
beiten,  laoklrten  Blechwaarw,  Gewehren,. 

StahlsolureibfbdemundFederhaltenit  Bsmpf* 
masehinen  ete.  Dicht  dabei  der  Fabrifcorfc 
8oho,  Jetst  Vorstadt  von  B* 

BbBbaam  (JfiedaycMd) ,  Kreisstadt  im 
prenss.  Regbs.  Posen>sa  der  Warthe,8879  Ew. 

Blnhannu  Obstbaum  ans  der  FamiUe  der 
Rosaceen*  &amHntr£„FrntMA€hn»0Hrin,f. 
Sorbus  pyrus  Oranti,  ans  Glilna,  bei  nn» 
Terwlldert,  Stammpflanie  der  meisten  und 
gerade  der  bessern  Birnen;  USbaunMäUrigtr 
£.,  P.  elaeagrifolia  AiZl.,  im  Kaukasus,  Isth- 
mus, in  Kleioasien  und  Armenien,  In  Sftd* 
europa  Terwlldert.  Artiteksr  £,,  P.  persica« 
JP^TB,,  in  Syrien,  Arabien  und  ^rslen.  In 
Italien  Terwlldert,  beide  Arten  StammpAsB' 
z«k  Tieler  Birnen,  oft  gekreuxt  mit  P.  Achras.. 
P.  eommunis  L»,  Bezeichnung  fi^  unser» 
kultiTlrten  Sorten.  Von  letzteren  nntsr- 
scheidet  Diel:  Schmalz-,  Ranscb-,  Knack-, 
Sohmeer-,  Kochblrnen  und  Birnen ,  die  nur 
zum  Kochen  im  Winter  geeignet  sind» 
Blmenfamllien :  Bergamottm-,  Butter-,  Mus* 
katsller^,  Pomeransenblmen ,  Bousseletten,. 
Welssbinien  (Velanquetten),  Sdmialz-, 
Knack-,  Most-  oder  Wein-^  Zapfen  •  oder 
Boutelllen-,  Pftmdblmen.  9ixaiem  bilden 
frls<di,  getrocknet  und  eingemacht  wichtige 
Handelsartikel ,  dienen  lur  Bereitung  von 
Oider,  Essig.  Das  Holz  des  B.8  TIscblerholz» 

BlnlMHUier  Wald,  Thell  desnördl.  Kant> 
gebirgs,  im  krainer  Schneeberg  5178'  h. 

BlneB&ther  (£imm9l,  £lnieR«M«f»|,  ist 
Bisigsidre-Amyläthnr  mit  wenig  EfesigsAnr» 
Aethylither,  Fmohtsssena  für  Konoitoreien. 

BilOB  (spr.  BIrong),  1)  Emtt  Joh,  v.  B. « Her- 
zog Ton Kurland,  geb.  1687,  Sohn  eines  kur- 
l&nd.  Gutsbesitzers  Namens  Bühren,  war 
Günstling  der  Herzogin  Ton  Kurland  Anna 
Iwanowna,  die  1780  den  russ.  Thron  bestieg^ 
und  beherrschte  durch  sie  ganz  Russland^ 
Hess  Tansende  hinrichten  und  Terbaanen» 
ward  17S7  Herzog  Tpn  Kurland,  Vormund  des 
zu  Annas  Nachfolger  bestimmten  Prinzen 
Iwan  und  Regent,  nach  Annas  Tode  (88.  Okt. 
1740)  Tom  Feldmarscball  Münnich  Im  Ein- 
Terstftndniss  mit  der  Mutter  des  Jungen 
Kaisers  (80.  Not.)  Terhaltet  und  nach  Sibirien 
Terbannt,  Ton  Elisabeth  1741  zuruckgentfen» 
erhielt  1768  das  Herzogthum  Kurland  zurück^ 
regierte  müd  uifd  gerecht,  dankte  1769  za 
Gunsten  seines  Sohnes  Peter  ab;  flS.  Dec. 
1779.  *-  8)  FeUr,  Hersog  Ton  KurlaiMl  und 
Sagen,  Reichsgraf  t.  B.,  Sohn  des  Vor.,  geb. 
15.  Febr.  1784zuMitau,  ward  während  seiner 
Regierung  (1769—95)  in  Streitigkeiten  mit 
den  Stftnden  Tcrwlckelt,  welche  88.  Mars 
1795  zur  Abtretung  des  Landes  an  Rnssland 
führten;  f  1'*  J<^-  180<>  «>  Gellenaa  in 
Sdileslen.  Durbh  seine  8.  Ctomahlin,  Annn. 
Oharlotte  Dorothea ,  geb.  ReichsgriLfin  Ton 
Modem,  Vater  Ton  4  Töchtern ,  Ton  denen 
die  jüngste,  Doroihea,  geb.  81.  Aug.  1793, 
Termahlt  1809  mit  Edmund,  Herzog  Ton 
Talleytand-P^rlgord  und  Herzog  Ton  Dino 
in  Kalabrien,  seit  1845  durch  königl.  Iuto» 
stitur  Herzogin  Ton  Sagen,  19.  Sept.  1868  t» 
Vgl.  Tiedge,  ,ABna  Oharlotte  DoroOtea,  letzte 


286 


Birr  —  Bisehofslieini. 


HenoglB  Ton  KnrUnd*,  18S8.  Der  Haans« 
«tamm  des  Hansei  ward  durch  den  Bruder 
des  letatenHenogs  von  Kurland,  KarlBmH 
von  B.,  geh,  SO.  Sept.  1788,  f  1<^  Okt.  1801, 
forteqpflanst.  [Pestaloufs  Grab. 

BvtTf  Dorf  im  l^ton  Aargan,  535  Ew. 

Birreiboni,  Dorf  Im  prenss.  RegbE.  Trier, 
Kr.  Prüm'  an  derKyll,  In  derEifel,  791  Ew. 
HlneralqueHen,  dem wildnnger  Wasser  &hnl. 

Bin,  Nebenilnss  des  KhMns  In  der  nord- 
westl.  Schweis,  Tom  Jnra,  dnrehfltesst  das 
Münster-  nnd  Lanftbal,  mündet  oberhalb 
Basel ;  l(Wt  M.  1.  In  der  Kfthe  der  Mün- 
dnnff  das  Schlachtfeld  Ton  St.  Jakob. 

Bfriehen  (vom  altfrani.  h0r§9r,  mit  Pfeil 
und  Boleen  jagten) ,  das  Hochwild  mit  der 
Büchse  beschleichen,  namentlich  beim  Aesen. 
Birweh,  Birtehgcmg,  £inze](]agd  nach  dieser 

BisainoeliSy  s.  Bind.  [Methode. 

BIsamnttey  s.  ZibethraiU  nnd  BefseZmaiM. 

BiMnuehwelBy  s.  JPOcari, 

Blsamitraneli^  s.  HiMteu», 

Blsanthier,  s.  MonehtMhier, 

BImhe,  deutscher  Name  der  Stadt  Besan- 
nen. BUanger,  alte  silb.  Scheidemünze,  s  5Pf. 

Blieaja  ( Viseaya),  span.  Prov.,  s.  BiWao, 
Biseapiteher  Äfeertuten  (Oolf  von  Gascogne), 
Bucht  des  atlant  Meeres  swischen  der 
Kordküste  Spaniensund  der  flranz.Westküste. 

Biseaglie  (spr.  Bischelje),  Hafenstadt  in 
der  nnterital.  ProT.  Bari,  17,600  Ew. 

Btschariba  (Bi$charin) ,  Nomadenrolk  im 
nördl.  Nubien  zwischen  dem  rothen  Meere 
und  dem  Nil,  fast  schwarz,  200,000  Köpfe 
stark.    Eigene  Sprache  (Begawi). 

Biiehof  (gr.  epiikopM,  d.  i.  Aufteherh  in 
der  ältesten  ehristl.  Kirche  Jeder  Oemeinde- 
Torsteher  oder  Presbyter  (Aeltester) ,  seit 
dem  2.  Jahrb.  der  Vorsteher  des  Kollegiums 
der  Presbyter,  dann  Titel  der  Kirchenobem, 
welche,  im  Besitze  der  iiöchsten  Weibe  und 
einer  ordentlichen  Jurisdiktion,  die  Funk- 
tionen derselben  in  den  ihnen  zugewiesenen 
Sprengein  (Diöcesen)  ausüben.  Die  Bischöfe 
Igelten  jetzt  in  der  kathol.  Kirche  als  Nach- 
folger der  Apostel  und  besitzen  kraft  gött- 
licher Einsetzung  die  höchsteKirchengewalt. 
Es  steht  ilmen  zu  das  Recht  der  Erhaltung 
und  Verbreitung  der  rechten  Lehre  in  der 
Diöces  (jui^  maglsterii),  der  Verwaltung  der 
geheimnissvoUen  heiligen  Handlungen  (jun 
ordlnis) ,  von  denen  sie  einige  als  «gemein- 
schaftliche Rechte*  (jura  dommunia)  auch 
auf  den  übrigen  Klerus  übertragen,  andere 
<jura  propria)  sich  ausschliesslich  vorbe- 
halten haben ,  so ;  die  Ertheilung  der  Fir- 
melung, die  Weihe  der  Kleriker,  die  Sal- 
bung der  Könige,  die  Bereitung  des  Chrisma, 
die  Konsekration  der  Kirchen  etc.,  endlich 
die  ganze  äussere  Verwaltung  der  Diöces, 
namentlich  die  Gesetzgebung  in  Diöcesan- 
sachen,  die  geistliche  Gerichtsbarkeit  und 
Strafgewalt,  die  Verwaltung  des  Kirehen- 
Ipits  und  die  Erhebung  der  lierkömmlichen 
Abgaben  (Jura  jnrisdictionis).  Die  Wahl  der 
Bischöfe  geschieiit  im  Allgemeinen  durch 
die  Kapitel  unter  landesherrlicher  und  päpst- 
licher Bestätigung  (Preussen),  in  Ländern 
kathol.  Fürsten  meist  durch  diese  (Frank- 
reich, Italien,  Bayern,  Oesterreich  etc.)  unter 


Vorbehalt  der  päpstlichen  Approbation. 
Bischöfliche  Insignlen :  Inful  oder  Bischolb- 
mütze  (Mitra),  Krumm-  oder  Bieohofistab, 
goldner  Ring  als  Symbol  der  Vermählung 
mit  der  Kirche  Christi)  Kreuz  auf  der  Brust, 
Dalmatloa,  Tnnica,  Rochetum,  Pallium,  be- 
sondere Handschuhe  und  Fussbekleidung. 
In  der  deutsch -Protestant.  Kirche  kam  die 
bischöfliche  Gewalt  an  die  Landesfürsten. 
England  (s.  Anfiikanitche  Kireke),  Schweden 
und  Norlr^ien,  sowie  Dänemark  haben 
Bischöfe  beibehalten ,  die  aber  in  letzterem 
Lande  ganz  unter  der  Landesregierung  sn 
Kopenhagen  stehen. 

BIfehof.  Karl  Onttav,  Geolog,  geb.  18.  Jan. 
1792  zu  Nürnberg,  seit  1822  Prof.  der  Chemie 
und  Technologie  in  Bonn ;  f  das.  SO.  Not.  1870. 
Bes.  Terdient  durch  konsequente  Anwendung  ~ 
der  Chemie  auf  die  Erklärung  geologischer 
Verhältnisse.  Sehr.  ,PfaysikaI.- Statist.  Be- 
schreibung des  Fichtelgebirges*  (1817, 8  Bde.) ; 
,Die  Tulkan.  Blineralquellen  Deutschlands 
und  Frankreichs*  (1826) ;  ,Die  Wärmelehre 
des  Innern  unsere  Erdkörpers*  (1^7);  ,Ijehr- 
buch  der  ehem.  und  physikal.  Geologie*  (2. 
Aufl.  1863—66,  3  Bde.)  n.  A. 

Bischof  (£i$eho/tpein),  Getränk  ans  Roth- 
w^iu  mit  Zucker  und  unreifsn  Pomeranzen- 
schalen. Zur  schnellen  Bereitung  dient  die 
Bi$ehofeuent,  ein  alkoholischer  Auszug  der 
Pomeranzenschalen« 

BIsehOff,  1)  Georg  Friedrieh,  Musiker, 
geb.  21.  Sept.  1780  zu  Ellrich  am  Harz,  f  7* 
Sept  1841  in  Hildesheim;  reranstaltete  1810 
das  erste  deutsche  Musilcfest  (zu  Franken- 
hansen). —  2)  Ludwig,  musik.  Kritiker,  geb. 
1794  in  Dessau,  Gymnasialprof.  an  mehreren 
Orten,  seit  1850  Redakt.  der  rhein.  ,Masik- 
Zeitung*  zu  Köln;  f  ^-  Febr.  1867.  -  3) 
GotÜub  Wilhelm,  Botaniker,  geb.  1797  zu 
Dürkheim  a.  d.  Hardt,  seit  1889  Prof.  der 
Botanik  in  Heidelberg;  f  14.  Sept.  1864. 
Sehr.  ,Handbuch  der  botan.  Terminologie 
und  Systemkunde*  (1883—44,  8  Bde.);  «Lehr- 
buch der  allgemeinen  Botanik'  ^834—89,  3 
Bde.);  ,Wörterbnch  der  beschreibenden  Bo- 
tanik* (2.  Aufl.  1857);  ,Medicin.-pharmao6Ut. 
Botanik*  (2.  Aufl.  1847).  —  4)  Theodor  Lud- 
wig Wilhelm,  Anatom  und  Physiolog,  geb. 
28.  Okt.  1807  in  HanhoTer,  ward  1836  Prof. 
in  Heidelberg,  1848  In  Giessen,  1865  in 
München;  bes.  Terdient  um  die  Entwlcke- 
Inngsgeschichte,  über  welche  er  mehrfiushe 
Specialuntersuchungen  TerölTentlichte. 

Bischofllbarg  (Bieehburg),  Stadt  im  preuss. 
Regbz.  Köninberg,  Kr.  Friedland,  8469  Ew. 

BIsebofi^rniB)  Dorf  im  bayer.  Regbz.  Ober- 
franken, am  weissen  Main,  im  FichtelgeUrge, 
820  Ew.    Glasfabr.  Wendischen  Ursprungs, 

Bis ehofkheiin ,  1)  Stadt  im  bayer.  Regbz. 
Unterfranken,  an  deat  Rliön  (Kreusberg), 
1502  Ew.  —  2)  (2feekarbieeh€if*h«im)  Stadt 
im  bad.  Kr.  Heidelberg,  an  derRodenbach, 
1776  Ew.  2  Schlösser.  —  3)  (B,  am  hohen 
Sieg)  Stadt  im  bad.  Kr.  Offenbnrg,  nahe 
dem  Rhein,  1586  Ew.  Schloss.  —  4)  f  IViuber- 
bieehofsheim)  Stadt  im  bad.  Kr.  Mosbatdi, 
an  der  Tauber,  2860  Ew.  Kath.  Pädagogium. 
24.  Juli  1866  Gefecht  zwischen  den  Preussen 
und  Würtembersem. 


Bisohofskoppe  —  BiBsen. 


287 


Blschoflskoppe,  Berg  in  den  Sudeten,  bei 
Zuckmantel,  2571'. 

Bisehoftniitse,  s.  Inful, 

Bischofsstab  (Knamstah ,  p^dam  episco- 
pale,  ferola,  sambuca),  langer,  oben  ge- 
krümmter und  Terzlerter  Stab,  welchen  die 
Bischöfe  bei  ihrer  Konsekration  als  Zeichen 
Ihres  Hirtenamts  erhalten  und  bei  feierlichen 
Crelegenheiten  sich  nachtragen  lassen. 

BIsehofiitelBy  Stadt  im  preuss.  Begbz. 
Königsberg,  Kr.  Kössel,  S384  Ew. 

Bisehofbwerda.  Stadt  im  s&ohs.  Regbz. 
Bautzen,  an  der  Wesenitz,  4108  Ew. 

Blsekoftwerdery  Stadt  im  preuss.  Begbz. 
Banzig,  Kr.  Bosenberg,  1971  Ew. 

BiscBOlliwerder  9  Joh,  Bud,  von,  preuss. 
Staatsmann,  geb.  1787  zu  Dresden,  trat  1700 
in  pienss.  Inlitärdlenst ,  ward  Günstling 
und  lUnister  Fiiedr.  Wilhelms  II.,  Haupt- 
nrhebcir  der  pillnitzer  Konvention  von  1790, 
begleitete  den  König  während  des  Feldzuges 
in  der  Ohampagne,  ward  nacli  des  Königs 
Tode  1797  pensionlrt;  t  Okt.  1803. 

Blsehoftzell.  Stadt  Im  Kanton  Thurgau, 
an  der  Mund,  der  Sitter  in  dl^  Thur,  1409 
Ew.    Chorherren  Stift  (9.  Jahrb.). 

Bischof- Telaits.  Stadt  im  böhm.  Kr. 
Pilsen,  an  der  Badbusa,  87S8  Ew. 

Blsenop)  Henry,  engl.  Komponist,  geb. 
1788  in  London,  Prof.  der  Tonkunst  zu  Ox- 
^rd;  t  SO.  April  18ö5;  komponlrte  die  ersten 
engl.  Opern,  auch  IreffUche  mehrstimmige 
Gesänge  (z.  B.  ,Myheer  ran  Dunek')  etc. 

Biscnwellor  (fr.  BUehwüUr),  gewerbsame 
Stadt  im  unteren  Elsass,  9911  Ew. ;  ehedem 
Resid.  der  Pfklzgrafen  Ton  Blrkenfeld.^ 

Blsenit  (fr.),  zweimal  gebaokenes  (Zwie* 
ba(^)  Gebäck  ans  Zucker,  Mehl  und  Eiern 
in  mancherlei  Formen;  unglasirtes Porzellan 
zu  Tiegeln  und  Statuetten. 

Blsentfiuiy  s.  Boüena, 

Blsens,  Stadt  im  mähr.  Kr.  Hradisch,  3486 
Ew.  Sohloss.  Weinbau..  [Mittelmeer. 

Blserta^  befest.  Hafenort  in  Tunis,  am 

BIskra  (BUkara),  Stadt  in  Algier,  Kr. 
Oonstantine,  Oase  in  der  Sahara,  3800  Ew. 
Wichtige  franz.  Hilitärposten.    Steinsalz. 

Bismark.  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Magde- 
burg, Kr.  Stendal,  1947  Ew. 

Bumarck-Bohlen,  Friedr,  Alex,,  Graf  von, 
preuss.  General,  Vetter  des  Reichskanzlers, 
geb.  15.  Juni  1818,  begleitete  1848—43  den 
Prinzen  Adalbert  ron  Preussen  auf  seiner 
Reise  nach  Amerika,  ward  1858  Oberst, 
1864  Generalmajor,  im  Feldzug  Ton  1866  dem 
Stab  d^  1.  Armee  attachirt,  1866  General- 
lientenant,  1868  Kommandant  Ton  Berlin 
und  Chef  der  Landgendarmerie ,  Aug.  1870 
OeneralgouTemeur  im  Elsass. 

Blsmarck-SchoiihaiiseBy  Karl  Otto,  Oraf 
von,  preuss.  Staatsmann ,  geb.  1.  April 
1813  zu  Brandenburg,'  that  sich  zuerst  auf 
dem  Tef  einigten  Landtag  ron  1847  als  Führer 
der  äussersten  Rechten/  und  dann  als  Mit- 
glied der  naeh  Erlass  dep  oktroyirten  Ver- 
fassung gewählten  zweiten  Kammer  als  ent- 
schiedener Gegner  desReprasentatlTsystems 
lind  der  Reichsverfassung  hervor,  bekämpfte 
1850  im  erftirter  Parlament  die  Unlonsbe- 
strebungeu  der  preuss.  Regierung  und  ver^ 


trat  bei  den  B^ammerverhandlnngen  voiA 
3.  Beo.  1850  offen  die  von  Manteuffel  in 
Olmütz  befolgte  Politik.  Mai  1851  zum  Le- 
gatlonssekretär  bei  der  preuss.  Bundestags- 
gesandtschaft und  3  Monate  später  zum 
preuss.  Bundestagsgesandten  ernannt,  suchte 
er  vergeblich  Preussens  Glelolistellung  mit 
Oesterreich  am  Bundestag  zur  Anerkennung 
zu  bringen.  Nachdem  er  seit  1.  April  1859 
preuss.  Gesandter  In  Petersburg  und  seit 
Frühjahr  1862  Botschafter  in  Paris  gewesen, 
trat  er  24.  Sept.  d.  J.  als  Minister  des  Aus- 
wärtigen an  die  Spitze  des  neuen  Xablnets. 
Hauptmomente  seiner  ministeriellen  Thätig- 
keit  sind  sein  Streit  mit  dem  Abgeordne- 
tenhause über  die  Militärorganisation  und 
das  Budget  (1862  u.  1869) ;  sein  Notenwechsel 
mit  Oesterreich  in  Folge  der  Opposition 
desselben  gegen  den  preuss. -franz.  Han- 
delsvertrag und  dessen  Antrag  beim  Bunde 
auf  eine  Volksvertretung  durch  Kammer- 
delegirte;  seine  Ablehnung  des  Österr. 
BundesreformproJekt8(1868);  die  gemeinsam 
mit  Oesterreich  unternommene  Aktion  gegen  ■ 
Dänemark  in  Sachen  Schleswig-Holsteins 
und  derPrälimlnarvertrag  vom  1.  Aug.  1864, 
wonach  der  König  von  Dänemark  auf  den 
Besitz  der  Elbherzogthümer  zu  Gunsten  der 
Verbündeten  versichtete ;  die  gastelner  Kon- 
ventioB  vom  14.  Aug.  1865  mit  ihrer  Thei- 
lung  des  bisherigen  Kondominats  In  den 
Elbherzogthümem;  der  Italien.  -  preuss. 
Alllanzvertrag  vom  8.  April  1866;  derReform- 
antrag  beim  Bunde  vom  9.  April ;  die  Mit- 
theilung der  Grundzüge  einer  neuen  Bundes- 
verfassung an  die  deutschen  Regierungen 
(10.  Juni);  der  Krieg  von  1866;  die  Stiftung 
des  norddeutschen  rundes  und  die  Anne- 
xionen In  Norddeutschland;  endlich  die 
Neutrallslrung  Luxemburgs  den  Annexions- 
gelüsten Frankreichs  gegenüber  und  die 
Zurückweisung  der  Ansprüche  dieser  Macht 
auf  Erweiterung  ihrer  Grenzen  gegen  den 
Rhein  und  Belgien.  Seit  14.  Juli  1867  Kanz- 
ler des  norddeutschen  Bundes,  leitete  er 
die  gemeinsamen  Angelegenheiten  desselben, 
schloss  Nov.  1870  zu  Versailles  die  Verträge 
mit  den  süddeutschen  Staaten  über  deren 
Anschluss  an  den  norddeutschen  Bund  ab, 
ward  nach  Herateilung  des  deutschen  Reichs 
(Jan.  1871)  zum  Reichskanzler  ernannt  und 
in  seiner  Militärcarridre  zum  Generallieute- 
nant belOrdert.  Vgl.  He»eJHd,  ,Das  Buch 
vom  Grafen  B.*,  1869;  ,Graf  B.,  ein  Cha- 
rakterbfldS  1867. 

BismarpfkmdC^iMmorp/iindJ,  in  Dänemark 
=  12  dän.  Pfd.  =  6  Kllogr. 

BIsmntaurit.  s.  Wismuthgold. 

Bisoii*  s.  Büffel, 

BisSy  Bisswunde,  entw.  blosse  Quetschung 
oder  mit  Zerreissungen  verbunden  u.  dann 
wie  jede  andere  gerissene  Wunde  zu  behan- 
deln, wenn  nicht  mit  dem  Blss  zugleich 
Gift  in  die  Wunde  kam. 

Blssaoioseln  (spr.  Bissa-u-),  portug.  Insel- 
gruppe an  der  Westseite  Senegamblens ; 
die  nösste :  Biesao  (Bisaayo),  Fort. 

BlssajaSy  Theil  der  Pliilippinen. 

Blsseuy  HervMLnn  Wüh,,  dän.  Bildhauer, 
geb.  1798  zu  Schleswig,  Schüler Thorwaldsena 


288 


Bietenen  — >  Biado. 


in  Eon,  seit  1850  Dii^ktor  d«r  KDiutak»- 
demie  in  Kopenhag^en;  f  das.  Man  1868. 
Seine  Werke  durch  kraffcrollen  Stil  n.  männ- 
Uohen  £nurt  der  A^tftaMBnag  aiMgeseichnet: 
Walkyre  (1885),  Amor  mitdem  Pfeil,  Minerva, 
▲pollo  (1843),  Orest  (1851),  Philoktet  (1856), 
Iiöwe  von  Idstedt  (zerstört);  Portr&tbusten. 

BlmeiieB  (Bissegni),  s.  v.  a.  Petschenegen. 

Bister  (Biester,  brauner  Lßck^  Ckemitch' 
brottfi,  Bod)t  braune  Farbe  fax  Wassermalerei, 
ans  Glanzmss  bereitet.  MinwaS^iaiery  Man- 
ganbrann,  Wad  ist  natürliches  oder  künst- 
liehes,  wasserhaltiges  Manganozyd  oder 
-snperoxyd ,  nicht  giiEtig. 

BlithnHy  der  Sprengel  eines  Bleohofs; 
in  Deutschland  bis  eum  Keichsdeputations- 
hauptsohlnsB  von  1803  das  Land ,  welches 
ein  Bischof  auf  Qrund  seines  geistl.  Amtes 
mit  weit].  Fürstenrechtenbesassund  inerte. 

BlftSneii  (BivioMM,  a.  6.),  thrao.  Volk, 
zwischen  dem  Bhodopegebirge  und  dem 
ägaischen  Meer;  das.  die  Stadt  ^Mlonia  und 
der  See  Biai^Sni»  (jetzt  Lagos «Buru). 
•  Biitoiiri  (Incisorium,  IndaUmameeMer),  klei- 
nes Operationsmesser  zumBInklappen,  dessen 
Klinge  durch  Federn  etc.  festgestellt  wird. 

Blstrits  (Nt^m),  1)  Stadt  in  Siebenbürgen, 
Land  der  Sachsen,  am  Flum  B.  (Nebenflusa 
des  gr.  Szamos)  und  derHauptstr.  nach  N., 
3451  Ew.  (meist  Deutsche).  Goth.  Kirche  (von 
1519),  2  Gymnas.,  PiaristenkoUeg.  Ehedem 
wichtiger  Handelsort  zwischen  Danzig  und 
der  Levante.  —  8)  Name  mehrerer  Markt- 
flecken und  Dörfer  in  Böhmen. 

Biitrltn  (Qoldme  BjfstritMa),  Nebenll.  des 
Sereth  In  der  Moldau,  40  M.,  Gold  führend. 
'  Biralea  (lat.)^  S&ugethiere  mit  gespaltenen 
Klauen.  Zweihufige,  Wiederkäuer. 

Bintftny  Dorf  in  Persien  (Ardilan),  bei 
Kirmansohah;  dabei  dne  Felswand  mit 
merkwürd.  Keilinschriften  u.  Skulpturen. 

BisyUabigeli  (lat.),  zweisilbig. 

Bit.  Silbermünze  auf  Jamaika, =4  Sgr.l  Pf. 

BitbuTf,  Kreisst.  im  preuss.  Begbz.  Trier, 
2947  Ew. 

Bfterolf  uicl  Bietleib ,  altd.  Gedicht  aus 
dem  Ende  des  18.  Jahrb.,  der  deutschen 
Heldensage  ang^öiig;  Verf.  unbekannt. 
Gedr.  inHagensu.  Primissers  ,Heldenbuch'. 

Blthvry  Ortschaft  in  Ostindien;  16.  Aug. 
1857  Sieg  der  Englander  unter  Havelodc  über 
die  Sipahis  unter  Kena  Sahib. 

Bithymleii  (a.  G.),  Landsch.  im  nordwestl. 
Klelnaäen,  am  schwarzen  Meere  und  der 
Propontis  (Marmormeer),  mit  dem  Olympus- 
gebii^  und  dengriech.  St&dten  Ohalcedon, 
Heraclea  etc. ;  in  der  Folge  Königreich  mit 
der  Hauptst.  Nicomedia;  dann  zu  Perslen 
gehörig;  nach  Alexander  d.  Gr.  Tode  wieder 
selbständ.  Iteicb,  endlich  röm.  Provinz. 

BitJugt,  Nebenfl.  des  Don,  im  grossruss. 
Gouv.  Woronesch.  An  seinen  Ufern  bed. 
Pferdezucht  (Bitjuki). 

Bitlls,  Stadt  in  Türk.-Armenien,  AmFluea 
B.,  im  W.  des  WanseeSj  10—12,000  Ew. 
Hanptort  der  Kurden. 

Bltonto^  Stadt  in.  der  unterital.  Prov. 
Bari,  nahe  dem  Meere,  22,186  Ew.  Grosses 
Waisenhans.  27.  Mäi*z  1784 /Steg  der  Spanier 
über  die  Oesterreicher. 


Bitteh  (fr.  Bitohe),  Stadt  im  General- 
gouv.  Elsass,  am  nördl.  Fuss  der  Vogesen» 
2740  Ew.  Hohe  starke  Citadelle,  seit  Aug. 
1870  von  den  Deutseben  heuert.  Ehedem 
elsass.   Grafsch.,  ward  1738  franz. 

Bittererde^  s.  v.  a.  Magnesia. 

Bitterfeld  9  Kreisst.  im  preuas.  Begbz. 
Merseburg,  an  der  leipa.-berl.  Eisenbahn^ 

BitterluOk,  s.  IMontit,  [4897  Ew. 

Bltterklee^  s.  Menyantkee.  [kleesalz. 

BltttrkleeMls,  provin^ell,  s.  v.  a.  Sauer- 

BittemundeiSl,  s.  Berizaldehyd. 

Blttennandelwasser^  pharmaoeut.  Präpa- 
rat, durch  Destillation  von  ausgepressten  und' 
zerstossenen  bittern  Mandeln  mit  Wasser 
erhalten,  enthalt  Bittermandelöl  und  eine 
bestimmte  Menge  Blaus&Xire.  [Ifo^rnecio. 

BitterMls^  schwefelsaure  Ma^esia,   s. 

Blttersahserde^  Bittererde,  s.v.a  ^Magnesia. 

Bittenpathy  s.  DolemU. 

Bltternoffey  die  den  bittem  Geschmack, 
vegetabilischer  Substanzen  bedingenden 
Stoffe,  AlkaloYde,  Harze,  Farbstoffe  etc.» 
zum  grossen  Theil  aber  auch  undere,  noch 
wenig  erforschte  stickstofffeeieVerbindungen. 

Bittersfisf  y  s.  v.  a.  Solanum  Dulcamara. 

Blttenrissery  Min^nilwisser  mit  über> 
wiegendem  Blttersal^ebalt  :.Spsom,  Püllna» 
Sedlitz,  Seidschütz,  Steinwaaser,  Friedrichs- 
hall,  wirken  eröffnend,  abführend ,  werden 
auch  künstlich  bereitet.  [tiana  lutea. 

BitteETwanteU  s.  v.  a.  gelber  Enzian,  Gen- 
Bittgänge  (BuMgänge,  Bet/ährteM),  in  der 
kathol.  Kirche  Prozessionen  zum  Behuf  der 
Bet-  und  Bussübung  überhaupt  oder  zur 
Abwendung  grosser  Uebel  etc.  Die  haupt- 
sachlichsten sind  die  Prozession  oder  grosse 
Litanei  am  St.-Marcustage  (25.  April)  und 
die  kleineren  Litaneien  an  den  3  Tagen  vor 
Christi  Himmelfahrt. 

Bittnrigei  (a.  G.),  Volk  im  aquitan.  Gel- 
lten ,  das  unter  Bellovesus  Heerzüge  nach 
Italien  und  Deutschland  unternahm.  Hauptst. 
Bitttrieum  (Bituriga,  J.  Bonrges). 

MtÜBieii)  allgem.  Bezeichnung  für  pech-, 
theer-  oder  theerölartige,  in  der  Natur  vor- 
kommende Substanzen :  Asphalt,  Ozokorit, 
Erdöl  etc.  BUumii^t  mit  derartiigen  Stoffen 
durchzogen. 

Bitcius.  Mbert,  pseud.  Jeremia»  Gotihdf, 
Schweiz.  Schriftsteller,  geb.  4.  Okt.  1797  zu 
Murten  (Kant.  Freiburg),  seit  1832  Pfiarrer 
zu  Lützelflüh  im  Emmenthale;  f  das.  22. 
Okt.  1854.  Volksthüml.  Erzählungen  voll 
derben  Humors  und  tiefen  sittl.  Gehalts,  z.  B. 
,K&thi  die  GrossmutterS  ,Uli  der  Knecht*, 
,Uli  der  Pachter*  u.  a.  ,Ges.  Schriften*  (2.  Aufl. 
1861 ,  24  Bde.).     Biogr.  von  Mannuel  (1857). 

Bivonae  (fir.,   vom   deutschen  Beiteaeht), 
Feldlager  von  Trappen  unter  freiem  HimiiMl, 
im  Gegensatz  zum  Zeltlagei*,  bes.  bei  Irein-' 
desnabe  üblich.     Bei  längerer  Dauer  mit 
Erd-  und  Laubhütten. 

Bixa  Z.,  Pflanzengattung  der  Bixaceen. 
B.  orellana  L.,  Orlean-  oder  Roucoubaum, 
Baum  in  Westindien  und  Südamerika,  sein 
teig^iges,  dunkelscharlachrothes  Fruchtmark 
liefert  den  Orlean  (s.  d.). 

Blxlo«  Girolamo  Sino,  ital.  Militär,  geb. 
8.  Okt.  1821  zu  Genua,  fungirte  1848  unter 


Bizarr  —  Blagoweschtschensk. 


289 


Oaribaldi  als  GeaentlstabsofAzIer  bei  dei* 
YertheJdigiiDg  von  Rom,  1859  Im  Corps 
der  Alpeigfiger  als  Major,  schloss  sicli  18Ö0 
der  Expedition  Ton  Marsala  aa ,  focht  als 
Kommandeur  eines  Frelwllligenbataiilone 
bei  Oalataflmi  und  Pftlemio,  dann  als  Bri- 
gadier bei  Beggio  und  Volturno,  trat  uacli 
Anflösnng  der  Südarmee  In  das  ital.  Heer 
über  und  erliielt  später  die  Territorial- 
di  Vision  Ton  Alessandrla. 

Bisurr  (ital.),  sonderbar,  seltsam,  grillen- 
haft. £isarrerie,  geflissentliche,  gesuchte 
Sonderbarkeit,  Wunderlichkeit  im  Betragen. 

BJeli^Ja  (B^aja),  FIuss  im  russ.  Gouv. 
Orenburg,  entspr.  im  baschkir.  Ural,  nimmt 
den  Ufa  auf,  mündet  in  die  Kama,  140  M. 

BJch^a-lfeseha,  deutsche  Kolonie  im 
kleinruss.  Gouv.  Tschernigow;  Tabaksbau, 

BiJelew  (JBtUto),  Krelsst.  im  grossniss. 
GouT.  Tnla,  an  d.  Oka,  797S  Ew.  Messerfabr. 

BJelgoroa  (Setgorod),  Kreisst.  Im  gross- 
rass.  Gouv.  Kursk,  am  Donetz ,  19,168  £w. 

BJelneha,  Berg,  s.  Kaiunjatäul^. 

ly^meborg,  Seebafenstadt  In  Finnland, 
Gouv.  Abo,  an  der  Mündung  des  Kümo  in 
den  bottn.  Meerb.,  7970  Ew. 

BJdnuoiiy  SJ\im»terne,  norweg.  Dichter, 
geb.  8.  Deo.  1899  zu  Kvikne  in  Oesterdalen, 
war  eine  Zeitlaug  Theaterdirektor  zu  Bergen, 
privatlsirte  dann  in  Chrlstiania,  machte 
1861  eine  Heise  nach  B^m ;  seit  den  letzten 
Jahren  Direktor  des  Tlieaters  zu  Chrlstia- 
nia. Seine  Werke,  durcli  acht  nationales 
Gepräge  ausgezeichnet,  sind  theils  Dorf- 
geschichten: ,AmeS  ,£in  fröhlicher  Bursche' 
fdeutseh  von  Lobedanz  1865)  u.  A.;  theils 
Dramen :  ,Zwl8oheu  den  Sohlachten'  ,Hulda', 
,König  Sigurd*  (alle  3  übers,  von  Lcbedaru 
1866),  »König  Sverre*,  ,Marla  Stuai-t  in  Eng- 
land' (deutsch  1865);  theils  lyr.  Gedlclite. 

Blaekbnm  (spr.  Bläckbörn),  Staat  in  der 
engl.  Grafsch.  Lanoaster,  am  Derwent,  63,126 
Ew.    Grosse  Kattnnfabr. 

Black -Done  (spr.  Black-Dom),  höchster 
Berg  des  Alleghanygebirgs,  6800'. 

Blaekilscli.  s.  Tintentehneeke,  " 

Biackheath  (spr.  Bläckiileth),  Ortschaft 
südöstl.  von  London,  bei  Greenwich.  Park, 
hochgelegen,  von  den  Londonem  viel  besucht. 

Black -Biver  (spr.  Black -Rlwwer,  d.  i. 
schwarzer  Fluss),  Nome  zahlreiclier  Flüsse, 
bes.  in  Kordamerika. 

Blaekstone  (spr.  Bl&ckston),  8ir  Wittiam, 
engl.  Reclitsgelehrter,  geb.  10.  Juli  1723  zu 
London,  ward  1701  Mitglied  des  Parlaments, 
1763  Solicitor- General  der  Königin,  1770 
Kicliter  am  königl.  Gerichtshofe  der  Common 
Pleas;  t  1^*  Febr.  1780.  Seine  ,Commen- 
tariet  on  the  Law  of  England'  (1765—68, 
4  Bde.;  19.  Aufl.  1854)  gelten  noch  jetzt  als 
A,nt<£rffcät  in  allen  konstitutionellen  Fragen. 
Sehr,  ausserdem  ,Law  tificts'  (1762,  2  Bde.; 
deutsch  1779)  und  ,Analysis  of  the  Law 
of  England'  (1754). 

BlMk-Warrior  (spr.  Bl&ck-Uarrlor),  Fluss 
in  Alabama  (Nordamerika),  mündet  bei  De- 
mapolls  in  den  Tombigbee;  von  Mobile  bis 
Tuscaloosa  (57  M.)  schlfTbar. 

Blaek-Wftt«r  (spr.  Bläckuahter),  1)  Kfisten- 
fli»ss  in  der  engl.  Grafsoh.  Essex,  bildet  an 

Meyert  Band 'Lexikon. 


der  Mündung  die  wegen  ilirer  Austern  be- 
rühmte Btackwaterbai.  —  2)  Küstenfluss  im 
sudwestl.  Irland,  mündet  bei  ITougha],  20  M. 

Blaekwood  (spr.  Bläckwudd),  schwarzes 
hartes  Holz  von  Madagaskar  (7),  kommt 
von  Mauritius  und  Isie  de  France  in  den 
Handel,  dient  zu  kleinen  Drechslerarbeiten. 

Blackwood-Blver  (spr.  Black wudd-RIwer; 
im  Oberlauf  Arthur),  Küstenfluss  im  sud- 
westl. Australien,  mündet  bei  Augusta, 
östl.  vom  Kap  Leeuwin. 

Bilser.  Gustav,  Bildhauer,  geb.  9.  Mai 
1818  zu  Dusseidorf,  Schüler  Rauchs,  lebt 
in  Berlin.  Krieger  zum  Kampf  ausfallend 
(berl.  Schlossbrücke),  Reiterstatuen  Frledr. 
Wilhelms  III.  u.  Frledr.  Wilh.  IV.  (Köln), 
Borussia  (berl.  Museum)  u.  A. ;  auch  treffl. 
Büsten  und  genreartige  Gruppen. 

Blahnngen  (Flatus,  Vapeurs),  häufiges  Ab- 
gehen vonDarmgason  durch  den  After.  An- 
sammlung derselben  bedingt  Aufgetrieben- 
sein  des  Leibes  (Meteorismus,  Tympanitis) ; 
Bestandtheile :  verschluckte  atmosphärische 
Luft,  Kohlensäure,  Wasserstoff,  wenig 
Schwefel-  und Kolilen Wasserstoff.  Tritt  ein 
nach  Gennss  leicht  gährender  Speisen  (Most, 
junges  Bier,  grfine  Gemüse,  Sauerkraut). 
Gasansammlung  im  Magen  bewirkt  Athem- 
besch werden,  Aufstossen.  Behandlung:  Rei- 
ben des  Leibes,  gewürzhafte  Mittel. 

BlStterbrMhy  blätteriger  Bruch,  Eigen- 
schaft der  Mineralien,  unter  einem  Schlag 
blätterartig  zu  spalten  (Glimmer). 

BlStterklei,  blätterig  oder  rindenformig 
sich  ablagerndes  Schwefelelsen  bei  Döblaa 
bei  Halle. 

BIStterkohle.  s.  Brcutn-  und  Steinkohle. 

Blitterschierery  bitumiuöser  Schiefer,  der 
Bogheadkohle  ähnlich,  liefert  sehr  vielTheer; 
wichtiges  Rohmaterial  für  die  Paraffin- 
Industrie,  findet  sich  im  Siebengebirge  bei 
Linz ,  Rott ,  Oedingen ,  Bonn ,  zu  Werthen 
bei  Bielefeld ,  in  Hessen,  Hannover,  Böhmen, 
In  der  Yendde ,  zu  Autun  und  auf  der  He- 
brideninsel  Mull. 

Blattenchwamiii ,  Agarlcos,  s.  JPiUe. 

Blitt  (Bläuw,  Blauw,  lat.  Caesiu»),  holl. 
Gelehrten-  und  Buclidruckerfamille.  Wilh. 
£.,  geb.  1571  zu  Alkmar,  f  S^*  Okt.  1638, 
ausgez.  als  Mathematiker  und  Astronom, 
Landkartenzeichner  und  Verfertiger  von 
Erd-  und  Himmelsgloben.  Sehr.  ,Novus 
Atlas,  d.  i.  Weltbeschreibung  mit  schönen 
newen  aussf&hrlichen  Landti^eln'  (1634—62, 
6  Bde.),  ,Theatrum  urbium  etc.'  (1619)  o.  A. 
Sein  Enkel  Joh.  B.,  geb.  Anfangs  des  17. 
Jahrh.  zu  Amsterdam,  machte  grosse  Reisen, 
gab  einen  ,At]as  Major'  (1662,  11  Bde.)  und 
zahlr.,  schön  ausgestattete  topograph.Knpfer- 
werke  und  Städteansichten  heraus ;  f  28.  Dec 
1673.  Seine  Söhne  Joh.  und  JMer  setzten 
das  buchhändl.  Geschäft  des  Vaters  bis  gegen 
1700  fort.    Gute  Ausgaben  klass.  Autoreu. 

Blaftird  (ft*.,  spr.  -fahr),  Mensch  mit  weissen 
Haaren  und  rothen  Augen,  Kakerlak,  Albino. 

Blagodat,  berühmter  Magnetberg  im  mitt- 
lem Ural,  bei  Niachnij  -  Tagllsk,  1984'  h. 

Blagoweschtschensk  y  Hauptst.  des  niss. 
Amurgebiets,  am  Dsega  und  Amur;  unfern 
der  chin.  Stadt  Aigun;  1858  gegründet. 


290 


Blaisais  —  Blankenese. 


BIaImIb  (spr.  B1&S&) ,  Landsch.  Im  mitt- 
leren Frankreich  (Orltenals),  Jetet  ein  Theil 
des  Depart.  Loir-Chdr;  Hauptst.  Blois. 

Blake  (apr.  Blehk),  Bob.,  engl.  Seeheld, 
geb.  1599  zti  Bridgewater  in  Somersetshlre, 
ward  1640  Mitglied  des  Parlaments  und  hier 
Fühi*er  der  republikan.  Partei,  1649  von 
Oromvell  mit  dem  Oberbefehl  über  die 
engl.  Seemacht  betraut,  Temichtete  das 
Geschwader  des  Prinzen  Bnpert,  eroberte 
die  Kanalinseln,  focht  1658  n.  1653  siegreich 
gegen  die  Holländer,  verbrannte  1655  bei 
Tonis  eine  türk.  Flotte ,  schlug  1657  die  Spa- 
nier bei  Sta.-GraB  und  nahm  ihre  Sllbeiv 
galionen  weg;  f  17.  Aug.  1657.  Seine  Biogr. 
von  Hepwarth  Dixon  (185S). 

BllknlU  (spr.  Bio-,  d.i.  blaue  Jungfrau), 
Steinklippe  bei  der  schwed.  Insel  Oeland, 
an  die  sich  alte  Hexensagen 'knüpfen. 

BIabc.  1)  Ludw,  Oottfr.,  geb.  19.  Sept. 
1781  zu  Berlin,  ward  1822  Prof.  der  roman. 
Sprachen  und  1888  Domprediger  zu  Halle; 
t  das.  18.  April  1866.  Oründl.  Kenner  der 
ital.  Sprache  und  Literatur,  bes.  des  Dante; 
sehr.  ,Ita].  Grammatik*  (1844);  «Yocabulario 
Dantesco' (1851);  (Versuch  einer  bloss  philo- 
logischen Erklärung  mehrerer  dunkeln  Stel- 
leu der  göttl.  Komödie*  (1860-64,  8  Bde.); 
,Uebersetzung  und  Erläuterung  der  göttl. 
Komödie'  (1864) ;  auch  ,Handb.  des  Wissens- 
würdigsten aus  der  Natur  und  Geschichte 
der  Erde  und  ihrer  Bewohner'  (8.  Aufl.  von 
H.  Lange  1867—69).  —  S)  Jean  Joseph  Louis, 
franz.  Publlcist  der  so<^idemokrat.  Bii^tung 
und  Historiker,  geb.  88.  Okt.  1813  in  Madrid, 
lebte  seit  1834  in  Paris  als  Mitarbeiter  am 
(National'  und  an  der  3®vue  r6publicaine', 
gründete  1838  das  Blatt  ,La  revue  du  pro- 
grds*.  worin  er  zuerst  seine  Theorie  von 
der  ,Organi8atlon  der  Arbeit*  veröffentlichte, 
ward  1848  Mitglied  der  provlsor.  Begiemng, 
bewirkte  als  solches  die  Einsetzung  des 
sog.  ,Regierung^ausschU8ses  für  die  Arbei- 
ter', ward  in  den  durch  das  Attentat  vom 
15.  Mai  veranlassten  Kriminalprozess  ver- 
wickelt und  entzog  sich  der  Yerurtheilung 
durch  die  Flucht  nach  Belgien  und  England. 
Seit  Sept.  1870  wieder  in  Paris,  gehörte  er 
der  gemässigten  republikan.  Partei  an. 
Ausser  pollt.  Flug-  und  polem.  Schriften 
verfasste  er  noch  ,Histoire  de  dix  ans 
1830-1840'  (1841-44,  5  Bde. ;  deutsch  von 
Buhl  1844,  5  Bde.,  und  Fink  1845,  5  Bde.), 
(Histolre  de  la  rivolntlon  Aran^se*  (1847— 
1866,  10  Bde.;  deutsch  1854)  und  ,Histolre 
de  la  r^volution  de  1848'  (1870).  —  S)  AugusU 
Alexandre  Charles,  £ranz.  Kunstschriftsteller, 
Bruder  des  Yor.,  geb.  17.  Nov.  1815  zu  Gastres 
im  Depart.  Tarn,  war  nach  der  Revolution  von 
1848  bis  1852  Direktor  der  Abtheilung  für 
die  bildenden  Künste  im  Ministerium  des 
Innern.  Sehr,  das  in  grossen  Dimensionen 
angelegte  Werk  .Histoire  des  peintres  de 
toutes  les  6coles'  (1850  f.);  ,Hi8toire  des 
peintres  fran^ais  au  XIX  slöcle*  (1845); 
,Gi*ammaire  des  arts  du  dessln'  (1864)  u.  A. 

Blase  d'Etpagne,  s.  v.  a.  basisch  salpeter- 
saures Bismuthoxyd,  Schminke. 

Blftne  flxy  8.  V.  a.  Barytwelss,  Schwefel- 
•aurer  Baryt. 


BUnehard  (spr.  Blangschahr),  1)  Fran- 
ffois,  einer  der  ersten  Luftschiffer,  geb.  1753 
zu  Andelys  im  franz.  Depart.  Eure,  ver- 
suchte 4.  März  1784  die  erste  Luftreise, 
schiffte  1785  über  den  Kanal  nach  Galais, 
machte  dann  uoch  viele  Luftreisen  in  frem- 
den Ländern,  bis  1807  66;  f  7.  März  1S09. 
Seine  Gattin  setzte  die  Laftreisen  fort  und 
fand  ihren  Tod  6.  Juli  1819  in  Paris  bei 
ihrer  67.  Auffahrt,  indem  ihr  Ballon  durcU 
ein  in  der  Höhe  abgebranntes  Feuerwerk 
in  Brand  gerieth.  —  8)  Henri  Louis,  flranz. 
Komponist,  geb.  7.  Febr.  1778  zu  Bordeaux, 
30  Jahre  lang  Orchesterdirigent  der  «Yari^- 
t^s';  t  86.  Dec.  1858  zu  Paris.  ZahIr.,Vaade- 
villearlen,  meist  ins  Volk  gedrungen.  Auch 
als  Theaterdichter  und  Kritiker  thätlg. 

BUBChiren  (A-.),  abbrühen,  abwallen,  in 
der  Kochkunst  Fleischwerk  oder  Gemüse  ein 
paar  Male  im  Wasser  aufwallen  lassen ;  in 
der  Gärtnerei  Endivlen,  Laktuken,  Sellerie 
etc.  fest  zusammenbinden  und  in  die  Erde 
stecken,  damit  sie  gelb  und  zart  werden. 

BIabco,  Kap,  s.   Weisses  Vorgebirge. 

Blanco  (bianeo,  ital.),  beim  Indossiren 
eines  Wechsels  auf  der  Rückseite  desselben 
leer  gelassener  Platz  zum  Einschreiben  des 
Namens  des  Indossaten.  In  B.  stehen,  die 
Tratte  (Wechsel)  eines  Andern  aoceptirt  oder 
ihm  Rimesse  gemacht  haben,  ohne  dafür 
Deckung  zu  haben;  überhaupt  Vorschuss 
geleistet  haben,  ohne  gehöHg  gedeckt  zu 
sein.  Blancokredil,  offener,  bloss  auf  per- 
sönlichem Vertrauen  beruhender  Kredit. 

Biandrata,  Giorgio,  eigentl.  Biandrata, 
Stifter  der  Unitarier  in  Polen  und  Sieben- 
bürgen, Sprössling  eines  angesehenen  ital. 
Geschlechts  zu  Saluzzo,  geb.  um  1515,  war 
in  Pavia  Arzt,  floh,  von  der  Inquisition  als 
Verbreiter  reformator.  Ideen  verfolgrt,  1556 
nach  Genf,  begab  sich  1558  nach  Polen,  1563 
nach  Siebenbürgen,  ward  Leibarzt  des 
Fürsten  Joh.  SIgismund,  von  seinem  kath. 
Neffen  aus  Fanatismus  um  1590  ermord^. 
Sein  ,Antitrlnitar.  Glanbensbekenntniss' 
herausgeg.  von  Henke  (1794). 

BUnginl  (spr.  -dschinl),  Giuseppe  WaHa 
Feliee,  ber.  Liederkomponist,  geb.  8.  Nov. 
1781  zu  Turin,  f  18.  Dec.  1848  als  Prof.  am 
Konservatorium  zu  Paris. 

Blankenberghe,  Fischerdorf  im  belg. 
Westflandern,  nordöstl.  von  Ostende,  1980 
Ew.,  seit  1840  Seebad  (ca.  4000  Gäste  Jährl.). 

Blankenborg  •  1)  Kreis  im  Herzogth. 
Braunschweig,  die  südöstl.  Exklave,  8,6  QM. 
und  88,988  Ew.  Ehedem  eigene  Grafschaft, 
seit  1590  braunschweigisch,  1690—1731  unter 
Ludwig  Rudolf,  dem  2.  Sohne  des  Herzogs 
Anton  Ulrich,  selbständiges  Fttrstenthum. 
Die  Hauplst.  B.,  am  Nordrande  des  Harzes, 
3825  Ew.  Statt].  Schloss;  gegenüber  die «og. 
Tenfelsmauer,  eine  Kette  von  wilden  Stein- 
klippen. —  8)  Stadt  In  Schwarzburg-Rudol- 
Stadt  (Oberherrschaft),  an  der  Rinne,  1393 
Ew.    Ruine  Greifenstein.   Kaltwasseranstalt. 

Blankenese  9  schön  gelegenes  Dorf  bei 
Altona,  an  der  Elbe,  3185  Ew.,  Hauptsitz 
der  Nordseeflscherei  und  Lootsenschlfflahrt 
mit  über  300  eignen  Schiffen;  zafalr.  schöne 
Landhäuser  der  Hamburger. 


Blankenhain 

BUnkenluiiii,  Stadt  in  SachsenoWeimar, 
IKr.  Weimar,  2186  Ew.  Schloss.  PoraeUanfabr. 

BUnkenheiniy  Flecken  im  preuss.  Regbz. 
dachen,  in  der  Elfe),  an  der  Aar,  S161  £«r. 
Hauptort  der  ehemal.  Ore^fteh.  B. 

Blanket  (fr.  blanquel,  ital.  earta  bumea), 
■«nToUstandlge,  oft  nur  mittelst  Namena* 
Minterschiift  auf  einem  leeren  Blatte  er- 
-theilte  YoUmaclit. 

Blanke  Waffen  ^  im  Gegensatz  ma  den 
I'euer-  oder  Fernwaffen  die  für  den  Kampf 
-in  der  Nähe  oder  das  Handgemenge  be- 
:8timmten  Nahwaffen,  entweder  Stosswaffen 
«^Stossbi^onnet  und  Lanze),  oder  Hiebwaffen 
<<krummer  Säbel),  oder  Stoss-  und  Hiebwaffen 
•<Degen,  Pallasch,  Hirschfanger,  Haubaiion- 
net,  Bajonnetsibel  der  Infcuiterie  nnd  gera- 
-der  Reitersäbel). 

Blanklly  marokkan.  Silbermünse,  =  9Vl  Pf* 

BUnk-Tene  (engl.),  der  reimlose  Sfüssige 
.Jambus. 

Blanqni  (spr.  Blangki),  1)  JAröme  Adolphe, 

Aranz.  Nationalökonom,   geb.   20.  Not.  1796 

•SU  Nizza,  ward  1883  Prof.  am  Kon^eryatorium 

•der  Künste   und   Gewerbe   zu   Paris,    1838 

H itglied  der  Akademie  der  moral.  und  polit. 

Wissenschaften,  1846—48  Mitglied  der  De* 

putirtenkammer;    f  28.  Jan.  1854  zu  Paris. 

Hauptwerk :  ,Histoire  de  Täconomie  politique 

«n  Europe'   (1887—38,   2  Bde.).    Anhänger 

•Says  mit  socialist.  Sympathien.  —  2)  Zont« 

Augtute,  franz.  Beraagog,  Bruder  des  Vor., 

■^eb.  18(Ki  zu  Nizza,  liess  sich  früli  in  ge- 

lieirae  Umsturzverbindungen  ein,  ward  bei 

dem  bewaffneten  Aufstande  vom  12.  Mai 

1839  ergriffen,  vom  Pairshof  zu  lebenslang* 

lieber  Haft  tfiegnadigt'und  bei  derFebrnar- 

TeTolution  1848  freigelassen,    stiftete    den 

Klub  des  republikan.  Gentralvereins ,  ward 

:«ls  Hauptanstifter  der  Manifestationen  vom 

17.  März,  16.  April  nnd  15.  Mai  bei  letzterer 

-▼erhaftet  und  zu  lOJähr.  Gefangenschaft,  die 

•er  zu  Belle -Isle  verbüsste,  dann  Juni  1861 

wegen  neuer  Umtriebe  zu  4Jähr.  Gefangen- 

^flchaft  Terurtheilt;  seit  Sept.  1870  Agitator 

für  socialdemokrat.  Bestrebungen  in  Paris. 

Blaiuko,  Markts,  im  mähr.  Kr.  Brunn, 
-an  der  Zittawa,  dem  Grafen  Salm  gehörig, 
1500  Ew.  Schloss.  Grosse  Eisenwerke,  4>e8. 
Torzügl.  Giesserei. 

Blase  L.  (Vesica),  im  anatom.  Sinne  Be- 
liältnlss  für  Flüssigkeiten,  bes.  Harnblase, 
43ammelapparat  für  den  Harn,  im  kleinen 
Becken  gelegen,  hat  nach  oben  Mündungen 
■der  Harnleiter,  nach  uhten  solche  für  die 
Harnröhre,  ist  mit  Schleimhaut  ausgeklei- 
det, kann  durch  Muskeln  zum  Zusammen- 
ziehen gebracht  und  willkürlich  geschlossen 
werden.  Im  patholog.  Sinne  Abhebung  der 
Oberhaut  durch  klare  Flüssigkeit;  bei  An- 
«ammlnng  von  Eiter  Fueld,  von  Blut  JXui' 
•Ua«e  (bei  Quetschung). 

Blazebalg,  s.  Gebläee. 

BlaMüdori  (BdUufalva),  Flecken  im  sie- 
l>enbürg.  Kom.  Kokelburg,  am  Kokel,  1100 
£w.    Sitz  eibes  griech.-orient.  Erabisohofs. 

BlaseBgrfiB)  gelbgrüne  Farbe  ans  Kreuz- 
•dombeereu. 

Blaseapflaster,  z.  KantharideitpßMter, 

BlMenimrai»  seschlechtslose  j&Uwioke- 


—  Blattgrftn.  091 

\ 

longsforra  des  Bandwurms  (s.  d.),  firfiher 
für  selbständige  Arten  gehalten  (Cystica). 
Viele  Arten.  B.  des  Menscben,  Iffehmirm 
(Echinococcus  hominis  und  Teterinorum), 
«rzengt  namentlich  auf  Island  die  Hydatiden- 
seuche,  findet  sich  auch  in  Hausthieren  und 
entwickelt  sich  im  Hundedarm  zum  Band- 
wurm (Taeuia  echinoooocus  8i^.),  Dreh- 
wurm, Sehafsfueee  (Ooenurus  oerebraüs)  er- 
zeugt die  Drehkrankheit  (s.  d.),  entwickelt 
sich  im  Schäferhunde  zum  Bandwurm  (T. 
coenurus).  Finne  (Oysticercus  cellulosae) 
im  Schwein  (aueh  im  Menschen)  entwickelt 
sich  im  Menschen  zum  gemeinen  Bandwurm 

S.  Bolium).  Cysticercus  pisiformis  in  der 
ber  des  Hasen  gibt  den  Hundebandtaurm 
(T.  serrata)  und  O.  fasciolarls  der  Maus  und 
Ratte  den  Kiitgenbandwurm  (T.  crassicollls). 

Blasensiehende  Mittel  ( Veeieantia) ,  be- 
wirken, auf  die  äussere  Haut  gebracht,  erst 
Rdthung,  dann  durch  Ausschwitzen  Ton 
Blutflüssigkeit  blasige  Abhebung  der  ober- 
sten Hautsohicht.  Wirksamste  b.M.:  Hitze, 
spanische  Fliege,  Seidelbast,  Veratrin,  Oel  der 
Elephantenlaus  (Anacardlum),  des  Crotons. 

Blateiritiy  Dorf  bei  Dresden,  an  der  Elbe, 
Losch  Witz  gegenüber;  bekannt  durch  die 
Guetel  von£.  in  Schillers  ,Wa1]enstein*,  an- 
geblich Tochter  des  Gastwirths  Sagadin 
(Auguste,  t  1856  in  Dresden  als  Frau  des 
Senator  Renner). 

BlaiieBMlIa,  Stadt,  s.  Zella. 

Blasius,  Heiliger,  Bischof  yon  Sebaste  in 
Kappadocien,  f  unter  Licinius  als  Märtyrer, 
einer  der  14  Nothhelfer.    Tag  3.  Febr. 

Bladw,  Joh,  ffeinr.,  Naturforscher,  geb. 
7.  Okt.  1809  zu  Nümbiecht  (Regbz.  Köln), 
seit  1836  Prof.  der  Naturgeschichte  zu  Braun- 
schweig und  Direktor  des  botau.  Gartens 
das.;  1 26. Mai  1870.  Sehr.  ,Reise  durch  das 
europ. Russland*  (1844,  2  Bde.);  ,Fanna  der 
Wirbelthiere  Deutschlands*  (Bd.  1,  1857); 
,Die  Wirbelthiere  Buropas'  (mit  Kaveerling, 
Bd.  1,  1840). 

Blaioiinirte  Mttnaeii,  deutsche  Münzen, 
bes.  halbe  Batzen  mit  in  Lack  ausgemaltem 
Wappen,  gingen  früher  nach  Indien  u.  China. 

Blagphenile  (gr.),  urspr.  Jede  schädliche 
Rede,  insbes.  Gotteslästerung.  ßUuph&miren, 
beschimpfen,  in  Übeln  Ruf  bringen. 

Blatt,  s.  i^fM«. 

Blatten 9  in  der  Jägersprache  die  Stimme 
des  weiblichen  Rehes  nachahmen ,  um  den 

Blattern  9  s.  Backen.       [Bock  anzulocken. 

Blattlldhe  (Psyllida),  Insektengattung  der 
Halbflügler,  leben  auf  Blättern,  springen; 
liarven  meist  mit  weissem  Flaum  bedeckt, 
saugen  gesellig  an  Jungen  Schossen  und  des- 
halb schädlich.    Ueber  60  deutsche  Arten. 

Blattgelb  (XanthophjfU),  der  gelbe  Farb- 
stoff in  gelbwerdenden  Blättern,  kommt  wie 
das  Blaj^rün  vor,  ist  harzartig,  Im  Zell- 
saft unlöslich. 

Blattgold,  s.  Ooldeehlägerei. 

Blattgrüm  (ChlorophyU),  Farbstoff  der 
grünen,  krautartigen  Pflanzentheile,  findet 
sich  in  den  Zellen  ungelöst  auf  Kömchen 
ans  Proteinsubstanz  abgelagert,  bildet  sich 
unter  dem  Einfinss  des  Lichts,  ist  in  Alkohol» 
Aether,  Oelea,  Alkalien  tmd  Säuren  löslieb. 

19* 


^2 


Blattkäfer  —  Blausncht. 


«nd  lässt  eich  in  ekten  bUuen  und  eiaen 
gelben  Farbstoff  spalten.  Dient  znr  Dar- 
stellunff  einer  Lackfarbe. 

BlatÜuifer  (Ohrysomelina) ,  Kaforfamilie 
der  Tetmraeren,  Eahlreiche^Arteu,  richten  auf 
Krautern  und  B&nmon  empfindlichen  Schaden 
an.    Am  bekanntesten  der  Erdfloh  (?•  d.). 

BUttl&iue  (Aphldii),  Insektengruppe  der 
Halbflngler  mit  eigenthümlicher  Metamor- 
phose.  Ans  den  übervinterten  Eiern  schlü- 
pfen im  Frübjahr  flügellose  Ammen,  welche 
lebendige  Junge  gebären,  die  sich  auf  gleiche 
Weise  fortpflansen.  Später  entstehen  geflü- 
gelte Ammen  und  endlich  geflagelte  Männ- 
chen nnd  Weibchen,  die  nach  der  Begattung 
Eier  legen.  Viele  Arten,  leben  gesellig  auf 
sahireichen  Pflanzen,  schaden  durch  Aus- 
saugen des  Saftes,  spritzen  ihre  honigsüssen 
Xxkremente  weitlün  und  erzengen  so  den 
Hcnigtkau,  der  mit  den  abgestreiften  Bälgen 
der  B.  w^s  bepudert  Mehllhau  heisst. 
Feinde:  Zaunkönig,  Meisen,  viele  Insekten, 
bes.  Marienkäfer.  Zu  vertilgen  durch  Wa- 
schen mit  Seifenbrühe,  Bäuchem  mit  Tabak. 

BUttroth«^  der  gelbe  Farbstoff  in  roth- 
werdenden Blättern,  ist  im  Zellsaft  gelöst. 

Blattoilber,  s.  Gold$cMägerei, 

Blattwespen  (Tenthredonidae ,  Pbyllo- 
phaga),  Insektenfamilie  der  Hautflügler.  Die 
gesellig  lebenden  Liarven  (Afterraupen)  durch 
ihre  GeArässigkeit  schädlich.  Viele  Arten, 
bes.  auf  Rosen,  Obstbäumen,  Erlen. 

BUttwickler,  s.   Wickler. 

Blaa,  linker  Kebenfl.  der  Donau  in  Wür« 
temberg,  entspr.  bei  Blanbenren  im  sogen. 
£lautopf  {9V  tiefes,  ISO'  im  Durchmesser 
haltendes  Bassin),  mündet  bei  Ulm. 

BIah  f  eine  der  drei  Grundfarben ,  mit 
folgenden  Schattirungen :  Schwarz-,  Dunkel-, 
Türkisch-,  Königs-  oder  Kornblumen-,  Fran- 
zösisch-l  Mittel-,  Perl-,  Himmel-  oder  Azur-, 
Hell-,   Porzellanblau. 

BhkUlMat  (Bitter  Baotd),  Held  eines  ur- 
sprüngl.  altfranz.  Märchens,  das  u.  A.  Tieck 
im  .Phantasus*  dramatisch  behandelt  hat. 

Blanbenreii^  Städtchen  im  würtemberg. 
Donaukreis,  an  der  Blau,  am  Fuss  der  Alp, 
1853  Ew. ;  Kloster  (j.  Seminar)  mit  schöner 
Kirche  (Schnitzerelen  von  6.  Sürlin  ans  Ulm). 

Blanbleierzy  s.  WeinHeierK, 

BUnbficher  (Blue-books),  in  England 
Sammlungen  iron  Aktenstücken,  welche  die 
Begierung  dem  Parlament  vorzulegen  pflegt, 
so  gen.  nach  der  Farbe  ihres  Umschlags.  Die 
dlplomat.  B.  enthalten  die  Korrespondenz 
zwischen  dem  Ministerlnm  des  Auswärtigen 
nnd  den  Vertretern  Englands  im  Auslande. 

-  Blase  Berge,  s.  £lue  Mbuntaint, 

Blaue  Farben,  Mineralfarben:  bes.Kobalt- 
-nnd  Kupferverbindungen,  Ultramarin-,  Mo- 
lybdän-, Indigblau.  Vegetabilische:  Indigo 
und  Verwandte  (Wald,  Bingelkraut),  Lack- 
mus, Blausalz,  Beeren-  und  Blüthenblan. 
Theerfarben.  Die  meisten  vegetabilischen 
b.n  F.  (mit  Ausnahme  des  Indigo)  werden 
durch  Säuren  roth,  durch  Alkalien  grün. 

Blane  ülrotte,  Stalaktitenhöhle  auf  der 
Nordküste  der  Insel  Gaprl,  etwa  ISO*  1.  und 
über  dem  Wasser  80*  h.,  mit  engem  Ein- 
gang (ii*  üb.  M.),  der  nur  bei  ruhigem  Meer 


schwimmend  oder  mit  einem  Kahn  zu  paS' 
siren  ist^  bei  klarem  Himmel  von  einem 
azurblauen  Lichte,  bei  bewölktem  mit  blau- 
grauer  Dämmerung  ei*füllt ;  1826  vom  Maler 
Kopisch  entdeckt. 

Blauelsenerz  (blauer  Ocker,  Etscn&Iau,. 
Vivianit) ,  wasserhaltiges ,  phosphorsaures- 
Eisenoxyduloxyd,  farblos,  an  der  Luft  iudlg- 
blaa,  krystallisirt  bei  Gornwallis  u.  Boden- 
mals, erdig  in  tertiären  und  jüngerenThonen. 
und  Torfmooren;  sehr  haltbare  Farbe. 

Blauen,  Gipfel  des  südwestl.  Scliwarz- 
waldes,  bei  Badenweiler,  3616'. 

Blauer  Montag,  der  ehedem  durch  blaue- 
Altarumhängung  in  den  Kirchen  ausgezeicb- 
nete  Montag  vor  Fastnacht,  mit  der  Nach— 
feier  des  vorangehenden  Sonntags;  bef 
Handwerkern  überh.  Nachfeier  des  Sonntags^ 

Blaue  Treppe,  250'  h.  Dünenberg  beü 
Harlem,  mit  prächtiger  Aussicht. 

BUnfarbenwerk ,  Wei*k,  auf  welchem* 
Smalte  bereitet  wird. 

Blauholz,  B.  Oampechekoh. 

Blaukehlehen,  Lusciola  suecicaZ>.,  Vogel- 
art  de^  eigentlichen  Sänger,  6"  lang,  in. 
Schweden,  einzeln  auch  bei  uns. 

Blanrer  (Ambrosius,  eigentl.  Elarer)^ 
würtemberg.  Reformator,  geb.  13.  April  1492^ 
zu  Konstanz,  ward  als  Prior  des  Benedik- 
tinerklosters zu  Alpirsbach  wegen  seiner* 
reformator.  Sympathien  abgesetzt,  1528  zur 
Regelung  des  Kirchenwesens  nach  Mem- 
mingen, 1531  nach  Ulm  berufen,  führte  die- 
Reformation  in  Würtemberg  1534—38  mit: 
Schnepfe  zum  Theil  nach  schweizer  Muster^ 
durch;  f  als  Prediger  6.  Dec.  1854  zu  Win« 
terthur.  Biogr.  v.  Keim  (1860)  u.  Treseel  (1861).. 

BlftUsSure  (GyanwoABeratoff^ure) ,  Verbin- 
dung von  2  Aeq.  Kohlenstoff,  1  Aeq.  Wasser- 
stoff und  1  Aeq.  Stickstoff,  entsteht  beim« 
Behandeln  zerstossener  bitterer  Mandeln^ 
Kirschen-,  Pflaumen-,  Aprikosenkerne  mit 
Wasser  aus  Amygdalin  (s.  d.)i  ^^  Zersetzung* 
von  Gyankalinm  oder  gelbem  Blutlaugensals. 
mit  Säuren.  Wasserfreie  B.  ist  eine  äusserst- 
flüchtige  farblose  Flüssigkeit,  riecht  nacU 
Bittermandelöl,  schmeckt  bitterlich  scharf, 
reagirt  schwach  sauer,  siedet  bei  26o,5,  löst: 
sich 'in  Wasser  und  Alkohol  und  ist  eine» 
der  heftigsten  Gifte.  Schwache  wässerige» 
B.  wichtiges  Arzneimittel,  bes.  in  der  Form 
von  Bittermandelwasser.  Vgl.  Preyer,  ,Die< 
B.S  1868  und  1870. 

Blanfurares  Eisen,  s.  v.  a.  Berlinerblau. 

Blanstmmpf ,  frülier  Gerichtsdiener,  An- 
geber,   Verräther,     wahrscheinlich     nach^ 
£laufu$$,  dem  alten  Schmeichelnamen  de» 
Fuchses;  Jetzt  gewöhnlich  (Blne  Stooklngs> 
Bezeichnung  gelehrter,     schriftstellemder 
Frauen,  von  einem  um  1780  in  London  be- 
stehenden Vereine  von   Schöngeistern  her- 
genommen, unter  dessen  Mitgliedern  sich 
eine  Frau,   Namens    Stillingfleet,   geltend; 
machte,   die   zuerst  jenen  Namen   erhielt,, 
weil  sie  blaue  Strümpfe  trug. 

Blausueht  (Cyanose) ,  unter  Erscheinung- 
hochgradiger Venenblutätauung  verlaufend» 
Krankheiten,  durch  bläuliche  Färbung  alter 
Schleimhäute,  bes.  der  Lippen  charakterlsirt; 
meist  durch  organische  Herzfehler  bedingt.. 


Blaye  —  Bleichen. 


2m 


Bit)«  (spr.  BTä}),  befesi.  Handelsst.  Im 
frans.  Depart.  Gironde  (Qujenne)^  an  der 
<Oironde,  4761  Ew.  Im  hochgelegenen  Schloss 
1831  die  Herzogin  von  Berri  als  Gefangene. 

Blase  (spr.  Blahs),  Franp.  Henri  Joseph, 
:gewöhnl.  Ca$til •  Bleue  gen.,  frane.  musikal. 
rSchriftsteller ,  auch  Komponist,  geb.  1.  Dec. 
1784  KU  Cataillon  (Yancluse),  ursprünglich 
-Jurist,  erregte  Aufsehen  mit  dem  Werke  ,De 
l'op6i*a  en  France*  (1880),  redigirte,  seit  1826 
in  Paris,  den  musikal.  Theil  des  ,Journal  des 
D6bätsS  arbeitete  später  für  den  ,Oonstito- 
-tionneV  und  die  ,Revue  de  Paris* ;  fH^Beo. 
1837.  Sehr,  noch  ,Dictionn.  de  Musfque  mo- 
■deme*  (1821,  2  Bde.),  komponirteRomansen, 
Kirchenstücke,  Quartette  etc.  und  erwarb 
:8ich  bes.  Verdienst  durch  Einfuhrung  deut- 
;8cher  Opern,  bes.  von  Mozart  und  Weber. 

Blech,  zu  dünnen  Blatten  gewalztes  Me- 
tall, wobei  Eisen,  Stahl  und  Kupfer  glühend 
oder  doch  sehr  heiss  durch  die  Walzen 
^ehen.  Am  gebräuchlichsten  Ist  SUenbleeh 
«US  dem  zähesteu  und  weichsten  Schmiede- 
eisen, kommt  als  Sehwarzblech  oder  Ter- 
sdnnt  (Welssblech)  oder  verzinkt  in  den 
Handel.  Verffoldetes  KupfeihUe\  entsteht 
•durch  Zusammen  walzen  von  Kupfer-  mit 
<^oldblech. 

Bledow,  Ludwig,  ber.  Schachspieler,  geb. 
'S?.  Juli  1795  zu  Berlin,  Lehrer  der  Mathe- 
matik am  kölln.  Realgymnasium  zu  Berlin, 
■Oründer  der  sog.  berliner  Sohachsohule ; 
^  6.  Aug.  1846.  Gründer  der  ersten  deutschen 
^Schachzeitung*  (1846  ff.).  Seine  reichhaltige 
Schachbibliothek  ward  von  der  königl. 
"Bibliothek  zu  Berlin  angekauft. 

Bleek,  Wilhelm  Heinr.  Immegn.,  Sprach- 
'forscher,  geb.  8.  März  1827  zu  Berlin,  begab 
«ich  1856  nach  der  brit.  Kolonie  Natalia  in 
Begleitung  des  Bischofs  Colenso,  bereiste 
•das  Innere  derselben  und  das  angrenzende 
KafTernland,  erhielt  1866  in  der  Kapstadt 
l)ei  dem  Gouverneur  Sir  George  Grey  eine 
Anstellung,  die  ihm  Gelegenheit  zu  lingnist. 
Studien  bot.  Sehr.  ,Handbook  of  AlMcan, 
Anstralian  and  Polynesian  philology*  (1868 
1)is  1863,  3  Bde.) ;  eia  Vokabular  der  Mozam- 
Ibiquesprache  (1856);  ,Comparative  grammar 
of  South  African  languages*  (Bd.  1,  1869); 
,Reynard  the  Fox  in  South  Africa,  or  Hot- 
ten tots  fahles  and  tales*  (1864;  deutsch  1870); 
,Ueber  den  Ursprung  der  Sprache*  (1868). 

Ble^no,  Väl  (spr.  Blex^o,  Poleiuerthal) , 
Alpenthal  im  Kanton  Tessin,  das  beiBiasca 
In  das  Leventlnerthal  mündet;  von  der 
Xnkmanierstrasse  durchzogen. 

Blei  9  Metall,  findet  sich  meist mitSchwefel 
▼erbunden  als  Bleiglanz  (s.  d.) ,  wird  aus 
•diesem,  seltener  aus  Weiss -.u.  Buntbleierz 
tind  Bleivitriol  gewonnen.  Bleiglanz  wird 
^röstet,  das  entstehende  Bleioxyd  gibt  mit 
JSehwefelblei  B.;  schweflige  Säure  oder 
Bleiglanz  wird  mit  Eisen  erhitzt  (Nieder- 
üchlagsarbeit) ,  und  es  entsteht  B.  und  Blei- 
«tein  (Schwefeleisen  mit  Schwefelblei).  Das 
rohe  B.  (Werkblei)  wird  entsilbert  durch 
Pattinsonlren  oder  Treiben,  das  entstftndene 
3Ieioxyd  (Bleiglätte)  wird  durch  den  Frisch- 
prozess  redncirt.  Reines  B.  ist  lichtgrau, 
•ehr  weioh  und  biegtam  (kupier-  undaDti- 


monhaltlges  härteres  B.  helsst  Harfblef), 
glänzt  auf  ft'ischer  Schnittfläche,  färbt  stark 
ab,  spec.  Gew.  11,87  (1  pr.  Kubikfuss  s= 
700  Pfd.),  Aeq.  103,56,  schmilzt  bei  »22 oc., 
überzieht  sich  an  der  Luft  mit  einem  grau<»i 
Häutchen  (Bleisuboxyd);  unlöslich  in 
Schwefel-,  Salz-  und  Salpetersäure,  leicht 
löslich  in  verdünnter  Salpetersäure;  Wasser 
nimmt  Je  nach  seiner  Beschaffenheit  mehr 
oder  weniger  B.  auf.  B.  dient  zu  Gefässeti 
für  ehem.  Fabriken,  zu  Wasser-  und  Ghis- 
leitnngsröhren ,  Geschossen,  Schrot,  zum 
Ausbringen  von  Gold  und  Silber,  zu  Legi- 
rungon  (SchnelUoth,  Lettern  metall),  Farben. 
Bleioxyd,  l  Aeq.  B.,  1  Aeq.  Sauerstoff,  ent-  } 
steht  beim  Erhitzen  Ton  B.,  bildet  mit  BM- 
auperoxyd ,  1  Aeq.  B.,  2  Aeq.  Sauerstoff,  di6 
Mennige,  b.  Bleiglätte.  Kohlenaamrea  Bleioxyd 
(basisches),  s.  Bleiweies.  Schwefelsaures  Blei' 
oxyd,  vielfach  als  Nebenprodukt  gewonnen, 
auf  B.  und  Bleiweiss  verarbeitet.  Antimon- 
saure»  B.,  s.  Antimon;  chromsaures  B.,  s. 
Chrom;  e$$igsaures  B.,  s.  Bleixucker,  Cklor- 
Mei,  durch  Salzsäure  aus  Bleisalzen  gefallt, 
schwerlöslich.  Oxychloride:  kasseler Gelb, 
Turners  Gelb,  Pattinsons  Bleiweiss.  Blei- 
produktion in  Europa  jährl.  4,884,000  Ctr. 
(Spanien  1,695,000,  England   1,380,000  Ctr.). 

Blelagehe.  Mischung  von  Blei,  Bleisub- 
oxyd und  Bleioxyd,  entsteht  beim  Erhitzen 
des  Bleis. 

Bleiberg,  Dbrf  in  Kärnthen,  westl.  von 
Villach,  am  Bleiberg,  4428  Ew.  Wichtige 
Zink-  und  Bleibergwerke  (50  Gruben,  jährl. 
33-84,000  Otr.  Blei). 

Blelbtreu,  Georg,  Sohlachtenmaler,  geb. 
1828  zu  Xanten  am  Rhein,  Schüler  der 
düsseldorfer  Akademie,  erregte  bes.  Auf- 
sehen durch  seine  Schlacht  bei  Kolding, 
Schlacht  bei  Grossbeeren,  Sturm  auf  das 
grimmaische  Thor  in  Leipzig,  Schlacht  bei 
Belle- Alliance,  Schlacht  an  der  Katzbach, 
Uebergang  der  Preussen  nach  Alsen  u.  a. 
Wie  1866  dem  böhm.  Feldzuge,  wohnte  er 
1870  dem  Krieg  gegen  Frankreich  im  Haupt- 
quartier des  Pr.  Friedrich  Karl  bei.  Schlacht 
bei  Königgrätz  im  königl.  Schloss  in  Berlin. 

Blelcheii,  2Serst5ren  von  Farbstoffen  (Ver- 
unreinigungen) ,  namentlich  auf  Gtospinnst- 
fasem.  Baumwolle  und  Leinen  werden  mit 
heissem  Wasser  und  mit  Natronlauge  ge- 
reinigt, dann  auf  Rasen  gebreitet  und  feucht 
erhalten  (Natur-  oder  Rasenbleiche),  oder 
in  eine  Lösung  von  Chlorkalk  (bei  zarten 
Stoffen  Ghlormagnesia)  und  darauf  in  ver^ 
dünnte  Säure  getaucht  (Chlor-  oder  Kunst»» 
bleiche).  Seide  wird  mit  Sodalösung  ent- 
schält  (degummirt),  mit  Wasser  ausgekocht 
und  dann  mit  schwefliger  Säure  gebleicht. 
Ebenso  die  mit  kohlensaurem  Ammoniak 
oder  Seife  entschweisste  Wolle.  Schweflige 
Säure  wird  gasförmig,  in  Lösung  oder  als 
zweifachschwefelsaores  Natron  (Leucogen) 
angewandt.  Beim  B.  mit  Uebermangan- 
säure  taucht  man  die  Faser  in  eine  Lösung 
von  mangan  saurem  Natron  und  Bittersalz 
und  entfernt  das  auf  der  Faser  al^elagerte 
Manganoxyd  mit  Alkalien  oder  schwefliger 
Säure.  Chlor  und  Uebermangansäure  zer- 
stören   die   Farbstoffe,    sohweflige    Säure 


294 


Bleicherode  —  Bleizacker. 


nasklrt  ■!•  In  der  Refcel  nur,  ao  daii  sie 
oft  wieder  berTortreten  können.  Osonnnd 
Wasseratoffsoperoxyd  bleichen  stark,  erste« 
res  wirkt  bei  der  Rasenbleiche.  Vgl. 
Schar/,  .Das  Buch  der  Bleiche*,  1866; 
Käppelin,  , Bleicherei  der  Wollen-  n.  Banm- 
wollenstoffeS  1870. 

Blelcherode ,  Stadt  im  prenss.  Regbi. 
Erfurt,  Kr.  Nordhausen,  an  der  Bode,  iS981 
£w.    Ehedem  Hauptort  der  Grafsch.   Lora. 

Bleicher!  9  trefflicher  hellrother  Rhein- 
wein aus  dem  Ahrthal  (Ahrweiler,  Altenahr, 
Wallponheim);  auch  ein  Neokarwein  aus 
dem  Badischen. 

Bleiehsucht  (Chlorose,  Blutarmuth),  lang- 
sam verlaufende  Krankheit,  bes.  bei  Mäd- 
chen während  der  geschlechtlichen  Ent- 
wicklung eintretend.  Das  Blut  enthält 
wenig  rothe  Blutkörper  im  Blut,  daher  das 
blasse  Aussehen,  bes.  der  (trooknen)  Lippen 
und  der  Mundschleimhaut;  erschwertes 
Athmen,  leichtes  Ermüden,  Kopfschmers, 
Ohrensausen,  Flimmern  Tor  den  Augen, 
Ausbleiben  der  monatlichen  Reinigung, 
Verdauungsstörung.  Ursachen :  schlechte 
:Xahruug  bei  starken  Körperanstrengungen, 
geistige  Aufregungen,  schnelles  Wachsthunu 
Behandlung:  kräftige,  besond.  Milchkost, 
massige  Bewegung  in  reiner  Luft,  Vermei- 
den geistiger  Getränke,  Eisenmittel,  körper- 
liche und  geistige  Ruhe. 

Bleide  (Blyde),  alte  Wurftnasobine,  noch 
im  ]6..Jahrh.  gebräuchlich. 

Bleleuig,  s.  £leiguekerf 

Bleigelb,  gelbes  Bleioxyd,  Massioot,  Neu* 
gelb.  Königsgelb,  röthlich  Sandix,  Gold- 
glätte, s.  £UigläUe, 

Bleiglitte,  geschmolzenes  kry  stalUnisches 
Bleioxyd,  als  Hüttenprodukt  beim  Silber- 
▼erhüttungsprozess ,  beim  Abtreiben  des 
Weichbleis    vom   Pattinsoniren   gewonnen, 

felbes  oder  röthlichgelbos  (Frisch-  oder 
ilberglätte,  Kauf- oder  Goldglätte)  Pulver ; 
löslich  in  Salpeter-  und  Essigsäure,  in  Kali- 
oder Natronlauge,  dient  cur  Darstellung 
von  Krystallglas,  Flintglas  und  Strass,  zur 
CUasur  und  als  Fluss  in  der  Porzellanmalerei, 
nur  Bereitung  von  Fimiss,  Pflaster,  Kitt, 
Mennige,  Bleizucker;  die  Lösung  in  Natron- 
lauge (I/dtronplumbat)  zur  Bereitung  von 
xinnsaurem  Natron,  zum  Schwarzfiirben 
von  Haaren,  Garn  u.  in  der  Metallochramie. 
Gelbes ,  durch  Erhitzen  von  salpetersaurem 
oder  kohlensaurem  Bleioxyd  oder  Galeiniren 
von  Blei  gewonnenes  Bleioxyd  hoisst  Maasi' 
cot ,  früher  gelbe  Malerfarbe.  Verbindung 
von  Bleisuperoxyd  mit  Bleioxyd,  die  Mennige 
(Minium),  entsteht  beim  Erhitzen  von  nicht 
geschmolzenem  Bleioxyd  an  der  Luft,  durch 
Glühen  von  kohlensaurem  Bleioxyd  (pariser 
Roth),  dient  zur  Darstellung  von  Bleiglas, 
Kitt,  Wasser-  und  Oelfarbe,  hamburger 
Pflaster  etc.  Oxydirie  Mennige,  ein  zur 
Trockne  gebrachtes  Gemisch  von  Salpeter- 
säure und  Mennige,  ist  Bestandtheil  der 
Phosphorzündmasse. 

Bleigltns,  metallisch  glänzendes,  röth- 
Uchbleigraues  Mineral  aus  der  Klasse  der 
Glänze,  Schwefelblei  (mit  86,57  o/o  Blei),  oft 
filberhaltig,  in  den  verschiedensten  Gebirgs- 


-  r 


formationen,  wichtigstes  Bleierz,  dient  ancl» 
mm  Glasiren  der  Töpfer waaren  (Glasar«- 
en),  zur  Darstellung  des  pattinsonschen. 
Bleiweisses,  als  Streusand,  zur  Verzierunsr 
von  Bijouterie-  und  Spielwaaren. 

Bleloxyd,  s.  Blei, 

Bleipflaster,  pharmaceutisches  Präparat,, 
durch  Erhitzen  von  Oel  mit  Bleioxyd  er- 
halten, wobei  Glycerin  abgeschieden  wird>. 
fettsaures  Bleisalz,  wird  einfach  (Emplastrum 
nlumbi  Simplex)  oder  mit  Gummiharzen  un<l. 
Harz  gemischt:  Zugpß43Mer,  Diachylon,  Omm- 
mipßatter  (E.  p.  compositum),  oder  mit  Seife  :: 
/Seifenit/CasCer,  vielfach  als  Hellmittel  benutzte 

Bleistein  (Pleistein),  Stadt  Inder  bayer. 
Oberpfalz,  an  der  Pfreimt,  1143  Ew. 

Bleistifte  (Blei/edem),  Graphitstäbchen 
in  Holzhülsen;  sehr  dichter  reiner  Graphit^ 
wird  in  passende  Stäbchen  zerschnitten,  ge> 
ringen  Sorten  werden  geschlämmt,  mit  ge- 
schlämmtem Thon  als  Bindemittel  gemischt» 
dann  geformt  und  die  trocknen  Stäbchen 
bei  Luftabsohluss  geglüht.  Farbige  Stift»> 
bereitet  man  ans  verschiedenen  Farbekör- 
pern mit  entsprechenden  Bindemitteln.  Ae1> 
teste  Fabrikation  In  Italien  und  England», 
jetzt  bes.  in  Bayern  (Nümbei^,  Stein,  Re- 
gensburg), Frankreich ,  England  und  Wien» 

Blelrergiftiing  (Intoxicatio  saturnina),  ent- 
weder akut  bei  Genuss  löslicher  Bleisals» 
(Bleisucker):  heftiges  Brechen,  Leibschmers,. 
Krampfonfälle,  Tod;  oder  schleichend  (chro-> 
nlsohe  Vei^ftung),  bes.  bei  Buchdruckeru,. 
Hüttenarbeitern,  Anstreichern  als  BUikoliJk^ 
mit  heftigem  Schmerz  im  Bauch,  gestörter 
Verdauung.  Später  Abmagerung,  graubraun» 
Umränderung  der  Zähne,  Lähmungen,  Zit- 
tern, Geistesstörungen.  Neigung  zu  Rück- 
fällen. Behandlung:  Entfernen  der  Schäd- 
lichkeit; gute  Kost,  Elektricität. 

Blelvitrioly  schwefelsaur.  Bleioxyd,  s.  Blei,, 

BleiweisSy  basisch-kohlensaures  Bleioxyd» 
wird    dargestellt    durch    Einwirkung   von 
Essigsäuredämpfen    und    Kohlensäure    aur 
Bleiplatten     (holländ.     Methode) ;     durch 
Mischen  von  Bleiglätte  mit  etwas  Blelzucker- 
und  Behandeln  der  Mischung  mit  Kohlen- 
säure (engl.  Methode);   durch  Fällen  einer* 
Lösung   von   dreibasisch  -  essigsaurem  Blei- 
oxyd mit  Kohlensäure  (franz.  ijfethode).  B». 
ist  blendend  weiss,  geruch- und  geschmack- 
los ,  giftig,  dient  als  sehr  gut  deckende  Oel- 
farbe, als  Kitt ,  zur  Darstellung  von  Leinöl- 
firniss,   Mennige,    Bleiweisspflaster ,    wird 
durch  Schwefelwasserstoff  erst  braun,  dani» 
schwarz.  Handelssorten:  Periweiss,  Kremser- 
weiss ,   Schieferweiss  etc. ,  oft  mit  andern 
weissen    Stoffen    gemischt.     Pattinscne   B.. 
wird  durch  Ki^kwasser  aus  Chlorbleilösunip 
gefällt,  deckt  gut,  nicht  ganz  weiss. 

Bleliaielury  essigsaures  Bleioxyd,  dnrcH 
Auflösen  von  Bleiglätte  oder  Masslcot  in 
Essig  und  Verdampfen  der  Lösung  erhalten, 
farblose  Krystalle,  in  Wasser  und  Alkohol 
löslich ,  schmeckt  widrig  metallisch  süss,, 
sehr  giftig,  dient  zur  Darstellung  von  essig- 
saurer Thonerde  (Rothbeize),  Fimiss,  Blei- 
weiss,  Chromgelb,  Aceton;  gibt  mit  Blei- 
glätte basisch-essigsaures  Bleioxyd,  BM- 
tssig,  welcher  wie  B.  und  zur  Bereltuns 


Blekingen  —  Bligb. 


295 


TÖn  Blelwasser,  goalardschem  Wasser, 
Bleisalbe  beautst  wird. 

Blekingen  (Biegen),  Landsch.  In  Schweden, 
das  Lan  KarUkroDa  umfassend,  54  QM.  and 
183,759  Ew.,  der  ,Oarfeen  Schwedens*  genannt. 

Blende  (Zinkblende),  Mineral  aas  der 
Ordnung  der  Blenden,  Schwefelzink  mit 
Yerunreinigungen  Ton  Eisen,  Kapfer,  Kad- 
mium, gewöhnlicher  Begleiter  von  Blei-, 
Silber-,  Kupferersen  auf  Lagern  n.  Gängen 
des  krystallinischen  n.  Uebergangsgebirges, 
Terhüttet  In  DaTos  In  Graubunden,  im 
Siegenschen,  in  England;  fein  gemahlen 
billige  ffelbe  Anstreichfarbe,  ßMnffeW, 

Blenden  (Ginnabarlte) ,  Ordnung  der 
Klasse  der  natürlichen  Schwefelmetalle: 
Zink»  und  Hangahblende,  Rothspiessglanz- 
ens,  Zinnober,  Realgar  und  Auripigment. 
Im  Beigbau  nur  SchwefelEink. 

Blenoilng,  s.  r.  a.  Bastard. 

Blendsteine,  Ziegelplatten  snm  Bekleiden 
▼on  Fachwerlc-  und  Sandsteinwftnden. 

Blendnng,  Störung  des  Sehrermögens 
durch  grelles  Licht ;  eine  in  der  SUtto  durch- 
bohrte, geschwftrzte  Scheibe  (Diaphragma), 
die,  vor  die  Linsengläser  gelegt,  die  stören- 
den Randstrahlen  abhält,  wie  im  Auge  die 
Regenbogenhaut  (Iris);  auch  ein  geschwärstes 
oder  gefärbtes  Olai  zu  Abhaltung  des  starken 
Sonnenlichts  bei  Beobachtung  der  Sonne. 

Blendungen  (Blindagen),  in  der  Befesti- 
gungskunst und  im  Festungskrieg  aus  Hole 
oder  Reisig  bereitete  Deckungen,  insbes. 
der  Schiessscharten  während  des  Ladens 
der  Geschütze  vor  dem  feindl.  Feuer,  Blend- 
Äschinen,  Sand-  oder  Wollsäcke,  Moos- 
körbe; In  Kasematten  von  Holz  zum  Ein- 
setzen in  die  Schiesslöcher  und  drehbar; 
auch  aus  starken  Balken  gezimmerte  Schutz- 
dächer für  die  Bedienungsmannschaft  der 
Geschütze  gegen  umherfliegende  Spreng* 
stücke  der  Sprenggeschosse. 

Blenhelm-Honsey  s.  Blindheim, 

Blenker.  Ludw,,  nordamerik.  General,  geb. 
1812  zu  Worms,  ging  1832  mit  der  bayer. 
Legion  nach  Griechenland,  dann  Weinhänd- 
ler zu  Worms,  1849  militär.  Fährer  der  re- 
Tolutionären  .Partei  in  der  Pfalz  und  in 
Baden,  ging  nach  Unterdrückung  des  Auf- 
standes nach  Nordamerika.  Im  April  1861 
bildete  er  ein  deutsches  Jägerregiment,  be- 
fehligte in  der  Schlacht  bei  Bull -Run  eine 
Brigade,  1862  unter  Fremont  inWestvirglnien 
eine  Division,  ward  Juli  d.  J.  ausser  Akti- 
vität gesetzt;  t  '!•  Okt.  1863  auf  seiner  Farm. 

Blennorrhagley  s.  BlennorrMe, 

Blennorrhoe  (gr.,  ßchUimfluse),  übergrosse 
Absonderung  bes.  eitriger  Massen  von 
Schleimhäuten,  theils  nicht  ansteckend,  z.  B. 
die  B.  der  Luftröhre,  theils  ansteckend, 
bes.  B.  der  Harnröhre  (Gonorrhöe,  Tripper), 
der  Scheide  (sog.  ansteckender  weisser 
Flnss),  der  Bindehaut  des  Auges,  sämmtlich 
wahrscheinlich  von  der  Uebertragnng  des- 
selben Giftes  bedingt.  Anfangs  Röthung 
nnd  Schwellung,  dann  sehr  rasch  massen- 
hafte Biterabscheidung.  Behandlung  derB. 
der  Harnröhre:  Verdünnung  des  Harns 
durch  reichliches  Wassertrinken,  Ausspritzen 
mit  Wasser  oder  zusammenziehenden  Mit- 


teln; in  ganz  fHschen  Fällen  sog.  abortive 
Methode:  Einspritzen  starker  Höllenstein- 
lösung (Vorsicht  I);  der  B.  der  Scheide 
ähnlich;  der  B.  der  Bindehaut  (gefähr- 
lichste Augenkrankheit  Neugeborner,  oft 
zu  Blindheit  führend):  Eisumschläge,  stünd- 
liches Eintropfen  starker  Höllenstein  lösung  ' 
(nie  ohne  Arzt  zu  behandeln I). 

Blephiron  (gr.),  Augenlid.  Blepkaroplaüik, 
künstliche  Bildung  neuer  Augenlider. 

Biesen,  Stadt  im  preuss.  Begbz.  Posen, 
Kr.  Birnbaum,  1420  Ew. 

Bless,  1)  Berg  im  südöstl.  Thüringerwald, 
bei  Eisfeld,  2666'.  —  2)  Bergkuppe  der  Vor- 
derrhön, südl.  von  Salzungen,  2146'. 

Blessington  (spr.  Blessingt'n)  ,  Margaret, 
Chrüifin  von,  geb.  Power,  engl.  Schriftstellerin, 
geb.  1.  Sept.  1789  zu  Ourragheen  in  der  irischen 
Grafschaft  Waterford,  Gattin  des  Grafen 
Oharles  John  Gardiner  von  B.,  lebte  nach 
dessen  Tode  (1829)  zu  Paris,  dann  auf  Gore- 
House  in  Kensington ;  f  4.  Juni  1849  zu  Paris. 
Sehr.  ,Oonversations  with  L.Byron'  (1832); 
ausserdem  Reiseberichte  und  Romane,  dar- 
unter ,The  victime  of  Society '(1837,  3  Bde.). 
Biographie  von  Madden  (1885,  S  Bde.). 

Blesson.  Ludw,  Johann  Urhan,  Militär- 
schriftsteller, geb.  27.  Mai  1790  zu  Berlin, 
machte  den  Feldzug  von  1815  als  Ingenieur- 
Offizier  mit,  ward  dann  Lehrer  der  Ingenieur- 
wissenschaften an  der  Kriegsschule  zu 
Berlin  und  Mitglied  der  Examinations- 
kommission ;  f  ^<  Ja>^*  1^^  su  Berlin.  Be- 
gründer und  erster  Direktor  der  preuss. 
Rentenanstalt.  Schrieb  mehrere  Werke  über 
Befestigungskunst  und  gab  seit  1820  mit 
Decker  und  MaliuewM  die  ,Militärzeitung* 
heraus. 

Bleu  Th^nard  •  Kobaltultramarin,  dunkel- 
blaue Farbe,  durch  Erhitzen  von  Thon- 
erdehydrat  mit  phosphorsaurem  oder  arsen- 
saurem Kobaltozydul  erhalten,  Surrogat 
des  ächten  Ultramarin. 

Blicher,  Sten  Stenaen,  dän.  Dichter,  geb. 
1782  im  Stifte  Viborg,  seit  1815  Pfarrer  in 
Jütland;  f  ^^S*  Werthvoll  bes.  seine 
.NationalnovellenS  welche  das  Matur-  und 
Volksleben  auf  Jütland  schildern.  Gesam- 
melte Novellen  (1833—36, 5 Bde.;  deutsch  von 
Zeiae  1846,  2  Bde.);  Gedichte  (1835,  2  Bde.). 

Bliekfeaer,  Signale,  welche  des  Nachts 
auf  Schiffen  durch  Abbrennung  von  Pulver 
gegeben  werden;  an  den  Kästen  abwech- 
selnde Bedeckung  und  Freilassung  der  Be- 
leuchtung auf  Leuchtthürmen.        [8600  Ew.    . 

Bltdah,   Stadt  in  Algier,  Prov.  Algier,    ^ 

Blies,  rechter  Nebenfl.  der  Saar  in  Rhein- 
preussen,  mündet  bei  Saargemünd,  10  M. 

Blieskastel,  Marktfl.  in  der  bayer.  Rhein- 
pfalz, an  der  Blies,  1627  Ew.    Schloss. 

Bligh  (spr.  Blei),  Wüliam,  engl.  Seefahrer» 
geb.  1753,  machte  mit  Cook  eine  Reise  um 
die  Erde ,  ward  1789  auf  einer  Fahrt  durch 
die  Südsee  von  der  meuterischen  Mannschaft 
seines  Schiffes  in  einem  Boote  ausgesetzt, 
gelangte  glücklich  nach  England;  f  als  Ad- 
miral  7.  Dec.  1817  zu  London.  Sein  Schick- 
sal, das  er  in  ,Narrative  of  the  mutiny  on 
board  H.  M.  ship  Bounty*  (1790)  beschrieb, 
gab  Byron  Anlass  zu  der  Dichtung  ,Die  Insel*. 


296 


Blind  — ^  Blödsmn. 


Blimdy  Karl,  bekannt  durch  seine  Thell- 
nahme  an  der  bad.  Bevolutlon,  geb.  4.  Sept. 
1820  SU  Mannheim,  1848  einer  der  Leiter 
der  Bewegung  eu  Karlsruhe,  wegen  Theil- 
nahme  am  heclierschen  Aufstände  exilirt, 
unternahm  Ton  der  Schweiz  aus  Sept.  1818 
einen  «weiten  Freisohaarenzug,  ward  gefan- 
gen, durch  den  Ansbruch  der  bad.  B«to- 
lution  befreit,  Ton  der  provleor.  Begierung 
als  BeTOllmichtigter  nach  Paris  gesandt, 
hier  wegen  Betheiligung  am  AufstaudsTer- 
suche  Tom  13.  Juni  1849  verhaftet  und  Ende 
Aug.  aus  Frankreich  verwiesen,  lebte  darauf 
EU  Brüssel  und  seit  1852  in  London,  in 
enger  Beziehung  zur  europäischen  Demo- 
kratie. Seit  1866  eifriger  Vertheidiger  der 
deutschen  Binheitspolitik  in  der  engl.  Presse. 
Sein  Stiefisohn  Ferd,  B.  (eigentl.  Cohen)  ver- 
suchte 6.  Siai  1866  ein  Attentat  auf  Bismarck 
und  entleibte  sich  im  Ghefängniis. 

Bllndboden,  Balkenbeleg  unter  dem  eigent- 
lichen Fussboden,  zur  Konservimng  des 
letzteren  und  zur  Warmhaltung  desZimmers. 

BlinddArm  (Coecum),  der  Anfang  des 
Dickdarms,  durch  die  bauhinsche  Klappe 
vom  Dünndi^m  getrennt,  hat  eine  Ausstül- 
pung, den  Wurmfortsatz. 

Bludewuistalteny  Institute  zur  Hellung 
(Kliniken),  Versorgung  und  bes.  zur  Er- 
ziehung von  Blinden.  Aeltestes  Blinden- 
hospital  1260  in  Paris.  Unterricht  im  Schrei- 
ben zuerst  von  Bemoulll  in  Genf  1667. 
Grosse  Verbesserungen  basirt  auf  Schärftmg 
der  Auffassung  vermittelst  des  Tastsinns  und 
Gehörs  durch  das  blinde  Fräulein  Paradies 
und  flavy  in  Paris  1784  und^ettn«  in  Preussen 
1806.  Grosse  Leistungen  in  feinen  Handar- 
beiten und  Musik.  Vgl.  ffauy,  ,Essai  sur 
l*6ducation  des  aveugles*,  1786;  Ders., , Aus- 
führliche Nachrichten  über  20  der  vorzüg- 
lichsten Taubstummen-  und  B.en',  1845; 
JZeime,  ,Beli8ar  über  den  Unterricht  der 
BlindenS  4.  Aufl.  1834;  Der»,,  ,Ueber  Blinde 
und  B.en<.  1817. 

BllndhellB,  bajer.  Dorf  bei  Höchstädt,  an 
der  Donau;  Mer  13.  Aug.  1704  Befiegung  der 
Franzosen  durch  Marlborough,  der  dafür 
von  der  Königin  Anna  ein  prachtvolles 
Schloss  (Blenheim-Hottse)  bei  Woodstock  in 
Oxfordshire  zum  Geschenk  erhielt. 

Blindheit  (Gaecitas,  Amaurosis),  Unfähig- 
keit zu  sehen,  entweder  angeboren  (Ursache 
Bildungsfehler  des  Auges  oder  der  Seh- 
nerven) oder  erworben  durch  Augenent- 
zündung der  Neugeborenen,  Blennorrhoe, 
durch  Verletzungen,  im  Alter  durch  Staar 
•oder  durch  Sehnervenschwund.  —  Bei  blind- 
geborenen Thleren  befindet  sich  noch  einige 
Tage  ein  Häutchen  über  dem  Auge. 

BltiidzeUelehe,  Beptil,  s.  Schleiehe. 

BlinseSy  Zusammeiöiehen  der  Augenlider 
bis  auf  eine  schmale  Spalte,  wodurch  das 
Sehfeld  verkleinert,  aber  in  Folge  der  stär- 
keren Beschattung  des  Auges  der  beschaute 
Gegenstand  deutlicher  wird. 

BUnzliaaty  s.  v.  a.  Nickhaut. 

BUttendorf,  Friedr.  Landolin  Karl,  Frei- 
herr von,  badischer  Staatsmann,  geb.  4.  Febr. 
1792  zu  Mahlberg  im  Breisgan ,  ward  1818 
JLath  im  Ministerium  des  Auswärtigen,  1821 


Bandestagsgesandter,  als  solcher  einer  der 
entschiedensten  Vertreter  der  metternich- 
sohen  Politik  und  Gegner  des  Liberalismus, 
Okt.  1835  Minister  des  Auswärtigen  und  des 
grossherzogl.  Hauses,  kehrte,  da  er  beim 
Grossherzog  Leopold  mit  seinem  Aggressiv- 
system zur  Herstellung  der  ,Btändischen 
Monarchie*  nicht  durchdrang,  Nov.  1843  auf 
seinen  Gesaudtschaftsposten  zu  Frankfurt 
zurück,  lebte  nach  1848  als  Privatmann  das. ; 
t  16.  April  1861.  Sehr.  «Einiges  ans  der 
Mappe  des  Freiherrn  von  B.*  (1849). 

Blitan  L.  (ErdbeerepiruU,  BeermeLde), 
Pflanzengattung  der  Chenopodeen.  B.  cäpi- 
tatum  L,  und  virgatum  L,,  in  Süddeutsch- 
land wildwachsend,  auch  als  Gartenpflanze; 
die  rothen  erdbeerähnl.  Früchte  (Schmink- 
beeren) enthalten  einen  nicht  dauerhaften 
Farbstoff.  Die  Blätter  dienen  als  Gemüae. 
B.  bonus  Henriens  Mty.,  Guter  Heinrich, 
überall  in  Deutschland. 

Bitte  und  BUUableiter,  s.  OewiUer. 

Bliterad,  Instrument  sur  Veranschau- 
liohungder  Wirkungen  der  voltaischen  Säule. 

Bliterohreii  (BlUninter,  Fulgnrite),  durch 
Blitzschläge  in  losem  Sande  erzeugte  Ver- 
glasuDgen,  hohle  gekrümmte  Röhren,  1'"  bis 
IV*"  dick,  bis  30''  1.;  werden  künstlich  nach- 
gebildet   VgL  Bippentrop,  ,Ueber  B.',  1830. 

Bloch,  MorU»  (ungar.  Bcdlagi  Mor),  ungar. 
Sprachforscher,  geb.  17.  April  1816  zu  Tar- 
noka (Zemplin)  von  jüd.  Eltern,  begann  eine 
ungar.  Bibelübersetzung  (1840—43),  trat  1843 
in  Deutschland  zum  Protestantismus  über 
und  studirte  in  Tübingen  Theologie,  wirkt 
gegenwärtig  an  der  theol.  Anstalt  zu  Keca- 
kemet.  Sehr.  «Grammatik  derungar.  Sprache* 
(5.  Aufl.  1861);  ,Wörterbuch  der  ungar.  und 
dentsclien  Sprache*  (3.  Aufl.  1862—68, 2  Bde.). 

Bloeky  mechanisches  Windezeug,  besteht 
aus  mehreren  um  ihre  Axe  drehbaren  Schei- 
ben in  einem  Gfrehänse,  um  welche  die  Taue 
laufen.  Vereinigung  mehrerer  Blöcke  sind 
Flaschenzüge  (im  Seewesen  Taljen,  Takel). 

Bloek,  MoHU,  franz.  Statistiker,  geb.  18. 
Febr.  1816  zu  Berlin  von  Israelit.  Eltera, 
siedelte  mit  diesen  nach  Paris  über,  ward 
1852  zweiter  Chef  des  Statist.  Bureaus  da- 
selbst, widmete  sich  seit  1864  ansschliessl. 
literar.  Arbeiten.  Hauptwerk:  «Dictionnaire 
de  radministration  fran^aise'  (8.  Aufl.  1862), 
wozu  das  ,Annuaire  de  radministration  firan- 
caise'  (seit  1858)  als  fortlaufende  Ergänzung 
dient.  Sehr,  noch  and.  Statist.  Werket  auch 
in  deutscher  Sprache,  z.  B.  ,Die  Bevölkerung 
des  franz.  Kaiserreichs*  (1862),  gab  seit  1856 
mit  GuxUaumin  ein  ,Annuaire  de  l*6conomie 
politique  et  de  la  statistique*  heraus. 

BloekBberg,  Name  mehrerer  Berge  (in 
Preussen,  Mecklenburg,  Ungarn),  sjteciell 
der  Brocken,  und  als  solcher  nach  dem  nord- 
deutschen Volksglauben  in  der  Walpurgis- 
nacht Versammlungsort  der  Hexen. 

Bloekschtffy  altes  abgetakeltes  Linien- 
schifT,  als  Lazareth-,  WachtschifT  etc.  dienend. 

BlSdiichtlgkeity  Schwäche  des  Sehver- 
mögens im  Erkennen  der  Gegenstände; 
leichte  Ermüdung  bei  anhaltendem  Sehen. 

Blodsinii)  Unfähigkeit,  den  von  der 
Aussenwelt   kommenden  Eindrücken  Auf- 


Bloemfontein  —  Blücher. 


aST 


nMrkfamlQBtt  Busnwenden,  Vorstellungeii 
susammenssufaBsen  und  m  vergleichen,  da- 
l^i  Verlwit  des  Gedäcntnisses  und  des 
Denkvermögens.  Traruitoritchtr  B.,  nach 
«ohweren  Gehtrnkntnkheiten  (Typhus  etc.), 
in  der  Genesung  schwindend.  AUerMöd- 
sinn,  bleibend.  ApathUcher  B.,  gewöhn- 
licher Ausgang  verschiedener  Formen  der 
Verrücktheit,  unheilbar. 

BloemfimtMn,  Hanptst.  der  Orai^efiass- 
lepublik  in  Südafrika,  800  Häuser. 

Blol§  (spr.  Bloa,  BUtia),  Stadt  im  franz. 
Bepart.  Loir-Gh&r,  an  der  lioire  (Brücke 
von  11  Bögen),  20,068  Ew.  Böm.  Aquädukt. 
Altes  Schloss  (aus  den  Zeiten  der  Valois, 
histor.  wichtig).  Hier  15.  April  1499  Vertrag 
«wischen  Frankreich  und  Venedig;  88.  Sept. 
1504  Vertrag  zwischen  Ludwig  XII.  und 
XÜ:z1iereog  Philipp;  7.  Nov.  1510  Vertrag 
Bwischen  Ludw.  All.  u.  Kaiser  Maximilian  I.; 
5.  Dec.  1513  Friede  swischen  Ludwig  XII. 
Q.  Ferdinand  dem  Kathol.  von  Spanien ;  1588 
Beieh9tag,  wo  die  Ermordung  des  Herzogs 
und  des  Kardinals  von  Guise,  83.  Dec.  auf 
dem  Schlosse  ausgeführt,  beschlossen  ward. 
Im  Dec.  1870  abwechselnd  von  deutschen 
lind  frans.  Truppen  eingenommen,  zuletzt 
siegreiches  Gefecht  der  Hessen  gegen  die 
Franzosen  28.  Jan.  1871. 

Blokade,  die  enge  EInsohliessung  einer 
Festung,  wodurch  derselben  die  Kommuni- 
kation nach  aussen  abgeschnitten  wird.  B, 
eines  Hafen»  findet  nach  den  Bestimmungen 
4les  pariser  Friedens  von  1856  4ann  Statt, 
wenn  ein  Hafen  durch  ein  oder  mehrere 
Kriegsschiffe  so  abgesperrt  ist,  dass  kein 
Handelsschiff  ohne  augenscheinliche  Gefahr, 
aufgebracht  zu  werden,  in  denselben  ein- 
oder  aus  demselben  auslaufen  kann;  effektive 
B.  im  Gegensatz  zur  blossen  Blokadeerklä- 
rung  (blocns  snr  papier),  bei  welcher  keine 
hinlängliche  Macht  vorhanden  ist,  um  die  An- 
näherung an  den  blokirten  Hafen  zu  hindern. 

Blombecgy  Stadt  in  Detmold,  8175  £w. ; 
alte  Burg,  dem  Fürsten  Schaumburg  gehörig. 

BlomiDMTt,  Philipp,  fläm.  Schriftsteller, 
geb.  um  18(^,  machte  sich  durch  Heraus- 
gabe älterer  fiäm.  Dichtungen  verdient, 
echr. . , Aloude  geschiedenls  der  Beigen  of 
Nederduitschers*  (1849).  Hebst  Willem*  1840 
Haupturheber  der  Bewegung  zu  Gunsten 
der  fläm.  Sprache. 

Blonty  (spr.  -nä),  ^Ites  Schloss  bei 
Vevay  am  Genfersee;  herrl.  Aussicht. 

Blonden 9  seidene  oder  halbseidene  Spitzen 
«US  roher  Seide,  bes.  in  Frankreich,  Ve- 
nedig, Genua  und  Im  Erzgebirge  durch 
Klöppeln  und  mit  der  Nadel  hergestellt. 

Bloomlleld  (spr.  Blumfiehld),  «Toäii  Ar- 
thur Douglas,  Lord  B.  von  Oakhampton  und 
Redwood,  engl.  Diplomat,  geb.  18.  Nov.  1803 
In  Irland,  ward  1845  ansserordenüicher  Ge- 
sandter zu  Petersbui^,  1851  Gesandter  in 
Berlin,  wo  er  dem  russ.  Einfluss  entgegen- 
arbeitete ,  1860  Botschafter  in  Wien. 

Blvdenberg  (Brewair),  Gipfel  der  Vogesen, 
nördl.  von  der  MeurthequeUe,  3788'. 

Blndency  Stadt  in  Vorarlberg,  nahe  der 
111,  8394  Ew.  Die  ehemal.  Grafsch,  B.  seit 
1376  österreichisch. 


BlQclier)  Gebh&rdlLebereehi  von.  Füret  so» 
Wahlstadtf  her.  prenss.  Feldherr,  geb.  16. 
Dec.  1742  zu  Rostock,  trat  1756  in  ein  schwed. 
Husarenregiment,  89.  Aug.  1760  nach  dem 
Gefecht  bei  Suckow  gefangen,  als  Oomet 
beim  Regiment  Belling  in  prenss.  Dienste. 
Als  Stabsrittmelstar  1778  verabschiedet,  trat 
er  erst  1787  unteA  Friedr.  Wilh;  II.  als 
Mi^or  wieder  in  Dienst.  1790  zum  Oberst 
befördert,  bewies  er  sich  1793  im  franz. 
Feldzug  als  tüchtiger  Kavallerieofftzier; 
ward  1801  Generallieutenant,  1803  Gouver- 
neur von  Münster.  Nach  der  Schlacht  bei 
Jena  wandte  er  sich  mit  seinem  Corps  in 
das  Lübecksche,   musste   sich  aber  7.  Nov. 

1806  bei   Ratkau   ergeben.     Am   87.   Febr. 

1807  gegen  den  von  Schill  gefangenen  franz. 
General  Victor  ausgewechselt,  erhielt  er 
nach  dem  Friedensschluss  von  Tilsit  das 
Generalkommando  in  Pommern,  ward  aber 
1818  auf  Napoleons  Betrieb  ausser  Thätig- 
keit  gesetzt.  1813  mit  dem  Oberbefehl  über 
die  schles.  Armee  unter  Wittgensteins  Ober- 
kommando betraut,  focht  er  belLütsen  und 
Bautzen,  schlug  die  franz.  Vorhut  beiHay'- 
nau  und  ward  nach  dem  Walfenstlllstand 
selbständiger  Oberbefehlshaber  des  aus  einem 
preuss.  und  zwei  russ.  Oorps  bestehenden 
schles.  Heeres.  Nach  dem  Sieg  an  der 
Katzbach  über  Macdonald  rückte  er  gegen 
Dresden  vor,  erzwang  8.  Okt.  den  Xlbüber- 
gang  bei  Wartenburg,  schlug  16.  Okt.  Mar- 
mont  bei  Möckem,  drang  19.  in  Leipzig  ein 
und  ward  zum  Feldmarschall  ernannt 
(«Marschall  Vorwärts*  wegen  seiner  schnel- 
len Angriffsweise  sdion  zu  Anfang  ■  des 
Feldzuges  von  den  Russen  genannt).  Am 
1.  Jan.  1814  ging  er  bei  Kaub  über  den 
Rhein,  besetzte  17.  Jan.  Nancy,  siegte  1. 
Febr.  bei  LaRothiöre  und  drang  längs  der 
Marne  gegen  Paris  vor,  musste  sich  aber 
mit  Verlust  nach  Gh&lons  zurückziehen. 
Mit  Bülows  Corps  vereinigt,  siegte  er  darauf 
(9.  und  10.  März)  bei  Laon  über  Napoleon 
und  bahnte  dadurch  den  Verbündeten  den 
Weg  nach  Paris.  Friedr.  Wiih.  III.  ernannte 
ihn  zum  Fürsten  von  Wahlstadt  und  verlieh 
ihm  die  Güter  des  Stifts  Trebnitz  in  Schle- 
sien als  Dotation.  Nach  Napoleons  Rück- 
kehr von  Elba  abermals  mit  dem  Oberbefehl 
betraut,  verlor  er  die  Schlacht  bei  Ligny, 
entschied  aber  durch  rechtzeitiges  Eintreffen 
den  Sieg  bei  Waterloo.  Nach  dem  zweiten 
pariser  Frieden  lebte  er  meist  auf  seinen 
Gütern  und  f  18.  Sept.  1819  auf  seinem 
Gute  Krieblowlts  in  Schlesien.  In  Berlin 
wurde  seine  von  Ra!|ch  modelllrte  Statue 
18.  Juni  1886,  in  Breslau  eine  andere,  eben- 
falls von  Rauch  modelllrte  1887  errichtet. 
Seine  Blogr.  von  VamhagenvonEnee  (1887), 
BUeke  (1868) ,  Scherr  (1868, 8  Bde.).  B.  hlnter- 
liess  8  Söhne:  Graf  Frans B,  von  WahUtadi, 
geb.  1777,  machte  die  Feldzüge  von  1818  bis 
1814  mit;  f  als  preuss.  Generalmsjor  geistes- 
krank 10.  Okt.  1889  zu  KÖpnick ;  Graf  Friedr, 
Gebhardt  B,  von  WahUtadt,  geb.  1780,  bethet- 
ligte  sich  ebenfalls  an  den  Feldzügen  von  1815 
bis  1815;  f  <^ls  Oberstlieutenant  14.  Jan. 
1834.  Der  ältere  Sohn  des  ersteren,  G^ 
hardt  B.  von  Wahlstadt,  geb.  .14.  Juli  1799, 


398 


Bluefields  —  Blamenthal. 


erhielt  18.  Okt.  1861  den  erbl.  Füntentttel 
nach  dem  Beeht  der  Ers^ebnrt,  Mitglied 
.des  preuis.   Herrenhauses.     Ygl.    Wiggtr, 
.  fGeschlchte  der  Familie  B.S  1871. 

BlnelleldBy  Stadt  in  Nicaragua,  am  karal- 
bischen  Meer,  600  Ew.;  bis  1860  Besldens 
des  Königs  Ton  Mosquitla. 

BlJünllMÜp  (Frau;,  Alpengipfel  der  Berner- 
alpen,  am  Nordrande  des  Lanterbrunnen- 
thalB,  11,298';   1860  ron  Stephen  erstiegen. 

Bliie    Bountalns    (spr.    Bluh-Manntns), 
•  I     d.  1.  Blaue  Berge),  Bergkette    im  südösftl. 
Australien,   westl.   von  Sidney,  bis  STIO', 
.mit  Gh>Idlagem  am  Westabhang. 

Blne  BIdge  (spr.Bluh-Bldsch),  östl.  Hanpt- 
kette  des  AUeghanygebirges. 
'   Blne  Stoekings  (engl.,  spr.  Blnh-)f    s. 
Blauttrumpf.  [PflanMe, 

Blühe,  Blfithenstand,  Biatheiuisnb,  s. 

Blnette  (fr.),  Witsfunken,  witzige  Kleinig- 
I     keit,  bes.  kleines  witziges  B&hnenstuck. 

Blvff  (engl.,  spr.  Bloff),  in  Nordamerika 
steiles  Fluss^fer. 

■  Blnhme.  Öhrirtian  A&recht,  dän.  Staats- 
mann, geb.  87.  Dec.  1794  in  Kopenhagen, 
März  bis  Nov.  1848  Handelsminister,  erhielt 
19.  Mai  18&0  das  Direktorium  der  Sundsoll- 
angelegenheiten, Okt.  1851  wieder  Minister, 
19.  Jan.  1868  Ministorpräsident,  91.  April 
1853  Chef  des  Auswärtigen  im  Ministerium 
Oersted ,  Vertreter  Dänemarks  in  den  Sund- 
BoUkonferenzen,  Juli  1864  bis  Not.  1865  wie- 
der Ministerpräsident. 

Blum,  1)  Karl,  Säuger,  Komponist  und 
Bühnendichter,  geb.  um  178Sr  zu  Berlin,  f 
das.  8.  Juli  1849  als  preuss.  Hofkomponist; 
▼erpflanzte  das  franz.  YandeTllle  auf  die 
deutsche  Bühne;  sehr,  über  70  Bühnen- 
werke (Opern,  VaudeTilles,  Ballets  etc.). 
—  9)  Bobert,  polit.  Agitator,  geb.  10.  Nov. 
1807  zu  Köln,  kam  1831  als  Theaterdiener 
bei  Direktor  Bingelhardt  von  Köln  nach 
Iteipzig,  wurde  hier  Mitarbeiter  an  belletrist. 
Blättern,  namentl.  auch  an  den  ,Sächs.  Vater- 
landsblättem* ,  gab  mit  Herlosssohn  und 
Marggrair  ein  ,Theaterlexikon*  (1888—48,  7 
Bde.),  dann  mit  Steger  das  polit.  Taschen- 
buch ,Vorwärts'  (1843-47 ,  5  Bde.)  heraus. 
An  der  dentsch-kathol.  Bewegung  eifrig  sich 
betheiligend,  ward  er  Gründer  und  Vor- 
stand der  leipzigerdeutsch>kathol.  Gemeinde, 
nach  den  Augustereignissen  von  1845  Stadt- 
verordneter, gründete  1847  eine  Verlags- 
bnohhandlung  und  gab  ein  ,Staatslexikon 
für  das  deutsche  Volk*  heraus.  Nach  dem 
Ausbruch  der  Bewegung  von  1848  Haupt- 
führer der  demokrat.  Partei,  rief  er  die 
Vaterlands  vereine  ins  Leben,  war  einer  der 
Vioepräsidenten  im  Vorparlament,  Mitglied 
des  Fünfzigerausschusses  und  der  National- 
versammlung, hier  hervorragender  Redner 
der  Linken.  Während  der  Oktoberereiguisso 
in  Wien  überbrachte  er  mit  Fröbel  im  Auf- 
trag seiner  Partei  den  Wienern  eine  Bei-» 
fallsadresse,  nahm  als  Fuhrer  einer  Eliten- 
kompagnie am  Kampfe  Theil ,  ward  4.  Nov. 
verhaftet,  8.  Nov.  vom  Kriegsgericht  zum 
Tod  veruütheiit  und  9.  Nov.  in  der  Brigrit- 
tenau  erschossen.  —  Sein  Sohn  Han$  B.,  geb. 
8.  Juni  1841  zu  Leipzig,  seit  1866  Mitglied 


des  Ausschusses  der  national-liberalen  Par- 
tei in  Leipzig  und  Mitglied  des  nordd.  Reichs- 
tags, seit  1871  Redakteur  der  ,Qlrenzboten*. 

Blumauer,  Aloue,  Dichter,  geb.  81,  Dee. 
1755  zu  Steier,  Jesuit  in  Wien,  dann  als 
Oensor  das.  angestellt;  f  16.  Mal  1798.  Bes. 
durch  seine  Travestie  von  Vlrglls  ,Aenei8* 
(1784,  8  Bde.)  und  sonstigen  kom.  Gedichte 
bekannt.    Sämmtl.  Werke  (1801—3,  8  Bde.). 

Blnme  (Bot.),  s.  I^anxe;  in  der  Chemie 
veralteter  Name  für  manche  Oxyde,  z.  B. 
Flores  zincl;  noch  gebräuchlich  für  subli- 
mirton  Schwefel :  Schwefelblumen ;  bei  Wei- 
nen eigenthümliches  Aroma,  s.  v.  a.  Bouquet, 
ven  Aetherarten  herrührend ;  in  der  Jäger- 
sprache der  Schwanz  des  Hasen  u.  des  Rehes 

Blnmenaa,  1)  Dorf  bei  Pressbnrg  In 
Ungarn;  hier  88.  Juli  1866  das  letzte  6=«- 
feeht  im  österr.-preuss.  Kriege.  —  2)  Deutsehe 
Kolonie  in  Brasilien,  Prov.  Sta.  Catharina. 

Blamenbteli y  Johann  Friedrich,  Natur- 
forscher, geb.  11.  Mai  1758  zu  Gotha,  1776 
bis  1835  Prof.  der  Medlclu  in  Oöttlngen;  t 
82.  Jan.  1840,  bes.  verdient  um  Zoologie, 
vergleichende  Anatomie  und  Physiologie. 
Sehr.  ,De  generis  humani  varietate  nativa* 
(1775);  ,Haudbuch  der  Naturgeschichte' 
(18.  Aufl.  1830);  ,Ueber  den  Bildungstrieb 
und  das  Zeugungsgeschäft*  (3.  Aufl.  1791); 
,L)stitutIones  iphyslologlcae*  (4.  Aufl.  1821; 
deutsch  1795) ;  ,Handbuch  der  vergleichenden 
Anatomie'  (3.  Aufl.  1824);  ,Collectio  cranlomm 
diversarum  gentium' (1790— 1888)  und  ,NoTa 
pentas  collect,  suae  cranionim'  (18^,  Ab- 
bildungen von  Raceschädeln) ;  ,Beiträge  zur 
Naturgeschichte'  (1806  u.  1811,  8  Bde.)  u.  A. 
Vgl.  Marx,  «Andenken  an  B.*,  1840. 

Blnmenhageii.  fhil.  Wilh.  Georg  Aug., 
einst  beliebter  Novellist,  geb.  15.  Febr.  1781 
zu  Hannover,  Arzt  das.;  f  6.  Mai  1839. 
Sämmtl.  Schriften  (8.  Aufl.  1843—44, 16  Bde.). 

Blumenkohl  y  s.  Kohl, 

Blnmenlese.  s.  Anthologie, 

Blttmenmaclierel,  Verfertigung  künst- 
licher Blumen  zum  Schmuck,  aus  Wachs, 
Leder,  Zeug  unter  Zuhülfenahme  von  Draht, 
Glas,  CoUodlumblättchen,  gefärbtem  Gummi 
arabicum  etc.;  in  hoher  Vollendung  in  Paris, 
Berlin,  Wien,  Prag,  Leipzig,  Nürnberg» 
Hamburg  etc.  Vgl.  Schreiber,  .Fabrikation 
künstlicher  Blumen',  1855. 

Bliimenmtlerei.  malerische  Darstellung: 
von  Blumen  und  Früchten ;  bes.  von  deu 
Niederländern  gepflegt.  Berühmte  Blumen- 
maier:  Jan  Breughel  und  sein  Schuler  Se- 
ghers (t  1660),  de  Heem,  Marie  van  Oster- 
wyk,  B.  Ruysch,  van  Huysum.  Neuere: 
Petter  und  Knapp  (Wien),  Buchdre  und 
Redoutö  (Paris),  Preyer  (Düsseldorf),  Nacht- 
mann (München)  u.  A. 

Blnnenorden,  s.  I^gnitzorden. 

Blamenspiele  (fr.  Jeuxßorcmx),  alte  poe- 
tische Wettkämpfe,  noch  Jetzt  im  sädK 
Frankreich  üblich. 

BlnmenthAl)  Leonhardl  von,  preuss.  Ge- 
neral, geb.  30.  Juli  1810  zu  Schwedt  s/O., 
trat  1827  als  Lieutenant  in  die  preuss.  Ar^ 
mee,  maclite  als  Hauptmann  1849  den  Feld- 
sug  in  Schleswig  mit,  ward  Chef  des  Ge- 
neralstabs   der  Schleswig- holstein.  Armee» 


Blnntschli  —  BlutegeL 


299 


1850  la  den  grosien  Generalstab  bu  Berlin 
berufen,  185S  Mi^or,  1860  Oberst,  1863  Chef 
des  Gtoneralstabs  des  kombinirten  mobilen 
Armeecorps  in  Schleswig,  1864  Generalmajor, 
im  Krieg  gegen  Oesterreioh  1866  Chef  des 
'Generalstabs  der  8.  Armee  nnd  General* 
lieutenant,  dann  Kommandant  der  14.  Division 
SU  Dasseldorf,  im  Krieg  gegen  Frankreich 
1870  Ohef  des  Generalstebs  der  8.  Armee. 

Bliuitsehliy  Joh»  Kaupar,  Prof.  der  Staats- 
Wissenschaften  lu  Heidelberg,  bad.  Geheim- 
ntb,  geb.  7.  Marx  1808  au  Zürich,  ward 
1833  Prof.  an  der  Universität  das.,  1837 
Mitglied  des  grossen  Raths.  trat  nach  der 
lürioherBerolatlon  Sept.  1839  derBegiernng 
bei,  wirkte  für  die  Bildung  einer  kon- 
serrativ-liberalen  Mittelpartei  Inder  Seh  weis 
und  ward  1844  Präsident  des  grossen  Raths. 
Nach  dem  Unterliegen  seiner  Partei  siedelte 
er  1847  als  Prof.  des  deutschen  Privat-  nnd 
Staatsrechts  nach  München  und  1861  Ton 
da  nach  Heidelberg  über.  Der  national- 
liberalen Partei  sich  anschliessend,  wirkte 
er  mit  snr  Gründung  des  deutschen  Abge- 
ordnetentags (1862),  betheiligte  sich  an  dem 
Sechsunddreissigerausschuss  sur  gesetsli- 
chen  Agitation  für  die  Rechte  Schleswig- 
Holsteins  und  begründete  als  Mitgl|ed  der 
bad.  ersten  Kammer  den  Antrag  auf  seit- 
geihässe  Reorganisation  derselben.  Er  führte 
das  Präsidium  auf  dem  deutschen  Juristen- 
ftLg  SU  Dresden  1861,  auf  dem  deutschen 
Protestantentag  in  Eisenach,  Neustadt,  Bre- 
.men  und  Berlin  (1869)  und  auf  der  bad. 
Qeneralsynode  1867.  Sehr.  ,Staats-  nnd 
Rechtsgeschichte  der  Stadt  und  Landschaft 
Zürich*  (8.  Aufl.  1856):  ,Geschichte  des 
seh  weiser.  Bundesrechts*  (1846—58,  8  Bde.); 
^llgem.  Staatsrecht*  (4.  Aufl.  1869,  8 Bde.); 
deutsches  Privatrecht*  (3.  Aufl.  1864); 
JMvatrechtliches  Gesetzbuch  für  den  Ken- 

'^  Zürich,  mit  Erläuterungen*  (1854—56, 
4  Bde.);  ,Die  neuen  Rechtsschulen  der  Ju- 
risten* (2.  Aufl.  1868);  ,Gesch.  des  allgem. 
Staatarechts  und  der  Politik*  (1864);  ,Das 
moderne  Kriegsrecht*  (1866);  ,Das  moderne 
Völkerrecht  als  Rechtsbuch,  mit  Erläute- 
rungen* (1868) ;  gibt  seit  1857  mit  BrcUer  das 
.Deutsche  Staatswörterbuch*  (1857  —  70,   11 

-  Bde. ;  Auszug  In  3  Bdn.  1869  f.)  heraus. 
Blut  (Sanguis),  flüssiger  Inhalt  der  Blut- 

Selässe ,  besteht  aus  dem  wenig  gefärbten 
üsslgen  Blutplatma  und  zahlreichen  rotben 
und  farblosen  Blutkürperehen,  Ersteres 
«nthält  Fibrin  gelöst,  welches  sich  beim 
Gerinnen  des  B.es  ausscheidet  und  dann 
die  Bluticörpett^hen  einschliesst  (Trennung 
des  B.es  in  klares  Sertim  und  dunklen  BltU- 
kuehen).  Die  rothen  Blutkörperchen,  haupt- 
aftchllcb  aus  Hämogloben  bestehend,  bilden 
bikonkave  Scheiben,  sind  bei  den  Sänge- 
thieren  kreisrund,  haben  0,0074-0,008  Mil- 
lim»  Durchmesser,  binden  In  den  Lungen 
den  eingeathmeten  Sauerstoff  und  geben 
ihn  an  die  Körpertheile  ab.  Sie  entstehen 
ans  den  farblosen  Blutkörperchen,  welche 
spärlieher  vorhanden,  grösser,  kernhaltig 
sind,  in  der  MIIs  und  den  Lymphdrüsen 
gebildet  werden  und  vielleicht  derGewebs- 
büdang  dienen  (s.  Entxündung),     Sie  find 


nach  Mahlzeiten  reichlicher  vorhanden.  Das 
Serum  enthalt  namentlich  Ei  weiss,  alkalische 
Salze,  Kreatin,  Kreatinin,  Fette,  Zucker  n. 
Harnstoff.  Arterienblut  isf  durch  grossen 
Sauerstoffgehalt  roth,  Venenblut  durcb 
Kohlensäure  dunkel.  Die  Menge  des  B.ea. 
im  Menschen  beträgt  Vs  -  Vu  seines  Gewichts^ 
er  stirbt,  wenn  ihm  auf  einmal  i/w  seine» 
Körpergewichts  an  B.  entzogen  wird .  Ueber 
die  Bewegung  des  B.es  s.  Krei»la^f  de» 
BUU9.  —  Technisch  wird  B.  als  Klärmittel 
benutzt,  indem  sein  In  der  Hitze  gerinnen<> 
des  Eiweiss  trübende  Partikelcheu  einhüllt 
und  fällt;  auch  dient  es  zur  Darstellung) 
von  Albumin  (s.  d.). 

Blntabseessy  Ansammlung  von  Eiter,  wel- 
cher mit  Blut  vermischt  ist ;  meist  unter  der 
Haut  nach  Quetschungen.  Behandlung  t  Um- 
schläge, Einschnitt,  in  frühen  Stadien:  Kälte» 

Biotader,  s.  v.  a.  Vene.  [Druck.. 

Blntimdrsaf  y  s.  v.  a.  Kongestion. 

Bliit«ni«th.  s.  Anämie, 

BliitaiifMscliiiBgy  in  der  Viehzucht  die» 
Wiederanweudung  eines  Zuchtthieres  von 
derselben  Race  oder  Stamm,  von  welchem 
die  Veredelung  einer  Heerde  ihren  Anfang- 
genommen,  bezweckt  die  Wiederauzüchtung 
der  nach  mehreren  Generationen  abge- 
schwächten guten  Eigenschaften. 

Blntblase  (Haematocystis),  Abhebung  der 
Oberhaut  durch  Blnterguss  (nach  Quet- 
schung); selten  auch  ohne  dergleichen. 
Ursache  entstehend. 

Blatblame,  s.  Haenlamthu». 

Blntbrechen  ^^«niatemesis),  Ausbrecben 
von  dunklem  Blut,  welches  sich  entweder 
im  Magen  selbst  ergossen  (aus  Magen- 
geschwür oder  Strebs)  oder  aus  Nachbar- 
organen in  denselben  gelangt  ist  (naclk 
Nasen-,  Lungen-,  Darmblutung).  Behand- 
lung B.  die  einzelnen  Organe. 

Biiitdfiiigery  flüssiges  Blut  als  Guss- 
dUnger,     mit   Kompost    oder   Chemikaliexz 

gLalk,  Gyps,  Asche  etc.)  gemischt  als  fester 
ünger;    sehr  wirksam,     i  Ctr.  Blut  =r 
l.Gtr.  Peruguano. 

Blutegel)  Hirudo  £.,  Sanguisuga  SatuVn.» 
Gattung  der  Ringelwürmer,  leben  in  stehen- 
den Gtewässem,  saugen  das  Blut  der  Wirbel- 
thiere,  legen  ihre  Eier  in  Cocons  aus  erhär- 
tetem Schleim.  Mediein,  oder  deuUcher  B»,. 
H.  medicinalis  L,,  la  Deutschland,  Frank« 
reich,  Polen,  Russland,  ist  sehr  selten  ge- 
worden. Qfßeineüer  oder  ungar,  B.,  H» 
officinalis  L.,  in  Ungarn,  Griechenland,  der 
Türkei,  Südfrankreich >  wird  in  Teichen, 
kultivirt  (Hildesheim  Jährl.  ca.  2  Mill.)« 
wichtiger  Handelsartikel,  Triest,  Nil,  Mur- 
ray River  in  Australien.  Frankreich  und. 
England  verbrauchen  Jährl.  Je  30  Mill. 
Stück.  Vollgesi^ene  B.  ÜBSten  Jahrelang. 
Saugende  B.  fallen  ab,  wenn  sie  mit  Sals. 
bestreut  werden.  Der  Pferdeeg^,  H.  san- 
guisuga  L,,  Haemopis  sanguisorba  8av.,  bes. 
•in  Büdeuropa  und  Nordairika,  selten  ia 
Deutschland.  Vgl.  Batkke,  ,Entwicklungs- 
geschichte  der  HIrudineen*,  heransg.  von. 
Leuekart  1862;  Stülter ,  ,Praktische  Vor- 
schläge zur  Einführung  der  Blutegelzucht*v 
2.  Aufl.  1863;   Sgidi,   ,Blntegelzucht*,  1844. 


300 


Blutentleerung  —  Bnin. 


Blatentleerung  (BluUntHehung) ,  künst- 
liche Wegnahme  von  Blut  zu  Heilzwecken, 
<Iurch  Blutege^  Bchröpfköpfe ,  Aderlass. 
Jjohale  B,  bei  Entzündungen  (z.  B.  des 
Bauch-  oder  Brustfells,  des  Gehirns).  All- 
^gemeine  B,  (Aderlass)  zur  Herabsetzung 
der  gesammten  Blutmenge. 

Blnterkrtnkheit  (Haemorrhophilta),  un- 
erklärte Neigung  selbst  unbedentenderWun- 
-den,  hartnäckig  zu  bluten.  Erblich;  hat 
vregen  der  grossen  Blutverluste  allgemeine 
Blutarmuth  zur  Folge;  Behandlung  durch 
l)Iutstillende  Mittel  (s.  d.),  Vermeidung  des 
Anlasses  der  Blutung. 

Blatfleckenkrankhelt  (Morbus  maeulosus 
lYerlbofli),  chronische  Krankheit,  mit  mas- 
.«euhaften  Blutungen  unter  die  Haut,  sowie 
in  yerschiedefte  innere  Organe.  Behand- 
lung: kräftige  Kost,  Chinin,  Eisen. 

BlutflnsSy  8.  Blutung. 

Blutgefässe  9  s.  Arterien  und  Venen. 

Blutharnen  (Haematuria) ,  Abgang  von 
Blut  aus  der  Harnröhre.  Ursache:  Nieren- 
'l>lutung  (Entzündung,  Zerreissung  bei  Ge- 
4stürzten);  Blasenblutung  (bei Entzündungen, 
Krebs) ,  aus  der  Harnröhre ,  bes.  bei  me- 
chanischen Verletzungen. 
'  Bluthund,  s.  y.  a.  Schweisshund;  grosse 
engl.  Doggenart,  yon  den  Spaniern  gegen 
•die  Indianer  gebraucht. 

Bluthusten  (HaemoptoS,  Haemoptysis), 
Aushusten  von  Blut,  «welches  sich  in  die 
liunge  oder  die  Luftwege  ergossen;  bei 
grösseren  Mengen  Blutsturt  genannt,  Symp- 
tom der  Lungenschwindsucht.  Behandlung: 
jfrösste  Ruhe,  Einathmen  blutstillender 
Mittel;  Milchdiät. 

Blntkdrperchenj,  ) 

Blntkncnen,         >  s.  Blut. 

Blutküg«lcnefny    ) 

Blutlassen,  s.  Arteriotomie. 

Blutlaugensali  (gelbes  £.,  Blavsalz,  Ka- 
iiumeisencyanür ,  Ferrocyankalium) ,  Verbin- 
•dung  yon  2  Aeq.  Cyankalium  mit  1  Aeq. 
Eisencyanür  und  3  Aeq.  Wasser,  dargestellt 
durch  Glühen  thierischer  Kohle  mit  Pot- 
«sche  in  eisernen  Gefässen  und  Ausziehen 
der  Schmelze  mit  siedendem  Wasser.  Die 
•erhaltene  Blut-  oder  Rohlauge  liefert  beim 
lErkalten  B.  in  gelben  iuftbeständigen  Kry- 
4itallen;  löst  sich  in  4  Th.  kaltem  Wasser, 
nicht  in  Alkohol,  nicht  giftig,  gibt  mit  ver- 
dünnter Schwefelsäure  Blausäure  und  mit 
^senoxyd salzen  Berlinerblau;  dient  zur 
Darstellung  des  letzteren,  des  Gyankallnms 
^nd  'Weissen  Schiesspulyers,  zum  Blau-  und 
Braunrothfarben,  zur  oberflächlichen  Stäh- 
lung des  Eisens  und  zur  Darstellung  des 
-rothen  B.es.  Kaliumeisencyanid,  Ferrideyan- 
Jbalium,  Gmelins  Salz,  Verbindung  von  2  Aeq. 
Eisencyanid  mit  3  Aeq.  Cyankalium,  darge- 
.«tellt  durch  Behandeln  von  gepulvertem 
•oder  gelöstem  gelben  B.  mit  Chlor,  bildet 
dunkelrothe  Kry stalle,  löslich  in  Wasser 
und  Alkohol,  nicht  giftig,  gibt  mit  Eisen- 
•oxydulsalzen  Berlinerblau ,  dient  zumBIau- 
iärben  und  als  Beize  in  der  Kattundruckerei. 

Blutlymphe,  s.  v.  a.  Blutwasser,  s.  Blut. 

Blutmal,  8.  Muttermal, 

Blutmelken,  Krankheit  der  Kühe,    bei 


welcher  die  Milch  mit  Blut  gemischt  ist, 
Folge  einer  Eutorentzündung ;  oft  veran- 
lassen   gewisse  Futterarten    roth    gefärbte 

Blutnelke,  s.  Dianthus.  [Slilch. 

Blutrache,  die  noch  jetzt  bei  den  Arabern 
und  andern  Völkern  Asiens  und  Afrikas, 
sowie  bis  auf  die  neueste  Zeit  in  Korsika 
herrschende  Sitte,  wonach  die  Verwandten 
eines  Ermordeten  diesen  Mord  durch  Töd- 
tung  des  Mörders  oder  seiner  Verwandten 
zu  rächen  haben,  wird  oft  jahrelang  auf 
beiden  Selten  fortgesetzt  und  verwickelt  oft 
ganze  Stämme  in  die  langwierigsten  Fehden. 

Blntregen  (Blutthau),  durch  aufgenomme- 
nen rothen  Passatstaub  gefärbte  Begen- 
tropfen;  die  rothen  Tropfen,  welche  der 
aus  der  Puppe  auskriechende  Baum-  oder 
Heckenweissling  von  sich  gibt.  Auch  rothe 
Infusorien  können  B.  bilden. 

Blntrelnigende  Mittel,  zur  Ausscheidung 
unbrauchbarer  (verbrannter)  ^  Stoffe  be- 
stimmt, meist  vermehrte  Harn-  und  Koth- 
entleerung  bewirkend,  wie  Holzthee,  Mol- 
ken, Mineralwässer. 

Blutroth,  8.  v.  a.  Hämatin. 

Blutschande,  s.  Ineest. 

Blntschnee  (Alpenroth),  rothe  Färbung  des 
Schnees,  wird  durch  mikroskopische  Krypto- 
gamen,  luAisorien,  auch  durch  Fassatstaub 
veranlasst. 

Blntschwar,  s.  Furunkel. 

Blntschwanim ,  s.  Krebs. 

Blutspeien,  s.  Bluthusten. 

Blutstein  (HämatU),  fasriger  Rotheisen- 
stein, s.  Eisenerze. 

Blutstillende  Mittel,  bewirkenZussmmen- 
ziehung  der  Blutgefässwandung  oder  Ge- 
rinnung des  Bluts;  s.  Blutung. 

BIntstarz,  s.  Bluthusten. 

Blutumlauf,  s.  Kreislauf  des  Bluts. 

Blutung  (Haemorrhagia) ,  Austritt  von 
Blut  aus  zerrissenen  Gefässen.  Im  Gehirn: 
Apoplexie,  Schlag;  aus  der  Nasenschleim- 
haut: Epistaxis,  Nasenbluten ;  in  dl&  Lungen' 
stibstam:  Lungeninfarkt;  in  die  Luftwege: 
Veranlassung  zu  Bluthusten  (s.  d.)  und  Blut- 
sturz; in  den  Magen,  s.  Blutbrechen;  aus 
Mastdarmvenen :  Hämorrhoiden.  Veranlas- 
sung: Gefässkrankheiten,  Blutfülle  und 
Verletzungen.  Grösse  der  Gefahr  je  nach 
dem  Sitz  und  der  Menge  des  ausgetretenen 
Bluts.  Behandlung :  Kälte ;  bei  freiliegenden 
grossen  Gefässen:  Unterbindung,  blutstil- 
lende Mittel  rHaemostatica),  wie  Eisenchlorid» 
Tannin,  Höllenstein,  Glüheisen.  Bei  inneren 
B.en  Seeale  cornutum,  Säuren.  JVbrmoZ  bei 
Menstruation,  B.  der  Gebärmutterschleim- 
haut und  Lösung  des  Eies. 

Blntwasser,  s.  Blut. 

Blntzwang,  rothe  Ruhr,  s.  Dtfsenterie. 

Blutzeuge,  s.  y.  a.  Märtyrer. 

BljÜB  (Trybook),  altes  Wurfgeschütz ,  seit 
dem  10.  Jahrh.  und  noch  längere  Zeit  nach 
Erfindung  des  Schiesspulvers  in  Grebrauch, 
ähnl.  der  Katapulten  der  Alten« 

B.  m.,  abbr.  brevi  manu  (s.  d.);  beatae 
memoriae,  seligen  Andenkens;  aufRecepten 
bene  misceatur,  es  werde  gut  gemischt. 

Bnin,  Stadt  im  preuss.  Regbs.  Posen, 
Kr.  Schrim,  1278  Ew. 


Boa  —  Bock» 


301 


BM»  s.  BiestueJUang«. 

Board  (engl.,  spr.  Bohrd),  Tisch,  Tafel; 
in  England  jede  koUegialische  Behörde,  s.  6. 
B.  of  Trade,  das  Haudelsamt;  Poor  Law 
B.,  die  zur  Administration  des  Armenwesens 
liiedei^esetzte  Kommission,  etc.  Boarding- 
house  (spr.  Bohrdinghaus;,  Speise-,  Kosthaus. 

Boas,  Edutard,  Dichter  und  Schriftsteller, 
gob.  18.  Jan.  1815  saljandsberg  a.  d.  W.,  t  ^'^^• 
im  Juni  185S;  bes.  rerdient  durch  literar- 
histor.  Arbeiten:  «Nachträge  zu  Goethes 
Werken*  (1841,  8  Bde.),  ,Nachträge  zu  Schil- 
lers Werken^  (1838-^0,  3  Bde.),  ,Sohiiler 
und  Goethe  im  Xenienkanipf  (1851,  2  Bde.), 
,Schiller8  und  (Goethes  XenJenmanuscript* 
(1856).    ,Schrifteu<  (1816'.48,  5  Bde.). 

BODblaety  engl.  Tüll,  geklöppeltem 
Spitzengmnde  ähnliches  Gewebe  mit  regel- 
mässigen seobseckigenHaschen  oder  Löchern, 
ailf  der  yon  Heathcoat  erfundenen  Bobbinet- 
maschine  heimstellt. 

BobbiO)  Stadt  in  der  ital.  Prov.  Pavta,  an 
der  Trebbia,  4575  Ew. 

Bobtr,  linker  Nebenfl.  der  Oder,  entspr. 
im  Riesengebirge  ui/eni  Landshut,'  nimmt 
den  Zacken,  die  Qnelss  und  Sprotte  auf, 
mfindet  bei  Krossen}  35  M. 

Boberf  eld)  MaHin  Otto  von,  s.  Opitz, 

BobersberiTy  Stadt  im  preuss.  Regbz. 
Frankfurt,  Kr.  Krossen,  am  Bober,  1571  Ew. 

Bobisation  (BooedUation),  Solfegglreu  nach 
den  von  Waelrant  (f  1595)  erftindenen  belg. 
Silben  bo,  ce,  di,  ga,  lo,  ma,  ni. 

Bobiines.  Stadt  im  südruss.  Gh>uT.  Cher- 
son,  7779  Bw. 

Bobritn€hyKebenfl.der  freiberger  Mnlde. 

Bobrowy  Stadt  im  grossruss.  Gour.  Woro- 
nesch,  82^  Ew.  Dabei  die  gr.  Gestüte  und 
Güter  der  Orafen  TonOrlow  und  Rostopschin. 

Bobrqjtk  (Bobrisk),  starke  Festung  im 
westmss.  Gout.  Minsk,  an  der  Beresina 
und  Bobruika,  19,752  Ew. 

Bobrzay  rechter  Nebenfi.  der  Narew  im 
westl.  Rnssland,  entspr.  bei  Grodno;  27  M. 

Boeaye  (spr.  -kahsch),  Landsch.  in  der 
westl.  Normandie;  Hanptst.  Vlre. 

Boeea  (ital.,  Plur.  Bocehe,  spr.  Bokke), 
Mund,  Engpass,  Ilussmündung,  auch  Meer- 
busen (z.  B.  Bocehe  dl  Oattaro). 

BO€Caeelo  (spr.  -attscho),  Giovanni,  her. 
ital.  Dichter  und  Schriftsteller,  geb.  1318  zu 
Paris,  Sohn  eines  florent.  Kaufinanns,  an- 
fangs selbst  Kaufinann,  widmete  sich  dann 
ganz  den  Wissenschaften  u.  der  Poesie,  durch- 
reiste, zum  Theil  mit  diplomat.  Aufträgen, 
Italien,  yerweilte  längere  Zeit  in  Neapel,  wo 
er  die  Gunst  der  Königin  Johanna  u.  der  Prin- 
zessin Marie,  König  Roberts  natürl.  Tochter 
(rom  Dichter  als  Fiammetta  Terherrlioht), 
gewann,  und  ward  Freund  und  Schütler  Pe- 
trarcas, erhielt  1873  den  zu  Florenz  errich- 
teten Lehrstuhl  für  Erklärung  Dantes;  f  Sl. 
Dec.  1375  zu  Certaldo,  dem  Stammort  seiner 
Familie.  Einer  der  gefeiertsten  Gelehrten 
seiner  2Seit  und  Begründer  der  klass.  ital. 
Prosa,  bes.durch  sein  Hauptw.:  ,Decamerone', 
eine  Sammhing  von  hundert,  z.  Th.  aus 
provencal.  Dichtem  entlehnten  Norellen,  an- 
muthlg  erzählt  und  Voller  lieben  und  Hu- 
mor, oft   auch   ausgelassen  und  unzüchtig 


(zuerst  Venedig  1471;  neuere  Ausg.  toh. 
BiagoH  1883,  Foicolo  18%,  und  bes.  von 
Fanfani  1857 ;  deutsch  zuerst  Ton  SteinJIi'öwei: 
1471,  neu  herausg.  von  Keller  1860;  neuerl.. 
von  JHeMl  1865,  Wüte,  8.  Aufl.  1859;  ausser- 
dem in  fast  alle  Sprachen  übersetzt).  Sehr» 
ausserdem  ,Amorosa  Tisione*,  Dichtung  in 
Terzinen,  die  ,TeseideS  erster  Yersucb 
einer  ital.  Epopöe  in  Ottaven,  für  deren 
Erfinder  B.  gilt;  femer  den  Roman  ,FiIO' 
copo  oTvero  amorosa  fatica*  (die  Geschiebt» 
▼on  Flor  und  Blancheflor),  die  Llebesklag» 
,Amoro8a  Fiammetta*,  ,Nimfalo  d'Ameto*^ 
(in  Prosa  und  Versen),  ,Ii  Filostrato<  (in^ 
Ottaven,  die  LIebesgesch.  Troilus  und  Cres- 
sida),  ,11  Oorbaccio^  (Schmähschr.  auf  di» 
Weiber)  u.  A.  Seine  Schriften  über  Dante; 
,Origine,  Tita  e  oottumi  di  Dante*  und  ,C}om> 
mento  sopra  la  Oommedia  dl  Dante*  (bla 
zum  17.  Gesang  der , Hölle*  reichend);  latein. 
Schriften:  ,De genealogia  deorura*,  ,De  mon- 
tium,  silvarum,  lacuum  etc.  nominibus*,  ,D» 
casibus  Tii-orum  et  feminarum  Ulustrium*,, 
,De  Claris  muUeribus',  16  Eklogen,  Briefe  etc» 
,Opere  complete*  herausg.  von  Moutier  (1827» 
17  Bde.).  Biogr.  von  Graf  Baldelli  (1806)^ 

BoecalO)  Flüssigkeitamass  in  Italien,  in 
Florenz  =  0,9,  in  Mailand  «/e,  in  Rom  1*^^ 
in  Triest  1,6,  in  Tigria  *!%  berliner  Quart. 

Boeea-TigrlBy  die  Mündungserweiterunip 
des  Kantonflusses  in  China,  nach  der  darin 
liegenden  Tigerinsel  benannt. 

Bocehorinf  (spr.  Bokk-),  Luigi,  itaU 
Komponist,  geb.  14.  Jan.  1735  zu  Luoca,  f- 
28.  Mal  1805  zu  Madrid;  zahlr.  Streich- 
quintette, Quartette,  Trios,  jetzt  veraltet. 
iBoechetta  (spr.  Bokk-),  strateg.  wichtiger 
(>ebIrg8pasB  der  ligur.  Apenninen,  zwischen 
Genua  und  Novl;  jetzt  Eisenbahn  darüber. 

Boehnia^  Bergst.  in  Westgallzien,  unweit 
der  Raba,  8040  Ew.  Grosses  Steiusalzwerk 
(1500'  tief,  Jährl.  300,000  Ctr.  Salz). 

Boeholty  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Münster, 
Kr.  Borken,  an  der  Aa,  5809  Ew.  Schloss 
des  Fürsten  Salm -Salm.  Dabei  die  St. 
Michaeliselsenhütte. 

Boeham«  Kreisst.  im  preuss.  Regbz.  Arn8> 
b|»rg,  15,0(H)  Ew.    Gussstahlfabr. 

Bock 9  das  Männchen  der  Ziege,  des 
Schafes,  Rehes,  Stein-  und  Damwildes 
und  Kaninchens. 

Boek  (Sprengboek,Bängebock,Joch),  Holz» 
Verbindung,  welche  allein  oder  in  Verbin- 
dung mit  anderen  Hölzern  zum  Tragen 
eines  unter  Ihr  liegenden  Balkens  dient; 
bei  Wölbungen  das  Cterüst,  worauf  di» 
Lehrbögen  aufsiteen. 

Bock.  Karl  Em$t,  Anatom,  Sohn  des  Ana» 
tomen  Karl  Auguet  B,  (geb.  1782,  f  1833  zu 
Leipsig),  geb.  21.  Febr.  1809  zu  Leipzig,  seit 
1836  Prof.  das.,  Vertreter  der  durch  OppoK 
zer,  Sooda,  Rokitanski' begründeten  pbyslo^ 
logischen  Heil  weise  und  pathoIogiscHenAua-^ 
tomie,  bekannt  durch  populäre  Schriften  in 
der  ,Gartenlanbe*.  Sehr.  ,Handbuch  der 
Anatomie  des  Menschen*  (4.  Aufl.  1849); 
, Anatomisches  Taschenbuch*  (5.  Aufl.  1864); 
,Lehrbueh  der  pathologischen  Anatomie  u» 
Diagnostik*  (4.  Aufl.  1864,  2  Bde.);  ,Bach 
vom  gesunden  und  kranken  Menschen*  (7» 


302 


Bockau  —  Bodensee. 


jLat.  18M);  ,Haadatlas  der  Anatomie  des 
Ifenschen*  (6.  Aufl.  1870  f.);  jpandatlas  der 
patholog.  Anatomie*  (1855). 

Bockan,  Bergflecken  im  Sachs.  Erzgebirge, 
Begbz.  Zwickau,  1884  Ew.  Hauptort  des 
ersgebirgischen  Medicinalkräuterbaus  und 
^es  früheren  Olitätenhandels. 

Bockenem ,  Stadt  im  preuss.  Regbs.  Hü- 
•deshelm,  Kr.  Liebenburg,  1909  Ew. 

Bockenkelm,  Stadt  im  preuss.  R^bz. 
Rassel,  Kr.  Hanau,  unfern  Frankfurt  a/M., 
<744  Ew.    Zablr.  Fabr. 

Bockkäfer  (lionglcornia) ,  Käferfamilie 
4er  Tetrameren,  zahlreiche  Arten,  meist 
grosse  Käfer,  leben  am  Holz  und  in  den 
Wäldern.  Die  Larve  des  Eichenbockkäfers, 
Cerambyx  heros  Fcibr,,  in  Eichen-  und 
Rüsterstämmen,  ist  vielleicht  der  als  Lecker- 
bissen  geschätzte  Conus  der  Alten. 

Boeklety  Badeort  im  bayer.  Regbz.  Unter- 
franken, an  der  frank.  Saale,  1  M.  von 
Kissingen,  883  Ew.    Stahlquellen. 

Boeksbentel.  kurze  bauchige,  breit  ge- 
drückte Weinflasche,   meist  für  Stein  wein 

Boeksdom,  s.  Lpeium,  [gebräuchlich. 

Boeksdomnmeny  s.  Trigonella. 

Boekstxiller  (Mus.),  nneigentl.  meckern- 
der Triller  auf  einem  Ton ,   mehr  Bebung. 

Bocknm-Dolffii,  Floretyi  Heinr,  GoUfr,  von, 
Hitglied  des  preuss.  Abgeordnetenhauses, 
geh.  18.  Febr.  1802,  ward  als  Landrath  des 
Kreises  Soest  Mitglied  des  vereinigten  Land- 
tages von  1847,  unter  dem  Ministerium  Auen- 
wald -  Seh  werin  Oberregierungsrath  zu  Ko- 
l)lenz,  bildete,  nach  den  Wahlen  von  1861 
sum  zweiten  Vicepräsidenten  des  Abgeord- 
netenhauses erwählt,  mit  Gleichgesinnten 
die  nach  ihm  genannte  Fraktion  des  linken 
Gentrums,  ward  nach  Auflösung  des  Ab- 
geordnetenhauses (Mai  1868)  nach  Qumbinnen 
versetzt,  nahm  1865  seinen  Abschied  aus 
dem  Staatsdienst. 

Boeskaiy  Slepkan,  Haupt  der  ungar.  In- 
«urrektion  von  1604—6,  geb.  1555,  früher 
Festungskommandant  in  Grosswardein,  ward 
1604  als  des  Einverständnisses  mit  den  auf- 
rührerischen Siebenbürgen  verdächtig  in 
feiner  Burg  angegrifTen,  brachte  einen  Theil 
der  kaiserl.  Truppen  auf  seine  Seite,  ward 
«uf  dem  Landtag  zu  Szereucse  87.  April  1605 
5EUm  Fürsten  von  Ungarn  ausgerufen  und 
vom  Sultan  Achmed  I.  in  Ofen  zum  Erbkönig 
von  Ungarn  ernannt,  im  wiener  Frieden 
23.  Jan.  1606  vom  Kaiser  als  Erbfurst  von 
Siebenbürgen  anerkannt;  f  89.  Dec.  1606. 

Bod^Jk,  Marktfl.  im  ungar.  Komit.  Stnhl- 
weissenburg,  1900  Ew.  WarmeMineralquell«, 
i>e8uchter  Wallfahrtsort. 

Bodden  y  Name  mehrerer  Strandseen  und 
Buchten  der  Ostsee,  z.  B.  der  grei/stocUder 
B.,  jasnutnder  B.,  kamminer  B.  etc. 

Bode,  linker  Nebenfl.  der  Saale,  entspr, 
«m  Brocken,  mündet  bei  Nienburg,  18  M.; 
tnalerisches  Felsenthal  (Rosstrappe). 

Bode^  Joh.  Eiert,  Astronom,  geb.  19.  Jan. 
1747  zu  Hamburg,  ward4l778  Astronom  der 
Akademie  zu  Berlin,  1788  Mitglied  derselben ; 
1 83.  Kov.  1826.  Begründete  1776  die  ,A8tro- 
nomischen  Jahrbücher  oder  Ephemeriden* 
<1776~18S9,  64  Bde.),  «Is, Berliner  astronom. 


Jahrbuch*  von  Eneke  fortgesetzt;  sehr.  ,Br- 
läuterung   der  Sternkunde*  (3.   Aufl.  1808, 

8  Bde.);  , Entwurf  der  astronom,  Wissen- 
schaften* (8.  Aufl.  1825);  ,Allgem.  Betrach- 
tungen über  das  Weltgebäude' (3.  Aufl.  1834); 
gab  heraus  ,Uranographia'  (2.  Aufl.  1818)  und 
,Repr68entat1on  des  astres*  (1788). 

BodegM  (Babahoyo),  Stadt  in  Ecuador, 
Distr.  Guayas,  a.m.Fl%u$B»,  Hafen  für  Quito, 
Riobamba  und  Tacunga,  1867  abgebrannt. 

Bodelschwlngh-Velnede,  Em$t  t.,  preuss. 
Staatsmann,  geb.  86.  Nov.  1794  zn  Yelmede 
bei  Hamm  in  der  Grafschaft  Mark,  ward 
1834  Oberpräsident  der  Rheinprovinz ,  1848 
Finanzminister,  1844  Minister  des  Innern, 
1847  beim  vereinigten  Landtag  Regierungs- 
kommissär, 18.  März  1848  entlassen,  1840 
Abgeordneter  der  zweiten  Kammer,  Sept. 
d.  J.  Vorsitzender  des  Verwaltungsraths  der 
Union,  in  der  Kammersession  von  1850—51 
Fuhrer  der  Centrumspartei,  1852  Regierungs- 
präsident zu  Arnsberg;  f  18.  Mai  1854. 

Bodenheim,  Dorf  in  Rheinhessen,  am 
Rhein,  südl.  von  Mainz,  1940  Ew.  Weinbau. 

Bodenkunde.  Lehre  .von  den  Bestand- 
theilen,  physikalischen  und  chemischen 
Eigenschaften  und  der  Eintheiiung  -des 
Ackerbodens.  Aeltere  Schriften  vonThaer, 
Creme,  Davy,  Sprengel,  Girardin;  wissen- 
schaftlich beurbeitet  zuerst  von  Faüou, 
»Anfangsgründe  der  B.*,  1857.  Vgl.  fin^f, 
,Steinschutt  und  Erdboden*,  1867. 

Bodenlanben  (BotenlauUn),  Burgruine  bei 
Kissingen,  einst  Im  Besite  des  Grafen  Otto  IL 
von  Heuneberg,  eines  Minnesängers,  der 
sich  OUo  von  B,  nannte  (f  1244).  Vgl.  Beck- 
•«etn,  .Gechichten.  Gedichte  Ottos  v.B.',  1845. 

Bodenninigy  Dorf  in  Niederbayern,  im 
Böhmerwald,  1661  Ew.  Bergamt  und  Boll- 
werke (Eisenvitriol,  Schwefelkies  etc.). 

Bodenrente  (Grund-  oder  LandrenU),  im 
weitesten  Sinne  der  Reinertrag,  welcher 
Grund  und  Boden  naoh  Abzug  der  darauf 
verwendeten  Kosten  gewährt;  im  engeren 
Sinne  das,  was  nach  Abzug  des  Zinses  vom 
Kapital,  das  im  Grund  und  Boden  angelegt 
ist,  vom  Reinertrag  übrig  bleibt.  Die  Grund- 
steuer belastet  wesentl.  die  B.,  deren  Be- 
steuerung die  Physiokraten  für  die  einzig 
richtige  betrachten. 

Bodensee  (Bodmansee,  «ehwcB».  Meer,  lat. 
laeu*  Briganlinut,  ftanz.  lao  de  Oonstanc«), 
See  am  Nordfuss  der  Alpen ,  zwischen  der 
Schweiz  und  Deutschland,  vom  Rhein  durch- 
flössen, 1210'  üb.  M.;  mittl.  Breite  3  M.  im 
O.,  2Va  M.  im  W.,  Länge  auf  der  Nordseite 

9  M.,  Südseite  7i/aM.,  Umfang  27  M.,  Areal 
81^  QM.,  Tiefe  bis  969'.  Vom  Juni  an  Steigen 
des  Wassers  bis  10'  über  den  niedrigsten 
Stand,  vom  August  an  Sinken  dess.;  ausser- 
dem bemerkenswerth  das  ,Ruhss',  ein  selte- 
nes und  unregelmässiges  Anschwellen  des 
Wassers  ohne  sichtbare  Ursache  mit  darauf 
folgendem  plötzlichen  Sinken  und  neuem 
Steigen  zur  gewöhnl.  Höhe,  und  der  Aufruhr, 
den  der  Föhn  bewirkt.  Das  ganze  ZufHeren 
des  Sees  ist  selten  (in  4  Jahrh.  fünfmal). 
Der  nordwestl.  Theil  eine  5  M.  I.,  1  M.  br. 
Bucht,  üeberlingersee  genannt.  Umgebung 
liebliob  und  grossartig.    Wichtige  Uferorte: 


Bodenstedt  —  Böhme. 


803 


5 


Liodaa,  Bregens,  Borschach,  Arbon,  Kon- 
stanz, Ueberlingen,  Mörsbnrg,  Friedrloha- 
hafen,.  Langenargen.  Früher  starke  Segel- 
sebifffahrt,  jetzt  yerdrängt  von  Dampf- 
scbifffabrt,  die  von  den  Mündungsorten  der 
Eisenbahnen  (Lindau,  Friedrichshafen,  Ror- 
scbach,  Bomanshorn,  Konstanz)  regelmässig 
Statt  findet«  Vgl.  ,Der  B.  und  seine  Um- 
gebungen', 1857,  S  Thle. 

Bodenstedt,  Friedr,  Martin  (von).  Dichter 
und  Schriftsteller,  geb.  82.  April  1819  zu 
Peine  in  HannoTer,  mehrere  Jahre  Lehrer 
in  Bussland,  bereiste  1845  den  Kaukasus, 
bekleidete,  1846  zurückgekehrt,  nach  yer- 
schiedenen  Stellungen,  1854—66  eine  Profes- 
sur in  München,  lebt  gegenwärtig  in  Mei- 
niugen,  wo  er  mehrere  Jahre  die  Leitung 
der  Hofbühne  führte.  Sehr.  ,Die  Völker 
des  Kaukasus*  (2.  Aufl.  1855);  ,Tau8end  und 
ein  Tag  im  Orient*  (3.  Aufl.  1859);  ,Lieder 
desMirza  Schaffv*  (80.  Aufl.  1870);  ,Gedichte* 
1857  u.  1859, 2  Bde.) ;  ,Demetrius'  (Trauersp., 
.856);  ,KÖnig  Autharis  Brautfahrt*  (Lustsp., 
1860);  .Shakespeares  Zeitgenossen'  (1858—60, 
8  Bde.).  Treffi.  Uebersetzungen  von  Pusch- 
kin (1853—54,  3  Bde.),  Lermontow  (185A, 
S  Bde.),  Shakespeares  Sonetten  (1862)  u.  A. 
Gesammelte  Schriften  (1865-69,  12  Bde.). 

BodenstetUy  Andrea$,  s.  KarMadt, 

Bodenwerder,  Stadt  im  preuss.  Regbz. 
Hannover,  Exklave  im  Braunschweigischen, 
«in  der  Weser,  1820  ^w. 

Bodenwöhr,  Dorf  in  der  bayer.  Oberpfalz, 
bei  Kennburg,  496  Ew.    Bed.  Hüttenwerke. 

Bodfeld  (Bothfdd),  ehemal.  Jagdschloss 
der  fränk.  Kaiser,  wo  Heinrich  III.  1056  f; 
iag  im  Harz,  etwa  beim  Zusammenfluss  der 
kalten  und  warmen  Bodo;  schon  1258  Ruine. 

Bodln  (spr.  •  dang),  Jean,  ftttnz.  Publicist, 
geb.  1530  zu  Angers,  yertheidigte  als  Ab- 
^ordneter  bei  der  Ständeversammlung  zu 
Blols  1576  die  Rechte  des  Volks  und  die 
OewissensAreiheit ;  f  1596.  Hauptwerk:  ,La 
r6publlque<  fl577;  lat.  1586),  der  erste  Ver- 
buch einer  wissenschaftlichen  Staatslehre. 
Vgl.  Ouhrautr,  ,Das  Heptaplomeres  des 
Jean  B.',  1841;  Blogr.  Ton  Bandrillon  (1858) 
und  Molinier  (1867). 

Bodman,  Dorf  im  bad.  Kr.  Konstanz,  am 
Ueberlingersee,  906  Ew.  Von  der  Burg- 
ruine 6.  hat  der  Bodeusee  den  Namen. 

Bodmer,  Joh,  Jak,,  Schweiz.  Dichter  und 
Literator,  geb.  19.  Jnli  1698  zu  Greifensee 
t>ei  Zürich,  seit  1725  Prof.  der  helvet.  Oe- 
schichte  in  Zürich,  1735  Mitglied  des  grossen 
Haths;  t2.  Jan.1783.  Arbeitete  in  einer  Reihe 
krit.  und  polemischer  Schriften  dem  herr- 
schenden franz.  Geschmack  in  Kunst  und 
Poesie  entgegen,  dadurch  Gegner  Gottscheds, 
'Während  die  Jüngern  Dichter,  bes.  Klopstock 
und  Wieland,  sich  ihm  anschlössen.  Eigne 
Gedichte:  ,Die  Noacfolde*  (1752)  und  dram. 
Sachen.  Auch  verdient  um  die  Wiederer- 
weckung der  mittelalterlichen  Dichtungen 
•durch  Herausgabe  der  «Nibelungen*  (1757), 
der  manessescben  Sammlung  der  Minnesän- 
.ti;er  (1758)  u.  a.  Vgl.  Dannel,  ,Qott8ched  und 
seine  Zelt*,  1848. 

Bodnerel  (ft>.  eanirat  ä  Ja  ffro$u,  engl. 
J>oU<mry),  DarlehnsTertrsgmit  varfförndusg 


des  Schiffs  oder  der  Ladung,  wobei  der 
Darleiher  (Bodmereigeber ,  Bodmerist)  die 
Seegefahr  In  der  Art  übernimmt,  dass  er, 
wenn  die  verbodmeten  Gegenstände  ganz 
oder  zumTheil  untergehen  sollten,  auf  sein 
Rüokforderungsrecht  ganz  oder  zum  Theil 
verzichtet,  dafür  aber  nach  glücklich  voll-  ^ 
endeter  Fahrt  das  dargeliehene  Kapltar" 
mit  einer  vertragsmässig  bestimmten  Prämie 
zurückerhält.  Der  Bodmereinekmer  stellt 
dem  Bodmereigläubiger  über  den  Vorschuss 
und  seine  Veranlassung  eine  Urkunde,  den 
Bodmereibrief,  aus,  der  ,anf  Ordre*  lauten 
und  dann  durch  Indossament  weiter  über- 
tragen werden  kann.  Vgl.  Benecke,  ,Sy8tem 
des  Seeassekuranz-  und  Bodmerei wesens', 
neu  bearbeitet  von  Nolte  1851.  , 

Bodmtn,  Hauptst.  der  engl.  Grafschaft 
Cornwall,  am  Camel,  4809  Ew. 

BodSe,  Hauptort  des  norweg.  Amts  Nord- 
land, am  Saitenfjord,  228  Ew. 

Bodogaa.  Landstrich  in  Thüringen,  zwl-      ' 
sehen  der  Bode  und  der  Unstrut. 

BodOttt.  Giambattieta,  ital.  Stempelschnei- 
der und  Buchdrucker,  geb.  1740  zu  Safazzo, 
lebte  zu  Parma;  f  29.  Nov.  1813  zu  Padua. 
Prachtvolle  Klassikerausgaben. 

Bodonam  (Bodenum),  Widdin. 

Bodrog,  rechter  Nebenfluss  der  Theiss 
in  Ungarn,  entspr.  auf  den  Karpathen, 
mündet  bei  Tokal ;  sehr  fischreich. 

Bodty  Jean  de,  Baumeister,  geb.  1670  in 
Baris,  war  seit  1700  brandenburg.  Hofbau- 
meister, trat  1728  in  sächs.  Dienste;  t  1745 
als  Generalfeldzeugmeister  'in  Dresden. 
Grössere  Bauten  von  ihm  in  Berlin  (Zeug- 
haus), Potsdam,  Dresden  etc. 

Bodulel  (Budulia,  d.  h.  Niederland),  die 
Inseln  des  quarnerlschen  Golfs;  ihre  Be- 
wohner Boduli  (Niederländer). 

Boft  (a.  G.),  Stadt  in  Lakonien,  am  bi5a(i- 
»ehen  Meerhueen  (jetzt  Golf  dl  Livadia). 

BSbllBgen,  Stadt  im  würtemberg.  Neckar- 
kreis, am  Schönbnchwald,  3448  Ew. 

B5ek]ij  August,  ber.  Alterthumsforscher, 
geb.  24.  Nov.  1785  zu  Karlsruhe,  ward  1807 
Prof.  zu  Heidelberg,  1810  zu  Berlin ;  f  das. 
3.  Aug.  1867.  Er  hat  durch  seine  Auffassung 
der  Philologie  als  einer  geistigen  Repro- 
duktion des  gesammten  Alterthums  zif  einer 
tiefem  Auffassung  des  letzteren  Anstoss  ge- 
geben. Hauptwerke:  Ausgabe  des  Pin  dar 
(1811— 22,  t4  Bde.);  ,Die  Staatshaushaltung 
der  Athener*  (2.  Aufl.  1851,  2  Bde.);  ,Metro- 
log.  Untersuchungen  über  Gewichte,  Münz- 
ftasse  und  Masse  des  Alterthums*  (1838); 
»Urkunden  über  das  Seewesen  des  attischen 
Staats*  (1840).  Die  Resultate  seiner  die 
griech.  Inschriften  betreffenden  Forschungen  • 
sind  niedergelegt  in  , Corpus  inscriptionum  ! 
graecarum*  (Bd.  1—4,  1824-62).  Zahlreiche  j 
kleinere  Schriften,  Abhandlungen  u.  Reden.  * 

B5e.  heftiger  Windstoss.  [gruben. 

Bohlhont,  Dorf  bei  Minden;  Steinkohlen- 

Bolutte,  rechter  Nebenfluss  der  Aller  in  ' 
Hannover,  entspr.  in  der  lüneburg.  Heide, 
mündet  unterhalb  Ahlden. 

BSliBie  (B»hm),  Jakob,  Phlloiophus  TtsQ-  . 
tonlcni  genannt,  ber.  Theosoph  und  Mysti-i 
ker,    gel».  1575  m  AUseidenberg   ui^ijeitj 


804 


Böhmen. 


GörlitB,  Schahmachertneister  das.;  f  87. 
Not.  1624.  Sein  Grandgedanke  Ist,  das»  das 
Herrortreten  der  Kreatur  aus  der  Einheit 
des  göttl.  Wesens  durch  myst.  Erleuchtung 
geschaut  werden  könne.  Schriften  herausg. 
▼on  Beets  (seit  1660),  vollständiger  Ton  Gich- 
tel  (Amsterd.  1682,  10  Bde.),  welcher  auf 
ihrer  Grundlage  die  Sekte  der  Engelsbrüder 
stiftete.     Gesammtausgabe  Ainstord.    1730, 

6  Bde.    die  neueste  Ton  Schdebler  (1831—46, 

7  Bde.).  In  England  gründete  Johanna  Leade 
die  Gesellschaft  der  ,Fhiladelphisten*  cur 
Erklärung  der  Schriften  B.s.,  Seine  Ideen  eig- 
neten sich  der  würtemberg.  Theolog  Oetin- 
ger  und  der  franz.  Mystiker  Louis  Claude 
de  St.  Martin,  sum  Theil  auch  Schelling  an. 
Mit  seiner  Erklärung  beschäftigte  sich  bes. 
Frans  von  Baader.  Ygl.  Samberger,  yDie 
Lehre  des  deutschen  Philosophen  J.  B.*,  1844. 
Biogr.  von  Feehner  (1857)  und  Harlen  (1870). 

Böhmen  (fi-üher  BWieim),  ehedem  selb- 
ständ.  Königreich ,  Jetzt  Österreich.  Kron- 
land, zwischen  Bayern,  Sachsen  und  Schle- 
sien gelegen,  943,7  QM.  mit  5,107,313  Bw. 
(1 :  5410) ;  ein  Bergland,  von  höheren  Band- 
gebirgen (Böhmerwald  im  W.,  bis  4400',  Ei-z- 
gebirge  im  N.,  bis  3800',  das  Iser-,  Riesen- 
und  Adlergebirge  im  O.,  bis  4630',  böhm.- 
mähr.  Gebii'ge  im  S.,  bis  2000'  h.)  umschlossen 
und  im  Innern  von  S.  nach  N.  in  3  Terrassen 
(2000,  1500,  800'  h.,  mit  isolii-ten  Kuppen  bis 
3000')  abgedacht,  deren  jede  eine  besondere 

feognost.  Konstruktion  (Granit,  Grauwacke, 
andstein)  hat,  und  in  welche  grössere  und 
kleinere  Ebenen  und  Thal  fbrchen  eingesenkt 
sind.  Selbständig  tritt,  dem  Erzgebirge  pa- 
rallel, das  böhm.  Mittelgebirge  (bis  2582'  h.) 
auf.  Bauptfiüsse:  die  Elbe  mit  der  (bedeu- 
tenderen) Moldau,  Iser  und  £ger.  Zahlr. 
Teiche  (bes.  im  8.)  und  Torfmoore.  Welt- 
berühmt die  h'öhm.  Bäder :  Karlsbad,  Marien- 
bad, Franzensbad,  Teplitz,  Bilin,  PüUna, 
Seidschütz,  Liebwerda  u.  a.  —  Ueber  96o/o 
des  Areals  sind  nutzbarer  Boden,  davon  die 
Hälfte  (440  QM.)  fruchtbares,  gut  bestelltes 
Ackerland,  bes.  die  leitmeritzer  und  teplitzer 
Gegend,  die  saazer Ebene,  mehrereElbgegen- 
den  etc.  (jährl.  Export  über  1  Mill.  Metsen 
Körnerfrüchte).  Hopfenbau  (Eger,  Saaz,  Leit- 
meritz)f  Flachs-  (Riesengebirge)  und  Runkel- 
rübenbau bes.  wichtig;  auch  Obst*  und  Ge- 
müsekultur. Bedeutende  Waldungen  (290/o). 
Viehzucht  im  Ganzen  nicht  hervoiTagend ; 
nur  Gänsezucht  scAir  bedeutend.  —  Grosser 
Reichthum  an  Mineralien:  Silber  (in  Przl- 
bram  und  Joacbimsthal)  Jährl.  50,000  Mark, 
Zinn,  Eisen,  Blei,  Graphit,  Granaten,  Stein- 
kohlen (jährl.  über  40  Mill.  Ctr.,  grösste 
Iiager  zwischen  Kladno,  Schlau  und  der 
Moldau,  und  zwischen  Kommotau,  Brüx  und 
der  Elbe) ;  Braunkohlen  im  Egerbecken.  Salz 
fehlt.  —  VielnduUrie  B.s  ist  die  bedeutendste 
Oesterreichs,  ihr  Sitz  bes.  im  N.;  im  Ganzen 
1400  Fabriken  und  Manufiikturen,  Jährl. 
Produktionswerth  über  200  Mill.  Fl.  Hanpt- 
erzeugnisse:  Tuch-  und  Wollwaaren  (Gen- 
tmm  Reichenberg,  für  etwa  18  Mill.  Fl.); 
Leinenwaaren  (über  24  Mill.  FI. ,  Hauptsitz 
Rumburg,  für  Zwimwaaren  Schönlinde, 
Spitzenkldppeln  im  Erzgebirge);  BaumwoU« 


I  waaren  (über  80  Fabriken  mit  ^h  Hill.  Spin« 
dein,  die  über  90,000  Ctr.  Garn  liefern,  bes. 
stark  um  Reichenberg;  ber.  Kattnndmcke- 
reien  in  Prag,  Hirschberg  etc.) ;  Glas  (über 
10  Mill.  Fl.,  Ausfuhr  etwa  50,000  Ctr.),  grosse 
Fabriken  in  Haida  und  Stelnsohönan  (bes. , 
Hohlglas),  Gablenz  (Quincaillerien),  Tu  mau 
(künstl.  Eidelsteine,  Schmuckaachen),  Buig- 
stein  und  Neuhurkenthal  (Spiegel);  ausser- 
dem Rübenzucker,  Leder,  Porzellan  (um 
Karlsbad),  Papier,  Metallwaaren,  Chemika- 
lien, Bier  (über  1000  Brauereien,  Jährl.  mehr 
als  15  Mill.  Eimer).  —  Der  Industrie  ent- 
sprechend lebhafter  Handel.  Wassersträssen 
unbedeutend,  aber  treffl.  Eisenbahnnetz  mit 
dem  Gentmm  Prag,  189*/i  M.  Ifondelskam- 
mem  zu  Prag,  Reichenberg,  Eger,  Pilsen 
und-  Budweis.  —  Bevölkerung:  Czechen 
(3,126,063),  Deutsche  (meist  in  den  Grenz- 
distrikten, 1,888,749),  Juden  (92,853);  der  Re- 
ligion nach  meist  Katholiken  (Erzbischof  zu 
Prag,  mit  3  Bisthümern  zu  Leitmeritz,  Könlg- 
grätz,  Budweis),  etwa  35,0W  Ltithei-aner 
und  57,000  Reformirte.  Lehrmutalten:  Uni- 
versität zu  Prag,  22 Gymnasien;  ausserdem 
Real-  und  Gewerbeschulen,  an  8800  Volks- 
schulen. —  An  der  Spitze  der  Venoalttmg 
steht  ein  Statthalter  (in  Prag).  Landtag, 
ans  241  Mitgliedern  bestehend ;  54  Vertreter 
für  das  Haus  der  Abgeordneten.  Eintheihing 
in  13  (früher  7)  Kreise:  Przibram,  Leitme- 
ritz, Gitschin,  Jung-Bunzlau,  Königgrätz, 
Chmdim,  Czaslau,  Tabor,  Budweis,  Pisek, 
Pilsen,  Eger,  Saaz.  Wappen:  rother  ge- 
krönter doppelt  geschwänzter  Löwe  im 
silbernen  Felde.  Landespatrone  der  heil. 
Nepomuk  und  der  heil. Wenzel;  Hauptstadt 
Prag.  Vgl.  die  geogr.  Werke  über  B.  voc 
SchaUer  (1785-91,  17  Thle.),  Ätt  (l^S). 
Michel  (1840,  8  Bde.),  Sommer  (1838-47,  15 
Bde.),  Kapper  und  Kandier  (1863). 

Geschichte,  B.,  ursprünglich  im  Besitz 
des  celtischen  Volks  der  Bojer,  wurde  ic 
der  ersten  Hälfte  des  1.  Jahrh.  .v.  Chr.  von  ' 
den  Markomannen  (s.  d.),  in  der  zweiten 
Hälfte  des  6.  Jahrh.  n.  Chr.  von  dem  slav 
Volke  der  Cseehen  besetzt.  Same  rereinigte 
um  627  B.  mit  den  angrenzenden  slav.  Län- 
dern zu  einem  Reiche,  das  nach  seinem  Tode 
(1662)  wieder  zerfiel.  Unter  den  Karolingern 
ziemlich  unabhängig,  ward  B.  dem  Mähren- 
fürsten Swatopluk  (871—894)  dienstpflichtig 
und  nahm  das  Christenthum  an.  895  hul- 
digten die  czechisohen  Häuptlinge  dem 
deutschen  König  Arnulf.  Um  900  gewann 
der  Przemyslide  Splthiniew  I.  die  oberste 
Gewalt  in  B.;  dessen  NeflTe,  der  heil.  Wenzel, 
ward  929  durch  Heinrichs  I.  Zug  nach  Prag 
zur  Anerkennung  der  deutschen  Lehns- 
herrlichkeit gezwungen.  Unter  seinen  Nach- 
folgern (Boleslaw  I.  u.  H.)  lockerte  sich 
dies  Verhältniss  wieder,  ohne  sich  ab^ 
gnnz  zu  lösen.  Herzog  Wratislaw  H. 
(1061*92)  erhielt  von  Kaiser  Heinrich  Iv* 
(1086)  u.  sein  Enkel  WladislawH.  (1140-74) 
von  Kaiser  Friedrich  II.  (1158)  die  Königs- 
würde. Darauf  Verfall  durch  Streitigkeiten 
unter  verschiedenen  Thronprätendenten,  .bis 
Ottokar  L  (1197-1230)  die  Erbfolge  ordnete 
und     siclierto.      Sein    Enkel    Ottokar    H 


Böhmer  —  Böhmisch -Brod. 


805 


(1258—78)  erwarb  Oesterretch,  Steiermark, 
Kärnthen  und  Erain  und  herrschte  von  der 
Ostsee  bis  eum  adriat.  Heere,  verlor  aber 
in  der  Schlacht  auf  dem  Marchfeide  1278 
Krone  und  Leben-  Mit  seinem  Enkel 
Wenzel  III.  erlosch  1906  der  Stamm  der 
Prsemysliden.  Eine  neae  Dynastie  begrün- 
dete Johann  Ton'  Lnxembqrg  (ISIO  — i6), 
Kaiser  Heinrichs  Vn.  Sohn ,  der  Sohlesien 
erwarb.  Unter  seinem  Sohne  Karl  (als 
deutscher  Kaiser  Karl  IV.,  1346—78)  kam 
B.S  Blnthezelt,  welche  dnrch  die  unter  sei- 
nem Sohne  Wenzel  IV.  (1378  —  1419,  als 
Kaiser  1400  abgesetzt)  ausbrechenden  Hus- 
sitenkriege (s.  d.)  unterbrochen  ward.  Nach 
dem  Aussterben  des  luxemburg.  Manns- 
stammes mit  Kaiser  Slgismund  (1437)  folgte 
dessen  Schwiegersohn  Albreoht  -won  Oester- 
reieh  i(t  1439),  wahrend  der  Minderjährig- 
keit Wladialaws,  des  nachgeborenen  Soh- 
nes desselben,  ein  Reich sgubemium  bis 
1458,  und  nach  Wladislaws  I.  Tode  (1457) 
durch  Wahl  der  Stände  der  Utraquist  Qeorg 
▼on  Podiebrad  (1468),  der  sich  trotz  des 
pftpstl.  Bannstrahls  behauptete.  Ihm  folgte 
1471  der  Jagellone  WladislawH.  (1471-1516), 
der  den  Religionsfdeden  von  Knttenberg 
(1485)  zu  Stande  brachte.  Zum  König  von 
Ungarn  (1490)  erwählt,  verlegte  er  seine 
Besidenz  nach  Ofen ,  wo  auch  sein  Sohn 
und  Nachfolger  Ludwig  (1516—26)  residirte. 
Nach  Erlöschen  der  Jagellonen  durch  Lud- 
wigs Tod  in  der  Schlacht  bei  Mohaoz 
(89.  Aug.  1526)  kam  B*  mit  Ungarn  durch 
Wahl  an  den  Erzherzog  Ferdinand  von 
Oesterreich  (1526—64).  Dieser  erklärte  auf 
dem  sogen.  ,blutigen  Landtage*  von  1547 
B.  für  «In  Erbreich ,  suchte  aber  vei^eblioh 
die  kathol.  Religion  zur  alleinherrschenden 
zu  machen.  Unter  dem  Kaiser  Maximilian  II. 
(1564—76)  wurden  Utraquisten ,  Lutheraner 
und  Reformirte  nicht  beunruhigt.  Dessen 
Nachfolger,  Kaiser  Rudolf  IL  (1674-1612), 
sicherte  die  Religionsfreiheit  durch  den 
Majestätsbrief  (12.  Juni  1609),  dankte  zu 
Gunsten  seines  Bruders  Matthias  (1611—19) 
ab.  Die  Nichtachtung  der  verbrieften 
Religionsfreiheit  durch  denselben  hatte  den 
Ausbruch  der  böhm.  Unruhen  (23.  Mai  1618) 
und  die  Wahl  Friedrichs  V.  .von  der  Pfalz 
zum  böhm.  König  (26.  Aug.  1619),  die 
Schlacht  auf  dem  weissen  Berge  (8.  Nov., 
1620)  aber  die  Restitution  des  von  den 
Böhmen  verworfenen  Kaisers  Ferdinand  IH., 
die  gewaltsame  Rückführung  des  Landes 
cum  Katholicismus  und  die  Verwandlung 
desselben  in  ein  absolut  monarchisches 
Österreich.  Erbland  zur  Folge.  Einwande- 
rung deutscher  Kolonisten.  Joseph  H. 
hob  die  Leibeigensohaffc  auf  und  begann 
sonstige  Reformen. '  Unter  den  Stürmen  von 
1848  erwachte  das  Strehen  nach  polit.  und 
nationaler  Freiheit  des  Landes  Wieder,  zu- 
gleich begann  aber  auch  der  offene  Kampf 
swlschen  Czechenthum  und  Dentschthum, 
der  noch  fortdauert.  31.  Mai  1848  Slaven- 
kottgress  in  Prag,  der  durch  Strassenkampf 
(11.  Juni)  und  Bombardement  (16.  Juni)  ge- 
sprengt ward.  Auf  dem  ersten  konstituiren- 
den  österr.  Reichstag  bildeten  die  czeehi- 

Meytr$  Hand 'Lexikon, 


sehen  Deputlrten  die  Rechte  und  stutzten 
die  Regierung  im  Eampf-gegen  die  Magyaren, 
wie  sie  überhaupt  bis  zur  Auflösung  des 
Reichstags  (März  1849)  einen  bedeutenden 
Einfluss  auf  den  Gkuig  der  Dinge  in  Oester- 
reich ausübton.  Dann  warfen  sich  die 
nationalczechischen  Besftrebungen  auf  das 
sociale  n.  literar.  Gebiet.  Auf  dem  in  Folge 
der  Februarverfassung  im  Frühjahr  1861  ver- 
sammelten böhm.  Landtage  verschaffte  sich 
die  czechische  Partei  das  Uebergewicht  und 
setzte  die  Wahl  ihrer  Parteiführer  in  den 
Reichstag  durch,  wo  diese  im  Anschluss  an 
die  Polen  erst  als  sogen.  ,AutonomistenS 
dann  als  ,Föderalisten'  den  konstitutionell 
centralisirenden  Plänen  Schmerlingi^  ent- 
gegenarbeiteten. Inzwischen  dauerte  die 
literarische  Agitation  gegen  das  Dentsch- 
thum fort  und  erhitzte  sich  zu  den  mass- 
losesten Ausschreitungen.  Ein  Besohluss  des 
Landtags  von  1864  machte  die  czechis<die 
Sprache  auch  für  die  deutschen  Mittelschu- 
len obligatorisch.  Neue  Stärke  erhielten  die 
föderalistischen  Tendenzen  der  czech.  Partei 
dadurch,  dass  man  nach  Schmerlings  Rück- 
tritt (Sommer  1865)  dasOentralisationssysteQs 
aufgab.  Der  Krieg  von  1866  brachte  schweree 
Drangsal  über  das  Land.  Der  neuerlich  in 
Oesterreich  offen  durchgeführte  Dualismuz 
musste  die  Hoffnungen  der  Czechen  neu  be- 
leben. £<ndziel  der  noch  Jetzt  lebhaft  fort- 
gesetzten czech.  Agitation  ist  völlige  Oze<dii- 
sirung  des  Landes  und  HersteUung  der 
,Krone  Böhmen*.  S.  Oesierreibh,  Geschichte. 
Die  Ooschichte  B.s  behandelten  Peliul  (4. 
Aufl.  1817,  2  Bde.),  Bdaoky  (1836-60,  4  Bde.), 
Jordan  (1845-47,  3  Bde.). 

Böhmer^  Joh.  Friedr,,  Geschichtsforscher, 
geb.  1795  zu  Frankfurt  a/M..  seit  1830  erster 
Bibliothekar  das. ;  f  das.  22.  Okt.  1863.  Herans- 
geber einer  Reihe  von  Urkunden-  und  Re- 
gestenwerken zur  Geschichte  des  deutschen 
Reichs  im  Mittelalter,  sowie  mehrerer  Ge- 
schichtswerke des  12.  und  13.  Jahrh.  (,  Fontes 
rernm  QermanicarumV  Bd.  1—3,  1843  —  53). 

Bohmeria  Jaeq.,  Pflanzengattung  der 
Urticaceen.  B.  utllis  Jaeq.,  B.  tenacisstma 
Bl.f  in  Ostindien  als  Gespinnstpflanze  kul- 
tivirt,  liefert  feines  seidenähnliches  Leinen. 
Ebenso  B.  nivea  L,  in  China,  deren  Faser 
und  Gespinnst  als  Chine^ra»,  Chinadotk 
auch  nach  Europa  kommt.  Beide  Pflanzen 
als  JRamee  zur  Kultur  bei  uns  empfohlen. 

Böhmerwald,  mitteldeutsches  Gebilde,  auf 
der  Grenze  zwischen  Bayern  (Donau-)  und 
Böhmen  (Eibgebiet)  bis  zur  Donau  ziehend, 
28  M.  lang,  meist  Granit  und  Gneis.  Am 
höchsten  ansteigend  der  mittlere  Theil  (Gr. 
Arber  4476%  Rachel  4443',  Lusenbexg  4169* 
und  Dreisesselberg  3995'),  dazu  von  rauhem, 
wildem  und  unzugänglichem  Charakter ;  der 
südl.  Theil  nicht  über  3000',  der  nördl.  Ms 
3200'  h.  Der  Abfall  nach  Bayern  findet  In 
vielen  steilen  Stufen  Statt  (vorgelagert  ist 
der  bayerische  Wald),  der  Abfall  nach 
Böhmen  mehr  in  sanfter  Verflachnng.  Grosse 
Wälder;  fruchtb.Thäler;  Waldkultur,  Glas- 
fabr.  die  Hauptbeschäftigung  der  Bewohner. 

Böhmisch -Brod  9  Stadt  im  böhm.  Kr. 
Prag,  an  der  Sembera,  2410  Ew. 

20 


806 


Böhmische  Bäder  —  Bösing. 


Böhmische  Blder,  a.  Böhmen. 

Böhmische  Kimme,  Thell  des  glatser 
Oebirgs,  dem  Habeischwert  parallel  laufend, 
in  der  deststnaer  Koppe  S618'  h. 

Böhmische  Literstnr,  s.  (keekiseheSpriUhe 
mnd  Literatur. 

Bdlimisches  Hittelgebirge,  vulkan.  Ge- 
birge im  nördl.  Böhmen,  zwischen  der  Eger 
«nd  dem  Erzgebirge,  mit  sahlr.  Basalt-  and 
PhonoUthknppen  (bes.  nahe  der  Elbe,  in 
der  sogen.  hUhnt,  SchweUt:  Bonnersberg  oder 
]filleschaner2582',  borser  oder  billner  Fel- 
sen 1644'  h.)  und  ber.  heissen  Quellen 
geplitz).  Die  östl.  Fortsetsung  Jenseits  der 
be  heisst  KMtilgebirge. 

BShmlsche  Bteine,  in  Böhmen  geftindene 
Edelsteine,  bes.  Granaten,  Topas,  Jaspis, 
Sapphir,  auch  Bergkrystalle  und  künstliche 
Edelsteine,  Glasflüsse. 

Bohmisch-Kamnits.  Stadt,  s.  KamnitM. 

Bohmisch-Leipa,  Fabrikstadt  im  böhm. 
Kr.  Leitmeritz,   an  der  Pulsnits,   8224  Ew. 

Böhmisch -TriilHia.  Stadt  im  böhm.  Kr. 
Ohmdim ,  451S  Ew.,  Knotenpunkt  der  Bah- 
nen Ton  Brunn  und  Olmütz. 

Böhmisch- Waidhofen,  Stadt,  s.  Waidhofen. 

Bohtlingk,  Otto,  Orientollst,  geb.  80.  Mai 
1815  zu  Petersburg,  kaiserl.  russ.  Staatsrath 
und  Mitglied  der  Akademie  zu  Petersburg. 
Gab  heraus  Paninis  ,Acht  Bücher  gram- 
matischer Kegeln'  (1840,  8  Bde.) ;  Yopadevas 
»Grammatik'  (1846);  Kalidasas  ,Sakuntala' 
(Text  mit  Uebers.  1842);  ,Sanskrit-Ghresto- 
mathie'  (1845);  Hematschandras  ,Wörter- 
buch*  (1847);  ,Ueber  die  Sprache  der  Jaku- 
ten' (1849—51,  3  Bde.);,Indische  Sprüche' 
2863-64,  8  Bde.)  eto.  Hauptwerk  das  mit 
olh  bearb.  ,Sanskrit- Wörterbuch'  (1853  IT.). 

Bok,  Jo».  Michael,  Schauspieler,  geb.  17^ 
zu  Wien,  seit  1779  in  Mannhelm,  wo  er  zu- 
erst Schillers  Moor  u.  Fiesoo  spielte ;  f  179S. 

Bonhase,  Pftischer,  in  der  Handwerker- 
sprache Einer,  der  ein  Gewerbe  treibt,  ohne 
das  Meisterrecht  erworben  zu  haben. 

Bdnnigheim,  alte  Stadt  im  würtemberg. 
Neckarkreis,  2436  Ew.,  königl.  Schloss. 

Bootien,  alte  Landschaft  im  mittleren 
Griechenland,  53—58  QM.,  Ton  hohen  Ge- 
birgen (Helicon,  Githäron,  Parnass  etc.)  ein- 
geschlossen und  von  zahlreichen  Gewässern 
K)ephissus,  Asopus)  durchflössen,  die  Jetzt 
in  Sümpfen  und  Seen  stagniren;  am  be- 
trachtlichsten der  Kopaissee.  Ehedem,  bei 
geregeltem  Wassemetz,  überaus  fhiohtbar, 
Jetzt  zum  grossen  Theil  steril  oder  versumpft. 
iMe  alten  Böoüer  waren  ein  kräftiger  Men- 
Bohenschlag,  aber  wegen  Mangels  an  Bildung 
und  Plumpheit  verrufen  (daher  bliotiack: 
plump,  bäuerisch),  obschon  Hesiod,  Plndar, 
Epanünondas  und  Plutarch  aus  B.  stommten. 
Die  14  grösseren  Städte  bildeten  den  ba- 
uschen £und,  der  von  einem  Archen  und 
einem  Beirath  geleitet  wurde,  aber  durch  die 
Schlacht  bei  Chäronea  seine  Macht  verlor. 

BordCy  in  Niederdeutschland  fruchtbare 
Ebene:  die  aoetter,  waretiburger,  magdebur- 
g«r  B.  (6  M.  1.,  8—4  M.  br.)  u.  a. 

BoerhaaTe.  Bermann,  hollftnd.  Arzt,  geb. 
13.  Dec.  1668  zu  Yoorhout  bei  Leyden,  seit 
1709  Prof.  der  Medicin  und  Botanik,  später 


auch  der  Ghemie  lu  Leyden;  f  ^*  Sept. 
1788.  Er  betonte  bes.  Verelnfiujhung  der 
Behandlung  und  genaue  Beobachtung.  Sehr. 
,Institutiones  medicae  in  usum  annuae  exer- 
citotionis*  (1708,  zuletzt  1775);  ,Elemento 
chemiae'  (1724,  2 Bde.,  u.  öfter);  ,Methodas 
dlscendi  medioinam'  (1726  u.  öfter) ;  ,Opuscala 
omnia'  (1738, 1748).  Biogr.  von  Burton  (1748), 
Johnson  (1834),  Kuteloot  (1825). 

BoerhuviA  X.  Pflauzengattnng  der  Nycta- 
gineen.  Von  B.  erectaZr.  und  B.  scandens 
in  Südamerika  und  Westindien  dient  die 
Wurzel  als  Brechmittel.  B.  esculento  Lam,, 
in  Peru,  mit  essbarer  Wurzel. 

BoijessOBa  Johann,  sohwed.  Dichter,  geb. 
22.  März  1790  zu  Tanum  in  Bohuslän,  seit 
1838  Pfarrer  zu  Weckholm,  1861  zum  Mit- 
glied der  schwed.  Akademie  ernannt;  f  5. 
Mai  1866  zu  Upsala.  Sehr.  lyr.  und  didakt. 
Gedichte  (,Die  Schonung*,  ,Liebe  und  Poe- 
sie' u.  a.),  später  X>ramen:  ,Erich  XIV.' 
(deutsch  von  Winterfeld  1855),  ,Die  letzten 
Tage  Gustavs  I.'  (1856),  .Aus  der  Jugend 
Karls  Xn.'  (1858)  etc. 

Börne.  Ludwig,  Schriftsteller,  geb.  18. 
Mai  1786  in  Frankfurt  a/M. ,  Jüd.  Abkunft, 
studirte  in  Berlin  und  Halle  Medicin,  dann 
in  Heidelberg  und  Giessen  Staatswissen- 
sehaft,  wurde  1811  Poliseiaktuar  in  Frank- 
fürt, trat  1818  zur  evangel.  Kirche  über  und 
betrat  mit  der  Redaktion  der  Zeitschrift 
,Wage',  dann  der  ,Zeitschwingen*  die  poli- 
tisoh-literar.  Laufbahn ;  lebte  abwechselnd  in 
Paris,  Hamburg  und  Frankfurt,  seit  der  Juli- 
revolntion  1830  dauernd  in  Paris ;  t  <ifts.  18. 
Febr.  1837.  Unter  seinen  Werken  sind  bes. 
hervorzuheben  die  ,BrieflB  aus  Paris'  und 
die  ,Neaen  Briefe  aus  Paris',  welche  vor- 
zugsweise seine  politischen  (anfangs  libera- 
len, später  radikalen)  Ansichten  enthalten, 
,Denkrede  auf  Jean  Paul'  (1826),  ,Menzel  der 
Franzosenf^esser'  (1837).  Sämmtl.  Werke 
(neue  Ausg.  1862*— 63,  12  Bde.).  ,Französ. 
Schriften'  (herausg.  von  Oormenin  1847). 
Vgl.  über  ihn  Beurmann,  1^1 ;  Beine,  ,Heine 
über  B.*,  1840;   Quttkow,  ,B.s  Leben',  1840. 

Boers  (spr.  Buhrs,  d.  i.  Bauern),  auf  dem 
Kaplande  die  Grundbesitzer  holländ.  Ab- 
kunft: wanderten  1836,  unzufrieden  mit  der 
engl.  Regierung,  zum  grossen  Theil  nach 
dem  Innern  Hochlande  der  Ostbetschuanen 
aus,  wo  sie  die  OranJefluss-  und  die  trans- 
vaalische Republik  gründeten. 

Böschung  (flr.  taius),  bei  Erdbauten  die 
Abdachung  der  Erdwände ,  welche  nöthig 
ist,  damit  das  Erdreich  nicht  herabfalle. 
Bneehungswinkel,  der  Winkel,  den  diese  Ab- 
dachung mit  der  Horizontalobene  .  macht, 
beträgt  bei  gewöhnlichem  Erdreich  45«;  BÖhe 
der  B.,  das  aus  dem  höclisten  Punkte  der 
Abdachung  auf  die  durch  den  Fuss  der  B. 
gelegte  Horizontalebene  gefällte  Perpendi- 
kel; Anlage  der  B.,  der  horizontale  Ab- 
stend  des  Fusspunkts  dieses  Perpendikels 
von  dem  Fusse  der  B.  In  der  Befestigungs- 
kunst unterscheidet  man  eine  innere  und 
äussere  B.  der  Brustwehren  und  Wälle. 

BSser  Hals,  s.  Brätme. 

Böse  Wetter,  s.  Bergbau, 

BSsing  (Batiny),  Stadt  im  ungar.  Komitat 


Böszörmeny  —  Bogenschützen, 


30T 


Presabarg,  4275  Ew.     Weinbau,  Gtoldberg- 
werk,  Mineralbad. 

Böszörmeny',  einer  der  6  Haidnkenflecken 
in  Ungarn,  nördl.  von  Debreojsin,  17,867  Ew. 
Sitz  des  Oberkapitäns. 

BoethluSy  Anicitu  Manlius  Torquatu$  Se- 
v*rinu$,  röm.  Staatsmann  und  Philosoph, 
geb.  zwischen  470  und  475  n.  Ohr.  zu  Rom, 
bekleidete  unter  dem  ostgöth.  König  Theo- 
derich die  höchsten  Ehrenstella|i,  ward  rer- 
rätherisclien  EinTerständnisses  mit  dem  Hof 
zu  Konstantinopel  angeklagt  und  524  oder 
526  hingerichtet.  Sehr,  in  der  Gefangenschaft 
den  Dialog  ,Con8o]atio  phüosophiae'  (her- 
ansg.  mit  Üebers.  von  Freytag  1794,  (X>baritu 
1843),  Im  Mittelalter  beliebte  Lektüre,  auch 
ins  Angelsächsische  (herausg.  von  Fox  1864) 
und  Althochdeutsche  (herausg.  von  Graff 
1837)  und  in  die  meisten  neueren  Sprachen 
übersetzt.  Seine  übrigen  Sehr,  sind  thells 
Philosoph.,  theils  mathemat.  Inhalts.  Von 
der  Kirche  kanonisirt,  wiewohl  er  nicht 
Christ  gewesen  ist. 

BoethuSy  griech.  Erzgiesser  aus  Ohalce- 
don,  um  läO  ▼.  Chr.;  her.  Kinderfiguren. 

Bottger,  1)  (£mtcher,  mttiger)  Joh.  Fried- 
rich, Erfinder  des  meissner  Porzellans,  geb. 
4.  Febr.  1682  zu  Schleiz,  sollte  als  Adept  zu 
Berlin  festgehalten  werden,  wandte  sich 
nach  Dresden,  wo  er  in  Gewahrsam  gehal- 
ten, aber  zu  seinen  alchemist.  Versuchen 
Tom  Hofe  mit  bedeutenden  Summen  unter- 
stützt ward.  Da  sich  seine  vorgebliche 
Goldmacherkunst  als  Schwindel  erwies,  ver- 
wandte man  ihn  bei  Zugutemachung  der 
bisher  unbenutzt  gebliebenen  Mineralien. 
B.  brachte  nun  aus  einem  braunrothen  Thon 
der  meissner  Gegend  Porzellan  zu  Stande, 
was  die  Errichtung  von  Werkstätten  zu 
Dresden  (1707)  und  auf  der  Albrechtsburg 
bei  Meissen  (1710)  zu  Ausbeutung  dieser 
geheim  gehaltenen  Erfindung  zur  Folge 
hatte.  B.  ward  Administrator  ders.;  f  13. 
März  1719.  Vgl.  Engelhardt,  ,J.  F.  B.',  1837. 
—  2)  Adolf,  Dichter  und  Uebersetzer, 
geb.  21.  Mai  1815  zu  Leipzig,  f  1^*  Nov. 
1870  zu  Gohlis.  Dichtungen  von  grosser 
Formgewandtheit  und  lyr.  Schwung:  ,Die 
Pilgerfahrt  der  Blumengeister'  (1851),  ,Ha- 
bana»  (1853),  ,Der  Fall  Babylons*  (1855), 
jKameen*  (1856),  ,Buch  der  Sachsen*  (1858), 
«Goethes  Jugendliebe*  (3.  Aufl.  1870),  ,Toch- 
ter  des  Kain'  (1865),  »Galgenmännchen*  (1870) 
n.  a.  Werke  (1865-66, 6  Bde.).  TreflFl.  üeber- 
setsungen  von  Byi^on  (6.  Aufl.  1863),  Milton 
(1846)  und  Longfellows  ,Hiawatha*  (1856). 

Bditiger  9  Karl  Augtut,  Archäolog  und 
Tielseitiger  Schriftsteller,  geb.  8.  Juni  1760 
Bu  Beichenbach  im  sachs.  Yoigfiande.  ward 
1791  Direktor  des  Gymnasiums  zu  Weimar, 
1804  Studiendirektor  des  Pagrenhauses  su 
Dresden,  1814  Studiendirektor  bei  der  königl. 
Ritterakademie  und  mit  der  Oberinspektion 
über  das  Antikenkabinet  betraut;  f  17.  Nov. 
1835.  Sehr.  ,Sabina  oder  Mox^enscenen  einer 
reichen  Römerin*  (2.  Aufl.  1806,  2  Bde.); 
,Kunstmythologie*  (1811) ;  (Vorlesungen  und 
Aufsätze  zur  Alterthumskunde*  (1817) ;  ,AmaI- 
thea*  (1821—25);  ,Ideen  zur  Kunstmythologie* 
(Bd.  1,  1626;  Bd.  2,  bearb.  von  SiUig,  18S6). 


Botzow.  Stadt,  s.  Oranienburg. 

Böyuk-aer^  Lustort  am  Bospoims,  Som- 
meiTesidenz  der  christl.  Gesandtschaften. 

Bog5  Fluss,  s.  Bug. 

Bogatzky,  Karl  Heinrich  von,  geistl.  Lie- 
derdichter aus  der  pietist.  Schule  Speners, 
geb.  7.  Sept.  1690  zu  Jankowa  in  Schlesien, 
Kammerjunker  des  Herzogs  Christian-  Ernst 
von  Sachsen- Saalfeld;  f  15.  Juni  1774  zu 
Halle.  Verf.  des  ,Guldenen  Schatzkästlein 
der  Kinder  Gottes*  (1718;  47.  Aufl.  1862). 

Bogdtn,  türk.  Name  der  Moldau. 

BogdanöwitBch.  Ippolyt  Feodorowitteh, 
russ.  Dichter,  geb.  28.  Deo.  1743  zu  Pere- 
woloczno  (Kleinrussland),  seit  1768  Präsi- 
dent des  Reichsarohivs  ;u  Moskau;  "^6.  Jtun. 
1803  bei  Kursk.  Hauptwerk:  ,Dusch^ka' 
(1775),  kom.  Epos.    Werke  (1809,  6  BdA). 

Bogdo-Oolty  der  östl.  und  wahrsoheinl. 
höchste  Theil  des  Thlanschan-  oder  Him- 
melsgebirgs  in  Hoohasien,  3gipfelig.  An  der 
Westseite  die  Solfatara  von  Urumtsi  (Schwe- 
fel und  Salmiak). 

Bogdseha,  türk.  Name  d^r  Insel  Tenedos. 

Bogen  9  in  der  Geometrie  Theil  einer 
krummen  Linie,  bes.  einer  Kreislinie;  die  ' 
Länge  eines  Kreisbogens  wird  gefunden, 
wenn  man  die  ganze  Peripherie  berechnet 
und  denjenigen  Theil  derselben  nimmt, 
welchen  der  Mittelpunkts  winkel  des  B.s  von 
3600  bildet,  z.  B.  den  6.,  wenn  der  Winkel 
60O  beträgt.  In  der  Baukunst  Konstruktion 
von  gebrannten  oder  natürlichen  Steinen, 
die,  nach  dem  Gentrum  gerichtet,  sich  durch 
gegenseitigen  Druck  halten  und  dadurch 
im  Stande  sind,  eine  darauf  ruhende  Last 
zu  tragen.  In  der  Musik  Vortragsz^hen, 
bedeutet,  dass  die  damit  bezeichneten  Noten 
aneinandergebunden,  geschleift  vorgetragen 
werden  sollen;  auch  (ital.  arco,  fr.  archet) 
hölzernes,  mit  Pferdehaaren  bespanntes 
Instrument,  womit  die  Saiten  der  Geigen- 
instrumente angestrichen  und  zum  Erklin- 
gen gebracht  werden. 

Bogen  9  Marktfl.  in  Niederbayem,  unfern 
der  Donau,  1383  Ew. ;  dabei  der  £ogenberg 
mit  besuchter  Wallfahrtskapelle. 

Bogenfähmng  (Bogemtrich,  tr.  coup  d'ar- 
chet),  die  Art  und  Weise,  wie  die  Saiten 
der  Geigeninstrumente  vermittelst  des  Bo- 
gens  anzustreichen  sind.  Man  unterscheidet 
gezogene,  geschleifte  und  gestossene  B., 
Hinauf-  u.  Herunterstrioh.  Berühmte  Lehrer 
einer  systemat.  B.  Kreutzer,  Spohr,  David. 

Bogenhamen,  Dorf  bei  München ,  an  der 
Isar,  mitSchloss  derGrafeuMontgelas;  dabei 
die  neue  Sternwarte  mitdem  grössten  firann- 
hoferschen  Refraktor. 

Bogeninstmmentey  Geigeninstrumente. 

BogenkltTiery  Klavier,  bei  welchem  die 
Töne  durch  Streichen  vermittelst  gespannter 
Fäden,  die  ein  um  Rollen  gehendes  Lauf- 
band bildeten,  hervorgebracht  wurden ;  von 
Hans  Haydn  im  16.  Jahrh.  erfunden. 

Bogenschfitzen.  Krieger  zu  Fuss  oder  zu 
Pferde,  welche  als  Hauptwaffe  Bogen  und 
Pfeil  führten.  Ausgezeichnete  B.  waren  im 
Alterthum  die  Parther  und  Numidier,  von 
den  gpriech.  Stämmen  die  Kreter.  Weder  in 
der  macedon.  Phalanx,  noch  in  der  röm^ 

20* 


808 


Bogbas  —  Bohrkäfer. 


Legion  standen  B.,  sondern,  yon  denBnndes» 
genossen  gestellt,  fochten  sie  als  Leicbtbe- 
wafltaete  meist  auf  den  Flügeln  der  schwe- 
ren Truppen.  Später  waren  besonders  die 
Hannen  and  Mongolen  gute  B.  Die  engl. 
B.  gaben  in  Tielen  Schlachten,  so  beiCrecy 
a846),  Poitiers  (1S56)  nnd  Azinconrt  (1415) 
den  Ausschlag.  In  Frankreich  wurden  von 
Karl  Yn.  1448  die  sog.  Freischütsen  (Franc- 
archers)  als  eine  Art  stehender  Truppen 
organisirt  (s.  Archers),  Dnrch  die  Arm- 
brust und  dann  durch  die  Feuerwaffen  ver* 
drangt,  ist  der  Bogen  jetzt  nur  noch  bei 
den  halbwilden  und  wilden  Yölkern  Asiens, 
Afrikas  und  Amerikas  in  Gebrauch. 

BogiiM  (türk.),£ngpass,  Meerenge.fogAosi, 
die  'Donaumündungen,  Kilia-B.,  8ulina-B.  etc. 

BogodnchoWy  Stadt  im  kleinruss.  Gony. 
Obarkow,  an  der  Merla,  10,069  Ew. 

BogolJiiboWy  AleaHB,  russ.  Marinemaler, 
geb.  1834,  Schüler  Achenbachs  in  Dussel- 
dorf, seit  1861  Prof.  der  Akademie  zu 
8t.  Petersburg.  Russische  Seeschlachten 
und  Seelandschaften. 

Bogomilen  (vom  slav.  bog,  d.  i.  Gott, 
nnd  tnüui,  d.  i.  erbarme  dich),  antikirch- 
liche Sekte  des  12.  Jahrb.,  hatte  ihren 
Hauptsitz  in  Bulgarien,  strenge  Asceten, 
verwarfen  Kreuzeszeichen,  Bilder  nnd  Sa- 
kramente, erhielten  sich  um  Philippopel 
Ms  ins  18.  Jahrh.  hinein. 

Bogorodlsk»  Stadt  im  grossruss.  Gouy. 
Tnla,  am  Upat,  6417  £w. 

Bogorodsk,  Dorf  im  grossruss.  Gouv. 
Hischn^-Nowgorod;  bed.  Gerberei  und  Hand- 
schuhfabr.  (iährl.  800,000  St.). 

BogOSlAWsky  Ort  im  russ.  Gfouv.  Perm,  im 
Ural;  Schmelzwerke  der  tui^nskischen 
Kupfergruben  (bestes  Uralkupfer). 

Iwgöia  (Santa  Fd  de  B.),  Bundeshauptst. 
der  Verein.  Staaten  von  Columbia  und  des 
Staats  Gnndinamarca,  7978'  üb.  M.,  am  Rio 
de  B.  (Nebenfl.  des  Magdalenenstromes,  ber. 
Wasserfall  bei  Tequendama  850'  h.)  und  am 
See  Gatarita,  40,000 Ew.;  Erzbischof,  Univor- 
■itat,  Nationalakademie  (gegr.  1537),  Statue 
Bolivars  (seit  1847).  18S7  durch  Erdbeben 
Terheert.  In  der  Nähe  Smaragdgrnben,  Gold- 
nnd  Silberminen.    Steinsalz. 

Bogs«  Sumpfinoore,  bes.  in  Irland  und  dem 
Grampiangebii^e  in  Schottland. 

Bognslawskly  RiUm  ffeinr.  LtuMg  von, 
Afetronom,  geb.  7.  Sept.  1789  zu  Iflagdeburg, 
seit  1848  Direktor  der  Sternwarte  zu  Bres- 
lau; t  das.  5.  Juni  1851.  Entdecker  des  nach 
Ihm  genannten  Kometen  (1834),  machte  Be- 
olwontungen  über  den  bielaschen  (1832),  den 
enokeschen  (1835)  und  den  halleyschen  Ko- 
meten (1S35— 86)  etc.  Heransgeber  des  Jahr- 
buchs ,Uranos*  (1832-54). 

BohlSddin  ,  Abul  •  Mahassan -  Tu9s%ff'  Ibn- 
Schedad,  arab.  Historiker,  geb.  1145  zn 
Hossul,  t  1235.  Sehr,  eine  Biographie  Sa- 
ladlns  (herausgeg.  von  Schulten*  1755)  nnd 
Geschichte  der  Kreuzzüge. 

Bohemla,  tat.  Name  für  Böhmen. 

Bohemaiid,  Normannenfürsten :  1)  B.  I., 
iltestej  .Solin  des  normann.  Fürsten  Robert 
Guiscard,  Herzogs  yon  Apulien,  geb.  um 
1065,  erkämpft«»  sich,  durch  die  Ränke  seiner 


Stiefmutter  yom  yfiteri.  Throne  ansgesohloa- 
sen,  das  Fürstei^thum  Tarent,  nahm  am 
ersten  Krenzzug  Theil ,  erhielt  Antiochia  als 
Fürstenthum ,  sachte  bei  Frankreich  Hülfe, 
vermählte  sich  hier  mit  Philipps  I.  Tochter 
Konstonze;  f  ^m  in  Italien.  —  8)  B.  IL, 
Sohn  des  Vor.,  Fürst  von  Antiochia  seit 
1186,  fiel  1180  im  Kampfe  gegen  die  Sara- 
cenen.  ->  8)  B.  HI.,  Enkel  des  Vor.,  Fürst 
yon  Antiochia  seit  1163,  fiel  in  die  Gefangen- 
schaft des  Atabek  Nareddin  yon  Syrien, 
verdankte  den  Fortbestand  seiner  Herrschaft 
nur  der  Gnade  Saladins ;  f  1801.  —  4)  B.  IV., 
reg.  1201—33,  und  B.  V.,  t  1251,  waren  un- 
bedeutende Fürsten.  Unter  B.  VI.  ward 
Antiochia  17.  Mai  1868  von  den  Mamluken 
erobert  und  dnrch  die  bald  darauf  erfolgende 
Einnahme  von  Tripolis  und  Tyrns  durch 
Seifeddin  dem  christl.  Fürstenthum  in  Syrien 
ein  Ende  gemacht. 

Bohlen.  Bater  von,  Orientalist,  geb.  IS. 
März  1796  zu  Wüppels  bei  Jever,  seit  1895 
Prof.  der  morgenländ.  Sprachen  zu  Königs- 
berg ;  t  0>  Febr.  1840  zu  Halle.  Sehr.  J}m 
alte  Indien«  (1830— 31,  2 Bde.);  ,Die  Genesis, 
histor.-krit.erläutert<  (1835) ;  gab  Bhartriharis 
,Spräche'  (1833)  nnd  deren  Uebers.  (1835), 
sowie  den  ,Ritasanh&ra'  (1840)  des  Kalidasa 
heraus.  Seine  ,Autobiographie'  herausgeg. 
von   Voigt  (8.  Aufl.  1842). 

Bohne  (Phaseolns  L.),  Pflanzengattnng 
der  Leguminosen.  Gemeine  Btangenlbohne  (Ph. 
vulgaris  L.,  Gkurten-,  Schmink-,  Schneide-, 
Schwertbohne),  ausOstindien,  in  zahlreichen 
Varietäten  knltivlrt;  ebenso  die  Fetier2>oÄfi«, 
(Ph.  vulgaris  coccineus  L.,  Ph.  multifloms 
WiÜd,,  arabische,  türkische,  Blumen», 
Speckbohne),  aus  dem  wärmeren  Amerika, 
und  die  Ztoergbohne  (Ph.  nannsX.,  Busch-, 
Eier-,  Frühbohne),  aus  Ostindien.  Die 
unreifen  Hülsen  und  Samen  überall  Nah- 
rungsmittel. Letztere  enthalten  225  Pro- 
teinstoffe (bes.  Legnmin),  50  Stärkemehl, 
2  Fett,  0,6  Phosphorsäure.  Dks  Mehl  wird  als 
Surrogat  des  Roggenmehls ,  auch  zu  Kata- 
plasm«n  benutzt.  Bauhhaarige  oder  Mw^o- 
bokne  (Ph.  Mungo  L.)  und  Btrahl/rüchtige  B, 
(Ph.  radiatus  L.),  in  Ostindien  knltivlrt. 

Bohnen 9  Poliren  hölzerner  Zimmerftiss- 
böden  mit  Wachs,  am  besten  mit  Hülfe 
einer  Waohsseife  ,  welche  flüssig  aufgetra- 
gen wird,  u.  Reiben  mit  Bürsten  n.  Lappen. 

Bohnenbaom,  s.  Ciftieu», 

Bohnenkonigsfesty  Familienfest  au  Drei- 
kön^stage.  Wer  eine  in  einem  Kuchen  mit- 
gebackene  Bohne  in  seinem  Antheil  findet, 
ist  Bohnenkdnig,  wählt  sich  als  solcher 
einen  Hofstaat,  ertheilt  Gnaden  etc. 

Bohnenkranty  s.  Batureja. 

BohnenUed.  Art  altdeutscher  Volkslieder, 
dnrch  Keckheit  der  Gedanken  nnd  anfällige 
Reime  ausgezeichnet;  daher:  ,Das  geht  Aber 
das  B  S  d.  h.  übersteigt  Alles. 

Bohnera  y  koncentrischschalige  Körner 
aus  Thon  mit  Eisenoxydul  oder  Brannelsen- 
erz,  in  Klüften  und  Mulden  älterer  Gesteine, 
wird  auf  Eisen  verhüttet  im  Aranz.  Depart. 
Ober-Sflöne  nnd  bei  Tuttlingen. 

Bohriüifer  (Anobinm  F.,  Nage-,  ibeUofcr- 
kä/er),  Käfergattung  der  Holzbohrer.  Xlopf- 


Bohrmaschine  —  Bojar. 


309 


h&ftr  (A.  pertinax  L,,  A.  stiiatam  F., 
Trotzkopf,  Todtenuhr),  2»/a"',  häufig  in  höl- 
semem  Hausgeräth ,  macht  mit  dem  Kopf 
ein  dem  Schlag  einer  Taschenuhr  ähnliches 
Geräusch  (Paarungsruf),  stellt  sich  bei  Be- 
rührung todt.  Brodkäfer  (A.  paniceum  L.), 
IV»"',  vernichtet  Herbarien ,  Mehl,  Brod. 

Bonnnascliiiie,  mechanische  Vorrichtung, 
wobei  die  Umdrehung  eines  Bohrers  durch 
einen  Mechanismus  erfolgt.  Lochbohr- 
maschinen  machen  kleine  Löcher  von  nicht 
bedeutender  Tiefe.  Bei  Kanonenbohrlnaschl- 
neu  für  lange,  an  einem  Ende  geschlossene 
Höhlungen  liegt  das  Geschütz  meist -hori- 
zontal und  dreht  sich,  während  der  Bohrer 
gegen  dasselbe  hingeschoben  wird,  ohne 
flieh  zu  di<ehen.  Bei  Oylinderbohrmaschinen 
ruht  der  hohl  gegossene  Oylinder,  dessen 
innere  Wandungen  bearbeitet  werden  sollen, 
völlig-  B.  für  Holz,  z.  B.  für  Bmnnen- 
röhren,  sind  ähnlich  konstmirt,  neuere  ge- 
statten, aus  Einem  Stamm  mehrere  Röhren 
koncentrisch  herauszuschneiden.  Zum  Boh- 
ren in  Stein  dient  eine  ringförmige,  vom 
mit  schwarzen  Diamanten  besetzte  Fräse. 

Bohnunscheln  (Pholadina) ,  Weichthier- 
gmppe  aus  der  Familie  der  Böhrenmuscheln. 
Gemeine  £.  (Pholas  dactylus  L.),  an  allen 
enrop.  Meeresküsten,  bohrt  in  Schlamm,  Holz, 
Kalkfelsen ,  geniessbar.  Schiff abohrtourm, 
jyahlmusehel,  mehrere  Arten  von  Teredo 
L.,  bes.  T.  navaliv,  bohren  wurmlormige 
Gänge  in  Holz  und  richten  an  Wasserbauten 
Schaden  an  (Deichbrüche  in  Holland  1180). 

Bohrwvniiy  s.  £ohrmu»cheln, 

Bohse^  August,  pseudon.  Talander,  Schrift- 
steller, geb.  2.  April  1661  zu  Halle,  f  ^730 
als  Prof.  zuLiegnitz,  l^erfasser  zahlreicher, 
meist  sehr  schlüpfriger  Romane. 

BohmsUnd  (Alfhem),  schmale  Küstenland- 
Schaft  in  Südschweden,  längs  der  Nordsee 
bis  zur  norweg.  Grenze,  rauh  und  öd;  seit 
1658  schwedisch.  Handelsstädte  undFischer- 
dörfer.  Bei  Kongolf  die  verfallene  Festung  B. 

Bote,  Heinr.  Christian,  geb.  19.  Juli  1744 
zu  Meldorf  in  Holstein,  lebte  längere  Zeit 
in  Göttingen,  dann  laHannover;  f  als  dän. 
Etatsrath  3.  März  1806  zu  Meldorf.  Heraus- 
geber des  göttinger  ,Musenalmanachs*  bis 
1775  und  Begründer  sowie  Mittelpunkt  des 
göttinger  Diphterbundes.  ,Gedichte'  (1770 
anonym).  Ausgedehnter  literar.  Briefwech- 
sel.- Biogr.  von  Weinhold  (1868).  —  Sein 
Sohn  Heinrich,  geb.  4.  Mai  1794,  Naturfor- 
scher, t  <^uf  einer  wissenschaftl.  Reise  zu 
Jar-^i  4.  Sept.  1827. 

Boieldiea  (spr.  Bojeldjö),  Adrien  Franp., 
franz.  Opemkomponist,  geb.  16.  Dec.  1775  zu 
Ronen,  war  1803—10  kalserl.  Kapellmeister 
in  Petersbui^,  seit  1817  Direktor  des  pariser 
Konservatoriums,  f  8.  Okt.  1834  auf  seinem 
Landgute  Jarcy  bei  Paris.  Ber  ,franz. 
Mozart',  durch  Melodienreichthum  und 
Grazie  ausgezeichnet ,  begründete  seinen  Ruf 
mit  dem  ,Khalifen  von  Bagdad' (1799) ;  seine 
Meisterwerke:  ,  Johann  von  Paris' (1818)  und 
,Die  weisse  Dame'  (1825);  auch  die  Musik 
zu  Racines  ,Athalia'  bedeutend.  •-  Sein  Sohn 
Adrien,  geb.  8.  Nov.  1816  zu  Paris ,  ebenfalls 
Komponist  (Romanzen ,  Opern). 


Holker,  Zweig  der  Ruthenen  in  den  Q^ 
birgen  des  östl.  Galizien. 

Botlean-Despr^nx  (spr.  Boaloh-Depreoh), 
Nicolas,  franz.  Dichter,  geb.  1.  Nov.  1636 
zu  Orosne  bei  Paris ,  seit  1684  Mitglied  der 
par.  Akademie,  lebte  auf  seinem  Landsitz  in 
Auteuil;  f  ^^-  ^Ärz  1711.  Vertreter  der 
konventionellen  Geschmacksrichtung  im 
Zeitalter  Ludwigs  XTV.  Sehr,  horazische 
Episteln,  Satiren  und  eine  ,Art  po6tique', 
den  sog.  ,Legislateur  du  goüt' ;  sein  komisches 
Epos  ,Le  lutrin'  (,Das  Chorpult')  noch  heute 
in  Frankreich  in  Ansehen.  Als  Kritiker 
beschränkt  und  ohne  Kenntniss  y^ahrer 
Poesie.  Werke  herausg.  von  St.Saurin  (1894, 
4  Bde.)  u.  A.  —  Sein  Bruder  Gilles  B.,  geb.  82. 
Okt.  1631.  t  10.  März  1669,  ebenfall if  Dichter. 

Boiserle  (spr.  Boa-,  Boisage,  spr.  Boa- 
sahsch),  Täfelwerk.  [genbusch. 

Bois  le  Dnc  (fr.,  spr.  Boa  lö  Düc),  Heno- 

Bolssean  (fr.,  spr.  Boassob),  altfranz.  Kom- 
mass ,  =  V«  berl.  Scheffel. 

Bolssere«  (spr.  BoassVefa),  Stilpi»  und 
Melchior,  zwei  um  die  Kunstgeschichte  sehr 
verdiente  Brüder,  geb.  1783  und  1786  zu 
Köln,  widmeten  sich  dem  Kunststudinm 
(Sulpiz  dem  der  Architektur,  Melchior  der 
Malerei)  und  legten  seit  1^804  die  nach  Hmen 
benannte  ber.  Sammlung  altdeutscher  Ge- 
mälde an,  die  1819  (200  Nummern  stark)  in 
Stuttgart,  später,  nach  Ankauf  derselben 
durch  den  König  von  Bayern ,  in  München 
(erst  in  Schieisshelm,  dann  in  der  Pina- 
kothek) aufgrestellt  wurde.  Die  Brüder 
folgten  ihr  nach  München,  wo  Melchior 
die  Herausgabe  der  altdeutschen  Bilder  in 
Steindruck  (1822— 84, 114  Bl.)  vollendete  und 
von  1829  an  sich  mit  Wiederbelebung  der 
Glasmalerei  beschäftigte,  Sulpiz  seine  trefll. 
Werke:  «Geschichte  und  Beschreibung  des 
Doms  von  Köln'  (1823—32,  2.  Atifl.  1842), 
, Ansichten ,  Risse  und  einzelne  Theile  des 
Doms  zu  Köln'  (1822  —  31)  und  ,DenkmäIer 
der  Bankunst  vom  7.  bis  13.  Jahrh.  am 
Niederrhein'  (1833—35,  2.  Aufl.  1842  —  44) 
veröffentlichte.  Melchior  f  14.  Mai  1851  zu 
Bonn,  Sulpiz  f  2.  Mai  1854  zu  Köln.  Ygl. 
,8nlpiz  B.',  1862,  2  Bde. 

Boite  (fr.,  spr.  Boaht),  Schachtel,  Käst- 
chen: Getränk  aus  unreifen  Weintrauben. 

Boitont  (flr.,  spr.  Boatuh),  Tümmler, 
Trinkglas,  welches  nicht  stehen  kann. 

Boitcenburgr,  Stadt  inMecklenburg-Schwe* 
rin,  Herzogth.  Güstrow,  amEinfl.  der.fiot«M 
in  die  Eibe,  3578  Ew.    Bed.  Verkehr. 

Bojador,  Vorgebirge  an  der  Westküst» 
der  Wüste  Sahara;  galt  lange  fürdaswestl. 
Ende  der  Welt. 

Bojana  (Buana),  Abfluss  des  Sees  vfm 
Skutari,  mündet  ins  adriat.  Meer. 

BoJan5wa,  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Posen, 
Kr.  Kröben,  2041  Ew.;  dui'ch  flüchtige  Luthe- 
raner im  30Jähr.  Kriege  gegr. 

Bojir^  bei  den  älteren  Russen  s.  r.  a. 
Kriegsheld ,  dann  Titel  aller  Männer  von 
edler  Abkunft,  die  unter  den  Grossfürsten 
von  Moskau  als  Adelshierarchie  die  höchsten 
Civil-  und  Militärämter  bekleideten.  Peter 
der  Gr.  hob  die  Bojarenwürde  anfand  setzte 
an«  deren  Stelle  einen  Verdienstadel  (Tschin^ 


810 


\ 
Bojardo  —  Bolivia. 


Auch  In  Ramänlen ,  wo  der  Bojarenadel  Site 
und  Stimme  im  Rath  des  Hospodaren  hatte, 
ist  derselbe  durch  den  Staatsstreich  Ousa« 
vom  %.  Mai  1864  aufgehoben  worden. 

BciJardOy  Matteo  Maria,  Graf  von  Soandiano, 
ital.  Dichter,  gntt  um  1480  bu  Scandiano, 
lebte  am  Hofe  das  Hersogs  von  Este;  f  31. 
Dec  1494  als  Gonvemeur  von  Reggio.  Sein 
Hanptw.  das  romant.  Rittergedicht  ,Orlando 
inamorato*  in  60  langen  Gesängen  (zuerst 
1495,  nene  Ansg.  Ton  ^a^er  ISSM);  deutsch 
,Der  verliebte  Roland'  von  Griea  1835,  von 
B«gi$  1840),  das  später  in  Rücksicht  der 
Sprache  ron  Domeniohino  (1545)  geändert 
und  yon  Bemi  ins  Burleske  travestirt  wurde. 
Ausserdem  latein.  und  ital.  Werke,  darunter 
jSonetti  e'canzoni*  (1499).  Auswahl  seiner 
,Poesie'  von  VetUuri  (1890). 

Boje^  s.  y.a.  Bake,  bes.  aber  eine  solche, 
welche  die  Stelle  anzeigt,  wo  der  Anker 
eines  Schiffes  auf  dem  Grunde  liegt.  Bojtr, 
Boot  zum  Legen  der  B. 

Bojer  (Bojl),  celtisches  Volk,  nrsprüngl. 
im  südl.  Belgffen  sesshaft,  liess  sich  um  500 
V.  Ohr.  zum  Theil  in  Oberitalien  nieder, 
wo  es  von  den  Römern  um  198  y.  Chr.  unter- 
werfen  ward,  siedelte  sich  zum  Theil  auch 
im  Süden  der  Donau  und  in  Gallien  an,  wo 
es  den  Daciem  und  Julius  Cäsar  unterlag. 
Sinem  von  ihnen  nördl.  von  der  Donau  ge< 
gründeten  Reich,  Bojohemum  (Böhmen),  ward 
durch  die  Einwanderung  der  Markomannen 
nnter  Marbod  (s.  d.)  ein  Ende  gemacht. 

Bokerelle,  s.  ▼.  a.  Judenkirsche. 

Bokhara,  s.  Buchara.  [Guiana. 

Bokken.    die    Indianer    in    Niederländ.- 

Bokkeyeldy  Landsch.  im  westl.  Kapland. 

Bokskins.  s.  r.  a.  Buckskins. 

Boly  Ferdinand,  holländ.  Maler,  geb.  1611 
Bu  Dortrecht,  Schüler  ^embrandta,  f  1681  zu 
Amsterdam.  Ausgez.  Porträts  und  Historien. 

Boiuiy  wichtiger  Gebirgspass  Im  indisch- 
pers.  Grenzgebirg,  10  M.  1.,  tief  eingeschnitten, 
yon  Kandahar  (Afghanistan)  nach  der  Tief- 
ebene des  Indus  hinabführend;  für  leichtes 
Fiüirwerk  passirbar  und  bes.  bekannt  durch 
den  Uebergang  des  brit.  Heeres  (März  1839) 
im  Kriege  gegen  die  Afj^hanen.  Auf  der 
Höhe  entspr.  der  Bolanfttu*  (zum  Indus). 

BolMy  Ji^dwaffe  der  Gauchos  in  Süd- 
amerika, 9  eiserne  Kugel u ,  die  am  Ende 
eines  langen  Lederriemens  sitzen  und, 
wirbelnd  geschleudert,  dem  gejagten  Thiere 
um  die  Hinterfüsse  geworfen  werden. 

BolbeCy  Fabrfkst.  im  franz.  Depart.  der 
untern  Seine,  ^063  Ew.  Stapelplatz  für  die 
in  der  Gegend  gewebte  Leinwand  (tolles 
erfttonnes). 

Bolchowy  Kreisst.  im  grossmss.  Gonv. 
Drei,  an  der  Kugra,  18,385  Ew.    ^ 

Bolero»  span.  Nationaltanz  im  «/«-Takt, 
massig  lebhaft,  gewöhnl.  mit  Gesang,  Zither 
und  Kastagnetten  begleitet. 

BoIeslaWy   Name    mehrerer  Könige  von 
Polen  (s.  d.).  Herzöge   von  Böhmen  (s.  d.) 
und  Schlesien  (s.  d.). 
•    Boletus,  s.  Hlu, 

Bolejn  (spr.  Bdiin),  Anna,  Gemahlin  Hein- 
richs VIII.  Ton  England,  geb.  1507,  Tochter 
des  Sir  Thomas  B.  oder  Bullen,  Grafen  yon 


Wiltshire,  ward  S5.  Jan.  1538  insgeheim  mit 
Heinrich  YIU.,  noch  ehe  dessen  Ehe  mit 
Katliarina  yon  Aragonien  für  ungültig  er- 
klärt worden,  yermählt,  1.  Juni  als  Königin 
gekrönt  und  7.  Sept.  Mutter  der  nachmal. 
Königin  Elisabeth,  dann  der  Untreue  ange- 
klagt, in  deu  Tower  gefangen  gesetzt,  durch 
ungerechtes  Prozessverfahren  zum  Tod  yer- 
urtheilt  und  19.  Mai  1536  enthauptet.  Vgl. 
Benger ,  ,Memoirs  of  A.  B.* ,  1821,  8  Bde. 

Boighsrt,  Dorf  im  russ.  Gouy.  Kasan, 
an  der  Wolga;  ringsum  die  Trümmer  der 
alten  Bulgarenstadt  Bulgar. 

Bolgrady  Stadt  in  der  Moldau,  am  Jalpuch- 
see,  8415  Ew.,  bis  1^  russisch. 

Bolingbroke  9  Henry  St.-John,  Viteount, 
engl.  Staatsmann  und  Schriftsteller,  geb. 
1.  Okt.  1678  zu  Battersea  in  der  Grafschaft 
Surrey,  ward  1704  Kriegssekretär,  1708,  weil 
er  gegen  Marlborough  intriguirt  hatte,  aus 
dem  Ministerium  gestossen,  schloss  sich  den 
Tories  an  und  erhielt  nach' dem  Sturze  der 
Whigs  Sept.  1710  das  Portefeuille  des  Aus- 
wärtigen. Nach  Annas  Tode  mit  einer  An- 
klage auf  Hochyerrath  bedroht,  floh  er  1715 
nach  Frankreich,  ward  hier  Jakobs  III. 
Staatssekretär,  1783  amnestirt,  1785  durch 
Parlamentsakte  in  seine  Güter  restituirt; 
t  18.  Dec.  1751  zu  Battersea.  Werke 
herausgeg.  yon  Mcdlei  (1753—54,  5  Bde.; 
nene  Aufl.  1808-978  Bde.),  von  der  grossen 
Jury  zu  Westminster  als  dem  Glauben  und 
der  öffentlichen  Ruhe  gefahrlich  yerdammt. 
Vgl.  ItTKnight,  ,Life  of  B.*,  1863. 

Bolirar,  Staat  der  Föderativrepublik  Co- 
lumbia, 1871  QM.  mit  175,006  Ew.  und  der 
Hauptst.  Cartagena. 

BollTsr.  i^tmon,  Befireier Südamerikas,  geb. 
85.  Juli  1783  zu  Caracas,  betheiligte  sich  an 
der  dort.  Erhebung,  dann  an  der  von  Neu- 
granada und  ward  bald  die  Seele  der  Frei- 
heitsbestrebungen   in    Südamerika.     Nach 
der   Eroberung  von   Caracas  4.    Aug.   1813 
vom  Heer  als  Befreier  Venezuelas  begrüsst, 
vereinigte  er  alle  Civil-  und  Militärgewalt 
in  seiner  Person.     Durch   die   Uebermacht 
der   Spanier  vertrieben,   sammelte   er  auf 
Haiti  die  flüchtigen  Insurgenten  und  landete 
mit  diesen  Dec.  1816  auf  der  Insel  Mai^arit», 
und  erfocht  in  Venezuela  Sieg  auf  Sieg,  so 
dass     15.    Febr.     1819     der     Kongress    zu 
Angostura  eröffnet    werden    konnte.     Von 
diesem  zum  Präsidenten   mit  diktator.  Ge- 
walt ernannt,  befreite   er  Neugranada  und 
verkündete,  auch  hier  zum  Präsidenten  er- 
nannt, 9.  Sept.  die  Vereinigung  der  Staaten 
Venezuela  und   Neugronada   zu   einer  Re- 
publik Columbia,   befreite  dann  Peru  und 
ward    auch    hier    1885    mit    der     diktator. 
Gewalt  bekleidet.    Aug.  1828  abermals  ztim 
Präsidenten  ernannt,  drang  er  dem  Kongress 
von    Bolivia  eine    wenig   republikan.   Ver- 
fassung  auf,    ward    herrschsüchtiger    Ab- 
sichten  beschuldigt,    dankte  27.  April  1829 
ab;  t  10.  Dec.  1830  zu  San -Pedro.    Biogr. 
von  Tjarrazabal  (1867). 

Bolivia  (Ober- Peru),  Republik  in  Süd- 
amerika ,V  zwischen  Brasilien,  Argentina, 
Chile  und  Peru,  mit  einem  kleineu  Küsten- 
strich (Wüste  Atacama)  am  Grossen  Ocean, 


Bolkenhayn  —  Bologneser  Flasche. 


311 


89,e88  QM.  and  (1865)  1,989,358  Ew. ,  eln- 
scbliMsl.  245,000  Indianer.  —  Bodenßäehe: 
Der  SW.,  W.  und  die  Mitte  des  Gebietes 
Alpenland  (das  hOcbste  Amerikas),  nm- 
fessend  die  Oordilleren  yon  24o  s.  Br. 
an  mit  dem  Plateau  Ton  Potosl  (18,0000t 
yon  dem  8  Ketten,  die  Tulkanreiobe  westl. 
(Sajama  81,600')  und  die  Yulkanlose  östl. 
Kette  (mit  Illimani  80,000'  n.  Sorata  83,880' 
h.)  anslaufen,  letztere  mit  östl.  Verzwei- 
gimgen ;  der  NO.  und  SO.  Ebene,  dazwiseben 
das  Hügelland  der  Obiqultos.  —  Oewän^r: 
Ansser  dem  Titicacasee  (auf  der  Nordwest- 
grenze) die  Flüsse  Veni,  Mamor6,  Rio  grande, 
(Thapri  und  Guaporft  (zum  Kadeira),  Pilca- 
mayo  und  ParagnaT  (zum  Parana).  —  Drei 
leUmai.  Segicnm:  die  kalte,  bobe  Puna  (die 
Hocbebene  zwlscben  den  Ost-  und  West- 
cordilleren),  das  gemfissigtere  Airomo  (längs 
der  Abb&nge  der  Ostcordilleren,  die  Kegion 
des  Getreides  und  der  Früchte  der  ge- 
mässigten Zone)  und  die  Tung^i»  (die  tiefer 
folgenden  Thäler  und  Ebenen,  sebr  heiss, 
mit  mSchtiger  tropischer  Vegetation).  —  J^ro- 
dukt«:  Gold,  Kupfer,  Zinn  und  Salz  (Berg- 
werke bis  zu  15,000'  Höhe,  bes.  bei  Potosi 
und  Gbuquisaca);  Fieberrindejdle  beste);  in 
d9T  östl.  Tiefebene  Kaffee,  Kakao,  Tabak, 
Baumwolle,  Indigo,  Zuckerrohr,  Ooka  etc.; 
Qesammtfläcbe  des  Kulturlandes  indessen 
kanm  60  QM.  Viehzucht  yeiteachl&ssigt.  — 
Btv^kertmg:  Indianer,  bes.  Cbiquitos,  Molos 
und  GhiriguAUos  (meist  im  O.);  Kreolen 
Span.  Abkunft  (am  zahlreichsten  in  den 
Bergwerksbezirken),  Mestizen  (Cholos  und 
Zambos,  bes.  im  W.  der  Oordilleren), 
wenige  Neger.  —  Die  kathol.  Seligion  herr- 
schend ;  Erzbisthum  La  Plata  (mit  8  Bis- 
thftmem);  die  Kirche  arm.  Unterricht  sehr 
mangelhaft  (sogen.  Uniyersit&ten  zu  Ohu- 
quisaca,  La  Paz  u.  Cochabamba).  Finanten: 
übel  bestellt;  Einnahmen  1867:  4,529,845 
Pesos,  Ausgaben:  5,957,275  Pesos.  Staats- 
schuld 1868:  3,181,215  Pesos.  —  Amte«: 
3034  Mann  mit  31  Generälen  und  1013  Ofü- 
ziere  (Kosten  des  Militärs  ca.  8  Mill.  Pesos). 
Angaben  über  den  SancM  fehlen;  Einfuhr 
ca.  5,570,000  Pesos.  Eisenbahnen  zur  Zeit 
nur  projektirt.  Oberste  Staatsgewalt  (nach 
Verfa$$ung  yom  Aug.  1868);  der  auf  yler 
Jahre  zu  wählende  Präsident  (oberster  Exe- 
kutiybeamter)  und  der  Kongress  (gesetz- 
gebender Körper).  BifUheütmg  in  11  Depar- 
tements :  Gbuquisaca,  Potosi,  Oruro,  Tarija, 
Atacaroa,  La  Paz,  Mejlllones,  Sta.  Oruz, 
Beni,  Cochabamba,  Melgareja.  Hauptat.  zur 
Zeit  Chuqnlsaca  (Sucre). 

Ouehiehte.  Der  westl.  Haupttheil  B.s, 
zum  Reiche  der  Inkas  yon  Peru  gehörig, 
wurde  yon  den  Spaniern  seit  1538  erobert 
und  als  Oher-Ptru  zum  Vicekönigreich  Peru, 
1780  aber  uuter  dem  Namen  CKare<u  zu  dem 
neugebildeten  Vicekönigreich  La  Plata  ge- 
schlagen. Der  schon  1809  begonnene  Frei- 
heitskampf ward  durch  das  Treffen  yon 
Tamasla  1.  April  1825  entschieden  (Unab- 
bängigkeitserklämDg 6.  Aug.;  Annahme  des 
Namens  B.  11.  Aug.  1825).  Seitdem  Partei- 
kämpfe bis  in  die  neueste  Zeit.  Die  letzte 
Konstitution  (yon   1868>  ward  im  Februar 


1869  yon  Neuem  aufgehoben ;  der  Präsident 
Mar.  Melgar^o  (seit  der  Reyolution  yom 
Dec.  1864)  seitdem  Diktator.  Grenzyertiäg 
mit  Ohlle  (840  s.  Br.)  10.  Aug.  1866;  mit 
Brasilien  87.  März  1867.  Vgl.  d'Orbigng, 
,Descripcion  geograflca,  historica  y  esta- 
distica  de  B.*,  1845. 

Bolkenhftyny  Kreisst.  im  preuss«  Regbi. 
Liegnitz,  an  der  Neisse,  2638  Bw.  Bed. 
Leinwandfabriken.    Ruine  der  Solkoburg. 

BolkhoWy  Stodt,  s.  £oleh<»o, 

Boll.  Badeort  im  würtemb«  Donaukrela, 
bei   Göppingen,  1881  Ew.    Sdhwefelquellb. 

Bollandlsten,  Gesellschaft  yon  Jesuiten, 
gab  die  ,Acta  Sanotorum*,  eine  Sammlung 
aller  Heiligenlegenden  der  röm.- kathol. 
Kirche  yon  1643—1794  heraus,  genannt  nach 
.7o&.von£o{Ian<2(geb.l3.Aug.l596,  f  12.  Sept. 
1665),  dem  ersten  Bearbeiter  der  yon  Heribert 
Rosweyd  yon  Utrecht  angelegten  Sammlung. 
1837  konstituirte  sich  eine  neue  Gesellschaft 
yon  B.,  die  seit  1845  wieder  einige  Bände 
yeröffentlicht  hat.    Vgl.  Acta  Sanetorum, 

Bolle,  Zwiebel ;  Samenkapsel  des  Flachses. 

Bolletriehola.  Pferdefleischholz,  sehr 
festes,  rothes  Holz  aus  Surinam,  dient  zu 
mechan.  Werkzeugen. 

BoUetten,  in  Oesterreich  die  bei  der  Verzeh- 
mngssteuererhebung  n.  der  Weg-  u.  Brücken- 
mauth  yorkommenden  Ausfertigungen. 

Bolley.  B>mj>e/fM,  Chemiker,  geb.  7.  Mal 
1812  in  Heidelberg,  ward  1838  Prof.  In 
Aarau,  1855  am  Polytechnikum  in  Zürich, 
1859—65  Rektor  der  Anstalt;  f  das.  8.  Aug. 
1870.  Erste' Autorität  in  der  Farbenchemie. 
Sehr.  ,Handbuch  der  chem.-techn.  Unter- 
suchungen* (3.  Aufl.  1865);  ,Handb.  der  ehem. 
Technologie'  (mit  And.  1862  ff.,  8  Bde.). 

BoUweuery  jDorf  im  obern  Elsass,  bekannt 
durch  die  baumannsche  Baumschule. 

Bolmen.  See  im  schwed.  Lau  Jönköping, 
4M.  1.;  darin  die  Insel  Bolmestf  mit  heldn. 
Alterthümem. 

Bologna  (spr.  -onja),  ital.  Proy.  der  Emilia, 
65,5  QM.  und  407,452  Ew.  Die  HaupM,  B., 
zwischen  Reno  (grosse  Brücke^  470'  l.)  und 
Sayena,  89,850  Ew.  Die  Piazza  del  Gigante 
(370'  1. ,  300'  br.)  mit  berühmtem  Brunnen 
(seit  1568),  Mercato  (Waffenplatz);  Kirchen 
S.  Pedronio  (mit  Meridian  yon  oüsini  1658 
und  zahlreichen  Gemälden)  und  S.  Peter 
(Grabmal  des  heil.  Domenioo);  älteste  Uni- 
yersität  Italiens  und  berühmte  Bibliothek, 
anatomisches  Kabinet  etc.;  Palast  der  Po- 
destä  (yon  1201;  König  Enzio  gefangen),  die 
beiden  hängenden  Thürme  (Asinelli  307'  h., 
80'  br.,  und  Garisenda  144'  h.;  )ener  4'  11", 
dieser  1'  8"  überhängend),  Kunstakademie. 
Beträchtlicher  Handel ;  Industrie  (Maccaroni, 
Seifenkugeln,  künstliche  Blumen  etc.).  Im 
Alterthum  Bontmia;  im  15.  und  16.  Jahrh. 
Sitz  einer  berühmten  Malerschule  (Fran<\ 
Francia,  die  Caraccis,  Ghiido  Reni,  Dome- 
nichlno,  Guercino  u.  A.) ;  seit  1518  päpstlich, 
seit  1858  zum  Königreich  Italien  gehörig. 

Bologneser  Flasche ^  kleines,  nach  dem 
Blasen  plötzlich  erkaltetes  Glasgefäss,  zer- 
springt, sobald  es  oberflächlich  geritzt  wird, 
well  wie  bei  den  Glasthränen  die  einzelnen 
Moleküle  sich  in  grosser  Spannung  befinden. 


812 

\ 

Bologneser  Späth  oder  Stein,  strahllger 
Schwerspath  yom  Monte  Pademo  bei  Bo- 
logna, phosphorescirt. 

Bolsena,  Stadt  im  bisher.  Kirchenstaat, 
Deleg.  Yiterbo,  am  gleichn.  See,  2100  Ew.; 
ber.  Weinkultur,  etrusk.  Alterthümer.  Der 
malerische  Logo  di  B,  (Lacus  Yolsiniensis) 
liat  8  St.  Umfang  und  2  Inseln:  Bisentina 
nnd  Martana  (Yerbannungsort  der  Amala- 
suinth,  Tochter  Theoderichs  d.  Gr.). 

Bolson  de  Haplmiy  niedriger  Landstrich 
tm  nördl.  Mexiko,  zwischen  der  Sierra  Verde 
und  dem  Rio  del  Norte,  zum  Theil  ron  nn- 
bezwungenen  Indianern  durchschweift. 

Bolgwurd  (BoUwert),  Stadt  im  niederl. 
Friesland,  4617  Ew.    Ehem.  fr.  Reichsstadt. 

Boltenhagen,  Dorf  in  Mecklenburg-Schwe- 
rin, an  der  Ostsee,  besuchtes  Seebad. 

Bolton  (spr.  Bohlt'n,  B.  in  ihe  Moor»), 
Fabrikst.  in  der  engl.  Grafsch.  Lancaster, 
9  M.  von  Manchester,  70,385  Ew.  Wichtige 
Baumwollenmanufaktur.  [als  Pille. 

Bolus  Hat.) ,  Bissen,  Arzneiform,  grösser 

Bolus  (Lemniache  Erde,  Bphragid),  Thone 
Ton  verschiedener  Znsammensetzung,  früher 
nu  medicin.  und  techn.  Zwecken  Tielfach 
benutzt,  kommen  geformt  und  gestempelt 
(Siegelerde,  terra  sigillata)  in  den  Handel; 
weiaeer  £,  dient  zu  Kitten,  brauner  B.  von 
Siena  in  der  Frescomalerei ,  rother  B,  von 
ßinope  ajs  Malerfarbe  (Pompeji),  rother  B. 
als  Anstrichfarbe,  armenischer  B.  (feinster 
rother  B.)  zur  Grundirung  beim  Vei^olden, 
ebenso  der  gelbe  B.,  welcher  gebrannt 
Engliech'  oder  Berlinerroth  liefert;'  ge- 
schlämmter B.   dient  auch   als  Polirmittel. 

Bolsen  .  grosser  cylindrischer  Nagel  mit 
Kopf  und  länglicher  Oelfnung  oder  Schrau- 
bengewinde am  andern  Ende,  dient  zur 
Yerbindung  zweier  Gegenstände;  Greschoss 
für  Armbrüste. 

Bolzen bfichsey  Hinterlader,  welcher  be- 
fiederte Bolzen  schiesst.  Treibende  Kraft 
ist  die  Luft,  welche  durch  einen  Mechanis- 
mus im  Laufe  komprimirt  und  durch  den 
Abzug  entfesselt  wird. 

Bonuirsnndy  russ.  Festung  auf  der  Insel 
Aland,  am  Eingang  des  bottn.  Meerbusens, 
von  der  eugl.-frauz.  Flotte  16.  Aug.  1854 
zerstört;  darf  nach  dem  pariser  Frieden  von 
1856  nicht  wieder  hergestellt  werden. 

Bombtfd  (Ponmer) ,  veraltetes  Holzblas- 
instrument verschiedener  Grösse  (bis  10' 
lang) ;  tiefstes  Schnarrwerk  in  Orgeln. 

Bombarde,  Kriegsmaschine,  welche  mit- 
telst Feder  uud  Sehnen  Projektile  schleu- 
derte ;  nach  Erfindung  des  Pulvers  in  Italien 
Jedes  Pulvergeschütz ;  inDeutschland  kurzes, 
nach  der  Mündung  erweitertes  Rohr  auf 
Holzgestell,  schoss  Steinkugeln. 

Bombardier^  sonst  in  der  preuss.  Artillerie 
Charge  zwischen  Gefreitem  u.  Unteroffizier, 
was  jetzt  der  Obeivefreite  ist. 

Bombardiergaliote)  kleines  flachgehendes 
JSchiff,  welches  bomben  werfende  Geschütze 
trug.  In  der  Neuzeit  nicht  mehr  in  Gebrauch. 

Bombardierkafer  (Brachinus  Web.)^  Käfer- 
f^attung  der  Lauficäfer,  spritzen  in  Gefahr 
eine  ätzende  Flüssigkeit  aus  dem  After,  oft 
mit  hörbarem  Puff;  über  SO  europ.  Arten. 


Bologneser  Späth  —  Bona. 


Bombardon  y    bei  Militärmusiken  Blech* 
Instrument  zur  Yerstärkuug  des  Basses,  Jetzt 
durch  die  Tuba  verdrängt. 
BombastySchwulst  der  Rede,  Wortschwall. 

Bombax  L.,  WoUbawn,  Oeibabawn,  Pflan- 
zengattung derMalvaceen.  B.  malabaricum 
Dee.,  Baum  in  Ostindien  mit  Samenhaaren, 
die  zum  Polstern  dienen.  Aehnlich  B.  oeiba 
L.  in  Westindien  uud  Südamerika. 

Bombay  (spr.  -beb),  Präsidentschaft  des 
brit.  -  ostind.  Reichs,  den  NW.  des  Dekhan, 
Gudscherate  n.  das  südl.  ludusgebiet  (Sindh) 
umfassend ,  6681  QM.  uud  ca.  12  Mill.  Ew., 
dazu  mittelbares  Gebiet  2633  QM.  und 
4,400,000  Ew.  —  Die  Hauptst,  B. ,  auf  der 
gieichnam.  Jfwei  {^h  QM.),  nächst  Kalkutta 
der  erste  ostind.  Handelsplatz,  (1865)  816,562 
Ew. ;  Festung ,  Kriegshafen ,  Station  der 
engl.  Marine  und  Dampfschifffahrt  (nach 
Aden,  Suez  etc.),  Sitz  des  arab.,  pers.  nnd 
ostind.  Handels  (Ausfuhr  130«/s  Mill.,  Ein- 
führ 82Va  Mill.  Thlr.) ,  der  Bombaybank  and 
Bank  «des  westl.  Ostindien,  der  Eisenbahn- 
gesellschaft B.-Kalk«tta;  Perltischereigesell- 
schaften,  Docks,  Werfte,  Seesalzsiederei. 
Nahebei  die  InseluElephantau.  Salsette  (s.d.). 
Die  Insel  B.  seit  1530  portug.,  seit  1661  engl.; 
1668  der  ostiod.  Kompagnie  übergeben. 

Bombe,  eiserne  Hohlkugel,  durch  das 
Mundloch*  mit  Pulver  gefüllt.  Beim  Ab- 
feuern aus  dem  Mörser  oder  der  Bomben- 
kanoue  entzündet  sich  der  durch  da«  Mund- 
loch leitende  tempirte  Zünder  und  bringt, 
zu  Ende  gebrannt,  die  B.  zum  Krepiren  (Zer- 
springen). Gewicht  nach  der  gleichgrossen 
Steinkugel,  Grösse  nach  dem  Durchmesser 
der  Geschütz  -  Seele  gemessen.  Die  Brand- 
bomben ergiessen  aus  Löchern  eine  flüssig- 
feurige  Masse  nnd  krepiren  nachher  durch 
einen  innern  explodirenden  Kern.  Die  B.n 
werden  im  Bogen  geworfen. 

Bomben,  vulkanische,  vonYulkanen  aus- 
geworfene kugelige  Lavastücke. 

Bombenfrei,  vor  dem  Eindringen  von 
Bomben  gesichert. 

Bombenkanonen,  ,PaixhanB'  nach  ihrem 
Erfinder  genannt,  glatte  Greschütze,  welche 
Bomben  in  flachem  Bogen  werfen,  haupt- 
sächlich auf  Kriegsschiffen  und  in  Strand- 
batterien angewandt.  Das  Rohr  steht  der 
Länge  nach  zwischen  der  Kanone  und  dem 
Mörser.  Die  B.  werden  vom  gezogenen 
Geschütz  mehr  und  mehr  verdrängt. 

Bombyx,  die  Seidenraupe. 

Bommel,  Stadt  in  der  niederländ.  Prov. 
Geldern,  an  der  Waal,  auf  der  bommeler 
Waard  (zwischen  Maas  und  Waal),  4733  Ew. 

Bommel,  Elias  van,  holländ.  Maler,  geb. 
1824  zu  Amsterdam,  besuchte  Belgien,Ungam, 
Yenedig,  Hess  sich  in  Wien  nieder.  Archi- 
tekturbilder u.  Marineu,  meist  aus  Holland. 

Bomgt  (poln.  Babiemoat),  Kreisst.  im  preuss. 
Regbz.  Posen,  an  der  faulen  Obra,  2290  Ew. 

Bon,  Kap,  die  Nordostspitze  von  Tunis. 

Bon  (tv.y  spr.  Bong),  (Geldschein ;  Bona  du 
tr4aor ,  Schatzscheine,  in  F^-ankreich  seit 
1824  übertragbare  und  verzinsliche  Anwei- 
sungen auf  den  öffentl.  Schatz. 

Bona  (lat.),  Güter,  Habe,  Yermögon;  b, 
aequieita   oder  adventitia,  erworbene  (von 


Bona  —  Bonaparte. 


313 


Seitenverwandten)  binengekommene  (nicht 
ererbte)  Güter;  b.iüata,  eingebrachte  Güter; 
b.  h«reditariat  Erbgüter;  b.immobüiaf  nnbe« 
wegllche  (liegende)  Güter;  fr.  mo^iUa,  beweg- 
liche Güter,  fahrende  Habe;  b.  paraphemcUia, 
Öoter  der  Ehefiran  (ausser  der  Aütgift); 
b.  tfacaniia,  herrenlose  Güter. 

Bona,  Hafenstadt  in  Algerien,  Prov.  Con- 
stantine,  an  der  Mündung  des  Sebus,  10,400 
Ew.  Festung.  Mittelpunkt  der  Korallen- 
fischerei an  der  Küste,  bed.  Handel.  Nahe- 
bei die  Ruinen  des  alten  Hippo  reglus. 

BonMca,  Insel,  8.  Baiirueln. 

Bona  dea  (lat.,  d.  i.gute  Göttin),  yon  den 
röm.  Frauen  verehrte  Göttin,  deren  Heilig* 
thnm  eine  Grotte  auf  dem  Arentinus  war; 
wahrscheinl.  Heilgöttin. 

BOBafldM(lat.,  d.  h.  guter  Glaube),  Reohts- 
ausdruck,  bald  s.  v.  a.  Treue  und  Glaube, 
z.  B;  bei  Verträgen,  bald  die  Ueberzeugung, 
dass  man  etwas  rechtmässig  besitze,  Yor- 
.bedingung  der  Ersitzung  (Verjährung)  und 
Bestimmungsgrund  zu  einer  schonenden  Be- 
nrth  eilung  des  im  Yindikations-  oder  Brb- 
schaftsprozesse  erliegenden  Besitzers  (bonae 
fldei  possessor,  d.  h.  dessen,  der  sich  im 
rechtmäss^en  Besitze  einer  Sache  glaubt). 

Bonaire  (spr.  -ähr,  span.  £uen-Ayre), 
niederl.  Antilleninsel,  zu  Curassao  gehörig, 
3800  Ew.    Gochenillezucht. 

Bonald,  LouU  Jac^e$  Maurice  de,  franz. 
Prälat,  geb.  30.  Okt.  1787  zu  Milhaud,  seit 
1839  Erzbischof  von  Lyon  und  Primas  von 
Gallien,  seit  1841  Kardinal,  entschiedener 
Vertreter  des  Ultramontanismus,  nach  dem 
Staatsstreich  vem  2.  Dec.  1851  Mitglied  des 
Senats;  f  25.  Febr.  1870  in  Lyon. 

Bonaparte  (Buonaparte),  korsischies  Pa^ 
triclergeschlecht,  dem  die  Napoleoniden  ent- 
stammen, in  Ajaccio  seit  1567  ansässig,  um  die 
Mitte  des  18.  Jahrh.  hier  durch  den  Archidia- 
kon  Luciano  B.,  dessen  Bruder  Napoleone  und 
den  Neffen  beider  Carlo  repräsentirt.  1)  Oarlo 
JB.,  geb.  29.  März  1746,  Sohn  des  Giuseppe  B., 
studirte  zu  Pisa  die  Rechte,  erst  Anhänger 
Paolis,  erklärte  sich  dann  für  Frankreich, 
ward  1773  königl.  Rath  und  Assessor  der 
Stadt  und  Provinz  Ajaccio,  1777  Mitglied 
der  korsischen  Adelsdeputation,  die  an  den 
firanz.  Hof  ging,  1781  Mitglied  des  Raths 
der  12  Edeln  von  Korsika ;  f  24.  Febr.  1785 
au  Montpellier  am  Magenkrebs.  Seine  Gat- 
tin, Maria  Lätilia  Mamolino,  geb.  24.  Aug. 
1750  zu  Ajaccio,  floh  1793  bei  der  Eroberung 
Korsikas  durch  die  Engländer  nach  Mar- 
seille, begab  sich  nach  18.  Brumaire  (1799) 
nach  Paris,  erhielt  1804  den  Titel  ,Madame 
Hdre'  und  einen  glänzenden  Hofstaat,  ward 
Ton  Napoleon  zur  Beschützerin  aller  Wohl- 
thätigkeitsanstalten  des  Reichs  ernannt, 
lebte  nach  dessen  Sturz  mit  ihrem  Stief- 
J^ruder,  dem  Kardinal  Fesch,  zu  Rom  und 
Albano;  f  2.  Febr.  1836.  Vgl.  ,La  storia 
genealogica  della  famiglia  B.',  1847;  St^ani, 
,OrigIne  des  B.*,  1859.  Lätitia  war  Mutter 
ron  8  Kindern,  Napoleoniden.  Successions- 
rechte  auf  den  franz.  Thron  erhielten  durch 
die  Volksabstimmung  und  den  Senatsbe- 
achluss  vom  6.  Nov.  1804  ausser  Napoleon  L 
nur  dessen  beide  Brüder,  Joseph  und  Lud- 


wig mit  ihren  Nachkommen.  Ladan  und 
J6röme  wurden,  weil  sie  sich  gegen  den 
Willen  des  Kaisers  verheirathet  hatten,  von 
der  Snocession  ausgeschlossen.  Auch  durch 
das  Dekret  vom  24.  Dec.  1852  ward  die 
eventuelle  Thronfolge  nur  Jörömes  i  Linie 
zugestanden.  —  2)  Joeeph  B,,  Graf  von  8ur- 
villier»,  ältester  Sohn  Oarlo  B.s,  geb.  7.  Jan. 
1768  zu  Corte  auf  Korsika,  ward  1796  Ohef 
der  Administration  bei  der  ital.  Armee,  1797 
Resident  der  franz.  Republik  zu  Parma, 
dann  Gesandter  zu  Rom,  Mitglied  des  Raths 
der  Fünfhundert,  nach  dem  Staatsstreich 
vom  18.  Brumaire  Staatsrath  und  Tribun  und 
mit  diplomat.  Missionen  betraut,  nach  Er- 
richtung des  Kaiserreichs  Senator,  endlich 
franz.  Prinz  und  Grosswahlherr  von  Frank- 
reich. 30.  März  1806  zum  König  beider  Sici- 
lien  ernannt,  ward  er  schon  6.  Juni  1808 
durch  Napoleons  Machtwort  auf  den  Thron 
von  Spanien  versetzt ,  zog  20.  Juni  in  Ma- 
drid ein,  ward  30.  Juli  1808  durch  die  In- 
surrektion und,  wieder  zurückgeführt,  11. 
Aug.  1812  durch  Wellingtons  siegreiches 
Vordringen  aus  der  Hauptstadt  vertrieben. 
Von  Napoleon  Jan.  1814  zum  Generallieute- 
nant  des  Reichs  und  Oberkommandanten 
der  Nationalgarden  ernannt^  ermächtigte  er 

30.  März  die  Marschälle  zur  Kapitulation 
mit  den  AUiirten,  fnngirte  während  der 
100  Tage  als  Präsident  des  Regierungsoon- 
seils,  schiffte  sich  nach  der  Schlacht  bei 
Waterloo  nach  Nordamerika  ein,  wo  er  sich 
unter  dem  Namen  eines  Grafen  von  Snr- 
villiers  im  Staate  Newjersey  ankaufte.  la 
einer  an  die  franz.  Deputirtenkammer  ge- 
richteten Adresse  vom  18.  Sept.  1830  pro- 
testirte  er  zu  Gunsten  des  Herzogs  von 
Reichstadt  gegen  die  Thronbesteigung  eines 
Prinzen  aus  dem  Hause  Bourbon,  begab 
sich  1832  nach  England,  1841  nach  Italien; 
t  28.  Juli  1844  zu  Florenz.  Seine  ,M6nloires 
et  correspondance*  wurden  von  Du  Oaese 
(1853—65,  10  Bde.)  herausgegeben.  Seine 
Gemahlin,  Julie  Marie,  geb.  26.  Dec.  1777, 
vermählt  1.  Aug.  1794,  Tochter  des  Seiden- 
fabrikanten Clary  zu  Marseille  und  Schwä- 
gerin Bemadottes,  Hess  sich  zu  Brüssel, 
1823  in  Florenz  nieder ;  f  das.  7.  April  1845. 
Aus  ihrer  Ehe  mit  Joseph  entsprangen  8 
Töchter:  a)  Zenaide  Charlotte  Julie,  geb.  8. 
Juli  1801,  vermählt  mit  dem  Fürsten  von 
Canino,  dem  Sohne  Lucian  B.s;  f  8.  Aug. 
1854  zu  Neapel ;  b)  (ßiarlotte  Kapoleone,  geb. 

31.  Okt.  1802,  vermählt  1827  mit  Ludwig 
Napoleon,  dem  älteren  Bruder  NapoleonsIU., 
ehemaligem  Grossherzog  von  Berg;  f  3. 
März  1839  zu  Sarzaua.  —  3)  Ifdp<deon  £., 
s.  Napoleon  7.  —  4)  Lucian,  Füret  von  Canino, 
geb.  21.  Mai  1775  zu  Ajaccio,  ward  1795  Kriegs- 
kommissär, trat  1798  in  den  Rath  der  Fünf- 
hundert, unterstützte  als  dessen  Präsident 
Napoleon  beim  Staatsstreich  vom  18.  Bru- 
maire, ward  zum  Minister  des  Innern  er- 
nannt, entzweite  sich  als  Republikaner  mit 
jenem  über  das  angenommene  System  der 
Militärgewalt,  ging  Okt.  1800  als  Gesand- 
ter nach  Madrid,  ward  9.  März  1802  Mi^ 
glied  des  Tribunats,  Grossoffizier  der  Eh- 
renlegion und   1803  Mitglied  des  Instituts 


8U 


Bonaparte. 


md  Senator.  Kapoleon  gegenüber  seine 
Selbständigkeit  wahrend  nnd  dessen  Streben 
nach  Alleinherrschaft  entgegentretend,  sog 
er  alch  auf  eine  Villa  nnweit  Rom  zurück 
und  schlug  den  ihm  angetragenen  Thron 
Yon  Italien  wie  den  von  Spanien  aus.  18. 
Aug.  1814  Tom  Papst  mit  dem  Ton  ihm  er- 
kauften kleinen  Fürstenthum  Ganino  belehnt, 
begab  er  sich  1815  nach  Kapoleons  Rückkehr 
Ton  Elba  nach  Paris,  ward  zum  fi>anz.  Prin- 
sen  und  Pair  ernannt,  lebte  dann  in  und 
bei  Rom,  seit  18S0  Ifingere  Zeit  in  England; 

S89.  Juni  1840  zu  Viterbo  bei  Rom*  Sehr, 
le  Epopöen  ,Gharlemagne,  ou  l'Egllse  de- 
livröe*  in  84  Gesängen  (1814,  8  Bde.),  worin 
er  die  Bourbonen  feierte,  und  ,La  Cymftide, 
ou  la  Corse  sauvte*  (1819),  sowie  ,M6moire8* 
(deutsch  1886).  Vgl.  ,Memoires  secrets  sur 
la  vie  priY^,  politiqne  et  littiraire  de  Luden 
B.S  1819,  8  Bde..  Er  war  in  erster  Ehe  seit 
1794  verheirathet  mit  Ghristine  Eleonore 
Bojer  und  nach  deren  Tode  in  zweiter  mit 
Aleiuindrlne  Laurence  de  Bleschamp,  der 
Wittwe  des  Bankiera  Jouberton,  die  18. 
Juli  1855  zu  Sinigaglia  f*  Aus  der  ersten 
Ehe  gingen  hervor:  a)  Charlotte,  geb.  13. 
Mai  1796,  seit  1815  zu  Rom  mit  dem  Fürsten 
Mario  Gabrielli  (f  18.  Sept.  1841)  vermählt; 
b)  Christine  Egypte,  geb.  19.  Okt.  1798,  seit 
1824  mit  Lord  Dudley  Stuart  vermählt; 
t  18.  Hai  1847  zu  Rom.  Aus  der  zweiten : 
o)  Obarle«  Luden  Jules  Laurent,  Fürst  von 
Oanino  (s.  d.)  und  Musignano ;  d)  Lälitia  £., 
•tSeh.  1.  Dec.  1804,  seit  18^1  vermählt  mit 
dem  Triänder  Thomas  Wyse  (t  15.  April 
1868  als  brit.  Gesandter  zu  Athen) ;  e)  Jeanne, 
geb.  83.  Juli  1806  zu  Rom,  vermählt  mit  dem 
Marchese  Honorati;  f  1828  zu  Jesi  bei  An- 
oona,  Dichterin;  f)  Paul  Marie,  geb.  1806  zu 
Rom,  focht  unter  Lord  Ck>chrane  1827  als 
Seeoffizier  in  den  griech.  Gewässern,  tödtete 
sich  Dec.  1887  unfreiwillig  durch  einen 
Pistolenschuss ;  g)  Loui»  Luden,  geb.  4.  Jan. 
1813  zu  Thorngrove  in  Worcestershire,  wo 
sein  Vater  damals  gefangen  gehalten  ward, 
Chemiker,  Mineralog  und  Sprachforscher, 
sehr.  ,Specimen  lexici  comparativi  omnium 
llnguarum  Europaearum'  (1847),  eine  Uebers. 
der  Parabel  vom  ,Säemann*  in  78  europ. 
Sprachen  und  Mundarten  (1857),  ward  1849 
lUtglied  der  firanz.  Kationalversammlung, 
1862  Senator,  1855  GrossofBzier  der  Ehren- 
legion; h)  Flerre  Napoleon,  geb.  18.  Sept. 
1815,  ward,  als  er  sich  1831  an  dem  Auf- 
stand in  der  Romagna  betheiligen  wollte, 
Terhaftet  und  6  Monate  in  Livorno  gefangen 

S halten,  ging  dann  nach  Amerika,  ward 
Keugranada  Major,  lebte  dann  auf  den 
Gütern  seines  Vaters,  sollte,  der  beabsich- 
tigten Errichtung  revolutionärer  Freicorps 
verdächtig,  verhaftet  werden,  tödtete  einen 
päpstl.  Lieutenant,  ward  deshalb  89.  Sept. 
1836  in  Rom  zum  Tod  verurtheilt,  zu  Exil 
begnadigt,  von  den  Jonischen  Inseln  Ex- 
cesse  halber  verwiesen,  1848  Mitglied  der 
franz.  Kationalversammlung,  erhielt  1859 
beim  Ausbruch  des  ital.  Krieges  den  Befehl 
über  ein  Regiment  der  Fremdenlegion,  nahm 
aber  keinen  Antheil  an  den  Kriegsereig- 
nissen, ward  Jan.  1870  wegen  Tödtung  einen 


Journalisten  sur  Untersuchung  gezogen,  aber 
freigesprochen ;  i)  Antoine,  geb.  81.  Okt.  1816» 
floh  1836  w^^en  der  AfFaire  mit  den  päpst- 
lichen Sbirren  nach  Amerika,  erschien  Febr. 
1848  in  Frankreich ,  trat  Sept.  1849  in  die 
flranz.  Kationalversammlung;  k)  Alexandrine 
Marie,  geb.  12.  Okt.  1818,  seit  1836  mit  dem 
Grafen  Vincenso  Valentini  von  Ganino  (f 
1858)  vermählt;  I)  Konstanee,  geb.  30.  Jan. 
1823,  Aebtissln  des  Klosters  sum  heil.  Her- 
zen in  Rom.  Sämmtliche  Söhne  Lucians  er- 
hielten Dec  1652  den  Rang  von  Prinzen  der 
kaiserl.  Familie,  blieben  Jedoch  von  der 
Thronfolge  ausgeschlossen.  —  5)  Maria  Anna, 
später  Elise  gen.,  Fürstin  von  Lncca  und 
Piomblno,  Gemahlin  des  Fürsten  Bacciocchi 
(s.  d.).  —  6)  Ludwig  £.,  Graf  von  8t. -Leu, 
König  von  Holland,  geb.  2.  Sept.  1778,  be- 
gleitete Kapoleon  nach  Italien  und  Aegvpten, 
ward  nach  dessen  Thronbesteigung  Oonne- 
table  und  Generaloberst  der  Carabiniers, 
1805  General gouvemeur  von  Piemont  und 
5.  Juni  1806  König  von  Holland.  Die  In- 
teressen Hollands  den  stets  gesteigerten  An- 
sprächen seines  Bruders  gegenüber  zu  wah- 
ren suchend,  zerfiel  er  mit  diesem,  legte 
1.  Juli  1810  die  Regierung  nieder  und  lebte 
seitdem  unter  dem  Kamen  eines  Grafen  von 
St.-Leu  zurückgezogen  in  Graz ,  dann  in 
Rom,  seit  1826  in  Florenz;  f  35.  Juli  1846 
zu  Livorno.  Sehr,  einen  Roman  ,Marie,  les 
peines  de  Tamour,  ou  les  Hoilandaises'  (1814, 
3  Bde.);  ,Documents  historiques  et  r6flexions 
sur  le  gouvernement  de  la  Hollande'  (1821, 
3  Bde.)  u.  A.  Er  hatte  sich  3.  Jan.  1802 
nach  dem  Willen  seines  Bruders  vermählt 
mit  Hortense  Eugenie  Beauhamais,  der  Toch- 
ter des  Generals  Beauhamais  und  der  nach- 
maligen Kaiserin  Josephine,  Kapoleons  Adop- 
tivtochter, späteren  Herzogin  von  St. -Leu, 
geb.  10.  April  1788  in  Paris.  Sie  kehrte  nach 
der  Thronentsagung  ihres  Gemahls  nach  Paris 
zurück,  hielt  sich  nach  den  100  Tagen,  von 
ihrem  Genudil  geschieden,  zu  Augsburg,  in 
Italien  und  später  zu  Arenenberg  im  Kimton 
Thurgau  auf;  f  das.  5.  Okt.  1837.  Die 
Frucht  ihres  vertrauten  Verhältnisses  zum 
Grafen  Flahault  soll  der  Herzog  von  Momy 
(s.  d.)  gewesen  sein.  Sc^r.  ,La  reine  Hor- 
tense en  Italic,  en  France  et  en  Angleterre 
pendant  rannte  1831*  (1833).  Mehrere  ihrer 
Lieder,  namentlich  das  «Partant  pour  la 
Syrie',  die  Elriegshymne  des  neuen  Kalser- 
thums,  leben  noch  im  Munde  des  franz. 
Volks.  Aus  ihrer  Ehe  mit  Ludwig  B.  stamm- 
ten 3  Söhne:  2i(q>olA>n  Louis  Charles,  geb. 
10.  Okt.  1808,  1 5.  Mai  1807 ;  Louis  Napolion, 
geb.  11.  Okt.  1804,  Kronprinz  von  Holland, 
1809  von  Kapoleon  zum  Grossherzog  von 
Kleve  und  Berg  ernannt,  vennühlt  mit  Char- 
lotte, der  Tochter  seines  Oheims  Joseph,  be- 
theiligte sich  mit  seinem  Jüngeren  Bruder 
1831  am  Au&tande  in  der  Romagna;  f  17. 
März  1831  zu  Forli  an  den  Masern;  Charles 
Louis  Napolion,  der  nachmalige  Kaiser  Napo- 
leon in.  (s.  d.).  —  7)  Jfarte  Bxuline  B.,  geb. 
28.  April  1780  zu  Ajaccio,  vermählt  seit  1795 
mit  dem  Divisionsgeneral  Charles  Emanuel 
Ledere  d^Ostin  (f  22.  Kov.  1808),  seit  1803 
mit  dem  Fürsten  Camillo  Borghe«ie   (t  10. 


Bonaventura  — *  Boner. 


815 


April  18SS  SU  Florenz),  1805  zur  Herzogin 
Ton  Gnastalla  ernannt,  lebte  seit  1815  auf 
ihrer  Villa  Sciarra  bei  Rom ;  t  ^Uui.  9.  Juni 
1825.'  Diese  Linie  ist  mit  ihrem  Sohne  erster 
Ehe,  Napoleon  Leclerc  (f  1804),  erloschen.  — 
8)  Juaria  Annunciada  Karolitu  B.,  geb.  96. 
M&rz  1788  zu  Ajaccio,  rermählt  1806  mit 
Joachim  Murat,  seit  1806  Grossherzogin  von 
Klere  und  Berg,  seit  1808  Königin  von  Nea- 
pel, lebte  seit  1815  als  Gräfin  von  lipona 
meist  im  Oesterreichischen;  f  18.  Mai  1839 
zu  Florenz.  Von  ihren  beiden  Söhnen  LHcian 
und  Joachim  ist  der  entere  noch  am  Leben 
und  nebst  seinem  Sohne  Joachim  Murat 
kaiserl.  Prinz.  —  9)  Hieronfpati»  (Jdrömt)  B., 
König  yon  Westphalen,  Fürst  von  Montfort, 
geb  15.  Not.  1784  au  Ajaccio,  machte  als 
Schiiblieutenant  1801  die  Expedition  nach 
CDidti  mit,  begab  sich  dann  nach  Nordamerika, 
kehrte  Mai  1805  nach  Frankreich  zurück 
und  führte  1806  als  Contreadmiral  ein  Ge- 
schwader nach  Martinique.  Zum  franz.  Prin- 
zen ohne  Snccessionsrecht  ernannt,  befehligte 
er  im  Krieg  gegen  Preussen  mit  Vandamme 
das  10.  Armeecorps  in  Schlesien.  In  Folge 
des  Friedens  yon  Tilsit  18.  Aug.  1807  König 
Ton  Westphalen,  schlug  er  seine  Residenz 
in  Kassel  auf.  1818  in  Polen  mit-  dem  Ober- 
befshl  über  eine  Division  bebraut,  verschul- 
dete er  durch  seine  Fehler,  dass  sich  Bar 
gration  6.  Aug.  1818  mit  Barclay  de  Tollj 
vereinigte,  und  wurde  deshalb  nach  Kassel 
zurückgeschickt.  SO.  Sept.  1813  durch  den 
russ.  (Jeneral  Tschemytschew  aus  Kassel  ver- 
trieben, kehrte  er  zwar  17.  Okt.  dahin  zu- 
rück, entfloh  aber  sogleich  mit  zusammen- 
gerafften Kostbarkeiten  nach  Paris.  Nach 
Napoleons  Rückkehr  zum  Pair  ernannt,  focht 
er  bei  Ligny  und  Waferloo.  Nach  Napoleons 
Abdankung  lebte  er  als  Graf  von  Montfort 
erst  in  Elwangen.  seit  1816  meist  zu  Triest 
und  in  Schönau  bei  Wien,  seit  1887  In  Rom 
und  Florenz.  1847  erhielt  er  von  der  franz. 
Regierung  Erlaubniss  zum  Aufenthalt  in 
Frankreich  und  befand  sich  beim  Ausbruch 
der  Februarrevolatlon  in  Paris.  83.  Dee. 
1848  wurde  er  zum  Gtouvemeur  der  Inva- 
liden, 1850  zum  Marschall,  nach  der  Thron- 
besteigung Napoleons  JH.  1858  zum  even- 
tuellen Thronerben  mit  dem  Titel  eines 
firanz.  Prinzen  von  Geblüt  ernannt:  f  2^* 
Juni  1860  zu  Yillejenis  bei  Paris.  Aus  sei- 
nem Nachlass  erschienen  ,M6moire8  et  cor- 
respondance  du  rol  J6r6me  et  de  ia  reine 
Catherine'  (1861—64,  5  Bde.).  Während  sei- 
nes Aufenthalts  in  Amerika  hatte  er  sich 
1808  mit  Elisabeth  Patterson  aus  Baltimore 
verheirathet ,  verliess  dieselbe  aber  1805, 
nachdem  Napoleon  die  Ehe  für  ungültig 
erklärt  hatte.  18.  Aug.  1807  vermählte  er 
sich  fnit  Friederike  Katharine  Sophie  Doro- 
thea,  Prinzessin  von  Würtemberg,  geb. 
2.  Febr.  1788,  f  28.  Nov.  1838  zu  Lausanne. 
Aus  erster  Ehe  stammte  ein  Sohn,  Jiföme 
£,' Patterson,  geb.  7.  Juli  1805  zuOamberton, 
besuchte  unter  der  Regierung  Ludwig  Phi- 
lipps Frankreich,  wo  er  durch  seine  auf- 
fallende Aehnlichkeit  mit  Napoleon  X.  Auf- 
sehen erregte;  f  1*  ^^^^  ^^^^  ^^  Baltimore. 
Ein  Sohn  desselben,  J6r6me  Napoleon,  geb. 


1888,  diente  im  Krimfeldzuge  als  OfRzier 
der  firanz.  Armee.  Aus  zweiter  Ehe  stamm- 
ten: Hieronymua  Napoleon  Karl  B.,  Prinz 
von  Montfort,  geb.  84.  Aug.  1814  zu  Graz, 
t  18.  Mai  1847  als  würtemberg.  Oberst: 
Mathilde  Lä^ia  mihelmine  B„  geb.  87.  Mai 
1880  zif  Triest,  1841  mit  Anatol  Demidow, 
Fürsten  von  San-Donato,  veimälilt,  1845 
von  ihm  getrennt,  lebte  seitdem  in  Paris 
und  machte  am  Hofe  Napoleons  III.  bis  zu 
dessen  Vermählung  die  Honneurs,  ward  bei 
Errichtang  des  Kaiserthrones  unter  die  Mit- 
glieder der  kaiserl.  Familie  aufgenommen 
und  erhielt  den  Titel  Hoheit;  Napoleon  Jo- 
seph Karl  Faul  B.,  geb.  9.  Sept.  1888  zu 
Triest,  bekannter  unter  dem  Namen  Prtn« 
Nameleq/n  (s._d.). 

Bonaventnrft,  eigentl.  Joh,  von  Fidenta, 
scholast.  Theolog,  geb.  1821  zu  Bagnarca 
im  Toskanischen,  Franciskauermönch,  seit 
1853  Lehrer  der  Theologie  zu  Paris,  1856 
General  seines  Ordens,  1873  Kardinal,  dann 
päpstl.  Legat  auf  der  Kirchenversammlung 
zu  Lyon;  f  <i<^**  1&-  *^ull  1274;  1488  kanoni- 
sirt;  wegen  seiner  schwungvollen  Schreib- 
art Dootor  seraphicus  genannt,  Hauptwort- 
führer des  röm.-kathol.  Dogmas;  sehr,  einen 
Kommentar  zu  den  ,Sentientiae*  des  Petrus 
Lombardus,  Handbücher  der  Dogmatik  n.  A. 
Werke  (am  vollständigsten  Rom  1588-96, 
8  Bde.).  Vgl.  HolUnberg, , Studien  zu  B.S  18B8. 

Bonbons  (fr.,  spr.  Bongbong),  Zucker- 
werk, aus  gelöstem,  stark  eingekochtem, 
dann  verschiedenartig  gewürztem,  auch  mit 
Zusätzen  versehenem  und  auf  eine  Platte 
ausgegossenem  Zucker  bestehend.  Sehr 
trocken  aufzubewahren. 

BonelUHip  (spr.  Bongschang),  C^rles  Mel- 
chior Arthur,  Marquis  de,  Führer  der  Yen- 
d4er,  geb.  10.  Mai  1760  zu  Jouverteil  in 
Anjou,  focht  in  Nordamerika  gegen  die  Eng- 
länder, übernahm  später  den  Oberbefehl 
über  die  Insurgenten  von  Anjou,  entschied 
bei  Torfou  an  der  Sdvre  den  Sieg  der  Ten- 
dier, ward  17.  Okt.  1793  bei  ChoUet  tödtlich 
verwundet  und  f  Auf  der  Flucht. 

Bond  (engl.,  spr.  Bönd),  Büi^schaft,  bes. 
Verbürgungsschein ,  dann  Jede  Obligation; 
beim  Zollwesen  s.v.  a.  öffentlicher  Verschluss, 
daher  in  B.  lagernde  Waare  solche ,  welche 
in  dem  Lagerhause  unversteuert  liegt. 

Bond  9  William  Orauch,  nordamerikan. 
Astronom ,  geb.  1790  zu  Portland ,  Mitglied 
der  Erforschungsexpedition  unter  Wilkes 
1888,  später  Direktor  der  Stei*n warte  des 
Harvardcollege,  Entdecker  des  8.  Saturns- 
mondes ;  t  88.  Jan.  1859. 

Bondiiy  Staat  der  Fellatah  in  Senegambien, 
von  den  Franzosen  abhängig. 

Boner,  1)  Ulrich,  Predigei*mönch  in  Bern, 
lebte  um  1884—49 ;  Verf.  einer  Sammlung 
von  100  Fabein,  gen.  ,Der  Edelstein*  (Bamb. 
1461 ,  das  erste  deutsche  gedioickte  Buch ; 
neue  Ausg.  von  Benecke  1816,  J^eiffer  1844).  — 
8)  Charles,  engl.  Schriftsteller,  geb.  89.  April 
1815  zu  Bath  (Gr.  Somerset),  lange  Zeit  jBr> 
zieher  im  Hause  des  Fürsten  von  Thum  und 
Taxis  in  Regensburg,  dann  in  München  und 
Wien,  bereiste  1863  Siebenbürgen;  f  7.  April 
1870  zu  München.    Sehr.  ,Verse*  (1858).  ,0ha- 


816 


Bonheur  —  BonixL 


mois  hunting'  (3.  Aufl.  1802),  «Forest  Crea- 
tores'  (1861 ;  deutsch  Ton  JTammer  1862),  ,Tran- 
sylvania' (1865;  deutsch  .Siebenbürgen'  1868). 

BoHheitr  (spr.  Bonnöhr),  Marie  Bom,  her. 
frans.  Thiermalerin,  geb.  22.  März  1822  zu 
Bordeaux,  Tochter  und  Schülerin  Top  Rai- 
mond  B.  (f  1B&3),  lebt  in  Thomdry  bei  Fon- 
tainebleau.  Ihre  Thiere  ausges.  durch  Katur- 
wahrheit,  fern  von  Idealisirung.  Haupt- 
werke: Rinderheerde  (1848),  Pferdemarkt 
(1853),  Heuerate  (1855),  Spürhund  (1868), 
•chott.  Schäfer  (1867)  etc.  Ihre  Brüder: 
August  B.,  geb.  1824,  Landschaftsmaler,  und 
Julei  laidore  B.,  geb.  1837,  Bildhauer  (bes. 
Thierstücke). 

Boni^  Fürstentfanm  im  SW.  der  Insel  Cele- 
bes,  am  Btuen  tum  B.,  mit  der  Hauptat.  B., 
den  Holländern  tiibutär.   Aufstand  von  1859. 

Bontfttelo  TenezluiOy  ital.  Historienmaler, 
Qm  1530—68  zu  Venedig,  Schüler  Tizians; 
sahlr.  Bilder  von  ihm  in  Venedig. 

Bonlftteins ,  1)  der  Heilige  ,  Apostel  der 
Deutschen,  geb.  um  680  zu  Kirton  bei 
Bzeter,  SprÖssling  eines  edlen  angelsächs. 
Geschlechts,  eigentl.  Winfried,  war,  718  in 
Bom  vom  Papst  Gregor  n.  bevollmächtigt, 
in  Deutschland  das  Evangelium  zu  predi- 
gen. In  Thüringen  und  Bayern,  dann  in 
Friesland,  Hessen  und  Sachsen  als  Missio- 
när thätig ,  stiftete  Kirchen  und  Klöster, 
die  er  mit  Mönchen  und  Nonnen  aus  Eng- 
land besetzte,  ward  von  Gregor  HI.  zum 
Erzbischof  und  Primas  von  Deutschland, 
738  zum  Legaten  des  heil.  Stuhls  in  Deutsch- 
land ernannt,  errichtete  die  Bisthümer  zu 
Freisingen,  Regensburg,  Erfurt,  Buraburg 
(nach  Paderborn  verlegt) ,  Würzburg  und 
Eichstädt  und  die  Abtei  Fulda,  krönte  als 
Erzbischof  von  Mainz  Pipin  752  in  Soissons 
als  König  der  Franken,  ward  bei  Dockum 
in  Westfriesland  755  erschlagen.  Sein  Leich- 
nam ist  im  Dom  zu  Fulda  beigesetzt.  Seine 
,Epistolae*  herausgeg.  von  Würdtwein  (1789), 
seine  ,Opera  omnia*  von  Gile»  (1845,  2  Bde.). 
1842  wurde  seine  Statue,  von  Henschel  in 
Kassel  gearbeitet,  in  Fulda  errichtet.  —  2) 
Name  von  9  Päpsten :  B.  I.,  regierte  418  bis 
422,  von  Kaiser  Theodosius  n.  eingesetzt, 
bezeichnete  zuerst  den  röm.  Bischof  als  den 
ersten  der  Christenheit,  als  Heiliger  ver- 
ehrt, Tag  25.  Okt.  —  B.  H.,  reg.  530-532.  — 
B.  in.,  reg.  607  neun  Monate,  führte  zuerst 
den  Titel  ,allgem.  Bischof  der  Christen- 
heit*. ~  B.  IV.,  reg.  608-615.  -  B.  V.,  reg. 
619—625.  —  B.  VI.,  reg.  896  nur  15  Tage.  — 
B.  Vn.,  okkupirte  den  heil.  Stuhl  wider- 
recbtl,  974  auf  einen  Monat,  dann,  nachdem 
er  Johann  XIV.  gefangen  genommen,  984 
bis  985  auf  11  Monate.  —  B.  III.,  Benedikt 
Cajetan,  geb.  zu  Anagni,  1281  zum  Kardinal 
ernannt,  1284  zum  Papst  erwählt,  fand  in 
Beinen  hierarchischen  Beste'ebungen  harten 
Widerstand,  namentl.  von  Seiten  Philipps 
des  Schönen  von  Frankreich ,  suchte  ver- 
gebl.  in  der  Bujle  ,Unam  sanctam'  vom  18. 
Nov.  1802  Gregors  VII.  Grundsätze  von  der 
p&pstl.  Universalmonarchie  zur  Geltung  zu 
bringen,  musste  vor  Philipps  Verfolgungen 
nach  Anagni  fliehen;  f  H-  Okt.  1303.  Er 
kam  den  zerrütteten  päpstl.  Finanzen  durch 


Erfindung  des  Jubeljahrs  (s.  d.)  wirksam 
zu  Hülfe.  Vgl.  Drumarm,  ,Gesch.  B.  VIIL', 
1852,  2  Bde.  —  B.  IX.,  Buter  TomacelH,  geb. 
zu  Neapel,  wurde,  während  Klemens  VII. 
in  Avignon  residirte,  in  Rom  1389  Urbans  VI. 
Nachfolger,  machte  die  Annaten  (s.  d.)  1392 
zuerst  zu  einer  regelmässigen  Steuer,  trieb 
mit  geistL  Aemtern  und  Pfründen,  mit  Dis- 
pensationen und  Ablässen  argen  Wucher, 
verhalf  Ladislaus  von  Ungarn  zur  Krone 
von  Neapel,  befestigte  die  Engelsburg  und 
das  Kapitol,  wai'd  zweimal,  1391  und  1394, 
aus  Rom  vertrieben,  kehrte  zur  Feier  des 
Jubeljahres  1400  nur  gegen  das  Versprechen 
des  Gehorsams  gegen  einen  von  ihm  er- 
nannten Senat  nach  Rom  zurück  und  reg. 
seitdem  unumschränkt;  f  ^*  Okt.  1404. 

Bonifticiaspfeniiige  (  Bischof sp/ennige), 
Räderstelnchen,  Trochiten,  Entrositen,  die 
fossilen  wirbelartigen  Stielglieder  von  En- 
crinites  liliiformis ,  häufig  im  Muschelkalk. 

Bonlfftcinsstrasse  (Fretum  gallieum),  Meer- 
enge zwischen  Sardinien  und  Korsika;  daran 
auf  Korsika  die  befest.  Stadt  Bonifacio,  3453 
Ew.    Korall enflscherei. 

BonifaciiiSTereiii ,  Zweig  des  PluBverein% 
1849  auf 'einer  Versammlung  katholischer 
Geistlicher  yu  Begensbnrg  namentl.  auf  An- 
regung des  Grafen  Joseph  V.  Stolberg  ge- 
stiftet, bezweckt  Verbreitung  der  r6m.-kath. 
Kirche,  Gegner  des  Gustav -Adolf- Vereins. 

Bonln,  1)  Eduard  von  B.,  preuss.  General, 
geb.  3.  März  1793  zu  Stolpe  in  Hinterpom- 
mern, madite  den  Feldzug  von  1806  und 
Blüchers  Rückzus;  nach  Lübeck,  dann  den 
Freiheitskrieg  mit,  übernahm  im  Schleswig- 
holstein. Kriege  von  1848  das  Kommando  der 
preuss.  Linienbrigade,  ward  beim  Abschluas 
de«  Waffenstillstandes  von  Malmö  von  der 
deutschen  Centralgewalt  zum  Oberbefehls- 
haber der  Reichstruppen  in  Schleswig-Hol- 
stein, sowie  von  der  provisor.  Regierung 
der  Herzogthümer  zum  Kommandirenden 
ernannt,  organisirte  als  solcher  das  Schles- 
wig -  holsteln.  Heer,  befehligte  unter  dem 
Oberbefehl  des  preuss.  Generals  Prittwitz 
dasselbe  im  Feldzug  von  1849,  schlug  die 
Dänen  bei  Kolding,  ward  vor  Fridericia  ge- 
schlagen, legte  April  1850  sein  Kommando 
nieder.  Im  Frühjahre  1852  zum  Kriegs- 
minister ernannt,  ward  er,  als  mit  der  Politik 
Preussens  im  oriental.  Kriege  nicht  einver- 
standen, 1854  dieses  Postens  enthoben,  M&rs 
1856  Vicegouverneur  von  Mainz,  1858  beim 
Eintritt  der  Regentschaft  abermals  Kriegs- 
minister, 1859,  weil  er  die  Armeeorganisation 
in  der  vom  Prinz -Regenten  beschlossenen 
Weise  nicht  durchführen  wollte,  verabschie- 
det und  zum  kommandirenden  General  des 
8.  Armeecorps  in  Koblenz  ernannt;  f  18. 
März  1865.  —  2)  Friedr.  Karl  von  B,,  preuss. 
Staatsmann  ,  geb.  1798  in  der  Prov.  Pom- 
mern ,  ward  1845  Oberpräsident  der  Prov. 
Sachsen,  Sept.  1848  im  Ministerium  Pfbel 
Finanzminister,  nach  dessen  baldigem  Rück- 
tritt wiednr  Oberpräsident  von  Sachsen, 
1851  von  Posen,  in  demselben  Jahre,  als  der 
Wiederherstellung  der  aufgehobenen  Kreis- 
und  Provinzialstände  abgeneigt,  zur  Dispo- 
sition   gestellt,     unter    dem    Ministerium 


Bonington  —  Bonpland. 


317 


Schwerin  1859  restltalrt,  unter  dem  Ministe- 
rium Bismarck  zur  Zeit  des  polnischen  Auf- 
■tandes  wieder  entlassen,  im  Hause  der  Ab- 
geordneten eins  der  Haupter  der  Altlibe- 
ralen. —  3)  Adolf  von  B.,  preuss.  General,  geb. 
11.  Nov.  1803,  trat  1821  in  die  preuss.  Armee, 
ward  1851  Oberst,  1858  Generallieutenant, 
1864  General  der  Infanterie,  kommandirte 
1866  im  Krieg  gegen  Oesterrelch  das  1.  Ar- 
meeeorps,  focht  bei  Trautenau,  Königg^ätz 
und  Tobitscbau,  erstürmte  Ohlum,  1866—67 
Oberkommandant  im  Königreich  Sachsen, 
dann  Kommandant  des  Fel4jägeroorp8,  spä- 
ter Gouverneur  in  Berlin,  seit  Aug.  1870 
Generalgouvemeur  von  Lothringen. 

Bonington  (spr.  -ningt'n).  Rieh,  Purhes, 
engl.  Maler,  geb.  1801  zu  Arnold  bei  Not- 
tingham, bildete  sich  in  Paris,  war  1882—27 
in  Italien ;  f  1^28  in  London.  Treffl.  Aqua- 
rellen (Landschaffeen  und  Genrebilder). 

Bonlninmln  (BoninrSima ,  span.  ItiUa  del 
ArMObitbo),  Inselgruppe  im  stillen  Ocean, 
•Qdöstl.  von  Nipon ,  89  Inseln  (darunter  10 
grossere,  sehr  fruchtbare :  Peelsinsel,  Staple- 
ton,  Backland  etc.);  früher  von  den  Japa- 
nesen kolonisirt;  Jetzt  von  England  und 
Russland  beansprucht. 

Bonis  avlbas(lat.),  mit  guten  Vögeln,  d.i. 
unter  guter  Vorbedeutung. 

Bonis  eediren  (lat.),  sein  Vermögen  Gl&n« 
biRem  überlassen. 

Bonität  (lat.).  Gute,  Werth. 

BonitOy  8.  TkHnfi»ch. 

Bonittrang  (Iat.).Ab8oh&tzung des kultur- 
ffthigen  Bodens  in  Hinsicht  aufBrtragsfihhig- 
kelt  zum  Behufseiner  Einordnung  in  eine  ge- 
wisse BoMÜäteklasse,  findet  besonders  bei 
Separationen  und  Konsolidationen,  aber  auch 
bei  Veranlagung  der  Grundsteuern  Statt. 
Es  wird  dabei  die  Lage  des  Grundstückes, 
die  ehem.  Zusammensetzung  der  Ackerkrume, 
ihre  Dicke )  der  Untergrund,  die  Wasser- 
haltlgkelt  etc.,  sowie  der  5-  oder  lOJ&hrige 
Durchschnittsertrag  in  Betracht  gezogen. 

BonitB»  Sermcmn,  namhafter  Philolog  und 
Schulmann,  geb.  89.  Juli  1814  zu  Langen- 
salza, ward  1848  Prof.  zu  Stettin,  1849  als 
Prof.  an  die  Universität  Wien  berufen,  ver- 
fasste  mit  Exner  den  Organisationsentwurf 
für  die  österr.  GvmnasienS  begründete  1860 
die  ,Zeitschrift  für  östeir.  Gymnasialwesen', 
ward  1854  Mitglied  der  k.  Akademie,  1864 
des  Unterriobtsraths  das.,  kehrte  1865  nach 
Berlin  zurück.  Sehr.  Beiträge  zu  Erklä- 
rung des  Aristoteles,  Plato,  Tbucydides, 
Sophocies,  .Ueber  den  Ursprung  der  homer. 
Gedichte'  (8.  Aufl.  1864),  gab  die  ,Metaphy- 
•ioa'  des  Aristoteles  (1848-49, 8  Bde.)  heraus. 

Bonmot  (fk*.,  spr.  Bongnofa),  Witzwort. 

Bonn  5  Kreiset.  Im  preuss.  Regbz.  Köln, 
links  am  iRhein,  ehedem  Residenz  des  Kur- 
fürsten von  Köln,  23,801  Ew.;  Universität 
(1818  gegründet),  Münster  (1870  erbaut). 
Samml.  von  Alterthüm«rn;  Oberbergamt. 
Auf  dem  Münsterplatz  Beethovens  (s.  1845), 
auf  dem  »alten  Zoll'  Arndts  Statue  (s.  1865). 

Bonne^fr.),  franz.  Erzieherin  von  Kindern 
bis  etwa  zum  6.  Jahre;  s.  Gonvsmanie, 

Bonnet  (fr.,  spr.  -nä),  Erhöhung  derBrust- 
wehrkronezurDeckungg^enEufilirschflsse. 


Bonn^val  (spr.  Bonnwall),  daude  Ale- 
xandre, Graf  VOM,  auch  Achmed-Buc^  ge- 
nannt, Abenteurer,  geb.  14.  Juli  1675  zu 
Foussao  in  Limousin ,  focht  1701  unter  Oati- 
nat  in  Italien ,  später  in  den  Niederlanden, 
ward  wegen  Beleidigung  des  Kriegsministers 
Ohamillard  krlegsgerichtl.  zum  Tod  vemr- 
theilt,  floh,  trat  in  österr.  Dienste  und  zeioh- 
nete  sich,  zum  Generalmajor  befördert,  in 
den  Feldzügen  von  1710,  1711  und  1713  aus. 
Unter  Kaiser  Karl  VI.  Mitglied  des  Reiohs- 
hofraths,  nahm  er  als  Feldmarschalllleute- 
nant  an  Prinz  Eugens  Seite  an  der  Er- 
oberung von  Temesvar  und  an  der  Schlacht 
bei  Peteinvai-dein  (1716)  Theil,  ward  1783 
Generalfeldzeugmeister  in  den  Niederlanden, 
in  Folg^  eines  Zwistes  mit  dem  Gouverneur 
^Marquis  de  Pri6  auf  den  Spielberg  bei  Brunn 
in  Haffe  gebracht,  durch  den  Hofkriegsrath 
zum  Tod  verurtheilt,  aber  zu  einjähriger 
Haft  begnadigt.  17S0  in  Konstantinopel  zum 
Islam  übergetreten,  ward  er  vom  Sultan 
unter  dem  Namen  Achmed  zum  Pascha  von 
8  Rossschweifen  und  zum  General  der  Ar- 
tillerie,  später  zum  Statthalter  von  Ohios 
ernannt,  dann  in  Folge  von  Intriguen  in 
ein  Paschalik  am  schwarzen  Meer  verbannt; 
t  87.  M|rz  1747  in  Konstantinopel.  Die 
unter  seinem  Namen  erschienenen  ,M6- 
moires'  (1806,  8  Bde.)  sind  unäeht. 

BonnevlUe  (spr.  Bonnwill),  Städtchen  im 
franz.  Depart.  öbersavoyen,  an  der  Arve, 
8884  Ew.  Denksänle  des  Königs  Karl  Felix 
(95'  hoch).    Dabei  Ruine  Faucignv. 

BonnevlUe  (spr.  Bonnwill),  Meolcu  de, 
franz.  Pnblicist,  geb.  13.  März  1760  zu 
Evreux,  stiftete  während  der  Revolution  mit 
Abb6  Fauchet  den  .Oercle  sociale',  gab  den 
,Tribun  du  peuple'  und  das  Jonmal  ,La 
bonche  du  fer*  heraus;  f  ^*  ^o^*  ^^^> 
Uebersetzte  mit  Letoumeur  den  Shakespeare, 
sehr.  ,Histoire  de  PEurope  moderne*  (1789— 98, 
8  Bde.) ;  ,De  Tesprit  des  roliglons'  (1791)  n.  A. 

BoimlTard  (spr.  -wahr),  Fran»  von,  geb. 
1496,  seit  1513  Prior  von  St.- Victor  zu  Genf, 
vertheldigte  die  Freiheit  der  Stadt  gegen 
den  Herzog  von  Savoyen  und  den  Bischof 
daher  1530—86  Gefangener  in  den  unterird. 
Gefängidssen  von  Ohillon.  Gegenstand  von 
Byrons  ,The  prisoner  of  Ghillon*. 

Bonny«  östlichster  Mflndnng^arm  des  Niger; 
daran  die  Stadt  B.,  6000  Ew.,  Hauptmarkt 
für  Palmöl.  [von  Boulo^e. 

Bononlfty  lat.  Name  von  Bologna,   auch 

Bonorum  Mliio  (lat.),  Vermögensabtre- 
tung eines  Uebersohuldeten  an  die  Gläubiger« 

mnpliaid  (spr.  Bongplang),  Aimi,  franz. 
Naturforscher,  geb.  28.  Aug.  1773  in  La 
Rochelle,  bereiste  mit  A.  v.  Humboldt  Süd- 
amerika, Mexiko  und  Ouba,  wurde  1804 
Direktor  der  boten.  CHirten  zu  Malmalson 
und  ging  1816  als  Prof.  der  Naturgeschichte 
nach  Buenos-Ayres.  Am  oberen  Parana  mit 
Mat6pflanzungen  beschäftigt,  wurde  er  von 
dem  Diktator  Francia  1881  festgenommen  und 
durfte  Paraguay  erst  1831  wieder  verlassen. 
Lebte  dann  in  San  Borja  am  Uruguay,  seit 
1853  zu  Sta.  Anna  und  Oorrientes;  f  das. 
4.  Mai  1858.  Sehr.  .DescHption  des  plantM 
cult.  InNavarre  et  li  Malmalson*  (1813—17); 


818 


Bon  86X18  -^  Bor. 


yPlantes  ßquinoxiales  reoaelllles  enMexique* 
(1806—16,  2  Bde.):  «Monographie  des  He- 
lastomes'  (1809—16,  2  Bde.)* 

Bob  geiifl  (ü*.,  spr.  Bong  lang),  gesander 
Stensotaenverstand,  Mutterwitz. 

BOBitetten.JTaW  Fietor  von,  Schriftsteller, 
geb.  8.  Sept.  1745  zu  Bern,  seit  1775  Mitglied 
des  grossen  Raths,  später  Oberrichter  in 
Lugano,  Freund  der  Dichter  Matthlsson  und 
SaUs  und  des  Historikers  Joh.  ron  Müller; 
t  8.  Febr.  183S  zu  Genf.  Sehr«  «Ueber  Na- 
tionalbildnng'  (1802,  8  Bde.);  ,£tndes  de 
rhomme*  (1821,  2  Bde. ;  deutsch  von  O/rörer 
1828,  2  Bde.);  ,L*homine  du  Midi  et  du  Nord' 
(1824;  -deutsch  yon  Gleich  1825).  Seine 
,Briefe  an  Matthlsson*  gab  FiUtli  aS27), 
seine  .Briefe  an  «Friederike  Brun*  Matthi$$on 
(1829)  heraus.    Blogr.  von  MoreU  (1861). 

Bon  tOB  (fr.,  spr.  Bong  tong),  guter  Ton, 
feines  Benehmen. 

BonDm  et  aeqniiiii  0<^^)*  recht  und  billig. 

Bonytelno  (spr.  •witschlno),  Alestandro, 
gen.  Moretto,  ital.  Maler,  aiu  Brescia,  lebte 
um  1500  —  47.  Schüler  und  Nachahmer 
Tizians ;  seine  Werke  durch  acht  religiöses 
Gefühl  und  Kolorit  ausgezeichnet,     [mann. 

BouTlTMit  (fr.,  spr.  Bongn'v^iwang),  Lebe- 

Bonsen  (y.  Japan.  Buno),  die  Priester  des 
Fo  oder  Buddha  bei  den  Japanesen,  Chi- 
nesen und  andern  buddhist.  Völkern. 

Boom,  Marktü.  in  der  belg.  Prov.  Ant- 
werpen, an  der  Rüpel,  9850  Ew.  Schiflfahrt. 

Boon  Ujpas,  s.  v.  a.  Antiaris  tozicarla  (s.  d.). 

Boophane±r(sr5.,  Pflauzengattung  der  Ama- 
ryllideen.  B.  clliaris  fiarft.,  Brunsrlgia  eil. 
Ktr,,  Haemanthus  eil.  JL.n.  B.  tozicaria  Herb., 
Brunsyigia  tox.  Ker.,  Amaryllis  distlcha  X., 
beide  yom  Kap,  Zierpflanzen.  Zwiebelsaft 
der  letzteren  Pfeilgift  der  Buschmänner. 

Boot 9  kleines  Fahrzeug;  grössere  Fahr- 
zeuge haben  deren  mehrere  an  Bord ;  Schiffs- 
boot  (Barkasse)  und  Schaluppe. 

Bootei)  urspiüngl.  FhiUymSluM,  Sohn  der 
Ceres  und  des  Jasion,  Brfinder  des  mit  2 
Stieren  bespannten  Pflugs;  unter  die  Sterne 
y ersetzt.  Das  ^ernbild  B.,  am  nördl.  Him- 
mel, hat  1  Stern  1.  Gr.  (Arcturus)  mit 
4  Sternen  8.  Gr.  im  yerschobenen  Yiereck. 

Booth  (spr.  Buhth),  ■Tarne«,  Begründer  der 
flottbecker  Baumschule  bei  Hamburg,  sie- 
delte 1795  aus  Schottland  nach  Hamburg 
über.  Nach  seinem  Tode  setzte  sein  Sohn, 
John  B.,  geb.  19.  Noy.  1801,  das  Geschäft 
unter  der  Firma  ,James  B.  und  Söhne'  fort 
und  erweiterte  dasselbe  durch  Erbauung 
yon  Treib-  und  Glashausern;  f  ^^*  ^^P^ 
1847.  Das  Etablissement,  yon  seinen  Söh- 
nen Lorenu  und  John  B,  fortgeführt,  erstreckt 
sich  über  mehr  als  150  Morgen  Landes. 

Boothla  Felix  9  nördlichste  Halbinsel 
Amerikas,  durch  den  Boothia-IUhmu»  mit 
dem  Kentinent  yerbunden  und  durch  den 
Booihia-Oolf  (die  südl.  Fortsetzung  des 
Prince-Begent-Inlet)  von  der  Halbinsel  Mel- 
yille  geschieden. 

Bootsintnii.  auf  Schilfen  der  Seemann, 
welcher  die  Aufsicht  über  Anker,  Taue  und 
die  ganze.  Takelage  hat ;  auf  Kriegsschilfen 
im  Rang  zwischen  Offizieren  und  Unter- 
offizieren. Seine  Gtohülfen  ^oofuMUMMiiUMUen. 


Bopflngeiiy  Stadt  im  würtemb.  Jaxtkreis, 
1065  Ew.,  ehedem  Reichsstadt. 

BopPy  Frana,  ber.  Sprachforscher  und  Be- 
gcünder  der  yergleichenden  Sprachkunde, 
geb.  14.  Sept.  1791  zu  Mainz,  seit  1825  Prof. 
der  oriental.  Literatur  und  allgem.  Spraoh- 
kunde  zu  Berlin,  seit  1822  Mitglied  der 
Akad.  der  Wissensch.  das. ;  f  22.  Okt.  1867. 
Brach  dem  Studium  der  altind.  Sprache  durch 
Ausgaben  sanskrit.  Texte  und  Abfassung 
trefflicher  grammat.  Lehrbücher  in  Deutach- 
land die  Bahn;  sehr.  ,  Ausführlich  es  Lehr- 
gebäude der  8anskrit8pi*ache*  (1827);  ,Krit. 
Grammatik  der  Sanskritsprache*  (3.  Aufl. 
1861—63);  , Vergleichende  Grammatik  des 
Sanskrit,  Zend,  Armenischen,  Griechischen, 
Lateinischen,  Lithauischen,  Altslayischen, 
Gothischen  und  Deutschen'  (8.  Aufl.  1868  f., 
3  Bde.)  etc.  G«b  auch  Episoden  des  ind.  Epos 
,Mahabharata*  mit  Uebers.  u.Anmerk.  hernuB. 

Boppard)  Stadt  im  prenss.  R^bz.  Koblenz, 
Kr.  St.  Goor,  am  Rhein,  4615  Ew.  Unfern 
die  Kaltwasserheilanstalt  Marietiberg* 

Bor,  chemisch  einfacher  Körper,  tritt  wie 
Kohlenstoff  in  8  Modifikationen  auf,  yon 
denen  die  eine  dem  Diamanten  sehr  ähnlich 
ist  und  ihm  an  Häil»  wenigstens  gleich- 
kommt. Bortäure  (Sedatiysalz) ,  1  Aeq.  B. 
mit  3  Aeq.  Sauerstoff,  findet  sich  als  8a»so~ 
lin  in  mehreren  rulkan.  Gegenden,  bes. 
zwischen  Yolterra  und  Massa  maritima  in 
Toskana,  wo  borsäure-  und  ammonlakhal- 
tige  Wasserdämpfe  dem  Boden  entströmen 
(Soffioni),  durch  deren  Verdichtung  man  jähr- 
lich über  2  Mill.  Kilogr.  Borsäure  gewinnt; 
bildet  färb-  und  geruchlose  Krystalle  yon 
bitterlich  saurem  Geschmack,  löslich  in 
Wasser,  färbt  Lackmuspapier  weinroth, 
Ourcumapapier  braun,  die  Weingeistflamme 
grün,  yerflücbtigt  sich  mit  Wasser-  und 
Alkoholdämpfen,  ist  feuerbeständig,  gibt 
mit  Alkalien  in  Wasser  lösliche  Salze, 
dient  zur  Fabrikation  des  Borax,  zum  Gla- 
siren gewisser  Porzellanarten ,  als  Zusatz 
zur  Masse  einiger  Thonwaaren,  zum  Trän- 
ken der  Kerzendochte,  zum  Färben  des 
Geldes,  zur  Darstellung  yon  Flinlglas  und 
künstl.  Edelsteinen.  Zwei/aeJtborsaure*  Na- 
tron,  Borax,  findet  sich  in  Seen  yon  Tübet, 
China,  Persien,  Ceylon  und  Kalifornien, 
bei  Potosi  in  Boliyien ,  kam  zuerst  als 
Tinkai  aus  Tübet  in  den  Handel,  wird  jetzt 
aus  Borsäure  und  peruanischem  Boronatro- 
caicit  dargestellt;  schmeckt  und  reagirt 
alkalisch,  krystallisirt  mit  10  (prismatischer 
Borax)  u.  mitö  Aeq.  Wasser  (okta6drischer, 
Juwelierborax),  ist  löslich  in  Wasser,  bläht 
sich  beim  Erhitzen  zu  einer  schwaminigen 
Masse  auf  (calcinirter  B.)  und  schmilzt  an 
diesem  zu  einem  durchsiclitlgen Glase  (Borax- 
glas), welches  Metalloxyde  löst.  Dient  als 
Reagens,  zum  Lothen,  zur  Darstellung  yon 
Glas,  Strass,  Email,  Porzellanfarben,  Glasur, 
als  Flussmitte],  mit  Schellack  als  Firuiss,  mit 
Kasein  als  Klebmittel  (statt  Gummi  arabi- 
cum), als  Waschmittel  und  zu  kosmetischen 
Zwecken  etc.  Boracmrea  Zinkoxyd  und  JITan- 
ganoxydul  dienen  als  Sicca tiv,  horaaurt» 
Chromoxydhydrat  zur  Darstellung  des  Sma- 
ragdgrün, Vert-Guignet,  Pannetiers  Grün. 


Bora  —  Borgä. 


819 


Bora  (Bemns,  Bamas),  Terheerender 
Nordostwind  in  den  jnlischen  Alpen. 

Borty  Kcaharina  von,  Luthers  Gattin,  geb. 
29.  Jan.  1199  angebl.  2u  Loben  bei  Schwei- 
nitE  in  Sachsen,  Tochter  von  Hans  von 
Moigdsthal  anf  Deutschehbora  und  Annas, 
geb.  yon  Hngewitz  oder  Haugwitz,  ward 
Nonne  im  Oistercienserkloster  Nimptschen 
unweit  Grimma,  entwich  anter  Lutiiers  Yer- 
mittlnng  mit  8  andern  Nonnen,  ward  13. 
Juni  1^  Luthers  Gtattin,  hielt  sich  nach 
dessen  Tode  abwechselnd  in  Magdeburg, 
,  Braunsohweig  und  Wittenberg  auf;  f  ^^* 
Dec.  1552  ku  Torgau.  Ihr  Gedfichtnissstein 
mit  lebensgrosser  Abbildung  in  der  Pfarr- 
kirche zu  Torgau.  Biogr.  von  £ette  (1843). 
^Boraclty  borsaure  Bittererde,  Mineral  im 
Gyps  Ton  Lüneburg  und  Segeberg,  mit 
Ohlormagnesiumhydrat  yerunreinlgt  auch 
Ini  stassfarter  Salzlager. 

Bora  Dagliy  Gebirge,  s.  Ftndu». 

Borigo  L.  (Boretteh) ,  Pflanzengattung 
der  Boragineen.  B.  offioinalls  L.,  Gurken- 
Jtraut,  aus  Aleppo,  in  G&rten  und  yerwil- 
dert  Blätter  und  Blüthen  geben  trefflichen 
Salat;  früher  officinell;  salpeterhaltig. 

Borassus  lA,  Weinpalme,  Pflanzengattung 
der  Korypheen.  B.  flabelltformis  L»,  Fäeher- 
pdtme,  HJmjfrajNiImej  In  Asien  zwischen  lO.o 
und  30.0  n.  Br.  und  54.  —  140.o  ö.  L.,  liefert 
Zucker,  Palm  wein,  Qoa- Arrak,  genlessbare 
Früchte,  Nutzholz,  in  den  Blattern  Mate- 
rial zu  Matten,  Körben,  Hüten,  Papier, 
Hauptnahrungsmittel  für  7  Mill.  Menschen. 
Von  gleicher  Wichtigkeit  B.  Aethiopum 
ifart.  (Delebpalmer  im  Innern  Afrikas. 
Vgl.  Ferguson,  ,The  Palmyra  Palm*,  1850. 

Borax.  8.  Bor, 

Borbeky  Dorf  bei  Essen  an  der  Buhr, 
mit  Schloss,  gr.  Eisenhüttenwerk  (tägl.  50,000 
Pfd.),  22,082  Ew^  Steinkohlengruben. 

Borborygmns  Qpc,),  koUemdeß  Ger&usoh 
in  den  Därmen  von  angesammelten  Gasen. 

Borbye^  Dorf  in  Schleswig,  Eokemf5rde 
gegenüber,  mit  Seebad  (Marie' Luisenbad), 

Bordy  der  oberste  Band  des  Schiffsrumpfes, 
in  vielen  Ausdrücken  s.  v.  a.  Schiff,  z.  B.  an 
Bord  kommen.  BaeUbord,  linke,  Steuer', 
Starherd,  rechte  Seite  des  Schiffs. 

Borda»  Jean  Charles,  firanz'.  Ingenieur, 
Astronom  und  Geodät,  geb.  4.  Mai  1783  zu 
Dax ,  seit  1756  Mitglied  der  Akademie  der 
Wissenschaften ,  berichtigte  1771  auf  einer 
Reise  nach  Amerika  die  Längen  und  Breiten 
vieler  Küstenpunkle,  bereiste  1774  zu  dem- 
selben Zwecke  die  Küste  von  Westafiika, 
nahm  1789  Theil  an  der  Gradmessung  De- 
lambres  und  Mechains  und  an  der  Regu- 
lirang der  Masse  und  Gewichte,  bestimmte 
die  Länge  des  Sekundenpendels  durch  eine 
neue  Methode ;  Erfinder  der  nach  ihm  be- 
nannten Reflexions-  und  Bepetitionskreise ; 
t  als  Divisionschef  im  Marineministerium 
20.  Tebr.  1799.  Seine  ,Tables  trigonom6- 
triques  d^cimales'  wurden  von  Delambre 
vollendet  und  herausgeg.  (1801). 

Bordeaux  (spr.  -doh),  Hauptst.  des  fbanz. 
Depart.  Gironde,  vierte  Stadt  Frankreichs 
und  ber.  Seehandelsplatz,  an  der  Garonne 
(1700*  1.  Brücke  nach  La  Bastide),  194,241 


Ew.  Erzbischof.  Dom  (von  1096),  Place  des 
Qainconces,altrÖm.Gircas,  Akademie.  Glas-, 
Zucker-,  Branntwein-  u.  a.  Fabriken ;  2  Mes- 
sen,  Bank,  Münze  (Chiffre  K);  schöner  Ha- 
fen, sehr  bed.  Handel,  bes.  mit  Amerika; 
1000—1200  Seeschiffe.  Hauptausführ:  Wein 
(an  27  Mill.  Thlr.  Jährl.)  und  Branntwein 
(über  4Vs  Mill.  Tblr.) ;  Einfuhr  westind.  Ko- 
lonialwaaren.  Nahebei  grosses  Lager  von 
Muschelschalen  mit  Feuez^iteinwaffen  und 
Knochengeräthschaften,  von  dicker  Aschen- 
lage bedeckt  (1868  aul^efunden).  Zur  Römer- 
zeit BurdigoM  im  Lande  der  Bituriges,  spä- 
ter feste  Hauptstadt  der  Prov.  Aquitania  n, 
Sitz  einer  ber.  Hochschule;  im  Mititelalter 
die  glänzende  Hauptstadt  des  Herzogthums 
Guyenne.  Seit  Dec.  1870  Sitz  der  Regie- 
rungsdelegation (Gambetta,  Glais-Bizoin, 
Oremieux)  nnd  seit  15.  Febr.  1871  der  einbe- 
rufenen Constituante  zur  Verhandlung  über 
die  Friedensbedingungen  und  Bestimmung 
der  künftigen  Regierungsform  Frankreichs. 
"Di^  Landschaft  um  B.  heisst  Bordelais, 

Bordeauxweine^  Weine  des  Dep.  Gironde, 
durch  Geist,  Körper,  Gerbsäuregehalt  aus- 

gezeichnet:  Medoc  aus  dem  Bezirk  gl.  N., 
braves  südl.  von  Bordeaux,  Palus  von  den 
Ufern  der  Garonne  und  Dordogne,  Des 
Götes  an  den  Hügeln  der  Garonne  und 
Gironde,  De  terre  force,  D^entre  deux  mers, 
nordwestl.  von  Medoc  Die  feinsten  Laffitte, 
Latour,  Ohateaux-Morgeaux ,  Haut  Brion. 
Export  1,400,000  Hektolit. ,  iuläud.  Konsum 
400.000,  ebenso  viel  auf  Cognac  verarbeitet. 

Bordiglieray  Städtchen  in  der  ital.  Prov. 
Porto  Maurlzio  (Piemont),  auf  einem  Vor- 
gebirge am  Meer,  1504  Ew.;  dabei  ber. 
Hain  von  Palmen  (4000  Stämme). 

BordSe^  die  kleixiBte  der  grösseren  Faröer- 
inseln,  östl.  ron  Osteröe,  2  QM.  mit  358  Bw. 

Bordogni  (spr.  -doi\}i),  Marco,  ber.  G«- 
sanglehrer,  geb.  1789  bei  Borgamo,  seit 
1819  Prof.  am  Konservatorium  in  Paris; 
f  1856.    Sehr,  vortreffl.  Solfaggien. 

Bordone,  Paris,  ber.  venetian.  Maler,  geb. 
1500  zu  Treviso,  Schüler  Tizians  u.Giorgiones, 
ging  1538  nach  Paris,  später  nach  Augsburg; 
t  1570  zu  Veifbdig.    Grosse  Geschichtsbilder 

Bordonly  FauHina^  s.  Hasae,      [u.  Porträts. 

BoreaSy  Sohn  des  Asträns  und  der  Aurora, 
Bruder  des  Notus,  Zephyrus  und  Hesperus, 
wohnte,  von  des  athen. Königs  Erechtheus 
Tochter  seiner  Gemahlin  entführt ,  in  einer 
Höhle  des  thrac.  Hamas ;  Personifikation  des 
Nordostwindes.  [Krotoschin,  1968  Bw. 

Borek.  Stadt  Im  preuss.  Regbz.  Posen,  Kr. 

BorelUy  Giov,  Alfonso,  Astronom  n.  Stifter 
der  iatromathemat.  Schule,  geb.  28.  Jan. 
1608  zu  Oastelnuova  bei  Neapel ,  seit  1656 
Prof.  der  Mathematik  zu  Pisa;  f  ^l*  I>dc. 
1679  zu  Rom.  Sehr.  ,De  motu  animaliam* 
(herausgegeb.  von  Bemoulli  1710),  die  Grund- 
lage des  iatromathemat.  Systems,  welches 
die  Gesetze  der  Mechanik  auf  die  Muskel- 
beweg^ng  anzuwenden  suchte. 

Borensee^  See  im  schwed.  Län  Llnköping, 
IV«  Meli,  lang,  steht  mit  dem  Wettemsee  in 

Boretuhy  s.  Borago,  [Verbindung. 

Borga.  See-  und  Handelsstadt  in  Finnland, 
an  der  Mündung  des  Flusse»  B.,  8182  Ew. 


B20 


Borgentreich  —  Bomeo. 


Borfentreleli  9  Stadt  im  prenss.  Regbz. 
Minden»  Kr.  Warbarg,  1601  £w. 

Bo^erhont  (spr.  -haut),  Fabrikstadt  in 
der  belg.  Prov.  Antwerpen,  10,787  Ew. 

Borgnese«  ViUa,  ber.  Landhaus  in  Rom, 
im  17.  Jabrh.  von  Scip.  Oaffarelli  Borghese 
erbaut,  ebemals  mit  Kunstschätzen  (jetzt 
meist  in  Paris),  darunter  der  borghes,  Fechter, 
Statue  eines  sich  vertheidigenden  Kriegers 
(nicht  sterbenden  Fechters)  von  Agasias. 

Borgheie,  OamiUo  Füippo  Ludovico,  Fürst 
Ton  Sulmona  und  Bossano,  ital.  und  franz. 
Prinz,  geb.  19.  Juli  1775  zu  Rom,  vermählte 
eich  18ü3  mit  der  zweiten  Schwester  Napo- 
leons I.,  Panline  B.,  der  Wittwe  des  Geno- 
rals  Ledere,-  wurde  Divisionsgeneral  und, 
nachdem  seine  Gemahlin  das  Fürstenthum 
Guastalla  erhalten  hatte,  Herzog,  nach  dem 
Feldzug  von  1806  Generalgouvemeur  der 
Provinzen  Jenseits  der  Alpen.  Nach  Napo- 
leons Sturz  von  seiner  Gemahlin  getrennt, 
lebte  er  seit  1818  in  Florenz ;  f  d&s.  10.  April 
188S.  Ueber  seine  Gemahlin.  Marie  Riuline, 
8.  £<mcmarte  7). 

Borghesl,  £artclommeo,  Oraf,  ital.  Alter- 
thumsforscher ,  geb.  11.  Juli  1781  zu  Savig- 
nano,  f  10.  April  1860  zu  San  Marino;  ver- 
dient um  die  röm.  Epigraphik.  ,Nuovi  fram- 
menti  dei  fast!  oonsolari*  (1818— SO,  2  Bde.). 

Borgholm,  Hafenst.  auf  der  schwed.  Insel 
Oeland,  781  Ew.,  erst  1817  angelegt;  dabei 
Ruine  des  alten  SchioBee»  B. 

BorgholSy  Marktfl.  im  preuss.  Regbz. 
Minden,  Kr.  Warburg,  1120  Ew. 

BorgholElurasen,  Stadt  im  preuss.  Regbz. 
Minden.  Ki*.  Halle,  1169  Ew. 

Boi^a  (spr.  Bordscha),  1)  Ce$are,  berüch- 
tigter Meister  arglistiger  Staatsknnst,  Spröss- 
ling  eines  aus  Spanien  stammenden  Ädels- 
gfeschlechtes,  Sohn  Rodrigo  Lenzuoli  B.s, 
der  1492  unter  dem  Namen  Alexander  VL 
den  päpstl.  Stuhl  bestieg,  ward  1493  von 
Jenem  zum  Kardinal  erhoben ,  liess  seinen 
Bruder  Oiovanni  B.,  dem  der  Vater  das  Her- 
zogthum  Benevent  verliehen  hatte ,  1497  er- 
morden ,  legte  den  Purpur  ab ,  erhielt  von 
Ludwig  X^.  von  Frankreich  das  Herzogtfa. 
Valentinois  in  der  Dauphin6, »vermählte  sieb 
1499  mit  Charlotte  d 'Albret,  der  Tochter  des 
Königs  Johann  von  Navarra,  und  begleitete 
Ludwig  XIL  nach  Italien,  liess  sich  von 
seinem  Vater,  nach  meuchlerischer  Hinweg- 
räumung seiner  Gegner,  zum  König  der 
Romagna  ernennen,  ward  unter  Julius  II. 
verhaftet  und  auf  das  Schloss  Medina-del- 
Oampo  in  Spanien  gebracht,  entfloh  nach 
zweijähriger  Haft  zum  König  von  Navarra, 
ward  vor  dem  Schloss  von  Viana  durch  ein 
Wurfgeschoss  12.  März  1507  getödtet.  Eine 
Sehildemng  von  ihm  gab  Macchiavelll  in 
seinem  «Principe'.  —  2)  Lueregia,  Schwester 
des  Vor.,  ausgezeichnet  durch  Schönheit, 
berüchtigt  durch  ihre  Ausschweifangen  und 
Unthaten,  vermählt  erst  mit  Giovanni  Sforza, 
Herrn  von  Pesaro,  seit  1498  mit  dem  Herzog 
A]fonso  von  Biscaglia ,  einem  natürlichen 
Sohn  des  Königs  Alfons  II.  von  Neapel,  der 
ISOl  von  ihrem  Bruder  Cesare  B.  ermordet 
ward,  zum  dritten  Male  mit  Alfonso  v.  Este, 
nachmaligem  Herzog  von  Ferrara;  f  1&^< 


Als  Freundin  der  Wissenschaften  u.  Künste 
huldigten  ihr  Dichter,  wie  Ariost,  Bombo  a.A. 
Ihre  Ehrenrettung  versuchte  William  Roscoe. 
Vgl.  Gilbert,  ,L.  B.*  (deutsch  von  Steger  1869). 

Borgognone,  Maler,  s.  JFVxMno. 

BorgotSy  Schriftgattung,  s.  £o»rgeoi$. 

Borgoprund,  Marktfl.  in  Siebenbürgen, 
Land  der  Sachsen,  a^  derBistritz,  1700  Ew. 
Von  da  der  S650'  hohe  borgoer  Biss  (Fran- 
zensstrasse)  nach  der  Bukowina. 

Bo^  (Burgu,  JBarba),  Landsch.  in  Nlgri- 
tlen,  nördl.  vom  Reiche  Yoruba;  d«n  Fulbe 
V.  Gando  unterthan,  nur  der  westl.  Theil  frei. 

Borisrnw.  Stadt  im  westruss.  Gonv! 
Minsk,  an  der  Beresina,  5737  Ew.  Bei  dem 
Dorfe  ßtudienka  26.-28.  Nov.  1812  Uebergang 
der  franz.  Armee  über  den  Fluss. 

Borkeiiy  1)  Krelsst.  im  preuss.  Regbz. 
Münster,  8026  Ew.  —  2)  Stadt  im  preuss. 
Regbz.  Kassel,  Kr.  Homburg,  1323  Ew. 

BorkenkSfer,  s.  EoUsfre$$er. 

Borkenthier    (Rytina    HL),    Säugethler- 

Gattung  der  Oetaceen;  einzige  Art:  Steuern 
eekuh  (Rytina  Stellerl  Ouv.,  Manatus  b6- 
realis  BxU*),  24'  lang,  80  Otr.  schwer,  im 
nördl.  Eismeer;  Fleisch  und  Fett  geniess- 
bar,  seit  1768  ausgestorben. 

Borkmiiiy  Insel  vor  der  Mündung  der  Ems, 
8  St.  1.,  394  Ew.,  Leuchtthurm  (195').  Seebad. 
Vgl.  £erehberg,  ,Die  Nordseeinsel  B.',  1866. 

Bomilday  Fluss  in  Plemont,  entspr.  auf 
den  Seealpen,  mündet  in  den  Tanara  bei 
Alessandria. 

Bovmto  (deutsch  Womu),  Städtehen  im 
Veltlin  in  Oberitalien  (Prov.  Sondrlo),  an 
der  Ad  da  und  an  der  Strasse  über  das 
stilfter  Joch,  1600  Ew.  Dabei  die  ber. 
Schwefelbäder  von  San  Martine  (380).  Vgl. 
,B.    Seine  Bäder  und  Umgebungen',  1865. 

Born 9  £ertrand  de,  Held  und  ber.  Trou- 
badour, geb.  auf  Schloss  Hauteford  in  P6ri- 
gord,  blühte  um  1180—95,  spielte  in  den 
Kämpfen  der  damaligen  Zeit  eine  hervor- 
ragende Rolle;  hinter] iess  ebenso  feurige 
Minnelieder  wie  kräftige  Straf-  und  Rüge- 

fedichte.  Vgl.  Zjauretu,  ,Le  Tyrtöe  du  moyen 
ge  ou  Tbist.  de  Bertrand  de  B.',  1863. 

Borna.  Stadt  im  sächs.  Regbz.  Leipzig, 
an  der  Wyhra,  5544  Ew. 

Boraeil  (spr.  -nelj) ,  Oiraut  von ,  Trouba- 
dour, gebürng  aus  Essldueil,  niedem  Stan- 
des, blühte  um  1190.  Seine  GMichte  (etwa 
90  übrig)  haben  fast  alle  erotischen.. Inhalt. 

Bomemtmi,  1)  Joh.  Wilh,  Jak,,  geb.  2.  Febr. 
1767  zu  Gardelegen,  f  23.  Mai  1851  als  Ge- 
nerallotteriedirektor zu  Berlin;  bekannt  bes. 
durch  seine  ,P]attdeutschen  Gedichte'  (1811, 
6.  Aufl.  1854;.  —  2)  Friedr,  WUhelm  Ferd,, 
Rechtsgelehrter,  Sohn  des  Vor.,  geb.  28.  Man 
1798  zu  Berlin,  ward  1844  unter  Uhden  Direk- 
tor im  Justizministerium,  20.  März  1848 
Justizminister,  5.  Juli  1848  zweiter  Präsident 
des  Obertribunals,  1849  Milglled  der  ersten 
Kammer;  f  28.  Jan.  1864  zu  Berlin.  Autori- 
tät im  Gebiet  des  preuss.  Oivilrechts.  Haupt- 
werk: ,Systemat.  Darstellung  des  prensi. 
Oivilrechts*  (2.  Aufl.  1837-45,  6  Bde.). 

BomSo«  grösste  Insel  Asiens,  zu  den 
grossen  Sundainseln  gehörig,  12,700  QM. 
mit  etwa  8  MUl.  Ew.,  1528  von  PorttijBlesen 


Bomheim  —  Borsdorfer. 


821 


««ntdeolct;  ein  aatgedehntes ,  mehrfitch  ver- 
sweigtesBerglaud,  ohne  (bekannte)  Vulkane; 
nochWenig  erforscht.  Produkte  bes.  Gold, 
Diamanten,  Perlen,  Pfeffer,  Kohlen,  Kam- 
pher, Antimon  etc.  Bevölkerung:  Malayen 
<mit  zahlreichen  Fürstenthümern ,  deren 
^rösstes  Bruni  oder  Bomeo),  Dajaks  (Negrito- 
«tamm  im  S.  und  N.),  eingewanderte  Chi- 
nesen etc.  —  Die  Ost-,  West-  und  Südküste 
ist  im  Besitz  der  Ifiederländer ,  welche  die 
Binnenland.  Fürsten  in  Abhängigkeit  erbal- 
ten. Niederland.  Gesammtgebiet  9374  QM. 
mit  1,164,660  Ew.  und  den  Hauptorten  Pon- 
Üanak  auf  der  West-  n.  Bandscher-Massing 
auf  der  Südküste.  1845  hat  sich  ein  Engl., 
James  Brooke,  das  Gebiet  Baraioak  (65  QM.) 
jnit  der  gleichnam.  Hauptst.  im  NW.  der 
Insel  von  den  Eingebomen  abtreten  lassen 
(,Rad8cha  von  Sarawak*);  auch  die  Insel 
Zabuan  (1  QM.),  an  derNWküste,  ist  seit  1846 
ez^l. ;  beide  Kolonien  über  13,500  engl.  Ew. 

Bomheim^  Dorf  bei  Frankfurt  a/M.,  5225 
liW.,  Vergnugungsort  der  Frankfurter.  Auf 
der  bornheimBr  Meide  18.  Sept.  1848  Ermor- 
dung der  Parlamentsmitglieder  Fürst  Lych- 
nowski  und  v.  Auerswald. 

BonihOTede,  Dorf  in  Holstein,  nordl.  von 
Segeberg;  alter  Versammlungsort  der  hol- 
stein.  Stände;  hier  22.  Juli  1227  Bieg  der 
Holsteiner  über  die  Dänen  (Waldemar  IT.) 
und  6.  Dec.  1813  Sieg  der  Schweden  über 
die  Dänen. 

Bomholm.  dän.  Insel  in  der  Ostsee, 
lOVa  QM.  mit  29,300  Ew.    Hauptst.  Rönne. 

Bornlrt  (flr.),  begrenzt;  beschränkten 
Geistes,  albern. 

Boiniij  Negerreich  in  Sudan,  Im  W.  des 
Tschadsees,  2400  QM.  mit  2Mill.Ew.  (theils 
ackerbautreibende  Eingebome  oder  Kanori, 
theils  Schua,  d.  i.  Eingewanderte,  und  meist 
nomadislrbnde  Araber).  Jetzige  Residenz 
^es  Sultans  Knka;  die  alte  Hauptst.  Bimi 
ist  seit  einem  Ueberfall  der  Fellatah  auf- 
gegeben. Die  Geschichte  B.s  lässt  sich  bis 
ins  11.  Jahrh.  zurück  verfolgen.  Neu  ge- 
gründet wurde  das  Reich  1472  durch  Ali- 
Dunamami  und  erreichte  dann  unter  Edriss 
^  Alamoa  (1571—1603)  seine  grosste  Macht. 
Gegenwärtiger  Sultan:  Omar  (seit  1835), 
"bes.  durch  Helnr.  Barth  bekannt  geworden. 

Boro  -  Badhnr.  merkwürdiger  buddhist 
TTempelbau  auf  Java,  in  Fels  gehauen. 

BorodinOy  Dorf  im  russ.  Gouv.  Moskau, 
westl.  von  der  Stadt  Mosaisk;  7.  Sept.  1812 
Sieg  Napoleons  über  Kutusow. 

BorOQgh  (engl.,  spr.  Börro),  Burg,  ge- 
schützter Ort;  dann  bes.  Name  bedeuten- 
derer Orte  mit  städtischen  Gerechtsamen. 
Man  unterscheidet  munidpale  u.  Parlamentäre 
3.8;  diese  wählen  Abgeordnete  zum  Parla- 

Borr^y  8.  Lauch.  [ment,  jene  idcht. 

BorriM,  Priedr.  Wilh.  Otto,  Graf  von, 
hannöv.  Staatsmann,  geb.  1802  zu  Borum 
im  Lande  Wursten,  ward  Regierungsrath 
bei  der  Landdrostei  Stade,  Nov.  1851  als 
eifriges  Mitglied  der  Adelspartei  Minister 
des  Innern  und  Mitglied  der  ersten  Kammer, 
musste  10.  April  1852  zurücktreten,  erhielt 
Juli  1855  abermals  das  Portefeuille  des  In- 
jiem'und  war  die  Seele  der  Reaktion  gegen 

Ifeyert  Hand- Lexikon. 


die  Verfassung  vom  5.  Sept.  1848.  Seine 
Aeusserung  in  der  Kammer  1860,  dass  man 
zur  Rettung  der  hannöv.  Souveränetät  im 
NothüEtlle  selbst  die  Hülfe  des  Auslandes 
nicht  verschmähen  würde,  erregte  in  ganz 
Deutschland  einen  Sturm  des  Unwillens, 
ward  aber  vom  König  mit  der  Erhebung  in 
den  Grafenstand  belohnt.  22.  Aug.  1860 
entlassen,  ward  er  1863  wieder  in  die  erste 
Kammer  gewählt. 

Borrometsehe  Inseln,  mehrere  Inselchen 
im  Lago  Magglore,  Pallanza  gegenüber^ 
darunter  Isola  BeUa  und  laola  Madre,  mit 
Palästen  und  prachtvollen  Anlagen.  Seit 
13.  Jahrh.  Besitzthum  der  Familie  Burromeo. 

BorromeOy  Oarlo,  Graf,  der  Heilige,  geb. 
2.  Okt.  1538  zu  Arona  am  Lago  Maggiore, 
seit  1560  Kardinal  und  Erzbischof  von  Mai-, 
land,  bewirkte  durch  seinen  Einfluss  den 
für  den  päpstl.  Stuhl  so  glücklichen  Aus- 
gang des  Koncils  von  Trient,  dessen  Be- 
schlüsse er  in  dem  ,Gatechismus  Bomanus' 
ZHsammenfasste,  reformirte  den  mailändep 
Klerus,  verschönerte  den  Dom,  stiftete  za 
Bildung  tüchtiger  Priester  1570  zu  Mailand 
das  helvetische  Kollegium  und  brachte  unter 
dem  Namen  des  goldnen  borromeiaehen  Bun- 
des  die  Verbindung  der  sieben  kathol.  Kan- 
tone zu  gemeinschaftlicher  Vertheidigung 
ihres  Glaubens  zu  Stande.  Während  der 
Hungersnoth  1570  und  Pest  in  Mailand  sehr 
verdient;  f  8.  Nov.  1584,  1616  heilig  ge- 
sprochen. Seine  theolog.  Sehr,  am  besten 
herausg.  von  Sax  (1747,  5  Bde.).  Vgl.  Sala» 
,Documentl  circa  la  vita  e  la  gesta  di  B.S 
1857—59, 4  Bde.  —  Sein  Neffe,  Graf  Federigo 
£.,  geb.  1564,  Kardinal  und  Erzbischof  von 
Blailand  1595—1601,  ist  der  Begründer  der 
ambrosian.  Bibliothek  das. 

BorromensTereine  (Barmherzige  Schwestern 
des  heil,  Borrometu),  Zweig  der  barmherzigen 
Schwestern  des  Vincentius  de  Paula,  ge- 
gründet 1652  in  Lothringen  von  Epiphan 
Lonys,  Abt  vonEstival,  verbreitete  sich  voiy 
Mutterhause  zu  Nancy  bald  über  Lothringen 
und  die  angrenzenden  Lande  u.  besitzt  nocli 
Jetzt  zahlreiche  blühende  Häuser,  widmet 
sich  vornehm],  der  Krankenpflege.  Borro- 
m^ueverein  heisst  auch  ein  1844  vom  Frel- 
herm  v.  Lo8,  Prof.  Walter  u.  A.  in  Koblenz 
zu  Verbreitung  kathol.  Schriften  gegrün- 
deter Verein. 

Borrominij  Francesco,  ital.  Architekt  und 
Bildhauer,  geb.  1599  zu  Bissano,  f  1667  durch 
Selbstmord.  Nebenbuhler  Berninls,  den  er 
durch  gewaltsame  Verachnörkelung  vtaä. 
launenhafte  Kombinationen  zu  fiberbieten 
suchte.    Zahlr.  Werke  von  ihm  in  Rom. 

Borrowflale  (spr.  -rodehl),  wildes  Thal 
bei  Keswick  in  der  engl.  Grafsch.  Cumber- 
land,  mit  Graphitgruben  (Ausbeute  genug). ' 

BorsSy  Dorf  im  ungar.  Komitat  Msürmaros, 
4409  Ew.;  Blei-,  Silber-  und  Kupferwerke, 
ber.  Mineralquellen;  1217  iVücdeWage  der  Tata- 
ren ;  Pass  nach  der  Bukowina  (Tatarenthal). 

Borsäure,  s.  Bor,     [1106' ;  herrl.  Aussicht. 

Borsberg,  Berg  bei  Pillnltz  in  Sachsen, 

Borsdorfer  (österr.  MartcMantker ,  fr. 
Reinette  de  Mxsnie) ,  Aepfölfamilie  aus  dem 
Dorfe  Borsdorf  bei  Meissen  stammend,  sehr 

21 


322 


Borsig  —  Bosnien. 


haltbar,  wichtiger   Handelsartikel.    Beste 
Sorte:    Edler  oder  Winter -B.,  Rnbinapfel. 

Bonigy  Joh,  KArl  Friedr.  August,  nam- 
hafter Industrieller,  geb.  2S.  Juni  1804  zu 
Breslau,  eröffnete  1837  eine  Maschinenbau- 
anstalt vor  dem  Oranienburger  Thore  zu 
Berlin,  die  besondei*8  Lokomotiven  liefert, 
legte  1847  zu  Moabit  bei  Berlin  ein  grosses 
Eisen-  und  Gussstablwerk  an,  kaufte  1850 
die  der  Seehandlung  gehörige  Mascbinonbau- 
anstalt  und  Eisengtesserei  zu  Moabit;  f  6. 
Juli  1854 ,  worauf  die  sämmtlichen  Etablisse- 
ments auf  seinen  Sohn  Aug.  Jvl.  Albert  B., 
geb.  7.  März  1829  zn  Berlin,  übergingen. 
Die  B.sche  Lokomotivenbauanstalt  ist  die 
grösste  auf  dem  Kontinent,     [gow,  7231  Ew. 

Borsiia,  Kreisst.  im  russ.  Qouv.  Tschemi- 

Borsod,  Ungar. Komitat,  Kr.  diesseits  der 
Theiss,  64  QM.  und  174,430  Ew.,  nmfasst 
das  wald-  und  weinreiche  Bükkgebii-ge ; 
Steinkohlen,  Eisen.    Hauptst.  Miskolcz. 

Bonöva,  Nebenfluss  der  Tlieiss  in  Ungarn, 
mündet  bei  Vari  (Kom.  Beregh),  13  M. 

Borste  (seta),  in  der  Zoologie  und  Botanik 
Haare  von  grosser  Stärke  und  Härte ,  bei 
den  Moosen  der  Stiel  der  Kapsel.  B.n  der 
Schweine,  bes.  die  Rückenkammborsten  die- 
nen zur  Bürsten-  und  PInselfabi*lkation, 
gekrempelt  u.  gesponnen  als  Polstermaterial. 

BOTStel,  Karl  Htinr.  Ludw.  von,  preuss. 
Creneral,  geb.  30.  Dec.  1773  zu  Tangermünde, 
trat  1788  in  die  preuss.  Armee,  focht  1806 
als  Major  bei  Auerstädt,  nahm  dann  an  der 
neuen  Organisation  des  Heeres  Theil,  be- 
fehligte 1813  erst  unter  York,  dann  unter 
BtUow,  trug  zum  Sieg  von  Grossbeeren  viel 
bei  und  entschied  bei  Dennewitz  dui-ch 
rechtzeitiges  Eingreifen  den  Sieg,  leitete 
bei  Leipzig  deu  Sturm  auf  die  grimmasche 
Vorstadt,  b^okirte,  zum  Generallieutenant 
befördert,  Wesel,  kämpfte  bei  Gourtray  mit. 
1815  mit  dem  Oberbefehl  über  das  zweite 
preuss.  Armeecorps  betraut,  erhielt  er  von 
Blücher  den  Befehl,  an  meuterischen  sächs. 
Bataillonen  zu  Namur  die  Exekution  zu  voll- 
ziehen, und  ward,  als  er  den  Befehl  nicht 
vollzog,  zu  4jähr.  Festungsstrafe  vemrtheilt, 
Ende  1815  begnadigt,  erhielt  1816  das 
Generalkommando  in  Preussen,  1825,  zum 
General  der  Kavallerie  ernannt,  das  des 
8.  Armeecorps   zu  Koblenz ;   f  9.  Mai  1844. 

Borszek  und  DItro,  2  Dörfer  in  Sieben- 
bürgen, Land  der  Szekler,  mit  ber.  Sauer- 
brunnen (weit  verschickt). 

Borten 9  bandartige  Gewebe.  Gold-  und 
Silberborten  aus  Gespinnst,  welches  mit  ge- 
glättetem Gold-  und  Silberdraht  umwunden 
ist.  Bei  Atlasborten  besteht  Kette  und 
SchuBS  aus  solchem  Gespinnst,  bei  andern 
B.  ifur  die  Kette  (Tressen,  Stickertressen, 
Band-,  Lahnborten).  Stickertressen  enthal- 
ten auch  im  Einschuss  Seide,  Wagen-,  Livree-, 
Noppenborten  sind  ungeschnittener  Sammet. 

Bortnianskj)  Dimitrp,  russ.  Komponist, 
geb.  1751  in  der  Ukraine,  f  28.  Okt.  1828 
als  kaiserl.  Kapellmeister  in  Petersburg. 
Bes.  treffl.  Kirchensachen,  auch  Opern. 

Borf  de  Ssint-Tlneeiit  (spr.  Bori  de  Säng- 
V&ngsang),  Jean  BaptUte  •Marcellin,  Baron, 
franz.  lYaturforscher,    geb.  1780  zn  Agen, 


machte  als  Offizier  die  Feldzüge  von  18(& 
bis  1808  mit,  focht  bei  Waterloo  als  Ojserst, 
leitete  1829  eine  Wissenschaft!.  Expedition 
nach  Morea  nnd  den  Gykiaden  und  1839  die 
nach  Algier  gesandte  wissenschaftl.  Kom- 
mission; t  ^'  ^6c.  1846  als  Oberst  des 
Generalstabs  zu  Paris*.  Gab  ausser  Reise- 
werken mit  Chauhard  die  .Nouvelle  flore  de 
P61oponndse  et  desCyclades*  (1838)  heraus; 
sehr.  jL'homme ,  essai  zoologique  snr  le 
genre  humain'  (2.  Aufl.  1827,  2  Bde.). 

BorystheneRy  alter  Name  des  Dnjepr. 

Bosa  (lat.  Temtu),  Fluss  auf  der  Westseite 
der  Insel  Sardinien;  an  der  Mündung  die 
Stadt  B.,  6403  Ew. 

BoBta  {Bosaovo),  Gemeinde  im  oldenbuig. 
Fürstenthum  Lübeck,  am  plöner  See ;  uralte 
merkwürd.  Kirche. 

Boscan  Almogaver,  Juan,  span.  Dichter, 
geb.  um  1490  zu  Bai*celona;  sehr.  ,Hero 
und  Leander*  nach  Musäus,  führte  das  So- 
nett und  die  Kanzone  (nach  petrarkischem 
Muster),  wie  auch  (durch  sein  Gedicht  ,Reich 
der  Liebe*)  die  Ottave  idme  ih  Spanien  ein ; 
t  1542.    ,Obras*  (1543  u.  öfter). 

Bosch)  s.  Herzogenbusch. 

Bosch  (Bos),  1)  Hieronymu»,  holländ.  Bfa- 
ler,  geb.  1470  in  Hei'zogeubusch,  lebte  -meist 
in  Spauieu,  f  1530.  Abenteuerlich-phantast. 
Bilder,  Teufelsgeschichten  (z.  B.  die  Hölle, 
im  berliner  Museum).  —  2)  Hierongrmu  deB., 
holländ.  Philolog,  geb.  23.  März  1740  zu 
Amsterdam,  t  1*  J^ni  1811  als  Kurator  der 
Universität  Leyden.  Der  ausgezeichnetste 
lat.  Dichter  der  neuem  Zeit.  Sehr.  ,Poe- 
mata*  (9.  Aufl.  1808);  ,AnthoIogia  graeca* 
(1795-1810,  6.  Bd.  von  Lennep  1822). 

Bosch  van  Haag,  s.  Haag. 

Bosco  (Gurin),  Dorf  im  Kanton  Tessin, 
im  Rovanathal,  390  (deutsch  redende)  Ew. 
Holzschnitzerei.  Pass  (J^rca  di  B.)  nach 
dem  Formazzathal  in  Piemont. 

Bosco  tre  case.  Stadt  bei  Neapel,  am 
Vesuv,  9163  Ew.    Waffeufabiik. 

Bosio,  Franf.  Jos.,  Baron,  franz.  Bild- 
hauer, geb.  19.  März  1769  zn  Monaco,  f*  29. 
Juli  1845  als  Direktor  der  Akademie  der 
schönen  Künste  zu  Paris.  Werke:  die  Haupt- 
reliefs an  der  Vendömesäule ,  anmuthige 
myth.  Darstellungen,  Porträtfiguren,  treffl. 
Büsten  fHeinrich  IV.,  Napoleon  I.)  u.  a. 

Boskev  (Boequet,  fr.),  Lustwäldchen,  klei  • 
nes  Gehölz  in  engl.  Gartenanlagen. 

Boskowitz,  gewerbsame  Stadt  im  mähr. 
Kom.  Brunn,   3907  Ew.  (zur  Hälfte  Juden). 

Bosna,  rechter  Nebenfluss  der  Save,  eut* 
springt  am  Smodlin  in  Bosnien,  nimmt  die 
Kriwaja,  Jalla  etc.  auf,  mündet  bei  Lukatsch; 

BosBa-SeraJ,  Stadt,  s.  Serajetoo.       [SOM. 

Bosniaken,  die  Einwohner  Bosnieus;  un- 
ter Friedrich  H.  leichte  Reiterei  in  Preussen. 

Bosnien  CJ^osna^,  nordwestlichste  Prov.  der 
enrop.  Türkei,  das  eigentl.  B.,  Türk.-Kroatien 
und  die  Herzegowina  umfassend,  1060  QM. 
mit  1,100,126  Ew.  Der  südl.  Theil  ungeheures 
Hochplateau  mit  6—7000'  h.  Gebirgen,  der 
N.  (mit  den  Flüssen  Bosna  und  Verbas)  all- 
mählig  zur  Ebene  der  Save  und  Unna  ab- 
fallend. Viehzucht;  Wald,  Obst  und  Wein. 
Die   metall.   Schätze  an  Gold,   Silber  etc. 


Bosporus  —  Botanik. 


323 


Hegen  unbenutzt;  nur  auf  Eisen  wird  gebaut. 
Von  der  Bevöikerang  sind  etwa  51o/o  Grie- 
chen, 32<Vo  Türken,  150/o  Kathol.,  11%  Zi- 
geuner; die  Hauptmasse  reine  £omiaken  (zum 
serb.  Volksstamm  gehörend) ;  ihre  Sprache 
rein  und  schön  erhalten.  Fertigung  von 
Waffen ,  Lederwaaren ,  Wollzeugen.  Haupt- 
stadt Sarajewo.  —  B.  gehörte  im  12.  und 
18.  Jahrti.  zu  Ungarn,  kam  1339  an  den 
serb.  König  Stephau,  war  nach  dessen  Tode 
kurze  Zeit  selbständig  unter  dem  Bau  Twart- 
ko.  der  1370  den  Königstitel  annahm,  ward 
1401  den  Türken  zinsbar,  1528  türk.  Provinz. 

Bosporus  (Tkradscher  £. ,  a.  G.)»  di® 
Heerenge  von  Konstantinopel.  (Hmmeriseher 
£.,  die  Strasse  von  Feodosia.  Zu  beiden 
Seiten  des  letztern  erstreckte  sich  das 
ho^oranUche  Reich,  500  v.  Chr.  gegründet, 
später  deuScythen,  nach  diesen  Mithridates 
zinsbar,  dann  Theil  des  oström.  Reichs, 
Bckllessllch  von  den  Tataren  erobert. 

Bosqoet  (spr.  Boskeh),  Pierre  Franeoit 
Jo9.,  franz.  Marschall,  geb.  8.  Nov.  1810  zu 
Hont-de-Marsan  Im  Depart.  Landes,  trat 
1834  in  die  algiersche  Armee,  ward  Aug. 
1848  Brigadegeneral  und  Kommandant  zu 
Mostaganem,  focht  1851  mit  Auszeichnung 
gegen  die  Kabylen ,  kehrte  Ende  1853  als 
Divisionsgeneral  nach  Frankreich  zurück. 
Beim  Ausbruch  des  oriental.  Kriegs  mit 
dem  Oberbefehl  über  die  zweite  Infanterie- 
division betraut,  half  er  wesentlich  zum 
Sieg  an  der  Alma  und  bei  Inkerman, 
sowie  an  der  Erstürmung  des  Malakow  mit, 
9.  Febr.  1856  zum  Senator,  18.  März  zum 
Harschall  und  1858  zum  Kommandanten  des 
Südwestens  ernannt;  f  5.  Febr.  1861. 

Bossage  (fr.,  spr.  Bossahsch),  Mauer  mit 
rauh  hervorragenden  Steinen. 

Bosse  (Jiondebosse ,  Bildh.),  freistehende 
runde  Figur,  im  Gegensatz  zu  den  Belief- 
figuren.  £o»siren,  einen  Gegenstand  in  Thon, 
Wachs  etc.  mittelst  kleiner  Stäbchen  von 
Holz  oder  Bein   (£o»sir griffet)  nachbilden. 

Boss!)  1)  Qiuteppe  Carlo  Aurelio,  Baron  de 
B.»  ital.  Dichter,  geb.  15.  Nov.  1758  zu  Turin, 
unter  Napoleon  Verwalter  von  Flemont, 
später  Fräfekt  im  Depart.  La  Manche; 
seit  1815  Im  Ruhestand ;  t  ^*  J^i^*  ^^^^  bu 
Paris.  Sehr.  Dramen  und  lyr.  Gedichte 
(bes.  Oden).  Auswahl  8.  Aufl.  1816,  3  Bde. 
—  2)  Giuseppe,  ital.  Maler,  geb.  11.  Aug. 
1777  zu  Busto-Arsizio  (Mailand);  t  1816. 
Trefft.  Kopie  von  Leonardos  Abendmahl. 

Bossiren,  s.  Bosse. 

Bossnet  (spr.  -süä),  Jacques  B^igne,  franz. 
Kanzelredner,  geb.  27.  Sept.  1627  zu  Dijon, 
ward  1670  Erzieher  des  Dauphin,  1681 
Bischof  von  Moaux,  verfasste  die  vier  Ar*- 
tikel  betreffend  die  Freiheiten  der  gallikan. 
Kirche ,  ward  1697  Staatsrath ;  f  12.  April 
1704  zu  Meaux.  Verf.  vieler  Streitschriften 
gegen  die  Protestanten,  auch  Gegner  F6n6- 
lons.  Sehr.  ,Histoire  des  variations  des 
Elises  protestantes'  (1688,  2  Bde.);  ,Discour8 
sur  rhist.  universelle,  jusqu'  k  Tempire  de 
Oharlemagne*  (1681 ;  deutsch  von  Gramer  mit 
Fortsetzung  1757-86, 7  Bde.) ;  Werke  (1815  bis 
1819, 46  Bde.).  Biogr.  von  Bausset,  übers,  von 
Feder  (1820  f.,  4  Bde.);  B^aume  (1869-70). 


Bostandsehi  (türk.,  d.  1.  Gartenwache),  die 
militär.  organisirte  Serailwache  des  Sultans. 
Bostandachibasehi ,  der  Kommandant  ders. 

BostOB  (spr.  BasVn),  1)  Hufenstadt  in  der 
engl.  Graffich.  Lincoln,  unweit  der  White- 
mündung,  14,712  Ew.  —  2)  Hauptstadt  voa 
Massachusetts  (Nordamerika),  an  der  Botton» 
bai,  (1866)  192,S24£w.  (etwa 30,000 Deutsche); 
grosser,  stark  befest.  Hafen,  Werfte,  sehr 
beträchtl.  Handel,  bes.  nach  Ostindien  (n.  A. 
mit  Eis,  Jährl.  4  Mill.  Gtr.  Ausfuhr),  treff- 
liche und  zahlreiche  wissenschaftl.  An- 
stalten, bedeutende  Presse  (die  älteste  Nord- 
amerikas). Franklins  Geburtsort.  Gegr. 
1630.    Erster  Ausbruch  der  Revolution  1773. 

—  8)  Stadt  in  der  Republik  Liberia  (Ober- 
guinea);  Kolleg,  Bibliothek  etc. 

Bostra  (a.  G.) ,  Stadt  im  peträischen 
Arabien,  von  Alexander  d.  Gr.  wie  von 
Jud.  Makkabäus  (150  v.  Chr.)  erobert,  später 
Hauptst.  der  röm.  Prov.  Arabien,  auch 
Bischofssitz  (244  das  bo»traniache  Koticü  geg. 
die  Beryl Hauer);  jetzt  Bo$ra  in  Hauran. 

Boswell  (spr.  Bossuel),  1)  James,  engl. 
Schriftsteller ,  ^eb.  29.  Okt.  1740  zu  Edin- 
burgh, lebte  später  zu  London;  t  1^*  ^<^> 
1795.   Sehr.  ,Life  of  S.  Johnson*  (1791  u.  öfter). 

—  i)  Alex.,  Sohn  des  Vor.,  geb.  1775,  seit 
1821  Baronet,  f  26.  März  1822;  Verf.  vieler 
volksthüml.  Schott.  Lieder  (,Songs,  chi^y 
in  scottish  dialect',  1803),  Herausgeber  meh- 
rerer Werke  der  altern  schott.  Literatur. 

Boswellia  Boxb.,  Pflanzengattung  der  Bur- 
seraceen,  balsamische  Holzgewäohse.  B. 
papyrifera  Höchst.,  B.  floribunda  Bojfie, 
Waldbaum  im  NO.  Afrikas,  B.  sacra  «.  «p. 
an  der  mittleren  Sudostküste  Arabiens 
liefern  den  Weihrauch;  B.  serrata  Boxb.  in 
Vorderindien  den  indischen  Weilirauch. 

Bosworth  (spr.  Bossuördh,  Market- B.), 
Marktfl.  in  der  engl.  Grafschaft  Leicester; 
hier  22.  Aug.  1485  Behlaeht ,  in  welcher 
Richard  HI.  Krone  und  Leben  verlor. 

Bota  (Both),  Mass  für  span.  Weine,  In 
Danzlg  =  2  Oxhoft  =418,2  Liter;  in  Ham- 
burg das  B.  Sekt  =  120—130  Stübchen ,  da» 
B.  Malvasier  =  140  Stübchen ;  in  Riga  das 
B.  span.  Sekt  =  12  Anker  =  459  Liter;  in 
Malaga  =  30  Arrobas  =  484,1  Liter. 

Botanik  (gr.),  Pflanzenkunde,  hat  die  Er- 
forschung des  Pflanzenreichs  nach  allen  Be- 
ziehungen zur  Aufgabe,  zerfällt  in  reine 
(Wissenschaft!.)  und  angeutandte  B.,  ei*stere 
wieder  in  allgemeine  und  specielle.  Jene  be- 
handelt die  den  Pflanzen  als  solchen  ge- 
meinsamen Bildungsgesetze  und  Lebenserr 
scheinuugen;  diese  betrachtet  die  einzelnen 
Pflanzeuformou  in  ihrer  Eigenthümlichkeit 
und  nach  ihren  gegenseitigen  Beziehungen. 
Die  allgem.  B.  umfasst:  die  Morphol<^e, 
d.  h.  die  Lehre  von  der  äussem'Gestalt  und 
Bildung  der  Organe  (nebst  Terminologie),  die 
Anatomie,  Phytotomie  oder  Hlsto4ogie,  d.  h. 
die  Lehre  vem  innem  Bau  der  Organe,  di» 
Pflanzenchemie,  d.  h.  Lehre  von  der  stoff- 
liclien  Beschaffenheit  der  PflanzensubstanZy 
und  die  Physiologie,  Phytonomie ,  d.  h.  die 
Lehre  von  den  Lebensverrichtungen  (nebst 
Pathologie,  d.  h.  der  Lehre  von  den  Krank- 
heiten der  Pflanzen).    Die  specielle  B.  um- 

21* 


824 


Botanyb&i  —  Bottesini. 


fksst:  die  Pflansenbesohreibiuig  (deskriptive 
B.)i  die  Systemkunde  (Taxonomie)  und  die 
PflanBengeographie.  Die  angewandte  B.  be- 
0oli&ftigt  sich  mit  den  Besiehnngen  des 
Pflanzenreichs  aam  prakt.  Leben  (medlci- 
nlsche,  Forst-, 'ökonomische,  industrielle, 
Oartenbotanik).  Die  ersten  Pflanzenkundigen 
waren  die  Rhlaotomen  oder  Sammler  von 
Ansneikr&utem.  Aristoteles  beschäftigte  sich 
Buerst  wisseuschaftl.  mit  den  Pflanzen.  Die 
ältesten  botan.  Schriften  rühren  aber  von 
Theophrast  und  Dioscorides  her.  Letzterer 
blieb  Autorität  bis  auf  Otto  Brunfels  (1530), 
-welcher  genaue  Beschreibungen  Vaterland. 
Pflanzen  nebst  Abbild,  lieferte.  Gesner  und 
ۊsalpinns  benutzten  zuerst  die  Befruch- 
tnngsorgane  zur  Klassifikation,  während  Lo- 
bellus  1570  zuerst  natürl.  Familien  aufstellte. 
Zu  Ausgang  des  16.  Jahrh.  wurden  die  ersten 
botan.  Gärten  angelegt.  Die  Gebr.  Bauhin 
machten  sich  um  Beschreibung  und  Syste- 
matik verdient;  Grew  (1670),  Malplghi  (1671) 
und  Leeuwenhoek  (1675)  studirten  den  Bau 
der  Pflanzen  mit  dem  Mikroskop.  Haies 
(1727)  machte  Versuche  über  das  Aufsteigen 
des  Saftes.  Toumefort  (1719)  begründete  ein 
neues  System  und  führte  den  Gattungsbegriff 
ein.  Zahb*eiche  Beisen  vermehrten  das  be- 
kannte Material,  welches  Linn6  durch  ge- 
rogelte Nomenklatur,  streng  wissenschaftl. 
Charakteristik  und  durch  sein  Sexualsystem 
beherrschen  lehrte.  Im  Gegensatz  zu  ihm 
stellte  Jussieu  sein  natürliches  System  auf 
(1789),  welches  die  Basis  weiterer  Bestre- 
bungen wurde,  so  von  DecandoUe  (1813), 
Oken  (1821),  Reichenbach  (1828),  Endlicher 
und  Unger  (1838),  Willkomm  (1854).  Decan- 
doUe und  Brown  lehrten  die  Einheit  in 
der  Mannichtaltigkeit  der  Pflanzenorgaue 
und  ihrer  Formen  kennen.  Anatomie  und 
Physiologie,  durch  Mirbel  und  Treviranus 
wieder  angenommen,  wurden  durch  Meyen, 
Brongnlart,  Mohl,  Unger,  Schieiden,  Schacht, 
Nägeli,  Hofmeister,  de  Bary,  Sachs  u.  A. 
ausserordentlich  gefordert  und  nehmen. ge- 
genwärtig das  grösste  Interesse  in  Anspruch. 
A.  V.  Humboldt  begründete  die  Pflanzen- 
geographie, welche  seitdem  durch  Schouw, 
Wahlenberg,  Meyen,  Grisebach  ausgebildet 
wurde,  während  Brongnlart,  Unger,  Göppert, 
Heer  die  Geschichte  des  Pflanzenreichs  er- 
forschten. Hand-  u.  Lehrbücher  der  B.  liefer- 
ten: BUehoff  (1834—39,  3  Bde.),  DecandoUe 
(1835),  Juuieu  (1835),  Endlicher  und  Unger 
(1843),  BchUiden  (4.  Aufl.  1861),  KüUing  1851- 
1852, 2  Bde.),  iSocA«  (2.  Aufl.  1870),  TA<>m^(1869). 

BotanjbUj  Meerbusen  an  der  Ostküste 
Australiens,  südl.  von  Sidney. 

BotanybailiArz,  s.  Gummi,  auatralUchea. 

Boturga(f^.  boutarge,  spr.  butarsch),  gesal- 
zener und  In  Essig  eingelegter  Rogen  der 
Meeräsche  und  des  Sanders,  Ausfuhrartikel 
der  Provence,  Sardiniens,  Dalmatiens  und 
Alexandrias.         [mm  Transport  des  Weins. 

Botas  (span.),  bockledeme  Weinschläuche, 

'BoXhfAndrie»  und  Jan,  zwei  niederl.  Maler, 
aas  Utrecht,  geb.  1609  und  1610,  Schüler  Albr. 
Bloemerts,  gingen  nach  Rom,  wo  sich  der 
Aeltere  der  Porträt-  und  Genremalerei  wid- 
mete, dertTüngere  bes.  in  der  Landschafterei 


Ausgezeichnetes  leistete.     Andries  ertrank 
1650  in  Venedig;  Jan  t  IföO  zu  Utrecht. 

BothiiU  (lat.),  im  Mittelalter  die  Küsten- 
länder des  bottnischen  Meerbusens. 

Bothwell  (spr.  Bassuell),  Dorf  in  der 
Schott.  Grafsch.  Lanark,  amClyde;  Ruinen 
des  ScMonee  £.,  wohin  Bothwell  die  Maria 
Stuart  entführte.  An  der  JS.brücke  wurden 
21.  Juni  1679  die  schott.  Covenanters  von 
den  Königlichen  besiegt. 

Botokttdem ,  wildes  ludiauervolk  in  Bra- 
silien ,  zwischen  Rio  Doce  und  Rio  Pardo. 

Botoschanl,  Stadt  in  der  Moldau,  am 
Flusse  B.,  27,147  Ew.,  bedout.  Handel. 

Botschafter,  s.  Gesandte. 

Botochka,  Tonne,  russ. FIfissigkeitsmasSi 
491,96  Liter  =  429,64  pr.  Quart. 

Botta  (Fass) ,  Weinmass ,  in  Rom  =:  16 
Barili  =  933,44  Liter;  in  Venedig  =  5  Bi- 
gonze  =  643,86  L. ;  in  Spanien  =  30  Cah- 
taros  =  484,11  L.  , 

Botta,  1)  Carlo  Giuseppe  Guglielmo ,  ital. 
Dichter  und  Geschichtsclu'eiberi  geb.  6.  Nov. 
1766  zu  San  Giorgio  del  Ganavese  im  Piemon- 
tesischen,  1800  Mitglied  der  piemontesischen 
€k>nsulta,  dann  des  gesetzgebenden  Körpers 
zu  Paris,  nach  der  Restauration  der  Bour- 
bonen  Rektor  der  Akademie  zu  Ronen; 
t  10.  Aug.  1837  zu  Paris.  Sehr.  ,Storia 
d'Italia  dal  1789  al  1814*  (1824:  deutsch  von 
FUrtter  1827  —  31,  8  Bde.);  ,Storia  d'Italia 
dal  1490  al  1814'  (1832,  20  Bde.,  enthaltend 
Guiociardiuis  Werk  1490  —  1534,  B.s  Forte. 
dess.  1535-1789  und  die  ,Storia  d'Italia*); 
das  Epos  ,11  Gamillo  o  Vejo  oonquistata' 
(1816).  Biogi*.  von  DionisoUi  (1868).  —  2) 
Paul  Emil,  Sohn  des  Vor.,  her.  Reisender, 
geb.  um  1805,  machte  eine  Reise  um  die 
Welt,  nahm  1830  von  Aegypten  aus  als  Arzt 
an  einer  Expedition  nach  Senaar  Theil,  be- 
reiste 1837  Arabien;  ward  später  als  franz. 
Konsularagent  nach  Mossul  gesendet,  wo  er 
1843  Ausgrabungen  begann  und  die  Ruinen 
von  Kiniveh  entdeckte;  seit  1847  franz.  Ge- 
neralkonsul in  Jerusalem,  seit  1857  zu  Tri- 
polis; t  Anfangs  April  1870  zu  Acherts  bei 
Polssy.  Sehr.  ,Relation  d'un  voyage  dans 
rY6men'  (1844)  und  ,Monument  de  Niniv6S 
Prachtwerk  mit  Zeichnungen  von  Flandin 
(1846—50,  5  Bde.),  für  die  assyr.  Alterthums- 
kunde  sehr  wichtig. 

Bottelier  (fr.),  Speisemelster,  vertheilt 
■lie  Lebensmittel  an  die  Mannschaft  der 
ScliifTe  in  der  Bottlerei  (Speisekammer)  und 
hat  die  Aufsicht  über  dies  Lokal. 

Betten,  früher  Name  der  Küstengegenden 
am  bottn.  Meerbusen:  Westerbotten  (die 
jetzigen  schwcd.  Laus  Pite&  u.  Umeä)  und 
Osterbotlen  (diefinu.  Küste  Wasau.  Uleaborg). 

Bottendorf,  Dorf  im  preuss.  Regbz.  Merse- 
burg, an  der  Unstrut,  1066  Ew.  Salpeter- 
und  Kupfei'gruben. 

Bottensee ,  See  im  schwod.  Län  Marie- 
stad,  bei  Karlsborg,  mit  dem  Wettomsee  in 
Verbiuduug  stehend. 

Bottesini,  Giovanni,  Virtuos  auf  dem 
Kontrabass,  geb.  1823  in  Crema,  bereiste 
Amerika  und  England,  seit  1863  Kapell- 
meister in  Barcelona.  Auch  Komponist 
(Koncerte,  Opern,  Quartette). 


Bottiäa  —  Bouille. 


825 


Bottlla  (a.  G.)f  Landscb.  im  südl.  Mace- 
donien,  mit  den  Städten  Ichna  nnd  Fella. 

Botticeiiiy  Sandra,  s.  FUipepi. 

Bottlereiy  s.  Bottelier, 

Bottnischer  Meerbusen,  der  nördlichste 
Theil  der  Ostsee,  zwischen  Schweden  und 
Finnland,  80  Meil.  lang,  80  —  30  Meil.  br., 
bis  50  Faden  tief,  mit  zahllosen  Eilanden, 
Klippen  (Scheeren)  n.  Sandbänken,  bedeckt. 
Der  südl.  Theil  Bollen -Hajvei,  der  nördl. 
Bollen-  Viken,  dazwischen  dieQuarkeustrasse. 

Bottirar,  Stadt,  s.  Oro$iboUvMsr, 

Botz&rls  (Botatarin),  Marko,  Held  des 
griech.  Freiheitskampfes,  geb.  um  1788  aus 
einer  ber.  Suliotenfamilie,  nahm  1822  ruhm- 
vollen Autheil  am  griech.  Aufstand ;  f  ver- 
wundet Aug.  1823  zu  Missolunghi.  Noch 
jetzt  in  Liedern  gefeiei*t.  Sein  Bruder  Ko$ta 
£.,  ebenfalls  griech.  Freiheitskämpfer,  f 
13.  Nov.  1853  in  Athen  als  Q«neral  und 
Senator.  Markos  Sohn,  Dimitri  B,,  Oberst, 
-war  seit  82.  Juni  1859  Eriegminister. 

Botzen  {Boten,  ital.  Botzano) ,  Stadt  in 
Tirol,  Kr.  Brizen,  in  herrl.  Lage,  am  Ein- 
fluss  der  Talfer  in  die  Eisack,  8103  Ew. 
Dom;  bed.  Handel.    1809  erstürmt. 

Boucanien  (fr.),  s.  Flibu$tier. 

Bouchain  (spr.  Buschäng),  feste  Stadt  im 
franz.  Dep.  Nord,  an  der  Scheide ,  1246  Ew. 

Boucbardon  (spr.  Buschardong) ,  Edme, 
franz.  Bildhauer,  geb.  29.  Mai  1698  zu  Chau- 
mont,  t  27.  Juli  1762  zu  Paris.  Hauptwerke 
die  Fontaine  des  Grenelles  in  Paris  und  die 
(1792  zertrümmerte)  Beiterstatue  Ludw.  XV. 

Bonehardy.  «ToAcph,  franz.  Bühnendichter, 
geb.  1810  zu  Paris,  sehr,  geroeinschafbl.  mit 
£.  DcUigny  Spektakelstücke  für  die  Boule- 
vardtheater: ,Ga8pard  le  pdcheur'  (1837), 
,Le  Sonneur  de  St.  Paul'  (1838),  ,Lazare  le 
pätre*  (1810)  u.  a.,  die  grossen  Beifall  fanden ; 
t  28.  Mai  1870. 

BODCher  (spr.  Busch  6h),  1)  Franfois,  franz. 
Maler,  geb.  ^.Sept.  1703  zu  Paris,  f  30.  Mai 
1770;  äusserst  fruchtbar,  zu  seiner  Zeit  de^ 
,Maler  der  Grazien*  genannt.  —  8)  Alexandre 
Jean,  ber.  Violinist,  geb.  11.  April  1770  in 
Paris  ,  war  von  1797  — 1804  in  Madrid ,  be- 
reiste Italien ,  Deutschland ,  England  und 
Bussland ;  f  27.  Dec.  1861  in  Paris. 

BoQChes  au  Bhone  (spr.  Busch  du  Rohn), 
franz.  Depart.,  s.  Bhonemündungen. 

Bouchet  (spr.  Buscheh) ,  Frid4rio  Julee, 
Architekt  und  Zeichner,  geb.  1799  zu  Paris, 
beaufsichtigte  1829—37  den  Bau  der  grossen 
Bibliothek,  1842-43  des  napoleon.  Grab- 
monuments im  Invalidendom;  f  22.  Jan. 
1860.    Aquarellen  antiker  Bauten. 

Boucicanit  (spr.  Bnsikoh),  Dion,  engl. 
Bühnendichter  u.  Schauspiel^*,  geb.  26.  Dec. 
1822  zu  Dublin,  tn,uz.  Abkunft,  bereiste 
seit  1853  Nordamerika,  lebt  seit  1860  wieder 
in  England.  Unter  seinen  zahlr.  Theater- 
stücken am  beliebtesten  das  Lustspiel  «Lon- 
don Assurance'  (1841)  und  die  Schauspiele 
,Oolleen  Bawn*  (dem  irischen  Volksleben 
entnommen)  und  ,The  Octoroon'  (das  ame- 
rikan.  Sklavenleben  behandelnd,  1861). 
■  Boudoir  (fr.,  spr.  Bndoahr),  Scbmoll- 
-wl&kel;  kleines  Damenzimmer. 

Bwärf    (spr.   Bud-),    Stadt   Im  Kanton 


Neuenburg,  unweit  des  neuenburg^  Sees,  an 
der  Reuse,  1530  Ew.    Trefflicher  Bothwein. 

Bonet- WiUaamez  (spr.  Bueh-Wil^omeh), 
Louis  Edouard ,  Graf,  franz.  Admiral ,  geb. 
24.  April  1808  bei  Toulon,  ward  1844  Linien- 
Schiffskapitän  und  Crouvemeur  der  franz. 
Besitzungen  am  Senegal ,  leitete  1849  den 
Transport  der  franz.  Truppen  nach  Rom, 
1854  als  Gontreadmiral  die  Ausschiffung 
der  franz.  Truppen  11.  Sept.  1854  In  der 
Kalamitabai,  war  beim  Angriff  der  allilrten 
Flotten  auf  Sebastopol  betheiligt,  erhielt 
1859  das  Kommando  über  das  Belagerungs- 
geschwader  im  adriat.  Meere,  ward  1&60 
Viceadmiral,  1865  Senator,  Juli  1870  mit  dem 
Oberbefehl  über  das  in  die  Ostsee  gehende 
Panzergeschwador  betraut,  legte  ihn  Okt. 
nieder.  Sehr.  ,La  flotte  fran^aise  et  les 
colonies  eu  1852*  (1855)  u.  A. 

BOttfarik,  alter  arab.  Markt  in  der  Prov. 
Algier,  in  der  Metidscba,   7265  Ew. 

Bougfdnville  (spr.  Bugängwill),  Loni$  An- 
toine  de ,  ber.  franz.  Seefahrer,  geb.  11.  Nov. 
1729  zu  Paris,  Aiuglrte  seit  1756  in  Canada 
als  Adjutant  des  Marquis  von  Montcaliu, 
machte  15.  Dec.  1766  bis  16.  März  1769  eine 
^ise  um  die  Erde ,  befehligte  im  nord- 
amerikan.  Krieg  mehrere  Linienschiffe, 
wurde  1780  Marichal-de-camp  in  der  Land- 
armee, lebte  nach  demAusbruqjb  der  Revo- 
lution zurückgezogen ;  f  31.  Aug.  1811.  Sehr. 
,Description  d'un  voyage  autour  du  monde* 
(1771-72.  2  Bde.;  deutsch  1783). 

Bonghion  (spr.  Buht'n),  nordamerlkan. 
Ifaler,  aus  Albany  gebürtig,  verweilte  1860 
längere  Zeit  in  der  Bretagne.  Landschaften 
(Winterzwielicht)  und  Genrebilder  (Gang 
durch  den  Roggen,  Weihnachtsmesse  etc.). 

Boagie  (fr.,  Kerze),  cylindrisches  Stäbchen 
zur  Erweiterung  von  Kanälen,  z.  B.  der 
Harnröhre,  entweder  aus  Wachs,  Kaut- 
schuk etc.  (elastische  B.^  oder  aus  Metall. 

Bongner-  (spr.  Bugh6),  Fierre,  franz. 
Mathematiker  und  Astronom,  geb.  16.  Febr. 
1698  zu  Croislc  in  der  Bretagne,  mass 
1735—42  mit  C^din  und  Gondamine  einen 
Mei'idiangrad  in  Peru,  stellte  Untersuchun- 
gen an  über  die  Intensität  des  Lichts  ,  er-> 
fand  das  Heliometer ;  f  15.  Aug.  1758.  Sehr. 
,Th6orie  de  la  fignre  de  la  terre*  (1749); 
,Trait6  d'optique  sur  la  gradation  de  la 
lumi^re*  (herausg.  von  Lacaille  1760);  ,Tralt6 
de  navigation*   (8.  Aufl.  von  LaeaiUet  1769). 

Bongverean  (spr.  Bugheroh),  William 
Adolphe  y  frans.  Maler,  geb.  1824  zu  La  Ro- 
chelle, Schüler  Picots,  lebt  in  Paris.^Klrchen- 
ansichten,  Genrebilder,  Porträts  etc.,  Wand- 
malereien im  pompejan.  Geschmack. 

BouiUiet  (spr.  Buileh),  Lonis,  franz. 
Dichter,  geb.  1884  zu  Gany  (Dep.  Nieder- 
seine) ,  lebt  seit  1851  in  Paris.  Sehr,  die 
Gedichte  ,Melainls'  (Gemälde  aus  dem  alt- 
röm.  Leben)  und  ,Le8  fossiles'  (1856) ,  die 
Dramen  ,Madame  de  Montore;',  ,H61dne 
Peyron'  (1856),  ,L*oncle  Million'  (1861)» 
,Doloris'  (1868)  u.  A. 

Bouille,  la  (spr.  BuUJ),  Dorf  bei  Ronen, 
an  der  Seine,  658  Ew.  Ruine  des  Schlosse» 
von  Robert  dem  Teufel  (3.  Dec.  1870  von 
den  Preussen  vorübergehend  besetzt). 


326 


Boaüle  —  Bonrbaki. 


Bovill^  (spr.  Bn^6),  Front.  Claude  Amourt 
Marquis  de ,  frans.  General ,  geb.  19.  Not. 
1789  auf  dem  Schlosse  Gluzel  in  der 
Anvergue,  ward  1768  Crouvemeur  in  West- 
indien nnd  G^nerallientonant,  1787  und  1788 
Mllclied  der  Notabein,  1790  Qeneral  en  chef 
der  Armee  von  der  Maas,  Saar  u.  Mosel.  In 
den  Plan  zur  Flucht  des  Königs  ans  Paris 
«ingeweiht,  eilte  er,  nachdem  der  König 
SU  Varennes  angehalten  worden,  mit  dem 
BegimentRoyal-AlIemand  zu  dessen  Rettung 
herbei,  kam  aber  zu  spät  nnd  musste  mit 
seinem  Stab  in  die  Österreich.  Niederlande 
fliehen.  Seit  1791  in  Diensten  Gustavs  lU. 
▼on  Schweden,  trat  er  nach  Ermordung  des- 
selben  in  das  Corps  des  Prinzen  von  Gond6; 
1 14.  Not.  1800  in  London.  Sehr.  ,M6moires 
8ur  la  r^Yolution  fi'ancalse'  (engl.  1797; 
deutsch  1798;  franz.  1801). 

Boaliier  (spr.  Bnlljeh),  Franeieque,  franz. 
Philosoph,  geb.  12.  Juli  1813  zu  Lyon,  ward 
1839  Prof.,  1856  Präsident  der  kaiserlichen 
Akademie  das.  Sehr.  ,Histoire  6t  critiqne 
du  Cart68ianisme<  (184S);  »Hist.  de  la  phil. 
«art6sienne'  (1854,  2  Bde.);  ,De  l'unit«  de 
l'ftme  pensante  et  du  principe  vital*   (1858). 

Bonillon  (fr.,  spr.  Bulljong),  Fleisch- 
brühe, mehr  Reiz-  als  Nahrungsmittel. 
Nährende  B.  für  Kranke  nach  Liebig  aus 
Va  Pfd.  zerhacktem  Fleisch,  4  Tropfen  Salz- 
säure, Vs  — 1  Quentchen  Kochsalz  und  IVs 
Pfd.  destillirtem  Wasser  kalt  zu  bereiten. 

Bouillon  (spr.  Bulljong,  deutsch  JBeulin), 
Stadt  im  belg.  Luxemburg,  an  der  Semoy, 
^65  Ew.;  Schloss  OoUfriede  von  B,  (s.  d.). 

BovUlOBtafeln ,  Suppentafeln ,  Tafel- 
bouillon, eingedampfte  fettfr«ie  Fleisch- 
brühe, vom  Fleischextrakt  (s.  d.)  durch 
Leimgehalt  unterschieden. 

Boully  (spr.  BuIJi) ,  Jean  Nicola»,  franz. 
Buhnendichter,  geb.  1763  zu  Gondray  bei 
Tours,  t  24.  April  1842  zu  Paris.  Verf. 
der  bekannten  Stücke  ,L*abb6  de  TEpie* 
deutsch  von  KoU^bue  1800);  ,Le8  deux 
Joumdes*  (,Der  Wasserträger* ,  komp.  von 
Oherubini),  ,Fanchon*  (deutsch  von  KoUdme 
180^),  ,Les  deux  pdres*  (deutsch  von  HM 
1808),  ,Madamo  de  Sevign6*  (deutsch  von 
Iffland  1809);  sehr,  ausserdem  die  oft  auf- 
gelegten ,Gonte8  Offerts  aux  enfans  de 
Franee*  und  ,Gonseils  k  ma  Alle*. 

Bonlanger  (spr.  Bulangscheh) ,  1)  Louia, 
franz.  Maler,  geb.  1807  in  Piemont,  f  1867 
als  Direktor  des  Museums  zu  Dijon.  Nam- 
hafter Vertreter  der  Romantik,  ungewöhn- 
liche ers<üiüttenide  Wirkungen  erstrebend. 
Mazeppa,  Judith,  Lucr.  Borgia,  Romeo  und 
Julie  u.  A.  Auch  treifl.  Porträts.  —  2)  Bu- 
dolphe,  franz.  Maler,  geb.  1824,  lebt  in  Paris ; 
behandelt  meist  antike  und  oriental.  Stoffe. 

BovUy  de  U  Hevrtlie  (spr.  Buläh  d'la 
MiArth),  1)  AfUoine  Jacqw»  (Haude  Jo$eph, 
Graf,  ftttnz.  Staatsmann,  geb.  12.  Febr.  1761 
SU  Ohaumonsey  In  den  Vogesen,  1797  Mit- 

Slled  des  Raths  der  Fünfhundert,  nach  deift 
taatsstreich  vom  18.  Brumaire  Präsident  der 
legislativen  Sektion  des  Staatsraths,  wesent- 
lich betheiligt  an  der  Redaktion  des  CSode 
oivlle,  1814  Mitglied  des  Regentschaftsraths ; 
t  4.  Febr.  1840  zu  Paris.     Sehr.  ,Tableau 


Solltique  des  rignes  de  Charles  II  et  de 
acques  II'  (1818,  2  Bde.)  u.  A.  —  2)  Btnri, 
Sohn  des  Vor.,  geb.  15.  Juli  1797  zu  Paris, 
ward  1837  Mitglied  der  Kammer,  1848  der 
Nationalversammlung,  gemässigter  Republi- 
kaner, 20.  Jan.  1849  zum  Vlcepräsldenten 
der  Republik  erwählt,  fugte  sich  in  den 
Staatsstreich  vom  2.  Dec.  1851,  nahm  dann 
Theil  an  der  sogen.  Konsultativkommission, 
ward  1852  Senator;  f  24.  Nov.  1858  zu  Paris. 

Boulevard  {Boulevari,  fr.,  spr.  Burwahr), 
eigentl.  Bollwerk,  in  Frankreich  die  Wälle 
vormals  befestigter  Städte,  welche  nach 
ihrer  Abtragung  und  nach  Ausfüllung  der 
dazu  gehörigen  Gräben  in  Promenadenwege 
verwandelt  sind.     Ber.  die  B.s  von  Paris. 

BoMlOgne  (spr.  BulonJ),  Marktfl.  südwestl. 
bei  Paris,  an  der  Seine,  17,343  Ew.  Roth- 
schilds Schloss.  Dabei  das  houlogner  Hüt- 
chen (Bois  de  B.) ,  reizender  Park  mit  dem 
Hippodrom  und  Akklimatisationsgärten. 

Bonlogne-  svr-mer  (spr.  BulonJ-sür-mähr, 
das  alte  Gesoriaeum,  später  Bononia),  feste 
Seestadt  im  franz.  Depart.  Pas  de  Calais, 
an  der  Mündung  der  Liane,  40,251  Ew., 
Hafen,  Seebäder,  starke  Fischerei,  bedeut. 
Handel.  Dabei  die  157'  h.  Marmorsäule  zu 
Ehren  Napoleons  I.  Ludwig  Napoleons  ver- 
fehlte Expedition  6.  Aug.  1840. 

Boulton  (spr.  Bohlt'n) ,  Matthew ,  engl. 
Mechaniker,  geb.  3.  Sept.  1728  in-  Birming- 
ham, baute  mit  Watt  Dampfmaschinen  und 
wandte  dieselben  zuerst  auf  die  Münzen- 
fabrikation an.  Erfand  die  Kunst,  Gyps  zu 
vergolden  (boultonscher  Schmuck);  f  17.  Aug. 
1809  zu  Handsworth  bei  Soho. 

Bonmann  (spr.  Bau-),  Johannes,  Bau- 
meister, geb.  1706  zu  Amsterdam,  1732  nach 
Preussen  berufen,  f  1776  als  Oberbau- 
direktor zu  Potsdam.  Von  ihm  die  franz. 
Kirche,  das  berliner  Thor  zu  Potsdam, 
die  Domkirche,  Palast  des  Prinzen  Heinrich, 
die  Universität,  Münze  etc.  in  Berlin. 

Bovnty  -  Inseln  (spr.  Bauntl-),  Gruppe  von 
13  Inseln  im  Grossen  Ocean,  Ostl.  von  Neu- 
seeland. [Union* 

Boaqaenom  (spr.  Bucknom),  Stadt,  s.  Saar- 

Bonqvet  ^fr.,  spr.  Bücket),  Blumenstrauss ; 
eigenthümlicher  gewürzhafter  Geschmack 
und  Wohlgeruch  des  Weins,  von  zusammen- 
gesetzten Aethem  herrührend. 

BourbakI,  Charles  Denis  Scaiter ,  franz. 
General,  geb.  22.  April  1816  in  PilHs  (nach 
And.  in  ^u),  Sohn  eines  griech.  Obersten, 
ward  1836  Lieutenant  in  einem  Zuavenregi- 
ment,  befehligte  bereits  1846  das  Turcos- 
bataillon  in  Constantine.  1851  zum  Oberst 
des  1.  Zuavenregiments  und  dann  zum  Bri- 
gadogeneral  aufgerückt,  zeichnete  er  sich 
im  Krimkrieg  an  der  Alma,  bei  Inkerman 
und  Sebastopol,  sowie,  1857  zum  Divisions- 
general befördert,  im  ital.  Kriege  1859  bei 
Solferino  aus.  18^  zum  kaiserl.  Flügelad- 
jutanten ernannt,  erhielt  er  beim  Ausbruch 
des  Kriegs  mit  Deutschland  Juli  1870  den 
Oberbefehl  über  das  Elitecorps  der  kaiserl. 
Garden  und  führte  dasselbe  in  den  Schlach- 
ten um  Metz  14.— 18.  Aug.  Später  mit  sei- 
nen Truppen  hier  eingeschlossen,  begab  er 
sich  in  geheimnissvoller  Mission  zur  Kai- 


Bourbon. 


827 


«ertn  Engenie  nach  Chiselhnrst,  dann  nach 
Ttours.  Von  der  prorisor.  Begierung  beauf- 
tragt, organisirte  er  die  Nordarmee  und 
übernahm  dann  den  Oberbefehl  über  A  Corps 
im  Osten.  Sein  Versuch,  das  deutsche  Be- 
lagerungscorps Yor  Beifort  von  den  Truppen 
<les  Generals  Werder  abzuschneiden,  ward 
■durch  die  Gefechte  Tom  9.,  15.— 17.  Jan.  1871 
Tereltelt.  Vom  Kommando  zurückgetreten, 
machte  er  einen  Selbstmordrersuch.  Seine 
Armee,  84,000  Mann  stark,  ward  grossten- 
theils  über  die  Grenze  der  Schweiz  ge- 
•drängt  und  hier  entwaffnet. 

Bovrbon  (spr.  Burbong).  Insel,  8.  Siunion. 

Bourbon  (spr.  Burbong),  altes  franz.  Ge- 
flohlecht,  mit  dem  der  Gapetinger  (s.  d.) 
verwandt,  nach  einer  Burg  in  der  Iiandsch. 
Bonrbonnais  genannt ,  hatte  bis  zur  franz. 
IReTolntion  die  meisten  roman.  Throne  inne. 
Ahnherr  desselben  ist  Adhimar  (um  921). 
Sein  vierter  Kachkomme ,  ArcKamboMld  1,, 
ihifirte  seinem  Namen  den  des  Stammschlosses 
hinzu.  Archambaulds  X.  Tochter  Beatrix 
▼ermählte  sich  um  1272  mit  Robert,  dem 
sechsten  Sohne  Ludwigs  des  Heiligen  Ton 
Frankreich ,  wodurch  die  B.s  als  Seitenlinie 
des  Geschlechts  der  Gapetinger  nach  Er- 
löschen ded  Hauses  Valois  rechtmässige 
Ansprüche  auf  den  Thron  von  Frankreich 
erhielten.  Roborts  Sohn  Ludwig  I.,  gen. 
der  Hinkende ,   erhielt  von  König  Karl  IV. 


1327  den  Titel  Beraog  von  B.  Nach  dem  Er- 
löschen der  Hauptlinie  des  Hauses  B.  mit 
Johann  IL  1487  fielen  Würden  und  Besitz- 
thümer  desselben^  an  die  Seitenlinie  B.' 
Beaujeu,  zunächst  anPeter,  Grafen  v.  Bea^jeu. 
Dieser,  Günstling  Ludwigs  XL,  vermählte 
sich  mit  dessen  Tochter  Anna,  war  während 
der  Minderjährigkeit  Karls  Vm.  einer  der 
Regenten  des  Reichs;  t  1503.  Gegen  s^ne 
Tochter  Susanne  trat  Karl  von  B.,  Herzog 
von  Bourbonnais,  der  berühmte  Gonnetable, 
mit  Erbansprüchen  auf,  vermählte  sich  aber 
mit  derselben  und  ward  als  Karl  HI.  Herzog 
von  B.  Als  er  sich  mit  Kaiser  Karl  V. 
gegen  Frankreich  verband ,  ward  das  Her- 
zogthum  1523  zu  Gunsten  der  Krone  einge« 
zogen.  Unter  den  Seitenlinien  erhielt  die 
Linie  Vendöme  die  grösste  Bedeutung.  Die- 
selbe stammte  von  Jakob  von  B.,  Grafen 
von  la  Marche,  dem  zweiten  Sohne  Ludwigs 
des  Hinkenden,  ab  und  gelangte  durch 
Heirath  in  Anton  von  B.,  Herzog  von  Ven- 
döme ,  auf  den  Thron  von  Navarra ,  dann 
nach  Erlöschen  des  Hauses  Valois  durch 
Erbrecht  in  Heinrich  IV.,  dem  Sohne  Antons, 
auf  den  Thron  von  Frankreich,  später  durch 
Eroberung  auch  auf  die  Throne  von  Spanien 
und  Neapel.  In  Frankreich  regierten  die 
B.s  1589—1830,  mit  Abrechnung  der  Zeit 
1793  —  1814.  Ihre  Reihenfolge  ergibt  sich 
aus  folgender  Stammtafel : 


Heinrich  IV.  1589  — 1610 ,  vei*mählt  mit  Maria  von  Medici. 

I    • 
liUdwlg  Xin.  1610  —  43,  vermählt  mit  Anna  von  Oesterreich,  der  Tochter  Philipps  m. 

von  Spanien. 

^ N 

Ludwig    XrV.    1643  —  1715,    vermählt    mit    Marie    Pliilipp   L,    Herzog    von    Orleans, 
Therese  von  Oesterreich,  Tochter  Philipps  V.  von    Stifter  der  Jüngeren  bourbon.  Linie, 

t   1701,    vermählt  in   2.   Ehe    mit 
Elisabeth  Charlotte  von  der  Pfalz. 


Spanien. 
I 

Ludwig,   Daupliin,    t    17^1;  vermählt   mit  Maria 
Anna  von  Bayern. 

Ludwig,  Herzog  Philipp,  Herzog    Charles,  Herzog 

von  Bourgogne,  von  Anjou,  1700    von  Berri,t  1714. 

1 1712,  vermählt  König  von  Spa- 
mlt  Marie  Ade-  nien. 

laide  V.  Savoyen. 

Ludwig  XV.  1715  —  74,  vermählt  mit  Maria  Lesz- 
czlnska,  Tochter  des  Königs  Stanislaus  von  Polen. 

1 

Ludwig,  Dauphin,  f  1765,  vermählt  mit  Maria  Jo- 

sephe^on  Sachsen. 


Philipp  n.,  Herzog  v.  Orleans,  wäh-- 

rend  Ludwigs  XV.  Minderjährigkeit 

Regent  von  Frankreich,  f  1723. 

Ludwig  Philipp,   Herzog  von  Or- 
ions ,  t  17^8. 

I 

Ludwig  Philipp,  Herzog  von  Or- 

16aus,  t  1785. 

1 

Ludwig  Joseph  Philipp,  Herzog  von 

Orl6ans,  1793  hingerichtet. 


^    Ludwig  Philipp, 

Ludwig      XVI.    Ludwig   Stanis-  Karl      Philipp,    Herzog  von    Or- 

1774—93,     ver-    las  Xavier,  Graf  Graf  von  Artofs,    Iftans,     1830  —  48 

m&hlt  mit  Marie    von     Provence,  regierte  1824—30    König  der  Fran- 
Antoinette    von   regierte  1814  bis 
Oesterreich.       1824  als  Ludwig 

xvra. 


Adelaide,  Made- 

moisell^       d^Or* 

löans,  t  18^7. 


als  Karl  X.  zosen,  f  1850. 


Ludwig  Anton,  Herzog  Karl     Ferdinand, 

von   AngoulSme,    bis  Herzog  von  Berri, 

Ludwig  (XVn.),    Marie     Therese    1830  Dauphin,  t  l«**«        1^20  e;-niordet. 

Dauphin, 1 1795.    Charlotte,  Her-  ^ 


zogln  von  An- 
goul^me,  t  zu 
Frohsdorf  1851. 


Marie    Luise     The-    Heinrich  Karl  Ferdi- 
rese,  Herzogin  von    nand    Marie    Dien- 


Parma,  f  1864. 


donn6,  Herzog  von 
Bordeaux,  später 
Graf  von  Chambord, 
der  sog.  Heinrich  V. 


328 


Bourbon  —  Bourqueney. 


BonrllOli  (spr.  Bnrbong),  1)  Charles,  Herzog 
von  l^rlMmnais,  genannt  der  Oonnetable 
Ton  B.,  geb.  17.  Tebr.  1490,  Sohn  des  Grafen 
Ton  Moutpender,  Tereinigte  als  Erbe  seines 
Uteren  Bruders  n.  durch  seine  VermähluDg 
mit  Susanne  von  Bourbon  die  Besitzthümer 
arvreier  Linien  des  bourbon.  Hauses,  schlug, 
Ton  Frans  I.  zum  Connotable  ernannt,  die 
Schweiser  bei  Marignano  (1515) ,  eroberte 
Mailand ,  schloss ,  von  des  Königs  Mutter, 
Luise  »von  Savoyen ,  deren  Hand  er  auS' 
geschlagen,  durch  Voreuthaltung  der  von 
seiner  Gemahlin  und  Schwiegermutter  er- 
erbten Güter  gekränkt,  insgeheim  ein  Bund- 
niss  mit  Kaiser  Karl  Y.  und  Heinrich  VUI. 
Ton  England,  focht  bei  Pavia  gegen  Franz  I., 
sog,  von  Karl  Y.  in  Stich  gelassen,  mit 
Soldatenbanden  auf  eigne  Hand  gegen  Rom 
und  fiel  beim  Sturm  auf  die  Stadt  6.  Mai 
1527.  —  2)  Luis  Maria  von  B.,  Infant  von 
Spanien ,  Kardinal  und  Erzbischof  von  To- 
ledo ,  geb.  82.  Mai  1777 ,  Sohn  des  Infanten 
liUis ,  eines  Bruders  Karls  HI.  von  Spanien, 
sanktionlrte,  während  Napoleons  I.  Invasion 
Präsident  der  Regentschaft  von  Gadiz,  die 
Beschlüsse  der  konstituirenden  Cortes,  1820 
Präsident  der  provisor.  Regierungsjunta  und 
Staatsrath ;  f  19.  März  1823.  -  3)  Heinrich 
Maria  Ferd.  von  B,,  Herzog  von  Sevilla, 
]ßruder  desG«mahls  der  Exkönigin  Isabella, 
geb.  17.  Api-il  1823,  f  12.  März  1870  in  Folge 
eines  Duells  mit  dem  Herzog  v.  Montpeusier. 

Bourbon  l'Archambaiilt  (spr.  Burbong-Lar- 
schangboli),  Stadt  im  franz.  Dep.  Allier,  bei 
Moullns,  8466  Ew.  Heisse  Schwefelquellen. 
Buiuen  des  Stammschlosses  der  Bourbonen. 

Bonrbonnais  (spr.  Burbonnä),  Laudsch. 
im  mittlem  Frankreich,  nördlich  der  Au- 
Tergne,  146  QM.;  Hauptort  Moulins.  Yon 
1327  —  1523  eine  besondere  Grafsch.;  später 
Prov.  Frankreichs,  die  das  Jetzige  Depart. 
Allier  u.  Theile  des  Depart.  Ober  umfasste. 

Bovrbonne  les  Balns  (spr.  Burbonn  lä 
Bang),  Stadt  im  fl'anz.  Depart.  Obermame 
(Champagne),  anderApance,  4053  Ew.,  her. 
Mineralquellen  (40—520  R.),  als  Aqwxe  Bor- 
vonii  schon  den  Römern  bekannt. 

Bourbon  Yendee  (spr.  Burbong  Wangdeh), 
8.  Ifapolion  Vendie. 

Bourbonle  (spr.  Bnrbnhl),  Badeort  im 
franz.  Depart.  Puy  de  D5me ,  an  der  Dor- 
d<mie;  alkal.  Kochsalzquellen  (251/9°  &.)• 

Bourdalone  (spr.  BurdSluh),  Louis,  Kanzel- 
redner, geb.  20.  Aug.  1632  zu  Bourges, 
Jesuit,  ward  1686  nach  Languedoc  gesandt, 
um  die  Protestanten  für  die  kathol.  Kirche 
zu  gewinnen;  f  13.  Mai  1704  zu  Paiis. 
»Oeuvres*,  herausg.  von  Didot  (1840,  3  Bde. ; 
deutsch  1847  flf.).  Biogr.  von  St,-Amand  (1842). 

Bonrdon  (fr.,  spr.  Burdong,  Bordun),  die 
tiefste  der  gedeckten  Flötenstimmen  (16- 
oder  Sfüssig)  in  der  Oi-gel ;  ein  sogen.  Hum- 
inelbass,  der  immer  denselben  Ton  gibt. 

Boorg-en-Bres86  (spr.  Burgh-ang-Bräss), 
Hauptst.  des  franz.  Depart.  Ain  (Burgund), 
an  der  Reyssouse,  18,733  Ew. 

Bourgeoisie  (fr.,  spr.  Burschoasih),  in 
n-ankreich  die  Bürgerschaft  als  Stand  oder 
Volkaklasse,  begreift  die  selbständigen 
Handwerker,  Handels-  u.  Kaufieute,  Künst- 


ler, Rentiers,  An  walte  etc.,  überhaupt  di» 
Inhaber  eines  festen  und  sicheren  Einkom- 
mens im  Gegensatz  zu  dem  Adel,  den 
Bauern ,  den  Arbeitern  und  Proletariern. 

Bourges  (spr.  Bursch),  Hauptst.  des  franz. 
Depart.  Gher,  am  Auron,  30,119  Ew.  Ber. 
grosse  Kathedrale;  Museen.  Im  Alterthum 
AvaricHm  oder  Bituri^im,  die  Hauptst.  der 
gallischen  Bituriges;  unter  Augustus  stark 
befestigter  Hauptort  der  röm.  Prov.  Aqul- 
tania;  im  Mittelalter  Hauptst.  des  Herzc^* 
thums  Berri.  1438  das.  wichtige  Kirch en-^ 
Versammlung,  die  Beschränkung  derpäpstU 
Macht  betreffend. 

Bourget.  Ze  (spr.  15  Burscheh),  Dorf  nord- 
östl.  bei  Paris;  während  der  Belagemng- 
von  Paris  SO.  Okt.  u.  21.  Dec.  1870  Schauplats 
heftiger  Ausfallsgefechte,  die  Deutschen 
(preuss*.  Garde)  Sieger.  [Oourtois, 

Boui^gnon  (spr.  Burschinjong),  Maler,  s. 

Bonrgignons  (fr.,  spr.  Burschinjong),  in 
Frankreich  seit  1411  Partei  des  Herzogs 
von  Burgund,  gegenüber  den  Armagnacs. 

Bonrgogue  (spr^  Burghonj),  franz.  Name 
von  Burgunid. 

BourgOgne  (spr.  Burghonj),  Louis,  Herzog 
von,  Enkel  Ludwigs  XIY.  von  Frankreich, 
geb.  6.  Aug.  1682  zu  Yersailles,  nach  dem 
Tode  seines  Yaters  Louis  Dauphin  von 
Frankreich,  Yater  Ludwigs  XY.,  Zögling 
F6n61ons,  bigott,  vermählt  mit  der  Prin- 
zessin Adelaide  von  Savoyen,  trotz  seiner 
Unfähigkeit  1701  zum  Generalissimus  der 
Armee  in  Deutschland,  1702  in  Flandern 
ernannt;  f  18.  Febr.  1712. 

Bourgoin  (spr.  Burgoäng),  Thirese  Etien- 
nette,  franz.  Schauspielerin,  geb.  1781  zu 
Paris ,  spielte  in  Erfurt  zur  Zelt  des  Kon- 
gresses;  t  11'  Aug.  1833. 

BouEgraves  (d.  i.  Burggrafen),  Spottname 
der  Führer  der  Legitimisten  u.  Orleanisten 
(Thiers,  Mol6,  Berryer,  Mentalem bert  etc.), 
aus  einem  Drama  Yictor  Hugos  entlehnt. 

Bourmont  (spr.  Burmong),  Louis  Auguste 
Victor  de  Gaisne,  Graf  von,  franz.  Marschall, 
geb.  2.  Sept.  1773  auf  dem  Schloss  Bour- 
montin  Anjou,  emigrirte,  diente  unter  Oondd, 
schloss  sich  später  an  Napoleon  I.  an  und 
machte  die  Feldzüge  von  1813  und  1814  als 
Brigadegeneral  mit.  Obwohl  er  sich  31.  März 
1814  für  die  Boui'bons  erklärt  hatte,  übernahm 
er  nach  Napoleons  Rückkehr  von  diesem  das 
Kommando  der  2.  Division  der  Moselarmee 
in  Flandern,  verliess#ber  am  Yorabend  der 
Schlacht  bei  Ligny  das  Heer  und  trat  zu 
den  Preussen  über.  Nach  der  zweiten 
Restauration  ward  er  Sept.  1815  Befehls- 
haber einer  Division  derköpigl.  Garde,  1823 
Oberbefehlshaber  der  franz.  Truppen  in 
Andalusien  und  Pair,  1829  Kriegsminister, 
Mai  1830  Oberbefehlshaber  der  zur  Laudung 
in  Algier  bestimmten  Tmppen,  nach  der 
Eroberung  der  Stadt  Marschall.  Nach  der 
Julirevolution  begab  er  sich  nach  England 
zu  der  vertriebenen  königl.  Familie.  189S 
ward  er  vom  Prätendenten  Dom  Miguel 
von  Portugal  an  die  Spitze  seiner  Ti*uppen 
berufen;  t  27.  Okt.  1846  zu  Bourmont. 

Bourqueney  (spr.  Burk'neh),  Franfoi» 
Adolph«,  Baron  von,  franz.  Diplomat,  geb» 


Bourree  —  Bowring. 


329 


7.  Jan.  1800  sn  Paris,  nach  der  Julirevolutlon 
Gesandtschaftssekretar  und  1840—42  Ge- 
schäftsträger am  engl.  Hofe,  dann  1844—55 
Gesandter  in  Konstantinopel ;  wohnte  dem 
pariser  Kongresse  bei,  ward  1856  Senator  und 
Amgirte  bis  sum  Ausbrach  des  ital.  Kriegs 
als  Botschafter  in  Wien;  f  26.  Dec.  1869. 

Bourree  (apr.  Burreh),  Teralteter  franz. 
Tans,  Ton  massiger  Bewegung,  aus  2  Theileu 
von  je  8  Takten  (^/a-  oder  *k'  Takt)  bestehend. 

Bourrienne  (spr.  Burriänn),  LouisAntoin« 
Fauvelet  de,  geb.  zu  Bens  9.  Juli  1769, 
besuchte  mit  Napoleon  die  Kriegsschule  zu 
Brienne,  seit  1797  dessen  Sekretär,  1801 
Staatsrath,  1801  Gesandter  in  Hamburg, 
trat  zu  den  Bourbons  über,  wurde  von  Lud- 
wig ZVIU.  zum.  Polizeipräfekten  von  Paris 
und  nach  der  zweiten  Restauration  zum 
Staatsminister  ernannt.  Als  Depatirter  1815 
bis  1821  Gegner  aller  liberalen  Staatsein- 
richtungen; t  geisteskrank  7.  Febr.  1834  zu 
Oaen.  Sehr.  ,M6moires  sur  Kapol6on,  le 
Directoire,  le  Gonsulat,  TEmpire  et  la 
Bestauration*  (1829,  10  Bde.). 

Boimault  (spr.  Bur^h),  Edme,  franz. 
Dramatiker,  geb.  im  Okt.  1638  zu  Mucit 
l'Evdque  in  Burgund,  bekleidete  eine  Stelle 
am  Hofe  Ludwigs  XIV.,  f  15.  Sept.  1701  als 
Steuereinnehmer  zu  Hontlufon.  Gegner 
Molidres,  fiind  Beifall  mit  sogen.  Schub- 
ladenstücken  (bes.  ,Le  Mercure  galant', 
,L'Esope  &  la  cour').  ,Th6atre  de  B.*  (1725, 
3  Bde.).  Sehr  ansprechend  sein  Briefwechsel 
mit  Babet,  seiner  Geliebten:  ,Lettres  de 
respect,  d'obligation  et  d^amour'  (1666). 

Bonne  (fr.,  spr.  Burs),  Seckel,  Börse. 
Soursier,  Schatzmeister. 

Bonrtanger  Hoor^  früher  Morast  in  der 
nlederländ.  Prov.  Groningen^  12  St.  I.,  jetzt 
durch  Entwässerung  fast  ganz  in  Weideland 
Ter  wandelt ;  darin  die  B.-8ehanze  mit  260  Ew. 

BODSSingault  (spr.  Bussängoh),  Jean  Bap- 
tute  Joi^ph  Dieudonni,  firanz.  Chemiker  und 
Agronom,  geb.  2.  Febr.  1802  in  Paris,  be- 
reiste Südamerika,  dann  Prof.  der  Chemie 
in  Lyon,  verdient  durch  chemische,  physi- 
kalische n.  physiolo|i;ische  Untersuchungen. 
1839  in  das  Institut  berufen.  Sehr.  ,£co- 
nomie  rurale*  (2.  Aufl.  1849,  2  Bde. ;  deutsch 
von  Gr'dger  1844—45,  2  Bde.);  ,M6moire8 
de  ohimie  agrlcoie  et  de  physlolpgie'  (1854) ; 
mit  Duvtuu  ,Essay  de  statistique  chimique 
des  £tres  orgaids6s'  (8.  Aufl.  1841). 

BongsingAultia  H.  B.,  Pflanzengattung  der 
Chenopodeen.  B.  baselloides  H.  B.,  Schling- 
pflanze in  Quito,  mit  essbaren  Knollen. 

Bonssole,  s.  Kompaa$. 

Bovtenrek,  1)  Friedr,,  philos.  n.  ästhet. 
Schriftsteller,  geb.  15.  April  1765  zu  Oker 
bei  Goslar,  seit  1797  Prof.  der  Philosophie 
SU  Göttingen;  f  ^t^*  9*  Aug.  1828.  Sehr. 
.Lehrbuch  der  pbilosoph.  Wissenschaften* 
(2..  Aufl.  1820);  ,Aesthetik*  (6.  Aufl.  1824); 
«Geschichte  der  neueren  Poesie  und  Beredt- 
samkeit'  (1801-19,  12  Bde.).  —  2)  Friedr,, 
Bistorienmaler,  geb.  1800  lu  Tamowitz 
(Schlesien),  Schüler  von  Kalbe  in  Berlin 
und  Delaroche  in  Paris,  ging  1886  nach 
Italien,  lebte  später  zu  Berlin;  f  1^7  in 
Paris.     Hauptwerke:    Romeo    und    Julie, 


Isaak  und  Rebekka,  neapolitan.  Soene,  Jakob 
und  Kahel,  Karl  d.  Gr.  in  Argenteuil  u.  a« 

Boutä-rlm^s  (spr.  Bu-rimeh),  gegebene 
Reime  zu  einem  Gedicht ;  derartiges  Gedicht. 

Bottvlneg  (spr.  Buwihn),  Ort  im  firanz. 
Flandern,  südöstl.  von  Lille;  hier  27.  Juli 
1214  Sieg  Philipp  Augusts  über  den  Kaiser 
Otto  IV. ;  18.  Mai  1794  Sieg  der  ft'anz.  Nord- 
armee über  die  Oesterreiclier  unter  Kinsky. 

BOQXWiller,  Stadt,  s.  BucJuweüer. 

Bot«  ,  Stadt  in  der  ital.  Prov.  Reggio,  am 
Jon.  Meer,  2690  Ew.,  bildet  mit  5  and.  Orten 
das  sogen.  ,paese  greco'  (mit  bes.  Dialekt). 

Bovenden,  Marktfl.  bei  Göttingeu,  an  der 
Wemde,  1686  Ew.  Nahebei  das  romant. 
Thal  Mariaspring  und  die  Ruine  Hwse. 

BoveSj  Stadt  in  der  ital.  Prov.  Guneo» 
8847  Ew.,  früher  Festung. 

BOTista  (Bovist,  Blutschwamm ,  Flocken- 
etreuling),  Gattung  der  Laubpilze.  B.  gigantea 
Nee$,  Lycoperdon  bovista  L.,  auf  trocknen, 
sandigen  Stellen,  zuweilen  kopfgross;  B. 
plumbea  auf  Wiesen  u.  Triften,  beide  früher 
als  blutstillendes  Mittel  benutzt. 

Boiriemesser  (engl.  Bowiekni/e,  spr.  Bohi- 
neif),  messerartigo  Stichwaffe,  benannt  nach 
Tim  Bowie,  renommirtem  amerikan.  Jäger 
und  Fechter,  im  S.  und  W.  der  Union  als 
persönliche  Schutzwaffe  gebräuchlich. 

Bowle  (engl.,  spr.  Bohl),  Napf,  Terrine; 
auch  der  Inhalt  einer  solchen. 

Bowles  (spr.  Bauls),  William  Lide,  engl. 
Dichter,  geb.  25.  Sept.  1762  zu  Kings-Sntton 
(Grafsch.  Northampton) ,  f  7.  April  1850  als 
Kanonikus  zu  Salisbury.  Unter  seinen 
,Poems<  (1855,  2  Bde.)  sind  die  .Sonetts*, 
,Hope',  ,Coombe  Ellen*  und  ,Spirlt  of  disco- 
very  by  Sea'  hervorzuheben.  Gab  Popes 
Werke  (1806,  10  Bde.)  heraus. 

Bowlinggreen  (engl.,  spr.  Bohlinggrihn), 
grüuer,  kurz  geschorner  Rasenplatz. 

Bowness  (spr.  Bau-),  Dorf  am  See  Winder- 
meer in  England,  vonReisenden  viel  besucht. 

Bowring  (spr.  Bau-),  Sir  John,  engl. 
Staatsmann,  Reisender  und  Schriftsteller, 
geb.  17.  Okt.  1792  zu  Exeter,  bereiste  im 
Auftrag  der  Regierung  zu  Erforschung  der 
Handelsverhältnisse  den  deutschen  Zoll- 
verein, Italien,  Aegypten  und  Syrien,  sass 
1832—37  u.  1841—49  im  Unterhause,  schloss 
sich  der  Anticomlawleaguo  an  u.  kämpfte 
für  den  Freihandel,  ward  1849  Konsul  in 
Kanton,  1854  Gouverneur  von  Hongkong, 
liess  Okt.  1856  Kanton  bombardiren,  dankte 
1859  ab,  unterhandelte  1861  im  Auftrag  der 
Regierung  einen  Handelsvertrag  mit  Italien, 
ward  dann  Agent  der  hawaiisclien  Regie- 
rung. Sammelte  ältere  und  neuere  Volks- 
lieder aus  fast  allen  Ländei'u  Europas, 
lieferte  im  ,Manu8cript  of  the  Queens  Court* 
(1843)  eine  Uebersetzung  der  ,Königinhofer 
Handschrift*  und  schrieb  mit  ViUiers  .Re- 
ports on  the  commercial  relations  between 
France  and  Great-Britain*  (1835-36, 2  Bde.) ; 
ausserdem  ,The  kingdom  and  people  of 
Siam*  (1857,  2  Bde.);  «Visit  tothePhiUppine 
Islands*  (1860).  —  Sein  Sohn  Edgar  Alfred  B., 
geb.  1826,  seit  1849  Registrator  und  Biblio- 
thekar des  Hand«lsamts,  übers.  Schillers 
(1851)  und  Heines  Gedichte  (1860). 


380 


Boxberg  —  ßrabant. 


Boxberg  9  St&dtchen  im  bad.  Kreis  Mos- 
bach, an  der  Umpfer,  Ber^schloss,  668  Ew. 

Boxeiiy  engl.  Faustkampf,  wobei  man  dem 
Oegner  mit  der  Fanst  Stösse,  bes.  nach 
dem  Kopf  beizubringen  sncht.  Von  allen 
Klassen  Englands  als  Form  des  Duells  und 
nationaler  ,8pcrt*  hoch  gehalten,  hat  seine 
Oeschichte,  Literatur,  Gesetze,  Clubs,  welche 
letztere  berufsmässige  Boxer  (PugilUis)  zu 
Preisboxem  (Championt)  für  Wettk&mpfe 
{Ring)  ausbilden;  auch  auf  Nordamerika 
und  Australien  übergegangen. 

Bojaca,  Staat  der  Republik  Columbia, 
1569  QM.  u.  443,996  Ew.  Hauptst.  Tnnja. 

Bojan  (fr.,  spr.  Boojob),  Darm;  der  in 
2ickzadk  laufende  Theil  der  Gräben,  bei 
Belagerungen  die  Verbindung  der  Parallelen. 

Boydell  (spr.  Beudell),  John,  engl.  Kupfer- 
jstecher  und  Kunsthändler,  geb.  1719  zu 
Dorrington,  veranstaltete  u.  A.  das  ,Liber 
veritatfs*  (Facsimlle  der  Zeichnungen  Claude 
Xorrains,  1777,  8  Bde.)  und  «Shakespeare 
<}aller7*  (1805,  2  Bde.,  80  Platten);  t  I><»c. 
1804  als  Lordmayor  in  London.  Sein  Kunst- 
museum war  eine  Zierde  Londons. 

Boye^  Kasp.  Joh.,  dän.  Dichter,  geb. 
"27.  Dec.  1791  zu  Kongsberg  in  Korwegen, 
seit  1847  Pfarrer  in  Kopenhagen,  f  das. 
<.  Juli  1853.  Bes.  als  Dramatiker  gefeiert: 
,Jula*  (1824);  ,Kong  Signrd*  (1826)  u.  a. 
Sammlung  seiner  Poesien  1850—51,  4  Bde. 

Boyen«  Leopold  Hermann  Ludwig  von, 
prouss.  (ioneral,  Mitbegründer  der  preuss. 
lleeresorganisation ,  geb.  18.  Juli  1771  zu 
Kreuzberg  in  Ostpreussen,  seit  1784  in 
'preuss.  IMegsdiensten ,  ward  nach  dem 
Trleden  von  Tilsit  von  Schamhorst  zu  den 
Arbeiten  der  Militärreorganisationskommls- 
«ion  hinzugezogen  und  erhielt  1810  den 
Vortrag  in  Militärangelegenheiten  bei  dem 
König.  Als  Chef  des  Generalstabs  im  3. 
Armeecorps  machte  er  die  Feldzüge  von 
1813,  14  und  15  mit.  Darauf  zum  Kriegs- 
ininister  ernannt,  nahm  er  sich  mit  Vorliebe 
der  Landwehr  an,  ward  1818  Ghnerallieute- 
nant,  1819  verabschiedet.  Von  Friedrich 
'Wilhelm  FV.  1840  wieder  in  den  aktiven 
Dienst  berufen,  zum  General  der  Infanterie 
und  März  1841  zum  Kriegsminister  und  Chef 
des  Staatsministeriums  ernannt,  erhielt  er 
Nov.  1847  den  nachgesuchten  Abschied  und 
ward  zum  Feldmarschall  und  Gouverneur 
des  Invalidenhauses  zu  Berlin  ernannt; 
i*  15.  Febr.  1848.  Schi*.  ,Beiträge  zur  Kenut- 
uiss   des  Generals  von  Scharnhorst'  (1833). 

Boyer  (spr.  Boajeh),  1)  Alexis,  Baron  de  B., 
franz.  Wundarzt,  geb.  1.  März  1757  zu 
Uzerches  in  Liniousin,  seit  1804  erster  Wund- 
arzt Napoleons  I.,  nach  der  Restauration 
Prof.  der  Chirurgie  an  der  Universität  und 
erster  Wundarzt  an  der  Charit^;  f  25.  Nov. 
1833  in  Paris.  Sehr.  ,Trait6  d'auatomie*  (4. 
Aufl.  1820);  ,Trait6  des  maladies  chlrur- 
gicales'  (1814—25,  9  Bde.;  deutsch  3.  Aufl. 
1834—41, 11  Bde.)  u.  A.  —8)  Jean  Pierre,  Präsi- 
dent der  Repiiblik  Haiti,  geb.  88.  Febr.  1776  zu 
Fort-au-Prince,  Mulatte,  trat  1792  in  ft*auz. 
Militärdienst,  focht  als  Bataillonschef  bei 
der  Invasion  der  EnglRnder  in  San  Do- 
mlugo  unter  General  Rigaud  gegen  diese 


und  dann  gegen  Toussaint-l'Ouvertore  und 
die  Schwarzen,  half  1806  mit  P6tion  den 
Tyrannen  Dessalines  stürzen,  unterstützte 
P6tion  bei  der  Gründung  einer  unabhängi- 
gen Republik  im  Westen  der  Insel  und 
ward  nach  Jenes  Tode  (1818)  Präsident  der- 
selben. Als  solcher  vereinigte  er  1880 
nach  dem  Tode  Christophs  den  monarchi- 
schen Theil  der  Insel  mit  der  Republik  u. 
erwirkte  1825  um  den  Preis  von  150  Mill. 
Frcs.  deren  Unabhängigkeitserklärung  von 
Seiten  Frankreichs.  Durch  Begünstigung 
der  Farbigen  bei  den  Schwarzen  missliebig, 
mussto  er  März  1843  auf  ein  engl.  Kriegs- 
schiff flüchten,  verzichtete  von  Jamaika  aus 
auf  seine  Präsidentschaft;  f  9-  J^U  ^^^ 
zu  Paris.  —  3)  Loui»,  Aranz.  Bühnen- 
dichter, geb.  1810  in  Paris,  eine  Zeitlang 
Theatercensor,  seit  1854  Direktor  desVaude- 
villetheaters ;  f  82.  April  1866.  Sehr,  zahl- 
reiche Vaudevilles,  zum  Theil  in  Gemein- 
schaft mit  Anderen  nnt.  d-  Namen  La  Roque, 

Boyne  (spr.  Beun),  Fluss  in  Irland,  mündet 
unterhalb  Drogheda  in  die  irische  See, 
14  M.  lang.  In  der  Schlacht  am  B.,  1.  Juli 
1699,  ward  Jakob  11.  von  Wilhelm  III.  von 
Oranien  besiegt. 

Boys  (spr.  Bens),  Thomas  Shotter ,  engl. 
Lithograph,  geb.  1803  zu  Penton ville,  lebte 
längere  Zeit  in  Paris,  seit  1837  in  London; 
Erfinder  der  Chromolithographie. 

Boysalz,  das  rohe,  durch  Verdunsten  des 
Meerwassers  an  der  Sonne  gewonnene  Salz. 

Boz,  Schriftstellemame  von  Ch.  Dickens. 

Bozziris,  s.  Botzaris.  [12,946  Ew. 

Bra,    Stadt  in    der    Ital.   Prov.    Turin, 

Bra»  Th^phiU,  flranz.  Bildhauer,  geb. 
24.  Juni  1799  zu  Douay,  lange  Zeit  in  Paris, 
später  DirekiSbr  der  Kunstschule  seiner 
VateAtadt.    Zahlreiche  Statuen  u.  a. 

Braake,  eine  durch  Ueberschwemmung 
nach  einem  Deichbruch  entstandene  Vertie' 
fung.    Braakdeich,  der  durchbrochene  Deich. 

BrabaiKfOnne  (spr.  Brabangsonn),  das  belg. 
Nationallied  während  der  Revolution  von 
1830,  verfasst  vom  Schauspieler  Jennetalf 
komponirt  von  Campenhout. 

Braban^ons  (spr.  Brabangsong),  im  Mittel- 
alter in  Frankreich  dienstloso,  plündernd 
umherstreifende  Soldaten. 

Brabanty  die  centrale  Landsch.  des  holl.* 
belg.  Tieflandes,  früher  eigenes  Herzogtbum 
von  204  QM. ,  zerfallt  Jetzt  in  1)  die  holL 
Prov.  Nord'B.,  93  QM.  mit  431,253  Ew., 
Hauptst.  Herzogeubusch,  2)  die  belg.  Prov. 
B.  (SUd'B.),  59,6  QM.  mit  819,132  Ew., 
Hauptst.  Brüssel,  und  3)  die  belg.  Prov. 
Antwerpen,  51,4  QM.  mit  473,167  Ew., 
Hauptst.  Antwerpen.  Das  Land  reich  be- 
wässert (Maas,  Scheide,  zaiilreiche Kanäle), 
sehr  fruchtbar  und  trefflich  angebaut. 
Blühende  Industrie,  bes.  Leipen-,  Spitzen-» 
Baumwollen-,*  Tuch-  und  Lederfabriken. 

Geschichte.  Zu  Cäsars  Zeit  von  einem 
germanisch  -  celtischen  Misch  volk  bewohnt^ 
kam  das  Land  im  5.  Jahrh.  unter  die  Herr- 
schaft der  Franken,  im  6.  bei  der  Thellnog 
des  Frankenreichs  zu  Austraslen,  im  9.  sa 
Lothringen,  870  zu  Frankreich,  zu  Anfang 
I  des  10.  Jabrh.  durch  den  deutschen  König 


Brabanter  Thaler  —  Braddon. 


331 


Heinrich  I.  wieder  zu  Lothringen  and 
mit  diesem  zn  Deutschland.  Nach  dem 
Aussterben  der  dortigen  Herzöge  1005  be- 
sassen  es  mehrere  Grafen  von  den  Ardennen, 
seit  1076  Gk>ttfried  ron  Bouillon.  Kaiser 
Heinrich  Y.  yerlieh  es  an  Gk>ttfried  den 
Bärtigen  aas  dem  Geschleohte  der  Grafen 
Ton  Löwen  und  Brüssel ,  die  bis  zu  ihrem 
Aussterben  1355  daselbst  herrschten,  seit 
1190  als  Herzöge..  Johanns  HL  Tochter 
Johanna,  mit  Wenzel  von  Luxemburg  ver- 
mählt, vermachte  das  Land  1406  ihrem 
-Grossneffen,  Anton  von  Burgund,  zweitem 
■Sohne  Philipps  des  Kühnen.  Durch  Ver- 
mahlung der  Maria  von  Burgund  mit  Kaiser 
Jlaxlmilian  I.  fiel  es  Oesterreich  zu  und 
ward  von  Kaiser  Karl  V.  seinem  Sohne 
Philipp  n.  von  Spanien  zugewiesen.  Das 
Religionsedikt  und  Albas  Grausamkeiten 
reizten  das  Volk  zur  Empörung,  iu  Folge 
■deren  der  nördl.  TheO  des  Laudos  1648 
unter  dem  Kamen  der  G^neralitätslande 
der  niederländ.  Union  einverleibt  ward, 
wfchrend  Södbrabant  bis  1711  der  span.- 
•österr.  Linie  verblieb.  Beim  Aussterben 
derselben  kam  es  mit  den  übrigen  südl. 
Provinzen  der  Niederlande  wieder  an  das 
österr.  -  deutsche  Kaiserhaus.  Weiteres  s. 
Belgien,  Geschichte;  ^tedcrland«, Geschichte. 

Brabanter  Thaler^  Münze  der  ehemal. 
■österr.  Niederlande,  =  1  Thlr.  16 V«  Sgr. 

Brabevtes  (gr.),  Kampfsplelanordner;  Yor- 
sitzender  bei  akadem.  Disputationen. 

Braf  a  (Bratof.),  Langenmass  in  Südeuropa, 
in  Lissabon  =  3Vs ,  in  Spanien  ;=  2*/«  berl. 
£11en;  in  Italien  meist  :=  1  Elle. 

BraecianOy  S«e  v<m  (spr.  Brattschano, 
Sabatinua),  kreisförmiger  See  in  Mittel- 
italien, östl.  von  Civitavecchia,  0,9  QM.,  bis 
900^  tief;  Abfluss  durch  den  Arrone. 

Braceio  (ital.,  spr.  Brattscho),  s.  v.  a.  Elle. 

Brache  9  zeitweiliges  Ruhenlassen  des 
Ackers,  um  ihn  zu-kräftigen,  Jetzt  durch  ratio- 
nellen Fruchtwechsel,  tüchtige  Bearbeitung 
n.  genügende  Düngung  überflüssig  gemacht. 

Braehellly  Bugo  Franz,  Statistiker  und 
Geograph,  geb.  11.  Febr.  1834  zu  Brunn, 
seit  1860  Prof.  am  polytechnischen  Institute 
2U  Wien.  Sehr.  ,Die  Staaten  Europas* 
3.  Aufl.  1867);  ,Doutsche  Staatenkunde' 
1856-57,  2  Bde.);  «Statistik  der  Oesterr. 
Monarchie'  (1857);  ,I>reissig  statistische 
Tabellen  über  alle  Länder  der  Erde*  (1862). 
Für  die  7.  Aufl.  von  Stein- Hörschelmanns 
-Handbuch'  bearbeitete  er  das  osmanische 
Reich  nebst  Griechenland  (1858),  Oester- 
reich (1861),  Preussen  und  die  deutschen 
Hittelstaaten  (1861-64). 

Braehkogl,  Gipfel  der  Schneealpe  in 
Niederösterreich,  6336'  hoch. 

Braehmaon,  Luvst  Kardine,  Dichterin, 
iceb.  9.  Febr.  1777  zn  Rochlitz,  lebte  in 
Weissenfeis,  ertränkte  sich  17.  Sept.  1822 
in  der  Saale  bei  Halle.  .Gedichte'  (1800); 
,  Auserlesene  Dichtungen'  (von  Schilt»  1824, 
4  Bde.)  und  .Auserlesene  Erzählungen  und 
Novellen*  (1825,  2  Bde.). 

BrachTOgel  (Numenius  Brisa.,  Braek- 
Schnepfe),  Gattung  der  Schnepfen  vögel. 
Kleiner  oder  Begetäfraehvogel  (N.  phaei^pus 


t 


L,,  Moorschnepfe),  über  15"  L,  im  hohen 
Norden  Europas,  in  Sibirien  und  Japan, 
passirt  Deutschland  im  Sept.  und  Mai. 
Grosser  B.  (N.  arquatus  L.,  Doppelschnepfe, 
Keilhaken),  2'!.,  ebendaselbst,  häufig  an 
der  Nordsee,  wandert  wie  der  vorige; 
beide  sehr  schmackhaft. 
.  BrachTOgel.  Albert  Emil,  Schriftsteller, 
geb.  29.  April  1824  zu  Breslau,  seit  1847 
meist  in  Berlin ;  errate  durch  seine  Tragödie 
,Narciss*  (1857)  grosse  Erwartungen,  doch 
hatten  seine  spätem  Dramen,  ,Adalbert  vom' 
Babenberge'  (1858),  ,Mon  de  Caus*  (1859), 
,Der  Usurpator*  (1860),  ,Prinzessin  Mont- 
peusier'  (1862),  ,Der  Sohn  des  Wucherers* 
(1868)  etc.  nicht  den  gleichen  Erfolg.  Yon 
einen  zahlr.  Romanen  fanden  ,Friedemann 
Bach*  (1858),  ,Schubart  und  seine  Zeitge- 
nossen* (1863;  u.  ,Beaumarchais*(1865,  dramat. 
behandelt  unter  dem  Titel  ,Harfenschule' 
1869)  den  meisten  Beifall.  Sehr,  susserdem 
Lieder,  Novellen,  ,Theatral.  Studien*  (1863). 

Brachjcephaleii  (gr.),  in  der  neueren  An- 
thropologie Menschen  mit  plattem,  nieder* 
gedrücktem  Schädel,  Im  Gegensatz  zu  den 
Dolichocephalen.  [Ausdruck. 

Brachylogie  (gr.),    gedrängte  Kürze  im 

Braehylögiis  Jnrifl  elTilis  oder  Corpus 
legam^ein  den  Institutionen  Justinians  nach- 
gebildetes Lehrbuch  des  röm.  Rechts,  von 
einem  Unbekannten  zu  Anfang  des  12.  Jahrh. 
abgefasst.    Neueste  Ausg.  1827. 

BrachjpnSa  (gr.),  Kurzathmigkeit,  s. 
DyspnÖa  und  Asthma. 

Brack,  Ansschuss,  Untaugliches;  daher 
B,'  Vieh,  Vieh,  welches  im  Herbst  oder  Früh- 
jahr abgesondert  und  verkauft  wird. 

Bracke,  grosse  Art  Jagdhund  mit  langem 
Behang,  zum  Aufsuchen  und  Yerfolgen  des 
Wildes  im  Holz  verwendet;  auch  s.  t.  a. 
Leithund. 

Brackenhelm,  Stadt  im  würtemb.  Neckar- 
kreis, Hauptort  des  Zabergaus,  1539  Ew. 

Brackig,  vom  Wasser  (Braekwasser),  ans 
Süss-  und  Seewasser  gemischt. 

Bracktsehe  Schichten,  sedimentäre  Ge- 
steinsbildungen ans  einer  Mischung  von 
Meer-  und  Süsswasser  abgelagert;  bes.  am 
kaspischen  Meer  (kaspische  Formation). 

Brackirede,  industr.  Dorf  bei  Bielefeld, 
2504  Ew.  Leinweberei,  Maschinenfabriken. 

Braeonnot  (spr.  -konno),  Henri,  ft>anz. 
Naturforscher,  geb.  29.  Mai  1780  in  Gom- 
mercy ,  seit  1807  Direktor  des  botanischen 
Gartens  in  Nancy ;  f  das.  13.  Jan.  1855.  Ent- 
deckte die  Pyrogallus-  und  Equisetsäure, 
dasXyloi'din,  Leucin,  Sagnlin,  die  Umwand« 
lung  des  Holzes  in  Zucker;  sehr,  zahlr.  Ab- 
handlungen in  Fachjonmale.  Ygl.  NiekUs, 
,B.,  sa  vie  etc.*,  1856. 

Bradano,  Flu  ss  in  Unteritalien,  entspringt 
aus  dem  toigo  dl  Pesele  südöstl.  von  Malfi, 
mündet  In  den  Golf  von  Tarent,  18  M. 

Braddon  (spr.  Brädd'n),  Miss  E,,  engl. 
Schriftstellerin,  von  unbekannten  Lebens- 
verhältnissen. Yerf.  zahlreicher  Sensations- 
romane, die  grosses  Aufziehen  machten: 
, Aurora  Floyd'  (1862),  ,Lady  Audley'i 
Secret*  (1862),  .Bleanor's  Ylctory*  (1863), 
,Heury  Dunbar*  (1864)  u.  A. 


832 


Bradford  —  Brahmini. 


Biadford  (spr.  Bradford),  1)  Fabrikat,  ia 
der  engl.  Graf  seh;  York,  westl.  von  Leeds, 
106,218  Ew. ;  Hanptplats  für  Wollgarn-  nnd 
Wollstofiffabrikation ;  in  der  Umgegend  be- 
deutende Eisenindustrie.  —  2)  B.  on  Avon, 
Stadt  in  der  engl.  Grafschaft  Wllts,  8032  Ew. 

Bradford  (spr.  Bradford),  WiUiam,  nord- 
amerikan.  Maler,  lebt  in  Newyork ;  treflflichQ 
Seestücke,  oft  mit  seltsamen  Lichteffekten. 

Bradlenka^  Nebenfluss  der  Beraun  in 
Böhmen,  entspringt  im  Böhmerwald  am 
Ossa,  mundet  bei  Pilsen,  11  Bf. 

Bradlej  (spr.  Brädli),  Hüttenort  in  der 
engl.  Grafschaft  Stafford,  mit  Wilklnsons 
grossen  Eisenwerken  (5000  Arbeiter). 

Brmdley  (spr.  Brädli),  James,  engl. 
Astronom,  geb.  1692  in  Shirebom  in  Glou- 
cester,  seit  1721  Prof.  der  Astronomie  in 
Oxford,  seit  1742  Direktor  der  Sternwarte 
zu  Green  wich;  f  13.  Juli  1762;  entdeckte 
die  Aberration  des  Lichts  1727  und  die 
Nutatlon  der  Erdaxe  1748.  Seine  Beobach- 
tungen KUm  Theil  in  ,Astronom.  obser- 
vations'  (Bd.  1,  1798,  Bd.  2,  1805)  und  ,Mi8- 
cellaneous  works  and  correspondence'  (1832). 

Bndypepsie  (gr.),  langsame,  träge  Yer- 
dauung  bei  Greisen. 

Braekeleer,  Ferdin.  de,  niederländ.  Maler, 
geb.  1792  zu  Antwerpen,  Schüler  Ton 
J.  van  Bree,  war  mehrere  Jahre  in  Italien, 
jetzt  einer  der  namhaftesten  Vertreter  der 
flandr.  Schule.  Zahlreiche  historische  Bilder, 
Genre-  und  Landschaftsgemälde  mit  histo- 
rischer Staffage.  —  Sein  Neffe  Adrien  Ferd., 
geb.  1818,  ebenfalls  geachteter  Maler. 

Bnes.  in  Norwegen  Name  der  Gletscher. 

Britllng,  s.  Pilge,       [Meseritz,  1615  Ew. 

Britz,  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Posen,  Kr. 

Braune,  früher  Jede  Entzündung  der 
Bachentheile ,  sogen,  btfser  Halt,  jetzt  fast 
ausschliesslich  die  gefährliche  Form,  die 
Diphtheritis,  bestehend  in  Umwandlung  der 
Schleimhautepithelien  in  einen  faseratoff- 
ahnllchen  Belag  unter  gleichzeitiger  Elter- 
tnfiltration  der  Schleimhaut.  Führt  brandige 
Abstossungen  herbei,  und  oft  setzt  sich  der 
Belag  auf  Kehlkopf  u.  Luftwege  fort  (Ci*oup 
des  Kehlkopfs  und  der  Bronchien,  Bron- 
chitis crouposa).  Ansteckend,  oft  tödtllch, 
bes.  bei  Scharlach.  Behandlung:  Aetzung 
mit  Höllenstein,  Milchsaure,  bei  drohender 
Erstickung  Liiftröhrenschnitt. 

Braanlingeii,  fürstenberg.  Stadt  im  bad. 
Kr.  Villingen,  auf  der  Baar,  1359  Ew. 

Brannsdorf,  Dorf  bei  Freiberg  in  Sachsen, 
1722  Ew.;  grosse  Landeserziehungsanstalt 
für  junge  Verbrecher  etc.  (300  Kinder). 

Braga,  Stadt  in  der  portug.  Pi*oy.Minho, 
zwischen  den  Flüssen  Gavado  und  Desto, 
19,514  Ew.  Zur  Römerzeit  £raeara  Augusta ; 
im  Mittelalter  Hauptst.  des  Suevenreiches ; 
später  Residenz  der  portug.  Könige. 

Braga,  bierähnliches  Getränk  der  Kosaken 
n.  Tataren  aus  Hafer  oder  Hirse  u.  Hopfen. 

Braganza,  Hauptst.  der  portug.  Prov. 
Tras-os-Montes,  am  Feryenza,  3650  Ew. 
Mittelpunkt  des  SetdenWus. 

Braganza,  Stammname  der  gegenwärtig 
in  Portugal  und  Brasilien  regierenden  Dy- 
aastid,   dar  Stadt  B.   entnommen.     Stifter 


der  Dynastie  ist  Alfons  L  (f  1461),  natür- 
lieber  Sohn  des  Königs  Johann  L  ans  den« 
burgund.  Stamme.  Herzog  Johann  von  B. 
(f  1582)  erhob  nach  Aussterben  des  burgund. 
Stammes  Ansprüche  auf  den  portug.  Thron, 
musste  aber  Philipp  n.  von  Spanien  weicheo.. 
Erst  1640  gelangte  das  Haus  B.  mit  Jo- 
hann IV.  auf  den  Thron  von  Portugal ,  den. 
es  noch  Jetzt,  seit  1833  in  weiblicher  Linie 
inne  hat.    S.  Ii>riugdl,  Geschichte. 

Bragl,  in  der  nord.  Mythologie  der  Got^ 
der  Dichtkunst,  Sohn  Odins,  einer  der  Aseu, 
alt  und  langbärtig  gedacht,  doch  noclt 
Jugendlich  kräftig  als  Gemahl  der  Idhun. 

Brahe,  linker  Nebenfluss  der  Weichsel  ^ 
entspr.  bei  Rummelsburg  (Pommern),  flless^ 
südöstl.,  mündet  unterhalb  Bromberg;  22  Bf. 

Brahe,  2}yoho  de,  dän.  Astronom,  gel>. 
4.  Dec.  1546  zu  Knudstrop  in  Schonen,  er- 
baute auf  der  Insel  Hveen  im  Sund  1580  die 
Sternwarte  Uranionburg,  trat  1599  in  di» 
Dienste  des  deutschen  Kaisers  Rudolf,  dex^ 
ihm  das  kaiserl.  Schloss  Benach  bei  Prag^ 
zu  Herstellung  einer  Sternwarte  einräamte  r 
t  13.  Okt.  (alten  Stils)  1601.  Als  genauer 
Beobachter  förderte  er  bes.  die  praktlscHo 
Astronomie.  Nach  seinem  1577  aufgestellten, 
System  steht  die  Erde  im  Mittelpunkt  der* 
Welt  und  wird  von  Merkur,  Venus  u.  MoncI 
umkreist,  während  die  übrigen  Planeten 
zunächst  um  die  Sonne  und  mit  diesei*  um 
die  Erde  laufen.  Sehr.  ,Astronomiae  iastan- 
ratae  mechanica'(1602).  ,Opera  omnia'  (1648)  r 
Biogr.  von  He{frecht  (1798)  u.  Psder$en  (1838). 

Braliestad,  See-  und  Handelsstadt  in  Flnn- 
land,  Gouv.  Uleaboi-g,  2612  Ew. 

Brahma,  in  der  Sanskritspracho  Name 
des  höchsten  Wesens,  persönlich  gefasat 
indische  Gottheit,  mit  Vischnu  u.  Siva  die 
Trias  (Trimurti)  der  lud.  Gottlieiten 
bildend,  Schöpfer  der  Welt  und  des  Men- 
schengeschlechts, dem  er  die  heiligen 
Schriften  der  Vedas  und.  die  Gesetze  des 
Manu  als  Richtschnur  für  das  Leben  mit- 
theilte, hatte  keinen  öffentlichen  Kultus, 
daher' auch  keine  Tempel;  in  den  spätern 
ind.  PhUosophenschuIen  Bezeichnung  der 
göttlichen  nicht  personificirt  gedachten  Sub- 
stanz überhaupt.    S.  Indische  Beligion, 

Brahmanen  (ind.  Br&hmana,  d.  1.  Söhne 
des  Brahma,  nach  flranz.  Schreibart  ancl» 
Braminen  genannt),  die  ind.  Gottesgelehrten, 
bilden  die  erste  der  vier  ind.  Kasten  und 
sollen  die  Religion  Brahmas  rein  bewahren, 
die  Vedas  studiren  und  die  Opfer  und 
den  Tempeldienst  besorgen,  sind  auch 
Rathgeber  der  Fürsten,  Beisitzer  der  Ge- 
richte, Aerzte,  noch  jetzt  in  grossem  Ansehen. 

Brahmapatra ,  grosser  Strom  in  Asien, 
Ist  in  seinem  (noch  wenig  bekannten)  Ober- 
lauf der  Dsang  bo  tn'ti,  der  Hauptsti-ora 
Tübets,  der  der  Nordseite  des  Himalaya  ent- 
lang fllesst,  denselben  gegen  S.  durchbricht 
und  sich  in  Assam  mit  dem  aus  NO.  kom- 
menden Loliita  zum  B.  vereinigt;  dieser 
wendet  sich  gegen  SW.  nach  Bengalen  und 
bildet  ein  mit  dem  Ganges  vielfach  Ter- 
knüpftes  Delta.    Gtesammtlänge  etwa  S50  M. 

Brahmini,  ostind.  Kfistenfl.,  mündet  bet 
Kap  Palmyras  in  den  bengal.  Golf;  60  M. 


Bralims  —  Brandenburg. 


883 


Brahiiui»  Johanwa,  Komponist,  geb.  7.  Hai 
18S4  In  Hamburg,  Schüler  von  Marzsen  in 
Altena,  lebte  1853  eine  Zeitlang  bei  Scliu- 
mann  in  DCksseldorf,  der  ihn  mit  enthu- 
slastiBohem  Lob  in  die  Oeflfentlichlceit  ein- 
fulirte;  seit  1863  meist  In  Wien.  Seine 
Kompositionen  (Kammermusik ,  Orchester- 
tmd  Chorwerke,  1  Requiem,  Klayierkom- 
Positionen,  zahlreiche  Gesäuge)  bekunden 
eine  entschieden  geniale  Begabung. 

Brahmstenge^  die  zweite  Verlängerung 
des  unteren  Mastes,  am  Top  der  ersten 
Verlängerung  (Stenge),  läuft  in  die  Ober- 
brahmstenge  aus. 

Brahnigebirge  (HaUigehirge),  auf  der  Ost- 
Frenze  von  Beludschistan ,  südliche  Fort- 
setxung  der  Solimankette,  bewohnt  von  den 
BrakvU,  einem  friedliebenden,  kulturlosen 
Hirtenvolk  von  fast  mongol.  Gesichtsbildung. 

BraiU  (IbroXl),  Handelsstadt  in  der  Wa- 
lachei, an  der  Donau,  15,767  Ew.    Freihafen. 

Bnmie  le  Vomte  (spr.  Brähn  le  Gongt), 
Stadt  in  der  belg.  Prov.  Hennegau,  6464  Ew. ; 
liefert  feinsten  Spitzenzwirn. 

Brake»  Stadt  im  Grossherzogth.  Olden- 
burg, an  der  Weser,  4077  Ew.;  seit  1834 
Freihafen,  Hauptseehandelsplatz  des  Landes. 

Bnikna»  arab.  Volksstamm  im  westl.  Nord- 
afrika, zwischen  der  Sahara  u.  Seuegambien. 

Brakteen  (lat.),  Deckblätter,  s.  Pflanxe. 

Bramante  (Esaeilon) ,  neu  angelegte  Fe- 
stung in  der  franz.  Prov.  Savoyen,  deckt  die 
Strasse  über  den  Mont  Geuls. 

Bramante,  Baumeister,  s.  Lattari, 

Bramaiitino»  Maler,  s.  Sttardi. 

Bramwaldy  Hügelkette  westl.  von  Got- 
tingen, zwischen  Weser  und  Leine. 

Brand  (Gangraena,  Sphacelus,Mortificatio), 
örtlicher  Tod  von  Körpergeweben,  in  allen 
Theilen  möglich;  tritt  ein  nach  Aufhören 
des  Nahrungszuflusses  (Arterienverstopfung 
etc.).  Bei  Knochen:  Necrosls.  Heilung  nur 
möglich  durch  Abstossung  des  brandigen 
Stückes  (Demarkation)  und  Vemarbung. 
Uebler  Ausgang:  Bildung  von  fauligen 
Stoffen,  die  ins  Blut  gelangen  und  schweres 
Fieber  Teranlassen.  Gangn*aena  senilis 
;(AUerabrand).  bes.  an  den  Füssen;  g.  sicca, 
mumiflcatlo  (iroeJmer  B.) ,  bes.  nach  Erfrie- 
rung, einfaches  Austrocknen  der  Gewebe, 
bes.  der  Haut;  g.  humlda  (fmehterB.),  bei 
Bildung  fauliger  Flüssigkeit;  emphjfaematdser 
B.,  Bildung  von  Gasen  im  brandigen  Theile ; 
Hospüalbrand ,  Absterben  des  Grauulations- 
^ewebes  (s.  d.)  durch  Einfluss  septischer 
Stoffe.  Decubitus  (Hautbramd),  durch  Auf- 
liegen entstanden. 

Brandy  Krankheit  der  Pflanzen,  bes.  der 
Oramineen,  bei  welcher  sich  kleine  Pusteln 
sseigen,  die  später  aufbrechen  und  eine 
schwarze  staubige  oder  schmierige  Masse 
bervortreten  lassen,  wird  durch  parasitische 
Püze  hervorgebracht.  Staub-,  Flug-,  Buat» 
brand,  Bus»  (Ustilago  carbo  Tuh),  bes.  auf 
den  Blütbentheilen  von  Hafer,  Gerste, 
Weizen;  Stein-,  Schmier-,  Weitenbrand 
(Tilletla  carles  Tul.),  auf  Weizen ;  Boggen- 
•tengdbrand  (Unx^stis  oooulta  Roth.),  auf 
Stengel-  und  Blattscheiden  des  Roggens, 
und  BliUheiiibrand  (Pleospora  grunimsHall.), 


auf  Boggen-  und  Weizenblfithen  und  rielen 
anderen.  Das  M^celium  dieser  Pilze  tritt 
oft  schon  sehr  früh  in  die  Pflanze  u.  steigt 
in  ihr  empor,  worauf  dann  die  Fruktiflka- 
ttonsorgane  aus  der  Oberhaut  der  Pflanze 
hervorbrechen.  Alle  Brandkrankheiten  wer- 
den durch  Feuchtigkeit  u.  frischen  Dünger 
sehr  begünstigt;  als  bestes  (Gegenmittel  em- 
pfiehlt sich,  diese  zu  vermeiden  und  gutes 
Saatgetreide,  mit  Kupfervitriol  gebeizt,  an- 
zuwenden, vgl.  Hallier,  , Phytopathologie', 
1868;  Kühn,  ,Kraukheiten  der  Kulturge- 
wächse', 1859;  de  Bary ,  ,Untersuchungen 
über  die  Brandpilze',  1853. 

Brand,  Bergstadt  im  sächs.R^bz.  Dres- 
den, nalie  Freiberg,  am  Münzbach,  2525  Ew. 

Brandanns,  Abt  eines  irischen  Klosters 
Im  6.  Jahrb.,  machte  nach  der  Sage  See- 
fahrten nach  fabelhaften  Ländern  u.  Inseln. 
Eine  lat.  Beschreibung  derselben  stammt 
aus  dem  11.  Jahrb.  (herausg.  von  Jubinal 
1836),  eine  deutsche  Bearbeitung  von  Joh. 
Hartlieb  (1488) ;  auch  in  Bollenhagens  ,yier 
Bücher  wunderbarl.  Reisen'  (1603). 

Bruidels,  alte  Stadt  Im  böhm.  Kr.  Prag, 
an  der  Elbe,  3572  Ew.;  grosses  Schloss. 
Gegenüber  der  Wallfahrtsort  Altbumdent. 

Brandenburg,  preuss.  Prov.,  der  Kern 
der  Monarchie,  besteht  aus  der  alten  Mark 
B.  (d.  h.  der  Eurmark,  mit  Ausnahme  der 
Altmark,  und  der  Neutnark),  dem  schles. 
Kr.  Schwiebus  und  der  ehemaligen  sächs. 
Niederlausitz,  724  QM.  mit  2,716,061  Ew. 
(1  :  3750).  Der  Boden  eben  und  sandig, 
zum  Thell  sehr  fruchtbar ;  am  Südrande  der 
Prov.' zieht  der  Fläming.  Flüsse:  Elbe  mit 
Havel  und  Spree.  Oder  mit  Warthe  und 
Netze.  ZahlreicheSeen(Schwielower-,  Schar- 
müzzel-,  Ucker-,  Plauer-,  Rupplner-,  Fahr- 
landsee)  und  Kanäle  (Finow-,  Friedrich- 
Wilhelms-,  Rnppiner-,  Templinerkanal  etc.). 
Hauptprodukte :  Gerste  u.  Roggen ,  Weizen, 
Kartoffeln,  Heidekorn;  Steinsalz  und  Gyps 
(bei  Sperenberg);  blühende  Schafzucht 
(Elektoral wolle).  Industrie  zum  Thell  selir 
wichtig,  bes.Wollspinnerei,  Fabrik,  von  Tuch, 
Shawls,  Teppichen,  Leinen,  Posamentlr- 
waaren,  Maschinen,  Porzellan,  Wachstuch, 
Chokolade,  Glas,  Chemikalien,  Tabak,  wohl- 
riechende Wässer  etc.  1  Universität  und 
18  Gymnasien.  8  Regierungsbezirke:  Pots- 
dam (nebst  der  Stadt  Berlin)  u.  Frankfurt  a/0. 
Hauptstadt  Berlin. 

,  OesehieJUe,  Das  Land,  um  Ohr.  Geb.  von 
Semnonen  u.  Longobarden,  nach  der  Völker- 
wanderung von  Hevellem,  Wllzen,  Obo- 
triten  etc.  bewohnt,  wurde  789  von  Karl  d.  Gr. 
und  928  von  Neuem  durch  Heinrich  I.  unter- 
worfen. Letzterer  setzte  931  die  Markgrafen 
von  Nordsaohsen  (Nordmark,  jetzt  Altmark) 
ein;  Otto  I.  gründete  946  und  949  die  Bis- 
thümer  Havel berg  und  B.,  und  Gero  (f  963) 
die  Ostmark  (Niederlausitz).  Die  Nordmark 
kam  1056  an  die  Grafen  von  Stade,  1184 
durch  Kaiser  Lothar  an  Albrecht  den  Bären, 
aus  dem  Hause  Askanien.  Dieser  erhielt 
1143  auch  die  Ostmark  und  nannte  sich 
Markgraf  von  B.  Er  unterwarf  die  Mittel- 
mark, Prlegnltz  und  Uckermark  seiner  Herr- 
schaft u.  zog  deutschen  Adel  in  die  Marken.  ' 


834 


Brandenburg  —  Brandsatz. 


Siin  folgten  1170  Otto  L,  1184  Otto  IL  and 
1206  Albrecbt  II.  (wahrscbeiul.  Gründer  Ton 
Berlin),  dessen  Söhne  Johann  I.  und  Otto  III. 
1236  —  58  gemeinschaftlicii   regierten,    von 
Kaiser  Frledricli  II.  mit  Pommern  belehnt 
wurden  und   das  Land  Stargard   und    die 
Uckermark  erwarben.    1258  theilten  beide 
Brüder.    Johann  I.  (f  1266)  ward  der  Stifter 
der  älteren  aekanischen  Linie  zu  Stendal, 
Otto  m.  (t  1267)  der  der  jüngeren  Linie  zu 
Salzwedel.    Jene  erlosch  1820,  diese  1817. 
Die  bedeutendsten  Fürsten  dieser  Dynastie 
waren   Otto  IV.    mit    dem  Pfeile   (Minne- 
sänger)   und    der    kriegerische  Waldemar 
(1808—19).    Es  folgte  eine  Zeit  der  Ver- 
wirrung, die  sich  noch  steigerte,  als  Kaiser 
Ludwig  der  Bayer  1324  seinen  Sohn  Ludwig 
mit  der  Markgrafschaft  6.  belohnte.   Dieser 
überliess  1352  die  Marken  seinem  Bruder, 
Ludwig  dem  Römer  (f  1360),  von  dem  sie 
an  Otto  Vn.   den   Faulen   (f  1373)   kamen, 
lietzterer  scbloss  1363  mit  Kaiser  Karl  IV. 
eine  Erbverbrüderung,  wodurch  das  luxem- 
burg.  Haus  Anwartschaft  auf  die  Kurmark 
erhielt,   musste    dieselbe  aber  schon   1373 
dem  Kaiser  gegen  200,000  Goldgnlden  und 
ein  Jahrgohalt  abtreten.    Karls  IV.   Sohn 
Sigismund, .  der  schon  1402  die  Neumark  an 
den  deutschen  Orden  verkauft   hatte,   ver- 
pfändete das  Land  1411  dem  Burggrafen  von 
Nürnberg,  Friedrich  VI.  von  Hohenzollem, 
für  100,000  Ooldgulden  u.  setzte  denselben 
jols  seinen  Statthalter  in  B.  ein.    Als  dar- 
auf zur  Rückzahlung  der  immer  mehr  an- 
schwellenden kaiserl.  Schuld  keine  Aussicht 
war,  ward  1415  die  Mark,  verbunden  mit 
der  erblichen  Kur  würde,  Friedrichs  Eigen- 
thum;  die  Belehnung  ward  18.  April  1417 
2U    Kostnitz    vollzogen,    worauf    er    sich 
Friedrich  I.  Kurfürtt  von  B.  nannte.    Wei- 
teres  8.  Preti8$en,  Geschichte.    Vgl.  Riedel, 
,Oodex  diplomatlcns  Brandenburgensis*  (1839 
bis  1862,  4  Abth.);   Derselbe,  ,Diplomati8che 
Beiträge  zur  Geschichte  der  Mark  B.*,  1833. 
Brandenburg  (wend.  Brmnihor),  Stadt  im 
preuss.  Regbz.  Potsdam,  alte  Hauptst.  der 
Heveller,   dann  der  Uckermark,  jetzt  des 
westhavelländ.    Kreises,     an    der    Havel, 
25,967  Ew.    Alter  Dom  (restaurirt).    Ritter- 
akademie, bedeutende  Industrie,  Schifffahrt. 
Vgl.  Heffter,  ,Ge8chichte  B.sS  1838. 

Branoenburgy  Friedr,  Wilh,,  Graf  von, 
preuss.  General  und  Staatsmann,  geb. 
24.  Jan.  1792  £u  Berlin,  Sohn  König  Friedr., 
Wilhslms  II.  aus  dessen  morganat.Ehe  mit 
der  Gräfin  von  Dönhoff,  machte  die  Feld- 
züge von  1813— 15  mit,  stand  1848  als  General- 
lieutenant beim  6.  Armeecorps  in  Schlesien, 
ward  8.  Nov.  d.  J.  zum  Chef  des  sogen. 
Ministeriums  B.-Manteuffel  ernannt,  Nov. 
1850  als  Unterhändler  nach  Warschau  ge- 
sandt, wo  der  österr.-preuss.  Konflikt  durch 
Russlands  schiedsrichterlichen  Ausspruch 
ausgeglichen  werden  sollte;  t*6.  Nov.  1850. 
Brandenbnrgisches  Scepter,  kleines  Stern- 
bild,  westl.  vom  Orion,  nur  Sterne  4.  Grösse. 
Brander,  mit  brennbaren  Stoffen  gefüllte 
Schiffe,  die  an  feindliche  Fahrzeuge  mit 
Enterhaken  befestigt  und  entzündet  wurden, 
bei  der  Belagerung  von  Antwerpen  benutzt.  | 


Brandet  (fr.,  spr.  Brangd),  heideartfg» 
Landstriche  im  mlttl.  Frankreich  (Bourbon). 

Brandes,  Joh.  Christian,  Schauspieler  und 
Bühnendichter,  geb.  15.  Nov.  1735,  seit  1760 
bei  der  schuchschen  Gesellschaft,  später 
in  Leipzig,  Dresden,  Hamburg  etc.;  f  ^0> 
Nov.  1799  in  Berlin.  ,Dramat.  Werke'  (1790, 
8  Bde.),  darunter  das  erste  deutsche  Melo- 
dram «Ariadne  auf  Naxos'  (kompon.  von 
Benda).  SeIbstbiogr.(2.Aufl.l802— 5,  3  Bde.). 

Brandhof,  Bauerugehöfte  in  altdeutschem 
Stil  in  Steiermark,  auf  dem  Seebeig  bei 
Marlazell,  einst  Landsitz  des  Erzherzogs 
Johann,  dessen  Gemahlin  danach  ,Freiin 
von  B.'  hiess.  [1772  £w. 

Brandig,  Stadt  im  sächs.  Regbz.  Leipzig, 

Brandts,  Christian  Aug.,  Philolog  und 
Philosoph,  geb.  13.  Febr.  1790  zu  Hildesheim, 
unter  Niebuhr  Sekretär  der  preuss.  Gesandt* 
Schaft  zu  Rom,  sammelte  im  Auftrag  der 
berliner  Akademie  mit  Imm.  Bekker  die 
Materialien  zur  Bearbeitung  der  grossen 
krit.  Ausgabe  des  Aristoteles  (1831  —  36, 
4  Bde.),  seit  1821  Prof.  zu  Bonn ;  fUngirte  auch 
seit  1837  einige  Jahre  als  Kabinetsrath  des 
Königs  von  Griechenland;  f  ^*  Juli  1867. 
Sehr.  ,Handbnch  der  Geschichte  der  griech.- 
röm.  Philosophie*  (1835—60,  3  Bde.);  ,G^- 
sohichte  der  Ent Wickelung  der  griech. 
Philosophie'  (1862—64, 2  Bde.);  ,Mittheilungen 
über  Griechenland*  (1842,  3  Bde.).  Gab  mit 
Nidmhr  das  ,Rhein.  Museum  för  Philologie, 
Geschichte  und  griech.  Philosophie*  heraus. 

Brandkngeln  (Karkassen),  Kugeln,  welche 
in  Brand  setzen ;  entweder  glühende  eiserne, 
oder  aus  brennbarer  Masse  gefertigte  Ku- 
geln: Fett,  Pech  und  Pulver  mit  Werg  ver- 
mischt und  kugelförmig  geballt,  mit  eisernen 
Bändern  umgeben  und  aus  Wuifgeschütz 
geschleudert.    Entzündung  beim  Abfeuern. 

Brandmarknng,  das  Einbrennen  von  Buch- 
staben oder  Zeichen  auf  den  Körper  des 
Menschen,  bei  den  Römern  Strafe  tot  ent- 
flohene Sklaven,  in  Frankreich  bis  1832  bei 
Galeerensträflingen  üblich,  in  Deutschland 
als  Strafschärfung  nie  gemeinrechtlich. 

Brandmauer^  Mauer  aus  gebrannten 
Steiuen,  IVa'  dick,  ohne  Oeffnungen,  zwi- 
schen zwei  Gebäuden  bis  zur  Giebelspitze 
(Brandgiebel),  soll  die  Verbreitung  einer 
Feuerabrunst  verhindern. 

BrandSl,  empyreumatlsches,  Gel,  das 
theerartige  Oel,  welches  bei  trockner  De- 
stillation fast  aller  organischen  Stoffe  auf- 
tritt; von  widerlich  brenzllchem  Geruch,  in 
Alkohol  und  Aether  löslich,  von  sehr  yer- 
schiedener  Zusammensetzung. 

BrandpfiBÜ,  ältere  Kriegswalfe  (zuletzt  im 
Hussitenkriege),  ein  Pfeil  mit  Metallröhre, 
welche  aus  Löchern  die  brennende  Füllung 
(Schwefel,  Pech,  Harz,  Fett)  ausgoss,  oder  mit 
derart  getränktem  Werg  umwickelt,  ward 
brennend  vom  Bogen  geschossen. 
Brandraketen,  s.  Baketen, 
Brandsalbe,  Mischung  aus  Lein5I  und 
Kalkwasser,  Bleiweisssalbe  etc.  gegen  Ver- 
brennung. 

Brandsatz,  aus  Pulvermehl,  Schwefel  und 
Terpeutiu  oder  ähuliclien  entzündlichen 
Stoffen  zusammengegossene  Masse,    welche 


Brandschwärmer  —  Brasilien. 


88& 


cur  Füllnog  der  Zünder  an  Ezplosions- 
£e8cho8sen  dient,  entzündet  sich  durch  das 
Teuer  der  Geschützladung  und  brennt  bis 
snr  Sprengladung  weiter. 

BrüidseliwSrmer,  mit  Pulver  gefüllte  und 
durch  eine  Kugel  beschwerte  Papierhülse, 
welche  aus  Gewehren  oder  Karabinern  ge- 
aofaossen  wird,  um  den  getroffenen  Gegen- 
stand in  Brand  zu  setzen. 

Braodstiftiuig,  die  Erregung  eines 
Schadenfeuers  entweder  in  Folge  ron  Un- 
achtsamkeit (fahrlässige  oder  kulpose  B.) 
oder  absichtliche  Brandlegung  (dolose  B.). 
Iietztere  gilt  als  vollendet,  wenn  der  Gegen- 
stand, an  dem  sie  verübt  werden  sollte, 
entzündet  ist;  firüher  mit  dem  Tode,  jetzt 
mit  Zuchthaus  bestraft,  ersteremit  geringer 
Freiheits-  oder  Geldstrafe.  Brand^ijivmga- 
trieb  (Pyromania)  als  angeblich  besondere 
Art  von  Monomanie  jetzt  aufgegeben.  Vgl. 
Oanper ,  ,Das  Gespenst  des  Brand  Stiftungs- 
triebes*  in  dessen  «Denkwürdigkeiten',  1846. 

Brandt^  Heinrieh  von,  preuss.  General  u. 
Mllitarschriftstelleri  geb.  1789  in  West- 
preussen,  kämpfte  1806  als  Lieutenant  in 
der  Weichsellegion  in  Spanien,  trat  1816 
als  Hauptmann  in  die  preuss.  Armee,  ward 
1889  Major  im  General  stabe,  1850  General- 
Ueutenant,  1857  als  General  der  Infanterie 
pensionirt,  1862  zum  Präses  der  General- 
ordeuskommlssion  ernannt.  Sehr.  ,Haudbuch 
für  den  ersten  Unterricht  in  der  höheren 
Kriegskunst*  (1829);  ,Gnuidzüge  der  Taktik 
der  drei  Waffen*  (8.  Aufl.  1859) ;  ,Der  kleine 
Krieg*  (2.  Aufl.  1850)  u.  A.  Selbstbiogr.  (1869, 
2  Bde.). 

Brandywine-Creek  (spr.  -ändiwen-Krihk), 
jnuss  in  Pennsylvanien;  11.  Sept.  1777  Sieg 
der  Briten  über  die  Amerikaner. 

Bnniekly  1)  Jan  Klemena,  poln.  Gross- 
lietman  der  Krone,  geb.  1688,  trat  der  Kon- 
föderation gegen  August  II.  bei,  nach 
Augusts  HL  Tode  mit  Karl  Radziwill  an 
die  Spitze  der  republikan.  Partei,  ward 
1764  als  Vaterlandsverräther  verbannt,  kehrte 
nach  Poniatowskis,  seines  Schwagers,  Thron- 
besteigung nach  Polen  zurück,  lebte  seit- 
dem auf  seinem  Schlosse  in  Bialystock;  f 
das.  9.  Okt.  1771.  —  2)  Xatoery ,  ebenfalls 
Grosshetman  der  Krone,  aus  einer  andern 
Tamilie  stammend,  Anführer  des  königl. 
Heeres  gegen  die  barer  Konföderirten,  dann 
eins  der  Häupter  der  targowiczer  Konföde- 
ration, lebte  nach  den  Theilungen  Polens 
als  russ.  Unterthan  auf  seiner  Herrschaft 
Bialocerkiew. 

Bruiltz,  Dorf  bei  Kottbus  in  der  Mark; 
flchloss  und  Garten  des  Fürsten  Püokler. 

Bruintweln  9  zum  Genuss  bestimmtes 
Destillat  g^ohmer  Flüssigkelten,  enthält 
40— 50<Vo  Alkohol  und  je  nach  den  Bestand- 
t heilen  des  Rohmaterials  verschiedenartige 
Beimischungen  (ätherische  Oele,  zusammen- 
gesetzte Aether,  elgenthümliche  Alkohole, 
Tuselöle),  welche  seinen  Geschmack  be- 
dingen. Die  Rohmaterialien  sind  diejenigen 
der  Spiritusfabrikation  (s.  d.),  ausserdem 
Tiele  Früchte  (Kirschen,  Zwetschen,  Vogel- 
und  Wachholderbeeren,  Feigen,  Früchte  der 
Faök^ldlstel),  Honigwasser,  Symp,  Palmen- 


saft,  welche  landesübliche  B.e  liefern.  Di» 
Darstellung  des  B.s  besteht  überall  in  der 
Bereitung  einer  zuckerhaltigen  Flüssigkeit, 
welche  gähren  muss  und  dann  destillirt 
(gebrannt)  wird.  Am  häufigsten  wird  bei 
uns  der  B.  aus  dem  hochgradigen  Spiritus- 
der  Brennereien  hergestellt.  Die  Destilla- 
tion ist  eine  Erfindung  der  Araber.  Di» 
Bewohner  von  Modena  erzeugten  schon  im 
14.  Jahrh.  B.  im  Grossen  aus  Wein,  aber 
erst  gegen  £nde  des  15.  Jahrh.  wurde  B. 
allgemeiner  getrunken.  [kalion. 

Brumtweinbrennerei ,  s.  Bpiritunfabri- 
Bruit,  Sebasi.,  Dichter  und  Satiriker, 
geb.  1458  zu  Strassburg,  seit  1477  an  der 
Universität  zu  Basel  thätig,  seit  1503  Stadt- 
schreiber zu  Strassburg,  später  kaiserl. 
Rath  das.;  f  l^-  Mai  1521..  Hauptwerk: 
,Da8  Narrenscliiff'  (Satire  auf  die  Laster  u. 
Verkehrtheiten  der  Zeit,  in  fast  alle  europ. 
Sprachen  übersetzt,  Basel  1494  u.  öfter,  krit. 
Ausgabe  von  ^rncke  1854);  sehr,  ausser- 
dem latein.  Gedichte,  gab  den  ,Freidank* 
(Strassb.  1508)  u.  A.  heraus. 
BrmsiliAiiy  edler  Topas,  s.  Topa», 
Brasilien  (port.  und  engl.  Br<%zil,  tt. 
Brätü),  Kaiserreich  in  Südamerika,  einzige 
Monarchie  der  neuen  Welt,  am  atlant.  Ooean» 
151,973  QM.  und  (1867)  10,058,000  Ew.  Die 
Oberfläche  zu  fast  3/,  des  Aerals  Hoch-  und 
Gebirgsland,  bestehend  aus  einem  Plateau 
(bis  2000'  h.)  mit  zahlreichen  Bergketten, 
die  durch  breite  Thalflächen  geschieden 
sind,  aber  durch  Querrücken  Öfter  In  Ver- 
bindung stehen.  3  Hauptketten :  1)  Serra  do 
Mar,  an  der  Ostküste,  mit  4000—5000'  h. 
Gipfeln ;  2)  Serra  do  Espinlia^,  die  Gentral- 
kette,  der  östh  Rand  des  Diamantenplateaus 
(Mlnas  Geraes),  am  höchsten  im  südl. 
Tbeile  (Serra  von  Mantiqueira  mit  dem  Orgel- 
pik 7300'  h..  u.  Serra  von  Villarica  mit  dem 
Itaoolumi  5600'  h.  und  Itambe  5250'  h.);  8)  die 
Serra  dos  Vertontes ,  die  Wasserscheide- 
kette im  W.  mit  weiten,  aber  niedrigen 
Verzweigungen  nach  N.  und  NW.  (Prov. 
Matto  Grosso).  Das  nördl.  Drittel  B.s  gehört 
der  Tiefebene  des  Amazonenstromes  an  und 
enthält  theils  flaclre  Grasflur  (LIanos),  theils, 
namentlich  zu  beiden  Seiten  des  Stroms» 
sumpfige,  undurchdringliche  Urwälder  (Sei- 
vas).  An  der  Nordgrenze  Thelle  desHooh- 
laudes  von  Guiana  mit  Gipfein  von  5000— 
6000'  h.  —Zwei  grosse  Stromgysteme:  im  N. 
der  Amazonenstrom,  der  sammt  seinen 
Nebenflüssen  fast  gänzlich  B.  angehört,  im 
S.  der  Rio  de  la  Plata,  dessen  Quellstrome 
Parana,  Paraguay  etc.  in  Ihrem  Oberlaufe 
zu  B.  gehören ;  ausserdem  der  Paranahyba 
und  San  Francisco.  Grössere  Seen  fehlen 
(nur  der  Strandsee  Los  Fatos  im  SW.). 
Klima  im  Gebirgsland  und  wo  die  Seewinde 
mildernd  einwirken,  äusserst  augenehm; 
in  den  inneren  'Tiefebenen  tropisch  heiss 
und  ungesund  (gelbes  Fieber).  Regenzeit 
während  unserer  Wintermonate;  Vulkane, 
Erdbeben',  Orkane  unbekannt. 

Produkte  des  Mineralreichs:  Diamanten 
(bes.  in  Minas  Geraes  und  Matto  Grosso, 
Jährl.  ca.  5  Mill.  Thlr.)  u.  and.  Edelsteine, 
Gold  (Minas  Geraes,  San  Paulo,  Goyas  und 


d36 


Brasilien. 


Matto  Qro88o;  Jetzige  Ansbevte  nur  V«  Ton 
der  des  Torigen  Jahrh.)t  etwas  Platina,  vor- 
zügl.  Eisen  in  grosser  Menge ,  Steinkohlen 
<nenerding8  in  Santa  Gatharina,  Rio  Grande 
do  Sul  in  mächtigen  Lagern  entdeckt), 
Salz.  Bedentender  die  Produkte  des  Fflan- 
r.enreichs :  Getreide  Jeder  Art  (doch  den  Be- 
darf nicht  deckend ;  ca.  600,000  Ctr.  J&hrl. 
noch  eingeführt);  mannichfaltige  tropische 
Ctewachse,  namentlich  Kaffee  (seit  1768,  am 
meisten  unter  lülen  Ländern  der  Erde, 
Jährt,  über  SVa  Mill.  Ctr.)  und  Zuckerrohr 
(jährl.  ca.  3  Hill.  Ctr.  Zucker ,  bes.  in  der 
Nähe  des  Aequators),  femer  Theo  (in  Rio- 
de-Janeiro  und  San  Paulo,  ans  China  hierher 
verpflanzt),  Baumwolle,  Tabak,  Indigo, 
Kakao  etc.,  Südfrüchte,  gesuchte  Färbe-, 
Tischler*  u.  Bauhölzer  (darunter  das  Brasi- 
lienholz) in  dichten  Urwäldern,  Gummibäume 
{auf  den  Inseln  der  Maraiioumündung).  Im 
Thierreich :  Rindvieh  und  Pferde  (im  S.  auch 
heerdenweise  wild) ,  sowie  andere  Haus- 
thiere,  Tapire,  Gürtelthiere ,  Faulthiere, 
Affen  (zahlr.  Arten),  Katzenarten,  Walfische, 
Vögel  und  Insekten  in  reichster  Mannichfal- 
tigkeit  (unter  Jenen  der  Condor  und  der  noch 
grössere  Uira ,  der  Salian ,  Aral  und  Can- 
didi ,  zahlr.  Papageien  und  Kolibris;  unter 
letzteren  prächtige  Schmetterlinge  u.  Käfer, 
Wanderameisen),  endlich  Schlangen  (Klap- 
perschlange, Korallenschlang^,  Anaconda  etc. 
am  gefährlichsten)  und  andere  Amphibien 
(Schildkröten,  Alligatoren  etc.). 

Die  Bevölkerung  besteht  aus  Weissen  (etwa 
3  Hill.,  namentl.  portug.  Kreolen,  Engländer, 
Deutsche,  Schweizer,  Chinesen)  u.  Farbigen 
(darunter  gegen  l'/s  Mill.  Sklaven).  Nicht 
sesshafte  Indianer  etwa  i/»  Mill.  (n.  And. 
200,000).  Sklavenhandel  seit  1854  verboten ; 
dazu  sollen  nach  Vorschlag  der  Regierung 
von  1867  alle  nach  der  Veröffentlichung 
des  Emancipationsgesetzes  geboreneu  Skla- 
venkinder ttei  und  nach  Verlauf  von  SS  Jah- 
ren die  Sklaverei  völlig  aufgehoben  sein. 
Herrschende  Bdigion  die  kathol.  (Erzbisch, 
von  Bahia  mit  11  Bischöfen);  protestant. 
Ehen  ungültig.  Unterricht  sehr  mangel- 
haft (1867  in  14  Provinzen  nur  118,183  Ele- 
mentarschüler); Akademien  für  Jurispru- 
denz (seit  1887)  zu  San  Paulo  u.  Pernambuco; 
medicinische  Akademien  (seit  1852)  zu  Rio- 
de-Janeiro  und  Bahia;  mehrere  theologische 
Seminarien  und  naturwissensohaftl.  Lehr- 
anstalten; Kriegsschule  u.  Militärakademie, 
Kunstakademie.  Marine-  und  Handelsschule 
in  Rio.  —  BeBchäftigung  des  Volks  im  trop.  N. 
Plantageuwirth  Schaft  (mit  Hülfe  der  Sklaven, 
«uf  Zucker,  Kaffee,  Tabak,  Baumwolle),  im 
S.  Ackerbau  mit  Viehzucht  (wiewohl  sehr 
lässig  betrieben).  Im  Ganzen  etwa  nur  i/im 
des  Areals  unter  Kultur.  Ackerbaukolonien 
zu  Blumenan,  Itajaby,  Theresiopolis,  Santa 
Isabel,  SanLaurenzo,  D.  Francisca  etc.  —  Der 
Binnenhandel  höchst  unbedeutend ;  der  iSe«- 
handel  mit  Rohprodukten  (meist  in  den 
Händen  von  Fremden)  ansehnlich.  Aus- 
fuhr 1866—67:  156  Mill.  Milreis  (Haupt- 
artikel Kaffee,  Baumwolle,  Zucker),  Einfuhr 
148Vs  Mill.  MilreYs.  SchifTfahrtsbewegung 
1866  —  67:     eingelaufen    S694    Schiffe    mit 


1,888»784  Tonnen;  aasgelaufen  8638  Schiffe 
mit  1,543,977  Tonnen.  Haupthafenplätze: 
Rio ,  Pernambuco ,  Bahia ,  Rio  Grande  do 
Sul,  Park.  Im  Allgemeinen  wird  durch  die 
Trügheit  und  Selbstgenügsamkeit  der  Ein- 
wohner die  Entwickeluug  der  phys.  und 
techn.  Kultur  so  sehr  gehemmt  wie  der 
geistige  Aufschwung  «des  Volks.  Land- 
strassen spärlich  und  mangelhaft;  Eisen» 
bahnen  erst  8t  M.  Bank  von  B.  zu  Rio  mit 
zahlreichen  Filialbauken.  Bechnung  nach 
Milreis  (in  Silber  =  83  Sgr.  7  Pf. ;  in  Papier 
Werth  geringer  u.  schwankend),  bei  grossem 
Summen  in  Conto  de  Reis  (=  1000  Milreis). 

Staatsform:  erbliches  konstitution.  Kaiser- 
thum  mit  Senat  (Mitgl.  auf  Lebenszelt)  und 
Deputirtenkammer  (Mitgl.  auf  4  Jahre). 
Gegenwärtiger  Kaiser  Pedro  H.  (s.  7.  April 
1831,"  resp.  88.  Juli  1840).  Finantten  1870-71: 
Ausgaben  83,435,461  MilreltB  Pap., 
Einnahmen  73,056,000 
Gesammte  Staatsschuld  1869:  784,753,954  Mil- 
roVs  (=  112,562,601  Pfd.  St.).  Armee  1867: 
85,844  Mann  im  Frieden,  Kriegsstärke  im 
Ganzen :  73,784  M.  Mnnicipalgarde  577,329  M. 
FloUe  1867:  19  Panzerschiffe  (3  noch  im  Bau) 
u.  75  nicht  gepanzerte  Schiffe,  daza  mehrere 
nicht  armirte  Schiffe.  Arsenale  zu  Rio,  Bahia, 
Pernambuco,  Park  und  Matto  Grosso.  — 
6  Orden:  S.  Bento  d'AvIs  (von  1147),  San- 
tiago da  Espada  (von  1170),  Christusorden 
(von  1319),  südl.  Kreuz  (von  1882),  D.  Pedro L 
(von  1826),  Rosenorden  (von  1829).  —  M»- 
theilung  in  80  Provinzen:  Im  SO.:  Rio-de- 
Janeiro,  San  Paulo,  Santa  Catharina,  Paranä, 
San  Pedro,  Bspirito  Santo,  Bahia.  Im  0.: 
Parahiba  do  Norte,  Pernambuco,  Alagoas, 
Sergipe  del  Rey.  Im  NO. :  Rio  Grande  do 
Norte,  Ceark,  Piauhy,  Maranhao,  Gräo  Panu 
Im  Innern:  Minas  Geraes,  Goyaz,  Matto 
Grosso,  Alto  Amazonas.  Hauptstadt:  Rio- 
de- Janeiro.  —  Vgl.  Reybaud,  ,B.*  (deutsch 
1857);  Kidder  und  Fletcher,  ,BrazlI  and  the 
Brasüians',  neue  Ausg.  1866;  Barü  de  la 
Sure,  ,L'emplre  de  Brasil',  1861—68;  SeuUy, 
,Bi'azll  etc.',  1866 ;  d'Aaeier,  ,Le  Brasil  cou- 
temporain',  1867;  und  die  Reisewerke  von 
8pix  u.  Martina,  Bohl,  St.  Hüaire,  Bugenda», 
Pr.  Ad€Ubert  von  Preussen,  Pr.  M<ixim,  von 
Neuwied,  Biard,  Tschudi,  Lallemant  u.  A. 

Oe»chiehte,  B.  ward  1500  von  dem  Por- 
tugiesen Pedro  Alvarez  Cabral  entdeckt, 
von  Portugal  in  Besitz  genommen,  aber  erst 
unter  König  Johann  HI.  kolonisirt.  Thomas 
de  Sousa  gründete  1549  die  Stadt  Bahia. 
Die  Erwerbung  grosser  Strecken  Landes 
durch  den  portug.  Adel  beförderte  die 
Kultur.  1684  eroberten  die  Niederländer  die 
Stadt  und  1630  die  Landschaft  Bahia  mit 
Pernambuco  und  unterwarfen  seit  1637  sieben 
Küstenprovinzen.  Doch  schon  1654  mussten 
die  Niederländer  das  Land  wieder  räumen 
und  1661  gegen  Geldentschädigung  ganz  auf 
dasselbe  verzichten.  1679  bemächtigten  sich 
die  Spanier  der  neu  gegründeten  Kolonie 
San  Sagramento.  Seitdem  man  1698  zuerst 
Gold ,  1730  Diamanten  gefunden ,  hatte  die 
portug.  Verwaltung  nur  deren  Ausbeutung 
und  Handelszölle  im  Auge.  Unzufrieden- 
heit veranlassten  ausserdem  die  Schenkung 


Brasilienhobs  —  Brater. 


837 


^^88er  Landairecken  an  portug.  Adelige 
<DoiiAtarios)  und  die  Verträge  der  Begiernng 
mit  Abenteurern,  welche  Eroberungen  auf 
«igpie  Kosten  unternahmen  (Gonquistadores), 
•die  Erhöbung  der  Abgaben,  die  Behandlung 
^er  Gold-  und  Edelsteinfunde  als  Regal  etc. 
Dem  Beispiel  der  spau.  Kolonien  folgend, 
reroltirten  die  portug.  Truppen  und  er- 
jiwangen  für  B.  die  portug.  Konstitution 
Ton  1820,  welche  26.  Febr.  1821  der  Kron- 
prinz Dom  Pedro  für  sich  und  seinen  Vater 
■Johann  VI.  beschwor,  worauf  letzterer  26. 
April  B.  verliess.  Dom  Pödro,  als  Prlnz- 
r^ent  eingesetzt,  erklärte  sich  gegen  Por- 
tugal, welches  B.  nach  wie  vor  als  ab- 
hängige Kolonie  behandeln  wollte,  berief 
2n  Entwerfung  einer  Verfassungsurkunde 
«ine  Nationalversammlung  und  nahm  18. 
Dec.  1822  die  Kaiserwürde  an,  nachdem  die 
Deputlrten  1.  Aug.  die  Trennung  B.s  vom 
,  Mntterlande  ausgesprocheu.  Darauf  innere 
Parteizwistigkeiten.  Eine  neue  Nationalver- 
sammlung nahm  den  ihr  vorgelegten  sehr 
liberalen  Verfassungsentwurf  8.  Jan.  1824 
an.  Durch  Vertrag  vom  15.  Nov.  1825  er- 
kannte Portugal  B.s  Unabhängigkeit  an. 
Dom  Pedro  vermochte  aber  der  Anarchie  und 
ünanzlellen  Zerrüttung  nicht  abzuhelfen. 
£r  dankte  7.  April  1831  zu  Gunsten  seines 
iSohnes  ab  und  schiffte  sich  nach  Europa 
ein.  Für  den  neunjährigen  Dom  Pedro  II. 
setzten  die  Kammern  eine  Regentschaft  ein. 
Aus  eigner  Machtvollkommenheit  veränderte 
•6.  Aug.  1834  der  Kongress  die  Verfassung 
>  dahin ,  dass  fortan  jede  Provinz  einen  ge- 
setzgebenden Körper  erhielt.  1835  ward 
I>iego  Antonio  Fe^jo  durch  eine  General- 
-versammluug  zum  Regenten  des  föderativen 
Kaiserthums  ernannt,  dankte  aber  Sept.  1887 
ab  und  hatte  den  bisherigen  Kriegsminister 
Pedro  Araujo  de  Lima  zum  Nachfolger. 
Juli  1840  erklärte  die  Deputirtenkammer 
Dom  Pedro  II.  für  vol^ährig,  der  23.  Juli 
1840  die  Regierung  antrat,  unter  fortdauem- 
•der  Finanauoth  und  Zwistigkeiten  mit  Eng- 
land wegen  Erneuerung  des  1845  erloschenen 
Vertrags  über  das  Durch snchungsrecht  der 
Itrasilian.  Schiffe.  Rosas,  der  Diktator  der 
argeutin.  Konföderation,  bedrohte  die  Süd- 
Frenze  B.s.  Mit  Urquiza,  dem  Gouverneur 
cler  argentin.  Provinz  Entre-Rios,  Uruguay 
und  Paraguay  verbündet,  begann  B.  den 
Krieg,  der  durch  den  Sieg  bei  Moute-Caseros 
4(3.  Febr.  1852)  über  Rosas  und  dessen  Sturz 
beendet  ward.  Seitdem  gestalteten  sich  die 
inneren  Verhältnisse  B.s  günstiger.  Eine 
liberale  Kolonialpolitik  unter  dem  Ministe- 
rium Clinda  förderte  namentlich  die  deut- 
sche Einwanderung  und  Hess  sich  dieHebung 
^ler  Industrie  und  des  Nationalwohlstandes 
angelegen  sein.  Die  "^^rhaftung  dreier  engl. 
•Offiziere  erzeugte  neuen  Konflikt  mit  Eng- 
land. Jan.  1863  nahm  der  engl.  Admiral 
Warren  5  brasillan.  Kauffahrer  auf  der 
Rhede  von  Rio  in  Beschlag,  und  da  B. 
Gepugtbuung  verweigerte,  bfach  England 
mit  B.  Nach  dem  Rücktritt  des  Kabinets 
•Olinda  (15.  Jan.  1864)  wurde  die  Dilfereni 
«nit  England  zwar  ausgeglichen,  a'ber  der 
3Präsideut    Lopez    von    Paraguay    begann 

Jfeyert  HoTid- Lexikon, 


wegen  einer  bewaffneten  Intervention  B.s  (n 
Uruguay  Feindseligkeiten  und  fiel  in  die 
Provinz  Matte  Grosso  ein.  B.  schloss  darauf 
mit  Uruguay  und  der  argentin. Konföderation 
(8.  Mai  1865)  die  Tripelallianz  von  Buenos- 
Ayres.  Obwohl  es  auf  Seiten  seiner  Ver- 
bündeten nur  schwache  Unterstützung  fond 
und  der  Krieg  einen  sehr  langsamen  Fort- 
gang nahm,  auch  selbst  die  nordamerikan. 
Union  zu  Gunsten  Paraguays  zu  interveniren 
drohte,  so  endigte  doch  der  Krieg  mit  dem 
Sieg  der  Verbündeten  und  Lopez  Fall ,  in 
einem  letzten  Kampf  am  Aquidaban  (1.  März 
1870).  Einem  reaktionären  Ministerium  (seit 
Aug.  1868)  folgte  (Sept.  1870)  ein  gemässigt 
konservatives.  Vgl.  Soulhey,  ',History  of 
BrazilS  1810-19,  8  Bde.;  Handdmann,  «Ge- 
schichte von  B.',  1860. 

Brasilieilholz  (Femamlmkhole,  Allerheili-' 
genholg,  Bothholz),  rothes  oder  gelbbraunes 
Farbeholz  von  Caesalpinia  crlsta,  in  Bra- 
silien und  auf  Jamaika  als  Nutzholz,  färbt 
von  Orange  bis  Roth. 

Brasse  (Abramis  Cuv,),  Gattung  der 
Karpfen  fische.  Oemeine  Flussbrasae  (Brachse, 
Blei,  A.  brama  Ouv.,  Cyprinus  brama  L,), 
2'  1.,  bis  18  Pfd.,  fast  überall  in  Deutsch- 
land und  Europa,  meist  gesellig.  JZärthe 
(Russnase,  A.  Vimba  L.) ,  10—14",  in  Nord- 
deutschlaud  und  im  Donaugebiet.  Heimen 
(Jope,  Dünneke,  Schwuppe,  A.  Ballerus  L.), 
1',  im  unteren  Lauf  aller  Hauptflüsse  Mittel- 
europas. £licke  (Güster,  A.  Blicca  LeibL, 
Blicca  Björkna  X.),  8-12",  Afittelenropa. 

Brassen,  die  Taue,  mittelst  welcher  die 
Raaen  in  horizont.  Richtung  bewegt  werden. 

Brassenr  de  Beurbourg  (spr.  -söhr  dö 
Burburgh),  Charles  Etienn«,  franz.  Ethno- 
graph ,  geb.  8.  Sept.  1814  zu  Bourbourg 
(Depart.  Nord),  ging  im  Auftrag  der  Pro- 
paganda nach  Nordamerika,  bereiste,  seit 
1846  Generalvikar  des  Bischofä  von  Boston, 
1850  Mexiko,  1854,  1855  und  1860  Gentral- 
amerika,  ward  Febr.  1864  zum  Mitglied  der 
zu  Erforschung  Mexikos  bestimmten  franz. 
Expedition  ernannt.  Sehr.  ,Histoire  de  Ca- 
nada'  (1851),  ,Hist.  des  nations  civilis^es  du 
M6xique  etc.*  fl857— 59,  4  Bde.),  ,Monumeuts 
anciens  du  Mexique  etc.'  (1866)  u.  A. 

Brassica  L.  (Kohl),  Pflanzeugattung  der 
Gruciferen.  Gartenhohl  (B.  oleracea  L.),  in 
vielen  Varietäten  als  Kraut,  Wirsing,  Blatt- 
oder Schnittkohl,  Blaukohl,  Blumen-  und 
Rosenkohl;  Rübenkohl  (B.  rapa  L.),  als 
Winter-  und  Sommerrübsen,  mit  dicker 
fleischiger  Wurzel  als  weisse  oder  Wasser- 
rübe; Raps  (Rapskohl,  B.  napus  L.) ,  als 
Oelpflanze  kultivirt.    S.  Kohl  und  Rübe, 

Braten,  Zubereitung  des  Fleisches  mit 
wenig  oder  ohne  Wasser,  am  Spiess,  auf 
dem  Rost  oder  in  der  Pfanne,  liefert  die- 
nahrhafteste  Fleischspeise,  da  Eiweiss  und 
Fett  völlig  erhalten  bleiben  uud  eine  Spur 
sich  bildender  Essigsäure  das  Fleisch  ver- 
daulicher macht. 

«  Brater,  Karl,  Führef  der  bayer.  Fort- 
schrittspartei, geb.  1819  zn  Ansbach,  1848 
bis  1850  Bürgermeister  zn  Nördlingen,  be- 
theiligte sich  seit  1856  in  München  an  der 
Redaktion  des  von  Blnntschli    herausgeg, 

22 


838 


Bratsche  —  Braunkohle. 


yBeiitichen  Staatswörterbnchs'  tuid  opponlrte 
lelt  1858  in  der  Presse  gegen  das  Ministe- 
rlnm  Pfordten-Reigersberg.  In  Kümberg 
Ton  den  vereinigten  Liberalen  in  die  Kam- 
mer gewählt,  half  er  1859  den  National- 
Terein  stiften,  gründete  in  München  die 
,  Süddeutsche  Zeitung',  entwarf  1863  nach 
Auflösung  der  Abgeordnetenkammor  das 
Wahlprogramm  der  bayer.  Fortschrittspartei, 
berief  21.  Dec.  mit  And.  die  deutflehe  Abge- 
ordnetenversammluDg  nach  Frankfurt  a/M., 
ward  in  Nürnberg  abermals  gewählt  und 
ipachte  sich  als  Referent  um  die  wichtigsten 
gesetzgeberischen  Arbeiten  verdient;  f  ^^^ 
Okt.  1869  zu  München. 

Bratsche  (  Viole,  Viola  da  braceio,  Altgeige), 
grosse  Art  Violine,  im  Umfang  vom  kleinen 
o  bis  dreigestrichenen  c. 

Bratysengee,  Landsee  in  der  Moldau, 
östl.  von  Galatz;   Abfluss  nach  dem  Pimth. 

Bnnbach,  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Wies- 
baden, am  Rhein,  1715Ew.  Dabei  dieMarks- 
buig;  Silberschmelze;  unfern  der  Dinkhol- 
derbrunnen.  [hoch. 

Brftnhansberg,  Anhöhe  bei  Potsdam,  271' 

Brauliothal}  nordöstl.  Seitenthal  des 
obem  Veltlin,  durch  welches  die  stilfser 
Strasse  herabführt. 

Braun,  1)  Aug,  Ihnil,  Archäolog,  geb. 
19.  April  1809  zu  Gotha,  ward  1833  bei  dem 
archäolog.  Institut  in  Rom  erst  als  Biblio- 
thekar, dann  als  Prosekretär  angestellt, 
übernahm  1834  die  Redaktion  des  ,BuIletiuo' 
■und  1837  die  der  ,AnnaliS  richtete  eine 
galvanoplast.  Anstalt  zur  Vervielfältigung 
antiker  Kunstwerke  ein;  f  12.  Sept.  1856. 
Sehr,  ausser  mehreren  Monographien ,  Antike 
Marmorwerke'  (Dekade  lu.  2, 1843);  ,Griech. 
Götterlehre'  (1850— 54,  2  Bücher); , Vorschule 
der  Kunstmythologie'  (1854);  ,Die  Ruinen 
und  Museen  Roms'  (1854).  —  2)  Karl,  nassaui- 
icher  Liberaler,  geb.  4.  März  1822,  1849—66 
Mitglied,  1858— 63 Präsidentder  zweiten  Kam- 
mer des  Herzogthums  Nassau,  seit  1859  Prä- 
sident des  volkswirthschaftl.  Kongresses  und 
seit  1861  Direktor  des  Vereins  für  Alterttiums- 
kundo  und  Geschichtsforschung  in  Nassau, 
-ward  1867  für  Wiesbaden  in  das  preuss.  Ab- 
geordnetenhaus und  den  Reichstag  gewählt, 
hier  beredter  Wortführer  der  Nationallibe- 
ralen ;  siedelte  1868  als  Rechtsanwalt  am 
Obertribunal  nach  Berlin  über.  Sehr.  ,Die 
Zinswucher- Gesetze'  (1856);  ,Vier  Briefe 
eines  Süddeutschen  an  den  Verfasser  der 
Tier  Fragen  eines  Ostpreussen'  (1867);  ,BiI- 
der  aus  der  deutschen  Kleinstaaterei'  (1870) 
n.  A.  —  3)  Julius,  Archäolog,  geb.  1825  zu 
Karlsruhe,  Schüler  Roths  in  Heidelberg,  be- 
reiste seit  1848  Aegypten ,  Palästina,  Klein- 
asien und  das  ägäische  Meer  nebst  Griechen- 
land, später  wiederholt  Italien,  erhielt  1860 
eine  Professur  in  Tübingen,  die  er  bald 
wieder  aufgab,  lebte  seitdem  in  München; 
t  das.  22.  Juli  1869.  Sehr,  (mit  der  Grund- 
tendenz, den  KuTturzasammenhaug  aller 
alten  Völker  nachzuweisen):  ,Studien  und 
Skizzen  aus  den  Ländern  der  alten  Kultur' 
(1854);  »Geschichte  der  Kunst'  1856  —  58); 
jNaturgesch.  der  Sage*  (1864) ;  »Historische 
Xandschaften'  (1867;. 


Bnuft«,  1)  Stadt  in  Oberösterreich,  an» 
Inn,  2398  Ew.;  seit  1866  Denkmal  des  180» 
liier  erschossenen  Buchhändlers  Palm.  — 
2)  Stadt  in  Böhmen,  Kr.  Königgrätz,  an  der- 
schles.  Grenze,  8473  Ew.;  Tuchweberei 
(Jährl.  5000  St.).  Die  Zerstörung  der  pro-  , 
test.  Kirche  zu  B.  (1618)  war  nächste  Ver^ 
anlassung  zum  30jä}ir.  Kriege. 

Brftnnbleien  und  tirnnblelens.  auch 
Buntbleierg,  Pyromorphit,  Folychrom,  Mineral 
aus  der  Klasse  der  wasserfreien  Ghalcite, 
phosphorsaures  Bleioxyd  mit  Ghlorblei,  oft 
arsensäure-,  kalk-  und  fluorhaltig,  bei  Frei- 
berg, Zschopau,  Zellerfeld,  Przibram,  Blei- 
stadt, Mies,  auf  Blei  verarbeitet. 

Branneberger ,  Sorte  Moselwein,  wächst 
beim  Dorf  Dusemund   (Kr.  Bernkastei). 

Braune  Farben:  Asphalt,  Berlinerbraun, 
Bister ,  Bleisuperozyd  ,  Bolus ,  Kasseler- 
braun, Kupferbraun  ,  Ocker ,  Sepia,  Umbra. 
Zum  Braunförben  dienen  Mischungen  von 
Gelb-,  Blau-  und  Rothholz,  Aloti,  Katechu, 
chromsaures  Kali  mit  Kupfervitriol  und 
Theerfarben. 

Branneisenateln,  s.  Eisen. 

Brannelle  (Flüevogel,  Accentor  Sechst.),. 
Vögelgattung  der  PfHemeuechnäbler.  Hecken- 
braunäle    (Graukehlchen ,    Baumnachtigall, 

A.  modularis  L.),  5—6"  1.,  bei  uns  von 
März  bis  Oktober.  Alpenflüevogel  (Flüe- 
lerche,  A.  alpinus  L.),  7—8",  vorzügl-  Alpen- 
sänger,  auf  den  Hochgebirgen  Südeuropas. 

Brannfels,  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Kob- 
lenz ,  Kr.  Wetzlar,  an  der  Iser ,  1777  JBw., 
Residenz  des  Fürsten  Solms-B. 

Braun  fisch,  s.  Delphin. 

Braunkohle,  fossile  Kohle,  ist  jünger  als 
Kreide  und  kommt  in  Formationen  über 
derselben,  bes.  im  Tertiärgebirge  vor.  Die 
Braunkohlenformation  findet  sich  in  Europa 
vom  41.  bis  52.  o  n.  Br. ,  enthält  Thone» 
Letten,  Schieferthoue,  Sande,  Sandsteine, 
Süsswasserkalke ,  Muschelmergel ,  Phos- 
phorite ,  Sphärosidei'ite  u.  Thoneisensteine, 
trachytische  und  basaltische  Tuffe.  Die 
Braunkohlenflötzo  sind  zolldick  bis  100  und 
mehr  Fuss  mächtig  und  in  einer  Anzahl 
getrennter  Binnenmeere  aus  einer  Vegetation 
gebildet,  welche  der  uusiigen  nicht  sehr 
unähnlich  ist.  Arten:  faserige  B.  (Lig^nit), 
vom  Ansehen  des  Holzes;  gemeine  B., 
derbe,  spröde,  mit  muschligem  Bruch  (mit 
glänzendem    Bruch:    Gagat)     und     erdige 

B.  Sie  ist  gelblich  bis  pechschwarz ,  oft 
der  Steinkohle  sehr  ähnlich,  gibt  aber  stets 
saure  (Stelnkohlo  ammoniakalische)  Dämpfe, 
enthält  5  —  10  o/o  (und  viel  mehr)  Asche, 
lufttrocken  20 o/^  hygroskopisches,  31  —  32«/» 
chemisch  gebundenes  Wasser,  48— 560/» 
Kohlenstoff,  1— 2o/(^  Wasserstoff.  Hire 
Brennbarkeit  ist  geringer  als  die  des  Holzes, 
sie  überti-ifft  dasselbe  aber  an  Wärmeeffekt 
um  mehr  als  das  Doppelte  und  eignet  sich 
bes.  zu  Rostfeuerungen  und  zur  Zimmer- 
heizuug;  backende  Steinkohlen  kann  sie 
nicht  ersetzen.  Destillli't  liefert  eine  bes. 
Art  (Pyroplssit  bei  Zeitz ,  Weissenf  eis  und 
Halle)  Theer,  aus  welchem  Photogen,  Solaröl 
und  Paraffin  gewonnen  wird.  B.  findet  sich 
in  Bayern,  Böhmen,  Oesterreich,  Thüringen* 


Braunsberg  —  Braunschweig. 


339 


Hessen ,  Brannschweig,  Posen',  am  Nieder- 
rhein, im  Elsafls,  in  der  Auvergne,  bei 
Basel,  in  Italien,  in  Ostirland  und  auf  der 
westschott.  Insel  Moll ;  in  Nordamerika  im 
Missourigebiet  und  auf  VaucouYer;  in  Asien 
auf  den  hinterindisclien  luseln  u.  in  Japan. 
Vgl.  Zincken,  ,Die  B.*,  1865. 

Braunsberg,  Kreiset,  im  preuss.  Begbz. 
Königsberg,  an  der  Passarge,  nahe  dem 
frischen  Haff,  11,681  Ew.  Schloss ,  kathol. 
hohe  Lehranstalt  (LyceumHosianum);  Bier- 
brauerei (das  einst  ber.  Bier  ,Fullwurst'). 
Ehedem  Hanptort  des  Ermelands  und  Hanse- 
stadt, 1255  gegründet. 

Brannschweig,  deutsches  Herzogthum, 
67  QM.,  besteht  aus  3  getrennten  Hanpt- 
theflen:  dem  Fürstenthum  Wolfenbüttel 
(Kreise  B. ,  Wolfenbüttel ,  Helmstedt) ,  dem 
Hars-  und  Weserdistiikt  (Kr.  Gandersheim 
u.  Holzminden)  u.  dem  Fürstenthum  Blan- 
kenburg  am  Unterhars,  nebst  5  Enklaven. 
G^irge:  im  Süden  der  Harz  (Wormberg 
3045',  Achtermaunshöhe  2787')  und  dessen 
Yorberge  (ca.  7  QM.),  im  Norden  bewaldete 
Anhöhen :  Asse,  Elmwald  etc.  —  Hauptßtts$ 
im  Norden  die  Ocker;  ausserdem  Leine, 
Aller,  Bode.  —  32S/|0/p  Ackerland,  272,'|0/o 
Wiesen,  31«/»  o/q  Wald  (grösstentlieils  Staats- 
gut). Produkte  bes.  Getreide,  Flachs  (jährl. 
84,009  Stein),  Hopfen.  Bergbau  (auf  dem  sog. 
Koinmuuionharz  gemeinsam  mit  Preussen) 
auf  Silber,  Blei,  Eisen,  Braunkohlen  etc. 
(Steinkohlen  nur  bei  Helmstedt).  Salinen. 
Neben  Bergbau  und  Hüttenwesen  (die  dem 
Staate  gehörigen  Eisenwerke  sind  seit  1867 
Privatbesitz) :  Leinweberei ,  Bierbrauerei, 
Fal»rikatJon  von  Holzwaaren,  Glas,  Papier, 
Zucker,  Tabak,  Tuch,  Lebhafter  Handel; 
Hanptplätzo :  Stadt  B.  und  Hoizminden. 
28,5  M.  Eisenbahn  (Staatsbalmen).  —  Be- 
völfcfrung  (Dec.  1867)  39|^,801  Seelen  (4542 : 1 
QM.),  fast  durchaus  aclit  sächsischer  Ab- 
kunft und  protestantisch  (nur  3900  Katho- 
liken, »um  Bisthnm  Hildesheim  gehQrig, 
1700  Reformiiiie,  1107  Juden).  5  Gymnasien, 
1  polytechn.  Schule  (Colleg.  Oarolinum), 
1  Prediger-,  2  Lehrerseminare,  Berg-  und 
Forstanstalten,  Baugewerk-  und  landwii'th- 
Hchaftl.  Schulen  ,  zahlreiche  Volksschulen  ; 
als  Landesuuiversität  g^ilt  Göttingen.  —  Ver- 
fauxing  konstitutionell-monarchisch ;  Staats- 
gmndgesetze:  die  Landschaftsordnung  vom 
12.  Okt.  1832  und  die  Gesetze  vom  22.  und 
23.  Nov.  1851.  Regierender  Herzog:  Wil- 
helm, seit  25.  Apidl  1831  (un vermählt).  Die 
Laudesversammlung  besteht  aus  46  Abge- 
geordneten.  In  der  Rechtspflege  seit  1850 
Oeflfentlichkeit ,  Mündlichkeit  nud  Ge- 
Bchworu engerichte;  oberste  Instanz  das 
Obergericljt  zu  Wolfenbüttel.  —  Finanxen*' 
wohl  geordnet.  Etat  von  1870  für  Einnahme 
wie  Ausgabe :  2,047,800  Thlr. ;  Staatsschuld 
C1870)  18,974,746  Thlr.  (incl.  12,647,600  Thlr. 
Eisenbalmscliuid).  —  Militärkoruingent  (seit 
1.  Okt.  1867  nach  der  Verfassung  des  nordd. 
Btiudes  neu  organisi)*t):  1  Infanterieregiment 
Nr.  92,  1  Husarenregimeut  Nr.  17,  1  6pfünd. 
Batterie  zu  4  Geschützen  und  2  Landwehr- 
bataillone (zur  20.  Division  des  10.  Armee- 
corps gehörig).  —  Sechnung  nach  Thalern 


k  80  Gr.  (30-Thalerfas8);  Feldmass  der 
Feldmorgen  =  120QRuthen=:  0,979  preuss. 
Moi-gen.  —  Orden  Heinrichs  des  Löwen  (seit 
1834).  Wappen:  springendes  silbernes  Pferd 
zwischen  2  gegen  einander  gekehrten ,  mit 
Pfauenfedern  besetzten  Sicheln.  Landes- 
farben: hellblau  und  gelb.  Eintheilnng: 
6  Kreise  (s.  oben). 

Die  Haupt-  und  Residenzstadt  B. ,  an  der 
Ocker,  50,502  Evir. ;  herzogl.  Schloss  (an  Stelld 
des  1830  al^ebrannten  neu  erbaut,  1865  eben- 
falls abgebrannt,  1869  wieder  aufgebaut), 
mit  prächt.  Quadriga  (von  Rietschel),  Thea- 
ter (seit  1861),  goth.  Rathhaus,  Burgkirohe, 
Bnrgplatz  mit  dem  ehernen  Löwen  Heinrichs 
und  Lessings  Statue  (von  Rietschel) ;  OoUe- 
gium  Garolinum  (polytechn.  Schule),  anatom.- 
chirurg.  Kolleg,  Gesammtgymnasium ;  zahlr. 
Fabriken ;  Bierbrauerei  (Mumme),  2  Messen, 
Bank  (s.  1853,  3  Mill.  Thlr.  Kapital).  Eisen- 
bahn nach  Hannover,  Harzburg  und  Magde- 
burg. —  Gegr.  861,  später  fünfte  Hansestadt 
(Qnartierstadt) ,  bes.  Ende  des  14.  Jahrh. 
blühend,  später  im  Verfall ;  1671  von  Herzog 
Rudolf  August  unterworfen,  seit  1758  stand. 
Residenz  der  Herzöge.  Vgl.  Schröder  und 
Assmann,  ,Die  Stadt  B.<  1841;  Dürre,  «B»« 
Entstehung  und  städt.  Entwicklung',  1857; 
Ders.,  ,Geschichte  B.s*,  1861 ;  Schiller,  «Mittel- 
alterl.  Architektur  B.s',  1852;  Sack,  ,Qe- 
schichte  B.s',  1861. 

Geschichte.  Die  braun  schweig.  Laude,  ur- 
sprünglich zum  alten  Herzogtlium  Sachsen 
(s.  d.)  gehörig,  entstanden  aus  dem  wel- 
fischen  Allodialbesitz,  welchen  Heinrich  der 
Löwe  (s.  d.)  1194  zurückerhielt.  Des  letz- 
teren Söhne  Heinrich,  Otto  (der  nachmalige 
deutsche  Kaisor  Otto  lY.)  und  Wilhelm  theil- 
ton  das  Erbe  1203.  Wilhelms  (f  1213)  Sohn, 
Otto  das  Kind,  einziger  Stammhalter  des 
weif.  Hauses,  ward  nach  langem  Streit  von 
Kaiser  Friedrich  U.  1235  mit  den  weif. 
Landen  als  Herzogtlium  belehnt;  f  1252. 
Seine  Söhne  Johann  und  Albrecht  (Longus) 
begründeten  1267  die  ältere  lüneburger  und 
die  ältere  brannschweiger  Linie,  die  3  Söhne 
Albrechts  (f  1279),  Heinrich,  Albrecht  (der 
Finste)  nud  Wilbulm,  aber  1286  die  Linien 
Grubenhagen,  Göttiugen  und  Wolfenbüttel. 
Die  Besitzungen  der  Linie  Grubenhagen  ver- 
einigte nach  molireren  Theilungen  Philipp  I. 
1526  wieder,  der  1534  der  Reformation  bei- 
trat. Sein  Sohn  und  Nachfolger  Ernst,  Sfit- 
glied  des  sdimalkald.  Bundes,  'gerieth  bei 
Mühlberg  1547  in  die  Gefangenschaft  des 
Kaisers,  trat  1551  die  Regierung  seinen 
Landes  an ;  f  ^^^  kinderlos  und  hatte  daher 
seine  Brüder  Wolfgaug  und  Philipp  II. 
zu  Nachfolgern.  Als  mit  letzterem  1596  die 
Linie  Grubenhagen  erlosch  ,  .wurden  ihre 
Besitzungen  von  Heinrich  Julius  von  B.- 
Wolfenbüttel  in  Besitz  genommen ,  später 
(1616)  aber  nach  reichsgerichtlichem  £r- 
kenntniss  an  die  Linie  Gelle  abgetreten. 
Die  Linie  Gmtingen  erlosch  1463  mit  Otto 
dem  Einäugigen  (Codes).  Die  Linie  Wolfen^ 
büttd  verschmolz,  als  ihr  Gründer  Wilhelm 
1292  t>  mit  der  Linie  Göttiugen,  ward  aber 
durch  Magnus  I.,  den  Frommen,  den  Enkel 
Albrechts  des  Feisten,   1344  erneuert.    AU 

22* 


840 


BraunBchweiger  Grün  —  Braunstein. 


Albrechto  (f  1369)  Sohn  Magnus  II.,  mit  der 
Kette  (Torqnatns),  die  ihm  Ton  Wilhelm, 
dem  letzten  Spfrössling  der  altem  lünebur- 
ger Linie,  fiberwiesene  Erbschaft  in  An- 
spruch nahm,  entstand  der  lüneburger  Erb- 
folgekHeg,  indem  Wilhelm  fl-üher  (läö5)  den 
Sachsen  -  wittenb.  Prlneen  Albrecht  zum 
Erben  eingesetzt  und  Kaiser  Karl  lY.  diesem 
die  Belehnung  ertheilt  hatte.  Magnus  II. 
fiel  1S7S  in  der  Schlacht  bei  Leveste.  Nach 
Albrechts  Tode  verglich  sich  dessen  Oheim 
und  Erbe  Wenceslaus  mit  deu  Söhnen 
Magnus  n.,  FriedHch  und  Bernhard,  die 
seine  Schwiegersöhne  wurden.  Friedrich 
erhielt  B.-WoUenbuttel;  Bernhard  sollte 
Wenceslaus  in  Lüneburg  folgen,  musste  aber 
den  jüngeren  Bruder  Heinrich  als  Miterben 
anlassen.  Nach  Friedrichs  Tode  (1400) 
herrschten  Bernhard  und  Heinrich  erst  ge- 
meinschaftl.  über  B.-Wolfenbüttel  u.  Lüne- 
burg. Durch  die  Thellung  1409,  In  welcher 
Bernhard  1^.,  Heinrich  Lüneburg  erhielt, 
wurden  sie  die  Begründer  der  mittleren 
Linien  B.  und  Ltinehurg.  In  Folge  eines 
Tausches  (1438)  ward  Heinrich  Stammvater 
der  mittleren  Linie  B. ,  Bernhard  der  von 
Lüneburg.  Die  von  Albrechts  Bruder  Johann 
1267  gestiftete  ältere  lüneburger  Linie  er- 
losch 1369  mit  Wilhelm ,  worauf  das  Land 
nach  dem  Ende  des  Erbfolgekriegs  an  die 
genannte  mittlere  Linie  Lüneburg  fiel.  Diese, 
1409  begründet,  theilte  sich  schon  unter 
Heinrichs  Söhnen  Wilhelm  und  Heinrich 
dem  Friedsamen  in  die  Linien  Kaienberg 
und  Wblfenbüttel.  Erstere  erlosch  1584  mit 
Erich  iL,  dem  Gegner  des  schmalkald. 
Bundes.  Die  wolfenbüttler  Linie,  für  welche 
Heinrich  der  Jüngere  (f  1568)  das  Primo- 
geniturrecht  einführte,  erwarb  1596  nach 
Aussterben  der  Linie  Grubenhagen  deren 
Besitzungen  und  erlosch  1634.  Die  mittlere 
Linie  Lüneburg,  in  Folge  des  erwähnten 
Tausches  1428  mit  Bernhard  beginnend, 
bildete  die  Nebenlinien  B.- Harburg ,  die 
1642,  und  B.-Gi/hom,  die  schon  1549 
erlosch,  so  dass  Ernst  der  Bekenner  (f 
1546)  wieder  zum  Alleinbesitz  von  Lüne- 
burg kam,  wo  er  die  Reformation  durch- 
führte. Seine  Söhne  Heinrich  und  Wilhelm 
wurden  die  Beg^'ünder  der  neuem  Linien 
S.  und  Lüneburg,  welche  letztere  die  Kur- 
vrürde  erhielt  und  1815— 66  Hannover  (s.  d.) 
als  Königreich  regierte.  Heinrichs  (f  1598) 
Jüngerer  Sohn  August  ward  Stammvater 
der  neuen  Linie  B.  -  Wolfevhüttel ,  indem  er 
nach  Erlöschen  der  wolfenbüttler  Linie 
(1684)  deren  Lande  gegen  Zahlung  von 
100,000  Speciesthalem  an  seinen  älteren 
3i*uder  Julius  Ernst  (f  1636  kinderlos)  er- 
jwarb  u.  1635 ^ie  Regleining  antrat;  wegen 
seiner  wahrhaft  väterlichen  Regierung 
Seuez  divinus  (gottlicher  Greis)  genannt. 
Ihm  folgte  1666  sein  Sohn  Rudolf  August 
(t  1705),-  der  1685  seinen  Bruder  Anton 
tririch  (t  1714)  zum  Mitregeuten  annahm, 
wahrend  der  Jüngste  Bruder  Ferdinand 
Albrecht  die  apanaglrte Nebenlinie  B.-  Bevern 
begründete.  Da  Anton  Ulrichs  Söhne,  Aug^ust 
Wilhelm  und  Ludwig  Rudolf  1781  und  1735 
«hne  männliche  Erben  starben,  so  gelangte 


die  Linie  B.-Bevern  durch  Ferd.  Albreebt 
zur  Nachfolge  in  B.  (t  1735).  Dessen  Solin 
Karl  verlegte  1753  seine  Residenz  nach  B. 
und  t  1780.  Sein  Sohn  Karl  Wilh.  Ferd., 
Oberbefehlshaber  des  preuss.  Heeres  1806, 
t  bei  Auerstädt  tödtlich  verwundet.  In  Folge 
des  Friedens  von  Tilsit  ward  das  Herzogthum 
B.  dem  neugeschaffenen  Königreich  West- 
phalen  einverleibt.  Erst  Ende  1813,  nach 
der  Schlacht  bei  Leipzig,  ward  das  alte 
Regentenhaus  in  B.  restituirt  In  Karl  Wilh. 
Ferdinands  Sohn,  Friedrich  Wilhelm,  der 
1805  von  seinem  Oheim  Friedrich  August, 
seit  1792  durch  seine  Gemahlin  Friederike 
Sophie  von  WÜrtembei-g-Oels  Besitzer  dieses 
schles.  Fürstenthums,  dasselbe  ei*erbt  hatte. 
Er  fiel  16.  Juni  1815  bei  Quatrebras.  Da 
seine  Söhne,  Karl  und  Wilhelm,  noch  min- 
derjälirig  waren,  so  erhielt  der  Prinz-Regent 
von  Gtossbiitannlen,  der  nachmalige  König 
Georg  lY. ,  die  vormundschaftliche  Regie- 
rung, und  der  Graf  von  Münster  leitete  von 
London  aus  die  öffentlichen  Angelegenheiten 
B.s  in  patriarchalisch  eigenmächtiger  Weise, 
bis  1820  die  revidirte  Landschaftsordnung 
zu  Stande  kam.  Herzog  Karl  trat  80.  Okt. 
1823  die  Regierung  in  B.  an,  während  seinem 
Bruder  Wilhelm  durch  testamentarische 
Bestimmung  das  Fürstenthum  Oels  zuge- 
fallen war.  Karl  ignorirte  die  Verfassung 
von  1820  und  ward  7.  Sept.  1830  vertrieben, 
worauf  Wilhelm  die  Regierung  übernahm, 
anfangs  im  Einverständnis s  mit  seinem 
Bruder,  dann  unter  Zustimmung  der  Agnaten 
selbständig.  Ein  1831  den  Ständen  vorge- 
legter Entwurf  eines  neuen  Landesgrund- 
gesetzes ward  17.  Okt.  1832  angenommen. 
Der  überwiegende  Einfluss  des  Adels  hemmte 
jedoch  den  politischen  Fortschritt.  Der  2. 
Landtag  (1836—37)  beschloss  die  Aufhebung 
(Allodiflkation)  der  dPeudalrechte.  1844  trat 
B.  dem  Zollverein  bei.  1848  brachte  dem 
Lande  Oeffentlichkoit  und  Mündlichkeit  der 
Rechtspflege  u.  Geschwornengerichte,  Press- 
freiheit, freiere  Gestaltung  des  Gemeinde- 
wesens und  zeitgemässe  Modifikationen  des 
Grundgesetzes,  1864  GewerbeA*eihölt.  Beim 
Ausbruch  der  Krisis  von  1866  suchte  B.  eine 
neutrale  Stellung  einzunehmen,  schloss  aber 
6.  Jali  ein  Büuduiss  mit  Preussen  und  trat 
dann  dem  norddeutschen  Bunde  bei.  Die 
Geschichte  der  Lande  B.  und  Lüneburg 
bearbeiteten  neuerlich  Havemann  (1853—57, 
3  Bde.)  und  Schatmann  (1864).  Vgl.  Lam- 
brecht,  ,Das  Herz(^thum  B.*,  1864. 

Brftunschweiger  Grün,  hellgrüne  Kupfer- 
farben, früher  basisches  Kupferchlorid, 
jetzt  wasserhaltiges  kohlensaures  oder  ar- 
seniksaures Kupferoxyd  mit  Gyps  oder 
Schwerspath  gemischt,  decken  gut,  sind 
ziemlich  haltbar,  aber  giftig. 

BmunschweigerHamiue,  dunkelbraunes, 
sehr  substanzloses  Bier,  1492  von  Mumme 
in  Braunschweig  erfanden. 

Brunngpath,  Mineral  aus  der  Klasse  der 
wasserfreien  HaloVd'e,*  eisenoxydul-  und 
manganoxydulreicher  Dolomit,  bes.  auf  Erz- 
gängen von  Freiborg  und  Chemnitz  etc. 

Braunstein  (I^rdusit,  rolianit.  Weich' 
mangantr»,    Glasmachersei/e) ,   Mineral   aus 


Braunwurz  —  Brehm. 


841 


der  Klasse  der  wasserfreien  Hetalloxyde, 
schwarze  S&ulen  mit  schwarzem  Strich,  be- 
steht aus  HangansQperoxyd ,  enthält  87,2  % 
Sauerstoff  n.  dient  zur  Darstellung  von  Chlor, 
Brom  u.  Jod,  zum  Entgolden  der  goldhaltigen 
Kiese,  zum  Färben  und  Entfärben  des  Glases, 
in  der  Glas-  und  Porzellanmalerei,  zur  brau- 
nen Töpferglasur,  zum  Färben  Ton  Steingut- 
maase  und  Seife,  beim  Eisenpnddeln,  zur 
Darstellung  des  Bisterbraun  und  der  dea- 
inficirenden  und  bleichenden  Uebermangan- 
säure.  Der  B.  des  Handys  ist  meist  ein 
Gemenge  von  Pyrolusit  mit  Hausmannit, 
Brauuit  und  andern  Manganerzen.  Haus- 
mannit ist  Hanganoxyduloxyd  mit  28,8  o/o 
Sauerstoff;  £raunit  Mauganoxyd  mit  80,8% 
Sanerstoflf;  Manganity  Graubraunsteinerz, 
besteht  aus  90 o/o  Mauganoxyd  und  10  0/0 
Wasser;  Varvicii  ist  eine  Verbindung  Ton 
Manganit  und  Pyrolusit ;  BHlomelan  (Hart- 
manganerz ,  schwarzer  Glaskopf)  eine  Ver- 
bindung Ton  Mangansaperoxyd  mit  Man- 
gauoxydul  (nebst  Kali  oder  Baryt).  B.  ist 
sehr  verbreitet  und  findet  sich  mit  den  ge- 
nannten andern  Manganerzen  in  Nassau, 
im  Grossherzogth.  Hessen,  in  Baden,  bei 
Kreuznach,  Birkenfeld,  Göpfersgrün,  Plat- 
ten in  Böhmen,  in  Sachsen,  am  Harz  und 
im  Thüringerwsilde,  bei  Huelva  in  Spanien, 
in  Frankreich  etc.  Die  Produktion  in 
Deutschland  beträgt  655,700  Ctr.  Vgl.  ,Der 
B.-  oder  Manganerzbergbaa',  1861. 

Braunwurz^  s.  Scrophularia. 

BrausepnlTer  (pulvis  aerophorns), Gemisch 
von  4—5  Th.  doppeltkohlensaurem  Natron 
mit  3  Th.  Weinsteinsäure  nnd  Zucker, 
zusetzt  sich  in  Bei*ühning  mit  Wasser  unter 
lebhafter  Entwicklung  von  Kohlensäure. 
Englitehe«  B. ,  die  genannten  Substanzen 
ungemischt  jede  in  bes.  Papierkapsel.  Beid- 
litzer  £.  enthalten  noch  abführendes  wein- 
steinsaures Natronkali. 

Braut  in  Haaren,  s.  NigeUa. 

Branwer  (Brouwer),  Adrian,  nlederländ. 
Genremaler,  geb.  1606  zu  Harlem,  f  ^^^  zu 
Antwerpen.    Wirthshausscenen. 

Bnro  (ital.),  tapfer,  brav;  Beifallruf; 
auch  gedungener  Meuchelmörder. 

BrBTOnr  (fr.),  kriegerische  Tapferkeit; 
techn.  Fertigkeit,  bes.  in  der  Musik. 

Brawalla-Helde  (spr.  Bro-),  Ebene  in  der 
schwed.  Landsch.  Smaland;  um  735  sagen- 
hafte ScMaeht  zwischen  Sigurd  Ring  u.  dem 
Däuenkönig  Harald  Hiltetand ,  welcher  fiel. 

Bray  (spr.  Bräh),  Otto  Camillus  Hugo, 
Graf  von  B.-Steinburg ,  Sohn  des  bayer. 
Reichsraths  u.  Diplomaten  Franfois  Gabrid, 
Grafen  von  B.  (geb.  1765  zu  Rouen,  f  1832), 
geb.  17.  Mai  1807  zu  Berlin,  1846  kurze 
Zeit  und  wieder  April  1848  bis  März  1849 
Minister  des  Aeussem,  dann  ausserordentl. 
Gesandter  in  Petersburg,  1870  Minister- 
präsident, unterhandelte  Okt..  und  Nov.  in 
Versailles  mit  Bismarck  über  den  Eintritt 
Bayerns  in  das  deutsche  Reich. 

BraySra,  Kunth,  Pflanzengattung  der 
Rosaceen.  B.  anthelmintica  Kunth  (Kosso- 
bäum) ,  in  der  abessinischen  Bergregion, 
Blütlieu  ofßcinoll  als  Band  Wurmmittel. 

BrazAj  s.  £rafa. 


BrazoB,  Fluss  in  Texas,  entspringt  am 
Llano  Estacado,  mündet  bei  Velasco  in  den 
mexikan.  Golf;  über  100  M.  lang. 

Brazza,  grösste  der  dalmat.  Inseln,  7  QM. 
und  15,980  Ew. ;  .ftnchtbar  (Vulgavawein) ; 
gute  Häfen.    Hauptort  S.  Pietro. 

Breeeien,  verkittete  eckige,  scharfkantige 
Gesteine  einer  oder  verschiedener  Arten, 
stets  am  Fundort  gebildet,  deshalb  fast 
stets  massig,  nicht  geschichtet.  Oft  schöne 
Bau-  und  Schmucksteine,  z.  B.  Breccia  verde 

Brechen,  s.  Erbrecken.  [d*Egitto. 

Brechmtttel  (Emetica,  Vomitiva),  arznei- 
liche Substanzen,  welche  Entleerung  des 
Mageninhalts  bewirken,  bes.  Brech würzet 
(Ipecacuanha) ,  Brechweinstein  (Tartarus 
emeticus,  weinsaures  Kali  -  Antimonoxyd), 
Kupfervitriol  (Cuprum  sulphuricum)  und 
Zinkvitriol  (Zincum  sulphuricum).  Nur  auf 
ärztl.  Verordnung  anzuwenden. 

Brechnnss,  s.  Strychnos. 

Brechrahr,  s.  Cholera. 

Brechung  der  Lichtstrahlen,  s.  Licht. 

Brechweinstein  (Tartarus  stibiatus),  wein- 
steinsaures Antimonoxydkali ,  basisches 
Doppelsalz,  durch  Lösen  von  Antimonoxyd 
in  Weinstein  erhalten  ,  farblose  Krystalle 
von  süssem,  hinterher  ekelhaft  metallischem 
Geschmack,  löst  sich  in  14,5  Th.  kaltem, 
2  Th.  siedendem  Wasser ,  wirkt  schon  in 
kleinen  Gaben  brechenerregend,  ausserlich 
Entzündungen  der  Haut  hervorrufend,  und 
wird  in  der  Medicin  vielfach  benutzt  als 
Pulver ,  weiuige  Lösung  (Brechwein) ,  iu 
Salben  (auteuriethsche  Salbe)   u.  Pflastern. 

Breehwurzel,  s.  Ipecacuanha, 

Brerknock  (spr.  -nöck),  engl.  Grafschaft 
in  Südwales,  83,6  QM.  und  61,627  Ew. 
Hauptst.  B.  (Brecon),  am  TJsk,  5235  Ew. 

Breda,  faste  Stadt  in  der  niederl.  Prov. 
Nordbrabant,  an  der  Merk,  15,282  Ew. 
Kathodr.,  Schloss  (Militärakademie),  Begui- 
nenhof.  Bredaer  Kompromi$$,  16.  Febr.  1566 
von  16  niederl.  Edelleuten  unterzeichnete 
Bitte  um  Aufliebuug  der  Inquisition  und 
relig.  Duldung  (s.  Geusen).  31.  Juli  1667 
Friede  zwischen  England  und  Frankreich 
nebst  Holland  und  Dänemark. 

Brederode,  Heinrich,  Graf  v<m,  geb.  1581 
in  Brüssel,  in  den  niederländer  Unruhen 
Führer  d^s  miss vergnügten  Adels,  veran- 
lasste das  bredaer  Kompromiss;  f  1568  zu 
Gammen  im  Kieveschen. 

Br^e,  Matth.  Ignaz  van,  niederl.  Maler,  geb. 
1773  zu  Antwerpen ;  f  das«  1889  als  Direktor 
der  Akademie.  Einer  der  Regeneratoren  der 
niederl.  Malerei  in  der  Richtung  Davids. 

Bregflglia,   Val  (spr.  -galja),  s.  Bergett. 

"Br^genx  (röm.  Brigantium),  Hauptst.  von 
Vorarlberg  in  Tirol,  an  der  Mündung  der 
bregenxer  Ache  in  den  Bodensee,  8451  Ew. 
Fnbrik.  von  Holzwaaren,  bes.  Reijstöcken 
(jährl.  2  Mill.) .  Unfern  die  bregenxer  Klause, 
ehemals  befest.  Bergpass.  Bregemer  Wald, 
Ausläufer  der  algäuer  Alpen  (Kanisfluh, 
7291').  Bregenzer  See,  südöstl.  Theil  de» 
Bodensees. 

Brehm,  1)  Cliristian  Ludw.,  Ornitholog, 
geb.  24.  Jan.  1787  zu  Schöuau  vor  dem  Walde 
bei  Gotha,  seit  1813  Pfarrer  zu  Renthendorl 


342 


Breisach  —  Bremen. 


bei  Neustadt  a/Orla;  f  da«'  23.  Juni  1864. 
Sehr.  ,Beitiäge  aar  Vogelkunde'  (1821-22, 
S  Bde.V;  ,Lehrb.  der  Naturgescb.  aller  deut- 
schen Vögel'  (1823—24, 2  Bde.) ;  »Monographie 
der  Papageien'  (Heft  1—14, 1842—56) ;  ,Natur- 
geaohichte  und  Zucht  der  Tauben'  (1867)  u.  A. 
Gab  die  Zeitschrift  ,Omeis'  (1824—27,  3  Hefte) 
heraus.  —  2)  Alfred  Edmund,  Naturforscher, 
Sohn  des  Vor.,  geb.  2.  Febr.  1829  zu  Renthen- 
dorf,  bereiste  1847~52NordostafHka,  später 
Spanien,  Lappland  u.  die  Bogosl&nder,  1862— 
1867  Direktor  des  aoolog.  Gartens  in  Hamburg, 
dann  Gründer  und  Leiter  des  berliner  Aqua- 
riums. Sehr.  ,Reiseskizzen  aus  Nordostafrika 
<18Ö6, 3  Thle.) ;  ,Das  Leben  der  Vögel'  (2.  Aufl. 
1867) ;  .Ergebnisse  e.  Reise  n.  Habesch^  (1863) ; 
,Illu8tr.  Thierleben'  (1863-69,  6  Bde.);  ,Die 
Tbiere  des  Waldes'  (mit  MotmUbaer  1866—67, 
2  Bde.);  ,Gefaugene  Vögel'  (1870  ff.,  2  Bde.). 

Breiueh,  1)  (AU-B.)  Stadt  im  bad.  Kr. 
Treiburg,  auf  schroffem  Basaltberg,  am 
Rhein,  3272  Ew.  Schon  Römerfestung  (Mons 
Brisiacus),  später  Hauptfest,  des  deutschen 
Reichs ,  1744  von  den  Franzosen  zerstört ; 
Jetzt  abgetragen.  Denkmal  des  Grossherzogs 
Karl  Friedrich.  —  2)  (Neu-B.)  Festung  im 
obem  Elsass,  Alt-B.  gegenüber  am  Rhein, 
3456  Ew.,  von  Ludwig  XIV.  1699  angelegt. 
Seit  Ende  Okt.  1870  von  den  Deutschen  be- 
lagert und  beschossen;  kapitulirte  10.  Nov. 

Breisgaa,  fruchtbare  Landschaft  in  Baden, 
umfasst  den  Schwarzwald  u.  das  Rheinthal 
bis  nördl.  zum  Kaiserstuhl,  etwa  50  QM., 
erst  den  Herzögen  von  Zähringen  gehörig, 
seit  1367  Österreich.,  1803  dem  Herzog  von 
Hodena  verliehen ,  seit  1805  badisch. 

Breit«,  in  der  Geographie  der  Abstand 
eines  Ortes  vom  Aequator,  gemessen  durch 
den  zwischen  diesem  Orte  und  dem  Aequa- 
tor gelegenen  Bogen  des  durch  jenen  ge- 
legten Meridians,  je  nach  der  nördl.  oder 
südl.  Lage  vom  Aequator  nördl.  oder  aücU.  B. ; 
in  der  Astronomie  der  Abstand  eines  Ge- 
stirns von  der  Ekliptik ,  gemessen  auf  dem 
grössten  durch  die  Pole  der  Ekliptik  geleg- 
ten ,  auf  dieser  senkrecht  stehenden  Kreis. 

Breitenburg,  gr.  Adelsgut  in  Holstein, 
östl.  von  Itzehoe,  7168  Ew.;   altes  Schloss. 

Breiteneck,  ehemalige  Herrschaft  in  der 
bayer.  Oberpnilz,  für  Tilly  zur  Reichsherr- 
schaft  erhoben;  fiel  1724  an  Bayern. 

Breitenfeld,  Dorf  nördl.  bei  Leipzig, 
177  Ew.  Hier  7.  Sept.  1631  Sieg  Gustav 
Adolfs  über  Tilly ;  23.  Okt.  1642  Sieg  der 
Schweden  unter  Torstenson  über  die  Kaiser- 
lichen unter  Erzherz.  Leopold  und  Plcco- 
lomini ;  16.  Okt.  1813  Sieg  der  Alliirten  über 
Napoleon  (Theil  der  leipz.  Schlacht). 

Breitenstock,  Berg  am  Anfang  der  St.Gott- 
hardstrasse,  9818'  hoch. 

Breithom,  1)  Gipfel  der  Monterosagruppe, 
12,012'  h.  —  2)  Berg  der  Bemeralpen,  westl. 
vom  Finsteraarhom ,  11,616*  h.  —  8)  Berg 
der  Salzburgeralpen,  bei  Lofer,  7500'  h. 

Breitinger,  Joh.  JcJe.,  Schweiz.  Aesthetiker, 
geb.  1.  März  1701  zu  Zürich,  seit  1731  Prof. 
am  das.  Gymnasium  ;■  f  15.  Dec.  1776.  Theil- 
nehmer  anBodmers  Bestrebungen,  gab  mit 
demselben  , Discourse  der  Maler'  (s.  1721) 
heraus;   sehr.    »Kritische  Dichtkunst'  (1740, 


2  Bde.,   Vertheidigung   der  poet.  Malerei), 
,Krit.  Abhandl.  von  den  Gleichnissen'  (1740). 

Breitkopf,  Joh.  Gottlob  /mman««!,  Förderer 
der  Buchdruokerkunst ,  geb.  23.  Nov.  1719 
in  Leipzig,  verbesserte  die  deutsch.  Typen, 
erfand  den  beweglichen  Notendruck  etc. 
und  gründete  das  unter  der  Firma  B.  und 
Härtßl  berühmt  gewordene  Yerlagsgeschäft 
in  Leipzig;  f  28.  Jan.  1794. 

Breinmscnlag,  s.  KatapUuma. 

Breme,  s.  Brennen. 

Bremen,  ehemal.  Herzogthum,  das  säkn- 
larisirte  Emtift  B»  im  niedersächs.  Elreise, 
d.  h.  einen  Theil  von  Ostfriesland  und  das 
Mündnngsland  der  Weser  und  Elbe  mit 
halb  Holstein  umfassend,  94  QM.  Erster 
Erzbischof  war  Ansgar  (847).  Unter  Erzb. 
Friedrich  (1558—66)  wurde  die  Reformation 
eingeführt,  1648  das  Stift  säkularisirt  und 
als  Herzogthum  an  Schweden,  1719  an  Han- 
nover abgetreten;  seit  1866  preussisch. 

Bremen,  deutscher  Freistaat,  an  der  unte- 
ren Weser,  zerfällt  in  Stadt-  und  Landgebiet 
mit  einer  Exklave  (Bremerhafen),  4,7  QM. 
mit  110,852  Ew.  niedersäolis.  Stammes  mit 
plattdeutscher  Mundart  (nur  2033  Kathol., 
213  Juden).  Der  Boden  etwas  Marschland, 
vorzugsweise  Wies-  und  Ackerland,  daher 
ansehnliche  Riudviehzucht.  Hauptbeschäf- 
tigung:  Schifffahrt  und  Handel  (vorzugs- 
weise Zwischenhandel),  wovon  20o/o  der  Ew. 
leben.  Verfauung  vom  21.  Febr.  1854; 
Staatsgewalt  in  den  Händen  des  Senats  (18 
auf  Lebenszeit  gewählte  Mitglieder,  davon 
2  Bürgermeister  auf  4  Jahre)  u.  der  Bürger- 
schaft (150  Abgeordnete  der  Bürger  Je  auf 
6  Jahre).  Seit  1861  GewerbeiVeiheit.  Höchste 
richterl.  Instanz  das  Oberappellationsgericht 
In  Lübeck.  Becknung  nach  Thalem  in  Gold 
(5  Thlr.  =:  1  Ld'or,  Silberwerth  schwankend 
nach  dem  Kurs).     Finanzen  1869: 

Einnahme   .    2,422,796  Thlr.  Qold, 
Ausgabe  .  ,.    2,117,068      - 
Staatsschuld  11,773,312      - 
Das  Militärwesen   durcli   Konvention  vom 
27.  Juni  1867  auf  Prenssen  übergegangen. 
Im  Ganzen  22  Gemeinden  (3  Städte). 

Die  freie  btcuit  B.,  18  M.  von  der  Nordsee, 
74,945  Ew.  (780  M.  Militär)  in  Alt-,  Neu- und 
Vorstadt;  14  Kirchen,  darunter  Dom  mit  dem 
Bleikeller  (1050  gegr.),  Liebfrauen-  und  Aus- 
gariuskirchc  (364'  h.  Thurm);  Rathhaus  mit 
dem  her.  Rathskeller,  unfern  die  Rolands- 
säule; der  Schütting  (das  alte  Gildehaus 
der  Kaufmannschaft),  Börse,  Museum  etc.; 
Sternwarte,  zahlreiche  Unterrichtsanstalten 
und  andere  Institute.  Bedeutende  Industrie, 
bes.  Gigan-en  (Export  1869:  732,004  Thlr. 
Gold),  Bier,  Reis,  Kisten,  Schiffbau,  Giesserei 
und  Maschinenbau ,  Znckersiederei.  Der 
2.  Seehnndelsplatz  Deutschlands,  besorgt  B. 
namentlich  dessen  Verkehr  mit  den  trans- 
atlantischen Ländern.  Gesammte  Einftihr 
1869:  103,31  Mill.  Thlr.  Gold  (davon  58,33 
Mill.  Europa,  38,04 Mill.  Amerika),  Ausfuhr: 
94,92  Mill.  Thlr.  Gold  (davon  70,88  Mill. 
Europa,  22,37  Mill.  Amerika).  Hauptstapel- 
nrfikel:  Tabak,  Petroleum  und  Reis  (1869: 
161  Va  »rill.  Pfd.).  Handelsflotte  1869:  300 
Seeschiffe  von  119,209  Lasten  (2^  4000  Pfd.), 


Bremer  —  Brennholz. 


34S 


damnter  26  Schranbendampfer  und  SOYoll- 
schiffe.  Regelmässige  Dampfschiffifahrten 
nach  London,  Hull,  Newyork,  Baltimore 
XL,  Noworleans.  Hauptauswandernngshafen, 
1868 :  66,43»  Auswanderer,  in  206  Schiffen 
^j752  ans  Dentschland),  fast  nur  nach 
Nordamerika;  Totalsumme  Ton  1854  —  1869: 
«57,942  (auf  2896  Schiffen).  SchiffTahrtsver- 
kehr  1869:  angekommen  80S2  Sohiffis  von 
4S6,42S  Lasten,  abgegangen  8176  Schiffe  von 
446,953  Lasten.  Bremer  Bank,  seit  1856 
/Oesammtumsate  1867:  840  Mill.  Thlr.), 
Versicherungsgesellschaft  gegen  Seegefahr 
(Yersicherangssumme  102  Mill.  Tbir.),  Nord- 
deutscher Lloyd  (seit  1857),  Gesellschaft 
für  Rettung  Schiffbrüchiger.  —  Uralte  An- 
fliedlung  von  Fischern  uuc)  Schiffern,  wurde 
B.  durch  Karl  d.  Or.  788  zum  Bischofssita 
erhoben  u.934  durch  Heinrich  den  Sachsen 
mit  einem  Magistrat  und  Privilegien  ver- 
sehen. Durch  Handel  reich  geworden,  war  es 
seit  1284  JahrhundertH  durch  eine  mächtige 
Stadt  der  Hansa  und  erhielt  1640  Sitz  und 
Stimme  im  westphäl.  Kollegium  des  Reichs- 
tages und  17:il  Reichsunmittelbarkeit  als 
freie  Reichsstadt,  zwar  unter  thell weiser 
hannoverscher  Oberheri'lichkelt,  welche  erst 
durch  den  Reichsdeputationshauptschluss 
1803,  der  B.  auch  Vegesack  zuwies,  beseitigt 
wurde.  1815  trat  B.  als  freie  Hansestadt 
zum  deutschen  Bunde,  1866  zum  nord- 
deutschen  Bunde.  Das  Landgebiet  gehörte 
schon  seit  1856  zum  deutschen  Zollverein; 
die  Stadt  selbst  mit  ihren  Hafenstädten 
ist  Freihafen  geblieben  (Aversionalsumme 
252,390  Thlr.  Kur.).  —  Die  alte  patriclsche 
Verfassung,  die,  beruhend  auf  der  Tafel 
vom  Jahre  1433,  der  ,Neuen  Eintracht'  von 
1534,  und  dem  Wahlstatut  von  1816,  dem 
Rathe  (aus  4  Bürgermeistern  und  24  Raths- 
herren  bestehend)  alle  Gewalt  übertrug, 
wurde  durch  die  Konstitution  vom  18.  April 
1849  beseitigt;  letztere  1854  revidirt. 

Bremer,  Frederik«,  schwed.  Schrift- 
steUerin,  geb.  1802  zu  Abo  in  Finnland, 
machte  bedeut.  Reisen:  t  ^l*  ^^'  ^^^  ><* 
Arste  bei  Stockholm.  Ihre  Novellen  In  fast 
alle  Sprachen  übersetzt  (deutsch  1857  —  64, 
50  Bde.);  am  beliebtesten  die  ,Skizzen  aus 
dem  Alltagsleben';  sehr,  ausserdem  zahlr. 
Reiseschilderungen. 

Bremerblav,  Kasseler-,  Kalk-,  Ham- 
burger-, zum  Theil  auch  Mineralblau ,  be- 
steht aus  Kupferoxydhydrat,  hellblau  bis 
grünblau,  gut  deckende,  nicht  sehr  dauer- 
hafte, giftige  Wasser-  und  Oelfarbe,  wird 
mit  Gel  angerieben  bald  grün:  Jiremergriin. 

Bremerhafen.  Hafenstadt  von  Bremen, 
an  der  Wesermundung,  auf  einem  1827  von 
Hannover  (für  158,659  Thli*.)  gekauften  Stück 
Land,  8572 Ew.,  2  Häfen  (der  neue  1847 -66 
erbaut,  mit  Docks  für  die  grössten  Kriegs- 
schiffe), gegenüber  Fort  William.  Ans- 
wandererhans  (für  3000  Pers.),  Riesenkrahn. 

Bremerlehe,  Flecken,  s.  J.ehe. 

BremM  (JBretiu),  Vorrichtung  zur  Auf- 
hebung der  Bewegung  rotirendor  Wellen 
oder  Räder,  wirkt  durch  Ausübung  eines 
Druckes  auf  die  Peripherie  des  rotirenden 
Körpers,  bes.  gebräuchlich  bei  Eisenbahn- 


wagen,   wo    hölzerne    Klötze    gegen    dio 
Peripherie  der  Wagenräder  gepresst  werden. 

Bremsen,  1)  I)€u$el-  oder  BieaßiegeniOeBtrl' 
dae),.  Familie  der  eigentlichen  Fliegen, 
deren  Larven  (Engerlinge)  als  periodische 
Parasiten  in  und  an  höheren  Säugethleren 
leben ;  14  Ghtttungen  über  die  ganze  Erde 
verbreitet,  zerfallen  nach  dem  Wohnort,  den 
die  Larven  an  den  Wirthen  einnehmen,  in 
Magen-,  Nasen-  und  Hautöstriden ;  zu  erste- 
reu  gehören  Oastrophylus-  und  Otenostylum- 
Arten  auf  Pferden,  Eseln,  Maulthieren  und 
Rbinoceros;  zu  den  zweiten  (^estrus-,  Gephe- 
nomyia-,  Gephalomyla-  und  Pharyngomyia- 
Arten  auf  Roth-,  Reh-  und  Damwild,  Ka- 
melen, Schafen,  Ziegen,  Antilopen;  zur 
dritten  Hypoderma-  und  Gestromyia  -  Arten 
auf  RiMh-,  Reh',  Damwild,  Reu-,  Elen-, 
Meschusthieren,  Rindern,  Schafen,  Ziegen, 
Antilopen  und  kleinen  Nagern.  Sie  veran- 
lassen oft  tödtliche  Entzündungen.  Vgl. 
Brauer,  ,Monographie  der  Oestriden',  1863. 
—  2)  Tabanidae,  Familie  der  langrüsseligen 
Fliegen,  deren  Larven  in  der  Erde  le^n, 
plagen  das  Vieh  arg.  Gktttungen  Tabanus, 
Viehbrem$e,  Haemotopota,  Segeribrenue,  und 
Chrysops,  Blindbrenue. 

Brendel,  Front,  Musikgelehrter,  geb. 
26.  Nov.  1811  zu  Stolberg,  seit  1844  Redak- 
teur der  ,Nenen  Zeitschrift  för  Musik*  in 
Leipzig,  später  auch  Lehrer  am  das.  Kon- 
servatorium; t  25.  Nov.  1868.  Anhänger  der 
liszt^wagnerschen  Richtung;  sehr.  ,Ge8cfa. 
der  Musik  in  Deutschland,  Italien  u.  Frank- 
reich' (4.  Aufl.  1868,  2  Bde.;  Aufzug,  5.  Aufl. 
1861) ;  ,Die  Musik  der  Gegenwart*  (1855)  u.  A. 

Brennbare  fflinenilien(£r«nse;,Mineralien, 
die  erhitzt  unter  Aufhahme  von  Saueirstoff 
verbrennen:  harzige  (Bernstein,  Retinit), 
kohlige  (Anthracit,  Stein-,  Braunkohle), 
bituminöse  (Erdöl ,  Asphalt ,  Naumanns 
Anthracide).  Ihnen  schliessen  sich  an: 
Selen ,  Scliwefel ,  Diamant  und  Graphit 
(Naumanns  Metalloide). 

Brennb&chl,  (^sthaus  bei  Imst  in  Tirol, 
in  dessen  Nähe  9.  Aug.  1855  König  Friedr. 
August  von  Sachsen  verunglückte;  seit  1856 
Votivkapelle  daselbst. 

Brennen,  die  slav.  Bewohner  der  nach- 
mal.  Mark  Brandenburg;  poetisch  Preussen. 

Brennende  Liebe,  s.  Lycknis, 

Brenner,  Berg  der  tirol.  Alpen  zwischen 
Innsbruck  und  Sterzing,  6430';  darüber  der 
firemurpoM,  4325'  b. ,  die  niedrigste  der  gr. 
Alpensti*asseu ;  seit  den  Römerzeiten  firequen- 
tirt ,  seit  1867  mit  Eisenbahn.  Auf  der  Pass- 
höhe der  JBrenneraee  und  das  Dorf  B. 

Brennglas,  Sammellinse  von  solcher- 
Stärke,  dass  sich  in  ihrem  Brennpunkte 
brennbare  Körper  entzünden  lassen.  Sehr 
kräftige  Brenngläser  konstruirte  Tscbim- 
hansen g^egenEnde  des  17.  Jahrh.  Brussow 
und  Lavoisier  benutzten  1774  linsenähnliohe 
Hohlkörper  aus  Glas  mit  Terpentinöl  ge- 
füllt, welches  weniger  Wärmestrahlen  zu- 
rückhält als  Glas. 

Brennglaa,  Pseudonym  für  Glasbrenner. 

Brennnolz'  heizt  um  so  stärker,  je  trocto- 
ner  es  ist,  da  das  Wasser  viel  Wärma 
zur  Verdampfung  absorbirt.     LufUrockues 


844 


Brennibor  —  Breslau. 


B.  entb&lt  ca.  90  o/p  Walser.  In  der  Heis- 
kraft iflt  1  Kl.  FichtenholB  =  0,04  Kl. 
Kiefera-|  0,89  Tannen-,  0,70  Buchen-,  0,06 
Birken-,  0,63  Rüstern-,  0,59  Eichenholz. 
Viosshols  hat  einen  Gewichtsyerlnst  Ton 
20<Vo  erlitten  nnd  sehr  viel  geringere  Heis- 
kraft. Scharf  erhitztes  (halb  verkohltes) 
Buchenholz  kommt  als  Rothhols  in  den 
Handel;  1  Kl.  desselben  erzengt  dieselbe 
Wärmemenge  wie  IV4  Kl.  Infttrocknes 
Bnchenhols;  die  Verdampf angskraft  des 
letstem  verh&lt  sich  sn  der  des  Rothholzes 
wie  54  :  100.  1  Pfd.  trocknes  Holz  vei^ 
braucht  den  Sauerstoff  von  63  Kubikfttss 
Luft,  bedarf  aber  in  den  gewöhnl.  Feaernn- 
gen  107>-189  Kubikfass.  Eine  Klafter  Scheit- 
holz wiegt  lufttrocken  bei  Fichten-  21,  Tan- 
nen- 88,  Buchen-  26—38,  Birken-  28,  Eichen- 
92  und  Hainbuchenhols  35  Ctr. 

Brennibory  wend.  Name  von  Brandenbarg. 

Brennkegely  s.  Moxa. 

Brennkogly  Berggipfel  der  hohen  Tauem 
dstl.  vom  Grossgiockner,  OllO'  h.;  schliesst 
das  Fnscherthal. 

BreiittlliiieundBreniilliehe.  Fallen  Licht- 
strahlen von  einem  lenchtenden  Punkt  auf 
eine  gekrtümmte  reflektirende  oder  brechende 
Fl&che,  so  bilden  die  Durchschnittspunkte 
Je  Bwei  benachbarter  Strahlen  eine  Brenn- 
oder  kaustische  Mäche,  in  welcher  die  Be- 
leuchtung st&rker  ist  als  daneben.  Die 
kmmme  Linie,  welche  die  Durchschnltts- 
pnnkte  der  durch  die  Erseugnngslinie  der 
r^ektirenden  oder  brechenden  Fläche  ab- 
gelenkten Stsahlen  enthält,  heisst  J9renn2«me. 

Brenimessel,  s.  Urtica. 

Brennpuikt,  der  Raum,  in  welchem  sich 
die  Von  einem  sphärisch  gekrämmten  kon- 
kaven Spiegel  surückgeworfenen  oder  in 
einer Konvezlinse  gebrochenen  Lichtstrahlen 
▼ereinigen.  Hohlgläser  und  konvexe  Spiegel 
vereinigen  die  gebrochenen  oder  reflektirten 
Strahlen  nicht,  sondern  machen  sie  so 
divergirend,  dass  sie  von  einem  bestimmten 
Pnnkt  vor  dem  Glase  oder  hinter  dem  Spiegel, 
dem  sog.  virtuellen  B.,  auszugehen  scheinen. 

Bremwpiegely  Hohlspiegel,  welche  das  auf- 
gefitngene  Sonnenlicht  durch  Reflexion  auf 
einen  engen  Raum  leiten  und  hier  grosse 
Hitze  und  intensives  Licht  erzeugen ;  lassen 
sich  auch  aus  passend  zusammengestellten 
ebenen  Spiegeln  herstellen;  auf  Lencht- 
fhürmen  nnd  bei  Teleskopen  angewandt. 

Bremoi,  Anf&hrer  der  Sennonen,  einer 
gall.  Völkerschaft  in  Oberitalien,  schlug  die 
Römer  am  Flusse  AUia  390  n.  Chr.  und  er- 
oberte und  plünderte  Rom,  ward  von  Ca- 
millus  vertrieben. 

Brenmwelte,  die  Entfernung^des  Brenn- 
punktes eines  Brennspiegels  oder  einer 
Linse  von  ihrer  Mitte. 

Brenta,  Küstenfluss  in  Oberitalien,  ent- 
springt aus  dem  See  Caldonazzo  bei  Trient, 
durchfliesst  das  Val  Sugana,  müudet  bei 
Brondolo  in  den  Gk>lf  von  Venedig;   23  M. 

Brentano,  1)  Clemen»,  Dichter  der  romant. 
Schule,  geb.  8.  Sept.  1778  zu  Frankftirt  a/M., 
Bruder  der  Bettina  von  Arnim,  führte  unter 
bänflg  wechselndem  Aufenthalte  (1818—24 
im  Kloster  Dülmen)   ein  unstetes  Leben; 


1 28.  Juli  1841  SU  Aschaffenburg.  Sehr,  den 
Rohian  ,Godwi,  oder  das  steinerne  Bild  der 
Mutter*  (1801);  das  Lustspiel  ,Ponce  de  Leon*- 
(1804) ;  das  Drama  ,Gründung  Prags'  (1815),. 
mehrere  treffl.  Erzählungen,  das  Märchen 
,Gokel,  Hinkel  und  Gakeleia*  (1838);  ,Mär- 
chen*  (1848).  Mit  Arnim  Herausgeber  dea 
,Wunderhom8*.  ,Ges.  Schriften*  (1851-56,. 
9  Bde.).  Seine  Gattin  Sophie,  geb.  Schubart^ 
geschied.  3fereau,  geb.  27.  März  1761  zn 
AUenburg,  f  31.  Okt.  1806  in  Heidelberg, 
ebenfalls  plchterin  n.  Romanschrei berin.  — 
2)  Loren»,  bad.  Kammerdeputlrter,  geb.  1810,. 
Advokat  in  Mannheim,  während  der  bad. 
Revolution  Präsident  des  Landesaus- 
schusses:  f  Febr.  1853  in  Kordamerika. 

Brentford,  Stadt  in  der  engl.  Grafschaft 
Middlesex,  am  Einfluss  der  Brent  in  die 
Themse,  9500  Ew.,  Wasserwerke  für  London. 

Brens,  Joh,,  sohwäb.  Reformator,  geb. 
24.  Juni  1499  zu  Weil  in  Schwaben,  seit 
1522  Prediger  in  Schwäbisch  •  Hall ,  führte 
hier  die  Reformation  durch,  wirkte  mit  bei 
Einfuhrung  der  brandenburg  -  ansbach.» 
nümberg.  u.  würtemberg.  Kirchenordnung,, 
wohnte  1529  der  Disputation  zu  Marburg  bei> 
musste  als  Gegner  des  Interims  flüchtig 
werden,  seit  1552  Propst  in  Stuttgart ;  f  IK 
Sept.  1570.  ,Opera'  (Tüb.  1576-90,  8  Bde.). 
V^.  Hartmann,  ,J.  B.*,  1862;  Preseel,  ,J.  B.', 

Brenze,  s.  Brennbare  Mineralien.       [1867. 

BrenzUeh  (empjfreumatisch) ,  durch  Er- 
hitzung bei  Luftabschluss  entstanden  oder 
verändert ;  b.e»  Oel ,  Brandöl ,  s.  v.  a. 
Theeröl.  Brenzaäuren  (Pyrosäuren),  die  beim 
Erhitzen  nicht  flüchtiger  organischen  Säuren 
destlllirenden  Säuren,  z.  B.  PyrogsJlnssäure 
aus  Gallussäure. 

Brera,  ehem.  Jesuitenkolleginm  In  Mai- 
land, Jetjt  königl.  Palast  der  Wissenschaften 
U.Künste,  mit  ber.Gremäldegallerie,Biblioth. 
(über  180,000Bde.),Münzkabinet,  Sternwarte. 

Bresche  (Sturndüoke),  durcli  Geschützfeuer 
oder  Minen  bewirkte  Oeffnung  in  einem 
feindlichen  Wall  zum  Eindringen  der 
Sturmkolonnen  des  Belagerers. 

Brescia  (spr.  Breschia,  röm.  Brixia),  ita). 
Prov.  in  der  Lombardei,  83,9  QM.  mit  434,21» 
Ew.  Die  Rauptet.  B.,  an  der  mailand-rero- 
neser  Bahn,  40,499  Ew. ;  Kastell,  Dom  (9. 
Jahrb.),  neue  Kathedrale  (1604— 1824),  Mu- 
seum  (Herculestempel).     Gtt,  Seidenmesse. 

Breskens,  starkes  Fort  in  der  niederländ. 
Prov.  Seeland ,  Vliessingen  gegenüber. 

Breslau  (lat.  Vr<Uislavia,  poln.  Wradaio), 
Hauptstadt  der  preuss.  Prov.  Schlesien  nnd 
des  Regbx.  B.  (245  QM.  u.  1,864,632  Ew.),  dritte 
königl.  Residenzstadt  u.  zweitgrösste  Stadt 
der  Monarchie,  an  der  Oder  und  Ohiau, 
171,926  Ew.  (über  45,000  Kath.,  über  11,000 
Juden);  Alt-  und  Neustadt  nebst  5  Vor- 
städten; Hauptplätze:  grosser  Ring  mit  dem 
alten  Rathhaus  (14.  Jahrb.),  neuen  Stadt- 
haus (seit  1863)  und  den  Reiterstatuen 
Friedrichs  d.  Gr.  (von  Klss,  seit  1842)  und 
Friedlich  Wilhelms  in.  (sott  1861);  Salsring 
oder  Blücherplatz  mit  der  Börse  (1824)  nnd 
Blüchers  Statue  (von  Rauch);  Tauensiens^ 
plats  (Statue  Tauensiens);  Nenmarkt  (schö- 
ner Brunifen).    Hauptstrassen:  Albrechts-, 


Bresling  —  Bricole. 


345 


Nikolai',  alte  and  neue  Schneid nltzer-, 
Friedrich -WllhelmsstraBse  u.  a.  Festungs- 
werke seit  1813  in  Promenaden  umgewandelt. 
Marien-  öder  Sandkirche.  Domkirche  (seit 
1288),  Elisabethkirche  (364'  hoher  Thurm, 
Glocke  von  S20  Gtr.).  Universität  (1702  ge- 
stiftet), medicin.  -  Chirurg.  Lehranstalt,  5 
Gymnasien.  Mittelpunkt  des  schles.  Han- 
dels (2  grosse  Wollmärkte,  auch  bed.  Vieh- 
markte)  und  wichtige  Fabrikstadt.  4  Bahn- 
höfe. —  Zuerst  erwähnt  1018;  1163  — 133ö 
Keaidens  plastischer  Herzöge;  später  Hanse- 
stadt u.  freie  Reichsstadt;  durch  Friedrich  II. 
Kur  dritten  Stadt  der  Monarchie  erhoben. 
Hier  11.  Juni  1742  Friede  zwischen  Preussen 
und  Oesterreich;  22.  Nov.  1757  Sieg  der 
Oesterreicher  über  die  Preussen;  5.  Jan. 
1807  Kapitulation  mit  den  Franzosen. 

Bresling,  s.  Erdbeere. 

BresMy  eine  der  Sheflandslnseln,  902  Ew. ; 
Ewischen  ihr  und  dem  Holm  Ifeu  die  ber. 
Seilbrücke  (Cradle). 

Brest  9  Seestadt  im  franz.  Dep.  Finlsterre, 
am  atlant.  Ocean,  79,847  Ew.,  Festung  ersteu 
Ranges,  stärkster  Kriegshaxen  Frankreichs 
mit  Rhede  für  500  KriegsschilTe,  Schiflfahrta- 
schule ;  seit  1869  unterseeisches  Telegraphen- 
kabel nach  Amerika.  Hier  1.  Juni  1794 
Beesieg  der  Engländer  über  die  Franzosen. 

Brest -Litowski,  starke  Festung  im  klein- 
russ.  Gouv.  Groduo,  am  Bug,  20,655  Ew.; 
jüdische  Akademie,  Kadettenanstalt. 

Breta^e  (spr.  -tai^)')*  ehem.  ftanz.  Prov., 
die  grosse  nordwestl.  Halbinsel  Frankreichs 
umfassend,  jetzt  In  die  5  Depart.  Niederloire, 
Morbihan,  lUe -Vilaine,  Nordküsten,  Finls- 
terre getheiit,  618  QM.  mit  2,998,000  Ew.  Der 
südl.  Theil  (Nieder  -  B.),  mit  dem  Mündungs- 
gebiet der  Loire,  flach,  grossentheils  moorig; 
der  nördl.  (Ober-B.)  bergig,,  von  der  Mou- 
tagned'Arrße  (etwa  1000')  durchzogen.  Küste 
sehr  zerrissen;  Haupthäfen:  Brest,  Lorlent, 
Kantes,  Quimper,  St.  Brieux,  St.  Male.  Im 
Alterthum  Armorica  genannt;  seit  dem 
3.  Jahrh.  von  flüchtigen  Briten  besiedelt,  die 
sich,  unter  brit.  Herrschern  (daher  der  Name 
B.,  d.  i.  KUinbritawaien),  Jalirliunderte  lang 
^egen  die  fränk.  Obermacht  wehrten;  seit 
1250  franz.  Lehnsherzogthum,  dessen  letzter 
Herzog  14tö  f*  Seine  Tochter  Anna  ward 
Gemahlin  Ludwigs  Xn.  und  deren  Tochter 
Termählt  mit  Franz  I.;  so  kam  die  B.  15S2 
l^anz  an  Frankreich.  Die  Bretagner  (Bre- 
tonen)  noch  jetzt  in  Sprache  (Bas -Breton) 
und  Sitte  isolirt;  kraftig,  tapfer  und  aus- 
dauernd, stolz,  zurückhidtend,  rauh,  arm 
nnd  unwissend;  reich  an  Volksliedern  und 
Volkssagen;  tüchtige  Seeleute.  Vgl.  Daru, 
,Hl8t.  deB.S  1826,  3 Bde.;  deatsch  1831—32, 
2 Bde.;  JRoigoux,  ,Hist.  des  roisdeB.',  1829, 
2  Bde.  [tagne  verfertigte  Leinwand. 

Bret«gBes  (fr.,  spr.  -tainT),  in  der  Bre- 

Bretigny  (spr.  -tl^ji),  I>orf  im  franz. 
Depart.  Eure-lLioire;  8.  Mai  1360  Vertrag 
zwischen  England  und  Frankreich. 

Breton  de  los  Herreros,  Don  Manoel, 
span.  Dichter,  geb.  19.  Dec.  1800  zu  Quel 
(Prov.  Logrouo),  1814—22  Soldat,  später  Im 
Staatsdienst;  sehr.  Lustspiele  (,MarceIaS 
,Todo  es  farsa  en  este  mundo*,  ,Muerte'y 


Veras*  etc.),  histor.  Schauspiele  (,Bolido 
Dolfos*,  ,Femando  el  emplazado*),  ,Poesias 
sueltas*  (1881)  und  ,La  Desverguenza*  (satir. 
Gedicht,  Mß8).   ,Werke*  (1850  ff.). 

Bretonen,    die  Bewohner  der  Bretagne. 

Bretonisch  (Boa- Breton,  Armorikaniseh), 
die  altbrit.  oder  celt.  Sprache  der  oelt.  Be- 
wohner der  Bretagne;  noch  jetzt  In  mehre- 
ren Mundarten  gesprochen. 

Bretten,  Stadt  im  bad.  Kr.  Karlsruhe» 
S352  Ew.    Melanchthons  Geburtshaus. 

Brenghel,  Name  einer  ber.  niederländ. 
Malerfamilie.  Stammvater;  BUer  B.  (der 
Aeltere),  genannt  Bauernbreughd,  geb.  1530, 
t  1569  zu  Brüssel.  Derbe  nnd  launige  Dar- 
stellungen des  Bauemiebens.  Sein  Sohn» 
PUer  B,  (der  Jüngere) »  genannt  ERUlen- 
breughd,  f  1625,  ausgezeichnet  innächtliclien 
Flammenbildem^  Scenen  aus  der  Unter- 
welt etc.  Beide  leiteten  die  niederländ. 
Genremalerei  ein ,  wie  des  letzteren  Bruder 
Jan  B.,  genannt  SammeC- oder  B^umendrett^Ael, 
1568—1625,  die  Landschaftsmalerei. 

Breve  (vom  lat..6r«rt«,  kurz),  Ursprung], 
jede  kürzere  Zuschrift,  jetzt  päpstliclie» 
Schreiben,  worin  der  Papst  über  einen 
minder  wichtigen  Gegenstand  .eine  Verord- 

Brevet,  s.  Patent,  |nnng  erlässt. 

BrevUrlum,  (lat.),  kurze  Uebersicht,  Aus- 
zug. B.  Maricianum,  unter  dem  westgoth. 
König  Alarich  verfasster^  506  zu  Toulouse- 
publicirter  Auszug  aus  föm.  Rechtsquellen 
zum  praktischen  Gebrauch. 

Brevier  (BreviariMin,  B.  Romanum) ,  das 
für  den  Gebrauch  der  röm.-kathol.  Geistlich- 
keit bestimmte  Gebetbuch,  in  latein.  Sprache, 
aus  sehr  alter  Zelt,  von  Plus  V.  allen  Gelst> 
liehen  zum  tägl.  Gebraucli  vorgeschrieben.. 

Brevi  manu  (lat.,  d.  i.  mit  kurzer  Hand)^ 
ohne  Förmlichkeiten ,  kurzweg. 

Brevls  (f^.  brive,  Mus.),  kurz ;  kurze  Note. 

Brewster  (spr.  Bruhster),  Sir  David, 
engl.  Physiker,  geb.  11.  Dec.  1781  zu  Jed- 
burgh  in  Roxfordshire  (Schottland),  t  <^Is 
Prof.  der  Physik  zu  St. -Andrews  10.  Febr. 
1868.  Bes.  verdient  durch  Erfindung  des 
ICaleidoskops  und  um  die  Lehre  von  delr 
Polarisation  des  Lichts.  Sehr.  «Treatlse  on 
the  kaIeidoscope*(18l9;2.  Aufl.  1857);  ,Trea- 
tise  on  optics*  (1832 ;  deutsch  von  Hartmemn 
(1835) ;  ,Treatise  on  microscope*  (1837) ;  ,The 
stereoscope'  (1856);  Redakteur  der  .Edin- 
burgh Encyclopaedla'  (1810  —  80,  18  Bde.); 
seit  1832  Mitherausgeber  des  ,London  and 
Edinb.  Philosoph.  Magazine'. 

Brezillian,  Wald  in  der  Bretagne,  oft  ge- 
nannt in  mittelalterl.  Epen  (bes.  im  Parcival). 

BriAn^n(spr.-angsong,  röm.  Brigantium), 
feste  StHdt  im  Aranz.  Depart.  Oberalpen, 
an  der  Durauce,  4070'  üb.  M.,  am  Mont  Ge- 
uevre  (Strasse  nach  Turin),  S579  Ew. ;  7  Forts. 

BrianzSy  reiche  und  dichtbevölkei*te 
Landschaft  in  der  ital.  Prov.  Gomo,  da» 
.Paradies  der  Lombardei',  12  QM.  mit  150,000 
Ew.    Hiinptort  Gantu.   Bedeut.  Seidenkultur. 

Bricke,  s.  Neunauge. 

Bricole  (ft*.,  spr.  -kohl),  das  Zurück-  oder 
Abprallen,  bes.  einer  Kugel.  Bricolachuss, 
Kanouenschuss,  wobei  die  Ku^el  (eiserne 
Vollkugel)  in  der  Weise  schräg  gegen  eino 


846 


Bridgeport  —  Brightsche  Krankheit. 


Mauer  abgescboMen  wird,  dass  sie,  nach- 
dem sie  abgesprungen,  den  Gegenstand 
trifft,  welcher  durch  direkten  Schuss  nicht 
SU  erreichen  war. 

Bridgeport  (spr.  Bridsch-),  Hafenstadt  im 
Bordamerik.  Staate  Connecticnt,  am  Long- 
islandsund,  19,000  £w. 

Bridgetow]i(spr.  Bridschtaun),  Hauptstadt 
der  engl.  Antilleuinael  Barbadoes,  an  der 
Oarlislebai;  35,000  £w.  Sitz  des  Gouver- 
neurs ;  Hafen,  stark  befestigter  Waffeuplatz. 

Bildgewater  (spr.  Bridschuater),  Stadt  in 
der  engl.  Grafschaft  Somerset,  am  Parret, 
der  in  die  Bridg^aterbai  (im  Bristolkanal} 
mündet,  11,320  £w.    Seehandel. 

Bridge wAter  (spr.  Bridschuater),  Francia 
Senry  Egerton ,  Graf  von ,  engl.  Gelehrter 
und  Sonderling,  geb.  U.  Nov.  1756,  f  12. 
Febr.  1829  zu  Paris.  Bekannt  durch  sein 
Testament  von  1825,  worin  er  seine  Hand- 
achriffcen  u.  5000  Pfd.  St.  dem  brit.  Museum 
und  8000  Pfd.  St.  der  Royal  Society  über- 
wies zur  Herausgabe  eines  umfassenden 
Werkes,  das  die  Macht,  Weisheit  und  Güte 
Gottes  in  der  Schöpfung  nachweisen  sollte. 
Dies  die  unter  dem  Namen  der  Bridgewater- 
bücher  bekannten  Monographien  (deutsch 
1836—38,  9  Bde.),  unter  denen  Bucklands 
,Geologie  und  Mineralogie*  am  bekanntesten 
geworden  ist.  Neue  illnstrirte  Ausgabe  von 
Bohn  in  dessen  ,Scientiflc  Library'  (1850  if.). 

Bridgewaterkanal,  der  älteste  engl.  Kanal, 
in  der  Grafschaft  Laucaster,  vom  Herzog  von 
Bridgewater  1758—61  ei'baut,  führt  von  den 
Steinkohlengruben  bei  Worsley  Mill  über 
Berge,  Thäler,  Flüsse  und  durch  Felsen 
nach  Manchester  und  von  da  bis  zum 
Hersey  (Liverpool). 

Brie  9  franz.  Landschaft  in  der  Cham- 
pagne; Hauptstadt  Meaux.  Ber.  Käse  (fro- 
jnage  de  B.).  Die  Grafen  von  B.  residirten 
zu  B.-Comte-Bobert,  2^80  Ew. 

Briefinaler,  im  Mittelalter  eine  Klasse 
von  Schreibern,  welche  Gebet-  und  Schul- 
bücher, Kalender  etc.  abschrieben  und  mit 
Malereien  verziert  verkauften;  schnitten 
43päter  ihre  Schriften  und  Bilder  auf  Holz- 
oder Metallplatten,  die  nach  Auftragung  von 
Farben  abgedruckt  wurden  (Jiri^drucker, 
die  Vorläufer  der  Buchdruckerkuust). 

Briefmarken  (fr.  timbres'poste,  engl. 
postage-stampa),  die  von  den  Postämtern  als 
Werth zeichen  behufs  der  Frankirung  von 
Briefen  etc.  zum  Verkauf  vorräthig  gehal- 
tenen Marken ;  vom  Engländer  Sir  Rowland 
Hill  erfunden  und  in  Grossbritannien  zuerst 
10.  Jan.  1810  und  seitdem  in  allen  europ. 
Staaten,  sowie  in  den  engl.,  franz.  und 
Span.  Kolonien  und  den  Staaten  Nord-  und 
Südamerikas  eingeführt.  Die  Liebhaberei 
an  Briefmarkensammlungen  rief  einen  Hau* 
delsverkehr  mit  B.  hervor.  Vgl.  Zsehieaehea 
"Und  Küdera  ,Kataloge  über  alle  seit  1840 
ausgegebenen  B.*  (3.  Aufl.  1864). 

Briefiiteller^  Buch,  welches  Anweisung 
SEum  Abfassen  von  Briefen  gibt  durch  Bei- 
spiele. 'Die  bekanntesten  sind  die  von  Clau- 
diua  (31.  Aufl.  1854)  u.  Bammler  (40.  Aufl.  1867). 

Brieftaube  •  s.  Taubenpost. 

Brieg,  Kreisstadt  im  preuas.  Begbz.  Bres- 


lau, an  der  Oder,  14,275  Ew.  Sohloss,  Niko- 
laikirche (grosse  Oi-gel),  Gymnasium. 

Briel,  Thal,  s.  BrüM. 

Brienne  (spr.  -änn,  B.- Napoleon),  Stadt 
im  franz.  Dep.  Aube,  an  der  Aube,  2078  Ew. 
In  der  das.  Militarschule  (1790  aufgehoben) 
erhielt  Napoleon  L  seine  erste  Bildung.  Hier 
1.  Febr.  1814  Sieg  Blüchers  über  Napoleon. 

Brfenz,  Ort  im  Kant.  Bern,  am  brienxer 
See  (2Va  St.  laug,  Vs  8*.  br.,  bis  2000*  tief) 
und  am  Fuss  des  brienzer  Bothhoma  (7238'), 
2300  Ew.    Holzschnitzerei,  ber.  Käse. 

Brigade  (fr.),  Truppeukörper  von  2  Regi- 
mentern und  1  Jägerbataillon  oder  3  Regi- 
mentern Infanterie  oder  2—3  Regimentern 
Kavallerie.  Artilleriebrigade,  in  Preussen 
und  Russland  1  Feld-  u.  1  Festnngsregiment. 
Brigadechef  (Brigadier)  ist  in  der  Regel  ein 
General  (Generalmajor).  Brigadestellung,  die 
taktische  Gefechtsformation  der  B. 

Brigand  (spr.  -gang),  Räuber,  Wegelagerer. 

Briganti  (ital.),  Strassenräuber;  neuerl. 
auch  Bezeichnung  der  aufstand,  bonrbonlst. 
Schaaren  im  Neapolitanischen.  Brigantaggio 
(spr.  -adscho),  politisches  Bandenunwesen. 

Brlgantii  (a.  G.),  Volk  iu  Vindelicien  am 
östl.  Bodensee  (lacua  Brigantinua)  mit  der 
Hauptst.  Brigantia  (Bregenz). 

Brigantine,  .  kleines  Kriegsschiff  ohne 
Verdeck  mit  2  Masten ,  auch  zum  Rudern 
eingerichtet,  fasst  bis  100  Mann. 

Brigg,  Fahrzeug  mit  Fock-  und  grossem 
Mast,  fVegattentakelage  und  Einem  Deck, 
bes.  geeign.  zum  Waarentransport  (200— 300 
Tonneu);  als  Kriegsschiff  10—20  Kanonen 
führend.  Die  Hutterbrigg  hat  die  Bauart 
des  Kutters,  aber  die  Takelage  der  B. 

Briggins  (eig.  Briggs),  Henry,  engl.  Mathe- 
matiker, geb.  1556  zu  Warleywood  in  der 
Grafsch.  York,  Prof.  zu  Oxford;  f  das. 
26.  Jan.  1631.  Sehr.  ,Arithmetica  logarith- 
mica'  (1624),  die  Logarithmen  der  natürl. 
Zahlen  von  1-20000  uq,d  von  90000—100000 
mit  14  Decimalstellen  enthaltend. 

Bright  (spr.  Breit),  John,  engl.  Fabri- 
kant und  Parlamentsreduer ,  geb.  16.  Nov. 
1811  zu  Greenbank  bei  Rochdale  in  Lan- 
cashire,  Sohn  eines  Quäkers,  seit  1839  eif- 
riges Mitglied  der  Anti-Comlaw-League, 
trat  1843  für  Durham,  1847  für  Manchester 
ins  Parlament,  wirkte  hier  als  Vertreter 
der  Manch  osterschule  für  kommercielle  u. 
politische  Freiheit,  erklärte  sich  gegen  den 
russ.  Krieg  und  für  Friedenspolitik,  ver- 
einigte sich ,  1858  von  Birmingham  in  das 
Parlament  gewählt,  mit  den  Whigs  zum 
Sturz  des  Ministeriums  Derby.  In  dem  Nov. 
1868  eingesetzten  liberalen  Ministerium 
Gladstone  Präsident  des  Handelsamts,  trat 
er  Dec.  1870  wegen  Kränkliclikeit  zurück. 

Brighton  (spr.  Breiten),  Hafenst.  in  der 
engl.  Grafsch.  Sussex,  am  Kanal,  77,693  Ew. 
Königl.  Palast;  ber.  Seebad  (jährl.  80,000 
Gäste).  Merkwürd.  der  neue  brückenähnl, 
Damm,  1134'  lang.   Ueberfahrt  nach  Dieppe. 

Brightsche  Krankheit  (Morbus  Brightii), 
nach  dem  engl.  Arzt  Richard  Bright  (spr. 
Breit,  f  16.  Dec.  1858)  benannte  Entzündung 
der  Niere,  im  ersten  Stadium  Blutüber- 
füllung, im  zweiten  fettige  Fintartung,    im. 


Bri^ttenau  —  Britanniametall. 


347 


dritten  Scbrumpftingr  und  Ausbildung  der 
sogen,  granulirten  liiere.  Symptome;  bes. 
Auftreten  von  reiohliehem  Eiweiu  im  Harn, 
von  Blutkörpeni  und  elgenthüml.  Gebilden, 
den  sogen.  Harncylindem.  Ausgang  ent- 
weder Heilung  (in  den  ersten  Stadien)  oder 
(nach  Entstehen  des  dritten)  allgem.  Wasser- 
sucht. Meist  gleichzeitig  mit  fieberhaften 
Krankheiten,  bes.  Scharlach.  Behandlung: 
Vermehrung  der  Hautsekretion  durch 
Bchwelsstreibende  Mittel,  Blutentziehun- 
gen ,    Abführmittel. 

Brigitteiuii,  Vorstadt  von  Wien  u.  Lust- 
-wald  hinter  dem  Prater  und  Augarten  das. 

Brll,  Paul,  niederländ.  Landschaftsmaler, 
geb.  1556,  t  16^  SQ  Rom,  übte  auf  die  Ent- 
wicklung der  ital.  Landschaftsmalerei  durch 
Berücksichtigung  der  Luft-  und  Lichtwir- 
kungen grossen  Einfluss  aus.  Werke  von 
ihm  in  Florens,  Paiis,  Dresden. 

Brillant  (fr.),  glänzend,  ausgezeichnet. 

Brillanty  geschlilFener  Diamant  in  Form 
von  2  abgestutzten,  an  ihren  Grundflächen 
verbundenen  Pyramiden. 

BrlUantkifer  (JuioeUnkHfer,  Entimus  im- 
perlalis  Fab.),  Käfer  aus  der  Familie  der 
Rüsselkäfer  in  Südamerika,  goldgrün  mit 
glänzenden  Schuppclien,  V  lang. 

Brille,  Gestell  mit  zwei  Augengläsern, 
welche  bei  Kurzsichtigen  Konkav-,  bei  Weit- 
sichtigen Konvexlinsen  sind.  Btaarhriüen 
haben  die  stärksten  Konvexlinsen.  Sckwtz- 
hriUen  gegen  zu  grelle  Lichtreize  -haben 
meist  l>1au  gefärbtes  Glas.  Für  Metallarbei- 
ter fertigt  man,  um  sie  vor  Splittern  zu 
schützen,  B.  aus  unzerbrechlichem  Glimmer. 
Die  Schärfe  der  B.n  wird  nacli  der  Brenn- 
weite der  Linsen  in  Zollen  ausgedrückt  (die 
schärfsten  2,  die  schwächsten  100").  Die 
erste  Erwähnung  von  Vergrösserungsbrillen 
bei  Alhazan  im  11.  Jahrb.  Die  eigentl.  B.n 
scheinen  zwischen  1280  u.  1320  erfänden  zu 
sein ;  1482  gsb  es  Brillenmacher  in  Nürnbei*g. 

Brillensehlange  (Schildviper,  Naja  J^ur., 
Aspls  Laur.) ,  Gattung  der  Giftschlangen. 
Gemeine  B.,  HnUcklange  (N.  tripudians  Merr., 
Oolnber  naja  L.),  Nackenscheibe  mit  schwar- 
zer, brillenfdrm.  Zeichnung,  2—4'  lang,  in 
Ostindien.  Dir  Biss  tödtet  schnell.  Von  den 
Hindu  verehrt,  von  Gauklern  gezähmt. 
A^gyptitehe  B,,  Schlange  der  Cleopatra  (N. 
Hnje  I..),  2—6'  lang,  in  Aegypfen,  soll  zur 
Hinrichtung  von  Verbrechern  benutzt  wor- 
den sein.  Dir  Bild  ziert  die  Kopfbinden 
ägyptischer  Statuen. 

Briilireii  (fr.),  glänzen,  schimmern. 

Brilon,  Kreisst.  im  preuss.  Regbz.  Arns- 
berg, an  der  Mohne,  4063  Ew.;  ehedem 
Hansestadt.  Twaldes,  2099'. 

BrlmwAlder  Stein,  Gipfel  des  Wester- 

Brlndlsi,  Stadt  in  der  unterital.  Prov. 
TeiTa  d'Otranto,  am  adrlat.  Meer,  8403  Ew. 
Hafnn  (versandet)  und  Rhede  für  Kriegs- 
scbifTe.  Durch  Kastell  Vorie  di  Mare  be- 
flcliützt.  JSndstation  der  Ueberlandroute 
Bach  Indien.  Im  Alterthum  Bmndu»ium, 
eine  griech.  Stadt  in  Kalabrien ,  später 
lilührinde  röm.  Kolonie;  Virgil  f  das. 

Brlndlzl  (ital.),  Trinkgelage;  Trinklied. 

BrinvilUers  (spr.  BrengwiÜ6).  Marie  Made' 


laine,  Marquiee  de,  Giftmischerin,  lernte  vom 
ihrem  Geliebten  St.-Oroix  die  Geheimnisse 
der  Giftmischerei,  vergiftete  aus  Habsucht 
iliren  Vater,  ihre  Brüder  und  Schwestern, 
auch  ihren  Gatten,  den  aber  St.-Oroix  selbst 
dui'ch  ßegengift  rettete,  sowie  andere  Per^ 
sonen,  ward  16.  Juli  1676  zu  Paris  enthauptet. 

Brio  (ital.),  Feuer,  Lebhaftigkeit;  brioao, 
feurig,  lebhaft.  [von  Pola  in  Istrien. 

Brioni-Inseln,  Inselgruppe  vor  dem  Hafen 

Briqnettes  (spr.  -kett),  Kohlensteine,  kom- 
pakte, aus  Kohlenklein  geformte  Stücke 
Brennmaterial.  Kohlenklein  (auch  Säge- 
späne, Lohe  u.  ähnliche  Substanzen)  wird 
gedarrt,  mit  Theer  oder  Pech  zusammen- 
gepresst  und  dann  verkokt ;  oder  backendes 
Koh leuklein  wird  bis  zum  Erweichen  erhitzt 
und  dann  zusammengepresst.  Vgl.  Oppler, 
,Fabrikation  der  künstl.  Brennstoffe',   1864. 

Brisbane  (spr.  -behn),  aufblühende  Haupt- 
stadt deraustral.  Kolonie  Queensland,  3i/b  M. 
oberhalb  der  Mündung  des  Flu9»e»  B.  in 
den  Ocean ;  (1868)  15,032  Ew. 

Brise,  sanfter,  leichter  Wind. 

Brissot  (spr.  -so),  Jean  Pierre,  fk-anz.  Re- 
volutionär, geb.  14.  Jan.  1754  zu  Chartres, 
erst  Advokat  zu  Paris,  in  der  Nationalver- 
sammlung HauptfQhrer  der  Opposition  geg^n 
den  Hof,  schloss  sich  im  Konvent  den  Giron- 
disten an ,  widersetzte  sich  den  Excessen 
der  Septembermännerund  der  Vemrth  eilung 
des  Königs,  unterlag  31.  Mai  1793  mit  den 
Girondisten,  ward  31.  Okt.  mit  20  seiner 
Genossen  guUlotinirt. 

Bristol  (spr.  Bristl),  dritte  Handelsstadt 
Englands,  am  untern  Avon,  Grafsch.  Glou- 
oester,  (1870)  171,388  Ew.;  Hafen  (für  die 
grössten  Schiflfe)  und  Docks ;  schöne  Ketten- 
brücke, Glas-  u.  Messingfabr.,  Zuckerraffin. ; 
500  Seeschiffe.  Nördl.  Vorstadt  Clifton,  vor- 
nehmer Badeort  mit  heissen  Mineralquellen. 

BriRtolk anal,  Meeresbucht  zwischen  der 
engl.  Grafsch.  Devon  und  Wales,  in  deren 
Tiefe  der  Severn  mündet. 

Britftnnln  (a.  G.) ,  oelt.  Name  des  heut. 
England  uiid  Schottland,  seit  Jnl.  Oäsar 
gebräuchlich,  der  ron  Gallien  aus  dort  lan- 
dete; ward  unter  Olaudins  um  50  n.  Chr.  röm. 
Provinz,  die  im  N.  durch  den  sogen.  Pik- 
tenwall  von  Kaledonien  (B.  barbara)  ge- 
schieden war,  427  aber  in  Folge  der  steten 
Einfälle  der  Pikten  und  Skoten  aufgegeben 
wurde.  Zwischen  441—449  rief  der  Briten- 
häuptling Vortiger  die  deutschen  Angeln, 
Sachsen  und  Juten  zu  seinem  Beistand  gegen 
Jene  ins  Land,  die  aber  bald  selbst  als  Un- 
terdrücker auftraten,  vor  denen  die  Britan- 
nen unter  mannhaftem  Widerstand  (König 
Artus,  t  ^^)  theils  in  den  Westen  zurück- 
wichen, theils  Jenseits  des  Kanals  ein  neues 
Britenland  (Bretagne)  gründeten. 

Britftnnlabricke ,  grossai'tige  Röhren- 
brücke (mit  Eisenbahn)  über  die  Menai- 
strasse,  vom  engl.  Festland  nach  der  Insel 
Anglesea,  1468'  lang,  100'  über  dem  Wasser; 
1846—50  von  Steplieuson  erbaut. 

BritannUmetall ,  Legirungen  aus  Zinn, 
Zink ,  Antimon  mit  wenig  Kupfer,  bisweilen 
nur  aus  Zinn  und  Antimon,  sind  härter  und 
bläulicher  als  Zinn ,  an  der  Luft  ziemlich 


848 


Britisch -Birmanien  — *  Brockhaus. 


imTer&nderlich,  liefern  ichairfen  Guss,  lassen 
»Ich  als  Bleoh  gut  drücken  und  prägen  und 
werden  cu  allerlei  Hauagerätfa  verarbeitet. 

Britlich-Birmaiiien,  brlt.  Prov.  in  Hinter- 
indien, 42361/s  QM.  und  (1867)  2,S29,S12  Ew., 
umfasst  die  1886  und  1852  den  Birmanen 
abgenommenen  Küstenländer  Arrakan,  Pegn, 
Martaban  mit  Tenasserim  and  die  Mergni- 
inseln  und  steht  unter  einem  Oberkommissär 
der  indobrit.  Regierung.    Hanptst.  Rangun. 

Britisch-Colnmbia,  seit  1858  brit.  Koionial- 
land  in  Nordamerika,  zwischen  dem  Felsen- 
gebirge und  dem  stillen  Ocean  (das  frühere 
Neukaledonien) ,  seit  1866  mit  der  Vancouver- 
ituel  Tereinigt  und  mit  dieser,  der  Königin- 
Charlotteninsel  etc.  10,018  QM.  gross  mit 
(1866)  54,600  Ew.  (etwa  10,000  Weisse).  Gold- 
reichthum,  bes.  in  den  Thalern  des  Fräser 
und  Thompson  (seit  1853  entdeckt);  Pelz- 
thiere  (jährl.  8000  Biberfelle).  Hauptstadt 
Nenwestminster ;  wichtigster  Ort:  Langley. 

Britisch -tivianft,  s.  Guiana. 

Britiscli-Hondvras  (Balizet  Belize),  brit. 
Kolonie  in  Mittelamerika,  an  der  Ostküste 
Ton  Guatemala,  635  QM.  und  (1861)  25,635 
Ew.  Wichtiger  Holzdistrikt  (bes.  Mahagoni, 
jährl.  Ausfuhr  ca.  »/«  Mill.  Ctr.  oder  16,000 
Bäume).    Hauptstadt  Belize. 

Brittscli  -  Kattrarla ,  brit.  Gebiet  an  der 
Kafferuküste,  zwischen  dem  gr.  Kei  und  dem 
Keiskamma,  etwa  200  QM.  mit  100,000  Ew., 
eeit  1866  mit  dem  Kapland  vereinigt ;  Haupt- 
stadt King-Williams-Town. 

Britiscli-Nordamerikjiy  die  Gesammtmasse 
der  britp  Besitzungen  in  Nordamerika,  alles 
Land  im  N.  der  Verein.  Staaten  bis  zum 
%rkt.  Meer,  mit  Ausnahme  Grönlands  im  NO. 
and  des  .Teri'ltoriumB  Alaschka  im  NW., 
167,250  QM.  mit  8,887,300  Em*.  ,  wovon  auf 
die  eigentl.  Kolonien  (Canada,  Neuschott- 
land, Nenbraunschweig ,  Prinz  -  Edwards- 
insel, Neufoundland ,  Britisch -Columbia) 
29,744  QM.  mit  3,789,400  Ew.  kommen. 

Brives  la  Gaillarde  (spr.  Briw  la  Galjard), 
Stadt  im  franz.  Depart.  Corröze,  10,381)  Ew. 

Brixen,  Kreis  in  Tirol,  176,2  QM.  und 
222,281  Ew.  Die  Hauptst,  B.  (ital.  BreaM- 
none),  an  der  Rienz  undEisack,  3162  Ew., 
12  Kirchen,  5  Klöster.  Das  ehemals  reichs- 
unmittelbare Bislhum  B.  (17  QM.),  seit  769 
histor.  nachweisbar,  wurde  zu  Sehen  (Sabio) 
gestiftet,  1025  nach  B.  verlegt. 

Briz,  g.  X08«. 

Briia  L.  (Zittergras^  Haeenbrod),  Pflanzen- 
gattung der  Gräser.  B.  maxima  L.,  im  südl. 
Europa,  bei  uns  als  Zierpflanze. 

Brizeax  (spr.  -söh),  Aug.,  franz.  Dichter, 
geb.  1803  in  der  Bretagne,  f  1858;  besingt 
in  Idyllen  und  Elegien  die  Reize  seiner 
Heimat.  Meisterstücke  die  Idyllen  ,Marie* 
und  .La  fleur  d'or'. 

Brjansk,  Stadt  im  grossruss.  Gouv.  Orel, 
au  der  Dessna,  13,103  Ew. 

Broad  Law  (spr.  Brohd-Lah),  höchster 
Gipfel  des  Cheviotgebirgs  in  Schottland, 
2572*  hocl».  [von  Newyork. 

Broadway  (spr.  Brodueh),  die  Hanptstrasse 

Brobdignae,  das  Land  der  Riesen  in 
,GulIiver8  Reisen'  von  Swift. 

Broceöllj  s.  v.  a.  Spargelkohl«  s.  Kohl. 


Broche  (fr.,  spr.  Brosch),  starke  Nadel 
mit  Schmuckplatte,  soll  durch  Frau  von 
Sevign6  am  Hofe  Ludwigs  XIY.  in  die  Mode 
gekommen  sein. 

Brocken  (lat.  Mons  Bructerus,  Blockeiberg), 
höchster  Berg  des  Harzes,  3510'  hoch,  in 
der  Grafschaft  Stolberg -Wernigerode,  um- 
faugreiche  Graniterhebung,  mit  kahlem» 
felsbedecktem  Scheitel;  Gasthaus  und  Ans- 
sichtsthurm ;  Hexensage.  — -  BrotAengegpentt, 
das  auf  eine  Nebelwand  fallende  Schatten- 
bild von  Haus  und  Menschen.  —  Brockenfdd, 
weite  Sumpffläche  unter  der  Kuppel  des 
B.s,  3053'  hoch,  mit  mächtiger  Torfbildung 
und  Moosdecke,  das  Wasserreservoir  für 
die  ilüsse  Bode,  Ocker,  Radau  und  Oder. 

Brocke«.  BartfyM  Heinr.,  Dichter,  geb. 
23.  Sept.  1680  zu  Hambui^,  Senator  zu  Ritze- 
büttel; t  16.  Jan.  1747.  Schloss  sich  den 
Engländern  (Thomson)  an.  Hauptwerk:  ,Ir- 
disches  Vergnügen  in  Gott'  (religiöse  Natur- 
betrachtungen, 1721—48,  9  Thle.). 

Brockluiiis,  1)  Friedrich  Arnold,  Gründer 
der  Firma  JP.  A.  Brockhaut  in  Leipzig,  geb. 
4.  Mai  1772  in  Dortmund,  errichtete  mit 
dem  Buchdrucker  J.  G.  Rohloff  15.  Okt. 
1805  zu  Amsterdam  eine  deutsche  Buch* 
handluug  unter  der  Firma  ,Rohlofl  u.  Co.', 
welche  nach  dem  Austritt  Rohloff's  in  ein 
, Kunst-  u.  Industrie -Comptoir'  umgeändert 
ward,  verlegte  1811  sein  Gesehnt  nach 
Altenbnrg  und  gab  1814  demselben  die 
Firma  ,F.  A.  Brockhaus',  siedelte  1817  nach 
Leipzig  über;  f  ^0.  Aug.  1823.  Die  Finna 
ward  von  seinen  zwei  ältesten  Söhnen 
Friedrich  B. ,  geb.  23.  Sept.  1800  zu  Dort- 
muud,  und  Heinrich  B.,  geb.  4.  Febr.  18v)4 
zu  Amsterdam ,  und  Karl  Ferd.  Bochmaun 
(t  12.  Febr.  1852)  für  die  Erben  fortgeführt 
und  1829  von  jenen  übernommen.  1.  Jan. 
1850  übernahm  Heinrich  B.  das  Geschäft 
allein.  Ihm  stehen  seine  beiden  Sölme 
Heinrich  Eduard  B. ,  geb.  7.  Aug.  1829  zu 
Leipzig,  und  Heinrich  Budolf  B. ,  geb.  16. 
Juli  1838  zu  Leipzig,  als  Geschäftstheil- 
haber  zur  Seite.  Heinrich  B.  verfolgte  die 
Idee,  alle  Zweige  der  buchhändlerischen 
Thätigkelt  u.  graphischen  Künste  in  seiner 
Hand  zu  vereinigen  und  führte  dieselbe  im 
grossen  Stil  erfolgreich  aus.  Sein  Etablisse- 
ment ist  gegenwärtig  das  ausgedehnteste  in 
Deutschland,  sein  Verlag  von  universeller 
Vielseitigkeit.  —  2)  Hermann,  dritter  Sohn 
von  Friedr.  Am.  B.,  geb.  28.  Jan.  1806  zu 
Amsterdam,  seit  1841  Prof.  der  altiud. 
Sprache  und  Literatur  zu  Leipzig.  Gab 
heraus  die  grosse  Märchensammlung  des 
Somadeva  ,Kathä  sarif  s&gara*  (Buch  1—5; 
sanskr.  und  deutsch  1839 ;  die  Uebers.  allein 
1843,  2  Bde.;  Buch  6-8  des  Textes  1862); 
das  Schauspiel  ,Prabodha  candrodaya*  von 
Kriahna  Miera  (1845);  Nachtchditi»  pers.  Be- 
arbeitung der  , Sieben  weisen  Meister'  (1845); 
,Die  Lieder  des  Hafts'  (1856,  3  Bde.)  nnd 
eine  Ausgabe  des  ,Vendidad  Si^d6*  (1850). 
B.  ist  Mitbegründer  der  deutschen  mor* 
genländ.  Gesellschaft  und  redigirt  seit  1852 
die  Zeitschrift  derselben,  seit  1856  auch 
die  .Allgemeine  Encyklopädie'  von  Ersch 
und  Gruber  (Bd.  62  ff.). 


Brod  —  Brom. 


349 


Brod  (Brot),  Gebäck  ans  meblartlgea 
Sto£Pen,  welche  durch  den  BftckproEess 
ach  mackhafter  und  Terdaalicher  gemacht 
sind.  Ein  Thell  des  Mehls  wird  mit  lau- 
warmem Wasser  au  Teig  angemacht  und 
mit  Hefe  (für  Weissbrod)  oder  Sauerteig, 
d.  h.  Ton  der  letzten  Brodbereitung  her 
aufgehobenem  gährenden  Teig  (für  Schwarz- 
brod)  gemischt.  Es  lösen  sich  Dextrin  und 
Zkicker  (dessen  Menge  sich  vormehrt)  und 
die  unlöslichen  Bestandtheile  des  Mehls 
lockMrn  sich,  zugleich  entsteht  weinige 
Oahrnng  unter  Bildung  von  etwas  Alkohol 
(aus  Zucker)  und  Kohlensäure,  welche  der 
Teig  auftreibt.  Dann  wird  der  dÜYine  Teig 
mit  der  Hauptmasse  des  Mehls  geknetet 
(häufig  mit  Maschinen)  u.  ausgewirkt,  d.  h. 
in  die  gebräuchliche  Form  von  B.en  ge« 
bracht.  Nachdem  diese  sich  durch  fort- 
schreitende Gährung  wieder  gehoben  haben, 
werden  sie  befeuchtet  und  bei  200—2350  C. 
gebacken.  Das  Stärkemehl  geht  hierbei  in 
Kleister  über,  welcher  dnrcli  die  Kohlen- 
säure locker  erhalten  wird,  die  Kruste 
röstet  und  es  bildet  sich  viel  Dextrin.  Die 
Backöfen  sind  wesentlich  verbessert;  die 
Feuerung  ist  von  dem  Backraum  getrennt; 
man  heizt  jetzt  viel  mit  Steinkohlen  und 
hat  f&r  Fabrikbetrieb  kontinuirliche  Oefen. 
Statt  die  Kohlensäure  durch  Hefe  aus  Mehl- 
bestandtheilen  zu  erzeugen,  backt  man  B. 
mit  doppeltkohlensaurem  Natron  und  Salz- 
säure, aus  denen  sich  Kohlensäure  ent- 
wickelt und  Kochsalz  entsteht.  Horsfords 
amerikan.  Backpulver  enthält  statt  Salz- 
säure sauren  phosphorsauren  Kalk,  das'  für 
die  Knochenbildung  wichtige  Salz,  welches 
Jn  der  Kleie  verloren  geht.  In  England 
imprägnirt  man  den  "Teig  unter  starkem 
Druck  mit  Kohlensäure,  welche  sich  dann 
«ntwickelt  und  den  Teig  lockert,  sobald 
dieser  den  Apparat  verlässt.  Liebig  hat 
die  chemische  Methode  der  Brodbereitung 
empfohlen,  um  am  Mehl  zu  sparen  und  die 
fein  gemahlene  Kiele,  welche  hohen  Nähr- 
werth  besitzt,  verwerthen  zu  können 
(KleUrlbrod).  Verdorl&enes  Mehl  wird  häufig 
unter  Zusatz  von  Alaun  oder  Kupfervitriol 
verbacken.  Mehl  ans  ausgewachsenem  Rog- 
gen liefert  stark  gesalzen  gutes  B.  100  Pfd. 
Mehl  liefern  125—135  Pfd.  B.  öerrtenbrod  ist 
trocken,  schwer,  hart,  rissig;  Haferbtod  ist 
noch  schlechter;  Buchweizen  gibt  gutes  B. 
Kartoffelzusatz  macht  B.  schmackhaft,  min- 
dert aber  den  Nahrungswerth. 

Brodbaim,  s.  Artocarpua. 

Broderie  (fr.,  Brodirung),  Stickerei,  Ver- 
l)rämung. 

Brodflmeht,  s.  Artocarpua, 

Brodkifer,  s.  Bohrkdfer. 

Brodwftsser,  Krankengetränk,  Destillat 
von  Wein  über  Brod  und  Gewürz ;  Neckar- 
wein von  Stetton  im  Remsthale. 

Brodj  (sonst  Lubitz),  wichtige  i^eie  Han- 
delsstadt in  Ostgalizien,  nahe  der  russ. 
Oreuze,  18,743  Ew.  (^s  Juden).    Schloss. 

Brodxtnskj,  Sazimierz,  poln.  Dichter, 
fceb.  1791  zu  Krolowko,  erst  Militär,  dann 
Prof.  derAesthetik  zu  Warschau;  f  10.  Aug. 
1835  zu  Dresden.     Ausgcz.   in   volksthüm- 


licher  Lyrik,  auch  einflussreioher  Kritiker 
Gesammelte  Schriften  (1842,  4  Bde.). 

Broek  Im  WaterUnd  (spr.  Bruk-),  Dorf 
in  Nordholland,  nordöstl.  von  Amsterdam, 
her.  Muster  holländ.  Reinlichkeit,  1200  Ew. 
(viele  Rentner).    Fabr.  von  edamer  Käse. 

BrSmsebro,  schwed.  Schloss  und  Dorf, 
bei  Kalmar;  13.  Juli  1645  Friede  zwischen 
Däuemark  und  .Schweden. 

Brofferio,  Angela,  ital.  Dichter  und 
Politiker,  geb.  24.  Dec.  1802  zu  Castelnuovo 
rAsti),  Advokat  zu  Turin,  unter  Karl  Albert 
joarualistlsch  und  durch  seine  Dichtungen 
für  die  Unabhängigkeit  Italiens  thätig;  seit 
1848 Haupt  der  demokrat.  Opposition,  Gegner 
Gavours  (gegen  ihn  die  dramat.  Satire  ,11 
tartufo  politioo'  1859),  im  ital.  Parlament 
einflussreicher  Redner;  f  26.  Mai  18G6  zu 
Verbanella  am  Lago  Maggiore.  Sehr.  ,Can- 
Zone*  (5.  Aufl.  1^8),  zahlreiche  Dramen, 
eine  Geschichte  Piemonts  (1849—52)  und 
Memoiren  (,I  mei  tempi*,  1858—61,  20  Bde.). 
Vgl.  Puano,  ,A.  B.',  1868. 

Broglle  (spr.  Brolji),  Aehiüe  Charlea  Lionet 
Victor,  Hernog  von,  franz.  Staatsmann,  Sohn 
des  1794  hingerichteten  Prinzen  ClaudB 
Victor  von  B.,  geb.  28.  Nov.  1785  zu  Paris, 
diente  unter  dem  Kaiserreich  als  Attach6 
bei  den  Gesandtschaften  zu  Warschau  und 
Wien,  schloss  sich  nach  der  Julirevolntlon 
Gnizot  und  den  Doktrinärs  an  und  ward 
Aug.  1830  vom  König  Ludwig  'Philipp  zum 
Minister  des  Kultus  und  Unterrichts,  sowie 
zum  Präsidenten  des  Staatsraths  ernannt. 
Okt.  1882  bis  April  1834,  dann  Nov.  1834 
bis  Febr.  1836  Minister  des  Auswärtigen, 
seit  März  1835  zugleich  Couseilspräsident, 
ward  er  zuletzt  1840  für  Bildung  eines  Ka- 
binets  ins  Auge  gefasst,  lehnte  aber  ab. 
Mai  1849  in  die  Nationalversammlung  ge- 
wählt, war  er  hier  Führer  der  Rechten. 
Nach  dem  Staatsstreich  2.  Dec.  1851  zog  er 
sich  ins  Privatleben  zurück;  seit  1855  Mit- 
glied der  Akademie;  f  ^  Jan.  1870.  Seine 
Gattin  war  die  Tochter  der  Frau  von  Staei, 
die  als  religiöse  Schriftstellerin  bekannte 
Albertine  B.  (geb.  1797,  f  Sept.  1838).  Sein 
Sohn,  Albert,  Prinz  von  B.,  geb.  13.  Juni  1821 
zu  Paris,  pollt.  Schriftsteller,  Hanptmitarbei- 
ter  des  ,Correspondant*,  Vertheidiger  der 
kathoL  Interessen  und  der  Grundsätze  des 
gemässigten  konstitutionellen  Liberalismus ; 
ging  Ende  Febr.  1871  als  franz.  (gesandter 
nach  London.  Hauptwerk:  .L*Eglise  et 
Tempire  romain  au  4mo  si^cle*  (18^,  2  Bde.). 

Brohl,  liuker  Nebenfluss  des  -Rheins,  im 
Regbz.  Koblenz ;  das  romant.  BrohUhat,  reich 
an  Tuffsteinbildungen  und  Mineralquellen. 

Brokat,  dichtes  schweres  Seidenzeug  mit 
Grund  von  Silber-  oder  Goldfäden  oder  ein- 
gewebten goldenen  oder  silbernen  Blumen. 
Früher  geschätzter  Modestoff,  zuerst  In 
Lyon  dargestellt. 

Brokate,  Krystallfarben ,  gefärbte  Gllm- 
merpartikelcheu,  in  der  Papier-,  Tapeten-, 
Blumen-,  Perlen-  u.  Spielwaarenfabrikation 
anstatt  der  alten  Bronzefarben  benutzt. 

Brom,  dem  Chlor  verwandter  chemiscit 
einfacher  Stoff,  findet  sich  in  einigen  sel- 
tenen Mineralien,  im  Meerwasser,  in  dOA 


350 


Brombeere  —  Bronte. 


meisten  Soolqa^llen,  im  Abraumsalz  von 
StsBsfnrt  and*  Ghurhill  County  in  Nevada ; 
wird  ans  den  Mutterlaugen  des  Meerwassers, 
derSoolquellen  oder  des  Abraumsnlzes  durch 
Destillation  mit  Braunstein  nod  Schwefel- 
säure gewonnen;  duukelbraunrothe,  rothe 
Dämpfe  ansstossende  Flüssigkeit,  rieclit  un- 
angenehm chlorartig,  schmeckt  scharf  widrig, 
ätzt,  erstaiTt  bei  7o  C.,  siedet  bei  63o  G., 
spec.  Gew.  3,  Aeq.  500,  ist  in  Wasser  und 
Alkohol  löslich,  bleicht,  desinflcirt.  Seine 
Verbindungen  mit  Sauerstoff,  Wasserstoff 
und  den  Metallen  (Bromüre  und  Bromide) 
gleichen  den  entsprechenden  Chlorverbin- 
dungen. Bromsilber  ist  höchst  lichtempfind- 
lich. B.  wird  in  der  Photographie,  als  Arz- 
neimittel (auch  das  Bromkalium)  und  als 
Bromäthyl  zur  Darstellung  gewisser  Theer- 
farben  benutzt;  es  verdrängt  mehr  und 
mehr  das  Jod ;  Stassfnrt  llef(>rt  Jährlich  ca. 
15,000,  Churhill  County  20,000  Pfd. 

Brombeere,  s.  Rubtts. 

Bromberg,  Regbz.  der  preuss.  Prov.  Po- 
sen, 208  QM.  und  550,805  £w.  (darunter 
251,500  Polen,  23,055  Juden).  —  Die  Hauptst. 
B.  (poln.  Bydgoszex),  au  der  Brahn  und  am 
4  M.  laugen  bromberger  Kanal  (Brake -Netze), 
2G,6C2  Ew.  Im  14.  Jahrh.  blüheud,  später 
sehr  herabgekommeu.  Bromberger  Vertrag, 
16.  Nov.  1676,  wodurch  Polen  die  Souvera- 
uotät  über  Preussen  an  Brandenburg  abtrat. 

BromeliA^  Pflanzengattung  der  Brome- 
liaceeu.  B.  karatas  L.,  Fasernananas,  in 
Westindien,  mit  geniessbareu  Früchten, 
liefert  Faserstoff.  B.  humilis  L. ,  in  West- 
indien, mit  geniessbareu  Früchten.  Mehrere 
Arten  Warmhauspflanzen. 

Bromme,  Karl  Rudolf ,  gen.  Brommy, 
Admiral  der  aufgelösten  deutschen  Reichs- 
flotte, geb.  10.  Sept.  1804  zu  Anger  bei 
Leipzig,  seit  Jan.  1849  Mitglied  der  deut- 
schen Marinekommission,  überuahm  die  Her- 
stellung der  deutschen  Flotte  und  schlug, 
zum  Seekapitän  der  Reichsmarine  ernannt, 
bei  Helgoland  ein  dän.  Geschwader ;  ward 
19.  Aug.  1849  Comniodore,  21.  Nov.  Contre- 
admti*al.*  Nach  Auflösung  der  Marinebehörde 
des  Bundes  verabschiedet,  trat  er  1857  in 
österr.  Dienste;  f  9.  Jan.  1860  in  St.  Magnus 
bei  Bremen.  Sehr.  ,Die  Marine'  (1848,  neu 
bearb.  von  Littrow  1865). 

BromuB  L.  (Trespe),  Pflanzengattung  der 
Gräser.  B.  secttlinus  L. ,  Roggentrespe,  T6~ 
berich,  Unkraut  im  Getreide,  macht  das 
Brod  bitter.  B.  arvensis  L.,  Ackertrespe, 
B.  moUis*  L,,  weiehhaarige  Trespe,  und 
B.  giganteus  L.,  Festuca  gigantea,  Futter- 
trespe, in   ganz  Europa,  guto  Futtergräser. 

Bronclilalkatarrh ,  s.  Bronchitis. 

Bronchiektasie  (Bronckienerweiterung), 
krankhafte  Ausdehnung  der  Lufti'öhrenäste, 
gewöhnlich  in  Lungen,  bei  denen  sich 
Bchrumpftingen  zeigen,  oder  bei  denen  das 
zwischen  zwei  Aesten  gelegene  Gewebe  zer- 
stört ist.  Meist  erster  Anlass  zur  Bildung 
der  Luugenkaveneu,  s.  TaberktUose.  Unheil- 
bar, in  massigen  Graden  nicht  gefahrbrin- 
gend.   Behandlung  wie  Bronchitis. 

Bronchien  (Lnftr'öhrenäste),  Auszweignn- 
gen   der   Luftröhre,    au    welche   sich    die 


Lungenalveolen  anschliessen ;  diegrössoren 
haben  knorplige  Grundlage,  die  kleineo 
sind  häutig,  mit  Muskeln  in  der  Wand, 
sämmtlich  mit  Schleimhaut  ausgekleidet 
und  mit  Flimmerepithel  (s.  d.)  bedeckt. 

Bronchitis  (Bronehialkata  rrh),  Entzündung 
der  Luftwege,  durch  übermässige  Schleim-» 
selbst  Eiterabsonderung  ausgezeichnet,  ver- 
anlasst Husten.  Akut  bes.  nach  plötzlichen 
Erkältungen,  chronisch  bei  Lungenkranken, 
älteren  Leuten;  gefährlich  bei  Kindern, 
wegen  leicht  eintretender  Lungenentzün- 
dung; Entzündungen  der  feineren  Bron- 
chien meist  Anfang  der  Schwindsucht,  da 
der  Eiter  oft  sitzen  bleibt  und  verkäst  (s. 
Tuberkel),  die  Bronchien  sich  erweitern  und 
das  Lungengowebe  verdrängen  (s.  Bron- 
chiektasie). Behandlung:  reine,  gleichmässig^ 
warme  Luft  (Respirator  I) ,  milde  Kost,  bes. 
Milch,  Vermeiden  auhaltendenSprechens  etc. 

Brongniart  (spr.  -niahr),  l)  Alex.,  franz. 
Mlneralog  und  Geognost,  geb.  5.  Febr.  1770 
zu  Paris,  ward  1794  Ingenieur  beim  Berg- 
wesen, 1818  Ingenieur -en-clief  der  Berg- 
werke, 1822  Prof.  der  Mineralogie  am  natur- 
hlstor.  Museum  zu  Paris ;  f  das.  4.  Okt.  1847. 
Hauptwerke:  ,Trait6  616ment.  de  min6ralogie 
avec  des  applications  aux  arts'  (1807, 2  Bde.)  ; 
,Tableau  metliodique  et  caractdristique  des 
principales  especes  miu6rales'  (1824);  ,De> 
scription  geologique  des  cuvirons  de  Paris' 
(3.  Aufl.  1835) ;  ,Classiftcation  et  caractdres 
mindralogiques  •  des  roches  homogenes  et 
h6t6rogönes*  (3.  Aufl.  1830);  ,Tableaa  des 
terraius  qui  composeut  T^corce  du  globe* 
(1829;  deutsch  von  Kleinschrod  1830);  ,M6- 
moire  sur  la  peinture  sur  verre'  (1829); 
,Trait^  des  arts  c6ramiques  et  des  poteries* 
(1844,  2  Bde.),  wonach  Kypke  das  , Handbuch 
der  Porzellanmalerei'  (2.  Aufl.  1861)  bearbei- 
tete. —  2)  Adolphe  Theodore,  Prof.  der  Bota- 
nik am  Jardin  des  plantes,  Sohn  des  Vor.» 
geb.  14.  Jan.  1801  zu  Paris.  Hauptwerk: 
,Hi9toire  des  v^6taux  fossiles'  (1828—47, 
2  Bde.),  woran  sich  die  , Chronologische 
Uebersiclit  der  Vegetatiousperioden  und  der 
verschiedenen  Floren  in  iltrer  Aufeinander- 
folpre  auf  der  Erdoberfläche'  (deutsch  von 
Minier  1850)  auscliliesst. 

Bronn,  Heinr.  Georg,  Naturforscher,  geb. 
S.Mär/  1800  zu  Ziegel  hausen  bei  Heidelbersr, 
seit  1828  Prof.  zu  Heidelberg;  f  &•  J^ü  ^862. 
Besond.  um  die  Peti'efaktenkunde  verdient. 
Hauptwerke :  «System  der  urweltlichen  Kon- 
chylien'  (1824);  «System  der  urweltllchen 
Pflanzenthiere'  (1830);  ,Lethaea  gengnostica* 
(3.  Aufl.,  mit  Römer,  1852-56,  6  Bde.  mit 
Atlas);  , Allgemeine  Zoologie'  (1850);  ,Die 
Klassen  und  Ordnungen  des  Thierreichs* 
(fortgesetzt  von  Keferrtein  n.  A.  1859  f.); 
.Geschichte  der  Natur'  (1841-49,  4  Bde.); 
,  Untersuchungen  über  die  Entwicklungs- 
gesetze der  organischen  Welt  während  der 
Bilduugszeit  unserer  Erdoberfläche'  (1858). 
Gab  mit  Leonhard  seit  1830  das  ,Jahrbnch 
für  Miuffralogie  und  Petrefakteukunde'  her- 
aus; übersetzte  Darwin«  Werk  ,Ueber  die 
Entstehung  der  Ai*ten'  (1860). 

Bronte,  StAdt  auf  Sicilieu,  am  Westfusso 
des  Aetun,  11,800  Ew. 


Bronte  —  Broussais.    • 


351 


Bronte^  Charlotte,  psendonym  Ourrer  £eU, 
eugl.  Schriftstellerin,  geb.  21.  April  1816  zu 
Tiiomton  (Yorkshire),  seit  1854  Gattin  des 
Yikaxs  Nichol;  t  31.  März  18&5  in  Haworth. 
Ihre  gegen  die  Heuchelei  in  Sitte  und  Leben 
gerichteten  Romane  ,Jane  Eyre*  (1847), 
jShlrley*  (1849)  und  »VlUette*  (1852)  erregten 
grosse»  Aufsehen.   Biogr.  von  Gaakell  (1857). 

Bronze  9  Legiruug  aus  Kupfer  und  Zinn, 
oft  noch  mit  Zusatz  Ton  Zink,  dient  bes. 
zum  Giessen  von  Statuen,  Glocken,  Kano- 
nen, Maschinentheilen,  zum  Prägen  von 
Hedaillen  und  allerlei  Geräthen  (Bronze- 
waaren),  ist  leichtflüssiger,  klingender  und 
zäher,  aber  auch  häi'ter,  spröder,  weniger 
dehn-  und  polirbar  als  Messing  und  deshalb 
2um  Guss  sehr  geeignet.  Glockenmetall  ent- 
hält 78  Th.  Kupfer,  22  Th.  Zinn;  Kanonen- 
gut und  Medaillen brouze  90  Th.  Kupfer, 
9  Th.  Zinn;  Spiegelmetall  68,5  Th.  Kupfer, 
31,5  Th.  Zinn;  B.  für  Maschinentheile  83-98 
Th.  Kupfer  und  17—2  Th.  Zinn.  Statuen- 
brouze  muss  geschmolzen  dünnflüssig  sein, 
sich  gat  ciseliren  lassen  utid  schöne  Patina 
annehmen,  die  antike  entViält  in.  der  Regel 
kein  Zink,  die  moderne  84,42  Th.  Kupfer, 
11,28  Th.  Zink,  4,3  Th.  Zinn  bis  65,95  Th. 
Kupfer,  31,56  Th.  Zink,  2,49  Tli.  Zinn  (bis- 
weilen etwas  Blei).  Die  iserlohner  Bronze- 
waaren  bestehen  aus  Messing  mit  25,30 o/o 
Zink.  Vgl.  Bischoff,  ,Das  Kupfer  und  seine 
Leffirungen',  1865. 

Bronzefarben,  Metallpniver,  aus  Abfallen 
der  Metallsclilägerei,  der  sogen.  Schawine 
durch  Feiureibeu  und  Erhitzen  mit  etwas 
Fett  dargestellt,  zeigeu  violette,  rothe, 
goldgelbe,  grüne  Aulauffarben  und  dienen 
zum  Bronzii'en  von  Gyps,  Holz,  Metallguss, 
in  der  Buch-  u.  Steiudruckerei ,  Lacklrerei, 
zur  Wachsleiuwand-  u.  Tapetenfabrikation. 
Surrogate:  Derivate  des Hämatoxy lins,  kry- 
stallisirte  Theerfarben,  Murexid. 

Bronzell,  Dorf  bei  Fulda;  8.  Nov.  1850 
Zusammenstoss  der  Bundesarmee  und  der 
preuss.  Tmppen. 

Bronziren,  Holz,  Gyps,  Metall  oder  andern 
Körperu  ein  bronzeartiges  Ansehen  geben; 
gescliieht  meist  mit  Hülfe  von  Firniss  und 
Bronzefarben  (s.  d.).  Metalle  werden  durch 
verschiedene  Salze  passend  gefärbt  und 
dnrcli  Poliren  oder  £^nroibon  mit  Wachs 
glänzend  gemacht. 

Brooke  (spr.  Bruk),  Sir  James,  geb.  29. 
April  180S  zu  Bath,  ging  im  Dienst  der 
ostiud.  Kompagnie  nach  Ostindien,  begab 
sich  1838  nach  Sarawak  auf  Borueo.  Hier 
vom  Radschah  Muda-Hassim  mit  der  Ver- 
waltung dieser  Provinz  betraut,  machte  er 
sich  zum  Gebieter  des  Landlos  und  ward  vom 
Sultan  von  Bruui  damit  uolelint.  Er  zwang 
letzteren  1846  zur  Abtretung  der  Insel 
Labuanan  die  Engländer,  ward  Gouverneur 
derselben  nnd  1»47  engl.  Kommissar  und 
Generalkonsul  bei  den  unabhängigen  Fürsten 
Borneos.  Von  der  chines.  Bevölkerung  von 
Sarawak  vertrieben,  kehrte  er  mit  Hülfe 
von  Malayen  u.  Dajaks  dahin  zurück.  Seine 
Tagebücher  und  Korrespondenzen  yeröffent- 
liclit  in  Keppel,  ,Exped.  to  Bomeo  for  tlie 
Suppressiou  of  Piracy*  (1847,  2 Bde.);  Mttndy, 


,Borneoand  Gelebes' (1848,  2 Bde.);  ,Frlvtt» 
Letters  of  Sir  James  B.*  (1853,  3  Bde.). 

Brooklyn  (spr.  Bruklinn),  Hafeuort  am 
Westende  von  Long-Island  in  Nordamerika, 
Newyork  gegenüber,  gleichsam  Vorstadt 
von  diesem,  (1870)  396,300  Ew.;  stark  be- 
festigt, lebhafte  Industrie  u.  Handel,  grosse» 
Seearsenal  mit  ungeheuren  Docks ,  Werf> 
ten  etc.   Grossartiger  Verkehr  mit  Newyork, 

Broschiren  (fr.),  das  Einweben  von  bunten 
Blumen  in  Gewebe ;  das  blosse  Heften  (nicht 
Binden)  eines  Buches.  Broschüre,  Buch; 
Schrift  von  wenigen  Bogen. 

Bronck^re  (spr.  Brukähr),  C^^arUa  de, 
eiuer  der  Hauptbeförderer  der  belg.  Revo- 
lution von  1830,  geb.  zu  Brügge  1796,  al» 
Deputirter  in  der  zweiten  Kammer  der  Gene> 
ralstaaten  (seit  1825)  einer  der  eifrigsten 
Vertreter  der  Rechte  Belgiens,  nach  der  Sep- 
temberrevolution Mitglied  der  Verfassungs- 
kommissiou,  unter  der  provisor.  Regierung 
Chef  des  Finanzausschusses,  im  ersten  Mi- 
nisterium des  Königs  Leopold  kurze  Zeit 
Minister  des  Innern,  Aug.  1831  bis  März 
1832  des  Kriegs,  seit  1834  Prof.  an  der  neu- 
gegründeten  liberalen  Universität  Brüssel, 
dann  bis  1838  Direktor  der  belg.  Bank,  184S 
Bürgermeister  von  Brüssel,  seit  1857  wieder 
Mitglied  der  Kammer;  t  20.  März  1860. 

Brongham  and  Yaux  (spr.  Bruhm  änd 
Wacks),  Henry  Brougham,  Baron,  brit. 
Staatsmann,  geb.  30.  Sept.  1778  in  Edin- 
burgh, ward  1810  Mitglied  des  Unterhauses,, 
wirkte  in  und  ausser  dem  Parlamente  für 
Verbesserung  der  Volkserziehung,  sowie  der 
engl.  Gesetzgebung  und  Rechtspflege.  1830 
unter  dem  Titel  B.  a.  V.  zum  Baron  und 
Lordkanzler  erhoben,  that  er  sich  als  Red- 
ner für  die  Reformbill  hervor,  ward  Ende 
1834  durch  den  Wiedex*eintritt  der  Tories 
zum  Rücktritt  gezwungen  und  bekleidete 
seitdem  kein  öfTentliches  Amt  mehr.  Grosser 
rechtsgelehi*ter  und  in  den  meisten  andern 
Gebieten  der  Wissenschaft  bewandert;  t  9. 
Mai  1868  in  Cannes.  Sehr. , Speeches  at  th» 
Bar  and  in  Parliameut*  (neue  Aufl.  1845, 
4  Bde.) ;  ,Opinions  on  politics,  theology  and 
law*  (1837);  ,Essai  ou  the  British  Consti- 
tution* (1844) ;  ,Sketche3  of  statesmen  of  the 
time  of  George  IIP  (18ä9— 43,  3  Bde.) ;  ,Live» 
of  men  of  letters  and  science  who  flonrished 
in  the  time  of  George  IH'  (1845;  2.  Serie 
1846);  ,Experiments  and  Observations  of 
the  properties  of  Light*  (1850);  ,Critical, 
historical  and  miscellaueous  works'  (neue 
Aufl.  1868,  11  Bde.);  ,Memoirs*  (1871). 

Brooilliren  (fr.,  spr.  Brulljiren),  sich  ent- 
zweien: BrouiUerie,  MissheÜigkeit. 

BrouiUon  (fr.,  spr.  Brulljong),  Skizze^ 
erster  Entwurf;  Strazze  der  Kaufleute. 

BroussaiB  (spr.  Brussäh),  Franpoia  JosepJ^ 
Victor,  franz.  Arzt,  geb.  17.  Dec.  1772  zu 
St.  Malo ,  seit  1832  Prof.  der  Pathologie  und 
Tlierapie  an  der  medicin.  Fakultät  in  Paris; 
t  17.  Nov.  1838.  Sehr.  ,Histoii-e  dos  phleg- 
masies  ou  inflammatious  chroniques*  (8.  Aufl.. 
1826,  3  Bde.);  ,Examen  de  la  doctrine  m6dl- 
cale  g6u6ralement  adopt^e*  (4.  Aufl.  1829—34. 
4  Bde.).  Nach  seinem  System  (Brous$ai»mus/ 
sollen   alle  Krankheiten  von  Einzelerkran- 


852 


Broussonetia  -—  Bruch. 


kuni:  bestimmter  Organe  berr&hren  u.  sym- 
p&thiach  ErscheinuDgen  von  andern  dabei 
auftreten  können.  Behandlang:  reichliche 
Anwendung  derBlntentziehnngen;  nament- 
lich in  Frankreich  lange  Zeit  herrschend. 

Bromwonetia,  Pflansengattung  der  Amen- 
taoeen.  B.  ]>apyrlfera  Vent.,  Morus  p.  L. 
(japanischer  PapiermauJbeerbanm) ,  strauch- 
artiger Baum  in  Japan  und  China,  Bast  auf 
Papier  verarbeitet.  B.  tinctoria  Kunlh, 
Jkforus  tinctoria  X.  Baum  inWestindieu  u. 
Südamerika,  Früchte  geniessbar,  Holz  als 
gelbes  JirasilienhoU  zur  Färberei  benutzt. 

Brown  (spr.  Braun),  1)  John,  engl.  Arzt, 
geb.  17S5  zu  Bunde  in  Schottland,  f  1788  zu 
London.  Seine  Lehre  (Broumianismua)  fuhrt 
alle  Krankheiten  auf  Mangel  oder  Ueberfluss 
Tou  Reizen  zurück.  Hauptgegner:  Hufeland. 
Hauptwerk:  ,EIementa  medicinae'  fl780). 
Seine  Schriften  herausgeg.  von  seinem  Sohn, 
WiÜiam  Oullen  B.  (1804, 8  Bde. ;  deutsch  1806). 
—  2)  BiAert,  engl.  Botaniker,  geb.  Sl.  Dec. 
1773  zu  Montrose,  bereiste  1801—5  Australien 
und  Yandiemensland ,  wurde  dann  Biblio- 
thekai  von  Joseph  Banks,  später  Präsident 
der  linn «sehen  Gesellschaft;  f  10.  Juni  1858. 
.fiehr  verdient  um  die  Kenntnlss  fremder 
'"Floren,  bes.  auch  der  australischen,  und  um 
die  Systematik.  ,Botan.  Schriften*  herausg. 
von  Kee$  von  Esenbeeh  (1827-34,  5  Bde.). 

Browne  (spr.  Braun),  Maximilian  Ulywea, 
Seichsgraf  von,  österr.  Generalfeldmarschall, 
geb.  23.  Okt.  1705  zu  Basel,  trat  in  österr. 
Kriegsdienste,  machte  1734  als  Oberst  den 
<3'eldzug  in  Italien  gegen  die  Franzosen  und 
^Sai*diuier,  1737  —  39  den  gegen  die  Türken 
mit  und  ward  zum  Feldmarschalllieutenant 
und  Beisitzer  des  Hoficriegsraths  ernannt. 
Befehligte  in  den  schles.  Kriegen,  eroberte 
1746  Guastalla  und  Parma,  ward  1749  zum 
Gouverneur  von  Siebenbürgen  und  1754  zum 
Feldmarschall  ernannt.  Im  siebenjährigen 
Krieg  bei  Lowositz  geschlagen,  rieth  er  in 
Wien  im  Hofkriegsrath  vergebens  zur  Er- 
greifung der  Offensive,  ward  bei  Prag  schwer 
verwundet;  t  26*  Juni  1757  in  Prag. 

Brownianlsmiis 9  Brownsches  System,  s. 
Mrown  1). 

Browning  (spr.  Brauning),  Bob.,  engl. 
Dichter  in  der  Richtung  Shelleys,  geb.  1812 
in  London ,  erregte  zuerst  Aufsehen  durch 
sein  Drama  ,ParaceIsus'  (eine  Faustiade, 
1836),  sehr,  noch  andere  Dramen  (,Stafford', 
,Sordello'),  die  spekulat.  Gedichte  ,Ghri8t- 
mas  eve  and  Easter  day*  (1849),  ,Bell8  and 
Pomegranates*(1850),  ,Menand  womeu*  (1855). 
Werke  (neue  Aufl.  1868,  6  Bde.).  -^  Seine 
Gattin  Elizabeth  £.,  ebenfalls  Dichterin, 
lebte  meist  in  Italien;  f  29.  Juni  1861  zu 
Florenz.  Sehr.  ,Drama  of  tho  Exilo'  (lyr.- 
dram.  Mysterium);  ,Romanet  of  Margaret* 
(1836);  .Aurora  Leigh*  (1857);  ,Poems«  (1844). 

Broynan  (Breyhahn) ,  süss  und  gewürz- 
haft schmeckendes  Bier  ohne  Hopfenzusatz. 

Bruce  (spr.  Bruhs),  altes  schott.  Geschlecht 
oormäunischen  Ursprungs,  im  14.  Jahrh. 
einige  Zeit  im  Besitz  dos  Throns  von  Schott- 
land. Bt^rt  B.  bewarb  sich  1289  um  den 
•rledigteu  Thron,  durch  seine  Slutter  Ab- 
kömmling Davids,  Grafen  von  Huntingdon, 


des  Bruders  des  schott.  Königs  Wilhelm 
(1165—1214),  musste  aber  dem  von  Eduard  I. 
von  England  bevorzugten  JoluBaliol  nach- 
stehen. Sein  Enkel,  Bobert  B.,  geb.  81.  März 
1274,  ward  Febr.  1306  in  einer  Versammlung 
der  Grossen  zu  Dumfries  einmüthig  zum 
Könijg  ausgerufen,  25.  März  d.  J.  zu  Scone 
gekrönt,  musste  zwar,  von  Eduards  I.  Feld- 
herrn Aymer  bei  Methven  geschlagen,  auf 
die  hebnd.  Inseln  flüchten,  behauptete  sich 
aber  g^en  Eduard  ü.  durch  den  entschei- 
denden Sieg  bei  Bannockbum  25.  Juni  1314; 
t  9.  Juli  1329.  G^en  seinen  unmündigen 
Sohn  David  stellte  Eduard  HI.  von  Eng- 
land Eduard  Baliol,  den  Sohn  Johann  Ba- 
liols,  als  Gegenkönig  auf,  der  mit  engl. 
Hülfe  Schottland  sich  unterwarf  und  sich 
1332  krönen  Hess.  David  ward  nach  Frank- 
reich gebracht,  nahm  zwar  1342  den  Thron 
von  Schottland  wieder  ein,  befand  sich 
aber  1346—57  In  engl.  Gefangenschaft;  f 
22.  Febr.  1371  ohne  Nachkommen. 

Brneh  (Moos,  Bied),  seichter  Sumpf,  in 
welchem  noch  P^anzen  wachsen,  z.  B. 
Oderbruch  (Prov.  Brandenburg),  Donai<- 
moos  bei  Neuburg  (Bayern)  etc. 

Bruch,  in  der  Mineralogie  die  Gestaltung 
der  Fläche,  wenn  ein  Mineral  unter  dem 
Hammer  durch  das  Frische,  d.  h.  nicht 
nach  schon  vorhandenen  Klüften  zerspringt. 
Krystalliulscher  oder  blättriger  u.  gemeiner 
oder  dichter  B.;  letzterer  ist  muschelig, 
eben,  splitterig,  uneben,  erdig;  hakiger  B. 
kommt  bei  Metallen,  fiisriger  B.  bei  Zn- 
sammenhäufliugfeiner  Kry  stallsäulen,  schief- 
riger  B.  bei  Thouschiefbr  vor.  Die  Be- 
schaffenheit des  B.es  ist  von  grosser  Wichtig- 
keit für  die  Unterscheidung  der  Mineralien. 

Brach  (EingetoeidAruch ,  hemia),  Ver- 
lagerung von  Baucheingeweiden,  wobei  die- 
selben aus  der  Bauchhöhle  treten  und,  als 
Geschwulst  noch  von  den  allgemeinen 
Decken  überzogen,  sichtbar  werden.  Eine 
Zerreissung  tritt  nicht  ein.  Bruchpforte,  der 
Ort,  durch  den  der  Durchtritt  erfolgt. 
Häufigste  Brüche:  Leistemhruch  u.  Schenkel' 
bmch,  bei  Kindern  häufig  der  Nabelbrneh. 
Das  mit  hervorgestülpte  Bauchfell  heisst 
Bruchaaek,  sein  Inhalt  sind  Darm  schlingen 
oder  Netz.  Der  B.  ist  entweder  zurück- 
bringbar,  in  welchem  Falle  seine  Behand- 
lung in  Zurückhaltung  durch  ein  Bruchband 
(s.  d.)  besteht;  oder  eingeklemmt,  in  wel- 
chem Falle ,  wenn  die  Zurückbringnng  nicht 
gelingt,  der  Kranke  nur  durch  Operation 
(Bruclischnitt,  herniotnmia)  zu  retten  ist. 
Ist  schon  Brand  der  Darmschlingeu  ein- 
getreten, so  muss  das  obere  Ende  der 
Darmschlinge  in  die  Wunde  gelegt  und  ein 
sogen,  künstlicher  After  (anus  praeternatu- 
ralis) gebildet  werden.  Symptome  der  Ein- 
klemmung:  grosse  Schmerzen  an  der  be- 
treffenden Stelle,  Unterbrechung  der  Darm- 
leitung (Kothbreehen),  allgem.  Verftill;  Tod 
durch  Bauchfellentzündung  oder  Shok  (s.  d.). 

Brnchy  in  der  Mathematik  ein  bestimmter 
Theil  einer  Einheit,  entsteht  durch  Theiluug 
eines  Ganzen  In  eine  gewisse  Anzahl 
gleicher  Theile,  von  denen  man  einen  oder 
mehrere  nimmt. 


Brnoh  —  Brüdergemeinde,  evangelische. 


353 


Braeb)  Max,  Komponist,  geb.  6.  Jan.  18S8 
in  Köln,  Stipendiat  der  Mosartstiftiing  und 
Schüler  Hillers,  seit  1867  Hofkapellmeister 
in  Sondershansen.  Folgt  der  Richtung  Men- 
delssohns und  'Gades.  ,Lorelei*  (Oper,  Text 
Ton  Geibel),  Symphonien,  Viollnkoncert, 
frrdssere  Chorwerke  (röm.  Triumphgesang, 
Vrithjofssage,  Salamis  etc.),  Lieder. 

Brnclibandy  Vorrichtung  zur  Zurück- 
haltung hervoigetretener  Eingeweide,  be- 
steht aus  Polster  (Pelotte)  und  Bügel  oder 
Biemen,  s.  £rueh.  [cinium  Myrtillus  L. 

Brnehbeere,  s.  ▼.  a.  Heidelbeere,  Vac- 

Bnichsal.  Stadt  im  bad.  Kreis  Karlsruhe, 
am  Salbach,  9133  Ew.  Schloss  (ehedem 
Besidens  der  Bischöie  von  SpeierX 

Brnelisehlaiige  9   s.  v.  a.  Blindsohleiche. 

Brnetn^  Alkaloi'd  in  den  Brechnüssen,  den 
falschen  Angosturabohneu  und  den  Ignaz- 
bohnen,  Begleiter  des  Strychnins,  farblose 
bitter  schmeckende  Krystalle,  schwer  in 
Wasser,  leichter  in  Weingeist  löslich,  reagirt 
alkalisch,  bildet  mit  Säuren  Salze,  sehr  giftig. 

Bnieky  l)  Kreis  des  österr.  Herzogthums 
Steiermark,  174  QM.  mit  202,293  Ew.  Die 
JTaujpM.  B.,  an  derHurund  Mürz,  3372  Ew. 
Dabei  die  , steinerne  Wand*  mit  berühmter 
Höhle.  —  2)  B.  an  der  Leitha,  Stadt  in  Uuter- 
österreich.  Kr.  unter  Wienerwald,  3557  Ew.; 
Schloss  des  Grafen  Harrach,  Masohinenfabr. 
Stehendes  Uebnngslager  der  österr.  Armee. 

Brack ^  Karl  Ludto.,  Freiherr  von,  österr. 
Handels-  und  Finanzminister,  geb.  18.  Okt. 
1798  zu  Elberfeld,  kam  als  Handlungsbe- 
flissener 1821  nach  Triest,  heirathete  hier 
1827  die  Tochter  des  Kauflierrn  Buschek 
und  ward  einer  der  Begründer  und  Direktor 
des  österr.  Lloyd.  1848  Mitglied  des  frankf. 
Parlaments,  dann  österr.  BeToIlmächtigter 
beim  Reichsverweser.  Nach  der  wiener 
Oktoberrevolution  1848  Minister  des  Han- 
dels, der  Gewerbe  und  öffentl.  Arbeiten, 
begründete  er  eine  neue  handelspolitische  u. 
gewerbliche  Epoche  im  Kaiserstaat.  Ende 
Mai  1851  entlassen,  übernahm  er  wieder  die 
Direktion  des  Lloyd  nnd  unterhandelte  die 
Zollverträge  Oesterreichs  mitPreussen  und 
dem  Zollverein.  Juni  1853  bis  März  1855 
österr.  Internuntius  in  Konstantinopel,  dann 
Finanzminister,  drang  er  vergeblich  auf 
einen  vollständigen  polit.  Systemweohsel  u. 
auf  Verleihung  einer  Reicbsverfassung,  ward 
22.  April  1860  ungnädtg  entlassen ;  f  ^^  ^^^ 
Kacht  vom  22.  auf  den  23.  April  eines  frei- 
willigen Todes.  An  den  Unterschleifen, 
welche  während  des  ital.  Kriegs  Statt  ge- 
fanden, hatte  er  keinen  Tbeil.  Zu  seiner 
Rechtfertigung  erschien  eine  Denkschrift 
jBle  Auliiraben  Oesterreichs«  (1860). 
•  Biüehe  (Brüchie) ,  in  Niederdeutschland 
8.  V.  a.  geringere  Yergehungen,  auch  die 
Strafe  dafür;  daher  Briiehengericht. 

Brfieke,  künstliche  Verbindung  zwischen 
zwei  durch  Wasser  oder  eine  Vertiefung 
getrennten  Punkten.  Feste  hülgeme  B.en 
bestehen  bei  geringer  Länge  nur  ans  Streck- 
balken, über  welche  Bohlen  gelegt  sind,  oder 
besitzen  Joche  aus  eingerammten  Pfahl- 
reihen,  oder  Steinpfeiler.  Bei  grosser  Ent- 
fernung der  Joche  .baut  man  g^iprengie  B.n, 

Meytrt  Hand -Lexikon, 


bei  denen  die  Balken  nach  oben  gebogen  u. 
durch  schräge  Stützen  von  den  steinernen 
Widerlagern  am  Ufer  und  von  unten  her 
gestützt  werden ;  oder  gehängte  B.n,  bei  denen 
die  Brückenbalken  von  oben  her  durch  ein 
Hängewerk  gehalten  werden.  Bei  Bogen- 
Mlcken  stützt  man  den  Belag  durch  Bogen- 
konstruktion.'  GiUerbriicken  sind  aus  ge- 
kreuzten Pfosten  gitterförmig  zusammen- 
gesetzt. Steineme'B.n  sind  stets  mit  Bögen' 
erbaut,  welche  volle,  flache,  gedrückte,  Hoch- 
oder Spitzbögen  sein  können.  Eiserne  B.n 
sind  entweder  Kettenbrücken,  mit  schmiede- 
eisernen Ketten  oder  Drahtseilen  als  Trä- 
gem ;  oder  BöhrenbrOcken,  mit  einem  hohlen 
geraden  Brüokenkörper  aus  zusammengenie- 
teten Blechtafeln,  der  wie  ein  Balken  um* 
an  den  Enden  unterstützt  wird ;  oder  Oitter- 
brücken,  bei  welchen  ein  Glttersy  stein  von 
Röhren,  Schienen  und  Stangen  als  Ti'äger 
dient;  oder  Kettengitterbrücken,  bei  welchen 
von  beiden  Selten  der  B.n  2  Ketten  aus- 
laufen, von  denen  die  eine  das  Obergebälk, 
die  andere  das  Untergobälk  des  Gttter- 
tunnels  trägt.  Nach  dieser  von  Rohling 
erftindenen  Konstruktion  sind  die  gross- 
ai*tigsten  aller  B.n  erbaut,  nämlich  die 
Niagarabrücke  mit  246  und  die  Kentncky- 
briicke  mit  367  Meter  Pfeilerweite.  Beweg- 
liche B.n  sind  entweder  2!ugbrHcken  zum  Auf- 
ziehen;  oder  DreA&rticAen,  weldie  sich  in  hori- 
zontaler Richtung  um  eine  senkrechte  Axo 
drehen;  oderFloas-,  Schiff-,  Bock-,  Seil',  Ton- 
nen-, Kasten-,  Schamkorbbrücl^n,  bei  welchen 
die  im  Namen  bezeichneten  Gegenstände  die 
Joche  bilden,  auf  welche  Bohlen  werk  gelegt 
wird.  Fliegende  B.n  oder  Oiehrbriicken  sind 
Fähren,  bei  denen  ein  Schiff'  au  einem 
Seil  durch  den  Stoss  des  Wassers  quer  über 
den  Fluss  getrieben  wird.  Vgl.  die  Werke 
von  Wit^eking  (1814),  Langsdor ff  (IBIT  ^  in), 
Böder  (IB21),  iSffamm  (1832),  relUram»/ (1856), 
Werther  (1853),  Müller  (1861). 

Brickenaii,  Stadt  im  bayer.  Regbz.  Unter- 
franken,  au  der  Rhöu,  im  Tlial  der  Sinn, 
1571  Ew.;  dabei  Bad  B.  (Stahlquelle). 

Brfickenberg,  Baudenort  auf  dem  Riesen- 
gebirge (Regbz.  Liegnitz),  2436'  h.  (liöchstes 
Dorf  Preussens),  1514  Ew.;  das.  die  alte 
Kirche    Wang  (aus  Norwegen). 

Brfickenbruder  (Fröres  pontifes,  Fratres 
pontifices),  christl.  Verbrüderung  in  Süd- 
frankreich zu  dem  Zwecke,  an  den  Ueber- 
^angspunkten  grosser  Ströme  Fähren  zu 
unterhalten.  Brücken  zu  bauen  etc.,  1189 
bestätigt,  ging  nach  und  nach  in  dem  Jo- 
hanniterorden  auf. 

Brückenkopf  (Brüekeu»chame),  Befesti- 
gung, durch  welche  eine  Brücke  militärisch 
gedeclct  wird,  entweder  nur  eine  Lünette, 
oder  komplicirter  und  auf  einem  oder  auf  bei- 
den Ufern  des  Flusses  liegend  (doppelter  B.). 

Bruekenwage ,  s.  Wage. 

Brfidergemeinde ,  erangelisehe  (Brüder- 
unität),  die  von  den  Naciikommen  der  mäh- 
rischen oder  böhmischen  Brüder  gegründete 
Religionsgesellschaft,  siedelte  sich  1722 
unter  dem  Schutz  des  Grafen  von  Zinzendorf 
auf  dessen  Gut  Berthelsdorf  in  der  Ober- 
lausitz an  und  erhielt   von  ihrer  Kolonie 

23 


§54 


Bröderscliaften,  religiöse  —  Örusk. 


Hermhut  den  Namen  fferrnhnter.  Sie  nnhm 
eine  der  Alten  mähriscbeu  Bruderkirche 
entlehnte  Verfassung  und  Klrchenznclit 
unter  dem  Kamen  eines  freiwilligen  Einrer- 
standnisaes  19.  Mai  1727  an,  hat  keine  be- 
sonderen Symbol.  Bücher  und  rechnet  sich 
Bu  den  angsburg.  KonfessionsTerwandten. 
Als  Hauptsache  gilt  der  Glaube  an  den 
Versöhnungstod  Jesu  (früher  in  eine  spie- 
lende Blut-  und  Wundertheologie  ausartend) 
und  die  persönliche  ,KoDnexion'  der  Ein- 
zelnen mit  dem  Heiland.  Kirchenämter  sind : 
das  der  Bischöfe,  dnrcli  welche  auf  Grund 
einer  fortgelienden  Ordination  die  Verbin- 
dung der  B.  mit  der  Kirche  der  alten  böhm. 
und  mähr.  Brüder  unterhalten  wird  ;  das 
der  Presbyter  oder  Prediger  und  das  der 
Diakonen  oder  Geliülfen  der  Prediger.  An 
der  Spitze  der  ganzen  B.  steiit  die  Unit&ts* 
ältestenkonferenz,  seit  1789  in  Berthelsdorf 
bei  Herrnhut;  sie  ernennt  die  Prediger  und 
lieamten,  ist  aber  der  die  ganze  Uuität  ver- 
treteuden  Synode  verant wörtlich,  die  sich 
in  der  Regel  in  Zwischenräumen  von  7  bis  12 
Jahren  versammelt.  Tägl.  finden  des  Abends 
gottesdienstl.  Versammlungen  Statt;  am 
Sonntag  wird  die  Kirchenlitanei  gebetet  und 
gepredigt,  beides  in  einem  einfachen  Saale 
mit  eiuem  grünbeliangeneu  Tisch,  welcher 
die  Stelle  des  Altars  vertritt.  Die  Lebens- 
weise ist  einfach  und  streng.  Karten-  und 
Würfelspiel ,.  sowie  Tanz  sind  nicht  gestat- 
tet. Höhere  Lehranstalten  sind  das  Päda- 
gogium zu  Niesky,  eine  Art  Gymnasium, 
und  das  theolog.  Seminar  zu  Gnadenfeld  in 
Schlesien  zur  Bildung  von  Predigern. 

Bradenehaft«n,  religiöse,  Gesellschaften 
zu  frommen  Uebungen  und  wohlthätigen 
Zwecken,  geschlossen  zwischen  Laien, 
welche  keine  Klostergelübde  ablegen,  aber 
gleichwohl  als  Religiöse  angesehen  sein 
wollten,  wie  die  Beguinen,  Apostel-, 
Brücken-,  Kalandsbrüder,  Lollharden  etc. 

Brfider  und  Schwestern  des  freien  Qetstes^ 
Sekte,  im  13.  Jahrh.  in  den  Rheingegenden 
entstanden,  lehrte  einen  rohen  Pantheismus 
und  verfiel  in  sittliche  Ausschweifungen. 
Reste  derselben  lebten  im  IG.  Jahrh.  unter 
den  Libertinern  zu  Genf  und  den  Wieder- 
täufern wieder  auf. 

Brügge  (fr.  Bmges,  spr.  Brühscli),  Hauptst. 
der  belg.  Prov.  Westfiandern,  3  St.  vom 
Meere,  47,205  Ew.  Kathedrale  (Thurm  S50' 
hoch,  ber.  Glockenspiel),  Kunstakademie; 
Hafen:  Blny»  (Kanal  dahin).  Spitzen-  und 
Leinenindustrie.  Im  13.  Jahrh.  Stapelplatz* 
der  Hansa,  im  14.  Welthandelsstadt,  im  15. 
glänzende  Residenz  der  Herzöge  von  Flan- 
dern (mit  200,000  Ew.);  Verfall  sejt  Ant- 
werpens Aufblühen. 

Brüggenann,  Joh.  Heinr.  Thecd.,  preuss. 
Beamter,  geb.  81.  März  1796  zu  Soest  in 
Westphalen ,  ward  1823  Direktor  des  Gym- 
nasiums zu  Düsseldorf,  1832  kathol.  Schul- 
rath  in  Koblenz,  trat  1838  als  geheimer  Re- 
gierungsrath  in  das  Ministerium  der  geist- 
lichen Angelegenheiten,  ward  1819  in  die 
erste  Kammer  gewählt,  dann  zum  lebensläng- 
lichen Mitglied  des  Herrenhauses  ernannt. 

Brfthl  (DrM) ,  romant.  Feltenthal  hinter 


Mödliug  bei  Wien,  vom  Fürsten  von  Liech* 
tensteiu  durch  Anlagen  verschönert. 

Brühl,  1)  Heinr.,  Reiehsgrafvm  B.,  Minister 
Augusts  Iil.,   Königs  von  ;PoIen  und  Kur- 
fürsten  von  Sachsen,    geb.   13.   Aug.  1700 
zu  Weissenfeis ,    ward  um   1780  Leibpage 
Augnsts  IL,    dann  Kammerherr  und   seit 
1731  mit  den  wichtigsten  Staatsamtern  be- 
traut, wirkl.  GelrHmrath  u.  1739- Kammer- 
präsident, unter  Alkgast  IH.  Inspektor  über 
sämmtliche  Staatskassen,  Kabinetsminister, 
1737   Chef  des  Departements   der   Militär- 
angelegenheiten,  17S8  der  auswärtigen  An- 
gelegenlieitou    und    Oberkftinmerer ,     1747 
Premierminister,   brachte  das  Land  durch 
seiue  Habsucht  und  Verschwendung,  seine 
finanziellen  Operationen  und  die  Ungerech- 
tigkeiten einer  willkürlichen  Kabinetsjustiz, 
sowie    durch    seine    verkehrte   Politik   in 
grosses  Unglück;   f  28.   Okt.    17G3.    Seine 
Bibliothek  von  62,000  Bänden  bildet  einen 
Hauptbestandtheil    der    königl.   Bibliothek 
zu  Dresden.  Vgl.  Jvtii,  ,Leben  n.  Charakter 
des  Grafen  von  B.*,  1760—64,  3  Bde.  —  2) 
Aloysiu»   Friedr.,    Graf  von  B.,   Sohn   des 
Vor.,  geb.  31.  Juli- 1739  zu  Dresden,  ward, 
19  Jahre  alt,  poln.  Krongrossfeldzeugmeister, 
verlor  nach  Augusts  III.  Tode  seine  Aemter 
in  Polen   und  Sachsen,  lebte  seitdem   auf 
seiner  Herrschaft  Pforten ;   f  SO.  Jan.  1793 
KU  Berlin.    Vollendeter  Weltmann,  Musiker, 
Maler,   Mathematiker  und   Dichter.    Sehr. 
,Theatral.  Belustigungen'  (1785—90,  5^de.). 
—  3)  Karl  Friedr.  Mor.  jRowtl ,  Oraf  ton  B., 
Enkel  von  B.  1),  geb.  9.  Mai  1772  zu  Pforten, 
ward    1815    Generalintendant   der    königl. 
Schauspiele  in  Berlin,  1830  der  königl.  Mu- 
seen; t  9.  Aug.  1837  KU  Berlin. 

Briillaffe  (Heulaffe,  Mycotes  Illig.,  Stentor 
Oeoffr.),  A  ffengattu  ug  d  er  Plattnasen,  m  it  kno- 
chiger  Auftreibung  des  Zungenbeins  n.  daher 
sehr  starker  Stimme.  Ro^^9r  B.,  Guariba, 
Predigeraffe  (M.  seniculns  L.,  M.  nrsinns 
Pr.  Mx.),  2*  1.,  Guiana,  Brasilien,  Fleisch 
geniessbar,  Pelz  als  Decken.  Araguato 
(M.  nrsinus  TU.),  20"  1.,  Brasilien,  Caracas, 
gesellig  lebend.  Schwarter  B.,  Beelzebnl, 
Caraya  (M.  beelzebul  L.,  M.  ruflmanns  KulU, 
M.  nijrer  Oeoffr.),  17"  1.,  häufig  am  Orinoco. 

BrOüf^osen,  Ochsen Arosch ,  s.  Frosch, 

Briilow,  Sari  Paulotoit$ch,  raf  s.  Maler,  geb. 
1799  zu  Petersburg,  Prof.  an  der  Akademie 
das. ;  t  23.  Juni  1852  zu  Marciano  bei  Rom. 
Hauptwerke:  ,Der  letzte  Tag  von  Pompeji' 
und  ',Ende  der  Ines  de  Castro*.  —  Sein  Bruder 
Alexander,  Architekt,  f  ^^1«  Erbauer  des 
michailowschen  Theaters,  des  akadem.  Ob- 
servatoriums und  des  neuen  Winterpalastes. 

Brunig,  Berg  im  Kant.  Unterwaiden,  9062'; 
darüber  Weg  ins  berner  Oberland. 

Brunn,  Hauptstadt  von  Mähren,  an  der 
Zwittawa  und  Schwarzawa,  73,464  Ew.; 
14  Vorstädte,  goth,  Jakobskirche  (von  1318),/ 
Kathedrale,  prot.  Kirche  (s.  1867),  Mnsenm 
für  Geschichte,  Alterthumskunde  etc.;  sahl- 
reiche  Paläste,  Tuchfabr.  Im  W.  die  Berg- 
veste  Bpietberg,  ehedem  markgräfl.  Schloss, 
seit  1740  Staatsgefängniss,  letzt  Citadelle. 

Brüsk  (flr.),  barsch,  trotslg,  stols.  Brih' 
kwi9t  derartiges  Benehmen.   BtilMr^,  Im 


Brüssel  —  Brune. 


855 


Kriegs  Wesen  ohne  dio  ffowolml.  Vorberei- 
tungen   zu   einem  Hauptaugriff  schreiten. 

BrSssel  (fr.  Bruxellea),  Hauptst.  Belgiens 
nnd  der  belg.  Prov.  Brabant^  an  der  Senne, 
16,365  Hauser  und  169,249  Ew.;  eine  der 
sclionsten  Städte,  In  raschem  Wachsthum 
begriffen :  Oberstadt  (yomeh'm ,  fränzös.), 
Unterstadt  (Verkehr,  fläm.),  dazu  grosse 
industriereiche  Vorstädte  nnd  8  damit  zu* 
sammenhängende  Dörfer  (einschliess).  dieser 
305,881  Ew.).  Strassen:  Königsstr.,  Rue  de 
Madelaine (Kaufhallen).  Plätze:  Königsplatz 
(Statue  GottAniedä  von  Bouillon),  Michaels- 
platz (Monument  der  Gefallenen  von  18S0), 
Place  nationale  (Kongresssäule  150'  h.,  mit 
Leopolds  I.  Statue,  seit  1859),  Münzplatz  etc. 
Gebäuden  goth.  Ratbhaus  (1442  vollendet), 
hinter  demselben  der  Brunnen  mit  dem 
«Manneken- Pisa';  Palast  der  schönen  Künste 
(vormals  des  Generalgouvemeurs) ;  das 
kdnigl. Palais;  der  Industriepalast;  National- 
palast (für  die  Kammern),  Münzpalast  u.  v.  a. ; 
die  Glaspassage  St.  Hubort  (Bazar).  Anstal- 
ten: Universität  (seit  1834),  Vaudermaeleus 
geogr.  Etablissement  (mit  kostbaren  Samm- 
lungen), Akademie  der  Wissenschafl;en  und 
Künste,  Malerakademie,  Schule  für  Bild- 
hauer etc.,  Musikkonservatorinm,  Militär- 
scliule;  botan.  Gesellschaft  mit  her.  botan. 
Garten;  gr.  Bibliothek  (19,700  Manuskr.), 
Gemäldegallerie,  Naturalien-  und  physikal. 
Kabinet,  Sternwarte,  Hospice  des  Vieillards 
(für  700  Greise)  etc.  Zahlr.  und  ansehnliche 
Fabriken,  bes.  für  Spitzen  und  Blonden, 
Gold-  und  Silberarbeiten,  Kutschen,  Baum- 
wollen- und  Wollenzeuge,  Glas  und  Krystall, 
Nadeln,  feine  Hüte,  Papier,  Chemikalien  etc. 
Handel  beträchtlich,  gefordert  durch  die 
Börse,  mehrere  Banken  (Bank  von  Belgien 
seit  1835,  Nationalbank  seit  1851  etc.),  Eisen- 
bahnen und  den  Kanal  zur  Scheide.  In  der 
Nähe  Lustschloss  LaeTctn ,  mit  Park  und 
Königsgruft.  —  Im  10.  Jahrh.  noch  ein 
Flecken ;  im  12.  Sitz  der  Herzöge  von  Bra- 
baut  und  Handelsplatz  auf  der  Sirasse  vou 
Köln  nach'  Brügge ;  später  Hauptstadt  der 
österr.  Niederlande ;  2d.  Aug.  1830  Volksauf- 
stand^,  der  Ausbruch  belg.  Revolution. 

Brüste,  roeibliche  (Mammae),  rechts  und 
links  auf  der  vorderen  Brustwand  zwischen 
Haut  und  Brustmuskel  gelegene  Drüsen, 
Bondem  durch  Umwandlung  ihrer  Zellen 
und  Blutwasserausscheidung  Milch  ab; 
entwickeln  sich  in  der  Geschlechtsreife, 
schwellen  bei  Schwangerschaft.  Theile: 
JBruattoarze  (mammilla),  Warzenkof  (areola 
mammae)  und  Drüsenläppchen  (aciuus).  Ent- 
»Undung  der  B.  (mastitis),  nach  Verletzung, 
duroh  Erkältung  während  des  Stillens,  oft 
in  Eiterung  übergehend.      [Danzigerbncht. 

BrSsteroirt»  Vorgebirge  am  Ostende  der 

Brfistniig,  eine  Wand,  welche  bis  zur 
Brust  reicht,  z.  B.  die  Einfassung  von  Bal- 
kons, Brücken  (Balustrade).  In  der  Forti- 
fikatlon  die  innere  Fläche  der  Schulterwehr 
einer  Batterie  bis  an  den  obern  Rand  der 
Schiessscharten,  3~4Va'  h. 

Brftten,  befruchteten  Eiern  ausserhalb 
des  mütterlichen  Oii^anismus  behufs  ihrer 
Sntwioklung  Wärme  anfahren ,  besonders 


das  Erwärmen  der  Vogeleier  durch  Körper- 
wärme. Letztere  ist  bei  brütenden  Vögeln 
erhöht  und  gelangt  um  so  leicliter  zu  den 
Eiern,  als  den  Tliieren  an  bestimmten  Stellen 
der  ünterbrust  und  des  Bauches  die  Federn 
ausfallen  (Brutflecken).  Die  Brütwänne 
beträgt  30  —  320  R.  Die  Brütdauer  ist  den 
Arten  eigenthümlicli  aber  ungleich  (kleiue 
Singvögel  14,  Henne  21,  Pfau  30-31  Tage) ; 
bei  manchen  Arten  brüten  nur  die  Weib- 
clien,  bei  andern  auch  die  Männchen  (Tau- 
ben, Singvögel).  Künstliche  Brütnng  itndet 
sich  schon  bei  den  Aegyptem  und  ist  in 
neuerer  Zeit  sehr  ausgebildet  worden  (Appa- 
rate von  Baumeyer,  Gantelo  etc.).  Vgl. 
Oettel,  ,PraIctische  Hühnerzucht*,  1863. 

Bragger,  Friedr.,  Bildhauer,  geb.  1813, 
lebte  zu  München,  f  das.  9.  April  1870. 
Zalilreiche  trefft.,  meist  mytholog.  Wwke 
(Theseus,  Giiiron  und  Achilles,  Faun  nüt 
dem  Tiger,  Dädalus  u.  Icarus  etc.),  Statuen 
(Gluck,  Schelling,  Gärtner  etc.)  u.  Porträts 
(Joh.  von  Müller,  Baader). 

Brngseh,  Heinrich  Karl,  her.  Aegyptolog, 
geb.  18.  Febr.  1827  in  Berlin,  bereiste  1853 
und  1857—58  Aegypten,  1860-61  (mit  dem 
preuss.  Gesandten  Minutoli)  Persien;  seit 
1864  Konsul  zu  Kairo.  Sehr.  ,8ciiptiira 
Aegyptioi-um  demotica'  (1848);  ,Grammairc 
d6motique'  (1855);  ,Monuments  de  l'Egypte' 
(1857);  .Geogr.  Inschriften  altägypt.  Denk- 
mäler* (1857—60,  3  Bde.);  ,Hi8t.  deVEgypto' 
(1.  Bd.,  1859) ;  ,RecueiI  des  monuments  £gypt.* 
(1862  ff.) ;  ,Reise  der  preuss.  Gesandtschaft 
nach  Persien'  (1862—63,  2  Bde.);  ,Hiero- 
glyphisch-demotischos  Wörterbuch'  (1867  f.). 

Brnhng)  Karl  Ohristian,  Astronom,  geb. 
22.  Nov.  1830  zu  Plön  in  Holstein,  seit 
1860  Prof.  der  Asti'onomie  und  Direktor  dqr 
Sternwarte  zu  Leipzig.  Entdeckte  mehrere 
Kometen;  sehr.  ,Dio  astronom.  Strahlen- 
brechung in  ihrer  histor.  Entwicklung' 
(1861)  und  ,Geschichte  und  Beschreibung 
der  leipziger  Sternwarte'  (1861),  die  nach 
seinen  Angaben  erbaut  ward,      [winterlich. 

Bmma   (lat.),  Wintersolstitium ;    brumal, 

Brumaire  (fr.,  spr.  Brümähr),  im  Kalen- 
der der  ersten  franz.  Republik  der  zweite 
Monat  des  Jahres,  23.  Okt.  bis  21.  Nov.,  so 
genannt  von  dem  um  diese  Zeit  gewöhnl. 
eintretenden  Nebel.  Am  18.  B.  VHI  (9.  Nov. 
1799)  stürzte  General  Bonaparte  das  Direk- 
torium nnd  ward  als  erster  Konsul  oberster 
Machthaber;  daher  ,faire  un  18  B.',  eine 
Staatsverfassung  mit  Blilitärgewalt  stürzen. 

Bmitdosinm  (a.  G.),   Stadt,   s.  Brindisi. 

Bmne  (spr.  Brühn),  GtiUlaume  Marie 
Anne,  franz.  Marschall,  geb.  18.  März  1763 
zu  Brives-Ia-Gaillarde,  erst  Buchdrucker, 
war  1796  bereits  Brigadegeneral  in  Italien, 
eroberte  1798  die  Schweiz  und  errichtete  die 
helvetische  Republik,  beendigte  den  Bür- 
gerkrieg in  der  Vend6e,  ward  1800  Ober- 
general der  ital.  Armee,  1804  Reichsmar- 
schall, 1806  Generalgonverneur  der  Hanse- 
städte, eroberte  1807  Schwedisch-Pommern. 
Durch  zu  gelinde  Handhabung  der  Konti- 
nentalsperre bei  Napoleon  missliebig  gewor- 
den, trat  er  zurück,  ei^'iff  aber  1815  von 
Neuem    die   Sache  Napoleons,    ward   von 

23* 


856 


Branel  —  Brunst. 


diesem  mm  Pai/  ernannt  und  erhielt  den 
Oberbefehl  im  südl.  Frankreich.  Nach  der 
Rückkehr  Ludwigs  XVni.  unterwarf  er  sich 
demselben  zu  Tonlon  nur  zögernd  und  wurde 
auf  der  Reise  nach  Paris  Aug.  1815  In 
Avignon  vom  Pöbel  ermordet. 

Branel  (spr.  Brönnl),  l)8ir  Marc  Isanibertf 
engl.  Ingenieur,  geb.  25.  April  1769  zu 
Hacqueville  in  der  Normaudie,  diente 
1786—92  in  der  franz.  Marine,  leitet^  dann 
in  Newyork  eine  Kanonengiesserei  und  be- 
festigte den  Hafeneingang ,  erfand  1799  in 
England  den  Klobenmechanismus  n.  baute 
neben  andern  öffentlichen  Werken  1825—42 
den  l'hemsetnunel;  f  12.  Dec.  1849  in  Lon- 
don. ■—  2)  Isambert  Kingdom,  engl.  Ingenieur, 
Sohn  des  Vor.,  geb.  1806  zu  Portsmouth, 
Erbauer  der  Great-Western-Eisenbahn,  der 
Kettenbrücke  in  Himgerford,  des  Great 
Britain,  Great  Eastem  etc. ;  fiö,  Sept.  1859. 

Brnnellen,  s.  Frunellen* 

BrnneUeschl,   Filippo,   ital.  Baumelster, 

feb.  1377  zu  Florenz,  gründete  zuerst  die 
Perspektive  auf  feste  Regeln,  suchte  den 
Stil  der  antiken  Baukunst  wieder  in  Auf- 
nahme zu  bringen;  f  ^^  Florenz  1444. 
Werke:  die  Kuppel  des  Doms  zu  Florenz, 
die  Kirche  San-Spirito  und  San-Lorenzo, 
die  Anlage  des'Palastes  Pitti.  Als  Bildhauer 
betheiligt  1401  an  dem  Wettstreit  für  die 
Bronzethüren  des  Baptisteriums  zu  Florenz. 

Brnnfty  Begattungstrieb  des  Roth  wildes. 
Der  Hirsch  tritt  in  die  B.,  er  brunftet. 

Bmnl  (£runei),  Sultanat  auf  Borneo  (s.  d.). 

Bruniren  (JSHiniren) ,  eiserne  Gegen- 
stände mit  einer  braunen  Lackfarbe  über- 
ziehen, welche  im  Wesentlichen  aus  einer 
dünnen  gleichmässigen  Lage  Rost  besteht. 
Geschieht  meist  durch  U eberstreichen  mit 
Ghloi*antlmon  (Bronzirsalz),  worauf  polirt, 
mit  Waflhs  oderFimiss  Glanz  gegeben  wird. 

Bmnlrstahl^  Werkzeug  zum  Poliren  der 
Stahlwaaren. 

Bronnen,  schaohtartige,  gewöhnlich  aus- 

Seifiauerte  v ertief iiug,  worin  sich  aus  dem 
irdreicb  hervorquellendes  Wasser  sam- 
melt, welches  durch  Schöpf-  oder  Pump- 
werk gehoben  oder  dnreh  Röhrenleitnng 
abgeleitet  wird.  Artesische  £.  bestehen  aus 
einem  zweiarmigen  Heber,  dessen  kurzer 
Schenkel,  durch  einen  Erdbohrer  gebildet, 
bis  zu  einer  wasserführenden  Schicht  nie- 
deitreht,  und  dessen  längerer,  von  Natur 
vorhandener,  seine  Ausmündung  auf  einem 
höher  gelegenen  Gebiete  hat,  wo  die  Spei- 
sung durch  Thau,  Regen  und  Schnee  vor 
sich  geht.  Sie  werden  gebildet,  indem  man 
Wässern,  die  zwischen  zwei  undurchdring- 
Uehen  Thon-  oder  Grestelusschichten  ein- 
geschlossen sind,  einen  künstlichen  Abfluss 
durch  ein  Bohrloch  verschafEt.  Benannt 
nach  der  Prov.  Artois,  wo  sie  zuerst  ange- 
wandt wurden.  Die  sogen,  abessiniache» 
oder  amerikan,  Röhrenbrunnen  bestehen  aus 
einem  eisernen,  unten  in  eine  Spitze  aus- 
laufenden, über  derselben  durchlöcher- 
ten Rohr,  welches  in  den  Boden  einge- 
rammt und  am  obern  Ende  mit  einer  Säug- 
pumpe versehen  wird. 
Brmtnen,  Dorf  im  Kaut.   Schwyz ,   am 


Vierwaldstattersee  (Muottamfind.).  Hier  1315 
Beschwörung  des  ersten  ewigen  Bundes. 

Bmnnenkifesse,  s.  NatturtiumvL.Oardamine, 

Brnnnenrohren,  s.   Wasserleitung. 

Bmnnenitock,  die  in  die  Röhrenfahrt 
senkrecht  eiugeschlagene  Röhre,  in  der  das 
Wasser  aufsteigt  und  zum  Ausfluss  gelangt. 

Bmnnenstnhe^  im  Bergbau  der  Raum, 
in  welchem  die  Grubenwasser  zusammeu- 
fliessen;  bei  natürlichen  zur  Röhrenfohrt 
benutzten  Quellen  der  vom  Mauerwerk  um- 
schlossene Raum. 

Brnnnow^  Fhil.,  Freihet^r  von,  russ.  Staats- 
mann, geb.  31.  Aug.  1797  zu  Dresden,  trat 
1818  in  russ.  Dienste,  ward  1840  Gesandter 
in  London,  suchte  die  Interessen  Russlands 
und  Englands  durch  das  londoner  Protokoll 
vom  8.  Mai  1852  solidarisch  zu  verbinden,  ver* 
mochte  aber  der  oriental.  Krise  nicht  vor- 
zubeugen. Seit  1855  Gesandter  am  Bundes- 
tage zu  Frankfui>t,  unterhandelte  er  als 
zweiter  Bevollmächtigter  Busslands  den 
Friedenstraktat  zu  Paris,  ward  Sept.  1856 
Gesandter  in  Berlin,  März  1858  von  Neuem 
am  londoner  Hof,  verfocht  1864  bei  den 
londoner  Konferenzen  die  Interessen  Däne- 
marks; seit  Mai  1870  Gesandter  in  Paris; 
seit  Jan.  1871  Vertreter  Russiauds  auf  der 
Pontuskonferenz  in  London. 

Bruno,  1)  B.  der  Groue,  geb.  925,  dritter 
Sohn  des  deutschen  Königs  Heinrich  L, 
ward  940  Erzkanzler  seines  Bruders  Otto  I., 
953  Erzbischof  von  Köln  und  Herzog  von 
Lothringen;  ausgez.  durch  Gelehrsamkeit, 
als  Reformator  der  Klöster  und  Beförderer 
wissenschaftlicher  Studien  unter  den  Geist- 
lichen; t  11-  Okt.  965  zu  Rhetms.  Sein 
Leben  beschrieb  ßuotger  (,Vita  Brunouis', 
abgedr.  in  ,Monumenta  gemi.  hist.^  Bd.  4, 
1839;  deutsch  von  Jannund  1851).  —  2)  Giar- 
danOf  Philosoph,  Vorläufer  der  neuen  pan- 
theist.  Systeme,  g^eb.  im  16.  Jahrh.  zu  Kola, 
Dominikaner,  floh  wegen  heterodoxer  An- 
sichten, gerieth  1580  in  Genf  mit  den  Cal- 
vinisten  In  Händel,  hielt  in  Paris  Vorlesuv- 
gen,  wandte  sich  dann  nach  London,  las 
1586—88  in  Wittenberg,  kehrte  1592  nach 
Italien  zurück,  ward  17.  Febr.  1600  als 
Ketzer  in  Rom  verbraunt.  Die  wichtigsten 
seiner  zahlr.  Sehr,  sind  die  metaphys.,  dar- 
unter ,Della  causa,  principio  ed  uno*  (Veuod. 
1584),  ,Del  infinite  universo  e  mondi'  (das. 
1584).  Seine  Italien.  AVerke  herausg.  von 
Wagner  (1880,  2  Bde.),  die  lat,  von  Gfrörer 
(1834  —  36,  2  Bde.).  Biogr.  von  Jiartholmes 
(1846),  aemens  (1847)  und  Berti  (1868). 

Bnins,  J\nd*  Victor,  Chirurg,  geb.  9.  Aug. 
1812  zu  Helmstedt,  seit  1843  Prof.  der 
Chirurgie  in  Tübingen,  berühmt  durch  seine 
Kehlkopfoperationen,  die  er  zuerst  von  der 
Mundhöhle  aus  und  mit  Hülfe  des  Kehl- 
kopfspiegels vornahm.  Hauptwerke:  ,Hand- 
buch  der  Chirurgie'  (1854,  2  Bde.);  ,Die  La- 
ryngoskopie* (1865);  ,(jhii>urgische  Heilmittel- 
lehre* (1868  ff.);  ,Arzneioperationen'  (1869). 

Bmnst  (Aestus  venereus),  die  höchste  Auf- 
regung des  thierlschen  Geschlechtstriebes, 
mehr  oder  weniger  periodisch  auftretend 
mit  verstärkter  Athmung  und  Blntbewegung 
verbanden,  oft  cbarakterisirt  durch  allerlei 


BruBCamente  —  Brutus. 


367 


Auswüchse  im  Hantsystem  der  Männchen, 
Verfärbung  (Hocheeitkleid  der  Fisclie),  yer- 
änderten  Geschmack  des  Fleisches,  Geräche, 
Teränderte  Stimme,  erhöhten  Muth. 

Brnflcamente  (itäl.,Mas.),  rauh,  auffahrend. 

Brnssa  {ßurta,  Pruaa),  Stadt  in  Klein- 
asien, am  Fuss  des  (mysischen)  Olymp, 
3  M.  vom  Marmorameer,  kaum  35,000  Ew. 
Einst  Residenz  der  bithyn.  Könige  (von 
Prusias  IL  gegr.)  und  bis  zur  Eroberung 
Adrianopels  Hauptstadt  des  ottoman.  Reichs. 
Dabei  alte  Thermen  (Schwefelquellen  48o 
R.).    1855  und  1859  grosse  Erdbeben. 

Brust  (Thorax),  oberer  Rumpftheil,  be- 
grenzt Ton  12  Wirbeln,  Rippen  mit  ihren 
Muskeln,  Brustbein,  Zwerchfell;  enthält 
zwei  Pleurahöhlen  (a.  Brtistfell)  mit  Lungen, 
Herzbeutel  mit  Herz,  die  Brustaorta,  Hohl- 
venen, Luft-  und  Speiseröhre,  Thymusdrüse. 

Brnstbeereiiy  s.  Zizyphu»  und  Cordia. 

Brustbein  (Sternum),  mittelster  Knochen 
des  Brustkorbs,  verbindet  die  Rippen  beider 
Seiten,  dient  den  Sclilüsselbeinen  zur  Stütze. 

Brustbeklemmung  y  ängstliches ,  von 
Athenibeschwerden  begleitetes  Gefühl ,  kann 
von  den  Lungen ,  vom  Herzen  ,  aber  auch 
vom  Uhterleibe  ausgehen. 

Brustbräune  C^rusMlemm«,  Angina  pectoris, 
Stemocardia),  anfallsweise  auftretendes  Ge- 
fühl von  ZusammenschnürUDg  und  heftigem 
Schmerz  in  der  Herzgegend,  bei  Herzfelilcrn, 
aber  auch  ohne  -anatom.  Störung.  Behand- 
lung oft  erfolglos,  am  besten  ruhige  Lage, 
krampfstillende  Mittel. 

Brustentzündung,  s.  Lungenentzündung. 

Brustfell  (Pleura),  zai*te  (seröse)  Haut, 
welche  die  Brusthöhle  auskleidet;  eine  Ein- 
stülpung des  Sack£s  überzieht  die  Lunge 
(Lungeupleura),  die  nach  aussen  liegende 
Hälfte  die  Rippen  (Costalpleura,  Rippenfell). 

Brustfellentzündung  (Pleuritis)  entsteht 
nach  Verletzung  der  Brusthöhle  (Rippen- 
brüche, Stich-  und  Schnsswunden)  oder 
durch  Fortsetzung  entzündlicher  Prozesse 
der  Lungen  auf  das  Brustfell,  oder  selb- 
ständig ohne  nachweisbare  Ui'sache.  Bei 
der  trocknen  B*  (p.  sicca)  überzieht  sich 
das  Brustfell  mit  einem  Faserstoffbelag,  der 
in  akuten  Fällen  wieder  verschwinden  kann, 
im  chronischen  Verlaufe  zu  Verwachsung 
der  Lunge  mit  der  Brustwand  führt  (ge- 
wöhn!. Befund  bei  chron.  Lungen  seh  wind - 
sucht).  PleuriBches  £x«t/(2af,  Anscheidung  von 
I'lüssigkeit  in  die  Brusthöhle  (spec.  von 
Eiter:  Pyothorax,  Empyem),  verläuft  meist 
akut,  mit  heftigem  Fieber,  kann  bald  vor- 
schwinden, aber  auch  Monate  lang  bestehen. 
Entweder  Heilung,  unvollkommene  Ge- 
nesung, oder  tödtlicher  Ausgang  durch  Ab- 
zehrung oder  Durohbruch  des  Eiters  in  die 
Lunge ,  in  die  Bauchhöhle.  Symptome : 
anfangs  Schmerz,  dann  Asthmabeschwerden 
durch  Kompression  der  Lunge ;  Verdrängung 
des  Herzens,  der  Leber:  leerer  Perkussions- 
schall über  der  betroffenen  Stelle;  aufge- 
hobenes Athmen  und  Fehleu  der  Stimm- 
vibration daselbst.  Behandlung  durch 
warme  Umscliläge,  Jodaufpiuselung,  harn- 
treibende Mittel;  bei  chron.  Verlauf  Ent- 
leerung des  Eiters  durch  Einstich. 


Brustfleber^  durch  Entzündungen  der 
Luftwege,  Lunge,  des  Brustfells  bMtngt. 

BmstfloBser,  s.  Figche. 

Brusthöhle,  s.  £rust. 

Brnstkrampf,  s.  v.  a.  Asthma. 

Brustthee,  Mischung  von  Althäwitrzel, 
Süssholz,  Veilchenwoi'zel,  Huflattig,  Klatseh- 
rosen  und  Sternanis  gegen  Husten. 

Bmstrenchlelmung,  abnorme  Sekretion 
der  Luftwege  (Bronchien),  meist  Folge  von 
KataiTh  ders.  Behandlung:  reine,  warme 
Luft,  Milclidiät,  Expectorantia  (Salmiak  etc.). 

Brustwftssersucht  (Hydrotliorax),  An- 
sammlung von  seröser  Flüssigkeit  in  iTör 
Brusthöhle,  bei  allgem.  Wassersuclit,  bes. 
bei  Lungenemphysem,  Herzfehlern,  Kicreii- 
erkrankungon.  Verursacht  Athembcschwer- 
den  durch  Verdrängung  der  Brustorgane. 
Behandl.  auf  die  Ursache  gerichtet,  in  drin- 
genden Fällen  Abzapfung  der  Flüssigkeit. 

Brustwehr,  Befestigung,  welche  dio 
Truppen  vor  dem  direkten  Schuss  sichern 
und  ihnen  das  Feuern  gestatten  soll;  aus 
Holz,  Erde  oder  Stein  bestehend.  Dio 
obere  Fläche  (Brnstwehrkroue)  senkt  sich 
nach  aussen  dem  äussern  Grabenrande  zu, 
damit  das  Olacis  bestrichen  werden  kann. 
Infanterie  steht  dahinter  auf  Banketts, 
Artillerie  auf  Oeschützbänken.  Dicke  der 
B.  sehr  verschieden,  4  —  14'. 

Brut,  in  der  Botanik  Ausläufer,  Wurzel- 
sprossen, junge  Zwiebeln ;  in  der  Zoologie 
die  Nachkommenschaft  eierlegender  Tliiere. 

Bruttluni  (a.  G.),  Landschaft  in  Süditalien 
(das  jetzige  Galabria  ulteriore),  mit  der 
Hauptstadt  Cosentia;  bewohnt  von  den 
Bruttiern  (Lukaniem),  später  vori&ugsweise 
von  Griechen,  welche  Kolonien  (Rhegium, 
Oroton,  Hipponium,  Locri  etc.)  anlegten  und 
sicli  bis  nacti  dem  zweiten  punischeu  Kriege 
unabhängig  von  den  Römern  erhielten. 

Brutto  (ital.,  d.  i.  unrein),  in  Zusammen- 
setzungengebräuchlich, z.  B.  Bruttogewicht, 
d.  i.  das  Gewicht  der  Waare  mit  der  Um- 
hüllung oder  Emballage ;  Bruttoeinnahme 
im  Gegensatz  zur  Nettoeinu ahme  eiüe  solche 
Einnahme,  von  welcher  Unkosten  noch  ab- 
zuziehen sind.    Vgl.  Netto. 

Brutus,  1)  Ludu»  Junius,  der  Sohn  des 
Blarcns  Junius  und  der  Tochter  des  älteren 
Tarquinius,  von  Tarquinius  Snperbüs,  der 
alle  Glieder  dieser  Familie  wegen  ihrer 
etwaigen  Ansprüche  aiif  den  Thron  hatte 
tödteu  lassen,  nur,  weil  er  sich  blödsinnig 
stellte,  verschont,  rächte  den  Tod  der  Lu- 
cretia,  indem  er  das  Volk  zur  Verbannung 
des  tarquin.  Königshauses  veranlasste,  ward 
dadurch  Gründer  der  Republik  Roms  und 
deren  erster  Konsul,  Hess  seine  eigenen 
Söhne  als  Theilnehmer  an  einer  Verscliwö- 
ruug  gegen  die  Republik  hinrichten,  fiel  im 
Kampfe  mit  Aruns,  des  Tarquinius  Sohn.  — 
2)  Marens  Junius,  der  hervorragendste  un- 
ter Cäsars  Mördern,  geb.  85  v.  Chr.,  Sohn 
des  Marcus  Junius  B.  und  der  Stiefschwester 
Gates  von  Utica,  trat  nach  der  Sclilacht  bei 
Pharsalus  48  v.  Chr.  zu  Cäsar  über,  erhielt 
46  die  Verwaltung  des  cisalpin.  Galliens, 
44  die  städt.  Prätur  übertragen.  Von  Cassius 
für  die  Verschwörung  gegen  Cäsar  gewon- 


858 


Bruycker  -*  Bucbanan. 


neu,  zog  er  uach  dessen  Ermordung  in 
Griechenland  und  Macedoulen  Trappen  zu- 
sammen, siegte  43  über  CajUs  Antonius, 
den  Bruder  des  Triumvirs,  vereinigte  sich 
in  Kleinasien  mit  Cassius,  ging  dann  über 
denHellespout  zurück  und  traf  beiPhilippi 
(42)-  auf  die  Triumvlrn  Octavian  und  Anto- 
nius. B.  siegte  in  einer  ersten  Schlacht 
über  das  Heer  Octavians,  Cassius  aber  ward 
von  Antonius  geschlagen,  und  auch  B.  unter- 
lag etwa  20  Tage  später  in  einer  zweiten 
Schlacht  und  stürzte  sich  in  sein  Schwert. 
—  3)  Decirmts  Junius,  Gäsars  Vertrauter, 
zugleich  aber  Mitverschwoi*ner  gegen  ihn, 
bewog  den  zögernden  Diktator,  in  den  Senat 
zu  gehen,  wo«r  die  Vorbereitungen  zu  dessen 
Ermordung  bereits  getrofifeu,  vertheidigte 
dann  das  cisalpin.  Crallien  g^en  Antonius, 
ward  aber  von  seinem  Heere  verlassen  und 
von  einem  gallischen  Fürsten  getodtet. 

Brnyeker  (spr.  Breu-)»  Franf.  Antoine  de, 
belg.  Geuremaler,  geb.  1816  zu  Gent,  Schü- 
ler Braekeleers  in  Antwerpen,  seit  1860 
Mitglied  der  Akademie  in  Amsterdam.  Der 
aite  Gärtner,  die  Wittwe,  Erinnerung  an 
alte  leiten.  Besuch  des  Grossvaters  u.  a. 

Brya  Beauv.,  Pflanzeugattung  der  Legu- 
minosen. B.  Ebenus  Dec,  Baum  in  West- 
Indien,  hartes  dunkles  Nutzholz. 

Bryant  (spr.  Breiänt),  Will.  OuUen,  nord- 
amerikan.  Dichter,  geb.  3.  Nov.  1790  zu 
Cummington  (Massachusetts),  eine  Zeitlaug 
Advokat,  seit  1826  Mitredakteur  der  ,Evening- 
Post'  zu  Newyork.  Ausgez.  durch  Form- 
vollendung, oiu  Meister  in  Naturschilderun- 
gen und  erhabenen  Reflexionen.  ,Poem8* 
(1832,  oft  aufgelegt),  darunter  bes.  ,The 
embargo',  ,ThanatopsisS  ,The  ages',  ,The 
prairies',  ,The  fountain'  etc.  hervorzuheben. 
Sehr,  ausserdem  ,Letters  of  a  traveller  in 
Europa  and  America*  (1850). 

Bryaxis^  ber.  griech.  Bildhauer  und  Erz- 
giesser  zu  Athen,  blühte  um  400— 350  v.  Chr., 
arbeitete  mit  am  Mausoleum  zu  Halikamass ; 
bildete  mit  Praxiteles  und  Skopas  die  sogen, 
neuere  Schule  von  Athen. 

Bryologie  (gr.),  Lehre  von  den  Laubmoosen. 

Bryonia  L,  (Zaunrübe) ,  Pflanzeugattung 
der  Cucurbitaceen.  B.  alba  L.,  gemeine 
Zaunrühe  (Gicht-,  Hunds-,  Tollrübe),  Schling- 
pflanze in  ganz  Europa.  Wurzeln  (Teufels- 
kirschen-, Faulrüben  Wurzel)  oföcinell,ebenso 
von  B.  dioica,  roth/rücktige  Z.,  an  densel- 
ben Standorten.    Auch  Zierpflanzen. 

BryOKOeil)  MooskoraUen,  s.  Korallen, 

Brzesc,  Stadt,  s.  Brest -Litowik. 

Babalug)  s.  Büffel.     [Artemis  verglichen. 

Babastis,  ägypt.  Göttin,  mit  der  griech. 

Bubo.  Anschwellung  der  Lymphdrüsen 
durch  Druck,  Erkältung  oder  in  Folge  von 
Entzündungen  benachbarter  Theile;  insbes. 
Anschwellung  der  LeiHendrüten,  syphilit. 
Ursprungs,  vereiternd  oder  verhärtend. 

Babr5ma  Schreb.  (Bastardceder),  Pflanzeu- 
gattung der  Malvaceen.  B.  Guazuma  Wüld., 
Theobroma  Guazuma  L.,  Baum  in  West- 
indien und  Südamerika,  Fruchtkapsel  zum 
Bierbrauen  verwendet. 

Baec«blätter,  s.  Barosma. 

BncenUnr  (gr.),  Ungeheuer,  halb  Stier, 


halb  Mensch,  ital.  Bucentoro,  Name  der 
Galeere ,  in  welcher  der  Doge  von  Venedig 
seit  1311  jährlich  am  Himmelfahrtstage  ins 
adriat.  Meer  hinausfuhr  und  zum  Zeichen 
der  Herrschaft  der  Republik  über  das  Meer 
(furch  Versenkung  eines  Ringes  sich  mit 
demselben  vermählte.  Der  letzte  B.  ward 
1797  von  den  Franzosen  zerstört. 

Bucephalos  (gr.),  Stierkopf,  Name  des 
Lieblingspferdes  Alexanders  d.  Gr.  Um  das 
Grab  desselben  am  Flusse  Hydaspes  Hess 
Alexander  die  Stadt  Bucephalia  anlegen. 

Bneer,  Martin,  Kirchenreformator,  geb. 
1491  zu  Schlettstadt  im  Elsass,  Hofprediger 
des  Kurfürsten  von  der  Pfalz,  ward  1521  ent- 
schiedener Anhänger  Luthers,  1523  Prediger 
zu  Strassburg,  wo  er  die  Refoitnation  durch- 
führen half,  bew^og  1532  die  Städte  Strass- 
burg, Kostnitz,  Memmingen  und  Lindau  zur 
Annahme  der  augsburg.  Konfession  und  1536 
zum  wittenberger  Vergleich  mit  Luther; 
half  dann  seit  1549  dem  Erzbischof  Cranmer 
bei  Einführung  der  Reformation  in  England, 
erhielt  einen  Lehrstuhl  in  Cambridge;  f  27. 
Febr.  1551,  vielleicht  an  Gift.  Die  Königin 
Maria  liess  6.  Febr.  1556  B.s  Gebeine  aus- 
graben und  verbrennen.  ,Schriften*  mit 
Biogr.  von  Baum  (1858). 

Buch ,  Dorf  in  Oberbayern ,  bei  Fürsteu- 
feldbruck;  Denlunal  Ludwig  dos  Bayern 
(t  hier  1347;  rcstaurirt). 

Bucli)  Leopold  von,  Geognost,  geb.  26.  April 
1774  zu  Stolpe  in  der  Uckermark,  bereiste 
Deutschland,  Sk|tndinavien  bis  zum  Nord- 
kap, Grossbritanuien,  Frankreich,  Italien 
und  die  kanarischen  Inseln.  Seit  1806  Mit- 
glied der  berliner,  seit  1840  der  pariser 
Akademie;  f  4.  März  1853  zu  Berlin.  Ver- 
dient bes.  durch  Erforschung  der  geognost. 
und  physikal.  Verhältnisse  der  Erdober- 
fläche ,  der  Bodenerhebungen  etc.  Sehr. 
,Geoguost.  Beobachtungen  auf  Reisen  durch 
Deutschland  und  Italien*  (1802—9,  2  Bde.); 
jPhysikal.  Beschreibung  der  canar.  Inselu* 
(1825) ;  ,Relse  durch  Norwegen  und  Lapp- 
land*  (1810,  2  Bde.);  ,Ueber  den  Jura  in 
Deutschland'  (1839);  ,Beiträge  zur  Bestim- 
mung der  Gebirgsformationen  in  Russland' 
(1840) ;  »Betrachtungen  über  die  Verbreitung 
und  die  Grenzen  der  Kreidebildungen*  (1849) ; 
zahlr.  Monographien  über  Petrefakten ;  trefll. 
geognost.  Karte  von  Deutschland  (12  Bl.,  2. 
Aufl.  1832).    Gesammelte  Schriften  (1870  f.). 

Bnchan  (spr.  Bökän),  der  nordöstl.  Tbeil 
der'  Schott.  Grafschaft  Aberdeen.  Buchan- 
Nes9,  die  östlichste  Spitze  Schotticmds. 

Buchanan  (spr.  Bökännän),  James,  15. 
Präsident  der  Vereinigten  Staaten,  geb.  22. 
April  1791  in  Stony-Baker  in  Pennsylvanieu, 
seit  1812  Advokat,  ward  1814  Mitglied  der 
Legislatur  Peunsylvaniens ,  1820  des  Kon- 
gresses, 1831  Gesandter  in  Petersburg,  1833 
Mitglied  des  Senats,  1845  Staatssekretär, 
1853  Gesandter  in  England,  1857  Präsident 
der  Union.  Seine  Verwaltung  (1857—61)  be- 
reitete den  Bürgerkrieg  vor,  der  sofort  uach 
seinem  Rücktritt  ausbrach.  Während  er 
die  Sklaverei  zum  leitenden  Princip  des 
amerikan.  Staatslebens  zu  machen  und  die 
Interessen  der  Südstaateu  zu  fordem  suchte, 


Buchara  — •  Buche. 


869 


verfolgte  er  nAch  aussen  eine  schwache 
und  schwankende  Politik. 

Bvehln  (£okhara),  Khanat  in  Turkistan, 
am  mittleren  Amu  und  am  Kohik,  4100  QM. 
mit  ca.  8  Mill.  Ew.,  Turks  (darunter  die 
herrschenden  Usbeken)  und  Tadsohiks  oder 
Bucharen  (persisch).  Im  Alterthum  8ogkd 
oder  Marakanda;  später  unter  mohammed. 
Herrschaft,  Mittelpunkt  der  Aufklärung  und 
Wissenschaft.  Jetzige  Dynastie  seit  1505. 
Der  Khan  von  B.  der  mächtigste  Herrscher 
Mittelasiens,  neuerdings  durch  die  immer 
-weiter  Tordrivgeaden  Russen  gedemütliifi^. 
Die  ßtadt  B.,  180,000  (n.  And.  70,000)  Ew., 
180  Moscheen ,  viele  Sclmlen  (Medressen), 
für  das  Studium  der  mohammed.  Theologie, 
noch  jetzt  wichtigster  Ort  Vorderasleus, 
zugleich  Gentnun  des  Karawanenhaudels 
zwischen  Europa  und  Asien;  Fabriken. 

Bneliareiy  Name  der  von  tatar.  Völkern 
bewohnten  oder  beherrschten  Länder  Mittel- 
asiens zwischen  dem  kaspischen  Meer  und 
den  Grenzen  Tübets  und  der  Mongolei.  Man 
unterscheidet:  die  grosse  B.,  West-  oder 
eigentl.Turkistan  (mit  dem  wichtigen  Khanat 
Buchara)  und  die  kleine B.,  auch  Turfan,  Ost- 
turkistan,  hohe  Tatarei,  Ost-Tschagatai 
genannt,  bisher  chines.  Provinz  (Thian-schan- 
nan-lu)$  Hauptstädte  Jarkand  und  Kasch- 
gar.  Die  Bewohner ,  etwa  li/a  Mill. ,  sind 
Mohammedaner ;  ansässige ,  durch  Gewerb- 
fleiss,  Landbau  und  Seidenzi^cht  sich  her> 
Torthuende  Bucharen  (Tadschiks)  und  noma- 
disirende  Turkstamme  (Uigureu,  Usbeken), 
deren  Khane  den  Cliinesen  zinsbar.  Seit 
1864  Revolution  derselben  gegen  die  chines. 
Obergewalt,  die  1869  mit  der  Unabhängig- 
keit der  kleinen  B.,  als  eines  selbständigen 
Khanats  unter  Jakub  Knschbegi,  endete. 

Bvcfaberg,  Berg  des  Isei^ebirgs,  2985'  h., 
höchster  Basaltkegel  Deutschlands. 

BuehdrnckerkaBst,  eine  der  wichtigsten 
Erfindungen,  epochemachend  in  der  Kultur- 
geschichte, ward  vorbereitet  durch  den 
Holzdruck,  bei  welchem  die  durch  den 
Druck  zu  vervielfältigende  Schrift  Seite  fiir 
Seite  in  Holztafeln  geschnitten  und  der  Ab- 
flrack  der  mit  Farbe  überzogenen  Buch- 
staben mittelst  der  Buchdruckerpresse  be- 
werkstelligt ward,  wie  noch  Jetzt  in  China, 
wo  die  B.  mehrere  Jahrhunderte  früher 
bekannt  war  als  in  Europa.  Hier  legte 
das  Buchstabenalphabet  der  Spraehen  den 
Gedanken  nahe,  die  Buchstaben  (Lettern) 
einzeln  ans  Holz,  Blei  oder  Zinn  zu  schnei- 
den, diese  zu  Druckformen  für  die  Schrift 
zusammenzusetzen  und  sie  nach  gemachtem 
Abdi-uck  wieder  auseinander  zu  nehmen, 
um  sie  zu  weiteren  Druckformen  zu  ge^ 
brauchen.  Diesen  Gedanken  fasste  zuerst 
der  mainzer  Patricier  Qutenberg  (s.  d.)  ins 
Auge.  In  Verbindung  mit  dem  mainzer 
Bürger  FuH  gründete  er  die  erste  typograph. 
Werkstätte,  aus  der  das  erste  grosse  Druck- 
werk, die  42zeilige,  sogen,  gutenbergsclie 
Bibel  in  8  Foliobänden  (1455  oder  1156, 
ohne  Datum)  hervorging.  Nachdem  Fusts 
Schwiegersohn,  Peter  Schöffer,  den  Lettern- 
guss  verbessert  hatte,  folgte  der  Psalter 
Ton  1457 1  dann  das  ,Rat!onal$'  <}e8  Pu^an- 


dus ,  1450  mit  einer  neuen  kleineren  Type 
gedruckt.*-  Gutenberg  errichtete  nach  seiner 
Trennung  von  Fust  eine  eigne  Buchdrucker« 
Werkstatt  zu  Mainz,  aus  der  1460  der  Druck 
des  ,Catho]icon*  des  Janua  hervorging.  Bei 
derEroberungund  Plünderung  der  Stadt  1462 
durcl/  denErzbischof  Adolf  von  Nassau  zer- 
streuten sich  die  Arbeiter  beider  Werk- 
stätten und  verpflanzteu  die  bisher  als  Ge- 
heimniss  bewahrte  Erfludung  nach  audoren 
Orten.  Ob  dieselbe  von  Mainz  zuerst  nach 
Köln  oder  nach  Strassburg  gekommen  sei, 
ist  noch  strittig.  Nächst  diesen  Städten 
sind  es  in  Deutschland  Bamberg,  Nürnberg, 
Augsburg,  Speier,  Ulm,  Esslingen»  Lübeck, 
lioipzig,  Merumingen,  Reutlingen,  Erfurt 
und  Magdeburg,  wo  die  B.  am  frühesten 
und  am  erfolgreichsten  betrieben  ward.  In 
Italien  waren  die  ersten  Drucker te  das 
Kloster  Subiaco  (seit  1464),  dann  Rom  (seit 
1467)  und  Venedig  (seit  1469);  in  Frank- 
reich Paris  (seit  1470)  und  Lyon  (seit  1473) ;  in 
den  Niederlanden  Aalst,  Utx*echt^XrÖwen 
(seit  1474),  Antwerpen,  später  Leyden  und 
Amsterdam;  in  der  Schweiz  Basel  (seit 
1474);  in  England  Westminstef;  in  Spanien 
Valencia  (seit  1474).  Die  älteren  Typogra- 
plien  waren  meist  zugleich  Buchdrucker 
und  Buchhändler,  oft  auch  Gelehrte.  Die 
Schriftgiesserei  (s.  d.)  mit  der  Stempel- 
scltn eiderei  tritt  seit  dem  17.  Jahrli.  als 
besonderes  Gewerbe  auf.  Berühmte  ältere 
Buchdruckerfirmen:  Manutius  (1488  —  1580), 
de'  Giunti  (1492-1592),  Elzevier  (1595 -1680); 
neuere :  Breitkopf,  Baskervüle ,  Bidot ,  Bo- 
doni  u.  a.  Im  17.  und  18.  Jahrh.  gerioth 
die  B.  in  technischer  Hinsicht  in  Vei*fall; 
erst  nach  der  Mitte  des  18.  Jahrh.  hob  sie 
sich  allmählig  wieder  durch  Verbesseruug 
des  Letterngusses  und  der  Presse,  nament- 
lich aber  dui'ch  Erfindung  der  Schnell- 
presse. Eine  Setzmaschine  konstruirten 
unter  Andern  Young  u.  Delcambre  in  Eng- 
land; doch  scheint  dieselbe  nicht  allgemeiner 
in  Aufnahme  gekommen  zu  sein.  Vgl. 
FcUketuUin,  ,Gesch.  der  B.',  1840;  Bernard, 
,De  rorjgijie  et  des  d6buts  de  Timprlmerie 
en  Europe',  1854,  2  Bde.;  Duponi,  ,HIst. 
de  rimprimerie',  1854,  2  Bde. 

Baehdrnckerschwirze ,  Farbe,  Mischung 
von  Leiuölfiruiss  mit  Russ  unter  Zusatz 
von  Indigo,  Berlinerblau  etc.  zur  Erzeugung 
eines  bestimmten  Tones ,  wird  in  Fabriken 
mit  Maschinen  dargestellt. 

Bachdruckerwerkstatt,  Sternbild  des  südl. 
Himmels;  nur  kleine  Sterne. 

Buche  (Fagus  L.),  Pflauzeugattung  der 
Ameutaceen.  Gemeine  B.  (Rothbuche,  F. 
sylvatica  L,),  europ.  Waldbaum  vom  südl. 
Schweden  bis  Sicilien,  zum  Kaukasus  und 
Sibirien,  in  Vorderasien  und  den  östl.  Staa- 
ten der  Union,  in  den  Alpen  bis  4000',  treff- 
liches Nutz-  und  Brennholz;  die  Früchte, 
Bucheckern ,  Buchein ,  enthalten  Samen, 
welche  fettes  Speise-  oder  Brennöl  liefern; 
die  Presskuchen  für  Pferde  giftig,  für  Rind- 
vieh nicht  unbedenklich.  7  Varietäten, 
dai'unter  die  Slutbuche  {V.  s.  sanguinea) 
u.  and.  Zierbäume.  F.  Sieboldii  Midi,  in 
Japan,  Fr  ferruginea  ^1»^  von  I^abyaclor  bi« 


8^0 


Buchhaltung  —  Buchhandel. 


Florida.  P.  autarctica  und  F.  Forsteri, 
immer/^rün,  in  Südamerika  bis  Feuerlaud. 
Bnchhaltangp,  im  kaufhiännischen  Sinn 
die  nach  gewissen  Regeln  geordnete  Ver- 
zeichnung aller  Geschäfts vorfölle,  vermit- 
telst welcher  von  der  Geschäftsführung 
Rechenschaft  gegeben  und  der  Stand  des 
Vermögens  und  die  damit  vorgegangenen 
Veränderungon  erkannt  werden  können. 
Man  unterscheidet  die  einfache  und  die 
doppelte  (auch  italienische ,  weil  im  15. 
Jabrh.  zuerst  in  den  Handelsstädten  Italiens 
angewendete)  B.  Während  die  einfache  B. 
Jeden  Qeschäffcsvorfall  nur  einmal  (einfach) 
in  Rechnung  bringt  und  nur  die  absolute 
Vermehrung  oder  Verniindorung  an  Besitz- 
gegenständen niederschreibt,  also  für  Jeden 
Rechnung8-(Buch-)posten  nur  einen  Debitor 
(Schuldner  oder  Cfouto,  welches  empfängt) 
oder  Greditor  (Gläubiger  oder  Conto,  welches 
abgibt)  sacht,  zieht  die  doppelte  B.  Vermeh- 
rung und  Verminderung  zugleich  in  Betracht 
und  bringt  jeden  Gescliäftsvorfall  doppelt 
in  Rechnung,  indem  sie  ftir  jeden  Rech- 
nungsposten je  einen  Debitor  und  Creditor 
sucht.  Die  einfache  B.  stellt  nur  das  Ver- 
hältnisfl  klar,  in  welchem  unser  Besitz  zu 
anderen  Personen  steht,  gewährt  aber 
keine  specielle  Einsicht  in  die  mit  den  ein- 
zelnen Besitztheilen  vorgegangenen  Werth- 
Veränderungen,  macht  also  zur  Ermittelung 
der  Resultate  der  Geschäftsführung  (Ge- 
winn oder  Verlust)  eine  jedesmalige  Ab- 
schätzung aller  Besitzgegeustände  (Inven- 
tur) nöthig,  Und  dieser  Gewinn  oder  Ver- 
lust kann  dann  nur  in  seiner  Gesammtheit, 
nicht  an  den  einzelnen  Zweigen  des  Ge- 
schäfts nachgewiesen  werden.  Die  doppelte 
B.  dagegen  führt  nicht  nur  Rechnung  mit 
Personen  (persönliche  oder  lebende  Oonten), 
sondern  auch  mit  allen  vorhandenen  sach- 
lichen Wertheu  (Sach-  oder  todte  Conten), 
indem  sie  dieselben  personificirt.  [Beispiel: 
Bei  einem  Waarenverkauf  wird  nicht  nur 
der  Käufer  Debitor  (einfache  B.),  sondern 
gleichzeitig  das  ,Waaren-Conto*,  welches  als 
Person  gedacht  werden  ninss,  Creditor.] 
Da  diese  beiden  Gattungen  von  Conten  in 
fortwährend  wechselseitiger  Beziehung  zu 
einander  stehen,  so  dass  Jeder  Geschäfts- 
vorfall, der  eine  Veränderung  in  den  Be- 
sitztheilen herbeiführt,  nur  als  neue  Um- 
gestaltung des  Besitzes  und  von  gleicher 
Wirkung  auf  beiden  Seiten  zu  betrachten 
ist,  so  wird  diese  Uebereinstimmung  auch 
fortwährend  unterhalten  und  es  liegt  in 
derselben  der  mathematische  Beweis ,  dass 
alle  Beti-äge  richtig  verzeichnet  sind.  — 
Die  Bücher  der  B,  sind:  Memorial  (Prima 
Nota),  welches  die  erste.  Niederschrift  der 
Geschäftsvorfälle  Tag  für  Tag  aufnimmt; 
Journal,  welches  Monat  für  Monat  die  im 
Memorial  (u.  Cassabuch)  zerstreuten  Posten 
sammelt,  nach  ihrer  Zusammeugehörigkeit 
ordnet  und  zum  Uebertrag  ins  Hauptbuch 
vorbereitet;  CaetaJmch,  welches  über  Ein- 
nahme und  Ausgabe  von  baarem  Geld 
Rechnung  führt  und  (für  die  doppelte  B.) 
zugleich  Debitor  und  Creditor  für  jeden 
Posten  nachweist;   Hauptbuch ,  welches  in 


der   einfachen   B.    nur  auf  die  PenottAn' 
Conten  sich  beschränkt,  in    der  doppelten 
B.  aber  neben  denselben  noch  einKapital- 
(G^sammtbesitz-)  Conto  enthält  und  diesem 
gegenüber   allen   Besitztheilen  Oonten   er- 
öffnet;    sämmtliche     Niederschriften     auf 
diesen  Conten   erfolgen  aus  dem  Journal; 
Jnventarienbuch ,   welches   in  regelmässigen 
Zwischenräumen  (nach  dem  deutschen  Han- 
delsgesetzbuch Jährliclf)  eine  Abschätzung 
des  Vermögensbestandes  aufnimmt;  Bilanz, 
welches    die    Summen    der    Aktiven    und 
Passiven  enthält,  welche  aus  jier  der  Debi- 
toren und  Creditoren  des  Hauptbuches  her- 
vorgehen;   Nthou'   oder   J^lfriMcher    (wie 
Wechselkopir-,   Fakturenbuch    etc.)     sind 
durch  die  Natur  des  betr.  Geschäfts  bedingt. 
Das  deutsche  Handelsgesetzbuch  fordert  von 
jedem  Kaufmann  ausser  einem  Briefkopir- 
buch  im  Allgemeinen  nur  solche  Handlmigs- 
bücher,  ,aus  welchen  seine  HandelsgeschäJte 
und  die  Lage  seines  Vermögens  vollständig 
zu    ersehen    sind'.      Ordnnngsmässig    ge- 
führte  Bücher   sichern  vor  Gericht   einen 
sogen,    unvollständigen   Beweis,    welcher 
durch   Eid    oder    andere  Beweismittel   er- 
gänzt werden   kann.    Nach    franz.    Gesetz 
(Code  Nap.)  hat  nur  das  ,Journal*  Beweis- 
kraft,  in   welches,    abweichend  vom  deut- 
schen Journal,  ,der  Kaufinann  Tag  für  Tag 
Alles,  was  er  einnimmt  und  ausgibt,  ein- 
tragen  soll*.    Unregelmässigkeiten    in   der 
B.   haben  bei  Konkursverfahren  kriminelle 
Bestrafung  zur  Folge.    Vgl.   Schiebe,    ,Die 
Lehre  von   der  B.*,  9.  Aufl.   18G9;  Bottner, 
,Contorwissenschaft',  2.  Bd.,  2.  Aufl.  1861. 
Buchhandel  9    der   Vertrieb   der   literar. 
Erzeugnisse,  zerfällt  in  Deutschland  in  das 
Verlagsgeschäft,  den  Sortimentshandel  und 
das     Kommissionsgeschäft.      Der     Vertags- 
Uuchliändler  (Verleger)  kauft  das  Manuskript 
eines     Werks,     um     dasselbe     auf    seine 
Kosten   drucken   zu    lassen    und    es    dem 
Publikum    zugänglich     zu    machen.      Der 
Kaufpreis     wird    Honorar    genannt.      Der 
Sortimentsbuchhändler  handelt  mit  den  Ver- 
lagsartikeln anderer  Buchhändler,   die   er 
entweder  auf  Lager  hat  oder  auf  Bestellung 
liefert.     Er   erhält   die   neu    erschieneneu 
Bücher  (Novitäten)  von  dem  Verleger  meist 
in  Kommission  («i  condition)  mit  der  Befug- 
niss,  das  nicht  Verkaufte  bis  zur  Abrech- 
nnngszeit  bei  der  Ostermesse  an  den  Ver- 
leger zurückzusenden.  Ueber  den  Anti^ar- 
bttchhändler  s.  Antiquar,    Die  Vermittelung 
zwischen    den    verschiedenen   Haupt-   und 
Nebenzweigen  des  B.s  übernimmt  das  £ioiM- 
misgionsgeschäft,    dessen   Sita   vornehmlich 
Leipzig   ist,    indem    hier  jede   auswärtige 
deutsche  Buchhandlung  einen  Kommissionär 
hat,  an  welchen  die  Best^lungen  auf  Ver- 
langzetteln zur  Weiterbeförderung  an  die 
leipziger  Verleger  und  an  die  Kommissio- 
näre   der    auswärtigen    Verleger    gesandt 
werden.     Ebenso   werden   die    verlangten 
Bücher  an  den  Kommissionär  des  Bestellers 
zur  Weiterbeförderung  an  diesen  abgeliefert. 
Der   Kredit,    welchen    der   Verleger  dem 
Sortinientsbuchhändler  gibt,   geht  vom   1. 
Jan.  bis  81.  Deo.    Abrechnung  und  Zahlung 


Buohhorn  —  Buddha. 


361 


finden  erst  in  der  darauf  folgenden  leip> 
ziger  Ofltermesse  Statt.  Andere  Koinmis- 
sionsplätze  sind  Stuttgart.  Berlin  und  Wien. 
Im  franK.  B.,  dessen  Centralpunkt  Paris 
ist,  finden  Versendungen  k  condition  nicht 
Statt,  sondern  der  Verleger  (llbraire  ^diteur) 
liefert  nur  für  feste  Beohnung  an  die  Sor- 
timents- (libralre  d6taillant)  u.  Kommissions- 
handlung (libraire  -  commissionnaire)  auf 
viertel-,  höchstens  halbjährigen  Kredit.  In 
ähnlicher  Weise  ist  der  B.  in  England 
organisirt  bei  gleicher  Gliederung  in  Ver-» 
leger  (publishers),  Sortimentshandler  (book- 
sellers)  u.  Kommissionare  (agents).  Haupt- 
plätze sind  London  und  Edinburgh.  Die 
Organisation  desB.s  in  den  übrigen  europ. 
liändern  nähert  sich  entweder  dem  deut- 
schen oder  firauz.  System.  Vgl.  Kirehhoff, 
»Beiträge  zur  Gesch.  Mes  B.sS  1851  — 53, 
2  Heflie;  RoUner,  ,Lehrb.  der  Coutor Wissen- 
schaft für  den  deutschen  B.',  8.  Aufl.  1861 ; 
Schürmann,  ,Usancen  des  deutschenB.s',  1867. 

Bnehhoniy  Stadt,  s.  Friedrich»kafen. 

Bvehstabe ,  Schriftzeichen  zur  Darstellung 
eines  einzelnen  Sprachlauts;  die  aus  B.n 
gebildete  Schrift  Buchstabenschrifi  im  Gegen- 
satz zur  Silbensehrift,  z.  B.  der  Japanesen, 
sowie  zur  Wortschrift  der  Chinesen  etc. 
Der  Buchstabenschrift  bedienen  sich  alle 
Völker  semIt.  und  indogerman,  Stammes. 

Bnckitabeurechnuig,  der  erste,  einlei- 
tende Theil  der  Algebra,  lehrt  die  allge- 
meine Bezeichnungsart  der  Grössen  und 
die  sogen.  4  Species. 

Bnchstabenschldsser ,  Vorlegeschlösser, 
welche  durcli  den  Druck  anf  eine  gewisse 
Beilie  von  Nägeln  geöffnet  werden.  Letz- 
tere sind  mit  Buchstaben  versehen  und  ein 
liestimmtes,  geheim  gehaltenes  Wort  be- 
zeichnet die  Reihenfolge  der  Nägel. 

Bnekiweiler  (fr.  BouxvUUrs),  Stadt  im 
untem  Elsass,  am  Bastberg,  3698  Ew. 

Bvekweizen  (Beidekom,  Much,  Polygonum 
fagopyrum  L.,  Fagopyrum  esculeutum), 
Pflanzengattung  aus  China,  in  ganz  Europa 
bis  660  n.  Br.,  wird  wie  P.  emarginatum 
Jioth  und  P.  tataricum  L.  auf  leichtem  Boden 
knltivirt,  grön  Viehfutter.  Die  Samen  lie- 
fern Grütze  und  gutes  Mehl. 

Bucluin,  wichtiger  Fabrikort  bei  Magde- 
burg. 828S  Ew.  Maschinenfabr.  der  hamb.- 
magdeburger  Dampfschlffiahrtsgesellschaft, 
Zucker-,  Porzellan-,  ehem.  Fabriken. 

Bnekel  (Gibbositas) ,  abnorme  Hervor- 
treibung  der  Wirbelsäule  durch  Knickung 
(s.  Oaries)  und  Krümmung  (Skoliose),  ab- 
gelaufener Prozess  von  verschiedenen 
Krankheiten ;  meist  unheilbar. 

Bneklngrham  (spr.  Böckingäm),  Grafsch. 
im  südl.  England ,  84  QM.  und  167,993  Ew. 
Hauptst,  B.,  am  Ouse,  8849  Ew. 

BHeklBgkam  (spr.  Böckingäm),  1)  Gtorgt 
ViUiers,  HerttogvonJB.,  Günstling  Jakobs  I. 
und  Karls  I.  von  England,  geb.  20.  Aug. 
1592  zuBrookesby  in  der  Grafsch.  Leicester, 
stieg  durch  Jakobs  Gunst  rasch  zum  Baron, 
Grafen,  Marquis,  Grossadmiral,  Lordauf- 
seher der  Häfen  und  Grossstallmeister,  end- 
lich zum  Herzog  empor,  bewog  Jakob  I.  zur 
Auflösung  des  ihm  nicht  willfährigen  Par- 


laments, ward  83.  Aug.  1628  von  dem  ver- 
abschiedeten Lieutenant  Feiton  ermordet.— 
2)  George  Villiere,  Herzog  von  B.,  Sohn  de« 
Vor.,  geb.  30.  Jau.  1628,  ebenfalls  Günstling 
Karls  I.,  floh  nach  der  Schlacht  bei  Woroester 
3.  Sept.  1651  nach  Frankreich,  sass  während 
Cromwells  Regierung  im  Tower  gefangen, 
ward  1669  Mitglied  des  Cabalministeriums; 
später,  im  Parlament  der  Opposition  sich 
anschliessend,  von  Jakob  II.  vom  Hof  ver- 
wiesen; 1 16- April  1688  zuKirkby  inYork- 
shire.  Verf.  der  Komödie  ,The  KehearsaP. 
—  3)  Bichard  Ptantagenet,  Herzog  von  B.,  geb. 
11.  Febr.  1797,  hiess  bis  1822  Graf  Temple, 
dann  bis  zum  Tode  seines  Vaters  (1839), 
Marquis  von  Chandos,  im  Parlament  als 
Tory  eiftiger  Vertbeidiger  der  Korngesetze, 
seit  1839  Mitglied  des  Oberhauses ,  1841-42 
im  Ministerium  Peels  Grosssiegelbewahrer. 
In  Folge  seiner  Lebensweise  bankrott  ge« 
worden,  zog  er  sich  vom  polit.  Schauplatz 
zurück;  f  ^9.  Juli  1861.  Sehr.  ,Memoirs  of 
the  Court  of  George  HI*  (1855);  , Courts 
and  Cabinets  of  William  IV  and  Victoria* 
(1861)  u.  A.  —  Sein  Sohn,  Bichard  Plantagenet, 
Hertog  von  B.,  geb.  10.  Sept.  1823,  1846—57 
Parlamentsmitglied,  1852  Lord  des  Scliatzes, 
fungirte  1862  bei  der  internationale^  Aus- 
stellung als  königl.  Kommissär. 

BHCkUnd  (spr.  BöcUänd),  WiUiam,  engl. 
Geolog,  geb.  12.  März  1784  zu  Axminsior  in 
Devonshire,  ward  1813  Prof.  zu  Oxford,  1845 
Dechant  von  Westminster;  f  geisteskrank 
14.  Aug.  1856  zu  Clapham  bei  London.  Sehr. 
,Reliqniae  antedilUTianae*  (2.  Aufl.  1824^; 
,Geology  and  mineralogy  considered  with 
reference  to  natural  theology'  (1836,  2  Bde. ; 
deutsch  von  Agaa$is  1838—39,  2  Bde.;  er- 
weitert von  Bich.  Owen  1864),  worin  er  die 
Resultate  der  Wissenschaft!.  Forschungen 
mit  der  bibl.  Erzählung  'in  Sinklang  zu 
bringen  suchte.  —  Sein  Sohn,  Francis  B., 
Regimentsarzt  bei  der  Garde,  geb.  1823,  sehr. 
,Curiosities  of  natural  history*  (1858)  u.  A. 

Bnekle  (spr.  Böckl),  Henry  Hiomat,  engl. 
Kulturhistoriker,  geb.  24.  Nov.  1822  zu  Lee, 
erst  Kontorist,  widmete  sich  dann  llterar. 
Studien ;  f  89.  Mal  1862,  auf  einer  oriental. 
Reise  begriffen,  zu  Damascus.  Hauptwerk 
,Hist.  of  Civilization  in  England'  (Bd.  1  u.2, 
1857-61;  deutsch  von  Buge,  4.  Aufl.  1871), 
worin  er  den  Grund  zu  einer  neuen  Behaudl. 
der  Geschichte  legte.  Biogr.  von  Äther  (1867). 

Bnekikln  (engl.,  spr.  Bocks-),  s.  v.  a. 
Bockshaut,  tuchartiges  Wollengewebe,  ge- 
köpert, auf  der  rechten  Seite  geschoren,  zu 
Herrenkleldem. 

Bneiacz  (spr.  -tschatsch),  Flecken  in  Ost- 
galizien,  8523  Ew.  18.  Sept.  1672  Frieda 
zwischen  der  Türkei  und  Pplen,  das  Podo- 
lien  und  die  Ukraine  abtreten  musste. 

Biida  •  Ungar.  Name  der  Stadt  Ofen. 

Bnddna  (sanskr.,  d.  i.  Weiser),  Ehren- 
name des  Gantama  oder  Sakja-muni  (d.  i* 
Lehrer  aus  der  Familie  SaHJa),  des  Stifters 
einer  indischen  Religion ,  des  Buddhiemu», 
Derselbe,  geb.  im  6.  Jahrh.  v.  Chr.  in  der 
nordindischen  Prov.  M^adha  (Jetzt  Behar), 
Sohn  des  Suddhodana,  Königs  von  Mägadha, 
und  Majas«  der  Gattin  desselben,  trat  ali 


862 


Budget  —  BÜlow. 


B6fi>nnfttor  dar  biAhman.  Religion  aaf; 
t  wahrscheinUoh  548  t.  Chr.  Haaptlehren: 
ein  höchstes  Wesen,  nnsichtbafi  weise,  ge- 
recht, gütig,  harmhersigu.  allmächtig,  regiert 
die  Welt ;  der  Mensch  gelangt  durch  Tugend 
sor  Seligkeit  und  zur  vereinigiuig  mit  dem 
höchsten  Wesen  (Nirw&na),  während  die 
Seelen  der  Bösen  Thierkörper  durchwan- 
dern müssen.  Vedaji,  blutige  Opfer,  Kasten- 
wesen werden  verworfen.  Die  Priester 
leben  ehelos  hänflg  in  Klöstern  zusammen. 
I>er  Buddhismus  war  bereits  im  S.  Jahrh. 
▼.  Ohr.  Staatsreligion  in  Indien  und  ver- 
breitete sich  Ton  da  nach  Afghanistan  und 
Baktrien ,  sowie  nach  Ooy Ion  und  Java.  Vom 
Brahmanismus  aus  Vorderindien  nach  und 
nach  wieder  verdrängt,  fand  er  in  Hinter- 
indien, von  da  in  Ohina  (wo  B.  Fo  genannt 
wird),  Japan,  Tübet  und  in  der  Mongolei 
Eingang.  Nach  dem  Absterben  derbuddhist. 
Patriarchen  in  China  (713  n.  Chr.)  folgte 
hier  eine  Reihe  Oberhäupter  (Fürsten  der 
Lehre),  bis  Im  14.  Jahrh.  der  Sitz  derselben 
nach  Tübet  verlegt  ward,  wo  Lama  (Priester^ 
und  seit  16.  Jahrh.  Dalai-Xama (Meerpriester) 
als  Inkarnation  der  Gottheit  verehrt  wird. 
Vgl.  die  Schriften  von  BumoH/  (1844),  Kip- 
pen (1857—59,  2  Bde.),  Ba$tian  (1870). 

Bvdget  (engl.,  spr.  Bödschet),  eig.  Tasche, 
Beutel;  insbes.  das  Portefeuille  für  die  engl. 
Staatsrechnungen,  daher  der  Voranschlag 
der  Einnahmen  und  Ausgaben  eines  Staats. 

BHdlsrin,  Stadt,  s.  Bautzen. 

Bndsehia  (Bugie,  das  alte  Odldae),  Hafen- 
stadt in  Algier,  Prov.  Oonstantine,  am  Meer, 
2888  Ew. ;  Hauptmarkt  der  Kabyleu. 

Bndireu  (böhm.  Budiejowiee),  südlichster 
Kr.  Böhmens,  82,5  QM.  und  240,790  Ew. 
Die  Hanptat,  B.,  an  der  Moldau,  17,465  Ew. 
Pferdebahn  nach  Linz. 

BficherlauB  (Troctes  Burm.),  Insekten- 
gattung der  Neuroptereu.  Klopfende  B,  (T. 
gulsatorius  Bnrm.,  Termes  pulsatorius  L.), 
\  Büchern,  Herbarien,  frisst  Pflanzenstoffe. 

BScherskorplon  rchelifer  Oeoffr.),  Gat- 
tung der  Bpinuenthiere  mit  langen  Tastern, 
deren  viertes  Glied  in  eine  Scheere  endiget. 
Gemeiner  B.  (Ch.  cancroides  Geoffr.,  Pha- 
langium  cancroides  L.),  in  Büchern,  unter 
Rinden,  frisst  Milben  und  Bücherläuse. 

BSchner)  1)  Georg,  dramat.  Dichter,  geb. 
17.  Okt.  1818  zu  Goddelan  bei  Darmstadt, 
Herausgeber  des  ,Hess.  Landboten'  (1884) ; 
t  19.  Febr.  1887  als  polit.  Flüchtling  zu 
Zürich.  Verf.  der  wild-genialen  Dichtung 
jDantons  Tod ,  dramatische  Bilder  aus  der 
Schreckenszeit'  (1835).  ,NachgelaBsene  Schrif- 
ten* (1850).  —  2)  Friedr.  Karl  Okrist.  Louis, 
naturphilosoph.  Schriftsteller,  Bruder  des 
Vor.,  geb.  29.  März  1824  zu  Darmstadt,  erst 
Arzt  das.,  seit  1854  Privatdocent  in  Tübin- 
gen, später  wieder  in  Darmstadt.  Sehr. 
,Kraft  und  StofT  (11.  Aufl.  1870),  das  popu- 
lärste Werk  des  modernen  Materialismus, 
in  die  meisten  enrop.  Sprachen  übers. ;  ,Natur 
und  Geist*  (2.  Aufl.  1864) ;  .Physiol.  Bilder* 
(Bd.  1, 1861) ;  ,Aus  Natur  und  Wissenschaft' 
(2.  Aufl.  1869);  ,Vorlesungen  über  die  Dsr- 
winsüh«  Theorie'  (1868);  übersetzte  Lyells 
Werk  «Pa0  Altor  des  Mo&achengeschlecbts' 


(1804);  «Die  Stellung  des  Mensohen  in  der 
Natur*  (1870).  ~  Seine  Schwester,  LuUe  B., 
Sohriftstellerin,  sehr.  ,Die  Frauen  nnd  ihr 
Beruf  (8.  Aufl.  1860),  Novellen  u.  A.  —  Sein 
Bruder,  Alexander  B.,  seither  Prof.  in  Gaeu, 
sehr.  ,Gesch.  der  engl.  Poesie'  (18&5,  8  Bde); 
,Frane.  Llteraturfoilder*  (1858,  2  Bde.)  u.  A. 

Bfiehse,  s.  Gewehr, 

Buckeberge,  die,  Theil  des  Wesergebirgg, 
östl.  V.  Bückeburg,  1016'  h.;  Steinkohlenlager. 

BSckebnrg .  Hauptst.  des  Fürstentbums 
Schaumburg-Iiippe,  4256  Ew. 

BSckllngy  leicht  gesalzene  u.  geräucherte 
Häringe,  kommen  au  der  Ost-  nnd  Nordsee- 
küste in  den  Handel. 

Bttdingeiiy  Stadt  in  Oberhessen,  2509  Ew. 
Schloss  des  Grafen  Ysenburg-  B. 

Bftdlnger.  'ifax,  Gesclilchtäforscher,  geb. 
1.  April  1828  zu  Kassel,  seit  1861  Prof.  der 
Geschichte  zu  Zürich.  Sehr.  ,Oesterreicli. 
Geschichte  bis  zum  Anfong  des  13.  Jahrh.* 
(Bd.  1,  1858);  ,König  Richard  UI.  von  Eng- 
land' (1858)  u.  A.  Bestritt  in  den  Schriften 
,Dle  Königinhofer  Handschrift  und  ihre 
Schwestern'  (in  Sybels  ,Histor.  Zeitschr.*, 
Bd.  In.  2,  1859  u.  1880)  und  ,Die  Königin- 
hofer Handschrift  und  ihr  neuester  Ver- 
theidiger*  (1859)  die  Aechtheit  jener  alt-  * 
böhm.  Sprachdenkmäler. 

BttlTel,  Name  mehrerer  Arten  aus  der 
Gattuvg  Rind.  Gemeiner  oder  aeiat.  B. 
(Bos  bubalus  Jj.)  aus  Ostindien ,  5'  h.,  8'  L, 
gezähmt  in  Indien  ,  Italien ,  Ungarn, 
Griechenland  und  den  untern  Donauländem, 
Fleisch  grob ,  geschmacklos ,  g^te  Butter 
und  Häufe.  Abart  in  Ostindien:  Biesen- 
biiffel  (B.  b.  arni  Bloch),  ehenfalls  gezähmt. 
Kajferbüffd  (B.  caifer  L.)  im  Kaifernland, 
grösser  als  die  vorigen,  grobes  Fleisch, 
gute  Häute,  nicht  zähmbar.  Amerikan.  B, 
(Bison ,  Bufifalo,  B.  Bison  L.,  B.  aniericanus 
Qm.),  in  Nordamerika  bis  61.  n.  Br.,  5'  h., 
8'  1.,  schmackhaftes  Fleisch,  Häute  gute 
Decken.    Bes.  von  Indianern  gejogt. 

Btlkeler^  Bans  der.  Dichter,  lebte  um 
1400  zu  Poppeisdorf  bei  Bonn ,  im  Dienste 
des  Erzbischofs  von  Köln.  Poet.  Bearbei- 
tung zweier  älteren  volksmässigen  Geschich- 
ten :  ,Die  Königstechter  von  Frankreicli* 
(zuerst  Strassb.  1500)  und  «Diokletians  Le- 
ben* (neu  herausg.  von  Keller  1841). 

BfilaUy  Friedr,,  staatswissenschaftlicher 
Schriftsteller,  geb.  8.  Okt.  1805  zu  Freiberg, 
ward  1833  Prof.  der  prakt.  Philosophie  und 
Politik  zu  Leipzig;  f  26.  Okt.  1869.  Sehr. 
,EncyklepädiederStaatswissenBchaft*(2.Anfl. 
1855);  ,Haudb.  der  Staatswirthschaftslehre* 

äl855) ;  ,Ge8chiohtedes  europ.  Staatensystems* 
1837->a9,  8  Bde.);  ,Ge8ch.  Deutschlands  ven 
806— SO'  (1842);  ,Geheime  Geschichten  und 
räthselhafte  Menschen*  (2.  Aufl.  1868  -  64, 
12  Bde.)  u.  A. 

Bfiloir,  1)  Friedrich  Wilhelm,  Freiherr 
von  B,,  Graf  von  DennewitM,  preuss.  General, 
einer  der  Helden  des  Befireinngskrieges, 
geb.  16.  Febr.  1755  auf  dem  Familiengute 
Falkenberg  In  der  Altmark,  machte  den 
Krieg  1798—95  gegen  Frankreidi  als  Major 
und  den  1806—7  als  Oberstlientenant  unter 
TEstocq  mit,  ward  1809  Brigadier  d«r  pom« 


Bülow-Cummerow  —  Bürger. 


863 


morschen  Infanterie  unter  Blücber,  dajin 
der  westprenss.  unter  York.  Beim  Ausbmeh 
des  Krieges  Ton  1813  zum  Generallientenant 
befördert,  deckte  er  erst  die  Mark,  stürmte 
2.  Mai  Halle  und  schätzte  durch  den  Sieg 
bei  Luckan  über  Oudinot  (4.  Juni)  das  Ton 
den  Franzosen  bedrohte  Berlin.  Nach  dem 
Waffenstillstände  Aug.  1818  mit  seinem 
Corps  der. Nordarmee  unter  dem  Oberbefehl 
des  Kronprinzen  von  Schweden  zugetbeilt, 
schlug  er  gegen  den  Willen  desselben 
Oudinot  bei  Grossbeeren  u.  Ney  bei  Denne- 
witz,  focht  ruhmvoll  bei  Leipzig  und  drang 
zuerst  stürmend  (19.  Okt.)  in  die  Stadt  ein. 
Nachdem  er  darauf  die  alteu  preuss.  Laude 
in  Westphalen  wieder  in  Besitz  genommen, 
befreite  er  bis  Ende  Jan.  1814  Holland  und 
Belgien  von  deü  Franzosen  u.  stlessi.  März 
iu  der  Champagne  zu  der  schles.  Armee 
unter  Blücher,  befehligte  bei  Laou  das 
Centrum  und  besetzte  den  Montmartre.  In 
Paris  zum  General  der  Infanterie  ernannt 
und  in  den  Grafenstand  erhoben,  ward  er 
nach  dem  Frieden  kommandirender  General 
in  Ost-  und  Westpreussen.  Bei  Eröffnung 
des  Feldzugs  von  1815  mit  dem  Oberbefehl 
über  das  4.  Armeeoorps  betraut,  half  er  den 
Sieg  bei  Belle-Alliance  erringen.  t25.  Febr. 
1816  zu  Königsberg.  Seine  Marmorstatue  in 
Berlin.  Biogr,  von  Varnhagen  von  Ense 
(1854).  —  2)  Karl  M»ard  von  B.,  Schrift- 
steller, geb.  17.  Nov.  1803  auf  Berg  vor 
Eilenburg,  seit  1828  in  Dresden  (Tieck, 
Elise  T.  der  B«cke) ,  später  auf  Beisen  in 
Italien,  seit  184.9  auf  Sebloss  Otlishausen 
im  Thurgau ;  f  das.  16.  Sept.  1853.  Wichtig 
sein  ,Novellenbuch',  Sammlung  von  Be- 
arbeitungen alter  Italien.,  span.,  franz., 
engl.  etc.  Novellen  (1834—36,  4  Bde.)  und 
»Neues  Novfillenbuch*  (1841).  Sehr,  selbst 
»Novellen'  (1846—48,  S  Bde.);  »Allerneueste 
Meiusina*  (1849);  gab  den  »Slmplicissimus* 
(1836),  ,K]ei8ts  Leben  und  Briefe'  (1848), 
»Schillers  Anthologie  ayf  das  Jahr  1782'  (1850) 
u.  A.  heraus.  —  3)  Han»  Guido  vo»  B.,  Pianist, 
Sohn  des  Vor.,  geb.  8.  Jan.  1830  in  Dresden, 
studirte  Jurisprudenz,  bildete  sich  1851—53 
unter  Liszt  zum  Klavierspieler  aus  (später 
dessen  Schwiegersohn),  worde  1854  Lehrer 
des  SLlavierspiels  am  Konservatorium  zu 
Berlin,  1858  Hofpianist  das.,  reiste  1864 
nach  Russland,  ward  1865  Hofpianist  in 
München,  1866  Hofkapellmeister  u.  Direktor 
der  neuen  Musikschule  das.,  legte  1869  die 
Stelle  nieder,  lebt  seitdem  in  Florenz. 
Ausgez.  Interpret  der  grossen  Klassiker 
auf  dem  Klavier,  treffl.  Dirigent;  als  Kom- 
ponist (Ouvertüre  zu  ,Jnlius  Cäsar',  ,Des 
Sängers  Flach' ,  Ballade;  »Nirwana',  sym- 
pbon.  Stimmangsbild ,  Klavierstücke  und 
Vokalsachen)  Vertreter  der  wagner-liszt- 
schen  Richtung.  Auch  musik.  Schriftsteller. 
Bälow - CnmmeroWy  Emai  von,  Publicist, 
geb.  13.  April  1775  auf  seinem  Familiengute 
Pritzau  in  Mecklenburg- Schwerin,  auch  in 
Pommern  begütert,  rief,  als  die  vom  Finanz- 
minister Hansemann  März  1848  angebahnte 
Aufhobung  der  Qrnndsteuerbefreiungen  den 
ritterschaftl.  Grundbesitz  in  Preussen  mit 
bif  dahin  ungewohnten  Abgaben  bedrohte, 


einen  »Verein  zum  Schutze  des  EigenCbnms* 
(,JunkerparIament'  gen.)  Ins  Leben,  aus  dem 
sieh  die  spätere  Feudalpartei  ent wickelte; 
t  26.  April  1851.  Verf.  zahlr.  Schriften  über 
Verfassungs-  und  Verwaltungsgegenstände. 

Bnenn  B>A(>  Pflansengattung  der  Itnbia« 
ceen.  B.  bexandra  Pohl  liefert  die  China 
de  Rio  de  Janeiro  (falsclio  Chinarinde). 

BiienaviBtay  Ortschatft  im  nordöstl.  Mexiko» 
bei  Saltillo;  22.  Febr.  1847  BUg  der  Nord- 
amerikaner unter  Taylor  über  die  Ueocikaner. 

Bnen-Ayre,  Insel,  s.  Bontaire. 

Bnenofs-Ayres,  bevölkertster  und  wohl- 
habendster Staat  der  argentin.  Republik, 
am  untern  La  PI  ata  uud  am  Meer,  3432  QM. 
und  (1869)  495,107  Ew.  (70»/«  Laudbauer). 
Die  gleichuom.  HcMptaL,  Kongressort  der 
Republik,  177,787  Ew.,  Universität  (s.  1821), 
lebh.  Handel  (Ausfuhr  von  Häuten,  Leder» 
Talg  etc.);  Schiffsrhede.  Gegr.  1535  durch 
Pedro  de  Mendoza;  seit  1776  Hauptst.  des 
span.  Vicekönigreichs  La-Plata. 

Büren 9  Kreisst.  im  preuss.  Regbz.  Min* 
den»  an  der  Alme  und  Alfter,  2174  Ew.; 
2  her.  Kirchen  (die  eine  mit  Jesuitenkolleg). 

Bürette,  graduirte  Röhre  mit  leicht  und 
sicher  zu.  echliessender  Abflussvorrichtung» 
dient  zum  genauen  Abmessen  kleiner 
Flüssigkeitsmengon,  bes.  in  derMaasanalyte. 

Bürger^  Gvttjr,  Aug,,  Dichtier,  geb.  1.  Jan. 
1748  zu  Molmerswende  bei  Harzgerode» 
Sohn  eines  Predigers,  seit  dem  U.  Jahr« 
von  seinem  GrosBvater»  dem  Hofesherru 
Bauer  in  •  Aschersleben »  erzogen»  itndlrte 
auf  des  letztem  Wunsch  in  Halle  Theologie»- 
wandte  sich  dann  dem  Studium  der  Rechte 
und  den  schönen  Wissenschaften  zu,  seit 
1768  in  Göttlugen,  wo  er  später  mit  den 
t>ichtern  des  göttinger  Bundes  bekannt 
wurde.  Hier,  wie  schon  in  Halle»  führte 
er  ein  wüstes  Leben»  von  dem  er  sich 
nicht  mehr  dauernd  firei  machen  konnte; 
ward  1772  durch  Boies  Einfluss  Justizamt- 
mann in  Altengleiclien ,  sebloss  1774  eioe 
unglückliche  Ehe,  da  er  eigentlich  die 
Schwester  seiner  Frau  (MoUy)  liebte ,  gab 
1789  seine  Stelle  auf,  lebte  als  Docont  an 
der  Universität  zu  Göttingen,  ward  1789 
Prof.  das.,  aber  ohne  Gehalt;  fristete  sein 
Leben  in  Noth  und  Elend,  das  durch 
Schillers  Kritik  seiner  Gedichte  (1791)  we- 
sentlich gesteigert  ward ;  f  8.  Juni  1794.  Be« 
deutend  durch  die  volksthümliche  Richtung 
seiner  Poesie,  namentlich  in  seinen  Balla- 
den (zuerst  »Lenore'  1774,  angeregt  Won 
Percys  Sammlung  altengl.  Balladen)  und 
Liedern;  die  Sonette  (die  ersten  deutschen 
seit  Gottsched)  erhielten  selbst  Schiller» 
Lob.  »Gedichte'  (1778  und  1789).  Gab  seit 
1778  bis  zu  seinem  Tode  den  »GÖtting.  Musen- 
almanach' und  1790—91  die  ,Akademie  der 
schönen  Redekünste'  heraus.  Die  Ihm 
zugeschriebenen  »Abenteuer  des  Freiherra 
von  Münchhausen'  (1787)  sind  nicht  von 
ihm.  ,Sämmtliche  Werke'  (herausg.  von 
K.  V.  Beinhard,  zuerst  1796  —  98»  4  Bde.» 
von  Bohts  1834  in  1  Bd.,  mit  Biogr.  von 
Althoff),  Biogr.  von  Döring  (neue  AuH. 
1848),  0.  UmUr  (1845),  PrlohU  (1856).  —  Seine 
dritte  Qattin,  SliH  a<ihnf  &ob,  19«  ^oy.  1769 


364 


Burgerkrone  —  Bugeaud. 


KV  Statl«iu*t,  TOrheirathat  1790 ,  Bog  nacb  der 
Scheidung  Ton  ihm  (1702)  als  Schauspiele- 
rin  und  Deklamatricc  umher;  f  24.  Nov.  18S8 
in  Frankfurt  a/M.  Sehr.  ,Oräfin  Ton  Teck* 
(Bähnenstttck,  1799),  «Gedichte'  (1812)  u.  A. 

Birgerkroney  bei  den  Griechen  Auszeich- 
nung für  yerdiente  Bürger,  bestand  anfangs 
aus  Oelbaumaweigen ,  später  künstl.  aus 
Gold  verfertigt;  bei  den  Römern  (corona 
civica)  ans  Eichenlaub  gewunden  und  Dem- 
jenigen verliehen ,  der  einem  Bürger  im 
Kriege  das  Leben  gerettet  hatte. 

Biurgerllcher  Tod,  in  einigen  neueren 
Strafgesetsgebungen  Entziehung  aller  bür- 
gerlichen Ehrenrechte  auf  Lebenszeit.  Vgl« 
CapiÜ»  deminutio. 

BfirfemelBter,  Vorsteher  der  st&dtiscben 
Hagistrate,  fHiher  meist  von  der  Regierung, 
Jetzt  von  der  Gemeinde  oder  Gemeindever- 
tretung auf  eine  Reihe  von  Jahren,  auch 
auf  Lebenszeit  erwählt;  in  Frankreich 
Maire,  in  England  Mayor  (s.  d.). 

Bfirgemelsterelj  in  Westphalen  und  der 
preuss.  Rheinprovinz  Vereinigung  mehrerer 
Dörfer  und  Höfe  zu  einer  Gesammtgemeinde. 

Bfirglen,  Dorf  im  Kant.  Url,  am  Eingang 
ins  Schäehenthal ,  1312  Ew.  Geburts  •  und 
Wohnort  Wilhelm  Teils. 

BtLrkel.  Beinr.,  Landschaftsmaler,  geb. 
1802  zu  Pirmasens,  lebte  in  München,  f  das. 
12.  Juni  1869.  TrefTIicbe  Darstellungen  aus 
dem  bayer.  Volksleben. 

Bfirzel,  Endtheil  des  Rückgrats  der  Vögel, 
trägt  die  Schwanzfedern ;  weidmännisch  der 
Schwanz  von  Roth-  und  Schwarzwild. 

Biisehel  (Fasciculus),  Blüthenstand,  Trug- 
dolde mit  kurzer  Spindel  u.  kurzen  Blüthen- 
stielchen,  z.  B.  bei  Saponaria.  Stehen  B.  in 
Blattwinkeln  gegenüberstehender  Blätter, 
so  legen  sie  sich  um  den  Stamm  herum  und 
bilden  die  faUehen  Wirtel  (verticilU  spurii). 

Bisehing,  Anton  Friedrich,  Gelehrter,  geb. 

27.  Sept.  1724  ZuStadthageu;  seit  1766  Ober- 
konsistorialrath  und  Direktor  des  Gymna- 
siums   zum  grauen  Kloster   in   Berlin;   f 

28.  Mai  179S.  Durch  seine  umfangreiche 
,Neue  Erdbeschreibung*  (Theil  1—10,  1754- 
1792;  Th.ll,  von  Sprengel  und  Wähl,  1802- 
1807 ;  Th.  12,  von  Hartmann,  1799;  Th.  IS,  von 
Ebeling,  1800—8),  deren  Vorzüge  auf  den 
polit.- Statist.  Darstellungen  beruhen,  Be- 
gründer der  neuern  Geographie.  —  Sein  Sohn 
Joh.'GuH.  OoUlieb,  geb.  19.  Sept.  1783  zu 
Berlin,  seit  1823  Prof.  der  Alterthumswissen- 
schiüFten  das.;   t  ^'  ^"'■^  1829;   machte  sich 

,bes.  um  die  altdeutsche  Literatur  und  Kunst 
verdient  durch:  ,8ammlung  deutscher  Volks- 
lieder' (1807,  mit  Hagen);  ,Mnseum  für  alt- 
deutsche Literatur  und  Kunst'  (1809-11, 
mit  Hagen  f  Doeen  u.  And.);  ,Des  Deutschen 
Leben,  Kunst  und  Wissen  im  Mittelalter' 
(neue  Aufl.  1821,  4  Bde.);  ,Lieben,  Lust  und 
lieben  der  Deutschen  des  16.  Jahrb.*  (1820— 
1824,  3  Bde.);  ,Ritterzeit  und  Ritterwesen' 
(1824,  2  Bde.)  u.  A. 

Büse  ( Bärin fftibÜBe ,  Binse),  flütenartiges 
Fahrzeug  mit  einem  Hauptmast  u.  kleinem 
Hintermast,  zum  Häringsfaug. 

BiiRini,  Seebadeort  in  Holstein ,  an  der 
Nordsee,  908  Ew.;  früher  Insel. 


Bnfllilo,  wichtige  Hafenstadt  im  nord' 
amerik.  Staate  Newyork,  am  Ostende  des 
Eriesees  und  Eriekanal ,  (1870)  117,715  Ew. 
Arsenal,  bedeutende  Fabriken  (bes.  Acker> 
baugeräthe),  Schilf  bau,  grossartiger  Pro- 
duktenhandel (Korn  u.  Mehl).  1801  gegründet. 

BnffUoes,  gezähmte  Büffel,  in  Russland 
und  den  Donauländem  Zug-  und  Milchvieh. 

Bnffbolme  (Saubohne,  Vicia  Faba  L.), 
KuMurpflanze  vom  kaspischen  Meer,  Samen 
geniessbar,  meist  als  Viehftitter  zur  Mast. 

Bnffet  (fr.,  spr.  Büffeh),  Schauschrank  für 
kostbare  Trinkgef&sse;  Schenktisch. 

Biiflleb«n,  Dorf  im  Herzogtiium  Gotha, 
unfern  der  Kesse,  581  Ew.  Dabei  seit  1828 
bedeutende  Steinsalzwerke  (EmethaUe), 

Bnffo  (Bttffone,  von  buffa,  Posse),  der 
komische  Sänger  in  der  ital.  Oper.  Buffo- 
nerie,  Fossenreisserei. 

Bvffoii  (spr.  Büff ong),  George  Louie  Ledere, 
Qraf  von,  Naturforscher,  geb.  7.  Sept.  1707 
zu  Montbard  in  Bourgogne,  ward  1733  Mit- 
glied der  franz.  Akademie,  1739  Intendant 
des  königl.  Gartens;  f,  von  Ludwig  XV.  in 
den  Grafeustand  erhoben,  16.  April  1788  zu 
Paris.  Sehr.  ,Histoire  naturelle,  g6u6rale  et 
particulidre*  (am  besten  1749—88,  36  Bde.; 
herausgeff.  von  iamouronx  und  Denmarest 
1824— 32, 40  Bde.;  von  Flourene  1802,  12  Bde.), 
in  viele  Sprachen  übersetzt,  gegenwärtig 
wlssenschaftl.  von  geringer  Bedeutung,  aber 
bahnbrechend  für  freiere  nnd  tiefere  For- 
schung. Ein  Tholl,  ,Les  ^poques  de  la  na- 
ture'  (1780,  2  Bde.),  erschien  selbständig. 
B.s  ,Correspondauce'  (1860,  2  Bde.)  von  sei- 
nem Grossenkel  Henri  de  B.  herausgeg.,  der 
auch  das  Werk  ,B.,  sa  famille  etc.*  (1863) 
verfasste.  [Fisclizälme. 

Bufoniteii«     Krötensteine ,     versteinerte 

Bug ,  das  Yordertheil  des  Schiffs  vom  Vor- 
dersteven bis  gegen  die  Fockrüst,  in  seiner 
Form  von  grösstem  Einfluss  atff  die  Sohneilig- 
keit des  Schiffs;  bei  Thleren  der  Theil  eines 
Gelenks,  wohin  es  sich  naturgemäsz  beugt, 
am  Pferde  der  Theil  unter  der  Schulter 
seitwärts  neben  der  Brust. 

Bug  (weetL  B.),  Nebenfluss  der  Weichsel, 
vom  galiz.  Landrucken,  theüweise  Grenze 
gegen  Polen,  mündet  bei  Modlin ;  100  M. 

Bugeaud  (spr.  Büschoh),  Thom.  Bob.  de, 
Marqnia  de  la  Pioonnerie,  Herzog  von  lely, 
frans.  Marschall,  geb.  15.  Okt.  1784  zu  Li- 
moges,  focht  1815  als  Oberst  unter  Suchet, 
ward  1832  Brigadier,  seit  1831  Mitglied  der 
Kammer  nnd  hier  eifriger  Vertheidiger  der 
Juliregierung.  1836  nach  Algerien  gesandt 
u.  zum  Generallieutenant  befördert,  erhielt 
er  1837  das  Kommaudo  der  Prov.  Oran  nnd 
schloss  31.  Mai  mit  Abd-el-Kader  den  Ver- 
trag an  der  Tafna.  Seit  Dec.  1840  Ghneral- 
gouvemeur  von  Algerien,  schlug  er  die 
Marokkaner  am  Isly  (14.  Aug.  1844),  ward 
Marschall  und  Mai  1847  nach  Frankreicli 
zurückgerufen.  In  der  Nacht  vom  23.  zum 
24.  Febr.  mit  dem  Oberbefehl  über  die 
Truppen  in  Paris  betraut,  zog  er  diese  auf 
Befehl  des  Königs  aus  der  Stadt  zurück, 
unterwarf  sich  dann  der  Republik,  hielt 
sich  eds  Mitglied  der  Nationalversammlung 
zur  äussersten  Rechten;  f  10.  Juni  1849. 


Bugenhagen  —  Bulgarin. 


365 


BügeiihageH^  Joh.,  gewöhnl.  Bmeranua 
oder  Dr.  Pommer  genannt,  Beformator,  geb. 
84.  Juni  U85  zu  Wollin,  seit  1522  Prof.  su 
Wittenberg  and  seit  1536  Generalsnperln- 
tendent  des  Kurkreises,  führte  die  Refor- 
mation in  Braunschweig,  Hamburg,  Lübeck 
und  Pommern  ein,  ging  xu  gleichem  Zwecke 
nach  Dänemark  und  ward  erster  Rektor 
der  wiederhergestellten  UniYersität  zu  Ko- 
penhagen, kehrte  aber  1542  nach  Wittenberg 
zurück.  Fördernder  Gehülfe  Luthers  bei 
dessen  Bibelübersetzung,  die  er  ins  Platt- 
deutsche übertrug  (1533),  und  mit  Melanch- 
thon  Yerf.  des  leipziger  ^terims;  f  20.  April 
1558.  Sehr.  ,Interpretatio  in  librum  psalmo- 
rum*  (Nümb.  1523) ;  »Geschichte  von  Pom- 
mern' (1728).  Vgl.  Vogi,  ,B.s  Leben  und 
Schriften*,  1867. 

Bngie,  Stadt,  s.  £ufhchia, 

Baginesen  (Bugia),  Volk  auf  der  Süd- 
küste der  Insel  Gelebes,  gut  gebaut,  ziem- 
lich hellfarbig;  als  Torzügliche  Seefahrer 
und  unternehmende  Kaufleute  über  den 
ganzen  ostind.  Archipel  verbreitet. 

BHglehom  (Signalhorn) ,  engl.  Klappeu- 
trompete,  von  höherem  und  durchdringen- 
derem Ton  als  das  Hom;  8  Töne  Umfang. 

Bngslren,  ein  Schiff  durch  Boote  oder 
audere  Schiffe  fortbewegen,  geschieht  durch 
ein  Tau  (Schlepptau),  yielches  am  Bug  des 
zu  ziehenden  Schiffes  befestigt  ist. 

Bugspriet  9  der  schräg  liegende  Mast,  der 
aus  dem  Bug  hervorragt;  seine  Verlänge- 
rung ist  der  Klüverbaum  u.  Aussenklüver- 
baum,  hat  "^/ii  der  Länge  des  grossen  Mastes. 

Bnlme  (Abweiser,  Btake,  Zunge),  imFluss- 
bau  ein  Bauwerk,  welches  mit  dem  einen 
£nde  sich  an  das  Ufer  anschliesst  und  mit 
dem  andern  frei  in  das  Flussbett  hineinragt, 
um  6fi>m  Fluss  oder  einem  Theil  desselben 
eine  andere  Richtung  zu  geben. 

BnüeniEorg  (spr.  Beurnsorg ,  Ohne  Sorge), 
Stadt  auf  Java,  südl.  von  Batavia,  Residenz 
des  General gouvemeurs  von  Niederländisch- 

BqJnkdereh,  s.  B^yuk-der4.     [Ostindien. 

Bokaresty  Hauptst.  der  Walachei,  Resid. 
des  Fürsten  von  Rumänien,  an  der  Dumbo- 
witza,  121,734  Ew.  (viel  Deutsche).  Univer- 
sität (seit  1864),  griech.  Erzbischof,  lebhafter 
Handel.  28.  Mai  1812  Friede  zwischen 
Russland  und  der  Pforte,  welche  Bessara- 
bieu  und  einen  Theil  der  Moldau  abtrat. 

Bukolische  Poesie,  Hirtendichtung,  poet. 
Darstellung  des  Hirtenlebens,  meist  in 
episch-dramat.  Form;  am  reinsten  im  Alter- 
thum  durch  Theokrit,  Bion  und  Moschus, 
wie  durch  Virgil  (,BucolicaO  vertreten; 
artete  im  16.  Jahrh.  in  Italien  in  eine  süss- 
liche  u.  unwahre  Schäferpoesie  aus  (,Aminta' 
von  T.  Tcuao,  ,Pa8tor  Fido*  von  Guarini), 
die  seit  dem  17.  Jahrh.  auch  in  Deutschland 
(Pegnitzschäfer)  wie  in  Frankreich  (,  Asträa* 
von  B6nor4  d'Urfi)  Mode  ward;  letztes  der- 
artiges Produkt  Geuners  ,Idylleu'. 

Bukowina^  Herzogthum,  öeterr.  Kronland, 
im  80.  von  Galizien,  189,6  QM.  und  521,000 
Ew.  Ein  Hochland,  mit  terrassenartiger 
Senkung  von  W.  gegen  O.;  höchster  Berg 
der  Dzumalen,  5704'.  Tiefland  nur  auf  beiden 
Seiten  des  Prutb  (Hauptfluss).   Klima  rauh, 


aber  gesund.  Hauptbeschäftigung  Ackerbau 
(bes.  auf  Mais)  und  Viehzucht;  Bergbau  auf 
Eisen,  Kupfer,  insbes.  aber  Steinsalz  (zu 
Kaczika).  Die  Bevölkerung  überwiegend 
nicht  unii'te  Griechen  (etwa  44,000  Kathol., 
9000  Protest.,  30,000  Juden);  nach  der  Na- 
tionalität 48o/o  Ruthenen,  40o/o  Rumänen, 
dann  Deutsche,  Polen,  Magyaren,  Zigeuner. 
Industrie  kaum  im  Entstehen,  im  Handel 
nur  der  Grenzverkehr  nach  Bessarabien  u. 
der  Moldau  wichtig.  Landtag  aus  SO  Mitgl. 
bestehend;  5  Abgeordnete  zum  Reichsfa^. 
Hauptst.  Ozemowitz.  —  Früher  ein  Theil 
von  Siebenbürgen,  wurde  die  6.  1482  vom 
Fürsten  der  Moldau  Stephan  V.  erobert  u. 
kam  mit  diesem  Land  1529  unter  türk.  Her- 
schaft; ward  1777  nach  dem  Frieden  von 
Kutschuk-Kainardschi  an  Oesterreich  abge- 
treten und  1786  mit  Galizien  vereinigt;  seit 
1849  zum  besondern  Kronland  erhoben. 

Bulaky  Hafenstadt  von  Kairo,  am  Nil, 
4000  Ew. ;  grosse  Druckerei  (seit  1822),  Der- 
wischkolleg  (Gentralinstitut  für  sämmtliche 
Derwische),  medicin.  Schule,  Militärhospital. 

Bnldur,  Stadt  im  westl.  Kleinasien  (Pi- 
sidieu),  25,000  Ew.  (viele  Griechen).  Unfurn 
der  salzige  Buldursee,  2  QM. 

Bvlgarei  (Bulgarin),  der  nordSstl.  Theil 
der  Türkei,  zwischen  der  Donau  und  dem 
Balkan,  das  alte  Niederm^ien,  1266  QM.  mit 
etwa  4  Mill.  Ew.  (überwiegend  Slaven).  Der 
S.  gebirgig  (über  2000*  hoclt),.der  nördl. 
Theil  (die  Südhälfte  der  grossen  Donau- 
ebene)  wellenförmig  eben  und  fruchtbar; 
bes.  ist  das  Küstenland  (Dobrudscha)  die 
eigeutliche  Kornkammer  von  Koustantinopel. 
3  Ejalets:  Silistria,  Widdiu  und  Nisch. 

Geschichte.  Die  alten  Mösier  mussten  im 
7.  Jahrh.  den  Bulgaren  weichen,  einem  ugri- 
sehen  Volke,  das  von  der  Wolga  her  vor- 
drang, seit  493  häufig  über  die  Donau  kam 
und  wiederholt  (namentlich  502)  Streifeüge 
nach  Koustantinopel  machte,  562  mit  Bei- 
behaltung eigener  Khane  unter  die  Herr- 
schaft der  Avaren  kam  und  sich  660 
unter  den  Söhnen  des  Khans  Kuwrat,  der 
das  Joch  der  Avaren  gebrochen ,  in  mehrere 
Zweige  theilte.  Der  Hauptzweig  überschritt 
unter  Asparuch  die  Donau  und  gründete 
CHäO  in  dem  heutigen  B.  ein  mächtiges 
Reich.  Hier  versclimolzen  die  B.  nach 
und  nach  mit  der  slav.  Bevölkerung  und 
nahmen  seit  9.  Jahrh.  deren  Sprache  an. 
Ihr  Khan  Micliael  herrsclite  als  König. 
Nach  laugen  Kämpfen  mit  den  Byzantinern 
wurden  sie  1018  von  diesen  unterworfen. 
Die  Walachen  Peter  und  Asan  reizten  das 
schwer  gedrückte  Volk  1186  zum  Aufstand 
und  gründeten  darauf  das  wolachisch-buJLgar, 
Reich  der  Aaaniden,  das  1285  —  99  von  den 
Tataren  abhäugig  war  und  1365  von  den 
Türken  erobert  und  1391  türk.  Provinz* 
ward.  Der  harte  Druck,  unter  welchem 
die  Bulgaren  seufzen,  erweckte  neuerlich 
das  Gefühl  ihrer  Nationalität  und  die  Sehn- 
sucht nach  Befreiung,  die  zu  einzelnen  Auf- 
ständen führte.  Vgl.  Vretos,  ,La  Bulgarie 
andenue  et  moderne',  1852. 

Bnlgarin,  ThaddäiM,  russ.  Schriftsteller, 
geb.  1789  in  Lithauen,  ursprünglich  Militär, 


366 


Bull  —  Banjeva^en. 


gründete  1825  in  Petersburg  dlo  ,Kord. 
Biene*;  f  13.  Sept.  1859  zu  Dorpat.  Sehr. 
Romane  und  histor.  Schriften.  .Memoiren* 
(1846-50,  6  Bde.;  deutsch  1858  f.). 

Bnll  (en^l.,  Stier),  in  der  engl.  Umgangs- 
sprache lächerliche  Aeussemng,  welche 
gegen  den  gesunden  Menschenverstand  yer- 
stösst»  aber  oft  eine  witzige  Wendung  ent- 
hält; bes.  bei  den  Irländem  zu  finden. 
—  John  B.p  scherzhafte  Bezeichnung  des 
engl.  Volkes.    Vgl.  Arbuthnot. 

Bull,  Ole  JBomemann,  norweg.  Vlolln- 
▼Irtuos  im  Genre  Paganinis,  geb.  5.  Febr. 
1810  in  Bergen,  divrchrelste  seit  1830  ganz 
Europa,  später  auch  Nordamerika  zu  ver- 
schiedenen Malen  (1848,  1852-57,  1868)  mit 
grossem  Erfolg.  Als  Komponist  unbedeutend. 

Bnlldoek,  s.  Hund. 

BulUtu  doetor  (\At.)^  Gelehrter,  welcher 
sein  Doktordiplom  nicht  Ton  einer  Univer- 
sität, sondern  von  einem  Pfalzgrafen  mit 
dem  Siegel  (bulla)  erhalten  hat,  daher 
manchmal  s.  v.  a.  Quacksalber. 

Bulle  (v.  mittellat.  bulla),  ursprünglich 
die  Kapsel  für  das  an  einer  Schnur  befestigte 
Siegel  einer  Urkunde,  dann  letztere  selbst 
(s.  Goldene  Butte);  bes.  eine  im  Namen  des 
Papstes  ausgefertigte  wichtigere  Urkunde, 
auf  Pergament  geschrieben  und  nach  den 
Anfaugsworten  des  Eingangs  benannt.  Offi- 
cielle  Sammlung  derselben  das  ,BulIarium 
privilegiorum  ac  diplomatum  Romanorum 
pontificumusquead  dementem  XII'  (1738—45, 
13  Bde.),  fortgesetzt  im  ,BulIarium  Papae 
Benedict!  XrV*  (1746-57,  4  Bde.),  in  der 
,Bullarii  romani  continuatio*  von  Barberi 
(1835-57,  18  Bde.;  neue  Folge  1857 ff.).  Vgl. 
Eisemchmid,  ,Röm.  Bullarium,  oder  Auszüge 
der  merkwärdigstenpäp8tl.B.n'(1831, 2Bde.). 

Bulle.  Zuchtochs. 

Bnileiin  (f^.,  spr.  BUlltäng,  ital.  Bulle- 
tino), kurzer  officleller  Bericht  über  gewisse 
Vorkommnisse,  namentl.  über  den  Gesuud- 
heitüzustand  einer  hohen  Person;  insbes. 
Eur  Veröffentlichung  bestiihmter  Bericht 
eines  Generals  über  eine  Schlacht  etc.; 
auch  Name  der  regelmässigen  Berichte  über 
die  Sitzungen  der  Akademien  und  gelehrten 
Gesellschaften  und  die  von  ihnen  ausgeführ- 
ten wissenschaftl.  Arbeiten;  endlich  Name 
Ton  Zeitschriften  yrissenschaftl.  Inhalts. 

Bnllinger.  Heinr. ,  schweizer  Reformator, 
geb.  18.  Juli  1504  zu  Bremgarten  im  Aargau, 
wohnte  mit  Zwingli  1528  dem  Religions- 
gespräch zu  Bern  bei,  ward  1532  Pfarrer 
■n  Zilrich;  f  17-  Sept.  1675.  Gab  1543 
Zwingiis  Schriften  heraus.  Vgl.  Pe^aXozzi, 
,B.B  Leben  und  Schriften',  1859. 

BollomUndy  Küstenstrich  in  Sierra  Leone. 

Bulwer^  1)  Bir  Henry  IjytUm,  Sari,  engl. 
Diplomat,  geb.  1804,  seit  1837  Legations- 
sekretär in  Konstantinopel,  1843—48  Ge- 
sandter in  Madrid,  ging  1849  als  ausser- 
ordentlicher Gesandter  nach  den  Vereinigten 
Staaten,  wo  er  den  sogen.  Clay ten  -  Bulwer- 
Vertrag  abschloss,  1852  —  55  Gesandter  in 
Toskana,  1858—65  Botschafter  in  Konstan- 
tinopel. —  2)  Edward  Geoffroy  Lytton,  Baronet, 
6Bgl.  RomaDSohriftsteller,  Bruder  des  Vor., 
g^b.  Mal  1806  «u  Heydonhall  (Norfolk),  viel- 


seitig und  namentlich  durch  Reisen  gebildet, 
1831-52  Mitglied  des  Unterhauses,  1858 
unter  Derby  Staatssekretär  für  die  Kolo- 
nien; lebt  in  London.  Seine  Romane  ausj^ez. 
durch  geistreichen  Ausdruck,  Scharfsinn, 
Menschen-  u.  Gtosellschaffcskenntniss,  wirk- 
same Gruppirung  und  unermüdliches  Er- 
zählertalent, doch  mehr  Produkte  der  Re- 
flexion als  der  schöpferischen  Phantasie. 
Am  besten  diejenigen,  welche  sich  streng 
in  engl.  Verhältnissen  bewegen:  ,Pelham* 
(1828),  ,Eiigen  Aram*  (1832),  ,Ernest  Mal- 
travers*  (1837),  , Alice'  (1838),  ,Night  and 
morning'  (1841),  ,The  Caxtons*  (1849),  ,My 
novel'  (1852)  etc.;  ausserdem  die  histor. 
Romane  ,The  last  days  of  Pompeii*  (1834), 
,Co]a  Rienzi'  (1835),  ,The  last  of  the  Barons' 
(1843)  und  ,Harold'  (1848).  Minder  gelungen 
,The  pilgrims  of  the  Rhine'  (1834),  der 
Rosenkreuzerroman  ,Zanoni'  (1842),  ,Lu- 
cretia'  (1846)  u.  a.  Seine  dramat.  Arbeiten 
(meist  histor.  Inhalts  mit  didaktischer  Ten- 
denz) blieben  ohne  Erfolg.  Sehr,  ausser- 
dem das  treffliche  ethnograph.  Werk  ,Eng- 
land  and  the  English'  (1833)  und  »Athens, 
its  rise  and  fall'  (1837,  2  Bde.).  —  Seine  gi>- 
schiedene  Gattin,  Lady  JSotina  B.,  geb.  1808, 
Verf.  der  Romane  ,Clevely*  (1839),  ,Behind 
the  scenes'  (1854),  ,The  World  and  bis  will' 
(1858)  u.  a.  —  Sein  Sohn,  Edward  Robert,  geb. 
1831,  alsDiplomat  seit  1849  auf  verschiedenen 
Posten  thätig,  ebenfalls  Dichter:  ,CIytem- 
nestra',  ,The  wanderer,  a  collection  of  poems' 
(1858),  ,The  ringof  Amasis'  (Roman,  1863)  n.  A. 

Bundarolker,  die  eingeborne  schwarze. 
Bevölkerung  von  Niederguinea,  ein  wohl- 
gebautes kräftiges  Gesohlecht,  von  den 
Negern  des  Südens  abweichend;  sprechen 
die  zum  grossen  südafirlkan.  Spraehstamm 
gehörendeBtinda92?racAe:  Fetisehanbeter,  ge- 
schickte Handwerker,  dabei  firiedlich,  höf- 
lich und  gastfrei ;  durch  den  Sklavenhandel 
sehr  decimirt.    Vielweiberei  ällgemeim. 

Bund  des  armen  Konrad,  s.  Bauernkrieg, 

Bnndelknnd  (Bandelakand),  das  Land  der 
Bundelah  (Bandela),  eines  Radschpnten- 
geschlechts,  Landschaft  in  Vorderindien, 
am  Nordabhang  des  Plateaus  von  Dekhjui, 
1184  QM.  mit  21/«  Mill.  Ew. ,  umfhsst  0  ein- 
heimische Staaten;  342  QM.  mit  824,000 Ew. 
sind  biit.  Schutzgebiet. 

BHndesffenossenkTiefl:,  s.  Marsen. 

Bundeslnde,  die  kostbare  Lade  In  der 
Stiftshütte,  später  im  Tempel  zu  Jerusalem, 
worin  die  Gesetztafeln  Moses  aufbewahrt 
wurden;  bei  der  Zerstörung  des  salomon. 
Tempels  verbrannt. 

Bundschuh.  Art  grosser  Schuhe ,  die  bis 
an  die  Knöchel  reichten  und  mit  Riemen 
festgebunden  wurden,  Tracht  der  Bauern 
im  Gegensatz  zu  dem  Ritterstiefel,  daher 
Feldzeichen  der  aufständischen  Bauern,  ru- 
erst  1502  im  Bisthnm  Speier,  s.  Bauernkrieg. 

Bnnlum  L.  (NusskUmmei),  Pflanzengattung 
der  Umbelliferen.  B.  creticum  Mill.,  auf  den 
griechischen  Inseln,  mit  essbarer  Wurzel 
(Topaun).  B.  denudatum  Dec.,  B.  Bulboca- 
stnnum  Hud».,  in  Frankreich,    desgleichen. 

BonJeTMen,  die  nicht  unirten  Griechen 
in  Dalmatten. 


ßankersbill  —  ßuralen. 


867 


fivMlcenlilll  (spr.  Bonkers-)^  Anhohe  bei 
Boston;  17.  Juni  1775  Sieg  der  Engländer 
unter  Howe  über  die  Amerikaner  (Obelisk). 

Bunten,  Gkristian  Karl  Josia» ,  Freiherr 
von,  Gelelirter  u.  Staatsmann,  geb.  25.  Aug. 
1791  zu  Eorbach  im  Waldeckieohen ,  ward 
1818  anf  Niebuhrs  Empfehlung  preuss.  Ge- 
sandtschaftssekret&r  tnRom,  1827  Minister- 
resident das.  und  mit  den  Verliand langen- 
über  die  gemischten  Ehen  beauftri^t,  1838 
in  Folge  der  kölner  Wirren  abberufen.  Seit 
Not.  1839  Gesandter  fn  Bern,  ward  er  1841 
in  Betreff  der  Errichtung  eines  erangeli- 
sohen  Bisthums  in  Jerusalem  nach  England 
gresandt  und  bald  darauf  zum  Gesandten 
das.  ernannt.  Als  solcher  betheiligte  er 
sich  an  den  Verhandlungen  über  die  preuss. 
VerfasBungsfrago  mit  einer  Reibe  von  Denk- 
schriften, worin  er  sich  für  allgemeine 
Bt&ndisohe  Vertretung  aussprach,  vertrat 
entschieden  die  Rechte  Deutschlands  und 
der  Elbherzogthümer  Dänemark  gegenüber, 
protestirte  1850  gegen  da^  londoner  Protokoll, 
nachdem  er  dessen  Zustandekommen  ver- 
gebens zu  hindern  versucht .  hatte ,  musste 
aber  den  londoner  Vertrag  8.  Mai  1852  unter- 
seiohnen.  Beim  Ausbruch  der  orientalischen 
Wirren  suchte  er  Preussen  zur  Parteinalime 
gegen  Russland  zu  bewegen  und  nahm,  da 
ihm  dies  nicht  gelang,  1854  seinen  Abschied. 
1857  in  das  preuss.  Herrenhaus  berufen  n. 
in  den  Freiherrenstand  erhoben,  siedelte  er 
1860  nach  Bonn  über;  f  da"«  88.  Nov.  1860. 
Scbr.  «Beschreibung  der  Stadt  Rom*  (1830— 
1843,  3  Bde.) ;  ,Die  heil.  Leidensgeschichte 
und  die  stille  Woche*  (1841,  2  Bde.);  ,Die 
VerfiMsung  der  Kirche  der  Zukunft*  (1845): 
,Ignatiu8  -von  Antiochlen  und  seine  Zeit* 
(1847);  ,Die  drei  echten  und  die  vier  un- 
echten Briefe  des  Ignatius  von  Antiochien' 
(1847);  fHippolytns  und  seine  Zeit*  (engt. 
1851,  4  Bde.;  deutsch  1852-53,  2  Bde.); 
yOhrlstianitjr  and  Mankind*  (1854,  7  Bde.); 
.Zeichen  der  Zeit*  (8.  Aufl.  1856) ;  ,Gott  in 
der  <ä«mshichte'  (1857-58,  3  Bde.);  ,Bibel- 
vrerk  für  die  Gemeinde*  (1858  f.),  nach  B.s 
Tode  von  Kamphausen  und  BoitMmann  fort- 
gesetzt; ,Aegyptens  Stelle  in  der  Weltge- 
schichte* (1844—45, 5Bde.).  Biogr.  von  seiner 
Wittwe  (deutsch  von2n^poIcll868— 71. 3Bde.). 
—  Von  B.s  Söhnen  hat  sich  der  zweite,  Erntt 
von  B.,  geb.  1819,  preuss.  Hauptmann  a.  D., 
in  England  lebend,  literarisch  durch  ,The 
hidden  Wisdom  of  Ohrtst  and  ihe  key  of 
knowledge*  (1864)  bekannt  gemaobt;  der 
vierte,  Georg  von  B.,  geh*  1824,  promovirte 
SU  Bonn  mit  der  Schrift  ,De  Azania*  und  ist 
seit  1862  Mitglied  des  preuss.  Abgeordneten- 
hauses, wo  er  dem  linken  Gentrum  angehört; 
der  fünfte,  Theodor  von  B.,  geb.  1832,  beglei- 
tete als  Attache  die  preuss.  Expedition  nach 
Ostasien  und  ging  1864  als  LegationssekretÄr 
nacii  Bio- de -Janeiro. 

Bansen,  Robert  Wtihelm,  Chemiker,  ^eb. 
81.  März  1811  in  Göttingen,  ward  1888  Prof. 
in  Marburg,  1851  in  Breslau,  1852  in  Heidel- 
berg. Höchst  verdient  tim  die  analytische 
Chemie ,  mit  Kirehhoff  Entdecker  der  Spek- 
tralanalys».  Sehr.  ,Sl8enozyd,  ein  Gegen- 
gift der  arsenlgen  Säure*  (2.  Aufl.  1937); 


,T7eber  eine  volumeiriscbelletbocle  von  sehr 
allgem«  Anwendung'  (1854);  ,Ga8ometrlsGhe 
Methoden*  (1857);  ,Ohemisohe  Analyse  durch 
Spektralbeobachtnng*  (mit  Kirchhoff  1861). 

Buntblelerc,  s.  v.  a.  Braun-  u.  Grünbleierz. 

Bnnter  Affe  (Nonnenaffe,  Geroopithecus 
Mona,  Slmia  M.  oder  Monaoha  bchrth.), 
Meerkataenart  in  Afrika,  Vf»'i  Schwanz  2', 
häufig  nach  Europa  gebracht. 

Bunter  Sandstein.  (BunteandeMn/orma' 
tion),  unteres  Glied  der  Trias,  hauptsächlich 
aus  Sandsteinen  (oft  bunt  gefärbt),'  Konglo- 
meraten, bunten  Thonen  und  Schieferletten, 
Mergel  und  Rogensteinen  nebst  Gyps,  Do- 
lomit und  Steinsalz  bestehend;  findet  sich 
bis  1100'  mächtig  in  Thüringen,  im  Schwarz- 
wald, Odenwald,  Spessart,  in  den  Vogesen. 

Bnntkupfererz/  oktaBdrischer  Kupferkies, 
Bornit,  Mineral  aus  der  Klasse  der  Kiese, 
kupferbraunes,  bunt  anlaufendes  Kupfererz, 
enthält  56— 7ie/o  Kupfer  nebst  Eisen  und 
Schwefel.  Bei  Berggiesshübel ,  Freiberg, 
Annaberg,  Eisleben,  Sangerhausen,  Mans- 
fefd,  in  Toskana,  Chile.  Wird  auf  Kupfer 
verarbeitet.  [Stempel. 

Bnnsen  (Punten),    Grabstichel,    Metall- 

Bnnzlan,  Kreisst.  im  preuss.  Regbz.  Lieg- 
nitz,  am  Bober,  8624  Ew.  Töpfereien  (bufu- 
lauerGut);  Denkmal  des  Fürsten  Kutusow. 

Bnnnlnuer  Kreis,  Kreis  im  nördl.  Böhmen, 
65  QM.  u.  444,297  Ew.  Hauptst.  Jungbui^ztau. 

BttOcks,  Dorf  und  Hafen  am  Vierwald- 
stättersee  (buochser  Bucht),  1432  Ew.;  da- 
bei das  biiochser  Hom,  5570'  hoch. 

Bvol-Scllftnenstein,  Karl  Ferdinand,  Graf 
von,  österr.  Diplomat,  geb.  17.  Mai  1797,  war 
1850  zweiter  österr.  Bevollmächtigter  bei  den 
Konferenzen  zu  Dresden,  1851  in  London, 
April  18^  österr.  Minister  des  Auswärtigen, 
präsidirte  1855  den  wiener  Konferenzen,  nahm 
am  Friedenskongress  zu  Paris  Theil ,  ward 
Mai  1859  seines  Ministerpostens  enthoben. 

Bnonarotti,  Künstler,  s.  Michel  Angelo, 

Bttoncompagnly  Baldaeeare,  itnl.  Gelehrter 
und  Staatsmann,  geb.  10.  Mai  1821  zu  Rom, 
1857  sardin.  Gesandter  zu  Florenz  u.  Parma, 
leitete  April  1858  die  Bewegung  in  Florenz, 
trat  SO.  April  als  Generalkommissar  an  die 
Spitze  der  dortigen  Regierung  und  bildete 
11.  Mai  das  Ministerium.  Seit  Nov.  General- 
gouvemeur  des  Bundes  der  mittelltal.  Pro- 
vinzen, trat  er  8.  März  1860  zurück ;  seitdem 
eines  der  hervorragendsten  Mitglieder  des 
ital.  Parlaments. 

Bnqnoy  (spr.  Büktia,  Bouc^uoi,  »pr.  Bn-), 
Karl  Bonaventura  de  Longueval,  Or€{f  von, 
österr.  Feldherr,  geb.  1571  in  Brabaut,  er- 
hielt als  Generalfeldzeugmeister  1618  den 
Oberbefehl  über  die  kaiserl.  Truppen  in 
Böhmen,  wo  er  Mansfeld  1619  bei  Nadelitz 
schlug,  befehligte  dann  In  der  Schlacht  bei 
Prag  (8.  NoY.  1620)  den  rechten  Flügel, 
schlug  1621  Bethlen  Gabor  in  Ungarn  und 
nahm  Pressburg;  fiel  10.  Juli  1621  bei  der 
Belagerung  von  Neuhäusel. 

Buräten^  mongol.  Nomadenvolk  im  südl. 
Theile  des  sibir.  Gouvem.  Irkutsk,  etwa 
200,000  Köpfe  stark;  Lamalten,  stolz,  gast- 
frei, neugierig;  treffliche  Schützen;  unter- 
bieten (MMGrenskosaken,   IhreSpr»ehe  ein 


868 


Buran  —  Burgund, 


Dialekt  dei  Mongollsolien  (GrammAtik  und 
LazikonTon  CastrMlSn),  [8tei>penl&nd«rii. 

^vram,  heftiger  Wirbelwind  in  den  aeiat. 

BunuiOy  Laguneninsel  und  Dorf  in  Vene- 
Üen,  5700  Ew.;  ber&hmte  Spitsen. 

Bnrekkardt.  Joh.  Lud».,  engl.  Reisender, 
geb.  24.  Not.  1?84  zn  Lausanne,  bereiste  seit 
1809  Syrien,  Aegypten  und  Nubien  bis  Don- 
gola,  besuchte  Mekka,  bestieg  den  Sinai; 
1 17.  Okt.  1817.  Seine  oriental.  Handschrif- 
ten (350  Bde.)  yennacbte  er  der  Bibliothek 
BU  Cambridge.  Die  Beschreibung  seiner 
Reisen  in  Nubien  1819  (deutsch  1823);  in 
Syrien,  Palästina  etc.  1822  (deutsch  1823-24, 
2  Bde.};  in  Arabien  1829  (deutsch  1831). 

Bnraacli.  Karl  Friedrich,  Physiolog,  geb. 
12.  Juni  1776  eu  Leipzig,  seit  1815  Prof.  der 
Anatomie  sa  Königsberg ;  f  das.  16.  Juli  1847. 
Hauptwerke:  ,£Dcyklopadie  der  Heilwissen- 
schaft* (2.  Aufl.  1817— 19,  3 Bde.);  ,Vom  Bau 
und  Leben  des  Gehirns  und  Räokeumarks* 
(1819— 25);  ,Phy8ioIogle  als  Erfahmngs- 
wiflsenschaft«  (2.  Aufl.  1839,  5  Bde.);  ,Der 
Mensch  nach  den  Terschiedenen  Seiten  sei- 
ner Natur'  (1836—37),  später  von  seinem  Sohn 
Errut  P.,  Prof.  der  Anatomie  zu  Königsberg, 
unter  dem  Titel  , Anthropologie  für  das  ge- 
bildete Publikum*  (1847)  neu  bearbeitet. 

Bnrdekln,  Fluss  auf  der  Ostseite  Austra- 
liens  (Queensland) ,  mit  dem  Nebenfluss 
Balyando;  von  Leichhardt  entdeckt,  yon 
Dalrymple  1859  genauer  untersucht. 

Bnrdigala  (a.  G.),  Stadt,  s.  Bordeaux. 

Boreaukratle  (▼.Äranz.  Bureau,  Geschäfts- 
stube, Expedition,  und  dem  grlech.  kratia, 
Herrschaft) ,  die  Einrichtung  in  der  Staats- 
verwaltung, wobei  ein  oder  mehrere  Zweige 
derselben  von  einem  einzigen  Staatsbeamten 
und  unter  seiner  Verantwortlichkeit  von 
einem  Bureau  ans  geleitet  werden,  im  Gegen- 
satz zum  KoUegialeystem  (s.  d.). 

Bnreja  (Njuman),  linker  Nebenfluss  des 
Amur,  vom  BurejagAirge,  um  das  der  Amur 
seinen  grossen  sudl.  Bogen  macht. 

Burem  (spr.  Biubr^n),  Martin  van,  8.  Prä- 
sident, der  Vereinigten  Staaten  von  Amerika 
1837—41,  geb.  5.  Dec.  1782  zu  Kinderhook 
im  Staat  Newyork  aus  einer  alten  holländ. 
iPamilie,  ward  1812  Mitglied  der  gesetzge- 
benden Versammlung  von  Newvork,  m21 
des  Kongresses  der  Union,  1829  Gouverneur 
des  Staats  Newyork,'  bald  darauf  Staats- 
sekretär, 1831  Gesandter  zu  London,  von 
da  zurückgerufen,  weil  seine  Ernennung 
zum  Gesandten  vom  Senat  verworfen  wor- 
den war,  1832  von  seiner  Partei  zum  Vice- 
präsidenten  und  1835  zum  Präsidenten  er- 
wählt. Als  solcher  beantragte  er  gänzliche 
Trennung  der  Finanzen  des  Staats  von  den 
Banken  und  Errichtung  einer  Schatzkammer 
in  Washington  und  von  Unterschatzkammern 
in  den  dnzelnen  Staaten,  drang  aber  damit 
nicht  durch.  1848  von  den  Freesoilers  als 
Präsidentschaftskandidat  aui^estellt,  blieb 
er  gegen  Taylor  in  der  Minorität ;  f  24.  Juli 
1862  auf  seinem  Gut  Lindenwald. 

Burg  9  Kreisstadt  im  preuss.  Regbz.  Mag- 
deburg, Kr.  Jeriohow  I,  an  der  Ihle,  15,251 
Ew.;  wichtige  Tuchfabriken. 

Bu^j  Adam,  Büttr  von,  Mftthem»tiker  und 


Technolog,  geb.  28.  Jan.  1797  zu  Wien,  seit 
1849  Direktor  des  polytechn.  Instituts  und 
Mitglied  der  Akademie  der  Wissenschaften 
daselbst ,  ward  1852  Sektlonsrath  im  Han- 
delsministerium,  seit  1856  Präsident  des 
niederösterr.  Gewerbevereins ;  Autorität  auf 
dem  Grebiete  des  Maschinenbaues.  Haupt- 
werke :  ,Handb.  der  geradlinigen  und  sphär. 
Trigonometrie'  (1826);  , Ausfuhr].  Lehrb.  der 
höheren  Mathematik*  (1832—33,  3  Bde.); 
yLehrb.  der  Maschinenlehre*  (1^6). 

Bvgmu,  Stadt  im  bayer.  Regbz.  Schwaben- 
Neuburg,  2161  Ew.  Die  ehemalige  Markgraf- 
•chaft  B.  hatte  bis  1301  eigne  Markgrafen, 
kam  dann  an  Oesterreich,  1805  an  Bayern. 

Bargdorf,  1)  Dorf  bei  Hildesheim,  mit 
der  Feldmark  Warle,  wahrschein],  die  Stätte 
der  einst  her.  Kaiserpfalz  Werte,  wo  s&chs. 
und  salische  Kaiser  gewohnt  und  Reichstage 
gehalten  haben.  —  2)  Gewerbreiche  Stadt 
im  Kaut.  Bern,  am  Ausgange  des  Emmen- 
thals,  4199  Ew.,  ehemals  Hauptst.  von  Kleiu- 
burgund  und  Residenz  der  zähringer  Her- 
zöge. Im  Schloss  ehedem  (seit  17^)  Pesta- 
lozzis Erziehungsanstalt. 

BurgMede,  der  nach  seinen  Grenzen  be- 
zeichnete Burgbezirk;  Vertrag  zu  Sicherlieit 
und  Ruhe  des  Burg^^ebietes ;  dann  diese 
Sicherheit  und  Ruhe  selbst. 

Burggraf  (Buregravitu ,  aucli  Praefectu», 
Comes  uriiie  oder  eivüatie),  ein  mit  der 
Aufsicht  und  Grerichtsbarkeit  über  eine 
Reichsburg  und  deren  Gebiet  beauftragter 
Beamter,  zugleich  Anfüiirer  der  bewaffne- 
ten Mannschaft  der  Burg.  Die  Würde  wurde 
später  erblich,  z.  B.  iu  Nürnberg,  oder  kam 
in  den  Besitz  der  die  Burg  einschliessendeu 
Territorialherren.    Später  leerer  Titel. 

Burgmüller,  Norbert,  Komponist  und 
Pianist,  geb.  14.  Jan.  1808  zu  Düsseldorf, 
Scliüler  von  Spohr  und  Hauptmann;  f  7.  Mai 
1836  im  Bade  za  Aachen.  Gediegene  Kom- 
positionen (Symphonien,  Quartette,  Piano- 
sonaten, Lieder).  —  Sein  Brader,  Friedrick 
B.,  geb.  1804  in  Regensburg,  ebenfalls  Kom- 
ponist; schrieb  trefln.  Kinderetuden. 

BurgOS,  span.  Prov.  in  Altkastilien,  265i/i 
QM.  und  349,714  Ew.  —  Die  Hnuptat.  B.,  am 
Arlanzon,  Waffenplata  ersten  Ranges  und 
ehemals  Hauptst.  des  Landes  (884  gegr.), 
jetzt  verödet,  26,086  Ew.  Grossart.  gotli. 
Dom  (seit  1221).  Erzbischof.  Unfern  Kloster 
S.  Pedro  de  CardeSia,  mit  Grabmal  des  Cid. 

BnrgsclieldangreDy  Dorf  im  preuss.  Regbz. 
Merseburg,  an  der  Unstrut;  bis  6.  Jahrh. 
Residenz  der  thüring.  Könige. 

Bnrgseliniiet.  Daniel,  berühmter  Erz- 
giesser,  geb.  11.  Okt.  1796  zu  Nürnberg, 
erst  Drechsler,  widmete  sich  1822  unter 
Reindel  der  Bildhauerkunst  (Melanchtbou 
nacli  Heideloffs  Zeichnung),  bildete  sich 
dann  (1827  unter  Orossatidre  in  Paris)  zu 
einem  Meister  der  Erzglesserkunst,  goss 
u.  A.  die  Statuen  Dürers  (1840,  Nümbeig), 
Beethovens  (1845,  Bonn),  Karls  IV.  (1848, 
Prag),  Luthers  (1853,  Möhra),  Winters  (1851, 
Karlsruhe),  Radetzkys  (1857):  f  7.  März  1858. 

Bnrgiiy  stark  bevölkerter  Staat  im  westl. 
Sudan,  von  Mandingos  bewohnt. 

Bur^UUl    (fr.    Bourgogne),    Herzogthnm, 


Burgunder  Kanal  —  Burgundischer  Kreis. 


36» 


alte  franz.  ProT.,  der  centrale  Landstrich 
des  östl.  Frank reiehs,  im  Gebiet  der  Seine, 
Xioire  and  Rhone,  die  Jetslgen  4  Depart. 
G6te  d'Or,  Yonne  (zum  Theil),  Saftne-Loire 
und  Ain  umfassend,  467  QM.  mit  etwa 
1,720,000  Ew.  Das  Land ,  auch  Niederlmr- 
gund  genannt  im  Gegensatz  zn  Hochburgund 
oder  der  Freigraf  »chaffB.  (a.Franehe  ConUä), 
TOll  fruchtbarer  Ebenen  und  sanft  abgerun- 
deter Berg«,  mit  ausgezeichnetem  Weinbau 
(20  QM.),  durch  Industrie,  Schifffahrt  und 
Handel  blähend,  reich  an  Mineralien  (Elsen, 
Blei,  Steinkohlen,  Mangan).  Bedeutendste 
8t&dte:  Auxerre,  Auzonne,  Antun,  Ohälons- 
8ur-Saöne,  Dijon,  Bourg. 

£re»ehichte.      Die    Burgunder    (Bnrgundii 
oder    Burgundiones) ,    ein   german.   Volks- 
Btamm,  waren  ursprüngl.  an  der  mittleren 
Weichsel  und  Oder  ansässig,  wandten  sich' 
dann  nach  Westen  in  die  Rhein-  u.  Neckar- 
gegenden und  drangen  um  407  unter  ihrem 
König  Gundioar  etwa  80,000  Mann  stark  in 
das  röm.  Gallien  ein,  wo  sie  sich  zwischen 
Aar   und  Rhone  niederliessen,    das   arian. 
Christenthum   annahmen   und   so  das   alte 
ImrgundUche  Beich    gründeten.      Gnndlcar 
warf  sich  451  mit  10,000  Mann  dem  Attila 
entgegen  und    fiel    mit    den    Seinigen   im 
Kampfe  (Nibelungenlied).    Von  einem  spä- 
teren König  Gundebald  rührt  die  .Lex  Gun- 
debalda'  her.     Im  Kampf  mit   den  fränk. 
Königen  Childebert  und  Chlotar  verlor  der 
burgund.  König  Godemar  5S4  Thron  und 
Lieben,   worauf  B.    frank.   Provinz   ward. 
Vgl.  Binding,  ,Geschichte  der  burgund.-röm. 
Königr.S  1S63.    Selbständigkeit  gewann  das 
Land  wieder  durch   den  Grafen  Boso  von 
Vienne,   welcher  sich   (879)  zum  König  des 
eisjuran.  Beichea  B.  oder  Arelat  (s.  d.),  und 
durch  den  Grafen  Rudolf  I.  weif.  Stammes, 
welcher  sich  (889)   zum  König   des    trans- 
juran,  Beichte  B.   (westl.   Schweiz)   erhob. 
Beide  erkannten   die  Oberlehnsherrlichkeit 
dea  deutschen  Kaisers   an.     Des   letzteren 
Sohn,    Rudolf  IL,    vereinigte    das    Reich 
Arelat,   welches   er  vom  Grafen  Hugo  von 
Provence  gegen  Italien  eintauschte,  wieder 
mit  dem  transjuran.  B.  (930).    Sein  Enkel, 
Rudolf  m.  (t  1032);   setzte   den   deutschen 
Kaiser    Heinrich    II.,     den     Sohn     seiner 
Schwester  Gisela,   und   nach   dessen  Tode 
(1024)    den    deutschen   Kaiser   Konrad    U., 
seinen  Grossneffen,  mit  Uebergehung  seines 
Neffen  Odo    von   Champngne,   zum  Erben 
des  Landes  ein.    Konrads  II.  Sohn,  Hein- 
rich  III. ,    ward   auf  dem   Reichstage   zu 
Solothum  (1038)  förmlich  zum  König  von 
B.  gewählt  und  gekrönt.    Seitdem  gehörte 
B.  zum  deutschen  Reiche  und  stand   unter 
erblichen  Statthaltern.    Kaiser  Friedrich  L, 
der  sich  1178  zu  Arles  krönen  Hess ,  stellte 
den  gelockerten  Verband  B.s  mit  dem  Reiche 
wieder   her.     Aber   nach   Karls   IV.,    des 
letzten  au  Arles  (1364)  gekrönten  deutschen 
Kaisers,  Tode  (1378)  zerfiel  B.   in  mehrere 
unabhängige   Territorien,    die    nach    und 
nach,    mit   Ausnahme   von   Savoyen    und 
Mömpelgard,   an  Frankreich  fielen.  —  Das 
HerMogthum  B.    (Niederburgund)    ward   ge- 
gründet von  Richard,  Grafen  von  Antun, 

Meyer 8  Hand- Lexikon, 


dem  Bruder  Bosos  von  Vienne,  der  921  t* 
Sein  Sohn  Rudolf  f  936  ohne  Erben.  Seluo 
Enkelin  Ludegardis  vermählte  sich  mit  Otto, 
dem  Bruder  des  Königs  Hugo  Capet  von 
Frankreich  und  Besitzer  eines  Theils  von 
B. ,  wodurch  ganz  Niederburguud  wieder 
vereinigt  ward.  Von  Otto  stammen  die 
älteren  Herzöge  vonB.  ab;  als  deren  Linie 
mit  Philipp  (1361)  erlosch,  vereinigte  König 
Johann  von  Frankreich  das  Horzogtimm 
mit  der  Krone,  verlieh  es  aber  bald  (1363) 
seinem  Jüngsten  Sohne,  Philipp  dem  Kühnen, 
welcher  der  Stifter  der  neueren  Linie,  der 
burgund,  Herzüge  ward  und  durch  Ver- 
mählung mit  Margaretha  (1369),  der  Erbin 
von  Flandern,  diese  Grafschaft,  sowie 
Mecheln,  Antwerpen  u.  die  Franche  Comt6 
erwarb  und  während  der  Gemüthskrank- 
heit  König  Karls  VI.  Reichsverweser  von 
Frankreich  ward  (f  1404).  Sein  Sohn  Jo- 
hann Hess  1407  den  Herzog  von  Orleans 
ermorden  und  ward  auf  Anstiften  des 
.Dauphins  1419  ermordet.  Sein  Sohn,  Philipp 
der  Gütige,  erwarb  Namur  (1429),  dann 
Hennegau,  Holland,  Seeland,  Brabact  und 
Limburg,  im  Frieden  mit  Frankreich  zu 
Arras  (1435)  ansehnliche  flranz.  Gebiete  und 
(1443)  das  Uerzogthum  Luxemburg;  f  1467. 
Sein  Sohn,  Karl  der  Kühne,  erwarb  noch 
Geldern  und  Zütphen  (1473),  fiol  aber  in 
der  Schlacht  bei  Nanc^  (1477)  gegen  die 
Schweizer.  Da  er  nur  eine  einzige  Tochter, 
Maria,  hinterlioss,  zog  Ludwig  XI.  von 
Frankreich  das  Herzogthum  B.  (Boiirgogne) 
als  Mannlehn  ein.  Das  übrige  Erbe  kam 
mit  Marias  Hand  an  den  Erzherzog  Maxi- 
milian von  Oosterretch,  von  diesem  an 
seinen  Sohn  Philipp  den  Schönen  (t  1506), 
dessen  Erbe  Kaiser  Karl  V.  war.  Die  Ge- 
schichte B.s  geht  seitdem  in  der  der  Nieder- 
lande (s.  d.)  auf.  Karl  V.  verzichtete  im 
Frieden  von  Gambray  (1529)  auf  B.  Die 
Franche -Gomt6  oder  ßocM)urgitnd »  1493 
Karl  VIII.  von  Frankreich  an  Maximilian 
al^etreten,  fiel  durch  den  Frieden  von  Nym- 
wegen  (1678)  an  Frankreich  zurück.  Vgl. 
Barcmie,  ,Hist.  des  ducs  de  Bourgogue  de  la 
maison  de  ValoisS  1824, 10  Bde. ;  DuboU,  ,La 
Bourgogrno  depuis  son  origiuo  etc.',  1863. 

Burgunder  Kanal ,  Kanal  iu  Frankreich, 
verbindet  Sein«  und  Rhone,  82s/a  M. 

Burgunderweine,  frauz,  Weiuo  der  Depart. 
Yonne,  Cöte  d'Or,  Saöne  und  Loire,  von 
fein- reizendem ,  etwas  ziisaninionziohendem 
Geschmack,  rothund  weiss,  im  Allgemeinen 
mit  viel  Körper,  zerfallen  iu  Ober-,  Unter- 
burgunder und  Ma^on;  jährlicher  Ertrag 
2Va  Mill.  Hektoliter.  Niederburgunder  (Oii- 
votes ,  Pitoy ,  Perridre)  ist  weniger  geistig, 
wohlriechend  und  von  schwächerem  Ge- 
schmack als  Oberburgnnder.  Oberburgunder 
zwischen  DiJon  und  Gh&lons  (Nuits,  Gham- 
bertin,  Volnay,  Pomard,  Meursault,  Riche- 
bourg,  Raman6-Conti)i^  M^Qon  ist  dem  Ober- 
burgnnder ähnlich,  aber  dieker  u.  weniger 
fein  (Torins,  Ghenas). 

BuifTvndiselier  Krelly  Kreis  des  alten 
deutschen  Reichs,  1512  errichtet,  umfassta 
anfangs  die  Grafschaft  Burgund  und  dlb 
Niederlande,  später,  nach  Errichtung  der 

24 


S70 


Burhänpur  —  Barns. 


BtpQl>Uk  der  Niederlande  nnd  in  Folge  der 
fk!«nz.  Kriege,  nur  die  österr.  Niederlande. 

Itturhanpury  Stadt  in  der  brit.-ostind. 
Präsid.  Madras,  30,000  Ew.    Militarttation. 

Bnridan  (spr.  Büridang),  Jok.,  scholast. 
Philosoph,  l^omlnalist ,  geb.  im  14.  Jahrh. 
zn  B6thune  in  Artois,  Lehrer  der  Philosophie 
sn  Paris,  später  in  Wien,  wo  er  die  Stiftung 
der  Uniyersitftt  Teranlasst  haben  soll.  Er- 
klärer des  Aristoteles;  f  l^^-  Sprichwörtl. 
B.S  Esel,  ein  Esel,  welcher,  zwischen  2  gans 
gleichen  Heabündeln  befindlich,  rerhungern 
soll,  Beispiel,  welches  B.  für  seine  Be- 
hauptung aufstellte,  dass  eine  Handlung 
nur  möglich  sei,  wenn  der  Wille  durch 
irgend  etwas  zum  Handeln  bestimmt  werde. 

Barke  (spr.  Bork),  1)  Edmund,  engl.  Staats- 
mann  und  berühmter  Redner,  geb.  1.  Jan. 
1730  zu  Dublin,  seit  1765  Parlamentsmitglied, 
bekämpfte  die  Verletzung  des  Wahlrechts, 
verfocht  Pressfreiheit,  Geschwomengerichte 
und  religiöse  Toleranz  und  legte  22.  März 
1775  dem  Parlament  die  13  Vorschläge  zur 
Aussöhnung  mit  Amerika  Tor,  wiewohl  der 
Krieg  schon  populär  geworden  war.  1782 
zum  Generalzahlmeister  der  Armee  und 
Mitglied  des  geheimen  Baths  ernannt,  war 
er  die  Seele  des  Ministeriums  Rockingham. 
Ankläger  von  Warren  Hastings.  Entschie- 
dener Gegner  der  franz.  Revolution,  suchte 
er  die  öffeDtliche  Meinung  durch  Schriften 
gegen  sie  auüEU  stacheln  und  trat  zur  Re- 
gierungspartei über;  f  &•  J^^ü  17^7  auf 
seinem  Landsitze  bei  Beaconsfield.  Sehr. 
,Thoughts  on  the  cause  of  the  present 
discontents'  (1773);  ,Reflections  on  the  re- 
▼olution  in  Vrance*  (1790;  deutsch  Ton 
GentM,  8.  Aufl.  1888) ;  ,Work8  and  Oorrespon- 
dence  of  B.*  (1852,  8  Bde.).  Biographie  von 
Jamta  Prior  (4.  Aufl.  1854),  Morley  (1867).  — 
2)  Robert  O'Hara,  Reisender  in  Australien, 
^b.  1821  zu  St.-Olevans  in  der  irischen 
Grafschaft  Galway,  seit  1853  Polizeiinspek- 
tor  in  Melbourne,  dann  Chef  einer  Expe- 
dition zur  Erforschung  des  austral.  Konti- 
nents Tom  Gooperthale  bis  zum  Golf  von 
Garpentaria,  brach  20.  Aug.  1860  auf  und 
erreichte  11.  Febr.  1861  die  Mündung  des 
Flusses  Flinders  in  jenen  Meerbusen ;  f  auf 
dem  Rückwege  Juni  1861.  Ihm  zu  Ehren 
hat  die  Südkuste  des  Garpentariagolfs  den 
Namen  Burke»  Ziand  erhalten. 

BqrkerBdorf,  Dorf  bei  Schweidnitz  In 
Schlesien ;  hier  20.  Juli  1762  Eroberung  des 
österr.  Lagers  durch  Friedrich  d.  Gr. 

Burlesk  (vom  ital.  Intrla,  Posse),  possen- 
haft. B.e  Dichtungen ,  komische  Dichtungen 
niederen  Grades,  in  Italien  bes.  durch 
GoBzl,  in  Frankreich  durch  Scarron,  in 
Deutschland  durch  Abraham  a  Santa  Clara, 
S.  Sailer,  Blumauer  u.  A.  ausgebildet;  bes. 
anoh  Theaterstücke  dieses  Genres  (Bur- 
lesken).    Vgl.  Fldgel,  ,Gto8ch.  des  B.en*,  1704. 

Bnrlett»  (lta].)j  kleines  Possenspiel. 

Bnnneigter,  Hermann,  Naturforscher,  geb. 
15.  Jan.  1807  zu  Stralsund,  ward  1837  Prof. 
der  Zoologie  zu  Halle,  1848  Mitglied  des 
frankfnrter  Parlaments,  dann  des  Abgeord- 
netenhauses zu  Berlin,  bereiste  1850—52 
Braiillen»  1856—60  Uruguay  und  Argentina, 


siedelte  1861  nach  Buenoi-Ayrei  über,  ward 
das.  Prol  und  Direktor  des  von  ihm  er- 
richteten naturhistor.  Museums.  Haupt- 
werke: »Gmndrlss  der  Naturgeschichte'  (10. 
Aufl.  1868) ;  ,Handbuch  der  Naturgeschichte* 
(1837) ;  ,Zoolog.  Handatlas'  (1835—43 ;  2.  Aufl. 
von  Oiebel  1858—60);  ,Handbuch  der  Ento- 
mologie' (Bd.  1—5,  1832—55);  ,Ge8ch.  der 
Schöpfung'  (7.  Aufl.  1867);  ,Geolog.  Bilder 
zur  Gesch.  der  Erde  und  ihrer  Bewohner* 
(2.  Aufl.  1855,  2  Bde.);  ,Zoonom.  Briefe* 
(1856,  2  Bde.)  U.A.  Ergebnisse  seiner  Rei- 
sen sind:  ,Reise  nach  Brasilien*  (1853); 
jLandschaftUche  Bilder  BrasUiens*  (1853); 
,£rläuterungen  zur  Fauna  Brasiliens*  (1857, 
mit  Atlas) ;  ,Systemat.  Uebersicht  der  Thiere 
Brasiliens'  (Bd.  1—3, 1854—56);  «Reise  durch 
die  La-Platastaaten*  (1861,  2  Bde.). 

Bnmes  (spr.  Böms),  SirMexander,  bekannt 
durch  seine  Reisen  in  Centralasien ,  geb. 
16.  Mai  1805  zu  Montrose,  ward  1826  dem 
Generalstab  in  der  Prov.  Kutsch  beigegeben, 
bereiste  1832  die  Gebiete  von  Balkh,  Kundus 
und  Buchara,  unterhandelte  1836—88  mit 
den  Fürsten  von  Sind,  Kabul,  Kandahar  u. 
Kelat  über  eine  Offensiv-  und  Defensiv- 
alliauz,  die  aber  nicht  zu  Stande  kam,  nahm 
dann  Antheil  am  Feldzug  gegen  Afgha- 
nistan, ward  zum  Oberstlleutenant  und 
polit.  Agenten  der  engl.  Regierung  am  Hofe 
Schah  Schudschahs  in  Kabul  ernannt,  fiel 
dort  2.  Nov.  1841  beim  Aufstand  der  JBin- 
wohner.  Sehr.  ,Travel8  into  Bokhara*  (neue 
Aufl.  1847,  3 Bde.;  deutsch  1834—35,  2 Bde.); 
,Cabool,  a  personal  narrative  etc.*  (1842; 
deutsch  von  Oelokera  1843). 

Bnmelisiren,  Imprägniren  des  Holzes  mit 
Zinkchlorid,   um  es  dauerhaft  zu  machen. 

Bnrney  (spr.  Börni),  Charles,  Musikhisto- 
riker, geb.  26.  April  }727  zu  Shrewsbnry, 
Organist  am  Chelseahospital  zu  London; 
f  1814.  Verf.  von  «Present  State  of  Mnsic 
in  Fi-ance  and  Italy  etc.*  (1772,  2  Bde.; 
deutsch  1772—73,  2  Bde.)  und  ,General 
Hlstory  of  music  etc.*  (1776—89,  4  Bde.).  — 
Seine  Tochter  Francieka  (Madame  d'Arblay), 
t  1840,  sehr.  Moderomane  (,EveIina'  n.  a.). 

Bnming-8priiig-Bim  (spr.  Born-),  grosse 
Erdölquelle  in  Westvirgtnien  (Nordamerika). 

Bnmley  (spr.  Börnli),  Stadt  in  der  engl. 
Grafschaft  Lancaster,  am  Bum  (Brun), 
28,700  Ew.;  bedeutende  Wollen-  u.  Baum- 
wollenfabr.    Reiche  Kohlengruben. 

Bnrnonf  (spr.  Bümuf),  Eugene,  franz. 
Orientalist,  geb.  12.  Aug.  1801  zu  Paris, 
ward  1832  Mitglied  der  Akademie  der  In- 
schriften und  Prof.  des  Sanskrit  am  College 
de  France;  t  28.  Mai  1852.  Förderte  bes.  die 
Kenntniss  der  Zendsprache  u.  versuchte  im 
,M6moire  sur  deux  inscriptions  cuntiformes' 
(1836)  die  Entzifferung  derpersepolitan.  Keil- 
inschriften. Schr.,Introduction&  Thistoire  du 
Bnddhisme Indien'  (Bd.  1, 1844) ;  ,Le  Lotus  de 
la  Bonne  Loi*  (1852)  u.  A.,  übers,  die  grosse 
Legendensammlung  ,La]ita-vi8tara*  (1853). 

Bums  (spr.  Borns),  Schert,  schott.  Volks- 
und  Naturdichter,  geb.  29.  Jan.  1759  in  der 
Schott.  Grafschaft  Ayr,  eines  Gärtners  Sohn 
und  selbst  Ackerbauer,  später  Acciseeinneh- 
mer  suDumfries;  f ,  von  Kummer  und  Sorgen 


Burnside  —  Burnten. 


371 


aufgerieben,  21.  Juli  1796.  Grösster  Ly- 
riker Schottlaüds  nnd  yon  belebendem  £in- 
flnss  auf  die  engl.  Poesie.  Zahlr.  Ausgaben 
seiner  Werke  (von  Ourminghafn  1865,  von 
Okamber»  1859,  2  Bde.)*  Deatsche  Ueber- 
setanngen  yon  Gerhard,  Kavffmann,  JSeintge, 
FreUigrath,  Fiedler,  Bartsch  u.  A. 

BnmsideCspr.Börnseld),  ÄmhroHus  Everett, 
amerikan.  General,  geb.  23.  Mai  1824  in 
liiberty  im  Staat  Indiana,  bildete  beim  Aus- 
bmch  des  Bürgerkriegs  1860  in  Rhode-Islaod 
ein  Regiment  Freiwilliger,  ward  nach  der 
Schlacht  bei  Bull -Run  zum  Brigadegeneral 
ernannt,  unternahm  Anfang  1862  eine  Ex- 
pedition nach  Nordcarolina,  ward  März 
1868  Generalmajor,  folgte  8.  Nov.  M'Glellan 
im  Oberkommando  der  Potomacarmee.  12. 
Dee.  1862  bis  Friedrichsburg  am  Rappahan- 
nock  mit  Verlust  zurückgeschlagen,  legte 
er  Jan.*  1863  den  Oberbefehl  nieder,  ward 
Kommandirender  des  Ohiodepartements, 
spater  unter  Grant  in  Tennessee ,  nahm 
im  Herbst  1863  Knoxville  nnd  machte  im 
Sommer  1864  die  Ton  Grant  in  Virginien 
gelieferten  Schlachten  mit. 

BnmiUy  mantelkragenartiger  wollener 
Ueberwurf  der  Beduinen ,  meist  weiss. 

BnrolloSy  Lagunensee  an  der  Küste  Unter- 
l^ptens,  östi.  von  Rosette,  durch  die  sogen, 
sebennytische  Nilmündu^  mit  dem  Meer 
verbunden,  8  M.  1.;  ber.  Wassermelonen. 

ümcovff  Julie,  Schriftstellerin,  geb.  24.  Febr. 
1806  zu  Kydellen  (Ostpreussen) ,  seit  1830 
Termahlt  mit  dem  Baumeister  Pfannen- 
sofamiedt  in  Bromberg;  sehr,  mehrere  Ro- 
mane: ,Ein  Arzt  in  einer  kleinen  Stadt' 
(2.  Aufl.  1855); , Johannes  Kepler*  (1858) ;  ,Die 
Kinder  des  Hauses'  (1863)  etc. ;  ferner  ,Ueber 
die  Erziehung  des  weibl.  Gieschlechts'  (2. 
Aufl.  1858);  ,Herzensworte*  (5.  Aufl.  1861); 
,Da8  Buch  der  Erziehung*  (1»55)  u.  A. 

Bunins  •  isolirter  Volksstamm  im  fi*anz. 
Depart.  Ain,  maurischer  Abkunft;  ebenso 
die  OhizeroU  im  Depart.  Sa6ne- Loire. 

Bnrritt,  JEXihu,  amerik.  Philanthrop  und 
Friedensapostel,  geb.  6.  Dec.  1811  zu  New- 
Brltain  in  Massachusetts,  trieb  als  Schmied 
ausgebreitMe  linguist.  Studien,  trat  1842  als 
Schriftsteller  mit  Bearbeitungen  der  islän- 
dischen Sagas  auf,  durchwanderte,  den 
Frieden  predigend,  die  Vereinigten  Staaten, 
begab  sich  1848  nach  England,  nahm  an  den 
sogen.  Friedenskongressen  in  Brüssel,  Paris, 
Frankiurt  (1850)  u.  London  Antheil  und  Ter- 
öiFentlichte  ,Olive  LeaTes«  (Oelblätter) ,  die 
in  Tiele  Sprachen  übersetzt  und  in  Millionen 
Eximplaren  über  Europa  verbreitet  wurden. 

Bars»  (lat.),  Tasche,  Beutel  (daher  bur- 
eariu»,  Seckelmeister  der  Klöster);  im  Mit- 
telalter Gebäude,  worin  arme  Studirende 
(daher  Bursiati  oder  Bursarii)  unentgeltlich 
Wohnung  und  Unterhalt  erhielten.  Davon 
das  deutsche  Wort  Burtche, 

Bnmcheidy  Fabrikort  im  preuss.  Regbz. 
Düsseldorf,  Kr.  Solingen,  5511  £w.^  Siamoi- 
sen-  und  Seidenweberei. 

Biirseheii8chaft,  Studentenverbindung, 
nach  den  Freiheitskriegen  zuerst  in  Jena 
12.  Juni  1815,  dann  1816  und  1817  in  Tübin- 
gen, HMdelberg,  Halle  u.  Giessen  im  Gegen- 


satz gegen  die  Landsmannschaften  und  zur 
Pflege  dentscli  vaterländischer  Gesinnuug 
ins  Leben  getreten,  Okt.  1818  auf  Gruud 
einer  gemeinsamen  Konstitution  zur  altgem. 
deutschen  B.  erweitert  und  über  alle  deut- 
schen Universitäten  mit  Ausuahmo  der 
Österreich,  verbreitet,  1819  in  Folge  der 
karlsbader  Beschlüsse  aufgelöst,  seit  1827 
insgeheim  erneuert,  dann  in  Germanen,  mit 
mehr  praktisch -polit.  Richtung  auf  polit. 
Ehiigung  Deutschlands,  und  Arminen,  mit 
mehr  idealer  Richtung,  gespalten,  seit  1848 
geduldet,  aber  in  mehrere  Sonderverbin- 
dungen aufgelöst.  Vgl.  Haupt,  ,Landsmaun- 
schaften  und  B.*,  1820;  Keil,  ,Gründung 
der  deutschen  B.S  1868. 

BüFsera  L.,  Pflanzengattnug  der  Tere« 
binthaceen.  B.  gummifera  L.,  Baum  in  West- 
indien und  Brasilien,  liefert  das  Chibouliarz 
oder  Gomartgummi.  B.  acuminata  W.,  B. 
gnmmifera.  J<icq.,  auf  Portorico  und  Domingo, 
liefert  das  Carannaharz. 

Barsian,  Konrad,  Philolog  und  Alter- 
thumsforscher,  geb.  14.  Nov.  1830  zu  Mutz- 
schen  im  Königreich  Sachsen,  machte  1852^ 
1855  eine  Wissenschaft!.  Reise  durch  Belgien, 
Frankreich,  Italien  und  Gnechenland,  ward 
1861  Prof.  der  klass.  Philologie  und  Arcliäo- 
logie  zu  Tübingen,  seit  1864  zu  Zürich.  Sehr. 
,Geographie  von  Griechenland'  (1862  f.). 

Bnrslem,  Stadt  In  der  engl.  Grafschaft 
StafTord,  17,821  Ew.;  wichtige  Steingutfabr. 

Burton  (spr.  Burt'n),  Bichard,  eugl.  Rei- 
sender, geb.  1820  in  der  engl.  Grafschaft 
Norfolk,  Ofßzier  in  der  engl.-ostind.  Armee, 
bereiste  Indien  (,Goa  and  the  blue  moun- 
tainsS  1851) ,  besuchte  1853—54  Mekka  und 
Medinah  (,Personal  narratlve  of  a  pilgrimage 
to  E^  Medinah  and  Mekka*,  1855),  sowie 
1855  das  bisher  noch  von  keinem  Europäer 
betretene  Härar  (,First  footsteps  in  Eastern 
Africa*,  1856)  im  inuern  Ostafrika,  unter- 
nahm 1857  von  Zanzibar  aus  mit  Speke 
eine  Expedition  nach  dem  Innern  Südafrikas, 
die  zur  Entdeckung  des  Binnensees  Taugan- 
jika  führte,  ging  1860  nach  dem  Mormo- 
nenstaat Utah  (,City  of  the  Saints',  1861), 
nach  der  Rückkehr  von  dort  als  brit.  Kon- 
sul nach  Fernando  Po  (,Abbeokuta  and  an  j 
exploration  of  the  Gameroon  mountains% 
1863;  jAmission  toDahomey',  1864);  bereiste 
in  den  letzten  Jahren  die  Hochlande  Bra- 
siliens (,£bcplorations  of  the  Highlands  of 
BrazilS  1869). 

Burton  npon  Trent  (spr.  Burt'n  öpön  -), 
Stadt  in  der  engl.  Grafschaft  Stafibrd, 
13,671  Ew.    Berühmte  Alebrauereien. 

Bartgcheld,  Stadt  in  der  preuss.  Rhein- 
provinz, dicht  bei  Aachen,  an  der  Worm, 
8680  Ew.;  Tuchfabriken;  berühmte  heisse 
Quellen  (54—620  ■r\  ähnlich  denen  von 
Aachen.  Ehemals  (schon  737)  Abtei.  In 
der  Nähe  die  (restaurirte)  Frankenburg 
(Karl  d.  Gr.)  und  Ruine  Schönhorst. 

Bnrttdjirdy  Stadt  in  der  pers.  Prov.  Irak- 
Adschemi ;  wichtiger  Industrieplatz.' 

Baraten  ( Kar a- Kirgisen,  d.  i.  schwarze 
Kirgisen),  den  Kirgisen  verwandtes  Volk 
türk.  Stammes  in  Turkistan,  nomadisirt  in 
den  Ländern  um  den  Issi-Kul;  6  Stämme 

24* 


372 


Bury  —  Butler. 


mit  70,000  Jurten ;  neaerdings  zum  grössten 
Theil  von  d«D  Russen  unterworfen. 

Bury  (spr.  Böri),  1)  Stadt  in  der  engl. 
Grafschaft  Lancaster,  am  Irwel,  37,563  £w. 
Berühmte  Industrie  in  Wolle  und  Baum- 
wolle. —  2)  B.  Sl.-Edmund$,  alte  Stadt  in 
der  engl.  Grafschaft  Suffolk,  13,318  Ew. 
Messe.    Berühmte  Xlosterruine. 

Bury  (spr.  Böri),  CharloUe,  engl.  Schrift- 
stellerin,  geb.  21.  Juni  1775,  Tochter  des 
Herzogs  youArgyle,  Hofdame  der  Herzogin 
Ton  Wnles,  vermählt  mit  dem  Geistlichen 
Edward  B.;  t  1.  April  1861.  Sehr.  ,A  diary 
illustrative  of  the  times  of  Georges  lY* 
(1838),  zahlreiche  Romane  u.  A. 

Bnrzenland.  der  südöstl.  Theil  des Sach- 
Benlandes  in  Siebenbürgen,  von  der  £urta 
(zur  Aluta)  durchflössen  ;  Hauptort  Kronstadt. 

Bnechhomwespe  (Kiefemblattwespe,  Lo> 
phyrus  Latr.),  Insekteugattuug  der  Blatt- 
wespen. Die  Afterraupen  der  Kiefernbusch- 
liornwespe  (L.  pini  Latr.,  Tenthredo  pini 
L.)  gehören  zu  den  schädlichsten  Wald- 
insekten.  Die  grüngestrei/te  B.  (L.  dorsatus 
Latr.,  Tenthredo  dorsata  L.)  lebt  eben- 
falls auf  Fichten. 

BaBchlr.  Stadt,  s.  Ahuschehr. 

BngchniSnner  (Soan,  Quaiguä),  zahlreicher 
Hotteutottenstamm  in  Südafrika,  auf  den 
Ebenen  des  Innern  Hochlandes  von  der 
Kafferngrenze  im  SO.  bis  nach  NW.  über 
den  Nu-Gnrip  hinaus  verbreitet;  anf  nie- 
drigster Bildungestufe ,  klein  ,  hässlich, 
rachsüchtig,  grausam,  leben  von  der  Jagd 
und  vom  Raube. 

Bu8C]uiiann  j  Joh.  Karl  Eduard,  Linguist, 
geb.  14.  Febr.  1805  zu  Magdeburg,  bereiste 
1827  und  1828  Mexiko,  ward  1833  Bibliothe- 
kar an  der  könlgl.  Bibliothek,  1851  Mitglied 
der  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Berlin. 
Seine  Forschungen  über  den  malayiscli- 
polyues.  Sprachstamm  sind  der  Hauptsache 
nach  in  Wilh.  von  Humboldts  Werk  ,Die 
Kawisprache  auf  der  Insel  Java*  (1836—40, 
3  Bde.)  niedergelegt. 

BuBChneger  (Marrona),  Volk  im  Innern 
von  Niederl.-Guiana ,  Nachkommen  der  seit 
dem  17.  Jahrh.  entflohenen  Negersklaven, 
etwa  8000  Köpfe;  durch  die  Friedensver- 
träge von  1762  und  1809  als  frei  und  un- 
abhängig anerkannt;  3  Stämme:  Aukaner, 
Suramakkaner  und  Matuarieneger. 

Buschsplnne,  s.  Vogelspinne. 

Busento  (gr.  Pyxou»,  lat.  Bwnentius), 
Kebenflusg  des  Gratis  in  Unteritalien  (Cala- 
bria  citer.),  mündet  beiCosenza;  histor.  be- 
kannt als  Bestattnngsort  des  Westgothen- 
köuigs  Alarich  410  (Platens  Gedicht). 

Bushel  (spr.  Busch '1),  Hohlmass  für 
trockene  Gegenstande,  in  England,  Imperial 
Standard  ä  4Pecks  a  2  Gall.,  =  36,35  Liter 
=:  0,661  preuss.  Scheffel;  in  den  Verein. 
Staaten,  in  Mexiko,  Centralamerika  u.  West- 
indien =  85,24  Liter  =  0,641  preuss.  Scheffel. 

BuBiris  (a.  G.),  Stadt  in  Aegypten,  am 
Ostarm  des  Nil ;  ber.  Isistempel.  Jetzt  Ähu-Sir. 

BnBfly  Franz  Joseph,  Hauptführer  der  ultra- 
montanen Partei  in  Baden,  geb.  83.  März  1803 
zu  Zell  am  Harmersbach,  seit  1833  Prof.  der 
Rechts-  und  Staatswissenschaften  zu  Frei- 


Imrg ,  hier  Hanptvertreter  der  grossdeuisch- 
kathol. Richtung.  Sehr.  »Urknndl.  Geschichte 
des  National-  und  Territorialkirche nthums  in 
der  kathol.  Kirche  Deutschlands'  (1851);  ,Die 
Gesellschaft  Jesu'  (1853>-54,  2  Bde.)  u.  A. 
1863  in  den  österr.  Ritterstand  erhoben. 

Bussard  (Buteo  Btchsi.),  Raubvögelgat- 
tung aus  der  Familie  der  Falken.  Bauh- 
fössiger  B.  (B.  lagopus  L.),  in  Europa, 
Afrika,  Nordamerika,  in  Deutschland  Strich- 
oder Zugvogel,  19-27"  1.,  klaftert  4— 4»/»'. 
Gemeiner  B.,  Mäusebussard ,  M'dusejadh  (B. 
vulgaris  Bechst.,  Faico  Buteo  L.),  der  ge- 
meinste und  nützlichste  Raubvogel  der 
ganzen  nördlichen  Welt,  in  Deutschland 
Stand- u.  Strichvogel,  1' 10"  1.,  klaftert  2Va'. 

Bussen)  isolirter  Berg  in  der  Donauebene 
bei  Riedlingen  (Würtemberg),  2364'  hoch. 

BiiS80l«9  s.  Kompass. 

BnstrophSdon  (gr.),  auf  griech.  Münzen 
und  Inschriften  vorkommende  Schreibart, 
wobei  die  erste  Zeile  von  links  nach  rechts, 
die  zweite  von  r«clits  nach  links,  die  dritte 
wieder  von  links  nach  rechts  etc.  geht. 

Bnte  (spr.  Bjnht),  Insel  im  Frith  of  Clyde 
(Schottland),  2,2  QM.  und  9306  Ew.,  mit 
trefft.  Weiden.  Danach  benannt  die  schott. 
Gro/sckajt  B.,  8  QM.  und  16,331  Ew.,  die 
Inseln  B.,  Arran,  Ailsa,  Gumbray  n.  a.  um- 
fassend; Hauptst.  Rothesay. 

Bnte  (spr.  Bjuht),  John  Stuart,  Graf  vcn, 
brit.  Staatsmann,  geb.  1713  in  Schottland, 
ward  1760  Mitglied  des  geheimen  Raths, 
1761  Staatssekretär  und  erster  Lord  des 
Schatzes,  trat  April  1763  zurück ;  f  ^0.  März 
1792.  Stellte  für  die  Königin  die  nur  in  12 
Exemplaren  gedruckten  ,Botanical  Tables' 
(9  Bde.),  welche  die  Pflanzengattungen 
Grossbritanniens  enthalten,  zusammen. 

Bnten  Boxb.,  Pflanzengattung  der  Legu- 
minosen. B.  frondosa  Bojob.,  Erythrina  mo- 
nosperma  Lam.,  Baum  in  Ostindien,  liefert 
das  bengalische  Kino,  Samen  wnrmwidrig. 
B.  superba  Boxb.,  Rudolphia  superba  Boir., 
das.,  liefert  Gummi. 

Bntjadingerlnnd,  fruchtb.  Landschaft  in 
Oldenburg,  zwischen  Jahdebusen  u.  Weaer; 
im  Mittelalter  Freistaat  unter  ostfries.  Schutz. 

Butler,  Walther,  Irländer,  diente  seit  1632 
unter  Wallenstein ,  ward  Oberst  eines  Dra- 
gonerregiments,  begleitete  Jenen  Febr.  1634 
nach  Eger.  Von  den  verrätherischen  Plänen 
Wallensteins  in  Kenntniss  gesetzt,  verab- 
redete er  mit  seinem  Hauptmann  Deveroux, 
dem  Kommandanten  Gordon  und  dem  Oberst- 
wachtmeister Leslie  Wallensteins  Ermor- 
dung (25.  Febr.  1634).  Mit  Gnadengeschen- 
ken, dem  Grafentitel  und  Grundbesitz  in 
Böhmen  belohnt,  focht  er  bei  Nördlingen 
(6.  Sept.);  t  bald  darauf. 

Butler  (spr.  Böttier),  1)  Samuel,  engl. 
Dichter,  geb.  im  Febr.  1612  zu  Strensham 
(Workfar),  f  ^^^  in  London;  Verf.  des 
berühmten  satir.  Heldengedichts  ,Hudibra8' 
in  9  Gesängen  (1663;  deutsch  von  Biseleim 
1846).  —  2)  Benjamin  FranJdin,  amerikan. 
General,  geb.  5.  Nov.  1818  zu  Deerfiald  in 
Newhampshire,  seit  1841  Rechtsanwalt  zu 
Lowell  in  Massachusetts,  übernahm  April 
1861  als  Brigadegeneral  der  Miliz  den  Ober- 


Butter  —  Byron. 


378 


befelil  über  8  Hej^imenter,  ökkupirte  Auua- 
polis  und  (13.  Mai)  Baltimore,  erhielt  dann 
das  Kommando  im  Depart.  Ostvirginien,  er» 
oberte  Aug.  das  Fort  Hatteras  an  der  Küste 
Ton  NordcaroHna,  anternalim  März  1862  eine 
Expedition  nach  dem  mexikan.  Meerbusen, 
besetzte  1.  Mai*Neworleans,  ward  Dec.  ab- 
berufen, 1864  nach  Fort  Monroe  gesandt. 

Butter,  findet  sich  in  der  Mildh  äusserst 
fein  vertheilt  in  Tröpfchen  oder  Kügelchen 
und  \irird  aus  Kuhmilch  gewonnen,  indem 
man  diese  oder  bei  niederer  Temperatur 
abgeschiedenen  süssen  oder  saureu  Rahm 
im  Butterfass  bei  15  —  200  stark  schlägt. 
Die  Fettkügelchen  kleben  dann  zusammen, 
die  Masse  wird  Ton  der  Buttermilch  ge- 
trennt und  ausgeknetet,  um  die  letztere 
▼öllig  zu  entfernen.  Oute  Milch  liefert 
SVs— 5Vs  B.  Sie  besteht  aus  Palmitinsäure, 
Pntterölsäure  und  geringen  Mengen  Butter-, 
Oaprin-,  Oapron-  und  Caprylsäuro  an  Gly- 
cerin  gebunden.  Die  letzteren  Säuren  be- 
dingen den  Geruch  ranziger  B.  Um  B.  zu 
konseryiren,  wird  sie  gesalzen  (15— 20  Grm. 
Salz  auf  1  Pfd.  B.)  oder  geschmolzen.  B. 
bildet  einen  wichtigen  Ausfuhrartikel  in 
Ostfriesland  ,  den  preuss.  Ostseeprovlnzen, 
Hecklenburg  ,  Schleswig  -  Holstein  ,  Däne- 
mark, Norwegen,  Finnland,  Kurland, 
Barem,  Holland,  Frankreich. 

Bntterathcr  (Jitanas-,  Butlersäureäthyl' 
lither),  ftirblose,  brennbare  Flüssigkeit, 
siedet  bei  llSo,  riecht  nach  Ananas,  wenig 
in  Wasser,  leicht  in  Alkohol  löslich  ,  dient 
zur  Darstellung  von  Fruchtessenzen,  künst- 
lichem Kam  und  Arrak. 

Bntterbamn ,  s.  Bassia, 

Buttermilch,  die  Flüssigkeit,  welche  beim 
Buttern  als  Nebenprodukt  entsteht,  enthält 
die  Milchbestandtheile,  ist  mehr  oder  weni- 
ger sauer  und  sehr  nahrhaft;  wird  auf  Käse 
verarbeitet,  dient  als  Eiweisssurrogat  in 
der  Kattundrnckerei. 

Bnttersäure,  farblose,  nach  ranziger  But- 
ter riechende,  stechend  sauer  schmeckende 
X*lüs9igkeit,  siedet  bei  1560,  in  Wasser  und 
Alkohol  löslich,  findet  sich  in  der  Butter 
als  Fett,  im  Schweiss,  Leberthran  etc.,  bildet 
sich  bei  Gährungsprozessen  und  wird  durch 
einen  solchen  aus  Zucker  gewonnen.  Bildet 
lösliche  krystallinische  Salze,  dient  zur  Dar- 
stellung des  Butteräthers. 

Bntterselfe,  Seife  aus  Butter,'  dient  zur 
Darstellung  des  Buttoräthers  u.  Opodeldocs. 

Butterwoche  (Mosteniza),  in  Eussland 
die  den  Osterfasten  Torhergehende  Woche, 
in  welcher  das  Fleischessen  bereits  yer- 
boton  ist,  daher  man  sich  an  Butter-  und 
Eierspeisen   hält.    Volkslustbarkeiten. 

Bnttmann,  Philipp  Karl,  Philolog,  geb. 
5.  Dec.  1764  zu  Frankfurt  a/M.,  ward  1800 
Prof.  am  Joachimsthaler  Gymnasium  zu 
Berlin,  1806  Mitglied  der  Akademie;  f  21. 
Juni  lb29.  Verf.  der  Tielrerbreiteten  ,6riech. 
Schulgrammatik*  (22.  Aufi.  1869);  gab  noch 
,MythoIogus  oder  gesammelte  Abhandlungen 
über  die  Sagen  def  Alterthums'  (2.  Aufl. 
1865,  2  Bde.)  u.  A.  heraus.  Die  neueren 
Auflagen  Ton  B.s  grammat.  Schriften  be- 
•orgte  dessen  Sohn,  Alexander  £, 


ButylalkOhoI,farbIose,woinartigriechende 
Flüssigkeit,  siedet  bei  1090,  bildet  sich  bei 
der  Gährung  von  Runkelrubenmelasse  und 
wird  aus  dem  Fuselöl  des  Melassenspiritus 
gewonnen.  Die  Aether  des  B.  sind  äusserst 
wohlriechend ;  in   der  Parfümeria  benutzt. 

Butfrum  AntimonU,  Spiessglanzbutter, 
Antininuchlorid,  s.  Antimon. 

ButjFrum  Zinci,  Chlorzink,  s.  Zink. 

Butzkopf,  s.  Delphin. 

Buxbaum  (Buchsbaum,  Buxus  L.),  Pflan- 
zengattung  der  Euphorbiaceen.  Gemeiner  Ji. 
(B.  sempervirens  L.),  niedriger  Baum  in 
Südeuropa  und  Vorderasien ,  liefert  das 
beste  Material  für  Holzschneidekunst. 

Byron  (spr.  Beir'n),  Qeorge  Gcrdon ,  Lord, 
grösster  engl.  Dicliter  der  Neuzeit,  geb.  22. 
Jan.  1788  zu  London,  Sohn  eines  Kapitäns 
aus  altbernhmter  Familie  (gen.  der  ,tolle 
Jack*,  t  1791),  wuchs  unter  der  Leitung 
einer  schwachen,  leidenschaftlichen  Mutter 
iu  Schottland  heran,  erhielt  1798  nach  dem 
Tod  seines  Grossoukels  Lord  William  B. 
die  PeerswiJrde,  besuchte  die  Schule  zu 
Stratford  und  die  Universität  Cambridge, 
veröffentlichte  hier  seine  ersten  Gedichte 
(,Stunden  der  Müsse',  1807),  deren  bittere 
Kritik  durch  den  nachmaligen  Lord  Broug- 
ham  er  mit  der  schonungslosen  Satire  ,Eng]. 
Barden  und  schott.  Kritiker*  beantwortete, 
überliess  sich  aus  Schmerz  über  unerwie- 
derte  Liebe  (Mary  Chaworth)  einem  zügel- 
losen Treiben,  machte,  dessen  überdrüssig, 
1810  eine  Heise  über  Portugal  und  Spanien 
nach  .Griechenland,  die  er  in  den  zwei 
ersten  Gesäugen  des  ,ChiIde  Harold*  schil- 
dert. Nach  der  Rückkehr  ins  Vaterland  der 
Glanzpunkt  der  ersten  Cirkel  Londons  und 
durch  seine  Person  wie  durch  seine  Dich- 
tungen (jGiaur*,  ,Braut  von  Abydos',  »Cor- 
sar',  ,Lara*,  ,Parisina*,  ,Belagei-ung  Ton  Ko- 
rinth*  etc.)  Gegenstand  der  allgemeinsten 
Bewunderung;  verheirathete  sich  1815  mit 
Lady  Milbank  Noel,  die  sich  bereits  1816 
von  ihm  trennte,  untei'nahm  dai-auf,  an  Ruf 
und  Vermögen  zerriittet,  eine  zweite  Reise 
durch  Belgien  den  Rhein  aufwärts  nach  der 
Schweiz  und  Italien,  die  er  im  3.  u.  4.  Gesang 
des  ,ChlIde  Harold'  besingt ,  lebte  längere 
Zeit  iu  Venedig,  Ravenna  (Gräfin  Guiccioli) 
und  Pisa,  an  den  polit.  Bestrebungen  der 
Italiener  lebhaft  betheiligt,  ging  1823  nach 
Griechenland,  um  an  dem  Freiheitskampfe 
der  Griechen  thätigen  Antheil  zu  nehmen; 
t  19.  April  1824  zu  Missolunghi.  Seine 
Leiche  ward  nach  England  übergeführt  und 
zu  Newstead  -  Abbey  (seiner  ehemal.  Be- 
sitzung) beigesetzt.  Der  Hauptrepräsentant 
der  Poesie  des  sogen.  Weltschmerzes  und 
von  mächtigem  Einflnss  auf  die  Gestaltung 
der  modernen  Poesie  bei  allen  Völkern. 
Seine  Dichtungen  bei  tief  melanchol.,  oft 
misanthropischer  Grundstimmung  ausge- 
zeichnet durch  Glanz  und  leidenschaftliche 
Gluth  der  Diktion,  durch  Jeden  Reiz  male- 
rischer Schilderung,  schwärmerische  Liebe 
zur  Natur  und  Begeisterung  für  Freiheit  und 
die  Herrlichkeit  alter  Zeiten.  Unter  den- 
selben noch  hervorzuheben:  ,Beppo*  und 
,Don  Juan*  (humorist.  Epos);    die  poet.  £r- 


874 


Byssns  —  Gäbet. 


s&hlnngen  «Der  .Gefangene  Ton  ChiUonS 
,liazeppa%  und  ,Die  fiisel*;  die  Dramen 
«Manfreds  ,KalnS, Himmel  und  Erde',  ,Sar- 
danapal'  etc.  und  zahlreiche  kleinere  Ge- 
dichte. Uebersetzungen  seiner  Werke  in 
fast  hDo  Sprachen;  die  besten  deutscheu 
von  £mger  (1840),  Neidhart  (1867),  Gilde- 
meister (2.  Aufl.  1867);  Einzelnes  von  Zedlüz, 
Tfizer,  Grüemacher  (,Dramen'  1870),  Schäfer 
u.  A.  Biogr.  von  Th,  Moore  (,Letters  and 
Journals  af  Lord  B.,  with  noticea  of  bis 
life*,  1830),  Mertif  (1862),  Ehe  (1870).  Vgl. 
MeduHn,  ,Gonveriiations  with  Lord  B.',  1824; 
de  Salvo,  ,Lord  B.  en  Italle  et  en  Gr^e', 
1825;  Leigh  Hunt,  ,Lord  B.  and  some  of 
his  contemporaries',  1828;  Lady  Blessington, 
,Conversations  with  Lord  B.',  1834.  —  B. 
hinterlless  eine  einzige  Tochter,  Ada,  spätere 
Grafin  Lovdace,  Die  verdächtigenden  Ent- 
hüllungen über  B. ,  weiche  neuerdings  die 
amerikan.  Schnftstellerin  Bescher -Stowe, 
angebl.  nach  Mittheilungen  von  B.s  ehemal. 
Gattin  (f  1860),  machte,  wurden  von  der  ge- 
sammteu  Pi'esse  mit  Pi'otest  zurückgewiesen. 
BysStt8  (Jfiuchelseide^  Muschelbart),  Fasern 
von  sehr  verschiedener  Stärke  und  Fein- 
heit, welche  an  der  Basis  des  Fusses 
vieler  Muscheln  entspringen  und  den  Tliieren 
zur  Auheftung  an  Klippen ,  am  Meeres- 
grunde etc.  dienen.  B.  der  Steckmuscheln, 
Pinna  nobilis,  ist  seidenartig  uud  wird  in 
Sicilien  und  Kalabrien  zu  kleinen  Geweben 
verarbeitet.    Das  Gossypium  der  Alten. 


ByitrSm,  Joh*  Ifikcl,,  ■chwed.  Bildhauer, 
geb.  18.  Dec.  1783  zu  Philippstadt  (Werne- 
iand),  t  11.  März  1848  als  Prof.  der  Aka- 
demie zu  Stockholm.  Trunkene  Bacchantin, 
Kolossalstatuen  mehrerer  sohwed.  Könige 
(Karl  XIL,  Gustav  Adolf),  Linnäs  u.  A. 

Bytown  (spr.  Bitaun,  nfpierl.  Ottawa  ge- 
nannt), seit  1858  Hauptst.  von  Ganada,  in 
Westcanada ,  am  Ottawa  und  Rideau ,  im 
Centrum  der  reichen  Bauholzbezirke,  14,696 
Ew.    Dabei  die  her.  ChaudierefäUe. 

Byzantiner,  die  griech.  Schriftsteller, 
welche  die  Geschichte  des  byzant.  Keichs 
behandelt  haben;  gesammelt  herausgeg. 
von  Niebuhr  mit  J,  Bekker,  L.  u.  W.  JDindorf 
u.  And.  (1828  (f.). 

Byzantinisches  Beich,  s.  0«<r9mucfc«< 
Reich. 

Byzanz  (BißarUium ,  a.  G.) ,  das  spätere 
Konstantinopel ,  wichtige  Handelsstadt  am 
tlirac.  Bosporus,  ursprüngl.  griech.  Kolonie, 
von  Megarensem  656  v.  Chr.  gegründet, 
fiel  411  von  Athen  ab,  ward  409  von  Aici- 
blades  wieder  gewonnen,  405  durch  Lysan- 
der  den  Athenern  von  Neuem  entrissen, 
behauptete  unter  Alexander  ihre  Selbstän- 
digkeit, verband  sich  später  mit  den  Rö- 
mern, ward  196  v.  Chr.  von  Sept.  Severas 
wegen  Parteinahme  für  Pescenuius  Niger 
nach  Sjähr.  Belagerung  zerstört,  erhob  sich 
bald  zu  neuer  Blüthe  und  wurde  830  von 
Konstantin  unter  dem  Namen  Koustantinopel 
zur  Haaptst.  des  röm.  Reichs  erhoben. 


C. 


C,  als  Zahlzeichen  =  Centum,  d.  i.  100, 
CC,  200  etc.  0  in  röm.  Inschriften  etc.  = 
Caesar,  Gajns,  Consul  etc.  Auf  franz.  Mün- 
zen s.  V.  a.  Loo;  auf  preuss.  Kleve;  auf 
österr.  Prag«  In  der  Musik  Zeichen  für  den 
^/4-Takt;  vertikal  durchstrichen  Zeichen 
für  den  >/a-  oder  Allabrevetakt. 

Cab  (engl.,  spr.  Kep),  iu England  leichtes 
zweiräderigos  Fuhrwerk. 

€abai  (Cabale),  Staatsrath  Karls  II.  von 
England,  genannt  nach  den  Anfangsbuch- 
staben der  Namen  seiner  Mitglieder :  Ciifford, 
Arlington,  Buckingham,  Ashley  u.  Lauder- 
dale,  bestand  1669—74,  berüchtigt  als  fak- 
tische Verschwörung  für  die  Wiederher- 
stellung des  Katholicismus  und  der  abso- 
luten Königsgewalt  in  England. 

Caballero  (spr.  -Ijero),  Feman,  eigentl. 
Cecilia  de  Arrom,  span.  Romanschriftstelle- 
rin, geb.  1797  zu  Morgues  in  der  Schweiz, 
Tocliter  eines  Deutschen  (Bohl  von  Faber), 
lebt  zu  Sevilla.  Schildert  in  trefil.  Novellen 
das  Span.  Volksleben:  ,La  Gaviola',  ,Una 
en  Otra*,  , Simon  Verde',  ,Elia*,  ,Lagrima8', 
,La  Familia  de  Alvareda'  etc.  Auch  durch 
Sammlungen  span.  Märchen  und  Volkslieder 
verdient.  ,Obras  completas*  (1860—61,  18 
Bde.;  Auswahl  deutsch  von  Lemcke  u.  A. 
1859-64^  17  Bde.)i  ,Novelas  originales'  (1865). 


Cabunel^  JJexttnder,  franz.  Maler^  gab. 
1823  zu  Montpellier,  Schüler  Picots,  seit 
1863  Mitglied  des  Instituts  und  Prof.  der 
Ecole  des  beauz  arts  zu  Paris.  Ein  Haupt- 
meisterder  neuem  franz.  Schule,  bes.  ausgez. 
in  der  Darstellung  des  Nackten.  Florent. 
Dichter  (1861) ,  Faun  u.  Nymphe  (1861),  Ge- 
burt der  Venus  (1863),  Adam  u.  Eva  (1867). 

Cabanis,  Pierre  Jean  George,  franz.  Arst 
und  Philosoph  (Materialist),  geb.  5.  Jnni 
1757  zu  Cosnac,  Prof.  zu  Paris,  später  Mit- 
glied des  Raths  der  Fünfhundert,  dann 
des  Erhaltungssenats  und  Administrator  der 
Hospitäler  in  Paris;  f  &•  ^»^  ^^^*  S'^ss^'' 
die  Doktrin  des  Materialismus  in  die  Pointe: 
,Die  Nerven  sind  der  Mensch*.  Hauptwerk: 
,Les  rapports  du  physique  et  du  moral  de 
l'homme*  (1802).    Werke  (1883-25,  6  Bde.). 

Cabestan  (Cabestaing),  OuHlautM  de,  Pro- 
veno. Troubadour  des  13.  Jahrb.,  bekannt 
bes.  durch  seine  trag.  Liebe  zur  Gräfin  Marga- 
rethe  von  Provence,  der  Gattin  seines  Heirn. 

Gäbet  (spr.  Kabä),  Etienne,  firanz.  Kom- 
munist, geb.  8.  Jan.  1788  zu  Dijon,  Advokat 
das. ,  dann  zu  Paris  Mitglied  des  obersten 
Ausschusses  der  Garbonaria,  1831  Kammer- 
mitgiied,  vertrat  in  der  Zeitschrift  ,Le  Popn- 
laire'  gemässigt  kommunistisclio  (ikarisclie) 
Grundsätze,  schiffte  sich  nach  dem  Juiü* 


Cabochon  — '  Cäment. 


875 


kämpfe  mit  44  Genoflsen  nach  Texas  stur 
Gründung  einer  Ikarisohen  Bepnblik  ein, 
ward,  betrügerischen  Untersohlelfes  in  Be- 
treff des  zusammengeschossenen  Vermögens 
angeklagt,  vom  Znchtpolizeigericht  der  Seine 
abwesend  SO.  Sept.  1^  zn  2jähr.  Haft  ver- 
nrtheilt,  auf  seiine  persönliche  Hechtferti- 
gving  hin  aber  26.  Juli  1851  freigesprochen. 
Nach  dem  Staatsstreiche  vom  2.  Dec.  kehrte 
er  nach  Kanvoo  in  Illinois,  wo  er  sich  mit 
800  Ikaristen  niedergelassen,  zurück,  über- 
nahm hier  1856  die  Diktatur,  ward  jedoch 
durch  einen  Aufstand  yertrieben ;  f  ^-  Ko^> 
1866  zu  St. «Louis.  Sehr.  ,Histoire  popu- 
lajre  de  la  R6yolution  fran^aise  de  1789 
ä  1830'  (1840,  4  Bde.);  lYoyage  en  Icarie, 
roman  philosophique  et  social'  (2.  Aufl.  1842; 
deutsch  von  Wendel- Hippler  1847) 

Cabochon  (spr.  -schong),  nach  seiner  na- 
turlichen Form  geschliffener  Edelstein. 

Cabot  (Oaboto),  2  berühmte  venetiau.  See- 
fahrer. Qiwcmni  C,  ron  Heinrich  VII.  Ton 
flnglMid  zur  Erforschung  der  westl.  Heere 
ausgesandt,  entdeckte  24.  Juni  1495  Neu- 
foundland.  —  Sein  Sohn  S^astiano  O. ,  geb. 
1477,  führte  1516  in  engl.  Diensten  ein  Ge- 
schwader nach  Labrador,  später  eine  span. 
Expedition  nach  den  Molukken,  begründete 
1553  an  der  Spitze  einer  Expedition  der 
Merchants  adventurers  den  Handel  der 
Engländer  mit  Russland ;  f  ^^7.  läntdeckte 
fast  gleichzeitig  mit  Oolumbus  die  Ab- 
weichung der  Magnetnadel.  —  Odbötiat  der 
nach  ihm  benannte  Landstrich  zwischen 
der  Hudsonsbai,  Oanada,  Labrador  u.  New- 
Wales.   Vgl.  Warden,  ,Memoir  of  S.  C,  1831. 

Cabra,  Stadt  in  der  span.  Fror.  CordoTa, 
in  reizender  Gegend ,  10,500  Ew. 

Cabral  (Cabrera),  J^dro  Alvarex,  portug. 
Seefahrer ,  entdeckte  1500 ,  auf  einer  Reise 
nach  Ostindien  nach  Westen  verschlagen, 
Brasilien  und  nahm  dasselbe  24.  April 
für  Portugal  in  Besitz;  schlos»^  dann  in 
Indien  die  ersten  Handelsverbindungen  für 
Portugal;  1 1^26.  Seine  Reisen  in Ramosios 
,Navigazioni  Tiaggi''(Veu.  1563,  8  Bde.). 

Caecia  (ital.,  spr.  -tscha),  Jagdmusik. 

CMereiiy  span.  Prov.  im  nördl.  Estrema- 
dura,  S77  QM.  und  298,994  £w.  Dieflauplsl. 
O.,  10,000  Ew. 

Cachao,  Stadt,  s.  Keseho, 

Cachar  (spr.  Kattschar),  Landschaft  in  der 
brit.-ostind.  Präsld.  Bengalen,  188  QM.  und 
60,000  Ew.;  seit  1830  und  1853  britisch. 

Caehat  (spr.  Tschah),  Badeort  im  franz. 
Dep.  Obersavoyen,  bei  Evian  am  Geufersee. 

Cache -nez  (Ar.,  spr.  Kasch-neh),  Nasen- 
bedecker,  um  den  Hals  zu  windender,  Mund 
und  Nase  deckender  Shawl. 

Cachoeira,  Stadt  in  der  brasil.  Provinz 
Bahia,  am  Paraguassu,  25,000  Ew.  Grosse 
Zucker-  und  Tabaksplantagen. 

Cacholon  (spr.  -scholoug),  milch-  oder 
röthlichweisser  Edelstein,  besteht  aus  amor- 
pher Kieselsäure,  in  Kämthen,  Böhmen, 
Mäliren,  bei  Freiberg,  auf  Island. 

Cachucha  (span.,  spr.  -tschutscha),  üppiger 
span.  Tanz  mit  Kastagnetten ,  ans  dem  Bo- 
lero und  Fandango  gemischt. 

CactiUf  Pflanzengattung,  s.  KoMeoh 


CadamMto^  Luigi  de,  Seefkhrer,  geb.  1482 
in  Venedig,  entdeckte  im  Dienste  des  In- 
fanten Heinrich  von  Portugal  1455  den 
Gambia,  1456  diö  Inseln  des  grünen  Vor- 
gebirgs;  f  um  1480.  Reisebeschreibung: 
,El  libro  de  la  prima  navigazione  per  oceauo 
a  le  terre  de  Nigri  etc.'  (Piacenza  1567). 

CadaTer  (lat.) ,  todtor  thier.  Körper. 

Cadlz  (spr.  -dis),  span.  Prov.,  die  südl. 
Spitze  von  Andalusien,  132  QjM..  u.  411,301 
Ew.;  fruchtbar,  aber  nur  Vio  augobaut; 
grosse  Waldungen,  Schifffahrt,  Fischfang« 
Die  HauptsL  0.,  auf  der  Nordwestspitze  der 
Insel  Leon,  durch  Natur  und  Kunst  eine 
.der  Stärkston  Festungen  Europas,  71,521  Ew. ; 
zweite  Handelsstadt  Spaniens,  befestigter 
Hafen;  Börse,  Arsenal,  Amphitheater  für 
Stiergefisohte.  Im  Alterthum  Gad««,  Kolonie 
.der  Tyrier,  später  im  Besitz  der  Karthager 
und  der  Römer;  im  Mittelalter  (bis  1262)  dor 
Araber.  Blüthezeit  im  18.  Jahrh. ;  1809-^12 
Sitz  der  obersten  Insurrektionsjuuta,  daher 
von  den  Fk'anzosen  belageil;,  bis  Wellington 
letztere  im  Aug.  1812  zurückdrängte. 

Cadoriflche  Alpen,  südl.  Nebenkette  der 
Kärnthneralpeu ,  östi.  vom  Piavethal,  im 
Hont  Cridola  7952'  h. 

Cadondal,  (?«or^e«,  Begründer  der  Ghouans 
(s.  d.),  geb.  1.  Jan.  1771  zuBrech  b^  Auray, 
war  bei  dem  Landungsversuche  dor  engl. 
Emigrirten  bei  Quiberou  mit  thätig,  fachte 
1799  den  Aufstand  in  der  Bretaguo  von 
Neuem  an,  ging  dann  nach  England.  Hier 
von  dem  Grafen-  von  Artois  zum  General- 
lieutenant ernannt,  begab  er  sicli  im  Ein- 
verständniss  mit  Pichegru  und  anderen 
Royalisten  Aug.  1803  nach  Paris,  um  ein 
Attentat  auf  den  ersten  Konsul  auszuführen, 
ward  verhaftet  und  10.  Juni  hingerichtet. 
Auch  sein  Bruder  Joseph  C»,  geb.  25.  Jan. 
1784,  f  29.  Juni  1852,  zeichnete  sich  unter 
dem  Namen  Joyou  als  Bandenführer  in  der 
Vend^e  ans.    Die  Familie  später  geadelt. 

Cadre  (fr.,  Mehrzahl  Cadre»,  spr.  Kahdr), 
Rahmen,  die  zu  Führung  einer  Armee  noth- 
wendigen  Offiziere,  Unteroffiziere  u.  Spiol- 
leute  oder  auch  der  stets  mobil  und  lu  Gar- 
nison bleibende  Regimentsstamm.  Daher 
CMre$jf$tetn ,  Heereseinrichtung,  bei  der  im 
Frieden  die  Mannschaften  grösstentbeils 
beurlaubt  und  nur  beim  Uebergang  auf  den 
Kriegsfuss  eingestellt  werden. 

Caduceus  (lat.)>  Lorbeer-  oder  Olivenstab 
mit  2  Binden,  hernach  Schlangen,  die  ihre 
Köpfe  einander  zukehren;  Sinnbild  des 
Friedens  und  Attribut  der  Herolde,  neuer- 
lich Symbol  dos  Handels. 

C&eilia,  Heilige,  f  als  Märtyrerin  230, 
angeblich  Erßnderiu  der  Orgel,  oft  von 
Malern  (Raphael,  Rubens  etc.)  dargestellt.' 

Cäment  (  Cement),  mineralogisclie  Substanz, 
welche,  mit  gewöhnl.  Kalkbrei  gemischt, 
diesen  in  hydraulischen  Mörtel  verwandelt, 
d.  h.  ihm  die  Eigenschaft  verleiht,  unter 
Wasser  zu  erhärten.  Kalksteine  mit  mehr  als 
lOo/o  Kieselsäure  (oder  entsprechend  Silikat) 
geben  gebrannt  ohne  Zusatz  hydraul.  MOrtel. 
Natürliche  C.e  sind  durch  vulkanische  Hitze 
gebrannte  Gesteine  von  eigenthümlioher 
ZosammeDsetzUng:  Trass-  und  Duckstein, 


876 


Gämentation  —  Cäsar. 


«ine  Art  Tracbyttnff  im  Brohl  -  oder  Nette- 
thal,  im  Wesentlichen  cerriebener  Bims- 
stein. Ikiutuolanef  FUKzdanerde,  eine  ähnliche 
Substanz  von  PnzzuoU  bei  Neapel,  Ton  der 
Südwest].  Seite  der  Apennlnen,  in  der  Ge- 
gend von  Rom  bis  gegen  die  pontin.  Sümpfe 
und  ViterbOi  kann  nur  mit  Kalk  gemischt 
▼erarbeitet  werden;  ScMU>rin  von  Santorin, 
Therasia  und  Aspronisi  gleicht  dem  Trass, 
▼erliert  aber  seine  unter  dem  Wasser  ge- 
wonnene Härte  wieAor  (kürutliehe  C.e),  Eng- 
tlnchtr  oder  Boman'  C,  wird  ans  Thonnieren 
von  der  Themse,  Sheppey,  Wight  etc.  ge> 
brannt  und  kann  ohne  Zusatz  verwendet 
werden.  J\>rtland  -  O,  wird  aus  innigem . 
Gemenge  von  Kalk  mit  Thon  (Kalkstein, 
ilreide,  Mergel,  Ziegelmehl,  Steinkohlen- 
und  Torfasche,  Bückständen  der  Alaunfabri- 
kation, Hohofemschlacken,  Töpfergeschirr, 
Porzellanlcapselscherben,  Sand)  gebrannt, 
lässt  sich  ohne  Sandzusais  in  Formen 
giessen  zu  Ornamenten,  künstl.  Steinen  etc. ; 
muss  auf  3—4  Aequivalent  Base  (Kalk  und 
Alkalien)  1  Aeq.  Säure  (Kieselsäure ,  Thon- 
erde,  Siseuozyd)  enthalten.  Guter  Portland- 
cäment  wird  vielfach  in  Deutschland  darge- 
stellt, bindet,  mit  8  Th.  Sand  gemischt,  nach 
8  Stunden,  erlangt  seine  hohe  Härte  aber 
erst  nach  i — 6  Monaten  und  muss  so  lange 
feucht  erhalten  werden.  Die  abinlute  Festig- 
keit von  stettiner  0.  beträgt  pro  D"  925 Pfd., 
mit  1  Vol.  Sand  gemischt  742  Pfd.,  mit 
2  Vol.  Sand  480  Pfd.,  mit  4  Vol.  Sand  166  Pfd. 
Gebrannte  Magnesia  u.  schwach  gebrannter 
Dolomit  erhärten  unter  Wasser  und  geben 
eine  sehr  widerstandsfähige  Masse  (Magne- 
siacäment),  ebenso  gebrannt.  Magnesia  mit 
Ghlormagnesium  gemischt  (Sorels  Magnesia- 
cäment).  Scotts  treflfl.  C.  für  Wasserbauten 
entsteht,  indem  schweflige  Säure  über  glühen- 
den Aetzkalk  geleitet  wird.  Vgl.  LipotoiU, 
,Die  Pertlandcämentfabrikation' ,  1868;  Mi- 
chaelü,  ,Die  hydraul.  Mörtel*,  1869. 

Camentation  9  das  Glühen  von  Stabeisen 
mit  Kohlen  und  stickstoffhaltigen  Substan- 
zen zur  Stahlerzeugung  (Cämentstahl);  von 
kohlenstoflfreichem  Gusseisen  mit  sauerstoff- 
haltigen Substanzen  zur  Erzeugung  des 
liämmerbaren  Gusseisens;  von  Kupfer  mit 
Zinkerzen,  um  es  in  Messing  zu  verwan- 
deln etc.  Auch  die  Ausscheidung  von  me- 
tallischem Kupfer  aus  Kupfervitriollösung 
durch  metallisches  Eisen. 

Caen  (spr.  Kahng),  Hauptstadt  des  franz. 
Depart.  Calvados,  am  Einfluss  des  Odon  in 
die  Omo,  41,564  Ew.    Akademie ;  Seebäder. 

Caerleon,  alte  Stadt  in  der  engl.  Grafsch. 
Monmouth,  am  Usk,  1250  Ew.;  röm.  Alter- 
thümer ;  nach  der  Sage  einst  Sitz  brit.  Könige 
(Amphitheater:  König  Artliurs  Tafelrunde). 

t^aermarthen  ( Cktrtnarthen) ,  Grafsch.  im 
Fürstenthum  Wales,  32,4  QM.  u.  111,796  Ew. 
Die  HaupUt.  G.,-am  Towy,  9993  Ew. 

CaemarvoB  (Carnarven),  Grafschaft  im 
Fürdtenthum  Wales,  24,4  QM.  u.  95,694  Ew. 
Die  Haupt$t.G.t  am  Südende  der  Menaystrasse 
und  der  Mündung  des  Seiont,  8512  Ew. ;  be- 
liebter Badeort;  Ruinen  der  Burg  Eduards I. 

Caerwis,  Flecken  im  Fürstenth.  Wales, 
Gr.  Flint;  ehedem  das.  her.  Bardenfeste. 


CäsalirtKia  L.,  Pflanzengattnng  der  Le- 
guminosen, Bäume  oder  Sträuchor.  C.  ba- 
hamensis  Lam»,  auf  den  Bahamainseln,  lie- 
fert Gelbholz;  G.  btjuga  8w,,  auf  Jamaika, 
Rothholz ;  0.  brasiliensis  L.,  auf  den  Antillen 
u.  in  Brasilien,  Brasilienholz;  G.  coriaria  W., 
in  Südamerika  und  auf  Jamaika,  die  gerb- 
säurereiche  Libidivi-  oder  Dividivlschoten; 
C.  crista  X.,  ebendas.,  das  Femambukholz ; 
G.  echinata,  in  den  Wäldern  der  Sierra  Ne- 
vada in  Mexiko,  das  Marthensholz  und  wohl 
auch  das  Nicaraguaholz ;  C.  Sappan  L.,  in 
Westindien  und  Ostasien,  das  Sappanholz; 
0.  pulcherrima  Sto.,  Pfauen-  oder  FtrcuLies- 
blume,  in  Ost-  und  Westindien  und  Süd- 
amerika, Zierpflanze. 

Ciliar,  Titel  der  röm.  Kaiser,  ursprüng- 
lich Familienname  eines  Zweigs  des  altröm. 
patric.  Geschlechts  der  Julier,  von  Kaiser 
Aug^stns,  dem  Adoptivsohn  Julius  Oäsars, 
zuerst  angenommen. 

Cagar,  Cajus  Julius,  berühmter  Römer, 
geb.  12.  Juli  100  v.  Gbr.  aus  einem  alt- 
patric.  Geschlechte,  bildete  sich  auf  Rhodus 
zum  Redner  aus,  ward  68  Quästor  in  Spanien, 
65  kurulischer  Aedil,  63  Poutifex  mazimns, 
62  Prätor  und  erhielt  dann  das  jenseitige 
Spanien  zur  Verwaltung.  Für  59  zum  Konsul 
gewählt,  verband  er  sich  mit  Pompejus  und 
Grassus  zum  ersten  Triumvirat.  Darauf  zum 
Statthalter  in  Gallien  auf  5  Jahre  ernannt, 
unterwarf  er  58—51  ganz  Gallien  der  röm. 
Herrschaft,  setzte  zweimal  über  den  Rheia 
und  nach  Britannien  über  und  kehrte  50 
nach  Rom  feurück.  Vom  Senat,  welcher  von 
der  Optlmatenpartei  beherrscht  ward,  zur 
Entlassung  seines  Heeres  au{ig:efordei*t,  über- 
schritt er  49  den  Fluss  Rubicon ,  den  Grenz- 
fluss  seiner  Provinz,  und  machte  sich  binnen 
8  Monaten  zum  Herrn  von  Italien.  Nach- 
dem er  darauf  die  Porapejaner  und  Spanier 
zur  Ergebung  gezwungen,  liess  er  sich  in 
Rom  für  48  zum  Konsul  erwählen,  ging 
nach  Griechenland  hinüber  und  schlug  den 
Pompejus  (9.  Aug.  48)  bei  Pharsalus.  In 
Aegypten  setzte  er  Cleopatra  unter  römischer 
Oberhoheit  47  als  Königin  ein  und  besiegte 
den  Pharnaces,  König  von  Bosporus.  In 
Rom  mit  der  Diktatur  auf  ein  Jahr,  der 
tribunic.  Gewalt  auf  Lebenszeit  und  dem 
Rocht  über  Krieg  u.  Frieden  betraut,  schlug 
er  April  46  die  Pompejaner  bei  Thapsna  in 
Afrika  und  machte  Numidien  zur  röm.  Pro- 
vinz. Zum  Diktator  auf  10  Jahre  ernannt, 
ordnete  er  das  Staatswesen  neu,  steuerte 
dem  Treiben  der  Demagogen  durch  Gesetze 
und  regelte  den  Kalender.  Nachdem  er  bei 
Munda  (17.  März  45)  die  Reste  der  pom- 
pejanischen  Partei  vernichtet  hatte,  w«rd 
ihm  vom  Senat  die  Diktatur  auf  Lebenszeit, 
das  Konsulat  auf  10  Jahre  und  mit  dem 
Titel  Imperator  die  oberste  Militär-,  Richter- 
und Administrativgewalt  übertragen.  Als 
unumschränkter  Herrscher  der  repubUkan. 
Partei  trotz  seiner  Verdienste  verhasst,  fiel 
er  15.  März  44  als  das  Opfer  einer  Ver- 
schwörung, an  deren  Spitze  Marcus  Brutus 
und  Cajus  Cassius  Longinus  standen.  Selbst 
kinderlos,  hatte  er  den  Enkel  seiner  jüngeren 
Schwester,    Cajus  Octavius,   adoptirt  and 


Gäsarea  —  Galamagrostis. 


877 


als  Hanpterben  eingesetat.  Gleich  gross  als 
Btaatsmann  nud  Feldherr,  zeichnete  er  sich 
auch  als  Schriftsteller  ans.  Erhalten  sind 
seine  »Commentarii  de  hello  Gkillico*  (7  Bü- 
cher) und  ,De  hello  civili'  (3  B.),  ansge- 
seichnet  durch  Anschaulichkeit  der  Darstel- 
lung und  korrekten  Stil.  Ausgaben  von  Nip" 
p&rdey  (3.  Aufl.  1857),  Kraner  (4.  Aufl.  1868), 
Btld  (4.  Aufl.  1856)  u.  A.,  übersetzt  von  Küehly 
und  Riistow  Cldbß)  n.  A.  Biogr.  Ton  Sueton. 
VgK  ,Leben  C.s'  von  Napoleon  III.,  1865— 6G. 

CisarSa  (lat.) ,  Name  mehrerer  röm.  Städte, 
zu  Ehren  irgend  eines  Kaisers  benannt:  G. 
(früher  3feuaea  oder  Busebia)  in  Kajppado- 
cien,  Münzstätte  des  röm.  Reichs ;  C.  (früher 
StratonU  turris)  in  Palästina,  mit  Hafen,  von 
K.  Herodes  befcrstigt,  später  Sitz  der  röm. 
Statthalter;  Jetzt  Kaisarije  (in  Ruinen). 

Cäsinm  (Alkalimetall),  findet  sich  mit 
Rubidium  im  Lithionglimmer,  Petalit,  Tri- 
phyllin,  Karnallit,  Pellnx,  in  der  nauheimer 
Soole,   durch  die  Spektralanalyse  entdeckt. 

Cagllari  (spr.  Kaljäri),  Hauptst.  der  Insel 
Sardinien,  auf  der  Büdküste,  am  Meerbusen 
von  a,  28,244  Ew.;  Kastell,  Hafen,  Univer- 
sität (seit  1764);  röm.  Alterthümer. 

Cagllostro  (spr.  KalJ-),  Alexander,  Graf, 
bekannter  Abenteurer,  geb.  2.  Juni  1743  zu 
Palermo,  eigentl.  Giuseppe  Balsame,  lernte 
als  Apothekergehülfe  im  Kloster  der  barm- 
herzigen Brüder  zu  Cartagiore  Geheimmittel 
kennen,  bereiste  mit  einem  angebliehen 
Weisen  Alhotas  Griechenland,  Aegypten  u. 
Yerderasien,  trat  als  Arzt,  Naturforscher, 
Alchemist,  Freimaurern.  Geisterbeschwörer 
nnf,  zuerst  in  Italien,  dann  auch  in  Deutsch- 
land ,  in  Mitau ,  Warschan  und  Petersburg, 
in  London  und  Paris,  wo  er  in  der  Hals- 
bandgescliichte  eine  Hauptrolle  spielte  und 
in  die  Bastille  gesetzt  ward,  ward  später  in 
Rom  gefängb'ch  eingezogen  und  zum  Tod 
verurtheilt,  begnadigt;  f  17^^  als  Gefangener 
auf  Fort  San-Leon.  Die  ,M6moires  authen- 
tiqnesS  später  unter  C.s  Namen  in  Paris 
erschienen,  sind  unächt.  Seine  frühere  An- 
hängerin, Gräfin  Elisa  von  der  Recke ,  ent- 
hüllte in  der  ,Nachricht  von  des  berüch- 
tigten C.  Treiben  iu.Hitau*  (1787)  seine 
Schwindeleien. 

CagotS)  kretinenartiger  Menschenschlag 
in  den  franz.  Pyrenäen,  vom  Volke  nur 
zu  den  niedrigsten  Diensten  verwendet. 

Cahi,  Span.  Getreidemass,  ==  12  Fanegas 
=  6,58  Hektoliter  =  11,96  preuss.  Scheffel. 

Cahier  (fi*.,  spr.  Kahieh),  Heft,  Notizbuch. 

Cahon  (spr.  Käohr),  Hauptst.  des  franz. 
Depart.  Lot,  14,115  Ew.  Bed.  Weinbau;  in 
der  Nähe  röm.  Amphitheater,  Aquädukt  etc. 

Cahorsweine^  die  besten  Pontac  weine,  der 
werth vollste:  Kogomme. 

Caiille  (spr.  Kaljeh),  Sen^,  franz.  Reisen- 
der,  geb.  19.  Sept.  1799  zu  Mouz6  (Poitou), 
machte  sich  bes.  durch  seine  gefahrvolle 
Reise  nach  Timbuktu  (März  1827  bis  Sept. 
1828)  berühmt;  f  17.  Mal  1838  zu  Lobaderre. 
Sein  ,Joumal  d^un  voyage  k  Temboucton* 
herausg.  von  Jomard  (1830,  3  Bde.).       [cocea. 

Csineaimrzei  9  Ghiococcawurzel ,  s.  Cht'o- 

^a  ira  (fr.,  spr.  sa  irah),  d.  h.  es  wird 
gehen),  Gesang  der  Jakobiner  während  der 


ersten  franz.  Revolution ,  so  genannt  nach 
dem  Refrain  ,AhI  ^a  ira,  ca  ira,  ^  ira! 
Les  aristocrats  k  1a  lanterne  !* 

Catm  (Oam,  celt.),  Haufen,  Hügel;  bes. 
Steinhaufen  als  Grenzmarken,  Denkzeichen. 

Calmgonn  (spr.  Kähmgarm) ,  Berggruppe 
des  Grampiangebirges  (s.  d.). 

Baisse  (fr.,  spr.  Käss),  Kiste,  Geldkasse; 
C.  d^escompte  (spr.  d'eskongt),  Answechs- 
lungs-,  Vorschusskasse. 

Caitlmess  (spr.  Kehth-),  Grafschaft  im 
nördl.  Schottland,  33  QM.  und  41,111  Ew., 
weite  baumlose  Hochebene  mit  demMorven 
(2330');  Hauptst.  Wick. 

Cajetan,   eig.   Thoma»  de  Vio  von  OaÜta, 

Säpstlicher  Legat  in  Deutsehland,  geb.  25. 
Uli  1470  zu  GaSta,  Lehrer  der  Theologrie  zu 
Rom,  ward  1508  General  der  Dominikaner, 
1517  Kardinal,  verhandelte  Okt.  1518  auf  dem 
Reichstag  zu  Augsburg  mit  Luther,  erhielt 
1519  das  Bisthum  ChiSta,  ging  1523  als 
Legat  nach  Ungarn ;  f  ^*  Aug.  1534  zu  Rom. 

Cajoliren  (fr.,  spr.  Kascho-),  durch  Lieb- 
kosungen zu  gewinnen  suchen. 

CakUe  Toumef.  (Meersenf) ,  Pflanzengat- 
tung der  Kruciferen ,  G.  maritima  Seop.,  an 
den  Küsten  Europas  Asiens,  Afrikas ;  Kraut 
antiskorbutisch. 

Calabar  (Alt.'C),  Flnss  in  Guinea,  östl. 
vom  Niger,  mündet  in  die  Biafrabai;  daran 
die  Stadt  Alt'G.  (Dukes  town),  40,000  Ew. 

Calabarbohne,  s.  Fhysostigma. 

Calaboxo  (spr.  -bosso),  Stadt  in  Venezuela, 
Staat  Caracas,  4000  Ew.  24.  Juni  1821  BUg 
Bolivars  über  die  Spanier  unter  La  Torre, 
worauf  letztere  Columbia  räumten. 

Calabrla,  die  südwestl.  Halbinsel  Italiens, 
313  QM.  u.  1,151,635  Ew. ;  Berg-  n.  Hügelland 
(Siiawald,  Aspromonte),  vom  Crati,  Neto  etc. 
bewässert;  f^chtbar  an  südl.  Landespro- 
dukten ;  Anbau  vernachlässigt.  3  Provinzen : 
G.  eiteriore  (Cosenza),  133,6  QM.  und  433,788 
Ew.,  C.  ülteriore  I  (Catanzaro),  108,5  QM. 
und  387,099  Ew. ,  G.  uUericre  II  (Reggio), 
71,3QM.  und  330,740  Ew. 

Caladinm  Vent.  et  Spreng. ,  Pflanzengat- 
tung der  Aroideen.  C.  esculentum  Fenf., 
Ar  um  esculentum  L.,  Colocasia  esculenta 
SchoU,  Wasstrhrodwurtel ,  im  trop.  Amerika, 
in  Ostindien ,  auf  den  Südseeinseln,  oft  kul- 
tivirt,  mit  essbaren  Wurzeln  und  Blättern 
(karaibischer  Kohl).  Von  C.  arborescens 
VenJt.,  in  Brasilien  und  Westindtön,  Wurzel 
und  Stengel  gewöhnliches  Nahrungsmittel, 
Blätter  und  Frucht  brennend  scharf. 

Calais  (spr.  -läh),  befestigte  Hafenstadt 
im  franz.  Depart.  Pas  de  Calais,  au  der 
Meerenge  faa  de  C,  12,727  Ew.;  Seebäder, 
Ueberfahrt  nach  Dover.  1347—1558  im  Besitz 
der  Engländer,  1595—98  in  dem  der  Spanier 
unter  Erzherzog  Albrecht.  In  der  Nähe 
29.  Juli  1588  Seesieg  der  Engländer  unter  Ho- 
ward Effingham  über  die  span.  Armada  unter 
Medina-Sidonia ;  16.  Sept.  und  21.  Okt.  1631 
zwei  Seesiege  der  Holländer  unter  Tromp 
über  die  span.  Silberflotte. 

Calamagrostis  J3o<A  (Reithgras,  Federgras), 
Pflanzengattung  der  Gramineen.  0.  tenella 
Link,  auf  den  tiroler  Alpen,  Futtergras, 
ebenso  C.  lanceolata  JRoth,  Arundo  Cal.  L., 


878 


Calune  -—  Calderon. 


im  nördl.  Europa,  bellebtea  nua«  Heilmittel 
gegen  Waasorsucht. 

Calamey  Alex,,  berahmter  Landschafiki- 
xnaler,  geb.  28.  Mai  1810  zu  VeTay,  Scbüler 
von  Diday  in  Genf,  ging  1842  nach  Paris, 
1845  nach  Italien,  lebte  dann  meist  in  Genf; 
t  19.  März  1864  zu  Mentone.  Meister  in 
der  Darstellung  der  grossartigsten  Alpen- 
natur: u.  A.  Monte  Rosa,  Waldsturm,  Fel- 
sensturz im  Haslithal,  MoutCervin,  im  leip- 
ziger Museum;  auch  trefflicher  Badirer  und 
Lithograph. 

CaUunlaiieSy  ostind.  Inselgruppe,  zu  den 
Philippinen  gehörig.  [Tfcymiw. 

CaUmintlui  MÜnch,    Pflanzengattung,   s. 

Caluaus  L.,  Palmengattung.  C.  Draco 
Willd,  (Draehenblutpalme)  auf  Sumatra  und 
den  malayischen  Inseln,  weithin  rankend; 
aus  der  Frucht  schwitzt  Dracheublut  aus. 
O.  Scipionum  Lour.  auf  Sumatra  liefert  die 
Malaccaröhre;  G.  Botang  L.,  C.  rudentum 
JJour,  und  andere  Arten  Ostasiens  das  spa- 
nische Rohr  (Rattans).    Zierpflanzen. 

Calamns  (lat.),  Halm,  Rohr,  bes.  das 
Schreibrohr  der  Alten,  aus  einer  Schilfart 
gewonnen;  daher  LapauB  catatni,  s.  v.  a. 
Schreibfehler. 

Calanda.  Qebirgsstock  in  Graubünden, 
zwischen  Rhein  und  Tamina,  8647'. 

Calando  (ital.,  Mus.),  abnehmend  in  Stärke 
und  Zeit.  [Schalmei. 

Calan^Urone     (ital.),     Art    zweiklappiger 

CalM  (spr.  Kälah),  Jean,  bekanntes  Opfer 
des  religiöseii  Fanatismus ,  geb.  19.  März  1698 
zu  LacaparMe  in  Languedoc,  Kaufmann  zu 
Toulouse  und  Protestant,  ward,  als  sich  sein 
in  Schwermuth  versunkener  Sohn  erhängt 
hatte,  beschuldigt,  denselben,  weil  er  zum 
Katholicismus  habe  übertreten  wollen,  er- 
mordet zu  haben,  von  dem  Parlament  zu 
Toulouse  zum  Tode  durchs  Rad  verurtheilt 
und  9.  März  1762  hingerichtet.  Voltaire  be- 
handelte diesen  Justizmord  in  seiner  Schrift 
,Sur  la  tol6rance*  und  bewirkte  eine  Re- 
vision des  Prozesses,  in  Folge  deren  0. 
9.  März  1765  für  unschuldig  erklärt  ward. 
Vgl.  Goguerel,  ,Jean  G.  etc.',  2.  Aufl.  1870. 

CalMeione  (spr.  -schone),  Art  Guitarre 
mit  2  Saiten ,  in  Unteritalien  gebräuchlich. 

€alatafliui,  Stadt  auf  Sicilien,  Prov. 
Trapani,  8780  Ew.  15.  Mai  1860  siegreiches  Ge- 
fecht Garibaldis  gegen  die  neapol.  Truppen. 

CÜatriTaorden,  span.  Ritterorden,  von 
dem  Gisteroienserabt  Raimund  in  der  Stadt 
Galatrava  1158  gestiftet,  nach  der  Erobe- 
rung derselben  durch  die  Mauren  1197  nach 
Salvatierra  übergesiedelt.  1523  ward  die 
Grossmeisterwürde  mit  der  span.  Krone  ver- 
einigt. Seit  1808  fast  nur  Verdienstorden. 
Ordenskleid  weisser  Mantel  mit  rothem 
Lilienkreuz  in  silbernem  Felde  auf  der 
linken  Seite.  Die  Komthureien  von  Ccdatrava, 
seit  1219  bestehend,  hatten  ein  prachtvolles 
Hauptkloster  zu  Almagro;,  jetzt  säkularisirt. 

Calceolaria  X.  (Autoffelblume),  Pflanzen- 
gattnng  der  Personafeen ,  gegen  90  Arten, 
meist  ans  Südamerika,  Zierpflanzen. 

Calolam»  silberweisaes  Metall,  oxydirt  im 
Kalk,  daraus  mittelst  Kalium  gewonnen. 

Calcvl  (fr.,  spr.  Kalkühl,  vom  lat.  calcuhu, 


Steinchen,  in  der  altasten  Zeit  nm  ReehnMi 
gebraucht),  Berechnung;  daher  halHUiren, 
berechnen;  Kalkulator,  Beamter,  welcher 
gewisse  Rechnungen  auszuflihren  oder  zu 
prüfen    hat;     KoMndatur ,     Rechnungsamt. 

Caldira,  1)  P&liioro,  ital.  Maler,  geb.  um 
1495  zu  Garavaggio  (daher  auch  Fblidoro 
da  Caravaggio),  ursprünglich  Handlanger 
Raphaels,  später  in  Neapel  und  Messina, 
1543  ermordet.  Grau  in  graue  Fresken  (Rom), 
derb  naturaliat.  Historien  (Kreuztragung 
in  Neapel).  —  2)  Antonio ,  ital.  Komponist, 
geb.  1678  in  Venedig,  1718-38  Kapellmeister 
in  Wien ,  dann  in  Venedig;  f  das.  28.  Aug. 
1763.  Klass.  Kirchenkompositionen,  zahlr. 
Opern  (Jetzt  veraltet).  [Warmhaus. 

Caldarittm (lat.),  Badezimmer;  Treib-  oder 

Caldaz  (span.,  d.  i.  warme  Quellen),  Name 
vieler  portug.  und  span.  Mineralquellen. 
Die  bedeutendsten:  O.  da  Beinha  (spr.  Rein- 
jah),  in  der  portugles.  Provinz  Estrema- 
dura,  stark  besuchte  Schwefelbäder.  (7.  de 
Momhuy,  in  der  span.  Prov.  Barcelona,  mit 
den  heissesten  Quellen  (46— 56<>R.)  und  den 
besteiugeriohteten  Bädern  Spaniens. 

Caldera,  aufblühende  Hafenst.  in  Ohile 
(Atacama),  8321  £  w. ;  Eisenbahn  nach  Gopiapo. 

Calderon,  Don  Pedro  C.  de  la  liarca, 
span.  Dramatiker,  geb.  17.  Jan.  1600  zu 
Madrid,  stndirte  Mathematik,  Pliilosophie 
und  Jurisprudenz  zu  Salamanca,  war  darauf 
Soldat  (in  Italien  und  den  Niederlanden), 
ward,  als  Bühnendichter  bereits  geachtet, 
1636  von  Philipp  IV.  nach  Madrid  berufen,  wo 
er  für  den  Hof  fortwährend  dramatisch  thätig 
war;  trat  1651  in  den  geistlichen  Stand, 
ward  1653  Kaplan  an  der  erzbischöflichen 
Kirche  zu  Toledo  und  lebte  seit  1663  wieder 
in  Madrid;  f  das.  25.  Mai  1689  als  Kaplan 
der  Kongregation  des  heil.  Petrus.  Das 
glänzendste  poet.  Genie,  das  der  Katholicis- 
mus hervorgebracht,  der  vorzugsweise  ,ka- 
thol.  Dichter*,  dem  realist.  Lope  gegenüber 
Idealist,  dabei  von  ausserordentl.  Frucht- 
barkeit. Im  Ganzen  über  400  Stücke :  Autos 
saoramentales  (darunter  ,La  cena  deBalta- 
sar'),  Wunderkomödien  (darunter  ,La  devo- 
cion  de  la  cruz* ,  ,E1  mägioo  prodigioso' ,  ein 
span.  Faust;  ,E1  principe  constante'  etc.), 
trag.  Schauspiele  (,E1  alealde  de  Zalamea*, 
,La  niuadeGomezArias'etc),  Konversations- 
stücke (,Dicha  y  desdicha  del  nombre', 
,La  dama  duende',  ,Guärdate  de  la  agua 
mansa',  ,Hombre  pobre  todo  es  trazas*, 
,E1  maestre  de  danzar*,  ,Maiiana  ser&  otro 
dia',  ,Nadie  fie  su  secreto'  etc.),  mytholog. 
Festspiele  (,£go  y  Narclso*,  ,E1  mayor  en- 
canto  amor'  etc.),  Ritterspektakel  stücke 
(,La  puente  de  Mantible*,  ,En  esta  «rida  todo 
es  verdad  y  todo  mentira*  ®tc.),  historische 
Schauspiele  (,La  hija  del  adre',  ,Afect08  de 
odio  y  amor*  etc.)  und  romant.  Schauspiele 
verschiedener  Qualität  (,La  vida  es  sue&b% 
,Saber  del  mal  y  del  bien'  etc.).  Beste 
Ausgabe  von  Hartaenbusch  (1848—50, 4  Bde.), 
Uebersetz.  einzelner  Stücke  von  ScMegel, 
im  ,Span.  Theater'  (2.  Ausg.  1845),  Grie* 
(2.  Aufl.  1840-41, 8  Bde.),  Jfalsdifr^  (181d-85, 
6  Bde.),  Martin  (1844,  8  Thle.),  Eiehendorff 
(geistliche  Sohauspiele,  1846— 53 «  2  Bde.), 


Caldiero'  •—  Calonne. 


370 


Sapp,  im  »Span.  Tlteater*  (9.  Bd.,  1870). 
Auf  die  deatsohe  Bühue  brachten  ihn  Goethe 
und    Schlegel,    ohne    nachhaltigen   Erfolg. 

CaldiSra,  Dorf  bei  Verona,  1600  Ew.; 
warme  Mineralbäder,  seit  Augustus  Zeit  ala 
,Quelle  der  Juno'  berühmt.  Hier  12.  Not. 
1796  siegr.  Treffen  der  Oesterreicher  gegen 
Bonaparte";  S9.— 81.  Okt.  1805  Sehlacht  ewi- 
Bchen  dem  Erzhersog  Karl  und  den  Fran- 
zosen unter  Mass^dna. 

Caleflaetor  (lat.),  Elnheizer,  Anfwarter; 
anch  Schmeichler,  Ohrenbläser. 

Calembomrg  (fr.,  spr.  -langbuhr),  Wort- 
spiel ,  beruhend  auf  dem  Doppelsinn  gleich- 
lautender Wörter. 

Calendae  (lat.),  bei  den  Römern  der  erste 
Tag  eines  Jeden  Monats.  OtUendae  graeeae, 
Nimmermehrstag.   Vgl.  Ad  Oaiendas  graecas, 

Calendul«  L,  (BingeUAwmt) ,  Pflanzen- 
gattung  der  Kompositen.  C.  officinalis  L. 
(Oold-,  Todtenblnme) ,  im  südl.  Europa  und 
Orient,  bei  uns  Zierpflanze,  Kraut  und 
Blttthen  als  Oilkenkraut  officinell. 

CUentuni,  fieberhafte,  bes.  auf  langen 
Seereisen  sich  einstellende  Krankheit,  jeden- 
folls  durch  Sonnenhitze  bedingt.  Delirien, 
Neigung  der  Kranken,  sich  ins  Meer  zu 
Stürzen.     Behandlung:    kalte    Umschläge. 

€ale8,  Stadt,  s.  Galvi.  [Oft  tödtlich. 

Calhoun  (spr.  Kaihuhn),  John  Ckddwell, 
nordamerikan.  Staatsmann,  geb.  18.  März 
1782  in  Südcarolina ,  seit  1807  Advokat  in 
Abbeville ,  1810  in  den  Kongress  gewählt, 
1817—24  Kriegsminister,  1824-29  Vicepräsi- 
dent,  veranlasste  Bfärz  1820  in  Südcarolina  die 
berüchtigten  Nullifikationsbeschlüsse ,  wo- 
nach jeder  Einzelstaat  berechtigt  sein  sollte, 
solche  Akte  der  Bundesregierung  zu  annulli- 
ren,  welche  dem  Missbrauch  der  dieser  von 
den  aiu^ebl.  souveränen  Einzelstaaten  dele» 
garten  Gewalt  ihren  Ursprung .  verdankten, 
trat  in  Folge  davon  zurück,  verfocht  seitdem 
im  Senat  die  Interessen  der  Südstaaten;  f 
81.  März  1860  in  Washington.  Urheber  der 
Secesslonslehre  und  intellektueller  Anstifter 
des  späteren  Bürgerkriegs. 

Call«  alterthümlicher  Ort  in  Columbia, 
Staat  Cauca,  am  Flu$8  O. ,  12,000  Ew. 

Caliari,  Bu>lo,  gewöhnl.  Riul  Veroneae 
gen.,  ber.  Maler  der  venetian.  Schule,  geb. 
1530  in  Verona,  bildete  sich  in  Rom,  liess 
eich  dann  zu  Venedig  nieder;  f  19.  April 
1588.  Seine  grossen  Bilder  meist  von  Pracht 
festlicher  Freude  erfüllt.  Hauptwerke :  An- 
betung der  Könige,  Auffindung  Moses  (Dres- 
den), Hochzeit  zu  Kana  (Lou^re),  Levis 
Gastmahl  (Venedig). 

Call  bau,  halbmenschliches  UngeVeuer  in 
Shakespeares  , Sturm'. 

Callcos ,  gedruckte  Kattune. 

Calignla,  Cttjus  Cäsar,  dritter  rom.  Kaiser, 
37—41  n.  Chr.,  Jüngster  Sohn  des  Germani- 
cus  und  der  Agrippina,  geb.  31.  Aug.  12 
n.  Chr.  zu  Antium,  ward  nach  des  Tiberins 
Ermordung  vom  Senat  und  Volk  als  Allein- 
herrscher anerkannt.  Grausam,  wollüstig, 
verschwenderisch  bis  zum  Wahnsinn,  er- 
klärte sich -für  einen  Gott,  ging  mit  einem 
grossen  Heere  über  den  Rhein,  kehrte  un ver- 
richteter Sache  um,  beabsiohtigte  Senat  und 


Ritter  Bu  vertilgen;  ^ard  durch  Verschwo- 
rene 24.  Jan.  41  ermordet. 

Calisaja,  s.  Chinarinde. 

Callxtiner  (v.  lat.  ealix,  d.  i.  Kelch,  weil 
sie  denselben  beim  Abendmahl  auch  für  die 
Laien  forderten),  oder  Utraquiaten,  weil  sie 
das  Abendmahl  unter  beiderlei  Gestalt  (sub 
utraqne  specie)  auch  jenen  gereicht  wissen 
wollten,  im  Gegensatz  zu  den  Taboriten 
(s.  d.)  die  gemässigtere  Partei  der  Hussiten, 
welche  mit  dem  baseler  Koncil  30.  Nov. 
1433  die  prager  Kompaktaten  abschloss  und 
darin  den  Kelch  zugestanden  erhielt,  darcb 
den  Sieg  bei  Böhmisch  -  Brod  SO.  Mai  1434 
über  die  Taboriten  die  herrschende  Partei, 
trotzdem  seit  Ausgang  des  15.  Jahrh.  ohn- 
mächtig nnd  nur  die  Brücke  zu  Eiuführnng 
der  Reformation  in  Böhmen  bildend. 

Oalixtus»  Name  von  4  Päpsten:  C.  L, 
Heiliger  (eig.  Kallistus) ,  Bischof  von  Rom 
217—22,  Gegner  der  später  für  orthodox 
erklärton  Lelu*e  vom  Logos  als  zweiter 
göttlicher  Person.  —  C.  IL,  Papst  1119—24, 
vorher  Guido,  Graf  von  Burgund,  beendigte 
durch  Abschluss  des  wormser  Konkordats 
mit  Kaiser  Heinrich  V.  den  Investiturstrelt. 
—  C,  Johann  Unghieri ,  Kardinalbischof 
von  TUsculum,  von  Kaiser  Friedrioii  L  als 
dritter  Gegenpapst  gegen  Alexander  III. 
aufgestellt,  im  Frieden  zu  Venedig  1177 
von  ihm  preisgegeben ;  von  der  röm.  Kirche 
nictit  anerkannt.  —  G.  HI.,  Alfonso  Borgia, 
Papst  1455-58,  vorher  Bischof  von  Valencia, 
bemühte  sich  vergebens,  einen  Krenzzug 
gegen  die  Türken  zu -Stande  zu  bringen; 
t  «•  Aug.  1458. 

Calla  X.  (Schlangenkraiit,  JDrachenwurg), 
Pflanzengattung  der  Aroideen.  C.  palustris 
L.f  Sumpf  Schlangenkraut,  rother  Wasser- 
pfeffer ,  im  nördl.  Europa ,  Wurzel,  in  Lapp- 
land zu  Brod  verarbeitet.  G.  aethiopica  £., 
vom  Kap,  beliebte  Zimmerpflanze. 

Callao  (spr.  -Ijao),  Hafenst.  an  der  Küste 
von  Peru ,  10,000  Ew.,  Eisenbahn  nach  Lima ; 
28.  Okt.  1746  durch  Erdbeben  zerstöi*t. 

Callitrls  Vent.  (Sandarak^Hxum),  Pflanzen- 
gattung der  Koniferen.  G.quadrivalvis  Vent., 
Thuja  articulataDe»/.,  in  Nordafrika,  liefert 
das  Sandarak. 

Callot  (spr.  -loh),  Jacquee,  franz.  Kupfer- 
stecher, geb.  1592  zu  Nancy,  f  16S5;  bekannt 
durch  seine  zahlr.  Darstellungen  voll  phan- 
tastischen Humors :  Scenen  aus  dem  Kriegs- 
leben (,Mi8&res  et  malbeurs  de  la  guerre'), 
Maskonscherze,  iestl.  Aufzüge  etc. 

Caliuna  Salitb.  (Heidekraut),  Pflanzen- 
gattung der  Ericineen.  0.  vulgaris  Salisb., 
Erica  vulgaris  L.,  Immer$chijinkraut ,  fast 
durch  g^anz  Europa  auf  Helden ,  in  Nadel- 
wäldern ;  Bienenfutter,  gerbsäurereich,  auch 
zu  Briquettes  (s.  d.)  verarbeitet. 

Callus  (lat.) ,  neugebildeter  Knochen, 
welcher  gebrochene  wieder  vereint,  an- 
fangs hülsenartig  die  Bruchenden  umscliei- 
deud  (Rindencallus,  provitorischer  C),  dem 
der  d^nitive  folgt ;  AuchSchYrMeCKaUoeität), 
Verdickung  der  Haut. 

Calonne 9  Charle»  Alexandre  de,  franz. 
Finanzmann,  geb.  ^0.  Jau.  1734  zu  Douai, 
ward  1783  Generalkontroleur  deaScliatzcs, 


880 


Galpphyllam  —  Gambaceres. 


steigerte  als  solcher  durch  Willfährigkeit 
gegen  die  Wünsche  des  Hofs  das  jährliche 
Deficit,  yeranlasste  den  König  zu  Berufung 
der  Notabein  (S.  Febr.  1787),  drang  bei  die- 
sen mit  seinem  Plane  einer  gleichm&ssigen 
Vertheilnug  der  Steuern  nicht  durch,  ward 
entlassen,  bekämpfte  Necker  von  England 
aus  in  Schriften;  f  30.  Okt.  1802.  Sehr. 
yTablean  de  TEurope  eu  novembre  1795'. 

Calophyllnm  L.  (Sch&riblaU,  Gummiapfel), 
Pflunzengattung  der  Outtiferen.  C.  ino- 
phyllum  L.,  Baum  im  südl.  Ostindien  und 
auf  den  Inseln,  liefert  das  früher  offlcinelle 
Tacamahacaharz ;  G.  Tacamahaca  Willd.  auf 
Madagaskar  und  Mauritius  Marienbalsam. 

Calotröpifl  B.  Br.  (Kielkrone),  Pfian- 
zengattuug  der  Asclepiadeen.  0.  gigantea 
R.  ßr.f  Asclepias  gigantea  L.,  ostindischer 
Strauch  mit  opiumartigem  Milchsaft,  liefert 
Samenwolle,  Bast  und  in  der  Wurzelrinde 
ein  Heilmittel  (Mudar).  C.  procera  R.  Br,, 
Strauch  in  Fersien  und  Aegjpten,  mit  schar- 
fem Milchsaft,  liefert  Samenwollo  und  aus 
den  Blättern  ausschwitzenden  Ocharzucker. 
Calottisten^  Verein  von  witzigen  Schön- 
gieistern  in  Frankreich  zur  Zeit  Lud  wigs  XIV., 
so  genannt  nach  dem  Tragen  einer  Calotte 
(Scheltelkäppchen);  unter  dem  Ministerium 
Fleury  wegen  allzu  grosser  Dreistigkeit  auf- 
gehoben. Während  der  Revolution  waren  Ga- 
loUe  und  Calotin  Schimpfworte ;  unter  der  Re- 
stauration bezeichneten  sie  die  Priesterherr- 
C«lpe  (Mon$  C),  s.  Gibraltar.  [schaft. 

Caltagirone  (spr.  -dschirone),  Stadt  auf 
Sicilien,  Prov.  Catania,  24,417  Ew. 

Caltanisetta   (Calata   2fis$a),   ital.  Prov. 

in  Sicilien,   68,4  QM.  und  229,909 Ew.    Die 

Hauptst.  C,  am  Monte  Giuliano,  17,400  Ew. 

Cailtha  L.  (DoUerblume) ,  Pflanzengattung 

der  Ranunculaceen.    C.  palustris  L. ,  Kuh', 

Butterblume,  mit  gelber  Blüthe,  welche,  vom 

Vieh    gefressen,    die    Butter    gelb    iärbt; 

Blütheuknospen  wie  Kapern  eingemacht. 

Calomet,  die  Friedenspfeife  der  Indianer. 

Calamnia    (lat.),     Verleumdung;    daher 

Kalumniant,  Verleumder. 

Calvados,  7  St.  lange  Klippenkette  an  der 
Nordküste  der  Normandle;  danach  benannt 
das  franz.  Deport.  C,  100  QM.  und  474,909 
Ew.    Hauptst.  Caen. 

Calrl  9  1)  befest.  Hafenst.  auf  der  Westseite 
von  Korsika,  2069  Ew.,  grosse  Rhede;  ~< 
?)  (das  alte  Oales)  Stadt  in  der  ital.  Prov. 
Terra  dl  Lavoro,  2746 Ew.;  9.  Dec.  1798  Sieg 
der  Franzosen  über  die  Neapolitaner. 

Calvin^  Johannes,  eig.  Jean  Gaulvin  oder 
Cauvin,  Reformator  des  16.  Jahrh.,  geb. 
10.  Juli  1609  zu  Noyon  in  der  Picardie,  er- 
hielt fröh  Pfründen,  wandte  sich  der  Refor- 
mation zu,  musste  1584  aus  Frankreich 
flüchten,  ward  von  Farel  in  Genf  festge- 
halten. Von  da  wegen  Neuerangen  im 
Gottesdienst  vertrieben,  ging  er  nach  Strass- 
bnrg,  wurde  hier  Lehrer  der  Theologie  und 
Prediger  der  franz.  Flüchtiingsgemelnde, 
unterschrieb  als  Abgeordneter  Strassbuigs 
die  augsb.  Konfession.  Sept.  1541  auf  Betrieb 
seiner  Freunde  nach  Genf  zurückberufen, 
richtete  er  hier  ein  aus  Geistlichen  und 
Laien  bestehendes  Consistorium  «ur  Erhal- 1 


tung  der  reinen  Lehre  und  Ueberwachans 
der  Sitten  ein,  gebot  als  kirchl.  Diktator, 
willigte  in  Servets  (s.  d.)  Verbrennung  und 
erhob  Genf  zum  Mittelpunkt  des  reformlrten 
Protestantismus;  f  27.  Mai  1564.  Haupt- 
werk ,In8titutio  christianae  religionis* 
(1536  u.  öfter).  Eine  krit.  Gesammtausgabe 
seiner  Werke  begannen  Baum,  Ounit*  und 
ReuM  (1863  IT.).  C.  entwickelte  Augustins 
Lehre  von  der  Prädestination  bis  zur  äusser- 
Bten  Konsequenz  und  wurde  der  zweite 
Gründer  der  reformirten  Kirche.  Btogr.  von 
Henry  (1835-44,3  Bde.),  Btähelin  (1860-63, 
2  Bde.),  Audin  (3.  Aufl.  1845,  2  Bde. ;  dentoch 
von  Egger  1843—44,  2  Bde.),  KampschuUe 
(1869  f.).  [Schlusses. 

Calws  (lat.,  Kahlkopf),  Name  eines  Trug- 

Calw^  industrielle  Stadt  im  würtemberg. 
Schwarzwaldkreis,  an  der  Nagold,  5012  Ew. 

Camail  (v.  ital.  camaglio,  provenc.  cap  mail, 
d.  i.  Kopf^üstung) ,  Art  Kapuze  meist  Ton 
schwarzem  8100*0,  vom  Hinterkopf  über  die 
Schultern  herabfallend,  als  Tracht  der 
Bischöfe  auch  Xozetta  genannt,  beim  Papst 
von  rothem  Samntt  oder  Seidenstoff. 

Camaldnlenser ,  Mönchsorden,  vom  lieiL 
Romuald,  eiuem  Benediktiner,  im  Thale 
Gamaldoli  bei  Arezzo  um  1018  gestiftet, 
strengQr  Ascese  gewidmet,  in  Einsiedler,  Ob- 
servanten  Und  Konventualen  zerfallend,  er- 
losch in  Oesterreich  unter  Joseph  II.,  in 
Frankreich  während  der  Revolution,  dauerte 
nur  zu  Gamaldoli  fort;  neuerlich  hier  und 
da  wiederhergestellt.    Tracht  weiss. 

Camai^rne  (spr.  -ark) ,  Insel  im  Delta  der 
Rhone,  zwischen  der  grossen  und  kleinen 
Rhone,  9  QM.    Hauptort  Ste.  Marie. 

Camarilla  (span.),  Kabinet,  in  der  moder- 
nen polit.  Sprache  die  Günstlinge  eines 
Regenten,  die  im  Geheimen  auf  dessen  Ent- 
schlüsse Einfluss  ausüben. 

Camayen  (spr.  -Job),  helldnnkle  Malerei 
von  einerlei  Farbe  (z.  B.  braun  in  braun) ; 
Holzschulttdruck,  der  durch  Uebereinander- 
drucken  von  3  —  4  helleren  und  dunicleren 
Platten  entsteht:  eintöniges  Bild. 

Cambac^r^s  (spr.  Kangbasserä),  Jean 
Jacques  Rigi»,  franz.  Staatsmann,  geb. 
18.  Okt.  1753  zu  Montpellier,  ward  1791 
Präsident  des  Kriminalgerichts  zu  Mont- 
pellier, beanti-agte  März  1793  die  Errich- 
tung des  Wohlfahrtsausschusses,  ward  nach 
der  Revolution  vom  9.  Thermidor  zum 
Präsidenten  des  Konvents  und  später  des 
Wohlfahrtsausschusses  gewählt,  Okt.  1796 
Präsident  des  Raths  der  Fünfhundert,  nach 
der  Umgestaltung  des  Direktoriums  am 
30.  Prairial  VII  Justizminister  und  nach 
der  Revolution  vom  18.  Brumaire  von  Bona- 
parte zum  zweiten  Konsul  ernannt.  Nach 
Napoleons  Thronbesteigung  zum  Erzkanzler 
des  Reichs  erhoben,  betheiligte  er  sich  be- 
sonders an  der  inneren  Verwaltung  und  an 
der  Gesetzgebung.  1808  zum  Herzog  von 
Parma  ernannt;  1813  Präsident  des  Regent- 
schaftsraths ,  während  der  hundert  Tage 
der  Pairskammer;  1816  als  angebl.  Königs- 
mörder des  Landes  verwiesen,  1818restituirt; 
t  5.  März  1824  zu  Paris.  Gab  dem  heutigem 
franz.  Rechte  Form  und  Ausdruck. 


Gambio  —  Camerungebirge. 


381 


Cuiftblo(ital.))  Wechiel.  0.  conto,  Wecbsel- 
recbnnng.    CambUt,  veraltet,  8.  ▼.  a.  Wechs- 

Camblnm,  s.  J^nze,  [ler,  Bankler. 

Camlio  9  besuchter  Badeort  im  franz.  Dep. 
Kiederpyrenaen,  1500  Ew.;  Schwefelquelle. 

Camoray  (spr.  Cangbrah,  deutsch  Käme- 
ryh),  befest.  Stadt  im  franz.  Depart.  Nord, 
an  der  Scheide,  22,237  Ew.;  Erzbisthum; 
Kriegsplatz  2.  Ranges,  Leinenfabr.  (s.  Cam- 
hray»)»  Das  röm.  Catneracum,  im  Mittel- 
alter Hauptst.  der  zum  deutschen  Reich  ge- 
hörigen Graf  seh,  C,  seit  151Ü  Herzogth.  des 
Bischofs  von  C. ;  seit  1668  mit  Frankreich  ver- 
einigt. Ligue  von  C,  10.  Dec.  130S,  zwischen 
Maximilian  I.,  Ludwig  XIL  von  Frankreich 
und  Ferdinand  dem  Kathol.  gegen  Venedig. 
5.  Aug.  1529  Friede  von  C.  (sogen.  Damen- 
firiede)    zwischen  Frankreich  und  Spanien. 

C^mltnjH  (Cambrics,  Kammertuch),  dünne 
lockere  Batistleinwand  aus  Gambray. 

Cambria  (a.  6.),  das  heutige  Wales. 

Camliridge  (spr.  Kembridsch),  1)  engl. 
Grafschaft,  38,5  QM.  mit  176,016  Ew.  Die 
Hauptst.  C,  am  Cam,  26,361  Ew.;  her. 
Universität  (von  Heinrich  I.  1101—35  gegr.) 
mit  grosser  Bibliothek  (ca.  170,000  Bde., 
4000  Manuskr.),  13  Kollegien,  4  Hallen, 
Museum ,  Sternwarte  etc. ;  wichtige  Messe 
(Messe  von  Stonrbridge).  —  8)  Stadt  in 
Massachusetts,  durch  den  Gharlesfluss  von 
Boston  getrennt,  als  Newtown  1631  gegr., 
(1870)  39,634  Ew. ;  Harvard  College  (seit  1638, 
älteste   öfTentl.   Lehranstalt  Nordamerikas). 

Cambridge  (spr.  Kembridsch),  l)Adolphu$ 
Frederick,  Herzog  von  C.,  Graf  von  Tipperary, 
Baron  von  Gulloden,  brit.  Feldmarschall, 
geb.  25.  Febr.  1774  zu  London ,  jüngster 
Sohn  Georgs  HL,  1793  in  den  Niederlanden, 
ward  1816  Generalstatthalter  und  1831  Vice- 
könig  von  Hannover,  war  später  bes.  als 
Präsident  der  Wohlthätigkeitsvereine  in 
England  tliätig;  f  19.  Juli  1850.  —  2)  George 
William  Fredtrick  Charles,  Henog  von  C, 
Sohn  des  Vor.,  geb.  26.  März  1819  zu 
Hannover,  focht  im  Krieg  gegen  Russland 
1854  als  Divisionskommmaudeur  mit  Aus- 
zeichnung; an  der  Alma  und  bei  Likerman, 
ward  Juli  1856  Oberbefehlshaber  der  brit. 
Armee,  Nov.  1862  Feldmarschall. 

Cambroune  (spr.  Kangbronn),  Pierre 
Jaeque»  Etienne,  Graf  von,  franz.  General, 
geb.  26.  Dec.  1770  zu  St.  Sebastian  bei  Nantes, 
trat  1792  in  die  Nationalgarde,  focht  in  der 
Vend6e,  machte  dann  die  Feldzüge  in  der 
Schweiz,  In  Preussen,  Spanien,  Russland  und 
1813  in  Deutschland  mit,  befehligte  1814  eine 
Brigade  und  folgte  Napoleon  nach  Elba,  ward 
1815  zum  Grafen  und  Pair  ernannt,  leistete 
bei  Waterloo  an  der  Spitze  einer  Division 
der  alten  Garde  lange  Widerstand  (weshalb 
man  ihm  irriger  Weise  die  Worte  zuschreibt: 
,Die  Garde  stirbt,  aber  ergibt  sich  nicht!') 
und  fiel  in  brit.  Gefangenschaft;  1820—24 
Kommandant  von  Lille  und  zum  Mar6chal- 
de  -  camp  ernannt ;  f  8.  Jan.  1842  bei  Nantes. 

Camden  (spr.  Kämd^n),  Stadt  in  Newjersey 
(Nordamerika),  am  Delaware,  Vorstadt  von 
PhUadelphia,  (1870)  20,045  Ew. 

Camelf na  X.  (Leindotter),  Pflanzengattung 
der  Kruciferen.    C.  sativa  Crcfint»,  Mya|;mm 


sativximZ.,  Flaehsdotter,  DoUer,  in  Europa 
und  Nordasien,  als  Oelpflanze  kultivirt. 

CamelUa  X.  (KamelUe),  Pflanzengattung 
der  Ternströmiaceen.  G.  japonioa  L.,  Ja- 
panische Kamellie,  iap.  Hose,  dem  Thee- 
strauch  ähnlicher  Straucli  in  Ostindien, 
Ghina,  Japan,  mit  zahlreichen  Varietäten, 
Zierpflanze.  C.  sasanquana  Thunb.,  obeudas. 
Blätter  Theesurrogat,  Samen  wie  von  der 
erstem  Oel  liefernd.  Vgl.  Beriete,  ,Mouo- 
graphia  du  genre  G.S  1840,  deutsch  1838; 
CoUa,  ,GamoIliogi*Ap1iia',  1843. 

Gamelot 9  dichtes,  leiuwandartig  gewebtes 
Zeug  aus  feiner  Angora-   oder  Schafwolle. 

Camera  (lat.),  Kammer. 

Camera  Clara  (latO>  "•  C<viMTa  obscnra, 

Cameralla  (lat.) ,  Kameralwissenscbaften. 

Camera  incida  (lat.),  Instrument  zum  Ab- 
zeichnen von  Gegenständen  nach  der  Natur. 
Sieht  man  durch  eine  um  45o  gegen  den 
Horizont  geneigte  Glastafel,  die  auf  einem 
Tisch  befestigt  ist ,  hindurch  auf  ein  Blatt 
Papier,  so  erblickt  man  auf  diesem  das  Bild 
eines  vor  der  Glastafel  liegenden  Gegen- 
standes, dessen  Umrisse  man  mit  dem  Bleistift 
nachzeichnen  kann.  Diese  einfache  Einrich- 
tung hat  mancherlei  Mängel ,  welche  durch 
Anwendung  eines  pasSiPnden  Prismas  besei- 
tigt werden.  Die  G.  1.  eignet  sich  zum 
schnellen  Entwerfen  von  Panoramen,  zur 
Darstellung  von  Architekturgegenständen 
und  zum  Nachzeichnen  der  vergrösserten 
Bilder  von  Mikroskopen  und  Fernrohren. 

Camera  obscnra  (lat.),  dunkler  Raum 
mit  einer  einzigen,  2—3''  weiten,  durch  eine 
Linse  geschlossenen  Oefinung,  bietet  auf 
der  im  Brennpunkte  der  Linse  aufgestellton 
Fläche  ein  treues,  aber  umgekehrtes  Bild 
der  äusseren  Gegenstände,  welches  durch 
Einfügung  eines  Prismas  wieder  aufrecht 
gestellt  werden  kann.  Die  transportable 
G.  o.  besteht  aus  einem  innen  geschwärzten 
Kasten  mit  einer  Linse  in  der  einzigen  Oeff- 
nung  einer  der  vertikalen  Wände  u.  einem 
um  iSfi  gegen  die  Ebene  der  Oeffuung  ge- 
neigten PlanspiegeL  Das  auf  diese  proji- 
cirte  Bild  wird  auf  die  obere  Wand  des 
Kastens  geworfen  u.  ist,  wenn  diese  aus  matt 
geschliffenem  Glase  besteht,  von  aussen 
sichtbar.  Die  C,  clara  hat  statt  der  matt- 
geschliffenen Glaspldtto  oiuo  grosse  Glas- 
Unse  von  nicht  grosser  Brouuweitu,  durch 
welche  sich  das  Bild  in  scharfen  Umrissen 
zeigt,  gleicht  also  im  Wesentlichen  einem 
gebrochenen  astronom.  Fernrohr  mit  2  Kou- 
vexgläsern.  Man  kann  auch  den  Spiegel 
ausserhalb  der  G.  o.,  die  Linse  im  Deckel 
derselben  anbringen  und  das  Bild  auf  den 
weissen  Boden  projiciren.  In  diesem  Fall 
blickt  der  Beschauer  durch  eine  Oeffuung 
in  der  Seitenwand.  Die  G.  o.  dient  zum 
Abzeichnen  und  etwas  modificirt  zur  Auf- 
nahme der  Photographien. 

Camerarins  (lat.),  Kämmerer. 

Camera  atellata  (lat.) ,  s.  Slemkammer. 

Camerlengo  (ital.),  päpstl.  Schatzverwalter, 

Camerangebirge,  Gebirge  in  Niedergninea, 
im  O.  der  Biafrabai,  im  Mongoma  Labah 
(Mount  Victorhi)  13,760'  h.  Südl.  davon 
ei^iesst  sich  der  Oamerur\fltiia  in    die  Bai. 


382 


Camillus  —  Campbell. 


CanülIiUB.  Marcus  Jntr<u$,  röm.  Feldherr, 
dOS  T.  Chr.  Krieffstrlbtin,  eroberte  896  VejI,  be> 
lagerte  994  Falerii  a.  bezwang  es  durch  Qross- 
math.  Angeklagt»  einen Theil  der  Beate  unter- 
schlagen KU  haben,  ging  er  891  in  freiwilli- 
ges Exil ,  ward  Ton  den  Tor  den  Galliern 
nach  Yeji  geflohenen  Römern  zum  Diktator 
erwählt,  yertrieb  die  Gallier  ans  Born,  be- 
trieb den  Wiederaufbau  Roms,  ward  868 
und  wieder  867,  als  ein  neuer  Angriff  von 
den  G«lliem  drohte,  zum  Diktator  ernannt, 
schlug  die  Gallier  bei  Alba,  Termittelte  die 
Annahme  der  licin.  Gesetze  und  dadurch 
den  Frieden  zwischen  Patridern  und  Ple- 
bejern; f  865  y.  Chr.,  nachdem  er  fünfmal 
Diktator  gewesen.  Seine  Geschichte  ist  aus- 
geschmückt, wie  schon  Miebuhr  dargethan. 

Camlsardeii,  s.  Cevennen. 

CuDÖens,  Luis  de,  her.  portug.  Dichter, 
geb.  1524  zu  Lissabon,  wurde  wegen  eines 
Liebesrerh&ltnisses  zu  der  Palastdame  Gata- 
rina  de  Attayda  aus  der  Hauptstadt  ver- 
bannt, nahm  an  einem  Kriegszug  gegen 
Marokko  Theil,  ging  1553  nach  6oa  in 
Ostindien,  wurde  wegen  eines  satir.  Gedichts 
▼on  da  nach  Macao  verwiesen,  wo  er  6  Jahre 
blieb  und  sein  grosses  Epos  dichtete ;  kehrte 
1569  arm  nach  Lissabon  zurück,  f  das.  1578 
in  Noth  und  Elend.  Pracht.  Denkmal  in 
der  St.  Annenkirche.  Hauptwerk:  das  Na- 
tionalepos ,08  Luslados*  (die  Lusitanen,  d.  1. 
Portugiesen,  Liss.  1572),  die  poet.  Verherr- 
lichung des  Heldenruhms  der  Portugiesen 
und  ihres  siegreichen  Kampfes  mit  dem 
Weltmeer,  dessonNaturin  grossartiger  Weise 
geschildert  wird.  In  alle  Sprachen  Über- 
setzt, deutsch  von  Donner  (8.  Aufl.  1869), 
£ooch'Arkotsy  (1854),  Sitner  (1869).  Sehr, 
ausserdem  treffl.  Elegien,  Sonette  (deutsch 
von  Arentttchüdt  1852),  Kanzonen,  Idyllen 
(deutsch  von  Schlüter  18C8B)  etc.;  seine  Dra- 
men unbedeutend.  G.  Schicksal  poet.  be- 
handelt von  Tieck  (,Tod  des  Dichters*), 
F.  Halm  und  Almeida  -  Oareit. 

Camoghe,  Berg  im  Kanton  Tessln,  südl. 
bei  Bellinzona,  6852'  h.;  ber.  Femsicht. 

Camonica.  Val,  das  Thal  des  Oglio  in  der 
Ital.  Prov.  Bergamo,  bis  zum  Iseosee,  10  M. 

Camorra.  geheime  Brüderschaft  im  vor- 
maligen Königreich  Neapel ,  welche  bei 
Verkäufen  und  sonstigen  Geschäften  einen 
Antheil  am  Gewinn  za  erpressen  suchte,  zu 
Schmuggeltransporten,  auch  zu  Verbrechen 
Aufträge  übernahm,  organisirt  und  streng 
disciplinirt,  unter  Ferdinand  II.  aus  polit. 
Gründen  geduldet,  unter  Franz  II.  verfolgt. 
Jetzt  das  Räuberunwesen  in  Untoritalien 
beschützend.  Ihre  Mitglieder  Camorristi. 
Vgl.  Jfonnier,  ,La  C.*,  1863. 

Camom,  Kalkgebirge  iif  Spanien  (Gra- 
nada) ;  merkwürdiges  Höhlenlabyrinth  zwi- 
schen Alhamera  und  La  Roda. 

Campagna  dl  Roma,  die  Umgegend  von 
Rom,  den  grössteu  Theil  des  alten  Latlums 
umfassend,  einst  ein  blühender  Garten  mit 
prachtvollen  Villen  der  alten  Römer,  Jetzt 
meist  wüst  und  ungesund  (Malaria). 

Campagne  (f)r.,  spr.  KangpanJ),  Feldzug; 
auch  die  Zeit,  während  welcher  ein  Hohofen 
in  ununterbrocheBem  Betrieb  ist.  ] 


CampanelU;  Thomcu,  DomfoikanermSnich 
und  Philosoph,  geb.  5.  Sept.  1568  zu  Stile 
iuKalabrien,  lebte  zu  Neapel,  Rom,  Florenz, 
Venedig  und  Bologna,  ward  1999  wegen 
seiner  freisinnigen  Lehren  auf  Befehl  der 
Span.  Regierung  27  Jahre  gefangen  gehalten, 
auf  Papst  Urbans  VIII.  Verlangen  1€%6 
ausgeliefert,  zum  Schein  in  das  Inquisitions- 
gofängniss  zu  Rom  gebracht,  1629  entlassen ; 
f  21.  Mal  1639  in  Paris.  Seine  zahlreichen 
(82)  Schriften  betreffen  Philosophie,  Natur- 
wissenschaft, Astronomie,  Astrologie,  Medi- 
cin,  Theologie,  Moral  und  Staats wissensch. 
Hervorzuheben:  ,Universalis  philosophia' 
(Paris  1638);  ,Philosophia  rationalis*  (das. 
1638,  5  Bde.).  In  seiner  ,Glvfta8  solis'  stellt 
er  einen  Utopist.  Idealstoat  auf.  Vgl.  TrISbst, 
,Der  Sonnenstaat  des  0/,  1860.  Eine  Anzahl 
von  O.s  ,Poe8ie  filosofiche*  (herausgeg.  von 
Ordli  1834)  hat  Herder  als  , Seufzer  eines  ge- 
fesselten Prometheus  aus  seiner  Kaukasus- 
hohle'  in  der  ,Adrastea*  übersetzt.  Biogr. 
yonJiixner  u.  Siber  (1826),  Baidacchini  (1840). 

Canpania,  Landschaft,  s.  Kompanien. 
,  Campanlle     (ital.) ,     einzeln     stehender 
Glockenthurm  bei  einer  Kirche. 

Campanthal  9  romant.  Pyrenienthal  im 
franz.  Depart.  Oberpyrenäen,  vom  Adour 
durchflössen,  mit  Marmorbrüchen  und  dem 
Flecken  Campan ;  auch  bekannt  durch  Jean 
Pauls  Dichtung  ,Da8  Kampanerthal'. 

Campantila  L.  (Glockenblume) ,  Pflanzen- 
gattung der  Kampanulaceen.  G.  rapunculns 
Jj.,  in  Europa  und  Nordafrika,  mit  geniess- 
barer  Wurzel,  in  Frankreich  und  England 
Gemüsepflanze.   Andere  Arten  Zierpflanzen. 

Campbell  (spr.  Kämmbl)»  1)  John,  Lord, 
geb.  15.  Sept.  176l  zu  Springfleld  (Grafsch. 
Fife),  ward  1830  Parlamentsmitglied,  1832 
Solicitor- General,  1834  Attomey  -  General, 
1841  Lordkanzler  von  Irland  und  Peer,  1846 
Kanzler  des  Herzogthums  Lancaster,  1850 
Lordoberrichter  der  Queensbench,  1859  Lord- 
kanzler von  England;  f  23.  Juni  1861.  Sehr. 
,Lives  of  the  Lord  Ghancellors  of  England' 
(4.  Aufl.  1857,  10  Bde.);  ,Lives  of  the  Ghief- 
Justices  of  England'  (1849—57,  3  Bde.). 
Biogr.  von  Fergueon  und  Brown  (1868). 
—  2)  Lord  Clyde,  engl.  Feldherr,  i^eb. 
20.  Okt.  1792  zu  Glasgow,  focht  seit  1808  in 
Spanien,  1814  und  1815  in  Amerika,  1841  als 
Oberst  in  Ghlna,  1848—49  im  Sikhkriege, 
1851  und  1852  in  Peschawer,  1854  als  General- 
major unter  Lord  Raglan  an  der  Alma, 
ward  1856  Generallieutenant,   erhielt  Juli 

1857  den  Oberbefehl  in  Indien,  schlug  6.  Dec. 
die  Rebellen  bei  Gawnpore ,  erstürmte  März 

1858  Lucknow,  erhielt  für  Unterdrückung 
des  Aufstands  den  Dank  des  Parlaments, 
ward  Peer,  Nov.  1862  Feldmarschall;  f  14. 
Aug.  1863  zu  Ghatam. '—  3)  Thoma;  Dichter, 
geb.  27.  Juli  1777  zu  Glasgow,  1827—29  Lord 
Rektor  der  Universität  zu  Glasgow ;  f  15. 
JudI  1849  zu  Boulog^ne.  Hauptwerke:  das 
Lehrgedicht  ,The  pleasures  of  hope',  die 
poet.  Erzählungen ,0  Gonnors Ghlld'  (deutsch 
von  Wolf),  ,Gertrude  of  Wyoming*  und 
,Theodoric*;  unter  den  kleinern  Gedichten: 
,The  mariners  of  England',  eines  der  popu- 
lärsten Englands.    Werke  (1818  u.  öfter). 


Camp  de  drftp  d'or  —  Ganäda. 


388 


Cftmp  de  drap  d'or,  s.  Ardrts. 

Campe,  Joachim  Beinr.,  Pädagog  und  V«r* 
fasser  Ton  Jogenduchriften ,  geb.  29.  Jani 
1746  an  Deensen  im  Brannschwoigischen, 
ward  1773  Feldprediger,  1776  Lehrer  am 
Philanthropin  sa  Dessau,  nach  Basedow 
Direktor  dieser  Anstalt,  gründete  bald  dar- 
auf bei  Hamburg  eine  eigene  Privaterzie- 
hungsanstalt,  ging  1787  als  Schulrath  nach 
Braunsohweig  und  übernahm  dort  sugleicli 
die  mit  dem  Waisenhause  yerbundene  Buch- 
handlung, die  er  später  seinem  Schwieger- 
söhne Yieweg  übergab;  f  22.  Okt.  1818. 
,Kinder-  und  Jugendschriften'  (4.  Aufl.  1829 
bis  1838,  87  Bde.),  darunter  ,Robinson  der 
Jüngere*,  nach  Defoes  ,Robin8on  Crusoe' 
bearb.,  bis  1870  77mal  aufgelegt.  Fast  ebenso 
verbreitet  ,£utdeckung  ron  Amerika*  (21. 
Aufl.  1869,  3  Bde.)  und  ,Theophron  oder 
der  erfahrene  Rathgeber  für  die  unerfahrene 
Jugend'  (11.  Aufl.  1843).  Sehr,  mit  £emd 
,Wörterbuch  der  deutschen  Sprache*  (1807 
bis  1811,  5  Bde.).    Biogr.  von  HaUier  (1862). 

Ciinipeche  (spr.  -petsch,  San  FrancUco 
de  C),  Hafenstadt  in  Mexiko,  auf  der  Halb- 
insel Yukatan,  an  der  Campechebai,  15,500  Ew. 

Campecheholz,  s.  Eämatoxylon, 

Camperdnin,  Dorf  an  der  Küste  von  Nord- 
holland, zirischen  Alkmar  und  Helder;  da- 
bei 11.  Okt.  1797  Seesieg  der  Engländer  unter 
Duncan  über  die  hoUänd.  Flotte. 

Camphansen,  1)  Ludolf,  preuss*  Staats- 
mann, geb.  8.  Jan.  1803  zu  Hünshoven  im 
Regierungsbezirk  Aachen,  begründete  1825 
mit  seinem  älteren  Bruder  ein  Bankgeschäft 
in  Köln,  beantragte  auf  dem  rereinigten 
Landtage  1847  die  period.  Berufung  dessel- 
ben ,  ward  Februar  1848  Mitglied  des  ver- 
einigten ständischen  Ausschusses  zu  Berlin ; 
29.  März  bis  20.  Juni  1848  filiuisterpräsident, 
Juli  1848  bis  April  1849  Bevollmächtigter 
Preussens  bei  der  deutschen  Gentralgewalt, 
rief  gegen  die  in  erster  Lesung  beschlossene 
Reichsverlassung  die  gemelnschaftl.  Erklä- 
rung von  31  Regierungen  hervor;  1849—51 
Mitglied  der  ersten  preuss.  Kammer,  kehrte 
1851  in  seine  frühere  Stellung  als  Associ6  des 
kölner  Bankhauses  A.  u.  L.  G.  zurück.  — 
2)  Otto,  preuss.  Finanzmann,  Bruder  des  Vor., 
geb.  21.  Okt.  1612  au  Hünshoven,  ward  1844 
Regierungsrath ,  1845  geheimer  Finanzrath 
zu  Berlin ,  1849  Mitglied  der  zweiten  Kam- 
mer, 1850  des  erfurter  Yolkshauses,  dann 
Präsident  der  Seehandlungsgesellschaft,  1869 
Finanzminister,  wusste  als  solcher  das  dro- 
hende Deficit  im  Staatsbudget  zu  beseitigen. 
—  8)  WiUu,  Maler,  geb.  8.  Febr.  1818  zu 
Düsseldorf,  Schüler  der  das.  Akademie. 
Vorzugsweise  Schlachtenmaler,  Meister  in 
der  Darstellung  des  Pferdes;  Kampfscenen 
ans  der  Zeit  Oromwells,  dem  SOjähr.  Krieg 
und  den  schles.  Kriegen,  auch  aus  dem 
Dänenkriege,  Blüchers  Rheinübergang  u.  a. 

CamphÖra  Nees  (Kam^herhaum),  Pflanzen«- 
gattung  der  Laurineen.  G.  o£Qcinalis  Neet, 
Laurus  Gamphora  L.,  immergrüner  Wald- 
baum in  Gochinchina,  Ghina,  Japan,  auf 
Formosa,  liefert  den  Kampher. 

Caspila  (span.,  spr.  -nja).  Ebene. 

CaaplM  {KampenAani) ,  grosse  sumpflge 


Heide  in  der  belg.  Prov.  Antwerpen  und 
Limburg,  durch  Kanalanlagen  zum  ThoU 
urbar  gemacht;  ausgez.  Viehzucht. 

€ampo  Baato,  Hauptst.  der  unterital. 
Prov.  Molise,  im  NO.  des  Matese,  13,354  Ew. 

€ampo  CossoTO,  das  Amsolfeld. 

Campodnnum,   lat.  Name  von  Kempten. 

Campo  Formio.  Dorf  bei  Udine  in  Ober- 
italien ;  17.  Okt.  1797  Friede  zwischen  Oester- 
reich  uad  der  franz.  Republik,  in  welchem 
ersteres  Mailand ,  Mantua,  das  linke  lihein- 
ufer  und  die  belg.  Provinzen  abtrat  und 
daiur  Venedig  und  die  Lombardei  bis  an 
die  Etsch  erhielt. 

€ampo8,  steinige  kahle  Hochflächen  Im 
Innern  Brasiliens,  2500'  mittl.  Höhe,  von 
vielen  Bergketten  durchschnitten,  die  zum 
Theil  fruclitbare  Thäler  einschliessen. 

Campo  Santo  (ital.,  heil.  Feld),  Friedhof; 
bes.  Grabstätte  ausgezeichneter  Männer, 
umgeben  von  einer  mit  Arkaden  versehenen 
Halle.  Berühmte  Beispiele:  zu  Pisa  (von 
Ö.  Pisauo  12S3  vollendet),  Bologna,  Neapel, 
Mailand,  Berlin  (seit  1845,  noch  unvollendet). 

Campus  Hartins  •  das  Marsfeld  (Waffen- 
übungsplatz) der  Römer. 

Camne  (spr.  Kamüh),  Armai^  Gaston, 
franz.  Revolutionär,  geb.  2.  April  1740  zu 
Paris ,  Mitglied  des  Nationalkonvents,  ward 
3.  April  1793  von  Dumouriez,  den  er  in  Ver- 
haftnehmen sollte ,  mit  vier  seiner  Kollegen  • 
an  die  Oesterreicher  ausgeliefert  und  erst 
nach  2V^ähf.  Haft  gegen  Ludwigs  XVL 
Tochter  ausgewechselt ,  trat  darauf  in  den 
Rath  der  Fijnfliundert;  f  2.  Nov.  1804. 

Cam-WOOd  (spr.  Kämwudd,  Oambaholz,  Oa- 
banhoU),  rothes  Farbholz  von  Baphia  xütida 
A/z.  aus  Sierra  Leone. 

Cana  (Ckmnay),  Hebrideninselch^n ,  im 
NW.  von  Run,  300  Bw. ;  an  der  nördl.  Spitze 
der  merkwürdige  Kompas^elsen. 

Cuiida,  brit.  Kolonialland  in  Nordamerika, 
nördl.  der  Union  und  der  grossen  Seen,  im 
Allgemeinen  das  Becken  des  Lorenzstroms 
mit  seinen  Zuflüssen  umfassend  und  in  Ost- 
oder  üntercanada  und  West-  oder  Obercanada 
zerfallend;  wurde  1867  mit  den  Kolonien 
Neubraunschweig  und  Neuschottland  zu 
einem  in  administrat.  und  legislat.  Hinsicht- 
unabhängigen Föderativstaat  (Dominion  of 
C)  vereinigt,  welcher  1869  auch  noch  die 
Hudsonsbailänder  von  der  engl.  Regierung 
erwarb.  Öesammtgrösse:  153,745  QAI.  und 
(1869)  4,127,526  Ew.,  wovon  auf  das  eigent- 
liche 0.  kommen: 

Obercanada     3703  QM.  und  1,962,067  Ew., 
üntercanada  9878    „       „     1,354,067     „ 


Summa  15,581  QM.  und  3,316,i:f4  Ew. 
G.  ist  reich  bewässert,  im  N.  meistens  Wild- 
niss  voll  ungeheurer  Waldungen,  Seen  und 
Sümpfe;  am  Lorenzstrom  und  im  S.  reich 
an  fkruchtbaren,  malerischen  Kulturland- 
sohaften.  Klima  durch  raschen  Tomperatur- 
wechsel ,  hohe  Sommer-  und  Wintertempe- 
ratur hervorstechend,  aber  gesund  und  der 
Vegetation  günstig.  J^odukle:  Nutsholz  in 
unermesslicher  Menge  (das  Holzgebiet  Jetzt 
noch  13,580  QM.)  und  andere  Walderseng- 
nisse  (Ausfuhr  1868  für  14,47  Mül.  Doli.); 
Getreide,  bes.  Weisen,  Petroleum,  Eisen  n. 


886 


Cantu  —  Caput  iwortaiim. 


ToBlängen ;  dann  dergl.  Melodie,  in  welcher 
andere  Melodien  kontrapunktisoh  gesetst 
-werden.  C.  figunU'o,  Flgural-  oder  künstl. 
Gesang.     C.  ripiino,  Nebenstimme. 

Cantn,  Cesare,  ital.  Schriftsteller,  geb.  5. 
Sept.  1805  zu  Brivio,  lebte  seit  1832  in  Mai- 
land, ward  Ang.  1859  in  das  Parlament  zu 
Turin  gewählt,  trat  als  Anhänger  des  Fapst- 
thnms  nach  der  Okkupation  der  Marken 
wieder  aus.  Seine  freisinnige  Schrift ,Kaggio- 
aamenti  sulla  storia  lombarda  del  secolo 
XVni'  (21.  Aufl.  1864)  zog  ihm  einjährige 
Haft  zu,  die  er  in  dem  histor.-polit.  Roman 
jMargherita  Pnsterla*  (36.  Aufl.  1864;  deutsch 
Ton  Fink  1841)  beschrieb.  Hauptwerk  , Storia 
universale'  (9.  Aufl.  1864,  85  Bde.;  deutsch 
TOn  Brühl  1848-69,  13  Bde.). 

€ftpe  Breton  (spr.  Eehp  Brett'n),  Insel  im 
brit.  Kordamerika,  vor  dem  St.  Lorenzbusen, 
183,7  QM.  (davon  5  unter  Kultur) ;  viel  Stein- 
kohlen, reiches  Eisenerz ;  seit  1745  britfl 

Cape  CoMt  (spr.  Kehp  Kohst),  brit.  Stadt 
mit  Fort  auf  der  Gtoldküste  in  Guinea,  10,000 
Ew.,  Mittelpunkt  des  engl.  Handels. 

Cftpellgiie  (spr.  Kapflk),  Jean  Baptiste  Ho- 
nor6  Raymond,  ft-anz.  Historiker,  geb.  1798 
zu  Marseille;  ultramont.  Vielschreiber,  der 
fast  alle  Perioden  der  mittelalterl.  und  mo- 
dernen franz.  Geschichte  behandelt  hat. 
Bestes  Werk:   ,Hi8t.  de  Philippe  Auguste*. 

CftpelU,  Stern  1.  Grösse  im  Fuhrmann. 

Capetinger,  die  3.  fränk.  Dynastie,  welche 
mit  Hugo  Capet  987  den  Thron  bestieg.  Den 
Namen  G.  leitet  man  von  eappetua,  Mönchs- 
kapuze, ab,  weil  der  Genannte,  wie  sein 
Tater,  zugleich  Abt  ron  St.-Martin  de  Tours 
war'.  Als  Stammvater  gilt  Robert  der  Starke, 
Graf  von  Anjou,  der  861  von  Karl  dem  Kah- 
len iriit  dem  Herzogthum  Francien  und  der 
Grafächaft  Paris  belehnt  ward  (f  866).  Sein 
Sohn,  Endes  oder  Odo,  schätzte  887  Paris 
vor  dem  Angriff  der  Normannen  und  wurde 
deshalb  von  den  Baronen  zum  König  von 
Frankreich  erhoben  (f  898).  Sein  Bruder  und 
Nachfolger,  Robert,  fiel  im  Kampfe  gegen  Karl 
den  Einfältigen.  Hugo  der  Grosse  (auch  der 
Weisse  oder  der  Abt),  nicht  unmittelbarer 
Nachkomme  Roberts,  Graf  von  Paris  und 
Orleans,  Herzog  von  Francien  u.  Burgund, 
Schwiegersohn  des  deutschen  Königs  Hein- 
rich L,  übte  bei  Besetzung  des  Thrones 
grossen  Einfluss  aus ;  f  956.  Sein  Sohn 
Hugo  Capet  ward  8.  Juli  987  zu  Noyon  durch 
die  Wahl  der  Grossen  zum  König  erhoben 
und  schlug  seine  Residenz  in  Paris  auf;  f 
996.  Seine  direkten  Nachkommen  regierten 
in  Frankreich  bis  1328,  wo  mit  Karl  IV.  die 
Dynastie  im  Mannsstamme  erlosch.  S. 
Frankreich,  Geschichte. 

Cap-Hftytlen  (spr.  -Aisiäng,  Cap-franfais), 
Haupthafen  auf  der  Nordseite  von  Haiti, 
10,000  Ew. ;  1842  durch  Erdbeben  verwüstet. 

Cftpitanita,  unterital.  Prov.  (Apulien), 
139,5  QM.  und  312,430  Ew.    Hauptst.  Foggia. 

Capitinij  im  Mittelalter  in  Italien  die 
grosseren  Lehnsleute  der  Bischöfe ;  in  Grie< 
chenland  die  Anführer  der  Armatolen  etc. 

Capite  censi  (lat.),  im  alten  Rom  die  Bür- 
ger ^  er  6.  Klasse,  welche  wegen  Ar muth 
nur  die  Kopfsteuer  zu  entrichten  hatten. 


Capltüi  demtamtlo  (lat.),  bei  den  Römen» 
Verlust  oder  Verminderung  der  aUgem. 
Rechtsfähigkeit.  C  d,  maxima,  bürgerl.  Tod, 
Verlust  der  gesammten  Rechtsfähigkeit;  0» 
d.  media,  Verlust  des  röm.  Bürgerrechts; 
C.  d.  minima,  Verlust  der  bisherigen  Fa- 
milienrechte, z.  B.  durch  Adoption. 

Capo  (ital.),  Anfang;  da  e.  (abgekürzt  D.- 
G.),  von  Anfang,  zu  wiederholen. 

Capo  d'lstriay  Hafenst.  In  Istrien,  südl. 
von  Triest,  am  Meerbusen  Vi^le  Stagnone, 
9186  Ew. ;  einst  Hauptst.  des  venetian.  Istriens. 

Capo  tasto  (ital.,  Kapodatter),  Guitarreit- 
aufsatz,  der  an  der  oberen  Hälfte  des  Halses- 
auf die  Saiten  gesetzt  wird,  um  die  Stim- 
mung beliebig  zu  erhöhen. 

Cappails  L,  ( Kapemttraueh) ,  Pflanzen- 
gattung der  Kapparideen.  G.  spinosaX.,  G. 
s«ttiva  jPir«.,  gemeiner  I£apernstrauch,  ia 
Südeuropa  und  Nordafrika  liefert  die  Kapern 
(mit  Essig  und  Salz  eingemachte  Blüthen* 
knospen).  Als  Surrogate  ders.  dienen  Knos- 
pen von  Tropaeolum  majus  ( Kapuzinerkck- 
Sem),  Spartium  scoparium  (deutsche  Kapern), 
ambucus  nigra  und  Galtha  palustris. 

Capra  (Ziege),  Stern,  s.  v.  a.  Gapella. 

Capraria.X.,  Pflanzengattung  .der  Perso- 
naten.  G.  biflora  L,  in  Peru  und  West- 
indien,_kultivirt,  Theesurrogat. 

Caprera,  Felseninsel  an  der  Nordostspitze 
von  Sardinien,  Wohnort  Garibaldis. 

Capri  (röm.  Capreae),  vulkan.  Felseninsel 
am  Eiugang  des  Golfs  von  Neapel,  im  M. 
Solaro  1900*  h.,  1  QM.  und  8700  Ew.;  der 
westl.  Theil  Anacapri,  durch  steile  Fels- 
wand abgeschieden.  Einst  Lieblingsaufeut- 
halt  des  Kaisers  Tiberius;  in  der  Ostecke 
Reste  seines  Palastes.  Auf  der  Nordseite 
die  ,blaue  Grotte*  (s.  d.). 

Capriccio  (ital.,  spr.  -itscho),  Laune,  Grille ;. 
Gemälde  von  launenhaftem,  doch  geistrei- 
chem Ghai'akter;  kleineres  phantasieariiges 
Musikstück  launigen  Gharakters.  Capriccioso- 
(spr.  -itschoso),  launenhaft. 

Caprice  (fr.,  spr.  Kaprihs),  Laune,  Grille; 
kapriciös,  eigensinnig,  launig. 

CaprifoUam,  Pflanzengattung,  s.  Lonicera» 

CapsicuBi  L.  (Bei$»beeren,  »panitcher  PJef- 
fer),  Pflanzengattung  der  Solaneen.  Von  C. 
annuum  L.,  aus  Brasilien,  Mexiko  und  Ost- 
indien, werden  die  rothen  Früchte  (span., 
brasil.,  türk.  Pfeffer,  Paprika)  als  ungemein 
scharfes  Gewürz,  besonders  im  trop.  Amerika 
als  Bestandtheil  der  Mixed  Pickles,  auch 
bisweilen  als  Heilmittd  benutzt  (wirksamer 
Bestandtheil  das  Captidn). 

Captatio  (lat.),  eifriges  Trachten  oder 
Haschen  nach  etwas*  c.  hmtvolentiae ,  das 
Streben  nach  der  Gunst  Anderer  durch 
Schmeichelei  etc.  Kap.ator%9eh  heisst  eine 
Handlungsweise ,  durch  welche  man  Jeman- 
dem einen  Gewinn  in  Aussicht  stellt,  um 
von  ihm  dafür  die  Gewährung  eines  noch- 
grösseren  Vortheils  zu  erlangen. 

Capua.  feste  Stadt  in  der  unterital.  Prov^ 
Terra  dl  Lavoro,  am  Voltumo ,  12,548  Ew., 
gr.  erzbischöfl.  Kathedrale.  Das  alte  0.,  Ri- 
valin Roms  und  Karthagos ,   lag    östlicher. 

Caput  (lat.),  Kopf;   Anfang;  Kapitel. 

Caput  mortuum  (lat.),  Todtenkopf,  Kolke- 


Cap  Verd  —  Gardigan. 


387 


thasr,  der  Bjiekstand  Ton  der  Bereitung  des 
Yitriolöls,  besteht  ans  rothem  Eiienoxyd, 
dient  zn  Anstrichen,  zum  Poliren. 
€sp  Terdy  i.  Qrünts  Vorgebirge. 
üanbinicriy  schwere  Kavallerie,  mit  Ka- 
rabinern bewaffnet;  kam  zidetzt  anter  Na- 
poleon I.  vor,  ganz  den  Kürassieren  ähnlich. 

Canbölfo,  Dorf  in  Venezuela  (Südamerilca), 
sädwestl.  bei  Valencia;  hier  28.  Hai  1814 
Sieg  Bolirars  über  die  Si>anier  unter  Salo- 
mon ;  24.  Juli  1821  entscheidender  Sieg  Boli- 
Tars  über  Morales  und  La  Torre. 

Ciraeallay  Marcu*  Aurelhu  Ani&ninu»  Btu- 
»ianua,  röm.  Kaiser,  Sohn  des  Kaisers 
Septimius  Severus,  geb.  4.  April  188  n.  Chr. 
zn  Lyon,  nach  seiner  gallischen  Lieblin'gs- 
tracht  C.  genannt,  bestleg  211  n.  Chr.  mit 
seinem  Bruder  Geta  den  Thron,  Hess  212 
diesen  ermorden  und  sich  von  den  Präto- 
rianern  als  Alleinherrscher  ausrufen.  Grau- 
samer Wütfaerich ,  yerlieh  allen  Bewohnern 
des  Beichs  das  röm.  Bürgerrecht,  um  von 
allen  gleich  hohe  Abgaben  erheben  zu  kön- 
nen, machte  ruhmlose  Baubzüge  gegen  die 
Alemannen  und  Parther;  ward  8.  April  217 
auf  Anstiften  des  Präfekten  der  Pratorianer, 
Ifacrinusy  auf  dem  Wege  zwischen  Edessa 
und  Carr&  ermordet.  Beste  der  Thermen 
de»  C.  unweit  der  Porta  Oapena  in  Bom. 

Caracirm^  1)  gemeiner  0.,  braeil,  Adler, 
Gheriway  (Falco  brasiliensis  L.,  Polyborus 
vulgaris  Vieiü.),  Baubvogel  aus  der  Gattung 
Schlangenadler,  von  der  Grösse  des  Fisch- 
adlers, gemeinster  Baubvogel  Paraguays  u. 
Brasiliens.  —  2)  Weiner  G.  (Falco  degener 
m.)f  in  ganz  Südamerika,  sucht  weidendem 
Vieh  die  Holzböcke  vom  Bücken  ab. 

Caricas^  Hauptst.  der  südamerik.  Bepublik 
Venezuela,  unfern  der  Küste,  mit  dem  Hafen 
La  äTuaira, 47,013 Ew.  (Va Weisse);  Erzbisch., 
Universität  (seit  1778);  lebh.  Handel.  1567 
gegr. ;  26.  Harz  1812  furchtbares  Erdbeben. 

Caracei  (spr.  -  ratschi) ,  Lodovieo ,  ital. 
Maler ,  geb.  1&55  zu  Bologna ,  stiftete  das. 
eine  Akademie  und  ward  so  Begründei^er 
her.  Malerschule  von  Bologna,  in  welcher 
der  Eklekticismus  zur  vollkommenen  Aus- 
bildung gelangte ;  f  1619.  —  Von  seinen  beiden 
Schülern  und  Neffen  AgoHirv>  C,  geb.  1558, 
t  um  1605,  und  Ännibale  C. ,  geb.  1560,  f 
1609  zu  Bom ,  hat  sich  eraterer  vorzugsweise 
dusch  seine  Lehrtfaätigkeit  und  als  Kupfer- 
stecher Bnhin  erworben,  letzterer  als  Maler, 
das  bedeutendste  Talent  der  Familie.  Haupt- 
werke: die  mythol.  Fresken  in  der  Oallerle 
des  Palazzo  Famese  zu  Bom«  heil.  Bochus 
(Dresden),  Madonna  mit  Heiligen  (Bologna), 
Maria  mit  Christi  Leichnam  (]BU>m)  etc.  Auch 
Genrebilder  und  landschaftl.  Darstellungen. 

CanAk^  Michde^  ital.  Opemkomponist, 
geb.  28.  Nov.  1785  zu  Neapel,  liess  sich  in 
Paris  nieder;  f  <1&8.  1849.  Zahlr.  Opern  in 
Eossinis  Genre  (,Le  solitaire*,  ,Ma8aniello'). 

Caraffe  (Carafine,  &.)•  Flasche  von  ge- 
schliffenem Glase  mit  Glasstöpfel;  Carafon, 
Eisbehälter  für  den  Wein  auf  der  Tafel. 

Caraana^  dem  Guajac  ähnliches  Harz  aus 
Mexiko  von  Bursera  acumlnata  B.,  in  der 
Parfümerie  verwendbar. 

Caravaggio  (spr.  -wadscho),l)  Michelangelo 


Amerigki  da  C,  ital.  Maler,  geb.  1560  zu 
Garavaggio  bei  Bergamo,  führte  ein  wildes 
und  unstetes  Leben,  mnsste  von  Rom  nach 
Neapel,  von  da  nach  Malta  flüchten,  wo  er 
für  sein  Gemälde  ,Enthauptung  des  Jo- 
hannes' zum  Malteserritter  ernannt  wurde, 
gerieth  hier  In  neue  Händel ,  floh  aus  dem 
Gefängniss  nach  Sicilien  und  weiter  nach 
Neapel,  ward  unterwegs  überfallen  und  f 
an  den  erhaltenen  Wunden  zu  Porto  Brcole 
1609.  Der  Hanptmeister  der  Natuiiillsten, 
die  der  ideal.  Blchtung  der  Eklektiker'  ent- 
gegentraten, wie  im  Leben  so  auch  in 
seinen  Gemälden  wild  und  leidensohaftlfeft. 
Hauptwerke:  die  falschen  Spieler  (Dresden), 
die  wahrsagende Zigeunerln,GrabIegung  (Va- 
tikan) u.  a.  —  2)  Paidoro  da  C,  s.  Oaldara  1). 
Carbonirl  (ital.,  d.  1.  Köhler),  geheime 
polit.  Verbindung  in  Italien,  ursprünglich 
gegen  die  Herrschaft  der  Franzosen  ge- 
richtet, verfolgte  nach  der  Bestauration  der 
Bourbonen  demokratische  und  antimonar- 
chische Tendenzen.  Ihr  Bituale  war  vom 
Kohlenbrennen  hergenommen,  manche  ihrer 
Formen  der  Freimaurerei  entlehnt.  Nach 
der  Unterdrückung  der  Revolution  in  Neapel 
und  Piemont  (1823)  wurde  Paris  Mittelpunkt 
der  Charbonnerie ,  welche  verschiedene  ge- 
heime, seit  1820  mit  der  Carbonaria  ver- 
brüderte Gesellschaften  in  sich  begriff  und 
in  Ventas  zerfiel.  Nach  der  Juliravolution 
1830  bildete  sich  eine  neue  Charbonnerie 
d6mocratique,  die  auf  Einführung  der  repu- 
blikan.  Verfassung  ausging  und  Babeufs 
Gleichheitsideen  annahm.  Die  letzten  Spuren 
dAselben  zeigten  sich  1841  in  Südfrankreich. 
Carbonculas,  s.  Zar/unibeZ. 
Carcassonn«)  Hauptstadt  4^s  franz.  Depart. 
Aude,  an  der  Audo  und  dem  Südkanal, 
22,173  Ew.    Berühmte  -Tuchfabriken. 

Cardamine  L,  (Sehaumkraut,  Wieeenkreue, 
OauchMume),  Pflanzengattung  der  Kruci- 
feren.  G.  amara  L.,  BitUrkresee ,  in  Europa 
und  Asien,  Kraut  als  Herba  Nasturtii  ma- 
joris  ehemals  ofBcinell,  ebenso  G.  pratensis 
L.,  Wieeetüchaumkraut ,  welches  auch  zu 
FrühlingskräutiBrsäften  benutzt  wird. 
Cardamömam,  s.  Kardamom. 
Cardinas,  Hieronvmue,  her.  Gelehrter, 
geb.  24.  Sept.  1501  zu  Pavia,  Lehrer  der  Heil- 
kunde in  Bologna;  f  21.  Sept.  1576  in  Rom. 
Sehr.  ,De  subtUitate'  (21  Buch.)  und  ,De 
rernm  varietate'  (17  Buch.),  als  Inbegriff 
seiner  Physik  und  Metaphysik ,  erwarb  sich 
aber  namentlich  um  die  Algebra  Verdienst 
durch  die  sogen,  cardanisehe  Regel  zu  Auf- 
lösung der  Gleichungen  des  8.  Grads,  deren 
eigentl.  Erfinder  aber  Tartaglia  gewesen  sein 
soll.    Schriften  gesammelt  (1663,  10  Bde.). 

CardenaS)  Hafenstadt  auf  der  Südküste 
der  Insel  Cnba,  13,000  Ew. 
Cardia  (gr.),  s.  Magenmund. 
Cardialgia  (gr.),  Magenschmerz. 
Cardianektasis  (gr.),  Herzerweiterung. 
Cardlir,  Hauptst.  der  Grafsch.  Glamorgan 
in   Wales,    an    der    Mündung    des    Taafe, 
32,954   Ew.    (1800:    2000),    der    Hafen    von 
Merthyr  T^dvil  (Eisenbahn  dahin);  grosse 
Ausfuhr  von  Eisen  u.  Kohlen,  auch  Korn  etc. 
Cardigan  (spr.  -gen),  Grafschaft  im  süd- 

25* 


B88 


Gairdiostenosis  —  Garlos. 


wMtl.  Wales,  S7,8QM.  und  79,245  Ew.  Die 
McntpM,  C,  am  Teify,  S54S£w.   Ijacba&Bg. 

Cardioftenosii  (gr.),  Herzverengening. 

CardQ&a»  feste  Stadt  in  der  span.  ProT. 
Barcelona,  3050 Ew« ;  dabei  berühmter  Stein- 
eaUberg  (3  St.  im  Umfang,  über  500'  h.); 
Vabrik.  yon  Eanetiachen  aus  Steinsalz. 

Carex  L,  (Bi€dgra$,  8egg€),  Pflanzengat- 
tnng  der  Cyperaceen,  mehr  als  500  Arten 
auf  morastigen  sumpfigen  Wiesen,  schlechtes 
(saures)  Viehfutter. 

Garey  (spr.  Karl),  Henry,  engl.  Dichter 
und  Komponist,  geb.  169C  in  London,  f 
4.  Okt.  1743;  am  bekanntesten  al?  Yei^f.  des 
Textes  und  der  Melodie  von  ,God  save  the 
king*  (zur  Geburtsfeier  KOnig  Georgs  IL). 

Garer  (spr.  Käri),  Henry  Charlet,  ameri- 
kan.  Kationalökonom,  geb.  15.  Dec.  1798  zu 
Philadelphia,  bis  1835  Besitzer  einer  Ver- 
lagsbuchhandlung, wandte  sich  dann  in- 
dustriellen Unternehmungen  zu  und  verfocht 
die  Schutzzolltheorie.  Stellte  ein  System  der 
Gesellschaftswissenschaft  auf,  wonach  sie 
,die  Erkenntniss  der  Gesetze  ist,  nach 
welchen  der  Mensch  sich  die  höchste  Ent- 
wiokelung  seiner  Individualität  und  damit 
sugleich  die  höchste  Yergesellschaftungs- 
fahigkeit  zu  sichern  sucht,  und  der  Fort- 
schritt der  Menschheit  in  ihrer  zunehmenden 
Herrschaft  über  die  Kräfte  der  Natur  be- 
stehen soll,  wodurch  die  Produktionsfäfaig- 
keit  der  Erde  sich  steigert*.  Sehr.  jEssay 
on  the  Bäte  of  Wages*  (1835) ,  weiter  aus- 
geführt in  ,Principles  of  Political  Eoonomy* 
(1837—40,  3  Bde.;  deutsch  von  AdUr ,  2. 
Aufl.  1870);  ,The  Past,  the  Present  sfnd 
the  Future'  (1848);  ,The  Harmony  of  In- 
terests'  (1850;  neue  Aufl.  1866:  deutsch  von 
AdUr  1863-64,  3  Bde.). 

CKtgo  (ital.  und  engl.),  Ladung,  im  Se^ 
wesen  die  Schiffsladung,  auch  wohl  das 
Yerzeiehnlss  der  geladenen  Güter  mit  An- 
gabe der  Absender,  Empfänger  etc.  Daher 
Oargador  (Cargadeur)  oder  Bupereargo,  der 
Bevollmächtigte,  welcher  eine  Schiffsladung 
im  Auftrag  ihrer  Absender  u.  Eigenthümer 
nach  den  Absatzhäfen  begleitet,  um  sie  da- 
selbst für  Rechnung  seiner  Auftraggeber  zu 
Terkaufen.  Grosse  Handelsgesellschaften 
unterhalten  auf  transatlant.  Plätzen  auf 
längere  Zeit  ansässige  Gargadoren.  Nach 
dem  allgem.  deutschen  Handelsgesetzbuch 
soll  durch  Verschulden  des  Caigadeurs  ent- 
stehender Schaden  bei  Versicherung  von 
Gütern  oder  imaginärem  Gewinn  dem  Yer« 
sicherer  nicht  zur  Last  fallen. 

Garlea  L.  (Mdonrnbaum),  Pflanzengattung 
der  Cucurbitaceen.  G.Papaya  L.,  astloser, 
nur  4  Jahre  lebender  Baum  in  Brasilien, 
Surinam,  Mexiko,  West-  und  Ostindien, 
reich  an  heilkräftigem  Milchsaft,  mit  oft 
15  Pfd.  schweren  geniessbaren  Früchten. 

Guleato  (ital.),  überladen. 

GarieSy  s.  Knochenfnua, 

GarIgnaBO  (spr.  -rinj-) ,  Stadt  in  der  ital. 
Prov.  Turin,  am  Po,  4824  Ew.;  fiel  1418  an 
die  Grafen  von  Savoyen.  Von  derselben 
führt  die  jüngere,  Jetzt  regierende  Linie  des 
Hauses  Savoyen  den  Namen. 

GarUIOB  (fr.  spr.  -iljong),  Glockenspiel. 


Cariu  (lat.),  SchUfokiel;  in  der  Botanik 
die  scharfkantige  Erhöhung  eines  Blüthen- 
oder  Fruchttheils.  [12,674  Ew. 

Gariniy  Stadt  auf  Sicilien,  Prov.  Palermo, 

Garipe»  Stadt  in  Venezuela,  Prov.  Gumana, 
5000  Ew.;  dabei  die  von  Humboldt  beschrie- 
bene grosse  Höhlengrotte,  der  Aufenthalt 
zahlloser  Vögel  (Guaoharos). 

Garissiml^  Oiacomo,  ber.  ital.  Komponist, 
geb.  1600  in  Venedig,  1640  —  80  Kapell- 
meister in  Bom;  f  um  1690.  Yerbesserer 
des  Recltativs  und  Schöpfer  der  Kammer- 
kantate; auch  fügte  er  zuerst  eine  Instrunieo- 
talbegleitung  zur  Motette.  Beste  Oratorien : 
,Jephtha*  und  ,Dle  Verurtheilung  Salomos'. 

Carlen,  Emüie,  s.  Flygare-GarUn. 

Garleton  (spr.  Karlt'n) ,  William,  irischer 
Schriftsteller,  geb.  1798  zu  PrilUsk  (Tyrone), 
lebte  meist  in  Dublin;  f  1.  Febr.  1869.  Der 
populärste  Sittonmaler  des  irischen  Volks; 
sehr.  ,Traits  and  stories  of  the  Irish  peasan- 
try<  (1880  und  1832)  und  zahlreiche  Romane 
und  Erzählungen:  , Valentine  M^Clutchy' 
(1845),  ,The  black  prophet*  (1847 ;  deutsch  von 
Gerstäeker  1848),  ,The  Evll  Eye«  (1860)  u.  A. 

Garllsle  (spr.  -leil),  Hauptstadt  der  engl- 
Grafschaft  Oumberland,  am  £den,  29,417 
Ew. ;  festes  Schloss  (Maria  Stuart  1568  hier 
gefangen),  schöne  Kathedrale  (1192  erbaut, 
1853 restaurirt),  Zeughaus;  Baumwollenfa.br. 
Unfern  ,die  grosse  Meg  und  ihre  Töchter', 
merkw.  Druidendenkmal  (67  gr.  Steinblöcke). 

GarlM,  1)  J>on,  Infant  von  Spanien,  Soho 
Philipps  n.  aus  dessen  erster  Ehe  mit  Maria 
von   Portugal,    geb.   8.  Juli  1545  zu  Valla- 
dolid,   gerleth    als   Gegner   des  Absolutis- 
mus und  der  Inquisition  mit  seinem  Vater 
und   dessen  Vertrauten,   dem  Herzog  von 
Alba,  in  Zwiespalt,   sann  auf  Flucht  ins 
Ausland,  ward  aber  18.  Jan.  1568  von  Fbi« 
lipp  selbst  verhaftet  und  vor  eine  Unter- 
suchungskomroission  gestellt;  t   angeblich 
24.  Juli  1568  im   Gef&ngniss.    Vgl.   ausser 
den    älteren    Forschungen    von    Llorente, 
Ranjce  und  Raumer,  bes.  Pr«$eoU,  ,Histonr 
of  the   reign   of  Philip  the  SeoondS  1B56, 
2  Bde.;   Oachard,   ,Don    0.    et  Philipp  ^S 
1863;  Mouy,  ,Don  G.  et  Philipp  US  1864; 
Wamk^ig,  ,Don  G,«,  1864.  —  2)  Don  Maria 
Joseph  laidor  von  Bourbon ,   span.  Kronprä- 
tendent, geb.  29.  März  1788,  zweiter  Sobn 
Karls  IV.,  Bruder  Ferdinands  VH.,  musstc 
1808  auf  Napoleons  Geheiss  der  Thronfolge 
entsagen  und  lebte  bis  1814  in  Valencay> 
vermählte  sieh  1816  mit  Maria  Francl^a 
d^Assis,  der  Tochter  des  Königs  Johann  VI- 
von   Portugal.     In  Folge    der   Aufhebosg 
des  salischen  Gesetzes  durch  die  prsgoist. 
Sanktion  vom  24.  März  1830  und  durch  die 
Geburt  der  Infantin  Maria  Isabella  der  Aas- 
sicht auf  die  Thronfolge  beraubt,   ward  er 
1833  wegen  der  Umtriebe  seiner  Anhänger 
nach  Portugal  und  dann  nach  dem  Elrchen« 
Staat  verwiesen,  nach  Ferdinands  VH.  Tode 
(29.  Sept.  1833)  aber  von  seiner  Partei,  den 
Karlisten,   als   rechtmässiger  König  au^«' 
stellt.   Von  der  Königin -Regentin  (16.  Okt.) 
für  einen  Bebellen  erklärt,  von  der  Thron- 
folge ausgeschlossen  und  aus  Spanien  ver- 
bannt ,  musste  er  nach  wechselTollemBüiS^^' 


Carlow  —  Carolina. 


889 


kriege  1839  in  Frankreich  Zuflucht  suchen. 
Seit  1838  in  2.  Ehe  mit  Maria  Theresia»  In- 
fantin von  Portugal  und  Wittwe  des  In- 
fanten Peter  von  Spanien,  yermählt,  lebte 
er  zu  Bourges,  entsagte  18.  Mai  1845  seinen 
Hechten  auf  den  span.  Thron  zu  Gunsten 
seines  ältesten  Sohnes  und  nahm  den  Titel 
eines  Grafen  Ton  Molina  an;  f  10.  März  1855 
zu  Triest.  —  Sein  äKester  Sohn,  J^on  C.  Louis 
Ferdinand  de  Bourhon,  Prinz  von  Asturien, 
nach  Verzichtleistung  des  Vaters  Graf 
Mout&nolin,  geb.  31.  Jan.  1818  zu  Madrid, 
floh  1846  mit  Cabrera  aus  Bourges  nach 
England,  vermählte  sich  1830  mit  der 
neapolitan.  Prinzessin  Maria  Earolina  Fer- 
diaanda,  Schwester  König  Ferdinands. II., 
ward  von.  Ortega,  dem  Generalkapitän  der 
balear.  Inseln,  bei  seiner  Landung  bei 
Tortosa  (3.  April  1860)  zum  König  ausge- 
rufen, aber  gefangen  genommen  und  nur 
gegen  Verzichtleistung  auf  seine  An- 
sprüche auf  die  Thronfolge  freigelassen. 
Er  nahm  dieselbe  später  als  erzwungen 
zurück,  lebte  in  Triest;  t  I^*  ^^^'  d<^s. 
Prätendent  auf  den  span.  Thron  ist  seitdem 
der  zweite  Sohn  des  Don  G. ,  Don  Juan 
Carlo»  Maria  IsidorOy  geb.  15.  Mai  1822, 
vermählt  seit  1847  mit  einer  Tochter  des 
Herzogs  Franz  IV.  von  Modena,  lebt  in 
London  und  erliess  von  da  au^  mehrere 
Manifeste,  w^orin  er  den  Spauiem  eine  kon- 
stitutionelle Regierung  verhiess. 

Carlowy  Grafschaft  in  der  irländ.  Provinz 
Leinster,  15,9  QM.  und  57,137  Ew.  Die 
Hauptst.  C.,amBarrow,8204Ew. ;  E^thedrale. 

Carlyle  (spr.  -leil),  Thema»,  engl.  Schrift- 
steller, geb.  4.  Dec.  1795  zu  Middlebie  in 
der  scbo^.  Grafscb .  Dumfries,  erst  Lehrer  der 
Mathematik  in  Fifeshire,  privatisirte  dann  in 
Chelsea  bei  London,  wo  er,  mit  dem  Studium 
der  deutschen  Sprache  und  Literatur  be- 
schäftigt, sein  ,Life  of  Schiller*  (1825;  deutsch 
1830),  die,Translatious  of  German  romances^ 

g827,  4  Bde.)  und  eine  tJebersetzung  von 
oethes  jWilh.  Meister'  erscheinen  licss; 
kehrte  1827  nach  Schottland  zurück.  Ein 
Autor  von  originellem  Charakter,  panthei- 
stisch,  dabei  eifriger  Apostel  des  Evange- 
liums der  Arbeit;  seine  Sprache  oft  dunkel 
und  barock.  Werke:  ,Saa-tor  Resartus, 
(1835);  jFrench  revolution*  (4.  Aufl.  1864; 
deutsch  von  Feädenen  1844,  3  Bde.,  eine 
Art  Epos  in  Prosa);  ,CrItical  and  miscella- 
neous  essays*  (1839,  4  Bde.) ;  ,0n  Hei-o  wor- 
ship'  (1841;  deutsch  von  Neuberg  1853);  ,Past 
and  Present*  (1843);  ,Latter  day  pamphlets' 
(1850)  und  die  eigenthümliche  ,History  of 
Friedrich  n'  (1858—65;  deutsch  von  NeUberg 
1858—69,  6  Bde.).  Ausgewählte  Schriften, 
deutsch  von  Kretschmar  (1855  f.,  6  Bde.). 

CarmagnSIa  (spr.  -manjola),  Stadt  in  der 
ital.  Prov.  Turin,  unfern  des  Po,  12,519  Ew. 
Bedeutende  Seidenproduktion. 

Carmagnele  (fr.,  spr.  -manjohl),  savoy. 
Singtanz ;  insbes.  franz.  Revolutionslied(1792), 
gegen  Marie  Antoinette  gerichtet,  mit  den 
Worten  beginnend  ,Madame  Veto  avait  pro- 
niis'  u.  dem  Refrain  ,Dausons  la  carmagnole, 
"v^Ive  le  son  du  canon !'  Auch  Name  der  weiten 
Aermeljacke  der  Revolutionsmänner,  sowie 


der  Lügenberichte  des  Wohlfi^hrtsansschus- 
ses  über  die  franz.  Siege.  [Mittel. 

Carminativa    (lat.) ,    bläh^ngentreibende 

Carmöna»  Stadt  in  der  span.  Prov.  Sevilla, 
15,100  Ew. ;  bedeutendcfr  Olivenbau. 

Camac,  Dorf  im  franz.  Depart.  Morhibali, 
südöstl.  von  Lorient,  2864  Ew. ;  dabei  grosses 
celt.  Denkmal:  4000  —  5000  perpendiknlär 
stehende  Steinsänlen  (Menhir)  in  11  Reihen. 

Carnivora  (lat),  s.  v.  a.  Raubthiere. 

€amot  (spr.  -noh) ,  1)  La*are  Mcolas  Mar» 
guerite,  Graf,  franz.  Revolutionär,  geb.  13. 
Mai  1753  zu  fTolay  in  Bui^und,  erst  Inge* 
nieurhauptmaun  r  ward  1791  Abgeordneter 
der  Legislative .  operirte  März  1793  mit  Er- 
folg an  der  Spitze  der  Nerdarmee,  leitete 
als  Mitglied  des  Wohlfahrtsausschusses  das 
Kriegswesen  und  trug  durch  seine  Anord- 
nungen zu  den  Siegen  der  republikan. 
Heere  wesentlich  bei.  Mitglied  des  Direk- 
toriums seit  1795,  erklärte  er  sich  gegen 
Barras  gewaltsame  Massregeln  gegen  die 
royalistische  Reaktion ,  ward  18.  Fructidor 
(4.  Sept.  1797)  als  Royalist  zur  Depor- 
tation verurtheilt,  entfloh  nsich  Deutsch- 
land. Nach  dem  18.  Brumaire  zurückge- 
rufen, ward  er  April  1800  Kriegsminister, 
März  1802  Mitglied  des  Tribnuats,  stimmte 
hier  gegen  das  lebenslängliche  Konsulat 
und  als  der  Einzige  gegen  Napoleons  Er- 
hebung zum  Kaiser.  1814  mit  dem  Ober- 
befehl in  Antwerpen  betraut,  vertheidigte 
er  den  Platz  bis  zur  Kapitulation  von  Paris. 
Während  der  100  Tage  von  Kapoleon 
2um  Pair  und  Grafen  und  zum  Minister 
des  Innern  ernannt,  trat  er  dann  in  die 
provisor.  Regierung.  Nach  der  Rückkehr 
der  Bourbons  verbannt,  ging  er  nach 
Warschau,  dann  nach  Magdeburg;  f  das. 
8.  Aug.  1823.  Sehr.  ,G6ometrie  de  position* 
(1813);  ,De  la  defense  des  places  fortes* 
(3.  Aufl.  1812)  u.  A. ,  auch  ein  komisches 
Heldengedicht  ,Don  Quichote*  (1820);  seine 
«MSmoires'  gab  sein  Sohn  (1862—64,  2  Bde.) 
heraus.  Biogr.  von  Arago  (1850).  —  2)  La- 
Kare  Hippolyte,  franz.  Publiciat  und  Staats- 
mann, Sohn  des  Vor.,  geb.  6.  April  1801 
zu  St. -Omer,  kehrte  1823  nach  Frank- 
reich zurück  und  schloss  sich  den  St.-Simo- 
nisten  an,  1839,  1842  und  1846  als  Abgeord- 
neter der  Kammer  Mitglied  der  äussersten 
Linken,  nach  tier  Februarrevolution  1848 
bis  Juli  Minister  des  öffentlichen  Unter- 
richts, ward  Mai  1850  in  die  gesetzgebende 
Versammlung,  nach  dem  Staatsstreich  vom 
2.  Dec.  1852  in  Lyon  und  1857  in  Paris  in 
den  gesetzgebenden  Körper  gewählt,  aber 
wegen  Verweigerung  des  Huldigungseides 
ausgeschlossen,  erst  1863  zugelassen.  Sehr. 
,Expos6  de  la  doctrine  Saint  -  Simonienne' 
(1830  u.  öfter),  gab  die  Memoiren  Gregoires, 
Barr&res  und  seines  Vaters  heraus. 

Carole  (fr.),  in  Frankreich  wie  auch  in 
Italien  alter  Reihen  -  oder  Rundtanz  mit 
Gesang  (ehannone  de  c);  in  England  später 
geistl.  Jubelgesang  (z.B.  Ghristmas  carols). 

Carolina  y  abbr.  für  conMtutip  eriminatie 
Carolina,  die  von  Kaiser  Karl  V.  erlassene 
peinliche  Gerichtsordnung,  ging  hei*vor  aus 
der  bambergischen    Hals-  oder  peinlichen 


390 


Carolina  —  Cartwriglit. 


Ovrlchtsordniuig  Ton  1507 ,  ward  auf  dem 
lE^chstag  za  EegenBburg  1588  angeDommen, 
bald  die  anerkannte  Grundlage  des  gemei- 
nen Straf-  nnd  SrafprosessrechtB ,  Jetzt 
allenthalben  durch  humanere  G«setebücher 
Terdrängt.    Herausg.  ven  Züpfi  (1842). 

GArollBAf  nordamerlkan.  lÄndschaft,  am 
«tlant.  Ocean,  südl.  von  Virgtnien,  1497  von 
Seb.  Gaboto  entdeckt;  1513  von  Spaniern  und 
später  Ton  franz.  Hugenotten  ohne  weiteren 
Ertölg  kolonisirt,  seit  1729  engl.  Kolonie  und 
in  Nori'  Mnd  BßAearoUna,  geschieden,  die 
jetzt  selbständige  Staaten  der  Union  sind. 

Carpemtarifty  älterer  Name  für  das  den 

gleichnam.  Jlfe«yiMen  um&aseode  Land  der 
latküste  von  Australien,  benannt  nach 
tttw  CarperUer,  1623— 27  G^neralstatthalter 
der  hoIläDd.-ostind.  Besitzungen. 

Carpentras  (spr.  -pangtra),  Stadt  im  franz. 
Depart.  Vauclnse,  am  Aozon,  10,848  Ew. 

Curply  1)  Stadt  in  der  ital.  Prov.  Modena. 
am  Seccfaiakanal,  17,504  Ew.,  ehedem  fürstl. 
Besidenz  ,  '  Arkadenstrassen ,  Dom ,  altes 
Schloss,  Kastell  und  zahlreiche  Paläste.  — 
S)  Dorf  bei  Verona,  an  der  Etsch ;  7.  Juli  1701 
Sieg  des  Prinzen  Eugen  über  die  Franzosen. 

CarpiBHS)  Pflanzengattung,  s.  Hainbuche, 

Carragaheen  (irländ.  Ferlmoos),  Ghondrus 
crispus  Lyngbye,  stets  gemischt  mit  Masto- 
carpus  mammillosus  Kütz, ,  von  den  nord- 
atlant.  Küsten ,  bes.  West-  und  Nordostir- 
lands und  Schottlands,  vielfach  verzweigte 
homartige  Algen,  mit  Wasser  gekocht  zu 
fichleim  oder  Gallerte  löslich,  officinell,  auch 
als  Nahrungsmittel  dienend. 

Carrira,  Stadt  in  der  ital.  Prov.  Massa 
und  Garrara,  am  apuan.  Apennin,  6797  Ew. ; 
Bildhauerakademie.  Unfern  bricht  der  car- 
rariache  Marmor  (seit  2000  Jahren  bekannt). 

Carrel)  Armand,  frauz.  Publicist,  geb. 
8.  Mal  1800  zu  Ronen,  vereinigte  sich  18S0 
mit  Thiers  und  Ifignet  zu  Herausgabe  des 
»National*,  veranlasste  1830  die  Protestation 
der  Journalisten  gegen  die  Juliordonnanzen, 
dann  Haupt  der  republikan.  Partei,  ver- 
theidigte  die  wegen  der  SchUderhebung 
vom  April  1884  angeklagten  Bepublikaner 
vor  der  Pairskammer;  f  24.  Juli  1886  im 
Duell  mit  Emil  Girardin  tödtl.  verwundet. 

Carrer,  Luigi,  ital.  Dichter,  geb.  1801  zu 
Venedig ,  f  das.  23.  Dec.  1850.  Sehr.  »Poesie* 
<treffl.  Balladen,  8.  Aufl.  1845)  und  das  be- 
liebte Werk  ,L'anello  di  sette  gemme*  (1888). 

Carriek  a  Bede,  grotesker  Felsen  an  der 
Küste  der  irländ.  Prov.  Ulster,  durch  eine 
Taubrüeke  mit  dem  Festland  verbunden; 
der  Sitz  zahlloser  SeevögeL 

Carrlere,  Moritz,  Philosoph  u.  Aesthetlker, 
geb.  5.  Harz  1817  zu  Griedel  in  Hessen,  seit 
1849  Prof.  der  Philosophie  zu  Glessen,  seit 
1858  zu  München,  auch  schriftf&hrendes  Mit- 
glied der  Kunstakademie  daselbst.  Sehr.  ,Die 
Beligion  in  ihrem  Begriff,  ihrerweltgeichicht- 
lichen  Entwickelnng  und  Vollendung*  (1841) ; 
,Die  philos.  Weltanschauung  der  Reforma- 
tionszeit* (1847) ;  ,Relig.  Reden  und  Betrach- 
tangen für  das  deutsche  Volk*  (2.  Aufl.  1856); 
,Das  Wesen  und  die  Formen  der  Poesie* 
<1854) ;  ,£rbauung8buch  für  Denkende*  (1858) ; 
«Aesthetik*  (1859);  ,Die  Kunst  im  Zusam- 1 


menhang  der  Kulturentwi<^elung  und  die 
Ideale  der  Iklenschheit*  (Bd.  1-4,  1868—71). 

Carrier  •  Indianer  (Takali),  Indianerstamm 
im  nördlichen  Theile  von  Britisch- Columbia; 
ihre  Sprache  ein  Zweig  der  Ghippewyan. 

CarroB  (spr.  Kärrön),  Dorf  in  der  schott. 
Grafschaft  Dumbarton,  am  Flues  C.  (zum 
Forth),  mit  her.  Eisenwerken  (seit  1760). 

Carstens,  Ä$mui  Jak.,  Historienmaler,  geb. 
10.  Mai  1754  zu  St.  Jürgen  bei  Schleswig, 
ward  in  Folge  seiner  grossen  Federzeich- 
nung ,der  Sturz  der  Engel*  Prof.  der  Aka- 
demie zu  Berlin,  ging  1792  üach  Rom; 
t  das.  26.  Mai  1798.  Der  eigentliche  Wieder- 
erwecker  der  wahren  Kunst  in  Deutschland, 
weniger  durch  Oelgemälde,  als  Zeichnungen 
und  Aquarellbilder,  die  sich  durch  trefiTL 
Aui&ssung  des  dargestellten  Gegenstandes 
und  ansprechenden  Eindruck  des  Ganzen 
auszeichnen;  die  Stoffe  meist  ans  Homer, 
Sophocles,  Aeschylus  und  Shakespeare  ent- 
lehnt. Am  bedeutendsten:  Schlacht  der 
Centauren  u.  Lapithen,  die  Barke  Charons, 
das  Gastmahl  Piatos  und  bes.  die  Argo- 
nauten. Sämmtliche  Werke ,  von  Xiäler 
gestochen,  mit  Einleit.  von  Bieqd,  43  Tafeln 
(1869).  Biogr.  von  Femow  (1806;  neue  Ausg. 
von  Biegd  1867). 

Cartagena,  1)  feste  Stadt  in  der  span. 
Prov.  Murcia ,  am  Meer ,  22,106  £w.  (unter 
Kai-1  m.  60,000) ;  Kriegshafen  mit  bedeuten- 
den Marineetabiissements,  Sternwarte,  wich- 
tiger Seehandel.  Im  Alterth.  Carthago  nova 
(von  Hasdrubal  228  v.  Chr.  gegr.);  in  der 
U-egend  damals  reiche  SUberminen.  — 
2)  (C,  de  las  Indiae)  Hauptst.  des  Staats 
Bolivar  in  Neugranada,  am  karaibischen 
Meer,  9000  Ew.  Haupthafen  (s.  1856  Frei- 
hafen für  die  Einfuhr).    Gegi'ündet  1583. 

Carti^  ,  altspan.  Stadt  in  Costarica  (Cen- 
tralamerika) ,  am  Fuss  des  Vulkans  Liazu, 
10,000  Ew.;  1841  durch  Erdbeben  zerstört. 

Cartesianlsche  Teufel,  kleine  hohle 
Glasfiguren  mit  einer  kleinen  Oeffnung, 
schwimmen  in  einem  mit  Wasser  gefüllten, 
mit  einer  Kautschukmembran  verschlosse- 
nen Cylinder,  senken  sich  bei  einem  Druck 
auf  die  Membran,  weil  dann  Wasser  in 
den  Körper  tritt,  heben  sich  wieder,  wenn 
der  Druck  nachlässt,  und  drehen  sich  durch 
den  Rückstoss  des  ausfliessonden  Wassers. 

Carthamus  L.  (Farbendistel) ,  Pflanzen- 
gattung der  Kompositen.  0.  tinctorlus  L; 
Bür$tenkraut,  wilder  Sa/lor,  aus  Ostindien, 
im  Orient  und  in  Südeuropa  angebaut; 
Blüthen  dienen  zum  Rothfarben,  bes.  der 
Seide,  enthalten  einen  werthlosen  gelben 
Farbstoff  und  das  nur  in  Alkalien  lösliche 
rothe  OartAamin,  welches  als  Malerfitrbe 
und  Schminke  (rouge  d'Espag^ne,  fard  de  la 
Chine)  benutzt  wird;  früher  officinell. 

Carionche  (fr.,  spr.  -tusch),  Hülse  aus 
Papier  oder  Wolle,  welche  die  Geschütz* 
laduiu;  umschliesst. 

Cartirright  (spr.  KartreiO,  Ed$aund,  engl. 
Mechaniker,  geb.  24.  April  1743  zu  Marsham, 
1785—96  Präi>endar  in  Doneaster,  dann  in 
Lincoln,  später  in  London:  f  Okt.  1883 
in  Hastiugs.  Konstruirte  1786  «Ine  Web- 
maschine, 1790  eine  WoUkrämpelmaachine, 


Caruin  —  Cassini. 


391 


erachte  «ach  schon  Schiffe  nnd  Wa^^en  durch 
Dampf  Sil  bewegen. 

Carvm  X.  (Kümmel)^  Pflanaengattasg  der 
Doldengewächse.  Gamm  Oanri  L.,  gemeiner 
Kürnrnd,  in  Mitteleuropa,  seines  Samens 
halber  Yiel&ch  knltivirt.  C.  Bulbocastannm 
Xoch,  Kcutanienkümmel ,  in  Süd-  und  West- 
europa» mit  knolliger  Wurzel  (Erdkastanien, 
£rdnüsse),  die  geröstet  gegessen  werden. 

CarnSy  JT.  Aurelius,  röm.  Kais»r,  aus 
Karbo  in  Gallien  oder  aus  llailand  gebürtig, 
hinter  Kaiser  Probus  Praefectus  praetorio, 
wurde  nach  dessen  Ermordung  2^  n.  Chr. 
zum  Kaiser  erhoben,  ernannte  seine  Söline 
Carinns  und  Kumerlanus  zu  Cäsaren,  schlug 
die  Sarmaten,  unterwarf  Mesopotamien; 
-f  283  in  seinem  Lager  jenseits  des  Tigris. 

Canu.  1)  Karl  Oustav,  Arzt,  geb.  8.  Jan. 
1789  in  Leipzig,  ward  1814  Direktor  der  ge- 
bnrtshülfl.  Klinik  zu  Dresden,  1827  Leibarzt 
des  Königs  von  Sachsen ;  f  28.  Juli  1869  zu 
Dresden.  Hauptwerke:  ,Lehrb.derZootomie* 
<2.  Aufl.  1834);  ,Lehrb.  der  Gynäkologie'  (3. 
Aufl.  1838,  3  Bde.) ;  ,Grundz&ge  zur  Yerglei- 
eilenden  Anatomie  und  Physiologie*  (1828, 
3  Bde.);  ,Grundzüge  einer  neuen  Kranio- 
skopie<  (1841);  ,Atlas  der  Krauioskopie^  (2. 
Aufl.  1864);  »Psyche.  Zur  Entwickelungs- 
geschlchte  der  Seele*  (3.  Aufl.  1860):  ,Sym- 
bolik  der  menschlichen  Gestalt*  (2.  Aufl. 
(1858);  ,Vergleichende  Psychologie*  (1866)  etc.; 
sehr,  auch  Mehreres  über  Goethe  und  »Briefe 
über  Landschaftsmalerei*  (1885),  »Lebenser- 
iunemngen*  (1865—66,  4  Bde.).  —  2)  Victor 
Julius,  Zoolog  und  Zootom,  geb.  25.  Aug.  1823 
zu  Leipzig,  ward  Konservator  des  verglei- 
chend anatom.  Museums  zu  Oxford,  1853 
Prof.  zu  Leipzig.  Sehr.  ,Zur  näheren  Kennt- 
niss  des  Generationswechsels*  (1849) ;  ,System 
der  thier.  Morphologie'  (1853);  »Icones  zoo- 
tomicae*  (Th.  1,  1857);  gab  mit  Engdtnann 
,Bibliothcca  zoologlca'  (1862, 2  Bde.)  und  mit 
{f'erUäcker  »Handbuch  der  Zoologie*  (1868  f.) 
heraus. 

Carf  a  Xutt.  (EickorpnuM8)f  Pflanzengattung 
der  Araentaceen.  0.  ofivaeformis  Ifutt.,  Baum 
am  Ohio»  Mississippi,  in  Louisiana  mit 
sehr  schmackhaften,  ölreichen  Nüssen  (wich- 
tiger Handelsartikel). 

i^axjophj\UuL.(Gewiirznelkenbaiim),  Pflan- 
•y.engattung  der  Myrtaceen.  C.  aromatieus 
L.,  Eugenia  caryophyllata  2%ttn6.,  immer- 
t^rüner  Baum  von  den  Molukken  (bes.  Am* 
l)oina),  kultivirt  auf  den  Maskarenen»  auf 
Penang,  Sumatra,  Jamaika,  Trinidad,  Bra- 
silien und  Zanzibar,  liefert  in  denBläthen- 
linospen  die  Gewürznelken  oder  Kreidnelken 
•(Caryophvlli  aromatici),  in  den  Flüchten  die 
Mutternelken  (Anthophylli). 

Casale.  Stadt  in  der  ital.  Prov.  Cuneo. 
am  Po,  26,032  Fw. ;  Kathedrale  fl474  gegr.) 
mit  prächtiger  Marmorkapelle  (1808  voll- 
endet), Gitadelle.  Ehedem  die  feste  Bauptst. 
des  Herzogthums  Montferrat. 

CaMlnaggiore  (spr.  -dschore),  Stadt  in 
der  ital.  Prov.  Cremona,  am  Po,  15,317  Ew. 
Grosse  Danunwerke. 

Casamansa,  Küstenfluss  in  Senegambien, 
45  M.,  der  Unterlauf  seit  1860  franz.,  an 
«einer  Mündung  das  franz.  Fort  Oaräbane» 


CMAiaicciola  (spr.  -mltschKU),  Badeort 
auf  der  Insel  Ischia»  am  Epomeo,  8700  Ew. 

CascarUla,  s.  Cfroton. 

Caserta  (0.  nuova),  Hauptst.  der  ital. 
Prov.  Terra  dl  Lavoro,  nördl.  von  Neapel, 
27,728  Ew.;  her.  königl.  Schloss  (1752  erb.), 
mit  herrl.  Garten  und  grossem  Aquädukt ; 
Lustschloss  Belvedere;  gr.  Seidenfabr. 

Cash  (engl.,  spr.  Käsch),  s.  v.  a.  baar. 

Gatiqniare,  Fluss  im  inneren  Venezuela, 
geht  vom  Orinooo  ab  zum  Bio  Negre  (Neben- 
fluss  des  Amasonenstroms),  60  M.  lang. 

Casqnet  (fr.,  spr.  Kaskeh),  Helm. 

Cassandra  (Alexandra),  Tochter  des  Pria- 
mus  und  derHecuba,  Zwillingsechwesterdes 
Helenus,  erhielt  von  Apollo  die  Ghkbe  der 
Weissagung,  verkündete  Trojas  Fall  vor- 
aus, fiel  dem  Agamemnon  als  Beute  zu  und 
wurde  mit  diesem  von  Clytämnestoa  er- 
mordet; nach  Andern  von  Ajax  dem  Lokrer 
am  Altar  entehrt  und  zur  Sklavin  gemacht. 

Canandra,  das  westl.  der  3  Vorgebirge  der 
chalcid.  Halbinsel;  östl.  daran  der^tM«n  v.  O. 

Canino,  Stadt  in  der  ital.  Prov.  Mailand, 
an  der  Adda,  5592  Ew.  16.  Aug.  1705  Sieg  des 
Pr.  Eugen  über  die  Franzosen  unter  Vend6me; 
27.  April  1799  ßieg  Suworows  über  Moreau. 

CasseroUe  (fr.),  flaches'Gefäss  von  vwzinn- 
tem  Kupfer,  Eisen  oder  Thon  aum  Kochen. 

Casseite  (fr.)»  Geldschrank;  in  der  Bau- 
kunst vertiefte  Felder  zur  Decken  Verzierung. 

CaMia  L.  (Kassie),  Pflanzengattung  der 
Oäsalpinieen.  C.  Absus  L.,  Chichimkaesie, 
Chichonpßange,  in  Aegypten  und  auf  Ceylon 
mit  heilkräftigen  Samen.  0.  Fistula  £., 
Böhrenkassie ,  Baum  in  Lidien,  Aegypten 
und  dem  trop.  Amerika,  liefert  Nutzholz; 
die  Früchte  (Purgir-,  Fisetkassie),  mit  Pflau- 
menmus ähnlichem  Mark  erfüllt,  sind  offl<- 
cinell.  Mehrere  Arten,  bes.  C.  leuitiva  Bisch.,  . 
und  G.  obovata  CoUaäon,  Sträucher  des  arab.> 
afrikan.  Gebiets,  liefern  Sennesblätter. 

Caisla  caryophyllata  (Nelkenkassie) ,  aro- 
mat.  Binde  von  Gicypellium  caryophyllatum 
Kees,  Persea  caryophyllata  Mart.  aus  Ame- 
rika, früher  officin.,  jetzt  als  Gewürz  benutzt. 

Cassia  cinBamomea  (Zinmetkassie,  /ranx,, . 
indischer  f   chinesischer  Zimmt),   Mittel-  und 
Ihnenrinde  von  Ginnamomum  Cassia  Büune, 
s.  Olnnamonmm, 

'  Canfaly  l)  Oiovanni  Domenico,  Astronom 
und  Geograph,  geb.  8.  Juni  1625  zu  Perinaldo 
bei  Nizza,  ward  1650  Prof.  der  Astronomie 
zu  Bologna,  entwarf  eine  Tafel  der  Befraktio-. 
nen,  beobachtete  1664  u.  1665  in  Born  2  Ko- 
meten und  bestimmte  ihre  Bahn,  berichtigte 
die  Theorie  der  Bewegungen  der  Jupiter- 
trabanten und  bestimmte  die  Umdrehungs- 
zeit  des  Jupiter.  Seit  1669  Direktor  der  pa- 
riser Sternwarte,  entdeckte  er  4  Trabanten 
des  Saturn,  fitnd  die  Gesetze  der  Bewegung 
des  Mondes  um  seine  Axe  (casainisches  Qe- 
setz);  t  1^*  Bejßt.  1712.  Sehr.  ,Observatione8 
cometae  anni  1652—53*  (1653);. »Opera  astro« 
nomica*  (1666)  u.  A.  —  2)  Jacques,  Astro- 
nom und  Physiker,  Sohn  des  Vor.,  geb. 
18.  Febr.  1677  in  Paris,  nach  dem  Tode  des 
Vaters  Direktor  der  Sternwarte  das.;  f  ^^> 
April  1756  in  Thury  bei  Glermont.  Ausge- 
zeichneter Beobachter.    Sehr.  ,Trait6  de  la 


392 


Gassiodorus  —  Casus. 


gnmddtir  et  de  1«  Agare  de  1»  terre*  (1720, 
Beaultat  der  ron  Q.  1)  begonneBen  n.  von  ihm 
ToUendeten  Gradmessiiog  Ton  Dünklrofaen 
bis  atun  Canigou);  ,£lemeiit8  d'Astronomie* 
(1740);  jTables  astronom.  du  soleil,  de  la  lune, 
des  planstes  etc.*  (1740). 

CMStodSniSy  Magnm  Aurtliui,  gelehrter 
Homer,  geb.  am  465  n.  Chr.,  bekleidete 
anter  dem  Ostgotbenkonig  Theoderich  and 
dessen  Nachfolgern  wichtige  Staatsämter ;  f 
am  577  über  100  Jahre  alt.  Sehr.  jVariaram 
libri.XIIS  die  yon  ihm  als  Hinister  abge- 
lösten Schreiben  etc.  enthaltend,  wichtiges 
Qaellenwerk,  and  ,Historia  OotboramS  nar 
im  Aaazag  von  Jordanea  erhalten. 

GassiOpeJa^  Sternbild  am  nördl.  Himmel 
syrischen  Oepheus  and  Perseas,  55  Sterne, 
davon  5  dritter  Grösse,  die  ein  W  bilden. 

Ca88ln§9  1)  Oajus  C.  Longintu,  nebst  Bra- 
tas  Hanpt  der  Verschwörang  gegen  Cäsar, 
53  ▼.  Chr.  Qnästor  des  Orassas  im  Krieg 
gegen  dieParther,  als  Anhänger  des  Pompejus 
▼on  Cäsar  begnadigt,  44  t.  Chr.  Prätor,  ging 
Sept.  43  nach  Syrien ,  vereinigte  sich  in 
Sardes  mit  Bratus,  ward  bei  Philipp!  42  von 
Antonius  geschlagen  and  Hess  sich  dorch 
einen  Freigelassenen  tödten.  —  3)  C,  aus 
Parma  gebartig,  einer  der  Mörder  Cäsars, 
befehligte  anter  Brutus  und  Cassius  eine 
Abtheilung  der  Flotte,  ward  später  Legat 
bei  Antonius,  nach  der  Schlacht  bei  Actium 
auf  Octavians  Befehl  getödtet;  auch  Dichter. 

Castane«,  Pflanzengattung,  s.  Ka$tanie, 

Castelfldardo.  Ort  in  der  ital.  Prov.  Ancona, 
€275  Ew. ;  18.  Sept.  1860  8ieg  Cialdlnis  über 
die  Päpstlichen  unter  Lamoricidre. 

Castelflraneo  9  Stadt  in  der  ital.  Proy. 
Treyiso,  am  Musoue,  9319  Ew.;  23.  Kov. 
1805  Bieg  der  Franzosen  unter  St.  •  Cyr  aber 
die  Oesterreicher  unter  Prinz  Kohan. 

CMtelC^andolfb;;  Flecken  bei  Rom ,  am  Alba- 
nersee; seit  1596  päpstl.  Eigenthum,  Sommer- 
sitz des  Papstes;  nahe  die  Villa  Barberini. 

Castellamire  (C.  di  Stabia),  Stadt  in  der 
ital.  Proy.  Neapel,  am  Meere,  21,794  Ew.; 
fichiffswerfte,  Bagno,  Mineralquellen,  Leder- 
fabr.    Unfern  die  Ruinen  von  Stabiä. 

Cutellly  Stadt  in  der  ital.  Proy.  Abruzzo 
Ulter.  I,  am  Gran  Sasso,  %77  Ew.,  alte  her. 
Mal  olikafabriken. 

CagtelU}  Ignaa  Fviedr.,  Dichter,  geb.  6. 
Mai  1781  in  Wien,  1811—14  Hoftheaterdichter 
am  Kärthnerthortheater  das. ;  f  5.  Febr.  1862. 
Sehr,  über  100  Bühnenstücke,  meist  voll 
Iiaune  undBonhommie  (darunter  die , Schwei- 
zerfamilie*, vonWeigl  komponirt,  ,Die  Schwä- 
bin*, ,Der  Lügner  u.  sein  Sohn*,  ,Der  Sohick- 
salsstrumpr,  Satire  gegen  die  Schicksals- 
tragödie);  ,Erzählungen,  Schilderungen  und 
die  treffl.  ,Gedichte  in  niederösterr.  Mund- 
art* (1828).  Sämmtliche  Werke  (3.  Aufl. 
1868-59. 22  Bde.).  »Memoiren*  (1861,  4  Bde.). 

Castello  Branco^  Hauptstadt  der  Proy. 
Nieder -Beira  in  Portugal,  6700  Ew. 

Castellon  de  la  Plana,  span.  Proy.  in 
Valencia,  145  QM.  und  282,715  Ew.  Die 
gleichnam.  Haupiat,,  19,300  Ew. 

Castelnaudary  (spr.  -nodäri),  Stadt  im 
südfiranz.  Depart  Aude,  am  Kanal  du  Midi, 
9075  Ew.    1.  Sept.  1682  üieg  des  Marschalls 


Schomberg  über  den  Herzog  yon  Orlöan» 
(Bruder  Ludwigs  XIII.). 

Castel  yetrino.  Stadt  auf  Siciiien ,  Prov^ 
Trapani,  18,158  Ew.  Uralte  Kathedr.  Unfent' 
die  Ruinen  von  Selinunt. 

CastlgUoiie  delle  StMSre  (spr.  -iljone)» 
Flecken  in  der  ital.  Prov.  Brescia,  57(^£w.. 
Hier  5.  Aug.  1796  Bieg  Bonapartes  über  die 
Oesterreicher  unter  Wurmser;  daher  Auge- 
reau  Hertog  von  0. 

Castil-BIaae,  s.  Blate, 

CastllhO  (spr.  -ilju),  Antonio  JFeliciano  de, 

E>rtug.  Dichter,  geb.  26.  Jan.  1800,  lebt  in 
issabon,  Mitglied  der  das.  Akademie  derWis- 
senschaften.  Hauptwerke:  ,Cartas  de  Echo 
e  Narcisso',  ,A  Noite  de  Castello*,  .Amor  e 
melancolia*  u.  a.    ,Obras*  (1855—59,  20  Bde.). 

Castlllejo  (spr. -IJecho),  OristövcU  de,  span. 
Dichter,' geb.  um  1490  zu  Oludad  Bodrigo, 
stand  in  Diensten  K.  Ferdinands  I.;  t  ^^* 
Juni  1556  zu  Wien.  Begeisterter  Verehrer 
des  altkastil.  Stils,  kämpfte  in  scharfen  Sa- 
titeh  gegen  die  Nachahmang  der  Italiener; 
am  bedeutendsten  in  der  Romanze  und  im 
schalkhaft   erot.  Volkslied.      ,Obras*  (1596). 

Castlereagh  (spr.  KästUrih),  Henry  Bobert 
Steioart,  Vitcount,  seit  1821  Marquis  von  Lon- 
donderry,  engl.  Staatsmann,  geb.  18.  Juni 
1769  auf  dem  Familiensitze  Mount-Stewart  in 
der  irischen  Grafscb.  Down,  betrieb,  seit  1797' 
erster  Sekretär  bei  der  irischen  Verwaltung, 
die  Vereinigung  Irlands  mit  Engriand ,  war 
1804—6  und  1807—9  Kriegs-  und  Kolonial- 
minister, trat  in  Folge  eines  Duells  mit  sei- 
nem Kollegen  Canuing  1809  zurück,  seit  1812 
Minister  des  Auswärtigen,  die  Seele  der 
Koalition  gegen  Napoleon ,  verfolgte  nach 
dessen  Sturz  eine  sehr  antiliberale  Politik,, 
tödtete  sich  im  Wahnsinn  22.  Aug.  1822  durch 
Eröfflaung  der  Pulsader  am  Halse  mit  dem 
Federmesser.  Seine  ,Correspondence,  des- 
patches  and  other  papers*  gab  sein  Bruder 
Vane,  Marquis  von  Londonderry,  (Bd.  1—4, 
1847,  second  series,  Bd.  5—8,  1851;  heraus. 

Castor,  8.  Dioskuren. 

Castor^  Stern  8.  Grösse  in  den  Zwil- 
lingen, Doppelstern,  ein  Fundamentalstem 

Castor^  s.  Biber.  [Bessels. 

Castra  (lat.,  Plnr.   von  Castram,  Lager), 
.Name  vieler  röm.  Orte,  die  aus  Standlagem 
entstanden:  C. Bonnensis, i.'Bonn;  CBoUava, 
J.  Passau;    C.  Begina,  j.  Regensbarg,  etc. 

Castres  (spr.  Kastr),  alte  Stadt  Im  franz. 
Depart.  Tarn,  am  Agout,  21,357  Ew. 

Castriecibaly  Bai  an  der  Ostküste  des  Amor- 
landes;  daran  der  Jlexanderpoaten, 

Castro  Giovanni  (spr.  Dschow-),  Stadt  auf 
Siciiien,  Prov.  Caltaxiisetta,  14,084  Ew.,  Gi- 
tadelle;  auf  der  Stelle  des  alten  Enna. 

Catttrum  (Lat.),  militärisches  Lager. 

Castram  obloris  (lat.,  Trauerbühne,  fr- 
chapelle  ardente),  Katafetlk  in  einein  schwarz 
behangenen,  erleuchteten  Lokal,  zu  Ehren 
hoher  Verstorbener  errichtet,  tr^  den  Sarg 
und  die  Insignien  des  Todten. 

Casn  (lat.),  durch  Zufitll. 

Casus  (lat.),  Zufall;  im  Rechtswesen  zu- 
fälliger Schaden.  O.  belli,  KriegsfoU,  Fall» 
in  welchem  sich  ein  Staat  zur  Kriegserklä- 
rung   gegen    einen    anderen ,    O,  foederis, 


Gaaus-  —  Oats. 


398: 


mam  BSttdiüss  mit  einem  anderen  Teraa- 
laset  sieht. 

ۥ808  (lat.,  Beugefmt),  in  der  Grammatik 
di«  rerschiedeuen  Abäudemngen  der  Stamm- 
form des  Nomens,  nm  die  Bexiehungen  ans* 
andrücken,  in  welche  es  mit  anderen  Wör- 
tern des  Satzes  tritt,  im  Deutschen  4  (No- 
minatiT,  GenitiT,  Datir,  Aconsativ),  im 
Griech.  5  (die  genannten  nnd  Vokativ)»  im 
Iiat.  6  (die  genannten  nnd  Ablativ).  No- 
minativ und  Vokativ  heissen  0.  reett,  d.  i. 
unabhängige,  die  übrigen  OL  c^Uqui,  ab- 
hängige. ,  Die  neueren  Sprachen ,'  vrio  ,das 
Frana.  und  Engl.,  haben  keine  eigentlichen 
C,  sondern  bedienen  sich  an  deren  Stelle 
der  Pr&positionen. 

CataliAl,  Angelika^  her.  ital.  S&ngerin,  geb. 
1768  in  Sinigaglia,  Uat  zuerst  1798  in  Vene- 
dig anf,  war  1801—6  an  der  Bühne. von 
Lissabon,  ging  dann  (mit  dem  Kapitän  Va- 
l*bresque  verheirathet)  über  Madrid  und 
Paris  nach  London ,  wo  sie  8  Jahre  blieb, 
fahrte  1814—15  die  Direktion  der  ital.  Oper 
in  Paris,  machte  wiederholt  Kunstreisen 
([anretst  1886)  durch  fast  ganz  Suropa ,  die 
ihr  grosse  Beichthümer  eintrugen,  lebte  dann 
theUs  auf  einer  Villa  bei  Florenz ,  wo  sie 
eine  Gesangsschule  tvßc  Mädchen  gründete, 
theils  in  Paris;  f  ^*s.  13.  Juni  1889  an  der 
Cholera.  Ihr  Gesang  charakterish't  durch 
Grossheit  des  Vortrags ;  ihre  ausserordent- 
lichen Stimmmittel  wie  ihre  techn.  Aus- 
bildung gleich  erstaunlich. 

Catamarea,  Staat  im  NW.  der  argentin. 
Konföderation,  1716  QM.  und  (1868)  110,000 
Ew. ;  meist  gebirgiges  Hochland ,  mit  aus- 
gezeichnet fruchtbaren  u.  gesunden  Thälem. 
Kupfer,  Gk}ld,  Binder,  Wein,  Baumwolle, 
Tabak  etc.    HaupM.  0.,  5150  Ew. 

Catanea  (Oatania),  Provr  auf  Sicilien, 
92,6  QM.  und  460,190  Ew.  —  Die  Hauptat,  0. 
(im  Altertham  Oatana),  am  Aetna  und  am 
Meer,  die  schönste  Stadt  Siciiiens,  68,810 
Ew.;  Kathedrale  (18.  Jahrb.),  Universität 
(seit  1445),  prächtiges  Benediktinerkloster; 
iQephantenpiatz  (mit  einem  antiken  Ele- 
phanten  aus  Lava,  einen  Obelisk  aus  ägypt. 
Granit  tragend).  Seidenwebereien.  BLafen, 
durdi  Iiavaströme  grossentheils  verschüttet. 
Verheerungen  durch  Erdbeben  1169,  1669 
und  bes.  1693.  Born.  Alterthümer  (Amphi- 
theater, Aquädukt  etc.). 

Catanziro,  Hanptst.  der  ital.  Prov.  Ga- 
labria  ultra  ü,  am  Golf  von  SquiUaoe, 
S8,450  Ew.,  Seiden-  und  Oelhandel. 

Cataraeta  (gr.),  grauer  Staar. 

Cathartlea  (gr.),  ausleerende  MItteL 

Cathcart  (spr.  Käth-),  George,  geb.  18.  Mai 
1794,  wohnte  den  Feldzügen  von  1818  —  14 
bei,  veröffentlichte  darüber  die  ,Goromen- 
taries  on  the  war  in  Bussia  and  Ge^mauy 
in  1818  and  1813'  (1860).  Seit  1858  Oberbe- 
fehlshaber im  Kaplande,  beendigte  er  den 
Kaffernkrieg,  übernahm  dann  als  General- 
lieutenant das  Kommando  über  eine  TU- 
Vision  unter  Lord  Baglan  in  der  Krim;  fiel 
5.  Nov.  1854  bei  Likerman. 

CatheUnean  (spr.  -linoh),  Jacqwa,  Ober- 
general der  Vendöer,  geb.  5.  Jan.  1759  im 
Flecken  Pin-en-Mange,  rief  März  1793  die 


junge  Mannschaft  in  der  Gegend  von 
St.-FIorent  zum  bewaffioteten  Widerstände 
gegen  den  Konvent  auf,  stellte  sieh  dann, 
unter  den  Oberbefi»hI  Bonobamps  u.  Elbtes^ 
griff,  nach  der  Einnahme  von  Saumur  13.  Juni 
1793  zum  Obergeneral  erwählt,  Nantes  an», 
ward  89.  Juni  1793  zurü^gesehlagen;  f  ^^- 
Juli  zu St.-Florentin Folge einerVerwundung.- 

Catilina^  jMoiu»  BergiM*,  Römer,  geb.  um- 
106  V.    Chr.,    SprdssHng   einer   verarmten, 
patric.  Familie,  betheiligte  sich  an  Sullas 
Proskriptionen,  ward  68  Prätor,  verwaltete-' 
67   die  Provinz  Afrika,  .ward  wegen  Er- 
pressung daselbst  von  der  Bewertmng  um 
das  Konsulat  für  65  zurückgewiesen,  zettelte- 
darauf  eine  Verschwörung  an  zum  Umsturz 
der  Verfassung  und  Tilgung  aller  Sohulden. 
Von   Cicero   8.  Nov^  63  vor  versammeltem^ 
Senate  in  heftiger  Bede  angeklagt,  verliesa- 
er  Rom,  ward  geächtet,  Jan.  68  bei  Pistoja. 
geschlagen   und  fiel   im  Kampfe.    Vgl.  die 
Schriften  über  0.  v.  Hagen  (1854)  u.  Wim  (1864). 

i^tOy  1)  Marcus  Bordu»  öetuorius,  auch 
Sapiens  (der  Weise)  und  später  Major  (der 
A eitere)  genannt,  geb.  834  (839)  v.  Chr.  zu 
Tuscnlum,  ward  804  Quästor,  199  Aodil,  198< 
Prätor,  195Slonsul,  unterwarf  dann  das  dies- 
seitige Spanien  wieder,  entschied  191  als 
Legat  des  Konsuls  Manlius  Acilius  Glabrlo 
durch  seinen  Uebergang  über  den  Oeta  den- 
Sieg  über  Antiochns  von  Syrien  in  den. 
Thermopylen.  Als  Gensor  snehte  er  die- 
altröm.  Einfalt  n.  Sittenstrenge  aufrecht  zu 
erhalten.  Als  unversöhnlicher  Gegner  des- 
wiederaufbltthenden  Karthago  schloss  er 
Jede  Rede  mit  den  Worten:  ,Geterum  censeo 
Garthaginem  esse  delendam'  (d.  i.  übrigens- 
stimme  ich  für  die  Zerstörung  Karthagos) ; 
t  149  V.  Ghr.  In  Ueberarbeitung  ist  von. 
ihm  erhalten  die  Schrift  ,De  re  rustica' 
(herausg.  in  Schneiders  ,Script(Mres  rei  rusti-- 
cae*,  1794—97,  4  Bde.).  Fragmente  seiner- 
Schr.  gesammelt  von  Jordan  (1860).  —  8)  Mar' 
cus  Poreius  Minor  oder  Uticensis ,  von  dem:. 
Orte  seines  Todes  genannt,  UrenkeLdes  Vor., 
£^b.  96  V.  Chr.,  focht  42  gegen  Spartacus, 
67  als  Kriegstribun  in  Maoedonien,  ward  65- 
Quästor ,  widersetzte  sich  vergeblich  der  Be- 
werbung Gäsars  um  das  Konsulat  für  '59» 
54  zum  Prätor  gewählt,  vereitelte  er  des- 
Pompejus  Plan,  im  nächsten  Jahre  die  Dik- 
tatur tXL  erhalten,  sah  sich  aber  durch  die 
Gewalt  der  Umstände  zu  der  Partei  des- 
selben hingedrängt.  Nach  des  Pompejus- 
Tod  in  Afrika  zum  Führer  der  Pompejaner 
gewählt,  lehnte  er  ab  und  übernahm  den. 
Befehl  in  Utica.  Hier  tödtete  er  sich  auf 
die  Kunde  von  Gäsars  Sieg  bei  Thapsns 
selbst.  Seine  Tochter  Forcia,  die  Gemahlin 
des  Brutus,  tödtete  sich  ebenfalls,  sein 
Sohn  Mareua  fiel  bei  Philippi. 

^to  (OalonisdistieAamoralia),  Sammlung 
lat.  abgefasster  Lebensregeln ,  einem  unge- 
wissen Dichter  (DionyttHs  Oato,  3.  Jahrh. 
n.  Ghr.)  zugeschrieben;  wurden  das  ganze- 
Mittelalter  hinduroh  in  den  Schulen  gelesen, 
und  in  alle  Sprachen  übersetzt  (deutsch 
zuerst  von  Nother  11.  Jahrb.,  von  lUisehner 
1838).  Vgl.  Zamcke,  ,Der  deuts<die  G.S  1853.. 

Cats,  Jak,,  holländ.  Dichter;  geb,  10.  Nov» 


394 


Catskillberge  —  Gavour. 


1577  EQ  Broawershayeft  In  Zeeland,  Staata- 
mann  und  Bechtagelebrter ;  f  12.  Sept.  1660. 
Seine  Lehrgedichte,  Allegorien  und  Erzäh- 
lungen, gesammelt  in  ,Het  book  Tan  Yader 
<0.',  waren  Ms  ins  18.  Jahrb.  die  beliebteste 
Iiectüre  in  Holland.  ,Werke<  (n.  Ausg.  1828). 

Catskillberge  (spr.  Käts-),  Seitenkette 
der  Alleghanies,  rechts  am  Hudson;  im 
Round  Top  8672',  High  -Peak  3496'  h. 

Cattiroy  Stadt  in  Dalmatien,  in  der  Bucht 
BoQche  di  C»,  von  hohen  kahlen  Bergen  um« 
echlossen,  3589  Ew.;  stark  befestigt,  in 
eteter  Handelsyerbindung  mit  Montenegro, 
Kriegshafon  ersten  Ranges.  Früher  selb- 
ständige Republik,  schloss  sich  1420  Venedig 
an,  seit  1797  österreichisch. 

CatlüliWy  Caj.  Vdleriug,  röm.  Dichter,  aus 
Sirmio  am  Gardasee,  geb.  87  y.  Chr.,  Freund 
des  Cicero ;  f  ixm  180.  fiinterliess  116  meist 
kleinere  Gedichte  lyrischen,  elegischen  und 
eplgrammat.  Inhalts.  Zu  Anüang  des  14. 
Jahrb.  su  Verona  aufgefunden.  Ausgaben 
yon  Haupi  (3.  Aufl.  1868),  Lackmann  (2.  Aufl. 
1861) ,  Bosabaeh  (2.  Aufl.  1860) ,  deutsch  yon 
Hey»e  (1855),  Stromberg  (1860),  Preasel  (1856). 

Cauea  (spr.  K&-uka),  Staat  der  Föderatiy- 
republik  Keugranada,  am  stillen  Meer, 
12,109  QM.  und  437,102  Ew. ;  im  N.  eben,  im 
S.  gebirgig;  im  Innern  gesund.  Zuckerrohr, 
Kakao,  Fieberrinde,  Gold  u.  Platin  werden 
e,usgef&hrt.    Hauptst.  Popayan. 

Cauea^  Nebenfluss  des  Magdalenenstroms 
in  Neugranada,  fliesst  yon  S.  nach  N., 
mündet  .unterhalb  Mompax,  147  M. 

Caulaincourt  (spr.  Koläugkuhr),  Armand 
AugiuHn  Louis  de  C,  Herzog  von  Vicenga, 
Staatsmann  des  1.  franz.  Kaiserreichs ,  geb. 
-9.  Dec.  1778  zu  Caulaincourt  (Dep.  Somme), 
machte  als  Kapitän  den  Feldzug  yon  1792 
mit,  ward  als  yerdächtiger  Adeliger  ent- 
lassen und  eingekerkert,  trat  dann  als  ge- 
,  meiner  Grenadier  ins  Heer,  kommandirte 
im  Feldzug  1800  als  Oberst  ein  Karabinier- 
reglment,  ward  1805  Diyisionsgeneral,  nach 
Napoleons  Thronbesteigung  Grossstall- 
meister,  1807—11  Gesandter  in  Petersburg, 
folgte  dann  Napoleon  nach  Russland  und 
begleitete  denselben  auf  seiner  eiligen 
Rückfahrt.  Während  der  Ereignisse  yon 
1813  mehrmals  bei  diplomat. Verhandlungen 
gebraucht,  ward  er  Noy.  d.  J.  Minister  des 
Aeusseren,  nach  Napoleons  I.  Rückkehr 
Pair  und  nach  dessen  zweiter  Abdankung 
Mitglied  der  Regierungskommission;  f  19. 
Febr.  1827  zu  Paris. 

Cavlig  (lat.),  Stengel. 

Causa  (lat.),  Ursache,  Angelegenheit,  bes. 
Rechtssache;  daher  das  franz.  Csums  cilibres 
<8pr.  Kohs  seläwr*) ,  merkwürd.  Rechtsialle. 

Tanstica  (lat.),  Aetzmittel. 

Causticnm  limare  O^t) ,  Höllenstein. 

Canterets  (spr.  Kotereh),  berühmter  Bade- 
ort im  franz.  Dep.  Oberpyrenäen,  an  der 
Gave  de  O.  in  wildem  Gebirgsthal,  1500  Ew. 
S2  Quellen  yon  16— 55o  R. ,  in  9  Etablfsse- 
tnents ;  jäbrl.  bis  15,000  Gäste.  [»ation. 

Caaterla  (lat.),  Brennmittel,  s.  Kauteri- 

Canx  (spr.  Koh),  reizende  und  fruchtbare 
Xiandschaft  im  franz.  Depart.  Niederseine; 
Hauptstadt  Oiudebee,  5000  Ew. 


Caya,  Stadt  in  der  ital.  ProT.  Prin<äpato 
oiter.,  19,480  Ew.;  ber.  Benediktinerabtef 
mit  handsohrlltl.  Schätzen.  Lebfa.  Industrie. 

CaralgBae  (spr.  Kawanjak),  Eugene,  frainz. 
General,  geb.  15.  Okt.  1802  zu  Paris,  machte 
als  Kapitän  die  franz.  Expedition  nach 
Morea  mit,  diente  seit  1832  in  Algerien  und 
ward  1844  Brigadegeneral.  Nach  der  Febmar- 
reyolution  GK>uyerneur  yon  Algerien ,  dann 
Mitglied  der  Nationalyersammlang ,  nach 
dem  Attentat  yom  15.  Mai  1848  Kriegsmi- 
nister, erhielt  er  23.  Juni  die  Ißlitärdiktatur, 
'beendete  den  Jnnikampf  und  gab  darauf  der 
Nationalyersammlung  die  ihm  übertrage- 
nen ausserordentlichen  Vollmachten  zurück. 
Zum  Präsidenten  des  Ministerconseils  dMr 
Exekutiygewalt,  d.  h.  zum  yerantwortlichen 
Staatsoberhaupt  der  Republik  ernannt, 
stellte  er  Ruhe  und  Sicherheit  wieder  her, 
erhielt  als  Kandidat  zur  Präsidentenwürde 
IVs  Mill.  Stimmen  und  legte  20.  Deo.  seine 
Gewalt  in  die  Hände  Ludwig  Napoleons 
nieder.  In  die  gesetzgebende  Versammlung 
gewählt,  bildete  er  mit  einigen  Anderen 
das  republikan.  linke  Oentrum.  Während 
des  Staatsstreichs  2.  Dec.  1851  yerhaftet, 
aber  bald  wieder  freigelassen,  nahm  er 
seinen  Abschied  als  Militär,  ward  in  den 
gesetzgebenden  Körper  gewählt,  konnte 
aber  als  Eidesyerweigerer  nicht  eintreten, 
lebte  seitdem  zurückgezogen  in  der  Nähe 
yon  Maus;  f  ^-  Okt.  1857. 

Cayaller  (fr.,  ital.  CavcUiere),  ursprünglich 
Reiter,  dann  Ritter,  Edelmann. 

Cayan,  Grafsch.  in  der  Irland.  Pix>y.  Ulster, 
35  QM.  und  153,906  Ew.  Hauptst.  C,  3816  Ew. 

Cayatina  (Oatfata,  ital.),  kleine,  nicht 
weiter  ausgeführte  Arie,  deren  Haupttheil 
nicht  wiederholt  wird. 

Cayour  (spr.  -wuhr),  OamÜlo  Benso,  Graf 
von,  ital.  Staatsmann,  geb.  1.  Aug.  1810  zu 
Turin,  erst  Genieoffizier,  nahm  1831  seinen 
Abschied  und  widmete  sich  der  Laadwirth- 
schaft  und  industriellen  Unternehmungen. 
Nach  Verleihung  der  Konstitution  Febr. 
1848  in  die  Kammer  gewählt,  unterstützte 
er  das  Ministerium  d'Azeglio,  übernahm 
1850  das  Portefeuille  des  Handels  u.  Acker- 
baus, dann  auch  das  der  Marine  und  April 
1850  das  der  Finanzen,  setzte  yerschiedene 
wichtige  Gesetze  zur  Entlastung  des  Be- 
sitzes und  der  Arbeit  durch  und  half  der 
Isolirtbeit  Sardiniens  durch  Abschliessung 
einer  Reihe  yon  Handels-  und  Schifffahrts- 
y  ertragen  ab.  In  Folge  seiner  Annäherung  an 
die  Linke  mit  den  übrigen  Ministem  in  Zwie- 
spalt, trat  er  Mai  1852  aus  dem  Kabinet  aus, 
ward  aber  schon  4.  Noy.  d.  J.  an  die  Spitze 
eines  neuen  berufen ,  worin  er  zugleich  die 
Portefeuilles  der  Finanzen,  des  Handels  u. 
Ackerbaus,  später  auch  das  des  Auswärtigen, 
sowie  1857  noch  das  des  Innern  übernahm, 
stellte  nach  der  Schlacht  yon  Magenta  in 
einer  Cirkulardepesche  an  die  Höfe  die  Aus- 
schliessung Oesterroichs  yon  der  Halbinsel 
als  das  Ziel  des  Kriegs  auf,  dankte  nach 
dem  Frieden  yon  Villafranca  ab.  Nach  dem 
Züricher  Friedensschlüsse  16.  Jan.  1869 
wieder  Ministerpräsident,  betrieb  er  die 
Einyerleibung   der  Herzogthümer ,    unter-  • 


Cawnpore  —  Cello.. 


895 


«tütete  insgeheim  die  Expedition  Garibaldis 
nach  Sicilien,  richtete  7.  Sept.  1860  ein 
Ufttoiatiun  an  den  pipstl.  Stulil,  Uess  nach 
dessen  Zurückweisung  Umbrlen  und  die 
Marken  besetien  und  die  Piemontesen  ins 
Neapolitanische  einrücken.  Nachdem  er 
18.  Tebr.  1861  in  Turin  das  erste  rereinlgte 
Parlament  eröffnet  hatte,  f  or  6.  Juni  1861. 
Yg].  De  la  Sive,  ,Le  Comte  de  0.*,  1863. 

CawBporey  Stadt,  s.  Khanpur, 

Caxamarcm  (spr.  Kacha-),  Stadt  in  Peru, 
am  Origne^as,  in  8800'  Höhe,  18,330  £w. 
Ruin»  des  Inkapalastes  (Atahualpa  1582  hier 
gelingen);  Stahlindustrie.  Unfern  die  be- 
rühmten Inkabäder. 

CftztOB  (spr.  Käckst*n),  William,  erster 
Buchdrucker  Englands,  geb.  1419  zu  Weald 
in  Kent,  Bürger  und  Kaufmann  au  London; 
t  1492.  Vgl.  Blade$,  ,Life  and  typography  pf 
€.',  1862,  8  Bde. 

CayaasDe  (0«rro  blaneo),  Gipfel  der  Gor> 
dilleren,  nordöstl.  von  Quito,  bis  cum  Fuss 
mit  Schnee  bedeckt,  18,327'  h. 

CayeBüe  (spr.  -jenn),  befestigte  Stadt  in 
Trana.-Gniana,  an  der  Mündung  des  Flusset 
C,  8000  Ew.,  frans.  Deportationsort,  wegen 
des  mörderischen  Klimas  gefürchtet;  auch 
s.  y.  a.  Franz  •Goisna  überhaupt. 

Cayennepfeffer,  die  mit  Weizenmehl  ge- 
mischten, hart  gebackenen  und  dann  ge- 
pulverten Früchte  von  Capsicum  baccatum, 
scharfes  Gewürz. 

Caiembe,  Negerreich  im  Innern  von  Süd- 
^      afrika,   südl.  vom  Tangai^ikasee,  nach  sei- 
nem Beherrscher  0-  benannt  (eigentl.  Okdua), 
5300  QM.  mit  530,000  Ew.    Hauptst.  Lunda. 

Caymaninselay  westind.  Inselgruppe,  südl. 
von  Ouba;  nur  eine,  Gr,  CajfTnan,  bewohnt. 
Hauptprodukt  Schildkröten. 

CeaäL  Prov.  in  BrasUien,  1930  QM.  und 
550,000  Ew.    Die  Haupt$L  0.,  12,000  Ew. 

€ecU  (spr.  Sessil),  Wüliam,  Lord  £urlHgh 
(Burghley),  engl.  Staatsmann,  geb.  13.  Sept. 
1520  zu  Boume  in  der  Grafschaft  Lincoln, 
unter  dem  Protektor  Somerset  1548  Staats- 
sekretär, beim  Sturze  desselben  15.  Okt. 
1549  in  den  Tower  ge&ngen  gesetet,  unter 
Elisabeth  wieder  Staatssekretär,  später 
Grossschatzmeister,  Vertrauter  der  Königin, 
der  er  zu  fast  absoluter  Macht  verhalf, 
'  Haupturheber  der  Verhaftung  und  Hinrich- 
tung der  Maria  Stuart;  f  4.  Aug.  1598.  VgL 
,Memoirs  of  the  life  and  administration  of 
William  0.  etc.*  (1828-82,  8  Bde.). 

Ceelna,  Küstenfluss  im  Toskanisohen,  ent- 
springt am  Monte  di  Gerfalco,  mündet  ins 
Mittelmeer,  9  M.  Sein  Thal  einst  der  herr- 
liche Garten  der  Etrusker. 

Ceeropiy  ältester  König  in  Attica,  wan- 
derte daselbst  im  35.  Jahrh.  v.  Ohr.  ans 
fiais  in  Aegypten  ein,  erbaute  die  Burg  von 
Athen  (Oecropia),  führte  Religion,  GlTilisa- 
tion,  Ackerbau,  die  Kultnr  des  Oelbaums, 
Schifffahrt  und  Handel  daselbst  ein. 

Ceder  ((kdrtu),  Gruppe  der  Koniferen- 
gattung Larix  (Lärche).  Die  Libanonsceder 
U^rix  Cedrus  JlftK.;  in  Südwestasien,  mit 
feinem,  dauerhaftem,  bes.  imAlterthum  be- 
^hmtem  Holz,  liefert  Harz,  dem  Terpen- 
tinöl ähnUches    wohlrieohendea  Gel    und 


bisweilen  einen  mannaartigen  süssen  Stoff*. 
Bine  Abart  0.  atlantica  Maneiti  wächst  auf 
dem  Atlas.  J3«iiui2ayae«d«r  (L.DeodorajSoxft.) 
auf  dem  Himalaya,  zwischen  8000^12,000', 
heiliger  Baum,  liefert  harziges' dauerhaftes 
Holz.  Den  Namen  0.  führen  auch  mehrere 
Arten  von  Juniperus  (s.  Wackholder) ;  wetMt 
G.  ist  Thuja  sphaeroidalis ;  ,Gedemhol«' 
stammt  gewöhnlich  von  Juniperus  virgl* 
niana  oder  Oedrela  odorata. 

Cedlren  (lat.) ,  weichen ,  etwas  abtreten, 
überlassen,  s.  Oe$$ion. 

GefSlu  (spr.  Tsche-)«  Stadt  auf  Sicilien, 
Prov.  Palermo,  an  der  Küste,  10,790  Ew., 
von  Normannen  gegründet;  unfern  das  alte 
Cephalödium. 

Geliiio  (spr.  Tschel-) ,  Stadt  in  der  ital. 
Prov.  Abruzzo  ultra  H,  5908  Ew.;  nördL 
der  See  von  O,  (Fucinersee),  8  M.  1.,  bis  2  M. 
br.,  mit  dem  von  Glaudins  44—64  n.  Öhr.  an- 
gelegten, neuerl.  restaurirten  Abzugskanal. 

GelebcSy  eine  der  grossen  Suudainseln 
im  ostind.  Meere,  3419  QM.,  im  Wesentlichen 
aus  4  ansehnlichen  Landzungen  bestehend 
(zwischen  denselben  die  tiefen  Busen  von 
Gorontalo,  Tolo  und  Boni),  durchaus  ge- 
birgig und  Vulkan.  Natur  (Berge  bis  9000* 
Höhe,  darunter  tliätige  Vulkane);  sahlr. 
Küstenflüsse.  Die  Bevölkerung,  2—3  Mill., 
besteht  aus  Bnginesen  (Malaven)  im  S., 
Makassaren  im  W.  u.  den  noch  unbekann- 
ten ,  wilden  Turajas  (Alftiren)  in  der  Mitte 
und  im  N. ;  dazu  Europäer  und  Ghinesen. 
Boden  sehr  fruchtbar;  Haaptprodukte Kaffee, 
Reis,  Kakao;  weniger  Holz.  Die  HoUänder 
besitzen  von  G.  das  Oonv.  3fangka$9ar  (die 
südl.  und  Südost!.  Landzunge,  nebst  einigen 
Inseln),  2149  QM.  und  341,000  Ew.  und  die 
SesifUntie  Memido  (die  nördl.  Halbinsel. 
Menahassa),  1267  QM.  und  508,000  Ew.  Das 
übrige  Land  besteht  aus  besondern  Reichen 
(am  mächtigsten  das  Fürstenthnm  Boni  im 
SW.),  die  aber  alle  die  Gberhoheit  der 
Niederländer  anerkennen.  Seit  1525  Ansied- 
lungen  der  Portugiesen,  die  1660  den  Hol- 
ländern weichen  mussten. 

Gelebenee  (Suhuee),  Theil  des  ostind. 
Meeres  zwischen  Gelebes,  Bomeo  und  den 
Snluinseln.  [rühmtheit;  Festlichkeit. 

Gelebrirem  (LtLt.)^  feiern;  CeleöritiU,  Be- 

Gelerlt&t  (lat.J,  Schnelligkeit. 

Cella  (lat.),  Gemach,  Zelle  in  Klöstern; 
in'  den  Tempeln  der  Alten  der  abgesonderte 
Baum,  worin  das  Ctötterbild  stand.  . 

Celle  9  Stadt  in  der  preuss.  Prov.  Lüne- 
burg, am  Elnfluss  der  Fuhse  in  die  Aller, 
16,230  Ew. ;  grosse  Vorstädte,  altes  Schloss 
(1369—1705  Residenz  der  Herzöge  cellischer 
Linie),  Landgestüt. 

Gelilni  (spr.  Tschel-),  Benvenuto,  Ital. 
Bildhauer,  Erzgiesser  und  Goldarbeiter, 
geb.  um  1500  zu  Florenz,  erst  in  Rom  unter 
Papst  Glemens  Stempelschneider  bei  der 
Münze,  dann  in  Florenz;  f  19*  Febr.  1571. 
Hauptwerke:  Perseus  mit  Medusa  (Floren«), 
Salzfass  (Wien) ,  Schild  (Windsorcastle). 
Seine  Selbstbiographie  übersetzt  von  Goethe; . 
im  Original  neu  u.  vollständig  herausgeg.  voa^,' 
Taut  (1829,  3  Bde.)  und  Outulant  (1888-85,  ; 

Cello,  8.  FtoIonceKo.  (3  Qde.}.^ 


S96 


Cellulose  —  Centigramm.' 


CdloKM  (ItiU ,  ZtiUtoff) ,  der  allgemein 
Terbreftete  Baustoff  der  Pflanzen,  bildet  die 
aarteiten  Zellen  und  mit  ,lnkru8tirender 
Substanz*  innig  gemizcbt  die  härtesten  Pflan- 
zentheile,  ist  lkn>lo8,  in  Wasser  nnd  Alkohol 
nnlöslich,  löslich  in  Kapferozydamraoniak, 
wird  dnrch  Cblorzfnk  in  eine  st&rkeähn- 
Uche  Substanz,  durch  koneentrirte  Schwefel- 
säure in  Zucker,  dnrch  Salpetersäure  in 
explodirende  Nitroverbindungen  (Schiess- 
banmwolle)  ▼erwandelt.  Zarte  C.  wird  von 
Thieren  verdaut ,  besteht  aus  Kohlenstoff, 
Wasserstoff  u.  Sauerstoff  u.  hat  gleiche  pro- 
cent<  Zusammensetzung  mit  Stärice  u.  Zucker. 

CeiOflla  L.  (Hahnenkamm),  Pflanzengattung 
der  Amaranthaceen.  C.  cristata  L^,  mit 
hahnenkammförmig  ausgebreiteten  Blumen- 
ähren, aus  Ostindien,  verbreitete  Zierpflanze. 

Celsins^  Ander$,  schwed.  Astronom ,  geb. 
27.  Nov.  1701  zu  Upsala,  seit  1780  Prof.  der 
Astronomie  das. ;  t  ^'  April  1744.  Verdient 
um  Astronomie,  Chronologie,'  Qeogri4>hie 
und  Schiffahrt,  leitete  die  Gradmessung 
zwischen  Tornea  und  Pello,  konstruirte  das 
hunderttheillge  Thermometer.  Sehr.  ,Nova 
methodUB  distantiam  Solls  a  terra  deter- 
minandi*  (1730). 

CelteSj  Konrad,  her.  Humanist,  geb.  1. 
Febr.  1459  zu  Wipfelde  bei  Wfirzburg, 
eigentl.  Piekel,  ward  auf  dem  Beichstag  zu 
Nürnberg  von  Kaiser  Friedrich  III.  zum 
Dichter  gekrönt,  1497  Prof.  der  Dichtkunst 
und  Beredsamkeit  zu  Wien,  veranstaltete 
am  Hofe  die  ersten  theatral.  Vorstellungen ; 
t  4.«  Febr.  1508.  Verf.  zahlreicher  Gedichte, 
mehrerer  philosoph.,  rlietor.  und  biograph. 
Werke  etc.  Neuerlich  des  literar.  Betrugs 
angeklagt  als  Verf.  der  Komödien ,  die  er 
als  das  Werk  der  Nonne  Roswitha  heraus- 
gegeben. Vgl.  Aschbdieh,  »Roswitha  und 
K.  0.',  2.  Aufl.  1868,  und  ,Die  früheren 
Wanderjahre  des  K.  C.*,  1869. 

Celtiberler,  im  Alterthum  machtiges  Volk 
in  Spanien  (im  südwestl.  Aragonien) ,  mit 
den  Kömern  öfter  im  Krieg ;  wahrscheinlich 
ein«  Mischung  von  Iberern  und  eingewan- 
derten Gelten.    Ihr  Hauptort  Segobrlga. 

Cenci  (spr.  Tsclientschi) ,  Beatrice,  Toch- 
ter eines  röm.  Edelmanns  Francesco  C, 
ward  von  ihrem  eigenen  Vater  entehrt  und 
nach  dessen  unter  anlTallenden  Umständen 
erfolgtem  Tode  auf  die  Aussage  zweier  Ban- 
diten hin  des  Vatermords  beschuldigt  und 
10.  Sept.  1599  mit  ihrem  Bruder  Oiaeomo  C. 
und  ihrer  Stiefmutter  in  Rom  hingerichtet. 
Ihre  Geschichte  wurde  dramat.  von  Shelley, 
als  Roman  neuerlich  von  Guerraxti  behan- 
delt. Ueber  ihren  Prozess  schrieben  ßcolari 
(1856)  und  Dalbono  (1864). 

Ceiiere  (spr.  Tschen-) ,  Monte,  Bergrücken 
im  Kanton  Tessiu,  8866' ;  darüber  die  Strasse 
von  Bellinzona  nach  Lugano. 

CeniSy  s.  Moni  Oenis.  [schätzen. 

Censlren    (lat.),    beurtheilen,     taxiren, 

€eii89ren^  im  alten  Rom  zwei  Itfagistrats- 
persouen,  welche  mit  der  Kontrole  über  die 
röm.  Bürger  und  deren  Vermögen,  mit 
deren  Vertheilung  nach  Ständen,  später  (seit 
44S  V.  Chr.)  auch  mit  der  Aufsicht  über 
Zucht  nnd   Sitte«  ausserdem  mit   Leitung 


finanzieller  Ai^el^^enheilen  betraut  waren; 
seit  444  selbständige  Magistratur,  nach  dem 
Untergang  der  RepnblUc  mit  der  kaiserl. 
Gewalt  vereinigt. 

Censnr  (lat.),  Prüfung,  Beurtheilung^ 
z.  B.  der  Leistungen  eines  Examinirten  von 
Seiten  einer  Pr^tusgsbehörde ;  aeaerlicb 
bes.  als  JBückercenaur  die  Einrichtung,  wo- 
nacli  alle  durch  die  Presse  zu  vervielfäl- 
tigenden Schriften  vorher  einem  vom  Staat 
autorisirten  Centor,  der  iU>er  die  Znlässig- 
keit  derselben  entschied,  voigelegt  werden 
massten,  nach  vorausgegangenen,  denBücfaer- 
druck  beschränkenden  päpstlichen  Verord- 
nungen von  1479  und  1496  durch  eine  Bulle 
Leos  X.  vom  4.  Mai  1515  formlich  einge- 
führt nnd  von  der  weltlichen  Gevralt  adop- 
tirt,  in  Deutschland  in  Reichsabschieden 
von  1524  bis  1570,  namentlich  auch  durch 
die  Polizeiordnung  von  1577,  abgeschafft 
zuerst  1694  in  England ,  1766  in  Schweden, 
definitiv  seit  1809,  1770  in  Dänemark ,  1791 
in  Frankreich,  nach  ihrer  Wiederherstellung 
1805  abermals  1814,  dann  abwechselnd  her- 
gestellt und  abgeschafft,  für  immer  1827,  in 
Deutschland ,  wo  Art.  18  der  Bundesakte 
Pressfreiheit  verheissen ,  erst  1848 ,  gegen- 
wärtig nur  noch  in  Rnssland  bestehend. 

€eii8ii8  (lat.),  bei  den  Römern  Schätzung 
der  Bürger  nach  ihrem  Vermögen.  Neuer- 
lich ist  das  Wahlrecht  der  Bürger  eines 
Staats  an  einen  C.  gebunden,  d.  h.  es  ist 
zur  Ausübung  desselben  der  Nachweis  eines 
bestimmten  Vermögens  oder  Einkommens  I 
oder  eines  bestimmten  Steuerbetrags  er- 
forderlich.   C.   auch  s.  V.  a.  Volkszählung. 

Cent  (v.  lat.  eentena) ,  in  der  altgerman. 
Gerichtsverfassung  Unterabtheilung  des 
Gaus,  ursprünglich  wohl  100  freie  Familien 
umfassend,  auch  Hundreda  genannt,  mit 
einem  Centgraf  (Centenarins ,  Vogt)  als 
Richter  über  kleinere  Vergehen  an  der 
Spitze;  auch  Gericht  oder  Gerichtssprengel; 
Oentgericht,  Kriminalgericht  überhaupt. 

Cent,  der  hundertste  Thell  des  nord- 
amerikan.,  span.  •  amerikan.  Dollars ,  des 
Real,  des  Rixdollar,  des  Sol,  des  holländ. 
Gnld^is,  des  Franc  (Gentime,  in  der  Schweiz 
Rappen),  der  Lira  (Centesimo). 

Centanrea  L.  (FlockeiMume) ,  Pflanzen- 
gattung der  Kompositen.  G.  Gentaurlum  L-, 
Oroutaueendgüldmkraut,  auf  den  Alpen,  mit 
essbarer,  früher  offlcineller  Wurzel.  Von 
0.  cyanns  L.,  Kornblume,  Cjfane,  in  gans 
Deutschland  unter  dem  Getreide,  auch  Zier- 
pflanze, dienen  dleBlüthen  zu  Räucherpulver. 

Centanren  (gr.,  d.  1.  Stiertödter) ,  wahr- 
scheinlich wilder  Volksstamm  in  Thessalien, 
Rossebändiger ,  in  der  späteren  Mythe 
Dämonen  der  Wälder  und  Gebirge,  halb 
als  Menschen,  halb  als  Rosse  dargestellt. 

Centesimal  .(lat.),  hunderttheilig;  Centesi- 
malecala,  Eintheilung  am  Tliermometer,  bei 
der  der  Gefiriorpunkt  mitOo,  der  Siedepankt 
des  reinen  Wassers  unter  88  par.  Zoll 
Atmosphären  druck  mit  100<*  bezeichnet  ist. 

Centesimo  9  s.  Cent. 

Centiare,  Flächeumass,  =  Vloo  Are. 

Centifblie,  s.  Rose. 

Centigramni,  Gewicht,  =r  Vioo  Gramm. 


Centiliter  —  Ceram. 


Z97 


Centiliter  ,  Gewicht,  s?  Vioo  Liter. 

Ceiitiaoe.  s.  Cent. 

Centiiiieter,  Mass,  =  Vioo  Meter. 

Cent-Jonrs  (fr.»  spr.  Sang-Schuhr) ,  hun- 
•dert  Tage ,  die  letzte  Epoche  der  Herrschaft 
J^apoleons  I. ,  von  seiner  Rückkehr  von 
Elba  bis  zn  seinem  zweiten  Sturze,  20.  März 
^Einzug  Napoleons  I.  in  Paris)  bis  28.  Juni 
1815  (Restitution  Ludwigs  XYIII.). 

Centner  (lat.),  Handelsgewicht,  =  100  Pfd., 
nur  in  England  u.  Nordamerika  =  112  und 
in  Portugal  =  128  Pfd.  In  Deutschland 
1  C.  (ZoUcentner)  =  50  Küogr.  =  106,9  Pfd. 
•(altes  preuss.  Gewicht). 

Central  (lat.),  im  Mittelpunkt  befindlich, 
nach  demselben  hinwirkend. 

Centralamerika ,  s.  v.  a.  Mittelamerika. 

Centralbewegnng^  Bewegung  eines  Kör- 
pers in  krummliniger  Bahn  um  einen  Punkt 
^  Oentralpunkt) ,  entsteht  durch  Zusammen- 
wirken zweier  Kräfte,  yon  denen  die  eine 
•den  Körper  stets  nach  dem  Centralpunkt 
binzutreiben  ( OaUripetalkraft) ,  die  andere 
ihn  in  der  Tangente  der  krummlinigen  Bahn 
eeitwärts  fortzubewegen  strebt  (Tangential- 
tcrajt).  Bei  jeder  G.  tritt  die  Centrifugal-, 
Flieh'  oder  Schieungkro/t  auf,  welche  den 
Körper  vom  Centrum  zu  entfernen  strebt. 
Hierauf  beruht  die  Centrlfugalmaschine. 

Centralfener  9  der  hypothetische  feurig- 
flüssige  Erdkern,  welcher  yon  der  erkal- 
teten und  dadurch  fest  gewordenen  Erd- 
rinde wie  Ton  einer  Schale  umgeben  wird 
und  der  Grund  der  nach  innen  zunehmen- 
•den  Erdwärme  sowie  der  yulkan.  Erschei- 
nungen sein  soll. 

Centxalgewalt  9  in  konfSderirten  Staaten 
•die  oberste  Staatsbehörde,  welche  im  Namen 
der  ganzen  Konföderation  die  Souveräne- 
tätsrechte  ausübt.  JDeuttche  C,  die  1848 
von  der  Nationalversammlung  zu  Frank- 
furt a/M.  eingesetzte,  bis  zur  Vollendung 
der  Reichsverfassung  mit  der  Exekutive 
betraute  oberste  Regierungsgewalt. 

Centralisntion  0*t.),  Hinleitung  auf  einen 
Mittelpunkt,  die  Einrichtung,  bei  welcher 
die  politischen  Thätigkeiten ,  ihre  Gesetze, 
ihre  Leitung  und  ihr  Ziel  so  viel  als  mög- 
lich von  Einem  Mittelpunkte  ausgehen  und 
Auf  ihn  zurückführen  (  Centrali$ationasifStem) ; 
Gegentheil  Decentralitation. 

Centralorgauj,  Organ  des  thierischen  Kör- 
pers, welches  für  andere  von  gleicher  Punk- 
tion der  Haupttheil  ist,  wie  das  Herz  für 
das  Gefäss-,  Rückenmark  u.  Gehirn  fUr  das 
Nervensystem. 

Centrnlsonne,  ein  Fixstern,  um  den  sich 
nach  der  Annahme  einiger  Astronomen  alle 
Fixsterne  eines  and  desselben  Fixstem- 
flystems  ähnlich  wie  die  Planeten  um  die 
Sonne  bewegen  sollen.  Mädler  wollte  in 
Alcyone  der  Plejaden  die  0.  des  Fixstern- 
-Systems,  zu  «reichem  unsere  Sonne  gehört, 
isefunden  haben,  gab  diese  Hypothese  aber 
später  wieder  auf. 

Centralstellnngy  koncentrirte  Aufstellung 
an  einem  Punkte,  welcher  die  Vertheidigung 
^egen  einen  von  verschiedenen  Seiten  heran- 
rückenden Feind  möglich  macht,  oder  von 
welchem  aus  ein  Angriff  gegen  diesen  Feind 


in  verschiedenen  Richtungen  nntwnenunea 
werden  kann* 

Centriftagalffehl&se,  s.  GebWse, 

CentriftagalKraft.  s.  Ce/atrc^fbewegung, 

Centrifugalmasenlne  9  mechanische  Vor- 
richtung zur  Benutzung  der  OentHfogal» 
kraft,  wird  besonders  zum  Trocknen  von 
Gespinnsten  u.  Geweben  (Hydroextracteuie), 
zum  Abscheiden  des  Saftes  aus  dem  Rüben- 
brei, zur  StärkemelU-  und  Mostgewinuung, 
zur  Trennung  der  Lohe  von  der  Gerbbrühe, 
zur  Gewinnung  des  Honigs  aus  den  Waben 
und  zum  Reinigen  des  Rohzuckers  benutzt. 
Die  G.  besteht  aus  einer  stehenden,  mit  sehr 
grosser  Geschwindigkeit  sich  um  sich  selbst 
drehenden  Trommel,  deren  vertikale  Wan- 
dung aus  Drahttuch  gebildet  wird.  Der 
Inhalt  der  Trommel  legt  sich  bei  der  Rota- 
tion an  diese  Wandung,  durch  welche  allefl 
Flüssige  in  Folge  der  Centrifügalkraft 
herausgeschleudert  wird. 

Centrnm  (lat.),  Mittelpunkt,  bes.  eines 
Kreises  und  einer  Kugel ;  in  der  politischen 
Spraciie  die  Gesammtheit  der  Mitglieder 
einer  Parlamentär.  Versammlung,  wel<^e 
zwischen  den  extremen  Partelen  eine  mitt- 
lere Stellung  einnehmen.  Je  nach  der  Neigung 
nach  rechts  oder  links  rechtet  und  linkes  G. 

Centnm  (lat.),  hundert. 

Centumviri  (lat.) ,  d.  i.  Hundertmänner, 
im  alten  Rom  Richterkollegium,  ans  105, 
später  180  Mitgliedern  bestehend,  erkannte 
in  Civil  Sachen,  von  Serv.  Tullius  eingesetzt, 
ging  395  n.  Chr.  ein. 

Centurle  (lat.),  bei  den  Römern  jede  Ab- 
theilung von  hundert  Dingen  oder  Personen, 
im  Kriegswesen  Truppenabthetlung ,  von 
einem  Gentnrio  geführt;  bes.  Name  der  193 
TJnterabtheilungen  der  6  Klassen  des  röm. 
Volks,  welche  Servius  Tullius  mit  Rücksicht 
auf  das  Vermögen  einführte;  die  ersten 
5  Klassen  bildeten  die  Vermögenden  in  17i 
C.n,  zu  denen  dann  die  Ritter  mit  18  Klassen 
kamen.  Die  6.  Klasse  bildeten  die  Armen 
oder  Proletarier  in  Einer  G.    Vgl.  Komitien. 

Ceplialonln,  eine  der  Jonischen  Inseln, 
vor  dem  Golf  von  Petras,  7M.  1.,  bisSVsM. 
br.,  12  QM.  und  72,787  Ew. ,  bergig  (Monte 
Nero  4986'),  aber  wohl  angebaut.  Produkte 
Korinthen  (Export  oft  über  8  Mill.  Pfd.); 
auch  Wein,  Sudfrüchte,  Geh  Die  Einw. 
treffliche  Seeleute.    Hauptst.  Argostoli. 

Cephalopoden  (Kopffü$$ler),  Ordnung  der 
Weichthiere,  mit  am  Vorderende  des  Kör- 
pers befindl.  Bewegungsorganen,  fleischigen, 
mit  Saugnäpfen  oder  hornigen  Haken  be- 
setzten Armen  (Fangarmen),  die  den  deut- 
li<^  gesonderten  Kopf  umgeben.  Meerthiere 
(Schiffsboot,  Seepolyp,  Papiemautilus,  Din- 
tenfisch,  Kalmar,  Belemniten). 

Cephens.  Sternbild  am  nördl.  Himmel 
zwischen  dem  kleinen  Bären  und  Cassiopeja 
mit  3  Sternen  3.  Grösse  (Alderamin). 

Cer,  Metall,  welches  sich  mit  Lanthan 
und  Didym  oxydirt  in  einigen  seltenen  Mi- 
neralien findet. 

Ceram  (spr.  Sirang),  grösste  Insel  der 
Amboinagruppe,  330  QM.,  bergig  (bis  90000, 
schwach  bevölkert  (AlfUren  im  Binnenland, 
Malayeu),  fruchtbar,  noch  wenig  bekannt. ' 


898 


Gerasns  —  Gesena. 


CtrilBf  9  t.  Kir$e\laum. 
Geilte  9  Wachssalben  von  talgartiger  Be- 
echaffenheit,  uralte  Verbandmlttel,  rotb  ge- 
färbt   als    Lippenpomade,    grünspanhaltig 
ge«en  Hühneraugen. 

CermtonlA  L.  (Johannitbrodbaum),  Pflan- 
sengattnug  der  Gasalpinieen.  0.  sillqua  L,, 
Kar<nih0er ',  Bockshornbaum,  in  Südeuropa, 
auf  Cypem ,  Malta ,  In  Nordafrika  und  im 
Orient,  mit  fleischigen  Hülsen,  Johannis-, 
Boodbrod,  Sillqua  dulds,  griech.  KeraHon, 
deren  Fruchtfleisch  schleimig  süss  schmeckt, 
bis  über  50o/o  Zucker  u.  etwas  fireie  Bntter- 
sSure  enth&lt.  Dient  als  Nahrungsmittel, 
Bur  Syrup  -  u.  Spiritusbereitung,  als  Pferde- 
Aitter  und  ist  olflcinell. 

Cerbems  (gr.  Myth.) ,  der  mehrköpfige 
Hund  am  Eingang  des  Hades. 

Cerealien  (y.  Geres),  Getreidepflanzen; 
bei  den  Römern  Feste  der  Ceres  (s.  d.). 

Cerebralsysteni,  der  Theil  des  Nerven- 
systems, welcher  das  Gehirn  (cerebrum)  und 
die  Ton  ihm  ausgehenden  und  in  dasselbe 
einmündenden  Nerven  begreift,  bildet  mit 
de'm  Spinalsystem  das  CerebrospinaUyttem, 

Geremoiiiel  (lat.),  der  Inbegriff  der  bei 
ge^sson  feierlichen  Gelegenheiten  zu  be- 
obachtenden, durch  Herkommen  oder  Sitte, 
Gesetz  oder  Vertrag  bestimmten  Förmlich- 
keiten und  Gebräuche ,  zeifällt  in  StacUs- 
und  Ho/eeremontel  und  in  vülkerrechtlichea, 
swiscben  verschiedenen  Staaten  zu  beobach- 
tendes. Oeremonienmeuter,  Beamter,  welcher 
über  Beobachtung  des  G.s  zu  wachen  hat. 
CeremoniJis,  förmlich,  steif  im  Umgange. 

Cereg  (gr.,  Demiter),  altgrlech.  Göttin  des 
Ackerbaus  und  der  bürgerlichen  Ordnung, 
Personifikation  der  mütterlichen  Erde, 
Tochter  des  Kronos  und  der  Rhea,  Schwester 
des  Jupiter  und  Neptun,  gebar  von  ersterem 
die  Proserpina.  Der  Dienst  der  G.  Natur- 
dienst  mit  Mysterien ,  dessen  Hauptsitz 
Eleusis  in  Attica.  Vgl.  ^eUer,  ,Demeter  und 
PersephoneS  1837. 

Cereiu  MüL^tHaw.  (Faekeldistel ,  Säulen- 
<Mctu$),  Pflanzengattung  der  Kakteen  In 
Mexiko,  Westindien,  Südamerika,  bes.  In 
Brasilien.  C.  senilis  Du.  dicht  mit  langen, 
weissen  Haaren  bedeckt.  C.  speciosissimus 
l>«e.  in  Mexiko  mit  genlessbaren ,  auch  als 
Hellmittel  benutzten  Früchten.  Zahlreiche 
andere  Arten  beliebte  Zierpflanzen. 

GerigBolay  Stadt  in  der  unterital.  Prov. 
Gapitanata,  21,639  Ew. 

Cerigo  (das   alte  Offthtra),   griech.  Insel, 
Büdl.  bei  Morea,  5  QM.  und  14,454  Ew. ;  ber. 
Honig.    Hauptort  Gaspali.     Südost!,   davon 
OerigoUo  (Aegüia),  mit  1500  Ew.,   Station 
der  aus  der  Levante  kommenden  Schiffe. 
CemugSra,  s.  v.  a.  Montenegro. 
GemlreB  (lat.),  einschliesseu. 
Cerro  (span.) ,   Hügel ,   Anhöhe ,   oft  mit 
Bergnamen  verbunden ;  0.  d«  MuJkae^,  in 
der  Sierra  Nevada ,    10,900' ,    0.    San  Jago, 
Tnlkan  in  Venezuela,  8700*,  u.  v.  a. 

Cerro  de  Paseo ,  Stadt  in  Peru  ,  Depart. 
Junin,   in   13,400«  Höhe,   14,000   Ew.    (Ge- 
misch   aller    Racen     und    Nationalitäten); 
reiche  Silberminen  (1630  entdeckt). 
Geno-Gordo^  Ort  in  Mexiko,  zwischen 


Veracruz  und  Mexiko;   18.  April  1847  Sit^ 
der  Nordamerikaner  über  die  Mexikaner. 

Certepartie  (fr.,  spr.  Sertpartib,  engl,  char- 
terparty),  im  Seeft-achtwesen  ein  zwischen 
dem  Bheder  oder  dem  Kapitän  und  dem  Be- 
frachter über  die  Befrachtung  eines  Schiffs 
oder  eines  Theils  desselben  abgeschlossener 
Vertrag,  enthaltend  die  Namen  der  Kontra- 
henten, Namen,  Gkittung,  Nationalitat  u.  Ton- 
nengehalt des  Schiffs,  Ort  der  Ein  -  u.  Aus- 
ladung, Frachtpreis  und  Zeit  der  Ladung. 

Geriiflkit  (lat.),  als  Ausweis  dienende 
schriftliche ,  Des.  auch  amtliche  Versiche- 
rung. ürsprungscertiJOeate ,  im  deutschen 
Zollverein  Nachweise  über  die  Herkunft 
von  Waaren  aus  einem  Staate,  mit  welchem 
eine  Uebereinkunft  über  Verkehrserleich- 
terungen im  Allgemeinen,  oder  auch  eine 
Zollb^günstigung  hinsichtl.  einzelner  Gegen- 
stände besteht.  In  Staaten,  wo  das  Renten- 
svstem  besteht,  Bescheinigung  der  gemachten 
Einzahlung  seitens  des  Schatzamtes. 

Certosft  (ital.,  spr.  Tschert-),  Klause;  ber. 
die  0.  d<Pa  via,  grossartiges  Karthäuserkloster 
bei  Pavia,  1396  von  Giovanni  Qaleazzo  Vis- 
conti gegr.,  von  Kaiser  Joseph  II.  aufge- 
hoben ,  1844  wieder  eingerichtet. 

Cervantes  -  Saavedra  y   Miguel  de ,  span. 
Dichter,    geb.    9.  Okt.    1547  zu   Alcala  de 
Heuares,  studlrte  zu  Salamauca,  begleitete 
1569  den   päpstl.   Legaten  Acquaviva  nach 
Rom,   nahm  als  Soldat  1571  Theil    an  der 
Seeschlacht  vonLepanto  (wo  er  den  linken 
Arm  verlor),   sowie   später  an    den  Unter- 
nehmungen gegen  Navarlno  und  Tunis,  ge- 
rieth   1575  auf  der  Fahrt   nach  Spanien  in 
die    Gefangenschaft    algierischer    Piraten, 
aus  der  er  erst  1580  befreit  ward ,   machte 
noch  andere  kriegerische  Expeditionen  mit, 
widmete  sich  dann  ganz  derSchriftstellerei; 
t   83.    April    1616  zu  Madrid.    Hauptwerk 
der  ,Don  Quijote*  (,Vida  y  hechos  del  in- 
genioso  Hidalgo  Don  Quljote  de  la  Mancha', 
1.  Th.  1605,   2.  Th.  1615),   eine   gegen  den 
Unsinn  der  Ritterromane  gerichtete  Satire, 
im    höhern    Sinne    grossartige    Allegorie, 
welche  die  Gegensätze  zwischen  Geeist  und 
Materie,   Poesie  und  Prosa  darstellt;  hun- 
derte Mal  aufgelegt  und    viel  mal  in  alle 
Sprachen   übersät   (deutsch   zuerst   1669; 
von  Tieck,  3.  Aufl.  1858,  Zollet  1867) ;  wertb- 
voll  auch  die  ,Zwlschenspiele*  (deutsch  von 
H.  Kurz   1867;   von   seinen  früheren  dram. 
Stücken  Ist  nur  ,E1  trato  de  Argel'  und 
,Numancla'  übrig)  und  seine  ,Novellen*  (die 
ersten   in  Spanien,  1613).     Von  geringerer 
Bedeutung  Ist  sein  Schäferroman  ,Galatea' 
(1584),  sein  erstes,  und  ,Die  Leiden  des  Per- 
slles  und  der  Sigismunde*,  sein  letztes  Werk. 
Sämmtl.  Romane  und  Novellen  deutsch  von 
Keüer  und  NoUer  (1840-48,  10  Bde.).    Bio- 
graphie von  Chculee  (8.  Aufl.  1S66). 

CerviBOy  s.  MaUerkom,  ^ 

Cesirl  (spr.  Tsche-),  Oiuaeppe,  gen.  ,if 
CavcUiere  d'Arpini*  oder  fJoeepin*,  ital.  Maler, 
geb.  zu  Rom,  f  <!»>•  1^0;  Gründer  der 
Schule  der  sogen.  Manieristen  in  Rom. 

Gesena  (spr.  Tsche-,  röm.  Coesena),  Stadt 
in  der  Ital.  Prov.  Forli,  am  Savlo,  33,871  Ew. 
Kastell;  Bibliothek;  altberühmter  Wein. 


Cession  —  Ghaine. 


399 


Cewloi»  {lht,)t  Rechtsgeschäft,  wodurch 
Jemandem  (Oesaionar)  -von  einem  Gläubiger 
(Oedeni)  die  Befngniss  eingeräumt  wird, 
«ine  diesem  zustehende  Forderung  für  eigne 
Rechnung  gegen  den  Sciiuldner  (Debitor 
ceflsus)  geltend  zu  machen.  Cfessio  bono- 
rum, die  Abtretung  des  Vermögens  an  die 
Glftubiger,  durch  velche  ein  ohne  sein 
Yerschulden  in  VermögensTerfall  gerathe- 
ner  Schuldner  persönliche  Verantwortlich- 
keit, Verhaftung  etc.  von  sich  abwenden 
kann.    Cessibel,  abtretbar.' 

CetMies  (Fi$eh8äugethiere,  Wale),  Ord- 
nimg der  Säugethiere,  Wasserbewohner  mit 
spindelförmigem  unbehaarten  Leib,  unter 
dessen  Haut  eine  ansehnliche  Specklage 
sich  befindet,  mit  flossenähnlichen  Vorder- 
füssen  und  horizontaler  Schwanzflosse,  ohne 
"hintere  Extremitäten,  leben  meist  gesellig 
tind  machen  nach  der  Jahreszeit  und  dör 
aufzusuchenden  Nahrung  gemeinschaftliche 
Züge.  Nähren  sich  je  nach  derBeschaffen- 
beit  des  Gebisses  Ton  kleinen  Seethieren, 
Nacktschnecken ,  Quallen  (Bartwale)  oder 
TOB  grösseren  Fischen  (Delphine) ;  die  Si- 
renen ft'essen  Pflanzen.  I.  Eigentliche  Wale 
xnit  NasenoiTnungen  auf  der  Stirn,  voll- 
kommen  unbeweglichen  Gliedmassen  und 
liilchdrnsen  in  der  Nähe  des  Afters:  Del- 
phin, Narwal,  Potwal,  Finnflsch  ,  Walfisch. 
IL  Sirenen  mit  vorderen  Nasenöfinungen, 
im  EllenbogengAlenk  beweglichen,  handartig 
endigenden  Flossen  u.  brustständigen  Milch- 
drüsen: Manati,  Dugong,  Borkenthier. 

Cetftceuin,  Walrath.       [chen  Umständen. 

Ceterls  paribvs  (lat.),  unter  übrigens  glei- 

Cetraria  Achar.  (Schuf penjleehtt) ,  Flech- 
tengattnng  der  Parmeliaceen.  C.  islaodica 
Äehar.,  Liehen  Island.  L.,  Lungen-,  isländ., 
Fnrgirmoos,  in  Nord-  und  Mitteleuropa,  in 
Island  Nahrungsmittel,  offlcinell  (Tfaee  und 
Gallerte),  schmeckt  bitter,  enthält  stärke- 
siehlhaltlges  Lichenin,  einen  Bitterstoff  etc. 

Cette  (spr.  Sett),  befest.  See-  u.  Handels- 
stadt im  franz.  Depart.  H6rault,  an  der 
Mündung  des  Kanal  du  Midi,  auf  einer  Land- 
zunge zwischen  dem  Meer  und  demEtang  von 
Thau ,  22,438  Ew. ;  siebenter  Handelshafen 
Frankreichs;  Molo  mit  Fort  und  Leucht- 
thnrm,  Schiffswerfte,  Schifffahrtsschule.  Fa- 
hrikatlon  aller  Weiusorten 'Sudeuropas ;  be- 
deutende Salzgewinnung,  Seebäder.  In  den 
Spalten  des  daneben  gelegenen  Berges 
Massen  vorweltlicher  Knochen. 

CettlBJe^  Hauptort  von  Montenegro,  700 
Ew. ;  hervorgegangen  aus  einem  von  festen 
Mauern  umschlossenen  Kloster  (1478  gegr.), 
das  Jetzt  zugleich  Bischofssitz ,  Kathedrale 
und  Gefänghiss  Ist;  Palast  des  Fürsten. 

Cevemieii  (spr.  Sew-,  lat.  Cebenna),  Ge- 
bii^skette  in  Süd&ankreich  (Languedoc), 
vom  Lozdregebirge  stidwestl.  bis  zum  Kanal 
du  Midi  ziehend ;  mittlere  Höhe  3700'.  Im 
Mittelalter  Sitz  der  Albigenser,  Waldenser 
und  anderer  Sekten.  Nach  dem  Widerruf 
des  Edikts  von  Nantes  (1685)  grausame  Ver- 
folgungen (Dragonnaden)  der  Protestanten, 
'  jn  Folge  davon  1702  Aufstand  der  Bauern 
[(Oamiiarden)  unter  Gavalier  u.  And.,  der  erst 
nach  blutigen  Kämpfen  unterdrückt  ward. 


Ceylon  (im  Alterth.  Taprohane,  sanskr. 
Singhala,9iVich  Lanka  "diva),  brit.  Insel  im 
ind.  Ocean  an  der  Südostspitse  Vorder- 
indiens (dazwischen  die  Palkstrasse,  12V» 
M.  br.),  1160  QM.  und  (1867)  2,093,778  Ew. 
(18,483  Weisse).  Das  Innere  grossartiges 
und  malerisches  Bergland  (Adamspik  ÖSüC, 
Poduru  7800'),  umgeben  von  einem  breitea 
Gürtel  Tiefland;  fast  die  ganze  NordhSlfte 
Ebene.  Unter  den  Flüssen  der  Mahftvali- 
Ganga  der  bedeutendste.  Klima  heiss  und 
sehr  gleichmässig ;  Vegetation  überau» 
üppig  und  reich.  Produkte  die  des  südl. 
Indien,  dazu  Kokosnüsse  u.  ZImmt ;  ausser* 
dorn  Eisen,  Salz,  Edelsteine.  Hauptausfnhr: 
Kaffee,  Baumwolle,  Kokos  (Gel  und  Nüsse). 
Hauptmasse  der  Bevölkerung  die  Singha" 
lesen  (in  der  Mitte  und  im  S.);  dazu  Mala- 
baren  im  N.  und  NO.;  Mohren  (Araber) 
und  wilde  Veddas  (wahrscheinl.  die  Ur- 
bewohner).  —  G.  bildet  ein  besonderes 
brit.  Gonv.  (Einnahme  1865:  978,500,  Aus- 
gabe 838,194  Pfd.  St.).  Hauptst.  Kolombo; 
beste  Häfen:  Trlconomalli  und  Galle.  —  G.. 
stand  bis  1815  unter  eigenen  Königen.  Im 
16.  Jahrh.  fassteu  die  Portugiesen,  1656  die 
Holländer  festen Fuss  das.;  seit  1795  von  den 
Briten  besetzt  und  1802  ipn  Frieden  von 
Amiens  formlich  an  sie  abgetreten.  Vgl.  Ten- 
nent,  ,0.',  6.  Aufl.  1864;  Bamonnet,  ,0.',  1868. 

Cliablais  (spr.  Schablä,  ital.  (Hablese,  spr. 
Tscha-),  Landschaft  im  firanz.  Depart.  Ober- 
savoyen,  am  Genfersee,  15  QM.;  frülior 
savoyisches  Herzogthnm;  Hauptst.  Tlionon. 

Chabor  (im  Alterthnm  Ohaboia»>,  Neben- 
fluss  des  Euphrat  in  Mesopotamien,  mündet 
bei  Abu-Serai,  50—60  M.;  au  seinem  Ufer 
sah  Ezechiel  einst  Gesichta. 

Chacabaco  (spr.  Tscha-) ,  Stadt  in  Gliile, 
nordöstl.  von  Santiago;  12.  Febr.  1817  £t>^ 
der  Insurgenten  über  die  Spanier. 

ChacO)  s.  Oran-Chaeo. 

Chaconne  (spr.  Schakonn),  s.  daeona. 

Charonea  (a.  G.),  Stadt  in  Böotien,  am 
Cephlssus;  hier  338  v.  Chr.  Bieg  Philipps 
von Macedonien  über  die  Griechen;  86  v.  Chr. 
Sieg  Sullas  über  Mlthridat;  Geburtsort 
Plutarcbs ;  jetzt  Dorf  Kopreina. 

ChirophyUnm  L.  (Kälberkropf),  Pflanzen- 
gattung der  Umbelliferen.  G.  bulbosum  L., 
fast  in  ganz  Deutschland,  wird  der  fleischi- 
gen, pastinakartig  schmeckenden,  stärke- 
mehlreichen  Wurzel  halber  kultivirt. 

ChafarlBas,  8  Inseln  an  der  NordkUste 
von  Marokko,  1848  von  den  Spaniern  besetzt. 

Chagos-Arehipel  (spr.  Tscha-),  Inselgruppe 
im  ind.  Ocean,  südl.  von  den  Malediven,  zun» 
engl.  Gouv.  Mauritius  gehörig,  7  QM.;  die 
grösste  Diego  Oarcia,  3  M.  1. 

Chagrin  (spr.  Schagräng,  Saghir),  starke» 
hartes  Leder  aus  dem  Rückenstück  der 
Pferde-  und  Eselh&ute,  mit  Grübchen,  die 
durch  Einpressen  von  Meldensamen  her- 
rühren, bes.  in  der  Türkei,  in  Persien  und  in» 
südl.  Russland  dargestellt,  sehr  dauerhaft;. 
Surrogate  werden  in  Deutschland,  England 
und  Frankreich  mit  gravirten  Kupferwalzen 
dargestellt.    Auch  s.  v.  a.  getüpfelter  TafTet. 

Cliaine  (fr.,  spr.  Schähn),  Kette,  im  Kriegs- 
wes^  Vorpostenkette ;  Tanztour,  wobei  die 


400 


Chaiee  -*  Ghambre. 


TmaendMi  im  Vorbeigehtn  einander  die 
H&nde  reichen. 

Chatte  (fr.,  epr.  Sch&hs),  Stahl;  leiohte 
JCntsohe.  C.  Umgue,  Kanapee  mit  nar  Einer 
Kopf-  nnd  Büokenlehne. 

CkaleSdoii  (a.  G.)»  Stadt  in  Bfthynien, 
JConstantiuopel  gegenüber,  Ton  den  Mega- 
jrem  685  gegr. ,  von  den  Osmanen  zerstört. 
2er.   Kirchemversamtniung   das.   451  n.  Chr. 

CludcidOBy  trüb  dnrchsch^nendes  Mineral 
Ton  schöner  sanfter  Färbung  ans  der  Klasse 
•der  MetaUoVdoxyde,  Gemisch  ans  krystallinl- 
echer  und  amorpher  Kieselsaure  (steht  also 
zwischen  Quarz  und  Opal),  meist  nieren- 
lörralg,  traubig,  in  Platten  etc.,  harter  als 
•Glas,  auf  Ceylon,  in  Kubien,  bei  Oberstein 
etc.  Varietäten:  Onyx,  Karneol,  Sardonyz, 
Heliotrop,  Chrysopras,  Hokkastein  etc., 
wird  als  Halbedelstein  zu  Schmuckgegen- 
«tänden  und  dergl.  verarbeitet. 

Clulcidiselie  Halbliiflel,  Halbinsel  in  der 
'Türkei,  östl.  am  Busen  Ton  Salonichi,  mit  8 
Auslaufern  Cassandra,  Longo  und  Hagion 
■Gros  ins  &g&ische  Meer  vorspringend ;  nach 
•dei;  Stadt  Chalcis  benannt. 

ClMlelg  (Egripo,  ital.  NegrcpcnU),  befest. 
Hauptst.  der  Insel  £uböa,  an  der  Südwest- 
Icüste,  von  acht  türk.  Charakter,  mit  dem 
Festland  durch  Brücke  verbunden,  6000  Ew. ; 
im  Altorthnm  (ChoLcit)  reiche  und  starke 
Stadt,  die  früh  der  Macht  Athens  unterlag. 

ChalCO,  See,  südl.  bei  der  Stadt  Mexiko, 
init  schwimmenden  Blumen-  und  Küchen- 
harten  CChtnama«  genannt.  Flösse  mit 
Frachterde  bedeckt);  Kanal  nach  Mexiko. 

CluldSa)  im  weitern  Sinne  s.  v.  a.  Baby- 
tonien;  genauer  der  südwestl.  Theil  dessel- 
ben, auf  der  Westseite  des  Euphrat.  Die 
Chald&er  (hebr.  C^Mdivt)  ein  tapferes  und 
kriegerisches  Volk  medopers.  Stammes,  im 
7.  Jahrh.  v.  Chr.  von  N.  her  eingewandert, 
bes.  berühmt  durch  ihre  astronom.  Kennt- 
nisse. Bire  Hauptstemwarte  der  Tempel  des 
Bei  zu  Babylon.  Die  ehald,  Sprache,  zunächst 
dem  Syrischen  verwandt,  bildet  mit  diesem 
den  aramäischen  Zweig  des  semit.  Sprach- 
stammei.  Grammatiken  von  POermann 
<1841),  Bertheau  (184S)  u.  A. 

Chald&iselie  Periode  (Fbriode  Saro»,  Edl- 
leptehe  Periode),  Zeitraum  von  6585V3  Tagen, 
in  denen  der  M<Hid  883  synod.  Umläufe 
xurncklegt. 

Ghaldron*engl.  Getreidemass,^:  32  Busheis 
j=  1153,18  Liter  =  81,16  preuss.  Scheifel. 

diftlons  (spr.  Schälong),  1)  0.  wr  Marne, 
Hauptst.  des  franz.  Depart.  Marne,  an  der 
Marne  und  der  strassbui^er  Bahn,  17,692 
Ew.  Kathedr. ;  bed.  Weinhandel.  Im  Alter- 
thum  Oatalaunum}  Hunnenschlacht  (s.  KatO' 
launische  Felder),  Kordöstl.  bei  C.  das  her. 
stehende  Uebungslager  der  franz.  Armee 
(Lager  von  C),  1857  errichtet,  ^4  M.  lang, 
mit  dem  Hauptquartier  zu  Gross-Mourmelon 
<das  Schlösschen  des  Exkaisers  das.  brannte 
J^an.  1871  ab),  bisher  stets  von  1,  auch  8  Ar- 
oneecorps  besetzt;  wurde  Aug.  1870  beim 
Anrucken  der  3.  deutschen  Armee  von  den 
Franzosen  geräumt,  Febr.  1871  ganz  aufge- 
hoben. —  2)  C.  aur  Saöne,  Stadt  im  franz. 
Depart.  Saöne-Loire,  an  der  Saöne,  19,982£w. 


CluttSleon  Laur.,  Beptilienggttimg  der 
Wurmzüngler.  Gemeine$  C  (C.  afrlcanos 
Gm.),  im  südl.  Spanien  und  AfHka,  mit  dem 
Wickelschwauz  12—18''  lang,  lebt  träge  auf 
Bäumen  von  Insekten  und  besitzt  unter  der 
dünnen  Haut  8  über  einander  liegende  Flg- 
raentschicbten,  deren  gegenseitige  Ausbrei- 
tung und  Lagenveränderung  den  Farben- 
wechsel  des  Thlers  vemrsacfaL 

€hMa&leOB9  Sternbild  des  südlichen  Him- 
mels, bei  uns  nicht  sichtbar. 

ChamaeleOB  i^lnerale ,  mit  Salpeter  ge- 
glühter Brannstein,  schwarze  bröcklige  Masse, 
gibt  mit  Wasser  eine  grüne  Lösung  (von 
mangansanrem  Kali),  welche  allmählig  durch 
Violett  in  Roth  übergeht  (übermengansaures 
Kali).    Vgl.  Jraw^ati. 

€luMiiropi  L.  (ZfoergpoXme) ,  Palmengat- 
tung. C.  humilis  L,,  die  einzige  europ. 
Palme,  an  den  Küsten  des  Mittelmeers  bis 
430  44'  n.  Br.,  bedeckt  oft  wilde  wüste  Ebe- 
nen, erschwert  die  Kultur,  liefert  Besen, 
Hüte,  Hüttendächer,  Zeltdecken,  Fasern  zu 
Teppichen,  Segeltuch  und  Papier. 

Charniveii,  german.  Volk ,  im  heut.  Süd- 
hannover und  am  Niederrhein;  verliert  sich 
um  400  unter  den  Franken. 

Chambertlii  (spr.  Schangbert&ng) ,  Dorf 
inBurgund,  Depart  Cöte  d*Or,  bei  Gevray; 
ber.  Bothwein. 

Chambery  (spr.  Schang-),  fiüher  Haupt- 
stadt des  sardin.Herzogtb.,  Jetzt  des  franz. 
Depart.  Savoyen,  an  der  Eisenbahn  von  Genf 
zum  Mont  Cenis,  18,879  Ew. ;  Schloss,  bed. 
Seidenfabr.,  lebh.  Speditionshandel;  lOne- 
ralbäder;  das  Landhaus  ,Xie8  Charmettes*, 
durch  Rousseau  berühmt. 

Chamberd  (spr.  S(^angbohr),  Dorf  im  franz. 
Depart.  Lolr-Cher,  am  Cansson,  unweit 
Blois;  prächt.  Schloss  mit  6  Thürmen,  das 
die  Legitimisten  1881  für  den  neugebomen 
Herzog  von  Bordeaux  kauften,  der  sich  in 
der  Verbannung  danach  Oraf  von  O.  nennt. 

Chambord  (spr.  Schangbohr),  Htnri  Okaries 
Ferdinand  Marie  Dieudonni  von  Artois, 
Herzog  von  Bordeaux,  Gra^  von,  gegen- 
wärtig der  einzige  Vertreter  der  älteren 
bourbon.  Linie,  S^hn  des  Herzogs  Charles 
Ferdinand  von  Berri,  des  Sohnes  Karls  X., 
und  der  Prinzessin  Karoline' Ferdinandine 
Luise  von  Neapel,  geb.  89.  Sept.  1880  au 
Paris,  folgte  seiner  Familie  in  die  Verbsoi- 
nung,  ward  zu  Prag  unter  Leitung  des  Ba- 
rons  Damas,  dann  des  Generals  d'Hautpoul 
und  Latour-Maubourgs  erzogen,  lebte  seit 
1838  mit  seiner  Familie  zu  Görz,  dann  su 
Frohsdorf  bei  Wien,  im  Winter  in  Venedig, 
seit  16.  Nov.  1846  vermählt  mit  der  Prin> 
zessin  Marie  Therese  Beatrix  GaStsAa  von 
Modena.  Von  den  Legitimisten  als  Brbe 
des  franz.  Thrones  aufgestellt.  Trat  nach 
Napoleons  HI.  Sturz  als  Thronkandidat  aof. 

Chambre  (fr.,  spr.  Schangb^r),  Kammer, 
Zimmer;    Kammer   der  Volksvertreter.   —  ' 
C   ardvnte   (fr.,   d.  i.    glühende   Kammer), 
ausserordentlicher  Gerichtshof   in   Frank-  , 
reich,   1535  zur  Bestrafung  der  Ketzer  er- 
richtet.   Die  von  Ludwig  XIV.  1679  errich- 
tete C.  a.  hatte  die  Untersuchung  der  Ver>  , 
giftungen,  welche  seit  dem  Prozesse   der 


Chamisso  —  Changarnier. 


401 


Marquise  BrluvUIiers  vorgekommen  sein 
sollten,  zum  Zweck.  —  0.  gamie,  möblirtes 
Zimmer  zum  Vermiethen. 

Chamisso  (spr.  Scba-),  Addlhtrt  von,  eigentl. 
Louis  Charles  Adelaide  de  Chamisso  de  Bon- 
court, deutsclier  Dichterund  Naturforscher, 
geb.  27.  Jan.  1781  auf  Schloss  Boncourt  In 
der  Champagne,  emigrirte  mit  seinen  Eltern, 
seit  1790  in  Berlin ,  nahm  als  Botaniker 
1815—18  Theil  an  einer  Entdeckungsreise 
.um  die  Welt  (unter  Otto  ▼.  Kotzebue),  er- 
hielt nach  seiner  Heimkehr  eine  Anstellung 
am  botan.  Garten  in  Berlin;  f  das.  21.  Aug. 
1838. ,  Gesammelte  Werke*  (neueste  Aufl.1864), 
enthaltend  Gedichte,  das  Märchen  ,Peter 
Schlemihl'  (in  fast  alle  Sprachen  übersetzt), 
,Reise  nm  die  Welt*  und  seine  Biographie 
nebst  Briefwechsel,  herausgeg.  Ton  Hitzig. 
Ansg.  von  Kurt  (1869,  2  Bde.). 

Chamois  (spr.  Schamoa),  ins  Isabell  und 
RÖthliche  fallende  Farbe,  nach  den  Bock-, 
Ziegen- u.  Schaffellen  (Beaux  deC),  welche 
diese  Farben  zeigen,  benannt. 

Chamotte  (fr.,  spr.  Schamott),  feuerfeste 
Tiionmasse  zur  Konstruktion  von  Feuerun- 
gen, Oefen  etc.,  wird  aus  gebranntem  und 
gepulvertem  feuerfesten  Tlion,  z.  B.  aus  ge- 
brauchten Porzellankapseln,  bereitet.  Für 
Chamotteziegel  wird  die  Masse  mit  frischem 
Tbon  gemengt  und  dann  gebrannt. 

Chamoviii  (spr.  Schäm uni,  Chamonix), 
romant.  Alpenthal  in  Savoyeu,  zwischen  den 
grrajischen  und  penninischen  Alpen,  von  der 
Arve  durchströmt,  4V2  St.  1.,  3174'  üb,  M. ; 
darin  das  Dorf  C,  von  wo  man  den  Mont- 
blanc ersteigt  und  das  Eismeer  auf  dem 
Montanvert  besucht. 

Champagne  (spr.  Schangpanj),  alte  franz. 
Prov.  mit  weiten  Ebenen,  465  QM.  u.  1,238,780 
Ew.,  zerföllt  In  die  dürre  und  arme  Nord- 
osthälfte (C.  potiiUeuse)  und  die  fruchtbare 
reiche  Südwesthälfte.  Produkte  der  ber. 
Wein  und  ausgez.  Flintenstehie.  Hauptst. 
Troyes.  Seit  dem  11.  Jalirh.  selbständ.  Her- 
zogthnm,  das  1284  an  Frankreich  kam  und 
1328  dem  Reiche  einverleibt  wurde.  Bei  der 
neuen  Eintheilung  des  Landes  wurden  ans 
der  C.  die  Depart.  Ardennen,  Aube,  Marne 
und  Obermame  gebildet,  nnd  Theile  zu  den 
Depart.  Aisne,  Yonne,  Seine-Marne  n.  Meuse 
geschlagen. 

Champagnemeine,  aus  den  Depart.  Arden- 
nen, Marne,  Aube  und  Obermarne,  besonders 
aus  den  Arrondiss.  Rheims  und  Epernay. 
Weisse:  Sillery,  Ay,  Moreuil,  Hantvilliers, 
rMzy,  Epernay  und  Pierry,  rothe  oder  Berg- 
weine: Verzy,  Verzenay,  Mailly,  St.  Besle, 
Bouzy,  Thierry.  Durch  frühzeitiges  Füllen 
des  Weines  auf  Flaschen,  in  denen  die  Gäh- 
mng  unter  Entwickelung  von  Koblens&nre 
weiter  verläuft,  werden  die  moussirenden 
G.  gewonnen  (Gasdruck  in  den  Flaschen  4 
bis  5  Atm.).  Die  Fabrikation  ders.  liegt  in 
Frankreich  in  den  Händen  von  nur  etwa 
einem  Dutzend  Häusern  (Avize,  Ohälons, 
Epernay,  Rheims,  Ay).  Produktion  etwa  10 
Mill.  Flaschen.  Nachbildungen  ans  deut- 
schen Weinen  erreichen  oft  die  besseren 
franz.  Sorten.  Die  zahlr.  Bouquet-  und  Ge- 
schmack snuancen  werden    durch  Liqueure 

Meyers  Hand -Lexikon. 


erreicht.  Prodnktloh  deutschen  Schaum- 
weins 2  —  3  Mill.  Flaschen. 

Champignon  (fr.,  spr.  Schangpinjong), 
Agaricus  campestris  L.,  FeleO>l(Hterschwamm 
(Angerling,  Weidling,  Herrenpilz,  Trüsch- 
ling,  Brachpilz),  essbarer  Pilz  auf  Feldern, 
Wiesen,  in  Eichenwäldern  Europa^,  Nord- 
afrikas ,  Asiens  und  Nordamerikas  ,  häufig 
kultivirt,  von  Mai  bis  Okt.,  nahrhaft  nnd 
wohlschmeckend.  Weisser  Brachpilz  (A.edu- 
ils  Tratt.)  ist  weniger  schmackhaft. 

Champlgny  (spr.  Schan«:pinji),  Ort  süd5stl. 
bei  Paris,  an  der  Seinö;  während  der  Bela- 
gerung von  Paris  30.  Nov.  und  2.  Dec.  1870 
heftiger  Au8faU$kampf  gegen  die  Deutschen 
(bes.  Würtemberger  und  Sachsen) ;  die  Fran- 
zosen unter  Trochu  und  Ducrot  mit  grossem 
Verluste  zurückgeschlagen. 

Champion  (flr.,  spr.  Schangpiong),  im  Mit- 
telalter Kämpfer,  der  bei  gerichtlichen  Zwei- 
kämpfen die  Stelle  eines  der  Betheiligten 
vertrat;  später  Ritter,  welcher  für  einen 
Wehrlosen  (eine  Dame,  ein  Kind  etc.)  frei- 
willig in  die  Schranken  trat;  bei  Turnieren 
der  Ritter,  der  die  anwesenden  Damen  vor 
Beleidigungen  schützte. 

Champlain  (spr.  Tschämplehn) ,  See  In 
Nordamerika,  zwischen  Vermont,  Newyork 
und  Untercanada,  23  M.  lang,  i'»— 3  M.  br. ; 
fliesst  durch  den  Sorel  zum  Lorenzstrom 
ab  und  steht  durch  den  14  M.  1.  Champlain- 
kandl  mit  dem  Hudson-  und  Eriekanal  in 
Verbindung.  Mehr  als  60  Inseln.  Zahlr. 
Dampf-  und  Flussschiffe.  Auf  der  West- 
seite die  Stadt  0.,  5800  Ew. 

OhampoUlon-Figeae  (spr.  SchangpoUiong- 
Fischack),  Jean  Franfois,  Begründer  der 
ägypt.  Alterthumskunde,  geb.  23.  Dec.  1791 
zu  Figeac  (Depart.  Lot),  erhielt  1826  die 
Aufsicht  über  die  ägypt.  Sammlungen  zu 
Paris,  bereiste  1828— 30  Aegjrpten,  erhielt 
1831  den  neu  gegründeten  ägypt.  Lehrstuhl 
am  Collie  de  France;  *)-  4.  März  1852  zu 
Paris.  Hauptwerke:  ,Grammaire  ^yptienue' 
(1836— 41);  ,Dictiounaire  6gyptien*  (1842-44) ; 
,Monuments  de  TEgypte  et  de  la  Nubie' 
(1835—45,  4  Bde.  mit  Kupfern).  Sein  System 
der  Hieroglyphenentzifferung  (,Pr6c]S  du 
Systeme  hi6roglyphique<,  2.  Aufl.  1828, 2  Bde.) 
ist  fast  allgemein  adoptirt. 

Chamsin  (arab.),  glühend  heisser  Wüsten- 
wind in  Unterägypten,  weht  bes.  von  Ende 
April  bis  zur  Nilüberschwemmnng  im  Juni. 

Chanee  (fr.,  spr.  Schangs),  Würfelspiel; 
Glücks-  oder  Wahrscheinlichkeitsfall. 

Chandemagor  (Tsehadr anagar),  ostind. 
Stadt,  3Va  M.  nördl.  von  Kalkutta,  am  Hugli, 
28,512  Ew.;  seit  1700  fl-anz.  Besltzthum. 

Changarnier  (spr.  Schanggarnieb),  Nicolas 
Anne  l%iodule,  ftanz.  General,  geb.  26.  April 
1793  zu  Antun,  diente  seit  1830  in  Algerien, 
ward  Mal  1848  Obergouvemeur  das.,  bald 
darauf  Oberbefehlshaber  der  Nationalgarde 
des  Seinedepartements,  Dec.  Kommandant 
der  1.  Militärdivision  zu  Paris,  galt  als  das 
Schwert  der  monarchischen  Partei.  Jan. 
1851  als  Gegner  des  Prinz -Regenten  abge- 
setzt, trat  er  in  die  Legislative,  wo  er  eine 
neutrale  Stellung  zwischen  den  Legltimisten 
und    Orleanisten    einnahm ,    ward    in   der 

26 


402 


Ghange  —  Charles. 


Kacht  des  S.  Deo.  mU  den.  repnblikan.  Ge- 
neralen yerhaftet  und  durch  Dekret  Tom 
9.  Jan.  1852  aus  Frankreich  Terbannt,  lebte 
seitdem  meist  8U  Mecheln.  Stellte  sich  nach 
Ausbrach  des  Kriegs  mit  Deutschland  dem 
Kaiser  Eur  Disposition,  ward  nach  Mets  ge- 
sandt und  gerieth  hier  bei  Uebergabe  der 
Stadt  in  Kriegsgefangenschaft. 

Change  (fr.,  spr.  Schangsch),  Tausch, 
Wechsel.  Changeme$U  (spr.  Sohangschmang), 
Veränderung.  CAanp»r«ii,wechselu,  tauschen. 

Changeftnt  (fr.,  spr.  Schangschang),  Ge- 
webe, deren  Kette  von  anderer  Farbe  als 
der  Einschlag  ist,  daher  schillernd. 

Chanson  (spr.  Schangsong),  Gesang,  lyr. 
Gedicht  von  mehijBren  Strophen ,  Volkslied. 
CSiaruonnier,  Dichter  yolksthümllcher  Lieder. 

Chantage  (fr.,  spr.  Schangtahscb),  Geld- 
erpressung durch  Androhen  von  Enthüllung 
wahrer  oder  erdichteter  Schimpflichkeiten. 

Chantilly  (spr.  Schangtilji),  Flecken  im 
Depart.  Oise,  nördl.  von  Paris,  3322  Ew. 
Schloss,  Hauptsitz  der  Gond^s,  1793  zerstört. 

Chantarey  (spr.  Tschäntri),  Francis,  engl. 
Bildhauer,  geb.  7.  April  1781  in  Dorbyshire, 
*)-  25.  Nov.  1842  zu  London.  Gruppe  schlafen- 
der Kinder  (Licbfield) ;  Porträtstatuen. 

Chaos  (gr.),  bei  den  alten  Griechen  die 
formlose  Materie,  aus  der  die  Welt  entstan- 
den sein  sollte,  vorgestelit  als  leerer  Raum, 
Vermischung  der  verschiedenen  Elemente 
etc.;  bei  den  alten  Pliilosophen  das  Univer- 
sum; im  figürlichen  Sinne  s.  v.  a.  ungeord- 
nete, verworrene  Masse;  daher  cJtaotisch, 

Chapelle,  La  (spr.  Schapell),  Ort  im  franz. 
Dep.  Sarthe ;  hier  und  bei  Lombron  11.  Jan. 
1871  heftige  siegr.  Gefechte  der  auf  Le  Mans 
vorrückenden  2.  deutschen  Armee. 

Chapman  (spr.  Tschäpmän),  George,  engl. 
Dichter,  geb.  1557,  Freund  und  Zeitgenosse 
von  Shakespeare,  Johnson  und  Spenser;  f 
1634.  Beliebteste  Stücke:  ,Bassy  d'Ambois', 
,A11  fouls',  ,The  conspiracy  of  the  dnke  of 
Byron*  etc. ;  übersetzte  auch  Homers  ,Ilias'. 

Chaptal,  Jean  Anloine  daude,  Gra/  von 
Chanleloupe,  franz.  Chemiker,  geb.  4.  Juni 
1756  zu  Kogaret,  ward  1798  Mitgl.  des  Instituts, 
1800  Minister  des  Innern,  1805  Mitglied  des 
!ärhaltung8senats,  1815  nach  Napoleons  I. 
Rückkehr  Staatsminister,  Direktor  des  Han- 
dels und  der  Manufakturen,  1819  Fair;  f 
30.  Juli  1832  in  Paris.  Hauptwerke:  ,La 
chimio  appliquäe  aux  arts'  (1807 ,  4  Bde. ; 
deutsch  von  Hermhstödt  1808);  ,Chimie  ap- 
pliqu^e  ä  l'agricalture'  (2.  Aufl.  1829,  2  Bde.). 

Cnaptalisiren,  die  nach  Cftajptal  benannte 
Weinverbesserung ,  welche  in  der  Ver- 
mischung des  Mostes  mit  Zucker  besteht. 

Chart  X.  (ArmleuehUr,  WaMeralem),  Pflan- 
zengattung der  Characeen,  Süsswasserge- 
wächse,  algen&hnlich ,  fruktifioiren  unter 
dem  Wasser,  meist  mit  Kalk  inkrustirt.  Bei 
ihnen  ward  zuerst  die  Saftbewegung  in  den 
Zellen  beobachtet. 

Char  a  banc  (fr.,  spr.  Schalir-),  offener 
Wagen  mit  Bänken  an  den  Seiten. 

Charade  (spr.  Scharade,  BiU>enriithset) , 
Räthsel,  wobei  man  das  zu  erratliende  Wort 
in  Silben  zerlegt  und  diese,  wie  zuletzt 
das  Ganze,  nach  RätUsolart  umschreibt. 


Charädscli  (Ckirädach,  Churddach,  arab.J, 
jede  Staatseinnahme,  in  der  Türkei  bes. 
die  von  den  nicht  zum  Islam  sich  beken- 
nenden Unterthanen  erhobene  Steuer.  Cfta- 
rädachi,  Steuerbeamter. 

Charcutier  (fr.,  spr.  Scharkütieh),  Fleisch- 
waarenhändler ;  C^arcuterie  (spr.  Schar- 
küt^rih),  der  Laden  eines  solchen. 

Charente  (spr.  Scharangt,  lat.  Carantonus), 
Fluss  im  westl.  Frankreich,  entspringt  auf 
den  limousiner  Bergen ,  mündet  der  Insel 
016ron  gegenüber  in  den  atlant.  Ocean,  34 
M.  lang.  Danach  benannt  das  Depart.  G., 
107,9  QM.  u.  378,218  Ew.,  Hauptst.  Angou- 
I6me,  und  das  Depart.  üntercharetUe,  123,9 
QM.  und  479,529  Ew.,  Hauptst.  La  Rochelle ; 
beides  Theile  der  alten  Grafschaft  Poitou. 

CharentOB  (spr.  Scharangtong) ,  Flecken 
südöstl.  bei  Paris,  an  der  Seine,  6190  Ew. 
Dabei  das  Fort  C.,  zwischen  Marne  un<I 
Seine;  nach  der  Kapitulation  yjon  Paris  29. 
Jan.  1871  vom  1.  bayer.  Armeecorps  besetzt. 

Chares,  Bildhauer  von  Rhodus,  um  300 
V.  Chr.,  Schüler  des  Lysippus,  Verfertiger 
des  Kolosses  zu  Rhodus. 

Charge  (fr.,  spr.  Scharsch,  d.  i.  Last, 
Auflage,  Amt),  vornehmlich  Bezeichnung 
eines  militär.  Amts;  Chargen,  in  mehreren 
Armeen  alle  Diejenigen,  welche  im  Rang 
über  den  gemeinen  Soldaten,  aber  unter 
den  Offizieren  stehen.  Chargirt,  in  Exercir- 
reglements  Avertissementskommando  zum 
Laden  und  Feuern.  Im  Handel  ist  C.  franz. 
Name  für  Last.  Chargi  (spr.  Scharscheh), 
beschwert,  bezeichnet  auf  Briefen  den  darin 
enthaltenen,  aber  nicht  angegebenen  Werth. 

Charge  d'affaires,  diplomat.  Agent,  wel- 
cher nicht  bei  einem  Souverän,  sondern 
nur  bei  einem  auswärtigen  Amte  akkre- 
ditirt  und  nur  von  einem  Minister  oder 
Gesandten  bevollmächtigt  ist. 

Charite  (fr.,  spr.  Schari-),  Barmherzigkeit; 
Name  von  milden  Stiftungen,  bes.  Kranken- 
hänsern,  z.  B.  in  Berlin.  [s.  QratAen. 

Charitinnen  (gr.,  d.  i.  die  Anmuthigen), 

Chariwari  (fr.,  spr.  Schari-,  mittellat. 
charir^arium),  eigentl.  s.  v.  a.  Polterabend ; 
dann  Katzenmusik,  Spottständchen. 

Charkow  9  kleinruss.  Gouv.,  früher  die 
dchodiiche  Ukraine  genannt,  9e8,6  QM.  und 
1,590,926  Ew.  Die  schöne  EaupM.  G. ,  au 
der  Cliarkoufka  und  dem  Lopan,  59,973  Ew.; 
Universität  (seit  1804)  mit  botan.  Garten ; 
Kathedrale;  bed.  Wiutermesse  mit  grossem 
Pferdemarkt  und  wichtiger  Wollraarkt. 

Charlatan  (fl:.,  spr.  Schariatang,  vom  ital. 
ciarlare,  schwatzen),  Marktschreier,  Quack- 
salber. GharUttanismtM  oder  Charlatauerie, 
Benehmen  nach  Art  eines  solchen. 

Charleroy  (spr.  Scharlroa),  feste  Stadt  in 
der  belg.  Prov.  Hennegau,  an  der  Sambre, 
12,150  Ew.;  wichtige  Eisenwerke. 

Charles  (spr.  Schari),  Jacques  Mexandre 
C6sar,  franz.  Physiker,  geb.  12.  Nov.  1746 
in  Beaugeucy,  Prof.  der  Physik  am  Konser- 
vatorium der  Künste  und  Gewerbe,  Mitglied 
der  Akademie  der  Wissenschaften  in  Paris; 
t  das.  7.  April  1823.  Erfinder  der  mit 
Wasserstoff  gefüllten  Luftballons  (C&ar- 
liires),  stieg  in  ein^ni  s(^lchen  1793  auf,  er- 


Gharleston  —  Charybdis. 


408 


fand  ein  Hydroindtre  thermom6triqne  und 
▼erbesserte  den  Heliostat. 

CharlMton  (spr.  Tscharlst'n) ,  Stadt  und 
erster  Handelsplatz  in  S&dcarolina  (Nord- 
amerika), am  Meere,  zwischen  den  Flüssen 
Asfaley  Q.  Gooper,  (1870)  48,956  Ew. ;  ausgez., 
durch  8  Forts  geschützter  Hafen;  Hauptaus- 
fuhrort  für  Baumwolle,  Reis  und  Tabak. 

Charlestoim  (spr.  Tschärlstaun),  Stadt  in 
Massachusetts  (Nordamerika),  Boston  gegen- 
über am  CharUafiuM,  (1870)  88,823  Ew. ;  gr. 
Schiffswerfte ,  Eishandel.  Innerhalb  der- 
selben der  BunktrthiU  (s.  d.). 

Charliörey  s.  OharUä. 

Charlotte  Amali«,  Haupstadt  der  westind. 
Insel  St.  Thomas,  12,560  Ew.,  Freihafen  und 
Oentralstatlon  der  engl.  -  westind.  Dampfer. 

Charlotte  Elisabeth,  Tochter  des  Kur- 
fürsten Karl  Ludwig  Ton  der  Pfalz,  geb. 
1652  in  Heidelberg,  zweite  Oemahlin  Philipps 
von  Orltens,  des  Bruders  Ludwigs  XIV., 
Mutter  des  Regenten;  f  1722.  Sehr.  ,M6- 
langes  historiqnes,  anecdotiques  et  critiques' 
(1788;  1807).  Auf  ihre  Vermahlung  mit 
einem  franz.  Prinzen  gründete  Ludwig  XIV. 
seine  Erbansprüche  auf  das  AUod  des  Kur- 
fürsten Karl  Ludwig. 

Charlottenbrnnn.  Marktfl.  im  preuss. 
Regbz.  Breslau,  bei  Waidenburg,  1416  Ew. ; 
bes.  Badeort  (erdig  -  salin.  Eisen  wasser). 

Charlottenbnrg ,  Stadt  im  preuss.  Regbz. 
Potsdam,  Kr.  Teltow,  1  M.  westl.  von 
Berlin,  an  der  Spree,  18,438  Ew.;  königl. 
Lustsohloss  (1699  für  die  Kurfürstin  Sophie 
Charlotte  beim  Dorfe  Lützow  erbaut,  daher 
der  Name),  mit  pr&cht.  Park  (darin  gr. 
Orangerie,  Theater  und  das  ber.  Mausoleum 
der  KönJginLuise  u.  Friedrich  Wilhelms  HI.). 

Charlottenhofy  königl.  Lustschloss  bei 
Potsdam,  von  Friedrich  Wilhelm  IV.  1826 
angelegt;  Wasserkunst  mit  20  Fontänen, 
pompejan.  Haus,  zahlreiche  Marmorgruppen. 

Clwrlotteiilniid  9  königl.  Lustschloss  bei 
Kopenhagen ;  dabei  der  grosse  Thiergarten. 

Charlottetoim  (spr.  Tscb  ärlottaun),  Hanpt- 
und  Hafenst.  auf  der  Prinoe -Edwards -Insel 
(Brit.- Nordamerika),  5210  Ew. 

Charmant  (fr.,  spr.  Schar-),  reizend,  an- 
ziehend; charmiren,  liebkosen,  entzücken. 

Chirmay  (spr.  Scharmä,  QalmU),  schönes 
Alpendorf  im  Kant.  Freiburg,  Hauptort 
eines  10  St.  I.  Bergthals  (bester  Gruydrekäse). 

Charmoz  (spr.  Scharmo,  Aiguille  de  O.), 
Spitze  der  Montblancgruppe,  10,944'. 

Chamier  (fr.,  spr.  Schar-),  Gelenkband, 
Band,  mittelst  dessen  2  Gegenstände  be- 
weglich verbunden  sind. 

C%arolle8  (spr.  Scharoll),  Stadt  im  franz. 
Bcp.  Saöne- Loire,  3284  Ew.;  Hauptort  der 
Landschaft  CharolaU  mit  dem  Gtarclai»- 
gd>irge ,  im  Haut  Joux  3061'  hoch. 

ChiroBy  Sohn  des  Erebus  und  der  Nacht, 
führte  als  Fährmann  die  Gestorbenen  über 
die  Flüsse  der  Unterwelt ,  wofür  er  einen 
Obolus  erhielt,  den  man  den  Todten  in  den 
Mund  gab;  dargestellt  als  ein  finsterer  Alter 
mit  struppigem  Bart  u.  ärmlicher  Kleidung. 

Charpie(fr.,  spr.  Schar-),  ausgezupfte  kurze 
Leinwandfäden  von  3— 4 "Länge,  Verband- 
mittel bei  Wunden,  Geadiwureii  otQ, 


Charraa  (spr.  Scharra),  Jean  £apti$t€ 
Adolphe,  franz.  Militär,  geb.  7.  Jan.  1810 
zu  Plalzburg  in  Lothriugeu,  trat  1833  als 
Artillerielieutenant  in  die  Armee,  wurde 
bald  darauf  Bataillonschef  in  Algier,  1848 
von  der  provisor.  Regierung  zum  Oberst- 
lieutenant ernannt,  April  Unterstaatssekretär 
im  Kriegsministerium,  dann  interimistisch 
bis  zu  Gavaignacs  Ankunft  im  Juni  Kriegs- 
minister, fungirte  währehd  des  Jnniaufstan- 
des  als  Chef  des  Goneralstabs,  bekämpfte 
in  der  Nationalversammlung  die  Wahl  Lud- 
wig Napoleons  zum  Präsidenten,  ward  1849 
Mitglied  der  Legislative,  2.  Dec.  1851  als 
Republikaner  verhaftet,  dann  verbannt, 
ging  nach  Belgien,  von  da  1854  ausgewiesen 
Jiach  Holland  und, in  die  Schweiz;  f  23.  Jan. 
1865  zu  Basel.  Sehr.  ,Campagne  de  1815. 
Waterloo'  (6.  Aufl.  1869 ;  deutsch  1867). 

Charte  (C^iarta,  Ohartula),  bei  den  Römern 
ein  Blatt  der  ägypt.  Papyruspflauze,  dann 
alles ,  worauf  man  schrieb  oder  zeichnete ; 
im  Mittelalter  Jede  Urkunde,  bes.  eine 
solche,  in  welcher  wichtige  Rechte  und  Frei- 
heiten verbrieft  waren  (z.  B.  Magna  Charta, 
8.  d.);  in  Rücksicht  auf  diese,  und  auf  die 
,Charte  constitutionnelle*  Ludwigs  XVIII. 
Verfassungsgrnndgesetz  oder  Konstitution. 

Chartismus  (spr.  Tscher-),  in  England  de- 
mokratische Reaktion  gegen  die  Aristokratie 
des  Grundbesitzes  und  des  Kapitals ;  erstrebt 
nach  ihrem  Programm,  der  sogen.  VolJca- 
charte,  erst  in  Arbeitervereinen,  dann  in  der 
,Working  Men's  Association*  (seit  1836)  all- 
gemeine Ballotoge  bei  den  Wahlen,  allge- 
meine Jährliche  Parlamente,  Aufhebung  des 
aktiven  und  passiven  Wahlcensus,  Einthei- 
lung  des  Landes  in  Wahlbezirke  nach  Kopf- 
zahl und  Besoldung  der  Deputirten.  In 
Folge  der  Aufhebung  der  KomzöUe  und  des 
Aufschwungs  der  Industrie  verlor  der  0. 
allmählig  seinen  gewaltsamen  Charakter. 
Letztes  Chartisten-Meeting  in  Rochdale  1857. 

Chartre»  La  (spr.  Schart'r),  Flecken  im 
franz.  Dep.  Sarthe,  südöstl.  von  Le  Maus; 
27.  Dec.  1870  heftiges  Gefecht. 

Chartres  (spr.  Schart'r),  Hauptstadt  des 
franz.  Depart.  Eure -Loire,  an  der  Eure, 
19,442  Ew.  Ootb.  Dom,  gr.  Hospital.  Im 
Alterthum  (Oarentum)  relig.  Mittelpunkt  der 
Druiden,  später  Hauptort  der  Landschaft 
Chartrain,  von  Franz  I.  zum  Herzogthuni 
erhoben,  das  die  Familie  Orleans  als  Apanage 
erhielt,  daher  Herzog  von  C,  Titel  des  ältesten 
Sohnes  des  Herzogs  von  Orl6ans.  21.  Okt. 
1870  von  den  Deutschen  besetzt,  dann  wie- 
der geräumt,  Dec.  abermals  besetzt  und  bis 
zum  Friedensschluss  behauptet. 

Chartrense  (spr.  Schartröhs),  La  grande, 
ber.  Karthause  im  franz.  Depart.  Isdre, 
nördl.  von  Grenoble,  im  Quierthal,  von 
hohen  Bergen  nmschlossen  und  schwer  zu- 
gänglich: Kapitelsaal  und  45  Zellen.  Die 
Wiege  des  Karthäuserordens,  1084  vom 
heil.  Bruno  gestiftet,  in  der  Revolution  auf- 
gehoben, seit  1819  wieder  bewohnt. 

CharybdlSy  Tochter  des  Poseidon  und  der 
Gäa,  ward  von  Zeus  mit  dem  Blitz  getödtet 
und  ius  Meer  gestürzt,  wo  sie  als  Meeres- 
stmdel   ihr   sich  nähernde  Schiffe  in  die 

26« 


404 


Chasaren  —  Chattanooga. 


Tiefe  riss.    Mythus  yeranlasst  durch  einen 
Wirbel  in  der  Strasse  von  Messina. 

Chasaren  9  s.  (^ctzaren. 

Chasse  (spr.  Schasseh),  Dav.  Henri,  Baron, 
niederländ.  General,  geb.  18.  März  1765  zn 
Thiel  in  Geldern,  nahm  als  Kapitän  Theil 
an  der  Erhebung  der  Patrioten ,  floh  dann 
nach  Frankreich,  focht  1796  und  1799  in 
Deutschland,  dann  in  Spanien,  in  den  Feld- 
zugen  von  1813  u.  1814  als  Divisionsgeneral, 
trat  nach  dem  ersten  par.  Frieden  wieder 
in  niederländ.  Dienste,  focht  bei  Waterloo 
gegen  Napoleon  und  erhielt  dann  das  vierte 
Militärkommando  zu  Antwerpen.  Nach  dem 
Ausbruch  der  belg.  Revolution  von  1880  ver- 
theidigte  er  die  Citadelle  von  Antwerpen 
vom  29.  Nov.  bis  23.  Dec.  1832  gegen  die 
Franzosen;  f  2.  Mai  1849  zu  Breda. 

Chasseral  (spr.  Schasseral,  Geatler),  Gipfel 
des  Jura,  im  Kant.  Bern,  westl.  vom  Bieler- 
see,  4955';  herrliche  Aussicht. 

Chasseiirs  k  cheTal  (spr.  Schassöhr  a 
Schwall),  in  der  franz.  Armee  leichte  Reiter, 
seit  1741  vorkommend,  von  Napoleon  I.  auf 
24  Regimenter  vermehrt,  später  wieder  ver- 
mindert bis  auf  6.  Die  C.  d'Afrique  wurden 
1831  für  den  Dienst  in  Afrika  als  bes. 
Reiterregimenter  errichtet.  {CluUsworth. 

Chasworth  (spr.  Tschäsuörth),  Schlcss,  s. 

Chiiteaii  (f^.,  spr.  Schätoh),  Schloss,  fester 
Platz,  häufig  mit  Ortsnamen  verbunden.  — 
C  -  Camhreais  (le  Cateau) ,  Stadt  im  franz. 
Depart.  Nord,  am  Seiles,  9974  Ew.;  Zwirn- 
fabr.  3.  April  1559  Friede  zwischen  Frank- 
reich und  Spanien,  wodurch  jenes  Metz, 
Toni  und  Verdun  zurückerhielt.  —  C.  -  Laf- 
JUte  (spr.  -fitt),  Schloss  im  Depart  Gironde, 
bei  Pauillac;  danach  benannt  einer  der 
besten  Medocweine.  —  G.-Margaux  (spr.  -goh), 
Weiler  und  Schloss  im  Depart.  Gironde, 
nord westl.  von  Bordeaux;  her.  durch  den 
danach  benannten  ausgez.  Rothwein. 

Chateaubriand  (spr.Schatohbriang),  Franc. 
Reni,  Vicomte  de,  franz.  Schriftsteller  und 
Staatsmann ,  geb.  4.  Sept.  1769  zu  St.  Male 
(Bret.agne),  trat  1786  in  das  Militär,  bereiste 
1790  Nordamerika,  ward,  nach  der  Verhaf- 
tung Ludwigs  XYI.  unter  den  Emigranten 
kämpfend ,  bei  Thionville  verwundet  und 
flüchtete  nach  England,  gab  1797  den  ,Essai 
sur  les  r6volutions  anciennes  et  modernes' 
heraus,  kehrte  nach  dem  18.  Bmmaire  nach 
Frankreich  zurück,  wo  er  durch  seine  Er- 
zählungen ,Atala'  (1801),  ,Ren6'  (1802)  und 
,G6nie  du  christianisme*  (1802)  mit  einem 
Mal  berühmt  wurde.  Von  Bonaparte  zum 
Gesandtschaftssekretär  in  Rom  ernannt, 
legte  er  nach  Ermordung  des  Herzogs  von 
Enghlen  seinen  Posten  nieder  nnd  machte 
1806  eine  Reise  nach  Griechenland,  Palä- 
stina, Aegypten  und  Spanien,  deren  Ein- 
drücke er  in  dem  christl.  Epos  ,Les  Martyrs* 
(1811)  niederlegte.  Nach  mehrjähr.  Zurück- 
gezogenheit auf  seinem  Landgute  Yal  de 
lioup  trat  er  1814  für  die  Bourbons  in  die 
Schranken  (,DeBuonaparte  et  des  Bourbons'), 
ward  Minister  Ludwigs  XVIII.  und  Chor- 
führer der  nltraroyalistischen  Partei,  1820 
Gesandter  in  Berlin,  1821  wieder  Staats- 
minister, 1822  Gesandter  in  London,  dann) 


franz.  Bevollmächtigter  auf  dem  Kongress 
zu  Verona,  endlich  Minister  des  Auswär- 
tigen. Naclidem  er  Juni  1824  seinen  Ab- 
schied erhalten,  ward  er,  zur  Opposition 
übertretend,  eine  Hauptstütze  der  Liberalen, 
erklärte  sich  aber  nach  der  Jnlirevolntion 
(1830)  für  die  Bourbons.  Strenger  Leg^tlmist, 
verweigerte  er  Ludwig  Philipp  den  Eid, 
schied  deshalb  aus  der  Pairskammer,  legte 
in  der  Schrift  ,De  la  restauration  et  de  la 
monarchie  61ective*  (1831)  sein  Glaubens- 
bekenntniss  ab,  schrieb  noch  ,Gongrds  de 
Veroue'  (1838,  2  Bde.)  u.  A.;  f  4.  Juli  1848. 
Gesammelte  Werke  (1826  u.  öfter).  ,M6- 
moires  d'outre-tombe*  (1849^50,  12  Bde.; 
deutsch  von  Fink  1849—51). 

Chateanbrlant  (spr.  Schatohbriang),  Stadt 
im  franz.  Depart.  Niederloire,  am  Ober, 
4636  Ew.  Ruine  des  Schlosses,  worin  die 
her.  Fran^oise  de  Foix,  Gräfin  von  0. ,  1537  f. 
Religionsedikt  Heinrichs  II.  gegen  die  Re- 
formirten ,  27.  Juni  1551. 

Chateanduii  (spr.  Schatodöng),  Stadt  im 
A-anz.  Depart.  Eure -Loire,  an  der  Loire, 
6781  Ew.  18.  Okt.  1870  nach  lOstünd.  Kampfe 
von  den  Deutschen  (28.  Divis.)  erstürmt. 

Chateannenf  (spr.  Schatonöf),  Stadt  im 
franz.  Depart.  Enre-Loire,  südl.  von  Drenx, 
1476  Ew. ;  18.  Nov.  1870  siegr.  GefecM  der 
Deutschen  (22.  Divis.)  gegen  überlegene 
ftanz.  Mobilgarden. 

Chateavronx  (spr.  Schaturuh),  Hauptst. 
des  franz.  Depart.  Indre,  am  Indre,  17,161  £w. 

Chfttelleranlt  (spr.  SohalitelFroh) ,  Stadt 
im  franz.  Depart.  Vienne,  an  der  Vienne, 
14,278  Ew.,  Gewehr-  und  Messerfobr. 

Chatham  (spr.  Tschättäm),  Stadt  in  der 
engl.  Grafsch.  Kent,  am  Medway,  bei  Ro- 
chester, 86,177  Ew. ;  Hauptstation  der  köuigl. 
Flotte,  mit  den  grössten  Seemagaainen, 
Schiffswerften  für  Kriegsschiffe  und  starken 
Festungswerken.  [Graf  von,  s.  Pitt. 

Chatham  (spr.  Tschättäm),  WiUiam  Pitt, 

Chathamiaseln  (spr.  Tschättäm-),  brit. 
Inselgruppe  im  Grossen  Ocean,  südöstl.  von 
Neuseeland;  Hauptiusel  Chatham,  20  QM. 
und  600  Ew.;  sehr  fruchtbar. 

Chatillon  nur  Seine  (spr.  Schatiljong  sür 
Sähn^) ,  Stadt  im  fi'anz.  Depart.  Gdte  d'Or, 
an  der  Seine,  4860  Ew.  Ehedem  Festung. 
Hier  5.  Febr.  bis  19.  März  1814  Verhand- 
lungen der  Alliirten  mit  Napoleon  I.  (ohjne 
Erfolg).  19.  Nov.  1870  Ueberfall  von  Trup- 
pen des  14.  deutscheu  Armeecorps  (Werder) 
durch  Garibaldianer;  jene  müssen  mit  Ver- 
lust zurückweichen. 

Chatonlle  (spr.  Schatulle),  Schachtel; 
Privatkasse  eines  Fürsten;  daher  Ohatoullen- 
oder  Patrimonialgüter ,  Güter,  welche  ein 
Landesherr  als  Privatmann  besitzt. 

Chatsworth  (spr.  Tschättsworth),  pracht. 
Landsitz  des  Herzogs  von  DevonsUire,  bei 
Bakewell  in  der  Grafsch.  Derby;  grosses 
Glashaus  (1,6  Morg.).  Im  Schloss  ^ass  Maria 
Stuart  16  Jahre  lang  gefangen. 

Chattanooga  (spr.  Tschättänuhgä),  Ort  in 
Tennessee  (Nordamerika),  am  Tennessee; 
liier  23.-25.  Nov.  1863  siegr.  ßehlachl  der 
Unionisten  unter  Grant  gegen  die  Konföde- 
rirten  unter  Bragg. 


Chatterton  —  Chemie. 


405 


CliittertOB  (spr.  Tflch&ttert^n) ,  Thoma», 
engl.  Dichter,  geb.  20.  Nov.  17Ö2  zu  Bristol, 
t  24.  Aug.  1770  durch  Gift.  Werke  (1803, 
3  Bde.,  u.  öfter).  Sein  Schicksal  dram.  be- 
handelt Yon  Alfred  de  Vigny. 

Chancei^  (spr.  Tscbas«),  Qeoffrep,  der  äl- 
teste engl.  Kunstdichter,  geb.  um  1340  zu 
Liondou,  bekleidete  verschiedene  Ehrenäm- 
ter, ward  derselben  später  entsetzt  und  ge- 
rieth  in  grosse  Bedrängniss ;  f  25.  Okt.  1400. 
Hauptwerk:  ,Canterbury  tales'  (deutsch  von 
Hertzberg  1870).    ,Work8'  1843,  6  Bde. 

ChaudeB-Aiffoes  (spr.  SchÖds-ähk),  Stadt 
im  franz.  Depart.  Uantal,  an  der  Truyire, 
1948  Ew.,  altber.  warme  Mineralquellen. 

Chaudet  (spr.  Schede),  Antoine  DenU, 
franz.  Maler  und  Bildliauer,  geb.  31.  März 
1763  zu  Paris,  f  das.  19.  April  1810  als  Mit- 
glied der  Akademie.  Zablr.  treffl.  Statuen, 
iu  welchen  er  antike  Einfachheit  anstrebt. 

Chaudieres  d'£nfer  (spr.  Schodiälir  d'ang- 
fähr),  Felsengrotton  im  Jouxthai,  Kant. 
Waadt,  unfern  TAbbaye. 

Chanken  (a.  G.),  Volk  in  Norddeutsobland, 
swischen  Ems  und  Elbe,  kämpften  47  und 
71  n.  Chr.  mit  den  Römern,  verheerten  im 
S.  Jahrh.  Gallien;  gingen  später  unter  den 
Sachsen  auf. 

Chanmont  (spr.  Schömong),  Haupst.  des 
frauz.  Depart.  Obermarno,  8285  Ew.  Hier 
1.  März  1814  JlUanzvertrag  der  AUiirten  zur 
^gemeinsamen  Bekämpfung  Napoleons  I.  21. 
Jan.  1871  misslungener  Ueberfall  der  Deut- 
scheu durch  ein  franz.  Streifcorps. 

Chaussee,  s.  Strastenbau. 

ChauTinismiis  (spr.  Schow-),  leidenschailtl. 
Vorliebe  für  Napoleon  I.,  wahrscheinl.  von 
Oiauvin,  dem  kom.  Helden  in  dem  Lustspiel 
,Le  Soldat  labonreur'  von  Scribe;  besonders 
kriegerischer  Fanatismus« 

Chanx-de-Fonds  9  La  (spr.  Schoh-d'fong), 
Dorf  im  Kant.  Neuenburg,  unfern  der  frauz. 
Grenze,  3071' üb.  M.,  16,778  Ew.  (2300  Kathol.), 
Hauptfabrikations-  und  Haupthandelsplatz 
der  Uhrenindustrie  im  Jura. 

Chaxaren  (die  Katsiri  der  byzant.  Schrift- 
steller), tatar.  Volk ,  ursprüngl.  zwischen 
(lern  Kaukasus  und  dem  kasp.  Meer  wohn- 
liaft,  dehnte  sich  seit  dem  7.  Jahrh.  über 
die  Länder  am  schwarzen  und  asowschen 
Meere  (bes.  die  Krim)  aus  und  drang  bis 
zu  den  Karpathen  vor.  Höchste  Blüthe 
ihres  Reichs  (Chazarien  oder  kleine  Tatarei) 
im  9.  Jahrh.  Ihre  Macht  wurde  zuerst  965 
durch  Swjatoslaw  gebrochen.  1016  besiegte 
der  griech.  Kaiser  Basilius  den  letzten  Rest 
des  Volks  in  der  Krim  unter  dem  Khan 
Georg  Tulus  und  th  eilte  das  Land  mit  sei- 
nen Bundesgenossen,  den  Russen.  Alte 
Residenz  der  Khane:  Balangier  (Astrachan), 
später  Sarkal  (schon  1300  zerstört). 

CheckB  (Chequee,  spr.  Tschäcks),  in  Eng- 
land und  Nordamerika  die  an  den  Lihaber 
(nicht  an  Ordre)  bei  Sicht  zahlbaren  Geld- 
anweisungen, den  Wechseln  ähnlich,  haben 
in  England  aber  volles  Wechselrecht  nur, 
wenn  sie  auf  1—5  Pfd.  St.  lauten,  sind  nur 
21  Tage  nacli  ihrer  Ausstell uog  gültig, 
können  aber  innerlialh  dieser  Frist  durch 
Indossamente  auch  weiter  beg^eben  werden.  ] 


In  Deutschland  siad  die  Giroanweisungen, 
von  Girogläubigern  auf  Banken  ausgestellt, 
etwas  Aehnliches. 

Chef  (fr.,  spr.  Schaff)»  Haupt;  Befehls- 
haber einer  grösseren.  Truppenabtheilung; 
auch  Inhaber  oder  Vorsteher  eines  gewerb- 
lichen Etablissements,  Bureaus  etc. 

Cheiloplastlk  (gr.),  Bildung  neuer  Lippen. 

Cheiranthus  L.  (Lack,  Goldlack),  nianzen- 
gattung  der  Kruciferen.  G.  choirf  I>.  (ge- 
meiner L.,  gelbe  Viele,  Lackviole),  in  Süd- 
und  Mitteleuropa  verbreitete  Topf-  und 
Gartenpflanze,  Blüthen  früher  offlcinell. 

Chelldoniam  L.  (SchüUkraut),  Pflanzen- 
gattung der  Papaveraceen.  G.  majus  L. 
(Schwalbenkraut,  Gilbkraut,  Goldwurz),  in 
ganz  Europa  gemein,  mit  gelbem  narkotisch- 
scharfen Milchsaft,  Wurzel  u.  Kraut  officin. 

Chelmsford  (spr.  Tschelmsförd),  Hauptst. 
der  engl.  Grafsch.  Essex,  5513  Ew. 

ChelMja  (spr.  Tschelsi),  früher  Dorf,  jetzt 
Vorstadt  von  London,  links  an  der  Themse, 
63,439  Ew.  Chelseahoapital ,  Invalidenhaus 
der  brit.  Landtruppen,  militär.  Waisenhaus, 
her.  botan.  Garten. 

Cheltenham  (spr.  Tschelt'nhämm),  Stadt 
in  der  engl.  Grafsch.  Gloucester,  am  Ghelt, 
39,693  Ew.;  stark  besuchte  Mineralquellen. 

Chemiatne  (gr.),  s.  latrochemie. 

Chemie  9  die  Lehre  von  der  Zusammen- 
setzung, Bildung  und  Zersetzung  der  Stoffe, 
zerfallt  in  reine,  analytische  u.  angewandte 
C.  Die  reine  0.  handelt  von  der  stofflichen 
Verschiedenheit  der  Materie,  dem  Verhalten 
der  Elemente  zu  einander,  deren  Verbin- 
dungen und  der  Grupplrungsweise  der 
Atome  in  den  letzteren;  die  analytische  G. 
von  den  Methoden  zur  Erforschung  der 
Bestandtheile  der  Körper  (s.  Analysis); 
die  angewandte  0.  von  der  Verwerthung 
chemischer  Thatsachen  für  Heilkunde,  Diä- 
tetik, Viehzucht,  Pflanzenbau  und  Technik. 
Die  Eintheiluug  der  reinen  G.  in  anorga- 
nische oder  Mineralchemie  und  organische 
oder  G.  der  pflanzlichen  und  thierischen 
Stoffe  kommt  mehr  und  mehr  ab,  seitdem 
die  Bestandtheile  der  Pflanzen  und  Thiere 
auch  künstlich  dargestellt  werden.  Die 
theoretiscJte  G.  behandelt  die  Verwandt- 
schaftserscheinungen und  die  Gesetze,  nach 
welchen  die  Elemente  sich  mit  einander 
verbinden,  bespricht  die  Beziehungen  zwi- 
schen ehem.  und  physikal.  Eigenschaften 
und  ergründet  die  rationelle  Konstitntion 
der  Verbindungen.  Die  G.  ist  eine  der 
jüngsten  Wissenschaften.  Ob  der  Name 
0.  von  dem  alten  Namen  Aegyptens  Ghemia 
stammt,  ist  ungewiss.  Chem.  Industrie  war 
den  Alten  nicht  unbekannt,  Dioscorides  be- 
schreibt die  Destillation  und  viele  Präparate. 
Man  bemühte  sich  dann,  unedle  Metalle  in 
edle  umzuwandeln,  was  zur  Alchemle  (s.  d.) 
führte.  Dabei  wurden  sehr  viele  chemische 
'Thatsachen  erkannt  und  zahlreiche  Präpa- 
rate hergestellt.  Von  diesen  benutzte  Ar- 
noldus  Villanovanus  zuerst  mehrere  als 
Heilmittel,  und  Basilius  Valentlnus  bahnte 
den  Uebergang  zur  folgenden  Periode,  wo 
die  C.  bes.  der  Heilkunde  diente  (latro- 
chemie) und  ihre   Förderung  meist  durch 


406 


Ghemin  couvert  —  Gbenille. 


die  Aerzte  (Paracelsns,  Agricola,  Libavins, 
▼an  Helmont,  Glaubdr)  erhielt.  Die  Heil- 
kunde wnrde  als  angewandte  0.,  der  Le- 
bensproeess  alfl  ein  chemischer  betrachtet. 
Daneben  fand  die  Darstellung  von  Präpa- 
raten, Industrie  und  Hüttenkunde  vielfache 
Förderung.  Dann  wirkten  Baco  von  Veru- 
lams  Lehren  auch  auf  die  G.  fordernd  ein, 
und  seit  Hitte  des  17.  Jahrh.  wurde  sie  uro 
ihrer  selbst  willen  betrieben.  Man  verfuhr 
aber  nur  qualitativ,  und  Stahls  Lehre  vom 
Pblogiston  beherrschte  die  ganze  Periode. 
BoyUf  Becher,  llomberg,  Lemery,  Boerhaave, 
Hojfmann,  Marggraf ,  Geoffroy ,  Duhamel, 
Black ,  Cavendish ,  IhHestley ,  Bergman, 
Scheele  stellten  viele  Thatsachen  fest,  aber 
erst  Jjavoitier  wurde  dürdi  Einfuhrung  der 
Wage  der  Gründer  der  neuen  C.  Die 
Theoretiker  Berthollet,  Fourcroy,  die  Ana- 
lytiker Klaproth ,  Vauquelin ,  WoÜaston, 
Tennant ,  dann  besonders  Frouat,  Bichter, 
JDoZ/o»,  Qay-Lu3sac ,  Th^nard  und  Davy 
befestigten  die  neuen  Anschauungen  durch 
zahlreiche  Untersuchungen  und  Theorien. 
Mit  BeruUua  beginnt  die  neueste  Zeit,  in 
welcher  das  Interesse  für  die  organische 
C.  vorherrscht.  Durch  Dumas,  Liebig  xmd 
Wähler,  Boueaingault  und  Mulder  wurde 
diese  ausserordentlich  gefordert;  Dumas, 
Laurent  und  Gerhardt  stellten  neue  Theo- 
rien auf,  u.  seitdem  ist  die  Zahl  der  Kohlen- 
stoffverbinduugen  unübersehbar  geworden, 
auch  die  Einsieht  in  die  rationelle  Konsti- 
tution bedeutend  gewachsen.  Dieser  letz- 
teren sind  die  neuesten  Bestrebungen  vor 
Allem  gewidmet,  doch  wurden  auch  die 
analytischen  Methoden  (Mass-,  Gas-,  Spek- 
tralanalyse) vervollkommnet  und  durch 
viele  Entdeckungen  Industrie  (Anilinfarben), 
Land wii*th Schaft  (Liebig,  BoussingauH),  Heil- 
kunde, Physiologie,  Geologie  etc.  sehr  ge- 
fordert. Lehr-  und  Handbücher:  Hand- 
wörterbuch (1842—56,  6  Bde.),  Graham-Otto 
(4L.  Aufl.  1863  ff.,  5  Bde.),  Omelin  (4.  Aufl. 
1843  ff.),  Gorup-Beaanet  (3.  Aufl.  1868  ff.), 
BegnauU- Strecker  (8.  Aufl.  1868,  S  Bde.), 
Wöhter  (anorgan.,  14.  Aufl.  1868  ;organ.,  7.  Aufl. 
1868),  Kekul€  (1861—67,  3  Bde.) ,  Butlerow 
(1867).  RammeUberg  (1867),  Erlenmeyer  (\9&l)^ 
jB«/(1868),  GoUlieb  (3.  Aufl.  (1868),  Roscoe 
(1869),  Hoffmann  (4.  Aufl.  1869),  Geuther 
(1870).  Theoretisches:  Wurtz  (1864),  Meyer 
(1864),  Buff  (1866),  aauae  (1867),  Stcu  (1867). 
Geschichte :  Kopp  (1843-47  u.  1869,  5  Bde.), 
JJiiff  (1866),  KekuU  (1867),  Ladenburg  (1869); 
Liebig,  «Chemische  Briefe'  (5.  Aufl.  1865); 
Johnston,  ,Chemische  Bilder'  (3.  Aufl.  1870). 

€hemiii  couTert  (fr.,  spr.  Sch*mäng  ku- 
währ),  gedeckter  Weg;  beherrscht  den  äusse- 
ren Grabenrand  einer  Befestigung  und  ist 
gegen  das  Feuer  des  Belagernden  gesichert. 

Cheniinement  (fr.,  spr.  Schmin'mang),  das 
Terraingewinnen  durch  Laufgräben  bei  Be- 
lagerung einer  Vestung. 

Chemische  Prapftntoy  die  durch  ehem. 
Prozesse  dargestellten  Substanzen. 

ChemiMher  Prozesg,  der  Vorgang  der 
Verbindung  oder  Zersetzung  der  Stoffe. 

ChemlBche  Yerwandtschaft  ( Affinität),  Ur- 
sache der  chemischen  Verbindungen. 


Chemische  Zeichen.  Symbole  för  die 
Elemente  und  ihre  Verbindungen ,  deren 
man  sich  bedient ,  um  in  einfachster  und 
deutlichster  Weise  auszudrücken,  in  welcher 
Art  und  Welse  man  sich  die  Atome  einer 
ehem.  Verbindung  vereinigt  denkt.  Diese 
Symbole  bestehen  Jetzt  aus  den  Anfangs- 
buchstaben der  lateinischen  Namen  der 
Elemente,  z.  B.  Eisen,  ferrum,  Fe. 

Chemlse  (fr.,  spr.  Sch^mihs),  Hemd;  in 
der  Fortifikation  der  Mauermantel,  die 
äussere  Seite  der  Futtermauern  bei  Festnngs- 
wällen,  auch  s.  v.  a.  Bev6tement. 

Chemismiig»  chemisches  Verhältniss;  ua- 
turphilosophische  Theorie,  welche  die  Bil- 
dung oder  Forterhaltung  der  Natur  durcti 
einen  chemischen  Prozess  erklären  will; 
auch  8.  V.  a.  latrochemie. 

Chemityple  (gr.),  Verfahren,  Radtrungen 
auf  Zink  ,  Kupfer  etc.  in  Relief  zum  Druck 
für  die  Buchdruckerpresse  herzustellen. 
Man  führt  auf  einer  Zink-  oder  Kupferplatte 
eine  gewöhnliche  Radirung  und  Aetzung 
oder  Gravirung  aus,  füllt  die  vertlefteZeich- 
nung  mit  einer  leichtflüssigan  Legirung 
bis  genau  auf  das  Niveau  der  Zinkplatte 
und  ätzt  dann  mit  Salpetersäure ,  welclie 
das  Zink,  aber  nicht  die  Legirung  angreift, 
so  dass  diese  dann  das  Bild  erhaben  und 
znm  Druck  geeignet  darstellt. 

Chemnitz,  erste  Fabrikstadt  und  zweiter 
Handelsplatz  Sachsens ,  am  Flu—  C.  (zur 
zwickauer  Mulde),  68,573  Ew.;  Haupt- 
industriezweig Baumwollspinnerei  (SOSpinn- 
mühlen)  und  Weberei  (450  mechan.  und 
3000  Handstähle),  Maschinenbau  (50  Werk- 
stätten), Färberei  (über  50)  und  Druckerei. 
Schloss  (Magazin),  Gewerbe-  u.  Baugewerlc- 
schule,  Gymnasium,  Werkmeister-,  Handels- 
schule, Börse  etc.    Früher  Reichsstadt. 

Chenier  (spr.  Schenieh)»  Af^r6,  frKia. 
I^riker,  geb.  29.  Okt.  1762  zu  Konstantino- 
pel, erst  Militär,  seit  1788  als  unabhängiger 
Gelehrter  in  Paris ,  schloss  sich  begeistert 
der  Revolution  an,  aber  nicht  ohne  den 
Ausschreitungen  der  Terroristen  entgegen 
zu  treten ,  als  Verf.  von  Ludwigs  XVI.  Be- 
rufung an  das  Volk  eingezogen ;  25.  Jali 
1794  guillotinirt.  Seine  Dichtungen  (bes.  die 
Idyllen  und  Elegien)  ausgez.  durch  antik- 
sinnliche  Heiterkeit  und  Gesund heit.  Samm- 
lung derselben  1834,  2  Bde.  —  2)  Marie  Jo- 
seph de  C,  der  Hauptdramatikar  der  flranz. 
Revolution,  Bruder  des  Vor.,  geb.  SN3.  Aug. 
1764,  entfaltete  als  Mitglied  des  Konvents 
eine  bedeutende  polit.  Thätigkeit;  f  10.  Jan. 
1811.  Schüler  Voltaires,  dessen  Tendenz- 
drama er  fortsetzte;  seine  Trauerspiele 
,0harle8  IX'  (1790),  ,Jean  Oalas'  (1792), 
»Henri  Vm*  (1793),  ^niol6on«  (1795)  etc. 
voll  von  republikan.  Deklamationen.  Sehr, 
auch  trefft,  lyr.  Gedichte  (z.  B.  die  Elegie 
,La  Promenade'  und  die  Volkshymne  ,Ghant 
du  d6part').    Werke  (1823-26,  8  Bde.). 

Chenille  (fr.,  spr.  SchenillJ,  Baupe) ,  auf- 
gefasertes,  behaarten  Raupen  ähnliches  Ge- 
bilde ,  dargestellt  aus  schraubenförmig  um 
einen  Faden  Zwirn  gesponnenen  seidenen 
oder  baumwollenen  Bändchen;  dient  zu  Ein- 
fassungen, Stickereien,  künstl.  Blumen  etc. 


Cbenopodinm  —  Chiana. 


407 


Chenppodlnm  L.  (OÜnsefuss,  SchmergtÜ), 
PflanzeügattuQg  der  Ohenopodeen.  0.  albtnn 
L.  und  C.  viride  L.  in  Nordenropa ,  Nord- 
asien und  Nordamerika,  als  Gemüse  benntzt. 
C.  ambrosioides  L.  aus  Südamerika,  Mexiko, 
in  Süddeutscbland  verwildert,  riecht  und 
schmeckt  loimph  er  artig,  offlcinell  als  Herba 
Botryos  mexicanae,  Jetuiten-,  Karthäuserthee, 
' Fltnentkräut ,  liefert  pfefferraüuzähnliches 
ätherisches  Oel.  C.  Quinoa  L.,  kleiner  Reis 
von  P&ru,  in  Ohlle  und  Peru  als  Getreide 
angebaut,  bat  sehr  nahrhafte  Samen,  die 
Blätter  dienen  als  Gemüse.  * 

Cher  (spr.  Schähr),  linker  Nebenfluss  der 
Loire,  vom  Auvorgnegebirge,  mündet  unter- 
halb Tours;  45  M.  (davon  36  schilTbar).  Da- 
nach benannt  das  franz.  Dep.  0.,  130,7  QM. 
und  336,613  Ew.    Hauptst.  Bourges. 

Cherboiirg  (spr.  Schärbuhr) ,  befestigte 
Seestadt  im  franz.  Depart.  Manche,  87,815 
Ew. ;  stärkster  Kriegshafen  des  Reichs  mit 
3  grossen,  durch  Kanäle  verbundenen  und 
durch  mehr  als  10  Forts  (mit  8000  Kanonen) 
geschützten  Wasserbecken  (für  50  grosse 
Kriegsschiffe,  1812  von  Napoleon  I.  vollen- 
det, neuerdings  bedeutend  erweitert  und 
verstärkt),  Arsenal,  grosse  Magazine  und 
weitlänftige  Docks. 

Cherbvliez  (spr.  Scherbülieh) ,  Antoine 
Bli%4e,  franz.  Publlcist,  geb.  1797,  ward 
1826  Prof.  der  Rechte  zu  Genf,  1858  Lehrer 
an  der  Akademie  zu  Lausanne,  später  als 
Prof.  der  polit.  Oekouomie  an  das  Polytech- 
nikum zu  Zürich  berufen ;  f  März  1869.  Sehr. 
,L'utiIitaire*  (1828-30,  3  Bde.);  ,RIchesse  et 
pauvret^'  (1841);  ,Th6orie  des  garanties 
constitutionnelles*  (1838,  2  Bde.) ;  ,Pr6ci8  de 
la  science  6conomIque'  (1862,  2  Bde.). 

CheribOB  (spr.  Sehe-,  T^eribon),  holl.  Stadt 
auf  der  Nordküste  von  Java,  10,000  Ew. 

CherimoUa  (Tschirimajoibaum ,  Anona 
Cherimolia  Mill.),  Baum  aus  der  Familie 
der  Anonaceen  in  Columbia  und  Peru, 
mit  6—8  Pfd.  schweren,  sehr  schmackhaften 
Früchten  (Cherlmolo,  Oherlmaya). 

Ch^risy  (spr.  Sehe-),  franz.  Ort,  westl.  von 
Versailles;  10.  Okt.  1870  Gefecht  zwischen 
franz.  Mobilgarden  und  deutscher  Reiterei. 

Cherokesen  {Ttcherolcihn) ,  Indianerstamm 
in  Nordamerika,  zur  Appalachengrappe  ge- 
hörig, seit  1838  im  ludlanerterrltorium  ein 
Gebiet  von  748  QM.  bewohnend;  1866:  16,000 
Köpfe.  Die  kultivirtesten  der  nordamerikan. 
Indianer,  mit  Regierung  u.  Gesetzen,  Schu- 
len, eigner  Schrift  (erftinden  von  Ouess  1826), 
Druckereien,  Industrie  und  Handel. 

Clierso ,  Insel  im  Qnamerogolf  (Istrien), 
6  QM.,  durch  Brücke  mit  Lnssin  verbun- 
den; Hauptst.  C,  8600  Ew.,  Hafen. 

ChenOB.  südruss.  Gouv.  am  schwarzen 
Meer,  1306  QM.  und  1,380,138  Ew.  (viele 
Kolonisten);  weite  Ebene,  zum Thell baum- 
lose Steppe;  bedeut.  Zucht  span.  Schafe. 
Die  Bauplst.G.j  an  derMünduugdesDi^epr, 
43,885  Ew.;  Festung,  Hafen,  SchifTswerfte, 
nautische  Schule.  Gegr.  1778  von  Potemkin 
(Denkmal)  als  Hauptst.  Südrusslands. 

Chersonesus  (gr.),  Halbinsel,  Vorgebirge. 
C.  thraeica,  thrac.  Halbinsel,  jetzt  Galli- 
poli;  C.  laurica  (scythica),  taur.  Halbinsel, 


Jetzt  die  Krim;  0.  oimbrtea,  clmbr.  Halb- 
insel, jetzt  Jätland  fliit  Schleswig;  C.  aurea, 
goldner  0.  in  Indien,  im  jetzigen  Malakka. 

Chemb  (Mehrzahl  Cherubim),  symboI.  Ge- 
bilde des  A.  T.s,  geflügelt  mit  menschlichem 
Gesicht,  stets  in  Verbindung  mit  Jehovah, 
Träger  seiner  Gegenwart. 

Chernblnl  (spr.  Ke-),  Luigi  Maria- Carlo 
Zenobio  Salvador ,  franz.  Komponist ,  geb. 
8.  Sept.  1760  in  Florenz ,  f  l^-  -Harz  1842 
in  Paris  als  Direktor  des  Konservatoriums. 
Zahlreiche  und  treffliche  Opern,  besonders 
(Wasserträger*,  .Lodoiska*,  ,Medea*,  ,Die 
Abencerragen*,  ,Anacreon';  Kirchenkompo- 
sitionen (4Mes8en,Reqniem),Banet,  Achilles*. 

Chemskery  alter  deutscher  Volksstamm, 
auf  der  Nordostseite  des  Harzes  und  von 
hier  über  einen  grossen  Theil  von  Deutsch- 
land sich  ausbreitend.  Ihre  bereits  einge- 
leitete Abhängigkeit  von  den  Römern  wurde 
durch  Arminius  (s.  d.)  vernichtet.  Mit  dem 
4.  Jahrb.  verschwindet  der  Name  C.  unter 
dem   der  Sachsen. 

CheMpeakbai  (spr.  Tschessäpihkbeh),  tie- 
fer Meerbusen  an  der  Ostküste  von  Nord- 
amerika (Maryland),  42  M.  1.  Daran  die 
Städte  Baltimore  und  Annapolis. 

Cheshire  (spr.  Tscheschir),  s.  Chetter. 

Chessy  (spr.  Schessy),  Städtchen  im  franz. 
Dep.  Rhone,  am  Azerg^ie,  1132  Ew.,  Kupfer- 
gruben (die  reichsten  Frankreichs). 

ehester  (spr.  Tsche-,  Cheshire,  spr.  Tsche- 
schir), Grafsch.  an  der  Westküste  von  Eng- 
land, 51,9  QM.  und  505,428  Ew.  Hauptst. 
G.,  am  Don,  31,110  Ew. ;  Kathedrale,  Kastell, 
Schiffbau ;  Niederlage  für  den  her.ChesterkäBe. 

Chesterfleld  (spr.  Tsche-),  Phil.  Dormer 
StanhopCf  Oraf  von,  geb.  22.  Sept.  1694  zu 
London,  unter  Georg  II.  Vicekönig  von  Ir- 
land und  Staatssekret&r;  t  M*  ^ärz  1773. 
Fruchtbarer  Schriftsteller,  ber.  seine  höfische 
Weltklugheit  empfehlenden  ,Letters  to  bis 
son*  (1774).  [lieh,  auch  abenteuerlich. 

Chevaleregk  (fr.,  spr.  Schwalresk),  ritter- 

Chevalier  (fr.,  spr.  Sch'wallieh),  Ritter, 
Titel  des  mittleren  Adels  in  Frankreich. 
C.  de  fortune  (spr.  -tühn)  oder  0.  d^nduatrie 
(spr.  dängdüstrie),  Glücksritter,  Betrüger. 

Chevanxlegen  (fr.,  spr.  SchVohlescIieh, 
d.  i.  leichte  Pferde) ,  ursprünglich  leichte 
Reiter  der  Haustruppen  der  franz.  Könige, 
auch  der  grösseren  Rheinbundfürsten,  jetzt 
leichte  Kavallerie  der  bayer.  Armee,  mit 
Karabiner  und  Säbel  bewaffnet. 

Chevilly  (spr.  Sch*wilji),  franz.  Ort,  nordl. 
von  Orl&ins;  3.  Dec.  1870  hier  und  bei 
Chilleuses  siegr.  Treffen  des  Pr.  Friedr.  Karl 
(3.  u.  9.  Corps)  gegen  die  franz.  Loirearmee. 

Cheviot -Hills  (spr.  Tschiw-),  Gebirgszug 
auf  der  Grenze  von  England  und  Schott- 
land, mit  dem  2504'  h.  Cheviot  im  O.  und 
dem  2480'  h.  Hart/eil  in  der  Mitte. 

ChevroB  (fr.,  spr.  Schewrong),  eig.  Dach- 
sparren ;  Tressenauszeichnuug  am  Rock- 
ärmel der  Soldaten  etc.,  die  Zahl  ihrer 
Dieustjahre  oder  ihren  Rang  anzeigend. 
Chevron^,  ein  Unteroffizier. 

Chiiua  (spr.  Ki-,  Glanis),  Fluss  in  Mittel- 
Italien;  sein  Thal,  Val  di  G.  (vom  Knie  des 
Arno  bei  Arezzo  bis  zum  Tiber),  einst  blü- 


408 


Ghinpas  —  Chile. 


hedfk ,  dann  seit  10.  Jahrh.  allmihlis  Y«r- 
■nmpft ,  1789—1816  kanalisirt ,  so  daas  das 
Wasser  nach  beiden  Seiten  (som  Tiber  wie 
zum  Arno)  abläuft,  seitdem  wieder  fruclitbar. 

CliÜpM  (spr.  Tschi-),  Staat  in  H<}xiko, 
788,8  QM.  und  193,987  Ew.;  zahlr.  Rainen 
alter  Bauwerke.    Hauptst.  San  Gristobal. 

Cliiirl  (spr.  Ki-),  Stadt  in  der  ital.  Prov. 
Brescia,  am  Oglio,  9339  Ew.  Seidenspinnerei. 
1.  Sept.  1701  Sieg  Prinz  Eugens  über  die 
franz. -span.  Armee  unter  Villeroi. 

€hiaro8€vro  (ital.),  s.  y.  a.  Helldunkel. 

CliiMtolltli  (HoAUpath),  Mineral  aus  der 
Klasse  der  wasserfreien  Geolithe,  kiesel- 
saure Tbonerde,  findet  sich  In  metamorphi- 
schem  sciiwarzenTlionschiefer  eingewachsen, 
dessen  Substanz  längs  der  Axe  der  rhomb. 
Krystalle  eine  centrale  Ausfüllung  bildet. 

ChUTari  (spr.  Ki-) ,  Hafenst.  in  der  ital. 
Prov.  Genua,  am  Meer,  10,457  Ew. 

ChUTennft  (spr.  Kiaw-,  (^avenna,  deutsch 
Kläfw),  Stadt  in  der  iUl.  Prov.  Sondrio, 
an  der  Maira  und  dem  Fuss  des  Splügen, 
3845  Ew.,  Knotenpunkt  der  Strassen  nach 
Mailand  über  den  Gomersee,  durch  das 
Engadin  und  über  den  Splügen  nach  Grau- 
büuden.  [aus  Mais,  in  Sudamerika. 

€hlca  (spr.  Tscnika) ,  gegohrenes  Getränk 

Chicago  (spr.  Tsch ikehgho) ,  Stadt  und 
wichtiger,  mächtig  aufblühender  Handels- 
platz in  niinois  (Nordamerika),  an  der  Mün- 
dung des  Fltuse»  G.  in  den  Michigansee, 
1831  angelegt,  1837  als  Stadt  inkorporirt  mit 
4170  Ew.;  1860:  161,044,  1870:  298,983  Ew. 
(▼iele  Deutsclie).  Grösstes  Komdepot  der 
Welt.  Eisenwerkstätten  und  Dampfmaschi- 
neubauanstalten,  Fabr.  v.  Ackerbaugeräthen. 

Chieane  (fr.,  spr.  Schik-),  in  böswilliger 
Absicht  in  den  Weg  gelegte  Schwierigkeit; 
Chicaneur  (spr.  -Öhr),  Känkeschmied. 

Chiearoth  (Carajuru),  rotber  Farbstoff 
aus  den  Blättern  von  Bignonia  Ghica  Eumb. 
am  Orinoco,  wird  von  den  Indianern  zum 
Rothfarben  der  Haut  benutzt. 

Chlehen,  Ort  in  Yukatan,  südwestl.  von 
Yalladolid;  grossartige  Ruinen  einer  alten 
Indianerstadt,  2  engl.  M.  Umfang. 

Chichester  (spr.  Tschitschester),  Hauptst. 
der  engl.  Gri^sch.  Süsses,  unfern  der  Süd- 
küste,  8059  Ew.    Kathedrale. 

ChickiBtWB  (spr.  Tschi-),  nordamerikan. 
Indiauerstamm ,  den  Ghoctaws  verwandt, 
früher  in  Mississippi  und  Alabama  wohn- 
haft, wandei*te  1837  und  1838  nach  dem 
Indianergebiet  aus;  Jetzt  noch  4500  Köpfe. 

Chiomsee  (Bayer.  Meer) ,  See  in  Ober- 
bayeru,  bei  Traunstein,  am  Fuss  der  Alpen, 
1620'  üb.  M.,  2Va  M.  1.,  IV«  M.  br.,  3Va  QM., 
504'  tief;  3  Inseln :  Herren  - ,  Frauenwörth, 
Krantinsel;  Abfluss :  die  Alz  (zum  Inn). 

Chieri  (spr.  Ki-),  Stadt  in  der  ital.  Prov. 
Turin,  15,474 Ew.;  im  Altei*th.  Carea potentia. 

Chiese  (spr.  Ki-),  Fluss  in  der  Lombardei, 
von  den  orteler  Alpen ,  durchfliesst  das 
Yal  Bona,  den  Llrosee,  das  Yal  Sabbia, 
mündet  unterhalb  Asola  in  den  Oglio;  19 M. 

ChietI  (spr.  Ki-),  befe&t.  Hauptst.  der  ital. 
Prov.  Abruzzocitra,  am  Pescara,  19,789  Ew. 
Reste  von  Römerbaute  11,  Normanueucitadelle, 
Kathedrale.  Das  röm.  Theate  (vgl.  Theatiner). 


CUeiiaer,  s.  Theatintr. 

CUffoniere  (fr.,  spr.  Schiffoniähr),  Schrank 
zum  Aufbewahren  von  Leinenzeug. 

Chilbre  (fr.,  spr.  Schiff'r),  Zahlzeichen, 
ZiflTer;  Geheimschrift,  seit  Richelieus  Zeiten 
in  diplomat.  Korrespondenzen  u.  Depeschen 
angewandt,  bestehend  aus  Zahlen  oder  ver- 
abredeten Zeichen,  wird  gelesen  mittelst 
der  Dechijfrirkutui  mit  und  ohne  dazu  ge- 
hörigen Schlüssel,  im  letzteren  Falle  schwie« 
rig.  Vgl.  Klüber,  ,KryptographikS  1809; 
KliSber  und  Marlttu,  ,Guide  diplomatique*, 
4.  Aufl.  1851.    G.  auch  s.  v.  a.  Monogramm. 

Ckignon  (fr.,  spr.  Schinjoug),  Nacken, 
Nackenhaar;  das  heraufgeschlagene  Haar 
des  Hinterkopfs,  wenn  es,  vorn  am  Scheitel 
befestigt,  im  Nacken  einen  beutelartigen 
Wulst  bildet. 

Chlhvahiia  (spr.  Tschiwahwah) ,  Staat  des 
nördl.  Mexiko,  4953  QM.  und  179,971  Ew. 
(meist Indianer);  Gebirgsland  (Sierra  Madre, 
bis  8000'  h.),  vom  Rio  del  Norte  (Grenzfluss) 
und  dessen  Zuflüssen  Pecos  und  Gonuhos 
bewässert;  Bergbau,  Ackerbau  und  Yiek- 
zucht.  ffaupM.  C.,  4352'  üb.  M.,  1700  ang^e- 
legt,  seit  Yertreibung  der  Spanier  in  Ver- 
fall, 12,000  Ew.  Südl.  die  berühmten  S.  Eu- 
lalia  -  Silberminen. 

Chile  (Chili,  spr.  Dschi-),  Freistaat  auf 
der  Westküste  Südamerikas,  250  M.  1.,  bis 
35  M.  br.,  6237  QM.  und  (1868)  1,908,350  Ew. 
Der  £oden  wellenförmige  Ebene  mit  einer 
Cordillerenkette  (Aconcagua  21,582'  h.,  und 
13  thätige  Vulkane,  Erdbeben  häufig),  im  N. 
wasserarm,  daher  unfruchtb^ar  und  holzarm, 
im  S.,  be!  reichlichem  Regen,  mit  Urwäl- 
dern und  schönen  Wiesen  bedeckt.  Ge- 
wässer: zahlreiche  Küstenflüsse,  nur  auf 
der  Hälfte  ihres  Laufes  schifiTbar.  Klima: 
im  N.  ^arm  und  trocken,  im  S.  gemässigt 
und  feucht,  überall  gesund  und  augenehm. 
Produkte:  Silber  und  Kupfer  (jährl.  19-20 
Mlll.  Thlr.),  Zinn,  Quecksilber,  Steinkohlen 
und  andere  Mineralien;  viel  Getreide, 
namentl.  Weizen  (11  Mill.  Gtr.)  und  Mais 
(G.  die  Kornkammer  für  Peru ,  Australien 
und  Kalifornien),  Wein,  Flachs,  Gemüse; 
schöne  Rindern.  Pferde,  Yicuilas,Lanias  etc., 
keine  Raubthiere;  Guano  auf  der  Insel 
ChiloS.  Bevölkerung:  Weisse  und  Kreolen 
span.  Abkunft,  Mestizen  und  Mulatten,  In- 
dianer (Araukanor  im  S.).  G.  ist  der  ge- 
ordnetste und  ruhigste  der  span.-axnerikan. 
Staaten,  der  einzige,  in  welchem  das  weisse 
Element  die  Indianer  und  die  Mischlinge 
beherrscht,  der  einzige  ohne  Sklaverei. 
Nur  Mangel  an  Händen  cur  Benutzung  des 
Bodenreichthums.  Deutsche  Einwanderung 
in  gedeihlichem  Fortgange.  Industrie  in 
leineuen  uud  wollenen  Geweben,  Hanf-  u. 
Binsengeflechten ,  Holzarbeiten.  Einfuhr 
(1867) :  24,86  Mill. ,  Aue/uhr  (Kupfer,  Silber, 
Weizen  ,  Mehl ,  Häute ,  Wolle  etc.) :  S0,69 
Mill.  Doli.,  dazu  Durchfuhr  3,05  n.  Küsten- 
handel: 34,81  Mill.  Doli.  Handelsflotte  (267 
Schiffe  von  61,000  Tonnen)  in  günstiger  ^nt- 
wlckelung.  Eingelaufen  1867:  S5S5  Schiffe 
von  1,723,000  Tonnen.  Eisenbahnen  (1869): 
84  M.  Gewichte  und  Masse  nach  franz. 
Decimalsystem ;  Münz»;   der  Peso  (Piaster) 


Chiliasmas  —  China. 


409 


=  5  Fr.  =  1  Thlr.  13»/»  Sgr.  —  KorutitHtiwi 
von  1883.  3  Gewalten:  die  gesetzgebende 
(Senat  und  Deputirtenkammer) ,  exekutive 
(Präsident  auf  5  Jahre:  seit  1866  J.  J.  Perez, 
nebst  Staatsratli)  und  ziohterlicbe.  Ers- 
bischof  (Santiago)  mit  3  Biscliöfen.  Finanzen 
1870:  Einnahmen  12,112,174  Plaster,  Ausgaben 
11,536,349  Piaster.  Schuld  (1869):  33,179,445 
Piaster.  Armee:  5018  M.  Linie,  54,992  M. 
Nationalgarde.  Flotte :  12  1>a.mpter.  Einthei- 
Inng  in  15  Provinzen:  Ghilo6,  Leauqnihue, 
Valdivia,  Arauco,  Goncepcion,  Nuble,  Maule, 
Talca,  Gurlco,  Oolchagua,  Santiago,  Valpa- 
raiso, Acougagua,  Goquirabo  und  Atacama 
und  dazu  noch  die  Kolonie  Magallanes. 
Bedeutendste  Städte:  Santiago  (ll^uptst.), 
Valparaiso,  Valdivia,  Goncepcion,  La.Se- 
rena,  Goplapo. 

GeacAiehte.  Nachdem  der  Gonquistador 
Diego  Almagro  1535  von  Peru  aus  in  G. 
eingedrungen,  unterwerfen  sich  die  Spanier 
die  nördl.  Provinzen  des  Landes  bis  an 
den  Biobio.  Seitdem  bildet  G.  eine  span. 
Generalkapitanie.  18.  Sept.  1810  wählt 
eine  zu  Santiago  zusammengetretene  Junta 
einen  geborenen  Ghllenon,  den  Marquis  de 
la  Plata,  zum  Präsidenten.  Der  Versuch 
des  span.  Obersten  Figuerra,  die  Regierung 
zu  Sturzen  (1.  April  1811),  bringt  die  Revo- 
lution zum  Ausbruch.  Sept.  1812  schwingen 
sich  drei  Brüder  Garrei'a  zu  Gewalthabern 
empor.  Eine  neue  Revolution  bringt  die 
Diktatur  in  die  Hände  des  Obersten  Gastra, 
deir  durch  den  Traktat  vom  5.  Mai  1814  die 
konstitutionelle  Regierung  Spaniens  aner- 
kennt und  G.  derselben  unterordnet.  Darauf 
Ausbruch  des  Bürgerkriegs.  Der  span. 
General  Osorio  dringt  von  Peru  aus  in 
G.  ein  und  reisst  die  Gewalt  an  sich  (Okt. 
1814).  12.  Febr.  Niederlage  der  Spanier  bei 
Ghacabuco ;  General  O'Higg^ns  Oberdirektor 
von  G.  Der  Sieg  der  Patrioten  am  Maypu 
(5.  April)  befreit  G.  für  immer  von  den  Spa^ 
niern.  Innere  Unruhen.  O'Higgins  28.  Jan. 
1823  abgenetzt;  sein  Nachfolger  General 
Freyre  Juli  1828  bei  Santiago  geschlagen 
und  verwiesen.  Auf  die  ^rste  Konstitution 
von  1824  folgt  6.  Aug.  1828  eine  zweite.  Mai 
1837  bis  März  1839  Krieg  mit  Peini.  25. 
April  1844  Vertrag  mit  Spanien,  welches  G. 
als  unabhängigen  Staat  anerkennt.  Unter 
der  Verwaltung  des  Generals  Bulnes  (1841 
bis  1851)  und  Manuel Montts  (1851-61)  bleibt 
G.  den  Wirreu  in  den  übrigen  südamerikan. 
Staaten  fern.  Ackerbau,  Bergbau,  Handel 
und  SchiffTahrt  blühen  auf.  Deutsche  £in> 
Wanderung.  März  1859  bricht  eine  Revo- 
lution aus,  welche  aber  durch  den  Sieg  der 
Reglerungstruppen  bei  Serena  (29.  April) 
rasch  unterdrückt  wird.  18.  Sept.  1861  tritt 
Perez  an  die  Spitze  der  Regierung.  8.  Dec. 
1863  Brand  der  Jesuiten kirche  Gompauia 
zu  Santiago  während  eines  Festes  zu  Ehren 
der  unbefleckten  Empfängniss,  wobei  2000 
Menschen,  meist  Frauen,  den  Tod  finden. 
1.  März  1864  Abbruch  der  diplomat.  Be- 
ziehungen zwischen  G.  und  Bolivia  wegen 
des  streitigen  Besitzes  der  Mejillones- 
(Guano-)  Inseln.  Darauf  Differenzen  mit 
Spanien  wegen  des  angeblich  völkerrechts- 


widrigen Benehmens  G.s  gegen  letzteren 
Staat  während  der  Händel  mit  Peru.    Sept. 

1865  erscheint  ein  span.  Geschwader  unter 
Admiral  Parega  vor  Valparaiso  und  erklärt 
die  Blokade  der  Häfen  G.s,  worauf  die  Re- 
gierung G.s  im  Verein  mit  Peru  den  Krieg 
an   Spanien   erklärt    (25.  Sept.).     31.  März 

1866  Bombardement  von  Valparaiso  durch 
das  span.  Geschwader.  14.  April  Aufliebuug 
der  Blokade  auf  die  Beschwerden  der  am 
Handel  mit  G.  betheiligteu  europ.  Mächte. 
Juli  1869  unter  Vermittelung  der  Vereinigten 
Staaten  von  Nordamerika  Waffenstillstand 
mit  Spanien  auf  unbestinunte  Zeit.  lu 
jüngster  Zeit  Aufstand  der  Araukaner  (s. 
Arancania).  Vgl.  die  Reisewerke  von  Föp- 
pig.  Hall,  Miers,  Tschudi,  Bibra  u.  A. 

Chiliasmus  (gr.),  im  engeren  Sinne  der 
Glaube  au  ein  zukünftiges  lOOOjähriges,  mit 
Ghristi  sichtbarer  Wiederkunft  beginnendes 
Gottesreich  auf  Erden  voll  sinnlicher  Freu- 
den für  die  Gläubigen ;  im  weiteren  Sinne  alle 
sinnlichen  Vorstellungen  von  einer  irdischen 
Blüthezeit  des  Reiclis  Gottes  vor  dessen 
Atwchluss.  Die  chiliast.  Hoffnungen  gründen 
sicli  auf  die  Andeutungen  der  Apostel  von 
einer  sichtbaren  Wiederkunft  Ghristi. 

Chilisalpeter,  Natron-,  Würfel-,  kubischer 
Salpeter,  Salpeters aures  Natron,  findet  sich 
in  der  fast  regenlosen  Wüste  an  der  Süd- 
grenze  Perus  und  Bolivias  in  2—3'  mäch- 
tiger, über  30  Meilen  sich  ausdehnender 
Schicht.  Export  1867  3Va  Mlll.  Gtr.  Zieht 
aus  der  Luft  Feuchtigkeit  an,  löslich  in 
Wasser,  dient  zur  Darstellung  von  Spreng- 
pulver, Schwefelsäure,  Salpetersäure,  Kali- 
salpeter, Ghlor,  arsensaurem  Natron  und 
Bleioxychlorür ,  zur  Reinigung  von  Aetz- 
natron,  zum  Pökeln,  in  der  Glasfabrikatiou 
und  als  Dünger  für  Halmfrüchte.  Aus  der 
Mutterlauge  wjrd  Jod  bereitet. 

CfaUlon  (spr.  Schiljong),  Sohloss  im  Kaut. 
Waadt,  östl.  am  Genfersee;  einst  Gefäng- 
niss  Bonnivards  (s.  d.). 

ChUoe  (spr.  Tschi-) ,  Frov.  der  Republik 
Ghile,  6360  QM.  u.  59,022  Ew.  (viel  Indianer); 
theils  Fest-,  theils  Inselland ;  benannt  nach 
der  Insel  G.,  160  QM.  und  55,000  Ew.,  ge- 
birgig und  buchtenreich ;  Hauptstadt  Ancud. 

Cniinara  (gr.),  fabelhaftes  Ungeheuer, 
nach  Hesiod  göttlicher  Abkunft,  vorn  Löwe, 
hinten  Drache;  dann  (Schimäre)  Phautasie- 
gebilde,  Hirugespinnst. 

Chimborazo  (spr.  Tschimbo-) ,  Gipfel  der 
Gordilleren,  in  Quito,  abgerundeter  Trachyt- 
kegel  (erloschener  Vulkan),  19,768'  hoch,  von 
14,900'  an  mit  Schnee  bedeckt;  galt  früher 
für  den  höchsten  Berg  Amerikas ;  von  Hum- 
boldt bis  zu  17,727',  von  Boussingault  (1831) 
bis  zu  18,012'  erstiegen. 

China  (Sina,  Tschina),  das  grösste  Reich 
Asiens,  besteht  aus  dem  eigentl.  G.  und 
verschiedenen  Nebenländern  (Mandschurei, 
Mongolei,  Tübet,  Korea,  Lieukhieuinselu), 
zusammen  (mit  Abzug  der  neuesten  Ver- 
luste an  die  Russen  etc.)  192,789  QM.  mit 
446Vs  Mill.  Ew.  verschiedensten  Stammes, 
aber  fast  durchgängig  Glieder  der  mongol. 
Race.  Die  Angaben  des  Areals  und  der 
Bevölkerung  übrigens  sehr  schwankend.  -^ 


410 


'  China. 


Das  eigenMche  C,  der  südöstl.  Theil  des 
Reichs  nnd  das  herrschende  Land  des- 
selben, 7S,399  QM.  mit  480  Mill.  Ew. ;  dnrch 
reiche  Abwechslung  von  Gebirgs-,  HQgel- 
nnd  Thallandschaften,  Regenfälle  nnd  mil- 
des Klima  eins  der  gesegnetsten  Länder. 
Hochland  bes.  im  W.  und  NW. ,  gegen  O. 
verlaufend  (Nanling,  Peling);  im  SO.  and 
O.  Stufenland  und  Tiefland;  letzteres  an 
und  zwischen  den  untern  Stromläufen  der 
beiden  Hauptströme  O.s,  Hoangho  und 
Yantsekiang,  sich  ausdehnend  und  von 
zahlreichen  Kanälen  (Kaiserkanal)  durch- 
schnitten, Mittelpunkt  der  merkwürdigsten 
Knltnrentwickelung  der  Erde.  Im  All- 
gemeinen 4  grosse  Kultur-  und  Produkten- 
regionen:  1)  Küstenland  im  8.  des  Nanling 
mit  trop.  Klima  und  trop.  Produkten,  zum 
Theil  gebirgige  Waldgegend ;  8)  die  Nord- 
und  Ostabdachungen  des  Nanling,  Heimat 
des  Theestrauchs,  der  Fimiss-  und  Kam- 
pherbäume; 3)  das  erwähnte  Tiefland  der 
beiden  Ströme,  mit  sehr  mildem  Klima, 
Baumwollen-  u.  Seidenknltur ,  Zuckerrohr- 
nnd  Reispflanzungen;  4)  der  Nordgürtel 
vom  Hoangho  bis  zum  Hochland ,  meist 
G-ebirgsland,  mit  Kornfeldern,  Wiesen  und 
europ.  Baumformen.  —  Die  Bevölkerung  am 
dichtesten  in  den  6  östl.  Provinzen,  grössten- 
theils  der  Tiefebene  (10;000  QM.)'  ange- 
hörend, wo  durchschnittl.  20,00U,  stellen- 
weise über  80,000  Köpfe  auf  1  QM.  leben, 
zum  Theil  auf  Schiffen  u.  Flössen.  Haupt- 
volk die  eigentl.  Chinesen,  das  herrschende 
aber  die  Mandschu  (seit  1693);  jene  eins  der 
ältesten  Kulturvölker  der  Erde,  überaus 
arbeitsam,  ausdauernd,  friedlich,  untere 
thänig  und  höflich ,  kleinlich  -  cerdmoniell, 
dabei  verweichlicht  und  entsittlicht.  Sie 
betreiben  mit  Thätigkeit  n.  Umsicht  Acker- 
und  Gartenbau  nebst  Viehzucht  (Getreide, 
Reis,  Thee,  Zucker,  Indigo,  Baumwolle, 
Seide),  Bergbau  (Eisen,  Kupfer,  Zinn,  Sil- 
ber, Zink,  Gold,  Steinkohlen,  Steinsalz, 
Salpeter),  sowie  Waldwirthschaft ,  Jagd, 
Fischerei  und  Flussschifffahrt ;  dazu  ausser- 
ordent}.  rührig  und  erflndsam  in  Gewcrb- 
thätigkeit  und  Kunstfleiss  aller  Art  (ber. 
ihre  Seiden-,  Baumwollen  •  u.  a.  Webereien, 
Stickereien,  Färbereien,-  Papier,  Lack- 
waaren-,  Porzellan-,  Elfenbein-,  Bambus- 
arbeiten, Tasche  etc.)  u.  ebenso  im  Handel 
unternehmend.  Letzterer  im  Inland  un- 
gemein lebhaft;  für  den  auswärtigen  Han- 
del zur  See  (mit  Briten,*  Portugiesen ,  Spa- 
niern, Holländern,  Nordamerikanem)  war 
bis  1842  nur  Kanton  zugänglich,  gegen wär< 
tig  sind  noch  13  Häfen  geöffnet:  Amoy, 
Schanghai,  Ning-po,  Fu-tscheu,  Thaiwan, 
Kinng-tschen  (Hainan) ,  Swatau ,  Niu- 
tschwang,  Tschifa,  Tsching-kiaug  u.  Hankau 
^am  Yantsekiang),  Tlentsiu  (am  Pei-ho)  und 
(seit  1868)  Tschao-tschu.  Zu  Land  mit  Russ- 
land beträchtlicher  Tauschhandel  über  Mai- 
matschin  (Kiächta  gegenüber),  mit  West- 
asien über  Yarkand,  mit  Indien  über  Lhassa. 
Hauptexporte:  Thee  (1868  für  74,4  MIll. 
Thlr.),  rohe  Seide  (48,5  MIll.  Thlr.),  Baum- 
wolle, Nangkingstoff,  Porzellan,  Papier, 
Perlmutter,  Kampher,  Zinn   etc.    Impwte: 


Opium  (1868  über  68  Mill.  Thlr.),  Pelzwerk, 
Tach,  europ.  und  Japan.  Manufakturen, 
Tabak.  Ausfuhr  1868:  188,82,  Einfahr 
148,84  Mill.  Thlr.  Handelsflotte:  8000  Schiffe 
mit  616,000  Tonnen  (k  2000  Pfd.).  Ein-  und 
ausgelaufene  Schiffe  1868 :  14,075  mit  6,418,503 
Tonnen.  Rechnung  nach  Taels,  :=  8  Thlr. 
Gewicht:  Pikul  &  100  Katty  =  180,9  Pfd. 
Getreidemass:  1  Sei  =  188,4  Liter.  —  Die 
Chinesen  besitzen  eine  umfangreiche  Lite- 
ratur in  eigenthüml.  Sprache  und  Schrift 
und  waren  im  Besitz  mancher  Erfindungen 
und  Kenntnisse  früher  als  die  Europäer 
(z.  B.  der  Porzellan  -  und  Pulverbereitung, 
Kompass,  Seidenzucht,  Bohrbrunnen,  Stereo- 
typendruck, Holzschnitt  etc.).  Ihre  Bildung 
ist  aber  abgeschlossen  und  steht  in  Jeder 
Wissenschaft  und  eigentl.  Kunst  weit  hinter 
der  europ.  zurück.  —  3  berechtigte  Religionen : 
der  Buddha-  oder  Fodlenst  (allgem.  Volks- 
religion), die  Lehre  des  Kon-fti-tse  (Religion 
des  Hofs  und  der  Gebildeten)  und  die  des 
Laotse  (älteste,  noch  unter  dem  Volk  ver- 
breitet). Daneben  etwa  100,000  Christen 
(Christi.  Missionen  seit  1843),  50,000  Juden 
und  IVs  Mill.  Mohammedaner,  bes.  im  W. 
—  StacUsform  unumschränkt  monarchisch 
oder  patriarchalisch  despotisch;  Staatsober- 
haupt der  Kaiser,  genannt  ,Sohn  des  Him- 
mels', der  mittelst  einer  zahlr.  Gelehrten- 
und  Beamten  -  oder  Mandarinenaristokratie 
herrscht.  Der  Nachfolger  wird  von  ihm 
unter  den  rechtmässigen  Söhnen  willkürl. 
gewählt.  Oberste  Staatskörperschaft  der 
Staatsrat!}  (Staatsminister)  mit  6  Depar- 
tements ;  unabhängig  davon  das  Kollegium 
der  öffentl.  Censoren  (mit  dem  alleinigen 
Recht,  Vorstellungen  und  Beschwerden 
dem  Kaiser  vorzulegen).  Angaben  über 
die  Finanzen  sind  nicht  vorhanden.  Armee ' 
600,000  M.,  dazu  200,000  M.  tatar.  Truppen. 
Der  Soldat  treibt,  wenn  er  nicht  im  Dienst 
ist,  zu  Hanse  ein  bürgerliches  Handwerk. 
Kriegsflotte  von  826  Schiffen  mit  8600  Ka- 
nonen. Eintheilung  in  18  Provinzen;  Haupt- 
und  Residenzstadt  Peking.  Die  Aera  der 
Chinesen  beruht  auf  der  Ausgleichung  des 
Mondjahres  mit  dem  Laufe  der  Sonne  durch 
einen  Schaltmonat,  wobei  man  seit  der 
Dynastie  Han  (206  v.  Chr.)  von  der  Mitte 
des  Wassermanns  als  Frühlingsanfaug  aus- 
geht. Man  bedient  sich  eines  bis  auf 
Hoang-ti  2697  v.  Chr.  zurückgerochneteu 
Cyklus  von  60  Jahren. 

Geschichte.  Aelteste  Gesch.,  sowie  die  der 
ersten  angebl.  histor.  Dynastien  Hia  (8207 — 
1783  V.  Chr.)  und  Hang  (1783^1188)  sagen- 
haft. Sicherer  die  Gesch.  der  Dynastie  Tackeu 
(1182  —  258),  gestiftet  von  Wuwang,  dem 
Ordner  des  Staats.  Unter  Ling-wangs  Regie- 
rung (571— 544)  wird  Kon-fu-tse  (s.  Confncins) 
geboren.  Thin-Schi-Hoangti,  der  Begründer 
der  Dynastie  Thin  (249—207),  vollendet  die 
chines.  Mauer  zum  Schutz  gegen  die  Ein- 
fälle der  Tataren,  vernichtet  die  Werke 
der  altern  chines.  Literatur.  Der  Dynastie 
Han  (206  v.  Chr.  bis  220  n.  Chr.)  gehört 
Ming-ti  (58—78  n.  Chr.)  an,  unter  welchem 
der  Buddhismus  in  C.  eindringt,  um  380 
erobern   die  Tataren   die   nördl.  Provinzen 


Ghinabaam  —  Chinasilber. 


411 


and  gründen  daselbst  ein  eignes  Reich. 
Unter  der  Dynastie  Tang  (617^907)  plün- 
dern die  Mongolen  Peking.  Kublai-Khan 
gründet  die  Mongolendynastie  (1279  —  1868). 
Tachu  (Tai-tsong),  Stifter  der  Dynastie 
Ming  (1868  ->  1645) ,  stürat  die  Fremdherr- 
schaft. Um  1622  setzen  sich  die  t'ortn- 
gieseu  zn  Macao  fest.  Seit  1588  verbreitet 
der  Jesnit  Ricci  das  Ohristenthnm  in  0. 
Um  dieselbe  Zeit  kommen  die  Spanier  nach 
O. ,  1604  die  Holländer.  - 1644  erobern  die 
MancUchu  Peking  nnd  dann  das  ganze 
Reich,  dessen  Beherrscher  sie  noch  sind. 
Sekun-tsehi  stiftet  1646  die  jetzige  Dynastie 
Tging.  Sein  Sohn  Kang  -  hi  (seit  1662)  er- 
obert Tübet  nnd  Formosa,  kriegt  1684  bis 
1689  mit  den  Russen.  Unter  ihm  setzen 
sich  Franzosen  und  Engländer  in  Kanton 
fest.  Unter  Kien-long  (1785  —  96)  schwere 
Christenverfolgnng  (1746-73).  Derselbe  er- 
weitert die  Grenzen  seines  Reichs  bis  an 
die  Grenzen  Hindostans  nnd  der  grossen 
Bncharei,  'kämpft  unglücklich  g^en  die 
Birmanen  in  Ava.  1798  eine  engl.  Gesandt- 
schaft unter  Lord  Macartney  in  Peking. 
Kia-king  (1796-1820)  und  Mian-ning  (Tao- 
Jcnang,  1820  —  50)  Tertreiben  1815  und  1828 
die  kathol.  lussionäre  aus  Peking.  Der 
Handel  der  Engländer  nach  O.  (seit  1720 
im  Gang)  1757  unter  Vermittelnng  einer 
privilegirten  ohines.  Handelsgesellschaft 
(Hong)  auf  Kanton  beschränkt,  wird  durch 
die  Aufhebnng  des  Monopols  der  engl.-osi^ 
ind.  Kompagnie  (24.  April  1834)  gestört. 
Das  Verbot  des  Opiumschmuggels  der  Eng- 
länder (13.  März  1839)  führt  Febr.  1840  zum 
Krieg  (Opiumkrieg),  der  26.  Aug.  1842  durch 
den  Vertrag  von  Nanlring  beendigt  wird, 
in  welchem  die  Engländer  ausser  Kanton 
tlie  Häfen  Amoy,  Fn-tscheu-fti,  Ning-po  und 
Schanghai  geöffnet  und  Hongkong  at^etreten 
erhalten.  8.  Aug.  1844  und  25.  Aug.  1845 
Abschluss  von  Handelsverträgen  mit  den 
Vereinigten  Staaten  nnd  Frankreich.  Unter 
Inaehu,  gen.  ffien  -fong  (seit  1850),  bricht 
die  Taipingrevolution  aus.  Bnng-aiu'tnuen, 
das  Haupt  der  Gesellschaft  der  ,Gk>ttes- 
verohrer'  mit  chrlstl.  Anklängen,  Sept. 
1851  zum  Kaiser  ausgerufen,  nennt  sich 
Tien-le  (Tien-wang,  d.  i.  Himmelssohn), 
begründet  die  Dynastie  Taiping.  Nach 
mehreren  Siegen  ziehen  die  Aufständischen 
19.  März  1853  in  Nanking  ein.  Darauf 
Wechsel  voller  Kampf:  die  Taipiugs  24.  März 
1860  vor  Hang-tscheu  von  den  Kaiserlichen 
znrückgeschlt^en.  Letztere  belagern  dar- 
auf Nanking,  werden  3.  Mai  zurückge- 
dch lagen,  worauf  die  Taipiugs  Sn-tschen 
(Ende  Mai)  und  Ning-po  (9.  Dec.  1861)  ein- 
nehmen und  ^seit  Jan.  1862)  Schanghai  be- 
lagern. Inzwischen  hat  das  Umgehen  der 
Verträge  und  die  Unterdrückung  der  Frem- 
den wieder  zum  Krieg  mit  England  nnd 
Frankreich  und  28.  Dec.  1857  zum*  Bombar- 
dement von  Kanton  gefQhrt.  Die  ver- 
einigte engl. -flranz.  Flotte  erzwingt  die 
Einfahrt  in  die  Pei  -  ho  -  Mündung  nnd  den 
Friedensschluss  vom  27.  Juni  1858.  Tien- 
tsin  zum  Freihafen  erklärt.  Das  Amur- 
land durch  Vertrag  an  Russland  abgetreten. 


Die  wortbrüchige  Politik  der  Chinesen  ver- 
anlasst neue  Differenzen.  Die  vereinigte 
engl.  -  f^anz.  Flotte  dringt  25.  Juni  1859  in 
die  Pei-ho-Mündung,  wird  aber  mit.  Verlust 
zurückgeschlagen.  11.  Aug.  1860  landen 
25,000  Mann  engl,  und  franz.  Truppen  bei 
Pe-tang  nördl.  von  Pei -ho,  schlagen  (18. 
Sept.)  bei  Tsohang  -  kia  -  wang  ein  chines. 
Heer,  erstürmen,  plündern  nnd  verbrennen 
7.  — 19.  Okt.  den  kaiserl.  Sommerpalast  bei 
Peking  und  zwingen  die  ohines.  Regierung 
(24.  nnd  25.  Okt.  1860)  zum  Frieden.  Der 
engl,  und  franz.  Gesandte  nehmen  ihren 
Wohnsitz  in  Peking  (März  1861).  Auf  Hien- 
fong  (t  22.  Aug.  1861)  folgt  sein  minder- 
jähriger Sohn  Ki-Uiang  (später  Tung-  Ghih, 
d.  1.  ,vereinigte  Ordnung*,  gen.)  unter  einem 
Regentschaftsrath,  der  2.  Nov.  1861  gestürzt 
wird.  Der  Oiieim  des  Kaisers,  Kong ,  fak- 
tischer Regent.  2.  Sept.  1861  Abschluss 
eines  Handelsvertrags  mit  Preusseu  und 
dem  Zollverein,  14.  Jan.  1863  zu  Schanghai 
ratificirt.  Handelsverträge  mit  Spanien, 
Belgien  (8.  Aug.  1862),  Portugal  (18.  Aug. 
1862),  Danemark  (10.  Juli  1863)  stipuliren 
Zulassung  von  Gesandten  dieser  Staaten 
in  Peking.  Die  Engländer  und  Franzosen 
schreiten  gegen  die  Taipings  mit  Waffen- 
gewalt ein,  vertreiben  diese  von  Schanghai 
und  Ning-po,  erobern  (31.  März  1864)  Hang- 
tschbu.  Tschang  -  tscheu  (Mai)  und  Nanking 
(19.  Juli) ,  wo  sich  der  Rebellenkaiser  vor- 
her verbrannt  hat.  Die  Ueberbleibsel  der 
Rebellen  zerstreuen  sich  in  die  Provinzen, 
wo  der  Krieg  fortdauert.  5.  März  1866 
Vertrag  zwischen  C.  und  England  und 
Frankreich  über  die  Verpflanzung  cliines. 
Arbeiter  (Kulis)  nacli  den  Kolonien.  Vgl. 
Gütelaff,  «Geschichte  des  chines.  Reichs^ 
herausg.  von  Heumann ,  1847;  Käuffer ,  ,Ge- 
schichte  von  Ostasien',  1858—60;  Plath, 
,Ueber  die  lange  Dauer  und  Ent Wickelung 
des  chines.  Reichs',  1861 ;  Neumann ,  ,Ge- 
schichte  des  engl.  -  chines.  Kriegs*  (2.  Aufl. 
1855.  Ueber  die  Taiping-Rebellion  schrielieu 
Oallery  und  Ywm  (1854;  deutsch  von  Otto 
1854),  ilfeadoio«(1856;  deutsch  von  Neumarh 
1857)  und  Syhes  (1863) ;  über  die  letzten  Kriege 
'  der  Engländer  nnd  Franzosen  gegen  G.  Ba- 
zancourt  (1861—6%  2  Bde.)  und  PaUu  (1863). 

Chinabftam,  s.  Oinchona. 

Chinarinden,  die  Rinden  vieler  Oinchona- 
Arten,  s.  CiTichöna,  und  zwar  besonders 
Huanuco  von  G.  micrantha,  Gondamiuea, 
macrocalyx  etc.,  Loxa  von  G.  macrocalyx, 
heterophylla  etc.,  Psendo  Loxa  oder  JaSn 
nigricans  nnd  Königschina  von  G.  Cali- 
saya.  Die  G.  riechen  schwach,  schmecken 
herb  oder  rein  bitter  und  enthalten  Chinin, 
Oinchonin,  Chinidin,  Ginchonidin,  China- 
säure, Gliinagerbsäure,  Ghinaroth,  Ghinovin 
etc.  Sie  dienen  als  trefflichste  Fiebermittel 
und  zur  Darstellung  des  wirksamen  Chinins, 
der  Chinatinkturen  nnd  Extrakte. 

Chinasäure,  findet  sich  in  der  Cliinarinde, 
dem  Tannensplint  und  reichiich  im  Heidel- 
beerkrant,  in  Wasser  löslich,  gibt  mit  Braun- 
stein nnd  Schwefelsäure  Chinon  und  ist  für 
dieses  ein  billiges  Rohmaterial. 

Chlnasilbefj  galvan.  versilbertes  Neusilber. 


412 


Ghinckaiuseln  —  Chinolin. 


ChinchainselB  (spr.  Tschintscha-,  Guano- 
inteln),  S  kl.  Inseln  an  der  Küste  von  Fern ; 
reichste  Gnanolager. 

Chinchilla  (spr.  Tschintschilja) ,  graues 
und  weisses,  äusserst  zartes  Pelzwerk  von 
Yiverra  Cbincha  ]n  Südamerika,  zu  Da- 
menputz  dienend. 

Chine  (fr.,  spr.- Schineh),  mit  flammigen 
Mustern  gewebtes  Zeug,  mit  stellenweise 
gefärbtem  oder  bedrucktem  Garn  hergestellt. 

Chlnesisehe  Maner,  Mauer  auf  der  Nord- 
grenze Chinas,  schon  S40  t.  Chr.  begonnen, 
zum  Schutz  gegen  die  nördl.  Barbareu- 
borden ,  300  M.  I.  (von  Sutscheu  bis  zum 
Ostmeer),  18  —  25'  h.,  mit  Thürmen  und 
Thoron;  jetzt  zum  Tbeil  yerfallen. 

ChinMucher  Speekitein,  s.  Agalmatolitk. 

ChinMisehes  tirnn  {Grüner  Indigo,  Luh- 
Kaou)  y  dauerhafter  grüner  Farbstoff,  der 
auch  bei  Licht  grün  erscheint,  wird  in 
China  durch  einen  Gährnngsprnzess  aus 
Rhamnus  chlorophorus  und  R.  utilis  erzeugt, 
ist  etwas  löslich  in  Wasser,  unlöslich  in 
Alkohol ,  kann  aus  Kreuzdornrinde  nach- 
geahmt werden,  dient  zum  Färben  von  Baum- 
wolle und  Seide. 

Chinesisches  Meer,  Theil  de»  Grossen 
Oceans,  an  der  Ost-  und  Südkäste  Chinas, 
durch  die  Fukianstrasse  in  das  ost'  und 
siidchines.  Meer  getheilt. 

Chinesische  Sprache  und  Literatur.  Die 
chines.  Sprache  ist  eine  der  sogen,  ein- 
silbigen Sprachen  Ostasiens;  jedes  Wort 
drückt  einen  in  sich  vollendeten  Begriff 
oder  eine  Sache  aus;  es  gibt  keine  Flexio- 
nen, und  die  gi-ammat.  Verhältnisse  werden 
nur  durch  Partikeln  angedeutet.  Der  ganze 
Sprachschatz  besteht  aus  450  einsilbigen 
-Wörtern,  die  aber  durch  verschiedene  Be- 
tonung bis  zu  1203  Wortlauten  anwachsen. 
Aber  auch  dasselbe  Wort,  genau  auf  die- 
selbe Weise  ausgesprochen,  hat  noch  sehr 
verschiedene  Bedeutungen  (oft  30  —  40). 
Daher  die  Schwierigkeit  der  Erlernung  der 
Sprache.  Man  unterscheidet  die  Grelehrten- 
oder  Mandarinensprache  und  die  zahlreichen 
Provinzialdialekte.  Begründer  des  wissen- 
schaftlichen Studiums  der  chines.  Sprache 
in  Europa  ist  Abel  R6musat  (,Essai  sur  la 
laugue  et  la  litt6ratnre  chin.',  1842).  Gram- 
matiken von  li4mu»at  (1828),  Endlicher  (1845), 
Schott  (1857);  Lexiken  von  Callery  (1842), 
Medhurst  (1842),  Lobecheid  (1866—6»).  —  Die 
chines.  Schrift  ist  weniger  Buchstaben-  als 
Bilderschrift,  mit  so  vielen  bestimmte  Be- 
grifipe  ausdrückenden  Charakteren,  als  es 
überhaupt  gesprochene  Wörter  gibt,  über 
40,000;  es  dienen  indessen  214  ausgewählte 
Wortzeichen  (sogen.  , Schlüssel')  zur  Erklä- 
rung der  übrigen.  Vgl.  Callery,  ,Systema 
phoneticum  scripturae  Sinicae',  1842. 

Die  chines.  LitercUur  ist  ausserordentlich 
umfangreich.  Obenan  stehen  die  heil. 
Bücher  (Kings) ,  in  denen  die  Lehren  des 
Confuciu8(s.  d.)  niedergelegt  sind(6.  Jahrh. 
V.  Chr.);  ihnen  zunächst  die  ,Sseschu' 
(nioral.  und  polit.  Lehren,  von  Confucius 
und  seineu  Schülern  verfasst)  und  die 
Schriften  de»  Mengtseu  (Mencins,  f  314 
Y.  Chr.).    Auch  gibt  es  relig.  Werke  von 


Laotse  (604  v.  Chr.)  und  seinem  Schüler 
Tschuaugtse,  Begründer  einer  Vernuuft- 
religion,  u.  von  Tschuhi  (13.  Jahrh.  n.  Chr.). 
—  Die  poet.  Lilerainr  ist  reich  au  Gedichten 
(mit  und  ohne  Reim)  und  Romanen.  Bedeu- 
tende Lyriker,  zugleich  Formgeber  sind 
Tufn  und  Lithaipe  (8.  Jahrh.  n.  Chr.).  Die 
Romane  meist  arm  an  Erfindung,  die  Ver- 
wickelung gesucht,  die  Katastrophe  nüch- 
tern und  prosaisch;  der  Held  in  der  Regel 
ein  Literat  (am  bekanntesten  ,Yttkiaoli%  15. 
Jahrh.,  franz.  von  JStfmMsat.*  ,Les  deux  cou- 
shiesS  1826;  deutsch  1827).  Vgl.  St,  Julien, 
,Contes  chinois',  1859,  3  Bde.  Das  Drama 
wird  eifrig  gepflegt,  aber  alle  poet.  Illuaion 
auf  der  Bühne  fehlt  (Drameusaramlungen 
von  Julien  1832  n.  Bagin  1838).  —  Am  werth- 
voUsten  sind  die  geschichtL  und  geograph. 
Leistungen',  indem  der  jedesmaUge  neue 
Beherrscher  die  Annaion  seines  Vorfahren 
von  Staats  wegen  ausarbeiten  lässt.  I>er 
Reihenführer  der  Historiker  ist  Sse-ina- 
thsian  (um  100  v.  Chr.),  dessen  Werk  ,SBeki' 
von  2637  v.  Chr.  bis  1643  n.  Chr.  reicht. 
Wichtige  geograph.  und  Statist.  Werke:  die 
allgemeine  Geographie  des  chines.  Reichs 
unter  der  Dynastie  Ming,  die  Sammlung 
der  Provinzialstatistiken  (WH  Bde.)  und 
die  Sammlung  des  ,Taitsing  Hoeitien'  (über 
1000  Bücher,  1818).  Auch  Naturkunde  und 
Chemie,  Medicin,  Astronomie  (Astrologie), 
Geometrie,  Ackerbau,  Kriegskunst,  Musik 
und  alle  Zweige  der  Technik  u.  Mechanik 
sind  mehr  oder  minder  bearbeitet  worden. 
Kriminalcodex  der  jetzigen  Mandschn- 
dynastie  von  1644  (engl,  von  ^aunJlon  1810). 
In  der  Philologie  ragen  bes.  die  Wörter- 
bücher hervor  (das  beste  das  des  Kaisera 
Kanhi  1730,  130  Foliobände),  auch  solche 
für  die  Sprachen  der  Mandschu ,  Mongolen 
und  Tübcytaner.  Berühmte  Eucyklopädie 
von  Matuanlin  (1300  n.  Clir.).  Vgl.  SchoU, 
,Beschreibung  der  chines.  Literatur',  1852. 

Chinga,  s.  StirUahier. 

Chinin,  Alkaloi'd  der  Chinarinde,  farb- 
uud  geruchlose,  stark  bittere  Krystalle,  lös- 
lich in  Wasser,  Alkohol  und  Aether,  in 
koucentrirter  Schwefelsäure  farblos,  beim 
Erhitzen  roth,  reagirt  alkalisch.  Schwefel- 
saures 0. ,  das  gebräuchlichste  Salz  des 
O.s,  gibt  eine  bläulich  schillernde  Lösung; 
salzsaures  C,  auf  Platinableoh  erhitzt,  pur- 
purrothe  Dämpfe;  vorzüglichste  fieberwidrige 
Heilmittel.  Auch  das  baldriansaore  C.  und 
gerbsaure  sind  officinell. 

Chlninga,  Wurzel  von  Unona  febrlfiiga 
Potv.  in  Pei-u,  wird  dort  als  Fiebermittel 
selbst  der  Chinarinde  vorgezogen. 

Chinoidin,  Gemenge  von  umgewandelten 
Chinaalkalo'iden  u.  harzigen  Farbstoff'en,  Ne- 
benprodukt von  der  Chininbereitung,  trodcne, 
braune,  harzartige  Masse  von  bitterem  Ge- 
schmack, leicht  in  Alkohol  löslich  (Tinctura 
Chinoidini),  fieberwidriges  Heilmittel. 

Chinolin,  farbloses,  bittermandelartig  rie- 
chendes, scharf  bitter  schmeckendes  Oel,  ent- 
steht bei  der  Destillation  des  Chinins,  Cin- 
chonins,  Chinoidins  mit  Natronhydrat,  wenig 
in  Wasser,  leicht  in  Alkohol  löslich,  liefert 
wie  Anilin  blaue  Farbstoflfe,  s.  CiacAontw« 


Chinovabitter  —  Chlor. 


418 


GhinOTabltter  (C^inovasäure  ^  Ckioeocca- 
aäure) ,  s.  Ckiococca. 

Ckiocoeca  L.  (Schneebeere),  Pflanzen- 
gattang  der  Rubiacaen.  C.  racemosa  Jacq., 
Strauch  in  Westindien,  Mexiko  and  Süd- 
amerika, liefert  die  oflßcinelle  Oaincawnrzel 
(Chiococcawnrzel).  Diese  enthält  Caincin 
oder  Caincasaure,  welche  bei  der  Zersetzung 
die  mit  Chinovasäure  identisciie  Gliiococca- 
sänre  liefert. 

Chioggia  (spr.  Kloddscha),  Hafenstadt  in 
Yenetien,  auf  der  Inael  0.,  südl.  von  Venedig, 
am  adriat.  Meer,  26,732  Ew.  Steinerne 
Brücke  nach  der  Landenge  von  Brondolo. 

Ckios  (Skio,  Sakü),  türk.  Insel  im  ägäi- 
schen  Meere,  zwischen  Samos  und  Leabos, 
89  QM.  und  ca.  60,000  (1822:  130,000)  Ew.; 
im  N.  bergig,  waldlos,  sehr  flruchtbAr.  Pro- 
dukte: Wein,  Oel,  Feigen,  Mastix,  Seide. 
Hauptstadt  Kastro.  Im  Alterthnm  zur  Jon. 
Dodekapolis  gehörig,  später  unter  der  Ober- 
herrschaft Athens.  Im  griech.  Befreiungs- 
kriege (1822)  furchtbare  Verwüstung  der 
Insel  durch  die  Türken. 

Chippeirays  (spr.  Tschippewehs),  nord- 
amerikan.  Indianerstamm,  zu  den  Algonkins 
gehörig,  jetzt  nur  noch  im  Norden  des 
Obemsees,  (1866)  23,318  Köpfe;  demKriegs- 
und  Waldleben  ergeben,  der  Giyilisatiou 
unzugänglich.  Jahrhunderte  langer  grau- 
samer Krieg  mit  den  Sioux.  [s.  Oteht. 

Chlragra   (gr.),    Gicht   in    den   Händen, 

Chiriqni  (spr.  Tschi-),  Landscliaft  im  mit- 
telamerikan.  Staat  Istmo,  mit  dem  Vulkan 
von  C,  10,570'  hoch. 

ChlrogniminatomaiitTe  (gr.),  die  angebl. 
Kunst,  aus  der  Handschrift  den  Charakter 
eines  Menschen  zu  erkennen,  begründet  von 
A.  Henxe  in  Leipzig,  der  seit  1850  in  der 
,I]Iustrirten  Zeitung'  Proben  seiner  Kunst 
gegeben.  [Schuldschein. 

Chiroffraplinm  (gr.),   Handschrift,  auch 

ChirolOgfe  (gr.),  Fingersprache. 

Chlronantfe  (gr.).  Wahrsagen  aus  den 
Linien  der  Haud. 

€hiroptera  (Handflügler,  Flauerer) ,  Ord- 
nung der  Säugethiere  mit  rollstäudig  be- 
Eahntem  Oebiss  und  Flughäuten  zwischen 
den  verlängerten  Fingern  der  Hand.  Diese 
Haut,  in  die  auch  die  Hlnterfusse  (und  der 
Schwanz)  verwoben  sind,  ermöglicht  ge- 
schickten Flug  und  ist  der  Sitz  besonderer 
Tastorgane.  Zwei  Brustdrüsen.  Meist  Nacht- 
thiere,  in  gemässigten,  zahlreicher  in  heissen 
Klimaten.  I.  Fruchtfresaende  Flatterer :  Pte- 
ropi,  fliegende  Hunde.  II.  Insektenfressende 
(leben  zum  Theil  auch  vom  Blut  der  Wann- 
bluter): Blatt-  und  Glattnasen. 

Chirrhenma  (gr.),  Rheumatismus  der  Hand, 
durch  wiederholte  Erkältung  derselben, 
bes.  durch  Waschen  etc.  entstehend,  führt 
bisweilen  zu  Lähmung  der  Hände.  Behand- 
lung durch  heisse  Sandbäder,  erfolgreich 
nur  in  fi'üher  Zeit. 

Chirurgie  (gr.),  Heil  weise,  die  geregelte 
Haudwirknngen  erfordert,  Wnndarznei- 
fcuude ,  zerfällt  in :  chirurgieche  Pathologie, 
Beschrisibung  der  Krankheiten ,  die  in  chir. 
Behandlung  genommen  werden  können, 
also  solche,   die  dem  direkten  Eingriff  zu- 


gänglich sind;  operative  C,  Lehre  von  den 
blutigen  (Akiurgie)  und  den  unblutigen 
Operationen  (Mechanurgie) ;  plastische  C, 
Lehre  von  der  Wiederherstellung  verloren 
gegangener  Theile  (z.B.  der  Nase:  Rhino- 
plastlk).  Die  Kriegschirurgie  handelt  von 
den  auf  dem  Schlachtfelde  vorkommeoden 
Chirurg.  Krankheiten  und  vom  Transport  der 
Verwundeten.  Chirurg.  Handbücher' schrie- 
ben: Boerhaave  (1749— 55, 4  Bde.),  Rtit  (1774), 
Sichter  (3.  Aufl.  1825—26,  7  Bde.),  Callieen 
(1822—24,  2  Thle.),  Jjangenbeck  (1822  —  30,  4 
Bde.),  Chelius  (8.  Aufl.  1858),  Dieffenbach 
(1844-47,  2  Bde.),  Bardeleben  (6.  Aufl.  1870  f., 
4  Bde.),  Emmert  (2.  Aufl.  1867),  Billroth  und 
PUhe  (1870). 

€hirnrgl8Cheg  Besteck,  s.  Bestech. 

Chiswlek  (spr.  Tschisuik),  Dorf  in  der 
engl.  Grafschaft  Surrey ,  an  der  Themse, 
bei  London ,  6505  Ew. ;  zahlreiche  Land- 
häuser, darunter  Ghistoickhaus  des  Herzogs 
von  Devonshire  (Gemäldegallerie). 

Chitin  (Entomaderm) ,  der  bei  den  Wür- 
mern, Krebsen,  Spinnen,  Insekten  die  häu- 
tigen und  härteren  Theile  bildende  Stofl",  ist 
als  eine  innige  Verbindung  von  ProteVn- 
körpem,  den  Bildungselenieuten  der  höheren 
Thiere,  mit  Cellulose,  dem  Bildungselement 
der  Pflanzen,  zu  betrachten. 

Chiton  (gr.),  das  Unterkleid,  der  Leibrock 
der  alten  Griechen,  die  Tunica  der  Römer. 

Chiusa  (ital.,  spr.  Ki-),  Klause,  Oebirgs- 
pass.  C.  di  Verona,  die  her.  Etschklause, 
nördl.  Verona,  die  alte  Hauptpforte  Italiens, 
jetzt  befestigt. 

Ciiinsly  Stadt  in  der  ital.  Prov.  Slena, 
4006  Ew.  Im  Alterthum  Clusivtn,  eine  der 
12  etrur.  Republiken,  Sitz  Porsennas.  Trüm- 
mer röm.  Tempel  etc.  Mächtige  Kathedrale. 

Chizerots,  s.  Burins. 

Chladni,  Ernst  Florenx  Friedrieh,  Physiker, 
geb.  30.  Nov.  1756  in  Wittenberg,  Begründer 
der  wissenschaftl.  Akustik ;  f  3.  April  1827 
in  Breslau.  Sehr.  ,Entdeckungen  über  die 
Theorie  des  Klanges*  (1787);  , Akustik*  (2. 
Aufl.  1830);  ,Neue  Beiträge  für  Akustik* 
(1817) ;  «Beiträge  zur  prakt.  Akustik  und  zur 
Lehre  vom  Instnimentenbau*  (1822)  u.  A. 

Chladnlsche  Klangflgnren,  s.  Schall. 

Chlamys  (gr.);  bei  den  alten  Griechen  das 
Oberkloid  der  Männer,  namentl.  das  der 
Reiter  und  attischen  Epheben. 

Chlodwig  (Glodwig,  s.  v.  a.  Ludwig),  Ko- 
nig der  Frauken  aus  dem  Geschlecht  der 
Merovinger,  geb.  465,  folgte481  seinem  Vater 
Childorich  als  König  eines  Theils  der  sali- 
sehen  Franken  im  nördl.  Gallien,  stürzte 
den  Syagrius,  den  Behen'scher  des  römisch 
gebliebenen  Theils  von  Gallien,  schlug  die 
Alemannen  496  bei  Zülpich,  trat  darauf  mit 
mehreren  tausend  Franken  zum  Christen- 
thum  über,  bekriegte  den  Burgnnderköuig 
Gundobald  n.  den  Westgothenkönig  Alarich, 
nahm  letzterem  Aquitanien  und  Toulouse 
ab,  vereinigte  nach  Hinwegräumung  der 
anderen  fi'änk.  Fürsten  alle  Franken  unter 
seiner  Herrschaft;  f  511  zu  Paris. 

Chlor  (Chlorine,  gr.),  chemisch  einfacher 
Körper,  grünlichgelbes  Gas,  von  eigen- 
thümlichem  Geruch,   energischer  Wirkung 


414 


Ghloral  —  CUorwasserstoff. 


ftuf  den  Organismus,  fast  2Vsmal  schwerer 
als  Luit,  Aequivalent  35,5,  unter  Druck  und 
Kälte  KU  einer  gelben  Flüssigkeit  kompri- 
mirbar,  nicht  brennbar,  verbindet  sich  direkt 
mit  den  meisten  SUementen,  mit  Wasser- 
stoff im  Sonnenschein  unter  Explosion. 
Wasser  von  80  löst  sein  dreifi&ches  Volu- 
men G.  Die  Lösung  (Chlonoauer)  zersetzt 
sich  am  Licht.  G.  findet  sich  niclit  frei  in 
der  Natur,  am  häufigsten  an  Natrium  ge- 
bunden als  Kochsais,  wird  aus  diesem  mit 
Schwefelsäure  u.  Braunstein,  oder  aus  Salz- 
säure und  Braunstein  dargestellt.  Dabei 
entsteht  Manganchlorürlösung,  aus  welcher 
in  Fabriken  wieder  Mangansuperoxyd  ge- 
wonnen wird.  Auch  durch  Erhitzen  von 
Koclisalz ,  Natronsalpeter  und  Schwefel- 
säure oder  von  chromsaurem  Kali  mit  Salz- 
säure, durch  Rösten  von  kiesigen  Kupfer- 
erzen mit  Kochsalz  und  durcli  Erhitzen  von 
Kupfercblorid  erhält  man  G.  Im  letztern 
Fall  entsteht  Kupferchlornr ,  welches  sehr 
leicht  wieder  in  Ghlorid  verwandelt  werden 
kann.  G.  dient  zur  Bereitung  des  Ghlor- 
kalks  und,  da  es  die  meisten  organischen 
Stoffe  zerstört,  als  Bleich-  ifnd  desinftciren- 
des  Mittel.  Als  Heilmittel  nach  starker  Ein- 
athmung  von  G.  wird  vorsichtig  Ammoniak 
eiugeathmet. 

Chloril  (Trichloraldehyd) ,  das  letzte  Pro- 
dukt der  Einwirkung  von  Ghlor  auf  Alkohol, 
farblose  Flüssigkeit,  riecht  durchdringend, 
schmekt  erst  fettig,  dann  kaustisch ,  siedet 
bei  940,  bildet  mit  Wasser  krystallisirendes 
farbloses    Ghloralhydrat ,    schlafmachendes 

Chloride»  s.  CMormetaUe,  [Mittel. 

Chloris,  Gemahlin  des  Zephyms,  bei  den 
Griechen  die  Göttin  der  Blumen. 

Clilorit,  tautokliner  Asterglimmer ,  pris- 
mat.  Talkglimmer,  Mineral  aus  der  Klasse 
der  wasserhaltigen  Amphoterolithe,  dunkel- 
grün, in  dünnen  Blättchen  biegsam,  auch 
erdig,  schiefrlg,  besteht  sus  kieselsaurer 
Thonerde  mit  kieselsaurer  Magnesia  oder 
kieselsaurem  Eisenoxydul,  sehr  verbreitet 
in  krystallinischenSilikatgesteineu  fGranit, 
Gneis),  besonders  schiefrig,  ganze  Gebirge 
zusammensetzend  in  Tirol,  Steiermark,  in 
der  Schweiz,  im  Fichtelgebirge  etc.  CMorit- 
Mchiefer,  Gestein  aus  der  Familie  der  krystal- 
linischen  Schiefer,  mehr  oder  weniger  reine 
Ghloritmasse  mit  eingemengtem  Quarz, 
Glimmer,  Feld-  und  Kalkspath  und  vielen 
anderen  Mineralien,  geht  in  Talk-,  Glimmer- 
und Thonschiefer  über;  sehr  verbreitet  im 
Ural,  in  den  Alpen  (Monte  Rosa,  Grossglock- 
ner),  iu  Böhmen,  in  den  Karpatben,  in 
Schottland,  Amerika. 

Chlorkalk  C^ZtfieAAraZik,  £leichpulver),  farb- 
loses, backendes,  nach  unterchloriger  Säure 
riechendes  Pulver,  wird  dargestellt,  indem 
man  Ghlor  auf  gebrannten  und  zu  Pulver 
gelöschten  Kalk  "t^lrken  lässt,  besteht  im 
Wesentlichen  aus  basischem  Ghlorcalcium 
und  unterchlorigsanrem  Kalk,  zersetzt  sich 
allmählig  beim  Aufbewahren  bisweilen  unter 
Explosion,  löst  sich  mit  Hinterlassung  eines 
Rückstandes  in  10  Th.  Wasser.  Die  Lösung 
schmeckt  scharf  salzig  und  wird  beim  Er- 
bitxen  ser^etat    Sparen,  m^ch  die  Kohlen- 


säure der  Luft,  entwickeln  daraus  Ohlor. 
Dient  zum  Bleichen,  Desinflciren,  als 
Beizmittel  in  der  Färberei,  zur  Darstellung 
von  Chloroform,  gegen  Klauenseuche,  Bau- 
pen. Guter  G.  enthält  ca.  260/^  bleichendes 
Ghlor.  Flüssiger  G.  ist  Kalkmilch,  in  welche 
man  Ghlor  geleitet  hat. 

Chlormetuley  Verbindungen  der  Metalle 
mit  Ghlor,  entsprechen  deren  Oxydations- 
stufen, z.  B.  das  Ghlornatrium  dem  Natron. 
Bei  mehreren  Verbindungen  eines  Metalls 
mit  Ghlor  heisst  das  chlorärmere  Cklorür, 
das  chlorreichere  OMorid.  Auch  unterscheidet 
mau  Se»qui'  und  Biehloride.  Die  denSauer- 
stoffsäuren  entsprechenden  Chlorverbindun- 
gen heissen  ßupercklorüre  u.  Sup^rckloride ; 
8.  die  betreffenden  Metalle. 

i^h\OTOtOTm(For'mylchlorid),  farblose  Flüs- 
sigkeit, von  1,49  speo.  Gew.,  riecht  und 
schmeckt  angenehm  süsslich,  siedet  bei  00 
bis  610,  löst  Kampher,  Kautschuk,  Gntta- 
pertscha,  die  meisten  Harze,  Ghinin,  Stryob- 
nin,  Santonin  und  wird  durch  Destillation 
von  Alkohol  mit  Chlorkalk  und  Rektifikation 
des  Destillats  über  Schwefelsäure  gewon- 
nen. Dient  bes.  als  Anästhetikum,  zur 
Reinigung  der  Guttapertscha ,  zur  Bestim- 
mung von  Alkaloi'den,  zu  Fruchtessenzen  etc. 

CÜorometrie  (gr.),  die  Werthermitte- 
lung der  Bleichsalze,  d.  h.  die  Bestimmung 
ihres  Gehalts  an  bleichend  wirkendem  Chlor, 
wird  meist  massanalytisch  mit  arseniger 
Säure  ausgeführt. 

Chlorsinren,  Verbindungen  des  Chlors  mit 
Sauerstoff.  Wichtig  sind :  unlerdUorige  Säure, 

1  Aeq.  Ghlor  und  1  Aeq.  Sauerstoff,  röthlich- 
gelbes  explodirendes  Gas,  wirkt  in  Wasser 
gelöst  doppelt  so  stark  bleichend  als  Ghl<», 
entsteht  bei  Einwirkung  von  Ghlor  auf  Alka- 
lien und  alkalische  Erden,  und  ihre  Salse 
finden  sich  deshalb  im  Eau  de  Javelle, 
Eau  de  Labarracque  und  im  Chlorkalk.  Mit 
Salzsäure  gibt  sie  Ghlor  und  Wasser. 
Chloraäure»  1  Aeq.  Ghlor  und  5  Aeq.  Sauer- 
stoff, färb-  und  gei*uchlose  Flüssigkeit,  deren 
Salze  durch  Stoss  und  Schlag  und  in  Be- 
rührung mit  manchen  Körpern  explodiren 
(Verwendung  in  der  Feuerwerkerei,  Artil- 
lerie), beim  Erhitzen  Sauerstoff  abgeben  and 
Ghlormetall  hinterlassen.  Das  Kalisalz  ent- 
steht, wenn  man  Ghlor  in  konoentrirte  Kali- 
lösung  leitet. 

Chlonehwefel.  Wichtig  nur  die  vier  Ver- 
bindungen  des   Sdtwefels    mit    Ghlor   von 

2  Aeq.  Schwefel,  4  Aeq.  Ghlor,  entsteht, 
wenn  man  Ghlor  auf  geschmolzenen  Schwe- 
fel leitet,  und  bildet  eine  rothgelbe  ölige 
Flüssigkeit  von  1,68  spec  G«w.,  raucht 
an  der  Luft,  riecht  erstickend,  sckmeckt 
sauer,  heiss  und  bitter,  zersetzt  sich  tat 
Wasser,  löst  Schwefel,  ist  löslich  in  Alko- 
hol, Aether  und  Schwefelkohlenstoff  und 
dient  zum  Vulkanisiren  des  Kautschuks. 

Chloräre,  s.  QilormetdUe, 

ChlorwasBerstolTy  farbloses  Gas,  besteht 
aus  1  Aeq.  Chlor  und  1  A^q*  Wasserstoff 
(vgl.  CMor),  riecht  uud  schmeckt  stechend 
sauer,  spec.  Gew.  1,86,  durcli  Kälte  und 
Druck  zu  einer  farblosen  Flüssigkeit  kompri- 
mlrbar«  nicht  brennbar,  bildet  aQ  der  LnK 


Chlnm  —  Cholet 


415 


Nebel.  Wasser  löst  bei  0«  525  Vol.  und 
yei^röasert  dabei  sein  eigenes  Volumen  fast 
um  die  Hälfte.  Die  Lösung,  die  Chlor- 
wasserstoffaäure,  Salzsäure,  entsteht  in  den 
Sodafabriken  in  grossen  Massen  bei  der  Ein- 
wirkung von  Schwefelsäure  auf  Kochsalz,  in- 
dem der  entweichende  0.  in  Wasser  ge- 
leitet wird.  Diese  rohe  Salzsäure  enthält 
£isen,  Schwefelsäure  etc.;  reine  Salz- 
säure wird  aus  denselben  Materialien  im 
Kleinen  dargestellt.  Sehr  koncentrirte  Säure 
raucht  an  der  Luft;  verliert  beim  Erhitzen 
C.  und  bei  llOo  destillirt  Säure  von  20  % 
Gehalt.  Die  Salzsäure  neutralisirt  Basen 
und  bildet  Haloidsalze  (kohlensaures  Kali 
und  Salzsäure  gebtin  Chlorkalium ,  Wasser 
und  Kohlensäure).  Mit  Superoxyden,  z.  B. 
Manganoxyd,  entwickelt  sie  Chlor.  Findet 
ausgedehnteste  Verwendungin  der  Technik, 
besonders  zur  Darstellung  von  Chlorkalk. 

Specifisches  Gewicht    Procente  an  Säure 
1,30  40,80 

1,15  30,30 

1,10  20,20 

1,05  10,10 

1,01  2,02 

CUnniy  Ort  in  Böhmen,  bei  Königgrätz; 
3.  Juli  lo66  Sieg  der  2.  preuss.  Armee  (Kron- 
prinz) über  die  Oesterreicher  (Theil  der 
Sclilacht  bei  Königgrätz). 

Choc  Cfr.,  spr.  Schock),  Angriff  der  Ka- 
vallerie; soll  in  Schritt,  dann  in  Trab,  Ga- 
lopp, auf  der  letzten  Strecke  in  Carriöre  ge- 
macht werden. 

€hoctaw8  (spr.  Tschoktas),  nordamerlkan. 
Indianerstamm,  seit  1837  im  Indianergebiet 
wohnhaft;  fleissige  Ackerbauer  mit  geord- 
netem Gemeindewesen  und  guten  Schulen, 
(1866)  12,500  Köpfe. 

Cliocziiii  (Cbolin),  russ.  Grenzfestung  In 
Bessarabien,  am  Dnjestr,  19,745  Ew. 

Chodowiecki  (spr.  -wjezki).  Van.  Nikolaus, 
Zeichner  und  Kupferstecher,  geb.  16.  Okt. 
1726  in  Danzig,  f  7.  Febr.  1801  als  Direktor 
der  Akademie  derKiinste  zu  Berlin.  Ausser- 
ordentl.  fleissig  (ca.  3000  meist  kleine  Blät- 
ter); auch  kl.  Genrebilder.  Ygl.  Engelmahn, 
,C.s  sämmtl.   Kupferstiche',  1857  und  1860. 

Chodziesen,  Kreisst.  im  preuss.  Begbz. 
Bromberg,  an  einem  See,  3125  Ew. 

Chokolade,  wird  aus  gerösteten,  von  ihren 
Sclialen  befreiten  Kakaobohnen,  Zuckerund 
Gewürzen  bereitet.  Die  Bearbeitung  ge- 
schieht zwischen  erwärmten  Steinwalzen, 
welche  den  Kakao  zum  Schmelzen  bringen, 
so  dass  er  innig  mit  Zucker  gemischt  wer- 
den kann.  Die  fertige  Masse  wird  in  Blech- 
kapseln  gegossen.  Verfälscht  wird  C.  bes. 
mit  Reis,  Mehl  und  Stärkemehl,  gemahlenen 
Kakaoschalen  etc.  Andere  Zusätze,  wie 
Island.  Moos,  Eisenpräparate  etc.  geben  die 
medicinisehen  C.n;  OesutKÜteitsehokolade  be- 
steht nur  aus  Kakao  und  Zucker.  C.  Ist 
eine  Erfindung  der  Mexikaner,  1520  kam  die 
erste  Kunde  nach  Europa,  doch  bewahrten 
die  Spanier  die  Fabrikation  als  Geheimniss, 
nnd  erst  durch  Carlettl  in  Florenz  wurde 
sie  1606  bekannter. 

Chokoladenbaum,  s.  Kakao, 

Cholera  (gr.,  d,  l.  di9  Hiuue),  l^&mo  zweier 


verwandtenKrankheiten:  J3r«cAruAr,  Breeh- 
kolikt  O,  nostras,  nicht  epidemischer,  meist 
mit  Genesung  endender  Brechdurchfall,  bes. 
im  heissen  Sommer  auftretend;  Entleerung 
massenhafter  dünner,  zuletzt  farbloser  Flüs- 
sigkeit, grosser  Durst,  trockene  Haut,  Ver- 
fall der  Kräfte;  Behandlung:  warme  Um- 
schläge auf  den  Leib,  innerlich  Opium; 
Senfteig  auf  die  Waden;  bei  Verfall  Wein, 
Kampher.  Asiatische  0.,  stets  epidemisch, 
entsteht  in  Folge  von  Ansteckung  besonders 
durch  die  Ausleerungen  anderer  Kranken 
unter  gleichen  Erscheinungen  wie  die  vorige, 
in  den  leichtesten  Fällen  (Cholerine)  nur 
Durchfall,  in  schwereren  Erbrechen  und  Ent- 
leeren der  sog. , Reis  Wasserstühle*;  höchster 
Grad  die  asphyktische  C,  durch  Elndickung 
des  Blutes ,  Wadenkrampf,  Stimmlosigkeit, 
bläuliche  Färbung  und  Kälte  der  Haut, 
Angstgefühl ,  Schwaohwerden  des  Pulses, 
schweres  Athmen  ausgezeichnet;  meist  tödtl., 
doch  auch  in  das  Stadium  der  Reaktion  und 
in  die  Rekonvalescenz  übergehend.  Behand- 
lung: prophylaktisch  Desinfektion,  Abschnei- 
den des  Verkehrs  mit  Orten,  wo  die  Krank- 
heit vorhanden;  reine  Luft,  regelmässige 
kräftige  Kost,  abgekochtes  Weisser,  Wein; 
sofortige  ärztliche  Behandlung  Jedes  Durch- 
falls bei  herrschenden  Epidemien,  durch 
warme'  Getränke,  Opium  etc.  Die  ersten 
Nachrichten  vom  Auftreten  derC.  in  Indien 
datiren  von  1668—71,  aber  erst  1817  begann 
sie  ihre  Wanderung,  1822  war  sie  in  Astra- 
chan, 1831  in  Deutschland.  Diese  erste  Heim- 
suchung Europas  dauerte  bis  1838,  die  zweite 
1847—59,  die  dritte  begann  1865.  Mit  jeder 
neuen  Invasion  ist  die  Zahl  der  auf  einem 
bestimmten  Gebiet  Befallenen  und  Gestor- 
benen geringer  geworden.  Die  neueren  Be- 
mühungen gehen  auf  Erforschung  der  Ver- 
breitungsursachen. Man  weiss,  dass  C. 
nur  entsteht,  wenn  ein  Ansteckungsstoff 
(Pilz?)  in  den  Körper  gelangt.  Dieser  An- 
steckungsstoff wird  in  Indien  im  Boden 
spontan  erzeugt  und  dann  verschleppt;  von 
Person  zu  Person  erfolgen  stets  nur  einzelne 
Ansteckungen;  aber  an  Orten  von  bestimmter 
Bodenbeschaffenheit  (Grundwasserverhält- 
nisse) kann  ein  Infektionsherd  gebildet 
werden,  und  hier  tritt  dann  die  0.  epide- 
misch auf.  Siehe  hierüber  Pettenkofer  in 
der  ,Augsb.  allg.  Ztg.'  und  ,Zeitschrift  für 
Biologie' ;  Bericht  über  die  Cholerakonferenz 

Choleriiie.  s.  Oholera.      [in  Weimar  1867. 

ChSlerigeliy  s.  Temperament, 

Cholesteatom  (gr.),  unter  der  Haut, 
selten  in  inneren  Organen  vorkommende  Ge- 
schwulst, mit  dünner  bindegewebiger  Kapsel 
und  fettigem,  glänzendem,  weissem  Inhalte, 
aus  platten  Zellen,  Saft  und  Cholesterin  be- 
stehend.   Entfernung  durch  Ausschneiden. 

Cholesterin  (Ckolestearin),  Gal  leufett,  Be- 
standtheil  des  Bluts ,  Gehirns  ,  der  Galle 
und  der  Gallensteine  ,  des  Dotters  ,  findet 
sich  auch  in  den  Erbsen,  farblose  Krystalle, 
geschmack-  und  geruchlos,  löslich  in  Alko- 
hol und  Aether,  unlöslich  in  Wasser,  schmilzt 
bei  1370,  gehört  zu  den  Alkoholen. 

Cholet  (spr.  Scholeh),  Stadt  im  franz. 
Depai*t.  Maiue-Loire,  an  der  Maine,  12,735Ew« 


416 


Choliambus  —  Christian. 


tliolianbns  (gr*)  >  hinkender  Jambus, 
jambis<;hei*  Trimeter  mit  einem  Spondeus 
oder  Trochäus  im  letzten  Fuss. 

€holula  (spr.  Tscho-),  Stadt  im  mexi- 
kau.  Staate  Puebia,  einst  die  sweite  Stadt 
des  Aztekenreicks  mit  60,000  £w.  und  über 
400 Götzentempeln,  jetzt 5000  £w.  Zalilrelche 
mexikan.  Alterthümer ,  darunter  die  ber. 
Tempel  Pyramide  des  Quetzalcoatl  (TeoccUli 
gen.),  4  Etagen,  in  der  Basis  1317'  1.,  162' 
Tl.;  auf  der  PlateformeJ.  eine  kathol.  Kirche. 

Chondrin  (Knorpelleim),  ans  Knorpeln  er- 
haltener Leim,  steht  zwischen  Eiweiss  und 
gewöhnlichem  Leim,  nntersclieidet  sicli  von 
letzterem  durch  die  Fällbarkeit  durch  Salz- 
säure, Essigsäure,  Alaun  und  ist  leichter 
verdaulich  als  Janer. 

Chondrosis  (gr.),  Verknorpelung,  krank- 
hafte Knorpelgeschwulst. 

ChouoSy  rohes  Fischervolk  auf  der  Insel 
OhiloS  und  auf  den  Chonoainseln. 

€hoper,  Nebenil.  des  Don  in  Südnissland, 
mündet  bei  Jelanskaia,  100  M. ;  ein  ächter 
Steppeufluss,  nur  im  Frühjahre  wasserreich. 

Chopin  (spr.  Sch^päng),  FrSd^ric  Franc., 
Musiker,  geb.  I.März  1809  zu  Zelazowawola 
bei  Warschan.  poln. -franz.  Abkunft,  Schüler 
Ton  Eisner  iii  Warschan,  seit  1831  in  Paris ; 
t  das.  17.  Okt.  1849.  Einer  der  ausgezeich- 
netsten Pianisten  und  originellsten  Klavier- 
komponisten neuerer  Zeit;  seine  Werke: 
Etüden,  Notturnos,  Mazurken,  Walzer,  Im- 
promptus, Scherzos,  2  Koncerte,  2  Sonaten 
etc.,  von  eigenthüml.  Melodik,  Rhythmik 
und  Harmonik.  Seit  1869  Denkmal  in  War- 
schau. Vgl.  Li8zt,  ,C.',  1852;  Barbedttte,  ,C.«, 
3.  Aufl.  1869.  [ärgern. 

Choqulren   (fr.,   spr.   schok-),  beleidigen, 

€hor  (gl*.),  bei  den  Grleclien  eine  Anzahl 
von  Personen,  die  singend  oder  tanzend  bei 
religiösen  Festen  und  feierlichen  Aufzügen 
auftraten;  spielt  bes.  in  der  alten  Tragödie 
und  Komödie  eine  wichtige  Rolle  (von  Schiller 
in  der  ,Braut  von  Messina'  nachgeahmt); 
Jetzt  in  der  Musik  eine  Vereinigung  von 
Musikern  oder  Sängern  (Männerchor,  2  Te- 
uere und  2  Bässe,  und  gemischtere,  Sopran, 
Alt,  Tenor  und  Bass) ;  ein  im  0.  zu  singendes 
Gesangstück;  auch  die  zu  einer  Taste  des 
Klaviers  gehörenden  2  oder  3  Saiten  (daher 
2-  und  Schöriger  Bezug).  —  In  der  Baukunst 
der  für  den  Hochaltar  bestimmte  abgeson- 
derte östliche  Tlieil  der  Kirchen. 

€horig  (gr.),  Chorführer  der  Alten.  Cho- 
ragische  Monumente ,  griech.  Denkmäler  für 
singende  Chorführer  bei  Wettgesängen. 

Choral,  die  im  Chor  zu  singende  Melodie 
eines  Kirchenliedes;  früher  (bis  zum  17. 
Jahrb.)  von  freier  rhythmischer  Gestaltung 
(rhythmitcJier  C),  später  in  gleichmässig 
laugsamer  Bewegung  gesungen. 

Chorda  (lat.),  Flechse,  Sehne,  Saite. 

Chordometer  (gr.,  Mus.),  messingenes  In- 
strument zur  Messung  der  Saitenstärke. 

Choreo^aphie  (gr.),  die  Kunst,  Tänze 
durch  Zeichen  so  deutlich  zu  bezeichnen 
wie  Töne  durch  Noten. 

Choreus  (gr.),  s.  v.  a.  Trochäus. 

Choreatik  (gr.),  Tanzkunst,  bes.  die  thea- 
tralische.   Choreut,  Tänzer. 


Chorherren,  s.  Stift. 

Chorlambns  (gr.),  Versmass,  VerblDdang: 
eines  Trochäus  mit  einem  Jambus  (—  w»  — ). 

Chorion  (gr.).  Haut,  Leder.   , 

Chorographfe  (gr.),  Beschreibung  einer 
einzelneu  Gegend. 

Chorometrie  (gr.),  Feldmesskunst. 

Choron,  Alex.  Etienne,  franz.  Kompoofst 
und  MiisiktheoretikeiL  geb.  21.  Okt.  1772  in 
Gaen ,  f  ^.  Jnni  1834  in  Paris.  Sehr,  eine 
treffl.  Gesangsschule,  Kirchenmusiken,  Ro- 
manzen (darunter  ,La  Sentinelle'). 

Chorton  (Mus.),  die  Orgelstimmung;  früher 
höher  als  der  sog.  Kammerton ,  Jetzt  mit 
diesem  ausgeglichen. 

Chotnsitz,  Flecken  im  böhm.  Kr.  Gzaslau, 
750  Ew.  17.  Mai  1742  Sieg  Friedrichs  d.  Gr. 
über  die  Oestorreicher. 

Chonan8(spr.  Schuang),  während  der  franz. 
Revolution  die  Insnrgentenhaufen  auf  dem 
rechten  Ufer  der  Loire,  anfangs  ans  Schleich- 
händlern und  sonstigen  Abenteurern  be- 
stehend, w^ahrscheinl.  nach  Jean  Chonan, 
einem  ihrer  Anfuhrer,  gewöhnl.  Cotterean, 
benannt,  seit  1793  organisirt,  führten  eine 
Art  GuerriUaskrieg  gegen  die  Republik, 
wurden  nach  der  verunglückten  Landung 
der  Emigi'anten  bei  Quiberon  (27.  Juni  1795) 
allenthalben  niedergeworfen,  dann,  nachdem 
sie  sich  1799  wieder  erhoben,  von  Brune  un- 
terdrückt, regten  sich  1814  n.  1815  nochmals. 

Chrestiens  de  Troyes  (spr.  Kretiäug  dö 
Troä),  nordfranz.  Troubadour,  f  um  1190. 
Verf.  mehrerer  grossen  Rittergedichte,  ans 
dem  Sagenkreis  derTafelrunde,  im  13.  Jahrb. 
in  Deutschland  vielfach  nachgebildet.  Vgl. 
Holland,  ,C.  de  T.*,  1854. 

Chrestomathie  (gr.),  Sammlung  oder  Aus- 
wahl des  Besten  und  Mustergültigsten,  bes. 
auch  zum  Zwecke  des  Unterrichts  Brauch- 
barsten aus  den  grossen  Werken  früherer 
Schriftsteller.    Vgl.  Anthologie. 

Chrie  (gr.),  bei  den  alten  Rhetorikern 
bestimmte  Form  der  Bearbeitung  eines  Tlie- 
mas,  häufig  als  Schulübung  aufgegeben. 
Das  Thema  gewöhnl.  eine  Sentenz.  Tlieile : 
1)  propositio,  Darlegung  des  Themas;  2) 
aetiologia,  Begründung  desselben;  3)  — 5) 
contrarium,  exemplum  .und  simile,  Erläu- 
terung desselben  durch  das  Gegenthell, 
durch  Beispiele  und  Gleichnisse;  6)  testimo- 
nium  und  conclusio,  Zeugnisse  und  Schlnss. 

Chrlemhildy  die  Hauptheldin  der  deut- 
schen Heldensage,  bes.  im  Nibelungenliede, 
Siegfrieds,  später  König  Etzels  Gemahlin. 

Chrlsma  (gr.),  das  heil.  Salböl. 

Christ€nsaft,  s.  v.  a.  Lakritzen. 

Christenthnm,  die  von  Jesus  Christus  (s.  d.) 
gestiftete  Religion,  objektiv  die  von  ihm 
der  Menschheit  mitgetheilte  Summe  von  re- 
ligiösen Lehren,  Verhelssungen  und  Anstal- 
ten, subjektiv  die  Aufnahme  und  Aneignung 
derselben  von  Seiten  der  Menschen  und  die 
daraus  hei*vorgeheude  Gestaltung  des  religiö- 
sen Gemeiulebeus.  Gottesdienstl.  Anstalt  für 
letzteres  ist  die  Kirche  (s.d.).    Yg\.  Jldigion. 

Christian  (lat.  Christiamu,  d.  i.  Christ), 
1)  Könige  von  Dänemark:  a)  C.  I.,  Sohn 
Dietrichs  des  Glücklichen,  Grafen  von 
Oldenburg    und    Delmenhorst,    geb.    1426, 


Christiand'or  —  Chrom. 


417 


Köuig  ▼on  Dänemark  seit  1448,  König  von 
Schweden  von  1457—67,  Gründer  der  Uni- 
versität Kopenhagen  (1478);  f  22.  Mai  1481. 

—  b)  C.  JI. ,  der  Büse ,  Sohn  des  Königs 
Johann,  geb.  2.  Juli  1,481  zu  Nyboi'g  auf 
Fünen,  1499  zum  Thronfolger  in  Schweden 
erwählt,  seit  1513  König  von  Dänemark  und 
Norwegen«  kam  mit  dem  dän.  Adel  und 
den  deutschen  Hansestädten  in  Konflikt,  ver- 
anstaltete das  atoclholiner  JHutbad  (8. —  10. 
Nov.  1520),  dessen  Folge  die  definitive  Los- 
reissung  Schwedens  von  der  kalmar.  Union 
war.  Von  den  Hansestädten  bekriegt  und  vom 
jütländ.  Adel  verlassen,  floh  C.  (1523)  nach 
den  Niederlanden,  ward  bei  einem  Restau- 
rationsversuche in  Norwegen  1531  gefangen ; 
f  25.  Jan.  1559  als  Gefangener  auf  dem 
Schloss  Kaliundborg  auf  Seeland.—  c)  C.  IV., 
Sohn  Friedrichs  H.,  geb.  12.  April  1577,  re- 
gierte seit  1588,  anfangs  unter  Vormund- 
schaft, seit  1596  selbständig,  Dänemarks 
volksthümlicbster  König,  tapfer  und  unter- 
nehmend, kriegte  1611  —  13  und  1643  —  45 
gegen  Schweden  und  1624—29  gegen  den 
Kaiser,  erwarb  Trankebar ;  f  ^'  Febr.  1648. 

—  d)  C.  VIL,  Sohn  Friedriclis  V.,  geb.  29. 
Jan.  1749,  regierte  seit  1766,  ward,  selbst 
geistesschwach,  von  Struensee  (s.  d.)  bis 
zu  dessen  Sturz  (1772)  belierrscht,  nahm 
1784  den  Kronprinzen  Friedrich  als  Mit- 
regenten an;  f  13.  März  1808.  —  e)  C.  VIII., 
Sohn  des  Erbprinzen  Friedrich ,  des  Stief- 
bruders Christians  VII.,  geb.  18.  Sept.  1786, 
ward  dän.  Statthalter  in  Norwegen,  17.  Mai 
1814  als  Erbkönig  von  Norwegen  ausgerufen, 
verzichtete  im  Waffenstillstand  von  Moss 
(14.  Aug.)  auf  die  norweg.  Krone,  bestieg 
1839  den  dän.  Thron,  suchte  im  «offenen 
Brief  vom  8.  Jnli  1846  die  dän.  Erbfolge 
auch  in  Schleswig-Holstein  einzufuhren  und 
durch  eine  konstitutionelle  Verfassung  diese 
Herzogthümer  mit  dem  Königreich  zu  ver- 
schmelzen ;  t  20.  Jan.  1848.  —  f)  C.  IX.,  geb. 
8.  April  1818,  Sohn  des  Herzogs  Friedr.  Wilh. 
Paul  Leopold  von  Schleswig-Holstein-Son- 
derburg-Glücksburg, vermählte  sich  1842  mit 
der  Prinzessin  Luise,  der  Tochter  des  Land- 
grafen ViTilhelm  von  Hessen  und  der  Prin- 
zessin Luise  Charlotte  von  Dänemark ,  der 
Schwester  C.s  VHL,  ward  zuerst  im  war- 
schauer Protokoll  vom  5.  Juni  1851 ,  dann 
im  londoner  Traktat  vom  8.  Mai  1852  zum 
Thronfolger  in  der  dän.  Gesammtmonarchie 
designirt,  durch  das  Thronfolgegesetz  vom 
31.  Juli  1853  als  solcher  eingesetzt,  trat  15. 
Nov.  1863  die  Regierung  an,  genehmigte 
18.  Nov.  eine  neue  Verfassung^  welche  das 
Herzogthum  Schleswig  mit  Dänemark  völlig 
verschmelzen  sollte,  verzichtete  im  wiener 
Frieden  vom  30.  Okt.  1864  auf  die  Herzog- 
thümer Schleswig-Holstein  und  Lauenburg. 

2)  C,  Herzog  von  Braunschweig-Wolfen- 
bättel,  bekannt  dni'ch  seine  Theilnahme  am 
SOjähr.  Krieg,  geb.  10.  Sept.  1599,  trat  in 
die  Dienste  Friedrichs  von  der  Pfalz,  Königs 
von  Böhmen,  brandschatzte  Westplialen, 
ward  10.  Juni  1622  bei  Höchst  von  TiUy  ge- 
schlagen, operirte  dann  gemeinsam  mit 
Maosfeld  und  Christian  IV.  von  Dänemark ; 
t  6.  Juni  1626  zu  WoIfenbutteL 

Jfeyers  Band- Lexikon, 


Chrlgtland'or,  dän.  Goldmünze,  sek  1775 
geprägt,  =  5  Thlr.  20  Sgr. 

ChnstlanU,  Hauptst.  von  Norwegen  und 
des  Stiftes  C.  (472,9  QM.  und  448,374  Ew.), 
Sitz  des  Reichsstatthalters  und  des  Stor- 
thiug,  am  nördl.  Ende  des  Fjord»  von  O. 
(18  M.  1.),  65,513  Ew.  Schloss,  Kathedrale, 
Theater,  Universität  (seit  1811)  mit  Stern- 
warte etc.,  Hafen,  bedeut.  Handel  (Exporte : 
Holz  und  Eisen);  Flotte  von  180  Schiffen; 
wurde  1624  an  Stelle  der  abgebrannten 
alten  Königsstadt  Opalo  von  Christian  IV. 
aufgebaut.   Daneben  die  Festung  Akerahnua. 

Christümsand,  Stift  in  Norwegen,  724,7  QM. 
und  328,742  Ew.  Die  Hauptst.  C,  an  der 
Mündung  des  Torridalelf,  10,876  Ew.,  Kathe- 
drale, Kriegsschiffs  werfte  (Station  eines 
Tlieils  der  Flotte)^  treffl.  Hafen,  bedeut. 
Schifffahrt  und  Handel. 

Christine.  Königin  von  Schweden,  geb. 
6.  Dec.  1626,  Tochter  Gustav  Adolfs,  folgte 
diesem  1632  (seit  1644  selbständig),  sammelte 
Gelehrte  um  sich,  dankte  1654  zu  Gunsten 
ihres  Vetters,  des  Prinzen  Karl  Gustav 
von  Pfalz-Zweibrücken,  ab,  trat  in  Brüssel 
zqm  Katholicismus  über,  besuchte  Rom  und 
Paris,  1660  wieder  Schweden;  f  ^9-  April 
1689  zu  Rom.    Biogr.  von  Grauert  (1838—42). 

Christinos,  in  Spanien  während  der  Re- 
gentschaft der  Königin  Marie  Christine  die 
Anhänger  derselben  und  der  polit.  Reform. 
Ihnen  standen  die  Elarlisteu,  die  Anhänger 
des  Don  Carlos,  gegenüber. 

Christoph,  1)  C.  III.,  König  von  Däne- 
mark, Herzog  von  Bayern,  Sohn  Johanns 
von  Bayern  und  der  Prinzessin  Sophie  von 
Dänemark  und  Schweden,  folgte  dem  ab- 
gesetzten Erich  X.,  dem  Bruder  seiner 
Mutter,  1438  als  Reichsverweser,  1440  als 
König  von  Dänemark,  1441  auch  von 
Schweden;  t  1**8.  —  2)  C,  Herzog  von 
Würtemberg,  Sohlt  des  Herzogs  Ulrich,  geb. 
12.  Mai  1515 ,  ward  nach  Vertreibung  seines 
Vaters  am  österr.  Hofe  erzogen,  stand  eine 
Zeitlang  in  fi-anz.  Kriegsdienst,  bemächtigte 
sich  nach  dem  Tode  Ulrichs  (6.  Nov.  1550) 
der  Regierung;  Ordner  des  Landes  und  Be- 
förderer der  Kultur;  f  28.  Dec.  1568. 

Chrlstpalme,  s.  v.  a.  Ricinus  communis. 

Christus  (gr.),  Gesalbter,  hebr.  Messias, 
Beiname  von  Jesus  (s.  d.). 

Chrlstnsorden,  portng.  Ritterorden ,  als 
Fortsetzung  des  Templerordens  vom  portug. 
König  Dionysius  gestiftet,  beobachtete  die 
Regel  des  heil.  Benedikt  und  die  -Satzungen 
der  Cistercienser.  Seit  1789  bestehen  3  Klas- 
sen :  Grosskreuze,  Kommandeure  und  Ritter. 
Ordenszeichen  längliches  rothes  Kreuz  mit 
weissem  Kreuz  in  der  Mitte.  —  Der  päpsü.  C. 
ist  ein  kathol.  Verdienstorden  und  besteht 
nur  aus  Einer  Klasse. 

ChristTOfCl)  s.  V.  a.  Kreuzschnabel. 

Cliristwarz,  s.  v.  a.   schwarze  Nieswurz. 

Chrobrz,  Ort  in  Polen;  16.— 19.  März  1863 
siegreiche  Schlacht  der  Russen  unter  Scha- 
chowsky  gegen  die  Polen  unter  Langiewicz. 

Chrom  (Metall),  findet  sich  bes.  als 
Chromeiseustein ,  ist  zinnweiss,  spröde, 
schwer  schmelzbar,  Aeq.  328,  an  der  Luft 
u.  im  Wasser  beständiger  als  Eisen.  Chrom' 

27 


418 


Chromatisch  —  Chrulew. 


cxyd,-^  Aeq.  G.  und  S  Aeq.  Sauerstoff,  in 
der  Natur  als  Chromocker,  wird  aus  chrom- 
sauren  Salsen  auf  verschiedene  Weise  dar- 
gestellt, ist  feuerbeständig,  schön  grün 
(i/hromg^n,  Clirombronze),  dient  als  Druck- 
farbe für  Banknoten,  zum  Färben  von  Glas 
und  Strass,  als  Oel-  und  Porzellanfarbe  und 
Schleifmaterial;  ist  nicht  giftig.  Chrom- 
oxgdhydrat  (Mittler-,  Smaragd-,  Pannetier-, 
Amaudon-,  Plessjgrün)  dient  als  Krsatz 
des  schweinfurter  Gräns.  Die  Salze  treten 
in  grüner  und  violetter  Modifikation  auf. 
Chromaldun,  Doppelsalz  von  schwefelsaurem 
Kali  u.  schwefelsaurem  Ghromoxyd,  dunkel- 
rubinrothe  Krystalle,  löslich  in  7  Th. 
Wasser,  wird  in  der  Gerberei  und- Färberei 
benutzt.  Chromsäure,  1  Aeq.  0.,  S  Aeq. 
Sauerstoff,  rothe,  zerfliessliche,  leicht  lös- 
liche Krystalle,  wirkt  heftig  oxydirend. 
Saures  chromsaures  Kali,  Ausgangspunkt 
der  meisten  Ohrompräparate ,  wird  aus 
Ghromeisenstein  dargestellt,  bildet  orange- 
rothe  Krystalle,  löslich  in  12  Th.  Wasser, 
wirkt  sehr  ätzend  und  giftig,  wird  vielfach 
benutzt  in  der  Färberei  als  Beize,  zur  Dar- 
stellung von  Farbstoffen,  Ohlor  und  Saupr- 
stofT,  zum  Bleichen  von  Palmöl ,  zu  Zünd- 
massen, zum  Reinigen  des  Branntweins  und 
Holzessigs  und  zu  Thoerfarben.  Mit  Kali 
neutralisirt  gibt  es  neutrales  chromsaures 
Kali,  gelbe  Krystalle,  löslich  in  2  Th. 
Wasser,  dient  in  der  Färberei,  zur  Bereitung 
von  Ghromdinto  und  zu  den  Lunten  der 
Stahlfeuerzcuge.  Ghromsaurer  Baryt  (gelbes 
Ultramarin),  chromsaures  Zinkoxyd  (Zink- 
gelb), cliromsaures Kadmiumoxyd  (Kadmium- 
gelb),  chromsaures  Silberoxyd  (Purpurroth), 
alle  in  Wasser  unlöslich,  sind  Malerfarben. 
Ebenso  neutrales  chromsaures  Bleioxyd 
(Chromgelb,  mit  Berlinerblau  gemischt 
Chromgrüu,  grüner  Zinnober),  welches  auch 
in  der  Färberei  benutzt  wird  und  mit 
Kalkmilch  behandelt  Chromorange  liefert. 
Chromroth,  Chrom zi nnober ,  falscher  oder 
österr.  Zinnober,  Van  Dycks  Roth,  ist  basisch- 
chromsanres  Bleioxyd,  eine  Mischung  mit 
Chromgelb  Chromorange.  Diese  Farbstoffe 
sind  alle  sehr  schön  und  haltbar,  aber  gif- 
tig. Mit  Chlor  bildet  G.  den  Oxyden  ent- 
sprechende Verbindungen.  Das  Chlorid,  2 
Aeq.  C. ,  3  Aeq.  Sauerstoff,  entsteht  beim 
Erhitzen  von  Ghromoxyd  und  Kohle  in  Chlor, 
bildet  violette,  glänzende,  gllmmoi-artige 
Blättchen,  ist  snblimirbar,  in  Wasser  unlös- 
lich ,  dient  als  Farbematerial  in  der  Bunt- 
papicrfabrikation. 

llhroniatisch  (fr.  cromeUique,  Mus.),  elgentl. 
farbig;  iu  hintereinander  folgenden  halben 
Tönen  auf-  oder  absteigend  (z.  B.  ch.e  Ton- 
leiter),   C.e  Zeichen,  Versetzungszeichen. 

Chroniatrop  (Farben-  und  Linienspiel), 
zwei  runde,  koncentriscli  übereinander  lie- 
gende ,  mit  farbigen  Kurven  und  Rosetten 
bemalte  Glasplatten,  die  mittelst  einer  Kur- 
bel in  ontgegengesotzter  Richtang  um  ihren 
gemeinsamen  Mittelpunkt  gedreht  werden, 
liefern  im  Nebolbildappnrat  und  in  der 
Latema  luagica  scliöne  Farbeneffekte. 

Chromeisenstein  (Chromit,  Chromerx),  dem 
Magneteisenstein  analog  zusammengesetztes 


Mineral  aus  der  Klasse  der  wasserfreien 
Metalloxyde,  eisen-  bis  pechschwarz,  meist 
derb  und  eingesprengt,  besteht  aus  Eisen- 
oxydul mit  Chromoxyd  und  Thonerde,  findet 
sich  bei  Baltimore  u.  auch  sonst  in  den  Ver- 
einigten Staaten,  in  Steiermark,  Schlesien, 
im  Depart.  Var,  in  Norwegen,  am  Ural.  Dient 
zur  Darstellung  der  Chrompräparate,  wird 
mit  Potasche'  und  Salpeter  geschmolzen, 
dann  ausgelaugt,  die  Lange  mit  Holzessig 
von  Thonerde  und  Kieselsäure  befi-eit  und 
verdampft.    Bs   krystallisirt   dann    chrcmfi- 

Chromfarben.  s.  Chrom.         [saures  Kali. 

Chronik  (gr.).  Buch,  welches  die  Ge- 
schichte der  W'elt  (Weltchronik)  oder  die 
eines  Volks,  Landes  oder  Orts  nach  der 
Jahresfolge  schlicht  erzählt.    Vgl.  AnncUen. 

Chronik,  zwei  Bücher  der  (Chronicoruin 
libri,  Paralipomena,  d.  i.  Supplemente),  jdie 
beiden  jüngsten  Geschichtsbücher  des  A.T.s, 
dem  zweiten  Buche  Samuelis  und  den  beiden 
Büchern  der  Könige  parallel  laufend,  wahr- 
scheinl.  in  der  Zeit  nach  den  Siegeszügeu 
Alexanders  d.  Gr.  abgefasst,  mit  levitisch- 
priesterlicher  Tendenz,  zum  Thell  ungenau. 

Chronique  scandalense  (ft.,  spr.  Kronik 
skangdalös),  geheime  Geschichte  der  Laster 
u.  Thorheiten  eines  Orts,  namentl.  eines  Hofs. 

Chronische  Krankheiten,  im  Gegensatz  zu 
den  rasch  auftretenden  sogen,  tikuten  Krank- 
heiten solche,  die  ungefähr  über  1  Monat 
dauern.  Mau  rechnet  dazu  die  Tuberkulose 
der  Lungen,  die  durch  Herzfehler  beding- 
ten Erkrankungen,  Gicht,  Rheumatismen, 
Rückenmarksschwund,  Krebs,  gewisse  For- 
men von  Magenkrankheiten  etc.  Meist  treten 
Schwankungen  im  Befinden  auf,  Fieber  kann 
vorhanden  sein.  Viele  akute  Krankheiten 
können  in  den  chronischen  Zustand  über- 
gehen. 

Chronoflrramm  (gr.),  Bezeichnung  des 
Jahres  einer  Begebenheit  durch  die  Zahl- 
buchstaben des  ilir  Andenken  aufbewahren- 
den Satzes,  z.  B.  LVtetIa  Mater  natos  sVos 
DeVoraVIt  bedeutet  das  Jahr  der  pariser 
Bluthochzeit  1572.  Ist  es  ein  Vers,  so  heisst 
es  Chronostichon. 

Chronographen,  Instrumente  zur  Messung 
ungemein  kleiner  Zeitintervalle,  dienen  zur 
Bestimmung  der  Flugzeit  der  Geschosse, 
der  Leituugsgeschwindigkeit  im  Nerven  etc. 

Chronologie  (gr.),  die  Wissenschaft  von 
der  Zeiteintheilung  und  den  gegenseitigea 
Verhältnissen  der  Zeittheile  in  Beziehung 
auf  deren  Dauer  und  Folge,  wie  diese 
theils  durch  die  Bewegung  der  Weltkörper 
im  Himmelsraum,  theils  durch  die  Willkür 
der  Völker  bestimmt  worden  ist,  histor. 
Hülfswissenschaft.  Lehrbücher  von  Ideler 
(1831),  Bnnckmeier  (184S),  Lüdee  (1868). 

Chronometer  (gr.),  Zeitmesser,  Seeuhr, 
Längenuhr,  tragbare  Uhr  von  grosser  Ge- 
nauigkeit, bes.  zur  Bestimmung  der  geograph. 
Länge,  hat  meist  Form  n.  Grösse  der  Taschen- 
uhren oder  ist/ grösser. 

Chronoskop,  s.  v.  a.  Chronometer. 

Chrudin,  böhm.  Kreis,  östl.  au  der  m&hr. 
Grenze,  61  QM.  u.  383,746  Ew.  Die  HauptU. 
G.,  an  der  Chmdimka,  7704  Ew. 

Chrnlen',    ßtepan   Alexandrowitssht    rusa. 


Chryolith  —  Cialdini. 


419 


General ,  geb.  um  1808  in  Hoskau ,  f&hrte 
im  Ungar.  Feldzu^  von  1849  ein  Frefcorps, 
befehligte  1853  uuter  PerowskiJ  die  Expe- 
dition nacli  dem  Syr-Dai*Ja,  erstürmte  die 
Festung  Akmetachet  (Fort  Perowskij), 
schlug  die  Türken  bei  Kalarath  (4.  März 
1854),  befehligte  den  grossen  Ausfall  aus 
Sebastopol,  ward  bei  dem  Fall  des  Malakow 
(8.  Sept.)  schwer  verwundet,  erhielt  Anfang 
1856  das  Kommando  des  Armeecorps  bei 
Kars,  wirkte  bei  Untei'd rückung  der  Un- 
ruhen in  Warschau  (Febr.  1861)  mit,  be- 
schäftigte sich  dann  mit  Plänen  zu  Aus- 
breitung des  russ.  Handels  und  Einflusses 
in  Centralasien ;  f  2.  Juni  1870  in  Petersburg. 

Chryolith,  s.  v.  a.  Kryolitb. 

Chrjrsaliden,  Goldpuppeu,  die  gewöhnl. 
mit  Gold-  oder  Silberflecken  gezierten 
Puppen  der  Dornraupen. 

ihr  jggüilnsäure,  Polychromsäure,  s.  Aloe. 

Chrfgantheiuum  L.  (Gold-,  Wuchertlume), 
Pflauzeugattuug  der  Kompositen.  0.  Leu- 
canthemum  L.,  grosse  Masliebe,  Marienblwne, 
iu  ganz  Europa,  früher  officineli  als  Herba 
Bellidis  majoris.  0.  segetum  L.  lästiges  Un- 
kraut, bes.  im  nördt.  Deutschland. 

Chrysoherjll  (Oymophan),  prismatischer 
Korund,  Edelstein  aus  der  Klasse  der 
wasserfreien  Geolithe,  besteht  aus  Thon- 
und  Beryllerde,  grün  in  yerschiedenen 
Nuancen  mit  Glasglanz,  zuweilen  fettartig, 
findet  sich  bei  Marschendorf  in  Mähren, 
im  Ural  (Alexandrit),  in  Brasilien,  Ceylon. 

ChrTBOlith  (Olivin,  P^ridot) ,  Mineral  aus 
der  Klasse  der  wasserfireien  Amphoterolithe, 
besteht  aus  Eisenoxydul  und  Maguesia  mit 
Kieselsäure  verbunden.  Edler  C.,  schön 
grttne  durchsichtige  Krystalle  aus  Ober- 
ägypten und  Brasilien,  Edelsteiu;  Olivin, 
gemeiner  C,  weniger  schön  grün,  durch- 
scheinend, eingewachsen  iu  Basalt,  Laven, 
Meteoreisen  und  Talkschiefer. 

Chrysopras,  durch  Nickeloxydul  grün  ge- 
färbter Ohalcedon,  nur  in  Schlesien,  als 
tichniuckstein  verarbeitet. 

ChrysOTin,  Metalllegirung  aus  100  Kupfer 
und  51  Zink,  dem  Golde  sehr  ähnlich,  hält 
sich  gut  au  der  Luft,  lässt  sich  leicht  ver- 
golden, bes.  zu  Ufarentlieilen  verarbeitet. 

ChrysostSmas ,  Johannes,  ber.  Kirchen- 
vater, geb.  347  n.  Chr.  zu  Autiochia,  ward 
897  Bischof  von  Konstantinopel,  auf  Betrieb 
der  Kaiserin  Eudoxia  von  der  Synode  zu 
Ohalcedon  abgesetzt  und  exilirt,  wieder 
zurückgemfeu,  dann  abermals  abgesetzt 
und  nach  Pityus  am  schwarzen  Meere  ver- 
wiesen; t  1^'  Sept.  407  auf  der  Reise  dahin 
zu  Komana  in  Pontus.  Den  Namen  C,  d.  i. 
Goldmund ,  erliielt  er  wegen  seiner  Bered- 
samkeit. Werke  griech.  und  lat.  von  Mont- 
faneon  (1718-88,  13  Bde.;  1834-40);  in 
Auswahl  vou  Diibner  (Paris  1861  f.).  Seine 
Homilien  übersetzt  von  Lutu  (8.  Aufl.  1853). 
Biogr.  von  Neander  (3.  Aufl.  1848,  3  Bde.). 

Chnqnlsiea  (spr.  Bsohuki-),  Provinz  in 
Bolivia (Südamerika),  3424  QM.  u.  223,668  Ew. 
Die  Hauptttt,  C.  (Sucre),  8754'  üb.  M.,  23,979 
Ew.,  Erzbisch.,  Universität;  1539  von  den 
Spaniern  gegründet;  Mai  1826  erster  kon- 
stituirender  Kongress  der  Republik  Bolivia. 


Chur  (roman.  Quoira,  fr.  Coire,  lat.  Ooira), 
Hauptst.  des  Kant.  Graubünden,  amPlessur, 
von  iiohen  Bergen  umgeben,  7380  Ew.  (ca. 
1/4  Katli.);  über  der  Stadt  der  bisohöfl.  Hof 
(eiust  röm.  Kastell)  mit  dem  Dom.  Als 
Eiugaogspunkt  zu  den  Alpenstrassen  über 
Albuia,  Julia,  Sptügeu  und  Bembaiilin  be- 
deutenderSpeditions-  und  Stapelplatz.  Schon 
452  als  Biscliofssitz  genannt. 

Chnrch  (spr.  Tschörtsch),  Frederick  Edwin, 
amerikan.  Landschaftsmaler,  geb.  Mai  1826 
zu  Hartfotd  (Connecticut),  bereiste  ganz 
Amerika  und  stellte  die  tropischen  Scenen 
wie  die  Polargegenden  mit  unvergleichlicher 
Meisterschaft  der  Stimmung  dar.  Haupt- 
werke: View  of  Niagara,  the  heart  of  the 
Andes,  the  Icebergs  etc. 

ChurohUl  (spr.  Tschörtsch-,  auch  3fi$si- 
nippi  und  English-Biver  genannt),  Fluss  in 
Britisch -Nordamerika,  kommt  ans  dem 
Methysee,  durchfliesst  die  Seen  Bnftalo, 
La  Crosse  und  Nelson,  mündet  beim  Fort  C. 
in  die  Hudsonsbai,  140  M. 

Chnrchlil  (spr. Tschörtsch-),  engl.  Dichter, 
geb.  Im  Febr.  1731  zu  Westminster,  erst 
Landpfarrer,  dann  Ciderhäud  1er;  f  im  Nov. 
1764  zu  Boulogne.  Beissender Satiriker;  am 
besten  ,TIie  Rosciad'  (Satire  auf  die  Schau- 
spieler) und  ,The  Ghost*  (gegen  den  Aber- 
glauben).   ,Poems*  (1804,  2  Bde.). 

Churohnsco  (spr.  Tschuru-),  Ort,  nördl. 
der  Stadt  Mexiko ;  20.  Aug.  1847  Bieg  der 
Nordamerikaner  über  die  Mexikaner. 

Chwalynsk,  Stadt  im  russ.  Gouv.  Saratow, 
an  der  Wolga,  10,947  Ew.    Flusshafen. 

Chylos  (gr.,  Milchsaft,  Speisesaft),  Inhalt 
der  Lymphgeiasse  des  Dünndarms  und  Ma> 
gens  während  der  Verdauung,  gleicht  der 
gewöhnlichen  Lymphe  vollkommen  bis  auf 
grösseren  Fettgebalt,  dem  er  die  milchige 
Farbe  verdankt;  mischt  sich  der  Lymphe 
bei  und  gelangt  so  in  das  Blut. 

Chynras  (gr.,  Speisebrei),  der  aus  dem 
Magen  in  den  Zwölffingerdarm  gelangte 
saure  Brei,  besteht  aus  erweichtem  Fleisch, 
umgewandelten  Eiwelsskörpern  (Poptonen), 
in  Dextrin  und  Zucker  übergeführter  Stärke, 
verschiedenen  Salzen,  feinvertheiltem  Fett 
und  unverdaulichen  Stofifen  (Spelzen,  Holz- 
faser, Homsubstanzen).  Durch  Zutritt  der 
Galle  wird  er  ueutralisirt ,  bei  längerem 
Verweilen  im  Darm  alkalisch.  Dfe  vei-dau- 
lichen  Stoffe  werden  von  den  Chylusgefässen 
aufgesaugt  und  stellen  denCliylus  (s.  d.)  dar. 

1-laMese,  Landschaft,  s.  Ghablais. 

Ciacona  (spr.  Tscha-,  fr.  Chaconne),  ver- 
alteter Tanz  in  s/4-Takt,  stammt  aus  Italien. 

Cialdini  (spr.  Tschai-),  Enrico,  ital.  Gene- 
ral, geb.  8.  Aug.  1811  bei  Castelvetto  im 
Modeuesischen,  focht  seit  März  1888  in  der 
Fremdenlegion  Dom  Pedros,  dann  mit  dieser 
im  Dienste  Spanleng  gegen  die  Karlisten. 
1848  von  der  provIsor.  Regierung  In  Mailand 
berufen,  befehligte  er  1849  ein  Freiwilligen- 
regiment, im  Krimkrieg  als  Oberst  eine 
Brigade,  im  Krieg  vou  1859  eine  Division. 
Zum  Generali ioutenant  befördert,  brach  er 
1860  mit  Fanti  iu  den  Kitchenstaat  ein, 
schlug  (18.  Sept.)  die  päpstl.  Armee  unter 
Lamoricidre  bei  Ca8te]fldar<io,  zwang  Capua 

27* 


420 


Cibber  —  Cid. 


(3.  Not.),  OaSta  (13.  Febr.  1861)  und  die  Oita- 
delle  von  Messina  (13.  März)  zur  Kapitulation, 
übernahm  als  General  Juli  1861  die  Civil- 
und  Militärgewalt  in  Unteritalien  ^  trat  1. 
Nov.  diesen  Posten  an  Lamairnora  ab,  ward 
1862  mit  ausserordentl.  Vollmachten  gegen 
Garibaldi  nach  Sicilien  gesandt  und  erhielt 
dann  ein  Militärkommando  zu  Bologna. 

Cibber  (spr.  Si-)»  CoUey,  engl.  Schauspieler 
und  Theaterdichter,  geb.  im  Nov.  1671  zu 
London,  Mituntemehmer  des  Drurylane- 
theaters,  seit  1730  ofßcieller  Hofdichter; 
t  12.  Dec.  1757.  Schrieb  eine  Beihe  morali- 
sirender  Lustspiele,  z.  B.  ,Love  makes  a 
Man',  ,She  would  and-  she  would  not*, 
,The  careless  Husband'  etc.   (1777,  5  Bde.). 

Clbeben  (Zibben),  grosse  Rosinen  von 
länglicher  Form,  stammen  von  den  Spiel- 
arten der  Yitis  Rumphii. 

Ciborlum  (lat.),  das  Fruchtgehäuse  der 
ägypt.  Bohne  (Colocasia),  bei  den  alten 
Aegyptem  als  Trinkgefäss  benutzt;  in  der 
kathol.  Kirche  der  Kelch,  worin  die  kon- 
sekrirten  Hostien  aufbewahrt  werden. 

Olcatrix  (lat.),  in  der  botan.  Terminologie 
Narbe. 

Clcer  i.  (Kichererbse,  Kaffeeerbse),  Pflan- 
zengattnng  der  Leguminosen.  Von  C.  arie- 
tinum  L.,  gemeine  K.,  in  Südeuropa  und  im 
Orient  in  vielen  Varietäten  kultivirt  (rotbe 
K.,  Venuskichern  und  gelbe),  dienen  die 
Samen  als  Nahrungsmittel,  auch  als  Kafifee- 
surro^at. 

Cicero«  Marcus  7\Mius,  ber.  röm.  Redner 
und  Schriftsteller,  geb.  3.  Jan.  106  v.  Chr. 
zuArpinum,  Sohn  eines  röm.  Ritters,  ward 
76  QuÄstor,  70  Aedil,  66  Prätor,  63  erster 
Konsul  und  vereitelte  als  solcher  die  Ver- 
schwörung des  Gatilina.  Von  dem  Volks- 
tribuu  Clodius  wegen  der  Hinrichtung  der 
Gatilinarier  angegriffen ,  ging  er  58  in  frei- 
williges Exil  nach  Thessalonich,  ward  nach 
16  Monaten  zuriickgerufen  und  51  als  Statt- 
halter nach  Oilicien  gesandt,  wo  er  die  Par- 
ther mit  Erfolg  bekämpfte.  Zu  Anfang  49 
nach  Rom  zurückgekehrt,  suchte  er  vergeb- 
lich zwischen  Cäsar  und  Pompejus  zu  ver- 
mitteln, hielt  sich  dann  zur  Partei  des  letz- 
teren, ohne  dadurch  Cäsars  Gunst  zu  verlie- 
ren. An  Cäsars  Ermordung  nicht  betheiligt, 
pries  er  dieselbe  als  Rettung  der  Republik. 
Aus  Hass  gegen  Antonius  den  Jungen  Octa- 
vius  begünstigend,  ward  er  gleichwohl  auf 
des  Antonius  Verlangen  von  den  Triumvirn 
geächtet  und  7.  Dec.  43  v.  Chr.  ermordet. 
Die  beste  Gesammtausgabe  der  Werke  C.s  ist 
die  von  Orelli,  neu  bearb.  von  £ailer  und  Halm 
(1845—64).  Rhetorische  Schriften:  ,Rhetorica 
s.  de  inventione';  ,De  oratore';  der  Dialog 
,Bi'Utus  8.  de  Claris  oratoribus*  etc.  Philo- 
soph. Schriften:  ,De  republica';  ,De  legibus'; 
,De  finibns  bonorum  et  malorum';  ,Quaestio- 
nos  academicae*;  ,Tusculanao  quaestiones' ; 
,De  natura  deorum';  ,De  divinatione* ;  ,De 
officiis'  und  dio  kleinereu:  ,Paradoxa',  ,De 
fato*,  ,LaeUus  s.  de  ainicitiaS  ,Cato  major 
8.  de  senectute*,  ,Paradoxa  stoicorumS  Die 
,Briefe*  C.s  an  Atticus  und  seinen  Bruder 
Qnintus  wurden  von  Wteland  (fortges.  von 
•Qräter,  neue  Aufl.  1842,  7  Bde.)  übersetzt. 


Auswahlen  ders.  gaben  Süofle  (4.  Aufl.  1856) 
und JDte<«cA(1854)  heraus.  C.s  Biogr. schrieb 
Fiutarch.    Vgl.  Oerlach,  ,C.S  1864. 

CleerO)  Schriftgattung,  IVe'"  hoch,  zuerst 
bei  der  Ausgabe  von  Ciceros  Briefen  von 
Sweynheim  und  Pannarz  (Rom  1467)  au- 
gewendet, ursprüngl.  Antiqua,  jetzt  in  allen 
Schriftarten  vorkommend. 

Cicerone  (ital.),  Name  der  Fremdenführer, 
von  ihrer  Redseligkeit  in  scherzhafter  An- 
spielung an  Cicero  hergenommen. 

Clchorinm  L,  (  Wegwart,  Oichorie) ,  Pflan- 
zengattung der  Kompositen.  C.  Endivia  JL*, 
Endivie,  aus  Ostindien,  als  Salatpflanze  kul- 
tivirt. 0.  lutybus  X.,  Feldwegwart,  aus 
Ostindien,  in  Europa  und  Nordamerika,  Im 
Grossen  kultivirt,  weil  ans  der  Wurzel  durch 
Rösten  u.  Pulvern  das  bekannte  Kaffeesurro- 
gat bereitet  wird  (Berlin,  Braunschweig, 
Dresden,  Magdeburg,  Lahr,  Freiburg).  Die 
Wurzel  der  wilden  C.  ist  holzig,  officinell, 
die  der  kultivirten  fleischig. 

Cicisbeo  (ital.,  spr.  Tschitschisbeo) ,  der 
erklärte  Gesellschafter,  den  nach  ital.  (seit 
19.  Jahrb.  abgekommener)  Sitte  jede  ver- 
heirathete  Dame  ausserhalb  des  Hauses 
haben  musste;  in  Deutschland  mit  übler 
Nebenbedeutung. 

CiCttta  L.  (  Wasserschierling),  Pflanzengat- 
tung  der  Umbielliferen.  C.  vlrosa  L.,  Wuth- 
sehierling,  Farzenkraut,  in  Europa  und 
Nordafrika,  Giftpflanze  Deutsch lan^is,  von 
betäubendem ,  fast  dillartigem  Geruch ,  pe- 
tersilienähnlichem, später  brennendem  Ge- 
schmack und  mit  sellerieähnlicher  hohler 
Wurzel  mit  Querscheidewänden.  Herba 
cicutae  derOfftcinen  istConium  maculatum. 

Cid  f  Oampeador ,  span.  Nationalheld, 
Mittelpunkt  der  mlttelalt.-span.  Romanzen- 
poesie, eigentl.  Iiuy^(Rodrigo)  Diaz  deVioar, 
geb.  um  1030,  Sohn  eines  kastil.  Granden, 
kämpfte  erst  für  König  Sancho  IL  u.  nach 
dessen  Tode  für  König  Alfons,  heirathete 
dessen  Nichte  Jimene,  ward  1C^7  verbannt 
und  ging  nach  Saragossa,  stand  dann  je 
nach  Vortheil  und  Veranlassung  auf  Seiten 
der  Araber  oder  der  Spanier,  eroberte  1094 
Valencia,  wo  er  sich  den  Mohren  gegen- 
über behauptete  und  1099  f.  Das  älteste 
der  Gedichte,  welche  ihn  feiern,  ist  das 
,Poema  del  Cid' ,  Mitte  des  12.  Jalirh. 
(deutsch  von  Wolff  1850),  das  bes.  seine 
Lehnstrene  hervorhebt;  etwa  50  Jahre 
später  erschien  die  ,Cronica  rimada'^  worin 
er  als  der  Vertreter  der  Granden  gegen- 
über dem  absoluten  Monarchen  erscheint. 
Beide  Auffassungen  wechselten  lang^,  bis 
durch  die  Begründung  der  kastil.  Monarchie 
die  Cidauffassuug  des  ,Poema'  feststehend 
wurde,  so  in  der  ,Cronica  general  de 
Espaüa'  (13.  Jahrh.)  und  der  ,Cronica  del 
Cid*  (14.  Jahrb.).  Die  Cldromanzeu  sind 
das  Ergebniss  von  fast  4  Jahrh.  und  ge- 
hören theils  der  Volks-,  theils  der  Kunst- 
poesie an.  Vollständigste  Ausgaben  von 
A.  von  Keller  (1840)  und  in  Durans  ,Ro- 
mancero  general'  (2.  Aufl.  1849).  lieber- 
Setzungen  (ausser  der  sehr  freien  und 
hnmanisirteu  von  Herder)  von  Duttenhofer 
(1842),  Regis  (1842)  uud  Eitner  (1871). 


Cicfer  —  Cincinnatus. 


421 


Clder,  8.  y.  a.  Obstwein. 

€l-d^tant (fr.),  ehemals,  früher;  Cidevant$, 
sur  Zeit  der  franz.  Revolution  Bezeichnung 
der  vormals  adel.  und  furstl.  Personen. 

Cigarren  (span.),  bestehen  aus  der  Einlage, 
dem  umhüllenden  Umblatt  und  dem  äusseren 
entrippten  Deckblatt,  werden  meist  mit  der 
Hand,  in  neuester  Zeit  auch  vielfach  mit 
Maschinen  dargestellt.  Nach  ForW  und 
Grösse  unterscheidet  man  Begalia  gross  und 
stark,  Trabncos  kurz  und  dick,  Napoleon 
lang  und  dünn,  Londres-  klein,  Sultan  statt 
der  Spitzen  mit  einem  Loch,  schweizer  ohne 
Köpfe,  Manila  mit  der  Länge  nach  gewickel- 
tem Deckblatt,  ostindische  an  den  Köpfen 
mit  Seide  umwunden ,  Damencigarren  klein 
and  niedlich.  Cigarretten  (Cigaritos),  Pa- 
piercigarren. 

€ikide  (Cicada  L.,  Zirpe,  Singcikade), 
Insektengattung  derHemipteren.  Das  Männ- 
chen lässt  zur  Zeit  der  Paarung  einen  ein- 
tönigen lauten  Gesang  hören.  Mannacikade 
(G.  Orni  L,),  1",  auf  der  Mannaesche,  deren 
Blätter  sie  ansticht,  worauf  Manna  aus- 
schwitzt. Grosse  Singcikade  (C.  plebeia  L.) 
in  Südeuropa  und  Süddeutschland,  über  1", 
bei  den  Alten  häufig  in  Gedichten  erwähnt. 
Heuschreckencihade  (C.  septendecim  Lalr.) 
in  Nordamerika,  lVa">  erscheint  ziemlich 
regelmässig  alle  17  Jahre  in  Massen  (?). 
Die  ßosencikade  (C.  rosae  Fab.)  zerstört  die 
Rosenblätter. 

tllia  (lat.),  in  der  botan.  Terminologie, 
Wimpern,  steife  Haare  am  Rande  einer 
Fläche;  ciliatus,  mit  Wimpern  versehen. 

Clliclen  (a.  G.) ,  Landsch.  in  Kleinasien, 
etwa  das  jetzige  Paschalik  Adana,  ca.  600 
QM.;  erst  unter  einheimischen  Fürsten, 
später  macedoD. ,  dann  syr.,  zuletzt  röm. 
Provinz.  Ber.  die  cilicischen  Engpässe  (zwi- 
schen Tjaua  und  Tarsus),  durch  welche 
Alexander  d.  Gr.  in  Syrien  eindrang. 

Cinia  (ital.,  spr.  Tschi-),  Börgspitze.  O. 
d'Asta ,  Berggruppe  der  trideutiner  Alpen, 
zwischen  dem  Fleimser-  und  Suganathal, 
8440' ;  darin  auch  die  C.  di  Lagorei,  8040', 
höchster_Porphyrgipfel  der  Alpen. 

Clmabue  (spr.  Tschi-),  Giovanni,  ital. 
Maler,  geb.  1240  zu  Florenz,  f  um  1802; 
der  Begründer  der  neueren  ital.  Malerei, 
der  zwar  noch  von  der  Strenge  der  byzant. 
Form  ausging,  aber  dabei  einer  freiem  An- 
schauung der  Natur  Bahn  brach.  Werke 
in  Florenz  und  Assisi. 

Cimarösa  (spr.  Tschi-),  Domenico,  ital. 
Opemkomponist,geb.  1755  zu A versa  (Neapel), 
eine  Zeitlang  Elapellmeister  in  Wien ,  zu- 
letzt in  Venedig ,  wegen  seiner  Betheiligung 
an  der  Revolution  in  den  Kerker  geworfen ; 
f  11.  Jan.  1801  zu  Venedig.  Hauptwerk  die 
kom.  Oper  ,11  matrimonio  segreto*. 

Cimbem  (Kimbern),  german.  Volk,  er- 
schien, von  dem  Küstenlande  der  Nordsee 
kommend,  zuerst  113  v.  Chr.  in  den  östl. 
Alpen  im  Lande- der  Taurisker,  schlug  bei 
Noreja  im  heutigen  Kämthen  den  röm.  Kon- 
sul G.  Papirins  Carbo,  wandte  sich  dann 
durch  Helvetien  nach  dem  südl.  Gallien, 
schlug  hier  109—105  drei  röm.  Heere,  drang 
Über  die  Pyrenäen  in  Spanien  ein  ,  kehrte, 


von  den  Oeltiberern  zurückgeschlagen,  nach 
Gallien  zurück  und  vereinigte  sich  hier 
mit  den  stammverwandten  Teutonen.  Der 
Sieg  des  Marias  bei  Aqua  Sextiä  (Aix)  über 
die  Teutonen  (102)  und  auf  den  raudischen 
Feldern  unterhalb  Vercellä  (101)  über  die 
C.  setzte  ihrem  weiteren  Vordringen  nach 
Süden  ein  Ziel.  Vgl.  I^Umann,  ,Die  C, 
1870.  [wig. 

Cimbrische  Halbinsel,  Jütland  mit  Schles- 

tlmella  (spr.  Tschi-,  8imi6) ,  Stadt  im 
franz.  Depart.  Seealpen ,  uördl.  von  Nizza ; 
Ruinen  der  alten  Römerstadt  Cemelion. 

Cimmerier,  fabelhaftes  Volk,  nach  Homer 
im  äussersten  Westen  des  Oceans  und  in 
ewige  Fiusterniss  eingehüllt. 

Cimon,  atheu.  Feldherr,  Sohn  des  Mil- 
tiades,  focht  bei  Salamis  (480  v.  Ohr.),  be- 
fehligte dann  mit  Aristides  die  Flotte  der 
Athener,  eroberte  die  Insel  Scyrus  (476), 
schlug  die  Perser  (469)  am  Eurymedon  zu 
Wasser  und  zu  Land,  unterwarf  (467)  das 
abgefallene  Thasos  wieder,  trat  dann  in 
entschiedenen  Gegensatz  zu  der  von  Pericles 
und  Ephialtes  geführten  demokrat.  Partei, 
ward  durch  den  Ostracismus  verbannt  (465). 
Zurückgerufen  ^1)  brachte  er  mit  Sparta 
einen  5jährigen  Waifenstillstand  zu  Stande, 
fühi*te  (449)  eine  Flotte  nach  Oypem ;  f  vor 
Citium.    Vgl.  Viseher,  ,0.*,  1847. 

Cinaloa,  Staat,  s.  Binaloa. 

Clncbona  2^.  (Chinarindenbaum),  Pflanzen- 
gattung  der  Rubiaceen,  immergrüne  Bäume 
der  Cordilleren  zwischen  10.  n.  Br.  und  22.o 
8.  Br.  und  zwischen  5000  und  7000'  Höhe, 
ca.  50  Arten,  welche  Ohinarinden  (s.  d.)  lie- 
fern. Einige  werden  seit  1852  auf  Java, 
seit  1860  in  Ostindien  und  Oeylon,  auch  in 
Neuseeland,  Queensland,  RSunion  und  Ja- 
maika kultivirt.  Vgl.  die  Schriften  von 
Rarsien  (1858),  Howard  (1862),  PäÖ^m»  (1864), 
Hanchon  (1864),  Berg  (1865),   Vogl  (1867). 

Cinchonin,  Alkaloi'd  der  Chinarinde ,  als 
Nebenprodukt  bei  der  Chininbereitung  ge- 
wonnen, färb-  und  geruchlose,  anfangs  ge- 
schmacklose, dann  bitter  schmeckende  Kry- 
staile,  löslich  in  Wasser,  Weingeist  und 
Aether,  reagirt  alkalisch,  liefert  mit  Natron- 
hydrat destillirt  Ohinolin  (ein  Gemenge 
von  Kryptidiu  und  hauptsächlich  Lepidin), 
woraus  der  prächtig  blaue  Farbstoff  Cbiuo- 
linblau  (Kryptidin,  Gyanin,  Lopidinblau) 
gewonnen  wird. 

Cinclnnatl  (spr.  Ssinsinnahti) ,  Stadt  in 
Ohio  (Nordamerika),  genannt  ,dle  Königin 
des  Westens*,  1788  gegründet,  1800  mit 
400  Ew.,  1860:  161,044,  1870:  216,239  Ew.; 
einer  der  grössten  Handelsplätze  der  Union. 
Einfuhr  (Kaffee,  Zucker,  Eisen  etc.)  80  Mill., 
Ausfuhr  (Fleisch,  Seife,  Geräth,  Getränke, 
Manufaktiu-en ,  Mehl  etc.)  70  Mill.  Dollars; 
zahlreiche  industrielle  Etablissements ,  bes. 
berühmt  die  grossartigen  Pökelanstalteu  und 
die  Manufakturen  von  Kleidungsstücken,  Ge- 
räthschaften  etc.  Drahthängebrücke  (2110'  I.). 

Clncinnitus,  Lucius  Quinctius,  das  Muster 
altröm.  Tugend  und  Sitteneinfalt,  Vor- 
kämpfer der  Patricier  in  ihrem  Streite  mit 
den  Plebejern,  ward  461  v.  Chr.  zum  Kon- 
sul, 459  zum  Diktator  erwälilt,   rettete  als 


422 


Cineraria  —  Cisalpinische  Republik. 


solcher  das  ▼on  des  Aequem  bedrängte 
Vaterland,  Kebrte  nach  16  Tagen  ssum  Pfluge 
snrück.  440  als  80jähriger  Greis  abermals 
zum  Diktator  ernannt,  hielt  er  die  Plebejer 
von  gewaltthätigen  Untemehmnngen  zurück. 

€in«rsrla  L.  (Asekenpflanze)»  Pflaneen- 
gattung  der  Kompositen.  C.  crnenta  HSrit., 
hybrida  W.  und  lanata  Hirit.,  sowie  zahl- 
reiche Bastardformeu  derselben  Zierpflanzen. 

Cln^alnni  (lat.),  weisse  seidene  oder  baum- 
wollene Schnur  mit  Quasten,  aur  Giirtung 
des  Unterkleids  der  kathol.  Geistlichen. 

^innay  Lucius  Cornelius,  Romer  aus  pa- 
tricischem  Geschlecht,  diente  als  Legat  im 
Bundesgenossenkriege ,  ward  87  v.  Chr. 
Konsul ,  beantragte  die  Rückberufung  des 
Marius  und  erregte  Unruhen.  Aus  Bom 
vertrieben,  belagerte  er  mit  Marius  Rom, 
das  sich  ergeben  musste,  bemächtigte  sich 
mit  jenem  des  Konsulats  86  und  behielt  es 
bis  84,  'ward,  im  Begriff,  dem  Sulla  ent- 
gegen zu  ziehen,  von  seilen  Soldaten  im 
Aufstande  ermordet. 

Clnnabarlte,  s.  v.a.  Blenden. 

Cinnamöniiiiii  Blume  (Zimmtbaum) ,  Pflan- 
sengattung  der  Laurineen,  immergrüne,  ge- 
würzige Bäume.  C.  aromaticum  Nees,  in 
China ,  Ooohinchina ,  auf  den  Sundainseln 
und  in  Vorderindien  kultivirt ,  liefert  deo 
chines.  Zimmt  (Zimmtkassie ,  Cassia  cinna- 
momea);  C.  Culilawan  Jfees,  auf  den  Mo- 
lukken  und  Sundainseln,  den  aromatisch 
nelkenartig  schmeckenden  Cnlilawauzimmt; 
C.  Loureirii  Nees  in  Cochinchina  die  Zimmt- 
blüthen ;  G.  Tamala  Ifees  in  Ostindien  den 
schwach  zimmt-  und  nelkenartig  riechenden 
Mntterzimmt;  G.  ceylanicnm  £reyn.,  im  Süd- 
west!. Ceylon  kultivirt,  ohne  günstigen  Er- 
folg nacli  Java,  Sumatra,  Malakka,  Vorder- 
indien u.  Brasilien  verpflanzt  und  dort  theil- 
weise  entartet,  den  ächten  oder  Geylonzimmt. 

€inq  -  San  (spr.  Sank  -  Mahrs) ,  Henri 
Coifßer  de  Buz4 ,  Marquis  de,  Günstiiog 
Ludwigs  XIII.  von  Frankreich ,  geb.  1620, 
wai'd  durch  Richelieu,  dem  er  als  Spion 
dienen  sollte,  königl.  Garderobemeister, 
zettelte  mit  dem  Herzog  Gaston  von  Orleans 
u.  A.  gegen  Richelieu  ein  Komplott  an, 
ward  12.  Sept.  1642  mit  seinem  Freunde 
de  Tliou  enthauptet.  Vgl.  A.  de  Vigny, 
,C.-M.,  ou  une  conjuration  sous  Louis  XIII* ; 
,Neuer  Pitaval',  Bd.  4,  1844. 

Cinquecento  (itah,  spr.Tschinquetschento), 
das  15.  Jalirh. ,  In  der  Geschichte  der  ital. 
Literatur  und  Kunst  der  Zeitraum  von 
1500—1600.  Cinquecentisten,  die  dieser  Zeit 
angeliörenden  grossen  Künstler  u.  Dichter. 

Cintra,  Stadt  nordwestlich  von  Lissabon, 
am  Abbang  des  Gebirges  von  0.,  reizend 
gelegen,  7300  Ew.,  röm.  Schioss.  Auf  der 
Höhe  des  Gebirges  das  sogen.  Korkkloster 
(Kapnzinereinsiedelei).  22.  Aug.  1808  Ver- 
trag von  C,  zwischen  dem  engl.  General 
Dalrymple  und  dem  Aranz.  General  Gunot, 
worauf  letzterer  Portugal  räumte. 

Cippus  (lat.),  elg.  Pfahl,  bei  den  Romern 
eine  kleine  Säule  (Grabstein)  ohne  Basis  und 
Kapital  mit  Inschrift,  auch  Meilen-  und 
Grenzstein.        [alten  Latium,  jetzt  Gircello. 

Circäisches   Vorgebirge ^   Vorgebirge   im 


ClrcassieiiiLe  (Zirkass),  wenig  gewalkter, 
dem  Kasimir  ähnlicher,  aber  leichterer  ge- 
köperter Stoff  aus  Streichwolle  (auch  halb- 
wollen) zu  Sommerröcken  u.  als  Damentuch. 

C'irce,  Zauberin,  bei  Homer  Tochter  des 
Helios  und  der  Oceanide  Perseis,  wohnte 
auf  der  an  der  Westküste  Italiens  gelege- 
nen Insel  Aeäa,  verwandelte  die  Grefahrten 
des  Odyaseus  in  Schweine. 
■  CirceilO  (spr.  Tschirtsch-,  Circeo),  Vorge- 
birge an  der  Westküste  Italiens,  westl.  von 
Terracina,  ein  1600'  hoher  Fels  mit  dem 
Flecken  San  Feliee. 

tircensisehe  Spiele,  im  Circus  (s.d.)  ab- 
gehaltene Kampfspiele  dar  Römer,  seit  den 
ältesten  Zeiten  üblich  und  vom  Volke  leiden- 
schaftlich geliebt  (Panem  et  Circeuses  I  d.  i. 
Brod  und  c.  S.  I  die  beiden  Hauptbedürfniss« 
bezeichnender  Ruf).  Die  ältesten  die  Ludi 
Romani ,  4.— 19.  Sept.  gefeiert  mit  Wettren- 
nen zu  Wagen,  gymnast.  Kämpfen,  Kampf- 
spielen zu  Pferde,  Thierkämpfen  und  Nach- 
ahmungen von  Seegefechten  (Naumachlen). 

Clrenmllexy  Accentzeichen  («^  oder  a)  für 
Länge. 

Circiinineridlaulioheii  der  Gestirne,  die 
Sternhöhen  in  der  Nähe  des  Meridians,  die- 
nen bes.  zur  Bestimmung  der  geogr.  Breite. 

Circrnnpolarstenie  ,  Sterne,  welche  weni- 
ger als  lo  vom  Pol  entfernt  sind ,  dienen 
dem  Astronomen  zur  Bestimmung  der  Pol- 
höhe und  des  Sternentages,  Stellung  der 
astronom.  Instrumente  etc. 

Circumvallatioiis-  und  Kontravaliations« 
linien  (lat.),  befestigte  Linien,  welche  der 
Belagerer  gegen  das  Entsatzheer  nach 
aussen,  sowie  gegen  Ausfälle  des-Belagerten 
nach  der  Festung  zu  errichtet. 

€Irc|B8  (lat.) ,  Kreis ,  bei  den  Römern 
länglichrunde  Rennbahn  für  Wettrennen  zu 
Ross  und  Wagen  bei  den  circens.  Spielen. 
Am  bekanntesten  der  C.maximus  in  Rom,  von 
Tarq.  Priscus  angelegt,  von  Cäsar  erweitert. 

Cirkassier,  s.  v.  a.  Tscherkesseu. 

Cirrägra  (gr.),  s.  Weichselzopf. 

Cirrus  (Cirrhus,  lat.) ,  in  der  Botanik 
Ranke,  Gabel,  womit  sich  die  Pflanzen  an 
nahe  stehenden  Körperu  festhalten;  auch 
s.  V.  a.  Federwolke,  s.    Wolke. 

Cirsium  Tournef.  ( KraUdistel) ,  Pflanzen- 
gattung der  Kompositen.  C.  oleraceum  Scop., 
Cnicus  ol.  L.f  Kohldistel,  in  Europa,  Sibirien, 
gutes  Milchfntter.  C.  arvense  Lam.,  Serratula 
arvensis  L.,  Acker',  Haferdistel,  in  Europa, 
Asien,  Amerika  unter  dem  Getreide,  jung 
Vielifutter,  Samenhaare  Polstermaterial. 

Cirta  (a.  G.),  Stadt  in  Numidien,  Residens 
der  Könige  der  Massylier,  hiess  unter  Kon- 
stantin Constanlina,  das  jetzige  Gonatantine. 

€i8  (lat.) ,  diesseits ,  bes.  von  Rom  aus, 
Gegensatz  trans,  jenseits.  [ans). 

Cisalpiniscb,  diesseits  der  Alpen  (von  Rom 

Clsalpinisebe  BepublUt,  28.  Juni  1797  von 
Bonapartc  gebildeter  Staat  in  Italien,  ans 
den  trans-  und  cispadanischen  Republiken 
zusammengesetzt  und  durch  andere  Gebiete 
(die  Romagna  und  einen  grossen  Theil  Grau- 
büudens  etc.)  noch  vergrössert,  im  Frieden 
von  Campo  -  Formio  von  Oesterreich  aner- 
kannt,   771    QM.    und    ca.   Si/a   Mill.    Ew.; 


Giseliren  —  Citrus. 


423 


Hauptst«  Mailand.  Vom  15.  Jau.  1803  an 
italien,  Republik;  vom  17.  März  1805— U 
Königreich  Italien  genannt. 

Cisellren  (fr.,  spr.  Si-),  das  künstlerische 
Bearbeiten  von  metallenen  Onssstücken  mit 
scharfen  Instrumenten,  im  engern  Sinn  das 
Vollenden  der  mit  dem  Hammer  getriebenen 
Gegenstände  mit  dem  Grabstichel. 

Cukankasien  (a.  G.),  Gegensatz  von  Trans- 
kaukasien,  das  Land  nördl.  vom  Kaukasus 
Getziges  Gouv.  Stawropol). 

CisleitluuiieB.  seit  der  Zweitliellung 
Oesterreichs  1867  gebräuchliche  (niclit  olfi- 
cielle)  Bezeichnung  der  (von  Wien  aus) 
diesseits  der  Leitha  gelegenen  Reichshälfte, 
nmfasst  die  deutschen  Erblande,  Istrien, 
Dalmatien,  Galizien  und  die  Bukowina; 
Transleithanien,  die  Länder  der  ehemaligen 
ungarischen  Krone.  [(von  Rom  aus). 

iispadanigcli ,   diesseits    des  Flusses    Po 

Cispadaaigche  Kepnbllk,  20.  Sept.  1796 
von  Bouaparte  gebildeter  Staat ,  bestellend 
aus  Modena,  Regglo,  Ferrara  und  Bologna 
nud  von  der  trauspadan.  Republik  (Loin- 
bardei)  durch  den  Po  geschieden;  ward 
bereits  28.  Juni  1797  der  cisalpinischen 
Republik  einverleibt. 

Cisplatinisclie  BepiiUik,  eine  Zeitlang 
(Okt.  1828  bis  Juli  18S1)  Name  des  Frei- 
staats Uruguay;  früher  (seit  1821)  als  eis- 
plalin.  Provitu  Theil  Brasiliens. 

CisrlteHanisch ,  diesseits  des  Rheins. 

tlsrhenanlsche  U^pnbilk ,  Staatsprojekt 
der  linksrheinischen  Städte  Deutschlands 
nach  Auflösung  der  dortigen  Regierungen 
1797,  dessen  Ausführung  in  Folge  des  Frie- 
dens von  Campo-Formio,  wodurch  das  linke 
Rheinufer  an  Frankreich  fiel,  unterblieb. 

Cissoide,  Kurve,  nach  ihrer  Aehnlichkeit 
mit  einem  f^heublatt  benannt. 

eisten  (Kiste),  runde,  bronzene  Kästchen 
in  etrur.  Gräbern,  Toilettegegenstände  ent- 
haltend; auch  quadratische  Grabumen  aus 
Stein  oder  gebrannten  Steinen,  mit  halb- 
erhabenen    oder    gemalten    Darstellungen 

Cigtenroschen  9  s.  Oistu».  [verziert. 

Cistercleiisery  geistlicher  Orden,  benannt 
nach  dem  Stammkloster  Oiteaux  (Gistercium) 
.bei  DijoD,  von  dem  Benediktinerabt  Robert 
1098  zu  strenger  Ascese  gestiftet,  zählte 
nach  100  Jahren  bes.  durch  die  Thätigkeit 
Bernhards  von  Clairvaux  über  1800  Ab- 
teien in  Frankreich,  Deutschland,  England 
und  den  skaudinav.  Reichen;  jetzt  noch 
wenige  Klöster  in  Spanien,  Polen,  Oester- 
reich  und  der  sächs.  Oberlausitz.  Ordens- 
tracht weiss  mit  schwarzem  Skapnlier. 

eistns  L.  (Gistrose,  Oi»tenrb$chen) ,  Pflan- 
zengattung der  Cistineen.  C.  creticns  L., 
auf  Kreta ,  Sicilien ,  in  Griechenland,  Kala- 
brien  u.  Syrien;  O.  Gyprius  Lam.,  auf  Kreta  u. 
Cypern ;  C.  ladaniferus  L.,  in  Spanien  u.  Süd- 
frankreich, liefern  Ladanum.  Ziersträucher. 

CItadelle  (vom  ital.  ciUadeüa,  Städtchen, 
Buiig),  ein  in  oder  bei  einer  festen  Stadt 
befindliches  Fort  von  4->5  Bollwerken  und 
mit  Raum  für  3000—5000  Mann  Truppen. 

CItat  (lat.),  angeführte  Stelle  aus  einem 
Schriftsteller.  Citato  loco  (abbr.  e.  l.),  am 
angeführten  Ort. 


CItation  (lat.,  Ladung),  richterliche  Auf- 
forderung, vor  Gericht  zu  erscheinen.  Jieal- 
citeUion,  Vorführung  durch  den  Gerichts- 
diener; EdiktalcikUion ,  Vorladung  mittelst 
Bekanntmaetiung  in  öffentlichen  Blättern. 

€it4  (fr.,  spr.  Siteh,  engl,  city,  ital.  eitth, 
vom  lat.  civita$),  Stadt;  dann  in  gewissen 
Städten ,  z.  B.  in  Paris  und  London ,  der 
älteste  Theil  der  Stadt,  Altstadt. 

Citlren  (lat.),  vorladen,  s.  CitcUiou. 

€lto,  citissime  (lat.),  schnell,  sehr  schneU. 

Citoyen  (fr. ,  spr.  Sitoajäng) ,  Bürger, 
Stadtbürger,  unter  der  konstitutionellen 
Monarchie  in  Frankreich  Jeder  Staatsbürger, 
1792  durch  Dekret  als  allgemeine  Anrede 
eingeführt.  [krystalls  von  Ceylon. 

OitriBy    weingelbe    Varietät    des    Berg- 

€itronit  (Sukkade,  Caro  Citri),  die  unreife 
grüne  Schale  der  grossen  süssen  Citrone 
in  Zucker  eingemacht,  aus  Italien  und 
Spanien,  in  der  feineren  Bäckerei  benutet. 

Citrone,  s.  (Htrua. 

Cltronella,  ätherisches  Oel  aus  den  Blät- 
tern von  Andropogon  Schoenanthus  Z.,  an- 
genehm gewürzig  riechend. 

Citronenkranty  s.  v.  a.  Melissa  officinalis 
L.;  Dracocephalum  canariense  L.  und  D. 
moldavica  L.;  Artemisia  Abrotanum  L. 

Cltronenöl  (Cedroläl ,  Oleum  Citri  s.  de 
Cedro),  ätherisches  Oel  aus  Oitronenschalen, 
durch  mechan.  Ausscheidung  bes.  in  Italien 
gewonnen,  dünnflüssig  gelblich,  verharzt 
leicht,  dient  zu  Konfitüren,  Liquenreu. 

Vitronensänre,  sehr  verbreitet  im  Pflanzen- 
reich (Gitronen  etc.,  Stachel-  und  Johannis- 
beeren, Runkelrüben,  Fichteuuadeln  etc.), 
farblose  Kry stalle  ,  in  Wasser  leicht ,  in 
Alkohol  schwer  löslich ,  Heilmittel  gegen 
Skorbut.  Das  Magnesia-,  Eiseuoxyd-  und 
Cbinasalz  officinell.  Ersteres  geschmack- 
los, letztere  von  mildem  Geschmack. 

tltronensaft  (spec.  Gew.  1,03  — 1,06), 
kommt  aus  Italien  und  Jamaika  in  den 
Handel,  wird  fn  der  Kattuud ruckerei  und 
zur  Bereitung  von   Gitronensyrup  benutzt. 

iitrullus  Arnott,  Pflanzengattung  der 
Cucurbitaceen.  C.  Colocynthis  Arnott,  Ko- 
loquintengurke ,  in  Persien,  im  Nilgebiet, 
durch  die  Sahara  bis  Marokko,  in  Ostindien 
etc. ,  auf  Cypern  und  in  Spanien  kultivirt, 
liefert  die  Koloquinten. 

Citrus  L.  (Orange),  Pfianzengattung  der 
Aurantiaceen.  O.  vulgaris  Jiisso ,  gemeine 
Orange,  Pomerante,  aus  Indien  und  Cochin- 
China,  kultivirt  in  Südeuropa  u.  Nordafrika 
mit  sauren  oder  bitteren  Früchten;  Blätter 
officinell,  Blüthen  liefern  das  Neroliöl,  die 
unreifen  Früchte  das  Petitgrainöl ,  dienen 
zu  Liqueuren,  Tinkturen,  Bischof;  Schalen 
der  reifen  Früchte  offlciuell,  liefern  ätheri- 
sches Oel.  0.  Aurantinm  £i8»o,  ApfeUinen- 
orange,  aus  Südasien,  in  Kleinasieu,  Nord- 
und  Südafk-ika,  Südeuropa  etc.  kultivirt, 
liefert  die  Apfelsinen;  C.  Bergamia  JRieto, 
Bergamottenorange,  in  Südeuropa  und  West- 
indien kultivirt,  mit  säuerlichen  Früchten, 
Bergamottöl;  0.  medica  Bieso,  Citrone,  Ce- 
dratbaum,  Agrume,  in  Südasien  und  Nord- 
afrika wild,  dort  und  in  Südeuropa  uud 
Westiudien  kultivirt,  Gitroneu,  Gitronenöl, 


424 


Cittä  —  Clam-Gallas. 


Gitronensäure,  Citrouat,  Kutobolz;  0.  Limo- 
niom  Biuo,  Limonenbamn,  in  den  Mittelmeer- 
ländem  kultivirt,  Citronen.  C.  Limetta  Bisso, 
LimtHenhaum,  in  Ostindien,  trägt  süsslich 
fade  Früchte.  Varietät:  0.  Pomum  Adami 
Jiisno,  Adams-,  J\iracliesap/d,  auf  Korfa  nnd 
in  Säditalien,  von  den  Juden  am  ^aub- 
hüttenfest  symbolisch  benutzt.  G.  decumana 
X«,  Bompelmna ,  in  Ostindien,  Büdenropa 
nnd  Amerika  kultivirt,  mit  grossen,  wohl- 
schmeckenden Früchten,   liefert  Nutzholz. 

CltU  (ital.,  spr.  Tschi-),  Stadt,  in  ital. 
Städtenamen  häufig  vorkommend.  C.  di 
Castello  (  Tiphernum  Tiberinum),  in  Umbrien, 
am  oberen  Tiber ,  ,  22,916  Ew.  G.  novot 
in  Galabria  ultra  I,  11,103  Ew.  C.  vecchia 
(spr.  wekkia),  frühere  Hauptstadt  der  Insel 
Malta,  7000  Ew.;  starke  Festung,  aber  ver- 
fallen ,  bedeut.  Kathedrale,  weitläuflge  Ka- 
takomben; dabei  die  Grotte ,  in  der  der 
Apostel  Paulus  nach  seinem  Schiffbruch 
3  Monate  verweilt  liaben  soll. 

City  (engl.,  spr.  ßitti),  Stadt,  in  England 
Bezeichnung  solcher  Städte,  welche  Bischofs- 
sitze sind  oder  waren ;  in  Nordamerika  jede 
Ortschaft  (town),  welche  inkorporirt  ist  und 
von  einem  Mayor  nebst  Aldermen  regiert 
wird.     City-Hall,  das  Stadthaus  in  London. 

Ciadad  (span.,  spr.  Dsi-) ,  spau.  Stadt  mit 
eigener  Gerichtsbarkeit,  im  Gegensatz  von 
Villa;  in  Städtenamen  häufig:  C.  Beal, 
Hauptst.  der  gleichnam.  Prov.  (368  QM.  und 
247,991  Ew.),  10,159  Ew.,  sehr  herabgekom- 
.  men.  G.  de  la»  Gasas  (San  Cristoval,  G.  real), 
Hauptst.  des  mexikan.  Staates  Chiapas,  am 
Tabasquillo ,  10,500  Ew.  G.  ßodrigo ,  Stadt 
in  der  span.  Prov.  Sälnmanca,  am  Aguleda, 
6429  Ew.;  starke  Grenzfestung  gegen  Por- 
tugal; 1706  durch  die  Portugiesen  belagert, 
Juli  1810  von  den  Franzosen  genommen, 
19.  bis  20.  Jan.  1812  durch  die  Engländer 
unter  Welliogton  (daher  Herzog  von  G.  R.) 
nacli  heftigem  Kampf  zurückerobert.  Nahe- 
bei röm.  Aquädukt.   G.  Bolivar,  s.  Angostura. 

Cividale  (spr.  Tschiwi-),  alte  Stadt  in  der 
venet.  Prov.  Udine,  6812  Ew. ;  her.  Museum 
röm.  Alterthümer. 

Civil  (lat),  den  Bürgerstand  betreffend, 
bürgerlich,  im  Gegensatz  zum  Militär;  im 
Rechtawesen  Gegensatz  zu  Kriminal;   auch 

Clvilelie,  s.  Ehe.  [gebildet,  wohlfeil. 

CiTlUsiltlOli  (lat.) ,  Bürgerlichmachung ; 
dann  Sittenverfeinerung,  bürgerl.  Gesittung. 

C  Ivllliste)  die  gesetzlich  bestimmte  Summe, 
welche  ein  Fürst  zu  seinem  standesmässigen 
Unterlialt,  namentl.  auch  zur  Bestreitung 
seines  Hofstaats  aus  den  Staatseinkünften 
Jährl.  bezieht,  wird  entwederfär  jede  Finanz- 
periode neu,  oder  lebenslänglich  für  die 
Dauer  der  Regierung  eines  Fürsten,  oder 
erblich  für  alle  Zeiten  fortgesetzt,  kann 
ohne  Bewilligung  der  Stände  weder  erhöht 
noch  vermindert  werden.  Die  Festsetzung 
einer  0.  fand  von  England  aus  in  den  an- 
deren konstitutionellen  Staaten ,  selbst  in 
einzelnen  nicht   konstitutionellen  Eingang. 

Civiiprozess  (lat.),  die  Art  und  Weise  des 
gerichtlichen  Verfahrens  bei  der  Verhand- 
lung uttd  Entscheidung  bürgerlicher  Rechts- 
streitigkeiten. Man  unterscheidet  den  ordent- 


lichen C.  oder  das  Verfahren,  nach  dessen 
Regeln  und  Formen  jede  streitige  Sache,  für 
welcfie  nicht  ausnahmsweise  eine  besondere 
Procedur  festgesetzt  ist,  behandelt  werden 
muss,  und  den  summaritekeu ,  bei  welchem 
ein  kürzeres  Verfethren  eintritt. 

Clvilrecht  (Bürgerliches  Bevht),  im  weite- 
ren Sinne  der  Inbegriff  der  Normen  für  die 
den  Angehörigen  eines  Staats  in  ihrer 
Wechselwirkung  unter  einander  zustehenden 
Rechte;  im  engeren  Sinne  ,das  vom  Staat 
anerkannte  Privatrecht  seiner  Angehörigen, 
im  Gegensatz  sowohl  zum  Kriminalrecht, 
als  zum  kanonischen,  statutarischen  und 
Lehnrecht.  Civiliit,  Lehrer  des«,  im  Gegen» 
satz  zum  Kanon isten  und  Germanisten. 

Clvilstand  (Etat  civil),  in  Frankreich  der 
Inbegriff  derjenigen  persönlichen  Verbalt- 
nisse, deren  Gewissheit  für  den  Staat  wie 
für  den  Einzelnen  von  Wichtigkeit  ist,  wie 
Geburt,  Ehe  und  Tod  eines  Bürgers. 

Clvismus  (lat.),   Bürgerainn,  Gemeinainn. 

ClTita  (ital.,  spr.  Tschi w-),  Stadt.  O.  vecchia 
(spr.  wekkia),  befest.  Handelsst.  im  eliemäl. 
Kirchenstaate,  in  öder  Landschaft,  am  tyr- 
rhen.  Meere,  10,000  Ew.;  Kriegs-  und  zu- 
gleich Freihafen;  Bagno  für  Verbrecher, 
Seebad.    Eisenbahn  nach  Rom  (9Va  M.). 

Civitag  (lat.),  der  Inbegriff  der  Rechte 
eines  freien  Bürgers  (civis)  im  Gegensatz 
zum  fireien  Ausländer  (per^rinus) ;  dann  die 
gesammte  zu  einer  Gemeinde  vereinigte 
Bürgerschaft;  Stadt  mit  und  ohne  Gebiet, 
insofern  sie  einen  Staat  bildet. 

Cla€kRiannaii(spr.  Kläckmännän),  kleinste 
Grafsch.  Schottlands,  am  Forth,  2,2  QM.  u. 
31,450  Ew.  Die  Hauptst.  0.,  am  Devon,  4425 
Ew.  Altes  Schloss  C-Totoer,  1330  Residenz 
des  Königs  David  Bruce. 

Clavner,  Name  verschiedener  guten  Trau- 
bensoi-ten.  Blauer  C.  (blauer  oder  rother 
Bui^under),  häufig  in  Süd  Westdeutschland, 
gibt  den  Asmanushäuser,  Ingelheimer  und 
Ahrbleichert  ;■  rother  G.  (Ruländer)  liefert 
ebenfalls  äusserst  feinen  Wein. 

Clalrac  (spr.  Klä-),  Stadt  im  franz.  Depart. 
Lot-Garonue,  am  Lot,  4338  Ew.;  die  erste 
Stadt,  die  sich  zur  reform.  Kirche  bekannte. 

Clairette  (spr.  Klä-),  Kirsch! iqneur. 

Clairobscure  (fr.,  spr.  Klärobäkühi-),  s. 
Helldunkel. 

Clairvaux  (spr.  Klärwoh),  Flecken  im 
franz.  Depart.  Aubc,  an  der  Aube,  3000  Ew.; 
ehedem  reicheAbtei  (CZara  vaUts),  1115  vom 
heil.  Bernhard  gegr.,  jetzt  Zuchthaus. 

Clairvoyauce  (fr.,  spr.  Klärwoajangs),  das 
magnetische  Hellsehen,  s.  SomnaitnJbulitmm. 

ClaiUy  amerikan.  Venusmuschel,  dient  den 
Indianern  als  Schmuck  und  Zahlwerth. 

Clamart  (spr.  Klamahr),  Dorf  südweätl. 
bei  Paris,  am  Wald  von  Meudon ;  während 
der  Belagerung  von  Paris  13.  Jan.  1871  be- 
deutendes AusfalUgefecht,  von  den  Bayern 
siegreich  bestanden. 

Claniecy  (spr.  Klam'si),  Stadt  im  franz. 
Depart.  Nievre,  an  der  Youue,  5622  Ew.; 
seit  1180  bis  zur  Revolution  Sitz  des  ver- 
triebenen Bischofs  von  Bethlehem. 

CIani-<j alias .  Eduard,  Graf  von,  österr. 
General,  geb.  14.  März  1805,  befehligt«  beim 


Clan  —  Claudius. 


425 


Ausbruch  des  ital.  Krieges  1848  eine  Brigade 
im  1.  Armeecorps,  nach  der  Sclilacht  bei 
Novara  als  Feldinarsohalllieutenaut  ein  Corps 
in  Ungarn,  erhielt  bei  der  neuen  Organisa- 
tion der  Armee  das  Kommando  des  1.  Armee- 
corps, focht  1859  bei  Magenta  und  Solferino, 
ward  dann  General  der  Kavallerie  und  kom- 
mandirender  General  in  Böhmen ,  1865  Oberst- 
hofmeister des  Kaisers.  Als  Befehlshaber 
des  1.  Corps  der  österr.  Nordai*mee  erlitt  er 
im  Krieg  mit  Preussen  1866  Verluste  bei 
PodoJ,  Hünerwasser,  Munchengräts ,  Git- 
schin  etc.»  was  die  Einstellung  der  Offensiv- 
bewegungen  Benedeks  eur  Folge  hatte, 
musste  deshalb  am  Morgen  des  Schlacht* 
tages  von  Königgrätz  den  Oberbefehl  an 
Gondrecourt  abtreten,  ward  vor  ein  Kriegs- 
gericht gestellt,  aber  freigesprochen  und  in 
seine  Würden  und  Aemter  restituirt. 

ClmB  (celt.,  spr.  Klänn,  d.  i.  Familie),  im 
Schott.  Hochlande  Name  der  Stämme,  deren 
Mitglieder  von  einem  und  demselben  Ahn- 
herrn abzustammen  glaubten,  daher  die  Ge- 
walt ihres  Häuptlings  eine  patriarchalische, 
aber  desto  unumschränktere  war.  Die  Clan- 
verfassung \vard  1745  von  der  Regierung 
aufgehoben.  Clanship,  Kastengeist,  Esprit 
de  Corps  im  unlöblichen  Sinne. 

ClanU)  Fluss,  s.  Chiana. 

Clftque  (fr.,  spr.  Klack),  organisirte  und 
bezalilte  Truppe  von  Beifallsklatsch em 
( CXaqueur»)  in  den  franz.,  besonders  pariser 
Theatern,  auch  nach  London  verpflanzt. 

t'lare  (spr.  Klähr),  Grafsch.inder  irläud. 
Prov.  Munster,  am  atlant.  Ocean,  60,8  QM. 
u.  166,275 Ew.  (98  o/okath.);  benannt  nach  dem 
OrtC.f  amFergus,  1000  Ew.,  früher  Hauptst. 

Claremoiit  (spr.  Klärmont),  Palast  in  der 
Nähe  von  London,  bei  Kingston ,  von  Lord 
Clive  erbaut,  dem  König  Leopold  der  Bel- 
gier als  Gemahl  der  Prinzessin  Charlotte 
zum  Geschenk  gemacht;  später  von  Louis 
Philipp  bewohnt  (f  das.  26.  Aug.  1850). 

Clarenbach,  Adolf,  Reformator  zu  Münster, 
Wesel  und  Osnabrück,  28.  Sept.  152i»  mit 
Peter  Flistedten  zu  Köln  verbraunt. 

Clarence  (spr.  Klärrens),  Herzöge  von,  Titel 
jüngerer  Prinzen  des  engl.  Königshauses, 
von  Glarenza  auf  Morea,  wo  ein  engl.  Ritter 
während  der  Kreuzzüge  Herzog  war. 

Clarendon  (spr.  Klärrend'n),  1)  Edward 
Hyde,  Graf  von  C,  engl.  Staatsmann,  geb. 
18.  Febr.  1«09  zu  Dinton  in  Wiltshire ,  seit 
1657  Grosskänzler  von  England,  wirkte  zur 
Restauration  der  Stuarts  eifirig  mit,  1667 
des  Hochverraths  beschuldigt  und  verbannt ; 
t  9.  Dec.  1674  zu  Ronen.  Sehr.  ,History  of 
the  rebellion  and  civil  wars  in  England* 
(neue  Ausg.  1849,  7  Bde.).  Biogr.  von  Liüer 
(1838,  3  Bde.).  C.s  Tochter,  ArmaHyde,  ward 
Nov.  1659  Gemahlin  des  Herzogs  von  York 
(nachmals  Königs  Jakob  II.)  und  Mutter  der 
Königinnen  Maria  II.  und  Anna.  —  2)  George 
William  Frederick  VilUera,  Graf  von  C,  engl. 
Staatsmann,  geb.  12.  Jan.  1800,  ward  1833 
Gesandter  in  Bladrid,  Mai  1839  Grosssiegel- 
bewahrer, Okt.  1840  Kauzler  des  Herzog- 
thums  Lancaster,  trat  Sept.  1841  mit  dem 
Wighministerinm  zurück,  war  1846— 47  Prä- 
sident 4es  Uandelsamts«  1847-52  Lordiieu- 


tenant  von  Irland.  Seit  Febr.  1853  im  Mi- 
nisterium Aberdeen  Staatssekretär  für  das 
Auswärtige,  blieb  er  auch  unter  Palmerston 
im  Amt  u.  schloss  den  pariser  Frieden  vom 
31.  März  1856.  Mit  Palmerston  1858  entlassen, 
erhielt  er  erst  März  1864  wieder  einen  Sitz 
im  Kabiuet  als  Kanzler  des  Herzogtfaums 
Lancaster,  übernahm  Okt.  1865  unter  Russell 
das  Auswärtige,  trat  1866  ab,  1668  unter 
Gladstone  wieder  ein;  f  ^7.  Juni  1870  zu 
London. 

Clareng,  Dorf  im  Kant.  Waadt,  am  Geafer- 
see:  durch  Rousseau  verherrlicht.  ' 

€laret  (spr.  Klär-),  in  England  s.  v.  a. 
franz.  Wein  (mit  Ausnahme  des  Champag- 
ners und  Bui-ganders) ,  bes.  Bordeauxwein. 

Clarkgfork  (Flathead),  Nebenfl.  des  Co- 
lumbia im  nordamerikan.  Staate  Washington, 
bildet  den  See  Pendoreille;   150—160  M. 

Claude  Lorrain  (spr.  Klohd  Lorräng), 
eigentlich  Claude  Odie  (spr.  Sch'leh),  ber. 
Landschaftsmaler,  geb.  1600  im  Schloss 
Champagne  in  Lothringen,  Schuler  von  Ago- 
BtinoTassiinRom;  f  das.  1678  (n.And.l6t52). 
Meister  in  der  Darstellung  duftiger  Fernen  u. 
der  Wirkung  sonnigen  Lichtes;  seine  Ge- 
mälde durch  Harmonie  und  Anmuth  der 
Formen  ausgezeichnet.  Werke  von  ihm  iu 
allen  Gallerlen  Europas.  Die  Skizzen  seiner 
Gemälde  sammelte  er  in  dem  ,Liber  veriia- 
tisS  jetzt  im  Besitz  des  Herzogs  von  Devon- 
shire,  von  Bopdell  (s.  d.)  herausgegeben. 

Claudlanas ,  Gajtu ,  röm.  Dichter  ,  aus 
Alexandria,  lebte  zu  Ende  des  4.  Jahrh. 
Von  seinen  Werken  sind  2  Epen,  ,Raub  der 
Proserpina'  u.  ,Gigantomachie*  (unvollendet), 
nebst  kleinern  Gedichten  erhalten.  Aus- 
gaben von  Burmann,  Künig ,  Doullay, 

€landin§9  Appius  0.  Crassua,  Römer,  be- 
antragte 455  als  Konsul  die  Wahl  von  De- 
cemvirn,  stand  als  solcher  an  der  Spitze 
derselben,  eigenmächtig  und  gewaltthätig, 
in  Folge  seines  Frevels  gegen  Virginia  ge- 
stürzt, tödtete  sich  im  Gefäugniss. 

Claodliis,  Name  zweier  röm.  Kaiser:  1) 
Tiberitu  Drnsus  Cäsar,  röm.  Kaiser,  Sohn 
des  Nero  C.  Drusus,  des  Stiefsohns  des 
Augostus,  geb.  10  v.  Ohr.  zu  Lyon,  ward 
nach  Caligulas  Ermordung  (41  n.  Chr.)  von 
den  Prätorianern  zum  Kaiser  ausgerufen, 
überliess  sich  ganz  der  Leitung  seiner  Ge- 
mahlin Messalina  und  der  Freigelassenen 
Pallas  und  Narcissus ,  schwelgerisch  und 
trag,  doch  Freund  der  Wissenschaften,  er- 
richtete grosse  Bauten  (Ableitung  des  Fu- 
cinersees);  f  54  n.  Chr.,  durch  seine  zweite 
Gemahlin  Agrippina  vergiftet.  —  2)  C.  IL, 
Maren»  Aureliu»,  als  tapferer  Feldherr  nach 
des  Gallienus  Ermordung  268  zum  Kaiser 
erhoben,  schlug  die  von  Rhätien  her  in 
ItaÜen  eindringenden  Alemannen  am  Garda- 
see,  die  Gothen  bei  Naissus  in  Obermösien 
(daher  Gothicns  gen.) ;  f  ^70  zu  Sirminm. 

Claudio§,  Matthias,  Dichter  und  Schrift- 
steller, geb.  15.  Aug.  1740  zu  Reinfeld  (Hol- 
stein), lebte  ohne  Amt  zu  Wandsbeck  im 
Verkehr  mit  Klopstock,  Voss ,  den  beiden 
Stolberg  etc.,  gab  hier  die  Zeitsclidft  ,Wands- 
becker  (nachher  Deutscher)  Bote'  heraus, 
wurde  1788  erster  Revisor  der  holstein.  Bank 


420 


Clauren  —  Clemens. 


in  Altona;  f  Sl.  Jan.  1815.  Von  seinen  Lie- 
dern sind  mehrere  (beo.  das  Rheinweinlied) 
Volkseigenthum  geworden.  Seine  Werke 
erachieueu  nuter  dem  Titel  «Asrnns  omnia 
sua  secnro  portans  oder  Sämmtl.  Werke  des 
Wandsbecker  Boten*  (1774—1812,  4  Bde.; 
8.  Aufl.  1865,  8  Bde.).  Biogr.  von  Berbst  (3. 
Anfl.  1863)  und  DeinJtardi  (1864). 

ClaureSy  Heinr.,  Romanschreiber,  s.  Heun. 

ClavsewitSy  Karl  von,  .'prenss.  General, 
geb.  1.  Juni  1780  zu  Bui^,  machte  1793  und 
1794  die  Feldzüge  am  Rhein ,  den  von  1813 
als  russ.  Generalstabsoffizier  in  Blüchers 
Hauptquartier  mit,  trat  1815  als  Ohef  des 
Generalstabs  des  3.  Armeecorps  unter  Thiele- 
manu  in  preuss.  Dienste  zurück,  ward  1818 
Generalmajor  und  Direktor  der  allgem. 
Kriegsschule,  1830  Inspektor  der  Artillerie; 
t  16.  Not.  1831  zu  Breslau  an  der  Oholera. 
yHinterlasseue  Werke  über  Krieg  und  Krieg- 
führung'  (1832-38,  10  Bde.;  3.  Aufl.  1869). 

€18088,  Wilhelfttine,  her.  Pianistin,  geb.  13. 
Dec.  1834  zu  Prag,  Schülerin  von  Proksch, 
seit  1855  mit  dem  Schriftsteller  Saarvady  in 
Paris  verheirathet;  bes.  ausgezeichnet  im  Vor- 
trag der  Werke  von  Beethoven  und  Chopin. 

ClaiMula  (lat.),  s.  Klausel,  [Bauart. 

ClATicembiilo  (spr.  -tachem-),  Klavier  alter 

Clavis  (lar.)>  Schlüssel;  Taste;  Noten- 
sclilüssel;  Titel  lexikograph.  Werke  zur 
Erklärung  klass.  und  bibl.  Schriftsteller. 

Clay  (spr.  Kleb),  1)  Henry,  amerlkan. Staats- 
mauu ,  geb.  12.  April  1777  In  Hanovnr- 
Gounty  in  Virginien,  ward  1803  Mitglied  der 
gesetzgebenden  Versammlung  das.,  1806 
und  1809  Senator  im  Kougress ,  setzte  den 
Missouri  -  Kompromiss  durch,  wodurch  die 
Sklaverei  auf  den  Süden  bis  zum  36. 
Breitegrad  beschrankt  ward.  1824  Staats- 
sekretär für  das  Auswärtige,  war  er  unter 
Jacksons  Präsidentschaft  182^  im  Kougress 
Führer  der  Opposition ,  vortrat  die  Schutz- 
zölle und  die  Nationalbank.  Bei  der  Präsi- 
dentenwahl von  1836  und  1844  Kandidat 
der  Whigs,  Unterlager.  1849  wieder  In  den 
Kougress  gewählt,  brachte  er  den  Kom- 
promiss zu  Stande,  wonach  dem  Süden  das 
Recht  der  Verfolgung  flüchtiger  Sklaven 
durch  das  Gebiet  der  Union  eingeräumt 
ward ;  t  ^-  Juni  1852  in  Washington.  — 
2)  Cassius  MareeUua,  Neflfe  des  Vor. ,  geb. 
19.  Okt.  1810  in  Madison  -  Gounty  im  Staat 
K^tucky,  verfocht  seit  1845  die  Emanci- 
pation  der  Sklaven,  siedelte  nach  Gincinnati 
über,  focht  im  mexikan.  Krieg  als  Oberst, 
ward  vom  Präsidenten  Lincoln  zum  Ge- 
sandten in  Russland  ernannt,  welchen  Posten 
or  auch  später  wieder  bekleidete. 

Claytoma  //.,  Pflanzengattung  der  Portu- 
lacaceeu.  C.  tuberosa  Pall.,  mit  knolliger 
stärkemehlreicher  Wurzel,  als  Kartoffel- 
surrogat empfohlen. 

tlearinghoage  (engl.,  spr.  Klihrlnghaus), 
s.  V.  a.  Liquidationskoutor,  kaufmännisches 
Institut  zu  London  zur  Abrechnung  n.  Aus- 
gleichung von  Ansprüchen  auf  Wechsel. 

Clematto  /..  (Waldrebe),  Pflanzengattung 
der  Ranunculaceen.  C.  erecta  //. ,  Brerm' 
krant ,  Staude  Im  südlichen  £uropa,  Zier- 
pflauze,    liefert  das  frisch  brenuendseharfe 


Herba  Flammniae  Jovis  (Feaerkraut).  C. 
Vitalba  //. ,  gemeines  Brennkraut ,  klimmen- 
der Haibstrauch  fast  in  ganz  Deutschland, 
früher  ofHcinell. 

ClemeaSy  Name  von  17  Päpsten,  von  denen 
aber  3  als  schismatische  In  der  röm.  Kirche 
nicht  mitgezählt  werden :  C.  Bomamis,  einer 
der  apostol.  Väter,  der  Sage  nach  der  1. 
oder  3.  Bischof  von  Rom  nach  Petrus  und 
Schüler  desselben ;  f  der  Sago  nach  102  als 
Märtyrer,  kanonisirt ;  Tag  23.  Nov.  Angeb- 
lich Verfasser  von  2  Briefen  an  die  Korln- 
ther  (der  2.  heransgeg.  von  Muralt  1848)  u. 
Homilien,  betitelt  ,Clementinae' (heransgeg. 
von  Schwegler  1847).  —  C.  IL,  vorher  Suidger, 
Sachse  von  Geburt,  Bischof  von  Bambei^, 
1046  von  Kaiser  Heinrich  HI.  zum  Papst 
erhoben;  t  10-  Okt.  1047.  —  C.  (TU), 
vorher  Guibert,  Erzbischof  von  Ravenna, 
1080  von  Kaiser  Heinrich  IV.  als  Gegen- 
papst Gregors  VIL  eingesetzt ,  nicht  aner- 
kannt; t  1100.  ~  C.  ///.,  vorher  Paolo  Es- 
colati,  Papst  1187—91,  betrieb  eifrig  den 
Kreuzzug  gegen  Saladin.  —  C.  IV.,  früher 
Gny-Foulques,  seit  1261  Kardinal,  Papst 
12(»5— 68,  Gegner  der  Hohenstaufeu,  belehnto 
Karl  von  Anjou  mit  Neapel.  —  C.  V.,  vor- 
her Bertraud  d'Agoust  (de  Got),  15.  Juni 
1305  auf  Betrieb  König  Philipps  des  Schö- 
nen zum  Papst  erhoben,  verlegte  1309  seine 
Residenz  nach  A  viguon,  hob  1311  den  Tempel- 
orden  auf;  f  20.  April  1314.  —  C.  VI., 
vorher  Peter  Roger,  bestieg  1342  zu  AvignoD 
den  päpstlichen  Stuhl,  belegte  den  Kaiser 
Ludwig  den  Bayer  mit  dem  Bann  und 
betrieb  die  Wahl  Karls  IV.  zum  Gegeu- 
kaiser,  erkaufte  Avignon  nebst  Gebiet; 
t  1.  Dec.  1342.  —  C.  (  VIL),  vorher  Robert 
Graf  von  Genf,  1378  als  Gegeupapst  Ur- 
bans  VI.  zu  Avignon  erhoben  (Anfang  des 
grossen  Schismas) ;  f  1394.  —  C.  VIL, 
vorher  Julius  von  Medici,  19.  Nov.  1523 
zum  Papst  erhoben ,  schloss  1526  mit  Mai- 
land, Venedig,  Florenz  und  Frankreich  die 
heil.  Ligue  gegen  Karl  V.,  wp.rd  vom  kaiser- 
lichen Heerführer  Bourbon  in  der  Engels- 
burg  eingeschlossen;  f  25.  Sept.  1534.  — 
G.  VIIL,  vorher  Hippolyt  Aldobrandiui, 
Papst  1592—1605,  erwarb  das  Herzogthum 
Ferrara,  zerfiel  mit  den  Jesuiten.  —  C.  IX., 
vorher  Julius  Rospigliosi ,  Papst  1667—89, 
suchte  diejanseuistischeu  Stretigkeiten  166ä 
durch  den  clementin.  Frieden  beizulegen. 
-  C.  X.,  vorher  Einilio  Altleri,  Papst  1670 
bis  1676.  —  G.  XL,  vorher  Giovanni  Fran- 
cesco Albani,  Papst  17d(V— 21,  mischte  sich 
In  den  span.  Erbfolgekrieg,  widersetzte  sich 
der  Anerkennung  der  Königs  würde  Fried- 
richs I.  von  Preussen,  verdammte  1711  Qoea- 
nels  Ausgabe  des  N.  T.s  durch  die  Bulle 
,UnigenitU8*.  —  C.  XIL,  vorher  Ix)renso 
Gorsini,  Papst  1730-40.  —  C.  XIIL,  vor- 
her Carlo  Rezzonico,  Papst  1758  —  69,  ver- 
weigerte die  von  mehreren  Mächten  gefor- 
derte Aufliebung  des  Jesuiteuordens.  — 
G.  XIV.,  vorher  Lorenzo  GanganolH,  Kar- 
dinal seit  1759,  zum  Papst  erhoben  19.  Mai 
1769,  ausgezeichnet  durch  Freisinnigkeit, 
Staatsklugheit  und  Milde  des  Charakters, 
suspendirte   die   Bulle    ,In   coena    domiol', 


^ 


Clement  —  Clown. 


427 


hob  21.  Juni  1773  durch  die  Bulle  »Domlnns 
ac  redemptor  noster*  den  Jesuitenorden 
auf;  t  22.  Sept.  1774.  Stifter  des  clementiu. 
Museums.  Vgl.  über  ilin  die  Schriften  von 
Mmmont  (1847)   und    Theiner  (185S,  2  Bde.). 

Clement  (spr.  Klemang),  Jacques,  geb.  zu 
Sorbou  im  ErzbistJium  Rheims,  Domlni« 
kauer,  ermordete,  25  Jahre  alt,  durch  den 
1  iguistischen  Parteigeist  fanatisirt,  31.  Juli 
1589  zu  8t.  Gloud  den  König  Heinrich  III., 
ward  sofort  von  Höflingen  niedergestochen. 

Clementl ,  Mtmo ,  Klaviervii*tuo9  u.  Kom- 
ponist, geb.  1752  in  Rom,  lebte  seit  1810 
uach  langjälirigeu  Kiinstreisen  (in  AVien  der 
Rival  MoKarts)  »u  London;  f  9.  März  1832 
zn  Evesham  (Grafsch.  Worcester).  Zahlr. 
Klaviecwerke,  Sonaten  und  Koncerte.  Sein 
Etüdenwerk  ,Gradns  ad  Paruassun'  legte 
den  Grund   zn  dem  modernen  Klavierspiel. 

CleöbiS  und  Bit4Hi,  die  Söhne  einer  Prieste- 
rin der  Here,  zogen  in  Ermangelung  eines 
Stiergespanns  ihre  Mutter  zum  Tempel  der 
Göttin ,  verfielen  auf  das  Gebet  der  Mutter 
in  sanftou  Todesschlummer. 

CleobnlaSy  Tyrann  der  Stadt  Lindus  auf 
Rliodus,  einer  der  griech.  sieben  Weisen, 
f  um  560  v.  Ohr.,  Verf.  zahlreicher  Denk- 
sprüche, Epigramme  etc. 

CleömeneSy  Name  meltrerer  Könige  von 
Sparta.  O.  III.,  Solm  Leonidas  II.,  Köuig 
seit  236  v.  Chr.,  stellte  die  lykurg.  Einrich- 
tungen wieder  her,  ward  vom  macedou. 
König  Antigouus  Dosou  bei  Sellasia  (222) 
geschlagen,  suchte  beim  König  Ptoleniäus 
Euergetes  in  Alexandria  Hülfe,  tödtete  sich 
selbst  (220). 

Cleopatr*,  Tochter  des  ägypt.  Königs 
Ptolemäus  Auletes,  erhielt  durch  Cäsars 
Gunst  die  Regierung  gemeinschaftlich  mit 
ihrem  unmündigen  Bruder  Ptolemäus,  be- 
seitigte diesen  durch  Gift,  gewann  dann 
aucli  den  Antonius  durch  ihre  Reize,  ver- 
lless  ihn  in  der  Seeschlacht  bei  Actium,  ver- 
mochte alter  den  Sieger  Octavian  niclit  an 
sich  zu  fesseln  und  tödtete  sich,  um  nicht 
dessen  Triumph  zieren  zu  müssen,  durch 
den  Biss  oiner  Viper  (30  v.  Chr.). 

Clepsjdrii,  s.  v.  a.  Wasseruhr. 

tlere  (fr.,  engl.  Clerc,  vom  lat.  Clericus), 
ursprünglich  s.  v.  a.  Geistlicher,  im  Alittel- 
alter  s.  v.  a.  Schreiber,  iusbes.  auch  Ge- 
lehrter;  in  England  s.  v.  a.  Qerichtssch reiber, 
Aktuar;  in  Frankreich  s.  v.  a.  subalterner 
Geistlicher,  dann  einer,  der  sich  dem 
Advokatenberufe  widmen  will  und  zu  diesem 
Behuf  eine  mehrjährige  Lehrzeit  (Geriea- 
Iure)  in  der  Expedition  eines  Advokaten  oder 
Notars  zu  seiner  praktischen  Ausbildung 
durchzumachen  hat;  auch  Gomptoirgehülfe. 

Clerieos  (gr.),  ein  Geistlicher.  G.  clericum 
nondecimat,  ein  Geistlicher  nimmt  von  eiuem 
anderen  Geistlichen   keine  Stolgebühr. 

Clermout-Ferrand  (spr.  Klärmong-  -ang, 
das  alte  Urba  Averna),  Hauptst.  der  Anvergne 
und  des  Depurt.  Puy  de  Dome,  anf  einem 
Berge  (Mons  clarns)  malerisch  gelegen, 
37,690  Ew.,  Kathedrale  (von  1248),  Akademie 
der  Wissenschaften;  zahlreiche  röm.  Alter- 
tliümev,  Miucrniquelle.  1005  Koncil,  auf  wel- 
chem der  ei'ste  Kreiizzug  beschlossen  wurde. 


GlermoBt-Toanerre  (spr.  Klärmong- Ton- 
nähr),  Ütanitlaa,  Gr<{f  von,  geb.  1747,  vor  der 
Revolution  Oberst,  1789  Abgesandter  des 
Adels  bei  den  Geueralstaateu ,  stimmte  für 
Vereinigung  der  drei  Stände,  vortrat  bei 
den  Berathungen  über  die  Verfassung  ent- 
schieden den  Konstitutionalismus,  stimmte 
für  das  königl.  Veto,  zwei  Kammern  und 
für  alle  Prärogative  der  konstitutionellen 
Krone ;  fiel  10.  Aug.  1792  als  Opfer  der  Volks- 
wuth.  Polit.  Sehr,  gesammelt  (1791  4  Bde.). 

Clerödendron  L.  (Loosbaum,  Volkamerie), 
Pflanzengattnng  der  Yerbenaceen,  Zier- 
pflanzen mit  wohlriechenden  Blüthen. 

Cieveland  (spr.  Klihwländ),  zweite  Stadt 
von  Ohio  (Nordamerika),  an  der  Mündung  des 
Guyahoga  in  den  Eriesee,  (1870)  92,847  Ew. ; 
bed.  Ausfuhr  über  den  See  (Kohlen,  Eisen, 
Ackergeräthe  etc.). 

tliantiius  ßoland.  (PraelUllume),  Pflanzen- 
gattung der  Papilionaceen,  Zierpflanzen  ans 
Neuhol  laud,  bes.  O.  magnificbs  Ounn.  und 
puniceus  Solana. 

€iichiren  (fr.,  spr.  Klisch-),  Abklatschen, 
Schrift-  uud  Bildformen  für  den  Hochdruck 
vervielfältigen.  Indem  man  wie  beim  Stereo- 
typireu  (s.  d.)  Abgüsse  in  leichtflüssiger 
Metall legirung  davon  nimmt  C Oft cA^^;  jetzt 
meist  ersetzt  durch  das  haltbarere  Verfahren 
der  galvanischen  Vervielfältigung  (s.  d.). 

Clique  (fr.,  spr.  Klihk), Verein,  Gesellschaft, 
gewöhnlich  mit  übler  Nebenbedeutung. 

Clltumnus  (a.  G.),  kleiner  Fluss  in  Umbrien, 
mündete  in  den  Tinia,  jetzt  Clitunno;  an 
der  Quelle  ein  Tempel  des  Gottes  G. 

Ciive  (spr.  Kleiw),  Robert,  Lord,  brit.  Gene- 
ral, geb.  29.  Sept.  1725  auf  dem  Gute  Styche 
iu  Shropshire,  focht  mit  Auszeichnung  in 
Indien ,  züchtigte  1775  die  maharatt.  Raub- 
staaten, schlug  den  Nabob  von  Bengalen, 
Suralijali-Dowla,  (26.  Juni  1757)  bei  Piassey 
und  begründete  damit  die  brit.  Macht  in 
Ostindien.  1765  —  67  Chef  der  Armee  und 
Gouverneur  aller  engl.  Besitzungen  in  Ost- 
indien, gewann  er  der  Kompagnie  grosse 
Länderstriche.  1773  wegen  Missbrauchs 
seiner  Gewalt  in  LTutersuchuug  gezogen, 
ward  er  freigesprochen ;  tödtete  sich  22.  Nov. 
1774  durch  einen  Pistolenschuss.  Seine  Biogr. 
von  Malcolm  (1836,  3  Bde.)  und  Gleig  (1848). 

tionmel  (spr.  Klan-),  Hauptst.  der  Irland. 
Grafsch.  Tipperary,  am  Suir,  15,204  Ew. 

CiootXy  Joh.  Baptiste,  Baron  von,  Schwär- 
mer, geb.  24.  Juni  1755  bei  Kleve,  in  Paris 
erzogen,  bereiste  unter  dem  Namen  ,Aua- 
charsis'  verschiedene  europ.  Länder,  trat 
in  der  franz.  Nationalversammlung  19.  Juni 
1790  an  der  Spitze  einer  Anzahl  Fremder, 
welche  als  die  Abgeordneten  der  Völker  des 
Erdkreises  flgurirteu,  als  Redner  des  Men- 
schengeschlechts auf,  beantragte  1792  als 
Mitglied  des  Konvents  eine  radikale  Reform 
im  Religions-  und  Staatswesen,  ward,  in  die 
Anklage  gegen  H6bert  verwickelt,  angeklagt 
und  23.  März  1794  guillotinirt.  Verf.  mehrerer 
Schriften  cxcentrischeu  Inhalts. 

Clove,  Wollgewicht  iu  England,  =  7  Pfd.; 
Bnttur-  uud  Käsegewicht  iu  Essex,  =  8  Pfd. 

€10WH  (engl.,  spr.  Klauu),  die  lustige  Per« 
son  der  engl.  Bühne,  derb,  plump  u.  zügellos, 


428 


Club  —  Cochinchina. 


sp&ttfr  aus  dea  Stücken  höheren  Stils  in  dRi 
Nachspiel  und  die  Pantomime  verwiesen. 

Club  (engl.)i  eigentlicli  s.  v.  a.  Keule;  dann 
die  von  dem  Einzelnen  in  einer  Gesell- 
schaft ztt  zahlende  Zeche,  auch  s.  t.  a.  ge- 
schlossene Gesellschaft  und  deren  Lokal;  in 
Frankreich  nach  Ausbruch  der  Revolution 
von  1789  Name  der  zahlreich  gebildeten 
polit.  Volksvereine  (C.  der  Fenillants,  der 
Jakobiner  etc.)>  in  Deutschland,  wo  sie  von 
Frankreich  her  Eingang  fanden,  durch 
Reichsgesetz  von  1793  und  durch  Bundes- 
beschluss  von  1833  verboten ,  1818  erneuert. 

Cluse,   La   (spr.  Klühs),   Ort   im    franz. 
Depart.  Doubs,  zwischen  Pontarlier  und  der 
Schweiz.  Grenze;    31.  Jan.   1871    siegr.   Ge- 
fecht des  werderschen  Corps  gegen  die  franz. 
Ostarmee. 

Clyde  (spr.  Kleid),  Fluss  im  südl.  Schott- 
land, kommt  von  den  Bergen  von  Lanark, 
mit  dem  Forth  durch  den  dydekanal  ver« 
bunden  ,  mündet  bei  Port  Glasgow  durch 
den  Clydehnten  in  die  irische  See;  15  M. 
Bei  Lanark  her.  Wasserfälle. 

Clydeinseln  (spr.  Kleid-),  die  Inseln  im 
Firth  of  Glyde  an  der  Westküste  Schott- 
lands: Bnte,  Arran,  gr.  und  kl.  Oumbray. 

Clysma  (lat.),  Klystier. 

€oa4jntor  (lat.),  Gehülfe,  im  katholischen 
Kirchenrechte  der  einem  Bischof  für  gewisse 
Funktionen  beigeordnete  Prälat. 

Coagulnm  (lat.),  Gerinnsel,  scheidet  sich 
aus  einer  koagulirenden  Flüssigkeit  aus, 
z.  B.  Käsestoff  aus  sauer  werdender  Milch, 
Eiweiss  aus  seiner  erhitzten  Lösung. 

t'oahaila  (auch  Ifueva  Leon),  Binnenstaat 
des  nördl.  Mexiko,  2771  QM.  mit  67,691  Ew. ; 
noch  sehr   unbekannt;   Hauptstadt  Saltlllo. 

Coaks,  s.  Steinkohlen. 

Coanza  (Quanea),  Strom  in  Südguinea, 
entspr.  im  O.  von  Benguela  bei  Bih6  (Ober- 
lauf nosh  wenig  bekannt),  betritt  mit  den 
Katarakten  von  Kambambe  das  Küstentief- 
land und  mündet  südl.  von  St.  Paulo  de  Lo- 
anda  in  den  atlant.  Ocean;  120  M.  1.,  etwa 
32  M.  schiffbar.  Zahlr.  Nebenflüsse  (Cutato, 
Lucala) ;  im  xUntem  Theile  viele  Inseln. 

Cobäa  Gavan. ,  Pflanzengattung  der  Con- 
volvulaceen.  C.  scandens  Cavan.,  schöne, 
Schlingpflanze  aus  Mexiko,  Zierpflanze. 

Cobau^  gewerbthätige  Indiauerstadt  in 
Guatemala  (Gentralamerika),  12,000  Ew. 

Cobden  (spr.  Kobd'n),  JRiehard,  her.  Ver- 
treter des  Fmihandels,  geb.  3.  Juni  1804  zu 
Dnnford  bei  Midhui'st  in  Sussex ,  Kattun- 
fabvikant  in  Manchester,  ward  Alderman  u. 
Präsident  derHsoidelskammer  das.  u.  trat  1839 
an  die  Spitze  der  Anti-Comlaw-Lengue  (s.  d.). 
Mitglied  des  Unterhauses  seit  1849,  wirkte 
er  mit  zu  Aufhebung  der  Navigationsakte 
und  bemühte  sich  um  Ausdehnung  des  Par- 
lamentär. Stimmreclits.  Als  eifriger  Be- 
förderer der  Friedensgesellschafteu  erklärte 
er  sich  1853  gegen  den  Bruch  mit  Russland, 
unterlag  deshalb  bei  der  Neuwahl  1857  zum 
Parlament,  trat  erst  1859  wieder  ins  Unter- 
hans ,  lehnte  das  ihm  von  Palmerston  an- 
gebotene Portefeuille  des  Handels,  sowie 
die  ihm  angetragene  Baronetswürde  ab;  f 
2.  April  1865.    Sehr.  ,The  three  paaics'  (1862) 


für  den  friedl.  Fortschritt;  ,Political  wri- 
tings'  (2.  Aufl.  1867)  u.  A.  Biographie  von 
V.  HoUzendorff  (1866)  und  de  Roth  (1867). 

Cobija  (spr.  -bicha,  Puerto  la  Mar),  Stadt 
in  Bolivia,  Prov.  Atacama,  2380  Ew.,  ein- 
ziger Seehafen  des  Landes. 

Cobra-capello,  Hutschlang^,  portug.  Name 
der  Brillenschlange. 

Cocagna,  alte  Kamevalsbelustigung  in 
Neapel,  wobei  dem  Volk  auf  einem  zu  er- 
kletternden Gerüste  Esswaaren  gespendet 
wurden.    Land  von  0.,  Schlaraffenland. 

Cocceji,  Samuel,  Freiherr  von,  Rechts- 
gelehrter, geb.  1679  zu  Heidelberg,  ward  1723 
Kammergerichtspräsident  zu  Berlin ,  1727 
Staatsminister,  1738  Chef  der  Justiz,  1746 
Grosskanzler;  f  22.  Okt.  1755.  Verdient  um 
Verbesserung  der  Rechtspflege  in  Preussen, 
Bearbeiter  einer  neuen  Gerichtsordnung 
(,Codex  FridericiauusS  1747  bis  17&0,  und 
,Corpus  juris  Fridericianum*,  1749  —  52) ; 
sehr.  ,Jus  civile  controversum*  (herausg. 
von  Emminghaue  1791—98).  Vgl.  Trendden- 
burg,  ,Friedrich  d.  Gr.  und  sein  Gross- 
kanzler Samuel  von  CS  1863. 

Coceiilag  Dee.  (Mondlom,  Kockd) ,  Pflan- 
zengattung der  Menispermeen.  0.  palmatus 
Wall.,  K^unUfopflante ,  windender  Strauch 
der  afrikan.  Ostküste,  kultivirt  auf  Mauritius 
und  der  Malabarküste,  liefert  die  offlcinelle 
Kolombowmiel;  G.  suberosus  Dec. ,  ostind. 
Schlingstrauch,  die  Sockels-  (Fisch-  oder 
Läuse-)  Kömer,  die  zum  Fischfang,  ancli 
zur  Verfälschung  des  Biers  dienen;  enthal- 
ten giftiges  Pikrotoxin  und  Fett. 

Cochabamba  (spr.  Kotscha-) ,  Depart.  in 
Bolivia  (Südamerika),  1261  QM.  und  (1865) 
349,892  Ew.,  wovon  jedoch  186^  ein  Theii 
mit  der  Stadt  Tarata  zu  dem  besonderen 
Depart.  Melgareja  gemacht  wurde.  Die 
Hauptst.  C,  am  Rio  de  la  Rocha  und  dem 
Südfüss  der  Sierra  van  G.,  40,678  Ew. 

Cochem  (Kochheim),  Kreisstadt  im  preuss. 
Regbz.  Koblenz,  an  der  Mosel,  2510  Ew. 
Nahebei  die  Winneburg,  Stammschloss  des 
Hauses  Metternich- Winneburg. 

Cocbenillbeeren  y   s.  v.  a.  Kermesbeeren. 

Cochenille  (spr.  Kosch-,  Scharlachieurm, 
Kuzenelle,  Cactus-  oder  J^opaltchilMaue,  Öoo- 
cus  cacti  L.) ,  Insekt  aus  der  Gattung  dar 
Schildläuse  (s.  d.),  3/4-1"",  in  Mexiko, 
Guatemala  und  Honduras  auf  Gactus  opun- 
tia  L.,  wird  dort  und  nach  Einführung  der 
Mutterpflanze  auch  in  Java,  Spanien  und 
Algerien  und  auf  den  Kanaren  gezüchtet. 
Kommt  getrocknet  in  den  Handel  und  dient 
zur  Erzeugung  schöner  rosen  •  und  schar- 
lachrother  Farben  in  der  Wollen-  u.  Seiden- 
farberei  ,  zur  Bereitung  des  Kai-mins  und 
der  rotheu  Dinte,  zum  Färben  von  Konditor- 

Cochln,  Landsch.,  s.  Kotschin.      [waaren. 

Cochinchina  ( Kotschintschina) ,  schmaler 
Strich  Landes  an  der  südöstl.  Küste  von 
Hinteriudieu ,  früher  selbst&nd.  Königreich, 
jetzt  Prov.  von  Annam,  gut  bewässert  und 
zum  Theil  sehr  fruchtbar  (Zimmt,  Kampher), 
gesundes  und  angenehmes  Klima  (Extreme 
-h  320  und  —  90  R.).  Hauptstadt  Hue.  —  Der 
südlicliste  Theil  oder  Nieder- 0.  seit  1862 
frans,  Besitzung  (s.  FranKÖsisch-Cochinchina), 


CocMearia  —  Coehoorn. 


429 


CochlearlA  L.  (Löffelkraut),  Pflanzengatt. 
der  Kruciferen.  C.  officiualis  L.,  Scharbocks- 
heil, Skorlmtkraut,  an  deu  Küsteu  der  nord. 
Meere  bis  80o  u.  Br.,  zu  medicin.  Zwecken 
kultivtrt,  dient  als  Salat,  zu  Frühlings- 
kräuterkuren n.  zur  Bereitung  des  Spiritus 
Cochleariae.  C.  Armoracia  L.,  Meerr eilig, 
in  Europa  u.  Asien,  wird  wegen  der  Wurzel, 
die  als  Kücheugewürz  und  Gemüse  dient, 
kultivirt. 

Cochrane  (spr.  Kokrehn),  Thomas,  Graf 
von  Dundonald,  bi'lt.  Seemann,  geb.  14.  Dec. 
1775,  Solin  des  Chemikers  Archibald  C,  Gra- 
fen von  Dundonald  (geb.  1749,  f  1831),  Neffe 
des  Admirals  Sir  Alexander  C.  (geb.  1758, 
f  1832),  erhielt  1806  das  Kommando  einer  Fre- 
gatte, ward  1814  wegen  betrügerischer  Börsen- 
spekulation abgesetzt,  übernahm  1818  den 
Oberbefehl  über  die  chilenische ,  1822  den 
ilber  die  brasil.,  1887  den  über  die  griecli. 
Seemacht,  kehrte  Ende  1828  nach  England 
zurück,  ward  1832  Gontreadiniral,  1842  Vice- 
admiral ,  1847  Höchstkommaudirender  der 
in  den  westind.  und  nordamerikan.  Ge- 
wässern stationirten  Flotte,  1H51  Admiral 
der  blauen  Flaggo ,  1854  Rearadmiral  von 
Grossbritannien;  f  31.  Okt.  1860  zu  Ken- 
sington. Sehr.  ,Narrative  of  Services  in  tlie 
liberation  of  Chili ,  Peru  and  BrnziV  (1859) ; 
jAutobiography  of  a  Seaman*  (1860,  2  Bde.). 

Cockbum  (spr.  -börn),  Insel  im  arkt. 
Amerika ,  der  nordwestl.  Theil  vom  sogen. 
Bafünslaud  ,  nördl.  der  Halbinsel  Melville. 

Cockerill,  John,  berühmter  Industrieller, 
geb.  3.  Aug.  1790  in  Haslington  in  Lanca- 
shire ,  gründete  mit  seinem  Bruder  James 
1816  zu  Seraing  bei  Lüttich  eine  gross- 
artige Maschinenfabrik  mit  Hohöfen  und 
Walzwerk,  wurde  1833  dessen  alleiniger 
Besitzer,  legie  in  Frankreich,  Deutschland, 
Spanien,  Polen  etc.  noch  geg^u  60  Kohlen- 
werke, Eisenhütten,  Maschinenbauwerk- 
stätten, Spinnereien,  Tuchfabriken  etc.  an, 
ward  einer  der  Ilanptgründer  der  belg. 
Bank,  liquidirte  1839  mit  26  Mill.  Frcs. 
Activa  und  18  Mill.  Passiva  und  ging  nach 
Hussland;  f  1840  in  Warschau. 

Cockney  (spr.  Kockni),  Spitzname  der  Lon- 
doner, wahrscheinl.  von  LandL  of  Coekeign, 
dem  Schlaraffenlande,  worunter  London  als 
Sitz  des  Luxus  zu  verstehen  ist,  abzuleiten; 
bereits  im  12.  Jahrb.  gebräuchlich. 

Cocon  (fr.,  spr.  Kokong),  länglichrundes 
Puppeugehäuse  der  Nachtfalter,  bes.  das 
des  Seidenspinners  (s.  Seide). 

€oco8  L.,  Palmengattuug.  C.  uucifcraZ., 
Kokospalme,  zwischen  dem  26.o  n.  u.  25.o 
s.  Br.  vielfach  kultivirt,  schöner,  bis  100'  hoher 
Baum ,  liefert  Nutzholz  (Stacholschweiu- 
holz),  aus  dem  Stamm  schwitzendes  Gummi, 
Palmkohl,  in  den  Blättern  Material  zum 
Dachdecken,  zu  Körben,  Schirmen,  Matten, 
Potasche;  das  Geflecht  am  Blattstiel  gibt 
Siebe,  Kleid^;  aus  den  nuaufgeschlosseneu 
Blüthenkolben  wird  Palm  wein  (Toddy),  aus 
diesem  Zucker  (Jaggery) ,  Arrak  und  Essig 
bereitet.  Die  unreifen  Früchte  liefern  als 
Getränk  süssen,  etwas  lierben  Saft,  später 
zartes,  wohlschmeckendes  Mark,  welches 
ganz  reif  mit  Wasser  zerrieben  Kokosmilch 


gibt,  auch  auf  Oel  verarbeitet  wird.  Dies 
ist  farblos,  von  Schmalzkonsistenz,  leicht 
schmelzbar  u.  verseifbar.  Dia  Presskuchen 
dienen  als  Yiebfutter.  Die  Schalen  der  Nuss 
liefern  Gefasse,  das  fasrige  Gewebe,  welches 
sie  umgibt  (Coir,  Kokosfaser),  wird  zu  Matten, 
Stricken,  Bürsten ,  Treibriemen  verarbeitet. 
Fast  alle  Theile  der  Pflanze  gelten  für  heil- 
kräftig. Der  getrocknete  Nusskern  (Cop- 
perah)  kommt  zur  Oelgewiunung  nach  Eu- 
ropa. C.  coronata  3fart.  iu  lirasilien  liefert 
Oel  und  Brodmehl;  0.  butyracea  Z.  in  Neu- 
grauada und  Venezuela  butterartiges  Fett 
und  Wein.  [satz  eines  Tonstücks. 

Coda  (ital.),  Schwanz,  angehängter  Schluss- 

Code  (fr.,  spr.  Kohd),  Gesetzbuch.  C.Na^ 
polion,  franz.  Civilgesetzbnch,  seit  1800  von 
franz.  Juristen  bearbeitet,  21.  März  1804 
publicirt,  durch  Gesetz  vom  3.  Sept.  1803' 
C.  N.,  nach  der  Restauration  C.  civil,  unter 
dem  zweiten  Kaiserreich  wieder  C.  N.  be- 
titelt, seit  der  franz.*  Okkupation  auch  in 
den  bayer.,  hcss.  und  preuss.  Rheinlanden, 
sowie  in  Baden,  Belgien,  Holland  und  Ita- 
lien eingeführt. 

Codex  (lat.),  eigentl.  Baumstamm ,  dann 
s.  V.  a.  Buch  (well  ursprüngl.  aus  beschrie- 
benen Holztafeln  bestehend) ;  seit  der  Buch- 
druckerkunst s.  V.  a.  alte  Handschrift ;  auch 
Gesetzbuch  ,  so  G.  Theodosianus ,  Justinia- 
neu8,   franz.  Code, 

Codrington  (spr.  Koddringt'n),  1)  Sir 
Edward,  brit.  Admiral,  geb.  1770,  befehligte 
bei  Trafalgar  ein  Linienschiff,  erhielt  als 
Admiral  Nov.  1826  den  Oberbefehl  über  die 
Flotte  im  Mittelmeer,  vernichtete  als  Ober- 
befehlshaber des  engl.,  franz.  und  russ. 
Geschwaders  bei  Navarin  20.  Okt.  1827  die 
türk.-ägypt.  Flotte ,  befehligte  1831  die  vor 
Lissabon  kreuzende  Flotte,  1832—40  Mitglied 
des  Unterhauses ,  dann  Oberbefehlshaber 
von  Portsniouth;  f  als  Admiral  der  rothen 
Flagge  28.  April  1851.  —  2)  Sir  William 
John,  Sohn  des  Vor.,  geb.  1800 ,  ward  1846 
Oberst,  erhielt,  1854  zum  Generalmajor  be- 
fördert, das  Kommando  über  eine  Brigade 
der  leichten  Division ,  focht  an  der  Alma 
un^  bei  Inkerman,  machte  1855  an  der  Spitze 
einer  Division  einen  erfolglosen  Angriff 
auf  den  Redan,  erhielt  nach  Simpsons 
Rücktritt  den  Oberbefehl  über  die  engL 
Armee  in  der  Krim,  ward  1859  Gouverneur 
von  Gibraltar,  1863  General. 

Coehoorn  (spr.  Kuhhorn) ,  Ilfenno  van, 
holl.  Ingenieur,  geb.  164t  bei  Leeuwarden 
in  Friesland,  focht  als  Brigadier  bei  Fleu- 
rus,  leitete  im  span.  Erbfolgekrieg  die  Be- 
lagerung von  Venloo  und  Roermonde;  f  <^l9 , 
General lieutenant  und  Oberaufseher  der' 
niederländ.  Festungen  17.  März  1704.  Biogr. 
von  «einem  Sohne  Theodor  v.  C.  (neuherausg. 
von  Sypeatein  1860).  —  Die  eoehoorruche  Be~ 
festigungsmanier  verbindet  die  bastionäre 
Konstioiktion  mit  dem  Tenaillen-  und  Ka- 
ponniireubau  und  ist  bes.  auf  den  sehr 
wenig  über  den  Wasserspiegel  sich  erheben- 
den Boden  Hollands  berechnet  (Nymwegen, 
Breda,  Namur,  Bergen-op-Zoom).  0.  wandte 
auch  zu  Belageruugs  -  und  Vertheidigungrs- 
z wecken  zuerst  kleine  Mörser   (OoehümerJ 


430 


CÖlestin 


Colchicum. 


an.    YrI.  Zastrouf,   ,Oescliicht.e  der  bestau- 
disen  BefestiguogS  3.  Aufl.  1854. 

Colestiny  schwefelsaurer  Stroutian,  Mine- 
ral an«  der  Klasse  der  wasserfreien  Haloide, 
farblos  oder  blau,  von  Sicilien,  Ratibor, 
Vicenaa,  Bristol,  Paris,  Dornburg,  wird  auf 
Strontiansalzo  verarbeitet. 

ColestiB)  Name  von  5  Päpsten:  C.  I.,  der 
Heilige,  Papst  422--32,  machte  sich  um  Ver- 
breitung des  Ghristenthums  in  Schottland 
verdient.  Tag  6.  April.  —  CIL,  1U3 einige 
Monate  Papst,  hob  das  von  seinem  Vor- 
gänger über  Ludwig  VII.  von  Frankreich 
ausgesprochene  Iuterdil(t  wieder  auf.  — 
C.  III.,  Papst  1191-98,  krönte  den  Kaiser 
Heinrich  VI.  —  C.  IV.,  reg.  1241  18  Tage. 
—  G.  V.,  vorher  Peter  de  Murrhone, 
Stifter  der  Gölestiner ,  5.  Juli  1294  zum  Papst 
erwählt ,  dankte  13.  Dec.  d.  J.  ab ,  ward 
von  seinem  Nachfolger  Bonifacius  VIII.  in 
Rom,  dann  auf  Schloss  Fumone  gefangen 
gehalten ;  f  12.  Mai  1296.  Später  kauonisirt. 

OÖlestiner,  Mönchsorden,  von  dem  Ana- 
choreten  Peter  de  Murrhone  (Papst  Gö- 
lestiu  Y.)  um  1264  als  Einsiedler  dei  heil. 
Damianus  gestiftet,  G.  genannt  nach  des 
Stifters  Erhebung  zum  Papst,  folgte  der 
Regel  des  heil.  Benedikt,  hat  gegenwärtig 
noch  wenige  Klöster.  Kleidung  weiss  mit 
schwarzer  Kapuze  und  schwarzem  Skapulier. 

Cölesyrien  (a.  G.),  das  hohle  Syrien,  der 
südl.  Theil  Syriens,  zwischen  Libanon  und 
Antilibanou,  mit  der  Stadt  Heliopolis ;  später 
auf  Phönicien  u.  ganz  Palästina  übertragen. 

Colibit  (lat.),  Ehelosigkeit,  bes.  die  ge- 
setzliche der  kathol.  Geistlichen,  seit  dem 
4.  Jahrh.  von  den  Päpsten  gefordert,  von 
Nikolaus  IL  (1059),  Alexander  H.  (1063), 
bes.  aber  von  Gregor  VII.  (1074  zum  Gesetz 
erhoben,  später  in  den  meisten  kathol. 
Ländern  durch  Staatsgesetze  geschützt.  Vgl. 
Tlieiner,  ,Die  Einführung  der  erzwungenen 
Ehelosigkeit  bei  den  christl.  Geistlichen 
etc.*,   2.  Aufl.  1845,  2  Bde. 

ColTea,  s.  Kaffeebaum. 

Coffre  (fr.  Koffer),  bombenfreie  bedeckte 
Kapouni^re,  welche  quer  über  den  Graben 
führt  (Graben-C).  Auch  wohl  das  Holzwerk, 
welches  in  einer  Mine  die  Erde  stützt  ^i- 
nen  -  C). 

ColTre  de  Ferote  (Nauhcampalepetl),  Berg 
am  Ostrand  des  Tafellands  v.  Mexiko,  12,534'. 

Cognac  (spr.  Konjak),  Stadt  im  franz. 
Depart.  Gharente,  an  derGharente,  9412  Ew., 
Mittelpunkt  der  grossen  Franzbranntweiu- 
brennereien  der  Gegend.  Geburtsort  Franz  I. 
16.  März  1526  Vertrag  zwischen  Franz  L, 
Heinrich  VIII.,  Papst  Glemens  VH.,  Venedig 
und  Mailand  gegen  Karl  V. 

€ognac«  s.  Franzbranntwein. 

Cognieiy  Lion,  franz.  Historienmaler^geb. 
29.  Aug.  1794  zu  Paris,  als  Schüler  Gueirins 
und  der  Akademie  zu  Rom  in  der  klass. 
Tradition  herangebildet,  dann  aber  mehr 
derromant.  Schule  zuneigend,  lebt  zu  Paris, 
wo  er  eine  tüchtige  Malerschule  begründet 
hat.  Ilauptgemälde :  Marius  auf  den  Trüm- 
mern von  Kartliago,  bethlemit.  Kindermord, 
Ausmarsch  der  Nationalgarde  1792,  Tinto- 
retto  am  Todtcnbett  seiner  Tochter. 


Coiuibra  (spr.  Kulm-),  Hanptst.  der  portug. 
Prov.  Beira,  am  Blondego,  1^,147  Ew. 
Universität  (seit  1291,  die  einzige  Portugals), 
mit  ausgezeichneter  Sternwart«,  Museum  etc. 
Im  12.  und  13.  Jahrh.  Residenz  der  portug. 
Könige.  [10,200  Ew, 

Coiiiy   Stadt  in   der  span.  Prov.  Malaga, 

Colra,  ital.  Name  von  Chur. 

Coire,  franz.  Name  von  Gliur. 

€oix  L.  (Thränengras) ,  Pflanzengattung 
der  Gramineen.  G.  lacrymaZi.,  Biobsthränen, 
in  Ostindien,  Ghiua  und  Afrika  häufig  statt 
Getreide  kultivirt ,  Samen  auch  zu  Hals- 
bändern etc.  benutzt ,  Zierpflanze. 

Coke  (spr.  Kohk),  Sir  Edward,  engl. 
Rechtsgelehrter,  geb.  1.  Febr.  1552zuMile- 
ham,  ward  1593  Sprecher  im  Unterhause, 
dann  Solicitor-  und  Attorney-General,  1613 
Oberrichter  der  Kingsbench  und  Mitglied 
des  geheimen  Raths ,  ward ,  weil  er  nicht 
zu  ungesetzlichen  Massregeln  die  Hand 
bieten  wollte,  abgesetzt,  vertbeidigte  seit- 
dem im  Unterhause  die  parlamentarischen 
Rechte  gegen  die  Uebergriffe  der  Krone, 
brachte  die  Petition  of  Rights  (s.  d.)  ein; 
t  3.  Sept.  1634.  Seine  «Institutes*  (Lond. 
1628—44,  4  Bde.)  und  «Reports*  sind  eine 
der  Grundlagen  des  engl.  Rcchtswcsens. 
Vgl.   Johnson,   ,Life  of  C.*,   1845,  2  Bde. 

Col  (fr.),  Joch,  Gebirgspuss,  in  den  Alpen: 
C.  dti  Gdant,  am  Montblanc,  10,528';  G.  Cervin 
(Matterjoch),  10,840' ;  C.  Longet,  am  Monte  Viso, 
9708' ;  C.  di  Tenda  (Strasse  von  Gnneo  nach 
Nizza),  5780'  u.  a. ;  in  den  Pyrenäen:  C.  de 
Jeganne,  8868',  G.  Bonge,  8640',  G.  de  I^rlua 
(fahrbar),  G.  de  Perche  (Saumpfad)  u.  a. 

Colatorlum,  Seihtuch. 

Colatura,  eine  durch  ein  Seihtuch  ge- 
gossene (colirte)  Flüssigkeit. 

Colbert  (spr.  -bahr),  Jean  Baptiste,  franz. 
Staatsmann,  geb.  29.  Aug.  1619  zu  Rheims, 
stand  seit  1660  als  Generalkontroleur  der 
Finanzen  an  der  Spitze  der  Verwaltung, 
regulirte  das  Steuei'wesen ,  beförderte  In- 
dustrie und  Handel,  erbaute  den  Kanal 
von  Lan^uedoc,  hob  das  Seewesen  und  die 
Kolonien ,  begünstigte  Kunst  und  Wissen- 
schaft, gründete  1663  die  Akademie  der 
Inschriften,  1666  die  Akad.  der  Wissenschaf- 
ten, 1671  die  Bauakademie,  vorletzte  aber 
durch  Gentralisation  der  Staatsverwaltung 
und  hohe  Steuern  die  wahren  Interessen 
des  Volks  gogenüber  dem  absoluten  König- 
thum;  t  6.  Sept.  1683.  Im  Auftrag  Napo- 
leons III.  gab  Glement  die  ,Lettres,  Instruc- 
tions et  m6moires  de  C*  (1862-65 ,  3  Bde.) 
heraus.    Biogr.  von  ÖourdauU  (1870). 

Colehagua  (spr.  Koltscha-),  Prov.  in  Chile 
(Südamerika) ,  181,4  QM.  und  142,438  Ew. 
Hauptstadt  Sau  Fernando. 

Colchester  (spr.  Kohltsch-),  Hanptst.  der 
engl.  Grafsch.  Essex,  am  Golne,  23,809  Ew. 
Seidüumannfakt. ,  Austernfischerei.  Zahlr. 
röm.  Alterthümer.  , 

Colcliicin,  Alkaloi'd  ans  Golchicnra  autum- 
uale,  farblose,  bitter  schmeckende  Krystalle, 
in  Wasser,  Alkohol  und  Aether  lOsUcb, 
reagirt  alkalisch ,  wird  mit  Schwefelsäure 
golbgrün;  sehr  giftig. 

Colchienm  L.  (Zeitlose,  Lichtblumc),  Pflan- 


Colchis  —  Collodium. 


431 


sengattung  der  Lilinoeen.  C.  ^utamualel«., 
Herbstzeitlose,  Zwiebelg«wäcli8  in  Süd-  uud 
Mitteleuropa,  blüht  im  Herbst  auf  Wiesen; 
während  die  Samenkapsel  erst  mit  den 
neuen  Blättern  im  Frillijahr  über  die  Erde 
tritt  (Filius  ante  patrem).  Wurzeln  und 
Barnen  officinell,  enthalten  Colchiein. 

Colchis  (a.  G.)t  fruchtbare  Landsch.  in 
Asien,  am  Pontns  euxinus  (schwarzes  Meer), 
etwa  die  jetzige  russ.  Prov.  Kutais,  das 
Ziel  der  Argonauten  und  die  Heimat  der 
Medea.  Hauptfluss  der  Phasis;  Hauptst. 
DIoscnrias  (Sebastopolis). 

Cold-cream  (engl.,  spr.  Kohldkrihm),  sehr 
milde  Salbe  aus  Wachs,  Walrath,  Mandelöl, 
Glycerin,  gegen  rauhe  Haut  benutzt. 

Cole«  Thoma»,  amerikan.  Maler,  geb.  1. 
Febr.  1801  zu  Bolton  le  Moors  iu  England, 
seit  1819  in  Nordamerika ,  besuchte  wieder- 
holt Italien;  f  l^*  ^i'ebr.  1648  zu  Gatskill 
(Kflwyork).    Geschätzte  Landschaften. 

Cdlensa,  John  William,  engl,  freisinniger 
Geistlicher,  gab.  1814  in  Gornwall,  seit  1853 
Bischof  von  Natal  im  südl.  Afrika ,  erregte 
durch  sein  Werk  ,St.  Pauls  Epistle  to  the 
Romans,  newly  translated*  (^861),  worin  er 
die  UöUenstrafen  leugnete,  und  ein  auderes 
,The  Pentateuoh  and  the  Book  of  Joshua, 
critically  examinated*  (1862,  2  Bde.),  worin 
er  gegen  die  unbedingte  Glaubwürdigkeit 
der  alten  bibl.  Urkunden  Zweifel  erliob,  in 
England  grossen  Anstoss,  musste  sich  in 
England  wegen  seiner  Heterodoxle  verant- 
worten, ward  von  dem  Bischof  der- Kap- 
stadt abgesetzt,  weigerte  sich  aber  sein  Bls- 
thum  zu  verlassen.  \gl.  Greg,  ,A  defence', 
1869.  [s.  v.  R.  Käfer. 

Coleopters,   Scheiden-   oder  Dickflügler, 

Colerldge  (spr.Kohlridsc)i),  Samuel  Taylor, 
engl.  Dichter,  geb.  20.  Okt.  1772  zu  Ottery 
St. -Mary  (Devonshire),  f  25.  Juli  1834  zu 
Highgate.  Zu  den  sogen.  jSeedichtern  ge- 
hörig und  von  reformator.  Einfiuss  auf  die 
engl.  Poesie;  seine  Dichtungen  phantast. 
Gemälde  voll  glühender  Empfindung  und 
mystischer  Naturschwärmerei.  Hauptwerke : 
,Ghristabel'  (deutsch  von  Kranz),  ,The 
ancient  mariner'  (deutsch  von  Freüigrath), 
jGenevieve*  (Romanze,  deutsch  von  iY8n- 
niea),  ,Fire,  famine  and  slaughter*  (Rhap- 
sodie), ,Remorse'  (Drama).  Kleine  Gredichte 
in  3  Sammlungen:  .Juvenile  poemsS  ,Sibyl- 
liue  leaves*  u.  «Miscellaneous  poems*.  Sehr, 
auch  ,Biographical  Sketches  of  my  literary 
lifo  etc.*  (1817;  neue  Ausg.  1866)  und  eine 
Uebersetzung  von  Schillers  ,Wallenstein*. 
Biogr.  von  Qillman  (1888). 

CSolieOy  Flecken  am  Nordostrande  des 
Comersees,  3000  Ew.,  Ausgangspunkt  der 
Alpenstrassen  über  den  Splügen  und  das 
wormser  Joch;  Dampfschiff  nach  Gomo. 

Collgny  (spr.  -inji),  Gaapard  ton  Ohatil- 
loH,  Graf  von,  Admiral  von  Frankreich,  geb. 
16.  Febr.  1517  zu  Ghatillon-sur-Loing,  Sohn 
des  Marsehalls  Gaspard  von  G.  und  Neffe 
des  Gonnetable  Montmorency,  trat  zum 
Protestantismus  über,  diente  seit  1543  mit 
Auszeichnung,  ward  von  König  Heinrich  II. 
zum  Generalobersten  der  Infanterie  u.  zum 
Admiral  ernannt,  machte  1552  den  Feldzug  in 


Lothringen  mit,  vertheidigte  1557 St.  Quentin. 
Nach  Heinrichs  11.  Tode  mit  seinen  Brüdern 
Führer  der  Hugenotten,  schlug  er  bei  St. 
Denis  1567  die  Truppen  des  Hofs  in  die  Flucht, 
ward  bei  Jarnao  1569  geschlagen,  focht 
dann  unter  Heinrich  von  B6arn  und  schlug 
27.  Juni  1570  den  Marschall  Brissac  bei 
Arnay  le  Duc.  Obwohl  vom  Parlament  für 
einen  Hochverräther  erklärt,  erschien  er 
nach  geschlossenem  Frieden  am  Hof  und 
ward  in  der  Bartholomäusnacht  24.  Aug.  1572 
ermordet.  Vgl.  De  la  Ponneraye,  ,Hist.  de 
l'amlral  G.',  1830. 

Colliua,  Staat  der  Republik  Mexiko,  an 
der  Westküste,  112,5  QM.  und  48,649  Ew.; 
im  Innern  gebirgig  (Vulkan  IHco  de  G., 
10,500*);  der  ebene  Thoil  sehr  fruchtbar: 
Zucker,  Kakao,  Reis,  Baumwolle,  Tabak. 
Die  HaupM.  0.,  am  gen.  Vulkan,  31,000  Ew. 
Hafenort  Manzanillo. 

Colin  (spr.  -läng),  Alex.,  Bildhauer,  geb. 
1526  zu  Mecheln,  seit  1568  in  Innsbruck; 
t  das.  17.  Aug.  1612.  Von  ihm  im  Wesent- 
lichen der  Entwurf  zu  dem  pr^htvollen 
Marmorkenotaph  des  Kaisers  Max  in  Inns- 
bruck, sowie  20  Marmorreliefd  au  demselben 
und  das  Denkmal  der  Philippine  Welser. 

CoDapsns  (lat.),  Zusammenfallen  organi- 
scher Theile  und  die  damit  verbundene  Un- 
fähigkeit derselben,  ihren  Funktionen  vor- 
zustehen. 

CoÜanmutler,  s.  Relie/mcuehine, 

Collatio  (lat.),  s.  Kollation. 

CoU^  (ff*)»  geleimt;  beim  Billardspiel 
dicht  am  Rande  stehend,  daher  ColUstoss, 
Stoss  dicht  vom  Rande  weg;  c.  schleppen, 
scherzhaft  Jemanden  arretiren. 

Coiie,  Charles,  franz.  Dichter,  geb.  1709 
zu  Paris,  f  3.  Nov.  1783.  Sehr,  mehr  kom. 
als  slttl.  Lustspiele  (z.  B.  ,Partie  de  chasse 
de  Henri  IV'),  die  dem  Geschmack  der  Zeit 
gefielen,  ,Ghansons'  (1807,  2  Bde.),  .Journal 
his'torique'  über  die  literar.  Ereignisse  von 
1748—72  (lierausg.  von  Barbier  1807,  3  Bde.). 

College  (spr.  -lehsch),  in  Frankreich 
Name  der  auf  die  Universitätsstudien  vor- 
bereitenden Unterrichtsanstalten ;  in  Eng- 
land (spr.  -ledsch)  Name  der  verschiedenen 
Institute,  aus  welchen  die  Universitäten 
bestehen;  auch  höhere  Special  schule. 

CoUegiam  (lat.),  Gesammtheit  mehrerer 
Personen,  welche  gleiches  Amt  u.  gleichen 
Beruf  haben ;  Universitätsvorlesung. 

Colli  (ital.) ,  Mehrzahl  von  Collo ,  Ballen 
(Waare),  Frachtstücke,  Kisten,  Packete  etc. 

ColHer  (spr.  -lieh),  Halsband,  Halsschnur. 

Collins,  1)  William,  engl.  Landscbafts- 
und  Genremaler,  geb.  18.  Sept.  1787  in  Lon- 
don, 1 17.  Febr.  1847;  bes.  treffliche  Küsten- 
und  Waldsceuen.  -  2)  William  Wilkie,  No- 
vellist, Sohn  des  Vor.,  geb.  Jan.  1824  in 
London,  lebt  das.;  lange  Zeit  Mitarbeiter 
an  Dickens  ,Household  Words*,  Verf.  der 
vielgelesenen  Sensationsromane:  ,The  wo- 
mau  in  White»  (1859),  ,No  name*  (1863), 
,Armadalo'  (1864)  u.  a.,  sowie  der  Dramen 
,Tho  frozen  deep*  und  ,Light  house*. 

Collodium,  Auflösung  von  Schiessbaum* 
wolle  in  alkoholhaltigem  Aether,  trocknet 
an  der  Luft  zu  eiaem  Häutchec  ein,  dient 


482 


Colloquium  —  Columbit. 


In  der  Gbirurgie  zur  Bedeckaog  von  Wun- 
den und  wird  zu  diesem  Zweck  durch  Zu- 
satz von  Ricinusöl  oder  Glycerin  elastisch 
gemacht.  Mit  Jodverbinduug  vermischt 
dient  es  in  der  Photographie  zur  Erzeugung 
der  negativen  Bilder.  In  der  Gärtnerei  er- 
setzt CS  das  Baumwachs;  wird  auch  zu 
künstlichen  Blumen  Verarbeitet. 

Colloqninm  (lat.),  Gespräch,  Unterredung. 

CoUot  d'HerboU  (spr.  Koloh  dErboa), 
Jean  Marie,  franz.  Revolutionär,  geb.  1750 
KU  Paris,  Schauspieler,  dann  Yolksredner, 
Mitglied  des  Konvents,  beantragte  die  Einfüh- 
rung der  Republik,  ward  Septi  1793  als  Mit- 
glied des  Wohlfahrtsansschusses  von  Robes- 
pierre als  Richter  nach  Lyon  geschickt,  wo 
er  Massehinrichtnngen  mittelst  Kartätschen 
vornahm,  erweckte  durch  seine  Popularität 
den  Argwohn  Robespierres ,  der  ihn  zn 
stürzen  suchte,  half  deshalb  diesen  stürzen, 
ward  dann  ans  dem  Konvent  gestossen  und 
nach  der  Insurrektion  vom  12.  Germinal 
mit  Billaud  -  Varennes  zur  Deportation  ver- 
nrtheilt;  f  8.  Jan.  1796  im  Hospital  zu 
Sinnaraari  in  Guiana. 

Colocasia  Schott,  Pflanzengnttuug  der 
Aroiüeen.  C.  antiquorum  Scholl,  ägyp- 
tische Zehrwurzel,  AH»  Ostindien,  mitgeniess» 
barer  stärkemehlreicher  Knolle,  in  Aegyp- 
ten,  Kleinasieu  und  Amerika  kultivirt. 
Auch  Blattzierpflanzen. 

Cologno  (spr.  -onj'),  franz.  Name  für  Köln. 

Colon,  Grimmdarm. 

Colonel  (fr.),  Oberst;  C.  giniral,  bei  der 
franz.  Armee  Inspecteur  einer  Waffen- 
gattung; Schriftgattung,  einen  Grad  grösser 
als  Nonpareille. 

Colonia  (lat.),  Kolonie,  Pflanz-  oder 
Tochterstadt,  in  altröm.  Städtenamen  häu- 
flg:  C.  Agrippina,  Köln;  C.  Aquensia ,  Aix; 
C.  Caesarea  Augusta,  Saragossa;  C.  Ebora- 
ceusi»,  York  in  England ;  C.  Bomtilea,  Sevilla; 
C.  Trevirorum,  Trier,  etc. 

Colonsay  und  Oronsay  (spr.  -sah),  2  Inseln 
der  Innern  Hebrideu,  zur  Ebbezeit  eine 
einzige  Insel,  0,56  QM.  und  800  Ew. 

Colorado,  1)  (Sio  0.  del  Occidente)  Strom 
im  westl.  Nordamerika,  entspr.  in  2  Quell- 
llussen  (Green  River  und  Grand  River)  am 
Felsengebirge,  fliesst  südwestl.  (Grenze  von 
Arizona),  empfängt  zahlr.  Nebenflüsse  (links 
Rio  Gila),  mündet  in  den  Golf  von  Kali- 
fornien; etwa  200  M.  1.,  davon  (nach  neue- 
sten Erforschungen)  130  M.  schiffbar  und 
bereits  von  8  Dampfern  auf  77  M.  befahren. 
Sein  Thal  >/s  — 2  M.  breit,  meist  mit  Wald 
bedeckt,  von  friedlichen  ludianerstämmen 
bewohnt.  —  2)  (Redriver  of  Texas,  ehemals 
Braxoi  de  Bios)  Fluss  im  Staate  Texas,  ent- 
springt im  W. ,  am  Llano  Estacado ,  lliesst 
östl.  durch  sehr  fruchtbare  Gegend,  mündet 
in  die  Matagordabai  des  mexikau.  Meer- 
busens, über  200  M.  1. ;  wegen  der  bedeuten- 
den Nebenflüsse  nur  4  Monate  schifll>ar  (bis 
Austin).  —  3)  (Cobu-Lenbu)  Fluss  in  Pata- 
gonien, entspr.  in  2  Quellfiüssen  (Rio  Grande 
und  Rio  de  Barrancas)  auf  den  Gordilleren, 
fliesst  südöstl.  durch  dürres,  salzhaltiges 
Land,  mündet  in  den  atlant.  Ocean;  etwa 
120  M.  1. ;  zum  Theil  noch  ganz  unbekannt. 


Colorado,  Territorium  der  Vereinigten 
Staaten  von  Nordamerika,  nördl.  von  Neu- 
mexikOr  an  den  Quellen  des  Arkansas  und 
Platteflusses,  1861*  organisirt,  4915  QM. 
mit  (1«60)  39,681  Ew.  (darunter  etwa  5000  In- 
dianer), 1866  auf  70,000  geschätzt ;  Gebirgs- 
land,  vom  Felsengebirg  durchzogen,  mit 
Pikes-Pik  13,340',  Bighorn  13,800*  u.  Grays> 
pik  13,670',  an  deren  Ostfuss  reiche  Lager 
von  Gold  (meist  mit  Schwefelkies,  1862  für 
12  Mill.  Doli.);  auch  Silber,  Kupfer,  Eisen, 
Kohlen  in  Fülle.    Hanptst.  Golden -City. 

Coloritlnm  (Koloriti),  breiartige  Mischung 
aus  Salpeter,  Vitriol,  Alaun,  Salmiak  und 
Grünspan  zum  Probiren  des  goldhaltigen 
Silbers  auf  dem  Streichstein.' 

Colosseum  (ital.  Ckiiseo),  s.  Born. 

Colostmin  (lat.),  die  in  den  letzten  Wochen 
der  Schwangerschaft  und  den  ersten  Tagen 
des  Wochenbetts  abgesonderte  Milch,  ent- 
hält eigenthümliche  Körperchen  (GotoUrttm- 
körperchen)  und  Eiweiss,  im  Uebrigen  die 
Bestandtheile  normaler  MUch.  Soll  die 
Ausscheidung  des  KindspeAis  beim  Nen- 
gebomen  begünstigen. 

Colt,  Samuel,  amerikan.  Industrieller,  geb. 
19.  Juli  1814  zu  Hartford  in  Connecticut, 
Erfinder  der  Revolver,  welche  er  zuerst 
1835—47  in  Paterson  (Newyork),  seit  1S50 
in  Hartford  (Connecticut)  fertigte;  f  1870. 

Columbinug,  Heiliger,  Irländer,  geb.  nm 
560,  ging  mit  12  Genossen  als  Missionär 
nach  Frankreich,  stiftete  in  Bnrgund  die 
Klöster  Luxeuil  und  Fontaine,  begab  sich 
später  nach  Italien,  wo  er  das  Kloster 
Bobbio  gründeten. 615 1.  Tag 21. Nov.  Seine 
Schriften   gab  Flemming  (1667)  heraus. 

Colnmbarium  (lat.),  röm.  Familiengrab- 
gewölbe, in  welchem  die  Wände  mit  Reihen 
von  kleinen  Nischen  für  Aufnahme  der 
Aschenkrüge  versehen  waren. 

Columbia  (Oregon),  Fluss  im  westl.  Nord- 
amerika, entsteht  aus  2  Quellarmen  (Co- 
lumbia und  Glarke),  nimmt  links  den  Lewis 
auf,  fliesst  darauf  westl.,  den  Staat  Oregon 
von  Washington  scheidend,  durchbricht 
mit  Wasserfällen  und  Stromschnellen  das 
Kaskadengebirge  der  Seealpen,  erweitert 
sich  in  dem  Küsteusaum  bedeutend  und 
mündet  bei  Astoria  (46^  n.Br.)  in  den  Grossen 
Ocean ;  Mündung  eng  und  durch  Barren  ge- 
fährlich; etwa  266  M.  1.  Entdeckt  1792  von 
R.  Gray;  1804  zuerst  erforscht. 

Columbia,  Bundesdistrikt  der  Vereinigten 
Staaten  von  Nordamerika,  1790  dem  Kon- 
gresse überwiesen  und  keinem  Staate  sn- 
gehörig,  2,6  QM.  mit  75,080  Ew.  nnd  der 
Bundeshauptstadt  Washington. 

Columbia,  Britisch-,  9.  Britisch -Columbia. 

Columbia,  Republik,  s.  Neugranada. 

Columbia,  Hauptstadt  von  Südcarolina 
(Nordamerika),  am  'Gongaree,  6000  Ew. 
Universität  (seit  1804). 

Columbit  (Columbeisen,  Mobil),  Mineral 
aus  der  Klasse  der  Tantalitoi'de ,  röthlich- 
braun  bis  schwarz  mit  metallartigem  Dia- 
mantglanz, besteht  ans  untemiobsauran 
Eisenoxydul,  bei  Bodenmais,  Tirschenreuth, 
in  Finnland,  im  Ilnicngebirge,  in  Counect!- 
cnt|  Massachusetts;  auch  im  Kryolitb. 


Columbretes  —  Comenius. 


433 


ColHmbretes  (8ehla»genhMln),  Onippe 
kleiner  Telsenins^ln ,  im  Mittelineer,  swi* 
flehen  Spanien- «nd  den  PltbyQsen. 

ColanAwr,  Hanptotadt  von  'Ohio  (Nord- 
amerika), am  Scioto,  (1870)  33,745  Ew.  Zahlr. 
und  grOBsartige  öffentliche  Gehände  (Ka- 
pitol,  Gefängniss,  Irrenhaus  n.  a.);  seit 
1812  Sitz  der  Regiemüg. 

üolumblis  (ital.  Oolombo,  span.  Colon), 
Ohristoph,  der£ntd6cker  von  Amerika,  geb. 
1436  in  Genua  als  Sohn  eines  Tuchwebers, 
unternahm  1470—83  Seereisen  nach  dem 
Archipel,  noch  Island  und  Guinea,  begab 
sich  1484  nach  Spanien,  suchte  in  G«nua, 
Lissabon,  England  u.  Spanien  Unterstataung 
zu  Ausführung  seiner  Bntdeckungspläne, 
erhielt  endlich  durch  Yermittelung  der  Kö- 
nigin Isabella  3  kleine  Schilfe  mit  120  Mann 
Besatzung  und  vertragsmässig  die  erbliche 
Würde  eines  Grossadmirals  und  Ylcekönigs 
in  den  Landern^  welche  «t  entdecken  würde, 
zugesichert.  Er  segelte  3.  Aug.  1492  von 
Pak>s  ab,  landete  12.  Okt.  auf  der  Insel 
Guanahani  (San  Salvador),  entdeckte  27. 
Okt.  Ouba,  6.  Dec.  Haiti  (Hispaniola) ,  trat 
4.  Jan.  1493  seine  Riiokreise  an  und  landete 
15.  März  in  Palos.  Zum  Granden  erhoben, 
lief  er  mit  17  Schiffen  und*  190O  Mann  Be- 
satzung 25.  Sept.  d.  J.  von  Oadiz  aus,  fand 
8.  Not.  die  Insel  Dominica,  dann  Marie- 
Galante,  Gonadelonpe,  Antigua  undPortorlco, 
erreichte  22.  Nov.  Hispaniola,  entdeckte 
(April)  Jamaika,  ging,  von  Feinden  ver- 
leumdet, 90.  März  1496  wieder  unter  Segel 
und  langte  11.  Juni  in  Spanien  an.  Seine 
dritte  Entdeckungsreise  trat  er  30.  Mai  1498 
mit  6  Schiffen  von  San  Lucar  de  Barram«da 
aus  an,  entdeckte  (1.  Aug.)  die  Küste  des 
Kontinents  (Terra  firma),  fand  Margarita 
und  wandte  sich  dann  nach  Haiti.  Von 
Neuem  verleumdet  und  von  Bovadilla  zur 
Verantwortung  gezogen,  ward  er  als  Ge- 
fangener nach  Spanien  geschafft  und  kam 
25.  Nov.  1500  in  Oadiz  an.  Freigesprochen 
und  in  seine  Würden  wieder  eingesetzt, 
trat  er  11.  Mai  1602  mit  4  kleinen  Schiffen 
seine  vierte  Reise  an,  war  25.  Juni  auf 
der  Höhe  von  Haiti,  segelte,  eine  Durch- 
fahrt suchend,  von  Kap  Gracias  a  Dios  längs 
der  Küste  von  Oentralamerika  bis  Yeragua 
und  Puerto  del  Betrete  (P.  deEscribanos  bei 
Punta  de  San  Blas  am  Isthmus  von  Panama), 
welchen  Punkt  er  26.  Nov.  Ifi02  erreichte, 
rettete  sich  aus  einem  Schiffbruch  14.  Juni 
1503  nach  Jamaika,  verliess  nach  den  här- 
testen Drangsalen  28.  Juni  1504  diese  Insel 
und  kehrte  nach  Spanien  zurück,  wo  er  7. 
Nov.  bei  San  Lucar  landete ;  f  20.  Mai  1506 
zu  Valladolid.  Seine  Asche  ist  seit  1796  in 
der  Sötthedrale  zu  HavaBa  beigesetzt  (vorher 
zu  Valladolid,  Sevilla  und  San  Domingo  auf 
Haiti).  —  Sein  älterer  Bruder,  Rirt<Aommeo, 
Kosmograph  und  Seekartenzeichner,  erhielt 
später  die  Würde  eines  Atelantado  (Vice- 
gouvemeurs)  von  Hispaniola,  erbaute  die 
Stadt  San  Domingo ;  f  als  Direktor  def  Berg- 
werke auf  Ouba  1514.  Der  zweite  Bmder, 
Oiacomo,  in  Spanien  Don  JHego  GoUm  gen., 
ward  später  Präsident  des  Raths  von  Kastl- 
lien.    Der  ältere  Sohn  des  Entdeckers,  Jkm 

Meiere  ffand-Letfikon, 


Diego  Colan ,  geb.  zwischen  1470  und  1474 
zu  Porto  Santo,  begleitete  den  Vater  auf 
dessen  zweiter  Reise,  ward  1508  zum  (zweiten) 
Admiral  und  Gouverneur  von  Indien  er- 
nannt; t  23.  Febr.  1526.  Sein  Sohn  D<yn 
Luis  Colon,  schon  im  Alter  von  6  Jahien- 
als  (dritter)  Admiral  von  Indien  anerkannt,- 
trat  1540  seine  Rechte  auf  die  Vicekönigs- 
würde  an  Kaiser  Karl  V.  ab,  erhielt  dafür ' 
den  Titel  eines  Herzogs  .von  Veragua  und 
Marquis  von  Jamaika  mit  einer  jährl.  Rente 
von  10,000  Karolln;  t  156B  zu  Genua.  Ma- 
jorat und  Admiralschaft  von  Indien  gingen 
darauf  auf  Diego  Oolo» ,  den  Sohn  seines 
Bruders  Ohristoforo,  über,  mit  welchem  4. 
Admiral  1578  die  Nachkommen  des  Ent- 
deckers in  männlicher  Linie  erloschen.  Ein 
unehelicher  Sohn  dess.,  Don  Fernando  Colon, 
von  Do&a  Beatri»  Henriquez,  einer  edlen 
Dame  von  Cordova,  15.  Au^.  1468  geb.,  be- 
gleitete den  Vater  auf  dessen  4.  Reise,  ward 
der  GeSiShiohtschreiber  seines  Vaters;  f  ohne 
Nachkommen  1541.  Das  Tagebuch  der  1. 
Reise,  von  Christoph  0.  selbst  geschrieben, 
erschien  französisdi  unter  dem  Titel  ,Re]a- 
tions  des  quatre  voyages  entrenris  par  C* 
(1828, 3  Bde.) ;  ,Raccolta  completa?  der  Schrif- 
ten des  C.  besorgte  Torre  0.864).  Neuere 
Biogr.  des  C.  von  Bowi  (1818),  Spotomo 
(deutsch  1823),  Irving  (1828,4  Bde.;  deutsch 
1828-29J,  SanguineUi  (1846),  £eta  (1846). 

Colutea  X.  (BlasenstrcMch,  Blaumenma), 
Pflaszengattung  der  Papllionaceen.  0.  arbo- 
resoens  L.,  Blasen-,  Linaenbaum,  Strauch  in 
Süd-  und  Mitteleuropa  und  im  nördl.  Orient, 
liefert  Nutzholz,  die  Blätter  (deutsche  oder 
Blasensennesblätter)  als  Surrogat  der  Sen- 
nesblätter empfohlen.    Auch  Zierstp&uoher. 

€oina  (lat),  Schlafsucht. 

Comtk  OMMMUr«»  (lat.),  Weichselzopf. 

Comaceliio  (spr.  -kio),  Stadt  in  der  ital. 
Prov.  Ferrara,  8476  Ew.,  in  den  Valli  di  O. 
(Morästen  der  Pomündungen),  >/*  H.  vom 
adriat.  Meere,  8476  Ew.  Ber.  Salzfische  und 
Aalkoloiüen. 

Comagena  (a.  G.),  Ort  in  Noricum,  an  der 
Donau,  wo  um  470  die  Rugler  zuwst  über, 
die   Donau  gingen  und    die   Avaren   eine 
Festung  Anlegten  (von  Karl  d.  Gr.  zerstört). 
Oomagentis  saUus,  der  Wienerwald. 

i^manches  (spr.  -antsches),  wildes  India- 
nervolk, an  den  Grenzen  von  Mexiko  und 
Texas,  von  Jagd-  und  Raubzügen  lebend. 

€omsrea(ital.),  Crerichtsbezirk.  C.  diJSoma, 
das  Gebiet  von  Rom  und  seiner  Umgebung 
(Tivoli,  Subiaco),  82,5  QM.  mit  326,509  Ew. 

C^mayagva  (sonst  Ifeuvaüadolid),  Hanptst. 
des  Freistaates  Honduras  (Oentralam«rika), 
am  UUua,  18,000  Ew. ;  Kathedrale.  Eisen- 
bahn nach  Puerto  Gaballos  und  nach  der 
Fonsecabai  am  stillen  Ocean.    Gegr.  1540. 

Oombes,  im  Juragebirge  die  Rnndthaler. 

CombaBtibiiia  (lat.),  Brennstoffe. 

€ome  (ital.),  wie;  c.  prima,  o.  aopra,  wie 
zuerst,  wie  oben. 

€omedo  (lat.),  Fresser,  Mitesser  in  der  Haut. 

Comenliig  (elgentl.  Komenäkg),  Joh,  Arno», 
b^r.  Schulmann,  geb.  28.  März  1592  zu 
Komna  bei  Brunn,  Mitgl.  der  mähr.  Bruder- 
gemeinde, seit  1638  deren  Bischof,  lebte  meist 

28 


434 


Comersee  —  Con. 


in  LiBBa,  ZQletzt  iu  Amsterdam ;  f  15'  Kot. 
1671.  Sehr.  jJanua  lingnarum  reserata*  (1631), 
in  Tlele  Sprachen  übersetst;  ,OrbiB  Benguar 
Hum  piotas  oder  die  «ichtbare  Welt'  (Nürnb. 
1657),  das  erste  Bilderbuch  für  Kinder,  oft 
aufgelegt  nnd  nachgeahmt,  n.  A.  Vgl.  die 
flchriften  t.  Leutbecher  (1853)  n.  CHnddy(195ö). 

Comersee,  s.  Oomo. 

Cornea  (lat.)i  Begleiter  eines  höheren  Ma- 
gistrats; bes.  Verti-aater  des  röm.  Kaisers, 
seit  Konstantin  höherer  Amtstitel ,  z.  B.  O. 
aaerarttm  htrgüionum  der  Finanzminister, 
C  verum  privatarum  der  Kronanwalt  etc. ; 
auch  s.  T.  a.  Provinzialgouvemeur,  im  Mittel- 
alter s.  T.  a.  Graf;  daher  OornüaHu,  Grafschaft. 

Comfort  (engl.),  Behaglichkeit,  Inbegriff 
dessen,  was  zu  einem  behaglichen  Lebensge- 
nuss  gehört;  eomfortabel,  dem  entsprechend. 

Conite  (f^.,  engl.  Committee,  spr.  Kimiti), 
im  Namen  einer  grösseren  Gesellschaft  hau* 
delnde  und  gewöhnlich  durch  deren  Wahl 
für  vorbereitende  Geschäfte  oder  zu  Aus- 
führung gefasster  Beschlüsse  gebildete  Ver- 
sammlung, [es  sein  muss,  musterhaft. 

Comme  II  fant(fr.,  spr.kommil  foh),  wie 

Commelfma  L.,  Pflanzengattung  der  Com- 
melinaceen..  G.  polygama  Roth,  aus  Ostasien, 
liefert  Gemüse  und  blauen  Farbstoff;  ebenso 
C.  tuberosa  I*.  ans  Mexiko  mit  geniessbaren 
Wurzeln.    Zierpflanzen. 

Conmercivm  (lat.),  Handel. 

Commillto  (lat.),  Kamerad,  bes.  Schul- 
und  Universitätsgenosse ;  Oommilitones,  ge- 
bräuchl.  in  der  Anrede  der  Professoren  an 
die  Studenten. 

Coniads  (fr.,  spr.  -mih),  Handlungsdiener ; 
O.  voyageur  (spr.  wojaschör),  Geschäfts* 
reisender.  [machtschreiben. 

Commissorlale  CClM»m<««ortum,  lat.),  Yoll- 

ComnodSre,  Kapitän  zur  See,  welcher  eiu 
Geschwader  von  mehreren,  Schiffen  befeh- 
ligt und  daher  für  die  Daner  einer  Expe- 
dition einen  höheren  Rang  einnimmt,  führt 
an  der  Spitze  des  Grossmastes  seines  Schiffs 
den  O.-Stander,  eine  dreieckige  Flagge,  und 
hat  den  Rang  eines  Brigadiers. 

CommMas,  Lucius  Adiua  il«r«Z»tic,  auch 
Maren»  Antoninus,  röm.  Kaiser,  geb.  161 
n.  Ohr.,  Sohn  des  Marcus  Aurelius  Antoninus 
und  der  Faustina,  folgte  jenem  180  auf  dem 
Throne,  wollüstig,  grausam,  feig,  überliess 
die  Regierung  des  Reichs  Günstlingen,  ver- 
kaufte Aemter  und  Ehrenstellen,  erschöpfte 
den  Staatsschatz  durch  unsinnige  Verschwen- 
dung, trat  selbst  als  Gladiator  auf,  ward 
31.  Dec.  192  auf  Anstiften  seiner  Geliebten 
Marcia  erdrosselt.    Vgl.  Zürcher,  ,G.S  1868. 

Commfiner  (engl.),  in  England  Jeder  nicht 
zur  Nobility,  d.  h.  zu  den  Mitgliedern  des 
Oberhauses  Gehörige ;  daher  JSouee  of  Com- 
mon$,  das  Unterhaus.  OommonaUy  die  8. 
Klasse  des  Civilstandes  mit  mehreren  Ab- 
stufungen. 

Conuuom  Prayer ,  Book  of  (spr.  Kanunön 
Preher,  Bukk),  die  engl.  Kirchenagende, 
zuerst  1548  von  einem  aus  Theologen  und 
Bischöfen  zusammengesetzten  Gomit^  unter 
Granmers  Vorsitz  zusammengestellt,  unter 
Karl  U.  Ton  der  Konvokation  neu  redig^ 
mid  in  dieser  Form  1662  vom  Parlament  be- 


stätigt, die  noch  jetzt  gültige  Norm  des 
anglikan.  Kultas,  auch  von  der  bisohöfl. 
Kirche  in  Nordamerika  mit  einigen  unwesent- 
lichen Veränderungen  angenommen. 

Commvni  (ital.),  Gemeinden. 

Commamio  (lat.),  Gemeinschaft.  C  hono» 
rum,  Gütergemeinschaft. 

Como,  ital.  Prov.,  49  QM.  und  457,434  Ew. 
"Die HauptaLO.i  am  westl.  Südende  des  glelch- 
nam.  Sees  und  der  Eisenbahn  von  Mailand, 
24,088  Ew.  Prächtiger  Dom  (von  1896)  mit 
altem  Uhrthnrm  daneben  (v.  1463);  Voltas 
Statue  am  Hafen.  Ueber  der  Stadt  Burg 
Baradello  (von  Barbarossa  zerstört).  —  Der 
Comertee  (Lacu»  Larius),  5  M.  lang,  bis  1  M. 
br.,  81/9  QM.,  655'  üb.  Meer,  bis  1860'  tief, 
von  der  Adda  durchflössen,  berühmt  und 
viel  besucht  wegen  seiner  malerischen  Ge- 
birgsufer;  im  S.  durch  das  Vorgebirge  Bei- 
laggio  in  2  Arme  getheilt,  deren  östliches 
Logo  d»  Leceo  heisst.  Regelmässige  Dampf- 
schi fffahrt  von  G.  bis  Golico. 

Comdren,  Inselgruppe  an  der  Ostküste 
von  Afrika,  am  Nordeingang  des  Kanals  von 
Mosambik:  Groneom/oro  (24  QM.  und  30,000 
Ew.),  Johani^,  Mohilla  u.  Marotte  (seit  1848 
franz.)  etc. ;  sämmtl.  vnlkan.  Ursprungs  und 
von  einem  Misch volke  von  Antbern  und 
Negern  bewohnt.  [Indien. 

Comorin.  Kap,  die  Südspitze  von  Vorder- 

Compemainm  (lat.),  Handbuch,  Leitfaden ; 
daher  hompend*}^,  kurzgefasst,  gedrängt. 

Compligne  (spr.  Kongpiähn),  Stadt  im 
franz.  Depart.  Oise,  nordöstl.  von  Paris,  an 
der  Oise,  12,150  Ew.;  ber.  Schloss  (von 
Ludwig  dem  Heil,  gegründet,  von  Ludwig 
XIV.  neugebaut,  von  Napoleon  I.  restanrirt, 
von  Napoleon  IU.  öfters  als  Jagdschloss  be- 
nutzt) mit  3  QM.  grosser  Park;  alte  Kirchen. 
Einst  Sitz  vieler  Reichstage  und  KoncUien; 
1430  von  den  Engländern  belagert,  wobei 
Joanne  d^Arc  gefangen  genommen  wurde; 
6.  Okt.  1861  Zusammenkunft  Napoleons  HI. 
mit  König  Wilhelm  L  von  Preussen. 

ComplaiBamee  (fr.,  spr.  Kongpläsangs), 
Artigkeit,  Gefälligkeit;  compiaitata  (spr. 
kongpläsaug),  dienstfertig. 

CompluTium  (lat.),  im  altröm.  Hause  der 
mittlere  offene  Theil  des  Dachs  vom  Atrium. 

Comptant  (fr.,  spr.  Kongtang),  s.  Oontant. 

Compte  (fr.,  spr.  Kougt),  Rechnung;  c. 
rendu  (spr.  rangdüh),  Bechnungsabschluss. 

Comptoir  (fr.,  spr.  Kongtoahr),  s.  KotUor. 

Comte  (fr.,  spr.  Kongt),  Graf;  ComU»»e 
(spr.  Kongtess),  Gräfin. 

Comte  (spr.  Kongt),  Isidore  Auguete  Marie 
Franfoia  Xavior,  franz.  Mathematiker  und 
Philosoph,  Begründer  des  sogen.  Positivis- 
mus, geb.  19.  Jan.  1798  zu  MontpelUer,  1832—51 
Repetent  an  der  polytechnischen  Schule  zu 
Paris;  f  5.  Sept.  1857  das.  Sehr.  ,Cours  de 
Philosophie  positive*  (1830—42, 6  Bde.),  Haupt- 
werk; ausserdem  ,Bystdme  de  politiquo  po- 
sitive etc/  (1851-54) ;  ,Calendrier  positiviste' 
(4.  Aufl.  1852)  u.  ,Cat6chisme  positiviste' (1858). 
Vgl.  Lütrd,  ,C.  et  la  philos.  positive*,  1863. 

Con  (ital.),  mit;  c.  affetto^,  mit  Leiden- 
schaft; o.  agilitä,  mit  Leichtigkeit;  c.  agi- 
tanone,  mit  Bewegung ;  o.  amore,  zärtlich ;  c. 
hrio,  e.fuoeo,  feurig ;  c.  tpirito,  mit  (Seist,  etc. 


GoncarneaQ  —  Conde. 


485 


COMfttmeili  (spr.  •noh),  Vischerort  im  flrane. 
Depart.  Finlsterre,  2767  Ew.,  bed.  Sardinen- 
fang (jährl.  21,400  Otr.)  etc. 

CoBoepclom,  l^Proy.  inOhile,  387,6  QM.  und 
(1866)  142,588  Ew. ;  vom  Biobio  bewässert, 
reich  an  Weizen,  Wein  (der  beste  Amerikas) 
und  Steinkohlen.  Die  HaupM.  0.,  am  Bio- 
bio, 18,908  Bw.,  eine  der  hübschesten  Städte 
des  Landes;  Handel  nber  die  Hafenorte 
Talcahnano  und  Tomeo.  —  2)  (La  C.  de 
Vürufvay)  Hknptst.  der  Prov.  Entre-Rios 
in  der  afgentin.  Republik,  am  Uruguay,  6000 
Ew. ;  Nationalcollege  (seit  1864). 

Comeepelonliai^  Bai  an  derKordküste  der 
Halbinsel  Aralon  (Neufoundland),  23  M.  tief. 

Comeipi  (lat.),  ich  habe  es  verfasst.  Sein 
c.  wtUrgckreihen ,  sich  als  Verfasser,  bes. 
einer  Reohtsschrift  unterseichnen. 

Conehft  (lat.),  sweischalige  Muschel;  0. 
aurie ,  Ohrmuschel.  Ckynchae  praeparatae, 
gepulyerte  Austernschalen,  s.  Aueter, 

CoaekOft  (spr.  -tschos),  Nebenfiuss  des  Rio 
Qrande  im  nördl.  Mexiko,  entspringt  auf 
der  Sierra  Madre,  fliesst  nördlich,  mfindet 
unfern  Frestdio  del  Norte,  70  M. 

Conddrye  (flr. ,  spr.  Kongslarsch) ,  Haus- 
meister, Portier,  bes.  Gefangenwärter.  Con' 
eiergerie,  Gefäugniss,  namentl.  das  Haupt- 
gefänguiss  su  Paris.  {KonciU 

CoMilium  (lat.),  Kirchenversammlung,  s. 

CoBclire  (lat.),  Gemach ;  bes.  der  Ort,  wo 
die  Kardinäle  (eingeschlossen)  cur  Papst- 
wahl sich  versammeln;  aucl»  diese  Ver- 
sammlung selbst. 

Coneord  (spr.  Kangkard,  ehem.  Bumford^, 
Hauptet.  von  New -Hampshire  (Nordamerika), 
am  Merrimac,  (1870)  12,241  Ew.  Ber.  Wagen- 
fabrlken^  [Hkation  ders. 

Coaeordla  (lat.),  Eintracht,  auch  Personi- 

Condamine  (spr.  Kongdamihn),  CharU» 
Marie  de  ia,  frans.  Gelehrter  u.  Reisender, 
geb.  28.  Jan.  1701  sn  Paris,  nahm  1736—39 
an  der  Gradmessung  in  Peru  Theil,  ermit- 
telte dort  den  Baum,  von  welchem  eine  ächte 
Chinarinde  kommt;  f  4.  Febr.  1774  2U  Paris. 
Bedeutender  Vorderer  der  geograph.  und 
mafhemat.  Kenntnisse ;  sehr.  u.  A.  ,ReIation 
abr6g6  d^un  vojage  fait  dans  TAm^rique 
m6rldionale*  (174»),  ,Journal  du  voyage  fait 
&  r6quateur'  (1751—52). 

€OBd<  (spr.  KoDgdeh),  Stadt  und  Festung 
im  frans.  Depart.  Nord ,  au  der  Scheide, 
59M  Ew.  Gr.  Steinkohlenentrepot.  Früher 
Baronie ,  nach  der  ein  Zweig  des  Hauses 
Bonrbon  benannt  ward. 

Cond^y  1)  Ludwig  I.  wm  ßowihon,  Prifu  v.  C, 
Gründer  des  furstl.  Hauses  C,  jftngerer 
Sohn  Karls  von  Bourbon,  Hersogs  von  Yen* 
dorne,  Bruder  Antons,  Königs  von  Navarra, 
geb.  7.  Mai  1580 «  ward  als  Seele  der  Ver- 
sohwömng  von  Amboise,  welche  den  Sture 
der  Gulsen  und  die  Gefangennehmung  des 
Königs  beaweckte,  SO.  Okt.  1560  in  Orleans 
verhaftet  und  zum  Tode  verurthellt ,  durch 
I  Frans  n.  Tod  gerettet.  Führer  der  unter- 
drückten Oalvinisten  in  den  S  Religlons- 
krisgeu  1562,  1567  und  1569,  ward  er  13. 
Man  1569  bei  Jaruac  gefangen  und  von  dem 
Anfülirer  der  Schwefserganle,  Montesquieu 
erschossen,    Ygi.  ,M<moirea  de  Louis  de 


Bourboti,  pr^üce de  0.*,  Strassb.  1589,  3  Bde.; 
1743,  6  Bde.  —  2)  Lndwig  IL  von  Bour- 
bon, Prine  v.  C,  der  grosee  C.  gern,  geb. 
8.  Sept.  1621,  befehligte  1643  die  franz. 
Armee  iu  den  Niederlanden,  schlug  die  Spa- 
nier bei  Rocroi  (19.  Mai),  den  bajer.  General 
Mercy  bei  Allershoim  im  Elsass  (3.  Aug. 
1645),  stand  im  Kampf  der  sogen.  Fronde 
auf  Seiten  des  Hofs ,  ward  trotzdem  auf 
Befehl  Mazarins  verhaftet,  ti-at  infolge 
davon  zur  Opposition  über,  schlug  bei  Ble- 
neau  (6.  April  1652)  die  Streitmacht  des 
Hofd,  übernahm  dann  den  Oberbefelil  über 
die  span.  Arpiee,  ward  vom  pariser  Parla- 
ment als  Vaterlandsverräther  zum  Tod  ver- 
urthellt. Nach  dem  Friedeusschluss  zwischen 
Spanien  und  Frankreich  1658  rehabilitirt, 
besetzte  er  1668  die  Frauche-Oomt6,  befeh- 
ligte 1673  in  den  Niederlanden,  1675  nach 
Tnrannes  Tod  in  Deutschland  gegen  Monte- 
cuculi,  entsetzte  Hagenau  und  Zabern;  f 
11.  Dec.  1686  zu  Foutainebleau.  Sein  Leben 
beschrieben  Mahon  (1840),  Lemereier  (1844) 
und  Voivreuil  (1847).  ->  3)  Ludwig  Joseph 
von  Bourbon,  Fnnevon  C,  Sohn  des  Herzogs 
Ludwig  Heinrich  von  Bourbon  und  der 
Prinzessin  Karoline  von  Hessen-Rheinfels, 
geb.  9.  Aug.  1736  znParis,  ward  1758  General- 
lieutenant, Mitglied  der  Notabelnversamm- 
lung  1787,  veriiess  1789  Frankreich,  organi- 
slrte  auf  seine  Kosten  ein  Emigrantenheer, 
mit  dem  er  1792  zu  den  ÖesteiTeicfaern 
unter  Wurmser  stiess,  und  verrichtete  in 
den  Feldzügen  der  folgenden  Jahre  meh- 
rere ausgezeichnete  Waffenthaten.  Nach 
dem  Frieden  von  Campo-Formio  (1797)  in 
russ.  Dienste  übergetreten ,  erhielt  er  von 
Paul  L  das  Grosspriorat  des  Malteserordens, 
focht  1799  in  der  Scliweiz  gegen  die  Fran- 
zosen, schloss  sich  dann  wieder  den  Oester- 
reichern  an,  musste  aber  nach  dem  Frieden 
von  Luneville  (1801)  sein  Corps  auflösen. 
Seit  1801  in  England,  kehrte  er  1814 
mit  Ludwig  XVIII.  nach  Frankreich  zurück ; 
t  18.  Mai  1818  in  Paris.  Sehr.  ,Es8ai  sur 
la  vie  du  grand  C*  (1806  u.  öfter).  Biogr. 
von  Chamballand  (1819—20,  2  Bde.).  —  4) 
Ludwig  Heinrich  Joseph,  Herxog  von  Bourbon, 
Prinx  von  C,  Sohn  des  Vor.,  geb.  7.  April 
1756,  entführte  Louise  Marie  Th6r^se,  Her- 
zogin von  Orleans,  aus  dem  Kloster  und 
vermählte  sich  mit  ihr,  emigrirte  mit  seinem 
Vater,  schloss  sich  dem  Emigrantencorps 
an,  lebte  1800  —  14  in  England,  erhielt 
nach  Napoleons  Rückkehr  1815  den  Ober- 
befehl in  den  westl.  Departements,  musste 
zu  Nantes  kapitullren  und  sich  nach  Spanien 
einschiffen.  Seit  1817  mit  einer  Engländerin, 
Sophie  Dawes,  geb.  Clarke,  die  seinen  Adju- 
tanten, Baron  Feuchdres  heirathete,  in  ver- 
trautem Verhältnisse  lebend ,  ward  er  27. 
Aug.  1880  in  seinem  Schlafzimmer  im  Schlosse 
St.  Leu  erhängt  gefunden.  In  seinem  Testa 
mente  vom  30.  Aug.  1829  hatte  er  seinen 
Pathen,  den  Herzog  von  Anmale,  4.  Sohn 
des  Königs  Ludwig  Philipp,  zum  Erben 
eingesetzt,  der  Baronin  vonFeuchdres  aber 
2  Mill.  Fr.  und  zwei  seiner  Güter  vermacht. 
Die  nächsten  Selten  verwandten,  die  Prinzen 
TOS  Rohan,  beschuldigten  die  Baronin  von 

28* 


436 


Gondillac  —  Connecticut. 


Veuchdres  and  deu  Abb6  Brien,  den  Henog 
ermordet  zu  haben  und  warfen  anf  Ludwig 
Phiiipi|.den  Verdacht  der  Erbschleicherei, 
wurden  aber  in  allen  Instanzen  abgewiesen. 
Vgl.  ,Histolre  compldte  du  procds  relatif  & 
la  niort  et  au  testament  du  duo  de  Bourbon' 
(1832).  Der  Prinz  Yon  O.  war  der  letzte 
Sprössling  des  Hauses. 

Condillac  (spr.  Kondilljak),  Etieane  Bon- 
not de  Mably,  franz.  Philosoph,  geb.  1715  zu 
Grenoble,  Binider  des  Abb6  Mably  (s.  d.), 
seit  1768  Mitglied  der  franz.  Akademie ;  \  3. 
Aug.  1780.  Hauptwerke :  ,Essai  sur  Torigine 
des  counaissances  humaines'  (1746,  2  Bde. ; 
deutsch  Yon  Histmann  1780);*  ,Trait6  des 
sy Sternes*  (1749,  2  Bde.);  ,Trait6  des  sensa- 
tions*  (1754,  3  Bde.),  worin  er  den  Sensualis- 
mus (s.  d.)  verfocht,  indem  er  die  Funktio« 
nen  des  Benkens  nur  für  abgeleitete  Arten 
des  Empfindens  erklärte.  ,0ettTre8  compUtes* 
(1798,  23  Bde. ;  1824,  16  Bde.). 

Condominium  (lat.) ,  Eigenthumsrecht, 
welches  Mehreren  an  einer  Sache  zusteht; 
Condomintis,  Miteigent^ümer. 

Condor,  Goldmünze  in  Nengranada,  a  10 
Pesos  =  131/3  Thlr. 

Condoreet  (spr.  Kongdorseh),  Marie  Jean 
Antoine  NicoUia  Carilat ,  MarqutB  von ,  der 
Philosoph  der  franz.  Revolution  ,  geb.  17. 
Sept.  1743  zu  Ribemont  bei  St.  Queutin,  seit 
1769  Mitglied  der  franz.  Akademie,  an  der 
,Encyclopädie'  betheiligt,  Mitglied  der  ge- 
setzgebenden Versammlung,  verfasste  die 
Erklärung  an  die  Franzosen  und  an  Europa 
über  die  Abschaffung  der  Königswürde, 
stimmte  als  Mitglied  des  Nationalkonveuts 
meist  mit  den  Girondisten.  Als  Brissots 
Mitschuldiger  3.  Okt.  in  Anklagestand  ver- 
setzt, lebte  er  8  Monate  verborgen  in  Paris, 
irrte  dann  umher,  ward  zu  Glamar  bei 
Bourg-la-Reine  als  verdächtig  eingekerkert 
und  ^.  März  1794  im  Kerker  todt  gefunden. 
Von  klass.  Bedeutung  die  kurz  vor  seinem 
Tod  verfasste  Schrift  ,Esquis8e  d'un  tableau 
histor.  des  progrSs  de  Pesprit  humain* 
(deutsch  von  Fostel  1796). 

Öondottlere  (ital.),  im  14.  Jahrh.  in  Italien 
Anführer  von  Söldnerschaaren. 

Condoite  (fr.,  spr.  Kongdwiht),  Betragen. 
Konduiienlüten ,  period.  Uebersichten  über 
das  Verhalten  und  die  Leistungen  Beamter. 

Condyloma  (gr.),Feuchtwarze,8.^e<^«;af%e. 

Confer (lat.),  vergleiche;  conferatur (ahhr. 
c/.),  man  vergleiche. 

Confessor  (lat.),  Bekenner ,  zur  Zeit  der 
Christenverfolgnngen  Ehrenname  Derer, 
welche  ihren  Glauben  öffentlich  vor  den  heid- 
nischen Tribunalen  bekannten. 

Confetti  (ital.),  Zackerwerk;  scherzhaftes 
Wurfgeschoss  aus  Gyps  beim  röm.  Karneval. 

Conflance  (ft-.,  spr.Kongfiangs),  Vertrauen. 

Confldenee  (fr.,  spr.  Kongfidangs),  Ver- 
trauen ,  vertrauliche  Mittheilung ;  daher 
konßdentiell,  vertraulich. 

Confldentia  (lat.),  Zutrauen,  Dreistigkeit. 

Confueivs  (eigenti.  Kon-fwUe),  chines. 
Reformator,  nach  chines.  Angaben  geb.  19. 
Juli  551  V.  Chr.  iu  der  Stadt  Theau-se 
(Prov.  Schan-toug),  ward  in  mehreren  chines. 
Feudalreiohen  Minister,  dankte  ab  und  zog 


als  Prediger  der  Tugend  und  Geret^tigkeit 
umher;  t  479.  Seine  HanptwM-k«,  theiis 
von  ihm  selbst  verfitsst,  theiis  aus  altera 
Werken  zusammengetragen,  sind  die  4  hei- 
ligen Schriften  (Kings):  ,Yking'  (natorphilos. 
Inhalts),  ,Lildng'  (über  Gebräuche  u.  Oere- 
monien),  , Schiking*  (Liederbach,  lat.  von 
Lackwrme  u.  von  Mohl  1880,  danach  dentsdi 
von  Mdteri  1833  und  Oramer  1844)  und 
,Schnking*'  (das  berühmteste,  enthaltend 
Geschichte,  Ethik,  Metaphysik).  Sein  Ge- 
schlecht ward  unter  der  Dynastie  Han  (206 
V.  Chr.  bis  200  n.  Chr.)  in  den  Grafenstand 
erhoben,  und  seine  Nachkommenschaft  steht 
noch  Jetet  in  hohem  Ansehen.  Vgl.  PlatU, 
,C.  u.  seiner  Schüler  Leben  u.  Lelire',  1867. 

Congiiw  (lat.),  röm.  Flüssigkeitsmass,  = 
6  Sextarii  ==  i^  Amphora  =:  2,»  pr.  Qaart. 

COBgreve,  8ir  WiUiam,  engl.  Ingenieur 
und  Artilleriegeneral,  geb.  20..  Mai  1772  zu 
Woolwich,  t  !&•  Mai  1828  iu  Toulouse.  Er- 
finder der  nach  ihm  benannten  Brandcaketen 
(1806),  der  Kanst  in  mehreren  Farben  zu- 
gleich zu  drucken  ( Congretfedruek)  und  von 
Verbesserungen  im  Schleussen-  u.  Kanalbau. 
Sehr.  ,Elementary  treatise  on  the  moontiBg 
of  navid  ordnance'  (1812),  ,De8cription  of 
the  hydropnenmatic  Cook*  (1815). 

Coai«  Stadt,  s.  Cuneo. 

Coniliiy  Alkaloi'd  des  Schierlings,  fiirbloses 
Oel  von  penetrantem  durchdringenden  Ge- 
ruch, reagirt  alkalisch,  in  Alkohol  löslich, 
siedet  hei  212o,  sehr  giftig. 

Coninm  L.  (Schierling),  Pflanzengattang 
der  Umbelliferen.  G.  maculatuml^. ,  geßeekter 
Seh.,  Wüiherieh,ToUkeri>ei,  iuganzDeatsch- 
land,  riecht  wie  Katzenharn,  schmeckt 
widerlich  bitter  scharf,  ist  sehr  gifüg. 
Wirksamer  Stoff  ist  das  Coniin(ß,  d.).  Kraut 
und  Samen  ofBoinell. 

CODJeTeram,  Stadt  in  der  brit.-oBtind. 
Präs.  Madras,  Distr.  Tschingelpatt,  90,000 
Ew.,  eine  der  7  heil.  Städte  der  Hindu. 
Grosse  her.  Pagoden  des  Wischnu. 

ConJimetiTa  (lat.),   Bindehaut  des  Auges. 

Conlie  (spr.  Konglih),  franz.  Ort,  nord- 
westl.  bei  Le  Maus ;  dabei  das-  Ende  Okt. 
1870  errichtete  befestigte  Uebungslager  der 
franz.  Armee,  14.  Jan.  1871  nach  der  Sohlacht 
bei  Le  Maus  von  den  Preussen  erobeii. 

Conn  (Lough'O.)^  schmaler  See  in  Irland, 
Grafsch.  Mayo,  nördl.  vom  Gorribsee. 

CoHBAlssance  (fr.,  spr.  -nässangs),  Be* 
kanntschaft,  Verbindung. 

Connanght  (spr.  -naht),  westlichste  Prov. 
Irlands,  322,8  QM.  und  913,135  Ew.  (95 o/o 
KathoL),  enthält  die  Grafsch.  Ijeitrim,  Mayo, 
Sligo,  (^alway  und  Roscoranion.   . 

Connecticut  Fluss  in  Neuengland,  entspr. 
an  der  Grenze  von  Oanada,  dnrehJliesst 
Massachusetts  und  den  Staat  0.,  mikndet  bei 
Saybrook  in  den  liongislandsnnd,  91  Iff.; 
reich  an  Fällen  und  Stromschnellen. 

Connecticut,  nordamer.  Freistaat,  Gruppe 
der  Neuenglandstaaten,  sudl.  von  Massa- 
chusetts, am  Longislandsand  (Käste  20  H.), 
22$  QM.  und  (1870)  537,417  Ew.  Fruchtbares 
Hügelland,  vom  Flusa  0.,  Housatonio  und 
Thames  bewassert ;  reich  anMineralschätsen 
(Kupfer,  Eisen,  Blei,  Afonnor)  und  Waidera ; 


Gonniemara  —  Contant. 


437 


Landbauersengnisse:  Tabak,  Getreide,  Gar- 
tensamereien,  yiel  Brdbeoren  (Marktartikel). 
Viehzucht  und  Milchwirthschaft.  Bedent.  In- 
dustrien inEisen-,  Baumwollen-  und  Wollen- 
waaren,  Wag^n,  Uhren  etc.  Ausgedehnter 
KttStenhandel,  bes.  mit  Newyork.  Kofisti- 
tution  von  1818.  Im  Kongress  vertreten 
durch  S  Senatoren  und  4  Repräsentanten. 
Hauptstädte  Hartford  und  Newhaven.  Seit 
1635  kolouisirt,  einer  der  13  ältesten  ITnions- 
staaten  (seit  4.  Juli  1776).    8  Grafschaften. 

Commenara,  Gebirgslandschaft  in  der  Ir- 
land. Grafsch.  Galway,  wegen  Ihrer  wilden 
Scenerian  die  ,iriseben  Hochlande*  genannt. 

Comietftble  (vom  mittellatein.  comesatdbuli, 
Stallmeister),  bei  den  frank.  Königen  mit 
der  inneren  Palastverwaltnng  betrauter 
Beamter.  Später  in  Frankreich  oberster  Be- 
fehlshaber der  gesammten  Kriegsmacht  ssu 
Lande,  folgte  im  Rang  zunächst  nach  dem 
König;  1^7  von  Ludwig  XIII.  abgeschafft. 
Napoleon  I.  ernannte  seinen  Bruder  Ludwig 
2um  0.  des  Reichs  und  Berthier  zum  Vice- 
eonnttable.  Unter  der  Restauration  ver- 
schwand die  Würde  wieder. 

Cmmwaement  (tr.connoisgement,  engl,  hill 
of  lading^  ital.  pciizza  di  carico) ,  der  von 
dem  Schiffer  dem  Befrachter  ausgestellte 
Schein  über  die  von  ihm  an  Bord  genom- 
menen Frachtgüter. 

€0]iB.vMiim  (lat.),  Ehe. 

CoiUMtarpns  Gärtn.  (Knopf-,  Kegelbaum), 
PflanzengattnngderKombretaceen.  C.  erectus 
Jaeq. ,  Baum  In  Westindien  und  Brasilien ; 
Rinde  8urrc«:at  der  Chinarinde. 

Conqulstaclores  (span.),  in  den  ehemaligen 
span.-amerifcan.  Besitzungen  die  Eroberer 
des  Landes  und  deren  Nachkommen,  die 
vom  Hofe  mit  ungeheuren  Laudstreckeu  be- 
lohnt wuriden. 

COMSalviy  Ercole,  Kardinal,  geb.  8.  Juni 
1757  zu  Rom,  von  Papst  Pius  VII.  zum  Kar- 
dinal und  Staatssekretär  ernannt,  schloss 
mit  Napoleon  I.  das  Konkordat  ab,  bewirkte 
1814  als  päpstl.  Gesandter  beim  Kongress  zu 
Wien  die  Zurückgabe  der  Marken  und  Le- 
gationen an  den  Papst,  hatte  dann  die  Lei- 
tung der  Geschäfte,  beförderte  Kunst  und 
Wissenschaft,  veranstaltete  Nachgrabungen 
nach  Alterthümem,  schloss  Konkordate  mit 
Rnssland,  Polen,  Preussen ,  Bayern,  Wür- 
temberg,  Sardinien,  Spanien  und  Genf  ab ; 
f  24.  Jan.  1824  zu  Rom.  Tgl.  CrMineau- 
Joly,  ,M^oires  du  Oardinal  G.',  1864,  2  Bdo. 

i^nseienee  (spr.  Konsciangs),  Hendrick, 
fläm.  Schriftsteller,  geb.  8.  Dec.  1812  zu 
Antwerpen,  erst  Militär,  ward  dann  Sekre- 
tär und  Archivar  der  Kunstakademie  zu 
Antwerpen.  Einer  der  Begründer  der  neue- 
ren fläm.  Literatur;  sehr,  histor.  Romane 
(z.  B.  ,De  Leeuw  van  Vlandem',  1838)  und 
zahlr.  kleine  Novellen  und  Errählungen 
(anmnthige  Schilderungen  fläm.  Natur-  und 
Menschenlebens).  Seine  Werke  vielfach 
übersetzt. 

Coasillvm  sbenndi  (lat.),  der  Rath  sich  zu 
entferfeen,  auf  Universitäten  mildere  Form 
der  Wegweisnng  oder  Relegation,  gestattet 
dem  Weggewieseneu,  anfeiner  anderen  Ünl- 
versltilt  s^ne  Studien  fortzusetzen. 


Conslstoriiiin  (lat.),  Versammlungsort  des 
geheimen  Raths  der  röra.  Kaiser  und  seit 
Konstantin  d.  Gr.  dieser  Rath  selbst;  das 
höchste  päpstl.  Staatscollegium ,  ats  Kar- 
dinälen bestehend ;  in  der  Protestant.  Kirche 
die  den  Landesherm  als  Inhaber  der  Kir- 
chengewalt (obersten  Bischof)  vertretende 
höchste  geistliche  Behörde  eines  Landes. 
In  grösseren  Ländern  machte  die  Mehrheit 
der  Konsistorien  die  Einsetzung  eines  Ober- 
konsistoriums (Oberkirchenraths)  nöthig.  Im 
Laufe  des  19.  Jahrli. ,  bes.  seit  1848  gingen 
die  Geschäfte  der  Konsistorien  meist  an  die 
politischen  Regierungsbehörden,  Kultusmi- 
nisterien oder  Abtheilungen  für  Kultus  und 
Unterricht  über.  Die  Konsistorialverfassung 
der  Kirche  bildet  den  Gegensatz  zur  Pres- 
hylerial-  und  Synodalverfassung.     S.  diese. 

Constable  (engl.,  spr.  Konstehbl),  in  Eng- 
land eine  in  Folge  der  normänn.  Eroberung 
eingeführte  Würde.  "D^r  Lord  High  C,  eine 
der  obersten  Krön-  und  Reichs  würden  im 
alten  England,  der  des  alten  Oonn Stahle  von 
Frankreich  gleich,  lehnbar,  zuletzt  in  der 
Familie  der  StafTord,  Herzöge  von  Bucking- 
ham,  erblich,  1521  erloschen,  in  Schottland 
seit  dem  12.  Jahrh.  noch  in  der  Familie 
Errol  erblich.  Die  CR>erconsttMes  {JAx^h  Con- 
stables),  1184  von  Eduard  1.  eingeführt, 
hatten  die  Aufsicht  über  dieLandesbowaff- 
nung.  Die  Gemeindeconstables  (Petty  Con- 
stables)  sind  die  unteren  Exekutionsbehördeu 
und  vertreten  die  Stelle  einer  Nationalgarde, 
obwohl  nur  mit  einem  Stabe  bewaffnet.  Ihr 
Ansehen  beruht  auf  der  moralischen  Kraft 
des  Gesetzes.  In  London  wurden  >1829  die 
ehemaligen  C.s  durch  5  Kompagnien  Police 
G.  oder  Policemen  ersetzt.    Vgl.  Konstahel. 

konstant  de  Bebecque,  Henri  Benjamin, 
franz.  polit.  Schriftstellor,  geb.  23.  Okt.  1767 
zu  Lausanne,  wirkte  1797  als  Mitglied  des 
Tribunats  eifrig  für  das  Repräsentativ  System, 
ward  1802  aus  dem  Tribunat  und  aus 
Paris  entfenit ,  arbeitete ,  von  Napoleon  I. 
April  1815  zum  Stnatsrath  ernannt,  mit  an 
der  Konstitution  des  Maifeldes,  bekämpfte, 
seit  1819  Mitglied  der  Deputirtenkammor, 
die  Reaktion,  stimmte  nach  der  Julirevolu- 
tion für  die  Erhebung  des  Herzogs  von 
Orlfens  ;  f  8.  Dec.  1830.  Hauntsclivifteu : 
,Gonrs  depolitiqueconstitutionnelle'  (2.  Aufl. 
1833,  4  Bde.);  ,M6moires  surles  Cent  joiirs' 
(2.  Aufl.  1829) ;  ,De  la  religiou  considerfee 
dans  sa  sonrce  etc.*  (1824—30,  3  Bde.)  u.  A. 
Bearbeitet»  auch  Schillers  ,AVallen stein'  u. 
schrieb  den  Roman  , Adolphe*  (3.  Aufl.  1824). 

Oonstantia  (lat.),  Beständigkeit. 

Constantia,  Landgut  im  Kaplande,  6stl. 
vom  Tafelberg,  mit  her.  Weingärteu. 

Constat  (lat.),  es  steht  fest;  konstatiren, 
bestätige]],  den  Thatbestand  nachweisen. 

Consultii,  in  Spanien  s.  v.  a.  Staatsrat!]; 
in  Rom  Ausschuss  der  Kardinäle  zu  Be- 
rathung  über  innere  Angelegenheiten  des 
Kirchenstaats. 

Contaglnm  (lat.),  Ansteckungsstoff. 

Contant  (comptant,  spr.  kongtang,  per  con- 
tant, fr.  pour  comptant),  baar,  gegen  baare 
Zahlung;  dann  Zahlungsfrist  von  2,  3,  auch 
wohl  mehr  Wochen;  Contantgeschäfte,  g^en 


438 


Gontenance  -«  Cooperfluss. 


baare  Zahlung  geschlossen«  Qesch&fte;  Oon- 
tanten  (fr.  espdces,  engl,  specie),  baares  Geld ; 
Contantenliste,  auf  Schiffen  die  Liste  des  von 
ihnen  geladenen  haaren  Geldes. 

€oiit«naiiee  (fr.,  spr.  Kongt^nangs) ,  Fas- 
sung, Massigung. 

Content  (fr.,  spr.  kongtang),  zufrieden; 
beim  Abstimmen  im  engl.  Parlaments,  r.  a. 
einverstanden.  [etc. 

Content«  (lat.),  Inhalt  eines  Briefs,  Buchs 

Contcs(fr.,  spr.  Kougt),  Erzählungen;  in 
der  altern  franz.  Literatur  bes.  altpoet. 
Erzählungen  aus  dem  wirkl.  Leben;  ihre 
Verfasser  Conteor». 

ContestHtlo  litis  (lat.),  im  Givilprozess 
die  Einlassung  auf  die  der  Klage  zu  Grunde 
liegeuden  Thatsachen. 

Conti  (ital.),  Mehrzahl  von  Conto. 

Conti  (spr.  Kongti),  Name  jüngerer  Neben- 
linien des  bourbon.  Hauses  Cond6. 

Conto  (ital.,  nur.  Conti),  insbes.Rechnung, 
in  Handlungsbüchem  ( Oonlobüchem)  einge- 
tragene Rechnung.  Jemandem  ein  (X  eröff- 
nen, mit  ihm  in  Geschäftsverbindung  treten, 
indem  man  ihm  in  den  Handlungsbüchem 
eine  laufende  Rechnung  eröffnet ;  a.  c.  zahlen, 
s.  v.  a.  auf  Abschlag  oder  auf  Vorschuss 
zahlen.  Contocorrent,  laufende  Rechnung  mit 
einem  Geschäftsfreund,  aus  der  sich  dessen 
Schuld  und  Forderung  ergibt;  wird  im 
Haupt-  oder  Contocorrent bucli  eingetragen. 
C.  ßffto,  Rechnung  über  ein  flngirtes  Ge- 
schäft, die  man  an  Handelsplätzen  auswar- 
tigeu  Geschäftsfreunden  einhändigt,  damit 
diese  vorher  berechnen  können ,  wie  hoch 
ihnen  (|er  betreffende  Artikel  im  An-  oder 
Verkauf  zu  stehen  kommen  virird.  C.  a  melii, 
auf  gemeinschaftliche  Rechnung. 

Conto  (0.  de  BeVe),  in  Portugal  u.  Brasilien 
==  lOUO  Milre'fs  oder  733  Thlr.  pr.  Kur. 

Contra  (lat.),  gegen. 

Contrarinm  (lat.),  das  Gegeutheil. 

Contra  sextum  (lat.),  näml.  praeceptum, 
Vergehen  wider  das  6.  Gebot. 

Contre  (fr.,  spr.  kongt'r),  gegen,  entgegen. 

Contrebande  (fr.,  spr.  Kongt'r-,  v.  mittel- 
lateiu.  contra  bannnni),  alle  gesetzwidriger 
Weise  in  ein  Land  ein-  oder  aus  demselben 
ausgeführten  Gegenstände. 

Contrecreuse  (fr.,  spr.  Kongterkrös),  Lauf- 
graben ,  dessen  Erde  nach  der  Festung  zu 
eine  Brustwehr  bildet,  während  er  nach 
rückwärts  flach  verläuft. 

Contreescarpe  (fr.,  spr.  Kongter'skarp), 
die  äussere  Grabenböschung  einer  Befesti- 
gung ;  auch  wohl  gebraucht  für  den  bedeckten 
Weg  lind  das  Olacis  zusammen. 

Contregarde  (fr.,  spr.  Kongtergard),  Be- 
festigung, welche  einem  Werke  zur  Siche- 
rung oder  Ergänzung  vorgelegt  wird. 

Contremarche  (fr.,  spr.  Kongtermarsch), 
ein  Marsch,  in  welchem  zur  Täuschung  des 
Feindes  eine  Richtung  verfolgt  wird,  um 
dieselbe  plötzlich  In  die  entgegengesetzte 
zu  verwandeln. 

Contrenine(frM  zpr.Kongtermlhn),  Gegen- 
mine, Mine,  welche  angelegt  wird,  um 
eine  feindliche  Mine  zu  vernicliten. 

Convallaria  L.  (Maiblume),  Pfianzengat- 
tuug  der  Asparagoen.    C.  majalis   L.,  Mai- 


gl^hehen,  in  Europa,  Nordasien,  Nordame- 
rika. Die  Blüthen  dienen  zur  Bereitung 
des  Niesjpulvers. 

ConTOlTDlnB  X.  (Winde),  Pflaozengattung 
der  Gonvolvulaceeu.  C  Scammonia  X.,  in 
Rumelien  und  derJ^rim,  Kleinasien,  Syrien, 
liefert  das  Scammonium ;  0.  Jalapa  X. .  in 
Mexiko,  Brasilien  etc.,  die  früher  offldaelle 
Mechoacanwurzel  oder  weisse  Jalape;  C 
scoparius  X. ,  Besentoinde,  auf  den  kanar 
rischen  Inseln ,  das  Rosenholz.  Viele  Arten 
Zierpflanzen. 

Cook  (spr.  Kuk),  Jaune»,  engl.  Seefahrer, 
geb.  87.  Okt.  1728  zu  Marton  (York),  machte 
8  Weltreisen,  die  erste  23.  April  1768  bis  11. 
Juni  1771,  auf  der  er  Australien  erreichte, 
die  Cookistraase  (s.  d.)  entdeckte  und  die 
Meerenge  zwischen  Australien  und  Neu- 
guinea durchfuhr;  die  «weite  13.  Jali  1778 
bis  80.  Juli  1775,  auf  der  er,  von  den  beiden 
Forster  begleitet,  Neuseeland  besuchte,  unter 
grossen  Gefahren  bis  71o  a.  Br.  vordrang 
und  Kap  Hom  umschiffte.  Auf  der  dritten 
Reise,  18.  Juli  1776  angetreten,  um  eine 
Durchfahrt  aus  dem  atlant.  in  den  Grossen 
Ocean  aufzufinden,  eutdeckte  er  die  Sand- 
wichsinseln, erforschte  die  Westküste  von 
Amerika,  machte  mehrere  Entdeckungen  im 
stillen  Ocean;  wardU.  Febr.  1779  auf  Owaihi 
von  den  Eingeborenen  ermordet.  Sehr 
verdient  um  die  Erforschung  Polynesiens. 
Seine  Reisebeschreibnngen  wurden  bes.  von 
Fortier  deutsch  bearbeitet.  Biogr.  C.s  von 
Wiedmann  (1789-90,  2  Bde.)  u.  Borro«  (1865). 

Cooksarcnipol  (spr.  Kuks-,  Herveyimein), 
Inselgruppe  im  austrat.  Ocean,  im  O.  der 
Tongainseln.  Die  10,000  Ew.  evangel.  Chri- 
sten.   Hauptinsei  Rarotonga. 

Cookseinfuhrt  (spr.  Kuks-),  Meeresbucht 
an  der  Nordwestküste  Amerikas,  zwischen 
Prince  Williamsund  und  BristolbaJ,  1778  von 
Cook  entdeckt. 

Cooksstrasse  (spr.  Kuks-),  Strasse  swi- 
scheu  den  beiden  Inseln  Neuseelands. 

Cooper  (spr.  Kuhper) ,  Fluss  in  Süd  Caro- 
lina (Nordamerika),  fällt  bei  Charleaton  mit 
dem  Ashley  zusammen  und  bildet  so  den 
Hafen  dieser  Stadt  (Charlestonbai). 

Cooper  (spr.  Kuliper),  Jamea  Fenimore, 
amerikan.  Romanschr^tsteller,  geb.  15. 
Sept.  1789  zu  Burlington  (Newjersey),  diente 
bis  1810  auf  der  nordamerikan.  Marine,,  lebte 
dann  zu  Cooperstown  am  Otsegosee;  f  das. 
14.  Sept.  1851.  Nachfolger  W.  Scotts ,  bes. 
Meister  in  der  Schilderung  des  amerikau. 
Indianer-  und  Ausiedlerlebens  undamerik. 
Naturscenen.  Unter  seinen  zahlr.  Romanen 
hervorzuheben:  ,Der  Spion'  und  ,Lionel 
Lincoln*  (Gremälde  aus  dem  amerik.  Unab- 
hängigkeitskriege); die  ,Lederstmmpf- Er- 
zählungen' und  ,The  weptof  Wish-Ton-Wish* 
(Verherrlichung  des  amerikan.  Waldlebens), 
,Der  PilotS  ,Die  Waaserhexe'  und  ,Bed 
rover'  (heroische  Seegemälde).  Sehr,  ausser- 
dem ,dleanings  in  Europe'  (Beschreibung 
seiner  Reise  nach  Europa,  183U— »2,  6  Bde.). 

CooperflnM  (spr.  Kuhp-,  Barku),  Fluss  im 
Innern  von  Australien,  entstellt  in  Queens- 
land aus  der  Vereinigung  des  Victoiia  und 
des  Tliomuon,  fliesst  südwestl.,  mündet  mit 


Copan  —  Cordilleren. 


439 


seinem  Hauptorm  in  den  Salzsee  Gregory; 
1858  entdeckt. 

Copan.  indian.  Ruinenstadt  in  Honduras, 

au  der  Greuse  von  Guatemala ;   merkwürd. 

.  Pyramideubauten,  Monolithen  mit  Skulptn- 

ren  und  Hieroglyphen,  identisch  mit  denen 

von  Palenqne  ;  schon  1530  Buine. 

Copemicia  Martiw,  Palmeugattung.  0. 
cerifera  Mart^t  Ckkrnwuba ,  Wach%paliM ,  im 
nördl.  Brasilien,  liefert  Wachs  (Ausfuhr 
50,000,  Verbrauch  im  Innern  40,000.  Arroben), 
Ntttsholz,  Gemüse  (Palmkohl),  Sago,  ge- 
niessbare  Fruchte,  Material  5bu  Hüten, 
Decken,  Netzen,  Vasen  etc.  und  in  den 
Blattstielen  korkartiges  Mark. 

CopUpÖ  (8,  Frimeueo  dt  la  Selva),  Hauptst. 
der  Prov.  Ataoaraa  in  Chile,  am  Flu$8  0., 
13,381  Ew. ;  seit  1851  Eisenbahn  nach  dem 
Hafen  Caldera.    Wichtige  Bergwerke. 

Coppet  (spr.  Koppäh),  Vlecken  im  Kanton 
Waadt ,  am  Genfersee ,  471  Ew. ;  Schloss, 
einst  Besitz  und  Aufenthaltsort  Neokers 
und  seiner  Tochter,  der  Frau  ▼.  StaSi. 

Coqaille  (fr.,  spr.  -kilj),  Schneckenhaus; 
die  Üeine  muschelf&rmige  Zündpfiftune  der 
Mörser;  die  Form  von  Stückkngela. 

Coquimbit  (£lake%i),  Mineral  aus  der 
Klasse  der  wasserhaltigen  Chalcite,  drelüach- 
achwefelsanres  Eiseuozyd,  in  Coquimbo. 

Coquimbo  (spr.  •kimbo),  Prov.  in  Chile, 
687  QM.  und  (1866)  U9,308  Ew.,  reich  an 
Mineralien  (bes.  Kupfer,  auch  Silber,  Queck- 
silber etc.).  Hauptort:  La  Serena.  Der 
Fieeken  C,  an  der  Mündung  des  Flu»»e$  C, 
7138  Ew.,  bildet  den  Hafen  der  Hauptstadt 
(Eisenbahn  dahin). 

€oram  (lat.),  vor,  in  Gegenwart;  (7.  neh- 
men. Jemand  vornehmen,  um  ihn  auszu- 
schelten.  [Bari,  24,600  Ew. 

Corato,  Stadt  in  der  ital.  Prov.  Terra  di 

Corble,  Stadt  im  franz.  Depart.  Somme, 
3346  Ew.;  im  Mittelalter  Corfreüs,  mit  her. 
Beuediktinerabtoi,  664  gestiftet,  dem  Mutter- 
kloster des  deutschen  Korvei. 

Corbi^rez  (spr.  -biähr),  Ausläufer  der  östl. 
Pyrenäen,  im  Roc-Blanc  7811'  h. 

Corday  d'Armuis  (spr.  -däh  d'Armang), 
Marie  Charlotte,  sciiwärmerische  Joagfran, 
geb.  n69  als  Tochter  eines  Edelmanns  zu 
St.  Saturin  bei  Caen,  erstach  13.  Juli  1793 
Marat,  ward  17.  Juli  goillotinirt.  Vgl. 
DuboU,  ,Charlotte  0.*,  1888. 

Cordelien(fr.,  spr.  Kordlieh,  Strickträger), 
in  Fraukreidi  Name  der  reguUrten  Francis- 
kauor,  dann  zur  Zeit  der  ersten  Revolution 
der  Milglieder  eines  polit.  Klubs,  der  in 
der  Kapelle  eines  Klosters  der  C.  zu  Paris 
sich  zu  versammeln  pflegte ,  meist  mit  den 
Jakobinern  in  heftigem  Kampfe,  zählte  unter 
seinen  Mitgliedern  Camiile  Deemoulins,  Dan- 
ton und  Marat,  ward  in  der  letzten  Zeit 
des  Konvents  geschlossen. 

Cordia  L,  (Bruatbee  rtoHm)>  Pflanzengattung 
der  Asperifoliaceen.  G.  Mixa  L,,  Baum  in 
Aegypten,  Arabien,  Ostindien,  liefert  die 
schwarzen  Brustbeeren  (Sebestenae,  Fructns 
Mixae),  das  Holz  diente  zu  Mumiensäq^n 
und  kommt  als  Rosenholz  in  den  Handel. 

Vordlerit  (Diehrott),  Mineral  aus  der 
Klasse    der    wassei'Arelen    Amphoterolithe, 


meist  blau,  zeigt  im  duroh&Uenden  Liebt 
nach  verschiedenen  Richtungen  bin  ver- 
schiedene Farben  (Diohroi'smns),  besteht 
aus  Magnesia^,  Thonerde-Silikat.  Bei  Boden- 
mais ,  in  Finnland ,  Norwegen ,  Spanien 
(Jolith),  Schwede,  Ceylon  (als  Geschiebe, 
hellblau  :.Wa8sersapphir,  schwärzliohbraan : 
Lnohsstein),  Sachsen.  Als  Ring-  und  Nadel- 
stein benutzt. 

CordlUerea  (span.,  spr.  -dilljeren,  d.  i. 
Bergketten),  das  Hauptgebirge  Amerikas, 
das  den  ganzen  Erdtheil  auf  der  Westküste 
durchzieht,  über  2000  M.  lang,  meist  aus  9, 
auch  3  Hauptparallelketten  bestehend,  die 
gewöhnlich  grosse  L&ngenthäler  oder  Hoch- 
flächen einsoliliessen,  mit  steilem  Abfiill 
gegen  W.  und  zahlr.  Aosläufem* gegen  O.; 
nächst  dem  Himalaya  das  höchste  Gebirge 
der  Erde,  mit  den  riesigsten  Feuerbergen 
(Uö  Vulkane,  wovon  58  thätig);  dabei  sehr 
erzreich  (Gold  -  und  Silberminen  in  Peru, 
Mexiko,  Kalifornien,  Nevada,  Oolorado  u.  a.). 
Das  Ganze  wird  viermal  dnroh  Einsenkangen 
und  Gebirgslücken  unterbrochen  und  zer- 
fällt dadurch  in  5  verschiedene  Systeme: 
I.  Die  0.  von  Südamerika  (Oordillerae  de  los 
Andee,  auch  bloss  Anden),  vom  Kap  Froward 
bis  last  zum  Antillenmeer  (10 Vs<^n.  Br.)  als 
undurohbrochene  Mauer  und  Grenzscheide 
des  Klimas  (aber  nicht  der  Hitze),  der 
Pflanzen-  und  Thierwelt  zwischen  O.  und 
W.  ziehend ,  980  M.  1.,  24-124  M.  br. ,  mit 
11,000'  mlttl.  Kammhöhe,  56  Vulkanen  (26 
thätig)  und  hohen ,  schwierigen  und  nicht 
zahlr.  Pässen;  zerfallend  in  a)  0.  von  Pot- 
tagonien, mit  Gipfeln  von  6  >- 7000' Höhe, 
nocli  wenig  bekannt;  b)  C.  von  Chile,  im 
Aooncagna  21,582'  h. ;  beides  nur  eine  Haupt- 
kette; c)  C  von  JPeru  und  Bolivia,  welche, 
vom  12,000'  h.  Plateau  von  Potosi  ausgehend, 
mit  2  Hauptketten  von  13,500-14,500'  Hohe 
das  Hochland  von  Peru  umschliessen  und 
die  höclisten  Gipfel  Amerikas  tragen  (Sorate 
23,280',  Illimani  20,000'  und  der  21,600'  b. 
thätige  Vulkan  Sahama),  weiter  nördl.  aber 
in  3  Ketten  sich  spalten  mit  15—17,000'  h. 
Gipfeln;  d)  O.  von  Quito,  vom  Knoten  von 
Loxas  an  (40  s.  Br.),  2  Ketten,  das  7— 9O0O' 
hohe  Plateau  von  Quito  einschliessoftd,  mit 
fast  11,000'  fa.  Kamm  (Chimborazo  19,768', 
Cotopaxi  17,710'  h.) ;  e)  0.  von  Neugranada, 
vom  Knoten  Los  Pastos  an  (l^  s.  Br.), 
3  Ketten,  durch  die  Thäier  des  Cauca  und 
Magdalenenstroms  getrennt  (Pik  von  Tolima 
17,000'  h.).  —  n.  Die  O.  des  Jsthmu»  von  Ai- 
nama,  auf  der  Grenze  von  Nord-  und  Süd- 
amerika, das  kürzeste,  schmälste  imd 
niedrigste  der  5  Systeme,  Gipfel  kaum  3000' 
lioch.  —  HL  Die  0.  von  Guatemala,  zwischen 
den  Einsenkungen  von  Panama  und  von 
Tehuantepek,  202  M.  K,  bis  50  M.  br.,  miU- 
lore  Kammhöhe  6200',  höchste  Erhebung 
14,000',  30  Vulkane  (18  thätige).  —  IV.  Die 
C.  von  Mexiko  (Neuspanien),  zwischen  den 
Gebirgslücken  von  Tehuantepek  Und  Arizona 
(oder  des  Bio  Gila),  270  M.  L,  32-118  M.  br., 
mittlere  Höhe  6200',  höchster  Gipfel  16,780' 
(7  Vulkane,  wovon  4  thätig).  —  V.  Die  FeUett- 
gebirge  (s.  d.)  und  nordamerik,  Seealpen  (s.d.), 
000  und  800  M.  1.,  einander  parallel  gen  NW. 


44t) 


Cordon  —  Cornelius. 


xiehend  und  durch  Qaerruoken  yerkettet, 
70-210  M.  br.,  die  erstem  mit  Gipfel  bis 
l&tOOO'  Höbe,  ohne  thätlge  Vulkane,  die 
letstem  mit  14,000'  höchster  Erhebung 
(Biiasberg)  nnd  24  Vulkanen  (worunter 
5  th&tlge). 

€ori<m  (fr.,  spr.  -dong,  Band),  eine  Reihe 
Ton  Hilitärposten  Eum  Schnts  eines  Landes 
▼or  feindlichem  Einfall  oder  vor  dem  Ein- 
schleppen ansteckender  Krankheiten. 

€0Td0Ta^  1)  span.  Prov.  (Andalusien),  S44 
QM.  und  358,657  Ew. ;  fruchtbar,  wenig  be- 
völkert, im  N.  und  S.  gebirgig,  reiche  Stein- 
kohlenlager. Die  Hauptst.  0.,  am  G-uadal- 
quivir,  41,9^  Ew.;  prächt.  Kathedrale  (mit 
16  Thärmen  und  über  1000  Säulen ,  einst 
ber.  Mosdbee,  la  MeKquita).  Seit  572  gothi- 
scher  Bischofssitz,  711  von  Tarik  erobert; 
dann  zur  Maurenaeit  die  bedeutendste  Stadt 
Spaniens,  755—1031  Slts  eines  Khalifats, 
luttelpunkt  der  Künste  und  Wissenschaften 
and  das  ,Mekka  des  Westens* ;  ihre  Glane- 
seit  unter  Abd-ur-Rahraän  m.,  El  Hakem  II. 
und  Almansor  (damals  200,000  Häuser  und 
1  Mill.  Ew.);  seit  12S6  spanisch  und  im  Ver- 
fall. —  2)  ProT.  der  argentin.  Republik, 
2942  QM.  und  (1869)  210,508  Ew.»  ein  reiches 
und  fruchtbares  Land,  im  O.  fast  unbewohnt, 
bed.  Viehzucht.  Die  Hauptst.  0.,  am  Pri- 
mero,  25,000  Ew.  Bischofssitz,  Universität 
(ehem.  berühmt).    Gegr.  1573. 

Corentyn  (Courantm),  Grenzflnss  zwischen 
dem  brit.  und  holländ.  Gniana;  etwa  SO  M. 
(bis  Gabalaba)  schilTbar. 

Corftninm  (a.G.),  Stadt  in  Samnium,  wäh- 
rend des  Bundesgenossenkriegs  Mittelpunkt 
des  Bundes ;  jetzt  Pentima  (Abruzzo  ult.  11). 

Corge  (Kohraach),  Zählmass  in  Ostindien 
und  dem  ostind.  Archipel,  ==  20  Stück. 

CoriftiidniniI(.(Jror«an(?er),Pflauzengattung 
der  Umbelliferen.  0.  sativum  L.,  Wanxen- 
kraut,  Wawtendill,  im  ganzen  gemässigten 
Asien,  im  Mittelmeergebiet,  in  Deutschland, 
England  und  Amerika  vielfach  kultivirt, 
liefert  den  ofßcinellen  Koriander  (Schwindel- 
kömer),  der  als  Gewürz  und  zur  Liqueur- 
fabrikation  dient,  durch  Destillation  ein 
ätherisches  Gel  (Korianderöl). 

Coringft,  Handelsstadt  in  der  brit.-ostlnd. 
Präsid.  Madras,  an  einer  Mündung  des 
Godavery,  15,000  Ew.  Bester  Hafen  der 
ganzen  Küste. 

Corlntli,  Ort  in  Mississippi  (Nordamerika), 
im  nordamenkan.  Bürgerkrieg  wiederholt 
(Mai  und  Okt.  1862)  Schauplatz  blutiger 
Niederlagen  der  Konföderirten. 

OorlolaiMis,  Beiname  des  rötn.  Patricfers 
Caju$  Marcius  von  der  von  ihm  eroberten 
Stadt  Gorioli,  rieth  während  einer  Hungers- 
noth  die  aus  Sieilien  angelangten  Getreide- 
▼orräthe  den  Plebejetn  nur  gegen  Verzicht- 
leistung auf  das  Tribunat  zu  Theil  werden 
zu  lassen,  ward  deshalb  von  den  Tribut- 
komitien  verurtheilt,  ging  zu  denVolskern 
ins  Exil,  drang  an  deren  Spitze  ins  röm. 
Gebiet  ein,  bedrohte  Rom  und  liess  sich 
erst  durch  das  liehen  seiner  Mutter  Veturia 
und  seiner  Gattin  Volumnia  zum  Abzug  be- 
wegen ;  soll  deshalb  von  den  Volskern  er- 
mordet  worden   sein,   nach  Anderen   aber 


als  hochbetagter  Greis  im  Exil  gestorben 
sein.  Seine  Geschichte  dramat.  behandelt 
von  Shakespeare  und  OoUin. 

Cork.Grafsch.  in  derirländ.Prov. Munster, 
136  QM.  und  464,697  Ew.  Die  HauptH.  C, 
nahe  der  Mündung  des  Lee  in  die  Oorkhai, 
nach  Grösse  und  Handel  die  2.  Stadt  Irlands, 
78,892  Ew.  Kathol.  Universität  (seit  1«^), 
wenige  Manufakturen,  bed.  Schiffbau  and 
starke  Ausfuhr  von  Butter,  Pökelfleisch,  bes. 
Getreide  etc.  nach  England,  Portugal,  dem 
Mittelmeer  und  Oanada.  Eisenbahn  nach 
Dublin.  2V«  M.  unterhalb  der  schöne  und 
grosse  O.Aa/en  (Verproviantirung  der  Flotte, 
bes.  der  Schiffe  nach  Indien);  auf  einer 
Insel  in  derFIussmündnng  Queenatoum  (s.  d.), 
der  Hanpthafen  von  0.  (für  Kriegsschiffe). 
Ursprüngl.  dän.  Kolonie;  zu  Elisabeths  Zeit 
noch  ein  unbedeutender  Ort.       [15,350  £w. 

Vorle<me,  Stadt  auf  Sioilien,Prov.  Palermo, 

Cornea  (lat.),    die  Hornhaut  de»  Auges. 

Corneille  (spr.  -nelj),  1)  Pierre,  franz.  Dra- 
matiker, geb.  6.  Juni  1606  zu  Ronen,  urspr. 
Jurist,  schrieb  zuerst  Lustspiele  nach  span. 
Muster  (^MeliteS  ,Menteur'  etc.),  wandte 
sich  dann  mit  der  ,Medea'  ausschliesslich 
dem  Trauerspiel  zu,  ward  1647  Mil^lied  der 
Akademie  zu  Paris;  f  ^^*'  1*  ^^^'  l^^- 
Schöpfer  der  klass.  franz.  Tragödie,  genannt 
,der  Grosse*  iu  Rücksicht  auf  die  Ten- 
denz seiner  Stücke,  iu  welchen  die  grossen 
und  erhabenen  Empfindungen  fast  durchaus 
vorherrschen.  Hauptwerke:  ,Cld'  (1686), 
,Horace*  (1639),  ,Oinna<  (1689),  ,Po)yencte, 
(1640)  und  »Rodogune'  (1644).  Vollständigste 
Ausgabe  seiner  Werke  von  Üenouard  (1817, 
12  Bde.).  Vgl.  Quizot,  ,G.  et  son  temps',  5. 
Aufl.  1866.  —  2)  Thomas,  Bruder  des  Vor.,  geb. 
20.  Aug.  1625,  t  8.  Dec.  1709  zu  Andelys. 
Sehr,  ebenfalls  zahlr.  Dramen  (,Graf  Essex', 
,Ariadne'),  machte  sich  verdient  durch  Her- 
ausgabe des  ,Diction.  pour  servir  de  shppld- 
ment  au  dictionnaire  de  TAcad^mie  fran^.' 
(1694)  und  des  ,Diction.  universel  g6ograpli. 
et  historique'  (1708,  8  Bde.),  der  Grundlage 
der  nachherigen  ,Encyclop6die'. 

Cornelia^  edle  Römerin,  jüngere  Tochter 
des  älteren  Publius  Scipio  AiHcanus,  Ge- 
mahlin des  Tlberius  Sempronius  Gracchus, 
Mutter  des  Tlberius  und  Oajus  Sempronius 
Gracchus,  deren  Tod  sie  überlebte. 

Comellmonster,  Flecken  im  preuss.  Regbz. 
und  Kr.  Aachen ,  an  der  Deute ,  8118  Ew. 
Blei-  und  Galmeigruben.  Ehem.  Sitz  einer 
gefürsteten  Benediktinerabfei  (seit  821). 

Cornelias  9  Peter  «o»,  der  Hanptmeister 
der  neuern  deutschen  Malerei,  geb.  23.  Sept. 
1783  zu  Düsseldorf,  Schüler  der  dortigen 
Akademie,1811— 19  inBom,  seit  1820Düektor 
der  düsseldorfer  Akademie,  18S5  zum  Direk- 
tor der  Akademie  in  München  ernannt,  1841 
dnrcli  den  König  von  Prenssen  nach  Berlin 
berufen ;  f  6.  März  1867.  Schlug  bereits  1810 
durch  die  Kompositionen  zu  Goethes  Fansfc 
(von  Ruscheweyh  gest.)  und  zum  Nibelungen- 
liede (von  Lips  u.  Ritter  gest.)  eine  wahrhaft 
nationale  Weise  an  und  eröffnete  dann  In 
München  durch  Assfühmug  der  grossar- 
tigsten  monumentalen  Auigabeu  eine  neno 
Aera  für  die  Geschichte  der  deutschen  Knnst. 


Comet  —  Corpus  juris. 


441 


Seine  Werket  durchaus  ernst,  gedankenvoll 
und  ideal,  umfitssen  mehrere  grosse  Gyklen: 
die  Vresken  der  Glyptothek  zu  München  (Ver- 
herrlichimg  der  antiken  Götter-  und  Heroen- 
welt), die  Loggien  der  Pinakothek  (Darstel- 
lung der  Geschichte  der  christl.  KunstX  den 
BUdercyklus  der  Ludwigskirche  in  München 
(grandiose  Schilderung  des  christl.  Ideen- 
kreises von  Ersehaflfung  der  Welt  bis  zum 
jüngsten  Gericht)  und  die  Kompositionen 
zara  Gampo  santo  in  Berlin  (Darstellung 
der  Christi.  Weltanschauung :  Erlösung  von 
der  Sünde  durch  Christus ,  Fortwirken  der 
Kirche  auf  Erden,  Untergang  des  Fleisches 
nnd  Auferstehung  zum  ewigen  Leben).  Durch 
O.  erhielt  die  deutsche  Kunst  die  Richtung 
anf  das  Bedeutende,  auf  Ausbildung  des 
Sinns  für  lineare  Schönheit,  architekton. 
Rhythmus  und  kraftige  Formontwicklung. 
Blogr.  von  Siegel  (2.  Aufl.  1870)  und  Wol- 
nogen  (1867). 

Coniet  (fr.,  spr.  -neh),  Zinken,  Posthorn. 
O.  ä  pUtons  (spr.  •stong),  kleines  Ventil  hörn, 
&hnl.  einer  Trompete  mit  3  Ventilen. 

Comet  (vom  span.  eometa ,  Reiterfahne, 
Standarte,  franz.  eomette) ;  früher  Name  des 
jüngsten  Offiziers  einer  Eskadron ,  weldher 
die  Standarte  derselben  trug,  dem  Fähnrich 
der  Infanterie  entsprechend.  Jetzt  abge- 
schafft. Oornette  im  16.  und  17.  Jahrh.  eine 
Reiterkompagnie,      [simskranz  einer  Säule. 

Comlche  (fr.,  spr.  -nihsch).   Karnies,  Ge- 

Oomlehe  (Soute  du  O.),  wegen  ihrer  land- 
schaftlichen Schönheit  weltber.  Strasse  von 
Nizza  längs  der  Biviera  di  Ponente  (am 
FuBS  der  Seealpen)  nach  Genua;  von  den 
alten  Römern  angelegt  und  von  Napoleon  I. 
erweitert;  207  Kilom.  lang. 

€onio  (ital.).  Hörn.  O.  di  caceia  (spr. 
-katscha),  Jagdhorn.   Cometto,  kleines  Hom. 

i'omoiiaille  (spr.  -walj),  Landsch.  in  der 
südwestl.  Bretagne,  um  Ohateauliu,  steril, 
nur  von  Hirten  bewohnt. 

ComuB  L.  (Homstraueh,  Hartriegel),  Fflan- 
zengattung  der  Kaprifoliaoeen.  G.  mas  L., 
Komdkiraehbaum ,  Herlit*enairauch ,  baum- 
artiger Strauch  in  Mittel-  und  Südeuropa 
und  dem  Orient,  Zierstrauch,  liefert  gutes 
Nutzholz  (ziegenhainor  Stöcke)  und  geniess- 
bare  Früchte.  C.  sauguinea  L.,  gemeiner 
ff.f  in  Buropa  und  dem  Orient,  Zierstrauch. 

Cornwall  (Cornwallis),  1)  (Hemoffthum  C.) 
südwestlichste  Grafsch. Englands,  am  atlant. 
Ocean,  64  QM.  und  369,300  Ew.,  Halbinsel 
voll  unfruchtbarer  Beige  und  Thäler,  aber 
mit  wichtigen  Bergwerken ,  bes.  auf  Zinn 
(bei  Palgooth)  und  Kupfer  (zwischen  Truro 
und  Kap  Landsend).  Hanptst.  Launceston ; 
bester  Hafen  Falmouth.  —  2)  Eine  der 
grössten  Parryinseln  im  nördl.  Bismeer, 
zwischen  Norddevon  und  derBathurstinsel. 

ComwftlliSy  Charte»  Man»,  Marquis  von, 
brit.  Ctoneral,  geb.  81.  "Dec.  1738,  focht  im 
7jälir.  Kriege,  dann  in  Nordamerika,  schlug 
den  amerikan.  General  Gates  bei  Gamden, 
musste.sich  19.  Okt.  1781  mit  8000  Mann  an 
Washing^ton  ergeben.  1786  Generalgonver- 
neur  und  Kommandant  der  Truppen  In  Ost- 
indien, zwang  erTIppo-Saib  zur  Unterwer- 
fung und  ordnete  die  Verwaltung  Ostindiens. 


1798  Gouverneur  von  Irland,  unterdrückte 
er  einen  Aufstand  daselbst  und  leitete  die 
Union  der  Insel  mit  England  ein.  1806 
nochmals  Gouverneur  von  Ostindien ;  f  &• 
Okt.  1805  zu  Gazepur.  Seine  ,Correspoii- 
dence*  herausg.  yon  Bo»»  (8.  Aufl.  18S9,8Bde.). 

CorolU(lat.,  Korolle),  in  derBotanikBlume, 
welche  mit  dem  Kelch  (calix)  den  äniseren 
Blattwirtel  der  vollständigen  Blüthe  bildet. 

CoroUarluM  (lat.),  Geschenk,  Zugabe;  in 
der  Logik  ans  einem  bewiesenen  Bäte  sich 
von  selbst  ergebende  Folgerung. 

Cormui  (lat.),  Krone,  Kranz. 

€orQner  (engl.),  in  Eugland  Beamter,  wel- 
cher von  den  zinspflichtigen  Lehnsleuten 
(Freeholders)  einer  Grafschaft  gewählt  wird, 
um  die  Rechte  der  Krone  wahrzunehmen, 
hat  bes.  die  Ursachen  plötzlicher  Todesfällu 
unter  Zuziehung  von  12  Geschwomen  zu 
untersuchen  und  das  gerichtl.  VerfaJiren 
wegen  Mords  oder  Todtschlags  einzuleiten. 

Coronllla  (Vintenoe),  Goldpiaster,  span. 
Goldmünze  aus  dem  16.  Jahrh. , =1  Tblr.  12Gr. 

€orpoifle  (lat.),  in  der  kathol.  Kircl»e 
das  geweihte  leinene  Tuch,  worauf  Hostieu- 
teller  und  Kelch  gestellt  werden. 

Corps  (fr.),  Körperschaft;  beim  Militareine 
bedeutendere  Truppenabtheilung,  weldic 
selbständig  agirt,  oder  ein  aus  verschiedenen 
Waffengattungen,  in  2  oder  3  Divisionen 
formirter  Truppenkörper  (Armeecorp»)  mit 
eigner  Verwaltung.  G.  de  bataille,  das  zwi- 
schen den  beiden  Flügeln  der  Schinchtlinio 
stehende  Hanptcorps.  C  de  garde,  Waeht- 
mannscliaft,  auch  Wachtstube.  C.  de  place, 
der  vom  Hauptwall  umschlossene  innere 
Theil  einer  Festung.  O.  volant,  fliegendes 
G.,  Streif-  oder  Freicorps. 

Corpus  (lat.),  Leib,  Körper;  Körperschaft, 
Gesellschaft,  Gollegium';  Schriftgattung  zwi- 
schen Gioero  und  Bourgeois,  womit  zuerst  das 
Gorpus  juris  gedruckt  ward,  auch  Oat-mond, 
Bngi.  Long  Brimer ,fTtim,Pßiit  ßomai«  genannt. 

Corpus  ofttkolicornm  und  Corpus  evange- 
licomm  (lat.),  zwei  geschlossene  Körper- 
schaften der  deutschen  Reichsstande ,  als 
solche  zuerst  im  nürnberger  Religions- 
frieden 1532  auftretend,  förmlich  anerkannt 
durch  den  westphal.  Frieden,  indem  ders. 
bestimmte,  dass  in  kirchl.  Angelegenheiten 
nicht  nach  Stimmenmehrheit  entschieden, 
sondern  zwischen  protestant.  und  kathol. 
Ständen,  als  zwischen  zwei  gleich  berech- 
tigten Korporationen,  auf  gütliche  Weise 
verglichen  werden  solle.  Die  Bedeutung 
beider  Körperschaften  erlosch  mit  dem  Ende 
des  deutschen  Reichs  1806. 

Corpusenla  (lat.),  kleine  Körpercheu;  in 
der  Anatomie  kleine  knöcherne  oder  auch 
drüsenartige  Theile.  C.  primitiva  oder  phi- 
loeophiea,  8.  v.  a.  Atome ;  dalier  Korpuskular- 
philoeophie  s.  v.  a.  Atomenlehre. 

Corpus  delicti  (lat.),  im  Strafrecht  der 
Inbegriff  der  zu  einem  Verbrechen  erforder- 
lichen Handlungen  und  Wirkungen;  auch 
das  Werkzeug,  wodurch  ein  Verbrechen 
verübt  wurde,   oder  die  Spuren  desselben. 

Corpus  doctriniie  (lat.),  Sammlung  kirch« 
Hoher  Bekenntniss-  und  Lehrschriften. 

Corpus  Juris  (lat.),  Name  gewisser  Samm- 


442 


Correggio  —  Gosel. 


Inngeii  von  G^etxeü  und  Beehtsbüehem, 
insbes.  (0.  j,  dviU»)  der  im  IS.  Jahrh.  yu 
einem  geschlossenen  Gänsen  vereinigten 
Rechtsböcher  JnstiniaDS  (Institutionen,  Pan- 
dekten ,  Oodex  und  NoTollen)  nebst  den 
ihnen  angehängten  Sammlungen  des  lombard. 
Lebnrechts  (libri  feudorum),  herausg.  neuer- 
lich Ton  Beck  (1825-37,  8  Bde.;  1833-37, 
3  Bde.)  und  von  den  (Gebrüdern  Krieget, 
fortgesetzt  von  Herrmamn  und  O^ea^rüggen 
<18S6-48,  11  Hefte);  deutsch  von  OUo,  Schil- 
ling und  SinUnU  (1880—33,  7  Bde.).  —  O.  j. 
canonici,  eine  ähnliche,  aus  dem  späteren 
Mittelalter  herrührende  Sammlung  von 
Quellen  des  kauon.  Rechts,  Koucilienbe- 
schlüssen,  päpstlichen  Verordnungen  etc., 
heraasgeg.  von  Richitr  (1833  —  39,  2  Bde.); 
deutsch  von  BchilUng  und  ßintenU  (1835—39. 

Correggio  (spr.  -edscho),  Anicnio  AUegri  da, 
ital.  Maler,  geb.  1494  bu  Correggio  im  Mo- 
denesischeu,  erhielt  seine  Bildung  durch 
Franc.  Bianchl  Ferrari  sn  Modena  und  in 
der  Schule  des  Mantegna  zu  Mantna,  kehrte 
1513  in  die  Heimat  zurück,  war  später  auch 
in  Parma,  kam  1527  In  Besitz  ansehnlicher 
Landgüter ,  ward  durch  den  Tod  seiner  Gat- 
tin 1529  tödtlich  erschüttei-t ;  f  1534.  Hervor- 
ragend durch  bezaubernde  Lieblichkeit  und 
unwiderstehlichen  Reiz  seiner  Gemälde; 
Meister  in  der  Kunst  des  Helldunkels. 
Berühmteste  Werke:  die  sogen.  Zingarella 
(Madonna  auf  der  Flucht  nach  Aegypten 
mitoriental.Kopf]pntz,  Porträt  seiner  Gattin), 
Madonna  mit  dem  Kind,  Kreuzabnahme 
(Parma),  heilige  Nacht  (Dresden),  St.  Hie- 
ronymus  (Parma) ,  Himmelfahrt  der  Maria 
(Frescogemälde  in  der  Domkuppel  zu  Parma), 
lo  und  Leda  (Berlin),  DanaS  (Rom),  Jupiter 
und  Antiope  (Paris),  Eoce  Homo  (London), 
hassende  Magdalena  (letztesWerk,  Dresden). 

Corr^se  (spr.  Korrähs) ,  Nebenfluss  der 
Vezdre  im  südwestl.  Frankreich,  mündet  bei 
Granges,  UM.  Danach  benannt  d&a  Depart. 
C,  106 QM.  mit  310,843 Ew.;  Hauptst. Tülle. 

Corrib.  See  in  der  Irland.  Grafsch.  Gal- 
way,  4  M.  lang;  Abfluss  der  Galway  (zur 
Galwavbai). 

CorrlentM.  Staat  der  argentin.  Republik, 
im  NO.,  2942  QM.  und  (1869)  129,023  Ew. ; 
bes.  im  S.  gut  bewaldet,  reich  bewässert 
und  fruchtbar  (Baumwolle,  Tabak,  Reis, 
Zucker).  Die  JSauptti.  C,  am  Parana,  nahe 
der  Paraguaymündung,  16,000  Ew.:  Hafen, 
Museum  (ehedem  unter  Bonplands  Leitung). 

Corrigeiida  (lat.),  das  zu  Verbessernde, 
Druckfehlerberichtigungen.  Corrigentia  oder 
Correctiva,  mildernde  Beimischungen  zu 
Arzneimitteln. 

Corrodentifty  s.  v.  a.  Aetzmittel. 

Conaky  das  Pelzwerk  des  sibirischen 
Steppenfuchses  (Caniscorsak,  Vnlpes  corsak). 

Corso  (ital.,  Lauf,  Benribahn) ,  in  Italien 
Wettrennen  reiterloser  Pferde,  dann  das 
Durchfahren  der  Hauptstrasse  einer  Stadt 
reihenweise  in  schönen  Equipagen,  bes.  am 
Karneval,  daher  Name  von  Strassen.  Am 
bekanntesten  der  0.  in  Rom ,  etwa  3500 
Schritte  lang,  von  der  Porta  del  Popolo  bis 
zumFusse  des  Kapitels  führend,  Hauptschau- 
plats  der  KarneTalsbelustjgungen, 


Cortoy  feste  Stadt  im  Innern  von  Korsika, 
am  Tavignano,  5754  Ew.    Universität  Paoli. 

CortM  (span.,  von  oorte,  Hof,  Residenz), 
in  Spanien  und  Portugal  Name  der  Stände- 
versammlung. 

CortesOy  Maler,  s.  Oourtoit, 

Cortex  (lat.),  Rinde. 

Cortes  (spr.  Kortes),  Fernando,  der  Er- 
oberer von  Mexiko,  geb.  1485  zu  Medellin 
(Estremadura),  kam  1504  nach  Westindien, 
ward  von  Velasquez,  dem  Statthalter  von 
Cttba,  mit  U  Schiffen,  508  (553)  Soldaten, 
110  Matrosen  und  14  Geschützen  10.  Febr. 
1519  nach  Mexiko  gesandt,  landete  hier 
April,  zog  8.  Nov.  in  Mexiko  ein,  ward 
durch  einen  Aufstand  genöthig^,  die  Stadt 
(1.  Juli  1520)  wieder  zu  verlassen,  eroberte 
sie  (13.  Aug.  1521)  von  Neuem  und  unter- 
warf auch  die  übrigen  Provinzen  des 
Reichs.  Von  Karl  V.  zum  Statthalter  und 
Geueralkapitän  von  ,Neu8panien'  ernannt 
und  mit  dem  Marquisat  Oaxaca  belehnt, 
begann  er  die  Kolonisation  de»  Landes, 
zog  1530  auf  weitere  Eroberungen  aus  und 
entdeckte  Kalifornien  (1533).  1540  nach 
Spanien  zurückgekehrt,  liegleitete  er  Karl  V. 
auf  dessen  Zug  nach  Algerien;  f  2.  Dec. 
1547  zu  Castilleja  de  la  Cuesta  bei  Sevilla. 
Vgl.  Preecott,  ,History  of  the  conquest  of 
Mexico*,  1843;  Folsom,  ,The  dispatches  of 
Hernando  0.',  1843. 

Cortönft,  Stadt  in  der  ital.  Prov.  Arezzo, 
im  Chianathal,  3525  Ew.;  her.  Akademie 
(Etrusca),  Museum  etrusk.  Alterthümer. 

Conua  (spr.  -ui^a),  span.  Prov.  (Galicien), 
144,7  QM.  und  557,311  £w.  Die  HaupM. 
La  O.,  an  der  Nord  westküste,  Handelsplatz 
ersten   Ranges,   30,137  Ew.    Seehafen  mit 

5  Forts;  unfern  der  Thurm  des  Hercules 
(alter  Leuchtthurm,  100',  von  Trajan  erbaut). 

Corvfniis,  1)  röm.  Beiname,  s.  Meesala, 
auch  Hunyad  und  Matihiaa*  —  2)  Pseudo- 
nym, s.  Baabe, 

CorTln-Wiersbitzkiy  Otio  JnUua  BwrOMrd 
von,  Schriftsteller,  geb.  12.  Okt.  1800  in 
Gumbinnen,  stand  erst  im  preuss.  Militär- 
dienst, lebte  seit  1835  in  Frankfurt  und  Leip- 
zig, betheiligte  sich  AprU  1848  und  Mai  1849 
am  Aufstande  in  Baden,  füngirte  in  Rastadt 
als  Chef  des  Generalstabs,  ward  nach  Ueber- 
£^be  der  Festung  kriegsrechtlich  zum  Tod 
vernrtheilt,  zu  lOjähr.  Zuchthausstrafe  be- 
gnadigt, büsste  diese  in  Bruchsal  ab.  Okt. 
1855  entlassen,  widmete  er  sich  in  London 
schriftstellerischen  Arbeiten.  Während  des 
amerikan.  Kriegs  Specialkorrespondent  der 
,Augsburg.  allg.  Zeitung*,  auch  1870  während 
des  Kriegs  mit  Frankreich  auf  dem  Kriegs- 
schauplatze als  Korrespondent  thätig.  Sehr. 
,Der  niederländ.  Freiheitskrieg*  (1847—49, 

6  Bde.);  ,Illustr.  Weltgeschichte*  (mit  Hdd, 
1844—51,  4  Bde.);  ,Histor.  Denkmale  des 
Christi.  Fanatismus*  (1845, 2  Bde.) :  «Aus  dem 
Leben  eines  Volkskänipfers*  (1861, 4Bde.)  a.A. 

Oorflvs,  s.  Hcuüstrauch, 

CorymbDS  (gr.),  Doldentranbe,  s.  Dolde. 

€o8  (a.  G.),  Insel,  s.  Ko. 

Cosel  (Coeaell),  GrUfin  von,  Geliebte  Kö- 
nig Augusts  U.  von  Polen,  Tochter  des 
dän*  Obersten  Joachim  von  Brockdorf  auf 


Gosenza  —  Cotta. 


443^ 


Deppenau  im  Holsteinischen,  geb.  1680, 
heirathete  den  säcbs.  Slabinetsminister  von 
Hoymb,  liess  sich;  nachdem  sie  mit  August 
bekannt  geworden,  von  jenem  scheiden, 
ward  Ton  Kaiser  Joseph  sur  Reichsgräflu 
erhoben,  behauptete  sich  9  Jahre  in  der 
Gunst  des  Königs,  verscherzte  diese  durch 
unbegrenzte  Eifersucht  und  Herrschsucht. 
1716  auf  die  Festung  Stolpen  gebracht,  f  ^^ 
das.  März  1765. 

Oosenn,  Hauptst.  der  ital.  Prov.  Calabria 
citer.,  zwischen  den  Flüssen  Busento  und 
Crati,  11,649  Ew. ;  gr.  Kathedrale. 

CoieroWy  Dorf  auf  der  Insel  Usedom,  am 
Streckelberg;  an  Stelle  des  alten  Vineta (?)b 

Cosinus  9  in  der  Trigonometrie  der  Sinus 
des  Komplements  eines  Bogens  oder  Winkels 
zu  900,  also  G.  von  20  o  gleich  dem  Sinus 
von  700  und  umgekehrt.  [Theater. 

Cosme,  der  Harlequiu  auf  dem  spanischen 

Cosmetica,   kosmet.    Mittel,   Schönheits- 

COBinns.  s.  Mediei,  [mittel. 

Com  (£egel  C,  bei  den  Italienern 
£egola  deUa  coaa),  frühere  Bezeichnung  der 
Algebra,  von  cosa,  ital.,  s.  v.  a.  unbekannte 
Grösse.  Cossisten,  Algebraisten;  coMische 
Zahlen,  die  Poteozen  und  Wurzeln;  cowische 
Zeichen,  die  Symbole  dieser  Grössen;  cowi- 
Bcher  Algorithmus,  die  Rechnung  mit  den- 
selben, [schmerz. 

Costa   (lat.),    Rippe;    Cwtalgia,    Rtppen- 

Costa,  Michele,  Musiker,  geb.  Febr.  1804 
zu  Neapel,  seit  18dO  Kapellmeister  der  ital. 
Oper  in  London,  auch  Hofkoncertdirektor; 
Dirigent  fast  aller  Musikfeste  in  England, 
1869  zum  Bitter  erhoben.  Seine  Komposi- 
tionen (Oper  ,Dou  Garlos',  Orator.  ,£lyS 
Gesänge)  noch  wenig  belcannt. 

Costa-Rica  (span.,  d.  i.  reiche  Küste),  die 
südlichste  und  geordnetste  der  Republiken 
Centraiamerikas ,  1011  QM.  mit  135,000  £w. 
(*/«  Weisse).  Hochland  (gegen  4000'  h.,  ge- 
sund) mit  flachen  Küstenrändern  (meist 
ungesund);  zahlr.  Vulkane  (Irazu,  Ghiriqui, 
Turrialva  u.  a.) ,  häufige  Erdbeben.  Boden 
sehr  fruchtbar;  Hauptprodukt:  treffl.  Kaffee 
(jährl.  über  100,000  Ctr.  im  Werth  Ton 
1  —  1  Va  Mill.  Doli.;  seine  Kultur  1832  von 
einem  Deutschen,  E.  Wallerstein,  einge- 
führt). Industrie  fehlt.  Kathol.  Kirche 
(Bischof  von  San  Jos6);  dabei  durchaus 
Religionsfreiheit,  Präsident  auf  3  Jahre 
gewählt;  Senat  (85  Mitglieder)  u.  Kammer 
von  29  Deputirten.  Einkünfte:  1  Mill.  Doli. 
Staatsschuld  nicht  vorliauden.  Armee: 
1000  M.  stehendes  Heer,  5000  M.  Miliz.  Aus- 
fuhr 1866:  1,938,900  DoIL,  Einfuhr  2  Mill. 
Doli.  Freiliälen;  Funtas-Arenas  und  (»eit 
1868)  Limon.  6  Provinzen.  Hauptst.  San 
Jos6.  —  Das  Land,  5.  Okt.  1502  von  Co- 
lumbus  entdeckt,  1514  von  den  Spaniern 
zuerst  besiedelt  und  bereits  1574  organisirte 
Kolonie  (Neu  •  Gartago).  1611  und  1709  Er- 
mordung aller  Spanier  durcli  die  Indianer. 
1821  Unabhäugigkeitsarklärung;  dann  einer 
der  5  verein.  Staaten  von  Mittelamerika, 
sagte  ^ich  1842  von  der  Föderation  los  und 
konstitutrte  sich  als  unabhängiger  Freistaat, 
gab  sich  1847  «ine  neue  Konstitution,  be- 
theiligte  sich  unter  dem  Präsidenten  Juan 


Bafael  Mora  1856  und  1857  am  Kampf  ««gen 
den  Flibustier  Walker  in  Nicaragua.  Mora, 
Mai  1859  zum  vierten  Mal  zum  Pr&sidentea 
gewählt,  ward  durch  ein»  Koalition  der 
Liberalen«  und  Fremden  (Skigländer  und 
Deutsche)  14.  Aug.  gestürzt  und  yerbannt. 
Unter  dem  Präsidenten  Jos6  Maria  Monta- 
legre  entwarf  eine  Oonstituante  eine  neno 
Yer&ssnng,  auf  deren  Grund  1860  eine  Le- 
gislative berufen  ward.  Mora  landete  16. 
Sept.  1860  mit  Truppen  zu  Puntas-Arenas, 
ward  28.  Sept.  geschlagen  und  kriegsrecbt- 
lich  erschossen.  Seit  April  1863  und  Nov. 
1868  Jesus  Ximenes  Präsident.  Vgl. «.  BHUm, 
,G.,  der  Freistaat  in  Mittelamerika  etc.*, 
1850;  Wagner  und  Seherzef,  ,Die  Republik 
CS  1856;  fbngin,  ,L'6Ut  de  a  etc.*,  1863. 

CosteTy  Lattrens  Jatuxoan,  in  Holland  als 
erster  Erfinder  der  Buchdruckerkunst  ge- 
nannt, geb.  um  1370  in  Harlem,  Brief- 
drucker und  Schöppe  das.;  f  um  1440. 

Cdte  d*Or  (spr.  Koht  d*Ohr,  d.  1.  Gold- 
hügel), Depart.  des  östl.  Frankreich,  159  QM. 
mit  382,762  Ew.,  nach  dem  durch  seinen 
Wein  ber.  Gebirgetug  de»  C.  tPO.  benannt, 
reich    an   Mineralquellen.    Hauptst.  Dijon. 

Cotentin  (spr.  •  tangtäng),  die  uordwestl. 
Halbinsel  der  Normandie. 

Cöte  rdti  (spr.  Koht  roti),  Hügelreihe 
an  der  Rhone  (Depart.  Rhone),  mit  treffl. 
Rothweia. 

Cdtes  dm  Nord  (spr.  Koht  dtt  Nohr,  Nord- 
küeten),  Depart.  des  nordwestl.  Frankreich 
(Bretagne),  am  Kanal,  125  QM.  mit  641,810 
Ew.    Hauptst.  St.  Brieuc. 

CotlgUOlay  Freiherr  vom,  s.  Jochmua, 

Cotoneaster  X.  (QuiUenmispel) ,  Pflanzen- 
gattnng  der  Pomaceen.  G.  vulgaris  Lindi., 
Zwergquitte,  Steinmiapel,  Strauch  in  Europa 
und  im  Orient,  liefert  Nutzholz.  Zier- 
sträucher. 

Cotopaxi.  Vulkan  in  den  Gordilleren  von 
Quito,  17,710'  h.;  fast  stets  thätig. 

Cotta  9  Joh.  Friedr,,  Freiherr  von,  deut- 
scher Buchhändler,  geb.  27.  April  1764  zu 
Stuttgart,  übernahm  Dec.  1787  zu  Tübingen 
die  J.  G.  Cottasche  Buolihandlung,  gründete 
1798  die  ,Allgem.  Zeitung*,  siedelte  1810 
nach  Stuttgart  über,  errichtete  1824  die 
J.  G.  Gottasche  Verlagsexpedltion  in  Augs- 
burg und  bald  darauf  die  literar.  -  artist. 
Anstalt  in  München.  Seit  1819  Mitglied 
des  würtemborg.  Landtags  und  seit  1820 
ritterschaftlicher  Abgeordneter  des  Sohwarz- 
waldkreises,  ward  er  1824  Vicepräsideut 
der  zweiten  Kammer;  f  ^*  "Dee,  1832, 
als  0,  von  OoUendorf  geadelt.  Das  Geschäft 
ging  an  seinen  Sohn,  den  Freiherrn  Oeorg 
von  C,  geb.  19.  Juli  1796,  und  an  seine 
Tochter  Ida  (geb.  8.  Dec.  1806,  vermählt 
seit  1824  mit  dem  würtemberg.  Kammer- 
hermFreiherm  v.Reischach,  1 9.  Febr.  1862) 
über*  Ersterer  setzte  das  Geschäft  fort,  ver^ 
legte  zahlreiche  Ausgaben  deutscher  Klassi- 
ker, namentl.  Schillers  und  Goethes,  kaufte 
die  G.  J.  Göschensohe  Verlagshandilung  in 
Leipzig  (1.  Jan.  1845) ,  gründete  eine  Bibel- 
anstalt zu  Stut^art  und  München,  ward 
1821  bayer.  Kammerherr  und  mehrmals 
Mitglied  der  würtemberg,  Ständeversamm- 


444 


Cottft  —  Courbet. 


lang;  f  1.  F*br.  1863.  Sein  ältester  Sohn, 
Wr^err  Georg  -Attotf  vn  C,  geb.  30.  Jan. 
189Ö)  wurtemberg.  Kammerherr ,  erbte  die 
Herrsobaft  Pletienberg  nnd  das  Rittergut 
Hipfolhof.  Das  Geschäft  gehört  sämmtlicheu 
Oliedem  der  Familie  gemeinsohaftlich. 

Cotta^  Bernhard  iren,  Qeognoflt,  Sohn  des 
forstwirthschaftl.  Schriftstellers  Seinrich  C. 
(geb.  1763,  1 1S^)>  S«b-  ^-  Okt.  1808  auf  der 
kl.  Zülbach  im  Eisenachschen ,  seit  1842 
Profestor  an  der  Bergakademie  in  Freiberg, 
bearbeitete  mit  Naumann  die  geognostische 
Karte  des  Könjgreiclts  Sachsen  (1832—48), 
lieferte  dann  eine  solche  von  Thüringen 
(1848—48).  Sehr.  ,Gleognostische  Wande- 
rungen* (1836—38,  2  Bde.);  .Anleitung  flum 
Stadium  der  Geognosie  u.  Geologie*  (3.  Aufl. 
1849);  «Ctoologische  Bilder*  (4.  Aufl.  1861); 
,Briefe  über  Humboldts  Kosmos*  (1850  —  51, 
3  Thle.);  .Deutschlands  Boden*  (2.  Aufl. 
1858);  .Oesteinslehre*  (2.  Aufl.  1862);  ,Lehre 
von  den  Erelagerstättea*  (9.  Aufl.  1859—61) ; 
»Geologie  der  Gegenwart*  (3.  Aufl.  1871); 
fEntwickelungsgeseta  der  Erde*  (1867)  u.  A. 
Gibt  seit  1847  die  ,6ang8tudieu'  heraus. 

Cottage  (fi*. ,  spr.  Kottahsch,  engl.,  spr. 
Kottäd seh),  Hütte,  ländliches  Hans.  CfoUäge- 
sy»tem,  in  England  die  Einrichtung,  wobei 
man  den  Feldarbeiten!  Häuser  mit  kleinen 
Grundstücken  zu  niedrigem  Zins  öberlässt. 

Cottlsehe  Alpen 9  Kette  der  Westalpen, 
Tom  Monte  Viso  (11,800')  bis  Mont  Cenis,  mit 
westl.  VenSweigrungen  in  der  Dauphin^.  Im 
W.  der  Mont  Ollan  (13,000*),  Mont  Pellevoux 
(12,200').  Hauptpass  über  den  Mont  Gen&vre 
(5740')  von  Brian^on  nach  Susa. 

Cimey  (spr.  Kussi),  Jlaoul,  KaeteUan  von, 
nordfranz.  Dichter,  um  1190,  begleitete 
wahrscheinl.  Pliilipp  August  und  Richard 
I/owenherz  auf  dem  Krenzzug.  Seine  Liebe 
zur  Dame  von  Fayel  bot  den  Stoff  zu 
einem  altfhinz.  Roman  (heransg^.  von 
Orapehl  1829)  u.  war  sprichwörtlich.  Beste 
Ausgabe  seiner , Chansons*  von  Michel  (1880). 

Couder  (spr.  Kudeh),  AuguUe,  franz. 
Historienmaler,  Schüler  Davids,  später 
R^nauUs,  erregte  zuerst  1817  mit  seinem 
Leviten  von  Ephraim  Aufiiehen,  studirte 
18^  in  München  die  Frescomalerei,  leistete 
später  (1836—40)  bes.  durcli  seine  Darstellun- 
gen aus  der  firanz.  Geschichte  Bedeutendes. 
Hauptwerk  (in  Versailles):  die  Eröffnung  der 
allgemeinen  Reichsstände  1789. 

Covlllet  (spr.  Kulljeh),  Dorf  in  der  belg. 
Prov.  Hennegau,  4500  Ew.  Grossart.  Eisen- 
hüttenwerk, [kommend. 

ComUnt  (flr.),  leicht,   gefällig,  ent^gen- 

Coulcvr  (fir.),  Farbe ;  Z»ekere<mlear,  s.  v.  a. 
Karamel  lö  sang. 

CoBlMlen  (spr.  Knimieh),  franz.  Ort, 
nördl.  bei  Orl6ans;  9.  Nov.  1870  Treffen 
zwischen  dem  1.  bayer.  Corps  (ca.  30,000  M.) 
nnd  der  franz.  Loirearmee  unter  Aurelles 
de  Paladine  (ca.  60,000  M.) ;  erstere  mussten 
zurückweichen,  wodurch  Orleans  wieder  in 
franz.  Besitz  kam. 

Bommel  (engl.,  spr.  Kauns'l ,  abbr.  statt 
OownaMor,  Rath),  techn.  Bezeichnung  der 
Advokaten  in  England.  Queem-  (spr.  Kwihns) 
0.  (Kings-  O.),   Rath  der  Königin  (des  Kö- 


nigs) ,  auszeichnender  Titel  der  Sergeants- 
at-law,  welcher  zum  Tragen  eines  seideneu 
Talars  berechtigt. 

Covnty  (engl.,  spr.  Kaunti),  Grafschaft; 
in  Engtand  und  Kordamerika  polit.  Ein- 
theilung,  s.  v.  a.  Departement  oder  Kreis. 

Conp  (tr.f  spr.  Ku),  Streich,  Schlag, 
Unternehmen,  meist  mit  übler  Nebenbedeu- 
tung. C.  d^dtat,  Staatsstreich,  gewaltsamer, 
nicht  auf  verfassungsmässigem  Wege  er- 
folgender Akt  der  Staatsgewalt.  C.  de  niain 
(spr.  d^mäng) ,  Handstreich ,  in  der  Krisgs- 
spräche  rascher  gelungener  Angriff.  C. 
d'oeÜ  (spr.  d*ölg),  rascher  Ueberblick; 
■auch  richtiges  Angeumass.  O.  de  th4dire, 
Theaterstreich,  auf  überraschenden  Ein- 
druck berechneter  Vorgang  auf  der  Bülino. 

Covperin  (spr.  KupVäng),  Frang. ,  frau«. 
Komponist  nnd  Klaviervirtuos ,  gob.  1668, 
seit  1701  Hofpianist;  f  1733  in  Paris.  Seiiio 
Kompositionen  jetzt  vielfach  wieder  hor- 
vorgesucht  und  gespielt. 

Coaplet  (fr.,  spr.  Kupleh),  Strophe;  kleines 
Strophenlied,  meist  mit  Refrain,  in  ko- 
mischen Opern  und  Vaodevilles. 

Coupons  (fr.,  spr.  Kupong,  Zinseofipom, 
Zinnleiaten) ,  die  den  Staatsobligationen  uud 
Aktien  auf  eine  Reihe  von  Jahren  behufs 
der  Erhebung  der  terminlichen  Zinsen  und 
Dividenden  beigegebenen  Quittungen,  welclie 
zur  Verfallzeit  abgeschnitten  werden ,  um 
an  dieAnszahlungsstelle  zurückzugelangen. 
Der  die  C  enthaltende  Bogen  lieisst  Zifts- 
bogen,  an  dessen  Ende  oder  Anfang  sicli 
gewöhnlich  der  sogen.  Talon  (Ferse)  be- 
findet, gegen  dessen  Rückgabe,  wenn  die 
daran  befindlichen  0.  ausgezahlt  sind,  der 
neue  Zinsbogeu  ausgehändigt  wird.  Dient 
der  letzte  Coupon  zu  diesem  Zweck,  so  heisHt 
derselbe  Sliehcoupon. 

Cour  (fr.,  spr.  Kuhr),  Hof,  bes.  die  Ver- 
sammlungen bei  Hof,  bei  welchen  man 
seine  Aufwartung  macht;  daher  Courlage, 
die  Tage,  an  welchen  solche  Statt  finden; 
courfäkig,  von  Personen,  welche  dabei  er- 
scheinen dürfen.    C.  auch  Gerichtshof. 

Conrage  (ft*.,  spr.  Kurahsch),  Mutli; 
courageux  (spr.  kuraschöh),  mnthig,  beherit. 

€oarant  (fr.),  diejenige  Münzgattung 
eines  Landes,  welche  genau  nach  dessen 
Hauptmünzftiss  ausgeprägt  ist,  im  Gegen- 
satz zur  '(Scheidemünze.  Orobcourant,  die 
grössten  Stücke  eines  Münzftisses.  In  Ham- 
burg, Lübeck,  Schleswig  -  Holstein  ist  G. 
eine  eigene  Währung,  an  ersterem  Platz 
die  Valuta  des  gemeinen  Verkehrs  und 
Kleinhandels,  im  Gegensatz  zu  der  im 
Grosshandel  gebräuchlichen  Bankwährnng; 
in  letzteren  beiden  Staaten  die  Landes- 
Valuta.    1  C. -Marie  =r  ^e  TliTr.  preuss. 

€4Hinintlliy  Fluss,  s.  Corentpn. 

€oiirb«t  (spr.  Kurbeh),  Qtutave,  franz. 
Maler,  geb.  10.  Juni  1819  an  Omans  (Doubs), 
lebt  in  Paris.  Eine  der  elgenthümlichsten 
Erscheinungen  der  modernen  Kunst ;  extre- 
mer Naturalist  n.  Feind  aller  akademischen 
Regeln,  gleich  bewundert  u.  augefochten. 
Hauptwerke:  Begräbniss  zu  Omans  (1849), 
Steiaklopfer  (1852),  zwei  Wefber  Ins  Bad 
steigend   (1853),  Ringetgrnppe   (1858)  etc 


•  » 


Courbette  —  Cowley. 


445 


daneben  treflfl.  Landschaften  (Behlager, 
1866)  und  kraftvolle  Thierstücke  (Hirach- 
betze).  [Galop. 

Courbette  (fr.)i  in  der  Beitkunst  kuTEor 

CourbeTwe  (spr.  Knrbwoa),  Stadt  im 
frans.  Depart.  Seine,  an  der  Seine,  nord- 
vestl.  bei  Paris,  10,500  Ew.  S.  und  7.  Api-il 
1671  Kampf  zwischen  den  Truppen  der  franz. 
SegiemuK  und  den  pariser  Insurgenten. 

(^uroeUes.  franz.  Flecken,  östl.  von  Metz; 
14.  Aug.  1870  siegr.  Treffen  des  Generals 
Steinmetz  (1.  und  7.  Corps)  gegen  die  ftanz. 
Arridregarde  vor  Metz,  die  bis  auf  das 
Glacis  der  Festung  zurückgetrieben  wird 
(1.  Tag  der  Schlacht  von.  Metz).  Während 
der  Belagerung  der  Stadt  27.  Sept.  1870  be- 
deutender, aber  erfolgloser  AusfaU, 

Conromieineiit  (fr.,  spr.  Kuronnmäng), 
Krönung,  in  der  Kriegsbaukunst  ein  auf 
dem  Glacis  von  den  Belagerern  erbauter 
Laufgraben,  von  dem  aus  die  Besoente 
(Niedergang)  zum  Graben  für  den  Sturm 
hinabgeführt  wird. 

Conrs  (fi*.,  spr.  Kuhr),  s.  Kurs* 

Conrsevle  (spr.  Kursöhl),  Fischerdorf  im 
franz.  Depart.  Calvados,  am  Meer;  be- 
suchtes Seebad;  Austembänke. 

Court  (engl.,    spr.  Kohrt),   Gerichtshof« 

Courtage  (fr.,  spr.  Kurtahsch),  Mäkler- 
lohn ,  die  Gebühr ,  welche*  der  Mäkler  für 
jedes  durch  seine  Vermittelung  abge- 
schlossene Geschäft  erhält,  gewöhnlich  von 
Käufer  und  Verkäufer;  Im  Effektenhandel 
i/io  bis  V«  Proc,  im  Waarenhandel  mehr. 

Courtine  (tc.j  spr.  Kurtihn),  Vorhang, 
bes.  im  Theater;  in  der  Kriegsbaukunst  bei 
'  bastionirten  Befestigungssystemen  der  Je 
zwei  Bastionen  mit  einander  verbindende 
Mittel-  oder  Zwist^enwalL  (Jourtinenputikt, 
der  Punkt,  wo  sich  die  C.  an  die  Bastions- 
flanken  anschliesst. 

CourtiMU  (fr.),  Höfling;  Buhler;  auf  dem 
alten  deutschen  Theater  die  lustige  Person. 
CourtiMne,  vornehme  Buhlerin. 

Courtoift  (spr.  Kurtöa,  ital.  Cortete), 
Jacquen,  gen.  Bourgignon  oder  JBonrguignon^ 
(ital.  Borgognone) ,  ber.  franz.  Schlachten- 
maler, geb.  1621'  zu  St.  Hippolite  in  der 
Franche-Comt^,  kam  frühzeitig  nach  Italien,; 
t  1676  zu  Rom.  Bilder  von  ihm,  oft  flüch- 
tig gemalt,  aber  durchgängig  von  grossem 
dramatischen  Leben,  in  allen  grösseren 
Sammlungen  Europas. 

Conrtoisle  (fr.,  spr.  Kurtoasih),  feines, 
höfisches  Benehmen;  ritterliche  Galanterie 
Frauen  gegenüber. 

Courtray  (spr.  Kurträ,  hol!.  Kortryk, 
spr.  -  eik) ,  Stadt  in  der  belg.  Prov.  West- 
flandem,  an  der  Lys,  23,594  Ew.  Feinste 
Leinwand-  und  Damastweberei.  Hier  4. 
Juli  1303  die  ber.  Sporentchlaeht ,  Sieg  der 
Flamländer  unter  dem  Grafen  von  Namur 
über  die  Franzosen  unter  Robert  von  Artois. 

Cousin  (spr.  -sang),  Victor,  franz.  Philo- 
soph, geb.  88.  Nov.  1799  zu  Paris,  hielt  seit 
1815phil08.  Vorlesungen,  ward  1830 Staats- 
rath,  Oberaufseher  des  ofientlichen  Schul- 
wesens, Mitglied  der  franz.  Akademie, 
1838  Direktor  der  Nomialsohule  uud 
Pair,  im  Ministerium  Thiers  vom  1,  ^jz 


1840  Unterrichtsminister,  trat  nach  1848 
aus  dem  öffentlichen  Leben  zurück;  f  13. 
Jan.  1867  zu  Cannes.  Als  Philosoph  Eklek- 
tiker, ohne  Selbständigkeit  und  tiefer» 
Gründlichkeit.  Bekanntestes  Werk  die 
jHistoire  g6n6rale  de  la  Philosophie'  (7.  Aufl. 
1867).  Sehr,  ausserdem  ,De  Pinstruction 
publique  dans  quelques  pays  de  TAUe- 
magne  etc.*  (3.  Aufl.  1840,  2  Bde.;  deutsch 
von  Krüger  1832  —  33,  2  Bde.);  ,Cours 
d'histoire  de  la  Philosophie  moderne*  (1S41); 
jCours  d^histc^re  de  la  Philosophie  morale 
au  XVme  siöde*  (1840  —  41,  5  Bde.);  «Frag- 
ments philosophiques*  (1826  und  oft«*)  u.  A. 
Besorgte  eine  Ausgabe  der  Werke  Abalards 
(1849  u.  1859,  2  Bde.)  und  eine  Uebers.  von 
Piatos  Werken  (1825—40,  13  Bde.).  Vgl. 
AI(wx,.,La  Philosophie  de  C,  1864. 

Coatances  (spr.  Kutangs),  Fabrik-  und 
Handelsstadt  im  franz.  Bepart.  Manche,  an 
der  Sottle,  8159  Ew.  Kathedrale;  röm. 
Aquädukt. 

Coutras  (spr.  Kutra),  Stadt  im  franz. 
Depart.  Gironde ,  an  der  Dronne,  3883  Ew. 
Einst  ber.  Schloss  (jetzt  verschwunden), 
wo  Katharina  von  Medici,  Margaretha  von 
Valois  mit  ihrem  Gemahl  Heinrich  IV.  Hof 
hielten.  20.  Okt.  1587  Sieg  Heinrichs  von 
Navarra  über.  Heinrich  III. 

Coutume  (fr.,  spr^  Kutühm),  Herkommen, 
Gewohnheit;  auch  Gewohnheitsrecht. 

Couture  (spr.  K\itühr),  llionuu,  franz. 
Maler,  geb.  21.  Bec.  181JS  zu  Senlis,  Schüler 
von  Gros  und  Delaroche,  lebt  in  Paris,  wo 
er  in  den  fünfziger  Jahren  zahlr.  Schüler 
bildete.  Ausgezeichnet  durch  Eleganz  der 
Zeichnung,  verbunden  mit  glänzendem  Ko- 
lorit. Hauptwerk:  die  röm.  Orgie  (1847); 
ausserdem :  die  Liebe  zum  Golde ,  der 
Triumph  der  Cmirtisane  u.  a. 

Couvert  (fr.,  spr.  Kuwähr),  Umschlag, 
bes.  für  Briefe;  Tischgedeck  für  eine  Person, 

Cot«,  Stadt,  s.  QueenstowH. 

Covenant  (engl.,  spr.  Kownänt),  Ueber- 
einkuuft  der  Schotten  1638  zum  Schutze 
der  presbyterian.  Kirchenverfassung  gegen 
die  Uebergrifi'e  des  engl.  Episkopalkirchen- 
thums;  daher  Covemmters,  Presbyterianer. 

Coventgarden,  s.  London. 

Coventry  (spr.  Kohwentri),  Fabrik-  und 
Handelsstadt  in  der  engl.  Gi*afsch.  War- 
wick,  am  Sherboui*ne,  40,936  Ew.  Ein  Haupt- 
sitz der  Seidenflibr.    Taschenuhren. 

Covingtou  (spr.  -  wingt'n),  Stadt  in  Ken- 
tucky (Nordamerika),  am  Ohio,  Cincinnati 
gegenüber,  (1870)  24,505  Ew. 

CovOlO  (deutsch  Kofel),  Engpass  imtirol. 
Kr.  Trient,  an  der  Breuta,  mit  Strasse  von 
Tirol  nach  Italien. 

Cowes  (spr.  Kans),  Stadt  in  der  engl. 
Grafsch.  Sonthampton,  an  der  Südküste, 
5482  Ew.;  beliebtes  Seebad. 

Cowley  (spi.  Kauli),  1)  ^ftraAam,engl.  Dich- 
ter, geb.  1618  zu  London,  in  den  polit. 
Unruhen  strenger  Royalist,  lebte  mehrere 
Jahre  in  Frankreich;  f  ^o.  Juli  1667  zu 
Ohertsey  a.d.  Themse.  Bes.  in  der  Ode  durch 
Gedankenfülle  und  kräftige  Diktion,  ebenso 
in  der  Elegie  und  im  Liede  hervorragend ; 
minder  geUingea  seine  dxamat*  u,  epischei^ 


446 


Cowper  —  Credit  mobilier. 


Gedichte.  Werke  herausg.  von  Aikin  (1802, 
3  Bde.) ,  Burd  (1868).  —  2)  ffen>-p  RicTiard 
(^arle$  Weütaley,  Oraf,  engl.  Diplomat  und 
Staatsmann,  geb.  17.  Jnli  1804,  ward  1832 
Legationssekretär  in  Stuttgart,  1843  In 
Konstantinopel,  1848  Gesandter  bei  der 
Eidgenossenschaft,  dann  in  Frankfurt  bei 
der  Gentralgewalt  und  beim  Bundestag; 
seit  1852  Botschafter  in  Paris ,  wo  er  1856 
als  zweiter  Bevollmächtigter  Englands  beim 
Friedenskongress  itingirte  und  4.  Mäns  1857 
den  Frieden  mit  Persien  schloss.  4.  April 
xnm  Viseount  Dangan  und  Grafen  erhoben ; 
schied  1867  aus  dem  Staatsdienst. 

Coirper  (spr.  Kaup-),  WÜliam,  engl.  Dich- 
ter, geb.  26.  Not.  1731  eu  Berkhamstead 
(Hertford),  f  27.  April  1800.  Bestes  Werk 
das  Lehrgedicht  ,The  task*  (1785).  ,Work8< 
herausg.  von  Southey  (1837—38,  15  Bde.). 

Coxa  (lat.),  Höfte;  Ooxalgia,  H&ftweli. 

Crabbe  (spr.  Kräbb),  George,  engl.  Dich- 
ter, geb.  24.  Dec.  1754  zu  Aldborough 
(SufTolk),  seit  1813  Pfarrer  zu  Trowbridge 
(Wiltshire);  t  3.  Febr.  1832  in  London. 
Ein  Dichter  der  Wirklichkeit,  und  zwar 
des  niedem  Lebens,  das  er  sicher  u.  genau, 
aber  ohne  poetische  Verklärung  schildert. 
Hauptgedichte:  ,The  village',  ,The  parlsh 
register',  ,The  borough-tales*,  ,Tales  of  the 
hale'  etc.    Werke  (1884,  8  Bde.,  u.  öfter). 

Crag'  (engl. ,  spr.  Krag) ,  weisser  eisen- 
schüssiger Sand,  theilweise  Sandstein  von 
sehr  Junger  Bildung ,  an  den  Kosten  Eng- 
lands, Frankreichs  und  der  Niederlande. 

Crambe  L*  (Sfeerkohl),  Pflanzengattung 
der  Kruciferen.  G.  maritima  L.,  an  den' 
europ.  Küsten,  als  Gemüsepflanze  kultivirt. 
G.  tatarica  L.,  von  Mähren,  Ungarn  bis  zur 
Tatarei,  mit  geniessbarer  Wurzel. 

Cmnaeh  (eigentl.  Sunier),  Lukas,  Maler, 
geb.  1472  in  Franken,  seit  1504  Hofmaler 
Friedrichs  des  Weisen  von  Sachsen,  stand 
zu  dem  sächs.  Fürstenhause  überhaupt  in 
freundschaftlichen  Beziehungen,  folgte  Joh. 
Friedr.  dem  Grossmüthigen  sogar  ins  Ge- 
fängniss,  war  eine  Zeitlang  Bürgermeister 
zu  Wittenberg;  f  16-  Okt.  1553  zu  Weimar. 
Eifriger  Anhänger  der  Reformation,  deren 
Verhältniss  zur  überlieferten  religiösen 
Anschauung  er  in  mehreren  seiner  Altar- 
bilder (in  Schneeberg,  Wittenberg,  Weimar) 
einen  Ausdruck  zu  geben  suchte.  Seine 
Bilder  ausserordentlich  zahlreich  und  in 
der  Ausführung  sehr  verschieden;  den 
bessern  ist  ein  Zug  von  Gemüthlichkeit 
und  naiver  Schalkhaftigkeit  eigen.  Vgl. 
Schuchardt,  ,G.  des  Aeltem  Leben  und 
Werke«,  1851—71,  3  Bde.  —  Sein  Sohn  Lukas 
(a  der  Jüngere),  geb.  1515,  f  158«  ««  Wit- 
tenberg, vorzügl.  Porträtmaler. 

Cranner  (spr.  Kränmer),  l%ofncu,  engl. 
Reformator,  geb.  2.  Juli  1489  zu  Aslacton 
(Northampton),  seit  1524  Lehrer  der  Theo- 
logie zu  Cambridge,  ward  als  Kaplan 
König  Heinrichs  VnL  von  diesem  1531  nach 
Deutschland  gesandt,  um  den  Kaiser  KarlV. 
für  die  von  Heinricl}  YHI.  beabsichtigte 
Scheidung  von  Katharina  von  Aragonien  zu 
gewinnen,  hier  mit  den  Reformatoren  be- 
kannt  und  verhelrathete  sich  Ijisgeheim  mit 


einer  Nichte  des  Pfarrers  Oslander  zu 
Nürnbeig.  Nach  seiner  Rückkehr  zum 
Erzbischof  von  Canterbury  erhoben,  schied 
er  1533  die  königl.  Ehe,  wirkte  für  die  Re- 
formation und  übersetzte  1539  die  Bibel  ins 
Engl.  Nach  Marias  Thronl«steignng  (1553) 
eingekerkert,  erlitt  er  21.  März  1556  deu 
Feuertod.    Biogr.  von  Todd  (1831,  9  Bde.). 

CnpdU  (lat.),  Rausch,  Kopfweh  als  Folge 
davon ;  crapuliren ,  schwelgen ,  sich  be< 
rauschen. 

Crarafila  L.  (Dickblatt),  Pflanzen gattnng 
der  Krassulaceen ,  Kräuter  und  Sträucher, 
meist  vom  Kap,  80  Arteji ,  Zierpflanzen. 

Craanu  (d.  i.  der  Dicke) ,  Marcus  Licinius, 
Dives,  d.  i.  der  Reiche,  genannt,  geb. 
115  V.  Chr.,  diente  unter  Sulla  als  Legat, 
besiegte  als  Prätor  71  den  Spartacus,  ward 
70  Konsul  mit  Pompejus,  schloss  sich  dann 
an  Cäsar  an  und  bildete  mit  diesem  und 
Pompejus  das  erste  Triumvirat,  ward  55 
neben  letzterem  wieder  Konsul,  ging  als 
Prokonsul  nach  Syrien ,  bekriegte  die  Par- 
ther, ward  53  meuchlings  erschlagen.  Nach 
Plinius  hatten  allein  seine  Landgüter  einen 
Werth  von  mehr  als  8000  Talenten. 

CratSgiu  L.  (  Weissdom),  Pflanzengattnng 
der  Rosaceen.  C.  Azarolus  L,,  Azarottime, 
wSlsche  Mispel  f  Im  Orient  und  in  Nord- 
italien ,  mit  gdniossbaren  Früchten.  C. 
Oxyacantha  L.,  Hagedom,  in  Europa,  bes. 
zu  Hecken  geeignet.  C.  Pyracantha  Fers., 
Feuerstrauch,  in  Südeuropa  und  dem  Orient. 
Ziersträucher  in  zahlreichen  Varietäten. 

Crati,  Fluss  in  Unteritalien  (Kalabrien). 
mündet  in  den  Golf  von  Tarent,  13  M.  Au 
seiner  Mündung  lag  das  alte  Sybaris. 

Cran  (spr.  Kroh ,  bei  den  Römern  campt 
lapidei,  d.  i.  steiniges  Gefilde),  unfrucht- 
bares Kieselfeld  in  Südfrankreich,  im  0. 
der  Rhonemündungen,  9—10  QM. 

Crawfbrd  (spr.  Krahford) ,  Thomas ,  her. 
amerik.  Bildhauer,  geb.  ».  März  1818  su 
Newyork,  f  16.  Okt.  1857  in  London.  Haupt- 
werke: Orpheus  und  das  Standbild  Beetho- 
vens (Boston),  die  kolossale  Reiterstatue 
Washingtons  (Richmond),  die  Statue  der 
Freiheit  und  der  Genius  Amerikas  (Kapitol 
zu  Washington).  [Zeichenstift. 

Cravon    (ft-. ,     spr.    Krejong),     farbiger 

Cr^billon  (spr.  -iljong),  ifJolyot  Prorper  de 
(X  (C.  der  Aeltere),  franz.  Dramatiker,  geb. 

13.  Jan.  1674  zu  Dfjon,  seit  1731  Mitglied  der 
franz.  Akademie;  f  17.  Juni  1762  zu  Paris. 
,Le  Terrible'  genannt  wegen  der  Greuel, 
mit  denen  er  seine  Stücke  würzte;  das 
beste  ,Rhadamiste*  (1709).  ,0euvre8*  (1750, 
2  Bde.,  u.  öfter).  —  2)  Claude  Prosptr  Jotyot 
de  G.  (C.  der  Jüngere),  Sohn  des  Vor.,  geb. 

14.  Febr.  1707  zu  Paris,  f  !*•  April  1777; 
brachte  die  lascive  Romanschriftstelleroi 
zuerst  in  Schwung;  am  berüchtigtsten 
,L^£cumoireS  ,Ah,  quel  conte!*,  ,Le  sopha' 
etc.    ,0euvres'  (1779,  7  Bde.)« 

Cr^cy  (Cressy),  Stadt  im  franz.  Depart. 
Somme,  an  der  Maye,  1748  Ew.  Hier  26.  Aug. 
1346  Sieg  der  Engländer  unter  Eduard  UL 
über  die  Franzosen  unter  Philipp  VI. 

Credit  mobilier  (fr.,  spr.  Kredi  mobi^eb), 
a.  KreditanstalUn* 


Creditor  —  Cricket. 


447 


€r«ditor  (lat.),  Gläubiger. 

Credo  (lat.,  d.  h.  ich  glaube),  das  apostoU 
Glaubensbekeuatniss;  in  der  Hus.  dritter 
Theil  der  Hesse,  welcher  das  CHaubens- 
bekeuntniss  enthält.  [Bach. 

Cre«k  (engl. ,  spr.  Krihk) ,  kleiner  Finss, 

€reelLB(spr.  KTihkSt^uskogü),  nordamerik. 
Indianenrolk  der  Floridafamilie,  seit  1833 
im  Indianerterritorinm  links  am  Oanadian 
angesiedelt,  1866:  14,400  Köpfe;  Acker- 
bauer und  Viehzüchter. 

Crees  (spr.  Krihs,  Kn%»tino$),  nordamerik. 
Indianenrolk,  vom  Stamm  der  Algonkin- 
Lenape,  zwischen  der  Hudsonsbai,  dem 
Athapascasee  u.  dem  Felsengebirgo;  Qram- 
matik  ihrer  Sprache  von  How$e  (1844). 

Crelingery  Auguste,  geb.  Düring,  bor. 
Schauspielerin ,  geb.  1795-  zu  Berlin ,  trat 
das.  unter  Ifflands  Leitung  zuerst  1795  auf, 
seit  1817  mit  dem  Schauspieler  Stich ,  nach 
dessen  Tode  1827  mit  Otto  C.  (f  1849)  yer- 
heirathet;  unausgesetzt  Mitglied  der  ber- 
liner Hofbühne,  erst  im  weibl.  Heldenfache, 
später  in  leidenschaftl.»  Mutterrollen  glän- 
zend; seit  1863  von  der  Bühne  zurück- 
gezogen ;  t  10.  April  1865.  —  Ihre  Tochter 
Klara  Stich,  seit  1838  ebenfalls  Mitglied 
der  berliner  Hofbühne,  seit  1848  mit  dem 
Schauspieler  Franz  Hopp6  (f  1849) ,  dann 
mit  dem  Schauspieler  Lindtke  verheirathet, 
geschätzt  im  Fach  der  naiv  •  sentimentalen 
Rollen;  f  10.  Okt.  1862. 

Crdme  (fr. ,  spr.  Krähm) ,  Milchrahm ; 
rahmartige  Speise  aus  Eiern  mit  Vanille, 
Ghokolade  etc.;  höhere  Gesellschaft. 

CremieBX  (spr.  Kremiöh),  laaac  Adolphe, 
franz.  Advokat,  geb.  SO.  April  1796  zu 
Nismes,  Israelit,  ward  1830  Advokat  am 
Kassationshofe  zu  Paris,  bekämpfte,  seit 
1842  Mitglied  der  Kammer,  heftig  das 
Ministerium  Guizot  und  förderte  die  Be- 
formbewegung,  ward  nach  der  Februar- 
revolution 1848  Mitglied  der  provisor.  Ke- 
glemng,  bekleidete  bis  7.  Juni  das  Justiz- 
ministerium. Als  Mitglied  der  Constituante 
stimmte  er  mit  der  demokrat.  Linken,  be- 
günstigte die  Kandidatur  des  Prinzen  Ludwig 
Kapoleon,  trat  nach  dessen  Wahl  zum 
Präsidenten  zur  Opposition  über,  bekämpfte 
Als  Mitglied  der  Legislative  die  Koalition 
der  alten  monarch.  Partelen ,  ward  beim 
Staatsstreich  2.  Dec.  1851  verhaftet  und 
nach  Mazas  abgeführt,  bald  wieder  frei' 
gelassen,  beschränkte  sich  seitdem  auf 
seine  advokator.  Praxis.  Seit  Sept.  1870 
Mitglied  der  provisor.  Regierung,  insonder- 
heit der  Regierangsdelegation  zu  Tours 
und  Bordeaux,  hielt  er  zu  Gambetta,  ward 
dann  Mitglied  der  Nationalversammlung. 

CremöBft,  ital.  Prov.,  in  der  Lombardei, 
31,6  QM.  und  285,148  Ew.  Die  HauptU.  0., 
am  Po,  31,001  Ew.,  prächt.  Dom  mit  385' 
h.  Glockenthurm  (754  —  1284  erbaut)  und 
her.  Battisterio  (gr.  Rotunde  mit  Marmor- 
vase, von  900).  Im  Alterthum  berühmt 
durch  sein  Amphitheater;  später  durch  die 
cremonewr  Geigen  (von  Amati,  Stradivarius, 
Guaroeri  u.  A.). 

Cremor  (lat.),  Rahm.  0,  tartari,  Wein- 
steinrahm,  gereinigter  Weinstein. 


Creneanx  (fr. ,  spr.  -  noh) ,  Schiesslucher 
oder  Spalten  in  (krenelirten)  Mauern  und 
Wänden  für  Infanteriefeuer. 

Crepe  (fr.,  spr.  Krähp),  krauser  Flor. 

Crepvsculttm  (lat.),  Abenddämmerung. 

Crepy  ( G.  e»  Laortnois,  spr.  -ang  Lonnäh), 
Dorf  bei  Laon;  18.  Sept.  1544  Friede  zwi- 
schen Franz  I.  und  Kaiser  Karl  V. 

GrescMido  (ital.,  spr.  kreschendo),  wach- 
send; zunehmend  im  Ton. 

Cregpy  (spr.  Krepi),  Ort,  s.  Orepy. 

Cre»sy,  Flecken,  s.  Orecy. 

Creswick.  Thonuu,  engl.  Landschaftsmaler, 
geb.  1811  in  Sheffield,  seit  1851  Mitglied 
der  AkadMnie  zu  London;  f  das.  Dec.  1869.\ 
Beliebteste  Gemälde :  Weald  of  Kent,  Home 
by  the  Sands,  Wind  on  shore,  The  London 
Road  a  Century  ago. 

Creta  (lat.).  Kreide.        [einer  Brustwehr. 

Crete   (fr.,    spr.  Kräht),   höchste   Kante 

CreticttSy  Yorsfuss,  s.  Amphimacer. 

€retin  (fr.,  spr.  -täng),  Individuum  mit 
gehemmter-  psychischer  Entwickelung  und 
erheblicher  körperlicher Missgestaltui^g.  Der 
sogen,  alpine  O-etinitmue ,  stets  endemisch, 
kommt  bes.  in  den  Alpen  (Savoyen,  Wallis, 
Graubünden,  Uri  etc.),  am  Himidaya,  in 
den  Cordilleren  vor.  Die  Kranken  haben 
stets  einen  Kropf,  der  Schädel  zeigt  Ver- 
unstaltung durch  frühzeitige  Yerwachsung 
seiner  Nähte,  bes.  häufig  Microcephalus 
(s.  d.),  seltener  voluminöser  Kopf;  grober 
Körperbau,  breite  Stumpfhase,  alte  Ge- 
sichtszüge; überwiegend  die  apathische, 
düstere  Gemüthsbescbaffenheit.  Ei'ste  Gre^ 
tiuenanstalt  auf  dem  Abendberge  bei  Inter- 
laken  (1841).  Vgl.  die  Schriften  von  Helferich 
(1850),  Stahl  (1851),  Guggenbühl  (1853),  Fro. 
Hev  (1856),  Jirandea  (1862). 

CrevM  (spr.  Kröhs),  Nebeufluss  der 
Vienne  im  Innern  Frankreichs,  mündet 
unterhalb  La-Haye,  32  M.  Danach  benannt 
das  Deport.  C,  in  der  Landschaft  Marche, 
101  QM.  und  274,057  Ew.    Hauptst.  Gu6ret. 

Crenx  de  Champs  (spr.  Kröh  dö  Schang), 
Oei-tlichkeit  im  Kanton  Waadt  bei  Aigle, 
eine  von  den  Felsmasaen  der  Diablerets  um- 
schlossene Wieseneinöde.  —  O,  du  Vent  (spr. 
du  Wang),  Felsenamphitheater  im  Kant. 
Neuenburg,  im  Traversthal,  4512'  h. 

Crenser,  Qeorg  Friedr.,  Phiiolog  und 
Alterthuinsforscher,  geb.  10.  März  1771  zu 
Marburg,  seit  1804  Prof.  der  Philologie  und 
alten  Geschichte  zu  Heidelberg ;  f  16.  Febr. 
1858  zu  Heidelberg.  Hauptwerk:  , Symbolik 
und  Mythologie  der  alten  Völker,  bes.  der 
Griechen*  (3.  Aufl.  1837-44,  4  Bde.).  Seine 
darin  niedei^elegten  Ansichten  wurden  be- 
kämpft von  G.  Hermann,  J.  H.  Voss  und 
Lobeck.  Selbstbiographie  ,Aus  dem  Leben 
eines  alten  Professors*  (1848)  nebst  ,Para- 
lipomena*  (1858). 

Crencot  (spr.Kröso),  ludustrieortlm  franz. 
Depart.  Sa6ne-Loire,  belAutun,  16,099 Ew.; 
grosse  Kohlenwerke,  Maschinenfabiiken,  die 
wichtigsten  Kanonengiessereien  u.  grossten 
Eisenwerke  Frankreichs.  Eigenthum  von 
Schneider,  ehemal.  Präs.  des  Corps  legislatif. 

Crlekety  engl.  Ballspiel,  wird  mit  Ball- 
kellen  (bats)  gespieU,  wobei  es  fich  darum 


448 


Grida  —  Crotdn. 


handelt,  die  Gegeopartie  su  verhindern, 
kleine,  in  die  Erde  gesteckte  Stäbchen 
(wickets)  %n  treffen. 

Crldft  (mittellat.) ,  8.  y.  a.  Konkurs;  da- 
her Oridar,  €(einein8chaldner  im  Konkars. 

CrlMen  (lai.),  Verbrechen.  0.  laesa«  rmaje- 
iUUi»,  Majestätsrerbrechen ;  e.  aoAitu»,  Amts- 
erschleichung; c.  residui  oder  de  re$idui», 
Verbrechen,  darin  bestehoid,  dass  man 
öffentliche  Gelder,  die  man  zu  einem  be- 
stimmten Zwecdce  empfiuigen,  nicht  Ter- 
wendet  hat;  c.  jMrdueUioni»,  Hochverrath; 
o.  vi»,  jede  absichtlich  wider  fremde  Per- 
sonen nnd  Sachen  rerabto  Gtewalt ;  crimüM- 
liter,  peinlichi  anf  Tod  und  Leben. 

Crinmi  L.  (Hakefdilie),  Pflaozengattnng 
der  Amaryllideen,  gegen  00  Arten,  aus  Ost- 
asien, Südafrika  u.  Südamerika,  Zierpflanzen, 
einigre  mit  Arzneikräften. 

Crfipiiiy  komische  Maskenrolle  des  franz. 
Theaters,  entweder  sehr  pfiffiger  oder  sehr 
ungeschickter  Bedienter. 

Utepinngy  Helliger,  übte  in  Soissons  das 
Schuhmacherhandwerk,  stahl  nach  der 
Legende  Leder,  um  den  Armen  Schuhe 
daraus  zu  machen  (daher  Critpitutden ,  auf 
Kosten  Anderer  erzeigte  Wohlthaten);  t  ^^ 
als  Märtyrer.    Tag  «5.  Okt. 

Criaot  (fr.,  spr.  -so),  tombakartige  Le- 
girung,  bes.  zu  Uhren. 

Croeela  (ital.,  spr.  -tscha,  lat.  eroeta), 
die  rothe  Kardinalskleidung. 

Crochet  (fir.,  spr.  Kroscheh),  Art  von  klei- 
nerem Waffenplatz  oder  Halbparallele  in 
den  Winkeln  der  Tranchfen,  bestimmt,  den 
EnfllirschusB  in  die  Laufgräben  zu  Ter- 
hindern  und  Ausfallen  aus  der  Festung  zu 
begegnen. 

Crocns  X.  (Ba/ran),  Pflanzengattung  der 
Irideen.  O.  sativus  L.,  achter ,  HerhsUafran, 
in  Vorderasien  und  Griechenland,  angebaut 
in  Kaschmir,  Persien,  Kleinasien,  Arabien, 
Spanien,  England,  Oesterreich,  bes.  bei 
Orltons,  liefert  den  Safran.  G.  Temus  AU., 
Frilhlingsst^frcm ,  und  G.  luteus  Ziaf».,  j7el(er 
Safran,  Zierpflanzen. 

Crolsades  (fr.,  spr.  Kroasahd),  Kreuzzöge; 
Kreuzfahrten  auf  dem  Meere. 

Croker,  John  Wa$on,  engl.  Parlaments- 
redner und  Schriftsteller,  geb.  20.  Dec.  1780 
in  Galway,  seit  1808  Advokat  in  Dublin, 
1807  Mitglied  des  Parlaments,  1809  Sekretär 
für  Irland,  dann  erster  Sekretär  der  Ad- 
miralität, bekämpfte  als  heftiger  Gegner 
jeglichen  Fortschritts  in  den  Reihen  der 
Toryoppositiott  die  Reformbill,  erschien 
nach  deren  Annahme  nicht  wieder  im  Unter- 
haus; t  10*  -^^*  ^^^  *^  Hampton.  Verf. 
des  ^dichts  ,Talayera*  (1809),  einer  der 
besten  Schlacbtenschilderungen ;  gründete 
mit  Scott  und  Oanning  1809  die  ,Qnaterly 
Reyiew%  gab  Boswells  ,Johnson*  (18S1, 
5  Bde.)  heraus.  [Achtelnote. 

Crom»    (ital.,    fr.     Cr&che,    spr.    -osch), 

Cromartr  (spr.  Krommärti),  s.  Soss. 

Cromfora  (spr.  Krömford),  Stadt  in  der 
engl.  Grafschaft  Derby,  am  Perwent, 
UM  Ew. ;  grosse  Kattunfabriken  (von  Ark- 
wright  1771  gegr.). 

i>oinlKky  in  Grovsbritaonien  Penkmäler  | 


aus  der  celt.  Zeit,  beatehMid  aus  aufjgerich- 
teten  Steinen,  über  welchen  ein  anderer  als 
Decke  liegt.    VgL  Dolmen, 

OroMlftoii  (spr.  Kromt'n),  Samuel,  Erfin- 
der der  Mulejenny  (1775),  geb.  3.  Dec.  1753 
zu  Firwood  In  Laneashii^,  ursprünglich 
Landmann;  f  %•  Jan-  1887  zu  fiolton.  Vgl. 
Freneh,  ,Life  of  O.S  1860. 

CrOMwelly  Olwer,  Protektor  der  yer- 
einigten  Republik  England,  Schottland  und 
Lrland,  geb.  25.  April  1599  zu  Huntiugdoo 
aas  Protest.,  dem  sächs.  Adel  angeböriger 
Familie,  schloss  sich  den  Puritanern  an, 
war  Mitglied  des  Parlaments,  welches  1628 
von  Karl  L  die  BiU  of  rights  errang,  und 
des  sogen,  langen  von  1640  an,  bildete  die 
Armee  der  Independenten  und  siegte  an 
ihrer  Spitze  bei  Marston- Moor  (1644)  und 
Haseby  (14.  Juni  1645).  Er  drängte  darauf 
zum  Bruch  zwischen  König  und  Parlament 
und  arbeitete  auf  Erklärung  der  Republik 
hin,  wurde  Mitglied  des  Vollziehungsraths, 
unterdrückte  den  Anfrtand  in  Irland,  schlug 
die  Schotten  bei  Dnnbar  (1650)  und  endigte 
den  Krieg  durch  seinen  Sieg  bei  Woroester 
(1661).  Nach  Auflösung  des  langen  Parla- 
ments (80.  April  IföS)  setzte  er  einen  Ver- 
fassungsrath  ein  und  trat  dann  auf  dessen 
Antrag  als  Lord -Protektor  an  die  Spitze 
der  S  Reiche,  oktroyirte  ein  Rurlament,  re- 
gierte aber  faktisch  allein,  stellte  im  Innern 
die  Ordnung  und  Englands  Ansehen  nach 
aussen  her;  f  S.  Sept.  1658.  —  Sein  Sohn 
Bichard  0.,  geb.  4.  Okt.  1686,  folgte  als  Pro- 
tektor,  dankte  85.  Mai  1659  ab;  f  1780  ver- 
gessen. Vgl.  ausser  den  Werken  von  VUle- 
main,  Merle  d*Aubign4,  Macatday,  Ranke  und 
Guixot  besond.  Oarlyle»  Sammlung  von  Cs 
,Lettres  and  speeches*  (1815,  8  Bde.)  und 
Bträter,  ,0.  C.*,  1871. 

Cronegky  Joh.  Friedr.,  Freih,  von.  Dichter, 
geb.  8.  Sept.  1731  zu  Anslnch,  stand  mit 
dem  gellertschen  Kreise  in  Verbindung, 
ward  1754  Hofrath  zu  Ansbach;  t  ^*^' 
31.  Dec.  1758.  Sehr,  die  Preistragödie  ,Oo- 
drus'  (1758),  mehrere  Lustspiele  und  didakt. 
Gedichte  (,Die  Einsamkeiten',  1757).  Schrif- 
ten heransgeg.  von  ük  (1760  u.  öfter).  Vgl. 
FeueviHieh,  ,Uz  und  G.S  1866. 

CroqniB  (fr.,  spr.  Krokih),  Zeichnung  eines 
Terrains,  Im  fireien  Felde  nach  dem  Angen- 
masse  entworfen. 

€roi8felI,  höchster  Gipfel  der  sogen,  pe- 
ninischen  Gebirgskette  im  nördlichen  Eng- 
land; 8747'  h. 

€r6ton  (a.  G.) ,  die  mächtigste  der  g^riecb. 
Städte  in  Italien,  in  Bmttium,  von  Achaja 
710  V.  Chr.  gegr.,  ber.  durch  Pflege  der 
Wissenschaften  (Pythagoras  u.  seine  Schule) 
und  der  gymnast.  Künste;  seit  195  y.  Chr. 
röm.  Kolonie.    Jetzt  Cotrone. 

CrotOB,  Nebenfluss  des  Hudson  in  New- 
york  (Nordamerika),  speist  den  Orotonaquä- 
dukt  (10  M.  lang,  8i^'  h.,  7Vs'  br.),  der  die 
Stadt  Newyork  mit  Wasser  versorgt. 

€rotOB  L,  (Krebsblume) ,  Pflansengattung 
der  Euphorbiaceen.  0.  Elnteria  £enneU,  0. 
Cascarilia  B.,  C.  Sloanei  B.,  Bäume  nnd 
Sträucher  in  Westindien,  liefern  die  stark 
bittere  und  aromatisch  schmeckende  ofSd« 


Crotonöl  —  Guba. 


449 


n6ll6  Cascarillarinde;  0.  Malambo  Karsten, 
in  Nengranada  und  Yenefluela)  die  angenehm 
Biromtartig  riechende,  bitter  schmeckende 
Malamborinde  (dient  zur  Yerfölschung  der 
Ckwürse);  G.  Tiglium  L.  auf  Oeylon,  den 
Philippinen,  kultivirt  in  Ostindien  u.  China, 
die  giftigen  Pnrgir-,  Granatili-,  Schismns- 
kömer  (Grana  Tiglii)  u.  das  Fargirhelz,  Lig- 
unm  moinccanam  s.  Pavanae.   Zierpflanzen. 

CrotOBOl»  fettes  Oel  aus  den  Samen  von 
Oroton  Tiglium,  honiggelb  bis  gelbbraun, 
riecht  unangenehm,  schmeckt  brennend 
scharf  und  wirkt  äusserst  entzündend,  auf 
der  Haut  Bläschen  und  Pusteln  bildend, 
sehr  giftig,  ofßcinell. 

Crotoy  (spr.  -toali),  Fischerstadt  Im  franz. 
Depart.  Somme,  an  der  Mündung  der  Somme, 
1411  Ew.  Seebad,  Austempark.  Kuinen  des 
Schlosses,   wo  Jeaune  d*Aro  gefangen  sass. 

Croup  (Kättiige  Bräune,  Laryngitis  crou- 
posa),  Umwandlung  des  Epithels  des  Kehl- 
kopfs, in  schlimmeren  Fällen  auch  der 
Luftröhre  und  der  Bronchien,  in  eine  faser- 
stoffihnliche  Haut,  die  diese  Theile  rer- 
engt  und  die  Athmung  bis  zu  Erstickungs- 
anftllen  erschwert;  entsteht  meist  im  An- 
schluss  an  Diphtheritis,  kommt  jedoch  auch 
allein  vor;  besonders  gefahrliclie  Kinder- 
krankheit, meist  unter  den  höchsten  Athem- 
besehwerden,  heiserer  Sprache  und  Husten, 
angstroUem  Umherwerfen  verlaufend.  Bis- 
weilen werden  die  Luftwege  durch  Ans- 
huaten  ausgezweigter  Röhren  durchgängig. 
Behandlung:  stündliches  Einathmen  von 
zerstäubter  Milchsäarelösung  1 :  15  (Weber 
in  Darmstadt),  Breclimittel ,  Luftröhren- 
schnitt, s.  Tracheotomie. 

Crownglass  (engl.,  spr.  Kraun-),  Kronglas, 
sehr  helles  Krystallglas,  wird  zu  optischen 
Zwecken  mit  Flintglas  verarbeitet. 

Croydon  (spr.  Kreud*n),  Stadt  in  der  engl. 
Grafschaft  Surrey,  südl.  von  London,  20,S00 
Ew.    Hllitärschule  der  ostind.  Kompagnie. 

Cmcii,  der  3.  Quatember,  Mittwoch  nach 
Kreuzeserhöhung,  14.  Sept.! 

Cmikahank  (spr.  Kruhkschänk) ,  George, 
engl.  Karikaturenzeichner  und  Radirer,  geb. 
1798  zu  London,  lebt  das.;  lieferte  zahl- 
reiche humoristische  Skizzen  (z.B.  in,Sqcib8 
or  satyrical  Sketches* ,  1832) ,  polit.  Satiren 
und  Illustrationen  zu  Dickens  Romanen  und 
anderen  Werken.  Bestes  Werk:  Triumph 
des  Bacchus.  —  Sein  Bruder  Schert  C,  geb. 
1790,  1 18^?  ebenfalls  Karikaturenzeichner. 

Cmor  (lat.),  das  aus  den  Adern  gelassene 
Blut.     C.  sanguinis,  Blntroth,  s.  Bämatin. 

Grus  (lat.),  Bein,  Schenkel. 

Cimca  (Aceademia  della  C),  literar.  Ge- 
sellschaft zu  Florenz,  1584  gegründet ,  bes. 
zum  Zweck  der  Reinigung  derital.  Sprache 
(die  ,Kleie'  [crusca]  von  dem  ,Mehr  zu 
sondern),  1819  mit  neuen  Statuten  ausge- 
stattet. Gab  heraus  ,Yocabolario  degli  Acca- 
demici  della  C  (5.  Aufl.  1843  ff.). 

t^tta  (lat.),  Rinde,  rindenartig.  Ueberzug. 

CniTelU  (eigentlich  Krüwel),  Bühnen- 
sängerin, geb.  1825  in  Bielefeld,  machte 
Kuustreisen  in  Italien ,  London  und  Paris, 
lebt  seit  1856,  mit  Baron  Vigier  verheirathet 
und  von  der  Bühne  zurückgezogen,  in  Paris. 

Jffejfers  Hand- Lexikon. 


€mx  (lat.),  daj  Kreuz;  in  der  kathol. 
Kirche  auch  feierlicher  Aufzug  unter  Vor- 
tragung des  Kreuzes;  uneigentlich  Marter, 
Qual.  0.  inlerpretum,  schwierig  zu  erklä- 
rende Stelle  eines  Schriftstellers. 

Cmzido,  portug.  (]U>ldmünze,  =  5  Thlr. 
27  Sgr.;  Silbermünze,  =:  24  Sgr.  1,14  Pf. 

Csabft  (spr.  Tschaba),  Flecken  im  ungar. 
Komitat  Bekesch,  bei  Grosswardein,  27,865 
Ew.,  bisher  das  grösste  Dorf  Europas. 

Cunad  (spr.  Tschanad),  ungar.  Komitat, 
Kr.  jenseits  der  Theiss,  30  QM.;  sehr  frucht- 
bar, aber  ungesund.    Hauptort  Mako. 

CsärdM  (Tschardasch),  ungar.  National - 
tanz,. im  s/^.Takt. 

Csepel  (spr.  Tscbepel),  Donauinsel  unter- 
halb Pesth,  6  QM. ,  früher  Sommeraufent- 
halt der  magyar.  Könige,  seit  1825  Familien- 
gut  des  österr.  Kaiserhauses. 

Csik  (spr.  Tschlk) ,  Stuhl  der  Szekler  in 
Siebenbürgen,  81  QM.  und  ca.  140,000  Ew.; 
herrliches  Gebirgsland. 

Cslkos  (spr.  Tschikosch,  vom  ungar. 
cHkö,  Füllen),  der  ungar.  Pferdehirt  in  der 
Puszta,  kühner  Pferdebändiger,  auch  kecker 
Wegelagerer. 

€80koiiAl  (spr.  Tscho-),  Michael,  ungar. 
Dichter,  geb.  17.  Kov.  1773  zu  Debreczin, 
t  28.  Jan.  1805  in  Pressburg.  Von  grossem 
Einfluss  auf  die  Entwicklung  der  ungar. 
Nationalliteratur  durch  seine  Dichtungen 
,Ungar.  Muse*  (1797),  ,Dorothea'  (1803)  u.  a. 
Werke  (1813, 9  Bde.).  Biogr.  v.  Marlon  (1817), 

Csongrad  (spr.  Tschon-),  ungar.  Komitat, 
Elr.  jenseits  der  Theiss,  60  QM.,  reich  an 
Landprodukten,  aber  sumpfig  und  ungesund. 
Hauptst.  Szegedin.  Der  Marktfi.  C,  15,479  Ew. 

Cuartillft  (spr.  -Ija),  span.  Getreidemass, 
=r  V«  Fanega  =  13,87  Liter.  Der  CMkrtiUo 
z=  4  Ochavillos  =  1,168  Liter. 

Cnati  (Nasenthier,  Nasua  8torr),  Bären- 
gattung. Geteiliger  C.  (N.  socialis  Pr.  Max), 
V  8"  1.  (ohne  den  ebenso  langen  Schwanz), 
gesellig  in  den  Wäldern  Südamerikas,  mit 
geniessbarem  Fleisch. 

Cnba«  grösste  und  reichste  Insel  der  An- 
tillen, 2158  QM.  mit  (1869)  1,414,508  Ew. 
(darunter  760,000  Weisse,  226,000  freie  Far- 
bige, 370,560  Sklaven,  etwa50,0O0Kulies),  1492 
von  Oolumbus  entdeckt,  seit  1511  Besitzthum 
Spaniens,  das  jälirlich  21—22  Mill.  Thlr.  aus 
der  Insel  zieht.  Der  grösste  Theil  dersel- 
ben ist  Bergland  (Tarqulno  7900',  OJo  del 
Toro  4892^  h.)  von  seltener  landschaftllclier 
Schönheit;  am  Fusse  der  Berge  weite,  gut 
bewässerte  und  mit  üppiger  Vegetation  be- 
deckte Ebenen  und  Savannen.  Klima  zwi- 
schen ISO  und  260  schwankend  und  im  All- 
gemeinen gesund.  Vs  der  Insel  ohne  Kultur, 
*h  Wald ;  72/s  %  des  Areals  mit  Kolonial- 
pflanzen bebaut,  27o/o  Wiesen.  Hauptpro- 
dukte: Zucker  (1866:  811,000  Ton.)  und  Ta- 
bak (36,000  Gtr.  Blätter  und  137  Mill.  01- 
garren);  ausserdem  Kaffee  (im  Abnehmen), 
Baumwolle,  Kakao,  Indigo,  Mais,  Nutzhöl- 
zer von  vorzüglicher  Güte.  Ansehnliche 
Viehzucht.  Gesammtproduktion  jährl.  ca. 
126Vs  Mill.  Dollars.  Fabriken  nur  für 
Zucker,  Melasse  und  Cigarron.  Bed.  Han- 
del, namentl.  mit  Grossbritannien ,  Spanien 

29 


450 


Gnbebae  —  Gomberland. 


xmd  den  Verein.  Staaten.  Di«  Verfassung 
doToliaoa  unfrei.  Hauptstadt,  Sitz  des  6e< 
neralkapitäns  und  erster  Handelsplatz  ist 
Havaüa.  Vgl.  Bamon  de  la  Sagra,  ,Histnr. 
fisica,  economica  etc.  de  la  isla  de  C.',  18A2— 
1845,  11  Bde.;  Siver»,  ,0.',  1861. 

G€uhichte.  C.  ward  Ton  Colnmbns  auf 
■einer  ersten  Reise  28.  Okt.  1492  entdeckt 
und  von  Diego  Velasquez  1511  für  Spanien 
erobert  und  kolonisirt.  Die  Ausrottung  der 
Indianer  (bis  1560)  schadete  dem  Aufblülien 
derselben.  Havaiia  1584  befestigt  und  1633 
zum  Sitz  eines  Gouvernemeuts  erhoben.  Im 
17.  Jahrh.  Raubeinfälle  der  Flibustier.  Seit 
1717  der  Tabakshaudel  Monopol  der  Regie- 
rung. 1762  Havaiia  von  den  Eugländem 
erobert,  1763  g^gen  Florida  vortausclit. 
Seitdem  freier  Verkehr  der  Insel  mit  Spa- 
nien und  Emporbltthen  derselben.  1777  C. 
zur  unabhängigen  Generalkapitauerie  erho- 
ben. 1818  allgem.  Handelsfreiheit  bewilligt. 
1844  und  18&  Negeraufstände.  In  Nord- 
amerika Gelüste  nach  Eroberung  oder  An- 
kauf der  Insel ,  Ausrüstung  von  Freischaa- 
ren  zur  Befreiung  derselben.  Lopez  landet 
mit  solchen  12.  Aug.  1851  zu  Playtos,  wird 
aber  geDangen  und  1.  Sept.  hingerichtet. 
Die  Yom  Präsidenten  Bucbanan  genährten 
Annexationsbestrebungen  in  Nordamerika 
werden  erst  durch  den  Ausbruch  des  Bür- 
gerkriegs zurückgedrängt.  Aufstand  in  G. 
infolge  der  Revolution  in  Spanien,  lu. 
Okt.  1868  px'oklamirt  General  Gespedes  die 
Republik  und  die  Selbständigkeit  der  Insel. 
Einsetzung  einer  provisor.  Regierung.   Jan. 

1869  rerküindigt  der  span.  Generalkapitän 
Dulce  Amnestie  und  publicirt  ein  Wahlge- 
setz, wonach  C.  18  Deputirte  in  die  Con- 
stituante senden  soll.  Verbreitung  des  Auf- 
standes über  die  gauze  Insel.  Auf  beiden 
Seiten  barbar.  Kriegfühining.    Gegen  Ende 

1870  Aufliebung  der  Sklaverei.  Eine  Ge- 
schichte der  Insel  C.  schrieb  La  Pezuda 
(1868-68,  2  Bde.). 

Cubebae,  s.  Tfeffer. 

Cubicolttm  (lat.),  Zimmer,  bes.  Schlaf- 
zimmer; Grab  eines  Märtyrers,  bei  den 
ersten  Christen  zu  gottesdieustl.  Versamm- 
lungen benutzt,  daher  s.  v.  a.  Bethaus. 

Cnblttts  (lat.),  Vorderarm,  Längenmass. 
Bei  den  Griechen  in  3  Spannen,  6  Hand- 
breiten, 24  Fingerbreiten  getheilt.  Der  röm. 
0.  =  6  Palmi  oder  IVa  Pedes,  der  Pes  = 
16  Pollices  =  1,414*  rh. 

Cvcnmis,  s.  Qv^rU. 

Cucurbita,  s.  Kürbis, 

CndöwEy  Badeort  im  preuss.  Regbz.  Bres- 
lau, Kr.  Glatz,  nahe  der  bdhm.  Grenze, 
409  Ew. ;  Säuerling,  dem  pyrmontor  Wasser 
ähnlich,  -f  90  R. ;  seit  1792  benutzt. 

Cven^,  1)  span.  Prov.  in  Neukastilien, 
816  QBl.  und  229,514  Ew.  Die  HaupttL  G., 
am  Jucar  und  Harcar  (160'  h.  Brücke),  ma- 
lerisch gelegen ,  7600  Ew.  Hauptplatz  des 
span.  Wollhandels.  In  der  Näh»  gross- 
artige Höhlen.  —  2)  Stadt  in  der  südameri- 
kan.  Republik  Ecuador,  im  Osten  des  Busens 
Ton  Guaynquil,  8100'  üb.  M.,  20,000  Ew. 

Cl^acilM)  eigentl.  Jaeque»  de  Cmjob  oder 
0»U%9,  ber.  Reohtslehrer,  geb.  1522  zu  Tou- 


louse, seit  1555  Lehrer  der  Rechte  zuBoul^fl, 
lehrte  gleichzeitig  auch  zu  Paris;  f  4.  Okt. 
1590  zu  Bourges.  Stifter  der  sogen,  huma- 
nistischen Jurisprudenz.  Werke  zuerst  1577; 
neuerl.  mehrmals  (z.  B.  1859  f.)  nachgedruckt. 

Culens  (lat.),  lederner  Sack,  das  grösste 
Flüssigkeitsmass  der  Römer,  =  20  Amphoren 
=  160  Congien  =  471  preuss.  Quart. 

Cnllacin,  Hauptst.  des  mexikan.  Staats 
Sinaloa,  am  Flut$e  G.  (zum  Busen  von  Kali- 
fornien), 10,000  Ew. ,  Münze.    Gegr-  1582. 

Cttlloden  (spr.KöUohd'n,  J>rummos»iemoor), 
Ort  in  der  schott.  Grafschaft  Invemess; 
16.  April  1746  Sieg  des  Herzogs  von  Cumber- 
land  über  den  Prätendenten  Karl  Eduard, 
welcher  die  letzte  Hoffnung  der  Stuarts  auf 
den  Thron  vernichtete. 

Culpa  (lat.),  Schuld,  im  Gegensatz  zu  dem 
strafbaren  Vorsatze  oder  Dolus  (s.  d.),  Be- 
zeiclniuug  der  Fahrlässigkeit. 

Cuma  (a.  G.),  die  älteste  griech.  Kolonie 
in  Italien,  an  der  Küste  von  Kampauien, 
blühte  von  1050—417  y.  Chr.,  seitdem  ro- 
misch und  im  Verfall;  letzte  Reste  1203 
durch  die  Neapolitaner  zerstört.  Ber.  auch 
als  Aufenthaltsort  der  Sibylle  von  C. 

Cumanft,  Stadt  in  der  südamer.  Republik 
Venezuela,  nahe  dem  Meer,  22,000  (n.  And. 
6000)  Ew.  Perlenftscherei.  Gr.  Erdbeben 
14.  Dec.  1797  und  15.  Juli  1853. 

Cumarin,  angenehm  riechender,  kampher- 
äbulicher  Körper  in  Tonkabohnen,  Wald- 
meister, Steinklee,  Ruchgras,  Fahamblätteru, 
weisse,  iu  Wasser  lösliclie  Krystalle,  gibt 
dem  Maitrank  und  dem  Heu  seinen  Wohl- 
geriich,  SuiTogat  des  Waldmeister«. 

Cnniberland  (spr.  Kömberländ),  1)  Flnssin 
den  nordamerikau.  Staaten  Kentucky  n.  Ten- 
uessee,  entspr.  im  südösti.  Kentucky  au  dem 
Cumberlaudgebirge,  mündet  bei  Smithiand 
in  den  Ohio ,  120  M.  —  2)  Nordwestlichste 
Grafsch.  Englands,  73,5  QM.  und  205,2« 6  Ew., 
romant.  vielbesuchtes  Gebirgsland,  von  zahl- 
reichen kleiuen  Flüssen  und  den  schöngelege- 
neu  sogen.  Cumberlandteen  bewässert.  Bergbau 
und  Landwirthschaft.  Hauptst.  Oarlisie.  — 
3)  Insel  im  arktischen  Amerika,  zwischen 
der  Davisstrasse  und  dem  Foxkanal. 

Cumberland (spr.  Kömberländ),  Wilh.  Ang., 
Henog  von,  Sohn  Georgs  U. ,  Königs  von 
England,  geb.  26.  April  1721,  ward  11.  Mai 
17^  als  Oberbefehlshaber  der  engl.  Truppen 
in  Flandern  vom  Mnrschall  von  Sachsen 
bei  Fontenoy  geschlagen,  besiegte  den 
Prätendenten  bei  Gulloden  (27.  April 
1746) ,  unterlag  bei  Lawfeld  (2.  Juli  1747) 
abermals  dem  Marschall  von  Sachsen  gegen- 
über, erhielt  nach  Ausbruch  des  7Jähr. 
Kriegs  das  Kommando  der  engl.  Armee  in 
Deutschland,  ward  von  d*£tr6e8  bei  Hasten- 
bcck  (26.  Juli  1757)  geschlagen  und  schloss 
8.  Sept.  die  Konvention  zu  Kloster -Zeven; 
t  31.  Okt.  1765  zu  Windsov.  Den  Titel 
eines  Hertogs  von  C.  führte  hierauf  Heinrich 
Friedrich,  Bruder  Georgs  III.  (t  1790),  dann 
seit  1799  der  Prinz  Ernst  August ,  späterer 
König  von  Hannover,  von  dem  er  18.  Nov. 
1851  auf  seinen  Sohn  Georg  V.  überging. 

Cumberland,  Rieh,,  engl.  Schriftsteller, 
geb.  19.  Febr.  1732  in  Cambridge ,  f  7.  Mai 


Cumberlandgebirge  —  Curtius. 


451 


1811  zu  Tuubrid^e.  Sehr,  zahlreiche  Last- 
spiele (»Der  natürliche  SohnS  ,Die  BetrIjgerS 
,Der  WestindierS  J>aa  Rad  des  GlOcks*  eto.), 
schauenrolle  Tragödieu  und  Romane.  (,Aran- 
del*,  .Jotiann  von  Lancaster'  etc.). 

CnmberUuidgebirge,  Theil  des  Alleghany- 
C^ebirgs  in  Nordamerika,  vom  sudöstl.  Ken- 
tucky durch  Tennessee  bis  Alabama  ziehend, 
bis  2000^  hoch. 

Cumbre  de  Holahaceiiy  höchster  Gipfel 
der  Sierra  Nevada  in  Spanien,  10,662'. 

Ciunbrla,  bis  950  selbst&nd.  Königreich  in 
England,  umfasste  die  jetzige  Grafschaft 
Cumberland  n.  mehrere  scbott.  Grafiichaften. 

Cnmbrian  -  HoMBtains  (spr.  Kömbriäu- 
Manutins,  CumbrischeB  Gebirge),  höchste 
Bergkette  Englands,  in  den  Grafschaften 
Cumberland  und  Westmoreland,  alpenartig, 
mit  engen  Thäleru  und  langgestreckten 
Seen,  im  Scawfell  •  Pikes  8968'  hoch. 

Camino  (Kümmelinsel),  Inselchen  b.  Malta. 

CnaiiniimX.  (Stachel-,  Kreuzkümmel),  Pflan- 
zengattnng  der  Umbellifaren.  C.  Gyminnm 
X.,  MuUerkämmel,  in  Nordaflrlka  und  Süd- 
europa, knltivirt,  liefert  den  o(fflcinell«n 
Semen  Cuminl,  rlimieehen,  Pfefferkümmd. 
Das  ätherische  Gel  rieclit  gewärzig,  besteht 
aus  dem  Kohlenwasserstoff  Cymen  (auch  im 
Steinkohlentheer)  und  dem  Aldehyd  OuminoU 

Cnmolns  (lat.),  Haufe,  bes.  Haii^enwolke, 
s.    Wolke, 

Cvndliianiarea.  Staat  der  Republik  Neu- 
granada, 3754  QU.  mit  391,096  Ew.  Haupt- 
stadt Bogota. 

Cnnene  (Nourte),  gr.FIuss  im  westl.  Süd- 
afrika, entspr.  ȟdl.  von  Bib6,  durchfliesst 
das  Ovampoland,  mündet  südk  von  der 
grossen  Fischbai  in  den  atlant.  Ocean; 
schmal,  voller  Stromschnellen,  nicht  schiff- 
bar; noch  wenig  erforscht. 

Cuneo  (Omi),  oberital.  Prov.,  129,6  Qfl[. 
und  597,279  Ew.  Die  HaupeU  0.,  am  Stura 
und  Gesso,  12,797  Ew.  Fabr.,  lebhafter  Han- 
del.   Festungswerke  1801  geschleift. 

Cnneiis  (lat.),  Keil. 

Cmnningliani  (spr.  Könnioghäm),  Allen, 
schott.  Naturdichter,  geb.  7.  Dec.  1784  zu 
Blackwood  (Dumfries),  ursprüngl.  Maurer- 
geselle;  t  29.  Okt.  1842  in  London.  Sehr. 
,Marmaduke  Maxwell'  (Drama,  1822),  volks- 
thümliche  Lieder  und  Balladen  und  das  Epos 
,Maid  of  Elvar';  ausserdem  ,Hist.  of  the 
british  litterature  of  the  last  fifty  years' 
(1834 ;  deutsch  von  Kayer  1834).  Seine  ,Poems 
and  songs*  1847  neu  herausgeg.  von  seinem 
Sohn,  dem  Llterator  Peter  G.  (f  1869): 

Cnpar  (spr.  Kinhpörr),  Hauptst.  der  schott. 
Qrafsch.  Fife,  am  Eden,  14,9<i0  Ew.  In  der 
altem  Geecliiclite  Schottiands  oft  genannt* 

Copfdo  (gr.  PalJioe,  d.  )i.  Verlangen,  Be- 
gierde) ,  bei  dem  Römern  Beueuuuug  des 
LittbesKottes,  s.  JSroa  und  Amor. 

Cnpressna,  s.  Cvpreste. 

Cnpal*  (lal--),  Becher;  in  der  botan.  Ter- 
miiiuingje  Bt^ciierliülle,  aus  ausgewachsenen 
ttnd  mehr  oder  weniger  mit  eiuaiider  ver- 
schmolsenen  Brakteen  gebildete  UüUe,  wie 
sie  den  Cupulifereu  (Eiche,  Haseluuss)  elgen- 
thumiloh  ist. 

Cniire)  Pfeilgift  der  Indianer  am  Orinoco, 


aus  dem  Saft  einiger  Stryohneen  gewonnen, 
Jetzt  als  Heilmittel  angewandt. 

€uramio,  niederland.  Insel  in  West- 
indlen,  8Vs  QM.  mit  19,144  Ew.  Hauptpro- 
dnkt  Seesalz  und  neuerdings  Cochenille. 
Hauptort  Willemstadt  an  der  Südwestküste. 
1527  von  den  Spaniern  in  Besitz  genommen, 
1634  von  den  Holländern  erobert. 

Cvritng  (lat.,  Kurat),  Pfarramtsveiwesor; 
auch  Kaplan,  der  unt.er  Auiäicht  eines  höhe- 
ren Geistlichen  die  Seelsorge  ausübt. 

Cureas,  s.  Jatropka. 

Cnreitma  X.  (Kurkuma,  Zitwer),  Pflanzen- 
gattung der  Scitamineen.  C.  longa  L.,  Gelh- 
wurg,  gelber  Ingwer ,  aus  Südasien,  dort  und 
in  Südamerika  knltivirt,  liefert  die  Kur- 
kuma, Tumerikwurzel.  Diese  enthält  gelben 
Farbstoff,  Ourcumin,  dient  in  der  Färberei, 
als  ingwerähnllohes  Gewürz  und  als  Arznei- 
mittel. Mit  0.  gefärbtes  Papier  ist  Reagens 
auf  Borsäure.  0.  Zedoaria  Rote.,  C.  Jermebet 
Roaib.,  wild  und  angebaut  in  Südasien  und 
Madagaskar,  liefert  die  gewürzige,  stärke- 
mehlreiche Zedoar-  oder  Zitwerwurzel.  Die 
Wurzeln  von  0.  angustifoHa  Boadb.  in  Ost- 
indien u.  C.  leuoorrhiza  Boxb.  das.  liefern  das 
ostind.  Arrow-Root(Tik,  Tikur).  Zierpflanzen. 

Ciii^e  (fr.,  spr.  kttreh),  das  Aufbrechen 
und  Zerwirken  des  bei  der  Parforcejagd  er- 
legten Edelhirsches. 

Cures  (a.  G.),  Hauptstadt  der  Sabiner  in 
Samnium;  Jetzt  Oorreee,  östl.  vom  Tiber. 

Curla  (lat.),  Yolksabtheilung  im  alten  Rom 
und  Versammlungsort  derselben.  Die  3 
Tribus  oder  Stämme,  welche  die  älteste  Be* 
völkerung  Roms  gebildet  haben  sollen,  zer- 
fielen in  Je  10  Ouriae  zu  je  10  patric.  Ge- 
schlechtern, die  ausschliessl.  zu  Erlangung 
der  oberen  Magistraturen  befähigt  waren 
und  in  ihren  Versammlungen  ( Kttriatkomi- 
Hen)  über  die  öffentl.  Angelegenheiten  mit 
entschieden.    Vgl.  Kurie.  [den  Jahres. 

Carrentis  anni  (lat.,  abbr.  e.  a.),  laufen- 

Cnrricnluin  vitae  üat.),  kurze  Lebens- 
geschichte, Lebenslauf. 

Cursore!  (latj,  Laufvögel.  [schaft. 

Cursus  (lat.),  Lauf;  Lehrgang  einer  Wissen- 

CurtiuSy  1)  Emttf  Alterthumsforscher,  geb. 
2.  Sept.  1814  zu  Lübeck,  ward  1844  Prof. 
an  der  berliner  Universität  und  Erzieher 
des  Prinzen  Friedrich  Wilhelm,  Jetzigen 
Elronpriuzen  von  Preussen ,  1856  Prof.  der 
klass.  Philologie  und  Archäologie  zu  Göt- 
tingen, 1865  nach  Berlin  berufen;  seit  1858 
Mitglied  der  Akademie  der  Wissenschaften 
und  seit  1870  Generaldirektor  der  Museen 
daselbst.  Hauptwerke:  ,Peloponnesos'  (1851 
bis  1852,  2  Bde.),  ,7  Karten  zur  Topographie 
von  Athen'  (1868)  und  ,Griech.  Geschichte« 
(1857—67,  3  Bde.).  Ausserdem :  ,Die  Jonier 
vor  der  Jon,  Wanderung'  (1855);  ,Zur  Ge- 
schichte des  Wegebaus  bei  den  Griechen* 
(1855);  ,Attische  Studien*  (Heft  1  u.  2,  1863 
bis  ISM)  u.  A.  —  2)  Georg,  Philolog,  Bruder 
des  Vor.,  geb.  16.  April  1820  zu  Lübeck,  seit 
1862  Prof.  zu  Leipzig.  Sehr.  ,Dio  Sprach- 
vergleichung in  ihrem  Veriiältniss  zur  klass. 
Pliilologie'  (2.  Aufl.  1848);  ,  Sprach  verglei- 
chende Beiträge  zur  griecli.  und  lat.  Gram- 
matik' (Bd.  1, 1846);  ,Graudzüge  der  griech. 

29* 


462 


CurtiuB  "RnhxB  —  GySn. 


Stjmologle'  (8.  Auf.  1869);  ,Orieoh.  Sohal- 
grammatik'  (9.  Anfl.  1870)  nebst  »Erläu- 
terungen' (2.  Aufl.  1870). 

CurtinS'BnflBSy  QuitUu$,  röm.  Getohicfat- 
■obreiber  ron  unbestimmtem  Zeltalter,  wahr> 
seheittlich  röm.  Rhetor  Im  1.  Jahrh.  der  Kai- 
serzeit; sehr.  ,De  rebus  gestis  Alezandri 
Magni  libri  X*  (die  2  ersten  fehlen,  die  an- 
deren lückenhaft),  romanhaft  und  Toll  geo- 
graphischer und  chronolog.  Fehler ;  Sprache 
rein  und  edel.  Heransgeg.  Ton  Zumpl  (8.  Aufl. 
1864),  übers,  von  S%ebeli$  (1857—60,  3  Bdchn.). 

Cnnsölfty  dalmat.  Insel,  südl.  von  Lesina, 
11,100  Ew.  Die  HaupM.  0.,  2800  Ew.  Hier 
8.  Bept.  1298  Seesieg  der  Oenuesen  unter 
Doria  über  die  Venetfaner  unter  Dandolo. 

Cnsft  (Kuza),  Alex,  Joh.,  Fürst  von  Rumä- 
nien, s.  Alexander  2). 

Cnscfitft  X.  (Flachneide,  Klebe),  Pflanaen- 
gattung  der  Konvolrulaceen,  windende 
'  Schmarotzerkränter.  0.  enropaea  Z.,  Neesel», 
Vogelseide,  Teufdsxtoim,  Range,  in  Europa, 
auf  Nesseln,  Hopfen,  Weiden,  früher  offid- 
nell.  O.Epilinum  fFtfyA«,  in  Europa,  auf  Lein. 
Alle  Ai-ten  den  Pflanzungen  verderblich. 

CÜstlne  (spr.  Küstihn),  Adam  F%xlippe, 
Graf  ton,  frans.  General,  geb.  4.  Febr. 
1740  zu  Metz,  bei  den  Generalstaaten  Abge- 
ordneter des  Adels  von  Metz,  stimmte  mit 
der  Minorität  des  Adels  für  polit.  Reform, 
übernahm  1793  ein  Kommando,  nahm  Lan- 
dau, Speier,  Worms,  Mainz  und  Frankfurt, 
musste  sich  1798  nach  dem  Elsass  zurück- 
ziehen, erhielt  nach  Dumouriez  Abfall  den 
Oberbefehl  über  die  Nordarraee,  ward,  des 
Einverständnisses  mit  dem  Feinde  beschul- 
digt, 29.  Aug.  1793  guillotinirt.  Ygl.  £ara- 
guay-d'Silliera,  ,M6moires  posthumes  du 
comte  de  0.%  deutsch  1795,  2  Bde. 

Custodift  (lat.),  Wache. 

Cnstos  (lat.),  Hüter,  Aufseher,  Küster; 
Aufseher  einer  Bibliothek ,  Sammlung  etc. ; 
in  der  Buchdruckerei  (tv.  rielame)  die  am 
Schlüsse  einer  Seite  unten  gesetzten  Anfangs - 
Silben  der  nächstfolgenden  Seite,  jetzt  meist 
weggelassen;  in  der  Kotenschrift  Zeichen, 
welches  am  Ende  einer  Zeile  bei  abgebro- 
chenen Takten  die  Koten  angibt,  welche 
auf  der  nächsten  folgen. 

CustOZZfty  ital.  Dorf  bei  Verona ;  25.  Juli 
1848  Sieg  der  Oesterreicher  unter  Radetzky 
über  die  Piemontesen  unter  König  Karl 
Albert;  24.  Juni  lS66Sieg  der  Oesterreicher 
über  die  Italiener  unter  Lamarmora. 

Cutis  (lat.).  Haut;  in  der  Botanik  eutieula, 
strukturlose  Schicht  auf  der  Epidermis 
grüner  Theile  der  höhereu  Pflanzen. 

Covette  (fir.,  spr.  Küwett),  Abzugsgraben 
für  Regenwasser  in  trocknen  Festungs- 
gräben; in  Taschenuhren  die  innere,  das 
Werk  abschliessende  Metallplatte. 

Cnvler  (spr.  Küwieh),  George  Leopold  Ohr^- 
tien  Fr4d4rie  Dagobert,  Baron  von,  her. 
fk-anz.  Katurforscher,  geb.  23.  Aug.  1769  in 
Montb61iard,  Zögling  der  Karlsakademie  zu 
Stuttgart,  ward  1795  Prof.  an  der  Oentral- 
schule  des  Pantheons  zu  Paris,  1796  Mitglied 
des  Kationalinstituts,  1800  Prof.  am  OollSge 
de  France,  1802  einer  der  sechs  General- 
iBspektoren  des  gelelirton  Unterrichts.  1808 


Rath  dex  neuen  kaiserl.  Universität,  1813 
Requetenmeister  im  Staatsrath,  dann  kurz 
vor  Kapoleons  I.  Fall  wirkl.  Staatsrath, 
unter  Ludwig  XVm.  Kanzler  der  Univer- 
sität, 1819  zum  Baron  erhoben  u.in  den  Kabi- 
netsrath  berufen,  1822  zum' Grossmeister  der 
prot.-theoIog.  Fakultät  der  Universität,  1831 
zum  Pair  ernannt .  und  zum  Minister  des 
Innern  ausersehen;  f  ^3*  ^^i  19S2.  Er 
erhob  die  vergleichende  Anatomie  zuerst 
zur  Wissenschaft.  Sehr.  «Le^ons  d'anatomie 
oompar^e*  (1801—5,  5  Bde.;  neue  Ausg. 
1840  •  deutsch  von  Froriep  und  MecM  1808 
bis  1810,  4  Bde.),  ergänzt  durch  die,M6moires 
ponr  servir  ä  Thistoire  de  Tanatomie  des 
roollusques'  (1816);  ,Recherches  sur  les  osse- 
ments  fossiles'  (4.  Aufl.  1835),  ,Discours  sur 
les  r6volutions  de  la  snrface  du  globe  et  sur 
les  changements  qu'elles  ont  produits  dans 
le  rdgne  animal'  (1817,  4 Bde.;  deutsch  von 
mggerath  liSaO y  2  Bde.,  und  von  Giebel 
1851);  ,Le  r^gne  animal'  (1817,  4  Bde.; 
deutsch  von  Schinz  1818,  und  von  Voigt 
1831-43,  6  Bde.;  neueste  Aufl.  von  G.s 
Schülern  besorgt  1836—49,  11  Bde.  nebst 
993  Tafeln);  ,Histoire  naturelle  des  polasons' 
(1828—49,  22  Bde.;  von  Valenciennes  fortge- 
setzt); ,Recueil  d*61oges  historiques*  (1819, 
3  Bde.).  Vgl.  Lee,  .Memoire  of  Baron  C.*, 
1833;  Pesquier,  ,Eloge  de  G.',  1833.  —  Sein 
Bruder,  FrM.6rio  O,,  geb.  27.  Juni  1773  zu 
Montbtiiard,  Prof.  und  Konservator  desKa- 
binets  für  vergleichende  Anatomie  des  Jar- 
din  des  Plantes  zu  Paris ,  Mitglied  des  In- 
stituts und  des  protest.  Konsistoriums ;  f  25. 
Juli  1838  zu  Strassburg.  Sehr.  ,De8  dents 
mammifdres,  consid6r6es  comme  caractdres 
zoologiques'  (1825);  mit  Geoffroy  Saint -Ei- 
laire  ,Hist.  naturelle  des  mammiftoes'  (1824). 

Ciiyabi,  Hauptst.  der  brasll.  Prov.  Matte 
Grosso,  am^UM  C.  (zum  Paraguay),  7000Ew. 

Cnzco,  die  2.  Stadt  Perus,  12,063'  üb.  M., 
25,000  Ew. ,  Universität  (s.  1692).  Ehemals 
Hauptort  de»  Inkareichs  und  die  heil.  Stadt 
der  Peruaner  (noch  Reste  davon  vorhanden). 

Cyin  (gr.),  Verbindung  von  2  Aeq.  Kohlen- 
stoff mit  1  Aeq.  Stickstoff,  farbloses  Gas,  von 
heftigem  Geruch,  durch  Kälte  und  Drnck 
zu  einer  Flüssigkeit  kondensirbar,  brennt 
mit  violettrother  Flamme,  löst  sich  in  Was- 
ser und  Alkohol,  aber  die  Lösungen  zersetzen 
sich  schnell«  0.  entsteht  aus  Kohlenstoff 
und  Stickstoff  bei  hoher  Temperatur,  wenn 
ein  Körper  zugegen  ist,  mit  dem  es  sich  ver- 
binden kann.  So  entsteht  Cyankalium,  wenn 
kohlensaures  Kali  mit  Kohle  in  Stickstoff 
(im  Hohofen),  oder  wenn  thierische  (stick- 
stoffhaltige) Kohle  mit  Potasohe  (Blutlaugen- 
Salzfabrikation)  erhitzt  wird.  Oj/anammo- 
nium,  wenn  man  Ammoniak  über  glühende 
Kohlen  leitet.  Cyamäure,  1  Aeq.  G.  und  1 
Aeq.  Sauerstoff,  entsteht,  wenn  man  Gyan- 
verbiudungen  unter  Luftzutritt  glüht.  Sie 
ist  sehr  unbeständig.  Die  Lösung  des  eysn- 
sauren  Ammoniaks  gibt  beim  Verdampfen 
Harnstoff.  Prooentisch  von  gleicher  Zusam- 
mensetzung wie  Gyansäure  ist  die  Knall- 
säure (s.  d.).  Oyanioassereioff  a.  v.  a.  Blau- 
säure. Mit  Metallen  bUdet  G.  CyanmetaUe: 
cyanärmere  Cj/anüre  und  cyanreichere  Oga- 


^ 


Cyanometer  —  Cynara. 


45S 


nid4,  die  leicht  Doppelsatee  bilden,  £.  B. 
BIutlaugensalB.  Säuren  entwickeln  aus  ihnen 
gewöhnlich  Blausäure.  Oyankalium  (Gilach- 
lich  blansaures  Kali),  farblos,  sehr  ätsend, 
leicht  löslich  in  Wasser,  unlöslich  in  Alko- 
hol, hygroskopisch,  wird  durch  die  Kohlen- 
säure der  Luft  zersetzt  und  riecht  daher 
nach  Blausäure,  ist  äusserst  giftig,  wird 
durch  Schmelzen  yon  Blutlaugensalz  mit 
Potasche  hergestellt  und  in  der  Galvano- 
plastik, Photographie  sowie  zur  Entfernung 
Ton  Silberflecken  angewandt. 

€y«ioiii9ter  (gr.),  Instrument  zur  Bestim- 
mung der  Intensität  der  blauen  Farbe  des 
unbewölkten  Himmels,  besteht  aus  einer 
Reihe  ungleich  intensiv  gefärbter  blauer 
Papierstreifen  ,  mit  welchen  man  das  Him- 
melsblau vergleicht. 

CyanSse  (gn),  s.  Blausuchi. 

Cy1>dle(gr.iS^e<e,  auch  Kj^ebe),  urspruugl. 
phiygische  Oöttin,  Personifikation  der  üppig 
firuchtbaren  Natur,  in  Kleinasien  mit  wilder 
Begeisterung  und  orgiast.  Taumel  verehrt, 
Ton  den  Griechen  als  die  ,grosse  Mutter  der 
Q-ötter*  mit  Rhea  identiflcirt;  auch  in  Rom 
,  verehrt.  Dargestellt  als  reichbekleidete  Ma- 
trone mit  einer  Mauerkrone  auf  dem  Haupte. 

Cyclftmeil  L,  (Erd»cheibe,  Saubrod,  Alpen- 
veilchen), Pflanzengattung  der  Primulaceen. 
O.  europaeum  L.  in  Sädeuropa,  Schlesien, 
Böhmen,  Oesterreich,  Wurzel  als  Radix  Arta- 
nitae  früher  ofücinell.    Zimmerpflanze. 

€7elu8(gr.),  Oirkel,  Kreis;  in  der  Arithmetik 
von  1  anfangende,  bis  zu  einer  bestimmten 
Zahl  fortlaufende  und  dann  beliebig  wieder- 
holte Zahlenreibe ;  in  der  Chronologie  Reihe 
von  Jahren,  nach  deren  Ablauf  dieselben 
Erscheinungen  in  derselben  Folge  wieder- 
kehren. Am  bekanntesten:  der  Sonnen- 
eydtiSt  Zeitraum  von  28  Jahren,  nach  dessen 
Verlauf  die  Wochentage  wieder  auf  dieselben 
Monatstage  fallen,  9  n.  Chr.  beginnend ;  der 
Mondcyclua  (auch  metonischer  C.  oder  C.  der 
goldnen  Zahl  g&n.)^  Zeitraum  von  19  Jahren, 
nach  deren  Verlauf  die  Mondphasen  ziem- 
lich genau  wieder  mit  den  gleichen  Stellun- 
gen der  Sonne  zusammenfallen,  vom  Athener 
Meton  um  432  v.  Chr.  entdeckt;  der  Indik- 
tionencpelus,  aus  15  Jahren  bestehend,  von 
unbekanntem  Ursprung. 

Cydniu  (a.  G.),  Fluss  in  Cillcien,  in  dem 
Alexander  d.  Gr.  fost  den  Tod  gefunden. 

Vydonlft,  s.  Quittenbaum. 

Cykläden,  Gruppe  von  60  Inseln  im  ägai- 
schen  Meer,  südöstl.  von  Euböa ,  eine  bes. 
Nomarchie  Griechenlands  bildend,  43,6  QM. 
mit  118,130  Ew.  und  der  Hauptst.  Syra ;  zer- 
fallen in  nördliche  (Andre,  Tino,  Mvkone, 
Syra,  Thermia,  Zea  etc.),  mittlere  (Porös, 
Kaxos,  Kimoli,  Sifanto,  Polikandros,  Nio, 
Sikino  etc.)  und  südliche  C.  (Amorgo,  Anafl, 
Santopin,  Stampalia  etc.). 

Cyklische  Dichter,  die  griech.  Dichter, 
welche  die  von  Homer  und  den  Homeriden 
übergangenen  Begebenifeiten  ans  den  Sagen- 
kreisen der  griech.  Heroen  und  des  trojan. 
Krieg»  nach  derWoise  des  Homer  besangen. 
Ihre  Dichtungen  gingen  verloren,  der  Inhalt 
derselben  im  Allgem.  erhalten  durch  die 
Chrestomathie  des  Proclus  (5.  Jahrh.  n.  Chr.). 


€yUotde  (gr.),  Badlinie',  krumme  Linie, 
von  einem  auf  einer  festen  geraden  Linie 
in  derselben  Ebene  fortrollenden  Kreis  durofa 
einen  bestimmten  Punkt  in  dessen  Peripherie 
beschrieben.  Rollt  der  Kreis  auf  der  äusse- 
ren oder  inneren  Seite  der  Peripherie  eines 
anderen  Kreises,  so  beschreibt  ein  bestimmter 
Punkt  desselben  im  ersteren  Falle  eine 
EpxcjM&tde,  im  letsteren  eine  HffpoeyklcVde. 

CyklSpen  (gr.  Kyklopen),  Rundäugige,  nach 
Homer  wilde  Riesen  au  der  Küste  von/Sici« 
lien.  Söhne  des  Keptun,  mit  Einem  Auge 
mitten  auf  der  Stirn  (s.  PoHyphtmun);  von 
der  späteren  Sage  in  den  Aetna  oder  in  Vul- 
kane auf  LemnoB  und  Lipara  versetzt  und 
zu  des  Hephästus  Dienern  gemacht.  Oykio- 
pi9che  Mauern,  Mauern  aus  aufeinander  ge- 
schichteten, riesigen  Werkstücken. 

Cyklorinui  (gr.),  s.  Ftmorama. 

Oylinder  (gr.,  Wcdne),  geometr.  Körper 
von  zwei  ebenen j  einander  gleichen,  in 
parallelen  Ebenen  Hegenden  krummlinigen 
Figuren,  den  Grundflächen,  und  einer  beide 
verbindenden  krummen  Fläche,  der  Seiteu- 
oder Mantelfläche,  begrenzt,  gewöhnl.  ein 
Kreiscfßinderj  d;  h.  ein  solcher,  dessen  beide 
GrundflächenKreise  sind,  entstehtals  gerader 
durch  die  Umdrehung  eines  Rechtecks  um 
eine  seiner  Seiten.  Die  die  Mittelpunkte 
beider  Grundflächen  verbindende  ger&de 
Linie  heisst  die  Axe  des  C.s.  Je  nachdem 
diese  auf  den  Grundflächen  senkrecht  oder 
schief  steht,  steht  der  C.  selbst  senkrecht 
oder  schief.  Sind  die  Grundflächen  Ellipsen, 
so  ist  der  C.  ein  elliptischer.  Durchschneidet 
man  einen  Kreiscylinder  mit  einer  Ebene, 
so  bildet  die  Durchschnittsfläche  einen 
Kreis ,  wenn  die  schneidende  Ebene  der 
Grundfläche  parallel  ist,  ein  Parallelogramm, 
wenn  sie  durch  die  Axe  oder  parallel  zu 
derselben  gelegt  ist,  ausserdem  eine  Ellipse. 
Der  körperliche  Inhalt  eines  jeden  C.s  wird 
gefunden  durch  Multiplikation  der  Grund- 
fläche mit  der  Höhe.  Die  krumme  Seiten- 
fläche eines  geraden  C.s  ist  gleich  einem 
Rechteck,  welches  den  Umfang  der  Grund- 
fläche zur  Grundlinie  und  die  Höhe  des  C.s 
zur  Höhe  hat.  Ein  C.  verhält  sich  zu  einem 
Kegel  von  derselben  Grundfläche  und  Höhe 
wie  3:1,  zu  einer  Kugel  von  dem  Durchmes- 
ser seiner  Grundfläche  wie  8  :  2. 

CylindermagcUiie,  s.  Kaiander, 

Cylinderuhr,  s.  zfhr, 

Cyllene  (a.  G.),  höchster  Gebirgsstock  im 
Peloponnes ,  auf  der  Grenze  von  Arkadien 
und  Achaja,  7600';  jetzt  Ziriagebirge. 

Cymbel  (Cymbalum),  Becken;  in  Militär- 
orchestern Zierstange  mit  Pferdeschweif  und 
Schellen;  Orgelpfeifenwerk  von  scharfem 
Ton;  Cyrnbelist,  Beckenschläger;  Cymbal,  s. 
V.  a.  Hackebret. 

Cynanchum  B,  Br,  (Hundswürger,  Schwal- 
benwurz), Pflanzengattnug  der  Asklepiadeen. 
Von  C.  Aighel  Ddile,  Arghehtrauch  ^  im 
oberen  Kilgebiet  sind  die  Blätter  den  alexan- 
driuischen  Sennesblättern  heigemischt.  C. 
acutum  L.  In  Südeuropa  liefert  das  franz. 
Scammonlum. 

Cynara  Vaill,(Arti$choke),  Pflanzengattung 
der  Kompositen.    C.  carpnnculus  L.,    Oar- 


454 


Cyniker  —  Cyrus. 


^on$,  tpumitcka  od«r  krttisehe  AHiaekcJM,  wild 
u*  kultivirt  in  den  MittelmeerlijadeTn,  liefert 
in  den  Staugeln  und  Blattstielen,  0.  cardun- 
onluB  rar.  sativa  Moria  (G.  Soolvmus  L.), 
in  Deutschland,  Frankreich  und  England 
kaltivirt,  in  dem  Fruchtboden  feines  GemüM. 

Cyviker  (gr.)>  die  von  Antistheoes  (e.  d.) 
um  980  T.  Chr.  lu  Athen  gegründete  Pbilo- 
Bophenschole ,  setzte  die  Tugend  in  die 
gi^sstmögltche  Unabhängigkeit  von  allen 
äusseren  Dingen,  weil  der  Mensch  so  der 
nichtsbedüifenden  Gottheit  am  ähnlichsten 
werde.  Die  berühnitesten  Mitglieder  der- 
selben waren  Diogenes  (s.  d.)  von  Sinope 
und  Grates  von  Theben  nebst  seiner  Oattiu 
Hipparchia.  Cynismun,  Verachtung  und  Ver- 
nachlässigung des  äusseren  Austandes. 

Cypeni(türk.  Kibris),  türk.  Insel,  imKord-> 
ostwiukel  des  Mittelmeers,  31  M.  1.,  12  M. 
br,,  175  QM.  mit  über  200,000  Ew.  («/i  Grie- 
chen); gebirgig  (Monte  Groce  oder  Olymp 
6187'  h.),  mit  reizenden  fruchtbaren  Thälern; 
reich  an  Getreide,  Wein  (am  besten  der  sog. 
Gommanderia) ,  Sudfrüchten ,  Baumwolle, 
Seide,  Oliven,  Nutzliölzern  (darunter  Oypre»- 
$en),  Salz  etc.  Klima  mild  und  gesund. 
Hauptstadt  Levkosia,  Hanpthandelsplätze: 
Lamaka  und  Famagusta.  —  Im  Alterthum 
zerfiel  0.  in  9  kleine,  theils  phönic,  theils 
griech.  Königreiche  (Amathnsia,  Paphos,  Sa- 
lamis etc.);  Ackerbau, Beigbau  (auf Kupfer) 
und  Industrie  (Teppiche,  Tischgedecke,  Klei- 
der etc.)  standen  in  Flor.  Nach  wechselnden 
Verhältnissen  von  Unabhängigkeit  und  Ab- 
hängigkeit von  Persieu  und  Aegypten  ward 
die  Insel  58  v.  Ohr.  römisch  und  später 
Theil  des  byzant.  Reichs.  Einer  der  byzant. 
Statthalter,  Gomnenus  I.,  machte  sich  unab- 
hängig, und  seine  Nachkommen  behaupteten 
sich  im  Besitz  der  Insel,  bis  Richard  Löwen- 
herz 1191  sie  eroberte  und  den  König  von 
Jerusalem  Guy  von  Lnsignan  damit  be- 
lehnte. Ein  Nachkomme  desselben  heirathete 
die  Venetianeiiu  Kath.  Gornaro,  und  diese 
überliess  als  Wlttwe  1485  die  Insel  den 
Venetianern.  1571  eroberten  sie  die  Tür- 
ken, 1882—40  gehörte  sie  vorübergehend  zu 
Aegypten.  Vgl.  Engel,  jKypros',  1841,  2  Bde.; 
Ühger  und  KoUchy,  ,Die  Insel  G.',  1865. 

CrpenM  L.  (Cypergraa),  Ffianzengattung 
der  Gyperaceen.  G.  esculentus  L.  £rdmandel, 
Kaffeeumrzel,  in  Südeuropa  und  im  Orient, 
zuweilen  wegen  der  wohlschmeckenden, 
früher  officinellen  und  als  Kaffeesurrogat 
empfohlenen  Knollen  angebaut.  G.  Papyrus 
Willd. ,  Bipier$Uiude ,  am  weissen  Nil  (in 
Aegypten  ausgestorben),  in  Palästina  und 
Südeuropa,  diente  den  alten  Aegypteru  zur 
Bereitung  des  Papiers,  welches  aus  der  ge- 
glätteten Haut  zwischen  Mark  und  Rinde 
bestand ;  die  Stengel  dienen  zum  Dachdecken, 
zu  Matten,  die  Wurzeln  als  Brennmaterial. 

Cyprewe  (Gupressus  L,),  Pflanzengattung 
der  Koniferen.  Immergrüne,  gemeine  C.  (G. 
sempervirensX.^,  Baum  in  Südeuropa,  Klein- 
asien, Nordafrika,  seit  den  ältesten  Zeiten 
Symbol  der  Trauer;  liefert  sehr  dauerhaftes 
Nutzholz;  G.  thiirifera  Kunthi  Baum  in 
Mexiko,  weiltrauchartiges  Harz. 

CyprUuui«,  77uueiu9  Ciic(liu$,  der  Helligei 


lat.  Kirchenvater,  geb.  IMX)  n.  Chr.  lu  Kiüt- 
thi«o,  Christ  seit  245,  strenger  Asoet.  248 
zum  Bischof  von  Karthago  erwählt;  bei  der 
Verfolgung  unter  Valerianus  14.  Sept.  258 
zu  Karthago  enthauptet.  Einer  der  ersten 
Vertreter  der  bischöfl.  Machtvollkommenheit 
gegenüber  den  altkirchl.  Rechten  der  Pres- 
bvter.  Sehr.  83  ,£pistolae',  Hauptquelle  für 
die  damalige  Kircheugeschiuhte ,  und  ,De 
unitate  ecolesiae'  (herausgeg.  von  KrcMnger 
1853).  Werke  herausg.  von  Goldhorn  (1838- 
1839,  2  Bde.). 

Cyrenatcft  (Pentapolia,  a.  G.),  Landsch.  an 
der  Nordküsto  A&'ikas  (das  jetzige  westl. 
Barka),  um  631  v.  Ghr.  von  Thera  aus  kolo- 
nisirt,  seit  514  blühende  Republik,  unter 
Ptolemäus  Lag!  mit  Aegypten  vereinigt; 
später  (97  v.  Ghr.)  römisch,  im  7.  Jahrb. 
n*  Ghr.  von  den  Arabern  erobert,  seitdem 
ganz  im  Verfall.  Hauptort  Cyrene  (Ruinen 
ders.  bei  Grenne). 

Cyrillngj  1)  C.  wm  Alexandria,  Kirchen- 
vater, Patriarch  von  Alexandria  seit  412, 
blinder  Fanatiker,  reizte  den  Pöbel  gegen 
die  Juden  und  zu  Ermordung  der  Hypatia, 
der  Tochter  des  Mathematikers  Theon, 
eifriger  Verfechter  der  Anbetung  der  Maria, 
setzte  die  Verurtheilung  seines  Gegners 
Nestorius  auf  dem  Koncil  zu  Ephesns  431  vor 
Ankunft  der  syr.  Bischöfe  durch,  ward  von 
diesen  nach  ihrer  Ankunft  verurtheilt;  f  444; 
kanonisirt.  Werke,  darunter  10 Bücher  gegen 
den  Kaiser  Julian,  herausg.  von  Auberl 
(1638,  7  Bde.).  —  2)  C,  eigentl.  Konstantin, 
Apostel  der  Slaven,  geb.  um  820  zu  Thessa- 
lonich, ging  im  Auftrag  des  oström.  Kaisers 
Michael  III.  zu  den  Ghazareu  am  kasp.  Meere, 
deren  Khan  er  bekehrte,  dann  mit  seinem 
Bruder  Methodius  860  zu  den  Bulgaren, 
schuf  durch  Uebersetzung  der  heil.  Schrift 
und  der  gottesdieustl.  Bücher  ins  Altslavo- 
nische  die  slav.  Literatur;  f  l^«  Cebr.  869 
zu  Rom.  Seine  Gesch.  sehr  legendenhaft. 
1864  die  lOOOJäbr.  Gedäclitnissfeier  der  Grün- 
dung des  slav.  Ghristeuthums  durch  G.  und 
Methodius  in  Böhmen  und  Mähren.  Vgl. 
die  Schriften  von  Fhilaret  (deutsch  1847) 
und  Gintel  (1857). 

Cyrus  (gr.  Kyroe,  altpers.  Kuru$,  in  der 
Bibel  Koretch),  1)  C.  der  Adtere,  Begründer 
des  altpers.  Reichs,  der  Dynastie  derAchä- 
meniden  angehörig,  Sohn  des  Gambvses, 
eines  vornehmen  Persers,  und  derMandane, 
einer  Tochter  des  med.  Königs  Astyages, 
wuchs  als  Hirten  söhn  auf,  befreite  lieran- 
gewachsen  sein  Vaterland  von  der  medischen 
Lehnsabhäugigkeit,  unterwarf  durcli  seineu 
Sieg  beiPasargadä  (558  n.  Ghr.)  über  Astyages 
auch  Medien  seiner  Herrschaft,  eroberte 
(549)  Lydien,  dann  (538  oder  539)  Babylon 
und  machte  Babylonieu  zur  pers.  Provinz; 
erlaubte  den  Juden  die  Rückkehr  aus  der 
babylon.  Gefangenschaft  in  ihre  Heimat, 
trug  für  die  innere  Organisation  seines 
Reichs  Sorge,  soll  iyi  Kampfe  mitdenscyth. 
Massageten  (529)  gefallen  sein.  Xenoplion 
nalim  ihn  in  seiner  ,Gyropädie'  zur  histör. 
Grundlage  eines  Regenteuspiegels.  —  2)  0. 
6Ler  Jüngere,  Jüngster  Sohn  des  Darius  Notbus 
oder  Oohtts  u.  derParysatls,  geb.  424  v.  Chr., 


Cyßtitis  —  Czechißche  Sprache  und.  Literatur. 


455 


sattelte  eine  VerschwdraDfir  gegen  seinen 
älteren  l^ruder,  Artaxerzes  Maemonv  an, 
werd  von  diesem  begnadigt  und  zum  Statt- 
halter von  Kleinasien  gemacht,  sammelte 
hier  ein  Heer,  zn  dem  auch  13,600  Maun 
griech.  Hülfsvölker  stiessen,  umArtaxerxes 
vom  Throne  zu  stosseu ,  ward  von  diesem 
bei  Cunaxa  in  Babylonien  (400)  geschlagen 
und  fiel  im  Zweikampfe  mit  demselben.  Vgl. 
2Jenoph<m»  .AnnbasisS  Bucl^  1. 

Cvülii'i  (lTrocyU.ii%8,  gr.),  Entzündung  der 
Harnblase,  Blasenentzündung. 

CytlSQS  L.  (GeUklee ,  Bohnenbaum) ,  Pflan- 
zengattnng  der  Iieguminosen.  0.  Laburnuni 
JD.,  Goldregen,  in  Italien  und  dem  südostl. 
Europa,  schöner  Zierstrauch ,  liefert  hartes 
festes  Nutzholz  (falsches  Ebenholz),  die 
Rinde  sehr  giftig.    Ziersträucher. 

Cyticum  (a.  G.),  her.  See-  und  Handels- 
stadt in  Mysien;  duixh  Tiberius  ganz  unter- 
jocht; 675  von  den  Arabern  erobert,  jetzt 
ganz  verschwunden. 

CzaikoiTSkl,  Micliael,  poln.  Novellist,  geb. 
1808  in  der  Ukraine,  wanderte  1831  nach 
Frankreich  aus,  ging  später  als  franz.  Agent 
nach  Konstantinopel  und  trat,  da  die  Russen 
seine  Ausweisung  verlangten,  1859  in  türk. 
Dienste.  Im  oriental.  Kriege  focht  er  als 
Pascha  an  der  Spitze  der  sogen.  Kosaken  des 
Sultans  gegen  die  Russen  vor  Silistria.  und 
in  der  Dobrudscha;  lebte  nach  dem  pariser 
Frieden  in  Konstantinopel.  Als  Dichter  ge- 
hört er  zur  sogen,  ukrainischen  Schule. 
Seine  Novellen ,  meist  Gemälde  aus  dem 
Leben  der  Kosaken  und  Donauslaven: 
,Wernyhora',  ,KosakenhetmanS  .KlrdschaliS 
,Gzarniecky'  etc.  Neue  Ausg.  1862-65, 9  Bde. 

Czar,  s.  Zaar. 

Czartoryskl  (spr.  Tsch-),  poln.  Adels- 
familie ,  erhielt  1623  die  deutsche  Reicha- 
fürstenwürde ,  1788  die  Ungar.  Maguaten- 
würde.  Bemerkenswerth  sind:  1)  Adam 
Kasimir,  Fürst,  Oenei'al  von  Podolien,  geb. 
1.  Dec.  1734,  ward  nach  Augusts  in.  Tode 
als  Kandidat  für  den  poln.  Thron  aufgestellt, 
den  dann  Stauislaus  Poniatowski  durch 
Katharinas  II.  Einfluss  bestieg,  trat  nach  der 
ersten  Theilung  Polens  in  österr.  Dienste, 
avancirte  zum  Feldmarschall ,  braclite,  von 
Napoleon  I.  zum  Marschall  des  poln.  Reichs- 
tags ernannt,  die  Konföderation  von  1812  zu 
Stande,  leg^e  1815  zu  Wien  dem  russ.  Kaiser 
die  Grundzüge  einer  Konstitution  für  Polen 
vor,  ward  zum  Senator- Palatinus  ernannt; 
t  19.  März  1823  zu  Sieuiawa  in  Galizien.  — 
2)  Adam  Georg,  Fürst,  ältester  Sohn  des 
Vpr. ,  geb.  14.  Jan.  1770,  focht  unter  Ko- 
jcicszko,  trat,  1795  als  Geisel  nach  Peters- 
Durg  gesandt,  zu  dem  Grossfürsten  Alexan- 
der in  ein  vertrautes  Verhältniss,  ward  Bot- 
schafter am  sardin.  Hofe,  nach  Alexanders 
Thronbesteigung  Minister  des  Auswärtigen 
in  Polen,  begleitete  Alexander  1814  nach 
Paris,  wohnte  dem  ersten  Reichstag  als  Mit- 
glied der  Senatorenkammer  bei,  zog  sich,  als 
gegen  die  Unterrichtsanstalten,  deren  Kura- 
tor er  war,  Untersuchungen  eingeleitet  wur- 
den, auf  seinen  Stammsitz  Pulawy  zurück. 
Nach  dem  Ansbruch  der  poln.  Revolution  1830 
zum  Präsidenten  der  nrovisor.  Regierung, 


80.  Jan.  1831  der  Kationalregierong  ernannt, 
br&ohte  er  die  Hälfte  seines  Vermögens 
dem  Vaterlande  2um  Opfer,  trat  nach  den 
Greueln  torti  15.  und  16.  Aug.  1831  zurück, 
lebte  später  in  Paris  als  Haupt  der  aristo- 
kratiscnön  Emigrantenpartei,  von  dera.  als 
König  von  Polen  betrachtet.  Ton  der 
Amnestie  von  1831  ward  er  ausgeschlossen; 
Seine  Besitzungen  in  Polen  konfiscirt ;  f  ^^^ 
Juli  1861  in  Montflarmeuil  bei  Paris ;  hiuter- 
liess  zwei  Söhne:  Witold,  geb.  6.  Juni  1824, 
t  14.  Nov.  1865,  und  Ladislae ,  geb.  3.  Juli 
1828,  gegenwärtig  Haupt  der  Familie  (Wohn- 
sitz Paris),  und  eine  Tochter  Isabella,  geb. 
19.  Dec.  1832,  vermählt  mit  dem  Grafen 
Joh.  Dzialynski. 

CzaSlati  (spr.  TSch-) ,  böhm.  Kreis ,  71,7 
QM.  u.  391,558  Ew.    Die  Bauptst,  C.,  5396  Ew. 

Czechen(spr.  Tsch-),  der  westlichste  Zweig 
der  Slaven ,  um  450—490  n.  Chr.  aus  dem 
Karpathenlande,  angeblich  unter  ihrem  An- 
führer Qsech,  in  das  heutige  Böhmen  einge- 
wandert, wo  ihr  Name  seit  dem  9.  Jahrh. 
die  allgemeine  Bezeichnung  für  sämmtl.  in 
Böhmen  wohnende  Slaven  ward. 

Czechiscli«  Sprache  und  Literatur.  Die 
czech.  Sprache,  einer  der  4  Hauptzweigo  des 
westsJaVi  Sprachstamms,  wird  in  Böhmen, 
Mähren  und  mit  einigen  Abweichungen  auch 
von  den  Slowaken  iu  Ungarn  gesprochen 
(zusammen  von  ca.  6Vs  Mill.)  und  zeichnet 
sich  durch  Wohllaut,  Bestimmtheit  u.  Reich» 
thum  aus.  Sie  wird  seit  Huss  (15.  Jahrh.) 
mit  latein.  Buchstaben  geschrieben,  deren 
Zahl  einschliessl.  der  accentuirteu  Vokale 
und  punktirten  Laute  42  beträgt.  Charakte- 
ristisch ist  das  Vorherrschen  der  Quantität 
(statt  der  Betonung)  wie  in  den  klass. 
Sprachen;  auch  hat  sie  den  Dual  und,  wie 
die  poln.,  den  Localis  und  Instrumentalis 
unter  den  Casus;  dagegen  fehlt  eine  bes. 
Form  für  das  passive  Zeitwort.  Grammatik 
sehr  komplicirt.  Neuere  Lehrbücher  von 
Biirian  (1840),  Koneczny  (1842—46,  2  Bde.), 
Tomicek  (4.  Aufl.  1865);  Lexiken  von  Franta- 
Bchumantky  (1851) ,  Konecxny  (3.  Aufl.  1855), 
Jordan  (1868),  Rank  (1866). 

Die  ozech.  Uteraiur  eut wickelte  sich  seil 
dem  13.  Jahrh.  und  blühte,  gehoben  durch 
Wohlstand  und  Freiheit  des  Volkes  und 
durch  religiöse  Begeisterung,  bes.  unter 
K.  Rudolf  n.  (1577  — 1612)  in  Gedichten, 
Volksbüchern,  geschichtlichen  und  wissen- 
schaftl.  Schriften ,  endete  aber  schon  in 
den  ersten  Jahren  des  30jähr.  Kriegs. 
Aolteste  Denkmäler  czech.  Volkspoesie: 
das  Bruchstück  ,LibuS3as  Gericht*  und  die 
Lieder  der  sogen.  ,Königinhofer  Handschrift' 
(um  1219),  deren  Aechtheit  jedoch  neuerl. 
stark  angefochten  worden  ist.  Spätere  nam- 
hafte Werke:  Dalimit»  Reimchronik  (1314), 
Schtitnys  ,Lehrbuch  für  seine  Kinder'  (1376) 
und  Smil  von  Pardubitz  Dichtung  ,Der  Rath 
der  Thiere'  (1884).  Im  Zeitalter  von  Joh. 
Huss  kräftige  Entwickelung  der  Prosa;  bes. 
Reiseberichte  (Postupik  1464,  Bössmital  1465, 
Kabatnik  1491,  Lobkotoits  1493)  und  politische 
Sc'hriften  (Clibor  von  Oimburg,  f  1494,  und 
Ck>m.  V.  Wschehrd,  f  1520).  Während  der  sog. 
jgoldnen  Zeit'  der  czech.  Literatar(1526— 1620) 


456 


Czelakowsky  —  Csnczor. 


sind  als  DIcliter:  Streye  und  Lamnicki  von 
Budeee  (Uotpoet  Budolfs  IL),  als  Historiker: 
Bartoich  (t  1M4),  Sixt  v.  Otieradorf  (f  1583), 
JBlahodauf  (f  1571),  W.  Breezan  (f  um  1610), 
Daeicky  (f  1629)  u.  A.,  ausserdem  der  Sprach - 
forscher  M.  Beneschowsky  und  der  Humanist 
Jbr.  von  GirUerrod  hervorzuheben.  Bibel- 
übersetzung durch  8  Gelehrte  (1579—93).  — 
Mit  dem  SOjahr.  Krieg  tiefes  Herabsinken 
in  Barbarei,  moral.  Yernlchtung  der  Natio- 
unlität ;  Verbrennung  der  zwischen  1414  bis 
1635  verfassten  Bücher.  Beachtenswerth 
nur  die  Historiker  Slawata  (f  1652)  und  P. 
Skala  von  ZhoTf  der  Bischof  Comenius,  der 
Naturdichter  Wolney,  Die  kaiserl.  Dekrete 
▼on  1774  und  1784  unterdrücken  die  czech. 
Sprache  und  Literatur  gänzlich.  —  Dem  ent- 
gegen wirken  als  Regeneratoren  derselben: 
der  Historiker  J^hel  (1775),  Graf  KimJcy 
(1774),  Parizek  (f  1823) ,  IVochagka  (t  1804), 
der  Volksschriftsteller  Krameriu»  (seit  1783), 
der  Sprachforscher  Dobrowaky  (j  1829),  der 
Dichter  Jungmann  (seit  1805).  Neue  und 
bessere  Epoche  für  die  czech.  Literatur  seit 
1818;  wissenschaftl. Pflege  ders.  in  dem  böhm. 
Museum  zu  Prag  (1822  vom  Grafen  Kolowrat 
g^r.);  Einführung  der  czech.  Sprache  in 
die  böhm.  Gymnasien.  Hauptdichter  der 
neueren  Zelt:  KoUar  (f  1852,  ,Slawy  dcera', 
mit  panslavlstischer  Tendenz)  u.  Chelakowaky 
(t  1852);  daneben  die  Balladendichter  ^IgneM 
Schneider^  Vinariczky  und  Tomieek^  der  Fa- 
hnlUtZahradnik,  die  Lyriker  J/areXr,  'S}urxn»ki, 
Banka,  Kamaryl,  Chmelinaki,  Stule  (,£rinne- 
rungsblumen'),  derldyllikerXan^er,  die  Dra- 
mntiker  Bizepanek,  Machacteh  (,I)ie  Freier'), 
Klicpera  und  Wlczkotosky,  der  Lehrdichter 
Jdblomki  (,Salomo'),  die  Epiker  Huietokowski 
(,Mädchenkrieg*),  Negedly,  Holy  u.  bes.  Wocel; 
der  Novellist  Tyl.  Als  nationale  Historiker 
sind  Bctiacky  und  Tomek:  als  Alterthumsfor- 
scher :  Schaf arik  u.  Wocel,  in  der  czech.  Philo- 
logie Jungmann,  Schaf  arik,  Hanka  u.  JPVe«Z,  in 
der  Geographie  u.  Pliyslk  Schadeck,  Sedlacek, 
Smetana  etc.  hervorzuheben.  Vgl.  die  liternr- 
histor.  Werke  von  Dobrowsky  (2.  Aufl.  1818); 
Jungmann  (1825),  Graf  Thun  (1842);  Wocel, 
,Böhm.  Alterthumskunde',  1845;  Wenzig, 
,Blicke  über  das  böhm. Volk,  seine  Geschichte 
und  Literatur',  1855,  und  ,Kränze  aus  dem 
böhm.  Dichtergarten',  1856;  Banua,  ,QneIlen- 
kunde  der  böhm.  Literaturgeschichte',  1868. 

Czelakowsky  (spr.  Tsche-),  Franz  LadUlaw, 
czech.  Dichter  und  Literator,  geb.  7.  März 
1799  zu  Strakonitz  in  Böhmen,  1 5.  Aug.  1852 
als  Prof.  der  slav.  Literatur  in  Prag.  Einer 
der  namhaftesten  Beförderer  der  nationalen 
Bestrebungen  der  Gzeehen,  bes.  verdient 
durch  Herausgabe  der  Sammlang  von , Volks- 
liedern aller  slav.Stämme'  (1822—27, 3  Bde.)  u. 
,Nachhall  czech.  Lieder'  (glückl.Nachahmung 
böhm.  Volkslieder  1840).    ,Gedichte'  (1817). 

Czenstochowa  (spr.  Tschenstochau,  JaiVM- 
gora),  Stadt  im  russ.  Gouvern.  Warschau,  an 
der  Warta,  11,621  Ew.;  ber.  Wallfahrtsort. 

Czerkasy  (spr.  Tsch-),  Kreisstadt  im  russ. 
Gouv.  Kiew,  am  Dnjepr,  Sitz  des  Hetman 
der  saporoger  Kosaken,  13,311  Ew. 


Czermtk  (spr.  Tsch-),  Joh»,  Ant  und 
Physiolog,  geb.  17.  Juni  1828  eu  Prag,  ward 
1865  Prof.  in  Jena,  seit  1869  in  Leipzig ;  be- 
gründete die  Laryngoskopie,  Khinoskopie, 
erfand  eine  neue  Methode  der  therapentisch- 
chirurg.  Lokalbehandlung  des  Kehlkopfes. 
Sehr.  ,Der  Kehlkopfspiegel'  (2.  Aufl.  1863). 

CzernebOg  (spr.  Tscli-,  schwarzer  Gott), 
Gottheit  der  Slaven  an  der  Ostsee,  Urheber 
allen  Unheils. 

Czemowitz  (a|)r.  Tsch-),  Hauptstadt  der 
Bukowina,  unweit  des  Prath,  34,000  Ew.; 
ansehnlicher  Handel  nach  der  Moldau  und 
Bessarabien. 

Czernyy  Georg,  auch  Karadgordje,  d.  i. 
schwarzer  Georg,  genannt,  Befreier  und 
erster  Fürst  von  Serbien,  geb.  21.  Dec.  1766 
zu  Vlschevac  in  Serbien,  erst  Schweinehirt 
und  Viehhändler,  ward  12.  Febr.  1804  von 
300  Abgeordneten  des  serb.  Volks  zu  Ora- 
schatz  zum  Oberhaupt  gewählt,  kämpfte 
1804—11  siegreich  gegen  die  Türken,  liess 
sich  1811  zum  alleinigen  Kriegsherrn  er- 
nennen, demüthigte  die  aufrühr. Aristokratie, 
die  sich  um  Milosch  Obrenowitsch  schaarte, 
musste  aber  15.  Okt.  1803  in  Folge  der  In- 
triguen  der  Russen  nach  Oesterreich  über- 
treten und  ward  dann  in  Ohotim  in  Bessa- 
rabien internlrt.  Juli  1817  nach  Serbien 
zurückgekehrt,  ward  er  auf  Anstiften  seines 
Rivalen  Milosch  ermordet.  Als  dieser  1842 
durch  eine  Revolution  gestürzt  worden,  er- 
hielt C.s  zweiter  Sohn,  Alexander  (s.  d.  4) 
Karageorgewitach ,  die  Fürstenwürde,  die 
er  aber  1858  wieder  verlor. 

Czemy,  Karl,  Pianist,  Komponist  und  ber. 
Klavierlehrer,  geb.  21.  Febr.  1794  in  Wien, 
t  das.  15.  Juli  1857.  Lehrer  von  Liszt,  Thal- 
berg, Döhler,  Jaell  u.  A.  Von  seinen  zahl- 
reichen Kompositionen  (ca.  800)  sind  die 
Etüden  werke  und  seine  grosse  Klavier- 
schule (namentl.  die  , Schule  der  Geläufig- 
keit') von  bleibendem  Werthe. 

Czornig  (spr.  Tsch-),  Karl,  Freiherr  vo» 
Otemhauicn,  österr.  Statistiker,  geb.  5.  Mai 
1804  zu  Czemhausen  in  Böhmen,  ward  1841 
Hofsekretär  und  Direktor  der  administra- 
tiven Statistik  zu  Wien,  1846  Hofrath,  1848 
Mitglied  des  frankfurter  Parlaments,  1850 
Sektionschef  im  Handelsministerium,  später 
im  Ministei*ium  Ghef  der  Sektion  für  das 
Eisenbahnwesen,  1863  Präsident  der  neuer- 
richteten  Statist.  Gentralkomniission  zu  Wien 
und  wirkl.  Geheimrath.  Von  ihm  die  grosse 
ethnogr.  Karte  der  österr.  Monarchie  (4  Bl.) 
und  die  ,Ethnographie  der  österr.  Monarchie' 
(1855—57,  3  Bde.);  ,Oesterreichs  Neugestal- 
tung' (1858);  , Statist.  Handbächlein  für  die 
österr.  Monarchie'  (3.  Aufl.  1861)  n.  A.  ^ 

Cznczor  (spr.  Zuzor),  Georg,  ungar.  Schrift- 
steller, geb.  17.  Dec.  1800  zu  Andod  (Neutra), 
seit  1844  von  der  ungar.  Akademie  mit  Aus- 
arbeitung des  gr.  akadem.  Wörterbuchs  be- 
auftragt, ward  wegen  seines  Gedichts  ,Riado* 
(Weckruf)  1849  zur  Festungshaft  verurtheilt, 
1850  amnestirt;  t  9*  Sept.  1866  zu  Pesth. 
Sehr,  mehrere  Heldengedichte,  Lyrisches 
und  histor.  Schriften. 


D  —  Bämoilen. 


467 


D. 


B^  röm.  Zahlzeichen  für  500;  abbr.  D«e»- 
mu9,  IHvui,  Dominu»;  D.  O.  H.  =  Deo  optimo 
tmaximo,  d.  i.  dem  höchsten,  besten  Gotte 
g^eweiht.  Auf  preaas.  (älteren)  Münzen  die 
Münzstätte  Anrieh,  (neueren)  Düsseldorf; 
auf  österr.  Graz;  auf  franz.. Lyon. 

Da  caiK>  (ital.),  8.  Oapo. 

Daeca  (Dhaka),  Stadt  in  der  brit.-ostind. 
Präsid.  Bengalen,  öatl.  tob  Kalkutta,  an 
einem  Arme  des  Ganges  ,  67,000  Ew.  Ehe- 
dem berühmt  durch  seine  Musseline;  Ele- 
fantendepot (meist  ca.  800  Thiere). 

D'aecord  (fr.,  spr.  -ohr) ,  übereinstimmend. 

Dach.  Nach  der  Höhe  unterscheidet  man; 
das  alldeuUch«  D.,  gleich  der  ganzen  Tiefe 
des  Gebäudes,  das  neudeuttche  oder  IKtnft«I-D., 
(gleich  Vii  oder  Vi>  das  flache  oder  grieehi$che 
D.,  gleich  V«!  das  italieniache,  gleich  V*  d«' 
Tiefe,  und  das  ganz  Hache  Mtamdaeh:  nach 
der  Form :  das  Palt-,  Ta$ehtn-  oder  Halbdach, 
zieht  sidi  in  Einer  Fläche  von  der  niedrigen 
Vorderwand  zur  höheren  Hinterwand;  das 
SaiUl-,  Giebel',  deul»ehe  D.,  mit  2  von  den 
Laogseiten  des  Gebäudes  auläteigenden  Flä- 
chen ,  welche  oben  im  Forst  oder  First  zu- 
santmenstossen ;  das  gebrochene  neu/ran»,  oder 
Jfansardendach,  besteht  aus  einem  steileren 
unteren  und  einem  flacheren  oberen  D. ;  das 
hoUändieohe  oder  Walmdach,  hat  vier  Dach- 
flächen, von  denen  zwei  auf  denGiebelmauem 
ruhen.  Das  Zeltdach  bildet  eine  flache 
Pyramide  auf  quadratischer  Grundfläche. 
Beim  Kuppeldach  bilden  die  Querschnitte 
Halbkreise  oder  halbe  Ellipsen,  die  Grund- 
flächen Kreise  oder  Vierecke.  -  Das  ge- 
schweifte,  Kaiser;  Hdmdaeh,  toälsche  Hauhe, 
Zwiebelkuppel,  hat  ein-  und  an^^bogene 
Selten,  die  in  einer  Spitze  zusammenlaufen. 
Nach  der  Bedeckung  unterscheidet  man: 
Pappdächer,  die  leichtesten  und  billigsten, 
bei  guter  Ausführung  auch  dauerhaft, 
brennen  nicht  mit  heller  Flamme.  Das 
domsche  D.  besteht  ans  einer  zolldicken 
Schicht  aus  Lehm  mit  Sand  und  Werg»  die 
wie  Dachpappe  gestrichen  wird.  Stroh-  u. 
Schindeldächer  verschwinden  immer  mehr. 
Schieferdächer  aus  rhombischen  (bes.  eng- 
lischen) Schieferplatten  haben  nur  1/4  —  Ve 
der  Tiefe  des  Gebäudes  au  Höhe,  während 
die  Ziegeldächer  mindestens  Vs  fordern. 
Metall dächer  sind  leichter,  haltbarer  und 
sichern  besser  gegen  Sturm  und  Regen, 
aber  sie  sind  theurer,  leiten  die  Wärme 
stark  und  schmelzen  bei  Feuersbrünsten. 
JDem  Zinkdach  macht  jetzt  das  D.  aus  ge- 
welltem yerzinkten  Eisenblech  Konkurrenz. 


1  DRöthe 


Zinkdacli   .    .    . 
Schieferdach  .    . 
einfaeh  .Ziegeldach 
Ziegeldoppeldach 
Pappdacli 


kostet 


28Va  Thlr.        5,76  Ctr. 
23         -  9,8      - 

8         -         21,8      - 
11 V«      -  5,9      - 

ll*/6      -         31,1      - 
Dachav,  Marktflecken  in  Oberbayern,  an 
der  Ammer ,  1931  Ew.   Unfern  das  daehatter 
Moos,  Jetzt  kultiyirte  Sumpfebene  (2,6  QM.). 


wiegt 


Dachpappe  9  mit  kochendem  Theer  ge- 
tränkte Pappe  zum  Dachdecken,  wird  nach 
dem  Legen  und  Annageln  mit  Theer  be- 
strichen und  mit  Sand  bestreat,  oft  auch 
noch  mit  Kalkmilch  gestrichen;  liefert  die 
leichtesten  und  billigsten  Dächer. 

Dachreiter,  aus  dem  Dachfirst  hervor- 
ragender hölzerner  Thurni,  steht  auf  einem 
mit  Spreugwerk  versehenen  Kehlgebälke 
und  dient  zur  Verzierung  etc. 

Dachs  (Meles  L.) ,  Säugethiergattung  der 
Marder.  Gemeiner  D.  (M.  Taxus  PaU.,  Ursus 
meles  L.),  ohne  Schwanz  2'  I.,  90—40  Pfd. 
schwer,  wohnt  in  unterirdischem  Bau,  meist 
einsam,  in  Europa  bis  60On.  Br.,  im  mittlem 
und  nördl.  Asien.  Fleisch  geniessbar;  das 
Feli  dient  zu  Kofferüberzügen,  die  Haare 
zu  Malerpinseln,  Fett  früher  officinell. 

DachsteiB.  mächtige  Berggmppe  der  Salz- 
kammergutalpen,  Im  Plateau  7000'  h.,  mit 
Gletschern  und  2  Gipfeln:  D.  9493'  und 
Thor  stein  9331'  (beide  von  F.  ßimony  er- 
stiegen), [konstrnktiou. 

Dachsttthl.  die  das  Dach  tragende  Holz- 
Dachziegel,  s.  MoMeraieine, 

Dacien  (a.  G.),  röm.  Prov.,  umfasste  die 
heutige  Walachei,  Serbien,  Siebenbürgen, 
Moldau  und  Bukowina;  von  Trajan  QOl— 
106)  erobert,  von  Aurelian  (3.  Jahrb.)  den 
Gotheu  überlassen. 

Dactylua  (gr.,  d.  i.  Finger),  Versfbss,  aus 
einer  langen  und  zwei  kurzen  Silben  (—  w  w) 
bestehend.  Unter  den  daktylischen  Vers- 
arten sind  Hexameter  und  Pentameter  die 
bekanntesten.  Daktylen  hiessen  auch  die 
Priester  der  Gybele  (dactyli  Idaei). 

D&dalus,  nach  der  attischen  Sage  Sohn 
des  Palamon  (d.  li.  des  Kunstfertigen), 
Spi'össliug  des  Geschlechts  der  Erechthiden, 
floh,  vom  Areopag  wegen  eines  Verbrechens 
verurtheilt,  zu  Minos  nach  Kreta,  suchte, 
von  diesem  gefangen  gehalten,  mit  seinem 
Sohne  Icarus,  dem  er  künstliche  Flügel 
machte ,  durch  die  Luft  zu  entkommen, 
Erbauer  des  Labyrinths  auf  Kreta  uud  Ver- 
fertiger der  Kuh  der  PasiphaS,  Reprä%en- 
tant  der  ältesten  griech.  Kunst.  Daher 
dddaXiech,  s.  v.  a.  künstlich,  erfinderisch. 

Dämmerung,  entsteht,  wenn  die  Sonnen- 
strahlen nur  die  oberen  Luftschichten 
treffen  und  von  diesen  zum  Theil  zurück- 
geworfen und  zerstreut  werden.  Die  Abend- 
dämmerung endet  mit  dem  Erscheinen  der 
kleinen  Sterne.  Die  Sonne  steht  dann  I80 
unter  dem  Horizont,  und  ein  mit  diesem 
Punkt  parallel  dem  Horizont  gezogener 
Kreis  heisst  DätMnerungtkreii.  Die  Daner 
der  D.  ist  Je  nach  Breite,  Jalireszeit  und 
Beschaffenheit  der  Luft  verschieden.  Unter 
500  der  Dreite  dauert  sie  zur  Zelt  der 
Aequinoktien  1  St.  55  Min.,  am  kürzesten 
Tage  2  St.  6  Min.  Unter  den  Polen  fast 
100  Tag«,  in  Gliile  1/4  St. 

Dämonen  (gr.,  lat.  genii),  geistige  Mittel- 
weseu  zwisclieu  der  Gottheit  und  den  Men- 
schen, welche  Einfluss   auf  die  Schicksale 


458 


Dänemark. 


der  latiteren  haben  sollen,  theOs  gnte, 
Sohntzgelster  (Agathodämonen) ,  theils  böse 
(K<ücodämonen),  bei  den  Römern  vorzugs- 
weise die  abffeschiedenea  Geister.  Die 
Dämonologie  oder  Damonenlehre  am  ansge- 
biidetsten  im  Parsismns  (s.  d.)«  von  dem 
sie  die  Juden  zur  Zeit  der  babylon.  6e- 
fltDgettschaftüberkommen  zuhaben  scheinen. 
In  der  späteren  Jüd.  Dämonologie  nmgeben 
7  gute  D.  den  Thron  Jebovalis ,  während 
die  bösen  den  Satan  oder  Asmodi  an  ihrer 
Spitze  haben.  Zur  Zeit  Christi  yerstand 
man  unter  D.  böse  Quälgeister,  die  auch 
Ton  dem  Körper  des  Menschen  Besitz  neh- 
men (s.  Besessene).  Die  alten  christlichen 
Schriftsteller  bezeichneten  als  D.  bes.  die 
Götter  der  Heiden.  Vgl.  Ukert,  »lieber  D., 
Heroen  und  Genien*,  1850. 

Bänemtrk,  eins  der  3  slcandlnav.  König- 
reiche im  nördl.  Europa,  bestehend  aus 
dem  Saupüemde  D.  zwischen  Nord-  und 
Ostsee  (Halbinsel  Jütlaud  mit  den  östl. 
anliegenden  Inseln  Seeland,  Moen,  Fnnen, 
Laaland,  Bornbolm,  Falster  etc.),  694  QM. 
mit  (1868)  1,753,787  Ew.,  u.  dtn  Kebenländem : 

Faröer S4  QM.  und  9,815  Ew., 

Island 1870    -       -  68,563     - 

Grönland     .    ,    .      (2200)  -       -    9,352     - 
St.  Croix  (Westind.)       31/9  -       -  28,194     - 

Die  Oberfläche  des  eigentl.  D.  ist  yorherr- 
Bcbend  Ebene  (höchste  Erhebung  der  Him- 
melsberg 530') ,  Im  W.  mit  grossen  Thon-, 
Sand-  und  Moorheiden;  die  Küsten  reich 
an  schmalen  Meerbuchten  oder  Fjords  (Lijm- 
Qord)  und  Strandseeu.  Zahlreiche  kleine 
Flüsse  (am  bedeutehdsten  der  Guden)  und 
Binnenseen.  Klima  gemässigt  und  gesund. 
Frodukte:  Getreide,  Hopfen,  Tabak,  Krapp, 
Obst,  Holz  (nicht  genug  für  den  Bedarf), 
Torf;  Rindrieh,  gute  Pferde,  Schafe,  Austern, 
Hummern  etc.  Nutzbare  Mineralien  fehle q 
(nur  Kohlen  auf  Bornholip).  —  Bevölkerung 
german.  Abstammung,  aber  durch  Sprache 
und  Charakter  vom  Deutschen  gesondert, 
£Mt  durchaus  lutherisch  (99,3  0/0).  Die 
geistige  Kultur  steht  auf  deutschem  Fusse; 
gefördert  durch  die  Universität  zu  Kopen- 
hagen, mehrere  Akademien,  22  Gymnasien, 
7  Seminare  und  zahlreiche  Volksschulen.  — 
Eauptnahrungexweige :  Landbau,  Viehzucht 
und  Fischerei;  Industrie  nur  in  der  Haupt- 
stadt bedeutend;  ansehnlich  die  Rhederei 
und  der  Handel.  Exporte:  Wolle,  Häute, 
Pferde,  Butter,  Speck,  Mehl,  Talg,  Oelku- 
chen,  Getreide,  Schlachtvieh.  Bank  zu 
Kopenhagen  mit  mehreren  Filialen.  Ausfuhr: 
1868-69:  16,6,  Einfuhr  29  Mill.Thlr.  Han- 
delsflotte 1868:  3182  Scliiffe  mit  87,777  Kom- 
merzlasten (darunter  80  Dampfer  mit  4823 
Kommerzlasten).  Seehäfen :  Kopenhagen, 
Helsiugör,  Aarhus,  Aal  borg,  Thisted.  Eisen- 
balineu  1869:  64  M.  Rechnung  nach  Reichs- 
thalern  =^6  Mark  (k  16  Schilling)  =  22  Sgr. 
6  Pf.  —  StatUsverfatsxmg  (vom  5.  ^Juni  1849, 
revidirt  28.  Juli  1866)  konstitutionell-monar- 
chisch und  sehr  freisinnig.  Regierender 
König  Christian  IX.  Reichstag,  bestehend 
aus  dem  (aristokrat.)  Landsthing  und  dem 
direkt  vom  Volk  gewählten  Folkething.  — 
FinawBbudget  1869-'70:  Einnahmen  32,039^1, 


Ausgabeo22,868,0MReioh»thlr.  Staatffolinld 
1869:     119,141,100,     Staatsaktiva   50,905,009 
Reichsthlr.   —  Armee  (Gesetz   vom   6.   Juli 
1867):   Konskription;  Dienstpflicht  vom  22. 
bis  SO.  Jahr  im  1.,  bis  S8.  Jahr   im  2.  Auf- 
gebot.   Kriegsstärke: 
Infanterie  38,877  Mann  und  1017  Ofllziere, 
Kavallerie  2,122       -         -      126        - 
Artillerie     8,914      -         -      176        - 
Genie  1,320      .         .        58        - 

Total  (Incl.  General  Stab):  52,656  M.  mit  96 
Geschützen.  JCriegsßctte  1869:  30  Dampfer 
(davon  6  Panzerschiffe)  mit  812  Geschützen, 
nebst  27  Kanonenschaluppen,  8  Kanonenjol- 
len, 20  eisernen  Transportbooten,  1  Ruder- 
flottille, 1  Fregatte,  Segrelschiffen  etc.  Marine- 
mannschaft 901  Mann.  —  Orden :  Elefauten- 
orden  (1452  gestiftet) ,  Danebrog  (seit  1219). 
Welpen:  himmelblauer  Löwe  im  goldenen 
Felde  verbunden  mit  Wappenzetclien  der 
einzelnen  Landestheiie.  Landesfarben  roth 
und  weiss.  Eintheilung  in  7  Stifter:  Seeland, 
Fünen,  Laaland,  Aalbprg,  Viboi^,  Ribe,  Aar- 
hus. Haupt-  U.Residenzstadt:  Kopenhagen. 
Vgl.  Baggesen,  ,Der  dän.  Staat',  1845  —  47, 
2  Bde. ;  BergsJüe,  ,Den  danske  Stats  Statistik*, 
1844-  53, 4  Bde. ;  die  topographischen  Werke 
von  Trap  (deutsch  von  Barcmw  1857),  Ers- 
Uv  (1856),  Both  (1867). 

Geschichte.  Die  beglaubig^  Gesch.  D.s 
beginnt  erst  gegen  Ende  des  8.  Jahrh.  Da- 
mals standen  die  Dänen  unter  Gaukönigen. 
Die  Reichseinheit  begründete  Gorm  der 
Alte  (t  936).  Sein  Sohn  Harald  Blanzahn 
huldigte  dem  deutschen  Kaiser  Otto  L, 
ward  Christ  (965),  maclite  Norwegen  zins- 
bar. Sein  Enkel  Knud  d.  Gr.  (f  1035)  er- 
oberte England.  Nach  inneren  Kämpfen 
stellte  Waldemar  I.  d.  Gr.  (1157—82)  die 
Ruhe  her.  Sein  Sohn  KnuA  VI.  (1182— 
1201)  unterwarf  PommerU  und  Holstein; 
Waldemar  II,  (1201—41)  Lanenburg,  Meck- 
lenburg und  Esthland,  verlor  aber  die 
deutschen  Erblande  durch  seine  Nieder- 
lage bei  Bornhöved  (22.  Juli  1227).  Sein 
ältester  Sohn ,  Erich ,  ward  von  seinem 
Bruder  Abel  bekriegt  und  ermordet  (1850). 
Abels  Nachkommen  beltaupteten  sich  im 
Besitz  von  Südjütland  (Schleswig).  Graf 
Gerhard  d.  Gr.  von  Holstein  erhob  einen 
derselben,  den  Herzog  Watdemar  von 
Schleswig,  auf  den  dän.  Thron  (1326  —  80) 
und  gerirte  sich  als  Herr  im  Lande.  IFa{- 
demar  IV,  Atterdag  (1340—75)  musvte  Schles- 
wig nach  Aussterben  des  abel  sehen  Hauses 
dem  Grafen  von  Holstein  zu  Lehn  geben 
(1386).  Waidemars IV.  Tochter,  Margare- 
tha,  vermählt  mit  dem  König  Hakon  von 
Norwegen,  eroberte  1389  Schweden  und 
Hess  ihren  Groasneffen,  Erich  von  Pommern, 
zum  König  der  drei  skaudiuav.  Reiche  er- 
wählen. Die  sogen.  kaXmarische  Union  (13. 
oder  20.  Juli  1397)  sollte  diese  Vereinigung 
dauernd  machen,  doch  wählten  die  Schwe- 
den schon  1448  wieder  einen  eignen  König, 
während  die  Dänen  Christian  I.,  Grafen 
von  Oldenburg,  auf  ihren  Thron  erhoben. 
Derselbe  ward  1450  auch  in  Norwegen  und 
1460  in  Schleswig  •  Holstein  zum  Landes» 
herm  erwählt.    Christian  I.  und  sein  Sohn 


Dänemark. 


459 


Johann  (148  t  ->'  1503)  suchten  yergeblloh 
Schweden  auf  die  Dauer  wiederaugewinäen, 
das  sich  unter  Christian  IL  (1503  —  23) 
ganz  Ton  der  Verbindung;  mit  D.  los- 
machte. Nach  Chiistlans  If.  Sturz  folgte 
dessen  Oheim  Friedrich  I.  (1523  —  38) ,  der 
D.,  Korwegen  und  Schleswig-Holstein  unter 
seiner  Herrscliaft  vereinigte.  Sein  Tod  gab 
das  Signal  zu  der  sogen.  Grafenfehde^  einem 
Kampf  zwischen  Adel  und  Ueistlichlteit, 
Städten  und  Bauern,  in  den  infolge  der 
bewaffneten  Einmiscluing  Lübecks  auch 
Schweden  und  andere  Ostseelande  yer- 
wickelt  wurden.  Christian  JH.,  Fiiedrlchs  I. 
Sohn,  behauptete  sich  im  Frieden  von 
Hamburg  29.  Juli  1536  auf  dem  dän.  Throne 
(1536  —  59)  und  führte  die  Reformation 
durch,  Termochte  aber  die  Uebermacht  des 
Adels  so  wenig  zu  brechen,  dass  das 
Königthum  zu  einem  blossen  Schatten  her- 
absank. Friedrich  IL  (1559  —  88)  kriegte 
7  Jahre  erfolglos  gegen  Schweden.  Chri- 
stian IV.  (1588  —  1648)  führte  gegen  dieses 
zwei  Kriege  und  einen  unglücklichen  in 
Deutschland.  Unter  Friedrich  IIL  (1648— 
1670)  eroberte  Karl  X.  von  Schf^eden  seit 
1657  gauzD.  mit  Ausnahme  der  Hauptstadt, 
und  im  Frieden  von  Kopenhagen  (27.  Mai 
1660)  gingen  die  sogen,  übersundittchen 
Lande,  Schonen  nebst  Bleklngen,  Halland 
und  Bohusiän  an  Schweden,  sowie  auch 
die  Lehnshoheit  über  Schleswig  verloren. 
Auf  dem  8.  Sept.  1660  nach  Kopenhagen 
berufenen  Reichstag  ward  von  Geistlichkeit 
und  Burgerstand  dem  König  die  volle 
Souveränetät  übei'tragen  und  im  KdniQi- 
gesetz  vom  14.  Nov.  1665  demselben  unum- 
schränkte Gewalt  eingeräumt.  Christian  F. 
(1670  —  99)  erwarb  durch  Vertrag  mit  den 
näher  berechtigten  Erben  das  Stammland 
seines  Hauses,  die  Grafschaften  Oldenburg 
und  Delmenhorst  (1667).  Friedrich  IV. 
(1699  —  1730)  okkupirte  1714  den  gottorp. 
Antheil  von  Schleswig,  in  dessen  Besitz  er 
1720  bestätigt  ward.  Die  folgenden  Regie- 
rungen ChrittiansVI.  (1730—46),  Friedrichs V. 
(1746-66)  und  Christians  VII.  (1766-1808) 
verflossen  meist  friedlich  und  ohne  be- 
deutendere Ereignisse.  Vertreter  des  sogen, 
aufgeklärten  Despotismus  waren  in  D.  da- 
mals der  ältere  Bernstorff  (1750  —  70), 
Struensee  (s.  d.)  u.  der  jüngere  BernstorlT 
(1773-80  und  1784-97),  deren  Thätigkeit 
durch  Reformen  aller  Art,  Emancipatiou 
des  Bauernstandes ,  Beschränkung  der 
Adelsprivileglen ,  Hebung  des  Ackerbaues, 
des  Handels  und  der  Gewerbe  bezeichnet 
ist.  Friedrich  VI.  (Regent  seit  1784,  König 
1808—  39)  suchte  D.s  Neutralität  zu  wahren, 
was  ein  zweimaliges  Bombardement  Kopen- 
hagens (April  1801  und  2.-5.  Sept.  1807) 
und  die  Abführung  der  dän.  Flotte  zur 
^olge  hatte,  schloas  sich  dann  eng  an 
Frankreich  an,  verlor  im  Frieden  von  Kiel 
(14.  Jan.  1814)  Norwegen,  tauschte  gegen 
das  ihm  von  Schweden  überlassene  Schwe- 
dlsch-Pomniem  Lauen  bürg  ein  und  trat  für 
dieses  und  Holstein  1815  dem  deutschen 
Bunde  bei.  Die  finanzielle  Zerrüttung  hatte 
lolS  sum  partiellen  Staatsbankrott  geführt. 


Den  sich  regenden  konstitutionellen  Wün- 
schen suchte  man  durch  Einführung  be- 
rathender  Provinzial-Ständeversamralungen 
(Mai  1831  und  1834)  zu  genügen.  Folge 
des  nationalen  Aufschwungs  war  das  Ver- 
langen nach  Einverleibung  Schleswigs  (,D. 
bis  zur  Eider').  Christian  VIIL  (1839—48) 
suchte  einen  dän.  Gesammtstaat  zu  schaffen 
und  erklärte  in  dem  ,offnen  Brief  vom  8. 
Juli  1846  seinen  Entschluss,  die  dän.  (kog- 
natische) Erbfolge  des  Königsgesetzes  auch 
in  Schleswig-Holstein  einzuführen,  wogegen 
die  Agnaten  des  Königshauses,  die  Stände 
der  Herzogthümer  und  der  deutsche  Bund 
Protest  erhoben.  Den  von  Christian  VIU. 
hinterlassenen  Entwurf  der  Gesammtstaats- 
verfassung  veröffentiichte  sein  Sohn  und 
Nachfolger  Friedrich  VII.  (1848  -  63).  Die 
24.  März  1848  von  ihm  ausgesprochene  In- 
korporation Schleswigs  veranlasste  einen 
3  jähr.  Krieg  (s.  Schlenoig-Holstein),  welchem 
die  Intervention  Oesterreichs  n.  Preussens 
(Jan.  1851)  ein  Ende  machte.  Inzwischen 
hatte  ein  konstitnlrender  Reichstag  mit  dem 
König  das  demokrat.  Grundgesetz  vom 
5.  Juni  1849  vereinbart.  Der  Erklärung 
der  Aufrech thaltnng  der  Integrität  D.s,  zu 
welcher  sich  die  ausserdeutschen  Gross- 
mächte und  Schweden  (2.  Juni  1850)  in 
London  vereinigten,  trat  (2.  Aug.)  auch 
Oesterreich  bei,  worauf  im  warschauer 
Protokoll  vom  5.  Juni  1851  der  Prinz  Chri' 
stian  von  Schleswig -Holstein -Sonderburg- 
Glücksburg  zum  eventuellen  Thronfolger 
in  der  Gesammtmonarchie  desiguirt  und 
im  loudoner  Traktat  vom  8.  Mai  1852  von 
den  Grossmächten  und  Schweden  als  sol- 
cher anerkannt  ward.  81.  Juni  1853  nahm 
der  dän.  Reichstag  die  neue  Thi'onfolge- 
ordnung  an.  Nachdem  eine  Notabeln- 
versammlung,  zur  Neuordnung  des  Ge- 
sammtstaats  nach  Flensburg  berufen  (14. 
Mai  bis  16.  Juli  1854),  ohne  Erfolg  ver- 
laufen war,  setzte  die  erste  (oktroyirte) 
'firemeinschafUiche  Verfassung  vom  26.  Juli 
1854  eine  Repräsentation  mit  berathender 
Stimme  ein,  den  Reiclisrath,  dessen  Mit- 
glieder znr  Hälfte  vom  König  ernannt  wer- 
den sollten.  Die  lebhafte  Opposition,  die 
sich  dagegen  in  D.  erhob,  hatte  die  Ent- 
lassung des  gesammtstaatlichen  Ministe- 
riums znr  Folge.  Darauf  ward  mit  dem 
dän.  Reichstage  die  zweite  gemeinschaftl. 
Verfassung  vom  2.  Okt.  1855  vereinbart, 
welche  einen  Reichsrath  mit  S  Kammern 
(Landsthing  u.  Folkething)  n.  beschliessen- 
der  Kompetenz  einsetzte,  aber  die  Herzog- 
thümer unbedingt  der  dän.  Majorität  unter- 
warf und  auch  finanziell  benachtheiligte, 
indem  der  Gesammtstaat  deren  reiche 
Domänen  und  Domanialabgabon  ohne  Ent- 
gelt in  Anspruch  nahm.  Als  die  dän.  Re- 
gierung zur  Veräusserung  der  lauenbnrg. 
Domänen  zum  Vortheil  des  Gesammtstaats 
schritt  (Okt.  1857),  erhoben  die  Stände  des 
Herzogthuins  beim  Bundestag  Beschwerde» 
Der  Bnndestagsbeschluss  vom  11.  Febr.  1858 
erklärte  die  gemeinschaftl.  Verfassung  von 
1855,  soweit  sie  die  Herzogthümer  betrefTe, 
für  angültig,  bewirkte  aber  damit  nlofati 


460 


Dänholm  —  Dänische  Sprache  und  Literatur, 


weiter  I  als  dais  die  d&n.  Begiening  die 
Verhandluiigen  in  die  Länge  zn  ciehen  und 
inxwiflchen  die  ausserdeutachen  Gross- 
mächte  anr  ElnmischoDg  za  veranlassen 
snchte.  JErst  unter  dem  Eindrucke  des 
Umschwungs  in  Preussen  (Okt.  1856)  ward 
sie  nachgiebiger,  und  ein  königl.  Patent 
Tom  B.  Nov.  1858  hob  die  gemeinschaftl. 
Verfassung  von  1855  für  Hol  stein -Lauen- 
burg auf  und  stellte  für  diese  in  gemein- 
schaftl. Angelegenheiten  die  absolute  Kö- 
nigsgewalt wieder  her.  Ein  Bnndesbeschluss 
vom  8.  März  1860  forderte  für  den  holstein. 
Xiandtag  in  allen  gemeinschaftl.  Angelegen- 
heiten gleiche  legislative  und  finanzielle 
Befaguiss  mit  dem  dän.  -  schleswigschen 
Reichsrath,  und  als  die  dän.  Regierung 
dies  zuzugestehen  sich  weigerte,  drolite 
ein  weiterer  Bnndesbeschluss  vom  7.  Febr. 
1861  mit  Exekution.  Durch  Gesetze  und 
administrative  Massregeln  suchte  inzwischen 
die  dän.  Regierung  Sclileswig  immer  enger 
an  D.  zu  ketten.  Als  bei  den  internationalen 
Verhandlungen  (Okt.  1861  bis  Nov.  1862)  die 
preuss.  Regierung  die  schlesw.  Zustände  zur 
Sprache  brachte,  wies  D.  alle  Erörterungen 
über  das  .dänische*  Herzogthum  Schleswig, 
sowie  aucli  die  englischen,  von  den  deutschen 
Grossmächten  (Okt.  1862)  angenommenen 
Vergleichsyorschläge  zurück.  Die  Aus- 
sondeining  Holsteins  ward  durch  Prokla- 
mation vom  80.  März  1863  angeordnet.  Hol- 
stein sollte  hiernach  wie  Lauenburg  nur 
ein  zinspflichtiges  Anhängsel  des  Gesammt- 
staats  ohne  jeden  Einfluss  auf  die  gemein- 
schaftl. Angelegenheiten  bilden.  Als  auf 
den  Bundesbeschlüss  vom  9.  Juli,  welcher 
die  Zurücknahme  jener  Bekanntmachung 
binnen  6  Wochen  forderte,  27.  Aug.  eine 
ablehnende  Antwort  erfolgte,  beschloss  der 
Bundestag  (1.  Okt.)  die  Einleitung  des 
Exekutionsverfahrens  und  beauftragte  damit 
Sachsen  und  Hannover,  Preussen  u.  Oester- 
reich  in  Reserve.  Der  dem  dän.  Reichs- 
tage vorgelegte  Entwurf  zu  einem  neuen 
Grundgesetz  für  D.-Schleswig,  welcher  die 
vollständige  Verschmelzung  beider  Iiänder 
anbahnen  sollte,  ward  18.  Nov.  genehmigt. 
Ehe  aber  die  Bestätigung  von  Seiten  des 
Königs  erfolgte,  f  dieser  15.  Nov.  1863, 
worauf  der  sogen.  ,ProtokollprinzS  Chri- 
atian  IX. ,  den  Thron  bestieg  und  18.  Nov. 
das  neue  Grundgesetz  sanktionirte.  Die 
Majorität  der  holstein.  Ständeversammlung 
und  die  Ritterschaft  riefen  den  Bund  um 
Schutz  an  für  die  Rechte  des  Landes  und 
die  legitime  Erbfolge  des  Erbprinzen  Fried- 
lich von  Schleswig -Holstein -Sonderburg- 
Augustenburg  in  Schleswig-Holstein.  Der- 
selbe beschloss  7.  Dec.  die  Exekution  in 
Holstein-Lauenburg,  die  22. —31.  Dec  voll- 
streckt ward.  Die  dän.  Regierung  nahm 
zwar  die  Bekanntmachung  vom  30.  März 
zurück,  protestirte  aber  (19.  Dec)  gegen 
die  Rechtsgültigkeit  der  Bundesexekution 
und  setzte  das  neue  Grundgesetz  (1.  Jan. 
1864)  iu  Kraft.  Auf  die  Forderung  Preussens 
und  Oesterreichs,  dasselbe  binneu  48  Stun- 
den aufzulieben  (16.  Jan.),  verlangte  D. 
eine  Frist  von  6  Wochen.    Dies«  ward  ver- 


weigert .und  die  Okkupation  Schleswigs 
beschlossen.  Am  1.  Febr.  1864  überschritt 
das  österr.  -  preuss.  Heer  die  Eider  und  er- 
oberte in  Kurzem  das  Festland  von  D.  bis 
zum  LijmQord.  Die  am  25.  April  in  London 
versammelte  Friedenskonferenz  vermittelte 
einen  Waffenstillstand,  ging  aber  25.  Juni 
unverricli teter  Sache  wieder  auseinander. 
Nachdem  die  Alliirten  darauf  auch  Alsen, 
die  Inseln  an  der  Westküste  von  Schleswig 
und  Jütland  nördl.  vom  L^rofjord  erobert 
hatten,  ward  26.  Juli  die  Friedenskonferenz 
in  Wien  eröffnet.  In  dem  Friedenstraktat 
vom  30.  Okt.  1864  verzichtete  Christian  IX. 
auf  seine  Ansprüche  auf  Schleswig-Holstein 
und  Lanenburg,  wodurch  der  dän.  Staat 
auf  das  eigentliche  D.  beschränkt  ward. 
Ende  Jan.  1865  Beginn  der  Verhandlungen 
zwischen  der  Regierufig  und  den  beiden 
Thingen  des  Reiohsraths  und  des  Reichs- 
tags über  eine  Vertassnngsrevision,  welche 
den  Reichsrath  in  etwas  konservativem 
Sinn  umbilden  soll.  22.  Dec.  Annahme  des 
Verfassungsentwurfs  im  Reichstag.  7.  Febr. 
1867  legt  die  Regierung  den  Entwurf  einer 
Reform  der  Armee  und  der  Marine  vor, 
welche  2.  Juli  vom  Felke-  und  Landsthing 
mit  Modifikationen  genelimigt  wird.  2.  Nov. 
verkauft  D.  die  westindischen  Inseln  S.  Tho- 
mas und  S.  Jan  an  die  Verein.  Staaten,  deren 
Regierung  aber  (Apiil  1870)  die  Ratifikation 
des  Kaufvertrags  verweigert.  4.  Jan.  1868 
legt  die  Regierung  dem  Reichstag  das  neue, 
auf  allgemeine  Dienstpflicht  gegründete 
Wehrpflichtgesetz  vor.  9.  März  1868  lehnt 
D.  das  Anerbieten  Preusseus,  ihm  iu  Aus- 
führung der  betr.  Bestimmung  des  prager 
Friedens  einen  Theil  Nordschleswigs  (bis  zur 
Gjennerbucht)  abzutreten,  ab.  Nov.  das  so- 
genannte Freigemeindegesetz,  welches  inner- 
halb der  Landeskirche  die  Bildung  neuer 
selbständiger  Gemeinden  gestattet,  in  beiden 
Thingen  des  Reichstags  angenommen.  Vgl. 
JJlen,  ,Handbog  i  Fädrelandets  Historie',  6. 
Aufl.  1863;  deutsch  von  Falek  1842 ;  DaAZmafin, 
jGesch.  von  D.<  (bis  1523),  1840—43,  3  Bde. 

Dänholm,  kleine  befest.  Insel  bei  Stral- 
sund; seit  1854  mit  Kriegshafen  lur  Ka- 
nonon-  und  Avisodampfboote. 

Dänische  Sprache  und  Litentnr.  Die 
dän.  Sprache,  mit  der  schwed.  zum  skan- 
dinav.  Zweige  des  german.  Sprachstammes 
gehörig,  hat  sich  durch  Berührung  und 
Verschwisterung  mit  der  deutschen  und 
bes.  der  angelsächs.  Mundart  ausgebildet 
und  ist  (seit  16.  Jahrh.  Schriftsprache) 
gegenwärtig  die  kultivirte  Schrift-  und 
Staatssprache  der  beiden  Reiche  Dänemark 
und  Norwegen,  während  sich  die  schwed. 
Sprache  etwas  abweichend  entwickelte, 
jedoch  so,  dass  die  Bewohner  Skandina- 
viens sich  ohne  grosse  Schwierigkeit  gegen- 
seitig verständigen  können.  Bibelüber- 
setzungen von  1550  und  1647.  Sprachlehren 
von  Bloch,  Birch,  Petersen,  Oppermann  u.  a.; 
dän. -deutsche  Wörterbücher  von  0,  H, 
Müller  (1800,  bearbeitet  von  Guldberg  1807. 
4  Bde.)  und  Molbech  (1833,  auch  für  die 
Dialekte).  Die  Geschichte  der  Sprache  be- 
handelte Petersen  (1829  —  80,   2  Bde.),    die 


Dänischwohld  t—  Dahlmann. 


461 


M«trik  Thoiism  (18S3— 34,  3  Bde.),  die  Sy- 
nonvmen  P.  £.  Müller  (1829,  2  Bde.). 

Literatur,  Aermlicbe  Anfänge  derselben 
im  16.  Jfthrh.:  Logland$  Reimsprüche  (1508) 
und  geistl.  Lieder  (von  Thomaui  gesammelt, 
1569).  Darauf  folgt  bis  ins  18,  Jahrb.  eine 
Beibe  Dichter  nach  damaligem  deutschen 
Master  (Opitz),  nicht  ohne  Verdienst  um 
die  Ausbildung  der  Sprache:  die  Didatctiker 
Arreboe  (f  1637) ,  der  beschreibende  Dichter 
Sehested  (f  1698),  die  Lyrilcer  Seit,  Bording 
(t  1677)  und  Kingo  (t  1723),  die  Satiriker 
Sorterup  (f  1722)  und  Beenberg  (f  1742). 
Begründer  einer  eigentlichen  däu.  National' 
literatur  ward :  L,  Holberg  (f  1754),  eminen- 
ter Satiriker  in  epischer,  lyr.  u.  bes.  dram. 
Form  (Schöpfer  des  dän.  Theaters).  Von 
noch  höherer  Bedeutung  war  J.  Etoald  (f 
1781),  Yorzugs-vreise  Lyriker ,  aber  auch  als 
Dramatiker  (,Bolf  Brake')  hervorragend. 
Neben  ihm  glänzten  der  Satirilcer  FaUter 
und  der  Lyriker  TuUin,  die  Lustspieldich- 
ter J.  Weeael  (t  1783)  und  P.  Andre  Heiberg 
(t  1841),  die  Dichter  E.  ßtorm  (f  1794),  Bah- 
bek,  <%.  JBrtmn,  H.  Guidberg,  de  Fcdten,  C 
Friman,  Th»  Thaarup,  Hjort  u.  A.  £inen 
neuen  und  höhern  Schwung  nahm  die 
dän.  Literatur  durch  Jen»  Baggeeen  (t 
1826))  ausgezeichnet  im  kom.  Epos  und 
gehersenden  Liede,  bes.  aber  ^urish  Oeh- 
lensehläger  (f  1850),  der  in  seinen  dramat. 
und  epischen  Werken  die  Wiederbelebung 
der  nationalen,  altnord.  Poesie  anstrebte 
und  sich  zugleich  als  gemüthvoller  Lyriker 
bewährte.  In  des  letztem  Fussstapfen 
traten;  Ingemann  mit  lyr.,  epischen  und 
dramat.  Dichtungen,  der  Lyriker  Grundtvig, 
der  Dramatiker  «T.  L,  Heiberg  (f  1860),  £iu- 
fiihrer  des  Vaudeville,  und  der  bes.  als 
Romandichter  ausgezeichnete  Carsten  Hauch, 
Ausserdem  sind  von  der  jüngsten  dän. 
Dichtergeneration  hervorzuheben:  die  Dra- 
matiker Ch.  BredaJd  (f  1860)  und  H.  Hertz 
(t  1869),  die  Lyriker  ßtaffeldt,  Hület,  Boten- 
ho/,  der  beliebte  Roman-  und  Märchen- 
dichter 1^  0.  Änderten;  die  Dichter  Ch. 
Winther,  Pialudan  Müller  (Verf.  des  ,Adam 
Homo'),  Möller,  Molbeeh;  die  Novellisten 
L,  Kruse,  Bt,  Blioher  (f  1848),  der  anonyme 
Verf.  der  tAlltagsgeschichten',  Goldschmidt; 
die  Pseudonymen  K.  Bernhard,  8t.  Hermidad 
(W.  TItieted)  u.  A. 

In  der  wissenschaftl.  Literatur  ausgezeich- 
net als  Geschichtschreiber;  P.  E.  Müller, 
Betersen ,  Guldberg  (Weltgeschichte) ,  Buhm 
(Gesch.  Dänemarks),  Schwing  (Gesch.  Nor- 
wegens), Engeltoft,  J.  Möller,  Molbeeh, 
Kolderup'Bosenvinge  (Rechtshistoriker),  HeZ- 
weg  (Kirchenhistoriker'),  Slimonsen,  Werlauff, 
Bader,  Jahn,  L.  C.  Müller,  Eetrup,  Dau' 
gaxird.  Wegner,  KSnigs/eldt  u.  A.;  als  Sta- 
tistiker: A.  Baggeaen,  Bergs'öe,  Nathanson;  als 
Naturforscher:  Homemann,  Oerated  {Theori« 
vom  elektrochem.  Magnetismus),  Schouto 
(Botanik  und  phys.  Geographie) ;  als  Astro- 
nom: Schumacher.  Unter  den  Philosophen 
sind  Treeehow,  Sibbem,  Heilberg;  als  Philo- 
logen Bcuk,  Magnusen,  Petersen,  Madvig, 
Br'ündsUd,  Weatergaard  (Orientalist);  als 
Theologen :  Myntter,  Munter,  Clausen,  Nielsen, 


KierJtegaardi  als  Jurliten:  ul.  B.  Oersied, 
Algreen-Üssing  und  Larten;  als  Literarhisto- 
riker: Nyerup,  Molbeeh,  Betersen,  Thortsen 
zu  nennen.  Vgl.  Kraft  und  Nyerups  ,A1- 
mindeligt  Literaturlexicon',  1777— 84, 8  Bde., 
und  Erüev,  ,Almindoligt  Forfatter-Lexioon^ 
1842—51,  3  Bde. ;  Suppl.  1856  f. ;  ferner  Bah- 
bek,  jBidrag  til  den  danske  Digterkonsta 
Historie*,  1800  f. ;  FürH,  ,Briefe  über  die  dän. 
Literatur',  1816,  2  Thle. 

Danischwolila  (D'dnischw  WaU),  der 
südöstlichste  Theil  von  Schleswig,  fast  nur 
aus  adligen  Gütern  bestehend. 

Dafar^  fimchtbare  Landsch.  in  Arabien 
(Hadramaut);  Rainen  von  El-Beläd.  Die 
ehem.  grosse  Stadt  D.  ist  seit  14.  Jahrh. 
verschwunden. 

Dag,  das  Ende  eines  Taus ,  womit  die 
Matrosen  gezüchtigt  werden.  Durch  die 
Daggen  laufen ,  s.  v.  a.  Spiessruthenlaufen. 

Dagana,  wichtiger  Handelsplatz  in  Sene- 
gambien,  um  untern  Senegal,  7754  £w., 
1858  von  den  Franzosen  nebst  dem  um- 
liegenden Gebiete  in  Besitz  genommen. 

Baghestan,  Landsch.  in  Transkankasien, 
am  Nordostabhang  des  Kaukasus  bis  ^um 
kasp.  Meer,  519  QM.  mit  470,847  Ew.  Hauptst. 
Derbent.  Früher  au  Persien  gehörend ;  seit 
1812ru88isch  u.  jetzt  vollständig  unterworfen. 

Dagöe  (Dagden),  russ.  Lisel,  an  der  Ki^ste 
von  Esthland,  20,4  QM.  und  10,000  Ew.  Auf 
der  Westspitze  Leuchtthurm. 

Dagop,  das  Heiligthum  der  Buddbatempel 
bei  den  Indiern,  Symbol  des  Buddhismus, 
eine  auf  einer  cy  lind  erartigen  Basis  ruhende, 
etwas  überhöhte  Halbkugel,  soll  die  Wasser- 
blase, Symbol  des  menschl.  Leibes  in  seiner 
Hinfälligkeit,  veranschaulichen. 

Darnerreotypie,  s.  Bhotographie. 

Danly  Joh.  Christian  ClauseUf  Landschafts- 
maler, geb.  24.  Febr.  1788  zu  Bergen  in 
Norwegen ,  seit  1821  Prof.  an  der  Kunst- 
akademie in  Dresden;  t  das.  14.  Okt.  1857.  — 
Sein  Sohn  Siegwald  D.,  geb.  16.  Aug.  1827 
in  Dresden,  Genre-  und  Porträtmaler. 

Dahlak,  Inselgruppe  im  rothen  Meer,  an 
der  abessin.  Küste,  15  QM.,  von  Hirten  und 
Fischern  bewohnt;  Perlenfischerei. 

Dahlen,  Fabrikstadt  im  preuss.  Regbz. 
Düsseldorf,  Kr.  Gladbach,  6145  Ew. 

Bahlgren,  Karl  Joh.,  schwed.  Dichter, 
geb.  20.  Juni  1791  bei  Norrköping  in  Ost- 
gothland,  f  l^*  ^&i  ^^^  (^Is  Prediger  zu 
Stockholm.  Ausgez.  im  schalkhaften  und 
hamorist.  Liede;  ßchr.  auch  burleske  No- 
vellen und  das  aristophan.  Lustspiel  ,  Argus 
im  Olymp».    Werke  (1847-52,  5  Bde.). 

Dahlia,  Pflanzengattung,  s.  Georgina. 

Dahlmann 9  Friedr.  Christoph,  Geschicht- 
schreiber, geb.  18.  Mai  1785  zu  Wismar, 
ward  1812  Prof.  der  Geschichte  zu  Kiel, 
1815  Sekretär  der  stehenden  Deputation 
der  Schleswig -holstein.  Prälaten  u.  Ritter- 
schaft, betheiligte  sich  aji  dem  Verfb.ssungs- 
streit  zwischen  den  Resten  der  alten  Stände 
und  der  Regierung  mit  polit.  Streitschriften, 
seit  1829  Prof.  der  Staats  Wissenschaften  zu 
Göttingen,  hier  für  das  Zustandekommen 
des  Grundgesetzes  von  1833  thätig,  1837 
eiaer  der  sieben  gegen  die  einseitige  Auf- 


462 


Dahme  —  Üalelf. 


faebang  desaelben  pfotestirenden  Profes- 
'  loran,  deshalb  von  uöttingen  ausgewiesen, 
seit  1842  Prof.  der  Creschichte  su  Bonn. 
M&rz  1848  zum  Vertrauensmann  Prensseus 
beim  Bundestag  ernannt,  arbeitete  er  den 
Verfessuugsentwurf  der  Siebzehner  mit  ans, 
war  dann  als  Mitglied  der  deutschen  Na- 
tionalversammlung einer  der  Führer  der 
erbkaiserl.  Partei,  ward  nach  dem  5.  Sept. 
1848  erfolgton  Rücktritt  des  Reichsministe- 
riums mit  Bildung  eines  neuen  beauftragt, 
die  ilim  jedoch  nicht  gelang.  Mai  1849  mit 
der  Mehrheit  seiner  Parteigenossen  aus 
dem  Parlament  ausgeschieden,  wohnte  er 
Juni  d.  J.  der  gothaer  Versammlung  bei, 
trat  dann  als  Mitglied  der  ersten  preuss. 
Kammer  den  reaktionären  Tendenzen  euer- 
giscli,  aber  erfolglos  entgegen,  betheiligte 
sich  am  erfnrter  Parlament  als  Mitglied 
des  Staatenhauses ;  f  5.  Dec.  1860  zu  Bonn. 
Sehr.  , Forschungen  auf  dem  Qrebiete  der 
deutschen  Geschichte'  (1822—23,  2  Bde.); 
^Quellenkunde  der  deutschen  Geschichte' 
(1830);  ,  Politik  auf  den  Grund  und  das 
Mass  der  gegebenen  Zustande  zurückgtsiülirt* 

g(d,  1,  1835;  3.  Aufl.  1847);  ,Gescliichte 
änemarks'  (1840—43,  3  Bde.);  ,Geschichte 
der  engl.  Revolution'  (6.  Aufl.  1864);  ,Ge- 
schichte  der  franz.  Revolution'  (3.  Aufl. 
1864);  gflb  desNeocorus  , Chronik  vonDith- 
marsen^  (1827,  2  Bde.)  lieraus.  Biugr.  von 
Springer  (1»70). 

Dahme,  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Potsdam, 
Kr.  Jüterbogk,  am  FIum  D.  (mündet  bei 
Köpenik  in  die  Spree),  4727  Ew. 

Balivmejr  (Dahome),  Negerreicfa  in  Ober- 

Siinea,  an  der  Sklavenküste ,  bis  zum 
onggebirge  reichend ,  180  QM.  mit  180,000 
£w.  Staatsform  absoluteste  Monarchie; 
das  Gauze  militärisch  organisirt;  Religion 
gröbster  FetiHcliismus;  die  Kriegsmacht 
unv«rhältnissmässig  gross,  Leibgarde  von 
500u  bewaffueten  Frauen;  Menschenopfer 
sehr  häufig  Hauptst.  Abomeh.  Vgl.  Forbes, 
,Missious  to  D.',  1851;  Button,  ,A  mission 
to  D.',  1864. 

Dminiel,  Fabrikstadt  in  der  span.  Prov. 
Ciudad  Real,  am  Aznar,  12,500  Ew. 

BiümioSy  die  Kaste  der  begüterten,  erb- 
licTien  Lehusfürsten  in  Japan. 

Dainos,  die  Volkslieder  der  Lithauer. 
Eine  Sammlung  derselben  übersetzt  von 
N»ftelmann  (1853). 

DmirL  in  Japan  der  Hofstaat  des  Mikado. 

BajmMS)  die  »ingeboruen  Bewohner  von 
Bomeo,  zur  malayischen  Race  gehörig,  aber 
grösser,  muskulöser  und  weniger  civilisirt 
als  die  eigentl.  Malayen ;  zerfallen  in  mehr 
als  100  kleine  Stamme  mit  20— 30  Sprachen ; 
meist  Ackerbnner;  an  den  Küsten  den  Ma- 
layen untergeben,  im  Innern  unabhängig. 

Dakar  9  Stadt  in  Senegambien,  auf  der 
gleichuam.  HalUnael,  etwa  3000  Ew.;  1857 
von  den  Fi*auzo8en  in  Besitz  genommen, 
Jetzt  Station  der  franz.  Dflmpfschiffe. 

fiakk«!  (  Wah-tl'Daktdijth),  Oase  In  der 
libysclieu  Wüste,  mit  Miueralquellen,  12,000 
Ew.;  Aegyiitentiibntär. 

Dakota,  Ten-itorium  der  Verein.  Staaten 
von   Nordomei'lka,    1861    aus    dem   westl. 


Theile  von  Minnesota  gebildet,  v<Mn  obern 
Missouri  durchflössen,  Ursprung!.  11,816  Qlf., 
nachdem  aber  1868  aus  einem  Theile  desael- 
ben wiederum  das  Territorium  Wyoming  ge- 
bildet worden,  nur  7177  QM.  und  (1870)  14,181 
Ew.,  dazu  zahlr.  Indianer (Sioux);  wichtig 
wegen  seiner  Pelzausftihr.  Hauptst.  Vaukton. 

Daktyliothek  (gr.),  Sammlung  von  ge- 
schnitteuen  Steinen,  Gemmen,  Kameen  n.dgl. 

Dalai-Iifoor  (Kelonsee),  See  in  der  nord- 
östl.  Mongolei,  an  der  russ.  Grenze,  8M.  1., 
5  M.  br.,  vom  Keruluu  (Argun)  durchflössen. 

Balame  (DalekarKen),  romaut.  Gebiiigs- 
landschaft  in  Schweden,  umlkssend  das 
Län  Kopparberg,  570  QM.  mit  175,927  Ew., 
letztere  durch  Sitte,  Tracht  und  Sprache 
von  den  übrigen  Schweden  verschieden  und 
durch  schönen  Wuchs,  Ernst,  Patriotismus, 
Biederkeit  und  Gastlichkeit  ausgezelchnot. 

Dalberg  (früher  Da/öwrt^;,  altes  Geschlecht, 
im  17.  Jahrb.  in  den  Reichsfreiherrenstand 
erhoben,  von  Alters  her  mit  dem  Erbkäm- 
mereramt des  Hochstifts  Worms  beklcKidet. 
Für  das  Alter  und  Ansehen  des  Geschlechts 
spricht  der  Umstand,  dass  bei  jeder  deut- 
schen Kaiserkrönung  der  kaiseri.  Herold 
rufen  musste:  ,Ist  kein  D.  da?'  worauf  der 
anwesende  D.  von  dem  nengekrönteu  Kaiaar 
den  Ritterschlag  empfing.  Bemerk enswerth 
sind:  1)  E^irl  Theodor  Anton  Maria,  Seichs- 
freiherr  von  D.,  letzter  Kurfürst  von  Mainz 
und  Erzkanzler,  geb.  8.  Febr.  1744  zu  Herna- 
heim,  Sohn  Franz  Heinrich  von  D.s,  kurfürstl. 
mainz.  Geheimraths  (geb.  1716,  f  1776),  ward 
1772  kuriürstl.  mainz.  Geheimrath  und  Statt- 
halter zu  Erfurt,  1787  Koadjutnr  des  Ersstifts 
Mainz,  bald  darauf  der  Uochstifter  Worms 
und  Konstanz,  1802  Kurfürst  von  Maiua  und 
Erzkauzier  des  deutschen  Reichs,  behielt 
nach  ■  dem  Frieden  von  Lunevlllo  letxtera 
Würde  und  ward  für  das  am  linken  Rhein- 
ufer  verlorne  Gebiet  mit  Regensburg,  Wets- 
lar  und  Asciiaffenburg  entschädigt.  Nach 
Errichtung  des  Rheinbundes  von  Napoleon  L 
1806  zum  souveränen  Fürst-Primas  des  Rhein- 
bundes mit  dem  Vorsitz  in  der  Bundesver- 
sammlung, 1810  zum  Grosshersog  von  Frank- 
furt ernannt,  behielt  er  1813  bloss  seine  Ge- 
rechtsame als  Bischof  von  Regensburg;  f 
10.  Febr.  1817.  Sehr.  ,Grundsätze  der  Aeathe- 
Ük'  (1791)  U.A.  Vgl.  Krämer,  ,K.  Th.  v.  D.*, 
1821.  —  2)  Wolf  gang  Heribert,  Reiehefreiherr 
von  D.,  Bruder  des  Vor.,  geb.  1749,  s^t  1803 
bad.  Staatsminister,  bekannt  durch  seine 
Verdienste  um  das  Theater  zu  Mannheim; 
t  das.  28.  Sept.  1806.  An  ihn  sind  Schillers 
,Briefe  an  den  Freiherm  von  D.'  (1819)  ge- 
richtet. Vgl.  Koffka,  ,Iff]aDd  und  D.',  1865. 
—  3)  Joh.  Friedr.  Hugo,  Freiherr  von  D., 
Bruder  des  Vor.,  geb.  16.  Mai  1760,  Domka- 
pitular  zu  Trier,  Worms  und  Speier;  f  Juli 
1803  als  trierscher  Hofrath  su  Koblenz,  Kom- 
ponist, SchriftstoUer  über  Musik  and  Alter- 
thnmsforscher. 

Dalbosee.  s.   Wenemtee, 

BalekarlieBy  s.  DäUir^ie. 

Dalelf)  Hauptfluss  der  Landschaft  Dalarne 
in  Schweden,  entsteht  aus  dem  Oettter-  und 
We^terduMf  und  mündet  unterhalb  Gefle  in 
den  bottuiscben  Meerbusen. 


Dalexninzieii  —  Damars. 


463 


BftleminzieOy  vormals  »l&r.  Gau  im  hcti> 
tigQU  Sachsen ,  «wischen  Eib«  und  Mttlde, 
von  Meisten  bis  Dahlen ;  927  von  Heinrich  I. 
nntei'jocht.  [nahe  am  Meere,  9419  Sw. 

D41IM}  Stadt  in  der  span.  Prov.  Almeria, 

Dmlin,  Olof  von,  schwed.  Schriftsteller, 
geb.  17U8  SU  Winberga  in  Hallaud ,  t  ^7^ 
als  Hofkanzler  au  Stockholm.  Einer  der 
Reformatoren  der  schwed.  Literatur,  bes. 
durch  seine  Zeltschrift  ,Der  schwed.  Argus*. 
Seine  Dichtungen  («Poetiska  arbeten',  1782, 
2  Bde.)  durch  Gewandtheit  in  Sprache  und 
Vershau  ausgezeichnet. 

Dalkeith  (spr.  Dälkihtb),  Stadt  in  der 
sebntt.Grafsch.£dinbiirgh,  südöstl.  bei  Edin- 
burgh, 5396  £w.  Prächtiger  Palast  des  Uer- 
zoKs  von  Bucclcugh.  [Seebäder. 

Dalkey.   Insel  an  der  Bai   von  Dublin; 

Salwatiea,  langes  weisses  Oberkleid  mit 
Aermelu,  seit  Papst  Sylvester  T.  Amtstracht 
der  Diakonen  der  röm.  Kirche;  auch  Theil 
des  Krönuugaornats   der  doatschen  Kaiser. 

Dalmatien,  Königreich,  österr.  Kronland, 
232  QM.  mit  437,000  Ew.;  sctimales,  52  M. 
langes  Küstenland  am  adriat.  Meer,  von 
Zweigen  der  dinarisclien  Alpen  durchzogen 
(Dinara  5575',  Orieu  5845')  und  von  kurzen 
Küatenflüsseu  (Z(«rmagua,  Kerka,  Cettlna, 
Narouta)  bewässert;  die  Küste  von  einer 
Kette  lauger  und  schmaler  Inseln  umsäumt. 
Klima  warm  uod  gesund,  aber  durch  die 
heftig  wehende  Bora  uud  den  Scirocco  lästig. 
Der  Boden  kalkig  und  dürr,  nur  an  wenigen 
Orteu  zum  Ackerbau  geeignet.  Hauptpro- 
driikte:  Wein,  Südfrüchte,  Oel,  Fische.  Die 
Bevölkerung,  dem  serbisch -kroat.  Stamme 
der  Südslaven  augehörend  (im  nördl.  Theile 
3forUMcen  geuauut),  ein  schöner  Menschen- 
schlag, kühne  Seeleute,  tapfere  Soldaten; 
Völkersprachc  der  serbisch  -  illyr.  Dialekt. 
Unter  den  Einw.  S2i,0Ci0  röm.  Kathol.  (Erz- 
biacliof  in  Zara  n.  5  Bischöfe) ,  80,000  nicht 
nnirto  Griechen,  30,000  Italiener  (meist  in 
den  Städten),  500  Juden.  Haupti^rwerbs- 
zweijp^e:  Schifffahrt,  Fischerei,  Viehzucht; 
Nationalprodukt  der  Maraschino.  Die  Gold-, 
Eisen-  uud  Kohlengruben  liegen  unbenutzt. 
Beträclitl.  Transithandel ;  Haupthaudels- 
plätze:  Zara,  Spalato,  Cattaro,  Ragusa.  Die 
geistige  Kultur  des  Landes  nocli  wenig  vor- 

feaohritten.  Landtag  von  43  Mitgliedern; 
Abgeordnete  zum  Reichstag.  Vier  Kreise: 
Zara,  Spalato,  Ragusa,  Gattaro.  Sitz  der 
Landesregierung  u.  Landeshauptstadt :  Zara. 
Geschichte,  D.,  von  den  Römern  unter 
Angustus  (23  v.  Chr.)  unterworfen,  bildete 
den  südlichsten  Theil  der  Prov.  lUyricum, 
kam  489  unter  die  Herrschaft  der  Ostgothen« 
dann  wieder  unter  oström.,  ward  um  620 
von  slav.  Völkern  besetzt.  Ein  Tbeil  der 
Städte  unterwarf  sich  809  der  Oberhoheit 
des  fränk.  Reichs,  andere,  bes.  die  See- 
städte blieben  unter  byzantin.  Schutze. 
Gegen  Ende  des  9.  Jahrh.  fiel  das  Küsten- 
land, unter  die  Herrschaft  der  kroat.  Fiirsten, 
deren  oiner,  Cresciniir  Peter,  1052  den  Titel 
oinea  Königs  von  D.  annahm.  Nach  dem 
Erlösclien  des  kroatisch -da Im at.  Köuigs- 
Roschledits  (um  1100)  bemächtigte  sich 
König  Tiadislaus  von  tlngaru  eines  Tliellt 


desselben,  während  ein  Anderer  Theil  sich 
unter  Venedigs  Schutz  begab.  Im  Frieden 
von  Paasarowitz  1718  wurden  die  Grenzen 
des  venetian.  D.s  gegen  die  Türkei  in  der 
jetzigen  Weise  festgestellt.  Durch  den 
Frieden  von  Gampo- Formio  kam  dieser 
TheO  D.s  mit  Venedig  unter  österr.  Herr- 
schaft, im  pressburger  Fri^^den  (1805)  an  Na- 
poleon I.,  der  ihn  erst  zum  Königreich  Italien 
schlug,  1810  aber,  nachdem  er  auch  den 
uugar.  Theil  D.s  erhalten,  aus  diesem  und 
angrenzenden  österr.  Gebietsth  eilen  die 
sogen,  illyrischen  Provinzen  seines  Reichs 
bildete.  D.  stand  unter  einem  Proveditore- 
Generale,  bis  es  1814  an  Oesterreich  zurück- 
fiel. 1816  ward  es,  durch  Ragusa  und  einen 
Theil  von  Albanien  vergrössert,  zu  einem 
eignen  österr.  Ki'onlaiide  (Königreich)  er- 
hoben. Die  Ausdehnung  des  neuen  Land- 
wehrgesetzes  auf  D.  fand  (Sept.  18C9)  im 
Bezirk  Gattaro  Widerstand  uud  führte  zur 
Insurrektion,  die  (Nov.  und  Dec.)  mit  Militär- 
gewalt  unterdrückt  ward.  Vgl.  Fetter,  ,D.*, 
1857,  2  Bde  ;  NoS,  ,D.*,  1870. 

Dalslasfly  Gebirgslandschaft  im  südL 
Schweden,  westl.  vom  Wenernsee. 

Dalton  (spr.  Dahlt^n),  John,  her.  engl. 
Gheniiker  und  Physiker,  geb.  5.  Sept.  17^ 
zu  Eaglesfield  in  Cumberland,  seit  1793 
Professor  zu  Manchester,  besond.  verdient 
durch  seine  Untersuchungen  über  dieElaatl- 
cität  der  Dämpfe  und  Entwicklung  der 
atomist.  Theorie,  Mitglied  der  Royal  Society 
zu  London  n.  der  par.  Akademie;  t  ^7.  Juli 
1844  zu  Manchester.  Sehr.  ,New  System 
of  Chemical  phiiosophy'  (neue  Ausg.  1842, 
2  Bde.);  iMeteorological  essays  and  obser- 
vations'  (2.  Aufl.  1834). 

Daltonisrnns  (Amerythroptie ,  BothhUnd' 
heit),  der  Mangel,  die  rothe  Farbe  als  solche 
zu  erkennen,  deshalb  Verwechselung  der- 
selben mit  grüner.  Im  Allgemeinen  D.  gleich 
OhromoUody»op9ie,  Beschräukung  der  Walir- 
nehmnng  bestimmter  Farben,  z.  B.  auch 
Grünblindheit;  in  geringen  Graden  häufig 
vorkommend,  nicht  heilbar. 

Dalirigk)  Karl  Friedr,  Reinhardt,  Frei- 
herr von,  grossherzogl.  hess.  Minister- 
präsident, geb.  19.  Dec.  1802  zu  Darmstadt, 
ward  1842  Kreisrath  von  Worms,  1845  Pro- 
vinzialkommissar  in  Rheinhessen,  1850  Mi- 
nister des  Innern,  dann  dos  Aeussern  und 
Ministerpräsident,  wirkte  im  Verein  mit 
Beust  und  von  der  Pfordten  auf  den  Konfe- 
renzen zu  Würzburg  und  Bamberg  und  auf 
dem  frankfurter  Fürstentag  (1863)  für  das 
österr.  mittel  staatliche  Interesse  u.  die  polit. 
und  kirchl.  Reaktion.    April  1871  entlassen. 

Daman ,  ostind.  Landsch.  im  Pendschab, 
zwischen  Indus  und  Solimangebirge,  60  M. 
1.,  am  Indus,  ausserordentl.  fruchtbar. 

Damanhnr,  Stadt  in  Uuterägypten,  unweit 
des  Maliniudiehkanals,  10,000  Ew. 

DamSra  ( Ovaherero),  Volk  im  westl.  Süd- 
afrika, im  Gebirgsland  um  den  Omatoko- 
berg,  den  Betschuanen  verwandt,  nomadl- 
sirende  Hirten,  im  steten  Krieg  mit  den  Nach- 
barvölkern, bes.  den  räuberischen  Berg- 
datnarat  (Ghudamup).  Ihr  Land  reich  an 
Kupfer,  Vieh  und  Elfenbein. 


^64 


Damaseiren  —  Dampf. 


DftVUMelreH«  StahlWMMii  bant  verlieren, 
beruht  auf  der  ungleichen  Angreifbarkeit 
Terschiedener  Stahlsorten  dnrch  Sänren,  so 
dass  beim  Aetzen  von  Arbeitsatücken ,  die 
ans  verschiedenen  Stahlsorten  Easammen- 

Saschweisst  sind,  flecken-  und  streifenartige 
eichnongen  entstehen.  Wird  in  Damas- 
cns  bes.  auf  Klingen  und  Gewehrläufe  an- 
gewandt; nachgeahmt  durch  einfaches  Aetzen 
ähnlicher  Verzierungen  auf  gewölinlichen 
Stahlwaaren.  Damascirt  heissen  auch  Stahl- 
waaren,  bei  denen  eingeätzte  Verzierungen 
mit  Gold  oder  Silber  ausgefüllt  sind. 

Damascns (türk. Dimeschk),  uralte Hauptst. 
Syriens,  in  paradiesischer  Bbene,  am  Fusse 
des  Antilibanon,  120,000  Ew.  (ca.  14,000 
Christen,  4700  Juden);  248  Moscheen  (z.  B. 
die  ,gro8se  Moscbeä'  der  Ommajaden);  seine 
Konditoreien ,  Seidenwaaren ,  golddurch- 
wirkten Stoffe  und  Lederarbeiten  im  ganzen 
Orient  her.,  ehemals  auch  die  Damcucener- 
klingen.  Schon  zu  Abrahams  Zeit  genannt ; 
65  V.  Chr.  von  Pompejus  erobert,  später 
dem  byzant.  Reiche  einverleibt;  633  vom 
Khalifen  Omar  erobert  und  bis  752  Residenz 
der  Ommajaden.  Von  den  Kreuzfahrern  oft 
bestürmt,  aber  nicht  genommen;  1401  von 
den  Mongolen  (Timur)  niedergebrannt,  1516 
von  Selim  I.  dem  türk.  Reiche  einverleibt. 
9.— 16.  Juli  1860  Christenmetzelei. 

Damagty  künstlich  gemusterte,  geköperte 
Gewebe.  Seidener  D.  mit  grossen  atlas- 
artigen Mustern  in  atlasartigem  Grund,  dient 
als  Tapeten-  und  Möbelstoff,  ebenso  der 
Wolldamast,  der  halbwollene  und  Leinen- 
damast, auf  Zagstühlen,  häufiger  auf  der 
Jacquardmaschine  gewebt,  dient  als  Tisch- 
Beug  und  zu  Handtüchern.  Baurawoll- 
damast  ist  nicht  sehr  gesucht. 

DamisuB,  l)  Papst  366—384,  bekämpfte 
die  Arianer  und  ApolUuaristen ;  kanonisirt. 
—  2)  Gegenpapst  Benedikts  IX.,  f  1048. 

Dame  (v.  lat.  domina,  Herrin),  ursprüngl. 
Ehrentitel  der  adeligen  Frauen,  mit  dem 
Fürwort  Ma  (Madame),  besonderer  Ausdruck 
der  Huldigung,  Titel  der  Töchter  der  franz. 
Könige  von  ihrer  Geburt  an,  alleiniger 
Name  der  Gemahlin  des  ältesten  Bruders 
des  Königs,  nach  Kapoleons  I.  Kaiserkrönung 
Titel  seiner  Mutter  Lätitia,  unter  Ludwig 
Philipp  seiner  Schwester  Adelaide ;  seit  der 
zweiten  Hälfte  des  17.  Jahrh.  in  Deutschland, 
zuerst  in  anrüchiger  Bedeutung  gebraucht, 
gegenwärtig  Bezeichnung  jeder  vornehmen, 
verlieiratheten  oder  ledigen  Frauensperson. 
Vgl.  Dietrich,  »Frau  und  D.*,  1864. 

Damhirsch,  s.  Hirsch. 

Damiette  (arab.  Damyät),  ehem.  blühende 
Handelsstadt  in  Unterägypteu ,  2  St.  vom 
Ausfiuss  des  östl.  Nilarms,  60,000  Ew. ;  galt 
in  den  Kreuzzügen  als  Schlüssel  Aegypteus, 
6.  Juni  1249  von  Ludwig  dem  Heiligen  erobert, 
aber  bald  darauf  zurückgegeben,  1252  ge- 
schleift und  südlicher,  an  der  Jetzigen  Stelle, 
wieder  aufgebaut.  Seit  Eröffnung  des  Suez- 
kanals, der  den  Handel  nacli  Port  Said  ge- 
z(%en  hat,  im  Sinken.  1.  Nov.  1799  Sieg  der 
Franzosen  unter  Kleber  über  die  Türken. 

Damitz,  Nebenfluss  der  Persante,  7  M. 

DuBin^  künstliche  £2rd-,  Sand-,  Faschinen-, 


Knüttel-  oder  Steinerhöhung  but  Abhaltung 
des  Wassers  (Fangdamra,  auch  s.  r.  a.  Deich) 
oder  zur  Erzeugung  von  Anstauungen,  auch 
erhöhter  Weg  etc.  In  der  Anatomie  s.  v.  a. 
Mittelfleisch,  die  Gegend  zwischen  After 
und  den  G^schlechtstheilen.  * 

Damm  (AUdamm),  Stadt  im  preusa.  R^bz. 
Stettin,  Kr.  Randow,  am  dctmnuehen  See, 
S919Ew.;  seine  Festungswerke  bilden  einen 
Brückenkopf  von  Stettin. 

Dararaira  Bumph,  Pflanzengattung  der 
Koniferen.  D.  orientalis  Lamb.,  Baum  auf 
den  Sundainseln  und  Molukken,  liefert  das 
hellgelbe,  geschmack-  und  geruchlose,  in 
Alkohol  und  Oelen  lösliche  Dammarharz.  D. 
australis  Xam5. ,  Ka^rißc?Ue,  anf  Neuseeland 
weit  verbreiteter  Waldbaum,  liefert  Nuts- 
holz und  Kauriharz ,  welches  von  den  £in- 
gebornen  gekaut  wird.  Das  Kauriharz  des 
Handels,  welches  zu  Firnissen  dient,  wird 
aus  dem  Boden  gegraben  (halb  fossil)  nnd 
stammt  zum  Theil  auch  von  D.  ovata  Moor 
in  Neukaledonien.  [erde. 

Dammerde,  mit  Humus  gemischte  Ackor- 

Dammenfeld,  Berg  der  hohen  Rhön,  dem 
Kreuzberg  gegenüber,  2890'. 

Damnation  (lat.),  Verurtheilung. 

Damnum  (lat.),  Nachtheil,  Schaden;  Dam- 
nWcat,  der  Beschädigte;  DamniJIkant ,  der 
Urheber  des  Schadens. 

DamSoles,  Höfling  des  Tyrannen  Diony- 
sius  von  Syrakus,  pries  das  Glück  desselben 
so  überschwänglich,  dass  dieser  es  ihn  anf 
einige  Zeit  kosten  zu  lassen  boschloss.  In 
einem  prachtvollen  Speisesaale  an  reichbe- 
setzter Tafel  schwelgend,  sah  er  über  seinem 
Haupte  ein  scharfgeschliffenes  Schwert  an 
einem  Pferdhaare  hängen.  Daher  Ikanoclea- 
ichtoert  sprichwörtlich  für  eine  Im  Voll- 
genusse  des  Glücks  drohende  Gefahr. 

Dämon  und  Phintlas  (nicht  Pythlas), 
zwei  edle  Pythagoräer  aus  Syrakus,  Muster 
unwandelbarer  Freundestreue,  deren  Gre> 
schichte  Schiller  in  der  Ballade  ,Die  Bürg^- 
schaft'  behandelt,  Cicero  in  dem  Werke 
,über  die  Pflichten'  erzählt. 

DtLmptCDämpßgkeit  der  Tferde),  chronische 
Pferdekrankheit,  äussei*t  sich  durch  kurzen 
trocknen  Husten,  angestrengtes  Athmen,  be- 
dingt durch  organische  Fehler  der  Lunge 
und  des  Herzens;  Gelegenheiteursachan : 
Erkältung,  verdorbenes  Futter.  Behandlung 
selten  von  Erfolg.    Gewährsmaugel. 

Dampfy  Luftart,  welche  durch  Temperatar- 
emiedrigung  und  Druck  in  den  tropfbar- 
flüssigen Zustand  übergeht,  im  Allgemeinen 
also  jedes  koSrcible  Gas  (s.  Qcm),  im  ge- 
wöhnlichen Sprachgebranch  aber  nur  solche 
Substanzen,  welche  wir  meist  als  Flüssig- 
keiten kennen  und  die  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  durch  Verdunstung  langsam, 
beim  Siedepunkt  schnell  in  gasförmigen 
Zustand  übergehen.  Ein  bestimmter  Raum 
kann  bei  bestimmter  Temperatur  nur  eine 
bestimmte  Menge  D.  aufnehmen.  Ist  diese 
Sättigung  des  Raums  mit  D.  erreicht,  so  be- 
findet sich  der  D.  im  Maximum  der  Spann- 
kraft und  wird  durch  Erniedrigung  der 
Temperatur  oder  dnrch  Verminderung  des 
Raums  (Zunahme  des  Drucks)  zu  Flüssigkeit 


Dampfbad  -^  Dampfmaschine. 


465 


kondensirt.  In  einem  mit  D.  gesättigten 
Raum  findet  keine  Verdanstang  von  Flüssig- 
keit Statt.  Der  von  Flüssigkeit  abgesperrte 
gesättigte  D>  wird  durch  Erhitzung  unge- 
sättigt oder  überhitzt  und  verhält  sich  dann 
wie  ein  permanentes  Gas^  Auf  der  mit  der 
Tempei-atur  steigenden  Elasticität  des  D.es 
berulit  die  Verwendung  desselben  in  der 
Dampfmaschine.  Die  Tabelle  gibt  bezüglich 
des  Wasserdampfs  die  nöthigsten  Zahlen. 


Grad 

Räau- 

mur 


Dampf- 
druck in 
Atmo- 
sphären 


1  Kub.' 

Wasser 

gibt  Kub.' 

Dampf 


Zu  1000 

Eub.'  Dampf 

sind  Kub.' 

Wasser 
erforderlich. 


0,689 

0,867 


80  1,000  1696,3 

90  1,680  1153,5 

100  2,S87  810,1  1,J84 

110  3,195  585,8  1,708 

120  4,447  433,6  2,807 

130  6,057  828,8  3,046 

140  8,067  253,6  3,948 

148  10,000  209,0  4,784 

Dampfbad 9  die  Anwendung  von  Dampf 
zum  Erhitzen  einer  Flüssigkeit,  ohne  dass 
derselbe  mit  letzterer  in  direkte  Berührung 
kommt,  gewöhnlich  unter  Benutzung  eines 
Kessels,  zwischen  dessen  Doppelwände  der 
Dampf  geleitet  wird. 

Dampfblelche  9  Behandlung  zu  bleichen- 
der Stoffe  mit  Natronlauge  unter  starkem 
Dampfdruck. 

Dampfli^schutZy  Maschine,  welche  mit 
Dampf  als  treibender  Ki-aft  Kugeln  schleu- 
dert. Sowohl  Geschütze  mit  Dampfkessel 
und  6  vereinigten  Flintenläufen  auf  einer 
Laffete  (Girards  I^tompfbatterie) ,  ähnlich 
den  Mitrailleusen ,  als  auch  tragbare  Ge- 
wehre mit  Dampfkessel  (Parkins  Dampf- 
flinte) sind  konstruirt,  aber  unpraktisch  ge- 
funden^ worden. 

Dampfhammer,  s.  Sammer, 

Dampfheizung,  s.  Seiaung. 

Dampfkessel  zur  Erzeugung  von  Wasser- 
dampf, bes.  Tür  den  Betrieb  der  Dampf- 
maschinen, werden  ans  Eisen-,  vortheilhaf- 
ter  aus  Stahlblech  gefertigt  und  sind  Nicht-, 
Parallel-  oder  Gegenstromkessel ,  je  nach- 
dem das  Wasser  in  denselben  keine  merk- 
liche Strömung  annimmt  oder  die  Strömung 
mit  den  abziehenden  Feuerungsgasen  gleiche 
oder  entgegengesetzte  Richtung  hat.  Den 
grössten  Nutzeffekt  gewähren  die  Gegen- 
stromkessel. 1)  D.  mit  äusserer  Feuerung. 
Einfache  Oyllnderkessel  mit  Endflächen, 
welche  Kugelabschnitte  bilden;  die  Heiz- 
gase umspielen  den  Kessel  und  gehen  bis- 
weilen durch  ein  im  Kessel  liegendes 
Rauchrohr.  D.  mit  1—3  Siederöhren  unter 
dem  Kessel  und  mit  ihm  durch  vertikale 
Röhren  verbunden;  die  Feuerung  4iegt 
unter  den  Siedern ,  die  Heizgase  umspielen 
zuletzt  den  Hauptkessel.  Umgekehrt  liegt 
die  Feuerung  unter  dem  Hauptkessel  bei 
den  ähnlich  konstmirten  D.n  mit  Vor- 
wärmern. 2)  D.  mit  innerer  Feuerung.  Der 
Roit  Hegt  in  einem  (Cornwallkessen  oder 
2  Roste  liegen  in  2  nebeneinander  lautenden 
Heizrohren  (Fairbaim)  im  Kessel.    Bei  den 

Meyer»  Hand  -  Lexikon, 


Röhren-  oder  Lokomotivkesseln  werden  die 
Heizgase  durch  ein  ganzes  System  vcm 
Hetzröhren  geleitet.  Umgekehrt  strömt 
beim  Fieldkessel  das  Wasser  im  Heizraum 
durch  ein  System  von  Röhren.  Der  D. 
wird  gespeist  durch  die  Speisepumpe  oder 
den  giffardscben  Injektor.  Das  Wasser- 
standsglas, Sehwimmervorrichtungen  oder 
Probirhähne  zeigen  den  Stand  des  Wassers, 
ein  Manometer  den  Druck  des  Dampfes  an. 
Bei  zu  starkem  Druck  öffnen  sich  die 
Sicherheitsventile,  eine  Dampfpfeife  pfeift, 
wenn  der  Wasserstand  zu  niedrig  ist  und 
infolge  dessen  ein  leichtflüssiger,  die 
Pfeife  absperrender  Metallpfropfen  schmilzt. 
Das  durch  einen  aufgeschraubten  Deckel 
verschlossene  Mannloch  dient  zum  Ein- 
steigen in  den  Kessel.   Ueber  KeeselsUin  s.  d. 

Dampfkcsselexplosionen  y  momentanes 
Bersten  der  Kesselwandung  und  heftige 
Fortschlenderung  von  Bruchstücken,  ent< 
stehen  wohj  am  häufigsten,  wenn  das 
Kesselblech  unter  Einwirkung  der  Feuer- 
gase gelitten  bat  und  nicht  mehr  genügen- 
den Widerstand  bietet.  Bei  Anhäufung  von 
Kesselstein  und  zu  niedrigem  Wässerstand 
werden  die  Bleche  glühend  und  schadhaft. 
Tritt  Ueberhitzung  des  Wassers  (Siede- 
verzug) ein,  so  endet  diese  bei  Erschütte- 
rungen oder  plötzlicher  Verminderung  des 
Dampfdrucks  (Oeffnen  der  Ventile,  Ans- 
strömen  von  Dampf  oder  Wasser  durch  einen 
Riss  im  Blech)  unter  heftigster  Dampfent- 
wicklung, welcher  die  Bleche  nicht  wider- 
stehen können.  So  entstehen  die  D.  bei 
oder  gleich  nach  der  Ruhezeit  der  Maschine. 

Dampfkoehtopf,  luftdicht  verscbliessbarer 
eiserner  Kochtopf,  in  welchem  Speisen  unter 
erhöhtem  Druck  schneller  gar  gekocht  wer- 
den als  in  offenen  Töpfen.  Zuerst  von  Pa- 
pin  angegeben  (papinian%9cher  Topf ,  Di- 
gestor)  »jetzt  vielfach  verbessert. 

Dampfkoehnngy  Erhitzung  von  Flüssig- 
keiten durch  Dampf,  welcher  entweder  aus 
einem  Dampfkessel  direkt  in  die  Flüssigkeit 
geleitet  wird  und  sich  dann  in  dieser  theil« 
wieise  verdichtet  (sie  also  verdünnt) ,  oder 
durch  ein  in  der  Flüssigkeit  liegendes 
Schlangenrohr  strömt;  findet  in  der  Technik 
ausgedehnte  Anwendung. 

Dampfkntsehe,  Lokomobile  zur  Beförde- 
rung von  Personen. 

Dampflampen,  Vorricfartnngen ,  in  denen 
der  Dampf  flüchtiger  Oele  (Terpentinöl  mit 
Spiritus,  Theeröle,  Benzin)  zu  Belenchtungs- 
zwecken  verbrannt  wird.  Der  Dampf  wird 
durch  die  Wärme  der  Flamme  ans  dem 
flüssigen  Leuchtmaterial  erzeugt. 

Dampftaiasehlne ,  jede  Vorrichtung,  in 
welcher  Dampf  als  bewegende  Kraft  wirkt. 
Bei  der  KolhendampfmMc}dne  tritt  der  Dampf 
aus  dem  Dampfkessel  in  einen  hohlen  Gylin- 
der,  in  welchem  sich  ein  luftdicht  schliessen- 
der  Kolben  auf  und  ab  bewegt.  Bei  derffocA- 
druckmaschine  tritt  Dampf  von  hoher  Span- 
nung abwechselnd  auf  die  eine  und  die 
andere  Seite  des  Kolbens,  bewegt  ihn  jedes- 
mal bis  ans  Ende  des  Cylinders  und  ent- 
weicht. Die  Expansionsmaschine  sperrt 
den  Dampf  ab,  nachdem  der  Kolben  einen. 

30 


4G6 


DampfmCBser  —  Dampfschiff. 


Theil  seines  Weges  Tollendet  hat,  die^ 
blosse  Expansion  des  Dampfes  treibt  dann 
den  Kolben  mit  abnehmendem  Druck  bis 
ans  £nde  des  Gylinders.  Die  meisten 
stehenden  D.n  sind  Hochdrackmaschinen 
mit  Expansion.  Die  bew^:ende  Kraft  wird 
durch  den  Uebersehnss  des  Dampfdrucks 
über  den  Druck  der  Atmosph&re  bestimmt. 
Die  D.  mit  Kondensation  ist  Yorsugsweise 
Niederdrockmaschine  nnd  wird  bes.  als 
Schiffsmaschine  benutst.  Hier  wird  der 
DamiMf  abwechselnd  auf  einer  Seite  des 
Kolbens  durch  Einspiitsung  von  kaltem 
Wasser  verdichtet,  es  entsteht  ein  loftrer- 
donnter  Raum  und  der  auf  die  andere  Seite 
des  Kolbens  in  den  Ojlinder  eintretende 
Dampf  Ton  gewöhnlicher  Spannung  treibt 
den  Kolben  nieder.  Die  Wirkung  bestimmt 
sich  durch  den  Unterschied  des  Volumens, 
welches  der  Dampf  im  Yerh&ltniss  zur 
Klussigkeit  einninmit.  Bei  der  woolfschen 
D.  tritt  der  Dampf  in  einen  kleinen  Gjlinder, 
dann,  um  sich  zu  expandiren,  in  einen 
grossen,  welcher  mit  Kondensation  ver- 
bunden ist.  Man  unterscheidet:  $teh«nde 
D.  mit  vertikalem,  liegende  mit  horizontalem 
und  oMcillirende  mit  um  eine  horizontale 
Axe  schwingendem  Ojlinder.  Die  hin-  und 
hergehende  Bewegung  des  Kolbens  mit  der 
Kolbenstange  genügt  entweder  zur  Ver- 
richtung der  Arbeit  oder  wird  durch  Zwisohen- 
masohinen  in  eine  rotirende  verwandelt. 
Hierbei  unterscheidet  man  D.  mit  und  ohne 
Balaneier.  Der  wattsche  Balancier  ist  ein 
doppelarmiger  Ssbel,  auf  dessen  einen 
Endpunkt  die  Kolbenstange  vermittelst  des 
Parallelogramms  wirkt,  wahrend  der  andere 
Endpunkt  durch  Kurbelstange  und  Krumm-' 
zapfen  die  Welle  des  Schwungrades  in 
Rotation  versetzt.  Letzteres  bedingt  durch 
seine  lebendige  Kraft  (Trägheit)  den  gleich- 
massigen  Gang  der  Maschine.  Der  Balancier 
findet  bes.  bei  Kondensationsmaschinen  An- 
wendung, bei  den  übrigen  (direkt  wirkende 
D.)  wird  durch  Pleuelstange  und  Kurbel 
die  Bewegung  der  Kolbenstange  auf  die 
Schwungradwelle  übertragen.  Bei  einigen 
neueren  D.n  fehlt  der  Kolben  und  der 
Dampf  wirkt  z.  B.  auf  die  Schaufeln  eines 
in  einem  Gehäuse  befindlichen  Rades  (roti- 
rende D.),  dadurch  direkt  eine  rotirende 
Bewegung  hervorbringend.  Der  Nutzeffekt 
der  D.  lässt  sich  durch  Rechnung  und 
Beobachtung  (mit  Indikator  am  Gylinder, 
mit  Dynamometer  an  der  Schwungradwelle) 
bestimmen,  der  theoretisch  abgelötete  Nutz- 
effekt wird  in  der  Praxis  nie  auch  nur  an- 
nähernd erreicht.  Die  Leistungen  der  D. 
werden  nach  altem  Herkommen  noch  heute 
in  Pferdekräften  angegeben.  —  Die  ersten 
Anlange  der  D.  reichen  bis  ins  Altertbum 
(s.  AedipÜe).  Salemon  de  Gans  (1615)  und 
im  Anschluss  an  ihn  der  Marquis  von  Wor- 
coster  wussten  Wasser  durch  Hülfe  des 
Feuers  zu  heben.  Papin  beschrieb  1690  die 
durch  Dampf  bewirkte  Bewegung  eines 
Kolbens  in  einem  Gylinder,  Savery  baute 
dann  1696  die  erste  praktisch  verwendbare 
D.,  Newcomen  und  Cfowley  verbesserten  sie 
und  Watt  brachte  sie  bereits  zu  hoher  Voll- 


endung, er  trennte  den  Kondensator  vom 
Kolben  (1769),  baute  1774  die  doppelt- 
wirkende D.,  bei  welcher  der  Dampf  ab- 
wechselnd auf  beide  Seiten  des  Kolbens 
tritt,  erfand  das  Parallelogramm  (1784),  den 
Gentrifngalregulator  zur  Srzielung  gleicli- 
mässiger  Arbeit  der  Maschine  nnd  die  Ex- 
pansionsmaschine. Vgl.  BmtmaHn,  ,Die  D.*, 
1858;  Sehmidi,  ,Theorie  der  D.,  Fortschritte 
in  der  Konstruktion  der  D.*,  1854—64;  die 
Handbücher  von  JZüAImann,  Weubaeh,  SehoU. 

Dampfineuery  s.  Manometer. 

Dampf^flMg,  Vorrichtung  zur  Bestellung 
des  Ackers  mit  Hülfe  der  Dampfkraft ,  zu- 
erst eine  Lokomobile,  welche  den  Pflug 
hinter  sich  her  über  den  Acker  zog,  jetzt 
am  Rande  des  Ackers  still  stehend  u.  den 
Pflug  oder  Kultivator  an  einem  Drahtseil 
über  den  Acker  ziehend,  wobei  sich  das 
Drahtseil  entweder  um  einen  der  Lokomo- 
bile gegenüberstehenden  Anker  oder  um 
eine  zweite  Lokomobile  windet.  Die  besten 
Systeme  sind  die  von  Fowler  und  Howard« 
Der  D.,  in  England  erf^den,  bewährt  sich 
überall,  wo  durch  Tielkultur  (12—14")  an- 
gemessene Erträge  zu  erzielen  sind. 

DarapflMkiffy  Schiff,  welches  durch  die 
Kraft  einer  auf  demselben  befindlichen 
Dampfmaschine  bewegt  wird.  Als  Treib- 
apparat dienen  beim  jECatidamp/er  zwei  durch 
eine  gemeinsame  Axe  verbundene,  an  beiden 
Seiten  des  Schiflh  liegende  Schaufelräder; 
bei  dem  in  sehr  vielen  Beziehungen  voll- 
kommeneren Sekraübendampfer  eine  (oder 
zwei)  zwischen  Schiff  und  Steuer  stets  ganz 
unter  Wasser  Hegende  Schraube,  welche 
bei  ihrer  Rotation  sich  ins  Wasser  gleich- 
sam wie  in  eine  Schraubenmutter  zu  bohren 
sucht  und  dadurch  das  Schiff  in  Bewegung 
setzt;  beim  Turbinen-  oder  Reaktionspro- 
peller mündet  an  Jeder  Seite  des  Schiffs 
ein  knieformig  gebogenes  Rohr ,  durch 
welches  das  von  einer  Gentrilügalpumpe 
eingesaugte  Wasser  wieder  ausströmt. 
Stehen  die  Rohrmündungen  nach  hinten,* 
so  wird  das  Schiff  vorwärts  getrieben  nnd 
umgekehrt.  '  Das  erste  D.  baute  Fulton  1807 
auf  dem  Hudson,  1838  führ  das  erste  über 
den  atlant.  Ocean,  1837  baute  Smith  das 
erste  Schraubenschiff  (in  Oesterreich  gilt 
Ressel  als  Erfinder),  1852  Seydell  den  Reak- 
tionsdampfer. Das  grösste  D.  ist  der  Great 
Eastem  (680'  1.,  22,500  Tonnen),  die  schnell- 
sten Fahrten  machten  die  Gunard- Dampfer 
gl  Tage  8  St.  von  England  nach  Amerika), 
ie  Zahl  der  D.e  beträgt  9000,  davon  Eng- 
land über  8600,  die  vereinigten  Staaten 
gegen  8800,  Frankreich  gegen  700,  Deutsch- 
land gegen  800.  • 

Die  Dampftek\ff/ahrt  hat  sich  im  letzten 
Jahrzehnt  namentlich  auf  dem  atlanL  Ocean 
in  grossartiger  Weise  entwickelt.  Es  be- 
stehen gegenwärtig  nicht  nur  aahlr.  Post- 
schiffverbindungen (in  regelmässigen  Fahr- 
ten, 2-,  4-  und  8mal  monatlich)  zwischen 
den  Hanpthäfen  Grossbritanniens  (Liverpool, 
Portsmonth,  Southampton,  Glasgow  etc.), 
Deutschlands  (Bremen  u.  Hamburg),  Frank- 
reiolis  (Havre,  Nantes,  Bordeaux,  Marseille), 
Belgiens  (Antwerpen)  etc.  einerseits  and  den 


Dampfwagen, —  Daniel. 


467 


j^jossoii  SeeplätBon  Nordamerikas  (Quebec, 
Portland,  Boaton,  Newyork,  Baltimore, 
Neworleana),  Westiudlen  (St.  Thomas, 
Portorico,  Blartlnique),  Gentralamerika  (Co- 
lon: Panamabalin)  und  Brasilien  (Park, 
Pernambuoo,  Bahia,  Rio,  MouteTldeo)  an- 
<lerer8elt8,  sondern  es  s^hen  monatl.  auch 
engl.  Dampfer  um  das  Kap  Hom  an  der 
Westküste  Südamerikas  hinauf  bis  Panama, 
wo  amerikan.  Schiffe  die  Verbindung  nord- 
wärts fortsetzen  bis  S.  Francisco  und  der 
Yanoonverinsel.  Ebenso  findet  regelmässige 
Barapfsrhifi&hrt  Statt  nach  den  Inseln  und 
Hafenplätzen  WestaArikas,  nach  der  Kap- 
stadt, nach  Mauritius  und  Ostindien  etc. ; 
seit  1866  und  1867  sind  (yon  England  und 
Frankreich  aus)  sogar  regelmässige  Post- 
flchifffahrten  um  die  Erde  eingerichtet,  die 
<mit  Benutzung  des  Ueberlandwegs)  über 
Suez  und  Point  de  Galle  (Ceylon)  entweder 
nach  Melbourne,  Sldney  und  Keuseeland  und 
von  hier  nach  Panama,  oder  yon  Point  de 
Oalle  über  Hongkong  und  Schanghai  nach 
Jokohama  (Japan)  führen,  yon  wo  amerikan. 
Dampfer  über  S.  Francisco  nach  Panama 
befördern.  [Lokomobile. 

DampfirageA)  s.  y.  a.  Lokomotive  oder 
Dampier  (spr.  Dämpier),  William,  engl. 
Seefahrer,  geb.  1652  zu  East-Coker  (Somer- 
set), entdeckte  auf  einer  Reise  nach 
Neuholland  (1699-1701)  den  Archipel  von 
Nenbritanuien,  die  nach  ihm  benannte  Dam- 
pierUratte  (zwischen  Neubritannien  u.  Neu- 
guinea), die  l>ampierin$eln  (an  derNordost- 
eeite  yon  Neuguinea)  und  zahlreiche  andere 
Inseln.  Wiederholte  Reisen  1704  u.  1708—11 ; 
Todesjahr  unbekannt.  Sehr.  ,New  yoyage 
round  the  world'  (1697--1707,  8  Bde.). 

Dan  (a.  G.),  Stadt  an  der  uördl.  Grenze 
Palästinas,  stets  ein  Sitz  des  Götzendienstes. 
Dan,  Sohn  des  Erzyaters  Jakob  yon  Bllha, 
der  Hagd  Raheis,  Urahn  des  jüd.  8tamine$ 
Dan,  der  sein  Gebiet  zwischen  dem  Mittel- 
tneer,  Benjamin,  Juda,  Ephraim  und  Simeon 
angewiesen  erhielt;  wird  nach  dem  Exil 
nicht  mehr  erwähnt. 

Dana  (spr.  Dana),  Siehard  Htnrp,  amerik. 
Dichter,  geb.  1787  zu  Cambridge,  ursprüngl. 
Advokat,  lebte  zuletzt  zu  (äpe  Ann  bei 
Boston.  Ausgez.  in  Naturgemälden,  bes.  in 
Darstellung  der  Phänomene  des  Oceana.  Am 
l>e9ten:  ,The  buccaneer*,  wildphantast.  Ro- 
manze, und  ,Tom  Thomton*,  Novelle. 
Davae,  s.  JPer$eus, 

DaBikll,  Volk  auf  der  abessin.  Küste, 
von  der  Halbinsel  Buri  bis  zum  Golf  von 
Tadschnrra;  mehrere  Stämme,  fanat.  Mo- 
hammedaner. Ihre  Sprache  nennen  sie  Afer. 
Danaag,  Sohn  des  Belui  und  der  An- 
tirrhoS,  Zwillingsbruder  des  Aegyptus,  floh 
vor  diesem  und  ward  König  InArgos.  Als 
des  Aegyptus  50  Söhne  seine  Töchter  (die 
Danatden)  zur  Ehe  verlangten,  sagte  er  zu, 
überredete  aber  die  Töchter  zu  Ermordung 
Ihrer  Verlobten  in  der  Brautnaoht.  Zur 
Strafe  mussteu  sie  in  der  Unterwelt  Wasser 
in  ein  durchlöchertes  Fass  schöpfen;  daher 
J>aiuMenarbeii ,  mühsame,  aber  erfolglose 
Arbeit  Donath',  s.  v.  a.  Argiver,  auch  s.  v.  a. 
Oriechen  überhaupt.   DcMaÜrgfchenk,  zwei- 


deutiges Geschenk,  mit  Beziehung  auf  das 
hölzerne  Pferd,  das  die  Griechen  bei  ihrem 
scheinbaren  Abzug  youTroJa  zurückgelassen 
und  mittelst  dessen  sie  dann  Troja  eroberten. 

Daadin  (spr.  Dangdäug),  Titelrolle  eines 
Lustspiels  von  Molidre,  ein  reicher  Bauer, 
der  eine  Adelige  heiratbet  und  sich  da- 
durch endlose  Plagen  zuzieht.  Sein  Aus- 
ruf: ,Ta  l'as  voulu,  George D.I*  Sprichwort 
für  selltst verschuldete  Widerwärtigkeiten. 

DandolOy  ber.  venet.  Familie.  Am  bedeu- 
tendsten :  Enrico  D.,  geb.  um  1110,  seit  1193 
Doge,  eroberte  17.  Juli  1803  Konstantinopel, 
errichtete  das.  nach  Ermordung  dea  Kaisers 
Alexius  das  lat.  Kaiserthum  mit  dem  Grafen. 
Balduin  von  Flandern  als  Kaiser;  f  1.  Juni 
1205  zu  Konstantinopel. 

Dandy  (engl.,  spr.  Dändi),  Stutzer,  liebt 
das  Aunallende  in  Kleidung  und  Betragen. 

Danebrog-Orden,  zweiter  dän.  Orden,  soll 
1819  von  König  Waldemar  gestiftet  worden 
sein,  12.  Okt.  1671  erneuert,  1808  umgestal- 
tet, besteht  aus  Grosskommandeuren,  Groaa- 
kreuzen,  Kommandeuren,  Rittern  und  Dane- 
brogsmänneru.  Dan^rog,  a,  y.  a.  Panier 
der  Dänen. 

Danemoray  Dorf  in  Schweden,  nördl.  von 
Upsala;  ber.  Sisenbergwerk  (79  Schachte  bis 
zu  98  Lachter  Tiefe,  davon  22  bearbeitet; 
jährl.  Brzausbeute  120,000  Schiffspfd.;  40— 
750/0  Eisen,  das  beste  Schwedens):  1532 
von  deutschen  Bergleuten  angelegt ,  Eigen- 
thum  einer  Gewerkschaft.  Dicht  dabei  das 
Eisenwerk  Osterby,  am  JDanemorasee ,  mit 
grossen  Schmelzöfen  und  Hammerwerken. 

Danewerk  (Danavirke),  alter  Grenzwall 
in  Schleswig ,  von  der  Schlei  nach  der 
Eider  hin,  808  und  1163  von  den  Dänen 
zur  Abwehr  der  Deutschen,  24—40'  hoch, 
errichtet,  spielte  im  dän.  Krieg  von  1848 
eine  Rolle  (23.  April  Sieg  Wrangeis),  ward 
1850  restaurirt  und  bedeutend  verstärkt, 
aber  im  Kriege  von  1864  von  den  Dänen 
nach  dem  Uebergang  der  Preussen  über 
die  Schlei  ohne  Schwertstrelch  geräumt; 
Jetzt  abgetragen.  [busen. 

Dangast.  Seebad  in  Oldenburg,  am  Jahde- 

Danfel,  nebr.  Prophet,  ward,  als  Jüngling 
nach  Chaldäa  exilirt,  hier  für  den  Dienst  des 
Königs.  Nebnkadnezar  erzogen,  nahm  den 
Namen  Beltsazar  an,  erwarb  sich  als  ge- 
schickter Traumdeuter  dessen  Gunst  und 
bekleidete  hohe  Staatsämter.  Das  Buch  D.' 
im  alttestamentl.  Kanon  ist  theils  histori- 
schen, theils  prophetischen  Inhalts  u.  theils 
hebräisch,  theils  chaldälsoh  geschrieben; 
stammt  nach  Sprache  und  Vorstellungskreis 
(Engellehre)  aus  der  Zeit  des  Antiochus  Epi- 
phanes.  Seine  Unächttielt  gilt  der  unbefan- 
genen blbl.  Kritik  der  Qegea  yraxi  als  erwiesen. 

Daniel)  Herrn.  Adalbert,  Hymnolog  und 
geogr.  Schriftsteller,  geb.  18.  Nov.  1812  in 
Köthen ,  bis  1870  Prof.  am  Pädagogium  zu 
Halle,  privatisirt  jetzt  in  Dresden.  Theol. 
Werke:  ,Thesaurus  hymnologicus*  (1841—56, 
5  Bde.)  und  ,Oodez  liturgicus'  (1847  —  53, 
3  Bde.);  geographische:  das  treffl.  |Hand- 
buch  der  Geographie*  (3.  Aufl.  1870  f.); 
,Lehrbnch<  (20.  Aufl.  1868)  und  .Leitfaden* 
(42.  Aufl.  1868). 

80* 


468 


Daniels  —  Danzig. 


Daniel!  9  Alexander  Joseph  Aloys  Rein- 
hardt von,  Rechtsgelehrter,  geb.  9.  Okt. 
1900  ZQ  Düsseldorf,  ward  1843  Rath  am 
rhein.  Revision s-  and  Kassationshofe,  1Ö52 
am  Obertribnnal  sn  Berlin,  anch  Prof.  an 
der  Universität,  1848  konservatives  Mitglied 
der  prenss.  National  versa  mmlnng,  1849  der 
ersten  Kammer,  1854  lebenslangl.  Mitglied 
des  Herrenhanses,  Vertreter  des  «chrlstl. 
Staats*  nnd  Gegner  des  modernen  Liberalis- 
mus; t  ^'  Marx  1868.  Schrieb  eine  Reibe 
werthvoller  Juristischer  Handbucher  nnd 
gab  heraus  ,Deut8che  Rechtsdenkmäler  des 
Mittelalters'  (mit  Gruben  nnd  Kühne,  Abth. 
1—7,  1857-62). 

DannOy  F&rsi  von  Montenegro,  s.  Njegoeeh. 

Danjoutin  (spr.Danschutäng),  franz.  Dorf, 
aüdl.  von  Beifort,  wichtige  Position  in  der 
Gemimngslinle  von  Beifort,  7.  Jan.  1871 
von  den  Deutschen  gestürmt. 

Danneeker^  Joh.  Heinr.  pon,  ber.  Bild- 
hauer, geb.  15.  Okt.  1758  zu  Wal  den  buch 
bei  Stuttgart,  Zögling  der  Karlsschule 
(Freund  Schillers),  ward  1780  Hofbildhauer 
in  Stuttgart,  ging  zu  weiterer  Ausbildung 
nach  Paris  und  Rom,  ward,  1790  nach 
Stuttgart  zurückgekehrt,  Prof.  der  bilden- 
den Künste  an  der  Karlsakademie;  f  8. 
Dec.  1841.  Hauptwerke:  die  Koloasalbüste 
Schillers  (1793  modellirt,  Jetzt  im  Museum 
zu  Stuttgart),  Ariadne  (18(S,  in  Bethnianns 
Museum  zu  Frankfurt  a/M.),  Psyche  (1814), 
ChristuBstatue  (1824,  Petersburg),  Evange- 
listjohannes (1826,  in  der  Gruftkapelle  der 
Königin  Katharina  von  Würtemberg),  die 
tragische  Muse,  der  Todesengel  u.  a.  Vgl. 
Örüneieen  und  Wagner,  ,D.s  Werke  in  einer 
Auswahl*,  1841. 

DannenberiTy  Stadt  im  preuss.  Regbz. 
Lüneburg,  an  der  Jeetze,  2026  Ew.,  Haupt- 
ort der  Orafteh.  D. 

DaBBer.  LuUe  ChrUHne,  Gr'dfin  von,  Ge- 
mahlin König  Friedrichs  VU.  von  Däne- 
mark, geb.  21.  April  1814  zu  Kopenhagen 
aus  einer  bfirgerf.  Familie  Namens  Ras- 
mussen,  Ballettänzerin  am  Theater  zu 
Kopenhagen,  eröffnete  einen  Putzladen, 
Geliebte  des  Kronprinzen  Friedrich,  nach 
dessen  Thronbesteigung  7.  Aug.  1850  mor- 
ganatisch mit  ihm  vermählt,  1855  zur  dän. 
Lehn Bgräfin  erhoben ,  zog  sich  1863  nach 
Friedrichs  VU.  Tode  nach  Cannes  zurück: 
t  1867. 

DaBtaB  (spr.  Dangtang),  Jean  Pierre, 
franz.  Bildhauer,  geb.  26.  Dec.  1800  zu 
Paris,  Schüler  Bosios,  bes.  bekannt  durch 
sogen.  Chargen ,  d.  h.  geistvoll  karikirte 
Porträtstatuetten,  z.  B.  von  Wellington, 
Victor  Hugo,  Talleyrand,  Liszt,  O'Connel; 
t  6.  Sept.  1869  zu  Baden-Baden. 

Daste  Alighieri y  ber.  ital.  Dichter,  geb. 
27.  Mai  1265  zu  Florenz,  studirte  zu  Bologna 
und  Padua  Philosophie  und  Theologie,  be- 
schäftigte sieh  firühzeitlg  mit  der  Dicht- 
kjonst,  diente  seiner  Vaterstadt  mehrfach 
als  Krieger  nnd  Geschäftsträger,  ward  in- 
folge der  Parteiwirren  der  ,SäiWflrzen*  und 
, Weissen*  1302  aus  Florenz  verbannt,  lebte 
seitdem  an  verschiedenen  Orten,  seit  1820 
zu  Ravenna;  f  das.  -li.  Sept.  1321.    Der 


Vater   der   ital.   Poesie   und   Schöpfer   der 
poet.  Sprache  der  Italiener.    Sein   Haupt- 
werk :  die  tiefsinnige  ,Divina  commedia*,  in 
Terzerimen  g^sehrieben,  100  Gesäugte  ent- 
haltend in  8  Abtheilungen,  eine  groseartige- 
Vlslon,  in  welcher  der  Dichter  durch  Hölle 
und  Fegfeuer,  dann  durch  die  verschiedenen 
Himmel   zur  Anschauung  der  göttl.  Drei- 
einigkeit geleitet  ^ird;  vielfach  aufgelejct- 
(zuerst  1472,  am  besten  von  Biawiki,  5.  Aufl. 
1857,  u.  von  WitU  1862),  interpretirt  (neuere 
Interpreten :  die  Italiener  Lombardi  u.  Bogetti^ 
die  Deutschen   Schloeeer,   Fküalethee,    d.   i. 
König  Johann  von  Sachsen,   Wegele,  JBIo»«,. 
Witte  etc.)  und  in  alle  europ.  Sprachen  über- 
setzt (deutsch  von  Btreekfusa,  4.  Aufl.  1856, 
Kopiseh  1842,  Phikdethee,  neue  Ausg.  1868,. 
Witte  1865,  ii:tlnerl865,  J.  von  Hofßuger  1865,. 
Krigar,  1870  U.A.).   ,Vocabolario  Dantesco*^ 
von  Blane  (1852).    Uebrige  Schriften:    ,Vita 
nuova'  (um  ISOO;  deutsch  von  F6r«<er  1841)» 
eine   Sammlung   von  Gedichten,    die    sieh 
auf  des  Dichters  Jugendliebe  zu  Beatric» 
Portinari  (f  1290)  beziehen;   ,Convlto%  eine 
Art  Kommentar  zu  D.s  Leben  und  Werken^ 
wichtig    als    erstes   Muster    Wissenschaft!.. 
Prosa  im  Italienischen;  endlich  die  latein 
Abhandlungen  ,Tractus  de  monarchia*,  seino- 
politischen  Ansichten  darlegend,   und  ,De 
vnigari  eloquio*,  worin  D.  als  Gesetzgeber 
der    ital.   Sprache  auftritt.      Seine  ,Sime*,. 
eine    Sammlung   von   Gedichten,    SoneCteu 
und  Kanzonen,  deutsch  von  Witte  und  Kanne- 
gieeser  1842,  von  Krafft  1859.    Beste  Ausgabe 
der  ,Opere  minori*  von  FratieeUi  (1856).  — 
Mai  1865  in  Italien  grossartige  Feier  seine» 
600jähr.    Geburtstags    (Buthttllung    seiner 
Statue   in  Florenz),  in  Deutschland  Grün- 
dung der  Dantegeseüeehaft  (,Jahrbuch*  der- 
selben, Bd.  1—3,  1867-71). 

DaBtoB  (spr.  Dang^ong),  Oeorgee,  firaaz. 
Revolutionär,  geb.  28.  Okt.  1759  zu  Ärcis 
snr  Anbe,  Advokat  zu  Paris,  gründete  mit 
Desmoulins  und  Marat  den  Klub  der  Cor- 
deliers,  rief  17.  Juli  1791  das  Volk  auf  das 
Marsfeld  zu  Unterzeichnung  einer  Petition 
um  Absetzung  des  Königs,  führte  10.  Aug. 
1792  die  Massen  gegen  die  Tuilerien,  ward 
Justizminister,  eröffbete  das  Schreckens- 
system, veranlasste  die  Septembermorde» 
errichtete  10.  März  1793  das  Revolutions- 
tribunal, half  mit  zum  Sturz  der  Giron- 
disten, ward  auf  Robespierres  Befehl  3.  April 
1794  vor  das  Revolutionstribunal  gestellt, 
hier  royalist.  Tendenzen  beschuldigt  und 
5.  April  guillotinirt. 

Danzig,  Regbz.  in  Westpreumen,  149,5 
QM.  und  515,222  Ew.  ~  Die  AswpM.  D. 
(lat.  Gedanum),  an  der  schiffb.  Motlau,  von 
mittelalterlicher  origineller  Physiognomie, 
89,311  Ew.;  Festung  ersten  Ranges,  einst 
mächtige  Hansestadt  und  noch  Jetzt  wich- 
tiger Handelsplatz  (bes.  für  Getreide, 
Spiritus,  Bauholz);  Rath  haus  (14.  Jahrb.), 
goth.  Artus-  oder  Jnnkerhof,  Marienkirche 
(1843—1503).  Admiralitätscollegium,  Schiff- 
fahrtsschule,  Handelsakademie;  Schiffs- 
werfte,  zahlr.  Fabriken.  Schon  im6.Jahrh. 
erwähnt,  995  Hauptstadt  von  Pomerellen;. 
kam  1310  an  den  deutschen  Orden;  1458— 


Banziger  Bucht  —  Darlehuskasseii. 


469 


1793  unter  poln. ,  1793—1807  unter  preuss. 
Herrschaft ;  24.  Mai  1807  von  den  Franzosen 
genommen,  durch  den  tJlsit^r  Frieden  zur 
:freien  Reichsstadt  erklärt,  aber  tou  den 
;Franzo8en(Geueral'Rapp)  als  Garnison-  und 
Waffenplatz  benutzt,  bis  sie  nach  langer 
Belagerung  17..Nov.  1813  zur  Uebergabe  ge- 
rzwungeu  wurden:  seitdem  wieder  preuss. 

Danzigrer  Bucht,  6  M.  tiefe,   11  M.  br. 

Bucht    der    Ostsee    an    der   Küste    West- 

preussens;  am  Westeude  ders.  das  putziger 

Witck,  durch  die  Landzunge  Heia  gebildet. 

Danziger  Nehrung ,  schmaler  niedriger 
Landstrich  zwischen  den  beiden  Weichsel- 
armen  und  der  Ostsee,  östl.  in  die  frische 
Nehrung  auslaufend;  gut  angebaut. 

Dansiger  Werder,  fruchtbare  Marsch- 
Gegend  südl.  Ton  Daneig,  zwischen  der 
Weichsel,  Motlan  und  Radaune. 

Daphne,  Tochter  des  Flussgottes  Peneus, 
-wurde  von  Apollo  geliebt  und  vor  seiner 
Verfolgung  durch  Verwandlung  in  einen 
Lorbeerbaum  gerettet. 

Daphne  (a.  &.),  Vorstadt  von  Antiochia 
in  Syrien;  Lieblingsaufenthalt  der  Seleu- 
•ciden,  des  Pompejus  u.  A. ;  sprichwörtlich 
vtregen  seiner  leichten  Sitten. 

Daphne  L.  (Kellerluüs,  Seidelbast)^  Pflan- 
2engattuug  der  Thymeleen.  D.  Mezereum 
X.,  in  Euroj^a  und  Nordasien,  liefert  die 
ätzende ,  blasenziehende ,  scharf  reizend 
'wirkende  Cortex  Mezerei  und  die  früher 
•officinellen,  gleichfalls  sehr  scharfen  Dam er- 
samen.  Stech-  oder  Bachbeeren ;  D.  Guidium 
L.,  in  Südeuropa  gleich  scharfe  RiUde  und 
3eeren  (Purgirköruer ,  Keller-  oder  Brenn- 
■wurzbeeren).    Ziersti*äiicher. 

Bapfanis ,  Sohn  des  Merkur '  und  einer 
Nymphe,  Ei'flnder  der  bukolischen  Poesie, 
Schüler  des  Pan  in  der  Musik,  w^en  seiner 
Untreue  gegen  eiue  Nymphe  von  dieser  in 
•einen  Stein  verwandelt. 

Dapifer  (tat.),  Truchsess. 

Dappenthal,  Thal  im  Kanton  Waadt,  an 
der  westl.  Abdachung  des  Jura,  unmittel- 
Imr  an  der  franz.  Grenze,  IVs  St.  1.,  als 
strategischer  Schlüssel  zur  Südwest!.  Seh  weis 
wichtig;  kam  1802  an  Frankreich,  1814  zu- 
rück an  Waadt;  ward  von  jenem  seitdem 
wiederholt  beansprucht. 

Bapsang,  höchster  Gipfel  desKarakomm- 
frebirgs  im  nord westl.  Tübet,  26,516'  h., 
der  zweithöchste  Berg  der  Erde. 

Dar,  in  der  Nubasprache  s.  y.  a.  Land, 
«iaher  häufig  in  Namen  von  Landschaften 
in  Nubien  und  dem  östl.  Sudan. 

D'Arcets  Metall  (J^^ewt<m8che$  MetaU), 
Legimng  aus  3  Zinn,  5  Blei  und  8  Wismuth, 
schmilzt  bei  05o  C,  dient  zu  Metallbädern, 
«,1s  Wärmeanzeiger  etc. 

Dardanariat  (von  Dardanarins,  einem 
rom.  Kornwucherer) ,  die  künstlich  herbei- 
SCeführte  Vertheuerung  der  Lebensmittel  und 
sonstiger  Gegenstände  des  gewöhnlichen 
Handelsverkehrs  durch  Vorkauf,  Aufspei- 
cherung eigener  Erzeugnisse  etc. 

Dardanellen,  4  feste  Schlösser  zn  beiden 
Seiten  des  Hell espont,  in  strategischer  Hin- 
sicht die  Schlüssel  von  Konstantiuopel.  Am 
ersten  Eingang  aus   dem   ägäischeu  Meere 


die  neuen  Schlösser:  Sedil-Bahr  auf  europ., 
und  Kum-Kaleh  auf  aslat.  Seite;  4  St.  nördl. 
die  alten  Schlösser:  Kilid  -  Bahr  in  Europa 
und  Sultani-Hissar  in  Asien  (von  Moham- 
med  I.  erbaut);  IVa  St.  weiter  nördl.  be- 
ginnt die  12  St.  lange  DardanelteTuiroMe 
(Hellespont),  die  in  das  Marmorameer  führt. 

Dardanla  (a.  G.),  Landsch.  in  Klelnasie^i, 
am  Hellespont,  mit  der  Stadt  Dardanum,  wo 
84  V.  Chr.  Sulla  und  Mithridates  Frieden 
schlössen. 

Dares,  aus  Pbrygien,  angebL  Verfiasser 
der  Sehr.  ,De  exeidio  Trojae'  (6.  oder 
7.  Jahrb.),  bildet  für  die  zahlr.  mittelalter- 
lichen Bearbeitungen  der  Trojasage  die 
Grundlage;  herausgeg.  von  DeAarieh  (183&). 

Darfur,  Sultanat  im  östl.  Sudan,  zwischen 
Kordofan  n.  Wadai,  5000  QM.  mit  5  (?)  Mill. 
Ew. ;  in  der  Mitte  von  wasserreichen  Bergen 
durchzogen,  aber  nur  im  S.  und  W.  frnät- 
bar.  Herrschende  Religion  der  Islam;  Regi- 
ment völlig  despotisch;  Karawanenverkehr 
bedeutend.  Residenz  des  Sultans:  Tindelly; 
Haupthandelsstadt  Kobbeh. 

Dariens  (gr.),  altpersische  Goldmünze,  r= 
31/3— 31/3  Thlr.,  bei  den  Juden Darlcon;  auch 
Sil  hermünze,  =  10  bis  15  Sgr. 

Darien  (ürabagolf),  Meerbusen  deskarai- 
bischen  Meers,  an  der  Nordküste  von  Co- 
lumbia ,  durch  die  Landenge  von'  Ik  oder 
P<xnama  vom  gegenüberliegenden  Meerbusen 
von  Panama  getrennt.  Die  Darchstechung 
der  Landenge,  zur  Herstellung  eines  Kanals 
nach  dem  Grossen  Ocean  lange  projektirt, 
wurde  Jan.  1870  vom  Kongress  der  Re- 
publik Columbia  genehmigt. 

Darios  (gr.,  Dareio»),  Name  von  3  alt- 
pers.  Königen  aus  der  Dynastie  der  Achä- 
meniden:  D,  /.,  Sohn  des  Hyttaapes,  Oross- 
neffe  dea  Cyrus,  musste  9  Gegenkönige 
bekämpfen,  unterwarf  das  aufständische  Ba- 
by lonien,  machte  513  mit  700,000  Mann  einen 
Zug  gegen  die  Scythen,  der  aber  missglüekte, 
dehnte  in  Asien  seine  Herrschaft  (510)  bts 
an  den  Indus  aus,  sandte  495  unter  Mardo- 
nius  und  490  unter  Datis  und  Artaphernes 
grosse,  durch  Flotten  unterstützte  H^ere 
gegen  Griechenland,  von  denen  ersteres 
schon  in  Thracien,  letzteres  aber  bei  Mara- 
thon von  den  Athenern  unter  Miltiades  ge- 
schlagen ward;  f  485,  verdient  um  die 
innere  Organisation  des  Reichs.  —  D.  //.  Ifö- 
thus,  vor  seiner  Thronbesteigung  Ochtu  ge- 
nannt, Bastard  (daher  der  Name)  des  Königs 
Artaxerxes  I.  Longlmanus,  regierte  seit  429, 
verlor  Aegypten,  übte  durch  Tissapherne», 
seinen  Satrapen  in  Vorderasien,  Einfluss  auf 
die  griech.  Angelegenheiten  aus ;  f  405.  — 
D.  IIL  CodomannuB,  reg.  seit  8S6  gerecht 
und  mild,  verlor  Alexander  d.  Gr.  gegen- 
über bei  Gaugamela  (431)  sein  Reich;  von 
Bessns  auf  der  Flucht  ermordet  (330). 

Darkehmen,  Kreisst.  im  preuss.  RegbK. 
Gumbinnen,  an  der  Angerapp,  3081  Ew. 

Darlehnsicassen,  Leihkassen,  aus  denen 
vornehmlieh  kleineren  Gewerbtreibenden 
Darlehne  gewährt  werden,  in  der  Regel 
ohne  Unterpfand  nur  gegen  Bürgen,  welche 
für  die  Rückzahlung  haften;  auch  s.  v.  a. 
Vorschuss-  und  Kreditvereine. 


470 


Barling  —  Darwin. 


Dmrliag  (XalewtUa),  bedeutendster  Neb«n- 
flogs  dei  Mumy  im  Innero  -von  Neueüd- 
walea  (Aiutralien),  entspr.  mit  seinen  Zn- 
fl&ssen  (CSondsmine,  Macqnerie,  Warrego  etc.) 
im  N.,  anf  der  Westseit«  derblanen  Berge; 
versiegt  seitweise;  an  250  M.  lang. 

DarUBgtOB  (DamUm,  spr.  -t^n),  Stadt  in 
der  engl.  Graftcfaaft  Dnrham,  am  Skem, 
UJSl  Ew.    Bonst  bed.  Leinwand&br. 

DarM  (Darwtkaual,  Nahrungakanal ,  In- 
testinum), Bur  AuAiahme  und  Verdauung  der 
Nahrungsmittel  bestimmter  Schlauch,  im 
weitesten  Sinne  vom  Mund  bis  zum  After, 
im  engeren  vom  Pförtnertheile  des  Magens 
bis  zum  After  reichend.  TheiU:  oberster 
direkter  Anschlnss  an  den  Magen:  Zw'Sif' 
ßngerdarm  (dnodennm),  mit  Einmündung  des 
Gallenganges  und  des  Pancreas ;  dann  Dünn- 
darm, dessen  oberster  Theil  Jejunum,  unterer 
bis  zur  bauhintehen  Klappe:  ileum,  mit  zahlr. 
Zotten  und  Drüsen;  Dickdarm,  ans  dem 
Blinddarm  (coecum)  mit  dem  Wurmfortsatz 
(processus  yermiformis),  dem  aufsteigenden 
(rechts),  quergerichteten  (Grimmdarm),  ab- 
steigenden u.  Mastdarm  (rectum)  bestehend. 

Darmentifindmig  (Enteritis),  betrifft  die 
Schleimhaut  des  Darms,  in  den  häufigsten 
Fällen  als  akuter  Darmkatarrh,  der  in 
Rötbung  (Blutreichthum),  Schwellung  und 
Termehrter  Sekretion  der  Schleimhaut  be- 
steht. Veranlasst  im  Zwölffingerdarm  Ver- 
schluss des  Gallengangs, Gallenstauung  u.  den 
sogen,  katarrhalischen  Icterus  (Gelbsucht), 
im  Dünndarm  u.  Dickdarm  Diarrhöe  (s.  d.), 
oft  unter  kolikartigen  Schmerzen  heftigste 
Form.  Vgl.  Suhr  und  TyphiU.  Chroniseke  D. 
entsteht  entweder  im  Anschlnss  an  nlclit  ge- 
heilte akute  D.,  oder  in  Folge  Ton  Blutstauun- 
gen (bei  Herz-  und  Lungenkrankheiten),  Ge- 
schwüren, Eingeweidewürmern,  anhaltenden 
Stuhlverstopfnngen.  Behandlung  erfordert 
Entleerung  noch  vorhandener  Kothmassen, 
dann  Schonung  des  Darms  durch  strenge 
Regelung  der  Diät,  schleimige  Getränke, 
Beruhigung  d erDarmbewegung  durch  Opium. 
Ausj^ang  entweder  in  Heilung  oder  bei  chron. 
Katarrhen  in  Entkräftung  (bes.  bei  Kindern), 
bisweilen  Tod  durch  Bauchfellentzündung 
infolge  von  Zerreissung  der  Darmwand 
durch  grosse  Geschwüre. 

DarmfSnle,  Darmentzündung,  bes.  des 
Bindviehes,  bald  mit  Verstopfung,  bald  mit 
Diarrhöe  in  Verbindung,  wobei  es  zur  Ent- 
leerung faulig  riechender  schleimiger  Massen 
kommt.  Die  Thiere  magern  ab.  Behandlung: 
schleimige  Mittel,  Opium,  warme  Bedeckung. 

Barmgicht  (Kothbrechen,  Miserire,  Ileus), 

Darmsaiten,  s.  Saiten.  [s.  Erbrechen. 

Darmstadt,  Haupt-  und  Residenzst.  des 
Grossherzogth.  Hessen,  am  Flüsschen  Darm 
und  am  Anfang  der  Bergstrasse,  86,106  Ew. ; 
Alt  -  und  (elegante)  Neustadt;  Luisenplatz 
(mltLudwigssäule);Schloss  (mit  werth  vollen 
Sammlungen),  kaUiol.  Kirche  (Rotunde  mit 
88  korinth.  Säulen),  Opernhaus;  Vorstadt 
Bessnngon.  Schon  im  5.  Jahrh.  erwähnt; 
seit  1380  SUdt  im  Besitz  der  Grafen  von 
Katzenellenbogen,  fiel  1479  an  Hessen ;  seit 
15G7  Residenz  der  Landgrafen. 

Darre^  Vorrichtung  zum   Trocknen   oder 


schwachen  Rösten  v^ietabil.  Stoffe  (Obst, 
Flachs,  Malz,  GetreMe).  In  der  Hütten- 
kunde Vorrichtung  zum  Ausschmelzen  de;» 
nach  dem  ersten  Schmelzprozess  in  der  Erz- 
masse noch  vorhandenen  Silbers  oder  Bleis. 

DarrOy  Nebenfluss  des  Xenil  in  Spanien, 
mündet  bei  Granada;  führt  Gold. 

Damnckty  Zustand,  bei  dem  der  Körper 
durch  allmähliges  Schwinden  aller  Theile 
im  höchsten  Grade  abmagert,  scheinbar 
vertrocknet,  wie  im  Greisenalter  (Marasmus 
senilis),  nach  Metall veigiftungen  (Berg- 
mannsdarre), bei  mangelhaft  ernährten  Kin- 
dern (Paedatrophia).    Vgl.  Atrophie, 

Dan  9  Halbinsel  an  der  Küste  Vorpom- 
merns, westl.  von  Rügen;  auf  dem  Vorge- 
birge Dareerort  Leucbtthnrm. 

Darty  Küstenfluss  in  der  engl.  Grafroh. 
Devon,  mündet  bei  DartmotUh  in  den  Kanal. 

Dartfbrd  (spr.  -ford),  aufblühende  Fabrik- 
stadt in  der  engl.  Grafsch.  Kent,  am  Darent, 
IOjOOO  Ew.    Ber.  Papier-  und  Eisenfabr. 

Dartmoor  (spr.  -muhr),  granitische  Er- 
hebung in  der  engl.  Grafsch.  Devon,  im 
NO.  von  Pljmouth,  5  M.  lang  und  br.,  bis 
1681'  h. ;  ehemals  bewaldet,  jetzt  Heideland. 

Dara  (spr.  -ruh),  1)  Pierre  AtUoine  Bruno, 
Graf,  franz.  Staatsmann,  geb.  12.  Jan.  1767 
zu  Montpellier,  ward  1800  Generalsekretär 
im  Kriegsmbiisterium ,  Napoleons  L  Be- 
vollmächtigter bei  den  Friedensschlüssen 
von  Pressburg ,  Tilsit  und  Wien ,  General- 
intendant in  Preussen  1806,  in  Oesterreich 
1809,  Mitglied  des  Staatsraths,  1818  zum  Pair 
ernannt,  seit  1828  Mitglied  der  Akademie 
der  Wissenschaften ;  f  5*  Sept.  1829.  Sehr. 
,Histoire  de  la  r6publique  de  Venise' 
(4.  Aufl.  1863,  9  Bde.;  deutsch  im  Auszug 
von  Bcltenthal  1825-27,  3  Bde.);  »Histoire 
de  la  Bretagne'  (1826 ,  3  Bde. ;  deutsch  von 
Schubert  1831,  2  Bde.) ;  das  Gedicht  ,Cl^o- 
p6die'  (1800).  —  2)  Napolion,  Sohn  des  Vor., 
geb.  1807,  nach  der  Februarrevolution  1848 
Mitglied  der  konstituireuden  und  dann  der 
legislativen  Nationalversammlung,  stimmte 
hier  mit  der  gemässigt  republikan.  Partei^ 
berief  3.  Dec.  1851  die  verfassnngstreuen 
Abgeordneten  auf  die  Mairie  des  10.  Arrou- 
dissements  zur  Protestation  gegen  den  Staats- 
streich, erlitt  infolge  davon  kurze  Haft  an 
Vinceunes  und  zog  sich  dann  ins  Privat- 
leben zurück.  April  1860  ward  er  Mitglied 
der  Akademie  der  moral.  und  polit.  Wissen- 
schaften, 1869  in  den  gesetzgebenden  Körper 
berufen,  Jan.  1870  Minister  des  Aeussem, 
trat  bald  ;sttrück,  eröfinete  Jan.  1871  die 
Opposition   gegeu   die  Diktatur  Gambettas. 

Damvar,  Flecken  in  Slavonien,  Kr.  Po- 
sega,  an  der  Toplicza,  6379  Ew.,  stark  be- 
suchte Schwefelbäder. 

Darwin,  Charlee  Robert,  engl.  Natur- 
forscher, geb.  12.  Febr.  1809  zu  Shrewsbury^ 
bereiste  1831  —  36  Südamerika  und  den. 
Grossen  Ocean  u.  lebt  seit  1842  auf  seinem 
Landsitz  Down  bei  Bromley  in  Kent.  Ver- 
öffentlichte das  Tagebuch  seiner  Reise 
(1839  und  1845,  deutsch  1854),  zoologisch  o 
(1840—45,  5  Tille.)  n.  geologische  Ergebnisse 
(1845—46)  derselben,  Untersuchungen  über 
die  Cirripedien   (1851  —  53,   2  Bde.),    über 


V 


Daschkow  —  Dauphin, 


471 


Befirnehtang  der  Orchideen  (1862,  deutsch 
1862)  und  andere  Arbeiten  als  Vorläufer 
des  exMchemachenden  Werkes:  ,Ueber  die 
Entstehung  der  Arten  durch  natürliche 
Zuchtwahl*  (1859;  5.  Aufl.  1870;  deutsch  4. 
Aufl.  1870).  Ihm  schliessen  sich  an:  ,Das 
Vaiiiren  der  Thiere  u.  Pflanzen  im  Zustande 
der  Domestikation*  (1867;  deutsch  1868); 
,Ueber  die  Abstammung  des  Menschen' (1871). 
Biogr.  von  Meyer  (1870).  Ueber  D.s  Lehre 
(Darwiniamut)  s.  TraiMmut<UiomJ,ehre, 

DMChkow.  Katharina  Romanovma,  Fürstin, 
geb.  Gräfin  woronzow,  geb.  28.  März  1743, 
vertraute  Freundin  der  Kaiserin  Katha- 
rina n.,  Haupttheilnehmerin  an  der  Ver- 
schwörung gegen  Peter  III.,  f&hrte  8.  Juli 
1762  einen  Theil  der  Truppen  der  Kaiserin 
entgegen,  trat  dann  mit  Voltaire  und  den 
franz.  Enoyklopädisten  in  Verbindung,  er- 
hielt 1782  die  Direktion  der  Akademie  der 
Wissenschaften ;  f  16.  Jan.  1800  zu  Moskau. 
Ihre  Memoiren  nach  dem  Original  von  ihrer 
Freundin,  Mrs.  Bradford,  engl.  (1840, 2  Bde. ; 
flranz.  von  Etsarts  1859,  4  Bde.)  herausgeg. 
Sehr,  auch  mehrere  Lustspiele  u.  A. 

Dasselfliege,  s.  £remsen. 

Dagymeter,  s.  Manometer, 

Data  (lat.,  Daten),  Angaben,  Thatsnchen. 

Dataria^  Abtheilung  der  röm.  Kurie,  in 
welcher  die  kirchlichen  Gnadensachen  expe- 
dirt  werden.  An  ihrer  Spitze  steht  ein  Kar- 
dinal, betitelt  FrodatariuB, 

Dativ,  s.  Casua, 

Dattelpalme,  s.  Phdnix, 

Dattel  pflaum  enbanm,  s.  Diospyroe. 

Datum  (lat.,  d.  h.  gegeben) ,  Angabe  der 
Zeit  der  Ausstellung  einer  Urkunde.  Da- 
tiren, Jahr  und  Tag  angeben. 

DatnraX.  (Stechapfel),  Pflanzengattung  der 
Solan een.  D.  Stramonium  L,,  Domapfel, 
Rauchapfel,  aus  Vorderasien,  in  Europa, 
Afrika  und  Amerika,  Samen  (Igelbeer*, 
Stachelmus-,  Fliegenkrautsamen,  Tollkömer) 
and  Blätter  ofQcinell  (Semen  et  Folia  Stra- 
monii),  enthalten  Atropin,  sehr  giftig.  D. 
Tatula  L.,  aus  Venezuela  oder  Mexiko,  wirkt 
noch  kräftiger.    Zierpflanzen. 

Datnrin,  s.  v.  a.  Atropin. 

Danbensee  (Dubenaee),  See  im  Kanton 
Wallis,  unter  der  Gemmi  (Daube),  67S9' 
üb.  M.,  Va  St.  lang;  nahebei  das  Bergwirths- 
lians  Schwarenbach  (Schauplatz  des  Trauer- 
spiels ,Der  24.  Februar*  von  Z.  Werner) 
und  das  Dauhenhorn,  8865'  h. 

DaMbigny  (spr.  Dobinji),  Franfois,  franz. 
Landschaftsmaler,  geb.  1817  in  Paris,  lebt 
das.  Wesentlich  Realist,  sucht  er  jeder 
liandschaft  die  ihr  innewohnende  Schön- 
heit abzulausehen  u.  ungeschminkt  wieder- 
zugeben.   Haiiptwerk:  der  Frühling  (1857). 

Dancns  L.  (Mohrrübe,  M9hre),  Pflanzen- 
gattüng  der  XJmbelliferen.  D.  carota  L., 
wild  in  ganz  Europa ,  Nordasien  und  I^ord- 
amerika,  mit  früher  ofllcinellem  Samen 
(Karotten-,  Vogelnestsamen),  kultivirt  in 
mehreren  Varietäten  mit  zarter  fleischiger 
Wurzel  (die  kurzen,  unten  abgestumpften 
heissen  Kai'otten,  die  feinsten  Altringham) 
als  Gemüsepflanze,  Viehftitter.  Sie  enthal- 
ten ca.  10  «/o  Zucker.    Der  eingekochte  Saft, 


ist  als  Succus  Dauci  officinell.  Gedörrt 
und  geröstet  Kaflfeesurrogat. 

Danlatabad  (Dowlutabad),  ostlnd.  Stadt  u. 
Felsenfestung,  im  nordwestl.  Gebiet  des 
Nizam,  unweit  Aurungabad. 

Danlts  (a.  G.),  Stadt  in  Phocis,  an  der 
böotischen  Grenze,  Schauplatz  der  Mythen 
von  Tereus,  Procne  und  Philomele  u.  a. ; 
von  Alexander  d.  Gr.  zerstört. 

Danmer,  Oeorg  Friedr.,  philos.  .Schrift- 
steller und  Dichter,  geb.  5'.  März  1800  in 
Nürnberg,  eine  Zeitlang  Prof.  am  Gym- 
nasium das.,  widmete  sich  dann  ausschliessl. 
der  literar.  Thätigkeit,  und  zwar  mit  auti- 
theolog.  Tendenzen,  in  , Philosophie,  Re- 
ligion und  Alterthum*  (1833),  ,Züge  zu  einer 
neuen  Philosophie  der  Religion  u.  Religions- 
geschichte*  (1835),  ,Snbbath,  Moloch  und 
Tabu*  (1839),  ,Der  Feuer-  und  Molochsdienst 
der  Hebräer'  (1842),  ,DIe  Geheimnisse  des 
Christi.  Alterthums*  (1847),  suchte  dann 
in  .Religion  des  neuen  Weltalters*  (1850, 
3  Bde.)  eine  neue  Religion  zu  konstruireu, 
trat  1859  zum  Katholiclsmus  über,  lebte 
seitdem  in  Frankfurt,  später  in  Würzburg; 
veröffentlichte  noch:  ,Meine  Konversion* 
(1859);  ,Aus  der  Mansarde'  (Streitschriften, 
Kritiken  etc.,  1860—61),  ,Das  Christenthum 
und  sein  Urheber*  (1864),  , Aphorismen  über 
Tod  und  Unsterblichkeit*  (1865),  ,Das  Geister- 
reich in  Glauben,  Vorstellung,  Sage  und 
Wirkung'  (1867)  u.  A.  Treffliche  Nachdich- 
tung des  Hafls  (1846-51,  2  Thle.). 

Dann,  Kreisort  im  preuss.  Regbz.  Trier, 
hoch  in  der  Elfel,  781  Ew.,  dabei  die  ehe- 
malige Seieheveste  D. 

Dann,  Leop,  Jos.  Maria,  Reichsgraf  von, 
österr.  Feldmarschall,  geb.  25.  Sept.  1705  zu 
Wien,  focht  im  Türkenkriege  unter  Prinz 
Eugen,  1734  als  Generalmajor  im  ital.  Feld- 
zuge, als  Feldmarschalllieutenant  in  den 
schles.  Kriegen,  als  Feldzeugmeister  1746—48 
in  den  Niederlanden  gegen  die  Franzosen. 
1754  zum  Feldmarschall  befördert,  befeli- 
ligte  er  1757  die  Armee  in  Mähren,  schlug 
Friedrich  II.  bei  Kollin  und  Hochkirch, 
nahm  Dresden  ein  und  zwang  den  preuss. 
General  Fink,  bei  Maxen  sich  mit  11,000 
Mann  zu  ergeben,  ward  bei  Torgau  ge- 
schlagen. Seit  1762  Präsident  des  Hof- 
krlegsraths,  machte  er  sich  um  Reorgani- 
sation des  österr.  Heerwesens  verdient;  f 
5.  Febr.  1766. 

Dauphin  (fr.,  lat.  Delphinus),  tcaher  Titel 
des  ältesten  Sohnes  der  Könige  von  Frank- 
reich, Ursprung!.  Herrschertitel  der  sou- 
veränen Herren  der  Dauphin^,  welche 
Humbert  H.  1349  an  Karl  von  Valois, 
Enkel  Philipps  VI.  von  Frankreich,  unter 
der  Bedingung  vermachte,  dass  der  jedes- 
malige franz.  Thronerbe  den  Titel  D.  von 
Vienuois  führen  und  die  Dauphin6  beherr- 
schen sollte.  Nach  Ludwig  XI.  war  D. 
bloss  Titel  des  präsumtiven  Thronfolgers 
aus  der  unmittelbaren  Desceudenz  des 
regierenden  Königs.  Seit  der  Julirevolution 
von  1830  ausser  Gebrauch.  Letzter  D.  war 
der  Herzog  von  AngonlSme,  ältester  Sohn 
Karls  X.  Ludwig  XIV.  liess  von  Bossuet 
und  Huet  für  den  Unterricht  des  D.s  eiuo 


4721 


Dauphine  —  Davoust. 


Ausgabe  der  griech.  und  röm.  Klassiker 
,iu  usum  Delphini'  besorgen  (Par.  1674— 
1730,  64  Bde.). 

DaiphiB^  (spr.  Dolifinih),  ehemal.  Prov. 
Frankreichs,  mächtig«  Gebirgslandschaft, 
die  Depart.  Isire,  Dr6me  und  Oberalpen  nm- 
fassend,  228  QM.;  kam  durch  Cäsar  unter 
röm.  Herrschaft,  bildete  nach  deren  Zerfall 
einen  Theil  des  burgund.  Reichs,  dann  mit 
diesem  des  fränkischen  und  fiel  1032  durch 
Vermächtniss  an  den  deutschen  Kaiser,  der 
die  Hoheitsrechte  bis  1849  ausübte,  wo 
Hnnibert  II.  das  Land  an  Karl  von  Yalois, 
nachmaligen  Karl  V.,  abtrat.  Zwai'  sollten 
ihm  seine  Integrität  und  Freiheiten  bleiben, 
doch  erfolgte  unter  Ludwig  XIV.  die  volle 
Einverleibung  in  Frankreich.    S.  Dauphin. 

Danrien  (spr.  Da-urien),  Alpenland  im 
südöstl.  Sibirien,  in  administr.  Hinsicht  die 
russ.  Prov.  Transbaikalien  (s.  d.)  umfassend, 
vom  dauriachen  Erzgebirg  durchzogen. 

Dantzenberg,  Joh.  MicJiael,  fläm.  Schrift- 
steller, geb.  1808  zu  Heerlen  (iHmburg),  seit 
1838  an  einer  Bank  in  Brüssel  angestellt; 
t  das.  4.  Febr.  1869.  Als  Dichter  durch 
Gemüthstiefe  ausgezeichnet.  Werke:  .Ge- 
dichte« (1850),  ,VoIks  lees  book'  (1859), 
, Verbalen  nit  de  gescliiedenis  van  Belgien' 
(1866)  u.  a.  Auch  verdient  um  Feststellung 
der  fläm.  Oi-thographie. 

Davenport  (spr.  Dehwnpohrt),  aufblü- 
hende Handelsstadt  in  Iowa  Nordamerika), 
am  Mississippi,  (1870)  20,042  Ew. 

David  y  zweiter  König  der  Israeliten, 
jüngster  Sohn  Isais  aus  Bethlehem,  erst 
Sauls  Liebling,  dann  von  demselben  ver- 
folgt, als  Liebling  Samuels  u.  der  Priester- 
partei von  ersterem  insgeheim  zum  König 
gesalbt,  floh  zu  den  Philistern,  bestieg 
nach  £aul8  Fall  den  Thron  von  Juda,  ward 
erst  nach  Isboseths  Ermordung  allgemein 
als  König  anerkannt,  reg.  1058—1018  v.  Chr., 
durch  glückliche  Kämpfe  mit  den  Grenz- 
völkern (Jebusitem,  Moabitern,  Ammoni- 
tem,  Edomitern,^  Philistern  etc.)  Gründer 
der  Grösse  des  Israelit.  Reichs ,  befestigte 
im  Anschluss  ,an  die  theokrat.  Formen  das 
Köuigthum,  erhob  Jerusalem  zur  Residenz 
und  zum  Mittelpunkt  des  Kultus,  reg.  im 
Sinne  des  oriental.  Despotismus,  hatte 
Haremsintriguen  u.  Aufstände  seiner  Söhne 
Absalon  und  Adonia  zu  bekämpfen,  ward 
aber  von  der  Priesterpartoi  trotz  der  Flecken 
in  seinem  Charakter  als  Muster  eines 
frommen  Herrschers  hingestellt;  angeblich 
Verfasser  zahlreicher  Psalmen  und  Be- 
gründer der  heil.  Poesie  der  Israeliten. 

David,  1)  Jaeq.  Louit,  her.  f^nz.  Maler, 
geb.  30.  Aug.  1748  zu  Paris,  Schüler  Viens, 
verweilte  1775  —  81  und  1784  —  89  in  Rom, 
nahm  dann  leidenschaftl.  Antheil  an  der 
Hovolution,  stimmte  als  Konventsmitglied 
für  den  Tod  des  Königs,  ward  von  Napoleon 
1804  an  seinem  ersten  Maler  ernannt,  nach 
der  2.  Restauration  als  Königsmörder  ver- 
bannt; t  29.  Dec.  1825  zu  Brüssel.  Der 
Vater  der  neuem  franz.  Malerei,  hervor- 
gegangen aus  dem  Studium  der  Antike; 
begründete  seineu  Ruf  mit  dem  Schwur 
der  Horatier;  Hauptwerk:  Raub  der  Sabine- 


rinnen (1799);  auch  verschiedene  Scenen 
aus  dem  Leben  Napoleons.  —  2)  Pierre  Jean, 
gewöhnl.  2>.  d' Angers  genannt ,  franz.  Bild- 
hauer, geb.  12.  März  1789  zu  Angers,  Schü- 
ler Rolands  in  Paris,  war  1811  —  16  in 
Italien,  seit  1826  Prof.  an  der  Kunstscbnie 
zu  Paris ;  f  das.  5.  Jan.  1856.  Hauptwerk : 
die  Ausschmückung  des  Giel>elfeldes  am 
Pantheon  zu  Paris  (1834  —  37);  ausserdem 
zahlreiche  Porträt-  u.  Idealstatnen,  Büsten 
(Kolossalbüste  Goethes  1828,  in  Weimar), 
Grabmonumente  und  Gallerie  von  200  Por- 
trätskizzen in  Medaillonform,  berühmte 
Zeitgenossen  darstellend.  —  3)  FHicien, 
f^anz.  Komponist,  geb.  8.  März  1810  au 
Cadenet  (Vauclnse),  Schüler  des  Konserva- 
toriums in  Paris,  seit  Berlioz  Tode  Biblio- 
thekar au  dems.  Bekannt  durch  seine  Sym- 
phonie-Oden ,Die  WüsteS  die  grossen  Er- 
folg hatte,  ,Columbu8S  ,Eden*,  ,Moses'  voll 
effektreicher  Tonmalerei.  Von  seinen  Opern 
sind  ,LaIla  Rookh*  und  ,Herculannm*  (Preis- 
oper) am  bedeutendsten.  —  4)  Ferdinand, 
Violinvirtuos  und  Komponist,  geb.  19.  Juni 
1810  zu  Hamburg,  Schüler  Spohrs,  seit  1836 
Koncertmeister  und  seit  1813  auch  Lehrer 
am  Konservatorium  zu  Leipzig.  Verf.  zahl- 
reicherKoncertkompositionen  für  die  Violine 
und  einer  ausgezeichneten  Violinschule ; 
auch  verdient  durch  Herausgabe  berühmter 
Geigenkompositionen  des  17.  und  18.  Jahrb. 

Davis  (spr.  Dchwis),  Jeffenon,  amerikan. 
Staatsmann,  geb.  3.  Juni  1808  im  Todd- 
(Christian-)  County  in  Kentucky,  ward  1845 
Mitglied  des  Kongresses ,  machte  1846  und 
1847  als  Oberst  den  Elrieg  gegen  Mexiko 
mit,  war  1847—51  Senator,  nahm  schon  da- 
mals als  Vertheidiger  der  Staatenrechte  das 
Secessionsrecht  für  die  einzelnen  Staaten  in 
Anspruch.  1853  unter  Pierce  Kriegsminister, 
ward  er  nach  seinem  Rücktritt  wieder  in 
den  Senat  gewählt,  1861  Präsident  der  südl. 
Konföderation,  bis  zu  Ende  des  Kampfes 
deren  Hauptleiter.  In  einer  Proklamation 
des  Präsideuten  als  Tbeilnehmer  am  Atten- 
tat gegen  Lincoln  bezeichnet,  ward  er  13. 
Mai  1865  in  Georgia  mit  anderen  Häuptern 
der  Secessionisten  gefangen  genommen  und 
des Hochverraths  angeklagt;  Jedoch  erfolg^ 
nach  einem  Jahr  seine  Freilassung  und 
Niederschlagung  der  Untersuchung. 

DaTisstrasse.  Meerstrasse  zwischen  Grön- 
land und  der  uumberlandinsel ,  führt  vom 
atlant.  Ocean  zur  Baffinsbai;  benannt  nach 
ihrem  Entdecker  John  Davit,  der  1585  eine 
Expedition  zur  Auffindung  einer  nordwestl. 
Durchfahrt  nach  Ostindien  leitete  (f  1605). 

DäTÖs  (D.  am  JHatz),  Hauptort  des  Zehn- 
gerichten bundes  im  Kant.  Graubüuden,  1705 
Ew. ;  4790'  üb.  M. ,  in  dem  4Vs  St.  langen 
Davoslhdl,  von  wo  der  Fluela-  und  der  Scar- 
lettapass  nach  dem  Engadiu,  der  Strelapass 
nach  Chnr  führt.  Luftkurort  für  Brust- 
kranke, auch  im  Winter  sehr  mild. 

DaTOUSt  (spr.  Dawuh),  Loui»  Nicola»,  Her- 
zog von  Auorstädt  uud  Fürst  von  Eckmühl, 
Slarschall  des  ersten  franz.  Kaiserreichs, 
gob.  10.  l^Iai  1770  zu  Annoux  in  Burgund, 
mit  Bonaparto  auf  der  Militärschule  zu 
Brienne  gebildet,  machte  die  Feldzüge  der 


.Davy  —  Debreczin. 


473 


franz.  Repablik  von  1792— 96init,  begleitete 
1798  Bonaparte  nach  Aegypten,  wurde  1800 
DivisioDSgeneral,  nach  Napoleons  I.  Thron- 
besteigung Reichsmarscliall.  Er  hatte  wesent- 
lichen Antlieil  au  den  Siegen  bei  Austerlitz, 
Auerstädt,  Eckmühl  und  Wagram,  ward  1811 
Generftlgouverueur  des  Departements  der 
Elbmündungeu  und  befehligte  im  russ.  Feld- 
zuge 1812  das  erste  Aniieecorps.  Nachdem 
er  30.  Mai  1813  das  Ton  den  Bussen  unter 
Tettenbom  besetzte  Hamburg  wieder  ein- 
genommen, behauptete  er  sich  daselbst  mit 
gransamer  Härte,  legte  der  Stadt  eine  Geld- 
busse Ton  48  Mill.  Fr.  auf,  Hess  die  Bank 
in  Beschlag  nehmen  etc.  Während  der 
ersten  Bestauration  ohne  Anstellung,  wurde 
er  während  der  100  Tage  Eriegsminister, 
schloss  3.  Juli  1815  die  Militärkonyention 
inlt  Blücher  und  Wellington  ab,  der  gemäss 
er  die  franz.  Armee  hinter  die  Loire  führte, 
und  unterwarf  sicli  Ludwig  XVIU.  1819 
zum  Pair  ernannt,  f  er  1.  Juni  1823.  Biogr. 
von  Chenier  (1866). 

DftTjr  (spr.Dehwi),  Bir  Humphry,  ber.  engl. 
Chemiker,  geb.  17.  Dec.  1778  zu  Penzance 
in  Comwall,  ward  1801  Prof.  der  Chemie 
an  der  Royal  Institution  zu  London,  1820 
Präsident  ders.;  f  29.  Mai  1829  zu  Genf. 
Erfand  1815  die  nach  ihm  benannte  fiicher- 
heitslarope  für  Kohlenbergwerke.  Sehr. 
, Chemical  and  philosophioal  researches* 
(1800);  ,Elements  of  chemical  philosophy' 
(1812;  deutsch  von  Wolf  1820)  und  ,Elements 
of  agricultural  chemistry*  (1813)  u.  A.  Bio- 
graphie von  Paris  (1831,  2 Bde.);  ,Memoir8S 
von  seinem  Bruder  herausgeg.  1836,  2  Bde. ; 
deutsch  von  Neubert  1840. 

Bftwison,  Bogtanü,  ber.  Schauspieler,  geb. 
13.  Mai  1818  in  Warschau,  nach  verschiede- 
nen Lebensstellungen  1849  in  Wien  und  seit 
lb54  Mitglied  des  Hoftheaters  zu  Dresden; 
ntisgezeichnet  im  Charakter&ch ;  beste  Rolle : 
Mephisto,  dessen  originelle  Auffassung  auf 
der  deutschen  Bühne  typisch  geworden  ist; 
seit  1869  geisteskrank. 

Dftirlish  (spr.  Dahllsch),  Seebad  in  der  engl. 
Orafsch.  Devon,  2V9  M.  von  Extor,  4014  Ew. 

Dawydoify  Denis  Wassiljewitseh »  russ. 
Kriegsschriftsteller  und  Dichter,  geb.  27. 
Juli  1784  zu  Moskau,  ftogirte  im  Krieg 
von  1806  als  Adjutant  Bagrations,  focht 
1808  in  Finnland,  1809  wieder  unter  Bagra- 
tjon  an  der  Donau,  1812  als  Führer  eines 
Freicorps,  1825— 27  im  Kaukasus  und  gegen 
die  Perser,  1831  vor  Warschau  und  bei 
Lisbik,  ward  zum  Gtenerallieutonant  be- 
fördert; t  8.  Mai  1839.  Dichtete  Satiren, 
Elegien,  Episteln  etc.,  bes.  aber  Soldaten- 
lieder (am  bekanntesten  ,Dor  Halbsoldat^). 
Werke  herausg.  von  Smirdin  (1848,  3  Bde.; 
4.  Aufl.  1860).  Memoiren  (1863). 

Dax  (Aeqs),  Stadt  und  Badeort  im  franz. 
DeiMurt.  Landes,  am  Adour,  9800  Ew.;  ber. 
Schwefelquelle  von  70  o  R.  Das  alte  Aquae 
Ta^heUae,  schon  von  den  Römern  benutzt. 

Dayton  (spr.  Deht'n),  wichtige  Fabrikst. 
in  Ohio  (Nordamerika),  am  Miami,  1840: 
6067,  1870:  32,679  Ew.    Gegr.  1799. 

Dteky  Frans,  nngar.  Staatsmann,  geb.  17. 
Okt.   1803   aus   einer  alten   nngar.   Adels- 


familie zu  Kellida  im  Kom.  Smlad,  war 
auf  den  Landtagen  von  1832  —  42  Führer 
der  Reformpartei,  nach  den  Märzereiguissen 
von  1818  in  Batthyanyis  Ministerium  Justiz- 
minister, trat,  nachdem  17.  Sept.  Kossuth^ 
die  Leitung  der  ungar.  Angelegenheiten 
übernommen,  zurück.  Nach  Erscheinen 
des  kaiserl.  Diploms  vom  20.  Okt.  1860 
empfahl  er  Festhalten  an  den  Gesetzen 
von  1848,  trat,  März  1861  in  den  Landtag 
gewählt,  an  die  Spitze  der  gemässigten, 
sogen.  jAdresspartei',  entwarf  die  beiden 
Adressen,  welche  Aug.  1861  die  Auflösung 
des  Landtags  zur  Folge  hatten.  Auf  dem 
Dec.  1865  eröffneten  Landtag  über  eine  be- 
deutende Majorität  gebietend,  brachte  er 
vornehml.  den  Ausgleioh  mit  der  Regierung 
zu  Stande,  und  auch  auf  den  späteren  Land- 
tagen stand  er  an  der  Spitze  einer  einfluss- 
reichen Partei.    Vgl.  ,F.  D.',  Skizze,   1868. 

Deakovar  (I^akovo),  Flecken  in  Slavonien, 
au  der  Vuka,  7000  Ew.,  Sitz  des  Bischofs 
von  Bosnien. 

Deal  (spr.  Dihl),  Seestadt  in  der  engl. 
Grafsoh.  Kent,  einer  der  ,FünfhäfenS  7^ 
Ew.    Blarinemagaain  und  Seeschule. 

Beaa  Forest  (spr.  DihU"),  Waldbezirk  im 
W.  der  engl.  Grafsch.  Gloucester,  zwisehen 
dem  Sevem  und  Wye,  10,700  Ew.;  Kohlen- 
und  Eisenbergbau. 

Deba  (DtJba,  Daha),  merkw.  Troglodyten- 
stadt  in  Tübet,  an  einem  Nebenflüsse  des 
Obern  Setlddsch,  14,004'  üb.  M.,  ganz  tn 
Fels  gehauen,  mit  ber.  Wischnutempel ; 
von  Kap.^ennet  1865  in  der  Nähe  geseheSt 
doch  nicht  betreten. 

Debardiren  (fr.),  ausladen  aus  Schiffen; 
Debardage  (spr.  -dahsch),  Ausladung. 

Debarqniren  (fi:.),  Waaren  oder  Personen 
aus  einem  Schiffe  ans  Land  bringen. 

Debatte  (ft*. ,  Diskussion),  geordneter  Mei- 
nungsauatausch  Metirerer  über  einen  Gegen- 
stand, bes.  von  Verhandlungen  gebraucht, 
die  unter  Leitung  eines  Vorsitzenden  die 
Fassung  eines  praktischen  Beschlusses  be- 
zwecken. 'DdMiUiren,  verhandeln,  erörtern. 

Debet  (lat.,  Mehrzahl  D^ent,  d.  i.  Soll 
und  Sollen),  Bezeichnung  derjenigen  Blatt- 
seite eines  Contos,  auf  welcher  die  Beträge 
verzeichnet  sind,  welche  demselben  ge- 
schnldet  (debitirt)  werden.  Debitor,  s.  v.  a. 
Schuldner.  Debit,  im  Waarenverkehr  der 
Absatz ;  daher  debüiren  (fr.) ,  eine  Waare 
absetzen,   vertreiben.    Debilmasst ,  s,  v.  a. 

Debitum  (lat.),  Schuld.      [Konkursmasse. 

Debioklren  (fr.),  die  Blokade  aufheben. 

Debörahy  hehr.  Prophetin  und  Heldin  In 
der  Zeit  der  Richter,  Gattin  Lapidoths,  liess 
zur  Befreiung  ihres  Vaterlandes  von  der 
Herrschaft  des  Kanaaniterkönigs  Jabin  durch 
Barak  ein  Heer  sammeln,  von  welchem 
Sissera,  Jabins  Feldhauptmann,  geschlagen 
ward.  Diesen  Sieg  feiert  das  sogen.  Lied 
der  D.  im  Buch  der  Richter. 

Debouche  (fr.,  spr.  Debuscheh),  Ausmün- 
duDg;  Ausgang  einer  Terrain  Verengung,  wie 
Schlucht  oder  Thal.  Debouckiren,  Truppen 
aus  der  Enge  in  dtus  freie  Terrain  ziehen. 

Debreczia  (spr.  -zin),  königl.  Freistadt 
und  Hanptort  de«  ungar.  Kom.  Bihar,  in 


474 


Debusqnement  —  Becimalsystem. 


der  ftnchtbaren  eUbrectiner  Heide,  ron  acht 
magyar.  Typns,  86,283  Ew.;  reform.  Aka- 
demie mit  ber.  Bibliothek,  PiAristenkolle- 
ginm;  rege  ludustrie.  Vom  9.  Jan.  bis  80. 
^  Mal  184d  8iti  des  nngar.  Reichstags  und 
der  reyoltit.  Regierung. 

D6bns4ineiDeHt  (fr.,  spr.  Debüsk^mang), 
Vertreibung;  debusquiren,  den  Feind  aus 
einer  vortheilhaften  Stellung  vertreiben. 

D^bnt  (fir.,  spr.  Debü),  Anti-itt,  bes.  das 
erste  Auftreten  eines  Schauspielers  auf  der 
Bühne;  Debütant,  Einer,  der  zum  ersten 
Haie  auf  der  Bühne  überhaupt  oder  nur  in 
einem  neuen  Engagement  auftritt. 

Deca  (gr.,  deka),  zehn,  in  Zusammen- 
setzungen bes.  mit  franz.  Massen,  so  Deea' 
fframme,  10  Grammes;  Deealitre,  10  Litres; 
Decamitre,  10  Mdtres;  Deeare,  10  Ares; 
Deeastire,  10  Stares.  Deei  (fr.,  spr.  dessi; 
y.  lat.  decem,  zehn),  der  lO.Theil ;  so  Deeiare, 
1^0 Are;  Dectgramtne,'^/ioQrBkmme;  Decüilre, 
Vio  Litre;  Deeimilre,  >/io  Mdtre;  Deciatere, 
Vio  Stdre. 

Decide  (fr. ,  spr.  DekSd) ,  10  Stück ,  eine 
Zehn;  im  Kalender  der  Aranz.  Republik 
eine  Periode  yon  10  Tagen,  Woche.  Deeadi, 
der  10.  Tag  desselben  Kalenders.    [Verfall. 

D^adence  (fr.,  spr.  Dek&dangs),  Abnahme, 

Decmmps  (spr.  -kang),  Alex.  Gabriel,  franz. 
Maler,  geb.  3.  März  1808  zu  Paris,  Schüler 
▼on  Abel  de  Pujol,  bereiste  den  Orient, 
yerunglückie  22.  Aug.  1860  auf  einer  Par- 
forcejagd im  Park  zu  Fontainebleau.  Als 
Qenre-,  Thier-  und  Landschaftsmaler  gleich 
originell  und  yielseitig.  Bes.  gescnätzt  seine 
satir.  Affenbildor  und  Darstellungen  orlent. 
Volkszustände. 

Deeandolle,  1)  Auguetin  Pyramue,  franz. 
Botaniker,  geb.  4.  Febr.  1778  zu  Genf,  seit 
1807  Professor  in  Montpellier,  seit  1816  in 
Genf;  f  das.  9.  Sept.  1841.  Ausgez.  als 
Systematiker,  stellte  ein  natürliches  System 
auf  und  bemühte  sich,  die  Botanik  mit 
Chemie  und  Physik  in  Verbindung  zu  brin- 
gen, förderte  auch  die  Pflanzengeographie. 
Berühmt  sein  grosses  Herbarium  (70—80,000 
Arten).  Sehr.  ,Th6orie  616menta{re  de  bota- 
nique*  (8.  Aufl.  1844;  deutsch  von  Sprengel 
1820);  ,Kegni  yegetabilis  systema  naturale* 
(1818—21,  2  Bde.) ;  ,Prodromns  systematis 
naturalis regni  vegetabilis* (1824— 52, 13 Bde.; 
,Organographie  y6g6tale'  (1827).  —  2)  M- 
phorue  Louis  IHerre  I^ramtt$,  Sohn  des  Vor., 
geb.  28.  Okt.  1806  in  Paris,  einige  Zeit  Pro- 
fessor der  Botanik  in  Genf,  sehr.  ,Introduc- 
tion  k  r^tude  de  la  botanique'  (1835,  2  Bde. ; 
deutsch  2.  Aufl.  1844);  gab  seines  Vaters 
,M6moire8  et  Souvenirs'  (1862)  heraus  und 
setzte  den  ,Prodromus'  fort. 

DeoapSda^  s.  v.  a.  Krebse. 

Decazes  (spr.  Dekäs),  Elie,  Herzog  von, 
Aranz.  Staatsmann,  geb.  28.  Sept.  1780  zu 
St. -Martin  de  Laye  im  Depart.  Gironde, 
ward  1806  Rath  am  kaiserl.  Gerichtshof, 
schloss  sich  nach  Napoleons  Sturz  den 
Bourbons  an,  ward  Polizeiminister  und  in 
den  Grafenstand  erhoben.  Das  Schau kel- 
system  Ludwigs  XVIII.  vertretend,  machte 
er  sich  bei  allen  Parteien,  bes.  aber  bei 
den  Ultraroyalisten   misaliebig.     1820   und 


1821  Gesandter  zu  London,  dann  In  der 
Pairskammer  Gregner  der  Regierung,  seit 
1834  Grossreferendar  der  Pairskammer,  zo^ 
er  sich  nach  der  Februarrevolution  von  1848 
ins  Privatleben  zurück;  t  ^*  Okt.  1860. 
In  zweiter  Ehe  mit  der  reichen  Erbin  von 
St.-Aulaire,  der  Schwosterenkelin  des  vor- 
letzten Fürsten  von  Nassau  -  Saarbrücken, 
vermählt,  ward  er  vom  König  von  Däne- 
mark zum  Herzog  von  Glücksburg  ernannt. 

Deeem  (lat.),  Zehn,  auch  Zehnt,  Abgabe. 

De«6mber  (deutseh  Cfhristmonat) ,  12.  und 
letzter  Monat  des  Jahres,  bei  den  Römern 
bis  Julius  Cäsar  der  10.,  hatte  bla  dahin 
nur  29,  erhielt  durch  Cäsar  81  Tage. 

Deeembrlsteiiy  die  Anhänger  Ludwig  Na- 
poleons beim  Staatsstreich  vom  2.  Dec.  1851. 

Decemvlrl  (lat.),  Zehnmänner,  im  alten 
Rom  Name  mehrerer  obrigkeitl.  Kollegieu 
von  10  Mi^liedem.  Am  bekanntesten  die  D. 
legtbu$  Mcrihendi»,  eine  in  Folge  des  Antrags 
des  Tribuns  Terentillus  Arsa  zu  Abfassunjc 
von  Gesetzen  für  das  Jahr  451  v.  Chr.  er- 
wählte und  mit  der  höchsten  obrigkeitlichen 
Gewalt  .bekleidete  Behörde,  die,  auch  für 
das  Jahr  450  erwählt,  ihr  Amt  ungesetzlicli 
449  fortführte,  bis  ihr  Uebermnth  ihre  Auf- 
hebung zur  Folge  hatte. 

DeeeptioBsinsel.  Insel  im  antarktischen 
Ocean,  bei  Neusüdshetland,  ganz  ans  Lava 
bestehend,  mit  heissen  Quellen. 

Deehant,  s.  Dekan, 

D^harge  (fr.,  spr.  Descharsch),  £nt' 
lastung,  Fi*eisprechung  von  einer  Verbind- 
lichkeit, namentl.  eines  Rechnungsführers 
nach  Ablegung  der  für  richtig  befundenen 
Rechnung  (D.  ertheilen);  dechargiren,  ent- 
binden, lossprechen ;  auch  ein  Geschütz  ab- 

Dechlfflrirkunst,  s.  Chiffre.  [feuern. 

Deei  (fr.,  spr.  Dessi),  =  »/lo,  s.  I>eca. 

Decidlren  (lat.),  entscheiden,  schlichten; 
deeidirt,  bestimmt,  entschlossen. 

Declmalbmeh  (v.  lat.  deeem,  zehn),  Bruch, 
dessen  Neuner  eine  Potenz  der  Zahl  10, 
also  1  mit  einer  Anzahl  Nullen  ist,  wird 
mit  Weglassung  des  Nenners  geschrieben, 
und  zwar  so,  dass  man,  damit  Zähler  und 
Nenner  eine  gleiche  Anzahl  ZilTem  er- 
halten, dem  ersteren  die  etwa  fehlenden  in 
NuUeu  anhängt.  Den  D.  erkennt  man  au 
dem  den  Stellen  des  Zählers  ( DecimcUstellen) 
vorhergehenden  DeeimaUeiehen ,  gewöhnt, 
einem  Komma,  auch  Punkt;  z.  B.  2»i/xoo  =: 
2,51;  i/iQ  =  0,7;  *'/iooo  =  0,043  etc. 

Decimalsyitem,  Zahlensystem ,  dessen 
Grundzahl  10  ist;  franzMsche»  D.,  am  29. 
Nov.  1800  in  Frankreich  eingeführtes  Mass- 
und Gewichts  System,  dessen  Einheit  der 
Meter,  d.  h.  der  zehnmilliouste  Theil  desErd- 
meridianquadranten  ist.  Die  Flächenmasse 
sind  die  Quadrate  der  Längenmasse,  Einheit 
ist  die  Are  =  100  O^^eter ;  Körpermasse  sind 
die  Kuben  der  Längenmasse,  der  Kubikmeter 
heisst  Störe;  Einheit  der  Hohlmasse  ist  der 
Liter  =  Viooo  Kubikmeter:  Einheit  des  Ge- 
wichts ist  das  Gramm  =  1  Kubikcentiiiteter 
Wasser  von  grösster  Dichtigkeit.  Das  Zehn-, 
Hundert-, Tausend-,  Zehntausendfache  dieser 
Einheiten  wird  durch  Vorsetzung  der  grie- 
chischen Zahlennamen  Deca-,  Hecto-,  Kilo- 


Decimiren  —  Dee. 


475 


Myria-,  das  Zehntel,  Hundertel,  Tausendtel, 
durch  Yorsetzupg  der  latein.  Zahlennamea 
Deci-,  Genti-,  HilU-  bezeichnet.  Vgl.  De- 
lambre,  ,Base  de  Systeme  m^trique*,  1806— 
1810,  3  Bde.). 

Becimiren  (lat.) ,  den  Zehnten  nehmen ; 
in  der  Kriegssprache  von  einem  Truppen- 
theil ,  der  sich  der  Feigheit  oder  Heuterei 
schuldig  gemacht  hat,  den  10.  Mann  mit 
dem  Tode  bestrafen;  auch  im  Allgemeinen 
grossen  Verlust  an  der  Zahl  beibringen. 

Decimole,  mnsik.  Figur,  entstehend  aus 
der  Th eilung  einer  Taktnote  in  10  Noten 
Ton  gleichem  Werthe. 

Decision  (lat.),  Entscheidung,  Bescheid. 
L  decitione»,  eine  in  den  Codex  Justinianeus 
anfgenommone  Sammlung .  von  50  Entschei- 
dungen You  Kontroversen«  Dteitivrethripi, 
zu  Entscheidung  einer  Bechtskontroverse 
ertheiltes  landesherrliches  Reskript,  das, 
zunächst  durch  einen  einzelnen  Fall  ver- 
anlasst, später  allgemeine  Gültigkeit  erhält. 

DecinSy  CSo/us  Mtniu»  Quintu*  Trajanut, 
röm.  Kaiser,  Pannonier  und  röm.  Senator 
unter  dem  Kaiser  Philippus,  ward  249  von 
fen  Legionen  in  Mösieu  mit  dem  Purpur 
bekleidet,  regierte  kräftig,  yerfolgte  die 
Christen  hart,  fiel  251  in  einer  Schlacht 
gegen  die  Qothen. 

Deck  (Verdeck),  die  horizontale  Planken- 
bedeckung  der  Schiffsräume.  Das  erste  T). 
(Zwieehendeek)  über  dem  unteraten  Raum 
der  Schiffe  ist  zur  Bergung  der  Ladung 
oder  für  Passaglere,  das  »weite  D.  für 
bessere  Waaren  und  mehr  zahlende  Passa- 
giere bestimmt.  Das  oberste  ist  das  dritte 
D.  (halbirte  Schanze,  Torn  angebracht 
Back).  Schiffe  mit  einem  D.  haben  oft 
noch  ein  halbe»  D.,  welches  als  Kajüte 
dient.  Das  glatte  D.  geht  ununterbrochen 
Ton  vorn  bis  hinten,  beim  gebrochenen  D. 
liegt  etwa  ein  Dritttbeil  höher. 

Deekeily  Karl  Klau»,  Freiherr  von  der, 
Afrikareisender,  geb.  8.  Aug.  1833  auf 
Kotzen  (Mark  Brandenburg),  1850  —  60  in 
hannöv.  Militärdiensten,  ging  1860  auf  Barths 
Rath  nach  Zanzibar,  unternahm  mehrere 
Expeditionen  nach  dem  Nyanzasee  und  den 
Bergländem  des  Kilimandscharo,  den  er 
bis  zur  Höhe  von  13,000'  bestieg  und  dessen 
Höhe  er  bestimmte,  u.  machte  1868  eine  See- 
reise nach  Ibo,  Kap.  Delgado  und  Lamu. 
Nach  Europa  zurückgekehrt,  rüstete  er 
eine  grosse  Expedition  zur  Erforschung 
afrikan.  Flüsse  aus,  ging  mit  derselben 
Okt.  1864  über  Aegypten,  Aden  und  die 
Seychellen  nach  Zanzibar  und  drang  Früh- 
jahr 1865  mittelst  kleiner  Dampfboote  den 
Dschubafluss  aufwärts  bis  Berderah,  wo  er 
25.  Sept.  mit  den  meisten  Mitgliedern  der 
Expedition  Ton  den  Somalis  überfallen  und 
ermordet  ward ;  nur  5  Europäer  retteten 
sich  nach  Zanzibar.  Vgl.  seine  ,Reisen  in 
Ostafrika',  herausg.  von  Ker»ten u.  A.,  1869  f.' 

Deckfarben  (Oonachefarben),  solche  Far- 
ben, welche  die  natürliche  oder  künstliche 
Färbung  ihrer  Unterlage  verdecken;  meist 
Erdfarben  oder  Metalloxyde. 

DeckflBCh  (Strom  ateus  X,,,  Pampelfiech), 
Gattung    der    Makrelenflsohe.     Mdhäuter, 


Fiatole  (S.  fiatola  L.),  im  Mittelmeer,  t— 8.'% 
sehr  schmackhaft.  Ebenso  Stroraateus  niger 
L.  im  ind.  Meer,  gegen  2'. 

Deckflügler,  s.  K^fer. 

Deckung,  militärischer  Schutz  gegen  den 
Feind  durch  die  eigene  Waffe,  das  Terrain 
(Bäume,  Hecken,  Erd wälle)  oder  eiu» 
Truppenabth eilung;  im  Handel  Werthsen- 
dung  an  einen  Bankier,  um  ihn  für  den 
Betrag  auf  ihn  gezogener  Wechsel  sicher 
zu  stellen  ^zu  decken). 

Declaration  of  Bignt  (spr.  Deklärehschn . 
of  Reit),  die  Erklärung,  wodurch  der  am  22. 
Jan.  1689  in  Westminster  zusammengetretene 
Konvent  die  Grnndpriucipien  der  engl. 
Konstitution  aussprach  und  infolge  deren 
Wilhelm  von  Oranieu  auf  den  engl.  Thron 
berufen  ward. 

Decompte  (ftr.,  spr.  -kongt).  Ab-,  Gegen- 
rechnnng;  auch  Abgang  an  einer  Waare; 
dekomptiren,  in  Gegenrechnung  bringen. 

Decort,  s.  Däcourt. 

Decornm  (lat.),   Schicklichkeit,  Anstand. 

Decouragiren(fr.,spr.-schir-),eutmuthigen. 

Decoart  (fr.,  spr.  D6kuhr),  Abzug  an  einer 
Rechnung.  Dekourtiren ,  bei  Bezahlung 
einer  Rechnung  einen  Abzug  machen,  z.  B. 
wegen  schlechter  Beschaffenheit  der  Waare. 

DecouTriren  (fr.,  spr.  -kuw-) ,  offenbaren^ 
zu  erkennen  geben. 

Decubitus  (lat.).  Wund-,  Aufliegen. 

Decnmates  Agri  (ZehnUand),  Landsch. 
im  röm.  Germanien,  zwischen  der  oberen 
Donau,  dem  Mittelrhein  und  einer  von 
Drusus  gezogenen ,  jetzt  verfallenen^  50  M. 
langen  Befestigungslinie  (TeuJeUmauer, 
P/ahlgrdben)  von  Regensburg  bis  zurLahu- 
mündung;  von  den  Römern  gegen  eine 
Zehntabgabe  röm.  Veteranen  und  Einwan- 
derern aus  Gallien  überlassen,  fiel  im  S. 
Jahrh.  den  Alemannen  zu. 

Decurlo  (lat.),  bei  den  Römern  der  Vor- 
steher einer  Deeuria,  d.  h.  einer  Abtheilnng 
von  10  Personen ;  Anführer  der  10  Heiter 
(e(|^uites),  die  Jede  Kurie  zu  stellen  hatte» 
spater  jeder  Anführer  ein^r  kleineren 
Reiterabtheilung;  auch  Titel  der  Senats- 
mitglieder in  den  Municipal Städten. 

De  dato  (lat.,  abbr.  d.  d.),  vom  Tage  der 
Ausfertigung  an. 

Dedecker,  Fierre  Jacque»  Franf.,  belg. 
Staatsmann,  geb.  25.  Jan.  1812  in  Z^le  In 
Ostflandem,  ward  1839  Deputirter,  Mär& 
1855  Minister  des  Innern,  trat  1857  zurück; 
streng  katholischer  Richtung,  Vorkämpfer 
der  fläm.  Sprachinteressen. 

Dedlkation  (lat.),  Widmung,  Zueignung 
von  Schriften,  Kunstsachen  etc. 

Dedit  (lat.,  abbr.  dt.),  er  hat  gegeben. 

Dedition  (lat.),  Ergebung,  Uebergabe. 

Dedjucblny  Bergstadt  im  russ.  Oouv. 
Perm,  3532  Ew. ;  die  ergiebigsten  Salzwerke 
Russlands  (jährl.  5  Mill.  Ctr.). 

Deduktion  (lat.),  ausführlichere  Beweis- 
führung; im  Rechts wesen  die  weitere  Be- 
gründung und  Ausführung  einer  Appellation. 

Dee  (spr.  Dih),  mehrere  Flüsse  in  Gross- 
britannien. Die  bedeutendsten:  1)  D.  in 
Nordwales,  mündet  In  die  irische  See, 
17  M.  —  2)  D.  in  Schottland,  kommt  von  den 


476 


Deep  —  Degras.. 


Cftirngorrabergen,  Grenzflnss  der  Gi^fsch. 
Aberdeen  und  Kincardlne,  mündet  bei 
Aberdeen  in  die  Nordsee,  20  Bf.  [bei  Treptow. 

Deep,  Dorf  u.  Seebad  in  Hinterpominern, 

De  n«to  (lBit.)i  der  That  nach. 

D^faite  (fr.,  spr.  -fät),  Niederlage. 

Deflraüren  (lat.) ,  nm  den  guten  Namen 
Dringen. 

Defatigatioii  (lat.),  Ermattung. 

DefeetlTani  (lat.),  Substantiv  oder  Verb, 
TOD  dem  nicht  alle  Flexionsformen  in  Ge- 
"brauch  sind. 

Defekationskalk  (Gaskalk),  der  Kalk  aus 
<leu  Reinigungrskästen  der  GaBanstalteu. 

Defdlt  {defelaiv,  lat.),  mangelhaft,  un- 
vollzählig. 

Defektion  (lat.),  Abfall ;  Schwäohe^Verfidl. 

Defension  (lat.),  Yertheidig^ng. 

DefenslTe  (lat.),  Form  der  kriegerischen 
Tliätigkei^,  wobei  es  bloss  auf  Vertheidigung 
«"bgeseben  ist,  im  Gegensatz  zur  Offensive 
<s.  d.).  De/ensivlinien,  befestigte  Positionen ; 
«uch  Höhenzüge,  Waldränder  etc.  Defemiv- 
wajffen,  Schutzwaffen. 

Defeneor  fidei  (lat.),  Beschützer  des 
•Glaubens,  Titel  der  Könige  von  England, 
Tom  Papst  Leo  X.  Heinrich  YIII.  für  seine 
Vertheidigung  der  päpstl.  Gewalt  Luther 
gegenüber  verliehen. 

Defleriren  (lat.),  vortragen,  bewilligen  (z.  B. 
«inem  Gesuch  d.);  antragen,  z.B.  den  Eid. 
DeferenK,  Willfährigkeit,  Gewährung. 

Deflance  (fr.,  spr.  -flangs),  Misstrauen. 

Defleient  (iat.),  fehlend;  abtrünnig;  dieust- 
«intaugllch.  DeßcierUe  peeunia,  bei  Geld- 
«nangel. 

Deficit  dat.,  d.  i.  es  fehlt),  im  Staats- 
haushalte der  Unterschied  zwischen  der 
Einnahme  und  Ausgabe,  um  dessen  Betrag 
«rstere  zu  gering  ist;  auch  die  Summe, 
welche  an  dem  Bestände  einer  Kasse  nach 
•dorn  durch  die  Bücher  gegebenen  Ausweise 
fehlt  (KiMBendeßcit),  sowie  der  bei  der 
Kaufmann.  Bilanz  sich  ergebende  Verlust. 

Defll^  (f^.),  Engpass,  Hohlweg.  Deßliren, 
durch  ein  %D.  gehen,  auch  das  Vorbei- 
marsch Iren  der  Truppen  bei  Parade. 

Deflletaient  (f^.,  spr.  -mang),  in  der  Be- 
festigungskunst das  Decken  der  hinteren 
Werke  oder  des  inneren  Raums  durch  die 
vorderen  gegen  das  feindliche  Feuer. 

De  flnition  (lat.),  Begrenzung,  Bestimmung ; 
in  der  Logik  Angabe  der  wesentlichen 
Merkmale  eines  Begriffs,  wodurch  dieser 
«einem  Inhalt  nach  bestimmt  und  von 
Anderen  Begrriffen  abgegrenzt  (dtjfinirt)  wird. 
IfomincUdeJMtion ,  Worterkl&rung ;  Beal- 
deßnüion,  Sacherklämng. 

DeflidtiT  (lat.),  entscheidend,  bestimmt; 
Veßnitivum,  in  der  Sprache  der  Diplomatie 
«ndgflltige  Erklärung  oder  Vertragsbe- 
stimmnng. 

Deflniteren  (lat.) ,  bei  den  Mönchsorden 
Oebulfen  des  Generals  oder  Provinzials. 

Dellftgrmtor(  Cbiorimofor,  lat.),  galvanische 
Kette  aus  spiralförmig  gewundenen  und 
Ineinander  geschobenen  Kupfer-  und  Zink- 
blechen, bringt  wegen  des  sehr  verringer- 
ten Leitungswiderstandes  starke  Erhitzung 
eines  kurzen  Schliessungsdrahtes  hervor. 


Deflontloii  (iat.),  das  Abblühen;  Verlost 
der  Jungfi'auschaft  durch  aussereheliohen 
Beischlaf. 

Defoe  (spr.  Defuh),  Daniel,  engl.  Schrift- 
steller, geb.  16G1  in  London,  vielfach  lite- 
rarisch thätig  und  in  die  polit.  Zeitkämpfe 
verwickelt,  trat  dann  1719  mit  seinem  »Life 
aud  adventures  of  Robinson  Crusoe  of 
York'  hervor,  das  in  alle  europ.  Sprachen 
übersetzt  (deutsch  von  AltmüUer  1869)  und 
Vater  der  zahllosen  Robinsonaden  ward;  t 
24.  April  1731.  Werke  (1840-48,  8  Bde.). 
Biogr.  von  Lee  (1869,  3  Bde.)- 

Deformititen  (lat.),  Missgestaltungen  des 
lebenden  Körpers,  angeboren,  oder  Fol^e 
von  Krankheiten  u.  Verletzungen;  deform, 
missgestaltet. 

DefinracbltlO]i(lat.),  die  schuldvolle  Hinter- 
ziehung der  gesetzlichen  Ein-  u.  Ausgangs- 
Zölle,  Zollde/raudedion;  Veruntreuung  öffent- 
licher Gelder. 

Defterdar  (pers.,  d.  i.  Buchhalter),  in  der 
Türkei  und  in  Persien  Titel  des  Finanz- 
ministers.    De/terchctneh,  dessen  Kanzlei. 

D^agement  (fr.,  spr.  -gahsfthmang),  enger 
Durchgang,  bes.  enger  Korridor  mit  Treppe. 

Degagiren  (fr.,  spr.  >schiren),  befreien, 
bes.  vom  Feinde  bedrängte  Truppen. 

Degamiren  (fr.),  Besatzung,  Geschütz 
und  Kriegsvorrathe«  aus  einer  Feetung  her- 
ausnehmen. 

Degen»  Seiteugewehr  mit  gerader  Klinge, 
vorzüglich  zum  Stoss  geeignet;  Waffe  der 
Infanterieoffiziere  in  der  preuss.,  russ., 
engl,  und  franz.  Armee,  sowie  der  schweren 
Slavallerie  aller  Armeen ;  bei  der  Kavallerie 
schwerer,  an  der  Spitze  leicht  gekrfimmt 
und  Pallasch  genannt. 

Degeneration  (lat.),  Entartung;  degene- 
riren,  entarten. 

Degenfeldy  August  Fratu  Johann  Ohristoph, 
Graf  von  D.-Sehonberg,  geb.  10.  Dec.  1798 
zu  Grosskanischa  in  Ungarn,  vi^ohnte  1849 
als  Generalmajor  der  Schlacht  von  Novara 
bei,  ward  1^  als  Sektionschef  in  das 
Kriegsministerium  berufen,  1854  Komman- 
dant des  8.,  1858  des  2.  Armeecorps  und 
kommandirender  General  in  Venedig, 
Istrien,  Friaul,  Kärnthen,  Krain  und  Tirol, 
18^—64  Kri^sminister  u.  Feldzeugmeister. 

Degenfisch  (Trichinrus  L.)»  Gattung  der 
Bandfische.  SpÜM'  oder  Haareehwan»  (T. 
Lepturus  L»)t  im  atlant.  Ocean,  3',  einem 
silberglänzenden  Bande  gleich,  wohl- 
schmeckend. 

Deggendorf,  Stadt  in  Niederbayem,  an 
der  Donau,  5142  Ew.  Wallfahrtskirche, 
Stapelplatz  für  die  Produkte  des  bayer. 
Waldes.    Judenraord  1337. 

Deggot,  s.  V.  a.  Birkentheer. 

DegOy  Flecken  in  der  ital.  Prov.  Acqni, 
an  der  Bormida,  2200  Ew.  14.  — 16.  April 
1796  Step  Bonapartes  über  die  Oesterrelcher. 

D^gont  (fr.,  spr.  Deguh),  Ekel,  Wider- 
wille; degoutiren,  anekeln,  verleiden. 

DegradlitiOB  (lat.),  Amts-  oder  Standes- 
herabsetzung, bes.  eines  Offiziers  oder 
Unteroffiziers  .zum  Gemeinen. 

Degras  (fr.,  spr.  -gra,  Abfett),  ^eränder» 
ter  Thran,  bei  der  Sämischgerberei  als  Ne- 


DegTftviren  —  Dekao. 


477 


benprodnkt  gewonnen,  Toraügllohe  Leder- 
scliiniere  nnd  deshalb  nachgebildet. 

DegraTlren  (lat.)*  belästigen,  beschwer- 
lich fallen. 

Degr^  (fr.,  spr.  Degreh),  geograph.  Grad. 

BigalBement  (fr.,  spr.  Degihsmang),  Ver- 
kleidung, Verstellung. 

Degammireiiy  s.  Seide, 

Degnstiren  (lat.),  kosten,  prüfen. 

Deliii^  Bieg/r,  WUh.,  Mnsikgelehrter,  geb. 
25.  Febr.  1799  zn  Altona,  Schüler  B.  Kleins, 
seit  1843  Kurator  der  musik.  Abtheilung 
der  kön.  Bibliothek  in  Berlin,  1850  snm 
Prof.  der  Tonkunst  ernannt;  f  18.  April 
1858.  Hauptwerke:  ,Theoret.  - prakt.  Hi^r- 
monielehre*  (2.  Anfl.  1861)  und  ,ljehre  vom 
Contrapunkt*  (1859). 

Dehnbarkeit  (Ge$chmeidig1ceit,  VuktiliUU), 
die  Eigenschaft  eines  Körpers,  sich  durch 
äussere  mechanische  Kr&fte  nach  einer 
oder  mehreren  Bichtnngen  hin  ausdehnen 
zu  lassen.  Gegensatz  zur  Sprödigkeit,  wird 
im  Allgemeinen  durch  warme  erhöht, 
durch  Hämmern,  Walzen,  Ziehen  vermin- 
dert and  dann  durch  Erhitzen  wieder 'her- 
gestellt. Metalle  nach  der  Streckbarkeit 
(Hämmerbarkeit)  geordnet:  Gold,  Silber, 
Kupfer,  Zinn,  Platin,  Blei,  Zink,  Eisen. 

De  hodiemo  die  (lat.),  vom  heutigen  Tage. 

Dehonestation  (lat.),  Verunehrung,  Be- 
schimpfung. 

Dehors  (fr.,  spr.  Dehohr),  die  Aussen- 
selte,  der  äussere  Anstand ;  die  Aussenwerke 
von  Festungen. 

Dehortaffon  0&^)>  Abmahnung.  Dehov' 
totortuni,Warnungs-,  Abmahnungssehreiben. 

Det  (Dey),  von  1600—1880  Titel  des  Ober- 
hauptes der  den  Raubstaat  Algier  beherr- 
scii enden  Janltscharenmiliz. 

Deich,  Erdwall  zum  Schutz  des  hinter 
ihm  liegenden  Landes  vor  dem  Andrang 
des  Wassers.  Aeassere  D.e  bieten  Schutz 
gegen  die  See,  Flüsse  etc.  Hinter-  oder 
Achterdeiche  schützen  niedrige  Ländereien 
vor  dem  aus  höheren  hereindringenden 
Wasser.  £innendeiche  liegen  hinter  dem 
Hauptdeich  an  bes.  geföhrlichen  Stellen. 
Das  Land  hinter  dem  I>.  heisst  Binnenland, 
das  zwischeuD.u.  Wasserkuren»,  Vor-  oder 
Aussendeichsland.  Eingedeichte  L&ndereien 
liegen  zwischen  2  D.en.  Ein  D.  ohne  Vor- 
land heisst  Schaar-  oder  Oefahrdeich.  Wird 
auf  neu  gewonnenem  Land  ein  D.  errichtet, 
so  heisst  der  frühere  Hauptdeich,  Schlaf», 
Sturm-  oder  Rückdeich.  Sielen  u.  Schleussen 
fuhren  das  innerhalb  der  B.e  angesammelte 
Schnee-  oder  Regenwasser  ab. 

Deideshelm,  Stadt  im  bajer.  Regbz. 
Pfalz,  im  Hardtgebirge,  2742  Ew.;  vorzfigl. 
weisser  Wein. 

Dei  gratia  (lat.),  von  Gottes  Gnaden,  Zu- 
satz zum  Titel ,  zuerst  von  den  Bischöfen 
auf  dem  Koncil  zu  Ephesus  (431)  gebraucht, 
npch  der  Mitte  des  18.  Jahrb.  von  der 
hohen  Geistlichkeit  umgewandelt  in:  Dei 
et  apottolicae  sedia  gratia,  ,Von  Gottes 
und  des  apostol.  Stuhls  Gnaden*;  seit  den 
Karolingern  auch  von  weltl.  Ffirsten  ge- 
hraacht,  erst  im  15.  Jahrh.  auf  die  souve- 
ränen Fürsten  beschränkt. 


Deime,  schilTbarer  Arm  des  Pregel  in 
Ostpreusson ,  mündet  bei  Labiaa  ins  ku- 
riflche  Half. 

Deinhardsteiiiy  Jch,  Ludw,,  Bühnendich- 
ter, geb.  22.  Juui  1794  in  Wien,  seit  183S& 
Vicedirektor  des  Hoftheaters  das.;  f  12.. 
Jali  1859.  Unter  seinen  Dichtungen  bes. 
beliebt:  die  Känstlerdramen  ,Hans  Sachs* 
(1829)  u.  ,Garrick  in  Bristol*  (1834),  die  Lust- 
spiele ,Die  verschleierte  Dame*  n.  ,Das  Bild, 
der  Dauafi'  n.  das  Konversationsstück  ,Die 
rothe  Schleife*.  Werke  (1848-57,  7  Bde.). 

De  integro  (lat.),  von  Neuem. 

Delsmnt  (lat.),  der  Glaube  an  Gk>tt  als- 
den  letzten  Grund  aller  Dinge;  insbes.  der 
reine  Gottesglaube,  welcher  mit  Verwerfung 
der  ausserordentlichen  Offenbarung  den 
religiösen  Glauben  nur  auf  Gründe  der  Ver- 
nunft stützt.  Daher  DeWm  (Freidenker), 
Männer  des  17.  und  18.  Jahrb.,  weicht*  die 
ztatürl.  Religion  zur  Norm  aller  positiven 
Religion  erheben  wollton,  Vorläufer  der 
Rationalisten,  meist  Engländer,  näml*  Her- 
bert von  Gherbury;  Charles  Blount;  Jobu 
Toland;  Anthony  Ashley  Oooper,  Graf  von 
Shaftesbury ;  Anthony  Goilins ;  Tb.  Woolston  ; 
Matth.  Tindal;  Viseount  Bolingbroke.  Vgl. 
Lechler,   »Gesch.  des  engl.  D.*,  1841. 

Deisler,  niedrige  Bergkette  zwischen  der 
Weser  und  Leine,  im  Furstenth.  Kalenberg, 
3  M.  1.,  im  Höfeier  1240'  h.;  waldreich, 
Steinkohlengruben,  Salzwerke. 

Dc\)anlra,  Tochter  des  Oenens,  Königs 
von  Kalydenien  in  Aetolien,  ward  von 
Hercules  ihrem  Verlobten  Achelous  in  hef- 
tigem Kampfe  abgerungen,  bereitete  Jenen» 
durch  das  Geschenk  eines  vergifteten  Ge- 
wandes unwissend  einen  qualvollen  Tod. 

Dejean  (spr.  Deschang),  Pierre  Franfoi» 
Aim6  Aug.,  Oraf,  franz.  General  und  Ento- 
molog,  geb.  10.  Aug.  1780  zu  Amiens,  diente 
unter  Napoleon  L,  Pair;  •\'HLkn  1845.  Sehr. 
,Specles  gtoörales  des  col6opttoes*  (1825—37, 
6  Bde.)  und  «Iconographie  des  colöuptöres 
d'Europe*  (1829—36,  5  Bde.). 

Dejektion  (tat.),  gewaltsame  Entsetzung 
aus  dem  Besitze. 

Dcjeniier  (dejeuni,  fr.,  spr.  Deschöneh), 
das  erste,  aus  Kaffee,  Ohokoiade  eto.  beste- 
hende Frühstück.  D.  h  lafourckette  (spr. 
fürschett),  zweites  oder  Gabelfrühstück,  mit 
Fleischspeisen.  D.  diner  (spr.  dineh)  oder 
D.  dinatoire  (spr.  -toahr),  reicheres  Früh- 
stück, das  Mittagsmahl  ersetzend. 

De  Jure  (lat.),  von  Rechts  wegen. 

DeJariren  (lat.),  eidlich  bekräftigen;   ab- 

Deka  ^r.),  s.  JDeeo.  [schwören. 

Dekan  (gr.,  Deehant),  im  rom.  Heere 
Führer  von  10  Mann;  Vorstand  eines  Dom- 
kapitels oder  Kollegiatstifts  (Domdi'vhant)  ; 
hier  nnd  da,  z.  B.  in  Bayern,  TitHl  der 
evangel.  Superintendenten;  auf  deu  Uni- 
versitäten Vorsteher  einer  Fakultät.  De- 
kanei  (Dechanei),  die  zum  Unterhalte  eines 
D.s  bestimmtenGüter ;  auch  dessen  Wohnung. 

Dekan  (Dekhan,  sanskr.  Daksohina) ,  die 
Halbinsel  Vorderindien  südl.  vom  Vibdliya* 
gebirge,  24,740  QM.  mit  ca.  50  Mill.  Ew.; 
ziemlich  gleichförmiges  Plateau  von  1100— 
3000'  Höhe,  im  W.  von  den  Westghats.  im 


478 


Dekantiren  —  Delavigne. 


O.  von  den  Ostgbats  darcYiEogen  and  vom 
Kerbudd«,  Tapty,  Mahanadi,  Godavery  nnd 
Krischna  bewässert ;  gröflstentheils  englisch. 

Dekiuitireii  (lat.)i  absingen,  ausposaunen ; 
auch  eine  Flüssigkeit  von  dem  ans  ihr  ab- 
gesetssten  Bodensatz  abgieasen. 

DekAtireSy  Behandlung  der  Tuche  mit 
Dampf  oder  heissem  Wasser,  um  ihnen 
einen  milden  dauerhaften  Olans  bu  geben, 
geschieht  meist  bei  der  Appretur. 

Deklaniatioii  (lat.)»  der  kunstgerechte 
mündliche  Vortrag  einer  Rede,  eines  Ge- 
dichts etc. 

Deklaration  (lat.),  Erkl&rung ;  im  Bechts- 
-wesen  Erklärung  des  Schuldners,  dass  er 
zahlungsunfähig  sei;  Yerzeiohniss  von 
Waaren,  welche  bei  der  Steuerbehörde  zur 
Verzollung  angemeldet  werden;  Angaben, 
welche  als  Grundlage  zu  einem  Versiche- 
rungsTertrag  dienen. 

Deklination  (lat.),  In  der  Grammatik  Beu- 
^mg  des  Nomens;  a.Abtoeiehung,  Tgl.  Magnet. 

Deklinationsnadely  s.  Magnetnadtl. 

Dekokty  8.  Abkochen. 

Dekollatlon  (lat.),  Enthauptung. 

Dekomposltlon  riat.),  Zersetzung. 

Dekoration  (lat.),  Verzierung,  Aus- 
schmückung; im  Theater  die  der  dramat. 
Handlung  entsprechende  gemalte  Beklei- 
dung der  Bühnenw&nde;  auch  s.  t.  a. 
Ordenszeichen.  [sehen  bringen. 

Dekreditiren  (lat.) ,  um  Vertrauen ,  An- 
Dekrement (lat.),  Abnahme,  Verfall. 

Dekrepitiren  (lat.),  abknistern,  vonEry- 
stallen,  die  mechanisch  eingeschlossenes 
Wasser  enthalten  und  infolge  davon  beim 
Erhitzen  zerspringen,  wie  Kochsalz. 

Dekret  (lat.  deeretum),  obrigkeitliche, 
insbes.  gerichtliche  Entscheidung  oder  Ver- 
fügung, welche  auf  einseitiges  Ansuchen 
der  Parteien  ergeht,  im  Gegensatz  zum  Be- 
scheid, der  nach  rechtlichem  G«hör  beider 
Parteien  ergeht;  auch  von  Seiten  der  Staats- 
gewalt an  eine  einzelne  Person  ergehende 
Resolution  (AruteÜvngi',  EnÜaunngadekret). 
Dekretaien,  päpstliche  Entscheidungen  vor- 
kommender Fälle,  allgem.  Anordnungen, 
Antworten  auf  Anfragen  etc. 

Delacroix  (spr.  -kroa),  Eugine,  franz. 
Historienmaler,  geb.  26.  April  1799  zu  Paris, 
Schüler  Guerins,  dessen  Richtung  er  aber 
bald  verliess,  um  eine  neue  Bahn  einzu- 
schlagen, entwickelte  eine  seltene  FiUle 
und  Vielseitigkeit  des  Schaffens;  f  18.  Aug. 
1863.  Einer  der  Hauptrepräsentanten  der 
sogen,  romant.  Schule,  von  nngebändigter 
Kraft  und  Energie,  glänzender  Kolorist; 
behandelt  Stoffe  aus  der  Mythologie ,  Reli- 
gion, Politik,  Geschichte,  dem  Alltagstrei- 
ben und  der  Poesie,  dem  Katur-  (Marinen) 
und  Thierleben  etc.  mit  gleicher  Bravour. 
Hauptwerke:  Blutbad  auf  Scio  (1824),  Tod 
Marino  Falieris  (1826) ,  Sardanapal  (1828), 
heil.  Sebastian  (18S6),  Medea  (18S8V,  Er- 
oberung Konstantinopels  durch  die  Kreuz- 
fahrer (1841),  Christus  am  Kreuz  (1847), 
Dante  und  Vlrgil  (Deckengemälde  im  Luxem- 
bourg,  1847)  und  Apoll  den  Python  tüdtend 
(Deckengemälde  im  Louvre,  1850)  u.  a«  Bio- 
graphie ,E.  D.',  1865. 


Delagoabal  (Dalagoabai),  Bai  au  der 
Ostküste  von  Südafrika,  trennt  Natal  vom 
Küstenland  von  Sofala. 

Delambre  (spr.  -langbr),  Jean  BaptUte  Jo- 
•epK,  firanz.  Astronom,  geb.  19.  Sept.  1749  in 
Amiens,  seit  1792  Mitglied  u.  seit  1803  Sekre- 
tär des  Institut^,  auch  Mitglied  des  Längen- 
bureaus, seit  1807  Prof.  der  Astronomie  am 
Goll^e  de  France;  f  19.  Aug.  1822  in  Paris. 
An  der  Gradmessung  von  Dilnkirchen  bis 
Barcelona  betheiligt.  Hauptwerke:  ,M6- 
thodes  analytiques  pour  la  d6termination 
d'un  aro  de  m6ridien*  (1799);  ,Table8  du 
soleil*  (1806);  ,Base  du  Systeme  mßtrique* 
(1806-10,  SBde.);  ,Trait6  d'astronomie*  (2. 
Aufl.  1827,  SBde.);  «Astronomie  th6oretique 
et  pratique'  (1817,  2  Bde.);  .Histoire  de 
l'astronomie'  (1817—23,  7  Bde.). 

Delangle  (spr.  D'langl),  daude  Alplum»», 
franz.  Minister,  geb.  6.  April  1797  zu  Varzj, 
1840—46  Generaladvokat  am  Kassationshofe, 
1846  Deputlrter,  schloss  sich  dem  Prinz- 
Präsidenten  an ,  ward  30.  Dec.  1852  erster 
Präsident  des  kaiserl.  Gerichtshöfe,  später 
Senator,  1858  Minister  des  Innern,  Mai 
1859—68  Justizminister,  seit  1863  Vicepräsi- 
dent  des  Senats;   f  26.  Dec.  1869  zu  Paria. 

Delaroche  (spr.  -rosch),  PomI,  franz.  Histo- 
rienmaler, geb.  16.  Juli  1797  zu  Paris,  eine 
Zeitlang  Schüler  von  Gros,  schlug  aber  bald 
eine  selbständige  Richtung  ein,  war  mehrere 
Male  (1834  und  1844)  in  Italien,  ward  1839 
Mitglied  des  Instituts;  f  4.  Kov.  1856.  Keben 
Ingres  und  Delacroix  das  Haupt  der  moder- 
nen firanz.  Schule ;  seine  Bilder  ausgezeich- 
net durch  psychologische  Feinheit  und  geiat- 
volleCharakteristik,  wie  nicht  minder  durch 
Korrektheit  der  Zeichnung  und  Wärme  und 
Durchsichtigkeit  des  Kolorits.  Hauptwerke: 
Joas  dem  Tode  entrissen  (1822),  Tod  Mazarins 
ri829),  Richelieu  mitCinq-Mars  auf  derRhona 
(1833),  Ermordung  des  Herzogs  von  Guise 
(1835),  Napoleon  I.  zu  Foutainebleau  (im 
leipziger  Museum)  und  andere  Napoleons- 
bilder; Apotheose  der  bildenden  Künste  (gr. 
Wandgemälde  in  der  Ecole  des  beaux  arte, 
1844),  Verurtheilung  der  Marie  Antoinette 
(1851)  u.  a.  Die  meisten  seiner  Gemälde 
durch  den  Stich  vervielfältigt. 

DAassement  (fr.,  spr.  Delassmang),  Er- 
holung; delanirtn,  sich  erholen. 

Delation  (lat.),  Anzeige;  in  der  Rechts- 
sprache Zuerkennung  (z.  B.  einer  Erb- 
schaft), Zuschiebung  (z.  B.  dos  Eids);  <2e<a- 
iorieeh,  angeberisch,  verrätherisch ,  auch 
fälschlich  anzeigend.  Delatoren,  in  der 
röm.  Kaiserzeit  Solclie,  welche  in  gewinn- 
süchtiger Absicht  aus  der  Anzeige  von 
Majestätsverbrechen  ein  Gewerbe  machten. 

Delarigne  (spr.  -winj*),  Casimir  Jean 
Franeoi»,  fhtnz.  Dichter,  geb.  4.  April  1793 
zu  B^vre,  seit  1824  Mitglied  der  pariser 
Akademie;  f  l^*  I^«c*  ^^^  »uf  einer  Reise 
zu  Lyon.  Der  Dichter  des  liberalen  ,Juste- 
Milieu',  vortrefflicher  Verskünstler ;  schrieb 
zahlr.,  durch  Pointen  und  geistreiche  Ein- 
falle glänzende  Dramen  (z.  B.  die  Trauer- 
spiele ,Les  vSpres  Siciliennes'  1819,  ,Le  Pa- 
ria* 1821 ,  ,Marino  Faliori'  1825,  ,Les  Enfana 
d 'Edouard*  1833  u.  a.;  die  Lustspiele  ,Le8 


,  Delaware  —  Delirium  tremens. 


479 


ComMlens'  1020,  ,L*^ole  desVieillards«  1886, 
(Don  Juan  d'Autriche*  1836)  aiid  lyr.  Dich- 
tungen (z.  B.  »Messduf eunes') ,  poet.  Dekla- 
mationen über  polit.  Fragen,  theil weise  an 
hiator.  Thatsachen  angelehnt  (1828);  ,Pari- 
sianne'  and  «YarsoTienue*  (volksthümlich 
gewordene  Gesänge,  durch  die  Jalirevolntion 
angeregt)  u.  a.  jOeuvres*  (1845,  8  Bde.).  — 
Sein  Bruder  Germain  D.,  geb.  1790,  Slitar- 
beiter  Scribes  an  verschiedenen  Yaudevilles 
und  Operntezten;  f  31.  Okt.  1868. 

Delaware  (spr.  Delläwehr),  Fluss  In  Kord- 
amerika, entspr.  auf  den  Catskillbergen  im 
Staat  Newyork,  mündet  unterhalb  Phila- 
delphia in  die  Ddatoarebai ;  65  M. 

Delaware  (spr.  Delläwehr),  nordamerik. 
Freistaat,  an  der  Delawarebai,  99,7  QM.  n. 
(1870)  125,015  Ew.;  imN.  hügelig,  im  S.  ganz 
flach.  Baumwoll-  n.  Eisenfabr.  Ausgedehnter 
Küstenhandel.  Konstitution  von  1838.  Im 
Kongress  vertreten  durch  2  Senatoren  und 
1  Repräsentanten.  Von  Schweden  1637  ko- 
lonislrt,  dann  unter  niederländ.  Hoheit,  seit 
1664  engl.  Kolonie,  seit  1776  unabhängig. 
Hauptstadt  Dover. 

Delawareii  (spr.  Della währen,  Lenapet), 
nordamerik.  Indianerstamm,  zu  den  östl. 
Algonkins  gehörend,  Jetzt  am  Kansas  u.  in 
Texas  sesshaft;  etwa  2000  Köpfe  stark,  zum 
Theil  Ackerbauer  und  Viehzüchter. 

Delbrück,  Rudolf,  preuss.  Staatsmann,  geb. 
16.  April  1817,  Sohn  Joh.  Friedr.  GoUlieb  D.$ 
(geb.  1768,  1 1830),  Erziehers  Friedrich  Wil- 
helms lY.  und  Kaiser  Wilhelms  L,  seit  1859 
wirklicher  geheimer  Oberregierungsrath  und 
Direktor  im  Ministerium  des  Handels  zu 
Berlin,  ward  1868  Präsident  des  Bundes- 
kanzleramts, 1869  Minister  ohne  Portefeuille, 
nahm  1870  an  den  Konferenzen  zu  Versailles 
über  den  Hinzntritt  der  süddeutschen  Staa- 
ten zum  norddeutschen  Bund  Theil. 

Deleredere  (ital.),  Gewährleistung  für 
4)ine  übernommene  Bürgschaft.  D.  Uehen, 
eine  solche  Biugschaft  übernehmen.  -  Im 
Handel  eine  Yei^tnng ,  welche  der  Kom- 
missionär beim  Verkauf  einer  Waare,  meist 
In  Proc.  vom  Verkaufswerth,  dafür  berech- 
net, dass  er  für  den  richtigen  Pllngang  der 
Zahlung  haftet ;  Usance  ist  Vs  Mb  3  <Vo. 

Delegation  (lat.),  Ueberweisung,  Ab- 
tretung, diejenige  Aenderung  eines  be- 
stehenden Schuldverhältnisses,  wonach  ein 
Schuldner  (Delegant)  seine  Schuldverpflich- 
tung unter  Zustimmung  des  Gläubigers 
einem  Andern  (Delegat),  oder  wonach  der 
bisherige  Gläubiger  (Delegant)  seine  Forde- 
rung einem  Andern  (Delegatar)  überweist 
und  der  Schuldner  (Delegat)  diesen  als 
seinen  Gläubiger  anerkennt;  auch  lieber- 
tragung  der  Gerichtsbarkeit  für  einen  ein- 
zelnen Fall  oder  für  eine  Klasse  von  Ge- 
schäften, daher  ddegirte  OeHehtebarkeit, 
delegirter  Sichier, 

DeleBimeat  (lat.),  Linderungs-,  Beruhi- 
gungsmittel ;  auch  Liebkosung,  Schmeichelei. 

Deleterinm  (lat.),  jede  das  Leben  gewalt- 
sam vernichtende  Substanz;  deleteriseh, 
vemiclitend;  Deletion,  Vernichtung. 

Delfk,  Stadt  in  der  niederl.  Prov.  Süd- 
holland, an  der  Schie,  (1869)  22,280  Ew. ; 


Arsenal,  neue  polytechn.  Schule  (mit  gr. 
Modellsammlung) ;  ber.  Fayencefabriken 
(del/ter  Zeug);  1684  Wilhelm  von  Oranien 
hier  ermordet.  Hafenstadt  von  D.  ist  Delfs- 
haven,  an  der  Maas,  5424  Ew. 

Delf^yi  (spr.  Delfseil),  befest  Hafenstadt 
in  der  niederl.  Prov.  Groningen,  am  Dollart, 
5476  Ew.,  der  Schlüssel  von  Groningen  und 
Friesland.  [San  Miguel,  13,000  Ew. 

Delgida.     Hauptstadt     der    Azoreninsel 

Delhi  9  Stadt  in  der  brit.-ostind.  Präsid. 
Agra,  am  Dschumna,  einst  die  grösste  und 
prachtvollste  Stadt  Indiens,  Residenz  der 
Grossmogian,  über  160,000£w.  (71,530  Hindu, 
66,120  Moham.) ;  ber.  Moscheen,  mohammed. 
hohe  Schule,  rege  Industrie.  In  der  Nähe 
die  265'  h.  Spitzsäule  KuUub  Minhar.  D.,  1681 
auf  den  Ruinen  des  alten  Indrapraatha,  der 
glänzenden  Residenz  der  afghan.  Dynastie, 
gegründet,  besass  vor  den  Plünderungen 
der  Mahratten  und  Perser  im  18.  Jahrh. 
fabelhaften  Relchthum;  1802  besetzten  es 
die  Engländer,  liessen  aber  den  Grossmognl 
nominell  fortreg^eren.  Eine  Empörung  der 
Moslems  im  Sommer  1857  endete  mit  der 
blutigen  Erstürmung  der  Stadt  seitens  der 
Briten  (14.  — 20.  Sept.  1857)  und  Gefangen- 
nahme des  Grossmognls. 

Dellberireii  (lat.),  berathschlagen. 

D^ilce  (fr.,  fpr.  Delihs),  Ergötzung, 
Wonne ;  etwas  Wohlschmeckendes ;  deledUe, 
wohlschmeckend. 

Dellelae  (lat.),  iTrgötzIlchkeiten,  Titel  für 
unterhaltende  Schriften. 

Dellctam  (lat.),  Verbrechen. 

Delille  (spr.  DMil),  Jacques,  franz.  Dich- 
ter, geb.  22.  Juni  1738  zu  Aigue-Perse 
(Auvergne) ,  t  ^*  ^^^  1^13.  Sehr,  elegante 
Lehrgedichte:  jLesJardins*  (üb.  Landscbafts- 
gärtnerei,  1784),  ,L'bomme  des  champs* 
(über  das  Landleben,  1802),  ,La  Piti6*  (1802), 
,Les  trois  rdgnes  de  la  nature'  (1806)  u.  a.; 
verfasste  auf  Robespierres  Aufforderung 
(1794)  den  ber.  ,Dithyrambe  sur  immortaUt6 
de  räme*,  übers.  Virgils  ,Georgioa*  und 
Milton.    Werke  (1824—25,  16  Bde.}. 

Delirium  (lat.),  Vorhandensein  krankhaf- 
ter geistiger  Vorstellungen,  sogen.  Wahn- 
ideen, meist  in  Irrereden  sich  zeigend,  ent- 
weder Symptom  wirklicher  Hirnerkrankun- 
gen oder  im  Gefolge  ausserhalb  des  Hirns 
gelegener  krankhafter  Vorgänge ;  bes.  häufig 
bei  heftig  auftretenden  fieberhaften  Krank- 
heiten. Man  unterscheidet  etillee  und  tMdes 
(ftiribundes)  D. ;  stets  Zeichen  schwerer  Er- 
krankung. Behandlung:  Eisumschläge  auf 
den  Kopf,  kühle  Bäder,  bisweilen  Blutent- 
ziehungen, nie  Reizmittel;  bei  nicht  fieber-^ 
haftem  Zustand:  Ruhe,  Entfernen  der  ver- 
anlassenden Momente. 

Delirium  tremens  (lat.),  Säuferwahnsinn, 
entsteht  in  Folge  anhaltenden  und  reich- 
lichen Genusses  starker  alkoholischer  Ge- 
tränke (Branntwein,  Rum),  bricht  aus  nach 
heftigen  Erregungen,  Verletzungen,  plütih 
lieber  Entziehung  des  gewohnten  Getränkes. 
Anfangs  unstetes  Wesen,  Zittern,  bes.  der 
Zunge,  lebhaftes  Reden ;  die  Kranken  glau- 
ben Thiere  zu  sehen,  greifen  um  sich, 
wehren  dieselben  ab;  dann  bisweilen  hef- 


460 


Delisches  Problem  —  Demarkationslinie. 


tiges  Toben.  Behandlang  bezweckt  Her- 
beiftihrung  von  Schlaf,  bes.  durch  grosse 
Gaben  von  Opium;  zur  Vermeidung  des 
Ausbruchs  düs  D.  Darreichung  von  Brannt- 
wein oft  nothwendig.  Doch  müssen  die 
Kranken  allmählig  des  Alkohol gennsses 
entwöhnt  werden.  Tod  meist  durch  Lungen- 
entzündung. 

Dellscheg  ProMem,  im  griech.  Alterthum 
berühmte  geomotr.  Aufgabe,  die  Seite  eines 
Würfels  zu  finden,  dessen  Inhalt  doppelt  so 
gross  ist  als  ein  anderer  gegebener  Würfel. 

Delitzsch  9  Kreisst.  im  preuss.  Kegbz. 
Merset)urg,  an  der  Löbber,  7968  Ew. 

Delins,  Nikolaui,  bekannt  durch  seine 
Studien  über  Shakespeare,  geb.  Sept.  1813 
lu  Bremen,  seit  1855  Prof.  des  Sanskrit  u. 
der  roman.  und  engl.  Literatur  zu  Bonn. 
Sehr.  ,RadioeB  pracriticae'  (1839),  lieferte 
•ine  krit.  Ausgabe  der  Werke  Shake- 
speares (2.  Aufl.  1863-64;  Nachträge  1865); 
sehr.  ,Der  Mythus  von  William  Shakespeare* 
(1851);  ,Ueber  das  engl.  Theaterwesen  zu 
Shakespeares  Zeit'  (1853) ,  ,Shakespeare- 
Lexikon'  (1852)  u.  A.;  gab  heraus  ,Pro- 
yenzaliscbe  Lieder'   (1853)  u.  A. 

DellySy  Stadt  in  Algerien,  östl.  von  Algier, 
10^484  Ew.;  Hauptmarkt  der  Kabylen. 

Delmenhorst  9  Kreisst.  im  Grossherzogth. 
Oldenburg,  an  der  DtXmt  (Nebenfl.  der  Ochte), 
2248  Ew.    Früher  Grafschaft. 

Delogiren  (fr.,  spr.  -seht-),  abziehen,  auf- 
brechen, einen  Platz  räumen;  auch  ver- 
drängen, vertreiben.  Delogement  (spr.-  losch '- 
mang),  Aufbruch,  z.  B.  von  Truppen. 

Delorme.  Ihilibert,  franz.  Architekt, 
geb.  um  1518  zu  Lyon,  bildete  sich  in 
Italien,  ward  von  Katharina  von  Medicis 
zum  Oberaufseher  aller  königl.  Bauten  er- 
nannt; t  1577.  Von  ihm  stammen  die 
Schlösser  zu  Menden  und  Anet,  sowie  der 
ältere  Theil  der  Tuileiien.  Ber.  auch  durch 
Erfindung  der  aus  Bohlenstücken  znsammen- 
gesetzten  Bogensparren. 

Delos  (Jetzt  Sdille,  Dili),  Gykladeninsel 
im  ägäischen  Meer,  IVs  QM* »  jetzt  unbe- 
wohnt; Im  Alterthum  als  Geburtsort  von 
Apollo  und  Diana  (daher  Delio»  und  Delia 
genannt),  als  Orakelstätte  und  Schauplatz 
von  Nationalspielen  der  Griechen  (delisches 
JFest,  alle  5  Jahre)  hocbberühmt  und  mit 
reichen  Tempeln  und  prachtvollen  Kunst- 
werken geschmückt.  Ursprünglich  von 
Priesterkönigen  regiert,  kam  die  Insel  dann 
in  Abhängigkeit  von  Athen. 

Delphi  (a.  G.),  griech.  Stadt  in  Phocis, 
am  Pai*na8s,  am  Abflnss  der  kastalischen 
Quelle,  mit  ber.  Apollotempel  und  Orakel. 
Die  Orakel  statte  befand  sich  über  einem 
Erd Schlund,  aus  welchem  kohlensaures 
WasserstoflTgas  emporstieg.  Ueber  dem- 
selben auf  einem  Breifuss  sitzend  verkün- 
dete die  Priesterin  (Pythia)  im  Zustande 
der  Ekstase  die  Orakel ,  die  in  ganz  Grie- 
chenland in  allen  Kultus-  und  selbst  po- 
litischen Fragen  als  höchste  Autorität  gal- 
ten. Das  Orakel  ward  erst  im  4.  Jahrh. 
n.  Olir.  durch  Kaiser  Theodosius  für  ge- 
schlossen erklärt. 

Delphin     (Delphin  uS     L»,    Mtirtchtoein, 


Tümmler),  Gattung  der  Cetaccen.  1)  Schnabel- 
delphin«:  gekrönter  D.  (D.  coronatus  Frem.), 
30—36'  lang,  bei  Spitzbergen.  Gangesdelphin 
(D.  gaugeticus  Hoxb.),  5—7'  1.,  im  G«nges. 
2)  Eigentliche  D.e :  gemeiner  D.  (D.  delpliis 
L»),  6-7'  ].,  im  Mittelmeer,  auch  im  atlant. 
Ocean ,  umschwimmt  die  Schiffe ,  liefert 
Thran.  3)  3feer*chtoeine :  Meertchroein,  Braun- 
fisch (D.  Phocaena  L.),  4—5'  1.,  im  atlant. 
Ocean  und  in  der  Nordsee.  Schwertfisch, 
Butzkopf ,  N»rdkaper  (Phocaena  Occa  Gm.), 
20  —  25^^1.,  in  den  nördl.  Meeren,  verfolgt 
den  Walfisch.  Graner  D.  (Ph.  grisea  Cuv.), 
7—12'  1.,  und  Grind,  Bundkopf  (D.  globlceps 
Cuv,),  20  —  22'  ].,  in  den  europ.  Meeren.  4) 
Delphiuapterus :  Weiatfisch,  Beluga,  Weistwal 
(D.  leucas  Gm^.),  12—18',  in  den  arktischen 
Meeren,  liefert  Thran.  Das  Fleisch  der 
D.e  wird  gegessen. 

Delphin^  Sternbild  am  nördl.  Himmel 
zwischen  Adler  und  Pegasus,  enthält  18 
Sterne,  darunter  5  dritter  Grösse. 

Delphinaty  s.  v.  a.  Dauphin 6. 

Delphlnlnm,  Tempel  des  Apollo  Del- 
phiuius  mit  Blutgerichtshof  im  alten  Athen. 

Delphinlam  X.  (Biltertpom),  Pflanzeu- 
gattuug  der  Ranunculaceen.  D.  OonsoHda 
L.,FeldriUerspom(KQm\iilmmel),  in  Deutsch- 
land auf  Getreidefeldern,  ehemals  offlci- 
nell.  Ebenso  D.  Ajacis  L.,  Gartenritter- 
sporn. D.  Staphlsagria  L.,  »charfer  Bitter- 
sporn  (Stephans-,  Läuse-,  Wolfskraut, 
Kattenpfelfer),  in  Sndeuropa  mit  offlcinellen, 
scharf  narkotischen  Samen  (Stephans-  oder 
Länsekörner).    Ziei'pflanzen. 

Delta^  der  zwischen  den  MÜndnngsarmen 
des  Nil  liegende  Theil  .von  Aegypten,  weil 
derselbe  mit  der  Küste  die  Grestalt  eines 
griech.  Delta  (^A)  bildet;  dann  überhaupt 
die  angeschwemmten  Landstrecken  an  den 
Mündungen  der  verschiedenen  Arme  eines 
Flusses  (Ganges,  Donau  etc.). 

Deladlren  (lat.),  verspotten,  täuschen; 
D«/<M>on,  Verspottung ;  ddusorisch,  täuschend , 
trügerisch. 

DelTenau,  Nebenfluss  der  Elbe  im  Hor- 
zogth.  Lauenburg;  von  ihm  führt  der  J^ech- 
nitzkanal  zur  Trave  nach  der  Ostsee. 

Demagog  (gr.),  Yolksflihx'er,  in  den  griech. 
Demokratien,  bes.  Athen,  ein  Mann,  der 
durch  pei'sönliches  Ansehen,  Redegabe  etc. 
auf  die  Beschlüsse  der  Volksvei-sammlungen 
einen  bedeutenden  Elnfluss  ausübte.  Dema- 
gogische Umtriebe  nannte  man  die  nach  deu 
Freiheitskriegen  angeblich  planmässig  be* 
triebene  Aufiregung  des  Volks  durch  go- 
heime  Verbindungen  und  Verschwörungen 
zum  Umsturz  der  bestehenden  Staatsver- 
fassungen, welche  zu  den  langwierigen 
Untersuchungen  u.  zu  den  karlsbader  Be- 
schlüssen (s.  d.)  fühi*ten. 

Demarch  (gr.),  Volksvorsteher. 

Demarkationslinie,  Grenzlinie,  Jede  dorcTi 
Uebereinkunft  zwischen  zwei  Mächten  oder 
kriegführenden  Heeren  testgesetzte  Linie, 
welche  von  keinem  Theile  überschritten 
werden  darf,  bes.  bei  WafTenstillstänclea 
vo/kommend.  Bekannt  Ist  bes.  die  D., 
welche  Papst  Alexander  VI.  360  M.  westl. 
von   den  Azoren   durch  den  atlant.  Ocean 


Detoaskiren  —  Demokratie. 


481 


zog  mft  delr  Bo Stimmung ,  dass  alles  östl. 
derselben  gelegene  Land  den  Portugiesen, 
das   westl.  gelegene    den  Spanlern  gehöre. 

Beimskiren  (ft*.),   die  Haske  abnehmen. 

Demath,  Ackermass  in  Marschländern, 
bes..  fär  Wiesengrund,  in  OstfHesland 
:=  450  emdener  QRuthen  =  400  rhein.  QR. 

1>eni«irend^  höchster  Gipfel  des  Elbtu's- 
gebirgs  in  Perslen,  nordöstl.  von  Teheran, 
17i325'  h.,  vnlkan.,  mit  heissen  Quellen. 

Denibea  (Ttana),  See  im  Hochland  Kord- 
abessiniens,  5700'  üb.  M.,  40—50  QM.,  vom 
Abai  durchströmt,  mit  vielen  kultivirten 
Basaltinseln.  An  der  Nordseito  die  frucht- 
bare Landsch.  D.  des  Reiches  Amhara. 

Dembinskt,  Heinr.,  poln.  Getieral,  geb. 
16.  Jan.  1791,  foclit  unter  Napoleon  I.  in 
Russland  und  bei  Leipzig,  trard  nach  dem 
Ausbruch  der  poln.  Revolutiou  von  1830 
Brigadegeneral,  daun  auf  wenige  Tage 
Oberbefehlshaber  der  poln.  Armee.  Tebr. 
1849 zum  Oberbefehlshaber  der  ungar.Haupt- 
armee  ernannt,  musste  er  nach  der  verlorenen 
Schlacht  bei  Kapolna  (26.  —  28.  t'ebr.)  ab- 
danken, erhielt  Juni  1849  das  Kommando 
der  ungar.  Nordaitnee,  ward  bei  Temesvar 
von  den  vereinigten  Russen  und  Öester- 
rcichern  gesclilagen,  rettete  sich  auf  türk. 
Gebiet ;  f  13.  J«üi  18^  zu  Paris.  Sehr.  ,M6- 
molres*  (18S3). 

Pemens  (lat.),  blöd-  oder  wahnsinnig. 
Dementia,  Blödsinn  als  Crelsteskrauklieit. 

Üementiren  (fr.,  spr.  -mangt-),  Jemanden 
Lügen  strafen;  Dementi  (spr.  -mangtih), 
Widerspruch  mit  sich  selbst;  »ich  ein  D. 
gehen,  sich  in  Widerspruch  vetwiclteln. 

Demerara  (spr.  -rärä),  ^inss  in  Biit.- 
Guiana,  Quelle  noch  unerforscht;  etwa  40  M. 
Nacli  ihm  benannt  die  Graf  ach.  D.  dieser 
Kolonie,  zwischen  OBssequIbO  und  Berbice; 
Hauptst.  Georgetown.  [Senkung. 

Demersion  (lat.),   ITntertauchung,    Ver- 

DettiiSt^r,  grlech.  l^ame  der  Geres. 

Demetrias  (a.  6.),  Hafenst.  in  Thessalien, 
am  pagasäischen  Meerbusen,  meist  Residenz 
der  macedon.  Könige. 

Demetrlttg»  Name  mehrererOzare  u .  Gross- 
fursten  von  Russland.  Merkwürdig:  D.  IV. 
Donahoi,  Sohn  Iwans,  geb.  12.  Okt.  1350,  ver- 
legte seine  Residenz  von    Wladimir  nach 
Moskau,  erbaute  den  Kreml  Vou  Stein,  be- 
siegte die  Tatareu  8.  Sept.  1380  am  Don  (da- 
her sein  Beiname,  ward  ihnen  später  zins- 
pflichtig; 1 18.  Mai  1389.  —  JD.  V.,  Sohn  Iwans 
des  Schrecklichen,  geb.  19.  Okt.  1583,  ward 
auf  Befehl  Boris  Godunows  15.  Mai  1591  er- 
mordet.    Die   0n^ewissheit    seines    Todes 
veranlasste  das  Auftreten  mehrerer /al«cben 
D.  (I^eudodemetriug).    Per   erste,   1603  auf- 
tretend,   ein  Mönch  Kamens  Gregor  Otre- 
pjew,  bekriegte,  von  dem  poln.  König  Sigis- 
mund  n.   unterstützt,    Boris  Godunow   mit 
Glück,  zog  1605  in  Mo'skan  ein,  bestieg  den 
Thron,  regierte  mit  Kraft  und  Umsicht,  er- 
regte aber  durch  seine  Vermählung  mit  der 
kathol.  Marina  Mniszek  einen  Aufstand  in 
Moskau  und  wurde  17.  Mai  1606  ermordet. 
Die  Berichte  der  Zeitgenossen  über  ihn  zu- 
sammengestellt   von     üsträlow    (1831  —  34, 
5  Bde.);  neue  Untersuchungen    über   Um 

Meyer 8  Hand'L6xikQn% 


gaben  Miriin^e  (1855)  und  KoHomaroio  (1864). 
eine  Geschichte  ward  öfter  dramat.  behan- 
delt, namentlich  von  Schiller  (uuvollendet) 
und  Hebbel.  Ber  zweite  falsche  D.,  1607 
auftretend,  gab  sich  für  den  Vor.  aus,  ward 
von  dessen  Wittwe  Marina  als  Gemahl  aner- 
kannt, von  den  Polen  erst  unterstützt,  dann 
verlassen ;  11.  Bec.  1610  in  Kaluga  er- 
mordet. Der  dritte  falsche  B.  ward  an  den 
Czaren  Alexei  Michailowitsch  ausgeliefert 
und  erdrosselt ,  der  vierte  falsche  D.  1613 
in  Moskau  hingerichtet. 

DemidoWy  Anatoli,  reicher  russ.  Edelmann 
und  Kunstkenner,  geb.  1812,  anfangs  Attache 
bei  der  rnsS.  Gesandtschaft  in  Wien,  leitete 
1837  eine  Reise  von  Gelehrten  durch  das 
südl.  Russland,  beschr.  in  ,Voyage  dans  la 
Russie  m^ridlonale  etc.*  (1839—42,  4  Bde. ; 
deutsch  von  JV«i^e6a«r  1854),  vermählte  siclx 
1841  in  Florenz  mit  der  Prinzessin  Mathilde 
von  Montfort,  Tochter  J6r6me  Bonapartes, 
ti'ennte  sich  1845  vou  ihr,  ward  zum  wirk- 
licjhen  Staatsrath  ernannt,  lebte  meist  in 
Florenz,  vom  Grossherzog  von  Toskana  zum 
Fürsten  von  San  Donato  ernannt,  Besitzer 
einer  der  reichsten  Kunstsammlungen  Euro- 
pas ;  t  29.  April  1870  zu  Paris. 

Demi -Monde  (fr.,  spr.  B'mimongd),  Halb- 
welt, Bezeichnung  der  abenteuernden  Ge- 
sellschaftsklasse in  Paris  und  anderen 
grossen  Städten,  welche  imAeusseren  Sitte 
und  Lebensweise  der  höheren  Stände  nach- 
zuahmen sucht;  durch  ein  Bühnenstück  des 
ji'ingeren  Alexander  Bunias  seit  1855  in  Auf. 
nalime  gekommen. 

Deiulrkapu  (d.  i.  eisernes  Thor),  1)  von 
der  Donau  durchflossene  Felsenge  auf  der 
sei'bischen  Grenze,  südl.  von  Drenkowa.  — 
2)  (Sab  el  Abuab.  d.  i.  Thor  der  Thore)  Art 
Pass  zwischen  aem  kasp.  Meer  "und  dem 
lesghischen  Gebirg,  einst  die  grosse  Völker- 
strasse  für  die  Einwä,nderer  nach  Europa. 

DeRÜarg  (gr.),  Werkmeister,  Bildner, 
in  den  kosmolog.  -Systemen  der  Gnostiker 
der  Schöpfer  der  sichtbaren  Welt,  auch  der 
Judengott;  bei  den  Keuplatouikoru  die 
Weltseele,  Urheberin  der  Sinnenwelt. 

Demmin,  Krelsst.  im  preuss.  Regbz.  Stettin , 
an  der  Peene,  9237  Ew. 

DemoMlisireu,  eine  Truppe  aus  dem 
Kriegsstaiid  in  den  Friedensstand  versetzen. 

Democrttus,  griech.  Philosoph  aus  Ab- 
dera  in  Thracien,  geb.  um  470,  f  um  302 
V.  Chr.,  nahm  als  die  letzte  elementare 
Grandlage  der  Welt  eine  unendliche  Menge 
Atome  an ,  aus  deren  Begegnung  und  Ver- 
bindung die  verschiedenen  Aggregate  ent- 
standen seien,  belachte  die  Thorheiten  der 
Menschen,  setzte  das  höchste  menschliche 
Glück  in  völlige  Seelenruhe.  Fragmente 
seiner  Schriften  gesammelt  vonÜfttMaoA  (1843). 

Bemodöcns,  ginech.  Dichter,  angebl.  Ver- 
fasser eines  Gedichtes  über  die  Einnahme 
von  Troja,  älter  als  Homer. 

Demogeronten  (gr.),  Volksälteste,  Ge- 
meindevorsteher. 

Demokratie  (gr.),  Volksherrschaft,  die- 
jenige Staatsfonn,  bei  welcher  die  Gesammt- 
heit  der  Staatsbürger,  das  Volk  (Demos),  die 
Staatsgewalt    ausübt,    entweder    etno   ab- 

31 


482 


Demoliren  —  Dendermonde. 


solato  (anmittelbare),  wenn  die  Staatf- 
angelegenheiton  In  der  Yersammlang  des 
ganzen  Volks  berathen  und  entschieden 
wurden,  so  im  alten  Athen,  gegenwärtig  in 
mehreren  kleineren  Kantonen  der  Schweiz, 
oder  eine  repräsentative  (mittelbare),  wenn 
vom  Volke  gewählte  Vertreter  oder  Be- 
präsentanten  die  höchste  Gewalt  in  Händen 
haben.  Die  D.  der  Aetue»<  fordert  Besei- 
tigung aller  aus  den  mittelalterliehen  Feu- 
dalzuständen  herrührenden  Schranken  in 
der  Gesellschaft,  volle  Gleichberechtigung 
aller  Klassen  der  Bevölkerung  zu  Ausübung 
aller  poÜt.  Rechte.  Pie  Soeialdemokratie 
will  die  polit.  Gleichstellung  Aller  nur  als 
Mittel  zu  Ilerstellung  allgemeiner  socialer 
Gleichheit  benutzen,  indem  sie  die  Ab- 
hängigkeit der  besitzlosen  Klasse  von  der 
besitzenden,  der  sogen.  Bourgeoisie,  auf- 
zuheben und  insbesondere  die  Arbeit  von 
der  Macht  des  Kapitals  freizumae)ien  sucht. 

Demoliren  (fr.),  zerstören,  namentlich 
Festungswerke.  DemoUlioruByUem ,  die  Ein- 
richtung einer  Festung,  wobei  die  vom 
Feinde  eingenommenen  Werke  mittelst  dar- 
unter angebrachter  Minen  sogleich  zerstört 
werden  können. 

Demonesi  (Prirueninaeln),  9  turk.  Eilande 
im  Mai'mormeer,  am  Eingang  zum  Bosporus, 
mit  herrl.  Vegetation  und  gesunder  Luft. 
Auf  der  gi'össten  (Principo)  Zusammen- 
kunft Karls  d.  Gr.  mit  Harun -al -Raschid. 

Demonetiglren  (fr.)>  ^^^  Münze  herab- 
oder  ausser  Kurs  setzen. 

Demonstration  (lat.),  in  der  Logik  der 
unmittelbare,  auf  Anschauung  gegründete 
Beweis ;  in  den  empirischen  Wissenschaften 
die  anschauliche  Darlegung  eines  Gegen- 
standes; Öffentliche  Handlung,  durch  welche 
man  einer  Gesinnung  oder  Meinung  Aus- 
druck zu  geben  sucht;  im  Kriegswesen  eine 
Vorspiegelung,  z.  B.  eine  dem  Gegner  be- 
merkbare Bewegung  gegen  einen  bestimm- 
ten Ort  mit  dem  Zwecke,  ihm  den  wahren 
Plan  zu  vorbergen. 

Demontlren  (fr.,  spr.  -mong-),  feindliche 
Geschütze  durch  Schüsse  unbrauchbar 
machen;  der  Reiterei  die  Pferde  nehmen; 
eine  Festung  d.,  sie  durch  Entfernung  der 
Kanonen  von  den  Wällen  aus  dem  Ver- 
theidigungsznstand  in  den  Friedensznstand 
versetzen;  auch  Kanonen  und  Mörser  von 
den  Laffeten  heben  und  sie  mit  nach  unten 
gekehrtem  Zuudloche  auf  die  Wälle  legen. 

Demoralisatloii  (lat.),  Entsittlichung,  Ver- 
derbung  der  Sitten ;  demoralinren,  verderben, 
verschlechtern« 

Demos  (gr.),  Volk,  Volksgemeinde  über- 
haupt; im  alten  Attlca  Name  der  einzelnen 
Gemeinden  oder  Ortschafkon,  in  welche  das 
Land  eingetheilt  war.  DeTnarcho»,  Vorsteher 
einer  solchen.  Vgl.  Jioss,  ,Die  Demen  von 
Attica*,  herausgeg.  von  Meier  1846. 

Demosthenes,  her.  altgriech.  Redner,  geb. 
384  V.  Chr.,  Schüler  des  Isäus,  trat  seit  364 
als  Redner  vor  der  Volksversammlung  auf, 
suchte  das  Volk  in  seineu  berühmten  Reden 
gegen  Pliilipp  von  Macedouien,  den  sogen. 
,philippi8chen<  (seit  351),  zu  mannhafter  Ver- 
tbeidigung  der  Freiheit  und  Selbßtändigkeit 


Griechenlands  n  bewegen,  brachte  SS8,  als 
Philipp  durch  die  Thermopylen  nach  Phocis 
vorgedrungen  war,  eine  zahlreiche  Kriegs- 
macht zusammen,  die  aber  bei  Charouea 
unterlag.  Kach  Philipps  Ermordung  von 
der  macedon.  Partei  der  Bestechung  be- 
schuldigt, in  einer  Geldstrafe  von  50  Ta- 
lenten vemrtheilt  und,  da  er  sie  nicht  aah- 
len  konnte,  ins  Ciefängniss  geworfen,  ent- 
kam er  und  hielt  sich  bis  zu  Alexanders 
Tod  auf  Aegina  auf.  Dann  ehrenvoll  bu- 
rückberufen,  forderte  er  zum  Kri^  gegen 
Antipater  auf,  floh  bei  dessen  unglücklicher 
Wendung  in  den  Poseidontempel  auf  Ka- 
lauria  u.  tödtete  sich  hier  IS.  Okt.  322  dorcli 
Gift.  Erhalten  sind  unter  seinem  Namen 
61  Reden  (mehrere  davon  schon  von  den 
alten  Kritikern  als  unächt  erkannt),  56 
Eingänge  und  6  Briefe  (ebenfalls  unächt). 
Gesammtausgabe  in  den  ,Oratores  Attici^ 
r on  Bekker  (1825;  neue  Ausg.  1854—55),  von 
Bauppe  und  Bauer  (1839—46),  von  FVmel 
(1843,  8  Bde.)  und  von  Bindorf  (1846—49, 
7  Bde.).  Uebers.  von  Jacchi  (2.  Aufl.  1833), 
die  philippischen  von  Becker  (1823—25).  Vgl. 
Schäfer,  .D.  und  seine  Zeit*,  1856—58,  3  Bde. 

Demötisch  (gr.),  volksthümlich;  d.e  Schrift, 
die  ans  den  Hieroglyphen  hervorgegangene, 
aber  aus  ein&cheren  Charakteren  bestehende 
altägyptische  Schrift,  Art  Kurrentschrift 
zum  Gebrauch  im  gewöhnlichen  Leben. 

Demnlclren  (lat.),  besänftigen,  erweichen, 
mildem.  Demülcentia  (Tnvolventia),  einhül- 
lende Mittel,  besonders  dem  Schutze  kranker 
(wunder)  Körperstellen  dienend,  wie  z.  B. 
schleimige  Getränke  und  Gnrgelwässer  bei 
Halsentzündungen,  Starkeklystierebei  Darm- 
Icatarrhen  (Diarrhöe),  lieinölumschläge  bei 
Verbrennungen. 

Denain  (spr.  -näng),  Industriestadt  im 
franz.  Depart.  Kord,  an  der  Scheide,  10,254 
Ew.,  Kohlengruben  und  Eisenwerke. 

Denir  (Denarius),  im  alten  Rom  seit  269 
V.  Chr.  bis  zur  Zeit  Konstantins  d.  Gr. 
Silbermünze,  erst  von  10,  dann  16,  zuletzt 
unter  Augustus  wieder  10  Assen  Werth. 
Der  Golddenar,  im  Werth  von  10  Silber- 
denareu,  seit  207  v.  Chr.  geprägt,  erhielt 
sich  bis  ins  spätere  Mittelalter,  unter  den 
Karolingern  in  Deutschland  und  Frankreich 
=  Vis  Solidus.  In  Frankreich  später  als 
Denier  (s.  d.)  Kupferscheidemünze;  in  Ober- 
italien als  Denaro  Ursprung!.  Vis  Soldo,  dann 
mehrfach  reducirt;  auch  im  Orient  in  Ge- 
brauch. Name  eines  Gewichts,  =  ^/s«, 
später  Vm  Pfd. 

Denationalisiren  (lat.),  die  Volksthüm- 
lichkeit  (Nationalität)  rauben.       [berauben. 

Denatnralisiren  (lat.),  des  Heimatsrechts 

Denbigh  (spr.  -bi),  Grafsch.  im  engl. 
Fürstenth.  Wales,  am  irischen  Meer,  28  QM. 
mit  100,778  Ew.,  gebirgig,  doch  fruchtbar. 
Die  Hauptst.  D.,  am  Clwyd,  6946  Ew. 

Denderah,  Dorf  in.  Oberägypten,  nSrdl. 
von  Theben ,  am  Nil ,  in  der  Nähe  der 
Ruinen  der  alten  Stadt  Tentyra  {Tentyris), 
mit  den  Trümmern  mehrerer  Tempel,  z.  B. 
der  Göttin  Hather,  her.  durch  die  darin 
vorgefundenen  beiden  Tliierkreise. 

Dendermonde  (Termonde),  befestigte  Stadt 


Dendriten  —  Depit. 


48d 


i 


)a  der  belg.  Proy.  Ostflandern,  am  Elaflius 
der  Bender  in  die  Scheide,  8300  Ew. 

Dendriten 9  feine,  baumähnliche,  braune 
oder  schwarze  Zeichnungen  aus  Eisen-  oder 
Manganoxyd,  entstehen  durch  Infiltrationen 
entsprechender  Lösungen  In  fast  gfeschlos- 
seneu  Fugen  oder  Klüften  besonders  des 
Kalk-  und  Sandsteins.  Sie  wie  die  körper- 
lichen D.,  welche  sich  innerhalb  einer  Mi- 
neral- oder  Gesteinsmasse  nach  allen  Seiten 
hin  ausbreiten  (e.B.  Moosachate),  sind  häufig 
für  vegetabil.  Petrefakten  gehalten  worden. 

Dendrometer  (gr.),  Baummesser,  Insti'u- 
meut  nach  Art  der  geradlinigen  Tasten- 
clrkel  oder  Kaliberstäbe  zur  Bestimmung 
des  Kubikinhalts  der  Bäume,  auch  Insti*u- 
ment  zur  Bestimmung  der  Höhe  ungefällter 
Bäume.  [gerung. 

Denegfttion  (l<^^*))  Verneinung,  Verwei- 

Denier 9  franz.  Silber-,  später  Kupfer- 
münze, =  Vmo  liivre  Tournois.  J).  d^or, 
JAard,  Rechnungsninnze,  =  3  D.s  Tournois. 

Denis  (Joh,  Mich.  OoemuSf  genannt  Sined 
der  Barde).  Dichter,  geb.  37.  Sept.  1729  zu 
Schärding  am  Inn,  f  ^*  ^^P^*  ^^^^  <^1> 
Kustos  der  Hofbibliothek  zu  Wien..  Spielte 
die  Rolle  eines  in  antike  Metra  gekleideten 
teutonischen  Barden  unter  gi'ossem  Beifall 
der  Zeitgenossen.  ,Die  Lieder  Sined s*  (1773) ; 
Uebersetzting  Ossians  (in  Hexametern, 
1768—69};  auch  bibliograph.  Werke. 

Denizl/  (Ladakia),  kleinasiat.  Stadt,  im 
Ejalet  Aidin,  20,000  £w.    Maroquinfabr. 

Denner»  Balthasar,  Porträtmaler,  geb. 
15.  Nov.  1685  in  Hamburg,  f  das.  14.  April 
1747 ;  in  genauester  Nachahmung  der  Natur 
unübertroffen. 

Dennewltz,  Dorf  im  preuss.  Begbz.  Pots- 
dam, Kr.  Jüterbogk.  Hier  6.  Sept.  1813 
Bieg  des  preuss.-russ.-schwed.  Heeres  unter 
dem  Kronprinzen  von  Schweden  über  die 
Franzosen  unter  Ney.  [erklären. 

Deuobilitiren  (lat.),  des  Adels  verlustig 

Denomination  (lat.),  Benennung;  Ernen- 
nung zu  einem  Amte.  JDenominatioturecht, 
das  Recht,  einen  Kandidaten  zu  einer  Stelle 
Demjenigen  vorzuschlagen,  welcher  das  Be- 
rufungsreoht  hat. 

Denon  (spr.  Denong),  Dominique  Vivant, 
Baron,  Kunstkenner,  geb.  4.  Jan.  1747  zu 
ChlLlons-sur-Sa6ne,  begleitete  Bonaparte 
nach  Aegyjpten,  wählte  als  Generalinspektor 
der  Museen  in  eroberten  Ländern  die  nach 
Paris  zu  führenden  Kunstschätze  aus ;  f  ^Is 
Mitglied  des  Instituts  zu  Paris  27.  April 
1825.  Hauptwerk:  ,Voyage  daus  la  Basse-  et 
daus  la  Haute -Egypte*  (1802,  2  Bde.  mit 
Atlas).  Hatte  auch  bedeutenden  Antheil  an 
der  vom  ägypt.  Institut  herausgeg.  ,De- 
scription  de  l'Egypte',  gab  heraus  ,Monu- 
ments  des  arts  du  dessln  chez  les  peuples 
tant  anciens  que  modernes'  (beendet  von 
A.  Duval  1829,  4  Bde.  mit  815  Tafeln). 

De  novo  (lat.),  von  Neuem.  [tigkeit. 

Denzlren  (lat.),  verdichten ;  Densität,  Dich- 

Dent  (spr.  Dang),  Zahn;  in  der  Aranz. 
Schweiz  und  Savoyen  Bezeichnung  kegelför- 
miger Alpengipfel  (s.  V.  a.  Hom);  z.  B.  D. 
de  Morde»  (spr.  Morkl),  im  S W.  der  bemer 
Aipen,  9014',  imd  ihm  gegenüber  der  D.  d» 


Midi  in  Savoyen,  10,107';  D.  de  Jaman  (spr. 
Schamang),  an  der  Ostecke  des  Geufersees, 
5766';  D.  d'Ocke  (spr.  d'Osch),  zwischen 
Montblanc  und  Genfersee,  5906',  u.  a. 

Dentaria  L.  (Zahnwurz),  Pflanzengattung 
der  Kruciferen.  D.  bulbifera  L.,  in  Europa 
und  Kleinasien,  mit  scharfer,  früher  offivi- 
neller  Wurzel  (Radix  Saniculae  albae,  kleine 
Zahn  würz). 

Dentist  (v.  lat.  deru,  Zahn),  Zahnarzt; 
Dentition,  das  Zahnen;  Dentur,  Gebiss, 
auch  Beschaffenheit  der  Zähne. 

Denudation  (lat.) ,  Entblössnng*  Entklei' 
düng,  ^losslegung. 

Dennneiation  (lat.),  Anzeige,  Meldung  im 
Allgemeinen;  im  Strafprozess  freiwillige, 
ohne  vorherige  Aufforderung  erfolgte  Be- 
nachiichtigung  der  Behörde  von  der  Yer- 
übnng  eines  Verbrechens.  Denunciani,  der 
Anzeigende;  DenuneiaJt,  der  durch  die  Au- 
zeige  Betroffene. 

Denver,  bis  1864  Hauptst.  des  nordamerik. 
Territoriums  .  Colorado ,  am  südl.  Platte, 
durch  Zweigbahn  mit  der  Pacificeiseubalm 
verbunden,  20,000  Ew.  In  der  Nähe  Eisen-, 
Steinkohlen-  und  Kupferbergwerke. 

Departement  (fr.,  spr.  -mang),  Abthei- 
lung, Geschäftskreis,  namentlich  der  Mini- 
sterien, z.  B.  des  Kultus,  der  Justiz  etc.; 
dann  s.  v.  a.  Landesdistrikt,  Bezirk;  na- 
mentlich ist  Frankreich  (seit  1789  auf  Abb6 
Siey&s  Vorschlag)  und  die  meisten  mittel- 
und  südamerikan.  Republiken  in  D.s  ein- 
getheilt. 

Departiren  (lat.),  vertheilen. 

Depasciren  (lat.),  abweiden,  abfressen. 

Depauperation  (lat.),  Verarmung. 

DepelLülation  (lat.),  Kasscndiebstahl. 

Depelliren  (lat.),  vertreiben,  Verstössen. 

Dependent  (lat.) ,  abhängig ;  Dependeniien, 
Zubehör,  s.  v.  a.  Pertinentien ;  Dependem, 
Abhängigkeit.  [wand. 

Depense  (fr.,  spr.  -pangs),  Ausgabe,  Auf- 

Depeselien  (fr.  d4ptehea,  spr.  Depäsch, 
d.  i.  Eilbriefe),  amtliche  Korrespondenz 
zwischen  dem  Ministerium  der  auswärtigen 
Angelegenheiten  und  den  unter  ihm  stehen- 
den diplomat.  Agenten  (Gesandten,  Kon- 
suln etc.),  so  geuannt  von  ihrer  Beförderung 
auf  schleunigstem  Wege  (durch  Kuriere  etc.) ; 
auch  andere  schleunig  beförderte  Mitthei- 
lungen. Teltgraphieche  D.,  s.v.a.  Telegramme. 

DepUegmator  (gi*.) ,  Vorrichtung  zur 
leichteren  Trennung  gemischter  Flüssig- 
keiten von  verschiedenem  Siedepunkt  durch 
Destillation,  besteht  aus  Gefässen,  in  wel- 
chen die  aus  der  Blase  entweichenden  ge- 
mischten Dämpfe  so  weit  abgekühlt  werden, 
dass  sich  die  schwerer  flüchtige  Substanz 
verdichtet  und  in  die  Blase  zurückfliesst, 
während  die  Dämpfe  der  leichter  flüchtigen 
ins  Kühlgefäss  gelangen.  Werden  bes.  bei 
der  Branntweinbrennerei  benutzt. 

Depilatoria  (lat.),.  Enthaarungsmittel,  Mi- 
schungen von  Aurlpigment  mit  Kalkhydrat 
(Rusma),  ein  Brei  von  Oalciumsulfhydrat, 
welcher  einige  Minuten  einwirken  muss, 
oder  ein  Hai*zpflasi.er,  welches  beim  Abneh- 
men die  Haare  mit  der  Wurzel  entfernt. 

Depit  (fr.,  spr.  -plh),  Unwille,  Verdruss. 

31* 


484 


Deplacirungsmethode  —  Deputation. 


PepUelnmgfliiietliode,  VerdrängungBme- 
thode,  Vei*fahi*en  zur  Extrahiraog  von 
Pflanzensubstanzen ,  bei  welchem  letztere 
mit  wenig  Flüssigkeit  übei^ossen  werden, 
80  daBS  sich  eine  koncentrirte  Lösung  bildet, 
welche  dann  durch  neu  zugegossene  Flüssig- 
keit verdrängt  wird,  bis  die  Substanz  er- 
schöpft ist. 

Beplaisir  (fr.).  Missfallen,  Ungunst. 

Deplorabel  (lat.),  bejammemswerth. 

Deployireii(fr.),  sich  entfalten,  ausbreiten; 
im  Milltärieesen  s.  t.  a.  auf  marsch  Iren,  ins- 
bes.  aus  der  geschlossenen  Kolonne  zur 
Linie;  DeployemerU  (spr.  Deploi^'mang),  ein 
solcher  Aufmarsch. 

Deponens  (lat.),  in  der  lat.  Grammatik 
Zeitwort,  welches  passive  Form,  aber  aktive 
(transitive  oder  intransitive)  Bedeutung  hat. 

Deponiren  (lat.),  niederlegen,  s.  ßgposition. 

Depopttlarisiren  (lat.),  nnpopnl&r  machen, 
der  Volksgunst  entziehen. 

Depopnlatlon  (lat.),  Entvölkerung. 

Deportation  (lat.),  Verbannung  an  einen 
entfernten  Ort  mit  gewaltsamer  Hin  Schaf- 
fung dahin  und  Festhaltung  das.,  verbun- 
den mit  Aberkennung  der  bürgerlichen 
Ehrenrechte,  in  England  unter  der  Königin 
Elisabeth  als  Verweisung  nach  überseeischen 
Kolonien  (nach  Nordamerika,  später  nach 
Vandiemensland  und  Neusüdwales  [Botany- 
bai])  angewendet,  durch  Gesetz  vom  20.  Aug. 
1853  in  Zwangsarbeit  in  England  umwandel- 
bar erklärt,  1^8  ganz  abgeschaift ;  in  Frank- 
reich zur  Zeit  der  Revolution  als  vorüber- 
gehendes Sicherungsmittel  für  die  Republik 
verhängt;  nach  der  Restauration  nicht  mehr 
angewendet,  wenn  auch  nicht  förmlich  auf- 
gehoben; durch  die  repnblikau.  Regierung 
von  1848  nach  dem  Juniaufstande  als  Sicher- 
heitsmittel wieder  in  Aufnahme  gekommen 
und  durch  Gesetz  vom  8.  Juni  1850  der 
Todesstrafe  substituirt;  nach  dem  Staats- 
streich vom  2.  üec.  1851  durch  Dekret  vom 
8.  Dec.  in  grösster  Ausdehnung  über  alle 
Mitglieder  geheimer  Gesellschaften  ver- 
hängt, durch  Dekret  vom  27.  März  1852  und 
Gesetz  vom  81.  Mai  1854  als  Wegführung  in 
die  Sti'afkolonien  desfranz.  Guiana  (Cayennc) 
der  Zwangsarbeit  in  den  Bagnos  substituirt, 
verbunden  mit  bürgerl.  Tod  und  Aussichts- 
losigkeit der  Rückkehr  für  immer;  in  Russ- 
land Abführung  nach  Sibirien;  in  Spanien 
nach  den  afrikan.  Presidios  und  nach  den 
Philippinen;  in  Portugal  nach  Mozambique ; 
der  deutschen  Gesetzgebung  fremd.  Vgl. 
Holtzendorff^  ,Die  D.  als  Strafmittel*,  1859. 

Deposition  (lat.),  Niederlegung;  dann 
Vertrag  über  verwahrliche  Niederlegung 
einer  beweglichen  Sache,  dem  zufolge  der 
eine  Theil  (Depositar)  das  von  dem  andern 
Theile  (Deponent)  Niedergelegte  (Depoeilum) 
zu  bewahren  und  ihm  auf  Verlangen  zu- 
rückzugeben verspricht.  Die  D.  bei  Gericht 
findet  Statt,  wenn  Jemand  gewisser  Ver- 
bindlichkeiten sich  entledigen  will.  Die 
Verpflichtungen  der  Gerichte  bei  D.en  sind 
durch  besondere  DipoBitenordnungen  be- 
stimmt, welche  namentlich  einen  Depositen' 
kosten  zu  Aufbewahrung  der  Depositen, 
sofortiges  Niederlegen  der  eingezahlten  De- 


positen, sowie  genanes  Eintragen  derselben 
in  die  Verzeichnisse  (Depoeitenbücher)  for- 
dern. Der  über  eingezahlte  Depositen  den 
Einzahlenden  anssnatellende  Schein  heiast 
Depositen-  (Depositions-)  >cJb«<n.  Depositen- 
banken nehmen  Werthobjekte  (Gkld,  Pa- 
piere etc.)  gegen  gewisse  Vergütung  in 
Verwahr.  [setzen. 

Depowediren    (lat.),     ans    dem    Besitze 

Depdt  (fr.,  spr.  Depoh),  Niederlage,  im 
Handel  Waarenniederlage,  Zollspeicher;  Im 
Militärwesen  Magazin  von  Kriegsmaterial 
im  Allgemeinen ;  auch  Bezeichnung  der  Er- 
satztruppen (Dep6tbata]Hon ,  DepAtesca- 
drons  etc.),  sowie  der  Orte,  wo  solche  für 
den  Kriegsdienst  ausgebildet  werden. 

Depouilifren  (fr.,  spr.  -puljiren),  plündern, 
verheeren. 

Depravatlon  (lat.),  Verschlimmemng. 

Deprekation  (lat.).  Abbitte,  auch  Fürbitte. 

Depression  (lat.),  Niederdrückung,  Geistes- 
abspaunnng.  D.  eines  Sterns,  Stand  des- 
selben zn  irgend  einer  Zeit  unter  dem  Hori- 
zont durch  einen  Vertikalcirkel  gemessen. 
D.  des  Horixonts,  der  Winkel,  um  welchen 
der  Horizont,  besonders  zur  See,  tiefer  er- 
scheint als  der  Standpunkt  des  Beobachters. 
Folge  der  Kugelgestalt  der  Erde  und  des 
erhöhten  Standpunkts  des  Beobachters. 

Depressionsschnss,  Schuss  ans  einem  mit 
der  Mündung  unter  die  Horizontallinie  ge- 
richteten Geschütz. 

Deprinii^n  (lat.),  herabdrücken,  herab- 
stimmen. Deprimirter Puls ,  kleiner,  schwa- 
cher Puls. 

DepriTation  (lat.),  Beraubung,  Absetzung. 

De  profundis  (lat.),  d.  i.  aus  der  Tiefe, 
Anfangsworte  des  103.  Psalms ,  der  in  der 
kathol.  Kirche  als  Tranergesang  dient. 

Deptford  (spr.  Dettford),  Stadt  in  der  engl. 
Grafschaft  Kent,  südöstl.  Vorstadt  von  Lon- 
don, an  der  Themse,  45,973  Ew.;  Schiffs- 
werffce  für  die  Kriegsllotte  und  grosse  Pro- 
viantmagazine, Seehospitäler,  Seeschnle, 
Privatwerften  und  Maschinenfabriken. 

Depnntntla  (lat.),  reinigende  (blntreini- 
gende)  Mittel,  besonders  zu  der  Zeit  ange- 
wendet, wo  man  als  Krankheitsursache 
fremde  Stoffe  (Schärfen,  nnreine  Säfte)  im 
Blut  annahm. 

Depntit  (lat.),  was  einem  Beamten  oder 
einer  sonstigen  Person  (DtputatiH)  ausser 
dem  ordentlichen  Gehalt  an  Lebensmitteln, 
Holz  etc.  ausgesetzt  ist  nnd  unentg^eltlich 
oder  für  einen  festgesetzten  Preis  verab- 
reicht wird,  z.  B.  Deputa^etreide ,  Depu- 
tatholz. 

Deputation  (lat.),  Abordnung  einiger  Mit- 
glied er  aus  einem  Kollegium,  einer  KoriM>- 
ration  oder  Gesellschaft,  welche  als  Ver- 
treter derselben  handeln;  auoh  diese  Mit- 
glieder selbst.  Deputirtt,  s.  v.  a.  Abgeordnete ; 
in  Frankreich  von  1815—48  die  ans  Volks- 
wahlen hervorgegangenen  Mitglieder  der 
zweiten  Kammer,  der  DepviirtenkeMvmer  (le 
chambre  des  d6put6s),  auch  in  die  parlamen- 
tarische SpracheDeutschlands  übergeganiren. 
Seichsdeputationen,  zur  Zeit  des  deutschen 
Reichs  Ausschüsse,  welche  von  den  Reichs- 
tagen für  die  Zeit  zwischen  diesen  mit  Er- 


De-Quincey  —  Deaaguädero. 


485 


ledignng  gewisser  Geschäfte  beauftragt  wur- 
den.   Vgl.  Seichsdeputation»hauptschlu$$. 

De-^uincey  (apr.  -Kwinsi),  Thom.,  engl. 
Schiiftateller,  geb.  15.  Aug.  1786  zu  Man- 
c)iester,  f  8.  Dec.  1859  bei  Edinburgh. 
Verf.  der  her.  ,Confes8ions  of  an  opium- 
eater<  (1822).    Schriften  (1862,  14  Bde.). 

Deraaaehit,  Theii  der  ostiud.  Landschaft 
Daraau  im  Peudschab,  ausserordentl.  frucht- 
bar, mit  den  3  sogen.  Derastädten  am  Indus, 
darunter  Derci-Ghati-Kban,  25,000  Ew. 

Derangiren  (fr.,  spr.  -schlr-),  verwirren; 
in  Schulden  gerathon. 

Derajreh,  ehem.  Stadt  in  der  arab.  Land- 
schaft Nedschd,  15,000  Ew.,  Hauptsitz  der 
Wahabiten,  1820  von  Ibrahim  Pascha  zerstört. 

Derby  von  Mineralien,  'ohne  bestimmte 
Gestalt,  nach  keiner  Bichtnng  hin  sehr  vor- 
-waltend  ausgebildet,  in  Massen  nicht  unter 
Haseluussgrösse;  von  Erzen,  in  fester  Ge- 
stalt in  ein  anderes  Mineral  eingewachsen. 

Derbent  (Derbend) ,  befest.  Hauptst.  von 
Daghestan  in  Transkaukasien ,  am  kasp. 
Meer,  fr&her  glänzende  Residenz  eines 
eignen  Khans,  11,431  Ew.  In  der  Kähe  be- 
jfinnt  die  derbenUche  (Alexander-)  Mauer, 
die  sich  durch  Tabasseran  bis  zur  alban. 
Pforte  erstreckt  (11  M.),  wahrscheinl.  vom 
pars.  Schah  Nushtrwanerbaut,Jetzt  verfallen. 

Derby 9  Grafsch.  im  nördl.  England,  48,5 
QM.  und  339,327  Ew. :  reich  an  Bergwerken 
und  Fabriken.  Die  Hauptat.  D.,  am  Der- 
went,  43,091  Ew.  Seiden-,  Marmor-,  Porzel- 
lan- und  Farbenfabriken. 

Derby,  Edward  Geoffrey  Bmith  Stanley, 
Graf  von,  IVüIier  Lord  Stanley,  engl.  Staats- 
mann, geb.  29.  März  1799  zu  Knowsley-Park 
in  Lancashire,  trat  1821  ins  Unterhaus, 
ward  1827  unter  Canning  Unterstaatssekre- 
tär für  die  Kolonien,  1830  im  Whigministe- 
rinm  erster  Staatssekretär  für  Irland,  1833 
Minister  der  Kolonien,  fülirte  als  solcher 
die  Abschaflfung  der  Negersklaverei  durch, 
trat  Mai  1834  aus  und  zu  den  gemässigten 
Tories  über.  Seit  1841  Staatssekretär  für 
die  Kolonien,  bekämpfte  er  die  Abschaffung 
der  Getreidezölle,  zerfiel  deshalb  mit  Peel 
und  nahm  Nov.  1845  seine  Entlassung.  Seit 
1814  Mitglied  des  Oberhauses,  bildete  er  20. 
Febr.  1852  ein  konservatives  Kabinet,  in  das 
er  als  erster  Lord  des  Schatzes  eintrat, 
dankte  Dec.  dess.  Jahres  ab  und  ward  zum 
Kanzler  der  Universität  Oxford  erwählt, 
trat  20.  Febr.  1858  als  Premierminister  wie- 
der an  die  Spitze  der  Regierung,  dämpfte 
den  ind.  Aufstand  und  erledigte  die  Diffe- 
renzen mit  Amerika  über  das  Durchsuchungs- 
recht, schied  17.  Juni  1859  abermals  ans  dem 
Kabinet.  Nach  Palm  erstens  Tode  26.  Juni 
1866  nochmals  mit  Bildung  eines  Kabinets 
beauftragt,  Hess  er  eine  sehr  radikale  Re- 
formakte zu  Stande  kommen,  nahm  25.  Febr. 
1868  seinen  Abschied:  t  23.  Okt.  1869  zu 
Kuowsley  -  Park  bei  Liverpool.  Er  übers. 
Homers  ,Ilia8'  in  reimlosen  Jamben  (5.  Aufl. 
1865).—  Sein  ^ohnEdxoardHenry.Lord  Stanley, 
geb.  21.  Juli  1826,  seit  1850Mitglled  des  Unter- 
hauses, war  im  ersten  Ministei'ium  seines  Va- 
ters Unterstaatssekretär  des  Auswärtigen,  im 
swoiten  Präsident  des  ostind.  Bureaus. 


DMfffUnger,  Georg,  Beiehsfreiherr  von, 
eigentl.  l)'drfling,  brandenburg.  General,  geb. 
März  1606  zu  Neuhofen  in  Oberösterreioh, 
ursprünglich  Schneidergeselle,  nahm  dann 
Kriegsdienste  erst  bei  den  Sachsen,  später 
bei  den  Schweden,  focht  als  Oberst  mit  Aus- 
zeichnung in  der  Schlacht  bei  Breitenfeld 
(1642),  trat  1654  als  Generalmajor  in  die 
Dienste  des  Kurfürsten  Friedrich  Wilhelm 
von  Brandenburg,  führte  als  Genecalfeld- 
marschall  in  der  Schlacht  bei  Fehrbellin 
(18.  Juni  1675)  den  Oberbefehl  unter  dem 
Kurfürsten,  wurde  1677  Obergouverneur  aller 
pommerschen  Festungen,  1678  Statthalter  in 
HinteriKtmmern,  eroberte  1678  Stralsund  und 
schlug  die  Schweden  bei  Tilsit  im  Winter 
1679,  nachdem  er  mit  9000  Mann  und  30  Ka- 
nonen aul  Schlitten  über  das  frische  und 
kurische  Haff  gefahren  war.  Vom  Kaiser 
Leopold  (1674)  in  den  Reichsfreiherrenstaud 
erhoben,  t  ©r  4.  Febr.  1695.  Vgl.  Vam- 
hagen  von  Enae ,    ,Biogr.  Denkmale*,   Bd.  2. 

Dergh  (Deargy,  See  in  Irland  (Galway), 
5Va  M.  ].,  vom  Shannon  durchflössen,  das 
südl.  Ufer  gebirgig. 

Deridiren  (lat.),  verlachen,  verhöhnen; 
Derition,  Hohn;  derisorifch,  höhnisch. 

Derivation  (lat.),  Ableitung;  in  derMedi- 
cin  besondere  Heilmethode ,  s.  Ableitung. 
Derivantia,  ableitende  Mittel.  Derivatum, 
abgeleitetes  Wort. 

DerivatlonBrechnung,  Theil  dermathemat. 
Analysis,  lehrt  die  Funktionen  einer  oder 
mehrerer  Grössen  auf  eine  solche  Art  in 
Reihen  entwickeln,  dass  man  die  Glieder 
ders.  nach  einem  bestimmten  Gesetze  eines 
aus  dem  andern  herleiten  kann,  von  Arbogast 
in  dem  Werke  ,Du  caicul  des  d6rivations' 
(1800)  begründet. 

Derma  (gr.),  Haut,  Rinde.  Dermatalgie, 
Hautschmerz.  DermatitU,  Hautentzündung. 
Dermalodynia,  Hautschmerz.  Dermaloputhie, 
Hautkrankheit.  Dermatopathologie ,  Lehre 
von  den  Hautkrankheiten.  Dermatotis,  Haut- 
krankheit. 

Dermbach,  Mai-ktfl.  im  weimar.  Kreis 
Eisenach,  an  der  Felda,  1102  Ew.  Hier  4.  Juli 
li^6  erster  Kampf  der  preuss.  Mainarmee 
und  der  Bayern. 

Dermoplastik  (gr.),  Methode  des  Aus- 
Stopfens,  bei  welcher  dieHäute  über  passend 
geformte  feste  Körper  gezogen  worden. 

Derogation  (lat.),  Abänderung  eines  Ge- 
setzes durch  Aufhebung  einzelner  Bestim- 
mungen desselben;  derogaliVf  sclimälernd, 
aufhebend. 

D^roat«  (fr.,  spr.  Derutt),  Um-  oder  Ab- 
weg; Irrung;  Zerrüttung,  insbes.  völlige 
Zersprenguug  einer  Truppe.  Deroutiren, 
irreleiten ;  zersprengen. 

Derry,  s.  Londonderry.  "^ 

Derwisch  (pcrs. ,  s.  v.  a.  Armer),  Name 
der  mohammedan.  Mönche.  Sie  sind  in  ver- 
schiedene Orden  und  Brüderschaften  ein- 
getheilt  und  wohnen  unter  Vorgesetzten 
(Scheich,  Pir}  zumeist  in  reich  verborgten 
Klöstern  (Khangäh  oder  Tekkije);  nur  einige 
derselben  haben  das  Recht  zum  Betteln. 

DesagnaderOj  der  Abfluss  des  Titicaca- 
sees  in  Bolivia,  mündet  in  11,500'   Höhe  in 


486 


Desaix  de  Voygoux  —  Desinficirende  Mittel. 


den  PanBasee  (See  von  Aollagas),  40  K.; 
der  böchstfliessende  Strom  der  Erde. 

Öesftix  de  Toygonx  (spr.  -sä  dö  Woagnh), 
XoKts  Charles  Ant.,  €^neral  der  franz.  Re- 
pablik,  geb.  17.  Ayig.  1768  zu  St.-Hilaire 
d'Ayat  in  Anvergne,  ward  1793  Brigade- 
geueral  bei  der  Moaelarmee,  1794Diyi3ions- 
general,  diente  1795  unter  Jourdan,  1796 
unter  Moreau,  unterstützte  als  Befehlshaber 
des  linken  Flügels  Moreaus  berühmten  Rück- 
zug, focht  in  Aegypten  ruhmvoll  bei  Che- 
brisseh  an  den  Pyramiden,  unterwarf  Ober- 
ägypteu,  kommandirte  dann  8  Divisionen  im 
Gentrum  der  Italien.  Armee,  trug  weseutl. 
zum  Sieg  bei  Mai*eugo  bei ;  fiel  hier.  Im  Ho- 
spiz auf  dem  St.  Bernhard  beigesetzt;  seine 
Statue  auf  der  Place  des  Yictolres  zu  Paris. 

Desappointiren  (fr.,  spr.  -poäng-),  aus- 
streichep  (aus  der  Dienstliste),  tauschen, 
vereiteln;  einem  Soldaten  den  Sold  oder  die 
Pension  entziehen.  Hauptwort  De«apiiotn<«- 
ment  (spr.  -poängtmang). 

Desapprobation  (fr.-lat.)»  Missbilligung. 

Demppropriation  (fr.-lat.),  Enteignung, 
Eigenthumsbegebnng. 

Desarmlreii  (fr.),  entwaffnen,  wehrlos 
machen,  z.  B.  ein  Festungswerk  durch  Ab- 
führung der  Geschütze. 

Dösavantage  (fr.,  spr.  Des&wangtahsch), 
Verlust,  Schaden,  Nachtheil. 

Desavouiren  (fr.),  ableugnen,  widerrufen, 
nicht  anerkennen. 

Descaniisidos  (spau.,  d.  i.  Ohnehemden), 
1880  in  Spanien  den  ft'anz.  San sculottes  nach- 
gebildete exaltirte  demokrat.  Partei. 

Descartes  (spr.  Däkai>t),  Jien4,  gewuhnl. 
Jienatu3  Carteslus  gen.,  Begründer  der  neue- 
ren Philosophie,  geb.  31.  März  1596  zu 
Lahaye  in  Touraine,  diente  unter  Moritz 
von  Oranien  in  Holland  und  unter  Tilly, 
lebte  1629-49  in  Holland;  f  11.  Febr.  1650 
in  Stockholm,  von  der  Königin  Christine 
dahin  berufen.  Sehr.  ,Meditationes  de  prima 
philoBophia*  (1641)  und  ,Principia  philoso- 
phiae'  (1644).  Vom  Zweifel  an  allem  Wissen 
ausgehend,  lässt  er  als  unumstösslich  ge- 
wiss nur  das  Selbstbewusstseln  oder  das 
Denken  gelten,  woraus  sich  ihm  die  Ge- 
wissheit des  Daseins  ergibt;  daher  sein 
Satz:  ,Gogito,  ergo  sum',  d.  1.  ich  denke, 
folglich  existire  ich.  Auch  Mathematiker, 
Astronom  und  Physiker.  *Werke  herausg. 
von  Coufin  (1824—26, 11  Bde.) ;  Uebersetznng 
seiner  Hauptschriften  von  Kuno  Fischer 
(1863),  Kirchmann  (1870).  Vgl.  Botiiller, 
,Hist.  de  la  philos.  Gart6sienne',  1854; 
Millet,  ,D.,  sa  vie  etc.*,  1867. 

Descendenten  (lat.),  die  Nachkommen  einer 
Person,  Kinder,  Enkel  etc.,  im  Gegensatz 
an  .^«cen(2en<«n,  Vor&hren.  Die  Reihenfolge 
jener  heisst  abateigend«,  in  umgekehrter 
Reihenfolge  aufsteigende  Linie,  Descendens, 
Nachkommenschaft.  Descension  (in  der 
Astronomie),  s.  Aufsteigung, 

Descente  (fl*.,  spr.  Dessangt),  Absteigung; 
bei  Festungen  der  aus  der  Krönung  des  be- 
deckten Weges  in  den  Graben  flihrende 
unterirdische  Gang.  [Anspackung. 

D^emballage  (fr.,    spr.   -angballahsch), 

Desert  (lat.),  verlassen,  Öde. 


Desertion  (lat.),  Verlassnng;  im  Militar- 
wesen  eigenmächtige  Entfernung  eines  Sol- 
daten von  seinem  dienstmässigen  Aufent- 
haltsort; im  Bechtswasen  die  bösliche  Tren- 
nung des  einen  Ehegatten  von  dem  andern 
in  der  Absicht,  die  Ehe  nicht  fortzusetzen. 
Der  hierauf  von  dem  verlassenen  Theile 
behufs  der  Scheidung  anzustrengende  Prozess 
heisst  Deseriionsprozess,  Im  Givilproaesse 
ist  D.  Versäumniss  am  Beweise  oder  an 
anderen ,  an  gewisse  Fristen  gebundenen 
prozessualischen  Handlungen.  Desertireis, 
entlaufen,  entweichen.' 

Deservltcn  (lat.),  die  Gebühren  eines 
Rechtsanwalts  für  geleistete  Dienste. 

Deshonnet  (fr.),  ehrlos,  schimpflich.  De«- 
honoriren,  beschimpfen.  Deahonorable ,  ent- 
ehrend. 

Desiderabel  (lat.),  wünschens-  oder  be- 
gehrenswerth.  Desiderata,  Mangelndes,  Ver- 
misstes  u.  daher  Gewünschtes ;  DesidercUüm, 
das  Verlangten ;  Desideria  pia,  fromme  (ge- 
wöhnlich vergebliche)  Wünsche. 

Deslderade  (Deseada),  kleine  franz.  Insel 
in  Westiudien,  östl.  von  Gonadelonpe,  1632 
Ew.;  die  erste  von  Golumbus  auf  seiner 
zweiten  Reise  (1493)  entdeckte  Insel. 

Desiderius,  letzter  König  der  Longobar- 
den,  früher  Herzog  von  Toskana,  nach 
Aistulfs  Tode  756  König  der  Longobarden, 
kam  als  Feind  der  Päpste  mit  Karl  d.  Gr. 
in  Zwist,  ward  von  diesem  bekriegt,  ge- 
fangen und  nach  Korvei  verwiesen,  wo  er  f. 

DesigüAtion  (lat.),  Anweisung,  Bezeich- 
nung, die  vorläufige  Berufung  zu  einem 
Amte,  dessen  definitive  Uebertragung  noch 
an  weitere  Bedingungen  geknüpft  ist;  Ver- 
zeichniss  von  Kosten ,  Waaren  etc.,  s.  B. 
zollamtliche  D.  Designationsurtkeil ,  die 
durch  gerichtliches  Urtheil  erfolgte  Fest- 
stellung der  Reihenfolge ,  in  welcher  die 
Koukursgläubiger  rangiren,  auch  Prioritäts- 
oder  Lohaiionsurtheil  genannt. 

Deslma,  Insel  in  der  Bai  von  Nangasaki; 
mit  den  Faktoreien  der  Niederländer. 

Desinficirende  Mittel,  Substanzen,  welclio 
die  Fäulniss  verhindern  oder  Fäulniss- 
produkte, Ansteckuugsstoffe  und  Krank- 
heiten übertragende  Pilze  zerstören.  Kar- 
bolsäure- oder  Ghlorkalklösung  (1 :  100)  zum 
Scheuern  der  Fussbödeu;  Karbolsäure  und 
Kalkmilch  (1 :  100)  zum  Tünchen  der  Wände 
und  Decken;  Holzessig  und  Karbolsäure- 
pulver (1  Th.  Karbolsäure  auf  100  Th. 
Toi>f,  Gyps,  Erde,  Sägemehl,  Kohle),  auch 
Chlorkalk  mit  Salz-  oder  Essigsäure,  Sal- 
petersäure mit  Stanniol  oder  brennender 
Schwefel  zur  Reinigung  der  Luft;  Ab- 
kochen, Alaun,  Soda,  übermangausaurea 
Kali,  häufig  bei Luftabschluss  auszuglübeudo 
Kohlenfllter  zum  Reinigen  des  Wassers; 
Karbolsäure,  Thonerde-  oder  Metallsalze 
(Eisenvitriol,  Ghlormangan  lauge)  süvernsclie 
Masse  (100  Th.  Aetzkalk,  15  Th.  Steln- 
kohlentheer,  15  Th.  Ghlormagnesium  mit 
Wasser)  für  Kanäle,  Abflüsse;  Karbol- 
sänrewasser  zum  Abwaschen  des  Viehs; 
Lösung  von  ül)ermangansaurem  Kali  (1 :  100) 
und  Ghlorräucberungen  für  Menschen; 
Eisenvitriol  für  Klosets;  Karbolsäore,  Cam- 


Degipere  in  looo  —  Dessewffy. 


487 


peoheholzeztraki ,  Schiessbaumwolle  mit 
tib«rmaDgaDsaurem  Kali  getränkt  auf  atin- 
Icende  Wunden. 

Desipere  in  locOy  lat.  Sprichwort,  am 
rechten  Orte  närrisch,  d.  i.  fröhlich  sein. 

Dei^atiiie,  s.  t.  a.  Dessätine. 

Desma  (lat.) ,  Wollschopf,  wolliges  An- 
hängsel verschiedener  Samen,  wie  bei  Baum- 
wolle, Epilobium  etc. 

Hesmftn,  russ.  Name  der  Rüsselmaus. 

Desmodjfum  Den.  (Büachdkraut,  F«Me^ 
hüUe),  Pflanzengattung  der  Leguminosen. 
D,  gyrans  J)ee.,  Hedysamm  gyrans  L.,  in 
Bengalen,  mit  Blättern,  welehe  unter  dem 
Binflnss  des  Lichtes  in  schwingende  Be- 
wegungen gerathen. 

Pm  Hoines  (spr.  Da  Moahn),  der  Haupt- 
fluss  Iowas  (Nordamerika) ,  mündet  unter- 
halb Keokuk  in  den  Mississippi.  Daran  die 
gleichnam.  HauptoMowas,  (1870)  12,085  Ew. 

Desmolog^e  (gr.),  Bänderlehre;  Desmo- 
pathie,  Krankheit  der  Bänder;  Desmopatho- 
logU,  die  Lehre  hiervon;  De»mopJilogo$i8, 
Gelenkbänderentzündung ;  De$morrhexU,  Zer- 
reissnng  der  Gelenkbänder. 

BesmoiiliJUl  (spr.  Dämuläng),  B^noÜ  Ca- 
mille,  franz.  Revolutionär,  geb.  1762  zu 
Guise  in  der  Picardie,  reizte  das  Volk  zum 
Sturm  auf  die  Bastille,  war  mit  Danton  bei 
den  Erelgnisseu  vom  10.  Aug.  betheiligt, 
dann  an  dem  Kampfe  gegen  die  Girondisten, 
suchte  während  der  Sckreckensherrschaft 
den  revolutionären  Extravaganzen  entgegen- 
zuwirken, ward  deshalb  von  Hebert  als 
Roy  allst  angeklagt;  4.  April  1794  mit  Danton 
und  Andera  hingerichtet. 

DeSB«,  Nebenfl.  des  Dnjepr  in  Westruss- 
land, mündet  oberhalb  Kiew,  121  M.  lang, 
bis  Brjausk  schiffbar. 

Detinoyers  (spr.  Dänoajeh),  Aug.  Gatpard 
Louis  Boucher,  her.  franz.  Kupferstecher, 
geb.  20.  Dec.  1779  in  Paris,  begründete 
seinen  Ruf  mit  ,La  belle  jardinidre*  (nach 
Raphael,  1805)  und  ,NapoIeon  im  Krönungs- 
ornat' (nach  G6rard,  1808),  besuchte  später 
Italien,  wurde  1825  erster  Kupferstecher 
des  Königs,  1828  baronisirt;  f  15.  Febr. 
1857.  Seine  zaiilreichen  Stiche  (meist  nach 
Raphael)  durch  einfach  edlen  Vortrag  und 
malerische  Wirkung  ausgezeichnet. 

D^sob^isMnce  (fr.,  spr.  -obeissangs),  Un- 
gehorsam. 

Desolit  (lat.),  verlassen,  trostlos;  JDeto- 
lation,  Trostlosigkeit,  Verwüstung. 

Desor.  Eduard,  schweizer  Geolog,  geb. 
1811  in  Friedrichsdorf  im  Hessen-homburgi- 
schen, 1847—52  in  den  Vereinigten  Staaten 
Beamter  bei  der  Goast-Survey ,  seit  1852 
Prof.  der  Geologie  in  Neufchatef,  später  Prä- 
sident des  grossen  Rathes  daselbst.  Er  war 
betlieiligt  an  den  Untersuchungen  Agassiz ; 
schrieb :  ,Geologi8che  Alpenreisen*  (deutsch 
2.  Aufl.  1847) ;  »Synopsis  des  echinides'  (1858) ; 
«Geologische  Beschreibung  des  neufchateler 
Jura';  ,Ueber  den  Gebirgsbau  der  Alpen* 
1865);  ,Aus  Sahara  und  Atlas'  (1866);  Mo- 
nographie über  die  Pfahlbauten  des  neuen- 
burger  Sees  (deutsch  1867);  ,Echiuologie 
helv6t{que<  (mit  Lorioh  1869  f.). 

DesorganisatiOM    (lat.),    Zerstörung  der 


Lebensthätlgkeit  eines  Organs ;  Verwirrung, 
Zerrüttung  in  Staats-  oder  Privatangelegen- 
heiten. 

DesoxydütlODy  ehem.  Prozess,  bei  welchem 
man  einem  oxydilrten  Körper  seinen  Sauer- 
stoff ganz  oder  theil  weise  entzieht. 

Desperat  (lat.),  verzweifelt,  hoffnungslos; 
De%per<Uion,  Verzweiflung;  DupercUxcmkur, 
gewagte  Heilkur,  bei  der  das  Leben  des 
Kranken  auf  dem  Spiele  steht. 

Despoblado  (span.),  Einöde.  D.  de  Hfurcict, 
kahle,  öde  Hochebene  in  der  span.  Prov« 
Mnrcia,  zwischen  Sagra  und  Segura. 

Despollation  (lat.),  Beraubupg. 

DegponMta  (lat.) ,  die  Verlobte;  Despon- 
iatus,  der  Verlobte ;  Despamation,  Verlobung. 

Despot  (gr.),  Herr,  insbes.  von  Sklaven, 
Hausherr;  dann  unumschränkter  Herr,  Ge- 
waltherrscher; Despotie  (Despotiamue),  nach 
neuerem  Sprachgebrauch  weder  durch  sitt- 
liche Motive,  noch  durch  Bücksicht  auf 
das  Gemeinwohl  und  auf  die  Rechte  An- 
derer geleitete  schrankeulose  Wülkürherr- 
schaft.  ,AufgeikfUrtenDe9potismu8'no.ixJxt^  man 
die  Regierungs weise  Friedrichs  U.  und 
Josephs  n.,  weil  diese  Monarchen  bei  ihren 
sonst  trefflichen  Bestrebungen  doch  den 
absoluten  Herrscherwillen  zu  rücksichtslos 
geltend  machten. 

Despoto-Dagh   (^odope^ ,   Gebirg  In  der 
Türkei,  zwischen  dem  Struma  u.  derMaritza' 
in  mehreren  Zügen  vüdöstl.  strolchend,  am 
höchsten  im  Westen  (Rilo-Dagb,  9200'). 

Deflslitiiie  (Deesjatina) ,  russ.  Flächen- 
mass,  =  1,092  Hektaren  =  4,28  pr.  Morgen. 

Dessalines  (spr.  -lihn),  Jean  Jacques,  unter 
dem  Namen  Jakob  I.Kaiser  von  Haiti,  Neger 
von  der  Gtoldküste,  geb.  um  1760,  Slclave 
eines  schwarzen  Pflanzers  auf  San  Domingo, 
dessen  Namen  er  annnlim,  that  sich  in  den 
Unabhängigkeitskämpfen  gegen  die  Fran- 
zosen durch  Tapferkeit,  aber  auch  durch 
Grausamkeit  hervor,  blieb  nach  dem  Frie- 
densschlusg  vom  1.  Mai  1802  als  General  in 
franz.  Diensten,  verband  sich  dann  mit 
Christoph  gegen  die  Franzosen,  zwang  Ro- 
chambeau,  die  Insel  zu  räumen,  ward  Jan. 
1804  lebenslänglicher  Generalgouverneur 
der  Bepublik  Haiti,  begann  einen  Vertil- 
gungskrieg gegen  die  auf  der  Insel  wohn- 
haften Franzosen,  liess  sich  8.  Dec.  1804 
zum  Kaiser  krönen,  ward  17.  Okt.  1806  von 
den  Führern  des  Heeres  niedergehauen. 

Dessau  9  Haupt-  und  Residenzstadt  des 
Herzogthums  Anhalt,  an  der  Mulde,  16,904 
Ew.;  Resldenzsclilogs ;  Amalienstift  (darin 
1774—93  Basedows  Philanthropin).  Seminar, 
Israelit.  Handelssohule,  Orthopäd.  Institut, 
Irrenanstalt,  Kreditanstalt,  Fabriken,  an- 
sehnl.  Getreide-  und  Wollhandel.  [Entwurf. 

Desseln  (fr.,  spr.  Dessäng),  Vorsatz,  Plan, 

Dessert  (fr.,  spr.  Dessähr),  Nachtisch,  der 
aus  Zuckerwerk,  Früchten,  Käse  etc.  be- 
stehende Schluss  eines  Gastmahls. 

Dessewffy  (spr.  Deschöff!),  Smil,  Graf, 
Ungar.  Publicist,  geb.  24.  Febr.  1812  zu 
Eperies,  entwickelte  nach  1848  eine  be- 
deutende polit.  Thätigkeit  in  konservativem 
Sinne»  ward  1856  erster  Präsident  der 
Ungar.  Akademie  der  Wissenschaften,  grün- 


488 


Deasin  —  Detmold. 


dete  eine  BodenkrediftanstAlt  (1862  von  der 
Regienuig  genebmigt);  f  10.  Jas.  1866. 

Benin  (fr.,  spr.  Desäng),  Muster  für  Kunst- 
produkte;  DesaincUeur,  MasterzcichneT. 

Dessoir  (spr.  Dessoahr) ,  Ludto. ,  Schau- 
spieler, geb.  1809  zn  Posen,  nach  wechseln- 
dem Aufenthalt  seit  1838  in  Karlsmhe,  seit 
1849  an  der  Uofbnhne  ra  Beilin  engagirt; 
ansgezeichnet  in  Heldenrollen  and  als  trag, 
liiebhaber.  —  Sein  Sohn  Ferdinand  JD.,  geb. 
1834,  eine  Zeitlang  in  Weimar  unter  l>ingel- 
stedts  Leitung,  seit  1864  ebenfalls  an  der 
königl.  Bühne  in  Berlin  angestellt;  anfangs 
als  Komiker,  später  auch  in  ernsten  Bollen 
her  vorragend. 

D«tterro  (Nbs$a  Senbora  do  D.) ,  befest. 
Hanptst.  der  brasil.  Prov.  Santa  Catbarina, 
auf  der  Westküste  der  Insel  Catharina, 
8000  Ew.    Hafen. 

Oegtillfttion  (lat.),  ehem.  Operation,  bei 
welcher  durch  Erhitzung,  Ableitung  der 
gebildeten  Dämpfe  und  Verdichtung  der- 
selben fluchtige  Substanzen  Ton  nicht  oder 
minder  flüchtigen  getrennt  werden.  Die 
der  D.  zu  unterwerfende  Mischung  wird  in 
Retorten  oder  Blasen  erhitzt,  die  Dämpfe 
gehen  direkt  oder  durch  Kühlvorrichtungen, 
Dephlegmatoren  oder  Rektiflkatoren  In  die 
Vorlage.  Die  in  letzterer  sich  sammelnde 
Flüssigkeit  heisst  DestilkU;  wird  dasselbe 
in  mehreren  Portionen  bei  bestimmten 
Temperaturen  aiifgefangen,  so  heisst  dieD. 
fraktionirt.  Ein  Destillat  abermals  destil- 
liren  heisst  reJctißciren.  Trockne  D.  ist  die 
Erhitzung  trockner  Körper  in  Destillations- 
gefässen,  um  die  flüchtigen  Zorsetzungs- 
produkte  zu  gewinnen.  Destillirtes  Wasser, 
chemisch  reines  Wasser,  durch  Destillation 
aus  Qaellwasser  gewonnen ,  färb  - ,  geruch- 
und  geschmacklos,  darf  beim  Verdampfen 
keinen  Rückstand  lassen  und  durch  Blei- 
essig und  salpetersaures  Silberoxyd  nicht 
getrübt  werden. 

Destonche»  (spr.  Dätusch),  1)  Philippe 
Bäricault,  fmnz.  Lustspieldichter,  geb.  22. 
Aug.  1680  zu  Tours,  f  4.  Juli  1754.  Beste 
Stücke  ,Le  Glorieux'  und  ,Le  philosophe 
mftri6* ;  im  Uebrigen  mittel  massiger  Nach- 
ahmer Moliöres.  ,Werke*  herausgeg.  von 
Jienouard  (1822,  6  Bde.).  —  2)  Franz,  Mu- 
siker, geb.  14.  Okt.  1774  zu  München,  Schü- 
ler Haydns,  wurde  1799  Koncei-tmcister  in 
Weimar,  1810  Kapellmeister  in  München; 
t  9.  Dec.  1844  zu  Leipzig.  Von  ihm  die 
Melodie  dos  schillerschen  Reiterliedes 
,Fri8ch  auf,  Kameraden  I'  Sonst  sind  seine 
Kompositionen  (Opern,  Klavier-  und  Ge- 
sangsstücke) vergessen.  —  3)  Paule  Emile, 
franz.  Historien-  und  Genremaler,  geb.  1794 
zu  Dampierre,  Schüler  von  David,  Gu6rin 
und  Gros,  besuchte  später  Italien  und  Eng- 
land. Hauptbilder:  Erwcckuug  des  Lazarus, 
Christus  am  Oelberg,  Scheherazade,  Maria 
Stuart  zu  Lochleven  etc. 

Detaclieraent  (fr.,  spr.  Detaschmang) ,  zu 
irgend  einem  Zwecke  entsendete  Truppen- 
abth eilung;  ist  dieselbe  stärl^er,  so  heisst 
sie  detachirtea  Corpt.  Detachirte,  zum  Sicher- 
heitsdienst entsendete  einzelne  Leute.  De- 
tachirteWerke  (Forts),  die.  Au8senwerke*einer 


Festung,  wenn  sie  selbständig  zur  Behanp- 
taug  wichtiger  Terrainpnnkte  dienen. 

Dietail  (fi*.,  spr.  Deta^'),  die  einzelnen 
Theile  eines  grösseren  Ganzen,  die  genaue- 
ren Umstände  einer  Begebenheit;  daher 
detailHren,  ins  Einzelne  eingehen.  Vetail- 
handel,  Kleinhandel.  DetaiUist,  Kleiuhäad- 
1er.  In  den  darstellenden  Künsten  heisst  D. 
das  Untergeordnete,  Gewandung,  Schmuck, 
Geräthe,  Naturobjekte  etc.,  welches  nicht 
vernachlässig^,  aber  auch  nicht  zu  sehr 
hervorgehoben  werden  darf. 

Detensoiiun ,  Instrument  zum  Herab- 
stossen  in  der  Speiseröhre  festsitzender 
Körper  in  den  Magen  (langes  Fischbein, 
dessen  in  den  Schlund  zu  bringendes  ]Sn<io 
ein  Schwämmchen  trägt). 
'  Detention  (lat.),  Innehabung,  Besitz; 
Aufbewahrung;  Vorenthaltung;  Gefangen- 
haltung.   DHentionshatu,  Gefangnlss. 

Detergiren  (lat.),  abwischen;  DetergerUia 
oder  Detersiva,  reinigende  Heihnittel. 

Deterioration  (lat.) ,  Verschlechterung 
einer  Sache,  wodurch  sie  an  Werth  verUert. 

Determination  (lat.),  Bestimmung,  log. 
Operation,  vermöge  deren  einem  Allgemein - 
begriffe  bestimmende  Merkmale  hinzugefügt 
werden,  wodurch  man  zu  einem  dem  Inhalte 
nach  reicheren,  demUnfange  nach  engeren 
Begriffe  gelangt;  inn  gewöhn!.  Leben  s.  v. 
a,  Entschlossenheit  des  Willens;  daher  de- 
terminirtes  Wesen,  Gegenthcil  von  schwan- 
kendem, rathloaem  Betragen. 

Determlnismas  (lat.),  die  Ansicht,  wonach 
die  menschlichen  Handlungen  stets  durch 
äussere  oder  innere,  im  Kausalnexus  der 
Dinge  beruhende  Bestimmungsgründe  notli- 
wcndlg  bedingt  sein  sollen,  im  Gegensatz 
zum  IndeterminisTaKS,  welclicr  das  Wollen 
und  Handeln,  von  vorhergehenden  Ursachen 
nicht  nothwendig  bestimmt  sein  lässt.  Die 
rohesten  Formen^  des  D.  sind  der  Fatalis- 
mus (s.  d.)und  der  maierialistische  D.,  dem  das 
geistige  Leben  nur  als  Ausdruck  der  Bo- 
weguDgen  der  Bestandtheile  des  körperl. 
Organismus  gilt.  [Strafandrohung. 

Deterrltion  (lat.),   Abschreckung    durch 

Detestiren  (lat.) ,  zum  Zeugen  anrufen ; 
verwünschen,  verabscheuen. 

Detlironisatlon  (lat.),  Entthronung. 

Detiniren  (lat.),  zurückhalten,  gefangen 
halten,  yorenthalten. 

Detmold  9  Haupt-  und  Residenzstadt  des 
Fürstenthums  Lippe-D. ,  östl.  am  teutobur- 
gel-  Wald,  an  der  Werre,  6264  Ew. 

Detmold,  Joh.  Hermann,  deutscher  Reichs- 
minister,  geb.  1807  zu  Hannover,  seit  1830 
Advokat  das.,  betheiligte  sich  als  Kammer- 
milglied  an  den  Schritten  zu  Auftechterhal- 
tung  des  Grundgesetzes,  hielt  sich  als  Mit- 
glied der  deutschen  Nationalversammlung 
von  1848  anfangs  zur  Partei  des  Centrums, 
bildete  nach  18.  Sept.  mit  Radowltz,  Vincko 
u.  A.  die  äusserste  Rechte,  bildete  Mai  1849 
nach  Gagerns  Rücktritt  ein  neues  Ministe- 
rium, worin  er  das  Portefeuille  der  Justiz, 
dann  auch  das  des  Innern  übernahm,  trat 
21.  Dec.  1849  mit  dem  lleichsverweser  zu- 
rück, ward  Gresaudter  beim  rcaktivirteu 
Bundestag,  Juli  1851  abbcmfen;  f  17.  März 


Detroit  —  peutscker  Bund. 


4.n 


1856.  Sclir.  ,An1eitaiig  zur  |Cnnsjl;keuner> 
Schaft*  (1838  und  1845);  die  aatir.  ,Bandr 
Zeichnungen'  (1843)  u.  ,Thaten  und  Moinunr 
gen  des  Herrn  Piepmeier'  (18i9). 

Detroit  (spi*.  Dltreut),  Stadt  in  Michigan 
(Nordamerika),  an  der  StrtuM  D.,  die  den 
St.  Glairsee  und  Eriesee  verbindet,  (1870) 
79,580  Ew.  (Tiel  Deutsche);  bed.  Handel, 
BampfsägemühleB ,  Schiffbau,  Kupfer-  und 
Eisenschmelz  werke;  1720  von  den  Eranr 
zosen  gegründet. 

Dettelbaclu  Stadt  im  bayer.  Regbsk  Unter- 
franken,  am  Main,  unweit  Kissingen,  2268 
Ew.;  Wallfahrtskirche*  Weinbau  und  Fabri- 
kation musikal.  Instrumente. 

Dettingen,  Dorf  im  bayer.  Begbz.  Upter- 
franken,  am  Main,  unterhalb  Aschaffenburg, 
600  Ew.  Hier  im  Österreich.  Erbfolgekrieg 
27.  Juni  1743  Sieg  der  Kaisei'Iicheu  und  Eng- 
länder unter  Georg  II.  von  England  über 
die  Franzosen  unter  Koailles. 

Beitcalion,  Sohn  des  Prometheus,  Gemahl 
der  Pyrrha.  Beide  retteten  sich  bei  der 
grossen  FJntb,  durch  welche  Zeus  das  Men- 
schengeschlecht zu  verderben  beschlossen 
hatte,  in  einem  hölzernen  Kasten,  landeten 
auf  dem  Parnass  lind  wurden  die  Stamm- 
eltern des  neuen  Menschengeschlechts,  in- 
dem sie  auf  den  Rath  des  Orakels  Steine 
(Gebeine  der  Erde)  hinter  sich  waKen,  woraus 
Menschen  wurden.  Durch  seinen  Sohn 
Hellen  ward  D.  Stammvater  der  Griechen. 

Dens  (lat),  Gott.  J).  ex  machina  (d.  1. 
Gott  aus  der  Mascliine),  aprichwörtl.  ge- 
wordeuer  Ausdinick  für  die  durch  das  plötz/- 
liche  Dazwischenti'eten  einer  Person  oder 
eines  Zufalls  bewirkte  unerwartet  günstige 
liösung  einer  tragischen  Verwickelung  im 
Drama,  aus  der  antiken  Tragödie  herge- 
nommen, wo  die  Entsclieidung  oft  durch 
einen  mittelst  der  Maschine  herabgelassenen 
helfenden  Gott  herbeigeführt  ward;  auch 
von  plötzlich  eintretenden  Ereignissen  des 
gewöhnl.  liobens  gebraucht. 

Deusdedit  (mit  Deodat  gleichbedeutend, 
d.  1.  Gott  hat  ihn  gegeben),  Heiliger,  Römer, 
Papst  6U— 617,  idnrch  Frömmigkeit  ausge- 
zeichnet.   Tag  8,  Nov. 

Deut  (lioUäud.  Duijt),  vormals  hoUänd. 
Scheidemünze  von  Kupfer;  8  D.  =  1  Stüber ; 
auch  s.  v.  a.  werthlose  Sache. 

JOenterogamie  (gr.),  zweite  Ehe. 

Deateronouium  (gr.),  d.  i.  das  zweite 
Gesetz,  Name  des  5.  J^uchs  Moses  bei  den 
griecb.  TJehersetzern ;  a.  JPenUUeui^. 

Deuteroskopie  (gr.),  s.  v.  a.  Zweite«  Ge- 
sicht (s.  d.);  auch  vermeintliche  Gabe,  zu- 
künftige Dinge  vorauszusehen. 

DentSCli  (althochd.  diutiac,  von  diot,  Yolks- 
stamm),  wa^  dem  Volke  angehört,  volks- 
thumlich,  nntional;  bezeichnet  nrsprüngl. 
nur  den  Gegensatz  des  Volksmässigeu  gegen 
das  Fremde,  bes.  Romanische,  ohne  wirk- 
licher Eigenname  zu  sein;  dann  seit  dem 
12.  und  13.  Jahrh.  allgemein  gültige  Benenn 
nung  unserer  Muttersprache. 

Deutsche  Mythologie  9  Inbegriff  der  reli- 
giösen Meinungen  und  Gebräuche  der  alten 
Deutschen,  sehr  verwandt  mit  dem  altskan- 
dinav.  Heidenglauben ;  von  J.  Grimn)  zuerst 


wiasenschaftl.  beliandelt.  Gpttßv:  W^otan  ' 
oder  Wodan,  nordisch  Odin,  Luft-  uqd 
Himmelsgott;  Donar  (sächs.  O^hunar.,  nord, 
Thor),  Gewitter-  oder  Donnergott,  auch  Be- 
schützer der  Ehe,  des  Viehstandes  und  des 
Feldbaus;  JSiu  (sächs.  Tiu,  auch  Saxnot, 
bayer.  Eru,  nord.  Tyr),  Kriegsgott.  Göttin: 
Nerihui  (nach  Tacitua,  verstümmeltin  Hertha, 
bayer.  i^rchta,  fränk.  Holda,  niederdeutsch 
Fria  oder  Fri^),  Beschützerin  von  Haus 
und  Feld;  ausserdem  Scbicksalsgöttinnen 
(Nomen) ,  Riesen ,  Eiben  und  Zwerge  als 
niedere  Gottheiten.  Der  Kultus  bes.  in 
Natur£ß8ten  bestehend;  Opfer  u^d  Aufzüge; 
Kultusstatten  geweihte  Haine,  auch  Bei-ge, 
Quellen  eto.  VgL  J.  Grimm,  ,D.  M.*,  3, 
Aufl.  1854;  Wolf,  ,Deutsche  GötterlebreS 
1852;  Dera.,  ,Beiträge  zur  d.n  1^.',  1)^2-54, 
2  Bde. ;  W.  3lülUr,  ,6e8chichte  und  System 
der  altdeutschen  Religion',  1844;  Simrock, 
, Handbuch  der  d.n  M.',  2.  Aufl.  1869;  Mann- 
hardt,  J>ie  Götterwelt  der  deutschen  und 
nord.  Völker',  1860;  Scht^arix,  ,Der  heutige 
Volksglaube  und  das  alte  He|denthu,m',  1862. 
Deutseher  Bond»  der  auf  der  deutschen 
Buttdesakte  vom  8.  Juni  1815  und  der  wie- 
ner Schlu^sakte  vom  15.  Mai  1820  beruhende 
deutsche  Staatenbund ,  welcher  sich  infolge 
des  deutschen  Kriegs  von  1866  autgelöst 
hat.  Zweck  desselben :  Erhaltung  der  inne- 
ren und  äusseren  Sicherheit,  der  Unab- 
hängigkeit u.  UfiVerletzliclikeit  der  einzelnen 
Staaten  Deutschlands.  Mitglieder  desselben 
bei  der  Gründung  34  (zuletzt  31)  monarch. 
Staalten  und  4  freie  Städte.  Der  permanente 
Bundestag,  aus  den  bevollmächtigten  Ge- 
sandten der  38  Staaten  bestehend ,  5.  Nov. 
1816  eröffnet,  hatte  seineu  Sitz  in  Frankfurt 
a/M.  Das  Präsidium  führte  Oesterreioh. 
Die  Bundesversammlung  bestand  1)  als 
cMgem,  Versammlung  oder  Plenum,  in  welcher 
Oeaterreich  und  die  5  Königreiche  Je  4  (24), 
Baden,  Kurhessen,  Hessen-Darmstadt,  Hol- 
stein und  Luxemburg  je  3(15),  Braunschweig, 
Mecklenhurg-Schwerin  und  Nassau  je  2  (6), 
di,e  übrigen  Staaten  je  1  Stimme  hatten,  so 
dass  mit  ihren  95  Stimmen  das  Plenum  70 
Stimmen  zählte;  2)  als  engerer  Math  (Bun- 
desregierung), in  welchem  Oesterreich, 
Preussen,  Bayern,  Sachsen,  Hannover,  Wür- 
temberg,  Baden,  Kurhessen,  Hessen-Darm- 
stadt nebst  Hessen-Hombujrg,  Holstein,  und 
Luxemburg  je  1  (11),  die  übrigen  Stfliafcen 
Gesammt-  oder  Kuriatstimmen,  uämh'ch  die 
12.  die  sächs.  Heraogthümer,  die  13.  Braun- 
schweig und  Nassau,  die  14.  Mecklenburg- 
Schwerin  und  Mecklenburg-Strelitz,  die  15. 
Oldenburg,  die  anhält,  und  schwarzburg. 
Häuser,  die  16.  die  Fürstenthümer  Hohen- 
zollem ,  Reuss ,  Liechtenstein ,  idippe  und 
Waldeck,  die  17.  die  4  freien  Städte  gfimein- 
schaftl.  führten.  Info]^e  von  Territoriad- 
veränderungen  war  bis  1865  die  Zahl  der 
Virilstimmen  im  Plenum  von  70  auf  65  herab- 
gesunken. Das  Plenum  trat  zusammen, 
wenn  es  sich  um  Abfassung  oder  Abände- 
rung von  Grundgasetzeu  des  Bundes,  um 
organ.  Bundeselnricbtungen  und  sonstige 
gemeinnützige  Anordnungen,  um  eine  Kriegs- 
erklärung oder    Friedensbestätigung    oder 


490        Deutsclie  Bitter  —  Deutsohe  Sprache  und  Literatur. 


mn  Auf  nähme  eines  neuen  Mitglieds  In  den 
Bnnd  liandelte,  nnd  swsr  fand  hier  keine 
Berathung  und  Erörterung,  sondern  nur 
Abstimmung  Statt,  wobei  zu  einem  gültigen 
BesebluBS  eine  Majorität  von  >/s  erforderlich 
war.  Im  engeren  Rath  entschied  absolute 
Majorität.  Die  Sitzungen  der  Bundesver- 
sammlung waren  theils  vertrauliche  zu  vor- 
l&ttflger  Besprechung  ohne  Protokollauf- 
nahme, theils  förmliche.  Die  Protokolle 
der  letzteren  wurden  bis  Mitte  1824  meist 
verölfentlicht,  seitdem  nur  manchmal,  dann 
gar  nicht  mehr,  zuletzt  wieder  in  knapper 
Vorm.  Zu  Vervollständigung  der  Bundes- 
akte diente  die  8.  Juni  1820  als  Bundesge- 
setz angenommene  wiener  Schlussakte. 
Daranreihten  sich  die  karlsbader  Beschlüsse 
(s.  d.)  vom  20.  Sept.  1819,  die  sechs  Artikel 
vom  28.  Juni  1832,  beide  Ausnahmegesetze 
2.  April  1848  wieder  aufgehoben.  Das  80. 
Okt.  1834  gegründete  Bundesschiedsgericht 
sollte  bei  Irrungen  zwischen  Begierung  u. 
Ständen  eines  Bundesstaats  entscheiden,  be- 
vor die  Parteien  den  Bundestag  anriefen. 
Das  Bundesheer  bestand  aus  10  Armee- 
corpa:  das  1.,  2.  und  3.  stellte  Oesterrelcb, 
das  4.,  5.  und  6.  Preussen,  das  7.  Bayern, 
das  8.  Würtemberg,  Baden  und  Hesseu- 
Darmstadt,  das  9.  Sachsen,  Kurhessen, 
Luxemburg  und  Nassau,  das  10.  die  übrigen 
Staaten.  Die  Gesammtstärke  des  Bundes- 
heeres betrug  1866:  Infanterie  531,281,  Ka- 
vallerie 92,300,  Artillerie  59,485,  Pioniere  u. 
Genie  12,979,  zusammen  696,045  Mann  mit 
1296  Veld-  und  247  Belagerungsgeschützen. 
Bundesfestungen:  Mainz,  Luxemburg,  Lan- 
dau, Rastadtund  Ulm.  12.  JuJi  1848  musste 
der  Bundestag  der  provisor.  Gentralgewalt 
Platz  machen;  1850  und  1851  Restauration 
desselben.  Infolge  der  Ereignisse  von  1866 
beschloss  die  Bundesversammlung  11.  Juli 
1866  ihren  Sitz  ,provisoriscb'  nach  Augsburg 
zu  verlegen,  siedelte  14.  Juli  dahin  über 
und  hielt  24.  Aug.  ihre  letzte  Sitzung; 
s.  Deutschland,  Gresch.  Vgl.  , Sammlung  der 
Protokolle  der  Bundesversammlung*,  1816 
bis  1824,  16  Bde.;  Klilber,  ,Oeffeutl.  Recht 
des  deutschen  Bundes  und  der  Bundes- 
staaten', 4.  Aufl.  von  Morstadt  1840;  Za- 
chariä,  .Deutsches  Staats-  und  Bundesreclit', 
2.  Aufl.  1853-54,  2  Bde. 

Deutsehe  Bitter,  s.  Deutscher  Orden. 

Demtecher  Orden  (Deuttche  üitter,  Deutsche 
Herren),  der  zur  Zeit  der  Kreuzzüge  ent- 
standene dritte  Christi.  Ritterorden,  gestiftet 
1190  zuAcca  von  bremer  und  lübecker  Bür- 
gern zu  dem  doppelten  Zwecke  der  Pflege 
und  Wartung  kranker  Pilger  und  der  Ver- 
theidigung  des  heil.  Landes,  1191  von  Papst 
Clemens  III.  und  dem  Kaiser  Heinrich  VI. 
bestätigt.  Ordenskleid:  weisser  Mantel  mit 
schwarzem  Kreuz.  Klassen:  Ritter,  barm- 
herzige Brüder  und  Priester,  später  auch 
nichtadelige  sog.  Halbbrüder.  Der  Orden 
gelangte  bes.  unter  dem  vierten  Ordens- 
meister, Hermann  von  Scdza ,  zu  grossem 
Ausehen.  Derselbe  sandte  den  Landmeister 
Hermann  Balk  mit  einer  Anzahl  Ordens- 
ritter und  Knappen  .dem  Herzog  Konrad 
von  Masovieu  zu  Hülfe  gegen  die  heidnischen 


Preusseu.  Der  Kampf  gegen  diese  begann 
1230  und  endete  1283  mit  der  Besiegun^  u. 
Bekehrung  derselben.  1237  Vereinigung  des 
Ordens  mit  dem  der  Schwertbrüder  (s.  d.) 
in  Livland.  Seit  1284  über  100  Jalire  lang 
Krieg  mit  Lithauen.  1309  Verlegung  der 
Regierung  des  Ordens  nach  Marienborg. 
Blüthe  des  Ordens  unter  dem  Grossmeister 
Weinrich  von  Kniprode  (1351  —  82).  Verfall 
des  Ordens  seit  der  Niederlage  bei  Tannen- 
berg (1410)  den  Polen  gegenüber.  Krieg  mit 
Polen  (1454—66).  Der  Orden  verliert  West- 
preussen  an  Polen  UQd  muss  dessen  Lehns- 
hoheit anerkennen.  Der  Grossmeister 
Albrecht  von  Brandenburg  verwandelt  1525 
das  Ordensland  Preussen  in  ein  erbliches, 
Polen  lehnspflichtiges  Herzog^hum.  Sitz  des 
Hochmeisters  seit  1527  in  Mergentheim.  I>ie 
11  Balleien  (Provinzen)  des  Ordens  zusam- 
men 40  QM.  mit  88,000  Ew.,  in  Komthnreien 
getheiltund  in  verschied. Ländern  zerstreut. 
Bie  Würde  des  Grossmeisters  ward  durch 
deu  pressburger  Frieden  1805  dem  Kaiser 
von  Oesterreich  übertragen.  Auch  nach  Auf- 
hebung des  Ordens  durch  Napoleon  I.  (24. 
April  1809)  führen  die  i>sterr.  Erzlierzöge 
den  Titel  Grossmeister  des  d.u  O.s  fort. 
Vgl.  Voigt,  ,Geschichte  des  deutscheu 
Ritterordens*,  1857—59,  2  Bde. 

Deutsche  Sprache  und  Literatur.     Die 
deutsche  Sprache  ist  ein  Zweig  des  german. 
Sprachastes,  zu  welchem  ausser  ihr  noch  die 
gothische  und  die  angelsächs.  Sprache  (beide 
ausgestorben)  und  die  skandinavischen  oder 
nordischen  Sprachen  gehören.  Der  german. 
Sprachast  selbst  gehört  zum  grossen  indo- 
german.  Sprachstamm  und  hat  zu  Geschwi- 
stern in  Europa  den  celtischen,  den  griech.- 
röm.    und   den   slavischen  Sprachast.    IMe 
gemeinsame  Wurzel  haben  alle  diese  Spra- 
chen im  Sanskrit.    Seit  den  ältesten  Zeiten 
zweierlei    Hauptmundarten     der    deutschen 
Sprache:  a)  (Verdeutsche,  die,  im  gebirgigen 
südi.  Deutschland   gebildet,    härtere  Laute 
haben   und   vorherrschend   mit   Kehle  nnd 
Brust  gesprochen  werden  (der  alemannische 
Dialekt,  zu  beiden  Seiten  des  Oberrheins  und 
im  Schwarzwald  gen  N.   bis  Rastadt:    der 
schwäbische,  zwischen  Schwarzwald  u.  Lech, 
algäuer  Alpen  und  Kocher,   und  baf/erische 
Dialekt,  in  Altbayern  bis  zur  Donau ,  auch 
iu  Tirol,  Salzburg  etc.),  und  b)  Niederdeutsche, 
die,  in  nördl.  ebneren  Gegenden   gebildet, 
breitere  Laute  haben  und  vorzugsweise  mit 
Zunge  und  Lippe  gesprochen  werden   (das 
Niedersäehsische,  zu  beiden  Seiten  der  untern 
Elbe,  in  Brandenburg,  Mecklenburg,   Hol- 
stein, Pommern,  Preussen ;  das  WestphSlisehe 
von  der  Niederweser  bis  zum  Niederrhein; 
das  Holländische,   an   der  Nordwesigrenze 
Deutschlands,   in  Geldern   und  Kleve;   das 
Friesische,  an  der  Nordseeküste).    Zwischen 
beiden,  die  Mitte  haltend,  stehen  die  mitteU 
deutschen  Mundarten  (die  hessische,  die  ober- 
sächsische^  in  Thüringen,  Sachsen,  in  der  Lau- 
sitz, nnd  die  fränkische,  im  Maingebiet,  auch 
in  der  Oberpfalz,  im  Voigtland,  in  Nassau  und 
in  der  Rheinpfalz).  —  Für  die  Literatur  haben 
die  ober-   oder   hochdeutschen   Mundarten 
überwiegende  Geltung  erhalten,  weil   der 


Deutsches  Becht  —  Deatschkatholiken. 


491 


Entwicklaojcsgang  der  dentsöhen  Bildung 
sich  zuerst  im  südl.  Deutschland  abschloss 
und  nur  aUmählig  nach  dem  nördl.  Yor- 
drang.  Historisch  sind  zu  unterscheiden  3 
Perioden  der  ^prachentwickiung :  1)  Das 
Mihochdtutsche,  um  800—1100  (die  Flexions- 
formen siud  im  Vergleich  mit  den  indogerman. 
Sprachen  des  Alterthums  und  mit  der  gothi- 
schen  sehr  vereinfacht;  Vokativ-,  Dual-, 
Paasivformen  verschwunden;  grössere  Man- 
nigfaltigkeit an  vokal.  Lauten).  2)  Das 
MiUelkockdeut3che  (die  Vereinfachung  der  Fle- 
xioneform  ist  fortgeschritten ;  die  klingenden 
Vokale  der  Endungen  vorherrschend  in  e 
abgeschwächt;  H&lftzeitwort,  Artikel  und 
Umlaut  sind  hinzugekommen.  Ueberwie- 
gende  Geltung  erhielt  der  schioaMsche  Dia- 
lekt unter  den  schwäb.  Hohenstaufeu,  1138 
bis  1254).  8)  Das  Neuhochdetitache ,  hervor- 
gegangen aus  der  Sprache  von  Luthers 
Bibelübersetzung,  1521  —  34,  die  sicli  am 
nächsten  an  den  oberaächsiachen  Dialekt  an- 
schliesst.  Die  Abschwächung^  der  vollen 
£ndvokale  in  ein  tonloses  e  ist  vollendet, 
die  Quantität  der  Wörter  danach  geändert). 
Um  die  Ausbildung  des  Neuhochdeutschen 
bes.  verdient:  OpU»  (um  1630)  und  die  sogen. 
Sprachgesellschaften,  Gottsched  (um  1730); 
mustergültige  Ausbildung  desselben  zuerst 
durch  Lessing  und  Goethe,  So  ist  das  Neu- 
hochdeutsche oder  schlechtweg  ,Hochdeut- 
scbe'  unter  dem  Einflüsse  der  Wissenschaft 
dio  allgemeine  Sprache  der  Schrift  und 
Sprache  aller  Gebildeten  geworden ;  doch 
hat  durch  Fo<«,  später  durch  U8ter%,Hebel\x,A.. 
seit  Ende  des  18.  Jahrli.  dieWioderbenutzung 
der  Dialekte  zur  Schrift  begonnen.  Vgl. 
J.  Grimm,  ,Deutsche  Grammatik',  neuer 
Abdr.  18&3,  und  «Geschichte  der  deutschen 
Sprache*,  1853;  Heyse,  ,Ausf1ihrl.Lehrb.  der 
deutschen  Sprache*,  1839—49,  2  Bde.;  Hup- 
pelt,  «Deutsche  Grammatik  mit  Rücksicht 
auf  vorgleichende  Sprachforschung*,  1860; 
Schleicher,  ,Did  deutsche  Sprache*,  1860. 
Die  besten  Wörterbücher:  von  J.  und  W. 
Grimm  (1852  ff.,  noch  unvollendet),  Sanders 
(1860-65,  3  Bde.;  ,Handlexikon*,  1869), 
Weigand  (1854—70,  2  Bde.),  JBenecke  und 
JfiUler  (,Mittelhochd.  Wörterbuch*,  1864—69), 
£cAniei<«r(,Bayer.Wörterb.<,  2.  Aufl.  1869  f.). 
Die  deutsche  Literatur,  eins  der  umfas- 
sendsten und  reichhaltigsten  Gebiete  der 
allgemeinen  Weltliteratur,  zerfällt  geschicht- 
lich in  2  Hauptabschnitte:  a)  die  alte  Zeit 
(bis  ca.  1624),  die  Poesie  auf  volksthümlichen 
Grundlagen,  und  b)  die  neue  Zeit  (seit  ca. 
1624),  die  Poesie  unter  dem  Einfluss  der  fort- 
schreitenden Wissenschaften,  namentl.  des 
Studiums  der  Aesthetik  und  der  fremden 
Literaturen.  Dem  entsprechend  2  £lüthe- 
zeitalter  der  deutschen  Dichtung:  das  erste 
in  die  Mitte  der  alten  Zeit,  um  1200,  fallend, 
das  andere  in  der  2.  Hälfte  des  18.  Jahrh. 
Weiteres  über  die  Geschichte  der  Literatur 
s.  beifolgende  Tabeüe.  Vgl.  die  Literatur- 
geschichten von  Memel  (2.  Aufl.  1855),  Ger- 
vinus  (4.  Aufl.  1853;  5.  Aufl.  1871  f.),  KoberaUin 
(4.  Aufl.  1845-66),  JEUmüller  (mi),  Vilmar 
(4.  Aufl.  1871),  Wackernagel  A851  f.),  Kurt 
(5.  Aufl.  1869-70),  W.  Bahn  (5.  Aufl.  1870) ; 


GMeke^  ,Grundriss  zur  Geschichte  der  deut« 
sehen  Dichtung',  1857  ff. ;  Gruppe,  ,Leben  und 
Werke  deutscher  Dichter*,  1861-68,  4  Bde.; 
Hillebrand,  ,Deut8che  Nationalliteratur  seit 
Anfang  des  18.  Jahrh.',  2.  Aufl.  1850-51; 
Jul.  Schmidt,  ,Gesch.  der  deutschen  Literatur 
seitLessings  Tod*,  5.  Aufl.  1865-67;  ffeUner, 
«Literaturgeschichte  des  18.  Jahrb.*,  8;  Th. 
1867—70;  GoUschall,  ,Dle  deutsche  National- 
literatnr  im  19.  Jahrh.',  2.  Aufl.  1860. 

Deutsches  Recht,  Inbegriff  der  Bechts- 
grundsätze,  welche  in  Deutschland  entstan- 
den und  zur  rechtlichen  Geltuug  gelangt 
sind,  im  Gegensatz  zum  römischen  imd 
kanon.,  dem  sogen,  gemeinen  Recht.  Quel- 
len: die  Volksrechte  der  sallschen  und 
ripuar.  Frauken,  der  Alemannen,  Bayern, 
Burgunder  etc.,  die  Kapitularien,  d.  i.  kö- 
nigliche, unter  Beirath  geistlicher  und 
weltlidier  Grossen  gegebene  Gesetze,  der 
Sachsen-  und  der  Schwabenspiegel,  Stadt- 
rechtsbücher etc.,  die  Reichsgesetze,  nament- 
lich die  goldene  Bulle  von  1356,  die  Kammer- 
gerichtsordnungen von  1495  uud  1555,  die 
Notariatsordnung  von  1502,  die  peiuliche 
Halsgerichtsordnung  von  1532,  die  Reichs- 
polizeiordnungen von  1530,  1548  uud  1577, 
der  jUngste  Reichsabschied  von  1654,  die 
Beschlüsse  des  deutsclien  Bundes  etc.  Ueber 
deutsche  Rechtsgescliichte  schrieben  Eich- 
horn, Phillipn,  Zöpfl,   Walter. 

DeutschkatholUfien,  Religionspartei,  die 
1844  aus  der  röm.-kathol.  Kirche  ausschied. 
Nächste  Veranlassung  dazu  war  die  damalige 
Ausstellung  des  heil.  Rocks  in  Trier  und 
das  von  dem  kathol.  Priester  Ronge  dagegen 
an  den  Bischof  Arnoldi  von  Trier  gelichtete 
Sendschreiben  vom  1.  Okt.  1844.  Voran- 
gegangen war  die  Gründung  einer  ,chri8t- 
katholischeu'  Gemeinde  durcli  den  Priester 
Job.  Ozerski  zu  Schneldemühl  22.  Aug. 
1844.  Während  dieser  Lehre  und  Kult  der 
kathol.  Kirche  im  Wesentlichen  beibehielt 
und  nur  den  Gebrauch  der  latein.  Sprache 
beim  Gottesdienst  und  die  sichtbare  Stell- 
vertretung Gliristi  auf  Erden  verwarf,  sagte' 
sich  Ronge  vom  kathol.  Glauben  ganz  los. 
Das  erste  Koucil  der  D.  22.  März  1845  zu 
Leipzig  erklärte  die  heil.  Schrift  für  die 
einzige  Quelle  uud  Norm  des  christl.  Glau- 
bens, gab  aber  ihre  Auslegung  der  vou  der 
christl.  Idee  durchdrungenen  Vernunft  frei. 
Gegen  Ende  1845  zählte  man  298  deutsch- 
kathol.  Gemeinden  in  allen  Gegenden 
Deutschlands.  Die  Regierungen  suchten  die 
Ausbreitung  des  Deutschkatholicismus  zu 
überwacheu,  zu  beschränken  und  zu  hem- 
men, bes.  in  Sachsen,  Preussen,  Würteni- 
berg  und  Kurhessen.  Mehr  als  dies  aber 
schadete  der  Sache  der  immer  schrofi'er 
werdende  Gegensatz  zwischen  Ronge  und 
Ozerski.  Bei  dem  zweiten  Kondl  Mai  1847 
in  Berlin  gab  sich  starke  Neigung  zur  An- 
näherung oder  Verbindung  mit  den  freien 
Gemeinden  kund.  Während  der  politischen 
Stürme  1848  huldigten  viele  D.,  namentlich 
Ronge,  der  demokratisch -radikalen  Rich- 
tung, daher  die  bald  folgende  Reaktion  den 
deutschkathol.  Gemeinden  neue  Beschrän- 
kungen brachte«     Auf  einer  Versammlung 


492 


Deutschkrone  —  Beatschland. 


Ton  Vertretern  der  deutachkatiiol.  qnd  freie« 
Gemeinden  su  Gotha  16.  und  17.  Jqni  185d 
ward  die  vollständige  Vereinigung  bolder 
OenoBsenschäften  unter  dem  Namen  ,Bund 
fireireligiöser  Gemeinden*  beschlossen. 
Grundsatz:  freie  Selbstbestimmung  in  allen 
religiösen  Angelegenheiten;  Zweck:  Förde- 
rung des  religiösen  Lebens.  Wahl  eines 
Bundesvorstands  von  fünf  Mitgliedern, 
vrelche  von  einer  Bundesversammlung  bis 
isur  anderen  funglren.  Die  Zahl  sämmtlicber 
freireligiösen  Gemeinden  betrug  18&6  104. 
Seitdem  Abnahme  infolge  des  Uebertritts 
Vieler  zur  evangel.  Kirche.  Vgl.  Kampe, 
,Das  Wesen  des  Deutschkatholicismus',  1850 ; 
Dem.,  ,Geschichte  der  religiösen  Bewegun- 
gen der  neueren  Zelt*,  1852—60,  4  Bde. 

Dentgchkrone  (Ärents-krone,  poln.  Walcx), 
Kreisst.  im  preuss.  Kegbz.  Marienwerder, 
am  Radansee,  6404  Ew. 

Deutschland,  das  Herz-  und  Mittelland 
Europas,  umfasst  im  weitem  (histor.-ethno- 
graph.)  Sinne  das  ausgedehnte  Gebiet  deut- 
schen Elementes  und  deutscher  Sprache, 
das  sich,  zwischen  dem  sla vischen  Osten 
und  dem  roman.  Westen  des  Erdtheils, 
von  den  Alpen  bis  zur  Kord-  und  Ostsee 
erstreckt ;  im  engem  (polit.)  Sinne  Jedoch 
nur  den  grossem  Theil  dieses  Gebietes 
(s.  unten).  —  Die  BodengeUaltung  ergibt  S 
Hauptformen:  a)  das  Alpengebirgsland  im 
S.  (deutsche  Alpen.  Grossglockner  12,213* 
und  Orteies  12,020')  mit  der  nördl.  vor- 
liegenden Schwab.  - bayer.  Hochebene;  b) 
das  Gebiet  der  deutschen  Mittelgebirge,  um- 
fassend :  das  oborrhein.  Bei^gland  (Schwarz- 
wald 4600',  Vogesen  4400',  Hardt  2100*,  Oden- 
wald 1900*,  Spessart  1900',  deutscher  Jura 
3100'),  Böhmerwald  4530*  mit  dem  bayer. 
Wald  3750',  mähr.  Gebirge  3400',  Sudeten 
4600',  Riesengebirge  5000',  Erzgebirge  3800', 
Fichtelgebirge  3800',  Thürmgerwald  SPIO', 
Harz  3500' ;  das  Weserbergland  (teutoburger 
Wnld  1100',  Solling  1600'),  das  hessische 
Bergland  (Rhön  2925',  Vogelsberg  2400'  etc.), 
das  nlederrhein.  Bergland  (Hansrück  2500', 
Eifel  2300*,  Ardennen  1800*,  Taunus  2700', 
Westerwald  2100*,  Siebengebii-g«  1430',  die 
sauerländ.  Gebirge  2600*  etc.);  c)  das  weite 
norddeutsche  Flach-  und  Tiefland.  —  Das 
Flu8Mpstem  D.s  sehr  entwickelt  und  zum 
grössern  Theil  der  Nord-  und  Ostsee  (Rhein 
mit  Neckar,  Main,  Mosel  etc.,  Ems,  Weser, 
Elbe  mit  Saale  und  Havel,  Oder,  Weichsel), 
zum  kleinern  Thell  dem  schwarzen  Meer 
(Donausystem)  und  dem  Adriameer  (Etsch) 
angehörend;  dabei  durch  zahlr.  Kanäle 
(elbing-oderländ.  Kanal,  Bromberger-,  Müll- 
roser-,  Flnow-,  Eider-,  Plauenscher-  und 
Maln-t>onau-  oder  Ludwigskanal)  ergänzt 
und  vervollständigt.  Seen:  a)  die  nord- 
deutschen (in  Ostpreussen  26 Va  QM. ,  in 
Pommern  12,  in  der  Mark  lO^ia,  In  Mecklen- 
burg 12  QM.  etc.,  westl.  der  Dümmersee 
und  das  stelnhudor  Meer);  b)  die  Seen  des 
Alpensystems  (Boden-,  Ammer-,  Staren- 
berger-,  Chiem-,  Traun-,  Zirkuitzersee).  — 
Klima  von  grosser  Gleichförmigkeit,  im 
Allgemeinen  massig  und  gesund ;  am  wärm- 
sten Südtirol  und  das  Rheintlial.    Der  östl. 


Theil  D.s  durch  grossere  Regenmenge 
charakterisirt.  Für  Erforschung  des  Klimas 
85  meterolog.  Stationen  (meist  in  Preussen). 
Ueber  die  reichen  mineral.  Produkte  and 
die  Boden erzeugnlsse  s.  unten. 

In  polit.  Beziehung  hat   der  Begriff  und 
die  Ausdehnung  D.s  in  der  Neuzeit  wieder- 
holte Umgestaltungen  erfahren.    Während 
das   ehemal.  deutsche  Jieich  1786  einen  Um- 
fang  von   12,593   QM.    mit   26,265,000   Ew. 
hatte,  umfasste  der  1815  gegründete  deutsche 
Bund  11,467  QM.   mit   (1865)  46,412,000  Ew. 
Nachdem  letzterer  1866  aufgelöst  u.  Oester- 
reich,  von  welchem  11  Provinzen  (ca.  S600 
QM.  mit  131/a  Mill.  Ew.)  zum  Bunde  gehört 
hatten,  aus  D.  ansgesclilossen,  ebenso  das 
frühere  Bundesland  Luxemburg  und   Lim- 
burg aul^egeben   worden  war,   bestand  D. 
aus  dem  neugebildeten  norddeutschen  Bunde, 
umfassend  Preussen  (incl.  seiner  früher  nicht 
zum   deutschen  Bunde  gehörenden,    alten 
Prov.  Preussen  und  Posen  und  der  neuen 
Fror.  Schleswig)  und  die  21  nördl.  vom  Main 
li^enden  Staaten  (1  Königreich:   Sachsen; 
4  Grosshorzogthümer:  Mecklenburg-Schwe- 
rin und  M.-Strelitz,   Oldenburg,   Sachsen- 
Weimar;   6  Herzogthümer:   Braunschwelg, 
Anhalt ,  S.  •  Meluingen ,  S.  -  Koburg  -  Gotha, 
S. -Altonburg  und   Lauenburg;   7  Fürsten- 
thümer:  Schwarzb.-Rudolstadt  u.  Schwarzb.- 
Sondershausen,  Renss  ä.  L.  u.  Reuss  J.  L., 
Lippe,  Waldeck,  Schaumburg-Llppe ;  'S  fh»i« 
Städte:  Hamburg,  Lübeck,  Bremen),  nebst 
der  grossherz.  hess.  Prov.  Oberhessen,  7586 
QM.  mit  (1867)  29,974,779  Ew.,  einerseits  und 
anderseits  aus  den  4  tUddeutschen   Steutten 
Bayern,  Würtemberg,  Baden  u.  Hessen,  209S 
QM.  mit  8,606,743  Ew.,  zusammen  9629  QM. 
mit  88,581,522  Ew.     Beide  Ländergruppen, 
bisher  bereits  durch  ein   zweifaches  Band, 
durch   den  Zollverein   (welchem   auch  Lu- 
xemburg noch  angehört  und  dem  1868  auch 
Lübeck  und   die   beiden  Mecklenburg   bei- 
traten) und  durch  Schutz-  und  Trutzbünd- 
nisse  für  den  Kriegsfall  mit  einander  Tor- 
knüpft,   sind   endlich   seit   Jan.    1871    ver- 
einigt zti  einem  geschlossenen  Bundesstaat, 
dem  neuen  deutschen  JReich  (unter  Führung 
des   Königs    von   Preussen    als    deutschen 
Kaisers),  das  als  neu  hinzugekommene  Ge- 
biete auch   die  wiedereroberfcen  Provinzen 
Elsass   und  Deutsch-Lothringen  (275,4  QM. 
mit  1,562,773  Ew.)  umfasst  und  somit  einen 
Umfang  von  9904  QM.  mit  40,144,295  Ew.  hat. 

Bevölkerung.  Die  Volksdichtigkeit  1867: 
4007  Ew.  auf  1  QM. ,  im  bisher.  Nordbnnd 
3978  (am  stärksten,  abgesehen  von  den 
Hansestädten,  in  Sachsen  mit  8905,  am 
schwächsten  in  Mecklenburg  -  Strelitz  mit 
1994),  in  den  Südstaaten  4111  (am  stärksten 
in  Rheinhessen  mit  9390,  am  schwächsten 
in  Oberbayem  mit  2657).  —  Der  Nationalität 
nach  zählte  man  35,6  Mill.  Deutsclie  und 
3  Mill.  Nichtdeutsche,  unter  letztem  ca. 
11,000  Wallonen  (an  der  Grenze  von  Rhein- 
prenssen),  144,000 Dänen  (in  Schleswig),  im 
Uebrigeu  Slaven ,  die  (bis  auf  54,000  Wen- 
den im  Königr.  Sachsen)  sämmtlich  dem 
preuss.  Staate  angehören.  Die  Zahl  der 
Deutschen   im  übrigen  Europa  (ausserhalb 


Deutschland. 


493 


D.)  wird  auf  18 Va  Mill.  gescbfttst,  wovon 
über  8,41  'Mill.  auf  Oesterreich  kommen 
(davon  ca.  6,7  Mill.  in  den  ehemaL  deut- 
scheu Bundesstaaten),  1,75  Hill,  auf  die 
Schweiz ,  650,000  auf  Bussland  ,  194,000  auf 
die  Niederlande,  900,000  auf  den  Elsass.  — 
Der  Konfession  nach:  etwa  25  Mill.  Prote- 
stanten und  18  lltill.  Katholiken,  wovon 
erstere  die  Mehrzahl  in  Norddeutschland 
(21  Vs  Mill.),  letztere  in  SQddeutschland 
(ca.  5  Mill.)  bilden ;  ferner  95,000  Deutsch- 
nnd  Griechisch  -  Katholiken ,  Mennoniten, 
Herrnhuter  und  and.  Dissidenten  (etwa 
80,000  in  Norddeutschtand)  und  nahezu  Va 
Mill.  Juden  (ca.  360,000  in  Norddeutschland). 
Unter  den  Kakrungszweigen  ist  die  Land- 
toirtksehaft  am  wichtigsten  und  allgemein- 
sten verbi*eitet.  Der  Boden  D.s  im  All- 
gemeinen sehr  fi'uchtbar  aind  wohlbestellt, 
selbst  in  den  sau d igen  und  morastigen 
Gegenden  vielfach  urbar  gemacht  und 
meliorirt.  Das  verhältulssmässig  meiste 
Kulturland  hat  Schleswig  -  Holstein,  Posen, 
die  Provina  Sachsen,  Rheinhessen  (vgl.  das 
Kärtchen  ^Bodenkultur).  Der  Ertrag  des 
Ackerbaues  ist  in  manchen  Gegenden  (z.  B. 
in  Sachsen)  für  die  starke  Bevölkerung 
nicht  ausreichend,  in  andern  dagegen  (in 
Schleswig  -  Holstein  u.  Mecklenburg,  theil- 
weise  in  Preussen,  Schlesien,  Pommern, 
Westphalen,  Hannover,  in  Bayern  und 
Würtemberg)  weit  über  Bedarf,  so  dass  an- 
sehnliche Ausfahr,  selbst  ins  Ausland  Statt 
findet.  Jährl.  Getreideproduktion  228  Mill. 
Hektoliter  im  Werth  von  594a/«  Mill.  Thir., 
Getreideexport  9^»  Mill.  Thlr.;  KartoCfel- 
prodnktion  204,5  Mill.  Hektol.  im  Werth  von 
84  Mill.  Thlr.  Ausserdem  baut  man  Han- 
delsp'flauzen  in  Menge,  namentlich  Flachs 
und  Hanf  (bes.  in  Hannover,  Prov.  Sachsen, 
Hessen  und-  Baden),  Tabak  (756,000  Ctr. 
Blätter,  davon  ^«  in  der  Pfalz  und  Baden, 
ausserdem  am  meisten  in  Unterfranken  u. 
Sachsen)  und  Runkelrüben  (am  meisten  in 
der  Prov.  Sachsen,  im  Zollverein  808  Fa- 
briken, Verbrauch  1868:  43 Va  Mill.  Ctr.).  - 
Weinbau  In  grossem  Umfang  am  Rhein,  an 
der  Mosel,  Ahr  etc.,  in  Rheinhessen,  Rhein- 
bayern, in  Unterfranken  (am  Main),  Baden 
und  Würtemberg.  Weinbaufläche  38V,000 
pr.  Morgen,  Durch  Schnittsertrag  2,914,000 
Eimer  (vgl.  das  Kartchen  Nuttpflanzen)} 
Hopfen  (204,000  Ctr.,  meist  in  Bayern). 
Obstkultur  bes.  in  Büd Westdeutschland.  — 
Die  Forsikültitr  wird  rationell  betrieben; 
Holz  in  vielen  Gegenden  wichtiger  Aus- 
fuhrartikel; Waldfläche  3312  QM.  (ca.  25o/o 
des  Areals) ;  die  bedeutendsten  Wälder  in 
der  Prov.  Hessen-Nassau,  in  Thüringen  und 
Süddeutschlaud  ;  am  geringsten  in  Holstein, 
Mecklenburg  und  Hannover  (vgl.  das  Kärt- 
chen Bodenkultur).  —  Die  VieJmicht  in  vielen 
Ländern  von  Belang;  schönes  Rindvieh 
bes.  in  den  Marschländern  an  der  Ost-  und 
Nordsee,  in  Würtemberg  und  den  Alpen- 
gegenden;  treffl.  Pferde  in  Holstein,  Meck- 
lenburg, Ostpreussen,  Bayern  und  Würtem- 
berg; die  Schafzucht  am  blühendsten  in 
Mecklenburg,  Pommern,  Posen,  Prov. 
Sachsen  ,     Brandenburg ,     Schlesien    etc. ; 


Schweine  namentlich  in  Baden  und  Thü- 
ringen, Westphalen,  Sachsen  etc.  (vgl.  das 
Kärtchen  Nutzüiiere).  Gesammtwerth  des 
Viehstandes  auf  974  Mill.  Thlr.  veranschlagt. 
Im  Ganzen  leben  in  D.  von  derLandwirth- 
sohaft  18,8  Mill.  Menschen  (in  Bayern  65,8, 
Baden  64,  Preussen  48,  Sachsen  33  o/o  der 
Bevölkeruug). 

Der  Bergbau  und  Hutlenbetrieb  bes.  blühend 
in  Preussen  und  Sachsen.  Produkte:  wenig 
Gold  (20  Kilogr.),  Silber  (Erzgebirge,  Harz 
und  Nassau,  57,000  Kilogr.),  Quecksilber 
(Rheinbayern);  Zinn  (Erzgebirge),  Kupfer 
(Harz,  Westphalen,  Sachsen),  Eisen  (am 
meisten  gebaut  und  verhüttet  in  Rhein- 
preussen  und  im  Taunus,  in  Westphalen, 
Schlesien,  Hannover  etc.);  Zink  (Ober- 
schlesien ,  Rheinprovina) ,  Blei  (Taunus, 
Harz,  Westphalen,  Rheinprovinz,  Ober- 
schlesien);  Steinsalz  (Prov.  Sachsen,  Bayern, 
Würtemberg,  Baden),  Quellsalz  (Thüringen, 
Prov.  Sachsen,  HMinover  etc.);  Porzellan- 
erde (am  besten  in  Sachsen  und  Bayern); 
Steinkohlen  in  mächtigen  Lagern  (West- 
phalen, Hunsrück,  Schlesien,  Sachsen^; 
Braunkohlen  (Thüringen  und  Sachsen); 
Torf  (im  N.);  Bernstein  (Ostseeküste) ;  Edel- 
steine, bes.  Topase,  Granaten,  Smaragde  etc. 
(Sachsen,  Schlesien).  Gesammtwerth  der 
Montanprodukte  (im  Zollvereinsgebiet)  1866 : 
195,537,742  Thlr.  (davon  auf  Luxemburg 
1,429,951  Thlr.),  wonach  der  Bergbau  D.s 
in  Europa  nach  Grossbritannien  (jährl. 
Produktion  ca.  230  Mill.  Thlr.)  die  erste 
Stelle  einnimmt  (vgl.  das  Kärtchen  Nutzbare 
Mineralien). 

Die  gewerbliche  Industrie  D.s,  von  Alters 
her  durch  wichtige  Erfindungen  und  zahlr. 
Entdeckungen  bewährt,  hat  in  der  Neuzeit 
einen  grossartigen  Aufschwung  genommen. 
Die  deutschen  Ludustrieprodnkte  vor  andern 
ausgezeichnet  durch  technischeVoUkommen- 
heit,  Zweckmässigkeit  und  Solidität.  Das 
Fabrikwesen  am  meisten  entwickelt  in  der 
Rlieinprovinz ,  in  Schlesien  und  Sachsen ; 
demnächst  in  Franken,  Thüringen,  Würtem- 
berg, Westphalen,  Brandenburg;  am  min- 
desten in  Mecklenburg,  Schleswig -Holstein 
und  im  aüdl>  Bayern.  Hauptzweige  der 
Industrie :  Leinenwaaren  (Schlesien,  West- 
phaleU)  Sachsen),  Woll-  und  BaumwoIlstoQ'e 
(Preussen  u.  Sachsen),  Seidenstoffe  (Rhein- 
preussen),  Leder-  und  Galanteriewaaren 
(Rheinpreussen,  Hanau),  Eisen-  und  Stahl- 
waaren  (Preussen) ,  ^Porzellan  (Sachsen, 
Preussen),  Papierwaaren(Preus8en,  Sachsen), 
Glas  (Preussen),  Gold-  und  Silberwaaren 
(Berlin,  Hanau),  Holzwaaren  und  Spielzeug 
(Bayern ,  Sachsen) ,  Chemikalien  (Bayern, 
Sachsen,  Baden,  Preussen),  Uhren  (Baden), 
Chirurg.,  musik.  und  optische  Insümmeute 
(Nürnberg,  München),  Kurzwaaren,  Blei- 
stifte und  Lebkuchen  (Nürnberg),  Zucker 
(Prov.  Sachsen,  Anhalt,  Braunschweig), 
Tabak  (Bremen,  Hamburg),  Bier  (Bayern), 
Branntwein  (im  NO.);  dazu  zahlr.  Eisen- 
und  Stahlfabriken,  Eisen-,  Kupfer-  u.  Stalil- 
hämmer,  Strohhut-  u.  Blumenfabriken  etc. 
Neuerdings  auch  bedeutender  Au&chwnng 
der  Kunstgewerbe. 


494 


Deutschland. 


Der  Hemdd,  schon  im  Mittelalter  mfichtig 
entwickelt,  wird  durch  den  Zollverein,  wie 
anderseits  durch  60  schiffbare  Flüsse, 
durch  Kanfile  (110  M .),  Kunststrassen  (über 
6000  M.)  und  ein  sich  stets  erweiterndes 
Eisenbahnnetz  (Okt.  1870:  2499  M.)  wesent- 
lich gefordert,  wie  nicht  minder  durch 
Banken,  Assekurans-  und  Kreditanstalten, 
xahlr.  Börsen  (bes.  Berlin,  Frankfhrt  a/Bf., 
Hamburg,  Bremen,  Leipsig,  Stuttgart)  und 
besuchte  Messen  (Leipzig,  Frankfurt  a/M. 
und  Frankfurt  a^'O.)  unterstützt.  Er  ist 
Torherrschend  Landhandel,  Seine  Haupt- 
mittelpunkte im  N. :  Berlin,  Breslau,  Frank* 
fort  a/0. ,  Leipzig,  Frankfurt  a/M.,  Magde- 
burg, Hannorer,  Kassel,  Düsseldorf,  Köln; 
im  S.  Augsburg,  Nürnberg  und  Fürth, 
Bamberg,  Würzbnrg,  Stuttgart,  Kannstadt, 
Heilbronn,  Karlsruhe,  Pforzheim ,  Mainz  u. 
Offenbach.  Aber  auch  der  Seehandel  sehr 
bedeutend,  am  gjossartigsten  betrieben  von 
Hamburg  und  Bremen  ^^nächstdem  von 
Altena,  Lübeck,  Kiel,  Wismar,  Rostock, 
Stralsund,  Stettin,  Danzig  und  Königsberg. 
Die  deutsche  Handehßoite,  an  Tonnengehalt 
die  8.  der  Welt,  zählte  Ende  1868:  5057 
Segelschiffe  mit  1.816,374  Tonnen  und  153 
Dampfer  (davon  108  Schraubendampfer)  mit 
90,402  Tonnen.  Nettoeinnahme  des  Zollver- 
eins (aus  den  Eingangszöllen  und  Ausgangs- 
abgaben) 1869:  23,118,313  Thlr.  Werth  der 
Einfuhr  ca.  500,  der  der  Ausfuhr  430  Mni. 
Thlr.;  sehr  lebhaft  auch  der  Transithandel. 
Sechnung:  in  Norddeutschland  fast  durch- 
aus nach  Tlialem,  in  Süddeutschland  nach 
rh.  Gulden.  Landesgewicht  (ausser  Bayern) 
das  Zollpfund  ä  ^k  Kilogr.  (25  bayer.  Pfd. 
=:  28  Zollpfd.);  mit  Jan.  1872  obligatorische 
Einführung  des  metrisdien  Mass-  und  Oe- 
wichtssystems.  Umlaufendes  Staatspapier- 
geld 1^:  in  den  norddeutschen  Staaten 
36,310,281,  in  Süddeutschland  16,457,100 
Thlr,,  Privatbankscheine  228,902,619  Thlr.; 
im  Ganzen  281,670,000  Thlr.  (bei  einem  Baar- 
vorrath  der  Banken  von  ca.  128  Mill.  Thlr.). 

An  geUtiger  Bildung  stehen  die  Deutschen 
keinem  Volke  nach.  Regste  Pflege  des 
Volksunterrichts  durch  Elementarschulen; 
neben  letztem  bestehen  zahlr.  hOhere  Bür- 
ger-, Gewerbs-  und  Realschulen;  für  den 
höhern  technischen  Unterricht  7  polytechn. 
,  Lehranstalten  (Berlin ,  Hannover ,  Braun- 
schweig ,  Dresden ,  München ,  Stuttgart, 
Karlsruhe);  für  den  gelehrten  Unterricht 
über  870  Gymnasien  und  Lyoeen,  ausser 
vielen  latein.  und  andern  gelehrten  Schu- 
len ;  für  d|e  höhere  Wissenschaft!.  Bildung 
21  Universitäten  (davon  14  in  Nord-,  6  in  Süd- 
deutschland, nebst  Strassburg);  ausserdem 
Specialleliranstalten  aller  Art,  als  Bergaka- 
demien (Berlin,  Klausthal,  Freiberg  i.  S.), 
landwirthschaftl.  Lehranstalten  (92,  ber.  die 
KU  Eldena  bei  Greifswald,  Proskau  in  Schle- 
sien, Poppeisdorf  bei  Bonn,  Göttlngen- 
Weende,  Hohenheim  bei  Stuttgart,  Weihen- 
stephan bei  Landshut),  höhere  Forstanstal- 
ten (Neustadt-Ebers  walde,  Münden,Tharand, 
Aschaffenburg) ,  Kunstakademien  (Berlin, 
Düsseldorf,  Dresden ,  Kassel ,  München), 
Kriegsakademien    (Berlin,   München)    und 


Kriegsschulen,  1  Marineschule  (Kiel),  Aka- 
demien der  Wissenschaften,  Konservatorien 
der  Musik  etc. 

D.  bildet  seit  1.  Jan.  1871  unter  dem  Namen 
Deutsches  JReich  einen  unter  Oberleitung 
des  deutschen  Kaisers  (Königs  von  Preussen) 
stehenden  Bundesstaat  (s.  oben),  der  im 
Wesentlichen  die  'Verfassung  des  bisher, 
norddeutschen  Bundes  hat,  jedoch  nicht 
ohne  Abänderungen  zu  Gunsten  der  Selbstän- 
digkeit Bayerns  (s.  unten,  Geschichte).  Nach 
derselben  übt  der  Bund  das  Recht  der  Ge- 
setzgebung aus,  und  zwar  in  der  Art,  dass 
die  Bundesgesetze  den  Landesgesetxen  vor- 
gehen. Der  Fürsorge  dieser  Bundesgesetz- 
gebung  sind  hauptsächlich  zugewiesen  die 
Förderung  der  gemeinsamen  materiellen 
Interessen,  gemeinschaftl.  Justizpflege,  so- 
weit dieselbe  für  die  allgemeinen  und  Ver- 
kehrsverhältnisse* erforderlich  ist,  sowie 
eine  starke  Wehrhaftigkeit  durch  ein  ein- 
heitliches Heer  und  eine  einheitliche  Kriegs- 
marine. Die  Gesetzgebung  wird  ausgeübt 
durch  den  Bundesrath  und  den  Reichstag, 
welche  beide  in  Berlin  tagen.  Der  Bundes- 
rath, in  welchem  die  Krone  Preussens  das 
Präsidium  hat  und  über  17  Stimmen  ver- 
fügt, während  die  übrigen  Staaten  zusammen 
41  Stimmen  fähren  (Bayern  6,  Sachsen  und 
Würtemberg  Je  4 ,  Baden  und  Hessen  je  8, 
Mecklenburg -Schwerin  und  Braunschweig 
je  2,  alle  übrigen  Je  1),  wird  durch  Bevoll- 
mächtigte der  Regierungen  gebildet;  den 
Vorsitz  und  die  Leitung  führt  der  Bundes- 
kanzler, der  vom  Präsidium  ernannt  wird. 
Ein  bes.  Ausschuss  besfeht  im  Bundesrath 
aus  den  Bevollmächtigten  Bayerns,  Sachsens 
und  Würtembergs,unter  dem  Vorsitz  Bayerns, 
für  die  auswärtigen  Angelegenheiten.  Den 
Reichstag  bilden  Abgeordnete  der  einselnen 
Staaten,  gewählt  durch  direkte  Wahl  mit 
geheimer  Abstimmung  (für  je  100,000  Seelen 
eineY).  —  Finanxen.  Einnahmen  des  nord- 
deutschen Bundes  1870:  76,507,719,  Ausgaben 
76,732,133  Thlr.  Deficit  224,414  Thlr.;  im 
Uebrigen  s.  die  einzelnen  Länder.  —  Die 
Arme«  des  deutschen  Bundes,  an  dessen 
Spitze  der  deutsche  Kaiser  als  Bundesfeld- 
herr steht,  umfasst  einerseits  das  bisherige 
norddeutsche  Bandesheer,  anderseits  die 
schon  vorher  durch  Verträge  mit  Jenem  ver- 
bundenen Heere  der  süddeutschen  Staaten. 
Allgemeine  Weh'Vpflicht  überall  durchge- 
führt, Stellvertretung  gänzlich  ausgeschlos- 
sen. Stärke  des  bisherigen  norddeutschen 
Heeres,  aus  Linie,  Reserve  und  Landwehr 
zusammengesetzt  (mit  Je  8-,  4-  und  5jfthr. 
Dienstzeit): 

im  Frieden:  im  Krieg: 
Feldarmee ....    285,551  M.,  511,826  M., 
Reserve     ....         —       -    180,672     - 
Besatzungstruppen       18,86&    -    265,039    - 
Total  (incl.  der  Olliziere,  Gendarmerie  etc.): 
315,786  M.  im  Frieden,  977,262  M.  im  Krieg. 
Die  Friedens-  und  Kriegsstärke  der  Armeen 
der  süddeutschen  Staaten   belauft   sich  auf 
ca.  88,900  und  228,700  M.,  so  dass  das  Reich  im 
Kriegsfalle  über  ca.  1,206,000  M.  vei*fügt.  — 
Festungen  und  befest.  Plätze  im  norddeut- 
schen Bunde  34  (82  In  Preussen,  2  In  Sach« 


Deutschland. 


495 


Sfttk),  in  Sliddeuiscliliuid  6  (damtiter  Mainz 
mit  prensa..  Besatzung  seit  1866,  während 
dtLB  BesatEungsrecht  Preussens  in  Luxemburg 
seit  Jfal  1867  aufgegeben  worden  ist) ;  dazu 
noch  die  neugewonnenen  Festungen  Metz, 
Diedenhofen,  Strassburg,  Sohlettstadt,  Neu- 
breisach, Bltsch  und  einige  kleinere  feste 
Plätze  in  Elsass  und  Lothringen.  —  Die 
Kriegsmarine  (seit  1867  gleichfalls  eine  ein- 
heitliche  unter  dem  Oberbefehl  Preussens) 
umfasste  zu  Anfang  1870  im  Ganzen  81 
Kriegsschiffe,  näml.  Schraubendampfer  mit 
8466  Pferdekraft,  86,562  Tonnen  und  320  Ge- 
schützen (darunter  die  3  gr.  Panzerschiffe 
,König  Wilhelm*,  ,Friedrich  Karl',  ,Kron- 
prinz*),  7  Segelsohiffe  mit  5863  Tonn,  und 
160  Geschützen  und  eine  Buderflottille  von 
36  Fahrzeugen  mit  68  Geschützen.  Flagge 
(seit  1867)  schwarz -roth- weiss. 

Vgl.  Hoffnumn ,  ,D.  und  seine  Bewohner', 
1834  f.,  4  Bde.;  Boden,  ,D.  und  das  übrige 
Europa*,  1854;  Winderloh,  ,Da8  deutsche 
Land  und  seine  Einwohner*,  2.  Aufl.  1852; 
BrachOli,  »Deutsche  Staatenkunde*,  1856—57 ; 
die  geograph.  Handbucher  Ton  Wappäus, 
V.  Elöden,  Danieln,  A. ;  Viebakn,  .Statistik  des 
zollvereinten  D.*,  1858—62;  Bavenstein,  ,Spe- 
cialatlas  Ton  D.',  1870,  12  Bl.;  StieUr,  ,At- 
las  von  D.*,  1836-65,  25  Bl. 

00»ehie1U«»  Ueber  die  alten  deutschen 
Yolksstämme  und  deren  Geschichte  s.  6er- 
numen.  Das  deuieehe  Beich  entstand  in- 
folge der  Theilnng  des  Beichs  Karls  d.  Gr. 
im  Vertrag  von  Verdun  (843).  Ludwig  der 
Deutgehe  (843  —  876)  ward  Herrscherin  D., 
damals  Ostfrtmken  genannt,  im  Gtegen- 
satz  zu  We$t/ranken  (Frankreich^.  Seine 
Söhne  theilen  das  Beich,  so  dass  Ludwig 
Franken,  Sachsen  und  Thüringen,  Karl- 
mann. Bayern  und  Karl  (der  Dicke)  Ale- 
mannien  erhält.  Letzterer  vereinigt  nach 
dem  Ableben  seiner  Bruder  (880  und  882) 
Ostfranken  wieder  und  herrscht  auch  über 
Westfranken,  wird  687  abgesetzt,  worauf 
io  D.  Amttlf,  Herzog  von  Kämthen,  der 
nnebenbürtigeSohh  Karlmanns,  folgt  (887— 
8^.  Mit-  seinem'  Sohne,  Ludwig  dem  Kinde 
(899—911) ,  stirbt  das  Geschlecht  der  Karo- 
linger in  D.  ans.  Innere  Zerrüttung;  ver- 
heerende Raubzüge  der  Ungarn.  Konrad  J, 
von  Franken  (911  —  918)  erster  deutscher 
Wahlkönig. 

L  I>(M  deutsöhe  Kaiserreich,  Säehaische 
KaUer  (919  —  1024).  HeinHch  L  (919  —  986) 
eigentlicher  Gründer  eines  selbständigen 
deutschen  Reichs.  Sein  Sohn  Otto  I.  (936— 
978)  bringt  951  die  lombard.  Krone  und  962 
die  Kaiserkrone  an  das  Reich.  Otto  II. 
(973—963)  und  Otto  III.  (983—1002)  suchen 
den  Schwerpunkt  ihrer  Macht  mehr  in 
Italien  als  in  D.  unter  BeinHch  IL  (1002— 
1024)  Emporkommen  der  fürstl.  Aristokratie. 

Fränldiche  oder ealieohe  JTaitfsr  (1064— 1125). 
Konrad  IL  (1024-39)  sucht  die  königl.  Ge- 
walt durch  Einschränkung  der  herzoglichen 
0U  heben,  vereinigt  Burgund  mit  dem  deut- 
schen Reiche.  Erblichkeit  der  Lehen.  Hein- 
rieh  III.  (1039-56) ,  im  Besitz  der  herzog!. 
Gewalt  über  Bayern ,  Schwaben  und  Fran- 
keD|  wird  nur  durch  fifühzeitigen  Tod  daran 


verhindert,  D.  in  ein  erbliches  und  einheit- 
liches Reich  EU  verwandeln.  Heinrich  IV. 
(1056—1106)  kämpft  vergeblich  gegen  geistl. 
und  weltl.  Aristokratie  und  gegen  die 
päpstliche  Hierarchie.  Heinrich  V.  (1106— 
1125),  rücksichtsloser  Verfechter  der  Politik 
seines  Hauses ,  legt  den  Investiturstreit 
mit  der  Kirche  durch  das  toormser  Konkordat 
(1122)  bei.  —  Lothar  IL  (1125-37)  von 
Sachsen  bezeigt  sich  den  Fürsten  und  der 
Hierarchie  gegenüber  nachgiebig.  'Seine 
Tochter,  mit  dem  Weifenherzog  Heinrich 
dem. Stolzen  von  Bayern  vermählt,  bringt 
diesem  das  Herzogthum  Sachsen  zu. 

Hohenataußeehe  Kaiser  (1138—1354).  Kon- 
rad IIL  (1138—52)  sucht  die  Macht  der 
Weifen  durch  Entziehung  des  Herzogthums 
Bayern  zu  schwächen,  die  königl.  Autorität 
im  Innern  herzustellen.  Friedrich  L  (1152— 
1190)  bemüht  sich  um  Herstellung  der 
kaiserL  Macht  in  Italien  (1154—76)»  bricht 
die  Macht  des  Weifen  Heinrich  des  Löwen, 
erwirbt  seinem  Hause  durch  Vermählung 
seines  Sohnes  Heinrich  mit  der  Erbin  Kon- 
stanze Neapel  und  Sicilien.  Heinrich  VL 
(1190—97)  hegt  den  Plan,  die  Krone  von 
Sicilien,  sowie  die  von  D.  durch  Vertrag 
erblich  eu  machen  und  die  Kirbhe  in  die 
frühere  Abhängigkeit  von  der  weltl.  Macht 
zurückzubringen,  wird  durch  frühzeitigen 
Tod  daran  verhindert.  Darauf  Doppelwahl, 
indem  die  hohenstauf.  Partei  Heinrichs  VI. 
Bruder,  I%ilipp  von  Schteaben  (1197—1208), 
die  weifische  Otto  IV.  von  Braunschweig 
(1197  —  1218)  wählt.  Erschütterung  der 
königl.  Macht  durch  den  Krieg  zwischen 
beiden;  hierarchische  Prätensionen  Roms. 
Papst  Innocenz  HI.  stellt  Friedrich  von 
Sicilien,  den  Sohn  Heinrichs  VI.,  als  Gegen- 
könig Ottos  auf.  Friedrich  IL  (1212-50) 
wird  durch  sein  Streben  nach  der  Herr- 
schaft über  Italien  mit  der  röm.  Hierarchie 
in  erbitterten  Kampf  verwickelt.  Die  innere 
Zerrüttung  in  D.  ist  dem  Streben  der  Für- 
sten nach  Selbständigkeit  förderlich.  Innere 
Fehden.  Ketzergerichte.  Konrad  IV.  (1250— 
1254)  machtlos.  Gegenkönige  Heinrich  Raspe 
von  Thüringen  und  Wilhelm  von  Holland 
(1247  —  56).  Scheinkönige  Alfons  X.  von 
Kastilien  und  Richard  von  Oomwallis  (seit 
1257).  Infolge  des  Siegs  der  landesfürstl. 
Gewalten  über  die  Kroi|e  Auflösung  des 
Kaiserreichs  in  eine  lockere  Verbindung 
fürstlicher,  ritterschafUicher  u.  städtischei* 
Binzelgewalten.  Interr^num;  faustrecht- 
liche  Anarchie. 

n.  Arietohrftt»- korporative  Meiehe- 
verfaeeung,  Budolf  von  HabAwrg  (1273—91) 
lässt  die  ital.  und  kirchl.  Angelegenheiten 
bei  Seite,  stellt  Gesetz  und  Ordnung  im 
Innern  her,  erwirbt  Oesterreich,  Steier- 
mark, Kämthen  und  Krain  als  Hausmacht. 
Adolf»  vonNauau  (1291— 98).  Versuch  zu  Er- 
werbung einer  solchen  misslingt.  Alhreeht  I. 
(1298—1308)  nur  auf  Vergrösserung  seiner 
JSrblande  bedacht.  Heinrich  VIL  von  Luxem- 
burg (1308—13)  erwirbt  seinem  Hanse  Böh- 
men, sucht  die  kaiserl.  Macht  in  Italien 
wieder  herzustellen.  Darauf  Doppel  wähl: 
Ludwig  IV,  von  Bayern  (1318—47)  von  der 


496 


Deutschland. 


iQZembnrg. ,  Friedrich  TU,  von  Oe^err^h 
(ISIS— 29)  yoQ  der  habsburg.  Partei  als 
Kaiser  aafgestoUt.  Papst  Johann  XX». 
masst  sich  eine  schledsriohterliobe  Gewalt 
über  die  deutsche  Krone  an;  dem  gegen- 
über lehnen  die  Kurfürsten  Im  Kurverein 
von  Ben»e  (1836)  jede  päpstliche  Sinmischnng 
in  die  Kaiserwahl  ab.  Ladwigs  rücksichts- 
loses Streben  nach  Brveitemng  seiner 
Hausmacht  veranlasst  die  Wahl  Karls  Yon 
Mähren  als  Oegenkönigs  (1S46).  Die  An- 
hänger Lndwfgs  wählen  nach  dessen  Tode 
den  Grafen  Günther  von  SchwcsrAurg ,  der 
1349  durch  Vertrag  isnrücktritt.  KaH  IV, 
(1349—78),  mehr  für  sein  Brbland  Böhmen 
als  für  das  Reich  besorgt,  ertheilt  durch 
die  goldene  BuHe  (1356)  den  sieben  Kur- 
fürsten von  Mainz,  Trier,  Köln,  Böhmen, 
Pfalz,  Sachsen  und  Brandenburg  die  Be- 
fngniss  der  ansschliesalichen  Königswahl; 
seitdem  bilden  dieselben  eine  geschlossen», 
über  die  übrigen  Fürsten  und  dem  Kaiser 
fitflt  gleichgestellte  Oligarchie.  Wenaie 
(1978—1400)  Unthätigkeit  bei  der  allgemeinen 
Verwirrung  veranlasst  die  rhetn.  u.  schwä- 
bischen Städte  SU  Bündnissen;  letztere 
unterliegen  der  fürstl.  Macht  gegenüber  bei 
Böfßngen  (1388).  Huprecht  von  der  Ffah 
(1400—10)  sucht  rergeblich  den  Frieden  im 
Reich  hereustellen.  Sigmund  (1410— S7)  be- 
endigt das  kirchl.  Schisma  durch  das  Kon- 
cil  zu  Konstanz  (1414),  wird  in  den  HuMiten- 
krieg  (1419—33)  verwickelt.  Das  Koncil  zu 
Basel  (seit  1431)  nimmt  die  Kirchenreform 
wieder  auf,  die  aber  nach  Albrechts  Tl. 
(1488  —  39)  fl-ühem  Tode  an  der  Neutralität 
der  Kurfürsten  und  an  Friedrich»  IV,  (ÜI., 
1440  —  93)  Indolenz  scheitert.  Die  triener 
(atohaffenburger)  Konkordate  (17.  Febr.  1448) 
berauben  die  deutsche  Kirche  grösstentheils 
der  bisher  errungenen  Rechte  und  sank- 
tioniren  die  päpstl.  Uebei;griffe.  Die  Er- 
hebung Maximilians  zum  röm.  König  (1486) 
fördert  die  bisher  fruchtlosen  Verhandlun- 
gen über  den  Landfrieden,  zu  dessen  Anf- 
rechterhaltung  der  9chii}äbi8ehe  £imd  ab- 
geschlossen wird.  Polit.  Reformpläne,  mft 
denen  sich  die  Reichstage  seit  1487  beschäf- 
tigen, scheitern  an  dem  Widerstände  des 
Kaisers.  3faximilian  I.  (1493  —  1519)  ver- 
kündigt auf  dem  Reichstag  zu  Worms  (1495) 
den  ^ewigen  Landfrieden'  und  setzt  zu  dessen 
Handhabung  das  Reiehtkamtnergericht  ein. 
Auf  dem  Reichstag  zu  AngsbnTg  (150O)  wird 
ein  permanentes  Reichtiregiment  Icreirt,  das 
aber  schon  1502  sich  wieder  auflöst,  da  der 
Kaiser  sich  gegen  die  neuen  reichsstfind. 
Institutionen  als  Beschränkung  seiner  Ge- 
walt föindllch  verhält.  Der  hayer,  -  pfähs. 
Erbfolgeetreit  (1503  und  1504)  wird  mit  den 
Waffen  entschieden.  Auf  dem  Reichstag  zu 
Köln  (1512)  wird  das  Reich  zu  Handhabung 
des  LAndfHedens  in  10  Speise  eingetheilt. 
Anfang  der  Beformation  (s.  d.)  81.  Okt.  1517. 
Karl  V,  (1519—56),  der  Erbe  der  deutsch- 
habsbnrg.,  burgund.  n.  span.-italien.  Lande, 
verpflichtet  sich  durch  Waliikapltulation 
zu  Ausführung  der  unter  Maximilian  be- 
gonnenen Relohsverfassungsreformen,  wird 
über    durch    auswärtige    Angelegenheiten 


(Kriege  mit  Frankreich  1521-26,  1586—29, 
1536—38,  1543  und  1544)  davon  abgezogen 
nnd  übeii^bt  die  Leitung  der  Dinge  in  D. 
seinem    1532    zun   röm.   König   erwählten 
Bruder   Ferdinand.    Karl    V.    besiegt    den 
sehmalkald.  Bund  (1547),  wird  durch  Morits 
von  Sachsen  zum  Abschlnss  des  Vertrags 
von  Passan  (1552)  genöthigt.    Verlust   der 
lothring.  Bisthümer  Metk,  Toul  nnd  Verdun 
an  Frankreich.    Der   augaburger  Beligiona- 
friede   (1555)   gewährt  den  Anhängern    der 
angsbnrg.  Konfession  fireie  Religionsfibang. 
Ferdinand  I.  (1556—64)  ertiält  trota  des  ge- 
spannten Verhältnisses  zwischen  Katholiken 
und  Protestanten  nnd   der  Umtriebe    der 
Jesuiten  den  Frieden;  desgl.  JfaxMnt^ioM  J/. 
(1564—76).  Ausbreitung  des  Protestantismus 
in    Oesterreich    nnd   Böhmen.    Rudeif   IT. 
(1576—1612)  lässt  der  Jesuitischen  Agitation 
zu    gewaltsamer    Oegeureformation    freien 
Spielraum.    Protestant.  Fürsten  treten  Knr 
Union  (1606),  katholische  unter  Maximilian 
von   Bayern    zur   Inga    (1609)    zfeuiammeo. 
Rudolf  gewährt   den   Böhmen  durch    den 
Majest&tsbrief  (1609)  freie  Religionsubnng. 
MaUhifU  (1612—19)  verletzt  den  Mi^estftts- 
brief  und  g^bt  dadurch   den  äusseren  An- 
stoss    zum    dreissigjährigen    Krieg    (B.    d.). 
Ferdinand  II.  (1619—37)  erlässt  nach   Be- 
zwingung   der  Führer  der  Protestanten  in 
Böhmen  und  D.  das  Betlituiioneediki  (1629), 
wird   durch   Gustav   Adolfs   von  Schweden 
Siege  (1630  —  32)  nm   alle  seSne  bisherigen 
Erfolge  gebracht.    Schwedens  und  Frank- 
reichs Einmischung  verlängern  den  Krieg. 
Ferdinand»  III,  (1637—57)  Friedenweranche 
zu  Regensbnrg  eind  fruchtlos. 

Durch  den  weHphaiiichetn  Frieden  (1648) 
sinkt  die  einheitliche  Autorität  des  Kalaer- 
thums  aur  leeren  Form  herab,  indem  die 
landesfürstliohe  Gewalt  von  ihren  letston 
Schranken  befrMt  nnd  das  Reich  in  einen 
lockern  Staatenbund  verwandelt  wird.  17. 
Mai  1654  letzter  Reichsabsehied ;  seit  1663 
"perpehtirlicher  Reioh^ag  zu  Regeuabur];, 
Vertretung  der  Fürsten  durch  At^^eordnet.*; 
die  kaiserl.  Re^^ieru]^  auf  die  österr.  Erb- 
lande beschränkt,  wird  dem  Reiche  mehr 
nnd  mehr  entfremdet;  wogegen  der  Einfluss 
des  Auslandes,  beb.  Frankreichs ,  grösser 
und  verderblicher  wird.  Leopold  I.  (1658— 
1705)  beharrt  während  der  Eroberungskriege 
FraukreichB  gegen  Spanien  (^666—  68)  und 
Holland  (1672— 79)inThaUosigkeit.  Friodricli 
Wilhelm  von  Brandenburg  B<äilägt  die  mit 
Frankreich  verbündeten  Schweden  bei  Fehr- 
bellin  (1675),  wird  aber  durch  die  erbärm- 
liche Politik  der  deutschen  Fürsten  nm  die 
Frfichte  seines  Siegs  gebntcht.  Friede- von 
Nymwegen  (1678).  Ludwigs  XTV.  von  Frank- 
reich Reunionen  berauben  das  Reich  (Strasa- 
bürg  1681  firanzöstsch).  Erst  Ludwigs  Prä- 
tensionen nach  Ausstarben  der  pfalz-sim- 
mernschen  Linie  (1685)  nnd  die  Verheerung 
der  Pfalz  durch  die  Franzosen  (1689)  ver- 
anlasst eine  Koalition  gegen  Frankreich, 
deren  Hauptstütze  Wilhelm  IH.  von  Eng- 
land ist.  Im  Frieden  von  By$ioiße  (1697) 
muss  Ludwig  seine  durch  Krieg  nnd  Re- 
luionen  gemachten  Erobernngen,  mit  Aus« 


Deutschland. 


497 


nähme  Straasbnrgs  und  der  übrigen  olsaisi- 
sehen  Besirke,  herausgeben,  aber  die  rya- 
toijker  EUauel,  wonach  die  kathol.  Religion 
in  den  restitiürten  Orten  in  dem  Ztistande 
bleiben  noli,  worin  sie  sich  beim  Friedens- 
schlüsse befinden,  eröffnet  den  Jesuiten 
ein  nenes  Feld  für  ihre  Machinationen  und 
ruft  neue  konfessionelle  Händel  herror 
(gewaltsames  Verfahren  der  neuen  pfälz. 
KurfursteuHuie  gegen  die  protest.  Bevölke- 
rung der  Pfalz).  Der  tpan.  Erbfolgekrieg 
(1700-14)  bricht  Ludwigs  XIV.  Macht,  aber 
Josephs  I.  (1705  —  11)  Tod,  der  die  Krone 
an  dessen  Bruder  Karl  VI.  (1711  —  40),  den 
Span.  Kronprätendenten,  bringt,  hat  zur 
Folge,  dass  das  Kelch  im  Frieden  von 
Baden  (1714)  keine  Entschädigung  für  seine 
Verluste  erhält.  Die  fortdauernde  Schwäche 
des  Reichs  zeigt  sich  in  den  Kämpfen 
gegen  die  Türken,  sowie  im  Krieg  mit 
Frankreich  (1733  —  95).  Einreissen  des 
monarchischen  Absolutismus,  des  Günst- 
Hngs-  u.  Mätressenunwesens  an  den  meisten 
deutschen  Höfen,  von  denen  nur  der  von 
Preussen,  seit  1701  Königreich,  eine  rühm- 
liche Ausnahme  macht. 

Das  Erlöschen  des  habsburg.  Manns- 
Stammes  (1740)  veranlasst  den  Saterreich. 
Erbfolgekrieg  (1740  —  48),  indem  die  von 
Sachsen  u.  Bayern  erhobenen  Erbansprüche 
yon  Frankreich  zur  Schwächung  der  Macht 
Oesterreichs  benützt  werden.  Der  Kurfürst 
Karl  Albert  von  Bayern  durdi  franz.  Pro- 
tektion als  Karl  VII.  (1742—45)  zum  Kaiser 
erwählt.  Der  Friede  von  Aachen  (1748) 
bringt  für  Oesterreich,  abgesehen  von  dem 
Verlust  Schlesiens  an  Preussen,  keine  Ein- 
busse.  Franäl.  (1745—65)  Gemahlin,  Maria 
Theregid,  sucht  die  Österreich.  Laude  auf 
Grund  der  pragmat.  Sanktion  zu  einer 
festeren  Einheit  zu  briugen  und  Preussen 
zu  seiner  früheren  Machtlosigkeit  hei*ab- 
zndrücken,  was  zum  riebenjährigen  Krieg 
(1756—63)  führt,  in  welchem  Preussen,  nur 
vou  England  unterstützt,  den  Kampf  gegen 
Oesterreich,  Frankreich,  Russland  und  das 
deutsche  Reich  glücklich  besteht,  und  in- 
folge dessen  Oesterreichs  Ansehn  und  Ein- 
flnss  in  D.  wesentlich  geschwächt,  Preussen 
dagegen,  durch  treffliche  finanzielle  und 
militärische  Organisation  unter  dem  auf- 
geklärten Absolutismus  Friedrichs  U.  zum 
Mustorstaat  erhoben,  leitende  Macht  in 
dem  zci*faIlcudon  Reiche  v^rd.  Beginn  der 
Rivalität  zwischen  Oesterreich  u.  Preussen. 
Joeeph  II.  (1765  —  90)  sucht  vergeblich  das 
kaiserl.  Ausehn  in  D.  herzustellen,  bean- 
spraclit  nach  dem  Aussterben  der  jüngeren 
wlttelsbachsclrvn  Linie  (1777)  einen  Theil 
Bayerns,  begnügt  sich  aber  im  Frieden  von 
Tetchen  (177ü)  mit  dem  Innviertel.  Seinem 
Plane  eines  Ländertansches  mit  Karl  Theo- 
dor von  Pfalz  -  Bayern  tritt  Friedrich  II. 
dnrch  Stiftung  des  FtirtterAun des  (17^),  der 
ersten  Andeutung  einer  engeren  Vereinigung 
deutscher  Territorien  unter  Preassens  Füh- 
rung, entgegen. 

Die  Ausschreitungen  der  ftranz.  Revolu- 
tion veranlassen  die  deutschen  Grossmächte 
jtQ  einem  Invasionskrieg  gegen  l^aoHreicht 

Meyen  ff<i7id- Lcxüvnt 


Nach  Kaiser  Leopolds  II,  (1790—92)  frühem 
Ableben   verbindet   sich   Frang  II.   (1792  — 

1806)  mit  FriedHch  Wilhelm  II.  (1786-97) 
von  Preussen  zu  Unterdrückung  der  Revo- 
lution ,  aber  die  Rivalität  zwischen  beiden 
Mächten  vereitelt  in  dem  ersten  Feldzuge 
(1792)  wie  in  den  folgenden  jeden  Erfolg. 
Preussen  söhnt  sich  im  Separatfrieden  von 
Bawl  (1795)  mit  der  franz.  Republik  aus, 
welchem  Beispiel  kleinere  Fürsten  und. 
nach  fruchtlosen  Kämpfen  in  Italien  und 
D.,  auch  Oesterreich  im  Frieden  von  Oampo- 
Formio  (1797)  folgen.  Der  Friedenskongresa 
SU  £€Utadl  zeigt  D.  innerlich  zerrissen  und 
von  fremdem  Einfluss  beherrscht.  Nach 
einem  zweiten,  von  Oesterreich  im  Bunde 
mit  Russland  und  England  gegen  Frank- 
reich erfolglos  geführten  Krieg  (1798—1801) 
beraubt  der  Friede  von  Luneville  D.  der 
linksrheinischen  Lande.  Der  Heichsdeputa- 
tionahauptachluas  (s.  d.)  vom  25.  Febr.  1803 
beseitigt  das  Kaiserthum  thatsächlich  und 
macht  das  südl.  und  westl.  D.  von  Frank- 
reich abhängig.  Auch  der  dritte  Krieg  des 
wieder  mit  Russland  und  England  ver- 
bündeten Oesterreichs  gegen  Frankreich 
(1805)  endet  unglücklich,  und  der  Friede 
von  Pretsburg  (Dec.  1805)  vergrössert  Bayern, 
Würtemberg  und  Baden  auf  Kosten  Oester- 
reichs. Der  12.  Juli  1806  errichtete  JShein- 
bund  macht  die  süd-  und  westdeutschen 
Fürsten  zu  Frankreichs  Vasallen  und  voll- 
endet die  Auflösung  des  Reichs.  Preussens 
verspätete  Erhebung  gegen  die  napoleon. 
Herrschaft   hat   im  Frieden   von  Tilsit  (Juli 

1807)  den  Verlust  der  Hälfte  seiner  Länder, 
Oesterreichs  vierter  Krieg  aber  im  Frieden 
von  Wien  (Okt.  1809)  die  Vergrösserung  des 
Rheinbunds  und  abermalige  Schwächung 
Oesterreichs  zur  Folge.  1810  wird  die 
ganze  deutsche  Nordseeküste  durch  Napo- 
leons Machtgobot  zu  Frankreich  geschlagen. 
Erst  der  russiscJi-dentscJiC  Krieg  von  1812— 
1815  bricht  die  Uebormacht  Frankreichs, 
welches  in  den  beiden  pariser  Friedens- 
schlüssen (1814  und  1815)  die  seit  1792  von 
D.  abgerissenen  Länder  herausgeben  muss. 

III.  D,  als  Staatenbund,  Die  Errichtung 
des  deutschen  Bundes  (8.  Juni  1815)  befriedigt 
die  bereclitigten  Erwartungen  der  deutschen 
Nation  nicht,  zumal  da  mit  der  Restauration 
der  alten  Autoritäten  diejenige  alter  Miss- 
brauche  verknüpft  ist  und  die  gemachten 
freilieitlichen  Verheissungeu  nur  spärlich 
oder  nicht  erfüllt  werden.  Mehrere  deutsche 
Territorien  erhalten  konstitutionelle  Ver- 
fassungen, Nassau  1815,  Sachsen  -  Weimar 
1816,  Bayern  1818,  Baden  und  Würtembei^ 
1819.  Die  karl^ader  Beschlüsse  (s.  d.)  vom 
20.  Sopt.  1819  erklären  dem  Konstitntiona- 
lismns  den  Krieg  und  die  Central  -  ühter- 
suchungskomtniasion  zu  Mainz  verfolgt  die 
angeblichen  demagog.  Umtriebe.  Die  Bundes- 
akte durch  die  wiener  Bchlussakte  vom  8. 
Juni  1820  ergänzt.  Der  Bundestag  seitdem 
der  willenlose  Vertreter  der  reaktionären 
Bestrebungen  des  Österreich.  Kabinets  (Met- 
ternich).  Erst  die  franz.  Julirevolutidn  vT^u 
1830  weckt  den  Oeltt  der  Opposition  im 
VolK^f   {n|bl{;e  4fiTon  erhalten  Kurhesse^^ 

33. 


496 


Deutschland. 


Brttunschweig,  Hannover  nnd  Sachsen  Re- 
präsentativverfassungen, vrährend  iu  an- 
dern Staaten  die  Censur  aufgehoben  und 
die  Gesetzgebung  in  liberalem  Sinne  refor- 
mlrt  wird.  Seit  18S2  aber  werden  die  ge- 
machten Eoucessionen  durch  Bundesbe- 
schlüsse  wieder  aufgehoben,  u.  dieHlnister- 
konfdrenzen  bu  Wien  (1834)  bezwecken 
direkte  Abschwächuug  der  Bepräsentativ- 
verfassungen.  Der  Bundestag,  zum  Schutz 
der  1837  vom  König  Ertist  August  einseitig 
aufgehobenen  Verfassung  angerufen,  er- 
klärt sich  für  inkompetent.  Errichtung  des 
preuatisch-deutschen  Zollverein»  (1.  Jan.  1834), 
dem  sämmtliche  mittel-  und  süddeutsche 
Staaten  beitreten.  Die  Kriegs-  und  Er- 
oberungsgelüste Frankreichs,  1840  durch 
das  Ministerium  Thiers  heraufbeschworen, 
begegnen  einem  entwickelten  National - 
bewnsstsein.  Die  Thronbesteigung  Friedrich 
Wilhelms  IV.  von  Preussen  (1840)  und  die 
versöhnliche  Bichtung  der  neuen  Beglerung 
err«'gt  Hoffnungen,  welche  zwar  fürerst 
unerfüllt  bleiben,  aber  das  polit.  Stillleben 
in  Preussen  und  D.  stören  (s.  Freu$sen, 
Gesch.).  Konstitutionelle  Opposition  in 
Bayern ,  Baden ,  beiden  Hessen  etc.  Die 
Ausstullung  des  Bockes  Chri.sti  ruft  die 
deutschkatholische  Bewegung  hervor.  Der 
,oifene  Brief*  Christians  VIII.  von  Dänemark 
(8.  Juli  1846)  vereinigt  alle  Parteien  iu  D. 
zur  Abwehr  der  dän.  Usurpation  von 
Schleswig  -  Holstein.  Das  preuss.  Ver- 
fassungspatent vom  3.  Febr.  1847  und  die 
Eröffnung  des  vereinigten  Landtags  (11. 
April)  lassen  die  lang  genährten  Hoffnun- 
gen auf  endliche  Erfüllung  der  1815  u.  1820 
gemachten  Verheissungen  einer  Volks- 
repräsentation unbefriedigt.  Erst  die  durch 
die  pariser  Februarrevolution  von  1848  her- 
vorgerufene allgemeine  Aufregung,  der  die 
Kegierungen  der  kleiueren  Staaten  sofort 
mit  Zusageu  (Pressfreiheit,  Schwurgerichte, 
Volksbewaffnung,  Nationalvertretung)  nach- 
geben, bringt  in  den  beiden  deutschen 
Grossstaaten  die  Krisis  zum  Ausbruch  und 
bahnt  die  nationale  Beform  der  Bundes- 
verfassung an.  31.  März  bis  3.  April  Ver- 
handlungen des  deutschen  Vorparlaments  zu 
Frankfurt;  Aufnahme  Schleswigs,  Ost-  und 
Westpreussens  in  den  deutschen  Bund;  2. 
April  Aufhebung  der  früheren  Ausnahmebe- 
schlüsse durch  den  Bundestag.  Der  4.  ApHI 
zusammengetretene  Fünfzigeraustchues  soll 
die  Vollziehung  der  Beschlüsse  des  Vorparla- 
ments in  Betreff  der  Wahlen  zum  Parlament 
sichern.  Der  von  Vertrauensmännern  ge- 
machte sog.  ßid>zehnerentwurf,  der  Bundes- 
versammlung 26.  April  übeiTeicht,  schlägt 
einen  erblichen  Kaiser,  ein  aus  den  regie- 
renden Fürsten  und  Vertretern  der  einzel- 
nen Staaten  bestehendes  Oberhaus  und  ein 
aus  gewählten  Abgeordneten  gebildetes 
Unterhaus,  sowie  ein  oberstes  Reichsgericht 
vor.  Die  18.  Mai  zusammengetretene  deulBche 
üationalversammlung  wählt  29.  Mai  den  Erz- 
herzog Johann  von  Oesterreich  zum  Reichs- 
vervoeser  und  erklärt  durch.  Gesetz  vom  28. 
Juni  den  Bundestag  für  aufgelöst.  Erstes 
Jteichsministerium:     Schmerling,     Peucker, 


Heckscher,    eingesetzt  18.  Juli,   modificirt 
9.  Aug.:  Fürst  Leiningen  Präsident,  Heck- 
scher mit  M.  von  Gagern   und   Biegeleben 
als      Unterstaatssekretären      Auswärtiges; 
Schmerllug    mit   Bassermann    und    Würth 
als    Unterstaatssekretären  Inneres;  Becke- 
rath    mit    Mathy     als   Unterstaatssekretär 
Finanzen;     Duckwitz    mit    Mevissen    und 
Fallati   als   Unterstaatssekretären    Handel; 
R.  Mohl  mit  Wiedenmann  als  Unterstaata- 
sekretär  Justiz;  Peucker  Krieg.    Während 
sich  die  Nationalversammlung  in  die  lang- 
wierige  Berathung    der   Grundrechte    ver- 
tieft, entbrennt  ausserhalb  und  danu  anch 
innerhalb    derselben   der  Kampf   zwischen 
konstitutionellen  und'republikan.  Parteien. 
Revolutionäre  Gähi'ung  in  Oesterreich  und 
in  Preussen.  Die  Verhandlungen  über  den 
von  Preussen   mit  Dänemark  26.  Aug.    ab- 
geschlosseuen  Waffenstillstand   von  Malmö 
(s.    Schleswig  -  Holstein)    regen    die    I'artei- 
leidenschaften  aufs  Aeusserste  anf,  nnd  die 
Annahme  des  Vorschlags,  »dass  der  Waffen- 
stillstand   anerkannt,    aber    die    Central- 
gewalt  aufgefordert  werden  solle,  über  die 
nothwendigen  Modifikationen   des  Vertrags 
Einleitung  zu  treffen'  (16.  Sept.),   fllhrt  18. 
Sept.  in  Frankfurt  zum  Aufstand ,  der  aber 
unterdrückt  wird,  ebenso  wie  die  republikan. 
Schilderhebung  Strnves  im  bad.  Oberland. 
Der  Sieg  der  Contrerevolution  in  Oesterreich 
(31.  Okt.)  und  Preussen  (Nov.)  enthüHt  die 
faktische    Machtlosigkeit    des   Parlaments, 
wo  nach  beendigter  Berathung  der  28.  Dec. 
als  Reichsgesetz  verkündigten  Grundrechte 
die    Verfassung    debattirt     wird.      Infolge 
der  Alternative,  entweder  die  bundesstaat- 
liche Verfassung  D.s,  wie  sie  iu  einselnen 
Beschlüssen  vorbereitet  worden,  modiflciren 
oder   Oesterreich    davon    ausschliessen    zu 
müssen,    scheiden   Schmerling   und  Würth 
aus  dem  Reichsministerium   aus   nnd    tritt 
H.  von  Gagem  an  des  ersteren  Stelle.    Sein 
Programm:     Ausschluss    Oesterreichs     aus 
dem   zu  -  gründenden    Bundesstaate,     aber 
Union sverhältniss  desselben  zu  D.  mittelst 
besonderer  Akte,   buudesstaatliche    Einheit 
D.s   mit  erblicher  Oberhauptswürde,    wird 
13.  Jan.   1849   mit   261   gegen  224  Stimmen, 
der  Antrag,  die  Würde  des  Reich soberlianpts 
einem  der  regierenden   deutschen  Fürsten 
zu  übertragen,   19.  Jan.  mif  258  gegen  211 
Stimmen,  und  der  Antrag,  dass  das  Reichs- 
oberhaupt den  Titel  ,Kaiser'  führen   solle, 
25.   Jan.   mit  214  gegen   205   Stimmen    an- 
genommen.    Seitdem    Gegensatz    zwischen 
der  erbkaiserlichen  Partei,  den  sog.  Klein- 
deutschen ,   und   den  verschiedenen,  gegen 
die   preuss.    Oberhauptswürde    v«reinig:ten 
Fraktionen  (Partikularisten ,  Ultramontane 
etc.),  den  sog.  Grossdeutschon,  und  der  mit 
diesen  verbündeten  Linken.    Die  kleineren 
deutschen  Regierungen  erklären  sich  nach 
und   nach   für  das  preuss.  Erbkaiserthum, 
die  Königreiche   ausser  Preussen   dagegen. 
Oesten-eich  protestirt  in  einer  Note  vom  4. 
Febr.   entschieden  gegen   engeren  Bundes- 
staat  und   gegen  jede   Unterordnung    des 
österr.  Kaisers  unter  die  von  irgend  einem 
anderen    deutschen    Fürsten    gehandhabte 


Deutschland. 


49d 


Centralge^alt.  Auch  Bayern  erklärt  sieb 
(16.  Febr.)  gegen  den  Bundesstaat.  Preussen 
in  Einrerstaudniss  mijt  beiden  Hessen ,  Ba- 
den, Braunschweig,  Luxemburg,  Oldenburg, 
den  thüring.  Staaten,  Nassau,  Mecklenburg, 
Schleswig- Holstein,  Hessen -Homburg,  Ho- 
henzollern,  Waldeck,  Lippe  u.  den  Hanse- 
städten anerkennt  in  einer  Kollektiverklä- 
rung Yom  38.  Febr.  die  Verfassung  im 
Wesentlichen.  Welckers  Antrag,  die  Ver- 
fassung in  Bausch  und  Bogen  anzuifehmen 
und  die  erbliche  Eaiserwürde  dem  König 
Ton  Preussen  2U  übertragen,  wird  21.  März 
mit  283  gegen  252  Stimmen  verworfen,  wor- 
auf das  Reichiministerium  seine  Entlassung 
nimmt;  27.  Mäns  aber,  bei  der  2.  Lesung 
der  im  demokrat.  Sinne  modificirten  Reichs- 
verfassnng  die  Erblichkeit  der  Kaiserwürde 
mit  267  gegen  263  Stimmen  angenommen  und 
am  28.  Mära  Friedrich  Wilhelm  IV.  mit  290 
Stimmen  zum  deutschen  Kaiser  gewählt. 
Dieser  lehnt  3.  April  bedingungsweise  ab, 
-worauf  die  Nationalversammlung  (11.  April) 
erklärt,  an  der  Veriiassung  festzuhalten. 
Oesterreich  ruft  seine  Abgeordneten  ab; 
der  Reichsverweser  kündigt  seine  Abdika- 
tion an.  In  Dresden  (8.  Mai),  dann  in  der 
Pfalz,  am  Niederrhein  und  in  Baden  fuhrt 
die  Agitation  für  die  Reichs  Verfassung  zu 
repiiblikan.  Schilderfaebungen.  10.  Mai  tritt 
Gagern  definitiv  ans  dem  Reichsministerium 
aus,  in  das  infolge  Österreich.  Intiiguen 
Grävell,  Detmold,  Merck,  General  Jochmus 
und  Fürst  Wittgenstein  eintreten.  14.  Mai 
ruft  Preussen  seine  Abgeordneten  ab,  wor- 
auf die  Zurückgebliebenen  der  gemässigten 
Richtung  ebenfalls  grösstentheils  ausschei- 
den (21.  Mai).  Der  Rest,  nur  noch  aus 
Mitgliedern  der  Linken  bestehend ,  be- 
schliesst  SO.  Mai,  nach  Stuttgart  überzusie- 
deln. Das  Rumpfparlament  zu  Stuttgart 
erwählt  (6.  Juni)  eine  Reichsregentschaft 
(Raveaux,  Vogt,  Schüler,  H.  Simon,  Becher), 
wird  aber  (18.  Juni)  mit  Waffengewalt  aus- 
einandergetrieben. Unterdrückung  der  Auf- 
stände in  der  Pfalz  und  in  Baden  (21.  Juni 
bis  23.  Juli).  Die  17.  Mai  in  Berlin  er- 
öfAieten  Konferenzen  fuhren  26.  Mai  zum 
Abschluss  eines  Bündnisses  zwischen 
'Preussen ,  Hannover  und  Sachsen  (Drei- 
königsbündnitn)  und  zum  Entwurf  einer 
Reiclisverfassung,  welche  alle  Bundesländer 
umfassen  sollte  mit  Ausnahme  Oesterreichs, 
mit  welchem  auf  der  Basis  der  alten  Bun- 
desverfassung ein  weiterer  Bund  zu  er- 
richten sei.  Preussen  lädt  durch  Cirknlar- 
note  vom  28.  Mai  1849  alle  deutschen  Re- 
gierungen zum  Beitritt  ein,  welcher  von 
Oesterreich,  Bayern,  Würtemberg,  Hessen- 
Homburg,  Luxemburg,  Limburg,  Holstein, 
Liechtenstein  und  Frankfurt  verweigert 
wird.  Die  in  Gotha  (26.  —  29.  Juni)  ver- 
sammelten Mitglieder  der  erbkaiserl.  Partei 
(Gagem,  Dahlmann,  Mathy  etc.)  nehmen 
das  prenas.  Programm  an.  Preussen  beruft 
(22.  Juni)  seinen  Bevollmächtigten  bei  der 
Gentralgewalt  ab,  schliesst  (30.  Sept.)  mit 
Oesterreich  einen  Vertrag  zur  Einsetzung 
einer  gemeinschaftl.  Kommission,  des  sog. 
JnUrimt,    zu  Verwaltung   der    deutschen 


Bundesangelegenhoiteu  bis  1.  Mai  1850, 
welche  20.  Dec.  in  Thätigkeit  tiltt,  worauf 
der  Reichsverweser  (1.  Jan.  1850)  Fraulc- 
fart  verlässt.  Der  von  Preussen  (19.  Okt. 
1849)  beantragten  Berufung  eines  Reichs- 
tags widersprechen  Sachsen  und  Hannover 
und  versagen  die  Theilnahme  an  den  Wah- 
len. Oesterreich  protestirt  (Nov.)  gegen 
die  Berufung  des  Reichstags ;  ebenso  Bayern. 
Hannover  tritt  durch  Erklärung  vom  21. 
Febr.  1850  vom  Dreikönigsbündniss  zurück. 
Bayern,  Sachsen  u.  Würtemberg  schliessen 
27.  Febr.  in  München  einen  Vertrag  auf 
Grund  eines  neuen  Reichsverfassungs- 
entwurfs (Direktorium  aus  Oesterreich, 
Preussen,  den  vier  Königreichen  und  den 
beiden  Hessen  bestehend,  aus  den  Land- 
ständen aller  deutschen  Staaten  gebildete 
Nationalvertretung),  der  von  Preussen 
abgelehnt  wird.  Das  20.  März  zu  Erfurt 
eröffnete  Unionsparlament  nimmt  13.  u.  17. 
April  die  Verfassung  en  bloc  an,  wird  29. 
April  vertagt.  Der  nach  Berlin  berufene 
Kongress  der  Union sfürsten  (9.^16.  Mai) 
erklärt  die  Union  als  zu  Recht  bestehend, 
bleibt  aber  im  Uebrigen  ohne  Resultat. 
Oesterreich  nimmt  eine  offensivere  Haltung 
der  Union  g^enüber  an  u.  verlangt  deren 
Suspendirung.  Die  9.  Mai  vom  österr.  Be- 
vollmächtigten zu  Frankfurt  eröffnete  ausser- 
ordentliche Bundesversammlung,  die  über 
9  von  den  17  Stimmen  des  Plenums  des 
alten  Bundestags  (Oesterreich,  Bayern, 
Sachsen  ,  Hannover ,  Würtemberg ,  beide 
Hessen,  Holstein  und  Luxemburg)  verfugt, 
erklärt  sich  2.  Sept.  als  ordentliche  Plenar- 
versammlung.  Der  so  restituirte  Bundestag 
fasst  (21.  Sept.)  Beschlüsse  den  kurhessi- 
schen Streit  zwischen  Regierung  u.  Ständen 
betreffend  und  ratiflcirt  (26.  Okt.)  den 
Frieden  mit  Dänemark.  Die  Konferenz  zu 
Bregeng  (12.  Okt.)  der  Herrscher  von  Oester- 
reich, Bayern  und  Würtemberg  beschliesst 
den  Beschlüssen  des  Bundestags  in  Kur- 
hessen durch  bewaffnete  Intervention  Gel- 
tung zu  verschaffen.  Infolge  davon  rucken 
(1.  Nov.)  österr.  und  bayer.  Exekutions- 
tmppen  in  Kurhessen  ein ;  preuss.  Truppen 
besetzen  (2.  Nov.)  Kassel.  Unblutiger  Zu- 
sammenstoss  bei  Bronzell  (8.  Nov.).  Auf- 
lösung der  Union.  Sieg  der  österr.  Politik 
auf  den  Konferenten  tu  Olmiltz  (29.  und  30. 
Nov.);  die  Regelung  der  kurhess.  u.  schles- 
wig-holstein.  Sache  soll  durch  gemeinsame 
Entscheidung  aller  deutschen  Regierungen 
erfolgen.  Auf  den  28.  Dec.  zu  Dresden  er- 
öfiiaeten  Minitierkonferenzen  sucht  Oester- 
reich vergeblich  eine  ausgedehntere  Exe- 
kutive in  der  Bundesverfassung  und  den 
Eintritt  der  österr.  Gesammtmonarchie  in 
den  Bund  durchzusetzen;  daher  Rückkehr 
zum  alten  Bundestage,  der  seit  Mai  1851 
auch  von  Preussen  und  den  Uniousstaaten 
wieder  beschickt  wird  und  die  Ginindrechte 
und  die  auf  diesen  basirten  Verfassungs- 
bestimmungen aufliebt.  Vollständiger  Sieg 
der  Reaktion.  Der  Bundestag  erklärt  März 
1852  die  kurhess.  Verfassung  von  1831 
ausser  Geltung  und  gibt  Schleswig-Holstein 
(29.  Jall)  der  Willkür  Dänemarks  preis, 

32* 


600 


Deatschland. 


Auflösung  der  deutsohen  Flotte  (Mars). 
Die  Annäherung  Kwischen  Oesterreich  und 
Preusseu  durch  den  19.  Febr.  1853  zwischen 
Oesterreich  u.  dem  Zollverein  geschlossenen 
Handels-  und  SchifffafartsYertrag  befördert. 
20.  April  1854  AUianzTertrag  zwischen  bei- 
den Machten  zunächst  über  gegenseitige 
Garantie  gegen  Jeden  Angriff  und  zum 
Schutz  der  allgem.  deutschen  Interessen. 
Eine  Konferenz  der  Bevollmächtigten  der 
Mittel-  und  Kleinstaaten  zu  Bamberg  (23. 
Mai)  stellt  die  Forderung,  dass  jener 
AUianzyertrag  dem  Bund  Torgelegt  werde, 
der  dann  auch  an  den  weiteren  Verhand- 
langen durch  Bevollmächtigte  vertreten 
sein  müsse.  Nach  Bewilligung  dieser 
Forderung  der  Uauptsache  nach  tritt  der 
Bund  (24.  Juli)  dem  österr.-preuss.  Vertrag 
bei.  Preussen  versagt  den  Beitritt  zu  dem 
(2.  Dec.)  von  Oesterreich  mit  den  West- 
mächten geschlossenen  Bündniss.  Bern  An- 
trag Oesterreichs  beim  Bundestag  auf  Mobil- 
machung des  Bundesheeres  und  Berufung 
eines  Oberfeldherm  wirkt  Preussen  ent- 
gegen. Der  Bundestag  bescbliesst  (8.  Febr.) 
anstatt  Mobilmachung  Kriegsbereitschaft, 
welche  Oesterreich  ausschliesslich  gegen 
Bussland,  Preussen  aber  zugleich  auch 
gegen  die  Westmächte  gerichtet  wissen 
will,  was  zu  einem  lebhaften  Notenwechsel 
zwischen  Oesterreiclt  und  Preussen  fuhrt, 
der  erst  durch  den  pariser  Frieden  (30. 
März  1856)  beendigt  wird.  Das  reaktionäre 
Streben  des  Bundestags  zeigen  das  Bundes- 
pressgesetz  vom  6.  Juli  1854,  die  Zulassung 
derEeklamationen  der  würtemberg.Staudes- 
berren  und  die  Gutheissung  der  Beschwer- 
den der  hanuov.  Ritterschaft  (April  1855). 
Dem  weiteren  Fortgang  der  Reaktion  in 
Preussen  wird  durch  die  Uebernahme  der 
Regentschaft  von  Seiten  des  Prinzen  von 
Preussen  (Okt.  1858)  Einhalt  gethan.  In- 
folge des  Konflikts  Oesterreichs  mit  Pie- 
mont  und  Frankreich  bescbliesst  der  Bund 
(23.  April  1858)  die  Marschbereitschaft  der 
Hauptkontingente ,  während  Oesterreich 
entschiedenere  Schritte  verlangt,  welchem 
Preussen  entgegenwirkt.  Daher  nach  dem 
Frieden  von  Villa£ranca  (11.  Juli)  neue 
Entzweiung  zwischen  beiden  Mächten.  16. 
Sept.  Konstituirung  des  Nationalvereiru  mit 
dem  Programm:  deutscher  Bundesstaat 
unter  Preussens  Führung  und  mit  Parla- 
mentär. Verfassung.  Preussen  beantragt 
(10.  Okt.)  die  Wiederherstellung  der  kur- 
hess.  Verfassung  von  1831  beim  Bunde, 
sieht  sich  aber  hier  wie  in  seinen  An- 
trägen auf  Reform  der  Bundeskriegsver- 
fassung ,majori8irt'.  Wiederaufleben  der 
nationalen  Interessen  in  D.  20.  Okt.  1860 
Verkündigung  eines  Staatsgrundgesetzes 
für  die  gesammte  österr.  Monarch  ieT  2.  Jan. 
1861  besteigt  der  Prinz -Regent  als  Wil- 
helm I.  den  preuss.  Thron.  Preussen  sucht 
vergeblich  sich  mit  Oesterreich  über  die 
Reform  der  Bundeskriegsverfassung  zu  ver- 
ständigen. Engerer  Anschluss  der  Mittel- 
staaten an  Oesterreich.  Als  sieh  der  preuss. 
Minister  des  Auswärtigen,  Graf  Bemstorff, 
in  einer  Depesche  an  die  sächs,  Regierung 


(20.  Dec.)  für  einen  engeren  Bundesstaat 
erklärt,  weisen  die  in  Würzburg  verbünde- 
ten Mittelstaaten  in  identischen  Noten  (Febr. 
1862)  denselben  als  unvereinbar  mit  dem 
Wesen  des  deutschen  Bundes  und  als  ihre 
Souveränetät  gefährdend  zurück.  Aug.  be- 
antragen dieselben  im  Verein  mit  Oester- 
reich Berufung  Delegirter  aus  den  einzelneu 
Kammern  nach  Frankfurt,  denen  Gesetz- 
entwürfe über  Civilprozess  u.  Obligationen- 
recht -vorgelegt  werden  sollen.  Ein  Abge- 
ordneteutag  zu  Weimar,  von  den  liberalen 
Fraktionen  berufen,  erklärt  sich  (Sept.) 
dagegen;  eine  28.  und  29.  Okt.  nach  Frank- 
furt berufene  Versammlung  von  Gross- 
deutschen dafür.  ,  Gründung  des  groaa- 
deutschen  ,Reformvereins'  als  Gegengewicht 
gegen  den  ,Nationalverein^  Der  29.  März 
1862  von  Preussen  im  Namen  des  Zollver- 
eins abgeschlossene  Handelsvertrag  mit 
Frankreich  wird  trotz  der  österr.  Gregen- 
bestrebungen  von  dem  (Qkt.  1862)  zu  Mün- 
chen versammelten  zweiten  deutschen  Hau- 
delstag  mit  kleiner  Majorität  gebilligt. 
Dem  17.  Aug.  bis  1.  Sept.  1863  unter  Vor- 
sitz des  Kaisers  von  Oesterreich  zu  Frank- 
furt versammelten  FürUenhongreaa,  an  wel- 
chem sich  der  König  von  Preussen  nicht 
betheiligt,  wird  der  österr.  Entwurf  einer 
Reformakte  vorgelegt,^  welcher  ein  Direk- 
torium (aus  OesterreioH  ,  Preussen ,  Bayern 
und  zw^  kleineren  Fürsten  bestehend), 
einen  Bundesrath  unter  Oesterreichs  Vor- 
sitz mit  weitem  Spielraum  für  die  aus^prär- 
tige  Politik,  Gesetzgebung  und  ,innere 
Sicherheit*,  eine  von  den  Kammern  ge- 
wählte Versammlung  von  300  Bundesabge- 
ordneten mit  beschliessender  Mitwirkung 
bei  der  Gesetzgebung  und  beschränkter 
Kompetenz  in  Finanzfragen  vorschlägt, 
aber  von  den  liberalen  Fraktionen  als  der 
Einheit  und  Freiheit  nachtheilig  angefoch- 
ten wird  und  wegen  Preussens  Nichtbethei- 
ligung  nicht  durchgeführt  werden  kann. 
Die  von  Christian  IX.  18.  Nov.  1863  pro- 
klamirte  Einverleibung  Schleswigs  in  den 
dän.  Gesammtstaat  ruft  in  D.  grosse  Agita- 
tion zu  Gunsten  der  Herzogthümer  hervor. 
7.  Dec.  bescbliesst  der  Bundestag  die  Exe- 
kution gegen  Dänemark.  Auf  einer  Ver-« 
Sammlung  deutscher  Landtagsabgeordueten 
zu  Frankfurt  21.  Dec.  wird  ein  Ausschnss 
von  36  Mitgliedern  gewählt,  um  die  ge- 
setzliche Thätigkeit  des  deutschen  Volks 
in  dieser  Frage  zu  leiten.  23.  Dec.  rücken 
deutsche  Bundestruppen  (Sachsen  u.  Han- 
noveraner) in  Holstein  ein.  Als  der  An- 
trag Oesterreichs  u.  Preussens  beim  Bunde, 
auf  Grund  der  Vereinbarungen  von  1851 
und  1852  Schleswig  in  Pfand  zu  nehmen, 
14.  Jan.  1864  abgelehnt  wird ,  erklären  die 
beiden  Grossmächte,  die  Angelegenheit  jn 
ihre  eigne  Hand  nehmen  zu  wollen.  1. 
Febr.  überschreiten  österr.  und  preuss. 
Truppen  die  schleswigsche  Grenze.  5.  Febr. 
räumen  die  Dänen  das  Dane  werk  u.  ziehen 
sich  in  die  Stellung  bei  Düppel  zurück. 
18.  April  erstürmen  die  Preussen  die  düp» 
peler  Schanzen.  Auf  der  25.  April  sq 
London  eröffneten Filedenskonferepz  kommt 


Deutschland. 


501 


ftä  an  keiner  Einignug.  29.  Juni  besetzen 
die  Preussen  Alsen.  Im  wiener  Vertrag 
Tom  1.  Aug.  tritt  Däneraarb:  die  Herzog- 
thümer  Schleswig,  Holstein  und  Lauenburg 
an  Oesterreich  und  Preussen  ab;  der  SO. 
Okt.  zu  Wien  unterzeichnete  Friede  stellt 
Dänemark  für  Abtretung  seiner  Enklaven 
einen  Ersatz  in  Nordschleswig  in  Aussicht. 
Gespanntes  Verhältniss  zwischen  den  bei- 
den Grrossmächten  und  den  deutschen 
Mittelstaaton.  Ohnmacht  des  Bundestags 
in  der  Schleswig  -  holstein.  Sache.  Oester- 
reich bezeigt  sich  der  Annexion  der  Her- 
zogthümer  an  Preussen  entschieden  ab- 
geneigt; daher  fuhren  die  Verhandlungen 
zwischen  beiden  Mächten  über  die  künftige 
Stellung  dei-  Herzogthümer  zu  keinem  Her 
sultate.  Durch  die  gaUeiner  Konvention 
(14.  Aug.  1865)  wird  das  bisherige  Kondo- 
minium getheilt,  Holstein  au  Oesterreich» 
Schleswig  an  Preussen  zu  selbständiger 
Verwaltung  überlassen,  das  Herzogthum 
Lauenburg  nebst  dem  kieler  Hafen  aber 
gegen  Zahlung  von  2,500,000  dän.  Reichs- 
thal em  an  Preussen  abgetreten.  Zersetzung 
der  bisherigen  Parteien,  des  Rational  Ver- 
eins und  de^  grossdeutschen  Reformpartei. 
Anfang  1866  neuer  Konflikt  zwischen  Oester- 
reich und  Preussen  über  die  augustenburg. 
Agitation  in  Holstein.  März  Einleitung 
einer  Allianz  zwischen  Preussen  u.  Italien. 
Im  Laufe  des  März  Rüstungen  In  Oester- 
reich und  Preussen.  Beide  Mächte  setzen 
Anfangs  Mai  ihre  Armeen  auf  den  vollen 
Kriegsfuss,  ebenso  Italien;  auch  Sachsen, 
Bayern ,  Würtembei-g ,  Baden  ,  Hessen- 
Darmstadt  und  Nassau  rüsten.  10.  April 
beantragt  Preussen  beim  Bunde  Berufung 
eines  aus  direkten  Volkswahlen  nach  all- 
gemeinem Stimmrecht  hervorgegangeneu 
Parlaments.  Die  Einladungen  zu  der  von 
Frankreich  angeregten  Friedenskonferenz 
(24.  Mai)  werden  von  Preussen,  dem  deut- 
schen Bund  und  Italien  angenommen,  von 
Oesterreich  abgelehnt.  Als  Oesterreich  (1. 
Juni)  die  Entscheidung  der  Schleswig -hol- 
stein. Sache  der  Entschliessung  des  Bundes 
anheimstellt,  erklärt  dies  Bismarck  in 
einer  Depesche  vom  3.  Juni  als  Bruch  der 
gasteiner  Konvention.  Preussen  nimmt  die 
Givilverwaltuug  Holsteins  in  seine  Hand 
und  löst  die  bisherige  Landesregierung  auf, 
worauf  die  österr.  Truppen  unter  Protesten 
das  Land .  verlassen.  11.  Juni  erhebt  Oester- 
reich beim  Bunde  Klage  gegen  Preussen 
wegen  gewaltsamer  Selbsthülfe  in  Holstein 
und  beantragt  die  Mobilisirung  sämmtlicher 
Bnndesarmeecorps  innerhalb  14  Tagen  und 
Ernennung  eines  Bundesfeldherrn.  Der 
Antrag' wird  14.  Juni  mit  9  gegen  6  Stimmen 
angenommen ,  worauf  Preussen  den  bisher. 
Bundesvertrag  für  gebrochen  und  erloschen 
erklärt  und  die  Grundzüge  eines  neuen 
vorlegt.  15.  Juni  stellt  Preussen  an  die 
Regierungen  von  Hannover,  Kurhessen  u. 
Sachsen  die  Forderung,  ihre  Truppen  auf 
den  Friedensstand  zu  bringen  und  gegen 
Garantie  ihrer  Gebiete  und  ihrer  Souverä- 
netät  auf  der  Basis  jenes  Entwurfs  mit 
Preussen  einen  neuen  Bund  zu  schliessen, 


und  droht  für  den  Fall  der  Ablehnung  mit 
sofortigen  kriegerischen  Massregeln,  Die 
drei  Regierungen  lehnen  15.  Juni  die  preuss. 
Sommätion  ab.  Die  sächs.  Truppen  räumen 
Sachsen  und  vereinigen  sich  in  Böhmen 
mit  den  Österreich.  16.  Juni  besetzen  preuss. 
Truppen  Sachsen  und  Kurhessen,  dann 
auch  Hannover.  Siegreicher  Feldzug  der 
Preussen  in  Böhmen  und  Mähren  (23.  Juni 
bis  22.  Juli)  gegen  die  Oesterreicher  und 
Sachsen  und  in  Thüringen  und  in  den 
Maingegenden  (27.  Jan!  bis  Anfang  Aug.) 
gegen  die  Bundestruppen  (s.  Preussen,  Ge- 
schichte). 26.  Juli  Friedenspräliminarien 
von  Nikolsburg.  Preussen  schliesst  Frieden 
und  zugleich  Schutz-  und  Trntzbündniss 
mit  Würtemberg  13.  Aug.,  mit  Baden  17. 
Aug.,  mit  Bayern  22.  Aug.;  Frieden  mit 
Oesterreich  23.  Aug.  zu  Prag,  mit  Sachsen 
21.  Okt.  1866. 

Stiftung  des  norddeutschen  Bundes  18. 
Aug.  1866  zwischen  Preussen,  Sachsen-Wei- 
mar, Oldenburg,  Braunschweig,  S. -Alten- 
burg, S.-Keburg-Gotha,  Anhalt,  den  beiden 
Schwarzburg,  Reuss  j.  L.,  Waldeck,  Schaum- 
burg-Lippe, Lippe  und  den  Hansestädten, 
dem  21.  Aug.  die  beiden  Mecklenburg,  3. 
Sept.  das  Gross  herzogthum  Hessen  für 
Oberhessen,  26.  Sept.  Reuss  ä.  L.,  8.  Okt. 
Sachsen-Meiningen  und  21.  Okt.  das  König- 
reicli  Sachsen  beitreten.  24.  Aug.  letzte 
Sitzung  der  nach  Augsburg  übergesiedelten 
Bundesversammlung.  20.  Sept.  Hannover, 
Kurhessen,  Nassau  und  Frankfurt  n/M.,  24. 
Dec.  Schleswig  und  Holstein  durcli  Gesetz 
mit  der  preuss.  Monarchie  vereinigt.  18. 
Jan.  1867  übertragen  die  seit  15.  Dec.  1866 
in  Berlin  versammelten  Bevollmächtigten 
der  norddeutschen  Bundesstaaten  die  in 
dem  preuss.  Verfassungsentwurf  des  nord- 
deutschen Bundes  bezeichneten  Rechte  des 
Präsidiums  und  des  Bundesraths  für  das 
norddeutsche  Parlament  der  Krone  Preussen. 
24.  März  1867  Eröflfuung  des  ersten  (kon- 
stituirenden)  Reichstags  des  norddeutschen 
Bundes.  16.  April  Annahme  der  Ver- 
fassungsvorlage mit  230  gegen  53  Stimmen. 
1.  Juli  tritt  die  Verfassung  des  norddeut- 
schen Bundes  in  Kraft.  Die  in  Kassel 
tagende  Generalversammlung  des  National- 
vereins beschliesst  11.  Nov.  dessen  Auf- 
lösung. Deutsches  Zollparlament  13.  April 
bis  23.  Mai  1868.  1.  Jan.  1870  geht  das 
preuss.  Ministerium  des  Auswärtigen  als 
,auswärtiges  Amt'  auf  den  norddeutschen 
Bund  über. 

Anfangs  Juli  wird  die  Kandidatur  des 
Prinzen  Leopold  von  Hohenzollom  für  den 
span.  Thron  vom  franz.  Kabinet  benutzt,  um 
Verwickelungen  mit  Preussen  herbeizufüh- 
ren. Die  Zurückweisung  der  franz.  Forde- 
rung, dass  der  König  von  Preussen  eine  die 
NichtWiederaufnahme  dieser  Kandidatur  für 
die  Zukunft  betreffende  Versicherung  er- 
theilen  solle  (s.  Benedetti),  hat  19.  Juli  die 
Kriegserklärung  an  Preussen  zur  Folge.  Die 
Mobilmachung  der  norddeutschen  Bundes- 
armee 16.  Juli  angeordnet.  20.'-22.  Juli 
erklären  sich  Bayern,  Würtemberg  und 
Baden  auf  Grund  ihres  AllianzTertrags  als 


502 


Deutschland. 


PreoMens  Verbündete  und  mit  Frankreich 
im  KriegB&lJ.  2.  Aag.  übernimmt  der 
König  Yon  Prenssen  das  Oberkommando 
über  die  gesammte  deutsche  Armee ,  deren 
Aufttellung  bis  Ende  Juli  auf  der  Linie 
Koblens  •  Mains  -  Qermersheim  -  Landau  sich 
vollsieht:  1.  Armee  unter  ßteinmetM  rechter 
Flügel,  9.  Armee  unter  Prina  Friedrieh 
Kan  Oentrum,  3.  Armee  unter  dem  Krön- 
prituen  linker  Flügel.  4.  Aug.  Sieg  des 
Kronprinsen  bei  Weissenburg;  6.  Aug.  bei 
Wörth  über  Mac  Mahons  Corps.  Infolge 
des  gleichzeitigen  Siegs  der  1.  Armee  bei 
Saarbrücken  und  Spicheren  wendet  sich 
die  ganze  ftanz.  Armee  zum  Bückzng. 
14.,  16.  und  18.  Aug.  entscheidende  Siege  der 
1.  und  2.  Armee  bei  Metz.  19.  Aug.  er- 
hält der  Kronprinz  von  Sachsen  den  Ober- 
befehl über  eine  neu  gebildete  4.  Armee, 
vrelche  80.  Aug.  bei  Beaumont  die  Armee 
Mac  Mahons  zurückschlägt.  81.  Aug.  ver- 
sucht Bazaine  mit  seinem  in  Metz  ein- 
geschlossenen Heer  nach  Nordosten  durch- 
zubrechen, wird  aber  vom  Prinzen  Friedrich 
Karl  mit  dem  1.  und  9.  Armeecorps,  der 
Division  Kummer  und  der  28.  Infanterie- 
brigade bei  Noisseville  1.  Sept.  nach  Metz 
zurückgeworfen.  Gleichzeitig  grosser  Si«g 
der  4.  und  eines  Theils  der  3.  Armee  bei 
Sedan  über  Mac  Mahon;  die  Franzosen 
nach  Sedan  zurückgeworfen  und  hier  cer- 
nirt;  Napoleon  erklärt  sich  dem  König  von 
Prenssen  kriegsgefangen.  3.  Sept.  Kapitu- 
lation von  Sedan  (39  Generale,  2825  Offiziere, 
84,433  Mann  kriegsgefangen,  über  400  Feld-, 
150  Festungsgeschütze  etc.  erbeutet).  5. 
Sept.  £inzug  des  Königs  Wilhelm  I.  in 
Rheims.  19.  Sept.  Paris  von  den  deutschen 
Truppen  cernirt.  23.  Sept.  Einnahme  von 
Toui.  28.  Sept.  Kapitulation  Strassburgs 
(seit  19.  Aug.  belagert).  10.  und  11.  Okt. 
siegreiche  Qefechte  eines  gemischten  Corps 
der  3.  Armee  unter  Genoral  von  der  Tann 
gegen  die  ft-anz.  Loirearmee;  Orleans  er- 
stürmt. 16.  Okt.  Kapitulation  von  Solssons; 
24.  Okt.  von  Schlettstadt;  27.  Okt.  von 
Metz  (173,000  Mann,  8  Marschälle  und  über 
6000  Offiziere  kriegsgefangen);  8.  Nov.  von 
Verdun ;  10.  Nov.  von  Neubreisach ;  24.  Nov. 
von  Thionville.  27.  Nov.  Sieg  des  Generals 
von  Manteuffel  mit  einem  Theil  der  ersten 
Armee  bei  Amiens.  28.  Nov.  Amiens  be- 
setzt. Nach  dem  Beitritt  Badens ,  Hessens 
und  Würtembergs  zum  deutschen  Bunde 
(Mitte  Nov.)  23.  Nov.  Abschluss  des  Ver- 
trags mit  Bayern  zu  Versailles,  wonach 
dieses  seine  eigene  Diplomatie,  die  Ver- 
waltung des  Heerwesens ,  der  Post ,  der 
Telegraphen,  der  Eisenbahnen,  seine  be- 
sondere Besteuerung  des  Biers  u.  Brannt- 
weins behält  und  an  den  Bestimmungen 
der  neuen  deutschen  Bnudesverfiissnug  über 
Heimats-  und  Niederlassungsverhältnisse 
keinen  Antheil  hat.  Daneben  wird  im  Bundes- 
rath  aus  den  Bevollmächtigten  der  König- 
reiche Bayern,  Sachsen  und  Würtemberg 
unter  Bayerns  Vorsitz  ein  diplomat.  Aus- 
schuss  gebildet,  und  das  Veto  von  14  Stim- 
men (so  viel  haben  Bayern,  Sachsen  und 
Würtemberg  zusammen)  »oll  genügen,  um 


jede  Verfassungsänderung  sv  hindeni.  Der 
Vertrag  wird  trotz  dieser  wichtigen  Aas- 
nahmebestimmungen vom  norddeutschen 
Bundesrath  einstimmig  uud  vom  Reichstag 
10.  Dec.  mit  196  gegen  32  Stimmen  ange- 
nommen. 8.  Dec.  tragt  der  König  von 
Bayern  Wilhelm  I.  die  Kaiserkrone  an,  dem 
bis  8.  Dec.  die  meisten  deutschen  Fürsten 
zustimmen.  5.  Okt.  das  deutsche  Haupt- 
quartier nach  Versailles  verlegt.  Orltens 
von  preuss.  Truppen  besetzt.  8. —11.  Dec. 
siegreiche  Gefechte  der  Armee  des  Gross- 
herzogs von  Mecklenburg  bei  Beangency. 
9.  Deo.  Dieppe  von  Truppen  des  manteuffel- 
schen  Corps  besetzt.  12.  Dec.  Kapitnlation 
von  Pfalzburg;  14.  Dec.  von  Montm6dy; 
2.  Jan.  1871  von  M^zidres;  Sieg  der  1. 
Armee  bei  Bapaume.  5.  Jan.  Rocrol  durch 
Handstreich  zur  Kapitulation  gezwungen. 
Beginn  der  Beschlessung  der  Südforts  bei 
Paris.  10.  Jan.  Kapitnlation  von  Peronne. 
12.  Jan.  Sieg  der  2.  Armee  unter  dem 
Prinzen  Friedrich  Karl  und  dem  G-ross- 
herzog  von  Mecklenburg  bei  le  Maus.  18. 
Jan.  wird  der  deutsche  Kaiser  im  Schlosse 
zu  Versailles  proklamirt.  19.  Jan.  Sie^ 
Göbens  über  die  firanz.  Nordarmee  bei 
St.  Quentin.  Tours  von  den  Preussen  be- 
setzt. 25.  Jan.  Kapitulation  von  Longwy. 
28.  Jan.  Abschluss  eines  Waffenstillstandes 
auf  8  Wochen,  demgemäss  29.  Jan.  die  pa- 
riser Forts    von   den   Deutschen    besetzt. 

15.  — 17.  Jan.  vor  Bolfort  siegreiche  Verthei« 
digung  Werders  gegen  Bourbakl,  dessen 
AiTuee  (86,000  Mann)  1.  Febr.  auf  schweizer 
Gebiet  gedrängt  wird.  3.  Febr.  zeigt  der 
Kaiser  von  D.  den  auswärtigen  Mächten 
die  Wiederherstellung  des  deutscheu  Reichs 
und  die  Uebemahme  der  Kaiserwürde   an. 

16.  Febr.  Kapitulation  von  Beifort.  21.  Febr. 
Verlängerung  des  Waffenstillstands  bis 
zum  26.  Febr.  1.  März  rückt  das  11.  preuss. 
Armeecorps  und  dlo  2.  bayer.  Division  in 
Paris  ein.  Annahme  der  zwischen  Bismarck 
und  Thiers  vereinbarten  Friedensprälimi- 
narien von  Seiten  der  iranz.  National- 
versammlung. Nacli  denselben  verzichtet 
Frankreich  zu  Gunsten  D.s  auf  Vt  von  Lo- 
thringen mit  Metz  und  Tliionville  und  auf 
Elsass  mit  Ausschluss  Beiforts  und  zahlt  an 
D.  5  Milliarden  Frcs.  (eine  im  Lauf  des 
Jahres  1871,  das  Uebrige  innerhalb  drei 
Jahren).  3.  März  räumen  die  deutschen 
Truppen  Paris ,  11.  März  Versailles.  81. 
März  Eröffnung  des  deutschen  Reichstag^ 
in  Berlin. 

Literatur.  Neuere  Bearbeitungen  der  deut- 
schen Geschichte  gaben:  K.  A.  Menzel,  ,Ge- 
schichte  der  Deutschen',   1815  —  22,  8  Bde. 

gls  zum  16.  Jahrh.)  und  ,Neuere  Gesch.  der 
entschenS  1826-48,  12  Bde.  (bis  1815); 
Luden,  ,Gesch.  des  deutschen  VolksS  1825 — 
1839,  12 Bde.  (bis  13.  Jahrh.);  jyister,  ,Gesch. 
der  Deutschen',  1829-85 ,  5  Bde.  f  fortges. 
yon  Bülau  bis  1830;  W.  Wenzel,  ,Goscli.  der 
Deutschen',  1855, 5  Bde. ;  Wirth,  , Gesell,  der 
DeutschenS  4.  Aufl. ,  fortges.  von  Zimmer- 
mann, 1860  —  63;  Mayer,  ,Deutsche  Gesch.*, 
1858,  2  Bde.;  Qieeebrecht,  ,Ge8ch.  der  deut- 
schen KaiserzeitS  Bd.1-3,  3.  Aufl.  1868-68; 


Deutsch -Lothringen  —  Devrient. 


603 


Bouchay ,  ,0e8ch.  der  deutschen  MonarcbleS 
1861-63,  4  Bde.;  Eichhorn,  .Deutsche  Staats- 
und  Rechtsgescliiclite',  5.  Aufl.  1845  —  47, 
4 Bde.;  W<^%tz,  ,Deut8ohe  Yerfassungsgesch.', 
1844-61,  4  Bde. 

Deutsch -Lothringen,  der  fast  durchaus 
deutsch  redende  Tlieil  der  frauz.  Landschaft 
Lothringen,  welcher  durch  den  Tersaüler 
Frieden  vom  26.  Febr.  1871  an  Deutscliland 
abgetreten  und  mit  dem  Elsass  zu  einem 
Gouvernement  vereinigt  ward,  umfasst  deu 
grössten  Theil  des  bisherigen  Moseldeparte- 
meuts  und  einen  Tlieil  des  Depait.  Meurthe 
und  wird  von  der  Saar,  Nied  und  Mosel  be- 
wässei't;  115  QM.,  mit  den  Festungen  Metz, 
Diedenhofen,  Bitsch  und  520,130  Ew.  Ein- 
theilung  (projektirt)  In  8  Kreise:  Metz  (Stadt- 
und  Landkreis),  Diedeuliofen,  Saargemünd, 
Saarbnrg,  Salzburg  (Chateau  -  Salius) ,  For- 
bach, Falkenberg.    Vgl.  iS7«a«s  u.  Lothringen. 

DeutHCh-OrETlcza,  Bergort  im  ungar.  Kom. 
Krasso,  an  der  banater  Montaneisenbaliu, 
4248  Ew.  Gold-,  Silber-,  Kupfer-,  Eisen- 
und  Steinkoblenbei'gwerke. 

Dentz,  neu  befestigte  Stadt  Im  preuss. 
Kegbz.  Köln,  rechts  am  Rhein,  mit  Köln 
durch  Röhreubrücko  verbunden,  10,488  Ew. ; 
Hauptort  des  kölu.  Oberstifts ;  Eiseugiesserei, 
Mascliinenfabriken. 

Dcntzia  Thwab.  (Deutzie),  Pflanzengattung 
der  Saxifrageen.  D.  crenata  S.etZ.  und  D. 
gracilis  8.  et  Z.  aus   Japan ,  Ziersträucher. 

Devalration  (neulat.),  Herabsetzung  einer 
Geld  münze  auf  einen  geringereu  Werth; 
Devalvationstabellen,  Tabellen  herabgesetzter 
Münzen  mit  AugabelhreswirkI.MetaIIwei*th8. 

Devanagarl  (ind.,  d.  i.  die  In  der  Götter- 
stadt Gebräuchliche),  Name  der  Ind.  Sclirift, 
mit  wclciier  das  Sanskrit  gesclirioben  wird. 

Devanciren  (spr.  -wangsiren),  den  Vorrang 
oder  Vortritt  haben,  überlioleu,  zuvorkommen. 

Bevaprayaga,  Ort  im  brit.-nstind.  Staate 
Gurwhal,  au  der  Vereinigung  der  beiden 
Quellflüsse  des  Ganges,  einer  der  heiligsten 
Wallfalirtsorte  der  Hindu. 

Bevastation  (lat.),  Verheerung. 

Developpibel  (fr.),  abwickelbar ;  d.e  Fläche, 
krumme  Fläche,  welche  sich  in  eine  Ebene 
ausbreiten  lässt.  D^veloppement  (spr.  -we- 
lopp'maug) ,  Eutwickeluug,  Entfaltung;  in 
der  Baukunst  Specialiiss  über  ein  einzelnes 
Stock  eines  Gebäudes;  im  Militärwesen  Auf- 
marsch aus  der  Kolonne. 

Deventer  (Demter) ,  feste  Stadt  in  der 
nicderl.  Prov.  Oberyssel ,  an  der  Yssel, 
17,7^6  Ew.;  Teppichfabrik.,  Eiseugiesserei, 
i>er.  Lebkuchen,  lebh.  Uaudel;  früher  freie 
Reichs-  und  Hansestadt. 

Derenorium  (lat.),  Herberge,  WIrthshaus. 

Devestiren  (lat.),  eutkleiden;  die  Priester- 
würde oder  das  Lehn  entziehen.  Dtvestitnr, 
Beraubung  des  Lehns. 

Devex  O^t.),  abschüssig. 

Deviation  (lat.),  Abweichung  eines  Kör- 
pers von  seiner  Bahn  oder  Richtung; 
in  der  Astronomie  die  scheinbare,  von  der 
Nutation  der  Erdaxe  abhängige  Bewegung 
der  Fixsterne;  auch  die  Abweichung  des 
Mauerquadranten  oder  desMlttagsferpirobrs 
von  der  wahren  Mittngsflächei 


Derirgrlnatlon  (lat).  Entjungferung, 
Schwächung. 

Devise  (v.  mittellat.  diviaa,  Abzeichnung), 
Sinnbild  mit  erklärendem  WalUspruch  (Seele 
der  D.),  vornehml.  im  Mittelalter  in  Ge- 
brauch auf  Wappenschildern,  Fahnen,  Schif- 
fen, auch  an  Gebäuden  etc.  Vgl.  Bödowitz, 
,Die  D.  und  das  Motto  des  späteren  Mittel- 
alters' (1850).  In  Kursberichten  s.  v.  a. 
Wechsel.  [digkeit. 

Devoir  (fi*.,  spr.  Döwöahr),  Pflicht,  Schul- 

Devolutlon  (\»X.) ,  Abwälzung;  in  der 
Rechtssprache  der  in  gewissen  Fällen  kraft 
des  Gesetzes  eintretende  Uebergang  eines 
Rechts  oder  Besitzthums  auf  einen  Andern ; 
Devolutionsrecht  (Jus  devolutionis) ,  im  Kir- 
chenrecht die  Befugniss  der  höheren  Kirclien- 
behörde,  eine  erledigte  geistl.  Stelle  wegen 
Versäumnisses  oder  Versehens  des  zu 
deren  Besetzung  zunächst  Berechtigten  naclt 
Ablauf  einer  gewissen  Frist  selbst  zu  be- 
setzen. Devolutiveffekt  hat  ein  Rechtsmittel, 
wenn  durch  dessen  Einwendung  die  strei- 
tige Rechtssache  an  einen  höheren  Richter 
gebracht  wird,  wie  bei  der  Appellation. 

Devon  (spr.  Dewwön),  Grafsch.  im  Süd- 
west!. England,  121,7  QM.  und  584,373  Ew. ; 
Hügelland,  von  der  Exe  und  dem  Tamer  be- 
wässert ,  reich  an  Mineralien ,  fruchtbare 
Thäler.    Hauptst.  Exeter. 

Devonische  Formation,  s.  Grcmtvacfce, 

Devonport  (spr.  Dewwönpohrt),  früher 
Plymouth-Doch,  befestigte  See-  und  Handels- 
stadt in  der  engl.  Grafsch.  Devon,  an  der 
Mündung  des  Tamer,  50,440  Ew.,  bildet 
mit  Plymouth  und  Stonehouse  eine  einzige 
Stadt;  Schiffswerfte.  gr.  Seearseual. 

Devonshire  (spr.  Dewwöuschilir),  Spencer 
Compton  Gavendish,  Herzog  von,  Marquis 
von  Hartingdon,  geb.  1833,  Parlamentsmit- 
glied fürNord-Lancashire,  veranlasste  durch 
sein  7.  Juni  1859  beantragtes  Misstranens- 
votum  den  Sturz  des  Ministeriums  Derby 
und  ward  unter  Palmerston  Unterstaats- 
sekretär im  Kriegsdepartement. 

Devotion  (lat.),  Ehrfurcht,  Ehrerbietung; 
devot,  unterwür^g  gegen  Höhergestellte, 
auch  frömmelnd;  Devote,  Nonne,  Bet- 
schwester, Scheinheilige. 

Devonement  (fr. ,  spr.  Dewumäng) ,  Elir- 
erbietung,  Hingebung.  [ablegen. 

Devoviren  (lat.) ,  geloben ,    ein  Gelübde 

Devrient  (spr.  -wriäng),  b^.  Schauspieler- 
familie. 1)  Ludw.,  geb.  15.  Dec.  1784  zu  Ber- 
lin, seit  1815  unausgesetzt  an  der  Hofbühne 
das.  thätig;  t  ^-  I>ec.  1832.  Der  genialste 
seines  Namens,  gleich  gross  als  Komiker 
wie  als  trag.  Künstler;  bes.  hervorragend 
in  Darstellung  shakespearescher  Rollen.  — 
2)  Karl  Aug.,  Neff'e  des  Vor.,  geb.  5.  Aug. 
1798  in  Berlin,  1823—28  mit  der  ber.  Künstle- 
rin Schröder-D.  verheirathet,  seit  1829  Mit- 
glied des  Hoftheaters  zu  Hannover ;  im  Fach 
der  Helden  und  Charakterliebhaber  ausge- 
zeichnet. Sein  ältester  Sohn,  Friedr.  D., 
am  Burgtheater  zu  Wien.  —  d)  Phil.  Eduard, 
Bruder  des  Vor.,  geb.  11.  Aug.  1801  zu 
Berlin,  erst  Sänger,  dann  Schauspieler, 
1853—69  techn.  Dirigent  des  Hoftheaters  zu 
](arlsruhe,  P^s,  ver()ieut  durch  seine  tr^ffl« 


504 


Dewsbury  —  Diakonissin. 


jGeflchichte  der  deutschen  Schaaspielkimst, 

i  1848—61,  4  Bde.);  auch  Bühnendichter 
,Drain.  und  dramatnrg.  SchriftenS  1845—61, 
I  Bde.)-  Sein  Jüngster  Sohn  OUo  seit  186S 
ebenfalls  am  Theater  2U  Karlsrahe  thätig. 
—  4)  Guit.  JEmil,  Bruder  des  Vor.,  geb.  4. 
Sept.  1803,  seit  1831  Mitgl.  des  dresdner 
Hoftheaters,  trat  1868  von  der  Bühne  zurück. 
Der  talentvollste  und  gefeiertste  der  3 
Brüder,  am  glückliebsten  in  der  Darstellung 
ideal  gehaltener,  weicher  Charaktei-e  (Ham- 
let, Posa,  Tasso  etc.).  Von  seiner  Gattin, 
Doris  Ji'öhler,  geb.  1805  zu  Kassel,  einer  ge- 
schätsston  Spielerin  sentimentaler  and  naiver 
Rollen,  trennte  er  sich  1842. 

DeiTsbnry  (spr.  Djubsböri),  Mannfaktur- 
stadt in  der  eugl.  Grafsch.  York  (Westri- 
diug),  am  Calder,  18,148  Ew. 

Dexlographie  (gr.),  das  Schreiben  von  der 
Hechten  zur  Linken. 

Dextera  (dextra,  näml.  manus,  lat.),  die 
rechte  Hand ;  Dexterität,  Gcschickliclikeit, 
Festigkeit,  aucli  Treue. 

Dextrin  (Stärlegummi ,  Qnmmeline),  dem 
nrabischen  Gummi  ähnliche  Substanz,  farb- 
los bis  bräunlich,  geruchlos,  von  fadem  Ge- 
schmack, löslich  in  Wasser,  unlöslich  in 
Alkohol,  lenkt  die  Ebene  des  polarisirten 
Lichts  nach  rechts  (daher  der  Name),  gibt 
bei  Behandlung  mit  Schwofelsäure  Trauben- 
zucker. Entsteht  nebeu  letzterem  bei  Ein- 
wirkung dos  Malzes  auf  Stärke  (beim  Mai- 
scheu), beim  Behandeln  von  Stärke  mit  sehr 
verdünnter  Schwofelsäure  oder  Salpetersäure 
und  beim  Erhitzen  der  Stärke  auf  l^o 
(Leiogommc,  Ji'östgummi),  findet  sich  in  den 
Pflanzen  und  ist  der  eigentliche  Bildungs- 
stoff derselben;  dieut  als  Surrogat  des 
Gummis  Im  Zeug-  uud  Tapetendruck,  zum 
Appretiren,  als  Muudleim,  zu  Bandagen, 
feinerem  Backwerk,  zur  Bier-  uud  Obstwein- 
fnbrikation.  Es  findet  sich  stets  im  Bier 
und  in  der  Kruste  dos  Brodes. 

JDey,  s.  Dei. 

Dhawaingiri  (d.  i.  weisser  Berg),  Gipfel 
des  Ilimalaya,  25,200' ;  galt  bis  vor  wenigen 
Jahren  für  den  höchsten  Berg  der  Erde. 

Dhjoloff  (Joloff,  Woloff),  Volk  in  Sene- 
gambien,  zwischen  dem  Senegal,  Gambia 
und  Falemc,  von  tief  schwarzer  Farbe  und 
hohem  Wuchs,  Mohammedaner  u.  geschickte 
Goldarbeiter,  wahrscheinl.  semit.  Abkunft; 
ninst  ein  mächtiges  Reich  bildend ,  jetzt  in 
kleinere  StaatCfh  zciiallcnd,  die  zum  Tlieil 
(namentlich  Cayor  uud  Wallo)  unter  frauz. 
Herrschaft  stehen. 

Dholpar  (Dholaptir),  Staat  der  Dschats  in 
llindostan,  76,7  QM.  und  Va  Mill.  Ew.  Die 
Hauptst.  D.j  am  Dschumna,  12  — 15,000  Ew. 

Ohor  el  Kobid,  höchster  Gipfel  des  Liba- 
non, 2  St.  vom  Bleer,  9558'. 

Diabas,  s.  Grümtein.  [harunihr. 

Diabetes.  Harnruhr.    D,  mellitus,  Zuckei*- 

Diablereis  (spr.  -blerä),  mehrgipfliger 
Berg  der  Alpeu,  auf  der  Grenze  von  Bern  u. 
Waadt,  10,011';  furchtbare  Bergstürze  1714 
uud  1749  in  den  Thalkessci  von  Dcrborence. 

Diaböle  (gr.),  Beschuldigung,  z.  B.  des 
Gegners  vor  Gericht;  Verleumdung. 

DiabSlas  (gr.),  Teufel ;  diabolisch,  teuflisch. 


Diachoresig  (gr.),  DarmauBleerung,  Stuhl- 
gang. Diachoretische  Mittel,  Abführmittel. 

Dlachflon  (gr.),  Bleipflaster. 

Diadelpliigch  (gr.),  zweibi*üderig,  von 
Pflanzen,  deren  Staubfaden  in  '2  Bündeln 
verwachsen  sind ;  daher  Duidelphia,  die  17. 
Klasse  Jm  linn6schen  Pflanzensystem. 

Diadem  (gr.),  Stirnbinde  aus  Wolle  oder 
Seide,  mit  Perlen  und  Edelsteinen  verziert; 
im  Alterthum  Schmuck  der  Könige  und 
Königinnen,  durch  die  Krone  verdräng^ 

Dladochen  (gi*.),  Nachfolger,  Bezeichnung 
der  Feldherren  Alexanders  d.  Gr.,  die  sich 
nach  dessen  Tode  in  sein  Reich  thellten. 

Diäresis  (gr.),  Trennung,  Theilung,  in  der 
Gramm.  Auflösung  eines  Diphthongs  in  8 
einzeln  auszusprechende  Vokale,  angedeutet 
durch  2  über  den  zweiten  Vokal  gesetzte 
Punkte  (puncta  diaereseos). 

Diät  (gr.) ,  Lebensweise  des  Menschen 
überhaupt,  bes.  in  Bezug  auf  Wahl  von 
Speisen  und  Getränken  gebraucht.  Diätetik, 
Lehre  hiervon.  Richtige  D.  ist  zur  Heilung 
der  meisten,  besonders. chronischen  Krank- 
heiten Hauptei*fordemiss,  bald  entziehend, 
bald  ergänzend.  Ersteres  erreicht  man 
durch  pflantliche  (stickstofffreie)  D.,  die 
Geuuss  von  Früchten,  Weissbrod,  reichli- 
chem Wasser  vorschreibt;  letzteres  durcli 
animalische  D.,  bei  welcher  Milch,  Cier, 
Fleisch  die  Hauptnahrung  bilden.  Die 
Verdaulichkeit  der  Milch  wird  hierbei  er- 
höht durch  Öfteres  Trinken  kleinerer  Men- 
gen und  gleichzeitiges  Essen  von  Weissbrod. 
Vergl.  Moleachott,  jPhysiologie  der  Nahrungs- 
mittels 1859,  und  die  Arbeiten  von  Voit  iu 
der  .Zeitschrift  für  Biologie*. 

Diäten  (gr.),  Tagegelder,  besonders  der 
Beamten  auf  Reisen,  auch  der  Abgeordneten 
der  Stäudevei'samm hingen.  Diätarien,  zeit- 
weise bei  Behörden  beschäftigte  Personen. 
Diät,  Landtagsperiode. 

Diagnose  (gr.),  das  Erkennen  der  Krank- 
heiten, bes.  die  Unterscheidung  der  einzel- 
nen Erkrankungsformen;  bildet  den  wich- 
tigsten Theil  der  ärztlichen  Thätigkeit,  in- 
dem von  ihr  die  ganze  Behaudlungswelse 
abhängig  ist,  beruht  auf  genauer  Uuter- 
sfichung:  Bestimmung  der  Fieberverhnlt- 
nisse  durch  Thermometer  und  Zählen  d-er 
Pulse,  anatomischer  Veränderungen  durch 
Befühlen,  Klopfen  uud  Horchen  (Pnlpatfon, 
Perlnission  und  Auskultntiou),  mit  Spiegeln 
unter  künstlicher  Beleuchtung  verborgener 
Organe  (Augen,  Ohren,  Kehlkopf  etc.),  cho- 
mische  und  mikroskopische  Prüfung  der 
Auswurfssioffe  etc. 

DIagonile  (gr.),  iu  der  Geometrie  gerade 
Linie,  welche  zwei  einander  gegeuüber- 
liogcude  Ecken  einer  geradlinigen  Fignr 
oder  eines  eckigen  Körpers  (Polyöders)  ver- 
biudet;  bei  letzterem  weder  mit  einer 
Kante,  noch  mit  der  D.  einer  Seitenfläche 
zusammenfallend.  Diagonalkraft,  s.  ibraltelo- 
gramm  der  Kräfte. 

Diagramm  (gr.),  geometr.  Zeichnung  zum 
Beweis  oincs  Lehrsatzes. 

Diakonissin  (Aucilla,  Mluistra),  d.  i.  Die- 
nerin, in  der  alten  christl.  Kirche  Gehülfin 
des  Diakonus,  in  Klöstern    Nonpe,  welche 


Diakonas  —  I>iaphftnömeier. 


605 


den  Altardienst  eu  besorgen  hat.  Eine  Dia- 
kofUsaenanstali  (für  Krankenpflege  und  Kin- 
der Unterricht)  gründete  1836  der  Pastor 
!Fliedner  (s.  d.)  in  Kaiserawerth.  Aehnliche 
Anstalten  sind  seitdem  au  Dresden  (1848), 
liUdwigslnst  (1847),  Berlin  (1847),  Breslau 
(1850)  and  Stattgart  (1856)  entstanden. 

DUkdnns  (gr.),  d.  i. Diener,  In  der  apostol. 
Kirche  Armen-  und  Krankenpfleger,  dann 
amgleich  Gehülfe  des  Bischöfe  beim  Altar- 
dienste; in  der  evangel.  Kirche  Hülfsgelst- 
licher,  in  Wurtemberg  auch  Heif«r  genannt. 
Diakoniren,  den  Altardienst  versehen. 

Diakrise  (gr.),  Erkenntniss,  bes.  einer 
Kranklieit  aus  ihren  Symptomen.  Diakri- 
tische Zeichen,  Schriftzeichen  Kur  Andeutung 
der  richtigen  Aussprache  der  Silben  u.  Wör- 
ter, sowie  zur  Yermittelung  des  Verständ- 
nisses ,   wie  die  Interpunktionszeichen  etc. 

Diaknstik  (irr.),  Lehre  von  der  Fort- 
pflanzung des  Schalls  durch  Körper.  4 

Dialekt  (gr.),  Volksmundart. 

Dialektik  (gr.) ,  eigentl.  die  Kunst ,  mit 
Begriffen  auf  regelmässig  wissenschaftlichem 
Wege  zu  verfahren;  später insbes.  die  Fertig- 
keit der  Sophisten,  beim  Disputiren  den 
Gegner  durch  die  falsche  Anwendung  logi- 
sclier  Formen,  versteckte  Fehlschlüsse  etc. 
zu  täuschen,  sophistische  Disputirkunst. 

Dlalenma  (gr.),  Unterbrechung,  Zwischen- 
eeit;  beim  Wechselfieber  der  fieberfreie 
Znstand. 

Dlallig  (gr.),  grüne  (Smaragdit)  oder 
braune,  metalliscli  perlmuttergläuzende  Mi- 
ueralien,  die  mit  Labrador  den  Gabbro  bil- 
den und  sich  auch  im  Serpentin  finden; 
stehen  in  der  ehem.  Zusammensetzung  dem 
Atigit  sehr  nahe,  aus  dem  sie  nach  Blschofi' 
entstanden  sind. 

Dialog  fgr.),  Gespräch  zwischen  2  oder 
melirereu  Personen,  von  den  griech.  Philo- 
sophen (Plato,  Lncian)  angewandte  Dar- 
Htellungsform  zur  Mittheilung  ihrer  wisson- 
scliaftl.  Untersucliungen.  Im  Drama  wird 
der  D.  dem  Monolog,  in  Singspielen  den 
G«8angstücken  entgegengesetzt.     [Analyse. 

Dlaljlrsis  (gr.),  Auflösung,  Art  der  ehem. 

DlaniMt  (D^nant;,  reiner  krystallisirter 
Kohlen stofT,  meist  in  OktaSdern  u.  krumm- 
flächig  mit  bellformig  gebogenen  Kanton, 
sehr  spaltbar,  spröde,  ritzt  alle  Körper  (bis 
auf  Bor),  vom  spec.  Gew.  3,6  — S,«,  farblos 
oder  gefärbt,  von  lebhaftem  Glanz,  sehr 
stark  lichtbrochend ,  verbrennt  zu  Kohlen- 
säure und  ist  wahrscheinlich  ans  organi- 
schen Substanzen  entstanden.  Findet  sich 
in  Ostindien  an  der  Ostseite  des  Plateaus 
von  Dekan,  auf  Borneo,  Sumatra,  am  Ural, 
in  Minas  Geraes,  Bahia,  Nordcarolina, 
Mexiko,  in  Südafrika,  Australien,  angeb- 
lich auch  in  Algerien  und  Böhmen.  Dient 
als  Schmucksteiu,  zum  Glassch neiden,  zum 
Bohren  und  Schrammen  von  liartem  Ge- 
stein, zum  Graviren,  zu  Zapfenlagern  und 
gepulvert  als  Schleif material ;  ist  zu  tech- 
nischen Zwecken  ersetzbar  durch  den 
sehtoarzen  D.en  (Karbon ,  Karbonate)  aus 
Brasilien,  welcher  in  detbeu  feinkörnigen 
Massen  iu  Bahia  vorkommt.  Der  D.  wird 
als  Edelstein  geschliffen  (meist  in  Amster- 


dam und  von  Juden),  gewöhnlich  in  Bril- 
lant- und  Rosettenform.  Man  unterscheidet 
nach  der  Schönheit  D.en  vom  ersten,  zwei- 
ten u.  dritten  Wasser.  Der  Preis  schwerer 
D.en  ergibt  sich  in  Thalern,  indem  man 
das  Quadrat  des  Gewichts,  in  Karaten  aus- 
gedrückt, mit  18  multiplicirt.  Diese  Regel 
gilt  für  Steine  unter  10  Karat.  Der  grösste 
D.  ist  der  Orlow  mit  194>/4  Kar.,  Ihm  folgt 
der  Regent  oder  Pitt  mit  136  "fft  Kar.  Der 
Kohinoor  wiegt  IO6V1«  Kar.  Künstliclie 
Bildung  von  D.en  noch  nicht  geglückt. 

Diamantina  (Tejuco),  Hauptort  des  Dia- 
mantendistrikts in  der  brasll.  Prov.  Minas 
Geraes,  12,000  Ew. 

DlamSter  (gr.),  Durchmesser;  diametral, 
gerade  entgegen. 

Diana ,  altitalische  Mondgöttin ,  mit  der 
griech.  Artemis  identificirt,  daher  Tochter 
des  Zeus  und  der  Leto  (Latona),  Zwillings- 
schwester des  Apollo,  mit  diesem  auf  der 
Insel  Dolos  geb.,  keusche  Jungfrau,  in  Wäl- 
dern, Flüssen  und  Quellen  wirksame,  schaf- 
fende Gottheit,  Schutzgöttin  der  Jäger,  zu- 
gleich aber  auch  Hegerin  und  Pflegerin  des 
Wildes,  rafft  durch  Pfeilschüsse  die  Men- 
schen, bes.  Frauen  und  Jungfrauen  schnell 
hinweg,  sucht  Menschen  und  Thiere  auch 
durch  Seuchen  heim,  wacht  aber  auch  über 
Zeugung,  Geburt  (daher  als  Geburtshelferin 
angerufen)  und  Erziehung  des  Menschen; 
dargestellt  als  jugendliche ,  schlanke  Ge- 
stalt mit  aufgeschürztem  Unterkleid,  Bogen, 
Speer  und  übergehängtem  Köcher,  häufig 
von  einer  Hirschkuh  begleitet,  als  Mond- 
göttin auch  mit  dem  halben  Monde  auf  dem 
Scheitel  und  der  Fackel  in  der  Hand. 

Diandrl8eh(gr.),  zweimännerlg,  mit2  Staub- 
gefassen.  Diandria,  die  2.  Klasse  des  lin- 
n6schen  Pflanzensystems. 

Dianenbanm,  in  baumartigen  Krystallisa- 
tionen  aus  seinen  Lösungen  ausgeschiedenes 
metallisches  Silber. 

DiantliQg  L.  (Nelke),  Pflanzengattung  der 
Garyophylleen.  Bekannte  Zierpflanzen:  D. 
caryophyllns  L.,  Gartennelke,  aus  Süd- 
europa, in  zahlreichen  Varietäten  uuter- 
sehieden  nach  dem  Bau  und  nach  der  Farbe 
(einfarbige  Ooncorden,  getuschte  Feuerfaxe, 
Flammeusen,  Gestrichte,  PicottenundPicott- 
bizarden  und  Bandblumen);  D.  plumarius, 
Fedemelke ,  aus  Südeuropa ;  D.  barbatus  /.., 
Bart-,  BiischelHelke,  aus  Südfrankreich.  Wild- 
wachsend in  Deutschland  D.  Oarthnsianomm 
L,,  Karthäuser-  oder  BltUnelke,  D.  deltoides 
L.,  deltafleckiqe  oder  Heidenelke,  und  J>. 
superbus  L.,  Prachtnelke. 

Diapison  (gr.),  s.  v.  a.  Oktave;  bei  den 
Franzosen  Stimmgabel,  auch  Umfang  der 
Stimme  oder  eines  Instruments. 

Dlapltin,  durchscheinend;  DUkphanbilder, 
auf  Glas  befestigte,  durch  Tränken  mit  Flr- 
niss  durchscheinend  gemachte  Bilder;  Dia- 
phangesehirr,  gläsernes,  mit  Blattgold  beleg- 
tos oder  bemaltes  und  verglastes  Geschirr. 

DiaphaHOmeier  (gr.),  Instrument  zur  Mes- 
sung der  Durchsichtigkeit  der  Luft,  besteht 
aus  eiuor  Scheibe  mit  zwei  schwarzen  Krei- 
sen von  verschiedenem  Durchmesser.  Man 
bestimmt  die  Entfernungen,  in  welchen  die 


606 


Diaphonle  —  Dibdin. 


Kreis«  «nslohtbar  werden,  und  vergleicht 
diese  Entfernangen  mit  den  Durobmessem 
der  Kreise. 

Ditphonle  (gr.),  Missklang,  Dissonanz. 

Diaphdrm  (gr.),  Verschied enheit,  als  rbetor. 
Fig^r  die  Wiederholung  eines  und  desselben 
Wortes  in  verschiedener  Bedeutung. 

Diaphoretiea  (gr.,  Diapnoica,  Sttdorifera), 
scbweisstrt»ibende  Mittel.  Die  vermelirte 
Scbweissabsonderung  tritt  ein  dnrch  reich- 
liche Wasserauftaahme  (daher  Anwendung 
zahlreicher  Theearten,  besonders  leicht  aro- 
matischer, wie  Liudeublüthen,  Flieder)  oder 
erhöhte  Temperatur  des  Körpers  und  seiner 
Umgebung  (Sommerhitze ,  irisch-römische 
und  Dampfbäder),  Einhüllen  in  wollene 
Decken.  Anwendung  bei  Krankheiten,  die 
in  Anschluss  an  Erkältungen  entstanden, 
besonders    bei   Schnupfen,  Rheumatismus. 

Dltpliragma  (gr.),  Zwerchfell;  in  der 
Optik  s.  V.  a.  Blendung. 

Diaphysls  (gr.),  Zwischenwucbs ;  in  der 
Anatomie  das  Mittelstück  der  langen  Röhren- 
knochen, im  Gegensatz  zu  deren  Enden 
(Epiphpsi»  oder  ApopkytU). 

Dlarbekr  (Amida),  befestigte  Stadt  in  der 
asiat.  Türkei ,  am  Tigris,  U,OW  Ew. ;  Sitz 
eines  nestorlan.,  metropolit.,  jakoblt.  Patri- 
archen, kath.  und  armen.  Bischofs.  Seiden- 
weberei u.  schwunghafter  Handel. 

Diarlam  (lat.),  Tagebuch. 

Diarrhoe  (gr.),  Durchfall,  Abweichen,  häu- 
fige Stuhlentleorung  dünnßii$aiger  Massen, 
Symptom  des  DarmkcUarrht  (s.  Darmentzün- 
dung). Bei  kleinen  Kindern  (oft  lebensge- 
fährlich) vorhanden,  wenn  über  4—5  Auslee- 
rungen erfolgen,  bes.  häufig  bei  künstlichem 
Aufziehen  durch  Sauerwerden  der  Milch  ent- 
stehend; Behandlung:  warme  Umschläge  auf 
den  Leib,  Stärkeklystiere,  Muttermilch  oder 
liebigsche  Suppe,  bestimmte  Medikamente 
(s.  unten).  Bei  Erwachsenen  nach  Diätfehlem 
(Obst,  Gurken,  saures  Bier,  saure  Milch, 
kaltes  Wasser)  und  Erkältung  des  Unter- 
leibs (Bauchbinde)  bes.  Nachts,  als  Anfang 
epidemischer  Krankheiten  (Ruhr,  Cholera, 
8.  d.),  als  Folge  chronischer  Darmerkran- 
knng  (Schwindsucht,  s.d.).  Akttte'D.t  meist 
rasch  vorübergehend,  doch  auch  in  den  ge- 
nannten Krankheiten  tödtlich.  Chronische 
D.,  Folge  von  Darmgeschwüren,  Krebs  etc., 
kann  jahrelang  bestehen.  Behandlung: 
Warmhalten  des  Unterleibs,  geringe  Zufuhr 
schwerverdaulicher  Speisen  (bes.  von  Obst), 
zusammenziehende  Mittel  (Ratanhia,  Casca- 
rilla,  Golumbo,  Tannin,  salpetersaures  Sil- 
ber), sowie  von  Mitteln,  die  die  Darmbewe- 
gung veiTingern,  bes.  Opium.  —  Eitrige  und 
blutige  D.,  s.  Buhr. 

Diarthröse  (gr.),  nach  allen  Seiten  beweg- 
liches Gelenk  (Arm-  und  Hüftgelenk),  im 
Allgem.  bewegliche  Gelenkverbindung. 

DiaspQr,  Mineral  aus  der  Klasse  der  Erden, 
gelblich,  gi-ünlichweiss,  perlmutterglänzend, 
besteht  aus  Thonerdehydrat,  zerspringt 
beim  Erhitzen;  am  Ural,  bei  Chemnitz,  am 
St.  Gotthard  und  als  Begleiter  des  Smirgels 
auf  Naxos. 

Diaspftr»  (gr.),  Zerstreuung,  insbes.  die 
ausserhalb   Palästinas  zerstreut    lebenden 


Juden ,  später  auf  die  ausserhalb  Herrnlkut 
wohnenden  Glieder  der  Brüdergemeinde 
übertragen. 

Dlastise  (gr.),  die  wirksame  Substanz  des 
Malzes,  welche  Stärkekleister  in  Dextrin 
und  Zucker  verwandelt,  besteht  aus  Eiwelss- 
stotf  in  einem  gewissen  Zustande  der  Zer- 
setzung und  bildet  sich  bei  der  Befeuchtung 
des  Getreides  aus  dessen  Pi-oteVustoffeu ; 
wirkt  am  stärksten  bei  60o  C.  und  wird 
durch  Kochhitze  unwirksam. 

Diastimeter  (BngyvMter),  Instrument  zur 
Messung  von  Entfernungen  oder  entfernten 
Gegenständen,  besteht  aus  einer  Röhre  mit 
4  in  verschiedenen  Abständen  von  einander 
parallel  ausgespannten  Pferdehaaren,  zwi- 
schen welche  der  zu  messende  Gegenstand 
gebracht  wird.  Bei  bekannter  Entfernung 
lässt  sich  dann  leicht  seine  Grösse,  bei  be- 
kannter Grösse  seine  Entfernung  finden, 
r  Diastole  (gr.,  auch  Ektäsis),  das  Ansein- 
anderzlehen;  in  der  Metrik  die  dnrch  den 
rhythmischenAccent  bewirkte  Deliunngf  einer 
kurzen  Silbe  zu  Anfang  eines  Wortes  ,  im 
Gegensatz  zur  Systole  oder  Yerkürzung  einer 
langen  Silbe. 

Diathemiin,  von  strahlender  "Wärme 
durchdringlich,  also  für  Wärme  dasselbe, 
was  ,durchsichtig*  (diaphan)  lür  liicht  ist. 
(^gensatz:  atherman.  so  wie  farbige  Gläser 
nur  Lichtstrahlen  von  bestimmter  Farbe 
durchlassen,  ebenso  gibt  es  auch  beschränkte 
Diathermanität  u.  diese  heisst  Diathermaeie. 

Diatöm  (gr.),  in  der  Mineralogie  nach 
einer  Richtung  hin  leicht  theilbar,  z.B.  dia- 
tonier  Schillerspath. 

Diatomeen,  Pflanzenfamilie  aus  der  Klasse 
der  Algen,  früher  zu  den  Infusorien  g^erech- 
net,  s.  Algen, 

Diatonisch  (gr.,  Mus.),  Folge  von  Tönen, 
unter  denen  sich  kein  Intervall  kleiner  als 
die  kleine  Sekunde  befindet.  D.e  Tonleiter, 
die  5  ganze  und  2  halbe  Töne  umfassend«; 
Tonleiter;  die  halben  zwischen  der  3.  und 4. 
und  der  7.  und  8.  Stufe. 

Diatribe  (gr.),  gelehrte  Unterhaltung. 
Schrift,  bes.  literar -krit.  Schmähschrift. 

Dias.  1)  JBart<^<mnneo ,  portug.  Seefahrer, 
umsegelte  1486,  von  König  Johann  II.  von 
Portugal  abgesandt,  zum  ersten  Mal  das 
Kap,  das  er  ,yorgebirge  der  Stürme*,  Joliann 
dagegen  ,Vorgeblrge  der  guten  Hoffnung' 
nannte;  ging  später  mit  Cabrals  Mannschaft 
nach  Brasilien;  f  ^-  ^f^i  ^^00  auf  dem 
Meer.  —  2)  MieJiael,  des  Columbus  Gefährte 
auf  dessen  2.  Entdeckungsreise,  war  Jahre 
lang  Statthalter  auf  Hispaniola,  wo  er  14^)5 
Goldminen  entdeckte,  später  in  Portorico- 
f  1512  in  Spanien.  ' 

Dibbeln,  Legen  der  Samenkörner  in  regele 
massig  vertheilte  Löcher,  besonders  ange- 
wandt bei  Weizen,  Bohnen,  JCrbaen,  Mais. 
Rüben,  vortheilhaft  durch  vollkommene 
Ausnutzung  des  Bodens,  Samenersparniss 
und  kräftige  Ausbildung  der  Pflanzen.  Zur 
leichteren  Ausführung  sind  Dibbelmaschinen 
konstruirt  worden;  s.  Säemcuehinen» 

Dibdin  ,  CAaWe« ,  engl.  Komponist,  geb. 
1748  zu  Southampton,  Schauspieler  Jn  Lon- 
don; t  2ö.  Juli  1814.    Zahlr,  beliebte  Opem 


Dibrüobys  —  Dido. 


607 


und  kom.  Geaange  von  »cht  nationalem  Oe- 
prftffe,  auch  Dichter  (,Seemannslieder*). 

Dlbrichys  (gr.)f  Yersfuss,  aas  2  kurzen 
Silben  bestehend:  v  w. 

DicSarcUe.  (gr.) ,  Verfaasnngsform  ,  wo 
nach  Recht  und  Gesetz  regiert  wird. 

Dicasterinm  (gr.)>  Spruchkollegium,  Bich- 
terkollegium ,  welches  im  Auftrag  und  auf 
Ersuchen  anderer  Gerichte  oder  auch  von 
Priyatpersonen  rechtliche  Entscheidung  gibt, 
wie  die  früheren  Schöppenstüble. 

Dicephalinm  (IHoephalus ,  gr.),  Doppel- 
kopf, Missgeburt  mit  2  Köpfen. 

Dichogamie  (gr.)>  die  ungleichzeitige  Aus- 
bildung der  Geschlechtsorgane  beiden  Pflan- 
zen, androgynUeh ,  wenn  erst  die  Stanbge- 
fässe,  gynandritch,  wenn  erst  die  Pistille 
zur  Reife  gelangen. 

Dichotomie  (gr.),  Theiluug  der  Einheit  in 
2  Theile,  Jedes Tlieils  dann  wieder  in  2  etc.; 
in  der  Botanik  gabelartige  Theilung  der 
Aeste;  dieluitomiach,  gabelartig  getheilt;  in 
der  Astronomie  die  Mondphase,  wo  die 
Scheibe  gerade  zur  H&lfte  beleuchtet  ist. 

PIcliroismiis  (gr.),  die  Eigenscliaft  man- 
cher Krystalle,  in  der  Richtung  ihrer  Axe 
anders  gefärbt  zu  erscheinen,  als  recht- 
winkelig zu  derselben  (Turmalin,  Apatit, 
Rauchtopas  etc.).  Farbige,  optisch  zweiaxige 
Krystalle  zeigen  ein  äliuliches  Verlialten, 
nur  treten  bei  ihnen  meist  3  Farben  auf 
(TrickroXtmui ,  £leochroV$mus). 

PichroTty  s.  v.  a.  Corditril, 

Dichromatisch,  zweifarbig. 

Dichtigkeit  der  Körper«  das  Verhältniss 
ihres  Gewichtes  zu  ihrem  Volumen.  Die  D. 
eines  Körpers,  bezogen  auf  die  D.  des  Was- 
sers, gibt  das  specilische  Gewicht  (s.  d.). 

Dichtigkeitgmesser,  s.  SptdßAchesGevncht, 

Dickblatt,  s.  V.  a.  Sedum  Telephium  X. 

Dickdarm^  s.  Darm. 

Dickens  •  CharU%,  früher  Pseudonym  Boz, 
ber.  engl.  Humorist,  geb.  7.  Febr.  1812  zu 
Portsmouth,  begründete  seineu  Ruf  durch 
die  «Sketches  of  London'  (18S6)  u.  namentl. 
durch  die  ,Pickwick-papers'  (bestes  Werk, 
1837),  Hess  dann  eine  Reihe  anderer  Ro- 
mane (z.  B.  ,01iTer  Twist*,  ,Nichola8 
Nickelby'  und  ,Meister  Humphreya  Wand- 
uhr' etc.)  folgen,  besuchte  1812  die  Verein. 
Staateu,  gründete  1845  die  Zeitung  ,DaiIy 
news*,  sowie  1850  die  Zeitschrift  «House- 
hold words'  (seit  1860  mit  dem  Titel  ,A11 
the  year  round'),  hielt  1868  anfeiner  zweiten 
Reise  in  Nordamerika  vielbesuchte  Vor- 
lesungen aus  seinen  Werken ;  t  9«  Jnni  1870 
auf  seinem  Landgut  bei  London.  Spätere 
Romane ;  «Martin  Cliuzzlewit',  ,Dayid  Copper- 
field', ,Little  Doritt'  etc.  Von  seinen  zahlr. 
,  Weih  nach  tsbuchern'  ist  das  erste  ,A  christ- 
mas  carol'  das  beste.  Seine  Werke,  im 
Allgem.  durch  drastische  Komik,  launigen 
Spott  u.  mild  versölinenden  Humor  ausgea., 
wurden  wiederholt  ins  Deutscha  übersetzt. 

Dickgroschen ,  alte  böhm.  Münzen,  bis 
3Loth  schwer,  durch  die  Thaler  yerdrängt. 

Dickhäuter,  s.  Vidhufer, 

Dlckpfennige,  die  ersten  starken  Silber- 
münzen, die  seit  dem  13.  Jahrh*  nach  den 
Brakteaten  entstanden. 


DlekUuler  (Dicke  Tonne),  entstandan  aua 
Ducatou,  alter  span.  Thaler;   auch  franz. 

Diclytra,  s.  Didyira,  [Laubthaler. 

Dicta  (lat.),  Sprüche,  bes.  Bibelsprüche. 

DictamniM  L.  (Diptam),  Pflanzengattung 
der  Rutaceen.  D.  albus  L,  in  Mitteleuropa 
mit  sehr  gewürzhaftem  Gerucli  und  firüher 
ofBcineller  Wurzel  (weisse  Diptamwurzel, 
Specht-,  Eschen-,  Aschwnrzel). 

Dictando  (lat.),  in  die  Feder  sagend.  DikUU, 
das  nach  dem  Vortrag  Niedei-gesch  rieben«. 

Dicta  gponga  (lat.),  verlobte  Braut. 

Dictator  (lat.,  Magister  Populi),  in  der 
röm.  Republik  ausserordentliche,  in  Zeiten 
der  Noth  von  den  Konsuln  oder  vom  Senat 
längstens  auf  6  Monate  mit  der  höchsten 
Gewalt  bekleidete  Magistratsperson.  Der 
erste  D.  war  Titus  Lartius  (498  v.  Chr.), 
der  letzte  Marcus  Junius  Pera  (216).  Die 
Diktatur  Sullas  (82  v.  Chr.)  war  wie  die 
Jul.  Cäsars  (47,  45  und  44)  von  der  alten 
Diktatur  wesentlich  verschieden  und  nur 
Titel  für  die  unumsclir&nkte  Gewalt  beider 
Männer.  G^enwärtig  versteht  man  unter 
Diktatur  oder  diktatorUcher  Gewalt  hinsicht- 
lich ihrer  Befugnisse  ganz  oder  doch  sehr 
unumschränkte,  nicht  in  dem  regelmässigen 
Staatsrecht  beruhende,  über  den  verfassungs- 
mässigen Autoritäten  stehende  Gewalt.  Dih» 
latoriseh,  gebieterisch. 

Dictionariura  (lat.,  fr.  Dietiounaire,  engl. 
Dietionary),  Wörterbuch;  Dictionnaire  de 
poche,  Taschenwörterbuch. 

Didaktik  (gr.),  Unterrichtslehre,  Unter- 
richtswissenschaft. 

Didaktische  Poesie,  s.  Lehrgedicht. 

Didascalia  (gr.),  Einübung  u.  Aufführung 
eines  Theaterstücks,  bes.  aber  Verzeichniss 
der  aufgeführten  Dramen  mit  Angabe  der 
Verfasser,  der  Zeit  der  AufFührung  etc. 

Diderot  (spr.  -oh)  Denis,  franz.  Encyklopä- 
dlst,  geb.  5.  Okt.  1713  zu  Langres  (Champagne), 
erregte  zuerst  Aufsehen  durch  seine  ,Pen86es 
philosophiques'  (1746),  später  unter  dem  Titel 
,Etrennes  aux  esprits  forts'  wieder  abge- 
drucict',  gegen  die  christliche  Religion  ge- 
richtete Flugschrift,  auf  Bescfalnss  des  Par- 
laments vom  Scharfrichter  verbrannt,  e:ab 
mit  Eidou»  und  Touaeaini  ein  «Dictionnaire 
universelle  de  m^decine'  (1746,  6BdeO,  dann 
mit  Danbenton ,  Rousseau  ,  LMond ,  Marmon- 
tel,  d'Alembert  u.  A.  seit  1751  die  ber.  ,Ency- 
clop6dle'  heraus ,  sehr,  den  Roman  ,Le8 
bijoux  iudiäcrets*,  die  Lustspiele  ,Le  ftls 
naturol'  (1757)  u.  ,Le  pdro  de  famille'  (1758), 
beide  als  ,Th6atre  de  p.*  (1758;  deutsch  von 
Lessing  1781)  erschienen «  und  zahlr.  philos. 
ästhetische  Werke;  f  ^l-  Juli  1784.  Aus 
seinem  Nachlasse  erschienen:  ,Essai  sur  la 
pelnture'  (deutsch  von  Crnmer  1747,  2  Bde.) 
und  die  Romane  ,La  religieuse',  «Jacques 
le  fataliste  et  son  maitre*  und  «Rameaus 
Neffe'  (übers,  von  Goethe  1815).  Hanptver- 
breiter  des  die  Moral  auf  die  Anlagen  der 
Meuschenuatur  gründenden  Naturalismus. 
Werke  herausg.  von  Kaigron  (1798,  15  Bde. ; 
neueste  Ausg.  1821«  22  Bde.).  Vgl.  Roten- 
krans,  «Leben  und  Werke  D.s'«  1866,  2  Bde. 

Dido  (Elieea),  sagenhafte  Gründerin  von 
Karthago,  Tochter  eines  Königs  von  Tyms 


508 


Didoi  —  Dies. 


RameM  Afsw»  oder  Bein«,  desaen  Naeb* 
Iblger  PjKmalion,  der  B.  Bruder,  den  Gatten 
decMlben,  Acerbaa  (bei  Yirgll  Siebios),  er- 
mordete, entflob  mit  des  letstereu  Schäteen 
VBd  landete  an  der  Knote  Ton  Afrika  vnweit 
Utica,  wo  sie  eine  Borg  Byrsa  erbante,  an 
die  sieb  später  die  Stadt  Karthago  anschlosa. 
Sie  entaog  sich  den  Heiratbaantrigen  des 
nninid.  Königs  Hiarbas  dnrcb  freiwilligen 
Tod  anf  dem  Scbeiterbanfen.  Yii^l  liast  den 
Aeneas  an  D.  kommen  und  gibt  dessen  Un> 
treue  als  Ursache  ihres  Todes  an. 

Dldoty  frans.  Buchdrucker-  und  Bneb- 
händlerfamiiie,  deren  Ahnherr  Frumfoi*  D., 
geb.  1689  an  Paris,  f  ^  Not.  1757,  sein  Ge- 
schäft 1713  EU  Paris  gründete.  Sein  Sohn 
Franfoit  Ambroise  D, ,  geb.  1730,  f  10*  ^^'^ 
1804,  yerroUkommnete  die  Schriftschneide- 
und  Schrif^esseknnst,  auch  die  Buch- 
druckerpresse, sowie  dessen  Bruder  PUrrt 
Fraufoi*  D.,  geb.  1738 ,  f  7.  Dec  1795,  die 
Papierjabrikation.  Pierre  D,,  der  Aeltere, 
Sohn  von  Fran^  Ambroise  D.,  geb.  1760, 
t  31.  Bec.  1853;  veranstalteto  Prachtans- 
gaben klassischer  Schriftsteller.  Sein  Bru- 
der Firmin  D.,  geb.  1764,  f  84.  April  1836, 
erfand  ein  neues  Verfahren  des  Stereotyp- 
dnicks.  Henri  D.,  Sohn  Pierre  Fran^ois 
B.s,  geb.  17fö,  t  1^2*  ausgezeichneter 
Scliriftschneider,  Tervollkommuete  den  Let- 
temguss.  Sein  Bruder  D,  SaiiU-Liger,  Leiter 
der  Papierfabrik  an  Essonne,  erfand  das 
Papier  ohne  Ende.  Ambroiee  Firmin  D., 
Sohn  Firmin  B.s,  geb.  20.  Bec.  1790,  über- 
nahm mit  seinem  Bruder  Syacinthe  Firmin 
D.,  geb.  11.  Bfärx  1794,  das  Geschäft,  an 
welchem  auch  Paml  D.  und  Alfred  Firmin 
D.,  Söhne  von  Ambroise  und  Hyacinthe  B., 
Theilhaber  sind. 

Didym  (gr.),  ehem.  Element,  neben  Cer 
und  Lanthan  bes.  im  Cerit  von  Riddar- 
hyttan  in  Schweden,  bildet  rothe  n.  violette 
Sftize. 

Dldyna  (a.  G.),  jon.  Ort  Im  Gebiete  von 
Miletus;  ber.  Orakel  des  Apollo  (Didymäua). 

Die,  Stadt  im  frans.  Bepart.  Brftme,  an 
derDröme,  3762  Ew. ;  Bischofssits.  Mnskat- 
wein  (Clalrette  de  B.).  In  der  Nähe  der 
sogen,  unersteigliche  Berg  (eines  der  Wun- 
der der  Banphin^). 

Diebltsch-SabalkanskiJ,  Han*  Karl  Friedr . 
Ant.  von  Diebitach  und  Karden,  Graf,  russ. 
Feldliei-r,  geb.  13.  Mai  1785  zu  Grossleippe 
in  Schlesien,  trat  1801  in  russ.  Kriegs- 
dienste, machte  den  Feldzug  von  1805,  dann 
die  Schlachten  bei  Bresden,  Kulm  und 
Leipzig  mit,  ward  1828  Generaladjntant  des 
Kaisers  und  Chef  des  grossen  Generalstabs, 
im  türk.  Feldzage  von  1889  Oberbefehls- 
haber, überscliritt  den  Balkan  (daher  sein 
Beiname  S.)  und  ward  zum  Feldmarschall 
ernannt.  Nach  Ausbruch  der  poln.  Revo- 
lution zum  Oberbefehlshaber  über  die  mss. 
Armee  ernannt,  rückte  er  6.  Febr.  1831  in 
Polen  ein,  focht  mit  wenig  Erfolg;  f  10.  Juni 
1831  EU  KlecEowo  bei  Pnltusk  an  der  Cliolera. 
Vgl.   Belmont,  ,Graf  B.',  1830.      . 

Diebstahl  (furtum),  die  Aneignung  einer 
fremden  beweglichen  Sache  zum  Zwecke 
widerrechtlicher  Bereicherung,  zieht  Jetzt 


meist  «iafibclM,  oder,  wenn  dvreli  er- 
schwerende Umstände  ansgeBeichmet  (qnnü- 
ßcirt^  geschärfte  Freiheitsstrafe  naeh  sich. 

Dieburg,  Kreisst.  in  der  hesa.  Pror.  Stnr- 
kenbnrg,  mit  Burg  SloefaMi.  3618  Ew. 

Diedcahofn  (fr.  7%i<m9ine),  feste  Stadt 
in  Beutscb-Lothringen,  an  der  Bahn  lioxem- 
bnig-Mets,  7376  Ew.  Kapitolation  34.  Nor. 
1870,  nach  zweitägiger  Bescfaieasuni^. 

Wetttmbutkf  Johann  Friedriek ,  Gbimrg, 
geb.  1.  Febr.  1794  sa  Königsberg,  seit  1832 
Professor  der  operativen  Medidn  sn  Berlin ; 
fll.  Nov.  1847.  Ber.  dnrcb  seine  plastiachen 
Operationen.  Sehr.  ,Ueber  Transplantation 
thierischer  Stotfe*  (1888);  «Transfusion  des 
Blutes  und  Einspritzung  der  Arsnefen  in 
die  Adern*  (1888);  ,Gbinirg.  Erfahrongen* 
(1829-34,  4  Bde.);  ,Burchsebneidancf  der 
Sehnen  und  Muskeln*  (1841);  ,Ueber  das 
Schielen'  (1842):  .Operative  Chirargle'  (1S44 
bis  1849,  8  Bde.).  Seine  Vorträge  gab  Jfeier 
heraus  (1840).  Tgl.  über  D.  Hercnegg  (1830) 
und  BreuatM^r  (1841). 

DiegCali  (fr.),  in  der  Rhetorik  dio  voll- 
ständigo  Ersah  lung  einer  Sache  von  Anfang 
bis  zu  Ende;  diegeliech,  erzählend. 

Dfelytra  (nicht Bidylm)  Borckk.,  Pflansen- 
gattnng  der  Fumariaceen.  B.  spectabüis 
(Hangend  Herz)  ans  Sibirien  nnd  <3hina, 
Zierpflanze. 

Dienende  Brider,  in  Mönchsklöstern  die 
den  Laienbrüdern  gleichstehenden  I>iener 
der  Mönclie,  wie  dienende  Sehweatem  ,  Die- 
nerinnen der  Nonnen. 

Dienstag»  Name  des  8.Wochentag8,  elgentl. 
Dieatag,  d.  i.  der  dem  Zio,  dem  Kriegagott 
der  alten  Deutschen,  geweihte  Tag,  daher 
lat.  dies  Martis;  bei  den  Bayern  Erchtag 
oder  Ertag,  weil  dort  derKriegsgottEr  hiess. 

DiepenPTOek,  M^hior  Freiherr  von,  Fürst« 
bischof  von  Breslau,  geb.  6.  Jan.  1796  sn 
Bocholt  In  Westphalen,  focht  als  Landwebr- 
lieutenant  in  den  Freiheitskriegen,  empfing 
1823  die  Priesterweihe,  ward  Sekretär  des 
Bischofs  Salier,  1845  Fürstbischof  von  Breslau, 
1850  Kardinal;  f  ^-  J»n.  1858.  Sehr.  ,Gteist- 
licher  Blumeustrauss*  (4.  Aufl.  1868),  ,Hein- 
rich  Susos,  gen.  Amandos,  Leben  u.  Schriften* 
(2.  Aufl.  1837).  Biographie  von  Ftirtier  (1859). 

DiepholSy  Grafach.  in  der  prena».  Prov. 
Hannover,  zwischen  Oldenburg  und  West- 
phalen, 11,8  QM.,  Heide-  und  Moorlandsch. 
mit  bedeut.  Heidschnucken-  nnd  Bienen- 
zucht. Die  Hanptst.  B.,  an  der  Hunte,  8444  Ew. 

Dieppe  (spr.  Bi-ep),  befest.  Seestadt  im 
franz.  Bepart.  Niederseine,  am  Kanal, 
19,946  Ew. ;  Hafen,  malerisclies  Kastell  (Ka- 
serne), Seebäder,  ehedem  der  blühendste 
Seeplatz  Frankreichs.  9.  Bec.  1870  von  den 
Beutschen    (Mantenffel)  besetxt. 

Diendorf,  besuchtes  Mineralbad  imprenss. 
Regbz.  Breslau,  Kr.  NImptsch,  883  Ew. 

Dies  (lat.),  Tag,  bes.  Gerichtstag,  Termin. 
B.  ater,  schwarzer  Tag,  Unglückstag.  2>. 
canini  oder  eanievtares,  die  Hundstage.  B. 
cinerum,  Aschermittwoch.  B.  Jovia,  der 
Bonnerstag.  D.  luci»,  Tag  des  Lichts,  Ostern. 
B.  iMMac,  Montag.  B.  JtfartM,  Dienstag.  D. 
Merciirii,  Mittwocli.  B.  ncUalia,  Geburts- 
tag.   B.  Bancti,  heilige  Tage,  die  FastenBeit. 


Dies  irae,  dies  illa  —  Diffusion. 


509 


i>.  Saiumi,  Sonnabend.  D.  taxcnicu$,  säohs. 
Vrist.  D.  ßoiis»  Sonntag.  D,  »pirittu,  Tag 
des  (heiUgen)Geiste8,  Pfingsten.  D.  »uprema, 
der  jüngste  Tag.  D.  Veneri§,  Freitag.  D. 
viridium ,  GrUndounerstftg. 

Dies  irae,  dies  iila  (lat.,  d.  i.  der  Tag  des 
Zorns«  Jeuer  Tag),  uaoh  den  Anfang^worten 
benannter  lat.  Hymnus  auf  das  Weltgericht, 
verfasst  von  dem  Franciskaner  Thomas  von 
Celano  (j  um  1956),  schon  von  1385 inidreh- 
liohem  Gebrauch,  oft  ins  Deutsche  übers, 
(von  A.  W.  Sohlegel,  Folien,  Bunsen  etc.) 
und  von  Paleetrina,  Pergolese,'  Haydn, 
Cherubiui,  Mozart  (im  ,Requiem')  u.  And. 
fcomponirt.    Vgl.  Lisco,  ,D.  i.',  1840. 

DImIs  (fr.  diise,  Mus.),  das  £rhöhnngs- 
seichen  #.    Dietiren,  erhöhen. 

Dlesplter  (lat.),  des  Tages  Vater,  Beiname 
des  Jupiter. 

Dieterici,  Karl  Friedr.  Wilh.,  Statistiker 
und  National  Ökonom,  geb.  28.  Aug.  1790  zu 
Berlin,  ward  1881  geh.  Oberreglerungsrath, 
1834  zugleich  Prof.  der  Staatswissenschaften 
an  der  Universität  zu  Berlin,  1844  Direktor 
des  Statist.  Bureaus  das. ;  f  als  Mitglied  der 
berl.  Akademie  29.  Juli  1859.  Hauptwerke: 
,  Statist.  Uebersicht  der  wichtigsten  Gegen- 
st&nde  des  Verkehrs  und  Verbrauchs  im 
prenss.  Staat  und  im  deutschen  Zollverband* 
(1838;  Forts.  1-5,  1841-53);  ,Handb.  der 
Statistik  des  preuss.  Staats*  (1858  f.,  fortge- 
führt von  seinem  Sohn  Kaid  D,,  1861). 

Dieteris  (gr.),  Zeit  von  zwei  Jahren ;  di^i- 
terisch,  zweijährig. 

Diether^  Name  zweier  Personen  der  deut- 
schen Heldensage :  D.  der  ältere,  Sohn  Ame- 
Inngs  und  Vater  der  Härtungen,  D.  der 
jüngere,  Bruder  Dietrichs  von  Bern. 

Dietmar  (Thietmar),  Chronist,  geb.  25. 
Juli  976  zu  Hildesheim,  Sohn  des  Grafen 
Siegfried  von  Wallbeck,  seit  1009  Bischof 
von  Merseburg;  f  1«  Dec.  1019.  Sein  ,Ghroni- 
eon*  von  908  —  1018  Hauptquelle  fttr  die 
Geschichte  der  slav.  Länder  Jenseits  der 
Elbe,  herausg.  von  Lappenberg  in  Pertz 
,Monumenta  Germanlae  historiea*  (Bd.  8, 
1899),  deutsch  von  Lccurent  (1848). 

Dietmar  tob  Aitt,  Minnesänger,  Oester- 
reicher,  um  1143—71;  seine  Lieder  (in  der 
manessischen  Handschrift)  derb  sinnlich. 

Dietz,  Kreisst.  im  preuss.  Regbz.  Wies- 
baden, an  der  Lahn,  8689  Ew.  Vor  Karl  d.  Gr. 
790  (Theodissa)  gegr.  Die  Grc^seh.  D.  fiel 
1388  an  die  Linie  des  Hauses  Nassau  (Neusau- 
D.),  welche  den  niederländ.  Thron  inne  hat. 

Dien  et  mon  droit  (fr.),  Gott  und  mein 
Recht  (engl.  Wahlspruch). 

Dies,  1)  Friedr.  Otristian,  Begrfinder  der 
roman.  Philologie,  g^eb.  15.  März  1794  zu 
Qiessen,  seit  1830  Prof.  zu  Bonn.  Haupt* 
werke:  ,IHe  Poesie  der  Troubadours*  (1896; 
franz.  ronBoiiin  1845)  und  ,Leben  und  Werke 
der  Troubadours*  (1829);  ,Grammattk  der 
roman.  Sprachen*  (neue  Bearbeltungl850-  60, 
3  Bde.);  ,Etvmolog.  Wörterbuch  der  roman. 
Sprachen'  (3.  Aufl.  1869  f.);  ,Ueber  die  erste 
portug.  Kunst  und  Hofpoesie*  (1863)  u.  a.  — 
8)  Feodor,  Historien-  und  Schlachtenmaler, 
geb.  29.  Mai  1813  zu  Neunstetten  bei  Kraut- 
heim in  Baden,  in  München  geb|ldet|.  später 


auch  daselbst  ansässig,  seit  1860  Hofmaler 
und  Prof.  an  der  Kunstschule  zu  Karlsruhe, 
begleitete  1870  die  bad.  Truppen  auf  dem 
franz.  Feldzuge;  f  1^-  I>ec.  1870  auf  der 
Helmreise  zu  Gray  belDijon.  Hauptwerke: 
Zerstörung  Heidelbergs  durch  Melac;  eine 
lustige  Schlacht  (Sieg  bei  Rossbach) ;  Blüchers 
Uebergang  über  den  Rhein  bei  Kaub ;  Blücher 
nach  der  Schlacht  von  La  Rothidre  auf  dem 
Marsch  nach  Paris  n.  a. 

DlSzengmenon  (gr.),  das  Getrennte,  rhetor. 
Figur,  wobei  bei  mehreren  auf  einander 
folgenden  Sätzen  ^eder  einzelne  Satz  ein 
eigenthümliehes  Zeitwort  erhält. 

Diezmami,  Joh.  Aug,,  Schriftsteller,  geb. 
1805  in  Gatzen  bei  Pegau,  lebte  in  Leipzig, 
seit  1834  Redakteur  der  ,Allgem.  Moden- 
zeitung* ;  t  25.  Juli  1869.  Sehr.  ,Nachtseiten 
der  Gesellschaft*  (1844-46. 18  Bde.);  ,Goethe 
u.  die  lustige  Zeit  in  Weimar*  (1857);  ,Goethe- 
Schiller-Museum*  (1858);  ,Qoethes  Liebschaf- 
ten* (1868) ;  die  Romane  ,LeichteB  Blut*  (1864) 
und  ,FrauenschuId  (1866)  u.  a.  Auch  ge- 
wandter und  thätiger  Uebersetzer. 

Dlffamttloii  (lat.),  Verbreitung  einer  üblen 
Nachrede  gegen  Jemanden,  insbes.  die  An- 
dern gegenüber  ausgesprochene  BerUhmung, 
an  einen  Dritten  eine  Forderung  zu  haben, 
auf  welche  hin  letzterer  (Diffamat)  berech- 
tigt ist,  den  sich  Berühmenden  (Diffamanten) 
zur  Aufstellung  einer  Klage  (Diffamati(ms' 
VLag«)  gerichtlich  zu  veranlassen. 

DitTerentialBSile.  s.  2SoU. 

DlfTerems  (lat.),  Unterschied,  in  der  Mathe- 
matik diejenige  Grösse,  welche  man  durch 
Subtraktion  zweier  gleichartigen  Grössen 
erliält.  Zieht  man  in  einer  Reihe  von  Zahlen 
immer  2  auf  einander  »folgende  von  einan- 
der ab,  so  erhält  man  eine  neue  Reihe; 
ßiffereruenreihe ,  aus  der  sich  dann  auf  die- 
selbe Weise  eine  andere,  aus  dieser  eine 
dritte  etc.  ableiten  lässt. 

DifferenEgeMliaft  •  Kauf  auf  Lieferung, 
wobei  lediglich  die  DilTerenz  gezahlt  wird, 
welche  zwischen  dem  dermaligen  und  dem 
zu  einem  gewissen  späteren  Termine  gelten- 
den Preise  sich  ergeben  wird,  eigentl.  blosse 
Wette  n.  nicht  klagbar,  auch  verboten,  aber 
vom  Gesetze  schwer  erreichbar.  [sein. 

Differlren  (iat.),  abweichen,  verschieden 

DifTession  (lat.).  Ableugnung,  im  Rechts- 
wesen Handlung,  wodurch  Jemand  eine 
gegen  ihn  gebrauchte  Privaturkunde  als 
ihn  nicht  berührend  erklärt;  Diffeeaionseid, 
Abschwörung  einer  Urininde  dem  Inhalte 
und  der  Unterschrift  nach. 

Diiflcil  Oa^)>  schwierig;  eigensinnig,  pein« 
lieh.    Difßktdiät,  Schwierigkeit. 

Diindatlon  Hat.),  Herausforderung,  Absage- 
oder Fehdebrief.  [Argwohn. 

Diflridiren    (lat.),   misstrauen.     DWidenz, 

Diinndlreii  (lat.),  zerspalten;  im  Bechts- 
weseu  eine  Verhandlung  unterbrechen  und 
verschieben.  [Miswestaltong. 

Difform  (lat.),  missgestaltet.    Difformitdi, 

Diffnslon  (lat.),  die  gegenseitige  Durch- 
dringung von  Gasen  und  Flüssigkeiten  ohne 
chemische  Veränderuug  derselben.  Bringt 
man  2  Gase,  die  nicht  chemisch  auf  einander 
wirken ,  in  denselben  Baum «  oder  yerbindet 


510 


l)igai*tsclii  *-  Dilolo-See. 


mau  S  Ränme  mit  Terschiedenen  Gasen 
durch  eine  Oeffnnug  oder  poröse  Wand,  so 
verbreiten  sich  die  Gase  ganz  gleichmässig. 
Bei  der  D.  der  Flüssigkeiten  ist  nicht  die 
Dichtigkeit,  sondern  die  Natur  der  Körper 
massgebend.    Vgl.  End<mno»e. 

BigArtMkl  (Dschigatsi),  feste  Stadt  im 
südl.  Tübet,  am  Yarn  -  Dsangbo ,  80,000  Ew. 

Dlferjbren  (lat.)i  eine  feste  Substans  bei 
massiger  Wärme  mit  einer  Flüssigkeit  be- 
handeln,um  sie  xn  erweichen,  oder  extrahiren. 

Difesten  (lat.),  a.  v.  a.  Pandekten. 

Digestion  (lat«),  der  JProzess  dos  Dige- 
rirens ;  in  der  Mediein  s.  y.  a.  Verdauung. 

DigestiTE  (lat.,  remedia  d.,  Dige^ivmittel), 
Verdauung  befördernde  Mittel,  entweder 
durch  Abstumpfung  übermässiger  Magen- 
säure  wirkend  (Salze,  besonders  doppelt- 
kohlensaures Natron,  Magnesia)  oder  durch 
Reizung  vermehrte  Absonderung  des  Darm- 
saftes bewirkend  (bittere  Mittel ,  Gewürze), 
endlicli  einige  leicht  abführende  Salze  (Koch- 
salz, Glaubersalz,  daher  Verwendung  des 
marienbader,  karlsbader  Wassers).  DiffestiV' 
aalbe,  terpentinhaltig ,  leicht  reizend  zur  An- 
regung der  Wundentaündting. 

Digestivsalz,  s.  v.  a.  Chlorkalium. 

Digestor,  papinianischer  Topf. 

Diggen(engl.,  d.i. Gräber),  Bezeichnung 
der  Goldgräber  in  Kalifornien. 

Digitalin,  Alkaloi'd  der  Digitalisarten, 
weiss,  schwer  krystallisirbar,  geruchlos,  bit- 
ter, kaum  in  Wasser,  leicht  in  Alkohol  löslich, 
in  Schwefelsäure  braunschwarz,  dann  roth 
Q.  nach  Zusatz  von  Wasser  gi'ün,  sehr  giftig. 

Digitaiig  L^  (Fingerhut),  Pfianzengattung 
der  Scrophularineen.  D.  purpurea  L.,  ge- 
meiner F.,  in  Europa,  Blätter  officinell,  sehr 
giftig ,  enthalten  Digitalin.  So  auch  andere 
Arten,  wie  D.  grandiflora  Lam.,  D.  lutea  L, 
und  parviflora  Lam.  in  Mittel-  u.  Südeuropa. 
Zierpflanzen. 

Digitatus  (lat.),  gefingert,  bes.  von  Blättern 
mit  6  oder  mehr  Blättcheu  am  Ende  des 
Blattstiels. 

Digiiand  (lat.),  die  Grundzahl  einer  Potenz. 

Digne  (spr.  Dinj),  Hauptst.  des  franz. 
Depart.  Niederalpen,  anderB16one,  7002  Ew. 

Dignitat  (lat.),  die  mit  einem  Amte  oder 
einer  Ehrenstelle  verbundene  Auszeichnung. 

Digiiitare  (l^'^O»  Würdenträger,  insbes. 
die  Inhaber  von  angeselienen  Hof-  und 
Kirchen  würden  (Dignitäten). 

Digresslon,  Abschweifung;  in  der  Astro- 
nomie s.  V.  a.  Ausweichung,  Elongation. 

Digyniscli  (gr.) ,  zweiweibig,  mit  2  Stem- 
peln (Griffeln  oder  Narben). 

Dii  majoram  gentinm  (lat.),  die  höheren 
Götter;  Vornehmere,  im  Gegensatz  zu  Dii 
minorum  gentium,  die  unteren  Götter,  Ge- 
ringere. l)ii$  manibU8  sacrum,  gewölinlich 
abbr.  D.  M.  S.,  auf  Todtendenkmälern:  ver- 
klärten Seelen  gewidmet. 

Dljon  (spr.  -schong),  Hauptst.  des  franz. 
Depart.  Göted'Or,  am  Zusammenflüsse  der 
Ouche  u.  des  Suzon,  39,193  Ew.  Akademie, 
Industrie  und  Handel.  Zur  Römerzeit  Dibio, 
ein  fester  Platz ;  im  Mittelalter  die  blühende 
Hauptst.  von  Burgund.  31.  Okt.  1870  von 
den  Deutschen   besetzt,    dann   wieder  ge- 


räumt; Hauptquartier  Garibaldis.  21.  Jaü. 
1871  in  der  Nähe  heftige  Gefechte  mit  den 
Garibaldianem;  1.  Febr.  abermalige  Be- 
setzung der  Stadt  durch  die  Deutschen. 

DiJudiciren  (lat.),  urtheileu,  entscheiden. 

Dike  (gr.),  Göttin  der  Gerechtigkeit,  Toch- 
ter des  Zeus  und  der  Themis,  Personifi- 
kation des  Begriffs  der  im  Gerichtshöfe  wal- 
tenden Gerechtigkeit. 

DiklinifMsli  (gr.),  zwelbettig,  von  Pflanxen, 
bei  denen  Staubgefässe  und  Stempel  auf 
verschiedenen  Blüthen  befindlich  sind,  wie 
in  der  21.  und  22.  Klasse  des  linn.  Sjstems. 

Dikotyledenen,  zweisamenlappige  Pflan- 
zen, Gewächse,  deren  Keim  mit  2  oder 
mehreren  (Kiefer,  Fichte) Samenlappen  (Ko- 
tyledonen) versehen  ist.  Zeichnen  sich  be- 
sonders durch  ihren  Habitus,  durch  den  Bau 
des  Stengels  und  die  Nervatur  der  Blätter 
vor  den  Monokotyledouen  aus. 

Dllaeeration  (lat.),  gewaltsame  Verletzung 
der  Weichtheile  des  Körpers  durch  ein 
stumpfes  Instrument. 

Dllaleai  (gr.),  Doppelsprecher,  Bauch- 
redner.   Dilalie,  Bauchredeknnst. 

Dilatabel  (lat.),  ausdehnbar.  Dilatabilität, 
Ausdtthnbarkelt.  Dilatation ,  Erweiterung, 
bes.  einer  Wunde,  eines  Kanals  durch  ein 
besonderes  Instrument,  Dilatätor  oder  Dila- 
tatorium.  Dilatatores,  die  Muskeln,  welche 
die  Erweiterung   einer  Höhlung   bewirken. 

Dilation  (lat.),  Aufschub,  im  Rechts  wesen 
sowohl  die  zu  einer  Rechtshandlnngg^ewährte 
Frist,  als  die  Verlängerung  einer  gewährten 
Frist.  Dilatorische  Ladung,  Vorladung,  deren 
Versäumniss  nur  zu  Erstattung  der  Kosten 
derselben  und  des  angesetzten  Termins  ver- 
pflichtet.     Gegensatz  peremtorische  Jjodung. 

Dilemma  (gr.),  Schlnssart,  bei  welcher  der 
Obersatz  ein  hypothetisches  VordergHed  u. 
ein  disjunktives  Hinterglied  hat,  im  Unter- 
satz aber  die  in  dieser  Disjunktion  enthal- 
tenen- Fälle  oder  Folgen  und  damit  auch 
im  Sclilusssatze  das  Vorderglied  oder  die 
Voraussetzung  aufgehoben  werden ;  als  ver- 
fänglich auch  gehörnter  Schluss  (Syllogis- 
mus cornutus)  genannt  und  ssu  Sophismen 
missbraucht;  im  gewöhnl.  I«oben  n.  v.  a. 
Klemme,  unangenehme  Wahl. 

Dilettant  (v.  ital.  düettare,  lieben),  Lieb- 
haber einer  Kunst  oder  Wissenschaft,  der 
dieselbe  aber  nicht  berufsmässig  treibt.  Di- 
lettantivmu$ ,  Kunstliebhaberei,  der  Meister- 
und  Kennerschaft  en^egengesetst. 

Diligence  (f^. ,  spr.  -lischangs) ,  schnelle 
Beförderung,  Name  derPersonenpostvTH^n. 

Dill  9  s.  Anethum. 

Dillenbai^,  Kreisst.  im  prenss.  Regbz. 
Wiesbaden,  an  der  Dill  (Nebenfl.  der  LAhn), 
3033  Ew.,  Bergschule. 

Diilingen,  Stadt  im  bayer.  Regbz.  Schwa- 
ben,    an    der    Donau,    mit    Donanbrucke, 
5192  Ew.;   ehedem   Residenz    der    Bischöfe 
von  Augsburg;  die  Universität  (1554   gegr. 
Hauptsitz  der  Jesuiten)  1809  anfi^ehoben.    ' 

Dilogie  (gr.),  Zweideutigkeit,  Doppelsinn; 
als  rhetor.  Figur  s.  v.  a.  Antanaklasis. 

Dilolo-See,  See  im  Innern  Sijdafrikaa  im 
Gebiet  des  Zambesi,  4450'  üb.  M. ,  von*Li- 
vingstone  besucht. 


I)ilucida  intervalla  —  Bio  Cassius. 


511 


Dilaeida  interralla  (lat.)>  die  lichten,  ver- 
nUnftigen  Augenblicke  eines  Wahnsinnigen. 

Dilucldation  (iat.),  Erläuterung,  Aufkla- 

DUudiuni  (Iflt),  Zwischenspiel.        [rung. 

Bilueiitla  (Iat),  blutverdünnende  Mittel, 
reine  oder  Mineralwässer,  bes.  kochsalz- 
haltige. 

Dilation  (Iat.),  Verdünnung,  Auflösung. 

DÜHTium  (Iat.)»  pleistocäne,  quarter näre 
Bildung,  das  alte  Schwemmland,  ruht  auf 
den  jüngsten  Tertiärschichten  und  unter 
dem  AUurinin,  besteht  aus  Lehm  und  Let- 
ten, Löss,  Sand,  Gerolle,  mit  den  erratischen 
Blöcken,  jüngerem  Süss  wasserkalk  u.  Bohn- 
erzlagem ;  enthält  Reste  meist  ausgestorbe* 
her  grosser  Landsäugethiere ,  zum  Theil  in 
Höhlen  abgelagert,  auch  Menschenreste. 
Der  Name  D.  entspricht  der  Annahme,  dass 
diese  Ablagerungen  durch  eine  grosse  Uebor- 
Bchwemmuug  der  festen  Erde  gebildet  seien. 

Dlme  (spr.  Deim),  nordamerikau.  Silber- 
münze,  =  Vio  Doli.  =  4  Sgr.  St/w  Pf. 

Dimension  (Iat.),  Abmessung,  die  Richtung 
der  Ausdehnung  einer  geometrischen  oder 
llaumgrösse.  Die  Linie  hat  nur  eine  D.,  die 
Länge;  die  Fläche  2,  Länge  und  Breite ;  der 
Körper  3,  Länge,  Breite  und  Höhe. 

Duneter  (gr.),  Vers  von  2  Takten  (Men- 

Dimidium  (Iat.),  die  Hälfte.  [suren). 

Diniinnendo(abbr.dt'm.,  Mus.),  abnehmend. 

DiminntiTom  (richtiger  Deminutivum,  Iat.), 
Woi*t,  dessen  Grundbegriff  durch  eine  for- 
melle Veränderung  in  der  Weise  modificirt 
ist,  dass  es  etwas  Geringeres,  auch  Veräclit- 
liches  bezeichnet,  am  gewöhnlichsten  bei 
Hauptwörtern,  durch  die  Silben  chen  und 
lein  bezeiclmet,  seltener  bei  Zeltwörtern 
(z.  B.  lächeln,  spötteln).  [düng. 

Dimlssion  (Iat.).  Entlassung,  Verabschie- 

Dimissoriile  (Iat.),  Entlassungs-  oder  Er- 
laubnissschein,  insbes.  die  einem  Braut- 
paare schriftl.  ausgestellte  Erlaubniss,  sich 
an  einem  anderen  Orte  als  dem  gesetzlichen 
trauen  zu  lassen;  im  Rechtswesen  (dimis$o- 
rialei,  näml.  litterae)  der  Bericht  des  Un- 
terrichters an  den  Oberrichter  über  einge- 
wandte Appellation.  [den. 

Dimittlren  (Iat.),  entlassen,  verabschie-, 

Dimity  (  Wallis),  dichte  geköperte  Baum- 
wollengewebe, glatt,  gerippt  oder  gestreift; 
dient  zu  Unter-  und  Neglig^kleidern. 

Dimorphie  (Dimorphitmu»,  gr.),  Doppel- 
gostalt ,  Fälligkeit  gewisser  Substanzen ,  in 
zwei  nicht  aufeinander  zurückfuhrbaren 
Krystallformen  aufzutreten  (Kohlenstoff  als 
Diamant  und  Graphit,'  kohlensaurer  Kalk 
als  Kalkspath  und  Aragonit). 

Dinan  (spr.  -nang),  Stadt  im  flranz.  Depart. 
Cötes  du  Nord,  am  Ende  des  Ill-Rancekanals, 
8510  Ew.  Altes  Schloss  der  Herzöge  Ton 
Bretagne.    Mineral-  und  Seebad. 

Dlnant  (spr.  -nang),  alte,  ehemals  bedent. 
Handelsstadt  in  der  belg.  Prov.Namur,  an  der 
Maas,  6428  Ew.,  goth.  Kathedrale,  Citadelle. 

Diner  (fr.,  spr.  -neh),  die  Hauptmahlzelt 
des  Tags;  auch  .Mittagsgastmahl;  dinirtn, 
KU  Mittag  speisen. 

Dinero,  Silbermünze  in  Peru,  s  10  Cent 
oder  >/io  Peso  =  Vs  Frc. 

Piny  (niederdeutfch  Thing),  Tormals  und 


noch  jetzt  in  SkandlnaTlen  tibd  hier  und  da 
in  Deutsciiland  s.  t.  a.  Volksversammlung, 
insbes.  Gerichtsversammlung,  häufig  in  Zu' 
sammeusetzungen  vorkommend,  z.  B.  Lands- 
ding, Folketbing,  Storthing  etc. 

DIngelstedt,  Franz  (von).  Dichter  nnd 
Schiiftsteller,  geb.  30.  Juni  1814  zu  Halsdorf 
bei  Marburg,  bis  1841  Gymnasiallehrer  zu 
Fulda,  ward  1843  Bibliothekar  und  Vorleser 
beim  Köui^  von  Würtemberg,  1850  Intendant 
des  Hoftheaters  zu  München,  1857  General- 
intendant des  Hoftheaters  u.  der  Hofkapelle 
zu  Weimar,  1867  artist.  Direktor  des  Hof- 
opemtheaters  zu  Wien,  1871  Direktor  des 
Burgtheaters  das.,  vom  König  von  Bayern 
geadelt.  Hauptwerke:  ,Lieder  eines  kos- 
mopolit.  Nachtwächters*  (1840);  ,Gedichte' 
(2.  Aufl.  1858):  ,Nacht  und  Morgen.  Neue 
Zeitgedichte'  (1851) ;  ,Heptameron'  (Novellen, 
1841,  2  Bde.);  ,Unter  der  Erde'  (Novelle, 
1840);  ,Novellenbnch'  (1850);  ,Die  Amazone' 
(Roman,  1868);  ,Das  Haus  des  Barueveldt* 
^Trauerspiel) ;  .Studien  und  Kopien  nach 
Shakespeare'  (1857)  u.  a.;  lieferte  eine  ge- 
schickte Bühneubearbeitung  der  shake- 
speareschen  Historien  (1867),  sowie  Ueber- 
setznngen  mehrerer  Stücke  Shakespeares. 

Dingler,  Johann  Gottfried,  Technolog,  geb. 
2.  Jan.  1776  in  Zweibrücken ,  gründete  1806 
in  Augsburg  eine  chemische  Fabrik  und 
erwarb  sich  grosse  Verdienste  um  Färberei 
und  Zeugdrnck ;  f  ^'  ^^i  1855.  Begründete 
1820  das  ,Foly technische  Journal',  in  dessen 
Redaktion  1841  sein  Sohn  Emil  D.  eintrat. 

Dingo,  neuholländischer  Hund. 

DinJ^el,  s.  Spelz, 

Dinlcel8biilil ,  Stadt  im  bayer.  Regbz. 
Mittelfrankon ,  an  der  Wömitz,  5192  Ew.; 
ehedem  freie  Reichsstadt. 

Dinotlierinm  giganteum  Kaup,  Dick- 
häuter der  mittleren  Tertiärzeit  mit  Stoss- 
zähnen  und  Rüssel.  Der  Schädel  von 
Eppelsheim  ist  3Vs'  1.  Hauptftindorte  Eppels- 
heim,  wiener  Becken,  Touraine.  D.  indicum 
von  der  Perimiusel  im  Busen  von  Gambay. 

Dinte,  Schreibdinte.  Schwarze:  Gall- 
äpfeldinte  aus  Galläpfeln  und  Elsenvitriol, 
enthält  gerbsaures  Eisenoxydnl,  welches 
sich  allmäh lig  in  gallussaures  Eisenoxydul- 
oxyd (schwarzer  Bodensatz)  verwandelt. 
Altzdrindinte  enthält  gerbsaures  Eisenoxydul 
und  Indigolösung  nebst  Krapp.  Kopirdinie 
muss  sehr  koncentrirt  sein  und  enthält 
Honig  oder  Glycerin.  Rothe  D.n  sind  meist 
ammoniakalische  Karminlösungen,  Haue  am 
besten  Lösungen  von  löslichem  Berliner- 
blau. Sympathetiiche  D.n  sind  meist  farb- 
lose Metallsalzlösnngen ,  deren  Schriftzüge 
beim  Erwärmen  (Kobalt)  oder  durch  Schwe- 
felwasserstoif  geförbt  hervortreten.  Die 
lithographitchen  und  autographischen  D.n  sind 
fettige  Mischungen.  D.  zum  Zeichnen  der 
Wäsche  ist  am  besten  HöllonsteinlÖsuug,  mit 
welcher  auf  dem  mit  Soda  getränkten  und 
getrockneten  Gewebe  geschrieben  wird. 

DintenfiMh,  s.  Sepia. 

Dio  Cassius,  eigentl.  Cauius  Dio,  griech. 
Geschichtschroiber,  geb.  um  155  n.  Chr.  zu 
Nicäa  in  Bithynlen,  221  Konsul,  229  aus 
Rom  Torwiesen;  sehr,  die  Goschichte  Roms 


512 


Diocietianus  —  Diorama. 


von  dessen  GrQndang  bis  289  u.  Chr.  In 
180  Büchern,  nnvollstandlg  erhalten.  Her- 
auBg.  Ton  Bdtker  (1849,  2  Bde.),  L.  Dindorf 
(186S-fö,  5 Bde.);  deutsch  von  LorentM  (1826, 
4  Bde.)  und  Ta/a  (1831—44,  16  Bde.). 

DioCletlaiinS)  Caju$  Aurelius  Vtderius, 
mit  dem  Beinamen  Jovius,  röm.  Kaiser, 
geb.  aus  Dalmatien,  ward  28.  Ang.  284  zu 
Ghalcedon  vom  Heere  Enm  Kaiser  ansgerofen, 
tfaeilte  das  Reich ,  so  dass  Maximian  Afrika 
and  Italien,  Constantius  Chlorus  Spanien, 
Gallien  nnd  Britannien,  Galerius  Illyrien, 
Thracien,  Macedonien  nnd  Griechenland,  D. 
den  Orient  erhielt,  erweiterte  297  im  Frieden 
mit  dem  Perserkönig  Narses  die  Grenzen  des 
Beichs  über  den  Tigris  hinaus,  dankte  mit 
Maximian  1.  Mai  SC^  ab,  lebte  seitdem  bei 
Salonä  in  Dalmatien ;  f  das.  313.  Völlige  Be- 
seitigung der  republikan.  Formen,  Einfoh- 
mng  oriental.  Ceremoniels;  Christenverfol- 
gnng  903.    Vgl.  Vogel,  ,Der  Kaiser  D.*,  1857. 

Diodöru,  griech.  Geschichtschreiber,  Ton 
Sicilien,  daher  Siculus  genannt,  sclirleb  ein 
Geschichtswerk,  betitelt  .Historische  Biblio- 
thek', in  40  Bachern,  die  Geschichte  fast 
aller  damals  bekannten  Völker  bis  60  v.  Chr. 
enthaltend,  unvollst.  erhalten.  Herausg.  von 
X.ZWn<lor/(1867-€8, 5Bde.),  Bekker  (1853-54, 
4  Bde.),  deutsch  von  Wurm  (1826,  14  Bde.). 

DiScese  (gr.),  bei  Konstantins  d.  Gr.  £in- 
theilung  des  röm.  Reichs  Bezeichnung  der 
Haupttheile  desselben,  die  wieder  in  Pro« 
▼inzen  zerfielen  ;  Jetzt  Jnrisdiktionsbezirk 
eines  Bischofs;  bei  den  Protestanten  die 
Gesammtheit  der  unter  der  Aufsicht  eines 
Superintendenten  oder  Dekans  stehenden 
Pfarrelen.  JH^esan,  Jedes  zu  einer  D.  ge- 
hörige Glied  einer  Kirche. 

Diogenes  (D.  von  Sinope),  her.  griech. 
Philosoph,  der  cynischen  Schule  angehörend, 
geb.  414  V.  Chr.,  Schüler  des  Antlsthenes 
zu  Athen,  suchte  den  Grundsatz,  dass  es 
göttlich  sei,  nichts  zu  bedürfen,  praktisch 
durchzuführen,  ward  von  Seeräubern  ge- 
fangen und  als  Sklave  nach  Korinth  ver- 
kauft, lebte  hier  und  in  Athen;  f  824. 
Gegenstand  zahlreicher,  zum  Theil  wohl 
erdichteter  Anekdoten.  —  2)  D.  von  Laerte 
(LaSrtius),  griech.  Schrifteteller  in  der 
ersten  Hälfte  des  3.  Jahrh.  n.  Chr.,  sehr. 
,De  vitis,  dogmatibus  et  apophthegmatibus 
clarorum  virorum*  in  10  Büchern,  für  die 
Gesch.  der  Philosophie  wichtig.  Herausg. 
von  Co&«f  (1850),  deutsch  v.  Snell  (1806,2  Bde.). 

Diomedes,  Sohn  des  Tydeus  und  der 
Dei'pyle,  König  von  Argos,  zog  mit  den 
Epigonen  gegen  Theben,  verwundete  vor 
Troja  den  Ares  nnd  die  Aphrodite,  wandte 
sich,  nach  seiner  Rückkehr  von  seiner  treu- 
losen Gattin  Aegialea  verwiesen,  nach  Apu- 
lien,  wo  er  des  Königs  DaunusTochterEuippe 
heirathete  und  mehrere  Städte  gründete. 

DlonSa  L.  (FUegen/aUe),  Pflanzengattung 
der  Droseraceen.  D.  mnscipula  L.  in  Süm- 
pfen Carolinas,  mit  reizbaren  Blättern,  die 
sich  bei  Berührung  durch  ein  Insekt  über 
diesem  schliessen,  bis  die  Reizung  aufliört. 

IHonjrsfa  (gr.).  Feste  des  Bacchus  (Dio- 
nysos) in  Griechenland,  bes.  in  Athen. 

JOIonysivs^  zwei  TyraB^en  von  S^rakns. 


D.  der  Aeltere  schwang  sieh  aus  niederem 
Staude  zom  Feldherm  und  am  406  v.  Chr. 
zum  Tyrannen  von  Syrakus  empor,  kämpfte 
glucklich  gegen  die  Karthager,  eroberte  S87 
Rhegium ;  t  ^67  auf  Anstiften  seines  Sohnes 
vergiftet.  Unmenschlich  grausamer,  aber 
kluger  und  unermüdlich  thätiger  Herrscher. 
D.  der  Jüngere ,  Sohn  und  Kachfolser  des 
Vor.,  ward  von  Dion  367  aus  Syrakus 
vertrieben,  floh  nach  Lokri,  nabm  346 
Syrakus  wieder  in  Besitz,  musste  sich  343 
an  die  Korinther  unter  Timoleon  ergeben ; 
f  vergessen  in  Korinth. 

Dionyslns,  1)  D.  von  Hcdikamaea  in  Karien, 
griech.  Rhetor,  kam  um  30  v.  Chr.  nach 
Rom,  sehr,  eine  ,röm.  Archäologie*  in  20 
Büchern  (enthaltend  die  Geschichte  Roms 
bis  zum  1.  pun.  Krieg),  wovon  die  9  ersten 
Bücher  vollständig,  von  den  übrigen  nur 
Fragmente  erhalten  sind.  Herausg.  v.  'Kietg- 
ling  (1860—70,  4  Bde.);  deutsch  yonSeÜMÜer 
(1827,  4  Bde.).  —  2)  D.  AreopagUa,  so  genannt 
als  Beisitzer  des  Aroopags  zu  Athen,  ward 
vom  Apostel  Paulus  zum  Christenthum  be- 
kehrt nnd  soll  als  erster  Bischof  von  Athen 
den  Märtyrertod  erlitten  haben.  Die  Ihm 
zugeschriebenen  Schriften  (herausgeg.  von 
Oorderiu»  (1854 ;  deutsch  von  EngelhareU  1823, 
2  Bde.)  verherrlichen  die  kathol.  Hierarchie. 
Durch  die  Fiktion  des  Abts  Hilduin  wurde 
eiuD.,  der  im  3.  Jahrh.  die  christl.  Gemeinde 
in  Paris  stiftete,  mit  D.  A.  identificirt,  um 
einen  unmittelbaren  Schüler  der  Apostel  xura 
Schutzheiligen  zu  gewinnen.  —  3)  D.  Exigutu, 
d.i.  der  Kleine,  Scythe,  um  530  n.Chr.  Abt 
zu  Rom;  f  ^"^  ^^'  Soino  Samminns  der 
sogen,  apostel.  Kacones,  Koncilionbeschlüssa 
und  amtlichen  Briefe  röm.  Bischöfe,  betitelt 
,Dekretalen',  gelangte  zu  grossem  Ansehen. 

Dionysos,  s.  v.  a.  Bacchus. 

Diopsid,  s.  Augit. 

Dioptas,  Mineral  aus  der  Klasse  der 
wasserhaltigen  Metallolithe,  prachtvoll  sma- 
ragdgrün, besteht  aus  kieselsaurem  Kupfer- 
oxyd, findet  sich  in  Sibirien,  am  Altyn- 
TJube  sndl.  von  Omsk. 

Diopter,  Instrument  zum  Visiren,  besteht 
aus  einem  Lineal  mit  einer  senkrechten 
Metallplatte  an  Jedem  Ende.  Jede  Platte  hat 
eine  feine  Ritze  und  in  der  einen  (Objektiv) 
ist  ein  feiner  Faden  ausgespannt.  Man  visirt 
durch  die  andere  (Okular)  und  stellt  den  zu 
messenden  Gegenstend  auf  den  Faden  ein. 

Dioptra  (gr.),  Mutterspiegel. 

Dloptrik  ( Anakla$tih ,  gr.),  der  von  der 
Brechung  des  Lichis  (bes.  in  Linsengläsern) 
handelnde  Theil  der  Optik;  erhielt  erst 
Bedeutung  mit  Erfindung  der  Brillen,  des 
Femrohrs  und  des  Mikroskops  und  wurde 
theoretisch  durch  die  Eiündung  des  Ge- 
setzes von  der  Refraktion  der  Lichtetrahlen 
(Descartes,  ,DloptriqueS  1639)  begründet. 
Newton  ,  Rob.  Bayle ,  Huyghens,  Barrow, 
Mariotte  u.  A.  förderten  sie,  und  Eni  er  gab 
ihr  die  gegenwärtige  Wissenschaft!.  Gestalt. 
Vgl.  Euler,  ,DioptricaS  1769  —  71,  8  Bde.; 
Kliigel,  »Analytisclie  D.',  1778, 2  Bde. ;  Lütrow, 
,D.  oder  Anleitung  zur  Anfertigung  der  Fern- 
rohre*, 1830:  Prechtl,  »Praktisclie  D.*,  1828. 

piorima  (gr.),  malerischo  Schaustellung 


Diorlt  —  Direktorium. 


518 


TOD  Gemälden  mit  weohselnder  Beleuchtung 
und  Staffage.  Durcbsichtiger  Stoff  trägt  auf 
beiden  Seiten  das  Bild  derselben  Landschaft, 
das  aber  unter  Terschiedener  Beleuchtung, 
zuerst  bei  auffallendem,  dann  bei  durch- 
fallendem Licht  erscheint,  so  dass  zuerst 
das  Bild  der  einen,  dann  das  der  andern 
Seite  erscheint.  £i*funden  Ton  Daguerre, 
ausgebildet  von  Gropius. 

Diorit,  Felsart,  grob-  bis  feinkörniges 
Gemenge  von  Hornblende,  Albit  und  Diorit- 
porphyi*,  scheinbar  eiafache  Hauptmasse  mit 
Albit  und  Hornblendekry stallen,  weit  yer- 
breitet,  Begleiter  vieler  Erslagerstätten«  als 
Bau-  und  Pflasterstein,  eu  Säulen,  Tisch- 
platten benutzt,  sehr  schön  in  Nubien  und 
Oberägypten  (Verde  antioo). 

Dlorrhosls  (gr.),  s.  v.  a.  Harnruhr. 

Dioscorea  L.  (  Yammottmel) ,  Pflanzengat- 
tnug  der  Dioskorineen.  D.  alata  X.,  Igname, 
aus  Ostindien,  in  den  Tropen  vielfach  kul- 
tivirt  wegen  itirer  30  —  40  Pfd.  schweren 
Wurzel,  welche  frisch  narkotisch  wirkt, 
beim  Erhitzen  diese  £ifl;eoschaft  verliert, 
als  Gemüse  und  Brod  dient  und  reich  an 
Stärkemehl  (Mandiocca)  ist. 

Dioskaren  (gr. ,  d.  i.  Söhne  des  Zeus), 
.  Castor  und  Pollnx,  die  Zwillingssöhne  der 
Leda,  auch  Tyndariden  genannt,  weil  Homer 
Tyndareus  als  ihren  Vater  nennt;  Schutz- 
götter der  Schifffahrt  und  der  Qastfreund- 
soliaft,  dargestellt  als  Jünglinge  mit  halb- 
eiförmigem Hut  (da  sie  aus  Eiern  gekommen 
sein  sollen),  in  der  Kegel  neben  ihren 
Rossen  stehend  (Kolosse  von  Monte  Cavallo 
auf  dem  Quiriual  in  Rom). 

Dlösma  L.  (G'ötterduft),  Pflanzengattung 
der  Rntaceen,  Ziersträucher  vom  Kap  mit 
starkem  ftromntischen  Geruch. 

Diospdlit  magna  (a.  G.),  Stadt,  s.  Thdten. 

Dlospjrros  L.  (Dattel-,  Bsrsimonpßaume), 
Pflanzeugattung  der  Sapoteen.  D.  lotus  L., 
gemeiner  D. ,  im  nördl.  Afrika,  im  Orient 
und  in  Südeuropa,  mit  geniessbaren  Früch- 
ten. D.  virginiana  L.,  in  Nordamerika,  liefert 
Nutzholz,  Harz,  gen iessbare  Früchte  (Persi- 
monen)  u.  heilkräftige  Rinde  (Cortex  Bios- 
pyri);  D.  ebenum  Hetz,  in  Afrika  und  Ost- 
indien nud  andere  Arten  Ebenholz. 

Diphtheritis  (gr.),  Group,  Bräune. 

Diphthong  (gr.,*  d.  i.  Doppellaut),  in 
der  Grammatik  ein  aus  2  verschiedenen 
Vokalen  zusammengesetzter  und  verbunden 
gesproclipiuer  Laut  (au,  ei,  en,  äu,  ai). 

Blpleidoskop  (gr.),  Doppelbildseher,  astro- 
nomisehes  Instrument  zur  Zeitbestimmung, 
besteht  aus  einem  vor  dem  Olgektivglas 
eines  Fernrohrs  zu  befestigenden  Pri'<ma 
aus  drei  planparallelen  Gläsern  und  gibt 
von  allen  Gegenständen,  deren  Strahlen 
nicht  parallel  mit  ^er  Axe  des  Fernrolirs 
laufen,  zwei  Bilder.  Ist  das  Femrohr  im 
Ueridian  aufgestellt,  so  lässt  sich  also  leicht 
der  Zeitpunkt  bestimmen ,  in  welchem  die 
Sonne  in  den  Meridian  tritt,  weil  alsdann 
die  beiden  Bilder  zusammenfallen. 

DiploS  (gr.),  lockeres  Knochengewebe 
zwischen  festen  Knochenplatten,  bes.  am 
Schädel,  am  Schulterblatt. 

Diplom  (gr.  diplcma),  eigontl.  aus  2  Blät- 

Meyers  Hand 'Lexikon* 


tem  bestehende  Sohreibtafel;  dann  Erlass 
der  Kaiser  und  hohen  Staatsbeamten;  seit 
dem  17.  Jahrh.  auch  Adf>lsbrief  u.  Urkunde 
über  Ertheilung  einer  akadem.  Würde. 

Diplomatie,  der  Inbegriff  der  bei  dem 
internationalen  Verkehr  zwischen  civil isir- 
ten  Staaten  geltenden  Grundsätze,  Regeln 
uud  Gebräuche,  daher  DiplomcUen  diejenigen 
Personen,  welche  im  internationalen  Ver- 
kehr einen  souveränen  Staat  vertreten. 
Diplomatisoh«$  Corps  (cnrps  diplomatique), 
die  Gesammtheit  der  Gesandten  und  ihrer 
Attaches  an  einem  Hofe. 

Diplomatlkj  früher  s.  v.  a.  Diplomatie, 
jetzt  Inbegriff  der  Regeln  für  die  Aus- 
legung und  den  Gebrauch  alter  uud  die 
Abfassung  neuer  Urkunden.  JHplomatisoh, 
urkundlich,  aus  Urkunden  erwiesen  oder 
erweiülich ;  Staatsunterhaudlungen  oder  Ge- 
saudtschaftsgeschäfte  betreffend. 

Diplopie  (gl*.),  Doppeltseben.  Bei  D.  mon- 
ocularis  entstehen  infolge  mangelnder  Ein- 
stellung eines  Auge^  statt  eines  zwei  Bilder 
auf  der  Netzhaut;  bei  D.  blnocnlaris  ent- 
stehen die  Bilder  eines  Gegenstandes  in  den 
beiden  Augen  nicht  auf  dem  entsprechenden 
Netzhautpuukte,  so  dass  sie  an  verschie- 
dnnen  Hirnstellen  empfunden  werden. 
Symptom  des  Schlelens  (Strabismus). 

Dipodie(gr. ,  auch  i^^e^g^e),  Doppelfnss, 
in  der  Metrik  die  Verbindung  zweier  Vers- 
füsse  zn  einem  Versgliede. 

Dippels  Oel,  gereinigtes  Thleröl,  Hirsoh- 
homöl ,  durch  Rektifikation  gereinigtes 
Produkt  der  trocknen  Destillation  tlile- 
risoher  Substanzen ,  bes.  der  Knochen, 
farbloses  Oel  von  Zimmtgeruch  und  feuri- 
gem Geschmack;  früher  Arzneimittel. 

DipsäcuB  L.  (KardeHdistel),  Pflanzeugat- 
tung der  Dipsaceeu.  D.  Fullonnm  L., 
Weberkarde  (Walker-  oder  Kardätschen- 
distel, Tuch'  oder  Rauhkarde),  aus  Süd- 
europa, in  Frankreich,  England,  Italien, 
Belgien ,  Deutschland  und  Oesterreich  kul- 
tivirt,  liefert  in  den  mit  elast.  Häkchen  be- 
setzten Fruchthöden  die  Karden  zum  Rauhen 
des  Tuchs.    Wurzel  und  Kraut  officinell. 

Dipsector  (lat.)<  Instrument  zur  Messung 
der  Depression  des  Horizonts  auf  dem  Meere, 
sowie  zur  Bestimmung  der  Depression  der 
Küsten,  mithin  auch  ihrer  Entfernung. 

Diptam,  s.  Dietamnua. 

Diptera,  s.  Zweiflügler. 

Dipteros  (gr.),  mit  doppelter  Säulenreihe 
umgebener  Tempel. 

DIpteryx  Schreb.  (Tonkabaum),  Pflanzen- 
gattung der  Leguminosen.  D.  odorata  Willd., 
Baum  in  Guiana,  liefert  die  aromatischen, 
Cumarin  haltigen  Tonkabohnen,  welche  zum 
Parfümiren  des  Schnupftabaks  dienen. 

Diptöton  (gr.),  Woi't,  das  nur  2  Casus  hat. 

Direkt  (lat.),  geradezu,  unmittell>ar. 

Direktion  (lat.),  Richtung,  Leitung ;  Ober- 
aufsicht. Direktionslinie,  Richtung,  in  wel- 
cher sich  ein  Körper  bei  einfacher  Bewegung 
fortbewegt,  auch  eiue  Truppeuabtheilung 
bewegt.  Direktor,  Leiter,  Vorsteher;  Direc- 
trioe  (spr.  -trihs),  Vorsteherin,  Leiterin. 

Direktorium  (lat.),  Leitung  einer  An- 
gelegenheit; Ausschnss  von  mehreren  Per- 

33 


hu 


Dirigiren  —  Disposition. 


■oneii  Enr  Leitung  eines  Geteh&fts,  einer 
Anstalt,  Gemeinschaft  etc.;  in  der  ersten 
flrans.  Revolution  die  durch  die  Konstitntion 
Tom  Jahre  III  (1795)  eingesetzte  oberste 
Begierungsbehörde,  trat  5.  Brumaire  des 
Jahres  IV  (26.  Okt.  1795)  in  Wirksamkeit, 
ward  18.  Brumaire  des  Jahres  VIII  (9.  Not. 
1799)  Ton  Bonapai>te  gestürzt. 

Dirigiren  (lat.),  lenken,  leiten. 

Dirittiiren  (tat.),  trennen,  entscheiden. 

Dinclitn,  Stadt  im  preuss.  Regbs.  Dansig, 
Kr.  Stargard ,  an  der  Weichsel ,  6914  Ew. ; 
grnssartige  Eisenbahubrücke  (2^'  I.). 

Bimlren  (lat.),  zerstören.  [reissen. 

Dirompiren  (lat.) ,    durchbrechen ,    zer- 

Dittgio  (spr.  •aschio),  Gegentheil  von 
Agio,  der  nach  Procenton  berechnete  Ter- 
Inst  an  einer  Geldsorte  oder  an  Werth* 
papieren  beim  Wechseln  gegen  Kurantgeld. 

Disceptation,  Erörterung,  gelehrter  Streit. 
Diiteepiator,  Schiedsrichter. 

Discemlren  (lat.),  unterscheiden,  er- 
kennen.   De»cemibel,  unterscheid  bar. 

DiseeM  (lat.),  Abzug,  Abschied. 

Diaeiplin  (lat.),  Zucht;  Kirchen-  und 
Klosterzacht ;  im  Militärwesen  Mannszncht; 
auch  8.  V.  a.  eine  besondere  Wissenschaft. 

BiMipiintrgewalt ,  die  vom  Staat  an- 
geordnete Gewalt  der  Vorgesetzten  über 
die  Untergebenen  in  allen  die  Ordnung  des 
Geschäftsgangs  betreffenden  Angelegen- 
heiten, insoweit  sie  der  allgemeinen  Straf- 
gewalt des  Staats  nicht  unterliegen.  Dis- 
eiplinar$trafen ,  auf  Grund  der  DisciplI- 
nargewalt  auferlegte  Strafen:  Warnung, 
Verweis,  Geldstrafe,  unfreiwillige  Ver- 
setzung, Amtssuspension,  Dienstentlassung. 
Diaciplinarvergehen,  die  der  D.  zur  Bestrafung 
zugewiesenen  Gesetzwidrigkeiten. 

DiseontO  (ital.  »conto,  fr.  eacompte,  engl. 
discount),  Diskont,  Vergütung  für  Zinsenver- 
lust  bei  sofortiger  Zahlung  einer  später  fäl- 
ligen Summe;  insbes.  bei  Wechselgeschäften 
eine  an  der  Wechselsnmme  vorweg  in  Ab- 
zug gebrachte  Zinsvergütung.  Daher  dis- 
JcotUiren,  laufende  Wechsel  an-  und  ver- 
kaufen; diskontirte  Papiere  oder  Diskonten 
8.  V.  a.  Wechsel;  Diskontirer,  Diakonthäuser, 
Geschfiftsleute,  resp.  Bankhäuser,  welche 
gewerbsmässig  Wechsel  diskontiren.  Der 
Diskontkurs  schwankt  mehr  als  der  landes- 
übliche Zinsfuss  und  ist  in  verschiedenen 
Ländern  weniger  gleichartig  als  dieser. 
Uebcr  Diskontobanken  oder  -hassen,  s.  Bank. 

Discordla  (lat.),  Uneinigkeit,  Zwietracht. 

Dlscours  (fr.,  spr.  -kuhr),  Gespräch, 
Unterhaltung;  diskurriren,  ein  Gespräch 
führen. 

Diurimen  (lat.),  Unterschied,  Trennung. 

'Dlientin(  Dissentii,  TomKa.JUustär),  Markt- 
flecken im  Kant.  Graubündeu,  am  Vorder- 
rhein, 8540'  üb.  M. ,  1224  Ew.;  ehedem  her. 
Benediktinerabtei  (um  614  gegr.,  seit  1570 
reich sfürstlicb ;  1846  abgebraunt). 

Disert  (liit.),  deutlich,  beredt.     [Ungnade. 

Disgrace  (fr.,    spr.  -grahs),   Miäsfallen, 

Disgregation  (lat.),  Zerstrenuug,  iusbes. 
der  Lichtstrahlen. 

Dl8gnsto  (ital.).  Missfallen,  Widerwille. 

Disharmonie  (lat.),    Mangel   au   Ueber- 


einstimmung,  Hisston,  Uneinigkeit;   daher 
ditharmonisch,  nicht  im  Einklänge  stehend. 

Dii^anktion  (lat.),  Trennung;  in  der 
Log^k  das  Verhältniss  des  Gfregensatzes ; 
daher  disjunktive  Begriffe ,  einander  ent- 
gegengesetzte, aber  in  dem  UmSeing  eines 
dritten  höheren  Begriffs  koordinirte  Begriffe, 
also  die  Arten  eines  GattungsbegriflQi. 

Diskant  (Mus.),  s.  v.  a.  Sopran. 

DlBkonvenienz,  Nichtübereinstimmung. 

Diskredit  (lat.),  Mangel  an  Zutrauen; 
diskreditiren,  in  üblen  Ruf  bringen. 

Diskrepanz  (lat.),  Misshelligkeit,  Streit. 

Diskret-  (lat.),  getrennt,  unterschieden; 
daher  diskrete  Grössen,  gesonderte,  nicht 
stetige  Grössen,  Zahlengrössen,  die  aus 
abgesonderten,  nur  dem  Begriffe  nach  zu- 
sammengehörigen Theilen  bestehen;  vor- 
oder  umsichtig,  rücksichtsvoll.  Diskretion, 
besonnene  Zurückhaltung;  Grosamuth  (des 
Siegers),  daher  sich  auf  D.,  d.  h.  auf  Gnade 
und  Ungnade  ergeben.  Diskreti^nsjahre, 
Jahre  der  Verstandesreife  oder  Mündigkeit. 
Diskretionstage  f  s.  v.  a.  Respekttage.  Dis- 
kretionär,  dem  (richterlichen)  Gutdünken 
überlassen,  willkürlich.  [fertiguog. 

Disknipatlon  (lat.).  Entschuldtgung,Ree}it- 

Diskarsiv  (lat.),  gesprächsweise,  beiläufig.» 

Diskus  (gr.),  Wurfscheibe,  bei  den  gym- 
nastischen Uebungen  der  Griechen  und 
Römer  in  Gebranch;  in  der  Botanik  der 
mittlere  scheibenförmige  Theil  der  Blüthe 
mancher  Pflanzen.  [Erörterung. 

Diskntiren    (lat.),    erörtern.     Diskussion, 

Dislokation  (lat.),  Versetzung  der  Schüler 
von  einer  Klasse  in  die  andere;  Vertheilung 
der  Trappen  in  die  Garnisonen;  in  der 
Ohirurgie  Verschiebung  eines  Körperglieds 
von  seiner  richtigen  Stelle. 

Dismembration  (lat.),  Zergliederung,  Zer- 
theilung  (Zerschlagung)  der  geschlossenen 
grossen  Güter  in  kleinere  Parcellen  znm 
Behuf  der  Vertheilung  derselben  unter 
mehrere  Besitzer.  Vgl.  KSliehen,  ,Gedanken 
über  D.*    1856. 

Dispache  (fr.,  spr.  -pasch),  Seeschaden- 
berechnung oder  Ausgleichung  eines  See- 
schadens zwischen  dem  Befrachter  und 
Versicherer.  Dispacheur  (spr.  -schör),  der 
mit  diesem  Geschäft  beauftragte  Beamte. 

Dispar  (lat.),  ungleiclr  gepaart. 

Disparaginm  (lat.),  Missheirath. 

Disparit  (lat.),  ungleichartig,  grundver- 
schieden, unvereinbar.  D.e  Begriffe,  welche 
sich  keinem  gemeinschaftl.  GattungsbegriiT 
unterordnen  lassen. 

Dispens  (lat.),  Erlass,  Erlaubniss.  Dis- 
pensation (lat.),  die  für  einen  einzelnen  Fall 
verordnete  Aufhebung  oder  Modifikation 
eines  verbietenden  Gesetzes,  bes.  Entbin- 
dung von  einer  kirchl.  Vorschrift. 

Dispersion  (lat.),  Zerstreuung,  bes.  des 
Lichts,  die  Erscheinung,  dass  ein  Sonnen- 
strahl durch  ein  Prisma  von  seiner  Richtung 
abgelenkt  und  in  Strahlen  von  verschiedener 
Farbe  zerlegt  wird. 

Disposition  (lat.),  Anordnung,  Einrichtung, 
Verfügung,  daher  etwas  zur  D.,  d.  h.  zur 
Verfügung,  zu  freiem  Gebrauch  stellen; 
Entwurf  zu  etwas,  z.  B.  zu  einer  Rede  etc., 


Di8pro|»ortion  —  Diatini^iren. 


515 


sn  einem  kriegerischen  Unternehmen;  in 
der  kaufhiänniscUen  Sprache  s.  t.  s.  Ver- 
fuffong;  daher  dUponiren,  verfugen;  ditpo* 
nwel,  verfügbar:  Dispositionsgut j  von  dem 
Besteller  nicht  angenommene,  sondern  wegen 
schlechter  Beschaffenheit,  verspäteter  Liefe- 
rung etc.  zur  1>.  (Verfügung)  des  Verkäufers 
(Absenders)  gestellte  Waare;  Di»ponent, 
Procuraträger,  Procurist,  der  zur  Geschäfts- 
führung von  einem  Handelshause  oder  einer 
Gesellschaft  schriftl.  Bevollmächtigte.  Dia- 
position^ähigkeit,  die  Fähigkeit,  Verträge  zu 
sohliessen  und  Wechsel  auszustellen  ;'iu  der 
MedicinEigenthümlichkeit  des  körperl.  Orga- 
nismus, der  zufolge  er  zu  gewissen  Erkran- 
kungen vorzugsweise  geneigt  ist,  KrankheU$' 
disposition,  entweder  angeboren,  dann  oft 
erblich,  oder  erworben. 

Disproportion  (lat.),  Hissverhältniss. 

Dispntation  (lat.),  von  8  oder  mehreren 
Personen  mündlich,  bes.  öffentlich  angestell- 
ter gelehrter  Streit,  bei  welchem  die  eine 
Partei  (Opponent)  das  von  der  anderen 
(Respondent  oder  Defendent)  Behauptete  zu 
widerlegen  sucht,  ft-üher  und  in  bescliränk- 
terer  Weise  noch  jetzt  als  Uebungsmittel  im 
Denken  und  Sprechen,  sowie  als  Versuch, 
über  Strittiges  ins  Reine  zu  kommen»  oder 
zu  Erlangung  akadem.  Würden  (Promotion»- 
disputatiou)  oder  beim  Antritt  eines  akadem. 
Lehramts  (Habilitations',  luavguraldiapu- 
tation)  nuf  Schulen  und  Universitäten  üblich. 
'  Dispute  (fr.,  spr.  -püht),  Wortwechsel. 

Disqnlrireii  (lat.),  erforschen,  untersuchen^ 
DiaquisUion,  Untersuchung,  bes.  gelehrte. 

D'lsrMlL  (spr.  Disrihll),  Benjamin,  engl. 
Schriftsteller  u.  Staatsmann,  geb.  21.  Dec. 
1805  zu  London,  Sohn  des  Literarhistorikers 
laaak  ITL  (f  1848),  seit  1837  Hitglied  des 
Parlaments,  bekämpfte  als  Führer  der  Pro- 
tektionisten  Wighs ,  Peeliten  und  Reformer; 
Febr.  bis  Dec.  1853,  dann  wieder  Febr.  1858 
bis  Juni  1859  Kanzler  der  Schatzkammer, 
8t<)ht  seitdem  an  der  Spitze  der  toryst.  Oppo- 
sition im  Unterhause,  war  Juli  1866  bis  März 
1868  nochmals  Kanzler  der  Schatzkammer, 
dann  bis  Nov.  d.  J,  erster  Lord  des  Schatzes. 
Sehr.  ,Vlvian  Orey'  (1826—27,  5  Bde.);  ,Con- 
tarini  Fleming*  (1832,  4  Bde.);  ,Coning8by, 
or  the  new  generatlon*  (1844,  3  Bde.); 
,Sybi1,  or  the  two  natlons'  (1845,  3  Bde.); 
,Tancred,  orthe  new  Crusade'  (1847,  3  Bde.); 
,NovelB  and  Tales'  (1868,  5  Bde.);  ,Lothair* 
(1870).    Vgl.  MiU,  ,D.',  1863. 

IHsreBOmm^e  (fr.),  übler  Ruf. 

DissekttOB  (lat.),  die  kunstgerechte  Zer- 
gliederung eines  Körpers. 

Dissens  (DU$€H$u>n,  lat),  Zwiespalt,  Ver- 
schiedenheit der  Meinung;  ditaentiren,  ab- 
weichender Meinung  sein. 

DlBBeBters(engl.,  Andersdenkende),  früher 
Konkor formisten,  InEnglaild  im  weiterenSinn 
alle  nicht  zur  Staatskirche  gehörigen  Per- 
sonen; im  engeren  Sinne  nur  die  Protestant. 
Sekten,  die  sich  in  Verfassung  und  Ritus  von 
Jener  Kirche  losgesagt  haben,  wie  die  Pres- 
byterianer,  Independenten,  Methodisten, 
Baptisten,  Quäker,  Irvinglaner,  Unitarler  etc. 

Dissertfttion  (Ia^O»  gelehrte,  gewöhnlich 
in  latein*  Sprache  abgefosste  Abhandlung. 


Diaseriren  (diaaertiren) ,  in  gelehrter  Weise 
über  etwas  verhandeln. 

Dissidenten  (lat.),  Getrennte,  früher  in 
Polen  alle  Nichtkatholiken ,  welchen  freie 
Religionsübung  zugestanden  war,  näml. 
Lutheraner,  Reformirte,  Griechen,  Armenier. 
Die  Lutheraner,  Reformirten  und  böhm. 
Brüder  in  Polen  traten  im  Vergleich  von 
Bandomir  14.  April  1570  zu  einer  auch  für 
politische  Zwecke  vereinigten  Kirche  zu- 
sammen, deren  Glieder  in  dem  1573  vom 
König  beschworenen  Religionsfrieden  (Pax 
dissidentium)  den  Katholiken  in  bürgerl. 
Rechten  ganz  gleich  gestellt  wurden.  In 
■Preussen  gegenwärtig  offtcielle  Bezeichnung 
für  alle  ausserhalb  der  staatlich  anerkannten 
Kirchen  stehenden  Religionsparteien. 

Dissident  (lat.),  Meinungsverschiedenheit, 
bes.  in  religiösen  Angelegenheiten.  Diaai- 
dium,  Uneinigkeit.  [stellang. 

DisslmnlatlOB  (lat.),  Verheimlichung,  Ver- 

Dlssipation  (lat.),  Zerstreuung. 

Dissolabel  (lat.),  auflöslich;  diaaoliä,  auf- 
gelöst, ausschweifend,  schlaff;  JHaaoluHon, 
Auflösung;  diitaolutiv,  auflösend.        [bllder. 

Di880Lvingvlews(engl.,spr.-wJuhs),Nebel- 

DissOBtnE  (lat.),  Missklang;  in  der  Musik 
die  härm.  Verbindung  von  2  oder  mehreren 
Tönen,  die  in  ihrem  Zusammenklang  das 
Gehör  unangenehm  berühren  und  das  Ver- 
langen nach  Auflösung  in  eine  Konsonanz 
hervorrufen.  [Abstand,  Zwischenraum. 

Distanz  (dißtance,  spr. -angs),< Entfernung, 

Distanzmesser  9  Instrumente  zur  Bestim- 
mung terrestrischer  Entfernungen.  Fern- 
rohr mit  zwei  feinen  horizontal  ausgespann* 
ten  Fäden  hinter  der  Okularlinse,  welches 
auf  ein  an  dem  entfernten  Punkt  aufgestell- 
tes Lattenmass  gerichtet  wird.  Die  Ent- 
fernung ergibt  sich  aus  den  zwischen  den 
Fäden  erscheinenden  Theilstrlchen  der 
Latte.     Zahlreiche   andere  Konstruktionen. 

Distelfink^  s.  Stieglitz. 

Dlsteli,  Martin,  Karikaturenzeichner,  geb. 
1802  zu  Ölten  im  Kant.  Solothum,  f  das. 
18.  März  1844.  Treffi.  Illustrationen  zu 
,Münchhausen'  und  Fröhllchs  ,Fabeln*;  bes. 
aber  ausgezeichnete  polit.  Karikaturen  im 
,Schwelzer  Bilderkalender'  fseit  188!i). 

Distelorden  (Andre<uorden),  schott.  Orden, 
l.'>40  von  König  Jakob  V.  gestiftet,  zählt  12 
Ritter,  Prinzen  von  Geblüt  u.  schott.  Peers. 

Disthen  (Cyanit,  Ehätizit),  Mineral  aus  der 
Klasse  der  wasserfreien  Geolithe,  farblos, 
bläulich  oder  roth,  besteht  aus  kieselsaurer 
Thonerde,  findet  sich  im  Glimm erscliiefer 
und  Quarz  am  St.  Gotthard,  in  Tirol,  bei 
Karlsbad,  Penig  etc.  Schön  blaue  Cyanite 
werden  als  Ring-  und  Nadel  steine  benutzt. 

Distlchiasls  (gr.),  Angenübel ,  wobei  ein 
Theli  der  Lidhaare  gegen  den  Augapfel  ge- 
stellt sind  (infolge  von  Augonlidentzün- 
dang).  Behandlung  zur  Vermeidung  schwerer 
Entzündungen  der  Binde-  und  Hornhaut: 
Ausziehen  der  falsch  gestellten  Haare ,  kalte 
Ueberschläge. 

Distichon  (gr.),  zweizeiliger  Vers;  insbes. 
ein  aus  Hexameter  und  Pentameter  bestoben- , 
de<<  mntr.  Zeilenpaar. 

Dlstingniren  (lat.),  unterscheiden;  aoi* 

83* 


516 


Distoniren  —  Dnjepr. 


seicbnen.    DMtinkium,  Unterscheidung,  Her- 
vorhebung;  Auszeichnung,      [falsch  singen. 

Distoniren  (lat.),  aus  dem  Tone  kommen, 

Distorsion  (lat.),  Verrenkung,  Verdrehung 
eines  Gliedes. 

Distraktien  (lat.),  chirurg.Manipuladbn  zur 
Wiedereiurichtung  gebrochener  und  verrenk- 
ter Glieder;  Zerstreuung,   Unachtsamkeit. 

Distribation,  Austbeilung.  Distributioru- 
bescheid,  Vertheiiungsbescheid,  Urtheil  über 
die  Vertbellung  eiuer  Konkursmasse. 

Distrikt  (iat.),  Bezirk,  Landstricli. 

Distnrbation  (Iat.),  Störung,  Unterbre- 
chung. 

Disunlren  (Iat.)«  eine  Verbindung  anU 
hoben.  Disunirte  Griechen,  die  Oberherr- 
üchaft  des  Papstes  niclit  anerkennende  Grie- 
chen. Disunionisten ,  in  Nordamerika  die 
Yertheidiger  der  Trennung  der  Union. 

Dtihmarachen,  fruchtbare  Landschaft  in 
Holstein,  an  der  £Ibe  und  Nordsee,  84  QM. 
und  ca.  50,000  Ew. ;  Hauptorte  Heide,  Mel- 
dorf und  Bruusbüttel.  Früher  zur  Grnfsch. 
Stade  gehörig,  wurden  die  D.  1474  von 
Kaiser  Friedrich  HI.  dem  dän.  König  Chri- 
stian I.  zu  Lehn  übertragen,  widersetzten  sich 
aber  dessen  Herrschaft  und  bildeten  eine 
Art  unabhängigen  Freistaat.  Grosser  Sieg 
derselben  über  König  Johann  unter  Anfüh- 
rung des  Wolf  Isebrand,  1500;  darauf  Unter- 
werfung der  D.  durch  König  Friedrich  H., 
1559.  Das  dithmaraische  Landbuch,  das  be- 
sondere Becht  der  D.,  1321  entworfen,  1497 
gedruckt,  1561  verbessert,  zuletzt  1711  neu 
aufgelegt.  Vgl.  Adolß,  ,Chronlk  des  Landes 
D.*  (herausg.  von  Dahlmann  1827) ;  Michelsen, 
jUrkundenb.  zur  Gesch.  des  Landes  D.',  1834. 

Dithyramben  9  ursprüngl.  dem  Bacchus 
(Dithyrambus)  zu  Ehren  gesungene  Lieder, 
überhaupt  leidenschaftl.  Gesänge;  daher 
ditht/rambiaeh,  stürmisch  begeistert. 

Dltters  Ton  Dittersdorf,  Karl,  Komponist, 
geb.  2.  Nov.  1739  in  Wien,  lebte  meist  das.; 
t  31.  Okt.  1799.  Von  seinen  kom.  Operetten 
sind  ,Hieronymus  Knicker',  bes.  aber  ,Der 
Doktor  u.  der  Apotheker'  noch  jetzt  beliebte 
Yolksstücke;  sehr,  ausserdem  Symphonien, 
Oratorien  und  andere  Vokal  werke  (jetzt 
veraltet),  sowie  eine  Reihe  werthvoller 
Streichquartette  im  Geschmack  Haydns. 

Din,  portug.  Insel  an  der  Spitze  von  Gnd- 
scherate  in  Ostindion,  0,6  QM.  u.  11,000  Ew. 

Diäresis  (gr.),  übermässige  Harnabsonde- 
rung. DiureliBche  Mittel,  die  Harnabsonde- 
rung  vermehrende  Mittel. 

Diurna  (Iat.),  unter  Augustus  eine  Art 
Amtsblatt  zu  ofBciellen  Veröffentlichungen ; 
daher  Diurnarius,  Zeitungsschreiber. 

DiT.,  abbr.  divide,  theile,  oder  dividatur, 
es  werde  gotheilt,  auf  Recepton. 

Di?ae  memorlae  (Iat.),  seligen  Andenkens. 

Diyän  (Dtwän,  pers.),  Kataster,  Steuerver- 
zoichniss;  Gedichtsammlung;  jede  admini- 
Htrativo  türk.  Behörde,  namentl.  der  geheime 
Rath  des  türk.  Sultans;  Prachtzimmer  der 
Türken  mit  nicdrigou  Sophas  den  Wänden 
entlang;  daher  auch  eine  Art  Sopha. 

Dirergiren  (Iat.),  aus  einander  geben; 
anderer  Meinung  sein;  divergirend  oder  di- 
vergent heissen  in  der  Geometrie  zwei  gerade 


Linien,  die  sich,  unmittelbar  oder  rerlän- 
gert ,  in  einem  Punkte  schneiden ,  auf  der 
diesem  Punkte  entgegengesetzten  Seite. 

DlTerslon  (Iat.),  Ablenkung,  veränderte 
Richtung;  im  Kriegswesen  Ablenkung  der 
feindlichen  Streitkräfte  durch  eine  Unter- 
nehmung, welehe  den  Feind  in  einer  andern 
Richtung  als  in  der  Hauptoperationslinie 
beschäftigen  soll. 

DtTerturen  (fr.),  belustigen,  ergötzen;  Di- 
vertistement  (spr.  -wertiBs'maug) ,  Belusti- 
gung, Vergnügen;  kleines  Ballet. 

DlY^de  et  impera  (Iat.),  theile  u.  berrsche, 
d.  b.  schaffe  Parteiung,   um  zu  herrschen. 

Dividende  (Iat.),  das  zu  Vertheileude,  der 
Gewinnantheil,  welchen  der  Theilnehmer 
an  einem  Aktienunternehmen  nach  Mass- 
gabe des  periodischen  Reinertrags  desselben 
erhält,  meist  jährl.  ermittelt  und  ausgezahlt. 
Ist  den  Aktionären  ein  fester  Zins  zuge- 
sichert, so  versteht  man  unter  D.  entweder 
den  darüber  hinausgehenden  Gewinnantheil 
oder  auch  den  festenZins  selbst,  in  welchem 
letzteren  Fall  der  weitere  Gewinnantheil 
als  Buperdividende  bezeichnet  wird. 

Divldlren  (Iat.),  theilen,  eintheilen. 

DiridiTi  (Libidibi),  Schoten  der  Cäsal- 
pinia  Coriaria,  gutes  Gerbmittel,  werden 
auch  in  der  Färberei  benutzt.  Extrakt  von 
D.  Handelsartikel. 

DiTination  (Iat.),  Ahnung  künftiger  Er- 
eignisse, Wahrsagung,  Weissagungskunst. 

DiTls  (Iat.),  Theilungszeichen   bei  einem 

Divisibel  (Iat.),  theilbar.  [Worte. 

Dirlsion  (Iat.),  im  Kriegswesen  Truppen- 
abtheilung,  früher  Bezeichnung  der  3  oder 
4  Unterabtheilungen  des  Bataillons  (2  Kom- 
pagnien oder  Escadrons) ;  jetzt  gewöhn].  2 
Brigaden  von  derselben  Waffengattung. 
Divisionär,  der  Befehlshaber  einer  D.,  ge- 
wöhnl.  ein  Generallieutenant.  DivisioM- 
$chule,  s.  Militärschule. 

DlTisorlnm  (Iat),  Theilungswerkzeug;  die 
Theilscheibe  der  Uhrmacher;  in  der  Buch- 
druckerei  die  hölzerne  Schoere  am  Tenakal, 
womit  das  Manuskript  gehalten  wird. 

DiTulsion  (Iat.),  gewaltsame  Zerreissnng. 

DivDS  (Iat.),   der  Göttliche,    Vergötterte. 

Dixi  (Iat.),  d.  i.  ich  habe  gesprochen. 

Dixon  (spr.  Dicks*n),  Wüliam  jHepioorffc, 
engl.  Publicist,  geb.  30.  Juni  1821  zu  New- 
ton-Heath,  seit  1853  Hauptredakteur  des 
,Athenaeum';  sehr,  die  Biographien  Williain 
Penns  (1850),  Lord  Bacons  (1861)  u.  A.,  ,New 
America'  (1867;  deutsch  1868),  ,8eelenbräute- 
(1869;  deutsch  1868)  und  ,Free  Rnssia' 
(deutsch  1870). 

Dizier,  8t.  (spr.  Sang  Disi^h),  Stadt  im 
franz.  Depart.  Obermame)  an  der  Marne, 
10,170  Ew.,  Schiffbau. 

DmitrijeW)  Twan  Itoanotmt$ch,  mss.  Schrift- 
steller, geb.  1760  im  Gouv.  Simbirsk,  unter 
Alexander  eine  Zeitlang  Justizmiuister;  f 
15.  Okt.  1837  zu  Moskau.  Mit  Karamsin 
Begründer  einer  neuen  freiem  Literatur- 
periode in  Russland.  Hauptwerk:  ,Jermak* 
(episch-dram.  Gedicht);  sehr,  auch  Satiren, 
volksthüml.  Lieder.    Schriften  (6.  Aufl.  1828). 

Dnjepr  (Borgtthenes),  Strom  in  Sädrnss- 
land,  entspr.  auf  dem  Wolchonsky wald ,  in 


« 


Dnjestr  —  Donniges. 


517 


der  K^ahe  der  Düna-  und  Wolgaquelle, 
fliegst  südl.  bis  Kiew,  *darclibrlcht  ia  der 
Ukraine  den  sädruss.  Landrücken  mit  13 
Wasserfällen  (Porogi),  wendet  sich  dann 
^en  SW. ,  erweitert  sich  bei  Gherson  za 
einem  seichten,  l'-S  M.  br.  Liman,  der 
sich  bei  Oczakow  zum  schwarzen  Meer 
öffnet;  Lange  260  M.,  Stromgebiet  9100  QM. 
Nebenflüsse  rechts:  Beresina,  Pripjez, 
Ingnlez,  Bug;  links:  Desna,  Samara. 

Dnjestr  (Tyrcu),  Strom  in  Südrussland, 
entspr.  auf  dem  karpatfa.  Waldgebirge  in 
Galizien,  fliesst  g6n  SO.  (Grenze  von  Boss- 
arabien),  mündet  bei  Akjerman  in  das 
schwarze  Meer.  Lange  165  M.,  Stromgebiet 
schmal  nnd  eingeengt,  1470  QM.  Seine 
Schiffbarkeit  ist  durch  Stromschnellen  be- 
scliränkt.    Nebenflüsse  Stry  und  Sered. 

Dob^ran,  Marktfl.  in  Mecklenburg-Schwe- 
rin, 1  St.  von  der  Ostsee,  8810  Ew. ;  ehemals 
reiches  Clstercienserkloster  (bis  1552) ; 
grossherzogl.  Schloss  und  andere  Paläste; 
ber.  Seebad  (seit  1793,  das  erste  in  Dentdch- 
Innd);  dabei  auch  Schwefelquelle,  Bitter- 
wasser- nnd  Stahlbrunnen  (1829  entdeckt). 
Am  Heere  der  sog.  heilige  Damm,  lose  über 
einander  liegendes  Steingerölle ,  vom  Meere 
angeschwemmt,  1  St.  1.,  bis  1000' hr.,  12--17'  h. 

Doblon  (de  I»abel),  neue  span.  Goldmünze 
(seit  1864)  ä  100  Realen  =  26  Goldfrcs.  = 
0,765  deutsche  Kronen;  In  Silberwährnng  = 
25,96  Silberfrcs. ;  in  Chile  n.  Neugranada  k  5 
Pe^os  =:  Va  Gondos ;  in  Peru  ä  5  Pesos = V«  Sol. 

Dobrndscha ,  der  nordöstl. ,  ganz  ebene 
Theil  der  Bulgarei  (s.  d.),  etwa  200  QM., 
/nm  Theil  sehr  fruchtbar,  znm  Theil  sumpfig 
und  mit  hohem  Moorgrase  erfüllt. 

DochmlnSy  antikes  Versglied,  aus  einem 
Jambus  und  Greticus  zusammengesetzt. 

Docks  (engl.),  künstliche  gemauerte 
Wasserbassins,  durch  Schlensson  mit  einem 
Fahrwasser  in  Verbindung  stehend,  dienen 
zur  Aufnahme  von  Schiffen.  Kaue  J).  dienen 
als  Häfen  nnd  haben  anch  zur  Ebbezeit 
liinrelchend  Wasser,  um  die  Schiffe  flott  zu 
erhalten;  trockne  D.,  durch  Dampfpumpen 
entleert,  zur  Reparatur  der  Schiffe;  ebenso 
die  schwimmenden  D.,  durch  welche  ein  be- 
mastetes  nnd  beladenes  Schiff  schnell  aus 
dem  Wasser  gehoben  werden  kann. 

Dockniüy  Stadt  im  niederl.  Friesland, 
4535  Ew.    Bonifacins  755  hier  erschlagen. 

Doekyardy  Hafenmagazin,  Seeansenal. 

Doct4)r  (lat.),  nrspr.  Lelirer,  als  höchste 
nkadem.  Würde  zuerst  um  1231  zu  Paris, 
in  Deutschland  früher  aucli  von  den  Kai- 
sem verliehen  (Bullendoktoren,  Doctores 
buUatl,  im  Gegensatz  zu  den  D.  rite  pro- 
moti).  Die  Ernennung  zum  D.  (Doctor- 
promotion)  erfolgt  gegenwärtig  durch  den 
Dekan  der  betreffenden  Fakultät  entweder 
nach  vorher  bestandener  Prüfung  u.  öffent- 
licher Vertheidigung  einer  gelehrten  Disser- 
tation, oder  auch  bloss  per  diploma  als 
ehrende  Auszeichnung. 

Dodeka  (gr.),  zwölf;  DodekaMer,  in  der 
Stereometrie  ein  von  12  regulären  Fünf- 
ecken begrenzter  Körper  mit  20  Ecken,  30 
Kanten  nnd  100  Diagonalen.  Dodeka'idräl- 
gahlen,  die  Zahlen  1,  20,  84,  220,  453,  816  etc  , 


deren  dritte  Differenzen  konstant,  nämlich  27 
sind.  DodekSgon,  das  regelmässige  Zwölfeck. 
Dodekagonälzahlen ,  die  Zahlen  1,  12,  33,  64, 
105,  156  etc.,  deren  zweite  Differenzen  10 
sind.  Dodekadik  oder  dodekadisckee  Zahlen- 
tystem,  von  12  zu  12  fortschreitendes  Zahlen- 
system, bei  dem  die  Einheiten  jeder  Klasse 
Potenzen  von  12  sind. 

Dodekandrisch,  mit  12  — 19  freien  Staub- 
gelassen ;  Dodecandria,  11.  Klasse  des  Ilnn^- 
sehen  Pflanzensystems. 

DodOy  s.  Dronte. 

Dodona,  ber.  Helligthum  und  Orakel  des 
Zeus  im  alten  Epirus  am  Tomarus.  Der 
Wille  des  Gottes  ward  von  Priestertnnen 
aus  jlem  Rauschen  einer  Eiche  gedeutet. 

Dobel,  hölzerner  Nagel  oder  Zapfen  zur 
Befestigung  der  Fassdauben  nnd  Boden- 
stücke; viereckiger  Bolzen,  welcher  in 
Steine  eingelassen  wird,  um  diese  mit  ein- 
ander zu  verbinden. 

Dobely  s.    Weissfisch. 

Dobeln  9  Stadt  im  sächs.  Reghz.  Leipzig, 
an  der  ireiberger  Mulde  und  chemnitz- 
risaer  Eisenbahn,  9666  Ew.  In  der  Nähe 
das  Stäup  ittbad. 

Dobereiner,  Johann  Wolfgang,  Chemiker, 
geb.  15.  Dec.  1780  zu  Bug  bei  Hof,  seit  1810 
Prof.  in  Jena;  t  ^f^^'  24.  März  1849.  Ver- 
dient um  die  Gähmngschemle,  Erfinder  des 
Platinfeuerzougs.  Hauptwerke:  .Elemente 
der  pharmacout.  Chemie*  (2.  Aufl.  1819);  ,Zar 
Gährungschemie'  (2.  Aufl.  1844). 

Dobling  (Oberdming),  Dorf  bei  Wien,  vor 
der  nussdorfer  Linie,  2640  Ew.,  Mineralbad. 

DSlller ,  Theodor  ,  Klaviervii-tuos ,  geb. 
1814  in  Neapel,  Schüler  von*  Gzerny  in 
Wien ,  machte  Knnstreisen  durch  Europa, 
ward  1846  Kammervirtuos  des  Herzogs  von 
Lucca;  f  21.  Febr.  1856  zu  Florenz. 

DSllinger,  Joh,  Jo»,  Ignaz,  lutthol.  Theo- 
log,  geb.  28.  Febr.  1799  zu  Bamberg,  seit 
1826  Prof.  zu  München,  vertrat,  seit  1845 
Abgeordneter  der  Universität  München  bei 
der  Ständeversammluug,  entschieden  die 
Interessen  der  kathol.  Kirche,  1848  Mitglied 
des  frankfurter  Parlaments ;  neuerlich  wegen 
seines  gegen  das  Dogma  von  der  Unfehl- 
barkeit des  Papstes  erhobenen  Widerspruchs 
April  1871  vom  Erzbischof  von  München 
exkommunicirt ,  durch  zahlreiche  Beistim- 
mungsadressen geehrt.  Hauptwerke;  (Lehr- 
buch der  Kirchengeschichte*  (2.  Aufl.  1843, 
2  Bde.);  ,Muhameds  Religion'  (1838);  ,Die 
Reformation,  ihre  InnAre  Entwickelung  und 
ihre  Wirkungen'  (1846-48,  3  Bde.);  ,Hippo- 
lytus  und  Kallistus,  oder  die  röm.  Kirche 
in  der  ersten  Hälfte  des  S.  Jahrh.'  (1854); 
,Christenthum  und  Kirche  in  der  Zeit  der 
Grundlegung*  (2.  Aufl.  1868);  ,Kirche  und 
Kirchen,  Papstthum  und  Kirchenstaat*  (2. 
Aufl.  1863);  ,Vergangenlieit  und  Gegenwart 
der  kathol.  Theologie*  (1863)  u.  A. 

Ddiiniges,  Wilh.,  Xitter  von,  bayer.  Diplo- 
mat, gob.  1814  bei  Stettin,  seit  1841  Prof. 
an  der  Uuiversität  zu  Berlin,  leitete  1842^ 
1845  die  Studien  des  damal.  bayer.  Kron- 
prinzen Max,  ward  1851  bayer.  Legations- 
rath  am  Bundestage,  1852  Ministerlalrath, 
1855    der    bayer.    Gesandtschaft   in   Turin 


518 


DöTiAg  —  Dollart. 


Attiiohirt,  1860  in  den  erblichen  Ritteratand 
erhoben,  1868  bayer.  Geschäftsträger  in  der 
Schweiz,  1865  aur  Disposition  gestellt.  Ent- 
deckte SU  Tarin  die  Rechtsbüoher  Kaiser 
Heiniichs  yiL,  welche  er  als  ,Acta  Hen- 
rici  VII'  (1839,  2  Bde.)  herausgab  und  in 
einer  (nnvollend.)  «Gesch.  des  deutschen 
Kaiserthums  im  14.  Jahrh.'  (1841-42,  2  Bde.) 
verftrbeitete. 

Döring,  Theodor,  Schauspieler,  geb.  1803 
in  Warschau,  seit  1840  als  SeydelmAnus 
Nachfolger  in  Berlin.  Einer  der  besten  Cha- 
rakterspieler Deutschlands;  Hauptrollen: 
Falstnfi,  Dorlirichter  Adam,  Shylock,  Nathan. 

Poge  (ital.,  spr.  Dohdsche,  ▼.  üt.  dux), 
Titel  der  obersten  Magistratsperson  i^  den 
ehemal.  Republiken  Venedig  (seit  Anfang 
des  8.  Jahrh.)  und  Genua  (seit  13ä9). 

Dogge,  s.  Hund. 

Dogni»  (gr.) ,  Lehrmeinung ,  Lehrsatz ; 
iuRbus.  religiöser  Glaubenssatz. 

Dogmatlk  (gr.)«  die  wissenschaftl.  Dar- 
stellung und  Begründung  der  christl.  Re- 
ligion als  Lehre.  Die  kriH$che  D.  beurtheilt, 
auf  Philosoph.  Religionslehre  basirt,  die 
Kirchenlehre  selbständig.  Die  kirchliche  D. 
hält  den  kirchl.  Standpunkt  fest  und  sucht 
die  Bedentung  der  Kirchenlehre  für  das 
religiöse  Leben  nachzuweisen.  Die  biblitche 
D.  stellt  die  christl.  Glaubenslehre  nach 
der  Bibel,  ohne  Rücksicht  auf  ein  be-, 
stimnites  kirchliches  Glaubensbekenntniss 
dar.  Die  komparative  D<  ist  die  vergleiclitinde 
Darstellung  der  Glaubenssysteme  der  ver- 
schiedenen christl.  Kirchen. 

Dogmatische  Medicin,  medicinische  Lehr- 
weise, welche  die  Erscheinuugeu  des  gesun- 
den und  kranken  Organismus  theoretischen 
Lehrsätzen  (Dogmen,  Axiomen)  unterordnet. 

Dohle,  s.  Babe, 

Doh)ia ,  Stadt  im  sächs.  Regbz.  Dresden, 
an  der  Müglitz,  1683  Ew.,  Strohflechterei; 
im  Mittelalter  her.  Schöppenstuhl. 

Dohnen,  Schlingen  von  Pferdbaaren  zum 
Fangen  der  Krammets-  und  anderer  Vögel ; 
Dohnenstrich  (Sclineuss),  Weg  im  Wald 
od'n*  Gebüsch,  wo  D.  aufgestellt  sind. 

Doklniastlk  (gr.),  s.  t.  a.  Probirkunst. 
Dokimastikon,  Prüfungs-,  Probearbeit. 

Doktrin  (ist.),  Lehre,  Wissenschaft.  Dok- 
trintlr,  gelehrt,  wissenschaftlich.  Doktrinära, 
in  Frankreich  während  der  Restauration 
Fraktion  der  parlamentaiiscben  Opposition, 
deren  Ziel  die  Ausbildung  des  Konstitutio- 
nalismnsaufGrunddepCharteLudwigsXVni. 
war,  aus  den  Salons  des  Herzogs  von  Broglie 
hervorgegangen,  in  der  Kammer  von  Royer- 
Collard  geführt,  in  der  Presse  namentlich 
durch  Guizot  vertreten;  dann  im  Allgem. 
solclie  Politiker,  welche  an  einem  bestimmt 
formulirten,  in  der  Praxis  aber  nicht  halt- 
baren Programm  festhalten. 

Doknment  (lat.),  Urkunde,  als  Beweis 
einer  Tliatsache  dienendes  Schriftstück; 
doknmentiren ,  durch  Urkunden  beweisen. 

Dolee  (ital.,  spr.  doltsche),  sauft,  lieblich; 
dolciuimo ,  sehr  sanft. 

Doloe  tkr  niente  (ital.,  spr.  Doltsche-), 
das  süsse  Nichtsthun,  Müssiggang. 

Dolch   (Stilet),    Stosswaffe,   zwei-   oder 


dreischneidig,  6—18"  1.,  im  Mittelalter  von 
Rittern  und  Knappen  unter  dem  Namen 
Misericorde  im  Gürtel  geführt,  noch  bis 
ins  17.  Jahrh.  zur  Zierde  getra^^en. 

Dolci  (spr.-tschi),  Carlo,  her.  Maler  der 
florent.  Schule,  geb.  25.  Mai  1616  zu  Florenz, 
t  17.  Jan.  1686.  Seine  zahlr.  Werke  (meist 
Madonnen  u.  Heilige)  durch  eigeuthünülche 
Milde  und  Zartheit  ausgezeichnet. 

Dolcian,  Holzblasinstrument,  aus  dem 
der  Fagott  entstanden  ist;  Orgelstimme. 

Dolde  (Umbella),  in  der  Botanik  Blüthen- 
staud,  bei  welchem  dieBlüthenstiele  aus  dem 
Endpunkt  der  Spindel  entspringen  und  die 
BlQthen  fast  in  einer  Ebene  liegen  (Allium). 
Sind  die  Blntheustlele  der  einfachen  D. 
wieder  doldenartig  getheilt,  so  entsteht  die 
doppelte  D.,  deren  einzelne  D.n  D^ldchen 
heissen  (die  meisten  Umbelliferen).  Dolden- 
traube,  Blüthenstand ,  bei  welchem  die  der 
Länge  nach  aus  der  Spindel  entspringenden 
Blüthenstiele  in  einer  Ebene  endigen  (Rhodo- 
dendron). Bei  der  Trugdolde  entspringen 
2  oder  mehr  Aeste  zugleich  aus  der  Spitze 
der  Spindel,  theilen  sich  dann  dichotom 
oder  trichotom,  immer  mit  einer  Blüthe  in 
der  Mitte,  welche  aber  tiefer  steht  als  die 
übrigen  in  einer  Ebene  liegenden  Blütheu 
(Euphorbium). 

Doldenhom,  Schweiz.  Alpengipfel,  auf  dem 
Nordkamm  des  LauterbrunjientbaU,  11,228' h. 

Döle  (spr.  Dohl),  Industriestadt  im  fr».ii%. 
Depart.  Jura,  am  Doubs ,  11,093  £w. ;  röm. 
Alterthümer.  Im  Krieg  von  1870  einige 
Zeit  Hauptquartier  Gai'ibaldis,  bis  es  21. 
Jan.  1871  nach  leichtem  Gefecht  von  einem 
Theil  des  werderscheu  Corps  besetzt  wurde. 

Dolente  (lat.),  traurig,  kläglich. 

Dolerlt  C6a«aUMC&er  Grümtein,  Anamegit), 
Felsart,  meist  kleinkörniges  Gemengte  von 
Labrador,  Aug^t  und  Magneteisenerz,  auch 
Kalk-  und  Eisenspath,  oft  sehr  feinkörnig 
und  dem  Basalt  sehr  ahnlich;  weit  ver- 
breitet in  den  basaltischen  Distrikten,  liefert 
gute  Pflastersteine. 

DolgorakiJ  (Dolgorukoto),  Pater  Wladitai- 
rowitach,  Fürst,  russ.  Schriftsteller,  sehr. 
,Notice  snr  les  principales  familles  de  la 
Russie*  (2.  Aufl.  1847),  ein  russ.  Adels- 
lexikou  (1854—57,  4  Bde.),  in  Frankreich 
,V6rit6  sur  la  Russie*  (1860),  deshalb  mit 
Konfiskation  seiner  Güter  und  ewigem  Exil 
bestraft ;  ward  1861  in  einen  Yerlenmdangs- 
prozess  mit  dem  Fürsten  Woronzow  ver- 
wickelt, der  für  ilin  ungünstig  endete,  lebte 
dann  in  Brüssel  und  in  England. 

Dollar,  span.-mexikan.  Weltmünze,  der 
ältere  Peso  duro  (Silberpiaster)  Spaniens, 
Central-  und  Südamerikas,  sowie  des  heu- 
tigen Mexiko,  =  5,43  Frcs.  =  1  Thlr.  14  Sgr. 
In  den  engl.  Kolonien  gesetzlich  =  50  Pence, 
doch  stellt  sich  sein  Zahlwerth  höher.  Vgl. 
1^90.  In  den  Verein.  Staaten  Goldmnnse  a 
10  Dimes  =  100  Cents  =:  5,254  GoldCrcs.  = 
1  Thlr.  12  Sgr.  lOa/t  Pf. 

Dollart,  Bucht  der  Nordsee,  zwischen 
Ostfriesland  und  der  holl.  Prov.  Groningen, 
in  welche  die  Ems  mündet,  2V9  H.  tief, 
l^k  M.  breit;  1277  durch  Eindringen  des 
Meeres  entstanden. 


DoUond  —  Dominikaner. 


519 


Dollondy  John,  engl.  Optiker,  geb.  10.  Juni 
1706  zu  Spitalfields,  bis  1752  Seidenweber, 
gründete  dann  mit  seinem  Sohne  Peter 
eine  optische  Werkstatt;  f  30.  Nov.  1761  in 
London.  Erfand  1757  die  achromat.  Fern- 
rohre.   Biogr.  von  Kdly  (1808). 

Dolmft-Baghtsche.  Ort  bei  Konstantinopel, 
am  Bosporus,  mit  oommersitzen  der  frem- 
den Gesandten  und  vornehmen  Tnrkon, 
bes.  prächt.  Palast  des  Sültnns  (seit  1847). 

Dolman,  mit  Schnüren  und  Knöpfen  be- 
setzte Jacke,  urspr.  Thell  der  ungar.  Na- 
tionalti'acht,  Husarenuniform. 

Dolmen  (breton.,  d.  I.  Steintische),  Denk- 
mäler an  der  franz. -atlant.  Küste  aus  vor- 
histor.  Zeit,  bestellend  aus  3  —  4  aufrecht 
gestellten,  nubeliauenen  Steinblöcken,  die 
eine  grosse  Steinplatte  tragen;  vielleicht 
Grnbdenkmäler. 

Dolmetschen,  mündlich  übersetzen;  Dol- 
metsch  oder  Dolmetscher,  Uebersetzer,  Aus- 
leger,  GesprachsvermittlfT. 

Dolomit  (Mautentpaih,  Braun-,  Bitterapath, 
BUterkalk) ,  Mineral  aus  der  Klasse  der 
v^asserfteien  Haloi'de,  farblos,  fl-^ischfarben 
(Perlspath) ,  grün  (Aliamlt) ,  zu  Traversella, 
im  Cliloritschiefer  der  Alpen,  ini  Anhydrit 
und  Gyps,  fein  znckerkörnig  als  salinischer 
D.  in  den  Alpen,  sehr  feinkörnig  und  dicht 
als  Breccit,  stanbartig  als  Asche  im  thüring. 
Zechsteingebirge.  Massig  und  geschichtet 
in  grotesken  Felsbildungen  u.  höhlenreich 
(Liebenstt*in ,  frank.  Schweiz,  Schwaben, 
Tirol).  Ausgedehnt  treten  dolomit.  Kalk- 
steine, Mergelkalke  und  Mergel  auf.  Kry- 
stalliiiisuh  körniger  D.  wurde  als  Statuen- 
marmor benutzt,  derber  fester  D.  dient  als 
Mauerstein,  manche  Arten  zu  Cäment,  sehr 
reiner  D.  zur  Darstellung  von  Magnesia- 
salzen. Genannt  nach  dem  franz.  Geologen 
Dolovtieu  (geb.  1750,  f  1801). 

Dolor  Hat.),  Schmerz. 

Dolat  (l<^t.),  jede  wissentlich  widerrecht- 
liche Handlung,  im  Gegensatz  zu  Culpa 
oder  Fahrlässigkeit;  im  Strafrecht  der 
widerrechtliche,  speciell  auf  Begehung 
eines  Verbrechens  gerichtete  Wille  (doloses 
Verbrechen),  im  Givilrecht  absichtl.  wider- 
rechtliches Handeln,  z.  B.  bei  Verträgen. 

D.  0.  H.)  abbr.  für  Veo  optimo  mazimo 
(lat.),  d.  h.  dem  besten  höchsten  Gott  (ge- 
weiht), röm.  Tempel inschrfft. 

Dom  (pnrt.,  spr.  Dong),  s.  v.  a.  Don. 

Dom  (Domkirche,  mittelhochd.  tuom, 
später  Thum,  Thumb),  Kirche,  an  welcher 
ein  Bischof  höchster  Geistlicher  ist,  dann 
überh.  s.  v.  a.  Haupt-  oder  Kathedralkirche; 
neuerlich  auch  s.  v.  a.  Kuppelkirche. 

Domänen  (v.  lat.  dominium,  d.  i.  herr- 
schaftliches Gut),  im  AUgem.  Grundstücke 
(auch  nutzbare  Rechte),  deren  Ertrag  zu 
den  Staatseinkünften  gehört  und  ganz  oder 
theilweise  zu  Bestreitung  der  Staatsbedfirf- 
nisse  verwendet  wird,  früher  Kammergüter, 
jetzt  &aaisgüter  genannt,'  verschiedenen 
Ursprungs,  zum  geringeren  Theile  nach- 
weisbares Eigenthnm  der  fürstl.  Familien, 
meist  als  Staatseigenthum  zu  betrachten 
und  von  den  landesherrlichen  Privat-  und 
Schatullgütern  zu  unterscheiden,  hlnsichtl. 


ihrer  rechtlichen  Natur  namentlloh  in  den 
deutschen  Kleinstaaten  bis  auf  die  neueste 
Zeit  strittig,  hier  entweder  den  Dynastien 
als  unveräusserliches  Privatelgenthum  vor- 
behalten, oder  nach  bestimmten  Quoten 
zwischen  der  Dynastie  und  dem  Staate  ge- 
theilt,  oder  in  Betreff  der  Revenuen  gans 
dem  Staate  zugewiesen,  doch  unter  Vor- 
behalt  des  fUrstl.  Eigenthumsrechts,  in  den 
grösseren  Fltaaten  (Preussen)  reines  Staats- 
gut, das  nicht  ohne  Zustimmung  der  Landes- 
vertretung und  nur  zu  Befriedigiiug  all- 
gemeiner StaatsbedQrfuisse  mit  Schulden 
belastet  oder  veräussert  werden  darf. 

Domeniehino,  Maler,  s.  Zampieri. 

Domesdnybook  oder  Doomsdaybook  (engl., 
spr.  Dnhmsdehbuck) ,  eines  der  ältesten 
engl.  Rechts-  und  Gesohichtsdeukmale, 
enthält  die  Ergebnisse  einer  Statist.  Auf- 
nahme der  Grafschaften,  Hundrede  etc., 
welche  Wilhelm  der  Eroberer  (1086)  be- 
werkstelligen lies<i;  herausg.  1783  in  2  Folio- 
bänden,  mit  2  Supplementen,  1861. 

Domestikation  (lat.),  Zähmung  wilder 
Thlere  zu  Hausthieren. 

DomiceUaren  (lat.),  früher  Name  der 
jüngeren  Kanoniker. 

Domicil  (lat.),  Wohnort,  Ort,  wo  sich 
Jemand  aux  die  Daner  aufhält.  Daher 
domidliren,  an  einem  Orte  wohnhaft,  sess- 
haft  sein.  Bei  Wechseln  Bezeichnung  eines 
andern  Zahlungsorts  als  der  Wohnort  des 
Bezogenen.    Vgl.  Weeheel.         [röm.  Damen. 

Domina   (lat.),    Herrin,    Ehrentitel    der 

Dominante  (lat.,  chorda  dominans) ,  herr- 
schender Ton,  die  5.  Stufe  (Quinte)  einer 
Tonart;  Oberdominante  (oder  schlechtweg D.), 
wenn  vom  Grundton  aufwärts)  (z.  B.  von 
G  auf  G),  Unter-  oder  Subdominante,  wenn 
abwärts  gezählt  wird  (von  G  auf  F).  Domi- 
nantakkord, jeder  auf  der  D.  basirte  Akkord, 
insbeij.  der  Septimenakkord  (g  h  d  f). 

Domination  (lat.),  Herrschaft. 

Domingo,  s.  San  Domingo. 

Dominica  (lat.,  näml.  dies,  Tag),  Tag  des 
Herrn,  der  Sonntag.  Dominicum,  Kirchen- 
vermds:eu,  auch  dl»  Kirche  selbst.^ 

Dominica.  Insel  der  kleinen  'Antillen, 
13,7  QM.  und  25,666 Ew.  (kaum  1000  Weisse); 
im  Innern  gebirgig,  reicli  an  kostbaren 
Hölzern  (Rosenholz),  Boden  sehr  fruchtbar, 
Klima  ungesund.  1493  von  Golumbus  ent- 
deckt, seit  1759  englisch  (1778  —  83  im  Be- 
sitz der  Franzosen). 

Dominicas  (Domingo)  de  Gnzman,  Stifter 
des  Dominikanerordens,  1170  zu  Galarveja 
in  Altkastilien  geboren,  seit  1199  Kanonikus 
zu  Osma,  kam  mit  seinem  Bischof  1205  zu 
Bekehrung  der  Albigenser  nach  Südfrank- 
reich ;  t  1^1  2U  Boloama ;   1233  kanouisirt. 

Dominikaner  oder  Predigermonche  (Fra- 
tres  praedicatores) ,  von  Duminicus  de  Guz- 
man  1215  zu  Toulouse  gestifteter,  1216  von 
Papst  Honorius  IH.  bestätigter  Mönchs- 
orden, Bettelorden  für  Predigt  n.  Seelsorge 
im  Volke,  nahm  die  etwajf  modiftcirte  Regel 
Augustins  an ,  erhielt  das  Privilegium, 
überall  zu  predigen  und  Beichte  zu  hören, 
gewann  schnell  grossen  Einfluss,  bes.  furcht- 
bar  durch   dio  ihm  1238  von  Gregor  IX. 


520 


l)ominikat  —  Donau. 


übertrAgene  Inquisition,  thellte  mit  den 
I'rancivkaneru  die  Herrschaft  an  den  Höfen 
und  über  das  Volk,  aählte  im  18.  Jahrb. 
noch  über  1000  Klöster,  in  45  Provinsson 
nnd  12  Kongregationen,  blüht  Jetzt  noch 
im  Oeaterreichischen,  in  Frankreich,  Italien, 
in  der  Schweiz  nnd  in  Amerika.  Ordens- 
kleidung weiss  mit  schwarzem  Mantel  und 
schwarzer  spitziger  Kapuze.  Die  schon  1206 
▼on  Domlnicus  gestifteten  Dominikanerinnen 
folgen  ders.  Begel ,  zählen  aber  Jetzt  nur 
noch  wenige  Klöster. 

Dominikat  (lat.),  Herrenbof.  [haben. 

Dominiren  hat.) ,  herrschen,  den  Vorzug 

Dominliun  (lat.),  Haasregiment;  Elgen- 
thnm,  insbes.  Kittergut. 

Domino  (ital.,  d.  i.  Herr,  insbes.  Geist- 
licher) ,  sonst  in  Italien  und  Spanien  Name 
dtts  grossen,  mit  Kapuze  versehenen  Winter- 
kragens der  Geistlichen;  später  als  Maskem- 
tracht  seidener  Mantel  mit  weiten  Aermeln. 

Dominus  (lat.),  Herr,  Gebieter. 

Dominng  ac  Bedemtor  noster  (lat.),  d.  i. 
Unser  Herr  und  Erlöser,  Breve  des  Papstes 
Clemens  XIV.  Tom  21.  Juli  1773,  wodurch 
er  den  Jesuitenorden  aufhob ,  der  von 
Pius  VU.  durch  die  Bulle  ,Sollicitado  om- 
uium  ecclesiarum*  vom  7.  Aug.  1814  wieder- 
hergestellt ward. 

Dominus  TObiscnm  (lat.),  der  Herr  sei 
mit  Enchl  Gruss  des  kathol.  Priesters  an 
das  Volk  beim  Beginn  des  Altardienstes, 
worauf  Chor  und  Gemeinde  antworten:  Et 
cum  spiritn  tuo  (Und  mit  deinem  Geiste). 

Domitiana  quaestio  (lat.),  domitiauische 
Frage,  d.i.  eine  albei*ne,  Frage,  nach  dem 
röm.  Rechtsgelehrten  Domitius  Labeo. 

Domitianus^  Titus  Flavius,  röm.  Kaiser, 
zweiter  Sohn  des  Kaisers  Yespasianus,  geb. 
24.  Okt.  51  n.  Clir.  zu  Rom,  bestieg  13. 
Sept.  81  nach  seines  Bruders  Titus  Tode 
deu  Thron,  grausamer  Tyrann,  focht  un- 
glückl.  gegen  die  Katten  (84),  gegen  Dece- 
balus  von  Dacien  (86  —  91),  räumte  seine 
eignen  Blutsverwandten  aus  dem  Wege; 
18.  Sept.  96  von  seiuem  Freigelassenen  Ste- 
phanus  einnordet.  Vgl.  Imhof,  ,T.F.  D.*,  1857. 

Domkapitel,  das  Kollegium  der  Stifts- 
oder Domheri'en  an  einer  bischöfl.  Kirche, 
berathet  den  Bischof  in  wichtigen  Kirchen- 
angolegenheiten ,  führt  bei  Abwesenheit 
oder  nacli  dem  Tode  desselben  die  Regierung 
des  Stifts,  wählt  den  neuen  Bischof.  Die 
Domherrenstellen,  nach  und  nach  in  Sine- 
kuren für  den  stiftsfähigeu  Adel  ausgeartet, 
werden  neuerl.  ohne  Bücksicht  auf  adelige 
Herkunft  nur  an  kirchl.  Befähigte  verliehen. 

Domleschg,  Theil  des  Hinterrbeinthals 
in  Graubünden,  unterhalb  Tusis,  2V3  St. 
lang,  bis  >/«  St.  breit,  mit  22  Dörfern,  zahlr. 
Burgruinen  und  über  6000  Ew. 

Domnus  (lat.),  s.  v.  a.  Dominus. 

Donipfaffe,  s.  Gimpel. 

Domremy  la  Pucelle  (spr.  -Püssell),  Dorf 
im  franz.  Depart.  Vogescn,  bei  Neufchateau, 
au  der  Maas,  380  Kw.;  Geburtshaus  der 
.Tungfrau  von  Orleans  (jetzt  Mädchenschule). 
Statue  derselben  (seit  1843). 

Domschulen  (SUftsschulen),  im  Mittelalter 
die    bei    den  Domstifteru  oder  Kathodral- 


kirchen  bestehenden  und  von  Klerikern 
geleiteten  Schulen;  noch  Jetzt  Name  der 
Gymnasien  in  einzelnen  Städten. 

Don,  1)  (im  Alterth.  Tanais)  FInss  im  südl. 
Russland,  entspr.  südöstl.  von  Tula  ans 
einem  kleinen  See,  fliesst  in  südöstl.  Rich- 
tung, nähert  sich  der  Wolga  bis  auf  8  M., 
wendet  sich  gegen  SW.  über  Nowo-Tscher- 
kask,  Rostow  und  Asow,  mündet  unweit 
Taganrog  ins  asowsche  Meer;  236  M.  ]., 
Stromgebiet  etwa  10,500  QM.  Hauptneben- 
flüsss  rechts:  Donez  und  Sosna,  links: 
Woronesch,  Ghoper,  Manytscli.  —  2)  D.  (spr. 
Dann)  Fluss  in  der  schott.  Grafsch.  Aber- 
deen,  mündet  in  die  Nordsee,  16  M. 

Don  (span.,  port.  Dom,  v.  lat.  dominus). 
in  Spanien  und  Portugal  Titol,  welchen  der 
Adel  dem  Taufnamen  vorsetzt.  Feniin.  Dona, 
Donna. 

Donar,  deutscher  Gott,  Gebieter  über  Wol- 
ken und  Regen,  der  sich  durch  Blitz  und 
Donner  ankündigte.    Vgl.  Thor. 

Donateiio  (eigentl.  Donato  dt  Betto  Bardi), 
ital.  Bildhauer,  geb.  1383  zu  Florenz,  f  das. 
1466.  Einer  der  Mitbegründer  der  moderuen 
Kunst  in  Italien.  Seine  zahlr.  Figuren  zoich- 
neu  sich  durch  kraft-  und  lebensvolle  Na- 
türlichkeit aus.    Vgl.  Semper,  ,D.%  ltf70. 

Donatio  (lat.) ,  Schenkung;  D.  ad  pia* 
causa»,  Schenkung  zu  milden  Zwecken;  D. 
inter  vivoe,  Schenkung  unter  Lebenden;  D. 
mortis  causa,  Schenkung  auf  den  Todesfall. 
Donator,  Donatrix,  der  oder  die  eine  Schen- 
kung macht.  D.  Oonstantini  Magni,  die 
augcbl.  SchenkungKaiser Konstantins  d.  Gr., 
nach  welcher  er  dem  päpstl.  Stuhle  Koni 
uud  den  Kirchenstaat  verliehen  haben  soll. 

Donatirgelder ,  geschenkte  Beisteuer,  iu 
manchen  deutschen  Territorien  die  geringen 
Geldleistungen  der  Rittergüter  statt  der 
früher  gestellten  Hitterpferde. 

Donatus  (lat.),  Laienbruder. 

DonatoSy  Aelins,  röm.  Grammatiker  nnd 
Kommentator,  um  S55  n.  Chr.  zu  Rom. 
Seine  Schriften  ,De  literis,  syllabis  etc.', 
,De  octo  pai'tibus  orationis'  u.  a.  dienten  ini 
Mittelalter  als  lat.  Grammatik  heim  Unter- 
richt; daher  Donat,  s.  v.  a.  latein.  Grammatik. 

Donau  (lat.  Danubius,  Ister,  ungar.  Duna). 
nächst  der  Wolga  der  grössto  Strom  Euro- 
pas, entsteht  am  südöstl.  Abhang  des 
Schwarzwaldes  bei  Donaueschingen,  ans 
der  Vereinigung  der  Biege  und  Brigaeh, 
fliesst  in  ihrem  Oberlaufe  über  Sigmariugen 
und  Ulm  (wo  sie  schiftbar  wird) ,  dann  in 
östl.  Richtung  durch  Bayern  über  Donau- 
wörth, Neuburg,  Ingolstadt  und  Regensburg 
(nördlichster  Punkt)  bis  Passau,  tritt, 
nachdem  sie  auf  österr.  Gebiet  ein  romant. 
Thal  durchströmt  hat,  oberhalb  Wien  in 
die  uiederösterr.  Tiefebene,  weiterhin  uacli 
dem  Durchbruch  des  Leithagehirgs  in  das 
oberungarische  Tiefland  und  geht  aus 
diesem  bei  Waizen  in  das  niedeningar. 
Tiefland  über ,  das  sie,  erst  gegen  S.  (über 
Ofen  und  Pesth,  Semliu  und  Belgrad),  dann 
wieder  gen  O.  gewendet,  bis  zum  ,ei3erncn 
Thor'  (Diirchbruch  bei  Oi'sowa)  durcliströmt. 
Hier  ihren  Uuterlauf  beginnend,  fliesst 
sie  in   einem   südl.  Bogen    auf  der  Greu::^ 


l)önau6Bcliin|eii  —  Donlier. 


521 


der  Walachei  Und  Bulgare!  >  über  Widdin, 
Nikopoli,  Kusclitschuk,  Silistria,  Braila  bis 
GalacB  (bis  liieher  für  Seeschiffe  fahrbar), 
uimmt  hier  wieder  ihre  östl.  Bichtang  an. 
bildet  ein  niederes  Deltaland  (von  47  QM.) 
und  möndet  endlich  in  3  Hauptarmen: 
Kilia,  Sulina  (die  Schifffahrtsstrasse)  und 
Goorgiewska  in  das  schwarze  Meer.  Iiäuge 
394  QM.,  Stromgebiet  14,500  QM.  Haupt- 
nebenflüsse  rechts:  Hier,  licch,  Isar,  Inn, 
Traun,  Enns,  Drau,  Sau,  Morawa;  links: 
Wörnitz,  Altmühl,  Naab,  Regen,  March, 
Waag,  Neutra,  Gran,  Theiss,  Temes,  Aluta, 
Sereth,  Pruth.  —  Die  BchifffahH  der  D., 
bei  Ulm  beginnend,  aber  erst  von  Wien  an 
bedeutend,  ist  häufig  durch  Stromschnellen 
und  den  Wechsel  des  Fahrwassers  er- 
schwert, überhaupt  der  ganze  Strom  viel 
weniger  entwickelt  als  der  Rhein.  Keuer- 
tliugs  bed.  Kon'ektionsbauteu  in  Bayern  u. 
Oesterreich.  Die  Mündungen  der  D.  stehen 
(seit  dem  pariser  Frieden  1856)  den  Schiffen 
nller  Kationen  offen  und  unter  dem  Schutze 
des  europ.  Völkerrechts.  Dampfschifffabrt 
seit  1830.  Die  k.  bayer.  Donaudampfschiff- 
falirtsgesellschaft  ging  1862  an  die  österr.  Ge- 
sellschaft über,  deren  Dampfer  gegenwärtig 
den  FInss  von  Ulm  bis  Galacz  befahren.   ' 

Donftueschingen ,  Stadt  im  bad.  Kr.  Yil- 
lingen,  am  Zusammenfluss  der  Brege  und 
Brigach  (Quellflüsse  der  Donau),  Residenz 
des  Fürsten  von  Fürstenberg,  3164  Ew. 

DonaufUrgtenthünier,  gewöhnliche  Be- 
zeiclinnng  für  Moldan  und  Walachei. 

Bonaokreis,  der  südöstlichste  der  4  Kreise 
Würtembergs,  den  grössten  Theil  der  Alp 
umfassend  und  bis  zum  Bodensee  reichend, 
113,8  QM.  und  427,280  Ew.  (63o/o  protest., 
36?/o  kathol.);  meist  Ackerland,  im  S.  auch 
"Weinland;  fast  3  QM.  ergiebiger  Torfboden. 
16  Oborämter. 

Bonanmoos,  mooriger  Landstrich  inObor- 
bayern,  südl.  von  Ingolstadt,  7  M.  lang,  t>is 
IVa  M.  br.;  in  seinem  westl.  Theile  schon 
seit  1796  urbar  gemacht.  —  Donauried,  ähnl. 
Landstrich,  unterhalb  Ulm  von  Gundelfiugen 
bis  zum  Lech  sich  erstreckend,  9M.  1.,  bis 
1  M.  br.,  grossentheils  entsnmpft. 

Donaustanf;  Marktfl.  in  der  bayer.  Ober- 
pfalz, an  der  Donau,  1003  Ew. ;  fürstl.  thurn- 
nnd  taxissches  Schloss,  in  der  Nähe  die 
lininen  der  Veste  Stauf  und  die  Walhalla. 

Donauwörth  9  Stadt  im  bayer.  Kegbz. 
Schwaben,  am  Einflüsse  der  Wörnitz  in  die 
Donau  und  an  der  nürnberg-augsburger 
Eisenbahn,  3559  Ew.;  Schloss  des  Fürsten 
von  Wallerstein  (vormals  Abtei  Heiligkreuz), 
bis  1606  freie  Reichsstadt.  Im  13.  Jahrh. 
Kesidcnz  der  Herzöge  von  Oberbayem. 

Don  BenItO)  Stadt  in  der  span.Prov.  Ba- 
dajoz,  am  Guadiana,  14,800  Ew. 

Doncaster  (spr.  Dönnkäst'r),  Stadt  in  der 
engl.  Grafsch.  York,  am  Don,  16,406  Ew. 

Donegal  (spr.  Dönigahl),  Irland.  Grafsch., 
Prov.  Ulster,, am  atlant.  Ocatm  (DQnegalbai) 
87,6  QM.  (70  ohne  Kultur)  und  236,859  Ew. 
Hnnptort  LifTord. 

Dones,  Nebenflnss  des  Don  in  Russland, 
dnrchfliesst  dasLand  der  douischen  Kosaken ; 
U5  M.  lang. 


Dongola^  Landsch.  in  Xubien,  £u  beiden 
Seiten  des  Nil,  30  M.  weit  von  Tumbus  bis 
Dschebl  Döka  reichend,  fruchtbare  Ebene; 
früher  selbständigstes  Reich.  Die  Hauptst.  D. 
el  Urdu  (Keu-D.,  auch  Mardkah),  20,000  Ew., 
ein  blühender  Ort  mit  wohlversorgten  Ba- 
zars.  14  M.  weiter  oberhalb  D.-i4(j'0M«  (AU- 
D.),  die  einstige  Hauptst.  des  ifeic/wD.,  jetzt 
ganz  in  Ruinen. 

Donizetti^  Gaetano,  ital.  Opernkomponist, 
geb.  25.  Sept.  1797  zu  Bergamo ,  Schüler 
Simon  Mayrs,  machte  zuerst  1828  mit , Anna 
Bolena*  in  Neapel  Aufsehen  ,  der  er  noch 
einige  30  Opern  folgen  Hess,  lebte  in  den 
letzten  Jahren  abwechselnd  in  Paris  und 
Mailand,  verfiel  1847  in  Geistesschwäche;  | 
8.  April  1848  zu  Bergamo  (Denkmal).  Beste 
Werke:  ,Elisir  d'amore',  »Lucrezia  Borgia' 
und  ,Lucia  dl  Lftmmermoor',  bes.  durch 
Melodienreichthum  ausgezeichnet. 

DonJon  (fr.,  spr.  Dongschong),  urspr.  der 
Haupttliurm  der  alten  Burgen;  in  der  neue- 
ren Fortifikation  ein  zur  Vertheidigung  ein- 
goiichteter  Festungsthurm ;  auch  kleiner 
Pavillon  oder  Thurm  auf  Wohngebäuden, 
zur  Aussicht  dienend. 

Don  Juan  (spr.  Don  Chuan),  Held  einer 
altspan.  Sage,  die  der  Faustsage  des  Nor- 
dens entspricht.  Juan  Tenorio,  Zeitgenosse 
Peters  des  Grausamen  von  Kastillen,  nacli 
And.  Karls  V.,  sucht  nach  vielen  Frevel- 
thaten  die  Tochter  eines  Gouverneurs  (Kom- 
thurs)  von  Sevilla  zu  entführen,  tödtet  den 
zu  ihrer  Rettung  herbeieilenden  Vater  im  , 
Zweikampf,  lädt  dann  die  diesem  errichteto 
Statue  zum  Gastmahl,  wird  von  dem  wirkl. 
erscheinenden  steinernen  Gaste  der  Hölle 
überliefert.  Die  ächteD. -J.-Sage  wurde  zu- 
erst vonGabr.Tellez  (Tirso  de  Molina)  dramat. 
bearbeitet  (deutsch  von  JBraunfels  in  üapps 
,Span.  Tlieater*  1870).  Nach  1620  auf  die 
ital.  Bühne  und  mit  dieser  nach  Frankreicli 
vorpflanzt,  wurde  sie  hier  di*amat.  von  Vil- 
liers,  Moliere  (,D.  J.,  ou  Je  festin  de  pierre*, 
1665)  und  Dumesnil  (,Le  festin  de  pierre,  on 
rath6e  foudroyö*,  1669)  behandelt.  Die  span. 
Ueberarbeitung  des  tellezschen  Stücks  von 
Antonio  de  Zamora  liegt  den  spätem  ital. 
Bearbeitungen  und  Mozarts  Opemtext  von 
Lorenzo  Daponte  zu  Grunde.  Dramat.  in 
Deutschland  bearbeitet  von  Grahhcy  Braun 
von  BraimihaX,  Lenau  u.  A.;  in  Fi'ankreich 
von  A.  Dumas  (1836);  in  Spanien  von  Zorilla 
(1844;  deutscli  von  de  Wilde  1850).  Byrons 
,D.  j.'  hat  mit  der  Sage  nur  den  Namen 
gemein.  Vgl.  Scheible,  ,Kloster*,  Bd.  3, 
Abth.  2,  1846.  [reich. 

Don  Juan  d'Austria^  s.  Johann  von  Oester- 

Donna,  s.  Don. 

Donna-Fraucisca  (Joinville),  deutsche  Ko- 
lonie in  derbrasil.  Prov.  Sta.  Oatharina,  mit 
den  Städtchen  Joinville  und  Annaberg,  1850 
von  einer  hamburg.  Aktiengesellschaft  ge- 

Donner,  s.  Gewitter.  [gründet.« 

Donner,  1)  Georg  Raphael,  Bildhauer,  geb. 
1695  zu  Esslingen  (Unterösterr.),  flß-^ehr. 
1741  zu  Wien.  Hauptwerke;  der  Neumnrkts- 
brunnen  zu  Wien,  mit  treffl.  Skulpturen, 
Statue  Karls  VI.  im  Belvedere.  —  2)  Joh. 
Jak.  Christian,  Uebersetzeraltklass.  Dichter, 


522 


DonnerbüchBO  —  Doria, 


geb.  10.  Okt.  1799  sa  Krefeld,  lelt  1843  Prof. 
am  Gymnasiam  in  Stuttgart,  lelt  1852  pen« 
sionlrt ;  übers,  den  Sophocles  (6.  Aufl.  1868), 
Euripides  (i.  Aufl.  1858-59),  Aeschylus  (1854), 
Homers  .Iliade'  (8.  Aufl.  1864)  und  ,Odyssee* 
(1858-59),  Aristophanes  (1861),  Pindar  (1860), 
Terenz  (1864),  Piautas  (1864-65);  auch  Ca- 
moens  ,Lu8faden'  (8.  Aufl.  1869).      [Kaliber. 

Ponnerbfichse,  alte  Kanone  von  grossem 

DomierkeUe  9  s.  t.  a.  Belemniten;  auch 
Belle,  Aexte  etc.  aus  der  Steinzeit. 

DonnerlefiOB  (Legio  fulminatrix),  der  Sage 
nach  eine  meist  aus  Christen  bestehende 
Legion  des  röm.  Heeres,  die  im  Markoman- 
neukriege  unter  Kaiser  Marc  Aurel  174  über 
die  Feinde  ein  Gewitter,  den  Römern  einen 
erquickenden  Begen  vom  Himmel  erfleht 
haben  snll. 

DOBnenberg,  1)  Berggruppe  in  Rhein- 
bayem,  bei  Klrchheimbolanden ;  höchster 
Gipfel  der  Köuigsstuhl,  2127'.  —  2)  Berg,  s. 
BÖhmiaches  Mittelgebirge, 

Donnentag  (engl.  Tltursday,  lat.  dies  JoviSy 
franz.  Jeudi),  der  5.  Wochentag,  zu  Ehren 
des  deutschen  Gottes  Donar  oder  Thor  (s.  d.) 
so  genannt.  Grüner  D.  (Dies  viridinm), 
der  D.  In  der  Charwoohe,  so  genannt,  weil 
an  demselben  die  ölTentl.  Büsser  nach  der 
in  der  Fasteuzeit  vollbrachten  Busse  von 
ihren  Vergehen  losgespi'ochen  und  als  Süu- 
denlose  (virides)  wieder  in  die  Gemeinschaft 
der  Christen  aufgenommen  wurden. 

Don  Qnixote  (span.,  spr.  -Kichote),  Held 
des  her.  Romans  von  Cervantes,  Karikatur 
eines  fahrenden  Ritters;  daher  s.  v.  a. 
Abenteurer,  Schwärmer,  Prahler. 

Donmu  (lat.),  Geschenk,  Schenkung. 

Doomick.  Stadt,  s.  Tournaff. 

Doppeladler^  Wappen  des  röm. -deutschen 
Kaiserreichs,  anfangs  einköpfig,  zweiköpfig 
zuerst  auf  einer  um  1325  unter  Ludwig  dem 
Bayer  geschlagenen  Münze,  seit  1433  bestän- 
diges Symbol  des  deutschen  Kaiserreich» 
bis  zu  dessen  Verfall,  1846  wieder  als 
deutsches  Bundeszeichen  angenommen,  von 
Oesterreich  beibehalten,  auch  vonRussland 
unter  dem  Czaren  Iwan  Wassilje witsch  an- 
genommen. Beim  deutschen  D.  sind  Schna- 
bei  und  Fänge  golden,  beim  russ.  roth. 

Doppelgänger,  Art  zweites  Geslclit,  krank- 
hafte (Jeberspannung  der  Einbildungskraft, 
infolge  deren  Jemand  seine  eigene  Person 
zu  sehen  glaubt. 

Doppelhaken,  die  starken,  41/9—6'  langen 
Feuergewehre,  welche,  auf  einem  Gestell 
ruhend,  bis  16  Loth  Blei  schössen,  im  14. 
Jalirh.  fast  zugleich  mit  den  Handröhi*eu 
erfanden  n.  bes.  im  Festnugskrieg  gebraucht. 

Doppellaut,  s.  v.  a.  Diphthong. 

Doppelsalae,  Verbindungen  zweier  Salze 
mit  einander,  z.B.  Alaun  =  schwefelsaures 
Kali  mit  schwefelsaurer  Thonerde,  Blnt- 
laugensalz  ==  2  At.  Cyankalium  mit  1  At. 
•Eisen  cyanür. 

Doppeigpath,  s.  Kalkspath. 

Doppelsteme,  s.  Fixuteme. 

Doppia  (ital.),  ital.  Goldmünze,  früher  von 
verschiedenem  Werthe ;  die  -Mue  D.  =  20 
Lire  =  5  Thlr.  Gold.  [pelte  Bewegung. 

Doppio (ital.),  doppelt.   D.movimento,  dop- 


Dora  Balten»  Kebenfl.  des  Po  in  Piemont, 
entspr.  am  Montblanc,  tritt  bei  Ivrea  in 
die  Ebene,  mündet  5  M.  oberhalbTurin ;  21 M. 

Dora  d'Istrin,  Gräfin,  s.  Ohika,  Heiene. 

Dorage  (fr.,  spr.  -ähsch),  Dorirung,  Ver- 
goldung; auch  das  Ueberziehei»  des  ordi- 
nären Hutfilzes  mit  feinem  Haare. 

Dora  Bipuaria,  Kebenfl.  des  Po  in  Piemont, 
kommt  vom  M.  Viso,  mündet  bei  Turin;  21  M. 

Dorchester  (spr.  Dahrtschester) ,  Hauptst. 
der  engl.  Grafsoh.  Dorset,  am  Frome,  68i3 
Ew.;  ber.  Alebrauereien.  Dabei  Reste  eines 
gmsseu  röm.  Amphitheaters. 

Dordogne  (spr.  -donj),  Flussim  südirestl. 
Frankreich,  entspr.  im  Depart.  Puy  de  Dome 
am  Mont  d'Or,  aus  den  Quellflüsseu  Dore 
und  Bogne,  vereinigt  sich  unterhalb  Bonrg 
mit  der  Garonne  zur  Gironde ;  61  M.  lang. 
Danach  benannt  das  Depart»  D.,  166,8  QM. 
und  502,673  Ew.    Hauptdt.  Perigaeu. 

Dordrecht,  Stadt,  s.  DortrecM. 

Dore,  Gustave,  franz.  Zeichner  und  Ikfaler, 
geb.  1833,  lebt  zu  Paris.  Bes.  bekannt  als 
Illustrator  poetischer  Werke  u.  als  solcher 
von  ebenso  grosser  Handfertig^keit  als 
reicher  Phantasie,  aber  des  Ernates  und 
der  Tiefe  ermangelnd.  Zu  nennen :  die 
Illustrationen  zu  Perraults  Märchen,  Balzacs 
Erzählungen,  Lafontaini^s  Fabeln,  zum 
Dante,  Don  Quixote,  neuerlich  auch  zum 
A.  T.    Als  Maler  nnbedeutend. 

Dorer  (Dorier),  einer  der  4  Hanptstämme 
der  alten  Griechen,  nach  Doms,  einem  Soline 
Hellens,  genannt,  ursprüngl.  in  Thessulien 
zwischen  Olymp  und  Ossa,  später  auf  Kreta 
(Landsch.  Doris  am  Oeta)  sesshaft,  {ringen 
dann  mit  den  Herakliden  (dorische  Wcmde- 
rung)  nach  demPeloponnes,  wo  sienameutl. 
in  Sparta  herrschten.  Ihr  Stammcharakter 
männlich  streng,  ernst  und  fest ,  wie  auch 
aus  ihrem  Dialekte  und  ihren  Bauwerken, 
z.  B.  der  dor.  Säule  (vgl.  Batihmat),  hervor- 
geht. Vgl.  0.  MiiUer,  ,Die  D.',  2.  Aufl.  1844. 
—  Dorische  Tonart,  die  altgrlech.  Tonreihe 
d  e  f  g  a  h  c  d. 

Dorf,  offener,  nicht  mit  Stadtrecht  ver- 
sehener Ort,  dessen  Bewohner  ausschllessl. 
oder  vorzugsweise  auf  Landwirthschaft  an- 
gewiesen sind.  In  neuerer  Zeit  gibt  es  auch 
iudustiielle  Dörfer,  von  Stadt  noch  streng 
gescliiedou. 

Doria,  altes  Adelsgeschlecht  in  Genua, 
das  unter  seinen  Gliedern  viele  Seefaeldeu 
zählt.  Dorias  befehligten  die  genues.  Flot- 
ten in  den  mittelalterlichen  Kriegen  gegen 
Venedig,  Pisa,  Aragouien,  gegen  Türken  u. 
Barbaresken  und  rangen  mit  den  Spiuola 
und  Fieschi  um  das  Ihincipat  der  Rf^publik. 
Am  berühmtesten  Andrea  D.,  geb.  SU.  Nov. 
1468  zu  Carrascosa  im  Genuesischen,  focht 
erst  gegen  die  Franzosen,  wurde  1524  zum 
Admiral  der  vereinigten  franz.-gennesisclien 
Flotte  ernannt,  ging  1528  zu  Karl  V.  über, 
vertrieb  die  Franzosen  aus  Neapel  und 
Genua  und  befestigte  die  republikan.  Ver- 
fassung Genuas.  Vom  Kaisef  zum  Ober- 
befehlähaber  zur  See  ernannt,  erhielt  er  das 
Fürsteutlium  Melfi,  unterdrückte  die  See- 
räuberei, schlug  1532  die  türk.  Flotte  an  der 
griech.  Küste,  leitete  1535  die  Eroberung  von 


Dorment  —  Dost -Mohammed -Khan, 


523 


Tunis  unter  Karl  V.  und  rettete  1642  vor 
Algier  das  kaiserl.  Heer  vor  g&nzllchem 
Untergang.  Der  Uebermutli  seines  Ne^en 
Gianetlino  D,  veranlasste  die  Verschwöning 
des  Fiesco  (3.  Jan.  1547) ;  f  15.  Nov.  1560. 
Giovcmni  Andrea  D.,  des  ermordeten  Gianet- 
tlno  D.  Sohn,.  ,b«)felillgte  seit  1556  die  in 
span.  Diensten- stehende  genues.  Flotte,  zog 
sich  durch  sein  Verhalten  in  der  Seeschlacht 
bei  Lepanto  (7.  Okt.  1571)  Tadel  sn;  f  1^06. 

Öorment  •  der  Korridorgang  längs  der 
Zellen  in  einem  Kloster. 

Dormeuse  (fr.,  spr.  -möhs),  Kaohthanbe. 

DormItiT  (lat.),  £inschläfei*ungsmittei. 

Dormitory  gigant.  Berggruppe  an  derNord- 
eoke  von  Montenegro,  aas  kahlen  dolomit. 
Nndeln  und  Pyramiden  gebildet,  über  8000' h. 

Dormitorium  (lat.),  Schlafzimmer,  Schlaf- 
saal, bes.  in  Klöstern;  auch  Todtenacker. 

Dom  (lat.  Aculeus) ,  in  der  Botanik  ste- 
chende Wucherung  der  Rinde,  zu  unter- 
scheiden vom  Stachel  (spina),  einem  durch 
Zusammenziehung  in  eine  steife  stechende 
Spitze  verschmälerten  Ast;  der  eiserne 
Stab,  über  welchen  die  Gewehrläufe  ge- 
schmiedet werden. 

Dom,  Heinrick  Luäw.  Edm.,  Musiker,  geb. 
14.  Nov.  1804  zu  Königsberg,  nacheinander 
Kapellmeister  zu  Königsberg,  Leipzig,  Riga, 
seit  1843  in  Köln  Direktor  eines  Gesangver- 
eins, 1849  als  Hofkapellmeister  nach  Berlin 
berufen.  Komponist  (die  Opern  ,Schöffe  von 
Paris*  u.  ,Die  Nibelungen'))  Theoretiker  und 
Kritiker.    Sehr.  ,Aas  meinem  Leben'  (1870). 

Dombim  (Dombim,  Tombiüiren),  industr. 
Flecken  im  tiroler  Kr.  Bregenz,  8444  Ew. ; 
ehedem  Reichsdorf. 

Domborgy  Stadt  im  Grossherzogth.Sachsen» 
Weimar,  malerisch  auf  Felsen  an  der  Saale 
gelegen,  630  Ew.,  3  Schlösser;  schon  937  als 
Stadt  erwähnt,  öfters  Aufentlialt  der  sachs. 
Kaiser  und  Sitz  mehrerer  Reichstage. 

DomgradirliRasery  die  aus  Weiss-  oder 
Schlehdombüudeln  aufgerichteten  Wände, 
über  welche  die  zu  koncentrirende  Soole  in 
feiner  Vertheilung  geleitet  wird,  dienen, 
wenig  modificirt,  als  Lokalitäten  zu  Inhala- 
tionskuren, da  die  durch  den  Wind  zer- 
stäubte Soole  eine  mit  Salz  geschwängerte  At- 
mosphäre erzeugt  (Salzungen,  Reichenhall). 

Dorntaan,  Stadt  im  würtemberg.  Schwarz- 
waldkreise, 1562  Ew.  Mineralquelle  und 
merkw.  Wasserkunst. 

Domlk,  Stadt,  s.  v.  a.  Toumay. 

DontOCll  (spr.  Dahrnöck),  -Hauptst.  der 
{■chott.  Grafsch.  Sutherland,  am  gleichnam. 
Firih,  647  Ew.;  prachtv.  Kathedrale;  einst 
Residenz  der  Bischöfe  von  Gaithness. 

Domstein  9  Inkrustation  auf  den  Domen 
der  Domgradirhänser,  besteht  aus  Gyps, 
kohlensaurem  Kalk,  Eisenoxydul,  Magnesia 
etc.,  dient  znm  Düngen. 

voronleuin  L.  ( Gemnourx),  Pflanzengattung 
der  Kompositen.  D.  Pardalianches  L.  im 
gebirgigen  Deutschland,  gewürzhafte  Wurzel 
früher  offtcinell  (Kraft-,  Schwindel-,  Dorant- 
wnrzel).    Ziorpllanzen. 

Dorp.  Stadt  im  preuss.Regbz.  Düsseldorf, 
Kr.  Solingen,  an  der  Wupper,  9920  Ew. 

Dorpftt  (D'örpt,  Derpt),  Kreisst*  im  mss. 


Gtouvern.  Livland,  reizend  an  der  Embach 
gelegen,  20,780  Ew.  (viele  Deutsche);  lebh. 
Handel,  Universität  (1632  von  Gust.  Adolf 
gestiftet,  ging  1710  ein,  1802  neu  errichtet) 
mit  her.  Bibliothek  und  Sternwarte.  Einst 
ausehnl.  Hansestadt,  flel  1582  an  Polen,  1625 
an  Schweden,  ward  1704  von  Peter  d.  Gr. 
zerstört.  [(dorsnm)  bezieht. 

Dorsil  (lat.),   was  sich   auf  den  Rücken 

Dorsftlieii  (lat.),  Altarbehänge. 

Dorseliy  s.  8ch«Üßsche. 
V  Dorset  Cspr.  Dahrset).   Grafsch.  im  südl. 
England,  am  Kanal,  46 QM.  und  188,651  Ew.; 
Ackerbauland.    Hauptstadt  Dorchester. 

Dorset,  Oharlea  Saokviile,  Graf  von,  engl. 
Dichterund  Staatsmann,  geb.  1637, begleitete 
1665  den  Herzog  von  York  in  den  Krieg 
gegen  Holland,  dichtete  vor  einem  grossen 
Seetreffen  das  auf  der  engl.  Flotte  beliebte 
Lied  ,To  all  you  ladies  now  at  land',  ward 
von  Wilhelm  HI.  zum  Lord-Kämmerer  er- 
nannt; t  1700  KU  Bath.  Seine  Gedichte  in. 
Johnsons  Ausg.  brlt.  Dichter  (1780). 

Dorsten!«  Bum,  (Gifttourxel,  Krautfeige), 
Pflanzengattung  derUrticeen.  D.brasilien- 
sis  L.  in  Brasilien,  D.  Contrayerva  L.  in 
Westindien  und  D.  Houstoni  L,  in  Mexiko 
liefern  die  offlcinelle  Gift-,  Bezoar-  oder  Gon- 
trayervenwurzel,  die  in  der  Heimat  gegen 
Schlaogenbiss  benutzt  wird. 

Dortmund,  Kreisst.  im  preuss.  Regbz. 
Arnsberg,  an  der  bergisch-märkischen  und 
köln.-mindener  Eisenbahn,  33,453  Ew.,  Ober- 
bergamt. Ehemals  freie  Reichs-  und  Hanse- 
stadt, auch  Hauptstuhl  der  westphäl.  Fem- 
gerichte (dortmunder  Freistuhl);  bedeutende 
Eisenwerke,  Maschinen-  und  and.  Fabriken, 
gr.  Werkstätten.  Der  dortmunder  Heceas  10. 
Juni  1609  bezog  sich  auf  den  Jülich-klevischen 
Erbfolgestreit.  Tgl.  FoAfte,  ,Die  Grafschaft 
und  freie  Reichsstadt  D.',  1854  —  58,  3  Bde. 

Dortreeht  (Dordrecht,  Dort),  Stadt  in  der 
niederl.  Prov.  Südholland,  auf  einer  von 
der  alten  Maas,  der  Merwe  und  dem  Bies- 
bosch  gebildeten  Insel,  24,878 Ew. ;  Festungs- 
werke anf  der  Landseite,  Hafen,  Schiffe- 
werfte,  goth.  Kathedrale}  rege  Industrie  u. 
schwunghafter  Handel.  Die  Beschlüsse  der 
dortreehter  Synode  (13.  Nov.  1618  bis  19. 
Mai  1619)  flxirten  den  reformlrten  Lehrbe- 
griff, namentl.  die  .Prädestinationslehre,  in 
streng  calvinischem  Sinne. 

Dos  (lat.),  Mitgift. 

Dos  a  dos  (fr.,  spr.  Dos  ä  doh),  Rücken 
gegen  Rücken  (im  Tanze). 

Dos  d'äne  (fr.,  spr.  Do  dahn),  Eselsrücken ; 
Gewölbebogen  in  Gestalt  eines  Esels. 

Dosis  (gr.),  Gabe,  in  der  Heilkunde  die 
Gewichts-  und  Massmenge  eines  Arznei- 
mittels für  Erwachsene,  von  welcher  ein 
Kind  von  3—7  Jahren  Va»  von  7-— 14  Jahren 
dio  Hälfte  erhält. 

Dosse,  schiffbarer  Nebenfl.  der  Havel  in 
der  Prov.  Brandenburg,  entspr.  an  der  meck- 
lenburger Grenze,  mündet  bei  Vehlgast,  15  M. 

Dossimng,  s.  v.  a.  Böschung. 

Dost-Honammed-Khan)  Beherrscher  von 
Kabul,  geb.  um  1798,  Sohn  Feth-Alis,  des 
Ministers  Timur  Schahs,  Beherrschers  von 
AfghanistaOi  erhielt  naeh  dem  Tode  seines 


524 


Dotalitiutn  —  Draclienblut. 


älteron  Bradelri  Assim-Khan,  der  nach  Ti- 
ihurs  Tode  die  Herrschaft  über  Afghanistan 
an  sich  gerissen,  18S3  Kabul,  ward  1839  als 
Freund  Russlands  von  den  Engländern 
bekriegt  und  musste  sich  denselben  ergeben, 
schloss  18&5  mit  denEngländem  einen  Ver- 
trag, kiiegte  1856  gegen  Persien,  nahm  1863 
Herat  eiu;  f  ^<^i  d.  J. 

I>otalitiiim(lat.),  Leibgedinge,  Witthum. 

Dotation  (tat.),  Ausstattung  mit  Gütern, 
z.  B.  einer  Tochter  bei  der  Verheirathung, 
verdienter  Staatsmänner  und  Feldherren, 
frommer  Anstalten  etc. 

Dotterblmne,  s.  v.  a.  Caltha  palustris. 

Dotzauer,  Justua  Joh.  Fr.,  Musiker,  geb. 
20.  Juni  1783  bei  Uildburghausen ,  1820-60 
erster  Violoncellist  an  der  Hofkapelle  au 
Dresden ;  f  das.  6.  März  1860.  Bedeutender 
Cellist,  auch  als  Komponist  (bes.  für  sein 
Instrument)  und  Lehrer  ausgezeichnet. 

Donane  (fr.,  vom  pers.-arab.  diwan),  Zoll- 
haus, Mauthbureau ;  auch  das  gesammte  zur 
Abwehr  der  verbotenen  Ein-  und  Ausfahr 
und  zur  Erhebung  des  Zolls  angestellte 
Beamtenpersonal  (Douani«r8). 

Donay  (spr.  Duäh,  fläm.  Dauwey),  Festung 
im  franz.  Depart.  Nord,  an  der  Scarpe  und 
dem  Kanal  Sens6e,  24,105  Ew. ;  Universitäts- 
akademie, Artillerieschule,  Kauonengiesse- 
rei,  zahlr.  Fabriken.    Seit  1714  französisch. 

Donay  (spr.  Duäh),  Charlea,  franz.  General, 
geb.  1809,  diente  in  Algier,  wurde  1855  infolge 
seiner  Bravour  beim  Angriff  auf  den  Mala- 
kow  Brigadegeneral,  focht  als  solcher  1859 
bei  Medole  mit  Auszeichnung,  wurde  1869 
Inspektor  der  Schule  von  St.  Cyr,  1870  bei 
Be^nn  des  Kriegs  Kommandant  der  2.  In- 
fanteriedivision; fiel  4.  Aug.  in  der  Schlacht 
bei  Weissenburg. 

Donblette  (fr.),  aus  zwei  Theilen  (Ober- 
und  Unterthell)  zusammengesetzter  geschnit- 
tener Schmuckstein.  Halbächte  D.  mit  Ober- 
theil  aus  Edelstein  und  Unterthell  aus  Berg- 
ki-ystall  oderGlas ;  unächte  aus  Bergkrystall 
und  Glas:  Hohldoublette  aus  Bergkrystall 
und  hohlem,  mit  einer  gefärbten  Flüssigkeit 
gefülltem  Glas.  D.  auch  doppelt  vorhandener 
Gegenstand  in  Bibliotheken,  Kunstsammlun- 

Doublone  (Doblone),  s.  Doblon.      [gen  etc. 

Doobs  (spr.  Duhb),  Nebenfl.  derSaftne  in 
Frankreich,  entspr.  auf  dem  Juragebirg^, 
bildet  im  Kant.  Neufchatel  den  Wasserfall 
Saut  du  D.,  mündet  bei  Verdun,  58  M.  Da- 
nach benannt  das  Depart.  D.,  94,9  QM.  und 
298,072  £w.    Hauptst.  Besan^on. 

Donceor  (fr.,  spr.  Dusöhr),  Ti-inkgeld. 

Douche  (fi*.,  spr.  Dusch),  Bad,  bei  welchem 
das  Wasser  aus  einem  Brausenkopf  auf  den 
Körper  niederströmt.  Auch  ein  starker 
Wasserstrahl  wird  beim  Douchebad  benutzt. 

Doo6  (spr.  Dueh),  Stadt  im  franz.  Depart. 
Main-Loire,  3336  Ew.,  einst  Residenz  der 
aqnitan.  Könige  (Palast  König  Dagoberts). 

Douglas  (spr,  Dögläss),  Hauptst.  der  Insel 
Man  im  Irland.  Meer,  9880  Ew. 

Douze-le-va  (fr.,  spr.Duhs-le-wa),  im  Faro- 
spiel  das  ZwölfTache  des  nrsprüngl.  Satzes. 

DoTBy  Beim:  Wilh.,  ber.  Physiker  und 
Meteorolog,  geb.  6.  Okt.  1803  zu  Liegnitz, 
seit  1829  Prof.  an  der  Universität  zu  Berlin, 


Mitglied  der  Akademie  das.,  yardient  bes. 
um  die  Meteorologie,  Atmosphärologie  und 
Klimatologie,  stellte  das  Geseta  der  Drehung 
der  Winde  auf.  Hauptwerke;  ,Meteoroiog. 
Untersuchungen*  (1837);  ,Üeber  die  nicht 
period.  Aenderungen  der  Temi>eraturver- 
theilung  auf  der  Oberfläche  der  Erde*  (1840 
bis  1859,  6Thle.);  »Temperaturtafeln*  (1848) ; 
,Monatsisothermen*  (1850);  (Verbreitung^  der 
Wärme  auf  der  Oberfläche  der  Erde,  dar- 
gestellt durch  Isothermen  und  Isanomalen* 
(1852);  (Darstellung  der  Wärmeerscheinun- 
gen durch  fünftägige  Mittel*  (1856—63,  2 
Bde.) ;  ,Gesetz  der  Stürme*  (2.  Aufl.  1861) ; 
,Die  Witterungserscheinungeu  des  nördl. 
Deutschlands  1858—63*  (1864).  Ausserdem 
,Ueber  Mas.s  und  Messen'  (2.  Aufl.  1835); 
,  Untersuchungen  im  Gebiet  der  Induktlons- 
elektricität'  ri843);  ,Dai*steIlung  der  Farben- 
lehre* (1853);  ,Optische  Studien*  (1859)  n.  A. 
Auf  seine  Veranlassung  entstand  in  Berlin 
das  königl.  meteorolog.  Institut. 

Dover  (spr.  Duhwer,  das  alte  Duhri$),  be- 
festigte Seestadt  in  der  engl.  Grafach.  Kent, 
zwischen  Kreidebei^eu  an  der  Meerenge  Von 
Calais,  21,321  Ew.;  Hafen  innerhalb  der 
Stadt;  ber.  Seebäder;  stark  freqnentirter 
Ueberfahrtsort  nach  Calais  (4VaM.  entfernt). 
Unfern  der  Shakesp.earefe]seu  (im  ,König 
Lear').  [Opium  u.  Ipecacuanha. 

Doversehes  FalTer,  officiuelle  Mischung:  aus 

Down  (spr.  Dann),  Irland.  Grafsch.,  Prov. 
Ulster,  44  QM.  und  299,866  Ew.  Hauptst. 
Downpatrick,  3085  Ew.,  sehr  alt. 

Doüie  (lat.),  in  Kirchen  das  Gitter  swi- 
schen  hohem  Chor  und  Hauptschiff. 

Doxologie  (gr.),  Lobpreisung  Gottes,  na- 
mentl.  der  Schluss  des  Vaterunser. 

Doxomanie  (gr.),  übermässige  Ruhmsucht. 

Doxosophie  (gr.),  Weisheitsdünkel. 

Doxy  (spr.  -si),  Iteinhart,  Historiker,  geb. 
21.  Febr.  1820  in  Leyden,  seit  1850  Prof.  der 
Geschichte  das.  Bes.  um  die  Aufklärung 
der  span.-arab.  Geschichte  verdient.  .Haupt- 
werke: ,Historia  Abbadidai>um*  (1846  f.,  2 
Bde.);  ,Recherches  sur  l'histoire  politiquu 
et  litt6raire  de  l'Espagne*  (2.  Aufl.  18W); 
Uebersetzungen   histor.  Werke  der  Araber. 

Dracana  L.  (Drachenbaitm,  Drachenpalme), 
Pflanzengattung  der  Asphodeleen.  D.  dracu 
L.,  in  Ostindien,  liefert  Drachenbint.  Ein 
Exemplar  auf  Teneriffa  hatte  45'  Umfang 
und  sein  Alter  wurde  auf  mehrere  tausenil 
Jahre  geschätzt.    Zierpflanzen. 

Drache  (Flattereidechae,  Draco  L.) ,  Gat- 
tung der  Schuppeneidechsen  mit  Flughaut 
und  spitzem  Kehlsack.  Grüner  D.  (D.  volans 
L.),  auf  Java,  lebt  auf  Bäumen  von  Insekten. 

Drache,  Sternbild  am  nördl.  Himmel  swi- 
schea  Copheus,  Hercules  und  Lyra  mit  einem 
Stern  2.  Gr.  und  elf  3.  Gr.  Der  Stei'n  a 
Draconis  wnr  vor  ca.  4600  Jahren  Polarstern. 

Drachenbiut  (Sanguis  Draconis),  dunk^- 
rothbraunes  geschmack-  und  geruchloaes 
Harz ,  in  Alkohol,  Aether,  Oelen  und  Alka- 
lien löslich.  Ostindisches  D.  aus  den  Früch- 
ten von  Calamus  Draco  Willd.,  amerika- 
nisches oder  westindisches  D.  aps  der  ver- 
wundeten Binde  von  Pterocarpus  Draco  L,, 
kanai'isches  D.  aus  dem  verwundeten  Stamm 


Drachenblutbaum  —  Drake. 


526 


Ton  Dracaena  Draoo  X.  Das  D.  dient  zur 
Bereitung  yon  Firnissen,  zum  Färben  und 
Poliren  von  HoIk  u.  Marmor,  fruheif  offlcinell. 

Drachenblutbaum,  s.  Drcuäna  und  Ptero- 
carpus, 

Drachenf(Q)i8^  Bergkegel  des  Siebengebirgs, 
bei  Königs  Winter  am  Rhein,  1473'  b.  (830' 
üb.  dem  Bheiu),  mit  Burgruine  und  Denk- 
mal zur  Erinnerung  an  den  1818»  15  dort 
organlsirten  Landsturm. 

Draehenkopf,  s.  Dracocephcdum. 

Drachenkopf  und  Draehenschwanz,  die 
beiden  Punkte  der  Mondbahn,  in  welchen 
diese  die  Ekliptik  durcli  schneidet.  Drachen- 
bauch, der  von  der  Ekliptik  nördl.  u.  südl. 
am  weitesten  entfernte  Theil  dieser  Bahn. 

Draeheninin,   s.  Oalla  und  Dracontium. 

Drachme)  altgrlech.  Siibermünze,  =  i/«ooo 
Talent,  von  ungleichem  Werthe ;  nengriech. 
Siibermünze,  =  7  Sg^.  3  Pf.  Apothekeige- 
wlcht,  r=  Vs  Unze  :=  3  Skrupel. 

DracOy  Archen  zu  Athen,  entwarf  620 
V.  Chr.  neue  Gesetze,  die,  wegen  ihrer  über- 
triebenen Strenge  nicht  vollstreckbar,  von 
Solon  (s.  d.)  durch  neue  ersetzt  wurden. 

Draeoeephalum  L.  (Dracherikopf),  Pflan- 
zengattuug  der  Labiaten.  D.  canariense  L., 
CUronenkraut,  auf  den  Kanareu,  liefert  das 
kanarische  Melissenkraut.  D.  moldavicum 
L.,  türkische  Melisse,  in  der  Moldau,  Türkei, 
etc.,  liefert  das  Moldaudrachenkopfkrant. 
Andere  Arten  als  Zierpflanzen. 

Dracontium  L.  (Drachenkravt,  Draehen- 
wttrz) ,  Pflauzengattung  der  Aroideen.  D. 
polyphyllnm  X.  in  Südamerika  und  Japan 
mit  starker  knolliger  Wurzel,  die  in  Japan 
als  Heilmittel  dient  und,  kultivirt,  auf  den 
Gesellschaftsinseln  gegessen  wird. 

Draganty  Dragunbeifuss,  Estragon,  s.  v.  a. 
Artemisla  Dracunculus  L, 

Dragee  (fi:.,  spr.  -scheh),  überzuckerte 
Samen  (Anis,  Fenchel,  Koriander  etc.);  auch 
Liqueurbonbons  und  bunter  Streuzucker. 

Dragdman  (v.  ital.  dragomano ,  das  y. 
arab,  teräschuman  herkommt,  im  14.  und  15. 
Jahrh.  auch  TruUdmann),  Dolmetscher  der 
Pforte,  durch  welchen  frtther  die  diplomat. 
Verhandlungen  der  europ.  Mächte  mit  dem 
Divan  vermittelt  wurden. 

Dragoner,  leichte,  mit  Säbel  und  Karabi- 
ner bewaffnete  Kavallerie  in  allen  Armeen, 
nur  in  der  franz.  Armee  Linienkavallerie; 
im  16.  Jahrh.  Büchsenschützen  zu  Pferde, 
als  Infanterie  und  Kavallerie  gebraucht. 

Dragonniden ,  die  von  Lndwig  XIV.  von 
Frankreich  angeordnete  Zwangsbekehrung 
der  Protestanten  dnrch  Dragoner. 

Draguignan  (spr.  -ghinjaug),  Hanptst.  des 
franz.  Depart.  Var,  an  der  Pis,  S)819  Ew. 

Dragan,  s.  v.  a.  Estragon,  s.  Artemisia. 

Draht,  wird  bes.  ans  Eisen,  Stahl,  Kupfer, 
Zink,  Blei  und  manchen  Legirnngen  her- 
gestellt, und  zwar  indem  man  einen  prisma- 
tischen Metallstab  dnrch  eine  Reihe  von 
aufeinanderfolgend cn,  in  iliror  Weite  suc- 
cessive  abnehmenden  Löchern  einer  Stahl- 
platte (Zielioisen)  zieht  und  dadurch  den 
Qnerschuitt  des  Metallstnbes  verringert. 
Dicke  Drähte  werden  auf  Walzwerken  her- 
gestellt.   UnrundcPrähtehoissen  faconnirt. 


Aeohter  Golddraht  Ist  vergoldeter  Silber- 
draht, unächter  oder  leonischer  ist  vergol- 
deter (resp.  versilberter)  Kupferdrabt.  Zwi- 
schen Walzen  flach  gedruckter  D.  heisst 
Lahn.  Drahtseile,  gewöhnl.  aus  verzinktem 
Eisendraht  auf  Seilspiunmasch inen  mit  sehr 
gestreckten  Windungen  gedreht,  dienen  zur 
Erzfördei-ung ,  zu  Kraftübertragungen,  un- 
terseeischen Telegraphenleitungen  etc. 

Drahtbrficke,  s.  Brilcke. 

Drahtgewebe,  Qe webe  aus  Eisen-,  Messing- 
draht, wird  auf  Webstühlen  in  sehr  verschie- 
dener Feinheit  hergestellt,  dient  zu  Sieben, 

Drahtsaiten,  s.  Saiten,  [Gittern  etc. 

Drahtstifte,  Nägel  aus  Draht,  werden  auf 
Maschinen  dargestellt,  bei  welchen  sich  der 
Draht  von  einem  Haspel  abwickelt,  ein 
Hammer  oder  Stempel  den  Kopf  des  Stiftes 
bildet  und  passend  gestellte  Messer  den 
Stift  spitz  abkneipen. 

Drainage  (Drainimng) ,  die  unterirdische 
J^nt Wässerung  des  Bodens  durch  Rohrlei- 
tungen, hauptsächlich  angewandtauf  nassen, 
kalten  Aeckem  mitundurchlassendem  Unter- 
grund. Die  fnsslangen  thönernen  Röhren 
werden  Ende  an  Ende  auf  die  Sohle  eines 
3^4'  tiefen  Grabens  gelegt  und  die  Stränge 
in  Thonboden  ca.  20',  in  Sandboden  bis  60' 
von  einander  geführt.  100'  Röhren  erhalten 
3"  Gefälle.  Das  Wasser  dringt  dui'ch  die 
Fugen  zwischen  die  Röhren  und  die  Leitung 
ein.  Diese  engen  Saugdrains  von  IVs"  Durch- 
messer münden  zuletzt  in  Sammeldrains  von 
2— 8"  Durchmesser,  durch  welche  das  Wasser 
in  Gräben  abfliesst.  Die  Wii'kung  der  D.  be- 
steht in  vollständiger  Regulii*ung  des  Feuch- 
tigkeitsgehalts, Lüftung  und  Erwärmung  der 
Ackerkrume.  DieD.  stammt  aus  England  und 
wird  seit  1850  in  immer  steigendem  Grade 
angewandt.  Vgl.  die  Schriften  von  ^'(^khardt 
(1852)  und  Vincent  (4.  Aufl.  1870). 

Draisine,  von  Drais  in  Mannheim  (f  1851) 
konstruirter  Wagen  für  die  Strasse,  welcher 
vermittelst  einer  Kurbel  Vorrichtung  durch 
die  in  ihm  sitzende  Person  bewegt  wird. 
Häufiger  in  Anwendung  ist  eine  ähnliche 
D.  für  Eisenbahnen ,  mittelst  welcher  die 
Betriebsingenieure  ihre  Strecken  ohne 
Dampfkraft  schnell  befahren  können. 

Drake  (spr.  Drelik),  Sir  Francis,  her.  engl. 
Seemann,  geb.  1545  zu  Tavystock  in  Devon- 
shire,  focht  seit  1567  gegen  die  Spanier, 
machte  Dec.  1577  bis  Nov.  1579  eine  Reise 
um  die  Erde  nach  Westen,  entaeckte  Neu- 
albion, nahm  1585  San  Domingo,  zerstörte 
die  span.  Forts  in  Ostflorida  und  brachte 
600,000  Pfd.  St.  Beute  zurück;  verbrannte 
1587  im  Hafen  von  Cadiz  einen  Theil  der 
span.  Armada,  segelte  1594  abermals  nach 
Westindicu;  t  ^-  J&°*  ^^^^  ^m  Fieber. 
Brachte  die  Kartoffeln  nach  Europa.  Biogr 
von  Barrow  (2.  Aufl.  1861). 

Drake,  Friedrich,  Bildhauer,  geb«23.  Juni 
1805  zu  Pyrmont,  Schüler  Ranclis,  Prof.  an 
der  Akademie  zu  Berlin;  lieferte  zahlr. 
treffl.  Statuen  (Just.  Moser  in  Osnabrück, 
2  Kolossal  Statuen  Friedr.  Wilhelms  III.  im 
berl.  Thiergarten  und  in  Stettin,  Ranch  und 
Schinkol  in  Berlin,  Reiterstatue  König  Wil- 
helms in  Kpln  1867;  Statuetten  der  Bi'udev 


526 


Drama  —  Dreieinigkeit. 


Hnmboldt,  Oo«theg  etc.))  «ine  Gmppe  anf 
der  berliner  Schlossbrücke,  B&sten  (Oken, 
Bänke),  i^enrehafte  nnd  mythol.  Werke. 

Drams  (gr.,  d.  i.  Handlung),  die  dritte 
und  höchste  der  8  Hanptgattungeu  der 
Poesie,  deren  Aufgabe  darin  besteht,  ein 
Ereigniss  als  eine  eben  sich  zutragende, 
vor  unsem  Augen  sich  entwickelnde  Hand- 
lung zur  Anschauung  zu  bringen ;  hat  mit 
dem  Epos  den  Stoff  (das  objektive  Ereig- 
niss). mit  der  Lyrik  die  subjektive  Sprache 
(die  Sprache  unmittelbar  aus  den  Stimmun* 
gen  und  ans  dem  Charakter  der  bei  dem 
Ereigniss  betheiligten  Personen)  gemein. 
Haupt bestandth eile  der  dramat.  Form:  der 
Monolog  und  der  Dialog;  die  Verbindung 
beitler  geschieht  in  Abschnitten ,  die  man 
Auftritte  (Soenen),  und  grössern,  zusammen- 
fassenderen  Abschnitten,  die  man  Aufzüge 
(Akte)  nennt;  der  letztern  sind  gewöhnlich 
3  (oder  5),  von  denen  der  erste  den  Anfang 
der  Handlung  oder  die  Exposition;  der  2. 
(oder  3.)  die  Mitte  oder  die  Verwicklung,  der 
3.  (oder  5.)  das  Ende  der  Handlung  oder 
die  Entwicklung  enthält.  Gelegentlich  hinzu- 
kommende Bestandtbeile :  der  Prolog  und 
der  Epilog.  Untergattungen  der  dramat. 
Poesie:  das  Trauerapiel  (Tragödie),  das 
Lustspiel  (Komödie)  und  das  Schauapid  (D. 
im  engern  Sinn) ,  denen  sich  gleichsam  als 
Abarten  die  Posse,  das  Singspiel,  das  Melo- 
drama,  selbst  die  Oper  und  das  Vaudevüle 
anscliliesseu.  Vgl.  Freytag,  ,Die  Technik 
des  D.sS  1865.  —  Dramatisiren,  einen  Stoff 
in  der  Form  des  D.s  behandeln. 

Drsmatargie  (gr.),  die  Kunst,  Dramen  zu 
dichten  und  aufzuführen,  insbes.  Drama' 
turgik,  die  'Wissenschaft  der  Regeln,  nach 
welchen  ein  Drama  oder  dessen  Aufführung 
beurtheilt  werden  soll.  Daher  Dramaturg, 
Einer,  welcher  der  Regie  einer  Buhne  als 
vom  Standpunkt  der  Kunstwissenschaft  aus 
bernthend  zur  Seite  steht. 

Drambnrg,  Kreisst.  im  preuss.  Regbz. 
Kösliri,  an  der  Drage,  5223  Ew. 

Dnunmen,  Hafenstadt  an  der  S&dküste 
von  Norwegen,  an  der  Mündung  der  Drams- 
tUf  in  den  Dramtjfjord,  14,117  Ew.;  Stapel- 
platz für  den  norweg.  Holzhandel. 

Dran,  Nebenfl.  der  Dran  in  Steiermark, 
vom  Bachei'gebii'ge,  mündet  zwischen  Pettau 
und  Sauritsch  ;  16  M.  laug. 

Dranglaiia  (a.  G.),  asiat.  Landsch.,  zum 
Ferserreich  gehörig,  das  jetzige  Sedschestan. 

Drap  (fr.,  spr.  Drä),  Gewebe,  Tuch. 

Drapa,  in  der  altnord.  Poesie  ein  Qedicht 
zu  Ehren  eines  Gottes,  Königs  oder  Helden. 

Draperle  (fr.),  die  malerische  Anordnung 
der  (jrewänder  und  Stoffe. 

Drastica  (gr.),  heftig  wirkende  Abführ- 
mittel ,  bes.  AloS ,  Koloquinten ,  Jalappa, 
Scanimonium,  Guniniigutti,  Orotonöl. 

Dran  (Drave),  Nebeufi.  der  Donau,  entspr. 
am  toblacher  Felde  iu  Tirol  (Pusteithal), 
dnrchfliesstKäruthen  und  Steiermark,  dann 
östl.  auf  der  Grenze  von  Ungarn  und  Kroa- 
tien, müudet  unterhalb  Essek;  83  M.  lang. 

Dravidavolker.  die  Hauptmasse  der  Be- 
vÖlkeruuK  des  Dekan  in  Ostindien,  von 
den  arischen  Indiern  nach  Typus  und  Sprache 


verschieden.  Die  dravüUschen  (dekaniacben) 
Sprachen  gehören  zu  den  sogen,  inflektiren- 
den  (turanischen)  Sprachen ;  am  wicht^steu 
das  Tamulische,  Kanaresische ,  Malaba- 
rische  und  das  Tnluva.  Tgl.  Caldwett,  ,Com- 
parative  grammar  of  the  Dravddian  fantily 
of  languages*,  1856. 

Drawing-room  (engl.,  spr.  Driing^-ruhm), 
in  England  Gesellschafts-  und  Empfangs- 
zimmer. D.  des  Königs  und  der  Königin, 
das  Lever,  wobei  die  bei  Hofe  Torzustellen- 
den  Personen  erscheinen. 

Drechseln  (Drehen),  s.  Drehhemk. 

Drehbank  9  mechanische  Yorrichtang  zur 
Bearbeitung  eines  rotirenden  Arbeitsstücks 
durch  ein  gegen  dasselbe  geführtes  schnei- 
dendes Werkzeug,  welches  mit  der  Hand 
oder  mit  Hülfe  des  Supports  gefuhrt  wird. 
Bei  der  Drehmaschine  bewegt  sich  der  Sup- 
port mit  dem  Dreh  stahl  selbstthätis.  Auf 
der  Passigdrehbank  werden  nichtrnnde 
Gegenstände  gedreht.  Die  D.  dient  aucU 
zum  Bohren  und  zur  Darstellung  der  ge- 
drückten Arbeit  aus  Blech. 

Drehbasse,  leichtes,  nach  allen  Richtun- 
gen hin  bewegliches  Seegeschüta  auf  einem 
Schwanenhalse. 

Drehkrankheit  (Drehsueht,  Traberkranl- 
heit),  durch  Blasenwürmer  (Goennms  cere- 
bralis)  modificirte  Gehirnwassersticht  der 
Schafe,  äussert  sich  durch  Betäabimg  und 
drehende  oder  sonstige  unregelmässig^e  Be- 
wegungen, beföUt  fast  nur  Jährlin$?e.  Wird 
verursacht  durch  Einwanderung  reifer  Glie- 
der des  Hundebandwnrms ,  welche  auf  der 
Weide  mit  dem  Futter  aufgenommen  werden 
und  sich  Im  Gehirn  des  Schafes  entwickeln. 
Prog^nose  sehr  ungünstig;  in  neuerer  Zeit 
wurde  der  Drehwurm  häufig  durch  Operation 
aus  dem  Gehirn  entfernt. 

Drehwage  (Torsionswage),  Instrument  zur 
Messung  kleiner  Kräfte,  besteht  ans  dem 
an  einem  Draht  horizontal  schwebend  auf- 
gehängten Balken ,  auf  dessen  Enden  eine 
Anziehung  oder  Abstossung  (durch  £lektri- 
cität,  Magnetismus)  ausgeübt  wird.  Der 
Balken  dreht  sich  dann,  bis  die  Torsion  des 
Drahtes  der  einwirkenden  Kraft  das  Gleich- 
gewicht Iiält.  Die  mit  dem  Drehnngswjnkel 
proportional  wachsende  Torsion  gibt  ein 
Mass  für  die  einwirkende  Kraft. 

Drei  9  die  erste  ungerade  Zahl  nach  der 
Einheit,  in  philosoph.  Systemen  (Trias  der 
Thesis,  Antithesis  und  Synthesis),  sowie  in 
Religionssystemen  (christl.  Dreieinigkeit; 
Brahma,  Wischnn  und  Siwa  der  ind.  Re- 
ligion) bedeutsam  hervortretend. 
IdreichSrig,  s.  Chor. 

Dreldecker^  die  grössten  Kriegsschiffe, 
welche  ausser  dem  Schiffsraum  noch  3  be- 
deckte Batterien  haben. 

Dreieck  (Triangel),  eine  von  3  Linim 
(Seiten)  eingeschlossene  Figur,  nach  der  Be- 
schaffenheit der  Seiton  entweder  gleichseitig, 
gleichschenkelig  oder  ungleichseitig,  nach 
der  Beschaffenheit  der  Winkel  recht-,  sttimpf- 
oder  spitzwinkelig.  D.e,  deren  Seiten  Bögen 
grösster  Kugel  kreise  sind,  heisaen  sphärische 
oder  Kugeldreiecke. 

Dreieinigkeit,  s.  Trinität, 


l)reier  -^  Breissigjähriger  Krieg. 


•527 


Breier  9  Itupformünze  in  Preussen,  =  3 
Pfennige;  silberne  Scheidemünze  in  Däne- 
mark, =  ÖVa  Schilling  =  2  Sgl*.  5,8  Pf. 

DreifaltigkeitsMome«  s.v.  a.Viola  tricolor. 

Dreifeldenfirthscharl; ,  Ackorbansy stem, 
bei  welchem  das  gesamnite  Ackerland  eines 
Guts  in  drei  Felder  (Schläge  oder  Fluren) 
abgetheilt  wird,  von  denen  eins  brach 
liegt  (BracM eld) ,  das  zweite  mit  Winter- 
halmfracht, das  dritte  mit  Sommerhalm- 
frucht bestellt  wird.  Fmchtfolge  demnach : 
1)  Brache  (gedüngte  oder  reine),  2)  "Winter- 
getreide, 3)  Sommergetreide.  Bei  der  ie- 
s&mtnerten  oder  verbesserten  D.  wird  der 
Brachschlag  mit  Klee,  Kartoffeln,  Rüben, 
Hülsenfrüchten  oder  Handelsgewächsen  an- 
gebaut. Die  D.  wird  bes.  da  beibehalten, 
wo  Servituten,  wie  Weidegorechtigkeiten, 
Brachzwaug-  etc.  noch  bestehen. 

DreifiDSS  (gr.,  Tripus),  symbol.  Geräth  des 
griech.  Alterthums,  Symbol  göttlicher  Weis- 
heit.  Berühmt  der  delphische  D.  der  Fythia. 

Dreigestrichene  Oktave,  die  fünfte  Oktave 
unseres  Tonsystems  (die  dritte  des  Diskants). 

Dreihermspltz ,  Alpenstock  der  hohen 
Tauern  in  Tirol,  10,743'  hoch. 

Dreiklang  5  ein  aus  3  Tönen  bestehender 
Akkord,  iusbes.  die  Verbindung  eines  Grund- 
tons  mit  seiner  Terz  und  Quinte. 

Drei  Konige,  in  der  christl.  Legende  die 
Magier  (Weisen  aus  dem  Morgenlande),  die 
nach  Matth.  2,  1  f.  ^us  Arabien  nach  Beth- 
lehem kamen,  um  dem  neugeborenen  Mes- 
sias ihre  Verehrunft  zu  bezeigen,  Melchior, 
Kaspar  und  Balthasar  genannt;  ihr  Fest  das 
Epiphauienfest  (Fest  der  heil,  drei  K.). 

Dreikonigsbündniss,  das  26.  Mai  1849 
zwischen  Preussen,  Hannover  und  Sachsen 
7.nr  Wiederherstellung  der  Ordnung  in 
Deutschland  und  zur  Entwicklung  der  deut- 
schen Verfassung  geschlossene  Bündniss. 

Dreimaster,  grosses  Schiff  mit  3  Masten. 

Dreirnderer,  s.  THere. 

Dreischlitz,  s.  Triglyph, 

Dreissigacker,  Doi-f  bei  Meiningen ;  einst 
Sitz  einer  vielbesuchten  Forst-  und  Jagd- 
akademie (1800  gegr.),  bes.  unter  Math. 
Sechsteln  (s.  d.)  blühend ;  1813  aufgehoben. 

Dreissigjahriger  Krieg,  der  von  1618  bis 
1648  dauernde  Kriegszustand  in  Deutsch- 
land, hervorgerufen  zunächst  durch  kon- 
fessionellen Hader,  in  die  Länge  gezogen 
durch  öfteren  Wechsel  der  streitenden 
Parteien  und  insbes.  durch  die  Einmischung 
fremder  Mäclite.  XlrateJPeriode:  BUhmUcher 
Krieg  (1618  —  20).  Die  Verletzung  des  von 
Kudolf  IL  den  Böhmen  bewilligten  Majestäts- 
briefs  durch  Kaiser  Matthias  führt  in  Prag 
zum  Aufstand  (23.  Mai  1618)  und  zur  Erhe- 
bung Friedrichs  V.  von  der  Pfalz  auf  den 
böhm.  Königsthron ;  der  Sieg  des  mit  Maxi- 
Tnilian  von  Bayern  und  der  kathol.  Ligne 
verbündeten  Kaisers  Ferdinand  U.  auf  dem 
toeiaten  Berge  hei  Prag  (8.  Nov.  1620)  hat 
den  Sturz  Friedrichs  V.  und  gewaltsame 
kathol.  Reaktion  für  Böhmen  zur  Folge. 
Zweite  l*eriode:  PfäUtischer  Krieg  (1621- 
1624).  J^rnst  von  3fansfeld  siegt  als  Ver- 
fechter der  pfälzisch  -  böhm.  Sache  über 
TiUy  bei  Wiesloch  (27.   Aprü  1622)    und 


brandschatzt  die  kathol.  SÜilter  in  Franken, 
im  Elsass  und  am  Rhein.  Zu  ihm  gesellt 
sich  Markgraf  Friedrich  von  Baden,  der 
aber  bei  Wimpfen  (6.  Mai  1622)  von  Tilly 
geschlagen  wird.  An  seine  Stelle  tritt  Her- 
zog Giristian  von  Braunschweig ,  der  Tilly 
gegenüber  bei  Höchst  (19.  Juni  1622)  und, 
nachdem  er  sich  mit  Mansfeld  nach  Holland 
gewandt,  bei  Stadt -Loo  (26.  Juli  1H23)  im 
Münsterschen  unterliegt.  Dritte  Periode: 
Dänisch  -  niedersächs.  Krieg  (1624  —  30).  Da 
Tilly  den  Norden  Deutschlands  bedroht, 
erhebt  sich  Christian  IV»  von  Dänemark 
au  der  Spitze  der  Stände  des  niedersächs. 
Kreises  gegen  den  Kaiser  und  die  Ligue, 
wird  aber  von  Tilly  bei  Lutter  am  Baren- 
berge  (27.  Aug.  1626)  völlig  geschlafen, 
worauf  der  Sieger  <ieu  ganzen  niedersächs. 
Kreis  besetzt.  Wallenstein,  der  inzwischen 
als  kaiserlicher  Feldherr  mit  einem  von 
ihm  für  den  Kaiser  geworbenen  Heere 
Mansfeld  bei  Dessau  (25.  Aug.  1626)  ge- 
schlagen und  nach  Ungarn  verfolgt  hat, 
erobert  Mecklenburg,  dringt  in  Jütland  ein, 
belagert  Stralsund  (Mai  bis  Juli  1628)  ver- 
gebens und  schliesst  (22.  Mai  1629)  zu  Lü- 
beck Frieden  mit  Christian  IV.  Der  Kaiser, 
durch  Wallensteins  Siege  unumschränkter 
Gebieter  in  Deutschland,  erlässt  das  Besti- 
tutionsedikt  (6.  März  1629),  wonach  alle  seit 
dem  Vertrag  von  Passau  (i&52)  von  den 
Protestanten  eingezogenen  Stiftern.  Kirchen- 
güter den  Katholiken  zurückgegeben  und 
die  Reformirten  vom  Religionsfrieden  aus- 
geschlossen werden  sollen.  Die  bisherigen 
Verbündeten  des  Kaisers,  voran  die  Liga 
und  Bayern,  über  das  polit.  Uebergewicht 
des  Kaisers  besorgt  und  durch  Wallensteins 
gewaltthätige  Kriegführung  beunruhigt, 
setzen  auf  dem  Kurfürstentage  zu  Regeus- 
burg  (Ende  Juni  1630)  Wallensteins  Ent- 
lassung und  die  Verminderung  des  kaiserl. 
Heeres  durch.  Vierte  Periode:  Schwedischer 
Krieg  (1630-32).  Gustav  Adolf  von  Schwe- 
den landet  (4.  Juli  1630)  mit  15,000  Schweden 
auf  der  Insel  Usedom,  besetzt  Pommern  und 
verbindet  sich  mit  Hessen-Kassel  und  Sach- 
sen-Weimar und  zu  Bärwalde  (13.  Jan.)  mit 
Frankreich,  das  ihm  Subsidiengelder  und 
Truppen  zu  stellen  verheisst.  Durch  den 
leipziger  Bund  zwischen  Brandenburg  und 
Knrsachsen  aufgehalten,  vermag  er  nicht, 
Magdeburg  zu  retten,  welches  von  Tilly  (20. 
[lO.J  Mai  1631)  erstürmt  wird.  Mit  Sachsen 
und  Brandenburg  im  Bunde  gewinnt  er 
bei  Breitenfeld  (17.  [7.]  Sept.  1631)  über 
Tilly  einen  glänzenden  Sieg,  zieht  darauf 
durch  Thüringen  und  Franken  nach  Süd- 
deutschland, während  die  Sachsen  in  Böh- 
men eindringen,  erzwingt  den  Uebergang 
über  den  Lech  und  zieht  (17.  Mai  1632)  in 
München  ein.  Wallenstein,  vom  Kaiser 
wieder  zum  Oberfeldherrn  berufen  und  mit 
unumschränkter  Macht  ausgestattet,  ver- 
treibt mit  schnell  geworbenem  Heere  die 
Sachsen  aus  Böhmen,  wendet  sich  gegen 
Nürnberg,  wo  er  3  Monate  in  einem  ver- 
schanzten Lager  Gustav  Adolf  gegenüber- 
steht, dann  nach  Sachsen,  wohin  ihm 
letzterer  folgt,  aber  bei  Lützen  (16.  [6.]  Nov. 


628- 


Dreizack  —  Drex^. 


1032)  fallt  I  worauf  die  Schweden  unter 
Bernhard  von  Weimar  das  Schlachtfeld  be« 
haupten.  Fünfte  Periode:  Srthwediaeh-franz. 
KrUg  (1632—48).  Der  achwed.  Reichskanz- 
ler Axel  Oxenstiema,  vom  schwed.  Reichs- 
tag» zum  Legaten  in  Deutschland  ernannt, 
schliosst  mit  dem  fränk.,  Schwab,  u.  rhein. 
Kreise  den  heilbrouner  Bund.  Anfang  der 
franz.  Umtriebe.  Die  Herzöge  Bernhard 
von  Weimar  und  Georg  von  Braunschweig- 
Lüneburg  Oberbefehlshaber  der  Kriegs- 
macht; jener  operirt  in  Bayern,  dieser  in 
Niederdeutschland.  Wallenstein  knüpft  mit 
Sachsen  und  Frankreich  Unterhandlungen 
zum  Zweck  des  Abfalls  und  der  Kooperation 
an,  wird  aber  zu  Eger  (25.  [15.]  Febr.  1634) 
ermordet.  Bernhard  von  Weimar  wird  Itei 
Nördliugen  (6.  Sept.  1634)  von  dem  kaiserl. 
Heere  unter  Gallas  geschlagen,  worauf  der 
Kurf&rst  von  Sachsen  zu  Prag  (10.  Mai  1635) 
mit  dem  Kaiser  Separatfrieden  schliesst, 
welchem  auch  Brandenburg  und  die  meisten 
anderen  Protestant.  Fürsten  nach  und  nach 
beilTeteu.  Bau6r  schlägt  die  mit  den  Kaiser- 
lichen unter  Hatzfeld  vereinigten  Sachsen 
bei  Wittstock  (4.  Okt.  1636);  Bernhard  von 
Weimar,  durch  deu  Vertrag  von  St.-Germain- 
eu-Laye  Befehlshaber  der  franz.  Armee, 
die  Ka*iserlichen   bei  Kheinfelden   (3.  März 

1638)  und  erobert  (19.  Dec.)  Breisach,  das 
aber  nach  seinem  plötzlichen  Tode  (18.  Juli 

1639)  mit  seinem  Heere  Frankreich  anheim- 
ßllt.  Ban6rs  Nachfolger  im  Oberbefehl, 
Torstenson,  schlägt  die  Kaiserlichen  bei 
Breitenfiild  (2.  Nov.  1642),  wendet  sich  dann 
gegen  deu  mit  dem  Kaiser  verbündeten 
Christian  IV.  von  Dänemark,  den  er  zur 
Flucht  uiich  den  Inseln  uöthigt,  schlägt  bei 
Jaukow  (6.  März  1645)  die  Kaiserlichen  unter 
Hatzfeld  untl  Götz,  bedroht  Wien  und  zwingt 
den  JJlurfursteu  von  Sachsen  (Sept.  1645)  zum 
Rücktritt  vom  prager  Frieden.  Nach  dem 
Sieg  über  die  Kaiserlichen  unter  Mercj'  bei 
Allersheim  (3.  Aug.  1645)  dringt  das  schwe- 
disch-franz.  Heer  im  Spätsommer  1646  durch 
Schwaben  nach  Bayern  vor  und  nöthigt  den 
Kurfürsten  von  Bayern  zum  Waffe  u  still  stand 
von  Ulm  (14.  März  1647).  Die  Kaiserlichen 
werden  unter  Melander  von  Turenne  und 
Wrangel  bei  Zusmarshauseu  unweit  Augs- 
burg (17.  Mai  1648)  geschlagen.  Der  in- 
zwischen in  Böhmen  eiugedrungene  schwed. 
General  Königsmark  nimmt  durch  Ueberfall 
die  Kleinseite  von  Prag ,  wird  aber  an 
weiteren  Fortschritten  dArch  Abschluss 
des  westphäl.  Friedens  (s.  d.)  gehindert.  — 
Die  Geschichte  des  dreissigjähr.  Kriegs  be- 
handelten Schiller  (fortges.  von  Woltmann, 
1808-9,  2  Bde.),  Menzel  (1835  —  39,  3  Bde.), 
Flathe  (1840-41,  4  Bde.),  Sohl  (1840-43, 
3  Bde.),  Barthold  (1842-43,  2  Bde.)  und  Gin- 
dely  (1869  f.).  Vgl.  Heilmann,  ,Ueber  das 
Kriegswesen  im  dreissigjähr.  Kriege*,  1851; 
Hanser,  , Deutschland  nach  dem  d.n  K.',  1862. 

Dreizack^  Stab  mit  S  kurzen  Zinken  mit 
Doppel liaken  an  den  Spitzen,  Symbol  der 
HeiTschaft  Neptuns  tll)er  das  Meer. 

Drell  (Drillich,  Zwillich),  geköperte  und 
einfach  gemusterte  leinene  Gewebe.  Nach 
Feinheit  uud  Beschaffenheit  unterscheidet 


man  SackzwlUlch,  Bettdrell,  Atlasdrell  (Lei- 
nenailas),  Hosondrell,  Ttsohdrell.  £s  gibt 
such  halbleinenen  und  baumwollenen  D. 

Drentke,  hoU&nd.  Prov.,  48,4  QM.  und 
(1868)  107,597  Ew.,  meist  aus  grossen  Veenen. 
Toi-fmooren  (burtanger  Moor)  und  Sümpfen 
bestehend.    Hauptst.  Meppel. 

Dreschmaschine,  landwirthschaftl.  Ma- 
schine, bei  welcher  die  schnell  rotirenden 
Aehren  so  kräftig  gegen  eine  feste  Wand 
schlagen,  dass  die  Körner  abgelöst  werden. 
Das  Getreide  wird  der  Länge  nach  (Lang- 
dreschmaschine)  oder  quer  (Breftdresch- 
maschine)  eingeführt.  Die  kombinirten  D.u 
besitzen  einen  Reinignugsapparat  und  liefern 
das  Korn  marktfertig,  Stroh  uud  Spreu  ge- 
sondert. Die  einfache  D.  wird  oft  durch 
Göpel,  die  kombinirte  durch  Dampfbetrieben. 

Dresden,  Haupt-  und  Residenzstadt  des 
Königr.  Sachsen,  au  beiden  Ufern  der  £Ib« 
(darüber  2  Brücken :  die  alte  Angiustas-  und 
die  grossartige  Eisenbahn-  od.  Marienbrncke), 
156,024  Ew. ;  besteht  aus  Altstadt  (HaaptTbeir> 
und  der  Friedrichstadt  am  linken,  und  Neu- 
stadt und  Autonstadt  am  rechten  filbufer. 
Gebäude:   das    formlose    königl.    Resideuz- 
schloss  mit  dem  grünen  Gewölbe  (Sammlung 
von    Schmuck-    und    Kunstarbeiteu ) ;     der 
Zwinger  (mit  naturhistor.  u.  histor.  Musenni 
und  Sammlung  mathemat.  und  physlkal.  In- 
strumente);  das  Museum  (mit  der  ber.  Ge- 
mäldegallerie ,   Kupferstich-   und   Oypsab- 
güssesammlung);  das  Japan.  Palais  mit  An- 
tikeukablnet  (Ängusteum),  königl.  Bibliothek 
(305,000  Bde.),  Müuzkabinet  und  Porzellan- 
sammlung;  die  Frauenkirche,  kathol.  Hof- 
kirche,   Kreuzkirche,    Sophieukfrche,    neue 
Synagoge;  die  brühlsche  Terrasse  vor  dem 
brüll  Ischen  Palais  (Hauptprom ouade);  Zeug- 
haus und  Orangeriebans.     Anstalten:   Aka- 
demie der  bildenden  Künste,  2  Gyninasien, 
(Kreuzschulo),  2  Seminarien,  polytechnische. 
Real-,    Handels-,    Kadetten-,   Thierarznei- 
schule;  zahlr.  gelehrte  Vereine,  zieml.  leb- 
hafte Industrie   und   durch   die    freie   Elb- 
schifffahrt  uud  5  Bahnhöfe  reger  Verkehr. 
—  Der  ältere  Stadttheil    ist  Sorbenkolonie, 
bereits  1206  erwähnt.    Seit  1485  Residenz  der 
albertin.  Linie;  1539 Einführung  der  Refor- 
mation durch  Heinrich  den  Frommen.  Ver- 
scliönerung  der  Stadt  bes.  unter  August  11. 
und  August  ni.  —  Der  dresdner  Friede,  26. 
Dec.  1745,    beendete    den   österr.   Erbfolge- 
krieg.   Seit  Mitte  Aug.  1813  Mittelpunkt  der 
Operationen  der  franz.  Armee,  ward  D.  26. 
und  27.  Aug.  von  den  Allilrten  liombardirt; 
vom  17.  Nov.  1813  bis  8.  Nov.  1814  hier  russ. 
Gouvernementalregieining.    3.  —  9.  Mai  1849 
Barrikadenkampf.  Die  dresdner  Konferenten, 
23.  Dec  1850  bis  15.  Mai  1851,  revidirten  die 
deutsche  Bundesakte.     Vgl.  GottschaVt,   ,D. 
und     seine    Umgebungen*,    10.    Aufl.    1866; 
Klemm t    ,Ohronik  von   D.*,    1847;     Lindau, 
.Gesohichto  der  Stadt  D.*,  2.  Aufl.  1863,  2  Bde. 

Dressiren   (fr.)  ,  abrichten.    Dressur  ,  Ab- 
richtung bes.  von  Pferden,  Hunden  etc. 

Dressoir  (fr.,  spr. -soahr),  gewöhnl.  J^re«- 
sor.  Schenk-,  Anrichtetisch. 

Dreax  (spr.  Dröh),  Stadt  im  frans.  Depart. 
Euro-Loir,  an  der  Eure,   72S7  Ew. ;    Sclilos« 


Drewenz  —  Droste-Hühhoff. 


529 


mit  Grabkapelle  des  Hauses  Orions  (voa 
der  Mutter  Ludw.  Philipps  gegrUudet).  17. 
Nor,  1870  von  Gfreneral  v.  Treskow  nach 
heftigem  Oefechte  besetzt. 

Drewens^  Nebenfluss  der  Weichsel  in  der 
Prov.  Preussen,  darchfliesst  den  Drewenuee 
(3  M.  ].),  m&ndet  oberhalb  Thom;  34  M. 

Breyscbock,  Alex.,  Planist,  geb.  15.  Okt. 
1818  BU  Zack  in  Böhmen,  Schüler  Toma- 
scheks  in  Prag,  machte  seit  1838  wieder- 
holte Kunstreisen  mit  grossem  Ei'folg;  seit 
1866  Direktor  des  Konsenratoriums  au  Peters» 
barg;  f  1.  April  1869  zn  Venedig.  Zahlr. 
meist  brillante  Klavlerkompositionen,  a.  B. 
Variationen  eu  ,6od  saye  the  Queen*.  — 
Sein  Bruder  Baymund,  geb.  1884,  f  6.  Febr. 
1869,  trefn.  Gelger. 

Drejrse,  Joh.  Nik.  von,  Erfinder  des  Zünd- 
nadelgewehrs,  geb.  22.  Nov.  1787  in  Söm- 
merda  bei  Erftirt,  arbeitete  1809—14  in  der 
kalserl.  Gewehrfabrik  zu  Paris,  gründete, 
heimgekehrt,  eine  Eisenwaarenfabrik ,  trat 
1828  mit  seinem  Hinterlader  hervor,  der  in 
einer  von  D.  geleiteten  Staatswerkstätte 
angefertigt  wurde.  Nach  1866  wollte  D.  das 
preuss.  Gewehr  noch  verbessern,  t  aber 
9.  Deo.  1867  in  Sömmerda.  Vgl.  ,D.  und  die 
Gesch.  des  preuss.  ZündnadelgewehrsS  1866. 

Driburg,  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Minden, 
Kr.  Höxter,  an  der  Aa,  2094  Ew.;  erdig- 
salin.  Minexvlquellen  und  Schwefelschlamm- 
bäder.   Rifine  der  Veste  Ibnrg. 

Drill,  s.  V.  a.  Drell. 

Drillen,  herumdrehen,  früher  Strafe,  wo- 
bei der  Delinquent  im  Drillhätuehen  (dreh- 
barer K&fig)  öffentlich  ausgestellt  wurde. 
Beim  Militär  Einüben  der  Rekruten.  Im 
Seewesen  ein  Schiff  über  seichte  Stellen 
oder  durch  schlammiges  Wasser  bringen. 
In  der  Landwlrthschaft  Säen  des  Getreides 
in  Reihen,  vortheilhait  durch  kräftige  Aus- 
bildung der  Pflanzen  und  gute  Reinigung 
des  Bodens;  wird  meist  mit  Match  ine  (Drill- 
maschine, 8.  Säemaaehine)  ausgeführt. 

DrllUch,  8.  DreU. 

DrlUinge.  drei  gleichzeitig  sich  ent- 
wickelnde Embryonen,  gelangen  beim  Meu- 
sclien  selten  zu  vollkommener  Ausbildung. 
Anf  6—7000  einfache  kommt  eine  Drillings- 

Drlllknltvr.  s.  Dri{I«n.  fgebnrt. 

Drin  (Drilo),  Küstenfluss  In  Oberalbanien, 
entsteht  aus  dem  weissen  und  eehwarten  D. 
(ans  dem  See  Oehrida) ;  35  M.  laug. 

Drinft,  Neben  flnss  der  Save,  entspringt  in 
Montenegro,  bildet  die  Grenze  von  Bosnien 
und  Serbien;  89  M.  lang. 

Drogheda  (spr.  Drogldä),  Seestadt  in 
flor  irischen  Prov.  Leinster,  Grafsch.  Louth, 
nahe  der  Mündung  des  Boyne  in  die  D,bai, 
14,780  Ew.;  gr.  und  besuchter  Hafen.  1690 
;SieaWilhelmsin.fiberdleIriänder(Obelisk). 

Drofnen  (Drogueriewaaren) ,  rohe  oder 
halbznbereitete  Produkte  der  8  Naturreiche', 
welche  der  Apotheker  braucht.  Droguitt, 
Inhaber  einer  Droguenhandlnng 

DrohMB,  männliche  Bienen,  s.  BUutn. 

Droliobitseli,  Handelsstadt  in  Ostgalizien, 
am  Tisminica,  16,881  Ew.;  gr.  Saline. 

Droit  (fr.,  spr.  drSah),  Re«h^;  im  Handels- 
vrcsen  ■.  v.  a.  Abgabe  für  Ein  •  und  Ausfnlir.* 

Meyera  Hand' Lexikon. 


Droitwleh  (spr.  -tuitsch),  Stadt  in  der 
engl.  Grafsch.  Worcester,  am  Salwarp,  3124 
Ew.;  seit  früher  Zeit  durch  seine  Salz- 
quellen (Wiclies)  berühmt. 

Drdnie,  Nebenfl.  der  Rhone  im  südöstl. 
Frankreich,  kommt  von  den  Alpen  der 
Dauphin4,  fliesst  westl.  durch  ein  pittoreskes 
Thal,  mündet  2  M.  von  Valence;  13  M.  lang. 
Danach  benannt  das  Depart.  D.,  Theil  der 
Dauphin  6,  118,4  QM.  u.  324,231  Ew.  Haupt- 
Dromedar,  s.  Kamel.  [stadt  Valence. 

Dronte  (Didus  L.) ,  Gattung  der  Lauf- 
vögel. Bodo,  Dudu  (D.  ineptus  L.)  auf  Isle 
de  France  und  Mads^skar,  grösser  als  der 
Schwan,  Im  16.  und  17.  Jahrli.  massenhaft 
vorhanden.  Jetzt  ausgestorben.  Ebenso  der 
Binaiedler,  Solitär  CD.  Solitarius  Lath.)  anf 
Bonrbon,  von  der  Grösse  einer  Gans. 

Drontheim  (dän.  Tronditjem),  befestigte 
Hauptst.  des  norwegischen  Stifts  D.  (Ü19 
QM.  und  ri865j  256,529  Ew.),  am  Einflnsse 
des  Nid  Elf  in  den  Fjord  von  D.,  19,287  Ew., 
Hafen,  ber.  Dom  (schönste  Kirche  Skandi- 
naviens), lebhafter  Handel.  Aelteste  Stadt 
des  Landes,  997  gegründet;  11.  und  12.  Jahrb. 
Residenz  der  norweg.  Könige. 

Drosera  X.  (Sonnenthau),  Pflanzengattung 
der  Droseraceen.  D.  rotnndlfolia  X.  auf 
Torfmooren  in  Nord-  n.  Mitteleuropa,  früher 
als  Sonnen-Oder  OhrlSffelkraut,  JungfernbliUhe 
(Herba  Rons  solis)  ofßcinell;  Bestandtlieil 
der  ital.  Liqueure  Rosoglio.  [Thau, 

DrOflOmSter  (Drososkop) ,  Thaumesaer,  s. 

Drossel  (Turdus  L.),  Vogelgattuug  der 
Pfriemenschnäbler.  Schwarsdrotael,  Schwarz- 
amsel,  Merle  (T.  mernla  L.) ,  9i/a  — 10",  in 
Europa,  März  bis  Okt.  in  Deutschland.  Ring-, 
Schild-  oder  Meeramsel,  Sehneedrossel  (T. 
torquatus  L.),  lOVs",  im  Norden  und  in  den 
Alpen,  im  Sept.  bei  uns,  mit  schmackhaftem 
Fleisch.  Misteldrossel,  Ziemer,  Sehnarre  (T. 
viscivorus  L.),  11",  fast  das  ganze  Jahr  bei 
uns,  frisst  Mistelsamen  und  verbreitet  die 
Mistel.  Waehholderdrouel,  gr.  Krammetsvogel 
(T.  pilaris  L.),  10",  als  Zugvogel  im  Winter 
bei  uns,  u.  Singdrossel,  Zippe,  Oraudrostel  (T. 
musicus  L.),  8",  mit  schmackhaftem  Fleisch. 
Heidedrossel  (T.  illacus  L.),  8*V',  zieht  wie  die 
vorige  im  Herbst  durch  Deutschland  nach  S. 

Drosselndem  (Drosselvenen,  venae  Jugu- 
lares),  grosse,  am  Hals  verlaufende  Venen, 
deren  innere  das  Blut  aus  dem  Schädel, 
die  änssere  das  aus  den  äusseren  Kopf- 
theilen  nach  dem  Herzen  führt.  In  ihnen 
entsteht  bei  Blntarmuth  das  Nonnen- 
geränsch ;  Druck  (Drosselung)  bewirkt  Blut- 
stauung im  Gehirn;  Verletzung  gefährlich 
wegen  Verblutung  und  Lufteindringen. 

Drosseii,  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Frank- 
furt, Kr.  Sternberg,  an  der  Lenze,  53d4£w. 

Drost,  ehedem  in  Niedersachsen  Verwalter 
einer  Vogtei;  auch  Titel  für  Adlige.  Land- 
droBt, lu  Hannover  seit  1822  Titel  der  Präsiden- 
ten   der  Regiprungsbezirke  ( Landdrosteien). 

Droste-llulshoff,  Annate  I^isabeth,  Freiin 
von,  Dichterin,  geb.  12.  Jan.  1798  anf  Hüls- 
hoff  bei  Münster,  f  24.  Mai  1843  zu  Mörs- 
dojrf  am  Bodensee.  Ein  ungemein  kräftiges 
Talent,  bes.  in  der  Ballade  und  poet.  Er- 
zählung ausgezeichnet.  ,Gedichte*  (1814)  und 

S4 


53Ö 


l)ro8te  zu  Viscilering  —  tJnueiL 


die  posthnmen  Werk«  ,Da9  geixtl.  Jahr*  (2. 
Aufl.  1»57)  und  »Letzte  Gmben'  (2.  Aufl.  1870). 
Vel.  Schücking,  ,A.  von  D.*,  1861. 

vrotte  m  Yisclierbig,  CUmenM  August, 
Freiherr  von,  geb.  22.  Jen.  1773  %u  Yorhelm 
npweit  Münster,  seit  1835  Erzbischof  Ton 
Köln,  sttspendirte  die  Professoren  Achter- 
feldt  und  Brann  wegen  hermesscher  Leh- 
ren vom  Seelsni^ranite,  forderte  zor  kathol. 
Tr«nnitg  das  Versprechen  katholischer  Kin- 
dererziehung, ward  Not.  1837  nach  Minden 
abgeführt,  lebte  seit  1841  in  Münster;  t  <**>• 
19.  Oi(t.  1845. 

DroBjii  de  l'Hiiyt  (spr.  Dmhn  dö  lüh), 
Edouard,  franz.  Staatsmann ,  geb.  19.  Nov. 
1»05  za  Melnn,  war  1848  Mitglied  der  Con- 
stituante und  Legislative,  in  dem  ersten 
Kabinet  des  Präsidenten  Lndwig  Kapoleon 
Bliuister  des  Auswärtigen,  seit  Juni  1849  Ge- 
sandter in  London,  10.— 24.  Jan.  1851  wieder 
Minister  des  Auswärtigen ,  half  als  solcher 
den  Staatsstreich  vom  2.  Dec,  vorbereiten, 
betbeiligte  sich  dann  an  der  Konsultativ- 
kommission und  ward  Senator.  Juli  1852 
bis  Mai  1855  zum  dritten  und  Okt.  1862  bis 
Aug.  1866  zum  vierten  Male  Minister  des 
Auswärtigen.  Sehr.  ,Histoire  diplomatique 
da  la  crise  Orientale  etc'  (1858). 

Droyseiiy  Joh.  Gust.,  Gescliichtschreiber, 
geb.  6.  Juli  1808  zu  Treptow  in  Pommern, 
ward  l&i5  Prof.  an  der  Universität  zu  Ber- 
lin, 1840  in  Kiel,  1848  von  der  provisor. 
Regierung  der  Elbherzogthümer  als  Ver- 
trauensmann nach  Frankfurt  gesandt,  später 
Mitglied  des  Parlaments  das.,  Schriftführer 
des  Verfnssiiiigsausschasses,  1851  Prof.  zu 
Jena,  1859  wieder  zu  Berlin.  Sehr.  ,Gesch. 
Alezanders  d.  Gr.'  (1837);  ,Gesch.  des  Helle- 
nismus' (1836  —  43,  2  Bde.);  .Vorlesungen 
über  die  Gesch.  der  Freiheitskriege'  (1846, 
2  Bde.);  ,Leben  des  Feldmarschalls  Grafen 
York  von  Wartenburg'  (4.  Aufl.  1863,  2  Bde.) ; 
,Aktenniässige  Gesch.  der  däu.  Politik'  (mit 
SamweriSöO) ;  ,Gesch.  der  preuss. Politik' (Bd. 
1— lü,  1855— 70)u.  A.  Uebers.  von  Aeschylus 
(3.  Aufl.  1868)  n.  Aristophanes  (2.  Aufl.  1869). 

Droymig  •  Dorf  im  preuss.  Regbz.  Merse- 
burg, Kr.  Weissenfeis,  an  der  Elster,  1436 
Ew.,  L»lirerinnenseminar. 

Druden  (DnUen),  in  der  deutschen  My- 
thologie weibliche  Mittelwesen  zwischen 
Göttern  u.  Menschen,  in  Wäldern,  auf  Ber- 
gen etc.,  belästigen  Menschen  u.  Hansthiere. 

DradenfluSB  (Dmtenfme,  Pentagon,  Penta- 
grumm ,  in  der  Heraldik  Pentalpha).  drei- 
faches, aus  5  Linien  bestehendes  Dreieck 
(i^),  mystisches  Zeichen,  schon  bei  den 
Pythagoräern,  Gnostikern  etc.  vorkommend, 
hauflg  auf  griech.  Münzen,  im  Mittelalter 
bei  Zauberformeln  gebraucht,  als  vermeint- 
liches Schutzmittel  gegen  Druden  an  Tliür- 
schwelleu,  Viehställen  etc.  angebracht. 

Dmdenniehl^  s.  v.  a.  Lyeopodium. 

Drüsen  (Glandulae) ,  Organe ,  welche 
Flüssigkeiten  absondern,  die  theils  als  Aus- 
wnrfsstoffe  aus  dem  Körper  entfernt  werden 
(Exkrete,  wie  Harn),  theils  zn  bestimmter 
Verwendung  im  Körper  kommen  (Sekrete), 
bestehen  meist  aus  eigenthümlich  augeord- 
neten Zelleuhaufeu ,  zwischen  denen  fein« 


Blutgellasnetse  verlanfenfUnd  lind  «nHreder 
oAjse  Änefükrwngegäng* ,  wie  die  LympAidrü- 
sen,  die  Milz,  Thymnsdröse,  die  Hamdeln, 
die  Schiiddräse,  der  Eierstock,  oder  mit  Jut- 
fuhrungsgang,  d.  h.  mit  einer r&hrenformigtqi, 
auf  eine  Haut  mündenden  OeflTnang,  «ind  awar 
einfsche  SeMläuche,  wie  die  Schwelaa-,  Ma- 

§en-  und  Darmdrüsen.  Zusammwogeaetzte 
chlanchdrnsen  sind  die  Nieren,  Hoden  nnd 
die  Leber;  traubenförmige  D.,  d.  h.  mehr- 
f-ich  ansgesweigte  Schläuche,  die  Schleim-, 
Thränen-,  Eichel-  nnd  Milchdr&sen.  Im  ge- 
wöhnlichen Leben  versteht  man  unter  D. 
die  Lymphdrüsen  (s.  d.) ,  bes.  des  Halses. 
Blutdrüsen:  Milz,  Nebennieren,  Schild- 
drüse. —  Die  Absonderung  der  D.  hängt  ab 
vom  Blutdruck  und   von  Nerveneinflössen. 

Dmiden»  die  Priester  der  Gelten  im  alten 
Gallien.  [KnaOga». 

Dnunmondsehes  Lieht,   Siderallicht,  s. 

Dmrjlnne  (spr.  -lehn),  das  alUste  Thea- 
ter in  London,  an  Brydges  Street,  für  das 
höhere  Schauspiel  (bes.  Shakespeare).  Das 
Jetzige  Gebäude  (das  4.  an  der  Stelle)  wurde 
1812  v.Wyatt  erbaut,  Raum  für  3500  Personen. 

Dmse  (KryttaUdruae),  Aggcegttt  Tieler 
ohne  bestimmte  Anordnung  nebeueinander 
gebildeten  Kry stalle,  deren  Stützpunkte  auf 
der  ganzen  gemeinschafU.  Unterlage  ver- 
theilt  sind.  D.n  in  einem  sphärol'dischen 
Hohlraum  heissen  Oeoden, 

hruM(DriUen,  FüUendruae),  katarrhalisch- 
lymphatische  Krankheit  des  Pferdes,  bes. 
1-  und  2jähr.  Fällen,  besteht  in  starker 
Anschwellung  der  Kehlgangsdrüsen,  wobei 
entweder  nach  einigen  Tagen  die  G^chwnlst 
wie  ein  Abscesi  reift  und  nach  dessen 
Oefltaung  Heilung  eintritt  (gutartige  D.\ 
oder  die  Geschwulst  ohne  Eiterung  lange 
anhält  nnd  die  Krankheit,  wenn  nicht 
Genesung  erfolgt,  zuletzt  in  Rots  übergeht 
(bösartige  D.).    Ansteckend. 

Dmsen,  Völkerschaft  auf  dem  südl.  Li- 
banon und  Antillbanon,  in  der  Breite  von 
Beirut  und  Tyrus,  theils  allein,  theils  ge- 
meinsam mit  den  Maroniten  wohnend, 
etwa  30,000  Köpfe  stark.  Ihre  Sprache  die 
arabische;  ihre  eigenthüml.  dunkle  und 
geheimgehaltene  Religion  ein  Gemisch  von 
Christi.,  jüd.  nnd  mohammedan.  Lehren, 
beruhend  auf  dem  Glauben  an  die  Einheit 
und  Menschwerdung  Gtottes.  Gebete,  Fasten, 
Feste,  Verbote  kenneu  sie  nicht.  Unab- 
hängig, stets  kampfbereit  und  mit  fanat. 
Hasse  gegen  Andersgläubige  erfüllt;  ilire 
Regierungsform  halb  patriarchalisch,  halb 
feudalistisch.  Seit  1840  Zwiespalt  swiachen 
ilinen  nnd  den  (christl.)  Maroniten,  der  sich 
bis  zn  blutigen  Metzeleien  (Mai  bis  Okt.  1860) 
steigerte.  Infolge  dessen  ward,  statt  der  bis- 
herigen eigenen  Emirs,  1861  ein  christl. 
Gouverneur  (residirt  zu  Schweifat  bei  Beirut) 
über  sie  gesetzt.  Früherer  Hanptort  Beir- 
el- Kamer.  Vgl.  8glv.  de  8aey,  ,Expos6  de 
la  religion  des  Druses',  1828;  Ooemarron, 
,The  Druses  of  tho  Libanon',  1860. 

Drusen,  Trestern  vom  Keltern  des  Weins 
oder  Obstes;  DmeenSl,  s.  Pdargoneäure ; 
Drusenechwart ,  verkohlte  Drusen,  dient  zur 
Bereitung  von  Knpferdruckerschw&rzc. 


Drushina  —  Dschirdscheh. 


631 


Brntliltt*)  früher  Leibwache  der  mss. 
GrnsBfürsttiu ;  überhaupt  s.  v.  a.  Heerscliaar. 

Brusus,  Nero  GtutdiuB,  Sohn  des  Tibe- 
rius  Claudius  Nero  und  der  Livia,  Jüngerer 
Bruder  des  Kaisers  Tiberius,  geb.  88  y.  Chr., 
unterwarf  IS  v.  Chr.  Rhätien,  drang  in  3 
Feidsugen  (12—9  t.  Chr.)  vom  Rhein  her 
tief  iu  Germanien  ein,  zuletzfc  bis  zur  Elbe ; 
f  auf  dem  Rückzüge  infolge  eines  Sturzes. 

Dryaden  (Hamadryaden,  gr.  Myth.),  Baum- 
nympheu ,  die  Sohutzgöttinnen  der  Bäume, 
mit  diesen  lebend  und  sterbend. 

Dryburgh-A.bte!,  alte  Abtei  in  der  schott. 
GrHfachaft  Berwick;  Orabmal  Walter  Scotts. 
Drydeii  (spr.  Dreid'n),  John,  engl.  Dichter, 
geb.  ».  Aug.  1631  zu  Aldwincle  in  North- 
amptonshire,  f  l.  Mai  1701  zu  London. 
Vertreter  der  schnlgerechteu  Glätte  und 
Korrektheit;  sehr,  beissende  Satiren  auf  die 
"Whigpartei  (z.  B.  ,Ab8alou  und  Ahitophel', 
1681),  ,Fables  ancient  and  modern*  (1700, 
darunter  die  von  Händel  komponirte  Ode 
das  , Alezanderfest*),  ,£8say  on  dramatic 
poesy* ;  Uebersetzung  von  Virgil  u.  A.  Werke 
herausg.  von  W.  8coU  (1818,  18  Bde.). 

Bryotelaiiops  Qärtn.  ßl.  (FlügeUichel, 
Kcmpherölbaum) ,  Pflanzengattung  der  Dip- 
terokarpeen.  D.  Camphora  Colebrooke, 
grosser  Baum  auf  der  Nordwestküste  Sn- 
matras  und  auf  Bomeo,  liefert  den  Bomoo- 
oder  Sumatrakampher. 

DBChagarnath  (engl.  Juggurnaut,  Furt), 
Stadt  iu  der  brit.-ostind.  Präsid.  Bengalen, 
Landsch.  Orissa,  am  Meere,  29,700  Ew.; 
Hauptwal Ifahrtrtort  der  Inder,  mit  dem 
heiligsten  Tempel  des  Wischnu. 

Dschagatai,  zweiter  Sohn  Dschingis- 
Kbans,  erhielt  nach  dessen  Tode  die  Län- 
der der  Uiguren,  die  kleine  und  grosse 
Bncharei ,  die  Gegenden  am  Flusse  111  und 
zwisclien  dem  Dschihon  und  Sihon  (Oxns 
und  Jaxartes),  auf  welches  Länderjerebiet, 
Tvie  auf  die  ovttürk.  Mundart  der  Uiguren 
der  Nnme  D.  übertragen  ward;  t  i^O. 

DscfaaggRy  paradiesische  Gebirgslandschaft 
in  OtftKfrika,  nuter  S«  s.  Br.,  mit  dem  Kili- 
mandscharo (s.  d.) ;  von  Rebmann  entdeckt, 
später  V.  Erapf,  v.d.  Decken  u.  And.  besucht. 
Die  Ew.  schön,  kräftig  u.  begabt;  flcissige 
Ackerbauer  und  Viohzüchter.  [Städten. 

Dschami^  Hauptmoschee  iu  mohammedan. 

Dschaml,  Mewlana,  pers.  Dichter,  g^b. 
1414,  t  1492.  Die  letzte  bedeutende  Er- 
scheinung aus  der  Bluthezeit  der  pers. 
Poesie.  Am  hervorragendsten  die  epischen 
Gedichte:  ,Jnsstif  und  Snieika*  (deutsch 
von  Jiotennoeig  1824)  u.  ,LeiIa  u.  Medschnnn* 
(deutsch  von  Hartmann  1807);  ,Bohari.stan* 
(,  Krühlingi'garten*,  deutsch  von  Sehlechta- 
We$8ehrd  1846).  Lieder  aus  D.s  ,Divaii* 
übers,  von    Wiekerhausen  1855. 

Dschamna  (Jumna) ,  rechter  Nobenfl.  des 
Ganges,  entspr.  am  Himalaya  westl.  vom 
Ganges,  fliesst  mit  diesem  parallel  durcli 
die  Prov.  Delhi  und  Agra,  mündet,  durch 
zahlreiche  Zuflüsse  ans  dem  Viudhyagebirgo 
verstärkt,  bei  Allahabad  so  wasserreich  als 
der  Ganges;  191  M.  1.  Zwischen  beiden 
da«  Zweistromland  (Duab). 

]>tcli«tl,  aahlr.  Volk  in  Ostindien,  bes. 


im  NW.  die  überwiegende  Bevölkerung  bil- 
dend (im  Peudschab  3  Mill.);  dunkelfarbig, 
ansässig  und  ackerbauend;  auch  in  Gewer- 
ben geschickt;,  den  Radschputen  verwandt. 

Dschehpor  (engl.  Jeypoor,  früher  Amber), 
Radschputeustaat  iu  Ostindien,  unter  brit. 
Schutz,  726  QM.;  Haupisl.  D.,  60,000  Ew. 

Dschelälabftd ,  Stadt  in  Afghanistau,  am 
Kabul,  nach  Kabul  die  2.  Pforte  Indiens, 
10.000  Ew. ;  im  letzten  eugl.  Kriege  (1841)  vom 
General  Säle  beiden müthig  vertheidigt. 

Dschelaleddin-Bami,  Mewlana,  per«».  Dich- 
ter, geb.  1207,  lebte  mei^t  am  Hofe  der 
seldsehukidiachen  Sultane  zu  Koni'h  (Ico- 
nium);  f  das.  1278.  Der  gi'össte  mystische 
Dichter  des  Orients,  gen.  die  ,Naclitigal 
des  beschaulichen  Lebens*,  Stifter  der 
Mewiewi  (des  berühmten  Ordens  mystischer 
Derwische).  Hauptwerke:  ,Mesnewi',  ein 
umfangreiches,  den  vollkommensten  Pan* 
theismus  predigendes  Gedicht  (mit  türk. 
Uebersetzung,  Bulak  1836,  6  Bde.;  Bruch« 
stücke  deutsch  von  Rosen  1849),  und  sein 
,Divan'  (Auswahl  von  Rosengioeig  1K38). 
Einzelnes  übersetzt  von  TUoluch  (,Blütheu- 
sammlung  aus  der  moi^euländ.  My^^tik')  u. 
Rückert  (71  Ohaselen,  in  seinen  ,Gedichten*). 

Dsehenne,  Stadt,  s.  Dsohinni 

Dtchetair  (türk.,  d.  i.  Inseln),  Name  des 
türk.  Ejalets,  welches  die  Inseln  des  Mittel- 
menrs  nmfiisst. 

Dschidda  (Dsehetta,  Gedda) ,  Stadt  in 
Arabien,  am  rothen  Meer,  der  Hafen  von 
Mekka,  20,000  (nach  And.  .SO -> 40,0)0)  Ew.; 
Haupthandelsplatz  Arabiens,  Station  der 
engl,  und  franz.  Dampfer.  Ausfuhr  1859: 
14,  Einfuhr  fast  28  Mill.  Ti-cs.  Steht  seit 
1840  unter  dem  Schutz  des  Grossherm;  15. 
Juni  1858  Ermordung  der  christl.  Bevölke- 
rung,  infolge  dessHU  dreitägiges  Bombarde- 
ment durch  die  Engländer. 

Dschigfetui,  8.  Pferd. 

DscmiOlO  ( Halmahera ),9ine  der  Molukken- 
inseln,  202  QM.;  hoch  und  valkaniäch; 
zum  Tiieil  holländisch.    Hauptort  D. 

Dschingis  -  Khan ,  eigentl.  Temtidfchin, 
mougol.  Eroberer,  geb.  26.  Jan.  1155,  Snhu 
lies  mongol.  Hordonführers  Yesukai,  ward 
(1204)  von  den  ihm  g'^horüheudeu  Horden 
zum  Khakan  (Fürst  der  Fürsten)  ausgerufen, 
iiauntB  sich  D.  (König  der  Könige?),  erstit-g 
1209  die  chines.  Mauer,  eroberte  1215  die 
Hauptstadt  Yen-king  (Peking),  tiel  1218  in 
Tnrkistan  ein,  verheerte  (1219)  die  Städte 
Bokhara,  Samarkand  und  K1towar<'sm, 
sclilug  die  Russen  am  Flusse  Kalka  (JetKt 
Kaleza)  unweit  Mariupol  (31.  Mal  1223), 
vernichtete  in  einer  Schlacht  auf  dem  ge- 
frornen  See  Knkonor  das  Heer  des  Herr- 
schers von  Sihla  oder  Tangut;  1  24..Aug« 
1227.  5—6  Mill.  Menschen  waren  infolge 
seiner  Eroberungszüge  gefallen  und  unzäh- 
lige Denkmale  der  Kunst  etc.  vemiclitet 
worden.    Vgl.  Erdmann,  ,Teniudschin',  1b()2. 

Dschinni  (DJinne),  Ort  im  wedtl.  Sudan, 
östl.  von  Segu,  schon  1043  gegründet,  80u0 
Ew. ;  Hanptnrt  für  den  Sudauhandel. 

Dsehirdiieheh  (Oirgeh),  Stadt  in  Ober- 
ägypteu  (eliemals  Hanptst.),  am  Nil,  10,000 
Ew.;  rom.-kath.  Kloster. 

84* 


532 


Dschis^  —  Dubuque. 


DwllUfth  (Oiuh),  Ort  in  TJnterägypten, 
links  am  Nil,  Altkulro  gegenüber;  ber. 
Hübnerbrütöfen.  In  der  Nähe  3  der  liöcb- 
Btea  Pyramiden  (die  des  Cbeops  422 '  h.)  u. 
die  grosse  Sphinx. 

Dwhodpiir  (engl.  Joudpoore,  Martoor), 
grösster  Radschputenstaat  in  Ostindien 
fpendschab),  1700  QM.  Die  HaupM.  D. 
150,000  Ew.    Gltadelle,  Palast  des  Radscha. 

IHcholiba,  FInss,  s.  v.  a.  Niger. 

Dflcholofy  Volk,  s.  Dhjoloff. 

DschoBke,  chines.  Fahrzeug  von  etwa 
200  Tonnen  Trsgf&hfgkeit,  mit  2  Masten  und 
2  Segeln  ans  Binsenmatten. 

Dselinbs,  Flnss  in  Ostaflrika,  Grenze  des 
Semalilandes,  mündet  südl.  vom  Aequator; 
Tom  Reisenden  t.  d.  Decken  (s.  d.)  18fö  bis 
Berderah  belkhren. . 

Dsungarel  (Songarei,  Ili,  chines.  2%<an- 
$chan-pe-lu),  Landschaft  in  Hochasien,  zwi- 
schen dem  Himmelsgebirge  (Thian  •  sohan) 
und  Allai,  vom  Ili  und  obern  Irtyscb  be* 
-wässert,  bildete  ehedem  ein  eigenes  Reich, 
das  1754—59  von  den  Chinesen  erobert  ward. 
Seitdem  chines.  Prov.  und  in  S  Bezirke  ge- 
theilt:  Ilt,  Karkara-ussn  nud  Tarbagatai. 
Bevölkerung  moogolisch  u.  roh  buddhistisch : 
Kalmücken,  Khirghisen,  Reste  der  alten 
Dsungaren,  chines.  Truppen,  Ansiedler  und 
Terbannte.  Wachsender  Handelsverkehr 
mit  den  Rassen  (seit  1812).    HauptsUdt  Ili. 

Duab  (Zweistromlavd),  das  Land  zwischen 
den  Flüssen  Ganges  n.Dschamna  in  Ostindien, 
wahrsclieinl.  der  älteste  Sitz  ind.  Kultur. 

Dualln,  Sprengpräparat,  besteht  aus  mit 
Nitroglycerin  behandelten  Nitrosägespänen, 
Ist  weniger  gefährlich,  aber  zehnfach  wirk- 
samer als  Pulver,  auch  dem  Dynamit  (s.  d.) 
überlegen  und   leidet  weniger  durch  Frost. 

Dnafls  (Dual,  v.  lat.  duo,  zwei),  in  der 
Grammatik  einiger  Sprachen  (Sanskrit, 
Altgriecbisch ,  Altgnthisch  etc.)  diejenige 
Form  des  Nomens  und  Verbs,  wodurch  die 
Zweilieit  der  Gegenstände  oder  Personen, 
sowie  die  Ausfahrung  einer  Handlung  von 
Zweien  ausgedruckt  wird.  Vgl.  W,  von 
Suwboldt,  ,Uober  den  D.*,  1827. 

DnaHsmus  (neulat.),  Zweitheilung,  die  An- 
nahme zweier  Grundwesen,  eines  galten  und 
eines  bösen,  wie  Ormuzd  und  Ahi-iman  im 
Parsismus;  dann  Annahme  eines  doppelten 
Lebensprincips  im  Menschen  (Descartes), 
eines  geistigen  und  eines  sinnlichen,  im 
Gegensatz  zum  Monismus  (s.  d.) ;  In  der 
Politik  die  Theilung  der  Staatsgewalt  zwi- 
schen Regierung  und  Volksvertretung;  in 
einem  Staatenbunde  das  Verhältniss,  wenn 
zwei  Staaten  als  Leiter  und  Vollzieher  der 
Exekutive  an  der  Spitze  stehen;  neuerlich 
insbes.  die  in  Oesterreich  eingeführte  Poli- 
tik, durch  welche  die  Monarchie  in  zwei 
selbständige  Staaten  (diesseits  und  Jenseits 
der  Leitha)  getheilt  iat. 

Dnbarry  (spr.  i>ä-),  Marie  Jeanne,  Gr<i{fin, 
Mätresse  Ludwigs  XV.  von  Frankreich,  geb. 
19.  Aug.  1746  zu  Vancouleurs,  Tochter  des 
Steuerbeamten  Gomard  de  Vaubomier,  als 
Conrtisane  wegen  ihrer  Schönheit  unter 
dem  Namen  TAnge  bekannt,  ward  von 
Ludwig  XV.  an  den  Vicorote  P.  verheintthet 


und  1769  bei  Hof  eingeführt,  beherrschte 
den  König  völlig,  stürzte  den  Minister 
Clioiseul,  verschwendete  ungeheure  Sum- 
men; lebte  später  auf  ihrem  Scblosa«  bei 
Marly,  ward  wegen  ihres  EinTerständnisses 
mit  den  Emigrauten  6.  Dec.  1798  guillotinirt. 
Die  uuter  ihrem  Namen  erschienenen  ,M6- 
moires*  (1829—30,  6  Bde.)  sind  uuächt. 

DubieBka.  Stadt  in  Polen,  Gout.  Lnblin, 
3764  Ew.;  17.  Juli  1799  Sieg  Kosciasskos 
über  die  Russen  unter  Kaehowsky. 

Dublin  (spr.  Döbblin),  Hauptstadt  Ton 
Irland,  sowie  der  Graf  seh.  D. ,  16,6  QM.  n. 
402,023  Ew.,  an  der  Mündung  des  Liffey  in 
die  DubtinbQi,  318,437  Ew.  {•h  kath.);  Sitz 
des  Vicekönigs,  eines  kathol.  und  protest. 
Erzbischofs,  der  hohen  Gerichtshöfe  für 
Irland  u.  eines  Admiralitätsgerichts.  Keben 
schmutzigen  Gassen  prachtvolle  Strassen, 
z.  6.  Sackvillstreet  mit  der  Nelsonaänle, 
Plätze:  Stephansgreen  mit  Reiterstatue 
Georgs  IL,  Schlossplatz ,  Collegegreeu  mit 
Reiterstatue  Wilhelms  III.,  Phönixpark  mit 
demWelling^n-Obelisk ;  Bauwerke:  Schloss, 
Palast  des  Vicdkönigs,  Trlnltyoollega ,  das 
Gerichtshaus,  das  ehemal.  Parlamentshans, 
Kasernen.  Protest.  Universität  (seit  1&93); 
königl.  Akademie  der  Wissenschalten  (seit 
1786) ,  naturwissenschaftl.  Schale ,  hiber- 
nische  Malerakademie  (seit  1828).  Grosser 
Hafen,  viele  Fabriken,  Seehandel  (Aus- 
fuhr: Leinwand,  Rindvieh,  Korn,  Mehl  etc.). 
D.,  851  von  Normannen  gegründet  und  seit 
10.  Jabrh.  Sitz  eines  normannischen  Königs- 
geschlechts, ward  1171  vom  engl.  Grafen 
Strongbo  erobert  und  bildete  bis  ins  15. 
Jahrh.  eine  besondere  Grafschaft. 

Dnbloiie,  s.  Doblon. 

Dtt  Bois-Beymond.  Emil,  Physiolog,  geb. 
7.  Nov.  1818  zu  Berlin,  ward  1851  Hitcrlied 
der  Akademie,  1858  Prof.  der  Physiologie 
daselbst.  Verdient  bes.  durch  seine  Unter- 
suchungen über  thierische  Elektricität.  Sehr. 
, Untersuchungen  über  thierische  Elektricität' 
(Bd.  1,  1848;  Bd.  8,  Abth.  1»  1849;  Abth.  2, 
1860);  ,De  fibrae  mnscularis  reactione  ut 
chemicis  visa  est  adda*  (1859)  n.  A. 

DnbowkSy  gewerbsamer  Flecken  im  rnss. 
Oouv.  Saratow,   an  der  Wolga,  12,030  Ew. 

DnbSy  Jakob,  Schweiz.  Staatsmann,  geb. 
1882  zu  Aifoltern  im  Kant.  Zürich,  ward 
1847  Mitglied  des  grossen  Raths,  1855  Regie- 
rungspräsident und  Direktor  des  Erziehungs- 
wesens, 1857  Präsident  des  eidgenössischen 
Bundesg^richts,  an  der  neuen  Bundesver- 
fassung lebhaft  betheiligt,  1861  Mitsfied  des 
Bnudesraths,  1864  Bundespräsident.  Ver- 
dient bes.  um  Ausarbeitung  eines  Schweiz. 
Handelsgesetzbuchs  und  durch  den  ,Ent- 
wurf  eines  Strafgesetzbuchs  für  den  Kant. 
Zürich*  (1855).  Sehr.  ,Die  Schweiz.  Demo« 
kratie  in  ihrer  Fortentwicklung'  (1868). 

Dobafe  (spr.Dübüf),  Edouard,  ft'anz.  Maler, 
geb.  1818  zu  Paris,  lebt  daselbst.  Errang 
bes.  mit  Nuditäten  grosse  Erfolge,  malte 
ausserdem  Porträtstücke  (Kongress  von  Paris 
1857),  Parabel  vom  verlornen  Sohn  etc. 

Dnbuqoe  (spr.  Djnbuhk),  Stadt  in  Iowa 
(Nordamerika),  am  Mississippi,  (1870)  18,40^ 
Ew. ;  bed.  Bleiausfahr. 


Bac  —  Dürer. 


533 


Dnc  (fr.t  8||>r.  Büc),  ital.  Duea,  Herzog; 
DucAtf  (spr.  Düscheh),  Herzogtbum ;  Lueheue 
(spr.  Dusch ess),  Herzogiu. 

Du  Chailltt  (spr.  Du  Schalju),  Paul  Ta- 
lent, AfHkaroiseuder,  machte  seit  1851  meh- 
rere Reisen  landeinwärts  vom  Gabun,  drang 
Im  Auftrag  der  Academy  of  Natural  Sciences 
SBU  Philadelphia  1856  von  Congo  aus  in  das 
Innere  Ton  Afrika  ein  und  berichtete  über 
seine  Beise  in  ,£xploration8  and  adventures 
in  Equatorial  Africa*  (1861;  deutsch  1862); 
unternahm  1868  eine  neue  Expedition  von 
der  M.ündung  des  Feman-Yaz- Flusses  nach 
dem  Aschira-  und  Ashangoland.  Sehr, 
darüber  ,A  Joumey  to  Ashangoland'  (1867), 
,My  Apingi  KIngdom*  (1870). 

Dttchoborsen  (d.  1.  Oeisteskampfer),  Sekte 
der  Tuss.  Kirche,  hat  keine  Kirchen  und 
Priester,  verwirft  Eid  und  Kriegsdienst, 
trat  SU  An&ng  des  18.  Jahrh.  auf,  erhielt 
erst  unter  Alexander  L  Duldung,  1841  nach 
dem  Distrikt  Achalkalaki  in  Transkaukasien 
versetzt;  jetzt  gegen  3000  Köpfe. 

DKcker,  kleine  unterirdische  Kanäle  zur 
AbfuhrnuK'  des  Wassers. 

PnekwitSy  Arnold,  deutscher  Beichs- 
minister,  geb.  27.  Jan.  1802  zu  Bremen, 
etablirte  sich  1829  das.,  ward  1841  Mitglied 
des  Senats,  1848  Mitglied  des  Yorpai'laments, 
dann  bis  Mai  1849  Beichshandelsmiuister, 
leitete  1854  —  66  die  Unterhandlungen, 
welche  zum  Abschlüsse  des  Vertrags  vom 
26.  Jan.  1856  mit  dem  Zollverein  führten, 
übernahm  Ende  1863  wieder  als  Senator 
die  Leitung  der  auswärtigen  Angelegen- 
heiten des  Freistaats.  Sehr.  J)er  deutsche 
Handels-  und  SchlfTfalirtsbund'  (1847). 

Daetns  (lat.),Führung,Leitung;  Schriftzug, 
Schreibmanier :  in  der  Anatomie  s.  v.  a.  Gang. 

Doderaiit,  Aurore,  s.  Oeorge  Sand, 

Dadley  (spr.  Doddli),  Stadt  iu  d^  engl. 
Grafsch.  Worceater,  am  Dudieykanal)  44,975 
£w.;  bed.  Eisenhandel,  auch  Olaafabr. 

Dudley  (spr.  Döddli),  John,  geb.  1502, 
ward  1547  zum  Qrafeu  Warwick,  dann  zum 
Herzog  von  Korthumberland  erhoben,  be- 
redete Eduard  VI. ,  mit  Uebergehung  der 
Prinzessinnen  Marie  nnd  Elisabeth  seine 
Cousine  Lady  Johanna  Grey  (s.  d.)  zur 
Thronerbin  zu  ernennen,  die  er  mit  seinem 
jüngsten  Soline,  Lord  Guilford  D.,  vermahlte 
und  nach  Eduards  Tode  als  Königin  aus- 
rufen Hess;  t  22.  Aug.  1553  auf  dem  Schaffet. 
Sein  vierter  Sohn,  Mobert  D.,  war  der  be- 
i*ächtigte  Graf  von  Leicester  (s.  d.). 

Dndn.  s.  Dronte, 

Due  (ital.),  zwei.  D.  volle,  zweimal  Q^t.  bia). 

Düifel  (Sibirienne) ,  tuchartiges  Gewebe, 
fi^latt  oder  geköpeit  mit  glänzender  Ober- 
fläche, dient  zu  Winterkleidern. 

Dulkea^  Fabrikstadt  im  preuss.  Begbz. 
Düsseldorf,  Kr.  Kempen,  5202  Ew. 

Daell  (iat.),  Zweikampf. 

Oünn  (bei  den  Bussen  V)t»Üich«  Dwina), 
Flttss  des  westl.  Bussland,  entspr.  auf  dem 
westl.  Waldaiplateau,  flieset  in  einem  südl. 
Bogen  gen  SW.,  mündet  2  M.  unterhalb 
Biga  in  die  Ostsee.  Länge  142  M.  {^k 
schiffbar),  Stromgebiet  3500  QM.;  viele 
Stromschnellen  und  Sandbänke. 


Dunabnrg,  aiarkbefest.  Stadt  Im  ruas. 
Gouv.  Witebsk,  an  der  Düna,  88,496  Ew.; 
Handel  und  Schltffahrt. 

DiliuimiiBde,  Festung  in  Llvland,  an  der 
Müuduug  der  Düna  iu  den  rigaer  GK>If ;  der 
ei^entl.  Hafen  von  Biga. 

D&neii,  im  Allgem.  die  iu  der  Kähe  einer 
Küste  aus  dem  vom  Meere  ausgeworfenen 
Sande  sich  bildenden  Saudfläclien  u.  Sand- 
hügel; insbes.  die  an  den  flandr.  Küsten 
zwischen  Dünkirchen  und  Nienwpoort. 

Dünger,  jede  Substanz,  welche  Nahrungs- 
stoffe dor  Pflanzen  enthält  und  auf  dem 
Acker  zur  Vermehrung  der  Pflauzenmasse 
beiträgt:  Bewässeruug;  Stallmist  (starke 
Düngung  =  10  Fuder  k  20  Otr.  pr.  jMorgeu), 
Exkremente,  Guauo,  Poud rette;  miuura- 
lischeD.:  Mergel,  Gyps,  Cbilisalpeter,  Am- 
moniak-Kalisalze, Superphosphat  etc.;  Ab- 
fälle, Kompost,  FischMiano,  Fleisch,  Blut, 
Wolle,  Knochen,  OelkUcheu;  Gründüngung 
mit  Lupinen,  Baps  etc.,  die  nach  kräftiger 
Entwicklung  untergepflügt  werden.  Der  D. 
wird  gleiuhmässig  ausgebreitet  oder  mit  dem 
Samen  in  Billen  oder  Löcher  gebracht,  der 
Same  wird  mit  D.  iukrustirt  (Samendüugung) 
oder  die  Junge  Pflanze  mit  D.  beschüttet 
oder  begossen  (Kop(düugling).  Schriften  von 
Heiden  (1866),    Wolff  (1866),  ^faytr  (1871). 

Donklri^hen  (fr.  DHiüeerque),  feste  See- 
stadt im  franz.  Depart.  Nord,  an  der  Nord- 
see, 33,083  Ew.:  wichtiger  Haudelsliafen, 
Fischfang,  Seebader.  Gegr.  960,  «eft  1400 
befestigt ;  wiederholt  erobert  von  den  Eng- 
ländern (nameutl.  1540),  Franzosen  (bes. 
15.^8,  1646  und  1658)  und  den  Spaniern. 

Diintzer,  Joh.  Heinr.  Joseph,  Literarhisto- 
riker, geb.  12.  Juli  1813  zu  Köln,  seit  1846 
Bibliothekar  am  kathol.  Gymnasium  das., 
bekannt  durch  seine  eingehenden  Schriften 
über  die  Glanzepoche  der  deutschen  Lite- 
ratur, insbes.  üb<«r  Goethe:  ,Goethe  als  Dra- 
matiker* (1837);  ,Gofthes  Faust«  (2.  Aufl.  1857, 
2  Bde.);  ,Goethes  Tasso'  (1854);  ,Gocthes 
Götz  und  Egmont*'(1854);  .Schiller  u.  Goethe* 
(1859);  ,AusGk)ethes  Freundeskreise*  (1868) ; 
.Goethe  und  Karl  August'  (1861-65,  2  Bde.); 
ferner:  ,Erläuterungen  zu  den  deutschen 
Klassikern'  (1»55  ff.);  ,Goethes  lyrische 
Gedichte*  (1858,  2  Bde.)  u.  A.;  gab  heraus 
.Briefwechsel  zwischen  Goethe  u.  Staatsrath 
Schultz*  (1853) ;  ,Briefe  von  Schillers  Gattin 
an  einen  vertrauten  Freund'  (1856);  ,Aus 
Herders  Nachlass'  (1856-57,  8  Bde.);  ,Zur 
deutschen  Literatur  u.  Geschichte'  (1857—58, 
2  Bde.);  ,Herders  Beise  nach  Italien'  (1859); 
,Von  und  an  Herder'  (1861-62,  3Bde.)u.A. 

Düppel  9  Dorf  in  Schleswig,  Sonderburg 
gegenüber.  Erstürmung  der  von  den  Dänen 
angelegten  düppeler  Scharuen  13.  April  1849 
durch  die  Sechsen  und  Bayern;  18.  April 
1864  durch  die  Preusseu. 

Düren,  Kreisst.  im  preuss.  Begbz.  Aachen, 
an  der  Beer,  11,256  Ew.;  Tuch-  u.  Teppich- 
fabr.  Dabei  Kloster  Bchwarzenbroieh,  mit 
Vitriolwerk  und  Braunkohlengruben. 

DSxer,  AWr,,  ber.  Künstler,  geb.  20.  Mai 
1471  zu  Nürnberg,  Schüler  von  Mich.  Wohl- 
gemuth,  machte  1490— 94  Beisen  in  Deutsch' 
land,  war  1505'-6  in  Italien,  ward  von  den 


584 


Düringsfeld  —  Dukaten. 


Kaisern  Maximilian  I.  nnd  Karl  V.  zum 
Itaiserl.  Hofmaler  eruAnnt,  besuchte  wieder- 
lioU(1519u.  1521)  die  Niederlande  ;t<^-  April 
1528  iu  Nürnberg.  Einer  der  hervorrngeud- 
steu  und  vielsiaitigsten  Künstler,  die  Je  ge- 
lebt, auflgezeicliiieter  Mxler  ,  Kupferstecher 
nnd  Formsclineider,  Bildhauer  in  Holz, 
Elfenbein,  Stein  und  Metall,  Architekt  und 
Schriftsteller  über  die  Kunst.  Die  Zahl 
«einer  Oelgemälde,  wie  insbes.  seiner 
Haiidzeichnungeii,  Holzschnitte  und  Kupfer- 
stiche sehr  gross.  Er  führte  zuerst  die 
Aetzkunst  ein,  erfnnd  das  Büttel,  die  Holz- 
schnitte mit  zwei  Fnrbou  zu  drucken,  und  die 
gläserne  Kopiräclieibe,  u.  vervollkommnete 
die  Schriftglesserei  (von  ihm  stammt  die 
l>'orm  der  deutschen  Letteina).  Unter  seineu 
Schriften  (woruutor  auch  eine  über  den 
restiiugsbnu)  sind  namentl.  die  ,Vior  Bücher 
menschlicher  Propi^tion' (1529)  zu  erwähnen. 
Seit  1828  iu  Nüruberg  sein  Staudbild  (von 
RmucIi).  Biographien  von  Heller  (1827)  und 
A.  von  Eye  (2.  Aufl.  1868).  Vgl.  Hautmann, 
,A.  D.s  Kupferstiche,  Radirnugen  etc.',  1861; 
Zahn,  ,D.s  Kuustlehre',  1867. 

Düringsfeld,  Ida  von,  Schriftstellerin, 
geb.  12.  Nov.  1815  zu  Militsch  iu  Nieder- 
schlesien, seit  1845  mit  dem  Schriftsteller 
Otto  von  Reinsberg  yermählt,  lebte  mit 
diesem  abwechselnd  in  Italien,  in  Prog,  in 
Dalmatien,  Belgien  und  Frankreich,  meist 
mit  Sprach-  uud  Literaturstudien  beschäf- 
tigt. Sehr,  mehrere  Romane,  , Reiseskizzen' 
(1850  f.,  8  Bde.),  ,Aus  Dalmatien*  (1857  f., 
8  Bde.),  ,Von  der  Scheide  bis  zur  Slaas' (1861), 
,D:i8  Sprichwort  als  Kosmopolit'  (gemeinsam 
mit  ihrem  Gatten,  1863,  3  Bde.)  u.  A. 

DQrkheim,  Stadt  in  der  bnyer.  Rheiupfalz, 
in  der  Nähe  des  Hardtgeldrges ,  au  der 
Iseunch,  5541  Ew.;  Salzquellen,  Weinbau. 

Duero  (port.  Douro),  Fluss  der  pyren. 
Hallilusel,  entspr.  im  NW.  von  Soria,  durch- 
fliesst  Altkastllieu  uud  Leon,  mündet  bei 
Ojinrto  in  den    atlant.  Oceau;    104  M.  lang. 

Dfirrenberg,  Salzberg  im  Salzbnrgi sehen, 
an  der  Sulzauh,  nahe  der  bayer.  Grenze, 
2ä0O'li.;jährl.Ausbeute400,0OOCtr.Steinsalz. 

DSrrenberg,  Dorf  bei  Merseburg,  an  der 
Saale,  267  Ew.;  Salzwerk  (260,000  Ctr. 
Jährl.),  Glaubersalz-  uud  Kalifabrik. 

Durrenstein  (Dürnstein,  Tymstein),  Stadt 
in  Uuterösterreich,  an  der  Donau,  650  Ew. ; 
Ruiuen  der  Burg  D.  (Richard  Löwenherz 
11!>2  das.  als  Gefangener). 

Durrheim,  Doi*f  im  bad.  Kr.  Villingen, 
10JI6  Ew. ;  Ludwigssaline  (jährl.  212,600  Ctr.). 

Dflsseldorf,  Regbz.  der  preuss.  Rhein- 
pr  viuz ,  yyVft  QM.  und  1,243,902  Ew.  —  Die 
Hiiuptst.  D.,  an  der  Mündung  der  Düsael  in 
den  Rheiu,  63,389  Ew.  (meist  Kath.) ;  Hafen, 
Schloss,  Malerakademie,  Gemäldegallerie, 
Bibliothek  (80,000  Bde.),  Sternwarte;  bed. 
ludustrie  ,  Rheinhandel.  'Früher  Residenz 
der  Herzöge  von  Jülich,  Kleve  und  Berg, 
dann  der  pfälz.  Kurfürsten,  1806— 15  Haupt- 
stadt des  Herzcgthums  Berg;  seit  1815 
prenssisch.  [Musikstück. 

Daett    (Duetlino,    Duo),    zweistimmiges 

Dufhure  (spr.  Düfohr),  Jules  Armand  Uta- 
ni$la$,  firanz.  Staatsmann,  geb.  4.  Dec.  1798 


zu  Saujon  im  Depart.  Uotercharent«,  Advo- 
kat in  Bordeaux,  ward  1886  Staatarath,  1839 
auf  kurze  Zeit  Minister  der  offentl.  Bauten, 
1848  Mitglied  der  Nationalversammlung  und 
des  Verfassungsausschusses,  Sept.  bis  Dec. 
1818  und  wieder  Juni  bis  Okt.  1849  Minister 
des  Linern,  trat,  als  entschiedener  Gegner 
der  bonapartist.  Politik,  nach  dem  Staats- 
streich vom  2.  Dec.  1851  vom  pollt.  Schau- 
platz ab,  ward  Febr.  1870  Justizminister, 
blieb   dies   unter   der   provisor.  Regierung. 

Dufonr  (spr.  Düfuhr),  Wilh.  Heinr.,  eid- 
gonöss.  General,  geb.  15.  Sept.  1787  zu 
Konstanz,  wohnte  seit  1809  als  (jrenieoffisier 
den  Feldzügen  Napoleons  L  bei,  ward  1831 
Chef  des  eidgenöss.  Generalstabs  ,  verdient 
durch  Triangulirung  und  topograph.  Auf- 
nahme der  Schweiz  (Karte  der  Schweiz, 
25  BI.,  1812-65).  1847  als  General  an  die 
Spitze  des  eidgenöss.  Heeres  berufen,  machte 
er  dem  Sonderbandskrieg  rasch  ein  Ende, 
ward  dann  vom  Bundesrath  mehrfach  mit 
Missionen  zu  Napoleon  IU.  betraut.  Sclir. 
,Lehrb.  der  Taktik  etc.*  (deutsch  1848). 

Dngong  (Dvjting,  Halicore  IU.),  Cetaceen- 
gattuug  der  Seekühe.  Seejungfer,  SeeJkHh 
(H.  Dugong  Cnv.),  8—10'  I.,  au  den  Küsten 
der  Südseeinseln,  Molukken,  Philippinen, 
Keuhollauds   mit  weissem,  zartem  Fleisch. 

DuguescUn  (spr.  DQgäkläng),  BertraHd. 
Orafvon  Longueville,  Gonnetable  von  Frank- 
reich ,  her.  franz.  Feldherr,  geb.  1314  iu 
der  Gegend  von  Reunes,  leistete  seit  135ti 
dem  Dauphin ,  nachherigen  Köuig  Karl  V., 
die  wichtigsten  Dienste,  ward  1364  Gonver- 
neur  von  Pontorson,  verhalf  dem  G-rafeu 
Heinrich  von  Trastamare  durch  den  Sieg 
bei  Montiel  (14.  März  1369)  zur  Krone  vou 
Kastilien.  Von  Karl  V.  zurückgerufen  und 
zum  Gonnetable  ernannt,  entriss  er  dan 
Engländern  fast  alle  franz.  Besitzaugeii 
wieder:  t  3*  Juli  ^^^^  ^^I  der  Belagerung 
von  Ghäteauneuf  de  Randon   in  Gevaudnu. 

Duilius,  Oojus,  erfocht  als  Konsul  26U 
im  ersten  pun.  Kriege  mit  der  ersten  röm. 
Kriegsflotte  den  grossen  Seesieg  der  Römer 
bei  Mylä  an  der  Nordküste  von  Sicilieu 
über  die  Karthager.  Das  Andenken  de.ss. 
durch  Errichtung  einer  mit  den  Schiffs- 
schnäbeln der  eroberten  Schiffe  verzierten 
Säule  (Columna  rostrata)  erhalten. 

Doisbnrgy  Kreisstadt  im  preuss.  Re^rbz. 
Dusseldorf,  am  Rhein  •  Ruhrkanal  und  der 
köln  -  mindener  Eisenbahn,  25,757  Ew.;  Fa- 
briken, Schifffahrt,  Handel;  Universität 
1802  aufgehobeu.  [Vioo  Guldeu. 

Duit  (spr.  Deut),   hoU.  Kupfermünze,  =:r 

Dukaten,  Goldmünze,  In  Holland  =:  11,63 
Goldfrcs.  =  0,843  deutsche  Kronen ;  in  Oester- 
reich  bis  1865  =  11,856  Goldfrcs.  =  0,344  Kro- 
nen; in  Russlaud  mit  holländ.  Gepräge  = 
11,772  Goldfrcs.  =  3,348  Kronen,  national  = 
11,489  (joldfrcs.  ==  0,334  Kronen.  D.  komnten 
zuerst  um  1100  vor,  benanut  nach  dem  Fa- 
miliennamen Dukas  der  byzant.  Kaiser  Kon- 
stantin und  Michael;  in  Deutschland  1559 
Reichsmünze.  Münzdukaten  sind  neue  glän- 
zende, Randdukaten  solche,  an  denen 
höchstens  1  Promille  fehlt,  Passii'dukaten 
stärker  abgenutzte,  aber  noch  für  voll  an- 


DulcamSra  —  Duncker. 


535 


suMhmende.  Dukatengewiehit,  das  Gewicht 
eines  yoUwichtlgen  D.s  für  Goldsachen  von 
der  Feinheit  des  D.s.  [Dulcamara. 

Dnleamir»  (BiU«r9Üs9),  s.  y.  a.  Solanum 

Dulk,  Albert  Friedr.  Benno,  dram.  Dich- 
ter, geb.  17.  Juni  1819  zu  Königrsherg,  stu- 
dirte  Chemie  n.  Naturwissenschaft,  machte 
seit  1849  Reisen  nach  Aegypten  u.  Arabien, 
lebte  dann  mehrere  Jahre  in  einer  Senn- 
hutte  auf  dem  Jura  am  Genfersee,  seit 
1858  in  Stuttgart.  Eigenthümlich  wie  sein 
Leben  sind  seine  Dramen:  ,Orla*  (1844), 
,Simson*  (1859),  ,Je8U8  der  Christ'  (1865), 
,KonrRd  U.'  (1867)  u.  a. 

Dnller,  Eduard,  Schi'iftsteller,  geb.  8.  Nov. 
1809  8tt  Wien,  seit  1851  Pi*ed{ger  der  deutsch- 
kathol.  Gemeinde  zu  Mainz;  f  84.  Juli  1853 
in  Wiesbaden.  Sehr.  ,Dte  Witteisbacher* 
(Balladeukranz,  1831);  ,DerFttr8t  der  Liebe' 
(2.  Aufl.  1854);  Dramen  und  Romane  (z.  B. 
,Loyola,  1836),  spater  meist  hiator.  Werke: 
,Gesch.  des  deutschen  Volks'  (3.  Aufl.  1845); 
,Ge5ch.  der  Jesuiten'  (2.  Aufl.  1845)  u.  A. 

Dvmas  (spr.  Dümah),  1)  Matthieu,  Graf, 
franz.  General,  geb.  23.  Dec.  1753  zu  Mont- 
pellier, ward  Mitglied  der  gesetzgebenden 
Nationalversammlung,  dann  des  Ratlis  der 
Alten,  1805  Divisionsgeneral,  Kriegaminister 
und  Grossmarschall  Joseph  Napoleons  in 
Neapel,  1812  Generalintendant  der  Armee, 
1818  in  den  Staatsrat!!  berufen ,  1822  ent- 
lassen ,  organlsirte  mit  Lafayette  nach 
Karls  X.  Sturz  nochmals  die  Nationalgarde, 
ward  Befehlshaber  derselben  und  Pair;  f 
erblindet  16.  Okt.  1837.  Sclir.  ,Pr6cis  des 
^▼duements  militaires  ou  essai  historique 
sur  les  campagnes  de  1799  k  1814'  (1816-26, 
19  Bde.).  Seine  ,SI6moires'  gab  sein  Sohn 
heraus.  —  2)  Alexandre,  ber.  firanz.  Schi'ift- 
steller, geb.  24.  Juli  1803  zu  Villers- 
Coterets  in  der  Picardie,  Sohn  des  Generals 
Alex.  D.  (t  1806),  erst  Sekretariatskopist, 
dann  Bibliothekar  des  Herzogs  von  Orleans 
(Ludwig  Philipp),  gr&ndete  seit  1829  durch 
eine  Reihe  bühnenwirksamer  Dramen 
(,Henri  III  et  sa  cour*,  ,Antony',  ,Charles 
Vir,  ,AngMe*,  ,Gal{gula'  u.  a.)  seinen 
literar.  Ruf,  ging  1843  auf  das  Gebiet  des 
Romans  über,  das  er  mit  grossem  äussern 
Erfolg  und  infolge  dessen  bnld  mit  wahr- 
haft fabrikmässiger  Thätigkeit  kultivirte; 
f  8.  Dec.  1870  zu  Puys  bei  DIeppe.  Be- 
gründer der  modernen,  der  Romantik  ent- 
gegentretenden realistischen  Richtung  in 
der  franz.  Literatur.  Berühmteste  Romane: 
,Le  comte  de  Monte-  Cristo',  ,La  reine  Mar- 
got*, ,La  dame  de  Montsoreau',  ,Les  trois 
Mousquetaires',  ,Le  Chevalier  de  Maison- 
Ronge'  etc.,  sämmtlich  in  deutschen  Ueber- 
setzungen  erschienen.  Sehr,  ausserdem  ,116- 
moires*  (1852),  Reiseskizzen  U.A.— Sein  Sohn, 
Alexandre  D.,  geb.  28.  Juli  1824  zu  Paris,  eben- 
falls namhafter  Romanschriftsteller  u.  Dich- 
ter, bes.  durch  seine  ,Dame  aux  Gamöiias' 
(1848,  2  Bde.)  und  die  Dramen  ,Le  Demi- 
Monde'  (1855)  und  ,Le  pdre  prodigne'  (1859). 

DambartOB  (spr.  Dömbart^n,  auch  Leaox), 
Ghmfschaft  in  Südschottland ,  15  QM.  nnd 
52,035  £w.,  gebirgig,  mit  dem  Lomond,  dem 
^rpsston  See  Schottlands,    Die  Bavptst,  D., 


am  Leven,  8253  Ew.     Unfern  das  in   der 
Schott.  Geschichte  berühmte  Kastell  D. 

Damfermllne,  Stadt,  s.  Dunfermline. 

Dumfriea  (spr.  Dömmfris),  Grafschaft  im 
südl.  Schottland,  44«/»  QM.  und  42,730  Ew.; 
trefln.  Weiden,  ergiebiges  Ackerland.  Die 
Hauptat,  D.,  am  Nitli,  14,023  Ew. 

DiuumkoÜer,  s   Koller. 

Dumont  d'UrrlUe,  Julea  S^baatien  C^ar, 
franz.  Contreadmiral  und  Weltnmsegler, 
geb.  23.  Mai  1790  zu  Gond^ -sur-Noireau 
(Depart.  Calvados),  machte  1822  unter 
Duperrey,  1826-29  und  1834  Reisen  um  die 
Erde,  wardEnde  1840 Contreadmiral ;  f  8.Mai 
1842  bei  dem  grossen  Unfälle  auf  der  paris- 
versalUer  Elsenbalin.  Er  nahm  grosse 
Kästenstrecken  von  Neuseeland  und  Neu- 
guinea auf,  entdeckte  zahlr.  Inseln  und 
antarkt.  Länder,  durchftirschte  die  Torres- 
und  Oooksstrasse,  bereicherte  die  Sprach- 
kunde und  ocean.  Naturgeschichte.  Sclir. 
,Voyage  d'Astrolabe'  (1830-82,  12  Bde.  mit 
Atlas)  und  fVoyage  au  p6le  sud  et  dans 
l'0c6anie'  (1841—54,  23  Bde.). 

DnmODrI<iz^  Gharle»  Pranfois,  franz.  Ge- 
neral, geb.  2o.  Jan.  1739  zu  Cambray,  beim 
Ausbruch  der  Revolution  Mar6ühal-de-camp, 
1792  kurze  Zeit  Minister  des  Auswärtigen, 
übernahm  nach  Lafayettes  Abgang  den 
Oberbefahl  über  die  Armee  des  Goiitrums 
nnd  schlug  die  Oesterreicher  5.  und  6.  Nov. 
1792  bei  Jemappes.  18.  März  1793  vom 
Herzog  von  Koburg  bei  Neer winden  ge- 
schlagen und  beim  Konvent  schon  vorher 
als  Royalist  verdächtig,  unter liandelto  er 
zn  Herstellung  der  Herrschaft  der  Bour-' 
honen  mit  den  Oesterreichern  und  sandte 
den  Kriegsminister  Beumonville  und  vier 
Volksrepräsentanten,  vor  denen  er  sich  ver- 
antworten sollte,  als  Gefangene  ins  öäterr. 
itauptquartler.  Von  ssinen  Truppen  ver- 
lassen, floh  er  4.  April  1793  mit  dem  Herzog 
von  Ghartres  (dem  nachher.  König  Ludwig 
Philipp)  u.  seinem  Stabe  zu  der  österr.  Armee. 
Aus  Frankreich  verbannt,  f  er  11.  März  1823 
bei  London.  Vgl.  ,M6moire8  du  g6n6ral  D.', 
1794,  und  ,La  vie  du  g6u6ral  D.',  1794. 

Dvnajec  (Donajec),  Nebeufl.  der  Weichsel 
in  Galizien,  entspr.  am  Tatragebirge,  fliesst 
nördl.,  mündet  der  poln.  Stadt  Opatowiec 
gesrenüber;  28  M.  1. 

Dsnbar  (spr.  Dönnbär) ,  Hafenstadt  in 
der  scliott.  Grafsch.  Haddington,  3516  Ew.; 
hier  1650  Sieg  Cromwells  über  die  Schotten. 

Danclade  (vom  engl.  Dttnee,  d.  i.  Schwacii- 
kopf),  Satire  auf  Dummköpfe,  benannt  nach 
dorn  gleichnam.  Gedicht  von  Pope. 

Duncker,  1)  Karl,  Buchhändler,  ^eb. 
25.  März  1781,  erwarb  1809,  mit  Humblot 
associirt,  die  Fröllclische  Buchhandlung 
zu  Berlin,  die  er  seit  1828  unter  der  Firma 
,D.  und  Humblot'  alloin  fortführte  und  zn 
einem  der  bedeutendsten  Verlagsgeschäfte 
Deutschlands  erhob;  f  1^*  Juli  1870.  Sein 
jüngerer  Sohn,  Alexander  D.,  begründete  ein 
Verlagsgeschäft  vorwiegend  artist.  Richtung. 
Ein  dritter  Sohn,  Fran»  D.,  (ibemahin  1850 
die  M.  Bessersche  Buchhandlung  in  Berlin, 
deren  Firma  er  in  ,Franz  D.'  umänderte; 
Verleger  der  ,Vo^kszeitung',   seit  1862  Mit- 


ßsd 


Öundalk  -~  DurÄnÖä. 


glied  des  Abgeordnetenliftaflos.  —  S)  Maxi- 
milian H^o2/oan9,Qe8oh1chtichreiber,  ältester 
Sohn  des  Vor.,  geb.  1812  su  Berlin,  ward 
1842  Prof.  der  Geschichte  eu  Halle,  1848 
Mitglied  der  NationalTersanimlnng,  dann 
des  Volkshanses  au  ErfUrt  und  der  preuss. 
Kammer  von  1849— .'^2,  1857  Prof.  in  Tübin- 
gen ,  April  d.  J.  Hlilfsarbelter  Im  Staats- 
ministerium zu  Berlin,  1861  Tortragender 
Rath  des  Kronprinzen.  Hauptwerk:  ,Ge- 
schichte  des  Aiterthums*  (3.  Aufl.  1864  f.); 
,Zur  Gesch.  der  deutschen  Beichsversamm- 
Inng*  (1849) ;  .Heinrich  t.  Gagem*  (1850)  u.  A. 

Dnndalk  (spr.  Dönnd4hk) ,  Hauptst.  der 
irisclien  Grafscb.  Lontfa,  Prov.  Leinster, 
10JD75  Ew.    Hafen;  anaehnl.  Handel. 

Diindee  (spr.  Dönndih),  Fabrikstadt  in  der 
Schott.  Grafsch.  Forfar,  am  Ta^busen,  90,417 
Ew.;  Hnnptsitz  der  schott.  Lemenindustriö. 

DuBedlüy  aufl'lüheude  Stadt  auf  dnr  Süd- 
ostkfiste  von  N«nseeland,  am  Port  Otago, 
(1867)  12,777  Ew.    Goidbergwerke. 

Danfermline  (spr.  Donf6rmlin),  alte  Stadt 
in  der  schott.  Grafsch.  Fife,  13,506  Ew.; 
imposante  Abteikirche  (Roh.  Bruces  Grab); 
ber.  Fabr.  feinen  Tischzeuges.' 

Bnnola  und  LongoerlUe  (spr.  Dünoa  und 
Longhwil),  Jean,  Bastard  von  OrlAm$,  Graf 
von,  geb.  23.  Nov.  1402,  natürl.  Sohn  des 
Herzogs  Ludwig  von  Orleans,  zweiten  Soh- 
nes König  Karls  V.  und  der  'Mariette 
d'Enghien,  der  Gattin  des  Bitters  Albret  de 
Cany,  behauptete  Orleans  gegen  die  Eng- 
länder, bis  es  1429  von  der  Jungfrau  von 
Or]6ans  entsetzt  ward,  focht  dann  siegreich 
gegen  die  Engländer,  stellte  sich,  von  Lud- 
wig XI.  seiner  Aemter  und  Guter  beraubt, 
an  die  Spitze  des  Bundes  ,Pour  le  bleu  public* ; 
t  24.  Nov.  1468.  Karl  IX.  und  Ludwig  XIY. 
erhoben  die  D.  zu  Prinzen  des  königl.  Hau- 
ses. Seit  Louis  I.  (f  1516)  waren  sie  souve- 
räne Fürsten  von  Nenfchatel;  1672  erloschen. 

Dana  SeotvSy  Joh.,  ber.  Scholastiker,  geb. 
um  1270  oder  1275  zu  Dunse  in  Schottland, 
seit  1304  Lehrer  der  Theologie  zu  Paris ;  f 
1308  zu  Köln;  wegen  seiner  spitzfindigen 
Dialektik  ,Doctor  subtilis^  genannt. 

Dnnsty  s.  v.  a.  Ausdünstung ;  zu  Bläschen 
verdichteter  Dampf  (z.  B.  Nebel);  feines 
Schrot:  Korumehl. 

Dnodecim  (lat.),  zwölf;  Auodecimal,  was 
sich  auf  die  Zahl  12  bezieht;  daher  Diiodect- 
malmats,  12theilige8  Mass,  bei  welchem  die 
Einheit  in  12  Theile,  also  die  Ruthe  in  12 
Fuss,  der  Fuss  in  12  Zoll  etc.  zerfällt;  jetzt 
meist  durch  das  Decimalmass  verdrängt. 

Dnpftnlonp  (spr.Dfipangluh),  FHi*  Antoine 
Fhilibert,  franz.  Prälat,  geb.  8.  Jan.  1802  zu 
St.  F61ix  in  Savoyeu,  seit  1849  Bischof  von 
Orleans,  trat  mit  Entschiedenheit  für  den 
Papst  in  die  Schranken,  z.  B.  in  der  Bro- 
schüre ,La  Convention  du  15  sept.  et  En- 
oycliqne  du  8  dec'  (1865);  auf  dem  Koncil 
von  1869—70  ebenso  entschiedener  Gegner 
des  Unfehlbarkeitsdogmas.  Sehr.  ,D«  rldu- 
cation«  (1855-57,  3  Bde.);  seit  1854  Mi^lied 
der  f^anz.  Akademie. 

Dnpe  {tr.f  spr.  Dühp),  der  Betrogene,  Ge- 
foppte; Duperie,  Betrügerei,  Fopperei;  dw- 
piren,  foppen,  betrügen,  verblüffen.       '■ 


Diipln  (spr.  Düpäng),  Andre  Marie  Jean 
Jaequee,  gen.  D.  derAeltere,  franz.  Staatsmann 
n.  Rechtsgelehrter,  geb.  1.  Febr.  ITSSsuVarzy 
im  Depart.  Nidvre,  ward  nach  der  Jalirevo- 
lutiou  Mitglied  des  Ministerconseils  a.  Gene- 
ralprokurator am  Kassationshofe,  achtmal 
Präsident  der  Depnttrtenkainmer,  in  der  Gon< 
stltuante  von  1848  Mitglied  des  Verfasstuigs- 
ausschusses,  In  der  Legislative  regelmassig 
Präsident,  gab  infolge  des  gegen  die  Familie 
Orleans  erlassenen  Konftskationsdekrets 
seine  Entlassung,  nahm  1857  von  Napoleon 
das  Amt  des  Generalproknrators  am  Kassa- 
tionshofe  wieder  an,  ward  Senator,  viiter- 
stützte  fortan  die  kaiserl.  Politik ;  f  9*  Nov. 
1865.    Yerfasser  zahlr.  Jurist.  Schriften. 

Bvplex  (lat.),  doppelt :  daher  X>wj>I<l»(,  das 
Zweite,  Gleiche  eüier  Saehe,  s.  B.  eine  Ab- 
schrift; Duplikation,  Verdoppelung;  Dupli- 
dtäi,  Zweideutigkeit  im  Reden  n.  Handeln. 

Bnpllk  (lat.),  im  Rechtswesen  der  vierte 
der  in  einem  rechtlichen  Verfahren  von  den 
streitenden  Parteien  einzugebenden  eohiiftl. 
Sätze,  näml.  die  Antwort  des  Beklagten  auf 
die  Replik  des  Klägers;  auch  zweite  Recht- 
fertigungsschrlft  eines  Angegriffenen. 

Bnpliiutiir  (lat.),  Verdoppelung;  in  der 
Anatomie  doppelte  Lage  zweier  H&nte,  b.  B. 
des  Bauchfells  als  Nets. 

Bapllren  (lat.),  verdoppeln;  die  Glieder 
d.,  im  Militärwesen  aus  2  Gliedern  S  mskchen ; 
eine  Flotte  d.,  eine  feindliche  Flotte  über» 
flügeln  und  zwischen  zwei  Feuer  nehmen; 
ein  Kap  d,,   um   dasselbe  hemms^eln. 

Daplnm  (lat.),  das  Doppelte;  Abschrift. 

Dupont  (spr.  Düpong),  Jacgfltas  Charlet, 
genannt  D*  de  VEure ,  polit.  Charakter 
Franki'eiohs,  geb.  27.Febr.  1767  zn  Neu bonrg 
in  der  Normaudle ,  seit  1789  Advokat  beim 
Parlament  dieser  Prov.,  ward  Mitglied  des 
Raths  der  Fünflmndert ,  181S  Mitglied  des 
gesetzgebenden  Körpers  und  Vicepräsident 
dess.,  gehörte  seit  1824  in  der  Kammer  der 
liberalen  Minorität  an,  war  nach  der  Juli- 
revolution 6  Monate  Justizminisier,  84.  Febr. 
1848  Präsident  der  Kammer,  dann  der 
provisor.  Regierung  und  Mitglied  der  Con- 
stituante ;  t  3.  März  1855. 

Bnpre  (spr.  Düpreh),  Gtovanai,  ital.  Bild- 
hauer, geb.  1.  März  1817  zu  Siena,  anlangs 
Holzschneider,  bildete  sich  zu  Florena  in 
der  Bildhauerei  als  Autodidakt  und  erregte 
zuerst  durch  seinen  »erschlagenen  Abel^(1842) 
Aufsehen.  Spätere  Hauptwerke:  Sappho 
(1857),  Triumph  des  Kreuzes  (Hantrelief  in 
Santa  Croce)  und  eine  Pletk  \196&), 

Dvpres  (spr.  Dnpreh),  Gilbert  Lcuie,  ttKta. 
Sänger,  geb.  6.  Dec.  1806  in  Paris,  glänzte 
als  Heldentenor  an  der  grossen  Oper  das., 
zog  sich  ltö5  von  der  Bühne  zurück.  Sehr, 
eine  vorzügl.  Gesangsschule* 

Dnr  (lat.,  Mus.),  hart,  bes.  diejenige  der 
zwei  Hanpttonarten,  in  welcher  die  Tors  des 
Grundtons  eine  grosse  ist;  daher  Dur4Mcord, 
der  Dreiklang  mit  der  grossen  Ten. 

Durasnater  (lat),  harte  Hirnhaut,  s.  Oekim. 

Dnranee  (spr.  Dürangs),  relssender  Neben- 
fluss  der  Rhone  in  Frankreioh,  kommt  Tom 
Mont  Gendvre  (cott.  Alpen),  mundet  unter- 
halb Avignon;  84  M.  lang,  nicht  tchiilbar. 


Durängo  —  Duvöyrier. 


5a7 


DuruifO,  Binneii|i(taAt  von  Mexiko,  2Q06 
QTÜ.  uiid  173,942  ßw.  Hochebene,  von  der 
Sierra  Madre  durchzogen,  zu  Viehzucht  und 
Ackerbau  geeignet;  reich  an  Metallen.  Die 
Hauptst.  D.  (Oludad  de  Victoria),  12.449 Ew. 
In  der  Nähe  der  Magneteiseuberg  C«rro  del 
JUercedo  (wird  Jetzt  abgebaut). 

DurftniBy  Francesco ,  ber.  ital.  Kirohen- 
komponist,  geb.  1684  zu  Fratta  mag^iore  bei 
Neapel,  Schüler  Scarlattis;  f  1755.  Lehrer 
Ton  Pergolesi,  Jomellf,  Piccinl  u.  A. 

Dnrazzo  (ital.,  tUrk.  Duradsch,  Dratsch), 
befest.  See-  und  Hafenstadt  in  Türkisch- 
Albanien,  am  adrlat.  Meer,  10,000  Ew.  Bas 
alte  Epidamntu,  626  v.  Chr.  gegründet, 
blühende  Kolonie  der  Korcyräer,  von  den 
Hörnern  Dyrrhachium  gen.,  bes.  als  Ueber- 
fahrtsort  nach  Italien  bekannt;  im  4.  und  5. 
Jahrb.  Hauptst.  der  byzant.  Eparchie  Keu- 
Epirus ;  kam  nach  wechselnden  Schicksalen 
1205  an  Venedig,  1317  an  Philipp  vonTarent; 
1502  von  den  Türken  erobert. 

D'Urban  (Port  Natal),  Hafenst.  der  brit. 
Kolonie  Natal  in  Südostafrika,  am  Nordrande 
der  Bai  von  NatM  (1887)  4991 E w.  (3l87  Eng- 
ländelr  und  Holländer,  464  ind.  Kulis);  !Ban- 
ken,  Bibliothek,  botan.  Garten,  Institut  für 
Kunst  etc.;  "Wollausfuhr. 

Bnrclidriligllclikeity  Eigenschaft  der  Kör- 
per, Flüssigkeiten  oder  Gase  In  sich  ein- 
dringen und  durch  sieh  hfndurch  gelangen 

Dnrchflill,  s.  Diarrhüc.  [zu  lassen. 

Barchgang,  in  der  Astronomie  P.  eines 
Sterns  durch  denMittagskreis,  s.  Kulmination. 
'  Darchgangstone,  Tone,  welche  nicht  zur 
Harmonie  gehören  und  auf  den  schlechten 
Takttheil  fallen ;  auf  dem  guten.  Taktthell 
heissen  sie  Wtch^elnöitm.,  Ebenso  gibt  es 
durchgehende  und  wechselnde  Akkorde. 

Önrchlaocht  (dem  lat.  Serenitas  oder  Se- 
renissimus nachgebildet),  Ehrenprädikat  der 
frank,  und  goth.  Könige,  In  Deutschland  1375 
von  Kaiser  Karl  IV.  den  Kurflirsten,  seit 
Leopold  I.  auch  anderen  altfürstlichen  Per- 
sonen gegeben;  dann  als  DurcktaucJitigst 
Prädikat  der  Kurfürsten  und  der  Erzherzöge 
von  Oesterreich,  als'  Durchlauchtig  oder 
Durchlauchtig  hochgeboren  auch  Prädikat 
der  neuen  relchsfürstl.  Häuser  seit  14.  Dec. 
1746;  nach  dem  Bundesbesehlnsse  vom  18. 
Aug.  1825  und  12.  März  1829  Prädikat  der 
Häupter  der  mediatisirten  fürstl.  Familien. 

Dnrehmesser  (Diameter),  in  der  Geometrie 
bei  krummlinigen  Figuren  eine  gerade  Linie, 
welche  alle  parallelen  Sehnen  derselben 
halbirt;  D.  des  Kreises,  eine  durch  den  Mit- 
telpunkt dess.  gezogene ,  auf  beiden  Seiten 
in  der  Peripherie  endigende  gerade  Linie, 
welche  sich  zu  letzterer  Terhält  wie 
1 : 3,141592653 . . .  oder  wie  100:  314;  D.  der 
Kugel,  die  durch  den  Mittelpunkt  der  Kugel 
gehende  und  zu  beiden  Seiten  in  deren 
Oberfläche  endigende  gerade  Linie.  Schein- 
barer D.,  der  Winkel,  welchen  zwei  von 
den  Endpunkten  eines  D.s  nach  dem  Auge 
eines  in  bestimmter  Entfernung  stehenden 
Beobachters  gezogene  Linien  mit  einander 
bilden.  Alle  D.  eines  Kreises  und  einer 
Kugel  einander  gleich. 

Dvrclucliiiltty  Lochmaschine,  Vorrichtung 


•. 


um  Löcher  in  Metallplatteu  tu.  schneiden, 
besteht  aus  einom  gUs'sItählernen-Stem^l,. 
welcher  die  Metallplatte  genau-  über  tilnem 
entsprechend  geformten  Loch  derr  Unterlag» 
trifft.  Dient  auch  zur  Gewinnung  der  Plat- 
ten'für  Münzen,  Knöpfe  e^e. 

Dnrehsiehtlgkelt.  die  Eigenschaft  der 
Körper,  das  Licht  durchzulassen«  ist  nie- 
mals absolut;  Seewasser  wird  bei  680'  dicker 
Schidht  undurchsichtig,  Luft  von  der  iHch- 
tigkeit  der  Atmosphäre  am  Boden  bei  3 
Mill.  Fuss  Höhe.  Farbige  Körper  sind  nur 
für  bestimmte  Lichtstrahlen  durchsichtig. 
Ein  blaues  durchsichtiges  und  ein  rothes 
durchsichtiges  Olas  auf  einander  gelegt 
können  Tollständig  undurchsichtig  sein.  Bei 
Mineralien  unterscheidet  man :  durchsichtig, 
halbdurchsichtig,  durchscheinend,  kanten- 
durchscheiueud,  undurchsichtig. 

Dnrehsachnngsreeht,  die  Befugnlss  zum 
Anhalten  und  Durchsuchen  von  Kauffahr- 
teischiffen und  anderen  in  Privatbesitz  be- 
findlichen Fahrzeugen  auf  Kontrebande  oder 
wegen  Verletzung  der  Quarantäne  und  son- 
stiger polizeilichen  Vorsphriften ,  bes.  auch 
im  Krieg  zu  Aufirechthaltung  der  Neutralität 
und  gegen  der  Seeräuberoi  oder  des  Sklaven- 
transports  Yerdächtfge  Schiffe  in  beS.  Kon- 
ventionen, so  29.  Mai  1845  zwischen  England 
und  Frankreich  vereinbart. 

Bnrham  (spr.  DÖrrem),  Grafsch.  im  nördl. 
England,  45*/«  QM.  (davon  27  Steinkohlen- 
feld) mit  508,666  Ew.  Die  Hauptst.  D.,  am 
"Wear,  14,088  Ew.;  Universität,  Kathedrale. 

BurlacOy  Stadt  im  bad.  Kr. Karlsruhe,  an 
der  Pfinz,  5687  Ew.;  Schloss,  Fabriken.  Bis 
1517  ttesld.  der  Markgrafen  von  £aden-D. 

Dniro  (Piaster,  Dollar),  neue  Silbermünze 
in  Spanien,  =  2  Escudos  ==  20  Realen  = 
200  Decimas  =  1  Thlr.  12»/«  Sgr.  Vgl.  Dollar. 

Duroc  (spr.  Dürock) ,  3Iichel,  Herzog  von 
FHaul,  j&eneral  des  ersten  franz.  Kaiser- 
reichs, geb.  25:  Okt.  1772  zu  Pont-Ii-Mousson, 
machte' die  Expedition  nach  Aegypten  mit, 
ward  nach  dem  18.  Brnmaire  mit  mehreren 
diplomat.  Missionen  betraut,  dann  Divisions- 
general und  bei  Napoleons  T.  Thronbestei- 
gung Grossmarschall  des  Palastes,  begleitete 
als  des  Kaisers  Liebling  diesen  in  den  fol- 
genden Feldzügen;  fiel  22.  Mai  1813  am 
Abend  nach  der  Schlacht  bei  Bautzen. 

Dnrra  (Durrahirse,  Moorhirse),  s.  Sorghum, 

l^ursty  heftiges  Verlangen  nach  Aufnähme 
von  Flüssigkeit,  entsteht  nach  grossen 
'Wasserverlusten ,  reichlicher  Harn-  und 
Schweissabsonderung,  Diarrhöen,  fieberhaf- 
ten Krankheiten,  anhaltendem  Sprechen  etc. 
Trockne  Zunge  und  Hals,  in  hohen  Graden 
heisei*e  Sprache,  Schlingbeschwerden,  rascher 
Puls,  grosse  Erregung  bis  zum  Irrereden, 
Tod.  Salze,  auch  gewisse  Getränke,  bes. 
Branntwein,  vermehren  den  D.  Beste  Lin- 
derung durch  kühle  Getränke,  Säuren. 

Dnreyrler  (spr.  Düwerieh),  Henri,  franz. 
Reisender,  geb.  1817,  bereiste  1SS9  das  franz. 
NordafHka  und  die  westl.  Sahara,  darauf 
1860  das  südl.  Tunesien  bis  zur  kleineu 
Sy  rte  und  auf  einer  zweiten  Tour  das  Tnarek- 
land  und  sUdl.  Tripolitanien  bis  Murzuk. 
Seine  Reisen  sind  für  die  Kenntniss  der  ge- 


638 


Dux  —  Dzierzon. 


nannten  L  And  er  Ton  greiser  Wichtigkeit. 
Sehr.  (Exploration  du  Saliara  etc.'  (1864). 

Bvx  (lat.),  Anführer  eines  Ueerestheils ; 
im  Mittelalter  s.  y.  a.  Herzog. 

Dnx,  Stadt  im  böhm.  Kr.  Leitmerits,  2166 
Ew.;  ber.  Scbloss  des  Orafen  Waldstein 
mit  gr.  Bibliothek,  Oemäldegallerie,  Kanst- 
und  andern  Samminngen. 

Bir^rkti  (Dtekiget),  Hafenst.  inderostind. 
Landsch.  Gndscherate,  mit  dem  berühm- 
testen aller  Krischnatempel. 

Dwina  9  gröBSter  schiffb.  Strom  im  nördh 
Rnsslaud,  entsteht  im  Gonvern.  Wologda 
aus  der  Suchoua  und  dem  Jng,  fliesst  gen 
NW.,  mundet  unterhalb  Archangel  ins  weisse 
Meer;  Inselreicher  Liman.  Länge  208  M. 
Kebeoflüsse:  Waga  (links),  Pinega  (rechts); 
durch  den  Katharinenkanal  und  kubens- 
kischea  Kanal  mit  der  Wolga  verbunden. 

hjce  (spr.  Deis) ,  Jlex, ,  engl.  Literar- 
historiker, geb.  SO.  Juni  1798  zu  Edinburgh, 
t  Mai  1869  zu  London;  bes.  verdient  durch 
seine  Arbeiten  über  Shakespeare  (z.  B. 
jRemarks  on  Colliers  and  Knights  editions 
of  Shakespeare*  1844)  und  seine  krit.  Aus- 
gaben des  Dichters;  auch  Herausgeber  von 
Beaumont  und  Fletcher,  Marlowe  u.  A. 

Dyek,  Maler,  s.  VanDyck, 

Dynimik  (gr.),  Theil  der  Mechanik,  wel- 
cher sich  mit  den  Gesetzen  der  Bewegung 
der  Körper  beschäftigt ,  speciell  die  Lehre 
von  der  Bewegung  fester  Körper. 

DjrBamIt.  Sprengpräparat,  besteht  aus  75 
Th.  Nitroglycerin  und  25  Th.  Kieseiguhr, 
ist  weniger  gefährlich  als  Nitroglycerin, 
theilt  sonst  dessen  Eigenschaften  und  wirkt 
viel  kräftiger  als  Pulver.  Vorsicht  ist  bes. 
bei  gefromem  D.  nöthig.  Findet  in  Berg- 
werken vielfach  Anwendung. 

Dynamometer  (gr.),  Kraftmesser,  Yorrich- 
tung  zur  Messung  der  zu  einer  Arbeit  auf- 
gewendeten Kraft,  z.  B.  der  Zugkräfte  von 
Thieren,  welche  man  auf  vollkommen  elasti- 
sche, mit  einem  Zeigerwerk  versehene  Federn 
wirken  lässt.  Zur  Bestimmung  der  Arbeiten 
der  Kraftmaschinen  dient  der  Br«m«d^amo- 
meUr  oder  pronysche  Zaum,  bei  welchem 
eine  Bremsvorrichtung  gegei)  eine  rotirende 
Welle  gepresst  wird. 

Dyrrhachinm»  Stadt,  s.  Durano» 

Dysenterie^  s.  Buhr, 

Dyskrasie  (gr.),  fehlerhafte  Mischung  der 
Körperbestandtheile,  bes.  des  Bluts  und  der 
Lymphe.  In  der  älteren  Zeit  wurden  sog. 
«Schärfen  im  Blut'  als  Ursache  aller  Krank- 
heiten angenommen,  ohne  dass  man  über 
diesefben  irgend  welche  Kenntnlss  hatte. 
D.  entsteht  durch  Vergiftungen  mit  metal- 
lischem (Blei,  Quecksilber)  oder  organischen 
Stoffen    (Pocken»    Hundswuth,    Syphilis), 


durch  unbekannte  Kontagten  (Wechsel- 
fleber,  Typhus,  Pest,  Cholera)  oder  im 
Körper  selbst  vorgehende  Veränderungen 
(Gicht,  Harnruhr,  Wassersucht,  An&mie, 
Marasmus).  Behandlung  und  Beseitigung 
der  Ursachen,  g^en  einzelne  (Syphilis, 
Chlorose)  specifische  Mittel,  Regelung  der 
Diät  zur  Kräftigung  des  Organismus. 

Dyimenorrh9e  (gr.,  Colica  uteri  menstrua- 
lis).  Jede  Unregelmässigkeit,  bes.  Schmerz- 
baftigkeit  der  monatlichen  Reinigung ; .  meiat 
bedingt  durch  Blntarmuih  (s.  Anämie)  oder 
durch  Lageänderungen  (Knickungen  nnd 
Drehungen)  der  Gebärmuttor;  veranlasst 
oft  psychische  Störung.  Behandlung  Je  nach 
der  Ursache  durch  innere  Mittel  oder  me- 
chanische Einwirkung  (Pessarien). 

Dyspepsie  (gr.),  Verdauuugsstömnsi  ent- 
weder infolge  unpassender  oder  in  unge- 
eigneter Menge  genossener  Nahrungannittel 
(d.  ab  ingestls),  oder  infolge  fehlerhafter 
Beschaffenheit  des  Verdauungskanala  (chro- 
nischer Magen-  und  Dannkatarrh) ,  mangel- 
hafter Sekretion  des  Speichels,  der  Zelle 
(Leberkrankheiten),  des  Pankreassaftes.  Bei 
längerem  Bestehen  derD.  leidet  der  glänze 
Körper  wegen  mangelnder  £mälirung. 
Symptome:  Appetitlosigkeit,  Gefühl  von 
Schwere  im  Magen,  Erbrechen,  Verstoxrfnn- 
gen  oder  Diarrhöen.  Behandlung:  strengste 
Diät,  bes.  Vermeiden  fester,  sehr  kalter  oder 
heisser  Speisen,  von  Fetten  nnd  Säuren. 

Dysphagie  (gr.),  erschwertes  Schlingen, 
durch  Mund-  und  Halsentzündungen,  Läh- 
mung der  Schlundmuskulatur,  Geschwüre 
oder  Gesell  Wülste  (z.  B.  Krebs)  der  Speise- 
röhre bedingt.  Sind  leichte  Entzündungen 
die  Ursache,  so  schwindet  die  D.  nach  Hei- 
lung derselben  sehr  rasch.  In  schweren 
Fällen  (Narben  nach  Schwefelsäurevergif- 
tung,  Krebs)  oft  Gefahr  des  Verhungems, 
wenn  nicht  durch  die  Schlundröhre  Speisen 
in  den  Magen  gebracht  werden  können. 

Dyspnöa  (gr.),  Engbrüstigkeit,  s.  Asthma, 

Dysurie  (gr.),  Harubesch werden. 

Dyveke  (Täxibchen  von  Amsterdam  genannt), 
Geliebte  des  Dänenkönigs  Christian  H., 
geb.  1488  zu  Amsterdam,  Tochter  der 
Schenkwirthin  Sigbrit  Wylms,  seit  1513  in 
Kopenhagen ;  f  1516.  Vielfach  in  Werken 
der  Dichtkunst  gefeiert  (dram.  von  H.  Jffarg- 
graff.  novellist.  von  L.  Schefer  n.  A.). 

DzierzODy  Johann,  Bienenzüchter,  geb.  16. 
Jan.  1811  zu  Lobkowitz,  seit  1835  Pfarrer  in 
Karlsmarkt  bei  Brieg,  Erfinder  der  beweg- 
lichen Waben  und  verdient  um  die  Natur- 
geschichte der  Bienen.  Sehr.  .Theorie  und 
Praxis  des  neuen  Bienenfrenndes*  (1848, 
Nachtrag  1852);  .Bienenfreund*  (1854—56); 
«Rationelle  Bienenzucht'  (1861), 


E  — '  Eberhard. 


630 


E. 


E.  9  auf  preu9i.  Münzen  die  Münzst&tte 
König^aberg ,  auf  Österreich.  Karlsburg. 

Eagle  (engl.,  spr.  Iligl)i  Adler.  Goldmünze 
in  den  Vereiu.  Staaten,  s=  10  Dollars. 

Eftrl  (spr.  Erl),  engl.  Adelstitel,  etwa 
8.  V.  a.  Graf,  bezeiolinete  bis  Mitte  des  14. 
Jahrh.  die  höobste  Stufe  des  engl.  Adels, 
seit  1346  die  zweite,  seit  1S86  die  dritte, 
gegenwärtig  blosse  Standesauszelchnung. 

East  (engl.,  spr.  Ikst),  Ost. 

Eastlftke  (spr.  Ihstlehk),  Cliarle»,  engl. 
Maler,  geb.  1793  zu  Plymoutli,  war  längei'e 
Zeit  in  Rom,  ward  1850  Pi'äsident  der 
londoner  Akademie,  1855  Direktor  der 
Natioualgallerle;  f  ^^^  ^u  Pisa.  Land- 
sclinfteu,  Genrebilder,  Historien. 

Eatt-Main  (spi*.  Ihst-Mehu),  der  östl. 
Theil  des  Hudsousbaiteridtoriums. 

East-Meatli  (spr.  Ihst-Miht),  Grafsch.  iu 
der  irläud.  Prov.  Ulster,  421/«  QM.  und 
110,341  Ew.    Hauptst.  Trim. 

East-Kidingf  (spr.  Ihst-Rei-)t  ^^  ostl. 
Bezirk  der  engl.  Grafsch.  York. 

East  -  BiTOr  (spi*.  Ihst  -  Riwwer)  ,  Strasse 
zwischen  Long-Island-Sonnd  und  dem  Hafen 
von  Nuwyork,  trennt  dlesse  von  Brooklyn 
und  von  Williamsburg;  4  M.  lang. 

Ean  (fi*.,  spr.  Oh),  Wasser,  in  der  Par- 
fumerie  und  Pharmacie  deatillirte  Wässer. 
£.  de  Javelle  (spr.  dö  Schawell),  javellesche 
Lauge,  Fleck wasser,  Lösung  von  unter- 
clilorigsaurem  Kali  oder  gewöhnlichem  Na« 
tron.  E.  de  Labarracgue  (spr.  -ahk),  Fleok- 
wasser,  Lösung  von  uuterchlorigsaurem 
Natron,  durch  Zersetzung  von  Glilorkalk- 
lösung  mit  Soda  und  Filtration,  oder  durch 
Einleiten  von  Chlor  in  Sodalösung  dar- 
gestellt; dient  zura  Bleichen  und  Reinigen 
der  Wäsche,  gewöhnlich  unter  dem  Kamen 
£.  ,de  Javelle. 

Ebaache  (fr.  spr.  -bösch),  erster  Entwurf. 

Ebbe  9  Höheu'/ug  des  Sauerlaudes  in 
Westplialen,  zwischen  Sieg,  Ruhr  u.  Lenne ; 
im  Nordselle  2011'  h. 

Ebbe  ond  Flath  (Tiden,  Gezeiten),  das 
durch  die  anziehende  Kraft  des  Mondes 
und  der  Sonne  bewirkte  regelmässige  Fal- 
len  u.  Steigen  des  Meeres,  welcher  Wechsel 
periodisch  alle  6  St.  12i/a  Min.  eintritt,  so 
dass  binnen  24  St.  50  M,in.  (innerhalb  der 
Zeit  zweier  aufeinander  folgenden  Kulmina- 
tionen des  Mondes)  der  Stand  des  Meeres 
2mal  ein  höchster  (FltUh)  und  2mal  ein 
niedrigster  (Ebbe)  ist.  Der  Höhenunter- 
schied zwischen  £.  und  F.  ist  am  gröss- 
ten  zur  Zeit  des  Neu-  und  Vollmondes 
(SprinffßiUh) ,  am  kleinsten  zur  Zeit  der 
Yiertel  (Nijfpßuth);  im  Laufe  des  Jahres 
treten  die  höchsten  F.en  zur  Zeit  der 
Nachtgleichen  ein,  und  worden  bes.  hoch, 
wenn  zugleich  der  Mond  sicit  in  der  Erd- 
nähe befindet.  Die  F.  bildet  gleichsam 
eine  grosse  Welle,  die,  dem  Laufe  des  Mon- 
des folgend,  sich  von  O.  nach  W.  um  die 
Erde  bewegt;   doch  wird   der  Gang  der- 


selben durcb  die  Konfiguration  der  Kon- 
tinente manniclifach  modificlrt,  so  dass 
für  fast  alle  Orte  die  Zeiten  der  F.  ver- 
schieden  sind.  Die  FluUih6he  ist  nicht 
überall  gleich ;  im  Allgemeinen  in  den 
Tropen-  und  Polargegenden  geringer  als 
in  den  gemässigten  Zonen.  Zwischen  den 
Tropen  steigt  sie  bei  manchen  Inseln  nicht 
über  1',  bei  St.  Helena  3',  an  den  Küsten 
durchschnittl.  6',  in  den  gemässigten  Zonen 
18—20',  in  der  nördl.  kalten  Zone  bis  13'. 
Am  höcbsteu  steigt  sie  in  engen  Kanälen, 
z.B.  bei  Bristol  40-50',  iu  der  Fundy- 
bai  (Neuschottlaud)  55  — 70*.  In  Binneu- 
meereu  sind  die  Gezeiten  unregelmässig 
und  kaum  bemerkbar  (Mittelmeer  bei  Vene- 
dig ca.  2',  Ostsee  2i;a"  Fluthböhe).  In  den 
Flüssen  dringt  die  aufsteigeude  F.  oft  weit 
aufwärts  (Elbe  bis  Laueuburg,  Themse  bis 
oberhalb  London).  Gefahrlich  sind  Sturm- 
fluthen,  die  z.  B.  an  der  deutschen  Nord- 
seeküste bei  West-  und  Nordwestwiud  bis 
24'  über  den  mittlem  Wasserstand  gegangen 
sind.  [weites  Panorama. 

Ebenal^,  Alpe  im  Kant.  Appenzell,  öOöO', 

Ebenbürtigkeit  9  Standesgleichheit  der 
Geburt  nach ,  gegenwärtig  bei  Eingehung 
einer  Ehe  nur  noch  bei  den  souveränen  u. 
mediatlsirteu  oder  standesherrlichen  Fa- 
milien von  Bedeutung. 

Ebene  9  in  der  Geometrie  eine  Fläche, 
auf  der  man  von  einem  jeden  Punkte  aus 
nach  Jeder  beliebigen  Richtung  hin  eine 
gerade,  iu  der  Fläche  liegende  Linie  ziehen 
kann.  Ihre  Lage  wird  durch  3  nicht  in 
gerader  Linie    liegende  Punkte    bestimmt. 

EbenholZ)  Name  verschiedener  tropischen, 
dichten,  harten,  mehr  oder  weniger  schwar- 
zen Hölzer.  Afrikan.  E.  von  Diospyros 
Ebenum ;  ostindisches  von  D.  melauoxylon, 
Ebeuaster  u.  tomentosa;  Kalamander-  oder 
Kalambonlholz  von  D.  hirsuta;  gestreiftes 
oder  marmorirtes  E.  von  D.  moutana  und 
melanida;  grün  Hellbraunes,  amerlkau.  von 
Brya  Ebenus;  grünes  ostindisches  von  D. 
chloroxylon;  braunes  oder  rothes  £.,  Grena- 
dillholz  aus  Westindien  (von  ?);  austra- 
lisches £.  von  Acacia  melanozylon. 

Ebeuist,  Kunsttischler. 

Eber,  männl.  Schwein,  bes.  Wildschwein. 

Eberbaeh»  ehemal.  Oistercienserabtei  iu 
Nassau,  bei  Eltville,  Jetzt  Domäne;  her.  durch 

EbereHche»  s.  Sorbm.  [Weinbau. 

Eberhard 9  würtemb.  Dynasten:  1)  E.  II. 
der  Greiner  oder  Bauaehehart ,  Graf  von 
Würtemberg  seit  1343,  focht  gegen  den 
Kaiser,  die  Schlägler  und  die  verbündeten 
Städte ;  f  1^*  März  1392.  —  2)  E.  im  Bart, 
erster  Herzog  von  Würtemberg,  geb.  1445, 
Soltn  des  Grafen  Ludwig  des  Aeltem.  setzte 
sich  mit  Hülfe  des  Kurfürsten  Friedrich 
von  der  Pfalz  in  den  Besitz  seines  Erbes, 
ward  dann  ein  trefflicher  Regent,  machte 
durch  den  Vertrag  von  Münsingen  1482  die 
UatbeUbarkeit  4e9  Lances  %rxTa\  FaiuiUeQ* 


540 


Eberhard  —  Echo. 


gmndgetiAtz,  Schopfer  der  gtändlaclien  Ver- 
fassung Würtembergs,  Freund  der  Wissen- 
Bchftften,  Gründer  der  Universität  Tübingen, 
Hanpt  des  schw&b.  Bundes,  Yon  Müximilian  I. 
1495  Enm  Henog  erhoben ;  f  kinderlos  1496. 
Eberhard  y  1)  Konrcidt  Bildhauer  und 
Maler,  geb.  25.  Nov.  1768  eu  Hindelang  Im 

Allgan,  t  IS*  M<^n  ^^^  <^1"  ^^^'  <">  ^^^ 
Akademie  zu  München.  Der  Ente,  der 
wieder  die  christl.  Richtung  in  der  Kunst 
einschlug.  Werke  von  ihm  in  München, 
Nymphenburg  und  Regensburg.  Sein  Bru- 
der Fraiu  E.,  geb.  1767,  f  1836,  nahm  an 
setnen  Arbeiten  mehrfachen  Theil,  auch 
selbständiger  Künstler.  —  2)  Aug,  Gotüob, 
beiletrist.  Schriftsteller,  geb.  1769  in  Bei- 
zig, t  13.  Mai  1845  in  Dresden.  Unter 
seinen  Schriften  (1830—31 ,  20  Bde.)  am  be- 
liebtesten die  Dichtung  «Hannchen  und  die 
Küchlein*   (20.  Aufl.  1864). 

Ebemburgy  Dorf  in  der  Rheinpfalz,  an 
der  Nahe ,  549  Ew. ;  dabei  Jiuine  E. ,  einst 
Burg  Franz  von  Slcklngens,  der  hier  Ulr. 
von  Hütten  u.  A.  aufnahm. 

Ebenibfteli,Dorf  im  sächs.Regbz. Bautzen, 
6645  Ew. ,    Hauptsitz  der  Demicottonsfabr. 

Ebersdorfy  Marktfl.  im  Fürstenth.  Reass- 
Schleiz,  100»  Ew.  (fiOO  Hermhuter) ;  bis  1848 
Residenz  des  Fürsten  von  Reuss-Lobenstein- 
Ebersdorf;  Herrn hutererziehungsanstalt. 

EberswAlde^  Stadt,  s.  Keustadt-BbemoctUU. 

Ebert,  Karl  Egotiy  Dichter,  geb.  5.  Juni 
1801  iu  Prag,  lange  Zeit  Bibliothekar  zu 
Donaueschingen ,  lebt  seit  lfö4  In  Prag. 
Als  Lyriker  und  Balladendichter  ausge- 
zeichnet, behandelt  vorzugsweise  Stoffe  aus 
der  böbm.  Geschichte  und  Sage.  ,Dich- 
tuDgen*  (3.  Aufl.  1845);  ,WIasta,  böhm.- 
nation.  Heldengedicht'  (1829);  ,Das  Kloster, 
idyll.  Erzählung'  (1833);  .Fromme  Gedanken 
eines  weltl.  Mannes*  (1859). 

Eberwein ,  1)  Traugolt  Max. ,  Komponist, 
geb.  27.  Okt.  1775  in  Weimar,  f  2.  Dec. 
1831  als  Kapellmeister  in  Rndolstadt.  Sehr. 
Messen,  Kantaten,  Instrumentalsachen.  — 
2)  Karl,  Bruder  des  Vor.,  geb.  JO.  Nov. 
1784,  Yiolinvirtuos  und  Musikdirektor  in 
Weimar;  t  das.  2.  März  1868.  Sehr.  Opern 
(Holteis  ,Lenore'),  Gesänge,  Violinsachen. 

Ebloniren  (flr.),  blenden,  verblüffen. 

EtiÖliy  Anna  de  Mendosa,  Fürstin  von, 
Tochter  des  Vicokönigs  Mendoza  von  Peru, 
Herzogin  von  Francavilla  und  Fürstin  von 
Melito,  geb.  gegen  1535,  vermählte  sich 
mit  Rui  Gomez  de  Sylva,  Fürsten  von  E., 
Günstling  Philipps  II.  von  Spanien,  Ge- 
liebte des  letztern  und  zugleich  des  Staats- 
sekretärs Antonio  Perez,  Mittelpunkt  vieler 
Intriguen;  f  verachtet.  Ygl.  Mignet,  ,Ant. 
Perez  et  Philippe  II*,  1845. 

Ebonit,  s.  Kautsehnk»  [England. 

Eborienmy  röm.  Name  der  Stadt  York  in 

Ebro  (Iberu$),  Fluss  in  Spanien,  entspr. 
auf  dem  kantabr,  Gebirge,  strömt  südöstl. 
durch  Navarra  (Tudela)  und  Aragonien 
(Saragossa)  und  mündet  unterhalb  Tortosa 
ins  mitteiländ.  Meer.  Länge  90 M.,  höchstens 
zur  Hälfte  schiffbar,  Stromgebist  1200  QM. 
Nebenflüsse  links:  Aragon,  Gallego,  Sogre, 
rechts:  Jalon,  Guadalope, 


Eeee  hoaio  (lat.,  d.  i.  Seht,  welch  ein 
Mensch!),  Bezeichnung  von  bildlichen  Dar- 
stellungen des  leidenden  Heilands,  rührt 
von  dem  bekannten  Ausruf  des  PilatOB  her. 

Eeelesift  (lat.,  y.  Gr.),  Kirche;  €,  ßLialit, 
Tochterkirche;  «.  mater,  Mutterkirohe;  e. 
mUUana,  streitende  Kirche. 

EeeletJUurtes  (gr.,  hebr.  KoheUih,  lat.  Oon- 
cianator),  der  Sprecher,  griech.  Name  des 
alttestamentl.  Buchs  ,Prediger  Salomo*. 

EcelesiMticiu  (gr.),  Geistlicher;  in  der 
Vulgata  Name  des  Buchs  ,Jesua  fiirach*. 

Kchappemeiit  (tr.,  spr.  Eschappmins)*  das 
Entweichen;  in  Uhren  die  HemmmfiT- 

EeliMiffeMeiit  (f^.,  spr.  Eschoffmins),  Er- 
hitzung; echaufßren,  erhitzen. 

l^ch^M  (fr. ,  spr.  Escheangs)  ,  Yerfall- 
zeit  (eines  Wechsels). 

Eehee  (fr.,  spr.  Escheck),  Schachspiel; 
auch  Schaden,  Yerlust;  J?.«,  die  Ffg:tiren 
des  Schachspiels.  Et»  4,  halten,  ein  feindlichem 
Corps  so  beschäftigen,  dass  es  im  entachel- 
donden  Augenblick  nicht  thätig  sein  kann. 

Echellei.  Lee  (spr.  Eschell),  Grensatadt 
im  franz.  Depart.  Savojen,  au  der  Strasse 
nach  Lyon,  813  Ew.;  her.  Eng^ass,  der 
Schlüssel  von  Savoyen. 

Echeloiu  (fr.,  spr.  Sschlong),  Staffeln, 
die  Abtheiluugen  einer  gebrochenen  Linie 
von  Truppen ,  welche  in  der  Weise  hinter 
einander  aufgestellt  sind,  dasB  sie  einander 
um  ihre  eanze  Frontlänge  überflügeln. 

Echlnaaen  (Echinae,  a.  G.),  Inselgruppe 
im  Jon.   Meer,  Jetzt  Kurzolarünseln. 

Echiniten,  versteinerte  Seeige!  (s.  d.). 

Echlnodermatft,  Stachel-  oder  Igelh&uter, 
Ordnung  der  Strahlthiere,  umfasst  Seeigel, 
Seestenie  und  Haarsterne. 

EchinoTdeiiy  s.  Seeigel. 

Echinvs  (lat.),  Igel;  Vormagen;  in  der 
Baukunst  das  elfdrmig  geschweifte,  den 
Ab«icus  tragende  Glied  der  Kapitale. 

Echlqnier  (fr.,  spr.  Eschikieh),  Sehach- 
bret;  en  i.  atifetellen  ,•  die  verschiedenen 
Truppentheile  in  zwei  oder  mehr  Ldnien 
hinter  einander  so  aufstellen,  dass  die 
Massen  der  hintern  Linie  immer  die  Lücken 
der  vordem  Linie  in  einem  gewissen  Ab- 
stände decken. 

Eehites  Oh.  ( Klammersir  auch) ,  Pflansen- 
gattung  der  Apocyneen.  E.  snberecta  Jacq., 
Savannen-,  Aurorablume,  Strauch  in  Jamaika, 
gilt  für  die  Stammpflanze  des  Woorara- 
giftes.  Andere  Arten  in  der  Heimat  medi- 
cinisch  verwerthet,  bei  uns  Zierpflanzen. 

Echlnm  L.  (Natterhopf) ,  Pflauzengattung 
der  Asperifoliaceen.  E.  vulgare  L.  (blautr 
Heinrich)^  früher   ofBclnell.     Zierpflanzen. 

Eeho  (gr.).  Wiederhall,  der  von  einer 
Wand  zurückgeworfene  Schall;  wird  an 
der  Stelle,  wo  der  Ton  erzeugt  wurde,  nur 
dann  vernommen,  wenn  die  reflektirend« 
Wand  senkrecht  zur  Richtung  der  sie 
treffenden  Schallstrahlen  steht;  die  ge- 
ringste Entfernung,  bei  welcher  ein  E.  ent- 
steht, ist  etwa  66^  (einsilbiges  E.),  bei  wei- 
terer können  mehrere  Silben  im  E.  unter- 
schieden werden.  Mehrfaches  E.  entsteht 
durch  mehrere  ungleich  weit  entfernte  oder 
zwischen  zwei  parallelen  Wänden. 


Echaen  —  ifecuyer. 


541 


Eehieiiy  s.  Saurier, 

Echternach,  Stadt  in  Luxemburg,  au  der 
Sauer,  4026  £w.  Zu  Pfingsten  t>«r.  ,Spiing- 
proaeMioD*  (oft  10,000  Theilnehmer). 

Eeijft  9  Stadt  in  der  span.  Fror.  Serilla, 
33,700  £w.;  hoissester  Ort  Spaniens. 

Eck 9  Joh.  Mayr  von,  Gegner  Luthers, 
geb.  1486  zu  Eck  in  Schwaben,  Doctor  der 
Theologie,  Kanonikus  in  Eiohstädt  und 
Prokansler  der  Uniyersit&t  xu  Ingolstadt, 
disputirte  mit  Karlstadt  und  Luther  27. 
Juoi  Ms  16.  Juli  1519  su  Leipzig,  ging  1520 
nach  Rom,  brachte  yon  da  die  Verdam- 
mungsbulle gegen  Luther  sufück,  wohnte 
1530  dem  Reichstage  zu  Augsburg  bei,  be- 
theiligte sich  an  den  Religionsgesprachen 
zu  Worms  1540  u.  Regensburg  1541;  t  1553. 
Vgl.  Wiedenaim,   ,Dr.  Job.  £.',  1865. 

Eckardt,  Ludwig,  Aesthetiker  u.  Wander- 
Torleser,  geb.  1827  in  Wien,  ging  infolge 
seiner  Betheiligung  an  der  Revolution  yon 
1848  in  die  Schweiz,  ward  Docent  der 
Aesthetik  der  Universität  Bern,  1860  Prof. 
in  Luzem;  1862—64  Hpfbibliotbekar  zu 
Karlsruhe,  darauf  Redakteur  des  radikalen 
,Deutsohen  Wochenblattes'  das. ;  seit  1868 
wieder  in  Wien;  f  1*  Febr.  1871  zu  Tetschen 
in  Böhmen.  Sehr,  mehrere  Dramen,  ,yor^ 
schule  der  Aesthetik*  (1865,  2  Bde.)  u.  A. 
Bingr.  yon  Arnold  (1867). 

Eekftrtstoerga,  Kreisst.  im  preuss.  Regbz. 
Merseburg,  au  der  Finne,  1913  Ew. 

Ecken  Ausfahrt ,  altdeutsches  Epos  aus 
dem  Sagenkreise  Dietrichs  von  Bern;  jüngere 
Bearbeitung  davon  im  ,I{eldenbuchS 

EckermauB,  Joh.  J^er,  geb.  1792  zu 
Winsen  in  der  preuss.  Prov.  Hannover, 
seit  1823  in  Weimar  als  Goethes  Privat- 
sekret&r;  f  das.  3.  Deo.  1854.  Am  bekann- 
testen durch  die  ,Gespräche  mit  Goethe'  (3. 
Aufl.  1868) ;  auch  Herausgeber  von  Goethes 
,  Nachgelassenen  Werken*. 

Eekenf5rde ,  Kreisst.  im  preuss.  Regbz. 
Schleswig,  zwischen  einem  Busen  der  Ost- 
see und  dem  Wiudebysee,  4953  Ew.;  Hafen, 
Seefischerei,  SchiflTbau.  5.  April  1849  Sitg 
derschlesw.-holstein.  Strandbatterien  über 
die  dän.  Schilfe  Christian  VIIL  und  Gefion 
(ersteres  ward  in  die  Luft  gesprengt). 

Eekhard  (der  treue  E,),  Gestalt  der  deut- 
schen Heldensage,  kommt  noch  jetzt  in 
thüring.  und  hess.  Volkssagen  vor;  auch 
von  Tifck  im  ,Phanta8Us'  behandelt. 

Eekhofa  Konr.,  her.  Schauspieler,  geb. 
12.  Aug.  1720  zu  Hamburg,  zuletzt  Direktor 
des  Hoftheaters  in  Gotha;  f  das.  16.  Juni 
1778.  Der  eigentl.  Schöpfer  der  deutschen 
Schauspielkunst,  im  Tragischen  und  Ko- 
mischen gleich  ausgezeichnet. 

Eekm&kl  (Eggtmihl),  Dorf  in  Nieder- 
bayem,  an  der  Laber;  28.  April  1809  Sieg 
Napoleons  über  Erzherzog  Karl  von  Oester- 
reich.  Davoust  wurde  wegen  seiner  Tapfer- 
keit zum  FUreten  von  K  ernannt. 

Eclalrtvrz  (fr.,  spr.  -kläröhr),  Tirailleurs, 
welche  die  Spitze  der  Vorhut  der  feindl. 
Vorposten  vertreiben  u.  den  W^eg  reinigen. 

Kelat  (fr.,  spr.  -klah),  Glanz,  Schein. 
JEklataM,  mit  £.  hervortretend,  auffällig. 

Ceonev  («pr.  £kiian(|;),  Flecken  im  franz. 


Depart.  Seine- Oise,  bei  Paris,  1282  Ew.; 
prachtv.  Lustsobloss,  unter  Franzi,  erbaut. 

Een  (fr.,  spr.  Eküh),  Schild,  franz.  Münze, 
gewöhnlich  mit  Thaler  übersetzt. 

Ecuador  (Quito),  südamerik.  Freistaat, 
zwischen  Peru  und  Neugranada  am  stillen 
Ooean ,  10,266  QH.  u.  1,108,080  Ew.  (601,219 
Weisse,  462,400  Indianer,  im  Uebrigen 
Mischlinge  und  Neger);  Geblrgsland,  von 
den  Gordilleren  von  Quito  durchzogen  (s. 
OordiUeren),  reich  an  Urwäldern,  Flüssen 
u.  Seen;  Klima  nach  der  Höhe  wechselnd, 
von  trop.- feuchter  Hitze  bis  zu  Eiseskälte. 
Produkte:  Gold  (in  den  Flüssen),  Silber, 
Quecksilber,  Petroleum,  .geschätzte  Bau- 
und  Tischlerhölzer,  Färbe-  u.  Heilpflanzen, 
Baumwolle ,  Kakao ,  Kaffee ,  Zuckerrohr, 
Bananen  etc.;  Schildkröten  (bis  2  Gtr. 
schwer).  Einfuhr  6,7  Hill.,  Ausfuhr  5,6 
MlU.  Thlr.  Exportartikel:  Kakao,  Baum- 
wolle, Strohhüte,  Ohinarinde,  Gummi. 
Staatseinnahme  (1869):  1,401,300  Piaster, 
Ausgabe  (1865):  1,399,672  Piaster  (jk  5  Frcs. 
30  Cent.).  Staatsschuld:  19,7  Hill.  Thlr. 
Stehendes  Heer  3150  Mann.  Staatsreligion 
die  röm.-kathol.  (Erzbischof  in  Quito); 
geistige  Bildung  mangelhaft  (Universität 
zu  Quito).  Industrie  im  Fortschreiten  be- 
grifTen.  Eintheilung  in  12  Provinzen. 
Hauptst.  Quito;  Handelsplätze  Riobamba, 
Imbabarra.  —  £hedem  zum  Inkareich  ge- 
hörig, fiel  £.  mit  diesem  an  die  Spanier 
und  bildete  einen  Theil  des  span.  Vice- 
könlgreichs  Neugranada.  Nach  einzelnen 
Aufstandsversuchen  1809  und  1818  führte 
die  1820  zu  Gunyaqnil  ausgebrochene  Re- 
volution durch  Bolivars  Eingreifen  zur  Un- 
abhängigkeitserklärung und  zu  Einverle^• 
bung  des  Landes  in  die  Aug.  1821  errichtete 
Centralrepublik  Columbia.  Darauf  innere 
Kämpfe  und  Mai  1830  Konstitution  als  un- 
abhängige Republik  unter  dem  General  Juan 
Jos 6  de  Flores.  Die  weitere  Geschichte  eine 
unnuterbroehene  Reihe  vouRevolutionen  und 
Kämpfen  mit  den  Nachbarrepnbliken ,  ins- 
besondere mit  Peru.  Die  Verfassung  von 
1835  (Präsident  vollziehende,  Kongress  von 
zwei  Kammern  gesetzgebende  Gewalt)  ward 
durch  die  31.  März  1848  proklamirte  im 
Wesentlichen  beibehalten.  Flores,  1843  zum 
dritten  Mal  Präsident,  Haupt  der  konserva- 
tiven Partei,  musste  1845  infolge  der  Er- 
hebung der  Liberalen  das  Land  verlassen. 
1851—60  Herrschaft  der  ultraderookrat.  Par- 
tei. 8.  Aug.  1860  Sieg  der  Konservativen 
unter  Flores  bei  Babahoyo ,  Garcia  Moreno 
Präsident.  Seitdem  ruhigere  Zustände.  Nov. 
und  Dec  1863  Krieg  mit  Neugranada  wegen 
der  von  diesem  erstrebten  Wiederherstellung 
der  Centralrepublik  Columbia.  1864  und  1865 
vergebliche  Versuche  der  demokrat.  Partei, 
die  Regierung  zu  stürzen.  1866  Bündniss 
mit  Bolivia,  Chile  und  Peru  gegen  Spanien. 
März  1869  Revolution  in  Guayaquil  unter- 
drückt. April  1871  Adresse  an  die  pariser 
Commune.  Vgl.  VillaiHcencio,  ,Geogr.  de 
la  republica  del  Ecuador',  1858. 

tcujet  (fr.,  spr.  £ki]\jeh;,  Schildknappe, 
jetzt  Stallmeister;  Grand »B.»  Grossstall- 
meister,  HeichswürdQ  uuter  Napoleon  I, 


542 


Edda  —  Edom. 


Edda  (Island.,  d.  f.  Üraltermtitter),  Name 
von  2  wichtigen  Sammelwerken  der  alt- 
uord.  Literatur:  1)  Die  ältere  JE.  (angebl. 
gesammelt  •  von  S&mund  Sigfusson ,  t  ^^"^ 
1100),  eine  Samminng  epischer  Heldenlieder, 
meist  aus  dem  7.  und  8.  Jahrb.,  noch  beute 
die  voll  ständigste  Quelle  der  germanischen 
Götl^rpoeeie  (der  Pergamentcodex  in  Kopen- 
hagen;  Handausgaben  von  Mimch  1847, 
JUÖbive  1860;  Uebersetznng  rou  Bimrot^k,  3. 
Aufl.  1864).  2)  Die  jüngere  E.  (dem  Island. 
Oeschicbtschreiber  Snorri  Sturluson  zuge- 
schrieben, 1 1241),  theils  prosaische  mythol. 
Brzählnngen,  theils  Regeln  der  Skalden- 
kunst enthaltend  (Ausg.  von  SveinhjJUtfi 
Bgih$on  1848-49).  Die  ältere  £.  ward  1643 
vom  Island.  Bischof  Brynjolf,  die  jüngere 
1628  von  Amgi-im  Johnson  anfgeftinden. 

Edder  (£ier;,  Nobenfl.  der  Fulda,  kommt 
vom  Westerwalde ,  mündet  bei  Gnntershati- 
sen;  15  M.;  Goldsaud  (Sderdukaten  1775). 

Eddystone  (spr.  Eddistohn),  Felsenriff  im 
Kanal,  vor  dem  Busen  von  Plymonth;  seit 
1759  her.  Lenchtthurm. 

Edelinky  Gerard,  her.  Kupferstecher,  geb. 
1649  zu  Antwerpen,  f  1*^07  zu  Paris.  Bes. 
ausgezeichnet  seine  Porträts  n.  Stiche  nach 
Raphael  und  Leonardo  da  Vinci. 

Edelsteine 9  durch  Glanz,  Reinheit  und 
Härte  der  Masse,  Schönlieit  der  Farbe, 
Durchsichtigkeit  und  Lichtbrechungsver- 
mögen ausgezeichneter  Mineralien.  Gang' 
ede/«fetne(gfmmae):  Diamant,  edle  Korunde 
(Rubin,  oriental.  Smaragd  und  Ohrysolith, 
Saphir,  orient.  Amethyst,  Aquamarin,  Hya- 
cinth  u.  Topas,  weisser  n.  Sternsaphir,  orient. 
Oirasol),  Aquamarin,  Smaragd, Chrysoberyll, 
Spinell,  Topas,  Türkis,  Turmaliu,  Granat, 
Opal ,  Hydrophan ,  Zirkon ,  Ohrysolith, 
Cordierit.  Halbedelsteine:  Bergkrystall, 
Amethyst,  Aventurin,  Achat,  Gha Icedon, 
Karneol,  Ohrysopras,  Onyx,  Heliotrop, 
Jaspis ,  Katzenauge,  Kaschelong,  Nephrit, 
Oyanit,  Lasurstein,  Adniar,  Amazonenstein, 
Aventurinfeldspath,  Labrador,  Lava,  Fluas- 
spath,  Malachit.  Die  £.  werden  gespalten, 
zersägt,  mir  Diamantpulver  oder  Schmirgel 
auf  rotireuden  Metallscheiben  geschlifTen, 
polirt,  gefftsst,  nud  zwar  k  Jour  mit  frei- 
bleibendem Untertheil  oder  im  Kasten  und 
dann  oft  mit  untergelegter,  dit*  Farbe  heben- 
der oder  verändernder  Folie.  Vgl.  Doublette. 
Kilfutiiche  £.  stimmen  in  der  Zusammen- 
setzung mit  den  ächten  uberein  (Korunde, 
Spinell,  Smaragd,  Topas,  Granat)  «oder  sind 
gefärbte  Glasflusse.  Der  Werth  der  £.  ist 
merklich  im  Sinken  begriffen.  Pari*«  ist  der 
Weltmarkt  für  £.  Amsterdam  Sitz  der 
Schleiferei.  Vgl.  die  Schriften  von  J3lum 
(1835\  Kluge  (1860).  Schratif  (1869). 

Eden.  s.  Paradies. 

Edenkoben  9  Stadt  in  der  bayer.  Rhein- 
pfalz, bei  Landau,  5103 Ew.;  Mineralquelle, 
Weinbau.  [Zahnliicker, 

Edentatily   Ordnung  der  Säugethiere ,   s. 

EdeSM  (jetzt  ürfa),  altberühmt«  Stadt  im 
nördl.  Mesopotamien,  östl.  von  Bir,  am 
Euphrat,  30,000  £w.  (2000  armen.  Christen) ; 
SaxAanfabrikatiou.  Nach  der  Sage  von  Nim- 
rod   erbaut,    blühte   zur   Zeit  Alexanders 


d.  Gr.  (CaXUrhce,  daher  arab.  und  syr.  Boka, 
Urhoi),  ward  137  v.  Chr.  Hauptstadt  des 
edeasenischen  (osrhoSnisohen)  Meich»,  216 
n.  Chr.  röm.  Militärkoloide ,  Sitz  christl. 
Schnlen,  dann  Beute  arab.  Khalifen,  640 
der  Seldschukon,  im  ersten  Kreuzzug  1097 
durch  Balduin  Hauptst.  der  gleichnamigen 
Graf  seh.  £.  (bis  1144);  nach  vielen  Wechsel- 
fällen seit  1637  türkisch. 

EdeBsenlBChes  Bild,  Marienbild,  das  nach 
der  Sage  Christus  selbst  durch  blosses  Ab- 
wischen des  Gesichtes  der  Maria  einem 
Tuch  aufdrückte  und  dem  Konig  Abgar  von 
Edessa  sendete. 

Edftt  (A0ieh,  kopt.  A&>o,  ehedem  ApeUi- 
nopolis  Magna),  Stadt  In  Oberägypten,  am 
Nil,  2000  Ew.;  dabei  guterlialtener  und 
stattlicher  Tempel  des  Horus  (Apollo),  222 
V.  Chr.  gegr.,  reich  an  Dokumenten  für  die 
alte  Oeograpliie  Aegyptens. 

EdgewoTtn  (spr.  £dsch-),  Maria,  engl. 
Schriftstellerin,  geb.  1.  Juni  1767  in  Berks, 
t  21.  Mai  1»49  zu  Edgeworthstowu  in  Irland. 
Veri.  trefflicher  Jugendschriften  und  zaiilr., 
bes.  auf  Irland  bezüglicher  Tendenzromane. 

Edikt  Hat.),  öffentl.  Bekanntmachung. 

Ediktalien  (Ediktaldtation  oder  Ediktal- 
ladnng),  öffentliche,  durch  Anschlag:  an 
mehreren  Gerichtsstellen  und  Eiurückung 
in  öffentl.  Blätter  bewirkte  gerfchtiiche 
Vorladung,  erlassen,  wenn  der  Aufenthalt 
des  Vorzuladenden  unbekannt  oder  unbe- 
kannte Interessenten,  z.  B.  Gläubiger, 
Erben  etc.,  zur  Wahrnehmung  ihrer  Rechte 
aufzufordern  sind. 

Edikt  ronTiantes,  Urkunde,  durch  welche 
König  Heinrich  Iv.  von  Frankreich  den 
Hugenotten  1598  freie  Religionsühnngr  ge- 
stattete, nach  Heinrichs  Tode  vielfach  ver- 
letzt, von  Ludwig  XIV.  1683  widerrufen. 

Edinburgh,  Hauptst.  von  Schottland,  un- 
weit des  Firtli  of  Forth ,  am  Leith ,  sehr 
malerisch  gelegen,  175,128  (mit  der  Hafen- 
stadt Leith  208,756)  Ew.  Die  Altstadt  un- 
ansehnlich, die  Neustadt  impnnireud  schön; 
bemerkeus werth;  das  Reiclisarchiv,  die 
Börse,  Holyroodhouse  (alte  Residenz  der 
Schott.  Könige,  dahinter  Arthurs  Sitz, 
s.  d.),  Universität  (1582  gestiftet),  Stern- 
warte. Monumente  von  Lord  Melville,  W. 
Scott,  Pitt,  Nelson.  Viele  gelehrte  Gesell- 
schaften; zahlr.  Wohlthätigkeitsanstalten 
(George-  und  Heriots- Hospital,  Hospital  für 
arme  Kinder  etc.);  ausgedehnter  Handel; 
nächst  London  Hauptsitz  des  brit.  Buch- 
haudels.  Am  westl.  Ende  das  alte  feste 
E.' Castle,  der  älteste  Tlieil  der  Stadt. 

Edfnburghshire,  Graf  ach.,  s.  Mid-Lothian. 

Ediren  (lat.),  herausgeben,  drucken  lassen. 

Edime  (Edreneh),  s.  v.  a.  Adriauopol. 

Edition  (lat.y,  Ausgabe  (von  Büchern). 
Editio  princepg,  erster  Abdruck  alter  Schrift- 
steller nach  Erfindung  der  Buchdrucker- 
kuust.  Edilicnseid,  Eid  darüber,  dass  man 
Dokumente,  deren  Herausgabe  verlangt 
wird,  nicht  in  Händen  habe,  auch  nicht 
absiclitl.  habe  abhanden  kommen  lassen. 

Edom  (a.  6.),  unfruchtbarer  L»ud strich  im 
peträischeu  Arabien,  von  Esaus  Abkömmlin- 
gen, den  Edomitem,  bewohnt;  später  Iduniäa, 


Edrisi  *-  Effrattioli. 


543 


fidrlst,  Ahu  Äbd-aUah  Mohammed  el,  arab. 
Geograph,  geb.  1099  zu  Genta  in  Afftka,  f 
um  1180.  Verfasser  eines  grossen  Werkes 
,Nushat  iil-ninsclitäk*  (von  Jaubert  ins  Franz. 
übersetzt,  1835,  %  Bde.). 

Eduard y  1)  Name  mehrerer  Könige  ron 
England:  K  I.,  reg.  1272  —  1307,  Sohn  und 
Nachfolger  ICeinriobs  III.,  geb.  16.  Jnni 
1239,  unterwarf  in  lOJährigem  Kampf  die 
Waliser,  behauptete  die  Oberlehnsherr- 
lichkeit  über  Schottland;  f  7.  Juli  1307  auf 
dem  Zuge  gegen  Bruce.  Als  Yerbesserer 
der  Rechtspflege  der  ,engl.  Justinian*  ge- 
nannt. —  E,  IL,  reg.  13ü7  — 27,  Sohn  und 
Nachfolger  des  Vor.,  geb.  25.  April  1284  zu 
Caemarvnn,  führte  als  Kronprinz  zuerst 
den  Titel  eines  Prinzen  Ton  Wales,  ein 
schwacher  Regent,  hatte  Empörungen  der 
Grossen  zu  bek&mpfen,  ward  24.  Juni  1S14 
bei  Stirling  Ton  den  Schotten  unter  Bruce 
geschlagen,  1327  auf  Anstiften  seiner  Ge- 
mahlin Isabelle  durch  Pariamentsbescliluss 
der  Krone  beraubt  und  27.  Sept.  d.  J.  zu 
Berkeley -Castle  ermordet.  —  E.  III.,  reg. 
1327—77,  Sohn  und  Nachfolger  des  Vor., 
geb.  13.  Not.  1812  zu  Windsor,  unterwarf 
durch  die  Schlacht  bei  Ualidonhill  1333 
Schottland  wieder,  nahm  nach  Karls  IV. 
von  Frankreich  Tode  Wappen  und  Titel 
eines  Köqigs  Yon  Fmnkreich  an,  schlug  24. 
Juni  1340  Philipp  VI.  Ton  Frankreich  in 
einer  Seeschlacht  im  Kanal,  26.  Aug.  1346 
bei  Crecy  zu  Lande,  drang  1360  in  Frank- 
reich bis  Paris  vor,  versichtete  im  Vertrag 
vom  8.  Hai  1360  auf  die  fl*anz.  Krone ,  ver- 
lor nach  und  nach  alle  seine  Eroberungen 
mit  Ausnahme  von  Calais,  Bordeaux  und 
Bayonne;  f  21.  Jnni  1377  zu  Shene.  Stifter 
des  Hosenbandordens.  —  E.  IV.,  reg.  146t— 
1483,  Sohn  des  Protektors  Richard,  Herzogs 
von  York,  geb.  29.  April  1441  zu  Ronen, 
früher  Graf  von  Hansh,  ward  4.  Mai  1461 
als  König  ausgerufen,  schlug  Heinrichs  VI. 
Heer  und  brachte  ihn  1465  als  Gelungenen 
in  den  Tower,  ward  durch  einen  Aufstand 
Nov.  1470  zur  Flucht  nach  Holland  ge- 
uöthigt  und- Heinrich  VI.  statt  seiner  auf 
den  Thron  erhoben.  März  1471  zurüok- 
fl^ekebrt,  schlug  er  seine  Gegner  bei  Bar- 
net, wüthete  schonungslos  gegen  die  Glieder 
des  Hauses  Lancaster,  Hess  Heinrich  VI. 
und  seinen  eignen  Bruder,  den  Herzog 
von  Clarence,  18.  Febr.  1478  im  Tower  er- 
morden; t  ^*  April  1483.  Seine  Söhne, 
Eduard  V.  und  Richard,  wurden  im  Alter 
von  10  und  12  Jahren,  nachdem  ihr  Oheim, 
der  Herzog  von  Gloucester,  als  Richard  III. 
sich  die  Krone  aufgesetzt,  im  Tower  schla- 
fend erstickt.  —  E.  VI.,  Sohn  Heinrichs  YHI. 
und  der  Johanna  Seymour,  geb.  12.  Okt. 
1587,  bestieg  1547  den  Thron  unter  der 
Vormundschaft  seines  Oheims,  des  Herzogs 
von  Somerset,  stand  nach  dessen  Hinrich- 
tung (1561)  unter  der  Warwicks,  Herzogs 
von  Northumberland ,  auf  dessen  Betrieb  er 
seine  beiden  Halbschwestern,  Maria  und 
Elisabeth ,  von  der  Thronfolge  ansschloss 
und  diese  der  Johanna  Grey  (s.  d.)  Über- 
trag; t  6.  Juli  1553,  der  letzte  der  Tadors. 

2)  £.,  Ftim  von  WdU$f  von  seiner  sdi War- 


zen Rüstung  der  »chvoarze  PnnM  genannt, 
ältester  Sohn  Eduards  III.  von  England^ 
geb.  15.  Juni  1330  zu  Woodstock ,  focTit  bei 
Crecy  und  Poitiers  (1556),  residirte,  von 
seinem  Vater  zum  Gouverneur  der  engl.- 
franz.  Besitzungen  ernannt,  zu  Bordeaux, 
verhalf  dem  aus  Kastilien  vertrlebeq^en  Peter 
dem  Grausamen  wieder  zu  seinem' Throne, 
eroberte  1870  Limoges,  wo  er  8000  Menschen 
niedermetzeln  Hess;  f  8.  Juni  1376  zu 
Canterbury.  Vgl.  James,  ,Life  of  Edward 
the  Black  Prince',  1836;  Le  Föitevin  de  la 
Oroix,  ,Hist.  des  exp6dit{ons  d*Edouard  III 
et  du  Prince  noir',  1854. 

3)  E. ,  Karl ,  Enkel  König  Jakobs  H.  von 
England,  Sohn  Jakob  Eduards,  genannt  der 
Prätendent,  geb.  31.  Dec.  1720  zu  Rom, 
letzter  Sprössliug  des  Hauses  Stuart,  lan- 
dete 27.  Juni  1745  mit  einigen  Anhängern 
an  der  nordwestl.  Küste  von  Schottland, 
liess  sich  zum  Regenten  und  seinen  Vater 
zum  König  der  drei  Reiche  ausrufen,  zog 
19.  Sept.  1745  in  Edinburgh  ein,  ward  27. 
April  1746  vom  Herzog  yon  Cumberland 
bei  Culloden  geschlagen,  irrte  als  Flücht- 
ling in  den  Bergen  Schottlands  umher,  bis 
ihn  eine  flranz.  Fregatte  nach  Frankreich 
brachte.  Vom  franz.  Hofe  mit  einem  Jahr- 
geld von  200,000  Livres  bedacht,  lebte  er 
in  Rom  and  Florenz,  irenn&hlte  sich  1779 
mit  einer  Prinzessin  von  Stollberg  •  Gedem 
(s.  Albany);  f  30.  Jan.  1788  zu  Rom.  Vgl. 
Plchot,  ,Hist.  de  Charles  E.*,  1830;  Klose, 
,Lieben  des  Prinzen  Karl',  1842. 

Ednlutioii  (lat.),  Erziehung. 

Edakt  (lat.),  die  durch  chemische  oder 
mechanische  Manipulationen  gewonnene 
Substanz,  welche  in  dem  Rohmaterial  schon 
fertig  gebildet  vorbanden  war,  im  Gegen- 
satz zu  Produkt,  welches  erst  durch  die 
Manipulationen  gebildet  wird. 

Kfendl  (vom  neugriech.  Autbente»,  Herr, 
Gebieter),  bei  den  Türken  Ehrentitel  der 
Staatsbeamten  und  Standespersonen  (vgl. 
Aga);  häufig  mit  dem  Amtsnamen  verbun- 
den, z.  B.  Hukim'E.,  erster  Leibiiret  des 
Sultans;  Imam-E-,  der  Priester  im  Serail; 
Beis-E,  der  Minister  des  Auswärtigen. 

EflTekt  (lat.),  Wirkung,  Erfolg,  namentl. 
eines  Kunstwerks.  Effekten,  bewegliche 
Habe,  Besitzstücke,  s.  B.  eiues  Reisenden; 
das  bewegliche  Vermögen  eines  Kaufmanns 
an  Waaren,  Wechseln,  Obligationen  etc.; 
insbes.  Börsenpapiere,  Atk\\eet  Effektenhandel, 
der  Handel  mit  solchen.  Effektiv,  wirklich, 
in  der  That  vorhanden.  Effektivbeatand,  beim 
Militär  die  wirklich  bei  den  Fahnen  befind- 
liche Mannschaft.    Effektuiren,  bewirken. 

EirerfBScenz  (lat.),  das  Aufbrausen. 

Efnelren  (lat.),  bewirken. 

Efflgie«  (lat.),  Bildniss. 

KffloreseeBS  (lat.),  Aufblühen  der  Blumen, 
Blüthezeit  ders.;  in  der  Medicin  s.  v.  a. 
Hautausschlag;  in  der  Chemie  Auswitte- 
rung, die  an  der  Oberfläche  von  Stolnen 
sich  bildenden  Krystalle,  z.  B.  Mauersal- 
peter; aus  der  Mutterlauge  aufsteigende 
Krvstalle,  z.  B.  Salmiak. 

Efflniren  (lat.),  ausströmen. 

£lEniktlOB  (lat),    Ei'brechang,   Ausbre- 


644 


Effulgtiratioii  —  Ehepakten. 


ohuog ;  Chirurg,  die  gewftltMmeZersprengiuig 
des  Schädels.  [AufbUtzein. 

ElfulffurfttioB    (lat.)i    das    Aufleuchten, 

Effttnoiren  (lat.),  susgiesson,  ergiesseu. 
Effusiom,  Ausströmung,  Brguss. 

Egil  (fr.),  gleich,  gleichm&ssig,  gleichgül- 
tig; egedinren,  ausgleichen. 

Egalite  (fr.).  Gleichheit  in  polit.  Beiiehnng, 
lYahlspnich  der  frans.  Republikaner,  auch 
«ngenommener  Name  des  Herzogs  Ludwig 
Jo?.  Philipp  Ton  Orltens. 

£gBrd(fr.,  spr.  »gahr)»  Rucksicht,  Achtung. 

Egartenviirthschaft  (Effgartenwirih§ehaft)t 
Wirthschaftssystem  solcher  Qegenden,  in 
denen,  häufige  feuchte  Niederschläge  starken 
Graswuch«  erceugen,  s.  B.  in  Gebirgen. 
Mau  baut  3  oder  4  Jahre  Getreide  und  dann 
ebenso  lange  Gras. 

Egbert,  König  von  Wessezi  machte  827 
der  angelsächs.  Heptarchie  ein  Ende  und 
sich  2um  Alleinherrscher. 

Eg ede,  Han»,  der  Apostel  Grönlands,  geb. 
81.  Jan.  1686  in  Norwegen ,  wirkte  1781-37 
als  Missionär  inGrönlaod,  ward  1740  Super- 
intendent der  grönländ.  Mission ;  t  ^'  Vor. 
1758.  Schrieb  über  Grönland.  —  Sein  Sohn, 
J\»ul  E.,  geb.  1708  in  Norwegen,  wirkte 
1734—40  als  Missionär  in  Grönland,  dann 
Superintendent  der  grönländ.  Mission  und 
Bischof;  f  17i^^.  Vollendete  die  von  seinem 
Vater  begonnene  Uebers.  des  N.  T.s  ins 
Grönländische  (1766),  Terfasste  ein  grönländ.- 
dän.-lat.  Wörterbuch  (17Ö0)  und  eine  grön- 
Und.-dän.-lat.  Sprachlehre  (1760). 

Egel,  s.  SliUegel. 

Eger,  Nebenfl.  der  Elbe,  entspr.  auf  dem 
Fichtelgebirge  unweit  des  Scbneebergs, 
'fliesst  nordöstl.  und  östl.,  mündet  bei  The- 
resienstadt  in  Böhmen ;  27  M.  lang  schiflfbar. 

Eger,  westlicbster  Kreis  Böhmens,  79V» 
QM.  und  370,145  Ew.  Die  HaupiwL  £.,  au 
der  Eger,  im  sogen.  EgtrlaniU  (5  QM.)* 
13,441  Ew  Auf  dem  Stadthause  wurde  85. 
Febr.  1634  Wallenstein,  auf  der  alten  Burg 
die  Generale  lllo  und  Tereky  ermordet. 

Egerbrmuieii,  a.  J'remxenaiod. 

Egeria,  Nymphe,  vpn  welcher  der  zweite 
röra.  König  Numa  seine  relig.  und  bnrgerl. 
Gesetze  empfangen  haben  soll.  Die  Grotte 
der  E.  zeigt  man  in  Rom  vor  dem  cape- 
nischen  Tbore. 

Egge»  Höhenzug  in  Westphalen,  die  südl. 
Fortsetzuni;  des  Teutoburgerwaldes,  1440'  h. 

EggStemeine  9  s.  Ezt€r$teine. 

Egin^rd  oder  Einhard,  Biograph  Karls 
d.  Gr.,  GtoheimBchreiber  desselben,  Ober- 
aufseher der  öjQfentl.  Bauten,  zog  sich  nach 
Karls  Tode  mit  seiner  Oeraahlin,  die  der 
Sage  nach  des  Kaisers  Tochter  gewesen  sein 
soll ,  nach  der  Villa  Mühlheim  im  Oden- 
walde  zurück,  gründete  827  das  Kloster 
Seligenstadt;  f  als  Abt  de8S.847;  das.  nebst 
seiner  Gemahlin  beigesetzt,  jetzt  in  der  Ka- 
pelle des  Schlosses  Erbach.  Sehr.  ,Vita 
GaroliMagni*  (herausgeg.  am  besten  in  Pert* 
,Monumenta  Germaniae  historica',  Bd.  2,  und 
von  Ideltr  1839,  2  Bde.;  deutsch  von  Abel 
1850);  ,AnnalesregumFrancorum*  (lieransg. 
in  Psrtc  .Monnmenta*  Bd.  1;  deutsch  von' 
Abil  1850);  «Epistolae*  (62  an  der  Zahl,  ab- 


gedr.  in  Weinken»  ,£ginhardu8  vindicatns^ 
1714).  Die  Sage  von  £.  und  Emma  bear- 
beitet von  Fouqu6  in  einem  Roman,  von 
Auber  in  der  Oper  ,Der  Schnee*. 

Efmoad  (Egmoat),  Lamoral,  Graf  9<m, 
Fürst  von  Gavre,  geb.  1588,  focht  unter 
Karl  V.  in  Algier,  Beutschland  und  Frank- 
reich, als  Befehlshaber  der  Reiterei  1557  bei 
Stk  Quentin  und  Gravelingen  und  ward  von 
Philipp  II.  aum  Statthalter  der  Provinaen 
Flandern  und  Artois  bestellt.  Weg«a  soiner 
Verbindungen  mit  den  Atifständischen  von 
dem  vom  Herzog  von  Alba  eingesetzten  Blut- 
rath  mit  dem  Grafen  Hoom  als  Hochver- 
räther zum  Tod  verurtheilt,  ward  er  5.  Juni 
1568  zu  Brüssel  hingerichtet.  Seine  Grüter 
wurden  konflscirt.  Vgl.  Berchtt  ,Greschichte 
des  Grafen  E.*,  1810;  Ju$^,  ,Lecomte  d'£.  et 
le  oomke  de  Homes*.  1862. 

EgolUNU  (lat.),  Selbstsucht. 

EgOMfiol  (Barra),  fettes  Gel  aus  Kurbis- 
samen,  kommt  aus  Sierra  Leone  in  den 
Handel;  Speise-,  Brenn-,  Maschinenöl. 

Ehe,   die  nach  gesetsiiohen  Vorsdiriften 
eingegangene  und  mit  besonderen  Rechten 
u.  Pflichten  verbundene  Vereinigung  eines 
Mannes  und  eines  Weibes  zur  Gemeinschaft 
aller  Leben  sverhältoisse.    Die  OtvtleAe  wird 
vor  den  vom   Staate  dazu   bevollmächtig- 
ten Verwaltungs  -  oder  Justizbehörden  ge- 
schlossen    und     ist    obiigatorUch  t     wenn 
dies  die  allgemein  verbindliche  Form  der 
Eheschliessung   ist,    fakmltativ»    wenn    sie 
dem   Belieben   der  betreffenden    Personen 
überlassen  wird.  Das  katholische  Kirohen- 
recht  fordert  Erklärung  vor  dem   zustän- 
digen Pfarrer  und  zwei  Zeugen,  die  kirch- 
liche Einsegnung  nicht  unbedingt,  da  achon 
die  passive  Assistenz   des    Geistlichen   in 
Fällen  hinreichend  ist,   wo  die  Kirche  die 
E.  nicht  verhindern,  aber  sneh  nicht  ein- 
segnen will.    Das  Protestant.  Kircbenrecht 
fordert  die  aktive   Mitwirkung  des  Geist- 
lichen  bei   der   Trauung:     Der  Code   Na- 
poleon   verpflichtet  nur   zur   Civiltranung 
vor  dem  Maire.  In  England  ist,  wie  in  der 
Schweiz,  die  Gtviltrauung  zugelassen,   die 
kirchl.  Ti*annng  aber  Regel.    Da   nach  der 
Lehre  der  katholischen  Kirche  die  £.  ein 
Salcrament  ist,  so  gestattet  sie  keine  Ehe- 
•obeidung,  sondern  nur  eine  zeitliche  oder, 
bei  unheilbarem  Zerwürfbiss  zwischen  den 
Eh^lHtten,  lebenslängliche  Aufhebung  des 
ehelichen  Znsammenlebens  (Scheidung  von 
Tisch   und   Bett),  die   evangel.  Kirche  hat 
die  Ehescheidung  für  zulässig  erklärt.  Als 
Scheidungsgrüude    sind     in     den    Landes- 
gesetzen  gewöhnlich  anerkannt:  Ehebruch, 
bösliche    Verlassung,    Naehstellnng    nach 
dem  Leben,  grobe   Misshandlung,    Wahn- 
sinn, unordentliche  Leben« weise. 

Ehehaft  9  rechtsgültiges  Hiudemiss,  ror 
Gericht  zu  erscheinen,  wie  Krankheit,  Ab- 
wesenheit auf  Reisen  etc. 

Eheloilarkeit)  gexwungene,  a.  Cölibai, 

EheiMkten)  die  bei  Eingehung  einer  Ehe 
vereinbarten,  nicht  im  gemeinen  Rechte 
enthaltenen  Bestimmungen  über  das  ehe- 
liche Guter-  und  Erbrecht,  Kluderer- 
«ieUung  eto. 


Eheicheidong  —  Eiche. 


545 


BkMCll^Uilg.  ■.  Eke, 
ShreiLbergy  Öhrigtian  Oottfried,  Natur- 
forscher, geb.  19.  April  1795  in  Delitzsoh, 
bereiste  18S0— 85  mit  Hemprich  Aegypten, 
Arabien  n.  Palftstiiia,  n,  18S9  mit  A.  y.  Hum- 
boldt nnd  G.  Böse  Asien  bis  an  den  Altai; 
seit  1826  Professor  der  Medioin  in  Berlin. 
Höchst  verdient  um  die  Kenntniss  ,de8 
kleinsten  Lebens*.  Sehr.,  ausser  umfang- 
reichen Reiseberichten,  über  die  Koral- 
len (1834)  und  Akalephen  des  rothen  Meers 
(1836) ,  ,Zur  Erkenntniss  der  Organisation  in 
der  Richtung  des  kleinsten  Raumes*  (1832—34) 
und  »Zusätze  zur  Erkenntniss  grosser  Organi- 
sation im  kleinen  Baume*  (1836);  ,Die  Infü- 
sionsthierchenals  vollkommene  Organismen* 
(1838),  lieferte  wichtige  Arbeiten  über  Ge- 
steinsbildung  durch  mikroskop.  Organismen, 
Eusammengefasst  in  der  ,Mikrogeologie* 
(1854)  und  bis  JetKt  noch  fortsetzt. 

Ehreiib«rger  Klavse»  ein  früher  stark 
befest.  Punkt  an  der  Nordgrenze  Tirols,  am 
Lieoh,  oberhalb  Vüssen;  im  schmalkald. 
Kriege  10.  Juli  1546  von  Sebast.  Soh&rtlin 
nnd  19.  Usi  1552  von  Moritz  von  Sachsen 
genommen;  1809  geschleift. 

EfereBbreitsteiB,  Festung  im  preuss.  Begbz. 
und  Kr.  Koblenz,  am  rechten  Rheinufer, 
der  Moselmünduug  gegenüber,  auf  408'  h. 
steilem  Felsen,  1800  von  den  Franzosen  ge- 
sprengt, seit  1817  neuerbaut.  Am  Fnss  ders. 
Thalehrenbreitttein,  4541  Ew.  (2264  MUit.). 
EkrenfHedersdorf 9  uralte  Bergstadt  im 
Sachs.  Regbz.  Zwickau,  zwischen  Ohemnltz 
lind  Annaberg,  8026  Ew.;  Beigbau  auf  Zinn 
und  Arsenikkiese.    Spitzenklöppelei. 

Ehrengerichte«  im  Allgemeinen  zur  Unter- 
suchung und  Beilegung  von  Ehrensachen 
niedergesetzte  Gerichte,  welche  zugleich  auf 
Beseit^ung  des  Duells  hiu wirken  sollen; 
zuerst  als  vertragsmässig  eingerichtete 
JE%re»la/eIn  beim  deutschen  Adel  vorkom- 
mend und  nach  eigenem  Ehrenrechte  unter 
Vorsitz  eines  EhrenmareehaU»  ericennend, 
dann  bei  Stndirenden,  insbei.  bei  der  Bur- 
schenschaft, auf  einigen  deutschen  Univer- 
sitäten statutarisch  eingeführt.  —  Die  E.  des 
Militärs  sind  aus  mehreren  eigens  gewählten 
Offizieren,  oder,  wie  in  Preussen,  aus  dem 
ganzen  Offizieroorpe  eines  Regiments  zu- 
sammengesetzt, um  über  zweideutige  Hand- 
lungen eines  Offizio«,  die  nicht  vor  das 
Kriegsgericht  gehören,  zu  entscheiden. 

EhrenlegiQii,  Orden  der,  einziger  frans. 
Orden,  gest.  durch  Gesetz  vom  29.  Flor6al 
des  J.  X  (19.  April  1802)  zur  Belohnung  von 
Verdiensten  im  Oivil-  und  Militärdienst,  be- 
steht ausRitterft,  Offizieren,  Kommandeuren, 
Grossoifizieren  und  Grosskreuz«i.  Deko- 
ration: Stern  mit  5  doppelten  Strahlen  und 
einer  Krone  darüber;  auf  der  Vorderseite 
das  von  einem  Eichen-  und  Lorbeerkranz 
eingefasste  Bildulss  Napoleons  I.  mit  der 
Umschrift:  ,Napol6onemperenrdesFran9ais', 
auf  der  andern  Seite  der  kaiserl.  Adler  mit 
der  Devise:  ,Honneiir  et  PaMe*,  von  den 
Bourbons  beibehalten,  aber  mit  veränderter 
Dekoration,  81.  Jan.  1852  in  seiner  ersten 
Gestalt  hergestellt  Die  firüher  damit  ver- 
bundenen Dotationen  werden  nicht  mehr 

Meper»  Sand'Ltxikfm, 


verliehen;  nur  die  bis  1614Dekorirtsn  haben 
Anspruch  auf  eine  Pension  von  ifiO  Fr. 

Ehrenpreis,  s.  Veronica. 

Mknnxtehw,  bürgeriiche,  in  manchen 
deutschen  Ländern  Inbegriff  der  die  Theil- 
nahme  an  den  Gtomeindeangelegenheiten, 
namenti.  die  aktive  und  passive  Wählbar- 
keit zur  Gemeindevertretung  betreffenden 
Rechte  der  Oiinbürger,  deren  Ausübung 
früher  an  den  Besitz  eines  gewissen  Ver- 
mögens oder  Einkommens  gebunden  war. 
Jetzt  aber  in  der  Regel  allen  im  Gemeinde- 
bezirk ansässigen  männlichen  Personen  zu- 
steht und  nur  durch  unehrenhafte  Hand- 
lungen, Konkurs,  Empfang  von  Almosen  etc. 
verloren  wird. 

Ehrenstrafen,  Entziehung  oder  Verminde- 
rung der  bfirgerl.  Ehre  zur  Strafe,  Jetzt  nur 
noch  als  Nachwirkung  gewisser  schwererer 
Strafen  (Verlust  der  bürgert .  Ehrenrechte 
und  Unfahigkeitserklärung  zu  Staats-  und 
Gemeindeämtern  als  Folge  der  Verurthei- 
lung  wegen  gemeiner  Vergehen)  üblich. 

Bhreiiworty  Versicherung  mit  Verpfändung 
der  persönl.  Ehre  g^^eben,  gilt  bes.  bei 
Offizieren  und  Studenten  statt  des  Eides. 

Ei  9  im  Eierstock  entstehendes  Gebilde, 
ans  welchem  sich  nach  der  Befeuchtung 
der  Embi^o  entwickelt,  besteht  aus  dem 
Dotter  (Eigelb)  mit  dem  Keimbläschen,  bei 
den  ausserhalb  der  Mutter  sieb  entwickeln- 
den Eiern  aus  besondem  Nahmng^stoffen 
für  den  Embryo  (Eiweiis)  und  aus  zum  Theil 
verkalkten,  aber  porösen  Häuten.  Hühner- 
eier  enthalten  10,6—13  Schale,  48— 55  Weisses 
und  32,7—37,6  Dotter.  Letzterer  enthält 
16,4  Vitalin,  29,4  Fett;  das  Weisse  11,8 
Albumin,  S,6  Fett;  die  Schale  94  kohlen- 
sauren Kalk,  0,84  phosph<n«aure  Salze. 
Das  Eiweist  wird  als  Albumin  technisch 
benutzt,  das  Eigelb  in  der  Gerberei  und 
zur  Bereitung  des  Bieröls.  Als  Nahrungs- 
mittel sind  Eier  wichtiger  Handelsartikel, 
Frankreich  exportirte  ;1866  für  42  MiU. 
Frcs.,  sehr  viele  liefert  Galizien.  Schüd- 
kröteneier  werden  in  Brasilien  gegessen, 
Fischeier  liefern  Kaviar.  Zur  Untersuchung 
der  Hühnereier  dient  das  Ovoskop;  Kon- 
servirungsmlttel:  Einreiben  mit  Baumöl. 

EibeBbanoiy  s.  Taxus, 

Eibeiistoek.  Bergstadt  im  säohs.  Begbz. 
Zwickau,  6206  Ew.    Spitzenstickerei. 

Eiblseh,  s.  AUhäa. 

Elche  (Qnercus  L.),  Laubholzgattung  der 
Kupuliferen.  Winter^  oder  Steineiche  (Q. 
sessiliflora  Smith,  Q.  robur  var.  L.),  in 
Deutschland,  liefert  Nutzholz,  Knoppem,  als 
Mastfutter  und  Kaffeesurrt^at  verwendbare 
Früchte  und  zum  Gerben  dienende  Rinde. 
Ebenso  die  SImI-  oder  Sommereiche  (Q.  pe- 
dunculata  Ehr.,  Q.  roh.  var.  L.)^  In  Mittel- 
europa bis  650  n.  Br.  Korkeiche  (Q.  suber 
L.,  Pantoffelholzbaum),  immergrün,  in  den 
Mittelmeerländem  nnd  in  Südaustralien, 
liefert  Kork.  Ebenso  Q.  ocddentalis  Oay, 
in  Portugal  und  im  südwestl.  Frankreich. 
Q.  esculus  L.  in  Südenropa  trägt  wohl- 
schmeckende Früchte.  Oeeterreichisehe,  bur- 
gundisehe  oder  Oerri$eiche  (Q.  Oerrls  L.), 
in  Spanien,    Italien  und  In  den  Österreich. 

35 


546 


Eichel  —  Eiderente. 


KüBtenlanden,  mit  geniessbaren  Fruchten, 
liefert  OaUäpfel.  FUrbereicke  (Q.  infectoria 
Ölt'vJ,  Straach  in  den  östl.  SOttelmeerlän- 
dem,  liefert  Galläpfel  und  Blanna.  Ebenso 
die  Knopper«iche  (Q.  Aegilops  L,),  Auf  der 
Manna  liefernden  Kermeseich«  (Q.  coocifera 
L.),  in  Südeuropa,  wohnen  die  als  Kermes- 
beeren  in  den  Handel  kommenden  Kermes- 
schildlause  (Goccus  Ilicis  Fabr.).  Färbereicke 
(Q.  tinctoria  WiUd.).  in  Nordamerika,  liefert 
die  Quercitronrinde.  Vgl.  die  Schriften  Ton 
achüte  (1870),  Geyer  (1870). 

Eichel  9  Frucht  der  Biche;  der  vordere 
Theil  des  mannlichen  Gliedes. 

Elelieiidorffy  Joaepk,  JPreih,  von,  geb.  10. 
Mär»  1788  auf  Lubowits   bei  Ratibor,   seit 

1816  im  prenss.  Staatsdienst,  inletst  geh. 
Regierungsrath  im  Kultasministerium ,  pri- 
yatisirte  seit  1845;  f  S6.  Not.  1857  bu  Neisse. 
Einer  der  talentvollsten  und  gesundesten 
Vertreter  der  romant.  Schule;  bes.  hervor- 
xnhebeu  seine  seelenvollen  Ueder  n.  kleine- 
ren Novellen  (s.  B.  ,Au8  dem  Leben  eines 
Taugenichts*).  Auch  Literarhistoriker  vom 
kathol.  Standpunkt  aus  (,Ge8chichte  der 
poet.  Literatur  Deutschlands*,  3.  Aufl.  1866, 
u.  A .)  und  Uebersetser  von  Galderons  ,Gei8tl. 
Schauspielen*  (1846,  9  Bde.).  Sämmtliche 
poet.  Werke  (8.  Aufl.  186S,  6  Bde.).  Ver- 
mischte Schriften  (1866—67,  5  Bde.). 

EieliennilBtely  s.  v*  a.  Loranthns  europaeus. 

Elclüidnielieii  (Sciunas  L.)p  Gattung  der 
Nagethiere.  OemeinesB.  (S.  vulgaris  L.).  ^* 
lang,  Schwans  10",  in  Europa  und  dem  ge- 
mässig^ten  Asien,  baut  ein  Nest,  beschädigt 
Banmsaaten,  Knospen  und  Vogelnester. 
Grauer  Winterpelx  (Granwerk,  Vehe)  kommt 
besonders  aus  Russland  in  den  Handel. 
Fleisch  geniessbar.  Grauet  E.  (S.  cinegrens 
L.),  11"  lang,  Schwans  lO'',  in  Nordamerika, 
liefert  Polswerk  (Petit  gris).  Ebendaselbst 
das  toeisBohrige  E.  (S.  leucosns  L.),  ver- 
wüstet oft  Felder  und  Gärten. 

Elchlioni,  Joh,  Albr.  Friedr.,  preuss. 
Staatsmann,  geb.  8.  März  1779  zu  Wertheim, 
trat  1800  in  den  preuss.  Staatsdienst,  ward 
1810  Syndikus  der  Universität  zu   Berlin, 

1817  Mitglied  des  Staatsraths ,  1831  Direk- 
tor im  Ministerium  der  auswärtigen  An- 
gelogonheiten,  1840  Minister  für  die  geistl., 
Unterrichts-  und  Medieinalangelegenheiten. 
Der  freieren  Richtung  in  Wissenschaft  und 
Kirche  entschieden  abgeneigt,  musste  er 
19.  Mars  1848  zurücktreten ;  f  1^^«  Jan.  1856. 

ElehkitseheB,  s.  v.  a.  Eichhörnchen. 

Eiclisfeidy  früher  kurmainsisches ,  seit 
1802  preuss.  Fürstenthum,  ein  1200'  hohes 
Plateau  am  Südwestabhange  des  Harzes, 
etwa  28  QM.  mit  gegen  126,000  Ew.  und  den 
Städten  Heiligenstadt  und  Dnderstadt. 

Elehaiadt  (EhuteU,  lat.  Änreahm),  Stadt 
Im  bayer.  Regbz.  Mittelfranken ,  an  der 
Altmühl,  8051  Ew. ;  alter  Bischofssitz  (seit 
745),  Domkirche,  wunderthätige  Walpurgis- 
kircho;  Schloss.  Ehedem  Hauptst.  des 
PürHenth.  E.,  in  welches  1802  das  Bisthum 
verwandelt  wurde,  1817  dem  Prinsen  Eugen 
Beauharnais  mit  dem  Titel  eines  Hersogs 
von  Leuöhtenberg  und  Fürsten  von  £.  als 
Standesherrachaft  überlassen,  Jetst  von  der 


Krone  zurückgekauft  und  als  Haduttherr- 
schaft  dem  Prinzen  SLari  von  Bayern  abge- 
treten.   Babel  die  Ruine  der   Wüibaidaburg. 

Eid  oder  Eideehwur  (Ju^nrandum,  Jora- 
meutum),  feierliche  Betheuerung  der  Wahr- 
heit unter  Anrufung  Gottes.  Zur  Eidesfahig- 
keit  wird  erfordert:   Eidesmfindigkeit   (14., 
18.,  21.  und  25.  Jahr),  geistige  Gesundheit, 
Unbescholtenheit,  Freiheit.    DerE.  ist  sei- 
nem Inhaltenach  entvreder promieeorUch,  als 
Verstärkung  eines  gegebeneu  Versprechens, 
oder  tueertori$ch,  als  Bekräftigung  einer  Aus- 
sage.   Assertorische  E.e  sind  die  sogen,  ge- 
riehüichen.     In    Givilsachen    unterscheidet 
man  Haupt-  und  Nebeneide.  Haupteide  sind : 
der  Schiedaeid  (J.  delatum),  der  vom  Beweis- 
fUhrer   dem   Qegaer  über   ein   bestimmtes 
Faktum  angetragene  E.,  den  dieser  anneh- 
men (J.  aoceptnm)   oder   dem  Beweisführer 
zuschieben  kann  (j.  relatum);   der  nothwen- 
dige  E.  (\.  necessarium),  entweder   Meini- 
gungeeidij.  purgatorium),   wenn  er  den  ge- 
führten   Beweis    wieder   entkräftet,     oder 
Br/iiUungaeid  (j.  suppletorinm),  wenn  er  zu 
Vervollständigung   eines    ungenügend    ge- 
föhrteu  Beweises  dient;  der  Würderungseiä 
g.  in  litem),  der  für  die  Wahrhaftigkeit  der 
Schätzung  eines  von   einem  Andern  erlitte- 
nen Schadens    geleistet    wird.     Ifebeueide 
sind:  der  Geföhrdeeid  (j.calufnniae),  der  vor 
oder  im  Prozess  geleistet  wird,  um  die  Bc- 
sorgQiss   der  Böswilligkeit  sn   heben;    der 
Zeugeneid,   wodurch   die  im  Prozess   sage- 
zogenen  Zeugen  und  Sachverständigen  die 
Wahrhaftigkeit  ihrer  Aussage  beglaubigen  ; 
der  Diffestionteid,  wodurch  man  versichert, 
eine  Urkunde  nicht  ausgestellt,  geschrieben 
oder  unterschrieben  zu  haben,  etc.    In  Kri- 
minalsachen  wird  der  E.  angewandt  theiU 
als  Sicherheitsmassregel  (z.  B.  bei  dem  Ver- 
dacht der  Flucht,  bei  Landesverweisung  etc.), 
theils  als  suppletorisches  Beweismittel  für 
die  Unschuld  des  Inkulpaten  (Beinigungseid). 
Die  auseergerichüiehen  S.e    sind    entweder 
promissorisch  (Dienst-,  Huldigungseid  etc.), 
oder  assertorisch.     Die  falsche  Ableistung 
eines  assertorischen  E.es  ist  Meineid  (s.  d.), 
die  Nichterfüllung   einer  eidlich   übernom- 
menen Pflicht  EideAruch,    Vgl.  über  den  E. 
die  Sehr,  von  QUchel  (18S7),   Birippelmann 
(1855-57,  2  Bde.)  und  Kratutold  (1857). 

Eidechse  (Behüdeidechee,  Lacerta  L,), 
Reptiliengattung  der  Saurier.  Gemeine  oder 
graue  E.  (L.  im^lts  L*),  in  g^ana  Europa,  ver- 
tilgt schädl.  Insekten.  €hrime  E.  (L.  viridb 
Daud.),  bis  14",  in  Mittel-  und   Südeuropa. 

Eldeehseii.  Reptilienordnung,  s.  Saurier. 

Eider  (Euder),  Grenzflnss  zwischen  Schles- 
wig und  Holstein,  entsteht  in  Holstein  bei 
Lohndorf,  durchfliesst  mehrere  Seen,  wird 
bald  schiffbar,  mündet  unterhalb  Tönning 
in  die  Nordsee,  22  M.  Mit  der  Ostsee  ver- 
bunden durch  den  4i/iM.  langen  JEÜderJfciinal 
für  Schiffe  von  70  Lasten. 

Eiderente  ( Eidergans ,  Somateria  Leaek), 
Gattung  der  Schwimmrögel.  Gemeine  E.  (S. 
mollissima  Leaek,  Anas  molt^  L.)  an  den 
arktischen  Küsten  des  atlant.  Ooeans  (bes. 
Island),  2*  lang.  Fleisch  und  Eier  geniess- 
bar.  Bälge  zu  Kleidern  benntibar.  Daunen 


wlsbttg«  Hindelatrtlknl,    dl«   gi 

Leadi,  Anna  ip.  L.}  Bbeadta.,  H"  lai 

ID,pOO  FM.,  niwh  HambiirE  SOOO  P 

RldvnMt,  H&lbiniiDl  BD  der  V 

von  Bchleiwig.  zwiBchsn  dsn  Bac 

TonuiDR  md  iDn  Hnsum,  e  QU. 


mittel !  ebeuKO  die  Bleröl 
EitTpflaue,  1.  T.  B.  g. 
ElaiHtMk  |0»rJiim),  O 


Je  QebknnitRi 


Elftl,    WBlUgoa    F 


BfiiderKsUspIatll 


El^lb,  BldottBr,  B.  . 

Elg«ueluft«woTl>  e,     

Bßer,  Gipfel  der  berner  Alpen,  Ia,26V  ho 

SlIeHbuiI,  St'"     "     ■      — 

liurg,  Kr.   Delii 


Adiek 
.en,IV 


KiDibvek  (Sinlijcjt;,   Kiolsgt.   Im  i 


■tÄDdlge  VerbrennnnK  oi 


Ife  X(iieev6lde  mit  KarbolaiiDr« 
len  KBrper  mit  ffllch  geglÜhtBI 

ElBbMre,  PailD>eIlKB.ttnilg,  9. 

ElnhllanlBkel,  der  Winkel , 

itoem^^lf  d™%i4-l*WdemBI 


ande  beilaht,  Im  GsgouaatBi 
GlBKelegt«  libelt,  >.  Xari 
ElBgeBBrengt,  von  Mlnerel 


E[iig«i>d<le  IVleeen 


ElMgeiT«ldewilm«r  (.Sinn 


BHm,  angebliob  ia  Afrika,  ec 


ElnknrBr    (SollduiiguU) ,    Orduimg    dsr 


ElBkimnenntein,  poUl.  H^Btem,  wobei 
die  VolkereprieenMtloii  nur  Blaeo   geietl- 

EiaUnilwhaft    (Unio   prollDm),  geilobt- 

Biu  ÜübererEhe  ToihudenanKlDderCFdr- 


«■  glsloh 


Einkommen« ,  _._- 

Elnkarn  {Ttitteum  moDococenm),  b.  Bptli. 
Elnmaeliw.  dt«  Zuiiditong  toh  rröofateD. 

widriger  Stoffe,  z.  B.  Zncker,  EBBig,  CogUAO, 


Allgeir 


.nj»de 


BDhlleeBondea  Oefees 
Elninds  lEioeptio) 
Eotgeguung  eines  Beklugteu  um  u»  t'^iu 
Ihn  erhohoua  Klege,  iuBbee.  die  Ton  Be- 
klBKt™  der  Kings  enlgegeiiK«atite  poiitlvs 
nod  lelbBtBsdiga  Bebaoptiinc  einer  Tb»t- 
BMlie,  welche,  fär  WBbrhell  HiBeDOniiBaii, 
reobti.  gMlsnst  W,  daa  klfcerlnb*  BMbt 


548 


Eiinreibiiiig  —  Eisen. 


oitr  4oeh  dfoXlac*  n awitateii,  iadleiem 
gtrae  entweder  efaie  dÜa$oritehe  (venSger' 
Uehe),  wenB  sie  nicht  «Ine  ginaliolie  Be- 
tedmag  dei  BekUgton  Ton  d«m  geklagten 
Anipmche,  sondern  nnr  elnitweilige,  tem- 
poiiM  Abweisung  der  Klage  besweckt,  oder 
eine  Mremtoritehe  (teratfirliehe) ,  wenn  sie 
rtne  Zerstörung  des  der  Klage  sn  Grande 
Hegenden  Beobts  ihr  immer  besweokt. 

BlBnibuig(Inanctio,  niitio),  Jedes  Medi- 
kament, welches  durch  Beiben  auf  der  äusse- 
ren Haut  rertheilt  werden  soll.  Die  meisten 
E.en  wirken  wohl  nnr  durch  die  beim  Beiben 
entwickelte  W&rme,  wenn  nicht  ^m  Mittel 
als  stärkerer  Hantreis  ableitend  wirkt. 

EinSAlMa  (JSinpl^seln) ,  Konsenrirungs- 
methode  für  Fleisch,  Gemüse,  Grünfatter, 
Häute,  Bosenbl&tter,  Gltronen  etc.  1  Otr. 
Bindfleisah  erfordert  0  Pfd.  Sali  und  %  Loth 
Salpeter,  1  Ctr.  Schweinefleisch  8  Pfd.  Sals. 
Empfehlenswerth  ist  Zuckersusatz.  Bildung 
der  Lake  ist  möglichst  bu  yermelden.  Ge- 
sajsenes  Fleisch  ist  weniger  nahrhaft  und 
schwerer  verdaulich  als  firisches. 

liwMisreade  QefisM.  s.  Lymphgefäsie, 

BiMClulfeB,  s.  Verein. 

SiBMlilsfeB  der  Qlieder«  elgenthümlich 
prickelnde  Empfindung,  meist  bedingt  durch 
leichten  Druck  auf  grössere  Neryenst&mme, 
bes.  bei  mageren  Personen  h&uflg.  Bisweilen 
Symiitom  schwerer  Nerrenerkrankung. 

EliwoliBitt  (Incisio),  Chirurg.  Operation  xum 
Zweck  der  Entspannungeinzelner  Tbeileoder 
zur  Entleerung  angesammelter  krankhafter 
Flüssigkeiten,  z.  B.  von  Eiter  in  Abscessen. 

Stafetieii,  oberflächl.  Verstahlung  schmie- 
deeiserner Gegenstande  durch  Glühen  der- 
selbMi  in  einer  mit  (thierfscher)  Kohle  ge- 
füllten Büchse  und  Abkühlen  in  Wasser. 

Hnsiedel.  .FW«dr.  Hildebrand  von,  geb.  SO. 
April  1750,  t  9.  Juli  1828  als  Präsident  des 
Appellationsgericbts  zu  Jena;  bekannt  als 
Genosse  des  weimar.  Dichterkreises  zu 
Goethes  2Sei^  auch  als  Lustspieldichter  und 
Uebersetzer  (bes.  des  Terenz). 

Eiiuledelii.  Flecken  im  Kant.  Schwyz, 
im  untern  Alpthal,  7253 Ew.;  her.  Benedik- 
tinerabtei (864  gegr.,  seit  1274  reicbsfürstl.) 
mit  schwarzem  Marienbild  (jährlich  gegen 
150,000  Wallfahrer;  Haupttag  14.  Sept. 

ÜBspritsuigy  s.  Injektion. 

ElntagsfllegeSy  s.  Sphemerm, 

Btntrltt,  s.  ÄuMtriU  der  i^Btirne. 

Elpel  (Ungar.  Ipdi) ,  Nebenfl.  dex  Donau 
in  Ungarn,  entspr.  im  neograder  Komitat, 
mündet  zwischen  Gran  u.  Wishegrad,  20  M. 

Eis  bildet  sich,  wenn  Wasser  einer  Tem- 
peratur unter  Oo  0.  u.  B.  ausgesetzt  wird. 
Dabei  dehnt  sich  das  Wasser  um  etwa  Vii 
seines  Tolumens  aus;  E.  schwimmt  da- 
her auf  Wasser,  zersprengt  Gefässe,  in 
weldbe  es  eingeschlossen  ist,  und  erweitert 
Felsklfifte,  beim  Erkalten  zieht  es  sich  zu- 
sammen. Es  ist  in  grossen  Blöcken  grün- 
lich oder  blau,  mit  doppelter  Strahlen- 
brechung, musobligem  Bruch,  spec  Gew. 
0,M,  leitet  Elektricität  nicht,  Wärme  sehr 
■ehleeht,  lässt  WännestraUeo  aus  leuch- 
tender Quelle  duroh,  ohne  sieh  zu  erwär- 
nMn  (Brenngläser  aus  B.),  Hirte  1,6,  ist 


sehr  zähe  (Kaikonai  aus  B.),  Terdamplt  hei 
trookner  Luft,  ohne  zu  sohmelsen,  SiÄniels- 
punkt  bei  0«  0.  und  B.  E.  bildet  wichtigen 
Handelsartikel  (Boston  Jährlicher  Export 
200,000Tonnen).  Aufbewahrung  in  JSIWfc«liefn, 
EishiS^em  mit  doppelten  Wandungen  [vgl. 
if«iMeZ(1867),  £oII<y(1862),  Hai«er(1864)],  in 
Haushaltungen  in  Eisschränken.  JC^w^ 
liehe»  E.  wird  durch  Kältemis<Anngen  her- 
gestellt (Salmiak,  Salpeter  und  Wasser, 
salpetersaures  Ammoniak  und  Wasser, 
Glaubersalz  und  Salzsäure),  in  welchem 
man  mit  Wasser  gefüllte  Gelftsse  rotiren 
lässt,  oder  durch  Eiamaeehinen,  in  denen 
die  Kälte  durch  Verdampfung  von  Aether, 
flüssigem  Ammoniak,  den  flüchtigsten  Be- 
standtheilen  des  Erdöls  oder  Wasser  er- 
zeugt wird  (Im  letzteren  Fall  dient  konoen- 
trirte  Schwefelsäure  zur  schnellen  Bindung 
der  Wasserdämpfe).  Kirk  benutet  die 
Temperaturerniedrigung ,  welche  kompri- 
mirte  Luft  bei  ihrer  Ausdehnung  ersengt, 
zur  künstlichen  Eisbildung.  Die  rerdampf- 
ten  Flüssigkeiten  werden  in  den  Eismaschi- 
nen durch  Kondensation  wieder  gewonnen. 
Zum  Betrieb  der  Eismaschine  dient  eine 
Dampfknaschine.  Bei  kleinen  Eisraasobinen 
erzeugt  1  Pfd.  Steinkohle  S  Pfd.  El.  Tgl. 
Bwehoda,  ,Die  Eisapparate*,  1868. 

Eisaek  (Eieaeh),  Nebenfluss  der  Btsch  in 
Tirol,  entspr.  am  Brenner,  mündet  nnterh. 
Botzen:  12  M.  lang. 

Eisbär,  8.  .Bär.  [crystallinum. 

Eisblume«  s.  t.  a.   Mesembryanthemum 

Eisboek  (EiArecher),  Gerüst  aus  starkeo 
Balken  zum  Schutz  der  Brückeiyoche  und 
Pfeiler  gegen  Treibeis. 

Eisen,  das  am  weitesten  Terbreitete  Me- 
tall, findet  sich  gediegen  fast  nur  als 
Meteoreiseu,  am  häufigsten  oxydirt  und  als 
färbender  Bestandtheil  in  zahlreichen  Mi- 
neralien (Granat,  Hornblende  etc.),  mit 
Schwefel  yerbunden  als  Schwefelkies,  im 
Buntkupferera  etc.  Wichtigste  .ffisenert«: 
Magneteisenstein  (BisMioxydnloxyd  mit 
72,4  o/o  E.),  im  krystollin.  Schiefergebirge  in 
Schweden,  Norwegen,  im  Ural,  in  Schlesien, 
Thüringen, -im  Harz,  in  Oesterreicb,  Nord- 
amerika (liefert  auch  die  naturl.  Magnete), 
Elsenglanz  u.  Botheisenstdn  (Eisenoxyd  mit 
70  o/o  E.)  im  älteren  u.  Uebergangsgebirge  * 
Glaskopf  (Blutstein,  dient  auch  aum  Puteen 
und  Poliren  -von  Metall),  Eisenrahm,  Elsen- 
ocker ,  mit  Kieselsäure  gemengt  als  Kiesel- 
eisenstein, mit  Thon  als  rother  Thoneisen- 
stein,  mit  Kalk  als  Minette,  in  Sachsen- 
im  Harz,  in  Nassau,  Westphalen,  Siegen! 
Hessen,  Würtemberg,  auf  Elba;  ftutth- 
eisenstein,  Eisenspath,  Stahlstein,  Sphäro- 
siderit,  Flinz  (kohlensaures  Blsenoxvdul 
mit  48,80/0  E.),  HauptbestandtheU  der  nie- 
tallführenden  Gebirgsformation,  im  Harz 
in  Siegen,  Westphalen,  Nassau,  Schmal- 
kalden,  Steiermark,  mit  Kohle  und  Schie- 
ferthon  gemengt  als  Blaokband  (Sehott- 
land ,  Westphalen) ,  mit  Thon  als  Thon- 
^enstein,  Olajband  (England).  Burch 
YerwitterunglififerterBraunelBenera  rSisen- 
^^SS^^*^  Nassau,  Steloimaik, ^Schle- 
sien, Würtembsrg,  imSchwaizwaid,  VIchtel- 


Eisen. 


649 


gebirg« ,  Im  Thorlngeii ,  Belgien ,  England» 
Spanien,  mit  Tbon  gemengt  a!«  branner 
Thoneisehstein,  Bohn-,  Gelbers;  Basen- 
eisenafeeln,  Snmpf-,  See-,  Wieeenerz,  Slmo- 
nlt  (anreines  phospborbaltiges  Elsenozyd- 
hycbrat)  in  Norddentecbland,  Schweden: 
FraakUnit  (Eisenozyd  mit  Zinkoxyd  nnd 
Mangan)  in  Newjersey. 

Die  Erae  werden  mit  kieselsinre-  oder 
kalkhaltigen  Znsohlägen  gemengt  (beschickt) 
nnd  in  Schacbtöfon  mit  Qebläse  (HoM/en) 
▼ersohmolaen.  Dnrch  die  obere  Oeifhang 
der  Oefen  (Gicht)  werden  abwechselnd 
Schiohten  der  Besohioknng  nnd  des  Bronn- 
materials (Hollkohle,  Steinkohle,  doaks) 
eingetragen.  Die  glühenden  (Hse,  bes. 
Kohlenozyd,  redndren  das  Bisenozyd  der 
Erae,  es  entsteht  Kohlensftnre,  die  ent- 
weicht, nnd  E. ,  welches  sich  sofort  mit 
Kohlenstoff  Terbindet.  Die  Zuschläge  (Kalk 
nnd  Kieselsäure)  sohmelaen  mit  der  Gang- 
art der  Erse  an  Schlacken  ausammen,  so 
dass  sich  die  anerst  in  der  Hasse  fein  ver- 
theflten,  dnrch  die  Gangart  getrennten 
Eisenpartikelcben  mit  einander  vereinigen 
können.  Bas  flnsslge  E.  wird  Ton  Zeit  an 
Zeit  nuten  ans  dem  Ofen  abgelassen,  ab- 
gestochen nnd  in  Sandformen  (E.  in  Mul- 
den: Flossen,  in  Barren:  Gänge)  geleitet. 
Die  Anwendung  ron  erhitater  Geblftselnft 
(300—4000  0.)  beim  Hohofen  bewirkt  eine 
Vermehmng  der  absoluten  Produktion  nm 
50%.  Das  so  gewonnene  Boheisen  enthält 
4—50/0  Kohlenstoff,  Silicinm,  Phosphor, 
Schwefel,  Mangan.  Bei  nicht  zu  hoher 
Temperatur  im  Hohofen  (leicht  schmela- 
bare  Erae  nnd  Holzkohle)  entsteht  weiues 
SohetMn,  Diet  ist  silberweiss,  sehr  hart 
nnd  spröde,  mechanisch  nicht  zu  bearbeiten, 
stark  glänzend,  yom  spec.  Gew.  7,68—  7,a6, 
und  wird  auf  Stabeisen  und  Rohstahl  ver- 
arbeitet ^ossblättrlges :  Spiegeleisen,  Spie- 
gelfioss,  Bohstahleisen;  strahlig  fasriges, 
blänllcbgraues:  blumiges  Floss;  zackig 
brechendes,  dunkleres:  luckiges  Floss). 
Aus  schwer  schmelzbaren  Erzen  wird  bes. 
mit  Ckwks  grames  Boheüe»  erblasen.  Dies 
ist  dunkler,  körnig  bis  feinschuppig,  viel 
weniger  hart,  selbst  etwas  geschmeidig, 
spec.  Gew.  7,0,  schmilzt  schwerer,  ist  aber 
dünnflüssiger  nnd  dient  zu  Gasswaaren 
(QuneUen).  Das  weisse  Boheisen  enthält 
nur  chemisch  gebundwaen  Kohlenstoff,  das 
graue  von  solchem  sehr  wenig  (bis  8<Vo), 
aber  viel  mechanisch  beigemengten  (bis 
8*7  %)•  Geschmolzenes  graues  Roheisen 
schnell  abgekühlt  gibt  weisses.  Dieses,  bei 
hoher  Temperatur  geschmolzen  und  lang- 
sam abgekühlt,  gibt  graues  Roheisen. 

Das  Robeisen  wird  durch  Umschmelien 
mit  Holzkohle  nnd  dem  Gebläse  auf  dem 
FrUchhsrd  (deutscher  Frischprozess)  oder 
mit  Steinkohlen  im  Flammofen  (englischer 
Frischhtfrd,  Puddlingsprozess)  in  Staboisen 
▼erwandelt.  Dabei  oxydirt  der  Sauersto^ 
der  Lnfk  einen  Theil  E.,  Kohlenstoff  u.  SiU- 
dum  des  Roheisens ;  es  entsteht  kiesel- 
sanrea  Eisenoxydnl  (Frisch-,  PuddUngs- 
schlaoke)  nnd  der  Uebertchnss  des  oxydlr- 
ten   B.8  zersetzt  sieh   mit  dem  Rest  des 


Kohlenstoffs  nnd  Sillolnros.  Dabei  wird  das 
flüssige  E.  teigig  u.  bildet  knetbare  MMmwd 
Qiuppen),  die  unter  dem  Hammer  oder 
Quetschwerk  bearbeitet  werden,  um  die 
Schlacke  auszupressen.  100  Th.  Rohelsen 
geben  70  —  75  Th.  ScAmied«-  oder  iSloMwm. 
Dies  enthält  bis  0,8  %  chemisch  gebundenen 
Kohlenstoff,  ist  grauweiss,  glänzend,  sehr 
zähe  nnd  geschmeidig.  In  geschmiedeten 
Massen  von  sehniger  und  hakiger  Textur, 
wird  durch  starke  Erschütterungen,  durch 
Erhitzen  nnd  Ablöschen  In  Wasser  körnig, 
ist  bei  Weissgluth  seh  welssbar,  Bchmllet 
aber  nicht,  spec.  Gew.  7,8  —  7,0;  geringer 
Schwefelgehalt  macht  es'Tothbruoh^,  Phos- 
phorgehalt kaltbrüchig.  Man  verarbeitet 
es  auf  den  VoliwerJken  zu  &roöe«Mn  und 
schneidet  sehr  dünne  Stäbe  auf  den  Scft«ei<2e- 
werken  (abwechselnd  grössere  nnd  kleine 
▼erstählte  Scheiben  auf  eiserne  Wellen  fsst 
eingekeilt),  nach  dem  Querschnitt  unter- 
scheidet man:  Quadrat-,  Flach-,  Rund-, 
Fafoneisen  von  sehr  verschiedenem  Quer- 
schnitt Dünnstes  Flaoheisen :  Band-,  Belf- 
eisen.  Nicht  glatt  gesohmiedetee  Quadrat- 
eisen mit  eingekerbten  Flächen:  2<ain-, 
Kranseisen. 

Ohemisch  reines  E.  findet  keine  Yerwen- 
düng,  Aequlvalent  88.  E.  bedeckt  sich  an 
der  Luft  mit  Oxydbydrat  (Rost),  in  der 
Weissgluth  mit  Qxyduloxyd  (Hammer- 
Bchlag),  glühendes  E.  zersetzt  Wasser,  löst 
sich  in.  verdünnter  Schwefelsäure,  Salz- 
und  Salpetersäure  zu  Oxydulsalzen.  EUen- 
oxydvit  1  Aeq.  E.,  1  Aeq.  Sauerstoff,  ist  forb- 
los,  sehr  leicht  oxydirbar,  das  kohlensaure 
Salz  findet  sieb  gelöst  in  den  Stahlwässern, 
krystallisirt  als  Spathelsen  stein,  istoffidnell. 
Das  schwefelsaure  ist  Eisenvitriol  (s.  d.), 
das  phosphorsaure  findet  sich  als  Blau- 
eisenerz (phosphorsaures  Eisenoxyduloxyd), 
ist  ofBcinell,  das  gerbsaure  findet  sich  in 
der  Dinte,  das  apfelsanre,  aus  Aepfeln  nnd 
metallischem  E.  erhalten,  findet  sich  neben 
Oxydsalz  in  der  oCacinellen  Tinctura  ferri 
pomati,  das  weinsaure,  mit  weinsaurem 
Kali  verbunden,  Im  ofBcinell  en  Eisen  Wein- 
stein; auch  das  müchsaure  ist  offlcinell, 
das  essigsaure  wird  in  der  Färberei  benutzt. 
Eisenoxyd  t  2  Aeq.  E.,  8  Aeq.  Sauerstoff,  Ist 
braun,  findet  sich  als  Rothelsenstein,  ent- 
steht alB  Nebenprodukt  bei  der  Yitrlol- 
bereitung  (Caput  mortuum,  vgl.  Eagliseh 
Roth),  ist  ofncinell  und  wird  vielfach  in 
der  Technik  benutzt.  Das  Hydrat  findet 
sich  als  Brauneisenstein,  gelber  Ocker, 
Rost,  wird  durch  Ammoniak  aus  Elsen- 
chlorld  gefällt,  verliert  beim  Erhitzen  sein 
Wasser,  ist  ofladnell  und  dient  als  Ttrh- 
Stoff.  Das  schwefelsaure  ist  farblos ,  die 
Lösung  wird  beim  Erhitzen  roth  und  setzt 
basische  Salze  ab.  Aehnlich  verhält  sich 
das  Salpetersäure.  Beide  und  bes.  der  farb- 
lose Eisenalann  (schwefelsaures  Eisenoxyd 
und  schwefelsaures  Kali  oder  Ammoniak) 
werden  in  der  Färberei  benutzt.  Das  gerb- 
saure findet  sldi  in  der  Dinte  nnd  als 
schwarzer  Farbstoff  auf  Geweben ,  wein-, 
apfbl-  nnd  dtronensaures  finden  sich  in 
pharmaoent.  Präparaten.    Auch  das  esslg- 


650 


Eisenach  —  Eieenbalmen. 


MMm  Ift  offiolnell  nad  wird  als  Konaer- 
TinungBinittel  dea  Holses  (bes.  holsesaig- 
Mtnres)  und  in  der  F&rberei  benutzt.  BiMem- 
oxifdmloanfd  findet  sich  als  Magneteisenstein 
und  im  HammeraohJag,*  ist  offiolnell.  EUen- 
Morür ,  1  Aeq.  S.,  1  Aeq.  Ohior,  weias, 
sohmelabar,  fluchtig,  offiolnell.  EUenchlorid, 
S  Aeq.  £.,  8  Aeq.  Sauerstoff,  entsteht  beim 
Erhitzen  von  E.  in  Ohlor,  bei  Behandlung 
einer  Ohlorürlösung  mit  Salpetersäure, 
braun,  metallgl&nzend ,  fluchtig,  officinell, 
blutstillendes  Mittel ,  wird  yon  glühenden 
Laven  ausgehaucht,  aersetat  sich  u.  bildet 
dann  Eisenglanz.  Ueber  Eisencyauär  und 
Eisencyanid  s.  Berlinerliau  und  BlvUaugenr 
•ob.  BchtoeftieiMn,  1  Aeq.  E.,  1  Aeq.  Schwe- 
fel, entsteht  bei  Berührung  von  glühendem 
E.  mit  Schwefel,  bronzefarben ,  gibt  mit 
Siluren  Schwefelwasserstoff.  Eis^abitul^uret, 
1  Aeq.  E.,  8  Aeq.  Schwefel,  findet  sich  als 
Schwefelkies  und  Speerkies  (s.  d.),  gibt 
bdm  Glühen  Magnetkies  (s.  d.).  Boheisen- 
produktion: 

Orossbritannien  .  90,000,000  Otr. 
Frankreich.  .  .  84,S00,000  • 
Nordamerika  .  .  30,800,000  - 
Deutschland  .  .  14,550,000  • 
Belgien  ....  7,850,000  . 
Oesterreich  .  .  6,750,000  - 
Bnssland  .  .  .  6,000,000  - 
Schweden  .  .  .  4,500,000  - 
AnstraUen  .  .  .  8,000,000  - 
Italien  ....  750,000  - 
Spanien.  .  .  .  1,800,000  - 
Norwegen  .  .  .  500,000  - 
Dänemark  .    .    .       800,000     - 

178,500,000  Otr. 
Vgl.   auch   die   statistischen   Kärtchen   von 
Deutschland. 

Die  Aegypter  kannten  das  E.  8000  Jahre 
▼.  Ohr.,  die  Griechen  im  trojan.  Kriege, 
die  Römer  trieben  bedeutende  Eisenindustrie 
(Elba,  Noricum)  ;  um  700  n.  CJir.  war  Eisen- 
fabrikatiou  in  Steiermark  und  ging  vou  da 
über  Böhmen,  Sachsen,  Thüringen,  den  Harz 
nach  Spanien,  dem  Elsass  und  Niodorrhein. 
Im  12.  Jahrb.  blühten  die  niederländischen 
Eisenwerke,  im  15.  Jahrb.  kam  die  Eisen- 
industrie nach  England  und  Schweden. 
Hohöfen  stammen  wohl  ans  den  Nieder- 
landen, die  Anwendung  des  Ooaks  aus 
England  (1780),  ebenso  das  Frischeu  mit 
Steinkohlen  (1784).  Vgl.  die  Werke  von 
Karaten  (1841),  Hartmann  (1852,  1857),  Kerl 
(1864),  Ftrcy,  deutsch  von  Weddxng  (1868); 
Kerpdy,  ,Berichte  über  die  Fortschritte  des 
Eisenhüttenwesens'  (seit  1866). 

Etsenftch^  Hauptst.  des  ehemal.,  Jetzt  zu 
S.- Weimar  gehörigen  Fürstenthums  E. 
(82  QM.),  am  Zusammenflusse  der  Nesse  und 
Hör  sei  und  am  Knotenpunkt  der  Thüringer- 
und  Werrabahn,  12,879  Ew.;  Forstinstitut. 
Dabei  die  Wartburg.  1.  Sept.  1810  Pulver- 
explosion. 

Eiaenbahnen.  Der  Bau  der  £.  erfordert 
zur  Brzielung  einer  möglichst  geradlinig 
und  horizontal  verlaufenden  Fahrbahn  die 
Herstellung  der  grossartigsten  Kunstbauten 
(Binschnitte,  Dämme  nicht  über  100'  hoch, 


Briioken,  Viadukte  und  Tunnels).  Der 
Oherban  wird  nach  3  Systemen  auageführt. 
Der  englische  hat  bis  8'  starke  Bettung, 
wenige  aber  starke  Schwellen  .und  sehr 
aolide  Schienenstühle,  in  welchen  die  Schie- 
nen mit  Holzkeilen  befestigt  werden.  Der 
amerikanische  hat  schwache  Bettung,  viel 
Schwellen  u.  starke  Langhölaer  mit  achwa- 
chen Schienen.  Der  deutsche  Oberbau  hat 
IVt'  starke  Bettung  aus  geschlagenen  Stei- 
nen, Kies  etc.,  8  —  18"  breite,  5—10"  dicke 
Schwellen  aus  Eichen-,  Kiefern-,  Tannen-, 
Lärchenholz  (mit  Kupfer-,  ZinkTitriol, 
Sublimat  imprägnirt)  oder  statt  der  Schwel- 
len Steinwürfel;  in  neuerer  Zeit  bemüht 
man  sich  um  ganz  eisernen  Oberbau,  wel- 
cher durch  grossere  Festigkeit  bessere  Aus- 
nutzung der  Triebkraft  und  geringere  Ab- 
nutzung des  Materials  ermöglicht.  Dia 
iScA««iien  bestehen  aus  Schmiedeeisen  oder 
Bessemerstahl  und  haben  sehr  versehiedene 
Querschnitte  (in  Deutschland  und  Frank- 
reich Vlgnolschienen  84'  ].,  wiegen  SA  Pfd. 
pro  Fnss).  In  Kurven  muss  die  auaaere 
Schiene  immer  etwas  höher  liegen  ala  die 
innere,  damit  die  Wägen  nicht  vermöge 
der  Oentrifogalkraft  entgleisen.  Der  ge- 
ringste Radius  der  Kurven  beträgt  1000 
Meter,  bei  nur  500  Meter  muas  die 
Fahrgeschwindigkeit  bedeutend  gemäaaigt 
werden.  Die  stärkste  Steigung  hat  die  Tnrin- 
Genuabahn  mit  1 :  28,6.  Weichen  sind  Ver- 
bindungen zweier  nebeneinander  herlaufen- 
den Geleise  zur  Ueberfübrung  der  Züge  von 
dem  einen  'auf  das  andere.  Um  einzelne 
Wagen  auf  andere  Gelelse  zu  setzen,  dienen 
die  Ih-eh$cheiben :  kurze  Strecken  Qeleiae 
auf  einer  um  ihren  Mittelpunkt  drehbaren 
Scheibe.  Die  WauertUxiionen  bestehen  aus 
Brunnen,  Pumpwerk,  Wasserkrahn  und 
Vorwärmer  und  dienen  zur  Versorgung  der 
Lokomotiven  mit  Wasser.  Die  Bäder  der 
Eisenbahn  wägen  sind  in  den  meisten  Fäl- 
len mit  ihren  Axen  fest  verbunden  und 
können  sich  nur  mit  diesen  drehen,  sie  be- 
stehen meist  aus  Schmiedeeisen  und  er- 
halten Beifen  (Bandagen)  aus  Puddel-  oder 
Gussstabl.  Auch  die  JAxen  werden  aus 
Schmiedeeisen  u.  jetzt  häufiger  aus  Paddel- 
u.  Gussstabl  hergestellt.  Sie  ruhen  in  I^an- 
nen  aus  Lagermetall  in  gnsseisernen  Büchsen 
und  werden  durch  sehr  verschiedenartige 
Schmierapparate  mit  Fett  versehen.  Die  Ver- 
bindung der  Axen  mit  dem  Gestell  ver- 
mitteln die  stählernen  Federn.  Zur  weiteren 
Vermeidung  von  Stössen  sind  die  Ketten, 
welche  die  Wägen  verbinden,  elastisch  und 
alle  Wägen  mit  Buffern  versehen.  Soll 
der  Zujs  halten,  so  werden  die  Räder  ge- 
bremst  (s.  Bremse)»  Die  engl.,  fk«na.,  belg. 
Wägen  haben  meist  4,  die  deutschen  6,  die 
amerikan.  8  Räder,  und  die  Belastung  der 
Axe  beträgt  bei  den  erstem  50—70,  bei  den 
zweiten  60^80,  bei  den  letzten  70—80  Otr. 
Ausserdem  existiren  viele  Kombinationen 
dieser  Systeme.  Vierrädrige  bedeckte  Güter- 
wagen tragen  80— 100,  seohsrädrige  180,— 160, 
achträdrige  160— 800  Otr.  Last.  Aainrüehe 
erfolgen  ,  wenn  das  Metall  der  Axen  durch 
Erschütterungen    seine    sehnige    Struktur 


Eisenberg  —  Eisenroth. 


551 


▼erloren  hat,  4ie  sind  Im  Winter  am 
häaflgsten.  Zur  Sichemng  des  Betriebs 
dienen  optische,  akustische  und  elektro- 
magnetische Signale  und  Teleffraphen.  Güter- 
%ug8raaschinon  bewegen  auf  ebener  Bahn 
Lasten  von  18  —  20,000  Gtr.  mit  einer 
Geschwindigkeit  Ton  3  — SVs  M.  in  1  St., 
verbrauchen  pro  M.  150-900  Pfd.  Goaks 
nnd  verdampfen  über  6000  Pfd.  Wasser. 
Schnellzugsmaschineu  durchlaufen  mit  800 — 
1000  Gtr.  Last  7  — 10  M.  in  1  St.  Gebirgs- 
bahnen mit  starken  Steigungen  und  Krüm- 
mungen erfordern  besondere  Lokomotiven, 
hoi  denen  durch  Vermehrung  der  todten 
Last  und  Kuppelung  der  Treibräder  mit 
den  übrigen  Rädern  der  Lokomotive  und 
selbst  mit  den  Tenderrädern  die  Adhäsion 
zwischen  Schie)len  und  Rädern  vergrössert 
wird.  Felis  Gebirgsbahn  über  den  Mout 
Oenis  hat  Kwischen  den  gewöhnlichen 
Schienen  eine  hohe  dritte,  gegen  welche 
horisontale  Räder  gepresst  werden,  die 
Mount -Washington-  u.  die  Rigibahn  haben 
eine  mittlere  gezähnte  Schiene,  in  welche 
ein  Zahnrad  der  Lokomotive  greift.  Fells 
Maschine  überwindet  Steigungen  von  1:12 
nnd  Krümmungen  von  40  Metern.  Sekundäre 
Bahnen  verbinden  kleine  Plätze  mit  Sta- 
tionen der  Hauptbahnen,  sind  in  der  alier- 
einfachsten  Art  hergestellt,  nicht  auf  grosse 
Fahrgeschwindigkeit  berechnet  und  gestat- 
ten deshalb  stärkere  Krümmungen  nnd 
Steigungen ;  solche  einfache  E.  werden  noch 
häufig  mit  Pferden  betrieben. 

Statistik,  Die  Ausdehnung  des  Biseuhahn- 
netzes  betrug  in 

Europa  1869:  .    .    .    18,286,8  geogr.  M. 

Amerika       ....    11,828,6 

Asien »70,7        -        -    . 

Afrika 174,9 

Australien  1866—69:  118,8 
Die  Bahnen  Europas  haben  sich  im  letzten 
Jahrzehnt  fast  verdoppelt,  die  in  ihnen 
engagirten  Kapitalien  betragen  9570  Mill. 
Tblr. ,  die  der  ganzen  Erde  (26,830,7  geogr. 
M.)  13,687  Mill.  Thlr.  Die  Zahl  der  Wägen 
beträgt  1,400,000,  die  der  Lokomotiven  47,000. 
Täglich  benutzen  die  £.  etwa  S^/i  Mill. 
Menschen  und  es  werden  82  Mill.  Gtr.  Güter 
täglich  auf  denselben  bew^^. 

Geschichte.  Die  erste  Eisenbahn,  welche 
als  solche  1801  koncessionirt  wurde,  war 
die  Surreybahn  von  2  M.  Länge.  1808 
wurden  zuerst  schmiedeeiserne  Schienen 
benutzt.  Die  Triebkräfte  waren  bis  dahin 
Menschen,  Pferde,  stehende  Dampfmaschi- 
nen, welche  >die  Wägen  mittelst  sich  auf 
eine  Trommel  aufwickelnder  Ketten  heran- 
zogen. Trevethik  und  Vivian  erbauten  1804 
die  erste  Lokomotive  für  die  Merthyr-Tyd- 
vilbahn  in  Süd  wales.  Die  erste  dem  öffent- 
lichen Verkehr  dienende  u.  auch  Personen 
befördernde,  9  engl.  M.  lange  Eisenbahn 
zwischen  Stockton  u.  Darlington  wurde  1825 
eröffnet.  Pferdebahnen  wurden  1880  in 
Böhmen  eröflhet.  Die  erste  kontinentale, 
mit  Dampf  betriebene  Eisenbahn  wurde 
zwischen  Brüssel  und  Mecheln  1836  eröffnet. 
In  demselben  Jahr  folg^  die  Bahn  Fürth- 
Nämberg,  1836  Paris  -  St.  -  Oermain ,  1838 


Berlin -Potsdnm  und  Wien -Wagram,  1839 
Leipzig  -  Dresden.  1830  wurde  die  erste 
deutsche  Lokomotive  in  Dresden  gebaut, 
1841  lieferte  Borsig  seine  erste  Lokomotive. 
Seit  1863  wurden  Steinkohlen  allgemeiner 
statt  Goaks  zum  Heizen  der  Lokomotiven 
benutzt  und  eine  Erspamiss  von  30  — 50% 
erzielt.  Der  Bessemerprozess  ermöglichte 
die  theilweise  Verwendung  von  Stahl- 
schienen. Die  neuesten  Bestrebungen  gehen 
auf  Beseitigung  alier  Bewegungshinder- 
nisse,  Konstraktion  eines  solideren  Ober- 
baues, geeigneter  Berg-  und  Lastzugsloko- 
motiven,  Erbauung  billiger  Nebenbahnen  etc. 

Vgl.  Weber,  ,Schule  des  Eisenbahnwesens^ 
2.  Aufl.  1862 ;  Heiuinger  von  Waldegg,  ,Hand- 
buch  für  specielle  Eisenbahntechnik*,  1869  ff. ; 
Winkler,  ,Eisenbabnoberbau',  2.  Aufl.  1871; 
Bühlntann,  ,Masohinenlehre',  Bd.  3,  1868; 
CoUmm,  ,Locomotive  Engineering  aud  the 
Mechanism  of  Railways*,  1864;  Bsrdonnet  et 
Polonceau,  ,Noaveau  portefeuille  de  ring6- 
nienr  des  chemins  de  fer',  1866;  Schwabe, 
,Die  Anlage  sekundärer  E.  in  PreussenS 
1865;  Koch,  ,Das  deutsche  Eisenbahutrans- 
portrecht',  1866. 

Eieeaberg,  Stadt  in  S.- Altenburg,  5141 
Ew.;  altes  Schloss;  1675  —  1707  Residenz 
eiber  besonderen  Linie  (Sachsen -E.). 

Eisenblech,  s.  Blech, 

Eisenburgy  ungar.  Komitat,  Kr.  jenseits 
der  Donau,  91,4  QM.,  sehr  firuchtbar.  Haupt- 
ort: Stein  am  Anger. 

Eisenerz,  Marktflecken  in  Steiermark,  Kr. 
Brück,  am  Fuss  des  Eiaenberga  (4705'  hoch), 
mit  einer  der  reichsten  Eiseiigrubon  Euro- 
pas O'^hTl.  260,000  Gtr.),  4088  Ew.  Eisen- 
hüttenbetrieb, Schlackenbäder. 

Eisenerse,  s.  Eiaeti. 

EisengieBserei  9  Darstellung  von  Guss- 
waaren  aus  schwach  halbirtem  (weisses 
Roheisen  haltigem)  grauen  Roheisen ,  ent- 
weder direkt  aus  dem  Hohofen  oder  häufi- 
ger nach  dem  Umschmelzen  der  Flossen 
oder  Gänge  in  Tiegeln,  Schacht-  oder 
Flammöfen.  Die  Formen  werden  gewöhn- 
lich mit  Formsand  (thonhaltigor  Saud  mit 
Kohlenstaub  vermischt)  oder  Lohm  her- 
gestellt. Beim  Schalen-  oder  Kapselguss 
giesst  man  (Hartwalzen,  Bisenbahnwngen- 
räder)  in  gnsaeiseme  Formen  (Goquillen), 
wobei  die  Oberfiäche  der  Waaren  in  hartes 
weisses  Eisen  verwandelt  wird.  Durch  Er- 
hitzen in  einer  Einhüllung  (Lehm,  Sand) 
und  langsames  Erkalten  (Adoucirou,  An- 
lassen ,  Tempern)  werden  die  Gusswaaren 
so  weich,  dass  sie  sich  mit  Feile  u.  Meissel 
bearbeiten  lassen;  durch  Glühen  in  Kohle, 
Hammerschlag ,  Eisenoxyd ,  Braunstein 
(Gämentatlon ,  wobei  Entkohlung  eintritt) 
wird  das  Gusseisen  schmiedbar  und  lässt 
sich  dann  durch  Einsatzhärtung  oberfläch- 
lich verstählen. 

Eiflenkmiit.  s.  Verbena. 

EiseHmennige,  dunkelrothbraunes  Pulver, 
besteht  aus  Eisenoxyd  und  Thonerde,  Sur- 
rogat der  Mennige  zu  Anstrichen. 

Eiseaprftpftrftte,  die  zahlr.  in  derMedicin 
benutzten  Verbindungen  des  Eisens  (s.  d.). 

Elaenitothj  s.  v.  a.  Englisch  Roth. 


562 


Eisensafiran  —  Ejakulation. 


;    BlMBiaftmBy  8.  T.  a.  Eisenozydhydrat,  ■. 

BiWMeliwany  s.  Antimon.  [Eiaen, 

BIWBftodty  Stadt  im  ungar.  Komitat 
Oedanbnrg,  sädl.  am  LeithageUige,  S765 
Ew.;  ber.  flintl.  esterhasyscbes  Sohloüs. 

ElMBtiBktwmiy  offlcin.  Losnogen  yerachie- 
denar  Elsensalse,  des  Cblorlds,  des  easig- 
saaren,  apfelsanren  Eiflenoxydula  od.  Oxyds. 

Elaienjnxiol(grüner  VUriol^  Kmpferwa$Mr), 
schwefelsanres  Biseooxydul,  grünliche  Kry- 
Btalle  mit  7  Aeq.  Wasser,  von  dintenartigem 
Geschmack,  Yerwittert  an  der  Luft  und 
serl&llt  snletxt  an  basisch  -  schwefelaanurem 
Eisenoxyd,  wird  ans  verwittertem  Schwefel- 
und  Magnetkies  gewonnen  (oft  aJs  Neben- 
produkt bei  Alannfabrikatiou)  oder  durch 
Lösun«  von  Eisen  in  Schwefelsäure,  Ist  lös- 
lich in  Wasser,  dient  aum  Blau-  und 
8chwarsfärl>en ,  aar  Bereitung  der  Dinte, 
der  Indigoküpe,  des  Berlinerblans  und  der 
rauchenden  Schwefelsäure,  zum  Reinigen 
des  Leuchtgases,  sum  Desinficiren,  aum 
Fällen  des  Goldes,  als  Anneimittel,  in  der 
Photographie  (bes.  das  haltbare  1>oppeIsal]( 
mit  schwefelsaurem  Ammoniak)  etc. 

Ei§enie  Krone,  die  Krone,  mit  der  seit 
Ende  des  6.  Jahrh.  die  lombard.  Könige, 
dann  Karl  d.  Gr.,  sowie  die  meisten  deut- 
scheu Kaiser  bis  auf  Karl  V.,  1805  Na- 
poleon I.  und  1838  der  Kaiser  Ferdinand  I. 
von  Oesterreich  als  Regenten  der  Lombar- 
dei gekrönt  wurden,  gefertigt  xur  Krönung 
Agllolfs  593,  besteht  aus  einem  goldnen,  mit 
Edelsteinen  besetsten  Reif,  auf  der  innem 
Seite  mit  eingelegtem,  schmalem  eisernen 
Reif  (angebl.  aus  einem  Nagel  des  Kreuses 
Christi  geschmiedet),  früher  in  Monsa,  Jetat 
KU  Wien  aufbewahrt.  Napoleon  I.  stiftete 
1805  den  Orden  der  e.n  K.,  1814  aufgehoben, 
1816  in  Oesterreich  wieder  hergestellt. 

Kiaeme  Maske,  Staatsgefangener  aus  der 
Regierungsaeit  Ludwigs  XIV.,  kam  1698 
nach  Jahrelanger  Haft  zu  Pignerol  mit  dem 
Kum  Kommandanten  der  Bastille  ernannten 
St.-Mars  in  diese  und  f  das.  19.  Nov.  1703. 
Er  trug  stets  eine  schwarze  Sammtmaske. 
Beglaubigte  Aufschlüsse  über  ihn  gab  zu- 
orst  der  Jesuit  Griffet,  Belclitvater  in  der 
Bastille,  1769.  Man  hielt  ihn  für  den  Her- 
zog ton  Vermandols,  natürl.  Sohn  Lud- 
wigs XIV.  und  der  Yallidre,  der  eine  Ohr- 
feige, die  er  seinem  Halbbruder,  dem  Gross- 
daupbin,  gegeben,  mit  ewiger  Einsperrung 
habe  bnssen  müssen ;  dann  (Voltaire)  für 
den  älteren  Bruder  Ludwigs  XIV.,  den 
Sohn  Annas  von  Oesterreich  von  einem 
Liebhaber,  oder  für  einen  Zwillingsbruder 
Ludwigs  XIV.,  den  Ludwig  XIH.  ins- 
geheim habe  erziehen  und  Ludwig  XIV. 
auf  Lebenslang  habe  einsperren  lassen; 
oder  (Senac  de  Meilhan ,  Topin  u.  A.)  für 
Mattioli,  den  Minister  des  Herzogs  Karl 
Ferdinand  von  Mantua,  der  sich  gegen 
Ludwig  XIV.  1678  anheischig  gemacht,  für 
100,000  Scndi  seinen  Herrn  zu  bewegen, 
die  Festung  Casale  den  Franzosen  zu  über- 
geben, aber  das  Geheimniss  an  Savoyen, 
Spanien  und  Oesterreich  verratfaen  habe 
und  dafür  auf  Ludwigs  XIV.  Befehl  auf 
das  firanz.  Gebiet  gelockt  und  eingekerkert 


worden  sei.  V|^.  Ddart,  »Bist,  de  riioiiiiiia 
an  maaqne  de  ferS  1825;  ßehioMer  und 
Berehi,  ,Arehiv  für  GeachichteS  Bd.  9, 
1831;  Bänke,  ,Frans.  Geschichte*,  Bd.  3; 
MarHn,  ,Hist.  de  FranoeS  Bd.  13,  185B. 

ElMrmM  KreaSy  von  König  Friedrich 
Wilhelm  m.  10.  März  181S  gestifteter  prenss. 
Orden,  verliehen  für  Verdienet  am  das  Va- 
terland im  Kampfe  gegen  Frankreich  181S — 
1815;  besteht  ans  zwei  Klassen  nnd  einem 
Grosskreuae.  Dekoration:  schwaraes ,  iu 
Silber  gefasstes  Kreuz  von  Qaaaeisea  mit 
dem  Namenszug  F.  W.,  der  ktfoigfi.  Krone, 
einer  Verzierung  von  Eichenblättem  and  der 
Jahrzahl  1813;  1870  bei  Ausbruch  des  Kriega 
mit  Frankreich  erneuert 

ElMmes  Thor,  ».  Demirkapm, 

ElsfUd,  Stadt  in  S.-Meiainsen,  an  der 
Werra  und  Werrabahn,  SOiS  Ew. 

Ellf  nib,  Marktfl.  im  böhm.  Kreise  Brunn, 
an  der  Taya,  8300  Ew. ;  her.  furstl.  liechten- 
steinisches Schloss. 

Klsleben,  Stadt  im  preuss.  Reghs.  Merse- 
burg, Hauptort  des  mansfelder  Seekreises, 
1S,539  Ew. ;  Geburts-  nnd  Sterbeort  liothers, 
Sitz  der  mansfelder  kupferschleferbauenden 
Gewerkschaft  Luthers  Geburtshans  jetxt 
Armenschule. 

Elmeer,  s.  v.  a.  Polarmeer. 

Elaputtkt,  s.  V.  a.  GefHerpunkt. 

Eisvogel  (81.  Martintvogei,  Alcedo  L,), 
Gattung  der  Klettervögel.  €^emeiner  £.  (A. 
ispida  L.),  7",  im  gemässigten  Bnroiia  nnd 
in  Asien ,  bei  uns  vom  Sept.  bis  Mars.  Bei 
den  Alten  Gegenstand  verschiedener  Mythen. 

Eiaseit,  in  die  Dilnvialseit  fkUende 
Periode  starker  Vergletscherunip  der  Kon- 
tinente, wird  durch  die  erratiscbem  Blöcke 
(s.  d.)  und  durch  eigenthümliche  Verbrei- 
tung gewisser  Pflanzen  u.  Thiere  im  Baum 
und  in  der  Zeit  angedeutet.  Verdankt  ihre 
Entstehung  nicht  bedeutender  Temperatnr- 
emiedrignng ,  sondern  wahraebeinllcher 
einer  von  der  heutigen  abweichenden  Kon- 
figuration der  Ländermassen. 

Elter  (Pub),  rabmähnl.  dicke  Flüssigkeit, 
die  entweder  von  grösseren  ViTunden  abge- 
sondert wird,  oder  in  Hohlränmen  ( A  baoessen) 
entstanden  ist,  besteht  aus  farblosen,  kern- 
haltigen, bisweilen  verfallenen  Zellen,  die 
in  Blutwasser  (Serum)  vertheilt  sind.  Die 
Zellen  gleichen  vollkommen  den  farblosen 
Blutkörpem  und  werden  von  Vielen  auch 
als  ausgewanderte  Blutsellen  betrachtet. 
Durch  Einwirkung  schädlicher  Substanzen 
zersetzt  sich  der  E.  und  wird  snr  ^ameh*, 
die,  wenn  sie  ins  Blut  gelang:t,  die  sogen! 
Eitervergiftung  (Infamie  und  Sep»iehämie) 
erzeugt.  Die  Eiterung  ist  ein  normaler 
Vorgang  bei  Heilung  grosser  Wunden,  und 
der  £.  dient  zum  Schutze  des  neusebildeten 
Gewebes;  nur  zu  massenhaftes  Auftreten 
und  Missfarbigwerden  des  G.s  deutet  auf 
Störung  iu  der  normalen  Heiluns  hin 
BiterbUdung  in  Inneren  Theilen  ist  eine 
Folge  von  Entzündungen  deraelben 

Eiwelssy  8.  AUmmin, 

lyaknUtion  (lat.),  Auaspritaunf .  nhvsiol 
speciell  vom  Ausspritzen  des  Spi^i  Jl 
braucht;  herausgestossene  Worte     Itaute 


Ejälet  —  Elaaticität. 


658 


I^^et  (ttlrk.),  im  türk.  Beiche  grösswe 
ProTins  oder  Statthalterschaft,  aerfällt  in 
mehrere  Sandschaks  (Distrikte). 

lymMden,  Dynastie,  welche  1171-1254  in 
Ägypten  regierte.  Ihr  gehörte  Sultan 
Salftdin  an. 

Cktelinft  (Agbaiana,  a.  G.),  Hanptst.  des 
Mederreichs,  die  Sommerresidens  der  pers.  n. 
parth.  Könige;  Jetzt  wahrecheinl.  Hamadan. 

Ekehynioge  (gr.) ,  Blntunterlanfang,  Aus- 
tritt You  kleinen  Blatmengen  unter  Haute, 
stellt  tdch  als  kleiner  rother  Fleck  dar, 
dessen  Farbe  bei  Druck  nicht  Terechwindet. 
Entsteht  bei  Neigung  au  Blutungen,  bei 
Skorbut,  bei  Phosphorvergiftung  und  in 
▼ielen  anderen  Krankheiten. 

Ekel  (Nausea),  Widerwille  gegen  gewisse 
Speisen,  suweiien  auch  erster  Anfang  un- 
▼ollkommenen  Brechreizes;  bei  Maganer- 
krankungen,  sowie  auch  durch  rein  psy- 
chische Einwirkung  entstehend. 

Ekelkur  (Methodus  per  nauseam),  in 
früherer  Zeit  gebrauchlich  g^en  die  yer- 
schiedensten  Zust&nde  und  Je  nach  dem 
Individuum  durch  die  verschiedensten  Mit- 
tel eiTeicht.  Am  besten  wird  Ekel  durch 
Brechmittel  in  ungenügender  Dosis  hervor- 
gerufan,  wobei  es  nur  zum  Würgen,  nicht 
aber  zum  Brechen  kommt. 

Eklampsie  (gr.),  Krampfform  .mit  Auf- 
hebung des  Bewusstseins,  die  wenige  Stun- 
den oder  Tage  anhält  und  entweder  mit 
Genesung  odex  Tod  endet.  Die  Anf&lle 
ähueln  den  epileptischen,  daher  akute  JSpi- 
leptie  genannt.  2  Hauptformen:  1)  S,  der 
Kinder  (eclampsia  inCauatura),  bes.  bei  der 
ersten  Zahnung,  beim  Ausbrach  akuter 
Krankheiten,  bei  Vorhandensein  von  Wür- 
mern ;  äussert  sich  in  Verzerrung  des  Gtesichts, 
Blauwerden  der  Lippen,  Rückwärtsbiegen 
des  Kopfes,  Zackungen  in  den  einzelnen 
Körpertheilen.  Behandlung  durch  Klystiere, 
Eisumschläge  auf  den  Kopf,  nach  Befinden 
Blutentziehung.  2)  JE.  der  Sehwangeren  und 
Gebärenden,  selten,  nach  früheren  Ansichten 
durch  Hamstoffvergiftung  (Urämie)  entstan- 
den. Behandlung  bes.  durch  Aderlass,  Haut- 
reize, Klvstiere,  Chloroform,  Opium. 

Eklektiker  (gr.).  Einer,  welcher  unter 
Vorhandenem  das,  was  ihm  als  das  Beste 
erscheint,  auswählt;  daher  Bezeichnung 
solcher  Philosophen,  welche  sich  zu  keinem 
bestimmten  System  bekennen,  sondern  ans 
den  anerkanntesten  Systemen  das  nach 
ihrem  Dafürhalten  Waihre  auswählen;  in 
der  alten  Philosophie  insbes.  Diejenigen, 
welche  die  Itehren  des  Pythagoras,  Plato 
und  Aristoteles  in  Ein  System  (EHelUicis- 
mu»)  zu  vereinigen  suchten  Qlanptreprä- 
sentanten  Plotinus  und  Proolus) ;  in  Frank- 
reich die  Anhänger  des  philosc^h.  Systems 
Royer-Collards  und  Ck>usins. 

Ekliptik  (gr.),  Sonnenbahn,  derjenige 
grösste  Kreis  der  Himmelskugel,  den  sobein- 
liar  die  Sonne,  in  Wirklichkeit  aber  die 
Erde  im  Lauf  des  Jahres  beschreibt;  die 
£.  und  der  Aequator  durchschneiden  sich 
unter  28o  £7'  80"  (Schiefe  der  E.),  Dieser 
Winkel  ändert  sieh  im  Lauf  der  Jahr- 
tausende.   Die  Darehsohnittspnnkte  yon  E. 


und  Aequator  heissen  Aequinoktlalpunkte 
(s.  d.),  die  90O  von  ihnen  abliegenden  Punkte 
Solstitien  (s.  d.).  Die  B.  wird  In  12  Thefle 
(Zeiehen)  a  SO^  gethellt,  benannt  nach  den 
Stembildem  des  Thierkreises. 

Eklfige  (gr.),  das  Ausgewählte,  in  der 
röra.  Poesie  Jedes  kleinere  ausgewählte  Ge- 
dicht; bei  den  lat.  Grammatikern  Bezeich- 
nung der  bukolischen  Gedichte  des  VIrgilius 
und  Galpumius,  daher  von  den  Neuem  für 
Hirtengedichte  irrthümlich  beibehalten. 

Ekpyema  (gr.),  Vereiterung,  Geschwür. 

Ekstise  (gr.),  das  Aussersichsein,  Zustand 
erhöhter  Begeisterung,  bes.  krankhafter 
phantastischer  und  schwärmerischer  Auf- 
geregtheit.   Eketatiseh,  begeistert,  verzückt. 

Ektasie  (gr.),  Erweiterung  von  Hohlorga- 
nen, Röhren  etc.  Beispiele:  die  Erweiterung 
der  Luftwege  (Bronchiektasle)  bei  chron. 
Lungenkrankheiten,  zur  Höhlenbildung  füh- 
rend; E.  der  Blutgefässe  (Teleangiektasie), 
angeboren  in  Muttermälem,  erworben  durch 
chron.  Alkoholeinwirkung  (Säufemase),  in 
den  Venen  der  Fasse,  Krampfadem. 

EktiiiB  (gr.),  8.  DiaUole. 

Ektypevi,  Abdrücke  von  geschnittenen  Stei- 
nen ;  erhabene  Arbeit  in  Holz  etc.  Sktypo- 
graphie.  Hoch-  oder  Reliefdmck  (für  Blinde). 

Eksina  (gr.),  nässender  Bläschenaus- 
schlag der  äusseren  Haut.  Bei  E.  Simplex 
bilden  sich  unter  starkem  Jucken  die  Bläs- 
chen, bes.  an  den  Ohren  u.  an  Gelenken; 
bei  E.  rubrum  fliessen  die  Bläsehen  inein- 
ander, grosse,  rothe,  nässende  Flächen 
entstehen;  bei  E.  Bquamoeum  sind  die  Bläs- 
chen kaum  sichtbar,  Schuppen  bilden  sich ; 
hei  E.  impetiginodea  kommt  es  zur  Eiter- 
bildung, und  beim  Eintrocknen  entstehen 
grosse  Schorfe  (Orusta  lactea),  bes.  bei 
Kindern  am  Kopf  und  im  Gesicht.  Ursachen 
hauptsächlich  Hautreize.  Entweder  rasch 
vorübergehend,  bei  g^uter  Hautpflege,  durch 
kalte  Umschläge,  oft  aber  langwierig,  dann 
Behandlung  durch  Bäder,  Theersalbepi  etc. 

Elakorit  (lat.),  etwas  Ausgearbeitetes, 
namentl.  ausgearbeitete  Schrift,  Vorlage  etc. 

EliagBM  L,  (Oleaster),  PAanzengattung 
der  Proteaceen.  E.  angustifolla  L.,  wilder 
Oelbaum,  Paradieebaum ,  mit  silbergrauem 
Laub,  im  Orient,  in  den  Mittelmeerländem 
und  in  Böhmen  angebaut,  liefert  Nutz-  und 
Farbholz,  Früchte  geniessbar,  Zierpflanze. 

ElioptSne,  die  bei  niedriger  Temperatur 
flüssig  bleibenden  Bestandtheile  mancher 
ätherischen  Oele ,  im  Gegensatz  zu  den 
Stearoptenen ,  welche  sich  beim  Erkalten 
krystallinisoh  ausscheiden. 

EUidin,  fester,  fettähnlicher  Körper,  ent- 
steht bei  Einwirkung  von  salpetriger  Säure 
auf  fette,  nicht  trocknende  Oele,  speciell  aus 
deren  Olel'n.  Offlcinell  als  Unguentnm 
ozygenatum ,  dient ,  wie  auch  die  ans  £. ' 
abgeschiedene  oder  direkt  aus  Oleinsäure 
dargestellte  ElaVdinsäure ,  zur  Kerzen-  und 
Seifenfabrikatiori. 

EUU19  s.  V.  a.  OleYn. 

EUlBS&nre,  s.  v.  a.  OleVnsäure. 

ElEBtlcit&t  (Federkraft)»  die  Eigenschaft 
der  Körper,  ihre  unter  Einwirkung  einer 
ftuf seren  Kraft  (Zug,  Druck,  Biegung,  Dre- 


554 


Eilasfcics  —  Elecbrom. 


kos)  TeriadMia  CtMtalt  wiadar  ansa« 
Behnfln,  sobald  Jen«  Kraft  nloht  mehr 
wirkt.  Vollkonmeo  elastbch  sind  die 
Körper  nur  iBDerfaalb  beetimmter  QresBen 
(Elasfcicititsgreiixe);  J^uwite  dendben  tritt 
bleibende  Geetaltrerindemnc  «i».  SUuti' 
eUSttmoduluM  besrichnet  das  Ctowlcht,  wel- 
ehes  nöthig  sein  wflrde,  um  einen  Körper 
von  dem  Qaersciinltt  =  1  aof  das  Doppelte 
seiner  Lange  anssndehnen. 

Elasttcf,  geköperte  nnd  gewalkte  Oe- 
webe  ans  Streichgarn  ndt  grösserer  Dehn- 
barkeit als  Tach;  Gummigawebe. 

ElaiM  (a.  O.),  Stadt  in  Phocis,  mit  her. 
Aesknlaptempel ;  galt  als  der  Schlässel  Ton 
Griechenland.    Snlnen  bei  Elefta. 

KlateiiBy  wirksamer  Bestandtheil  der 
Fruchte  von  MomordicaElaterlam,  gerach> 
los,  bitter,  in  Wasser  und  Alkohol  löslich, 
wirkt  heftig  porgirend. 

KlAjly  Ölbildendes  Gas,  schweres  Kohlen- 
wasserstoflTgas ,  Verbindung  Ton  4  Aeq. 
Kohlenstoff  mit  4  Aeq.  Wasserstoff,  £srb- 
loses,  eigenthümlich  riechendes  Gaa,  ent- 
steht bei  der  trocknen  Destillation  orga- 
niseher  Stoffe  (Steinkohlen,  Tette,  daher  im 
Leuchtgas),  nicht  atliembar,  schwer  löslich 
in  Wasser,  brennt  mit  hell  leuchtender 
Flamme,  aersetzt  sich  bei  Rothgluth  in  Kohle 
(Betortengraphit)  und  Grubengas,  löslich 
in  Schwefels&ure  (die  verdünnte  Lösung 
gibt  bei  Destillation  Alkohol).  ElajfichUMrür 
(aranaeher  Acther),  farblose  Flüssigkeit, 
Anästhetikum ;  FtrcMorelajflcklorür,  Andert- 
halbchlorkohlenstoff (Carboneum  trichlora- 
tum),  kampherartig  riechende  Krjstalle, 
Heilmittel  g«gen  Cholera. 

Klbft  (lat.  Jha,  gr.  Aethalia),  itol.  Insel 
im  mittelländ.  Meer,  durcli  den  8  M.  br. 
Kanal  von  Piombino  vom  Festland  getrennt, 
4,s  QM.  nnd  81,400  Ew.;  gebirgig  (Monte 
Oapanna  3100'  h.);  Eisen,  Ikbuinor,  mineral. 
Wässer;  Tlianfischfang.  Napoleons  L  Auf- 
enthalt das.  vom  14.  Mai  1814  bis  86.  Febr. 
1815,  als  souveräner  Fürst  der  Insel.  Haupt- 
stadt Porto -Ferri^o. 

Elbe  (lat.  Albit,  böhm.  Labe),  grösster 
Strom  Norddeutschlands,  entspringt  auf  der 
böhm.  Seite  und  dem  höchsten  Theile  des 
Biesengebirgs ,  südwestl.  von  Hirschberg, 
auf  der  £lb-  und  weissen  Wiese  (4200^  h.), 
aas  mehreren  Quellen,  bildet  bald  den  SOO' 
hohen  EUrfall,  flieset  in  weitem  Bogen  durch 
das  nördf.  Böhmen  (über  Königgrätz ,  Mel- 
nik,  Tlieresienstadt,  Leitmerltz),  dann  nach 
Durchbrechung  des  böhm.  Mittelgebirge 
durch  das  Könlgr.  Sachsen  (über  Pirna, 
Dresden  und  Meissen)  u.  die  preuss.  Prov. 
Sachsen  (Toigau,  Wittenberg,  Magdeburg), 
weiterhin  auf  der  Greuse  von  Hannover 
und  Mecklenburg,  Lauenburg  und  Holstein 
(über  Hamburg,  Altona  und  Glückstadt) 
und  mündet  2  — S  M.  br.  bei  Kuzhafen  in 
die  Nordsee.  Länge  155  M. ,  Stromgebiet 
2616  QM.  Hauptnebenflüsse  rechts:  Iser, 
Elster,  Havel,  links :  Moldau,  Eger,  Mulde, 
Saale.  Die  Schiffbarkeit  beginnt  bei  Melnik, 
für  grosse  Eibkahne  (100  —  110'  1.,  14—16' 
br.)  bei  Pirna,  bei  Hamburg  mit  Hülfe  der 
Fluth  für  die  grössten  Kauffahrteischiffe. 


BoUlIbare  Strecke  US  M. ,  -davon  15  zu 
PreuBsen  gehörig.  Begelmässige  Dampf- 
schifflabrt  zwischen  Hamimrg  und  M^de- 
burg  (meist  für  Frachtgüter)  und  v<mi  Dres- 
den ans  durch  die  sachs.  und  böhm.  Schweiz 
(nur  für  Personen).  Die  Elbechlfflkhrt,  bis 
in  die  Neuzeit  durch  Lasten  und  droekMide 
Grenzaöile  in  ihrer  Entwicklung  gehemmt, 
wurde  zuerst  durch  die  EXbtekiJ^'mkrt^atie 
vom  85.  Juni  1821,  welche  vielerlei  Be- 
sdirinkni^pen  der  freien  Schiff&hrt  besei- 
tigte, wesentlich  gefördert.  Andere  Brleich- 
teningen  erfolgten  durch  die  Additiondakto 
vom  2S.  April  1844  und  deren  spätere  Re- 
visionen; dann  88^  Juni  1861  AbscbafTan^ 
des  stoderElbzoUs,  endUch  1.  Juli  1870  Anf- 
hebuug  aller  noch  bestehenden  Zölle. 

ElberMd,  Kreisstadt  im  preuss.  Regbe. 
Düsseldorf,  eine  der  bedeutendsten  Fabrik- 
und  Handelsstädte  Buropas,  an  d^  Wnp- 
per,  65,381  Ew.;  Leinen-,  Baumwollen-, 
€kim-,  Seiden-,  Tapetenindustrie.  Bibel- 
und  Missionsgesellsdmft. 

Elbfaig,  Kreisst.  im  preuss.  Regba.  Dan- 
zig,  IM.  von  der  Mündung  des  hier  schiff- 
baren masse«  E.  ins  Irische  Haff,  28,0&5Ew.; 
Fabriken,  Schiflbwerfte,  ansehiü.  Bhederei ; 
ehedem  blühende  Hansestadt. 

Elboeuf 9  Stadt  im  franz.  Dopart.  Kieder- 
seine,  an  der  Seine,  81,784  Ew.;  Tnchfabr. 

Elbma  (SOtonu),  höchster  Berg  im  Kau- 
kasus, 17,400*  h.,  erloschener  Vulkan. 

Klclie  (spr.  Eltsche),  Stadt  in  der  apan. 
Prov.  Alicante,  am  Tarafa,  15,700  Ew. 

ElehiigeB  (Oberelehingen),  Dorf  im  bayer. 
Regbz.  Schwaben ,  unweit  Ulm ,  499  Ew. ; 
dabei  die  ehemals  reichsunmittelbare  und 
reiche  Abtei  B.  (seit  1806  bayer.).  13.  Okt. 
1805  Bieg  der  fkrans.  Armee  unter  Ney  (da- 
her ,Herzog  von  E.*)  über  die  Oesterreicher. 

Eide,  schiffbarer  Nebenfl.  der  Elbe  iu 
Mecklenburg,  mündet  bei  Domitz,  18  M. 

EldenAy  Dorf  bei  Greif swald,  60O  Ew.; 
ber.  landwirtbschaftl.  Akademie  (seit  1835). 

Eldorido  (span.) ,  Goldland ,  eigen tl.  Be- 
zeichnung der  (nach  der  Mittheilung  von 
Pizarros  Gefährten  Orellana)  sehr  gold- 
relchen  Gegend  um  den  (nicht  existirenden) 
See  Parime  in  Guiana;  daher  poet.  s.  v.  a. 
wunderbares  Zauberland,  Paradies. 

KleatiMhe  Behnle,  al^^riech.  Philosophen- 
schale,  gestiftet  von  Xenophanes  zu  Elea 
in  Unteritalien,  blühte  um  540—460  v.  Chr., 
umfasst  ausser  dem  Stifter  Parmenides  Und 
Zeno,  beide  aus  Elea,  und  Melissus  ans 
Samos.  Erklärte  vom  Idealist.  Standpunkte 
aus  die  phys.  Welt  für  illusorische  Er- 
scheinung und  suchte  das  Wesen  der  Dinge 
aus  Begriffen  des  Verstandes  zu  bestimmen. 

EleetI  (lat.),  Auserwählte ;  &ekti<m,  Wahl, 
Kürung;  Eleklor,  Wähler,  Wahlfarst,  Kur- 
fürst; Elektorat,  Kurfürstenthum. 

EleetrAy  Tochter  des  Agamemnon  und  der 
Klytämnestra,  Schwester  der  Iphigenia  und 
des  Orestes,  rettete  letzteren  nach  ihres 
Vaters  Ermordung,  war  ihm  dann  bei  Er- 
mordung des  Aegisthus  und  der  Klytämnestra 
behülflich,  ward  Gattin  des  Pylades. 

Eleetnun  (lat.),  Bernstein:  Leglnmg  aus 
V6  Gold  und  ^k  Süber. 


Elefant  —  Elektrisches  Licht. 


55Ö 


Elefint  (BlepfaM  L.),  Gattung  der 
Yielhnfer,  Pflanzenfresser.  Asiatischer  E. 
<E.  indicas  L.),  In  Indien  und  auf  Oeylon» 
10—18'  hoch,  mit  kleinen  Ohren,  lebt  gesellig 
in  den  Wäldern,  yerwastet  Pflaneungen, 
wird  gezähmt  und  gezüchtet,  dient  im  Kriege 
n.  im  Frieden  als  Reit- ,  Zug-  und  Lastthier 
(trägt  8000  Pfd.),  liefert  Blfenbein.  A/rikan. 
E.  (E.  Hfricanus  Blumenb.),  Ton  der  Sahara 
bis  zum  Kap,  10—18'  hoch,  mit  sehr  grossen 
Ohren ,  schwieriger  zu  zahmen ,  liefert 
Elfenbein,  Fleisch,  geniessbar. 

Elefante,  kleine  Insel  an  der  Westküste 
Vorderindiens,  unweit  Bombay,  mit  ber. 
Tempelgrotten  und  Pagoden. 

Elefluitenlaas,  s.Anaoardium  n.8emeearpua, 

Elefantenorden,  erster  dän.  Orden,  als 
geistlich -ritterliche  Brüderschaft  1464  ge- 
stiftet, von  Friedrich  U.  80.  Aug.  1559  in 
einen  weltlichen  Orden  verwandelt,  erhielt 
▼on  Christian  V.  seine  jetzige  Konstitution. 
Insignien:  goldne  Halskette  und  weiss- 
emaillirter  Elefant  mit  schwarzem  Thurm 
an  blau  gewässertem  Bande. 

Elefantine,  Nilinsel,  unterhallb  der  Kata- 
rakten, Fundgrube  von  Alterthümem. 

Eleganz  (lat.  degantia),  Zierlichkeit,  An- 
mntli,  bes.  auch  in  der  Darstellung  der  Ge- 
danken durch  die  Rede;  eUgaaU,  zierlich; 
Substantiv.    Elegant  (spr.  -gang),  Stutzer. 

Elegie  (gr.,  KUtgeli^),  bei  den  Griechen 
und  Kömern  ein  in  abwechselnden  Hexa- 
metern und  Pentametern  (dem  sogen,  eleg. 
Versmass)  abgefasstes  Gedicht,  patriot.  und 
gnomischen,  später  (namentl.  bei  den  Rö- 
mern) meist  erotischen  Inhalts;  bei  den 
Neuem  insbes.  ein  Lied  voll  Wehmuth  und 
Klage  in  verschiedenen  Formen,  unter  den 
Deutschen  in  diesem  Sinne  bes.  von  Hölty 
n.  Matthisson  gepflegt,  während  Schiller  die 
didakt.  (, Spaziergang*)  und  Goethe  die  erot. 
E.  (,Röm.  Elegien*)  mit  Glück  kultivirte. 
Nebenarten  der  E. :  die  Nänie  u.  die  Heroi'de. 

ElektonlMhaf,  s.  Schaf. 

ElektrlcltSt.  Durch  Reibung,  Stoss, 
Wärme,  Berührung  lassen  sich  alle  Körper 
unter  bestimmten  Verhältnissen  in  einen 
eigenthümlichen  (elektrischen)  Zustand  ver- 
setzen, welcher  sich  zuerst  durch  Anziehung 
u.  gleich  darauf  folgende  oharakteristische 
AbstoBsung  äussert.  Was  in  diesen  elek- 
trischen Körpern  thätlg  ist,  nennt  man  E.  n. 
betrachtete  es  früher  als  ein'eigenthümliches 
unwä^ares  Fluidum,  Jetzt  als  eine  eigen- 
thümliche  Bewegung  der  Moleküle.  Die 
verschiedenen  elektrisch  gemachten  Körper 
verhalten  sich  ungleich,  entweder  dem  ge- 
riebenen Glase  (positiv,  -|-elektrisohe)  oder 
dem  geriebenen  Harz  (negativ,  —elektrische) 
ähnlich.  Gleichnamige  elektrische  Körper 
stossen  sich  ab,  ungleichnamige  ziehen 
sich  an.  Die  Vereinigung  beider  E.en  lässt 
sich  nur  durch  Einschaltung  eines  Nicht- 
leiters verhindern.  Beide  E.en  ■  wirken 
dann,  gleiche  Stärke  vorausgesetzt,  nur  auf 
sich,  nicht  nach  aussen,  sie  sind  gebunden. 
Gebundene  E.en  suchen  sich  gegenseitig 
auszugleichen  und  so  entsteht  die  tMUriiehe 
Spannung  und  bei  genügender  Stärke  der 
letzteren  die  SkMadungf  begleitet  von  I4cbt 


(elektrischer  Funke),  Schall;  Wärmeent- 
wicklung und  chemischer  und  mechanischer, 
oft  sehr  heftiger  Wirkung.  Durch  Ver- 
einigung der  -|-E.  und  — E.  entstellt  ein  für 
unsere  Sinne  nicht  wahrnehmbarer  GUich- 
getoichtsxustand ,  in  welchem  sich  alle  für 
gewöhnlich  ,nicht  elektrischen*  Körper  be- 
finden. Ein  elektrischer  Körper  stört  in 
einem,  durch  einen  Nichtleiter  von  ihm  ge- 
trennten nicht  elektrischen  Leiter  das  elek- 
trische Gleichgewicht  (eleJUritche  Veriheilung, 
Inßuenz).  Wird  der  erregte  Körper  mit  der 
Erde  in  leitende  Verbindung  gesetzt,  so 
fliesst  seine  dem  erregenden  gleichnamige 
E.  ab  (die  ungleichnamige  bleibt  gebunden), 
und  wenn  dann  der  erregende  Körper  ent- 
fernt wird,  so  zeigt  der  erregte  freie  und 
ungleichnamige  E.  Metalle  leiten  die  E. 
fort  (60,000  M.  in  1  Sek.)'  Glas,  Harz, 
Gutta  Pertscha ,  Seide ,  trockne  Luft  sind 
Nichtleiter;  nur  mit  Nichtleitern  in  Ver- 
bindung stehende  Leiter  heissen  isolirt, 
Freie  E.  verbreitet  sich  nur  auf  der  Ober- 
fläche der  Körper,  auf  einer  Kugel  ist  ihre 
Intensität  überiül  gleich,  an  Kanten,  Ecken 
und  Spitzen  häuft  sie  sich  au  und  strömt' 
durch  solche  leicht  aus.  Ampereschea  Oe- 
setg,  s.  Induktion. 

Elektrische  Batterie,  eine  Verbindung 
mehrerer  leydeuer  Flaschen  (s.  d.). 

Eleklaische  Liutwerke  (ScheUenzüge),  für 
Eisenbahnen  und  in  Wohnhäusern  als  Er- 
satz der  mechanischen  Schellenzüge,  be- 
stehen aus  einer  (meidingerschon)  Batterie, 
dem  Signalgeber  an  dem  Ort,  wo  geschellt 
werden  soll,  dem  Laut  werk  und  einer  alle 
Theile  verbindenden  Drahtleitung.  Sobald 
und  so  lange  durch  den  Signalgeber  der 
Strom  geschlossen  wird ,  schlägt  ein  Ham- 
mer im  Läutwerk  10  — 80mal  in  einer  Se- 
kunde gegen  eine  Glocke. 

Elektrucker  Fanke,  von  eigenthüm- 
lichem  Geräusch  begleiteter  Funke ,  der 
von  einem  Körper,  auf  welchem  Elektricität 
in  hinreichender  Dichte  angehäiift  war, 
auf  einen  genäherten  Leiter  überspringt,  ist 
von  ungemein  kurzer  Dauer,  besteht  in 
intensivem  Glühen  stofflicher  Theilcheu 
und  hat  deshalb  je  nach  dem  Medium,  in 
welchem,  und  nach  den  Körpern,  zwischen 
welchen  er  entsteht,  verechiedene  Farbe. 
Der  grösste  e.  F.  ist  der  Blitz. 

Elektrischer  Gerach,  der  eigenthümliche 
Geruch  in  der  Nähe  einer  thätigen  Elek- 
trisirmaschine,  rührt  von  Ozoniairung  des 
atmosphärischen  Sauerstoffs  her. 

Elektrischer  Strom,  s.  Galvanischer  Strom, 

Elektrische  S&nle,  s.  (Galvanische  Batterie. 

Elektrisches  Licht,  die  durch  den  elek- 
trischen Strom  einer  starken. galvanischen 
Kette  oder  einer  magnetelektrischen  Ma- 
schine erzeugte  blendende  Lichterscheinung, 
welche  zwischen  den  genäherten,  aus  Kohle 
gebildeten  beiden  Polen  entsteht;  wird  auf 
Leuchtthürmen,  bei  nächtlichen  Bauten,  zu 
Kriegszwecken  (Ueberwachung  und  Hin- 
derung der  nächtlichen  Belagerung^rbeiten) 
benutzt,  eignet  sich  aber  wenig  zu  gewöhn- 
lichen Beleuchtungszwecken,  well  die  un- 
geheure,    von    einem   PunKt    ausgehende 


656 


Elektrische  Spannangsreihe  —  fileldroplior. 


Lictatmenge  die  fl<^roff«teB  Kontraste  swi- 
iohen  Licht  und  Schatten  ersengt. 

Blektriieke  Sptwimgirelhe,  Anordnung 
der  Elemente  gemäss  ihrer  natftrlichen 
elektrischen  Beziehungen  in  einander: 

Sauerstoff  Chrom  QueeksllherZink 

Schwefel  Bor  Kupfer  Aluminium 
Stickstoff  KohlenstoffWismuth     Magnesium 

Chlor        Antimon  Zinn  Calcium 

Brom        Kiesel  Blei  Strontium 

Jod  Qold  Eisen  Barynm 

Phosphor  Platin  Wasserstoff  Natrium 

Arsenik    Sflber  Mangan       Kalium 

In  dieser  Reihe  verh&lt  sich  jedes  obere, 
dem  Sauerstoff  naher  stehende  Glied  elektro- 
negatly  zu  Jedem  unteren,  welches  dabei 
elektropositiv  wird,  wenn  eine  mechanische 
Berührung  Statt  findet. 

ElektriBehe  UhreB,  Uhren,  deren  Gang 
mit  Hülfe  des  elektrischeu  Stroms  Yon  dem 
einer  Normaluhr  abhängig  gemacht  wird, 
so  dass  sie  mit  derselben  stets  genau  über- 
einstimmen. Die  Normaluhr  steht  durch 
eine  Drahtleitung  mit  einer  oder  mehreren, 
oft  weit  Yon  einander  entfernten  Uhren  in 
Verbindung,  durch  ihr  Raderwerk  wird 
nach  Ablauf  einer  Jeden  Minute,  ohne  Ihren 
Gang  irgendwie  zu  stören,  ein  elektrischer 
Strom  geschlossen,  und  infolge  dessen  mit 
Hülfe  von  Elektromagneten,  Federn,  Sperr- 
haken etc.  werden  die  Zeiger  aller  Uhren 
%benfalls  um  eine  Minute  fortbewegt. 

El6ktrl8lna»8ehine ,  Apparat  zur  Er- 
zeugung von  Reibungselektricität,  besteht 
aus  einem  Glascylinder  oder  einer  Glas- 
scheibe, welche  durch  eine  Kurbel  gedreht 
und  dabei  gegen  ein  mit  Amalgam  be- 
decktes Lederkissen  gerieben  wird,  wäh- 
rend ein  isolirter  metallener  Körper  (Kon- 
duktor) zur  Ansammlung  der  Elektricität 
dient.  Die  auf  der  Glasscheibe  erzeugte 
positive  Elektricität  wirkt  vertheilend  auf 
die  Elektricitäten  des  Konduktors  und 
lässt  auf  demselben  posltiye  Elektricität 
flrel  werden.  Die  negative  Elektricität  des 
Reibzeugs  fllesst  durch  eine  Kette  gegen 
den  Erdboden  ab.  Amutrongs  Bydroelek' 
tririrmcuchine  besteht  aus  einem  auf  Glas- 
füssen  ruhenden  Dampfkessel,  aus  wel- 
chem hochgespannter  Dampf  durch  mehrere 
Röhren  ausströmt.  Durch  seine  Reibung 
gegen  das  Metall  wird  Elektricität  erzeugt, 
der  Dampf  wird  positiv,  der  Kessel  negativ 
elektrisch. 

ElektroclieiniBehe  Theorie,  die  den  Er- 
scheinungen bei  der  elektrochem.  Zersetzung 
entsprechende  Ansicht,  nach  welcher  sich 
die  Elemente  gemäss  ihrer  elektr.  Diffe- 
renz (d.  h.  der  Spannungsgrösse  der  bei 
ihrer  gegenseitigen  Berührung  ausgeschie- 
denen Elektricität)  mit  einander  verbinden, 
und  nach  welcher  in  jeder  Verbindung  ein 
elektropositiver  und  ein  elektronegativer 
Bestandtheil  vorhanden  ist. 

Slektroehemiielie  Zenetsiuig  (EMctro- 
lya»),  die  durch  den  elektrischen  Strom  be- 
wirkte chemische  Zersetzung  einer  Verbin- 
dung (HeAtroIyl).    Alle  snsMnmengesetBten 


Flüssigkeiten,  welche  xn^leidh  Leiter  der 
Elektricität  sind,  werden  durch  den  olek« 
trischen  Strom  zersetzt.  Dabei  wird  der 
elektropositive  Bestandtheil  einer  Verbin- 
dung am  negativen,  der  elektroneg^tive  am 
positiven  Pol  ausgeschieden,  oder  ver- 
bindet sich  mit  der  Substanz  des  Pols  (der 
eingetauchten  Metallplatte).  Die  e.  Z.  ist 
proportional  der  Stromstärke  und  findet  in 
allen  Theilen  des  ScbÜessungsbogens ,  der 
Kette,  Batterie  oder  besonderenZersetzungs- 
zelle  in  äquivalenten  Gewichtsmengen  Statt. 
P/aktische  Anwendung  findet  sie  in  der 
Galvanoplastik  (s.  d.). 

Elektrödea,  die  Pole  einer  galvaniachen 
Kette,  Anod»  der  positive,  Kathode  der 
negative  Pol.  Ionen  die  Elemente  des  sich 
zersetzenden  Stoffes;  AnUm  der  an  der 
Anode  und  Kation  der  an  der  Kathode  sich 
ausscheidende  Bestandtheil. 

Elektrodynamik  9  Lehre  von  der  Einwir- 
kung elektr.  Ströme  auf  einander.  SloMro- 
dynamiaoke  Vertheüung,  s.  Induktion, 

llektrolyt^'K  ^^^ti^chemische  Zeneiaung. 

ElektromsgnetiBmiM,  Wirkung  der  elek- 
trischen Ströme  auf  Magnete  n.  umgekehrt. 
Der  Schllessungsdraht  einer  galvanischen 
Kette  leukt  die  Magnetnadel  aus  ihrer  Ln^e 
ab.  Diese  Ablenkung  wird  verstärkt,  wenn 
der  Draht  in  wiederholten  Windungen  um 
die  Nadel  geführt  wird.  Letztare  seigt 
dann  schon  B«hr  schwache  Ströme  an  (s. 
Oalvanometer),  Windet  man  mit  Seide  um- 
sponnenen Knpferdraht  um  einen  Stahl- 
oder Eisenstab  und  leitet  durch  den  Draht 
einen  elektrischen  Strom,  so  wird  der  Stab 
magnetisch  (ElektromagnH).  Dieser  Mag- 
netismus erlischt  im  Eisen  sofort  mit  Unter- 
brechung des  Stroms,  während  Stahl  anch 
dann  noch  magnetisch  bleibt.  Elektro- 
magnete  können  sehr  grosse  Kraft  besitzen, 
sie  dienen  zu  zahlreichen  Apparaten,  bes. 
auch  in  der  Telegraphie.  Die  elektromag- 
netiaehen  Kraftnuuehinen  sind  Vorrichtnneen 
zum  Ersatz  der  Dampfmaschinen,  arbeiten 
aber  bei  weitem  thenrer  als  diese.  Vgl. 
Roloff,  ,Der  E.*,  1868. 

Elektrometer,  s.  JBMcttodsop, 

Elektromotoren,  elektrische  Erreger,  Kör- 
per, welche  durch  gegenseitige  Berührung 
Elektricität  erregen,  z.  B.  Kupfer  und  Zink. 

Elektromotorische  Kraft,  die  Kraft, 
welche  man  als  die  Ursache  des  Auftretens 
beider  Elektricitäten  bei  Berührung  un- 
gleichartiger Stoffe  bezeichnet. 

Elektrophor.  ein  Harsknchen  (8  Kolo- 
phonium ,  1  Schellack ,  1  venetian.  Terpen- 
tin) auf  einer  metallenen  Unterlage  und 
mit  einem  metallenen  Deckel,  welcher  an 
seidenen  Schnüren  oder  an  einem  Handgriff 
aus  Glas  aulji^ehoben  werden  kann.  Peitscht 
man  den  Harzkuoben,  so  wird  er  neg^v 
elektrisch  und  wirkt  vertheilend  auf  die 
Elektricitäten  des  au(]gelegten  Deckels; 
berührt  man  letzteren  mit  dem  Finger,  so 
erhält  man  einen  Funken,  und  wenn  man 
dann  den  Deckel  isolirt  aufhebt,  so  ist  er 
positiv  elektrtsoh  und  gibt  bei  Annäherung 
des  Fingers  einen  stärkeren  Funken.    Der 


Elektropunkiur  —  Elias. 


557 


E.  befa&U  Iftüg«  seine  Wirksamkeit  und  er- 
aetst  in  yielen  T&llen  die  Elektrisirmaschine. 

KlektroimiktVy  s.  Akuput^w. 

ElektrofkoP)  Elektrioit&tsanseiger,  Instru- 
mentt  bei  welchem  8  Pendel  mit  Kork- 
kfigelchen  (Oanton),  swei  schmale  Streifen 
eines  Strohhalms  (VoUa),  awel  Streifen 
Goldschanm  (Bennet)  oder  ein  solcher  Strei- 
fen zwischen  deo  Polen  einer  zambonischen 
Saale  (BohMnb^rger'Ftchner)  an  einem 
isolirten,  oben  mit  einem  Knopf  Tersehenen 
Draht  hängend  durch  ihre  Bewegung  an- 
Beigen,  ob  ein  den  Knopf  berührender  Kör- 
per sich  in  elektriachem  Znstande  befindet. 
S.e  mit  Gradbogen  zur  Messung  des  Aus- 
schlags  der    Pendel   heissen  Elektrometer, 

Elektrotherapie^  HeilYerfahren,  bestehend 
in  der  vielfach  modiflcirten  Einwirkung  des 
elektr.  Stromes  auf  den  Organismus. 

Elektrotonisolier  Zaatana  (Elektrotonus), 
8.  JfervenelektricUiU.  [abdrucke. 

Elektrotjpcn»  galvanoplastische  Kupfer- 

Elementarioialyiey  s.  Analffais. 

Elemente 9  Stoffe,  welche  die  Chemie 
nicht  zu  zerlegen  vermag,  gegenwärtig  65: 
Aluminium t  Antimon,  Arsen,  Bary um,  Be- 
ryllium, Blei,  Bor,  Brom,  Kadmium,  Oä- 
sinm,  Oaleium,  Oerinm,  CMor,  Chrom, 
Didym,  Eiten,  Erbium,  J^uor,  Oold,  Indium, 
Jod,  Iridium,  KitUum,  Kobalt,  Kohlenstoff, 
Kupfer,  Lanthan,  Lithium,  Magnuium, 
Mangan,  Molybdän,  jya<rt«m,  Nickel,  Niob, 
Norium(?),  Osmium,  Palladium,  I%o»pho»r, 
Platin,  Quecksilber,  Rhodium,' Rubidium, 
Butheuium,  ßauerUoff,  Schwefel,  Selen,  Sil- 
ber, SiUcium,  StickUoff,  Strontiiun,  Tantal, 
Tellur,  Terbium  (?),  Thallium,  Thorium, 
Titan,  Uran,  Vanadin,  Waseeretoff,  Wis- 
routh,  Wolfiram,  Yttrium,  Zink,  Zinn, 
Zirkonium.  Von  diesen  sind  die  18  kureiv 
gedruckten  weit  verbreitet  und  für  den 
Haushalt  der  Natur  wichtig.  Die  E.  der 
Alten  waren  unter  wechselnden  Vorstel- 
lungen: Wasser,  Erde,  Luft,  Feuer. 

Elenii^  gelbes,  terpeutinartiges,  leicht  er- 
weichendes Harz  von  dillähnlichem  Oeruoh, 
in  kaltem  Alkohol  theüweise  löslich,  stammt 
von  verschiedenen  Burseraoeen  in  Amerika 
und  Manila,  dient  zu  Pflastern,  Salben, 
Firnissen,  in  der  Hutmaoherei  zum  Steifen. 

MenntUer  (Cervus  Alces  L,,  Alces  palma- 
tus  Gray,  Elch,  Mooaethier) ,  Scheich  oder 
Schelk  des  Nibelungenliedes,  Gattung  der 
Hirsche,  in  Nordeuropa  und  Nordamerika, 
früher  auch  in  Deutschland,  jetzt  nur  noch 
in  Ostpreuzsen  gehegt,  8'  hoch,  mit  breit 
schaufelfSrmigem ,  30—40  Pfd.  schwerem 
Geweih.  Der  Waldkultur  schädlich ;  Fleisch 
geniessbar.  Haut,  Knochen  und  Geweih 
technisch  verwerthbar. 

BleplMBtUUde(gT.),  krankhafte  Verdickung 
aller  Öautschlehten,  bes.  der  Beine,  wodurch 
diese  eine  enorme  Unförmliohkeit  annehmen 
(Pachydermia,  E.  Arabrnn).  Heilung  selten, 
am  besten  noch  DmckverbäBde. 

Eleills  i^tMt  Lewina,  a.  G.),  Stadt  in 
Attloa,  hoohbernhmt  durch  den  GoÄieimdienst 
der  Ceres  und  ProserpinaC«lMiWn.  Mysterien), 
symbolisdbe  DarsteUung  des  Mythus  der- 
selben (Idee  der  Vnsterblicltkeit).  j 


KieTAtlOB  0at,),  Erhöhung  j  in  der  Astro- 
nomie Höhe  eines  Sterns  über  dem  Horizont. 

Elevatlonswliikel.  Erhöhnngswinkel,  der 
Winkel,  unter  welchem  ein  Geschütz  beim 
Richten  gegen  die  Horizontale  gestellt  wird. 

Elire  (fr.,  -spr.  -lew),  Zögling. 

Elfsn  (EOten),  in  der  nord.  Mythologie 
göttliche  Wesen  niederen  Banges,  Personi- 
fikationen derNaturkräfte,  von  menschlicher 
Ghstalt,  glänzoid  schön  und  von  verführe- 
rischem Reize,  lieben  Musik  und  Tanz, 
den  Menschen  meist  freundlich  gesinnt. 

Elfsnliein,  die  Substanz  der  Stosszähne 
des  Elefanten,  bes.  des  afrikanischen,  und 
des  Mammuths  aus  Nordsibirien  (fossiles 
oder  gegrabenes  E.),  in  der  Zusammensetzung 
den  Knochen  ähnlich,  aber  durchscheinen- 
der und  mit  eigenthümlich  netzartiger  Zeich- 
nung auf  geschliffenen  Flächen,  wird  mit 
Chlorkalk  oder  an  der  Sonne  gebleicht;  mit 
Säure  behandelt  bi^^m,  lederartig,  halb- 
durchsichtig. Die  Vorder-  u.  Eckzähne  des 
Nilpferds  liefern  E.  für  künstliche  2«ähne, 
minder  schönes  der  Stosszahn  des  Narwals, 
sehr  gutes  die  Walrosszähne.  £ttn«tf<cAe«  E. 
besteht  gewöhnl.  aus  mineral.  Substanzen 
mit  Bindemitteln  oder  aus  gehärtetem  Gyps 

Elfenbeinkttste»  s.  Guinea. 

ElflBnbeinmasse.  s.  Enkaustik. 

EltltmbthaküaM(Taguanils8e,  Ooro»so»nUs»e), 
Samen  der  südamerikanischen  Phytelephas 
macrocarpa  und  die  Muritlnüsse  der  brasi- 
lianischen Itapalme  (Mauritia  fiexuosa  L. 
und  M.  vinifera  Mart.),  liefern  das  vegeta- 
bilische Elfenbein,  eine  weisse  knochenartige 
Masse,  die  bes.  zu  Knöpfen  verarbeitet  wird. 

ElfiBBbelBpftpler,  zusammengeleimtes,  ab- 
geschliffenes,mltGyps  und  Leim  überaogenes 
und  geglättetes  Papier  zum  Miniatunnalen. 

Elfrabetaueliwsun  (Kasader-,  KaUur- 
echnoan),  bei  Luftabschluss  geglühtes  Elfen- 
bein, gibt  schwarze  Oelforbe.       ' 

Elgexsbug,  DorfimHerzogth.S.-Koburg- 
Gk>tha,  im  Thüringerwald  bei  Ilmenau,  901 
Ew.,  ber.  Kaltwasserheilanstalt. 

Elgia  (Moray),  Grafsch.  In  Schottland, 
25  <^.  n.  38^  Ew.   Hauplet.  E.,  7548  Ew. 

ElglB  iDul  JUaeardlBe,  1)  Tkomae  Bruce, 
Graf  von  E.  u.  K.,  brit.  Diplomat,  ber.  als 
Sammler  antiker  Kunstwerke,  geb.  80.  Juli 
1766,  General,  vorzugsweise  zu  diploroat. 
Missionen  verwendet;  f  als  Kurator  des 
brit.  Museums  14.  Nov.  1841  zu  Paris.  Seine 
ber.  Antiken  -  Sammlung  (Elgin  -  marlUee), 
seit  1800  auf  seinen  Reisen  in  Griechenland 
zusammengebracht,  wurde  1816  vom  Staate 
angekauft  und  dem  brit.  Museum  elnver^ 
leibt.  —  8)  Jamea  Bruce,  Graf  von  K  u.  K,, 
brit.  Staatsmann,  Sohn  des  vor.,  geb.  80. 
Juli  1811,  seit  1841  Bfltglied  des  Parla- 
ments, 1846—54  Generalgouvenieur  von 
Canada,  seit  1849  Peer,  erawang  Juni 
1866  den  für  England  höchst  günstigen 
Vertrag  von  Tientsin  mit  China,  leitete 
1860  die  Expedition  nach  China;  war  1868 
Viceköntg  von  Indien;  t  das.  80.  Nov.  1868. 

Slly  Hoherpriester  u.  Richter  in  Israel;  f 
bei  der  Kunde  von  derNiedertsgedes  Israelit. 
Heeres  durch  die  Phillsier,  98  Jahre  alt. 

EUm  (Elia),   Prophet  im  Reiche  Israel 


S68 


Eliasäpfel  — *  Eljen. 


unter  den  Königen  Ahab  und  Ahasja  (918 
bis  896  V.  GhrO«  ans  Tbisbe  im  Stamm 
Naphthall,  strenger  Eiferer  far  den  JehoYah' 
knlt  und  Gregner  der  dem  Baalsdienst  hul- 
digenden Hof][)artei. 

Ellasapfel,  s.  t.  a.  Koloquinten. 

Ellasberg,  1)  Gipfel  der  Seealpen  im  nord- 
amerlkan.  Territorium  Alaschka,  nahe  am 
Meer,  einer  der  höchsten  Berge  Nordamerikas, 
14J05O'  h.    —  2)  Berg  auf  der  Insel  Aeglna, 

EliMfeaer,  s.  F^msfeuer,  [4600'. 

EllmiHAtion  (lat.),  Ausstossung,  Entfer- 
nung; in  der  Mathematik  das  Verfahren, 
durch  passende  Verbindung  mehrerer  Glei- 
chungen die  Ansahl  der  Unbekannten  in 
den  einzelnen  Gleichungen  zu  vermindern, 
so  dass  man  durch  fortgesetzte  Anwendung 
dieses  Verfahrens  eine  Gleitdiung  mit  nur 
Einer  Unbekannten  erhält. 

Ell«  (a.  6.),  griech.  Landsch.  Im  Pelopon- 
ues,  am  Jon.  Meer,  10  QM.,  fruchtbar;  darin 
Olympia.  Die  Hauptai.  E.,  Vorort  des  eUU 
sehen  StädtebundeB;  Ruinen  bei  Belyedere. 

EliBfty  Prophet  im  Reiche  Israel,  Schüler  u. 
Gefährte  des  Elias,  wirkte  unter  den  Königen 
Joram  und  Jehu  (896—856  v.  Chr.);  f  840. 

Elisabeth,  1)  E.  Petrovma,  Kaiserin  von 
Russland,  Tochter  Peters  des  Gr.  und  Katha- 
rinas I.,  geb.  18.  Dec.  1709,  ward  durch  die 
Herzogin  Anna  Iwanowna  (s.  Anna  6)  yon 
Kurland  von  der  Thronfolge  yerdrängt,  be- 
stieg in  Folge  einer  PalastreTolution  in  der 
Nacht  vom  5.  zum  6.  Dec.  1741  den  Thron. 
Verband  sich  zu  Anfang  des  7Jähr.  Kriegs 
mit  Oesterreich  und  Frankreich  gegen 
l^riedrich  11.,  der  sie  durch  ein  Witzwort 
gereizt.  Gründerin  der  Universität  Moskau 
und  der  Akademie  der  schönen  Künste  zu 
Petersburg.  Hatte  vom  Grafen  Rasumowsky, 
mit  dem  sie  heimlich  vermählt  war,  eine 
Tochter  und  zwei  Söhne;  f  5.  Jan.  1762. 
Biogr.  von  Weydemeyer  (1834,  2  Bde.). 

2)  E.,  Königin  von  England ,  Tochter  Hein- 
richs VIII.  u.  der  Anna  Boleyn,  geb.  17.  Sept. 
1533,  während  der  Regierung  ihrer  Stief- 
schwester Maria  als  Bastard  betrachtet,  be- 
stieg nach  deren  Tode  (17.  Nov.  1558)  den 
Thron,  erhob  die  Episkopalkirche  zur  Staats- 
kirobe, ihren  Günstling,  Lord  Robert  Dudley, 
zum  Grafen  Leicester  (s.  d.)  und  Minister, 
Hess  Maria  Stuart  von  Schottland,  als  sie 
auf  engl.  Boden  1567  Schutz  suchte,  verhaf- 
ten und  nach  SOjähr.  Gefangenschaft  (8. 
Febr.  1587)  hinrichten.  Die  Macht  des  Par- 
laments missachtend ,  berief  sie  es  1566—71 
nicht,  gewann  aber  durch  Regelung  des 
Finanzwesens  Verminderung  der  Staats- 
schuld, Förderung  des  Ackerbaues  und  der 
Indastrie  und  Gründung  der  engl.  Seemacht 
(Sieg  über  die  span.  Armada)  grosse  Popu- 
larität. Nadi  dem  Tod  Leiceaters  (4.  Sept. 
1588)  übertrug  sie  ihre  Gunst  auf  dessen 
Stiefsohn,  den  Grafen  Essex  (s.  d.),  der 
durch  Uebermuth  seinen  Sturz  herbeiführte 
(25.  Febr.  1601).  In  Schwermuth  versunken, 
f  sie  24.  März  1603,  nachdem  sie  Jakob  von 
Schottland  zu  ihrem  Nachfolger  ernannt 
hatte.  Vgl.  Turner,  ,Hi8tory  of  the  reigns 
of  Edward  VI,  Mary  and  E.*,  2.  Aufl.  1824, 
4  Bde. ;  Froude,  ,The  reign  of  E.*,  1868. 


8)  S.  Charlotte,  Bertogin  wm  OrUaus,  sweiie 
Gemahlin  des  Herz.  Philipp  I.  von  Orleans, 
des  Bruders  Ludwigs  XTV. ,  Tochter  des 
Kurfürsten  SLarl  Lndwig  von  der  PfalB,  geb. 
27.  Mai  1652  zu  Heidelberg,  ward  1671  aus 
polit.  Rücksichten  dem  Herzog  von  Orltons 
vermählt',  bewahrte  deutsches  Wosen  und 
deutsche  Sprache  trotz  50jähr.  Aufenthalts 
am  A-anz.  Hofe,  gab  durch  ihre  Erbrechte 
anf  die  Allodialhinterlassenschaft  ihres  Bru- 
ders Ludwig,  des  letzten  Kurfürsten  ans  der 
p£Bklz-simmernschen  Linie,  Ludwig  XIY.  den 
Vorwand,  1688—93  die  pfälz.  Lande  su  ver- 
heeren, ward  durch  Schledssprach  des 
Papstes  1702  mit  Geld  abgefunden ;  f  8.  Dec 
1722  zu  St.-Gloud.  Sehr.  ,M6moires  sur  la 
cour  de  Louis  XIV  et  la  r6gence*  (l^S). 

4)  Philippine  Marie  Helene  von  Frankreich, 
Madame,  Schwester  Ludwigs  XVI.,  geb. 
3.  Mai  1764  zu  Versailles,  ein  Master  edler 
Weiblichkeit,  ihres  Bruders  vertraute  Bath- 
geberin,  ward  IS.  Aug.  1792  mit  iu  den 
Tempel  abgeführt,  9.  Mai  1793  vor  dem 
Revolutionstribunal  der  Theilnahme  tax  den 
Verschwörungen  der  Oapets  und  der  Ent- 
wendung der  Krondiamanten  beschuldigt 
und  10.  Mai  guillotinirt. 

5)  E.,  die  Heilige,  Landgräfin  von  Thüringen, 
geb.  1207  zu  Pressburg,  Tochter  des  Königs 
Andreas    II.     von     Ungarn,     ward     schon 
1211  dem   lljähr.  Ludwig,  dem   Sohne   des 
Landgrafen  Hermann  von  Thüringen,  ver- 
lobt und    1221    mit    ihm    vermählt.      Seit 
1227    Wittwe    und   von    ihrem    Schwager, 
Heinrich   Raspe,   von   der   Wartburg    ver- 
trieben, fand  sie  eine  Zuflucht  beim  Bischof 
von  Bamberg,   ihrem   Oheim  mütterlicher- 
seits, erhielt  dann  1229  von  ihrem  Schwager 
die  Stadt  Marburg  eingeräumt,  führte  hier 
unter  der  despot.  Zucltt   ihres  Beichtvaters 
Konrad  von  Marburg  ein  streng  asoetisches 
Leben ;  f  19.  Nov.  1231  im  Hospital ,   heilig 
gesprochen   1235.    Ihre  Gebeine  iu  der  St- 
Elisabethkirche   zu   Marburg   in   kostbarer 
Lade     aufbewahrt.     Darch    ihre     Tochter 
Sophie,  Gemahlin  Heinrichs  des  Grossmüthi- 
gen,  Herzogs  von  Brabant  und  Matter  Hein  - 
richs  des  Kindes,   wurde  sie  Stamminutter 
des   hess.   Fürstenhauses.     Ihr  Leben   be- 
schrieben JuUi  (neue  Aufl.  1835),  Monlaiewt- 
bert  (1835  u.  öfter;    deutsch   von  atädOer, 
2.  Aufl.  1845)  und  Bimon  (1854). 

Ellubeihgrady  Industriestadt,  im  russ. 
Gouvem.  Oherson,  am  Ingul,  27,826  Ew. 

Elisabethpoly  asiat.-russ.  Stadt  in  Trans- 
kaukasieu,  am  Jansha,  15,439  Ew. 

Elision  (lat.) ,  die  Abwerfung  eines  Vokals 
am  Ende  eines  Wortes,  wenn  das  nächst- 
folgende Wort  mit  einem  Vokale  beg^innt, 
geschieht  zu  Vermeidung  des  Hiatus. 

Elite  (ir.),  das  Auserlesene  oder  Beste 
aus  einer  vorhandenen  Menge,  daher  S. 
einer  Gesellschaft,  Elitetruppen  etc.  JSIileit- 
kompagnien,  Grenadierkompagnien,  von  Na- 
poleon I.  jedem  Bataillon  In  der  Zweisahl 
zugewiesen  und  auf  beiden  Flügeln  postirt 

Elixir  (v.  lat.  elixar«,  auskochen),  phar- 
maceutische ,  tinkturenähnliche  Präparate 
mit  Zusatz  von  äther.  Oelen,  Extrakten  etc. 

ElJen  (nngar.),  s.  v.  a.  Virati 


Eli  —  EUkss. 


lU.    1710   Ew.;    Hi^Qpt 


m,  ward  dBibiilb  durch  8[r  WlllLiini 
•r»tit,  1M1  VlDSBdmlri],  IföS  Ad- 
tM.  Jn^  1M3  in  KenilugtCD.  -  S) 

ObetftQfBeliAT  tu 


Hir  Okartu,  Vetter  des  Vor. 
Sie«!  ä'bar  <■!•  chlt 


US  fSauidt,   ist«  OaD- 
\inl  bofördeic, 


Trlnldid,  1861,  «in>  Vloeadi 
''"Sm^  (gr.riii  der  Gr-m 

t^n  ff^hörig^MMMht,™«^ 
OrundaKcfan  nlobl  purallel 


deuBi  

Panklan  der  UiafBngallule  geiDgenxa  s«rs- 
d«a  UiilaD  beliMD  LiehOlroHm  odar  P<*- 


tarea);   deo  rtiehenlnhk 


Khan  Verhültalgii&LI  S.14Ii>  . . .  tjc}  mnlH- 
pllclrt.  In  der  AlRonenils  ipl^t  die  E. 
elDS  vlchtlEe  Holle,  iuiofem  gleh  die  Pla- 


I   (tUiptitchti    Sphärmd),    KBcper, 


rieh  die  BLUpee  dem  Kretie,    d>g    BlHpioVd 
der  Kugs!  nähert;  E.  dtr  Brie,  die  AbpUt- 
tnriK  der  Erde  ao  deu  Palen. 
EllBn,  lerfillene  Stadt  lu  OMlndleD,  Im 


Eliwamgtm,  Hauptit.  dei  «arteniberc. 
Jaitkreiiwi,  uder  Jait,  KSSliir.;  dabei 
da>  Sclilo»  Unhra-E.  und  Wallfthrtiklrcha. 
Bli  IBOailBuptst  der  ber.  Befürateten  PtoihW 
E.    7  (JM.  mit  130,000  Fl.  Biokanil«!. 

Glm,  Waldgablrge  In Bnniiiiohwefg,  3H. 
laug,  1  M.    breit,    Im  KnklberE  11W8'  h. 

Blnahaer  (Sl.   B»qi-.  St.  BcUmm-,  Bl. 

tbürmen,  Haatea 
ElBboRen     (01t 


bAkenforrnlgeH 
igaiMtu  (nlu), 


9  Umkn 


Elaak  (Flor.  B<*>n;.  hebr.  Name  GotteL 
Kloge  (fr.,  ipr.  -lohnb,  lat.  «(ofOun), 
«brede,  lAboeMiebiing,  GrabliuohHft-,  in 
er  n-auz.  Literatur  aell  I^tenella  beaon- 
erer  Zweig  dar  Daredaamkalt,  SshildeFnng 


,;  (einer  Brant). 

KlDknUOB  (lal.),  Aueipraohe,  Vortrag. 

KlongatlaBflat.),  bei  PendelacbwlugnnKsa 
er  Bogen,  um  den  der  BobwlngeDde  Körper 
nAageubllcke  Belner  ffrouten  AbwolcbQDg 

ElDigatlonawtnkel  (laL),  In   der  Altron. 


KloqBeni  (Uk) ,  Ben 


and  den  Vogeaea,  nisprangl.  deutuh ,  galt 
den  Danoobea  ■nrftckerabert,  ca.  U8  4^- 


560 


Ebebeerbanm  —  Elz. 


mit  1,114,000  Bw.;  von  dar  Dl,  Breasch, 
IiMitor  nebst  Saar  bewässert;  die  Abhänge 
der  Vogesen  relob  an  Wäldern,  Weinbergen 
nnd  Aeokem,  die  Rheinebene  treffl.  Knltnr- 
land  mit  sahlr.  Städten  nnd  starker,  ge- 
werbtbätiger  n.  wohlhabender  Beyölkemng ; 
Sprache  im  Volk  noch  allgemein  deutsch 
(alemann.  Dialekt).  Mineralprodnkte :  Eisen, 
Kupfer,  Blei,  Steinkohldki  (&ber  Si/s  MiU. 
Otr.).  Industriesweige:  Giesserei,  Eisen- 
schmiederei,  Hascbinenlkbr.  (bes.  im  obern 
E.),  Woll-  nnd  Baumwollen  Weberei ,  Fär- 
berei nnd  Druckerei  (Oentrnm  Mülhausen), 
Fabrikation  Ton  Leder,  Zucker,  Pikier, 
Tabak,  Bier  etc.  Handel  sehr  lebhaft,  be- 
günstigt durch  ein  Nets  yon  Verkehrswegen 
(70  M.  Eisenbahn).  Eintheilung:  in  1)  Ober- 
cfMM,  ca.  70  QM.  (noch  nicht  definitiy  be- 
stimmt) mit  etwa  580,000 Ew.,  in  7  Kreisen: 
Oolmar,  Rappoltsweiler,  Gebweiler,  Tbann, 
Olromagny  (Beifort?),  Mnlhansen,  Altkiroh; 
Festung  Neubreisacb,  2)  ütUerdsM»,  86,7 
QM.  mit  610,600  Ew.,  in  8  Kreisen:  Stadt- 
u.  Landkreis  Strassbnrg,  Erstein,  Hagenan, 
Molsheira,  Sohlettstadt ,  Weissenburg,  Za- 
bem ;  Festungen :  Strassbnrg,  Scblettstadt, 
Hagenau. 

Q0$ehiehte,     Das    Land    gehörte    unter 
Cäsar   in   Germania  prima;  beim  Verfall 
der  Römerherrschait  kam  es  in  Besitz  der 
Alemannen.     Nach    der  Völkerwandernng 
trat   es   als  austras.  Dukat  des  Franken- 
reichs auf  nnd  bildete  2  Gaue:   Nord-  nnd 
Sundgau.    Bei  der  Tb  eilung  von  84S  kam 
es  cum  Reich  Lothars,   ward  aber  bereits 
▼on  Lothar  II.  als  besonderes  Hervogthum 
seinem  Sohne  Hugo  Terliehen   und  später 
yon  (träfen  regiert.    Unter  Kaiser  Fried- 
rieh I.  bildete  sich  aus  dem  Nordgau  die 
Landgrafsch.  NiedeMiMu$,  aus  dem  Sundgau 
die'  Landgrafsch.    Ober«lsau,     Der  Besitz 
der  erstem  wechselte  öfters  in  den  näch- 
sten Jahrh. ;   letztere  kam  durch  Heirath 
an  das  Haus  Habsburg.  IMe  österr.  Haupt- 
linie desselben  sah  in  dem  Land  lediglich 
ein  lOttel,  ihrer  Geldyerl^enhelt  abzuhel- 
fen ;  daher  die  wiederholten  Verpfändungen. 
Kaiser  Ferdinand   ü.  gab   es   16S5    nebst 
Tirol  und  den  übrigen  Vorlanden  dem  Eirz- 
herzog   Leopold,   der   es   1632  auf  seinen 
Sohn  Ferdinand  Karl  y  ererbte.  Im  SO  jähr. 
Krieg   den  Angriffen  der  Schweden  unter 
Bernhard  yon  Weimar  wehrlos  preisgegeben, 
kam  es  dann  in  die  Gewalt  der  Franzosen, 
denen    es   Ferdinand   Karl    im    westphäl. 
Frieden    gegen    eine    Entschädignug    yon 
8  Hill.  Frcs.  förmlich  abtrat,   und    zwar 
durch  ein  diplomat.  Versehen  mit  der  Land- 
graftcbaft  Ntoderelsaes.    Beim  Reiche  blie- 
ben nur  die  Besitzungen  des  Bischofs  yon 
Strassbnrg,  der  Herzöge  yon  Würtemberg 
nnd  Lotbringen,  einiger  Reichsgrafen  und 
der  Reichsritterschaft,   sowie  die  Reichs- 
städte Strassbnrg,   Hag^n^n,   Scblettstadt, 
Oberehenheim,  Rosbelm,  Oolmar,  T&rkheim, 
Münster  im  Gregorientb»!  nebst  den   zum 
Speiergan  gehörigen  Städten  Weissenburg 
und   Landau.     Mit   Strassbnrg  (1681)    fiel 
auch   dies    den    Franzosen   zu,    nnd    der 
Vriede  yon  Byswijk  (1697)  besUtii^  den 


Raub.  Einige  kleine  rmohsständlflohe  Ge- 
biete wurden  erst  durch  die  frans.  Revolu- 
tion yerschlungen ,  die  zugleich  allen  bis- 
her beibehaltenen  deutsch« mittelalterlichen 
Institutionen  einfinde  machte.  In  den  pariser 
Friedensschlüssen  1814  u.  1815  widersprach 
bes.  Russland  der  Rückforderung  des  £.  Die 
•deutschen  Siege  yon  1870  brachten  es  endlich 
wieder  in  deutsche  Gewalt.  Durch  den  10. 
Mai  1871  zu  Frankfurt  a/M.  unterzeichne- 
ten Friedensschluss  an  Deutschland  ab- 
getreten, bildet  es  gegenwärtig  mit  dem 
ebenfalls  abgetretenen  -Deutsch  •  Lothringen 
(s.  d.)  ein  Ganzes,  das  als  ,nDmittelbu-es 
Relcbsland*  dem  deutschen  Reiche  einyer- 
leibt  ist.  Vgl.  acMpflin,  ,Alsatia  illustmta*, 
1751—61,  2  Bde.;  BtroM,  ,Gesch.  des  £.', 
1840—48,  6  Bde.;  Beyer,  ,Histoire  d'Alaace*, 
Bd.  1,  1862;  Bckmidt,  ,£.  und  Lothringen. 
Nachweis,  wie  diese. Proyinsen  dem  deut- 
schen Reiche  verloren  gingen',  2.  Aufl.  1871; 
Lorenz  u.  8eh«rer,  ,Geschichte  des  E.*,  1871. 

ElMbeerbawn^  s.  Borhm. 

Elster  (Pical<.,ulte«2),  Gattung  der  Raben- 
yögri.  ä^eme^iteB.  (Pica  caudataX.J,  Stand- 
yogel  in  Europa  und  Nordasien,  18",  zer- 
stört die  Brüten  kleiner  Vögel,  vertilgt 
Insekten,  entwendet  glänzende  Dinge. 

Elster,  2  Flüsse  im  Königreich  Sachsen. 
1)  iMMse  E.,  entspr.  in  Böhmoi  unweit  der 
Sachs.  Grenze  (Asch),  nimmt  rechts  €töltesch 
und  Pleisse,  links  Weida  auf,  mündet  nach 
28.  M.  oberhalb  Halle  in  die  Saale;  —  2) 
schwarze  E.,  entspr.  in  der  sächs.  Ober- 
lausitz, südl.  von  Elstra,  nimmt  rechts  das 
Schwarzwasser,  links  Pulsnitz  u.  Röder  auf, 
mündet  oberh.  Wittenberg  in  die  Elbe ;  85  M. 

Elster,  Badeort  im  sächs.  Regbz.  Zwickau, 
bei  Adorf,  an  der  böhm.  Grenze,  1171  Bw. ; 
Salzquelle  und  alkalisch -salin.  StahlqaeUen. 

EltOB  r«7ieUo«,  Altan  Nor),  Salzsee  im  südl. 
Russland,  Gouvem.  Samara,  8,2  QM.;  GMxll. 
Otr.  Salz  Jährl.  Ausbeute. 

EltyUle  Oat.  AÜaviUa),  sehr  alte  Stadt 
im  preuss.  Regbz.  Wiesbaden,  ImRheiBgau, 
2917  Ew.    Bed.  Weinhandel. 

Elveidntion  0*^^*)»  Erläuterung. 

EIndiren  (lat.),  vereiteln;  nmgehmi,  s.  B. 
ein  Gesetz.    Ehuion,  Vereitelung. 

Elnk«bl»tlOB  (lat.),  gelehrte  Nachtarbeit. 

EItss,  Grenzfestnng  und  Stadt  in  der 
portugies.  Prov.  Alemtejo,  12,^)0  Ew. 

Elwend  (Erwend,  Orontee),  (ieblrgspass  in 
Iran,  südl.  von  Hamadan. 

Elj  (spr.  Ihli),  Stadt  in  der  engl.  Grafscli. 
Cambridge,  an  der  Ouse,  7428 Ew.;  Bisohofs- 
sitz  (seit  1107),  her.  Kathedrale. 

Elfnras  L.  (Haargras),  Pflanzengattang 
der  Gramineen.  B.  arenarius  I«.,  B»ndha4ur>- 
gras,  Strandhafer,  auf  Dünen,  dient  sn  deren 
Befestigung,  die  kriechenden  Wnraeln  zu 
Flecbtwerk,  die  Samen  in  der  Noth  sn  Brod. 

Eljs^,  ElyseltelM  Felder,  s.  BtrU. 

Elysliui  (gr.),  bei  Homer  gesegnetes  Ge- 
filde am  Westrande  der  Erde,  nahe  am 
Ocean,  wohin  ausgezeichnete  Helden,  ohne 
den  Tod  zu  erleiden,  versetst  wurden. 

Elftrmi  (gr.),  Hülle;  Mutterseheide. 

Eis,  Nebenfl.  des  Oberrfaeias  im  bed.  Kr. 
Freiburg,  mimdet  bei  Niederbausea,  11  M. 


Mzevier  —  Emetin, 


561 


Slsetler  (M»evier,  lat.  EUeviriu»),  ber. 
holland.  BnohdruckerCBunille,  lieferte  bes. 
ZQ  Amsterdam  und  Leyden  1583—1680  gute 
Ausgaben  alter  Klassiker. 

Email  (fr.,  spr.  -malj,  Schmelzglas),  Glas> 
flüsse  zam  Uebersiehen  von  Metallarbeiten 
(Gold  und  Kupfer),  durch  Metalloxyde  ge- 
färbt, wird  pnlverformlg  aufgetragen  und 
aufgeschmolzen.  Gusseisemes  Geschirr  wird 
mit  Quarz-,  Borax-,  Thon-,  Feldspath-, 
Zinnoxydmischung  emaillirt.  In  der  Glas- 
fabrikation durch  Zinnoxyd  undurchsichtig 
gemachtes  Glas. 

Emaiifiurben,  leichtflüssige  Emailgattnn- 
gen    zum    Bemalen   von   Glas,    Porzellan. 

Email  ombnilt  (spr.  -malj  ongbrang), 
E.  de  ünbeUea  (spr.  £.  de  Rubel!) ,  Litho- 
ponieu,.  Geschirr  oder  Kacheln  mit  Ver- 
zierungen ,  welche  aus  ungleich  tief  einge- 
drückten u.  mit  halbdurchsichtiger  Glasur- 
masse ausgefüllten  Dessins  bestehen. 

Emanatioii  (lat.) ,  das  Ausfliesaen ,  Aus- 
strömen. Emanatioiutystem  (Emanatiamus), 
die  Lehre  yon  einer  stufenweise  herab- 
gebenden Ausströmung  oder  Entwickelung 
aller  Dinge  aus  dem  höchsten  Wesen,  liegt 
den  meisten  oriental.  Religionssystemen  zu 
Grunde.    Vgl.  Licht. 

£maneipatiOH(lat.),  Entlassung,  Befreiung 
aus  dem  Zustande  der  Abhängigkeit.  E.  der 
Frauen,  Befreiung  des  weibl.  Geschlechts 
•von  den  Schranken,  mit  denen  es  natürliche 
und  sociale  Verhältnisse  umgeben  haben; 
B.  der  Juden,  Gleichstellung  derselben  mit 
den  übrigen  Staatsbürgern  binsichtl.  der 
polit.  und  bürgerl.  Rechte;  E.  der  Bchule, 
Befreiung  derselben,  namentl.  der  Volks- 
schule aus  der  abhangig^en  und  untergeord- 
neten Stellung  zur  Kirche;  E.  der  Katho- 
liken, in  Grossbritannien  die  1829  durchge- 
führte Massregel,  wodurch  es  den  dortigen 
Katholiken  möglich  gemacht  wurde,  ins 
Parlament  und  in  Staatsamter  einzutreten. 

Emanlren  (lat.),  ausfliessen,  ausströmen, 
ergehen  lassen,  z.  B.  ein  Gesetz. 

Emanael  I.  ^  der  Groaee,  König  von  Por- 
tugal, geb.  3.  Mai  1469,  Enkel  König  Eduards, 
bestieg  nach  Johanns  II.  Tode  den  Thron 
1495,  ordnete  die  Verwaltung  des  Reichs, 
Hess  ein  Gesetzbuch  anfertigen,  sendete 
Vasco  de  Gama  u.  Oabral  zu  Ums^elung  des 
iCaps  aus,  eröffi^ete  den  Handel  mit  Indien, 
Persien  und  China ;  f  38.  Dec.  1521.  Seine 
Regierung  das, goldene  Zeitalter*  Portugals. 

Embaen^  Fluss  in  Liyland,  entspr.  aus  dem 
Ledlasee,  mündet  in  den  Peipussee;  27  M. 

Emballage  (fr.,  spr.  Angballahsch),  Um- 
schlag, worin  Waaren  verpackt  werden. 

Embargo  (span.]) ,  die  Beschlagnahme  der 
in  einem  Hafen  liegenden  fremden  Schiffe, 
behufs  der  Zurückhaltung  oder  (bei  feind- 
lichen) der  Konfiskation. 

Embarqnlren  (fr.,  spr.  angbark-),  ein- 
schiffen. 

Embarras  (fi:.,  spr.  Angbarrah),  Verlegen- 
heit, Schvrierigkelt.  E.  de  richeue  (spr. 
-schess),  durch  Ueberfalle  entstehende  Ver- 
legenheit. 

Embsaehewr  (fi:.,  spr.  Angbosohöhr), 
Werber,  Verführor,  Seelenverkäufer. 

Meyere  Hand' Lexikon. 


Embelliren  (fr.,  spr.  ang-),  yersohönem. 

EmblSm  (gr.),  Sinnbild,  überhaupt  bild- 
liche Bezeichnung  eines  Gegenstandes  duroh 
ein  auf  denselben  Bezug  habendes  Zeichen. 
EmblemcUiech,  sinnbildlich. 

Emboitement  (fr.,  spr.  Angboatming),  Ein- 
schachtelung ;  verschlungene  Devise. 

Embolie  (gr.),  Zustand,  wobei  ein  losge- 
rissenes Blutgerinnsel  (embolus)  oder  fremd« 
Stoffe  (Fett)  in  den  Blutstrom  gelangen  und 
in  einem  engeren  Gefässe  sitzen  bleiben. 
Betrifft  diese  Verstopfung  ein  grössere«  Blut- 
gefäss der  Lunge,  so  tritt  fast  augenblicklich 
der  Tod  ein ;  an  anderen  Organen  zeigt  sich 
plötzliche  Blutleere,  damit  mangelhafte 
Ernährung  und  Bruid.  Häufig  bei  ohron. 
Herz-  und  Gefasskrankheiten. 

Embolus  (gr.),  KeO,  Zapfen;  bei  den  alten 
Griechen  keilförmige  Aufstellung  des  Heeres. 

Embonpolnt  (fr.,  spr.  AngbongpS&ng), 
Woblbeleibtheit,  Korpulenz. 

£mboucbiire(fr.,  spr.  Angbuschühr),  TIuss- 
mündnng;  Mundstück  und  Ansatz  bei  Blas- 
instrumenten;  Oeffnung  eines  Geschützes. 

EmbnuMirea  (fr.,  spr.  ang-),  umarmen;  im 
Kriegswesen  zwischen  'Zwei  Feuer  bringen. 
Mjibraeaement  (spr.  -mkng),  Umarmung. 

Embryo  (gr.),  ersterEntwicklungszustand 
des  befruchteten  Eies  zum  thierisrhen  oder 
pflanzlichen  Organismus.  Der  menschliche 
E.  (Fötus)  ist  anfangs  ein  längliches,  fkrb- 
loses,  gekrümmtes  Gebilde,  an  dem  sich  all- 
mählig  die  Extremitäten  zeigen  u.  gegen  den 
2.  Monat  eine  ziemlich  deutliche  Sondernng 
der  Organe  sichtbar  wird.  .  In  40  Wochen 
erreicht  er  seine  Reife  und  wird  nach  dem 
Platzen  der  Eihäute  und  Abfluss  des  Frucht- 
wassers geboren.  Er  steht  während  der 
Entwicklung  durch  den  Nabelstrang  mit  dem 
Mutterkuchen  in  Verbindung  und  erhält  von 
dort  seine  Nahrung.  Bei  den  lyUtnzen  ent- 
wickelt sicli  der  E.  im  Eichen,  vergrössert 
sich  und  bildet  theils  den  alleinigen  Inhalt 
des  Samens,  oder  ist  noch  mit  einer  Zell- 
schicht, dem  sog.  Eiweiss,  umgeben.  Man 
unterscheidet  an  Uim  das  Vögelchen  und 
die  Samenlappen  (Kotyledonen). 

EmbiMcade  (fr.,  spr.  Angbüs-),  Hinter- 
halt ;  daher  embuekiren,  in  Hinterhalt  legen. 

Emden,  Kreisst.  im  preuss.  Regbz.  Aurich, 
am  Dollart,  unweit  der  Mundung  der  Ems, 
13,103  Ew.;  Hafen  für  die  grössteu  See- 
schiffe; bed.  Handel.  Kam  mit  Ostfriesland 
1744  an  Preussen,  1806  an  Holland,  1809  an 
Frankreich,  1814  wieder  an  Preussen,  1815 
an  Hannover,  mit  diesem  seit  1866  preussisoh. 

Emeadanda  (lat.),  in  einer  Schrift  zu  Ver- 
besserndes; Emendation,  Verbesserung. 

Emeritus  (lat.),  ausgedient;  in  Ruhestand 
versetzter  Geistlicher. 

Emenion  (lat.),  das  Auftauchen;  in  der 
Astronomie  das  Austreten  eines  Trabanten 
aus  dem  Schatten  seines  Planeten. 

Emofla  (a.  G.),  uralte  Stadt  in  Gölesyrien, 
am  Orontos,  Hanptst.  eines  bes.  Reichs, 
später  röm.  Ber.  l'empel  des  Sonnengottes 
(Elagabal).  273  Bieg  Aureliana  über  die 
Königin  Zenobia.    Jetzt  Hems. 

Emetiea,  Brechmittel. 

EmetiB,   der  brechenerregende  Stoff  in 

36 


562 


Erneute  —  Empirance. 


der  Ipeoacnanha,  gelbliche! ,  bitterefl,  in 
Waiser  nnd  Weingvlst  lösliches,  alkalisch 
reMlrendes  Pnlyer.  [Henterei. 

Iraiewte    (fr.,    spr.    Bmöbt),    Empörung, 

Emigranten  (lat.),  Auswanderer;  Solche, 
welche,  um  polit.  oder  kirchlicher  Unter- 
drüdcnng  au  entgehen,  ihr  Vaterland  in 
Masse  entweder  für  immer  oder  mit  Vor- 
behalt der  Rückk^r  in  besseren  Zeiten  ver- 
lassen ;  insbesondere  Bezeichnung  der  wäh- 
rend der  ersten  fransös.  Reyolntion  ausge- 
wanderten Franeosen.  Unter  dem  Befehle 
des  Prinaen  Oond6  wurde  ein  Emigranten' 
Aeer  gebildet,  welches  der  preuss.  Armee  in 
die  Champagne  folgte.  In  Folge  davon  wur- 
den 80,000  Personen  für  immer  vom  firanz. 
Boden  verbannt  und  ihre  Guter  konfiscirt. 
Viele  kehrten  schon  nach  der  von  Napoleon 
als  erstem  Konsul  verkündigten  Amnestie, 
der  Rest  nach  Napoleons  Sturz  zurück. 
Durch  Gesetz  vom  27.  April  1885  wurde  den 
E.  eine  Entschädigung  von  80  Mill.  Spro- 
centiger  Renten  auf  ein  Kapital  von  1000 
Mill.  FrcB.  zugestanden.  Infolge  davon 
langwieriger  Hader,  bis  die  Rente  durch 
das  Gesetz  vom  5.  Jan.  18S1  zu  Gunsten 
des  Staats  eingezogen  ward. 

Emil,  Maximilian  Leopcid  AuguU  Karl, 
Prinz  von  Hessen,  Bruder  des  Grossherzogs 
Leopold  II.  von  Hessen,  geb.  3.  Sept.  1790 
in  Darmstadt,  machte  1809  mit  den  Rhein- 
bundstruppen den  Feldzug  gegen  Oester- 
reich,  1812  den  nach  Russiand  mit,  erfreute 
sich  der  besonderen  Gunst  Napolenos  I., 
ward  bei  Leipzig  von  den  Verbündeten  ge* 
fangen,  machte  dann  die  Feldzüge  von  1814 
und  1815  nach  Frankreich  mit.  Von  1882—48 
Präsident  der  ersten  Kammer,  galt  er  in  der 
öffentl.  Meinung  als  Vertreter  des  strengsten 
monarch.-militar.  Systems  nnd  Urheber  der 
meisten  reaktionären  Massregeln  in  Hessen 
nach  1880;  f  80.  April  1866  zu  Baden-Baden. 

Emilla  (gen.  nach  der  alten  Pnmincia 
Äemüia  an  der  her.  Via  Aemilia),  Landsch. 
in  Mittelitalien,  nmfasst  die  früheren  Her- 
zogth.  Parma  und  Modena  und  die  sogen. 
Romagna ,  406  QM.  nnd  8,034,000  Ew.  Im 
NO.  seicht  und  sumpfig,  im  SW.  gebirgig 
(M.  Cimmone  6548'),  dazwischen  sehr  ftiicht- 
bar.  Industrie  nnd  Handel  nur  in  Bologna 
von  Bedeutung.  9  Provinzen:  Parma,  Pia- 
cenza,  Modena,  Massa-Oarrara,  Reggio,  Fer- 
rara,  Bologna,  Ravenna,  Forll.  [net. 

Eminent  (lat.),  hervorragend,  ausgezelch- 

Ettinens  (lat.),  Erhabenheit,  Hoheit,  Titel 
der  Kardinäle,  durch  Papst  Urban  VIU. 
1680  auch  den  geistl.  Kurfürsten  verliehen. 

Emir  (arab.),  d.  i.  Gebieter,  in  den  Län- 
dern des  Islam  Titel  aller  unabhängigen 
Stammeshäuptlinge,  sowie  aller  wirklichen 
oder  angeblichen  Nachkommen  Mohammeds 
(von  seiner  Tochter  Fatime),  die  das  Vor- 
recht haben,  einen  grünen  Turban  zu  tragen. 
jE.-al'Mutnenin,  d.  i.  Fürst  der.  Gläubigen, 
Titel  der  Khalifen;  E.-al-Omra,  Titel  der 
ersten  Minister,  obersten  Statthalter  etc. 

EmisB&r  (lat.),  ein  zu  geheimen  Zwecken 
Ansgesandter.  Emitgion,  Aussendung,  Aus- 
gabe (z.  B.  von  Papiergeld).  EmiUiren,  aua- 
jsenden.      . 


Emmen  (Grosse  E,,  Smmat),  Kebenflnss 
der  Aar,  im  Kanton  Bern,  entspringt  am 
Brienzergrat ,  durchfliesst  das  EmimenihaJ 
(her.  Käse)  mündet  bei  Solothum;  10  H. 

Emmraagoga  (gr.),  Menstruation  baför- 
demde  Mittel  (Sadebanm,  AloS,  Borax, 
Safran),  werden  auch  zur  Einleitnng  des 
Abortus   verwendet,   wirken    nicht  sicher. 

Emmer.  Weizenart,  s.  Weiten, 

Emmerfeh  (Bmrieh),  Stadt  im  preaas. 
Regbz.  Düsseldorf,  Kr.  Rees,  am  Rhein, 
8054  Ew.:  lebh.  Schifffahrt. 

Emmerling,  s.  Ammer, 

EnolUentla  (lat.),  erweichende,  span- 
nnngmindemde  Mittel,  ausser  lieh  besond. 
warme  Breiumschläge,  Fette,  Oele;  inner- 
lloh  bes.  schleimige  Mittel,  die  auf  den 
entzündeten  Sohleimhäutrai  einra  Ueber- 
zng  bilden,  welcher  sohädliche  Reize  der 
Sekrete  etc.  abhält. 

Emolwnent  (lat.),  Vorthell,  Nutzen;  E.e, 
Einkünfte,  bes.  von  einem  Amte;  auch 
Nebenvortheile.  [wallang. 

Emotion  (lat.>,  Gemüthsbewegung,  Anf- 

Emp^hement  (fr.,  spr.  Angpäschmang), 
Hinderniss,  Behinderung. 

Empedöeles,  griech.  Philosoph  ans  Agri- 
geut,  lebte  um  440  v.  Chr.,  Arzt,  Zauberer 
und  Wahrsager,  soll  sich  in  den  Krater 
des  Aetna  gestürzt  haben,  um  durch  aein 
plötiliches  Verschwinden  beim  Volke  den 
Glauben  an  seine  göttl.  Herkunft  au  er- 
wecken. Fragmente  herausgeg.  von  Karaten 
(1888)  und  BUin  (1858).  Vgl.  Cfladieeh,  ^ 
und  die  AegypterS  1858. 

Empenrtnuwe  (Enneperstraeae),  Thal  im 
preuss.  Regbz.  Arnsberg,  von  Hagen  bis 
Gtevelsberg»  1 M.  lang,  von  der  Emper  durch- 
flössen und  von  der  berg.-märk.  Eisenbahn 
durchzogen,  voll  von  Fabriketablissements. 

Empi&am  L.  (Baueehbeere),  Pflanaen- 
gattung  der  Empetreen.  E.  nigmm  L., 
Krähenbeere,  niedriger,  heideähnlicher 
Strauch  in  Nordeuropa,  Nordasien  und  Grön- 
land, trägt  zur  Bildung  der  Torfmoore  bei. 
Beeren  geniessbar;  früher  offidnell. 

EmpfwignifM.  8.  Zeugung, 

EmphJlse  (gr.),  in  der  Rhetorik  nachdrück- 
liche Hervorhebung,  sur  Verstärkung  des 
Ausdrucks;  daher  emphatisch,  nachdmcksvoll. 

Emphraetiea  (gr.),  ausfüllende  Mittel, 
Gharpie,  Polster  etc.  [das  Ausstopfen. 

Emphraxis  (gr.),  Verstopfung  der  Genäse, 

EmphysSm  (gr.),  Windgesoliwulst ,  Lnffc- 
geschwulst,  Ansammlung  von  Luft  unter  der 
Haut;  entsteht  an  der  Brusthaut  besonders 
bei  Rippenbruch  und  gleichzeitiger  Iiungen- 
verletzung,  unter  der  Heilung  letzterer  von 
selbst  verschwindend;  auch  Folge  der  An- 
sammlung von  Zersetsungsgasen  bei  Brand. 
E.  der  Lungen,  s.  Lungenen^hysem, 

Emphytensis  (gr.),  das  vererbliche  nnd 
veräusserliohe  dingliche  Recht  an  einem 
fremden  fruchttragenden  Grundstück  auf 
vollständige  Benutzung  desselben,  mit  der 
Verpfliditung  zur  Entrichtung  eines  Zinses. 

Empirance  (fr.,  spr.  Angpirangs),  Ver- 
schlechterung; Herabsetzung  des  Münz- 
iVisses;  der  Schaden,  den  Waareu  unter- 
wegs nehmen. 


Empirie  -^  Endogeneae. 


668 


Empirie  (gr.)»  ßrünhrang.  SmpirUmua, 
Philosoph.  Sjrstem,  Wonach  alle  ErkeBntnlss 
•iiusig  und  aliein  aus  der  Erfahrung  abge- 
leitet werden  soll;  Empiriker,  dfe  diesem 
Systeme  huldigenden  Philosophen;  empi- 
ri§ehe  Wi—enaehaften,  diejenigen,  welche 
ihrer  Natur  nach  auf  die  Beobachtung  und 
Sammlung  des  Thats&cblichen  angewiesen 
sind,  wie  Naturkunde,  Geschichte  etc. 

länplaeeHMit  (fr.,  spr.  Angplasm&ng), 
Aufstellung  oder  Lage  eines  Gegenstandes. 

Einpl07^  (fir.,  spr.  Angploajeh),  Beamter, 
Angestellter.  Emploi  (spr.  -pl5a),  Dienst,  Amt. 

finporivm  (gr.),  Handels-  und  Stapelplats. 

Kmportemeiit  (fr.,  spr.  Angportming), 
Aufwallung,  Zorn.  [Emsigkeit,  Eifer. 

EmpreB§eiiient  (ftr.,  spr.   Angpresm&ng), 

EmproBt  (fi:.,  spr.  Angpröng),  Anleihe, 
Anlehen;  em^truntiren,  eine  Anleihe  machen. 

SmpgyclKMe  (gr.),  das  Eintreten  der  Seele 
in  den  Körper,  Beseelung. 

BmpySma  (gr.),  Ansammlung  von  Eiter  in 
der  Brusthöhle,  s.  BmtifeUenUündunff. 

EHpyrenm  (gr.),  nach  den  alten  Natur- 
philosophen der  oberste  oder  Feuerhimmel, 
Aufenthalt  der  Seligen;  daher  «mpyre^tBch, 
dem  £.  angehörig,  himmlisch,  liohtstrahlend. 

EmpyrenHUitlMli  (gr.),  brenslich. 

SuB,  Fluss  im  nordwestl.  Deutschland, 
entspringt  am  Südwestabhang  des  teutob. 
Waldes  unweit  Paderborn,  nimmt  rechts 
Haase  und  Leda  auf,  möndet  unweit  Emden 
in  den  Dollart«  Strömlinge  46  M.,  *ft  (yon 
Greven  an)  sohlifbar,  Stromgebiet  245  QM. 

EinSy  Marktfl.  und  her.  Badeort  im  prouss. 
Regbi.  Wiesbaden,  Kr.  ünterlahn,  im  Lahn- 
thale,  8  St.  Ton  Koblenz,  4473  Ew. ;  alkalisch- 
erdige Thermen  von  83~87o  R.,  Haupttrink- 
quellen: Kr&nchen-,  Kessel-,  Fürstenbrun- 
nen, dabei  Silber-  und  Bleibergwerk.  Vgl. 
DOring,  ,Die  Thermen  Ton  B.',  1869. 

Enwke  (Enueker),  Nebenfluss  des  Sheins 
in  Westphalen,  entspringt  am  Haardstrang, 
mündet  unterhalb  Buhrort,  IS  M.  lang. 

£H§er  Punktation«  die  Uebereinkunfk, 
welche  die  Ersbischöfe  und  Kurfürsten  Ton 
Mainx,  Trier  und  Köln  und  der  Ersbisohof 
▼on  Salsburg  su  Wahrung  ihrer  Rechte  der 
röm.  Kurie  gegenüber  85.  Au^.  1785  su  Ems 
schlössen,  erfolglos,  bes.  well  dieEnsbischöfe 
▼ersäumt  hatten,  die  Bischöfe  in  ihr  Inter- 

Bmtlo  (lat.),  Kauf.  [esse  jsu  sieben. 

Bmalsm  (Syriaptash  ■•  Amggddlin. 

SmvlslBeiiy  Fabrikate  der  Parfümisten, 
geben  mit  Wasser  ndlchartige  Flüssigkeiten 
und  dienen  a^m  Waschen. 

EmvlfliOBeBy  milchAhnliche  Flüssigkeiten, 
u.  swar  Samenemulsionen,  durch  Zerstossen 
und  Zerreiben  fetter  Samen  (Mandeln,  Mohn) 
mit  WaMer,  oder  Oelemulsionen,  durch  Ver- 
reiben TOD  Oel  mit  Gummi  und  Wasser  er- 
halten; dienen  als  Arxneien,  Schönheits- 
mittel etc.    Am  bekanntesten  Mandelmilch. 

Karilige  (gr.,  MeUroH»),  in  derShetorik 
die  Vertauschung  des  bestimmten  Ausdrucks 
gegen  den  unbestimmteren,  allgemeineren. 

BBMithimA  (gr.),  Ausschlag  auf  inneren 
(Schleim-)  Hauten. 

SafalMe,  Lands^  im  aussenrten  N.  tob 
FiBBlaad,  60  QM.,  inselretob. 


Eb  «tt«Bd«Bt  fr. ,  spr.  aa  attaagdang), 
in  Erwartung;  einstweilen. 

En  BTBBt  (fir.,  spr.  an  äwang),  Torw&rts. 

En  Moe  (fr.,  spr.  ang  block),  in  Bausch 
und  Bogen;  bes.  von  der  Parlamentär.  An- 
nahme von  Gesetxen  gebraucht,  bei  der  man 
von  ins  Einzelne  gehender  Debatte  absieht. 

EBeeiBte  (fr.,  spir.  Angs&ngt),  dieGesammt- 
heit  der  Werke  einer  Festung ;  Baupteneeinte, 
Hauptwall. 

EBcephalfti«  (gr.),  Himentzündung. 

Enoephalonuiiieia  (gr.),  Himerweichung. 

EBehanttreB  '  (fr.,  spr.  angschang-) ,  ent- 
zücken, bezaubern.  [tragen. 

EneliargireB  (fr.,  spr.  angscharsch-),  anf- 

£b  eher  (fr.,  spr.  ang  scheff),  alB  Befehls- 
haber. Haupt.  « 

EBeBiridlOB(gr.),  knrzgefasstesHandbuch . 

SBCke.  Johann  Franz,  Astronom,  geb.  83. 
Sept.  1791  in  Hamburg,  seit  1885  Direktor 
der  Sternwarte  in  Berlin  und  1844—63  Pro- 
fessor der  Astronomie  das.;  t  ^*  Aug. 
1865  in  Spandau.  Bestfanrate  die  Bahn  des 
Kometen  Ton  1680  und  des  von  Pons  1816 
entdeckten  («ncke»Ker  Kämet),  gab  Seit  1830 
die  , Astronom.  Jahrbücher'  heraus,  irer- 
öffentlichte  mehrere  Bande  astronom.  Beob- 
achtungen (seit  1840);  sehr.:  ,DIe Entfernung 
der  Sonne*  (1888—24,  8  Bde.);  ,Ueber  die 
Hansensche  Form  der  Störungen*  (1856) 
u.  A.    Biogr.  von  Brukna  (1869). 

Ebcobübbi  (gr.),  Lobrede. 

Eb  eoBiptruMB  (fr.,  spr.  ang  kongpa- 
rasong),  in  Vergleich.  [routhigen. 

Eneouragiren  (fr.,  spr.  angkurasch-),  er- 

EBcnBlam  (gr.),  das  kleine  Gehirn. 

SBeyeliea  (gr.),  Umlaufschreiben,  insbes. 
Eriass  des  Papstes  an  die  Erzbischöfe  etc. 

EBOyklopSdle  (engl,  auch  Oydopaedia), 
Buch,  welches  entweder  das  menschliche 
Wissen  seinem  ganzen  ümftmg  nach  {all' 
gemeine  B.),  oder  ein  besonderes  Gebiet 
(partiknlare  E.)  desselben  übersichtlich  be- 
handele systematisch,  d.  i.  nach  logischen 
Prlnci^ien  geordnet,  oder  alphabetisch 
(Realencyklopadie).  EncMopädikf  Wissen- 
Bchaftskunde.  EneyHopäditten ,  die  Mit- 
arbeiter an  Diderots  und  d'Alemberts  ,En- 
cyclop^die,  on  dictionnaire  raissonn^  des 
sciences,  des  arts  et  m6tiers*  (Par.  1751—72, 
88  Foliobände;  Snppl.  Amst.  1776—77;  Genf 
1777,  39  Bde.,  u.  öher),  namentl.  Grimm, 
Holbach,  Rousseau,  Turgot,  Voltaire,  Du- 
marsais  u.  A. ;  im  weitem  Sinne  alle,  welche 
die  in  dem  genannten  Werke  yertretenen 
Ansichten  in  Bezug  auf  Religion,  Ethik  und 
Staatslehre  theilten. 

EBdemlaehe  KraBkheiten,  bestandig  an 
einem  Orte  herrschende  Krankheiten,  be- 
dinget durch  besondere  Bodenverhältnisse, 
Nähe  Ton  Sümpfen  ete.  rWechselfieber). 

EBderuktiseie  Hetkoae,  bezweckt  Ein- 
Terleibung  von  Medikamenten  durch  die 
von  der  Oberhaut  befreite  Haut.  Man  ent- 
fernt dieselbe  durch  ein  Blasenpflaster  und 
reibt  das  Mittel  in  die  feuchte  Wunde  ein. 

EndlTle,  8.  Cichorium, 

EBdogeBeae^  Abtheilung  in  DecandoUes 
Pflanzensystem ,  entspricht  den  Monokoty- 
ledonen  tmssieus. 

86* 


564 


Endor  —  Enghien. 


Sador  (a.  G.)»  h»br.  Stadt  im  Stamme 
iBaschar,  wo  Saul  eine  Nekromantln  (Hexe 
vcn  £•)  befragte. 

Endoikop  (ffr.)»  chimrgisches  Instmment, 
welches  das  Innere  der  Harnblase  dem 
Ange  des  Arztes  direkt  zugänglich  macht, 
wird  wie  ein  Katheter  in  die  Harnblase 
gebracht  und  dann  entfaltet;  ist  dem  Kehl- 
kopftipiegel  ähnlich  konstrnirt. 

EndosmOBe  und  Exosmose,  die  Diffusion s- 
erschelnuugen,  welche  sich  zeigen,  wenn 
zwei  yerschiedene  Flüssigkeiten  durch  eine 
poröse  Scheidewand  von  einander  getrennt 
sind;  im  Thier-  und  Pflanzenleben  von 
grosser  Wichtigkeit. 

Endymlon,  Sohn  des  Zeus ,  nach  der  ge- 
wöhnl.  Sage  König  von  Elis,  ward  Ton  der 
von  seiner  Schönheit  entzückten  Selene 
nach  Karlen  auf  den  Berg  Latmos  entfahrt 
und  in  ewigen  Schlaf  versenkt. 

Ea  ^harpe  (fr.,  spr.  an  escharp),  in  schie- 
fer Richtung  (schiessen). 

Energie  (gr.),  Kraft,  Thatkraffc,  Nach- 
druck; energisch,  kraftvoll,  nachdrücklich. 

Enervatioii  (lat.),  Entkraftung. 

£n  esp^ce  (fr.,  spr.  an  espähs),  in  klin- 
gender Münze.  [angesehen. 

£n  flftee  (fr.,  spr.  ang  fahs),  von  vom 

Ell  fftmille  (fr.,  spr.  ang  familj),  im 
eneen  Familienkreise. 

Enfant  (fr.,  spr.  Angfang),  Kind.  E.  terriUe 
(spr. -Ibl),  Schrecken skind,  Siner,  der  Alles 
in  Angst  hält.  E.8  perdus  (fr.  -du),  verlorne 
Kinder,  Truppen,  welche  beim  Angriff  vor- 
anfgeschickt  vrBVden, 

^fllade  (fr^,  spr.  Angfilad),  Reihe  zu- 
sammenhängender Zimmer;  im  Kriegswesen 
Bestreichung  einer  feindlichen  Truppen- 
oder Fortifikationslinie  ihrer  ganzen  Länge 
nach.  Enßlement  (spr.  Angfilm&ng),  durch 
feiudl.  Feuer  bestrichene  Linie,      (flammen. 

Enflammiren  (fr.,   spr.   angflam-),   ent- 

EBfoncement  (fr.,  spr.  Angfongsmäng), 
Vertiefung,  Hintergrund  (von  Gemälden). 

£b  firont  (fr. ,  spr.  ang  frong) ,  im  ersten 
OUede,  in  der  Fronte,  im  Gegensatz  zu  in 
der  Kolonne  und  in  der  Flanke. 

Enftamiren  (fr.,  spr.  enfüm.),  einränchern. 

£nfleurage(fr.  Angflörahsch),  s.  Parfümerie. 

Engidin»  Alpenthal  im  süddstl.  Gran- 
bünden, in  nordöstl.  Richtung  bis  zur 
tiroler  Grenze  ziehend,  vom  Inn  durch- 
flössen, 18  M.  1.;  zerfallt  in  Oberengadin, 
5400'  h.  gelegen,  ein  schöner,  offener, 
mattenreicher  Thalgrund,  mit  den  Orten 
Silvaplana,  St.  Moritz  (Kurort),  Samaden, 
Bevers  u.  a.,  und  das  rauhere,  engere  und 
geschlossenere  Dhterengadin  mit.  Zemetz, 
Tarasp ,  Schuols  (Mineralquellen)  o-tc.  Die 
Engadiner  sind  roman.  Ursprungs  und  Pro- 
testant.; 7—8000  wandern  Jährl.  in  die 
Fremde,  um  sich  als  Kaufleute,  Zucker- 
bäcker etc.  Vermögen  zu  erwerben  und  dann 
heimzukehren.    Vgl.  ütpo».   Das  £.',  1857. 

EDgagement   (fr.,    spr.  Anggaschmäng), 

Verpflichtung,  Verbindlichkeit ;  Anwerbung, 

Dienstannahme;    Amt,    Dienst;    auch    Cte- 

echt;  engagiren,  anwerben,  sich  einlassen. 

EngastrUog  (gr.),  Ba^a-ucbrodner.  En 
strimanti  Bauchredner  und  Wahrsager. 


Engbrftftljrkeity  s.  JsfhtM. 

£]|gel  (v.  Gr.),  Bote,  Gesandter,  im  ral^g. 
Glauben  der  Juden  und  Christen  Boten 
Gottes.  Nach  der  erst  in  der  nachexUlsehen 
Zeit  wahrscheinl.  unter  pers.  Eiaflüssen 
ausgebildeten  Engellehre  (Angelologie)  bil- 
den die  E.  als  Vermittler  zwischen  Gott 
und  den  Menschen  einen  förmlichen  Hof- 
staat Gottes  mit  versolyedenen  Rangord- 
nungen, an  deren  Spitze  die  7  Snsengel 
(Michael,  Gabriel,  Raphael  etc.)  stehen.  Die 
E»gelverehrung  (AngtloUurie),  noch  im  4. 
Jahrh.  auf  einem  Koncil  zu  Laodioea  als 
Götzendienst  verworfen,  kam  mit  dem 
Bilder-  und  Heillgendionst  nach  und  nach 
in  Aufnahme  und  ward  auf  dem  2.  Koncil 
zu  Nicäa  (787)  kirchlich  sanktionirt.  Die 
Scholastik  unterschied  zwischen  gn>toii  m^d 
bösen  (gefallenen)  E.n.  Die  Reformation 
beseitigte  die  Engel  Verehrung  als  abgöttisch. 

Engel,  1)  Joh.  Jak.,  Schriftsteller,  geb. 
11.  Sept.  1741  zu  Parchim,  erst  Prof.  am 
joachimsthäler  Gymnasium  zu  Berlin,  dann 
Lehrer  des  nachmal.  Königs  Friedrich 
Wilhelm  Hl.,  später  Oberdirektor  des  ber- 
liner Theaters;  f  98.  Juni  1802  zu  Parchim. 
Verf.  des  Romans  ,Lorenz  Stark*  (1795)  und 
zahlr.  ästhet.  u.  populär- Philosoph.  Schrif- 
ten ,  z.  B.  ,Philosoph  für  die  Welt*  (1788), 
,Färsteusplegel*  (1798).  Gesammelte  Schrif- 
ten (neue  Aufl.  1851,  12  Bde.).  —  2)  Ertut, 
her.  Statistiker,  geb.  26.  März  1821  zu 
Dresden,  seit  1860  Direktor  des  Statist. 
Bureaus  zu  Berlin,  geh.  Oberregierongs- 
rath.  Sehr.  ,Jahrbnch  der  Statistik  and 
Staatswissenschaft*  (Bd.  1,  1853),  gibt  seit 
1860  die  ,Zeitschrift  des  statist.  Bureaus*, 
seit  1863  das  ,Jahrbuch  für  die  amtliche 
Statistik  des  preuss.  Staats*,  seit  1861  die 
,Preuss.  Statistik*  heraus;  sehr.  ,Die  Me- 
thoden der  Volkszählung*  (1861);  »Liand 
und  Leute  des  preuss.  Staats*  (1863)  n.  A. 
Ueber  das  von  Ihm  gegründete  stetist. 
Seminar  zu  Berlin  berichtete  er  in  einer 
bpsondem  Schrift  (1864). 

Engelberg  y  vielbesuchtes  Thai  im  Kant 
Unterwaiden  (ob  dem  Wald),  IM.  1.;  darin 
das  gleichnam.  Benediktinerklosier. 

Engel sbnrg,  s.  Rom. 

Engelsfiss,  s.  v.  a.  Polypodium  vulgare. 

Engelwurz,  s.  v.  a.  Angelica. 

Enger,  Marktfl.  im  preuss.  Regbi.  Min- 
den, Kr.  Herford,  1560  Ew.;  einst  Wohn- 
ort des  Sachsenherzogs  Wittekihd;  in  der 
alten  Kirche  (903  erbaut)  sein  Grab  mit 
Denkmal  (seit  1377).  Von  £.  führte  das 
Her zogth.  Engem,  der  mittlere  Thell  des  alten 
Sachsenlandes  (zu  beiden  Seiten  der  Weaer), 
den  Namen.  Jder  Pferdebremse. 

Engerling,   Larve  des  Maikäfers,  auch 

Engkien  (spr.  Anghiäng) ,  Ludwig  Anton 
Heinrich  von  Bourbon,  Herzog  von,  Sohn 
des  Prinzen  Ludwig  Heinrich  Joseph  von 
Cond6  (s.  d.  4),  geb.  2.  Aug.  1772  zu  Cban- 
tilly,  emigrlrte  1789,  trat  1792  in  das  Emi- 
gran teucorps  seines  Grossvaters,  des  Prin- 
zen Oond6,  und  lebte  seit  1804,  mit  der 
Prinzessin  von  Rohan-Rochefort  insgeheim 
vermählt,  zu  Ettenheim  im  Badischen  als 
Privatmann.     Auf    Befehl    Napoleons    14. 


England  —  Englische  Komödianten. 


565 


M&re  1804  verhaftet,  ward  er  nach  Vin- 
cennes  gebracht,  tot  ein  Kriegsgericht  ge- 
stellt, weil  er  die  Waffen  gegen  Frank- 
reich getragen  und  im  engl.  Sold  stehe, 
zum  Tod  vernrtheilt  und  81.  März  er- 
schossen. Die  schnelle  Vollziehung  des 
Urtheils  soll  Sarary  bewirkt  haben.  Des 
letBtern  Schrift  ,8ur  la  catastrophe  de  M. 
le  Duo  d*E.'  (1828) ,  welche  auf  Talleyrand 
einen  Theil  der  Schuld  ssu  wälzen  suchte, 
rief  über  20  Gegenschriften  hervor. 

England  (Anglia,   nach   den  Angeln   be- 
nannt), die  südl.  grössere  Hälfte  der  Insel 
Britannia  oder  Grossbritanniens,   mit  dem 
Vürstenthum    Wales    2743   QM.    gross    mit 
(1861)   20,066,224   Ew.   —    Die   JOUien    fast 
durchaus    steil,    aber    sehr  entwickelt  und 
buchtenreich,  daher  zahlr.  treffliche  Häfen. 
Der   Boden  im  W.   und  NW.    Gebirgsland 
(9/ft  des  Areals),  Im  O.  and  SO.  Ebene.    Ge- 
birge:   das   Beistand    ron   Oornwall    und 
Devon   (Brown  Willy   1364')   und   das  Ex- 
moorgebirge  (1706') ;  das  Gebirge  von  Wales 
(Snowdon  3590');   das  Bergland   von    Oum- 
berland    und    Westmoreland     (cambrische 
Gruppe,  mit  Scawfell  3229')  und  das  Peak- 
gebirge  (Grossfell  2987').    Das  Tießand  zer- 
fällt in  eine  westl.  Hälfte  (Steinkohlenfelder) 
und   eine   östl.   (fruchtbares  Getreide-  und 
Wiesenland).  —  Bewässerung  ausserordent- 
lich  günstig;    über    50    schiffbare   Vlüsse, 
unter  sich  verbunden  durch  zahlr.  Kanäle. 
Hauptstrom:  die  Themse;  ausserdem  Ouse, 
Humber,  Tees,  Wear  und  Tyne  zur  Nord- 
see; Avon,  Severn,  Dee  und  Mersey  im  S. 
und  W.     Zahlr.   und   schöne  Seen  (bes.  in 
Oumberland),  aber  klein ;  am  bedeutendsten 
der   Windermere.     Das    Klima   oceanisch; 
die  Winter  mild  und  kurz ,    Frost  von  12  o 
schon  selten,  die  Sommer  kühl,   Frühjahr 
und  Herbst  nass.    Regenmenge  im  W.  35", 
im  O.   25";   trüber  Himmel,   feuchte   Luft 
und  dicker  Nebel   häufig,   daher  das   satte 
Grün  der  Wiesen  und  die  Ueppigkeit  und 
niewelkende    Frische    der   Vegetation.    — 
Prodnkte:      Steinkohlen      (in      ungeheurer 
Menge;  10  Begionen  in  E.  u.  3  Kohlenfelder 
in  Wales,  Jährl.  Produktion  40  Mlll.  Ton- 
nen)  und   Eisen   (bes.   in  Stafford,   Shrop, 
York,   Derby,  Monmouth    und  Glamorg^an, 
Jährl.   über    3   MiU.    Tonnen);    ausserdem 
Kupfer  (Oornwall  und  Devon),  Zinn  (Com- 
wall),  Blei  (im  N.),  weniger  Graphit,  Zink, 
Galmel  und  etwas  Silber;  Gold  fehlt  ganz; 
dazu  grosse  Sehleferbrüche  (in  Cumberland 
und  Wales)  und   Salz   (bes.   in  Oheshire). 
Unter    den   Thierea    hervorzuheben:    das 
engl.   Pferd    und   die   engl.    Dogge;    Wild 
spärlich ,  Fische  sehr  reichlich ;  dazu  Wäl- 
der,  viel  Getreide  (bes.  Weizen)  und  Futter- 
pflanzen.    Die   Bevölkerung   ihrem   Haupt- 
bestandtheile  nach  celtisch-deutsch ;  im  O. 
das    germanische,    im    W.    das    celtische 
Element  vorherrschend.    Die  Bildung  der 
vornehmen  Stände  streng  wissenschaftlich, 
die  des   Volks   noch  sehr  im   Argen ,  da 
SchnUwang  fehlt.    Ber.  gelehrte   Schulen 
(Grammar  schools)   zu  Eton,   Winchester, 
Westminster,     Bogby;     4    Universitäten: 
Oxibrd  (10.  Jahrh.),  Oarabridge  (13.  Jahrh.), 


London  (seit  1836)   und  Durham  (seit  1845). 
Herrschende    Kirche:    die    anglikan.    oder 
Hoohkirche,  deren  Supremat  mit  der  SIrone 
verbunden    ist;    2    erzblschöfl.    Sprengel: 
Oanterbury  mit  20  und  York  mit  6  Bisthü- 
mem.    Bekenner  der  Hochkirche:  16,448,000 
(8I0/0);  ausserdem  2,788,500  protest.  Dissiden- 
ten (Methodisten ,    Baptisten    etc.),    929,500 
KathoL,  bes.  in  den  Fabrikstädten  (seit  1850 
Erzbisthum  Westminster  mit  12  Bisthümem 
und  ca.  100  Klöstern)  und  40,000  Israeliten. 
—  Die  HauptbeseMftigung  des  Volks  richtet 
sich    charakteristisch    nach     der    Landes- 
beschaffenheit:  Ackerbau  und  Viehzucht  im 
ebenen  und  fruchtbaren  S.  und  SO.,  Fabrik- 
betrieb und  Industrie  im  kohlenreiclien  Mit- 
tel-  und  Nordlande,  Bergbau  und  Hütten- 
wesen im  metallreichen  W.,  Schifffahrt  und 
Handel   in    den    Küstenstädten.     Ackerbau 
und   Viehzucht,  dazu  Gartenbau  und  Wiesen- 
kultur, in  vorzüglicher  Blnthe;  die  Grund- 
bearbeiter sind  entweder  Erbpächter  (Free- 
holder,  Freisassen)  oder  Zeitpäohter  (Lease- 
holder)   auf  7,  14,   21   etc.,   häufig   auf  99 
Jahre.    Ackerbauschulen  unbekannt,  dafür 
zahlr.  landwirthschaftl.  Vereine  und  Muster- 
anstalten.   Die  Industrie  überragt  an  Aus- 
dehnung, zum  Theil  auch  an  VortrefFlichkelt 
des  Produkts  jede  andere  der  Erde.    Fabrik- 
betiieb  am  wichtigsten  in  Wolle  (1860:  8280 
Fabriken  mit  3,471,781  Spindel o,  Mittelpunkt 
West-Riding   von  Yorkshire),   Baumwolle 
(Oeutrum   Manchester;   2715   Fabriken    mit 
28,352,125  Spindeln   und   407,598  Arbeitern, 
darunter  35,000  Kinder),  Seide  (761  Fabriken 
mit   1,305,910  Spindeln),    Flachs   und   Hanf 
(139  Fabriken  mit  344,572  Spindeln) ;  femer 
in  Eisen  und  Metall  (Oentrum  Birmiugham ; 
alle   Gattungen   von    Waaren    vom   rohen 
Gusseisen   bis   zu   den  feinsten  Stahl-  und 
Juwelierarbeiten);   bed.   auch   die  Produk- 
tion   von    Thonwaareo ,    Glas ,    Porzellan 
(Derby),  Leder,   Papier,  Bier  (Porter  und 
Ale)  etc.    Ueber  den  Handel  etc.    s.  Gross- 
britannien.   Eisenbahnen   Ende    1867:    2177 
M.   im  Betrieb   mit  33,398,222  Pfd.  St.  Ein- 
nahme;  Telegrapbenlinieu :    4779   M.    Auf 
und  an  den  Küsten  171  Lenchtthürme   und 
41  Leuchtschiffe.  —  Eintheilung  in  40  Graf- 
schaften (Shires)  und  seit  neuer  Zeit  in  11 
Bezirke  (Divisions):   1.  London,   2.  südöstl. 
Bezirk,  3.  südL  Binnenbezirk,   4.  östl.  Be- 
zirk, 5.  südwestl.  Bezirk,  6.  westl.  Binnen- 
bezirk,  7.  nördl.  Binnenbezirk,  8.  nordwestl. 
Bezirk,  9.  Yorkshire,  10.  nördl.  Bezirk,  11. 
Wales.  Hauptstadt  London.   Ueber  die  staat- 
lichen Verhältnisse,  Verfassung,  Finanzen, 
Armee,  Marine,  Kolonien,  geschiclitl.  Ent- 
wicklung etc.  s.  Grosabritannien. 

Englische  Fr&nlein  (EngOsschwestem), 
1)  Nonnenorden,  gestiftet  1534  in  Mailand 
von  der  Gräfin  Luise  Torelli  von  Guastalla, 
widmet  sich  vornehml.  der  Besserung  ge- 
fallener Frauen  und  Mädchen.  —  2)  Nonnen- 
orden ,  1609  in  York  von  Maria  Werda  f ö* 
Erziehung  und  Krankenpflege  gestiftet 
auch  in  Italien,  Frankreich,  Oesterreioh 
und  Bavem  verbreitet. 

Englische  Ofirten,  s.  JPark. 

Englische    Kornddianten»     GMellsobaft 


566 


Englische  Krankheit  —  Enkriniten. 


engl.  SchMispleler,  welche  sa  Anfang  des 
17.  Jfthrh.  Deutschland  durchzog  und  ihre 
Stücke  (8.  Th.  Shakespeare  nachgebildet) 
englisch ,  dann  auch  deutsch  aufifahrte. 

£BgU8eheKruilüielt(Rhachltis),Enocfaen- 
erkranknng  der  Kinder,  wobei  der  wach- 
sende Knochen  nicht  verkalkt,  daher  weich 
bleibt.  Es  bilden  sich  über  den  Gelenken 
Anschwellungen  (Ztotewueh»),  die  Röhren- 
knochen krümmen  sich,  das  Becken  wird 
eng,  die  Wirbelsäule  krumm,  der  Brustkorb 
seitlich  eingedrückt  (Hühnerbrust),  die 
Sch&delknochen  dick.  Die  Kinder  bleibenr 
klein:  bei  Mädchen  Oefahr  wegen  der  Er- 
schwerung späterer  Geburten.  Bedingt 
durch  allgemeine  Ernährungsstörung,  da- 
her beste  Kost,  ruhige  Lage,  frische  Luft. 
Allmähllge  Heilung  nach  mehreren  Jahren. 
Der  Name  stammt  daher,  dass  engl.  Aerzte 
zuerst  die  Krankheit  beschrieben  haben. 

IiBgUseher  GmiS,  s.  Ave  Maria. 

Engllflcher  Hehwelu^  mehrfoch  in  Eng- 
land beobachtete,  epidemisch  auftretende 
Krankheit,  die  unter  heftigen  nwrösen 
Erscheinungen  und  enormem  Schweissaus- 
bruch  auftrat  und  meist  bald  zum  Tode 
führte;  betraf  meist  gesunde  Leute  in  den 
mittleren  Lebensiahren,  wahrscheinl.  durch 
atmosphärische  Einflüsse  bedingt. 

Englisches  Gras,  weisse  feste  Fäden  für 
Angelschnüre,  die  in  Essig  gehärteten, 
dann  ausgezogenen  u.  getrockneten  Seiden- 
drüsen der  Seidenraupen;  Handelsart.  aus 
Ohina,  Spanien  etc. 

EngllseheB  Leder  (Satun,  Sati»et),  dich- 
tes, festes,  geköpertes  Baumwollengewebe 
mit  hartem  Kettengarn  u.  feinerem  Ein- 
schlag, hat  schwachen  Atlasglanz. 

Englisches  Pflaster,  mit  Hansenblase  be- 
strichener Taffet. 

Englische  Sprache  nnd  Literatur.  Die 
engl.  Sprache,  zu  den  german.  Sprachen  ge- 
hörend, ist  eine  Mischsprache,  deren  älte- 
sten Grundbestandtheil  das  Angelsächsische 
und  das  nächste  Element  das  normannische 
Französisch  bildet.  Sie  entstand  im  11. 
Jahrh.  mit  dem  Auftreten  der  Normannen 
in  England,  wurde  seit  Mitte  des  18.  Jiüirh. 
häufiger  zu  literar.  Produktionen  verwendet 
und  von  Eduard  HI.  (f  1377)  anstatt  des 
Normann.-Französ.  zur  Hof-  und  Lsndes- 
spräche  erhoben.  Ihre  festere  Begründung 
als  Schriftsprache  erfolgte  durch  die  Ueber- 
setzung  der  Bibel  (153ft);  zur  Zeit  Hein- 
richs VIU.  hatte  sie  im  Wesentlichen  bereits 
ihre  gegenwärtige  Gestalt  angenommen. 
Fortwährend  sich  bereichernd  durch  Auf- 
nahme fremder  und  neuer  Wörter  von  allen 
Seiten  her ,  bildete  sie  sich  insbesondere 
zu  einem  vorzüglichen  Mittel  des  allgemei- 
nen Weltverkehrs  aus  und  ward  die  räum- 
lich am  weitesten  verbreitete  Sprache  der 
Erde.  Die  reinsten  Mundarten  in  London 
und  Dublin;  unter  den  Volksdialekten  am 
bedeutendsten  das  Schottische.  Grammatiken 
von  Murray  (1796),  Sroum  (1861),  Fiedler  und 
Sache  (1861) ;  Wörterbücher  von  Johnson  (neue 
Ausg.  1866),  Worce$ter  (18i6),  Flügel  (1843), 
Lueae  (1867—68),  Hoppe  (.Supplementleodkon* 
1871),  Waiker  GPronouddng  diction/  1899). 


lieber  die  engl.  lAteraiur  und  Ihre  £b(- 
wloklnng  s.  Tabelle  S.  668  u.  569.  Lttarar- 
geschiehtl.  Hauptwerk  Wartona  (unvoll- 
endete) (Hist.  of  English  Poetry'  (bis  l^- 
Jahrh.  reichend,  4.  Aufl.  1840).  Vgl.  ausser- 
dem die  Werke  von  Cfollier  (1831,  über  die 
dramat.  Literatur),  Ohambera  (1848  f.),  Spal- 
ding  (deutsch  1854),  BaalÜt  (1868),  jimald 
(1868),  Hettner  (,Literaturgeschiehte  des  18. 
Jahrh.*,  1  Bd.,  8.  Aufl.  1866),  GäUeheiAerger 
(1861-62,8Bde.).8eAerr(18&4),.B<idk«er(1855). 

EngÜBches  lUeehMls  ( PreatoneaU) ,  be- 
lebendes Mittel  bei  Ohnmächten,  Hirsch- 
hornsalz oder  Salmiak  mit  Kalk  und  atwas 
äther.  Oel  in  gut  verschlossenen  Flaadien. 
Auch  Schwamm  in  Flaschen  mit  parfumirter 
Ammoniakflüssiekelt  getränkt. 

SngUsch  Ctowira,  NelkenpfefTer,  B,Pime$Ua. 

Englisch  Botk(Sitg€iroth,Ei»emroth)P&isen' 
oxyd  in  verschiedenen  Nuancen.  Indisch- 
roth  aus  natürlichem  bengalischen  Eisen- 
oxyd  bereitet,  feine  Malerfarbe;  ähnlich 
Persischroth.  Polirroth,  Todtenkogf,  Koiko- 
thar,  Oapmt  mortuum,  Rückstand  von  der  Be- 
reitung des  Vitriolöls,  Anstrichfarbe,  Polir- 
mittel,  ist  um  so  dunkler  und  härter,  je 
stärker  es  geglüht  war  (Goldroth,  Stahlroth, 
Eisen  violett).  Aehnliche  Präparate  sind  Che- 
mischroth, Neapel-,  Nümbeiger-,  Franao- 
sisch-,  Preussisch-,  Yandycks-,  Msjrshroth. 

English  HMrbonr  (spr.  Inglisoh-Harbör), 
wichtige  Hafen  -  und  Handelsstadt  auf  der 
brit.  Antilleninsel  Antigua. 

EngUsiren,  das  Durchschneiden  der  her- 
abziehenden Schweifinuskeln  der  Pferde, 
bewirkt  aufrechtes  Tragen  des  abgestutzten 
Schwelfes.  [tenüh),  in  festl.  Putz. 

En  grande  tenne  (fr. ,  spr.  ang  grangd 

Sngrelnre  (fr.),  Randverzierung  mit  rund- 
lichen Zäckchen,  Spitzenrand. 

En  gros  (fr.,  spr.  ang  groh),  im  Grossen 
oder  Ganzen;  Engroitt,  Grosshändler. 

Enhamonuch  (gr.,  Mus.X  8  Töne,  die,  von 
verschiedenen  Tonarten  abgeleitet,  auf  die- 
selbe Klangstufe  fallen,  s.  B.  die  und  «*. 

Enhjdrit  (Hydroehaleedon),  Ohaloedon  mit 
eingeschlossenen  Wassertropftn. 

Snif,  Stern  2.  Grösse  am  Maul  des  Pegasus. 

Enjambement  (fr.,  spr.  Angsohangb'mang), 
das  Uebergreifen  eines  Verses  in  den  nächst- 
folgenden ,  so  dass  der  Sohluss  des  ersten 
dem  Sinne  nach  keinen  Ruhepunkt  bildet. 

EnJen  (fr.,  spr.  Angschöh),  Spieleinsatz. 

Enkanstlk  (gr.),  Einbrennekunst;  Malerei, 
bei  welcher  das  Bindemittel  der  Farben  eine 
Art  Wachs  ist,  das,  durch  gelinde  Hitze  an- 
geschmolzen, der  Malerei  besondere  Schön- 
heit und  Daner  verleiht.  SnkauMeeh,  ein- 
gebrannt, mit  Wachsforben  gemalt.  Enka»- 
stiren,  mit  Wachs,  Stearin  etc.  jmprägniren, 
bes.  Gypsabgüsse  aus  Marienglü  (Elfenbein- 
masse der  Kunsthändler). 

EnUinysen  (spr.  -heusen),  Stadt  in  der 
niederländ.  Prov.  Nordholland,  am  Zulder- 
see ,  6686  (ehedem  über  40,000)  Ew. 

EnUaven  (lat.),  kleinere,  von  einem 
andern  Staat  rings  eingeschlossene  Theile 
eines  Staatsgebiets. 

Snkratie  (gr.),  Enthaltsamkeit.     • 

Enkriniten    (Encrinns    MiU,,    SUKlUmh 


Bn  ligne  —  En  töut. 


567 


Gattuog  der  HaaniterBe.  0«neine  Meerlilie 
(E.  lili&ormis  Sohl.),  nnr  fossil,  oft  massen- 
haft im  Muschelkalk  (Enkrinitenkalk),  doch 
meist  nur  in  einzelnen  Gliedern  (Boui&cias- 
pfennigre,  s.  d.)« 

En  Ugne  (Cr. ,  spr.  ang  llnj^) ,  Tmppen- 
aufstellung  in  langer  Liiüe,  bei  der  Infan- 
terie 3,  bei  der  Kavallerie  8  Mann  hoch; 
Gegensatz  Kolonnenaufste^lnng. 

En  masse  (fr. ,  spr.  ang  mass) ,  in  Masse. 

En  minlature  (fr.,  spr.  ang  mlniatur),  im 
Kleinen,  bes.  von  Porträts  gebraucht. 

Enna  (a.  G.),  Stadt,  s.  Gastro  Oiavanni. 

Enneutdrlsck  (gr.),  9männig,  von  Pflan- 
zen mit  9  freien  Staabge&ssen ;  daher  £n- 
neandria,  9.  Klasse  in  LInn6s  System. 

Enneberger  Thal  (Godenthal),  linkes 
Seitenthal  des  Pusterthals  in  Tirol,  von 
der  Rienz  durchflössen.  Hauptort  St.  Vigil. 

EnniuB,  QuitUus,  röm.  Dichter,  geb.  um 
240  v.  Chr.  zu  Rudiä  in  Kalabrien,  Schöpfer 
der  röm.  Kunstpoesie,  sehr.  Epen  (,Anna- 
iesS  Bruchstücke  davon  herausgeg.  von 
Vahlen  1854) ,  auch  Tragödien  n.  Komödien 
(Bruchstücke  herausg.  von  ßibbeck  1853). 

Ennnl  (fr.,  spr.  Annüi),  Langeweile^ 
ennu^ni  (spr.  annüjang),  lang^eüig. 

Enorm  (lat.),  übertrieben,  übermässig. 

En  pamre  (fr.,  spr.  ang  parür),  im  Staats- 
kleid, in  Gala.  [Vorbeigehen,  beiläufig. 

En  passant  (flr.,   spr.  ang  passang),  im 

En  profii  (fl*.,  spr.  ang-),  von  der  Seite  an- 
gesehen, [eck. 

En  qoarre  (fir.,  spr.  ang  karreh),  im  Vier- 

En  qnestion  (fr.,  spr.  ang  kestiong),  in 
Frage,  in  Rede  stehend. 

Enqndte  (fr.,  spr.  Angkäht),  Untersuchung, 
bes.  von  einer  aus  Mitgliedern  der  gesetz- 
geberischen Körperschaften  bestehenden 
Kommission  geleitete  öffentliche  Unter- 
suchung behufs  der  Instruktion  über  be- 
stimmte, durch  die  Gesetzgebung  zu  regelnde 
Fragen  und  Verhältnisse. 

Enrage  (fr.,  spr.  angrascheh),  wüthend, 
rasend;  für  eine  polit.  Richtung  leiden- 
schaftlich eiugenommen. 

En  regard  (fr.,  spr.  ang  regahr),  in 
Rücksicht.  [pfen  behaftet. 

Enrhfimirt  (fr.,  spr.  angrüm-),  mit  Schnu- 

Enrichiren  (fr.,  spr.  angrisch-),  bereichem. 

Ena  (Enn»),  Nebenfl.  der  Donau  in  Ober- 
österreich, kommt  von  den  radstädter 
Tsuern,  37  M.  1.  An  der  Mündung  der- 
selben Stadt  E.,  8784  Ew.;  Schloss  Eruegg, 

EnroIiren(fr.,  spr.  angrol-),  in  eine  Liste 
einschreiben,  anwerben;  Enrolement  (spr. 
AugrolmÄng) ,  Anwerbung ,  Verpflichtung 
zum  Kriegsdienst. 

EnsemMe  (fr.,  spr.  angsangbl),  ein  Gan- 
zes, dem  Detail  entgegengesetzt. 

raislfer  (lat.),  Schwertträger,  sonst  Titel 
des  Kurfürsten  von  Sachsen  als  Erz- 
marschalls. [Reihenfolge. 

En  wdte  (fr.,   spr.  ang  swit),  nach  der 

EntftsiB  (gr.),  Bauchung  an  Säulen. 

Ente  (Anas  L.)»  Gattung  der  Sehwimm- 
vögel. Biiamente  (fälschlich  türkische,  A. 
moschata  L,),  2Va',  aus  Brasilien  und  Pa- 
raguay, bei  uns  Hausthier.  Gemeine,  wilde, 
Spie^eleHte  (A.  Boschas  L.),  bis  2',  im  Nor- 


den, bei  uns  Strichvogel;  Stammmutter 
der  Hausente  (A.  B.  domestica  L.).  fi^iel- 
arten:  Bär-,  Schmal-,  Ross-,  Schild-,  weisse 
E.  Fuchs-,  Brandente  (A.  tadorna  L.),  2', 
an  den  enrop.  Küsten.  I^eifente  (A.  Pene- 
lope  L.),  IVa',  in  Nordeuropa,  bei  unsim  Win- 
ter. Knack',  Schnarrente  (A.  qnerquedula 
L.),  16",  im  Norden,  auch  bei  uns.  Krick- 
ente (A.  crecca  L.),  14—16",  im  Norden  der 
alten  Welt  bis  Nordafrika,  im  Winter  bei 
uns.    Alle  mit  schmackhaftem  Fleisch. 

Enteleohie  (gr.),  die  Kraft,  wodurch  etwas, 
das  als  Möglichkeit  (potentiell,  virtuell) 
vorhanden  ist,  in  die  Wirklichkeit  tritt 
(aktuell  wird),  so  bes.'  die  Seele,  als  die  die 
Materie  belebende  Kraft. 

Entente  (fr.,  spr.  Angtangt),  Sinn  (eines 
Worts) ;  Einverständniss ;  e.  eordiale,  herz 
liches  Einverständniss.  [Lemna 

Entengrütze 9  s.  v.  a.  Wassergrütze,   s 

Enteralgie  (gr.),    Eingeweideschmerzen 

Enterbung  9  vom  Erblasser  absichtl.  ver 
fügte  Ausschliessung  einer  Person  von  der 
Erbfolge,    zu   Welcher   dieselbe   ausserdem 
berechtigt   wäre.     Ueber   die   Zulässigkeit 
ders.  s.  Testament,  [geweide. 

Enteritis    (gr.) ,    Entzündung    der    Eln- 

Entem,  ein  fieludl.  Schiff  au  das  eigene 
heranziehen  und  mit  Enterhaken  und  Enter- 
dreppen  befestigen,  um  es  zu  erobern. 

Entf&lirung  (Crimen  raptus),  die  von 
einer  Mannsperson  mittelst  List  oder  Ge- 
walt verübte  widerrechtliche  WegführuQg 
einer  ledigen  oder  verheiratheten  Frauens- 
person gegen  desjenigen  Willen,  unter 
dessen  Gewalt  sie  rechtl.  steht,  und  zum 
Zwecke  der  Erzwingung  der  Ehe  oder  des 
Geschlechtsgenusses  mit  ihr;  nach  der 
deutschen  Partikulargesetzgebung  gewöhn], 
mit  mehrjähriger  Freiheitsstrafe  bedroht. 

Entgegengesetzte  Grossen ,  in  der  Ma- 
thematik solche  Grössen,  welche  vereinigt 
(durch  Addition)  sich  vermindern  oder  (bei 
gleichem  absoluten  Werthe)  ganz  auf- 
heben, als  positive  und  negative  durch  -f- 
und  —  bezeichnet. 

Enthelmlnthen^  Eingeweidewürmer. 

Enthnslasmns  (gr.),  Begeisterung. 

Enthymem  (gr.),  ein  durch  Weglassung 
eines  Vordersatzes  abgekürzter  Schluss. 

Entlastnngsbogen,  eine  in  einer  Mauer 
angebrachte  Wölbung,  welche  das  darunter 
befindliche  Mauerwerk  vor  dem  Druck  des 
darüberliegenden  schützen  soll. 

Entlibnch  (Entlebueh),  fruchtb.  Thal  im 
Kant.  Luzern ,  von  der  Enüe  und  Emmen 
durchflössen,  11  St.  L,  mit  dem  Dorf  E. 

Entmannung,  s.  Kastration. 

Entomologie  (gr.),  Insektenkunde. 

Entophytisch  (gr.),  innerhalb  lebender 
Pflanzen  sich  dhtwickelnd ,  z.  B.  schma- 
rotzende Pilze  (Entophyten). 

Entoplsch  (gr.),  einheimisch,  örtlich. 

Entostdsis  (gr.) ,  nach  der  Markhöhle  der 
Röhrenknochen  gebendeKnochengeschwulst. 

Entonrs  (fr.,  spr.  Angtuhr),   Umgebung. 

En  tont  (fr.,  spr.  ang  tuh),  im  Ganzen. 
En-tottt'Ca»  (spr.  -kah,  d.  h.  in  jedem  Fall), 
mittelgrosser  Schirm,  der  als  Regen-  und 
Sonnenschirm  dienen  kann. 


568 


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570 


Entoxismus  —  Epagöge. 


Emtoxtsiiiiu  (gr.)>  Veiglfkang. 

Entoaoen  (gr.)>  Eingeweidewürmer. 

Entreftcte  (fr.,  spr.  Angtr'akt),  Zwischen- 
akt; auch  Tonstück  für  einen  solchen. 

Entrechat  (£r.,  spr.  Angtr'scbah),  Krens- 
sprnng,  künsti.  Tanzsprung. 

Entiee  (ft-.,  spr.  Angtreh),  Eintritt,  Ein- 
gang; Vorzimmer;  Eintrittsgeld;  Voressen; 
Einleitnngssatz  bei  Koncerten. 

EntreineB(span.,  tr.  JEhitremets,  spr.  Angt'r- 
mäh) ,  Zwischengerichte;  Zwischenspiele; 
Festschauspiele  bei  Hoffesten,  Turnieren  etc. 

Entre  nous  (fr.,  spr.  angtr  nuh),  unter  uns. 

Entrepdt  (ft*. ,  spr.  Angtr'pob) ,  Waaren- 
niederiago,  bes.  eine  solche,  worin  die 
Waaren  vorläufig  unverzollt  lagern  und 
woraus  die  im  Inlande  nicht  verkauften 
gegen  Entrichtung  des  Durchgangszolles 
wieder  ausgeführt  werden  können. 

Entr^renenr  (fr.,  spr.  Angtrprenör), 
Unternehmer;  Entreprite  (spr.  Angtrprihs), 
Unternehmen. 

Entre  Bios.  Staat  der  argentin.  Konföde- 
ration, 2451  QM.  mit  (1»69)  134,235  Ew.  Die 
gleichnam.  Hauptst.  6050  Ew. 

Entresol  (fr.,  spr.  Angtrsol),  Halb-  oder 
Zwischengeschoss  zwischen  zwei  Stock- 
werken, gewöhnl.  zu  Wohnungen  für  die 
Dienerschaft,  als  Garderobe  etc.  benutzt. 

Entreteniren  (fr.,  spr.  angtr-),  unter- 
halten (durch  Unterredung  und  Unter- 
stützung); £'n<re<i«n  (spr.  Angtrtiäng),  Unter- 
haltung, Gespräch;  auch  Unterstützung. 

Entrevue  (fr.,  spr.  Angtrwüh),  Zusammen- 
kunft, Unterredung.  [unternehmen. 

Entrlren  (spr.  Angt-),  eingehen,   etwas 

Entropien  (gr.),  das  Einwartsstehen  der 
Augenlider,  veranlasst  durch  den  Beiz, 
welchen  die  nun  einwärts  stehenden  Här- 
chen auf  den  Augapfel  hervorrufen,  schwere 
Entzündung.    Heilung  durch  Operation. 

EntBetznng,  Befreiung  einer  Festung  von 
dem  sie  einscbliessenden  Feinde,  kann  be- 
wirkt werden  durch  Ueberschwemmnng 
der  Umgegend  oder  durch  Abschneidung 
der  Zu^hr  oder  durch  Gewalt  der  Wafifen. 

Entwässerung,  s.  Drainage, 

Entwlckelnng^krankheiten,  s.  Krankheit, 

Entwohnen,  s.  Stillen  der  Kinder. 

Entziehnngsknr,  s.  Hungerkur. 

Entzfindnng  (Inflammatio ,  Phlogosis), 
Krankbeitszustand  der  verschiedensten  Or- 
gane, bei  dem  es  durch  Blutüberfüllnng  und 
Austritt  von  Blutkörpem  zur  Röthe  (rubor), 
Schwellung  (tumor),  Hitzegefühl  (calor)  und 
Schmerz  (dolor ,  durch  Druck  auf  die  Ner- 
ven) kommt.  Im  Allgemeinen  gelten  diese 
Anzeichen  nur  für  äussere  Theiie,  während 
viele  E.en  innerer  Theiie  schmerzlos  ver- 
laufen. Stets  finden  Funktionsstörungen 
der  betr.  Theiie  Statt,  mitunter  nimmt  der 
ganze  Körper  an  der  Erkrankung  Theil 
und  Fieber  stellt  sich  ein..  Ausgang  der 
E.en  entweder  allmäblige  Aufsaugung  der 
ausgeschiedeneu  Stofi'e  (Resorption),  oder 
Eiterbildung,  oder  Vertroehnung  der  aus- 
geschiedenen Zellen  (sog.  Yerkäsung),  die 
zu  dauernden  schmerzlosen  Schwellungen 
führt.    Vgl.  die  einzelnen  Organe,    [gieiiea, 

EntzfininnsfBwicIrl^e  Mittel,  s.  AntipUo- 


Ennmeratlon  (lat.),  Anfisählang.    [chung. 

Ennnelation  (lat.).  Aussage,  Bekanntma- 

Ennresis  (gr.),  unwillkürlicher  Abgang 
von  Harn,  durch  Blasenlähmnng  bedingt. 

Enveloppe  (fr.,  spr.  Angwelopp),  Holle; 
in  der  Befestig^ingskunst  ein  zasammen- 
hängendes,  meist  aus  ein-  und  ausgehenden 
Winkeln  bestehendes,  das  Hauptwerk  Um- 
gebendes Werk. 

Envera  (fr.,  spr.  Angwähr),  Kehrseite. 

Environs  (fr.,  spr.  Angwirong),  die  Um- 
gebungen, [laufe,  im  Bufe,  beliebt. 

En  vogne  (fr.,  spr.  ang  wohk),   im  Ura- 

Envoi  (fr.,  spr.  AngwSa),  Sendung,  Gre- 
sandtschaft.  Envoyi  (spr.  angwöajeh),  Ge- 
sandter (zweiten  Rangs). 

Enf  0,  in  der  griech.  Mythologie  die  Göttin 
des  Kriegs,  Schwester  des  Ares,  Zwietrachts- 
stifterin,  mit  der  röm.  Bellona  ideutificirt. 

Eni  (Em),  Nebenfl.  des  Neckar,  komme 
vom  Schwarzwald,  nimmt  die  Nagold  anf, 
mündet  bei  Besigheim,  17  M. 

EnKlan,  s.  Qeniiana. 

Endo  (Entiui),  König  von  Sardinien, 
geb.  1225  zu  Palermo,  Sohn  Kaiser  Hein- 
richs n.  und  des  edeln  Fräuleins  Bianca 
Lancia,  treuer  Kampl^enosse  seines  Vaters, 
erhielt  infolge  seiner  Vermählung  mit 
Adelasia,  der  verwittweten  Beherrscherin 
von  Sardinien  und  Korsika,  den  Titel  eines 
Königs  von  Sardinien,  ward  zum  Statt- 
halter von  Italien  ernannt,  siegte  S.  Mai 
1241  bei  Meloria  über  die  geunesiscbe 
Flotte,  gerietli  in  der  Schlacht  bei  Fossaita 
(26.  Alai  1249)  gegen  die  Bologneser  in  Ge- 
fangenschaft, in  welcher'  er  15.  März  1272  f. 
Vrf.  Münch,  ,König  E.*,  1827. 

Ensootfe  (gr.),  das  durch  lokale  Ver- 
hältnisse veranlasste  Erkranken  des  Viehs. 

E.  o«,  abbr.  ex  officio  (lat.),  von  Amts 
wegen^  Dienstsachen  betrefifend  (auf  Briefen). 

£0€an,  s.  Tertüirgebirge. 

Eodem  (näml.  die,  lat.),  an  demselben, 
näml.  Tage;  eo  ipso,  ebendadurch. 

EStvOB  (spr.  -wösch),  Joseph,  Freiherr  wm, 
Ungar.  Schriftsteller  und  Staatsmann,  geb. 
3.  Sept.  1813  in  Ofen,  ursprüngl.  Jurist, 
nahm  dann  an  den  publicist.'  Kämpfen 
regen  Antheil,  ward  März  1848  Kultus- 
minister, verliess  aber  Aug.  d.  J.  das  Land 
und  Hess  sich  in  München  nieder,  kehrte 
1851  nach  Ungarn  zurück,  ward  1856  2. 
Präsident  der  Ungar.  Akademie;  seit  1867 
wieder  ungar.  Kultus-  und  Unterrichts- 
minister; t  8.  Febr.  1871.  Fruchtbarer 
Novellist  (bes.  geschätzt  ,Der  DorfnotarS 
deutsch  yon  Maüath19bl);  von  seinen  polit. 
Schriften  hervorzuheben:  ,Der  Eiufiuss  der 
Ideen  des  19.  Jahrb.  auf  Staat  und  Gesell- 
schaft* (deutsch  1852—54,  2  Bde.)  nnd  ,Dic 
Garantien  der  Macht  und  Einheit  Oester- 
reichs*  (4.  Aufl.  1859). 

Eos,  s.  Aurora. 

Eozoon,  fossile  Rhizopodengattung  in 
den  Kalksteinen  der  Urgneisformation  Nord- 
amerikas, Bayerns,  Böhmens,  Irlands,  seigt 
sich  als  Serpentin einsprengung  im  Kalk, 
von  Manchen  als  rein  mineralischoiis  nicht 
organischen  Ursprungs  betrachtet. 

Epa8;^e(gr.),Bowei8  durch  Jndaktion  («.<!.). 


Epagomenen  —  EpicykeL 


671 


EpagogH,  Zaubersprüche»  daher  ^^ctgogiteh, 
relzead,  yerfähreörisoh.  [£(obaltiage. 

Epacomwen    (gr. ,    die    Hlnsugefügten), 

EpMLten  (gr.),  in  der  Chronologie  die 
Zahlen,  welche  für  jedes  Jahr  das  Alter 
des  Mondes  am  Nei^ahrstage  angeben,  also 
anzeigen,  anf  den  wievielsten  Tag  vor 
dem  1.  Jannar  —  diesen  selbst  mitgerechnet 
—  der  letzte  Neumond  gefollen  ist.  Tgl. 
Ooldene  Zahl, 

Epanln^ndM,  der  grösste  Feldherr  und 
Staatsmann  der  Thebaner,  geb.  um  418 
V.  Ohr.,  Sohn  des  Polyranls,  wirkte  379  mit 
bei  Thebens  Befteiung  von  der  spaztan. 
Ctowaltherrsehaft,  schlug,  zum  Böotarchen 
ernannt,  871  die  Spartaner  bei  Leuctra, 
drang  370  in  Lakonien  ein,  organisirte 
Messenien  von  Neuem  als  Staat,  fiel  368, 
366  und  362  wieder  in  den  Peloponnes  ein, 
fiel  (Juni)  in  der  für  die  Thebaner  sieg' 
reichen  Sohlacht  bei  Mantlnea. 

Epuulipslfl  (gr.),  in  der  Rhetorik  Wieder- 
aufhahme  eines  durch  eine  Einschiebung 
unterbrochenen  Satzes. 

EpanOdw  (gr.),  in  der  Rhetorik  Wieder- 
holungzweier Satze  in  umgekehrter  Ordnung. 

Spurch(gr.),  Voi^setzter,  Befehlshaber; 
Statthalter  einer  Provinz;  daher  Eparchie, 
der  Verwaltungsbezirk  desselben,  auch  Dlö- 
cese ;  im  Königr.  Griechenland  Departement. 

Epanlemeiit  (fk*.,  spr.  Epohlming),  bei 
Belagerungen  Brdaufwurf  von  8—10'  Höhe, 
hinter  welchem  Kavallerie  aufgestellt  wird ; 
dann  eine  im  Festungsgraben  aufgeworfene, 
nicht  direkt  zur  Yertheidigung  mit  dem 
Gewehr  bestimmte  Brustwehr. 

Epauletten  (tr.j  spr.  Spol-,  Aehselaiüi^), 
Abzeichen  an  Militär-  und  Cüviluniformen, 
Klappen  von  Tuch,  Wolle,  Dressen  oder 
Metall,  auch  wohl  mit  Fransen  oder  sog. 
Raupen  (Bouillons)  versehen,  als  Abzeichen 
der  OfBziere  zuerst  in  der  franz.  Armee, 
dann  bei  den  meisten  übrigen  Armeen,  mit 
Ausnahme  der  Österreich.,  eingeführt. 

Epentkeiis  (gr.),  Einschaltung  von  Buch- 
staben oder  Silben  in  der  Mitte  der  Wörter; 
epeniheiueh,  eingeschoben,  eingeschaltet. 

Eperles  (spr.  -Kesch),  Hauptort  des  uugar. 
Komitats  Siros,  an  der  Tarcza,  8916  Ew. 

Eperaaj  (spr.  -nä),  Stadt  im  franz.  Depart. 
Marne,  an  der  Marne,  11,704  Ew.;  Haupt- 
stapelplatz der  Champagnerweine. 

Epezegcdi  (grOt  erklärender  Zusatz. 

Ephebini  (gri),  Jünglinge  vom  16.  bis  18. 
Lebensjahre.  Ephtbie,  der  Eintritt  in  die 
bürgerl.  Mündigkeit,  fand  nach  zurück- 
gelegtem 18.  Lebensjahre  Statt. 

Ephemer  (gr.),  was  nur  einen  Tag  dauert. 

EpliemSreii  (EintagBßiegen,  Safte),  In- 
sektengattung der  Neuropteren,  hauten  sich 
noch  als  ausgebildete  Insekten  und  leben 
als  solche  sehr  kurze  Zelt,  oft  als  Dünger 
benutzt,  die  Larven  als  Köder  (Uferaas). 
Qemeine  B.  (Ephemera  vulgata  L.J,  8^9"'. 
U/«raa8  (Pallugenla  horaria  L»),  ö— 6"^ 

Ephemeriten  (gr.),  Zeitungen,  Journale, 
bes.  astronom.  TaSsln ,  worin  die  Erschei- 
nungen des  Himmels  für  die  nächst  be- 
vorstehende Zeit  verzeichnet  sind.  Die 
ersten  von  Purbach  1460—61, 


Ephesns  (a.  G.),  eine  der  Jon.  ZwöUktädte 
und  bedeutendste  Handelsstadt  In  Klein- 
asien, mit  Hafen  und  ber.  Dianentempel. 
In  der  Römerzeii  Hauptstadt  KUinasiens; 
431  ökumen.  Koneü  und  449  sog.  JUktber- 
iynode;  jetat  ärml.  Dorf  (AJasluk). 

Epheu.  s.  Hedera, 

EpkÜitety  verrätherlscher  Grieche  aus 
Melos,  zeigte  den  Persem  480  v.  Chr.  einen 
Fusssteig  am  Oeta,  auf  welchem  sie  den 
bei  Thermopylä  unter  Leonidas  aufgestell- 
ten Griechen  in  den  Bücken  kamen;  ward 
geächtet  und  in  Antioyra  erschlagen. 

EphSren  (gr.),  Aufseher,  obrigkeitliche 
Behörde  In  Sparta,  zunächst  für  die  innere 
Staatsverwaltung,  später  auch  mit  der  Auf- 
riebt über  die  Jugenderziehung  betraut,  be- 
stand aus  5  aus  dem  Volk  auf  ein  Jahr  ge  wähl* 
ten  Mitgliedern ,  erhob  sich  alimählig  zur 
höchsten  Instanz  in  Sparta.  Epk6ru»,  Jetzt 
s.  V.  a.  Superintendent;  Ephorie,  Bezb'k 
eines  solchen;  EpJu>rat,  Amt  desselben. 

Ephraim^  einer  der  12  Stämme  der  Israe- 
liten, genannt  nach  Josephs  aweitem  Sohne, 
übte  bis  zu  Sauls  Regidrungszeit  eine  un- 
bestrittene Hegemonie  über  die  andern 
Stämme  aus,  erkannte  nach  Sauls  Tode 
Isboseth  als  rechtmässigen  König  an  und 
unterwarf  sich  nach  dessen  Ermordung  der 
Hegemonie  des  Reiches  Juda  unter  David, 
fiel  aber  nach  Salomos  Tode  von  Jerobeara 
mit  9  anderen  Stämmen  ab  und  bildete  das 
Reich  Israel  oder  E. 

Ephraimltein,  Spottname  für  die  von  den 
Juden  Ephraim  und  Itzig  im  7jähr.  Kriege 
geschlagenen  Gulden.  [rede. 

Epicedium  (gr.),  Leicheugedicht,  Leichen- 

Spieherem  (gr.) ,  Doppelschluss,  so  zu- 
sammengezogen, dass  der  den  andern  unter- 
stützende Schluss  als  Nebensatz  zwischen 
den  Vordersätzen  der  erstem  erscheint. 

Epieier  (fr.,  spr.  -sieh),  Gewürzkrämer. 

Eplconuin  (grO ,  Wort ,  welches  für  Mas- 
culinum  u.  Femininum  nur  Eine  Form  hat. 

Eplerisii  (gr.),  wissenschaftliches  Urthell 
über  Entstehung,  Entwicklung,-  Wesen,  Be- 
handlung und  Ausgang  einer  Krankheit. 

Epietety  röm.  Stoiker^  geb.  um  50  v.  Chr. 
in  Phrygien ,  lehrte  zu  Rom  bis  unter 
Hadrian.  Sein  Lehrsatz:  Ertrage  und  ent- 
behre I_  Werke  herausg.  von  Heyne  (1793). 

Epleunui,  griech.  Philosoph,  geb.  341 
V.  Chr.  zu  Gargettus  bei  Athen,  eröffnete 
um  305  in  seinem  Garten  bei  Athen  eine 
Schule ;  f  ^0.  Setzte  den  letzten  Zweck 
des  Lebens  in  ruhigen  Genuss  und  schmerz- 
losen Zustand  des  Gemüths,  nahm  2  ewige 
Grundursachen  alles  Daseins  an,  die  Atome 
als  untheilbare  vielgestaltige  Körper  und 
den  leeren  Baum,  hielt  die  Seele  als  aus 
Atomen  zusammengesetzt  für  sterblich.  Von 
E.s  Scliriften  ist  wenig  erhalten.  Epikuräer, 
ein  dem  Sinnengenuss  huldigender  Mensch. 

Epie7ema(gr.),  ungestaltete  zweite  Leibes- 
frucht, Mond-  oder  Mutterkalb.  Epicjßfie, 
s.  Veberickwängerung, 

Epieykel  (gr.),  bei  den  alten  Astronomen 
•in  Kreis,  in  dessen  Peripherie  sich  die 
Sonne,  der  Mond  oder  ein  Plai»et  bewegen, 
während  der  Mittelpunkt  des  Kx^im»  «albst 


572f 


Epicykloide  —  Epiphania. 


wieder  auf  der  Peripherie  eluee  anderen 
Kreises  fortrückt,  in  dessen  Mittelpunkt 
sieb  die  Erde  befinden  sollte. 

EpifjkloTde  (gr.) ,  Knnre ,  welche  ein 
Pnnkt  der  Peripherie  eines  Kreises  be- 
schreibt, der  sich  aaf  der  Anssenseita  der 
Peripherie  eines  anderen,  mit  jenem  in  der- 
selben Ebene  liegenden  Kreises  rollend 
fortbewegt.  Rollte  der  bewegliche  Kreis 
auf  der  inneren  Seite  der  Peripherie  des 
anderen,  so  beschreibt  ein  Punkt  der  Peri- 
pherie des  ersteren  eine  HypocyklcVde.  Uegt 
der  beschreibende  Pnnkt  ausserhalb  des 
Kreises,  so  bildet  er  eine  Terkürzte,  liegt 
er  innerhalb,  eine  yerlängerte  oder  ge- 
streckte £.  Die  Zähne  der  Kämme  an  den 
Maschinen  rädern  m&ssen  nach  E.n  geformt 
sein,  wenn  die  Maschine  einen  gleich- 
formigen  Gang  haben  soll. 

EpiaawrnSy  im  Alterthum  Hafenstadt  in 
Argolts,  am  saronischen  Busen;  prachtroUer 
Tempel  des  Aeskulap  (siiemlich  erhalten). 
J Btzt Dorf  Pidctvro  (Nea  Epidavro)  mit  Hafen; 
das.  1821  erste  griech.  National  Versammlung. 

Epidemie  (gr.),  auf  einige  Zeit  beschränk- 
tes massenhaftes  Auftretou  einer  Krankheit, 
im  Gegensatz  zuendemischer  Krankheit(s.d.). 
Die  meisten  E.n  sind  durch  direkte  oder 
durch  Luft,  Wasser  etc.  bedingte  Uebertra- 
gaug  des  Ansteckungsstoffes  von  einzelnen 
Kranken  aufGesande  entstanden,  daher  als 
wirksamstes  Mittel  zur  Vermeidung  von 
Cholera,  Pocken,  Typhus  etc.  strengstes 
fsoliren  der  betreffenden  Kranken  und 
namentlich  Desinfektion  ihrer  Auswurfs- 
stoffe  gelten  muss.  Alle  E.n  entwickeln  sich 
allmählig,  baldiges  Wechseln  des  Wohnortes 
daher  rathsam.  Bei  Pockenepidemien  om- 
pflehlt  sich  Wiederholen  des  Impfeus. 

Epidermis  (gr.),  Oberhaut,  s.  Haut. 

Epididjfmls  (gr,),  Nebenhoden,  der  hintere 
und  obere  Theil  des  Hodens. 

Epidote,  isomorphe  Mineralien  aus  der 
Klasse  der  wasserfreien  Amphoterolithe, 
bes.  PUtacit,  Eisenepidot,  grünes  Kalk- 
eisensilikat in  Norwegen,  Italien ,  Sachsen, 
.Schweden  etc.,  dient  als  Zuschlag  beim 
Schmelzen  der  Eisenerze. 

Epigamle  (gr.).  Nach-  oder  zweite  Heirath ; 
das  gegenseitige  Heirathsrecht  unter  den 
Bürgern  zweier  Staaten;  auch  das  Heirathen 
aus  einem  Stande  in  den  andern. 

El^gMtrlam  (gr.) ,  obere  Bauchgegand. 

EpigiOttis  (gr.),  Kehldeckel,  zum  Ver- 
schluss des  Kehlkopfs.  EpigloUUia,  Kehl- 
deckel entzündung. 

Epigömem  (gr.),  Nacbgebome,  vorzugs- 
weise die  Söhne  der  7  gegen  Theben  ver- 
bündeten und  im  Kampfe  bis  auf  Adrastas 
gefallenen  grlech.  Helden.  Sie  unternahmen, 
um  den  Fall  ihrer  Väter  zu  rächen,  10  Jahre 
später  einen  neuen  Zug  gegen  Theben  und 
schlugen  dessen  Bewohner  so,  dass  sie 
ihre  Stadt  verliessen.  Der  Krieg  der  E. 
Gegenstand  der  epischen  Poesie,  auch  von 
den  Tragikern  bearbeitet.  In  der  Literatur 
Diejenigen,  welche  sich  bloss  die  Aufgabe 
stellen,  die  Ideen  Ihrer  epochemachenden 
Vorgänger  weiter  zu  verarbeiten. 

Epl8mimm(gr.),  Aufschrift,  z.B.  auf  Kunst- 


werken, meist  in  Distichen  abgefitast;  dann 
inschriftartiges  Sinngedicht,  bei  den  Römern 
bes.  Ton  Martial  ausgebildet  und  vorsugs- 
weise  satirisch;  deutsche  Epigranunatücer: 
F.  V,  Logau,  Chr.  Wsmiche  im  17.,  LetHng, 
Kästner,  Hang,  QottheM.  BchüUr  im  18.  Jahrh. 
u.  A.  Die  zahlr.  grlech.  E.e  wurden  im 
byzant.  Zeitalter  in  ,Anthol<:^en'  rereinigt. 

Epigrilphe  (gr.).  Auf-  oder  Inschrift,  Sinn- 
spruch, Denksprucb.  Epigraphik ,  Insohrif- 
teukunde,  eigne  Disciplin,  weiebe  das  Ver- 
ständniss  und  die  wissen schaflliche  Ver- 
wendung der  aus  dem  Alterthume  auf  uns 
gekommenen  Inschriften  lehrt.  Epigra- 
phiache  Seite,  bei  Münzwi  die  Seite*  auf  der 
sich  Bild  and  Schrift  befinden. 

Eplgymlseh  (gr.),  oberweibig,  wenn  Kelch 
und  Blumenkrone  höher  als  der  Vrnoht- 
knoten  stehen. 

Spiiemma  (gr.),  Einwurf,  den  ein  Redner 
sich  selbst  macht,  um  ihn  zu  widerlec^en. 

Epilepsie  (gr. ,  FaUeuchl) ,  chroniscbe 
Nervenkrankheit  von  meist  unbekannter 
Ursache,  periodisch  auftretende,  1—10  Min. 
dauernde  Krampfanfiille  mit  vollständigem 
Schwund  des  Bewusstseins.  Meist  geht 
den  Aufallen  eine  Vorahnung  (aura)  voran, 
oft  werden  Lippen  und  Zunge  zerbissen, 
Schaum  tritt  vor  den  Mund.  Selten  Gene- 
sung, doch  vielfach  Besserung;  oft  erblich; 
selten  Todesfälle  durch  den  Anfall.  Epi- 
leptische Mütter  dürfen  ihre  Kinder  nicht 
selbst  stillen.  Behartdlung:  Abhalten  aller 
Reize,  Regelung  der  Verdauung  etc.;  An- 
wendung von  Bromkaliura,  Atropln ,  des 
konstanten  elektrischen  Stroms. 

EpiloMnm  L.  (  Weidenröschen,  Weiderich), 
Pflanzengattuug  der  Onagreen.  £.  angusti- 
folium  L.,  Fetierkraut,  8t.  AiUoniutkraul,  in 
Nordenroi>a,  Nordasien,  Wurzeln  und  Kraut 
geniessbar,   früher  oflficinell    (kuril.  Tliee). 

Epilog  (gr.).  Nach-  oder  Schiassrede, 
bes.  nach  einer  dramat.  Auffüfarong. 

Epimenldes,  Priester  und  Seher ,  aus 
Onossus  auf  Kreta ,  angeblich  Sohn  einer 
Nymphe  Balte,  ward  594  v.  Chr.  nach 
Athen  berufen  und  machte  hier  viele  nütz- 
liche Einrichtungen,  bes.  im  Knltusvresen, 
soll  als  Jüngling  in  einer  Höhle  40  und 
mehr  Jahre  geschlafen  haben  (vgl.  Goethes 
Dichtung  ,Des  E.  Erwachen'). 

EpimethevB,  Sohn  des  Japetus  und  der 
Clymene,  Bruder  des  Prometheus,  ver- 
mählte  sich  trotz  der  Warnungen  des 
letztern  mit  Pandora  und  bewirkte  da- 
durch, dass  ans  der  Buchse  derselben  ein 
zahlloses  Heer  von  Plagen  aller  Art  die 
Menschen  überströmte. 

Epinal,  Hauptst.  des  franz.  Depart.  Vo- 
gesen,  an  der  Mosel,  11,870  Ew.;  11.  Okt. 
1870  nach  kurzem  Gefechte  von  den  Deut- 
schen (14.  Corps)  besetzt. 

Epineox  (fr.,  spr.  -nöh),  domig;  miss- 
lich ;  Epinoaität,  Schwierigkeit,  Mlsslichkelt. 

Epinikion  (gr.).  Siegesfest,  Siegeslied. 

Epiphania  (gr.),  Erscheinung,  bes.  eines 
Gottes ;  in  der  christl.  Kirche  die  Erscheinung 
des  Heilandes,  deren  Fest  (Spiphani«»/€$i) 
am  6.  Jan.  gefeiert  wird  (auch  JPesf  dr 
heil,  drei  Könige). 


Epiphora  —  Equisetnm. 


573 


BpijMrm  {er.)f  Nftch-  oder  ScltlQMsats; 
Endlinie  mehrerer  Satse  mit  denselb.  Worten. 

Epiphfib  (gr.,  AnwueJu),  Name  der  Kno- 
chenenden,  welche  durch  Knorpel  mit  der 
Mitte  der  Knochen  (JHaphy$U)  verbanden 
sind  und  das  Längs wachstham  der  Knochen 
ermöglichen.  Die  E.  verschmilzt  nach  voll- 
endetem Waohsthnm  ganz  mit  dem  Knochen. 

Eplplerosis  (gr.)f  krankhafte  VoUblütig- 

Epipldon  (gr.),  Netz  (s.  Baueh).         [keit. 

Epiras,  Iiandsch.  des  alten  Hellas,  der 
südl.  Theil  des  heutigen  Albanien,  mit  dem 
akroceraunischen  Gebirge  und  den  Flüssen 
Acheron  und  Oocytus.  Hauptst.  Dodona. 
Bewohner  dem  pelasgischen  Volksstamme 
angehörig  (Sf  olosser  im  NO.,  Chaoner  im  NW. 
und  Thesproter  im  S.)>  wenig  gebildet.  Lange 
Zeit  selbständig  unter  eigenen  Herrschern ; 
berühmtester  König  Pyrrhus.  Seit  168  n.  Chr. 
röm.  Prov.,  im  13.  Jahrh.  besonderes  Des- 
potat,  1^2  von  den  Türken  erobert,  deren 
JochSkanderbegl447  abschüttelte;  seitdessen 
Tod  1466  wieder  türk.  Provinz.  Vgl.  Merle- 
her,  ,Das  Land  u.  die  Bewohner  von  £.*,  1841. 

Eplsarcldlam  (gr.),  Hautwassergncht. 

Epische  Poesie,  eine  der  4  Hanptgattungen 
der  Poesie,  die  poetische  Darstellung  von 
Handinngen  und  Begebenheiten  in  erzäh- 
lender Form.  Untergattungen:  l)Da8eigentl. 
Epo8  (Epopöe,  Heldengedieht) ,  die  poet. 
Darstellung  eines  grössern  Zusammenhangs 
bedeutender  Ereignisse,  die  von  heroischen 
Charakteren  ausgehen,  zerfallend  in  a)  das 
VolksepoM,  welches  die  im  Volke  selbst  ent- 
standenen und  bewahrten  Sagen  in  volks- 
thüral.  Form  bearbeitet  (z.  B.  Ilias ,  Nibe- 
lungenlied, Cid  etc.);  b)  das  Kufutepo$,  das 
von  einem  einzelnen  Dichter  geschaffen 
und  nach  Kunstregeln  gestaltet  wird,  heroi- 
schen (z.  B.  Eschenbachs  ,ParcivaP,  Wie- 
lands «Oberon*,  Camoens  ,IiUSiadenS  Arlosts 
und  Tassos  Dichtungen),  religiösen  (KIop- 
stocks  ,Mes8iasS  Miltons  , Verlornes  Para- 
dies*) oder  komischen  und  humorist.  Inhalts 
(Immermanns  ,Tulltäntchen%  Byrons  ,Don 
Juan*);  c)  das  Thierepoa  (Reineke  Fuchs). 
2)  Die  kleineren  Dichtungen  epischen  Cha- 
rakters: Idyll,  Ballade  und  Romanze,  poet. 
Erzählung,  Legende,  Roman  u.  Novelle  etc. 

Episcdpns  (gr.),  Bischof;  «.  in  partibut 
(näml.  inßdeUum),  Bischof,  dessen  Diöcese 
unter  der  Herrschaft  der  Ungläubigen  steht. 

Eplslmn  (gr.),  Bchamlefise. 

Eplskopil  (gr.),  was  zum  Bischof  oder  zu 
dessen  Amt  gehört.  Episkopalen, 'BUchcitMchej 
die  Anhänger  der  anglikan.  oder  bischöfl. 
Kirche,  im  Gegensatz  zu  den  Presbyteria- 
nem.    EpiskopcMirche,  anglikan.  Kirche. 

Episkopalsystem  ,  im  tom.  -  kathol.  Kir- 
chenrecht diejenige  Theorie,  wonach  die 
höchste  kirchliche  Gewalt  in  der  Gksammt- 
heit  der  Bischöfe  beruht  und  der  Papst  als 
der  erste  unter  Gleichberechtigten  (primus 
inter  pare$)  unter  der  Autorität  Jener  als 
der  Repräsentanten  der  ganzenKirche  steht; 
Gegensatz  zum  Bxpahyatem  (s.  d.) ;  in  der 
Protestant.  Kirche  «Uejenige  Ansicht,  wonach 
die  bischöfl.  Gewalt  auf  den  Landesherrn 
übergegangen  und  dieser  Oberhaupt  der 
Landesldrehe  sein  soll. 


Episkopit,  Blsthum,  Bischofsamt. 

EpIsSde  (gr.),  der  zwischen  den  Chor- 
gesängen  gesprochene  Theil  der  antiken 
Tragödie;  im  Epos,  Roman  etc.  jede  ein- 
geschaltete Nebenpartie,  die  keinen  wesent- 
lichen Bestandtbeil  der  Haupthand  luug 
bildet ;  überhaupt  Abschweifung  vom  Haupt- 
geR:enstand ;  daher  epitodiach,  eingeschoben. 

Epispftdi&iis  (gr.),  männliches  Individuum^, 
bei  dem  als  angebomer  Fehler  die  Harn- 
röhre auf -dem  Rücken  des  Penis  offen  ist 
(Epiipadismtia,  durch  Operation  heilbar). 

EpuBpMtica  (gr.),  blasenziehende  und 
Eiterung  befördernde  Mittel,  bes.  Crotonöl, 
Brechweinsteinsalbe,  spanische  Fliegen. 

Eplspermiam  (gr.),  Samenhülle. 

Epistel  (gr.),  Brief;  auch  poet.  Send- 
schreiben; spedelle  Bezeichnung  der  im 
N.  T.  enthaltenen  Briefe  der  Apostel,  sowie 
der  zu  Predigttexten  auagewähltenAbschnitte 
derselben.   Epiatolographie,  Briefstellerei. 

Epistolae  obscttromni  Tiromm  (lat.,  d.  i. 
Briefe  von  Dunkelmännern),  Titel  einer 
Sammlung  satir.  Briefe  in  sogen.  Küchen- 
latein, welche  das  Treiben  der  Obskuranten- 
partei geisein;  Reuchlin, Erasmus u. Hütten 
zugeschrieben  (neue  Ausg.  von  Böcking  1858). 

Episyllogismng  (gr.),  Nachschluss,  ein 
solcher  Schluss,  der  zu  einem  andern  hin- 
zukommt, indem  man.  den  Schlusssatz  des 
ersteren  zum  Vordersätze  des  zweiten  macht. 

EpitApUnHl  (gr.),  Grabschrift;  Grabmal.* 

EpithaUmlnm  (gr.),  Hochzeitslied. 

Epithelimn  (gr.)*  s.  Baut. 

Epitheton  (gr.),  Beiwort. 

Epitkymie  (gr.),  eigenthümlicher  Appetit, 
bes.  schwangerer  Frauen. 

EpitSme  (gr.),  Auszug  aus  einem  Werke; 
kurzer  Inbegriff  einer  Wissenschaft. 

Epiaenxis  (gr.),  rhetor.  Figur,  bestehend 
in  der  Wiederholung  desselben  Worts  des 
Nachdrucks  wegen. 

Epixoen  (gr.),  Thiere,  welche  auf  und 
von  andern  Thieren  leben  (Läuse  etc.). 

Epoche  (gr.),  Haltpunkt,  bes.  in  der  Chro- 
nologie Zeitpunkt,  von  welchem  ein  Um- 
schwung in  der  geschieht!.  Entwickeluug 
beginnt,  sowie  auch  der  Ausgangspunkt 
einer  Aera  (s.  d.).  In  der  Astronomie  die 
mittlere  heliocentrische  Länge  der  Planeten 
in  ihren  Bahnen  zu  einer  gegebenen  Zeit. 

Epode  (gr.),  Beschwörungsgesang;  (Ab- 
gesang)  der  auf  die  Antistrophe  folgende 
Schlussgesang  der  altgrieoh.  Chorlieder ;  Art 
lyr.  Gedichte,  in  denen  auf  einen  jamb. 
Trimeter  ein  kürzerer  jamb.  Vers  folgt. 

EpomeO  (]lf<mte  S.  Nicola),  erloschener 
Vulkan  anf  Isohia,  2S68'  h.;  unter  seinem 
Gipfel  der  Badeort  Casamicciola. 

Epos,  s.  Epiache  Fbeaie. 

Eppich,  Sellerie,  Epheu,  Scharbockskraut. 

Epsom,  engl.  Flecken,  3  H.  südl.  von 
London,  4890  Ew.;  ehemals  besuchter  Bade- 
ort.   Im  Mai  grosses  Pferderennen. 

Eques  (Mehrz.  eguites),  Reiter,  Ritter» 

Equipage  (flr.,  spr.  Ekipahsch),  Gepäck, 
Reisegerätli ;  Pferde  und  Wagen;  Offizier»' 
ausrüstung;  Besatzung  eines  Schiffs. 

Eqnlsetum  L.  (Sekaehtelhalm),  Pflanzen- 
gsttung  der  kryptogamischen  Equisetaceen, 


574 


Erasmns  —  Erbreclit. 


sehr  reich  an  Kiesels&nre.  E.  arvense  L,, 
Aekertchachieihalm ,  EatMenw«del,  Sekeuer- 
kraut,  In  Europa,  Nordaalen,  Nordafrika, 
dient  snm  Schenem  von  Metall;  B.  bie- 
male  L,,  Tisehleraehaehtelhalm ,  Polirheu, 
EUm  Gl&tten  von  Holzarbeiten. 

Erunw,  Deaideritu,  ber.  Humanist,  geb. 
38.  Okt.  1467  zu  Rotterdam,  verweilte  seit 
1497  in  England  nnd  bes.  in  Italien,  ward 
von  Heinrich  VIII.  als  Prof.  der  griech. 
Sprache  nach  Cambridge  bernfen,  seit  1521 
in  Basel ;  f  d<^s>  ^S*  J^^i  15S6.  Aasgezeich- 
net durch  grü^ndliohe  Gelehrsamkeit,  Ge- 
schmack und  treifenden  Wita,  bahnte  durch 
Bek&mpfnng  der  scholast.  Barbarei  der 
Reformation  den  Weg  an,  obwohl  er  mit 
Luther  keine  Gemeinschaft  hatte.  Lieferte 
Ausgaben  mehrerer  Klassiker,  des  griech. 
N.  T.s  und  sonstige  philolog.  und  theolog. 
Schriften,  von  denen  die  ,Oolloquia*  (Amst. 
IföO  u.  öfter)  u.  das  ,Encomium  moriae'  (d.  h. 
Lob  der  Dummheit)  die  bekanntesten  sind. 
Werke  am  vollständigsten  herausgeg.  von 
Lt<Aere  (Leyd.  1703—6,  10  Bde.).  Biographie 
von  JirOOer  (1828).  Vgl.  über  ihn  GlaHu» 
(1850),  Stichard  (1870). 

ErltOy  Muse  der  lyrischen,  bes.  exotischen 
Poesie,  singend  u.  tanzend  mit  der  Kithara 
in  der  Linken  dargestellt. 

Eratottlieiies,  griech.  Gelehrter,  geb.  276 
V.  Ohr.  zu  Gyrene  in  AfHka,  Aufseher  der 
alexandrin.  Bibliothek;  f  1^*  Um  die 
Astronomie  durch  Beobachtung  der  Schiefe 
der  Ekliptik  zu  SSo  57'  15'%  um  die  Geome- 
trie durch  seine  Arbeiten  über  die  Dupli- 
kation des  W&rfals  und  die  Primiahlen  ver- 
dient. Fragm.  heransg.  von  Bemhardy  (1822). 

Erbachy  Stadt  in  der  hess.  Prov.  Starken- 
burg, an  der  Mümling,  2357  Ew.  Residenz- 
schloss  der  Grafen  von  E.-E. ;  In  der  Be- 
gräbnisskapelle  die  Särge  Ef^hards  nnd 
Emmas ;  Antiken  Sammlung. 

Erbfimter,  im  deutschen  Reiche  theils 
erbliche  Vikartate  (BeiehserbänUer),  theils 
Nachbildungen  der  Srzämter  (s.  d.),  näm- 
lich Hofämter,  die,  seit  Kaiser  Konrad  II. 
von  Reich  Bfnrsten  nach  dem  Muster  der 
4  Erzämter  des  Reichs  errichtet  nnd  mit 
Pfründen  dotirt,  seit  dem  12.  Jahrh.  in  ge- 
wissen Familien  erblich  wurden,  mit  dem 
Aussterben  der  damit  beliehenen  Familien 
zum  Theil  aufhörten,  zum  Thefl  aber  auch 
von  Neuem  entstanden.  Dergl.  E.  finden 
sich  gegenwärtig  noch  in  den  österr.  Erb- 
ländem,  in  Preussen,  Bayern  seit  1808 
(Reichskronämter) ,  In  Würtemberg  und  in 
Braunschweig. 

Erbfolge  (Suceession),  im  Privatrecht  das 
Eintreten  in  den  Nachlass  eines  Verstor- 
benen, sowie  das  Recht  zu  diesem  Eintritt 
(s.  ErbreeJU)}  im  öffentl.  Rechte  der  Ueber- 
gang  der  höchsten  pollt.  Gewalt  durch 
Vererbung.  Nach  der  jetzt  in  allen  civili- 
sirten  monarch.  Staaten  bestehenden  Pri- 
mogeniturordnung  geht  der  erstgebome 
Sohn  der  erstgebomen  Linie  allen  andern 
Familiengliedem  vor,  und  beim  Aussterben 
der  ältesten  Linie  sucoediren,  wieder  unter 
Bevorzugung  dos  Erstgebornen  und  dessen 
Linie,  die  Descendenten  des  iweitäitesten 


Stammeserben.  Ausserdem  wird  die  männ- 
liche oder  agnattsehe  VerwaadtselMtil  be- 
vorzugt, entweder  mit  völliger  Aus- 
schliessung des  weibl.  Geschlechto  ^  wie  in 
Belgien,  oder  mit  Zurücksetzung  desselben 
hinter  die  männlichen  Verwandten»  so  dass 
z.  B.  die  männliche  Descendenz  des  awei- 
ten  Sohnes  der  weiblichen  Desoendeaa  des 
erstgebomen  Sohnes  vorgeht  lukd  Frauen 
mit  ihrer  .männlichen  Descendeos  erst 
beim  gänzlichen  Aussterben  des  Manns- 
stammes  snccediren.  Nur  in  einigen  Staa- 
ten (England,  Russland,  Spanien  und  Por- 
tugal) snccediren  Frauen  (koff»att»che  E.), 
Jedoch  in  der  Weise,  dass  innerhalb  der- 
selben Linie  der  männliche  Desoendent  dem 
weiblichen,  z.  B.  der  jüngere  Bruder  der 
älteren  Schwester  Vorgeht,  die  Tochter  des 
älteren  Bruders  dageg^en  vor  dem  sweiten 
Bruder  und  dessen  Söhnen  (Königin  Victoria 
von  England)  succedirt.  Der  Thronfolger 
muss  stets  atis  einer  rechtmässigen ,  in 
Deutschland  auch  aus  ebenbürtiger  Ehe 
stammen.  [sich  im  Gtadolinit  findet. 

Erbl«m.  Metall,  dessen  Oxyd  (ErMnerde) 

Erblandej  Länder,  welche  ein  Fürst  kraft 
der  Erbfolge  überkommen  hat,  bes.  solche, 
welche  schon  seit  längerer  Zeit  im  erbl. 
Besitz  einer  Dynastie  sind  und  deren  Ver- 
hältniss  zu  später  hinzu  erworbenen  Terri- 
torien durch  gewisse  staatsrechtiUohe  Be- 
stimmungen normirt  ist,  so  Kursachsen  mit 
Ausnahme  der  Oberlausitz,  die  deutseh- 
österreich.  Länder  im  G^gensats  su  Ungarn. 

Erblichkeit,  im  Rechts wesen  Im  Allge- 
meinen die  nach  den  Grundsätzen  des  Erb- 
rechts sich  bemessende  Uebertragbarkeit 
des  Eigenthums;  in  der  Medidn  die  eigen- 
thümlidie  Erscheinung,  dass  gewisse  Krank- 
heiten (Tuberkulose,  Syphilis,  Bluterkrank- 
heit, Geisteskrankheiten)  der  Eltern  oder 
Grosseltem  bei  den  Kindern  wiederkehren. 

Erbpacht  9  mit  dem  Charakter  des  ding- 
lichen Rechts  versehenes  erbliches  Nutaungs- 
recht  mit  beschränktem  Verfügungsrecht  u. 
der  Verpflichtung,  beim  Antritt  einen  Srb- 
pachtschilling  und  Jähriich  einen  bestimm- 
ten Pachtzins  zu  aahlen,  begründet  ein  in 
der  Familie  des  Pachters  forterbendes 
Nutzungsrecht,  muss  aber  bei  Veränderun- 
gen in  der  Person  des  Obereigenthümers 
oder  Erbpachters  erneuert  und  dabei  von 
letzterem  ein  Laudemium  entrichtet  werden. 

Srbreeken  (Vomltus),  die  plötaliche  Snt- 
leerung  des  Magens  nach  oben,  eingeleitet 
durch  gesetzmässiges  Nacheinanderwirken 
bestimmter  Muskeln.  Veranlassung  bietet 
Reisung  der  Gaumenschleimhaut  oder  der 
an  der  Eingangsöffuung  (cardia)  des  Magens 
gelegenen  Nerven  bei  Ueberfüllung  des- 
selben. Nach  Art  des  Erbrocdienen  unter- 
scheidet man  Schleim-,  Blut-,  Qallen-, 
Kothbrechen ;  letzteres  (Miserere)  bei  Ver- 
schluss tieferer  Barmtheile.  Akutes  £.  bei 
vorübergehender  Reizung,  chronisches  bei 
Magenkrankheiten,  bes.  ohron.  Katarrhen. 
Erbrecht,  im  subjektiven  Sinne  s.  v.  a. 
Erbfolge,  im  objektiven  Sinne  der  Inbec^ff 
der  Rechtsgmndsätae,  welche  sich  auf  den 
Uebergang    der    Hinterlaaaenacbalt    eines 


£tbse  —  Erde. 


57Ö 


Verstorbeneti  auf  Andere  beziehen.  (Gegen- 
stand dee  li.s  ist  die  Erbschaft,  d.  h.  das 
gesammte  Besitzthnm  eines  Menschen,  in- 
soweit es  bei  seinem  Tode  dnrch  £.  anf 
Andere  übergehen  kann.  Das  Erbfolgerecht 
gründet  sich  entweder  anf  den  Willen  des 
Verstorbenen  (testamentarische  Erbfolge) 
oder  im  Mangel  einer  letztwilligen  Ver- 
fügung anf  das  6-esetz  (Intestaterbfolge) 
oder  anf  Vertrag  (s.  Erbvertrag).  Die  testa- 
mentarisehe  Erbfolge  bemht  auf  dem  Recht 
einer  physischen  Person,  zu  testiren,  d.  h. 
einen  letzten  Willen  zu  errichten  und  dar- 
über Verfögung  zu  erlassen,  was  nach 
ihrem  Tode  insbes.  in  Betreff  ihres  Ver- 
mögens geschehen  soll.  Die  Ansprüche 
der  nächsten  Blutsverwandten  sichert  das 
Kotherhrecht  gegen  die  Willkür  oder  Un- 
selbständigkeit des  Testators  durch  die 
Bestimmung,  dass  den  Descendenten  und 
in  deren  Ermangelung  den  Asoendenten 
selbst  in  dem  Falle  einer  Testaments- 
errichtung, wenn  nicht  gesetzliche  Gründe 
zu  ihrer  völligen  Ausschliessung  vorhanden 
sind,  ein  bestimmter  Theil  des  Nachlasses 
(Pßichttheil)  gewährt  werden  muss.  Das 
Intestaterbfolgerecht  beruht  in  der  Regel 
anf  Blutsverwandtschaft.  Die  Reihenfolge, 
in  welcher  die  Blutsverwandten  zur  Erb- 
schaft berufen  sind,  wird  nach  dem  Grade 
der  Verwandtschaftsnähe  bestimmt.  Das 
positive  Recht  und  das  römische  Recht 
weichen  in  Aufstellung  der  Verwandtschafts- 
grade zwar  mehrfach  von  einander  ab, 
stimmen  aber  im  Wesentlichen  darin  über- 
ein, dass  sie  zunächst  die  Glieder  der 
engeren  Familiengemeinscbaft,  also  den 
überlebenden  Ehegatten  und  die  Abkömm- 
linge, letztere  zu  gleichen  Theilen,  für  erb- 
berechtigt erklären,  und  zwar  so,  dass  die 
entfernteren  Abkömmlinge  (Kindeskinder) 
mit  den  näheren ,  welche  unmittelbar  mit 
dem  Erblasser  verwandt  sind,  theilen;  da- 
bei, sowie  wenn  bloss  entferntere  Abkömm- 
linge vorhanden  sind,  gilt  die  Erbfolge 
nach  Stämmen,  so  dass  die  entfernteren 
Abkömmlinge  den  fhrbthell  erhalten,  den 
diejenigen  erhalten  haben  würden,  durch 
welche  sie  mit  dem  Erblasser  verwandt 
sind.  Sind  keine  Abkömmlinge  vorhanden, 
so  fällt  die  Erbschaft  an  die  Bitern  und 
Voreltern  und  an  die  Geschwister  des  Erb- 
lassers, und  in  deren  Ermangelung  an  die 
übrigen  Seitenverwandten  desselben. 

Erbse  (Pisum  L.) ,  Pflanzengattung  der 
Leguminosen.  Ackererbse,  wilde  E.  (P.  ar- 
vense  L.),  in  Südeuropa,  yielleicfat  Stamm- 
pflanze der  gemeinen  E.  (P.  sativum  L.); 
Unterarten:  Zwergbrockelerbse  (P.  humlle 
lers.),  Brockeierbse  (P.  sativum  JPere.,  Koch), 
Doldenerbse  (P.  nmbellatum  Per$.),  Lu- 
pinenerbse (P.  quadratum  Pers.) ,  Zucker- 
erbse (P.  sat.  saccharatum  Hort.),  in  zahl* 
reichen  Varietäten  knltivirt;  die  Samen 
dienen  als  Gemüse,  enthalten  93,4  ProteVn- 
stoffe  (bes.  Legumin),  52,7  Stärkemehl,  9 
Fett,  0,»  Phosphorsäure. 

BlrMeii8tel]i(Pj*o(»<ftJ,  krystallln.  kohlen- 
saurer Kalk  in  runden  gelben  bis  bräunl. 
Stücken,  als  Absatz  kalkhaltiger  Quellen. 


firbsiiiid«,  TtMAi,  der  Kircheulehi'e  die 
durch  den  BüAdenfkll  entstandene,  durch 
die  Zeugung  über  alle  Menschen  gleich - 
massig  verbreitete  Verderbnisä  der  mensch- 
lichen Natur,  infolge  deren  der  Mensch 
zürn  Guten  gänzlich  untüchtig,  zum  Bösen 
geneigt  u.  deshalb  der  Strafe  des  leiblichen 
und  ewigen  Todes  verfallen  ist. 

Erbtochter,  die  nächste  Verwandte  eines 
Gutsbesitzers,  welche  nach  Erlöschen  des 
Mannsstammes  zur  Nachfolge  kommt  und  das 
Erbrecht  auf  ihre  Nachkommen  überträgt. 

Erbnnterthinigkeit,  s.  Leibeigennchaft. 

ErbTerbrfidemng,  Vertrag,  wodurch  sich 
zwei  oder  mehrere  regierende  fürstliche 
Familien  für  den  Fall  des  Aussterbens  der 
einen  das  wechselseitige  Erbrecht  zusichern. 
Nach  dem  jetzigen  deutschen  Staatsrecht 
ist  zu  AbSchliessung  einer  E.  die  Einwilli- 
gung der  Agnaten  und  Stände  nothwendig. 

Erbvertrag,  Vertrag,  wodurch  Rechte  und 
Verbindlichkeiten  in  Bezug  auf  den  künf- 
tigen Nachlass  einer  noch  lebenden  Person 
festgestellt  werden. 

Erbzlns,  jährliche  bestimmte,  in  Geld 
oder  in  Naturalien  bestehende  Abgabe, 
welche  entweder  von  einem  mit  Eigen- 
thumsrecht  übertragenen  Grundstück  oder 
gegen  Ueberlassung  eines  Kapitals  für 
ewige  Zeiten  von  einem  Grundstück  ver- 
sprochen und  von  dem  Besitzer  des  letzteren 
jährlich  zu  zahlen  ist.  Mit  einer  solchen 
Reallast  belegte  Güter  (Erbzinsgiiter)  gelten 
wohl  als  Elgenthum  des  Bebauers,  sind 
aber  kein  vollständiges. 

ErcUla  j  ZnSiga,  Don  Al/onso  de,  span. 
Dichter,  geb.  7.  Aug.  1533  in  Madrid,  nahm 
an  den  Kämpfen  der  Spanier  in  Chile  Theil ; 
t  1595  in  Madrid.  Verf.  des  Epos  ,La 
Araucana*  (1569—90;  deutsch  YonWinierling 
1831),  das  Jene  Kämpfe  in  GhÜe  (gegen  die 
Araukaner)  verherrlicht. 

Erde,  der  von  uns  bewohnte  Weltkörper, 
ein  Glied  des  Sonnensystems,  und  zwar  der 
3.  der  innem  oder  sonnennahen  Planeten, 
im  Mittel  20,708,000  M.  von  der  Sonne  ent- 
fernt. Gewalt  der  E.  kugelförmig  (Beweise  : 
1)  Kreisform  des  Horizonts;  2)  hohe  Gegen- 
stände werden,  von  Weitem  erblickt,  zuerst 
mit  dem  obem  Theile  sichtbar;  3)  Erdum- 
segelungen von  O.  gen  W.  und  umgekehrt ; 
4)  bei  Reisen  von  N.  gen  S.  sieht  man  stets 
neue  Gestirne  über  den  Horizont  treten 
und  sich  dem  Scheitelpunkt  nähern ;  5)  runde 
Gestalt  des  Erdschattens  bei  Mondfinster- 
nissen), aber  nicht  vollkommen  kugeÜormig, 
sondern  sphäroi'disch ,  d.  h.  an  den  Polen 
abgeplattet  (Beweise  dafür:  1^  Unterschied 
der  Meridiangrade,  die  vom  Aequator  nach 
den  Polen  hin  an  Grösse  zunehmen,  ermit- 
telt durch  Gradmessungen ;  9)  Unterschied 
der  Erdanziehung,  ermittelt  dnrch  Pendel- 
versuohe  am  Aequator  und  in  den  Polar- 
gegenden). —  Grösse  der  Erdaxe  1713,197 
M.,  des  Aequatordurchmessers  1718,87^  M. ; 
Umfang  des  Aequators  5400  M.,  der  eines 
Meridians  5391  M.  Oberfläche  der  Erde 
9,961,838  QM.;  Abplattung  1^4;  Kubikin- 
halt 9650  MiU.  Kubikraeflen  (ca.  S45,986mal 
weniger  als  die  Masse  der  Sonne);  Gewicht 


576 


Erdapfel  —  Erdöl. 


ca.  9000  TrUUonen  Oir.  Dichtigkeit  der  £. 
5,68in»l  grösser  als  die  des  Wassers.  —  Die 
Bewegung  der  £.  eine  doppelte:  1)  in  24  St. 
von  W.  nach  O.  lun  ihre  Axe,  welche  der 
Sonnenaxe  nicht  parallel,  sondern  in  einem 
Winkel  von  23Va®  gegen  sie  geneigt  ist  (Bo- 
tation);  Folge  derselben  die  4  Tageszeiten, 
welche  an  einem  und  demselben  Tage  für  die 
östl.  Gegenden  früiier  eintreten  als  för  die 
westlichen;  2)  in  365  Tagen  5  St. ;  48',  48"  um 
die  Sonne  (Bevolution);  und  zwar  in  einer 
länglich  rundeu  oder  elliptischen  Bahn  (Erd- 
baJm,  Ekliptik);  daher  nicht  immer  gleiche 
Entfernung  der  E.  von  der  Sonne  (im  Perihe- 
lium  20,356,000,  im  Aphelium  21,052,000  M.), 
Länge  der  Ekliptik  ca.  130  Mill.  M.,  wovon  die 
E.  im  Mittel  4,1  M.  in  der  Sekunde  zurück- 
l^t  (im  Perihelium  raschere,  im  Aphelium 
langsamere  Bewegung) ;  Folge  der  Revolution 
in  Verbindung  mit  der  schiefen  Stellung  der 
Erdaxe:  die  Abwechslung  der  Tageslängen 
und  der  Jahreszeiten,  da  sich  bald  die  nördl., 
bald  die  südl.  Halbkugel  der  Sonne  zukehrt, 
während  die  Erdaxe  stets  nach  derselben 
Himmelsgegend  gerichtet  bleibt.  —  Einthei- 
lung  der  Erdoberfläche  in  5  J^onen,  deren  Be- 
grenzung die  beiden  Wendekreise  und  die 
Polarkreise  bilden:  a)  ftei^se  Zone  (Tropen-, 
Aequinoktionalgegend)  zwischen  den  2 
Wendekreisen,  vom  Aequator  halbirt,  mit 
gleicher  Nacht-  und  Tageslänge  und  nur  2 
Jahreszeiten:  eine  trockne  (trop.  Sommer) 
und  eine  nasse  (trop.  Winter  oder  liegen- 
zeit,  letztere  im  N.  vom  Aequator  in  unser 
Sommer-,  im  S.  In  unser  Winterhalbjahr  fal- 
lend) ;  b)  2  gemäesigte  Zonen  (nördl.  u.  südl.), 
jede  zwischen  einem  Wendekreis  und  dem 
nächsten  Polarkreis,  mit  veränderlicher 
Tages-  und  Nachtlänge  (längster  Tag  13—24 
St.)  und  4  Jahreszeiten ;  c)  2  kalte  Zonen 
(nördl.  und  südl.),  Kugelabschnitte,  deren 
Mittelpunkt  ein  Pol  und  deren  Umgrenzung 
der  nächste  Polarkreis  bildet,  mit  2  Jahres- 
zelten (langer,  strenger  Winter  und  sehr 
kui'zer,  oft  recht  warmer  Sommer);  längster 
Tag  und  längste  Nacht  24  St.  bis  6  Mon. 
Im  Allgem.  kommen  40o/o  der  Erdoberfläche 
auf  die  heisse,  52o/oauf  die  beiden  gemälssig- 
ten,  8o/o  auf  die  2  kalten  Zonen.  —  Von  der 
gesammten  Erdoberfläche  (9,261,000  QM.)  ist 
ein  Gebiet  von  140,000  QM.  um  den  Nordpol 
und  von  396,000  QM.  um  den  Südpol,  im 
Ganzen  536,000  QM.,  noch  nicht  erforscht. 
Bekanntes  Gebiet  also :  8,725,000  QM. ;  davon 
kommen  auf  die  Meeresfläche  ca.  6,282,000 
QM.  (72  o/o),  auf  die  Landfläche  2,443,000  QM. 
(28 o/o);  von  letzterer  kommen  wieder  auf 
die  Kontinente  2,280,000  ,  auf  die  Inseln 
163,000  QM.  (ca.  Vu).  Auf  der  östl.  Halbkugel 
liegt  2i/4mal  so  viel  Land  als  auf  der  westl., 
und  auf  der  nördl.  3mal  so  viel  als  auf  der 
südl.  —  Zahl  der  Menschen  auf  der  E.  ca. 
1376  Mill. ;  absolut  in  Asien  805,  Europa  295, 
Afrika  191,  Amerika  81,  Auiiti-alien  4  Mill.; 
relativ  (d.  h.  in  Bezug  auf  Volksdichtig- 
keit) auf  1  QM. :  in  Europa  1657,  Asien  988, 
Afrika  351,  Amerika  109,  Australien  25,  auf 
der  ganzen  bekannten  Landfläche  etwas 
über  563  Menschen  (vgl.  das  Kärtchen  J?e- 
viUktrungtdicbtigkeU  der  Erde), 


ürdapfely  B.  V.  a.  Kartoffel ;  auch  Erdbirne. 

Erdbeben,  Erschütterungen  eines  grossen 
oder  kleineren  Theils  der  Erdmasse,  welche 
sich  nach  den  allgemeinen  Gesetzen  'der 
Wellenbewegung  fortpflanzen;  sind  theils 
vulkanischen,  theils  neptunischenUrspmngs. 
Im  letzteren  Falle  verursachen  unterirdische 
Wässer  durch  Lösung  von  Gesteiusmassen 
Auflockerungen,  Hohlräume,  Verschiebun- 
gen, Einstürze,  Erschütterungen.  Die  Ab- 
hängigkeit der  E.  von  Sonne  und  Mond  ist 
nicht  erwiesen.  E  im  Herbst  und  Winter 
zu  denen  im  Frühling  und  Sommer  =z:  4 : 3. 
Man  uotirt  auf  Vt  der  Erdoberfläche  Jährlich 
60—100  £.  mit  2  — öOOO  einzelneu  StÖBsen. 
Vgl.  Volger ,  ,E.  in  der  Schweiz'.  1856  —  57, 
3  Bde.;  Mcdlet  (1858);  FucJm,  ,Vulkan.  Er- 
scheinungen*, 1865. 

Erdbeeräther,  Fmchtäther,  besteht  aus 
Essigsäureäthyl-,  Essigsäureamyl-  u.  Bttttar- 
säareäther,  dient  zu  Konfitüren. 

Erdbeerbamu,  s.  Arbutus. 

Erdbeere,  s.  Fragaria. 

Erdbime,  s.  HeliantJiua  tuberosum. 

Erdbohrer,  Voi-richtuug,  um  tiefe  Löcher 
in  die  Erde  zu  treiben,  zur  Untersuchung 
der  Schichten ,  zur  Darstellung  artesischer 
Brunnen  etc. ;  besteht  aus  deih  schneiden- 
den oder  meisselartig  durch  Stoss  und 
Schlag  wirkenden  Bohrer,  dem  G«st«Jige 
aus  Holz-,  Eisenstangen  oder  einem  Seil 
und  dem  Kopfstück  zur  Bewegung  dea  Boh- 
rers. Durch  Kind  sehr  verbessert.  Vgl. 
Beert  ,Erdbohrkunde',  1858;  DegouB6e  nnd 
Laurent,  ,Anwendung  des  E.sS  1862. 

ErdbrSnde,  in  Brand  gerathene,  oft  Jahr- 
hunderte lang  unter  der  Erde  fortbreunende 
Kohleuflötze. 

Erdeichel,  b.  Arachia. 

Erden,  Oxyde,  welche  in  Wasser  unlös- 
lich sind,  auf  Pflanzenfarben  nicht  rea^^ren 
und  sich  mit  Kohlensäure  nicht  verbinden. 
Vgl.  Mk^ische  Erden. 

Erdfall,  8.  V.  a.  Bergsturz,  bes.  trichter- 
förmige Einsenkung  der  oberen  Erdschichten- 
Erdferne,  s.  Apogäum. 

Erdfloh  (llaltica  Fabr.),  Gattung;  der 
Blattkäfer  (s.  d.),  zerflressen  Samenlappen 
und  die  ersten  Blätter,  100  deutsche  Ar- 
ten; überwintern.  Gegenmittel:  Aussäen 
von  Kresse;  Begiessen  der  Saat  mit  Wer- 
muthabkochung  oder  Bestreuen  mit  Kalk- 
chausseestaub,  [theer,  Bernstein  etc. 

Erdharze,  Mineralien  wie  Asphalt,  Berg- 

Erding,  Stadt  in  Oberbayern,  an  der 
Sempt,  2515  Ew.  Am  rechten  Isarufer  von 
Vöhring  bis  Moosburg  das  erdinger  oder 
freisinger  Mao»,  6  M.  1.,  IV*  M.  br. 

Erdkobalt,  Kobaltmanganerz,  schwarz, 
amorph,  bei  Saalfeld,  Kamsdorf,  dient  xur 
Blaufarbenfabrikation. 

Erdmandel,  s.  Cyperu». 

Erdnahe,  s.  Perigäum. 

Erdnusg,  s.  Lathyrue  itü>eroeue  und  Oarum. 

Erdöl,  verschiedenartige  Giemische  flüssi- 
ger Kohlenwasserstoffe,  welche  in  allen 
Formationen,  von  der  untersilurisohen  bis 
zur  tertiären  auftreten,  findet  sich  in  Nord- 
amerika, Siebenbürgen,  GsJizien,  bei  Baku, 
in  Italien,  Frankreich,  auf  Trinidad,  Zante, 


Erdpech  —  Erich. 


577, 


in  VeneBvela,  Hinterindien,  China  eto.,  ist 
ein  Zersetznngsprodnkt  organischer  Sub- 
stanzen. Liefert  bei  der  Destillation:  Bhi- 
Kolen«,  äusserst  flüchtig,  siedet  bei  80 o  C., 
Anästhetllnim ;  JPetroleumSther ,  siedet  bei 
900,  Heilmittel  gegen  Rheumatismus;  Ben- 
Min,  siedet  zwischen  80  — 180«  0.  (gibt  kein 
Anilin);  desgl.  Ligrcitn  für  die  LigroVn- 
lampen;  Qcadene  oder  Serosdene,  f&r  die 
atmosphär.  Gasapparate ;  künstl.  Terpentinöl, 
Surrogat  des  natürlichen,  siedet  von  120— 
150«  C;  LeuchtU,  KeroHn,  FäraffinÄl,  raffi- 
nirtea  E.,  ßttroleum,  spec.  Qte\r.  0,78— 0,89S, 
darf  frühestens  bei  SOo  G.  brennbare  Dämpfe 
abgeben,  ohne  Docht  nicht  brennen ;  Sehmier- 
'öle  für  Maschinen  und  paralflnhaltige  De- 
BtillaUon»rüekatände  zur  Gasbereitung.  E. 
ist  seit  uralter  Zeit  bekannt,  wurde  aber 
erst  seit  der  Entdeckung  in  Nordamerika 
(1859)  Welthandelsprodukt.  Amerikanische 
Produktion  1809:  4,215,000  Barrels;  Export 
2,460,000  B.  Vgl.  Birtel,  »Das  Steinöl  und 
seine  Produkte',  1864. 

Erdpeeh.  s.  t.  a.  Asphalt. 

Erdpfelfem  (Erdorgein),  cylindrisohe,  oft 
durch  mehrere  Schichten  hindurchgehende, 
mit  Schutt  ausgefüllte  Löcher,  wahrschein- 
lich durch  aufsteigende  Quellen  gebildet. 

ErdpistACie  (Erdeichel),  s.  Araekis. 

Erdrauch,  s.  jPwiiMHa. 

Erdschelbe^  s.  Cyclamen.      [rieh,  11,800'  h. 

Erdsehisch,  Berg  in  Kleinasien,  bei  Kaisa^ 

Erdspinme,  s.  Spinne. 

Erdtheer,  s.  y.  a.  Bergtheer. 

Erdwachs,  s.  y.  a.  Ozokerit. 

Erdwärme,  die  innere  Temperatur  des 
Erdkörpers,  der  Rest  einer  ft-ühern  bedeu- 
tend höhern  Temperatur,  oder  das  Produkt 
der  im  Erdkörper  verlaufenden  chemischen 
Prozesse;  steigt  in  den  oberen  Schichten 
durchschnittlich  mit  Je  92'  Tiefe  um  lo  C 

Erehns  (gr.),  bei  Homer  eine  finstere 
Gegend  unter  der  Erde,  der  Durcbgangsort 
nach  der  Unterwelt. 

Erec,  Held  der  mittelalterl.  Ritterpoesie, 
ans  der  Artussage;  in  der  gleiohnam.  Dich- 
tung von  Hartmann  von  Aue  verherrlicht. 

Erechtheom  (gr.),  her.  Tempel  auf  der 
Akropolis  %n  Athen,  der  Athene  Polias  ge- 
weiht, von  König  Erechtheus  erbaut,  von 
den  Persern  zerstört,  um  416  wieder  ange- 
baut; noch  jetzt  grossentheils  erhalten,  das 
schönste  Jon.  Bauwerk  aus  dem  Altertlium. 

Erektion  (lat.),   Aufrichtung,  Erhebung. 

Eremit  (gr.),  Einsiedler,  Anachoret.  Ere- 
miteige  (tr.,  spr.  -tahsch),  Einsiedelei;  auch 
Name  eines  feurigen  Burgunderweins. 

Ereptltla  bona  (lat.),  Güter,  welche  erblos 
sind,  weil  der  Erbe  aus  gesetzlichen  Grün- 
den sie  nicht  besitzen  kann,  fallen  ander- 
weiten Miterben  oder  dem  Staat  anheim. 

Ere«biir§r  (Hereeburg),  alte  Grenzveste  der 
Sachsen  gegen  die  Franken;  s.  Maraberg. 

Erethigmiit  (gr.),  Reizung,  Reizbarkeit, 
bes.  krankhaft  erhöhte. 

Eretria  (a.  G.),  Handelsstadt  auf  der  Süd- 
westküste von  Euböa;  jetzt  Paläocastro.  Die 
eretriiche  Fhilo$opkenschiile  (von  Menedemus 
gegrO  war  Fortsetzung  der  eleVschen. 

Erfelden,  Dorf  am  Rhein,  unfern  Darm- 

Meyer 8  Hand- Lexikon, 


Stadt;  dabei  die  Bchweden^ixde ,  von  Oustar 
Adolf  6.  Dec.  1631  zum  Andenken  an  seinen 
Rhein  Übergang  errichtet. 

Erfirierung  (Congelatio) ,  betrifft  am  häu- 
figsten freigetragene  Theile.  In  den  leich- 
testen Graden  erbleicht  der  Theil  anfangs, 
wird  steif,  röthet  sich  beim  Erwärmen, 
schwillt  an  und  es  kommt  zur  Bildung  ober- 
flächlicher Blasen ,  in  schlimmeren  Graden 
zur  Geschwürsbildung.  In  stärkeren  Gra- 
den friert  der  Theil  vollkommen  aus,  wird 
fefulillos,  blaurotli  und  beim  Anstechen 
iesst  kein  Blut.  .Solche  Theile  sterben 
meist  ab  (Frostbrand)  und  werden  abge- 
stossen,  oder  müssen,  wenn  sie  grösser  sind, 
durch  Operation  entfernt  werden.  Der 
höchste  Grad  ist  die  allgemeine  E.,  die  Be- 
troffenen schlafen  ein,  werden  starr  und 
können  in  diesem  Zustand  zu  Grunde  gehen. 
Bohandlung:  iULitüMiges  Erwärmen,  Ein- 
packen (nicht  ReiUen)  der  erfrorenen  Theile 
in  Schnee,  kaltes  Zimmer,  später  kühle  Um- 
schläge, innerlich  etwas  Wein.  Schutz  durch 
Bewegung,  kräftige  Kost,  spirituöse Getränke. 

Erft,  Nebenfluss  des  Rheins  in  der  preuss. 
Rheinprovinz,  kommt  aus  der  Eifel,  mündet 
südl.  von  Düsseldorl^  16  M.  1. 

Erfurt,  R^bz.  der  preuss.  Prov.  Sachsen, 
64  QM .  und  370,072  Ew.  —  Die  HanpUt.  E., 
auch  Kreisst.  und  Festung  2.  Reuigs  mit 
den  Gitadellen  Petersberg  und  Cyriaksburg, 
an  der  Gera,  41,760  Ew.  Goth.  Dom  (12. 
Jahrh.,  1852  restaurirt,  Susannaglocke  275 
Gtr.);  daneben  Severikirche  (14.  Jahrb.); 
ehemal.  Augustinerkloster  mit  Lutherszelle, 
jetzt  Waisenhaus  (Martinsstift).  Akademie 
gemeinnütziger  Wissenschaften  (seit  1754), 
Bibliothek  von  40,000  Bänden  der  ehemal.  Uni- 
versität (1892— 1816).  Bed.  Kunst-  u.  Handels- 
gärtnerei, zahlr.  Fabriken.  E.  (Erpesfart) 
von  Karl  dem  Grossen  805  zum  Handelsplatz 
für  die  Sorben  erhoben,  die  alte  Haupt- 
stadt Thüringens;  seit  12.  Jahrh.  Hanse- 
stadt, 1664-— 1802  zu  Kurmainz  gehörig,  von 
dem  es  an  Preussen  kam,  1806—13  unter 
franz.  Herrschaft  (27.  Sept.  bis  14.  Okt.  1808 
erf  urler  Kongreeg);  seit  1814  wieder  preuss. ; 
im  März  und  April  1850  Sitz  des  sogen. 
Unionsparlaments. 

Ei^nzumgsfftrben,  s.  Farben, 

Ergo  (lat.),  folglich,  also;  d&h&r  Ergoterie, 
Rechthaberei. 

Ergoün,  der  wirksame  Bestandtheil  des 
Mutterkoi'us ;  pharmaceutisches  Präparat, 
welches  diesen  Stoff  enthält. 

Erhebnngskrater,  s.  Vulkane, 

ErhitBende  Mittel,  Mittel  zur  Erhöhung 
der  Herzthätigkeit ;  geistige  Getränke,  Ge- 
würze, überhaupt  aromatische  Stoffe. 

Erica  L.  (Heide),  Pflanzengattung  der 
Ericeen,* zahlreiche  Arten,  Ziersträucheri 
bes.  vom  Kap. 

Erich  (Erik),  Name  mehrerer  dän.  und 
schwed.  Könige:  1)  S.  VII.,  Kiinig  von 
Dänemark,  der  Pommer ,  Sohn  des  Herzogs 
Wratislaw  VUI.  von  Pommern,  geb.  1382, 
ward  1388  von  der  Königin  Margaretha  von 
Dänemark  zum  Tiironfolger  und  1397  zum 
Erben  der  durch  die  kalmar.  Union  ver- 
einigten Kronen  von  Dänemark,  Norwegen 

37 


^ 


578 


Eridanus  —  Ernährung. 


und  Schweden  erklärt,  regierte  seit  1412, 
feig  und  grausam,  yerlor  1436  Schweden 
durch  die  Empörung  der  Bauern  Dale- 
karUen«,  floh  1430  nach  Gotlüand,  später 
nach  Pommern;  f  1459  zu  Rügenwalde. 

2)  K&nige  von  ßckweden:  a)  E.  VIII.,  der 
Heilige,  aus  dem  Gkschlechte  der  Bonden, 
1150  zum  König  des  eigentl.  S^chwedens  er- 
'  wählt,  befestigte  das  Ghristenthum  das., 
ward  18.  Mai  1160  von  dem  dän.  Prinzen 
Magnus  zu  Upsala  getödtet ;  galt  als  Schutz- 
patron Schwedens.  —  b)  K  XIV. ,  ältester 
Sohn  und  seit  1560  Jfachfolger  Gustav 
Wasas,  geb.  14.  Dec.  1533,  zerfiel  durch 
seine  Verheirathnng  mit  einer  Bauemtochter 
mit  dem  Adel,  ward  von  seinen  Brüdern 
Johann  und  Karl  1569  entthront,  26.  Febr. 
1577  auf  Anstiften  Johanns  vergiftet. 

KridäanSy  myth.  Name  für  den  FlnssPo; 
auch  Sternbild  am  südl.  Himmel,  mit  1  Stern 
erster  Grösse  (Acharnar). 

Eriesee  (spr.  Ehrl-),  einer  der  5  grossen 
canad.  Seen  in  Nordamerika,  62  M.  1.,  14  M. 
br.,  140  M.  im  Umfang,  515  QM.  gross,  im 
Mittel  191'  tief,  531'  üb.  M,;  durch  denNia- 
garaflnss  und  den  Wellandkanal  mit  dem 
310'  tiefer  liegenden  Ontariosee  und  durch 
den  EriekawU  (von  Buffalo  aus)  mit  Albany 
am  Hudson  und  Newyork  verbunden.  Letz- 
terer ist  82  M.  1.,  hat  85Schleussen,  führt  über 
mehr  als  SO  Flusse  in  z.  Th.  grandiosen 
Aquädukten,  steht  durch  Seitenkanäle  selbst 
mit  dem  Mississippistromgebiet  in  Verbin- 
dung, ist  für  die  grössten  Dampfboote  fahr- 
bar und  hat  ein  beispielloses  Aufblühen  der 
Gegend  bewirkt;  1819—25  erbaut,  1836  auf 
80'  Breite  und  8'  Tiefe  erweitert;  Kosten 
über  40  Mill.  Doli.,  jährl.  Reinertrag  bereits 
1853:  lj700,000  Doli. 

Erigena^  Johannes,  gen.  Scolu» ,  Scho- 
lastiker, Irläuder  von  Geburt,  lehrte  seit 
843  an  der  pariser  Hochschule,  ward  von 
Alfred  d.  Gr.  877  nach  Oxford  berufen,  f  880. 
Stellte  eine  mystisch  •  spekulative  Emana- 
tionslehre auf.  Sehr.  ,De  divisione  naturae' 
(herausg.  von  Floss  1853). 

Eringerthol  (Val  d'Herens),  Alpenthal  im 
Kanton  Wallis,  bei  Sitten  ins  Rhonethal 
mündend,  12  St.  lang. 

Erinna,  griech.  Dichterin,  Freundin  der 
Sappho,  nach  Aud.  Zeitgenossin  des  Demo- 
sthenes ;  f  19  Jahre  alt.  Die  Ueberbleibsel 
ihrer  Poesien  herausg.-  von  BergJe  (,Poetae 
graeci  lyr.S  1854),  übers.  \ou  Sichler  {lSi3). 

Erlnnyen^  s.  Eumeniden. 

Eriometer^  s.  WoUmesser. 

Eriophdrum  L.  (Wollgras),  Pflanzengat- 
tnng  der  Gyperoideen.  E.  angustifolium 
Moxb.  und  E.  latifollum  Hoppe,  auf  nassen 
Wiesen  in  Deutschland ,  mit  langer,  zu 
Watte  verwendbarer  Samenwolle. 

Erte,  Göttin  der  Zwietracht,  bekannt 
durch  den  goldenen  Apfel,  den  sie  bei  der 
Hochzeit  des  Peleus   unter  die  Gäste  warf. 

Eriwan  (pers.  Rewan),  russ.  Gouvem.  in 
Transkaukasien,  497,4  QM.  und  421,228  Ew. 
(theils  Armenier,  theils  Tataren).  DieHaupM. 
E.,  amZenghi,  12,170  Ew.,  CitadeUe,  armen. 
Erzbisthuin.  Früher  Hauptst.  des  pers. 
Armenien,  1827  von  Paskewitsch  erobert. 


Erklltmig,  Erkrankung  durch  Blniluss 
niederer  Temperatur  (Verkühlung) ,  l>e«on- 
ders  Anlass  zu  katarrhalisohan  ZustÄiulen 
(Schnupfen,  Husten),  sowie  zuBhenmatismus- 
Einmalige  heftige  E.  kann  auch  acliwepe 
Krankheiten  veranlassen,  z.B.  Böckeuiwa-rks- 
schwund.  Zur  Vermeidung  von  B-«»  •F~*® 
Waschungen.  [Aachen,  42»  Ew. 

ErkeleiUK.  Kreisstadt  im  preaM.    K^g*»«- 

ErkeiuitaiaB  (Sentem),  Bescheid  einer 
richterl.  Behörde  in  einem  Bechtaata-eite, 
sowie  das  richterl.  Urtheil  In  fttrafsAchen. 
End-  oder  Dtifinitiverkenntniue  erledigen  die 
Sachen  vollständig,  ZwiMkenerkentU-Hisse 
oder  interlokutoriscke  Sentenzen  entacfceiden 
bestimmte  Vorfragen.  ^^.^^  , 

Erlangen^  Stadt  im  bayer.  Be«:bs.  Mittel- 
franken,  an  der  Regnits  und  am  liiwl'wigs- 
kanale,  11,546  Ew.  Universität  (1743  gegr.). 

Erlau  (ungar.  Eger),  Hauptst.  des  vuMgnT. 
Komitats  Heves,  am  Fhuee  B.,  17,688  Ew. 
Prachtv.  Domkirche  im  griech.  Stile,  Brz- 
bisch.    Warme  Bäder;  bed.  Weinbau. 

Erlaucht  (abbr.  für  erleuchtet),  früher  Titel 
der  regierenden  Reichsgrafen,  nacb  dem 
Bundesbeschlass  vom  13.  Febr.  1829  Prä- 
dikat der  Häupter  der  vormal«  reich  snn- 
mittelbaren,  jetzt  mediatisirten'gräfl .  Hänser. 

Erle  (Alnus  Toumef.) ,  Pflanaengattmiß 
der  Betulaceen.  Eller,  Site,  Botheise  ( A.  grluti- 
nosa  Gärtn.),  Waldbaum  auf  feuchten 
Stellen  in  Suropa,  Nordasien,  Nordaürika, 
gibt  Brenn-  und  Nutzholz,  welches  sich  in 
der  Nässe  gut  hält.  Die  Rinde  dient  bis- 
weilen zum  Gerben  und  Färben.  Dasselbe 
g^lt  von  der  graue»,  weieee»  E.  (A.  Incana 
Dec.)  in  Europa. 

Erlkönig,  s.  v.  a.  Elfenkönig,  Beherr- 
scher der  Elfen  (s.  d.)* 

Ermelaiid  (Erndand,  Varmia),  althistor. 
Name  eines  Landstrichs  im  prenss.  Regbz. 
Königsberg,  zwischen  der  Passai^pe  und 
Frisching,  76  QM.  Ehedem  Ijandschaft  des 
alten  Preussens,  dann  Bisthum  des  Ordens- 
landes der  deutschen  Ritter  (die  Bischöfe 
von  E.  seit  14.  Jahrh.  Reicbsfürsten) ;  kam 
1466  mit  g^nz  Westpreussen  unter  poln. 
Herrschaft,  seit  1772  preuss. 

ErmenonvUle  (spr.  Erm'nonswill),  Dorf 
im  franz.  Depart.  Oise;  Schloss  und  Park 
mit  Rousseaus  (f  177B)  Grab. 

Ermrlch.  in  der  deutschen  Heldensage 
König  der  Ostgothen  in  Apnlien,  in  mehreren 
Dichtungen  des  Heldenbuchs  verherrlicht. 

Ernährung  (Nutritio) ,  Zuführung  vou 
Stoffen  zum  Organismus  oder  au  seinen 
Theilen,  welche  theils  zur  I^haltong,  theils 
zur  Neubildung  der  Gewebe  bestimmt  sind. 
Die  Nahrungsmittel  bestehen  aus  1)  Biweiss- 
körpem  zur  Gewebsbildnng ,  8)  Kohlen- 
hydraten (Stärke,  Zucker  etc.)  und  Fetten, 
durch  deren  Verbrennung  Warnte  erzeugt 
wird  (sog.  Respirationsnahrungsratittel);  S) 
Wasser;  4)  Reizmitteln  anr  Anregung  der 
Sekretion  des  Speichels  etc.  (Gtewurse);  5) 
Salzen;  6)  Sauerstoff  zur  Verbrennung  ver- 
brauchter Stoffe.  Zur  Neubildung  von  Cie- 
weben  während  des  Wachsthnms  sind  un- 
bedingt Eiweisskörper  erforderlich  (bes. 
Milcbkost),  während  sie  beim  Erwachsenen 


I 


Erne  —  Eros. 


579^ 


theil  weise  durch  eine  grössere  Menge  stärke- 
haltiger I^ost  ersetzt  werden  können. 
Künstiiche'E.  wird  nöthtg,  wenn  durch  krank- 
hafte Bildungen  das  Sclilingen  erschwert 
ist;  man  führt  alsdann  ein  Rohr  durch  die 
Speiseröhre  in.  den  Magen  und  bringt  durch 
dieses  fli^ssige  koncentrirte  Nahrung  ein. 

£m«  (JSam),  Vlnss  im  nördl.  Irland, 
durchfliesst  den  sohön  gelegenen  inselreiohen 
Doppelsee  E.  (Grafsch.  Fermanagh) ,  etwa 
3  QMm  mündet  in  die  Donegalbai,  15  M. 

Ernestiuische  Linie,  die  ältere  herzogl. 
Linie  des  sächs.  Fürstenhauses,  von  dem 
Kurfürsten  Ernst  von  Sachsen  (f  1487)  ge- 
gründet, Jetzt  durch  Weimar  •  Eisenach, 
Koburg-  Gotha,  -Meiningen  -  Hildburghausen 
und  Altenburg  repräsentirt;  s.  8(tch»en. 

Emsty  1)  JS.  August,  K^ig  von  Hannover, 
Herzog  von  Gumberland,  5.  Sohn  des  Königs 
Georg  m.  von  Grossbritannien,  geb.  5. 
Juni  1771,  befehligte  1793  —  95  ein  hannöv. 
Reiterregiment  in  den  Niederlanden,  befand 
sich  1813  im  Hauptquartier  der  Verbündeten 
and  lebte  dann  abwechselnd  zu  London  und 
Berlin,  wo  er  sich  29.  Mai  1815  mit  der 
Prinzessin  Friederike  von  Meckleuburg- 
Strelitz  als  deren  3.  Gemahl  vermählte. 
Als  Mitglied  des  Oberhauses  Hochtory.  Als 
nach  dem  Ableben  Wilhelms  IV.  20.  Juni 
1837  die  brit.  Krone  der  weibl.  Linie  zufiel, 
folgte  er  nach  dem  Rechte  der  männl.  Erbfolge 
in  Hannover,  hob  durch  Patente  vom  1.  Nov. 
das  Staatsgrundgesetz  von  1833  auf  u.  oktro- 
yirte  1840  ein  neues  Verfassungsgesetz,  das 
1848  liberaler  umgestaltet  ward,  f  18*  Nov. 
1851.    Vgl.  Malortie,  ,König  E.  A.*,  1861. 

2)  E.,  Kurfür si  von  Sachsen,  Stifter  der 
ernestin.  Linie,  Sohn  des  Kurfürsten  Fried- 
rich des  Sanftmüthigen ,  ward  als  14jähr. 
Knabe  mit  seinem  Bruder  Albert  1455  von 
Kunz  von  Kaulfuugen  geraubt  (s.  Fringen- 
raub),  folgte  1464  seinem  Vater  in  der  Kur- 
würde, regierte  bis  zur  Theilung  vom  28. 
Aug.  1485  die  sächs.  Lande  mit  seinem 
Bruder  Albert  e^raeinschaftlich ;  t  26.  Aug. 
1486  zu  Kolditz. 

3)  E.  der  Fromm«,  Herzog  von  Sachsen- 
Gotha  undAÜenburg,  Stifter  des  gothaischen 
Gesammthauses,  geb.  24.  Dec.  1601  auf  dem 
Schlosse  zu  Altenbxu'g,  9.  Sohn  des  Herzogs 
Johann  von  Weimar,  focht  unter  Gustav 
Adolf  am  Lech,  bei  Nürnberg  und  Lätzen, 
trat  1635  dem  prager  Frieden  bei,  erbte  1644 
die  Hälfte  des  FUrstenthums  Elsenach,  1672 
die  altenburg.  und  koburg.  Lande,  wovon 
er  Jedoch  einen  Theil  Weimar  überliess;  f 
26.  März  1675.  Hochverdient  als  Reorgani- 
sator  seines  durch  den  SOjähr.  Krieg  zer- 
rütteten Landes.  Seine  7  ihn  überlebenden 
Söhne  worden  die  Stifter  eigener  Linien. 
Biogr.  von  Klaunig  und  Schneider  (1858). 

4)  E.  II. f  Herzog  von  Sachsen  -  Gotha  und 
AUenburg,  geb.  SO.  Jan.  1745,  Sohn  Herzog 
Friedrichs  UI.,  folgte  diesem  1772  in  der 
Regierung»  r^erte  weise  und  gerocht, 
gründete  die  Sternwarte  auf  dem  Seeberg 
und  veranstaltete  in  Deutschland  die  erste 
Gradmessung;  f  ^-  April  1804. 

5)  E,  HL,  Beruog  zu  Scuhsen- Koburg  und 
Gotha,  Sohn  des  Herzogs  Franz,  geb.  8.  Jan. 


1784,  nahm  am  Feldzug  von  1806  gegen 
Napoleon  I.  Theil ,  gelai^^te  9.  Dec.  18(%  zur 
Regierung,  schloss  sich  nach  der  Schlacht 
bei  Leipzig  den  Verbündeten  an,  übernahm 
den  Oberbefehl  über  das  5.  deutsche  Armee« 
Corps  und  blokirte  Mainz ,  befehligte  i  im 
Feldzug  von  1815  die  sächs.  Truppen ,  er- 
hielt auf  dem  wiener  Kongresse  das  Fürsten- 
tbum  Lichtenberg,  welches  er  1834  für 
2  Mill.  Thaler  an  Preussen  abtrat.  Führte 
1821  in  Koburg  eine  neue  repräsentative 
Verfassung  ein,  erhielt  nach  dem  Aussterben 
des  goth.  Stammhauses  durch  den  Staats- 
vertrag vom  12.  Nov.  1826  das  Herzogthum 
Gotha,  wofür  er  das  Fürstenthum  Saalfeld 
nebst  der  Herrschaft  Kranichfeld  an  Mei- 
ningen abtrat;  f  29.  Jan.  1844.  Er  hinter« 
liess  aus  seiner  ersten  Ehe  mit  Luise  von 
Gotha  zwei  Prinzen,  Ernst  (s.  den  Folgen- 
den) und  Albert  (s.  d.  8).  Seine  zweite  Ge- 
mahlin war  Marie  von  Würtemberg. 

6)  E.  IV.  (August  Karl  Johemnea  Leopold 
Alexander  Eduard),  Herzog  von  Sachsen- 
Koburg-Ootha,  Sohn  des  Vor.,  geb.  21.  Juni 
1818  zu  Koburg,  snccedlrte  89.  Jan.  1844, 
legte  die  langwierigen  Zwistigkeiten  mit 
den  koburg.  Ständen  bei,  übernahm  1849 
im  Krieg  gegen  Dänemark  ein  selbständiges 
Kommando  (Sieg  bei  Bckemf5rde  5.  April), 
vertrat  die  preuss.  Unionsidee  mit  Eifer  auf 
dem  Fürstenkong^esse  zu  Erfurt,  nahm 
den  Nationalverein  auf,  ging  in  der  sohlesw.- 
holstein.  Frage  energisch  voran,  schloss  sich 
beim  Ausbruch  des  deutschen  Kriegs  von 
1866  an  Preussen  an.  Beschützer  der  freie« 
ren  Richtung  in  Politik  und  Kirche,  Freund 
der  Wissenschaft  und  Kunst,  komponirte 
mehrere  Opern,  bereiste  1862  Aegypten  und 
die  nördl.  Grenzlande  Abessiniens.  Vgl. 
,Reise  des  Herzogs  E.  nach  Aegypten  etc.*, 
1864 ;  Schmidt-  Weissenf  eis,  ,Der  Herzog  von 
Gotha  und  sein  Volk*,  1861. 

7)  E.  (Friedr.  Paul  Georg  Mkol.) ,  Herzog 
von  Sachson-Altenburg ,  Sohn  des  Herzogs 
Georg  und  der  PrinzessinMarie  von  Mecklen- 
burg-Schwerin,  geb.  16.  Sept.  1826,  regiert 
seit  3.  Aug.  1853,  schloss  1868  mit  Preussen 
eine  Militärkonvention,  revindicirte  die  von 
seinem  Vater  abgetretenen  Domänen,  seit  28. 
April  1853  mit  Agnes  von  Anhalt- Dessau 
vermählt. 

8)  E.  IL,  Herzog  von  Sehwaben,  Sohn  des 
Markgrafen  Leopold  von  Oesteireich,  der 
1012  das  Herz<^h.  Schwaben  erhielt,  ergriff 
1025  gegen  Kaiser  Konrad  H.,  seinen  Stief- 
vater, die  Waffen,  folgte  ihm  dann  auf  dem 
Zuge  nach  Italien,  ward  1029  mit  dem 
nördl.  Herzogthum  Bayern  belehnt,  1030 
wegen  Widersetzlichkeit  auf  dem  Reichstag 
zu  Ingelheim  des  Herzogthums  Schwaben 
beraubt,  hauste  als  Flüchtling  im  Schwarz- 
walde; fiel  17.  Aug.  1038;  Held  des  Dramas 
jHerzog  E.  von  Schwaben*  von  Uhland. 

Etodiren  (lat.),  abnagen,,  beizen,  ätzen. 
Erosion,  fressende  Wirkung  eines  Aetz- 
mittels.    Erodientia,  Aetzmittei. 

Erogation  (lat.),  Vertheilung,  Auszahlung. 

Eros  (lat.  Amor  und  Oupido),  der  Gott  der 
Liebe,  insbes.  der  geschlechtlichen ,  Sohn 
und  steter  Begleiter  der  Aphrodite,  Urheber 

37* 


582 


Esel  —  Esra. 


Ssel  (Eqmis  asinus  L.),  Art  der  Gattung 
Pferd,  aus  den  asiat.  Hochländern,  in  Hit- 
telasien wild,  in  Quito  verwildert.  Fleisch 
geniessbar  (Salami) ;  Milch  der  Frauenmilch 
sehr  ähnlich,  heilsam;  Hant  gibt  Leder  und 
Pergament.  Durch  Kreuzung  mit  dem  Pferd 
entstehen  Haultfaier  und  Maulesel.  Wüder 
£.,  Kulan  (£.  a.  onager  BtÜ.),  grösser,  in 
Vorderasien,  wild  und  gezähmt,  gilt  für 
den  Stammvater  unseres  E.s. 

Eselsfeflte,  religiöse  Volksfeste  in  Frank- 
reich» Spanien  un<l  Italien,  im  9.  Jahrh. 
entstanden,  zu  Weihnachten  und  wieder  im 
Juni  gefeiert,  wobei  ein  Esel  vor  den  Altar 
gefuhrt  und  hier  eine  Messe  gelesen  ward, 
bei  der  das  Amen  durch  ein  Ya  ersetzt  ward ; 
hier  und  da  bis  ins  15.  Jahrh.  gefeiert. 

Eskadre  (fr.,  spr.  -kad*r),  Abtheilung  einer 
Flotte,  auch  wohl  selbständige  kleine  Flotte. 

Eskadron  (fr.,  spr.  -drong),  Schwadron, 
takt.  Einhett  der  Kavallerie  (150  Pferde  stark). 

Egkimo,  Volk  auf  den  Kästen  und  Inseln 
des  arktischen  Amerika  und  den  vorliegen- 
den Polarländem  (Grönland*  Labrador),  in 
bsll.  und  westi.  E.  (diesseits  und  jenseits  des 
Mackenzieflusses)  zerfallend,  5  — 5»/«'  hoch, 
dabei  stark  und  geschmeidig  und  von  grosser 
Heimatsliebe  erfüllt.  Hauptbeschäftigung 
der  Fang  von  Seehunden,  Rennthieren  und 
Walfischen,  die  ihnen  alles  an  Nahrung, 
Kleidung  u.  Geräth Schäften  Nöthige  liefern. 

Esklsagra,  Stadt  im  türk.  EJalet  Adria- 
nopel, an  der  Tnndscha,  20,000  Ew. 

Eskorte  (fr.),  militärische  Begleitung,  so- 
wohl um  eine  angesehene  Person  zu  ehren, 
als  auch  zur  Bewachung  oder  zum  Schutz 
von  Menschen  oder  Sachen  etc. 

Esla,  Nebenfl.  des  Dnero  im  span.  Königr. 
Leon,  ^  M.  1. 

Esotcriseh  (gr.),  geheim,  verborgen;  E9o- 
teryker,  die  Eingeweihten,  im  Gegensatz  zu 
den  Exoterikern,  den  Uneingeweihten. 

Espada  (span.),  Degen. 

Espadon  (fr.,  spr.  -dong),  Scblachtschwert. 

Espagnol  (fr.,  spr.-njol),  Spanier;  Espag- 
nolade,  Ruhmredigkeit,  Prahlerei. 

Espana  (span.,  spr.  -nja),  Spanien. 

Esparsette  9  s.  Onobrychis. 

Espartero^  Don  JBcüdamero,  Graf  von 
Luchana,  Herzog  von  Vittoria,  span.  General 
und  Staatsmann,  geb.  1792  zu  Granatula  in 
der  Mancha ,  focht  1808  — 14  gegen  die 
Franzosen,  1815  —  24  in  Sudamerika,  ward 
1824  Brigadier.  Er  erklärte  sich  1832  für 
die  Thronfolge  der  Tochter  Ferdinands  VII., 
ward  1836  zum  General  en  chef  der  Armeu 
des  Nordens  ernannt,  rettete  zweimal  Ma- 
drid (Aug.  1886  und  Sept.  1837),  trieb  den 
Prätendenten  über  denEbro  zurück,  schloss 
1839  mit.Maroto  den  Vertrag  von  Bergara, 
infolge  dessen  Don  Carlos  nach  Frank- 
reich übertreten  musste,  und  kämpfte  1840 
gegen  Gabrera.  Zum  Miuisterpräsidbnten 
erhoben,  erwirkte  er  die  Abdankung  der 
Königin  Christine  (10.  Okt.  1840)  und  ward  8. 
Mai  1841  von  den  Cortes  zum  Regenten  er- 
wählt. Als  solcher  dämpfte  er  mehrere  re- 
republikan.und  karlist.  Aufstände,  ward  aber 
durch  die  verbündeten  Progressisten ,  Re- 
publikaner  und    Moderados    gestürzt   und  | 


musste  sich  30.  Juli  184S  nach  England 
einschiffen.  Zu  Anfang  1846  durch  E^kret 
der  Königin  restituirt,  kehrte  er  nach 
Spanien  zurüde,  nahm  (13.  Jan.)  seineu 
Sitz  im  Senat  ein,  lebte  Jedoch  zurück- 
gezogen vom  polit.  Schauplatz  zu  Logrouo. 
In  der  progressist.  Revolution  von  1854 
zum  Ministerpräsidenten  ernannt,  dankte 
er  infolge  der  Intrigüen  0*Donnells  (14. 
Juli  1856)  ab.  Nach  der  Vertreibung  der 
Königin  Isabella  als  Thronkandidat  vorge- 
schlichen, lehnte  er  ab. 

Esparto  (Sparto),  s.  v.  a.  Stlpa  tenaciasima, 
gigantea,  barbata,  spanische  Gräser.  Lycium 
spartum,  ein  algerisches  Gras,  und  die  banf- 
artige  Faser  von  Sparthnn  juncenm  in  Spa- 
nien dienen  zu  Matten,  Stricken,  Schuhen, 
Teppich'Mi  und  zur  Papierfeibrikation. 

Espe,  s.  Fapptl. 

Esp^ranee  (fr.,  spr.  -rangs),  Hofiiiung. 

Espt^gle  {tr,  -piäkl),  Schelm,  Eulenspie- 
gel; EapxegUHe,  Schelmerei. 

E«pi]ia«se  (spr.  Epinass),  Esprit  Charles 
Marie,  franz.  General,  geb.  2.  April  1815 
zu  Saissac,  ward  H.  Dec.  1851  Napoleons 
Adjutant  und  Brigadegeneral,  führte  1854 
im  oriental.  Kriege  die  unglückl.  Expedition 
in  die  Dobrudscha,  focht  1855  als  General- 
lieutenant beim  Sturm  auf  den  Malakow, 
Febr.  bis  Juni  1858  Minister  des  Innern,  als 
solcher  rücksichtsloser  Vertreter  des  Im- 
perialist. Systems,  befehligte  im  ital.  Krieg 
eine  Division ;  fiel  4.  Juni  1859  bei  Magenta. 

Egpingole  (fr.,  spr.  Espinjohl),  kurze  Mus- 
kete mit  kupfernem,  nach  der  Mündung  irich- 
terförmig  erweitertem  Rohr;  Gewehr,  wel- 
ches, mit  mehreren  Ladungen  in  einem 
Laufe  versehen,  die  Schüsse  nach  einander 
abgibt;  wird  auf  Festungs wällen  gebraucht 

KSplrito  Baiito,  1)  Prov.  des  Kaiserth. 
Brasilien,  an  der  Küste,  nördl.  von  Rio-de- 
Janeiro,  1060  QM.  und  (1867)  100,000  Ew. 
Hauptstadt  Victoria.  —  2)  Stadt  im  Inneru 
der  Insel  Guba,  11,000  Ew. 

Esplanade  (fr.),  ebenes  Teri*a!n  neben  einem 
Gebäude;  der  fTeie  und  ebene  Platz,  welcher 
sich  vom  Glacis  einer  Festung  bis  zu  den 
Vorstädten,  oder  vom  Glacis  der  Citadelle 
bis  zur  umgebenden  Stadt  erstreckt. 

E8poir(fr.,  spr.Espoar),  kleines  Geschütz, 
eliemals  auf  dem  Verdeck  der  EJriegsschifie 
aufgestellt,  beim  Entern  gebraucht. 

£8pontOB(fr.),  kurze  Pike  der  Rottenlührer 
im  17.  und  18.  Jahrh. 

Espressivo  (ital.),  ausdrucksvoll. 

Esprit  (fr.,  spr.  -prih),  Geist,  Scharfsinn, 
Witz;  BeZ-jE.,  Schöngeist;  ^.-/or«,  Freigeist ; 
K  de  Corps,  Gemeingeist. 

Esprits  (fr.),  Destillate,  bes.  alkoholische.   ' 

Esquilinischer  Berg  (Esquilinu»  Mou»), 
der  höchste  der  7  Hügel  Roms. 

Esqnire  (engl.,  spr.  -queir),  gewöhnlich 
abbr.  JEsq.,  vom  engl.-normann.  etcttier,  fr. 
icxiyer,  iat.  seutifer ,  d.  i.  Schildknappe,  in 
England  ursprüngl.  Ehrentitel  Derjenigen, 
welche,  ohne  Peers  oder  Ritter  zu  sein, 
wappenföhig  waren ;  neuerl.  Prädikat  aller 
Leute  von  Bildung  und  socialer  Stellung. 

Esquisse  (fr.,  spr.  -kiss),  Skizze. 

Esra,  Jüd.  Gesetzlehrer,  führte   um  45S 


Essgier  —  Este. 


583 


V.  Chr.  eiue  zweite  Karawane  Jaden  aus 
dem  babylon.  Exil  in  die  Heimat  zurück, 
Eiferer  für  den  reinen  Mbsaismns,  Begrün- 
der des  Synagogengottesdienstes.  Das  bibl. 
Buch  £.  rührt  in  seiner  jetzigen  Gestalt 
erst  ans  dem  2.  Jahrh.  v.  Chr.  her. 

Essaer^  s.  EMener. 

Essay  (engl.,  spr.  Esseh),  Versuch ;  in  der 
engl.  Literatur  Name  für  kurze  Abhand- 
langen Wissenschaft!,  oder  literar.  Inhalts. 

Essbare  Erden,  milde,  thonige  oder  kalkige 
Erdmassen,  werden  von  verschiedene'n  Völ- 
kern gegessen,  z.  B.  von  den  Ottomaken, 
auf  den  Antillen,  in  Neukaledonien  etc. 
Stillen  in  Zeiten  der  Koth  den  Hunger, 
aber  ohne  zu  nähren. 

Esse  (lat.),  Sein,  Wohlsein;  in  seinem  E. 
tein,  sich  wohl   befinden,  behaglich  fühlen. 

Essen,  Ereisst.  im  preuss.  Begbz.  Düssel- 
dorf, an  der  Börne,  40,695  Ew.  In  der  Um- 
gebung gr.  Steinkohlenwerke  (jährl.  Ertrag 
ca.  IS^/b  Hill.  Tonnen),  Hütten wei'ke,  Eisen- 
waaren-  und  Dampfmaschiuenfabriken.  Da- 
bei die  gr.  Eisengiesserei  zu  Sterkrade  und 
die  her.  Gussstahlfabrik  tou  F.  Krupp  (s.  d.). 

Essener  (Esaäer),  jüd.  Sekte,  entstand  ums 
2.  Jahrh.  v.  Chr.,  wohnte  an  der  Westküste 
des  todten  Meeres  >  bildete  einen  ascet. 
Bruderbund,  trieb  bloss  friedl.  Gewerbe  und 
lebte  in  Gütergemeinschaft.  Nach  der  Mitte 
des  2.  Jah/h.  n.  Chr.  als  Häretiker  Verwor- 
fen, aber  noch  im  4.  erwähnt. 

Essentiallen  (lat.),  wesentliche  Bestand- 
theile.    Essentialität,  Wesentlichkeit. 

Essenzen,  in  Frankreich  s.  t.  a.  ätherische 
Oele;  bei  uns  alkoholische  Lösungen  von 
solchen  (fr.  Extrait,  Esprit). 

Essequlbo,  Fluss  in  Britisch  -  Gulana, 
kommt  aus  den  Acaraibergen ,  mündet  in 
den  atlant.  Ocean,  120  M.  Zahlr.  Katarakten. 

Essex,^  östl.  Grafach.  Englands,  77,9  QM. 
lind  404,851  Ew.;  Hauptst.  Colchester.  Das 
alte  augelsächs.  Königreich  E.  (Ostsachsen, 
Estrasaxonia),  um  527  von  Exkenwin  gegr., 
umfasste  noch  Hertford  und  Middlesex  und 
hatte  Lundenwyk  (London)  zur  Hauptstadt ; 
wurde  später  mit  Kent  vereinigt  und  823 
durch  Egbert  von  Wessex  unterworfen. 

Essex,  Robert  Devereux,  Graf  von,  geb. 
10.  Nov.  1567 ,  seit  1588  erklärter  Günstling 
der  Königin  Elisabeth,  befehligte  das  1591 
von  ihr  zur  Unterstützung  Heinrichs  IV. 
nach  Frankreich  gesandte  Truppencorps, 
unternahm  1596  mit  dem  Admlral  Howard 
einen  kühneu  Handstreich  auf  Cadiz,  schloss, 
zum  Gouverneur  in  Irland  ernannt,  mit  den 
Aufruhrern  eigenmächtig  Waffenstillstand, 
trat,  deshalb  zur  Rechenschaft  gezogen, 
mit  dem  schott.  Hofe  in  Verbindung  und 
suchte  in  London  einen  Aufstand  hervor- 
zurufen, ward  deshalb  zum  Tode  verurtheilt 
und  26.  Febr.  1601  enthauptet.  Gegenstand 
draniat.  Dichtungen  (z.B.  Von  B.  Laube). 

Essiff,  verdünnte  Essigsäure,  wird  darge- 
stellt durch  trockene  Destillation  des  Hol- 
zes oder  durch  Oxydation  alkoholischer 
Flüssigkeiten.  Letztere  erfolgt  durch  den 
Sauerstoff  der  Luft  unter  Vermittelung  eines 
Ferments,  nach  der  alten  Methode  langsam 
bei  dem  in  offenen  Fässern  ruhenden  Wein, 


Bier  etc.,  nachX  der  neueren  (Schnellessig- 
fabi*fkatiou),  indem  verdünnter  Alkohol  in 
stehenden  Fässern  (Essigbilder)  einem 
Luftstrom  entgegen  über  Hobelspäne  tröpfelt. 
Weinessig  enthält  6— 8<Vo  Essigsäure,  Esslg- 
sprlt  10—15  o/o.  Zur  Bestimmung  der  Stärke 
dient  das  Acetometer. 

Esslgäther  (Essigsäure- Aethißäther),  aus 
essigsaurem  Natron,  Schwefelsäure  und  Al- 
kohol durch  Destillation  gewonnene  farblose 
Flüssigkeit  von  angenehmem  Obstgeruch, 
siedet  bei  780  C;  mit  Alkohol  und  Aether 
mischbar,  in  12  Vol.  Wasser  löslich,  brenn- 
bar, dient  in  der  Medicin,  Parfümerie  etc« 

Esslgbavm,  s.  Bhus, 

Essiggeist,  s.  v.  a.  Aceton. 

Essigsaure  (AcetyUäure),  in  der  Natur 
sehr  verbreitet,  wird  aus  Essig  gewonnen, 
indem  man  ein  essigsaures  Salz  darsteflt 
und  dies  mit  Schwefel-  oder  Salzsäure  destil- 
lirt.  EsHgaäurehpdrat  (Eisessig,  Acidvun  ace- 
ticum  glaciale)  enthält  15%  Wasser,  siedet 
bei  1200  q,^  riecht  stechend  sauer,  zieht  auf  der 
Haut  Blasen ,  erstarrt  unter  4*  17o  0.,  sj)ec. 
Gew.  1,0685.  Das  Acetum  concentratum  des 
Handels  enthält  30  o/o  Essigsänrehydrat ; 
wird  in  Medicin  und  Technik  viel  benutzt. 
Die  neutraleu  essigsauren  Salze  sind  in 
Wasser,  medst  auch  in  Alkohol  löslich. 

Essllng  fl^ing),  Dorf  bei  Wien,   an  der. 
Donau,  800 Ew.;  21.  und  22. Mai  1809  ScMacht 
(gleichzeitig  mit  der  bei  Aspern);  von  ihr 
erhielt  Massdna  den  Titel  ,Fürst  von  E.*. 

Esslingen,  Stadt  im  würtemberg.  Neckai*- 
kreis,  am  Neckar,  15,600  Ew.  Liebfranen- 
kirche.  Weinbau,  gr.  Maschinenfkbr.  Burg 
Fisrfried.    Ehedem  freie  Reichsstadt. 

Estakade,  Pfahlwerk  in  Wasser  zur  Ab- 
sperrung einer  Wasserverblndnng. 

Estamentos»  in  Spanien  die  beiden  Kam* 
mem  der  Volksrepräsentanten,  der  Pro- 
ceres und  Procuradores. 

Estaminet  (fr.,  spr.  -mineh),  KaiFeehans. 

Estampe  (fr.,  spr.  stangp),  Kupferstich. 

Estancta  (span.),  in  Südamerika  eine  zur 
Viehzucht  bestimmte  Grundbesitzung. 

Este,  Stadt  in  deir  ital.  Prov.  Padua,  an 
den  euganeischen Hügeln,  8647  Ew.,  Stamm- 
ort des  Hauses  Este* 

Este,  altes  ital.  Fürstenhaus,  beginnt  mit 
AzKo  IL,  der  von  Kaiser  Heinrich  III.  mit 
mehreren  ital.  Landschaften  belehnt  ward, 
theilte  sich  durch  Azzos  Söhne,  Weif  IV. 
und  Fulco  I.,  in  einen  .weif- estischen 
(deutschen)  und  fulco-estisohen  (ital.)  Stamm. 
Weif  IV.  ward  1071  von  Kaiser  Heinrich  IV. 
mit  Bayern  belehnt  und  durch  Heinrich  den 
Stolzen  und  dessen  Sohn  Heinrich  den  Löwen 
Stammvater  des  braunschweig,  und  hannöv. 
Fürstenhauses ;  Fulco  I.  (f  1185)Stammvater 
der  Herzöge  von  Modena  und  Ferrara.  Im 
12.,  18.  und  14.  Jahrh.  stand  das  Haus  E. 
an  der  Spitze  der  guelf.  Partei.  Alfons  TL, 
durch  die  7Jähr.  Einkerkerung  Tassos  be- 
rüchtigt, erwählte,  selbst  kinderlos,  seinen 
Vetter  GSsar  (f  1628),  den  Sohn  seines  na- 
türlichen Sohnes  Alfons  I.,  zum  Nachfolger. 
Hercules  Sinaldo  HL  erheirathete  die 
Fürstenthümer  Massa  und  Carrara,  verlor 
aber  durch  den  Frieden  von  Oampo  Formio 


584 


Este  —  Etamin. 


(1797)  Modeaa  und  Beggio;  f  17^7  als  der 
letzte  männliche  Sprössllng  des  Geschlechts. 
Seine  Tochter,  Maria  Beatrix  Bioarda,  war 
mit  Ferdinand,  dem  3.  Sohne  des  deutschen 
Kaisers  Franz  I.,  yermählt,  der  aur  Ent- 
schädigung das  Herzogth.  Breisgau  erhielt 
und  1806  f.  Beider  ältester  Sohn,  FrawsIV,, 
gelangte  infolge  der  Traktate  von  1814  und 
1815  zum  Besitz  des  Herzogthums  Hodeua; 
t  1846.  Sein  Sohn,  Frans  V.,  verlor  infolge 
der  Umwälzungen  von  1859  seine  Länder. 

Este  9  in  neuerer  Zeit  Stammname  der 
Nachkommen  des  Herzogs  August  Friedrich 
von  Sussex  (geb.  27.  Jan.  1773),  6.  Sohnes 
Georgs  ni.  von  Bngland,  aus  dessen  Ehe 
mit  Lady  Murray  (geb.  27.  Jan.  1768),  der 
Tochter  des  schott.  Grafen  Dunmore.  Die 
Ehe  ward  4.  April  1793  heimlich  zu  Rom  und 
dann  noch  einmal  5.  Dec.  d.  J.  im  St.-Genrge- 
Kirohspiele  zu  London  gesdUossen,  aber  auf 
Grund  eines  Hausgesetzes  von  1772  vom 
erzbischöfl.  Gericht  für  nichtig  erklärt.  Die 
Kinder  aus  dieser  Ehe,  Augustu»  Frederick 
(geb.  14.  Jan.  1794)  und  Augusta  Emma  (geb. 

11.  Aug.  1801),  erhielten  den  Namen  E.  Der 
Sohn  t  unvermählt  18.  Dec.  1848.  Sei&e 
Schwester  heirathete  1845  Sir  Thomas  Wilde, 
späteren  Lord  Tmro,   der  1855  kinderlos  f* 

Esterhäiy  von  Galantha,  ungar.  Magnaten- 
familie,  urkundl.  erst  seit  12^  erwähnt. 
Franz  Zerhäsy  (f  1595)  von  ersterer  Linie 
nahm  1584  bei  seiner  Erhebung  in  den 
Freiherrenstand  den  Namen  E.  von  Ga- 
lantha  an.  Drei  seiner  Söhne  gründeten  die 
I^nien  zu  Gseszeck,  Altsohl  oder  Zolyom 
(beid«  seit  1683  gräflich)  und  Forchtenstein 
(seit  1626  gräflich).  Letztere  theilte  sich  in 
eine  gräfliche  und  fürstliche  Linie.  Der 
ersteren  gehört  an:  Moritz,  GraJ  v<m  E., 
geb.  23.  Sept.  1807,  bis  Mäi-z  1856  österr. 
Gksandter  zu  Rom,  19.  Juli  1861  Minister 
'ohne  Portefeuille  im  Kabinet  Schmerlings 
ijnd  Belcredls.  —  Der  fürstlichen  Linie  ge- 
hören an:  Riul  JF,  von  E.,  geb.  8.  Sept. 
1635,  Staatsmann  und  Feldherr,  wohnte  den 
Kämpfen  von  1663—86  gegen  die  Türken 
bei,  fnngirte  1681  —  1713  als  Palatin,  1687 
für  sich  und  seine  Nachfolger  in  den  Beichs- 
fürstenstand  erhoben.   Ifikolaue  von  E.,  geb. 

12.  Dec.  1765,  8.  Sohn  des  Fürsten  Paul  Anton 
von  E.  (t  22.  Jan.  1794  als  Feldmarschall- 
lieutenant), Diplomat,  Gründer  grosser  Ge- 
mäldesammlungen, lehnte  die  ihm  1809  von 
Napoleon  L  angebotene  Krone  von  Ungarn 
ab;  t  25.  Nov.  1833  zu  Oomo«  Sein  Sohn, 
Bxttl  Anton,  Füret  E.,  geb.  10.  März  1786, 
1830—38  Gesandter  in  London,  trat  Mäi-z 
1848  in  das  Kabinet  Batthyanyi,  vertrat  als 
Minister  des  Auswärtigen  die  Interessen 
Ungarns  am  wiener  Hofe,  wirkte  vermit- 
telnd, trat  Aug.  1848  zurück ,  ging  1856  als 
Krönnngsbotschafter  nach  Moskau ;  f  21.  Mai 
1866  in  Regensburg.  Kurz  zuvor  war  die 
Sequestration  des  kolossalen,  aber  über- 
schuldeten Majoratsbesitzes  erfolgt.  Jetziges 
Haupt  der  Familie :  Nikolaus  Pnul  Karl,  Füret 
E.,  geb.  25.  Juni  1817. 

Esther,  Jüd.  Jungfrau,  eigentl.  Hadaaa, 
Nichte  Mardochais,  ward  zu  Susa  Gemahlin 
des  pers.  Königs  Acbaschverosch  (Xerxes), 


rettete  die  Juden,  indem  sie  Hamau,  den 
judenfeiudl.  Günstling  des  Königs,  stürzte. 
Das  bibl.  Buch  E.  gehört  nach  Sprache  und 
Geist  in  die  Zeit  der  Seleuciden. 

EsthUnd,  russ.  Gouv.,  eine  der  3  Ostsee- 
provinzen, 858,6  QM.  und 313,119 Ew.;  eben, 
reich  an  Sümpfen  und  Seen,  strichweise 
fruchtbar  (Getreide  und  Flachs).  Bevölke- 
rung: die  &then,  die  ursprüngl.  Bewohner 
des  Landes,  Glieder  der  Ann.  Völkerfamilie 
mit  bes.  Sprache  (reich  an  epischen  Yolks- 
liedePn,  Gramm,  von  Ahrens  1853),  energisch 
und  rauh,  dabei  faul  und  schmutzig,  und 
die  Esthländer,  ein  Gemisch  von  Deutschen, 
Schweden  und  Bussen.  Hauptst.  Beval.  Im 
12.  und  13.  Jahrb.  von  den  Dänen  unter- 
worfen, kam  E.  1347  durch  Kauf  in  Besitz 
der  livländ.  Schwertbrüder,  ward  1561  vom 
schwed.  König  Erich  XIV.,  1710  von  Pe- 
ter d.  Gr.  erobert,  seitdem  russisch. 

Sstime  (fr.,  spr.  -ihm),  Achtung,  Ansehn. 

Estomihl  (lat.,  sei  mir),  der  letzte  Sonntag 
vor  den  Fasten,  so  genannt  nach  dem  An- 
fang der  Messe  aus  Ps.  31,  3. 

Estompe  (fr.,  spr.  -stongp),  Wischer; 
ettompiren,  Farbe  mit  demWischerverbreiten. 

Estride  (fr.),  Erhöhung  des  Fussbodens 
in  Zimmern^  bes.  am  Fenster;  auch  der 
erhöhle  Boden  in  den  Schleussenkammem. 

Estragon,  s.  Artemisia. 

EstrangeiO,  Name  der  älteren  syr.  Schrift. 

Estrella,  Serra  d*  (spr.  -eija).  Gebirg  in 
Poi'tugal,  zwischen  den  Quellbezirken  des 
Mondego  und  Zezere,  bis  7200'. 

Estremadura,  1)  Land  seh.  und  ältere  Prov. 
im  westl.  Spanien,  an  der  portugies.  Grenze, 
784,9  QM.  und  697,407  Ew,;  vom  Tajo  und 
Guadiana  durchflössen,  fruchtbar,  aber  seit 
Vertreibung  der  Araber  vernachlässigt  und 
verödet,  ein  Land  der  Schaf-  u.  Schweine- 
zucht. 2  Provinzen:  Badajoz  und  Caeeres, 
Hauptst.  Badajoz.  —  2)  Portug.  Prov.,  am 
atlant.  Ocean,  323,s  QM.  und  808,997  Ew.; 
in  der  Mitte  gebirgig  und  von  grosser  land- 
schaftl.  Schönheit  y  wenig  angebaut,  mit 
grossen  Heidestrichen.  3  Distrikte:  Loira, 
Santarem,  Lissabon;  Hauptst.  Lissabon. 

Estrich,  aus  zusammenhängender  Stein- 
oder fester  Erdmasse  gebildeter  Ihissboden. 

Estroplren  (fr.),  verstümmeln,  lähmen; 
estropirt,  von  Pferden,  die  vor  Alter  oder 
infolge  von  Ueberanstrengung  auf  den 
Vorderfüsson  steif  sind  und  leicht  stürzen. 

Eszek  (Esaegg),  Hauptstadt  Slavoniens, 
Festuue,  an  der  Drau,  13,883  Ew.   Handel. 

Etabllren  (fr.)«  sich  niederlassen,  etwas 
einrichten.  Mabliseement  (spr.  -blissmäng), 
Niederlassung,  Handlung,  Fabrik. 

Etaclsmns,  die  von  Erasmus  eingeführte 
Aussprache  des  griech.  7j  (Eta)  wie  e  oder  ä, 
im  Gegensatz  zu  dem  Itaciemus  Reuchlins, 
wonach  es  wie  i  gesprochen  .werden  sollte. 

Etage  (fr.,  spr.  Etahsch),  Stockwerk. 

Etagere  (fr.,  spr.  Etaschähr),  Möbel  von 
mehreren  Abtheilungen  über  einander,  ohne 
Seiten  wände,  nur  mit  Ecksäulen. 

EtalOB  (fr.,    spr.    -long),   das  Aichmass; 
auch   Zuchtliengst.     Etalonnage   (spr.    -Ion 
nahsch),  das  Aichen,  auch  Aichgebühr, 

Etamltt,  glattes  WoUenzeog. 


Etäng  —  Etschmiadsin. 


585 


£tiBg  (fr.,  Teich),  Name  der  grossen, 
flachen  Binuenwässer  an  den  franz.  Kasten ; 
z.  B.  E.  «2«  Berre,  E.  de  Thau. 

BtapeB  (fr.),  Orte  an  Militärstrassen ,  in 
denen  oder  in  deren  Umgebung  auf  dem 
Marsch  befindliche  Truppen  Verpflegung  und 
Nachtquartier  finden,  liegen  gewöhnl.  etwa 
4  M.  von  einander  entfernt;  Etapentlrdsse, 
eine  solche  Orte  verbindende  Strasse ;  Ela- 
penkommandaTU ,  der  an  einem  solchen  Orte 
befehligende  Ofiisler ;  Etapenkonventionen, 
Staatsverträge  för  den  Durchsug  und  die 
Verpflegung  von  Truppen. 

Etat  (fi'O,  Stand,  im  Staatshaushalt  insbes. 
Voranschlag  der  Einnahmen  und  Ausgaben; 
im  Militarwesen  Entwurf  über  den  Bestand 
der  Truppen,  sonstiges  Personal,  Wirth- 
schaftsausgaben  etc.  EtatUirung,  Aufnahme 
gewisser  Ausgaben,  z.  B.  Gehalte,  in  den 
bleibenden  E.    Etatsrath,  s.  v.  a.  Staatsrath. 

EtfttB  gen^ranx  (fr.,  spr.  Eta  scheneroh), 
Generalstaaten  oder  Generalstäude,  in  Frank- 
reich seit  Anfang  des  14.  Jahrh.  die  aus 
den  Abgeordneten  des  Adels,  der  Geistlich- 
keit und  der  städtischen  Korporationen  zu- 
sammengesetzten Landstände,  von  Pliilipp 
dem  Schönen  28.  Mai  1313  zuerst  berufen, 
während  früher  bloss  Adel  und  Klerus  darin 
vertreten  waren,  in  der  Regel  nur  mit  Be- 
willigung ausserordentlicher  Subsidlen  be- 
schäftigt, von  1614  bis  5.  Mai  1789  nicht  ver- 
sammelt, nach  Beginn  der  fi'anz.  Revolution 
in  eine  Nationalversammlung  umgewandelt. 

^tendue  (fr.,  spr.  Etangdü),  Ausdehnung. 

EteöcleSy  Sohn  des  Oedipns  und  der 
locaste,  Bruder  deä  Polynices,  übernahm 
nach  seines  Vaters  Vertreibung  mit  seinem 
Bruder  abwechselnd  ein  Jahr  um  das  andere 
die  Regierung,  hielt  aber  diese  Ueberein- 
kunft  nicht,  was  den  ,Zug  der  Sieben  gegen 
Theben'  zur  Folge  hatte,  in  welchem  £. 
und  .Polynices  im  Zweikampf  fielen. 

Etesische  Winde  (Etesia),  bei  den  Alten 
die  Passatwinde,  die  in  Giiecbeulaud  in  den 
Hundstagen  wehen  und  kühlend  wirken. 

EthlCQS  (Aethicut) ,  mit  dem  Beinamen 
Ister,  griech.  Geograph  im  6.  Jaltrh.  oder 
später,  Verfiksser  einer  Weltbeschreibung, 
in  lat.  Uebers.  im  Mittelalter  viel  gebraucht, 
herausgeg.  von   Wutike  (1854). 

Ethik  (gr.),  philosophische  Sittenlehre. 

Ethikotneologie  (gr.) ,  bei  Kant  die  auf 
die  Sittenlehre  bosirte  Lehre  von  Gott,  "im 
Gegensatz  zur  Physikotheol(^e,  welche  den 
Glauben  an  Gott  ans  der  Zweckmässigkeit 
der  Natur  herzuleiten  sucht. 

Etlinioideum  ob,  Siebbein,  einer  der  Schä- 
del knochen,  die  Nasenhöhle  bildend. 

£th]iareli(gr.),Volksherrscher,Statthalter. 

Ethnieismiui  (gr.),  Glaube  an  mehrere  göttl. 
Wesen,  Heidenthum;  ethniich,  heidnisch. 

Ethnographie  und  Ethnologie  (gr.),  Völker- 
beschreibung, Bezeiclinung  zwei  verwandter, 
aber  selbständiger,  erst  in  neuester  Zeit  zur 
Ausbildung  gelangten  Wissenschaften.  Die 
Ethnologie  (Anüiropogeographie) ,  ein  Tlieil 
der  Naturgeschichte  des  Menschen,  be- 
schäftigt sich  mit  der  Verbreitung  des  Hen- 
schengesehlechts  auf  der  Erde  nach  seinen 
phys.  Abstufungen,  mit  der  Frage  der  Ab- 


stammung und  Einheit  desselben,  der  Bacen- 
unterschiede  und  Racenvermisohung  eto; 
Die  Ethnographie  (Völkerkunde),  eine  rein 
histor.  Wissenschaft,  betrachtet  das  Men- 
schengeschlecht in  seiner  Verbreitung  über 
die  Erde  nach  Völkern  und  sucht  die  geisti- 
gen Eigenthümllchkeiten  derselben  (in  Spra- 
che, Literatur,  Staat  und  Religion)  zu  er- 
kennen, wie  auch  den  Standpunkt  zu  er- 
mitteln, den  die  Völkerindividuen  unter 
sich  wie  auch  zu  höheren  Einheiten  (Völker- 
familien) u.  zur  Menschheit  selbst  einnehmen. 

Etikette  (Etiquette,  fr.),  die  durch  Vor- 
schriften und  Herkommen  geregelte  Form 
des  geselligen  Umgangs,  bes.  an  Höfen 
(Ho/etikette);  Aufschriftszettel   an  Waaren. 

Etmal.  in  der  Seemannssprache  die  Zeit 
von  24  Stunden,  bes.  die  von  Mittag  bis 
Mittag  zurückgelegte  Strecke. 

Etoil  (fl:.,  spr.  -oäl),  Stern;  h  la  belle  4., 
unter  freiem  Himmel. 

Eton  (Eaton,  spr.  Iht'n),  Stadt  in  der  engl. 
Grafsch.  Buckingham,  an  der  Themse, 
2840  Ew.;  A&s  Eton-College  eine  der  berühm- 
testen Gelebrtenschulen  Englands. 

Etonffiren  (fr.),  ersticken,  dämpfen. 

Etonrderie  (fr.,  spr.  Eturdrih),  Duram- 
dreistigkeit,  Unbesonnenheit;  efoHrdtren,  be- 
stürzt machen,  verblüffen;  Mourdisiement 
(spj.  -diss'mang),  Bestürzung,  Betäubung. 

Etranger  (fr.,  spr.  Etrangscheh),  Fremder. 

EtroncoB  (gr.),  abnorme  Anschwellung 
des  Unterleibs,  durch  Geschwülste,  Gas-, 
Wasseransammlung  bedingt. 

Etrurien  (später  TSiacia,  gr.  Tyrrhenia, 
a.  G.),  Landschaft  in  Mittelitalien  am  tyr- 
i-henischen  Meere,  vom  Apennin,  dem  Flusse 
Macra  und  dem  Tiber  umschlossen;'  die  Ew. 
(Etrusci,  Tus(i)  ein  Misch  volk  der  ursprüugl. 
Bevölkerung  (ümbrer)  und  der  von  N.  her 
eingedrungeneu  Rasener,  mit  wohlgeord- 
neten Staatseinrichtungen  (Art  Priester- 
aristokratie), einer  ernsten,  auf  Sternkunde 
gegründeten  Religion,  dem  Ackerbau  und 
Handel  ergeben  und  von  ungewöhnlicher 
Kunstbildung  (etrusk.  Baustil  sehr  einfluss- 
reich auf  die  röm.  Baukunst ;  ausgez.  Thon- 
vasen,  Erzarbeiten  etc.).  Die  etrusk.  Sprache 
nur  noch  in  Inschriften  vorhanden,  noch 
nicht  hinreichend  aufgehellt.  —  Rom,  an- 
fangs innig  mitE.  verbunden;  seit 485  v.  Chr. 
Krieg  mit  der  etrur.  Stadt  Veji,  die  396  v.  Chr. 
durch  Camillus  erobert  ward.  Später  er- 
langten die  Etrurier  die  Givität  in  Rom,  und 
der  Name  E.  verlor  sich  allmählig.  Aus 
Tuscien  ward  das  spätere  Toskana.  Vgl. 
O.  MülUr,  ,Die  Etrusker',  1828;  Dennis, 
,The  eitles  and  cemeteries  of  Etruria*,  1848; 
deutsch  von  Meissner  1852. 

Etsch  (röm.  AthesiB,  ital.  Adige) ,  Flnss, 
entspringt  in  Tirol,  auf  der  maiser  Heide 
aus  dem  Reschersee,  durclifliesst  die  ital. 
Provinzen  Verona,  Padua  und  Rovigo,  mün- 
det bei  Fossone  ins  adriat.  Meer.  Länge 
56  M.  (etwa  40  schifiTb.);  Stromgebiet  400  QM. 
Nebenflüsse:  Passeier  und  Eisack. 

Etschmiadsin  (auch  Ukach-,  Kli8$eh),  altes 
her.  armen.  Kloster,  in  Trauskaukasieu,  5 
St.  von  Eriwan,  vonfestungsähnl.  Aussehen; 
seit  1441  Sitz  des  Patriarchen  der  Armeniei*. 


686 


Ettenheim  — •  Eugenia. 


SttealielBl)  Stadt  im  bad.  Kr.  Freiburg, 
3838  Ew.;  bis  ISOSBesidenz  der  Fürstbischöfe 
▼oa  Straasbnrg.  Südöstl.  die  früher  ber. 
Abtei  MHenh«inmUtuter  (1803  aufgehoben). 

EttWBbery  (grotter  und  Heiner  E.),  2 
Bergkuppen  bei  Weimar,  14S6  und  1050'  h. 

EttllageB»  Stadt  im  bad.  Kr.  Karlsruhe, 
an  der  Alb,  4821  Ew.;  bis  1834  freie  Reichs- 
stadt, seitdem  badisch. 

Ettriek.  liebliohes  Thal  in  der  schott. 
Grafsch.  Selklrk. 

Ktfiden,  Uebungsstüclce,  bes.  musikalische. 

Etat  (fr.,,  spr.  Etwib),  Besteck;  Futteral 
für  kleine  Gregenstäode. 

Et|teologle  (gr.),  die  Lehre  von  der  Ab- 
leitung der  Wörter  von  ihren  Wurseln  und 
Stämmen;  auch  die  Lehre  Ton  den  verBchle- 
denen  Wortarten  und  deren  Formen. 

Etiel  9  im  Nibelungenliede  der  Hunnen- 
könig Attila,  Gemahl  Ohriemhüds,  an  dessen 
Hof  die  burgund.  Helden  fielen. 

EtzeU  Hoflialtmigy  altdeutsches  Gedicht, 
zur  Dietrichssage  gehörig ;  in  einer  spätem 
Bearbeitung  im  ,Heldenbuch*  enthalten. 

£u  (spr.  Oeh),  Stadt  im  franz.  Depart. 
Niederrhein,  anderBresle,  4168Ew.  Histor. 
merkw.  Schloss,  bis  1852  im  Besitz  der 
Orleans.  Der  älteste  Sohn  des  Herzogs  von 
Nemours  (geb.  29.  April  1842)  erhielt  den 
Titel  eines  Qrafen  von  Eu. 

Enblotik  (gr.),  Gesundheitslehre,  Diätetik. 

'Euh^A  (Negroponte,  Egrihon),  griech. Insel, 
im  ägäischen  Meer,  durch  den  Eurlpns  vom 
Festland  getrennt,  63  QM.  und  60,000  Ew.; 
gebirgig  (bis  5400'  h.)  mit  schOnen  Wäldern 
und  ^uchtbaren  Ebenen,  reich  an  Produk- 
ten, bildet  mit  mehreren  kleinem  Inseln 
die  Nomarehie  E.,  74  QM.  und  72,368  Ew. 
Hauptst.  Chaicis.  E.  wurde  194  röm.,  1204 
eine  Beute  der  Yenetianer  und  1470—1821 
im  Besitz  der  Türken.  [Handeln. 

Enbulie  (gr.),  guter  Rath;  einsichtsvolles 

EucalyptvB  HiriU  (SckSnmüüK),  Pflanzen- 
gattnng  der  Myrtaceen,  neuholländische 
Bäume.  E.  g^lobulus  Lc^ill.,  in  Südouropa 
^  akklimatislrt ,  wächst  ungemein  schnell, 
'  liefert  hartes  Bauholz;  E.  gigantea  Hook,  ßl., 
auf  Neuseeland,  austral.  Mahagoniholz; 
E.  piperita  Smith  blaues  Gummiholz;  E. 
viminalis  Otmningh.  australische  Manna; 
E.  resinifera  ^mxth  rothes  Gummiholz  und 
Kino.    £.  amygdalina  wird  480'  hoch. 

Euchartstf  e  (gr.),  Dankgebet ;  Abendmahls- 
feier; auch  die  Monstranz  mit  der  Hostie. 

EuchelSon  (gr.),  Gebetaölung,  der  letzten 
Oelnng  der  Katholiken  entsprechend. 

EucliSteu.  s.  Mestalianer.  [Kirche. 

Enchologlon  (gr.).  Ritualbuch  der  griech. 

Eaclides,  1)  griech.  Philosoph,  Stifter  der 
megarischen  Schule,  ans  Megara,  Schüler  des 
Socrates,  stellte  als  Princip  den  Satz  auf, 
nur  das  Gute  sei,  alles  Uebrige  sei  nicht; 
f  nm  424  v.  Chr.  —  2)  Der  Vater  der  Mathe-* 
niatlk,  geb.  in  Alexandria,  um  300  v.Chr., 
zu  Athen  Schüler  des  Plato,  dann  Lehrer 
der  Geometrie  in  Alexandria,  erweiterte  das 
Gebiet  der  Mathematik,  strenger  Methodiker. 
Sehr,  herausgeg.  von  Pegrard  (1814—18,  3 
Bde.);  ,Stoicheia*  (Elemente  der  reinen  Ma- 
thematik), herausgeg.  von  Angutt  (1826—29, 


2  Bde.),  deutsch  von   Lorens  (1781,   zuletzt 
herausgeg.  von  Hartwig  18G0). 

Eudamonismns  (gr.),  Lehre,  wonach  die 
Glückseligkeit  der  letzte  Zweck  alles 
menschlichen  Handelns  sein  soll. 

Endiometer  (gr.),  Luftgütemesser,  In- 
strument zur  Bestimmung  des  Sauerstoffs  in 
der  Luft.  [nais. 

EndoxU,  Gattin  Theodosius  IL,  a.  Alhe- 

EngaBei84^e  Hfigely  Berggmppe  in  Vene- 
tien,  westl.  von  Padua;  im  M.  Venta  1830'  h. 

EugeB,  Name  von  4  Päpsten:  E.  J.,  652 
zum  Papst  gewählt,  erst  fö4  anerkannt;  f 
657.  —  S.  II,,  824  —  827,  erklärte  sich  im 
Bilderstreit  für  die  Beschlüsse  des  pariser 
Koncils  vom  1.  Nov.  825.  -  E.  III.,  1145-53, 
Schüler  Bernhards  von  Clairvaux,  wurde 
1146  vom  Volke  aus  Rom  vertrieben,  von 
König  Roger  von  Sicilien  1150  wieder  ein- 
gesetzt, dann  abermals  vertrieben.  —  E.  IV., 
1431—47,  früher  Gabriel  Condolmiere,  Vene- 
tianer,  ward  wegen  seines  Widerstands  gegen 
die  Beschlüsse  des  baseler  Koncils  1439  ab- 
gesetzt und  an  seiner  Stelle  Amadens  VIII. 
von  Savoyen  als  Felix  V.  erwählt,  der  aber 
nicht  allgemein  anerkannt  ward. 

fingen,  1)  Franz,  von  Savoyen,  bekannt 
als  Pfinx  E.,  ber.  Feldherr  u.  Staatsmann,  geb. 
18.  Okt.  1663  in  Paris  als  Jüngster  Sohn  des 
Prinzen  E.  Moritz  von  Savoyen- Garignan, 
Grafen  von  Soissons,  und  der  Olympia  Man- 
cini.  einer  Nichte  des  Kardinals  Mazarin, 
trat  1683  in  österr.  Dienste,  focht  mit  Aus- 
zeichnung gegen  die  Türken,  dann,  seit  1690 
General  der  Kavallerie,  im  nordwestl.  Ita- 
lien gegen  die  Franzosen,  schlug,  1692  zum 
Feldmarschall  ernannt,  die  Türken  bei  Zenta 
an  der  Theiss  (11.  Sept.  1697),  erhielt  nach 
dem  Ausbruch  des  span.  Erbfolgekriegs  den 
Oberbefehl  in  Italien,  schlug  die  Franzosen 
bei  Oarpi  und  Chiari,  als  Oberbefehlshaber 
des  kaiserl.  Heeres  in  Deutschland  mit 
Marlborough  die  Franzosen  und  Bayenl  bei 
Höchstädt  (13.  Aug.  1704),  dann  wieddr  in 
Italien  bei  Turin  (7.  Sept.  1706),  ward  zum 
Reichsfeldmarschall  ernannt,  siegte  mit 
Marlborough  bei  Oudenarde  u.  Malpiaquot  u. 
schloss  1714  den  Frieden  zuRastadt.  Nach- 
dem er  1716  die  Türken  bei  Peterwardein 
und  1717  bei  Belgrad  geschlagen,  stand  er 
dem  Kaiser  als  treuer  Rathgeber  sur  Seite; 
t  21.  April  1736.  Biogr.  von  v.  Ameth  (1858— 
1859,  3  Bde.).  —  2)  Friedr.  Karl  Ihttl  Lud- 
wig, Herzog  von  Würtemberg ,  geb.  8.  Jan. 
1788  KU  Oels,  Sohn  des  als  preuss.  General 
bekannten  Herzogs  Eugen  Friedr.  Heinrich 
von  Würtemberg  (f  1822) ,  seit  1805  mss. 
Generalmajor,  ward  auf  dem  Schlachtfelde 
von  Smolensk  Generallieutenant,  focht  1813 
bei  Lützen,  Bautzen,  Dresden  und  Leipzig 
(heldenmüthige  Ausdauer  bei  Wachan),  1814 
bei  Bar-  und  Arcis-sur-Aube,  ward  vor  Paris 
zum  General  der  Infanterie  befordert,  be- 
fehligte 1828  unter  Diebitsch  ein  Armeecorps 
in  der  Türkei;  f  16.  Sept.  1857  zu  Karlsruhe 
in  Schlesien.  Sehr.  ,ErinnemngeB  aua  dem 
Feldzuge  des  Jahres  1818*  (1846)  und  ,Memoi- 
ren*  (1863,  8  Bde.).  Vgl.  Htüdorf,  ,Ans  dem 
Leben  des  Prinzen  E.  etc.',  1861—62,  4  Bde. 

Eugenia  Mich.,  Pflanzengattung  der  Myr- 


Ettgeaie  —  Euphrasia. 


587 


tengewächse,  Bäume  und  Sträucher  im  trop. 
Amerika.  £.  Pimenta  Dee.,  in  Westiadien, 
liefert  in  den  Beeren  den  Jamaika-  oder 
Nelkenp/effer,  Fimeni,  Neuwärsu 

Engenie,  Marie  von  MorUi^o,  Exkaiserin 
der  Franzosen,  geb.  5.  Mal  1896  zu  Graaada, 
8.  Tochter  des  Grafen  Hont^o,  Herzogs  von 
Peneranda,  und  der  Mafia  Manuela  Kirk- 
patrik  yon  Klesebnrn,  der  Tochter  eines 
engl.  Konsuls  in  Malaga ,  erschien  1851  bei 
den  Festen  des  Präsidenten  im£Iys6e,  ward 
30.  Jan.  1863«Gemahlin  Napoleons  III.,  18. 
März  1856  Mutter  des  kaiserl.  Prinzen,  fun« 
girte  1859,  1865  und  seit  2S.  Jnli  1870  als 
Regeniin,  floh  4.  Sept.  naeh  Napoleons  III. 
Sturz  nach  Belgien  und  yon  da  nach  Eng- 
land.   Ergebene  Tochter  der  Kirche. 

SagnMitai,  Stadt,  s.  ChMio, 

EnhememB  (Euenuru»),  griech.  Philosoph 
der  cyrenalschen  Schule,  ans  Messene, 
Schüler  des  Bien,  lebte  am  Hofe  des  mace- 
don.  Königs  Oassander,  bes,  dadurch  be> 
Uanut,  dass  er  die  Götter  nur  für  vergöt- 
terte Menschen  erklärte  (EHhemerismua). 

Eaklis,  Mineral  aus  der  Klasse  der  was- 
serfreien Geolithe,  besteht  ans  kieselsaurer 
Thonerdemit  kieselsaurer  Beryllerde,  grüner 
Edelstein  aus  Per«,  Brasilien,  Tom  Ural. 

Enlalle  (gr.).  Wohlred  enheit. 

£al«9  Borgst,  im  böhm.  Kreise  Prag, 
3408  Ew'.;  Mineralbad,  ehemals  bed.  Gold- 
hergwerke.  Danach  benannt  die  JEWI«n- 
dukalen,  1712— 15  geschlagen,  mit  einer  Eule. 

Knien  (Strigidae),  Familie  der  Raubvögel. 
1)  Ohreiileut  Uhu,  Bubo  maximus,  2Va', 
in  Europa,  Asien,  raubt  kl.Säugethiere.  TTald- 
o^r«uZe  (Otus  verus),  14",  in  Europa,  Asien, 
Afrika.  S)  Glattköpfe:  Sehleier-,  Thurm-, 
Ferleule  (Strlx  flammea  L.),  15",  in  Mittel- 
europa, Asien,  Afrika,  Mäusefänger.  Nacht-, 
iValdkaug  {».kineo  L.),16**y  in  Europa.  Stein- 
katts  (S.  noctna  Setx.),  9—10'',  in  Europa. 

Eiil«n,  Nachtfalter,  s.  Schmeiteriinge. 

Eulenburg,  Friedr.  Albr.,  Graf  teu,  prenss. 
Staatsmann,  geb.  29.  Jan.  1815,  ging  1859 
als  aosserordentl.  Gesandter  und  bevoll- 
mächtigter Ministsr  an  die  Höfe  von  China, 
Japan  und  Slam,  achloss  24.  Jan.  1861  mit 
der  Japan.  Regierung,  Sept.  dess.  J.  mit  der 
chines.  einen  Schifffahrtsvertrag  ab,  ward 
1).  Dec.  1862  Minister  des  Innern. 

EttloigeUrge,  der  östl.  Rand  des  glatzer 
Gebirgslandes,  ein  schmaler  steiler  Rucken, 
in  der  hohen  Euie  8100'  hoch. 

SnleBspteg ely  J^,  bekannter  Schalksnarr, 
aus  Kneitlingen  im  Brannschweigischen,  f 
1S50  zu  Mölln.  Das  nach  ihm  benannte 
Volksbuch,  die  Erzählung  seiner  Schwanke 
und  Harrenstreiche  enthaltend,  erschien 
ursprungl.  in  plattdeutscher  Sprache,  aus 
der  es  zuerst  von  Thomas  Mumer  ins  Hoch- 
deutsche (Strassb.  1519;  neue  Ausg.  von 
Lappenberg  1859)  übertrafen  wurde;  bis  in 
die  neueste  Zeit  immer  neu  gedruckt. 

Enl«r,  Leonhard,  ber.  Mathematiker,  geb. 
15.  April  1707  zu  Basel,  ward  1730  Prof.  der 
Physik  in  Petersburg,  1741  Lehrer  der 
mathemat.  Wissenschaften  an  der  Akademie 
zu  Berlin,  kehrte  1766  nach  Petersburg 
zurück;  f  das.  7.  Sept.  1783   als  Direktor 


der  mathemat.  Klasse  der  Akademie.  Sehr. 
,Th6orie  complite  <de  la  consiraction  et  de 
la  manoe^vre  des  vaisseaux*  (1773);  ,Thooria 
motuum  plaaetarnm  et  cometarum'  (1744; 
deutsch  von  ütoassi  1781);  ,Introd actio  in 
analysin  infinitorum*  (1748,  2  Bde.;  deutsch 
von  Michdsen  1788-91,  8  Bde.;  neue  Aufl. 
18S6);  ,In8titutiones  calculi  dilferentialis* 
(neue  Aufl.  1804, 2  Bde.;  deutsch  von  Michd- 
sen 1790--98,  2  Bde.);  ,Iu8titutiones  calculi 
integralis*  (8.  Aufl.  1824—27,  4  Bde. ;  deutsch 
von  Saiomon  1928—30,  4  Bde.) ;  ,I>ioptrica* 
(1769— 71,  3  Bde.);  ,Opuscula  analytica* 
(1783—85,  2  Bde.).  —  Sein  Sohn  Johann  Al- 
bert E.,  geb.  8.  Dec.  1734  zu  Petersburg,  t 
18.  Sept.  1800  das.  als  Professor  der  Militär- 
akademie, ebenfalls  ausgez.  Mathematiker. 

Ealogie  (gr.),  Segen,  Segenssprnch,  ancli 
Abendmahl;  Yernünftlglceit  im  Reden  und 
Handeln;  Wahrscheinlichkeit. 

Eamenlden  (gr.,  d.  i.  die  Gnädigen,  ur- 
sprungl. Erinny«n,  lat.  Furien,  d.  i.  die  Grol- 
lenden, Wuthenden),  in  der  ältesten  griech. 
Poerie  die  Schwestern  der  Schicksal sgöt- 
tinnen,  Dienerinnen  der  Gerechtigkeit  und 
Rächerinnen  Jedes  von  Menschen  verübten 
Frevels,  bei  späteren  Dichtem  3  an  Zahl: 
Tieiphone,  Alecto  nnd  Jlfe^ära;  mit  Fackeln, 
Schlangen,  eiuer  Geisel  etc.  dargestellt. 

EainolpiKy  Sohn  des  Poseidon  und  der 
Ohlone,  wanderte  aus  Thracien  in  Attica 
ein,  Stifter  der  eleusin.  Mysterien,  Stamm- 
vater des  Geschlechts  der  Stimdpidcn. 

fimnorphle  (gr.),  Wohlgestalt.  Jsinn. 

EnmiMle  (gr.),   Schönheitsgefühl,  Kunst- 

SuBOmie  (gr.),  gute  Gesetzgebung. 

Eanach  (gr.,  d.  i.  Betthnter),  Kastrat  oder 
Verschnittener,  im  Orient  Hüter  des  Harems. 

Eupatorift  (sonst  Koelow),  Hafenstadt  im 
russ.  Gouvem.  Tanrien,  auf  der  Westküste 
der  Krim,  8493  Ew.  Im  orient.  Kriege 
1854  —  55  Hauptstation  der  Türken. 

Enpatorlvm  Zr.  (WoMerdosten),  Pflanzen- 
gattung der  Kompositen.  E.  cannabinum 
L.,  Wasaerhanf,  -eenf,  in  Europa,  Wurzel 
und  Kraut  ofSclnell.    Zierpflanzen. 

Enpatriden  (gr.),  im  alten  Athen  die  Nach- 
kommen edier  Geschlechter. 

Eupen  (ft*.  Nßaux),  Kreisstadt  im  preuss. 
Regbz.Aachen,  an  derbeig.6renze,14,211Ew. 

Eupepsie  (gr.),  gute  Verdauung,  leichte 
Verdaulichkeit ;  eupeptiseh, \eic\xt  verdaullcli. 

Enph«migiiiii8  (gr.),  Umschreibung  ^iner 
anstössigen  oder  widrigen  Sache  durch  mil- 
dernde, beschönigende  Ausdrücke. 

Enphdule(gr.),  Wohllaut,  bes.  der  Sprache. 
Eaphonieche  Buchstaben,  bloss  des  Wohl- 
klangs w^en  eingeschobene  Buchstaben. 

Euphorbia  L.  (  Wolfsmilch),  Pflanzengat- 
tUDg  der  Euphorbiaceen.  E.  resinifera  Berg, 
im  marokkan.  Atlas,  liefert  Snphorbiwm. 
Von  E.  cvparissias  L.,  in  ganz  Europa  früher 
offLcin.(  Bauer  urhdbarher),  dient  der  Milchsaft 
zum  Wegbeizen  der  Warzen.    Zierpflanzen. 

Enphorbimn,  eingetrockneter  Milchsaft 
der  marokkanischen  Euphorbia  resinifera, 
gelblich,  schmeckt  heftig  brennend,  erregt 
heftiges  Niesen  und  Entzündung,  dient  als 
blasenziehendes  Mittel,  ist  stark  giftig. 

Eophnisift  L.  (Augentrost),  Pflanzengat- 


588 


Eaphrat  —  Europa. 


tnng  der  Rhiaanthaceen.  E.  oflcinalis  JD., 
in  Deutsdhlaud ,  homöopath.  Heilmittel. 

Evphrat  (arab.  Frat),  grösster  Flnss 
Vorderasiens,  entsteht  im  Hochlande  Arme- 
niens aus  2  Qnellflüsseu,  durchbricht,  gen 
S.  fliessend,  mit  vielen  Wasserfällen  nnd 
Stromschnellen  die  armen.  Bergketten  nnd 
den  Taums  (bis  Biredschik),  fliesst  dann 
langsam  anf  der  Grenze  der  syr.-arab. 
Wüste  gegen  SO.,  an  Hillah  (Babylon)  vor- 
bei, nähert  sich  bei  Bagdad  dem  Tigris  auf 
3  M.  und  fliesst  20  M.  mit  diesem  parallel. 
Beide  vereinigt  (bei  Kornah)  bilden  dann 
den  Schat  el  Arab,  der  30  M.  unterhalb 
Bassora  in  den  pers.  Meerbusen  mündet. 
Länge  400  M.  [der  drei  Grazien. 

Euphrosfiie  (gr.),  die  Frohsinnige,  eine 

Eophnlsinns  (engl.),  eine  gesuchte,  spite- 
fiudige,  pedantisch  süssliche  Art  des  Witzes, 
ben.  nach  dem  Boman  ,£uphues*  von  J.  Lily 
(1580).  [ten;  auch  Wohlbefinden. 

Eupraxle  (gr.),   Wohlthun,  Wohlverhal- 

Enre  (spr.  Oehr),  linker  Nebenfluss  der 
Seine,  kommt  von  den  Perchehügeln,  mündet 
oberhalb  Ronen,  26  M.  —  Danach  benannt 
das  Deport,  £.,  108,3  QM.  und  394,467  £w. 
mit  der  Hauptst.  Evrenx,  nnd  das  Depari.  E. 
und  Loir,  106,6  QM.  und  290,753  Ew.  mit 
der  Hauptstadt  Ghartres. 

Eurhyihmie  (gr.),  Ebenmass  in  der  Bewe- 
gung; schöne  Uebereinstimmung  der  ein- 
zelnen Thelle  mit  dem  Ganzen. 

Euripides,  der  jüngste  der  drei  grossen 
griech.  Tragiker,  geb.  480  v.  Chr.  zu  Sala- 
mis, Freund  des  Anaxagoras  und  Socrates, 
lebte  am  Hofe  des  Königs  Archelaus  von 
Macedonien;  f  das.  406.  Brachte  Sprache 
und  Ansichten  der  Philosophie  auf  die  Bühne 
und  suchte  vorzugsweise  Rührung  zu  er- 
wecken. Von  seinen  aahlr.  Stücken  (75  bis 
123)  sind  ausser  dem  Satyrspiel  ,Cyclops' 
noch  17  erhalten:  ,HecubaS  ,OresteB*,  ,Die 
Phönissen',  ,AlcestisS  ,Medea',  J)ie  Troerin- 
nen*, ,Andromache*,  ,Ion*,  ,Die  Bacchan- 
tinnen', ,Die  Schutzflehendeu%  ,Iphigenie  in 
Aulis',  ,Ipfaigenie  in  Tauris*,  ,Die  HerakU- 
den*,  ,HelenaS  »Electra*,  ,Hippolyt',  ,Der 
rasende  Hercules'.  Neuere  Ausgaben  von 
Härtung  (mit  Uebers.  1848  ff.),  Nauch  (1857), 
Kirchhoff  {liSi^.).  Uebersetzungen  von  Minck- 
loitz  (1836),  D<mner  (2.  Aufl.  1851,  3  Bde.), 
Fritze  (1856-68,  8  Bde.). 

Enripns  (a.  G.),  die  Meerenge  iewlschen 
der  lusel  Euboa  und  dem  griech.  Festlande. 

Eulrop«9  Tochter  des  Königs  Agenor  von 
Phönlcien,  ward  von  Jupiter  als  weissem 
Stier  nach  Kreta  entführt,  von  ihm  Mutter 
des  Minos,  Sarpedon  und  Rhadamanthus. 

Europa,  Erdtheil,  der  kleinste,  aber  wich- 
tigste der  alten  Welt,  Mittelpunkt  des 
Weltverkehrs  und  der  Kultur,  ist  eigentKcli 
nur  die  nordwestl.  Fortsetzung  Asiens,  ge- 
hört fast  ganz  der  gemässigten  Zone  an 
und  wird  vom  nördl.  Eismeer,  dem  atlant. 
Ocean,  Mittelmeer  und  schwarzen  Meer 
umschlossen;  178,000  QM.  (davon  10,000 
QM.  Inseln).  Aeusserste  Spitze  im  N. : 
Nordkap  71©  n.  Br. ,  im  S.  Kap  Tarifa  36«», 
im  W.  Kap  La  Roca.  Grösste  Ausdehnung 
von  N.  nach  S.  (Nordkap  bis  Kap  Matapan) : 


225  M.,  von  SW.  nach  NO.  (St.  Vincent  bis 
kar.  Ctolt):  750  M.  Küste  ausserordentlich 
entwickelt;  Küstenlänge  4300  M.  (snm 
Flächengehalt  wie  1 :  38,6);  wichtigste  Halb- 
inseln: lappländ.  (Kola),  skandinav. ,  cim- 
brische  (Jütland),  pyrenäische,  apenniuische, 
griech.  -  türkische  und  taurfsche  Halbinsel. 
Inseln  zahlreich  änd  ziemlich  gleichmS3sig 
vertheilt,  mehrere  von  ansehnl.  Grösse.  — 
Hauptläi^er:  1)  Südeuropa:  Spanien  und 
Portugal ,  Italien ,  Griechenland  ttnd  die 
Türkei;  2)  Westeuropa:  Frankreich,  Belgien, 
Niederlande,  das  brlt.  Inselreich;  3)  Cen- 
traleuropa :  Deutschland ,  die  Schweiz, 
Oesterreich  mit  Ungarn,  Siebenbürgen  Bnd 
Galizien;  4)  Nord-  und  Osteuropa:  Skandi- 
navien, Dänemark,  Rnsslaud  bis  zum  Ural. 

In  orograph.  Hinsicht  zerfällt  E.  in  2 
grosse,  ungleiche  Hauptmassen:  a)  Nord- 
ostenropa,  fast  durchaus  Tiefland  (russ.- 
deutscbe  Tiefebene),  von  grosser  Einförmig- 
keit, 107,000  QM.,  b)  Süd  Westeuropa,  im 
Ganzen  Hochland,  aber  vielfach  von  klei- 
neren Tiefebenen  unterbrochen  und  daher 
von  grosserMannichfaltigkeit.  Das  gesammte 
Hochland  E.s  =  ca.  s/7,  das  gesammte  Tief- 
land =:  fast  *^  des  Areals.  Zu  unterschei- 
den: 1)  das  centrale  Hochland:  System 
der  Alpen  (bis  14,800'  h.)  und  die  Mittel- 
geblrgsland Schafken  im  W. ,  N.  und  O.  der 
Alpen:  das  franz.  Mittelgebirge  (höchste 
Erhebung:  Moni  Dore  5800'),  das  deutsche 
Mittelgebirge  (Riesengebirge  5000')  nnd  das 
karpath.  Mittelgebirge  (gerlsdorfer  Spitze 
8150');  2)  die  Hochländer  der  Halbinseln 
und  Inseln:  Apenninen  (Gran  Sasso  8955'), 
Pyrenäen  (Maladetta  10,700')  nebst  den 
Bergländem  von  Asturlen  (bis  8000'),  Ka- 
stilien  (S.  de  Guadarrama  7300')  etc.;  die 
Gebirge  der  griech.  -  türk.  Halbinsel  (mace- 
don.  -  serb.  Scheidegebirge  9200',  Balkan 
5500',  hellen.  Gebirge:  Olympus  9150',  Par- 
nass  7570' etc.);  die  skandinav.  Gebji^  (bis 
8017'),  die  Gebirge  von  Grossbiitannien  (bis 
4100')  und  Island  (bis  6000').  -:  Aach  in 
Hydrograph.  Hinsicht  ist  E.  der  entwickeltste 
und  ausgebildetste  Erdtheil.  HoMpMr^me, 
zum  Eismeer:  Petschora,  Dwina;  mm 
atlant.  Ocean:  Glommen,  Tornea,  Newa, 
Niemen ,  Pregel ,  Weichsel ,  Oder ,  Eider, 
Elbe,  Weser,  Ems,  Rhein,  Scheide,  Themse, 
Sevem ,  Seine ,  Loire  ,  Garonne  ,  Duero, 
Tajo,  Guadiana,  Guadalquivir;  zum  Mittel- 
meer: Ebro,  Rhone,  Arno,  Tiber,  Po, 
Etsch ;  zum  schwarzen  Meer:  Donau,  Dnjestr, 
Divjepr,  Don;  zum  kasp.  Meer:  Wolga, 
Ural.  Seen:  bes.  zahlreich  um  die  Ostsee 
(Wener,  Wetter,  Mälar,  Ladoga,  Onega, 
Peipus ,  und  die  prenss.  und  pommerschen 
Seen),  am  Fnss  der  Alpen  (die  schweizer 
und  süddeutschen,  die  illyr.  und  lombard. 
Seen);  ausserdem  in  Italien,  der  Türkei  und 
auf  den  brit.  Inseln. 

Der  Charakter  aller  Naturverhältaisse 
E.s  eine  gewisse  Mittelmässigkeit ,  gleich 
fern  von  sclineidenden  Kontrusten  wie  von 
ermüdender  Einförmigkeit,  die  Entwicklung 
einer  hohem  und  vielseitigen  Kultur  be- 
günstigend. Das  Klima  E.s  eine  glückliche 
Mischung  von  kontinentalem   und   oceani- 


Europa. 


589 


schem  Klima,  dabei  untel*  allen  Erdstrieben 
gleicher  geogr.  Breite  das  am  meisten  ge- 
mässigte. West-  und  Snd Westeuropa  hat 
ein  mehr  oceanisches,  gleichförmigeres  und 
milderes  Klima,  d^er  feuchtere  Luft,  häufi- 
geren (Winter-)  Regen,  mildere  Winter, 
kühlere  Sommer;  Kordosteuropa  ein  mehr 
kontinentales  Klima,  daher  klaren  Himmel, 
trockene  Luft,  seltneren  (Somn»er-)  Regen, 
warme  Sommer,  strenge  Winter,  gesteigert 
durch  trockene  Ostwinde.  Die  Abnahme 
der  mittleren  Jabreswärme  von  W.  gegen 
O.  in  Nordeuropa  Tiel  stärker  als  in 
Südeuropa  (Folge  der  grossen  JBbenen ,  die 
jenes  hat,  während  dieses  von  Meeres- 
gliedern zerschnitten  ist). 

Hinsichtlich  der  Produkte  steht  das  Kolos- 
sale, Prachtvolle  und  Glänzende  hinter 
dem  Nützlichen  weit  zurück.  Das  Mineral- 
reich Torzugsweise  durch  die  unmittelbar 
nutzbaren  Arten  vertreten:  Eisen,  Kupfer, 
Zinn,  Steinkohlen,  Salz;  Grold  und  Silber 
im  Ural,  in  den  Karpathen,  im  sächs.  Erz- 
gebii^e  etc.  Die  Pflanzenwelt  zerfällt  in 
4  Vegetationsgürtel :  1)  Gürtel  der  Kiefer 
und" JBirke:  Island,  Nordskandinavien  (bis 
640),  Russland  (bis  62  o);  Getreide  nur 
durch  Hafer,  Ri^ggen  und  Gerste  vertreten ; 
2)  Oürtd  der  Buche  und  Eiche  (Komzone), 
ca.  64—480:  Grossbritannien  und  Irland, 
Dänemark ,  Südskandinavien ,  Finnland, 
Nordfrankreich,  Belgien  und  die  Nieder- 
lande, Norddeutschland,  Italien  und  Mittel- 
russland ;  eharakterisirt  durch  grössere  Lanb- 
und  Nadelholzwälder;  zu  Gerste,  Hafer, 
Roggen  tritt  der  Weizen  hinzu ;  Buchweizen, 
Kartoffeln,  Hülsenfrüchte,  Oelpflanzen,  Hanf 
und  Flachs,  ebenso  nordeurop.  Obst  (Aepfel, 
Birnen,  Kirschen  etc.)  in  Menge  angebaut; 
8)  Gürtei  der  Kattanie  und  Eiche  (Wein- 
zone), 50—480  bis  zu  den  Pyrenäen,  Alpen 
und  dem  Hämus:  Südfirankreich ,  Schweiz, 
Süddeutschland  und  Lombardei,  die  Karpa- 
thenländer,  der  grösste  Thell  der  Türkei 
und  Südrussland ;  auf  den  Gebirgen  Wälder 
von  Nadelholz,  in  den  Tiefen  von  Eichen, 
Buchen,  Kastanien;  Kultur  von  Weizen, 
Spelt,  Hirse,  Mais;  Obst  u.  Wein  (letzterer 
in  Frankreich  nur  bis  Yannes  473/ae,  am 
Rhein  bis  51  o  n.  Br.);  4)  Gürtel  der  Olive 
(Zone  der  Edelfrüchte) :  die  Niederungen 
der  3  südl.  Halbinseln  und  Frankreichs 
Mittelmeerküste;  reiche  wildwachsende 
Vegetation,  aber  statt  dichter  schattiger  Wäl- 
der nur  lichte  Haine  und  Gebüsche  immer- 
grüner Laubholzer  (bes.  Stein-  und  Kork- 
eichen, Johannisbrod-,  Lorbeerbäume,  Myr- 
tengewächse etc.),  Pinien,  Gypressen  etc., 
Kakteen,  Agaven;  Kultur  des  Weinstocks 
und  der  Edelfrüchte  (Orangen,  Gitronen, 
Granaten  etc.),  des  Mandel-  und  Feigen- 
baums, bes.  aber  der  Olive,  des  Maulbeer- 
baums, im  S.  Reis  und  sogar  Zuckerrohr  und 
Baumwolle.  —  In  der  Thierwelt  der  Charak- 
ter grosser  Gleichartigkeit  vorherrschend; 
eigentl.  Gegensätze  nur  im  äussersten  N. 
(Fauna  der  Polarländer:  Robbe,  Eisbär,  arkt. 
•Fuchs,  Pelzthlere)  gegenüber  dem  äussersten 
8.  (Anschluss  an  die  asiat.  und  afrikan. 
Thierwelt:    Stachelschwein,   Kamel,   Fla- 


mingo, Pelekan  etc.).  Die  nrsprüngl.  Fauna 
durch  die  Kultur  wesentlich  ihodificirt; 
reissende  Thiere  (Bär,  Wolf,  Luchs,  wilde 
Katze)  nur  auf  beschränkten  Gebieten  (auf 
einsamen  Gebirgen  und  in  den  entlegensten 
Wäldern  des  östl.Tieflaudes),  in  vielenGegen- 
den  völlig  ausgerottet;  Schwarz-  und  Rotlf- 
wild  im  Abnehmen  begriffen,  einige  Arten 
ganz  verschwunden,  andere  (Elenn,  Auer- 
ochs)  nur  noch  in  den  Urwäldern  Osteuropas 
od  er  vereinzelt  auf  den  Hochgebirgen  vorhan- 
den (Steinbock,  Gemse).  Dagegen  die  Haus- 
thiere  allgemein  und  ziemlich  gleichmässig 
verbreitet.  Ausschliesslich  eigen  ist  dem 
N.  da»  Rennthier,  dem  S.  das  Kamel  (Süd- 
russland ,  Moldau ,  Walachei)  u.  der  Büffel 
(Italien,  Griechenland,  Donanländer) ;  auch 
Maulthiere,  Esel  und  Ziegen  im  S.  bes. 
häuäg  und  vollkommen.  Die  Vögel  denen 
in  andern  Zonen  an  Grösse  und  Farben- 
pracht nachstehend  ,  aber  zum  Theil  durch 
Gesang  sich  auszeichnend.  Sehr  bedeutende 
Federviehzucht;  im  N.  die  (wilde)  Eider- 
gans wichtig.  In  Beziehung  auf  Fische, 
Amphibien  und  Insekten  ist  der  S.  im  All- 
gemeinen reicher  an  Gattungen  und  Arten, 
der  N.  an  Zahl  und  Menge.  Bemerkens- 
werth  im  N. :  die  Häringe  und  vielen 
Dorscharten,  der  Fischreichthum  der  nord. 
Flüsse,  sowie  der  Theiss  und  der  Wolga; 
im  Mittelmeer  der  Thunfisch,  im  S.  und  W. 
die  Sardelle.  Eidechsen  und  Schlangen  im 
S.  häufiger;  demselben  ausschliessl.  eigen: 
die  Tarantel,  der  Skorpion  (bes.  in  Sicilien), 
viele  Krabben-  und  Krebsarten.  Von  Wich- 
tigkeit die  Kultur  der  Honigbiene,  der 
Cochenille  (Kermes),  der  Seidenraupe,  der 
Blutege).  Edelkorallen  an  den  Küsten 
Siciliens,  der  Balearen  etc. 

Die  Bevölkerung  E.s  295  Mill.  (1657  : 1 
QM.),  bestehend  aus  etwa  60  Völkern  mit 
53  Sprachen  und  zahlr.  Mundarten.  Die- 
selben gehören  (mit  Ausnahme  weniger 
mongol.  Stämme  im  äussersten  N.  u.  NO. : 
Samojeden  am  Eismeer,  Kalmücken  am 
Don  und  an  der  Wolga)  sämmtlich  der 
kaukcu.  Menschenrace  an,  und  der  Haupt- 
masse nach  (40  Völker  mit  ca.  282  Mill. 
Köpfen)  auch  demselben  Sprachstamme 
(dem  indoeuropäiechen) ,  während  die  übri- 
gen 20  Völker  mit  13  Mill.  Seelen  zum 
Ann.  und  türk.-tatar.  Sprachstamm  zählen. 
Ausserdem  sind  die  Völker  E.s,  mit  Aus- 
nahme von  etwa  1  Mill.  Nomaden  im  SO., 
alle  ansässige  Kulturvölker,  obschon  sehr 
verschieden  an  Bildung.  —  Zu  unter- 
scheiden: 3  Bauptvölkerfamilien  (30  Natio- 
nen und  ca.  265  Mill.  Menschen  umfassend), 
numerisch  und  politisch  die  herrschenden 
Völker  E.s:  1)  die  lat.-grieeh.  (94  Mill.),  und 
zwar  a)  Romanen  (913/s  Mill.)  vorherrschend 
im  S.  und  SW.:  Italiener,  Spanier  und 
Portugiesen,  Franzosen  und  Proven^len, 
Wallonen,  Rhätier  (Ladiner),  Rumänen 
(Walachen),  b)  Griechen  (21/9  Mill.);  2)  die 
germanitche  (89  Mill.),  In  der  Mitte  und  im 
N.:  Deutsche  (56  Mill.) ,  Skandinavier  (fast 
8  Mill),  Engländer  oder  Angelsachsen  (ca. 
25  Mill.);  8)  die  elavieche  (82  Mill.)  im  0.: 
Ostslaven  (Russen,  Ruthenen),  Südslaven 


590 


Eurötaft  —  Evans. 


(Serben,  Bosoier,  Slavonier,  KroAten,  Dal- 
matiner, Sloyenen,  Bulgaren  etc.)  h.  Weat- 
slaven  (Polen,  Czechen,  Slovaken,  Wenden. 
Sorben).  Von  den  Nebenvölkern  (ca.  SO  Hill.) 
am  wichtigsten:  die  Gelten,  in  Grossbritan- 
nien,  Irland  und  Bretagne  (7—8  Mlll.),  die 
Ungarn  oder  Magyaren  (6Vs  Hill.)  and 
Türken  im  80.  und  die  Juden  (4*fio  Mill.), 
überall  zerstreut  lebend,  eahlreicher  im  O. 
und  in  der  Mitte  als  im  W. 

Der  Rdigion  nach:  284  Mill.  ChriUen, 
davon  a)  144  Mill.  r'öm,  Ealhol.,  hauptsäch- 
lich im  S.  und  SW.,  im  Gebiet  der  Ro- 
manen, aber  auch  die  Mehrzahl  der  Ir- 
länder ,  zahlr.  Schotten ,  die  Hälfl^  der 
Deutschen  in  Deutschland  und  Oesterreich, 
die  Polen  und  zum  Theil  die  Lithaner;  b) 
71  Mill.  griech.  Kathol.,  bes.  im  O.  u.  SO., 
im  Gebiet  der  Slaven,  dazn  die  Griechen, 
die  meisten  Walachen  und  die  ohristl. 
Albanesen;  c)  09  Mill.  Proieatanlen ,  vor- 
nehmlich  in  der  Mitte,  im  N.  und  NW.,  im 
Gebiete  der  Germanen ,  daneben  die  Mehr- 
zahl der  Ungarn,  Knrländer,  Idvländer 
und  Esthen,  mehrere  roman.  nnd  slay. 
Stämme  in  der  Sehweiz,  in  Norddeutschland 
und  Ungarn.  Nichtchrieten:  etwa  11  Mill., 
und  zwar  4,s  Mill.  Juden,  6,6  Mill.  Moham- 
medaner und  Vft  Mill.  Heiden  (samojed. 
Schamanen  und  kalmückische  Buddhisten). 

In  BtcMÜicher  Beziehung  bilden  von  den 
3  herrschenden  Yölkerfamilien  E.s  die 
SlaTen  zum  grössern  Theil  einen  einzigen 
Staat:  Russland  (über  die  Hälfte  E.s,  aber 
nicht  1/4  seiner  Bevölkerung),  zum  kleinern 
Theil  Bind  sie  andern  Staaten  einverleibt; 
zahlreicher  sind  die  roman.,  am  zahlreich- 
sten die  german.  Staaten.  Am  mächtigsten 
unter  jenen  Frankreich,  unter  diesen  Gross- 
britannien und  Deutschland  nebst  Oester- 
relch,  welche  4  Staaten  mit  Rnssland  die 
5  Groesmächte  des  europ.  Staaten$pstem$  aus- 
machen, das  gegenwärtig  71  (vor  1860:  78) 
souveräne  Staaten  umfasst,  und  zwar  40 
meist  konstitutionelle  Monarchien  und  81 
Republiken  (darunter  seit  Sept.  1870  Frank- 
reich, 25  Republiken  in  der  Schweiz,  8  in 
Deutschland,^  San  Marino  und  Andorra).  — 
Aussereuropaische  Besitzungen  und  Schutz- 
staaten E.s:  773,000 QM.  mit  ca.  262 Mill.  Ew. 

Vgl.  Sohouw,  ,E.S  1833;  Hoffmann,  ,E.  und 
seine  Bewohner*,  1835—40,  8  Bde. ;  Schubert, 
,Handb.  der  allgem.  Staatskunde  von  E.', 
1835—48,  7  Bde.;  Brandee,  ,Geogr.  von  E.*, 
1852,  2  Bde.;  BracheUi,  ,Die  Staaten  E.s', 
1853;  Ritter,  ,B.  VorlesungenS  1863. 

Enrotas  (a.  G.),  Fluss  in  Lakonien,  an 
dem  Sparta  lag,  mündete  in  den  lakonischen 
Busen.    Jetzt  Basilipotamo. 

Eani§  (gr.),  der  Ostsüdostwind. 

Enrydlce,  Dryade,  Gemahlin  des  Orpheus 
(s.  d.),  starb  infolge  eines  Schlangenbisses. 

Euryiiömey  Tochter  des  Oceanus,  von 
Zeus  Mutter  der  Grazien,  hatte  nach  der 
ältesten  Theogonie  vor  Kronos  mit  ihrem 
Gemahl  Ophion  die  Weltherrschaft. 

Enrystheiu,  Sohn  des  Sthenelus  und  der 
Nicippe,  Enkel  des  Perseus,  ward  durch 
Junos  Gkinst  Kdnig  von  Mycenä,  legte  dem 
Hercules  die  12  Arbeiten  auf, 


Saiurkie  (gr.),  WohlbeleiMheit. 

EbmM«  (gr.),  Frömmigkeit,  Gottesfurcht. 

EasebiM  (S.  von  Oäsarea),  griech.  Kirchen- 
lehrer, mit  dem  Beinamen  Jbmpkili,  geb. 
gegen  270  n.  Chr.,  seit  314  Bischof  von  Gäaa- 
rea ;  f  um  340.  In  den  aiian.  Streitigkeiten 
vornehmster  vermittelnder  Wortführer. 
Sehr,  eine  Kircbengeschichte  in  10  Büchern 
(bis  324),  fortges.  (bis  395)  von  SoenUea, 
8ozof»enua  u.  Ajid.  (herausgeg.  von  ßchwegler 
1852  und  Länmer  1869—62 ;  deutsch  von  CfoM 
1839) ;  ,Präparatio  evangelica*  (heraosg.  von 
Oauford  1843);  ,DemonBtraüo  evangelica' 
(heraosg.  von  Gauford  1852)  u.  A.  ,Opera' 
herausgeg.  von  v.  Migne  (1856—57,  6  Bde.). 

Eusemie  (gr.),  gute  Vorbedeutung. 

Emkirchen,  Kreisst.  im  preoss.  Regbz. 
Köln,  uuweit  der  Erffc,  5077  Ew.;  Bergbau. 

Eator,  das  die  Milch  absondernde  O^gan 
der  Säugethiere,  2-  bis  lOfach ,  je  nach  der 
Zahl  der  Jungen,  welche  ein  Thier  wirft. 

Eaterpe  (d.  L  die  Ergötzende),  Tochter 
das  Zeus  und  der  Mnemosyne,  .  Muse  des 
lyr.  Gesangs,  mit  der  Doppelflöte  dargestellt. 

Eathanaaie  (gr.),  sanftes,  leichtes  Sterben; 
auch  Lehre  davon. 

Enthyaüe  (gr.),  Seelen-,  Gemüthsruhe. 

Elltill  (früher  Ulhin),  Hauptst.  des  Olden- 
burg. Fürstenth.  Lübeck,  am  eutiner  See, 
3015  Ew.    ,Rektor  von  E.S  H.  Voss  (s.  d.). 

Entrophie  (gr.).  Wohlgenährtheit. 

EatropiMy  Flaviue,  röm.  Geschichtsehrei- 
ber,  kaiserl.  Sekretär;  f  um  ^70  n.  Chr. 
Sehr.  ,Breviarium  historiae  Romaoae*  (her- 
ausgeg. von  Bamahom  1887  und  IHetach  1849). 

Erakaatlon  (lat.),  Ausleerung;  evofeutren, 
entleeren,  eine  Besatzung  aus  einer  Stadt, 
Kranke   aus   einem  Lasareth  herausziehen. 

Evander,  kam  der  Sage  nach  etwa  60  Jahre 
vor  dem  trojan.  Kriege  aus  Arkadien  nach 
Italien,  gründete  eine  Niederlassung  am 
Palatin,  verbreitete  Kultur,  Gtötterdienat  etc. 

EvaBeBcIren,  (lat.),  verschwinden. 

Evangellarlmm  (lat.),  in  der  kathol.  Kirche 
das  Buch,  welches  die  im  Missale  vereinigen 
Abschnitte  oder  Perikopen  der  Evangelien 
für  die  einzelnen  Messen  enthält. 

EvaBfrAlioal  Friesda  (engl.,  spr.  ewend- 
schiUikel  frennds),  kirchl.  Sekte,  a.  Quäker. 

EvangellMhe  Allisui,  in  England  und 
Nordamerika  Vereinigung  der  protest.  Kir- 
chen und  Sekten  zum  Behuf  gemeinsamer 
Massregeln  gegen  die  ihnen  bes.  von  Seiten 
des  EöttholicismuB  drohenden  Gefahren,  1845 
zu  Liverpool  konstitniri;  versammelt  1855 
zu  Paris,  1857  zu  Berlin,  1861  zu  Genf. 

Evattgeltoche  Kirche,  s.  FroteetantUmw. 

Evangelinm  (gr.),  firohe  Botschaft,  in  der 
Christi.  Kirche  die  Kunde  von  der  Erschei- 
nung des  vexiieissenen  Messias^  daher  auch 
Titel  der  4  neutestamentl.  Schriften,  welche 
von  Jesu  Leben  und  Lehre  Kunde  geben ; 
auch  ein  Abschnitt  der  evangelischen  Ge- 
schichte, der  beim  Gottesdienste  vorgelesen 
wird  (s.  JPBrikopen).  Buangetieten ,  in  der 
ältesten  Kirche  diejenigen  Christen,  welche 
den  Unterricht  der  Apostel  fortsetzten ;  dann 
die  Verfasser  der  neutestamentl.  Evangelien. 

EraKB  (spr.  Ewwänns) ,  1)  Sir  Laep  de  JB., 
brit.  General  und  Parlamentsmitglied,  geb. 


Evaporation  —  Exaküirön. 


5^t 


1787  zu  Mojg  in  Irland,  diente  1813-14  als 
OfBsler  im  Greneralstab  Im  Krieg  gegen 
Nordamerika,  focht  als  Major  belWaterloo, 
befehligte  1836—37  dio  zor  Unterstützung 
der  span.  Konstitutionellen  in  England  ge- 
worbene Legion,  1854  im  oriental.  Krieg  als 
G^nerallieutenant  die  2.  Division,  focht  an 
der  Alma  und  bei  Inkjerman  mit  Auszeich- 
nung, 1831  —  65  liberales  Parlamentsmit- 
glied; t  9-  J«ki^*  1^<>  i^  London.  —  2)  Mary 
Atma  (Pseudonym  George  Miot) ,  engl. 
Schriftstellerin,  geb.  1820,  Tochter  eines 
Pfarrers  im  nördl.  England ;  Verf.  der  viel- 
gelesenen Bomane  ,Adam  Bede*  (1859), 
,SiIas  Marner'  (1861),  ,The  wearer  of  tUivaloe* 
(1862),  ,Komola*  (1863)  etc. 

Evaporation  (lat.),  Ausdünstung. 
'  Evasion  (lat.).  Entweichung.  [niss. 

Evenement  (fr.,  spr.  Ewen^mang),  Ereig- 

Eventall  (fic-,,  spr,  Ewangtalj),  Fächer. 
Eventailmarsch ,  s.  Aufmarsch.  Db^S* 

£  Ventilation  (lat.),  Reinigung  durch  Luft- 
Eventuell  (lat.),  für  den  sich  etwa  ereig- 
nenden  Fall ;    Eventualität ,    Eintritt    eines 
möglichen  Falls;  eventualiter,  nöthigen Falls. 

Eventus  (lat.),  Ausgang,  Erfolg. 

Ev@que,  Sorte  Burgunderwein. 

E verdingen 9  Aldert  van,  ber.  holländ. 
Landschaftsmaler,  geb.  1621  zu  Alkmaar,  f 
das.  l^ov.  1675.  Grossartig  romant.  Kompo- 
sitionen im  nord.  Charakter.  Auch  ausge- 
zeichneter Kupfer'stecher   (Reineke   Fuchs). 

Everest  (spr.  Ewwerest,  Gauri$ankar), 
höcIistBr  Gipfel  des  Himalaya  (lOda/a»  ö.  L.), 
27,212'  hoch.  [eversiv,  umstürzend. 

Eversion   (lat.).    Umkehrung,    Umsturz; 

Evex  (lat.),  nach  oben  zu  gerundet. 

Evian  (spr.  Ewiang) ,  Stadt  im  franz. 
Depart.  Obersavoyeu,  am  Genfersee,  2450 
Ew.    Dabei  die  B&der  Amphion  und  C<tchat. 

Evidenz  (lat.),  überzeugende  Gewissheit. 

Eviktion  (lat.),  die  Entziehung  einer  von 
Jemandem  rechtl.  erworbenen  Sache  durch 
richterliches  Urtheil  aus  Rechtsgründen, 
welche  dem  Erwerber  unbekannt  waren, 
führt  zur  ft^t'ArtionsIcts/un^  (Gewährleistung), 
vermöge  welcher  Derjenige,  von  welchem 
die  Sache  erworben  worden  ist,  den  Er- 
werber unter  der  Voraussetzung  schadlos 
zu  halten  hat,  dass  letzterer  nicht  durch 
eigene  Schuld  die  E.  veranlasst  habe. 

Evitation  (lat.^,  Vermeidung;  evUcAel, 
vermeidlich;  evitiren,  vermeiden. 

Evokation  (lat.),  Hervorrnfnng,  Vorladung 
vor  ein  auswärtiges,  nicht  kompetentes  Ge- 
richt; Aufgebot  (von  Mannsöhait);  Evoca- 
lorium,  Vorladungsschreiben. 

£rointion(lat.),  Entwickelung;  iniKriegs- 
vFeseu  Fronte-  und  Formationsveränderung 
einer  Trnppeuabtheilung  in  Linie,  Kolonne 
etc. ;  auch  Bewegung  einer  Flottenabtheilung. 

Evolutionstheorie,  Annahme,  dass  die 
Keime  für  alle  Tliier-  und  Pflanzengattun- 
gen vorgebildet  gewesen  seien.  Die  An- 
hänger der  Präformation  (Leeuwenhoek) 
nehmen  im  männlichen  Samen  den  Keim 
an,  die  der  Evolution  im  weiblichen  Ei. 

Evolvireii  (lat.),  sich  entwickeln,  entfalten. 

EvSra  (spr.  £w-),  Hauptst.  der  portugies. 
Prov.  Alemtejo,    11,965   Ew,     Kathedrale, 


rora.  Alterthümer  (Dianantempel ,  jetzt 
Schlachthaus).  Früher  öfters  Reaideuz  und 
Versammlungsort  der  €!orte8. 

Eromiren  (lat.),  sich  erbrechen. 

Evonjrmos  L.  (Spindelbaum),  Pflanzengat- 
tung  der  Gelastrineen.  Von .  £.  europaeus 
L.,  Spülbaum,  Pfaffenhütchen,  ZweckhoU, 
Strauch  fast  in  guiz  Europa ,  dient  das  . 
dichte  Holz  zu  Zwecken,  Zahnstoc^e;m  etc., 
die  Kohle  zur  Pulverfabrikation. 

Evreux  (spr.  Ewröh),  Hauptst.  des  franz. 
Depart.  Eure,  amiton,  12,320  Ew.,  Kathedrale. 

Evulslon  (lat.),  Ausreissung. 

fiwftld*9  1)  Johannes,  dän.  Dichter,  geb. 
18.  Nov.  1743  zu  Kc^nbagen ,  f  17.  März 
1781.  Hervorragendfr  Lyriker;  sehr,  auch 
lyr.  Dramen  (,Adam  und  Eva',  ,Tempel  des* 
GlücksS  ,Baldurs  Tod',  ,Die  Fischer*); 
sowie  witzige  Komödien  (,Die  Hagestolzen',i. 
,Die  brutalen  Klatscher'  u.  a.);  Verf.  des 
dän.  Nationallieds  ,König  Chriatiau  stand 
am  hohen  Bliast'.  Werke  berausgeg.  von 
Liebenberg  (1850—55,  8  Bde.).  Charakteristik 
von  OUen  (1861).  —  2)  Georg  Heinrich  Aug. 
von  E.,  Orientalist,  geb.  16,  Nov.  1803  zu 
Göttingen,  waxd  1827  Prof.  das.,  Dec. 
1837  wegen  seines  Protestes  gegen  die  Auf- 
hebung des  hannöv.  Grundgesetzes  abge« 
setzt,  1838  Prof.  zu  Tübingen,  1848  wieder 
zu  Göttiugen ;  vertrat  als  Mitglied  des  nord- 
deutschen Reichstags  1867  das  Welfenthum 
und  den  Partikularismus.  Hauptwerke: 
, Ausführliches  Lehrbuch  der  hebr.  Sprache' 
(8.  Auili  1870);  ,Ge8chichte  des  Volks  Israel' 
(3.  Aufl.  1864-69,  7  Bde.);  ,Die  drei  ersten 
Evangelien'  (1850);  ,Die  Sendschreiben  des 
Apostels  Paulus'  (1857)  und  ,Die  Jofaamnei- 
schen  Schriften'  (1861—63,  2  Bde.)  n.  A. 

Ewer,  offenes  einmastiges  Fahrzeug.  Ewer- 
führer, in  Hamburg  die  Transporteure  der 
Kaufmannsgüter  von  und  nach  den  Schififen. 

Ewiger  Jnde,  myth.  Person,  nach  der 
Sage  der  Schunmacher  Ahasverus  in  Jeru- 
salem, der  Christus  auf  dem  Wege  nach 
Golgatha  von  seinem  Hause,  wo  er  ausruhen 
wollte^  fortstiess  und  zur  Strafe  dafür  bis 
zum  jüngsten  Tage  ruhelos  umherwandern 
muss.  Die  Sage  wird  ziwrst  1229  er- 
wähnt; das  Volksbuch  vom  ewigen  J.b  er- 
schien zuerst  Danzig  1602.  Vgl.  Qr&sM, 
,Die  Sage  vom  Ewigen  J.',  1844. 

Ewiger  Landflriedo^  der  auf  dem  Reichs- 
tage zu  Worms  1496  unter  Maximilian  I. 
gestiftete  Friede ,  der  dem  faustrecbtlichen 
Fehdeunwesen  ein  Ende  machen  sollte. 

Ex  (lat.) ,  aus ;  in  Zusammensetzungen 
s.  V.  a.  vormalig,  z.  B.  Exkönig. 

Ex  abrupto  (lat.),  plötzlich,  unerwartet. 

Exacerbation  (lat.),  Erbitterung;  Steige- 
rung der  Krankheitssymptome. 

Exacervation  (lat.),  Aufhäufung. 

Exaggeration  (h^^*))  Uebertreibung. 

Exagitation  (lat.),  Aufregung,  Reizung. 

Exakt  (lat.),  genau,  sorgfaltig.  E.e  Wiseen- 
schaften,  diejenigen  Wissenschaften,  welche 
ihre  Probleme  mathematisch  genau  zu  lösen 
suchen,  also  ausser  der  Mathematik  die 
Physik,  Astronomie  und  Mechanik. 

Exaktion  (lat.).  Bin-,  Beitreibung. 

E:(akaiiren  (lat.),  schärfen,  spitzen. 


592 


Exaltädos  —  fixemÜoti. 


ExaltidM  (span.),  die  Ultraliberalen  in 
Spanien,  im  Gegensatz  zu  den  Moderados. 

ExAltatlOB  (lat.),  effektvolle,  leidenschaft- 
liche Erhebung  des  Gefühls  und  Willens. 

EzlaieB  (lat.),  Prüfung,  Schnlprufung. 
SseamincUion,  Untersuchung,  Verhör.  Exa- 
m<7>a<or{iim,Repetftion  über  gehörte  Kollegia. 

Exanlmatioii  (lat.),  ^ntseelnng,  Muth- 
losigkeit;  tiefe  Ohnmacht.  [schlag. 

Exanthem  (gr.),  Hautausschlag,  s.  Au$- 

Exarch  (gr.),  Titel  des  byzantin.  Statt- 
halters von  Italien  (seit  567),  dessen  Sitz 
Rarenna  war.  Exarekat,  das  Gebiet  der  Statt- 
halterschaft, nmfasste  die  beutige  Romagna 
und  den  Küstenstrich  von  Rimini  bis  An- 
,cona,  ward  752  yomLongobardenkönig  Aistnlf 
erobert,  755  von  diesem  an  Pipin  den  Klei- 
uen  abgetreten,  welcher  dem  röm.  Bischof 
Stephan  iL  das  Patriciat  darüber  übertrug.  — 
In  der  christl.  Kirche  war  E.  ursprünglich 
Titel  der  Bischöfe,  später  nur  eines  solchen 
Ciflchofs,   unter  welchem   andere  standen. 

Exartik«latIon  (Enukleation,  lat.),  die 
Abnahme  eines  Gliedes  im  Gelenk. 

Ex  aase  (lat.),  ganz,  Töllig,  bei  Heller  und 
Pfennig.    E.  a.  heres,  Universalerbe. 

Exandi  (lat.,  d.i.  erhöre),  Name  des 6.  Sonn- 
tags nach  Ostern,  nach  einem  an  diesem 
Sonntag  gesungenen  Liede,  das  mit  £.  anfing. 

Exanguratlon  (lat.),  Entweihung,  Ent- 
heiligung; exavgvriren,  profan  machen. 

Ex  liene  plaeito  (lat.),  nach  Gutbefinden. 

Ex  eapite  (lat.),  aus  dem  Kopfe. 

Ex  cathedra  Petrl  (lat.),  Ausspruch  vom 
Lehrstuhle  Petri;  Machtspruch. 

ExeedireB  (lat.),  über  das  erlaubte  Mass 
hinausgehen,  ausschweifen. 

Excellent  (tat.),  vortrefflich;  excelliren» 
sich  auszeichnen. 

Exeellenz  (lat.),  YortrefTlichkeit,  Ehren- 
prädikat zuerst  der  longobard.,  dann  der 
frank.  Könige  und  deutschen  Kaiser  bis  ins 
14.  Jahrb.;  jetzt  Amtstitel  der  wirklichen 
Minister,  Geheimrätlie,  obersten  Hofbeam- 
ten, Generäle  und  Gesandten.  In  Italien 
von  jedem  Adeligen  geführt. 

ExeelBltftt  (lat.),  Höhe,  Erhabenheit. 

Excemtriky  kreisförmige  Scheibe,  welche 
ihren  Drehpunkt  nicht  im  Gentmm  hat,  so 
dass  bei  der  Umdrehung  der  grössere  Theil 
der  Scheibe  in  allen  Lagen  um  den  Dreh- 
punkt kommt,  dient  zur  Umsetzung  einer 
rotirenden  Bewegung  in  eine  geradlinige  hin- 
und  hergehende,  bes.  an  Dampfmaschinen 
zur  Beugung,  d.  h.  zur  Regelung  des  Dampf- 
zutritts in  den  Cylinder. 

Exeentriseh  (lat.),  ausserhalb  des  Mittel- 
punkts eines  Kreises  gelegen.  Kreise  oder 
Kreisbögen  heissen  e.,  wenn  ihre  Mittel- 
punkte nicht  zusammenfallen,  im  Gegen- 
satz zu  kancentrisek ;  auch  s.  v.  a.  über- 
spannt, phantastisch.  —  Excentricität ,  in 
einer  Ellipse  die  Entfernung  der  Brenn- 
punkte vom  Mittelpunkte;  in  der  Astronomie 
diese  Entfernung  dividirt  durch  die  halbe 
grosse  Axe  oder  in  Bruchtheilen  derselben 
ausgedrückt. 

Excentrischer  Ort  9  bei  Planetenbahnen 
diejenige  Stelle  im  excentrischen,  über  der 
grossen  Axe  als  Durchmesser  beschriebenen 


Kreise,    an  welcher  der  Planet,  von  der 
Sonne  aus  gesehen,  zu  stehen  scheint 

Exeeptlon  (lat.),  Ausnahme ;  Einrede  (s.d.). 

Excerpiren  (lat),  etwas  aus  einer  Schrift 
ausziehen;  Exeerpt,  derartiger  Ansang. 

Excew  (lat.),  AusschweiAmg,  namentlich 
Uebertretung  solcher  Polizeigesetze,  welche 
Erhaltung  der  öffentl.  Ordnung  und  Rahe 
bezwecken;  exee»nv,  ausschweifend. 

ExehaMe  (engl.,  spr.  Exzschehndsch),  Unt- 
tausch,  Wechsel ;  Käme  der  Börse  in  London. 

Excheqner  (engl.,  spr.  Exzschek*r,  fr. 
ichiquier ,  Schachbret),  das  Schatzkammer- 
gericht  (Ot>«r<  0/ f.)  in  England.  E.- Bills, 
Schatzkammerscheine,  die  Obligationen,  zu 
deren  Ausstellung  das  brit.  Finanzministe- 
rium durch  ein  Kreditvotum  vom  Parlament 
ermächtigt  wird  (zuerst  1606);  tragen  l>^—2Vs 
Pence  von  100  Pfd.  St.  täglich  Zinsen  nnd 
stehen  gewöhnlich  etwas  über  dem  haaren 
Gelde.  1853  wurden  auch  E.  -  Bondi  oder 
Schatzkammerobligationen  zu  2'/i<Vo  auf  10 
Jahre  und  zu  2i/a  o/q  auf  weitere  30  Jahre 
(bis  1894)  emittirt. 

Exeldlren  (lat.),  herausfallen;  ausschnei- 
den;  Exciiion,  Ausschneiduug,  Ausrottung. 

Excipiens  (lat.),  in  zusammengesetzten 
Arzneien  diejenige  Substanz,  welche  der 
ganzen  Mischung  die  Gestalt  gibt. 

Excipiren  (lat.),  aufnehmen. 

ExcitAbllitat  (lat.),  Erregbarkelt,  Relz- 
bnrkeit.  Excitantia,  aufregende  Heilmittel. 
Excitation,  Aufreg^ing;  Aufforderung.  Mcei- 
tatorium,  Erinnerungs-,  Mahnschreiben. 

Ex  deereto  (lat.),  auf  Grund  gerichtlicheu 
Bescheids.  [tengebäude  einer  Kirche. 

Exedra  (gr.),  Yersammlungszimmer;  Sei- 

Exegese  (gr.),  Erklärung,  Auslegung, 
namentl.  der  heil.  Schrift,  Bibelerklärung. 
Exeget,  gelehrter  Schriftausleger.  Exegetik. 
Anslegungskunst.    Ygl.  Interpretation. 

Exexrabel  (lat.),  verflucht,  abscheulich. 
Exekration,  feierliche  Verwünschung. 

Exekution  (lat.),  Vollstreckung  eines 
Rechtsspruchs;  gerichtl.  Zwangshülfe  (z.B. 
Auspfändung);  im  Kriegsrecht  militär.  Be- 
setzung, zur  Erzwingung  gestellter  Forde- 
rungen. 

ExekatlTgewftlt,  die  vollstreckende  Staats- 
gewalt im  Gegensatz  zu  der  bloss  anord- 
nenden oder  entscheidenden,  Ausflnss  der 
Sonveränetät. 

Exekuttvprozess  (lat.),  summarisches  Ver- 
fahren im  Clvilprozess ,  wobei  der  Beweis 
sofort  durch  Urkunden  geführt  und  Be- 
klagter vorläufig  verurtheilt  wird,  wenn  er 
die  Urkunden  nicht  ablehnen  oder  seine 
Ausflüclite  nicht  ebenfalls  durch  Urkunden 
stützen  kann. 

Exempel  (lat.),  Beispiel,  Muster;  arlthmet. 
Aufgabe.  Exemplaritch ,  musterhaft;  auch 
abschreckend,  z.  B.  exemplarische  Strafe. 

Exemplar  (lat.),  Muster;  Abdruck  eines 
Buches,  Kupferstichs  etc.;  Einzelstück  aus 
einer  Gesammtheit.  [Beispiele. 

Exemplifikation  (lat.),  Erläuterung  durch 

Exemtion  (lat.),  Ausnahme,  Befreiung 
von  einer  sonst  allgemeinen  Last  oder  Ver- 
bindlichkeit, daher  Eximirte  oder  EkenUe 
Solche,   denen  eine  solche  Ausnahme   sa 


Exequatur  —  Expellentia. 


593 


Gute  kommt;  namentl.  im  Kirch enrecht  Be- 
freiung eines  Klosters  etc.  von  der  geistl. 
Jurisdiktion  des  Diöcesanbischofs  und  Unter- 
stellung unter  die  eines  höheren  Kirchen- 
obern oder  des  Papstes  selbst,  lieber  exi- 
mirten  GerichUstand  s.  Oerichtsstand. 

Exeqaatar  (lat.,  d.  i.  er  vollziehe),  die  von 
einer  Regierung  dem  bei  ihr  akkreditirten 
Konsul  einer  fremden  Macht  erth eilte  Er- 
laubnlss  zur  Ausübung   seiner  Funktionen. 

Exeqnlen  (Exseguien,  lat.),  Leichenzug; 
sonst  sämmtliche  Beerdigungsfeierlicblcei- 
ten;  jetzt  bes.  die  Seelenmessen. 

Exeqniren  (lat.),  ausführen,  yollstrecken, 
eine  Leistung,  zu  der  Jemand  rechtlich  ver- 
pflichtet ist,  durch  Exekution  beitreiben. 

Exerclren  (lat.),  üben,  insbes.  Truppen 
in  der  WafTenführung  und  in  den  Evolu- 
tionen und  Bewegungen  zum  Zweck  des 
Angriffs  und  der  Yertheidigung  einüben, 
geschieht  nach  dem  Exercirreglement ,  d.  h. 
der  darüber  gegebenen  Vorschrift. 

Exerelrknochen,  Muskel  Verhärtung ,  be- 
dingt durch  häufiges  heftiges  Anschlagen 
des  Gewehrs  an  d«n  Oberarm.  Behandlung: 
Ausschneiden  des  verknöchei'ten  Stücks. 

Exercitation  (lat.),  Uebung. 

ExerelÜum  (lat.),  Uebung,  insbes.  Sprach- 
übung. Oeistliche  I^ercUien  (exercitia  spi- 
ritualia),  Uebungen  in  der  Frömmigkeit, 
namentlich  der  katholisch  -  kirchlichen. 

Exei^asie  (gr.),  Ausarbeitung,  Ausführung. 

Exeter,  Hauptst.  der  engl.  Grafsch.  Devon, 
an  der  Exe,  33,738  Ew.    Kathedrale. 

Exhalatlon  (lat.) ,  Ausbauchung ,  Aus- 
dünstung. [Erschöpfung. 

Exbaariren  (lat.),  erschöpfen.  JSxhaustion, 

Exhaustor.  s.  Geubeleuchtung. 

Exheredition  (lat.),  Enterbung. 

£xhiblreil(lat.),  übergeben,  einhändigen; 
darlegen,  aufweisen;  »ich  «.,  sich  auszeich- 
nen. Exhihili<ni,  Darlegung,  Einreichung, 
Ausstellung.  Exbibitiomklage ,  Klage  auf 
Aushändigung  einer  Sache. 

Exhortatton  (lat.),  Ermahnung.  Exhor- 
latorium,  Ermahnungsschreiben.       [Leiche. 

Exhumation  (lat.),  das  Ausgraben  einer 

Exigiren  (lat.),  fordern,' eine  Schuld  ein- 
treiben; exigibel,  elntreiblich,  sicher. 

Exil  (lat.),   Verbannung.     Iheüiren,  ver- 

Eximirte)  s.  Exemtion,  [bannen. 

Ex  ImpFOTiso  (lat.),  unvorhergesehen. 

Existent  (lat.) ,  seiend,  vorhanden.  Exi- 
stenz, Dasein,  Bestand.  Exittiren,  bestehen ; 
sein  Auskommen  haben. 

Exitlnm  (lat.),  Untergang,  Verderben; 
exiti'ös,  verderblich,  unheilvoll. 

Exitns  (lat.),  Ausgang,  Ende. 

Ex  Jnre  (lat.),  von  Rechts  wegen. 

Exklamatloii  Oat.),  Ausruf.  . 

Exkludlreil(lat.),  ausschliessen;  JE^Husion, 
Ausschliessung;  exklusive,  mit  Ausschluss. 

Exkoktlon  (lat.).  Auskochung. 

Exkonimnnikation  (lat.),  Ausschliessung 
aus  der  Kirchengemeinschaft,  Kirclienbänn. 

ExkorlatlOB  (gr.),  Abschürfung  der  Ober- 
haut und  dadurch  Biossiegang  der  tieferen 
(feuchtem)  Hautpartien ;  Schorfbildung,  bis- 
weilen Eiterung.  Entsteht  durch  heftiges 
Beiben.    Behandlung:  Auflegen  von  Fett. 

Meyers  Hand -Lexikon, 


Exkremente  (lat.),  Auswurfsstoffe ,  spe- 
ciell  Darmexkremente,  unverdaute  Speise- 
reste, Epithel,  Schleim,  Zersetzungsprodukte 
der  Galle  (welche  den  Geruch  bedingen) 
etc.  Beim  Menschen  ca.  150  Grm.  täglich, 
mit  250/0  festen  Stoffen  und  3,4  o/^  Stickstoff. 
Bei  Krankheiten  bisweilen  ansteckend  (Cho- 
lera). Guter  Dünger,  getrocknet  als  Pou- 
drette.  Vogelexkremente  (Guano)  enthalten 
auch  die  Hambestandtheile  (Harnsäure)  und 
düngen  vollständiger. 

Exkresoenz  (lat.),  Auswuchs,  Fleisch- 
gewächs, [schuldigung. 

Exkulpation  (lat.),   Rechtfertigung,  Eut- 
'     Exkurs    (lat.),    Abschweifaug    von    der 
Hauptsache ;   einer  Schrift  als  Anhang  bei- 
gegebene  ausführliche  Erörterung  eines  in 
Jener  vorkommenden  Gegenstandes. 

Exkursion  (lat.),  Ausflug,  kleine  Reise. 

Exkusation  (lat.,  fr.  excme,  spr.  -kühs), 
Entschuldigung.  [venten  Schuldners. 

Exkussion  (lat.).  Ausklagung  eines  insol- 

Exlex  (lat.),  ausser  dem  Gesetze  stehend, 
vogelfrei.  [ausstreichen. 

Exmatrlknliren   (lat.) ,   aus   einer  Liste 

Exmission  (lat.),  Heraustreibung  aus  der 
Wohnung  durch  den  Gerichtsdiener. 

Exodinm  (gr.),  Ausgang. 

Exödns  (gr.),  Auszug,  Name  des  2.  Buchs 
Moses,  weil  es  den  Auszug  der  Israeliten 
aus  Aegypten  erzählt. 

Ex  omeio  (lat.),  von  Amts  wegen. 

Exoneration  (lat.),  Entlastung. 

Exorabel  (lat.),  erbittlich. 

Exorbitani  (lat.),  übermässig,  übertrieben. 

Exorclsmns  (gr.),  Austreibung  des  Teufels 
und  sonstiger  bösen  Geister  aus  dem  JMEen- 
schen ,  fand  in  der  alten  christlichen  Kirche 
bei  der  Taufe  der  Heiden ,  auf  Grund  der 
augustin.  Erbsündenlehre  auch  bei  der  Kin- 
dertaufe Statt,  von  Luther  beibehalten,  von 
den  Reformirten  abgeschafft,  auch  sonst  in 
der  Protest.  Kirche  meist  beseitigt,  neuerl. 
von  den  Altlutherischen  wieder  aufgenom- 
men.   Eeorcist,  Teufelsbanner. 

Exordinm  (lat,)?  der  Eingang  einer  Rede. 

Exosmose.  s.  Endomiose, 

Exostose  (gr.),  Knochenauswuchs,  Kno- 
chengeschwulst; holz.  Auswuchs  anpflanzen. 

Exoterisch,  s.  Etoteriseh. 

Exotiseh  (gr.),  ausländisch.  E.e  Gewächse, 
anderen,  bes.  heisseu  Zonen  angehörigo 
Gewächse,  welche  bei  uns  nur  in  Gewächs- 
häusern fortkommen.  \bel,  ausdehnbar. 

Expansion  (lat.),  Ausdehnung.    Expanni- 

Expansionskraft  (Tension,  Spannung),  das 
Bestreben'  der  Gase,  sich  auszudehnen. 

Expeetorantia  (lat.),  Auswurf  befördernde 
Mittel,  theils  reizend  (kl.  Dosen  von  Ipeoa- 
cuanha,  Brechwein),  theils  mildernd  (schlei- 
mige und  zuckrige  Mittel,  Althäa,  Säfte). 

Expediens  (lat.),  Hülfs-  oder  Auskünfte' 
mittel,  Ausweg.  -  Expedient,  Ausfertiger; 
Expedition,  Ausfertigung;  Versendung;  Ge- 
schäftszimmer ;  kriegerische  Unternehmung. 

Expektanz  (lat.),  s.  Exspeklanz. 

Expektoration  (lat.) ,  Schleimauswurf; 
Eröffnung,  Herzensergiessung. 

Expellentia  (lat.),  Mittel,  welche  Unrei-^ 
nigkeiten  aus  dem  Körper  befördern  sollen^ 

88 


594 


Expensen  —  Extradiren. 


ExpeBien  (lat.))  Kosten,  Auslagen,  bes. 
Gerichtskosten.  Expetuarium ,  KostenTer- 
xeichnlss.  [gäbe  ins  Rec^nangsbnch. 

ExpeniiUtloii  (latOjJBintragnng  einer  Ans- 

Experienti«  (lat.)i  Erfahrang. 

Experiment  (lat.),  Versach,  dasjenige  Ver^ 
fahren  des  Natorforschera ,  bei  welchem  er 
nach  einem  bestimmten  Plane  Stoffe  oder 
Kr&fte  aufeinander  wirken  lässt,  um  aus  den 
dabei  sich  ergebenden  Besultaten  tiefere  £r- 
kenntniss  zu  schöpfen«  als  durch  Beobach- 
tung allein  zu  gewinnen  ist. 

Experimentalehemie  und  -physik,  die  Er- 
läuterung chemischer  und  phydkalischer 
Lehren  durch  Experimente. 

Expert  (lat.),  erfahren,  sachTerständig. 

Explation  (lat.),  Aussöhnung,  Büssung; 
expialoritch ,  versöhnend,  büssend,  genug- 
thuend.  [Erbschaftsdieb. 

Expllation  (lat.),   Beraubung;  ExpikUor, 

Explaiuitlo^  (l»t.)i  Erklärung,  Auslegung. 

Explikation  (lat.),  Erklärung,  Auslegung ; 
expliciren,  erklären,  erläutern. 

Exploration  (Au8for$chung),  die  ärztliche 
Untersuchung  von  Kranken,  durch  Besich- 
tigen ,  Befühlen ,  Klopfen  (FiBrkusnon)  und 
Horchen  (Autkultation),  Wärmebestimmung 
durch  das  Thermometer,  durch  chemische 
Untersuchung  der  Auswurfsstoffe  und  mi- 
kroskop.  UntersnchuDg  bestimmter  Objekte. 

Explosion  (lat.),  plötzliche  und  gewaltige 
Entwickelung  oder  Ausdehnung  yon  Gasen, 
tritt  ein  bei  momentaner  Zersetzung  gewisser 
Körper  oder*  wenn  der  Druck  eines  einge- 
sohlossenen  Gases  das  Gefäss  sprengt. 

ExpSnent  (l^t.),  in  der  Mathematik  eine 
Zahl  oder  Grösse,  welche  angibt,  wie  viel 
mal  eine  andere  als  Faktor  gesetzt  oder 
mit  der  Einheit  multlplicirt  werden  soll, 
gewöhnlich  mittelst  einer  rechts  etwas  er- 
höht stehenden  Zahl  bezeichnet ,  z.B.  5  > 
=  5.5;a*  =  a.a.a  etc.  Ist  der  £.  auch 
eine  gebrochene  und  negative  Zahl,  so  ist 
obige  Erklärung  nicht  zutreffend.  Exponen- 
tialgrö$$e,  Potenz,  deren  E.  eine  veränder- 
liche Grösse  i0t.  [setzen,  gefährden. 

Exponiren  (lat.),  auslegen,  erklären ;  aus- 
Export (lat.X  Ausfuhr.  [setzung. 

Expo«^  (tt.u    Darlegung,  Auseinander- 

Exp08ltion(lat.),  Aussetzung,  Ausstellung ; 
auch  Ent&ltimg,  Erörterung. 

ExpreM  (lat.),  ausdrücklich,  besonders. 
JSrpreMdr,  Ellbote.  Expression,  Darstellung, 
Ausdruck.  Expre$»iv,  nachdrücklich,   [wurf. 

Exprobratlon  (lat.),  Ausscheltung,  Yor- 

Sx  profeno  (lat.),  zugestandenermassen; 
vorsätzlich ;  dem  Beruf  gemäss. 

ExpromlBsion  (lat.),  die  freiwillige  Ueber- 
ni^me  einer  bestehenden  fremden  Schuld  mit- 
telst Uebereinkommens  mit  dem  Gläubiger 
ohne  Mitwirkung  des  bisherigen  Schuldners. 
ExpromiUerU,  der  die  Schuld  Uebemehmende. 

Expropriation  (lat.),  Enteignung,  der  Akt, 
wodurch  Jemand  vom  Staate  oder  von  der 
Kommune  gezwungen  wird,  Grundeigen- 
thum  zu  einem  öffentlichen  Zwecke  (z.  B. 
zum  Bau  einer  Eisenbahn ,  Strasse  etc.) 
gef[:en  volle  Entschädigung  abzutreten. 

Ex  propriis  oder  proprio  (lat.),  aus  eignen 
Mitteln.    Ex  p.  Marie,  aus  eigner  Kraft. 


Expurnation  (lat.),  Eroberung. 

Expolslon  (lat.),  Austreibung. 

Expnrgation  (lat.),  Reinigung,  Recht- 
fertigung; Abfuhrung. 

Exquisit  Hat.),  auserlesen,  vorzüglich; 
Exqiiisition,  Untersuchui^,  Erforschung. 

Exrotalatlon  Oo>tO>  Eröffhung  smräck- 
gekommener,  behufs  des  Bechtsspruchs 
versendet  gewesener  Akten. 

ExslkkaÜon  (lat.),  Austrocknnng. 

Exspektana  (lat.),  Anwartschaft.  Sxtp^k- 
tcUiven,  Anwartschaften  auf  gelstL  Benefi- 
cien,  die  erst  zur  Erledigung  kommen  sollen. 

Exspiration  (lat.),  Ausathmnng. 

Exstlnktlon  (lat.),  Auslöschung,  Vertil- 
gung; exstiiMutren,  auslöschen,  vertilgen. 

Exstirpation  (lat.),  das  Ausschneiden, 
Ausschälen  krankhafter  Stellen;  beschränkt 
sich  bei  gutartigen  Geschwülsten  nur  auf 
letztere,  wahrend  bei  bösartigen  (krebsigen) 
Neubildungen  ein  Theü  der  gesunden  Um- 
gebung mit  weggenommen  werden  muss, 
um  Rückfällen  vorzubeugen. 

Exstfrpator  (lat.),  Ackergeräth,  viel- 
seharige  Pferdehacke  zur  oberflächlichen 
Lockerung  des  Bodens,  Vertilgung  des  Un- 
krauts und  zur  Unterbringung  des  Samens. 

Exstmktton  (lat.),  Erbauung,  Errichtung. 

Ex8adit(Iat.),  krankhaftes  Ausscheidungs- 
produkt  in  Körperhöhlen,  verschieden  nach 
Art  der  Krankheit:  wässrig  (serös),  eitrig 
(fibrinös)  etc.  Auch  in  einzelnen  Geweben 
kann  sldi  ein  E.  finden.  Der  ganze  Vor- 
gang heisst  Exmdation. 

ExtemporSle  (lat.)«  ohne  Vorbereitung 
gehaltene  Rede;  schriftlicher,  ohne  Vorbe- 
reitung und  sonstige  Hülfsmittel  ausgearbei- 
teter Aufsatz.  Ex  tempore,  aus  dem  Stegreif; 
exteimporiren ,  aus  dem  Stegreif  reden. 

Extension  (lat.),  Ausdehnung.  Extendiren, 
ausdehnen,  erweitem.  ExtensibUitStt ,  Aus- 
dehnbarkeit; extensive,  der  Ausdehnung 
nach:  extensive  Grösse,  räumliche  Grösse. 

Exiensores  (lat.),  die  Muskeln,  welche 
die  Streckung  eines  Gliedes  bewerkstelligen. 
Ihnen  entgegen  wirken  die  £eugemu$kel» 
(flexores).  [nernng,  Herabwürdigung. 

Extennatlon  (lat.),  Verdünnung,  Verklei- 

Ext^rieoT  (fr.,  spr.  -riöhr),  das  Aeussere. 

Extern  (lat.),  äusserlich,  auswendig; 
Externen,  Extraner,  die  ausserhalb  des 
Schulhauses  wohnenden  Zöglinge  einer 
Schulanstalt,  bes.  eines  Alumnats. 

Exterritorial  (lat.),  ausländisch,  firemd; 
Exterritorialität,  die  rechtliche  Qualität 
einer  Person,  wonach  sie  der  Staatsgewalt 
eines  fremden  Staats,  in  dem  sie  sicn  zeit- 
weilig aufhält,  nicht  unterworfen  ist. 

Exterstelne  (Effgstersteine) ,  Sandstein- 
felsengruppe  im  Bergrücken  der  Egge,  bei 
Hom  (Lippe-Detmold),  mit  natürlichen  Kam- 
mern, ausgehauenen  Bogengewölben  und 
merkwürdigen  Skulpturen  (wahrscheinl.  12. 
Jahrb.)  an  den  Felswänden.  Vgl.  darüber 
Afefide(1883),  Dorow  (1894),  Cloatermeyer  (1824^. 

Extorqniren  (lat.),  entwinden,  erpressen. 
Extorsion,  Erpressung. 

Extra  (lat.),  ausserhalb,  zu  ungewöhn- 
licher Zeit;  auch  ausserordentlich. 

Extradiren  (lat.),  aushändigen. 


i 


Extrahiren  —  Fabel. 


595 


Extrahiren  (lAt.)i  ausziehen,  einen  ge- 
richtlichen Befehl  auswirken. 

Extrajudlelal  (lat.),  aussergerichtlicb. 

Extrakte  (lat.),  aus  ▼egetabUischen  Stoffen 
durch  Ausziehen  derselben  mit  Wasser  oder 
Alkohol  und  Verdampfen  des  Auszugs  er- 
haltene pfaarmaoeut.  oder  techn.  Präparate. 

Extraktion  (lat.)*  Ausziehuug,  Behand- 
lung zerkleinei*ter  Substanzen  mit  Flüssig- 
keiten bei  höherer  (Digestion,  Abkochung) 
oder  niederer  Temperatur  (Maceratlon),  um 
die  in  ihnen  enthaltenen  löslichen  Stoffe  zu 
gewinnen;  oft  unter  Anwendung  von  Luft- 
druck, Pressen,  Centrifttgen  oder  Luftleere. 

ExtnktiTBtoffe^  dunkel  gefärbte  Substan- 
zen, die  beim  Verdampfen  f  on  Pflanzenab- 
kochungen zurückbleiben. 

Extra  mnrofl  O^t.),  ausserhalb  der  Mauern, 

Extraner,  s.  Extern.  [d.  h.  der  Stadt. 

Extraragint  Os-t*)»  ausschweifend.  JE'aBfro- 
vagam,  Uebertreibung,  Unbesonnenheit. 

Extravaganten,  die  dem  Corpus  juris 
canonici  beigegebenen  späteren  Sammlungen, 
namUch  die  Dekretalen  des  Papstes  Jo- 
hann XXn.  (um  1340)  und  die  von  15  Päpsten 
von  UrbfturV.  bis  SixtusIV.  um  1488;  beide 
bestätigt  von  Gregor  XIH.  1580. 

Extravasation  (ExtravctMi,  lat.),  .der  Ans- 
tritt von  Blut  aus  Gkfässen,  stets  durch 
Reissen  derselben  bedingt. 

Extrem  (lat.),  das  Aeusserste.  Exirime, 
einander  entgegengesetzte  Dinge. 

Extremität  (lat.),  das  Ende ;  im  Plur.  die 
äussersten  Grliedmassen  (Hände  und  Vüsse). 

Extrusfon  (lat.),  Ausstossnng.    [schwulst. 

Extumescens  (lat.),  Anschwellung,   Ge- 

Exnlaut  (lat.) ,  ein  in  Vorbannung  Leben- 
der; exuliren,  Terbannen. 

Exnlceration  (lat.),  Verschwarung ;  Zer- 
fall von  Grewebstheilen,  bes.  auch  von  sog. 
Neubildungen  (Krebsen  etc.),  bei  denen  es 
durch  mangelhafte  Ernährung  zum  Ab- 
sterben gewisser  Theile  kommt,  deren  Beste 
dann  durch  erweichte  und  verjauchende 
Partien  losgestossen  werden.  Meist  übler 
Geruch  der  betreffenden  Stellen,  deshalb 
UeberscfalägevondesiaficirendenSubstanzen. 

Exvltation  (lat.),  Frohlocken,  Jauchzen. 

Exnndation  (lat.).  Austretung  fvon  Ge- 
wässern); Ueberschwemmting.        [brauche. 

Ex  vsn  (lat.),  nach  der  Sitte ;  aus  dem  Ge- 

Exvrien  Oat.),  ausgezogene  Kleider;  ab- 
g^estreifte  Hülle  oder  Haut;  Beute. 

Ex  TOtO  (lat.),  auf  Grund  eines  Gelübdes. 

EyaQord,  Bucht  an  der  Kordküste  von 
Island;  daran  der  Handelsplatz  Akureyri. 


Eyek,  Jan  vcm,  her.  niederländ.  Maler, 
geb.  um  1890  zu  Maaseyck  bei  Lüttich,  aus 
einer  alten  Maler&miiie,  Schüler  seines  äl- 
teren Bruders,  ffvbert  van  E.  (1966—1426), 
ging  mit  diesem  nach  Brügge,  später  (1420) 
nach  Gent;  f  um  1441  zu  Brügge.  Die  Be- 
gründer und  Meister  der  flandr.  Malerschule, 
von  ausserordentl.  Einfluss  auf  die  moderne 
Kunstentwioklung.  Beider  Brüder  gemein- 
sames Hauptwerk  die  Anbetung  des  Lammes 
in  Gent  (Altarbild  mit  Flügelthüren,  über 
900  Figuren,  1438  beendet);  zahlr.  Werke 
in  verschiedenen  Gallerien.  Jan  führte  zu- 
erst die  Oelmalerei  ein.  Vgl.  Hotho,  ,Die 
Malerschule  Huberts  van  E.*,  IföÖ— 59. 

Eylan  (Preu»*i8ch-E.),  Kreisst.  im  preuss. 
Regbz.  Königsberg,  3518  Ew.  8.  Febr.  1807 
Behlaehi  zwischen.  Napoleon  und  den  Russen 
und  Preussen  unter  Bennlgsen  undLestocq. 

Eyresee  (Oregorytee) ,  See  Im  Innern 
Australiens ,  bei  höchstem  "Wasserstande 
170—180  QM.  gross,  während  der  trocknen 
Jahreszeit  eine  wasserlose  Schlamm-  und 
Lehmfläche:  von  Eger  1840  entdeckt,  von 
Stuctrt  (1859)  und  Warburton  (1866)  besucht. 

Ezecnlel  (Hesekiel),  hebr.  Prophet,  Sohn 
des  Priesters  Busi ,  ward  598  v.  Chr.  als 
Jüngling  mit  dem  König  Jojachin  nach  Me- 
sopotamien abgeführt,  trat  hier,  am  Flusse 
Ghaboras  wohnend,  594  als  Prophet  auf  und 
wirkte  als  solcher  S2  Jahre.  Seine  im 
A.  T.  erhaltenen  Orakel  bilden  den  Ueber- 
gang  von  der  älteren  Prophetie  zu  der  spä- 
tem Apokalyptik. 

Eeelin  (Exgelino  da  Bomano),  der  Dritte  gen. , 
unter  Kaiser  Friedrich  n.  Haupt  derGbibelli- 
nen  in  Italien,  Sprössling  eines  deutschen 
Rittergeschlechts,  geb.  26.  April  1194  zu  Onara 
in  der  Mark  Treviso,  machte  sich  zum 
Podestk  von  Verona  und  scbloss  sich  an 
Kaiser  Friedrich  11.  im  Kriege  gegen  die 
Lombarden  an,  wurde  1236  Oberstatthalter 
in  Padua,  unterwarf  sich  das  ganze  nord- 
östl.  Italien,  berüchtigt  als  ,G«isel  Gottes' 
durch  Grausamkeit  (er  hatte  über  50,000 
Menschen  tödten  lassen),  wai'd  in  einem 
Treffen  gegen  die  verbündeten  Fürsten  16. 
Sept.  1259 bei  Gassano  verwundet;  t  27.  Sept. 
Von  3  Päpsten  mit  dem  Bann  belegt,  wusste 
er  diesen  unwirksam  zu  machen.  —  Sein 
Bruder,  ATberich,  musste  25.  Aug.  1260  sein 
Schloss  übergeben  und  ward,  nach  grau- 
samer Ermordung  seiner  Söhne  und  Töchter, 
an  den  Schweif  efnes  Pferdes  gebunden' 
und  zu  Tode  geschleift.  Vgl.  Vtrci,  .Storia 
degll  BzzeUniS  1844,  3  Bde. 


F. 


_  F.,  als  röm.  Zahlzeichen,  =  40;  F  oder 
F  =  40,000 :  auf  Mfinxen  Magdeburg,  Angers 
und  Hall  in  Tirol;  in  der  Musik  z:z  forte; 
bei  thermometr.  Angaben  =  Fahrenheit. 

Faam  f^Pa^m^,  Thee  von  Bourbon,  Blätter 
Ton  Angrecum  fragrans  Thouars  (Orchidee), 


auf  den  Maskarenen,  dient  zum  Parfümiren 
des  grünen  Thees. 

Faba  (lat),  Sau-  oder  Puffbohne;  Fabae 
aitbae,  Samen  von  Pfaaseolus  vulgaris. 

Fabel,  Gedichtgattung,  welche  in  Form 
einer  kurzen ,  meist  dem  Naturleben  ent- 

38* 


596 


Faber  —  Faenza. 


nommenen  Ers&bluDg  irgeDd  eine  Lebens- 
regel  veransohaulicht;  im  weitem  Sinne 
das  Sajet  einer  Dichtung. 

Faber 9  Joh,  Lothar  von.  Industrieller, 
geb.  12.  Jnni  1817  zu  Stein  bei  Nürnberg, 
Urenkel  Ton  Kaspar  F.,  der  1761  die  Blei- 
fltiftfabrikation  begann,  übernahm  1839  das 
ererbte  Geschäft,  gründete  1849  Zweig- 
geschäfte zu  Newyork  und  Paris,  trug  mit 
sejueu  Künstlersäften  bei  Land-  und  Welt- 
industrieausstellungen  den  Preis  dayon, 
sicherte  sich  18&6  durch  Vertrag  die  Aus- 
beute des  neuentdeokten  Oraphitlagers  auf 
dem  sajan.  Gebiige  in  Ostsibirien.  Seit 
18ß4  lebenslänglicher  Reichsrath  in  Bayern. 

Fabias^  röm.  Patriciergeschlecht,  dessen 
sämmtliche  Glieder,  806  an  der  Zalil,  477 
T.  C^r.  im  Kampf  gegen  die  Vejenter  bis 
auf  einen  einzigen ,  in  Rom  zurückgeblie- 
benen Knaben  gefallen  sein  sollen.  Dem- 
selben gehören  noch  an:  QuintuiF.  Maximu» 
Ounctator  (d.  i.  der  Zauderer) ,  Konsul  233 
und  228,  hob,  zum  Diktator  ernannt,  217  den 
durch  Hannibals  Siege  gesunkenen  Muth  der 
Römer  dui'ch  geschielt te  Strategik  (daher 
sein  Beiname),  ward  209  zum  5.  Male  Konsul. 
Quilitu»  F.  Pictor,  schrieb  im  2.  pun.  Kriege 
zuerst  die  Gesch.  Roms,  der  älteste  Annalist. 

Fabllaa  (fr.,  spr.  Fablioh),  in  der  altern 
frauz.  Literatur  poet.,  zum  Recitiren  be- 
stimmte Erzählung  aus  dem  bürgerl.  Leben, 
meist  mit  pikanten  oder  satir.  Anspielungen. 

Fabriclus  Luscinas,  Cqjua,  Römer,  be- 
rühmt durch  Sitteneinfalt  u.  strenge  Recht- 
lichkeit, bewies  sich,  nach  der  Niederlage 
der  Römer  bei  Heraclea  (280)  zu  Pyrrhus 
gesandt,  gegen  dessen  Lockungen  und  Dro- 
hungen gleich  unempfänglich,  lieferte  278 
den  verrätherischen  Arzt,  der  den  Pyrrhus 
vergiften  wollte,  diesem  aus,  war  zweimal 
Konsul.  275  Censor. 

Fabriken  O^t.),  gewerbliche  Anstalten, 
wo  durch  das  Zusammenwirken  zahlreicher 
Menschenkräfte,  mit  Hülfe  Ton  Maschinen 
und  unter  Anwendung  des  Princips  der 
Theilung  der  Arbeit  Rohstoffe  in  Kunst- 
produkte (Fabrikate)  umgewandelt  werden. 

Fabrikgeriehte,  s.  Gewerbsgerichte. 

Fabfila  (lat.),  Fabel  ;^a6u2ir<n,  erdichten, 
lügen ;  fabuVÖSf  fabelhaft. 

Fa^aae  (fr.,  spr.  -sahd),  die  Aussenseite, 
bes.  Vorder-  oder  Stirnseite  eines  Gebäudes. 

Facehlno  (ital.,  spr.  Fackino),  Lastträger. 

Face  (f^.,  spr.  Fahs),  die  vordere  Fläche, 
bes.  des  Gesichts.    Vgl.  En  face. 

Facetlen  (lat.),  witzige  Reden,  Schwanke. 

Facetten  {it.,  spr.  -sett-),  Schiefecken, 
Schiefflächen  auf  Edelsteinen,  Glasflüssen. 

Fachlngen,  Dorf  im  preuss.  Regbz.  Wies- 
baden, Unterlahnkreis,  unweit  der  Lahn, 
861  Ew.    Ber.  Stahlbrnnnen. 

Fachwerk  (Faehtoand),  aus  einzelnen, 
durch  Rahmenstücke,  Riegel  und  Bänder 
vereinigten  Standern  bestehende  Holzver- 
bindung, deren  Felder  mit  Ziegelsteinen, 
Lehm  etc.  ausgefüllt  und  auf  beiden  Seiten 
verputzt  werden. 

Facies  (lat.),  Gesicht.  F.  Hippocratica,  s. 
,  JBRppoJcralisehes  Gesicht,  [keit. 

FaeOitSt  (lat.),  Gefälligkeit,  Umgängli<^- 


Facit  (lat.,  d.  i.  es  macht),  das  Ergeb- 
niss  einer  Rechnung,  Betrag,  Summe  etc. 

Fackeldistel,  s.  v.  a.  Cerens. 

Fackelkraat,  s.  v.  a.  Verbascum. 

Fackeltanz,  polonaisenartiger  Tanz,  ^vo- 
bei  die  männlichen  Tänzer  eine  Wachs- 
fackel  tragen,  Geremonie  bei  Verm&hlungeu 
fürstlicher  Personen,  noch  an  eineeinen 
Höfen,  z.  B.  dem  preussischen,  üblich. 

Fa^OB  (fr.,  spr.  Fassong),  Fassung,  Fomi ; 
Anstand,  Lebensart.  F.  de  parier  (spr. 
-loh),  blosse  Redensart,  leere  Worte. 

Fagonnerie  (fr.,  spr.  Fassonrih),  Bearbei- 
tung, Modeln  der  Zeuge. 

Facsimlle  (lat.,  d.  i.  mache  es  älinlich), 
die  genaue  Nachbildung  eines  Schriftstücks. 

Facta  (lat.),  Plural  von  Factum  (s.  d.). 

Factotvm  (lat.,  d.  i.  Mach -Alles),  Biner, 
der  Alles  besorgt. 

Factum  (lat.),  Thatsache,  Ereigniss. 

Factnra  (lat.,  ital.  Fatlura,  Faktur),  Rech- 
nung über  gelieferte  Waaren.  Fakturenbueh , 
bei  der  Buchführung  Hülfsbuch,  welches 
die  Abschriften  der  eingehenden  Faktoren 
enthält.    Fakturiren,  berechnen. 

Fadalsen  (fr.,  spr.  -däsen),  Albernheiten. 

Faden,  Längenmass  zu  Tiefenmessnugen, 
meist  k  6';  engl.  F.  ==  2  Yards  =  1,8S8 
Meter,  preuss.  F.  =  1,888,  hamburger  = 
1,719  Meter;  Gammass  von  der  Länge  des 
Umfkngs  der  Haspel. 

Fadenalgen,  s.  Algen. 

Faden  wurm  (Filaria  Müll.),  Gattung  der 
Rundwürmer  (Nematoidea).  Medina-,  Nestel-, 
Guineawurm  (F.  medinensis  Gm.),  parasitisch 
im  Fleisch  der  Thiere  fast  aller  Klassen. 

Faeces  (lat.,  Plur.  von  faex),  Hefe,  Bo- 
densatz in  Flüssigkeiten;  Darmkoth. 

Fächei^ewölbe,  Gewölbe  des  engl,  apät- 
gothischen  Stils,  mit  fächeräbnliclien ,  vom 
Gewölbeanfang  sich  strahlenförmig  aus- 
breitenden Rippen.  [mehrung  dienend. 

Fächser.    Pflanzeuschössling,    zur    Ver- 

Fähnrlcn,  im  Mittelaltar  der  Fahnen- 
träger, bei  der  Reiterei  Cornet  genannt, 
gewöhnl.  der  jüngste  Offizier;  Jetzt  fFoAnen- 
junker)  Unteroffizier,  der  nach  dem  Feld- 
webel rangirt,  Charge  für  OfÜzieraspiran- 
ten  nach  bestandenem  Examen,  trägt  das 
Offiziersporte6p6e,  daher  Porte^iefäknrich. 

Fähre,  bewegliche  Brücke,  Fahrzeug 
zum  Uebersetzen  über  Flüsse,  wird  mittelst 
Fahrbäume  geschoben  oder  an  einem  über 
den  Fluss  gespannten  Seil  fortbewegt.  Bei 
der  fliegenden  F.  ist  das  Seil  in  der  Mitte 
des  Flusses  befestigt  und  das  Fahrzeug 
beschreibt  einen  Kreisbogen. 
.Fällung,  Erzeugung  eines  Niederschlags 
(FräeipitcU)  in  einer  Flüssigkeit,  wobei  die 
Substanz  des  Niederschlags  schon  fertig 
gebildet  in  der  Flüssigkeit  vorhanden,  aber 
gelöst  gewesen  oder  erst  nach  Zusatz  des 
Fällungsmittels  gebildet  sein  kann. 

Famnndsee,  See  in  der  norweg.  Landschaft 
Oesterdalen,  8  M.  iang,  fliesst  dnrch  den 
Trysil  (Klar -Elf)  zum  Wenernsee  ab. 

Faenza  (ehedem  Faventia),  Stodt  in  der 
ital.  Prov.  Ravenna,  am  Lamone,  17,486 Ew.; 
ansehnl.  Dom;  Fabr.  von  Majolicageschirr 
(Faj/ence,  nach  dem  l^amen  dar  Stadt). 


Färberei  —  Faktor. 


597 


Färberei,  die  Befestigung  von  Farbstoffen 
auf  Gespinnstfasem  durch  chemisch -physi- 
kalische Prozesse.  Manche  Farbstofife  wer- 
den aus  ihren  Lösungen  von  der  Faser 
direkt  absbrbirt  und  sehr  fest  gehalten 
(aub$tantive  Farben).  Andere  muss  man  in 
Gegenwart  der  Faser  aus  ihren  Lösungen 
fällen  (Oarthamin  aus  alkalischer  Lösung 
durch  eine  Säure,  Elsen-  und  Manganozyd- 
hydrat  aus  der  Lösung  ihrer  Oxydulsalze 
durch  den  Sauerstoff  der  Luft) ;  sie  befesti- 
gen sich  im  Moment  des  Ausscheidens  auf 
der  Faser.  Zu  diesem  Zweck  larbt  man 
oft  die  Faser  in  einer  Flotte  und  bringt 
sie  dann  in  eine  zweite  (z.  B.  zuerst  in 
Blanholzabkochung ,  dann  in  Lösung  von 
chromsaurem  Kali),  wo  die  chemische  Ver- 
änderung oder  die  Erzeugung  des  Farbstoffs 
(z.  6.  Gelb  durch  chromsaures  Kali  auf  mit 
Bleizucker  getränkter  Faser)  erfolgt.  Meist 
(bei  den  adjektiven  Farbstoffen)  wird  die 
Faser  zunächst  gebeizt  (mit  Alaun,  Thon- 
er de-,  Eisen -,Ziunsalzeu,  Gerbsäure,  Fetten, 
Albumin  etc.),  d.  h.  durch  eine  Lösung  der 
Beize  (Mordant)  gezogen,  dann  wird  die 
Beize  befestigt  (durch  Kuhkoth  • ,  Kleien-, 
Seifenbad ,  Lüften)  und  nun  die  Faser  in 
der  Farbstofflösung  (Flotte)  gefärbt.  Die 
gefärbte  Faser  wird  durch  saure  oder  alka- 
lische Flüssigkeiten,  Seifen-  oder  Farben- 
brühen gezogen,  um  die  Schönheit  der 
Farbe  zu  erhöhen  (Schönen,  Schauen,  Avi- 
viren).  Vgl.  die  "Werke  von  Kurrer  (1858), 
Bolley  (1867),  Betmann  (1867),  Schrader  (1869), 
.  Schilucnberger  (1870).    Vgl.  Anilin.      [torum. 

Färberknoterich,  s.  v.  a.  Polygonum  tinc- 

Färberröthe,  s.  v.  a.  Rubia  tinctorum. 

Färöer  (Färeyjar ,  d.  I.  Schaflnseln),  zu 
Dänemark  gehörende  Gruppe  von  22  Liseln 
(8  unbewohnt)  im  atlant.  Ucean,  zwischen 
Schottland  und  Island,  24  QM.  u.  8922  Ew. 
Steile  baumlose  Felsmassen,  mit  mildem, 
aber  nebligem  Klima.  Nahrungszweige : 
Schafzucht,  Fisch-  und  Vogelfang,  Dunen- 
sammeln,  Fabrikation  grober  Wollwaaren. 
Die  bedeutendsten  Inseln :  Strömöe,  Oesteröe, 
Südei*öe,  Sandöe,  Vaagöe  u.  Bordöe.  Eigne 
Verfassung  mit  eignem  Lagthing  unter 
einem  Amtmann  und  Propst  zu  Thorshavn. 

FanlnisSy  die  Zersetzung  stickstoffhaltiger 
pflanzlicher  oder  thierischer  Stoffe  durch 
Einwirkung  eines  Ferments,  verläuft  unter 
Entwicklung  von  Schwefel-  und  Phosphor- 
wasserstoff und  endet  mit  der  Bildung  von 
Kohlensäure^  Wasser  u.  Ammoniak.  Gegen- 
wart der  Luft  ist  nicht  erforderlich,  bei 
reichl.  Luftzutritt  wird  die  F.  Verwesung. 

FSnlnisswldrige  Mittel,  s.  Antiieptica. 

Fäustel,  der  Hammer  der  Bergleute. 

Fagne,  La  (spr.  Fanj,  d.  I.  Venu),  Land- 
schaft in  der  belg.  Prov.  Namur. 

Fagott  (ital.),  Holzblasinstrument,  be- 
stehend aus  einer  langem  u.  einer  kürzern 
ausgebohrten  Röhre,  mit  einem  Rohrmund- 
stück ,  das  durch  eine  gekrümmte  Mossing- 
röhre  (das  S)  mit  dem  Holzkörper  in  Ver- 
bindimg  steht;  entspricht  seiner  Klangfarbe 
nach  dem  Cello.    Fagottino,  kleineres  F. 

Fahlcrantz,  1)  Karl  Johann,  schwed. 
Landschaftsmaler,  geb.   29.   Nov.   1774   im 


Kirch  Sprengel  Stora  Tu  na,  seit  1815  Prof. 
an  der  Akademie  zu  Stockholm;  f  ^M,  1. 
Jan.  1861.  Lebensvolle  Darstellungen  der 
nord.  Natur.  —  2)  Axel  Magnus,  Bildhauer, 
Bruder  des  Vor.,  geb.  1780,  Mitglied  der 
Stockholmer  Akademie;  f  !•  Okt.  1854.  Bes. 
treffl.  ornamentale  Skulpturen.  —  3)  Ohri- 
stian  Erik,  Dichter,  geb.  30.  Aug.  1790, 
Bruder  des  Vor,,  erst  Prof.  der  Theologie 
zu  Upsala,  seit  1849  Bischof  von  Westeräs ; 
t  das.  6.  Aug.  1866.  Sehr.  ,Noachs  ark* 
(treffl.  humor.  Dichtung,  1825),  ,Ansgarius* 
(reliR.  -  Vaterland.  Heldengedicht ,  1846), 
,ßöm  förr  och  nu'  (Epos,  1858  —  61).  Ge- 
sammelte Schriften  (1863—65,  5  Bde.). 

Fahlerz  (Sehwarzerz,  Tetraedrit ,  Wein- 
gültigerz),  Mineralien  aus  der  Klasse  der 
Kiese  von  sehr  verschiedener  Zusammen- 
setzung, enthalten  Antimon,  Arsen,  Kupfer, 
Silber ,  Eisen ,  Zink  und  Quecksilber  als 
Schwefelverbindungen,  sind  sehr  verbreitet 
und  z.  Tb.  wichtige  Kupfer-  und  Silbererze. 

Fahrende  Habe  (Fahrnias),  alle  beweg- 
lichen Güter  im  Gegensatz  zu  Liegenschaften. 

Fahrende  Leute,  im  Mittelalter  banden- 
weise oder  einzeln  umherwandernde  Gauk- 
ler, Spieler,  Sänger,  Quacksalber  etc. 

Fahrenheit,  Gabriel  Daniel,  Verbesserer 
des  Thermometers,  geb.  14.  Mai  1686  in 
Danzig,  lebte  als  Glasbläser  meist  in  Hol- 
land und  England;  f  16.  Sept.  1736  in  Hol- 
land. Verfertigte  die  ersten  genau  über- 
einstimmenden Thermometer,  zuerst  mit 
Weingeist,  seit  1714  mit  Quecksilber,  Ge- 
wichtsaräometer und  Thermobarometer. 

Fahrlässigkeit,  s.  Culpa. 

Fahrtmesser  (Fahrtmas») ,  Schaufelrad, 
welches  vom  Wasser  bei  der  Fortbewegung 
des  Schiffs  in  Rotation  versetzt  wird,  und 
dessen  Umdrehungen  mechanisch  registrirt 
werden.  [Ohnmacht. 

Faiblesse   (fr.,   spr.  Fäbless),   Schwäche, 

Fain^ant  (fr.,  spr.  Fäneang),  Faulenzer. 

Fairfax  (spr.  Färfäks),.  Thomas,  Lord, 
General  der  engl.  Parlamentstruppen  im 
Bürgerkriege  unter  Karl  L  seit  1645,  geb. 
im  Jan.  1611  zu  Denton  in  Yorkshire,  siegte 
bei  Naseby  (14.  Juni  1645)  über  Karl  L, 
befand  sich  1660  an  der  Spitze  der  Abgeord- 
neten, welche  Karl  II.  im  Haag  zur  Ueber- 
nahme  der  königl.  Gewalt  aufforderteil ;  f 
12.  Ff^br.  1671.  Sein  Briefwechsel  herausg. 
von  Rob.  Bell  (1848—49,  4  Bde.).  Biographie 
von  ATarkham  (1870). 

Faisenr  (fr.,  spr.  Fäsöhr),  Unternehmer; 
Jeder,  der  eine  Sache  ausfährt,  während 
ein  Anderer  den  Namen  dazu  hergibt;  auch 
Plänemacher. 

Faisst,  Immanuel,  Musiker,  geb.  13.  Okt. 
1823  zu  Esslingen,  Direktor  des  Konser- 
vatoriums zu  Stuttgart;  hervorragender 
Orgelvirtuos  und  Komponist  für  die  Orgel. 

Fait  (fr.,  spr.  Fä),  Thatsache;  F.  accom- 
pli  -(spr.  fäht  akongblih) ,  vollendete  That- 
sache, wogegen  nichts  mehr  zu  machen  ist. 

Fakir  (arab.).  Armer,  Name  der  moham- 
medau.  Derwische  und  der  ind.  Büsser. 

Faktloii  (lat.),  Partei,  bes.  politische. 

Faktisch  (lat.),  thatsächlich. 

Faktor  (lat.),  in  der  Arithmetik  jede  der 


598 


Faktor 


Fall. 


beiden  2SahUn,  welche  mit  einander  mnlti- 
plicirt  werden  sollen;  im  Allg.  Etwas,  durch 
dessen  Wirksamkeit  ein  Produkt  erzeugt  wird. 

Faktor  (lat,),  Oeschäftsfuhrer  in  Fabri- 
ken, Druckereien  etc.;  auch  Disponent, 
welchem  die  Vertretung  einer  Handels- 
gesellschaft oder  die  Leitung  einer  Hand- 
lung anvertraut  ist.    S.  Procura. 

Faktoreien  (IaI.),  grössere  Handelsnieder- 
lassungen in  fremden  Landern  und  Erd- 
theilen,  in  der  Regel  mit  Niederlagen  für 
ein-  und  auszuführende  Waaren  und  unter 
eignen,  mit  besondem  Vollmachten  ver- 
sehenen Beamten  (Faktoren)  stehend. 

Fakult&t  (lat.),  Fähigkeit;  auch  Vollmacht. 
Ueber  die  4  F.en  s.  OhiveraitoUen. 

Fakultativ  (lat.),  Befugrniss  gebend ,  er- 
mächtigend; der  eignen  Bestimmung  über- 
lassen, freigestellt. 

Fakmiditat  (lat.),  Beredsamkeit. 

FalaUe  (spr.  -lähs),  Fabrikstadt  im  franz. 
Depart.  Calvados,  an  der  Aut6,  8183  Ew. 
Ber.  Färbereien  und  Stmmpfwirkereien. 

FalaschaSy  Volksstamm  in  Abessinien,  jüd. 
Ursprungs,  strenggläubig,  sittlich,  reinlich, 
fleissig  und  induatriös,  bes.  gute  Eiseuarbei- 
ter  und  Baukünstler. 

Falcidiscke  ({uart,  s.  Legat. 

Falcdnet.  kleines  Geschütz  aus  dem  16. 
^hrh.;  86  Kaliber  langes  Rohr,  schoss 
Vollkugeln  von  1  —  3  Pfd.  Gewicht. 

Falerli  (a.  G.),  Stadt  in  Etrurien,  241 
V.  Chr.  infolge  einer  Empörung  gegen  die 
Römer  von  diesen  zerstört;  das.  später  die 
röm.  Kolonie  Junonia  Faliseorum, 

Falemns  ager  (a.  G.),  das  falernische  Ge- 
biet in  Campania  (dem  heut.  Neapel),  be- 
rühmtdurcli  seinen  treffi.  "Wein  (JJ'aZemer). 

Falieri,  Marino,  seit  1354  Doge  von  Vene- 
dig, geb.  1878,  zettelte  aus  Rache  gegen  den 
Patricier  Michele  Steno,  der  seine  Gemahlin 
beleidigt  hatte  und  dafür  vom  Senat  nicht 
gebührend  bestraft  worden  war,  eine  Ver- 
schwörung gege]\  den  Senat  an ,  ward  17. 
April  1355  hingerichtet. 

Falk^  Johannes  Daniel,  Dichter  u.  Schrift- 
steller, geb.  28.  Okt.  1768  zu  Danzig,  seit 
1793  In  Weimar,  wo  er  1813  eine  Anstalt 
für  verwahrloste  Kinder  gründete  (später 
in  eine  öffentl.  Landosanstalt  verwandelt) ; 
t  14^  Febr.  1826.  Bes.  d^rch  seine  Satiren 
bekannt.  ,Satir.  Werke'  (1826,  7  Bde.).  Seine 
Schrift  , Goethe  aus  näherem  persönl.  Um- 
gange dargestellt*  (3.  Aufl.  1856)  ist  nicht 
ganz  zuverlässig.  Vgl.  ,J.  F.,  Erinnerungs- 
blätterS  1858. 

Falke^  Geschütz  aus  dem  Anfang  des  16. 
Jahrb. ;  gegen  7'  langes  Rohr,  schoss  eiserne 
Vollkugeln  von  6  Pfd.  Gewicht. 

Falke  (Faico  j?ec&s<.^,  Gattung  der  Falken. 
1)  EdelfaUcen :  Jagd-,  isländischer,  weister  F. 
(F.  gyrofalcoi.;,  über  2',  klaftert  41/9',  im 
hohen  Norden,  im  Winter  selten  bei  uns. 
Würgfalke,  Blaufuss  (F.  laniarlus  L.),  22", 
in  Osteuropa,  selten  bei  uns.  Wander-,  Blau-, 
Taubeinfatke  (F.  peregrinus  L.),  17—21",  klaf- 
tert 3—4',  in  der  gemässigten  und  kalten 
Zone,  verfolgt  besonders  Tauben.  Diese  3 
Arten  zur  Baize  (s.  d.)  abgerichtet.  Baum-, 
Blau-,  StoBB-,  Lerchenfalke  (F.  subbuteo  L.), 


13",  in  der  alten  Welt,  bei  uns  gemeiner 
Zugvogel,  jagt  besonders  Lerchen.  Zwerg-, 
Blau-,  Steinfaike,  Merlin  (F.  aesalon  L.), 
10—12",  Strichvogel  in  ganz  Europa.  2)  Bolh- 
falken:  Thurmfalke  (F.  tinnunculns  L.),  14", 
in  der   alten  Welt,    Strich-  und  Zugvogel, 


'% 


Iierolien,  vertilgt  Ungeziefer. 


alke^  Jakob,  Kultur-  und  Kunsthistoriker, 
geb.  21.  Juni  1825  zu  Ratzeburg,  wurde  1855 
Konservator  am  german.  Museum  zu  Nürn- 
berg, seit  1858  Bibliothekar  des  Fürsten 
Liechtenstein  in  Wien.  Hauptwerke:  ,Die 
deutsche  Trachten-  und  Modenwelt'  (1858, 
2  Bde.),  ,Die  ritterl.  Gesellschaft  im  Zeit- 
alter des  Frauenkultus'  (1863),  «Geschichte 
des  modernen  Geschmacks*  (1866)  und  ,Die 
Kunstindustrie  der  Gegenwart'  (1868).  Gab 
mit  Ege  heraus  ,Kunst  und  Leben  der  Vor- 
zeit* (3.  Aufl.  1868),  jGallerie  der  Meister  werke 
altdeutscher  Holzschneidekunst*  (1858—61). 

Falkenberg,  Kreisstadt  im  preuss.  Ref^bz. 
Oppeln,  an  der  Reina,  2076  Ew. 

Falkenler.  Falkenjager,  Falkner. 

Falkenoraen,  weimar.  Ritterorden»  ge- 
stiftet 2.  Aug.  1732  von  Herzog  Ernst  August, 
18.  Okt.  1815  als  ,Orden  der  Wachsamkeit 
oder  vom  weissen  Falken'  von  Karl  August 
erneuert,  Verdienstorden  für  Civil-  und  Mili- 
tärpersoneu;  3  Klassen.  Ordenszeichen : 
achteckiges,  goldnes,  grün  emaillirtes  Kreuz 
mit  goldnem ,  weiss  emaiUirtem  Falken. 
Devise;  ,Vigilando  ascendimus*. 

Falkensteln,  1)  Stadt  im  sächs.  Regbz. 
Zwickau,  unweit  der  Göltzsch,  4881  Ew.  — 
2)  Alte  Burg  (1832restaurirt)  am  Unterharz, 
1  St.  von  Ballenstädt;  seit  12.  Jahrh.  Sitz 
der  Grafen  von  B.  (unter  ihnen  Qr&fHoyer 
von  F.  im  13.  Jahrb.,  Gründer  des  Sachsen- 
spiegels) ;  Jetzt  im  Besitz  der  Grafen  von  Asse- 
burg-F.  Bekannt  bes.  durch  Bürgers  Ballade 
,De8  Pfarrers  Tochter  von  Taubenhain*. 

Falklandinsetn  (Malouinen),  brit.  Insel- 
gruppe im  südl.  atlant.  Ocean,  der  Ostküste 
Patagoniens  gegenüber,  bestehend  aus  2 
grossen  Inseln  Westfalkland  (Maidenland) 
und  Ostfalkland  (Soledad),  die  durch  den 
FalAIanJcund  (Carlislesund)  geschieden  wer- 
den, und  200  kleinen  Eilanden ,  im  Ganzen 
223  QM.  mit  600  Ew.  Theils  gebirgig,  theils 
sumpfig,  Klima  gemässigt,  aber  sehr  stür- 
misch. Verwilderte  Hausthiere ;  ausgezeich- 
nete Häfen.  1593  von  Rieh.  Hawkins  ent- 
deckt, seit  1833  im  Besitz  der  Briten.  Re- 
gierungssitz Port  William. 

Fall,  die  Bewegung  eines  Körpers  gegen 
den  Mittelpunkt  der  Erde  hin,  Folge  der 
Schwerkraft.  An  einem  und  demselben 
Ort  fallen  alle  Körper  von  gleichen  Höben 
aus  mit  gleicher  Geschwindigkeit  Der 
thatsächlich  sich  zeigende  Unterschied  rührt 
vom  Widerstand  der  Luft  her.  Die  Be- 
wegung der  ftei  fallenden  Körper  ist  eine 
gleichförmig  beschleunigte  und  wächst  in 
demselben  Verhältniss  wie  die  Dauer  des 
F.a.  Die  Fallräume  verhalten  sich  wie  die 
Quadrate  der  Fallzeiten.  Auf  der  schiefen 
Ebene  fallen  die  Körper  nach  denselben 
Gesetzen,  aber  so  viel  mal  langsamer,  als 
die  Höhe  der  schiefen  Ebene  in  der  Länge 
derselben  enthalten  ist. 


Fallbäume  —  Fanti. 


599 


FaUbattue»  aber  den  FestangstluMren  aa 
Ketten  hängeode  Balken,  welche  bei  Ueber- 
fällen  schnell  herabgelassen  worden  und  das 

Fallbell  9  s.  OuiUoline,       [Thor  sperrten. 

Fallen  der  Schichten  und  Gänge,  die  Nei- 
gung derselben  gegen  den  Horizont  mit 
Bezeichnung  der  Weltgegend,  nach  welcher 
die  Neigung  Statt  findet  (i). 

Fallende  Sncht,  s.  Epilepsie. 

Fallgatter,  aus  Vallbäumen  (s.  d.)  xnsam- 
mengesetztes  und  wie  diese  benutztes  Gat- 
terthor, [zum  Fangen  wilder  Thiere. 

Fallgrube,  mit  Reisholz  bedeckte  Grube 

FalUbel  (lat.),  fehlbar:  FaUibüitcU,  die 
Möglichkeit  zu  irren,  Fehlbarkeit. 

FalUren  (lat.),  seine  Zahlungen  einstellen ; 
fehlschlagen;  Falliment  (ital.)  oder  Fallis$er 
ment  (fr.,  spr.  -iss^mang),  Zahlungsunfähig- 
keit,  Bankrott.    Faüit,  Zahlungsunfähiger, 

Fallmaschine,  mechanische  Vorrichtung 
zur  Demoustrirung  der  Fallg^aetze. 

Fallnerayer,  fhU.  Jak.,  Geschichtsfor- 
scher und  Keisender,  geb.  10.  Dec.  1791  zu 
Tschötsch  beiBrixen,  erst  OffiziM*  in  bayer. 
Dienst,  dann  Gymnasiallehrer  zu  Augsburg 
und  Landshut,  seit  1836  Mitglied  der  Aka- 
demie zu  München,  bereiste  18S1 ,  1840  u.  1847 
den  Orient,  folgte,  1848  in  das  frankf.  Par- 
lament gewählt,  demselben  nach  Stuttgart ; 
t  26.  April  1860  zu  München.  Sehr.  ,Gesch. 
des  Kalserthums  Trapezunt*  (1831);  , Gesch. 
der  Halbinsel  Morea  im  Mittelalter'  (1830 
bis  1835,  2  Bde.);  ,Fragmente  aus  dem 
Orient'  (1845,  3  Bde.).  «Gesammelte  Werke' 
berausg.  von  Thomas  (1861,  3  Bde.). 

Fallreep,  an  beiden  Seiten  einer  Schififs- 
treppe  befestigtes  Tau. 

Fall-lUTer,  Fabrik-  und  Handelsstadt  in 
Massachusetts  (Nordamerika),  au  der  Hope- 
bai  (1870)  26,786  £w.  Baumwollensplnnerei, 
Lietnenfnbr.,  Eisenwerke. 

Fallgeliimi.  s.  Lnßballon. 

Fallseliweri,  you  Kleber  in  Dresden  ein- 
geführte Verbesserung  der  Guillotine. 

Fallwind,  aus  Gebirgen  und  Schluchten 
plötzlich  ausströmender  Wind  ,  der  gleich- 
sam in  die  Segel  fällt. 

FalmOttth  (spr.-mnth),  Hafenstadt  in  der 
engl.  Grafsch.  Gornwall,  an  der  Mündung 
des  Fol.  5709  Ew.  Vorzugl.  Hafen.  Station 
der  Faoketboote  nach  Südeuropa  u.  West- 
iudien.  [scher. 

Falsa  (lat.),  Fälschungen;  Fcasariua,  Fäl- 

Falflchmiinzerei,  s.  Münzfälschung. 

Falschsehen  (Visus  deflguratuf),  Anders- 
seben, durch  die  verschiedensten  Augen- 
krankheiten bedingter  Sefafebler,  wobei  die 
Gegenstände  verzerrt  erscheinen. 

Falsett  (ital.),  Kopfstim^ne,  Fistel. 

Falsifikation ,  Verfäl  schung. 

Falslrechnnn^,  s.  Jiegula  Falsi. 

VMhrtmttf  John,  kom.  Figur  in  Shakespeares 
,Heinrich  IV.',  Begleiter  des  Prinzen  Hein- 
rich; wohlbeleibt,  schwelgerisch,  prahlend, 
feig,  aber  voll  Witz  und  Hnmor. 

Falster,  dän.  Insel  in  der  Ostsee,  südl. 
von  Seeland,  8,5  QM.  und  23,249  £w.  Bed. 
Obstbau.    Hauptst.  Nykjöbing. 

Falsnm  (lat.),  Fälschung. 

Faltenwurf,  s.  Gewandung. 


Falnn  (FaKLun),  Hauptstadt  des  schwed. 
Län  Dalarue,  5561  Ew.;  her.  Kupferberg- 
werk (jetzt  minder  ergiebig).  Bergakademie. 

Faluner  Brillanten,  Bleizinnlegirung  mit 
eingedrückten  Facetten,  Theaterschmuck. 

Fama  (lat.).  Gerücht,  auch  Personifikation. 

Farnes  (lat.),  Hunger,  auch  Personifikation. 

Familiär  (lat.),  vei*traut,  vertraulich.  Fa- 
miliaritcU,  Vertraulichkeit. 

Familie  Cfat.),  Ehegatten  und  Kinder ;  dann 
im Allgem.  Verwandtschaft,  Sippschaft;  auch 
s.  V.  a.  Abtheilung ,  die  Verwandtes  umfasst. 

FamilienfldeilLommiss,  s.  Fideikommits. 

Familienpakt  (Familienstatut),  Vertrag 
zwischen  den  Gliedern  einer  Familie  über 
ihre  gemeinsamen  Angelegenheiten. 

Famös  (famös,  lat.),  berühmt,  berüchtigt ; 
famöme  lü>dlus,  Schmähschrift. 

Famulus  (lat.),  Diener;  auf  Universitäten 
ein  Student,  welcher  für  einen  Professor 
gewisse  äusserliche,  auf  die  Vorlesungen 
bezugliche  Geschäfte  besorgt.  [laterne. 

FanSl.Leuchtthurra,  Feuerzeichen,  SchlfTs- 

Fanarioten,  im  Allgem.  die  griech.  Be- 
wohner des  Fanar  (Fanal),  d.  i.  des  Leucht- 
tburmviertels  in  Konstantinopel,  insbes.  die 
Nachkommen  der  bei  der  Eroberung  Kon- 
stantinopels durch  die  Türken  verschont 
gebliebenen  edeln  griech.  Familien,  aus 
welchen  bis  1822  die  Dragomane  der  Pforte, 
sowie  dieHospodare  der  Moldau  u.  Walachei 
genommen  wurden,  Kaste  von  geringem 
National  itatsbewusstsein,  Jetet  ohne  Einfluss. 

Fanatismns  (lat.) ,  mit  Verfolgungswnth 
gegen  Andersdenkende  verbundener  Reli- 
gions-  oder  politischer  Parteielfer.  ^ 

Faney  (engl.,  spr.  Fänsi),  Phantasie; 
Fancyartikel,  Modewaaren. 

Fandango,  span.  Nationaltanz  im  '/«-Takt, 
von  der  Zither  begleitet,  während  die  Tän- 
zer die  Kastagnetten  schlagen. 

Fanega,  span.  Getreidemass,  a  4  Cuartillas 
=  55,5  Liter,  in  Mexiko  =r  85,71  L.,  in  Chüe 
=  97  L.,  in  Peru  =  66,48  L. 

Fanfire  (fr,),  kurzes  kriegerisches  Ton- 
stück für  Trompeten  und  Pauken  (Angriffs- 
signal), oder  für  2  Hörner  (Jagdsignal); 
auch  Tusch  bei  Lebehochs.  Fan/aronade, 
Prahleret,  Windbeutelei. 

Fangdamm,  Damm,  welcher  bei  Wasser- 
bauten den  Arbeitsort  trocken  erhält. 

FanOy  Hauptst.  in  der  ital .  Prov.  Pesaro, 
am  adnat.  Meere,  zwischen  der  Mündung 
des  Arzillo  und  Metauro,  aof  der  flamini- 
schen Strasse,  19,6G6  Ew. 

Fan5,  dän.  Insel  an  der  Westküste  von  Jüt- 
land,  1  QM.  und  3000  Ew. 

Fanti,  Neger  Volk  in  Guinea«  auf  der  Gold - 
küste ,  ehedem  sehr  mäehtlg ,  infolge  ihrer 
Kriege  mit  den  Ashantis  herabgekommen. 

Fanti,  Man/redo,  ital.  General,  geb.  24. 
Febr.  1806  zu  Oarpi  im  Modenesischen ,  war 
1831  bei  der  revolutionären  Bewegung  be- 
theiligt, focht  als  Generalmajor  1855  im 
Krimkrieg,  als  Generallieutenant  1859  im 
Krieg  gegen  Oesterreich,  war  1860—61  unter 
Cavour  Kriegs-  und  Marineminister  und  Se- 
nator, verdient  um  Reorganisation  der  ital. 
Armee,  übernahm  1862  das  Kommando  des 
5.  Militärdepart.  zu  Florenz;  f  &•  April  1865. 


600 


Faraday  —  Famese. 


Furftday  (spr.  -d6h),  Michael,  berühmter 
Experimentalphysiker,  geb.  28.  Sept.  1791  ku 
Newington  (Sfidlondon),  erst  Buchbinder, 
ward  18 IS  Assistent  am  Laboratorium  der 
Royal  Institution,  18S3  Prof.  der  Chemie  an 
ders.  Anstalt ;  f  25.Aug.  1867  in  Hamptoncourt. 
Entdeckte  die  magnetelektr.  Induktion,  das 
GesetB  der  elektrochem.  Aeqniyalente,  die 
Magnetisation  des  Lichts,  den  Diamagnetis- 
mus, das  Benzol  und  lieferte  zahlr.  Arbeiten 
über  die  Elektrolyse,  den  Magnetismus  der 
Gase,  den  atmosphär.  Magnetismus  etc. 
Sehr.  ,Lectnres  on  various  forces  of  matter' 
(8.  Aufl.  1862);  ,Lectnres  on  the  chemical 
history  of  a  candle'  (8.  Aufl.  1866;  deutsch 
1871).  Biogr.  Ton  2VHdalI(1869:  deutsch  Ton 
BelmholU  1870)  u.  Bence  Jone»  (1870,  8  Bde.). 

Ftrtdiamiu,  die  Induktionselektridtat, 
nach  deren  iSntdeoker  Faraday  benannt. 
Faradiaation ,  Anwendung  ders.  zu  Heil- 
zwecken, besonders  bei  Lähmungen  ron 
Nerven  und  Muskeln,  im  Gegensatz  zur  GcU- 
vanUation,  bei  welcher  der  konstante  elek- 
trische Strom  verwendet  wird. 

Farmkhftbady  Stadt  in  der  brit.-o8tind. 
Präsidentsch.  Agra,  am  Ganges,  56,000  Ew. 

Farben»  die  verschiedenartigenErregungs- 
zustände  der  Netzhaut  und  des  SehnerTen, 
welche  durch  die  Einwirkung  von  Licht- 
strahlen hervorgebracht  werden,  die  sich 
durch  die  Länge  ihrer  Wellen  von  einander 
unterscheiden.  Gewisse  leuchtende  Körper 
senden  nur  Lichtstrahlen  von  einer  einzigen 
Gattung  aus,  und  in  solcher  Beleuchtung 
zeigen  alle  Korper  dieselbe  oder  gar  keine 
F.  Weisses  Licht  enthält,  wie  seine  Zer- 
legung durch  das  Prisma  zeigt,  Strahlen 
aller  Gattungen,  und  nur  in  ihm  erscheinen 
alle  F.,  und  zwar  durch  den  Konflikt  des 
Lichts  und  des  beleuchteten  Körpers.  Dies 
geschieht:  durch  Brechung  (prismatische, 
Brechungsfarben,  Spectrum,  Regenbogen, 
Höfe),  Interferenz  (F.  dünner  Blättchen, 
an  Seifenblasen,  angelaufenem  Metall, 
Spinneweben  im  Sonnenlicht,  Perlmutter, 
l&ferflügel)  oder  Absorption.  Schwarze 
Körper  absorbiren  alles  auf  sie  fallende 
Licht  und  senden  daher  gar  keine  Strahlen 
Ins  Aug^,  weisse  reflektiren  alles  Licht, 
gelärbte  Körper  zerlegen  das  weisse  Licht, 
absorbiren  bestimmte  Strahlen  und  erschei- 
nen in  der  Farbe,  welche  ans  den  hindnrch- 
gelassenen  oder  reflektirten  Lichtstrahlen 
im  Augeresultlrt  (farbige  Gläser  oder  Flüssig- 
keiten, Farbstoffe).  Jeder  Farbe  fehlen  ge- 
wisse Strahlen,  um  Weiss  zu  bildeu.  Diese 
fehlenden  Strahlen  zusammengenommen 
machen  die  komplementären  oder  Ergän- 
zungsfarben aus.  Roth  und  Grünblau,  Blau 
und  Orange,  Violett  und  Grüngelb  sind 
komplementär.  Manche  F.  haben  ihren 
Grund  in  einer  gewissen  Affektion  des  Auges 
(physiologische,  subjektive  F.).  Treffen 
Lichtstrahlen  von  verschiedener  Färbung 
gleichzeitig  verschiedene  Stellen  der  Netz- 
haut, so  beeinflussen  sie  sich  häufig  gegen- 
seitig, weiss  wird  g^n,  wenn  gleichzeitig 
roth,  violett  wenn  gelb,  blau  wenn  orange 
auf  die  Netzhaut  fällt  (Neben-,  Kontrast-,  sub- 
jektive Ergänzungsfarben).    Die  Nebenfarbe 


erscheint  auch,  wenn  naeh  laofir«  anhal- 
tendem Betrachten  einer  Farbe  das  Auge 
auf  eine  weisse  Fläche  blickt.  Vgl.  I>ove, 
,FarbenlehreS  1853;  HelmholtM,  «PfaysioL 
Optik  S  1859;  Brücke,  ,Phy8iol.  der  F.*,  1866. 

Farbendraok  (Buntdrnek) ,  Herstellung 
mehrfarbiger  Darstellungen  durch  Platten- 
druok.  Congrevedruck  ist  F.  mit  zusammen- 
gesetzten Platten;  Jetzt  ist  F.  auf  der  Buch- 
druckerpresse mit  einzelnen  Formen  am 
gebräuchlichsten,  daneben  lithographischer 
F.  mit  mehreren  Platten.  Die  Farben  wer- 
den neben  und  über  einander  gedruckt. 

Farbensehen,  physiologisch  die  Fähigkeit 
der  Netzhaut  des  Auges,  Farben  zu  unter- 
scheiden, bei  den  verschiedenen  Menschen 
ungleich  entwickelt  und  bisweilen  bis  snr 
Unmöglichkeit,  Farben  zu  unterscheiden, 
vermindert  (Farbenblindheit ,  Daltonismue). 
Das  krankhafte  F.  (Ghromopsie,  Cbrupsie) 
ist  durch  Erkrankung  der  Netzhaut  zu  er- 
klären, wird  aber  auch  künstlich  durch  ge- 
wisse Arzneimittel,  bes.  Santonin  (Wnrra- 
samen)  hervorgebracht,  nach  dessen  Genass 
die  Gegenstände  gelb  erscheinen. 

Farbige,  in  Amerika  im  Allgem.  im  Ge^n- 
Satz  zu  den  Europäern  und  Kreolen  die 
eingeborenen  Indianer,  die  eingeführten 
Neger  und  die  durch  Vermischung  dieser 
unter  einander  oder  mit  den  Weissen  ent- 
standenen Mischlinge,  insbes.  aber  letztere 
im  (Gegensatz  zu  den  Weissen,  Negfem  und 
Indianern  reinen  Bluts,  namentl.  Jftdo^eti, 
Mischlinge  von  Weissen  nod  Negern  (die 
Mutter  meist  eine  Schwarze) ;  Meetiten,  Misch- 
linge von  Weissen  und  Indianern;  Zan^oa 
(Ohinoa),  Mischlinge  von  Negern  und  India- 
nern. Ans  der  fortgresetzten  Vermischung 
der  Mulatten  oder  Mestizen  mit  Weissen 
entstehen  die  Terzeronen,  Quarteronen, 
Quinteronen,  Kinder  Weisser  mit  Mulattin- 
nen, Terzeronen,  Quarteronen,  letztere  von 
den  Weissen  kaum  mehr  zu  unterscheiden. 

Farbstoffe,  s.  Pigmente. 

Farce  (fr.,  spr.  Farss,  ital.  Faraa),  klein- 
gehacktes Fleisch  mit  Semmel  etc.;  kurzes 
dramat.  Stück  von  niedrig-kom.  Charakter. 

Farewell,  Kap  (spr.  Fährnell),  Vorgebirge 
an  der  Südspitze  Grönlands,  59o  49^  n. Er. 

Farin,  s.  Zucker.  [haltig. 

Farina  (lat.),  Mehl;  farinö»,  mehlig,  mehl- 

Farini,  Luigi  Carlo,  ital.  Staatsmann, 
geb.  22.  Okt.  1812  zu  Rnssi  in  der  Romagna, 
erst  prakt.  Arzt  zu  Ravenna,  trat  1848  in 
das  röm.  Parlament,  ward  1850  Minister 
des  öffentl.  Unterrichts  in  Sardinien,  in 
der  Kammer  eifriger  Vertreter  von  Cavours 
Politik,  dann  Diktator  von  Parma  und  Mo- 
dena,  Juni  1860  Minister  des  Innern,  Der. 
1862  Ministerpräsident,  verfiel  Mars  1863  in 
unheilbare  Geisteskrankheit. 

Farm  (engl.),  Meierei,  Paohthof,  Landbe- 
sitz ;  Farmer,  Pächter  oder  Besitser  einer  F. 

Famese,  ital.  Fürstengeschlecht,  dessen 
Grösse  von  Aleuandro  F.,  als  Papst  Paul  III., 
datirt,  der  seinen  natürl.  Sohn,  Pietro  Luig^i, 
1545  zum  Herzog  von  Parma  und  Piacenza 
machte.  Aleeeandro  F.,  geb.  1546,  Enkel  des 
Vor.,  Sohn  von  Ottavio  F.  und  der  Marga- 
rethe  von  Parma,  natürlicher  Tochter  Kaiser 


Faro  —  Fata. 


601 


Karls  y.,  focht  anter  seinem  Oh«lm  Don 
Jaan  d^Austria  1571  bei  Lepanto  gegen  die 
Türken,  folgte  seiner  Mutter  in  die  empör- 
ten Niederlande,  kämpfte  gegen  die  Gensen, 
belagerte  1585  Antwerpen,  ward  mit  einem 
Heere  gegen  Heiuricli  IV.  nach  Frankreich 
geschickt;  f^. Dec.  1592.  Das  Hans  erlosch 
mit  Antonio  F.,  f  20.  Jan.  1731.  —  Den  Namen 
F.  führen  2  ber.  antike  Bildwerke:  der  far- 
neaische  Stier,  kolossale  Harmorgrnppe,  von 
Apollonius  und  Tauriscus  von  Tralles  gefer- 
tigt, und  der  farne$.  A«rcr<<e8,kol08S.Marmor- 
statuej^oiiGlykon  einem  Werke  desLysippus 
nachgebildet;  beide  ehedem  im  Besitz  der 
Familie  F.,  seit  1786  im  Museum  zu  Neapel. 

Faro  (ital.),  Leuchtthurm.  F.  diMesaina, 
Meerenge  Ton  Messina. 

Faro  9  der  eine,  von  S.  kommende  Qaell- 
strom  des  Tschadsees  in  Adamaua ;  Maudung 
1851  Ton  Barth  entdeckt.  [8400  Ew. 

Faro,  Hauptst.  der  portug.  ProT.  Algarve, 

Faröer,  s.  Färlier.  [Im  «/g-Takt. 

Farondole  (Farandoule) ,  proven^al.  Tanz 

Farragut,  David  O.,  nordamerik.  Admiral 
und  Befehlshaber  der  gosammten  Ünions- 
flotte,  geb.  1799  in  Tennessee,  focht  bereits 
1812  in  der  Schlacht  bei  Valparaiso,  erwarb 
sich  dann  bes.  im  Seoessionskriege  grossen 
Buhm, .  namentl.  durch  die  Einnahme  yon 
Neworleans,  die  Unterwerfang  yon  Port 
Hudson  am  Mississippi  und  den  Sieg  bei 
Mobile,  besuchte  1868  Europa;  f  15.  Aug. 
1870  zu  Newyork. 

Farren  (Farne,  FarrenkrätUer) ,  Pflanzen- 
familie der  Kryptogamen,  perennirende 
Pflanzen  mit  kriechendem  Wurzelstock  oder 
aufrechtem ,  zierlich  gefeldertem  Stamm 
(Battmfame)  ohne  Jahresringe.  Die  Blätter 
(  Wedel)  tragen  auf  der  Ruckseite  die  in  be- 
stimmt gestalteten  Häufchen  (sori)  zusam- 
menstehenden Sporangien.  Die  Sporen  bilden 
bei  der  Keimung  das  Prothallium,  welches 
Geschlechtsorgane  erzeugt  (Archegonien  und 
Antheridien) ,  aus  denen  sich  die  F.  ent- 
wickeln. 4000  Arten,  über  die  ganze  Erde 
Yerbreitet,  bes.  in  den  Tropen;  einige  sind 
offlcinell,  von  andern  das  stärkemehlreiche 
Stammparenchym  geniessbar.  Eintheilung: 
Hymenophyllaceen,  Gleicheniaceen,  Schizäa- 
ceen,  Osmundaceen,  Marattiacöen,  Gyathea- 
ceen,  Polypodiaceen  (fast  alle  europ.  Arten). 
Vgl.  die  Werke  von  JMeUeniiis  (1856),  Hooker 
(1866),  Bo&er  (1868),  Fee  (1854-66),  Lowe 
(1861-64),  Ettingahaueen  (1865). 

Farsaninselii,  Inselgruppe  im  rothen Meere, 
an  der  Küste  von  Jemen.    Perlenfisc'herei. 

Fanistan.  pers.  Frov.,  östl.  von  Khusistan, 
am  pers.  Golf,  wegen  der  Fruchtbarkeit 
seiner  Thäler  von  den  Dichtem  hoohge- 
priesen;  Hauptort  im  Innern  Schiras,  Hafen 
Abuschehr. 

Farthlng)  engl.  Kupfermünze,  =2  2,14  Pf. 

Fas  (lati),  das  Rechte,  sittl.  Erlaubte  im 
Gegensatz  zu  dem,  was  positiv  Rechtens  ist. 
f^r  f.  et  nefa»,  durch  erlaubte  nnd  uner- 
laubte Mittel. 

Fäm  (Bäea),  Stadt  in  der  pers.  Prov. 
Farsistau,  südöstl.  von  Schiras ,  18,000  Ew. 

Faaan  (Phasianns  L.),  Gattung  der  Hühner- 
vögel.   Silber fatan  (P.  nycthemerus  L.)ß  2' 


10",  in  Ohina,  bei  uns  gezüchtet.  Ebenso  der 
Oolifa»an(JP.  pictnaL.),  S\  in  Ostasien,  lie- 
fert Schmuckfedern.  Oemeiner  F.  (P.  coi- 
chicusZ.;,  2'  9",  in  Mittelasien,  verwildert  in 
Mittel-  und  Südeuropa.    Feines  Wildpret. 

Fasanenlnsely  s.  Bidauoa,       [11,450  Ew. 

Fasano,    Stadt  in  der   ital.   Prov.  Bari, 

Fasces  (lat.),  bei  den  Römern  Bündel  von 
Stäben  mit  einem  Beil  in  der  Mitte,  symbol. 
Zeichen  der  Gewalt  über  Leib  und  Leben, 
wurden  von  Liktoren  den  Königen ,  später 
den  Konsuln  und  Prätoren  vorgetragen. 

Faschinen,  Reisigbunde,  welche  beim  Bau 
von  Feldbefestigungen  und  Batterien,  beim 
Wasser-  und  Wegebau  zur'Befest^ng*der 
lockeren  Erde  dienen.  Länge  von  3— 20^ 
Stärke  von  6—12". 

Fasehinenmesser,  Werkzeug  zur  Herstel- 
lung der  Faschinen,  Starke,  gerade,  breite 
Klinge    mit   Holzgriff,    zuweilen   auf  dem 

Fasching,  s.  Karneval.         [Rücken  Säge. 

Faseination  (lat.),  Behexung,  Verblendung. 

Fase  (Bank.),  abgeschrägte  Ecke. 

Fasel.  Fortpflanzung  des  Zuchtviehs; 
Faaüvieh,  die  Junge  Brut  des  Zuchtviehs,  im 
Gegensatz  zum  Mastvieh;  Faeelhengst,  Be- 
schäler; Faedoch»,  Bulle,  Zuchtochs. 

Fasern  9  s.  Fibern. 

Faserstoff 9  vegetabilischer,  s.  v.  a.  Celln- 
lose;  animalischer,  s.  ▼.  a.  Fibrin. 

Fashion  (engl.,  spr.  Fäsch'n),  feine  Sitte; 
unter  den  höheren  Standen  übliche  feine 
Lebensart.  Fashionahle  (spr.  fäscb'näbbi), 
der  feinen  Lebensart  gemäss,  modisch. 

Fassathal,  Alpenthal  in  Tirol,  den  oberen 
Theil  des  Fleimsertbals  bildend. 

Fassbrücke  (Tonnvnbrüohe) ,  leichte,  von 
schwimmenden  Tonnen  getragene  Brücko. 

Fassion  (lat.),  gerichtl.  Bekenntniss,  des- 
sen Wahrheit  nur  von  der  Gewissenhaftig- 
keit des  Bekennenden  abhängig  ist,  wie 
z.  B.  die  Angabe  über  Einkommen. 

Fasten,  im  Allgem.  das  Aussetzen  des  Ge- 
nusses von  Speisen,  im  kirchl.  Sprachge- 
brauch insbes.  die  zeitweilige  Enthaltung 
von  Fleischspeisen,  als  Bussübung  schon 
bei  Juden  und  Heiden  in  Gebrauch.  In  der 
Kirche  sind  S  grosse  F.  üblich :  das  40täglge 
F.  vor  dem  Gharfreitag  (  Quad/rage»imalfa$ten) , 
vorzugsweise  die  Fastenzeit  genannt,  von 
Aschermittwoch  beginnend ;  das  F.  von 
Pfingsten  bis  Johannis  und  das  von  Martini 
bis  Weihnachten.  Der  Koran  gebietet  das 
F.  vornehml.  im  Monat  Ramadan. 

Fasti  calendares  (lat.),  der  Kalender  der 
alten  Römer. 

FastidiSs  (lat),  widerwärtig,  ekelig. 

Fastigation  (lat.),  giebelartige  Zuspitzung. 

Fastnacht,  der  dem  Aschermittwoch  vor- 
beigehende Dienstag,  au  dem  man  sich  noch 
gütlich  tliun  durfte  (Fasching,  Karneval)» 

Fastnachtsspiele,  dialogische  Schwanke 
des  späteren  Mittelalters,  seit  15.  Jahrh.  eine 
eigene  Literatur  bildend.  Eine  Sammlung 
derselben  lierausgeg.  von  KeZ/er (1853, 3  Bde.). 

Fastoso  (ital.,  Mus.),  prächtig,  prunkend. 

Fata  (lat.),  die  Schicksale,  bes.  Abenteuer 
eines  Menschen.  Fatal,  verhängnissvoU , 
unheilvoll.  Fatalität,  Missgeschick.  Fata- 
lismus, der  Glaube  an  ein  Fatum  (s.  d.). 


602 


Fata  —  Fivre. 


Fatft(itAl.)>  Fee;  bes.  bekaant^.  Mt^rgana, 
die  ihre  Zaubermacht  in  Lnitspiegeliingen 
zeigt,  daher  auch  diese  Erscheinung  selbst. 

rkngamt  (lat.)»  ermüdend. 

Fatiiiey  4.  Tochter  Mohammeds  und  der 
Khadidscha,  geb.  au  Mekka  606  n.  Chr.,  623 
mit  dem  naohherigen  Khalifen  Ali  vermählt, 
dem  sie  Hasan  und  Hnsein  gebar;  f  ^^» 

FAftiaddABy  arab.  Dynastie,  geg^ründet  von 
Abu-Abd-Aliah  Hasan,  einem  Missionar  der 
Ismaillden;.  breitete  ihre  Herrschaft  über 
Aegyi^ton,  Syrien  und  Palästina  aus;  schii- 
tisch, erlosch  1171. 

Fatrafebirg09  Oebirgssug  der  Karpathen 
in  Ungarn,  an  der  Waag  nach  S.  ziehend, 
im  Qr.  Falra  5468'  hoch;  reich  an  Metallen. 

Fattnra  (ital.),  s.  v.  a.  Factura. 

Fatoitat  (lat.),  Narrheit,  Albernheit. 

Fatttni(lat.),  Schicksal,  die  unvermeidliche 
Vorherbestimmtheit  der  Ereignisse. 

FanlMUTf  (fr.,  spr.  Fohbuhr),  Vorstadt. 

Faneigmy  (spr.  Fössinji),  Laudsch.  im 
franz.  Depatt.  Obersavoyen,  das  Arvethal 
umfassend ;  vor  18{M)  sardin.  Provinz. 

Fanlbauin,  s.  v.  a.  Prunus  Padus  und 
Rhamnus  Frangul». 

Faules  Heer  (Siwauh),  Theil  des  asow- 
schen  Meers,  zwischen  der  Krim  und  der 
Landzunge  von  Arabad,  45  QM.,  sehr  seicht. 

Faulhom,  Qebirgsstock  im  berner  Ober- 
land, flüdl.  vom  Brlenaersee,  8261'  hoch. 

Fanlthier  (Bradypus  L.) ,  Gattung  der 
Zahnlücker.  GemeinUf  dreüehiges  F.,  Ai  (B. 
trydactylus  C),  17—20',  in  Ostbrasilien,  lebt 
beständig  auf  Bäumen.  Fleisch  geniessbar. 
Haut  gibt  gutes  I^eder.  JiieeenfauUhier  der 
Urwelt,  s.  Megatkfirium. 

Favna  (lat.) ,  Gesammtheit  der  auf  einem 
gewissen  Gebiete  vorkommenden  Thiere. 

Fa«BVB,  uralter  König  in  Latium,  Sohn 
des  Picus,  Enkel  des  Saturnus,  lehrte  seine 
Unterthanen  Ackerbau  und  Viehzucht,  da- 
her nach  seinem  Tode  als  Wald-  u. Hirten- 
gott verehrt.  Als  weissagmider  Gott  FtUuus, 
vervielfältigt  in  den  FawiMn,  missgestalteten 
Waldgöttern  mit  Hörnern  und  Bocksfüssen. 

Famse  alaroM  (fr.,  spr.  Foss  alarm),  blin- 
der Lärm ;  F.  aUaquB  (spr.  attak),  Schein- 
angriff; F.  coueke  (spr.  kusch),  Fehlgeburt, 
Abortus;  auch  Fehlschlag.  F.  braie  (spr. 
bräh),  Erdbrustwehr  vor  dem  HauptwaJl  im 
Gsaben,  zur  frontalen  Vertheidigung  des 
Hauptwalls;  veraltet,  jetzt  dafür  Deiensiv- 
kasematten. 

Faust  (FuBt),  Jol.,  bei  der  Erfindung  der 
Buchdruckerkuust  mittiiätig,  reicher  Bürger 
in  Mainz,  P.  Sehöffers  Schwiegervater;  f  1460. 

Fawtty  Doktor  Johannoa,  Held  eines  alten 
deutschen  Volksbuchs,  geb*  um  1480  zu 
Kundlingen  im  Wurtembergischen  (n.  And. 
zu  Roda  im  Sächsischen),  trieb  sich  als 
landüahrender  Schwarzkünstler  umher;  f 
vor  1540.  Infolge  des  Aufsehns,  das  seine 
Zaubersch wanke  erregten,  wurden  die  alten 
Sagen  von  wunderbaren  Künsten  u.  Teufels- 
bündnissen auf  ihn  übertragen  und  der 
Zeit  angemessen  umgestaltet.  Ausbildung 
der  Faustsage  um  die  Mitte  des  16.  Jahrb.; 
ihre  Heimat  das  protest.  Deutschland.  Erster 
Druck  des  Volksbuchs  Fraukf.  1587  (neue 


Ausg.  von  Kühne  18C8);  spatere  Bearbeitun- 
gen von  Widmatm  (Hamb.  1599)  und  von 
t^mer  (Nürnb.  1674),  mit  moral.  Betrach- 
tungen; daneben  gegen  Ende  des  17.  Jahrb. 
dram.  Behandlung  des  Stoffs  in  Alexan- 
drinern für  Volkstheater  und  Puppenspiel 
(neu  herausg.  von  Simroek  1846).  Letztere 
veranlasste  Goethe  zu  seinem  ,Faust%  der 
(wie  auch  spätere  Dichter:  McUer  Müller, 
Klinger  f  Lenau,  BecJutein  u.  a.)  die  Sage 
in  eine  höhere  geistige  Sphäre  rückte.  Vgl. 
F*iUr ,  ,Iiiter.  der  Faustsage',  1852  u.  1857 ; 
0.  Schade,  Jhxf penspiel  vom  D.  F.%  1857. 

Faustin  I.,  Kaiser  von  Haiti,  früher  Soti- 
louque  genannt,  1787  als  Sohn  eines  Neger- 
sklaven geboren,  ward  1846  General  und 
Kommandant  von  Port-au-Priuce,  1.  März 
1847  Präsident  der  Republik ,  masste  sich 
als  solcher  diktator.  Gewalt  au  uud  liess 
16.  April  1848  die  Mulatten  als  angebliche 
Verschwörer  in  Masse  niedermetzeln.  25. 
Aug.  1849  zum  Kaiser  ernannt,  liess  er  sich 
Weihnachten  1850  krönen,  musste  15.  Jan. 
1859  abdanken  und  begab  sich   nach  Paris. 

Fanstinsy  Gemahlin  des  röm.  .Kaisers 
Antoninus  Plus,  f  141  n.  Chr.,  wegen  ihres 
sittenlosen  Lebens  berüchtigt. 

Faustkampf,  gymnast.  Uebung  der  alten 
Griechen  (Pygme)  und  Römer  (Pugilatus), 
schon  inder  griech. Heldensage  vorkommend, 
iu  England  (Boxen)  noch  jetzt  volksthümlich. 

Faustpfand,  bewegliches  Werthstück,  dem 
Pfandgläubiger  als  Pfand  für  ein  Darlehn 
überliefert. 

Favstrecht,  Selbsthülfe  mit  bewaffneter 
Hand,  iu  deu  german.  Staaten  iu  der  ersten 
Hälfte  des  Mittelalters  allgemein  herrschend. 

Fante  (fr.,  spr.  Foht),  Fehler,  Mangel. 

Fanteall  (fr. ,  spr.  Fotölj) ,  Lehnstuhl. 

Fautfracht  (fr.-deutsch,  d.  h.  mangelnde 
Fracht),  Vergütung,  welche  ein  Schiffer  zu 
fordern  berechtigt  ist,  wenn  der  Befrachter 
die  Frachtgüter  nicht  zu  der  vertragamässig 
bestimmten  Zeit  an  Bord  besorgt  hat  und 
das  Schiff  ohne  diese  abfahren  mnss ;  in  der 
Regel  ebenso  viel  als  die  bedungene  Fracht. 

Favtor(lat.),  Gönner,  Begünstiger;  F.de- 
lictit  Begünstiger  oder  Beförderer  eines  Ver- 
brechens. [12,800  Ew. 

Favara,  Stadt  auf  Sicilien,  Frov.  Glrgeuti, 

Favete  Unguis  (lat.),  wahret  eure  Zungen, 
Riif  des  röm.  Priesters  bei  Beginn  des  Opfers. 

Favenr  (fr.,  spr.  -wöhrj,  Gunst,  Gefällig- 
keit; Faveurtage,  s.  v.  a.  Respekttage. 

FavoBiuB  (lat.),  Frühlings -Thau wind. 

FaTOr(lat.),  Gunst,  Begünstigung.  Favorit, 
Günstling;  FavoTite„  erklärte  Geliebte  eines 
Fürsten;  Favorite-SuUanin,  diejenige  der 
Frauen  des  Sultans,  welche  ihm  zuerst  einen 
Sohn  geboran  hat. 

Favre  (spr.  Fawr),  Gabr.  Claude  Jules,  ftwax. 
Advokat  und  Politiker,  geb.  21.  März  1809 
zu  Lyon,  seit  1835  Advokat  zu  Paris,  nach 
der  Februarrevolution  von  1848  General- 
sekretär im  Ministerium  des  Innern,  dann 
Mitglied  der  Konstituante  und  der  Legis- 
lative, Gegner  des  Präsidenten  Ludwig  Na- 
poleon, Führer  der  demokrat.  Partei  und 
Hauptredner  des  Bergs,  1858  in  den  ge.^etz- 
gebenden  Körper  gewählt,  ward  4.  Sept.  1870 


Fäyal  —  Fehlgeburt. 


603 


nach  Proklatnirung  der  Republik  Mitglied 
der  Regierung  der  Nationalyertheidigung 
nnd  Minister  des  Aenssem,  unterliandelte 
zu  Yersailles  und  Frankfurt  (Febr.  und  Mai 
3871)  mit  Bismarck  den  Frieden. 

Fftyal,  Insel  der  Azoren ,  2V»  QM.,  sehr 
fruchtbar,  Hauptort  Horta. 

Fayence  (fr.,  spr.  Fajangs),  s.  Steingut. 

Fayüm,  fruchtbare  Landschaft  und  Prov.  in 
Mittelägypten,  mit  dem  See  Birket  el  Kerun 
und  zahlr.  Ruinen;  Hauptort  Medinet  el  F. 

Fazends  (port.),  Landgut» bes^  in  Brasilien. 
F.  real,  Staatsschatz. 

Fazogl  (FassoH),  Berglandsch.  im  obern 
Nubien ,  südl.  von  Seunaar ,  am  blauen  Nil 
und  Tumat,  unter  ägypt.  Hoheit  stehend, 
ca.  400  QM.  und  150,000  Ew. 

Fazy  (spr.  Fahsi),  Jean  James,  Schweiz. 
Parteiführer,  geb.  12.  Mai  1794  zu  Genf, 
ward  1841  zu  Genf  in  den  grossen  Rath 
gewählt,  trat  Okt.  1846  an  die  Spitze  der 
Provisor.  Regierung,  brachte  eine  entschie- 
den demokrat.  Verfassung  zn  Stande,  1847 
Abgeordneter  der  Tagsatzung,  dann  auch 
der  Bundesyersammlung ,  1855  wieder  Prä- 
sident des  Staatsraths,  unterlag  bei  den 
Wahlen  Herbst  1862  und  Aug.  1864 ,  ward 
als  moral.  Urheber  des  bewaffneten  Kon- 
flikts im  Quartier  St.-Gervais  (22.  Aug.)  ver- 
haftet, ^oh,  kehrte  dann  nach  Genf  zurück, 
seitdem  wieder  Mitglied  des  grossen  Raths. 

Febris  (lat.),  Fieber. 

Febrnar  (Homung),,  2.  Monat  des  Jahres, 
hat  28,  im  Schaltjahr  29  Tage,  genannt  nach 
dem  altital.  Gott  Februus  wegen  der  Fehrua- 
Ua  oder  Lupercalia,  eines  Reinigungsfestes, 
gefeiert  18.  —  28.  Febr.  in  Rom. 

Fecamp  (spr.  -  cang) ,  Seestadt  im  franz. 
Depart.  Niederseine,  an  der  Mündung  des 
Flusses  F.  in  den  Kanal,  12,832  Ew. 

Fechoer^  Gustav  Theodor ,  Physiker,  geb. 
19.  April  1801  zn  Gross -Färchen  bei  Mus- 
kau ,  seit  1834  Prof.  zu  Leipzig.  Bes.  ver- 
dient um  die  Lehre  vom  Galvanisraus  und 
die  Psychophysik.  Sehr.:  ,Elemente  der 
Psychophysik*  (i960,  2  Bde.) ;  »Physik  und 
Philosoph.  Atomenlehre'  (2.  Aufl.  1864); 
,Nanna  oder  über  das  Seelenleben  der  Pflan- 
zen* (1848) ;  ,Zendavesta  oder  über  die  Dinge 
des  Jenseits*  (1851,  SThle.);  ,Ueber  die  See- 
lenfrage* (1861);  ,Das  Büchlein  Vom  Leben 
nach  dem  Tode«  (2.  Aufl.  1866);  viel  Humo- 
ristisches (z.  Th.  unter  dem  Namen  Dr.  Mises). 

Facht  (Faecht),  Nebenfluss  der  IH  im 
Elsass,  mündet  unterhalb  Gemar,  9  M. 

Fechter,  s.  Gladiatoren. 

Fechtknnst,  die  Theorie  nnd  prakt.  Ge- 
schicklichkeit in  Führung  der  blanken  Waffe 
(des  Degens  und  Säbels)  im  Einzelkampfe. 
Zn  den  älteren  Formen,  ^oss-  und  Hid>f eck- 
ten, ist  neuerlich  noch  das  Bajonnetf  echten  (s. 
Bajonnet)  hinzugekommen.  Stoss-  und  Hieb- 
fechten wird  mit  Rappieren  gelernt  und  ge- 
übt, im  Ernstkampf  mit  Degen  und  Säbel 
ausgeführt.  Der  Abstand  der  Kämpfer  heisst 
Mensur,  der  Angriflf  Ausfall,  die  Abwehr 
Parade,  die  mangelhafte  Deckung  Mösse, 
verstellte  Stö^se  oder  Hiebe,  die  den  Geguer 
zur  Blössengebung  verleiten  sollen,  Finten. 
Andere  Mittel,  Blossen  zu  erzwingen,  sind 


das  Battiren  (b.  Battemeni),  Ligiren  (s.  d.) 
und  Kaviren  (s.  d.).  Die  Stösse,  Hiebe  und 
Paraden  werden  nach  der  Eintheilung  der 
Klinge,  der  Richtung,  in  welcher  sie  ge- 
führt werden,  und  der  Art  ihrer  Ausführung 
unterschieden  und  benannt. 

Feder 9  Metallstreifen,  dessen  Elasticit&t 
zu  technischen  Zwecken  benutzt  wird. 
Triebfedern,  zusammengerollte  Stahlbänder, 
welche  sich  aufzuwickeln  streben  u.  ineist 
Räderwerke  in  Bewegung  versetzen.  Beak- 
tions^edem  stehen  unter  einem  Druck  und 
bewu'ken,  sobald  sie  frei  werden,  eine  kurze 
Bewegung.  Tragfedem  dienen  zur  Ab- 
schwächuug  von  Stössen. 

Fe^erhärte,  Härtegrad  des  Stahls,  bei 
welchem  er  bedeutende  Slasticität  besitzt. 

Federharz.  a.  v.  a.  Kautschuk. 

FederlurafCy  s.  v.  a.  Elasticität. 

Federn,  in  ihrer  Zusammensetzung  den 
Haaren  ähnlich,  aber  reich  an  KJeselsäure, 
enthalten  braunes  oder  schwarzes  Pigment, 
die  übrigen  Farben  sind  meist  entoptische. 
Bettfedern:  Eiderdaunen,  Schwanfedern,  am 
gangbarsten  Gänsefedern,  von  denen  die 
freiwillig  ausgefallenen  (Sommergut)  die  reif- 
sten u.  besten  sind.  16  Gänse  geben  1  Pfd. 
Flaumfedern.  Norddeutschland ,  Russland, 
Polen,  Böhmen,  Galizien,  Ungarn  liefern 
die  meisten  Gänsefedern.  Sckmuckfedem: 
Straussenfedern ,  Marabus  (aus  Afrika  und 
Ostindien),  Reiherfedern  (aus  Sibirien,  In- 
dien, Afrika),  Hahnen-,  Fasan-,  Truthahn - 
federn  ete.  Man  bleicht  mit  schwefliger 
Säure ,  färbt  mit  Anilinfarben ,  verarbeitet 
die  F.  zu  Büschen,  Mosaik,  Stickerei  und 
Blumen.  Federpelzwerk,  ganze  Bälge  oder 
nur  die  flaumartige  .Unterschicht,  erster» 
von  Eisvogel,  Ente,  Pinguin,  Haubentaucher 
(Greberfelle),  letztere  von  Gans  und  Schwan 
(aus  Holland),  Geier  etc. 

Federnelke,  s.  Dianthus. 

Federsee,  See  im  würtomberg.  Donau- 
kreis, bei  Buchan,  2  St.  im  Umfang;  fliesst 
durch  die  Kanzach  zur  Donau  ab. 

Federweiss,  s.  v.  a.  Amiant. 

Feen  (ital.  fata,  fr.  f^e),  den  Elfen  ver- 
wandte geisterhafte  weibliche  Wesen,  welche 
in  der  Luft  wohnen,  vertrauten  Umgang 
mit  Menschen  pflegen,  bes.  der  roman.  und 
celtischen  Volkssage  angehörig.  Das  Feen- 
märchen  in  Italien  zuerst  ausgebildet.  Vgl. 
Keightley,  ,Mythologie  der  F.  und  Elfen*, 
deutsch  von   Wolff  1828,  2  Bde. 

Fegfener  (Ignis  purgatorius,  Reinigungs- 
fener),  nach  der  röm. -kathol.  Kirchenlehre 
Zwischenzustand  der  Gläubigen  nach  dem 
Tode,  in  welchem  sie  durch  Feuer  von  der 
Sünde  und  ihrer  Schuld  völlig  gereinigt 
werden,  um  sodann  zum  Himmel  empor- 
zusteigen. Dieser  Zwischenzustand  kann 
durch  gute  Werke  und  Fürbitte  der  Ueber- 
lebenden,  bes.  aber  durch  Messopfer  ge- 
mildert und  abgekürzt  werden. 

Feh  (Veh) ,  Feile  der  Eichhörnchen,  bes. 
graue  ans  Sibirien,  jährl.  7,000,000  Felle. 

Fehlgebart  (Frühgeburt),  die  verfrühte 
Trennung  der  Frucht  vom  Mutterleibe.  Drei 
Stufen:  1)  Missfcdl  (abortus),  Abgang  der 
Frucht  vor  der  16.  Schwangerschaftswoche ; 


604 


Felim  —  Feldspathe. 


8)  unK9itig4  Geburt  (partuB  Immatnms),  zwi- 
schen der  17.  und  28.  Woche;  S)  Frühgeburt 
(partus  praematuras),  zwischen  29.  und  36. 
Woche.  Ursachen :  AUgeraeinerkrankongen, 
Erschütterungen  durch  Fall,  Stoss  etc., 
Krankheiten  des  Eies.  Gefahren  für  die 
Mutter  durch  Blutverluste,  bea.  in  den 
früheren  Monaten,  wobei  meist  ärztliches 
Einschreiten  erforderlich  Ist.  [wäldem. 

FehiU)  Mastnutzung  in  Eichen-  n.  Buchen- 

Fehn,  s.  t.  a.  Fenn. 

FehrDellin ,  Stadt  im  preuss.  Regbz. 
Potsdam,  Kr.  Ostharelland,  am  Rhin,  3513 
Ew.  18.  Juni  1675  Sieg  des  grossen  Kur- 
fürsten über  die  Schweden. 

Feigbohne,  s.  t.  a.  Lupine. 

Feigenbavm  (Ficus  L.),  Pflanzengattung 
der  Artocarpeen.  Gemeiner  F.  (F.  cai'ica  L,) 
'  aus  Vorderasien,  in  Süd-  und  Mitteleuropa, 
Chile  und  Mexiko  kultivirt,  liefert  die  Fei- 
gen (fleischig  gewordener  Fruchtboden), 
63  %  Zucker  enthaltend ,  als  Obst  und  zu 
medicin.  Zwecken  dienend;  wenig  haltbar. 
Aegyptucher  F.  (F.  Sycomorus  L.),  in  Aegyp- 
ten  und  im  Orient,  liefert  die  süssen,  gewürz- 
haften Maulbeer-,  Pharao-,  Adamsfeigen  und 
sehr  dauerhaftes  Holz  (zu  Mumiensärgen). 
Heiliger  F.  (F.  religiosa  L.),  in  Indien,  der 
heilige  Baum  der  Buddhaisten.  Banjane  (F. 
iudica  Boxb.),  durch  Luftwurzeln  neue 
Stämme  bildend,  in  Indien,  der  heilige  Baum 
der  Brahmanen.  Auf  beiden  lebt  die  gum- 
milackerzeugende  Coccus  Lacoa.  Auch  lie- 
fern beide  Kautschuk.  Ebenso  F.  elastica 
L.,  in  Ostindien.  Dieser  und  zahlreiche 
andere  Arten  beliebte  Zierpflanzen. 

Feigmal  (Sycosis,  Mentagra),  Haut- 
krankheit, welche  sich  zwischen  den  Bart- 
haaren in  Gestalt  von  Eiterbläschen  und 
Schorfen,  starker  Böthe  und  Knötchen  zeigt. 
Sehr  langwierig.  Behandlung  durch  Ab- 
rasiren  der  betreffenden  Stellen,  Ausziehen 
der  Haare  und  (nach  Hebra)  Bestreichen 
mit  einem  Gemisch  von  Schwefel,  Glycerin 
und  Alkohol.  Einzelne  Autoreu  nehmen 
Pilze  als  Ursache  des  F.s  an. 

Fei^warze  (Condyloma) ,  Wucherung  der 
Papillen  der  äusseren  Haut  und  einzelner 
Schleimhäute.  1)  Spitze  Condylome,  -von 
blumenkohlartigem  Aussehen ,  sehr  geiäss- 
retch  und  daher  leicht  blutend ,  entstehen 
an  der  Eichel  und  an  den  Schamlippen 
durch  Reizung  von  Sekreten ,  bes.  durcli 
eitrige  Ausscheidungen,  bei  ungenügender 
Reinigung  dieser  Theile.  Behandlung  durch 
mechauische  Entfernung  (Abtragung,  Ab- 
bindung) und  Aetzen  der  Wundstelle,  oder 
durch  Bestreichen  mit  Aetzmittelu.  2)  Breite 
Condylome,  durch  syphilitische  Erkrankung 
bedingt,  sind  nur  durch  specifische  Mittel 
(Quecksilber,  Jod),  bisweilen  durch  Hunger- 
kuren O^chrothsches  Verfahren)  zu  besei- 
tigen. Sie  sind  flach,  roth,  nassen  stark 
und  geben  oft  Anlass  zu  weitgehenden 
Yersch  wärungen.  [culoides. 

Felrwarzenkrant,  s.  v.  a.  Ficaria  ranun- 

Feile«  Werkzeug  von  Stahl,  wird  ge- 
schmiedet, mittelst  eines  Meisseis  mit  Ker- 
ben versehen  (Hieb ,  FeilenJiauer) ,  dann 
gehärtet,  auch  auf  Maschinen  dargestellt. 


Die  grössten:  Arm-,  Btrohf eilen,   mittlere: 
£astard/eüen,  feinste:  ScIUichtfeilen. 

Feimen  (Diemen,  Mieten),  grosse  Haufen 
von  Heu,  Stroh,  Getreide  zur  Aufbewahrung 
derselben  im  Freien,  oft  mit  Fussbodeu 
uAd  verstellbarem  Dach  aas  Holz. 

Feingehalt  der  Hnnzen  (Korn),  Gehalt 
an  reinem  Gold  oder  Silber. 

Feistritz^  1)  Nebenfl.  der  Raab  in  Steier- 
mark, kommt  vom  Semmering,  15  M.  1.  — 
2)  Dorf  in  Krain,  an  der  Wochein,  5000  Ew.; 

Fei  (lat.),  Galle.  [bed.  Eisenwerke. 

Felbel 9  sarametartiges  Gewebe  mit  lan- 
gem, sich  umlegendem  Haar,  bes.  zn  Hüten. 

Feld)  im  Bergbau  eine  zur  bergmänn. 
Nutzung  abgesonderte  Strecke  Landes;  «n- 
verritztes,  unerschürfte»  F.,  s.  v.  a.  noch 
nicht  bebautes  F. 

Felda,  Nebenfl.  der  Werra,  kommt  von 
der  Rhön,  mündet  bei  Yacha. 

Feldberg,  1)  höchster  Gipfel  des  Schwarz- 
waldes, au  der  Dreisamquelle,  4650'.  —  2) 
Oroeser  und  kleiner  F.,  die  höchsten  Gipfel 
des  Taunus,  2711'  und  2545'. 

Feldeqnipage  9  sämmtliche  Gegenstände, 
deren  eine  Trappe  ausser  iliren  Waffen  im 
Felddienste  bedarf,  als  Koch-  und  Trink- 
geschirr, Lager-  und  Bivouaksgeräth  etc. 

Feldgendarmen,  berittene  Gendarmen  mit 
Uuterofflziersrang,  welche  bei  der  ilh  Felde 
stellenden  Armee  Polizei  üben. 

Feldhuhn  (Perdlx  Briss.,  Tetrao  L.)»  Gat- 
tung der  Hühnervögel.  Wachtel  (P.  dactylt- 
sonans,  Cotnmix  Ouv.),  s.  d.  Bebhuhn,  F. 
(P.  cinerea  Briss.),  12",  in  Europa  bis  Skan- 
dinavien, lebt  in  Familien  (Volk,  Kette), 
feines  Wildpret.  Ebenso  frans,  Bebhukn, 
Eolhhuhn  (P.  rufas  L.),  13i/a",  in  Südeuropa. 

Feldjäger,  in  der  preuss.  Armee  Militärs 
von  Feldwebelrang,  welche  zu  Kurierdien- 
sten verwandt  werden  und  ein  eigenes 
Corps  bilden ;  in  der  russ.  Armee  ein  Corps 
von  Offizieren  zu  denselben  Zwecken;  in 
den  übrigen  deutschen  Staaten  und  in  Oester- 
reich  s.  v.  a.  Gendarmen. 

Feldkirch,  Stadt  in  Vorarlberg,  am  Aus- 
gang des  lUthals  in  die  Rheinebene,  2918  £w. 

Feldmann,  Leopold,  Lustspieldichter,  geb. 
1802  in  München  von  Israelit.  Eltern,  lebt 
das.  Seine  Stücke,  reich  an  kom.  Einfallen 
und  ergötzl.  Situationen,  gesammelt  in  ,Deut- 
sche   Originallustspiele'   (1847—57,  8  Bde.). 

Feldmark  (Markung),  die  zu  einem  Dorf« 
gehörigen  Felder,  Wiesen  und  Waldungen. 

Feldmarschall,  höchste  militär.  Würde, 
in  der  preuss.  und  russ.  Armee  selten, 
hänfigor  in  der  österr. ,  span.  und  franz. 

Feldmarschalllientenant,  militär.  Würde 
in  Oesterreich  -  Ungarn,  entsprechend  dem 
,Geuerallieutenant'  in  andern  Ländern. 

Feldmass,  s.  Flächenmau, 

Feldmaus,  s.  Maus, 

Feldmessknnst,  s.  Jfetshunst. 

Feldschlange,  Geschütz  ans  der  ersten 
Zeit  nach  Erfindung  des  Pulvers,  mit  sehr 
langem  Rohr,  nach  der  Grösse  gawte,  halbe 
oder  VierteU-F. ;  schössen  demgemäss  eiserne 
Kugeln  von  etwa  20,  10  u.  5  Pfd.  Gewicht, 

Feldspathe,  Mineraliengruppe  aus  der 
Klasse  der  wasserfreien  Geolithe,  wesentliche 


Feldspathporphyr  —  Femgerichte. 


605 


Gemengtheile  mehrerer  der  yerbreitetsten 
Gebirgsarten,  In  ihrer  Zusammensetzung 
ziemlich  veränderlich ,  im  Wesentlichen 
Doppelsilikate  der  Thonerde  und  eines 
Oxyds  von  der  Formel  RO.  (Kali,  Natron, 
Kalk):  Orthoklas  und  Adular  (s.  d.)  oder 
Kalifeldapath ,  Albit  oder  Natronfeldspath, 
OUgoklas  oder  Natronkalkfeldspath  mit  vor- 
herrschendem Natron,  Andesin  ebenso  mit 
gleichviel  Natron  u.  Kulkf  Läbradorit  ebenso 
mit  vorherrschendem  Kalk,  Anorthit  oder 
Kalkfeldspath.  Der  Kieselsäuregehalt  nimmt 
vom  Orthoglas  oder  Albit  bis  zum  Anorthit 
bedeutend  ab.  Alle  F.  verwittei*n  zuletzt  zu 
Thon  (die  reinen  zu  Kaolin)  und  liefern  der 
Ackererde  Kali.  Manche  F.  werden  als 
Schmucksteine  benutzt.  Sonst  dient  F.  zur 
Poi'zellanfabrikation ,  zu  Glasuren,  Emails, 
zur  Darstellung  von  Kali.  [phyr. 

Feldspathporphyr,  Felsitporphyr,  s.  For- 

Feldtelegraph,  Telegraph,  welcher  im 
Felde  von  bes.  organisirten  Abtheilungen 
zur  Verbindung  der  Heerestheile  unter  ein- 
ander schnell  errichtet  wird;  spielte  in  den 
neuem  Kriegen,  bes.  1870  und  .1871  eine 
grosse  Rolle  und  dient  in  grossen  Schlach- 
ten zur  raschen  Uebermittelung  der  BefeJile. 

Feldwachen,  kleine  Abtheilung  Infanterie 
oder  Kavallerie,  welche  im  Felde  eine  be- 
stimmte Anzahl  von  Posten  ausstellt  und 
Patrouillen  aussendet,  um  den  Feind  zu 
beobachten  und  die  rückwärts  lagernde 
Truppe  zu  sichern,  nicht  zum  Kampf,  son- 
dern zur  Beobachtung  bestimmt. 

Feld  Wachtmeister,  veralteter  Titel  für 
Majore  der  Kavallerie. 

Feldwebel,  der  erste  Unteroffizier  der 
Kompagnie  in  der  Infanterie,  führt  die 
Bücher  und  Listen,  betr.  Bestand  und  Be- 
tragen der  Mannschaft  und  Unteroffiziere, 
sowie  deren  Dienstleistungen  und  komman- 
dirt  zu  den  verschiedenen  Diensten  den  An- 
ordnungen des  Hauptmanns  gemäss.  Ehe- 
mals Feldtoeibel,  eine  wichtige  Person  bes. 
bei  den  Landsknechten,  welche  zwischen 
dienen  und  dem  Hauptmann  vermittelte. 

Feldzeichen,  zur  Unterscheidung  von 
Freund  und  Feind  im  Felde  eingeführte 
Zeichen  an  der  Uniform,  als  Binden,  Schär- 
pen etc.  Die  Farben  der  Fahnen,  Port- 
6p6e8,  Schärpen  und  sonstiger  F.  sind  den 
Nationalfarben  entsprechend. 

Feldzengmel8t«r,  militärische  Würde  in 
der  österr.  Armee  nach  dem  Feldmarschall ; 
ehemals  s.  v.  a.  Artilleriekommandeur. 

Fensen,  die  krummen  Hölzer,  aus  denen 
der  Kranz  eines  Mühl-  oder  Wagenrades 
zusammengesetzt  ist. 

Felicitas,  röm.  allegor.  Göttin  der  Gluck- 
seligkeit ,  auf  Münzen  dargestellt  mit  dem 
Merknrstabe  und  auf  einem  Füllhorn  ruhend. 

Felix,  Name  von  5  Päpsten:  F.  I.,  reg. 
269—274;  f  als  Märtyrer  unter  Aurelian.  — 
F.  IL,  356  von  den  Arianei*n  nach  Ver- 
treibung des  Liberius  auf  den  päpstl.  Stuhl 
erhoben,  musste  jenem  858  wieder  weichen, 
von  Gregor  XIH.  1582  heilig  gesprochen.  — 
F.  IIL,  reg.  483—492,  Gegner  der  Mono- 
physiten,  sprach  über  den  Patriarchen  Aca- 
Qius  von  Konstantinopel  den  Bannfluch  aus 


und  veranlasste  dadurch  das  erste  34jälir. 
Schisma  zwischen  der  lat..u.  griech.  Kirche. 

—  F.  IV.,  526—530,  vom  Ostgothenköuig 
Theoderich  erhoben.  —  F.  F.,  vorher  als Äma- 
deus  VIU.  Herzog  von  Savoyen;  s.  Amadeua. 

Fellah,  die  Ackerbau  treibende  Be- 
völkerung Arabiens  und  Aegyptans,  im 
Gegensatz  zu  den  Beduinen. 

Fellata  (Fellani,  Fulbe,  Fulah),  afTikan. 
Volk  im  Sudan,  seit  alten  Zeiten  am  mitt- 
lem Senec^al  als  nomad.  Viehzüchter  wohn- 
haft, politisch  wichtig  seit  Anfang  des  19. 
Jahrb.,  wo  sie  erobernd  vordrangen,  den 
Islam  und  die  mohammed.  Civilisation  bis 
südl.  des  Binu6  verbreiteten  und  mehrere 
bedeutende  Staaten  gründeten,  wie  Haussa, 
Futa-Djalou,  Senegal -Futa,  Massina  etc.; 
im  Ganzen  6—8  Mill. 

Fellows  (engl.,  spr.  -lohs),  d.  i.  Genossen, 
diejenigen  Mitglieder  der  Kollegien  oder 
Gelehrtonstiftuugen  auf  den  engl.  Univer- 
sitäten zu  Oxford  und  Cambridge,  welche 
mit  der  Verwaltung  d^r  inneren  u.  äusseren 
Angelegenheiten  dieser  Anstalten  betraut 
sind  und  die  Einkünfte  derselben  unter  sich 
nach  der  Ancienuetät  vertheilen;  auch  die 
Mitglieder  wissenschaftl. Vereine  in  England. 

Fells,  die  Hochebenen  im  nördl.  England, 
meist  von  Schafen  be weidet. 

Felonie  (lat.),  im  Lehnrecht  jede  Ver- 
letzung der  Lehnstreue  sowohl  von  Seiten 
des  Vasallen  gegen  den  Lehnsherrn,  als 
auch  von  Seiten  dieses  gegen  jenen,  zieht 
als  Strafe  den  Verlust  des  Lohns  oder  der 
Lehnsherrlichkeit  nach  sich;  im  weiteren 
Sinne  auch  Verletzung  des  die  Verpflichtung 
zur  Treue  bedingenden  Verhältnisses;  in 
der  engl.  Gesetzgebung  (Fdony)  jedes  mit 
schwerer  Strafe  bedrohte  Verbrechen. 

Felsarten,  s.  Gesteine. 

Felsberg,  1)  Gipfel  des  Odenwaldes, 
1546',  merk  w.  durch  kolossale  Syenitblöcke. 
Oestl.   und   südöstl.   daran  das  Fdienrneer. 

—  2)  Dorf  im  Kant.  Graubünden,  links  vom 
Rhein,  am  Fuss  des  Oalanda;  bekannt 
durch  die  Bergstürze  von  1842  und  1843 
und  infolge  derselben  zum  Theil  verlassen. 
Unfern  Neu-F,,  1844  gegr. 

Felsen,  im  Hüttenwesen  taubes  Gestein, 
welches  in  Pochwerken  vom  Erz  geschi.e> 
den  und  dann  auf  Haufen  ( FeUenhalden) 
geschüttet  wird. 

Felsit  (Feldstein) ,  undeutliches ,  fast 
scheinbar  gleichartiges  Gemenge  von  Or- 
thoklas mit  Quarz,  bildet  die  Grundmasse 
des  Felsitporphyrs. 

Felsitkugebi ,  abgerundete  Feldspath- 
stücke  in  Pechstein  und  Pech  Steinporphyr, 
V*  —  10'  Durchmesser,  enthalten  zuweilen 
Ghalcedon-,  Quarzdrusen. 

Felncke,  kleines  Kriegsfahrzeug  mit 
Ruder  und  Segel  und  einigen  leichten  Ka- 
nonen und  Drehbassen,  zum  Küstenschutz. 

Femelwirthschaft,  s.  Henterwirthschaft. 

Fernem  (Fehmam),  Insel  an  der  Nord- 
ostspitze Holsteins,  3  QM.  und  9655  Ew. 
Hauptort  Burg. 

Femgerichte  (v.  altdeutschen  Feme,  d.  i. 
Gericht),  auch  Frei-,  heimlicht  oder  west- 
phälischc  G«rieM^  genannt,  Rechtsinstitut 


606 


Femina  —  Ferdinand. 


des  deutschen  Mittelalters,  wahrscheinlich 
ein  Ueberreat  der  altgerman.  freien  Ge- 
richte, bes.  im  14.  und  15.  Jahrh.  Ton  be- 
dentendem  Einflnsa,  nach  Errichtung  des 
allgem.  Landfriedens  nach  und  nach  ein- 
gehend (letztAs  Femgericht  156S  bei  Celle 
gehalten),  nur  in  Westphalen,  auf  ,rother 
Erde'  von  längerem  Bestand  und  Ansehn. 
Die  Mitglieder  der  Fem  htessen  «Wissendes 
aus  denen  die  Freitchßffen ,  die  Beisitzer 
des  Freigerichts,  und  dIaUrtheilsTolistrecker 
gewählt  wurden.  Vorsitzender  der  Frei- 
graf. Die  Aufsieht  über  alle  westphäl. 
Freigerichte  führte  al0  Stnhlherr  der  Erz- 
bischof Yon  Köln;  oberster  Stuhlherr  war 
der  Kaiser.  Das  Gericht  hiess  Freiding, 
der  Ort  FreistuJU  (am  berühmtesten  der  zu 
Dortmund).  Die  Gerichte  entweder  öffent- 
liche, bei  Tag  und  Tor  Tersammelter  Ge- 
meinde abgehaltene,  oder  heimliche,  an 
denen  nur  die  Wissenden  Theil*  nahmen. 
Das  Verffthren  war  der  alte  deutsche  An- 
klag^eprozess.  Vgl.  die  Sehr,  von  Wigand 
(1835),  Uaener  (1£»2)  und  Gaupp  (1857). 

Femlna  (lat.),  das  Weib.  Femininum,  weib- 
liches Wort. 

Femur,  der  Oberschenkelknochen,  dessen 
Kopf  in  der  Pfanne  des  Beckens  lagert  und 
das  Hüftgelenk  bildet;  femored,  den  Ober- 
sclienkel  betreifend. 

Fenchel«  s.  Fßnietdum. 

Fencheloly  ätherisches  Gel  des  Fenchel- 
samens (s.  Ftiniculutn),  erstarrt  gewöhn- 
lich bei  -f  100  C.  Dient  in  der  Medicin 
und  zum  Vertilgen  des  Ungeziefers. 

F^nelon  (spr.  -long),  Franpoia  de  Salignac 
de  Lamothe,  geb.  6.  Aug.  Iföl  auf  dem 
Schlosse  F6n61on  im  Depart.  Dordogne,  ward 
1689  Erzieher  der  Enkel  Ludwigs  XTV., 
1693  Mitglied  der  Akademie,  1695  Erzbischof 
von  Cambray;  f  7.  Jan.  1715.  Hauptwerk: 
,Les  aventures  de  T6]6maque'  (1717,  8  Bde.); 
vielmal  aufgelegt  und  in  fest  alle  Sprachen 
übers.  ,Oenvres*  herausg.  von  Baussel  (1821 
bis  1824,  82  Bde.) ;  ,ReligiÖ3e  Sehr.*  deutsch 
von  Silber t  (1827-89,  4  Bde.). 

Fenier  (fenische  Brüderschaft),  Geheim- 
bund der  Irländer,  1868  in  Nordamerika  ge- 
stiftet, bezweckt  die  Losreissung  Irlands  von 
England  und  die  Gründung  einer  irischen 
Republik.  Nov.  1863  proklamlrte  ein  Kon- 
gress  der  Führer  in  Chicago  die  irische  Re- 
publik und  erklärte  die  Gentralexekutivge- 
walt  in  Irland  für  die  Vertreterin  der  fen. 
Brüderschaft  in  Europa.  15.  Sept.  1865  Hess 
die  engl.  Regierung  zahlreiche  als  F.  ver- 
dächtige Personen  verhaften  und  5  Personen 
später  hinrichten.  Die  amerikan.  F.  mach- 
ten Mai  1866  einen  Einfall  in  Canada,  der 
aber  missglückte.  Trotz  aller  Cregenmass- 
regelu  breitete  sich  der  Geheimbund  im 
Stillen  in  Irland  weiter  aus;  aber  zu  dem 
auf  1.  März  1867  festgesetzten  Ausbruch 
eines  allgem.  Aufstandes  kam  es  nicht,  und 
die  Einzelerhebnngen  wurden  durch  Waffen- 
gewalt unterdrückt.  Der  Name  wird  abge- 
leitet von  einem  Irland.  Worte  s.  v.  a. 
Phönicier,  die  ältesten  Ansiedler  in  Irland, 
oder  von  einem  celt.  Helden  Fenius  Farsa 
pder  yon  einef  a}te|i  Kriegerkaste  Finna, 


nach  ihrem  Häuptling  Finn  so  genannt.   Vgl. 
,Neuer  PitavalS  neue  Serie  Bd.^  Heftl,  1869. 

Femi  (Veen),  Moorland,  bes.  wenn  ent- 
wässerte Gräben  die  Bebauung  ermöglichen. 

Feddor,  Name  von  8  russ.  Ozaren:  F.  L, 
Sohn  Iwans  des  Schrecklichen,  gab.  11.  Mai 
1557,  reg.  seit  1584,  überlies«  die  Herrschaft 
seinem  Schwager  Boris  Godunow;  f  7.  Jan. 
1598,  letzter  aus  Ruriks  Stamm.  —  F,  IL, 
Sohn  Boris  Gk>dunow8,  reg.  kurze  Zeit,  16(K 
ermordet. —  F.  III.,  Sohn  des  Ozaren  Alexei, 
geb.  Mai  1661,  reg.  seit  1676,  bekriegte  die 
Polen  und  Türken;  f  87.  April  1688. 

Feodesia  (Theodotia,  Kafa),  Hafenst.  im 
russ.  Gouv.  Taurien,  auf  der  Ostküste  der 
Halbinsel  Krim ,  9865Ew. ;  Oitodelle ,  griech. 
Srzbischof,  bed.  Handel  (Hauptexport  Wei- 
zen), Seebäder.  Im  13.  Jahrh.  Mittelpunkt 
des  genues.  Handels,  dann  unter  der  Herr- 
schaft der  Türken  (Klein-Stambul  genannt, 
mit  100,000  EwOt  seit  1774  Residenz  des 
tatar.  Khans,  1788  von  den  Russen  erobert 
und  zum  Theil  zerstört.  —  Meerenge  von 
F.,  der  Sund  zwischen  dem  aaowschen  nnd 
schwarzen  Meer  (Strasse  von  Kertsch). 

Feracit&t  (lat.),  Fruchtbarkeit. 

Ferdinand,  1)  rüm.  -  deutsche  Kaieer:  a) 
F.  I.,  Sohn  König  Philipps  I.  von  Spanien, 
Bruder  des  Kaisers  Karl  V. ,  geb.  1503  au 
Alcala  in  Spanien,  seit  1526  König  von  Böh- 
men und  Ungarn,  seit  1531  röm.  König, 
seit  1556  Kaiser,  kriegte  In  Ungarn  mit 
Job.  von  Zapolya  und  dem  türk.  Sultan 
Soliman;  tolerant  gegen  die  Protestanten; 
erliess  1559  ein  Münzedikt  n.  eine  Reichs- 
hoA-athsordnung;  f  85.  Juli  1564.  Vgl. 
Buchhols,  ,Gescfa.  der  Regierung  Kaiser 
F.s  LS  1830—41,  10  Bde.  —  b)  F.  II.,  Sohn 
des  Erzherzogs  Karl,  Herzogs  von  Steier- 
mark, des  jüngeren  Bruders  Kaiser  Maxi- 
milians II.,  geb.  9.  Juli  1578  zu  Graz,  ward 
1617  König  von  Böhmen,  1618  von  Ungarn, 
88.  Aug.  1619  zum  Kaiser  erwählt,  begann 
nach  Unterdrückung  des  böhm.  Aufstandes 
eine  kathol.  Gegenreformation  in  den  österr. 
Erblanden,  verbreitete  dadurch  den  Krieg 
über  Deutschland,  verlängerte  ihn  durch 
das  Restitutionsedikt  1629;  f  15.  Febr.  1637 
(s.  Dreiuigjähriger  Brieg).  Vgl.  Burter,  ,Ge- 
schichte  Kaisers  F.  II.*,  1850-  64,  11  Bde.  — 
c)  F.  III.,  Sohn  und  Nachfolger  des  Vor., 
geb.  11.  Juli  1608  zu  Graz,  1636  zum  röm. 
König  ernannt,  seit  1637  Kaiser,  suchte, 
weniger  intolerant  als  sein  Vater,  den 
Frieden  durch  die  hambutger  Präliminarien 
von  1641  anzubahnen;  t  8«  April  1657.  Vgl. 
Koch,  ,Gesch.  des  deutschen  Reichs  unter 
F.  m.*,  1865,  Bd.  1. 

8)  F.  I. ,  KaH  Leop<Äd  Franz  Märediin, 
Kaiser  von  Oeeterreich,  ältester  Sohn  Kaiser 
Franz  I.  aus  dessen  8.  Ehe  mit  Harle 
Theresie,  Prinzessin  beider  Sicilien,  geb. 
19.  April  1793  zu  Wien,  ward  28.  Sopt 
1830  als  F.  V.  zum  König  von  Ungarn  ge- 
krönt, folgte  8.  März  1885  seinem  Vater  auf 
demKaiserthron,  erliess M&rz  1848  die  Grund- 
züge einer  Reichsverfiuisung,  ging  infolge 
der  Maiunruhen  zu  Wien  mit  seinem  Hofe 
nach  Innsbruck,  kehrte  Aug.  nach  Wien 
zurück,  dankte  8.  Dec.  1848  in  Obnüts  zu 


Ferdinand. 


607 


Gunsten  seines  Neffen  Franz  Joseph  ab,  lebt 
seitdem  zu  Prag  (s.  Oesterreich,  Geschichte). 

3)  König«  von  Neapel:  a)  F.  L,  Sohn 
König  Karls  III.  von  S];»anien,  geb.  1^-  Jan. 
1751,  folgte,  als  sein  Vater  1759  den  span. 
Thron  bestieg,  demselben  in  Neapel  u.  Sicllien 
unter  einem  Begentschaftsrathe,  übernahm 
18.  Jan.  1767  die  Regierung  selbst,  ver- 
mählte sich  1768  mit  Marie  Karoline  von 
Oesterreich,  floh  Dec.  1798  beim  Einrücken 
der  Franzosen  in  Neapel  nach  Palermo, 
kehrte  Jan.  1800  nach  Neapel  zurück,  floh 
1806  abermals  nach  Sicilien,  ward  durch 
den  wiener  Kongress  1815  restituirt  und 
vereinigte  12.  Dec.  1816  seine  Lande  dies- 
seits und  Jenseits  der  Meerenge  in  das 
Königreich  beider  Sicilien,  rausste  infolge 
der  Revolution  von  1880  die  span.  Konsti- 
tution von  1812  einfuhren,  hob  dieselbe 
1821  mit  HiUfe  der  österr.  Waffen  wieder 
auf;  t  *•  Jan.  1825.  —  b)  F.  IL,  Sohn 
Franz  I.  aus  dessen  2.  Ehe  mit  der  Infau- 
tin  Isabella  Maria  von  Spanien,  geb.  12. 
Jan.  1810,  folgte  seinem  Vater  1830  auf  dem 
Thron,  begann  mit  polit.  Reformen ,  unter- 
drückte dann  jede  freiere  Regung,  verlieh 
Anfang  1848  gezwungener  Weise  die  Kon- 
stitution vom  10.  Febr.,  Hess  das  aufstand. 
Neapel  (15.  Mai  1848)  bombardiren  (daher 
,Rd  Bomba'  genannt),  unterwarf  Sicilien 
mit  blutiger  Gewalt  und  begann  eine  radi- 
kale Reaktion  mit  Einkerkerungen  und 
Verbannungen,  die  Frankreich  und  Eng- 
land zur  Einsprache  veranlassten ;  f  8.  Mai 
1859  zu  Gaserta. 

4)  F.  IL,  Aug.  Frane  Anton,  K6nig  von 
Portugal,  ältester  Sohn  des  Herzogs  Ferdi- 
nand von  Sachsen -Kobnrg- Gotha -Kohary, 
geb.  12.  Okt.  1816  zu  Wien,  9.  April  18ä6 
vermählt  mit  Maria  II.  da  Gloria,  Königin 
von  Portugal,  Wittwe  des  Herzogs  August 
von  Leuchtenberg,  erst  Herzog  von  Braganza 
betitelt,  erhielt  nach  der  Geburt  eines 
Prinzen  den  Königstltel,  war  nach  dem 
Tode  seiner  Gemahlin  1853  Regent  bis 
zum  Eintritt  der  Grossjährlgkeit  des  Kron- 
prinzen Dom  Pedro  16.  Sept.  1855. 

5)  Könige  von  Spanien:  a)  F.  L,  der  Growe, 
erster  König  von  Kastilien  seit  1035 ,  Sohn 
Sanchos  IH.,  Königs  von  Navarra,  eroberte 
einen  Theil  von  Portugal,  kämpfte  mit  Er- 
folg gegen  die  Mauren,  nahm  1056  den 
Titel  eines  Kaisers  an ,  gab  seinem  Lande 
eine  Verfassung;  f  1065«  --  b)  F.  //.,  Sohn 
und  Nachfolger  Alfons  VIII.  in  Leon, 
Asturien  und  Galicien  seit  1157,  focht  gegen 
die  Mauren  und  Portugiesen;  f  1188.  — 
c)  F.  IIL,  der  Heilige,  geb.  1199,  Sohn 
Alfons  IX.  von  Leon ,  seit  1217  König  von 
Kastilien  und  seit  1230  von  Leon,  erklärte 
Kastilien  und  Leon  für  ein  einiges,  un- 
theilbares  Königreich,  entriss  Murcia,  Se- 
villa und  Oordova  den  Mauren,  stiftete  die 
Universität  zu  Salamanca;  f  1252;  1671 
heilig  gesprochen.  —  d)  F.  IV„  König  von 
Kastilien  und  Leon  seit  1295 ,  Sanchos  IV. 
Sohn,  kriegte  glücklich  gegen  Portugal, 
Aragonien  und  die  Mauren;  f  1312.  —  e) 
F.  V.,  der  Katholische,  geb.  10.  März  1452, 
Sohn   Johanns  II.  von  Aragonien,  folgte 


diesem  1479,  Despot  und  arglistiger  Poli- 
tiker, vereinigte  durch  seine  Vermählung 
mit  Isabella  von  Kastilien  beide  König- 
reiche, von  denen  aber  jedes  seine  beson« 
dere  Regierung  behielt,  unterwarf  1491 
Granada,  das  letzte  maurische  Reich ,  er- 
obei'te  1503  Neapel,  1512  Navarra  bis  an 
die  Pyrenäen ,  brach  die  Macht  des  Feuda- 
lismus, bes.  durch  Einführung  der  Inqui- 
sitionstribunale in  Kastilien  (1480)  und 
Aragonien  (1484),  machte.  Vom  Kardinal 
Ximenes  (s.  d.)  unterstützt,  die  königl. 
Macht  unumschränkt;  f  23*  Jan.  1516. 
Vgl.  Breaeott,  «Gesch.  der  Regierung  F.s 
und  Isabellas  von  Spanien',  deutsch  1842, 
2  Bde.  —  f)  F.  VI.,  der  Weise,  Sohn  Phi- 
lipps V.,  geb.  1712  zu  Madrid,  folgte  seinem 
Vater  174^6,  überliess  die  Regierung  seinem 
Minister;  f  1759  blödsinnig  und  kinderlos 
im  Kloster.  —  g)  F.  VII.,  Sohn  Karls  IV. 
und  der  Prinzessin  Marie  Luise  von  Parma, 
geb.  14.  Okt.  1784,  ward  als  Gegner  des 
Friedensfürsten  CHerzogs  von  Alcudia)  28. 
Okt.  1807  verhaftet  und  für  einen  Yer- 
räther  erklävt,  durch  die  Revolution  vom 
18.  März  1808  zur  Thronfolge  berufen, 
musste  5.  Mai  zu  Bayoune  gegen  eine  jährl. 
Rente  von  600,000  Fr.  zu  Gunsten  Napoleons 
darauf  verzichten  und  bezog  das  Schloss 
Valen^ay.  Im  März  1814  nach  Spanien 
zurückgekehrt,  hob  er  die  Konstitution  der 
Gortes  von  1812  auf  u.  begann  eine  blutige 
politisch -kirchl.  Reaktion,  musste  infolge 
des  Aufstands  vom  Januar  1820  die  Kon- 
stitution von  1812  (7.  März)  wiederher- 
stellen, die  aber  die  Intervention  Frank- 
reichs 1823  wieder  beseitigte.  Durch  seine 
4.  Gemahlin  Marie  Ghristine ,  Tochter 
Franz  I.  von  Neapel,  bewogen,  hob  F. 
durch  eine  sogen.  Pragmatik  das  salische 
Gesetz  29.  März  1830  auf  und  stellte  die 
alte  kastllische  kognatische  Erbfolge  wieder 
her,  übertrug  während  einer  Krankheit 
Okt.  1832  seiner  Gemahlin  die  Leitung  der 
Staatsgeschäfte,  übernahm  4.  Jan.  1833  die 
Regierung  wieder;  f  29.  Sept.  1833. 

6)  Groaiherz'dge  von  Toskana:  a)  F.  IIL, 
Joseph  Joh.  Baptiat,  Erzherzog  von  Oester- 
reich, geb.  6.  Mai  1769,  zweiter  Sohn  Kai- 
ser Leopolds  n. ,  folgte  diesem  2.  Juli  1790 
in  Toskana,  musste  1799  vor  den  in  Italien 
einrückenden  Franzosen  nach  Wien  flüch- 
ten ,  1801  auf  Toskana  verzichten ,  erhielt 
dafür  26.  Dec.  1802  das  Kurfürstenthum 
Salzburg,  das  er  1805  mit  dem  Grossherzog- 
thum  Würzburg  vertauschte,  ward  1814  in 
Toskana  restituirt;  f  17.  Juni  1824.  —  b) 
F.  IV.,  Sohn  des  (Jrossherzogs  Leopold  II., 
geb.  10.  Juni  1835 ,  folgte  seinem  Vater  in- 
folge der  Abdankung  desselben  21.  Juli 
1859,  lebt  seit  Einverleibung  Toskanas  in 
das  Königreich  Italien  meist  in  Dresden. 

7)  F.,  Herzog  von  Braunechtoeig ,  preuss. 
Feldherr  im  siebenjähr.  Krieg,  geb.  11. 
Jau.  1721  zu  Braunschweig,  4.  Sohn  des 
Herzogs  F.  Albrecht,  trat  1740  als  Oberst 
in  preuss.  Dienste,  ward  1750  General- 
lieutenant, 1757  auf  Verlangen  Georgs  II. 
von  England  zum  Oberbefehlshaber  der 
alliirten  Armee  ernannt,  behauptete  sich  in 


608 


Ferdinandea  —  Ferrugo. 


Niedenaelis»!! ,  Heisen  und  Westplialen 
gegen  die  überlegene  frani.  Streitmacht, 
siegte  1759  bei  Minden,  nahm  1766  seinen 
Abschied,  lebte  seitdem  auf  seinem  Lust- 
schlosse Vechelde;  f  S.  April  1792.  Vgl. 
Kneaebeck,  ,F.,  Herz.  v.  Braunschweig,  wäh- 
rend des  8iei>enjähr.  Kriegs',  1857 — 58,  2  Bde. 

Ferdinandea  (Narita),  Insel  im  Mittel- 
meer ,  bei  SciHCca  auf  Sicillen ,  durch  yuI- 
kan.  Ausbruch  Juli  1831  entstanden,  12. 
Jan.  1882  wieder  versunken. 

PÄre  f  ha  (spr.  Fahr) ,  1)  Festung  im 
fi'auz.  Depart.  Aisne,  an  der  Oise,  4984  Ew.; 
Artillerieschule.  Kapitulirte  27.  Nov.  1870 
nach  zweitägiger  Beschiessuog.  —  2)  (F.- 
Champenoisef  spr.  Schaugpnoa),  Stadt  im 
franz.  Depart.  Marne,  21^)0  Ew.  25.  März 
1814  Sieg   der  Verbündeten   über  Marmont. 

Feretrins  (lat.),  der  Bringer,  näml.  der 
Beute,  Beiname  des  Jupiter  zu  Rom. 

Ferien  (Feriae,  lat.),  Feier-,  Buhetage,  in 
Lehranstalten,  Gerichten  etc.  die  gesetzlich 
bestimmten  Zelten,  wo  keine  Unterrichts- 
stunden, Sitzungen  etc.  Statt  finden. 

Ferfk  (türk.),  militÄr.  Würde,  s.  v.  a. 
Divisionsgeneral ;  Ferikx-hahrii',  der  Admiral. 

Fermftn  (pers.) ,  Erlass  des  türk.  Kaisers. 

Fermanagh  (spr.  -mänäh),  Grafsch.  in 
der  irischen  Prov.  Ulster,  35V9  QM.  und 
105,768  Ew.    Hauptst.  Enniskillen. 

Fermate CTenttt«,ital.),  Ruhepunkt,  Halt; 
mus.  Zeichen,  das«  eine  Note  über  ihre 
ZeitgeltUDg  ausgehalten  werden  soll. 

Fermentation,  s.  v.  a.  Gährung. 

Fermente,  s.  Gährung. 

Fermentöie,  bei  Gälirung  und  Fäulniss 
von  Pflanzentheiien  sich  bildende  aroma- 
tisclie  Gele,  welche  den  oigenthümlichen 
Waldgeruch  etc.  bedingen. 

Femambnkholz,  s.  BrasilienhoU. 

Fernando  do  Noronha,  brasU.  Insel  im 
atlant.  Ocean,  48  M.  nordostl.  vom  Kap 
St.  Roque;  Verbannungsort  undGefängniss. 

Fernando-Po,  eine  der  Guineainselu  an 
der  Küste  Westafrikas,  in  der  Biafrabai, 
gebirgig  (bis  10,058'  hoch),  mit  Anuobon 
etwa  23  QM.  und  5590  Ew.  Seit  1778  span. 
Hauptort  Glarence-Cove,  Hafen  für  den 
Falmölhandel  und  Station  der  engl.  Dampfer. 

Femey  (Fernex,  spr.  -näh),  Flecken  im 
fi'auz.  Depart.  Ain,  nahe  bei  Gent,  1166  Ew., 
Voltaires  Aufenthalt  (1762-78). 

Femkorn,  Anion  Dominik  von,  Bildhauer 
und  Erzgiesser,  geb.  1814  zu  Erfurt,  Schüler 
Stlglmayrs  und  Schwanthalers, '  seit  1840  In 
Wien,  Direktor  der  Kunsterzgleqserel  das., 
1860  zum  Ritter  ernannt.  Hauptwerke:  Mo- 
nument des  Erzherzogs  Karl,  Reiterstand- 
bild des  Banus  Jellachich,  die  Statuen  des 
Prinzen  Eugen,  des  Herzogs  Karl  Wilhelm 
von  Braunschweig,  mehrere  Büsten. 

Femrohr  (Teleskop),  optisches  lustrument, 
welches  durch  Linsenwirkung  (dioptrische, 
grosse:  Refraktoren, mittlere:  Tubus,  kleine: 
Perspektive)  oder  durch  Spiegel-  u.  Linsen- 
wirkung (katoptrische,  Reflektoren)  entfernte 
Gegenstände  dem  Auge  scheinbar  näher 
rückt  und  dadurcli  vergrössert  zeigt.  Jedes 
F.  hat  ein  dem  Gegenstande  zugewendetes 
Objektiv  und   ein  dem  Auge  zugewendetes 


Okular.  Das  tutronomiwkt  oder  hepUrtch*  F. 
mit  konvexem  Objektiv  und  Okular  zeigt  die 
Gegenstände  verkehrt,  hat  ein  grösseres 
Gesichtsfeld  und  verträgt  stärkere  Ver- 
grösserung  als  das  holländische ,  galilei$che 
F.,  bei  welchem  eine  Konkaviinso  als  Okular 
das  Objektivbild  wieder  umkehrt,  also  in 
richtiger  Stellung  zeigt.  Das  terrestriaehe 
oder  Erdfemrohr  ist  ein  astronom.  F.,  dessen 
verkehrtes  Bild  durch  ein  zweites,  kurzes, 
hinter  dem  ersten  stehendes  astron.  F.  um- 
gekehrt wird.  Der  Feldstecher  hat  zu  einer 
und  derselben  Objektivlinso  gewöhnlich  4 
verschiedene  Okulare,  die  vermittelst  einer 
excentrischen  Scheibe  beliebig  benutzt  wer- 
den können.  Bei  den  Kometenauchem,  Nacht- 
rbhren  vei-grössert  ein  hinter  dem  Objektiv 
eingeschaltetes  Konvexglas  das  Gesichtsfeld 
und  die  Helligkeit.  Newtons  Reflektor  mit 
Hohlspiegel,  ebenem  Spiegel  und  konvexem 
Okular  wirkt  wie  ein  astronom.  F.  Bei 
Gregorys  F.  wird  das  verkehrte  Bild  des 
ersten  Hohlspiegels  durch  einen  zweiten 
umgekehrt.  Herschels¥.  besteht  aus  einem 
grossen  Hohlspiegel,  und  das  am  Rande  der 
Rohröffnung  entstandene  Bild  wird  unmit- 
telbar durch  ein  Okular  betrachtet.  Dollondn 
achromatisches  Objektiv  besitzt  eine  konvexe 
Crownp:laslinse  und  eine  konkave  Flintglas- 
linse  dicht  hinter  einander.  In  PlötisU  dia- 
lytischem  F.  sind  dies»  Linsen  von  einander 
gerücict,  das  F.  ist  kürzer,  das  Bild  schärfer 
und  lichtstärker.  Unsere  trübe  Atmosphäre 
gestattet  selten  OOOmaliga  Vei^rösserang. 

Femglclitigkeit  (Hypermetropie),  Zustand 
des  Auges,  bei  welchem  die  parallel  ins 
Auge  fallenden  Lichtstrahlen  hinter  der 
Netzhaut  vereinigt  werden  (Gegensats  der 
Kitrgsichtigkeit ,  Myopie),  da  die  Axe  des 
Auges  (die  Linie  zwischen  dem  Scheitel  der 
Hornhaut  und  der  Netzhaut)  zu  kurs  ist. 
Man  verwendet  daher  konvexe  Brillen,  um 
dies  auszugleichen.  Die  F.  alter  Leute 
(Presbyopie)  ist  bedingt  durch  Verhärtung 
der  Krystalllinse  und  die  dadurch  hervor- 
gerufene Unfähigkeit  für  genaue  Akkommo- 
dation ;  daher  deutliches  Sehen  nur  in  einer 
bestimmten  Entfernung  möglich. 

Ferocitat  (lat.),  Wildheit,  Rohheft. 

Ferolla  Auhl.,  Pflanzengattung  der  Rosa- 
ceen. F.  guianensis  AubL,  Baum  in  Gufana 
und  auf  den  Antillen,  liefert  das  Atlasholz. 

Ferrira,  italien.  Proy.,  in  der  Emilia,  47^^ 
QM.  und  203,037 Ew.;  ehedem  selbständiges 
Herzogth.,  seit  1.598  zum  Kirchenstaat  ge- 
hörig, 1860  dem  Königreich  Italien  einver- 
leibt. —  Die  befest.  Hauptst,  F.,  an  einem 
Arme  des  Po,  27,688  Ew.  Erzbisch.,  Uni- 
versität; ehedem  als  herzogl.  Residenz  eine 
der  blüliendsten  Städteltaliens.  Merkwür- 
d(^  Arlosts  Geburtshaus  und  das  St.  Annen- 
hospital mit  Torquato  Tassos  Kerker. 

Ferro  (span.  Hierro),  kleinste  der  kana- 
rischen Inseln,  bis  8300'  h.,  2V8  QM.  Galt 
als  änsserster  Westpunkt  der  alten  Welt, 
daher  der  erste  Meridian  darüber  gezogen. 

Ferrol,  El-,  befest.  Seestadt  in  der  span. 
Prov.  Coruua,  16,640  Ew.    Kriegshafen. 

Ferrugo  (lat.),  Eisenrost ;  ferruginSa,  eisen- 
haltig; Ferruginosa,  eisenhaltige  Heilmittel. 


Ferrum  —  Festangskrieg. 


609 


Ferrom  (lat.),  Eisen. 

Ferse  (Färae),  Kalbe,  weibliches  Kalb 
vom  ersten  Jahre  bis  zur  Begattung. 

Ferse  (Calz),  dor  hintere  TheJl  derFuss- 
sohle,  dessen  Grundlage  das  Fersenbein  ist. 

Fertilität  (lat.),  Fruchtbarkeit. 

Ferola  L.  (Steckenkraut),  Pflanzengattung 
derUmbelliferen.  F.  asa  foetidaX.,  in  Per- 
sien, liefert  Asa  foetida. 

FerTent  (lat.),  eifrig,  brünstig;  /erveaciren, 
«rglüben,  zomfg  werden;  fer^id,  helss. 

Fes  (Fez,  türk.),  Kopfbedeckung  der  Orie^. 
eben,  Türken  u.  anderen  Orientalen,  runde, 
schirmlose  Mütze  mit  Quaste. 

Fesca,  Friedr.  Ernst,  Musiker,  geb.  15. 
Febr.  1789  zu  Magdeburg,  f  ^-  Mai  1826  zu 
Karlsruhe.  Trefft.  Violinspieler,  auch  ge- 
diegener Komponist  (Kirchensachen,  Quin- 
tette und  Quartette,  Opern).  —  Sein  Sohn 
Alexander,  geb.  1820,  f  ^^^  ^^  Braun- 
schweig,   ebenfalls  talentvoller  Komponist. 

Feseenninen,  Form  uralter  Ital.  Poesie,  be- 
stehend In  muthwilligen  Wechselgesängen. 

Fescli  y  Joseph,  Kardinal  und  Erzbischof 
Yon  Lyon,  Stiefbruder  der  Mutter  Kapo- 
leons L,  geb.  3.  Jan.  17fö  zu  Ajaccio,  erst 
Geistlicher,  dann  Kriegskommissär  bei  der 
Alpenarmee  und  in  Italien,  1802  zum  Erz- 
bischof von  Lyon  und  Kardinal  erhoben 
lind  als  Gesandter  nach  Rom  geschickt,  be- 
gleitete den  Papst  zur  Krönung  Napoleons 
nach  Paris,  ward  Grossalmoseuier  des  Kaiser- 
reichs, Graf  und  Senator,  präsidirte  1810 
dem  Nationalkoncil  zu  Paris,  zerfiel'  mit 
Napoleon  und  lebte  seitdem  in  einer  Art 
Exil  zu  Lyon,  floh  bei  der  Invasion  der 
Alliirten  in  Frankreich  nach  Rom;  f  l^« 
Mai  1839  zu  Rom.  Briefwechsel  mit  Kapo- 
ieon  herausgeg.  von  Dn  Gasse  (1855,  2  Bde.). 

Fessel,  bei  den  Hufsäugethieren  Theil  des 
Fusses  zwischen  den  Köthen  und  dem  Huf. 

Fesselbein  (FeMelknochen) ,  die  erste  Pha- 
lanx an  der  vorderen  und  hinteren  Extre- 
mität. Fesselgelenk ,  Gelenk  zwischen  F. 
und  dem  vorderen  und  hinteren  Mittelftiss. 

Festigkeit,  die  Kraft,  mit  welcher  ein 
Körper  der  Trennung  seiner  Tbeilchen 
widersteht.  Absolute  F.,  Widerstand  gegen 
Zerreissung,  proportional  der  Grösse  des 
Querschnitts,  unabhängig  von  dessen  Ge-' 
stalt  und  der -Länge  des  Körpers.  Helative 
F.,  Widerstand  gegen  Zerbrechen,  bes.  bei 
Balken^^  abhängig  von  der  Länge  derselben, 
der  Grosse  und  Gestalt  des  Querschnitts^ 
der  Art  der  Einwirkung  auf  den  Balken 
und  der  Unterstützung  des  Balkens.  Wick- 
wirkende  F.,  Widerstand  gegen  Zerdrücken, 
Ist  bei  kurzen  Körpern  proportional  dem 
Querschnitt ,  bei  langen  abhängig  von  dem 
Verhältniss  der  kleinsten  Dimension  des 
Querschnitts  zur  Länge  des  Körpers.  Hohle 
Säulen  besitzen  grössere  F.  als  massive 
von  gleichem  Gewicht.  Torsionsfestigkeit, 
Widerstand  gegen  das  Abdrehen.  Die  F. 
der  Körper  nimmt  bei  steigender  Tempera- 
tur schnell  ab.  "Vgl.  BemotUli,  ,yademecnmS 
1859;  JBehse,  ,Berechnung  der  F.*,  1864. 

Festtn  (fr.,  spr.  -äng).  Fest,  bes.  festl. 
Gastmahl.    Festivität  (lat.),  Festlichkeit. 

Festfnt  lente  (lat),  Eile  mit  Weile. 

Meyers  Band"  Lexikons 


Festland,  s.  Kontinent. 

Feston  (fr.,  spr.  -öng),  lebendiges  oder 
künstlerisch  nachgebildetes  Gewinde  von 
Zweigen,  Blumen  und  Fruchten. 

Festung,  ein  durch  permanente  Befesti- 
gung derart  hergerichteter  PlatB,  dass 
seine  Besatzung  sich  gegen  ein  ganzes 
Heer  vertheidigeu  und  halten  kann.  Die 
F.  dient  zur  Sicherung  von  Depots,  zur 
Sperrung  wichtiger  Kommunikationen,  als 
Sammelpunkt  sowie  als  Deckung  einer 
Armee  oder  Flotte,  zur  Sicherung  einer 
Grenze.  Demgemäss  Land-  u.  Seefestungen; 
F.en  1.,  2.  und  3.  Klasse  nach  ihrer  Grösse 
u.  Bedeutung,  Grenzfestungen,  Bergfestun- 
gen. Die  F.en  haben  eine  defensive  und  eine 
offensive  Bedeutung  und  liegen  meistens 
in  einer  Beziehung  zu  einander  (Fesiungs- 
system).  Eine  F.  muss  haben:  Wall  und 
Graben;  Aussenwerke,  als:  Hom werke,  Lü- 
netten,  Ravelins,  Gontregarden  etc. ;  Aussen- 
forts; Verstärkungen  durch  Kasematten, 
kasemattirte  Thürme,  krenelirte  G^llerien, 
Kavaliere  etc.  Im  Kriege  1870—71  hat  sich 
gezeigt,  dass  den  neuen  Geschützen  nur 
F.en  mit  weitdetachirten  Aussenforts  auf 
längere  Zeit  widerstehen  können. 

Festnngskrieg,  die  Gesammtheit  der  krie- 
gerischen Operationen,  welche  Angriff  oder 
Vertheidigung  von  Festungen  bezwecken. 
Die  Vertheidigung  muss  der  Jeweiligen  Art 
des  Augriffs  entsprechen.  Zwar  langsam, 
aber  am  sichersten  führt  die  regelmässige 
Belagerung  zum  Ziel;  sie  zerfallt  in  2  be- 
stimmte Perioden:  1)  die  der  Vorbereitung, 
Herbeischaffung  der  Geschütze  (im  Allgem. 
schweres  Kaliber,  1870—71  als  bes.  tüchtig 
der  gezogene  24-Pfünder  erprobt;  auch 
12-,  10-,  Szöllige  Mörser),  der  Munition, 
der  Belagerungsequipage  (Schaufeln,  Hacken 
etc.,  Schanzkörbe,  Faschinen  etc.),  Siche- 
rung des  Belagerungscorps.  Dem  gegen- 
über beseitigt  der  Belagerte  alles,  was 
seine  Schusslinien  koupirt  und  dem  An- 
greifer als  Deckung  dienen  kann.  Auch 
macht  er  Ausfälle.  2)  Die  Periode  von  Er- 
öffnung der  Laufgräben  bis  zur  Uebergabe 
der  F.  zerfällt  in  2  Abschnitte:  a)  Eröffnung 
der  Laufgräben  (d.  i.  der  deckenden  Annähe- 
rungswege an  die  Festung,  der  Waffenplätze, 
Logements  und  Belagerungsbatterien)  und 
Fortführung  derselben  bis  zum  Glacis.  Die 
erste  Parallele  wird  möglichst  nahe,  bei 
günstigem  Terrain  800—500  Schritt  (Seba- 
stopol  1800,  Strassburg  800  Schritt)  vom 
Glacis  und  so  angelegt,  dass  sie  die  äusser- 
sten  verlängerten  Facen  der  angegriffenen 
Festungsfi'onte  ,umschlie8st ,  worauf  sofort 
die  Demontir-  und  Ricochetbatterien  an- 
gelegt werden.  Die  Einleitung  dieser  ersten 
Massregeln  durch  ein  heftiges  Bombarde- 
ment, welches  die  Diseiplin  unter  der  Be- 
satzung zerstören  soll,  hat  sich  1870—71  sehr 
bewährt.  In  Zickzacklinien  und  mit  immer 
neuen  u.  näher  gebauten  Batterien  schreitet 
der  Angreifer  vor  bis  zur  Aushebung  der 
zweiten  Parallele  300  Schritt  vom  Glacis, 
geht  von  hier  mittelst  der  ,flüchtigen*  oder 
,Yölligen'  Sappe  und  den  Kommunikations- 
gräfoen,  endlich  der  auf  den  beiden  ausser« 

39 


610 


Festtingsstrafe  —  Fettsucht« 


sten  Kapitalen  angelegten  Halbparallelen 
bis  xnm  Tom  dea  Qlacis  Tor  nnd  setat  sich 
dorch  Beendigung  der  dritten  Parallele  teat. 
Der  Belagerte  sncht  dagegen  dnrch  Qe- 
sehütsfener,  Aasfalle  und  Qewehrfcner  die 
Arbeiter  an  hindern»  an  verjagen  und  die 
Werke  an  aerstören.  Auch  geht  er  durch 
Oontreapprochen  u.  Füsilierbatterien  gegen 
die  feindlichen  Kommnnikationsgriben  tot. 
b)  Eroberung  des  gedeckten  Weges.  Aus 
der  dritten  Parallele  geht  der  Belagerer 
mittelst  der  einfachen  oder  doppelt  ge- 
wendeten Sappe  in  LauJigraben  etc.  gegen 
die  ausspringenden  Winkel  des  gedeckten 
Weges  Tor  und  krönt  denselben  (couronne- 
ment  du  chemin  couvert),  indem  er  sicli 
dem  Stamme  des  Glacis  parallel  rechts  und 
links  wendet.  Nach  derl&önung  des  gedeck- 
ten Weges  wird  durch  die  Breschbatterien 
eine  Sturmlueke  in  den  Wall  gelegt.  Des- 
centen  werden  angelegt,  und  die  Sturm- 
kolonne  dringt  mit  dem  Bajonnet  ein.  Der 
Vertheidiger  dagegen  koncentrirt  sein  Feuer 
gegen  den  Feind,  welcher  nicht  mehr  um- 
fassend angreifen  kann,  sobald  er  das 
Glacds  betreten  hat,  legt  Beduits  hinter 
der  Bresche  an,  macht  Ausfllle,  sucht 
durch  Schleussenspiel  oder  BrandstiHungen 
die  Arbeiten    zu    vernichten.     Als   Regel 

glt,  dass  der  Vertheidiger  mit  Ehren 
ipituliren  kann,  wenn  eine  praktikable 
Bresche  gelegt  worden  ist.  Die  Cemirung 
i^t  der  Anfang  der  regelrechten  Belagrerung, 
wird  aber  auch  aUein  angewandt,  oder  mit 
Bombardement  lusammen,  wo  die  Grösse 
der  Festungen  (Paris,  Meti  1870—71)  die 
Belagerung  schwierig  nnd  zugleich  eine 
Aushungerung  möglich  macht.  Das  JBom- 
bardem0tU  soll  durch  Furcht  und  Schrecken 
den  Belagerten  schnell  zur  Uebergabe  zwin- 
gen, eventuell  die  regelrechte  Belagerung 
oder  Cemirung  unterstutzen.  1870—71  sind 
die  meisten  Festungen  durch  Bombardement 
gefallen.  Der  UA^feM,  unerwarteter,  über- 
rumpelnder Angriff,  gelingt  nur  g^gen  den 
unachtsamen  oder  demorallsirten  Feind. 
Der  MMrirte  Angriff  findet  nach  Gernirung, 
oft  inmitten  der  regelrechten  Belagerung 
Statt,  in  der  Begel  durch  Leiterersteigung 
(s.  Bicalade).  Vatiban  brachte  zuerst  die 
Parallelen  auf,  sein  System  ward  verbessert 
dnrch  Oormonktigne,  Lefivre  u.  A.  Als  merk- 
würdige Belagerungen  resp.  F.e  neuester 
Zeit  sind  zu  nennen:  Sebastopol,  Strass- 
burg,  Metz,  Paris,  Beifort. 

Festungastrafe,  Freiheitsstrafe  für  Per- 
sonen von  höherer  Bildung  wegen  Vergehen, 
die  nicht  aus  niedriger  Oesinnung  entsprin- 
gen, z.  B.  wegen  Duells,  poUt.  Vergehen  etc. 
Fetitingtbaustrafe  für  schwere  Verbrecher, 
der  Galeerenstrafe  entsprechend. 

Fdte  (tr.t  spr.  Fäht),  Fest,  Festmahl. 

Fetiaies  (lat.),  Frlesterkolleg^um  bei  den 
Römern ,  hatte  über  die  Aufireohterhaltung 
des  Völkerrechts  bei  Kriegen  zu  wachen, 
Bündnissen  die  relig.  Weihe  zu  ertheilen  etc. 

Fetiren  (fr.),  schmeicheln,  Ehre  erweisen. 

F^USy  Franf.  Jo»eph,  Musikgelehrter,  geb. 
25.  März  1784  zu  Mons,  seit  18SS  Direktor 
dea  Konservatoriums  zu  Brüssel;  t  <Im.  86.  J 


M&rzl871.  Hauptwerk:  ^Biographie  «ni ver- 
seile des  musiciens'  (8.  Aufl.  1856—68,  8  Bde.). 

FetiiehliMUB,  Verehrung  einea  Fetisch  (v. 
portug.  feiiie&o,  d.  i.  Zauberei),^  d.  i.  eines 
Dinges,  dem  Zauberkräfte  zogeecfarieben 
werden,  die  niedrigste  Stufe  der  AbKöttereiL 
Vgl.  ackuWt6,  ,Der  F.*,  1870. 

FettdriMy  bei  Vögeln  Drüse  am  Ende  des 
Rückens,  liefert  das  Oel  zum  Elinfetten  der 
Federn,  veruraacht  verstopft  die  Darraujcht. 

Fette 9    stiokstofi&eie  Substanzen,     weit 
verbreitet    im   Pflanzen-   nnd    Thierreich, 
werden  durch  Auspressen  oder  Auskochen 
gewonnen,    sind    fest  oder   flüssig    (Oele, 
s.  d.),  in  Wasser  nicht.  In  Alkohol   wenig, 
in  Aether,  Benzin  etc.  leicht  löslicb  ,    vom 
spec.  Gew.  0,8— 0,9ö,   reagiren  neutral  nnd 
werden  im  ungereinigten  Zustande   leicht 
sauer   (ranzig).     Gereiuigt   (ausgewaschen, 
geschmolzen,    vom   Bodensatz    abgegossen 
und  flltrirt,  auch  entfirbt)  sind  sie  gemch- 
und   geschmacklos   und   ziemlich    haftbar. 
Die  natürlichen  F.  sind  Gemische  einfacher 
F.   (bes.    Stearin ,   Palmitin ,    Ol  ein)  ,    das 
Misohungsverhaltniss    bedingt    die    Konsi- 
stenz  nnd    den   Schmelzpunkt.      Die    ein- 
fachen F.  bestehen  aus   einer  fetten  Säure 
und  Glycerin  minus  Wasser.    Ueberhitster 
Wasserdampf  und   koncentrirte    Salzsäure 
zerlegen  die  F.  in  fette  Säure  und  Glycerin ; 
mit   Kalilauge   bilden    sie    Seife    und    mit 
Metallozyden   Pflaster   und    Glycerin.    Bei 
Abschluss  der  Luft  erhitzt,  geben  sie  brenn- 
bare Gase,  die  mit  heller  Flamme  brennen. 
Charakteristisdi  ist  die  Bildung  des  scharf 
riechenden,  aus  dem  Glycerin  stammenden 
AkroleVns  bei  unvollkommener  Verbrennung. 
Vgl.  /SiealRfner,  ,Oele  nnd  F.*,  1858;   ArtUr, 
,Indu8trie  der  F.  und  Oele%  1866. 

Fette  SiareDy  die  Säuren,  welche  sich 
in  den  Fetten  finden,  und  einige  homologe 
Verbindungen  (Ameisen-,  Essigsäure,  s.  d.), 
werden  aus  den  Fetten  dargestellt  nnd 
dienen  zur  Darstellung  von  Fruchtäthem 
(BuUer säuret  BeUdriaiuäure),  Kerzen  (SUa- 
rinsäure),  Arzneimitteln  ( Bdldriatuäure)  etc. 

Fettfell  (LidapalUnßeek,  FeUfleek,  Pingne- 
culum),  Wucherung  derBbidebaut  des  Ange> 
am  Rande  der  Hornhaut;  gelb  gefärbt,  be- 
einträchtigt das  Sehen  nicht. 

Fettgesehwnlflt  (Lipome),  scharf^unschrie- 
bene  Neubildung  von  Fettgewebe  unter  der 
äusseren  Haut,  besonders  am  Rücken,  im 
Nacken,  am  Gesäss.'  Entfernung  durch 
Operation,  die  meist  unbedenklich  Ist. 

Fettffift,  s.  V.  a.  Wurstgift. 

FettEaut  ^Panniculus  adiposus),  Fettab- 
lagemng  zwischen  der  äusseren  Haut  und 
den  die  Muskeln  bedeckenden  Fascien; 
dicker  beim  weiblichen  Geschlecht. 

Fetthenne  9  s.  v.  a.  Sedum.  [käuer. 

Fettmagen,  der  vierte  Magen  der  Wieder 

Fettsneiit  (Lipomatosis  universalis,  Obesi- 
tas,  Polysarcia),  übermässige  Anhäufung 
von  Fettgewebe  an  den  verschiedensten 
Körpertheilen,  besonders  in  dem  Unterliaat- 
zellgewebe  (s.  F«Uhaut),  bedingt  in  geringe- 
rem Grade  Korpulenz,  in  höherem  Unförm- 
lichkeit.  Theils  angeboren,  theils  erworben, 
besonders  durch  sitzende  Lebensweise  bei 


J 


Fettwachs  —  Feuerzeuge. 


611 


reiehlioher,  fetthAltiger  oder  zur  Fettbildang 
geeigneter  Kost  (Zucker,  Starke).  Die  V, 
veranlasst  i^Ster  Hnskel-  und  Gehirn- 
sch wache,  Störungen  des  Athmens,  der  Herz- 
th&tigkeit.  Behandlung:  Regelung  der  Diät, 
Enthaltung  von  der  genannten  Kost  und 
reichliche  Bewegung.  Anneibehandlongen 
(mit  Jod)  vermeide  man  wo  möglich. 

Fettwtehs,  s.  v.  a.  Adipocire. 

Fevehtenleben,  Eduard,  Freiherr  twn, 
Arzt,  Dichter  und  Denker,  geb.  89.  April 
1806  zu  Wien ,  ward  Juli  1848  Unterstaats- 
Sekretär  im  Ministerium  des  Unterrichts;  f 
3.  Sept.  1849.  Sehr.  ,Lehrbuch  der  arztlichen 
Seelenkunde*  (1846);  ,Zur  Diätetik  der  Seele' 
(1888;  32.  Aufl.  1867);  «Gedichte*  (18S6).  Werke 
herausgeg.  von  Hebbel  (1861—53,  7  Bde.). 

FenchtfgkeitsmeMer,  s.  Bygnmeter, 

Fenelitwaney  s.  v.  a.  Feigwarze. 

Fevdalia  (lat.),  Lehnssachen ;  FeudadisiMu, 
Fftudahj/slem,  Lehnswesen;  Feudaliet,  An- 
hänger desselben,  auch  Kenner  des  Lehn- 
rechts.    Feudaiität,  Lehnsverhältnlss. 

Fe«dnm  (lat.),  Lehn. 

Feaer,  aus  gleichzeitiger  Licht«  und 
Wärmeentwicklung  gebildete  Erscheinung; 
galt  im  Alterthum  für  etwas  Materielles 
(eins  der  4  Elemente). 

Fevennbeter.  s.  Barsen, 

Fenerliaeh.  l)  Bud  Joh.  Anadm,  Bitter 
von  F.,  ber.  Kriminalist,  geb.  14.  Nov.  1775 
zu  Jena,  ward  1805  geheimer  Beferendar  zu 
Münchmi,  18086toheimrath  das.,  1814  zweiter 
Präsident  des  Appellationsgerichts  zu  Bam- 
berg, 1817  erster  Präsident  des  Appellations- 
gerichts zu  Ansbach ;  f  89.  Mai  18S3.  Begrün- 
der der  sog.  Zwangs-  oder  Abschreckungs- 
theorie im  Strafrecht.  Sehr.  »Revision  der 
Grundsätze  und  Grundbegriffe  des  peinlichen 
Rechts*  (1799, 8  Bde.) ;  ,Lehrbuch  des  gemei- 
nen, in  Deutschland  geltenden  peinlichen 
Rechts'  (14.  Aufl.  von  MiUermeier  1847); 
,8trafgesetzbQch  f&r  das  Königreich  Bayern* 
(1813);  .Aktenmässlge  Darstellung  merkwür- 
diger Verbrechen*  (3.  Aufl.  1849,  8  Bde.); 
,Kasp.  Hauser*  (1838) ;  ,KleineSchr.  vermisoh- 
ten  Inhalts*  (1833).  Biogr.  von£.  F.  (1852). 
—  2)  ^ndw,  Andreas,  Sohn  des  Vor.,  Philo- 
soph der  hegelscfaen  Schule,  geb.  28.  Juli 
1804  zu  Landshut,  ward  1828  I^vatdocent  zu 
Erlangen,  privatlsirte  dann.  Sehr.  ,Gesch. 
der  neueren  Philosophie  von  Bacon  von  Ye- 
rulam  bis  Spinoza*  (1833) ;  ,Dar8tellung,  Ent- 
wicklung und  Kritik  der  Ijeibnlzschen  Phi- 
losophie* (1837);  ,Pierre  Bayle*  (1888);  ,Das 
Wesen  des  Ghristenthums*  (2.  Aufl.  1843); 
,Grundsätze  der  Philosophie  der  Zukunft* 
(1843);  ,Daa  Wesen  der  Religion*  (1849); 
,Theogonie*  (2.  Aufl.  1866);  ,Gott,  Freiheit 
und  Unsterblichkeit*  (1866).  .Sämmtliche 
Werke*  ]l845->57,  9  Bde.). 

Fevftrfest.  was  dem  Feuer  widersteht, 
daher  bei  Steinen  und  Tigeln  s.  v.  a.  un- 
schmelzbar. Feuer/eeter  Anetrich  auf  Holz 
besteht  aus  Wasserglas,  Salzlösungen  mit 
Hammersdblag,  Ziegelmehl  etc.  gemischt, 
hindert  die  Verbrennung  mit  Flamme,  aber 
nicht  die  Verkohlung.  F.e  Geldachränke 
haben  doppelte  Wandungen,  zwischen  wel- 
chen s^leobt  leitende  Substanzen,   oder 


solche,  welche  in  starker  Hitze  Wasser 
(Krystallwasser  ans  Alaun,  Oyps)  abgeben, 
sich  befinden.  Durch  die  Verdampfung  des 
Wassers  wird  sehr  viel  Wärme  gebunden, 
und  so  lange  sie  andauert,  steigt  die  Tem- 
peratur im  Schranke  nicht  über  100«  0.  Vgl. 
Bnce,  ,Feuer-  u.  diebssichere  Schränke*,  1869. 

Fenerkvgelny  s.  Stemeeknuppen. 

Fe«erluid  (span.  Tierra  dei  Fnego,  auch 
Kdnig  Karle  Südkmd),  Gruppe  von  11  grossen 
und  mehr  als  20  kleinen  felsigen  Inseln  an 
der  Südspitze  von  Amerika,  1600  QM.  Die 
Einwohner  sind  Fueheräh»  (kanm  2000),  ein 
munteres,  gutmütbiges,  aber  ganz  rohes 
Völkchen,  5— 5^/»*  gross,  msger  und  hässlich. 

Fenerlille.  s.  v.  a.  Lilium  bulbiferum. 

Weutir\9aithiioMai(Biiehereehe  F.\  Pappkap- 
seln mit  einem  Gemisch  von  Salpeter,  Schwe- 
fel und  Kohle,  welthes  entzündet  selxr  schnell 
jsrosse  Massen  die  Verbrennung  nicht  unter- 
haltender Gase  entwickelt  und  mitiün  in  ge- 
schlossenen Räumen  ausgebrocbene  Feners- 
brünste  zu  ersticken  vermag,  weil  jene  Gase 
den  SanerstoiT  der  Luft  verdrängen. 

FeaenMeteore»  Sternschnuppen  n.  Feuer- 

Feaerprobe,  s.  OrdaUen,  (kugeln. 

Feneisehwtaai  (Zunderitohwanm,  Polypo- 
rus  fomentarius),  aasBöhmen,Ungarn,Sch  we- 
den,  zerschnitten,  mit  Asohenlauge  gekocht 
u.  geklopft,  dient  als  blutstillendes  Mittel  und 
(mit  Salpeterlösung  getränkt)  als  Zündmasse. 

Fenenpelende  Berge,  s.  Vtdkane, 

Feattnsnritie  •  s.  Btmpe, 

Fenersleln  (Flint),  Mineral  aus  der  Klasse 
der  Säuren,  besteht  grösstentheils  aus  kry- 
stallinischer  Kieselsäure,  findet  sich  in 
Knollen ,  als  Versteinerungsmaterial ,  in 
Platten,  Lagern  in  verschiedenen  Kalkfor- 
mationen, bes.  In  der  weissen  Kreide  und 
als  zerstreute  Gtosohiebe  in  Nordfrankreich, 
Südengland,  Holland,  Dänemark,  auf  Rügen, 
in  Norddeutsohland  etc.  Feuersteinknollen 
durch  kieseliges  Bindemittel  verbunden  bil- 
den in  England  den  Htddingatein.  F.  diente 
in  der  Steinzeit  zu  allerlei  Waffen  und  Ge- 
räthen,  dann  zu  Flintensteinen,  Jetzt  noch 
zu  Polirsteinen,  Schalen,  Mörsern,  zur 
Glas-,  Porzellan-  und  Wasserglasfabriluttion. 

Feaeraagwuilage,  s.  Beiamng, 

Feaervenielieraiigy  s.  Vereieherungeweeen, 

Feaerwehr.  mehr  oder  weniger  militärisch 
organisirtes  Corps  zur  Löschung  von  Feuers- 
brünsten ;  besitzt  in  grossen  Städten  mehrere 
gleichmässig  vertheilte  Stationslokale  und 
mit  diesen  verbundene  Telegraphenbureaus 
in  allen  Theilen  der  Stadt  zur  schnellen 
Signalisirung  der  Gefahr.  Vgl.  die  Werke 
von  Faber  (1864),  Schmier  (1865). 

Feaerwerk)  s.  Kunst/eueneerkerei, 

Feaerwerker, Verfertiger  von  Kunstfenem ; 
Verfertiger  der  Artilleriemnnition. 

Feaerwolf  y  plötzliches  gewaltsames  Aus- 
brechen der  Flamme  aus  einem  Ofenloch. 

FeuerMBgey  mechanische  F. :  Stahl,  Stein 
und  Schwamm  in  verschiedenen  Kombina- 
tionen. Bt^eumatieehee  F.,  MoUet»  Bimpe: 
Metallcylinder,  in  welchem  durch  Nieder- 
stossen  eines  Kolbens  die  Luft  stark  kom- 
primirt  wird  und  die  dadurch  erzeugte 
£Utze    Schwauim    entzündet.      CB^emiachee, 

39* 


612 


Feuillants  —  Fichtenharz. 


D^ereinert  F.:  Apparat  zur  Entwicklung 
von  Wasserstoff,  welcher  sich  beim  Aus- 
strömen anf  Platinschwamm  entzündet. 
Beim  elektrischen  F.  ( Tachypprion)  wird  der 
Wasserstoff  dnrch  den  Funken  eines  Eiek- 
trophors  entzündet. 

FeuillantB  (fr.,  spr.  FöHjang),  Brüder- 
schaft der  Gistercienser  (s.  d.),  von  deren 
Kloster  zu  Paris  während  der  Revolution 
ein  1790  von  den  Gemässigten  gegründeter 
Klub,  der  hier  seine  Sitzungen  faieit,  u.  28. 
März  1791  dnrch  einen  Voiksaufstand  aus 
einander  getrieben  ward,  den  Kamen  erhielt. 

Feville  (fr.,  spr.  Föllj),  Blatt;  Feuillage 
(epr.  FölHahsch),  Laub,  Blätterwerk. 

Fenlllet  (spr.  Följeh),  Ootave,  franz.  Schrift- 
steller, geb.  1822  zu  St.  Lo  (Manche),  lebt 
zu  Paris;  bes.  beliebt  als  Dramatiker  (,De- 
lila*,.  ,Le  Cl§  d'or*,  ,Redemption*  u.  a.; 
dram.  Sprichwörter);  schrieb  auch  Romane: 
,La  petite  comtesse*,  ,Roman  d'un  jeune 
homme  pauvre*,  ,Montjoye*  (3.  Aufl.  1864)  etc. 

Feuilleton  (fr.,  spr.  FöMJ'tong),  Blätteben, 
der  Theil  einer  polit.  Zeitschrift,  welcher 
für  Belletristisches,  künstlerische  u.  literar. 
Kritiken  etc.  bestimmt  ist.  FeuiUetcniit, 
Schriftsteller,  der  für  ein  F.  schreibt. 
Feuilletonstil,  leichte,  gefällige  Schreibweise. 

FeTftl,  Paul  Henri  Corentin,  franz.  Schrift- 
steller, geb.  27.  Sept.  1817  zu  Rennes ,  lebt 
zn  Paris;  Verf.  der  Romane  ,Loup  blanc* 
(1843),  ,Mystdres  des  liondres'  (lß44,  11  Bde.) 
u.  V.  a.,  einer  ,Hist.  des  tribnnaux  secrets' 
(1854,  8  Bde.)  und  des  oft  gegebenen  Lust- 
spiels ,Fils  du  diable*  (1847). 

Fexen,  s.  v.  a.  Oretins. 

Fejdean  (spr.  Fehdoh),  Emette,  franz. 
Schriftsteller,  geb.  16.  März  1821  zu  Paris, 
erregte  zuerst  Aufsehen  durch  seinen  Roman 
,Fanny*  (1858),  dem  er  ,Daniel'  (1859),  ,Cath. 
Overmeire'  (1860),-  ,La  Gomtesse  de  Chalis* 
(1867)  etc.,  sowie  andere  Werke  (z.  B.  ,Du 
luxe  des  femmes  etc.',  1866)  folgen  Hess; 
seit  1865  Redakteur  des  Journals  ,Ii'£!poque*. 

Fez  (FSa),  ehedem  selbständiges,  jetzt 
zum  Kaiserthum  Marokko  gehörendes  Sul- 
tanat in  Nordafrika.  Die  ehemalige  Baupt- 
und  JReHdenzstadt  F.,  wichtigster  Ort  Ma- 
rokkos, in  einem  herrl.  Thal,  im  Gebiet  des 
Sebu,  85,000  Ew.  (9000  Juden,  4000  Neger). 
Prachtv.  Hauptmoschee  el  Karubin;  arab. 
Universität;  noch  immer  rege  Industrie  (ber. 
Beduinenmäntel)  und  Handel  (ehedem  Aus- 
gangspunkt der  Karawanen   nach  Mekka). 

Fezzan  (Fessan,  das  alte  Fhcaania  oder 
das  Land  der  Garamanten) ,  Landsch.  In 
Nordafrika,  zu  Tripolis  gehörig,  bestehend 
aus  einer  Reihe  von  Oasen,  100  M.  1.  und 
ca.  80  M.  breit,  26,000  Ew.   Hauptort  Murzuk. 

Fiaker  (fr.  flacre),  Name  der  Mieth kutschen, 
welche  in  grösseren  Städten  an  bestimmten 
Plätzen  zur  Personenbeförderung  bereit 
stehen,  zuerst  in  Paris  von  Nie.  Sauvage 
1650  eingeführt  und  nach  dessen  Wohnung, 
dem  ,Hötel  de  Fiacre*,  benannt. 

Fiile,  goth.  schlanke  Spitzpfeller,  welche 
die  giebelförmige  Fensterumfassung  (die 
Wimperge)  zu  beiden  Seiten  in  senkrechten 
Linien  begrenzen;  auch  bilden  sie  zuweilen 
die  Krönung  von  Strebepfeilern. 


FiM«0  (ital.,  d.  i.  Flasche),  in  derTheater- 
sprache  das  Nichtgefallen  eines  Stüeka  etc. 

Fibern  (Fasern),  die  fadeaartigen  (Caae- 
rigen)  Bestandtheile  der  Gewebe  der  Thiere 
und  Pflanzen. 

Fibrin,  Blutfaserstoff,  im  Blut  gelöster 
eiwelssartiger  Stoff,  gerinnt  alsbald  an  der 
Luft,  findet  sich  auch  im  Chylus  und  in 
der  Lymphe ,  für  den  Stoffwechsel  Ton 
höchster  Bedeutung. 

FIcarla  HaU.  (FeigtMrzenkraut),  Pflansen- 
gattung  der  Ranunculaceen.  F.  ranuncu- 
loides  Mdnch,  Ranunculus  fic.  L.,  Bchtuliocks- 
kraut,  in  Europa,  Knöllchen,  den  Weizeokör- 
nem  ähnlich,  erscheinen  nach  Regen  oft 
massenhaft  (Getreidei'egen) ,  genieasbar, 
ebenso  das  Kraut;  früher  oificiaell. 

Fichte,  s.  Tanne, 

Fichte,  1)  Joh.  Gottliti,  her.  Philosoph, 
geb.  19.  Mai  1762  zu  Rammenati  bei  Bischofs- 
werda  in  der  Oberlausitz,  ward  1794  Prof. 
zu  Jena,  1810  zn  Berlin;  f  <^as.  27.  Jan.  1814. 
Scharfsinniger  Denker,  Patriot  und  edler, 
muthvoller,  energischer  Charakter,  in  der 
Gheschichte  der  Philosophie  epochemachend 
durch  konsequente  Durchführung  des  trans- 
scendentalen  Idealismus  in  den  Schriften: 
,Ueber  den  Begriff  der  Wissenscbaftslehre' 
(1795;  2.  Aufl.  1802);  .Grundlage  der  gesamm- 
ten  Wissenschaftsiehre'  (1794;  2.  Anfl.  1802) ; 
,Ueber  die  Bestimmung  des  Menschen*  (1800); 
,yorlesungen  über  die  Bestimmung  des  Ge- 
lehrten* (1794) ;  jGmndlage  des  Natorrechts* 
(1796—97,  2  Bde.);  ,Sy8tem  der  Sittenlehre' 
(1798).  Seine  spätere  Theorie  vom  absoluten 
Sein  als  einem  ursprünglichen,  sich  allein 
im  sittlichen  Handeln  freier  Subjekte  offen- 
barenden göttl.  Leben  Ist  bes.  enthalten  in 
der  Sehr.  , Anweisung  zum  seligen  Leben 
oder  Religionslehre*  (1806),  den  ,Reden  an 
die  deutsche  Nation*  (180^;  neueste  Ausg. 
1871)  und  den  Vorlesungen  über  ,Die  That- 
s€tchen  des  Bewusstseins*  (1817).  Biog;raphie 
und  Briefwechsel  herausg.  von  J.H.  FicMe 
(1830-31,  2  Bde. ;  2.  Aufl.  1862).  —  2)Znimai>««2 
Hermann,  Philosoph,  Sohn  des  Vor.,  geb.  18. 
Juli  1797  zu  Jena,  wta'd  1836  Prof.  zu  Bonn, 
1842  zu  Tübii^en ;  bestritt  im  Oegenaata  zu 
Hegel  die  reale  Bedeutung  der  Dialektik. 
Sehr.  ,6eiträge  zur  Oharakteristik  der  neue- 
ren Philosopliie*  (2.  Aufl.  1841);  ,Die  Onto- 
logie*  (1836) ;  ,Die  spekulative  Theologie  oder 
allgem.  Religionslehre*  (1846);  ySystem  der 
Ethik*  (1850—53,  2  Bde.);  , Anthropologie' 
2.  Aufl.  1860);  »Vermischte  Schriften»  (1868, 
'  Bde.). 

Ficlitelberg,  Berggipfel  des  sacfas.  £rz- 
gebirss,  3721' hoch,  höchster  Berg  Sachsens. 

Fichtelgebirge,  plateauai*tiges  Maasenge- 
birge  in  der  Nordostecke  Bayerns,  im  Schnee- 
berg 3300 '  und  Ochsenkopf  3200'  hoch,  be- 
waldet, mit  bed.  Moorstrecken  u.  grossartigeu 
Granitbildungen,  am  Fuss  gut  angebaut; 
merkwürd.  Wasserscheide  (Main,  Eger,  Kab, 
Saale);  von  mehreren  Strassen  durchaogen 
und  von  4  Eisenbahnen  rings  umschloaaen. 
Vgl.  die  Führer  von  üTtirber  (1858)  n.  Grieben 

Fichtelnab,  Fluss,  s.  Ifab.  [(1865). 

Fichtenharz,  gemeines  Harz,  an  derLnft 
eingetrockneter,  erh&rteter  .Terpentin   der 


^ 


Fichtennadelbad  —  Figaro. 


613 


X'icbte  u.  anderer  Nadelhölzer,  wird  durch 
Verwundung  der  Bäume  (Anreissen)  ge- 
wonnen tt.  umgeschmolzen,  anfangs  weich, 
dann  spröde,  klebrig.  Mit  Wasser  ge- 
schmolzenes und  durchgeseihtes  F.  liefert 
ioeis3e$,  bei  höherer  Temperatur  gelbes  Pech. 
Bes.  rein  ist  das  Burgunderpech.  Bas  F. 
dient  zu  Kitten,  Seifen,  Firnissen,  Pflastern, 
zum  Leimen  des  Papiers  etc. 

Flehtemiftdelbiid  ( Kiefemadeibad) ,  Ab- 
kochung Yon  jungen  Fichten-  und  Kiefer- 
sprossen, welche  als  Nebenprodukt  bei  der 
Waldwollfabrikation  gewonnen  werdenkann, 
enthält  Extraktivstoff,  Harze,  ätherisches 
Oel,  bes.  bei  chronischen  Hautkrankheiten, 
Rheumatismus,  Gicht,  Neuralgien,  Unskel- 
lähmung  angewandt;  zuerst  1845  in  Schle- 
sien, dann  in  Thüringen,  Sachsen,  Hessen  etc. 

FichteDnadelol,  farbloses  ätherisches  Oel 
▼on  balsamischem  Geruch,  wird  als  Neben- 
produkt bei  der  Darstellung  des  zu  Bädern 
dienenden  MchtennadelextroMs  gewonnen. 

FleoroldBehe  eiste  (Oistaßeoronica),  antike 
eiste  mit  interessanten  Zeichnungen,  1742  bei 
Palestrina  aufgefunden,  jetzt  im  Collegio 
Romano  zn  Bom  befindlich.  Schriften  dar- 
über von  £.  Braun  (1850)  und  Wieseler  (1860). 

FicnS)  Feige,  Feigenbaum.  [Adelige. 

Fidalg08  (port.,  span.  Hidalgos),    niedere 

FideiKomiiiiss  (lat.,  d.i.  der  Treue  anver- 
traut), nach  röm.  Recht  die  letztwillige  Ver- 
fügung eines  Erblassers,  dass  der  Erbe  (Fidu- 
ciarius)  die  betr.  Erbschaft  oder  einen  Thell 
derselben  entweder  sofort  oder  innerhalb 
einer  bestimmten  Zeit,  auch  wohl  bei  Eintritt 
gewisser  Bedingungen  an  einen  bezeichneten 
Andern  (Fideikommissar)  herausgeben  soll; 
nach  deutschem  Rechte  (Familier^fideikom- 
miss)  Disposition ,  dass  Yermögensobjekte, 
bes.  nnbewegl.,  im  Besitz  einer  Familie  unver- 
äusserlich verbleiben  u.  nach  einer  bestimm- 
ten Successionsordnung  forterben  sollen. 

Fld<^iibireii  (lat.),  bürgen;  Fidejussion, 
Bürgschaft;  Fidejussor,  Bürge. 

Fldei  (lat.),  treu,  redlich,  heiter;  Fideli- 
tiU,  Heiterkeit.  Fidiles,  Gläubige,  Christen 
im  Gegensatz  zu  den  Ungläubigen  (Infideles). 

FldeUssimug  (lat.),  Allgetreuster,  Titel  des 
Königs  von  Portugal. 

Fidemiren  (lat.),  beglaubigen. 

FidenM  (a.  G.),  ber.  röm.  Stadt  Im  Sabi- 
nerlande,  zwischen  Tiber  und  Anio. 

Fides  (lat.),  Saite  (auf  der  Zither) ;  Treue, 
Glaube;  auch  pcrsonificirt,  als  Göttin. 

Fldscnlinseln  (Viti),  Gruppe  von  225 
Inseln  in  Polynesien,  westl.  von  den  Oesell- 
schaftsinseln,  378  Q}X.  und  ca.  200,000  Ew. 
Hauptinseln:  Gross-Fidschi ,  SlOs/sQM.,  und 
Vaniia-Levu,  117  QM.;  die  übrigen  klein. 
Die  Ew.  ein  Mittelschlag  zwischen  Austral- 
negern  und  Polyneslem,  lange  wegen  ihrer 
Menschenfresserei  gefürchtet;  letztere  seit 
1857  infolge  der  Verbreitung  des  Christen- 
thums  (1837)  abgeschafft.  Gegenwärtig  etwa 
Vs  der  Bevölkerung  bekehrt,  unter  geordne- 
ter Regierung.  Den  Antrag  der  Oberherr- 
schaft lehnte  die  brlt.  Regierung  1862  ab. 
Vgl.  WiÜiam»,  ,Fiji  and  the  FijiansS  1870. 

FldueU  (lat.),  Vertrauen,  Zuversicht.  Fi- 
duciar ,   einstweiliger  Vermächtnissnehmer. 


Fieber  (Febris) ,  jede  die  normale  Eigen- 
wärme des  Körpers  überschreitende  Tempe- 
raturerhöhung,  meist  mit  entsprechender 
Erhöhung  der  Pulszahl  und  der  Athem- 
bewegung,  keine  selbständige  Krankheit, 
sondern  Symptom  der  meisten  akuten  Krank- 
heiten. Sobald  die  Temperatur  37,6— S8o  C. 
überschritten,  Ist  F.  da;  die  höchste  beob- 
achtete Temperatur  beträgt  41,60.  Als  an- 
dere Zeichen  von  vorhandenem  F.  treten 
Frost  und  Hitzegefühl,  Durst,  Mattigkeit 
auf,  der  Harn  ist  dunkelröth  und  gibt  beim 
Erkalten  rothen  Bodensatz,  der  beim  Er- 
wärmen verschwindet.  —  In  den  einzelnen 
Krankheiten  hat  das  F.  so  regelmässige 
Steigerungen  (Exacerbationen)  und  Senkun- 
gen (Remissionen),  dass  man  aus  Ihnen  ein 
genaues  Urtheil  über  Besserung  oder  Ver- 
schlimmerung entnehmen  kann.  Ursache 
des  F.s  sind  entzündliche  Zustände,  sowie 
abnorme  Oxydation  von  Körpersubstanz,  ver- 
anlasst durch  bestimmte  ins  Blut  gelangte 
Stoffe  (Miasmen),  wie  beim  Wechselfieber 
(Quotidian-,  Tertian-,  Quartanfieber,  je  nach- 
dem es  alle  1,  3  oder  4  Tage  auftritt)  oder 
durch  allmählige  Konsnmption  der  Gewebe 
(hektisches  F.,  bei  Tuberkulose).  Vermin- 
derung des  F.s  erreicht  man  durch  künstl. 
Abkühlung  des  Körpers  (Kaltwasserbehand- 
lung); gegen  F.,  welches  durch  Miasmen 
hervorgerufen  ist,  giltChinin  alsHanptmittel. 
Vgl.  Hirsch,  .Entwicklung  der  Fieberlehre*, 

Fieberrlnde,  s.  v.  a.  Chinarinde.        [1870. 

FleberwiirKel,  s.  Gentiana. 

Flelding,  Henry,  engl.  Romanschreiber, 
geb.  22.  April  1707  zu  Sharphampark  (Somer- 
setshire),  f  nach  einem  wechselvollen  Leben 
8.  Okt.  1754  auf  einer  Reise  zu  Lissabon. 
Hauptwerke:  ,Jos.  Andrews*  (1750),  .Jona- 
than Wild*  (1750)  und  bes.  ,Tom  Jones' 
(1750),  ausgez.  durch  trefTl.  Sittenmalerei 
und  Charakteristik.    Ges.  Werke  (1821). 

Fierftnten  (ital.),  Kaufleute,  welche  die 
Messe  (Fiera)  beziehen. 

Fieschi  (spr.  Fi6ski),  Jos.  Marco,  geb.  3. 
Dec.  1790  auf  Korsika,  Dieb,  dann  Polizei- 
spion, machte,  von  zwei  Genossen,  Morry 
und  P6pin,  unterstützt,  mittelst  einer  Höl- 
lenmaschine 28.  Juli  1895  ein  Attentat  auf 
den  König  Ludwig  Philipp,  wobei  einige  20 
Personen,  darunter  der  Marschall  Mortier, 
getödtet  wurden ;  16.  Febr.  1836  hingerichtet. 

Flesco,  Giovanni  Luigi,  eigentl.  de'Fieschi, 
Graf  von  Lavagna ,  geb.  1524  oder  1525  zu 
Genua,  zettelte  zum  Sturz  der  Dorias  eine  Ver- 
schwörung an,  kam  bei  Ausbruch  derselben 
in  der  Nacht  vom  1.  auf  den  2.  Jan.  1547  durch 
Umschlagen  eines  Bootes  ums  Leben,  wo- 
durch die  beabsichtigte  Revolution  schei- 
terte.  Vgl.  Brea, , Sulla  congiura  etc.^  1863. 

FlesÖlej  Fra  Giovanni  Angelieo  da  (eigentl. 
8anti  Tosini),  ital.  Maler,  geb.  1987  InMu- 
gello,  ward  1407  Dominikanermönch,  später 
yon  Papst  Nikolaus  V.  nach  Rom  berufen; 
f  das.  1454.  Einer  der  bedeutendsten  Restau- 
ratoren der  ital.  Malerei. 

Fife  (spr.  Feif),  schott.  Grafsch.,  an  der 
Nordseeküste,  24,1  QM.  und  154,770  Ew.; 
sorgfaltig  angebaut.    Hauptst.  Cupar. 

FigirO)  der  Barbier  von  Sevilla,  dramat. 


614 


Figueras  —  Finanz. 


Figur,  durch  BeanmArchals  (9.  d.)  auf  die 
Biihne  gebracht,  sp&ter  durch  die  Opern 
Hosarts  und  Rossinis  berühmt  geworden. 

FIgmSraSy  Stadt  in  der  span.  Proy.  Oerona, 
4600  Ew. ;   dabei  die  Festung:  8.  Fernando, 
ein  Hauptschlussel  Spaniens. 
Flgfirlieli,  bUdlich. 

Figur  (lat.  fignra),  eine  durch  lllnien  all- 
seitig begrenzte  Fläche  (JF^ächet^gur)  oder 
ein  durch  Flächen  nach  Jeder  Richtung  hin 
umschlossener  Theil  des  Raumes  (Körper- 
figur);  in  der  Rhetorik  (Redi^figur)  Bild, 
übertragener  uneigentl.  Ausdruck,  auch 
verschiedene  bestimmte  Gestaltungen  und 
Wendungen  der  Rede;  in  der  Musik  kurzer 
mnsikal.  Gedanke,  Motiv. 
Figrnrabel  (lat.),  bildsam,  gestaltbar. 
Figuralgesang  (Oantoßgurato),  der  figu- 
rlrte,  kontrapvuuktisch  geschriebene  Chor- 
gesang, meist  mit  Instrumentalbegleitung. 
Fignranten  (lat.),  beim  Ballet  Tänzer, 
welche  truppweise,  nicht  einzeln  tanzen; 
im  Schauspiel  Personen,  welche  nichts  zu 
sprechen  haben  (Statisten,  Komparsen). 

Figrimtion  (lat.),   Belebung  einer  Rede, 
eines  Musikstücks  durch  Figuren.  [len. 

Figuriren  (lat.).  gestalten ;  eine  Rolle  spie- 
Figurirte  Zahlen,  die  Glieder  arithmeti- 
scher Reihen    höherer   Ordnungen,   deren 
erstes  Glied  die  Einheit  ist,  und  welche  durch 
successive  Addition  der  Glieder   einer   an- 
deren arithmet.  Reihe   entstehen.    Die  ge- 
wöhn 1.  Zahlenreihe  ergibt  auf  diese  Weise 
die  sogen.  Triangulär-  oder  Trigonalzahlen, 
d.  i.  Dreieckszahlen:  1,  3,  6,  10,  15,  21,  28, 
36,  45  .  .  .    Durch  successive  Addition  der 
Glieder  dieser  Reihe  entstehen  die  Pyrami- 
dalzahlen :  1,  4,  10,  20,  95,  56,  84  ... ,   auf 
dieselbe  Weise   die    zweiten,    dritten    etc. 
Pyramidal^ahlen:  1, 5, 15,  35, 70, 186,  SlO  . .  . 
und  1,  6,  21,  56,  126,  252,  462  ..  .    Durch 
successive  Addition    der   arithmet.  Reihen 
erster  Ordnung,  deren  Differenzen  2, 3,  4  etc. 
sind,  erhält  man  die  ßolygonaUahlen  (Viel- 
eckszahlen):  1,  4,9, 16,  25,  86  .  .  .:  1,  5,  12, 
22,  35,  51  .  .  .;   1,   6,  15,  28,  45,  66  .  .  .;   1, 
7,   18,  34,  55,  81  .  .  .    Die  der  ersten  Reihe 
heissen  QuadratsMhlen,  die  der  zweiten  Pen- 
tagonal-  oder  Filnfeck$zahlen,  die  der  dritten 
Bexagonal-  oder  Bechsechnzahlen  etc. 
Fiktilien  (lat.),  Töpfer-  oder  Thonwaaren. 
Fiktion  (lat.),  Erdichtung,  erdichtete  An- 
nahme. 
Fiiagramiii  (lat.-gr.),  Zeichen  im  Papier. 
Filament  (lat.),   Fadenwerk,  in  der  Bo- 
tanik Staubfaden.       [und  Drehen  der  Seide. 
Filatorium  (lat.),  Maschine  zum  Abwinden 
Filet  (fr.,  spr.  -leh),  weitmaschiges,  fein- 
fad iges  Flechtwerk  mit  Knotenkreuzung,  mit 
der  Filetnadel  gestrickt;   die  mit  der  Filete 
(Filetenstempel)   auf  dem  Rücken   der  Bü- 
cfaereinbände  gedruckten  Yerzieioingen. 
Filia  pat.),  Tochter;  filins,  Sohn. 
Füialklrciie  9      Tochterkirche ,      Kirche, 
welche  von  dem  Geistlichen  einer  anderen 
Kirche  (Mntterkirche)  besorgt  wird.    FilUü- 
geachUft,  ein  von  einem  kaufmännischen  Ge- 
schäft abgezweigtes  anderes  Geschäft. 

Flliatioii  (lat.),  Sohn-  oder  Tochterschaft; 
im    Ordenawesen    die     Verpflichtung    der 


Ordensmitglieder  zum  Gel^orsam  g^^n  die 
Ordensoberen.    Filialionsprobe,  8.  Ahnen, 

Filib^  •  turk.  Käme  für  Philippopel. 

Fillciga.  VincenK  von,  ital.  Dichter,  geb. 
SO.  Dec.  1642,  t  ^'  Sept.  1707  zu  Pisa. 
Hervorragender  Lyriker  (unter  seineu  polit. 
Gedichten  das  her.  Sonett  ,Italia!  Italia!'). 
fPoeaie  toscane*  (1707  u.  öfter). 

Filllbnn  (lat.),  fadenförmig.  [draht. 

FiUgriiiy  Kunstorbeit  aus  Gk>ld-  und  Silber- 

Fliipeply  Messandro  (gen.  Sandro  Botti- 
ceUi),  Maler  der  toskan.  Schule,  geb.  1437, 
t  1515;  einer  der  Ersten,  der  die  antike 
Mythe  und  Allegorie  in  die  moderne  Kunst 
übertrug.  Hauptwerk  die  Wandgemälde  in 
der  sixtln.  Kapelle. 

Fillpponen,  s.  Lipotoaner. 

Filiren  (fr.),  spinnen ;  einen  Ton  aushalten. 

Filix  (Plur.  Filice»),  Farrenkraut. 

FiUmorey  Miüard,  13.  Präsident  der  Ver- 
einigten Staaten  von  Kordamerika,  geh.  7. 
Jan.  1800  zu  Summer-Hill  im  Staat  Newyork, 
ward  1828  Mitglied  der  Staatslegislatur,  18S3 
Kongressmitglied,  Kov.  1848  Ticepräsident, 
9.  Juli  1850  bis  4.  März  1853  Präsident,  will- 
fährig den  Sklavenhaltern  gegenüber,  unter- 
lag 1856  als  Präsidentschaftskandidat  der 
nativist.  Partei,  suchte  im  Bürgerkriege  ver- 
geblich zu  vermitteln.  [Leinen  etc. 

Flloehe  (ft.,  spr.  -osch),  Gewebe  aus  Seide, 

Flloa  (fir.,  spr.  -uh),  Spitzbnb«,  Schelm. 

Flltrireiiy  Trennung  fester  von  flüssigen 
Körpern  mit  Hülfe  poröser  Substanzen, 
welche  erstere,  aber  nicht  letztere  zurück- 
halten. Filtrirpapier  ist  ungeleimtes ,  sehr 
gleichförmiges  und  reines  Papier  (am  besten 
das  schwedische).  Was  durchläuft,  heisst 
Filtrat.  Statt  Papier  dientljein  wand  «Flanell, 
Filz,  Asbest,  Bimsstein,  Schieasbaum wolle, 
Kohle,  ScheerwoUe,  Torf,  poröser  Sandstein 
etc.  Filtration  durch  Kohle  (Zuckerfabriken) 
bezweckt  Befreiung  der  Flüssig^keit  Ton  ge- 
lösten Farbstoffen  und  Salzen. 

Filtnim  (lat.),  Seiher,  Durchschlag:. 

Filz  9  dichtes  Gewebe  aus  verworren  mit 
einander  verschlungenen  Haaren;  dient  zu 
Hüten,  Filtrirbeuteln ,  Decken,  Sohlen,  für 
Pianofortebauer  (HammerJUz  aus  feinster 
Wolle),  zum  Schiffbau,  mit  Theer  und  As- 
phalt getränkt  zum  Dachdeckeu  (DacJ^flb). 

Fimmely  der  männliche  Huif. 
Final  (lat.),  endlich,  schliesslich. 
Finale  (ital.),  Schluss ;  in  der  Musik  Schlnss- 
satz  eines  mehrtheiligen  Tonstücks ;  naraentl. 
die  aus  Soli,  Ohören  und  Ensemblesätzen 
zusammengefügten  Aktabschlüsse  der  Opern. 
Finalnole,  Tonica,  Schlussnote. 

Finanz  (wahrscheinl.  vom  lat.  ßn%9,  Zah- 
lungstermin), Staatseinkommen,  bes.  dessen 
Verwaltung.  Finanstoesen,  sowohl  die  Auf- 
bringung, als  die  zweckmässi^^e  Verwen- 
dung der  dem  Staat  zu  Bestreitung  seiner 
Ausgaben  zu  Gebote  stehenden  Mittel.  Fi- 
nanzwisaenschaft ,  die  Wissenschaft  davon, 
Staatswirthschaftslehre.  FinanzhoheU,  In- 
begriff der  das  Staatseinkommen  betreffen- 
den Befugnisse  der  Staatsgewalt.  Finanx- 
gesetzCf  das  Staatseinkommen, .  namentlich 
Steuern ,  Zölle,  Anleihen ,  Budg^et  etc.  be- 
treffende Gesetze.    Vgl.  die  Werke  von  Jfol- 


Findelhänser  —  Finnland. 


615 


ckus  (1888),  Bau  (5.  Anfl.  1865),  Sergim  (1866), 
lyeiffer  (1866,  S  Bde.),  Bisehof  (1870)  u.  A. 

FindelUiiMry  Anstalten ,  in  denen  Ton 
ihren  Eltern  verlassene  oder  ausgesetzte 
Kinder  (Finddkinder)  auf  Öffentl.  Kosten  er- 
zogen werden.  Das  älteste  historisch  nach- 
weisbare  wa^d  zu  Mailand  787  gestiftet. 
Vgl.  Bügel,  ,Die  V.  Europas',  1868. 

Fingd  (Fin  Mae  Coul),  Held  der  ga61. 
Kationalsage ,  Vater  Ossians,  lebte  im  8. 
Jahrb.  n.  Chr.  als  Fürst  Ton  Moryen  in 
Schottland :  sein  Tod  von  Osslan  besungen. 

FingalBhoUe  (harmonische  OroUe),  Grotte 
an  der  Sud  Westküste  der  Hebrideninsel  Staffa, 
nach  Fingal  benannt,  871'  tief,  das  Portal 
117'  hoch,  58'  breit  Das  Becken  bildet  das 
Meer,  die  Wände  Basaltsäulen.  Durch  stetes 
Tropfen  der  Decke  melodisches  Getön. 

Finger,  s.  Hand. 

Flngerentsfiiidiing  (Fingerwtrm ,  Panari- 
tium),  allgemeine  Bezeichnung  Jeder  am 
Finger  auftretenden  Entzündung  und  Eite- 
rung. Nach  der  Tiefe  des  Sitzes  unterscheidet 
man  mehrere  Formen.  F.  periostei,  auf  der 
Knochenhaut,  ist  die  schlimmste,  da  es  zu 
Abstossung  des  Knochens  kommen  kann. 
Ursache:  Reizung  des  Fingers  durch  Stoss, 
Druck,  Splitter;  Behandlung  durch  lau- 
warme Wasserumschläge,  bei  schweren  (oft 
sehr  gefährlich  t)  Formen  absolute  Ruhe  der 
Hand  durch  Aufbinden  auf  ein  horizontal 
zu  tragendes  Bretchen. 

Fbigerhmty  s.  Digitalis, 

Fingerknmpfy  s.  Behreihkrompf. 

FiBU  (lat.),  Ende. 

Flnisirmig  (lat.,  fr.  flnieeage,  spr.  -sahsch), 
lAtzte  Bearbeitung  (Abziehen)  einer  Uhr. 

FlnisMwr  (fir.,  spr.  -söhr),  Musterzeichner. 

FlBlsterre  ,  1)  Capo  F.,  das  alte  Promon- 
torium  Nerimn,  Vorgebirge  an  der  Nord- 
westspitze  Spaniens;  —  2)  (Pinietire,  spr. 
-tär)  das  westlichste  Depart.  Frankreichs, 
Theil  der  Nlederbretagve ,  182  QM.  und 
662,485  Ew.    Hauptst.  Quimper. 

Fink  (Fringilla  L.),  Gattung  der  Sperlings- 
vögel. Untergattungen:  Kembeisser  (s.  d.), 
Gimpel  (s.  d.),  Steinspatzen  (s.  Sperling), 
Finken  und  Hänflinge.  —  Finken :  Jßrien^, 
Zeitig  (F.  spinus  L.),  ^*U*%  in  Europa  und 
Japan,  bei  uns  Zug-  u.  Strichvogel.  SHegliu, 
Distelfink  (F.  cardnelis  L.),  5Va'%  in  Europa, 
Kleinasien,  bei  uns  Standvogel.  Leinßnk, 
Berg-,  Birkenteisig  (F.  linaria  L.),  5",  im 
Noi^den  der  alten  und  neuen  Welt,  bei  uns 
Zugvogel.  Hänflinge:  Bluthänfling,  Berg- 
hänfling,  s.  Hänfling.  Buch-,  Blut-,  Ed^fink 
(F.  caelebs  L.),  6",  in  Europa  und  NordafMka, 
bei  uns  Strich-  und  Standvogel.  Harx-,  Berg- 
fink, Bergnaehtigall  (F.  montifringilla  L.), 
6Vt'S  tu  Europa,  Kleinasien,  Japan.  Kana- 
rienvogel  (s.  d.).  Zahlr.  ausländ.  Arten  (2^- 
gerftnk,  Amandava,  eigentlicher  U.  Bengatiti, 
Kstrelda  amandava  Hartl.,  aas  Ostindien; 
Sehmetterling^k,  Cordon  bleu,  blauer  Ben- 
galist,  Mariposa  phoenicotis  B.,  aus  Afrika; 
grau9r  AstrUd,  Ekstrelda  cinerea  Hartl.,  ans 
AfHka;  HeUiunfatänehen,  Astrilda  undqlata 
B.,  aus  AfHka)  beliebte  Stubenvögel.  Vgl. 
Biins  (1871),  Brehm  (1871). 

Flaue  9  s.  Blatenvmrm. 


Finne,  Höhenzug  Im  preuss.  Reg^.Erftart, 
Fortsetzung  der  Hainleite,  zwischen  Unstrut 
und  Ilmmnndung,  1000—1200'. 

Finnen,  der  westlichste  der  4  Baupt- 
zweige  des  altaisohen  Völker-  und  Sprach- 
stamms ,  die  Bevölkerung  von  Nordeuropa 
und  dem  nordwestl.  Asien.  Vier  Gruppen : 
1)  die  ttgrische  (Osljaken,  Wogul^en,  Ma- 
gyaren) ;  2)  die  Imlgariaehe  (Tscheremissen, 
Mordwinen,  Tschuwaschen);  8)  die  per- 
misehe  (Permier,  Syiiänen,  Wotjäken);  4) 
die  eigentl.  finnisehe  Gruppe  (die  urspriingl. 
Bewohner  Finnlands,  die  Esthen ,  Lappen, 
Liven ,  Wessen  und  Tsehuden).  Letzte 
Gruppe  die  edelste,  bes.  hervorragend  durch 
starke  Neigung  zur  Poesie;  daher  reiche 
poet.  Literatur  (Volkspoesie).  Bas  merk- 
würdigste Denkmal  ist  das  min.  Epos  Kaie- 
wala,  (deutsch  von  Schief  ner  1852);  ausser- 
dem Sammlungen  von  Liedern  und  Balladen, 
Sprichwörtern,  R&thseln  etc. ;  zahlr.  asoet., 
Ökonom,  und  unterhaltende  Schriften,  Schul- 
und  Volksbücher.  Grammatik  der  Ann. 
Sprache  von  JSur^  (1848),  Lexiken  von 
RennvaU  (1826),  LÜnnrot  (1852)  und  FUr4n 
(1860).  Die  finn.  Mythologie  behandelt  von 
Caairin  (1852;  deutsch  von  Sehiefner  1858). 

Finnenkniilüielt  der  Sehweme.  Perl- 
krankheit, Hirsesucht,  wird  durch  die  Finne 
(s.  Blaeenwurm)  erzeugt,  verläuft  langsam, 
kaum  heilbar.  Finniges  Schweinefleisch  ist 
gut  gekocht  unschädlich.  Gelangt  die  Finne 
lebend  in  den  Magen  des  Menschen,  so  ent- 
wickelt sieh  ans  ihr  der  Bandwurm« 

Flnnftsck,  s.  Walfisch. 

FlnniBflher  Meerbneen,  Theil  der  Ostsee 
zwischen  Finnland  und  Esthland,  60  M.  L, 
21/9—17  M.  breit;  reger  Schüffahrtsverkehr; 
daran  die  Kriegshäfen  Reval,  Slronstadt, 
Sweaborg,  Festungen  ersten  Ranges. 

Finnland,  russ.  Grossfürstenthum ,  mit 
eigener  Verwaltung  und  eigenen  Gesetzen, 
6835  QM.  und  1,880,858  Ew.  Von  sandigen 
Höhen  (bis  600^  h.)  durchzogen,  mit  zahlr. 
Flüssen  und  Seen,  grossen  Sümpfen  und 
Waldungen,  die  Küste  von  Inseln  und 
Klippen  umsäumt;  Ackerbau  nur  im  S. 
möglich.  Die  Ew.  grösstentheils  Protestan- 
ten (1,789,093)  mit  3  Bischöfen  (Abo,  Wasa, 
Wiborg) ;  der  Nationalität  nach  Schweden 
(ca.  185,000),  Russen  (20,000),  Deutsche 
(1000),  im  Uebrigen  Finnen.  Hauptbeschäf- 
tigung: Viehzucht,  Jagd,  Fischerei;  Berg- 
bau auf  Kupfer  und  Eisen,  Handel  und 
SchiflTfahrt.  Exporte:  Holz-  und  Wald- 
produkte, Vieh,  Butter,  Häringe,  Pelz  etc. 
Handelsflotte  (1868):  440  Segelschitfe ,  62 
Dampfer  und  1200  kleinere  Fahrzeuge. 
Eisenbahn  65  M.  Staatsverfassung  von  1772 
u.  1789,  mit  Volksvertretung  durch  4  Stände, 
durch  spätere  kaiserl.  Manifeste  bestätigt. 
Höchste    Autorität  des  Landes  der  Senat 

gu  Helsingfors)  unter  dem  Vorsitze  des 
eneralgouverneurs.  Einnahme  (1869) : 
15,072,127  Mnrk  Silber,  Ausgabe:  15,065,717 
Mark  Silber  (4  Mark  =;  1  Rubel).  Landes- 
nniversität  zu  Helsingfors  (seit  1829).  8  Pro- 
vinzen. 88  Städte,  darunter  2  (Helsing^ 
fors  und  Abo)  über  10,000  Ew.  —  Im  14. 
Jahrb.  von  Schweden  erobert,  blieb  F.  (als 


61  e 


Finnmarken  —  Fische. 


Hdrxogtbum)  mifc  Schweden  verband«! ,  bis 
Peter  d.  Gr.  den  südl.  Thell  eroberte;  lets- 
terer  ward  1721  im  Frieden  yon  Nystad  an 
Rassland  abgetreten ,  ein  anderer  1743  im 
lYieden  von  Abo.  Febr.  1818  Ausbruch  des 
sogen,  ßnmschen  Krieg»  Ewisehen  Rassland 
und  Schweden,  der  7.  April  mit  der  Ueber- 
gabe  Sweaborgs  endete  and  die  Abtretung 
von  ganz  F.  an  Rossland  zur  Folge  hatte 
(Friede  von  Frederikshamm  17.  Sept.  1809). 

Finnmarkeii,  Amt  im  norwegischen  Stift 
Tromsö,  das  norweg.  Lappland  begreifend, 
der  nördlichste  Theil  Europas,  1885  QM. 
und  54,65SEW'  (Fisch-  und  Renthierlappen). 

FiiisterMrlioni,  höchste  Bergspitze  der 
bemer  Alpen,  westl.  von  der  Grimsel,  an 
der  Grenae  von  Wallis,  18,160'  hoch. 

Fliistenninzy  befestigter  Engpass  auf  der 
neuen  AJpenstrasse  (1855  vollendet)  ans 
Graubünden  nach  Tirol,  2807'. 

Flntterwalde,  Stadt  im  preuss»  Reg^z. 
Fi'anlcfiirt,  Kr.  Luckau,  7289  Ew. 

Finte  (v.  ital.  ßnto,  erdichtet),  in  der 
Fechtkanst  Scheinangriff  mit  der  Waffe; 
bildl.  für  Ausfincbt,  Läge. 

FioringTM,  s.  Agro$ti$. 

FlrdÜBl  (d.  i.  der  Paradiesische),  eigentl. 
Abul-Keuem'Mansur,  her.  pers.  Dichter,  geb. 
um  940  n.  Chr.  bei  Tas  (Khorassan),  lebte 
lange  am  Hofe  des  Schah  Mahmud  suGhasna ; 
t  1020  eu  Tus.  Verf.  des  ,8chahnameh* 
(Königsbuch),  eines  grossen  Epos  (60,000 
Doppelverse),  das  die  Thaten  der  pers. 
Herrscher  von  den  ältesten  Zeiten  bis  zam 
Untergange  der  Sassaniden  (6S2  n.  Chr.) 
besingt.  Ausg.  von  Mohl  1839  f.,  Ueber- 
setzung  von  8chack  (jHeldensagen  des  F.% 
2.  Aufl.  1865).  Eine  Episode  daraus  Biickert» 
,Roatem  und  Suhrab*.  Vgl.  Q'örres,  ,Das 
Heldenbuch  von  Iran',  1820. 

Firenkl  C^ren {7 A«,  türk.),  türk.  Benen- 
nung der  Europäer  in  Konstantinopel. 

Firenze,  ital.  Name  von  Florenz. 

Firm  (lat.),  fest,  sicher,  geübt. 

Firma  (lat.),  der  kaufmännische  Name, 
unter  welchem  ein  Handels-  oder  Fabrik- 
geschäft betrieben  wird.  Das  deutsche 
Handelsgesetzbuch  schreibt  einzelnen  Kauf- 
leuten die  Wahl  des  Familiennamens  als 
F.  vor  und  gestattet  höchstens  auf  das  Ge- 
schäft oder  die  Person  bezügliche  Zusätze. 
Offene  Handelsgesellschaften  müssen  in  der 
F.  wenigstens  den  Namen  eines  Gesellschaf- 
ters (Kommanditgesellschaften  eines  der 
persönlich  haftenden)  enthalten  und  durch 
einen  Beisatz  das  Kompagnieverhältniss  zu 
erkennen  geben;  Aktiengesellschaften  aber 
in  der  Regel  eiue  den  Gegenstand  des- Unter- 
nehmens bezeichnende  , Sachfirma*  wählen. 
Die  F.  wird  in  das  öffentliche  Handelsregister 
eingetragen.  Firmiren,  im  Namen  einer  Han- 
delsgesellschaft unterzeichnen. 

Firmameiit,  das  Himmelsgewölbe,  weil  es 
nach  Vorstellung  der  Alten  fest  (firm)  war. 

Flrmameiitstein,  s.  v.  a.  Opal. 

Firmelimg.  s.  Firmung. 

Firmung  (^rmelun^^,  Einsegnung,  in  der 
griech.-  und  röm.-katbol.  Kirche  das  2.  der 
7  Sakramente,  wird  in  jener  mit  der  Taufe 
Terbunden,  in  dieser  an  dem  wenigsten» 


7jähr.  Firmling  nüttelst  Salbung   mit  dem 
Chrisma,  Gebet  u.  Handanflegung  vollzogen. 

FirAy  im  Hochgebirge  seit  Jahren  an- 
gehäufter, grobkörnig  gewordener  Schnee, 
Uebergang  zu  Gletschereis.  Firner ,  mit 
Schnee  und  Eis   bedeckte  hohe  Ber^^ipfel. 

Firnewein,  abgelagerter  Wein;  Fimse, 
dessen  besonderer  Geschmack. 

FimiSB,  an  der  Luft  trocknende,  einen 
harten,  glänzenden,  in  Wasser  unlöslichen 
Ueberzug  bildende  Flüssigkeit.  Oelßmist, 
mit  Blei-,  Zinkoxyd,  Braunstein  gekochtes 
Lein-,  Nuss-,  Mohn-,  Hanföl  (dient  auch  zur 
Darstellung  von  Oelfarben,  Bachdmcker- 
ächwärze).  Harze,  in  Oelfimiss  gelöst,  geben 
die  hiütbaren  fetten  Lackßmisse,  in  Terpen- 
tinöl die  TerpenHnölßmi»3e  (auf  Oelfarben - 
austrieben),  in  Weingeist  die  weniger  halt- 
baren Weingeistfimisse  auf  Wasserfarben. 
Neuere  Lösungsmittel:  Theeröle,  lagroin, 
Benzin,  Holzgeist,  Chloroform,  Schwefel- 
kohlenstoff. Vielfach  werden  Mischnngeu 
benutzt.  Vgl.  die  Werke  von  Finn  (1847), 
Freudenvoll  (1846),   Winkler  (1859). 

Fimissbaum  (Fimissmmach),  Bhus    ver- 

Fimissstein,  Bernstein.  [nicifera. 

Firnisstach,  s.  v.  a.  Wachstuch.     [Dachs. 

Firste,-  Ber^^ipfel ;  die  scharfe  Kante  des 

Flrth  (FHth),  in  Schottland  Meerbusen, 
bes.  an  den  Flussmündungen. 

FlschAar,  Fischadler,  s.  Adler, 

Fischart,  Joh.,  Dichter  und  Schriftsteller, 
geb.  um  1550  zu  Strassburg,  1581 — 82  Ad- 
vokat am  Reichskammergericht  zu  Speier. 
später  Amtmann  zu  Forbach;  t  1589.  Die 
bedeutendste  literar.  Persönlichkeit  in  der 
2.  Hälfte  des  16.  Jahrb.,  bes.  als  I^rosaiker 
gross.  Seine  Werke  meist  Satiren,  theil s 
gegen  Erscheinungen  der  Zeit  und  Persön- 
lichkeiten, theils  gegen  allgem.  Gebrechen 
gerichtet,  durch  Witz  und  Spott,  wie  durch 
reichen  Humor  belebt :  ,AUer  Prsiktik 
Grossmutter*  (1572),  »Geschichtklitterung  der 
Thaten  der  Helden  Gargantua  und  Panta- 
gruer  (1575),  ,Podagrammisch  Trostbüchlein' 
(1577)  u.  a.  in  Prosa;  »Legenden  vom  Jesuiten- 
hütlein'  (1580),  ,Die  Flohhatz'  (1573),  ,Daä 
glückhafft  Schiff  von  Zürich*  (1576)  etc.  in 
Versen;  auch  Psalmen  und  weltl.  Lieder. 
Sämmtl.  Dichtungen  herausg.  von  Kurz  (186>i 
—1868, 3  Bde.).  Vgl.  Wackemagd,  ,J.  F.*,  1870. 

Fischbein,  die  Barten  aus  dem  Rachen 
des  Walfisches ,  6  —  14'  lange  sichelförmige 
Platten  (1500  Pfd.  von  einem  Thier),  wer 
den  zersägt.  In  heissem  Wasser  erweicht, 
gespalten  und  glatt  geschabt.  Dient  zu 
Schirmstäben,  zur  Damengarderobe,  an  Reit- 
peitschen, Flecht-arbeiten  etc.,  die  Späne 
zum  Polstern ;  erweicht  lässt  es  sich  ku 
Knöpfen  etc.  pressen.  Surrogate:  WaUcmu, 
d.  i.  mit  Kautschukmasse  imprägnirtes  spau. 
Rohr  zu  Schirmstäben.  Weiuett,  8.v.a.Sepia. 

Fische  (Pisces),  Klasse  der  Wirbelthierit 
mit  rothem  kalten  Blut,  ausschliesslicher 
Kiemenathmung,  einfachem,  ans  Yorhof  und 
Kammer  bestehendem  Herzen,  zu  Flossen 
(paarige:  Bauch-  u.  Brustflosse,  nni>aarige: 
Rücken-,  Schwanz-,  After-,  Fettflosse)  um- 
gebildeten Extremitäten,  einer  Schwimm- 
blase,   welche   Hebung  u»d    Senkang  er- 


Fischer  — ■  Fisetholz. 


617 


leichtert ,  aber  einigen  der  besten  Schwim- 
mer fehlt,  mit  Schuppen,  Knocheukörnern, 
Kuochenplatten  oder  schmelzüberzogenen 
Knochen  platten  auf  der  Oberfläche,  auch 
nackt,  mit  kontraktilen  Pigmentzellen  in 
der  Lederhaut,  mannichfaltig  gestaltetem 
Skelet  und  hoch  entwickelten  Sinnen.  Die 
seitlichen  Porenreihen  (Seitenlinien)  sind 
Sitz  eines  eigenthümlichen  Tastsinus.  Die 
elektrischen  Apparate  des  Zitterrochens, 
Zitterwels,  Zitteraals  etc.  sind  gallertige 
Säuleu  mit  häutigen  nervenreichen  Quer- 
platten. Bei  weitem  die  meisten  F.  sind 
Fleischfresser.  Die  F.  wandern  zur  Laich- 
zeit (die  Männchen  zeigen  dann  lebliaftere 
Färbung  [Hochzeitkleid]  und  Hautwuche- 
rangeu)  an  seichte  Stellen,  aus  dem  Heer 
in  die  Flüsse  (Lachse,  Störe)  oder  umgekehrt 
(Aale).  Die  Eier  (bis  9,000,000  beim  Stör) 
werden  im  Wasser  beA-uchtet.  Einzelne 
Männchen  zeigen  mit  Kunsttrieben  ver- 
bundene Brutpflege.  Die  F.  sterben  im 
Trocknen  um  so  sclineller,  je  weiter  die 
Kiemenspalte  ist.  Die  meisten  F.  leben 
im  Meer,  man  kennt  8000  Arten,  über  1400 
fossile,  von  der  devonischen  Formation  an, 
als  älteste  Repräsentanten  der  Wirbel- 
thiere.  Eintheilung:  I.  Osteacauthi,  GräUn- 
fiachf  mit  knochigem  Skelet  und  Schuppen. 

A.  Acanthopterygii/ ßtacAel/Iofwr,  Kuckeu- 
flosse  mit  uugegliedei'ten  Stach elflossen. 
l)Tboracici,  BrvsMcKhelflosser,  2)  Jugnlares, 
KehlBtachelßoMer,  3)  Fistulati,  P/eifenmäuler. 

B.  Maiacopterygii,  Weichflosser,  Rückenflosse 
mit  gegliederten  Strahlen.  4)  Abdominales, 
Bcmckweichßoaser ,  5)  Subbracbiales ,  Kehl- 
weiehßosaer,  6)  Apodes,  KahWäuche.  II.  Gbon- 
dracanthi,  Knorpelfitche ,  mit  Knorpligem 
Skelet  ohne  Schuppen.  A.  Eleutherobran- 
chli,  Freikiemer  mit  freien  Kiemen  und 
Kiemendeckel.  7)  Plectognathi,  Haftkiefer, 
8)  Braocbiostegi,  £edecktkiemer,  B.  Plecto- 
branchii,  Hdfikiemer,  mit  festgewachsenon 
Kiemen  ohne  Deckel.  9)  Plagiostomi,  Quer' 
mäuler,  10)  Gyclostomii  Hundmäuler,  Vgl. 
die  Werke  von  Bloch  (1782  -  84,  1787  -  97, 
1811),  Lac4peäe  (1798—1803),  Cmier  und  Fa- 
lenciennet  (1828-49),  Müller  (1835-46), 
Agastix  (1833-44),  Siebold  (1863). 

Fischer.  1)  Ernst  Kuno  Berthold,  Philosoph, 
geb.  23.  Juli  1824  zu  Sandewalde  in  Sohle-, 
sieu,  seit  1856  Prof.  zu  Jena.  Sclir.  ,Dio- 
tima.  Die  Idee  des  Schönen*  (1849);  ,Die 
Logik  und  Metaphysik  oder  Wissenschafts- 
lehre' (1852);  ,Ge8ch.  der  neueren  Philoso- 
phie' (2.  Aufl.  1865,  4  Bde.);  , Franz  Baco 
von  Vernlam*  (1856);  kleinere  Schriften 
über  Schiller  (1858  nnd  1860) ,  KaUt  (1860), 
Fichte  (1862)  und  Spinoza  (1865).  -  2)  Joh, 
Georg,  Dichter,  geb.  25.  Okt.  1820  zu  Gross- 
Süssen  in  Würtemberg,  Prof.  an  der  Ober- 
realschule zu  Stuttgart.  Seine  «Gedichte* 
(2.  Aufl.  1858)  und  ,Neuero  Gedichte'*  (1865) 
jugendlich  frisch  und  gemüthlich.  Auch  als 
Dramatiker  bemerkenswerth :  .SauP  (1862), 
«Fciedrich  H.*  (1863),  ,Florian  Geyer*  (1866), 
, Kaiser  Maximilian  von  Mexiko'  (1868)  u.  A. 

Fischerei,  das  Fangen  der  Fische;  wilde: 
in  Flüssen  und  Moeren,  zahme:' in  Teichen, 
meist  durch  Gesetze  geregelt  (Schonung), 


durch  Staatsmittel  unterstützt.  In  erster 
Linie  steht  Kordamerika  (1000  Schiffe  in 
die  Nordsee,  661  auf  den  Walfisch&ng,  2800 
auf  den  Kabeljaufang  etc.);  die  englische 
Fischerflotte  besitzt  über  36,000  Schiffe,  der 
Ertrag  zwischen  80-90  Mill.  Thlr.;  in 
Frankreich  löVa  Mill.  Thlr.;  Norwegen 
äxportirt  für  10  Mill.  Thlr. ;  Spanien  hat 
einen  Ertrag  von  5,  Holland  n.  Dänemark 
von  Je  3  Mill.,  Deutschland  von  i/a  Mill. 
Thlr.  Die  sehr  gesunkene  Süsswasser- 
fischerei  erwartet  Aufschwung  durch  die 
künstliche  Fischzucht,  bei  welcher  die  Eier 
mit  der  Milcli  in  Gefässön  gemischt  und  in 
Brutbehältern  ausgebrütet  werden.  Erste 
Anstalt  für  Fischzucht  in  Hüuingen(Elsass) 
1852.  Befruchtete  Fischeier  sind  versend- 
bar (Akklimatisation  europ.  Fische  iu  Neu- 
seeland) und  bilden  Handelsartikel.  Vgl. 
Hartig,  ,Teichwirthschaft',  1881;  Stark, 
,WiIde  und  zahme  F.',  1847;  Beta,  ,Be- 
wirthschaftnng  des  Wassers*,  1868  u.  1871 ; 
Vogt,  ,Künstl.  Fischzucht',  1859;  MoUn, 
,Rationeile  Zucht  der  Süsswasserfische',  1864. 

Fischerring  C^nnuItMptscatortsJ,  das  päpst- 
liche Siegel,  mit  den  Bildnissen  der  Apostel 
Petrus  uud  Paulus  nnd  dem  Namen  des 
regierenden  Papstes,  wird  nach  dessen  Tode 
vom  Kardinallcämmerer  zerbrochen,  worauf 
die  Stadt  Rom  dem  neugewählten  Papst  einen 
neuen  Siegelring  schenkt. 

Fischeroptionen,  vull<anische Eruptionen, 
wobei  in  der  ausgeworfenen  Masse  Fische 
vorkommen;  sind  auf  den  plötzlichen  Ab- 
fluss  vulkanischer  Seen  zurückzuführen. 

Fischgoano,  Düngmitte)  aus  gekochten, 
gepressteu  und  getrockneten  Fischabfalleu 
und  uugenlessbaren  Fischen,  enthält  13—170/0 
Ammoniak,  23<>/o  phosphorsaure  Erden,  1,3- 
2,to/o  Alkalien. 

Fischhaut,  die  mit  Stacheln  besetzte 
Haut  von  Hai-  nnd  Rochenarten  aus  dem 
Mittelmeer,  dient  zum  Abschleifen  von 
Holz-  und  Metal  1  arbeiten ,  zum  Einpressen 
von  Mustern  in  Satteileder  und  zur  Dar- 
stellung von  Chagrin  (Fiechhautcliagrin). 

Fischleinit  s.  v.  a.  Hausenblase. 

Fischmehl  (Fischbrod),  kleines  Gebäck 
aus  getrocknetem  und  gemahlenem  Dorsch - 
fleisch,  kommt  von  den  Lofodden  in  den  Han- 
del ,  ist  viermal  nahrhafter  als  Rindfleisch, 
vorzuglich   zur  Yerproviantirung  geeignet. 

Fischöl,  Fischthran,  s.  Thran. 

Fischotter  (FluasoUer,  Lutra  Ray.),  Gat- 
tung der  Marder.  Qemvine  F.  (Lutra  vuU 
garis  Erxl.),  2',  in  Europa,  Nordasien,  frisst 
Fische,  Geflügel,  wird  zur  Fiachjagd  ab- 
gerichtet; Fleisch  geniessbar  (bei  den  Ka- 
tholiken Fasteospeise) ,  schönes  Pelawerlc, 
Haare  zu  Pinseln.  Ebenso  oanadiaehe  Otter 
(Lt.  canadensis  8cU>.),  2'  3",  in  Nordamerika, 
von  beiden  Jährl.  45,000  Felle. 

Fischschuppea,  werden  auf  Leim  ver- 
arbeitet; die  des  Cyprinus  alburnns  liefern 
die  Perlenessenz  zur  Fabr.  der  Wachsperlen; 

FisehthraD,  s.  v.  a.  Thran,  speciell  als 
Nebenprodukt  gewonnener  Thran  kl.  Fische. 

Fisetholz  (Fustikholz,  Fustet),  Holz  von 
Rhus  cotinus,  enthält  Fustin  (Quereeti»), 
dient  zum  Gelbfärben  von  Wolle  tmd  Leder. 


G18 


Fisetkassie  —  Fixsterne. 


FÜkil  (lat),  Beamter,  welcher  über  den 
Qerechteamen  des  Fiskui  (s.  d-)  su  wachen 
hat,  früher  auch  öffentl.  Anklager  im  Kri- 
mlnalprosesae,  so  die  Beiektflakale  beim 
Refchakammergericht  und  Reichshofrath, 
welche  bei  Verletsnngen  der  Reichever- 
fassang  als  Ankläger  füngirten. 

Fiskiis  (lat.,  eig.  Geldkorb),  im  röm.  Reich 
die  Privatkasae  dea  Kaisers,  später  der 
öffentliche  Schatz  überhaupt;  im  neueren 
Rechte  die  Staatskasse  im  Gegensats  zu  der 
landesherrl.  Privatkasse  (Schatulle).  Fiika- 
li»ch,  alles,  was  mit  dem  Staatsschatze  und 
dessen  Interesse  in  Verbindung  steht.  Fia- 
kalgerechtigkeit ,  das  Recht,  die  eigentlich 
dem  F.  zugehörenden  ausserordentlichen 
Vortfaeile  innerhalb  bestimmter  Kreise  zu 
beziehen,  wird  mitunter  städt.  Aerarien 
und  laudschaffcl.  Kassen  eingeräumt. 

FiMil  (lat.),  spaltbar.  [Klauen. 

FiaflipSaen  (lat.)»  Thiere  mit  gespaltenen 

FtsBiir  (lat.),  Spaltung,  Riss. 

Fistel  (Fistuhi),  krankhafte  kanalformige 
Verbindung  eines  tief  gelegenen  Körpertheils 
mit  der  äusseren  Oberfläche,  bes.  der  Hohl- 
räume, entsteht  durch  Verwundung,  Ver- 
eiterung, kann  auch  künstlich  angelegt  wer- 
den, hellt  von  selbst  oder  nach  Operationen. 
In  der  Musik  Kopfstimme  (Falsett). 

Flttremey  Landsee  im  Sudan  t  östlich 
vom  Tschad  see,  hat  zur  Regeuzeit  6—8,  In 
der  Dürre  oft  nur  2  Tagereisen  im  Umfang. 
Von  O.  her  mündet  in  ihn  der  Batha. 

Fitz  9  altnormann.  Wort  {vonjUs,  Sohn), 
bezeichnet  in  England  einen  Abkömmling 
des  in  Verbindung  damit  Genannten. 

Fitzroy  (spr.  -reu),  Soberl,  engl.  Admiral 
und  Meteorolog,  geb.  5.  Juli  1805,  leitete  1831 
eine  geograph.  und  hydrograph.  Expedition 
nach  den  Inseln  des  stillen  Meers,  war  1843 
bis  1846  Gouverneur  Ton  Neuseeland;  seit 
18Ö5  Vorsteher  des  meteorolog.  Gentralamts 
in  London,  begründete  die  meteorolog.  Te- 
legraphie  und  die  Sturmwarnungen;  f  SO. 
April  1865  in  Norwood  in  Surrey.  Lieferte 
die  Beschreibung  seiner  ersten  Expedition 
(2.  Aufl.  1848,  2  Bde.);  ,Remarks  on  New 
Zealand'  (1846);  ,Weather  book*  (1862)  und 
,Meteorol.  Obsenrations*  (seit  1857). 

Flame,  Komitat  in  Kroatien,  an  der  kroat. 
Küste,  31  QM.  Die  Haupt$i.  F.  (Sl.Veit  am 
Flaum,  JReka),  an  der  Mündung  der  Fiunuira 
in  den  Quarnerobusen ,  15,319  Ew.  Frei- 
hafen; Schiffbau  und  bed.  Handel. 

Fix  (lat.),  fest,  in  der  Ohemie  s.  v.  a.  feuer- 
beständig. Fixiren,  fest  haften  machen,  be- 
festigen; bestimmen,  festsetzen;  etwas  fest 
ins  Auge  fassen  (Substant.  Fixation,  Fixt- 
mng).  Fixa  vincta,  das  Niet-,  Erd-  und  Wur- 
zelfeste  etc.,  alle  Pertinenzen  eines  Grund- 
stücks. J^txtttn,  fes^esetzte  Geldsumme.  F.e 
Käufe,  in  der  Börsensprache  Käufe,  welche 
nicht  rückgängig  gemacht  werden  können. 
F.e  Idee,  fest  eingewurzelter  Wahn,  dessen 
man  sich  nicht  erwehren  kann,  Art  Geistes- 
störung,   ^.e  Luft,  s.  T.  a.  Kohlensäure. 

Fixsterne,  selbstleuchtende  Weltkörper, 
welche  selbst  dem  bewafiheten  Auge  nur  als 
helle  Punkte  ohne  messbare  Dimensionen 


erscheinen  und  sich  tob  den  Planeten 
durch  das  häufigere  Funkeln,  Flimmern, 
Scintilliren  (welches  auf  Interferenz  beruht) 
auszeichnen.  Man  theilt  sie  nach  ihrer 
Helligkeit  in  Grössenklassen ,  von  welchen 
jede  folgende  etwa  viermal  weniger  lacht 
ausstrahlt  als  die  yorhergehende.  Mit 
blossem  Auge  sieht  man  F.  1. — 6.  Gr.  (selten 
7.),  in  grossen  Teleskopen  solche  15.  Qr. 
Man  bezeichnet  die  grossen  F.  mit  be- 
sondem  Namen,  ausserdem  jeden  Fixstern 
der  ersten  9  Klassen  und  einige  kleinere  mit 
einem  latein.  oder  griech.  Buchstaben  oder 
einer  Zahl  und  dem  Namen  des  Sternbildes, 
zu  welchem  sie  gehören.  Am  nördlichen 
Himmel  zählt  man  10  7.  l.Gr.,  37  2.,  130  3., 
312  4.,  1001  5.,  4386  6.  Gr.  In  ieder  fol«:en- 
den  Klasse  sind  also  etwa  3-^4m«l  mehr  F. 
als  in  der  vorhergehenden.  Die  Ifaxima  der 
StemfüUe  gruppiren  sich  im  Himmelsäqua- 
tor um  die  Punkte  von  6  *»•  40™-  und  18  ^>- 

40  ™«  Rektasoension.  a  Gentanri,  der  uns 
nächste  Fixstern,  ist  4,500,000,  der  Polar- 
stem 54,300,000,  der  Sirius  18,500,000  Meilen 
Ton  der  Sonne  entfernt.  Aus  Berechnungen 
ergeben  sich  folgende  Mittel werthe  für  die 
Entfernungen  von  der  Sonne  in  Erdbahn- 
halbmessern ä  20Mill.  M.  und  fte  die  Zeit, 
welche  das  Licht  gebraucht,  um  Ton  den 
F.n  auf  die  Erde  zu  gelangen : 

Sterne     Entfernung    Jahre 

1.  Gr.  966,000         15,5 

2.  -  1,778,000  88,0 

3.  -  2,725,000  43,0 

4.  -  3,850,000  60,7 
ö.  -  5,378,000  84,8 
6.  -  7,616,000  120,1 

Herschels  fernste  Sterne  224,500,000    3541,0 
Der  gestirnte  Himmel  bietet  also  Ungleich- 
zeitiges  dar.    Die   F.   zeigen  rerschiedene 
Farben,   welche   sich  zum  Theil   im    Lauf 
der  Zeit  ändern,  manche  auch  periodischen 
Lichtwechsel  (veränderliche  ^erne,  ca.  ISO). 
Im  Lauf  zweier  Jahrtausende   sind   80  —  £i 
neue   F.   aufgetaucht,    das    Verschwinden 
vorhandener  F.   ist  weniger   sicher    kon- 
statirt.    Nach  Spektroskop.  Untersuchungen 
ordnen  sich  die  F.  in  3  Gruppen,  für  welche 
a  im  Hercules,  a  Lyrae  und  unsere  Sonne 
als    Typen     gelten     können.      Etwa    6000 
scheinbar  einfache  F.  zeigen  sich  im  Fem- 
rohr als  Doppelateme ,  welche   durch   ihre 
kreisende    Bewegung    um     einander    oder 
durch  gemeinsames  Fortachreiten  im  Raum 
als  physisch  mit  einander   verbunden   er- 
scheinen.   Manche  Doppelsteme   bestehen 
aus  3,4,  7  Sternen,  einige  zeigen  kontra- 
stirende    Farben.      Angesehen    Ton    ihrer 
scheinbaren  Bewegung  zeigen   alle  F.  eine 
geringe  Eigenbewegung,   welche  auf  X  im 
Hercules  gerichtet  ist.  Der  Fixstemhimmel, 
welchen  wir  erblicken,  bildet  einFizstem- 
system,    einen    Sternhaufen,    su   welchem 
auch    wir  gehören.    Die    Sternhaufen    (s. 
Ifebelfleeke)  nind  andere  Systeme.    Ans  dem 
optischen  Zusammentreten  und    Nebenein- 
anderlegen  zahlloser  lixstemsjsteme    be- 
steht  die  Milchstrasse,   zu  welcher   unser 
Fixstemsystem  gehört.    Ln  Universum  exi- 
stiren  sehr  viele  Milchstrassen. 


Fizabad  —  Flagge. 


619 


Flsabad  (Faigahad,  Bangla),  Stadt  im 
eliemal.  Königreich  Andh  in  Ostindien,  am 
Gogra,  100,000  Ew.;  bis  1775  blühende  Re* 
■Idene  der  Nabobs,  seitdem  im  Verfall. 

Fjord  (d&n.),  schmaler  Meerbusen. 

FlMikeiiy  mit  Pfählen  befestigtes  Rnthen- 
geflecht  zur  Sicherung  der  Flussufer. 

Flaceieeiu  (lat.),  Erschlaffung,  Welkheit. 

Flaehs  (Lein,  Linum  L*),  Pflanzengattung 
der  Lineen.  Gemeiner  F.  (L.  usitatissimum 
L.),  uralte  einjährige  Kulturpflanze  aus 
dem  Orient,  mit  den  Abarten:  Springftache, 
Klan^in  (L.  crepitans  Schübl.  und  Mart,), 
asiatischer  T.  (L.  acuminatum),  amerikan.  und 
neuer  Königalein,  wird  der  öl-  und  schleim- 
reichen Samen  und  der  Bastfaser  halber  kul- 
tlvirt.  Zur  Fasergewinuung  ist  häufiger 
Samenwechsel  (rigaer)  und  dichte  Saat  er- 
forderlich. Die  gerauften  und  getrockneten 
Stengel  werden  durch  Riffeln  von  den  Samen- 
kapseln befreit;  durch  Fäulniss  in  kaltem 
Wasser  (Wasserröste)  oder  Behandlung  mit 
warmem  Wasser  oder  Dampf  (Dampfröste) 
wird  die  Holz-  und  Rindensubstanz  gelockert 
und  nach  dem  Trockne^  beim  Brechen  und 
Schwingen  entfernt.   Zahlr.  Konstruktionen 


vonBrech-  und  Schwingmaschinen  (Abfkll: 
Schabe,  Achenen).  Kammähnliche  Hecheln 
vollenden  die  Reinigung  (Abfall:  Werg, 
Hede,  Tow).  1000  Theile  abgeriffelte  Sten- 
gel liefern  87  Theile  F.  und  48  Theile  Werg. 
Die  Flachsfaser  ist  cylindrisch  oder  platt- 
gedrückt, hohl,  aber  sehr  dickwandig,  glatt 
mit  seltenen  Qnerlinien,  0,0077  —  0,0SS6 
Millim.  dick,  0,6— 0,7  Millim.  lang,  1,6  spec. 
Gew.,  weniger  elastisch  als  Baumwolle, 
ebenso  hygroskopisch.  Iri»eher  und  ßan- 
drieeher  F.  ist  der  feinste;  Bassland  produ- 
clrt  am  meisten  (Export  1868:  180,000  Ton- 
nen).   Vgl.  Meyer  (1858),  v.  d,  Sorge  (1859). 

Flachs,  ntMeeUtndiecher,  s.  JPhormtMifi. 

Flaehsseide,  s.  v.  a.  Onscuta. 

Fiachswolle,  Fabrikat  aus  Flachs,  ge- 
eignet die  Baumwolle  zu  ersetzen;  noch 
nicht  befriedigend  hergestellt. 

Flaeon  (fr.,  spr.  -kong),  zierl.  Fläschchen 
zu  Aufbewahrung  wohlriechender  Essenzen. 

Flfiehe,  nach  3  Dimensionen  ausgedehnte 
Raumgrösse,  selbst  von  Linien  begrenzt 
und  Grenze  des  Kör{>ers,  entweder  ebene 
F.  (s.  Ebene)  oder  krumme  F. 

Fl&ehenmaM  (Fddmass): 


Baden 
Morgen  = 
400  DRu- 

Bayern 
Tagwerk 

England 

Aprp  —  IfiO 

Frank- 
reich Hek- 
tare —  100 

Oester- 
reicli   wie- 

Preussen 
Morgen  rr 

Sachsen 
Acker  — 

Wurtem- 
berg  Mor- 

tken und 

schweizer 

Jachart 

=  400  0- 
Ruthen 

QRuthen 

QDeka- 
meter 

=  1600  D- 
Klaffter 

180  QRu. 
tlien 

300  QRu- 
then 

gen  =  384 
QRuthen 

1 

1,067 

U.890 

ü,360 

0,686 

1,410 

0,661 

1,142 

0,»47 

1 

0,842 

0,841 

0,592 

1,336 

0,616 

1,081 

1,184 

1,188 

1 

0,406 

0,703 

1,686 

0,731 

1,284 

2,778 

2,936 

2,471 

1 

1,737 

3,917 

1,807 

3,173 

1,606 

1,689 

1,422 

0,676 

1 

2,264 

1,041 

1,826 

0,709 

0,749 

0,681 

0,255 

0,444 

1 

0,461 

0,810 

1,687 

1,624 

1,368 

0,553 

0,962 

2,168 

1 

1,766 

0,876 

0.925 

0,779 

0,815 

0,548  , 

1,234 

0,670 

1 

DRuthe  I  QRuthc  |     QPole     IpPekam.  |  Q Klafter  |    QRuthe  |    QRuthe  |  QRuthe 


1 
0,947 
2,810 
11,111 
0,400 
1,676 
2,060 
0,912 


1,067 

0,866 

1 

0,837 

2,969 

1 

11,740 

3,964 

0,42« 

0,149 

1,666 

0,661 

2,166 

0,729 

0,964 

0,826 

U,090 
0,086 
0,258 

1 
0,036 
0,142 
0,184 
0,082 


2,609 
2,868 
7,081 
»7,777 
1 
8,943 
5,128 
2,282 


0,634 
0,601 
1,783 
7,060 
0,264 

1 
1,801 
0,679 


FlSmlsclie  Sprache,  die  in  Belgien  übliche 
Varietät  des  Niederdeutschen,  von  dem 
Holland,  fast  nur  orthographisch  verschie- 
den. Die  Geschichte  der  flüm,  Literatur 
fällt  mit  der  der  nlederländ.  bis  zur  Los- 
trennnng  Belgiens  von  Holland  (1830)  zu- 
sammen. Seitdem  begann  Im  erstem  Lande 
die  sogen.  Jläm.  Bewegung,  das  Bestreben, 
die  helmische  Sprache  und  Anschauungs- 
welse gegenüber  dem  franz.  Sinfluss  auf- 
recht KU  erhalten  und  zu  literar.  Geltung 
zu  bringen.  Hauptförderer  derselben:  Wil- 
lem$,  Blommaert,  Bormane,  SneUaert,  wan 
Beersy  Ledegonk,  van  Bytwyck,  Ooneeience  u.  A. 
Grammat.  der  f.n  S.  von  van  Beere  und 
Heremane;  Lexikon  von  SUecx, 

Flisehely  Schafkrankheit,  Anschwellung 
der  Drüsen  nach  schlechtem  Futter;  ver- 
schwindet mit  der  Ursache. 


0,488 
0,462 
1,871 
5,421 
0,195 
0,769 

1 
0,445 


1,097 
1,088 
3,083 
12,184 
0,438 
1,728 
2,248 


Flagrellanten  (Qeiüer,  Flegler,  Bengier), 
Brüderschaft  des  13.  Jahrh. ,  suchte  durch 
Geiselung  Sündenvergebung  zu  erlangen, 
zog  in  Italien  und  Deutschland  in  Schaaren 
umher,  trotz  strenger  Verbote  1849,  als  der 
schwarze  Tod  Europa  entvölkerte,  wieder 
zahlreich,  dann  unterdrückt.  Vgl.  Behnee- 
gana  (1840). 

Flagellarift  £.  (i^t<«cAen«<rattcAj,  Pflanzen- 
gattung der  Asparagineen.  F.  indica  L., 
unlder  Botang ,  Kriech-  und  Kletterstrauch 
in  Ostindien,  dient  zu  allerlei  Bindwerk. 

Flageolet  (fr.,  spr.  -schöläh,  ital.  Flagio- 
letto,  Flaechinet),  Vogelflöte,  Holzpfeife  von 
2  Oktaven  Umfang;  auch  scharfe  Orgel- 
Stimme.  Flageolettöne ,  bei  Streichinstru- 
menten flötenartige  Töne,  erzeugt  durch 
eine  besondere  Art  des  Fingeraufsatzes. 

Flagge,  gewöhnlich  viereckige  Fahne  von 


620 


Flagitation  —  Flanell. 


leiclitem  Wollenzeug  (Flaggentueh)  zur  Be- 
zeichnnng  der  Kationalitftt  der  Schiffe ,  ge- 
wöhnlich nm  ein  Dritttheil  länger  als  breit, 
verschieden  gefiirbt,  mit  Wappen  oder  Em- 
blemen versehen,  anf  dem  Hintertheil  des 
Scblffd  au  einem  Flaggenalock  oder  an  der 
Qaffel  des  Besahnsegels  wehend.  Man  unter- 
scheidet Kriegs-  und  HandtUflaggen ,  die 
jedoch  bei  manchen  Nationen  (England, 
Frankreich,  Holland  etc.)  einander  gleich 
sind.  Die  F.  dient  auch  zu  Bezeichnung 
des  Banges,  den  der  Kommandirende  ein- 
nimmt. Der  Admiral  führt  eine  viereckige 
F.  an  der  Smtze  des  Grossmastes,  der  Vice- 
»dmiral  am  Fockmaste,  der  Kontreadmiral 
amBesahnmnste,  derCommodore  eine  drei- 
eckige am  Grossmaste.  Flaggen,  das  Auf- 
hissen von  Fahnen  bei  feierlichen  Gelegen- 
heiten.   S.  die  Flaggenkarte. 

FUgltation  (l^t.),  Forderung,  bes.  fieftige. 

FUgitios  (lat.),  lasterhaft. 

Flagomerle  (fr.),  Ohrenblaserei. 

Flagrant  (lat.) ,  brennend,  heftig;  in  flag- 
ranti, auf  frischer  That. 

Flahault  de  la  Blllarderie  (spr.  Flaoh 
de  la  Biljardrih),  Auguste  Charles  Joseph, 
Graf  von,  franz.  General  und  Diplomat, 
geb.  20.  April  1785,  ward  nach  Napoleons  I. 
Rückkehr  von  Elba  Divisionsgeneral  und 
Pair ,  focht  bei  Waterloo ,  ging  dann  nach 
England,  seit  1841  Gesandter  zu  Wien,  nach 
dem  Staatsstreich  Mitglied  der  Konsultatlv- 
kommission,  1853  Senator ;  f  2.  Sept.  1870  zu 
Paris.  Geliebter  der  Königin  Hortense,  die 
von  ihm  den  Herzog  von  Morny  geboren 
haben  soll.  [stamm  german.  Abkunft. 

Flamander  (Flamländer),  der  belg.  Volks- 

Fiambeam  (fr.,  spr.  Flangboh),  Fackel, 
holiur  Leuchter  mit  vielen  Lichtern. 

Flamberg,  breites  Ritterschwert. 

Flamboyant  (fr.,  spr.  Flangboyang) ,  die 
im  15.  und  16.  Jahrh.  in  Frankreich  herr- 
schende Form  des  spätgoth.  Stils  mit  flam- 
menartiger Ornamentik. 

Flamen  (lat),  röm.  Opferpriester. 

Flamingo  (Flammant,  Phoenicopterus  1^), 
Gattuug  der  Sumpfvögel.  Gemeiner,  rosen- 
rotherY.  (Ph.  antiquorum  Geoffr.),  4—5"  h., 
an  den  südl.  Küsten  der  alten  Welt. 

Flamininns,  Titus  Quinctiw,  röm.  Feld- 
herr, 198  V.  Chr.  Konsul,  schlug  Philipp 
von  Macedouien  196  bei  Oynoscephalä ,  er- 
klärte die  Griechen  für  frei,  besiegte  den 
Tyrannen  Nabis  von  Sparta,  ward  18d  Cen- 
sor;  forderte  188  vom  König  Prusias  von 
Bithynien  Hannibals  Auslieferung. 

Flaminlns,  Oajns,  232  v.  Chr.  Tribun, 
227  Prätor  In  Sicilien,  228  Konsul,  baute 
den  nach  ihm  benannten  Circus  und  die 
flaminische  Strasse  (von  Rom  durch  Etmrien 
nach  Umbrien),  217  wieder  Konsul,  vonHan- 
uibal  am  trasimen.  See  geschlagen,  fiel  das. 

Flamme,  s.  Leuchtmaterialien. 

Flammenblume,  s.  v.  a.  Phlox. 

Flammense]intzmlttel,Substanzen,welche 
auf  Geweben,  Holz  etc.  angewandt  werden, 
um  deren  leichte  Entzündung  zu  verhin- 
dern: salz-  und  kalk-  oder  thonh altige  An- 
striche auf  Holz,  Imprägniren  der  Gewebe 
mit    Salzlösungen   (wolframsaures    Natron, 


Borax,  Bittersalz,  Ammoniaksalze)  nach  d«r 
Wasche.    Vgl.  Ikitera,  ,F.S  1871. 

Flandern  (fläm.  Viaenderen,  span.  Flan- 
des),  ehemal.  niederländ.  Grafschaft,  begriff 
Theile  vom  Jetzigen  Belgien  (Prov.  Ost- 
flandern und  Westflandern),  Holland  (sUdl. 
Theil  der  Prov.  Seeland,  das  sogen.  Staats- 
flandern) und  Frankreich  (weatl.  Hälfte  der 
Depart.  Nord  und  Pas  de  Calais);  aus- 
gezeichnet durch  trefil.  Bodenkultur  und 
Industrie.  Bevölkerung  theils  germanisch 
(Flamländer),  theils  romanisch  (Wallonen). 
Hauptst.  Lille.  —  F.,  in  Deutsch-  u.  West- 
flandern zerfallend,  ward  864  als  Markgraf- 
schaft von  Karl  dem  Kahlen  an  BalUuin 
den  Eisernen  gegeben.  Balduin  IV. ,  der 
Bärtige  (988  —  1036),  erhielt  von  Kaiser 
Heinrich  H.  die  Seeland.  Inseln  zu  Lehn 
und  ward  deutscher  Reichsfürst.  Bal- 
duins  VI.  Söhne  stifteten  1070  die  flan- 
drische und  hennegauische  Linie.  Die 
flandrische  starb  aus  mit  Balduin  VII.  1120. 
Darauf  Streit  zwischen  mehreren  Präten- 
denten ,  bis  Landgraf  Dietrich  von  Elsa$s 
1128  als  Markgraf  anerkannt  ward ;  f  1168. 
Nachdem  dessen  Sohn  Philipp  1101  vor  St. 
Jean  d'Acre  ohne  Erben  gefallen  war, 
wurde  durch  dessen  Schwester  Margarethe, 
die  Gemahlin  Baldnins  VIIL  von  der  henne- 
gaulschen  Linie,  F.  und  Hennegau  wieder 
vereinigt.  Ihr  Sohn,  Balchtin  IX.,  war 
Stifter  des  latein.  KaiserthumS  au  Kon- 
stantinopel. Seine  Tochter  Margarethe  ver- 
erbte F.  an  ihren  Sohn  2.  Ehe,  Qui  Dam- 
pierre,  dessen  Urenkel ,  Xudiot'^ 'j. ,  durch 
seine  Härte  den  Aufstand  unter  Jakob  von 
Artovelde  veranlasste  und  bei  Crecy  fiel. 
Unter  seinem  Sohn  Ludwig  IL  Empörung 
der  Städte  Gent  und  Brügge.  Durch  Lud- 
wigs H.  Erbtochter,  die  Gemahlin  Philipps 
von  Burgund,  ward  1384  F.  mit  diesem 
Lande  vereinigt  und  später  dem  burgund. 
Kreise  des  deutschen  Reichs  einverleibt. 
Das  sogen.  HoUändisch-F.  kam  im  westphäl. 
Frieden  an  die  Generalstaaten,  einen  andern 
Theil  (Cambray  und  Artois)  riss  Lud  wig  XIV. 
an  sich.  1794  ward  F.  der  franz.  Republik, 
dann  dem  Kaiserreich  einverleibt,  1815  dem 
Königreich  der  Niederlande  zngetheilt,  bei 
dem  es  bis  zur  Lostrennung  Belgiens  blieb. 
Vgl.Kervjfn  v.  Lettenhoven,  ,Uist.  de  Flandre', 
1847-51;  Warnkünig,  ,Flandr.  Staats-  und 
Rechtsgeschichte  bis  1305',  1834—39,  2  Bdo. 

Flandern,   Graf  von,   seit  16.  Dec.   1840 

.Titel  des  zweitgebornen  Sohnes  des  Königs 

von  Belgien,  jetzt  Philipp,  geb.  24.  März  1857. 

Flandrin  (spr.  Flangdräng),  Jean  Büppo- 
lyte ,  franz.  Maler,  geb.  1809  zu  Lyon, 
Schüler  von  Ingres,  besuchte  Italien,  seit 
1838  in  Paris;  f  21.  März  1864  auf  der  Reise 
zu  Rom.  Grosse  Historien ,  bes.  religiösen 
Inhalts,  z.  B.  Christus  und  die  Kindlein, 
Savonarola,  Leben  des  heil. Germanus  u.a. 
Vgl.  Delabord  (1865)  und  Jannet  (1866). 

Flandrische  Inseln,  s.  v.  a.  Azoren. 

Flanell,  leinwandartiges  oder  geköpertes, 
nur  wenig  gewalktes,  einseitig  gerauhtes, 
nicht  oder  nur  einmal  geschorenes  Wollen- 
gewebe mit  Kette  ans  Kammgarn  und  Ein- 
scbuss  aus  StreicbwoUe.    Oesundheitsflandl, 


Flaniren  —  Fleisch. 


621 


H^ekoperfc,  gewalkt  QDd  gerauht.  Boy,  grober 
lockerer  F.,  gerauht,  selten  gewalkt. 

Flaniren  (fr.),  müssig  herumschlendern; 
Flaneur  (spr.  -Öhr),  Müsalggänger. 

Flanke,  die  Seite  einer  Trappe,  welche 
rechtwinklig  zur  Fronte  steht.  Bei  Linien- 
Stellung  die  schwache  Stelle,  gegen  welche 
der  Angriff  gern  gei-ichtet  wird.  Bin  Corps 
sucht  deshalb  seine  F.  anzulehnen,  oder 
durch  das  Terrain  oder  durch  Beservetrup- 
pen  zu  decken.  Bei  Kolonnen  findet  da- 
gegen eine  Entwicklung  nach  der  F.*  sehr 
leicht  durch  Einschwenken  Statt,  und  ist 
deshalb  die  F.  nicht  immer  die  schwache 
Seite.  F.  heisst  auch  die  Seite  eines  Schiffes; 
in  der  Befestigungskunst  Theil  der  Bastion, 
welcher  zwischen  Face  und  Kurtine  liegt; 
bei  Tliieren  die  nicht  von  Knochen  bedeckte 
Gegend  des  Unterleibes.  JFlankiren,  dem 
Feinde  die  F.  abgewinnen. 

Flaschenzug,  s.  Rolle. 

Flaser.  Ader  im  Holz  oder  Gestein. 

Flaserigr,  schiefriges  Gestein  mit  sehr 
unebenen  wulstigen  Spaltflächen.         [fork. 

Flathead  (spr.  FlättheddX  Fluss,  s.  Olarks- 

FlatOWy  Kreisst.  im  preuss.  Begbz.  Ma- 
rienwerder, zwischen  S  Seen,  2297  Ew. 

Flattermine,  s.  Mine. 

Flatterrnster,  s.  y.  a.  Ulmus  effusa. 

Fiatterthiere,  s.  v.  a.  Ghiroptera. 

Flatnlens  (lat.),   Blähsucht,  Blähungsbe- 

Flatns  (lat.),  Blähung.  [schwerden. 

Flau,  in  Marktberichten  Bezeiclinung, 
das3  das  Angebot  die  Nachfrage  überwiegt. 

Flanbert  (spr.  Flobär),  Chistave,  franz. 
Schriftsteller,  geb.  um  1821  zu  Ronen,  lebt 
zu  Paris;  erregte  bes.  Aufsehen  durch  den 
Roman  ,Madame  Boyary'  (1857)  u.  die  histor.- 
archäolog.  Dichtung  ,äalammb6'  (1862). 

Flautando  (ital.),  flötend,  flötenartig. 
Flauto,  Flöte  (s.  d.).     Flautone,  Bassflöte. 

Flayeseiren  (lat.),  gelblich  werden. 

Flaxman,  John,  engl.  Bildhauer,  geb.  6. 
Juli  1755  zu  York,  war  1781—87  in  Italien; 
f  9.  Dec.  1826  als  Prof.  an  der  Akademie 
zu  London.  Zahlr.  Werke,  yon  edlem  und 
reinem  Stil.  Bes.  bekannt  seine  Umrisse 
zu  Homer,  zu  Dantes  Göttl.  Komödie  und  zu 
Aeschjlus,  wie  seine  Sechs  Bitten. 

Fleblie  (ital.,  Mus.),  kläglich,  traurig. 

Fldche  (fr.,  spr.  Flehsch),  Pfeil;  im 
Festungsbau  Pfeilfeldschanze,  bestehend  aus 
zwei  unter  einem  Winkel  yon  60  — 90o  zu- 
sammenstossenden  Brustwehren. 

Flechler  (spr.  Fleschjeh),  Esprit,  franz. 
Kanzelredner,  geb.  1.  Juni  1632  zu  Pemes, 
seit  1687  Bischof  yon  Niraes;  f  ^'  Vehv. 
1710.  Bes.  berühmt  seine  ,Oraisons  fun^bres* 
(neue  Aufl.  1849) ;  ,Oeuyres  compldtes'  (1782, 
10  Bde.)..   Blogi*.  yon  Deiacroix  (1865). 

Flechse,  s.  Sehne. 

Üechsenhavt,  s.  Aponeurose. 

Siechte  (Liehen),  Allgemeinausdruck  für 
verschiedene,  besonders  chronische  Hautaus> 
schlage  (Flechtengrind)*  Die  einüAche  F. 
besteht  in  Knötchenbildnng  auf  der  Haut, 
meist  yon  kurzer  Dauer.  Sekuppenßechte,  s. 
Prurigo;  freatendeV.i  s.  Lupus;  Oürtelflechte 
(herpes  zoster),  einem  bestimmten  Neryen> 
yerlaufe  entsprechender  Bläschenausschlag. 


Flechten  (Lichenes) ,  kryptogamische 
Pflanzenfamilie  mit  krusten-,  blatt-  oder 
strauchartigem,  geschichtetem  oder  unge- 
schichtetem Thallus  aus  Fasergeflecht,  in 
welchem  grüne  oder  bläuliche  Zellen  (Oo- 
nidien)  in  besonderer  Schicht  oder  gleich- 
massig  yertheilt  liegen.  Fortpflanzung 
durch  beide  Elemente  des  Thallus:  durch 
Apotheeien,  die  aus  den  Zellfäden,  u.  durch 
Soredien,  die  aus  den  Gonidieu  hervor- 
gehen. Die  F.  erscheinen  oft  zuerst  auf 
nacktem  Gestein  und  bereiten  den  Boden 
für  höhere  Organismen.  Fintheilung:  Pilz-, 
Algenflechten ;  Byssus  • ,  Schleimiflechten ; 
Krusten-,  Laub-,  Strauchflechten.  Die  F. 
worden  wegen  ihres  Gehalts  an  Lichenin, 
Bitterstoff  und  Farbstoffen  zur  Spiritusberei- 
tung, als  Nahrungsmittel,  Arznei-  und  Farb- 
mittel etc.  benutzt.  Vgl.  De  JBary,  .Morpho- 
logie etc.',  1866;  ßabenhorst,  ,Flora',  1870. 

Fleck  9  Joh.  Friedr.  Ferdi,  her.  Schau- 
spieler, geb.  12.  Jan.  1757  zu  Breslau,  seit 
1783  am  berliner  Nationaltheater,  ward  1790 
Regisseur  das.;  t  ^'  ^^^'  l^^^l^*  Ausge- 
zeichneter Darsteller  yon  Heldenrollen. 

Flecken,  Mittelort  zwischen  Stadt  und 
Dorf  mit  einigen  Stadtrechten;  wenn  mit 
Marktrecht^  Marktflecken  genannt. 

Fledermäuse,  Familie  der  Ghiroptera.  a) 
Fruehtfreeser,  Gattung :  Flatterhund,  Vampyr, 
Rousette  (Pteropns  Briss.):  Kalong  (P.  eduJis 
Geoffr.),  15",  klaftert  5',  auf  dein  indischen 
Arcliipel,  beschädigt  die  Pflanzungen,  Fleisch 
geniessbar.  b)  Eh-ttnaaen,  Insektenfresser 
und  Blutsauger  mit  den  Gattaugen :  Blattnase 
(Phyllostoma  Geoffr.),  24  Arten  i^  Südame- 
rika, den  Heerden  lästig,  verwunden  gele- 
gentlich auch  den  Menschen;  Vampyr  (P. 
spectrum  L*),  2Va",  in  Guiana;  Sufeiaennase 
(Rhinol ophus  Geoffr,):  Grosse  H.  (R.  ferrum 
equinnm  Buff.),  2Va",  in  Mitteleuropa ;  Jbend- 
flatterer  (Yesperugo  Blas.):  grosse  Speck- 
mans  (V.  Noctula  Vaub.),  23/«",  bei  uns  ge- 
mein, wie:  Spätfliegende  F.  (V.  serotinus 
Daub.),  2V'»  Fledermaus  (Vespertilio  i.^; 
gemeine  Speckmaus  (V.  murinus  L.),  2>^". 
—  Fledermausguano,  auf  Jamaika,  in  Asien, 
Aegypten  in  Höhlen  abgelagerte  Fleder- 
mausexkremente, werden  als  kräftiger  Dün- . 
ger  yerwerthet.    Handelsartikel.      [wässer. 

Fleet,    Hauptabzugskanal    der    Binnen- 

Flegler,  s.  Flagellanten. 

Fleisch,  die  Mnskelmasse  der  Thlere, 
welche  ausser  Muskelfasern  Nerven,  Ge» 
fasse,  Bindegewebe,  Fett,  Blut  und  Fleisch- 
safl  enthält  und  aus  Muskelfaserstoff  oder 
Syntonin ,  löslichen  Eiweissstoffen ,  leim- 
gebenden Stoffen,  Fetten,  Kreatin,  Kreati- 
nin, Inositt-  und  Milchsäure,  Zucker,  Fett- 
säuren, Ghlornatrium,. Phosphaten  des  Kalis, 
Natrons,  Kalks  und  der  Magnesia,  Eisen  etc. 
besteht.  Abgesehen  yom  Fett  ist  die  quan- 
titative Zusammensetzung  des  F.es  ver- 
schiedener Thiere  sehr  gleichmässig;  Maat- 
fleisch ist  viel  ärmer  an  Wasser  als  F. 
magerer  Thiere.  Worauf  der  Geschmack 
der  Fleischsorten  beruht,  weiss  man  nicht. 
Den  grössten  Nährwerth  besitzt  das  F.  der 
Säugethiere  und  Vögel.  In  kaltem  Wasser 
verliert  F.  seine  nährenden  Bestandtheüe 


622 


Fleisch  —  Fliegen. 


und  wird  dann  beim  Kochen  zäh'  und  go- 
schmacklos.  Die  Fleischfaaer  bleibt  am 
Bartesten,  Trenn  sie  zusammen  mit  dem 
Fleischsaft  erhitzt  wird  (beim  Braten).  In 
kochendem  Wasser  gerinnt  alsbald  das 
Eiweiss  und  der  Fleischsaft  wird  im  F. 
zurückgehalten.  Der  Fleisehhandel  betrifft 
bes.  kooservirtes  V.:  stark  gekochtes  in 
Tvrlötheten  Büchsen ;  leicht  gesalzenes  und 
mit  Fett  umgossenes,  getrocknetes,  getrock- 
netes und  gemahlenes  und  mit  Fett  gemisch- 
tes (Pemmilcan),  gepökeltes  und  geräucher- 
tes etc.  Fleitchkonsum  pro  Jahr  und  Kopf : 
inPreussen  34,74  Pfd.,  Sachsen  41,67,  Baden 
50,8,  Frankreich  S9,4,  England  136,  Belgien 
84,46,  Berlin  114,  Frankfurt  159,  Wien  151, 
Paris  119,  Basel  153  Pfd. 

Fleisch,  wilde»  (Caro  Inxorians,  c.  lun- 
gosa) ,  krankhafte  Wucherung  der  bei  der 
Wundheilung  sich  bildenden  Granulationen 
(s.  d.)>  die  pilzförmig  über  die  Umgebung 
herrorragen;  wird  entfernt  durch  schwache 
Aetzmittel  (gebrannter  Alaun)  oder  durch  Ab- 

Fleischbrühe,  s.  Bouillon.        [schneiden. 

Fleizcherhand.  s.  Hund. 

Fleischextnkfy  zur  Huskonsistenz  ein- 
gedickte Fleischbrühe.  Zerhacktes  reines 
Fleisch  wird  mit  Wasser  auf  75—80*  C. 
erhitzt,  die  Brühe  wird  vom  Fett  sorgfältig 
befreit  und  dann  verdampft.  34  Pfd.  reines 
Muskelfleisch  liefern  1  Pfd.  F.  Gutes  F. 
soll  frei  Ton  Leim  sein,  13  — 29 o/o  Wasser 
und  10,5  —  81,5  mineralische  Substanzen 
enthalten.  Es  gibt,  in  Wasser  gelöst  und 
stark  gesalzen,  eine  klare  Brühe,  deren 
Geschmack  an  gebratenes  Fleisch  erinnert. 
Es  hat  nicht  den  Nährwerth  von  Fleisch, 
vergrössert  aber,  zu  vegetabil.  Kost  gesetzt, 
deren  Nährkraft  und  wirkt  im  Uebrigen 
anregend  wie  Fleischbrühe.  Wird  dar- 
gestellt in  Fray  Bentos,  Buenos  -  Ayres, 
Sydney,  Russland  etc. 

Fieischfk«(Mer9  s.  Banbthiere, 

Fleischgfilley  Auflösung  Ton  Fleiscbab- 
iällen ,  kräftiger  flüssiger  Dünger. 

Fleischliehe  Tergehev,  durch  rechts- 
widrige Befriedigung  des  Gtoschlechtstriebs 
verübte  Unzuchtsvergehen. 

Fleisehmehl,  Düngerpräparat  aus  Pferde- 
kadavem,  enthält  6,5%  Stickstoff,  SO  % 
phosphorsaure  Salze,  1,15  %  Alkalien. 

Fleischziriebaclc,  Gebäck,  welches  neben 
Getreidemehl  FJeischmehl  oder  die  Extrak- 
tivstoffe des  Fleisches  enthält,  dient  zur 
Verproviantirung  bes.  der  Truppen. 

Flektiren  (lato,  biegen,  abändern,  bes. 
ein  Wort  in  der  Endung,  s.  Flexion. 

Fieminy,  Bsvl,  Dichter,  geb.  15.  Okt.  1609 
zu  Hartenstein  in  Sachsen,  ging  1638  mit 
einer  Gesandtschaft  des  Herzogs  Friedrich 
von  Holstein  -  Gottorp  nach  Bnssland ,  1635 
nach  Persien;  f  ^«  April  1640  in  Hamburg. 
Der  bedeutendste  Lyriker  des  17.  Jahrb. 
,Teutsche  Poemata*  (1642;  neue  Ausg.  von 
Lappenberg  1865).  Biogr.  von  Varnkagon 
(»Denkmale',  Bd.  4)  und  SchmiU  (1851). 

Flemmiiig  (Fläming),  Landrücken  im  8. 
der  Mark  Brandenburg,  gegen  500'  hoch, 
Wasserscheide  zwischen  Elbe  und  Havel. 

FleiiBhvrgy  Kreisstadt  im  prenss.  Begbz. 


Schleswig,  an  der  ßenaburger  FShrde,  81,999 
Ew.    Guter  Hafen  mit  Schiffswerften;   In 
dustrie,  Handel,  SchiffTahrt  (107  Schiffe). 

Flesche,  s.  Fliehe. 

Fletcher,  John,  s.  Beaumoni. 

Fletrireii  (fr.),  brandmarken,  be8«diimpfBn. 

Flenr  (f^.,  spr.  Flöhr), Blume,  auch  bildlich. 

Flevret  (fr.,  spr.  Flöreh),  Stossrapier  mit 
kleinem  Stichblatte  (Brille)  ohne  Pariratange. 

Flewretten  (fir.,  spr.  Flö-),  Schmeicheleien ; 
Li4»bling8gedanken  eines  Komponisten. 

Fleums  (spr.  Flörü),  Flecken  in  der  belg. 
Prov.  Hennegau,  bei  Gharleroi  an  der  Siambre, 
4093  Ew.  Hier  89.  Aug.  1622  8chi€Uiht,  in 
der  sich  Herzog  Christian  von  Brannschwreig 
und  Graf  Ernst  von  Mansfeld  durch  die  Spa- 
nier nach  Holland  durchschlugen;  1.  Juli 
1690  Sieg  der  Franzosen  über  die  Kaiser- 
lichen; 86.  Juni  1794  Bieg  der  Fransoaeo 
unter  Jourdan  über  die  Gesterreicher. 

Fleiiry  (spr.  Flöri),  Andr^  HereuU  de, 
franz.  Staatsmann,  geb.  88.  Juni  16SS  zu 
Loddve,  Kardinal,  Erzieher  Ludwigs  XY., 
ward  1726  Premierminister;  f  89.  Jan.  1743. 

Flexion  (lat.)»  Beugung,  Biegung;  in  der 
Grammatik  Veränderung  der  Form  der 
Wörter  durch  Umwandlung  des  inlautenden 
Vokals  oder  durch  Anfügung  von  Endnn- 
gen  (Flexionsendungen) ,  betrifft  meist  das 
Verbum,  Substantiv,  Pronomen  und  Adjek- 
tiv« heisst  bei  ersterem  Konjugation,  bei 
den  3  letzteren  Deklination,  ilexibet,  bieg- 
sam, von  Wörtern,  die  eine  F.  haben. 

Flexor  (lat.),  Beugemuskel,  s.  MtuMn. 

Fiibnstier  (flr.,  spr.  -büstjeh),  Verbindung 
von  Seeräubern  in  den  westind.  OeWässem 
in  der  8.  Hälfte  des  17.  Jahrb.,  wahr- 
seheinl.  nach  ihren  leichten  Schiffen  (ßibou) 
benannt,  gestiftet  vornehmlich  durch  Fran- 
zosen, welche  sich  1625  der  Insel  St,  Chri- 
stoph bemächtigten  u.  span.  Schiffe  kaper- 
ten, sich  dann  seit  1630  im  Norden  der 
damals  span.  Insel  San  Domingo  nieder- 
llessen,  bes.  mit  der  Jagd  auf  verwildertes 
Blndvleh  beschäftigt  (daher  Boucanten  ge- 
nannt), und  eine  Art  Seeräuberrepnblik 
bildeten,  durch  tollkühnen  Muth  den  Spa- 
niern ftirchtbar  und  von  Frankreich ,  dann 
auch  von  England  begünstigt.  Die  Verbin- 
dung erlosch  zu  Anfimg  des  18.  Jahrb. 

FUeder,  s.  v.  a.  Sambnous  und  Syringa. 

FUedner,  Theodor  ^  protest.  Geistlieher, 
geb.  21.  Jan.  1800  zn  Epstein  im  Nassani- 
schen,  seit  1888  Pfarrer  zu  Kaiserswerth, 
gründete  1885  eine  Klelnkindersehnle  an 
Düsseldorf,  die  erste  in  Deutschland,  er- 
öffnete 18.  Okt.  1886  die  erste  Diakonissen- 
anstalt zu  Kaiserswerth,  das  Mutterhans  und 
Vorbild  zahlr.  anderer  solchen  Anstalten  in 
und  ausser  Deutschland ;  f  ^  Okt.  1864. 

Fliegen^  Insektenordnung,  s.  v.  a.  Zwei- 
flügler; dann  Familie  der  Zweiflügler  (Mus- 
cidae)  mit  mehr  als  80  europ.  Gattungen. 
Behnell-,  Mord',  Raubfliegen  (Tachina  Meig.), 
über  300  europäische,  deren  Larven  schma- 
rotzend in  andern  Insektenlarven  leben. 
Fleieehftiegen  (Sarcophaga  Meig,),  Larven 
im  Koth,  faulenden  Fleisch,  in  Geschwüren. 
Gemeinfliege  (Mnsca  L.),  Larven  ebendas. 
Stubenfliege  (M.  domestioa  li.),  j^eehfliegt, 


Fliegende  Bracke  —  Florenz. 


623 


Brummer  (H.  Tomitoria  L.),  Larven  auch 
in  frischem  Fleisch.  Die  Larven  mehrerer 
Arten  der  Gattan^  Blumenßiege  (Anthomyia 
Jlfeig.)  s^Btören  Zwiebeln  f  Kohl,  Bnnkel- 
rtiben.  Von  der  gemeinen  Käe^iege  CPio- 
pbila  oasei  L.)  lebt  die  Larve  im  K&se. 
Die  Larven  von  Chlorops-Arten  verwüsten 
Weisen  (Gicht),  Gerste  nnd  Boggen. 

Fliegende  Biileke,  s.  Brücke, 

Fliegender  Brand,  s.  v.  a.  Karfankel. 

Fliegender  Fisch  (Flug-,  Federfach), 
mehrere  Fischarten  der  Gattungen  Öacty- 
loptems  nnd  Bxocoetus,  fliegen  mit  sehr 
grossen  Brustflossen  einige  hundert  Schritte ; 
zwischen  den  Wendekreisen. 

Fliegender  Hollfinder,  nach  weitverbrei- 
teter Sage  ein  Schiffer  in  holl&nd.  Tracht 
des  17.  Jahrh.,  der  zur  Strafe  für  seine 
Sünden  auf  einem  gespensterhaften  SchiflTe 
ruhelos  auf  dem  Meere  umhersteuert,  ohne 
je  das  Ufer  erreichen  zu  können.  Von  B. 
Wagner  als  Oper  behandelt.     [FUderm&use. 

Fliegender  Huid,  s.  v.  a.  Vampyr,  s. 

Fliegender  Sommer,  s.  AUerweüberiommer. 

FUegenfklle,  s.  BioTtiäa, 

Fllegeiipspler,  mit  arseniger  Säure  ge- 
tränktes Papier,  wird  befeuchtet  und  mit 
Zucker  bestreut,  zur  Vertilgung  der  Fliegen. 

Fll^;eBieliiiipper  (MuscicXpa  L.),  Gattung 
der  Singvögel.  Grauer  F.,  6"  1.,  in  Europa 
nnd  Afrika,  Zugvogel,  April  bis  Sept.  in 
Deutschland ;  Stnbenvogel. 

FUegenseliwUBm  (Fliegea>UiJUerpiUt  Aga- 
ricus  muscarius  L.) ,  Art  der  Blätter- 
schwfimme  mit  rothem  weissgefleckten  Hut, 
überall  in  Wäldern,  sehr  giftig.  Dient  zur 
Vertreibung  der  Fliegen  nnd  Wanzen,  bei 
den  Kamtschadalen  zur  Bereitung  eines 
berauschenden  Getränkes. 

FlleÜraft.  s.  Centraibewegung. 

Fllesse  (liamutzen),  gebrannte,  oft  be- 
malte und  glasirte  Thonplatten,  zum  Be- 
legen der  Fussböden. 

Fllesspapler,  Löschpapier,  s.  Papier. 

Fliete,  Instrument  zum  Aderlassen  bei 
Thieren,  Lanzette  mit  Handgriff,  wird  durch 
einen  kleinen  Schlag  eingetrieben. 

Fllndendand,  Landstrich  an  der  Sfld- 
küste  von  Australien,  benannt  nach  seinem 
Entdecker,  H.  Flindere  (f  1814). 

Fllnfben,  Badeort  im  preuss.  Regbz. 
Liegnitz,  Kr.  Löwenberg,  727  Ew.,  mit  her. 
Sauerbrunnen. 

Flint,  Fluss  in  Georgia  (Kordamerika), 
vereinigt  sich  mit  dem  Appalachicola ;  60 
M.  1.,  bis  Albany  für  Dampfer  schifTbar. 

Fllnt,  engl.  Grafsch.  im  NO.  des  Fürsten- 
thums  Wales,  11,5  QM.  nnd  69,737  Ew.; 
treffl.  angebaut.  Die  HaupUt,  F.,  an  der 
Deemündung,  S540  Ew.  Hafen,  wichtige 
Kohlenlager,  Seebad. 

Flinte,  s.  Oewehr.  [Handfeuerwaffen. 

FUntenfltelne,  zugerichtete  Feuersteine  für 

FllAtgUs,  s.  Gla». 

Flitter,  kleine  runde  Meiallscheibchen 
mit  ^nem  Loch  in  der  Mitte,  wurden  frü- 
her zum  Putz  aufgenäht. 

Flittergold  (Knittergold,  Batuehgold),  zu 
Papierdicke  ausgeschlagenes  Messingblech. 

FloekeiilMMi  0''lo<^ll^Slum ,  Garpologia), 


Symptom  in  flel>erbaften  Krankheiten,  wo* 
bei  die  Kranken  starr  vor  sich  blicken  nnd 
mit  den  Händen  auf  dem  Bett  etwas  zu  su- 
chen scheinen;  oft  von  übler  Vorbedeutung. 

FldsM,  parallel  neben  einander  liegende 
und  mit  einander  verbundene  Holzstamme, 
dienen  als  einfachste  Fahrzeuge  oder 
Brücken  u.  bes.  zum  Transport  des  Holzes. 

Fl5te  (ital.  Flauio) ,  Holzblasinstrument, 
mit  einem  Umfong  vom  eingestrichenen  o 
oder  d  bis  zum  dreigestrichenen  h.  Die 
Flautopiceolo  (Querpfeife)  steht  eine  Oktave, 
die  Terzflöte  eine  Terz  höher. 

Flotze,  die  zum  Theil  noch  horizontal 
gelagerten  Bänke  von  Sand-,  Thon-,  Kalk- 
stein, insbes.  die  plattenförmigen  Kohlen- 
und  Erzlager  zwischen  jenen. 

Fidtzgeblrge ,  sekundäres  Gebirge,  nach 
Werner  durch  mechanische  Niederschläge 
aus  dem  Meere  gebildetes  Gestein.  Äelleres 
F.:  Steinkohlengebirge,  Todtliegendes  und 
Zechsteingebirge ;  jüngere»  F. :  bunter  Sand- 
stein, Muschelkalk,  Quadersand8tein,Kreide. 

Floh  (Pulex  L,),  Insektengattung  der 
Diptera,  entwickeln  sich  in  modernden 
Stoffen ,  schmarotzen  ,  aber  nur  die  Weib- 
chen stechen  und  sanigen  Blut.  Menachen- 
floh  (P.  irritans  L.),  auf  Menschen,  Hunden, 
Katzen,  Hühnern,  Tauben  etc.  Bnndsfloh 
(P.  penetransZ.^,  auf  Hunden,  Katzen,  auch 
auf  Menschen.  Sandfloh  (Nigua,  P.  penetrana 
L.),  im  wärmeren  Amerika,  kehr  lästig;  das 
befruchtete  Weibchen  bohrt  sich  in  die  Haut, 
bes.  der  Zehen  des  Menschen. 

Flohkrebse  (Amphipiida) ,  Familie  der 
Bingelkrebse.  Flueegameele  (Gammäinis  fos- 
sarum  Koch),  6'**t  und  Brurmenkrebe  (G. 
puteanns  Koch),  &*\  in  Gräben  nnd  Brun- 
nen; Meerfloh  (Talitrus  locusta  PaU.),  6'", 
an  der  Nordseeküste  auf  Tangen. 

Flor  (lat.),  Blüthezeit;  Wohlstand. 

Flor,  loses  gitterartiges,  seidenes,  baum- 
wollenes, leinenes,  wollenes  Gewebe. 

Flor»  (lat.),  bei  den  Böraem  Göttin  der 
Blumen,  Frühlingsgöttin,  identiflcirt  mit 
der  griech.  CMoris;  Gesammtheit  der  in 
einem  bestimmten  Gebiete  wild  wachsenden 
Pflanzen  nnd  Verzeichniss  derselben. 

Fler^l,  im  franz.  republik.  Kalender  der 
Blüthenmonat,  vom  20.  April  bis  19.  Mai. 

FlorSn,  s.  Oulden. 

Florenee  (fr.,  spr.  -angs),  taffetähnliches 
Seidengewebe  mit  starkem  Glanz. 

Florentiner  FlMche,  Flasche  mit  vom 
Boden  scliwanenlialsförmtg  aufsteigendem 
Bohr,  dient  bei  der  Destillation  äther.  Oele 
zur  Trennung  ders.  von  dem  schwereren, 
durch  das  Bohr  abfliessenden  Wasser. 

FlorentlBerlackClTamM'nlacJk^.Verblndnng 
von  Karmin  mit  Thonerde,  Malerfitrbe. 

FlorentinerSl,  feines  Baumöl,  Speiseöl. 

Florens  (ital.  Fireme) ,  ital.  Provinz, 
106,4  QM.  und  696,214  Ew.  —  Die  SauptH. 
F.  (mit  dem  Beinunen  La  Belia,  die  Schöne), 
bis  1859  Hauptstadt  des  Grossherzogthums 
Toskana,  seit  11.  Dec.  1864  des  Königreichs 
Italien  und  Besidenz  des  Königs ,  in  reisen- 
der Lage  zu  beiden  Seiten  des  Arno,  über 
den  4  Brücken  führen,  (1870)  194,001  Ew. 
3  prachtvolle  Pl&tM  (Plan»  Sta.  Oroce  mX% 


624 


Flores  Antimonii  —  Flügelfell. 


dem  Stondbilde  Dantes  seit  1865,  Gran 
Ducale,  Domplatz);  Hauptstrasse  der  Corso 
(1  8t-.  1.).  Bemerkenswerthe  Gebände:  der 
Dom  (roman.)t  die  Kirchen  Santa  Oroce,  Sta. 
Huia  Noyella ,  il  Battisterio  (im  Gänsen 
17S  Kirchen);  Palast  Pitti  (mit  her.  Ge- 
mäldesammlung, darunter  die  grössten 
Malerwerke  der  klass.  Periode),  Palazzo 
veccbio  (330'  hoher  Tburm  mit  der  alten 
Bürgerglocke) ,  der  grossartlge  Palazzo 
degli  Uffizi  (1574  von  Vasari  erbaut,  mit 
reichem  Archiv  und  der  weltberühmten,  an 
autlken  Gemälden  und  Kunstschätzen  aller 
Art  reichen  mediceischen  Gallerie).  Uni- 
versität (seit  14S8),  Konservatorium  der 
Musik,  Accademia  della  Omsca  n.  a.,  zahl- 
reiche Bibliotheken  und  Kunstsammlungen. 
Industrie,  bes.  in  Marmorarbeiten  u.  Seiden- 
weberei. —  Im  Mittelalter  (bes.  seit  der  Zer- 
störung von  Fiesole  im  11.  Jabrh.)  trotz 
endloser  Kämpfe  im  Innern  u.  nach  aussen 
blühende  Republik,  deren  Macht  u.  Reich- 
thum  yon  Tag  zu  Tag  wuchs;  unter  dem 
Einflüsse  der  Mediceer  (bes.  Cosimo  des 
Aeltem  u.  Lorenzo  des  Prächtigen)  Pflanz- 
scliule  für  Wissenschaften  und  Künste.  1531 
Belagerung  und  Einnahme  der  Stadt  durch 
Karl  y. ,  der  Alessandro  Medici  zum  Her- 
sog von  F.  machte.    S.  Toskana. 

Flores  Antlmonü,  durch  Verbrennung 
von  Antimon  gewouuenes  (unreines)  Anti- 
inonoxyd;  Arzneimittel. 

FIoreBcenz(lat.),Blüthen8tand,Blüthezeit. 

Flores  Zinci  (Lana  philosophorum),  durch 
Verbrennung  von  Zink  gewonnenes  Zink- 
oxyd; Arzneimittel,  b.  2ink. 

Floret  (Florelieide,  Flockseide,  Filoseüe, 
Strazie),  das  rauhe,  die  Cocons  umgebende 
Gospinnst,  wird  nicht  abgehaspelt,  sondern 
wie  Baumwolle  zu  I^antasiegarn ,  Bchappe 
verarbeitet,  welches  weniger  feine  und 
glänzende  Gewebe  liefert  als  gute  Seide. 

Florian  (spr.  Florjang),  Jean  Pierre  Clari$ 
de,  franz.  Schriftsteller,  geb.  6.  März  1755 
auf  dem  Schlosse  Florian  in  Languedoc, 
seit  1788  Mitglied  der  Akademie;  f  13.  Sept. 
1794  zu  Sceaux.  Bekannt  bes.  durch  seine 
,Fables<  (1792)  und  die  Romane  ,Numa 
Pompilius*  und  ,6uillaume  Teil*. ,  .Oeuvres* 
(1784—1807,  24  Bde.).  [Zustand. 

Florid  (lat.),  blumig;  Floridiiät,  blühender 

Florida,  der  südlichste  der  Freistaaten 
von  Nordamerika,  Halbinsel  zwischen  dem 
atlant.  Oceau  und  dem  Golf  von  Mexiko, 
3788  QM.  und  (1870)  189,995  Bw.;  Boden 
flach  und  wohl  bewässert,  im  S.  weite 
Sumpfebenen  (Eoergladea),  in  der  Mitte  am 
produktivsten.  Um  die  Südküste  zieht  eine 
Kette  kleiner  Keys  (Korallenfelsen,  dar- 
unter Kejf'Wett,  Jetzt  wichtiger  Seeplatz); 
südl.  davor  das  Floridariff,  eine  Korallen- 
bank. Produkte  tropisch ;  Exportartikel  : 
Holz,  Baumwolle,  Tabak,  Fische ;  Fabrika- 
tion und  geistige  Kultur  unbedeutend.  Im 
Kongress  durch  1  Repräsentanten  vertreten. 
39  Gounties.  Hauptst.  Tallahnssee.  Früher 
im  Besitz  von  Spanien ,  das  1819  das  Land 
an  die  Union  abtrat;  1822  als  Unionsgebiet 
onranlsirt,  seit  1845  selbständig;  trat  Febr. 
1861  der  Konföderation  der  Südstaaten  bei. 


Flortlegiuiu  (lat.),  s.  t.  a.  Anthologie. 

Fiorln,  s.  v.  a.  Floren ,  s.  Gulden. 

Florlren  (lat.),  blühen;  in  guten  Um- 
ständen sich  befinden. 

Florls  (Mangarai) ,  eine  der  kleinen 
Sundainseln,  durch  die  Floriattrasse  Ton  Solor 
getrennt,  360  QM.,  zum  Theil  den  Nieder- 
landen tributpflichtig. 

Florus,  Luciua  Annchu  oder  JuliuB,  röm. 
Geschichtschreiber,  gewöhnl.in  da82.  Jahrh. 
n.  phr.  gesetzt,  Verf.  eines  ,Epitome  rernm 
Romanorum',  eines  gedrängten  Abrisses  der 
röm.  Gesch.  Ton  der  Gründung  Roms  bis 
zu  Augustus;  herausg.  Ton  O.  Jakn  (1852) 
und  Halm  (1854).  Vgl.  ßtiber,  ,Da8  Ge- 
schichtswerk des  F.<,  1865. 

Flos  und  Blancflog,  altfranz.  Liiebessage, 
die  Verkörperung  der  Rose  und  Lilie  (alle- 
gorisch der  Liebe  und  Unschuld)  darstel- 
lend; Ton  den  Dichtem  des  Mittelalters 
mehrfach  behandelt,  deutsch  von  Konnid  von 
Flecke  um  1280  (herausg.  von  Sommer  1845). 

Floskel  (lat.),  Blümchen,  Redeblümcben. 

FloBsensaiif  ethiere,  s.  Bohben. 

FloBsfedern,  Flossen,  s.  Fische. 

Flotow,  Friedrieh,  Freiherr  von,  Opem- 
komponist,  geb.  27.  April  1812  zu  Renten- 
dorf in  Mecklenburg,  Schüler  von  Reicha, 
1856  —  63  Generalintendant  der  Musik  in 
Schwerin,  ging  dann  nach.  Paris,  lebt  ab- 
wechselnd hier  und  auf  seinen  G&tem* 
Beliebteste  Werke:  ,Stradella'  u.  ,Martha*; 
ausserdem  ,Indra*,  ,RübezahlS  ,HilanS 
,L'Ombri*  etc. ;  Jnbelou  verture  m.  Fackeltanz. 

Flottbeck,  Gut  in  Holstein,  bei  Altona; 
gr.  Parkaulagen  mit  der  her.  Baumschule 
UDi^  Kunstgärtnerei  von  Booth  (s.  d.). 

Flotte,  eine  Anzahl  unter  gemeiuschaftl. 
Befehlshaber  vereinigter  Schiffe;  die  ge- 
sain mte  Seemacht  eines  Staates.  Kriege- 
und  Handels-  oder  Kauffahrteiflotteu. 

Flottille,  Geschwader,  Kriegsflotte  von 
weniger  als  18  Schiffen. 

Flottireii,  schwankend,  unstat  sich  be- 
wegen, bes.  von  Schiffen,  welche  keinen 
festen  Kurs  steuern. 

Fluchtige  Oele,  s.  v.  a.  ätherische  Oele. 

Flfichtigkeit,  die  Fähigkeit  eines  Kör- 
pers,  unter  gewissen  Bedingungen  Qas- 
gestalt  anzunehmen. 

Flfie,  Nikolaus  von  der,  der  Heilige,  als 
Einsiedler  Bruder  Klaus  genannt,  geb.  1417 
zu  Saxeln  in  Unterwaiden,  erst  Krieger, 
dann  Landrath,  lebte  seit  1467  als  £remit, 
vermittelte  die  Annahme  des  sogen.  Ver- 
kommniss  zu  Stanz  vom  22.  Dec.  1481  als 
Grundgesetzes  und  verhütete  so  die  Tren- 
nung des  Schweizerbundes ;  f  ^*  Hai  1487, 
1671  kanonisirt.    Biogr.  von  Businger  (1827). 

Flüelen,  Dorf  im  Kant.  Uri,  am  Südende 
des  Vierwaldstättersees ,  nahe  der  Reuss- 
mündung, 600  Ew.;  Iiandungsplats  der 
Dampfer.    Unfern  die  Teilkapelle. 

Fliievogel,  s.  Braunelle^ 

FlügeleicAel,  s.  v.  a.  Dryobalanops. 

Flfigelfell  (Pterygium.  Augenfiuge^fdi), 
dreieckige,  vom  inneren  Augenwinkel  nach 
der  Hornhaut  reichende  häutige,  mit  Aeder- 
chen  durchzogene  Auflagerung  der  Binde* 
haut  des  Auges;  beeinträchtigt  das  Sehen, 


nüvfilmicht,  B.  V.  a,  PterooKrpuB 

Flüsalgk«»,  durjeiite«  auat&nd  d. 

por,   In  welchem   [hra  Theilchen  i 

Ulcbt  Ihra  gegomeltlge  Lagt  «ndot, 


ügelfrucht  —  Förater. 

Flnor  n.  1  Atq.  t 


FlöMlgkcItniHi : 


r  eluUKh.' 


Fim,t(FliUKhiff,  Finkt).  groii«  fluche 

rund,  tragt  bii  MO  Loaten.' 
PlDSbriBd,  ■.  Brand. 
FlagtatT,  a.  t.  a.  Kothluif.  [Saud 

Flaguid,  loclnrer,  vom  Wind  hewsKlci 
Flnguhlff,  1.  V.  a.  BripiaHDe. 

■Leb  im  FInaaBpalli.  Kryftlltli,  Amphibol,  li 


foiblBen  Schlrnmer,  welchsr  TQD  d< 
dei  auffallend  an  LIcliti  abweicht, 
nibt  anf  oinor  Abändernng  der  Wel! 

FIbotUcmI  (EiatlnprrfuoTÜ),  t 


Wasser  .  Krbl  Laokmaiipapler  rot! 
Klftls,  iDit  EiaaeJerd«  Dod  Qlas,  b 


L.),    Qatlnng 

ASip/erJ 

(H.    amphlbfUB 

;■;.  1 

kfrikai. 

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Dieaibar,  Haut 

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•••i'Ä. 

FödernUOB  (Int.).  Bond.    fMiTalinLna, 
BandeiiCaal.    FSderirU,  Verbendetn. 
FBhB,  elgsnibümitchsr  warmer  Büdwind 

Vgl.  Dom,  ,ElsiBll,  r.  nnd  Si^rocco',  1967; 
,D«r  ichwalEer  F.',  1968. 

Föhi  (FShrilt),  Inael  In  dar  Nordaae,  an 
der  achleBwIgachen  Enate,  1,6  QM.  nnd 
taoo  Ew.    Hauptort  Wyk. 

Föfere,  I.  T.  a,  Elefer.  FIddi  gylTeBtrii. 

FSnlcSlam  Biiffm.  (Fmekii),  Pflamen^l- 
tang   der  ümbeUiferen.    r.  ofBcinale  AU.. 

liBliiTlrC,   liefert  den   ofncinellen  Fencbel- 

FSrdemng,  a.  Bergbau. 

FSriMt,  1)  Frit4rith,  hiitor.  SchriOstelter, 


626 


Fötus  —  Fontenay. 


geb.  84.  Sept.  1791  sv  MünohengoBsent&dt, 
trat  1818  mit  Tb.  Körner  in  das  Ifitzowsche 
Freicorps ,  ward  dann  lj«hrer  an  der  Ar- 
tülerieschule  sn  Berlin,  1817  wegen  sogen, 
demagog.  Umtriebe  entlassen,  1829  mit  dem 
TitelHofrath am königl. Museum  angestellt; 
t  8.  Not.  1888.  Hauptwerke:  »Leben  und 
Tbaten  Friedr. d. Gr.'  (3.  Aufl.  1849,  8 Bde.); 
jFriedr.  Wilh.  der  grosse  Kurfürst'  (4.  Aufl. 
1855);  »Friedr.  d.  Gr.  als  Menscb,  Regent 
und  Feldherr'  (4.  Aufl.  1860) ;  »Neuere  prenss. 
und  deutsche  Geschiehte^  (5.  Aufl.  1866  f., 
9  Bde.);  »Geschichte  der  Befreiungskriege 
181S»  1814  und  1815'  (7.  Aufl.  1865»  S  Bde.); 
»Gedichte'  (1838,  2  Bde.)  u.  A.  —  9)  Ernst 
Joachim,  Knnstschriftsteller»  Bruder  des 
Vor.»  geb.  8.  April  1800  zu  Mfinchengosser- 
stfidt»  widmete  sich  zu  Mnncl^en  unter 
Cornelius  der  Halerei»  später  kunstgesdilcht- 
lichen  Forschungen.  Hauptwerk:  »Gesch. 
der  deutschen  Kunst*  (1851—60,  5  Bde.); 
ausserdem:  »Denkmale  der  deutschen  Bau- 
kunst» Bildnerei  und  Malerei'  (1866—69»  19 
Bde.);  »Vorschule  zur  Kunstgeschichte' 
(1862) ;  »Gedichte'  (1854) ;  »Reise  nach  Belgien, 
Paris  und  Burgund'  (1864);  »Geschichte  der 
ital.  Kunst'  (1870»  9  Bde.);  ,Raphael'  (1869» 
9  Bde.).  Sehr,  auch  ReisebUcher  über  »Ita- 
lien' (8.  Aufl.  1865),  »Deutschland'  (2.  Aufl. 
1852).  —  8)  Heinrichp  Fürstbischof  yon  Bres- 
lau, geb.  24.  Not.  1800  ni  Grossglogau,  ward 
1837  Domherr  ku  Breslau»  1844  u.  1848  ent- 
schiedener Vorkämpfer  des  röm.  -  kathol. 
Kircbenthums»  seit  19.  Mai  1853  Fürstbischof 
von  Breslau.  Sehr.  »Lebensbild  Diepen- 
brocks'  (2.  Aufl.  1859);  »Die  Christi.  Familie' 
(4.  Aufl.  1854)  n.  A. 

IKtnt  (Fetus»  lat.)»  die  menschl.  Frucht 
von  der  Zeit  der  Mutterkuohenentwicklung 
bis  2ur  Lebensfähigkeit,  also  von  Beginn 
des  4.  Schwangerschaitmonates  bis   2um  8. 

Foggla  (spr.  Foddscha) »  Hauptstadt  der 
unterital.  ProT.  Oapitanata»  am  GerTaro, 
82,493  Ew.  Handel  (8.— 20.  Mai  ber.  Messe). 

FogUettO  (ital.»  spr.  FolJ-,  Mus.),  die 
erste  Violinstfmme »  in  welche  die  Soli  der 
übrigen  Stimmen  mit  eingetragen  stehen. 

Foldy  ohines.  Heros,  halbmyth.  Person» 
lebte  nach  chines.  Angaben  zwischen  8468— 
9959  v.  Ohr.,  Brflnder  der  Künste  und 
Wissenschaften  und  erster  Gesetzgeber  der 
menschlichen  Gesellschaft. 

Foix  (spr.  F5ah)»  Hauptsi.  der  ehemal. 
franz.  Orc^fseh.  F.,  jetzt  das  Depart.  Ari^ge, 
amFusse  der  Pyrenäen  und  an  der  Aridge» 
6746  Ew.    Altes  Schloss. 

Fo-kien^  chin.  ProTiuz,  S.  Fu-kian, 

Foksehan«  Stadt  in  Rumänien,  durch  die 
Milkow  in  9  Theile  getheilt,  Ton  denen  der 
westl.  zur  Walachei,  der  östliche  zur  Moldau 
gehört,  90,000  Ew.;  Sitz  der  Oentralkom- 
mission  der  Donaufürsteuthümer. 

Foliant 9  Buch  in  Folio,  d.  i.  in  halber 
Bogenform.  (Bäume. 

Folimtloii    (lat.),    das    Ausschlagen   der 

Folie  9  in  dünne  Blätter  geschlagenes 
Metall,  Blattgold,  Blattsilber,  s.  Goldsehlä- 
gerei;  Zinnfolie»  s.  v.  a.  Stanniol.  F.  figür- 
lich etwas,  was,  eiu^  Sache  als  Unterlage 
dienend,  ihr  höheren  Glanz  geben  soll. 


FoUgno  (iror. -injo),  Stadt  in  der  ital.  Prov. 
Umbrien,  7890 Ew.;  28.  Jan.  1888 durch  Erd- 
beben fast  ganz  zerstört.  Madonna  di  F., 
von  Raphael,  jetzt  im  Vatilum  EU  Rom. 

Foliam  (lat.), Blatt;  Blattseite  eines  Buchs; 
Folio,  auf  der  und  der  Blattseite;  foUiren, 
die  Blattseite  beziffern. 

Folkestoiiey  Seestadt  in  der  engl.  Grafscfa. 
Kent,  8500  Ew.   Ueberfahrt  nach  Boalogne. 

FolkethiBg  (dän.,  Volksthing)»  Reichstag. 

Folkunger,  schwed.  Herrschei^schlecht, 
von  Waldemar  1250  bis  Magnus  n.  1374. 

Folkwangr,  in  der  nord.  Mythologie  der 
Palast  Freyrs  in  Walhalla. 

Follicolus  (lat.,  FoUikd),  Schlauch,  in  der 
Anatomie  bes.  Name  kleiner,  in  Schleim- 
häuten und  Lymphdrüsen  gelegener  abge- 
grenzten Häufchen»  die,  ans  zartem  Binde- 
gewebe und  Zellen  bestehend ,  sich  durch 
Entzündung  und  Infiltration  Tergrössem 
u.  in  Folliknlargeaehumlste  übergehen  können. 

Folter,  S.  Tortur, 

FoltZy  Fhü.,  Historienmaler»  geb.  1805  zu 
Bingen,  bildete  sich  unter  Cornelius  in  Mün- 
chen, 1835—38  in  Italien»  seitdem  Prof.  an 
der  Akademie  zu  München.  Hauptwerke : 
des  Sängers  Fluch,  Barbarossa  Tor  Heinrich 
dem  Löwen  sich  demuthigend»  Kaiser  Sig- 
mund etc.;  auch  Genrebilder  (bes.  ans  dor 
Alpenwelt).  —  Sein  Bruder  Ludwig  F.,  geb. 
1809, 1 1867,  namhafter  Architekt  u.  Bildhauer. 

Fomeilt.  warmer  Umschlag,  Bähung. 

Fond  (fr.,  spr.  Fong),  Grundlage;  der 
innere  Raum  einer  Kutsche;  Fonds,  das  einem 
Unternehmen  zu  Grunde  liegende  Kapital; 
tiffentliche  F,,  in  Grossbritannien  vorzugs- 
weise diejenigen  Staatseinnahmen,  welche 
bei  Staatsanleihen  behufs  der  Tilgung  der 
Zinsen  und  des  Kapitals  überwiesen  zu  wer- 
den pflegen;  auch  die  Staatsschuldscheine 
selbst  ;_daher  Fonds-  und  EffektengeschäfL 

FoHseeabal,   Bucht  des  stillen  Oceans  an 
der  Küste  Ton  Centralamerika ;  durch  Eisen 
balin  mit  Puerto  Caballos  am  Golf  Ton  Hon- 
duras verbunden.  fbi^tmnen. 

Fontaine   (fr.,    spr.   Fongtähn),   Spring- 

Fontainebleau  (spr.  Fongtänbloh) ,  Stadt 
im  franz.  Depart.  Seine  und  Marne »  links 
Ton  der  Seine  in  einem  berühmten  Walde; 
10,787  Ew.  ffistorisch  merkwürdiges  SeJdost 
(bereits  im  12.  Jabrh.  Torhanden;  hier  22. 
Juni  1815  Abdikation  Napoleons  I. 

Fölitaiielle.  in  der  Anatomie  die  4  häutiges 
(weichen)  Stellen  des  Schädeldachs,  durch  das 
Zusammentreffen  mehrerer  Scbädelknochen 
gebildet.  Die  grosse  F.,  in  der  Mitte  zwischen 
dem  Stirnbein  und  den  Seitenbeinen  ge- 
legen» schliesst  sich  erst  im  2.  Lebensjahre. 
In  der  Ohirurgie  (Fonticulns)  ein  meist  am 
Arme  gemachter  Einschnitt»  den  man  durch 
hineingelegte  Erbsen  oder  verschiedene 
Reizmittel  beständig  in  Eiterung  hält. 

FoBtanges  (spr.  Fongtangsch) ,  Marie 
AngÜigue  de  Scoraiüe  de  ItoussiUe,  fferxogin 
von,  Geliebte  Ludwigs  XIV.,  geb.  1661»  ward 
Ehrendame  der  Königin -Mutter ;  f  28.  Juni 
1681.  Von  ihr  führt  ein  Kopf)putz  den  Namen. 

Fontenay  (spr.  Fongtnäh),  Dorf  im  franz. 

Dep.'irt.  Yonne;   25.    Juni  841  Schlacht  tvfi- 

I  sehen  den  Söhnen  Ludwigs  des  Frommen, 


Fontenoy  —  Formsand. 


627 


welche   den   TheilungsTertrag  zii   Yerdun 
(843)  zur  Folge  hatte. 

Fontenof  (spr.  FongtoSa),  Dorf  in  der 
belg.  Prov.  Heimegil«,  800 Ew.;  11.  Mai  1745 
Sieg  der  Franssosea  unter  dem  Marschall 
von  Sachsen  über  die  Engländern.  Oester- 
reicher  unter  dem  Herzog  von  Cumberland. 

Fontevraad  (Fontevrault,  spr.  Fo&gtwroh), 
Stadt  im  franz.  Depart.  Maine  und  Loire, 
sudöstl.  von  Saumur,  850 Ew.;  Korrektions- 
anstalt, bis  1790  Stammsitz  eines  Kloster- 
ordens (Orden  von  F.)  für  gefallene  Mädchen. 

Foote  (spr.  Fuht),  8cm.,  engl.  Komiker 
und  Lustspieldichter,  geb.  1709  in  Com- 
wallis,  Zeitgenosse  aarricks;  f  &!•  Okt.  1777 
zu  Dover;  bes.  beliebt  durch  seine  satir. 
Possen.    Werke  (1788,  4  Bde.  und  öfter). 

Forimeii  (lat.).  Loch,  Oeflhnng. 

Foraminifers,  s.  Shizopoda. 

Forbach,  1)  Kreisstadt  in  Deutsch-Lothrin- 
gen, dicht  an  derpreuss.  Grenze,  4860  Ew. ; 
6.  Aug.  1870  nach  der  Schlacht  bei  Saar- 
brücken von  den  Deutschen  genommen.  —  2) 
Dorf  im  bad.  Kr.  Baden,  1358  Ew.,  der 
reizendste  Punkt  des  Murgthals. 

Force  (fr.,  spr.  Fors),  Stärke,  Macht; 
forciren,  erzwingen,  mit  Gewalt  durchsetzen; 
forcirte  Märsche,  Ellmärsche. 

Forcellini  (spr.  -tschellini),  Egidio ,  ital. 
Philolog,  geb.  26.  Aug.  1688,  Professor  am 
Seminar  zu  Padua;  f  das.  4.  April  1768. 
Sehr.  ,Totius  latinitatis  lexicon'  (1771, 4Bde.), 
die  Grundlage  aller  späteren  grösseren  lat. 
Wörterbücher;  neue  Aufl.  von  Corradini 
(1859  f.)  und  De  Vit  (1860  f.). 

Forehhammer,  JPtter  Wüh.,  Alterthums- 
forscher,  geb.  1803  zu  Husum,  seit  1887  Prof . 
zu  Kiel.  Sehr.  ,Hellenika'  (Bd.  1,  1837); 
,Die  Athener  und  Socrates*  (1837) ;  ,Topo- 
graphie  von  Athen*  (1841);  ,Die  cyklop. 
Mauern'  (1847);  .Beschreibung  der  Ebene 
von  Troja*  (mit  Karte  von  SpraU  1850); 
,  Achill*  (1S53);  ,Topographia  Thebarum 
heptapylanim*  (1854);  ,Halkyonia*  (1867}; 
,UeberdieReinheit  der  Baukunst*  (1856)  u.  A. 

ForcMieim,  befest.  Stadt  Im  bayer.  Regbz. 
Oberfranken,  an  der  Begoitz,  4609  Ew.  Be- 
reits im  8.  Jahrh.  karoling.  Pfalz  (Foraheim), 
später  Sitz  mehrerer  Beichstage;  gehörte 
1017—1802  zum  Fnrstenthum  Bamberg. 

Forden,  Stadt  im  preuss.  Regbz.  und  Kr. 
Bromberg,  an  der  Weichsel,  7955  Ew. 

Foretgii  offlee  (engl.,  bpr.  Forin  oflßs), 
das  Fremdenbureau  in  London.  Foreign  de- 
partment,  das  Ministerium  des  Auswärtigen. 

Forelle,  Käme  einiger  Arten  der  Gattung 
Salmo  (Lachs).  Gemeine,  fPeich-,  Baeh-, 
Stein-,  Wdldforaie  (S.  fhrio  L.},  1—1  Va',  in 
klaren  Gebirgsbächen  Mitteleuropas,  mit 
sehr  zartem  Fleisch.  Bothe  F.,  Saibling, 
BÜthelein  (S.  salvelinus  L.),  1—3',  in  den 
Alpenseen.  Ebenso  Seeforelle  (S.  lacustris 
L.),  85—30  Pfd.  schwer,  wandert  aus  den 
Seen  in  die  Flüsse.  Laeh»' ,  Meerforelle 
(S.  tmttaZ.^,  10—80  Pfd.  schwer,  steigt  ans 
der  Ost-  und  Nordsee  in  die  Flüsse. 

Forelleasteln,  gestreifter,  wolkiger  oder 
geflammter  Alabaster. 

ForensM  (lat.).  Auswärtige,  Fremde,  bes. 
solchoi  die  im  Inlande  Grundstücke  besitzen. 


Foref,  mie  Fr6d4rie,  firanz.  General,  geb. 
10.  Juni  1804  zu  Paris,  focht  in  Algerien, 
ward  1844  Oberst,  unterstützte  Ludwig 
Napoleon  beim  Staatsstreich  vom  2.  Dec. 
1851,  befehligte  afls  Divisionsgeneral  die  4. 
Division  der  orient.  Armee  vor  Sebastopol, 
focht  im  ital.  Krieg  1859  bei  Montebello, 
Melegnano  und  Solferino,  ward  Senator,  Juli 
1862  Oberbefehlshaber  der  Truppen  in  Me- 
xiko, zwang  Puebla  zur  Uebergabe,  zog  in 
Mexiko  ein,  kehrte,  zum  Marschall  ernannt, 
Okt.  1866  nach  Frankreich  zurück. 

Forei  (spr.  -reh),  alte  li*anz.  Landsch., 
der  nördl.  Theil  des  Depart.  Loire,  erfüllt 
vom  Foreggebirge,  zwischen  Loire  u.  Allier, 
bis  5030'  hoch. 

Forfkr  (spr.  Fahrfär,  Angus),  Grafsch.  in 
Mittelschottland,  41,7  QM.  und  204,485  Ew. 
Die  Haupt$t.  F.,  im  Strathmorethale,  9258  Ew. 

Forkel,  Joh,  Nikol.,  Mnsikgelehrter,  geb. 
22.  Febr.  1749  zu  Meeder  bei  Koburg;  f  17. 
März  1818  als  akadem.  Musikdirektor  zu 
Göttingen,  Hauptwerke :  ,Allgem.  Geschichte 
der  Musik*  (1788— 1801,  2  Bde.,  unvollendet), 
,S.  Bachs  Leben*  (1802). 

Forll,  mittelital.  Provinz  der  Emilia,  33,7 
QM.  und  224,463  Ew.  Die  Hauptst.  F.,  an 
der  Ronca,  17,723  Ew.    Kathedrale. 

Form,  Gestalt,  in  der  ein  Objekt  sich 
darstellt,  im  Gegensatz  zu  Stoff  und  Materie. 
Formal  oder/ormel{,  was  sich  auf  die  F. 
bezieht.  FormaUen  oder  FormalitiUen,  Förm- 
lichkeiten, nicht  wesentliche  Dinge.  F*tr- 
maliamus.  Festhalten  an  der  äusseren  Form 
mit  Uebersehen  des  inneren  Gehalts.  For- 
mein,  für  bes.  Fälle  vorgeschriebene  oder 
durch  den  Gebrauch  eingeführte  Worte  und 
Redensarten;  in  der  Mathematik  allgem. 
Buchstabenansdrücke  für  den  Werth  einer 
Grösse,  woraus  die  Regel  für  Berechnung 
ders.  sich  ergibt.  Formular,  Vorschrift, 
nach  welcher  Gesohäftsauföätze  abgefasst 
werden  sollen;  formHliren,  in  einen  be- 
stimmten Ausdruck  lassen.  Formenlehre, 
Theil  der  Grammatik,  Lelire  von  der  Flexion 
der  Wörter ;  auch  s.  v.  a.  geometrische  An- 
schauungslehre, [und  Breite. 

Format.  Buchform  in  Beziehung  auf  Höhe 

Formation  (lat.),  Bildung,  (Gestaltung; 
Truppen  auf  Stellung;  Gesammtheit  v.  gleich- 
zeitig, in  derselben  Epoche  entstandenen  Ote- 
Steinsbildungen;  s.  Qebirggformation. 

Formeln,  chemische,  s.  Chemische  Zeichen. 

Fonntft  (a.  G.),  reizender  Ort  iuLatium, 
am  Golf  vonGaSta,  mit  vielen  Villen  reicher 
Römer,  z.  B.  dem  Formiamum  des  Oicero. 

Formioa  (lat.),  Ameise. 

Formldabel  (fk*.),  lUrchtbar. 

Formlkatlon  (lat.),  s.  Ameisenkriechen, 

Formimng  (lat.),  Truppenaufstellung. 

Formoa(lat.),  schön;  Formosttät,  Schönheit. 

FormSsa  (chines.  Thaiwan,  Pekan),  Insel 
an  der  südöstl.  Küste  von  China,  vom  Fest- 
lande durch  die  Strasse  von  F.  getrennt, 
700  QM.  mit  über  2  Mill.  Ew.  Eine  Gebirgs- 
kette (mit  vulkan.  Gipfeln  von  12,000' Höhe) 
scheidet  den  westl.  (chines.)  Theil  vom 
östl.  (Ureinwohner).    Hanptst.  Thaiwan. 

Fomiösius.  Papst  891-806. 

Formsand,  s.  Eisengiesserei. 

40* 


628 


Formsclineidekaust  —  Fossil. 


FonmeliBeidekwiit)  die  Kunst,  avfHolx- 
iafeln  erhabene  Muster  znm  Abdruck  auf 
Gewebe,  Wachstuch,  Tapeten  etc.  ausEU- 
schneiden.  [fomul. 

Formfila  eoneordiae  (lat),  s.  Konkordien' 

FornnlEr^  s.  Form. 

Formyl,  Radikal,  i.  3fethfß, 

Fomieuia  (lat.),  Freudenmädchen. 

Font)  Dorf  in  der  bayer.  Rheinp&ls, 
«wischen  Dürkheimu.  Deldesheim,  673  £w.; 
ber.  Weinbau  (Fortter). 

ForBtakademie,  öffentliche  Lehranstalt, 
in  welcher  die  Forstwissenschaft  in  ihrem 
fCanaen  Umfang  gelehrt  wird.  Die  ersten 
Anstalten  dieser  Ar^  waren  mehr  Privat- 
als  fitaatsanstalten.  Die  erste  öffentliche  war 
die  1770  tob  Gleditsch  in  Berlin  gegründete. 
Eine  Verbindung  der  Theorie  und  Praxis 
bezwecken  das  Forstinstitut  bu  Hohenheim 
(seit  1783)  und  die  Forstlehranstalten  eu  Kiel 
(seit  1785),  Freibnrg  im  Breisgau  (seit  1787), 
Dreissigacker  im  S.-Meiningi  sehen  (1801— 43), 
Marlabrnnn  bei  Wien  (seit  1814) ,  Tharand 
(seit  1816)  u.  a.  Höhere  Forstlehranstalten 
bestehen  gegenwärtig  in  Deutschland  eu 
Neustadt-Eberswalde,  Mariabrunn,  Aschaf- 
fenbnrg,  Aussee  in  Mähren  und  in  Eisenach. 
Die  EU  Tharand  und  Hohenheim  sind  mit 
einer  landwirthschaftl.  Lehranstalt,  die  zu 
Karlsruhe  und  Braunschweig  mit  einer  po- 
lytechnischen Schule  verbunden.  Auch  mit 
derUni-versitätOiessen  ist  eineF.yerbunden. 

Font«)  Stadt  im  prenss.  Regbz.  Frankfurt, 
Kr.  Sorau,  auf  einer  Neisseinsel ,    7677  Ew. 

Förster 9  1)  Joh,  Beinhold,  Reisender  und 
Naturforscher,  geb.  22.  Okt.  1789  zu  Dirschau 
bei  DauEig,  Abkömmling  der  schott.  Lords 
Förster,  seit  17Ö3  Prediger  eu  Nassenhuben, 
untersuchte  1765  das  Koloniewesen  inSara- 
tow,  lebte  seit  1766  in  London  u.  Warrington 
in  Lancashire,  begleitete  Cook  auf  seiner 
Eweiten  Reise  1772—75,  ward  1780  Prof.  der 
Naturgeschichte  in  Halle;  f  9.  Dec.  1798. 
Sehr.  ,Obseryations  made  during  a  voyage 
round  the  world*  (1778 ;  deutsch  von  seinem 
Sohne  J.  G.  F.,  8.  Aufl.  1783,  8  Bde.) ;  ,Zoo- 
logia  Indica'  (1781).  —  8)  Joh.  Georg,  Sohn 
des  Vor.,  geb.  26.  Nov.  1754  eu  Nassenhuben 
bei  Danzlg,  begleitete  seinen  Vater  nach 
London  und  Warrington  und  auf  dessen 
Reise  mit  Cook,  ward  1778  Lehrer  der  Natur- 
geschichte an  der  kasseler  Ritterakademie, 
1784  zu  Wflna,  1788  Bibliothekar  des  Kur- 
försten  von  Mainz ,  ging  im  Auftrag  der 
dortigen  Republikaner  nach  Paris,  um  die 
Einverleibung  der  Stadt  in  Frankreich  beim 
Konvent  zu  betreiben ;  f  11.  Jan.  1794  zu 
Paris.  Sehr.  ,Reise  um  die  Welt  in  den 
Jahren  1773-75«  (deutsch  1784,  8  Bde.); 
,Kleine  Schriften*  (1789-97,  6  Bde.) ;  ,An- 
sichten  vom  Niederrhein'  (1791—94,  S  Bde.). 
,Sämmtl.  Schriften*  mit  Charakteristik  F.s 
von  Gervintu  (1843—44,  9  Bde.).  —  Seine  Gat- 
tin, l^erese,  später  mit  Huber  (s.  d.)  verhei- 
rathet,  gab  F.s  ,Briefwechsel*  (1888—89, 
2  Bde.)  heraus.  F.s  Leben  behandelte  E. 
Künig  in  den  ,Clubisten  in  Mainz*  (8.  Aufl. 
1857,  3  Bde.)  und  in  ,F.s  Leben  in  Haus  und 
Welt*  (2.  Aufl.  1858,  2  Bde.).  Vgl.  Moleschott, 
,F.*,  2.  Aufl.  1862,  u.  Kitin,  ,F.  in  Mainz*,  1863. 


Fontwirtliiehafl,  s.  WaldkuUur. 

Fort  (fr.  spr.  Fohr),  kleiner  befestigter 
Platz  von  Wichtigkeit  und  Starke;  ist  ent- 
weder selbständ.  Aussenwerk  einer  Festung 
(detachirte»  F.)  oder  liegt  selbständig  vor 
oder  in  einem  Passe,  Hafen  oder  an  einem 
Flusse.  Die  F.s  bilden  in  neuester  2jelt  den 
wichtigsten  Thell  der  Festungen  (Paris,  Metz, 
Beifort),  da  sie  die  Belagerung  und  das 
Bombardement  der  Festung  selbst  in  boheni 
Grade  erschweren.  Dir  Zweck  ist  erreicht, 
wenn  sie  so  liegen,  dass  das  Feuer  des  Be- 
lagerers die  Festung  nur  erreichen  kann, 
wenn  sie  vorher  eingenommen  sind. 

FortaTcntura,  s.  Fuerteveniura. 

Fort  de  France  (spr.  Fohr  d^FrangSy  auch 
F,  Moyal),  befest.  Biafenstadt  auf  der  west- 
ind.  Insel  Martinique,  12,000  Ew. 

Forte  (ital.).  stark ;  /oriüsttMo«  sehr  stark. 

ForteplanOy  s.  Piano/orte, 

Forthy  Flttss  in  Schottland,  mündet  durch 
den  Firth  of  F,  in  die  Nordsee ;  18  M.  lang. 

Fortiflkatlon  (lat.),  s.  Kriegtbattkunsi, 

Fortignerra,  Niecolo,  ital.  Dichter,  geb.  7. 
Nov.  1674  zuPistoja,  Prälat  am  Hofe  Cle- 
mens XL;  t  7.  Febr.  1735  zu  Rom.  Haupt- 
werk das  kom.  Epos  ,Ricciardetto*  (Satire  auf 
den  Klerus,  1738;  deutsch  von  Orte»  1831 — 32). 

FortlB  (fr.,  spr.  Forteng),  kleine  Schanze, 
die  zur  Zeit  einer  Belagerung  schnell  auf- 
geworfen wird,  um  ein  Feld  zu  decken. 

Fortpflannngy  s.  Fftante  und  Zeugumg. 

Fortuna  (lat),  griech.  Tyche,  Göttin  des 
Zufalls,  namentl.  des  glücklichen,  darge- 
stellt mit  Steuerruder,  Füllhorn,  Rad  oder 
Kugel;  das  Glück  in  seinen  Wechseliallen. 

FortnnatttS)  deutsches  Volksbuch,  die 
Schicksale  des  Fortunatns  und  seiner  Söhne 
(mit  dem  Wünschelhut  und  dem  unerschöpf- 
lichen Geldsäckel)  enthaltend;  zuerst  1509 
zu  Frankfurt  gedruckt. 

Forum  (lat.),  der  Marktplatz  im  alten  Rom 
(F.  romanum).  zur  Zeit  der  Republik  der 
Mittelpunkt  des  röm.  Staatslebens ,  jetzt 
Oampo  vaccino;  auch  Name  von  Ortschaften 
mit  Gerichtsbarkeit  und  Marktgerechtigkeit, 
z.  B.  F.  Julii  (Jetzt  Fr^jus),  F.  Livil  (j.  Forli) 
etc.  In  der  neuereu  Gferichtssprache  s.  v.  a. 
Gerichtshof,  Gerichtsstand;  F.  deUcti  oder 
commitai,  der  Gerichtshof  des  Orts,  wo  ein 
Verbrechen  begangen  worden  ist;  F.  domi- 
cilii und  habiUUionis,  der  Gerichtshof  des 
Wohn-  oder  Aufenthaltsorts  des  Ange- 
klagten; F,  apprehenaumiB,  der  Gerichtshof 
des  Orts,  wo  der  Verbrecher  ergriffen 
worden  ist. 

FoBcSlo,  Ifieecio  ügo,  ital.  Schriftsteller, 
geb.  1778  auf  Zante  aus  venetlan.  Faroüie, 
wirkte  rastlos  t\a  die  pollt.  Wiedeigeburt 
Italiens,  ging  1817  als  Flüchtling  nach  Eng- 
land ;  t  11.  Sept.  1827  zu  Tumham-Green  bei 
London.  Hauptwerk  der  Roman  ,Ultime 
lettere  di  JacopoOrtis*  (1802;  deutsch  1847). 
Sehr,  auch  ,Lezionl  di  eloquenza*  (1830), 
.Discorsi.storici  e  letterari*  (1843)  u.  A. 

Fossa  (lat.),  Grube,  Kanal;  in  der  Ana- 
tomie  rinnenartige  Vertiefung  in  Knochen. 

Fossil  (lat.),  was  aus  der  Erde  gegraben 
wird;  was  sich  auf  Versteinerungen  bezieht; 
Fonüien,  MineriJien,  bes.  Versteinerungen, 


Fotheringhay  —  Fraas. 


629 


Fotheringliay  (spr.  -geh) ,  engl.  Dorf  in 
Northamptonshire »  480  £w.;  Buinen  des 
Schlosses,  in  welchem  8.  Vebr.  1587  Ilaria 
Stiiart  hingerichtet  ward. 

Fotscha  (I^a),  Stadt  in  Bosnien,  an  der 
Drfaa,  12,000  Ew.    Säbel-  und  Messerfabr. 

Foncanlt  (spr.  Fnkohl),  Jean  Bemard 
LioH,  Physiker,  geb.  18.  Sept.  1819  in  Paris, 
redigirte  seit  18&  den  wlssenschaftl.  Theil 
des  .Journal  desD6bats*;  f  12.  Febr.  1868  in 
Paris.  Erfond  den  Apparat  Eur  Eriseugnng 
des  elektrischen  Lichts,  einen  elektromagne- 
tischen Regulator.  F,9  Pmdelvernteh,  das  Ex- 
periment, dessen  er  sich  bediente,  um  aus 
der  scheinbaren  allmähligen  Yer&nderung 
der  Schwingungsebene  eines  längere  Zeit 
schwingenden  Pendels  die  Umdrehung  der 
Erde  um^ihre  Axe  direkt  zu  beweisen. 

Fonche  (spr.  Fuscheh),  Joseph,  Herzog  von 
Otranto,  geb.  29.  Mai  1763  bei  Nantes,  ward 
Mitglied  des  Konvents,  Aug.  1795  ausge« 
atoBsen,  1798  Gresandter  in  Midland,  dann  in 
HoUand,  1799  Polizeiminister,  1805  zum  Her- 
zog erhoben,  als  Gegner  der  masslosen  Ent- 
würfe Napoleons  1810  ia  seine  Senatorie  zu 
Aix  verwiesen,  1813  Gouverneur  der  illyr. 
Provinzen  zu  Laibach,  dann  nach  Rom  und 
Neapel  gesandt,  um  Murats  Schritte  zu 
überwachen.  Während  der  100  Tage  noch- 
mals PolizeTmlnister ,  betrieb  er  nach  der 
Sohlacht  bei  Waterino  Napoleons  zweite 
Abdankung  und  vermittelte  an  der  Spitze 
der  provisor.  Regierung  die  Kapitulation 
von  Paris.  Von  Ludwig  XVIIL  wieder  zum 
Polizeiminister  ernannt,  rieth  er  zur  Mässi- 
gung,  dankte  Sept.  1815  ab  und  ging  als 
Aranz.  Gesandter  nach  Dresden,  floh,  durch 
das  Verbannungsdekret  vom  12.  Jan.  1816 
gegen  die  Königsmörder  getrolTen,  nach 
Prag;  f  26.  Dec.  1820  zu  Triest.  Die  ,M6- 
moires  de  F.*  (1828—29,  4  Bde.)  sind  nach 
authent.  Quellen  von  Beauchamp  verfasst. 

Fongmde,  Flattermine,  s.  Mine. 

Fonurds  (Fottku),  bastseidene  Hals-  und 
Taschentücher  aus  Ostindien ;  Kleiderstoffe 
ans  ungezwimter  Rohseide. 

Fould  (spr.  Fnhl),  Achille,  franz.  Staats- 
mann, geb.  17.  Nov.  1800,  leitete  als  Associ6 
seines  Bruders  B6noit  F.  mit  diesem  das 
Bankgeschäft  ,F.,  Oppenheim  und  Comp.*, 
ward  1842  Kammermitglied ,  1848  konserva- 
tives Mitglied  der  Konstituante ,  dann  der 
Legislative,  Okt.  1849—51  und  3.  Dec.  1851 
bis  Jan.  1852  Finanzminister,  dann  zum 
Senator,  sowie  zum  Staats-  und  Hausminister 
ernannt,  1858  in  den  geh.  Rath  berufen, 
trat  Nov.  1860  zurück,  Nov.  1861  bis  Jan. 
1867  wieder  Finanzminister. 

Fotiqn^  (spr.  Fnkeh),  Friedr,  Heinr.  Karl, 
Freiherr  de  la  Motte,  Dichter,  Enkel  des 
preuss.  Generals  Heinr.  Aug.  de  Ia  Motte  F. 
(t  1774),  geb.  12.  Febr.  1777  zu  Branden- 
burg, seit  1794  in  Militärdiensten.  1813 
Lieutenant  bei  den  freiwilligen  «fägem, 
lebte  später  meist  auf  seinem  Gute  Nenn- 
hansen, 1831— 42  in  Halle,  wo  er  Vorlesungen 
über  Geschichte  der  Poesie  hielt;  f  ^• 
Jan.  1843  zu  Berlin.  Einer  der  bekanntesten 
und  ehemals  gelesensten  Romantiker ;  Verf. 
zahlreicher  Romane,  drani.  qnd  lyr.  Dich- 


tungen (am  besten  die  Erzählung  ,Undine*). 
Ausgew.  Werke  (1841  f.,  18  Bde.).  Seine 
Gattin  Karoline  (f  1831)  auch  Schriftstellerin. 

Fonreroya  Venu,  Pflanzengattung  der 
Amaryllideen.  F.  gigantea  Vent»  in  Mexiko 
liefert  in  den  Blattfasem  Spinnmaterial  und 
Saft,  aus  welchem  Pulque  bereitet  wird. 

Fouler  (fr.  fourrier),  in  einigen  Armeen 
der  mit  dem  Quartierwesen  und  der  Natural- 
Verpflegung  beauftragte  Unteroffizier,  dem 
auf  dem  Marsch  einige  Muinschaft  (Fourier- 
achützen)  beigegeben  ist.  Der  för  den  Stab 
sorgende  Unteroffizier   helsst    Stabs/ourier. 

Fonrler  (spr.  Furieh),  Charles,  franz. 
Socialist  und  Gründejr  des  nach  ihm  be- 
nannten Systems  (Fourteriunu»),  geb.  7. 
April  1772  zu  Besan^n,  arbeitete  zu  Ronen, 
Marseille  und  Lyon  in  Handelsgeschäften; 
t  10.  Okt.  1837.  Sehr.  ,Trait6  de  l'associa- 
tion  dome8tique*agricole*  (1882).  ,Oeuvres 
oompidtes*  (1810—46,  6  Bde.). 

Fonmiren  (fr.),  Holzgegenstände  aus  ge- 
ringerem Holz  (Blindholz)  mit  ganz  dünnen 
Platten  (Fonrniren)  feinerer  Holzarten  ül>er- 
ziehen.  Die  Fournire,  iji— W  stark,  wer- 
den mit  Bundsägen  auf  Fournirschneide- 
maschinen  geschnitten. 

Fonmge  (fr.),  Futter  für  die  Kavallerie- 
pferde; daher  fourragiren,  die  F.  durch. 
Requisitioa  herbeischaffen. 

Fox  (spr.  Faoks),  1)  George,  Stifter  der 
Quäker,  geb.  1684  in  Drayton  in  der  engl. 
Grafschaft  Leicester,  Schuhmacher,  predigte 
seit  1647  die  innere  Religion  des  Geistes, 
gründete  eine  Gemeinde  unter  dem  Namen 
(Gesellschaft  der  Freunde  (s.  Quäker);  f  16. 
Jan.  1691.  Biogr.  von  Janney  (1852)  und 
Watson  (1860).  —  2)  Oharle$  James,  ber.  engl. 
Staatsmann  und  Redner,  geb.  24.  Jan.  1749, 
Sohn  Henry  F.,  Lords  Holland,  Staatssekre- 
tärs unter  (jreorg  U.,  ward  schon  1768  Mitglied 
des  Unterhauses,  als  Anhänger  des  Tory- 
ministeriums  North  Lord  der  Admiralität 
und  1772  Lord  des  Schatzes,  bekämpfte  seit 
1774  im  Unterhause  die  Politik  Norths,  bil- 
dete 1783  mit  North  und  Portland  ein  neues 
Ministerium,  das  aber  gegen  Ende  d.  J.  dem 
Ministerium  Pitt  weichen  musste,  begann 
darauf  1784  im  Unterhause  mit  Burke  u.  A. 
eine  grossartige  Parlamentär.  Opposition 
gegen  Pitt  und  trat  von  1792—97  fast  allein 
gegen  eine  starkeitfajorität  in  die  Schranken. 
Anfang  1806  mit  Grenville  ans  Staatsruder 
berufen,  f  «r  13.  Sept.  1806.  ächr.  ,Histoi;y 
of  the  ear)y  part  of  the  reign  of  James  IP 
(1808;  deutsch  von  Soltau  1810):  , Speeches 
in  the  House  of  Commons*  (1815,  6  Bde.). 
Biogr.  von  BnsseU  (1856-67,  3  Bde.). 

Foxkanal  (spr.  Facksk-),  Meeresstrasse 
zwischen  Bafflnsland  und  Melvillehalbinsel. 

Foyer  (fr.,  spr.  Föäjeh),  Herd;  Brenn- 
punkt; in  Theatergebäuden  Vorplatz  zum 
Prnmeuiren  für  das  Publikum. 

Fra  (ital.),  Bruder,  Bettelmönoh. 

Fraiis,  Karl,  landwirthscliaftl.  Schriftstel- 
ler, geb.  6.  Sept.  1810  in  Rattelsdorf  in  Ober- 
franken, ward  1847  Prof.  derLandwirthschaft 
in  München  und  1853  Direktor  der  Central- 
thierarzueischule.  Von  grosser  Bedeutung 
fürVerbreitung  wissenschoftl.  Anschauungen 


630 


Fracht  —  Francien. 


in  der  LandwiriliBolMft,  Hebnng  des  Uod- 
wlrthMliaftl.  Kredit«,  der  künstl.  Kschziicbt 
etc.  Sehr,  ^etnr  der  Landvirtfaschaft* 
(1857,  2  Bde.);  ^Bacli  der  Natur  für  Laod- 
wirthe*  (1860);  «Konafl.  FiscfaerseogimK'  (2. 
Anfl.  1864);  ,AckerbaakriMa  und  ihre  Heil- 
mittel* (1860);  «Geaehichte  derLandbaa-  imd 
Forstwiseenaefaaft*  (1866);  «WorsellebeD  der 
Ktdtorpflaiiseii*  (1870). 

Fracllt^  SU  Schiff  oder  auf  der  Axe  Ter- 
sandte  Cruter,  aach  der  dafür  aosbedangene 
Lohn.  Der  Frachtbrief  ,  im  Seehandel  Con- 
noeaement  (b.  d.)  genannt,  ist  für  den  Land- 
und  Flnastranaport ,  ein  offener  Brief,  an 
den  Empf&nger  der  Güter  überschrieben, 
vom  Absender  oder  Spediteurnnterschrieben, 
enthaltend  Ort  und  Zeit,  wo  nnd  wann  die 
Güter  yerladen  worden  sind;  Namen  und 
Wohnort  dessen ,  dem  sie  zur  Beförderung 
übergeben  worden  sind ;  die  Zahl  der  Fracht- 
stücke (Colli)  nebst  deren  Zeichen,  Nummern, 
Gewicht  nnd  Inhalt ;  die  bedungene  F.  nnd 
etwaige  Voransaahlung  darauf;  die  Zeit, 
binnen  welcher  die  Ablieferung  erfolgen 
mnss  (Lieferzeit)  und  <Ue  in  Bezug  auf  die 
F.  daran  geknüpften  Bedingungen.  Der 
Inbegriff  der  Gesetze,  des  Herkommens  und 
der  Rechtssprüche  in  Beziehung  auf  die  F. 
bildet  das  FracMJohrerrecht. 

Frinklwhe  8chwelXy  vielbesuchte  Land- 
schaft im  bayer.  Regbz.  Oberfranken,  zwi- 
schen Pegnitz  nnd  Main,  bes.  die  Gegend 
um  Huggendorf,  mit  zahlr.  Höhlen  in  den 
Felswänden  des  Wiesentthaies;  bildet  den 
uördl.  Theil  des  fr&nk.  Jura  (s.  Jura). 

FriMy  kleines,  mit  Feilenhieb  versehenes 
stählernes  Schneiderädchen. 

FrimaeeUne,  Vorrichtung  zur  Bearbei- 
tung von  Holz-  und  Metallgegenständen  mit 
Fräsen,  besteht  im  Wesentlichen  aus  schnell 
rotirenden  Schneidewerkzengen,  welche  au 
dem  zu  bearbeitenden  Stuck  eine  ihrer  Sclinei- 
deform  entsprechende  Fläche  glatt  bearbei- 
ten ;  dienen  zum  Hobeln,  Nuthen,  Anschnei- 
den von  Zapfen  nnd  Federn,  Auskehlen  etc. 

Fragftria  X.  (Erdbeere),  Pflanzengattung 
der  Rosaceen.  F.  vesoa  L.,  gemeine  Wald- 
erdbeere, in  ganz  £uropa.  F.  collina  Ehrh,, 
Hügelerdbeere,  Brealing,  auf  sonnigen  An- 
höhen das.  F.  elatior  Ehrh.,  graste  Wald- 
erdbeere, das.  F.  grandiflora  Ehrh.,  AnaneU' 
erdbeere,  ans  Nordamerika,  F.  virginiana 
Ehrh.,  Seharlaeh-,  Himbeererdbeere,  ans  Yir- 
glnien,  nnd  F.  chiloSnsis  Ehrh.,  Chili-,  Bieten- 
erdbeere, aus  Chile,  werden  in  zahlreichen 
Varietäten  bei  uns  in  Gärten  kultivirt. 

FragUitit  Hat.),  Zer-,  Gebrechlichkeit. 

Fragmeat  (lat.),  Bruchstück,  bes.  von 
Schriftwerken.  Fragmentist,  Verfasser  oder 
Herausgeber  von  F.en. 

Frn^rant  (lat.),  wohlriechend. 

Frafchewr  (fr.,  spr.  Fräschöhr),   Frische. 

Fraise  (fr.,  spr.  Frähs),  Halskrause; 
Pfahlwerk  um  Erdschanzen  nUt  nach  aussen 
gerichteten  Spitzen. 

Fraktion  (lat.),  Brechung,  Bruch ;  Parla- 
mentär. Parteigenossenschaft. 

Fraktur  (lat.),  Bruch;  in  der  Buch- 
druckerei die  sogen,  deutsjcheu  Lettern;  in 
der  Schönschreibekunst  die  Kanzleischrift. 


Fru»b5tl«  (v.  flr.  FraiäboiMe,  Himbeere, 
Uaulbeere),  sogen,  grosse  oder  amboinische 
Pocken,  in  Afrika  beimischer,  in  Form 
schwammiger  Auswüchse  auf  der  Haut  auf- 
tretender Ausschlag;  durch  den  Sklaven- 
handel nach  Amerika  verschleppt. 

Fnune«,  zn  Stoss  und  Wurf  dienende  Waffe 
der  alten  Deutschen;  Stockdegen. 

Franc,  franz.  Silberroünxe,  seit  180S  Ein- 
heit des  franz.  Müuzsystems,  ==  80  Sons 
oder  100  Centimes  =  8  Sgr.  Aach  in  der 
Schweiz,  in  Belgien,  Italien  (Lirai,  den 
Donaufurstenthümem  nnd  Spanien  (Beaeta) 
eingeführt.  [tanz. 

Frasfaise  (fr.,  spr.  Frangsähs),   Kontre- 

Francavilla,  Stadt  in  der  südital.  Prov. 
Terra  d'Otranto,  17,600  Ew. 

FrtBceMa  dm  JUnünl,  Tochter  des  Guido 
da  Polenta ,  Herrn  von  Ravenna ,  im  IS. 
Jahrb.  wider  iltren  Willen  mit  dem  häss- 
lichen  Malatesta  da  Rimini  vermählt, 
liebte  dessen  Stiefbruder  Paolo,  ward  mit 
diesem  von  ihrem  Gemahl  überrasd&t  nnd 
getödtet.  Ihre  Geschichte  zuerst  von  Dante 
(in  der  ,Hölle')  verewigt,  später  auch  von 
Andern  (z.  B.  Silvio  JMlico)  dichterisch 
behandelt. 

FnuMhe-Comte  (spr.  -angsch-Kongtefa,  die 
ehemal.  Freigraf eehaft  Burgundy    Oberbur- 
gund),  alte  Prov.  Frankreichs,  >nmfasst  das 
firanz.  Juraland   im    W.    der  Seh  weis   mit 
hohen  Bergketten  im  O.  und  Ebenen  im  W. 
Depart.  Doubs,  Obersaöoe   und  Jura,    etwa 
286  QM.    Hauptstadt  Besan^on.  —  Geschicht- 
liches. Von  Seqnanern  bewohnt,  bildete  das 
Land  nach  der  Eroberung  durch  Cäsar  einen 
Theil  von  Belgica  prima,   später  nebst  der 
westl.  Schweiz  die  Prov.  Maxima  Seqnano- 
rum.   Im  5.  Jahrh.  dem  bnrgund.,  dann  dem 
fränk.  Reiche,  887  dem  transjuran.  Burgund 
einverleibt,  ward  es,  nach  Abtrennung  der 
Schweiz,  1156  von   der  Erbtochter   Beatrix 
dem  deutschen  Kaiser   Friedrich    L    suge- 
bracht,  fiel  1200  durch  Heiratli   an  Otto  H. 
von  Heran,  1248  an  die  Grafen  vonChälons, 
1316  durch  Heirath  an  König  Philipp  V.  von 
Frankreich,  nach  dessen  Tode  (1322)  an  die 
Herzöge   von   Burgund,   nach   deren    Aus- 
sterben 1361  an  Margarethe  von  Flandern, 
durch  deren  Tochter  an  den  franz.  Prinzen 
Philipp  den  Kühnen,   den   Stifter  des  neu- 
burgttud.  Hauses,    1477   an  Blaximilian  von 
Oesterreicli  als  (Gemahl  der  burg^ind.  Erb- 
tochter Maria,  ward  zum  burgund.   Reichs- 
kreise geschlagen  und  kam  mit  diesem  nach 
Karls  V.  Rücktritt  an  die   span.-habsburg. 
Linie,    durch   den  Frieden  von  Nym wegen 
(1678)  an  Frankreich. 

Francia,  Jose  Gaspar  BadrigueK,  Diktator 
von  Paraguay,  geb.  1757  zu  Assnncion, 
Sachwalter  das.,  ward  Alkalde,  1811  Sekre- 
tär der  vom  Kongress  ernannten  Janta, 
1813  mit  Fulgencio  Yeyros  Konsul ,  1814 
Diktator  auf  3  Jahre ,  1817  auf  Lebenszeit, 
behauptete  sich  durch  eine  Schreckens- 
regierung nnd  Absperrung  des  Landes  gegen 
aussen  bis  an  seinen  Tod  20.  Sept.  1840. 
S.  Piirag\iay,  Geschichte. 

Francia  (spr.  -ntscha),  Maler,  s.  Baibolini. 

Francien,  s.  Jsle  de  France  u.  Frankreich. 


Franciskaner  —  Frankenstein. 


631 


Franelfkaneir  oder  Minariten,  d.  l.  mlo- 
dere  Bruder  (Fratres  minores),  die  Glie- 
der des  von  Franz  Ton  Assisi  1208  bei  der 
Kirche  Portiancula  sa  Assisi  in  Neapel  ge- 
atifteten  Mönchsordens,  auch  Barfüaser, 
seraphische  oder  graue  JMider  g^enannt,  Völ- 
liger Armuth ,  der  Predigt,  und  Seelsorge 
gewidmet,  nach  den  12(^  und  1835  vom 
Papste  bestätigten  Ordensregeln  zum  streng- 
sten Gehorsam  gegen  den  Papst  verpflichtet, 
der  bischöfl.  Gerichtsbarkeit  ganz  entzogen. 
Als  Vertheidiger  der  unbefleckten  Empfäng- 
niss  Marias  Gegner  der  Dominikaner,  als 
Beichtväter  der  Fürsten  vom  13.  bis  in  das 
16.  Jahrh.  von  gn^ossem  Einfluss  in  welt- 
lichen Angelegenheiten,  den  sie  dann  an 
die  Jesuiten  verloren.  1S63  bildete  sich  bei 
Foligui  die  Brüder|chaft  der  Soceolanti,  d.  i. 
Sandalenträger  oder  Barfusser,  Obtervanten 
im  Gegensatz  zu  den  Konventaalen  genannt, 
deren  General  seit  1517  Generalminister  des 
ganzen  Ordens  ist.  Ordenstracht  dunkel- 
braune wollene  Kutte  mit  Strick  um  den 
Leib  und  knotigem  Geiselstrick,  runde, 
kurze  Kapuze  und  Sandalen.  Den  strengen 
Observanten  nach  Regel  und  Lebensweise 
gleich  sind  die  von  Matthäus  von  Basal  1528 
als  bes.  Brüderschaft  gestifteten  Kapuziner, 
ausgezeichnet  durch  lange,  spitze  Kapuze 
und  langen  Bart,  seit  1619  unter  einem 
eignen  unabhängigen  General  stehend,  im 
18.  Jahrh.  in  1700  Klöstern  über  35,000 
Glieder  zählend.  —  Als  zweiter  Orden  des 
heil.  Franz  besteht  seit  1224  der  weibl. 
Orden  der  Klariatinnen;  als  dritter  der  der 
Teriiarier,  1221  für  Weltlente  beiderlei  Ge- 
schlechts gestiftet.  Aus  letzterem  ging  18S7 
die  regulirte  Brüderschaft  der  Jfinoriten 
von  der  Buue  hervor.  Jetzt  eingegangen. 
Gesammtzahl  aller  F.  im  18.  Jahrh.  150,000 
Mönche  in  über  9000  Klöstern,  während  der 
franz.  Revolution  um  mehr  als  s/9  vermin- 
dert. Jetzt  bestehen  die  meisten  Klöster 
derselben  in  Amerika,  dann  In  Portugal, 
Spanien,  Frankreich,  Italien,  in  der  Schweiz, 
in  Oesterreich  und  JSayern. 

FrtMCk,  Sdtatt.,  Prosaist  des  16.  Jahrh., 
geb.  1500  zu  Donauwörth ,  lebte  zu  Nürn- 
berg und  an  andern  Orten  Süddeutschlands, 
wegen  seiner  wiedertäuferischen  Meinungen 
oft  vertrieben;  1533  Drucker  in  Ulm;  f  um 
1545  zu  Basel.  Ausgezeichnet  als  Historiker, 
Kosmograph,  Philosoph  und  Erklärer  von 
Sprichwörtern.  Hauptwerke:  ,Ohronica' 
(erster  Yersnch  einer  Weltgeschichte  1531), 
,Ghronica  von  gantz  Teutschland*  (1589), 
»Weltbuoch*  (Erdbesclircibung  1531),  ,Sprich- 
wörter*  (1541).  Vgl.  Bischof,  ,S.  F.  und  die 
deutsche  Geschichtschreibui^*,  1857 ;  Oo»che, 
,S.  F.  als  Geogi-aph',  1854;  Hase,  ,S.  F.  der 
SchwarmgeistS  1869. 

Fnnekey  Aug,  Herrn.,  der  Stifter  des 
halleschen  Waisenhauses,  geb.  23.  März  1663 
zu  Lübeck,  ward  1685  Docent  zu  Leipzig, 
1690  Diakonus  zu  Erfurt,  1692  Prof.  zu  Halle, 
gründete  24.  Juli  1698  das.  ein  Waisenhaus, 
dann  auch  eine  Erziehungsanstalt  mit  ge- 
ringen Mitteln,  die  aber  bald  durch  Unter- 
stützungen aus  allen  Gegenden  bedeutend 
vermehrt  wurden,   so  dass  Jene  Anstalten 


sich  nach  und  nach  zu  den  Jetzt  noch  be- 
stehenden ^aneiceschen  Bi^ftungen  (s.  Halle) 
erweiterten;  f  8.  Juni  1727.  Biogr.  von 
Guerike  (1827).  Vgl.  «Beiträge  zur  Gesch. 
F.sS  1861;  ,Die  Stiftungen  F.s',  1862. 

Frineker,  Stadt  im  niederländ.  Friesland, 
6225' Ew.;  1585-1811  Universität. 

Frangiila,  s.  Bhamnue. 

Fnokeii)  grosser  deutscher  Volksstamm, 
trat  zuerst  im  3.  Jahrh.  am  Niederrheiu 
auf,  tlieilte  sich  dann  in  2  Theile:  ripuar. 
F.,  links  vom  Rhein  bis  über  die  Lauter, 
rechts  bis  zu  den  Quellen  des  Mains,  und 
»aiische  F.,  in  Batavien,  im  5.  Jahrb.  durch 
Hennegau  und  Artoia  bis  an  die  Somme 
vordringend.  Letztere  wurden  die  Gründer 
des  fränk.  Beichs,  das  zuerst  unter  der 
Herrschaft  der  Merovinger  stand,  bes. 
unter  Chlodwig  (f  511)  zu  Macht  und  An- 
sehen gelangte  und  durch  Besiegang  der 
Burgunder,  Thüringer  u.  später  der  Bayern 
immer  grössern  Umfang  gewann.  Theilun- 
gen  riefen  in  der  Folge  blutige  Familien- 
kriege hervor,  bis  das  Land  unter  Chlotar 
613  wieder  unter  Einem  Scepter  vereinigt 
wurde.  Seit  dem  7.  Jahrh.  erhoben  sich 
allmählig  neben  den  Königen  die  Haus- 
raeier  (Major  domus)  und  begründeten  die 
Macht  des  Hauses  der  Karolinger,  an  wel- 
ches durch  Pipin  den  Jüiigern  752  die 
Königswürde  kam.  Die  grösste  Erweiterung 
erhielt  darauf  das  Reich  unter  Pipins  Sohn, 
Karl  d.  Gr.,  der  die  Grenzen  nördl.  bis 
zur  Eider,  südl.  bis  zum  Ebro  und  nach 
Unteritalien,  östl.  bis  zur  Saale,  dem  Böhmer- 
wald und  der  Theiss  ausdehnte  und  die 
röm.  Kaiserwürde  erlangte  (800).  Nach 
dem  Tode  seines  schwachen  Sohnes,  Lud- 
wigs des  Frommen ,  wiederum  mehrfache 
Thellungen,  deren  wichtigste  der  Vertrag 
von  Verdun  (843)  ist,  mit  welchem  die  Ge- 
schichte des  fränk.  Reichs  ichüfhört  und  die 
von  Deutschland  und  Frankreich  beginnt. 

Die  Landschaft  F.,  wie  seit  Gründnng  des 
fränk.  Reichs  die  Sitze  des  Volks  der  F. 
am  Rhein,  Main,  Neckar  genannt  wurden, 
blieb  auch  nach  der  Trennung  Fran^creichs 
von  Deutchland  ein  grosses  Reichsland 
(Heimat  der  ftänk.  Kaiser).  Unter  Kaiser 
Heinrich  II.  kam  die  Herzogswürde  in  F. 
an  Konrad  von  Worms,  der  1024  deutscher 
König  ward,  und  blieb  seitdem  mit  der 
Königswürde  verbunden.  Es  zerfiel  in 
Rhein-  u.  Ostfranken,  wovon  ersteres  1155 
die  Unterlage  der  Rheinpfalz  wurde,  wäh- 
rend sich  im  letztern  selbständige  Landes- 
hoheiten (die  Bischöfe  von  Bamberg,  Wfirz- 
barg,  Fulda,  die  Grafen  von  Henneberg  etc.) 
ausbildeten. 

Fruikeiiberg,  1)  Fabrilutadt  im  ajfchs. 
Regbz.  Zwickau,  im  Zschopauthale,  9408 Ew. 
— •  2)  Kreisst.  im  preuss.  Kegbz.  Kassel,  an 
der  Edder,  2612  Ew. 

Frankenhaiiseny  Hauptst.  der  Unterherr- 
schaft  von  Schwarzburg-Rudolstadt,  an 
der  Wipper,  5221  Ew. ;  Salzwerk.  Auf  dem 
Schlachtberge  15.  Mai  1525  Sieg  über  Thomas 
Münzer. 

Frankenstein,  Kreisst.  im  preuss.  Regbz. 
Breslau,  am  Pausebach,  7171  Ew. 


632 


Frankenthal  —  Frankreich. 


Frankenthal  9  Industriestadt  im  bayer. 
Regbs.  Pfalz,  an  der  Isenach,  65&3  Ew. 

Frankenwald«  Hochgebirge  im  bayer. 
Regbz.  Oberfranken,  nordwestl.  yomFichtel- 
gebii^  abzweigend,  5—7  M.  breites  ein- 
förmiges Qrauwackeuplatean,  von  2000'  mittl. 
Höhe  (im  Kulm  2298'  h.). 

Fnuikenweine 9  die  in  Franken,  bes.  am 
Main  wachsenden,  meist  weissen  Weine,  in 
einzelnen  Sorten  TorzQglicb,  durch  Feuer, 
Süsse  nnd  ^iel  Körper  ausgezeichnet,  ge- 
rühmte Krankenweine.  LeiUen-,  Stein-, 
Kaimuthicein ,  Ton  Würzburg,  Wertheimer- 
w«in6  zwischen  Urphar  nnd  Hasloch  etc. 

Frankfurt)  preuss.  Regbz.,  848,4  QM.  nnd 
1,020,157  Ew.  Die  Hauptst.  F.  an  der  Oder, 
einst  berühmte  Hansestadt,  40,994  Ew.; 
schön  und  modern  gebaut,  Marienkirche. 
Ehemals  Universität  (1506—1811).  S  Messen. 

Frankfurt  am  Halily  bis  1866  freie  Reichs- 
stadt, gegenwärtig Kreisst.  des  preuss.  Regbz. 
Wiesbaden,  rechts  am  Main,  mit  dem  ge- 
genüber gelegenen  Stadttheil  8achsenhau8en 
78,277  Ew.  (15,800  Katholiken,  5700  Juden); 
Charakter  grossstädtisch,  mit  zum  Theil  noch 
aiterthüml.  Crepräge;  schöne  Neustrassen: 
hohe  Str.,  neue  Mainzer  Str.,  bes.  aber  die 
Zeil  (750  Schritte  1.)  und  schöne  Aussicht  (am 
Main  entlang).  Merkwürdige  Gebäude; 
Dom-  oder  Bartholomäuskirche  (1815  gegr., 
1855  restaur.,  15.  Aug.  1867  abgebrannt); 
Paulskirohe  (1833  eingeweiht,  1848—49  Sitz 
des  Parlaments),  Liebfrauenkirche  u.  a. ;  der 
Römer  (Rathhaus  mit  dem  Kaisersaal),  der 
thurn-  u.  ta^issche  Palast  (ehedem  Sitz  des 
Bundestags) ,  das  Haus  zum  Braunfels  mit 
der  Börse,  Stadtbibliothek;  Goethes  Geburts- 
haus (Sitz  des  deutschen  Hochstifts);  das 
gr.  deutsche  Ordenshaus  (in  Sachsenhausen), 
Waisenhaus;  das  städelsche  Kunstinstitut 
(Gemäldesammlung) ,  die  senkenbergsche 
Stiftung  (naturhistor.  Sammlungen),  beth- 
mannsche  Villa  (mit  Antikensaal);  6  Bahn- 
höfe. Denkmäler  von  Karl  d.  Gr.  (Main- 
brücke), Gutenberg  (Rossplatz),  Goethe 
(Theaterplatz),  Schiller  (Schillerplatz)  etc. 
Zahlr.  Anstalten  und  Vereine  für  Kunst  und 
Y^issens^haft,  sowie  Wohlthätlgkeitsinstituto 
(gr.  Irrenhaus).  Zoolog.  Garten.  Fabriken 
für  Wachstuch,  Gold-  und  Silberwaaren, 
Kupferdruckerschwärze,  Tapeten,  Tabak  etc. 
Handel  von  grosser  Wichtigkeit,  vorzugsw. 
Speditions-  und  Kommissions-,  Zwischen- 
nnd  Wechselhandel;  der  Handel  mit  Staats- 
papieren in  keiner  deutschen  Stadt  grösser. 
Im  Ganzen  über  1000  Handelshäuser  (zur 
Hälfte  israelit.),  darunter  78  Weinhandlun- 
gen, 100  Wechselgeschäfte  uud  30  grosse 
Bankiers.  Die  Umgegend  (seit  Schleifang 
der  Festungswerke  1804)  durch  ausgedehnte 
Promenaden  und  Parkanlagen  verschönt.  — 
Schon  794  als  Sitz  eines  Koncils  erwähnt, 
843  Hauptst.  des  ostfränk.  Reichs,  seit  1152 
Stadt  der  deutschen  Kaiserwahl,  seit  1245 
freie  Reichsstadt,  seit  1711  Krönungsstadt 
der  deutschen  Kaiser,  1806—14  Residenz 
des  Fürst -Primas  und  Hauptstadt  des  von 
Napoleon  geschaffenen  Grossherzogth.  F. 
(95  QM.),  seit  1815  Sitz  der  Bundesversamm- 
lung!  1848—49    der  deutschen  Reichs  Ver- 


sammlung; 16.  Juli  1866  infolge  seiner  anti- 
preuss.  Haltung  von  Vogel  ▼.  Falkenstein 
in  Besitz  genommen,  seitdem  prenssiach. 

Frankftarter  Schwarz  (Drusenachwarz, 
Kup/etdruckerechioarz) ,  verkohlte  Weintre- 
bem  und  Weinhefe,  dient  zur  Bereitung^ 
von  Kupfer-  und  Buchdmckerschwärze.- 

FrankUn,  1)  Benjamin,  nordamerik.  Staats- 
mann, geb.   17.  Jan.  1706  auf  Govemors- 
Eiland    bei    Boston,    erst    Buchdrackerei- 
besitzer  in  Philadelphia  und  polit.  Schrift- 
steller, dann  Generalpostmeister  der  engl.- 
amerik.   Kolonien  in  London,   wiiicte    seit 
1775    für    die    Unabhängigkeit    derselben, 
ging  1776  als  geheimer  Unterhändler,    1778 
als   bevollmächtigter  Minister  nach    Paris, 
unterzeichnete  20.  Jan.  1782  das.  die  Friedens- 
präliminarien,   fungirte   dann  bis   1784  als 
Präsident  des  Kongresses  von  Pennsylvanien ; 
t  17.  April  1790.  Erfinder  des  Blitzableiters ; 
ausgezeichneter  Moralist.    Werke   herausg. 
von  Sparks  (1850,  10  Bde.;  neue  Aufl.  1850). 
Autobiographie  herausg.  von  JBigeloto  (1868); 
Biogr.  von  Spark*  (1844)  und  Birton   (1864, 
2  Bde.).  —  2)  Sir  John,  engl.  Seefahrer,  g^b. 
1786  zu   Spilsby  (Lincolnshire) ,   begleitete 
schon  1801  Flinders  nach  Australieu,  zeich- 
nete sich  dann  In  der  Schlacht  bei  Trafalgar, 
sowie  1814  beim  Angriff  auf  Neworleans  aas, 
nahm  als  Kommandeur  einer  Brigg  1818  Theil 
an  Buchans  Nordpolexpedition,  machte  1819 
und   1825  —  27  Reisen   zur  Erforschung  der 
Nordküste  von  Amerika  (bis  150o  w.  Li.), 
war  1836—43  Gouverneur  von  Vandiemens- 
land,  unternahm  19.  Mai  1845  mit  3  Schiffen 
(Erebus  und  Terror)    eine  neue  Nordpolex- 
pedition,  langte  4.  Juli   bei   den  Walftsch- 
inseln  an  und   wurde  26.  Juli   in  der  Mel- 
villebai  zum   letzten  Mal  gesehen.    Zahlr. 
zu  seiner  Auffindung  abgegangene  Expedi- 
tionen   ergaben    endlich    (1857),    das«    die 
Schiffe  seit  Sept.  1846  von  Eis  eingeschlossen 
waren  und  F.  11.  Juli  1847  das.  f;  die  übrige 
Mannschaft  verliess  25.  April  1848  die  Schifft» 
und  brach  nach   der  Mundung  des   Fisch- 
flusses auf,  kam  aber  unterwegs  um.     Bo- 
schreibung der  letzten  Reise  F.s  von  Od>orR. 

Frankreich  (fr.  la  France,  lat.  Franexa, 
Franco-GaUia),  eins  der  europ.  Hauptländer, 
im  W.  des  Erdtheils ,  vom  Kanal ,  dem 
atlant.  Ocean  und  dem  Mittelmeer  bespult, 
bis  Sept.  1870  Kaiserreich,  seitdem  Republik, 
abzngl.  der  1871  an  Deutschland  abgetrete- 
nen Gebiete  (Elsass  u.  Deutsch-Ijothringan 
ca.  275  QM.  mit  1,562,700  Ew.):  9575  QM. 
mit  36,629,400  Ew.  —  Der  Bodengeatalt  nach 
im  Allgem.  Hügelland  und  Ebene,  In  der 
Hauptmasse  zur  atlant.  Küste  absinkend. 
Gebirge:  im  SW.  die  Pyrenäen  (Mont  Verdu 
10,482^  h.);  nordöstl.  davon  das  Hochland 
der  Cevennen  (5400')  mit  Forez-  (50000  und 
Auvergnegebirge  (5800*),  der  franz.  Jura 
(5300')  nnd  das  nordfranz.  Berglaud  (Vo- 
gesen  4400^,  Argonnen  1200',  Ardennen 
1800');  im  SO.  die  Seealpen  (10,400'),  die 
cottischen  (11,800'),  grajischen  nnd  penni- 
nischen  Alpen  mit  weiten  Verzweigungeu 
in  der  Provence,  Dauphin 6  etc.;  im  NW. 
die  Berge  der  Bretagne  (bis  1200*).  Dss 
Tiefland f   von   der  Nordküste   bis  zu   den 


Frankreich. 


633 


Pyrenäen  sich  erstreckend ,  120  M.  I. ,  bei 
wechselnder  Breite  von  20,  40  und  60  M.« 
im  Ganzen  ca.  5000  QM.,  wellenförmig, 
von  den  Thalfnrchen  yielvereweigterFluss- 
netze  durchzogen,  ohne  Landseen  und 
aampfige  Flnssniederungen  und  ohne  grosse 
Heide-  and  Sandstrecken  (ausser  im  ausser- 
sten  SW.);  Kalkstein-  und  Kreideboden 
vorherrschend,  aber  meist  mit  einer  dünnen, 
sehr  fruchtbaren  Schicht  aufgeschwemmter 
£rde  überdeckt.  —  Bewässerung  ausser- 
ordentlich reichlich ;  4Hauptströme:  Gironde 
(mit  Aridge,  Tarn,  Lot  und  Dordogne)  und 
Loire  (mit  AUier,  Chöre,  Indre,  Yienne), 
zum  atlant.  Ocean ;  Seine  (mit  Aube,  Marne), 
zum  Kanal ;  Rhone  (mit  Ain,  Safine,  Doubs, 
Isdre,  Durance),  zum  Mittelmeer;  ausser- 
dem zahlr.  Küstenflüsse:  Adour,  Gharente, 
Orne,  Yilaine,  Aude  u.  a.  Seen  und  Teiche 
im  Ganzen  nur  Viso  des  Areals  (grösster 
der  Lac  de  Grand-tien  1,8  QM.).  Schiffbare 
KanäU  97  von  fast  600  M.  Länge  (Kanal  du 
Midi ,  Kanal  von  Charolais ,  Briare ,  Bur- 
gund,  Bretagne,  Rhone-Rheinkanal  etc.).  ^ 
Klima  im  Allgemeinen  sehr  gemässigt,  mild 
und  angenehm.  8  Vegetation szonen:  südl. 
(Olive)  42-45«,  mittlere  (Mais)  45  —  480, 
nördl.  Zone  (Wein)  48  —  510  n.  Br.  Mitt- 
lere Temperatur:  14,  12  und.  8»/«®  R.  — 
Naiurprodukte:  alle  Arten  Getreide  und 
Obst,  köstl.  Weine,  auch  Kastanien,  Pla- 
tanen, Südfrüchte.  Die  herrl.  Waldungen 
der  frühern  Zeit  sehr  gelichtet.  Im  Thier- 
reich  sind  Seidenraupen,  Fische  u.  Austern 
von  Bedeutung.  Mineralien  nicht  eben 
reichlich  vorhanden.  Gold  und  Kupfer 
fast  ganz  fehlend,  in  grösserer  Menge 
Eisen,  Steinkohlen  u.  Braunkohlen.  Zahlr. 
Mineralquellen  in  8  natürl.  Gruppen ;  900 
benutzt  (fast  die  Hälfte  in  den  Pyrenäen), 
über  3000  unbenutzt. 

Bevölkerung,    Die  Yolksdichtigkelt :   3826 
Ew.  auf  1  QM.;  am  stärksten  in  den  Depart. 
Seine  mit  Paris  (1 :  24,895),  u.  Nord  (1 :  13,493), 
am   dünnsten  im  Depart.  Niederalpen  (mit 
1132).    8   Städte   über   100,000  Ew.    (Paris, 
Lyon,  Marseille,  Bordeaux,  Lille,  Toulouse, 
Nantes,   Ronen).    Die  Hauptmasse   der  Be- 
völkemng  IVanzosen  (ca.   32 Vs  Mlll.),    ein 
rcman.   Mischvolk,  abstammend  von   Gal- 
liern   oder    Gelten,     Römern,    Germanen 
(Franken,  Burgundern  u.  a.);  von  ihnen 
sprechen   20  Mill.   die  Langue   d*oui   (oder> 
beutige  Schriftsprache)  im  N.,  gegen  12Va 
Min.  die  Langne  d*oo  (das  Provencalische) 
im  S.,  beide  mit  zahlr.  Mundarten.   Daneben 
Nich(franxo8en  {196e):  öVaMill.,  als:  Vs  Mill. 
Italiener  (Nizza,  Korsika),  Vio  Mill.  Spanier, 
l«/6  Mill.  Wallonen,   IVio  Mill.   Bretonen, 
160,000  Basken  (Gascogne),  2  Mill.  Deutsche 
(Elsass,  Lothringen,  Franche-Gomt6);  dazu 
89,000   Juden,    9000   Zigeuner,    sehr    viele 
Fremde  (Engländer,    Belgier,   Polen   etc.). 
Von  der  Bevölkerung  lebten   1866:  51,9  o/q 
vom  Ackerbau,   28,8 o/q  yon  der  Industrie, 
i%  vom  Handel ,  2,9  %  von  Gewerben ,  die 
sich  auf    die  genannten  Berufe    beziehen 
(Eisenbahnen,  Kreditinstituten  etc.),   9,50/0 
Ton  sogen,  liberalen  Berufen  (Beamte,  Leh- 
rer, Künstler  etc.)  und  als  Rentiers. 


Der  im  Ganzen  sehr  gesegnete  Boden  be- 
günstigt  die  Landtoirthsehaft;  doch  sind 
Ackerbau,  Obstkultur  und  Viehzucht  fost  nur 
imN.  bedeutend.  Jährl.  Ertrag  an  Getreide 
ca.  333  Mill.  preuss.  Scheffel  (128  Mill.  Seh. 
Weizen) ;  dazu  170  Mlll.  Seh.  Kartoffeln,  wo- 
von nichts  zur  Ausfuhr  gelangt.  Auch  die 
Viehzucht  deckt  nicht  den  Bedarf.  Weinbau 
in  steter  Zunahme  begriffen  (1866  auf  380 
QM.);  3  Hauptgruppen:  Ghampagner,  Bur- 
gunder und  Bordeaux;  Produktion  1867:  69 
Mill.  Hektoliter.  Seidenraupenzucht  bes.  im 
SO.,  Jährl.  Ertrag  75,000  Ctr.  Oocons  rWerth 
109  Mill.  Frcs.).  Fischerei  an  den  Küsten 
bedeutend.  Bergbau  und  Hüttenbetrieb  min- 
der bedeutend  als  in  Belgien,  Grossbritan- 
nien und  Norddeutschland.  Produktion  an 
Kohlen  1866:  126  Mill.  metr.  Gtr.  (Werth  193 
Mill.  Frcs.,  500  Gruben);  Salz  8a/s  Mill.  Gtr.; 
Eisen  über  21  Mill.  metr.  Gtr.  (200  Gruben). 

Von  grösster  Wichtigkeit  die  Ituhtsirie, 
namentl.  in  Seidenwaaren  (an  Schönheit  und 
Qualität  die  ersten  der  Welt:  Lyon,  St. 
Etienne,  Nimes,  Avignon,  Paris),  Wollen- 
waaren  (Normandie,  Picardie,  Flandern,  Pa- 
i'is),  BaumwoUenwaaren  (Rouen,  Rbeims); 
ferner  Fabr.  von  Leder,  Maschinen  (Paris, 
Lille,  Rouen),  Uhren  (Besancon),  Porzellan 
Qjimog^s),  Ghemikalien,  Waffen,  Stahl-  und 
Eisenwaaren,.  Oognac,  Liqueuren,  Parfüme- 
rien,  Guss-  und  Bronzewaaren,  Glas,  Spie- 
geln, Papier,  Handschuhen,  Tapeten,  Zucker, 
Galanterie-  und  Modewaaren  (Paris). 

Der  Handel,  gefördert  durch  die  Lage  F.s 
an  3  Meeren,  durch  die  überseeischen  Be- 
sitzungen und  alle  möglichen  Verkehrs- 
erleichteiomgen  im  Innern,  in  hoher  Blüthe; 
Uebersicht  des  Handelsverkehrs  (in  Mill. 
Frcs.) : 


Einftahr 
1868:    3303,7 
1869:    3174,9 


Gold  etc. 
687  I  365 
646    i    266,8 


Ausfuhr 

2789,9 

3097,4 
Exporte  bes.  die  oben  erwähnten  Industrie' 
erzeugnisse,  dazu :  Wein,  Branntwein,  Fische 
etc.;  Importe:  Getreide,  Baumwolle,  Vieh 
und  Pferde,  rohe  Seide,  Tabaksblätter  etc. 
Handelsmarine  (Ende  1867) :  15,602  Schiffe  (420 
Dampfer)  mit  1,048,679  Tonnen,  dazu  8892 
Küstenfahrzeuge  mit  67,077  Tonnen.  Schiffs- 
verkehr 1867:  eingelaufen  32,596  Schiflfo  mit 
6,366,706  Tonnen,  ausgelaufen  21,890  Schiffe 
mit  4,125,898  Tonnen.  Eisenbahnen  Ende 
1869:  2346,6  M.  im  Betrieb,  1044  M.  im  Bau. 
Wichtigste  Plätze  für  den  inneren  Handel : 
Paris,  Lyon,  (Strassbnrg,)  Ntmea,  Beaucaire, 
Montpellier,  Toulouse,  Renne»,  Lille,  Ronen ; 
für  den  Seehandel:  Marseille,  Bayonne, 
Bordeaux ,  Nantes ,  Havre,  Dieppe,  Dün- 
kirchen. Es  gab  1866:  3,166,705  landwirth- 
schaftl.,  1,450,165  industrielle  und  392,101 
Handelsetablissements.  Wichtigstes  Kredit- 
institut die  ,Banlc  von  F.*  (Summe  ihrer 
Operationen  1866:  8292*/«  Mill.  Frcs.);  die 
franz.  Bodenkreditanstalt  (seit  1852,  Kapital 
970  Miil.  Frcs.)  nebst  dem  ,0r6dit  agricole< 
(seit  1861).  —  Bechnung  nach  Francs,  ä  8  Sgr. 
Gewicht:  metr.  Gtr.  ä  100  Kilogr.  r=  200 
Pfd.  Längenmass:  Meter;  Hohlmass:  Liter. 
Herrschende  Religion  die  röm.  •  kathol. 
(17  Erzbisthümer  und  69  Bistbüraer;  1862: 


634 


Frankreich. 


4750  KlöttBr);  daneben  Jede  andere  gleich- 
berechtigt; Protestuiten  (1866)  ca.  8  Hill.; 
davon  l*/io  Hill.  Befomnirte  (meist  Fran- 
zosen) in  Languedoc  and  ''jio  Hill.  Luthe- 
raner (meist  Deutsche)  in  Üisass  und  Lo- 
tliringen;  beide  Konfessionen  vereinigt  in 
und  um  Paris.  —  OnterrichtsanstaUen :  1 
voUstand.  Universität  (Paris);  18  sogen. 
Universit&ten  (Falcultäten  für  besondere 
Wissenschaften),  91  Lyceen,  zahlr.  Colins 
und  Lateinschulen;  3  höhere  Militärscliulen 
(St.  Oyr,  La  Vldche,  Saumur);  370  Akade- 
mien und  gelehrte  Gesell aohafteu,  an  der 
Spitze  derselben  das  «Institut  von  F.*.  Der 
eigentl.  VollEsanterrioht  dem  deutschen 
weit  nachstehend;  kein  Schulzwang.  77,906 
Volksschulen,  aber  nur  von  76  %  der  Schul- 
pflichtigen besucht.  —  Sehr  zahlr.  Wohl- 
thätigkeitsanstalten. 

F.  seit  4.  Sept.  1870  Republik,  mit  Thiers 
als  Chef  der  Exekutive;  genauere  Angaben 
über  die  Staatseinrichtung  zur  Zeit  unmög- 
lich. Grundlage  der  Jiwhtgpßege  der  Code 
Napol6on ;  die  Principien  der  Oeifentlichkeit 
und  Mündlichkeit  durchaus  in  Geltung;' 
oberstes  Gericht  der  hohe  Gerichtshof.  — 
Finanzen  1870  (Voranschlag): 

Einnahme  2056,022,969  Frcs., 
Ausgabe     2054,588,469      - 
Staatsschuld  (vordem  Krieg):  12,92?,718,073 
Frcs.  (davon  11,710,971,173  Frcs.  konsolid ii*te, 
1,212,746,900  Frcs.  kündbare  Scliuld).  —  Das 
Armeewt»en  durch  Gesetz  vom  1.  Febr.  1868 
neu  organisirt.   Dienstzeit  9  Jahre,  5  in  der 
aktiven  Armee,  4  in  der  Reserve;  jährliches 
Kontingent  90,000  Mann.    Stärke  des  Heeres 
(Fried ensfuss)    1869:    250,900  Mann   Infan- 
terie. 61,583  Mann  Kavallerie,   37,959  Mann 
Artillerie,  in  Summa  mit  Generalstab,  Gen- 
darmerie, Verwaltungstruppen  etc.   404,794 
Mann  mit  91,484  Pferden;   dazu   sollte  Re- 
serve ca.  400,000  Mann  und  mobile  National- 
garde ca.  550,000  Manu  kommen.    Ueber  die 
Gestaltung  des  Armeewesens  während  und 
infolge  des  Kriegs  lässt  sicli  noch  nichts  Be- 
stimmtos mittheilen.    Bedeutendste  Festun- 
gen :  Dünkirchen ,  Lille,  Valendennes,  Ca- 
lais,  Arras,   Douay,   Cambray,  Besannen, 
Brian^n,  Grenoble,  Pex'pignan,   Bayonne, 
Beifort   (Metz    und   Strassburg,    zwei    der 
stärksten,  Jetzt  deutsch).  7  Militärbezirke : 
Paris,  Lille,  Nancy,  Lyon,  Tours,  Toulouse, 
Algier.  ~  Flotte  (1869):  1)  Schraubendampfer: 
55  Panzerschiffe  mit  1032  Kanonen  (8  neue 
im  Bau)  und   233   nicht  gepanzerte  Schiffe 
mit  2618  Kanonen  (23  neue  im  Bau).    2)  51 
Raddampfer  mit  116  Kanonen,  3)  100  Segel- 
schiffe mit  914  Kanonen.  Hauptkriegshäfen: 
Cherbourg,  Brest,  Toulou,  uächstdem  Lo- 
rient,  Rochefort.  —  AMfiEintheüung  (vor  1790) 
in  17  Prov.  (mit  34  Gonvem.) :  Isle  de  France, 
Picardie,  Flandern,  Normaudie,  Bretagne, 
Orl^anais,    Guyenne    mit    Gascogne    etc., 
Languedoc,  Provence,  Dauphin6,  Lyonnais, 
Burgund,  Franche  - Gomt6 ,  Elsass,  Lothrin- 
gen ,    Champagne,   Korsika;    seit  15.   Jan. 
1790  Eiuthellung  in   Departements   (gegen- 
wärtig 86).    Nationalfarben:  blau,  rotli  und 
weiss    (Trikolore).     Einziger    Orden:    der 
der  Ehrenlegion.    Hauptst.  Paris. 


Kolonien :  In  Afrika  (Algler,  S^negambieu, 
Guinea,  Rtoniou,  fite.-Marie  etc.)  17,125  QU. 
und  3,960,000  Ew. ;  Asien  (in  Ostindien,  auf 
Malabar,  Cochinchina)  1,081  QM.  und  1,461,787 
Ew. ;  Amerika  (Cayaune,  Martinique,  Goaade- 
loupe  etc.)  1,702  QM.  und  323,441  Ew. ;  Austra- 
lien (Neukaledonieu,Marquesa8- und  Loyal  ty- 
inseln)  376  QM.  u.  54,000  Ew.  Dazu  Schutz- 
Staaten  in  Afrika,  Asien  u.  Australien  1,668 
QM.  und  1,040,000  Ew.  Summa:  21,903  QM. 
und  6,839,228  Ew. 

Vgl.  Schnitder,  ,Statiit.  g6n6ralS  1846; 
Block,  ,Stat.  de  la  France  compar6e*,  1860. 
und  ,Dictionn.  de  Tadministration  fran^.% 
186G;  Adrian,  ,Dictionn.  g6ograpb.%  1864; 
Duasieux,  ,G6ogr.  g6n6rale',  1866;  Levcuseur, 
,La  France  et  ses  coIoniesS  1869;  l^ign^, 
,Dict.  g6ogr.  etc.  de  la  FranceS  S.  Aufl.  1869. 
Geschichte,  Ueber  die  ältere  Geschichte, 
«.  Gallien,  FrarAen  und  Burgund. 

I.  F,  unter  den  Karolingern  (843—987). 
Karl  der  Kahle,    durch   den   Vertrag    von 
Verdun    (843)     König     von    Westfrankeu, 
den    mächtigen   Vasallen    gegenüber    ohn- 
mächtig;    t    877.       Ludwig    der     Stammler 
f  879.    Ludwig  III.  und  Karlmann  regiereu 
gemelnschaftl.,  erkaufen  von  dem  deutscheu 
König  Ludwig  dem  Jüngeren  Frieden  durch 
die    Abtretung   Lothringens.     BinCälle    der 
Normannen. '  Nach  Ludwigs   (f    883)    und 
Karlmanns  (f  884)  Tode  wird  der  deutsche 
König  Karl  der  Dicke  auf  den  Thron  von  F. 
berufen ,   den   nach  dessen  Absetzung  (887) 
Graf   Odo  von  Iuris   einnimmt.       KaH   der 
Einfältige,    Ludwig  des  Stammlers  nachge- 
boruer  Sohn,  Gegenkönig  seit  893,  tbeilt  8D6 
das  Reich  mit  Odo,  folgt  ihm  898  als  allei- 
niger König,  belehnt  912  den  normannischen 
Heerführer  Rollo  mit  dem  Lande  zwfscheu 
der  Eure  und  dem  Meere  (Normandie)  und 
der  Bretagne.    Graf  Robert,    Odos    Brndör, 
erhebt  sich  als  Gegenkönig  983  und  schlägt 
Karl  bei  Soissons   923.    Nach    Karls    Tode 
^929)   Herzog  Budolf^  von   Burgund  König; 
t  936.    "DMKQt Ludwig  IV.,  g^n.  d^ OtUremere, 
von  dem  Grafen  Hugo  d.  Gr.  auf  d^uTliron 
erhoben ;  f  954.  Nachfolger  sein  Sohn  Lothar 
unter  Hugos  Vormundschaft    (f    986).     Mit 
seinem  Sohne  Ludung  V.,  dem  Faulen,  endet 
987  die  Dynastie  der  Karolinger.    Das  Land 
in  den  Händen  der  Grossen  und  des  Klerus, 
n.  F.  unter  den,  Capetingem.  (987—1328). 
Hugo  Oapel,    Graf   von  Paris    und  Orleans, 
Herzog  von  Francien,  wird  987  König;  -i-  996. 
IJnter  seinenNachfoIgern :  Hoher t  (996—1031), 
Heinrich  I.  (1031-60),  Philipp  /.  (1060—1108) 
wird  das  Königthum    durdt   das   Vaaalleu- 
thum  niedergehalten.    Ludwig  FJ.  (1108— 37) 
stellt  die  Lehnsabhängigkeit   der    Vasalleu 
wieder  her.    Ludwig  VII.  (1137—80)  kämpft 
erfolglos  gegen  seinen  mächtigen    Vasallen 
Heinrich  II.  von  England.  Philipp  II.  Augnet 
(1180-1223)  unterwirft   das  widerstrebende 
Vasalienthum,  nimmt  dem  engl.  König  Johann 
ohne  Land  die  Norm  audio,  Maine,  Touraine, 
Anjou  und  Poitou  und  befestigt  dnrch  seinen 
Sieg  bei  Bovines  (1214)  über  Kaiser  Otto  IV., 
den  Verbündeten  Johanns  von  Bnglaud    das 
Ansehen    der    Krone    nach    aussen.     *Iud- 
mg  VIIL  (1223-2G)  vertreibt  die  Engländer 


'  Frankreich. 


635 


vollends  aus  Poitou.  Ludwig  IX.,  der  Hei- 
lige (1236— 70)y  ordnet  die  Rechtspflege,  er- 
lässt  (1266)  di&pragmaUBanlcti&n  als  Grund- 
lage der  Selbständigkeit  der  galiikan. Kirche. 
Philipp  III.  (1270-85)  erwirbt  Toulouse, 
Provence  und  Venaissln.  JF^tilipp  IV.,  der 
Schöne  (1285—1814),  konsolidirt  die  Central- 
gewalt  durch  Schwächung  der  Lehn saristo« 
kratie,  entreisst  Eduard  I.  von  England  die 
Gascogne,  beruft  1302  die  Keichsstände, 
worin  die  Abgeordneten  der  Städte  als  dritter 
Stand  (tiers  -  itat)  zum  ersten  Mal  Zutritt 
haben.  Abschaffung  der  Weiberlehen.  Lud- 
wig  X  (1314-16)  bekriegt  Flandern.  Phi^ 
lipp  V.  (1316—22)  begünstigt  den  Bürger- 
stand ,  ordnet  die  Bechtspflege  und  das 
Finanzwesen.  Karl  IV.  (1322-28)  auf  Ver- 
mehrung der  königl.  Einkünfte  bedacht. 

lU.  F'»  unter  dem  Hmia  Valoia  (1328 
bis  1589).  Unter  Philipp  VI.  von  Valois 
(1328—50),  Bruderssohn  Philipps  lY.,  An- 
fang der  Successionskriege  mit  England. 
Eduard  m.  kommt  dnrch  seinen  Sieg  bei 
Crecy  (1346)  in  den  Besitz  von  Galais. 
Jobann  I.,  der  Gute  (1359—64),  bei  Poitiers 
(17.  Sept.  1356)  geschlagen  und  gefangen, 
muss  im  Frieden  von  Bretigny  (1360)  das 
ganze  alte  Aquitanien  an  Eduard  UL  von 
England  abtreten.  Die  Generalstaaten  im 
Besitz  der  Begierungsgewalt ,  Aufstand  der 
Bürgerschaft  in  Paris,  der  Bauern  im  Norden 
(Jacquerie  1358).  Karl  F.  (1364-80)  unter- 
wirft die  Gcneralstaaten',  bestimmt  durch 
Beichsgrundgesetz,  dass  der  König  mit  er- 
reichtem 14.  Lebensjahre  mündig  sein  solle. 
Unter  Karl  VI.  (1380-1422)  Krieg  mit  Eng- 
land, Flandern,  Meutereien  und  Kämpfe  der 
Prinzen  von  Geblüt,  Aufstand  in  Paris  (1382). 
Der  König  geisteskrank.  Streit  des  Herzogs 
Ludwig  I.  von  Orleans,  des  Bruders  des 
Königs,  mit  dem  Prinzen  Johann  von  Bur- 
gund  über  die  Regentschaft.  Ersterer  wird 
1407  ermordet.  Infolge  davon  blutiger  Kampf 
zwischen  den  Anhängern  des  Herzogs  von 
Orleans  (Armaguacs)  und  denen  des  Her- 
zogs von  Burgund  (Bourguignons).  Hein- 
rich y.  von  England  überzieht  F.  mit  Krieg, 
siegt  bei  Azincourt  (25.  Okt.  1415)  und  viar- 
bindet  sich  mit  dem  Herzog  von  Burgund, 
der  1417  Paris  erobert,  aber  1419  auf  An- 
stiften desDauphins  ermordet  wird.  Letzterer 
zieht  sich  hinter  die  Ix)iro  zurück  und  fuhrt 
als  Begeut,  dann  als  König  iTarJ  VII.  (1422 
bis  1461)  einen  langwierigen  Krieg  gegen 
die  Engländer.  Erwachen  des  National- 
geistes mit  dem  Auftreten  der  Johanna  d^Aro 
(1429).  Beorganisation  des  zerrütteten 
Reichs.  Die  Engländer  infolge  ihrer  Nieder- 
lage bei  Gastillou  (17.  Juli  1453)  auf  Calais 
beschränkt.  Ludwig  XL  (1461—83)  demüthigt 
die  widerspenstigen  Prinzen,  namentl.  die 
Hänser  Bretagne  und  Burgund  (Verschwö- 
rung ,pour  le  bien  public'  gegen  den  Thron), 
erwirbt  im  Frieden  von  Arras  (1482)  An- 
sprüche auf  einen  Theil  -von  Burgund  (Ur- 
sache des  250jährigen  Kampfes  mit  dem 
Hause  Habsburg).  Karl  VIII.  (1483-98)  ge- 
winnt Bretagne.  Die  köuigl.  Gewalt  unum- 
schränkt, infolge  davon  Erwachen  der  Er- 
oberungspolitik nach  aussen.    Ludwig  XIL 


(1498—1515)  bemüht  sich  um  Ordnung  im 
Staatshaushalt  und  um  Verbesserung  der 
Bechtspflege.  Beginn  des  Kampfes  um 
Mailand  und  Neapel  mit  dem  Hause  Habs- 
burg. Franz  I.  (1515—47)  muss  im  Frieden 
von  Crespy  (1544)  auf  Mailand  verzichten. 
F.  absolute  Monarchie ;  die  GeneraUtaaten 
durch  eine  Notabeinversammlung  ersetzt; 
das  Parlament  zum  Justizhofe  herabge- 
drückt. Heinnch  IL  (1547-^59)  erwirbt  die 
Bisthümer  Metz,  Toul  und  Yerdun,  schliesst 
mit  Oesterrelch  den  Frieden  von  Chäteau- 
Cambresis  (1559),  verfolgt  die  Protestanten. 
Unter  Franz  IL  (1559-60),  Karl  IX.  (1560 
bis  1574),  Heinrich  IIL{1574L-9a)  und  deren 
Mutter,  Katharina  von  Medici,  reissen  die 
kathol.  Prins^en  von  Lothringen  (s.  Ouise) 
die  Staatsgewalt  an  sich.  Ihre  Gegner,  die 
Bourbons,  als  Prinzen  von  Geblüt  an  der 
Spitze  der  politisch-kirchl.  Oegenbewegung. 
Die  HugenoUenkriege  (1562—89)  bedrohen  das 
Beich  mit  Zerstückelung. 

rv.  F»  tmterdenJBourbons»  Heinrich  IV. 
(1589—1610)  stellt  die  Buhe  im  Innern  durch 
das  Edikt  von  Nantes  (1598)  her,  beginnt 
eine  durchgreifende  Beform  der  Verwaltung. 
Während  der  Minderjährigkeit  XudtotV«  XIII. 
(1610—43)  Hofintriguenu.sch  wankende  Begie- 
rungspolitik (Versammlung  der  Oeneralstaa- 
ten  (Etats  g6n6raux  1614),  hi»  Richelieu  (1624) 
das  Staatsruder  ergreift.  Unterdrückung 
jeglicher  freien  Bewegung  durch  Gentrali- 
sirung  der  Verwaltung  und  Herstellung  des 
unumschränkten  Königthums.  Während 
LndMigs  XIV.  (1643— 1715)  Minderjährigkeit 
unter  Mazarins  Verwaltung  Niederhaltung 
der  Grossen  und  des  Parlaments,  infolge 
dayon  die  Unruhen  der  Fronde  (1648—54). 
F.  erhält  im  westphäl.  Frieden  (1648)  den 
Elsass,  den  Sundgau,  wird  im  Besitz  der 
Bisthümer  Metz,  Toul  und  Verdun  bestätigt, 
gewinnt  im  pyrenäischen  Frieden  (165d)  mit 
Spanien  einen  Theil  der  Niederlande  und 
die  Grafschaft  Boussillon;  im  Frieden  von 
Nym wegen  (1678)  die  Franche-Comt6  und 
einen  Theil  von  Flandern.  Kulmination  des 
Absolutismus.  Förderung  des  Handels  u. 
der  Industrie  unter  Colberts  Verwaltung. 
Die  Aufliebung  des  Edikts  von  Nantes  (1685) 
hat  neue  Verfolgungen  der  Protestanten 
und  innere  Unruhen  zur  Folge.  Erschöpfung 
des  Landes  durch  den  9jährlgen  Krieg  gegen 
Deutschland,  Holland,  England,  Spanien 
und  Savoyen  (1688—97)  und  durch  den  span. 
Erbfolgekrieg  (1701—14).  Staatsschuld  3500 
Mill.  Livres.  Während  Ludwigs  XV.  (1715 
bis  1774)  Minderjährigkeit  Herzog  Philipp 
von  Orleans  (1715—23)  Begent;  flnanzielle 
Zerrüttung  und  innere  Schwäche.  Die  Nach- 
wirkungen von  Fleurys  weiser  Verwaltung 
(1726—43)  durch  F.s  Betheiligung  am  Öster- 
reich. Erbfolge-  u.  am  siebenjährigen  Krieg, 
durch  die  Mätressenwirthschafb  am  Hofe 
und  die  Demoralisation  in  allen  Zweigen 
der  Staatsverwaltung  aufgehoben.  Im  Frie- 
den von  Paris  (1763)  Verlust  des  grössten 
Theils  der  Kolonien.  Ludwig  XVL  (1774- 
1792)  beruft  1777  ^ccJter  zum  Finanzminister, 
der  den  Staatsbankrott  abwendet,  aber 
1781  zurücktreten  muss.    Calonne  (seit  1783) 


636 


Frankreich. 


erschöpft  durch  leichtsinnige  Anleihen  den 
Staatskredit  völlig  Oährl.  Deficit  UO  Mill. 
Livres);  daher  22.  Febr.  bis  25.  Mai  1787 
VerMmmlung  der  Notabein.  De  Brienne, 
Erzbischof  von  Sens,  Finanzminister,  erlässt 
2  Steueredikte ,  deren  Einregistrirang  das 
Parlament  verweigert,  daher  Verbannung 
deAselben  nach  Troyes.  Necker  zurückbe- 
rufen. 25.  Mai  1789  Yersammlung  der  (?en0ra<- 
sicuUen  zu  Versailles.  17.  Juni  erklärt  sich 
auf  Sieyds  Antrag  der  dritte  Stand  zur  Ka- 
tioualversammlung,  Beginn  der  Revolution. 
V.  F.  während  der  Revolution  (1789 
—1799).  Die  Zusammenziehung  von  Trup- 
pen und  Neckers  Verbannung  veranlasst 
12.  Juli  zu  Paris  einen  Aufstand.  14.  Juli 
Eroberung  und  Zerstörnng  der  Bastille. 
Necker  zurückgerufen,  Bailly  Maire,  La- 
fayette  Befehlshaber  der  Nationalgarden. 
Emigration  der  königl.  Prinzen.  4.  August 
Anfliebung  aller  Feudalrechte  und  persönl. 
Lasten  und  Erklärung  der  Menschenrechte 
in  der  Nationalversammlung.  Nov.  Ein- 
theilung  des  Landes  in  83  Departements. 
9.  Dec.  Einziehung  der  Kirch  engüter.  14. 
Juli  1790  Beeidigung  des  Königs,  der  Staats- 
gewalten und  der  Deputirten  der  Departe- 
ments (f6d6r6s)  auf  die  neue  Verfassung. 
4.  Sept.  Necker  entlassen,  Agitation  der 
polit.  Klubs  (Jakobiner).  Emigration  des 
Adels;  Bildung  von  Emigrantencorps.  20. 
Juni  1791  Ludwigs  XVI.  Fluchtversuch, 
22.  Juni  Zurückfiihrung  desselben  nach 
Paris.  14.  Sept.  die  Konstitution  vom  3. 
Sept.  1791  (die  Nationalversammlung  übt 
die  gesetzgebende  Gewalt  allein»  der  König 
die  exekutive  mit  Suspeusivvotum)  vom 
König  beschworen.  30.  Sept.  Schluss  der 
konstituirenden  Nationalversammlung,  1. 
Okt.  Eröffnung  der  Legislative.  Partelen: 
Girondisten  als  äusserste  konstitutionelle 
Partei,  ihnen  gegenüber  Republikaner  (Jako- 
binerklub). Dekrete  gegen  die  Emigranten 
und  die  den  Eid  auf  die  Verfassung  verwei- 
gernden Priester,  denen  der  König  seine 
Zustimmung  verweigert.  20.  April  1792  der 
Krieg  gegen  Oesterreich  beschlossen.  10. 
August  Augiiff  der  pariser  Selvtionon  auf 
die  Tuilerien.  Der  König  rettet  sich  in  den 
Schooss  der  Nationalversammlung,  wird  IS. 
Aug.  als  Gefangener  in  den  Tempel  geführt. 
Infolge  des  Eiurückens  der  Preussen  in  die 
Champagne  fanat.  Aufregung  des  Volks; 
2.-4.  Sept.  Niedermetzelung  der  in  den  Ge- 
fängnissen befindlichen  Royalisten.  21.  Sept. 
Auflösung  der  legislativen  Nationalver- 
sammlung und  Eröffnung  des  Konvents,  worin 
dio  Jakobiner  (der  Berg)  das  Uebergewicht 
haben.  25.  Sept.  F.  für  eine  Republik  er- 
klärt. 20.  Jan.  1793  Verurtheilung  und  23. 
Jan.  Hinrichtung  des  Königs.  Aufstand  in 
der  Vend6e.  Erste  Koalition :  England,  Hol- 
land, Spanien,  Neapel  und  das  deutsche 
Reich  gegen  F.  verbündet.  Beginn  der 
Schreckensherrschaft.  9.  März  Errichtung 
des  Revolutionstribunals.  Belgien  durch 
Dumouriez  erobert.  6.  April  Bildung  des 
Wohlfahrtsausschusses.  2.  Juni  Aechtung 
der  Girondisten.  10.  Aug.  wird  vom  Kon- 
vent die  neue  rein-demokratische  Verfassung 


beschworen,  aber  sofort  bis  cum  Bnde  des 
Kriegs  suspendirt.  Erhebung  des  Volks  In 
Masse;  Gamot  Leiter  des  Heerwesens.  29. 
Aug.  ergibt  sich  Toulon  au  die  Engländer. 
6.  Okt.Einführungdes  republikan.  Kalenders. 
Abschaffung  des  Ghristenthums ;  Kultus  der 
Vernunft.  9.  Okt.  Blutgericht  in  Lyon. 
Ende  Nov.  Toulon  wieder  erobert.  13.  Mära 
1794  Sturz  der  nitrarevolutionären  Heber- 
tisten  durch  Robespierre,  24.  März  Hinrich- 
tung derselben.  31.  März  Danton  u.  Genossen 
des  Royali smns  angeklagt  und  5.  April 
hingerichtet.  Triumvirat  Robespierres,  St. 
Justs  und  Couthons.  7.  Mai  dekretirt  Robes- 
pierre das  Dasein  des  höchsten  Wesens. 
Hinrichtungen  in  Masse.  28.  JuliStuzfe  und 
Hinrichtung  Robespierres  und  seiner  €re- 
nossen.  Ende  der  Schreckensherrschaft. 
11.  Nov.  Schliessung  des  Jakobinerkluba. 
Siegreiches  Vordringen  der  republikan. 
Heere  in  den  Rheinlanden  und  in  Holland. 
April  1795  Friede  mit  Preussen,  Juli  mit 
Spanien.  26.  Okt.  Auflösung  desKonvonts, 
Einsetzung  der  Direktorialregierung  (2Rätlie, 
Bath  der  Fünfhundert  und  Rath  der  Alten 
für  die  gesetzgebende,  Direktorium  von  5 
Mitgliedern  mit  verantwortlichem  Ministe- 
rium für  die  vol  Iziehende Gewalt).  1796  Unter- 
drückung des  Aufstands  in  der  Vendöe,  Bona- 
partes Siege  in  Italien;  Jourdan  u.  Moreau 
überschreiten  den  Rliein;  Joubert  dringt  in 
Tirol  ein.  Parteiumtriebe  der  Demokraten  n. 
Royalisten,  welche  letztere  bei  den  Ergän- 
zungswahlen (20.  Mai  1797)  in  beiden  Räthen 
das  Uebergewicht  erhalten.  Sept.  1797 
Herabsetzung  der  öffentl.  Staatsschuld  tun 
2  Dritttheile,  finanzielle  Zerrüttung.  Der 
Staatsstreich  vom  18.  Fructidor  (5.  Sept.)  rei- 
nigt die  Räthevonden  royalist.  Mitgliedern, 
wodurch  die  streng  republikan.  Partei  wieder 
zur  Herrschaft  kommt.  17.  Okt.  Friede  von 
Campo  Formio  mit  Oesterreich.  19.  Mai  1798 
Abfahrt  Bonapartes  nach  Aegypten.  Zweite 
Koalition  gegen  F.  zwischen  England,  Oester- 
reich, Russland,  Neapel  und  der  Pforte.  Jan. 

1799  franz.  Truppen  in  Piemont  und  Neapel. 
Jourdan  am  Oberrhein  (März),  Moreau  iu 
Oberitalien  (April)  zurückgeschlagen.  Ueber- 
gewicht der  republikan.  Partei  durch  die 
Wahlen  von  1799.  Die  Räthe,  in  Permanenz 
erklärt,  ziehen  das  Direktorium  über  die 
Lage  des  Staats  zur  Rechenschaft.  Herstel- 
lung des  franz.  Waffenglücks  am  Rhein. 
Bonaparte,  9.  Okt.  1799  aus  Aegypten  zurück- 
gekehrt, stürzt  die  Direktorialgewalt  18. 
Brumaire  (9.  Nov.  1799)  mit  Militärgewalt, 
worauf  Einsetzung  einer  provisor.  Regie- 
rungsbehörde aus  8  Mitgliedern :  Bonaparte, 
Siey&s  und  Roger  Ducos,  und  Vertagung  des 
gesetzgebenden  Körpers  bis  20.  Febr.  1800. 

VI.  JP.  unter  dem  Konsulat  (1799—1804). 
Die  neue  Konstitution  vom  Jahr  VIII,  7.  Febr. 

1800  für  angenommen  erklärt,  überträgt  die 
polit.  Gewalt  3  Konsuln ,  von  denen  der 
erste  eigentl.  Machthaber  ist,  dem  die  beiden 
andern  nur  berathend  zur  Seite  stehen. 
Bonaparte  xun  ersten  Konsul,  Oambae^ris  u. 
Lebrun  zum  zweiten  und  dritten  auf  10  Jahre 
ernannt.  Ein  Erhaltuugssenat  (S^nat  con- 
servateur)  tou  80  Mitgliedern  erueuut  die 


Frankreich. 


637 


Mitglieder  d«s  geseizgebendeD  Körpers 
und  bestätigt  oder  Terwirft  die  Akte  der 
polit.  Gewalten;  ein  gesetzgebender  Körper 
-von  800  Mitgliedern  entscheidet  über  die 
ihm  Toi^elegten  Gesetzentwürfe ;  ein  Tri- 
bnnat  von  100  Mitgliedern  yerhandelt  als 
verfassangsmässige  Opposition  über  die  Ton 
den  Konsuln  vorgelegten  Gesetzentwürfe. 

18.  Jan.  1800  Friede  mit  derVendöe.  Bona- 
partes Sieg  beiMarengo  (14.  Jnni)  entscheidet 
über  Italiens  Schicksal;  Moreans  Sieg  bei 
Hohenlinden  (3.  Dec.)  hat  den  Frieden  von 
LuneviUe  (9.  Febr.  1801)  zur  Folge,  welcher 
den  Rhein  als  Grenze  F.s  festsetzt.  8.  Okt. 
1801  Friede  mit  Russland ,  9.  Okt.  mit  der 
Pforte.  27.  März  18ü2  Friede  tu  Amiens  mit 
England.  Förderung  der  materiellen  In- 
teressen. Herstellung  der  kathol.  Kirche 
durch  Konkordat  vom  15.  Aug.  1801.  26. 
April  durch  Seuatsbeschluss  eine  allgera. 
Amnestie  zu  Gunsten  der  Emigranten  er- 
lassen. Mai  1802  Bonaparte  durch  Seuats- 
beschluss auf  weitere  10  Jahre,  2.  Aug.  auf 
Lebenszeit  zum  Konsul,  18.  Mai  1804  als 
Napoleon  I.  zum  erblichen  Kaiser  der  Fran- 
zoten  erklärt.  Senat  und  gesetzgebender 
Körper  dem  Willen  des  Monarchen  ganz 
untergeordeet. 

Vn.  JErsteg  Kaiserreich,  2.  Dec.  1804 
Salbung  d  es  Kaisers  durch  den  Papst  Plus  VII. 
zu  Paris.  Kreirung  -von  Erzämtem  und 
Groflswürdenträgern  und  31  dotirten  Seiia- 
torien.  Einsetzung  eines  hohen  kaiserl. 
Gerichtshofs  über  Hochverrath  und  alle 
Verbrechen  gegen  Staat  und  Kaiser.  4.  Juni 

1805  Vereinigung  der  ligur.  Republik  (Genua), 
21.  Juli  Parmas  undPiacenzas  mitF.  Dritte 
Koalition  zwischen  England  ,  Oesterreich, 
Russland  und  Schweden  gegen  F.  Ver- 
nichtung der  firanz.-span.  Flotte  durch  die 
Engländer  bei  Trafalgar  21.  Okt.  1805.  Na- 
poleons Siege  bei  Ulm  (17.  Okt.)  u.  Austerlitz 
(2.  Dec.)  föhren  zum  Frieden  von  Press- 
bürg  (26.  Dec).  12.  Juli  1806  Napoleon  zum 
Protektor  des  Rheinbundes  ernannt.  Herbst 

1806  Krieg  Euuiand»,  Preuesens,  Englands 
und  Schwedens  gegen  F.,  beendigft  7.  und  9. 
Juli   1807     durch     den   Frieden   von    Tiläit. 

19.  Aug.  Abschaffung  des  Tribnnats.  Kon- 
tinentalsperre gegen  England.  Nov.  1807 
Portugal  von  franz.  Truppen  besetzt.  Juni 
1808  Joseph  Bonaparte  auf  den  span.  Thron 
erhoben.  17.  Mai  1809  Einverleibung  des 
Kirchenstaats  in  F.  Vierter  Krieg  Oester- 
reich» und  Englands  gegen  F.  durch  den  Sieg 
Napoleons  bei  Wagram  (5.  und  6.-Juli  1809) 
beendigt;  Friede  von  Wien  14.  Okt.  Die 
Illyrischen  Provinzen  F.  eii/rerleibt.  Re- 
form der  Rechtspflege  durch  neue  Ge- 
setzbücher und  Organisation  der  Gerichts- 
höfe; Hebung  der  Industrie  und  des  Han- 
dels. 9i  Juli  1810  das  Königreich  Holland, 
12.  Nov.  Wallis,  10.  Dec.  die  Mündungen 
der  Ems,  Weser  und  Elbe  nebst  den  Hanse- 
städten F.  einverleibt.  Russlands  Renitenz 
gegen  die  Kontinentalsperre  veranlasst  die 
franz.  Kriegserklärung  (22.  Juni  1812).  14. 
Sept.  Napoleons  Einzug  in  Moskau.  Ver- 
nichtung der  grossen  Armee  auf  dem  Rück- 
Bug.    RusMoh' deutscher  Krieg  gegen  F.  17. 


März  1813  Preussens  Kriegserklärimg  an  F. 
Nach  den  Schlachten  bei  Lützen  (2.  Mai) 
und  Bautzen  (21.  Mai)  Waffenstillstand  vom 
4.  Juni  bis  17.  Aug.  Nach  vergeblichen 
Friedonsunterhandlungen  zu  Prag  Beitritt 
Oesterreichs  und  Schwedens  zu  den  Ver- 
bündeten. Während  Napoleon  bei  Dresden 
(26.  und  27.  Aug.)  siegt,  werden  seine  Gene- 
rale Oudlnot  bei  Grossbeeren  (23.  Aug.), 
Macdonald  an  der  Katzbach  (26. -Aug.), 
Yandamme  bei  Kulm  (30.  Aug.),  Ney  bei 
Dennewitz  (6.  Sept.)  geschlagen.  Nach  der 
Entscheidungsschlacht  bei  Leipzig  (16.,  18. 
und  19.  Okt.)  Rückzug  der  Franzosen  über 
den  Rhein.  Der  Senat  infolge  seines  Wider- 
spruchs g^egen  die  Politik  des  Kaisers  auf- 
gelöst. Anfang  1814  Uebergang  der  AUiirten 
über  den  Rhein.  Sieg  derselben  bei  Brienne 
(1,  Febr.).  Febr.  Rückzug  derselben  nach 
Ch&lons  und  Troyes.  5.  Febr.  bis  19.  März 
Fried enskongress  zuGhatillon  resultatlos. 
1.  März  Vertrag  zu  Chanmont  zwischen 
Russland,  Preussen,  Oesterreich  und  Eng- 
land zu  Bekämpfung  Napoleons  und  Her- 
stellung des  Weltfriedens.  Siege  der  AUiirten 
bei  Laon  (9.  und  10.  März),  Arcis  sur  Aube 
(20.  März),  La-F^re-Champenoise  (25.  März) 
und  Paris  (30. März);  Einzug  ders.  in  Paris 
(31.  März).  Der  Senat  ernennt  2.  April  eine 
provisor.  Regierung,  erklärt  Napoleon  und 
seine  Familie  des  Thrones  verlustig  und 
ruft  die  Bourbous  zurück.  Napoleon  dankt 
ab  (11.  April)  und  zieht  sich  (20.  April)  auf 
die  Insel  Elba  zurück.  3.  Mai  1814  Einzug 
König  Ludwigs  XVIH.  in  Paris. 

VUI.  F*  unter  der  ersten  MesUturadion 
(3. Mai  1814  bis  19. März  1815).  Ludwig  XVIH. 
(1814—24)  erklärt  die  vom  Senat  entworfene 
Konstitution  fiir  ungültig,  gibt  (4.  Juni)  eine 
neue  Charte.  F.  Im  ersten  pariser  Frieden 
30.  Mai  1814  auf  die  Grenzen  von  1792  be- 
schränkt, behält  aber  Avignon  und  Venaissin 
und  die  Hälfte  von  Savoyen  und  erhält  von 
England  seine  Kolonion,  mit  Ausnahme  der 
Inseln  Tabago,  Ste.-Lucie  und  Isle  de  France 
zurück.  Reaktionäre  Massregeln  der  Regie- 
rung, Einführung  der  Gensur,  Ausdehnung 
der  Polizeigewalt ;  Verletzung  der  Selbstän- 
digkeit der  Gerichte;  Zurücksetzung  der 
Armee.  1.  März  1315  Napoleons  Landung  bei 
Fr6Jus.  14.  März  Ludwigs  XVHI.  Flucht 
nach  Gent. 

IX.  F,  während  der  100  Tage  (20. 
März  bis  21.  Juni  1815).  20.  März  Rückkehr 
Napoleons  nach  Paris.  Verheissung  fried- 
licher, liberaler  Regierung.  Die  Additio- 
nalakte  vom  22.  April  raodificirt  die  Ver- 
fassung des  Kaiserreichs  im  Sinne  der  Charte 
Ludwigs  XVni.,  bewilligt  eine  erbliche 
Pairs-  und  eine  Deputirtenkammer  mit 
öjähriger  Wahlperiode.  1.  Juni  auf  dem 
Maifelde  feierliche  Beschwörung  derselben. 
25.  März  Allianztraktat  zwischen  Oester- 
reich, Russland,  Preussen  und  England 
gegen  Napoleon.  Napoleon  siegt  (16.  Juni) 
bei  Ligny,  wird  18.  Juni  bei  Waterloo  ge- 
schlagen, dankt  21.  Juni  zu  Blois  zu  Gun- 
sten seines  Sohnes  ab.  Einsetzung  einer 
provisor.  Regierung  zu  Paris.  3.  Juli  Mili- 
tärkonvention  Blüchere    und   Wellingtons 


638 


Frankreicb. 


mit  Marflctaall  Davoust,  gemäss  welcher  sich 
die  fraoz.  Armee  hioter  die  Loire  zurück- 
sieht. 7.  Jnli  Einzug  der  Verbündeten  in 
Paris.  9.  Juli  Rückkehr  Ludwigs  XVIII. 
20.  Nov.  zweiter  pariser  FHede.  F.  auf  die 
Grenzen  yon  1790  beschränkt  (Abtretung 
von  Philippeville ,  Saarlouis,  Marienbnrg 
und  Landau,  des  Herzogth.  Bouillon,  eines 
Theils  der  Depart.  Niederrhein,  der  Land- 
schaft Oex  und  Savoyens)  und  zu  Zahlung 
von  700  Mill.  Fr.  Kriegskontribntion  ver- 
pflichtet; 17  Festungen  auf  5  Jahre  von  den 
Verbündeten  besetzt,  Okkupationsheer  voti 
150,000  Mann  auf  5  Jahre  in  F. 

X.  j^.  unt^r  der  »wetten  Be^auration 
(1815-30).  Sept.  1815  tritt, der  Herzog  von 
Richelieu  an  die  Spitze  des  Ministeriums. 
Massloses  Gebahren  der  royalistischen 
Ultras;  Protestantenverfolgungen  in  Mar- 
seille und  Ntmes;  unkonstitutionelle  Aus- 
nahmegesetze. 12.  Nov.  1818  Beitritt  F.s 
zum  Friedensbunde  dereurop.  Hauptmächte. 
Das  28.  Dec.  eingesetzte  liberale  Ministerium 
BessoIIes  unterliegt  den  Ultras  beider  Par- 
teien. Das  19.  Nov.  1819  eingesetzte  Mini- 
sterium Becazes,  gemässigt  royalistisch, 
sucht  durch  ein  neues  Wahlgesetz  der  Grund- 
aristokratie Überwiegenden  Einflnss  auf  die 
Wahlen  zu  verschaffen  und  die  öffentliche 
Meinung  durch  Ausnahmegesetze  niederzu- 
halten. Nov.  1819  bis  Jnli  1820  heftige  Partei- 
kämpfe  in  den  Kammern.  Die  Ermordung 
des  Herzogs  von  Berri  (13.  Febr.  1820)  ver- 
schafft den  royalist.  Ultras  die  Oberhand, 
infolge  dessen  Decazes  18.  Febr.  zurücktritt. 
Der  Herzog  von  Richelieu  wieder  Mtnister- 

Sräsident.  Wiedereinführung  der  Gensur. 
»urch  das  neue  Wahlgesetz  vom  29.  Juni 
1820  wird  die  Zahl  der  Deputirten  von  258 
auf  430  vermehrt.  Sieg  des  aristokratisch- 
monarch.  Regierungssystems  über  den  bür- 
gerlichen Liberalismus.  4.  Sept.  1822  Villgle 
Ministerpräsident.  Französ.  Intervention  in 
Spanien  (April  bis  Okt.  1823)  zu  Gunsten  des 
Absolutismus.  Karl  X.  (1824—30)  verheisst 
Achtung  der  Charte  und  schafft  29.  Sept.  die 
Gensur  ab,  wird  29.  Mai  1815  zu  Rheims  ge- 
krönt. Für  die  Regierung  ungünstiger  Aus- 
fall der  Kammerwahlen  für  1827.  30.  April 
1827  Auflösung  der  pariser  Nationalgarde 
wegen  antiministerieller  Kundgebungen.  6. 
Juli  Pacifikationsvertrag  zwischen  F.,  Eng- 
land und  Russland  zu  Gunsten  der  Griechen. 
4.  Jan.  1828  Rücktritt  des  Ministeriums 
Villdle  infolge  des  ungünstigen  Ausfalls 
der  Kammerwahlen;  Berufung  des  Ministe- 
riums Martignac.  Morea  durch  franz.  Trup- 
pen von  den  Türken  befreit.  Heftige  An- 
griffe auf  die  Finanzmassregeln  der  Regie- 
rung haben  den  Rücktritt  des  Ministeriums 
(8.  Aug.  1829)  zur  Folge.  Fürst  von  Polignac, 
erklärter  Gegner  der  Gharte,  Minister  des 
Auswärtigen,  seit  18.  Nov.  Ministerpräsi- 
dent, sucht  durch  dieExpedition  nach  Algier 
(5.  Juli  1830  erobert)  Popularität  zu  ge- 
winnen, verfolgt  die  Presse.  16.  Mai  Auf- 
lösung der  Deputirteukammer  infolge  ihrer 
Adresse,  die  ein  vollstäud.  Misstrauensvotum 
enthält.  Wiederwahl  der  221  Deputirten, 
welche  die  Adresse  unterzeichnet  haben,  in 


die  neue  Kammer.  26.  Juli  Erläss  der 
Ordonnanzen,  durch  welche  die  Freiheit  der 
period.  Presse  suspendirt,  ein  neuer  Wahl> 
modus  angeordnet  und  die  zum  3.  Aug.  be- 
reits einberufenen  Kammern  aufgelöst 
werden.  Julirevolution  ^.—29.  Jnli.  JSine 
provisor.  Regierungsbehörde,  bostehend  ans 
Lafayette,  dem  Herzog  von  Gholseul  und 
dem  General  G^rard,  und  ein  pariser  Mu- 
nlcipalansschuss  erklären  Karl  X.  für  abge- 
setzt. Pairs  u.  Deputirte,  zur  gesetzgebenden 
Versammlung  vereinigt,  übertragen  die  Re- 
gierung dem  Herzog  Ludwig  Philipp  von 
Orleans  als  Generallieutenant  des  Reichs, 
der  30.  Juli  sein  Amt  antritt.  2.  Aug.  dankt 
Karl  X.  zu  Gunsten  des  Herzogs  von  Bor- 
deaux (Grafen  Ghambord)  ab  und  schifft  sich 
16.  Ai^.  nach  England  ein.  Der  reformirte 
Entwurf  der  Charte  spricht  den  Grundsatz 
der  Volkssouveränetät  aus,  schafft  dieCensur 
für  immer  ab  und  verleiht  die  Initiative 
der  Gesetzgebung  den  Kammern,  wird  9. 
Aug.  vQm  Herzog  von  Orleans  beschworen, 
der  darauf  als  Ludwig  Philipp  L,  König  der 
Franzosen,  den  Thron  besteigt. 

XI.  F.  utUer  Zududg  TfiUipp  (1830—48). 
Ludwig  Philipp  sucht  sich  den  Grossmächten 
als  Bürge  des  Weltfriedens  darzustellen,  hat 
die  Republikaner  und   die  gemässigte   de- 
mokrat.  Fraktion  Laffittes  und  Lafayettes  zu 
Gegnern,  die  Doktrinärs  (Guizot)  zu  Freun- 
den.   Wechsel  der  Ministerien :  Broglie  13. 
Aug. ,   LafRtte  2.  Nov.  1830,  Casimir  Parier 
(13.  März  1831).  Letzteres  vertritt  das  Juste- 
milieu,  den  Doktrinarismus  und  das  System 
des  Friedens,    Daher  Bruch  mit  der  Demo- 
kratie.  Nov.  1831  Aufstand  in  Lyon.    5.  Juni 
1832   zu   Paris   republikan.  Schilderhebnng 
beim   Leichenbegängniss  des  Generals  La- 
marque.     Umtriebe   der  Legitimisten   (die 
Herzogin  von  Berri  in  der  Vend6e).  Okt.  1832 
Ministerium  Soult  -  Broglie  -  Thiers  -  Gnizot- 
Humann.  Der  Versuch  der  Regierung,  durch 
ein  neues  Vereinsgesetz  die  Klubs  zu  unter- 
drücken, führt  in  Lyon  (9.  April  1834)  und 
in  Paris    (13.    April)  zu  Aufständen.    Juli 
1834   G6rard   Soults  Nachfolger.    18.   Nov. 
doktrinäres    Ministerium     Mortier  -  Guizot- 
Thiers-Duchatel.    20.  Febr.  Rekonstitairung 
des  alten  Ministeriums  Broglie.    Des  Königs 
persöniiche  Regierung  macht  jedes  konsti- 
tutionelle und  verantwortliche  Ministerium 
illusorisch.    28.  Jnli  1835  Attentat  Fieschis 
auf  den  König ;  infolge  davon  Beschränkung 
der   Pressfreiheit   und    der    Geschwomen- 
gerichte  (Septembergesetze).  22.  Febr.  1836 
Ministerium   Tbiers-Sauzet-Montalivet.     25. 
Juli  Attentat  Alibau ds.    7.  Sept.  1836  Mini- 
sterium  Mo]6- Guizot- Duchatel.     30.   Okt. 
Ludwig  Napoleons  Versuch  in  Strassburg, 
sich  durcli  eine  Militärrevolution  zum  Kaiser 
ausrufen  zu  iassen.    27.  Dec.  Attentat  Meu- 
niers.  Stürmische  Kammersitzung.  15.  April 
1837  Ministerium  Mol6-Montalivet-Salvandy. 
9.  März  1839   Mol6s   Rücktritt   infolge   un- 
günstiger Neuwahlen  zur  Kammer ;   darauf 
seit  1.  April  provisor.  Verwaltung.   12.  Mai 
republikan.  Schilderhebnng.    13.  Mai  Mini- 
sterium Soult-Duchatel-Testc ;  1.  März  1840 
Ministerium  Thiers  aus  dem  Unken  Oe&trum, 


1 


Frankreich. 


639 


Die  Ausschliessung  F.s  yon  dem  londoner 
Vertrag  xwi8chettEngIand,KussIand,  Oester- 
retcb  und  Preussen  über  die  ägypt.  Frage 
(15.  Juli  1840)  -veranlasst  in  F.  kriegerische 
Manifestationen  und  die  Annahme  des  Plans 
der  Befestigung  von  Paris.  6.  Aug*  Ludwig 
Napoleons  Landung  in  Bonlogne.  15.  Okt. 
Attentat  Darmes.  91.  Okt.  Rücktritt  des 
Ministeriums,  auf  dessen  kri^erische  Pläne 
der  König  nicht  eingeht.  29.  Okt.  Ein- 
setzung des  Ministeriums  Sonlt-Gulzot. 
Wiederaufnahme  der  Friedenspolitik.  Re- 
publikan.,  sooialist.  und  kommunist.  Ver- 
bindungen und  Umtriebe.  13.  Juli  1842  Tod 
des  Herzogs  von  Orleans.  Sinken  der  Macht 
des  Julikönigthums.  Störung  der  Entente 
cordiale  mit  England.  1844  lebhafte  Kam- 
nierdebatte über  die  Unterrichtsfrage.  1845 
bis  1846  Arbeitseinstellungen.  April  und 
24.  Juli  Attentate  Lecomtes  und  Henris. 
Heftigre  Angriffe  auf  das  Wahlrecht  und  die 
Zusammensetzung  der  Landesvertretung ; 
Ueberhandnahmeder  Käuflichkeit;  (Geldkrise 
und  Nothstand.  1847  skandalöse  Prozesse 
(Teste  und  Cubidres  wegen  Bestechung,  der 
Herzog  von  Praslin  -vregen  Elrmordung  seiner 
Gattin  angeklagt).  Die  Frage  der  Wahl- 
reform die  Losung  aller  Oppositionsparteien, 
Agitation  für  diesäbe  durch  Reformbankette. 
Das  Verbot  des  auf  den  21.  Febr.  1848  an- 
gesetzten pariser  Reformbankets  hat  den 
Ausbruch  der  Ftbruarrevolution  zur  Folge. 
24.  Febr.  Strassenkampf.  Abdikation  des 
Königs  zu  Gunsten  des  Grafen  von  Paris. 
Einsetzung  einer  provisor.  Regierung  (Du- 
pont  de  TEure,  Lamartine,  Arago,  Marie, 
Garnier- Pagds,  Ledrn-RoUin,  Gr6mieux, 
später  Marrast  und  die  Socialisten  Louis 
Blanc,  Flocon  u.  Albert).  Flucht  des  Königs. 
XII.  F.  als  Jtqpublik  (1848-52).  Mini- 
sterium Dupont  de  TEure,  Lamartine,  Ledru- 
Rollin,  Gandchanx,  Oarnot,  Marie,  Gr6mieuz 
etc.  Agitatorische  Thätigkeit  der  socialist. 
und  terroristischen  Gewaltpartei  durch  die 
Klubs  und  die  Presse.  10.  März  Arbeiter- 
parlament im  Palais  Luxembourg.  Erschüt- 
terung des  Kredits;  Lähmung  des  Verkehrs. 
Einrichtung  von  National  Werkstätten.  14. 
Mai  Eröffnung  der  Nationalversammlung, 
Proklamimng  der  Republik.  Rücktiitt  der 
provisor.  Regierung,  an  deren  Stelle  10.  Mai 
eine  durch  die  Nationalversammlung  ge- 
wählte Exekutivkommission  (Arago,  Gamior- 
Pagds,  Marie,  Lamartine,  Ledru- Rollin) 
tritt.  Neues  Ministerium:  Recurt,  Bastide, 
Gr6mieux,  Gamet,  Flocon,  Gavaignac  etc. 
15.  Mai  Attentat  der  socialist.  Partei  zu 
Sprengung  der  Nationalversammlung  und 
Einsetzung  einer  neuen  provisor.  Regierung, 
von  der  Nationalgarde  unterdrückt.  Die 
Auflösung  der  Nationalwerkstätten  gibt  das 
Signal  zum  Juniauf  stände.  Cavaignac,  mit 
der  diktator.  Gewalt  bekleidet,  unterdrückt 
denselben  in  blutigem  Kampfe  (24.-26.  Juni). 
28.  Juni  überträgt  die  Nationalversammlung 
OavaigQac  die  Exekutivgewalt  als  Conseil- 
pr&sidenten.  Bastide,  Senard,  Bethmont, 
Leblano,  Gaudchaux,  Recurt,  Tourret,  La- 
morici^re  undBedeau  zu  Ministern  berufen. 
Beschränkung  der  Presse  and  der  Klubs. 


Die  4.  Nov.  vollendete  Verfassung  stellt  eine 
gesetzgebende  Versammlung  von  750  Mit« 
gliedern  auf  und  überträgt  die  Exekutive 
einem  durch  allgem.  Stimmrecht  auf  4  Jahre 
gewählten  Präsidenten.  10.  Dec.  Ludwig 
Nnpoleon  mit  5Va  Mill.  Stimmen  zum  Präsi- 
denten gewählt ,  20.  Dec.  beeidigt ,  beruft 
ein  neues  Ministerium  (Odilen- Barrot, 
Drouyn  de  THuys,  Falloux,  L^n  Faucher 
etc.).  Mai  1849  Intervention  in  Rom  zu 
Gunsten  des  Papstes.  28.  Mai  Eröffnung 
der  Legislative.  13.  Juli  Versuch  der  äusser- 
sten  Linken  zu  einer  Erneute  endet  mit  der 
Flucht  oder  Verhaftung  ihrer  Führer.  Mo- 
narchisches Gebahren  des  Präsidenten.  31. 
Okt.  Berufung  eines  neuen  Ministeriums 
(Hautpoul,  Rayneval,  F.  Barrot.  Rouher, 
Fould  etc.).  Anfang  1850  Etntheiluug  des 
Landes  in  vier  grosse  Militärdivisionen.  Mal 
und  Juli  Gesetze  zu  Beschränkung  der  Ver- 
eine, der  Presse  und  des  allgem.  Stimm- 
rechts. 9.  Jan.  1851  Rekonstituirung  des 
Ministeriums  im  bonapartist.  Sinne,  dann 
infolge  eines  Misstrauensvotums  der  Kammer 
ein  Uebergangsministerium,  endlich  11.  April 
definitives  vorwiegend  bonapartist.  Ministe- 
rium (L6on  Faucher,  Baroche,  Fould.  Büffet, 
Magne,  Rouher  etc.).  Agitation  für  Revision 
der  Verfassung  behufs  der  Verlängerung  der 
Exekutive  und  Beseitigung  des  Wahlgesetzes 
vom  31.  Mai.  27.  Okt.  neues  ganz  bona- 
partist. Ministerinra  (Gorbin,  l^argot,  Tho- 
rigny,  Gasabianca,  St.-Amaud  etc.).  StacUs- 
streich  vom  2.  Dec.  Auflösung  der  National- 
versammlung, Aufhebung  des  Wahlgesetzes 
vom  31.  Mai.  Die  Grundzüge  der  vom  Prä- 
sidenten vorgeschlagenen  neuen  Verfassung 
nach  blutiger  Niederworfliug  des  Wider- 
standes (3.  Dec.)  in  Paris  und  in  den  Pro- 
vinzen unter  dem  Eindruck  des  künstlich 
geschürten  Schreckens  vor  den  ,Rothen* 
14.— 21.  Dec.  durch  Volksabstimmung  mit 
7Va  Mill.  Stimmen  angenommen.  Verban- 
nungen und  Deportationen.  14.  Jan.  1852 
Einführung  der  neuen  Vorfassung  (gegen- 
über dem  Präsidenten  und  seinem  nur  ihm 
verantwortlichen  Ministerium  ein  nnabsetz- 
barer  dotirter  Senat  und  ein  in  seinen  Be- 
fugnissen sehr  beschränkter  gesetzgebender 
Körper).  22.  Jan.  Verkauf  der  orl&insschen 
Privatgüter  durch  Dekret  angeordnet.  18. 
Febr.  Erlass  eines  strengen  Pressgesetzes. 
7.  Nov.  der  Präsident  durch  Seuatskonsult 
als  Napoleon  lU.  zum  eritlichen  Kaiser  er- 
hoben, was  21.  und  22.  Nov.  durch  allgem. 
Volksabstimmung  mit  8,157,752  gegen  254,501 
Stimmen  bestätigt  wird.  2.  Dec.  feierlicher 
Einzug  des  Kaisers  in  die  Tuilerien. 

Xni.  Zweites  KaiserrHeh  (1852-70). 
Beförderung  der  materiellen  Interessen.  > 
Staatsbauten.  Begünstigung  des  klerikalen  • 
Einflusses  bei  der  Reform  des  Unterrichts- 
wesens. Streit  über  die  heiligen  Stätten 
in  Jernsalem  mit  Russland  seit  1850.  12. 
März  1854  Allianz  F.s  und  Englands  mit 
der  Türkei;  2B.  März  Kriegserklärung  au 
Rassland.  Ein  franz.-engl.-türk.  Heer  schlägt 
die  Russen  20.  Sept.  an  der  Alma.  8.  Sept. 
1855  Erstürmung  des  Malakow  und  Fall 
Sebastopols.    15.  Mal  Ms  15,  Nov.  Weltaus- 


640 


Frankreich. 


Stellung  für  Industrie  und  Kunst  in  Paris. 
Attentate  Pianoris  28.  April  und  Belleraares 
8.  Sept.  auf  den  Kaiser.  SO.  März  1856  Friede 
SM  AsHs  mit  Russland.  F.  erste  Grossmacht, 
Paris  der  pollt.  Mittelpunkt  Ton  Europa. 
12.  Aag.  1857  Stiftung  der  Helenamedaille 
zu  Belebung  der  napoleon.  Erinnerungen 
und  Sympathien.  Expedition  nach  China 
(s.  d.)  in  Verbindung  mit  England.  14.  Jan. 
1858  Attentat  Orsinis  und  Genossen  auf  den 
Kaiser.  Eintheiinng  F.s  in  fünf  grosse 
Militärbezirke  (Paris,  Nancy,  Lyon,  Toulouse 
und  Tours).  5.  Febr.  Einsetzung  eines  ge- 
heimen Raths,  der  eyentuell  als  Regent- 
scbaftsrath  fbngiren  soll.  1.  Jan.  1859  der 
Konflikt  mit  Oesterreich  Ton  Kapoleon  m. 
angedeutet  beim  Net^ahrsempfang  des  diplo- 
mat.  Corps.  3.  Mal  Kriegsmanifest  dess. 
infolge  des  Vorgehens  Oesterreichs  gegen 
Sardinien  (»Italien  frei  bis  zum  Adriameer')* 
Nach  den  für  die  Franzosen  glücklichen 
Kämpfen  bei  Montebello  (20.  Mai),  Palestro 
(30.  und  31.  Mai),  Turbigo  (2.  Juni)  Rück- 
zug der  Oesterreicber  in  die  Lombardei. 
4.  Juni  Sieg  der  Franzosen  bei  Magenta, 
8.  Einzug  Napoleons  m.  in  Mailand  und 
Sieg  bei  Melegnano.  11.  Juli  Friede  von 
Vülafranea.  6.  Aug.  bis  10.  Nov.  Friedens- 
konferenz zu  Zürich.  Napoleon  III.  tritt 
die  eroberte  Lombardei  an  den  König  von 
Sardinien  ab.  23.  Jan.  1860  Handelsvertrag 
mit  England,  dem  Freihandel  günstig.  24. 
März  1860  Savoyen  und  Nizza  durch  Traktat 
an  F.  abgetreten,  was  durch  Volksabstim- 
mung 15.  n.  22.  April  daselbst  gutgeheissen 
wird.  Aug.  Expedition  nach  Syrien  zum 
Schutz  der  dortigen  Christen.  Ein  kaiserl. 
Dekret  vom  24.  Nov.  gesteht  dem  Senat  und 
dem  gesetzgebenden  Körper  das  Recht  zu, 
die  jährl.  Thronrede  mit  einer  Adresse  zu 
beantworten,  bei  der  Adressdebatte  Aufklä- 
rung über  die  innere  und  äussere  Politik  zu 
fordern,  Amendements  zu  beantragen  etc. 
31.  Okt.  1861  Vertrag  zu  London  zwischen  F., 
England  und  Spanien  zur  Okkupation  der 
mexikan.  Küsten.  Ein  Senatskonsnlt  vom  31. 
Dec.  1861  erweitert  die  Kompetenz  des  gesetz- 
gebenden Körpers  bei  der  Abstimmung  über 
das  Budget.  29.  März  1862  Handelsvertrag 
mit  dem  deutscheu  Zollverein.  Die  Neuwah- 
len zur  dritten  Legislaturperiode  (Mai  1863) 
verstärken  die  Opposition  im  gesetzgebenden 
Körper.  Juli  1863  Gründung  eines  frauz. 
Vasallenstaats  in  Mexiko  (s.  d.,  Gesch.)  unter 
dem  bsterr.  Erzherzog  Maximilian.  In  der 
Bchleswig-holstein.  Angelegenheit  der  Elb- 
herzogthümer  versucht  Napoleon  III.  an- 
fangs zugleich  mit  England  und  Russland 
zwischen  Dänemark  und  den  deutschen 
Mächten  zu  vermitteln,  lehnt  aber  die  von 
.  England  gewünschte  Mitwirkung  zu  einer 
mehr  aktiven  Politik  ab  und  bewahrt  sich 
(28.  Jan.  1864)  volle  Freiheit  des  Handelns. 
15.  Sept.  Konvention  zwischen  F.  und 
Italien,  der  zufolge  die  ital.  Regierung  vor- 
läufig auf  den  Besitz  von  Rom  verzichtet. 
22.  Jan.  1866  die  Thronrede  bei  Eröffnung 
der  Kammern  dem  Verlangen  nnch  Aus- 
dehnung der  polit.  Freiheiten  entschieden 
ungünstig.    11.  Jnli  im  Ministerrath  Partei- 


nahme für  und  wider  Oesierrelcli  (Dronyn 
de  PHuys  u.  Bouher).  Der  Kaiser  entacheidet 
schliessl.   gegen   die   aktive  Unterstütsnng 
Oesterreichs,  gesteht  Preussen  die  von  die- 
sem geforderte  Ausschliessung  Oesterreichs 
aus  Deutschland  zu,  wogegen  Preussen  auf 
die  Beiziehung  der  südl.  vom  Main  gelege- 
nen  Länder   zum    deutschen    Bund    unter 
seiner  Führung  verzichtet»  14.  Jnli  das  ron 
der  Regierung  vorgelegte  Senatskonsult  be- 
treifend Erschwerung  Jeder  Diskussion  über 
die  Verfassung  vom  Senat  einstimmig  ange- 
nommen.   7.  Aug.  erhebt  Drouyn  de  l*Huys 
Kompensationsforderungen  in  Berlin,  welche 
entschieden    zurückgewiesen    werden.       2. 
Sept.  Rücktritt  Drouyn  de  l'Huys,  Moustfer 
Minister    des  Aeussern.     12.    Dec.    Abzne 
der  franz.  Truppen  von  Rom.    19.  Jan.  18^ 
kündigt  der  Kaiser  in  einem  Schreiben  an 
Rouher  die  Abschaffung   der  Adresse    nnd 
die   Ersetzung   derselben   durch   ein    ,Tor- 
siohtig  reglomentirtes  Interpellationsrecht  % 
sowie  die  spätere    Vorlegung   von   Cresets- 
entwürfen  über   die  Presse   und   das  Ver- 
eiosrecht  an,   als   die   «Krönung  des    Ge- 
bäudes*.  6.  Febr.  1867  Abzug  der  FranB<Men 
aus  Mexiko,  8.  März  Einschiffung  derselben 
zu   Veracruz.     Missstimmung  der   ölTentl. 
Meinung     in    F.     über      diese     Demüthi- 
guug.    7.  März  legt  die  Regierung  im   ge- 
setzgebenden  Körper     den     Entwurf     der 
Reorganisation  der  aktiven  Armee  nnd  der 
Reserve,  sowie  der  Organisation  einer  mo- 
bilen Nationalgarde  vor.    21.  März  Eiinver- 
ständniss    zwischen  F.   und  Holland   über 
Abtretung  des  Grossherzogth.    Luxemburg 
nebst  Festung  an  F.    1.   April  bis    1.    Juli 
Weltausstellung  in   Paris.      Seit   30.    Okt. 
Wiederbesetzung  Roms  durch  franz.  Trup- 
pen   zum  Schutz   des   Papstes.    Nach    An- 
nahme dos  Gesetzentwurfs  über  die  Armee- 
reform im  gesetzgebenden  Körper  (14.  Jan. 
1868)  und  im  Senat  (28.  Jan.)  wird  derselbe  (1. 
Febr.)  vom  Kaiser  sanktionlrt.    März  u.  Mai 
Annahme  des  Pressgesetzes  und   des   Ver- 
sammlungsgesetzes im  gesetzgebenden  Kör- 
per u.  Senat.   2.  Nov.  Demonstration  auf  dem 
Kirchhof  des  Montmartre  am  Grabe  Bandins 
(s.  d.).    Baudin-Subskription  durch  Anklage 
der  betreffenden   Blätter  gehindert.     Mitte 
Mai  1869  Unruhen  in  Paris,  Lille,  Amiens, 
Toulouse,  Marseille  nnd   St.   Etienne    ver- 
anlasst durch    Besprechung    der   Wahlen, 
deren  Ergebniss  die  Opposition  ansehnlich 
verstärkt  (3Va  Mill.  Stimmen).  Juni  Unruhen 
in  Paris.     5.  Juli  Vertrag   mit  Belgien   zu 
Beilegung  der  Eisenbahnstreitigkeiten.    11. 
Juli  kaiserl.  Botschaft  betreffend  nebe  Re- 
formen.    2.    Aug.    Vorlegung   des    Senats- 
konsults  über  dieselben  (dem  gesetzgeben- 
den Körper   das   Recht   zugestanden,   von 
sich  aus  Gesetze  und  Amendements  vorzu- 
schlagen ;  die  Minister  vom  Kaiser  abhängig 
und    verantwortlich ;    die   Senatssi tsungen 
öffentlich ;  dem  Senat  das  Recht  zu  Amen- 
dements und   zu  unbedingter   Verwerfung 
der  Gesetze  zugestanden  etc.).    15.  Aug.  zur 
Feier  des  lOOjähr.  Geburtstags  Napoleons  L 
Erlass  einer  unbedingten  Amnestie  für  alle 
pollt.  Vergehen.    21.  Aug.  Leboeuf  Kriegs- 


Frankreich. 


641 


minister.  6.  Sept.  Annahme  des  Senats- 
konsults  betreffend  die  polit.  Beformen  im 
Senat  mit  134  gegen  3  Stimmen.  Heftige 
Bewegung  wegen  der  fortdauernden  Ver- 
tagung des  gesetzgebenden  Körpers ;  29.  Nov. 
Eröffnung  dess.  2.  Jan.  1870  neues  (Parla- 
mentär.) Ministerium:  Ollivier  Justiz,  Daru 
A  euBseres,  Büffet  Finanzen,  Segris  Unterricht 
etc.  Febr.  heftige  Auftritte  zwischen  dem 
Ministerium  und  der  Opposition  im  gesetz- 
gebenden Körper.  Unruhen  in  Paris.  22. 
Febr.  Niedersetzung  einer  Decentralisations- 
kommission.  28.  März  Vorlegung  des  Ent- 
wurfs eines  Senatskonsults:  der  Senat  theilt 
die  Gesetzgebung  mit  dem  Kaiser  und  dem 
gesetzgebenden  Körper;  die  konstituirende 
Gewalt  des  Senats  hört  auf;  die  Verfassung 
kann  nur  durch  das  Volk  auf  Antrag  des 
Kaisers  verändert  werden.  14.  April  Rück- 
tritt Büffets  und  Darus.  20.  April  Annahme 
der  neuen  Verfassung  im  Senat.  Dem  Volke 
wird  23.  April  zur  Abstimmung  die  Frage 
vorgelegt,  ob  es  die  vom  Kaiser  unter  Mit- 
wirkung der  grossen  Siaatskörperschaften 
seit  1860  in  der  Verfassung  vorgenommenen 
liberalen  Abänderungen  und  das  Senats- 
konsult  vom  20.  April  1870  genehmige 
(Plebiscit).  8.  Mai  Resultat  der  Abstim- 
mung: 7,350,142  ja,  1,538,825  nein.  Unruhen 
in  Paris.  15.  Mai  Herzog  von  Gramont  Mi- 
nister des  Aeussem.  18.  Mai  Verkündigung 
des  Ausfalls  des  Plebiscits.  21.  Mai  An- 
sprache des  Kaisers  an  den  gesetzgebenden 
Körper  über  Befestigung  des  Kaiserthums 
auf  liberaler  (Grundlage.  25.  Mai  Bildung 
einer  gemässigten  Linken  aus  16  Abgeord- 
neten. 30.  Juni  Erklärung  OUiviers  im  ge- 
setzgebenden Körper,  dass  der  Friede 
Europas  nie  gesicherter  gewesen  sei  als 
jetzt.  5.  Juli  Anfrage  im  gesetzgebenden 
Körper  wegen  der  Erhebuug  des  Prinzen 
Leopold  von  Hohenzollern  auf  den  span. 
Thron.  6.  Juli  Erklärung  des  Herzogs  von 
Gramont,  dass  die  franz.  Regierung  dieselbe 
nicht  dulden  werde.  15.  Juli  Erklärung 
OUiviers  im  gesetzgebenden  Körper  über 
Benedettis  (s.  d.)  Verhandlungen  mit  dem 
König  von  Preussen  zu  Ems.  18.  Juli  be- 
willigt der  gesetzgebende  Körper  einstim- 
mig 440  Mill.  für  das  Heer,  60  Mill.  für  die 
Flotte.  Die  Regierung  lehnt  die  von  Gross- 
britannien auf  Grund  des  Vertrags  von  1856 
angebotene  Vermittelung  ab  und  sendet  die 
Krieg serMärung  nach  Berlin  ab.  20.  Juli 
Ernennung  des  Marschalls  Leboeuf  zum 
Chef  des  Geueralstabs  der  Rheinarmee. 
23.  Juli  Eraennung  der  Kaiserin  Eugenie 
zur  Regentin.  28.  Juli  Abreise  des  Kaisers 
zum  Heere.  2.  Aug.  Aufhebung  des  Handels- 
vertrags mit  dem  deutschen  Zollverein. 
Beschiessnng  von  Saarbrücken. 

Verlauf  des  Kriegs  s.  Deutschland,  Gesch. 

6.  Aug.  erschien  die  franz.  Flotte  in  der 
Nähe  von  Kiel.  7.  Aug.  Paris  in  Belagerungs- 
zustand erklärt.  8.  Aug.  Rücktritt  des 
Marschalls  Leboeuf;  Bazaine  Oberbefehls- 
haber des  Heeres.  9.  Aug.  Eröffnung  des 
gesetzgebenden  Körpers.  Antrag  Jules 
Favres,  dass  die  Kanuner  die  Regierung 
übernehme,  K6ratrys,    dass  Napoleon  UI. 

Meyer«  Hand 'Lexikon, 


abgesetzt  werde.  Rücktritt  des  Ministeriums. 
10.  Aug.  Bildung  eines  neuen  Ministeriums : 
Graf  von  Palikao  Krieg,  Ohevreau  Inneres, 
Magne  Finanzen,  Duvernois  Handel,  J^rönie 
David  öffentl.  Arbeiten,  Grandperret  Justiz, 
Latour  d'Auvergne  Aeusseres,  Brame 
Unterricht.  11.  Aug.  Gesetz  über  die  Neu- 
bildung der  Nationalgarde  einstimmig  an- 
genommen. 13.  Aug.  Erklärung  Jules  Favres 
und  Gambettas  im  gesetzgebenden  Körper, 
dass  das  Kaiserthum  nicht  mehr  bestelle. 
17.  Aug.  Trochu  von  der  Kaiserin  zum  Ober- 
befehlshaber der  zur  Vertheidigung  von 
Paris  bestimmten  Streitkräfte  ernannt.  18. 
Aug.  Erklärung  Trochus ,  dass  ,die  Nation 
die  Lenkung  ihrer  Geschicke  in  die  Hand 
nehme*.  28.  Aug.  Ausweisung  der  Deutschen 
aus  ganz  F.  2.  Sept.  Napoleon  in.  ergibt 
sich  dem  König  von  Preussen;  die  Armee 
Mac  Mahous  kriegsgefangen.  4.  Sept.  An- 
trag Jules  Favres  auf  Absetzung  des  Kaisers 
und  seiner  Dynastie.  Volksmassen  dringen 
in  den  Saal  des  gesetzgebenden  Körpers 
und  verlangen  die  Republik.  Abgeordnete 
der  Linken  proklamiren  im  Stadthaus  die~ 
Bepublik  und  die  Einsetzung  einer  ,Regie- 
rung  deir  Natlonalvertbeidigung',  bestehend 
aus  Jules  Favre,  Jules  Simon,  Pelletan, 
Gr6mieux,  Picard,  Ferry,  Glais-Bizoin,  Roche- 
fort, E.  Arago,  Gainier-Pagds ;  sie  bildet  ein 
Ministerium  :  Gambetta  Inneres,  Cr6mieux 
Justiz,  Leflö  Krieg,  Jules  Simon  Unterricht 
und  Kultus,  Dorian  öffentl.  Arbeiten,  Fouri- 
chou  Marine,  Maguin  Ackerbau  und  Handel, 
Picard  Finanzen.  Trochu  Gouverneur  von 
Paris  und  Präsident  der  Regierung;  Flucht 
der  Kaiserin.  5.  Sept.  Auflösung  des  ge- 
setzgebenden Körpers ;  Abschaffting  des 
Senats.  7.  Sept.  bemächtigen  sich  in  Lyon 
die  Mitglieder  des  internationalen  Arbeiter- 
vereins unter  dem  Namen  der  , Commune' 
(Gemeinderath)  der  Gewalt.  11.  Sept.  Cr6- 
niieux  geht  nach  Tours,  um  die  Regierung 
der  nicht  vom  Feind  besetzten  Landestheile 
zu  leiten.  18.  Sept.  Versailles  von.  den 
Deutschen  besetzt.  19.  Sept.  Paris  cernirt, 
19.  und  20.  Sept.  Besprechung  zwischen 
BIsmarck  und  Jules  Favre  im  Schlosse 
Ferneres.  24.  Sept.  Aufruf  der  Regierung 
zu  Tours  zum  Krieg  bis  aufs  Aeusserste. 
29.  Sept.  die  Flotte  wieder  in  Gherbourg. 
8.  Okt.  Kundgebung  der  Radikalen  (Flourens, 
Blanqui,  Ledru-RoUin,  Felix  Pyat)  auf  dem 
Stadthause  zu  Durchsetzung  der  Wahl  eines 
Gemeinderaths.  Die  Nationalgarde  erklärt 
sich  für  die  Regierung.  9.  Okt.  Gambetta 
übernimmt  in  Tours  das  Kriegsministerium, 
gerirt  sich  seitdem  als  Diktator.  30.  Okt. 
Thiers  im  deutschen  Hauptquartier  zu  An- 
knüpfung von  Unterhandlungen  über  einen 
Waffenstillstand.  31.  Okt.  bewaffnete  Haufen 
aus  der  Vorstadt  Belleville  unter  der  Füh- 
rung von  Flourens,  Pyat,  Blanqui  etc. 
nehmen  die  Mitglieder  der  Regierung  ge- 
fangen und  wollen  einen  Wohlfahrtsaus- 
schuss  und  eine  Commune  einsetzen.  Trochu, 
Arago,  Ferry  am  Abend  durch  die  National- 
garde wieder  befreit,  die  übrigen  am  Mor- 
gen. 3;  Nov.  Abstimmung  über  die  Bei- 
behaltung der  gegen  wärt.  Regierung;  Re- 

41 


642 


Prankreicli. 


fultat  557,976  ja,  69,638  nein.    5.  Not.  Ab- 
bmch  der  WaffenstillgtandsyerhaudinngeQ. 
9.  Dec.  Beschlnss  der  Regierung  zu  Tonrs, 
nach  Bordeaux  überzusiedeln.    S9.Dec.  der 
Mont  Ayron  Ton  den  Franzosen  verlassen; 
Beginn    der   Beschiessnng   der   Forts   von 
Noisy,  Rosny  und  Nogent.    Jan.  1871  Gam- 
betta  ordnet  Massenaushebungen   zur  Fort- 
setzung des  Krieges  bis  aufs  Aeusserste  an. 
28.   Jan.   Abschluss    der   Kapitulation   von 
Paris  und  eines  dreiwöchentlichen  Waffen- 
»tülttande» ,   in   welchen  aber  Beifort  nicht 
mit  eingeschlossen   ist.    29.   und  SO.   Jan. 
Besetzung    der    pariser    Forts    durch    die 
deutschen  Truppen.    Paris  zahlt  200  Mill. 
Frcs.    Gambetta  schliesst  31.  Jan.  bei  Aus- 
schreibung  der   Wahlen   zur   Nationalver- 
sammlung die  Mitglieder  der  reg.  Familien, 
Minister,  Senatoren,  Staatsrithe  und   Prä- 
fekten    aus,    verdächtigt    die   Regierungs- 
abtheilung  zu   Paris    als    Preussens  Ver- 
bündete und  verweigert  ihr  den  Gehorsam. 
Letztere  hebt4.  Febr.  Gambettas  Wahldekret 
^uf,  worauf  derselbe  seine  Entlassnng  nimmt 
und   B.    Arago    zum  Minister   des   Innern 
und  interimist.  Kriegsminister  ernannt  wird. 
12.Febr.  Eröffnung  der  Nationalversammlung 
zu  Bordeaux;  Tkier»  zum  Chef  der  exekutiven 
Gewalt  ernannt.    Ein   Fünftehnerausschuss 
zur   Betheiligung   bei    den   Friedensunter- 
handlungen  niedergesetzt,    die   National- 
versammlung   auf    deren    Dauer    vertagt. 
Neues  Ministerium :   Dufaure  Justiz ,   Jules 
Favre  Auswärtiges ,  Picard  Inneres ,    Jules 
Simon  Unterricht,  LeflO  Krieg  etc.  26.  Febr. 
Unterzeichnung  der  FriedemprSliminarien 
zu  Versailles   (1.   März   Verlängerung   des 
Waffenstillstandes  bis   6.  März).   Annahme 
derselben  von  Seiten  der  Nationalversamm- 
lung.   Agitation  der  Socialisten   in  Paris; 
die  Rothen  besetzen   den  Montmartre   mit 
Kanonen.  Aurelles  de  Paladine  Oberbefehls- 
haber der  Truppen  in  Paris.    10.  März  Be- 
schluss  der  Nationalversammlung,  nach  Ver- 
sailles  überzusiedeln.    Seit  8.    März   Her- 
stellung der  Ordnung  in  Lyon.  Uebersiedlung 
des  Ministeriums  nach  Versailles.  16.  März 
Agitation  in  der  Nationalgarde,    die   ihre 
Befehlshaber  selbst  wählen  soll.    18.  März 
Besetzung   des  Montmartre    durch    Regie- 
rungstrnppen ,  Verbrüderung  derselben  mit 
den    aufrührerischen   Nationalgarden,    Er- 
schiessung  der  Generale  Thomas  u.  Lecomte, 
die  rothe  Fahne  auf  dem  S^dthaus,  Barri- 
kaden.   General  Vinoy  zieht  sich  mit  10,000 
treu  gebliebenen  Truppen   über   die   Seine 
zurück.    Der   ,Centralaus8chu98'   der   Auf- 
ständischen beschuldigt  die  Regierung  anti- 
repnblikau.   Bestrebungen   und   fordert  zu 
Gemeindewahlen  auf.  General Gremer Ober- 
befehlshaber derlnsurrekttonstruppen;  Zu- 
sammenziehung von  Truppen  bei  Versailles. 
Paris   in  Belagerungszustand   erklärt;    die 
Stadt  ganz  in  den  Händen  der  Socialisten. 
26.MärzWahl  eines  Gemeinderaths :  Blanqui, 
Felix  Pyat,  Victor  Hugo,  Assy,  Delescluze, 
Desmaret  etc.     27.  März  ders.   konstitnirt, 
daneben  der  Centralausschnss  noch  inThä- 
tigkeit.      Anfang    April     Beginn    blutiger 
Kämpfe  um  Paris   zwischen   den  Truppen 


der  Regferang  und  den  Insurgenten.  Terro* 
rismus  in  Paris,  Verhaftung  des  Erzbischofis 
und  vieler  Kleriker,  Requisitionen  und  Plün- 
derungen; das  Vermögen  der  Kirchen  nnd 
religiösen  Genossensdhaften  für  National- 
efgenthum  erklärt.    Der  Mont  Valerien  im 
Besitz  der  Regierungstmppen.     Beschlnss 
der    Nationalversammlung,    dass    in     den 
Städten  mit  mehr  als  20,000  Ew.  die  Maires 
vorlänflg  von  der  Regierung  ernannt  werden 
sollen.      Ausgleiohungsversnche    zwischen 
Paris  nnd  Versailles   erfolglos.     19.   April 
Programm  des  Gemeinderaths,  wonach  F. 
in  lauter  selbständige  Gemeinden  serfiallen 
soll,  deren  Abgeordnete  sich  zu  einer  Central - 
leitnng  zurWahmng  der  Einheit  des  Landes 
vereinigen.    Verheissung  einer  nenen  Aera. 
Paris  behält  sich  das  Recht  vor,  dasEigen- 
thum  unter  Umständen  zu  jverallgemeinem* ; 
dreijähr.  Frist  zu  Bezahlung  der  Scliulden. 
Unterdrückung  der  den  Socialisten   feind- 
lichen Journale.    Die  Nationalversammlnng 
ermächtigt   den    Chef  der  Exekutive,    die 
Depart.  in  Belagerungszustand  zu  erklaren. 
Bildung    von    Fremdenlegionen    In    Paris. 
9.  Mai  Fort  Issy  von  den  Regierungstmppen 
genommen.      Niedersetzung    eines    ,Wohl- 
fahrtsansschusses*  in  Paris.   Zerstörung  der 
Vendömesäule  nnd  der  Sühnekapelle.    I>as 
Ergebniss  der  auf  den  30.  April  ausgeschrie- 
benen Stadt.  Wahlen  der  Regierung  günstig. 
18.  Mai  Ratifikation  des  Friedens  mit  Deutsch- 
land durch  die   französ.   Nationalversamm- 
lung, 20.  Mai  Austausch   der  Ratifikationa- 
urkunden   zu  Frankfurt   a/M.      Ende    Mai 
Besetzung  von  Parif  durch  die  Regiemngs- 
truppen.      Zerstörung    der    monumentalen 
Bauten  durch    die    Insurgenten.      Nieder- 
werfung derselben;  Füailladen. 

Literatur.  Neuere  Bearbeitungen  der  Ge- 
schichte F.s  von  Anquetil  (1805  n.  öfter, 
14  Bde.;  bis  1862fortges.  YonBouiÜet,  1862, 
6  Bde.);  84ffur  (1824—30,  9  Bde.);  Simonde 
de  8ismondi  (1832—43,  31  Bde.);  Michelet 
(2.  Aufl.  1845  «f.,  5  Bde.);  Martin  (1855—60, 
17  Bde.) ;  Schmidt  (1839-<-48,  4  Bde.).  Binzelue 
Perioden  der  neueren  Gesch.  F.a  behandeln: 
LaereUlle  (Zelt  der  Religionskriege,  1814—16, 

4  Bde. ;  deutsch  von  Kiesewetter  1815  — 16, 
2  Bde.);  Sainte- Aulaire  (Vroniej  3.  Aufl.  1842, 
6  Bde.);  Bänke  (16. und  17.  Jahrb.,  1852-61, 

5  Bde.);  Miffnet  (Ligne  und  Heinrich  IV., 
1829,  5  Bde.);  Baein  (Ludwig  Xm.,  1837,  4 
Bde.,  und  Mazarins  Zeit,  1842,  2  Bde.); 
LaereteUe  (18.  Jahrh.,  1819—26,  14  Bde.); 
Lemontey  (Regentschaft,  1832,  2  Bde.);  Drox 
(Ludwig XVI.,  1838—42,  3 Bde.;  dentsch  von 
Luden  1842,  3  Bde.);  die  Revolution:  Bomx 
und  Bttches  (1833—88,  40 Bde.);  Miffnet(l»U 
u.  öfter;  deutsch  von  Bundchardt  1842,  2 
Bde.);  Thter«  (1823  -  27  u.  öfter,  6  Bde.); 
T^uis  Blanc  (1847—62,  12  Bde.);  MicheUt 
(1847-53,  7  Bde.) ;  Wachsmuth  (1833—45,  4 
Bde.);  Dahltiumn  (1845);  Sjfiel  (1—3.  Bd.,  3. 
Aufl.  1865-66,  4.  Bd.  1870);  ViUiaum4  (1849 
—1850,  4  Bde.);  Amd  (1851—52,  6  Bde.); 
Xamarlt«e(1847,  8Bde.);  Ad,  Schmidt  (1869— 
1870,  3 Bde.);  das  Konsulat  und  das  Kaiser- 
reich :  Thiers  (1845—62, 20  Bde.);  die  Restou- 
ration:  Lacretdh  (1829,  4  Bde.);   LamarHne 


Frankstadt  —  PranÄ. 


643 


(1853  tf.,  8  Bde.);  tieUCattel  (Bd.  1-13,  1860 
—1870);  die  Zeit  bis  1848:  Louis  Blane  (IUI 
—1842,  5  Bde.);  MegnauLt  (1849,  3  Bde.);  die 
FobruaiTevolution:  Lamartine  (1849,  2 Bde.); 
&«rn  (1850);  Regnaull  (1850);  PeZ«>ott  (1850, 
2  Bde.) ;  L.  Blanc  (1870),  Vgl.  öttwo«,  ,M6. 
moires  pour  servir  k  l^histoire  de  mon 
tempsS  1858—67,  8  Bde. 

Frankstadty  Stadt  im  mähr.  Ei*.  Neu- 
titscbin,  an  der  Labina,  5909  £w. 

Franseeky^  Eduard  Friedrich  von,  preuss. 
Gteneral,  geb.  16.  Nov.  1807,  trat  1825  in  die 
Armee,  ward  1844  als  Hauptmann  in  den 
grossen  Generalstab  berufen ,  machte  1848 
den  dän.  Feldzng  mit,  ward  1849  Major, 
1858  Oberst,  1865  Generallieutenant,  befeh- 
ligte im  böhm.  ITeldzug  1866  die  7.  Infan- 
teriedivision, an  deren  Spitze  er  bei  Mün- 
chengrätz,  Koniggrätz  und  Blumenau  focht, 
im  Krieg  gegen  Frankreich  1870  das  2.  Ar- 
meecorps, mit  dem  er  namentl.  bei  Rezon- 
ville  die  Entscheidung  herbeiführen  half. 

FranZy  1)  deutsche  u.  deutsch-üsierr.  Kaiser: 
a)  F.  L»  ßl^han,  geb.  8.  Dec.  1708,  ältester 
Sohn  des  Herzogs  Leopold  von  Lothringen, 
folgte  seinem  Vater  17^  in  Lothringen,  ver- 
tauschte dieses  1735  gegen  die  Anwartschaft 
auf  Toskana  an  Ludwigs  XV.  Schwiegervater, 
Stanislaus  Leszczinski,  vermählte  sich  1736 
mit  Maria  Theresia,  der  Tochter  Kaiser 
Karls  VI. ,  nahm  1737  Besitz  von  Toskana, 
ward  nach  Karls  VI.  Ableben  1740  von  sei- 
ner Gemahlin  zum  Mitregenten  aller  österr. 
Erblande  erklärt,  4.  Okt.  1745  zu  Frankfurt 
als  röm.  Kaiser  gekrönt,  überliess  die  Re- 
gierung seiner  Gemahlin.  Verdient  um  För- 
derung von  Wissenschaft,  Kunst  und  Gewerb- 
fleiss.  f  18.  Aug.  1765  zu  Innsbruck.  —  b) 
F.  IL,  Jos.  Karl,  1792—1806  röm.-deutscher 
Kaiser,  seit  1806  Kaiser  von  Oesterreich,  als 
solcher  F.  L  genannt,  geb.  13.  Febr.  1768  zu 
Florenz ,  Sohn  Kaiser  Leopolds  U. ,  folgte 
1.  März  1792  seinem  Vater  in  den  Österr. 
Erblanden,  ward  14.  Juli  d.  J.  als  röm.-deut- 
scher Kaiser  gekrönt,  schloss  1792  mit 
Preussen  ein  Schutz-  u.  Trutzbündniss  gegen 
die  Republik  Frankreich,  erklärte  sich  durch 
das  Pragmatikalgesetz  vom  11.  Aug.  1804 
zum  ersten  Erbkaiser  von  Oesterreich,  legte 
1806  infolge  der  Errichtung  des  Rhein- 
bunds die  Regierung  des  deutschen  Reichs 
nieder,  erwarb  durch  die  pariser  Friedens- 
schlüsse und  den  Separatvertrag  mit  Bayern 
vom  14.  April  1816  einen  Länderkomplex, 
wie  ihn  in  solcher  Ausdehnung  keiner  seiner 
Vorfahren  besessen  hatte,  überliess  die  Re- 
gierung seit  1815  fast  ganz  seinem  Minister, 
dem  Fürsten  Mettemich;  f  2.  März  1835. 

2)  F.  Joseph  L,  Kaiser  von  Oesterreich, 
geb.  18.  Aug.  1830  in  Wien,  ältester  Sohn 
des  Erzherzogs  Franz  Karl  und  der  Prin- 
zessin Sophie,  der  Tochter  des  Königs 
Maximilian  von  Bayern,  Enkel  Franz  I., 
ward  1.  Dec.  1848  im  Hoflager  zu  Olmütz 
für  volljährig  erklärt  und  2.  Dec,  nach- 
dem sein  Oheim  Ferdinand  I.  abdicirt  und 
sein  Vater  Franz  Karl  auf  die  Thronfolge 
verzichtet  hatte,  als  Kaiser  proklamirt. 
Seit  24.  April  1854  mit  Elisabeth,  Tochter 
des   Herzens  Max  in   Bayern,   vei*mählt. 


Kinder:  Gisela,  geb.  12.  Juli  1856,  und  Ru- 
dolf, Kronprinz,  geb.  22.  Aug.  1858.  S. 
Oesterreich,  Geschichte. 

8)  KSnige  von  Frankreich:  a)  F.  I.,  geb. 
zu  Oognac,  Sohn  Karls  von  Orleans,  Gra- 
fen von  Angonl£me,  folgte  1.  Jan.  1515 
seinem  Schwiegervater,  Ludwig  XII.,  als 
Enkel  von  dessen  Vatersbruder,  auf  dem 
Thron,  eroberte  infolge  seines  Siegs  bei 
Mariguano  (13.  und  14.  Sept.  1515)  über  die 
Schweizer  Mailand  und  Genua,  bewarb 
sich  1519  vergebl.  um  die  deutsche  Kaiser- 
krone, was  zu  einem  langwierigen  Kampf 
zwischen  ihm  und  Karl  V.  führte.  Bei  Pavia 
24.  Febr.  1525  geschlagen  und  gefangen, 
musste  er  im  madrider  Vertrag  (14.  Jan. 
1526)  auf  seine  Ansprüche  auf  Italien.  Län- 
der, sowie  auf  die  Oberherrlichkeit  über 
Flandern  und  Artois  verzichten  und  das 
Herzogthum  Burgund  abtreten.  Daraufhin 
freigelassen,  brach  er  den  Vertrag  und 
schloss  mit  Papst  Clemens  VII.  und  meh- 
reren ital.  Fürsten  22.  Mai  1526  zu  Oognac 
eine  sogen,  heil.  Ligue,  die  den  Fortschrit- 
ten des  Kaisers  Einhalt  thun  sollte.  Er 
erneuerte  den  Kampf  1527,  1535  und  1542, 
musste  aber  in  den  Friedensschlüssen  zu 
Oambray  (1529),  Nizza  (1538)  und  Orespy 
(1544)  allen  Ansprüchen  auf  die  Länder  des 
Kaisers  entsagen,  wogegen  dieser  Burgund 
abtrat;  f  31.  März  1547.  —  b)  F.  IL,  geb.  19. 
Jan.  1544  zu  Fontainebleau ,  ältester  Sohn 
Heinrichs  II.  u.  der  Katharina  von  Medici, 
1558  mit  Maria  Stusürt  vermählt,  bestieg  10. 
Juli  1559  den  Thron ;  t  5.  Dec.  1560. 

4)  Könige  beider  Sicilien:  a)  Januarius 
Joseph,  Sohn  Ferdinands  I.,  geb.  19.  Aug. 
1777  zu  Neapel,  ward  12.  Jan.  1812  von 
seinem  Vater  zu  Palermo  zum  Alterego  und 
Generallieutenant  des  Reichs  ernannt  und 
gab  den  SicUiem  eine  neue  Verfassung, 
kehrte  nach  der  Restauration  1815  nach 
Neapel  zurück,  stellte  sich  an  die  Spitze 
des  reaktionären  Pöbels  (Galderari),  ward 
1816  als  Gouverneur  wieder  nach  Sicilien 
gesandt,  1820  zurückberufen  u.  als  Alterego 
mit  der  Reglerungsgewalt  betraut,  beschwor 
13.  Juli  die  span.  Gortesverfassung,  floh 
aber  beim  Einrücken  der  Oesterreicher 
nach  Oaserta.  Nachdem  er  4.  Jan.  1825  den 
Thron  bestiegen,  stand  er  ganz  unter  österr. 
Leitung,  jeder  Reform  abgeneigt;  f  8.  Nov. 
1830  zu  Neapel.  —  b)  F.  IL,  Maria  Leopold, 
ältester  Sohn  Ferdinands  H. ,  geb.  16.  Jan. 
1836,  vermählt  seit  3.  Febr.  1859  mit  Marie, 
der  Tochter  des  Herzogs  Max  in  Bayern, 
folgte  seinem  Vater  28.  Mai  1859  auf  dem 
Thron,  stellte,  durch  Aufstände  erschreckt, 
die  konstitutionelle  Verfassung  von  1848 
wieder  her,  räumte  6.  Febr.  1860  das  von 
Garibaldi  bedrohte  Neapel ,  zog  sich  nach 
Capua  u.  dann  nach  GaSta  zurück,  musste 
13.  Febr.  1861  kapituliren ;  lebte  dann  in  Rom. 

5)  J^.  de  Assisi  Maria  Ferdinand,  Mckönig 
von  Spanien,  Herzog  von  Cadix^  Sohn  des 
span.  Infanten  Franz  de  Paula,  geb.  13. 
Mai  1822,  seit  10.  Okt.  1846  Gemahl  der 
Königin  Isabella  II. 

6)  SerKÖge  von  Modena:  a)  F.  IV.,  geb.  6. 
Okt.  1779,  Sohn  des  Erzherzogs  Ferdinand 

41* 


644 


Franz  —  Französische  Sprache  und  Literatur. 


Ton  Oesterreich,  trat  1814  die  Regienmg  an 
und  begann  die  r&cksicbtsloseste  politische 
und  kirchl.  Reaktion,  ward  7ebr.  1831  durch 
einen  Aufstand  zur  Flucht  genöthigt,  durch 
österr.  Truppen  zurückgeführt,  seitdem 
fiutfterer  Despot:  f  81.  Jan.  1846.  —  b)  -F.  F., 
Sohn  und  Nachfolger  des  Vor.,  geb.  1.  Juni 
1819,  reg.  seit  1846  in  der  Weise  seines  Va- 
ters, nahm  Ende  1847  österr.  Besatzung  auf, 
zog  sich  März  nach  Oesterreich  zurück, 
kehrte  Aug.  1848  nach  Modena  zurück,  floh 
nach  der  Schlacht  bei  Magenta  nach  Mantua, 
lebte  seitdem  in  Wien  und  auf  seinen  Gü- 
tern in  Böhmen.  Letzter  Sprössling  des 
Hauses  Este  (s.  d.). 

FrtBZ,  1)  Bobert,  Komponist,  geb.  S8.  Juni 
1815  zu  Halle,  Schüler  von  Fr.  Schneider, 
Organist  und  akad.  Musikdirektor  in  Halle. 
Zahlr.  feinempfundene  Lieder  und  Chor- 
gesänge;  auch  treffl.  Bearbeitungen  S.  Bach- 
Bcher  Werke.  Seine  Gattin  Maria  Hinricht 
ebenfalls  Liederkomponistin.  —  2)  Julius, 
Bildhauer,  geb.  1824  zu  Berlin ,  Prof.  das. ; 
bes.  ausgezeichneter  Thierbildner  (Schäfer 
im  Kampf  mit  dem  Tiger,  Amazonengruppe, 
Najadengruppe,  allegor.  Figuren  etc.). 

FrtBzbanme  •  Obstbäume ,  welche  sich 
niodiig  halten  lassen,  daher  Franz6b$t. 

FranzbftBd,  Lederband;  Halbfranzband, 
Rücken  und  Ecken  des  Buchs  von  Leder. 

Franzbranntwein,  ans  Wein  durch  Destil- 
lation gewonnener  Branntwein,  bes.  Gognac 
aus  den  Weinen  der  Depart.  der  Gharente, 
60-700  stark,  Produktion  18-23  Mill.  Liter. 
Der  F.  ist  farblos,  wird  beim  Lagern  in 
Holzfässern  gelb  und  gerbsänreh altig. 

Franzbnrg^,  Kreisst.  im  preuss.  Regbz. 
Stralsund,  an  der  kleinen Trebel,  1592  Ew. 

Franz^n,  Frans  Michael,  schwed.  Dichter, 
geb.  1772  zu  Ule&borg,  f  1^-  Aug.  1847  als 
Bischof  zu  Hemösand.  Trefifliche  Lieder 
und  Idyllen.    ,Gedichte*  (1824—36,  5  Bde.). 

Franzensbad  (  Kaiserfranzensbrunnen,  Eger- 
brunnen) ,  einer  der  berühmtesten  böhm. 
Badeorte,  1  St.  von  Eger.  4  Mineralquellen 
(als  Bad  und  Getränk  benutzt):  Franzeus- 
brnnnen,  Luisenquelle,  kalter  Strudel  (alkal.- 
salin.  Eisenquellen)  und  Salzquelle  (alkal,- 
salin.  Säuerling).  Jährl.  über  200,000  Krüge 
versandt.    Seit  1793  eingerichtet. 

Franzenskanal,  schiflTbarer  Kanal  von  der 
Donau  üinr  Theiss  im  südl.  Ungarn,  14J/a  M. 

Franzensveste ,  starke  Festung  in  Tirol, 
nördl.  von  Brixen,  an  der  Eisack  u.  Brenner- 
eisenbahn; 1838  erbaut. 

Franz  -  Joseph  -  Orden,  österr.  Orden  für 
Civil  verdienst,  2.Dec.  1849  von  Kaiser  Franz 
Joseph  gestiftet;  8  Klassen:  Grosskreuz, 
Kommandeur  und  Ritter. 

Französisch -Cochlnchina,  der  1862  nach 
einem  unglücklichen  Kriege  vom  König 
von  Anam  an  Frankreich  abgetretene  süd- 
lichste Theil  von  Cochinchina  nebst  dem 
Inselchen  Gondor;  6  Prov.,  ca.  1022  QM.  und 
(1868)  1,204,287  Ew.    Hauptstadt  Saigun. 

FranzSslsche  Sprache  vnd  Literatur.  Die 
frnm.  Sprache  entstand  aus  der  Fortbildung 
der  latein.  Umgangssprache  (Lingua  romana 
rustica),  welche  durch  die  röm.  Heere  in 
Gallien  Eingang  und    bald  die  Oberhand 


über    das   Celtische    gefunden     hatte;    sie 
schied  sich,  seit  10.  Jahrh.,  nach  und  nach 
mit   schärferer  Bestimmtheit,    in   2  Haupt- 
dialekte: den  sÜdfranz.  oderproven^alisch^a 
(Roman  provencal,  Langue  cToc)    und   deo 
nordftranz.  (Boman  toallon,  Langue  d'oui  oder 
d'oil) ,    welche    während    des    Mittelalten 
beide  als  Schriftsprachen   neben   einander 
bestanden,  bis  allmählig  das  Süd  franz.  oder 
Proven^alische  durch   das  Nordfranz,   ver- 
drängt   wurde    und    sich    letzteres    unter 
Franzi,  zur  alleinigen  Geschäfts-,  Gerichts- 
und Bücbersprache  erhob.  Nach  dem  Muster 
des  Latein,  geregelt,  erhielt  dieselbe  bereitä 
unter  Ludwig  XIY.   (durch  Errichtung  der 
Akademie  und  das  sogen,  goldene  Zeitalter 
der  franz.  Literatur)  ihre  feste ,   sfareng  ab- 
gegrenzte, mustergültige  Gestallt.     Daneben 
noch    zahlr.   Volksdialekte    (Patois).     Dai 
Französ.  war  schon  im  Mittelalter  die  ver- 
breitetste  Konversationssprache,    sowie  die 
Hauptverkehrssprache    im    Orient  (Lingua 
franca),  gegenwärtig  bes.  die  Sprache  der  Di- 
plomaten.   Zu  ihrem  Gebiet  gehören  ausser 
Frankreich   und   den  franz.  Kolonien  noch 
der  südwestl.  Theil  der  Schweiz,    Belgien, 
Thelle  von  Ganada,  Missouri,  Louisiana  und 
Haiti.    Erste  franz.  Grammatik   von  Dubois 
(1531),  neuere  von  Bescherelle  (1840),  JPbitevia 
(1857),    M'dttner  (1856)   u.   v.    a.      Syntaxen 
von   McUtner   (184S  —  45 ,   2  Bde.)  und  von 
Oastre»  (1856).  Lexiken  von  Etienne  (ältestes, 
1539),   Bichelet  (1680),   Furetiere  (1690)  und 
das    ,Dictionnaire    de    rAcad^mie    Franc-' 
(1694),  letzteres  die  eigentl.  lexikal.  Autori- 
tät   der    Franzosen    und    Grundlage    der 
zahlr.   nachfolgenden   Wörterbücher;    ans 
neuester  Zeit  ist  das  von  Litlr€  (1864  f.)  Ton 
Bedeutung.    Franz.  -  deutsche  Lexiken  von 
Mozin  (4.  Aufl.  von  Peschier  1856,    2  Bde.). 
Schaffer  (1834-38,  2  Bde.),   Sachs  (1869  ff.) 
etc.   Das  Altfranz,  ward  gi-ammat.  bebandelt 
von  Baynouard,  Diet,  Fuchs,  Orelii,  Burguy 
etc. ;   lexikal.  von  Boquefort,  Diez,  Pougns, 
Goitdeau  u.  A.    Die  Geschichte    der  £raoz. 
Sprache  bearbeiteten  JDiez,   Chevallet,    Weyi 
Q4nin,  E.  du  Miril,  Del&tre,  Scheler  (,Dictiou. 
etymologique'  1861J  u.  A. 

Die  franz.  Litemtur  theilt  sich ,  der  Knt- 
Wicklung  der  Sprache  entsprechend,  anfaoS^ 
in  2  Theile,  eine  nord-  und  eine  südfrant. 
Literatur,  die  bis  zum  Ende  des  13.  Jahrh. 
getrennt  stehen  und  erst  im  14.  Jahrb.  zn 
einer  Nationalliteratur  mit  einander  ▼er- 
schmelzen. Ueber  die  Geschichte  derselben 
s.  die  nachstehende  Tabelle.  Literarhistor. 
Werke  von  Villemain  (1830),  Ampir«  (1841)i 
Vinet  (18.  Jahrb.,  1852),  Ifisard  (8.  Aufl. 
1859-61),  LiUri  (5.  Aufl.  1869),  Lucas  (.Ge- 
schichte des  Theaters',  1863),  I^ettewtent  (Lie- 
der Restauration,  2.  Aufl.  1858,  der  Juliregie* 
rung,  1855),  G€ruzez  (4.  Aufl.  1863),  BeftiuM 
(2.  Kaiserreich,  1861),  Dtmogeoi  (5.  Aufl.  1862), 
Grangier  (2.  Aufl.  1862).  Deutsche:  läiAtr, 
1842,  Bartsch,  1866  (altfranz.  Liter.),  3faF 
(neue  Zeit,  1837),  de  Castres  (1854),  Schmidt- 
Weissenf  eis  (1856 ;  Revolutionslit.,  1859),  &«- 
mig  (Mittelalter,  1862),  Kreyssig  (3.  Aufl.  1866; 
Studien,  1865),  Jul.  Schmidt  (seit  der  BeTO* 
lution,  1858). 


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648 


Franzosenholz  —  Freibodenmänner. 


FraiUKOgeiiliolSy  s.  OtuMalAaum. 

Fnuuosenkruikheit  «les  Bindylelis  (Lust- 
aeuche,  Stiersucht,  Drüsenkrankheil ,  Perl- 
suelU),  cbronisohe  Krankheft,  charakterisirt 
durch  eigenthümliche  Knotenbüdung  auf 
Brust-  und  Bauchfell,  häufige  Brünstigkeit, 
Unfruchtbarkeit ,  Husten ,  Abmagerung, 
endet  stets  mit  dem  Tod ;  wird  meist  als 
Gewährsmangel  betrachtet  und  ist  wohl 
im  Wesentlichen  Identisch  mit  Tuberkulose. 

Franzperlen,  unächte  Perlen. 

Frans  toh  Assisi,  der  Heilige,  Stifter 
des  Franciskanerordens,  geb.  1182  zuAssisi 
bei  Spoleto,  e^entl.  QioY.  Bemardone,  Sohn 
eines  reichen  Kaufmanns,  strenger  Ascet, 
zuletzt  Einsiedler  auf  dem  Alverno;  t  4- 
Okt.  1226.  .Werke*  (17S9).  Biogr.  von  Vogt 
(1840)  und  Eaae  (1866).    Tag  4.  Okt. 

Franz  yon  Paula,  Stifter  des  Ordens  der 
Minimen,  geb.  1416  in  Kalabrien,  gründete 
1474  den  Orden  der  Eremiten  des  heil.  Franz, 
1492  Ton  Papst  Alexander  VI.  in  den  der 
Minimen  umgewandelt;  f  2.  April  1507. 

Franzwetne,  firanz.  Weine,  bes.  weisse 
Langnedoc-,  Oharente-,  Orleans-,  Anjou- 
und  Proyenceweine. 

Franzweixen,  s.  v.  a.  Buchweizen. 

Fra8cati,  ital.  Stadt  in  der  Gomarca  di 
Roma,  am  Sabinergebirge,  6000  Ew.  Zahlr. 
Villen;    dabei  die  Ruinen  von  Tusculum. 

Fräser a  Walt.,  Pflanzengattung  der  Gen- 
tianeen.  P.  Walterl  Mich.,  In  Virginien  etc., 
liefert   die  ofßcin.  amerik.  Kolumbowurzel. 

Fräsers  Blyer  (spr.  Frehsers  Riwwer), 
Hauptfluss  von  Britisch  -  Columbia  (Nord- 
amerika), entspr.  am  Felsengebirge ,  nimmt 
den  Thompson  auf,  mündet  der  Vancouvers- 
insel  gegenüber  in  den  stillen  Ocean,  160 
M.  1.;  sein  Thal  reich  an  Ctold  (entd.  1857). 

Frater  (\&t.),  Bruder,  bes.  Ordens-  oder 
Klosterbruder.  Fraternität,  Brüder-,  Ge- 
nossenschaft; fratemisiren ,  Brüderschaft 
machen,  sich  eng  anschliessen. 

Fratta  maggiore  (spr.  -dschore),  Stadt  in 
der  südital.  Prov.  Oaserta,  10,700  Ew. 

Frattsein,  s.  AJterfTatt.       [betrügerisch. 

Fraüdatlon  (lat.),  Betrügei*ei;  fraudxdtni, 

Franenburg,  Stadt  im  preuss.  Regbz. 
Königsberg,  Kr.  Braunsberg,  am  Haff,  2515 
Ew.;  Bischofssitz  Ermelands;  Kathedrale 
mit  Kopernikus  Grab. 

Frauenlob  (eigentl.  Ueinr.  «o»  Meisaen), 
einer  der  letzten  Minnesänger,  geb.  um 
1260,  seit  ISU  in  Mainz,  wo  er  die  erste 
Meistersängerschule  gestiftet  haben  soll; 
t  1318,  von  Frauen  zu  Grabe  getragen. 
Fruchtbar  u.  -vielseitig,  aber  voll  Schwulst. 
Ausg.  von  MtmiUler  1843. 

Franenmünze,  s.  £alsamita. 

Frauenstädt,  Christian  Martin  Julius, 
Philosoph,  geb.  17.  April  1813  zu  Bojanowo, 
lebt  in  Berlin  als  Privatgelehrter.  Erst 
Hegelianer,  dann  Hauptvorkämpfer  der 
Philosophie  A. Schopenhauers.  Hauptwerke: 
jüebor  das  wahre  Verhältniss  der  Vernunft 
zur  Offenbarung*  (1848);  ,Briefe  über  die 
schopenhauersche  Philosophie*  (1855) ;  ,Briefe 
über  natürliche  Religion'  (1858);  ,Das  sitt- 
liche Leben*  (1866);  ,61icke  in  die  Intel  lek- 
taelle,  physische  undmoraiischeWelt'  (1869). 


Fraunhofer,  J^wph  von,  Physiker  und 
Optiker,  geb.  6.  März  1787  in  Straubing, 
seit  1809  Theflnehmer,  seit  1818  Direktor 
des  optischen  Instituts  in  Benediktbearen, 
und  seit  1823  in  München,  Professor  und 
Konservator  am  physikal.  Kabinet  das.;  i" 
das.  7.  Juni  1826.  Verbesserte  und.  erfand 
zahlr.  optische  Instrumente,  entdeckte  die 
nach   ihm   benannten  Linien  im  Spektrum. 

Frans  (lat.).  Betrug;  /.  legis,  Umgehung: 
des  Gesetzes  durch  Scheinhandlnngen  ; 
f.  Pia,  frommer,  d.  i.  gtitgemeinter  Betrag. 

Franstadt,  Krelsst.  im  preuss.  Regbz. 
Posen,  nahe  der  schles.  Grenze,  6595  Ew. 

Frederiksborgy  königl.  dän.  Lustschloss 
auf  Seeland,  auf  Inseln  in  einem  See. 
Prachtvolle  Krönungskapelle. 

Frederlkshald,  Stadt  im  norweg.  Amt 
Smalenen,  am  Tistedalself,  7408  Ew.  Oestl. 
die  Felsenveste  Frederikssteen ,  unter  der 
Karl  XII.  umkam  (Denkmal  seit  1814). 

Frederlkshamm  (finn.  Hamina) ,  russ. 
Festung  und  Hafenstadt  im  finn.  Gouv. 
Wiborg,  am  Ann.  Meerbusen,  3278  Ew.  17. 
Sept.  1809  Vertrag  zwischen  Schweden  und 
Russland  ,  wodurch  Finnland  russ.  wurde. 

Free  Chnreh  (spr.  Frih  Tschörtsch,  d.  i. 
freie  Kirche),  protest. -kirchliche  Gemein- 
schaft in  Schottland ,  sagte  sich  18.  Mai  1843 
unter  Chalmers  Leitung  von  der  bestehen- 
den Schott.  Kirche  los,  besass  Anüeing  1862 
819  geistl.  Aemter  und  3  Seminare  (Ediu- 
bnrgh,  Glasgow,  Aberdeen). 

Freeholders  (spr.  Frih-),  in  England  die 
freien,  wahlberechtigten  Grundbesitzer. 

Freetown  (spr.  Frihtaun),  befest.  Haupt- 
stadt der  brit.  Kolonie  SierraLeona  in  West- 
afrika, 18,000  Ew.    Hafen. 

Fregatte,  dreimastiges,  schnell  segelndes 
Kriegsschiff  mit  nicht  über  60  Kanonen, 
im  Range  nach  dem  LinienschifiF. 

Fregattenvogel  (Tachypetes  Vieill.),  Gat- 
tung der  Pelekane.  Gemeiner  F.,  Schneider 
(T.  aquila  L.),  3i/a'  1.,  klaftert  12',  zwischen 
den  Wendekreisen,  oft  400  M.  vom  Lande. 

Freiberg,  Bergstadt  im  sächs.  Regbz. 
Dresden ,  unweit  der  freibergor  Mulde, 
20,566  Ew.,^  Mittelpunkt  des  sachs.  Berg- 
wesens und  Sitz  der  Oberbergbehördeu ; 
her.  Bergakademie  (seit  1765),  Mineralien- 
niederlage ,  Hauptbergschule ,  Domkirche 
(mit  der  ,goldnen  Pforte').  Bergbau  und 
Bergfabriken,  leonische  Gold-  und  Silber- 
fabriken, Diaphan-  und  Perlmutterwaaren- 
fabrikation,  Flachsspinnerei.  Schloss  Freu- 
denstein (Getreidemagazin).  In  der  Nähe 
Silberschmelzhütten,  das  alte  grosse  Amal- 
gamirwerk  (in  Halsbriicke).  Die  wichtigsten 
Silberbergwerke:  Himmelfahrt  0^^^  ^*^ 
reichste),  Himmelsfürst  und  BescheertGlück. 
Gesammtausbeute  des  freiberger  Reviers  1867 : 
585  Otr.  Erze,  Werth  über  l*/6  Mill.  Thlr.  — 
Gegr;  um  1200  durch  harzer  Bergleute,  lange 
Zeit  Gemeingut  des  Hauses  Wettin,  seit  1485 
im  Besitz  der  Albertiner ;  yon  Heinrich  dem 
Frommen  zur  Residenz  erwählt. 

Frelbodenminner  (Freesoilers),  Partei  in 
Nordamerika  (seit  1848),  welche  den  Grund- 
satz vertritt,  dass  Jedem  Landbauer  ein  freies 
Areal  vom  Staat  zugewiesen  werden  soll. 


Freiburg  —  Freiligrath. 


649 


Freibnnr«  Kanton  der  westl.  Schweiz, 
30,8  QM.  mit  (1870)  110,807  Bw.  (94,087 
Kathol.,  16,805  I*rotest.,  50  Jaden),  vor- 
wiegend französ.  sprechend ;  bergig,  im  K. 
mit  grösseren  Ebenen;  yon  der  Saane  be- 
wässert, frachtbar.  Haupterwerb  Alpen- 
wirthBchaft,  Stroh  flechterei ,  Tabakfabr. ; 
auch  Obst-  und  Weinbau.  Yerfassnng  vom 
7.  Mai  1857.  Staatshaushalt  (1863) :  1,917,062 
Frcs.  Binn^fame,  8,197,115  Frcs.  Ausgabe; 
25  Mill.  Frcs.  Schulden.  61/9  Hill.  Frcs. 
Aktivvermögen.  Bülitarstand :  7387  Mann. 
Wappen:  Schwans  und  weiss  in  der  Quere 
pretheilter  Schild.  Die  Hauptst.  F.  (F»  im 
IJechtland),  an  der  Saane  (ber.  Drahtbrücke, 
1882  erb.,  941'  lang),  10,891  Ew.,  Bischofssitz, 
6  Klöster,  Akademie,  Seminar,  Kantons- 
schule; efaemal.  Jesnitenkollegium.  —  Seit 
1481  Glied  der  Eidgenossenschaft.  Sturz 
der  Jesuit.  -  aristoKrat.  Partei  durch  Be- 
setzung der  Stadt  F.  durch  eidgenöss* 
Truppen  16.  Kov.  1847;  infolge  dessen  die 
freisinnige  Verfassung  von  1848,  die  1857 
nach  wiederholten  Unruhen  in  mehr  kon- 
servativem Sinne  umgestaltet  ward. 

Freiburg,  1)  (F,  im  Breisgau)  Kreisst.  in 
Baden,  an  der  Dreisam,  20,793  Ew.  Sitz 
eines  Erzbisoh.,  herrl.  goth.  Münster  (1152— 
1513  erb. ,  Thurm  356'  h.),  kathol.  Univer- 
sität (seit  1457),  Forstinstitttt,  zahlr.  ludn- 
strieanstalten ,  Fabriken.  —  2)  (i''.  unterm 
FürgUnUein)  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Bres- 
lau, Kr.  Schweidnitz,  an  der  Polsnitz,  6429 
Ew.    Dabei  Schloss  J^rstenstein. 

Freicorps  (spr.  «kohr),  Trappen,  welche, 
nur  für  die  Dauer  eines  Kriegs  errichtet, 
keinen  integrirenden  Theil  der  stehenden  Ar- 
mee ausmachen,  aus  Freiwilligen  bestehend. 

Freidaak  (  Vrtdank),  Verfasser  eines  mittel- 
hochdeutschen didakt.  Gedichts  ,Bescheiden- 
heit*  (d.  i.  Einsieht,  Belehrung),  das  um 
1229  entstand,  ein  Sittenspiegel  der  damal. 
Zeit.  Ob  der  Name  ein  angenommener  (Wal- 
ther V.  d.  Vogelwelde?)  oder  wahroTi  ist 
unentschieden.  Ausgubarvon  W.  Orimm,  2. 
Aufl.  1860,  neudeutsch  von  BtKmeisUr  1860. 

Fr^lAenktr  (Freigeia),  ein  Mensch,  der 
im  Denken  und  Urtheilen,  namentlich  auf 
dem  religiös  -  kirchlichen  Qebiete,  sich  an 
keine  Autorität  bindet.  S.  Deltmu», 
,  Freie  (Frilinge),  bei  den  alten  Germanen 
der  Mittelstand,  die  Hauptmasse  und  der 
Kern  des  Volks ,  aus  dem  die  Edelinge 
hervorgingen,  begriff  die  freigebornen  Voll- 
bürger und  Besitzer  eines  Guts,  welches 
sie  zum  Dienst  Im  Heerbann  verpflichtete, 
sclimolz  infolge  des  Aufkommens  des  Va- 
sallenthums  mehr  und  mehr  zusammen  und 
bestand  seit  Ende  des  12.  Jahrb.  nur  noch 
in  geringen  Besten  eines  freien  Bauern- 
standes, in  den  städtischen  Bürgerschaften 
und  in  dem  niederen  Adel  fort.  * 

Freie  Gemeinden,  religiöse  Gemeinschaf- 
ten ,  welche  sich  von  den  bestehenden 
Protestant.  Landeskirchen  und  deren  Lehr- 
begrilfe  losgesagt  und  selbständig  konsti* 
tuirt  haben,  hervorgerufen  durch  den  Kampf 
der  freien  christlich  •  rationellen  Bichtnng 
geg^n  die  pietistisch-mystische  Orthodoxie. 
Der  erste  Verein  dieser  Art  war  der  der 


pr(deKtanL  Freunde  (Lichtfrennde),  1841  zu 
Magdeburg  gegründet.  Hauptleiter:  Üblich, 
König,  Wislicenus,  Duncker,  Schwetschke, 
Sintenis,  Baltzer  u.  A.  Die  erste  wirkl.  freie 
Gemeinde  bildete  sich  Jan.  1846  in  Königs- 
berg unter  Rupp,  dann  folgten  die  zu  Halle 
(1846),  Magdeburg,  Halberstadt,  Nordhausen, 
Marburg,  Quedlinburg  (1847)  u.  a.  O.  6.-8. 
Sept.  1848  Versammlung  der  Abgeordneten 
der  f.n  G.  zu  Nordhausen.  Bakenntniss : 
Glaube  ■  an  Gott  und  sein  ewiges  Reich, 
wie  es  von  Christus  in  der  Welt  eingeführt 
worden.  Völlige  Autonomie  der  Gemeinden ; 
daher  keine  äussere  Einigung  zu  einem 
Ganzen  und  Verschwinden  des  specifisch- 
christl.  Elements.  Die  Verhältnisse  der 
,Dissidentengemeinden*  wurden  zuerst  durch 
Toleranzedikt  vom  30.  Kärz  1847  geregelt. 
Während  der  Bewegungen  von  1848  huldig- 
ten die  f.n  G.  und  deren  Führer  mehr  und 
mehr  dem  polit.  Radikalismus.  Infolge  da- 
von wurden  sie  mehrfach  beschränkt,  hier 
und  da,  z.  B.  in  Sachsen  und  Hessen  (1851), 
gaua  verboten  und  au^eiöst.  3.  Bundes- 
versammlung 7.  Juli  1865  zu  Gotha.  Seit- 
dem fristen  die  f.n  G.  bes.  infolge  der  Un- 
entschiedenhelt  über  die  religiösen  Prin- 
cipien  ein  kümmerliches  Dasein. 

Freie  Künste  (Artes  liberales ,  ingenuae 
oder  bonae) ,  bei  den  Alten  diejenigen 
Kenntnisse  und  Fertigkeiten,  die  man  des 
freien  Mannes  würdig  eraobtete,  im  Gegen- 
satz zu  den  meist  mechan.  Beschäftigungen 
der  Sklaven  (artes  ilUberalos);  gewölinlidi 
7:  Grammatik,  Arithmetik, Geometrie,  Musik, 
Astronomie,  Dialektik  und  Rhetorik. 

Freienwalde^  Stadt  im  preuss.  Regbz. 
Potsdam,  Hauptort  des  Kr.  Oberbarnim,  au 
der  alten  Oder,  5119  Ew.   Alexandrinenbad. 

Freie  Stidle,  die  3  Städte  Hamburg,  Bre- 
men, Lübeck  (bis  1866  auch  Frankfurt  a/M.). 

Freie  Wirtksehaft,  Ackerbausystem  ohne 
bestimmte  Fruchtfolge. 

Freilfut)  Güter  und  Waaren,  welche  von 
gewissen  Abgaben  frei  sind;  Bauerngut,  wel- 
ches nicht  zu  Frohnen  etc.  verpflichtet  ist, 
sondern  nur  die  gewöhnlichen  Landsteueru 
oder  einen  Freitin»  zahlt.  Die  Besitzer 
eines  solchen  Freisassen, 

Freikafen^  Hafen,  wo  Schiffe  aller  Na- 
tionen frei  oder  gegen  n>ässigen  Zoll  ein- 
laufen und  Handel  treiben  dürfen. 

Freiheitsb&nmey  Symbol  der  Freiheit,  zu- 
erst in  Nordamerika  während  des  Unabhän- 
gigkeitskriegs, dann  in  Frankreich  während 
der  Revolutionen  errichtet. 

FreUieltgaifltie,  die  rothe,  spitze  Mütze 
der  zu  Marseille  befireiten  Galeerensträflinge, 
wäiirend  der  firanz.  Revolution  von  1789 
Freibeitssymbol,  bes.  der  Jakobiner. 

Freiligrath,  Ferdinand,  Dichter,  geb.  17. 
Mai  1810  in  Detmold,  ursprüngl.  Kaufmann, 
privatislrte  später  in  der  Schweiz  und  am 
Rhein,  musste  1849  infolge  seiner  Bethei- 
ligung an  der  Revolution  Deutschland  ver- 
lassen, bekleidete  in  London  lauge  Zeit 
eine  Stelle  in  einem  Geschäftahause ,  Hess 
sich  1868  in  Stuttgart  nieder.  Werke:  ,Ge- 
diohte*  (zaerst  1838;  20.  Aufl.  1862),  aus- 
gezeichnet durch  grossartige,  auch  seltsame 


660 


Freimaurerei  —  Freizügigkeit. 


Stoffe  und  kühn« ,  glünzende  Darstellung ; 
polit.  Dichtungen  (,61auben8bekenntnisBS 
1844,  »Neuere  polit.  Gedichte*,  1849  f.,  etc.) 
u.  meisterhafte  Uebersetzungen  Ton  V .  Hugo 
(1836),  Longfellows  ,Hiawatha*  (1857)  u.  A. 
Gesammelte  Werke  (1870  ff.). 

Freimmurerei  (Maurereit  Jtfasone«),  unter 
hesondern  Formen  bestellende,  weit  Ter- 
breitete  geheime  Gesellschaft,  als  deren 
Zweck  Ton  Einigen  Wohlthätigkeitsubung, 
von  Andern  die  Pflege  und  Förderung  reinen 
Menschen-  und  Weltbürgerthums  angegeben 
wird.  Der  Ursprung  der  F.  ist  in  den 
Bauhütten  (s.  d.)  des  Mittelalters  eu  suchen, 
der  neuere  Freimaurerbund  aber  entstand 
1717,  indem  damals  die  Tier  in  London 
noch  bestehenden  Logen  oder  Bauhütten 
zu  einer  sogen.  Grossloge  zusammentraten, 
welche  die  Werkmaurerei  aufgab  und  sich 
die  Au^be  stellte,  den  geistigen  Bau,  d.  i. 
die  Erhebung  und  Einigung  der  Menschheit 
zu  befördern.  Als  gesellschaftliches  Band 
behielt  man  Ton  der  alten  Zunft  die  Grund- 
lagen der  Verfassung,  die  Handwerks- 
gebräuche  und  das  Siegel  der  Verschwie- 
genheit bei.  Am  24.  Juni  1721  wurden  88 
vom  Grossmeister  Payne  aus  Schriften  und 
Urkunden  der  Masonen  gesammelte  und 
zusammengestellte  Verordnungen  (regula- 
tions)  sanktionirt  und  1723  das  auf  Grund 
jener  Ton  dem  anglikan.  Ctoistlichen  An- 
derson ausgearbeitete  und  Ton  der  Gesell- 
schaft angenommene  Gesetzbuch  Tcröffent- 
licht.  Bis  1766  waren  Ton  der  Grossloge 
zu  London  aus  bereits  480  Logen  konstl- 
tuirt,  nämlich  208  im  Weichbilde  Ton  Lon- 
don, 178  sonst  in  England,  94  auf  dem 
Kontinent  Ton  Europa,  in  Alirika,  Asien, 
Nordamerika  und  Westiudien.  17S7  ward 
als  die  erste  Loge  in  Deutschland  die  zu 
Hamburg  gegründet;  ihr  folgten  die  zu 
Braunschweig  1788,  Berlin  (von  Friedrich  II. 
1744  zur  grossen  Loge  erhoben)  u.  Dresden 
1740,  Leipzig  1741.  Die  Gesellschaftsformen 
wurden  bes.  in  England,  Frankreich  und 
Deutschland  ausgebildet.  Bald  suchten 
andere  geheime  Gesellschaften,  B.osen- 
kreuzer,  Schotten,  Tempelherren,  Jesuiten 
und  Illuminaten  die  F.  ihren  Zwecken 
dienstbar  zu  machen,  und  es  entstanden 
eine  Unzahl  tou  wunderlichen  Systemen 
und  Graden ,  aber  auch  Zwistigkeiten, 
welche  das  Fortbestehen  des  Bundes  in 
Frage  stellten.  1783  ward  in  Frankfurt  a/M. 
und  Wetzlar  der  «eklektische  Bund*  ge- 
stiftet als  freie  Vereinigung  Ton  Logen, 
die  ft-ei  Ton  Sektengeist  und  Schwärmerei 
und  im  Genüsse  Tollkommen  gleicher  Rechte 
in  der  Bearbeitung  der  drei  Johannisgrade 
sich  die  Wiederherstellung  der  alten  ächten 
Maurerei  zur  Aufgabe  stellten.  Seit  Beginn 
des  19.  Jahrb.  sucht  man  die  F.  nach  ihrer 
geschichtlichen  und  philosophischen  Seite 
zu  erforschen  und  darzustellen.  Trotz  der 
Anfeindungen  und  Verfolgungen,  welchen 
.sie  von  Anfang  an  ausgesetzt  war  (päpstl. 
Verdammungsurtheile  von  Clemens  XH. 
1738,  Benedikt  XIV.  1751,  Plus  Vn.,  Leo  XU. 
und  Pius  IX.  in  der  AUokution  vom  25.  Sept. 
1865),  hat  sie  bei  allen  gebildeten  Völkern 


der  Erde  Eingang  gefunden.  Man  sahli 
jetzt  über  8000  Logen,  darunter  74  Oroas- 
logen :  10  in  Deutschland,  1  in  der  Schweiz, 
1  in  Italien,  S  in  Grossbritannien,  1  in  den 
Niederlanden,  2  in  Belgien,  2  in  Frank- 
reich, 1  in  Dänemark,  1  in  Schweden,  1  in 
Portugal,  40  in  den  Vereinigten  Staaten 
Ton  Nordamerika,  1  in  Ganada,  7  in  den 
südamerikan.  Staaten ,  1  auf  Haiti ,  1  auf 
Guba.  In  mehreren  Ländern  gehörten  und 
gehören  Prinzen  und  regierende  Fürsten 
dem  Bunde  als  Protektoren  desselben  an. 
Vgl.  Klo*9,  ,Gesch.  der  F.*,  1847;  KelUr, 
,Ge3ch.  des  eklekt.  Freimaurerbnndes*,  1857, 
und  ,Gesch.  der  F.  in  Deutschland*,  1859; 
Finden,  ,Bauhütte*,  1858  ff.,  und  .Gesch.  der 
F.*,  2.  Aufl.  1866. 

Freischaaren  (Frei^härler),  Kriegsscbaa- 
ren ,  welche  sich  ohne  Autorisation  von 
Seiten  des  Staats  durch  freiwilligen  Zuzug 
bilden,  erst  in  der  neuesten  Zeit  auftretend. 

Frei  Sehlir,  frei  Gut,  Tölkerrechtl.  Grond- 
satz,  wonach  die  Flagge  die  Waaxe  deckt. 

FreischiitSy  nach  der  Sage  ein  Schütz, 
der  sich  durch  einen  Bund  mit  dem  Teufel 
sogen.  Fretkugdn  Terschafft,  Ton  denen  6 
unfehlbar  das  gewünschte  Ziel  treffen,  wäh- 
rend die  7.  Tom  Teufel  die  Richtung  erhält. 

Freising,  alte  Stadt  in  Oberbayem,  an 
der  Isar,  7839  Ew.;  Bischofsalts  (seit  724). 
Zweitfaürni.  BasUika  (von  1159) ,  theo!.  Fa- 
kultät, Lehrerseminar;  dabei  die  ehemal. 
Benediktinerabtei  Weikenttephan,  jetzt  kgl. 
Schloss  und  Musterwirtfaaehaft  mit  ber. 
landwirtfaschaftl.  Oentralschule   (seit    1852). 

FreiaiBger  Moos^  s.  t.  a.  Erdinger  Moos, 
s.  Erding, 

FreiBtMty  Kreisst.  im  preuss.  Segbz. 
Li^nitz,  an  der  Sieger,  34S4  Ew. 

Freiti^,  der  6.  Wochentag,  benannt  nach 
Freya  (s.  d.),  lat.  die»  Veneris;  bei  den  Mo- 
hamm^anem  der  geheiligte  Kuhetag. 

Freiwaldan,  Stadt  in  Oesterr.-Schlesien, 
anderBiela,  S694£w.  Wichtige  Leinenfabr. 

Freiwillig«  (fir.  voUuUairs),  im  Gegensatz 
zu  den  Ausgehobenen  (Konskribirten)  solche 
Soldaten,  welche  aus  fireiem  Willen  in  da^ 
Hedr  treten,  entweder  um  einem  Feldzug 
beizuwohnen  oder  durch  Ausrüstung  aaf 
eigne  Kosten  und  Versichtleistung  auf  Sold 
ihre  Dienstzeit  abzukürzen,  wie  die  ein- 
jährigen F.n  der  deutschen  Reichsarmee, 
welche  den  Besuch  einer  höhereu  Schule  bis 
zu  einer  gewissen  Klasse  nachweisen  oder 
sich  einem  Examen  unterwerfen  müssen, 
um  diese  Vergünstigung  su  erlangen. 

Freiwillige  CierlMitsbarkeity  die  Befog- 
niss  der  Grerichte,  bei  nicht  streitigen  Recht:i- 
gesehäften  beglaubigend  oder  bestätigend 
mitzuwirken ,  wie  bei  Veräusserungeu  nnd 
Verpfändungen  von  Grundeigenthum,  bei 
Errichtung  Ton  Testamenten,  EheTerträgen, 
Erbschaftsregulirungen  etc.  Auch  dasVor- 
mundschaftswesen  fällt  unter  die  f.  G. 

Freüsigigkeit,  die  Freiheit,  ans  einon 
Staate  in  einen  andern  auszuwandern,  obs« 
Abaugsgeld  entrichten  zu  müssen,  ward 
durch  Bnndesbeschlnss  Tom  28.  Jnni  1817 
für  Deutschland  festgestellt,  Tollständis 
rejtlisirt  erst  im  norddeutschen  Bond* 


Frejus  —  Friaul. 


651 


Fr^ttS  (spr.  -sobäs),  Stadt  im  franz.  De- 
part.  Var,  ani  Mittelmeer,  3887  Ew.  Das 
alte  Forum  Julii,  Hanptstation  der  röm. 
Flotte  inGalUen  (mit  100,000Ew.).  87.  April 
1814  Einschiffung  Napoleons  I.  nach  Elba. 
Fremdenlegioii y  Truppe,  welche  durch 
Anwerbung  von  Freiwilligen,  auch  solchen 
aus  dem  Auslande,  gebildet  wird,  In  der 
Regel  für  auswärtige  Kriege.  Am  bekann- 
testen ist  die  fratu.  F.,  welche  1831  aus 
polit.  Flüchtlingen  fremder  Nationen,  Aben- 
teurern etc.  für  den  Dienst  ausserhalb  des 
Landes,  namentlich  in  Algerien,  gebildet, 
1835,  etwa  5000  Mann  staric ,  der  span,  Re- 
gierung für  den  Krieg  gegen  Don  Garlos 
überlassen  ward  und  tapfer  kämpfend  bis 
auf  wenige  Ueberreste  zu  Grunde  gingJ 
Gegenwärtig  besteht  in  Algerien  noch  ein 
Frenidenregiment. 

Fremont  (spr.  -mong),  John  Charit», 
amerikan.  Entdecker  und  GenenJ,  geb.  21. 
Jan.  1813  in  Savannah  im  Staat  Georgia, 
seit  1838  Ingenieurlieutenant,  erforschte 
1842—45  den  Westen  Nordamerikas  bis 
Kalifornien,  ward  zum  Gouverneur  dieses 
neuen  Gebiets  ernannt,  1856  von  der  repu- 
blikan.  Partei  als  Präsidentschaftskandidat 
aufgestellt,  unterlag  aber  gegen  Buchanan, 
erhielt  Juli  1861  als  Generalmajor  das 
Kommando  von  Missouri,  erliess  81.  Aug. 
d.  J.  eine  Proklan^^tion  zur  Befreiung  der 
Sklaven  in  den  secessionist.  Staaten,  welche 
von  "Washington  aus  desavouirt  ward  und 
seine  Abberufung  zur  Folge  hatte,  ward 
1862  zum  konunandirenden  General  im 
virgin.  Bergdepartement  ernannt,  nahm 
1862  seine  Entlassung  und  lebt  seitdem  als 
Privatmann  in  Newyork. 

Fr^re-OrbUy  Hvbert  Joteph  Walther,  belg. 
Staatsmann,  geb.  22.  April  1812  zu  Lütticb, 
wajrd  1832  Advokat  das.,  1847  MitgUed  der 
aweiten  Kammer,  Aug.  d.  J.  Minister  der 
öffentlichen  Arbeiten,  Juli  1848  der  Finan- 
zen, gab  Okt.  1852  seine  Entlassung,  Nov. 
1857  und  Okt.  1861  abermals  Finanzminister, 
verdient  durch  Steigerung  der  Staatsein- 
nahmen, Herstellung  grossartiger  Staats- 
bauten (Befestig^nng  von  Antwerpen),  Haupt- 
fährer  der  belg.  Boktrinärs. 

Frerlehs,  Friedrich  Theodor,  Kliniker, 
geb.  24.  Karz  1819  zu  Aurich,  früher  in 
Breslau,  ward  nach  Scbönleins  Tode  Prof. 
der  Innern  Medicin  und  Direktor  der  Klinik 
in  der  Charit^  in  Berlin,  auch  vortragender 
Rath  im  Ministerium.  Gehört  der  patholog.- 
anatom.  Richtung  an.  Sehr.  »Medicin.  Kli- 
nik' (2.  Aufl.  1861-62,  2  Bde.);  ,Klinik  der 
Leberkrankheiten'  (1859—62,  2  Bde.). 

Freecomalerei  •  Art  der  Wandmalerei, 
welche  auf  frischer  oder  nasser  Mauer  (al 
fretco)  ausgeführt  wird ;  beruht  ihrem  We- 
sen nach  auf  dem  Umstände,  dass  die  in 
Wasser  gelösten  Farbstoffe  (mineral.  Ur- 
sprungs) in  den  eben  aufgetragenen  frischen 
Mörtel  eindringen  und  sich  mit  den  Be- 
standtheilen  desselben,  Kalk  und  Sand,  zu 
^  einem  neuen  Körper  chemisch  verbinden, 
welcher  der  Oberfläche  einen  festen  krystal- 
linischen,  in  Wasser  schwer  löslichen  Ueber- 
sag  glbti  bedarf  einer  besonders  sichern 


Hand  und  eines  für  die  Farbenveränderung 
(nach  dem  Troclmen)  geübten  Auges,  da  ein 
nachheriges  Uebermalen  von  etwas  Miss- 
lungenem  nicht  möglich  ist.  Schon  den 
Alten  bekannt  ^ompeji)  j  neuerdings  durch 
die  Stereochromie  (s.  d.)  verbessert. 

FreaenlBS,  Karl  Bemigius,  Chemiker,  geb. 
28.  Dec.  1818  in  Frankfurt  a^. ,  Prof.  der 
Chemie,  Physik  und  Technologie  am  land- 
wirtbschaftl.  Institut  in  Wiesbaden ;  höchst 
vordient  um  die  chemische  Analyse  und  die 
Kenntniss  der  Mineralwässer.  Sehr.  ,Anlei- 
tung  zur  qualitativen  Analyse'  (1.  Aufl.  1841, 
13.  Aufl.  1870);  ,Anleitung  zur  quantitativen 
Analyse'  (5.  Aufl.  1864);  redigirt  seit  1862 
die  ,2ieitschrift  für  analyt.  Chemie'. 

Fresael  (spr.  Fränell),  AuguUin  Jean, 
firanz.  Physiker,  geb.  10.  Mai  178&zu  Broglie, 
Depart.  Eure,  lebte  in  Paris;  f  14.  Juli 
1827  zu  Ville  d'Avray  bei  Paris.  Sehr  ver- 
dient um  die  Optik  (Diffraktion,  Refraktion, 
Polarisation),  Begründer  der  neueren  Un- 
dulationstheorie,  vervollkommnete  die  Kon- 
struktion der  Leuohtthürme. 

Frett  Qiustela  Furo  L.),  Raubthier  der 
Gattung  Wiesel,  13Va",  in  Afrika,  Europa, 
dient  zur  Kanincheujagd,  sehr  blutgierig. 

Frendenstadt  y  Stadt  im  würtemberg. 
Schwarzwaldlcreis,  nahe  der  Murg,  5182  Ew. 

FreBdentlial)  gewerbsame  Stadt  inOester- 
reich.-Schlesien,  am  Schwarawasser,6440Ew. 

Freimdscliaftsliiselii  (Tonga-Iiudn),  Insel- 
gruppe in  Polynesien ,  im  O.  der.  Fldschi- 
insehi,  meist  kleine  niedrige  (bis  auf  4  hohe 
vulkan.)  Inseln,  ca.  18  QM.  mit  20,000  Ew. 
Letztere  sind  Australindier ,  grösstentheils 
Protestanten ,  und  übertreffen  au  Bildung, 
Kunstfertigkeit  und  poUt.  Ordnung  alle 
übrigen  Insulaner.  Der  grösste  Theil  der  F. 
steht  unter  dem  protest.  König  von  Vavau. 

Freya»  skandinav.  Göttin,  Tochter  Niörds 
und  Schwester  Fre^^rs ,  dem  Wanenge- 
schlechte  angehörig,  jung  und  schön,  Ctötdn 
der  Liebe,  aber  auch  des  Todes;  fährt  auf 
einem  mit  Katzen  bespannten  Wagen. 

Freyr,  skandinav.  Hauptgott,  Sohn  Niörds, 
Bruder  der  Freya,  gebietet  über  Meer  und 
Luft,  segnet  Erde  und  Menschen  mit  Frucht- 
barkeit, tödtete  den  Riesen  Bell  und  hei- 
rathete  dessen  Schwester  Gerd. 

Frertagy  Gustav,  Schriftsteller,  geb.  13. 
Juli  1816  zu  Kreuzburg  in  Schlesien,  erst 
Privatdocent  für  deutsche  Literatur  in 
Breslau,  Hess  sich  1845  in  Dresden,  1848  in 
Leipzig  nieder,  lebt  theils  hier,  theils  auf 
seinem  Landsitz  Siebleben  bei  Gotha.  Nam- 
hafter Dramatiker  (,Die  Valentine',  1847, 
,Graf  Waldemar',  1847 ,  ,I>ie  Journalisten' 
und  «Die  Fabier',  1854)  und  Romandichter 
(,Soll  und  Haben',  15.  Aufl.  1870,  ,Die  ver- 
lorne Handschrift',  5.  Aufl.  1869);  sehr, 
ausserdem  ,Bilder  aus  der  deutscheu  Ver- 
gangenheit* (1867,  4  Bde.),  ,Die»Technik  des 
Dramas'  (1865),  ,K.  Mathy'  (1870)  u.  A.  Die 
Redaktion  der  ,Grenzboten*,  die  er  1848  mit 
J.  Schmidt  übernommen,   gab  er  1870  auf. 

Friaul  (ital.  Friuli),  vormals  selbständ. 
Herzogtbum,  die  venetian.  Prov.  Udine,  die 
Grafsch.  Görz  und  Gradiska  und  den 
idrianer  Bezirk  des  Grossherzogtb.  Krain 


652 


Frickthal  —  Friedrich. 


amCusend,  175V«  QM.  Die  Ew.  (Furianer) 
Bind  meist  Italiener,  mit  besouderem  Dia- 
lekt. Ursprünglich  von  Karniem  bewohnt, 
ward  das  Land  im  6.  Jahrh.  eins  der  36 
longobard.  Herzogthümer.  Karl  d.  6r.  setzte 
Grafen  ein,  die  zugleich  die  Mark  Treviso 
zu  überwachen  hatten.  Durch  Niederpan- 
nonien  und  Kämthen  yergrössert,  ward  F. 
820  zur  Markgrafschaft  erhoben  und  827  in 
vier  Grafschaften  eingetheilt.  Unter  den 
folgenden  Markgrafen  erklärte  sich  Beren- 
gar  I.  888  zum  König  von  Italien.  Nach 
seinem  Tode  (924)  ward  F.  nach  Abtrennung 
Istriens  und  der  Mark  Verona  wieder  blosse 
Grafschaft.  1028  überliess  der  Kaiser  Kon- 
rad II.  den  grössten  Theil  F.s  (das  sogen, 
venetian.  F.)  dem  Patriarchen  Poppo  von 
Aquileja;  1420  kam  es  unter  venetian.  Bot- 
mässigkeit,  im  Frieden  von  Campo  Formio 
1797  mit  Venedig  an  Oesterreich,  im  Frieden 
von  Pressburg  (1805)  an  das  Königreich  Ita- 
lien. Das  Österreich.  F.  (früher  den  Grafen 
von  Tirol  gehörend)  ward  1809  zu  den  illyr. 
Provinzen  geschlagen.  1814  fiel  ganz  F.  an 
Oesterreich  zurück,  1865  an  Italien. 

Frickthal,  Thal  im  Kant.  Aargau ,  5Va 
QM.  mit  den  Dörfern  Ober'  und  Unterfrick 
und  ca.  20,000  Ew.;  bis  1802  österreichisch. 

Fridericia  (Friedrichsodde),  Stadt  und 
Festung  in  Jütland,  am  kleinen  Belt,  6261 
Ew.  6.  Juli  1849  siegr.  Gefecht  der  Dänen 
gegen  die  Schleswig-Holsteiner. 

Friedberg,  1)F.  inderWetterau,Kreisst.u. 
ehemal.  Reichsstadt  in  der  hess.  Prov.  öber- 
hessen,  4773  Ew.  Goth.  Kirche.  Dabei  die 
Burg  F.  (friedberger  Warte),  einst  Sitz  der 
Burggrafen  der  wetterauischen  Kitterschaft 
(Jetzt  Seminar  und  Taubstummenanstalt);  — 
2)  8.  Bohenfriedberg.     [Frankfurt,  6014  Ew. 

Frledebex^,  Kreisstadt  im  preuss.  Kegbz. 

Friedensfreiinde,  Gesellschaft,  an  deren 
Spitze  Cobden,  Elihu  Burritt,  Ducp6tiaux 
u.  A.  standen,  suchte  Regierungen  und 
Völker  für  die  Idee  des  ewigen  Friedens 
zu  gewinnen,  veranstaltete  zu  diesem  Zweck 
Friedentkongresse  zu  Brüssel  (1848),  Paris 
(18491,  Frankftirt  (1850),  London  (1851). 

FnedenBgerlehte  (Sehiedagerichte) ,  Be- 
hörden zum  Versuch  der  gütlichen  Aus- 
einandersetzung bei  Rechtsverletzungen  u. 
Rechtsstreitigkeiten,  zuerst  in  England  von 
Eduard  III.  1360,  in  Frankreich  durch  Ge- 
setz vom  24.  Aug.  1790  eingeführt,  von  da 
in  die  Rheinlande  übergegangen,  in  Rheiu- 
preussen  durch  Verordnung  vom  14.  Mal 
1843  hinsichtlich  der  Kompetenz  beschränkt. 

Friedland,  1)  Stadt  im  böhm.  Kr.  Bunz- 
lau,  an  der  Wittich,  4259  Ew. ;  histor.  merk- 
würdiges Schloss.  Ehedem  Hauptort  des 
Herzogth.  F.,  das  Albreoht  von  Wallonstein 
(Friedländer)  besass.  —  2)  Stadt  im  Gross- 
herzogth.  Mecklenburg-Strelltz,  5079  Ew.  — 
8)  Kreisst.  fm  preuss.  Regbz.  Königsberg, 
an  der  Alle,  8412  Ew.;  14.  Juni  1807  Sieg 
Napoleons  über  die  Russen  und  Preussen. 

rriedloslgkelt,  im  altgerman.  Prozesse 
der  Zustand  eines  in  die  Acht  Verfiillenen, 
der  seiner  bürgerl.  Rechte  verlustig  und 
des  persönl.  Rechtsschutzes  beraubt  war. 

Fnedrieh,   l)  rlim.  -  deuteche  Kaiser:  a) 


F.    I.,   der   Soihbart   (Barbarona) ,    der  2. 
deutsche  Kaiser  aus  dem  Hause  der  Hohen- 
staufen,  geb.  1121,  Sohn  des  Herzogs  Fried- 
rich des  EInäugrigen  von  Schwaben,  folgte 
diesem   1147   in   der  herzogl.   Würde   und 
1152   seinem   Oheim  Konrad  III.    auf  dem 
Kaiserthron,  suchte  in  5  Zügen  nach  Italien' 
(1154,  1158,  1161,  1166  und  1174)  die  kaiserl. 
Macht    das.    herzustellen,    zerstörte    1162 
Mailand,   erlitt  bei  Legnano  (29.  Mai  1176), 
von  Heinrich  dem  Löwen  in  Stich  gelassen, 
eine  Niederlage,   schloss   1185  zu  Konstanz 
Frieden  mit  den  lombard.  Städten ,  in  wel- 
chem diesen  volle  Freiheit  u.  Föderations- 
recht, dem  Kaiser  aber  die  Oberherrlichkeit 
zugestanden  ward.  Nachdem  er  inzwischen 
(1180)    Heinrich    den    Löwen     zur     Unter- 
werfung gezwungen,  verlieh  er  Bayern  dem 
Pfalzgrafen  Otto  von  Witteisbach  und  ver- 
mählte 1186  seinen  Sohn  Heinrich  mit  Kon- 
stantia,  der  Tochter  u.  Erbin  des  normann. 
Königs    Roger   von   Apulien    und    Sicilien, 
unternahm    1189   einen   Kreuzzug,     schlug 
die  Seldschuken   bei  Philomelium    (14.  Mai 
1190)  und  Iconium,   Iknd  aber  beim  Ueber- 
gang  über  den  FIuss  Oalycadnus  bei  Seleu- 
cia   (10.  Juni  1190)   seinen   Tod.    Den  Rest 
der  Kreuzfahrer  führte  sein  Sohn,  Friedrich 
von  Schwaben,  geb.  1166,  nach  Tyms;  -f  1191 
zu  Akko  an  der  Pest.    Nach  der  Volkssage 
schläft  der  Kaiser  F.  im   KyfThäuser,   um 
einst  Deutschlands  Macht  wiederherzustel- 
len.   Vgl.  Voigt  f   ,Gesch.   des  Lombarden- 
buudes    und    seines  Kampfes    mit    Kaiser 
F.  I.',   1818;   Prttts,    ,Kaiser   F.  I.*,   18V1  f. 
—  b)  F.  IL,  Enkel   des  Vor.,  Sohn- Kaiser 
Heinrichs    VI.    und     der   Konstantia     von 
Sicilien ,   geb.  26.  Dec.  1194  zu  Jesi   in   der 
Mark    Ancona,    stand   bis    1209   unter   der 
Vormundschaft   des  Papstes   Innocenz   IH., 
übernahm   dann  die  Regierung  seines  £rb- 
landes   beider    Sicilien,    erschien    1212   in 
Deutschland  und  ward  1215  zu  Aachen  als 
Kaiser  gekrönt,  verweilte  später  nur  noch 
einmal  (1235  —  37)  in  Deutsehland ,   brachte 
(1228)   durch  friedlichen  Vertrag  mit    dem 
Sultan  Kamel  Jerusalem  und   die    heiligen 
Städte  wieder  in  christliche  Gewalt.    Vom 
Papst   Gregor   IX.   in    den   Bann     gethan, 
hatte   er  mit  diesem   und  dessen  Nachfol- 
gern Cölestin  IV.  und  Innocenz  IV.,  sowie 
mit  den  lombard.  Städten  die   erbittertsten 
Kämpfe  zu  bestehen,  schlug  die  Lombarden 
(26.  und  27.  Nov.  1237)  bei  Cortennovo,  er- 
oberte Ravenna   und   drang  bis    Rom   vor. 
Von   einem   Koncil   zu  Lyon  für   abgesetzt 
erklärt,   hatte   er  in  Deutschland  2  Gegen- 
könige,   Heinrich  Raspe  und  Wilhelm  von 
Holland,  zu  bekämpfen ;  t  ^S*  T^ec,  1250  zu 
Fiorentino.    Hochsinnig  und   vielseitig  ge- 
bildet,   aber  mehr  Italiener  als  Deutscher. 
Vgl.  Sber  ihn  Schirrmacher  (1859—65,  4  Bde.) 
und   Winckelmann  (1803),  —  c)  F.  III. ,  der 
Schöne,   Gegenkönig  Ludwigs   des  Bayern 
seit  1314,   Sohn  des   deutschen  Königs  Al- 
brecht I.,   geb.  1286,   seit  1308  Herzog  von 
Oesterreich,   auf  einer  Tonue  bei  Bonn  in    « 
freiem  Felde  gekrönt,  focht  erst  glücklich 
gegen  seinen  Rivalen,  ward  dann  (28.  Sept. 
1922)  bei  Mühldorf  von  ihm  geschlagen  und 


Friedrich. 


653 


e&fsLiigen.  1325  aus  seiner  Gefangenschaft 
auf  der  Barg  Trausuitz  unter  der  Bedingung 
entlassen ,  dass  er  Ludwig  als  Kaiser  an- 
erkenne und  auch  die  Seinigen  zu  dessen 
A  nerkennung  bewege ,  stellte  er  sich ,  da 
ihm  letzteres  nicht  gelang,  freiwillig  wieder 
als  Gefangener,  worauf  Ludwig  die  alte 
Jugendfreundschaft  mit  ihm  erneuerte  und 
selbst  die  Kelchsregierung  mit  ihm  theilen 
wollte.  F.  t  13.  Jan.  1330  auf  dem  Gutten- 
stein.  —  d)  F,  IV.,  als  röm.  Kaiser  "F.  III., 
als  Brzherzog  von  Oesterreich  F.  V.,  Sohn 
Herzog  Emsts  des  Eisernen,  geb.  21.  Sept. 
1415  zu  Innsbinick,  reg.  seit  1435  mit  seinem 
Bruder,  Älbreeht  dem  Yerschwender,  in 
Steiermark,  Kämthen  und  Krain,  ward  1439 
zum  Kaiser  gewählt  und  1442  zu  Aachen 
gekrönt.  Unthätig,  indolent  und  schwach. 
Unter  ihm  fielen  die  Ungarn  1445  und  1452 
in  Oesterreich  ein,  kam  Mailand  1447  an  den 
Usurpator  Sforza.  Er  schloss  1448  mit  dem 
Papst  das  wiener  Konkordat  ab,  wodurch 
alle  die  päpstliche  Macht  beschränkenden 
Beschlüsse  des  baseler  Koncils  zurückge- 
nommen  wurden.  Der  letzte  deutsche  Kai- 
ser, der  zu  Rom  (1552)  gekrönt  ward ;  f  1^- 
Aug.  1493  zu  Linz.  Astrolog,  Alchemist 
und  Botaniker.  Vgl.  Chmel,  ,Geschichte 
F.s  IV.S  1840-43,  3  Bde. 

2)  Könige  von  Dänemark:  a)  F.  /.,  Sohn 
Christians  L,  geb.  1471,  ward  1523  von  den 
dän.  Standen  zum  König  erwählt,  suchte 
den  Wohlstand  des  Landes  zu  heben,  be- 
günstigte die  Reformation;  f  1533.  —  b) 
F.  II.»  Sohn  Christians  III.,  geb.  1534,  suc- 
cedlrte  1559,  unterwarf  die  Dithmarsen, 
kämpfte  erfolglos  gegen  Schweden,  beför- 
derte Ackerbau  und  Handel;  f  1588.  —  c) 
F,  III.,  Sohn  Christians  IV.,  geb.  18.  März 
1609,  ward  als  Jüngerer  Prinz  1623  Bischof 
von  Verden,  1635  Erzbischof  von  Bremen, 
Buccedirte  nach  dem  Tode  seines  Bruders, 
des  Kronprinzen  Christian  (1647),  in  Schles- 
wig-Holstein, wurde  auf  dem  Reichstag  zu 
Kopenhagen  April  1648  zum  König  von 
Dänemark  und  Norwegen  gewählt;  f  9. 
Febr.  1670.  Ueber  ihn  s.  Dänemark,  Gesch. 
—  d)  F.  IV.,  Sohn  Christians  V.,  geb.  11. 
Okt.  1671  zu  Kopenhagen,  succedirte  25. 
Aug.  1699 ,  verbündete  sich  mit  August  II. 
von  Polen  u.  Peter  I.  von  Russland  gegen 
Karl  XII.  von  Schweden,  musste  Im  Frie- 
den von  Travendal  18.  Aug.  1700  diesem 
Bündniss  entsagen,  erneuerte  dasselbe  1709, 
erhielt  im  Frieden  von  Friedrichsburg  3. 
Juli  1720  den  gottorp.  Antheil  von  Schles- 
wig, hob  die  Leibeigenschaft  auf;  f  ^^« 
Okt.  17S0.  —  e)  F.  V.,  Sohn  Christians  VI., 
geb.  31.  Mftrz  1723,  succedirte  1746,  reg. 
im  Sinne  des  damal.  aufgeklärten  Despo- 
tismus; t  14.  Jan.  1766.  —  f)  F.  VI.,  Sohn 
Christians  VTI.,  geb.  28.  Jan.  1768  zu  Kopen- 
hagen, seit  14.  April  1784  Mitregent  seines 
geistesschwachen  Vaters,  succedirte  diesem 
13.  März  1808;  f  3.  Bec.  1889.  S.  Dänemark, 
Gesch.  Vgl.  Giesiing ,  ,Zur  R^ierungs- 
gesch.  F.s  VI.*,  1855,  2  Bde.  -  g)  F.  VII., 
SohQ  Christiana  VIU.,  geb.  6.  Okt.  1808  zu 
Kopenhagen,  ward  1839  Mitglied  des  Staats- 
raths  und  Gouverneur  von  Fünen,  succe- 


dirte 20.  Jau.  1848,  verlieh  5.  Juui  1849  ein 
demokrat.  Grundgesetz;  f  15.  Nov.  1863. 
S.  Dänemark,  Gesch.  Mit  ihm  erlosch  die 
ältere  Linie  des  Oldenburg.  Königshauses. 
Vgl.  über  ihn  Gieasing  (1865). 

3)  Kurfürsten  von  Brandenburg:  a)  F.  I., 
Sohn  Friedrichs  V.  von  Hohenzollern,  Burg- 
grafen von  Nürnberg,  geb.  1372,  folgte  seinem 
Vater  1389  in  den  fränk.  Besitzungen,  er- 
hielt für  die  dem  Kaiser  Sigmund  geleiste- 
ten Dienste  1411  die  Mark  Brandenburg 
verpfändet,  1415  dieselbe  nebst  der  Kur- 
würde erb-  und  eigenthümlich ;  f  20.  Sept. 
1440  zu  Kadolzburg.  ~  b)  F.  Wilhelm ,  der 
grosse  Kurfürst,  Sohn  des  Kurfürsten  Georg 
Wilhelm,  geb.  6.  Febr.  1620  zu  Köln  an  der 
Spree ,  folgte  seinem  Vater  1.  Dec.  1640  in 
der  Regierung,  förderte  nach  dem  west- 
phäl.  Frieden  die  WiederbevÖIkeruug  seines 
Landes  durch  Herbeiziehung  holländ.  Ein- 
wanderer, focht  1655  im  Bunde  mit  Schwe- 
den gegen  Polen,  dann  mit  Polen ,  Däne- 
mark u.  Holland  verbündet  gegen  Schwe- 
den und  erhielt  im  Frieden  von  Oliva  1660 
die  Bestätigung  der  Souveränetät  des  Her- 
zogth.  Preussen.  Als  1672  Ludwig  XIV. 
Holland  angriff,  schloss  er  mit  letzterem 
ein  Bündniss,  veard  aber  durch  den  Einfall 
der  Franzosen  in  seine  westphal.  Besitzun- 
gen zum  Vertrag  von  Vossem  (16.  Juni 
1673)  genöthigt,  nach  welchem  er  vom 
Bündniss  mit  Holland  zurücktrat.  Nach 
Erklärung  des  Reichskriegs  au  Frankreich 
(1674)  focht  er  mit  der  Reichsarmee  im 
Elsass  gegen  die  Franzosen ,  wandte  sich 
dann  gegen  die  Sch]vedeu,  die  auf  Lud- 
wigs XIV.  Anstiften  in  die  Mark  eingefal- 
len waren,  schlug  sie  bei  Fehrbellin  (18. 
Juni  1675)  und  eroberte  Schwedisch  -  Pom- 
mern, verzichtete  aber  darauf,  vom  Kaiser 
und  Reich  verlassen ,  im  Frieden  von  St.- 
Germain-en-Laye  (29.  Juni  1679).  Zur  Ab- 
wehr der  von  Ludwig  XIV.  auf  die  pfälz. 
AUodialhiuterlasseuschaft  erhobenen  An- 
sprüche erneuerte  er  1685  sein  Bündniss 
mit  Holland  und  mit  dem  Kaiser,  unter- 
stützte diesen  im  Krieg  gegen  die  Türken 
mit  8000  M.  Hülfstruppeu:  f  29.  April  1688 
zu  Potsdam.  Gründer  der  Grösse  des  prouss. 
Staats.  Vgl.  Förster,  ,Gesch.  F.  Wilhelms 
etc.*,  4.  Aufl.  1855;  Frdmannsdörffer ,  .Ur- 
kunden und  Aktenstücke  etc.*,  1864  f.;  Feter, 
,Der  Krieg  des  grossen  Kurfürsten  gegen 
Frankreich*,  1870. 

4)  Könige  von  Preussen:  a)  F.  I.,  als  Kur- 
fürst von  Brandenburg  F.  III.,  Sohn  des 
grossen  Kurfürsten,  geb.  22.  Juli  1657  zu 
Königsberg,  sollte  nach  dem  Testamente 
seines  Vaters  diesem  nur  in  der  Kurwürde 
und  in  den  Kurländern  folgen,  die  anderen 
Besitzungen  seinen  Brüdern  überlassen, 
erklärte  aber  das  Testament  für  ungültig 
und  trat  1688  die  Regiei'ung  sämmtlicher 
Länder  an.  Er  unterstützte  den  Prinzen 
Wilhelm  von  Oranien  bei  dessen  Unter- 
nehmen gegen  England,  stellte  zur  Reichs- 
armee gegen  Frankreich  1689  20,000  Mann 
und  dem  Kaiser  in  Ungarn  gegen  die  Tür- 
ken 6000  Mann  (1691).  Er  erwarb  durch 
Kauf  Quedlinburg  und  Nordhausen  von  Kur- 


654 


Friedrich. 


sacbsen,  die  Orafschaft  Tecklenburg  von 
den  Grafen  Ton  Solms  -  Braunfels ,  durch 
Srbschafl  Neufchatel  nnd  Valengin  and 
1708  die  Grafschaften  Mors  und  Lingen, 
nnd  nahm  Geldern  nach  Erlöschen  des 
habsbnrg  -  span.  Maunsstammes  in  Besitz. 
Nachdem  im  sogen.  Kronentraktat  16.  Nov. 
1700  2n  Wien  der  prenss.  KönigstiteJ  vom 
Kaiser  anerkannt  worden,  setzte  er  sich 
18.  Jan.  1701  zn  Königsberg  die  Königskrone 
anf  (Stiftung  des  schwarzen  Adlerordens), 
unterstützte  den  Kaiser  im  Span.  Erbfolge- 
krieg mit  20,000  Mann;  t  25.  Febr.  1718. 
Prachtliebend,  Grander  der  Universität 
Halle  und  der  königl.  Akademie  der  Wissen- 
schaften, wie  der  der  Künste  zu  Berlin.  — 

b)  F.  Wilhelm  I. ,  Sohn  des  Vor. ,  geb.  3. 
Ang.  1688,  succedirte  1713,  erwarb  in  dem- 
selben Jahre  Limburg,  verbündete  sich  1715 
mit  Rassland ,  Karsachsen  und  Danemark 
gegen  Schweden,  eroberte  Rügen  n.  Stral- 
sund und  erhielt  im  Frieden  von  Stockholm 
(1.  Febr.  1790)  Vorpommern  bis  an  die 
Peene  gegen  Zahlung  von  2  Mill.  Thlr.  an 
Schweden,  verband  sich  1725  mit  England 
nnd  Holland  gegen  Oesterreich,  dann  zu 
Wusterhausen  12.  Okt.  1726  mit  letzterem, 
stellte  Oesterreich  im  poln.  Thronfolgekrieg 
1733—35  10,000  Ifann  Hülfstruppen;  f  ^^' 
Mai  1740.  Verdient  um  den  Staat  durch 
Vermehrung  der  Militärmacht  auf  70,000 
Mann,  Beförderung  der  Bodenkultur,  der  Ge- 
werbe und  des  Handels  nnd  sparsame  nnd 
geregelte  Finanzverwaltung  (Steigerung  der 
Einkünfte  des  Landes  auf  7,400,000  Thlr., 
Hinterlassung  eines  Schatzes  von  9  Mill. 
Thlr.),  Verwandlung  der  Leibeigenschaft 
in  Erbunterthänlgkeit.  Feind  franz.  Wesens ; 
Tabakskollegium.  Vgl.  über  ihn  F&rsier 
(1834-35,  3 Bde.);  DroyBen  (1869,  2 Bde.).  — 

c)  F.  IL,  der  OroMe,  Sohn  des  Vor.,  geb.  24 
Jan.  1712,  büsste  für  seinen  Fluchtversuch 
darch  strenge  Haft  in  Küstrin,  musste  sich 
gegen  seine  Neigung  1783  mit  der  Prinzessin 
Elisabeth  Christine  von  Braunschweig- 
Bevem  vermählen  und  lebte  im  Umgang 
mit  Gelehrten  und  Künstlern  zu  Rheinsberg. 
Nach  seiner  Thronbesteigung  31.  Mal  1740 
benutzte  er  das  Erlöschen  des  habsbnrg. 
Maunsstammes,  um  Brandenburgs  Rechte 
auf  die  schles.  Fürstenthümer  Jägemdorf, 
Liegnltz,  Brieg  und  Wohlan  geltend  zu 
machen.  Von  Maria  Theresia  abgewiesen, 
eroberte  er  Dec.  17^  bis  Jan.  1741  ganz 
Schlesien,  in  dessen  Besitz  er  durch  die 
Friedensschlüsse  von  Breslau  (11.  Juni  1742) 
nnd  Dresden  (25.  Dec.  1745)  bestätigt  ward. 
Einem  Angriff  der  insgeheim  gegen  ihn 
verabredeten  Koalition  von  Oesterreich, 
Russland  und  Sachsen  kam  er  durch  seinen 
Einfall  in  Sachsen  (24.  Aug.  1756)  zuvor 
und  behauptete  im  7jähr.  Krieg  (s.  d.) 
seinen  Läuderbestand ,  widmete  sich  dann 
mit  Elfer  der  Organisation  und  Hebung  des 
Wohlstandes  in  seinem  Lande.  Bei  der 
ersten  Theilung  Polens  (1772)  erhielt  er 
Polnisch-Preussen  nebst  Grosspoleu  bis  an 
die  Netze  mit  Ausnahme  von  Danzig  und 
Thoru.  Um  die  Besetzung  eines  grossen 
Theils   von   Bayern   durch  Oesterreich   zu 


hindern,   liess   er    Juli   1778    zwei  Heere 
in   Böhmen  einrücken   und   rettete    durch 
den   Frieden   von  tTeschen  (13.  Mai  1779) 
Bayerns  Selbständigkeit,  wie  er  auch  seinen 
Erbansprüchen  auf  die  firink.  Fürstenttiümer 
Ansbach   und  Baireuth   Anerkennung  ver- 
schaffte.   1780  fiel  ihm  durch  Erlöschen  des 
Hauses    Mansfeld    der    magdebarg.    Theil 
dieser  Grafschaft  zu.  Durch  den  deutschen 
Fürstenbund  (s.  d.)  stellte  er  die  Verfassang 
Deutschlands  gegen   willkürliche  Eingriffe 
sicher.    F.   f   17.  Aug.   1786  zu   Sanssouci, 
seinem   Nachfolger  ein  um   1825  QM.   ver- 
grössertes  Reich,   einen   Schatz  von    über 
70  Mill.  Thlr. ,    ein  Heer  von  200,000  Mann 
und    einen   kräftig   emporblühenden    Staat 
hinterlassend,   der  grösste  Fürst,  Feldherr 
und  Staatsmann  seiner  Zeit.   Prachtausgabe 
seiner  Schriften   (Geschichte,   Staats-   nnd 
Kriegs  Wissenschaft,   Philosophie  und  Lite- 
ratur betreifBud),  1846  —  57,  31  Bde.      Vgl. 
die  Werke  von  Kolb  (1828,  4  Bde.),  F.  Förster 
(4.  Aufl.  1860),  Kugler(7,  Aufl.  1870),  Macmday 
(deutsch  1857)  und  Carljße  (deutsch  1858—6», 
6  Bde.).  —  d)  F,  Wilhelm  IL,  Neffe  des  Vor., 
Sohn  des  Prinzen  August  Wilhelm  (f  1758), 
geb.  25.  Sept.  1744,  reg.  seit  1786,    schickte 
1877   eine   Armee   nach    Holland,  um   den 
vertriebenen   Erbstatthalter   wieder   einzu- 
setzen,  schloss  15.  April  1788  im  Haag  ein 
Schutzbündniss  mit  England  und  Holland, 
verbürgte   der   Pforte  in  einem  Bündnisse 
(1790)  ihre  Besitzungen  und  reizte  dadurch 
Oesterreich   zum  Krieg,   dessen  Ausbruch 
aber  durch    den  Frieden   von  Reichenbach 
(27.  Juli   1790)  verhindert  ward.     Er   ver- 
band   sich   Aug.    1791   zu    PiUnitz   und   7. 
Febr.  1792  zu  Berlin  mit  Kaiser  Leopold  H. 
zur  Bekämpfung  der  franz.  Revolution  und 
Hess  ein  Heer   von  50,000  Mann  unter  dem 
Herzog   von   Brannschweig   in   Frankreich 
einrücken ,  schloss  aber  mit  der  franz.  Re- 
publik 5.  Aug.  1795  den  SeparatfHeden  von 
Basel;  1 16.  Nov.  1797.  Die  innen  Festigkeit, 
sowie  die  Würde  des  Staats  nach  aussen  er- 
schüttert.   Einführung  des    ,Preuss.  Land- 
rechts* (1794).  Reaktionare  Massregeln,  die 
Oensuredikte  vom  19.  Dec.  1788  und  5.  März 
1792  und   das  Religionsedikt   vom   9.   Juli 
1788.  Mätressenunwesen.   Vgl.  F.  von  Oöllnf 
, Vertraute  Briefe   etc.',   1807  —  9,    6   Bde. 
Biogr.    von    Koemar  (1798).    —    e)  F.    Wü- 
heim  IIL,  Sohn  des  Vor.,  g^b.  8.  Aug.  1770, 
vermählt    24.    Dec.    1793    mit   Luise    von 
Mecklenburg-Strelitz,  reg.  seit  1797,  trat  3. 
Nov.   1805  insgeheim  der  Koalition   gegen 
Frankreich   bedingungsweise    bei,    schloss 
aber   15.   Dec.    zu   Wien    eine    vorläufige 
Uebereinkunit  mit  Frankreich;  worin    er 
Ansbach  an  Bayern,  Kleve  und  Neuenbuiig 
an  Frankreich  abtrat  und   dafür  Hannover 
erhielt.    Die  Besitsei^eiftang   von   diesem 
Lande  durch  Preussen  (1.  April  1806)  hatte 
die  Kriegserklärung  Englands  an  Preussen 
(11.   Juni)   zur  Folge,    die    Jedoch    (Aug.) 
widerrufen     ward.      Die    Errichtung    des 
Rheinbundes ,     welchem    Preussen     einen 
norddeutschen  Bund  entgegensetzen  wollte, 
die  Rficlq^be  Hannovers   an    England   und 
der  fortdauernde  Aufenthalt  französischer 


Friedrich. 


655 


Trappen  io  Deutschland  führten  zur  Kriegs- 
erklärung an  Frankreich.  Die  Schlachten 
bei  Jena  und  Auerstädt  (14.  Okt.)  machten 
die  Franzosen  zu  Herren  des  ganzen  Lan- 
des, und  der  Friede  von  Tilsit  (9.  Juli  1807) 
kostete  dem  König  die  Hälfte  der  Monarchie. 
Ende  1809  in  seine  Residenz  zurückgekehrt, 
begann  er  die  Reorganisation  des  Staats 
unter  Mitwirkung  Steins  und  später  Har- 
denbergs. Nothgadrungen  schloss  er  24. 
Febr.  1812  mit  Napoleon  ein  gegenseitiges 
Schutzbündniss  und  stellte  ein  Hülfscorps 
von  30,000  Mann  zum  Krieg  gegen  Russ- 
land. Die  Ton  dessen  Befehlshaber  York 
mit  dem  russ.  General  (SO.  Dec.  1812)  eigen- 
mächtig abgeschlossene  Konvention  rettete 
dasselbe ,  ward  aber  vom  König  erst  nach 
Uebersiedeinng  nach  Breslau  (22.  Jan.  1813) 
gutgeheissen.  Den  Aufrufen  des  Königs 
vom  3.,  9.  Febr.  und  17.  März  1813  an  sein 
Volk  und  dem  Abschluss  eines  Schutz-  und 
Trutzbttndnisses  mit  Russland  (28.  Febr.) 
folgten  (27.  März)  die  Kriegserklärung  an 
Frankreich  und  der  Befreiungskampf  von 
1813  u.  1814.  S.  PreuBsen,  Geschichte.  F.  Wil- 
helm III.  f  7.  Juni  1840.  Nach  dem  Tode  sei- 
ner Gemahlin  Luise  (19.  Juli  1810)  hatte  er  sich 
(9.  Nov.  1824)  moi^auatisch  mit  der  Gräfin 
Auguste  von  Harnich  (Fürstin  von  Lieg^itz) 
vermählt.  Vgl.  iiber  ihn  Eylert  (1842-46), 
Klöden  (1841),  DUring  (1841),  Hense  (1841); 
von  Hippel  (1841).  —  f)  F.  Wilhelm  IV., 
Bohn  des  Vor.,  geb.  15.  Okt.  1795,  wohnte 
den  Feld  Zügen  von  1813  und  1814  bei,  ver- 
mählte sich  1823  mit  Elisabeth  von  Bayern, 
welche  Ehe  kinderlos  blieb,  erliess  nach 
seiner  Thronbesteigung  (1840)  eine  Amnestie 
für  politisch  Verurtjieilte ,  legte  den  Streit 
mit  dem  röm.  Stuhrbei,  zog  Grössen  der 
Wissenschaft  u.  Kunst  (Schelling,  Rückert, 
Tieck ,  Cornelius  u.  A.)  nach  Berlin ,  ge- 
währte der  Presse  eine  fl'eiere  Bewegung, 
berief  21.  Juni  1842  Ausschüsse  der  Pro- 
vinziallandtage  nach  Berlin  zu  gemeinsamer 
Berathnng,  rief  aber  durch  seine  Eingenom- 
menheit für  den  ,christlich  -  germanischen' 
Staat  vielfach  Misstrauen  hervor.  Dem 
immer  lauter  sich  äussernden  Verlangen 
nach  einer  Konstitution  genügte  nicht  der 
durch  Verordnung  vom  3.  Febr.  1847  be- 
rufene und  11.  April  eröffnete  vereinigte 
Landtag;  aber  die  Märzbewegung  von  1848 
nöthigte  ihm  ab,  was  er  fireiwillig  zu  geben 
sich  geweigert  hatte.  Aufhebung  der  Oensur 
17.  März  1848 ;  Strassenkampf  in  Berlin  (18. 
März) ;  Umritt  des  Königs  mit  der  deutschen 
Fahne  und  die  Erklärung,  dass  Preussen 
fortan  in  Deutschland  aufgehen  solle.  Am 
28.  März  1849  von  der  Mehrheit  der  deut- 
schen Nationalversammlung  zu  Frankfurt 
a/M.  zum  deutschen  Kaiser  gewählt,  lehnte 
er  (3.  April)  ab.  Weiteres  s.  Preuasen,  Gesch., 
vgl.  Devtachland,  Gesch.  Attentate  Tschechs 
(26.  Jali  1844)  und  Sefeloges  (22.  Mai  1850) 
auf  den  Köhig.  Infolge  eines  beginnenden 
Gehimleidens  beauftragte  F.  Wilhelm  IV.  23. 
Okt.  1857  seinen  Bruder,  den  Prinzen  Wilhelm 
von  Preussen,  mit  der  Stellvertretung  in 
den  Regierungsgeschäften,  und  7.  Okt.  1858 
übernahm   derselbe  verfassungsgemäss  die 


Regentschaft.  Seit  Nov.  1860  hoffnungslos 
darniederliegend,  f  der  König  2.  Jan.  1861 
in  Sanssouci.  Vgl.  ,F.  Wilhelms  IV.  Reden, 
Proklamationen  etc.*,  1861;  Vamhagen,  ,Tage- 
bücher*,  1861—70,  14  Bde.,  und  dessen  ,Blät- 
ter  aus  der  preuss.  G^sch.S  1868—69, 6  Bde. 
5)  Kurfürsten  und  Könige  von  Sackten:  a) 
F,  I.,  der  Streißtare,  Sohn  des  Aiarkgrafen 
Friedrich  des  Strengen  von  Meisson,  geb. 
29.  März  1369  zu  Altenburg,  machte  18.  Nov. 
1382  zu  Chemnitz  mit  seinen  Brüdern  eine 
Theilnng,  wodurch  er  das  Osterland  und 
die  Mark  Landsberg,  das  Pleissnerland,  ein 
Stück  des  Voigtlandes  u.  die  Pflege  Koburg 
erhielt.  Die  Streitigkeiten  über  den  Nach- 
lass  seines  1407  kinderlos  verstorbenen 
Oheims  Wilhelm  wurden  ^1810  dahin  aus- 
geglichen, dass  die  Brüder  den  nördl. ,  ihr 
Vetter  Friedrich  der  Friedfertige  von  Thü- 
ringen den  südl.  Theil  Meissens  erhielt. 
Durch  seine  Hülfe  im  Hussitenkriege  dem 
K.  Sigmund  werth,  ward  er  von  diesem  1423 
mit  der  erledigten  Kur  und  dem  Herzogth. 
Sachsen  belehnt.  1425  bei  Brüx  und  1426 
bei  Aussig  von  den  Hussiten  geschlagen, 
t  er  4.  Jan.  1428.  Gründete  1409  die  Uni- 
versität Leipzig.  Biogr.  von  Hörn  (1733).  — 

b)  F.  IL,  der  Sanftmüthige,  Sohn  des  Vor., 
geb.  24.  Aug.  1411,  reg.  seit  1428  in  Kur- 
sachsen, gerieth  nach  Friedrichs  des  Fried- 
fertigen kinderlosem  Ableben  mit  seinem 
Bruder  Wilhelm  1445  über  die  Erbtheilung 
in  Streit,  woraus  der  Bruderkrieg  entstand, 
dem  erst  1451  auf  kaiserl.  Mahnung  ein 
Ende   gemacht   wurde;  t   ?•  Sept.   1464.  — 

c)  F.  III.,  der  Weise,  Sohn  des  Kurfürsten 
Ernst,  geb.  17.  Jan.  1463  zn  Toi^au,  succe- 
dirte  1486  in  der  Kur,  während  er  die 
übrigen  Lande  mit  seinem  Bruder  Johann 
dem  Beständigen  gemeinsam  verwaltete, 
Freund  der  Wissenschaften,  gründete  1602 
die  Universität  Wittenberg,  schützte  Luther, 
ohne  sich  öffentlich  zu  dessen  Lehre  zn 
bekennen,  führte  dreimal  das  Reichsvika- 
riat,  lehnte  die  ihm  nach  Maximilians  I. 
Tode  angetragene  Kaiserkrone  ab;  f  5.  Mai 
1525.  —  d)  F,  August  I.,  der  Gerechte,  König 
von  Sachsen,  geb.  23.  Dec.  1750  zu  Dresden, 
Sohn  des  Kurfürsten  Friedrich  Christian, 
folgte  diesem  17.  Dec.  1763  unter  Vormund- 
schaft seines  Oheims,  des  Prinzen  Xaver, 
übernahm  15.  Sept.  1768  die  Regierung 
selbständig,  schloss  sich  1778  im  bayer. 
Erbfolgekrieg  an  Friedrich  d.  Gr.  an,  schlug 
die  ihm  1791  angebotene  poln.  Krone  aus, 
nahm  seit  1793  am  Reichskrieg  gegen  Frank- 
reich Theil  und  trat  1796  dem  Waffenstill- 
stands- und  Neutralitätsvertrag  des  ober- 
sächs.  Kreises  mit  den  Franzosen  bei.  1806 
mit  Preussen  gegen  Frankreich  im  Bunde, 
schloss  er  11.  Dec.  1806  zu  Posen  Frieden 
mit  Napoleon,  nahm  den  Königstitel  an, 
trat  dem  Rheinbunde  bei  und  erhielt  im 
Frieden  von  Tilsit  1807  das  Herzogthnm 
Warschau.  Als  treuer  Bundesgenosse  Na- 
poleons ward  er  nach  der  Schlacht  bei 
Leipzig  Gefangener  des  Kaisers  Alexander 
von  Rassland  u.  nahm  in  Pressburg  seinen 
Aufenthalt.  Durch  Beschlnss  des  wiener 
Kongresses  der  Hälfte   seines   Landes  zn 


656 


Friedrich. 


Gunsten  Preussens  verlustig,  kehrte  er  7. 
Juni  1815  in  seine  Hauptstadt  zurück;  t  &• 
Mai  1827.  Vgl.  ül>er  ihn  WeUte  (1811), 
Htrrmann  (1827)  u.  PöliU  (1830,  2  Bde.).  — 
e)  F.  August  IL,  König  von  Sachten,  Sohn 
des  Prinzen  Maximilian,  eines  Bruders  F. 
Augusts  I.,  geb.  18.  Mai  1797,  ward  SO.  Sept. 
1830  zum  Mitregenten  des  Königs  Anton 
ernannt,  rereinbarte  eine  konstitutionelle 
Verfassung  mit  den  Ständen  des  Landes 
und  begann  die  Reorganisation  der  Justiz 
und  Verwaltung  und  sonstige  heilsame 
Reformen.  Nach  seiner  Thronbesteigung 
(6.  Juni  1836)  im  Sinne  des  gemässigten 
Liberalismus  regierend,  vermochte  er  die 
Stürme  des  Jahres  1848  von  Sachsen  niclit 
abzuwenden.  Nach  Unterdrückung  des 
Maiaufstandes  von  1849  heftige  Reaktion.  F. 
August  t  auf  einer  Reise  in  Tirol  zn  Breun- 
büchl  9.  Aug.  1854  infolge  eines  Sturzes 
des  Wagens.  Vermählt  seit  1819  mit  der 
Erzherzogin  Karoline  von  Oesterrelch  (f  22. 
Mai  1832) ,  seit  1833  Maria  von  Bayern. 

6)  F. ,  König  von  Schweden ,  Sohn  des 
Landgrafen  Karl  von  Hessen  -  Kassel ,  geb. 
1676  zu  Kassel,  seit  1715  mit  Ulrike  Eleo- 
nore, Tocliter  des  Königs  Karl  XI.  von 
Schweden,  vermählt,  trat  als  Generalissimus 
in  schwed.  Dienste,  ward  "26.  März  1720 
mit  Bewilligung  der  Stände  zum  König 
von  Schweden  ernannt,  seit  1730  zugleich 
Landgraf  von  Hessen  -  Kassel ;  verlor  im 
Krieg  mit  Russland  einen  Theil  von  Finn- 
land; t  5.  April  1751. 

7)  F.  I.,  Wüh.  Karl,  König  von  Würtein- 
herg ,  Sohn  des  Herzogs  Friedrich  Eugen 
von  Würtemberg,  geb.  6.  Nov.  1754,  ward 
1787  russ.  General lieutenant  u.  Gouverneur 
von  Finnland,  succedirte  23.  Dec.  1797  als 
Herzog  von  Würtemberg,  erhielt  1803  die 
Kiirwürde  u.  durch  den  Reichsdeputations- 
hauptschluss  eine  Entschädigung  für  Land  - 
Verlust  am  linken  Rheinufer  (Neuwürtem- 
berg),  durch  den  Frieden  von  Pressburg 
weitere  Gebietsvergrösserung,  nahm  1.  Jan. 
1806  den  Königstitel  an  ,  hob  die  alte  stän- 
dische Verfassung  des  Landes  auf  und 
regierte  absolutistisch.  Durch  festes  An- 
schliessen  an  Napoleon  brachte  er  sein 
Land  auf  368  QM.  mit  1,400,000  Ew.  Erst 
nach  der  Schlacht  bei  Leipzig  näherte  er 
sich  den  Verbündeten  und  erhielt  durch 
den  Vertrag  von  Fulda  (6.  Nov.  1813)  die 
Garantie  seines  Länderkomplexes  u.  seiner 
Unabhängigkeit,  trat  aber  dem  deutschen 
BundQ  erst  1.  Sept.  1815  bei.  Ein  Ver- 
fassuugsgesetz ,  das  er  durch  Ordonnanz 
einführen  wollte,  ward  von  den  Ständen 
verworfen.    Er  f  30.  Okt.  J816. 

8)  F.  J.,  Wüh,  Ludw.,  Grossherzog  von 
Baden,  2.  Sohn  des  Grossherzogs  Leopold 
aus  dessen  erster  Ehe  mit  der  schwed. 
Prinzessin  Sophie,  geb.  9.  Sept.  1826,  ward, 
da  Geistesstörung  den  Erbprinzen  Ludwig 
(f  22.  Jan.  1852)  regierungsunfähig  machte, 
durch  Patent  vom  21.  Febr.  1852  zum  Stell- 
vertreter in  der  Regierung  ernannt,  folgte 
seinem  Vater  24.  April  1852  zunächst  als 
Prinz-Regent,  5.  Sept.  1856  als  Grossherzog, 
hob  den  Kriegszustand  auf  and  lioss   die 


Verfassung  wieder  in  volle  Wirksamkeit 
treten,  berief  März  1860  aus  den  Mitgliedern 
der  liberalen  Opposition  ein  neues  Ministe- 
rium und  beganu  die  Reorganisation  des 
Staats,  namentlich  der  inneren  Verwaltung. 
Seit  20.  Sept.  1856  vermählt  mit  Luise  vou 
Preussen,  der  Tochter  Kaiser  Wilhelms  I. 

9)  F.  Wilhelm,  Herzog  von  Braunschtaeij, 
ji'ingster  Sohn  des  Herzogs  Karl  Wilhelm 
Ferdinand,  geb.  9.  Okt.  1771,  nahm  seit 
1792  in  preuss.  Dienst  am  Krieg  gegeu 
Frankreich  Theil,  focht  1806  bei  Auerstädt 
und  fiel  mit  Blüchers  Corps  bei  Lübeck  iu 
Gefangenschaft.  Nachdem  er  1805  das 
Fürstenthum  Oels  geerbt,  folgte  er  10.  Nov. 
1806  seinem  Vater  in  der  Regierung  vou 
Braunschweig,  ward  aber  von  Napoleou 
seines  Landes  verlustig  erklärt,  warb  b<i 
Ausbruch  des  Kriegs  von  1809  in  Böhmeu 
ein  Freicorps,  schlug  sich  mit  diesom  n.ich 
dem  Waffenstillstand  von  Znaini  (13.  .Juh 
1809)  nach  der  Nordsee  durch  und  gelangte« 
nach  England ,  kehi-te  22.  Dec.  1813  nacli 
Brauuschweig  zurück;  fiel  16.  Juni  1815  bei 
Quatrebras.    Biogr.  von  Spo7tr  (1861). 

10)  Landgrafen  u.  Kurfürsten  von  Hessen : 
a)  F.  IL ,  Landgraf  von  Hessen ,  Sohn  des 
Landgrafen  Wilhelm  VIIL,  geb.  14.  Aug. 
1720,  trat  als  Erbprinz  zur  kathol.  Kirche 
über,  succedirte  1760;  f  31.  Okt.  1785.  Gnh 
17,000  Hessen  gegen  22  Mill.  Thlr.  iu  brit. 
Sold,  verschönerte  Kassel,  Gründer  des 
Museum  Fridericianum.  —  b)  F.  Wilhelm  L, 
Kurfürst  von  Hessen,  geb.  20.  Aug.  IQOfi, 
Sohn  des  Kurfürsten  Wilhelm  II.,  ward  30. 
Sept.  1831  zum  Mitregenteu  berufen,  seit- 
dem faktisch  alleiniger  Regent ,  succedirte* 
20.  Nov.  1847,  uktroyirte  nach  langen  Strei- 
tigkeiten mit  der  Landesvertretung  13.  April 
1852  eine  neue  Verfassung,  musste  aber 
einem  Bundesbeschluss  vom  24.  Mai  1863 
zufolge  die  von  1831  wiederherstellen,  ver- 
lor infolge  des  Kriegs  von  1866  sein  Land 
an  Preussen,  ward  als  Gefangener  erat 
nach  Minden ,  dann  nach  Stettin  geführt, 
lebt  auf  Horositz  in  Böhmen.  Seit  1831 
morganatisch  vermählt  mit  Gertrude ,  der 
geschiedenen  Gattin  des  preuss.  Lieutenants 
Lehmann,  die  zur  Gräfiu  von  Schaum  bürg, 
später  auch  zur  Fürstin  von  Hanau  erhoben 
ward. 

11)  GrossJierzöge  von  Mecklenburg :  a)  F. 
Franz  IL ,  GrosshenMg  von  Mecklenburg- 
Schwerin  ,  Sohn  des  Grossherzogs  Paul 
Frii^drich  und  der  Prinzessin  Alexandrine 
von  Preussen,  geb.  28.  Febr.  1823,  succedirte 
7.  März  1842,  willigte  1848  und  1849  in  eine 
zeitgemässe  Reform  der  Landesverfassung, 
stellte  1850,  der  Aristokratie  und  der  herr- 
schenden Restaurationspolitik  sich  fugend, 
die  alten  Verhältnisse  wieder  her.  Seit  1851 
preuss.  General  der  Infanterie,  machte  er 
den  Feldzug  1864  nach  Dänemark  im  Haupt- 
quartier Wrangeis  mit,  befehligte  im  Krieg 
1866  das  zweite  preuss.  Reserve- Armeecorps 
und  rückte  an  der  Spitze  desselben  bis  Nürn- 
berg vor.  Beim  Ausbruch  des  Kriegs  mit 
Frankreich  1870  mit  dem  Oberbefehl  über 
die  Küstenarmee  betraut,  ward  er  Endo 
Aug.   zum  kommandirenden   General    der 


Fnedrich. 


657 


aus'  dem  13.  Armeecor^s  göbfld^ten  R'eserve- 
arm'ee  ia  Lothringen  ernannt,'  zwang  Tbnl 
un4  Soissons  zui^  Kapitulation,  tib&mahm 
dann  den  Oberbefehl  über  die  ans  der  17.' 
und  22.  Division  und  dem  l.bayer.  Corps 
förmig  Armee  und  nahm  bedeutenden  An- 
thiell  an  den  ICämpfei)  an  der  Loire.  Vei> 
mahlt  sei«  Nor.  1849  mit  Augusts  Mathilde 
"WlUieTmine,  einer  Toehter  Heinrichs  LXtn. 
vött  Renis-Schlelz-Köstrltz  (t  8.  März  1861) ; 
seit  Mäi  1864  mit  der  Prinzessin  Anna,  der 
Tochter  des  Prinzen  Karl  zc  Hessen  und 
bei  Rhelta  (f  15,  April  1865).  -  b)  F.WUh., 
Groiihtrzög  van  Mecklenburg  -  Stretitz ,  Söhn 
des  Grossherzogs  Georg  und'  der  Prinzessin 
Marie ,  der  Tochter  des  Landgrafeh  Fried- 
rich Ton  ^essen-Kassel,'  ^eb.  17.  Okt.  1819, 
succedirtö  6.  Se;pt.  1860.  hält  den  Feudal- 
staat aufrecht.  Ye)>m&hlt  söit;  28.  Juni  1848 
mit  der  engl.  I^rinzesslh  Auguste,  TbchteH* 
des  Herzogs  Adolf  von  Cambridge. ' 

12)  Sfarkgrafen  von  Meisnen :  tt)  P.  dir  Ot- 
bins6ne,  auch  der  Fteidige  gön.,  Markgraf  zu 
Meisten  und  Landgraf  in  Thüringen,  geb.  1256, 
Sohn  Albrechts  de?  Unartigen.  Landgrafen 
in  ThüHi^geh,  und  MM'garetharf,  der  Tochter' 
Kaiser  Friediiphs  IL,  die'  ihn  bef  det  Flttcht 
vor  den  Nachstellungeü  ihres  Öeniahls  Im 
Schmer)^  des  Abschieds  in  dfe  "Wattge  ge- 
bissen haben  sojl ,  befcridg^te  Im  Verelä  mit 
seinem  |Bruder  Diezmann  denVatör,  der 
ihm  sMnGi*be,  zu  .entziehen  gedaiebte',  dann 
den  Kaiser  Adolf  von  Nassdu,  'dem  der 
Vfiter  '  Thüringen  verka'uft"  hatte',  sowie 
dessen  Na^hfölg'er  Albrecht  l:;  desseü  Heer 
sie  bei  Lncka  Sl.  Mai'  1^7  schltig^n,  kam 
nacTi  Biezmaun:«'  Tode  (Endo  1307)  4n  den 
Alleinbesitz  der  Mat'kgrafichiifk  Meissen, 
der  Lausitz  und  der  L^ndgrafSchaft  Thü- 
ringen,' vereinigte  dlö  Reichsstädte  Alten-J 
bürg,  Chemnitz  und  Zwickau  mit  seinem 
Lande,  verlor  die  NiddeHatisit^'  an  den 
Markgrafen  Otto  von  Brandenburg;  f,  seit 
1322  gehiüthsktank ,  17.  Nov.  1824  zu 
Eiisenach.  Ygl.  Wegde,  ^F:  der  Proidf ge',. 
1870.  —  b)  F,  IT.,  dei-  emtsthafte,  Sohn 
des.Tör.,  geb.  ISIO,  succedirte  18241  unter 
Vormundschaft  seiner  Mütter  Eltsabeth  von 
Arnshaugk,  tvard  von*  der  bayer.  Partei 
nach  dem  Tode  Kaiser  Ludwigs  lats  dessen 
Nachfolget  ins  Auge  gefasst ,  verzlöhtete 
zu  Gunsten  Karls  IV.;  f  18.  Nov.  1849.  ^ 
c)  F.  III.,  d^r  Strenge,  iltesteir  Sohn  des 
Vor.,  geb.  1831,  reg.  sel^l849  zugleich  f«ir 
seine  jüngeren  Brüder  Bitlthäsar  (f  1406) 
und  Wilhelm  ("f  1407) ,  erhielt  tcm  seiner 
Gemahlin  Katharina  yon  Henneberg  einen 
grossen  Thell  der  Pflfege  von  Kobnrg  zu- 
gebracht; t  31.  Mal  1381.  dein  Sohn  und 
Nachfolger  war  F.  der  Streitbare  (s.  F.  '5,  a). 

n)  Kurfürsten  von  dar  Pfalz :  fi)' F.  ■  t, 
der  Siegreiche,  yon  Seinen  Gegnern  der 
,bö8e  Frlta»  genannt,  2.  Sohn  Ludwigs  Hl., 
des  Bärtigen,  ward  nach  seinem-  ältetn 
Bruders,  Ludwigs  IV.,  Todef  A'dnrinfstrator 
des  Kurfürstenthums ,  Hess  »ich  1452  von 
den  Ständen  .die  Regierung  als  Kurfürst 
auf  Lebenszelt  unter  der  Bedingung  über- 
tragen, dass  er  sich  nloht  standesgemäss 
verehelicTiÄn  nnä  'selii*ik"Neffen  Ph'filpp'  ali^ 

Meyera  Hand- Lexikon. 


Sohn  und  Ntichfälger  annehmen  wollo,  was 
aber  der  Kaiser  Friedrich  HI.  nicht  geneh- 
migte, ward  in  die  Acht  erklärt,  ergriff  ^r 
den  von  Papst  Plus  H.  abgesetzten  Erz- 
bischof von  Mainz ,  Dietrich  von  Isenburg, 
Partei,  woraus  der  sogen,  pfälzer  Krieg 
entstand,  schlug  seine  Gegner  bei  Secken- 
heim  (1462) ,  blieb  trotz  des  Widerspruchs 
des  Kaisers  im  ungestörten  Besitz  der  Re-  ' 
gierung,  vergrösserte  das  Kqrfürstenthum ' 
ansehnlich;  t  12.  Dec.  1476.  Vermähit  mit 
einer  augsburger  Btirgerstoohter ,  Klara 
DBttin,  die  er  tum  Fräulein  von  Bettingen 
erhob,  durch  sie  Stammvater  der  Fürsleu 
und  Grafen  von  Löwenstein.  —  b)  JF*.  F.,  Sohn 
des  Kurfürsten  Friedrich  IV.  von  der  Pfalz, 
geb.  1596  zu  Amberg,  reg.  selbständig  seit  1615, 
ward  alä  Reformirter  Haupt  der  protest. 
Union,  Aug.  1619  zum  Köulg  von  Böhmen 
gewählt  und  2.  Nov.  gekrönt,  verlor  diese 
Krone  durch  die  Schlacht  am  weissen  Berg 
bei  Prag  (8.  Nov.  1620) ,  daher  spottweise 
der  ,\Viuterkönig*  genannt,  1621  geächtet, 
und  1623  der  Kur  für  verlustig  erklärt;  t 
als. Flüchtling  zu  M^inz  19.  Nov.  1632.  Ver- 
mählt seit  1618  mit  El  isabeth,  Tochter  des 
Königs  Jakob  I.  von  England. 

U)  Preussitche  Primen:  a)  F.  Katl  (Niko- 
laus), Sohn  des  Prinzen  Karl,  Bruders  Kaiser 
WillielmsL,  geb.  20.  März  1828,  maciite 
il 848  als  Hauptmann  den  Feldzug  lu  Schles- 
wig im  Stabe  des  Generals  von  "Wraugel, 
1849  als  Major  den  in  Baden  mit,  ward  1852 
iOberst,  1860  kommandfrender  General  des 
!3.  Armeecol-ps,  1861  General  der  Kavallerie, 
1863  kommandlrender  General  des  zur  Aus- 
führang  der  Bnndesexekution  in  Holstein 
bestimmten  preuss.  Armeecorps,  1864  Ober- 
befehlshaber der  alliirten  Armee  das.,  im 
Feldzug  von  1866  gegen  Oesterreich  Ober- 
kommandant der  1.  Armee,  focht  bei  Mün- 
cHengrätz ,  Gltschln  und  Könlggrätz ,  ward 
Im  Feldzug  von  1870  gegen  Frankreich 
Oberkommandant  der  2.  Armee,  befehligte 
16.  Aug.  bei  Mars  Ia  Tour,  belagerte  dann 
Hetz  und  zwang  es  zur  Kapitulation  27. 
Okt.,  focht  später  an  der  Loire  (bei  Beaume 
Ia  Rolande  etc.);  ward  zum  Generalfeld- 
marschall ernannt.  —  b)  F.  Wilhelm  (Niko- 
laus Karl),  Kronprinz  von  Preusaen,  Sohn 
des  Kaisers  und  Königs  "Wilhelm  I.,  geb. 
18.  Okt.  1831,*  ward  1859  Kommand^int  der 
1.  Gardelnfftuterle-Di  Vision ,  1860  General - 
lieutenant,  machte  1864  unter  Wrangel  den 
Feldzug  in  Schleswig  mit,  erhielt  in  dem- 
selben Jahre  den  Oberbefehl  über  das2.  Ar- 
.meecorps,  ward  1866  General  der  Infanterie, 
■erhielt  Im  Feldzng  gegen  Oesterreich  das 
Oberkommando  der  2.  Armee,  focht  bei 
iNachod,  Trautenau,  Skälitz,  Soor,  Schwein- 
schädel,  Könlglnhof  und  Könlggrätz,  Im 
iFeldzug  von  1870  gegen  Frankreich  als 
■Oberbefehlshaber  der  3.  Armee  bel"Weissen- 
•burg,  "WÖrth,  Sedan;  ward  zum  General - 
feldmarschall  ernannt. 

!  15)  F.  Christian  August,  Erbprinz  von 
Schleswig  -  Stolstein  -  Sonderburg  -  Augusten- 
bürg,  ältester  Sohn  des  Herzogs  Christian 
Karl  Frledrlcli  August,  geb.  6.  Juli  1829  im 
'SclilW"lugtl!rtkibtirg,  trat  'Märi"  1848  In 

42 


658 


Friedrichroda  —  Frisches  Haff. 


die  Schleswig  -  bolsteJD.  Armee  und  ward 
nach  Restauration  der  d&n.  Herrschaft  aas 
dem  Lande  gewiesen.  Kach  dem  Tode 
Friedrichs  YII.  ron  Dänemark  erklärte  er  in 
einer  Proklamation  16.  Nov.  1863,  dass  er 
nach  dem  Verzicht  seines  Vaters  als  nächst 
berechtigter  Erbe  ,die  Regierang  der  Herzog- 
thümer  Schleswig  -  Holstein  antrete',  ward 
von  mehreren  deatschen  Fürsten  anerkannt 
nnd  in  den  Volksversammlangen  za  Elms- 
horn 27.  Dec.  1863  and  zn  Rendsbnig  (8.  Hai 
1864)  als  Herzog  F.  VUI.  ausgerafen.  Nach- 
dem Dänemark  den  Antrag  verworfen, 
sachte  er,  vom  Bandestage  dazu  aufgefor- 
dert, seine  Erbansprüche  in  Eingaben  vom 
1.  Sept.  a.  8.  Nov.  1864  la  beweisen,  ward 
aber  durch  die  Besitzergreifung  der  Herzog- 
thümer  Schleswig-Holstein  durch  Preussen 
nnd  Oesterreich  and  1866  durch  die  Ein- 
verleibung der  Herzogthümer  in  den  preuss. 
Staat  bei  Seite  geschoben. 

Friedrieluroday  Bergstadt  im  Herzogthum 
Gotha,  am  Thüringerwald,  2486  Ew.;  von 
Fremden  viel  besucht.  Dabei  Ruine  ScKauen- 
barg;  unfern  Schloss  Reinhardsbronn. 

FrledricliBd'or  (Pistole),  preuss.  Gold- 
münze, =  5  Thir.  20  Sgr. 

FriedrielMliafem,  Stadt  im  wnrtemberg. 
Donankreis,  Haupthandelsplatz  am  Boden- 
see, 2546  Ew. ;  königl.  Schloss  (flrüher  Klo- 
ster Hqfen),  Freihafen,  2  Seebadeanstalten. 
Lebh.  Dampf-  und  Segelschifffahrt  auf  dem 
Bodensee.  Die  Stadt  hiess  früher  Buckhom 
und  stand  unter  eigenen  Grafen;  später 
freie  Reichsstadt,  kam  1803  an  Bayern, 
1810  an  Würtemberg,  seitdem  F.  genannt. 

Friedrifludiall,  Saline  und  BadeansUlt 
in  S.  - Meiningeu ,  bei  Heldbarg;  versendet 
jährl.  y%  Hill.  Krüge  Bitterwasser. 

FrledrielUfltadt  (Frederiksslad),  Stadt  im 
preuss.  Regbz.  nnd  Kr.  Schleswig,  an  der 
Eider,  2233  Ew.  7.  Aug.  1850  von  den 
Dänen  genommen,  4.  Okt.  von  den  Schies- 
wig-Holsteinern  vergeblich  bestürmt. 

Fries  (Borte),  der  mittlere  Theil  des  Ge- 
bälks zwischen  dem  Architrav  und  Kranz- 
gesims; die  Einfassung  von  getäfelten  Fuss- 
bödeu,  Thürfeldern  etc. 

Fries,  grobes,  lockeres,  glattes  oder  ge- 
köpertes ,  wenig  gewalktos  Wollenzeng  mit 
langem  Haar  auf  der  Oberseite. 

Fries,  Jak.  Friedr.,  Philosoph,  geb.  23. 
Aug.  1773  zu  Barby,  seit  1805  Prof.  zu 
Heidelberg,  seit  1816  za  Jena;  t  d'^*  ^^* 
Aug.  1843.  Suchte  vermittelst  neuer  ana- 
lytischer Bearbeitung  der  Theorie  des 
menschlichen  Geistes  die  kritische  Methode 
Kants  zu  vervollkommnen.  Hauptwerk: 
,Neue  oder  anthropolog.  Kritik  der  Ver- 
nunft' (2.  Aufl.  1828—31,  3  Bde.);  sehr, 
ausserdem:  «System  der  Logik*  (3.  Aufl. 
1837);  .Handbuch  der  prakt.  Philosophie* 
(1817  —  32,  2  Bde.);  ,Handb.  der  psych.  An- 
thropologie* (2.  Aufl.  1837—39,  2  Bde.);  ,Ge- 
schichte  der  Philosophie*  (1837-40,  8  Bde.) 
u.  A.    Biogr.  von  He$tke  (1867). 

Friesel  (Miliaria),  Hautausschlag,  welcher 
in  luiaekorngro88en,  einzeln  stehenden, 
mit  farbloser  alkalisch  reagironder  Flüssig- 
keit gefüllten  Bläschen  besteht;  tritt  bes. 


in  fieberhaften  Knun/kheiten  auf,  ist  ohn« 
Elnfluss  auf  den  Verlauf  derselben.  Aehn- 
lich  sind  HttMattem  (sndamina),  die  durch 
Zarückhalten  des  Schweisses  unter  der 
Haut  entstanden  sind.  Das  sogen.  Badefrie»eZ 
entsteht  bei  Kindern  mit  reizbarer  Haut 
infolge  der  Wassereinwirkung  und  ver- 
schwindet in  karser  Zeit  von  selbst. 

Friesem  (laL  FrisH,  Fritomea),  german. 
Volk  im  äussersten  NW.  Deutschlands«  Von 
Jütland  bis  Flandern  und  auf  den  Inseln 
zwischen  den  Mündungen  des  Rheins,  der 
Maas  nnd  der  Scheide;  durch  Pipin  tou 
Heristall  689  u.  Karl  Martell  734,  namentl. 
aber  durch  Karl  d.  Gr.  den  Franken  unter- 
worfen nnd  allmählig  dem  Ghristentham 
gewonnen.  Das  Land  zerfiel  in  3  Theile, 
von  denen  der  eine,  westl.  der  Zuidersee 
(  West/riesland),  bei  der  Theilung  des  Reichs 
an  Karl  den  Kahlen,  die  beiden  andern 
(Ost/riealand)  an  Ludwig  den  Deatschen 
kamen.  In  Westfriesland,  wo  die  Sprache 
mit  der  firänk.  und  niedersächs.  zur  faol- 
länd.  verschmolz,  entstanden  seit  10.  Jahrh. 
einzelne  erbliche  Graftdiaften.  Infolge 
innerer  Zwistigkeiten  nnd  äusserer  Angriffe 
unterwarfen  sich  die  Westftiesen  1457  dem 
deutschen  Reiche  nnd  wurden  1523  ron 
Karl  dem  Kühnen  zu  Burgund  geschlagen. 
In  OstlHesland  herrschten  einzelne  Häupt- 
linge über  freie  Bauern,  über  welche  im 
15.  Jahrh.  der  Stamm  der  Cirksena  Landes- 
hoheit erlangte,  der  1744  erlosch  (s.  Oti- 
frietiand).  —  Die  frie*.  Sprache,  swischen 
dem  Angelsächs.  n.  Altnordischen  stehend, 
ist  namentlich  in  den  fries.  Rechtsquellen 
(,A segabuch*,  um  1200,  ,Emslger  Domen*, 
1310,  ,Recbt  der  RüstringerS  14.  Jahrh.,  etc.) 
erhalten;  ein  neufriesischer  Dialekt  wird 
noch  in  einigen  Gegenden  gesprochen.  Vgl. 
Richthofen,  ,AltfHes.  WÖrterbach*,  1840. 

Friesland  (holl.  Vriedand),  nordwestl. 
Prov.  der  Niederlande,  69,5  Q^.  u.  292,503 
Ew.;  durchweg  flach  und  von  zahlr.  Ka- 
nälen durchzogen,  im  W.  gutes  Weide-  and 
Wiesenland,  im  N.  fruchtbares  Marschland, 
im  S.  und  SO.  abwechselnd  Acker,  Heide 
und  Wald  mit  wichtigen  Torflagern.  Der 
Viebstand  der  beste .  des  Reichs.  Hauptst. 
Leeuwarden,  wichtigste  Seestadt  Harlingen. 

Frigg^  nord.  Name  der  Gremahlin  Odins, 
bei  den  Deutschen  Fria,  spendet  als  mütter- 
liche Gottheit  Fülle  und  ehelichen  Segen. 

Frigid  (lat.),  kalt,  gleichgültig;  Frigidi- 
tät.  Kälte;  auch  männliches  Unvermögen. 

Frigidarium  (lat).  Lokal  für  kalte  Bäder. 

Friktion  (laL),  Reibung. 

Frimaire  (spr.  -mähr),  im  frans.  Revola« 
tionskalender  der  Reifmonat,  4.  Nov.  bis 
20.  Dec. 

Frlpon(fir.,  spr.  -pong),  Schelm,  Gaoner; 
Friponnerie,  Gaunerei.  [werk. 

Irisage  (fr.,  spr.  -ahsch),  Latten-,  Gitter- 

FriBCnen,  Eisenhüttenprozess,  s.  Eisen. 

Frisclieg  Haff 9  Strandsee  in  Preassen, 
141/8  M.  1.  (von  Elbing  bis  Fischhansen  nnd 
Köuigsberg),  8  M.  br.,  durch  die  /ritcke 
Nehrung  (SVa  M.  1.,  ^a  M.  br.),  von  der 
Ostsee  geschieden,  nimmt  die  alte  Weichsel, 
Nogaty  Passarge  und  den  Pregel  anf  und 


Frischling  —  Frosöard. 


65Ö 


steht  mit  der  Ostsee   dnrch   die   Meerenge 
der  pillauer  Tiefe  in  Verbindung. 
FriseliUilg,  iunges  Wildschwein. 
Frisiren  (i^.),   die   Haare  künstlich  ord- 
nen ;  Friseur  (apr.  -ör),  Haarkräusler ;  Frisur, 
künstlich  geordnetes  Kopfhaar. 
Fiith,  8.  y.  a.  Firtli. 
Frltlijoftoaga,  isländ.  Sage  von  dem  nor- 
weg.  Helden  Frithjof  und  seiner  Liebe  zur 
logebjorg,  nm  800  n.  Ohr.,  wahrscheinlich 
erst  im  13.  Jahrh.   aufgezeichnet;   bes.  be- 
kannt durch  Tegn^rs  Bearbeitung,  in  ihrer 
ursprüngl.    Gestalt   herausgegeben    in    der 
,Fomaldar  Sdgur  Nordhrlanda'  (2.  Bd.  1829, 
deutsch  yon  Mohnik«  1830). 

Frltillarla  L.  (Sehachblume,  Kaiserkrone), 
Pflanzengattung  der  Liliaoeen.  F.  imperia- 
lis  L.,  aus  Persieu;  Gartenpflanze. 

Fritte  (ital.),  Glasmasse;  uuvoilkommen 
geschmolzene,  halb  vei^laste  Körper. 

Fritzlar,  Kreisstadt  im  preuss.  Regbz. 
Kassel,  an  der  Eder,  2826  Ew.,  Kloster  mit 
schöner  Klosterkirche ;  ehemals  ein  Fürsten* 
thum,  bis  1802  zu  Mains  gehörend. 

FrlrSl  (lat.),  leichtfertig,  des  sittlichen 
Halts  ermangelnd,  schlüpfrig;  in  der  Rechts» 
spräche  vermessen,  strafbar  (z.  B.  f.e 
Appellation);  Frivolität,  Leichtfertigkeit; 
mit  der  Hand  gefertigte  Spitzenarbeit. 

Frob«!,  Julius,  Publicist,  geb.  1805  zu 
Griesheim,  ward  1833  Prof.  der  Mineralc^e 
an  der  Universität  Zürich,  siedelte  1846 
nach  Deutschland  über,  schloas  sich  als 
Mitglied  des  Parlaments  zu  Frankfttrt  der 
äusseraten  Linken  an,  ging  mit  Robert  Blum 
nacb  Wien,  ward  nach  Okkupation  der  Stadt 
von  einem  Kriegsgericht  zum  Tod  verur- 
theilt ,  aber  begnadigt.  Bereiste  1850  —  57 
Nord-  und  Mittelamerika,  entwickelte  seit 
1862  zu  Wien  eine  rege  polit.  -  literar.  Thä- 
tigkeit  im  grossdeutschen  Sinne;  lebt  seit 
1866  in  München.  Sehr.  ,System  der  socia- 
len PoUtik'  (1847,  2  Bde.);  ,Theorfe  der 
Politik'  (1861—64,  2  Bde.);  ,Aus  Amerika. 
Erfahrungen,  Reisen  und  Studien'  (1857—58, 
2  Bde.);  «Oesterreich  und  der  Freihandel' 
(1865);  ,Die  Wirthschaft  des  Menschenge- 
schlechtes' (1870) ;  gibt  seit  1867  die  ,Süd- 
deutsche  Presse'  heraus. 

FTWGht( Fr oecMurehe,  Ecaudata),  Familie 
der  Batrachier  (s.  d.).  Laubfrosch,  Baum', 
Tjaubkleber  (Uyla  arborea  L.),  IVa^i  in  Süd- 
und  Mitteleuropa,  Nordafirika,  Japan,  Nord- 
amerika, mit  Kletterballen,  Wetterprophet. 
Grüner  Wasserfrosch  (Rana  esculenta  L.), 
3",  in  Europa,  Afrika,  Japan ,  und  brauner 
Grasfrosch  (R.  temporaria  L. ),  3",  in  Europa, 
fressen  Insekten,  Fischlaich;  nur  die  Männ- 
chen schreien.  Schenkel  werden  gegessen. 
Ochsenfrosch  (R.  muglens  Jtferr.J,  8",  in  den 
Vereinigten  Staaten,  mit  starker,  weit  hör- 
barer Stimme.     Unk^,  Kr9ten  (s.  d.). 

FroflelüeliigMeliinilst  (Ranula),  blasen- 
artige, unter  der  Zunge  sitzende  Geschwulst, 
die  ziemliche  Grösse  erreichen  kann,  dann 
darob  Zurückdrücken  der  Zunge  die  Sprache 
stört,  entsteht  durch  Ansammlung  von 
Speichel  in  den  Speichelgängen.  Behand- 
lung durch  Operation. 
Jf'lDlMeluUBaier,  Jakob,  Philosoph,  geh«  6. 


Jan.  1821  zu  lUkofen  bei  Regensburg,  ward 
1847  Priester,  1854  Prof.  der  Theologie, 
1855  Prof.  der  Philosophie  zu  München. 
Sehr.  »Beitrage  zur  Kirchengesch.'  (1850,  in 
Rom  auf  den  Index  gesetzt);  »Einleitung  in 
die  Philosophie'  (1858) ;  ,Ueber  die  Freiheit 
der  Wissenschaften'  (1861);  begründete  die 
Zeitschrift  ,Athenäum'  (1862  —  64),  Organ 
für  kathol.  freie  Forschung  (auf  den  Index 
gesetzt).  Weil  er  unbedingte  Unterwerfung 
unter  den  Papst  ablehnte,  ward  er  1863 
vom  Erzbischof  a  divinis  suspeudirt. 

Fronde,  Name  der  Partei,  welche  sich 
während  der  Minderjährigkeit  Ludwigs XIY. 
von  Frankreich  der  von  Mazarin  (s.  d.)  ge- 
leiteten absolutistischen  Politik  des  Hofes 
widersetzte  und  1648—54  bedeutende  Innere 
Unruhen  erregte.  An  der  Spitze  der  F. 
standen  der  hohe  Adel  und  die  Parlamente, 
namentlich  auch  die  Stadt  Paris,  später 
als  ELauptführer  der  Prinz  Gond6.  Aus  der 
von  den  Grossen  angeblich  im  Interesse 
des  Volks,  in  der  That  aber  zu  Herstellung 
ihres  Uebergewichts  veranlassten  Bewegung 
ging  zuletzt  die  königl.  Gewalt  als  Siegerin 
hervor.  Die  dabei  betheiligten  Gegner  des 
Hofes  hiessen  Frondeurs, 

Frondeteens  (lat.),  das  Ausschlagen  der 
Bäume;  Frondosität,  dichte  Belaubung. 

Fronen  (Frohnen,  Frohnden,  Robbole, 
Bauemdienste),  dauernde  persönliche  Dienst- 
leistungen, welche  die  Besitzer  bestimmter 
Liegenschaften  oder  die  Bewohner  eines 
gewissen  Bezirks  zum  Vortheil.  eines  An- 
dern zu  leisten  verpflichtet  sind,  insbes. 
dergl.  Leistungen,  welche  dem  Besitzer  eines 
Bauernguts  als  Reallast  obliegen,  Jetzt  meist 
für  ablösbar  erklärt  oder  aufgehoben. 

Fronleichnam  (d.  i.  des  Herrn  Leib),  die 
geweihte,  nach  dem  Lehrbegriff  der  kathol. 
Kirche  in  den  wirklichen  Leib  Jesu  ver- 
wandelte Hostie.  Fronleichnamsfest,  das 
vom  Papst  Urban  IV.  1264  zur  Verherrlichung 
jenes  Dogmas  gestiftete  höchste  Fest  der 
kathol.  Kirche;  am  Donnerstag  nach  dem 
Trinitatisfest  gefeiert. 

Fronte  (lat. /ron«,  fc.  front,  Stirn),  die 
Vorderseite  eines  Gebäudes ;  in  derMilitär- 
spra;;he  die  Gesichtsseite  c4Her  Aufstellung; 
daher  Frontalmarsch,  die  Bewegung  einer 
ganzen  Linie  in  dieser  Richtung,  d.  h.  im 
Felde  gegen  den  Feind  hin,  daher  F. 
machen,  aus  einer  andern  Richtung  nach 
dieser  Seite  sich  wenden,  auch  im  Allgem. 
s.  V.  a.  Einem  die  Stirn  bieten;  Frontalr 
angriff,  Angriff  gegen  die  F.  des  Feindes. 

Frontispice  (fr.,  spr.  Frongtispihs) ,  der 
mittlere ,  giebelförmig  hervorspringende 
Theil  eines  Gebäudes. 

Fronton  (fr.,  spr.  Frongtong),  Giebel. 

Frosch,  s.  Früsche. 

Frossard  (spr. -sahr) ,  franz.  General,  geb. 
1807,  trat  1827  in  die  Armee,  focht  1833-37 
als  Kapitän  in  Algerien,  ward  dann  Ordon- 
nanzoffizier Ludwig  Philipps  und  Major,  1819 
Kommandant  des  Geniecorps  der  Okkupa- 
tionsarmee in  Rom,  ftmgirte  1855—56  als 
interimist.  Kommandeur  des  Geniewesens  der 
Orientarmee,  dann  bis  1858  als  Ohef  dos 
G^niewesens  in  Algerien,  1859  als  kommun- 

42* 


660 


Frost  — .  Fuchs. 


dirender  Genentl  des  Genieweiens  im  ital. 
S'eldzuge,  ward  dann  GouTerneui*  des 
kaiserl.l^Inzen,  erhielt  1870  beim  Ausbruch 
des  Kriegs  nüt  Deutschland  den  Oberbefehl 
über  das  3.  Armeecorps,  ward  hei  Saar- 
brücken-Splchem  geschlagen. 

Wrwt  (Schauer),  das  elgenthümliche,  Ge- 
fühl von  Kälte  mit  ZUttern  und  Gänsehaut. 
Beim  Schüttelfrost  schlagen  die  Zähne  zu- 
sammen und  sind  die  Muskeln  in  bestän- 
diger Bewegung;  dabei  hat  der  Kranke  das 
Gefühl  innerer  Hitze.  Mit  Schüttelfrost 
beginnen  Lungenentzündang ,  Scharlach, 
Pocken,  exanthemat.  Typhus,  Wechselfieber. 

Fro8tl>«ol6ii  (Perniones),  durch  Erfrierung 
reranlasste  entzündliche  Schwellungen  der 
Haut,  welche  Jahre  lang  bestehen  können. 
Behandlung  durch  Einpacken  der  betreffen- 
den Stelle  in  Schnee,  bÜs  das  Schmerzgefühl 
vorüber  ist;  auch  Bestreichen  mit  Petroleum 
oder  mit  I'etten  lindert  den  Schmerz. 

Fronde  (spr.  Fraud),  James  Anthony, 
engl.  Historiker,  geb.  2S.  April  1813  zu 
Dartington  in  Devonshire,  erst  Geistlicher, 
seit  1850  Mitarbeiter  an  der  «Westminster 
Review'  und  an  ,Fraser's  Magazine'.  Haupt- 
werk :  ,History  of  England  from  the  fall 
of  Wolsey  to  the  death  of  Elisabeth'  (2.  Aufl. 
1870,  12  Bde.;  deutsch  1861—64,  6  Bde.). 

FmehtSther  (Fruchieaaemen) ,  Lösungen 
verschiedener  Aether  in  Alkohol ,  dienen 
zur  Nachahmung  des  Fruchtgeschmacks. 

Fruchtbringende  ttesellscnaffc  (Palmen- 
orden),  einer  der  Sprachvereine  im  17.  J^rh. 
zur  Erhaltung  der  Reinheit  der  deutschen 
Sprache,  24.  Aug.  1617  in  Weimar  gestiftet, 
später  in  Köthen,  fast  nur  aus  vornehmen 
Personen  bestehend;  ging  1680  ein.  Ygl. 
Barthold,  ,Geschichte  der  f.n  G.',  1848. 

Frachtessenzen^  s.  Frucht'dfher. 

Frachtfolge,  s.  Landwirlhschaft. 

Fnichtknoten  (Eierstock,  Ovarium,  Ger- 
men),  bei  den  Pflanzen  der  untere,  hohle, 
verdickte  Theil  des  Stempels,  s.  Pßanze. 

Frachtsafte  und  Fruchtsyrape.  ausge- 
presste  und  aufgekochte,  zum  Theil  ge- 
gohrne  Fruchtsäfte,  geben  mit  Zucker  ge- 
kocht die  Fruchtsyrupe,  dienen  zu  Liqueu- 
ren,   in   der  Medicln    und  in   der  Küche. 

Frachtrrasser  (Schafwasser,  Liquor  amhii), 
der  Inhalt  det  thierischen  Eihäute,  iu  wel- 
chen (am  Nabelstrang  hängend)  die  Frucht 
schwimmt,  wodurch  der  Bewegung  der 
letzteren  freies  Spiel  gelassen  ist. 

Frnchtzacker,  unkrystallisirbarer  Zucker, 
in  Weintrauben,  Felgen,  Honig,  entsteht 
au^  Rohrzucker  unter  dem  Einfluss  von 
säuren  und  Hefe,  lenkt  die  Ebene  des 
polarisirten  Lichts  nach  links,  ist  gährungs- 
fähig,  hindert,  dem  Rohrzucker  beigemischt, 
dessen  Krystallisation. 

Fractidor  (d.  i.  Fmchtmonat),  im  franz. 
repnblikan.  Kalender  die  Zeit  vom  18.  Aug. 
bis  16.  Sept.  Denkwürdig  der  18.  F.  des 
Jahres  V  (4.  Sept.  1797)  durch  den  Staats- 
streich des  Direktoriums  gegen  die  Röya- 
Usten  (s.  JPVanÄretcÄ,  Gesch.). 

Frtthgebort,  die  zwischen  der  28.  und 
36.  Schwangersdhaftswoche  erfolgende  Ge- 
burt,   wobei    das    Kind    bei    genügender 


Pflege  am  Leben,  erhalten  werden  kann; 
je  später  dieselbe  erfolgt,  desto  »itia  Ans- 
slcht  ist  für  Leben-  und  Gesiuidh«lfc  des 
Kindes  vorhanden.  B^tnMiehe  F.  wird  notii- 
wendig  bei  sehr  engem  Beoken,  bei  Gte» 
bärmutter-  und  anderen  Erkranknn^B. 

Friihlingsnachtgleiehe»  s.  Aefuinoetium. 

Frflhlingtpanht,  Durohscbnittopnnkt  des 
Aeqnators  und  der  Ekliptik,  in  weichten 
die  Sonne  am  21.  Mara  tritt..  Y^l.  Aegui' 
noHialptmkte, 

Fnindsbecg  (auchiiVoiMperjf  nndJVatfmb- 
berg),,  Georg  von,  Herr  bu  Mindelheim, 
kaiseri.  Feldhauptmann,  geb.  34.  Sept.  1475 
zu  Mindelheim ,  focht  in  den  KäMpfen 
Maximilians  I.  gegen  die  Schweioer  t  stand 
seit  1512  an  der  Spitae  der  kaiseri.  Truppen 
in  Italien,  leistete  Karl  Y.  1535  in  der 
Schlaoht  bei  Pavia  wesentliche  Dienste, 
warb  1526  12,000  Deutsche  auf  eigne  Kosten 
und  half  mit  diesen  Karl  von  Boxt^bon 
Rqm  erobern ,  führte  später  das  Fusavolk 
des  Schwab'  Bundes  gegen  den  Heraog 
Ulrich  von  Würtemberg-,  diente  dann  im 
Krieg  '  gegen  Prankreich  unter  Pbilibert 
von  Orauien;  f  20.  Okt.  1ÖS&  an  BCindel- 
heim.    Vgl.  Barthold,  ,Georg  von  F.S  1833. 

Faad-FaSQl|»9  türk.  Staatsmann,  geb.  1614 
zu  Konstantittopel,  Sohn  des  Dichters  laaet 
Molla  mschedji-Zadeh  und  Ne£fe  der  Dich- 
terin Leila  Hanym,  ward-  1840  Botschafts- 
sekretär in  Iiondon,  ,1848>  zweiter  Interpret 
der  Pforte,  1845  erster  DolmetsohM:  and 
Grossre&rendar  (Amedscfai^ ,  1848  Qeneral- 
konunissar  in  den  Donaufucstenthümera, 
Dec.  1849,  Musteschar:  (lliniater  des  Innern) 
unter  |leschid -Pascha ;  Aug.  1862  bis  März 
1853  und  Mai  1855  bis  Juli  1857  Minister 
des  Auswärtigen,  wesentlich  am  Hatti- 
Humajun  vom  18.  Febr.  1856  und  an  der  in 
Angriff  genommenen  civilisator,  Umgestal- 
tung des  Reichs  betheUigt,  erhielt  Juli  1»7 
das  Präsidium  im  Tansimatrathe ,' seit  Jan. 
185B  wieder  Minister  des  Auswärtigen  und 
Bevollmächtigter' der  Pforte  auf.  den  pariser 
Konferenzen,  züchtigte, <  Juli  IßiBO  nach  Da- 
mask  gesandt,  Drusen  und  Hohammedaner 
für  ihr  Würgen.unter.den Christen,  erhielt 
Nov.  1861  das  Gross vezierat,  Febr;  1862  die 
oberste  Leitung  der  Finanzen.  Schr4',Gram- 
matik  der  türk.  Sprache'  (deutsch  1858). 

Fuchs,  Johann  Ni^omuk  voh,  Chemiker, 
geb.  15.  Mai  1774  au  MattenaelU  1807  Prof. 
der  Mineralogie  und  Chemie  in  Landshnt, 
seit  1826  in  München,  1835 «-44  Oberberg- 
und  Salinenrath,  trat  1852  in  Ruhestand; 
t  5.  März  1856  in  München.  Sehr  verdient 
um  die  mineralog.  Chemie,  und  Chemie  der 
Gämente,  Brfinder  des  Wasserglases.  Sehr. 
,Naturgesch.  des  Mineralreichst  (1842)  u-A. 
Blogr.  von  ^obeU  (1866). 

Fachs,  Unterabtheilung  der  Gkkttong 
Hund  (Canls).  Gwieimr  Vi.,.  JSirk/ych*  <C. 
vulpes  L.),  2V3'1.,  XVa'h.,  in  Europa,  Nord- 
asien u.  Amerika». lebt  im  selbatgegcabenea 
Fuchsbau  (aus  Kessel  und  Röhren  be- 
stehend), der  Jagd  and  den  Bnhnerhöfen 
schädlich,  vertilgt  Mause ,  liefert  Pelawerk 
(Labrador,  Norwegen,Aleaten,  jahrl.  900,000), 
Lunge  und  Fett  früher  o£ficineII...Blaw/ii0A(, 


Fttölifeia  —  Ffisiliere. 


661 


Krttuifut^  (C.  eraeigora  Brin,)»  in  Rufls- 
land,  Kordamerika,  Pelswerlc,  Jährl.  16,500. 
Sohwan^uchiiferV.  (C.  melanogasterBcmai).^, 
in  ItaMttQ,  Pel2w«rk.  BVSber-,  Schwarzfucha 
(G.  argentaftiis  Oeoffr.),  la  Sibfrien,  atif  den 
Aleat&n,  in  Nordamerika ;  kostbarstes  Pelz- 
werk, Jährl.  2000.  Körmh,  Steppenfueha  (0. 
oorsac  L.),  l^fa'  1.,  in  asiat.  titeppeu,  Pelz- 
werk der  Kirgisen.  Kitfuehs,  GeUfUchs  (G. 
einereo •  «rgentatus  Sehr.),  81"  1.,  grobes 
Pelzwerk ,  Jährl.  25,000.  BU-,  Polar-,  Step* 
pcn-,  Blanfueh$  (G.  liagopns  L.),  2'  1.,  in 
d«n  Polargegenden,  weisses  Pelzwerk,  Jahrl. 
85,000.  JKaniifan,  Kitfueh»  (0.  melanotns 
BaU.),  in  Nordwestamerika,  in  derTatarei, 
Pelzwerk^  Jahrl.  40,000. 

Fuehsia  Plum.»  Pflanzengattnng  der  Ona- 
green  in  Snd-  und  Mittelamerika.    T.  cocci- 
ne&^ti.^  ansCiiile,  und  andere  Arten  nebst 
sahlrelchen  Varietäten  Zierpflanzen. 
Fmlulii.  B.  Anilin.  [rantlms, 

FaehsaCBWMUy  t.  Alopecurus  nnd  Ama- 
VueuB  L.  (Tat^),  Pflanzengattnng  der 
Algen,.  Htergewächse.  F.  Teslculosus  L., 
Bhutmtang,  gmwiner  Seetang,  Meet'  oder 
8e«eieh€,  in  enrop.  Meeren,  früher  offlcinell. 
¥.  eerratns  L^  und  F.  nodosus  L.  werden 
an  den  Knaten  Englands  nnd  Frankreichs 
verbrannt,  nm  aus  der  Asche  (Kelp,  Varec) 
Kali  und  Jod  zu  gewinnen.  F.  natans  L. 
(Sargsassum  bacciferum  Ag.)  bildet  die  Fucus- 
bänke  im  atlant.  Ocean. 

Fader )  Wein-  nnd  Branntweinmass:  in 
Baden  =  10  Ohm  =:  1500  Liter;  In  Bremen 
=  60.  =  869,4  li. ;  In  Hamburg  ==  6  O. 
=  868,8  L..;  in  Prensflen  =r  4  Oxhoft  = 
821,4  L.;  in  Sachsen  =  6  O.  rr  808,89  L.;  in 
Wi»rtemberg  =  6  Eimer  =  1768,58  L. 

FiiUer  (FiMhürner,  Auteuuae),  bei  den 
Insekten  in  der  Nähe  der  Augen  befludliche, 
mehr  oder  weniger  fkdenförmige  Tastorgane, 
dienen  auch  zur  Yermittelung  anderer  Sin- 
neseindrücke,  bes.  des  Geruchs.  Aehnllohe 
Onane  bei  Weiohthieren  und  Würmern. 

FfililheMl)  Vorrichtung  zur  Wahrneh- 
mung und  Messung  sehr  kleiner  Bewegun- 
gen oder  Abweichungen  eines  Körpers  von 
seiner  richtigen  Gestalt. 

Fiililiuigy  im  Kriegswesen  der  Zasammen- 
bang,  welchen  verschiedene  Gorps  unter- 
einander dnrch  Detaefaements,  Patrouillen 
imd  Posten  haben;  auch  der  Zusammen- 
hang, welchen  ein  Ck>rps  mit  dem  Feinde 
insofern  hat,  als  es  denselben  nicht  aus 
den  Augen  verliert  und  Jederzeit  im  Stande 
ist,  ihn  anzugreifen. 

Fflnen  (FÜAnen),  dän.  Stift,  62  QH.  mit 
217,244  £w.  Hauptbestaudthell  die  Insel 
F.,  zwischen  dem  grossen  und  kleinen  Belt, 
55)5  QM.  mit  182,816  Ew.;  eben,  sehr  frucht- 
bar an  Gretreide.    Hauptst.  Odense. 

FSafkirchem,  Hauptst.  fies  ungar.  Kom. 
Baranya,  Kr  .Jenseits  der  Donau,  17,447  Ew. 
Kathedrale,  Fabriken.  [schichte. 

Fi]B£iigenu8iehiiM>   v.  Deutsehland,  Ge- 
FaftTW  (apau.),  Statuten,  Sammlungen  von 
Rechtsgewohnheiten;  bes.  die  Rechte,  Pri- 
vilegien   uttd  Freiheiten   einzelner   Stfidte 
und  Landschaften  (s.  B.  der  baSk.  Provinzen). 
FiinI  (althochd.  FttriHo,  spater  Fürtte, 


lai.  princeps),  zur  Zeit  des  alten  deutschen 
Reichs  ein  dem  Herrenstande  Angehöriger, 
der  als  Herzog,  Pfalz- ,  Mark- ,  Land-  oder 
Burggraf  iu  einem  bestimmten  Bezirke  die 
Kriegs-  und  Gerichtsgewalt  im  Namen  des 
Königs  ausübte;  später  diejenigen  Territo- 
rialherren, welche  im  Rang  unter  den  Kö- 
nigen und  Kurfürsten,  aber  über  den  Grafen 
standen ,  also  der  Erz  -  und  Grossherzöge, 
der  Herzöge,  Pfalz-,  Land-  und  Markr 
grafen,  die  auf  den  Reichstag(*u  die  Für- 
atenbank  bildeten  und  entweder  geisUicbe 
(Bischöfe,  Aebte)  oder  toeltliche  (di^  oben 
geucaunten)  waren.  Jetzt  besonderer  Titel 
derjenigen  Territorialherren,  welche  im 
Rang  zunächst  den  Herzögen  folgen.  Si6 
führen,  wie  die  Prinzen  aus  furstl.  Hau- 
sern ,  Jetzt  das  Pi'ädikat  ,Durchlaucht'. 
Das  herald.  Zeichen  der  F&rstenwürde  ist 
der  Filrstenhut,  uraprungl.  eine  rothe,  mit 
Hermelin  verbrämte,  mit  einem  Bügel  ver- 
sehene Mütze,  bei  souveränen  F.en  in  eine 
offene  Krone  umgewandölt.  F.  im  Allgem. 
auch   s.  V.  a.  Monarch  überhaupt. 

Ffiilrtenbnnd^  deutscher,  gegen  die  An- 
nexionsgelüste Kaiser  Josephs  11.  auf  Ver- 
anlassung Friedrichs  d.  Gr.  23.  Juli  1T85 
zu  Berlin  zwischen  Freussen,  Sachsen  und 
Hannover  geschlossener  Bund,  dem  dann 
auch  die  Kurfürsten  von  Mainz  und  Trier, 
der  Landgraf  von  Hessen-Kassel,  die  Mark- 
grafen von  Ansbach  und  von  Baden,  die 
Herzöge  von  Zweibrücken,  Braunschweig, 
Mecklenburg,  S.- Weimar,  S. -Gotha  uud  der 
Fürst  von  Anhalt-Dessau  beitraten.  Vgl.  Joh. 
Müller,  ,Darstellung  des  F.s*,  1789;  Ranke, 
,Dfd  deutschen  Mächte  und  der  F.*,  1871  f. 
Fftrstenschnlen  9  die  vom  Kurfürsten 
Moritz  von  Sachsen  aus  den  Gütern  der 
eingezogenen  Klöster  zu  Pforta,  Meissen 
(1543)  und  Grimma  (1550,  ursprünglich  zu 
Merseburg)  gegründeten  Lehr-  uud  Er- 
ziehungsanstalten, worin  eine  Anzahl  Schü- 
ler theils  oder  ganz  unentgeltlich  (Alumnen), 
theils  für  Kostgeld  (Extraner)  unterhalten 
und  unterrichtet  werden,  Hauptsitze  gründ- 
licher klass.  Studien. 

Fürstentagy  deutscher,  in  Frankfurt  a/M., 
17.  Aug.  186iJ,  beabsichtigte  unter  dem  Vor- 
sitz des  Kaisers  von  Oesterreich  eine  Re- 
I  form  des  deutschen  Bundes  ,  scheiterte  an 
dem  Widerspruch  Preussens,  dessen  König 
dem  F.  fern  geblieben  war.  S.  Deutschland, 
Geschichte. 

F&rgtenwalde^   Stadt  im  prenss.  Regbz. 

Frankfurt,  Kr.  Lebus,  an  der  iSpree,  7881  Ew. 

Foei^eventnra  (Forlaventura),   eine   der 

kanar.    Inseln,    35   QM.    mit    14,000    Ew. 

Hauptst.  S.  Maria  de  Betaneuria. 

Furth^  Stadt  im  bayer.  Regbz.  Mittel- 
franken,  an  der  Rednitz  und  am  Ludwigs- 
kanal,  22,496  Ew.  (3116  Juden),  eine  der 
betriebsamsten  Fabrikstädte  Bayerns.  Von 
hier  nach  Nürnberg  die  erste  deutsche 
Eisenbahn  (1835  geb.,  P/a  M.  IX 

Fflsilierej  unter  Ludwig  XIV.  Name  der 
mit  dem  fusU,  Steinschlossgewebr  (anstatt 
der  Luntenmuskete),  bewaffneten  Infan- 
terie; Jetzt  in  der  preuss.  Armee  ein  Ba- 
taillon im  Regiment,   sowie  einzelne  Re- 


662 


Füssen  —  FunktioiL 


glmeiiter,  deren  Zweck  haoptsächlich  das 
Tiriülliren  sein  soll.  Fuailirem,  standrecht- 
lich erschiessen.  FänUade ,  G-ewehrfener ; 
standrecbtl.  Erschiessen  Mehrerer  sagleich. 

FÜBgen,  Stadt  im  bayer.  Regbz.  Schwaben 
und  Neuburg,  wichtiger  Grenzpass  nach 
Tirol,  am  Lech,  1780  Ew.    Stiftskirche. 

Fossil,  Name  einer  schweizer  Künstler- 
nnd  Gelehrtenfamilie.  Am  bedeutendsten: 
Joh.  Heinr.  F.,  Historienmaler,  geb.  7.  Febr. 
1741  zn  Zürich,  f  16.  April  1825  zu  Pattney- 
Hill  bei  London,  als  Direktor  der  königl. 
Malerakademie.  —  Sana  Heinr.  F.,  Vetter 
des  Vor. ,  geb.  1744  zu  Zürich ,  f  ^^'  I^^c- 
1832  als  Mitglied  des  grossen  Raths,  aus- 
gezeichneter Staatsmann,  Geschichtsforscher 
und  Kunstschriftsteller. 

Fvgmto  (ital.),  kurxes  kontrapunktisches 
Tonstück  mit  Eigenartigem  Anlauf,  nach 
und  nach  aber  freier  verlaufend. 

Ilig«  (lat.  fuga),  mehrstimmiges  kontra- 
punktisches Tonstück ,  in  welchem  eine 
zuerst  von  einer  Stimme  voi^tragene 
Melodie  (Thema)  von  allen  Stimmen  in  be- 
stimmter Aufeinanderfolge  (sogen.  Durch- 
führungen, deren  in  der  Begel  eine  Anzahl 
sind,  und  welche  in  verschiedenen  Ton- 
arten nach  einander  auftreten)  nachgeahmt 
wird,  so  dass  schliesslich  alle  Stimmen  das 
Thema  mehrfach  gebracht  und  ausserdem 
kontrapunktisch  begleitet  habeu. 

Fugger,  fürstliches  und  gräfliches  Ge- 
schlecht in  Schwaben,  dessen  Ahnherr  der 
Webermeister  Jbftann««  F.  zu  Graben  unweit 
Augsburg  i^t.  Dessen  ältester  Sohn,  Johanne$ 
F,,  erwarb  das  Bürgerrecht  in  Augsburg ; 
t  1409.  Sein  Sohn,  Jakob  F.,  trieb  schon 
ausgebreitete  Handelsgeschäfte;  f  14.  März 
1469.  Dessen  Söhne  Dlrich  (geb.  1441, 
t  1510),  Georg  (geb.  1453,  f  1506)  und  Jakob 
(geb.  1459,  I  15^)  wurden  von  JKaiser  Maxi' 
milian  L  in  den  Adelsstand  erhoben  und 
erhielten  von  ihm  die  Grafsch.  Kirchberg 
und  die  Herrschaft  Weissenhom  für  70,000 
Goldgulden  verpfändet.  Georgs  Söhne, 
JRaimund  (geb.  1489,  f  1535)  und  Antonius 
(geb.  1493,  t  1560),  die  Begründer  der  jetzt 
noch  blühenden  beiden  Hauptlinien  des 
Hauses  F.,  der  Baimundus'  u.  der  Antonius- 
linie, wurden  von  Kaiser  Karl  Y.  14.  Nov. 
1530  in  den  Grafen-  und  Pannerstand  er- 
hoben, erhielten  Kirchberg  und  Weissen- 
hom erb-  und  oigenthümlich ,  den  Sitz  auf 
der  Schwab.  Grafenbank  und  fürstl.  Ge- 
rechtsame. Graf  Anselm  Maria  F.  (geb. 
1766,  t  1821)  ward  von  Kaiser  Franz  U. 
1.  Aug.  1803  mit  seiner  männlichen  Descen- 
denz  nach  dem  Recht  der  Erstgeburt  in  den 
Reichsfürstenstand  erhoben,  unterwarf  sich 
1805  aber  der  Souveränetät  der  Krone  Bayern. 
Fahrmanv,  Sternbild  in  der  Milchstrasse, 
östlich  vom  Pegasus ,  66  Sterne ,  einer  1. 
(Capella)  und  einer  2.  Grösse. 

Fn-kian  (Fo-kien),  Küstenprovinz  des 
südöstl.  China,  2513  QM.  mit  30  Mill.  Ew. ; 
eine  der  reichsten  Gegenden  des  Landes 
mit  vielen  guten  Häfen ;  Hauptprodukt  Reis. 
Hauptst.  Fu- tscheu -fü. 
Fulah  (FuJbe),  Volk,  s.  FeUata, 
Fulda,  1)  Fluss,   entspr.  auf  der  Rhön, 


unweit  Gersfeld,  wird  bei  Hersfeld  schiff- 
bar, vereinigt  sich  bei  Münden  mit  der 
Werra  zur  Weser ;  24  M.  lang.  —  2)  Kreis- 
stadt im  prenss.  Regbz.  Kassel.  Bischofs- 
sitz ,  au  der  F. ,  10,145  Ew. ;  Schloas ,  I>om- 
kirche  (nach  dem  Vorbilde  der  Peters- 
kirche), Michaelisidrche ,  bischöfl.  Seminar. 
Namhafte  Industrie,  bes.  in  lieinvrand. 
Ehedem  Hauptst.  des  ans  einer  von  Boni- 
facius  744  gestifteten  Abtei  bervorgegans^nen 
und  1803  säkularisirteu  Hochsti/ts,  das  als 
FUrHenthum  F.  erst  su  Nassau ,  dann  mm 
Grossherzogth.  Frankfurt  geschlagen  and 
1815  an  Knrhessen  abgetreten  wurde'. 

FiilfeBS  (lat.),  Glanz,  Schimmer.  Fuigu- 
ration,  das  Blitzen,  Wetterleuchten.  Fulgtt' 
riten.  Blitzröhren  (s.  d.). 

FaliglnoB  (lat.),  russig,  russartig. 

Fainen  (lat.),  Blitz;  fulminant,  hlitsend, 
wetternd ,  tobend ;  Fulminate,  knallsaure 
Salze;  Fulmination ,  das  Blitzen,  Wettern. 

Fnmarla  L,  (Erdrauch),  Pflanzengattnng 
der  Famariaceen.  F.  officinalis  X..  Erd-, 
Feldraute^  Krätxkraut,  fast  überall,  ofilcinell. 

FanuiTolen,  Bodenöffnungen  auf  vul- 
kanischem Terrain,  aus  welchen  Wasser- 
dämpfe ausströmen,  bisweilen  beladen  mit 
Scbwefeldämpfen,  schwefliger  Säure ,  Salz- 
säure, Salmiak,  Borsäure,  und  dann  anr 
Grewinnung  dieser  Stoffe  technisch  aus- 
genutst  (Solfatara  bei  Pnzzuoli,  Snffioni 
bei  Toskana).    [Speisen,  bes.  des  Wildprets. 

Fanet   (fr.,    spr.   Fümeb),    Gerach   der 

Faaios  (lat.),  voll  Bauch. 

Faaehal  (spr.  -schähl),  befest.  Hauptst. 
der  portug.  Insel  Madeira,  28,460  Ew.,  Rhode; 
sehr  beliebte  Gesundheitsstation. 

Fandanumt  dat.),  Grundlage,  Grandbau. 

FoBdamentalstoiie ,  Fixsterne ,  deren 
gerade  Aufsteigung  scharf  bestimmt  worden 
ist ,  um  die  anderen  Sterne  auf  dieselben 
zu  bezieben.  [mächtniss. 

Fundatiom  (lat.),  Gründung,  Stiftung,  Ver- 

Fonddiefostidil,  Unterschliigung  eines  ge- 
fundenen Werthgegenstandes,  wird  gelinder 
bestraft  als  der  gewöhnl.  Diebstahl. 

Faadirte  Sehud,  Schuld,  zu  deren  Ver- 
zinsung und  allmähliger  Tilgung  eine  be- 
stimmte Einnahme  angewiesen  ist. 

Faadjrbal,  Bai  des  nordatlant.  Oceans, 
zwischen  Neuschottland  u.  Neubraunsch  weig ; 
merkwürdig  durch  plötzliche  und  hochstei- 
gende Fluthen  (bis  70'). 

Fangiren,  verwalten,  verri<diten. 

Fuagos  (lat.),  schwammig. 

Fangos  (lat.),  Pilz ;  krebsart.  €reschwal8t; 
F.  chirurgorum,  Bovist  (blutstillend). 

Fankenselieii,  Augentäuschung,  bes.  nach 
längerem  Gebrauch  der  Narcotica  etc. 

Foiikl  (FStndji),  Volk  im  obem  Nubien, 
dunkelgelbbraun  bis  schwars,  aber  ohne 
den  Negertypns^  unterwarfen  sich  im  16. 
Jahrh.  von  Senhaar  aus  die  Lander  bis 
Abessinien  und  Mittelnubien ;  ihr  Reich 
bestand  bis  1822,  wo  Sennaar  türk.  Provins 
wurde.  Gross,  g^t  gebaut,  offen  und  intelli- 
gent, gastfrei  und  voll  Nationalstols. 

Fnipktlom  (lat.),  Thätigkelt,  Amtsverricfa- 
tung ;  in  der  Physiologie  die  naturgemässe 
Thätigkeit   eines   Organs;  in   der  Mathem. 


Furca  —  Futtermauer. 


663 


analyi.  Ansdruck  für  eine  ans  veränder- 
lichen und  unyeränderJichen  Grössen  (Kon- 
stanten) zusammengesetzte  Grösse. 

Fnrca  (lat.),  Gabel;  auch  Galgen. 

Forlen,  s.  Eumeniden. 

Furios  (lat.),  wild,  rasend. 

Furka,  B^g  an  der  Grense  der  Kantone 
Wallis,  Bern  und  Uri,  8042'  hoch,  mit  dem 
FurJcapaM,  ans  dem  Reuss-  zum  Rhonethale. 

Furor  (lat.),  Wuth,  Raserei;  Begeisterung. 

Furore  (Ital.),  rauschender  Beifall. 

Fnrtim  (lat.),  beimlich,  verstohlen. 

Furtum  (lat.),  Diebstahl. 

Furunkel  (lat.),  Blntschwär,  Tereiterang 
kleiner  Hantstellen,  wobei  es  znr  Losstossung 
kleiner  Gewebstbeile  (sogen.  Eiterstöcke, 
Eiterpfropfe)  kommt ;  beginnt  mit  Röthtmg, 
Schwellung  und  Schmerzhaftigkeit  der  be- 
treffenden Hautstelle,  heilt  nach  der  Los- 
stossung des  Pfropfes  rasch.  Behandlung 
durch  feucbtwarme  Umschläge ;  sind  Allge- 
melnerkrankungen  die  Ursache,  so  mlissen 
diese  bes.  behandelt  werden.  Ygl.  Karbunkel. 

FnselSle,  die  den  alkoholischen  Destilla- 
tionsprodukten ihren  eigenthümUchen  Ge- 
ruch verleihenden  Substanzen,  meist  Alko- 
hole von    höherem  Siedepunkt,   auch   zu- 


sammengesetzte Aether  etc.;  spedell  das 
Fuselöl  des  '  Kartoffelbranntweins:  Amyl- 
alkohol, farblose,  widerlich  riechende,  bren- 
nend schmeckende  Flüssigkeit,  unlöslich  in 
Wasser,  löslich  in  Alkohol,  spec.  Gew. 
0,818,  siedet  bei  132  o  C,  brennt  mit  leuch- 
tender Flamme,  ist  giftig,  wird  bei  der 
Rektifikation  des  rbhen  Spiritus  als  Neben- 
produkt gewonnen,  dient  als  I^euchtmaterial, 
als  Lösungsmittel  für  Alkaloide,  zur  Dar- 
stellung von  Baldriansäure,  Fruchtätbern 
etc.  OetreidefuseVöi  dient  als  KomU,  um 
Getreidebranntwein  aus  Kartoffelbranntwein 
nachzuahmen. 

Fusion  (lat.),  Schmelzung,  Mischung;  die 
Verschmelzung  zweier  Parteien,  namentl. 
der  Legitimistenu.Orleanisten  in  Frankreich. 

Fuss  (lat.  pes) ,  der  unterste  Theil  des 
Beines,  welcher  mit  dem  Unterachenkel  durch 
das  Fussgelenk  verbunden  ist.  Theile: 
Fassiohle^  planta  pedis,  Fene,  calx,  Fuss- 
rücken,  dorsum  p.  Die  grössten  Knochen 
Hegen  an  der  Fusswurzel,  d.  h.  dem  der 
Ferse  entsprechenden  Theile ;  die  Fasssohle 
ist  mit  dickem  Fettpolster  versehen. 

Fnss,  Längenmass,  meist  mit  duodecima- 
1er,  bisweilen  mit  decimaler  Theilung. 


Baden 

Bayern 

England 

Verein. 

Staaten 

Russland 

Frant 

alte  pari- 
ser Fnss 

u'eich 

Meter 

Oester- 
reich 

Preussen 
Däne- 
mark 

Sachsen 

Würtem- 
berg 

1 

1,028 

0,984 

0,924 

0,300 

0,949 

0,956 

1,059 

1,047 

0,973 

1 

0,958 

0,898 

0,293 

0,993 

0,980 

1,081 

0,019 

1,016 

1,044 

1 

0,938 

0,805 

0,964 

0,971 

1,076 

1,064 

1,088 

1,113 

1,066 

1 

0,325 

1,028 

1,035 

1,147 

1,184 

3,388 

8,436 

3,881 

3,078 

1 

3,163 

8,186 

3,531 

3,491 

1,064 

1,083 

1,087 

0,978 

0,316 

1 

1,007 

1,116 

1,103 

1,046 

1,076 

1,080 

0,966 

0,814 

0,998 

1 

1,108 

1,096 

0,944 

0,970 

0,929 

0,873 

0,383 

0,986 

•      0,902 

1 

0,988 

0,955 

0,983 

0,940 

0,882 

0,286 

1 

0,906 

0,913 

1,012 

1 

Fussaugeln,  Eisen  mit  mehreren  ca.  A" 
langen  Spitzen,  von  denen  stets  eine  nach 
oben  steht,  dienen  als  Annähernngshinder- 
niss  für  feindliche  Truppen  oder  Diebe. 

Fussbad^  zu  medicinischen  Zwecken  bes. 
unter  Zusatz  reizender  Mittel  (Senfmehl, 
Königswasser),  dient  zur  Ableitung  des  Blntes 
von  Kopf  und  Brust ,  wobei  sich  zugleich 
auch  Blutfülle  in  den  Unterleibsorganen 
einstellen  kann.  Wichtig  sind  baldige  Ein- 
wickelungen  der  Füsse  nach  dem  Bad. 

Fnsskuss,  im  Morgenland  Zeichen  der 
Ergebenheit  und  Verehrung,  im  Abendland 
bereits  durch  die  röm.  Kaiser  eingeführt, 
dann  von  den  Päpsten  gefordert:'' 

Fusspftandy  Mass  zur  Bestimmung  der 
Grösse  einer  Arbeitsleistung,  nämlich  die 
Kraft,  welche  erforderlich  ist,  um  1  Pfd. 
in  1  Sekunde  1'  hoch  zu  heben.  Nach  dem 
Becimalsystem  s.  v.  a.  Kilogrammmeter. 

Fnssschtrelss 9  reichliche,  nicht  immer 
krankhafte  Absondernng  des  Seh  weisses  an 
den  Füssen,  führt  bei  seiner  .Zersetzung  zu 
üblem  Geruch.  Die  Furcht,  däss  plötzliches 
Wegbleiben  des  F.s  zu  Krankheiton  führe, 
ist  unbegründet,  daher  fleisslge  Waschungen, 
öfteres  Wechseln  der  Fussbekleiduug,  Ein- 
strenen .von  gepulverter  Weinsteinsäure 
empfohlQUswerth, 


Fusswaschen  y  Ritus  der  röm.  -  kathol. 
Kirche,  wobei  der  Papst  nach  Jesu  Vorbild 
in  der  clementin.  Kapelle  13  Armen  als 
Stellvertretern  der  Apostel  die  Füsse  be- 
netzt und  abtrocknet  und  sie  dann  auch 
bei  der  Speisung  bedient;  auch  an  den 
Höfen  mehrerer  kathol.  Fürsten  eingeführt, 
z.  B.  zu  Wien,  München  etc. 

Fustage  (fl:.,  spr.  Füstahsch),  s.  v.  a. 
Emballage ;  in  der  Schiffer  spräche  die  Fässer 
und  Gefasse  für  Flüssigkeiten. 

Fustanella,  Theil  der  männlichen  griech. 
Nationaltracht,  das  weisse  Albaneserhemd, 
von  der  Taille  bis  an  die  Kniee  reichend. 

Fustl  (ital.,  d.  h.  Stengel,  Stiele,  auch 
Refaktie),  der  Abzug  vom  Gewicht  einer 
Waare,  wenn  dieselbe  zu  viel  Unreinig- 
keiten,  Stiele  etc.  enthält,  wie  bei  Kaffee, 
Korinthen  etc.;  auch  Abzug  wegen  schad- 
hafter Beschaffenheit  der  Waare. 

Fustle,  das  Kind  eines  Weissen  und  einer 
Mustie  (der  Tochter  eines  Weissen  und 
einer  Mulattin). 

Fustlgation  (lat.),  Stäupung. 

Futil  (lat.),  nichtig,  nichtswürdig. 

Fn-tscheu-fti,  Hauptst.  der  chines.  Prov. 
Fa-kian,  600,000  Ew.    Freihafen. 

Futtermauer,  Mauer  zur  Bekleidung  von 
I  Er4w^nden  iu  Strasaen«  Fli;ssen,  Fe^tuugeu, 


66i 


t^otärnm  <<—  G^ge. 


Futurum  (Ut.),  in  der  Grammatik  Zeitform 
der  ^ukanft^  kommt  vor  als  F.  aimj/lex  für 
eine  überh.  m  die  Zukunft  fallende  Hand- 
lung, und  als  F.  exacium  zu  Bezeichnung 
einer  Handlung,  welche  als  vor  einer  anderen 


gleichfaUs  suküAftigen  Handlw^  vollemdfit 
dargestellt  werden  soll.  Die  ^rman.  Spra- 
chen bezeichnen  das  T.  durch  <*in.  Hulfazeic- 
wort  (werden).  [seite  des  Blattes. 

F.  Tmf  abbrcT.  (uiJoHq  vtrso,  auf  disjr  Kück- 


G. 


6,  rom.  Zahlzeichen  =  400,  G  =  400,0C0; 
auf  Kurszetteln  =  Geld;  anfpreuss. Münzen 
die  Münzstatte  Stettin,  «nf  franz.  Poitiers; 
auf  schwel«.  Genf;  auf  Österreich.  Nagybanya. 

GftbbrOy  körnig  krystallinisches  Gestein, 
Gemenge  von  Labrador,  Sauasurit,  Diailag 
und  Smaragdit,  meist  in  Verbindung  mit 
Serpentin,  in  gewaltigen  Stöcken,  schroffe 
FeUriffe  bildend,  in  Oberitalien,  auf  den 
Alpen,  dem  Harz,  in  Schlesien  etc.,  dient 
zu  architekton.  Ornamenten,  Mühlsteinen. 

Gabelle  (lat.),  Nachsteuer,  Abzugsgeld ;  in 
I'rankreich  die  ehemalige  Salzsteuer. 

Gabelflberger,  Franz  Xaver,  Begründer  der 
Stenographie  in  Deutschland,  geb.  9.  Febr. 
17&9  zu  München,  seit  1823  geh.  Kanzlist  im 
Ministerium  des  Innern,  später  geh.  Sekretär, 
seit  lasi  erster  Stenograph ;  f  4.  Jan.  1849. 
Sehr.  ,  Anleitung  der  deutschen  Redezeicheu- 
kunst'  (2.  Anfl.  1850) ;  ,Neue  Vervollkomm- 
nung etc.*  (2.  Aufl.  1850);  ,Stenogr.  Lese- 
buch' (18S8).  Seine  Schüler  gründeten  den 
,Gabel8berg8r  stenogr.  Central  verein',  wel- 
cher unter  Benutzung  der  von  G.  hinter- 
lassenen  Papiere  G.s  Hanptschrift :  ,Lehr- 
gebäude  der  Stenographie'  (1850)  herausgab. 
Biographie  von  Gerber  (1868). 

Gabii  (a.  G.),  mächtige  Stadt  in  Latium, 
nördl.  am  Albanergebirge,  Bivalin  Roms, 
von  diesem  unter  Tarqninins  bewältigt. 

Gablenz,  Ludwig  Karl  Wilh.,  Freiherr  vcn^ 
österr.  FeldmarschallHeutenant,  geb.  19.  Juli 
1814  zu  Jena,  Sohn  des  sächs.  Genecal- 
lientenants  Heinrich  Adolf  Freiherr  von  G. 
(geb.  1764,  f  1843),  zuerst  in  sächs.,  dann 
in  österr.  Militärdiensten,  ward  Nov.  1848 
Generalstabschef  im  schlickschenArmeecorps 
in  Oberungarn,  dann  Österr.  Kommissar 
im  russ.  Hauptquartier  während  des  ungar. 
Kriegs,  focht  1859  als  Brigadegeneral  bei 
Solferino  und  übernahm  nach  des  Grafen 
Reischach  Fall  den  Oberbefehl  über  dessen 
Division.  1863  zum  Feldmarschalilieutenant 
ernannt,  erhielt  er  den  Befehl  über  das 
österr.  (6.)  Armeecorps  der  alllirten  Armee 
unter  "Wrangel,  welche  1.  Febr.  1864  die 
Eider  überschritt,  fungirte  dann  als  österr. 
Statthalter  in  Holstein,  zog  nach  der  Be- 
setzung des  Landes  durch  die  Prenssen 
12.  Juni  ab.  Im  Krieg  mit  Preussen  1866 
Kommandant  des  10.  Armeecorps,  focht  er 
bei  Trautenau  und  Bnrgersdorf. 

Gablonz,  Fabrikst.  im  böhm.  Kr.  Bunzlau, 
an  der  Neisse,  45.53 Ew.;  Centrum  des  Han- 
dels mit  Glasperlen.         [Hanptort  Qahar^ 

Gabordui,  firanz.Landsch.indorGascogne, 

Gabriel  (hebr.,  d.  1.  Mann  Gottes),  nach 


der  Spataren  jud.  Mythologie  einer    der   7 
ErzeugeL  [BvMen.  G.,  SS^JMO  £w. 

(jabs  {Ktibet),  Hafenstadt    ia  Tonis»   am 

Gabim  (M'JPongo),  Mündnngsmeerbasen 
der  beiden  Flüsse  Orombo  nndRbambo6  im 
westl.  Afrika ,  unter  dam  Aeqnator  ,  9  H. 
lang  bis  IVs  M.  br. ;  früher  für  einen  Strom  ge- 
halten. Gabuniand,  das  dortige  Küstenland. 

Gachewr  (£r.,  spr.  >8chöbr),  Schnöderer, 
Sudler;  auch  Verschleuderer. 

Gad  (d.  i.  Glück),  Sohn  Jakobs  und.  einer 
Sklavin  Silpa,  Stammvater  der  Gadüer, 
deren  Gebiet  den  Jordan  entlang  bis  an 
den  See  Genezareth  reichte. 

Gade^  Hielt  Wif h. ,  dkn.  Komponist,  gob. 
22.  Okt.  1817  in  Kopenkagen,  1844—46  Di- 
rektor der  Gewand  banskoncert»  in  Leipzig, 
lebt  seit  184S  in  Kopei^agen.  Sehr,  zahl- 
reiche, bes.  durch  reisvolle  Instmmentation 
ausgezeichnete  Orchesterwerke  (Sympho- 
nien, Ouvertüren  n.  AÖ,  anch  Werke  für 
KammerRkUsik  und  Gesang,  letatere  zum 
Theil  mit  Orchesterbegleitung  (»ConudaS 
«Erlkönigs  Tochter',  ,Kreusfabrer*  etc.). 

Gadebucb,  Stadt  in  Mecklenb.-Schwerin, 
8366  Ew.}  80.  Dec  1712  Sieg  der  D&nen  über 
die  Schweden.    In  der  Nähe  fiel  Th.  Körner 

Gades^  s.  Oadtc  [26.  Ang.  1813. 

Gadmeathal,  Thal  im  berner  Oberland, 
am  Fuss  der  Gadmenßuh  (9970'} ;  durch  das» 
selbe  Strasse  über  die  Sustenscheideck  nach 
Mayen  und  ins  Reusstbal. 

Gaa,  Ge  (lat.  Talltu,  d.  h.  die  Erde), 
kosmolog.  Gottheit  der  A  Iten,  entstand  nach 
Hesiod  zuerst  nach  dem  Chaos,  gebar  ohne 
Befruchtung  den  Uranus  (Himmel),  die  Ge- 
birge und  den  Pontos  (Meer),  bierauf ,  von 
Uranus  befruchtet,  die  Titanen,  die  Khea, 
Themis,  den  Kronos,  die  Gyklopen  etc. 

Gährongy  Zersetzung  gewisser  Substanzen, 
bes.  des  Zuckers  durch  Fermente.  Letztere 
sind  eiweissartige  Stoffe,  die  selbst  in  einer 
Zersetzung  sich  befinden  und  diese,  so 
lange  sie  dauert,  auf  die  gährnngsfähigre 
Substanz  übertragen,  wahrscheinlich  aber 
nur  unter  Vermittlung  lebender  Organismen 
(Pilze)  wirken.  Alle  Gährungsprozesse  ver- 
laufen bei  mittlerer  Temperatur,  und  ihnen 
entsprechen  bestimmte  Fermente.  Bier-, 
Spiritus-,  Brod-,  Butters&ure-,  Milchsäure- 
bereitung  beruhen  auf  O&hmngsprosessen. 

tiaeltech  (Gadhelisch),  Sprache  der  Hoch- 
schotten, zur  celt.  Grnppe  der  indogerman. 
Sprachenfamilie  gehörend. 

Gange  9  in  der  Geognosie  Kluite  oder 
Spalten  in  Gesteinen,  angefüllt  mit  von 
den  umgebenden  Gesteinen  abweichenden 


Cranseb^ut'  -^  Galatien. 


®@& 


HinAimlniaftBett,  vovBiigi.  'Lagerstittton  dar 
MciallP'iuiid  ihr»!  ££Be;.jÜDger  Als  daa.Q-e- 
afcein,  in  welcbem  sie  »alBetzen«  Das  dl«  £jrae 
im  Gang  begleitend»  Mineral  heissc  Omtgart. 

A&Dselttvt  (Gatisanflerüia)i  duroh  Kiitte- 
einfiiiss  und  pJöteliche  nervöee  Eirreguns 
bedingte)  JBUkUtsusammenzishuag,  wobei  sieh 
aah|reiclie  kleine  Erhebungen  Beigea» 

Oavse^  Gkkuxeieent  Boheiaen^baiTen,  direkt 
aas  dem  HohofiBn  gegossen. 

Gaeta  (das  alte.  CV^'sto),  befestigte  Stadt 
und  starke  Featnng  in  der  südital.  Prov. 
Terra  di  Lavoco,  am  Bu$en  G. ,  14,217  £w. 
Vom.  25.  Not.  1848  bis  4.  Sept..  1849  Asyl 
de»  Papstes  Pius  IX.;  yom  S,  Nov«.  1860 
letster-  Zufiucbtsert  Vraius  IL  von  Keapel, 
biadie  Festung  nach  Bombardement  darch 
die  Piemen^eeeu  13.  Febr.  1861 .  kaipitnlirte. 

ttaitnlor  (a.  G.))  K<miadenyolk  im. Innern 
Liibyiens^  südl.  von  den  Mauritaniern ;  die 
Yorfahren  der  beut«  Tnarik».  {Gilde. 

jQaffel  (altd.)t  Abgabe,  bes.  Absugsgeld; 

GaAbI^,  die  SegelstaDge ,  an  welche  das 
obere  finde  des  Besahns  befestigt  ist. 

Gftfl^t  (I^hkahle,  Mhiaa»eer  BemeUint 
Jet);  schöne  achwarae ,  sehr  politnrf&bige 
Braunkohle  imDApsft>t.  Attde,  in  Spanien  etc., 
SU  Sohmuckwaaren  u.  feinen  ■  Tischlorarbei« 
ten ;  Jetst  fast  ganz  yerdrängt  dui«b  Surro- 
gate: Glasflüsee  ^Layasohmuck),  Steinkohlen- 
pech,  gehäitetooi  Eautsotnik  (Jet,  Judd). 

Gag«  (fr;,  spr.  Oahsch),  Pfand,  g»d^amour, 
LiebespiEfiCkd ;  Gehait ,  bco»  der  Schmspieler. 

Gagem,  l)  Hana  Chri$toph  JSrmt,  ^Ft^iherr 
vom  u. ,  StaatsmanB ,  geb.  25.  Jani  1766 
KU  Kleinniederheim  bei  Worms,  1815  niedei:-' 
länd.  Ge4andter  auf  dem  wiener  Kpngress, 
dann  bis  1618  beim  deutschen  Bunde,  drang 
hier  auf  politiaohe  Binignue  der  deuttotoeu 
Nation  und  anf  die  Jßinflihrnng- landatftn- 
diaeliev  Verfassungen  itt  den  Bundesstaa- 
ten. 1820  pensionirt,  lebte  «r  seitdem  auf 
»einem  Gute  H«ma»  bei  Höchst , .  Mitglied 
der  ersten  Kammer  im  Grosshevaogtbum 
Hessen;  f  ^^  Okt»  1852  au. Horuau.  Bohr. 
»Meixfc  Antheil  aa  der  Politik'  (1823^44, 
5  Bde*)  und  mehrere  ■  gesohdohtl.  Werke.  — 
2)  ifWtfdr«  BoMuin,  Frtiktrr  von  &.,  nieder* 
läud.  General,  Sohn  des  Vor.,  geb.  .24.  Okt. 
1794  SU  Weilburg,  machte  inösterr.  Dien- 
sten den  Zug  naeh  Russland  und  den  Frei- 
heitskrieg von  1813.,  in  niederländischen 
den  Feldaug  von  1815  mit,  ftmgirte  von 
1830 -«31  als  Major  und  Ghef  des  Gisneral- 
Stabs  des  Hersogs  Bernhard  Ton  Weimar, 
ging  184ä  ak  General  nach  .  Ostindieu, 
ikbemahm  nach  den  Marsbewegungen  18i8 
den  Oberbefelil. gegen  Heckers  undStravos 
Freisohaaren , .  fiel  20«  April-  bei  Kandier» 
vor  Beginn. des  Kampfs.  Seine  Biogr.  von 
setnem  Bruder  JSeinr,  vom  tG.  (1856.^57, 
3  Bde.).  ^  8)  J7mnr.  Wüh.  Aug.,  Freiherr 
van  Q.,  Bruder. des  Vor«,  geb.  20i.  Augi.  1799 
stt  Baireuth,.  focht-  in  nawauischen  Diensten 
beiWaterloo,  ward  1829  hesseiit-darmstadt. 
Begiening8za«b,  1832  Mitglied  dbje  swviteo, 
Kammer,  wegen  fretoinnigar. Haltung  NviV- 
18B3  ans  dem  Staatsdienst  entlasaen.  Seil 
F^r.  1847  wieder  Mitglied  der>Kamm^ 
ward  er  Mar»  1848  an  die  Spitze«  der  Ver- 


waltung berufen-,  dann  shtglied  dea  Vbr- 
parbiments  und'  Präsident  der  •defatschen 
Nationalteiisammlang,  brachte  als  soloher 
die  Einsetsung  einer  provisor.  -  Gemtral- 
gpewait  in  Vorsehlag,  trat  15.  Dec.  an  die 
Spitse  des  Boichsminiateriums  und  legte 
ala  solcher  18.  Dec.  dem  Parlament  s«[n 
Programm  vor  (s«  DemtsnUand,  Ge8ch*>.  In- 
folge der  Nichtannahme  der  Verfassung. im 
Ganeen  von  Selten  des  Farlantents  tnA  er 
21.  März  1849  <  mit  dem  «ansen  Beiobs- 
tainlsterlum  suriick,,  führte  aJtor  difr-.Ge- 
sohäffee  interimistisch  fort,  suchte  swi- 
schen  dem  Widerstreben  der  Regierungen 
und  dem  Bräniren  der  demokrat»  Fraktionen 
vergeblich  su  vermitteln  und  trat  20.  Mai 
mit  seinen  Parteigenossen  aas  dem  Parla- 
ment aua.  Im  Unionsparlament  au  J&fbrt 
(Mars  1850)  einer  .der  Hihrer  der  buades- 
staatlichen  Pajetei,  trat  er  dann  als  Ma^or 
in  schleswjg-holstein.  DieuBte,'  schloss  sich 
1862  der  grosedeotschen  Partei  an  und  war 
1864— 7a grosshsgl.  hess»<  Gesandter  in  Wien. 

Gail^  Nebeafluas  der  Drau  in  Karnthen, 
entspr;  an  der  tiroler  Grenae,  mündet  unter- 
halb Villach,  17  M.    >  [seil»  2571  Ew. 

CkalB»  her.  Molkenkurort  im  Kant,  Appen- 

Gajns^  röm.  B«cbtsgeiehvter  um  117'-161 
n.  Ohr.,  Verf.  der  »InstltutionesS  eines 
Lehrbuchs  des  rÖm.  Beohts  bis  auf  Justinian,  i 
wovon  Niefbahr  1816  au  Yerot»  eine  Hand» 
Schrift  entdeckte.  Ausg.  von  Stksking  (ö.  Aufl. 
1856,  grössere  Ausg.  186$),^«0Mre<l«61)  «.  A. 

Gala«  PraohtauBug,  Hoficleid. 

Ctelaatomater  (fr.^  Laktoekop),  Instrument 
verschiedener  Konstrnktioa  aur  Bestimmung 
der  Güte  der  Milch.  {ab^ondamng. 

GalttktorrhSa  (gr.) ,  zu  relehlicha  Milch" 

GaUunbntter  y  gelbes  schmderiges  Jtett 
aua  den  Früchten  von  Basaia.*  Arten,  in 
G«raeh  und  Geacfamaok  der  Kakaobutter 
ähnlich,  schmilat  bei  86o  C.  HandelaaatilBel. 

Galam  (fir.),  Liebhaber,  Buhle. 

Galaader^  «.  v.  a.  Haubenl^che. 

Galant  (fr,),  von  schmuckem  Ansehn, 
fein,  artig.  0,e  Kranhheit,  s.  v.  a.  Syphilis. 

GalMUtorie  <fr.),  Artigkeit,  HöHiohkeit, 
feine-  Lebensart  dem  schönen  Gesd»lecht 
gegenüberf  dann  auch  mit  dem  Nebenbegriff 
der  Sinnlichkeit  und  lockereu  Sitte.  Galant 
teriewaaren,  Loxnagegenstände  aum  Putz 
und  au  feiner  Ausstattung« 

Galant -hemme  (fr.,  spr.  Galangtomm), 
Einer,  der  feine  Manieren,  bes.  ipi  Umgänge 
mit  Damen,  hat.  {galanter  Liebhaber. 

Galantill  (fr.,  spr.  «langtäng),  übei^trieben 

GaUatnomo  <ital.),  Ehrenmann. 

Galapigos  (Sohildkf^taninaeln) ,  vulkan. 
Inselgruj^M  im  Grossen  Ocean  ^  nAtear  dem 
Aequator,  zum  Staate  Ecuador  gehörend; 
ca.  139  QM.  11  grössere  (Alvermuele,  Flo- 
reana,  Cfcato»  etc.)  und  aablr.  kleine  LiseUK 
Schildkröten  (Testado  indiea)  bis  3  Gtr. 

Gala  ta»  Stadttheil  Konstantinopels,  von  den 
Gkenuesen  eingelegt)  Hauptsita  des  Handels. 

GalaUaB<a.  G.>,  Landsohaft  in  Kleinaeien, 
au.  Pompetiua .  Zeit  Königreich  imter  Bejo- 
tarns,  bald  darauf  rönu  Provinz,  mit  den 
Hauptst.  Ano^ra  n.  PMsinus«  Das  Christen" 
thnm  breitete  aioh  fröbaeitig  dort  aus« 


6M 


Galatz  —  Galudea. 


eilats  (Oolaet),  Handalsstadt  In  der 
Holdan ,  an  der  Donan ,  20,050  Ew. ,  Frei- 
hafen, Sobiffswerfte.  Hanptstapelplatx  f&r 
die  Produkte  des  Landes. 

Qalba,  8erviu8  Bnlpiciu»,  röm.  Kaiser,  geb. 
b  T.  Chr.,  war  38  n.  Chr.  Konsnl,  dann  nach 
einander  Statthalter  von  Aqnitanlen,  Ger- 
manien, Afrika  und  dem  tarrakon.  Spanien, 
ward  nach  Neros  Tode  Juni  68  ron  den 
Prätorlanem  eum  Kaiser  erhoben ,  yon  Otho 
Jan.  09  gestftrat  nnd  getödtet.  - 

Oalbinnm  (Mutterhan) ,  der  erhärtete 
Milchsaft  der  persischen  Umbellifere  Ferula 
ernbesoens  Boi$»i«r ,  braunllchgelbe  Köm- 
chen Ton  aromatischem  Geruch  n.  bitterem 
Geschmack;  Arzneimittel.  Das  farblose 
ätherische  Oel  ist  gleichfalls  of&oinell. 

Qaleane  (Ital.  gaUaaa),  grösstes  Knder- 
schiff  des  mittell&nd.  Meeres  im  10.  <-  14. 
Jahrb.,  mit  etwa  1000  Mann  Besatsnng, 
3  Masten;  in  Dänemark,  Schweden  und 
Holland  (Galea$)  kleines  Schiff  mit  Haupt- 
und  Besabnmast  und  Schoonersegel. 

Claleere,  130—140'  langes  Kriegsfahraeug 
mit  25  Rudern  an  Jeder  Seite,  welche  von 
6  —  7  Gtaleeronsklayen  regiert  wurden,  2 
leichten  Masten ,  mehreren  Kanonen  und 
8  —  500  Soldaten.  Die  romehmste  G.  hiess 
Roate,  ihr  folgt  die  Oa|rftana;  kleinere 
hiessen  Galeoten,  Halbgaleeren,  breit  ge- 
baute Bastardgaleeren;  seit  17.  Jabrh.  ausser 
Gebrauch.    OaUerenUrafe,  s.  Bagno. 

GaleerenoflBii,  langer  Ofen  mit  einem  der 
Länge  nach  rerlaufenden  Feuerkanal  und 
zwei  Reihen  ron  Retorten,  dient  zu  rer- 
scMedenen  technischen  Operationen. 

ttmlena,  Stadt  in  Illinois  (Nordamerika), 
14,000  Ew. ;  bed.  Bleiminen.    Gegr.  1819. 

6alensto«k,  Gebirgsstook  der  schweizer 
Alpen,  auf  der  Grenze  ron  Wallis  und 
Uri,  11,073'  h.;  daran  der  Rhonegletscher. 

Galenns,  Cfaudta«,  ber.  Arzt  des  Alter- 
thnms,    geb.    131   n.    Chr.    zu   Pergamum, 

Srakticirte  das. ,  dann  in  Rom ;  f  um  200. 
chriften  (1821—33,  20  Bde.,  1844,  1848). 

Cialeote,  s.  v.  a.  Halbgaleere,  s.  Cküeere. 

Galerie,  tiemacb,  dessen  Lauge  die  Breite 
bedeutend  übertrifft,  bes.  zum  Aufstellen 
von  Kunstwerken  dienend ;  daher  auch 
solche  Sammlung  selbst,  auch  übertragen, 
z.  B.  als  Büchertitel;  ein  mit  einer  Brü- 
stung umgebener  Gang,  bes.  in  Theatern 
die  Bethe  Plätze  vor  oder  über  den  Logen ; 
vorspringeuder  Balkon  am  Hintertheil  eines 
Schiffs;  iu  der  Kriegsbaukunst  langer  schma- 
ler Gang  zu  den  Aussenwerken,  Minengang. 

Galeiins^  Cajus  Valeritu  Maximianui, 
dacischer  Hirt,  dann  Soldat,  schwang  sich 
zu  den  höchsten  militar.  Würden  empor, 
ward  Diocletians  Schwiegersohn  und  Mitkai- 
ser mit  Ck>nstantius  Augustns,  schlug  die 
Perser ;  f  311 ;  letzter  Verfolger  der  Christen. 

tialgantworzely  gewürzhafte,  iugwer- 
artige,  ätherisches  Oel  enthaltende,  ofB- 
cinelle  Wurzel  aus  China,  stammt  wahr- 
scheinlich von  Alpiuia  ohinensis  (Scitaminee). 

Galieten  (röm.  CMaicum),  ehemal.  König- 
reich im  nordwestl.  Spanien,  die  Prov. 
Ooru&a,  Lugo,  Orense  und  Pontevedra  um* 
fassend,  583  QM.  und  1,880,522  Ew.  (CMle" 


go§)  i  reich  an  WaldgeUrgeii   and   firaeht- 

baren  Gefilden,  gut  angebaut,  Landwirth- 
Schaft  u.  Viehzucht  blübend.  Hanptat.  Ck>m- 
postella,  feste  Hafenplätze  Com&a  u.  FerroL 

Chllllia  (a.  G.),  Landschaft  in  Palästina, 
ursprüngl.  Distrikt  des  Stammes  Naphtfaali ; 
dann  Nordpalastina  diesseits  des  Jordans. 

GaUlel.  Galileo,  ital.  Physiker,  gab.  IS. 
Febr.  1564  zu  Pisa,  ward  1589  Prof.  der 
Mathematik  das.,  1592  in  Padua,  1610  wieder 
in  Pisa,  erklärte  sich  hier  auf  Grand  seiner 
Beobachtungen  für  das  kopemikan.  *^Velt- 
system  und  ward  zur  Verantwortong  nach  . 
Rom  geladen.  1617  nach  Florenz  auruek- 
gekehrt,  ward  er  durch  sein  «Dialogo 
sopra  1  duo  sistemi  del  mondo*  (1632)  aber- 
mals in  einen  Prozess  verwickelt  und 
musste  16S3  ror  dem  Inquialtionstribnnal 
seine  Meinung  abschwören  (das  berühmte 
,E  pur  si  muove*,  und  sie  bewegt  sich  doch ! 
ist  unhistorisch).  Nach  Siena,  dann  nach 
Arcetrl  verwiesen,  f  er  das.  8.  Jan.  1642. 
Erfend  die  Wasserwage,  den  Proport{<mal- 
zirkel,  konstruirte  ein  Femrohr,  nachdem  er 
von  dessen  Entdeckung  in  Holland  Knnde 
erhalten,  entdeckte  die  Pendel-  nnd  Fall- 
gesetze, die  Mondberge ,  Juplterstrabanten, 
den  Satumsring,  die  Sonnenflecke  und  die 
Libration  des  Mondes ,  entwarf  Tafeln  der 
Bewegung  der  Jupitersmonde.  Auaipabe 
seiner  Werke:  1842— 56,  16  Bde.  Vgl.  über 
ihn:  Ca»par  (1854),  Ghtulen  (1862),  Epinoia 
(1867),  Martin  (1868),   WohUoül  (1870). 

Cialloiiy  Schiffssehnabel. 

Gallone,  grosses  Kriegsschiff  der  Spanier 
im  Mittelalter,  mit  8  Masten  imd  3—4  Ver- 
decken, vorzüglich  zum  Transport  der 
Schätze  ans  Amerika  benutzt  (Silberflotte). 

Galipot,  franz.  Fichtenharz. 

Galiteenstelm.  toe<w«r,  s.  v.  a.  schwefel- 
saures Zlnkozyd;  Mauer,  s.  v.  a.  schwefel- 
saures Kupferoxyd. 

Galivm  L.  (Labkraut),  Pflaniengrattnng 
der  Rubiaceen.  G.  Mollugo  L.,  weisses 
Waldstroh,  GrasUern ,  in  Europa,  Volks- 
heilmittel gegen  Epilepsie.  G.  veram  L., 
gelbes  Wiädatroh,  lA^frauenbetiatroh,  in 
Europa,  Sibirien,  macht  die  Milch  gerinnen. 

GaiiBlen  (G.undLodomerien),  Königreich, 
österr.  Kronland,  am  Nordabhang  der  Kar- 
pathen,  1425,6  QM.  und  4,705,525  Ew.  Im 
W.  von  der  Weichsel  (mit  Donajec,  San 
und  Bug),  im  O.  vom  D^Jestr  mit  lahlr. 
Nebenflüssen  bewässert,  sehr  frachtbar. 
430/0  des  Bodens  Ackerland,  260/«  Wald, 
fast  100/0  unproduktiv.  Hauptprodukte:  Hafer 
und  Gerste,  Flachs,  Tabak,  Runkelrüben. 
Bed.  Viehzucht.  Mineralien,  bes.  Steinsalz 
(Wieliczka  undBochnia),  Steinkohlen,  Erdöl. 
Hauptmasse  der  Bevölkerung:  Polen  im  W. 
(2,085,431)  und  Ruthenen  Im  O.  (2,281,838), 
Jene  röm.  Kathol.  (2  Brzbisth.  Lemberg  und 
Krakau),  diese  griech.  Kathol. ;  daan  deutsche 
Ansiedler  (ca.  105,000,  darunter  80,000  Ka- 
thol. I  und  Juden  (442,973).  Industrie  gering ; 
der  Handel  meist  Tniusithandel,  von  Joden 
und  Armeniern  betrieben ;  Export  von  Natur- 
produkten (Holz,  Vieh,  Salz  etc.).  Wichtig 
für  den  Handel  die  Eisenbahn  von  Cserno- 
wits  nach  Krakau.     Vgl.  Lipp»  ,Die  Var- 


Galizyn  —  Gallenfieber. 


667 


kefars-  und  Haddelsv^rbältnisse  G.bS  1870. 
2  UniTersitäten  (Erakau  und  Lemberg),  13 
Gymnasien  etc.;  aber  ungenügende  Volks» 
schulen.  Eintheilnng  in  2  Yerwaltungs- 
gobiete:  Krakau  (West-)  und  Lemberg  (Ost- 
galizien).  Von  95  Städten  nur  9  mit  mehr 
als  10,000  Ew.  Hauptst.  Lembsrg.  —  G.  und 
I«odomerien,  die  beiden  west).  Landschaften 
des  alten  Rothrnssland ,  »bildeten  bei  der 
Theilung  des  Landes  unter  die  Söhne 
Jaroslaws  L  2  Grossfürstentbümer ,  die 
nach  den  Hauptstädten  (Halicz  u.  Wladimir) 
genannt  wurden;  kamen  noch  im  11.  Jahrb. 
unter  die  Herrschaft  der  Ungarn,  im  13. 
und  14.  an  Polen,  bei  der  ersten  Theilung 
Polens  1772  an  Oesterreich.    Vgl.  Krakan. 

^hi\zjn(OoHzyn,  auch  Gdlit»in  und  0<U- 
litzin) ,  DmitriJ  Alexyetoitsch ,  geb.  1735, 
t  21.  März  1803  zu  Braunschweig,  russ. 
Gesandter  in  Paris  und  im  Haag  unter 
Katharina  U.,  Freund  Voltaires  und  der 
Encyklopädisten ;  Verf.  der  ,Description  de 
la  Tnuride'  (1788)  etc.  Seine  Gemahlin, 
AmedU,  Fürstin  v.  G.,  geb.  28.  Aug.  1748  zu 
Berlin,  Tochter  des  preuss.  Generals  Gra- 
fen von  Schmettan,  yersammelfce  in  Münster 
einen  Kreis  der  ausgezeichnetsten  Gelehr- 
ten um  »ich ,  vertraute  Freundin  von 
Hemsterhuls  und  Hamann,  bewog  Stolberg 
zum  Uebertritt  zum  Katholiclsmus,  hoch- 
gebildeten Geistes,  aber  stark  zum  Pietis' 
mus  sich  hinne^end;  f  24.  Aug.  1806.  An 
sie  riclitete  Hemsterhuis  seine  ,Letires  sur 
rath6i8me<  (1785).  Vgl.  KaJttThimg,  ,Denk- 
•  Würdigkeiten  etc.S  1828. 

Gally  1)  Franz  Joseph,  Anatom  u.  Pfaysiolog, 
geb.  9.  März  1758  zu  Tiefenbrunn,  prak- 
tioirte  in  Strassburg,  lebte  dann  auf  Beisen; 
t  22.  Aug.  1828  zu  Montrouge  bei  Paris. 
Begründer  der  Schädellehre.  Sehr.  ,In- 
troduction  au^Nsours  de  Physiologie  du  cer« 
veau*  (1808),  ,Anatomio  ot  Physiologie  du 
syst,  nerv.*  (2.  Attfl.1822— 25,6Bde.,mitAtias) 
u.  A.  —  2)  Heinrich  Ludwig  Lambert,  Tech- 
niker, geb.  28.  Deo.  1791  au  Aldenhoven  bei 
Jülich,  1836  Regierungssekretär  in  Koblenz, 
1839—49  Oberinspektor  auf  den  Gütern  des 
Barons  Eötvös,  seit  1849  in  Trier;  f  das. 
31.  Jan.  1863.  Erfinder  rauch  verzehrender 
Feuerungen,  tragbarer  Dampferzeuger,  der 
Weinverbesserungsmethode,  eines  Spiritus- 
destillirapparates  etc.  Verfasser  zahlreicher 
Schriften  über  Brennerei  (1830,  1832,  1834), 
Dampferzeugung  (1860),  Weinbereitung  (1854, 
1858),  Feuerungsanlagen  (1855)  etc.  —  3) 
Luise  von  G.,  s.  Schücking. 

Galläpfel,  durch  den  Stich  von  Gall- 
wespen an  den  Eichen  erzeugte  kugel- 
förmige, erbsen-  bis  klrschgrosse  Auswüchse 
an  Blättern  und  Blattstielen.  Schwarge, 
blaue  G.,  von  der  Larve  der  Gallwespe 
noch  nicht  verlassene,  und  weisse,  ver- 
lassene, daher  durchbohrte  G.  Die  meisten 
G.  werden  auf  Quercus  infectoria  Ol.  durch 
Gynips  Gallae  tinct.  (H,  erzeugt.  Arten: 
AleppO'  oder  türkische,  ungarische,  Istria- 
und  franz.  G.  Die  ehinesitehen  G.  werden 
durch  Aphis  cbinensis  Dottbledag  auf  Rhus 
semialata  Murray  und  B.  Japonica  ^tei.  er- 
zeugt und  bilden  hoble,  bisarr  gestaltete 


Blasen.  Die  G.  enthalten  bis  75%  Gerb- 
säure, dieney  zur  Darstellung  des  Tannins, 
der  Gallus-  und  Pyrogallnssäure,  der  Dinte, 
in  der  Färberei  und  Gerberd. 

Gidlait  (spr.  -ä),  Louiß,  belg*  Historien- 
maler, geb.  1812  zu  Tournay,  auf  der  Aka* 
demie  das.  unter  Hennequin  gebildet,  lebt 
zu  Brüssel.  Einer  der  Hanptführer  der 
belg.  Malerschule;  Hauptwerke:  Tasso  Im 
Gefängniss ,  Abdikation  Karls  V. ,  £^mont 
vor  der  Hinrichtui^,  Exeqnien  der  Leichen 
Egmonts  und  Hooms  etc. 
.  Gallas,  Negervolk  im  nordösfl.  Theile  des 
südafrlkan.  Tafellandes,  südl.  von  Abessi- 
nien  bis  zur  Küste,  schönen  und  kräftigen 
Körpers,  bildsamen  Geistes,  kriegerisch,  zum 
Theil  noch  wild  und  grausam;  meist  Hirten- 
völker, auch  kühne  Jäger  und  Räuber;  dran- 
gen erst  in  den  letzten  Jahrhunderten  aus 
dem  Innern  Afrikas  verheerend  und  erobernd 
nach  dem  N.  und  O.  vor,  und  zerfallen  in 
mehrere  Stämme  mit  bes.  Gemeinwesen, 
deren  einige  zumOhristenthum  bekehrt  sind. 

GallaSy  MaUhias,  Graf  von,  kaiserl.  Ge- 
neral im  SOjähr.  Kriege,  geb.  1589,  verrieth 
dem  Kaiser  Wallenstäns  Pläne,  wurde  mit 
Vollstreckung  der  insgeheim  über  denselben 
ausgesprochenen  Acht  beauftragt,  erhielt 
nach  WallensteinsTode  die  Herrschaft  Fried- 
land und  den  Oberbefehl  über  das  kaiserl. 
Heer;  f  ^^7  in  Wien.  Sein  Mannesstamm 
erlosch  Mitte  des  18.  Jahrb.,  worauf  der 
Erbe  von  Friedland,  Graf  Clam,  den  Bei- 
namen dam'  CMUas  annahm. 

Galle 9  Johann  Go^fried,  Astronom,  geb. 
9.  Juni  1812  in  Sabsthaus  bei  Gräfen- 
hainichen,  seit  1851  Direktor  der  Stern- 
warte in  Breslau;  entdeckte  3  Kometen, 
fand  den  von  Leverrier  theoretisch  ent- 
deckten Planeten  Neptun  auf. 

Galle^  Sekret  der  Leber,  sammelt  sich  in 
den  Gallengängen  und  in  der  Gallenblase 
und  mischt  sich  im  Zwölffingerdarm  dem 
Speisebrei  bei.  Schleimig,  gelb,  grün  bis 
schwarz,  bitter,  neutral,  enthält  tauro-  und 
glykocholsaures  Natron,  Farbstoffe  (welche 
die  Exkremente  färben),  Gholesteariu,  Fette, 
Schleim  etc.  Begünstigt  die  Besorption  des 
Fettes,  verhindert  Gährung  im  Darm,  dient 
zur  feineren  Wäsche  (Gallenseife,  Seife  mit 
G.,  Honig,  Terpentin),  zum  Anreiben  der 
Farben  (Ochsen-,  Karp/engaUe)  etc. 

Gallegos  (spr.  Ga^e-),  die  Bewohner  von 

Gallen,  St.,  s.  St.- Gallen.  [Galicien. 

Gallen,  Pflanzengallen,  krankhafte,  durch 
Insektenstiche  veranlasste  charakteristisch 
geformte  Auswüchse  an  Wurzeln,  Blättern, 
Blatt-  und  Blüthenstielen,  beherbergen  ein 
oder  mehrere  Insekteneier  und  die  junge 
Brut  bis  zu  verschiedenen  Entwicklungs- 
stufen (s.  Galläpfel).  Auf  Aeokern  sandige 
und  nasse  Stellen.  Bei  Pferden  kleine  Ge- 
schwülste an  den  Füssen  ,  entstehen  durch 
zu  gn'osse  Anstrengung  und  infolge  von 
Schwäche;  Behandlung  durch  zusammen- 
ziehende Mittel,  Umsohll^e  etc. 

Gallenfieber  (Febris  billosa) ,  firüher  ge- 
bräuchlicher Name  verschiedener  Krank- 
heiten, die  man  mit  zu  reichlicher  Gallen« 
absonderung  in  Verbindung  bracbte. 


ms 


Gatlensteiiie  —  Oftbnei 


CklUettlteiM^  V«rliftitaiig6ii  in  der  Gallen- 
blase, bestehen  thells  aus  Gallenfltrbstoff, 
theils  aas  Choleitearin  etc.,  yerstopfen  bis- 
weilen die  Qalleng&nge  und  veranlassen 
Qelbsvcht  und  heftff^e  Schmersen  (OctiUn- 
tieiii^koiik).  Bei  älteren  Franen  b&nfig.  Be- 
handlang:  meist  nur  Regelung;  der  Diät  nnd 
SctiinerBstillnnr  durch  yersehiodene  Mittel. 

Oallenwnrsei^  s.  ▼.  a.  Jalappenwurzel. 

Oallerte^  thieritcke,  ist  Leim  mit  so  yiel 
Wasser,  dass  bei  gewöhnlleher  Temperatur 
eine  zitternde  Masse  entsteht;  pfianzlieht 
G.  ans  Hechten  ist  Flechtenstärkemehl  und 
ans  Früehten  Pektin  mit  Wasser, 

Gaüetselde^  alle  ron  den  Oocons  er- 
haltenen verspinnbaren  Seidenabl&lle. 

Gallien  (lat.  GaUia),  das  Land  der  Gallier, 
des  celt.  Hauptrolks  im  Alteithnm,  um- 
fasste  das  heutige  Frankreich  und  Belgien, 
seit  4.  Jahrb.  t.  Chr.  atieh  Oberitalien  bis 
zur  Etsch.  Letzteres  (das  ital.  G.),  als 
GaUia  cUmipina  Ton  dem  jenseits  der  Alpen 
gel^euen  Q.  tran$alpina  -unterschieden  und 

io  nach  der  Lag^  diesseits  oder  jenseits  des 
*o  (Padns)  in  G.  cispadana  und  Q-.  trun*' 
ptMktfMi  zerfallend,  wurde  im  sog.  gcMUohtn 
KrUge  (2S4  — 822  t.  Chr.)  von  den  Römern 
unterworfen  nnd  seit  191  durch  Kolonien 
vollständig  romanisiri.  Wegen  ,der  von- 
den  Römern  angenommenen  Tracht  der 
Tbga  hiess  es  fortan  O.  togata,  im  Gegen- 
satz zu  0,  brcn:oata  (von  den  weiten  Hosen 
der  Bewohner)  oder  e&mala  (von  ihrem 
langen  Haupthaar).  Von  58—61  v.  Ohr. 
unterwarf  Julius  Cäsar  das  ganze  übrige 
transalpin.  G.  nnd  tbeilte  es  in  3  durch 
Sprache  und-  Einrix^tnngen  verschiedene 
Gebiete:  in  Aquitanien,  zwischen  den  Pyre- 
näen und  der  Garonne,  von  iber.  Völker- 
schaften bewohnt ,  das  celt.  Q, ,  bis  zur 
Seine,  und  das  hdg.  Q.,  bis  zum  Rhein, 
beide  letztere  Theile  von  den  eigentlichen 
Chilliem  oder  Gelten  bewohnt.  Unter 
Augnstus  (27  v.  Ohr.)  neue  Eintheilnng  des 
Landes.  Die  8  ersten  Jahrb.  n.  Ohr.  ver- 
liefen ruhig  für  die  Gallier;  dann  beginnt 
ihr  Verfall,  den  innere  Zerwürfnisse,  Ein- 
fälle und  Besitzergreifiangen  der  Alemannen 
nnd  Franken,  sowie  der  Druck  der  röm. 
Stottfaalter  und  im  5.  Jafarh.  das  Eindringen 
der  Bui^nder  und  der  Westgothen  be- 
schleunigen. Der  Sieg  des  Franken  Chlod- 
wig 486  vernichtet  den  letzten  Best  rom. 
Herrschaft  über  G.  nnd  lässt  aus  G.  das 
ftänk.  Reich  hervorgehen.  Vgl.  Valkenaer, 
,G6ogr.  des  Gaules*,  *  1826  — 88,  2  Bde.; 
Thierry,  ,Hist.  de  la  Gaule*,  1888,  3  Bde.; 
neue  Ausg.  1866  f.;  ßcherrer,  ,Die  Gallier 
nnd  ihre  Veiüftssnng',  1865. 

GallliMns,  JhMimg  LUvnius,  röm.  Kaiser, 
erat  Mitrogent '  seines  Vaters  Valerianns, 
Kaiser  seit  259 ,  llist  bloss  anf  Italien  be- 
schränkt (Zelt  der  sogen.  80  Tyrannen); 
268  ermordet. 

Galllkstti8«lie  KIrdM»  die  kathol.  Kirche 
Frankreichs,  insofern  sie  von  Alters  her 
eine  gewisse  nationale  Selbständigkeit  aneh 
dem  i^äpstl.  Stuhle  gegenüber  behauptete. 
Obwohl  von  Rom  nie  und  auch  in  Frank- 
reich  nicht    allgemein  anerkannt,    wurde 


sie  doch  SEum  Theil  Bchon  dvreb  die  png* 
matischen  Sanktionen  von  1269  und  148S, 
zuletzt  1682  durch-  die  ^Quatuor  proposi- 
tiones  cleri  Gallicani*  bestätigt,  wonach 
1)  der  Papst  in  weltl.  Angele^enheitea  kein 
Recht  ül>er  FürstMi  ufid  Könige  bat,  2)  den 
Beschlüssen  efnes  allgem.  Koncils  nnter- 
worfen  ist,  3)  seine  Macht  dureb  die  in 
Frankreich  gelteiylen  Sateungea  desReiehs 
und  der  Kirche  beschrankt  und  4)  auch  im 
Glauben  sein  Urtbeil  ohne  Zustimmtnig 
einer  allgem.  KirchenTersammbtng  niebt 
unabänderlich  ist.  Ein  kaiserl.  Dekret  -vom 
25.  Dec.  1810  erhob  diese  4  Artikel  cum 
Reich^esetz.  Das  von  Ludwig  XVIII.  mit 
Plus  Vn.  1817  al^escblossene  Konkordat 
verletzte  in  manchen  Beziehungen  die  Frei- 
heit der  g.n  K.,  die  dann  bes.  die  Jesuiten 
zu  beseitigen  strebten.  Der  höhere  franz. 
Klerus  bett^chtet  g^enwärtig  seine  Sache 
als  mit  der  des  päpstl.  Stuhls  solidarfacb 
verbunden.  [renes  Gerede. 

GalliniathiM«  unverständliches,  verwor- 

GalUpöli,  1)  feste  See-  und  Handelsstadt 
in  der  stidital.  Prov.  Terra  d^Otranto,  am 
Meerbusen  von  Tarent,  auf  einer  Felsen- 
iusel,  7299  Ew.  — 2)  Befest.  tärk.  Stadt  in 
Thracien,  am  Hellespont,  80,000  Ew.  Her. 
Safftanfabr.  Haupthandelsplalx  der  Provtns. 

Galligirem^  von  Gall  angegebenes  Ver- 
fahren der  Weinverbessernng ,  'besweokt 
Herstellung  eines  normalen  Säure«  und 
Zuckergehalts  im  Most  nnd  besteht  in  der 
gehörigen  Verdünnung  des  Mostes  mit 
Wasser  unter  Zusatz  von  Traut>enzncker. 

CMlomanie  (lat.  und  g^r.),  übertrsE^bene 
Vorliebe  für  franz.  Wesen,  bes.  zu  Friedrichs 
d.  Gr.  Zeiten  in  Deutschland  herrschend. 

Gallon,  engl.  Hohlmass,  Imperial-,  Stan- 
dard >  G.,  ä  4  Quart,  ä  2  Pint,  ä  4Gill  =  4,64« 
Liter  =  3,968  preuss.  <inart. 

Gallosehe  (fr.),  Uebersobuh. 

Gallmasäor^  stickstofffrenie  Pflanzensänre, 
findet  sich  in  vielen  gerbstoffhaltigen  Sub- 
stanzen, entsteht  bei  Zersetznftg  der  €lerb- 
säure  durch  Gähmng  oder  Schwefelsäure, 
bildet  farblose,  in  Wasser  und  Alkohol 
lösliche  Krystalle,  zersetzt  sich  beim  Er- 
hitzen in  Kohlensäure  nnd  FyrogaÜmuäure 
(s.  d.);  wird  bei  der  Photographie  und  zur 
chemischen  Analyse  benutzt. 

Gallwespen  (Gallicolae) ,  Insek^enfiandlie 
der  Hymenopteren ,  legen  ihre  Eier  unter 
die  Oberhaut  der  Pflanzen  und  vemrsadben 
die  Entstehung  der  Gallen.  McketOirntt- 
^aÜtoespe  (Oynips  quercus  folii/».),  1»^— 3"*, 
in  Deutschland,  ersengt  Gallen  auf  Eidi- 
blättem.  O.  gallae  tfnctoriae  Ol.,  im  Orxeat, 
erzeugt  die  Ctalläpfel,  O.  calieis  L.  die 
Knoppern;  O.  psenes  L.,  in  Südenropa, 
sticht  die  Feigen  an  und  begünstigt  deren 
Ausbildung  nnd  Reife.  Rhodltes  rosaa  L. 
erzeugt  anf  der  Rose  den  Rosen-,  Hage- 
buttenschwamm,  Bedeguar. 

Galmel,  Mineral  aus  der  Klasse  der 
wasserhaltigen  Metallolithe,  farblos  oder 
gefärbt,  kieselsaures  Zinkoxyd  mit  67% 
Zinkoxyd;  auch  kohlensanres  Zinkoxyd, 
Zinkspath,  Smithsohit,  mit  64,5  «)fo  Ziak- 
oxyd.   Die  wiehtigsten  Zinkerae,  in  gronen 


Gftlop  . —  GalTanismufl. 


969, 


La4*eim  in  Ol^ertfohlesleii,  Polen  u«  Oalüdeo, 
bei  Aachen,  Stolberg  etc. 
i^  Galop  (fr.) ,  Oang^rt  der  vierfussigBn 
Thiere,  bes.  der  Pferde,  wobei  sie  sieb  in 
Sprüngen  yorwäi*t8  bewegen;  Sechta-  oder 
Linkagalop,  je  naohdem  die  beiden  rechten 
oder  die.linHen  Fusse  vorgreifen.  Qalopä<He, 
Tanz  in  ^/4-Takt.  [fcfimndauohL 

fiüopirende  Schwindsucht ,    9.  Lungen- 

öalTini,  Zuigi  (Aloi$io),  ital.  Anatom, 
geb.  9.  Sept.  1737  zn  Bologna,  1762  Prof. 
der  Anatomie  da«.;  f  ^  Dec>  X7d8  dw. 
Entdeckte  1780  den  Galvanismus. 

ClalYaiilsche  Batterie  (Säule,  Kette) ,  der 
Apparat  zur  Erzeugung  dea  gaü  ran.  Stroms» 
welcher  ans  mehreren  f^emenlen  besteht. 
Plattenpaare  yon  Zin^  und  Knpfer  mit  an> 
gefeuchteten  Vilzscheiben  in  gleichbleiben- 
der Eeihenfolge  auf  einander  geschichtet 
bilden  die  voUaeehe  Säule.  Das  mit  Kupfer 
schliessende  Ende  ist  der  positive«  das  mit 
Zink  der  negative  Pol.  Yon  beiden  Polen 
gehen  Drähte  aus  und  die  Sänie  Ist  ge- 
schlossen, wenn  diese  Drähte  mit  einander 
in  .leitender  Verbindung  stehen,  andernfalls 
offen.  Taucht  man  die  Plattenpaare  in  ver- 
dünnte. Säure  und  verbindet  je  eine  Kupfer- 
platte mit  einer  Zinkplatte,  so  erhält  man 
eine  g.  B.»  deren  Stärke  aber  ra9oh  abnimmt, 
weil  der  am  Kupfer  sich  ausscheidende 
Wasserstoff  das  Metall  einhüllt  und  unwirk- 
sam macht  (unkonataute  B.),  Stellt  man  das 
Kupfer  dagegen  in  KupfervitrioUösung,  so 
wird  der.  Wasserstoff  zur  Reduktion  des 
Kupfersalzes  verbraucht  und  die  Batterie 
ist  kanttafUf  so  lange  Kupfersalz  vorhanden 
und  das  Zink  noch  nicht  von  der  Schwefel- 
säure aufgezehrt  ist.  Letzterem  beugt  man 
durch  Amalgamir^i  vor.  Formen:  Wallaston : 
Zink  und  Kupfer  in  verdünnter  Schwefel- 
säure; Smee:  Zink  und  platinirtes  Silber  in 
verdünnter  Schwefelsäure;  danielische  B.: 
Zink  in  verdünnter  Schwefelsäure,  in  letz- 
terer ein  poröser  Thoncylinder  mit  Knpfer 
und  Kupfervitriol  (Abänderungen:  Siemens-. 
Halske,  Meidinger,  Gallaud,  Krüger,  JAi- 
notto);  Grove:  Zink,  Schwefelsäure,  im 
Thoncylinder  Platin  mit  konoentrirter  Sal- 
petersäure; Bunsen:  statt  Platin  Kohle 
(Siemens-Halske:  Zink  und  Kohle,  beide  in 
verdünnter  Schwefelsäure.  Chromelement : 
Zink  in  Schwefelsäure,  In  der  Thonzelle 
Kohle,  verdünnte  Schwefelsäure  u.  doppelt- 
ohromsaures  Kali);  Mari6^Davy:  Zink  in 
Wasser,  im  Thoncylinder  Kohle  in  ange- 
fouchtetem  schwefelsauren  Quecksilberoxyd ; 
L6clanch6 :  Zink  in  Salmiaklösung,  im  Thon- 
cylinder Kohle  mit  grobkörnigem  Braun- 
steine und  Salmiaklöaung.  Man  erhält  Elek- 
tricität  von  grosser  Spannung,  wenn  man 
mehrere  galvan.  i^lemente  kettenförmig  mit 
einander  verbindet  (jeden  t|~Po1  mit  einem 
— ),  dagegen  eine  grosse  Quantität  Elektrici- 
tat,  wenn  man  durch  Verbindung  aller  gleich- 
naJEuisen  Pole  gleichsam  ein  einziges  gross- 
plattiges  Element  darstellt.  Pie  g,n  B.n  die- 
nen zuni  Betrieb  von  Telegraphen ,  in  der 
Galvanoplastik,  zur  Erzeugung  yon  elektr. 
Licht  und  Glühhitze,  zu  medicin.  Zwecken. 

dftlTuUBCbeFIrhim;  derHetalle  (Meud" 


loekranie^,  Erzengnng  yers^^dentf  Fa^en 

(Farben  dftnper  Blättchen)  Viu|:ch  galvan. 

Fällung  von  Metalloxyden  auf  Meti^lwaanen,, 

welche  in  einer  Lösung  Jener  Oxyde  am 

negativen  Pol,  edner  galvan.  Batterie  hängen. 

ClalTanische  Kette,  s.  Qalvanieche  JSatterie* 

Oalranischer  Strom,  s.  GalvanUmtu, 

Galvanische  Säule.  9.  Galvmniache  JScdterie, 

fialTanische  Terrlelfilltlgiuigy  ».  6^ua- 

noplastik, 

Öaivanigiren,  s.  y.  a.  elektrisiren,  bes.  im 
medic.  Sinne:  Anwendungdesgalvan.  Stroms« 
Galvanisirte«  Eisern^  verzinktes  Eisen. 
Galvaniamiu  (Berührunge- ,  KonttAtelek' 
iricität),  entsteht  bei  Berühning  zweier 
ungleichartigen  Körper  ,  namentliQh  weifn 
beide  gute  Leiter  sind.  Jedes  System  von 
2  oder  mehreren  einander  elektrisch  er- 
regenden Iieitern  heisat  Elektromotor.  Der 
elektrische  Zustand,  welchen  ein  Körper 
bei  Berührung  mit  einem  anderen  annimmt, 
hängt  von  Ihrer  Stellung  in  der  elektrischen 
Spannungsreihe  (s.  d.)  ab ;  je  weiter  sie  in 
dieser  Beihe  von  einander  entfernt  sind, 
um  so  grösser  ist  die  .  elektromotorische 
Thätigkeit  bei  der  Berührung.  Die  elek>- 
trisohe  Differenz  je  zweier  Glieder  der 
Reihe  ist  gleich  der  Summe  der  elektrischen 
Differenzen  der  Zwischenglieder.  Tropfbare 
Flüssigkeiten  erregen  Metalleanch,  aber  sie 
nehmen  keine  bestimmte  Stellung  in  der 
Spannungsreihe  ein.  Zink,  Eisen,  J^upfer 
werden  in  verdünnter  Schwefelsäure  nega- 
tiv, Gold  und  Platin  positiv,  Platin,  Gold, 
Kupfer,  Eisen  in  konoentrirter  Salpetersäure 
positiv,  2Unk  negativ.  Hierdurch  wird  es 
möglich,  durch  wiederholte  Aufeinanderfolge 
und  Verbindung  zweier  Glieder  der  Span- 
nungsreihe mit  einer  leitenden  Flüssigkeit 
die  Spannung  der  ausgeschiedenen  Elektri- 
cität  beliebig  zu  verstärken.  Dies  geschiebt 
in  den  gsjvan.  Batterien  (s.  d.).  In  der  ge- 
schlossenen Batterie  findet,  da  die  elektro- 
motorische Kraft  fortwährend  thätig  ist, 
ein  fortwährendes  Ausgleichen  der.  beiden, 
nach  entgegengesetzten  Richtungen  getrie- 
benen Elektricitäten  Statt,  u.  im  Schliessungs- 
draht verlaufen  also  zwei  einander  entgegen- 
gesetzte elektrische  Ströme,  ein  positiver 
und  ein  negativer.  Im  einfachen  2nk- 
kupferelement  läuft  der  positive  Strom  vom 
Zink  zum  Kupfer,  im  Schliessungsdraht  da- 
gegen vom  Kupfer  nach  dem  Zink.  Die 
Wirkungen  des  galvanischen  Stroms  sind 
magnetische  (s.  Elektromagnetismus) ,  induk- 
torische (s.  Induktion),  chemische  (s.  Elektro- 
chemische Zeraetmng),  optische  (a,  Elektrischee 
Licht),  thermische  und  physiologische.  In 
den  Schliessungskreis  eingeschaltete  feste 
Leiter,  welche  dem  Strom  wegen  geringer 
Stärke  grossen  Widerstand  leisten,  erwär- 
men sich  merkbar  und  können  die  höchsten 
Temperaturen  annehmen  (Anwendung:  Gal- 
vanokaustik, Sprengen,  bes.  unter  Wasser). 
Die  physiologischen  Wirkungen  zeigen  sich 
in  eigenthüml.  Zuckungen,  in  Geschmacks- 
und Lichtempfindungen  im  Moment  des 
OefEnens  und  Schiessens  des  Stromes  durch 
einen  Theil  des  Organismus.  Vgl.  Wiech' 
Plana  (1861). 


670 


Galvftnograpliie  —  Gambetta. 


ttftlTUiOfraplüe,  Dantellnng  toh  Kupfer- 
dmckplatten  auf  gralyanisohem  Wege,  am 
in  Tovchmanier  auf  einer  Metallplatte  ge- 
malte Bilder  Sil  TerTieli&ltigen. 

ChilTamokawrtlk^  l)  die  dnrcli  Auftragen 
von  Aetsgrund  nnd  Radirang  regniirte 
Aetsnng  einer  in  Knpferlösung  am  positiven 
Pol  einer  galTanisobeu  Batterie  hängenden 
Knpferplatt«;  —  8)  (Platinnm  candens)  An- 
wendung der  Glühhitse  zu  chlrorgn'schen 
Zwecken  mit  Hülfe  eines  dünnen  Platin- 
drahts, welcher  xwisohen  die  Pole  einer  kräf- 
tigten galran.  Kette  eingeschaltet  ist.  Wird 
besonders  tum  Abschnüren  von  Polypen  etc. 
angewandt.  Vgl,  Middeldarpf,  «DieG-S  1854. 

GftlTaiioaieter  9  Instrument,  bei  welchem 
die  Ablenkung  einer  Magnetnadel ,  die  im 
Mittelpunkt  eines  kreisförmig  gebogenen 
Kupfersireifens  fRheometer,  Sinus-  und 
Tangentenbussole)  oder  Bahlreicher  Win- 
dungen von  übersponnenem  Kupferdraht 
(Multiplikator)  aufgehängt  ist,  das  Vorhan- 
densein, die  Richtung  und  innerhalb  ge- 
wisser Grenzen  die  Stärke  eines  den  Draht 
oder  Streifen  durchlaufenden  elektrischen 
Stroms  anzeigt.  Die  Empfindlichkeit  des 
Multiplikators  wird  durch  Anwendung  astati- 
scher  Nadeln  (8  mit  einander  in  entgegen- 
gesetzter Richtung  verbundener  Magnet- 
nadeln) erhöht. 

OalTftnoplastik.  Erzeugung  zusammen- 
hängender MetaUniederschläge  von  be- 
stimmter Form  auf  galvanischem  Wege. 
Bringet  man  eine  metallene  oder  eine  durch 
Ueberpinseln  mit  Graphit  leitend  gemachte 
Gyps-,  Wachs-  oder  Guttapertschaform  (Ma- 
tritze)  in  eine  Lösung  von  Kupfervitriol, 
verbindet  sie  >  mit  dem  negativen  Pol  einer 
galvanischen  Batterie  und  hängt  ihr  gegen- 
über eine  mit  dem  positiven  Pol  vorhandene 
Kupferplatte,  so  löst  sich  letztere  auf,  wäh- 
rend sich  auf  der  Form  metallisches  Kupfer 
in  immer  stärker  werdender  Schicht  ablagert 
und  endlich  als  Blech  abgelöst  werden 
kann.  Dies  Blech  ist  bis  in  die  feinsten 
Details  eine  getreue  Kopie  der  Form  und 
besitzt  alle  Eigenschaften  von  reinem  Kupfer, 
nur  nicht  ganz  die  Festigkeit  desselben, 
erhält  diese  aber  durch  Glülien,  Hämmern 
und  Pressen.  Darstellung  von  Kopien  von 
Medaillen,  Reliefs,  Figuren,  Holzschnitten, 
Kupferdruckplatten  etc.  Hat  die  Form  eine 
ganz  rein  metallische  Oberfläche,  so  haftet 
der  galvanoplastische  Metallniederschlag 
sehr  fest  und  der  Prozess  dient  daher  zum 
Vergolden,  Versilbern  etc.  Man  hängt  den  zu 
vergoldenden  oder  zu  versilbernden  Gegen- 
stand in  eine  Lösung  von  Gold,  Goldchlorid 
oder  Gblorsilber  in  Cyankalinm,  verbindet 
ihn  mit  dem  positiven  Pol  und  häng^  ihm 
gegenüber  mit  dem  negativen  Pol  verbun- 
denes Gold-  oder  Silberblech.  Der  Prozess 
ist  in  wenigen  Minuten  vollendet.  Besonders 
wichtig  Versilberung  auf  Kupfer  u.  Kupfer- 
legirungen,  Neusilber,  Roh-  und  Stabeisen, 
verkupfertem  Stahl,  Zinn  und  Zink.  Stärke 
des  Ueberzags  '/«a— V94(M>  Millim.  Zum  Ver- 
kupfern dient  eine  Lösung  von  Kupferoxydul 
in  Cyankalium,  zum  Verzinken  Zinkvitriol, 
«um  Verzinnen  eine  galvanisch  beigestellte 


Lösung  von  Zinn  in  Aetznatron.  In  einer 
Kupfer  u.  Zink  haltenden  Cyankalinmlösiing 
wird  einMessingniederaehlag,  in  Eisenvitriol 
mit  Salmiak  ein  Eisenniedersohlag  erhalten. 
Letzterer  dient  besonders  zum  Verst&blen 
von  Kupferdruckplatten,  die  dadurch  in  der 
Presse  widerstandsfähiger  werden.  Man 
arbeitet  in  der  G.  gegenwärtig  am  meisten 
mit  dem  smeeschen,  bunsenachen  oder  einem 
einfachen  aus  Zink,  Kohle  u.  Schwefelsäure 
bestehenden  Element. 

Oalveston  (spr.  -westn),  aufblühende 
Handelsstadt  in  Texas,  auf  einer  Insel  ror 
der  Galveaiovbai ,  13,818  Ew. ;  kathol.  Bi- 
schof; Universität;  treflfl.  Hafen;  £xport- 
platz  nach  Europa  (Export  1866:  1,778,401 
Pfd.  St.,  bes.  Baumwolle).    Gegrründet  1835. 

Oalwftj  (spr.  Gällueh),  Grafschaft  in  der 
irischen  Prov.  Oonnaugfat,  115  QM.  n.  271,042 
Ew.  Die  Bauptst.  G.,  an  der  Galtoaybai 
(des  atlant.  Ooeans),  16,786  Ew.  Kathol. 
Universität.  Handel.  Auswandemn^shafen. 

Gama,    ViMeo   de,    portugries.    Seefahrer, 
geb.  1469  zu  Sines  in   der  Prov.  Alemtejo, 
segelte  9.  Juli  1497   von  Lissabon  ab,   um- 
schiffte   20.    Nov.    die    Südspitze    AfHkas, 
lacdete  dann  an  der  Küste  Zangfuebar,  g^e- 
langte  80.  Mai   1498  nach  Kallkut   an   der 
Küste  Malabar,  kam  Sept.  1499  nach  Lissa- 
bon  zurück;   segelte   1508  mit  20  Schiffen 
von    Neuem    ab',    gründete    Kolonien    auf 
Mozambique    und   Sofala    und    kehrte   80. 
Dec.  1503  mit  13  reich  beladenen  Schiffen 
nach   Portugal   zurück;   ward   1524   wieder 
mit  14  Schiffen  nach  Indien  gesandt,  stellte 
hier  das  gesunkene  Ansehn  der  Portugiesen 
wieder    her;    t   2^*   ^^*   ^^^^   ">   Ckichin. 
Die  Geschichte  seiner  Entdeckungsfiibrten 
schrieb  Barroa;    OamoeTis  behandelte  sie  in 
den  ,Lusiaden*  poetisch. 

Gamander»  s.  Teucrium. 

Gambe  (Kniegeige),  altes  dem  Violoncell 
ähnliches  Streichinstrument. 

Gambetta,   L4on,  f^anz.   Minister,    geb. 
1836  in  Gabors  ans  einer  ursprüngl.  genues. 
Familie,   war  Advokat  in  Paris,   aeichnete 
sich  1868  als  Vertheidiger  in  dem  Prozess 
gegen  die  Journale,  welche  zu  Subskriptio- 
nen  für  Baudins  (s.  d.)  Denkmal   aufgrefor- 
dert  hatten,  durch  scharfen  Angriff  auf  das 
Kaiserreich  aus,  ward  Mai  1869  in  Marseille 
in  den  gesetzgebenden  Körper  gewählt,  ge- 
sellte sich  hier  der  Partei   der  Unversöhnt 
liehen  zu,  war  S.  und  4.  Sept.  1870  bei  der 
Absetzung  des  Kaisers  und  der  Proklamirung 
der  Republik  mitthätig,  ward  in  der  damals 
eingesetzten  provisor.  Regierung  Minister  des 
Innern,  verschärfte  als, solcher  das  Answei* 
Bungsdekret  gegen  die  Deutschen  in  Frank- 
reich, organisirte  die  Massenerhebung  znm 
Volkskrieg  und  schaltete  als  Diktator,  znm 
zähesten  Widerstand  gegen   die   deutschen 
Heere  treibend.    Nach  dem  Waffenstillstand, 
7.  Febr.  1871,  nahm  er  seine  Entlassung  als 
Mitglied  der  Regierung,  Minister  des  Iimem 
und  Deleglrter  des  Kriegsministeriums.  För 
Elsass  in  die  Nationalversammlung  gewählt, 
legte   er  nach  Abschluss   der  Friedenspri- 
liminarien   sein  Mandat  nieder  und   blieb 
den  weiteren  Ereigrnissen  fem« 


Gaiiibiä  —  äarcia. 


671 


Gaiübla)  einer  der  Hauptströme  Sene" 
gambiens,  entspr.  nordwestl.  von  Timbo, 
flieest  nordwestl.  und  westl.  und  ergiesst 
sich  südl.  vom  grünen  Yoi^ebirge  beim  Kap 
St.  Mary  ins  atlant.  Meer;   etwa  180  M.  1. 

Gambierlnseln  (Mangarevaarohipel,  EU- 
fanteninsdn)  vnlkaniscbe  Inselgruppe  in 
Austrjdlen,  südöstl.  der  niedrigen  Inseln. 

GMnbir.  8.  Katechu. 

C^ametodorf,  Dorf  in  Oberbayern,  bei 
Moosburg;  Not.  1313  Sieg  Ludwigs  des 
Bayern  über  Friedrich  von  Oesterreich. 

Öanln  (ft*.»  spr.  -mäug),  Küchen-  oder 
Liehijnnge,  bes.  der  pariser  G-assenjunge. 

Gandeckeiiy  Schuttwälle  längs  des  Glet- 
scherrandas,  beim  Zusammenfliessen  meh- 
rerer Gletscher  in  Einen  auf  dem  Rücken 
desselben  (MiiUAgandeck«,  Gitfferlinie). 

C^andenlieini^  Kreisst.  im  Herzogtfaum 
Braunschweig,  an  der  Gande  (sur  Leine), 
2660  Ew.  Die  her.  ehemal.  Abtei  G.  (9.  Jahrh.) 
blieb  auch,  nachdem  sie  1568  protest.  ge- 
worden, Keichsfnrstenthum  ;  ISOSeingeeogen. 

4}andOy  Reich  der  Fellata  im  westl. 
Sudan,  zu  beiden  Seiten  des  Niger  bis  etwa 
zur  3inn^ündung,  ca.  3880  QM. ;  Bevölke- 
rung: Fellata  (Vieh-,  bes.  Pferdezüchter) 
und  Haussaner  (Ackerbauer,  auch  in  Ge- 
werben geschickt  und  lebhaften  Handel 
betreibend).    13  Provinzen. 

Oanarbe^  entfernterer  Erbe;  Miterbe 
einer  Gemeinbesitzung  mit  dem  Rechte  zum 
Eintritt  in  die  Yerlassenschaft  aussterben- 
der Mitglieder.    (Veraltet.) 

Ganganelliy  Papst,  s.  Clemens  XIV. 

Oanges  (sauskr.  Ganga),  der  Hauptstrom 
Vorderindiens,  entsteht  in  13,000'  Höhe  am 
Südwestabhang  des  Himalaya  (Landschaft 
Gurwal)  aus  2  Quellflüssen,  Baghirati  im 
W.  und  AUtkamaida  im  O.,  tritt  bei  Hard- 
war  in  die  grosse,  ^heraus  fruditbare 
Qariges^eMt,  fliesst  sudöstl.  über  Allahabad, 
Benares  und  Patna,  dann  mehr  südl.  ge- 
wendet durch  Bengalen,  und  mündet,  in  8 
Hauptarme  (an  deren  westlichstem,  dem 
Hugli,  Kalkutta  liegt)  und  in  mehrere  hun- 
dert Nebenarme  getheilt,  in  den  bengal. 
Meerbusen.  Seins  Mündungsarme  bilden 
mit  denen  des  Brahmaputra  das  grösste 
Deltaland  der  Erde  (800  QM.),  die  sogen. 
Sundeiimnd»,  ein  mit  undurchdringlichen 
Sumpfwaldungen  und  Schilfdickichten  be- 
decktes Insellabyrinth.  Stcomlänge  332  M., 
Stromgebiet  23,500  QM.  Unter  seinen  Neben- 
flüssen (davon  12  grösser  als  der  Rhein)  ist 
die  Dschamna  der  bedeutendste.  Der  6.  ist 
der  heil.  Strom  der  Indier,  zu  dem  (bes.  zu 
den  Quellen)  zahlr.  Wallfeihrten  Statt  finden. 

fianglien  (gr.),  Nervenknoten,  Anschwel- 
lungen in  den  Nervensträngen,  aus  Nerven- 
sehnen und  -Zellen  bestehend,  in  denen 
sich  Fasern  verschiedenen  Ursprunges 
mischen.  Die  Ganglienzellen  sind  verschie- 
den gestaltet  und  haben  Ausläufer,  die 
theils  die  Verbindung  der  einzelnen  Zellen 
untereinander,  theils  mit  Nervenfasern  er- 
möglichen. Sie  kommen  ausser  in  den  G. 
massenhaft  im  Gehirn  und  Rückenmark 
vor.  Das  Qanglientystem  (Nervus  sympa- 
tblcns)  vereinigt  die  Nerven  für  Athmung, 


Blutlauf ,    Verdauung ,     Hamaussoheidung 
und  für  die  Gebärmutter. 

Qanglioii  (grO,  Ueberbein,  entweder  der 
Nervenknoten  (s.  Ganglien)  oder  eine  rund- 
liche Anschwellung  der  Sehnenscheiden 
der  Muskeln.  Letztere  entsteht  meist  durch 
Ueberanstrengung  und  verschwindet  durch 
dauernden  oder  plötzlichen  Druck. 

Gangotri^  her.  Wallfahrtsort  der  brah- 
man.  Hindu  im  Himalaya  (Gurwal). 

GavgrSiie,  s.  Brand. 

Gangspill  (Ankerwinde),  senkrechte,  durch 
lange  Barren  drehbare  Winde  zum  Eiq- 
winden^der  Ankerkette. 

Ganolden  (BckmeUuchupper),  Ordnung  der. 
Fische  mit  schmelzbedeokten  Schuppen  und 
lungenartiger   Schwimmblase,    sehr  arten- 
reich  in   der  Urzeit,   meist  ausgestorben. 
Lebende:  KnoehwuhecM,  U&fftSLsV&r,  Stör  eto. 

Gans  (An8erBr»M.;,Gattungder  Schwimm- 
vögel. Wilde  G.,  Graugans  (A.  cinereus  M. 
et  W.),  2'  10"  1.,  in  Mittel-  und  Nordeuropa, 
zieht  im  Sept.  südl.,  kehrt  im  März  zu- 
rück, nistet  im  N«,  der  Saat  schädlich. 
Fleisch  und  Dunen  geschätzt.  Ebenso  die 
kleinere  Saat-,  Moor-,  Zag-,  Sehneegans  (A. 
segetum  L.).  Behnee-,  PtAargans  (A.  hyper- 
borens  L.),  %'  3"  1.,  im  hohen  Norden, 
selten  bei  uns.  Ebenso  JBlässgans  <A.  albi- 
frons  L.).  Jüng^,  Bemakelgans  (A.  berni- 
cla  L.),  2',  kommt  aus  dem  Norden  an 
nnsre  Küsten  und  bis  Mitteldeutschland. 
Hausgans  (A.  domestlous  L.),  von  der  Grau- 
gans abstammend,  31/«',  bis  25  Pfd.  schwer, 
die  Marschganse  bis  40  Pfd.  Pommern, 
Westphalen,  Elsass,  Vogesen,  Normandie 
produciren  viel  Pökel-  und  Rauchfleisch; 
das  strassburger  Lebergeschäft  beträgt 
jäfarl.  2  Mill.  Frcs. 

Gant  (  Vergantung),  in  Süddeutschland  der 
öifentl.  Verkauf  der  Güter  eines  Ueberschul- 
deten  durch  die  Obrigkeit;  auch  s.  v.  a.  Kon- 
kurs. Daher  Oanthaus,  Versteigerungshaus; 
Qantmeister,  Auktionator;  Gantregister,  Auk- 
tionskatalog; GarUmann,  Konkursschul  duer. 

Ganymedes^  Mundschenk  des  Zeus,  Sohn 
des  Tros  und  der  Calirrho6,  wegen  Seiner 
Schönheit  von  Zeus  unter  der  Gestalt  eines 
Adlers  entführt  und  in  den  Olymp  erhoben. 

Gapy  Hauptstadt  des  franz.  Depart.  Ober- 
alpen, an  der  Luie,  8165  Ew. 

Garancevx,  1  „    n-«.««« 

Garancin,    }  «*  ^^«P^* 

Garantie  (fir.,  spr.  -angtih,  Gewähr),  Bürg- 
schaft, Sicherstellung,  bes.  bei  Friedens- 
verträgen, wenn  eine  dritte  Macht  als 
Garant  jedem  der  beiden  vertragschiiessen- 
den  Theile  die  Einhaltung  des  Vertrags 
von  Seiten  des  andern  verbürgt.  Zinsen- 
garantie,  die  vom  Staat  zu  Gunsten  von 
Aktiengesellschaften  gegebene  Zusicherung 
eines  bestimmten  niedrigsten  Zinsenertrags 
des  betreffenden  Unternehmens. 

Garbe  (Schafgarbe),  s.  v.  a.  Achillea. 

Giurcia  (Manuel),  Opernsänger  und  her. 
Gesanglehrer,  geb.  22.  Jan.  1775  zu  Sevilla, 
t  10.  Juni  1832  zu  Paris;  bildete  eine  An- 
zahl namhafter  Sänger  und  Säugerinnen, 
darunter  seine  beiden  Töcliter  Marie  Mali- 
brau  und  Pauline  Viardot-G.  und   seinen 


673 


Garoima  —  Garibaldi. 


Sohn  Matmd  &.,  iceb.  1613  in  Neapel,  Jefot 
In  London,  Verf.  trefl.  SolfegvieB. 

OarelBU  L.,  Pfleoseni^ttang  der  Onttl- 
feren.  O.  Horell»  DetrMMMano)  (O.  eUiptioa 
WMich),  Banra  in  Slam,  enf  Ceylon,  in 
Siogapore,  liefert  Onmml  Ontti ;  G*.  Mango* 
stana  L.  (IhngotUm«),  an/  Malakka  und 
den  Inseln  des  ind.  Arobipeis  knltivlrt,  Obst. 

OAf^OA  (fk*.,  spr.  -seng),  Knabe;  Aof- 
Wärter;  Janggesell. 

Gard  (spr.  Gahr),  reohter  Nebeniiits  der 
Bhone  im  sftdl.  Vrankrelcb,  8  M.  1.,  mit 
dem  berühmten  r5m.  Aquftdukt  Pont  du  Qard 
oberhalb  Remonlins.  Das  Deport.  G.,  105,9 
QM.  nnd  499,747  £w.    Haaptat.  KIams. 

Gardaftd  (Ottarde/ui),  Vorgebirge,  die 
östlichste  Spitae  Afrikas. 

GardMM  (Betweu»  locus  der  Römer),  Ge- 
birgssee in  Oberitalien,  mit  dem  Nordende 
ZQ  Tirol  geliörend,  mit  reisenden  Uferhrnd- 
sohaften,  8  M.  1.,  i/a-*8%  M.  br.,  EIS'  üb. 
M.,  bis  S&Ü'  tief;  empfftogt  die  Sarca  nnd 
hat  den  Minclo  snm  Abflnss.  An  der  Ost- 
seito  das  nralteDorf  Oarifa,  SOOOEw.  Hafen. 

Öarde  (fr.),  Leibwache  der  Fürsten,  dann 
bes.  anserlesene  Truppe,  Kemtmppe,  in 
der  neueren  Zeit  bes.  in  Frankreich  Ton 
den  übrigen  Trappen  gesondert,  seit  1776 
auf  die  Gardes  du  corps ,  die  Oardes  fran- 
^ises  und  die  Schweizer  besehrsnkt,  dann 
von  NM>oi0<»^  I*  ^^'^  Konwiat-  und  KatBer- 
gard»  (alte  O.)  wieder  vermehrt,  1818  56,000 
Mann  stark,  1813  in  Bassland  und  1815  bei 
Waterloo  grösstentheils  aufgerieben,  durch 
die  Jnlirevolution  1830  abgeschafft,  von  Napo- 
leon III.  1854  «1s  ToUständiges  Armeeeorps 
ans  allen  Waffen  unter  dem  Namen  Kaiser« 
garde  wiederhergestellt;  sbnst  nur  noch  iu 
Russland  und  Preussen  (Gardegrenadiere 
Friedrieh  Wilhelms  1.  nnd  Gardecorps)  als 
Kerntruppe  bestehend* 

Gardelegen)  Kreisst.  im  preuss.  Regbz. 
(Altmark)  Magdeburg,  an  der  Mild»,  6132  £w. 

Garderobe  (fr.),  Kleidung  (ohne  Wasche) ; 
Aufbewahrungsort  für  Kleider;  auch  An- 
kleideziramer  der  Schauspieler. 

Garfkgnana  (spr.  -ftinjana),  Landsch.  In 
Mittelitalien,  bes.  das  Thal  des  obern  Serohio. 

GargSno  (San  Angelo),  isoUrte  Gebirge- 
gruppe  iu  Unteritalien,  auf  der  in  das 
adriat.  Meer  Yorspringendan  Halbinsel  im 
N.  des  Golfs  von  Manfredonia,  4620'  h. 

Gargarisma  (gr.) ,  Gurgelmittel. 

Garibaldi,  Giuseppe,  ital.  Patriot  und 
General,  geb.  4.  Juli  1807  zu  Nizza,  trat 
früh  in  den  Marinedienst,  musste,  in  die 
Verschwörung  von  1833  Terwiokelt,  1834 
lliehen,  begab  sich  1836  nach  Südamerika 
und  zeichnete  sich  in  den  Diensten  der 
Republik  Rio  grande  do  Sul,  dann  in  denen 
Montevideos  als  kühner  Parteigänger  aus. 
Im  Frühjahr  1848  nach  Italien  zurück- 
gekehrt, erhielt  er  von  der  damal.  lombard. 
Bogiemng  den  Oberbefehl  über  ihre  Frei- 
corps,  trat.  Dec  in  die  Dienste  der  provisor. 
Regierung  zu  Rom  und  vertheidigte  die 
Stadt  gegen  die  Franzosen  nnd  Neapolitaner, 
wandte  sich  1851  wieder  naoh  Amerika, 
wo  er  sich  an  industriellen  Unternehmungen 
betheiligte.     Nach  seiner  Rückkehr   nach 


Italien  1854  erwarb  er  Gmndbesita  hat  dar 
Insel  Caprera.    16öf  asm  sardto.   Clwmnral 
ernannt,  M<fAieto  er  an  der  Spltae  der  AJpmi- 
jftger  die    Oifensivoperationen     gegiea     die 
Oesterreicher,  überschritt  23. Maiden  T«asin 
nnd  siegte  bei  Vareee  «nd  8aB->FeniM>  Qber 
das  österr.  Oorps  «nter  Urban.    Kaoh    dem 
Frieden  von  Villafranea  trat  er  in  die  Bieaaste 
der  centralital.  Staaten  und  lebte damstrieder 
auf  Caprera.    Nach  Ausbruch    des  AniMan- 
des  in  Sieilien  landete  er  mtt  Freiaohaarai 
11.  Mai  1860  bef  Marsala.  übernahm  14.  die 
Diktatur  nnd  drang  87.  in  Palermo  oln.  Doreli 
Vertrag  vom  6.  Juni  mit  dem  köafcl.  Statte 
halter  Lanza  Herr  der-  Btiadt  mad  «icfflleBs, 
ging  er  nach  Kalabrienüber,  eiegte21.  Aug. 
bei  Beg^io ,   zog  sehen  7.   Sept.  ±a  Ne»pel 
ein  und  sehlug  die könfgl.  Tnifi^en  19.  Sept. 
bei  Oapna  und  1.  nnd  9.  Okt.  a«vk  Yt^tom'). 
Nach  Viotor  Bmanuels  Erbebang  «ow»  Söttig 
von  Italien  legte  er  die  Diktatur  nieder- nnd 
kehrte  9.  Nov.  nach  Oapteta  aur&ok.    Die 
Missstlmmuug  in  Italien  über    di^  Unter» 
brecbnng  der  Revolution  veraiklaaete  ibn, 
26.  Juni  abermals  nach  Palermo  an  gehen, 
um  eine  allgem.  Erhebung  des -Volke  und 
die   Eroberung  Roms    vorzubereiten.      Er 
bemächtigte  sich    19.    Aug.   Oa*an1a«-  vmA 
landete  25.  in  Kalebrien,  ward  aber  29.  Ang. 
beim  Zusammenstose  mit  den  königl.  Trap- 
pen  bei   Aspromonte    seh^irer    ver^irMidet. 
Zuerst  als  Kriegsgrefangener  behaedelt,  6. 
Okt.  amnestirt,  kehrte  er  19.  Dec.  nach  Oa- 
prera  zurück.   April  1864  w&rd  er  bei  einem 
Besuch  in  Engtand  sehr  gefeiert;    Mai>  1866 
mit  dem  Oberbefehbüber  ein  FreiwilHgen- 
oorps  betraut,  lieferte  er  Joni  den  Oeeter- 
reichem  an  der  tir^er  Grenze  einig»  kleine 
Gefeohte  und  kehrte  15.  Ang.  na<A  Obpreia 
zurüdk.    Febr.  und  Mftrz  1867  ovgsnisirte 
er  auf  einer  Rnndr^sa  durch  die  venetian. 
Provinzen  die  Agitation  geg^ik    das  Papet- 
thum  und  zurgewansamettEroberoingRoias, 
begab  sieb  18.  Sept.  trotz  deriAbmahnnngen 
der  ital.    Regierung   an  die   rdm.   Grenze, 
ward  aber  24.   Sept.    in    Asinaltanga .  ver- 
haftet,  nach  Alessandria  gebrcieht  nnd  von 
dort  bedingungslos  n%eh  Caprera  entlatsen, 
hier  überwacht,    auch  bei  einem  Versnok, 
naoh  Livorno  abzugehen,  2.  Okt.  gewaltsam 
dahin  zurückgebracht.    14.  Okt*  ireritess  er 
Caprera  unbemerkt,   landete  bei    UTom« 
und  erliess  von  Florenfe   aus  einen  Anfraf 
zur  Eroberung  Roms.    Er  begalnn  22.   Okt. 
von  Foligao  aus  den  Angriff  nnd  drang  bis 
Monte  Rotondo   vor;   3.   No^.   wurde   sein 
Fr«iwilligeneorps  von  den  intervenirenden 
Franzosen  bei  MenttMia  aufgerieben,  er  selbst 
von  der  ital.  Regierung  verhallet  nnd  nach 
dem  Fort  Varignauo   abgeführt,    ven  hier 
25.  Nov.  wieder  nach  Caprera  entlassen.   9. 
Okt.  1870  erschien  er  iu  Tours  und  ward  von 
der  dortigen   Regfernng   zum    Befehlshaber 
der  Freisohaaren  in  den  Vogesen  nnd  einer 
Brigade   MQl>ilgarden   ernannt.     Er  begsb 
sich  14.  Okt.  nach  Besan^n ,  fboht  7.  Dec. 
bei  Antun  gegen  deutsche   Trnppen,  ward 
Jan.  1871  von  Werder  bei  Montbard  zurück- 
gesehlagen, focht  21.  JTan.  erfbigleb  bef  Dljoo. 
Naeh  Absöhluss'deti  WalTenfftfUtftMSdefl  (86. 


Gftriep  —  Gas. 


673 


Vebr.)  wurden  ■•ine  Trappen  entlassen.  In 
diefraiui.N»tionnlversantimJnng  sa  Bordeaux 
gewählt,  lehnte  er  ab  und  kehrte  nach  Ca> 
prera  snrück.  Biogr.  von  Cuneo  (19/65),  — 
Sein  älterer  Sohn  MenotÜ  Q.  betheiligte  sich 
an  dem  Unternehmen  von  1862,  ward  ver- 
wundet und  hatte  auch  1870  in  Frankreich 
ein  Kommando,  ebenso  der  jüngere,  BieeioUi. 

Qariep  (Oitrip),  s.  ▼.  a.  Oraqjefluss. 

ÖariglliUiO  (spr.  -Ijäno,  Liri»  der  Alten), 
FluBs  in  Unteritalien,  entspr.  auf  dem  Monte 
Passero,  mundet  in  den  <jk>lf  Ton  OaSta,  18  M. 

GariilBl^  Bergspltae  des  Gebirge  Ephraim 
ia  Palästen,  Statte  des  samaritan.  Tempels. 

tiurmaekeB»  technische  Operationen,  s.  B. 
Reinigung  des  Bohkupfers  au  Garkupfer. 

fianiy  aas  xusammengedrehten  Haaren 
oder  Fasern  gebildeter  (gesponnener)  Faden, 
wird  Bur  Weberei  benntst  oder  durch 
awei-,  drei-  und  Tier&ches  Znsammendrehen 
an  Zwirn,  Schnüren,  Sellerwaaren  ver- 
arbeitet. Banmwollengam  (Twist):  Water-, 
Kettg^m,  stark  gedreht,  dient  sur  Kette, 
Mtde-,  SeJmugarm,  schwächer  gedreht,  zum 
Einschuss.  Ebenso  beim  Flachs  und  Hanf. 
Schön  und  fein  ist  möppelgam,  StreichwoH-, 
Krempelgam,  aus  kurahaariger  Wolle,  etwas 
rauh  au  gewalkten  Stofbu,  JEammvoU-, 
Sayettgamy  ans  langer  Wolle,  au  glatten  WoU- 
waaren.  Merinogam ,  aus  feiner  kurzer, 
IM»terg€tm,  aus  gröberer,  langer  glänsender 
Wolle,  Vigognegarn,  aus  Schaf-  und  Baum- 
wolle. Gemischte  Gespinnste  bes.  ans  Al- 
paka, Baumwolle,  Mohair  und  Seide.  Die 
Feinheit  des  G.s  bestimmt  die  Garnnummer, 
d.  h.  die  Zahl  der  Strähne,  welche  ein  lan- 
desübliches Pfund  wiegen. 

Gameele»  s.  Krebee, 

Garnier -Pagis  (spr.  Garnieh  •  Pascha), 
Loui»  Antoine,  geb.  10.  Juli  1805  au  Mar- 
»ellle,  seit  IftjU.  Kammerdeputirter,  hielt 
sich  aur  äussersten  Linken,  ward  während 
der  FebruarreTOlution  1848Malre  von  Paris, 
5.  Hära  Finanaminister  bis  cum  Jnnianf- 
stand,  gehörte  als  Mitglied  der  Konstituante 
aur  gemässigt  demokrat.  Partei ,  trat  dann 
in  das  Privatleben  aurüek.  18W  in  den  ge- 
setagebenden  Körper  gewählt,  ward  er  4. 
Sept.  1870  Mitglied  der  Regierung  der  Na- 
tionalvertheidigpuig. 

GAmlaon  (fr.,  spr.  -aong),  bleibende 
Truppenbesataung  eines  Orts  im  Trieden; 
i^amiseruUentt,  Wacht-,  Patronlllendienst. 

Garsltur  (fr.),  Einfassung;  als  Ganaes 
Kuaammengehörige  Schmucksachen,  Pela- 
waaren  etc.;  an  Gewehren  die  den  Lauf 
und  das  Schlosa  mit  dem  Schaft  verbinden- 
den Theile,  bei  Militärgewehren  von  Eisen 
oder  Messing,  bei  Luxus-  und  Jagdgewehren 
von  Neusilber,  sohwara  gebstetem  Stahl, 
Hörn  etc.  (Kapu»(nergamitur). 

BurwuUy  Strom  im  sfidwestl.  Frankreich, 
entmr.  in  den  Pyrenäen  auf  q>an.  Gebiete 
ifm  Thale  Arran,  wird  bei  Muret  schiffbar, 
empfangt  Ari^e,  Tarn,  Lot,  Dordogne, 
helsst  nach  dem  ZusammenBusse  mit  dieser 
Qironde  und  mündet  18  M.  unterhalb  Bor- 
deaux in  den  atlant.  Ocean;  87  M.  1. 

Garotte  (span.),  Halseisen  an  einem  Pfahl 
aur  firdfosselung  von  Yerbreohem. 

Ifey«;-«  Hand' Lexikon» 


Garrick  (spr.  Gär-),  Dav,,  engl.  Schau- 
spieler und  BühnendichtOT ,  geb.  80.  Febr. 
1716  zu  Hereford ,  seit  1747  Direktor  und 
(mit  Laey)  Besitzer  des  Drurjlanetheaters, 
zog  sich  1776  von  der  Bühne  zurtkok;  t  80. 
Jan.  1779.  Als  Mime  gleich  gross  im  Tra- 
gischen wie  im  Komischen;  bes.  verdient 
durch  WiederelnTührung  der  Dramen  Shake- 
speares.   Sehr.  ,Lust8piele^  (1798,  3  Bde.)« 

'Garrot  (fr.) ,  Instrument  zur  Bintstillung. 

Gara,  1)  Stadt  im  preuss.  Regbz.  Stettin, 
Kr.  Randow,  an  der  Oder,  4996  Ew.  — 
8)  Stadt  auf  der  Insel  Rügen ,  8088  Ew. ; 
dabei  die  Reste  der  Wendenburg  Carenaa. 

Gag  (Leuehtgat),  Mischung  verschiedener 
G.e,  welche  durch  Erhitzen  unter  Lnft- 
abschluss  aus  Steinkohlen,  Holz,  Torf,  Fett, 
Petroleum  gewonnen  wird.  Wasserstoff- 
reiche, backende  Steinkohle  wird  in  röhren- 
förmigen Chamotteretorten ,  welche  zu  Je 
5—18  in  einem  Ofen  Hegen,  ea.  100  Kilogr. 
fassen  und  an  ihrem  hervorragenden  Ende 
mit  einem  eisernen  Decke]  verschliessbar 
sind,  4—5  Stunden  erhitat.  Der  Rückstand 
Oaake;  die  entwickelten  G.e,  Wasser-  und 
Theerdämpfe  entweichen  durch  ein  auf- 
steigendes nnd  sehr  bald  zurückgebogenes 
Rohr,  welches  in  ein  horizontales  weites 
Rohr  (Hydraulik)  mündet.  In  letzterem 
verdichten  sich  Theer-  und  Wasserdämpfe 
nnd  liefern  einen  hydraulischen  Abschluss 
des  ganzen  Apparates.  Das  G.  passiil;  dann 
ein  langes  Röhrensystem  (Kondensator)  und 
vertiert  in  diesem  durch  Abkühlung  noch 
mehr  Theer  und  Wasser,  wird  im  Skrubber 
gewaschen,  indem  es  über  Ooaksstfickohen 
strömt,  die  von  herabrieselndem  Wasser 
feucht  erhalten  werden,  und  gelangt  dann 
in  den  Exhaustor,  eine  pnmpenartig  wir- 
kende Maschine,  welche  das  G.  aus  der 
Retorte  ansaugt  und  den  schädlichen ,  Zer- 
setzung und  Verlust  bedingenden  Druck 
in  demselben  beseitigt.  Der  Exhaustor  be- 
fördert das  G.  in  den  Reinignngsapparat, 
in  welchem  es  durch  Kalkhydrat  oder  eine 
Mischung  aus  Bisenoxyd  nnd  Gyps  (la- 
mingsche  Masse  ans  Eisenvitfiol,  gelösch- 
tem Kalk  und  Sägespänen  bereitet)  von 
Schwefelwasserstoff,  Ammoniak  nnd  Kohlen- 
Säure  vollständig  gereinigt  wird.  Endlich 
gelangt  es  in  den  Gasbehälter  (G«someter), 
ein  Wasserbassin,  in  welchem  eine  grosse 

{iserne  Glocke  schwimmt,  sich  zwischen 
«eltrollen  auf  und  ab  bewegt  und  durch 
Gegengewichte  einen  leicht  zu  regulirenden 
Druck  auf  das  G.  ausübt.  Wird  das  Zu- 
leitnngsrohr  geschlossen,  so  treibt  dieser 
Druck  das  G.  durch  ein  zweites  Bohr  in 
das  Leitungssystem  zu  den  Konsumenten. 
Das  G.  enthält  an   leuchtenden  Stoffen  ea. 

5  %  gasförmige  nnd  Dämpfe  flüssiger  Koh- 
lenwasserstoffe u.  an  verdünnenden  Stoffen 
40-500/0  Wasserstoff,  86—43%  Grubengas, 

6  «Vo  Kohleuoxyd  nebst  etwas  Luft.  Wenn 
es  feuchtes  Bleizuokerpapier  am  geöffneten 
Brenner  nicht  bräunt,  ist  es  frei  von 
Schwefelwasserstoff.  Die  Brenner  ans  Eisen. 
Porzellan  oder  Speckstein  (Lavabrenner) 
sind  Einloch-  (die  unvorthellliaftetten), 
Zweilooh-   (Manonester-,    Fisohschwana-)| 

43 


674 


Gascogne  —  Gasser. 


DreUoöh  - ,  Schnitt  -  (Fledemuiiuflikgel-)» 
ZwflUngB-  (swtA  schräg  gegan  einuider  ge> 
stellte  Schnittbrenner)  und  Argandbrenner. 
Strömt  dfts  G.  unter  sn  starkem  Druck  ans, 
so  wird  der  Konsum  übermässig  erhöht  und 
die  lieaohtkraft  vermindert.  Diesen  Uebel- 
stand  suchen  die  rerschiedenen  Sparbrenner 
zu  rermeiden.  Die  Leuchtkraft  ist  ab- 
hängig Tom  Oehalt  des  G.es  an  schweren 
Kohlenwasserstoffen,  die  in  der  Flamme 
weissglühenden  Kohlenstoff  ausscheiden, 
sie  wird  rermindert  durch  Beimischung 
Ton  Lult  und  Kohlensaure  und  durch  gaso« 
metrische  oder  photometrische  Analysen 
oder  dadurch  bestimmt,  dass  man  unter- 
sucht, wie  Tiel  Luft  dem  G.  beigemengt 
werden  muss,  um  seine  Leuchtkraft  eu  eer- 
stören.  Die  Qamhren,  rotirende,  mit  Ab- 
theilungen versehene  Blechtrommeln,  be- 
stimmen den  Konsum  des  O.es.  1  Gtr. 
deutsche  Kohle  gibt  etwa  ÖOO  engl.  Kubikfüss 
G.  und  70  Pfd.  Coaks;  1000  Kubikf.  rohes 
G.  liefern  966  gereinigftes.  —  Bei  der  Hols« 
gasbereitnng  mnss  das  entwickelte  Ghis- 
und  Damp^emisch  stark  erhitzt  werden, 
um  die  Theerdämpfe  an  sersetsen  und 
Lenchliras  su  liefern.  50  Kllogr.  HoIk  geben 
ca.  600  Kubikf.  O.,  welches  bedeutend 
schwerer  ist  als  Steinkohlengas  (spec.  Gew. 
0,7  gegen  0,5)  und  deshalb  aus  weiten 
Brennern  gebrannt'  werden  muss.  Torf 
kann  vorzftgliches  G.  liefern.  Wasserdampf 
über  glühende  Kohlen  geleitet  gibt  Wasser- 
stoff, Kohlenoxyd,  Kohlensaure  und  Sumpf- 
gas. Dieses  Gemisch  (Wassergas)  brennt 
mit  blauer  Flamme,  welche  aber  hellleuch- 
tend wird,  wenn  man  in  ihr  Platindraht 
Bum  Glühen  bringt  (Platingas)  oder  das 
G.,  mit  Dämpfen  von  Bensin,  Petroleum  etc. 
imprägnirt.  Auch  Steinkohlengas  hat  man 
mit  solchen  Dämpfen  zu  mischen  gesucht 
(karbonisirt),  um  dadurch  seine  Leuchtkraft 
zu  erhöhen,  und  selbst  Luft  diente  als 
Träger  der  brennbaren  Dämpfe  (Luftgas). 
Oelgas  besitzt  3  —  4mal  grössere  Leucht- 
kraft als  Kohlengas,  ist  leicht  herzustellen, 
erfordert  *keine  Reinigung,  ist  aber  sehr 
theuer.  Sulntergas  wird  aus  dem  Ver- 
dampfhngsrückstand  (Suinter)  seifehaltiger 
Waschwässer  der  Streich  >  und  Karamgam- 
fabriken  und  der  Seidenentschälung  ge- 
wonnen. 1  Kilogr.  Suinter  gibt  210  Liter 
G.  Brannkohle  gibt  kein  gutes  G.,  wohl 
aber  Braunkohlentheer.  Petroleum  und  die 
Destillationsrückstände  desselben  geben  das 
leuchtkräftigste  G.,  welches  keine  Beinigung 
erfordert  und  in  kleinen  kompendiösen  Ap- 
paraten dargestellt  werden  kann.  —  G.  zum 
Heizen  und  Kochen  muss  mit  so  viel  Luft 
▼ermischt  werden,  dass  es  blau  brennt;  dazu 
dient  der  bunsensche  Brenner,  welcher  mit 
2  Kubikf.  G.  1  Liter  Wasser  zum  Kochen 
erhitzt.  Ueber  Leuchtkraft  des  G.es  s.  LettdU- 
maUrialim,  Vgl.  SehüHng,  »Handbuch*,  2. 
Aufl.  1866;  Bollej/,  ,Beleachtnngswesen*,  1862 ; 
JUitsig,  ,Holz-  und  Torfgas*,  1863;  für  Kon- 
sumenten die  Schriftchen  von  Jo&n  (1862), 
KtihUr  (1865),  DUU  und  Ilgen  (1870). 

Gase<Hpie  (spr.  -konj'),  Landschaft  in  Süd- 
fraukreich^  die  Dep.  lÄndes,  Oberpyrenäen, 


Gers  und  die  südl.TheUevonObergaronne, 
Tam*€htrontte  und  Lot-Garonne  nmfiMseBd, 
366  QM.  mit  842,637  Ew.;  die  westi.  IS&lAe 
unfruchtbare  Sandfläche  (dia  ,Landes*>  und 
Heideland;  die   Osthälfte   am    Adour    und 
Gers  firuchtbares  Geblrgsland.    IHe   Einw. 
(Ga»cogn«r)  in  den  Ebenen  klein  und  mager, 
dabei  lebhaft,  leidenschaftlich  und  sn  lieber» 
treibung  geneigt   (daher   Croscomnode») ,    im 
Gebirge  gross  und   stark   und    von   span. 
Charakter  (Basken).    Das  Land  hatte  unter 
Karl  d.  6r.  eigene  Herzöge,   kam   1054   an 
Gnyenne  und  rait  diesem  an  Frankreich. 

Gase,  elastisch -flüssige  Körper,    können 
durch  Druck  bedeutend  zusammengepreast 
werden  und  dehnen  sieh  aus,  so  lange  keine 
äussere  Gewalt   sie  daran  hindert.     Alle 
Elemente  und  zahlreiche  zusammengesetste 
Körper  können  bei  genügend  hoher  Tempe- 
ratur in  Gaszustend  übergehen;   viele    O. 
können  durch  Druck  u.  Temperaturemledri- 
gung   zu  Flüssigkeiten  verdichtet  worden 
(koörcible  G.,  Dämpfe  [s.  Dampf]^  im  Gegen- 
satz zu  den  permanenten:  Sauerstoff,  Wasser- 
stoff, Stickstoff,  Kohlenoxyd   und   Gruben- 
gas).   Das  Volumen   der  G.    verhält  sicli 
umgekehrt  wie  der  Druck,   dem  sie  ausge- 
setzt sind,  oder:    die  Spannkraft  der  Luft 
bei  gleichbleibender  Temperatur  verhält  sicli 
direkt  wie  ihre  Dichtigkeit  (mariottescfaes 
Gesetz).    Ueber  Ausdehnung  der  G.  durch 
die  Wärme  s.  Croy-Lu»9aetchM  G^mU.    Ton 
festen   und  flüssigen  Körpern   werden  'G. 
absorbirt   (s.    Abtorption),     Dia   chemische 
Verbindung  derG.  geschieht  nach  einfachen 
Yolum'enverhältnissen ,  und  wenn   die  ent- 
standene Verbindung  gasförmig  ist,  so  steht 
ihr  Volumen   in  einfachem  Verhältnlss  zu 
der  Snmm6  der  Volume  ihrer  BestandtheÜe. 

Gaskalk,  Kalk  ans  den  Reinignngs- 
apparaten  der  Gasanstalten,  enthält  Kalk- 
hydrat, kohlensauren  Kalk,  Calciumsnlf- 
faydrat  u.  Galciumcyanür,  dient  als  Dünger, 
Wegbauraaterial,  zum  Enthaaren  derVeUe. 

GaskraftuMohiBe,  Hotor,  bei  welchem 
nach  Art  der  Dampfinasohine  ein  Kotben 
in  einem  <3yUnder  hin*  und  herbewegt 
wird,  aber  nicht  durch  Wasserdampf,  son- 
dern durch  eine  Misdinng  von  Leucfatgas 
und  Luft,  welche  durch  «inen  elektrischen 
Funken  oder  ein  Flämmohen  entsGndet 
wird.  Die  dabei  Statt  findende  Ausdehnung 
der  Gase  treibt  den  Kolben  fort.  Lenoir 
und  Hugon  bauten  doppeltwirkende.  Langen 
ei^e  einfachwirkende  G.  Letztere  ver- 
braucht pro  Pferdekraft  und  Stunde  ca.  1300 
Liter  Gas ,  arbeitet  ca.  dreimal  theurer  als 
die  Dampfmaschine,  eignet  sich  aber  tr^- 
lieh  für  den  Kleinbetrieb ;  sehr  geraoselivoll. 

GasqnallcB,  Orte,  wo  der  Erde  Gase  ent- 
strömen; flnden  sich  überall  atif  vulkan. 
Und  nicht  vulkan.  Terrain ,  oft  ohne  sicht- 
bare Oeffnnngen,  oft  mit  Wasserqusllen 
verbunden,  liefern  bes.  Schwefelwasserstoff, 
Kohlensäure  (Todesthal,  Hundsgrotte,  Kau- 
heim Jfthrl.  8  Hill.  Kubikf.)  und  brennban 
Kohlenwasserstoffe  (Baku,  Apscheron,  Ba- 
rigazzo  in  Modena,  Pletramaia). 

Gaseer,  1)  Hatu,  Bildhauer,  gel».  S.  Okt. 
1817  zu  Sisentratten  in  Kämthen,  Schüler 


Gasteiner  Thal  —  Gavial. 


675 


der  wiener  Akademie,  1842—47  in  Schwan- 
thalers  Atelier  bu  München ,  1848  —  51  als 
Prof.  an  der  wiener  Akademie  th&tig;  f 
84.  April  1868  eu  Pesth.  Hauptwerke: 
Donanweibohen  (1865),  Brunnen-  u.  Treppen- 
flguren  des  Hofopemhanses  in  Wien,  Sta- 
tuen und  Büsten  (Schiller,  Bahl).  —  8) 
Joteph,  Bildhauer  in  Wien,  geb.  1818  zu 
Walhom  in  Tirol,  Sohfiler  der  wiener  Aka- 
demie, 1845—49  in  Rom,  führte  dann  meh- 
rere Arbeiten  für  den  Dom  eu  Speler  aus, 
lieferte  spitor  Yorsngsweise  Statuen ;  seit 
1865  akadem.  Rath   der  wiener  Akademie. 

GMtofaier  TtuAy  18  St.  langes  romantisches 
Hochtbal  im  Salzbnrgisohen,  ron  der  ffottei' 
ner  Aehe  durchflössen.  Darin  Wildbad  G., 
Dorf  am  Oraukogl,  8000'  üb.  M.,  mit  Heil- 
quellen (alkai.-salin.  Mineralwasser,  30-88« 
R.)  und  Sofg<utein,  Marktfl.,  1 M.  Tom  Wild- 
bad, erhält  von  diesem  durch  RÖhrenleftung 
das  Wasser  für  seine  Badeanstalt. 

C^asteii.  Matrosen,  die  au  einem  be- 
sondem  Dienst  verwendet  werden ,  s.  B. 
Bootsgasten,  Marsgasten.  [krankheUen, 

ÖMtnlgle  (gr.),  Magensehmen,  s.  Magen' 

OutrllOf  (Ut.),  Bauchredner. 

Öaitrlseh  (gr.),  ron  fehlerhafter  Ver- 
dauung herrührend.  0<utrisehe$  FUber,  mit 
Fieber  Torbundener  Magenkatarrh. 

Gaitrltli  (gr.),  Magenentzündung,  s. 
Magenkrankheilen.      [knnst;  Gntschmecker. 

OastroBOm  (gr.),  Kenner  der  f»lnen  Koch- 

Oastroiophie  (gr.),  Inbegriff  der  Regeln, 
nach  welchen  der  Mensch  die  Tafbift'euden 
ohne  phys.  und  moral.  Naehtheil  geniessen 
kann.    Vgl.  Vaertt,  ,0.*,  1851,  8  Bde. 

GastroioeB  (Bauch-,  ßcMeimthiere) ,  die 
dritte  Hauptabtheilung  des  Thierreichs, 
ohne  Skelet  und  wahre  Qliedmassen,  fast 
nur  Wasserthiere:  Mollusken,  Strahlthiere, 
Polypen,  Aufgussthierchen. 

C^Atethead  (spr.  Gehtshedd) ,  Stadt  in  der 
engl.  Grafsch.  Durham,  amTyne,  Newcastle 
gegenüber,  88,648  Ew.    Eisengiessereien. 

wiMth!im%f  Stadt  im  russ.  GouTem.  Inger* 
manland ,  6  M.  von  Petersburg ,  8613  Ew. 
Prachtvolles  kaiserl.  Imstschloss. 

Gattu^r  (Genus),  der  Inbegriff  der  durch 
gemeinschaftliehe  Merkmale  als  eu  einer 
engem  Abtheilung  gehörend  bexeichneten 
Alien  Ton  Natnrkörpem.  Alt  Art  (Species) 
galt  bisher  alles,  was  durch  For^flanzung 
fortbesteht  u.  der  dauernden  Forterzeagung 
▼on  Seinesgleichen  ffthlg  ist.  Diese  Defi- 
nition setzt  feste  unverftnderliche  Arten 
voraus,  w&hrend  Jetzt  nachgewiesen  ist, 
dass  gerade  durch  Fortpflanzung  neue  Arten 
entstehen  und  die  vorhandenen  aus  einer 
kleinen  Anzahl  von  Typen  sich  entwickelt 
haben  (Darwinismus). 

Gau,  im  Allgem.  G^end,  insbes.  tjand' 
Schaft  als  polit.  Bezirk  und  deren  Einwohner 
als  polit.  Genossenschaft,  Uralte  polit.  Glie- 
derung in  Deutschland,  sp&ter  der  Sprengel 
eines  Grafen.  Die  Oauverfaenrng  kam  bei 
den  Franken  schon  im  7.  Jahrh.  auf  und  ward 
von  l&nrl  d.  Gr.  über  sein  ganzes  Reich  aus- 
gedehnt. Eine  Karte  der  alten  deutschen  G.e 
gab  Bpruner  in  seinem  ,Histor.  Atlas*;  eine 
Beschreibung  derselb.  begann  Xanda«  (1867). 


GMiohoB  (spr*  Gi-utsohos) ,  die  Landbe- 
wohner der  argenttn.  Staaten,  insbes.  die  in 
den  Pampas  wohnenden  und  mit  Viehzucht 
beschäftigten  Nachkommen  der  Oonqoista- 
dores  von  Indianerinnen,  welche  die  Rechte 
des  Vaters  erbten;  kühne  Reiter. 

Gandy,  Franz  Bertth,  Heinr.  Wüh.,  Frei- 
herr von.  Dichter,  geb.  19.  April  1800  zu 
Frankfurt  a/0.,  kurze  Zeit  preuss.  Ofßzier; 
t  6.  Febr.  1840  in  Berlin.  Bes.  im  humorlst. 
Iiiede  ausgezeichnet;  sehr,  auch  Novellen 
und  anschauliehe  Reiseskizzen.  Dichtungen 
herausgeg.  von  Arih.  MÜUer  (1845,  2  Bde.) ; 
,|£ein  Römerzug*  (1836,  8  Bde.)  n.  A. 

GauflrlreB  (spr.  CK>f-),  glatten  Geweben 
oder  Papieren  Zeichnungen  oder  Muster 
ohne  Farbe  an^^ragen;  geschieht  mit  gra- 
virten  Walzen  auf  der  Ganfrirmaschine. 

GangaMSla^  Ortschaft  in  Assyrien,  in  der 
Nahe  von  Arbela;  Okt.  331  v.  Ohr.  Sieg 
Alexanders  d.  Gr.  über  Darius  CSodomannus. 

Gamlt  (GaU),  Abtheilung  der  Kreide- 
gruppe, Thonlager,  zur  Töpferei  und  zum 
Walken  tanglich,  in  England,  Frankreich  etc. 

GaoltheriA  X.  (  Theeheide),  Pflanzengattung 
der  Erioeen.  G.  procumbens  L.,  Strauch  in 
Nordamerika,  of&cinell  als  Thee  von  Ganada, 
liefert  das  in  der  Parfümerie  benutzte 
ätherische  Gaultheriaöl  (oil  of  wintergreen). 

Gaunen  (lat.  pakUum),  die  Decke  der 
Mundhöhle,  zur  vorderen  Hälfte  aus  dünneu, 
mit  Schleimhaut  bedeckten  Knochen  gebil- 
det (sogen,  harter  G.) ,  zur  hinteren  Hälfte 
aus  Muskeln  bestehend  (weicher  G.)*  Letzte- 
rer, auch  GattiMefM«^«<  genannt,  versohliesst 
beim  Schlingen  den  hinteren  Nasenraum, 
indem  sich  seine  Theile,  die  Oaumenbögen 
und  das  Zäpfchen  (uvula) ,  nach  oben  wen- 
den. In  einer  Falte  der  Ganmenbögen  liegt 
rechts  und  links  die  Mandel  (tonsilla). 

Ganmenq^iltey  widernatürliche  Oeffnung 
im  weichen  oder  harten  Gaumen,  theils  an- 
geboren, theils  durch  Krankheiten  (Syphilis, 
mechanische  Verletzung)  hervorgebracht. 
Durch  Eröffnung  der  Nasenhöhle  bewirkt 
die  G.  bedeutende  Sprachstörung.  Heilung 
durch  mechanischen  Verschluss  (Kautschuk-, 
Goldplatte)  oder  Operation. 

Ganrisankar  •  Berg ,  s.  Evereet. 

GansSy  Karl  Friedrich,  Mathematiker  und 
Astronom,  geb.  30.  April  1771  zu  Braun- 
schweig, 1807  Prot  der  Mathematik  und 
Direktor  der  Sternwarte  in  Göttingen;  f 
das.  83.  Febr.  1855.  Er  führte  1881—24  die 
hannov.  Gradmessung  aus,  erfand  ein  Helio- 
trop, förderte  in  hohem  Grade  die  Lehre 
vom  Erdmagnetismus,  erfand  die  Methode 
der  kleinsten  Quadrate  und  bereicherte  die 
höhere  Arithmetik  mit  bed.  Entdeckungen. 
Sehr.  ,Theoria  motus  corp.  coelest.*  (1809), 
,Theoria  combinationis  observationum  erro- 
ribus  minimis  obnoxiae*  (1823),  ,Beobachtun- 
gen  des  magnet.  Vereins'  (1837  —  40,  3  Bde.), 
,Atlas  des  Erdmagnetismus'  (1840),  ,Dioptr. 
Untersuchungen'  (1841). 

Gave  (spr.  Gaw),  in  den  Pyrenäen  Berg- 
strom. Am  bedeutendsten  Q.  de  lUu  (spr. 
Poh),  Nebenfl.  des  Adour,  entspr.  am  Mt. 
Perdu ,  mündet  oberhalb  Bayonne,  81  M.  1. 

GaTialy  Schnabelkrokodil,  s.  Krokodil, 

43* 


676 


Gavotte  —  Gebläse. 


C^ATOtt«  (spr.  Gawott),  filt«res  Tansmnsik- 
stück  munteren '  Oharakters ,  früher  den 
Sonaten  und  Sniten  einverleibt. 

Qaj  (spr.  Geh),  John^  engl.  Dichter,  geb. 
1888  bei  Torrington  In  Devonsfaire,  f  4.  Dec. 
1732  in  London.  Sehr,  treffl.  Fabeln,  Bchen- 
Ifafte  Idyllen  und  die  für  klass.  geltende 
,Bettleroper*  (1727).     Werke  (1806,  8  Bde.). 

Gmj   («pr.   0&),    Marie  Frtmfai$e    Sophie, 

feb.  LavaUUe,  frans.  Schriftstellerin,  geb. 
.  Juli  1776  sn  Paris,  t^-  Bfänsl858.  Haup^ 
werke :  ,L6onle  de  Montbrease*  (1813,  2Bde.) 
und  jAnatole*  (1815,  S  Bde.).  >- Ihre  Tochter 
iMphine,  geb..  86.  Jan.  180A  sn  Aachen,  seit 
1881  Gattin  Emils  de  Girardin,  f  80.  Juni 
1856  zu  Paris,  ebenfalls  Schriftstellerin; 
Verf.  der  pikanten  Komödie  ,Lady  TartnfTe' 
(1852).    Biogr.  von  d'Heilly  (1868). 

Gayfty  Stadt  in  der  brit.-ostind.  Prasid. 
Bengalen,  Landsoh.  Patna,  am  Phalgn, 
32jOOO  Bw.;  her.  Wischnntempel. 

vt%y  LvMac  (spr.  6ä  Lüssak),  Louie  Je- 
»eph,  frans.  Chemiker  und  Physiker,  geb. 
6.  Dec.  1778  za  St.  L6onard,  seit  1809  Prof. 
in  Paris,  Mitglied  Tieler  amtl.  Kommissionen, 
1839  Pair  Ton  Frankreich;  t  9.  Mai  1850  in 
Paris.  Er  entdeckte  die  YerbindungrsTer- 
h&ltnisse  der  Gase,  erweiterte  die  Lehre 
von  der  Wärme,  nntersachte  das  Verhalten 
des  Schwefels,  des  Jods  nnd  des  Oyans 
nnd  gab  zahlreiche  analytische  Methoden 
an  etc.  Er  redigirte  mit  Arago  seit  1816 
die  ,Ann.  de  chimle  et  de  physiqae*.  Sehr. 
,ReohercheB  physico  -  chlmlqnes*  (mit  3%tf- 
Hord  1811,  8  Bde.),  «Le^ons  de  physlque' 
(1828,  2  Bde.),  ,Oours  de  chimle*  (1888). 

Gay  •  LniBMSChes  Geseti:  Wird  ein  Gas 
unter  gleichbleibendem  Druck  erw&rmt,  so 
vergrössert  es  sein  Volumen  mit  Jedem 
Temperaturgrad  0.  Wärmeerhöhnng  um 
Vs7S  seines  Raumes  bei  OO  gemessen.  In 
geschlossenen  Gef&ssen  erhitzt,  steigt  sein 
Druck  mit  Jedem  Temperaturgrad  um  V«i 
seines  Druckes  bei  Qo. 

Gaza  (arab.  Okagze),  altberühmte  Stadt  in 
Südpai&stina,  1  M.  vom  Meere,  80,000  Ew., 
Karawanenstation ;  im  Alterthum  Schauplatz 
der  Heldenthaten  Simsons. 

Gaze  9  durchsichtige  feine  Gbwebe  mit 
viereckigen  offenen  Feldern.  Bei  der  eigent- 
lichen G.  liegen  8  Kettenf&den  neben  ein- 
ander, die  sich  bei  Jedem  Schussfaden 
kreuzen;  seidene, halbseidene,  baumwollene, 
leinene  G.,  vielfach  gemustert.  Arten:  Tar- 
latati,  Marly,  Krepp,  Beuteltuch  etc. 

Gazelle,  s.  Antilope. 

Geba,  portugies.  Handelsposten  in  Guinea, 
auf  der  Nordseite  des  Oo\f$  von  O, 

Geba,  zur  vorderen  Rhön  gerechneter 
Berg,  westl.  von  Meiningen,  8817'  h. 

Gebirmutter  (FmehthaUer,  Uterus),  Organ 
des  weiblichen  Kdrpers,  welches  die  Be- 
stimmung hat,  dem  befruchteten  Ei  als 
Bntwicklungsstatte  zu  dienen.  DleG.  ragt 
in  die  Bauchhöhle  hinein  und  wird  vom 
BanchfBll  überzogen;  sie  Hegt  im  kleinen 
Becken  zwischen  Harnblase  und  Mastdarm. 
Die  menschliche  G.  hat  die  Gestalt  einer 
von  zwei  Seiten  zusammengedrückten  Birne, 
ist  etwa  8  Ctm.   lang  und   zei*fällt  in  den 


sogenannten    CUMmmäerk^rper     nnd    den 
HmU,  Das  Ende  des  letzteren  ngt  als  Portio 
vaginalis  in  die  Scheide.    Das  ganse  Organ 
ist  hohl;  das  Scheidenende  des  Halekanals 
heisst  äusaerer  MtUtemutnd,   das    nach   der 
Qebärmutterkörperhöhle  sn  gerichtete  inne- 
rer Muttermund,   Die  Höhle  Ist  mit  Schleim- 
haut ausgekleidet,  die  Wandangren  bestehen 
aus  glatten  Muskeln.    Bei   der  Schwanger» 
Schaft  (s.  d.)  vergrössert   sich    das    Organ 
in  dem  Masse,  als  die  Fmcht  wächst.    Die 
Krankheiten  derG.  sind  theils  I^ageändenin- 
gen,   wie  Senkung  nnd  Vorfall   (prolapsoj 
uteri),  Vor-  nnd  RückwftrtswendaQ^;  (ant»- 
und  retroversio),   theüs  KnicknnsMi  (ante- 
und  retroflexio),   theils  Entartnngien  durrh 
Gresch Wülste   (Fibrolfde,   Krebs).      Katar rh* 
der  Uterusschleimbaut  kommen  theils  selb- 
ständig, theils   mit  obigen  Lielden  gepaart 
vor.  Die  Qebärmutterkrankhelten  erfordern 
stets  eine  lokale  ärztliche  Behandlung. 

Gebern  (Quibem,  pers.),  die  in  Persles 
und  Ostindien  noch  übrigen  Bekenner  des 
Parsismus. 

Gebinde,  grösseres  Fass;  Oetrefdegarbe. 

GebirgsromatiOll  (Formation),  ein  System 
von   Gesteinsmassen ,    welche    sich    durch 
ihre  petrographischen  und  paläontologischeii 
Eigenschaften,    durch   ihre    Struktur  vod 
Lagemngsfolge  als  gleichzeitige   Produkte 
gleichartiger  Bildungsprozesse  zn  erkenneo 
geben.  Die  krystallinisohen  Massengestein« 
werden  als  phittmitche  und  die  Tulkaniscben 
Gesteine    als   vulkanUche   G.  Busammeng»- 
fasst,  ihnen  gegenüber  stehen  die  Sediment- 
formationen ,   welche  in  folgender  Ordnuif: 
über  einander  lagern: 

L  JMäatoieehe  oder  primäre  Formatiom. 
1)  Urgneisformation    mit     Oneis,     Thon- 
schiefer,  Kalksteinen  (Eosoon). 

Silurische  oder  ältereh   .";?^«^«^^^„  , 
Devonischeod.neuere}(^-gr^^^-»^-^ 

Steinkohlen-  od*  karbonische  Formation. 
Permische  Formation  oder  SothliegendM      | 
und  Zecfastein. 
n.  Mesoeoiecke  oder  eekundare  Formatv»' 

6)  Triasformation  oder  Salzgebiige:  Bnit- 
sandstein,  Muschelkalk,  Kenper. 

7)  Jurassische  Formation :  Lias  oder  nntenr, 
schwarzer  Jura,  mittlerer  oder  brauner, 
oberer  oder  weisser  Jura  nnd  Wealden- 
formation.  < 

8)  Kreideformation :  Neocomien ,  Ganlt,  ' 
Qnadersandstein,  Pl&ner  nnd  Grnnsaod-  j 
stein,  weisse  Kreide. 

m.  KSnoaoieche  oder  tertiäre  Formatiaa. 

9)  Molasse:  eoc&ne,  oligoo&ne,  mioeäne, 
pliocane  Formation. 

IV.  Quatemäre  FormoHom* 

10)  Diluvium,  älteres  Schwemmland. 

11)  Alluvium,  Jüngstes  Schwemmlaud. 
Geblisey  mechanische  Vorrl<ditnngen  um 

Einblasen  von  Luft  in  Fenernngea,  an 
hohe  Temperaturen  zu  erzielen.  O^imd»- 
gddäee,  Oylinder,  in  denen  sich  ein  Kolben 
auf  und  ab  bewegt  nnd  so  mit  Hülfe  von 
Ventilen  einerseits  Luft  ansangt  und  andrer- 
seits angesaugte  forttreibt;  Vorrichtuncw 
sehr  verschiedener  Koiistruktion ,   in  wel- 


11 


Gebrannte  Wässer  < —  Gefangnisswesen. 


677 


oben  WtßBW  die  Loft  forttreibt  (8Ghn§eken' 
u.  8ehratAenffMäMt  Wauertrommel-,  Wcustr- 
aäuUn-  Q.  KolbengAläMe).  Oentri/ugdlgAläie, 
Ventilatoren  mit  einer  in  einem  Gehäuse 
sich  sehr  schnell  umdrehenden  Flugelwelle, 
welche  in  der  Nähe  ihrer  Axe  Luft  ein- 
saui^,  um  sie  an  einer  Stelle  des  ümfanges 
des  Geh&nses  durch  ein  Bohr  auszutreiben. 

Gebrannte  Wmmt»  s.  Jbgeaogene  Wässer. 

Gebnrt  (lat.  partu$),  diejenige  physlolo- 
icische  Verrichtung,  durch  welche  das  Pro- 
dukt der  Zeugung  mittelst  der  natürlichen 
Kräfte  aus  dem  Mntterleibe  ausgetrieben 
wird.  Ist  KunsthAIfe  erforderlich,  so  spricht 
man  von  Jbün«tfioft«r  Entbindung,  Nach  dem 
Theile  des  Kin'des»  welches  zuerst  den 
Mutterleib  verläset,  unterscheidet  man 
Kopfgebarten  (die  häufigste  Art),  Steiss-, 
Knie-  und  Fussgeburten.  Alle  diese  Arten 
können  noch  auf  natürlichem  Wege  vor 
sich  gehen;  Querlagen  des  Kindes  in  der 
Gebärmutter  erfordern  die  Wendung  auf 
die  Füsse.  Der  Geburtsakt  zerfiUt  1)  in 
die  £rdffnung$periQde:  die  sogen,  vorher- 
sagenden Wehen  (Rupf  er,  Zusammenziehun- 
gen  der  Gebärmutter)  erweitem  die  weichen 
Theile,  die  üühäute  (Blase)  spannen  sich, 
springen  nnd  das  Fruchtwasser  fliesst  ab; 
9)  die  Austreibwngsperiods:  die  Wehen  ver- 
anlassen die  allmählige  Vorbewegung,  nnd 
vTnter  stärker  schmerzhaften  Wehen  erfolgt 
die  Anstreibung  der  Frucht;  8)  die  Naeh- 
gdmrUpsriod«  beg^innt  mit  beendeter  G.  des 
Kindes  nnd  endet  mit  der  vollständigen 
Ansstossung  des  Mutterkuchens  (placenta, 
Nachgeburt).  Die  Gesammtdaner  im  Allge- 
meinen 6  —  12  St.,  Ausnahmen  häufig. 

GebwrUhilfe  (flr.  aceouchemenl) ,  die  der 
Schwangeren,  Gebärenden,  Wöchnerin  und 
dem  Neugeborenen  geleistete  Hülfe,  sowie 
die  Kunde  von  den  bei  der  Behandlung 
anwendbaren  Regeln;  bekam  erst  im  16. 
Jahrb.  durch  Bösslin  eine  wissenschaftlichere 
Richtung,  die  durch  die  anatom.  Arbeiten 
von  Vesal,  OolwaAus,  Fallopia  noch  grösseren 
Aufschwung  nahm.  Der  Gebrauch,  männ- 
liche Hülfe  nur  bei  den  schwierigsten  Fällen 
in  Anspruch  an  nehmen,  führte  zur  vorwie- 
genden Ausbildung  des  operativen  Theiles; 
die  Wendung  auf  die  Füsse  war  neben  viel- 
fkohen  blutigen,  das  Leben  des  Kindes  ge- 
fährdenden Operationen  das  Hauptmittel. 
Mit  der  Erfindung  der  Geburtszange  begann 
eine  neue  Zeit  für  die  operative  G.,  und  es 
wurden  auch  von  späteren  Autoren  die  nor- 
malen Vox^änge  bei  der  Geburt  einer  ge- 
naueren Würdigung  unterzogen.  Die  Errich- 
tong  von  Entbindungsanstalten  seit  der  Mitte 
des  vorigen  Jahrb.  gab  dem  Hebammen- 
nnterriehte  einen  gewaltigen  Aulschwung, 
und  jetzt  ist  an  allen  deutsehen  Universi- 
täten die  geburtshülfliche  Prüfung  der 
Aerste  gesetsmässig. 

^hutWMBMge  (Kopf sänge ,  Forceps),  ge- 
burtshülfliches  Instrument,  mit  welchem 
der  Kopf  des  Kindes  innerhalb  der  Geburts- 
wege gefasst  und  aus  denselben  hervor- 
gezogen werden  kann;  wichtigstes  und 
schonendstes  Hülfsmittel  zur  Beschleunigung 
der  Geburt;  von  (Mmbsrlen  (1683)  erfunden. 


Geekonen  (Haftsehsr,  Ascalabotae  Lsmnii), 
Gruppe  der  Schappenechsen,  unschädliche, 
aber  für  giftig  gehaltene  Thiere.  Stsrngecko 
rPtyodactylus  lobatus  Oeoffr.),  6"  1.,  in 
Aegypten  (, Vater  des  Aussatzes'),  gemeiner 
G.  (Platydaotylus  murorum  Cfuv.)»  5",  In 
den  Mittelmeerländern,  viel  in  Häusern. 

Gedakt^  Orgelstimme,  deren  Labialpfeifen 
am  Obern  Ende  verschlossen  sind. 

Gedeckter  Weg.  der  die  ganze  Festung 
umgebende,  zur  Kommunikation  bestimmte 
Areie  Raum  zwischen  dem  Glacis  und  dem 
äussern  Grabenrand,  mit  Waffenplätzen  zum 
Ansammeln  der  Truppen  verdrehen,  durch 
Pallisaden  und  gegen  flankirendes  Feuer 
durch  Traversen  geschützt. 

Gediegen 9  Metall,  welches  als  solches, 
nicht  mit  andern  Elementen  oder  nur  mit 
andern  Metallen  verbunden  (nicht  ozydirt 
oder  geschwefelt)  in  der  Natur  vorkommt 
(bes.  Platin,  Gold,  Silber). 

Gedrltttclieiny  ».Aspekten,      pndschistan. 

Gedrosla  (a.  G.),  pers.  Landschaft,  etwa  Be- 

Geefli,  WiUem,  ber.  belg.  Bildhauer,  geb.' 
10.  Sept.  1806  zu  Antwerpen,  lebt  in  Brüssel. 
Meister  im  Individuellen  und  voll  Adels  in 
der  Darstellung.  Hauptwerke:  die  Monu- 
mente Friedrichs  v.  Merode,  des  Generals 
Belliard  und  der  in  der  Revolution  von  18S0 
Gefallenen  (Brüssel),  Statuen  von  Karl  d.  Gr. 
TMastricht),  Rubens  (Antwerpen),  Verhaegen 
(Brüssel)  u.  A.  —  Seine  Gattin  Isab,  Marie 
Fanny,  geb.  18U,  geschickte  Malerin.  Sein 
Bruder  Jos«j}A<?.,  geb.  811,  f  1860  in  Brüssel, 
ebenfalls  geschätzter  Bildhauer. 

Geel  (GhwH),  Stadt  in  der  belg.  Prov. 
Antwerpen,  11,657 Ew.  Ber. Irrenheilanstalt. 

Geelong,  rasch  aufblühende  Seestadt  in 
der  südaustral.  Kolonie  Victoria,  1816:  2000, 
1861:  22,986  Ew.  Hauptausfuhrhafen  der 
Kolonie  für  Gold  nnd  Wolle. 

Geestemflnde.  Stadt  im  preuss.  Regbz. 
Stade ,  an  der  Mündung  der  Geeste  in  die 
Weser,  Bremerhafen  gegenüber,  8016  Ew. 
Freihafen  (seit  1847) ;  bed.  Schiffs-  n.  Handels- 
verkehr: Werfte  von  Rlckmers  (gegr.  1857). 

Geestland  9  in  der  norddeutschen  Ebene 
das  hoch  nnd  trocken  gelegene  Land,  im 
G^eusatze  zum  Marschlande. 

Gefälle,  das  Mass  für  jede  Neigung,  aus- 
gedrückt durch  das  Verhältniss  der  Ab- 
hangshöhe zur  horizontalen  Länge,  wird 
durch  Nivelliren  bestimmt.  Archengef'dlle, 
das  G.,  welches  dem  Aufschlagwasser  un- 
mittelbar vor  dem  Rade  gegeben  wird. 

GefSngnisswesen,  Inbegriff  der  vom  Staat 
unterhaltenen  Anstalten  zu  Einschliessung 
solcher  Personen,  denen  der  Gebrauch  ihrer 
Vielheit  von  Rechts  wegen  entzogen  wird. 
Es  gehören  hierher  bes.  die  Btrafg^ängniue. 
Drei  verschiedene  Systeme :  1)  das  avbumeche 
oder  newyorksehe  (s.  Aubum),  2)  das  pennsgU 
vanische ,  Isolir-  oder  I^nitentiarsyetwt: 
Einzelhaft  der  Sträflinge  in  kleinen  Zellen 
und  stete  Beschäftigung  derselben,  und 
3)  das  gemiechte  Sgetem:  Verbindung  desPrin- 
cips  der  Isolirnng  und  des  geselligen  Zu- 
sammenlebens der  Sträflinge.  Baupläne: 
Kreii-  oder  Sehachtelbau  (das  Gefängniss 
mit  einer  Mauer  umgeben,  worin  die  Woh- 


678 


Getasse  —  Gehirn. 


ntingeii  der  Aufseher)  und  der  itrahlen- 
oder  »terf\förmige  Bau  (das  €tobände  für 
die  Beamten  in  der  Mitte  der  Anstalt,  von 
dem  die  Gebäude  f&r  die  Oe&ngenen  strah- 
len- oder  fächerförmig  nach  der  mit  einer 
Mauer  umgebenen  Peripherie  auslaufen). 
Die  OeJängnUsHrafe  ist  entweder  einfache 
ohne  Ebrenstrafe  oder  Ärbeitshau»-  (s. 
Arbeitshäuser)  oder  Zuchthauutrafe,  beide 
mit  Zwangsarbeit  und  Verlust  der  bürger- 
lichen Ehrenrechte  auf  Zeit  oder  auf  immer. 
Vgl.  die  Schriften  nherQ.  ronWUrth  (194ß), 
Mittermaier  (1859  und  1858),  Diex  (1857), 
Apoert  (1851),  mtgde  (1857}  u.  A. 

vefiUse  ( vasa),  in  der  Anatomie  Bohren, 
Je  nachdem  sie  Blut  oder  Lymphe  führen, 
Blutgefässe  (vasa  sanguifera)^  oder  Lymph- 
gefäase  (vasa  lymphatlca).  £rstere  fuhren 
theils  das  Blut  vom  Herzen  nach  den  Kör- 
pertheilen  (Arterien),  theils  aus  demKtSrper 
nach  dem  Herzen  (Venen).  Die  Arterien 
verästeln  sich  bis  zu  den  sogen.  Kapittar- 
gefässen,  die  später  wieder  zusammenfliessen 
und  in  die  Venen  münden. 

OefSsspflanzen.  s.  ▼.  a.  Phanerogamen. 

Gefecht  y  das  feindliche  ZusammentrefTen 
militärisch  organisirter  Massen,  nach  Be- 
deutung und  Ausdehnung:  O.,  Treffen  oder 
Schlacht,  doch  sind  diese  Begriffe  nicht 
genau  abgegrenzt.  Bas  G.  kann  defensiv 
und  offensiv  sein,  immer  hat  es  drei  ver- 
schiedene Stadien:  Einleitung,  Entscheidung 
und  Beendigung.  Bei  eiAem  aus  allen 
Waffen  gemischten  Corps  pflegt  vorwiegend 
die  Artillerie  einzuleiten,  die  Infanterie  zu 
entscheiden  und  dieKavaUerie  zu  beendigen. 
Doch  ist  die  Znsammenwirkung  aller  drei 
Waffen  beständig  erforderlich.  Die  Infan- 
terie ficht  in  Linie  und  Kolonne,  geschlossen 
und  zerstreut;  1870—71  hat  sich  die  Kom- 

Sagniekolonne  sehr  bewährt.  Die  Kavallerie 
cht  gegenüber  der  jetzigen  Präcisionswaffe 
der  Infanterie  und  Artillerie  mit  wenig 
Chancen  (Wdrth,  Sedan);  ihre  Bedeutung 
liegt  in  der  Verfolgung  und  im  Beobach- 
tungsdienst. Die  Artillerie  gewinnt  Immer 
mehr  an  Bedeutung  und  vertritt  neuerdings 
häufig  sogar  die  Infanterie,  wo  der  letzteren 
die  Annäherung  an  Positionen  durch  das 
feindlidhe  Infanteriefener  unmöglich  ge- 
macht wird  (St.  Privat).  Feuergefecht  ist 
der  Kampf  aus  der  Ferne,  welcher  durch 
die  verbesserten  Waffen  an  Vemichtungs- 
kraft  sehr  gewonnen  hat,  aber  in  der  Regel 
erst  durch  (?.  mit  der  blarike»  Waffe  (Bajon- 
net)  entschieden  wird. 

Geflederty  s.  Fitmatu». 

Gefingert,  s.  JDigitatu». 

Gefle*  Hauptstadt  der  nordschwed.  Prov. 
Gestrikland,  an  der  Mündung  des  Flusses 
G.  in  den  bottn.  Meerbusen,  12,138  Ew. 

Geftrelter,  unterster  militärischer  Vorge- 
setzter in  den  deutschen  Armeen,  meist  als 
Bonden-,  AblÖsungs-  und  Patrouillenführer 

Gefirierpankt,  s.  Thermometer,     [benutzt. 

Gefiromei  (Sis),  Mischungen  aus  Frucht- 
säften, Zucker,  Sahne  etc.,  welche  durch 
Kältemischungen  iu  rotirenden  Gefrier- 
büchsen  zum  Erstarren  gebracht  werden. 

Gegenfüssler,  s.  v.  a.  Antipoden.. 


Gegengifte  9  s.  Antiäot»m. 
GegemekAttlgey  e.  v.  a.  Axitiaefi. 
Gegeniehelii  9  s.  AtgeHen, 
Gegenseitiger  Unterneht,  s. . 

sches  ünterriektsspstem. 

Gegeneonne,  die  farbigen  Binge  um  den 
Schatten  des  eigenen  Kopfes ,  wenn  bei 
Nebelwetter  die  Sonne  scheint;  benifat  anf 
Interferenz  der  Lichtstrahlen. 

Gebeine  Fonds,  Fonds,  welche  der  Staats- 
verwaltung etatsmässig  oder  anseerordent- 
licher  Weise  zur  Dispositioii  gestellt  wer- 
den, ohne  dass  sie  über  die  Verwendnng 
derselben  Bechenscbaft  zu  geben  bmacht; 
dienen  zur  Besoldung  von  Agenten,  Schrift- 
stellern etc^welche  für  dieB^erungwirken. 

Geheime  PoUiel,  s.  Pi>Ktei. 

Geheimer  Bath  (Gekeivtet  Kabinet),  firfilier 
in  mehreren  deutscäien  Staaten  die  oberste 
Landesbehörde  unter  dem  Vorsits  des 
Fürsten;  Amtsfitel  der  Mitglieder  dieser 
Behörde;  jetzt  blosser  Titel. 

Gehelmmlttel  (Aroana),  meist  aaf  Schwin- 
del beruhende  Arzneien  etc.,  deren  Absatz 
durch  zahllose,  prahlerische  Annoncen  ge- 
fördert wird.  Enthüllungen  (Analysen)  fiber 
G.  liefern  fortlaufend  die  ,uidustrlebl&tter* 
und  die  ,Pharmaeeut.  Centralballe* ;  susam- 
mengestellt  In  Wittsteins  ,Ta8chenboch* 
(1871)  u.  ,Pharmacent.  Kalender*^(3.  Aufl.  1871). 

Genelmschrift  (Krj/ptographie),  Schreiben 
mit    geheimen,     verabredeten   Z^k»fa^    (s. 

Gehenn»  (hebr.),  Hölle.  [CMJf^). 

Gehirn  (CerSbram,  Encephalum),  die  inner- 
halb der  Schädelhöhle  gelegene  Nerrenmsase 
als  Centralorgan   für    die    psych.    Thätig- 
keiten,    sowie   für   die   Bewegungen.     Ss 
setzt  sich  nach  hinten  direkt  in  das  Rücken- 
mark fort  und  entsendet  die  für  den  Kopf 
bestimmten  Nerven.    Das  G.,  ein  symmetri- 
sches Gebilde,   ist   dicht  von  der    «oeteAai 
Hirnhaut  (pia  mater),  welche  in  die  Blutge- 
fässe   führt    und    über    welche    glatt   die 
Spinnwdfenhaut  (arachnoidea)    hinweggeht, 
dann  von  der,   dem   Knochen  dicht  anlie- 
genden harten  SimhatU  (dura  mater)  über- 
zogen.  Theile;   das   iterlängerte   Mark  (me- 
duUa  oblongata)  Centrum  für  die  Athmnngs- 
n.  Blntbewegungen),  die  direkte  Fortsetzung 
des  Bückenmarks  gegen  das  G.  hin ;  die  Brücke 
(pons  Varolii),  die  beiden  EimetiOe,  welche 
in  die  Sehhügel   (thalami    optici)    und   die 
Streifenhügel  (corpora  striata)   übergehen; 
über  letzteren  wölben  sich ,  durch  je  einen 
Hohlraum   (Seitenventrikel)  getrennt,    die 
Orosfhimhmnisphären ,    welche    durch   den 
Balken  mit  einander  verbunden   sind.    Die 
HemispJiären  zeigen    vielfache  Windungen 
und  sind  mit  einer  grauen,   die    OangUen- 
Zellen  führenden  Schicht  bedeckt.    Je  intel- 
ligenter das  Thier,  desto  reichlichere  Win- 
dungen sind  vorhanden.    An  dem  hinteren 
Theile  der  Grosshimhemisphären  und  dem 
verlängerten   Marke    Hegt    das    Rleinkim 
(cerebellum),  dessen  Durchschnitt  eine  |Ntum- 
ahnl.  Figur  (Lebensbaum,  arbor  vltae)  seigt 
Die  Oehimfunktionen  sind   noch  wenig  be- 
kannt; es  wird  angenommen,  dass  die  wetut 
Substanz  des  G.s  bes.  zur  Leitung ,  die  graue 
zum  Anstoss  der  Bewegungsnerven  ,  sowie 


Gehimenizündung  —  Gekröse. 


679 


xnr  Vtmiittelaiig  der  geistigen  Funktionen 
dient.  Xrkrankungen  des  G.s enengen  je  nach 
dem  Site  Stöning«n  theils  in  den  Bewe- 
gungen, thell9  in  d«n  öbrigen  Funktionen. 

C^kincntstliidviig  (Encephalitis),  bestellt 
theils  in  Entzündung  der  Hirnhäute  (me- 
ningltis),  th^Is  in  Entsündnng  des  Gehirns 
selbst  (encephalltis  yen)»  Die  erstere  Form 
ist  die  häufigeren,  kommt  th^ls  selbständig, 
theils  Im  Oefolge  anderer  Krankheiten  Tor. 
Die  akuteste  Form  ist  dor  Sonnemstieh  (Inso- 
lation),  eine  durch  die  Einwirkung  heisser 
Sonnenstrahlen  auf  den  Kopf  entstandene 
und  oft  nsch  tödtlich  endende  Erkrankung. 
Heilnng  der  Hirnhautentafindnng  ist  mög- 
lich, oft  aber  bleiben  Störungen  m  den 
geistigen  Funktionen  rarück ;  Heilung  der 
Aigenti.  G-.  nnr  theil weise  möglioli.  Die 
Behandlung  ist  bes.  gegen  das  Fieber  ge- 
richtet und  beschränkt  sich  auf  Fernhsltung 
aller  Ehregungen  dos  Gehirns. 

Oehtnierweielimig  (Bncephalomalacia,  Ce- 
rebvomalacia) ,  kommt  meist  im  späteren 
Lebensalter  vor  und  beginnt  mit  aitmähllger 
Abnahme  der  körperlichen  und  geistigen 
Kräfte  des  Kranken,  bis,  meist  plötalich,  ein 
SchlaganfiUI  mit  einseitiger  Lähmung  ein- 
tritt,  dem  in  den  schlimmsten  Fällen  der 
Tod  folgt.  Zur  Vermeidung  der  Schlagan- 
fälle  sind  grösste  Massigkeit,  Vepneidung 
heftiger  Erregungen,  kühle  Waschungen 
des  Kopfes,  Bewegui^  in  freier  Imft  bu  em- 

Qeliiniliiiite,  s.  OeAim,  [pfehlen. 

Ctehiraifsisenaeht  (Hydroeephalus),  ver- 
schiedene  Himkrankbeiten ,  die  durch 
Wasserausscheidung  im  Hirn  selbst,  In  Hirn- 
höhlen  oder  Hirnhäuten  ausgeseichnet  sind. 
Der  angeborene  H^ocMrX»^  besteht  in  enor- 
mer Erweiterung  der  Himhöhlen  und 
Sdliwnnd  des  Gehirns.  Der  sogen.  hiUiiifa 
Wasserkopf,  Krankheit  des  Kindesalters,  ver- 
läuft unter  hohem  Fieber,  Kramp£anf allen, 
Bewnsstlos^Kkeit.    Behandlung  erfolglos. 

CMi9r(AuditUB),  der  Sinn,  durch  welchen 
Schallempflndungren  wahrgenommen  werden. 
Es  ihbertragen  sich  die  Schallbewegnngen 
auf  bestimmte  Theile  des  Hörorgans,  erregen 
die  Enden  desHöm^nren  (nervns  acusticns) 
nod  werden  im  <>ehim  empfunden.  Mit  an- 
geborenem Mangel  des  G.s  fällt  auch  die 
Möglichkeit  der  Spraeherlemung  fast  voll* 
stöndlff  weg.    Vgl.  Okt. 

«ehSrorgaB,  s.  t.  a.  Ohr. 

Qehre  (Cfthrung),  das  Zusammentreffen 
sweier  Flächenkanten  unter  einem  rechten 
(gerads  O.)  oder  unter  einem  spitxen  oder 
stumpfen  Winkel  (schief«  O.). 

G«Il»el)  Eman.,  Dichter,  geb.  18.  Okt.  1816 
BU  Lübeck,  seit  1868  Prof.  der  Aestfa^tik  eu 
München ,  verlor  1868  seine  Stelle  infolge 
eines  Gedichts  an  den  König  TonPrensseD, 
lebt  seitdem  in  Lübeck.  Namhafter  Lyriker : 
,Gedichte<  (58.  Anli.  18»),  ,Juniu8lieder* 
(16.  Aufl.  1866),  «Neuere  Gedichte*  (B.  Aufl. 
1861);  sehr,  ausserdem  Dramen  (,König 
Roderich'  1844;  .Meister  Andrea*  1856; 
,BrunhiMS  2.  Aufl.  1861;  ,8ophonlsbeS  8. 
Aufl.  18T0,  u.  A.),  das  kleine  Epos  ,K6nig 
Slgnrds  Brautfbhjrt«  (1844).  Auch  treffliche 
Uebeni«zuagen:  ,gpan.  Liederbnch*  (mit  P. 


Beifse  1868),  ,RomanBen  der  Spanier  und 
Portugiesen*  (mit  Ä.  F,  «.  Behaek  1800)  und 
,Fünf  Bücher  franz.  Lyrik*  (mit  heuiMd 
1868).    Biogr.  von  Qddsl»  (1869). 

Geier  (Vulturinae),  Familie  der  BanbTÖgel, 
melsttropische,  gesellige,  feige,  Aasfressende 
und  deshalb  nützliche  Thiere.  AsgjfpU$aker 
O.  (Neophron  percnoptems  L,),  8'  8",  klaftert 
über  6^,  in  Afrika  und  Südeuropa,  den  alten 
Aegyptem  heilig.  WHssMpßger,  Hasengeisr 
(Vultur  fhlTus  (hu.),  8~4',  klaftert  10—18', 
daselbst.  Ebenso  der  fr<me  Q.,  Mönchs-,  Kut" 
Ungeisr  (Y.  cinereus  Tem.),  Balg  Pelzwerk. 
KimdoTt  Vogel  Or«</(Sarcorhamphus  Gryphus 
L.),  4*,  klaftert  14',  auf  den  Anden,  fliegt 
48,000'  hoch.    SartgsUr,  s.  d. 

Gelersberg,  Gipfel  des  Spessart,  bei  Ross- 

Gelge,  s.  Violin«,  [brunn,  1900'. 

Geiffenhurz,  s.  v.  a.  Kolophonium. 

GeileMklrehen,  Kreisst.  im  preuss.  Regbz. 
Aachen,  an  der  Wurm,  1797  Ew. 

Geiler  von  Kaiiersberg,  Joh.,  Kanzel- 
redner, geb.  1445  zu  Schaffliausen,  seij;  1477 
Dompred^er  in  Strassburg;  1 10.  März  1510. 
Unter  seinen  Predigten  bes.  hervorzuheben 
die  über  Seh.  Brants  ,Narrenschiff*  (1580; 
neue  Ausg.  von  £one,  1864). 

Geilheit,  übermässiger  Geschlechtstrieb. 

Geisblatx^  s.  v.  a.  Loaicera. 

Geisel,  Leibbürge,  ein  mit  seiner  Person 
für  Erfüllung  eines  Vertrags  Haftender. 

Geiselbrüder.  s.  Flag«Uant«n. 

GeisenheiiB,  Marktfl.  im  ehemal.  Nassau, 
am  Rhein,  8600  Ew. ;  treffl.  Weinbau. 

Geiser,  period.  heisse  Springquellen  auf 
Island;  bes.  bekannt  der  grosse  und  der 
neu«  Q.  (Sirokkr),  nordwestl.  vom  Hekia, 
welche  Wasserstrahlen  von  9—10'  im  Durdi- 
messer  und  15—100'  Höhe  ausstossen. 

Geishom,  Gipfel  der  Voralpen  im  bayer. 
Regbz.  Schwaben,  bei  Sontliofen,  6800'  h. 

Geisiinreiiu  Stadt  im  würtemberg.  Donau- 
kreis, 9817  Ew. ;  her.  Kunstdrechslereien  in 
Holz.  Hörn  u.  Elfenbein  (geiüinger  Waaren), 

Geismar,  uraltes  Dorf  im  preuss.  Regbz. 
Kassel,  beiFritzlar,  695 Ew.;  ehedem  Haupt- 
opferplatz der  alten  Hessen,  wo  Bonifacius 
784  die  dem  Thor  geweihte  heil.  Eiche  fällte. 

Gelsrebe.  s.v.  a.LotticeraPericlymenumI>. 

GeifteistSmngeil,  s.  SeeUnstörungen. 

GelBtik(gr.,  J^irographie),  Theil  der  phy- 
sikal.  <}eogr^hie,  welche  von  den  festen 
Landmassen  der  Brdoberfläche  handelt. 

Geistliche  VerWAndtichftfl,  nach  der  An- 
sicht der  kathol.  Kirche  die  zwischen  Täuf- 
lingen und  deren  Pathen  und  unter  den 
Pathen  eines  Täuflings  Statt  findende  Ver- 
wandtschaft, ehedem  ein  Ehehindemiss. 

GeitAve,  Taue  zum  Einziehen  der  Segel. 

Geiti,  in  den  Blattwinkeln  hervorkom- 
mende SchössIInge  (Tabak,   Wein,   Mais). 

GekSrmt.  in  der  Mineralogie  s.  v.  a.  mit 
kleinen  Erhöhungen  auf  der  Oberfläche  ver- 
sehen. G.e«  MetaU,  geschmolzenes  und  über 
einen  nassen  Besen  in  Wasser  gegossenes,  in 
Körner  zertheütes  Metall. 

Gekrits,  Abfitll  von  Metall  bei  dessen 
Verarbeitung,  bes.  beim  Schmelzen. 

Gekrdce  (Mesenterium),  Bauchüall&lte, 
welche  den  Darm  Id  sich  schliesst  und  von 


680 


Gekuppelt  —  Gelenk. 


sahlr.  Gefinen  ond  Nerren»  die  nach  dem- 
mUmh  Ahran,  diirchMtzt  ist.  Vgl.  JBamehftU, 

Clelnippd,t9  Beseiehniuiff  gleiebarticer, 
durch  ein  gemelnMuues  Glied  Terlmndenar 
Oegonft&ade,  b.  B.  swei  nvr  daroh  schmale 
Pftiler  TOB  «iDMider  getrennte  Fenster  etc. 

Gel*  (a.  G.)t  rhodlsch-kretens.  Kolonie  auf 
der  Südküate  Sidliens ,  .690  t.  Chr.  gegr., 
unter  Oleander  nnd  Hlppocratea  Gebieterin 
ober  fast  gani  SiolUen;   spater  im  Verfoll. 

GelMinfy  Name  Bweier  Papste:  G.  L,  reg. 
492—496,  behauptete,  dass  dem  röm.  Stuhle 
die  Aufsicht  über  die  Rechtglaobigkeit  und 
klrohl.  DiscipUn  ausschliesslich  sustehe.  — 
O,  IL ,  ng.  1118—19,  vorher  Johann  Ton 
GaJita,  von  der  antikaiserl.  Partei  als  Papst 
aufgestellt,  musste  dem  von  Heinrich  Y .  auf- 
gestellten Gregor  VIEL  welchen;  f  ^^^  ^^ 
Flucht  im  Kloster  Glugny. 

GelasiBM  (gr.),  krampfhaftes  Lachen. 

Gelatine,  sehr  reiner,  färb-,  geruch-  nnd 
geschmackloser  Leim  von  geringer  Binde- 
kraft, .meist  aus  Knochen  hergestellt,  dient 
für  Papeteriewaaren  und  sur  Darstellung 
von  geniessbaren  Ghtllerten. 

Gelb,  eine  der  drei  Grundfarben  mit  fol- 
genden SchattiruDgeu:  Stroh-,  Wachs-, 
Schwefel-,  Citronen-,  Dotter-,  Goldgelb. 

Gelbbeeren  (Avignonbteren,  pernsehe  Bee- 
ren), die  erbsengrossen  Beeren  vonBhamnus 
amygdalinus,  Infeotoria,  oathartica  etc.,  ent- 
hnlteu  gelben  Farbstoff,  färben  intensiv, 
aber  nicht  sehr  &cht,  dienen  in  der  Zeug- 
druckerei, Bum  Farben  des  Papiers  und  zur 
Darstellung  eines  gelben  Lacks  (Schüttgelb). 

Gelbbleien  (  Wtdfenit) ,  Mineral  aus  der 
Klasse  der  wasserfreien  Ohalcite,  gelb,  be* 
steht  ans  molybd&nsaurem  Bleioxyd  mit 
38,6  o/o  Holybdänsäure ,  wichtigstes  Molyb- 
däners, in  Kämthen,  Tirol,  Oberbayem  etc. 

Gelbe  Farben ,  Mineralfarben:  Antimon- 
gelb, Anripigment,  Baryt-,  Bleigelb,  Bolus, 
Bronsefarben,  Gadmiuni-,  Chromgelb,  Gelb- 
erde, Indisch  Gelb,  Jodblei,  Kobaltgelb, 
Mineralgelb,  MHSchelgold,  Musivgold,  Nea- 
polgelb,  Ocker,  Schutt-,  Zinkgelb.  Pflansen- 
ikrben:  Berberin,  Buchweizen,  Ourouma, 
FustHcholz,  Gelbbeeren,  Gelbhola,  Ginster, 
Gutti,OrIean,  Pikrinsäure,  Quercitron,  Saflor, 
Safbiu,  Scharte,  Wau,   Sumaefa,  Wongshy. 

Gelberde,  Mineral  aus  der  Klasse  der 
wasserhaltigen  Amphoterolithe,  ockergelb, 
kieselsaure  T  honerde  mit  kieselsaurem  Eisen  - 
oxyd,  bei  Amberg;  gelbe  Farbe ,  bes.  für 
Waschleder,  gibt  gebrannt  rothen  Ocker. 

Gelbe  Bflbe,  s.  v.  a.  Daucns  carota. 

Gelbes  Fieber  (Febris  flava),  in  den 
Tropengegeuden  einheimische  Krankheits- 
form, die  bes.  Eingewanderte  betrifft  und 
durch  atmosphärische  Einflüsse  bedingt  int; 
verl&uft  selir  rasch.  Heftiger  Schweiss  führt 
blAweilen  cur  Genesung;  gewöhnlich  aber 
stellt  sich  Gelbsucht  ein  und  der  Tod  erfolgt 
unter  KrampfanfUIen.  Die  Behandlung  be- 
aweckt  meist  Hervorrufüng  der  Schweiss- 
absondemug.  [chines.  Meeres. 

Geibes  Meer  (Hoang-hci),  nördl.  Thell  des 

Gelbholl  (gMet  Braeilienkolz,  alttr  Fhutik, 
im  Gegensats  au  neuem  Fustik,  s.  v.  a.  Flset- 
hols)  j  die  rindenf^eieii  Kloben  von  Maclura 


tlnefaNrla  D<m,  ans  Südamerika,  Chib»  (das 
beste),  Ostindien  etc.,  enthalt  löslichies  Mo- 
rin  nnd  fest  unlösliche  Morii^erbsäarB, 
färbt  wie  die  Qnerdtronrinde  nnd  dient  in 
der  Farberei  und  zur  BereitOBS  yrcn  lAok- 
farben.  [mit  Qnercitron. 

GelbkomjKWitioii,  Zinnlöauiic;  snm  ITfirben 

Gelbkvprer,  s.  v.  a.  Messinir- 

Gelbtchotesy  s.  WongO^, 

Gelbaaelit  (Icterus),  Symptom  ▼ersclile- 
dener  Krankheiten,  bei  denen  der  fr«ie 
Abflnss  der  Gialle  nach  dem  Darm  reriiin- 
dert  ist  und  die  Haut,  bes*  tcach  die  Faaer- 
haut  des  Auges,  intensiv  gelb  wird.  Am 
häufigsten  vorkommend  die  kixtarr kalisehe  6. 
(Icterus  catarrhalls),  welche  oft  msch  (durch 
Aerger?)  entsteht,  wochenlang  anh&lt  und 
erst  nach  Beseitigung  des  Magen-  und  Darm- 
katarrhs schwindet. 

Gelbwurs.  s.  Qtreuma. 

Geld,  auf  Kursaetteln  s.  v.   a.   g^esucht, 
begehrt,  Gegensats  von  Brief,  angeboten. 

Geldern,  1)  ehemsl.  deutsches  Hersogtb. 
SU  beiden  Seiten  des  Niederrheins,  1543  vou 
Karl  V.  den  Niederlanden  einverleibt.  In 
der  niederländ.  Revolution  trat  der  nörd). 
Theil  (das  sogen. Nleder-G.) Süden Geaernl- 
staaten ,  der  südl.  ward  im  ntrechter  Frie- 
den 1713  an  Preussen  abgetreten  (Kreis 
G.).  —  2)  (Geldtrland)  niederländ.  Prov., 
9S,4QM.  und  (1869)  4S7,819£w.  Haiq»tstadt 
Arnhetm.  —  3)  Kreisstadt  im  prenss.  Rogbz. 
Düsseldorf,  an  der  Niers,  &038  Bw. 

GeMe  (fir.,  spr.  Soheleh),  Gallerte. 

Gel^e.  Claude,  s.  CZoud«  Lwrrain. 

Geleit,  bewaffnete  Begleitung  für  Bei- 
sende, bes.  Kanfleute,  sum  Schutz  vor  räu- 
berischen Anfällen.  QdeÜagdd,  hier  nmi 
da  erhobene  Verkehnabgabe ,  im  Orient 
noch  Jetzt  üblich.  Freie»  oder  eichtree  G.,  int 
Mittelalter  der  einem  Angeschuldigten  von 
der  Obrigkeit  gewährte  gesetxliche  Schutz, 
unter  welchem  er  ungefährdet  vor  Gericht 
erscheinen  und  wieder  absieben  durfte. 

Gelenk  (Articulus),  jede  Verbindong  von 
Knochen,  bes.  Jede  bewegliche.  Bei  letsterer 
haben  die  auf  einander  iMUisenden  Knochen - 
enden  jeeinen  Knorpelüberzug  (-Oelenkkapeei. ) 
und  werden  von  den  von  den  Aussensetten 
der    Knochen    ausgehenden    QüemÜbändern 
umschlossen.    Man  unterscheidet  Cftamter- 
oder    Winkdgdenk,   |2olI-  oder  Dr^»gd«nk, 
Kugelgelenk.  Die  Beweglichkeit  wird  durch 
die  Get/eiaJceckmiere  ^Synovia)  erleichtert.  La- 
geändMnngen  der  das  G.  bildendenKnoobeo- 
enden  unter  Zerrelssung  der  Gelenkkapsel 
nennt  man  Verrenhnng  oder  JAoatüm;  dirae 
erfordert  stets  die  Einrichtung.   Basch  vor- 
übergehende I«ageftnderangen  werden  als 
Dieiortion  oder  Veretaud^ng  beseichnet.  G«- 
lenhoauersueht  ist  «ine  Erfülhmg  der  €to- 
lenkhöhle  mit   sorSser  Flüss^eit;  bei  der 
Oelenkentunindung  kommt  es  sn  Eiterbildung 
innerlialb  der  Höhle.    Unter  Geienkrhemna- 
tiemu»  versteht  man  heftige  Schmersen  in 
den  G.en ;  die  akute  Form  tritt  mit  hohem 
Fieber  auf  und  führt  häufig  Herz-  nnd  Ge- 
hirnkrankheiten mit  sich.  Bei  Gi^t  kommt 
es  sn  Ablagerung  firemder  Stoffe  nnd  Ver- 
dickungen in  den  Gelenkkapseln,    Alle  Ge* 


Gelenkfiteifigkeit  —  €l«nelli. 


681 


lenkkm&kh«it»ii  erfordern  snr  Behftndluig 
gröeste  Buhe  des  betroffenen  Th^ei,  am 
besten  dorofa  feste  Verbinde. 

Ctelenksleififkelt,     \  _    ^_jfe„i^-- 

««lenkTerwaohsiug.  I  *"  ^^^^' 

Geliert,  (^ri»iian  IihrehtegoU,  Dichter  und 
Moralist,  geb.  4.  Jttli  1715  an  Haynlohen 
(Sachsen),  seit  1751  Prof.  an  Leipzig;  t  dw9, 
13.  Dec  1709.  Fleissiger  Mitarbeiter  an  den 
»Bremer  Beiträgen*.  Hauptwerke:  die  oft 
aufgelegten  ,rabeln  und  Era&hlungen*  nad 
«Geistl.  Oden  und  Lieder'.  Sehr,  ausser- 
dem fLustspiele*  (,Die  BetsehwestemS  »Das 
Loos  in  der  Lotterie'  etc.),  den  Boman  ,Die 
schwed.  GriAnS  ,Moral.  Vorlesungen*  u.  A. 
S&mmtl.  Werke  (1768;  neue  Ausg.  1853  ff.,  10 
Bde.).  Biogr.  von  Gramer  (1774).  Vgl.  ^«w- 
fliia«i«,.Gh»lleribnchS  1854;  ,G.s Tageb.*,  1682. 

CtoUinSy  Autus,  röm.  Autor,  um  150  n.  Ohr. 
Von  ihm  das  werthvolle  Sammelwerk 
,Noctes  atticae*  (Ausg.  von  Jfferäi,  1863). 

GelnhanseSy  Kreisstadt  im  preuss.  Begbx. 
Kassel,  an  der  Kinsig ,  3798  Ew.  Ehemals 
wichtige  Beichsstadt;  Dreiütütigkeitskirche. 
Dabei  die  Bninen  der  Kaiserpfals  Friedrich 
Barbarossas  (1144  erbaut). 

Qelon,  seit  484  t.  Ohr.  Tyrann  von  Syra- 
kus,  breitete  seine  ^  Herrschaft  bald  über 
ganx  SidUen  aus,  siegte  bei  Himera  (480) 
über  die  Karthager,  regierte  mild  und  weise, 
naoli  seinem  Tode  (477)  als  Heroe  verehrt. 

ttelt,  unfiruchtbar;  nicht  trachtig;  trocken 
stehend  (vom  MilohTieh).    [gelntn,  kastriren* 

Ctelse,    rersohnlttenes    Schwein;    daher 

ütmtMgy  Saatgeraische,  Erbsen  und  Hafer, 
Linsen  und  Gerste,  als  Grüuftitter. 

Gemlra,  s.  Talmud. 

Gemblou  (OemHour*,  npr,  Schangbluh), 
Stadt  in  der  belg.  Prov.  Namur,  3018  Ew. 
Ber.  Benediktinerabtei  (,Ohronik  des  Siego- 
bert  Ton  O.'  aus  dem  12.  Jahrb.,  gesohätste 
Geschichtsquelle).  31.  Jan.  1578  8Ug  Don 
Juans  d'Austria  über  die  Niederländer. 

Gemeinde  (Kommune) ,  die  su  einer  Kor- 
poration (Jurist.  Person)  vereinigten  Be- 
wohner eines  bestimmten  Theils  des  Staats- 
gebiets, welche  eine  eigne  Verfisssung  haben 
und  ihre  Angelegenheiten  unter  Aufsicht 
des  Staats  selbst  verwalten.  Nach  den 
neueren  (Sesetaen  muss  Jeder  Staatsbürger 
einer  G.  angehören. 

Gemeindeordunng,  Libegrifr  von  Bestim- 
mungen über  Verfassung  und  Organisation 
der  Gemeinden,  Verwaltung  des  Gemeinde« 
Vermögens,  Erwerbung  des  Gtomtinderechts, 
Rechte  und  Pflichten  der  Gemeinden ,  Ver- 
h&ltniss  derselben  sur  Staatsgewalt  etc. 

Oemelnes  Beekt,  Labegriff  aller  Bechts- 
bestimmungen,  welche  in  gana  Deutschland, 
insoweit  nicht  durch  das  Partikularrecht 
abweichende  Bestimmungen  eingeführt  sind, 
Geltung  haben.    Vgl.  DeutecheB  Becht. 

Gemänplata  (lat.  Iocim  cammuni»),  ein 
Jedermann  einleuchtender  Sats  oder  Spruch, 
mit  der  Nebenbededtung.desAbgedroschenen. 

GemelnMlimldBer.  der  f alut. 

Gflmellen  (lat.),  Zwillinge. 

Geaiimation  Oat.),  Verdoppelung. 

Oemiachte  lÜten)  Bhen  awischen  Be« 
keonern    verschiedener   Bellglonen,    bea. 


▼ersehledener  ohrlstl.  Konfessionen!  Kaüho- 
liken  und  Protestanten.         [in  der  Krone. 

GeauBAy  Edelstein;  Stern  erster  Grösse 

GeBmenabdrfteke,  s.  v.  a.  Pasten. 

Genml,  Berg  der  bemer  Alpen,  8996'  h.; 
darüber  Pass  vom  Kanderthal  naoh  Lenk. 

Gemmingen»  Otto  EMnrieh  von,  Bühnen- 
dichter, geb.  1755  au  Heilbronn,  t  15.  März 
1836  SU  Heidelberg  als  bad.  Geheimrath; 
Verf.  des  einst  beliebten  bürgert.  Sehanspiels 
,Der  deutsche  Hausvater*  (nach  Diderot,  1780). 

Gemae  (Oapella  J9icM  et  Kejfe,)»  Glattang 
der  Wiederkäuer.  G.  ruploapra  BUM  et 
Key.,  8'  8"  h.,  auf  den  Alpen  (bes.  bayer. 
und  steierischen)^  in  den  Pyrenäen,  im  kau- 
kas.  und  tanrisohen  Gebirge,  rudelweise  in 
der  N&he  des  Schnees  und  der  Gletscher. 
Fleisch  wohlschmeckend,  Fell  gibt  schönes 
Leder,  im  Magen  Beaoar  (s.  d.).  • 

Ctom&ae,  Schösslinge,  Blatter,  Blüthen- 
und  Fruchtthelle ,  Wuraeln  und  Knollen, 
welche  als  Nahrungsmittel  dienen,  enthalten 
*ho  Wasser,  weniger  als  ^^  <Ve  eiweissartige 
Substanaen  und  aueh  nur  wenig  Fettbildner, 
dagegen  Apfel-  und  Oitronens&nre  und 
1—1,7  o/o  mineralische  Stoffe  mit  vorwalten- 
dem Kali  und  Phosphorsfture ;  sind  wenig 
nahrhaft,  befördern  aber  die  Verdauung 
und  sind  oft  von  diätetischem  Werth.  JS<n- 
gem^iehte,  geiroekneie,  aum  Theil  aueh  koni- 
nrimirte  G.  bilden  wichtige  Handelsartikel. 
Vgl.  die  Werke  von  ZangetA«!  (3.  Aufl.  1804), 
Jäger  (1870),  Lukae  (3.  Aufl.  1870). 

Gennppea  (spr.  Schenapp),  Flecken  (früher 
Stadt)  in  der  belg.  Prov.  Brabant,  an  der 
Dyle,  1591  Ew.;  17.  nnd  IS.  Juni  1815  vor 
und  naoh  der  Schlacht  bei  Waterloo  Schau- 
platz heftiger  Kämpfe. 

Genaaty  Dr«tn»  Eduard,  Sehauspieler,  geb. 
15.  Juli  1797  au  Weimar,  Sohn  des  Hof- 
schauspielers Anton  O.  (f  1831),  bildete  sich 
unter  Goethes  Leitung,  seit  1829  Hofschau« 
Spieler  bu  Weimar;  f  3.  Aug.  1866.  Schi'. 
,  Ans  dem  Tagebuch  eines  alten  Schauspielers* 
(1862-06,  4  Bde.).  -  Sein  Sohn  Wilk.  Karl 
Albert,  geb.  80.  Juli  1822  an  Leipsig,  welmar. 
Staatsanwalt,  Mitglied  des  norddeutschen 
u.  deutschen  Beichstags ;  auch  Di<^ter  (,Bem- 
hard  von  Weimar*,  , Florian  Geyer*  u.  A.). 

Gendarmen  (i^.,  spr.  Schangd-),  miMtär. 
Poliaeibeamte  auFuss  nad  an  Pferde,  meist 
dem  Ministerium  des  Innern  unterstellt. 

Genealogie  (gr.),  Geschlechterkunde,  die 
Wissenschaft  von  Ursprung,  Folge  und  Ver- 
wandtschaft der  Geschlechter.  Zur  Veran- 
sohauliohung  dienen  die  gaiealog.  Taftin, 
sowie  die  eigentlichen  OeeckieelUe'  oder 
Siamimtafeln  (Stammbäume)t  welche  gewöhn- 
lich vom  ältesten  Stammvater  beginnen.  Da 
Familiennamen  erst  im  11.  Jahrh.  Vorkom- 
men, so  vermag  keine  Familie  ihre  Ahnen 
bis  zur  Mitte  des  11.  Jahrh.  aurüt^auführen. 
Wissenschaftliche  Behandlung  der  G.  auerat 
von  ChUterer  (,Abrlss  der  G.',  1788).  Vgl. 
Hopf,  ,Genealog.  Atlas*,  Bd.  1  u.  9,  1858— 61  j 
und  den  ,(3t>thaischen  gsnealog.  Hofkalen- 
der*, 106.  Jahrg.  1871. 

Genelll  (spr.  Dache-),  Bonaventura,  Maler 
und  Zeichner,  geb.  7.  Sept.  1798  in  Be^-lin, 
Sohn  des  Landschaftsmalers  «/afKM  G«  (f  1813), 


6821 


Gtenepi  —  Genf. 


leMe  nach  l&iii:Mr«m  Aofinthalto  in  Italien 
Bnent  In  München,  seit  1859  In  Weimar; 
t  13.  Not.  1868.  Vertreter  einer  «trengen 
Masf.  Bichtangf  die  er  bes.  in  Zeichnungen 
voll  poet.  Kraft  und  oft  hoher  Schönheit 
bewftbrte.  Hauptwerke:  Zeichnungen  an 
Homer,  an  Dante,  Leben  eines  Wüstlings, 
Satnra,  Leben  des  Künstlers  n.  A. 

€^«Mpi  (OenippikrSkUer) ,  mehrere  Arten 
der  Gattungen  Achillea  und  Artemlsia  Ton 
den  Alpen,  Bestandtheil  des  Schweixerthees 
und  an  Liqueuren  benutzt. 

Geaeraly   höchste  milit&r.  Wurde  nach 

dem  Veldmarschall ;  kommandirt  In  der  Be- 

'gel   ein  Armeecorp«.    In  der  franz.  Armee 

Major  gim^rol,  Ohef  des  <3eneralstabs;  OoI«nei 

Siniral,  Inspekteur  einer  Truppengattung. 

GeaeralbMi)  im  Allgemeinen  Harmonie- 
oder Kompositionslehre;  im  Besondem  die 
Bassstimme  eines  Tonstücks,  über  deren 
Noten  durch  Zahlen  und  andere  Zeichen 
(Signaturen)  die  Akkorde  und  Modulationen 
fortlaufend  angedeutet  werden.  Die  Zahlen 
geben  die  Intervalle  an,  z.  B.  8  die  Se- 
kunde, 8  die  Terz  etc. ;  den  Dreiklang  be- 
ziffert man  nicht ,  wenn  er  der  Tonart  an- 
gehört; ein  ft  über  der  Note  bedeutet  Dur-, 

ein  p  Molldreiklang,  {}  aufgelöst. 

Generalgewalttger  (OeMralprofoaa ,  fr. 
grand  prMt),  früher  der  mit  Ausübung  der 
Feldpolizei  beauftragte  und  mit  dem  Recht 
über  Leben  und  Tod  ausgestattete  Offizier. 

doierftUfe  (span.),  maur.  Sommerpalast. 

OeiMnUmtoiiamnty  der  höchste  Beamte 
des  Kriegskommissariats  (prenss.  Armee). 

Oeneralisireii  (lat.)«  verallgemeinem. 

OeiieralisslniD«,  oberster  Heerführer. 

tteiiarftlit&tsUndey  sonst  in  Holland  Name 
derjenigen  Lande,  welche,  nicht  zu  den  sieben 
veseinigten  Provinzen  gehörig,  den  Erbstett- 
halter  zum  Generalgonvemeur  hatten,  Theile 
von  Brabsnt,  Flandern,  Limburg,  (Feldern. 

OenerallievteBJUityDivisionskommandeur. 

Cleneralnii^or.  Brigadekommandeur. 

^ieMerainancii,  Signal,  welches  die  Trup- 
pen, marschfertig  auf  den  Alarmplatz  beruft. 

Ctonenlpicliter  (fr.  femiers  gindraux), 
in  Frankreich  bis  zur  Revolution  eine  Ge- 
sellschaft von  Spekulanten,  welchen  das 
Salz-  und  Tabaksmonopol,  die  Binnenzölle, 
die  Eingangszölle  von  Paris,  der  Gold-  und 
Silberatempel  etc.  gegen  jährl.  Pachtzins 
überlassen  wurden;  wegen  der  rücksichts- 
losen Härte,  ntit  der  sie  bei  der  Einziehung 
zu  verfahren  pflegten,  beim  Volke  verhasst. 

CleneralprorozBys.  v.a.  Generalgewaltiger. 

Ctenenilprokvfatory  in  Frankreich  der  an 
Appell-  und  Kassationshöfen  das  Interesse 
des  Staats  vertretende  Beamte. 

QeBeralfltaftteBy  in  der  ehemaL  Republik 
Holland  die  von  den  Provinzialstfinden  ge- 
stellten Abgeordneten ,  welche  die  Souve- 
ränet&tsrechte  der  Republik  ausübten;  in 
den  Jetzigen  Niederlanden  N^me  der  Lan- 
desverlaretung.  S.  ausserdem  EUUs  gin4raux. 

tteneralstaby  s.  Btah,  [gung. 

tteneratlo  Mqulvoea,  Urzeugung,  s.  Ztu- 

tteAmratl<tt(lat.),  Zeugung ;  die  zusammen- 
gehörig^uGliedereinerGeschlechtsfblge ;  das 


durehs<Anittl.Ijebeaaalter  einer  €l«8oht«chta- 

reihe,llettschenalter,  nach  der  gewöhnliebeu 
Annahme  ein  Zeitraum  von  30  Jaluren. 

Generationswechsel  9  s.  Ammenerzmtffung. 

Generfttor,  Erzeuger;  in  der  Teclniik 
s.  V.  a.  Dampfkessel;  bes.  schacbtfc^miger 
Ofen,  in  weldiem  durch  unvollständige  Ver- 
brennung aus  festen  Heizmaterialien  brenn- 
bare Gase  (Kohlenoxyd  und  Wasserstoff) 
erzeugt  werden.  Sitmen»  Regenerator  hat 
lose,  mit  feuerfesten  Ziegeln  angef&llte  Kam- 
mern, welche  die  in  den  Schomstein^&sen 
enthaltene  Wärme  aufsaugen  und  nutzbar 
in  den  Herd  dar  Verbrennung  zurückführen. 
Epochemachend  lür  die  Technik  und  in 
der  Glasfabrikation ,  bei  Sehweisa  -  nnd 
Puddelöfen  vielfach  benutzt. 

Generell  (lat.),  allgemein  gültig. 

Generifikatioii  (lat.)t  das  Zurücklübren 
der  Arten  auf  Gattungen. 

Generlsek  (lat.).   auf  das  gesammte  Ge- 
sohlecht oder  die  Gattung  bezüglicb. 

GenerSs  (fi*.,  spr.  sehe-),  edel-,   gross- 
müthlg,  freigebig.  [Genua. 

GS&es  (spr.   Schähn),   franz.   Name   von 

Genesis  (gr.),  Entstehung,  griech.  Name 
des  1.  Buchs  Moses,  weil  in  demselben  von 
der  Entstehung  der  Dinge  berichtet  vrird. 
€r0tuiUeh,  was  sich  auf  den  Ursprung  eines 
Dinges  bezieht;  daher  gef^Ueht  Methode, 
die  Wissenschaft!.  Untersuchung  der  £nt- 
wickelungsgesetze ,  z.  B.  der  Oiganismen, 
im  Gegensatz  zur  deskKptiven  Methode, 
der  Beschreibung  der  Gegenstände  als 
fertiger  Produkte.  [Venus. 

GenStrIx  (lat.),  Erzeugerin,  Beiname  der 

Genette,  s.  Zibethkatxe. 

Genevais  (spr.  Scbenewä),  das  Gebiet 
von  Genf,  49V>  QM.,  früher  eigne  Grafsch., 
seit  1401  savoyischeg  Herzogthum,  1860  dem 
frsnz   Depart.-  Obersavoyen  einverleibt. 

Ctoneve  (fr.,  spr.  Sch'nähv),  Genf. 

Genivre  (spr.  Scheuähwr),  feiner  holl. 
Branntwein,  aus  sehr  verdünnter  Maische 
gewonnen  und  über  Wachholderbeeren  und 
Hopfen  rektificirt. 

GcB^vre  (spr.  Scheuähwr),  Gtobirgspass 
in  den  cottischen  Alpen ,  mit  Knnststrasse 
von  Brian^on  nach  Oesannes. 

Ge&esärethy  See  (Oalüäiecke»  Meer),  Ge- 
birgssee im  nördl.  Palästina,  6  St.  1.,  3  St.  br. 

Genf^  südwestlichster  Kant,  der  Schweis, 
am  Genfersee,  5,2  QM.  und  (1870)  94,116  Ew. 
(44,138  Reform.,  48,340  Kathol.);  HügeUand, 
von  der  Rhone  bewässert,  mit  wichtiger 
Industrie.  Das  Ländchen  kam  536  zum 
fräuk. ,  um  880  zum  burgund.  Reich;  seit 
1535  (mit  Einführung  der  Reformation)  un- 
abhängige Republik,  durch  Calvin  (seit 
1641)  Mittelpunkt  der  evang. -reform.  Rich- 
tung; 1584  Bund  mit  Zürich  und  Bern,  1644 
erneuert;  1798  mit  Frankreich  vereiaigt, 
seit  1815  souverän.  Kanton  der  Sohweis. 

Die  HauptH.  G.  (Genive,  das  röm.  Aarela« 
AUebrogum) ,  reizend  zu  beiden  Seiten  der 
Rhone  an  deren  Ausflüsse  ans  dem  Cknte^ 
See  gelegen,  sehr  wohlhabend,  68,165  8w. 
(zum  grössten  Theil  Galvinisten  u.  tnaaö», 
sprechend).  Haupttheile:  la  Git6  links,  St. 
Gervais  rechts  von  der  Rhone,  dazwisohen 


Genfersee  —  Genie. 


688 


die  Ins«!.  Qo»!  des  BerguM  n.  da  Moiitl>laao, 
Rne  de  la  Oorraterie,  St.  Petenklrcho, 
Wohnhaus  OalTins,  Geburtshana  Boosseaus. 
UnlTonltät  (1868  gegr.,  1&S8  dureh  Oalrln 
restaur.),  ber.  Bibliothek,  UhreBfabrikation. 

8«BflnriM  (im  Altertfa.  Laeu»  Lemanus, 
ft*.  Lac  Lenum),  See  im  t&dweetl.  Winkel 
der  Sebweis,  swlschen  dem  Kant*  Waadt 
und  Savi^en,  bes.  schön  dvrch  den  Kon- 
trast des  anrnnthigen  gesegneten  nördl. 
Ufers  nnd  der  grotesken  Felsen  am  südl., 
tiefblau,  1154'  fib.  M.,  999'  tief,  8  M.  1.,  bis 
1*/«  H.  br.,  10,s  QM. ;  yon  der  Bhone  durch* 
flössen.    Herkwfirdig  die  Bnhss  (s.  d.). 

Ctonlek.  s.  Nacken, 

Qtniekknmpty  s.  Mmimgüia. 

Genie  (fr.,  spr.Schenih,  y.lalLgeniut)^  an- 
Kebome  schöpferische  Geisteskraft;  auch 
lugenienrknnst,  daher  Qenieeorp$,  s.  v.  a. 

Genien,  s.  O^niu»,  (lugenlenreorps. 

Genit^plkr&uter,  s.  Gtnepi, 

tieniren  (fr.,  spr.  Sohe-),  beschwerlieh 
fallen;  tieh  g.,  sich  Zwang  anthnn.  Oemirt, 
mit  Figuren  versehen,  Ton  Seidenseugen  etc. 

Genlsta  £.  (Giruter),  Pflansengattung  der 
Papilionaceen.  G.  tinctoria  L. ,  Färber- 
achatie,  OiWhraut,  Strauch  in  Bnropa  und 
Mittelasien,  blühende  Zweigspitsen  offlcinell 
(Geisterkraut)  und  sum  Gtolbfarben  dienend. 
Von  G.  sooparia  Lam,,  Spartium  scoparium 
L.,  Betmutraueht  tfriemenkraut,  in  Europa, 
dienen  die  Blüthen  sum  Färben,  die  Zweige 
als  €torbmittel  und  su  Besen. 

Genitalien  (lat.),  Geschlechtsthelle. 

GenitiT,  s.  OkMtt«. 

Genins  (lat.),  Schutsgeist,  Geist;  Mehreahl 
Oenien,  beflQgelt  dai^stellte  Gottheiten. 

GenoisenseBAft,  s.  Vtreiw  und  Otnotwn' 
scha/tawesen. 

GenonllUre  (fr.,  spr.  Sch^nulJ&hr),  Knie- 
schiene; Brüstung  dfr  Schiessseharte. 

GenOTeTS,  Heilte,  Hersogln  von  Brabant, 
Gemahlin  des  Pfalsgrafen-  Siegfried,  um 
730;  ihr  Leben  (Gegenstand  eines  bekannten 
mlttelalterl.  Volksbuchs;  dramat.  behandelt 
von  Titok  und  BMd,  Vgl.  Zaeh^,  ,Gesch. 
der  Pfaixgräfln  G.*,  1860.  [Gattung. 

Geiire   (fr.,    spr.   Schangr),   Gbsohlecht, 

Genrenalerei  (GaUung$m<aerei),  Fach  der 
Malerei ,  welches  sich  mit  der  Barstellung 
▼on  Vorg&ngen  und  Handlungen  des  Men- 
schen beschäfkigt,  die  thats&chlich  der  All- 
täglichkeit angehören,  oder  durch  die  Auf- 
fassung in  das  Allt&gliche  Tersetzt  werden. 
Werden  histor-  Personen  in  Situationen 
des  gewöhnlichen  Lebens  xur  Darstellung 
gebracht ,  so  entsteht  das  hUior,  OenreMd, 
Schon  den  Alten  nicht  unbekannt  (Wand- 
gem&lde  in  Pompeji),  dq^L^i**^  von  den 
Niederl&ndem  nnd  Deutsclmwirklioh  aus- 
gebildet und  bis  aur  Gegenwart  mit  Vor- 
liebe kultivirt;  die  filtern  Genremaler  mehr 
humoristisch  (Bauern-  und  Gesellschafts- 
stücke, Wirthshanssoenen  etc.),  die  neuem 
mehr  lyrisch  (Scenen  aus  der  Kinderwelt, 
dem  Familien-  nnd  Volksleben).  Vonüg- 
liebste  Meister:  Tmien  d.  Jung,,  Oiiad», 
Bembrandt,  Terburg,  J)own,A.;  aus  neuester 
Zeit:  die  Düsseldorfer  Hatendewr,  HtlSbner, 
SehrÜter  etc. ,  Ho$emonn ,   ßUfferheim ,   von 


BmUM  n.  And.  (Berlin),  i>ahnhau9er,  Wodd- 
mÜUer,  Amerling  (Wien),  ITaltsnwoMr  und 
Betd  (München),  Mey^r  (Bremen)  u.  A. 

Gens  (lat.),  Geschlecht,  bei  den  Römern 
Genossenschaft  durch  gemeinsame  A]bstom- 
mung  Verbundener,  Mehrzahl  Ctente».  Jfbmm 
gentilieinm,  Geschleohtsnamo,  a.  B.  Valerius. 

Genierleli  (eigentl.  Oai$erich,  d.  i.  Speer- 
furst),  König  der  Vandalen,  ^hrte  4SK9 
diese  aus  Spanien  nach  Afrika  über,  grün- 
dete hier  nach  Besiegung  des  röm.  Statt- 
halters Bonifitclus  ein  Reich  mit  dem  Sits 
Karthago,  eroberte  einen  Theil  Siciliens, 
Sardinien  nnd  Korsika,  plünderte  455  Rom, 
zerstörte  461  die  Flotte  des  Kaisers  Majorian 
im  Hafen  von  Karthi^o.  Gewaltiger  Krieger, 
hinterlistig  und  grausam;  f  477. 

Gent  (fr.  Ckind),  Hanptst.  der  belg.  ProT. 
Ostflandern,  am  Zusammenfluss  der  Lys 
und  Scheide,  durch  Kan&le  in  96  Inseln 
getheilt,  1S7,8S8  Bw.  Kathedrale  (mit  dem 
ber.  Agnusbilde  der  Gebrüder  van  Eyck), 
Michaeliskirche,  Unltersität  (seit  1816), 
Jttstizpalast,  Beguinenhof.  Gegründet  im  7. 
Jahrb.,  besass  G.  im  11.  Jahrb.  ansehnliche 
Macht,  verlor  aber  durch  Karl  V.  mehrere 
seiner  Besitzungen.  1576  genter  BicißkaHon 
zwischen  Holland  und  Seeland  einer-  und 
den  südl.  Niederlanden  andererseits  gegen 
die  Spanier. 

Genthln,  Kreisst.  im  preuss.  Regbz.  Mag- 
deburg, am  plaueschen  Kanal,  3539  E^w. 

Gentlana  L.  (Ensian,  £iU«naun),  Pflanzen- 
gattnng  der  Uentianeen.  G.  amarella  L., 
Bimmdatengei ,  im  nördl.  Europa,  offlcinell 
als  Herba  Gentianellae.  G.  lutea  L,,  BitUv 
wun,  auch  pannonica  8oop,,  purpurea  Zr. 
und  punoteta  X.>  auf  den  Alpen ,  in  Mittel- 
europa, liefSfim  die  bittere  Bnzianwnrzel. 
G.  F^eumonantfae  L,,  jMngenNMtne,  blauer 
Dorantf  in  Europa  nnd  Nordasien,  als  Herba 
Antirrhini  ooerulei  offlcinell.    Zierpflanzen. 

Gentil  (fr.,  spr.  Schangtihl),  fein,  artig; 
0.a,  beliebte  elsasser  Weine. 

GentUen*  (ital.,  spr.  Dschen-),  Adel; 
Artigkeit.  [Edelmann. 

Gentilhomme  (fr.,  spr.  Schangtiljomm), 

Gentlltenras  (laA.),  das  Heidenthum. 

GentUIy  (spr.  Schangtilji),  Fabrikort  im 
franz.  Depart.  Seine,  13,900  Ew. 

Gentlemftn  (engl.,  spr.  Dschänt'lman, 
Mehrzahl  Owttlemen),  in  England  Bezeich- 
nung für  die  zwischen  dem  hohen  Adel 
und  den  arbeitenden  Klassen  mitten  inne 
Stehenden,  also  für  die  Baronets  und  Alle, 
welche  eine  höhere  Bildung  beslteen;  Im 
geselligen  Umgänge  «in  Mann  von  Anstand 
und  Lebensart,  von  ehrenhaftem  Oharakter. 

Gentry  (engl.,  spr.  Dschentri),  in  England 
Bezeichnung  des  niederen  Adels  (Knights, 
Baronets,  Esqulres),  dann  auch  aller  über  den 
Gewerbtreibenden  oder  Büi^ern  Stehenden. 

Gently  Friedrich  von,  ber.  Publiclst  der 
Restanrationsperiode,  geb.  2.  Mai  (8.  Sept.) 
1764  zu  Breslau,  seit  1796  Kriegsrath  zu 
Berlin,  erst  Freund,  dann  fanatischer  Geg- 
ner aller  liberalen  Institutionen,  nach  Boiw- 
partes  Emporkommen  eifriger  Verfechter 
der  Krieffspolitik  Englands  und  Oesterreichs, 
ward  1802  Hofrath  bei  der  österr.Hof-  und 


684 


Genn»  —  Geographie. 


BtMtflkMiBlei,  VOTffbSMr  dar  ditorr.  Kriags« 
numifeste  Ton  1809  und  1818,  dtaxn  als  Ter* 
trauter  UBd  Organ  Hettemichs  und  eifriger 
Vertreter  des  StabflitätMyitemg  fimatlaoher 
Bekimpfer  Jeglieher  freiheitlichen  Regung. 
Auf  dem  pariser  Friedenskongresse  1815, 
sowie  auf  spateren  Kongressen  Protokoll- 
führer und  erster  Sekretär,  bereitete  er  die 
Massregeln  der  Reaktion  vor;  f,  Tom  russ. 
Kaiser  geadelt,  9.  Juni  1882.  Schriften,  her« 
ausgeg.  von  Weiek  (1888-40,  6  Bde.).  ,M«- 
molres  et  lettres  InMlts'  (1841),  «Briefwechsel 
initAd.H.  Muller*  (1861),  .Tagebücher«  (1861), 
,Aus  dem  Nachlasse*  (1867,  2  Bde.).  Vgl. 
Mendeluokn-Bartholdy,  ,F.  r.  G.*,  1867. 

6eiiaa  (ital.  Genova»  fr.  Gine$),  oberltal. 
ProT.,  74,9  QM.  und  668,047  Ew.  Die  Baupt- 
BtadiQ.  (la  Bupwba,  die  Pr&ohtige,  genannt), 
am  Gatf  vo»  &.,  amphitheatralisch  an  den 
Bergterrassen  des  Apennin  aufsteigend, 
127,986  Ew.  Strassen  eng  und  steil,  pracht- 
voll  aber  die  neue  Strada  Balbi  und  Strada 
nnora.  Viele  herrl.  Kirchen,  Paläste  (Doria, 
Durasio),  Börse,  Theater,  Justiapalast, 
praehtTolle  Universität,  viele  Akademien, 
Kunstsammlungen.    Handel,  Schifffahrt. 

Die  Landschaft  G-.  bildete  im  Alterthum 
einen  Tbeil  Liguriens,  war  dann  nach  ein- 
ander römisch,  longobardisch ,  frankisch 
und  schwang  sich  im  Mittelalter  au  einer 
mächtigen  Handelsrepublik  empor,  die  mit 
Pisa  (1070-1990)  und  Venedig  (1257-1381) 
Jahrhunderte  lang  blutige  Kriege  um  die 
Herrschaft  auf  dem  östl.  Theile  des  Mittel- 
meers führte  und  zeitweilig  sahlr.  auswär- 
tige Besltsungen  (Elba,  Sardinien,  Korsika, 
Galata  und  Pera  in  Konstantinopel,  Halb- 
insel Krim  ,  Lesbos  und  Ohios ,  Famegusta 
auf  Gypern)  besass.  Im  Innern  Parteikämpfe, 
die  durch  die  länsetcung  lebenslänglicher 
Dogeh  (1889)  nicht  beendigt  wurden  u.  Ot.  aeit- 
weillg  unter  span.  u.  franz.  Herrschaft  brach- 
ten. Andrea  Doria stellte  1528 die  Unabhängig- 
keit der  Republik  wledw  her  u.  begründete 
eine  streng  aristokratische  Regiemngsfurm, 
die  bis  zum  Ende  der  Republik  bestand. 
6.  Juni  1797  Umwandlung  G.s  in  die  Ii^- 
risehe  BeptAHk  (s.  d.)«  4.  Juni  1805  EiuTer- 
leibung  ders.  in  Frankreich,  1814  Besetzung 
der  Stadt  durch  die  Engländer  und  Herstel- 
lung der  firfiheren  Verfiusung.  1615  Ver- 
einigung G.s  als  Hersogthum  mit  dem  Kö* 
nigr.  Sardinien.  Vgl.  Obnoie,  ,NuoTa  storia 
delU  repnbl.  diOenova*,  Bd.  1-^,1868—64; 
Mnrrmtann,  ,Gesch.  von  G.',  1892,  2  Bde. 

GeiMUiy  Hertog  von,  Titel  des  Prinzen  Ferdi- 
nand, Bruders  des  Königs  Victor  Emanuel  11. 
von  Italien,  geb.  15.  Nor.  1822,  rermählt  1850 
mit  der  Prinzessin  Elisabeth  von  Saohsen; 
•fr  10.  Febr.  1855;  dann  seines  Sohnes  Tho- 
mas Albert  Victor,  geb.  6.  Febr.  1854. 

Gennal  (lat.),  das  Knie  betreffend;  Gmu- 
fleerion,  Knlebeugung.  [Aeehtheit. 

GemlM  (lat.),  acht,  unverfälscht;  Gemtüät, 

Genus  (lat.)«  (Hsohleoht. 

Gaoeenirlscli  (gr.),  auf  den  Mittelpunkt 
der  Erde  bezüglich ;  g,9  Breite  eines  Planeten) 
die  Brette,  wie  sie  sich  vom  Mittelpunkt  der 
Erde  ans  gesehen  darstellen  würde. 

Geo4is|e  (gr.),  FeldmeQskunst, 


OMftrajr  St,  HltaiM  (snr.  6ohofr)Sa 
nähr),  BUemne,  fkunz.  Natarforso|ter ,  s«b. 
15.  April  1772  zu  Etampes,  seit  1798  Prof. 
der  Zoologie  in  Paris,  f  <!»>.  19.  Juni  1844. 
Eifrigrer  Förderer  der  veigleichenden  Ana- 
tomie und  Zoolog(ie,  vertheidigte,  namestlieli 
gegen  Onvier,  das  PHndp  typischer  Einheit 
in  der  Organisation.  Hauptwerke:  .Philo- 
sophie aaatomique'  (1818),  ,Philos.  soolog.* 
(1880),  ,Sur  le  principe  de  Tunitö  de  oon«- 
position  organique*  (1888),  ,Hist.  natnr.  des 
mammifdres'  (mit  Ottvier,  8.  Aufl.  1881  f,}  etc. 
Biogr.  von  Bimrgui»  (1865). 

Geogenle  (gr.),  s.  GeognoH«, 

Geognosie  (gr.),  die  wisienschaft,  welche 
sich  mit  der  Erde  nach  ihrer  gecenwär- 
tigeu  Beschaffenbeit  als  einem  Gewordenen 
beschäftigt;  oft  der  Geologie  koordlnlrt. 
Jetzt  häufiger  snbordinirt  und  als  beobach- 
tende G^logie  der  Geog^nie  oder  der  Ijehre 
von  der  Entstehung  der  Erde  als  theoretisohe 
Geologie  gegenübergestellt. 

Geographie  (gr.).  Erdbeschreibung:,  Erd- 
kunde, zerfällt  in  1)  nuahemoL  oder  »»tronom. 
G.,  wcAche  die  Erde  ipeciell  als  Weltkdrper, 
als  Glied  unseres  Sonnensystems  betrachtet 
(Gestalt  und  Grösse  der  Erde ,  ihr  Verfaält- 
nlss  zu  andern  Himmelskörpern,  Gtoaetso 
ihrer  Bewegung  etc.);  8)  pkyaiitai.  (pi^siseke) 
G.,  welche  sie   schildwt  als  einen  indivi- 
duellen Natnrkörper  mit  bestimmten,   ihm 
eigenthümlichen   Formen,   Zuständen    und 
Eigenschaften  (Gebirge,  Meere  und  Flüsse, 
Atmosphäre  und    Klima,    Produkte    etc.); 
S)  polit.  G.,  welche  die  Erde  als  Wohnsitz 
der  Menschen  nach  den  Bedingungen  ihrer 
Ausbreitang  Hber  den  Erdboden  und  den 
verschiedenen  staatliehen  Verhältnissen  las 
Auge  fssst  und  in  aU«  (Alterthum  bis  ca.  50Ü 
n.  Ohr.),  mitOer«  (Mittelalter  bis  1500)  und 
neuere  G.  zerfällt.  —  Bedeut.  Geographen  des 
Alterthums:  EratoHhetit»,  Strabo,  Ptoi«mäm$; 
die  Römer  Pompon,  Mela  und  Hiniut.  IProhe 
r&m.  Kartographie  die  ,Tabula  Peutingeriana*. 
Seit  8.  Jahrh.  rege  Pflege  der  G.  durch  die 
Araber;  gegen  Ende  des  Mittelalters  Erwei- 
terung   der    geogr.   Kenntnisse  durch   die 
Reisen  der  Venetianer  (Fl.  Oarpini,  M.  BUo), 
der  Genuesen  und  Portugiesen,  bes.  aber 
durch  die  Entdeckung  von  Amerika.    Erster 
Versuch  einer  Weitbeschreibtang  £e5.Fr«iidt.< 
,Weltbuoch*  (1534);  andere  geograph.  Arbei- 
teu  von  8A.  Müntter,  Ortelime,  Oluver,  Merimn. 
Begründer  der  phy  slkal.  G.  Bergmann  (f  1787), 
der  polit«-statist.  Brdbeschreibung  A.  F.  fia- 
eehing  (seit  1754);  eine  neue  Epoche  der  G. 
herbeigeführt  durch  K,  Bitter,  den  SchöpfHr 
der  allgem*  ,vergleichenden  Erdkunde*  um! 
eigentl.  Begründer  der  G.  als  Wissenschaft. 
Wichtigste   neuere  geograph.  Lehrbücher: 
GtupcoH,  Haena,  Gntsmmtk»,  ÜkeH,  ,Hand- 
buch*  (1819-81,  23  Bde.),   die  Werke  von 
BiiUr,  Berghau»,  Boon,  Stein  (neue  Aufl.  von 
Wappäm*  1850—71, 11  Abth.),  KlÜden,  Daniel, 
Ohgewitter,  OannaUeä  U.A.  Umfitssende  Kar- 
tenwerke von   Stieler,   Kiepert,   Ba»en»tei» 
u.  A. ;  Berghau»  (,Phy«ikal.  Atlas*),  8pr%mer 
(,Hi8tor.  Atlas*).  Geogi'aph.  Jahrbücher:  vob 
Barbier  du  Booage,  Vitien  de  8t,  Martin,  Behm 
(1.  -  3.  Bd. ,  1867  -  70).    ^eitochrmen :  «Mit- 


Geologie  —  Georg. 


685 


theilimgelk*  (PüUmtann),  ,Globus*  (Andree), 
,  Ausland*  CAtcM^,  berliner  »ZeitBchr.'  (Ko- 
nltr)  a.  A.  VerdiensfcToll  f&r  O.  die  geograph, 
OeseUtekaften  eu  Parit  (1881,  die  ilteste), 
Berlin  (1888),  London  (1880,  die  bedentendete), 
Frankftirt  (1836),  Petersburg  (1845),  Darm- 
stadt (1845),  Newyork  (1852),  Wien  (1856),  Gbnf 
(1858),  Leipiig  (1861),  Dnsden  (1868),  Kiel 
(1867),  Hörens  (1867)  etc.  Die  (stoschiohte  der 
U.  behandeln  Buehel  (1866),  L9wmb«rg  (1866). 
Geologie  (gr.),  die  Wissenschaft  von  der 
Natur  unseres  Planeten  und  seiner  Ter- 
schiedenen  Olieder^  ihrer  Entwlokelungs- 
isreschichte  und  gegenwärtigen  Beschaffcn- 
lieit,  .  serfSUt  in  6.  des  Erdganzen 
(Dichtigkeit ,  innere  Warme  der  Brde,  £rd- 
magneUsmus)  und  6.  der  peripherischen 
Glieder:  Aimo$]^roiogit  oder  M^Uorologie, 
HydrographU  und  Okthonologi«,  Letatere, 
die  O.  der  festen  Erdkruste,  aerfällt  in 
Morpkciogi€  der  Erdoberfl&che  (Kodtour- 
und  Seliefformen  des  Landes),  Fetrographie 
oder  Oesteinslehre,  BaXSUmMogi9  oder  Pe- 
tre&ktenkunde  (Lehre  von  den  Versteine- 
rungen) und  OtoUhUmik  oder  Struktorlehre 
(Formen  und  Dimensionen,  gegenseitige 
Stellung  und  Yerknüpfting  der  Gksteina- 
massen  und  Mineralaggregate).  Die  Ge- 
steinslehre betrachtet  die  allgemeinen  Yer- 
lialtnisse  der  Gesteine,  die  Elemente,  aus 
welchen,  und  die  €tosetBe,  nach  welchen 
sie  aus  Jenen  lusammengesetKt  sind ,  die 
Tonnen,  in  welchen  sie  auftreten,,  ihre  Ent- 
stehung und  Umwandlung.  Ys^.  Geognotie. 
2f.  Steno  sprach  «aerst  richtige  Ansichten  über 
Gebiigsbildung  aus  (1669),  8au$$ur0  lieferte 
Untersuchungen  über  Gletscher  und  ouf- 
geriditete  Konglomeratschichten  (1779-96); 
auch  die  Paläontologie  wurde  iln  Torigen 
Jahrh.  wesentlich  gefordert  (Lang,  Sekeuch- 
g«r,  Bou/rget,  ßoldemi,  DargenvilU,  Knorr- 
WaUsh,  JB$per),  Die  Arbeiten  von  Book 
(1688),  Satpo  (1765),  LoMaro  Moro  (1740)  be- 
zeichnen einen  wesentlichen  Vortsohritt. 
Anftehen  erregten  bes.  die  Ideen  Muffen» 
(1749  und  1778).  Die  neuere  G.  beginnt 
erst  mit  Wemer  (1750—1817),  dessen  neptn- 
nisehes  System  den  stratigrapliisohen  Tbeil 
der  G.  begründete.  Btim»  foigi  und  bes. 
Button  (1788  und  1795)  traten  als  Gegner  auf, 
und  als  L,  wm  Bueh,  Alex,  v,  Bnmboidt  und 
Wei—  sich  der  plutonisehen  Lehre  Huttons 
anwandten,  war  der  ITeptttnismuB  gestürzt. 
Mae  Outtoeh  orderte  gleichfalls  den  Plnto- 
nismus,  LueU  und  aiuder  lehrten  hauptsäch- 
lich die  Büdnng  vieler  Gesteine  durch 
Metamorphose.  Die  Formationslehre  erhielt 
ihre  festere  Begründung  durch  die  Aus- 
bildung der  Paläontologie  (Lamairek  1808, 
Omier  1804,  8mük  1806,  Conyfrear«  und  Iki- 
Uppi  1888,  Boweiby  1888),  welche  dann 
weitere  Tortschritte  ermdgliehte  (L,  von 
Bnek,  Bantnumn,  B,  de  Beamment)»  Bis  su 
dieser  Zeit  hatten  die  Yorstellungen  von 
heftigen  Kataatrophen  in  der  Bntwickelungs- 
geschlchte  der  Erde  vorgeherrscht,  nnn 
suchte  Lyell  alle  Yerändemngen  durch  das 
Spiel  der  noeh  gegenwärtig  wirkenden 
Kräfte  tsa  erklären  (1880),  und  diesem  Prin- 
dp  huldigen  Jetat  alle  Forscher,    Bieekof 


begründete  die  neuere  physikalisch -chemi- 
sche G.,  durch  welche  der  Torschung  ganz 
neue  Bahnen  geöffnet  worden,  und  Borby 
lieferte  (1858)  in  dem  Mikroskop  ein  neues 
Hülfsroittel  der  G.,  welches,  bereits  die 
grossartigsten  Entdeckungen  ermöglicht  hat. 
Mit  phy8ikal.-chemischen  und  nükroskop. 
Studien,  mit  der  geognost.  Untersuchung 
einzelner  (Gebiete  und  mit  vollständigster 
paläontologischer  Gharakterisirnng  der  Se- 
dimentbildungen sind  gegenwärtig  die  Geo- 
logen am  meisten  beschäftigt.  Hand-  und 
Lehrbücher:  BreiOak  (ISIP),  ßtuder  (1844), 
de  la  Beche  (1838  und  1858) ,  von  Leonkard 
(1886—44,  5  Bde.,  1846),  £.  de  Beaumont 
(1845),  LyeU  (10.  Aufl.  1868,  8  fide.),  Nau- 
mann (8.  Aufl.  1858-66,  8  Bde^),  Bischof  (2. 
Aufl.  1863-66,  8  Bde.),  Oolta  (8.  Aufl.  1871), 
Burmeieter  (7.  Aufl.  1867,  8  Bde\  Vogt  (8. 
Aufl.  1866  ir.,  8  Bde.),  Moaemäsaler  (8.  Aufl. 
1861),  Volger  (1857-58,  8  Bde.),  JToär  (1866), 
Quenstedt  (1861),  Dana  (1862),  v.  Leonhard 
(1868),  XiidiMflr(8.Aufl.l863).  Paläontologie: 
^ronn  (1851-56,  3  Bde.),  QuenUedt  (1858). 

Geomant  (gr.),  Wahrsager  aus  Punkten 
und  Strichen  auf  dem  Erdboden. 

Geometrie  (gr.),  Erdmessung,  der  Theil 
der  Mathematik,  welcher  von  den  aus- 
gedehnten oder  Baumgrössen  handelt,  aer- 
fillt  in  Längen-,  Flächen-  und  Körper- 
geometrie oder  In  Longimetrie,  Planimetrie 
nnd  Stereometrie,  Hierzu  kommt  als  rech- 
nende G*  die  Trigonometrie,  welche  lehrt, 
aus  gegebenen,  aber  hinreichend  bestimmen- 
den Stacken  eines  Dreiecks  die  übrigen 
Stücke  desselben  zu  suchen.  Dies  die 
sogen,  ni^iere  oder  Mementargeometrie,  Die 
AöAere  oder  analyti»che  G.  umfasst  diejeni- 
gen geometr.  Untersuchungen,  bei  denen 
statt  der  unmittelbaren  Betrachtung  die 
Algebra  und  Analysis  zu  Hülfe  genommen 
werden,  namentlich  bei  krummen  Linien 
und  Flächen.  Die  daretdUnde  oder  deekrip- 
tive  G.  lehrt  räumliche  Gebilde  auf  einer 
Ebene  richtig  daraustellen  (s.  Pregektion»' 
lehre).  Die  praJM«cäe  G.  lehrt  die  Anwen- 
dung dei:  Ergebnisse  der  theoretischen 
(reinen)  G.  auf  Zwecke  des  prakt.  Lebens 
und  ist  namentl.  Geodäsie  (s.  d.).  Geometr. 
Werke  lieferten  im  Alterthura  EueUdea, 
Arekimedet,  ApoUoniu»  von  Ferga,  Bippus 
Uk  A.,  im  Mittelalter  Älhatm,  Purbaeh, 
Begiomontaime  u.  A.,  in  der  neueren  Zeit 
bes.  Kepler,  Torrieelli,  Deeoartee,  Bucal, 
Hupghen»,  Epoche  machend  war  die  von 
Jimoton  und  LeUmie  erfundene  Analysis  des 
Unendlichen,  welche  bes.  BemouUi,  Buler 
n.  A.  auf  die  G.  anwendeten  und  Monge, 
Lagrange,  Lacroix,  Oamot  u.  A.  in  dieser 
Beziehsng  weiter  ausbildeten.  Keue  Bahnen 
schlugen  in  neuester  Zeit  Gergonne,  Bmcelet 
und  Ohaele»  in  Frankreich,  MÜbive,  Steiner 
nnd  JPlüdber  in  Deutschland  durch  Anwen- 
dung der  synthet.  Metiiode  der  Alten  ein. 

GeomoiitognphI«  (gr.),  die  Kunst  der  Dar- 
stellung gi^rägter  und  vlelfiurbig  gedruckter 
Reliefkarten;  Erfinder:  Bauerfelder. 

Geophyiik  (gr.),  Lehre  ron  den  physikal. 
Erscheinungen  im  Innern  der  Erde. 

G«ocg)  HeUiger«  gewöhnl.  iUtter  ßatüci 


686 


Georg  —  Gtorge  Sand. 


GMtg  g«ii.|  nftdi  der  Lef^nde  ein  kappAdoo. 
PrbkB,  t  unter  Diocletian  als  Märtyrer,  Be- 
sieger desLindwnrms,  der  die  K&nigstoohter 
AJa  sn  Tersohlingen  drohte.  Die  Krensfoh- 
rer  ffibrten  den  Heiligen  in  ihrem  Panier. 
Ein  BiiUrordem  de»  heil.  &,,  gestiftet  nm 
1468  von  K.  Frledrioli  III.,  erlosch  1585. 
Der  bayer,  Orden  de»  heil.  O,,  angebl.  in  den 
KreuBkngen  gestiftet,  ward  von  Karl  Albert 
(spiterem  Kaiser  Karl  VIL)  1789  erneuert ; 
dem  Rang  nach  der  2.  bayer.  Orden.  Der 
ru$».  Orden  de»  heil.  G.  ward  7.  Dec.  (28. 
Not.)  1709  fOr  Militftrpersonen  gestiftet. 

C^Mnrg)  1)  König»  wm  Chroei^ritcmnien:  a) 
O.  I.,  Ludwig,  geb.  28.  Mai  1660  m  Han- 
nover, Sohn  Ernst  Angnsts  von  Lüneburg, 
naohherigen  Knrfursten  von  Hannover,  und 
Sophiens,  Enkelin  des  Königs  Jakob  I.  von 
England,  erhielt  durch  seine  Gemahlin  So- 
phie Dorothea,  Tochter  des  letzten  Herzogs 
von  CSelle,  die  cellischen  Lande,  ward  1^ 
Kurfürst  von  Hannover,  13.  Aug.  1714  (auf 
Onxnd  der  Successionsakte  von  1701)  als 
ältester  Sohn  Sophiens  auf  den  brit.  Thron 
b«rnfen,  81.  Okt.  gekrönt,  unterdrückte  die 
Erhebung  der  Stuarts  in  Schottland  (1705), 
setzte  1716  die  7jahr.  Dauer  des  Parlaments 
durch,  verfolgte  eine  nachdrückliche  Politik 
nach  aussen  und  hob  die  brit.  Seemacht; 
erwarb  für  Hannover  die  Fürstenthümer 
Bremen  und  Verden ;  f  22.  Juni  1727  au  Os- 
nabrück. —  b)  O.  //.,  AuguBt,  Sohn  und 
Nachfolger  des  Vor.,  geb.  30.  Okt.  1683,  suc- 
cedirte  1727,  stützte  sich  auf  die  Wbigpartei, 
betheiligte  sich  zu  Gunsten  Maria  Theresias 
an  dem  österr.  Erbfolgekrieg,  dann  am 
siebenjfthr.  Kriege  zu  Gunsten  Friedrichs  11. 
von  Preussen ;  t  ^«  ^^^*  '^760  zu  Kensington. 
—  e)  G.  III.,  WÜhelm  Friedr.,  geb.  4.  Juni 
1738,  Enkel  des  Vor.  und  Sohn  des  Prinzen 
Frieds,  Ludwig  von  Wales  (f  1751),  succed. 
1760,  machte  sich  durch  absolutist.  Gelüste 
unpopulär  (Attentate),  musste  1783  die  Unab- 
hingigkeit  der  nordamerikan.  Kolonien  an- 
erkennen, berief  in  dems.  Jahre  den  Jüngeren 
Pitt  (s.  d.)  zum  Minister,  heftiger  Gegner 
der  ftanzöe.  Revolution ,  stellte  durch  die 
h&rtesten  Massregeln  1806  die  sogen.  Union 
Irlands  mit  Grossbritannien  her,  litt  seit 
1765,  bes.  seit  1788  an  Geistesstörung ,  die 
Ende  1810  bleibend  ward,  daher  29.  Jan. 
1811  die  Regentschaft  dem  Prinzen  von 
Wales  übertragen  ward;  terbliikdet29.  Jan. 
1820.  Von  seiner  Gemahlin,  Charlotte  Sophie 
von  Meoklenbnrg-Strelitz,  hatte  er  7  Söhne, 
darunter:  Georg  Aug.  (nachmals  G.  IV.); 
Wilh.  Heinrich  (sp&terWilhelm  IV.) ;  Eduard, 
Herzog  von  Kent,  Vater  der  Königin  Victoria, 
1 23.  Jan.  1820;  Ernst  Aug.  (nachmal.  König 
von  Hannover).  Vgl.  Jtfoweir,  ,Historvof 
England  during  the  reign  of  George  in*, 
1861—63,  4  Bde.  —  d)  O.  IV.,  Aug.  Friedr., 
Sohn  des  Vor.,  geb.  12.  Aug.  1762,  als  Prinz 
von  Wales  Verschwender  und  Libertin,  ver- 
m&hlte  sich  heim  lieh  mit  der  Wlttwe  Fitz- 
herbert, dann  1795  mit  der  Prinzessin  Karo- 
line von  Braunsohweig,  erhielt  Jan.  1811  die 
Regentschaft  übertragen,  Hess  den  toryisti- 
schen  Bestrebungen  Liverpools  und  Castle- 
reaghs  jT^ten  Splelranm^  succed,  29,  Jan.  ^890 


als  König,  Hess  sieh  19.  Juli  ISSl  ktönen, 
begann  den  berüchtigten  Bhescheldungapro- 
zess  gegen  seine  Gemahlin,  berief  Au^.  18S2 
das  liberale  Ministerium  Oam^ng,  nsbcfa 
dessen  Tode  wieder  ein  torylstisches  nnter 
Wellington,  wobei  er  Jedoch  die  Eiiianeipa- 
tion  der  Katholiken  gestattete;  f  S6.  Juni 
1880  zu  Windsor.  Da  seine  Tochter  und  sein 
älterer  Bruder,  der  Herzog  von  York,  obne 
Nachkommen  gestorben  waren,  ao  folgte 
ihm  sein  sweitar  Bruder  als  Wilhelm  TV. 
Vgl.  WaUaee,  ,MemoirsS  1882;  Hersog  von 
Buekingham,  ,Conrt  of  George  IV*,  1S58. 

2)  Kurfüreten  von  Hannoeer,  s.  Georg  1,  a — d). 

3)  Geerg  V.,  Friedr.  Mez.  Karl  Smet  Aug., 
König  von  Hannover,  einziger  Sohn  des 
Königs  Ernst  August  und  Friederikes ,  der 
Schwester  der  K2«igin  Luise  von  Preussen, 
geb.  27.  Mai  1819  in  England,  vermählte  sich 
18.  Febr.  1843  mit  der  Prinzessin  Marie  von 
Altenlmrg,  succed.  18.  Nov.  1851,  versprach 
mittelst  Patents  die  Bewahrung  der  1848 
vereinbarten  Landesverlkssung,  stellte  je- 
doch 1.  Aug.  1855  das  Grundgesetz  von  1840 
her  (Ministerium  Borries).  Durch  die  Er- 
eignisse von  1886  depossedirt,  protestirte  er 

23.  Sept.  1866  g^^n  die  Einverleibung  Han- 
novers in  Preussen,  schloss  dann  29.  Sept. 
1867  ein  Abkommen  mit  Preussen;  lebt  in 
HietBing  bei  Wien.    Seit  1840  erblindet. 

4)  G.  I.,  ChHitian  WUh.Ferd.  Adolf,  König 
der  Hellenen ,   Prinz  von  Danemark ,    geb. 

24.  Dec.  1845,  zweiter  Sohn  des  Königs 
Christian  IX.  von  Dänemark,  SO.  Mars  1863 
von  der  grieoh.  Nationalversammlung  ein- 
stimmig zum  König  erwählt,  trat  31.  Okt. 
d.  J.  die  Regierang  an. 

5)  G,  der  Bärtige,  Hersog  zu  Sachsen,  geb. 
27.  Aug.  1471,  Sohn  Albrechts  desBehersten, 
succed.  diesem  12.  Sept.  1500  In  den  saehsen- 
albertin.  Erblanden,  Gegner  Luthers  und 
der  Befonnation,  g^en  die  er  in  seinem 
Lande  mit  Gewalt  einschritt;  f  17.  A|^l  1539. 

6)  G.  Friedr.,  Markgraf  von  Bad  en*Durlaeb, 
Sohn  des Blarlqg^rafen  Karl,  geb.  1573,  sueoed. 
1604,  trat  die  Regierung  1622  an  seinen  Sohn 
ab,  um  sich  am  Kami^  für  die  Protestant. 
Sache  zu  betbeiligen,  ward  1622  bei  Wimpflan 
geschlagen;  f  24.  Sept.  1638  zu  Strassburg. 

7)  G.,  Herzog  von  S.-Meiningen-Hlldbnrg- 
hausen,  geb.  2.  April  1826,  succed.  seinem 
Vater,  dem  Herzog  Bernhard,  bei  dessen 
Rücktritt  von  der  RegierungJO.  Sept.  1866. 

8)  G.  ViOor,  Fürst  von  Waldeck,  geb. 
14.  Jan.  1831,  Sohn  des  Fürsten  G.  Heinr. 
Friedr.,  sueoed.  15.  Mai  1845  unter  Vormund- 
schaft seiner  Mutter,  reg.  seit  17.  Aug.  1852, 
trat  durch  Vertrag  vom  18.  Juli  1867  die 
Verwaltung  seines  Landes  an  Preussen  ab 
und  behielt  sich  nur  die  Vertretung  nach 
aussen  und  die  Btoheit  in  Klrchensachen  vor. 

Oeoi^d'ory  bann.  Goldmünze,  =  5^«  Thlr. 

George  Bftiidy  eigentl.  Anrore  Dnpin,  fnn%. 
Schriftstellerin,  geb.  5.  Juli  1804  zu  Paris, 
Tochter  eines  kalserl.  Oflislers  und  einer 
Pariserin  von  abenteuerlichem  Oharakter, 
verheirathete  sich  1823  mit  dem  Baron  Ka». 
Dudevanl  (f  1871),  von  dem  sie  sich  1831 
trennte,  nm  selbständig  in  Paris  zu  leben, 
beendete  hier  mit  ^m  ftoman  ^IndiMia* 


] 


Georgetown  —  Greparde. 


687 


(1838)  ihren  llterar.  Ruf  und  entwickelte  in 
der  Folge  eine  ansserordentl.  poet.  Frucht- 
barkeit, theils  in  Paris,  thells  auf  ihrem 
liandgut  Nohent  in  Berri,  theils  auf  Keisen 
lebend.  Einer  der  herTorragendsten  llterar. 
Charaktere  des  19.  Jahrh.,  Hauptrepr&sentant 
des  socialoi  Bomans:  «ValentineS  ,l^[a!tre 
Simons ,  Andr6S ,  Jacques*,  JiCliaS  ,SpiridionS 
,ManpratS  ,Iie  compagnon  du  tour  de  France', 
,Leone  Leoni',  ,Con8uelo'  und  ,La  CJomtesse 
du  RudolstadtS  ,JeanneS  y^  ptehA  deHsr. 
Antoine'  n.  a.  Sehr,  ausserdem  die  reisen- 
den Dorfgeschichten  ylA  Mare  ao  Diable', 
«Fran^ois  le  GhampiS  ,La  petite  fadette* 
etc.  Auch  Dramen :  ,Glandie',  ,Le  PoessoirS 
,Iie  Demon  du  foyerS  ,Molidre*  etc.  und 
,Uistoire  de  ma  vie*  (1853, 11  Bde.).  Werke 
deutsch  in  yielen  Uebersetzungen. 

Oeorgetoim  (spr.  Dsohofardschtann),  1) 
Stadt  im  nordamerikan.  Bundesdistrikt  Co- 
lumbia, am  Potomac,  10,000  Ew.;  kathol. 
Uniyers.;  —  2)  (früher  Slabroek)  Hauptst.  von 
Britisch- Guiana,  am  Demerara,  26,000 Ew.; 
Fort  William,  vonügl.  Hafen.  -^  3)  Befestigte 
Hauptstadt  der  brit.  Insel  Prinz -Wales 
(Pinang)  in  HiDterindien,  25,000  Ew.  Hafen. 
Hauptort  für  den  nudayischen  Handel. 

Oeorgift  (spr.  Dschohrdschia),  nordamerik. 
Freistaat,  am  atlant.  Ooean,.BwischMi  Süd- 
carolina  und  Florida,  2728  QM.  und  (1870) 
1,174,832  Ew.  Im  NW.  erfüllt  von  Zweigen 
der  Appalachen;  im  O,  niedrig  und  sumpfig. 
Haupraüsse  der  Savannah,  Appalachicolaund 
Altamaha.  Küste  107  M.  lang.  Produkte: 
Baumwolle,  Beis,  Tabak,  Indigo,  Mais,  Bata- 
ten, Zu<^errohr.  BeträobtI.  Handel  (Hauptpl. 
Savannah).  Konstitution  von  1798.  Im  Kon- 
gress  vertreten  durch  7  Repräsentanten  und 
2  Senatoren.  Hauptst.  MiUedgeTiUe.  G.  (be- 
nannt nach  Georg  n.  Ton  England  und  seit 
1783  kolonisirt)  war  eine  der  13  Prov.,  die 
sich  1776  für  unabhängig  erklarten;  1861 
trat  es  derKonlMeratJoD  der  Südstaaten  bei. 

Georglei  (pers*  Qurdechittan ,  russ.  Oru- 
sien),  asiat.-ru8s.  Landschaft  In  Transkauka- 
sien,  die  Jetzigen  Gouvern.  Tiflis  und  Kutais 
umfassend,  ca.  1800  QM.  mit  1,100,000  Ew. 
Eines  der  schönsten  und  reichsten  Länder 
Vorderasiens,  Tom  Kur  und  dessen  zahlr. 
Nebenflüssen  bewässert,  you  mildem  und 
gesundem  Klima  und  in  den  Thalebenen  Ton 
äusserster  Fruchtbarkeit.  Die  Georgier,  zur 
kaukas.  Race  gehörig  und  durch  grosse 
Körpersohönheit  ausgezeichnet;  meist  moi>- 
genländ.  Christen.  Vier  Zweige:  1)  die 
Karthuli  (in  denLands^h.  Karthli,  Kachetien 
und  Imerethi,  sprechen  das  reinste  Geor- 
gisch), 2)  die  Bewohner  von  Mingrelien 
und  Ghurien ,  8)  die  Lasen,  4)  die  Suanen. 
Landeshauptstadt  Tiflis. 

Die  beglaubigte  OasckieHUe  G.s  reicht  bis 
auf  Alezander  d.  Gr.  zurück,  der  das  Land 
seiner  Herrschaft  unterwarf.  Durch  Phar- 
nawas  von  dem  maeedon.  Joch  befreit,  stand 
es  (über  9000  Jahre)  unter  eigenen  Königen 
(Meph4).  Infolge  der  Annahme  des  Christen>- 
thums  (4.  Jahrh.)  hatte  es  die  Angriffe  der 
Sassaniden  und  Araber  abzuwehren,  kam 
614  unter  die  Herrschaft  der  Khalifen  und 
ward  9.  Jahrh.  Persien  zlnspfliclvtlg.   Gegen 


Ende  dee  10.  Jahrh.  dweth  BegratüL  beflnsit, 
gedieh  es  nun  zu  hoher  Blfttfae,  namenflioh 
unter  Dayid  HI.  (1068~-112e),  Thamar  äl84 
bis  1206)  and  deren  Sohn  Qwrg  IV.  (ia()6~ 
1222).  Unter  Bagrat  VI.  (1860-^)  fiel  TImnr 
in  G.  ein  und  zwang  die  Bewohner  zur  An- 
nahme des  Islam.  Georg  VH.  (1886-«140y) 
stellte  das  Ghrlstenthum  -wieder  her.  Sein 
Nachfolger,  Alezander  L ,  theilte  das  Reich 
unter  seine  8  Söhne.  Seitdem  zerfällt  die 
Geschichte  Gai  in  die  dar  beiden  östl.  Staa- 
ten Karthli  und  Kachetien  und  In  die  der 
westt.:  Imoretiji,  Mingrelien  und  Ghurien. 
Jene  kamen  unter  die  Botmässigkeit  der 
pers.  Schahs,  von  der  sich  die  geoi^«  Fürsten 
durch  Verbindung  mit  den  russ.  OsEaren  (seit 
1579)  zu  befireien  suchten.  Heraclins  U.  er- 
klärte sich  1783  förmlich  zu  Rnsslands  Va- 
sallen; Georg  XI.  aber  trat  1799  das  Land 
an  Russland  ab.  Im  tMstf.G.  innere  Kriege 
unter  den  verschiedenen  Dynastien  und  An- 
griffe der  kaukas.  Beitcvolker  und  der  Tür- 
ken, welche  letztere  1536  das  ganze  westl. 
G.  zinspflicfatig  machten.  Cfhuritn  kam  end- 
lich 1810  unter  russ.  Oberherrsolnft  und 
ward  1838  mit  Rnssland  vereinigt.  Ebenso 
Mingreiien,  dessen  Fürst  Dadian  Georg  sich 
1808  Bttssland  als  Vasall  unterwarf.  In  Ime- 
rethi machte  sich  der  König  Salomon  I.  von 
der  tflrk.  Tributpflichtigkeit  mit  russ.  Hülfe 
frei,  und  Salomon  11,  unterwarf  si^  1804 
Rnssland,  dem  das  Land  1810  ganz  einver- 
leibt ward.  Nachdem  1829  auch  der  bisher 
noch  türk.  Theil  von  6.  mit  der  Festung 
Aohalzik  an  Rnssland  abgetreten  worden 
ist,  geh<»cht  ganz  G.  dem  russ.  Czaren. 
Vgl.  Brosfdi,   ,Hist.  de  la  Gurgle*,  1849  ff. 

Georgine  (Dahlia  Dee.),  Pflanzengattung 
der  Kompositen.  D.  snperflua  Ihe,,  ans 
Mexiko,  In  zahlr.  Varietäten  kultlvlrte  Gar- 
tenpflanze (anemonen-,  kugel-,  flaoh-,  röh- 
ren-, ofarbluthige).     Vgl.  Maganteit  (1843). 

GeorgiMhe  Sprache  y  die  Sprache  der 
Nachkommen  der  alten  Colchler,  Albaner 
und  Iberier  am  südl.  und  südwestl.  Kau- 
kasus (etwa  900,000  Menschen) ,  bildet  mit 
den  Sprachen  der  Snanen  und  Lasen  eine 
besondere  Spraehfkmllie ,  hat  ein  eigenes 
Alphabet  und  kommt  bereits  im  10.  Jahrb. 
als  Schriftsprache  vor.  Vgl.  Brouet,  (Ele- 
ments de  la  langue  gforgienneS  1837.  Die 
georg,  LiUratinr  entwickelte  sich  unter  dem 
Binflnss  des  byzant.  Griechenthums ,  dann 
auch  der  armen,  und  pers.,  wie  später  der 
europ«  Literaturen  zu  Reichthum,  bes.  im 
Fach  der  Erzählung  und  Geschichte. 

C^rgskan^y  Meerenge  zwischen  Bog- 
land (Wales)  und  Irland. 

Georgzwnldey  Stadt  im  böhm.  Kreise  Leit- 
merAtz,  an  der  sächs.  Grenze,  7717  Ew. 

Geostatik  (gr.),  L^ire  vom  Gleichgewicht 
der  festen  Körper;  Lehre  von  der  Trag- 
fähigkeit und  Srschöpfiing  des  Bodens. 

Gealektonik  (gr.),  s.  Geologie. 

Geparde  (JmgdUopardo,  JugdHgor),  Gruppe 
der  Katzen,  Uebergang  zu  den  Hunden. 
2Vcä«l(i*(FelisJnbaU  iScftr.,  Cynailurus  Jub. 
Wogl,h  ^2'M.,  in  Südwestasien,  und  P<ikdad 
i(G.  guttatns  Wagi.),  in  AlMka.  Beide  wer- 
den zur  Jagd  abgerichtet. 


688 


Glepiden  —  Gerhardt. 


dtpldoiy  dMiMhM  Volk,  den  Ootben 
■tammyerwandt ,  anflungs  im  N.  Ton  Pan- 
Bonien  Bwlsehen  den  West-  und  den  Ott- 
gelben,  nach  AttOas  Tode  <468)  Im  Land 
an  der  Tbetss  bii  lur  I>onaa  and  Save 
■eanhaft;  wurden  666  nnter  ibrem  König 
Kaaimnnd  Ton  dem  mit  den  Avaren  rer- 
bündetenliongobardenkönig  Alboin  gänslfeh 
besiegt,  and  versohwanden  seitdem  anter 
den  Longobarden  nnd  ATaren. 

6ery  altdentsober  Worfspless. 
.   tierAy  Nebenflass  der  Unstrnt,  kommt  yom 
Schneekopf,  theilt   stob   bei  Erftirt  In  die 
wildt  und  »ekmtiU  G.$  10  M. 

tterft«  Hänptst.  desFürstentb.  Renn  Jung. 
Linie,  im  Elsterthale,  16,883  £w.  Oymna- 
sinm,  Beal-  und  Handelssefanle;  rege  In- 
dustrie, bes.  in  feineren  Wollenwaaren, 
Bierbrauerei  (100,000  Elm.Jälirl.),  Kunsteart- 
nerei,  Bank  (seit  1866). 

Gerade  y  im  deutschen  Recht  bewegliche 
Sachen,  welche  iiacb  Geseta  und  Herkom- 
men  nur  auf  weibliche  Personen  Tererbt 
und  diesen  selbst  durch  testamentar.  Be- 
stimmung nicht  entaogen  werden  können* 

fiennlnm  L.  (Storektehnaba),  Pflan^n- 
gattung  der  Gtonmiaceen.  G.  Robertianum 
L.,  Bobert»',  Motklamf»',  GT^dkOratil,  in  Europa, 
ehemals  offioineli.  Ebenso  6.  sangulneum 
L,,  BltUkraut,  reihe  BÜkn0rvfun.  Zierpflanzen. 

ClAnurd  (spr.  Schehrahr),  1)  Franf.  FMeoi, 
Baron,  frans.  Historien-  und  Portr&tmaler, 
geb.  11.  Hara  1770  au  Rom,  Schüler  der 
Maler  Brenet  und  DaTid  in  Paris,  begrün- 
dete um  1796  durch  seine  Gemälde  Belisar 
(gest.  von  Desnoyers),  Psyche  und  Amor 
und  Psyche  seinen  Ruf,  malte  dann  u.  A. 
Ossian,  die  yier  Lebensalter,  sahlr.  Portr&ts, 
die  Schlacht  Ton  Austerllts  (gest.  von  Qode' 
froy),  Einaug  Heinrichs  IV.  in  Paris  etc.; 
t  11.  Jan.  18S7.  —  8)  Bliemu  MauHee,  Graf. 
frans.  Harschall  und  Pair,  geb.  4.  April  1778 
XU  DanvilUers  (üeuse),  machte  1806—9  die 
Veldaüge  Napoleons  I.  in  Deutschland  mit, 
focht  1810  und  1811  in  Spanien,  1818  als 
Divisionirunter  Macdoniüd,  ward  nnter 
Ludwig  XVin.  Generalinspektor  der  6.  Mi- 
litärdiyision,  trat  bei  Napoleons  Bückkehr 
XU  diesem  über,  und  focht  bei  LIgny  und 
\VaTre.  Nach  der  Julireyolutton  1830  Kriegs- 
minister, dann  Ifarsehall  und  1838  Pair.  Im 
Aug.  1881  yertrieb  er  als  Kommandant  der 
Nordannee  die  Holl&nder  aus  Belgien  und 
enwang  die  Uebeiqgabe  der  Gltadelle  von  Ant- 
werpen. Juli  bis  Okt.  1834  abermals  Kriegs- 
minister, ward  er  1838  Oberbefehlshaber  der 
Nationalgarde  im  Seiaedepart.,  trat  1842  xu- 
rück,  ward  1868  Senator;  f  17.  April  1866. 

Gerbea,  Fell  in  Leder  yerwandeln;  Roh- 
nnd  Oftmentstafal  homogen  machen  (rafAnl- 
ren),  indem  man  sie  in  dfinneii  Stäben 
ausreckt,  diese  rotbglühend  in  Wasser  wirft, 
ein  Bündel  derselben  weissglühend  macht 
und  abermals  awischen  Waisen  ausreeki. 

Gerltorely  die  Umwandlung  der  Hi^t  in 
Leder,  Proaess,  welcher  im  Allgemeinen 
darin  besteht,  dass  man  durch  irgend  ein 
Mittel  das  Zusammenkleben  der  Hautfasem 
beim  Trocknen  verhindert.  7>ie  Lokgm^^rH 
arbeitet  mit  Gerbrtoir  (iBiehett-,  Ftehtea-t 


Tannen-,  Erlen-,  Hemloek-,  Weldenrlad«, 
Sumach ,    DiTidfri ,    Knoppern  ,     JKattechn, 
Kino,  Myrobalanen).     Die   Haut    -«rlrd   in 
Wasser  geweicht,  auf  der  Fleischseite  mit 
dem  Schabeisen  vom  Unterhantaellgewebe 
befireit,    durch    das   Schwltaen    (Gh&hmng) 
odsr  Bebandeln  mit  Kalkmilch  (Kalk&acber) 
oder  durch  Gaskalk  aufgelockert   and    yon 
der  Epidermis  mit  den  in   ihr   heftenden 
Haaren  befreit.  Die  übrig  bleibende  Xjeder- 
haut  (Blosse)  kommt  in  die  sanr»  Scliwell- 
beise   aus  Qerstenschrot  oder   Weisenkleie 
und   wird   dann   in   Graben  mit  Lobe   ge- 
schichtet und  mit  Wasser  übergössen  oder 
Euerst  mit  yerdüunten,   dann   mit   koncen- 
trirteren  Lohaaszug^B  behandelt.    Ersteres 
Verftkhren  erfordert  oft  8  Jahre  und  länger, 
letzteres  bis   1^  Wochen.    Schnellgerberei 
mit  Anwendung  Ton  Druck,  LuftverdQnnung. 
Bei  der  WeUtgerberti  werden  die  g^ereini^- 
ten    und   geschwellten   Häute    mit    Alaun- 
und   Kochsalalösung  getränkt,    nach    8  —  8 
Tagen   getrocknet  und    dann    durch    das 
Stollen  weich   gemacht  (ordinäres    weisses 
Leder).   Bei  der  frans,  oder  erlanfl^r  Weisa- 
gerberei,  welche  Leder  su  Glacehandschuhen 
liefert,   werden  die   gereinigten  Häute  mit 
der  Nahrung  (Brei  aus  Weixenmehl,   Ei- 
dotter, Alaun,   Sala  und  Wasser)  getreten 
und  gewalkt,  gereckt,  an  der  Luft  getrock- 
net und  wiederholt  gestellt.  B^  der  Sami»ek- 
g»f1terei    wird    beim    Enthaaren    auch   dia 
Narbe  entfernt  (wenigstens  bei  dicken  Hau- 
ten),  dann   kommen   die  Häute    in  Kleien* 
belle,  werden  mit  ()el  oder  Thrau  getränkt, 
wiederholt  gewalkt  und  gelüftet ,  auf  Hau- 
fen geworfen,  um  su  gähren,   wieder  ge- 
lüftet etc.    Hierbei  yerbindet  sich  das  Fett 
mit  der  Faser  und  verliert  seine  physikal. 
Eigenschaften.      Der    unrerbundene    Rest 
wird  durch  Potaschenlösung  entfernt.    Das 
sämischgare  Leder  ist  weich,  wollig,' dehn- 
bar,  läMt  sich  wasf^en  (Waschleder).    Ja 
der  neuesten  Zeit  sind  besonders   die  Yor- 
bereitungsarbeiten  der  O.  durch  Maschinea 
(Schab-,   Walk-,   Krispelmaschinen)   sehr 
gefordert  worden.    Vgl.  Günther,  ,Fabriks- 
tion  des  lohgaren  Leders',  IWI, 

Gerbaänren  (GerbUoff«),  sehr  verbreitete, 
adstringirend  schmeckende,  In  Wasser,  sum 
Theil  auch  in  Alkohol  und  Aether  lösliche, 
sauer  reagirendePflanaeustofüe,  färben  Sisen- 
oxydlösungen  grün  od.  blau,  f&llen  Leim  und 
verwandeln  Haut  in  Leder.  Alkal.  Flüssig- 
keiten aerstören  die  G.  bei  Luftzutritt  sehr 
schnell  unter  Bildung  brauner  Bumnssab- 
atansen.  G.  dienen  in  der  Gerberei,  Fär- 
berei und  Medicin.  Eiohenspiegelborke  ent- 
hält 10,8  «/b,  Eichenrinde  6,t6,  Flchtenrinde 
7,8S,  Tannenrinde  4-8,  Erlen-  und  Weiden- 
rinde  3—6,  Buchenrinde  8,  Sumach  IS— 16,6, 
Talonia  19-26,75,  Dividivi  19~86,r,  Bab- 
lah  14,5,  Knoppern  40-60,  Galläpfel  80-70, 
Katechu  40—50,  Kino  80— 40o/o  Gerbsäure. 

Oerbftahl,  s.  v.  a.  Brunirstahl;  Oämeat- 
stahl,  vgl.  Gerben. 

Gerbltoffy  b.  Gerbeäuren, 

tterdmen^    Kreisst.    im  preuas.  R^gbs. 
KSutgsberg,  am  See  Banktiu,  8861  Bw. 

GertiAiwU  l^ttl,  geistl.  Liederdichter,  geb, 


GericMsbarkeit  —  G6r6me. 


C89 


19.  Mftrz  1606  zu  Oräfenfaainichen,  seit  1657 
Diakonas  zu  Berlin,  als  Gegner  der  Union 
und  weil  er  dem  Religionsedikt  nicht  folgen 
wollte,  suspendirt;  später  Prediger  zu  Lub- 
ben;  f  das.  7.  Juni  1675.  Seine  Lieder 
(,GeistI.  Andachten',  1666)  neu  herausg.  yon 
Fachmann  1866.   Biogr.  Ton  Lcmgbeeker  (ISil). 

Cteiichtebarkeit  (Jurisdiktion),  die  staats- 
rechtliche Befugniss  zur  Ausübung  der  Ge- 
recbtigkeitspflege ,  zerfällt  in  Deutschland 
in  die  freiwillige  (s.  Freiwillige  G.)  und  in 
die  eigentliche  oder  streitige  G.  Letztere 
ist  Civil-  oder  Kriminaigerichtsbarkeit ,  je 
nachdem  sie  sich  mit  bürgert.  Rechtsstreitig- 
keiten oder  mit  der  Strafrechtspflege  befaast. 
•  Gerichtsstand  (Forum),  das  Gericht,  wel- 
ches zur  Verhandlung  und  Entscheidung 
eines  Rechtsfalles ,  Civil-  oder  Kriminal- 
prozesses zuständig  ist.    Vgl.  Kompetenz. 

Gerinnung,  die  Ausscheidung  eines  festen 
Körpers  aus  seiner  Lösung,  z.  B.  von  Ei» 
weiss  beim  Aufkochen  der  Milch,   [ausgeben. 

Geriren  (lat.),  sich  benehmen,  far  etwas 

Gerlneh,  Errut  Ludwig  von,  preuss.  Rechts - 
gelehrter,  geb.  7.  März  1795  zu  Berlin,  seit 
1844  Chefpräsident  des  Oberappellations- 
gerichts  zu  Magdeburg,  gründete  1848 
die  ,Nene  preuss.  Zeitung'  (Kreuzzeitnng) 
mit,  für  die  er  früher  die  ,Rund schau* 
schrieb,  in  der  preuss.  Kammer  bis  1858 
einer  der  Führer  der  äussersten  Rechten; 
seit  1865  wirkl.  geh.  Obeijustizrath. 

Germanen  (lat.  Oermani ,  d.  i.  nach  celt. 
Abstammung  Rufer,  vom  Kriegsgeschrei), 
bei  den  Gelten  u.  dann  bei  den  Römern  Ge* 
sammtname  der  deutschen  Stämme,  welche 
das  Gebiet  zwischen  dem  Rhein  und  der 
Weichsel  und  von  der  Donau  bis  zum  Meer 
im  N.  bewohnten.  Das  Land  (Germanien) 
war  nach  röm.  Berichten  rauh  uud  un- 
wirthlich,  überdeckt  von  Wäldern,  in  denen 
Wild  aller  Art  hauste,  aber  auch  reich  an 
Weiden  für  zahlr.  Heerden  von  Rindvieh 
und  Pferden  uud  an  Ackerland  für  den 
Anbau  von  Hafer,  Hirse,  Flachs,  Weizen 
und  Gerste  (Bier);  Obst  und  Wein  wurden 
von  den  Römern  nach  Germanien  verpflanzt. 

Geechic?Uliche».  Erster  Zusammenstoss  der 
Q[.  mit  den  Römern  113  v.  Chr.  Erscheinen 
der  Gimbern  (s.  d.)  und  Teutonen  (s.  d.) 
im  jetzigen  Steiermark.  58  Ariovist  (s.  d.) 
in  Gallien.  Unterweriting  der  Rheinlande 
unter  röm.  Herrschaft.  12—9  Drusus  (s.  d.) 
Feldzüge  in  Deutschland.  Quinctllius  Varus 
Statthalter  in  Norddeutschland.  9  n.  Chr. 
Vernichtung  dreier  röm.  Legionen  im  Teu- 
toburgerwalde  durch  Arminlus  (s.  d.).  Von 
14—  16  Kämpfe  zwischen  Germanicus  und 
Arminlus.  Die  Römer  geben  die  Eroberung 
Deutschlands  auf.  166—180  Krieg  des  röm. 
Kaisers  Marc  Aurel  gegen  die  Markomannen. 
Im  Laufe  des  3.  Jahrh.  Bildung  vou  Völker* 
bUnduissen:    Alemannen    (s.    d.),    Franken 

g.  d.),  Sachten  (s.  d.)  und  Gothen  Jb.  d.). 
er  Einbruch  der  Hunnen  (s.  d.)  in  Europa 
375  gibt  den  ersten  Anstoss  zur  Völker- 
wanderung (s.  d.).  Chlodwig  (a.  d.)  gründet 
(486)  das  firänk.  Reich,  das  unter  den  Ka- 
rolingern Pipin  dem  Kleinen  (752  —  768)  und 
Karl  d.  Gr.  (768  —  814)   alle  german.  Volks-  | 

Meyera  Hand -Lexikon, 


stamme  umfasst  und  durch  den  Theiluugs- 
vertrag  vou  Verdun  (843)  in  die  Reiche 
Deutschland,  Frankreich  und  Lothringen 
zerftillt.  Vgl.  Barth,  «Deutschlands  Ur- 
geschichte*, neue  Aufl.  1840  —  42 ,  2  Bde. ; 
Mannert,  ,Gesch.  der  alten  Deutschen',  1829; 
Watterich,  ,Der  deutsche  Name  G.',  1870. 

GermnnicnSy  Cäsar,  Sohn  des  Nero  Clau- 
dius DruSQS ,  des  Bruders  des  Tiberius, 
geb.  Sept.  15  v.  Chr.,  4  n.  Ohr.  von  Tibe- 
rius adoptirt,  verwaltete  12  das  Konsulat, 
erhielt  13  den  Oberbefehl  über  8  Legionen 
am  Rhein,  machte  14,  15  und  16  Feldzüge 
über  den  Rhein,  führte  des  Armiuius  Ge- 
mahlin Thusnelda  gefangen  mit  sich  fort, 
ward  von  Tiberius  17  abberufen  und  in 
den  Orient  gesandt;  f  9*  Okt.  19  wahr- 
scheinl.  an  Gift  zu  Epidaphne  bei  Antiochia. 
Seine  Gemahlin  und  zwei  seiner  Söhne 
Hess  Tiberius  tödten;  ein  dritter,  der 
spätere  Kaiser  Caligula,  ward  verschont. 

Germanischer  Spraehast,  s.  Deutsche 
Sprache  und  Literatur. 

Germanisches  Hnsenm^  Nationalinstitut 
für  die  Kenntniss  der  deutschen  Vorzeit  (bis 
1650)  in  Nürnberg  (Karthause),  bestehend 
in  Archiv,  Bibliothek,  Kunst-  und  Antiqui- 
tätensammlung; 1852  vom  Freih.  von  Auf- 
sess  (s.  d.)  gegr.;  Jetziger  Vorsteher  Prof. 
Essenwein  (seit  1866).  Organ:  , Anzeiger  für 
Kunde  der  deutschen  Vorzeit'  (seit  1854). 

Germanisiren  (lat.),  deutsch  machen. 

Germanismus  (lat.),  Eigenthümlichkeit  der 
deutschen  Sprache  im  Ausdruck,  in  der  Wort- 
stellung etc. ,  bes.  wenn  sie  ungehörig  in 
einer  fremden  Sprache  auftritt. 

Germanisten,  gelehrte  Kenner  der  deut- 
schen Sprache,  des  deutschen  Alterthums 
und  des  deutschen  Rechts. 

Germen  (lat.),  Eierstock,  Fruchtknoten. 
Germination,  das  Keimen, Splissen ;  Keimueit. 

Germersheim  9  Stadt  und  Festung  in 
Rheinbayern,  am  Einflüsse  der  Queich  in 
den  Rhein,  10,181  Ew.  Früher  Reichsstadt, 
seit  1835  deutsche  Bundesfestung.  Rudolf 
von  Habsburg  -f  das.  30.  Sept.  1291. 

Germinal  (fr.,  spr.  Scher-),  Keimmonat, 
Monat  des  franz.  Revolutionskalenders,  vom 
81.  März  bis  19.  April. 

Gernrode  9  Stadt  im  Herzogthum  Anhalt, 
am  Nordfass  des  Harzes  unter  dem  Stuben- 
berg, 2214  Ew.  Stiftskirche;  Maschinen- 
bauanstalt. Einst  her.  reichsfürstl.  Frauen- 
abtei (von  Markgraf  Gero  960  gestiftet). 

Gero,  Markgraf  und  Herzog  der  Ostmark 
seit  939,  bekämpfte  die  Wenden  an  der 
mittleren  Elbe  und  an  der  Saale,  machte 
die  slav.  Völker  bis  an  die  Oder  tribut- 
pflichtig, zwang  selbst  den  Polenkönig  zur 
Aneiiceunung  der  Oberholieit  des  deutschen 
Reichs ;  f  20.  Mai  965.  Nach  Jahrh.  noch 
in  Sa^e  und  Lied  gefeiert.   VgL  Heinemann 

Gerolle,  s.  Geschiebe.  (1860). 

Gerokomie  (gr.),  die  Lehre  vom  diäteti- 
schen Verhalten  für  Greise.  Gerontokomium, 
Verpfl'^gungsanstalt  für  Greise,  Hospital. 

G^rdme  (spr.  Sehe-),  Jean  L€on,  franz. 
Maler ,  geb.  1824  zu  Vesoul ,  Scliüler  von 
Delaroche,  lebt  in  Paris,  seit  1865  Mitglied 
des  Instituts;   kultivirt  bes.  das  Sittenbild. 

44 


690 


Geröna  —  Geschichte. 


Hauptwerke:  Duell  nach  dem  Maskenball, 
AIcibladei  n.  Anpasia,  Arnanten  Schach  spie- 
lend ,  Rembrandt  ein  eKupferpl  atte  atzend  etc. 

fierÖDfty  span.  Kästenpro V.  in  Katalonien, 
107,8  QM.  and  319,477  Ew.  Die  befestigte 
Hanpfst.  6.,  »m  Ter,  13,959  Ew. 

deroiiYnio  de  San  Taste,  span.  Hierony- 
mitenkloster,  bei  Plasencia,  1809  durch  Soult 
zerstört;  letzter  Aufenthalt  Kaiser  Karls  V. 

Gerollten '(gr. ,  d.  i.  die  Alten),  Aelteste, 
in  den  dorisch-griech.  Staaten,  namentlich 
in  Sparta,  Rath  der  Alten  (Gem»ia)f  der 
neben  den  Königen  und  Ephoren  die  höchste 
Gewalt  im  Staat  hatte. 

Gen  (spr.  Schähr),  linker  Kebenfluss  der 
Garonne  in  Frankreich,  mündet  unterhalb 
Agen,  17  M.  1.  Das  Depart.  G.,  Theil  der  Gas- 
cogne,  114QM.  u.  295,e98Ew. ;  Hauptst.  Auch. 

tiersan  (QtHsau),  Dorf  im  Kant.  Schwyz, 
am  Fusse  des  Rigl,  1725  Ew.  Bis  1798  Re- 
publik, din  kleinste  Europas  (kaum  1  QM.). 

Gersdorff,  Hermann  K<m$ta'niin  oo«,  preuss. 
General,  geb.  2.  Dec.  1809,  trat  1827  in 
preuss.  Militärdienst,  machte  1864  als  Kom- 
mandeur der  11.  Infanteriebrigade  den  Feld- 
zng  in  Schleswig,  1866  den  in  Böhmen  mit, 
ward  General lieutenant  und  Kommandeur 
der  22.  Division,  übernahm  im  Krieg  1870 
nach  Verwundung  des  Generallieutenants 
Ton  Böse  das  Kommando  des  11.  Armee- 
corps, t«  bei  Sedan  yerwundet,  13.  Sept. 

GerstiUsker,  Friedr.,  Schriftsteller,  geb. 
16.  Mai  1816  zu  Hamburg,  war  frühzeitig 
in  Amerika,  widmete  sich,  1848  nach  Deutsch- 
land zurückgekehrt,  in  Iieipzig  literar.  Be- 
schäftigungen, machte  1849  —  52  eine  Reise 
um  die  Welt ,  lebte  dann  beim  Herzog 
Ernst  von  Koburg,  besuchte  1860—61  aber- 
mals Südamerika,  begleitete  1862  den  Her- 
zog Ernst  nach  Abessinien  und  unternahm 
1867—68  eine  dritte  Reise  nach  Südamerika, 
Sehr,  sehr  zahlr.  Reiseschilderangen,  Reise- 
romane und  kleinere  Erzählungen. 

Gerste  (Hordeum  L.),  Pflanzengattung 
der  Gramineen,  ßuhsaeilige  G.,  Stock-,  Roll-, 
Kiel-,  Rothgerste  (H.  hexastichon  L,),  Som- 
merfrucht. Varietäten:  lange  und  kurze; 
seit  300  Jahren  bei  uns  in  Kultur,  aber 
niemals  allgemein  yerbreitet.  Vierzeüige  G., 
kleine,  gemeine,  Sandgerste  (H.  vulgare  L.), 
Varietäten:  Wintergerste  (Rettema),  Som- 
mergerste mit  beschälten  (bes.  in  Nord- 
deutschland) und  nackten  Körnern  (Davids- 
korn) für  Graupen  und  Gries,  oder  ohne 
Granne.  Zioeizeiliget  grosse  G.  (H.  distichon 
L.).  Varietäten  (Sommerfrüchte):  Früh- 
gerste (nutans),  in  Mittel-  und  Süddeutsch- 
land allgemein,  Himalaja-,  russische  G. 
(nudum),  Stauden-,  Plattgerste  (erectum) 
und  Reis-,  Pfauengerste  (Zeocriton).  6.  ist 
Hauptnahrungsmittel  in  Sibirien,  Schott- 
land, Norwegen,  Irland;  bei  uns  dient  sie 
zur  Malzbereitung,  liefert  Graupen  etc. ;  das 
Mehl  in  besonderer  Zubereitung  ist  ofßcinell. 

Gerstenberg  9  Heinr.  Wilh.  von,  Dichter, 
geb.  3.  Jan.  1737  zu  Tendern ,  seit  1785  Di- 
rektor des  Lottos  zu  Altena;  f  1.  Nov.  1823. 
Sehr.  ,Gedichte  eines  Skalden'  (1766); 
,Ariadne  auf  Naxos'  (Kantate,  1767) ;  ,Ugolino* 
(Tragödie,  1768)  u.  A.  Schriften  (1815, 3  Thle.). 


Gerstenkorn  (Hordeolum),  Drüsenentzün- 
dung am  Augenlid,  die  mit  Vereiterung 
der  betrefTenden  Stelle  endet.  BehRndlung 
durch  erweichende  Umsoblftge. 

Gemch)  derjenige  Sinn,  welcher  die  Bei- 
mischung riechender  Snbstaazea  in  der 
Atmosphäre  kund  macht.  Als  Org^n  gilt 
die  Eudigung  der  Qeruchsaervea  aaf  der 
Schleimhaut  des  oberen  Theila  der  Nassa- 
schleimhaut.  Nur  wenn  ein  mit  riechenden 
Stoffen  gemischter  Lnftstrom  diese  Theile 
triflft,  ist  Gerucbempflndung  vortaanden  (die- 
selbe fehlt,  wenn  Riechstoffe  in  flüssigrerFonn 
auf  das  Oeruchsorgan  gebracht  werden). 

Gemndlnm  dat.),  in  der  latein.  Sprache 
Verbalform  für  die  Casus  obliqnl  des  In- 
finitiTS  (s.  Otutu).  Verwandt  damit  das  Oe- 
rundivHin,  das  Particip  des  Futurum  PassiTi. 

GerTinns,  Georg  QoUfried,  Historiker,  s^h. 
20.  Mai    1805  zu  Darmstadt,   1836  Prof.    in 
Göttingen,  ward  1837  als  einer  der  bekannten 
Sieben  entsetzt  und  verbannt,  seit  1844  Prof. 
in  Heidelberg,  begründete  1847  die  ,I>eatache 
Zeitung*,  1848  Mitglied  der  National verssunm- 
Inng  (rechtes  Centrum),   aus  der  er  Jedoch 
schon  im  Aug.  ausschied ;  f  18*  März  1871  sn 
Heidelberg.    Der  Schule   Schlossers    an^e- 
hörig,  bes.  als  Geschichtschreiber .  der  deut- 
schen Literatur  herTorragend.    Drei  Haupt- 
werke:  «Geschichte   der  poet.  Nationallite- 
ratur  der  Deutschen'  (1835—42, 3  Bde. ;  5.  Aufl. 
1870  f.);  ,Shakespeare<  (1849;  3.  Anfl.  1862); 
.Geschichte  des  19.  Jahrh.'  (1855—66,  8  Bde.). 
Sehr,  ausserdem:  ,Grundzüge  der  Historik' 
(1887);   ,Fr.  Chr.  Schlosser'  (1861);   ,Shake- 
speare  und  Händel'  (1868)  u.  A. 

Geummtstininaey  s.  ▼.  a.  Kuriatstimme. 

Gesandte,  öffentliche  Beamte,  welche  sn 
Unterhaltung    des   Tölkerrechtlichen    Ver- 
kehrs  von  einem  Staat  an   einen    anderen 
geschickt    werden   und    dessen   Interessen 
bei  letzterem-  zu  yertreten  haben.  IHe  erste 
Klasse    der    G.n   vertritt    die    Person    des 
souveränen  Herrschers  und    seines   Staats 
bei   einem   fremden   Souverän    oder    Staat; 
so  die  Legaten   und   Nuntien   des   Papstes 
und   die  Grossbotschafter  (Ambassadeurs), 
zu    deren    Absendung    nur    Staaten     mit 
könlgl.  Ehren  berechtigt  sind.    Die  sweite 
Klasse  vertritt  nur  ihren  Staat,   nicht   die 
Person  des  Souveräns ;  so  die  Intemnntien, 
die  ausserordentlichen  G.n  und  die  bevoll- 
mächtigten Minister,   die   Residenten  und 
Minister-Geschäftsträger,  die  bei  dem  frem« 
den  Souverän  selbst  akkreditirt   sind.    Die 
dritte   Klasse    bilden    die    diplomatischen 
Agenten,   die   nur   von  einem   Ministerium 
und  bei  einem  Ministerinm  beglaubiget  sind, 
wie  die  Geschäftsträger.  Die  amtliche  Wirk- 
samkeit eines  G.n  beginnt  mit  Ueberreichong 
seines  Kreditivs  und  hört  mit  seiner  Zurück- 
berufang  auf.  Getandtnchaftartcht,  das  Recht, 
G.  an  firemde  Staaten  abzuschicken  und  von 
fremden   Staaten   zu   empfangen,    Ausfluss 
der  Souveränetät.    Vgl.  Martern*,  ,Le  gnide 
diplomatiaue',  5.  Aufl.  1866,  2  Bde. 

GeBchäftstrSirer,  s.  Gesandte. 

Geschiehte  (Historie),  alles  Gesofaebeae, 
dann  die  Darstellung  des  Geschehenen,  ins- 
bes.  des  polit.  •  bürgerl.  oder  staatl.  Lebens 


Geschiebe  —  Gesicht. 


691 


der  Menschheit,  wie  es  sich  in  der  Zeit  ent- 
wickelt und  gestaltet  hat.  Je  nach  dem 
Umfauge  der  Darstellang  ist  sie  Bpecialge- 
»chichte  oder  Monographie,  wenn  sie  eine 
einzelne  (specielle)  geschichtliche  Erschei- 
nang  ihren  Ursachen,  ihrem  Verlaufe,  ihrer 
Stelinng  zu  anderen,  Partikttlargeschichle, 
wenn  sie  die  fiir  eine  Stadt,  ein  Liand,  ein 
Volk  wichtigen  und  folgenreichen  Begeben- 
heiten, Universal-  oder  Weltgeschichte,  wenn 
sie  die  Entwicklung  der  Zustände  der  ge- 
sammten  Menschheit  nach  ihren  wichtigsten 
Beziehungen  und  bedeutungsvollsten  Er- 
scheinungen darstellt.  Die  Universalge- 
schjchte  zerfällt  in  die  alte  und  neue,  welche 
letztere  mit  dem  Herrschendwerden  der 
Christi.  Kultur  beginnt  und  sich  wieder  in 
die  mittlere  und  neuere  theilt,  deren  Scheide- 
punkt der  Anfang  des  16.  Jahrh.  bildet. 
Formen  der  Geschichtschreibung  oder  Histo- 
riographie: trockne  Aufzählung  der  That- 
sachen  (Annalen,  Chroniken);  zusammen- 
hängende Erzählung  ohne  tiefer  liegenden, 
leitenden  Gedanken;  pragmatische  Darstel- 
lung, welcher  es  darum  zu  thun  ist,  die 
Veranlassungen  und  Wirkungen  der  histo- 
rischen Thatsachen  psychologisch  zu  erklä- 
ren nnd'auf  menschliche  Motive  zurückzu- 
führen. Methoden  sind  die  Bffnehronisti$che, 
welche  das  Gleichzeitige  in  übersichtlicher 
Form  neben  einander  stellt;  die  ^hnogra- 
phische,  welche  die  einzelnen  Völker  abge- 
sondert behandelt;  die  ethnographisch- syn- 
chronistische,  welche  die  Vorzüge  beider 
Methoden  zu  vereinigen  und  deren  Nach- 
theile zu  vermeiden  sucht.  Vgl .  Wachsmuth, 
,£ntwurf  einer  Theorie  der  G.*,  1880;  W. 
V.  HumJbcidt,  ,Ueber  die  Aufgabe  des  Ge- 
schiohtsch reibers',  1822;  Gervinus,  ,Gnind- 
züge  der  HistorikS  1837;  Tr'dchsel,  ,Ueber 
das  Wesen  und  Gesetz  der  G.',  1857;  Dropsen, 
,Gmndris8  der  Historik',  1868. 

desehiebOy  Gesteinstrümmer,  durch  Glet- 
scher, Bäche,  Flüsse  und  die  Brandung 
fortgeführt  und  zum  Theil-  abgerundet,  zer- 
rieben bisweilen  durch  Verkittnng  mittelst 
Kalk  etc.  zu  Konglom&-€Uen  verbunden. 

Geschlecht  (Sexus) ,  physiologisch  der 
Gegensatz  der  Zeugungsverhältnisse  (Ei 
und  Spermatosoen);  s.  v.  a.  Gattung  (genus) 
oder  Sippe ;  historisch  (stirps)  Inbegriff  von 
Individuen,  die  von  einem  gehieinschaftl. 
Stamme  entspringen. 

Geschlechtstheile  (Zeugungstheile,  Sexual- 
organe,  Genitaiia),  die  zur  Erhaltung  der 
Art  erforderlichen  Organe,  bei  allen  höhe- 
ren Organismen  auf  männliche  und  weib- 
liche Individuen  vertheilt.  Das  wesentliche 
Produkt  der  toeibiiehen  G.  ist  das  Ei ,  der 
männlichen  der  Same.  Letzterer  wird  Im 
Hoden  gebildet  nnd  gelangt  durch  den 
SamtttHrang  in  die  SamtnWischen  und  von 
liier  aus  in  die  Harnröhre,  durch  welche 
er  bei  der  Begattung  zugleich  mit  dem 
Safte  der  Vorsteher drüne  (prostata)  entleert 
wird.  Das  männliche  Glied  (penis)  besteht 
aus  einem  lockeren  Gewebe,  welches  sich 
bei  der  Erektion  mit  Blut  füllt.  Die  weih- 
liehen inneren  G.  liegen  im  kleinen  Becken, 
sie  bestehen  aus  der  zwischen  Harnblase  nnd 


Mastdarm  gelegenen  GtiMrvstMer  (ntems), 
von  welcher  seitlich  die  Tuben  ausgehen, 
denen  der  Merttoek  (ovarium),  die  Bil- 
dungsstätte des  Eies,  ansitzt.  Die  Höhle 
der  Gebärmutter  kommnnicirt  mit  der 
Scheide  (vagina);  die  äusseren  G.  bestehen 
aus  den  grossen  und  kleinen  Schamlippen. 
In  den  Scheideneingang  mündet  die  Harn- 
röhre, hinter  derselben  liegt  das  Jungfern- 
häutchen (hyraen).  Das  Ei  gelangt  durch 
die  Tuben  in  den  Uterus  und  trifft  hier 
oder  unterwegs  mit  dem  Samen  zusammen. 

Oesehmacky  physiologisch  deijenige  Sinn, 
der  durch  in  der  Zunge  gelegene  Nerven 
ein  Urtheil  über  gelöste,  in  die  Mundhöhle 
gelangende  Stoffe  vermittelt;  unter  allen 
Sinnen  der  am  wenigsten  gekannte,  da  die 
Geschmacksempfindung  nnr  schwer  von  Ge- 
ruch- und  Tasteindrücken  zu  sondern  ist. 
Die  Geschmacksempfindung  bewirkt  reflek- 
torisch Speichelabsonderung. 

Geschoss»  s.  Gewehr;  auch  s.  v.  a.  Stock- 

Geschflts,  s.  Kanone.  [werk. 

Geschwindigkeit,  die  Grösse  der  Be- 
wegung eines  Körpers,  gemessen  in  dem 
Weg,  welchen  er  in  einer  bestimmten  Zeit 
zurücklegt.  Als  Mass  der  Zeit  dient  die 
Sekunde,  des  Wegs  der  Fuss  oder  Meter. 

Geschwornengerieht,  s.  Schwurgericht. 

Geschwvr  (Ulcus),  schai*f  begrenzter  Ent- 
zündungsherd,  dessen  Grund  eitrig  durch- 
setzt ist,  und  auf  dessen  Oberfläche  sich 
Eiter  und  abgestorbene  Gewebstheilchen  ab- 
scheiden. Die  Behandlung  der  G.e  erfor- 
dert fast  nur  hohe  Lagerung  des  betreffen- 
den Theiles,  Reinlichkeit  und  Kühe. 

Geschwulst  (Gewächs,  Tumor),  krankhafte 
Neubildung  von  meist  kugeliger  Gestalt, 
welche  die  normalen  Gewebe  verdrängt, 
von  sehr  verschiedener  Zusammensetzung. 

Geselischaftsinseln  (Scdetätsinseln),  Insel  - 
gruppe  in  Polynesien,  SOVa  QM.  mit  ca. 
18,000  Ew.;  zerfallend  in  eine  'ösll.  Gruppe: 
Tahiti,  Eimeo,  Maitea  etc.,  seit  1847  unter 
dem  Protektorat  der  Franzosen,  und  eine 
wesü.  Gruppe:  Raiatea,  Huahine,  Bolabola, 
Tubai  u.  a. ,  vom  franz.  Schutzbünduiss 
ausgeschlossen.  Die  Ew.  seit  ISIS  durch 
eng].  Missionäre  zum  Ghristenthum  bekehrt, 
mit  Kirchen,  Schulen  und  der  Bibel  in  der 
Landessprache.    Entdeckt  1606  von  Quiros. 

GesellschBftsrechniing,  Theil  der  Verhält - 
nissreuhnung,  bezweckt  Eintheilung  einer 
Zahl  nach  gegebenen  Verliältuisseu. 

Gesenke  ,  vertiefte  stählerne  Formen  ,  in 
welche  das  weissglüheude  Eisen  beim 
Schmieden  hineingeschlagen  wird,  um  die 
Gestalt  der  Form  anzunehmen. 

Gesicht  (Gesichtssinn,  Visus),  das  Ver- 
mögen zu  sehen  ,  ermöglicht  durch  die 
normale  Beschaffenheit  des  Auges  und  die 
Fähigkeit  desselben,  die  Lichtschwingungen 
des  Aethers  in  Vorstellungen  über  Grösse, 
Farbe  und  Entfernung  der  Dinge  der  Aussen- 
welt  umzugestalten.  Die  Sammlung  der 
Lichtstrahlen  geschieht  durch  die  brechen- 
den Medien  des  Auges,  entweder  genau  auf 
der  Netzhaut  oder  vor  und  hinter  derselben ; 
im  ersten  Falle  werden  die  Gegenstände 
deutlich  gesehen,  im  anderen  matt  und  mit 

44* 


692 


Gtettchtskreis  —  Getreide. 


eiiMm  tralMn  Binge  umgeben  (Zerstreumgi- 
kreiM).  Der  GtHekitwimkd ,  nadi  denen 
Grösse  wir  die  &«sse  des  Gesehenen  be> 
nrtbeflen,  wird  ans  8  Linien  greUldet,  die 
Tom  iossersten  Rande  des  betreffenden 
Gh^enstandes  nach  dem  Brennpunkte  des 
Anges  Kesogen  werden. 

CKdeltskrels,  s.  Horiaml, 

GtÜtkUanrnt^  a.  Srusipelas. 

Getlchtssehmers  (Prosopalgia) ,  heftiger 
Nerrenscbmers  der  fünf  Himnerren,  welcher 
meist  anftlUwefse  aoftritt;  er  kann  sämmt- 
Uche  Empfindongsnerren  vom  Scheitel,  bis 
snm  Unterkiefer  betreffen  nnd  besteht  oft 
Jahre  lang  fort.  Ist  Halariainfektlon  die 
Ursache ,  so  dient  am  besten  Chinin,  sonst 
Behandlung  mit  dem  konstanten  elektri- 
schen Strom,  als  letztes  Mittel  Aussdineiden 
des  schmerKenden  Nerren. 

6etielitstin8ebUig«B,  s.  AugmtShuekungen, 

Gesichtswinkel  (Camperseher  G.),  gebildet 
ans  einer  von  der  Stirn  >mr  Mitte  des  Ober- 
kiefenahnrandes  und  einer  vom  ansseren 
Gtehörgange  nach  dem  unteren  Kasenrande 
gesogenen  Linie;  Je  grösser  ders.»  desto  in- 
telligenter ist  das  Indiridnnm,  beim  Kultnr- 
men sehen  ca.  900,  beim  Hottentotten  ca.  650. 

Gerims  (8im$),  die  hervorragende  Eiu- 
fassnog  oben  (oft  anch  nnten)  am  Rand 
einer  Maner,  Wand,  Thor,  eines  Fensters, 
einer  Säule  etc.,  ans  mehreren  Gliedern 
SQsammengesetzt ,  meist  blosse  den  Ab- 
schlnsB  bezeichnende  Yerziemng.  Man 
nnterscheidet  Daehgesima  (auch  Hanpi-  und 
Krarugesim»),  unmittelbar  unter  dem  Dache ; 
Ourtgesims,  zwfsclien  2  Stockwerken;  FttM- 
genim»,  untere  Einfassung,  Sockel;  Oid>el- 
sims,  Gliederung  der  Giebelschenkel  etc. 

Getnerla  L.  (Getnerie),  Pflanzeugattung 
der  Personaten,  mehrere  meist  brasil.  Arten 
scliönblühende  Warmhsuspflanzen. 

Gespanseliaft  (von  I$pan,  Graf),  s.  Komitat. 

<jesplldere€lit,  s.  v.  a.  Retrakt. 

Gessler,  Albrecht,  genannt  G.  von  Bruneek, 
der  gewöhnlichen  Angabe  nach  um  1300 
kalserl.  Landvogt  in  Uri,  wegen  seiner 
Harte  und  Grausamkeit  1807  von  Teil  in 
der  hohlen  Gasse  bei  Kössnacht  erschossen ; 
nach  Kopp  («Urkunden  etc.',  1835)  sagenhaft. 

Gessner,  SaJomon,  Dichter,  geb.  1.  April 
1730  zu  Ziirich,  f  das.  2.  März  1787.  Sehr. 
<3edichte  in  schöner  Prosa  voll  Idyll.,  oft 
t&ndelnd er  Kleinmalerei,  die  grossen  Beifall 
£anden:  ,Die  Nacht'  (1758),  ,Inkle  und 
Tarlko*  (1756),  »Idyllen*  (1756),  ,Tod  Abels* 
(1758):  daneben  treifl.  Landschaitszeichner. 

Geninge^  mehrere  zu  einem  Ganzen  ver- 
bundene Stangen  bei  Bohrwerken  etc. 

Gesta  BoniaBOmm  (lat. ,  d.  i.  Thaten  der 
Bömer),  lat.,  um  1350  entstandene  Sammlung 
von  Erzählungen,  Märchen,  Legenden  etc.; 
deutsch  zuerst  Augsb.  1498,  im  Originaltext 
herausg.   von  Kdler  1842.  [acliaft. 

Gestatlom   (lat.) ,    Tragung ;    Schwanger- 

Gesteine  (Oebirg$arten,  Felsarten),  Mineral- 
und  Fossilaggregate,  welche  in  bedeutenden 
Massen  auftreten  und  einen  wesentlichen 
Antheil  an  der  Zusammensetzung  grösserer 
Theile  der  Erdrinde  haben ;  bestehen  ent- 
weder ans  nur  einem  Mineral  (Gyps,  Kalk- 


rtsin)  oder  aas  mehreren,    die   entveder 
Isieht  nnteracbeidbar  sind  (Gmnit)  oder  in 
so  feinen  Partikelchen  auftreten,  dmsa  das 
Gestein  gleichförmig  erscheint  (Bausalt).    Bm 
ans    gesondertMi   Mineralien    bestehenden 
G.  sind  körnig  oder  8chiefl%  krTStaUiDisch. 
Infolge  ihrer  Bildung  (Sehicfatni^)  oder  der 
Absondemng  (s.  d.)  sind  die  G.  dureiiklüflet 
nnd  lerfsUen  oft  in  einaelne  Stacke  Qoa» 
G.).    Diese  könnMi  wieder  vereinigt  vrerden 
nnd   bilden  Breocien,  Konglomerate,  Sand- 
steine nnd  pOiiiscke  G.    Systematische  An- 
ordnung :  A.  AnorgamolUhe,  L  KryatalHniache 
G.:  1)  einfache  (Wasser,  Salz,  Gyps,  Kalk, 
Spatheisenstein,  Eisenerze,  Magnesia,  Mag- 
nesite, Qnaraite,  Hyalosithe);   2)  gentengte 
(Sanidinite,  Orthoklasite,  Stilpnolithe,  Qoar- 
zite,    Amphibolithe,   Hyperite,    Diabeaite, 
Melaphyre.   Basaltite).    H.    Klastische  G.: 
a)  feste,   1)  psendoklastische  (traclijrtiache, 
porphyrische,  diabasitfsche,  melaphyrische, 
basaltisdie,   qnandge,   kalkige  nnd  Sisen- 
trümmeif^esteine);  2)  hemiklastische  (Sani- 
din-,  Basalttnffe,  Sanidin-,  Basalt-,  Cbloro- 
lith-,   Orthoklasitkonglomerate);    3)    halo- 
klastische  (thonige,  kalkige,   kohlige  Kon- 
glomerate, Sandsteine,  Schiefer),     k)  Lrf>se: 
1)   Blöcke,   Gerolle,   Sand;   2)  Erdkmmen. 
B.  OrganolUke:  Anthraclte,  Zoogenite  (Ko- 
prolithen, Infusoriolithe).    Vgl.  Ootta,  ,G«- 
steinslehreS   2.   Aufl.    1862;    Seufi,    «Fcls- 
arten*,  1867;  Den.,  ,Felsgemengtheile*,  1868; 
Ziriel,    ,Petrographie* ,     1866:     Aaewaas, 
,Geognosie*,  2.  Aufl.  1858—66,  3  Bde. 

Gntlknlntton  (lat.) ,  Handbewegnngen 
(Gesten)  beim  Reden;   auch  GteberdenspieL 

GestlOB  (lat.),  Führung;  Gestio  pro  keredt, 
stillschweigendes  Antreten  einer  £rbachafL 

Gestreng,  ehemals  Titulatur  für  Personea 
des  uiedpren  Adels,  der  Doktoren  etc. 

Gestrlkluid,  Landschaft  in  Nordschwe- 
den, östl.  von  Dalame;  Hauptstadt  Gelle. 

Gestiibe  (OeUiOibe),  mit  klaren  Kohlen  ver- 
mischter Lehm,  Material  für  den  Herd  des 
Schmelzofens;  beim  Rösten  nnd  Schmelzen 
des  Erzes  fortgerissene  Theile,  die  in  der 
Gestöbekammer  gesammelt  werden. 

GestitefStttfereta»),  Anstalten  znr  Pferde- 
zucht, zerfallen  in  wüde,  haUnnlde  nnd  kml- 
tivirte  G.  mit  freier  oder  geregelter  Fort- 
pflanzung. Müitärgestüte  solche,  in  welche 
die  zur  Zeit  brauchbarsten  Stuten  der  Ka- 
vallerie znr  Deckung  al^;eliefert  werden. 

Gecnndheitsgeschirre ,  pomellanartige 
Töpferwaaren  mit  bleiflreier  Glasur. 

Gethsemaney  Meierei  am  Oelberg  bei  Je- 
rusalem ,  Ort  der  Gefangennahme  Jesu. 

Getreide,  die  nutzbaren  Samen  von  man- 
chen Gräsern,  bestehen  aus  der  dreifachen 
Fruchtscliale,der  doppelten  Samenhülle,  dem 
grossen  Albumen  und  dem  kleinen  Embryo; 
enthalten  eiweissartige  Stoffe  (Kleber,  bes. 
in  der  äussersten  Albumenschicht  nnd  den 
Höllen),  Stärkemehl  (im  Albnmen),  Dextrin, 
Fett  (im  Embryo),  Salze  (bes.  in  den  äusseren 
Schiebten)  und  Zellstoff.  Die  quantitative 
Zusammensetzung  wechselt  nach  Art  und 
äussern  Einflüssen  sehr  stark.  Weisen  aas 
dem  Süden  enthält  mehr  Kleber,  Fett  und 
Snlze  als   der  aus  dem  Norden,    ebenso 


Sibirien  SO,  Kam 
unBrlkk  unter  S1 
Im  OhlmlwruD 
klpan  bei  STOO', 

verbreitet  Oenti 

lS68);^>i>«>,,Dei 


Ofltriebe  —  Gewerbegerichte. 

r  eil  WlntaigetraUa, 


Vgl.  LangMal  (i.  AnB. 


D  100  Theili 


"■IHilli' 


Ithnnid^fl  ifrelfeD  (Laltrne,    TriJling). 
«etrl ebene  Arbeit  (Eriu^ibcrci),   ZweJ 


Cel1i1if);neDe 


VerkB  dfe  Vlelwla  (n  Ber- 
In  BmunichaelB.  ImAll- 
den  UsUllgoH  Terdiäogt. 


In  EnrapA.  Ilefi^  die, .  ^^^ 

SedMiHk  (Gtiiia,  er.).  G«hIi 

die  rnu  Simnli 


derllnd.Edallmte 


.      »,  geilidet  a.  Not.  1M5;  oi.hm, 

der  SutthiillsriD  Kargtrelhe  all  iln  un- 
gefiHiiltcbsi  Henft  lon  Bettlern  (gnani)  be- 

teiVl?Erk*rnnJ^'2^h»  (Snu««./™^. 

(l«T>BdH  (ipr.  acliancidaiig).  frsaa.  Lmd- 
nchnfi,  Depert-Loitrei  Huptit.  Ueode.  Die 
ei*ir«d«S..  fiSSO'b.,  ThtUdBrCeyenB.D. 

eeTlertulteta,  i.  AittHttt. 

VewUHAHvai  (TriiiSHuier),  OlubsnleD 


itibnchaft  (GiuSkrlriKuns),  Heft 


eeniiMtte  ZeasB  (moMrIt 


z.). ..  k" 


>r  bilden  da 
1  Sittea   aacii  Feiinirti 


«SWtb«  (Tela),    MitomilDb   Jede  g 

seta- 

miiMlee  Anordnung  lon  Ubiern entarbes 

Ihellen  (Zellen.  Fasern  elc).  welche  1 

den 

nämtleben    Thalien    immer     [u    de» 

Welse    irlsderkBhrc.     BlnlhBlIung    de 

(nach  KSlllhtr):   ZiUgitciii  (Oberhaut 

und 

lolD 

gewebe,  BbrlllirB.  Bindegewebe,    Kn 

■pri 

Knocheu);  Xtaielgcatte  (glatte  und 

"dL 

f'- 

eelbillhälig   m  den  andern   Lauf  brlngt|; 

(Dreyie.  Chaiiepot,  Karle,  Bsrdan.  Petitl)i 
d)    mit    isiikr«elileni    Nadellteea    (Lenden. 

land    o™tt    (Bayern     WcnltTJ;    England 

I'raakreleb  ÖlUmpol;  Oeeterrelcb  W!tmt. 
Wtrtiil^  Sobwelz  Jniicr,  I^abodu.  VeUtrli: 
Hallen  Pelili;  Spanien  und  Qrjecfaenland 
AminulDn ;  Kumänien  Piabodu.  Dia  ersten 
a.B  waten  Arkebnsen  (i.  d.),  Yerbeaaarl 
durch  LantauacMoss .  Badsclilois,  Slaln- 
eder  Flinten  seh  lüis  (IfibO  ,  Patronen  (1090), 
eiserne  LadestoeVe  (1730).  Iconigche  Zübd- 


"CS, 


glatten,  längeren  Fl««),  flMciouf:  Kngel. 
dann  längliche,  EipansionJgescbosie  (mit 
%ilegel  Hinie      '  -    '  -' 


üeirelh,  i.  HirKh. 

(■ewerlKgerlclit*     (rWrl^erioWeJ .      In 


694 


Gewerbeschulen  —  Gewürznelkcnöl. 


Fabriküiiteii  n.  den  Arbeitern  und  anter  die- 
sen oblieget,  mebr  Scliiedsgerlcbte  als  eigent- 
liche Gerichtshöfe.  Ihre  Beisitzer  Arbeit- 
geber und  Arbeiter,  ein  Juristisch  gebildeter 
Verwaltnngsbeamter  meist  Vorsitzender. 

Gewerbesclmleny  Anstalten  zum  Unterricht 
in  den  zum  Betrieb  der  Gewerbe  und  Künste 
nöthigen  Kenntnissen  und  Fertigkeiten,  ent- 
weder niedere,  die  sogen.  Sonutagsschulen 
Tür  Lehrlinge  und  Gesellen,  oder  höhere  zur 
wissenschaftlich-technischen  Vorbildung  für 
den  höheren  Gewerbsbetiieb,  als  solche  zum 
Theil  mit  Realschulen  als  deren  oberste 
Klassen  yerbunden,  zum  Theil  selbständige 
Anstalten  mit  3  oder  4  Klassen. 

Gewerbesteuer,  s.  Steuern. 

Gewerbe  -  und  Handelskammern ,  be- 
rathende,  aus  Sachverständigen  zusammen- 
gesetzte Behörden  zu  Vertretung  der  In- 
teressen des  Handels  und  der  Gewerbe, 
zuerst  in  Frankreich,  seit  1848  in  Preussen, 
1850  in  Oesterreich,  1853  In  Bayern,  1864 
in  Würtemberg,  1861  in  Sachsen  einge- 
führt. Aelinliche  Bestimmung  haben  die  in 
Preussen   1849   eingerichteten  Gewerberäthe. 

Gewere,  ursprüngl.  Bekleidung ;  dann  Ein- 
kleidung (Einsetzung)  in  den  Besitz  eines 
Grundstücks;  auch  der  Besitz  selbst. 

Gewerk,  g.  v.  a.  Zunft,  Innung.  Gewerk- 
schaft, im  Bergbau  Genossenscliaft  zum  ge- 
rn ein  schaftlichen  Betlieb  einer  Grube  etc. 

Gewicht,  die  Grösse  des  Drucks,  den  ein 
Körper  a.uf  seine  Unterlage  ausübt.  8pt- 
cifieches  G.  (Eigenschwere)  die  Zahl,  welche 
angibt,  wie  viel  mal  ein  Körper  schwerer 
ist  als  ein  ihm  gleiches  Volumen  Wassor 
oder  Luft.  Zur  Bestimmung  des  spec.  G.s 
wiegt  man  feste  Körper  in  der  Luft,  dann, 
an  einem  Faden  hängend,  in  Wasser  und 
dividirt  mit  der  Biflferen'/  in  das  absolute 
G.  Das  spec.  G.  von  Flüssigkeiten  bestimmt 
man  mit  dem  Aräometer  (s.  d.)  oder  Pyhio- 
9Refer(Flä8chchen,  welches  1000  Gran  Wasser 
hält,  mit  der  zu  untersuchenden  Flüssig- 
keit gefallt  und  dann  gewogen  wird). 

Gewissensehe,  eheliche  Verbindung,  ge- 
schlossen ohne  die  gesetzliche  äussere  Form, 
nur  auf  Grund  gegenseitigen  Vertrauens. 

Gewitter,  von  elektrischen  Entladungen 
begleiteter  atmosphärischer  Niederschlag, 
entsteht  bei  sehr  schneller  Verdichtung  des 
in  der  Luft  enthalteneu  Wasserdsmpfes, 
daher  sind  G.  am  häufigsten,  wann  und 
wo  es  am  wärmsten  ist  und  die  grössten 
Dampfmassen  In  der  Luft  sich  finden.  In 
den  Polargegenden  fehlen  G.  Bei  nns  am 
häufigsten,  wenn  Südwind  durch  kalten 
Nordwind  verdrängt  wird.  Daher  vor  dem 
6.  die  Schwüle  (zwei  Winde  gegeneinander), 
nach  dem  G.  die  Abkühlung,  welche  fehlt, 
wenn  Nordwind  durch  Südwind  verdrängt 
wird.  Der  Blitz  schlägt  von  Wolke  zu 
Wolke  oder  zur  Erde  nieder,  nachdem 
durch  elekti*ische  Vertheilung  (s.  Elektriei' 
tat)  die  Spannung  sehr  hocli  geworden  ist, 
er  dauert  weniger  als  ^/looo  Sekunde  und 
erzeugt  Ozonger dch.  Der  Donner  entsteht 
durch  die  Vibrationen  der  gewaltsam 
erschütterten  Luft  gleichzeitig  mit  dem 
Blitz  und  ist  etwa  4  Meilen  weit  hörbar. 


Der  BlitB  ist  so  viel  mal  1000'  entfernt,  als 
Sekunden  zwischen  der  Wahmebimuic;  des 
Blitzes  und  des  Donners  vergehen.  Wetter- 
leuchten ist  meist  Wiederschein  entfernter  6. 
Der  BlitMabieiter  hat  eine  Auffangstang-e  mit 
vergoldeter  Spitze  (schützt  auf  eine  Entfer- 
nung, welche  der  IVs— Sfachen  Höhe  g^leich 
ist,  um  welche  sie  ^e  höchsten  benachbar- 
ten Theile  des  Gebäudes  überragt)  und  eine 
eiserne  Ableitungsstange,  welche  am  besten 
mehrarmig  in  Grundwasser  mündet.  £iQ 
Blitzableiter  vermindert  die  Zahl  der  Blitz- 
schläge durch  Ausgleichung  der  £lektr{ci- 
täten,  ein  schlecht  konstrnirter  kann  die  Ge- 
fahr vergrössem.  Vgl.  Klein,  ,Das  0.%  1871. 

Gewölbe,  ans  keilförmigen,  sich  gegensei- 
tig stutzenden  Steinen  (  WSlbstmnen)  in  Bo- 
genform    zusammengesetzte   Ueberdecknng 
von  Räumen.     Hanptarten:    Tonnenffew&lb«, 
nach   einem    halben  Kreisbogen    geformt; 
Kappengeioölbe,  nach  einem  flachern  Kreis- 
segment oder  gedrückten  BogeA   gebildet; 
Kreuggewölbe,  entstehend  aus  2  sich  durch- 
schneidenden Tonnengewölben  (Grundform 
4eckig;  die  Durchschneiduugslinlen  heissen 
Gratb^en,  die  sphär.  glatten  Gewölbflächen 
dazwischen  Kappen);  ßlemgetoolbey    Kreuz- 
gewölbe,    aus   einer    grossen   Anzahl    von 
Graten  und  Kappen  sternförmig  zusammen- 
gesetzt (Grundform  vielseitig);  Kuppel-  oder 
KessdgewöAe,   dessen  Durchschnitte    lauter 
kongruente    Durchschnittsfiguren ,     insbes. 
gleiche  Halbkreise  bilden  (Grundform  kreis- 
rund); Chorgewölbe,  eine  halbe  Kuppel,  JVt- 
schengewöibe ,    eine   Viertelkuppel    bildend; 
Spiegetgeteolbe,  Kreuzgewölbe,  dessen  oberer 
Theil  fortgesohnitten  und  durch  eine  flache 
Decke   (Spiegel)  ersetzt  ist;    Mtdden-   oder 
WalmgetoÖlbe,  Tonnengewölbe,  an   den  £u- 
den    nicht   durch    Schildmauern,     sondern 
durch  Wölbungen  begrenzt  (muldenförmig); 
Fächergewölbe  (s.  d.). 

Gewolle,  Ballen,  die  im  Hagen  der  Raub- 
vögel aus  den  Federn  u.  Haaren  des  Raubes 
entstehen  und  wieder  ausgespieen  werden. 

Gewohnheitsrecht,  Inbegriff  derjenigen 
Rechtsnormen ,  welche  ohne  das  ausdrück- 
liche Gebot  der  gesetzgebenden  Gewalt  in 
Geltung  sind ,  insbes.  solcher^  welche  un- 
mittelbar in  dem  Bewusstseiu  eines  ganzen 
Volks  leben.  Vgl.  PUcWa, , Das  G.*,  1M8-S7. 

Gewfirze,  vegetabliische  SIfCiffe,  welche 
durch  Gehalt  an  ätherischen  Oelen  oder 
scharfen  Stoffen  Speisen  wohlschmeckender 
machen  und  denVerdauungsprozess  anregen, 
in  zu  grossen  Mengen  genossen  aber  häufig 
Entzündun^szustände  herbeiführen.  Los- 
liche oder  koucentrlrte  G.  sind  mit  Schwefel- 
kohlenstoff bereitete  Extrakte  der  G. 

Gewfirtlnseln,  s.  Molukken, 

Gewiirznelkeii  (NägeUin ,  CJaryophylli), 
Blüthenknospen  von  Oaryophyllus  aroma- 
ticus,  braun,  schmecken  feurig  aromatisch, 
enthalten  bis  25  <Vo  ätherisclies  Oel;  die 
besten  aus  Amboina  und  Zanzibar.  Qt^ 
samratproduktion  8  Mill.  Pfd.,  ausser  den 
sofort  auf  Oel  verarbeiteten.  Weniger  aro- 
mat.  die  Blüthenstiele  (NelketuUn^l,  Fosti) 
und  die  Früchte  ( JfalteraelAren,  AnthophylU). 

GewirmelkenU ,    farbloses,    im   Alter 


Gewürzrindenbaam  —  Gibraltar. 


695 


bräunliches  ätherisches  Oel  der  Gewürz* 
nelken,  kommt  ans  Ostindien,  ist, schwerer 
als  Wasser,  schmeckt  brennend,  enthält 
Nelkens&ure;  wie  Gewürznelken  benutzt. 
C^ewürsrindenbaum,  s.  Wintera. 
Qinrq^er,  Aug.  Friedr.,  Geschichtschreiber, 
geb.  5.  Mäi-z  1803  za  Calw,  seit  1846  Prof.  zu 
Freiburg,.  entschiedener  Vertreter  kathol. 
hierarch.  Tendenzen,  1848  Mitglied  dos  dent- 
sehen  Parlaments ,  trat  1853  zur.  kathol. 
Kirche  über;  f  10.  Juli  1861.  Sehr.  ,Gustav 
Adoir  (4.  Aufl.  1862);  .Geschichte  des  Ur- 
christenthums*  (1838,  3  Bde.);  »Allgemeine 
Kirchengesch.*  (1841  —  46,  4  Bde.);  ,Gesch. 
der  ost-  und  westfrank.  Karolinger  vom  Tode 
liUdwigs  des  Frommen  bis  Konrad  I.*  (1858, 
2  Bde.);  «Urgeschichte  des  menschl.  Ge- 
schlechts* (1855,  2  Bde.);  .Papst  Gregor  VU. 
etc.*  (1859—64, 7  Bde.);  ,Gescb.  des  18.  Jahrh.' 
(herausg.  von  Weiss,  1862,  3  Bde.)  u.  A. 

GhadABies,  wichtige  Handelsstadt  in  Tri- 
polis,  an    der  gegenwärtig   bedeutendsten 
Handelsstrasse  von  Tripolis  und  Algier  nach 
Timbuktu,  Kano,  Bornu,  Wadai,  10,000  Ew. 
Clhardeiii,  wichtige  Handelsstadt  im  südl. 
Algeiieu,  in  der  Oase  Wad  Mzab,  14,000  Ew. 
(jhasel,  pers.  Dichtform,  -von  Riickert  und 
Platen  in  die  deutsche  Literatur  eingeführt ; 
besteht  in  der  Wiederkehr  desselben  End- 
reims,  der  in  den  ^wei   ersten  Zeilen  sich 
ankündigt  und  dann  in  den  gleichen  Zeilen 
(4,  6,  8  etc.)  wiederkehrt,  während  die  un- 
gleichen Zeilen  (3,  .5,  7  etc.)  reimlos  bleiben. 
Ohasna    (Ghimi) ,     Stadt     im    nordöstl. 
Afghanistan,  10,000  Ew.;  unter  den  Ghasna- 
vjiden  eine  der  blühendsten  Städte  Asiens. 
tihasnawlden  (Ghasnetoidtn),  erste  mohara- 
medan.  Dynastie  in  Indien,   genannt  nach 
der   Stadt  Ghasna   (s.  d.),  gegründet   von 
oinem  horikischeu  Türken  AIp-Tekin,  der 
sich  von  den  Samaniden  unabhäugig  machte 
(t    975).      Dazu    gehörten:    des    Gründers 
Schwiegersohn   Sebik  -  Tekin   (f    997) ,    der 
Kabul  und  Peschawer   und  andere  Gebiete 
nroberte;  Mahmud,  Sohn  des  Vor.,  der  die 
Sanianidendynastte   stürzte    (f  1028  [1030J); 
Massud  L,  welcher  einen  grossen  Theil  von 
Persien    eroberte ,    aber   Irak ,    fast    ganz 
Transozanien  und   Khorasan   an  die  Seid- 
s'chuken  verlor.  Seitdem  Verfall  des  Reichs 
unter   fortwährenden   Angriffen   der   Seld- 
schuken.     Der     letzte    gliasnawid.    Herr- 
scher KhosrU'MaUk,  1186  von  dem  Ghuriden 
Ghaiath-ed-din  besiegt  und  getödtet. 

Ghats  (d.  i.  Pässe,  Treppen),  Name  der 
Gebirgszüge  in  Hlndostan,  welche,  der  östl. 
und  westl.  Küste  des  Dekan  (Ost-  und  West- 
ghats)  parallel  ziehend ,  das  innere  Hoch- 
land umschliessen  und  sich  im  S.  zum  Kila- 
girigebirge  (8497'  h.)  vereinigen. 

Ghazlpur.  Stadt  in  der  brit.-ostind.  Präsid. 
Agra,  nm  Ganges,  38,573  Ew. 

Ciherärdesea,  Ügolino ,  Haupt  derghibel- 
lin.  Partei  zu  Pisa,  regierte  als  General- 
kapitän der  Republik  gewaltthätig,  ward 
Juli  1288  mit  zwei  Söhnen  und  zwei  Enkeln 
in  einem  vom  Erzbischof  Ubaldiui  veranlass- 
ten Aufstand  gefangen  genommen  und  t  '^^ 
dem  Thnnn  von  Gnalandi  mit  den  Seinigen 
den  Hungertod. 


Ghetto  (ital.)»  das  Juden  viertel,  die  Ju- 
dengasse. 

OhibeUinen  (deutsch  Waihlingtr,  von  der 
hohenstauf.  Burg  Waiblingen),  ehedem  in 
Italien  Name  der  Hohenstuufen-  oder  Kai^er- 
partei,  im  Gegensatz  zu  den  Guelfen  ( iVel- 
fen),  der  Partei  des  Papstes.  Der  Kampf 
zwischen  beiden,  bes.  in  den  Städten  Ober- 
italiens sehr  heftig,  überdauerte  die  Herr- 
schaft der  Hohenstaufen. 

Ghlbertl,  Loremo,  ital.  Bildhauer  und 
Bildgiesser,  geb.  1378  zu  Florenz,  f  um 
1455.  Berühmtestes  Werk  die  Bronzetliür 
des  Baptlsteriums  San  Giovanni  in  Florenz; 
schrieb  auch  ein  Werk  über  Bildhauerkunst. 

Ghika,  Belena,  Fürstin,  pseudoo.  JJora 
d*l3tria,  her.  Schriftstellerin,  geb.  22.  Jan. 
1828  in  IBukarest,  Tochter  des  Walacliei- 
fürsten  Michael  G.,  bildete  sich  1841-48  im 
Ausland,  vermählte  sich  1849  mit  dem 
Fürsten  Koltzow-Massalsky,  lebte  meist  in 
Italien.  Ihre  Werke  ausgez.  durch  wissen- 
schaftl.  Gediegenheit,  freisinnige  Anschauung 
der  Weltverhältnisse  u.  ein  ungewöhnliclies 
Talent  der  Darstellung.  Hervorzuheben: 
,La  vie  monastique  dans  TEglise  Orientale^ 
(2.  Aufl.  1858),  ,Les  femmes  en  Orient'  (1860), 
,Des  femmes  par  une  femme*  (186.'>,  2  Bde.), 
,La  suisse  allemande*  (1856),  ,Excursions  en 
Roum^lie  et  en  Mor6e'  (1863,  2  Thie.)  u.  A. 

GhiUn  (Güän),  pers.  Prov.,  schmaler 
Küstenstrich  am  kasp.  Meer,  mit  Reisbau 
und  bewaldeten  Bergen.    Hauptstadt  Rescht. 

Ghlrlandajo ,  Domtnico,  ital.  Maler,  geb. 
1451  zu  Florenz,  f  1^95.  Chai'aktervolle 
Frescobilder  (z.  B.  das  Leben  der  Maria 
und  Johannes  des  Täufers).  Auch  sein  Sohn 
Rudolfe  G.,  geb.  1485,  f  1560,  Schüler  von 
Fra  Bartolommeo,  talentvoller  Maler. 

Ghurlen  (Qhuriel),  Landschaft  in  Trans- 
kaukasien,  südöstl.  am  schwarzen  Meere, 
71  QM.  und  ca.  30,000  Ew.;  das  alte  Colchis. 

GlaliO  (ital.,  spr.  Dschallo),  blassgelb; 
g.  antico,  der  gelbe  Marmor  der  Antiken. 

Glants  Canseway  (spr.  Dscheiänts  Kniis- 
ueh,  d.  i.  Riesendamm),  ein  ins  Meer  sich 
erstreckender,  aus  Basaltsäulen  gebildeter 
Damm  an  der  Mordostküste  Irlands  (Grafsch. 
Antrim),  bis  über  400'  stell  ansteigend. 

Giaur  (Ghiaur),  Ungläubiger,  türkischer 
Schimpfname  für  alle  Nichtniohammedaner. 

Gibbon  (spr.  Ghibb'n),  Sdward,  engl.  Ge- 
schichtschreiber, geb.  27.  April  1737  zu 
Putney  in  Surrey,  ui^er  dem  Ministerium 
North  Lord  Oommissioner  of  trade;  t  ^^• 
Jan.  1794  zu  London.  Hauptwerk :  ,IIistory 
of  the  decline  and  fall  of  the  Roman  Empire' 
(1782-88,  6  Bde.;  neue  Ausg.  1869,  3  Bde.; 
deutsch  von  Sponehil,  4.  Aufl.  1863).  ,Auto- 
biograpliy*  (neue  Ausg.  1869). 

Gibraltar  (arab.  Gebd  al  Tarik,  d.  i.  Fels 
des  Tarik,  im  Alterth.  3Ton$  Calpe),  Vor- 
gebirge an  der  südlichsten  Spitze  der  span. 
Landsch.  Andalusien,  an  der  Meerenge  von 
G.  (2  M.  br.),  die  das  atlant.  mit  dem 
niittelländ.  Meer  verbindet,  ein  1439'  hoher, 
nur  von  der  Westseite  ersteigbarer,  mit 
dem  Festland  durch  einen  schmalen  Isth- 
mus verbundener  Felsen,  von  den  Eng- 
ländern zu  einer  unüberwindlichen  Festung 


696 


Gibson  —  Giganten. 


nmgesShaffeu.  Am  Fnss«  die  Stadt  G., 
17,750  Ew. ;  Freihafen.  Stadt  und  Festung 
710  yom  maurischen  Feldherm  Tarik-Aben- 
saca  gegr.,  im  14.  Jahrh.  von  den  Spaniern 
erobert,  seit  4.  Aug.  1704  (spali.  Erbfolge- 
krieg) im  Besitz  der  Engländer.  Vom  21. 
Juni  1779  bis  6.  Febr.  1783  vergeblich  von 
Spaniern  und  Fransosen  belagert. 

Gibson  (spr.  Glbs'n),  John,  engl.  Bild- 
hauer, geb.  1791  bei  Conway  (Wales),  seit 
1818  in  Rom,  f  d<^s.  27.  Jan.  1866.  Zahlr. 
mythol.  Figuren,  Harmorstatue  der  Königin 
Victoria  (mit  bemalter  Gewandung),  Bild- 
säulen von  R.  Peel,  Huskisson  u.  A.  Biogr. 
von  Eaetlake  (1870). 

Gicht  (Podagra,  Arthritis,  la  goutte), 
periodisch  auftretende  schmerzhafte  An- 
schwellung in  den  kleinen  Gelenken,  be- 
dingt durch  Ablagerung  von  Harnsäure  in 
denselben;  entsteht  infolge  zu  reichlicher 
Nahrungsznfahr  und  reichlichen  Wein- 
genusses. Je  nachdem  die  Krankheit  an  der 
S rossen  Zehe,  der  Hand,  der  Schulter,  dem 
[nie  beginnt,  nennt  man  sie  Podagra, 
Chiragra,  Omagra,  Oonagra,  Nach  meh- 
reren Wiederholungen  der  Anfälle  geht 
die  G.  in  die  sogen,  irregul&re,  chronische 
Form  über,  und  es  kommt  zu  bleibenden 
Gelenkschwellungen.  Behandlung:  Aen- 
derung  der  Lebensweise,  Genuss  reizloser 
Speisen,  Wassertrinken,  Bewegung.  Die 
sogen.  Arthritis  pauperum,  O.  der  Armen, 
besteht  in  Knochenwuchemng  der  Gelenk- 
enden.   Vgl.  Rheumatitmu», 

Gicht,  die  obere  Oeffnung  des  Hohofens. 

Oichtbeere,  s.  v.  a.  Ribes  nigrum. 

GichtgSM)  Flammen,  die  aus  einem  hiitten- 
männischen  Ofen  unbenutzt  entweichen,  bes. 
die  aus  der  Gicht  (s.d.)  entweichenden  Gase, 
enthalten  Kohlenoxyd,  Kohlenwasserstoff, 
Wasserstoff,    sind    brennbar   und   dienen, 

Sissend  aufgefangen  und  abgeleitet,  als 
rennmaterial  beim  Puddeln. 

Gichtpa^ier^  mit  Pech-  und  Terpentin- 
mischung  überzogenes  Papier,  wird  gegen 
Gicht  und  Rheumatismus  angewandt. 

GichtrSbe,  s.  v.  a.  Bryonia  alba. 

Glchttaffei»  wie  Wachstaffet  zubereiteter 
Taffet,  dient  zum  Einhüllen  der  von  Gicht 
und  Rheumatismus  befallenen  Glieder. 

GidSoBy  Held  und  Heerführer  (Richter) 
der  Israeliten,  befreite  sein  Volk  von  der 
siebonj ährigen  Herrschaft   der  Midianiter. 

Giebel,  Christian  Gottfr»  Andr.,  Zoolog, 
geb.  13.  Sept.  1820  in  Quedlinburg,  seit  1861 
Prof.  der  Zoologie  in  Halle.  Eifriger  Ver- 
treter der  Theorie  von  der  allmähligen  Ver- 
vollkommnung der  organ.  Welt.  Sehr.  ,AI1- 
gem.  Paläontologie*  (1852);  ,Odontographie' 
(1854);  ,Dle  Säugethiere*  (1853-55);  ,Lehrb. 
der  Zoologie'  (3.  Aufl.  1865);  »Naturgeschichte 
des  Thierreichs'  (1858—68,  5  Bde.)  u.  A. 

Giebelfeld,  s.  Frontispiee, 

Giebichenstein,  histor.  merkwürdiges. 
Jetzt  verfallenes  Bergschloss  bei  Halle,  an 
der  Saale.  Sage  vom  Landgrafen  Ludwig  n. 
von  Thüringen,  der,  das.  gefungen  gehalten, 
durch  einen  Sprung  hinab  in  die  Saale  sich 
befreite  (daher  der  ,Springer*).  Dabei  Dorf 
G.  mit  bedeutender  Domäne,  9089  Ew, 


Gieren  9  das  nnregelmisii^e  Abweicbon 
des  Schiffs  von  seinem  Lauf,  Fo]£:e  l^bler- 
haften  Baues  oder  Steuerns. 

Giesebrecht,  Friedr.  Wüh.  Benjamin  vofs, 
Geschichtschreiber,  geb.  5.  März  1814  in 
Berlin,  seit  1857  Prof.  der  Geschichte  zu 
Königsberg,  seit  1862  zu  München.  Haupt- 
werk:  «Geschichte  der  deutechen  Kaiser- 
zeit* (1860  ff.) ;  Uebersetzung  der  Ar&nk.  C^ 
schichte  Gregors  von  Tours  (1851). 

Glessbmeliy  berühmter  Wasserfall  im 
Kanton  Bern ,  an  der  Nordseite  des  S'aul- 
homs;  fliesst  zum  brienzer  See. 

Gle§sen,  Hauptstedt  der  hess.  Prov.  Ober- 
hessen, ehedem  Festung,  am  Einflüsse  der 
Wieseck  in  die  Lahn,  10,218  Ew.  Uni^er- 
sltät  (seit  1607). 

Giesspnckely  nach  unten  spitz  zulaufen- 
des Gefäss  für  geschmolzene  Massen. 

Gift  (Venenum,  Virus),  jeder  Stoff*,  der, 
in    hinreichender    Menge    dem    Gtesammt- 
körper    oder    seinen    Theilen    einverleibt, 
auf  diesen   schädliche  Wirkungen  äoasert. 
Ist  das  G.  Krankheitsprodukt,  so  beisst  es 
Oontagium;  Micumen  sind  Ansteckung^stoffe, 
die,  ausserhalb  des  Körpers  erzeugt,  Krank- 
heiten  veranlassen.     Die   G.e    worden    in 
narkotische,   ätzende,    drastische    and    er- 
regende, besser  in  Blut-  und  Nervengifte 
eingetheilt.     Vergiftung   heisst    der    durch 
die    Giftwirkung   hervorgerufene   Znstand; 
die   Behandlung   bezweckt    zunächst    Ent- 
fernung  des  G.es   aus   dem  Körper    durch 
Erregen   von  Brechen   oder   durch   mecha- 
nische Wegschaffnug ,  Unwirksammachung 
desG.s  durch  bestimmte  Mittel  (Gegengifte), 
Behandlung   der    bereits    hervorgerufenen 
Symptome.    Vgl.  Orßia  (1853),    Otto   (1870). 
Taylor  (deutsch   von  Seydeler,   1883),    JBu$e- 
mann  (1870-71). 

Giftbaimi,  s.  Antiaris. 

Giftfang,  Schornstein,  in  welchem  sich 
beim  Rösten  arsenikh altiger  Erze  der  mehl- 
artige weisse  Arsenik  absetzt. 

Gifthütten,  Hüttenwerke  .zur  Gewinnung 
arsenlecer  Säure  und  anderer  Arsenpräparato. 

Giftpflanzen,  Pflanzen,  welche  mehr  oder 
weniger  giftig  wirkende  Substenzen  ent- 
halten, zum  Theil  wichtige  Arzneipflanzen. 
Deutschland  hat  deren  etwa  40,  davon  die 
stärksten:  Ltactuoa  vlrosa,  Atropa  Bella- 
donna, Hyoscyamus  niger,  Datura  Stramo- 
nium,  Solanum  nigrum,  Goninm  maculatnm, 
Aethnsa  Cynapium,  Gicuta  vlrosa,  Digitalis 
purpurea,  Ledum  palustre,  mehrere  Banun- 
culusarten  ,  Helleborus  niger ,  Aconitum 
Napellusund  Lycoctonum,  Colchicum  aatnm- 
nale,  Veratrum  album,  Paris  quadrifolia, 
Euphorbiaarten,  Daphue  Mezereum,  Arura 
maculatnm  und  mehrere  Pilze.  Y^l.  Dietrich, 
(1826),  Hartinger  (1861),  RUek  (1866). 

Giftztein,  Arsenikkies;  arsenikalisoher 
Ofenbruch,  welcher  sich  beim  Reinigen  der 
Metalle  von  Arsenik  bildet;  Bezoar. 

Giftsumaeli,  s.  v.  a.  Rhns  Toxioodendron. 

Giftwurzel,  s.  Dorttenia.       [Gabelwsgen. 

Gig,   einspänniger,  zweirädriger  offener 

Giganten  (gr.),  in  der  griech.MyflioIogie 
riesenhaftes,  wildes,  den  Göttern  feindliches 
Geschlecht ,  nacA  Hesiod  Söhne  der  Oäa, 


Gijon  —  Giro. 


697 


ttafirraten  Berge  auf  Berge,  um  den  Olymp  sni 
■türmen,  worden  von  den  Bl|tssen  des  Zeus 
niedergeschmettert  oder  unter  yulkan.  Inseln 
bei!rraben.    Gigantomachia,  Biesenkampf. 

OyoiL  (spr.  Jichon),  Stadt  in  der  span. 
ProT.  Oviedo,  am  atlant.  Ocean,  10,378  Ew., 
Hanptbafen-  und  Handelsplatz  yon  Asturien. 

ttllay  NebenflusB  des  Colorado,  in  Neu- 
mexiko  und  Arizona,  90  M.  lang. 

Gil&n,  8.  Ghildn, 

Gllbertainseln^  Koralleninselgmppe  In  Po- 
lynesien, unter  demAequator.  Etwa  60,000  Ew. 

ttilbkravty  Färbergioster,  Schöllkraut. 

(}U  BlM  (spr.  Schil  Bla),  kom.  Roman 
von  Lesage  (s.  d.). 

Gilde  (altsächs.),  Genossenschaft,  Yerbrü" 
derung;  Innung  oder  Zunft. 

Oilead  (a.  G.),  Gebirge  in  Palästina,  Jenseits 
des  Jordans;  auch  das  ganze  Ostjordanisnd. 

Qilet  (fr.,  spr.  Schileh),  Jacke  ohne  Aermel, 
Weste. 

QUgit,  Landschaft  im  westl.  Hochasien. 

ttigftken,  ostasiat.  Fischer-  und  Jagervolk, 
am  untern  Amur,  den  Korj&ken  verwandt. 

Öillliluid,  grosses  Nordpolarland,  20  Bf. 
östl.  von  Spitzbergen,  1707  zuerst  vom  Hol- 
länder Gillis  erblickt,  1864  vom  Schweden 
Nordenskjöld  neu  entdeckt  und  von  Heuglin 
1870  genauer  eiuvisirt,  wird  wahrscheinlich 
noch  vom  Golfstrom  bespiilt;  gegenwärtig 
(Juli  1871)  Ziel  einer  Österreich.  Expedition. 

Gilly  (spr.  Schilji),  Fabrikstadt  in  der 
beifc.  Prov.  Hennegau,  15,598  Ew. 

OilolOy  Insel,  s.  v.  a.  Dschilolo. 

Üimiani,  langhaarige  türk.  Fnssteppiche. 

GimignanO  (spr.  Dschiminj-),  Vineenxo  da 
San,  eigentl.  Tamagni,  ital.  Maler,  Schüler 
und  Gehülfe  Baphaels;  t  ^^  1^^*  Seine 
Werke  sehr  geschätzt,  aber  selten. 

Gimpe  (Gimpf),  Besatsschnur. 

Gimpel  (Pyrrhnla  £ris».),  Gattung  der 
Sperlingsvögel  (Finken).  Dompfaffe  (P. 
mbricilla  PoUl.),  6V9".  in  Europa ,  Sibirien, 
Japan,  bei  uns  häufiger  Zug-  und  Strich- 
vogel, beliebter  Stubenvogel  (gelehrte  G.) 
Hakenkreuzschnabel,  Sidcengimpel  (P.  enuclea- 
tor  L.),  S^V,  im  hohen  Norden,  selten  im 
Winter  bei  uns.  Grünfink,  Girlitt  (P.  serinus 
L.),  b"j  in  Süd-  und  Mitteleuropa. 

Gin  (spr.  Dschin,  von  Genever),  engl.  Na- 
tional getränk,  über  Gewürzen  destillirter 
Branntwein,  reich  an  ätherischen  Oelen. 

Gingang  (Gingham),  baumwollene  glatte, 
gestreifte  oder  gewürfelte  Gewebe;  mit 
Seiden fäden  durchschossen:  Tndiennes» 

GimengwnrseU  J&a/<to«irceI)>  ohines.  Reiz- 
mittel ans  Nordchina,  Japan,  Nepaul,  stammt 
von  Panaxarten;  die  amerikan.  von  Panax 
quinquefolia  ist  ganz  indifferent. 

Ginfter .  s.  GenUta, 

Gioberti  (spr.  Dscho-),  VincenMo,  ital.  Ge- 
lehrter und  Staatsmann,  geb.  5.  April  1801 
in  Turin ,  seit  18A1  Kaplan  am  Hofe  Karl 
Alberts  von  Sardinien,  von  den  Jesuiten  der 
Theilnahme  an  den  Plänen  des  sogen.  Jungen 
Italiens'  verdächtigt  und  exilirt.  März  1848 
znrüelcfl^erufen,  trat  er  in  die  Kammer  und 

ward  Mai  deren  Präsident,  Okt.  Präsident 

des  ital.  Nationalkongresses  zu  Turin,  Dec. 

Itfinister;  lebte  später  zu  Paris  in  freiwilli- 


gem Exil ;  t  26.  Okt.  1858.  Bedeutender 
Denker  und  eifriger  Kämpfer  ßlr  Italiens 
nationale  Unabhängigkeit.  Hauptwerke: 
,Del  primato  civile  e  morale  degP  Italiani* 
(1843) ;  ,11  Gesuita  moderne*  (1849,  8  Bde. ; 
deutsch  1,848—49, 3  Bde.) ;  ,I)el  rlnuovamento 
civile  d'Italia'  (1851,  2  Bde.).  Schriften  ge- 
sammelt (1843—45,  9  Bde.);  nachgelassene 
Sehr.  (1859  f.). 

Giordano  (spr.  Dschor-),  Luea,  ital.  Maler, 
geb.  1632  zu  Neapel,  f  das.  1704;  ahmte 
die  verschiedensten  Meister  täuschend  nach 
(»Proteus  der  Maler*).  [Barbarelli. 

Giorglone   (spr.  Dschordsch-) ,  Maler,  s. 

Giornieo  (spr.  Dschor-,  deutsch  Imi»), 
Flecken  im  Kant.  Tessin,  750 Ew.;  28.  Dec. 
1478  Sieg  der  Schweizer  (600)  über  die  Mai- 
länder (14,000)  unter  Graf  Torello. 

Gipfeldflrre,  Krankheit  der  Holzgewächse, 
besonders  des  Nadelholzes  bei  schlechtem 
Boden,  zu  starker  Beschattung,  zu  dichtem 
StAud,  Verletzungen,  anhaltender  Dürre. 

Giraffe  (Kamelparder,  Gamelopardalis  L.), 
Tliiergattung  der  Wiederkäuer.  Gemeine  G. 
(C.  Giraffa  L.),  18—20%  familienweise  im 
heissen  Afrika,  das  höchste  Landthler. 

GIrande  (fr.,  spr.  Schirangd),  Gruppe 
Wasserstrahlen  bei  Springbrunnen. 

Ginndole  (fr.,  spr.  Schirangdohl) ,  bei 
Lustfeuerwerken  eine  Fenergarbe  ans  Hun- 
derten und  Tausenden  von  Raketen. 

Girardln  (spr.  Schirardäng),  1)  Franf.  Ana. 
St.  Marc,  franz.  PubJicist,  geb.  21.  Febr.  1801 
zu  Paris,  nach  der  Jnlirevolution  1830  Ver- 
treter Guizots  an  der  Sorbonne,  1834  Depu- 
tirter,  1840  Akademiker,  später  Mitglied  des 
Oberstudienraths.  Sehr.  ,Tableau  de  la 
raarche  et  des  progtis  de  la  littftrature  fran- 
caise  au  XVIieme  aiheW  (1828);  f,M61ange8 
de  litt6rature  et  de  morale*  (1840,  2  Bde.); 
,Oours  de  littirature  francalse'  (1851)  n.  A. 
—  2)  Emile  de  G.,  franz.  Publieist,  geb.  27. 
Juni  1806  in  der  Schweiz,  angebl.  illegitimer 
Sohn  des  royalist.  Generals  Alexandre  de  G., 
ward  1834  kammerdeputirter,  gründete  das 
Journal  ,La  Presse*  als  Organ  der  konser- 
vativen Politik,  scbloss  sich  nach  der 
Februarrevolution  1848  der  republikanischen 
Partei,  als  Mitglied  der  Nationalversamm- 
lung 1849—51  der  Bergpartei  an.  Nach  2. 
Dec.  1851  aus  Frankreich  verbannt,  kehrte  er 
Fel^r.  1852  nach  Paris  zurück,  leitete  wieder 
die  oberste  Redaktion  der  ,Pres8e'  bis  1856. 
Später  Gegner  des  Imperialismus  und  Chau- 
vinist, gründete  er  das  Jonmal  ,Libert6*, 
1870  einer  der  heftigsten  Schärer  des  Kriegs. 

Girardon  (spr.  Schirardong^,  Franf.,  franz. 
Bildhauer ,  geb.  16.  März  1628  zu  Troyes, 
f  1.  Sept.  1715  zu  Paris  als  Kanzler  der 
Akademie.  Hauptwerke:  Richelieus  Grab- 
mal (Sorbonnenkirohe),  Ludwigs  XIV.  Reiter- 
statue (In  der  Revolution  zertrümmert). 

Girgeh.  Stadt,  s.  Deohirdacheh, 

Girgenii  (spr.  Dschirdsch-),  sicil.  Prov., 
70,1  QM.  und  272,015  Sw.  Die  BampUtadi 
G.,   das  alte  Agrigent,  15,925  Ew.    Hafen. 

GirliU,  s.  Gimpd. 

Giro  (ital.,  spr.  Dschir),  Kreis,  das  Indossa- 
ment (s.  d.)  oder  die  Uebertragung  eines 
Wechsels  auf  einen  Andern.    Girant,  der, 


698 


Girodet-Trioson  —  Glariden. 


w«lch«r  «inen  glrlrten  Wechsel  an  einen 
Anden  indosairt;  Girat,  der,  an  welchen 
das  Indossament  gerichtet  ist.  Oirobanktn, 
8.  Bank. 

Gifodet-TriOM«  (spr.  Schiroda -Trio- 
song), Ann»  LouU  de  Cousay,  franz.  Historien- 
maler, geb.  5.  Febr.  1767  zu  Hontargis, 
Schäler  Davids  (neben  66rard  der  berühm- 
teste); t  9.  Dec.  1824  zu  Paris.  Zahlreiche 
Werice  (Sändfluthscene,  Empörung  zu  Kairo, 
Atala,  die  Heerführer  der  Vend^e  etc.). 

dlronde  (spr.  Schirongd),  der  Unterlauf  der 
Garonne  (s.  d.).  Das  franz.  Depart.  6.,  176,8 
QM.  und  701,855  Ew.    Hauptstadt  Bordeaux. 

dirondisten  (spr.  Schirongd-),  Name  der 
gemässigt  republikan.  Partei  in  der  ersten 
franz.  Revolution,  deren  Hauptwortführer 
dem  Depart.  Glronde  angehörten.  Es  waren 
dies  Yerg^iaud,  Guadet,  Gensonn^,  Grange- 
neuve  und  Dncos,  denen  sich  dann  ausser 
Brissot  und  Roland  und  deren  Anhängern 
hervorragende  Mitglieder  des  Gentrnms, 
Oondorcet,  Fauchet,  Lasource,  Isnard,  Ker- 
saint  und  Henri  Larivi^ro  ansclilossen.  Die 
G.  bildeten  im  Konvent  die  äusserste  Rechte, 
stimmten  zwar  für  den  Tod  des  Königs, 
suchten  ihn  aber  durch  Appellation  an  das 
Volk  zu  retten.  Von  den  Jakobinern  ge- 
stürzt, suchten  sie  vergebens  eine  Schild- 
erhebung zu  ihren  Gunsten  zu  veranlassen. 
Am  24.  Okt.  1793  ward  der  Prozess  gegen 
sie  oröffiiet,  am  31.  wurden  21  G.  guillo- 
tinlrt,  der  Rest  später.  Vgl.  Lamartine 
(1847, 8  Bde.)  und  Oranier  de  Cauagnac  (1860). 

Oigtke,  Robert,  Schriftsteller,  geb.  15.  Jan. 
1827  zu  Harienwerder,  seit  1863  in  Berlin.. 
Sehr.  Romane:  «Moderne  Titanen'  (1850), 
,PfarrrÖ8cheu<  (1851),  ,Käthchen<  (1864)  etc. ; 
Dramen:  ,Moi'itz  von  Sachsen'  (1860),  ,Dram. 
Bilder  aus  der  deutschen  Geschichte'  (1865). 

tiUkra,  Karl,  österr.  Staatsmann,  geb. 
1822  in  Mährisch-Trübau ,  erst  Prof.  der 
polit.  Wissenschaften  zu  Wien,  1848  Mitglied 
des  frankf.  Parlaments  (linkes  Gentrum), 
seit  1859  Advokat  zu  Brunn,  1860  Abgeord- 
net'Or  zum  österr.  Reichsrath,  hier  Führer 
der  deutsc)i-mähr.  Partei ;  vom  SO.  Dec.  1867 
bis  12.  April  1870  Minister  des  Innern. 

Gitschin,  Kreis  im  östl.  Böhmen,  54  QM. 
und  3S4,8!)7  Ew.  Die  Hauptstadt  G.,  an  der 
Gydliiia,  5715  Ew.  Nachtgefecht  29.  Juni  1866. 

Giuilo  Romano  (spr.  Dschu-),  eigeutl. 
Pippi,  ital.  Maler  und  Architekt,  geb.  1492 
in  Rom,  talentvollster  Schüler  und  Gehülfe 
Raphaels,  nach  dessen  Tode  in  Mautua 
thätig,  wo  er  eine  wilde,  oft  anstössige  Ma- 
nierannahm; 1 1.546.  Hauptwerke:  mythol. 
Fresken  und  Altarbilder  (Rom),  Madonna 
(Dresden,  Stephanus (Genua).  Bauten:  Villa 
Madonna  (Rom) ,  Falazzo  del  Te  (Mantna). 

GlarglwD  (spr. Dschurd sch-)>  Handelsstadt 
in  der  Walachei,  an  der  Donau,  10,557  Ew. 

Giusti  (spr.  Dschu-),  Giuseppe,  ital.  polit. 
Dichter,  geb.  12.  Mai  1809  zu  Monsuuano 
bei  Pescia,  f  31.  März  1850  zu  Florenz. 
Der  ,B6ranger  Italiens'.  Seine  ,Versi'  (1845 
und  öfter)  durch  Kraft  nnd  Prägnanz  des 
Stils  ausgezeichnet;  hervorzuheben  die  satir. 
Rhapsodie  ,Gingilliuo'  (d.  i.  Kriecher^. 

ttlasto  (spr.  Dschu-),  dem  Tempo  gemäss. 


Cllfet  (spr.  Schi wä),.  feste  Stadt  im  franz. 
Depart.  Ardennen ,  an  der  Maas ,  dicht  an 
der  belg.  Grenze,  mit  der  gegenfiberlie^en- 
den  Festung  C^arlemont  6404  Ew. 

Oizeh,  Ort,  s.  Dschiseh. 

Glace  (fr.,  spr.  Glas),  Eis;  glaciren»  mit 
einer  glatten  glänzenden  Fläche  überziehen. 

Glacles  Hariae,  s.  v.  a.Gypsspath,  s.  Gypa. 

Gladbach,  1)  (Mönehen-G.)  Kreisstadt  im 
preuss.  Regbz.  Düsseldorf,  an  der  Kiers, 
22,149  Ew.  Hauptsitz  der  rheinischen  Ma- 
schinenspinnerei und  Weberei.  —  2)  Stadt  im 
preuss.  Regbz.  Köln,  Kr.  Mülheim,  5^9  £w. 

Gladiatoren  (lat.),  bei  Ben  Römern  Fechter, 
welche  in  den  öfTontl.  Kampfspielen  miteinan- 
der kämpften  (Sklaven,  Kriegsgefangrene). 

Gladii  Jas  (lat.),  das  Recht,  die  Todes- 
strnfe  zu  verhängen.  6^.  po«na,  Enthauptung. 

Glftdldlvs  L.  (Siegwurz,  Ketztfchtoertel). 
Pflanzengattnng  der  Irideen.  G.  comtnunis 
L.,  in  Südeuropa,  liefert  die  runde  Si^:- 
wurzel.    Zierpflanzen. 

Glftdstone     (spr.     Gläddston),     William 
Eioart,  engl.  Staatsmann,  geb.  89.  I>ec.  18ü9 
zu  Liverpool,  ward  1834  Parlamentsmitglied 
und  Unterstaatssekretär  für   die   Kolonien 
im  Ministerium  Peel,  Mai  1843  Präsident  des 
Handelsamts   und    Mitglied   des    Kabiuets, 
1845  Staatssekretär  für.  die  Kolonien  ,   Dec. 
1852  Schatzkanzler,  1858  ausserordentlicher 
Lordkommissär  auf  den  jon.  Inseln,    Juni 
1859  bis  Juli  1866  und  seit  1868  wieder  Schatz- 
kanzler.   Ausgezeichn.  Redner.    Sehr.  ,The 
State  in  its  relations  with  the  chorch*  (1838),- 
, Homer  and  Homeric  age'  (1858,  8  Bde.). 

Glänze,  s.  r.  a.  Appretur.       [8977'  hoch. 

GlMrnisch.  Gebirgsstock  im  Kanton  Olanis, 

Gläser,  Franz,  Opemkomponist ,  geb.  19. 
April  1798  zu  Geoi'genthal  (Böhmen),  erst 
in  Wien  und  Berlin,  seit  1842  Hofkapell- 
meister in  Kopenhagen;  f  29.  Aug.  1861. 
Am  bekanntesten  ,Des  Adlers  Horst'. 

Glattstahl,  s.  v.  a.  Brunlrstahl.      [matlen. 

Glagolitza,  altslav.  Alphabet,  bes.  iu  Dal- 

Glaraorgan  (spr.  Giämonräii],  Grafschaft 
im  engl.  Fürstenth.  Wales,  40,sQM.  n.  317,752 
Ew.  Steinkohlen  h.  Eisen.  Hauptst.  Cardiff. 

Glandeln,  Drüsen. 

Glans  (lat.),  Eichel. 

Glanzgase,  mit  Hausenblasenlösung  über- 
sti'ichencr  Tüll ,  dessen  Löcher  verklebt 
sind,  dient  zum  Bedecken  von  Bildern  ete. 

Glanzgras,  s.  fhalarie. 

Glanzkohle,  s.  v.  a.  Anthracit. 

GlKnz\e^et( Lackleder,  Laekirleder),  feines 
lobgares,  mit  Oel  getränktes  und  mit  gefärb- 
tem glänzenden  Fimisslack  anf  einer  Seite 
überzogenes  Leder,  bes.  Schaf-  u.  Kalbleder. 

Glanzleinwand  (Glantschatter,  Glandrat- 
tun),  lockeres  leinenes,  meist  baumwollenes 
Gewebe,  mit  Stärke  nnd  Gummi  überzogen 
und  glänzend  gemacht,  dient  als  Futterzeug. 

Glanzruss,  fester  glänzender  Rnss,  bild^ 
sich  bes.  bei  Feuerung  mit  Buchenholz,  reich 
an  theerigen  Produkten,  froher  offidnell 
(Fiiligo),  wird  auf  Bister  verarbeitet. 

Glanzstärke,  Stärkemehl  mit  i^b  Stesrin- 
säurepulver ,  gibt  bei  der  Appretur  Olaos. 

Glariden  (dariden),  Gebirgsstock  auf  d«r 
Grenze  der  Kautone  Url  nnd  Glanis,  lOylSS*. 


Glartis  —  CHasgow. 


699 


dlftras,  Kanton  der  ostl.  Schweiz,  12,5  QM. 
und  (1870)  35,323  Ew.  (dariinter6896  Kathol.) ; 
Alpenland  (Big!,  5541')  mit  treffl.  Weiden, 
Ton  der  Linth  bewässert;  an  den  Grenzen 
der  Züricher-,  Zuger- nndVierwaldstattersee. 
Schwefelquelle  zu  Stachelberg.  Viehzucht 
und  Fabrikat,  von  Baumwollzengen.  Rein 
demokrat.  Verfassung  (vom  22.  Mal  1842). 
Staatseinnahme  1865 :  425,000  Frcs.,  Ausgabe 
391,000  Frcs.,  Schuld  2Va Hill.  Frcs.,  Bundes- 
kontlngent  9244  Mann.  Der  Hauptort  Gr. 
(tr.  Glurts),  an  der  Linth,  4797  Ew.;  1861 
total  abgebrannt.  —  Früher  zum  Stift  Seckin- 
gen,  später  zu  Oesterrefch  gehörig,  durch  die 
Schlacht  bei  Käfels  1388  von  diesem  befi'eit. 

Glas,  zusammengeschmolzenes  amorphes 
Gemenge  verschiedener  kieselsauren  Salze : 
KalikcdkgloB  (bühm.   oder    leichtes   KrystaU' 
glas),  vollkommen  farblos,  äusserst  streng- 
flüssig, hart,  chemisch  beständig;  Spiegel- 
glas ist  häufig  ein  Qemisch  von  dieser  mit 
der  folgenden  Sorte.    Natronkalkglas  (franz. 
G. ,     Fensterglas),    bläulichgrüu ,    weniger 
strengflüssig,  aber  härter;   hierher   gehört 
das  Crown-  oder  Krongla».    Kali-Bleioxydglas 
( Krystqllglas) ,    weich,    leicht    schmelzbar, 
schwer,  mit  hohem  Glanz  u.  Lichtbrechungs- 
vermögen  und  schönem  Klang ;  Varietäten : 
Flintglas ,  reicher  an  Blei ,   auch    wismuth- 
und  borsänrehaltig,  optisches  6.  und  Strasse 
die  Grundlage   der  künstlichen  Edelsteine. 
Thonerdekalk-Jlkaliglas(£outeillenglas),röth- 
lichgelb,   dunkelgrün,  enthält  Eisen,  Man- 
gan, oft  Magnesia,  wenig  Alkali.    JSohmate- 
rialien:  Kieselsäure  (Quarz,  Sand,  Feuer- 
stein,   zu  Bouteillenglas  Mergel^     Lehm); 
Borsäure,  erhöht  Schmelzbarkeit  und  Glanz, 
verhindert    das  En^lasen;    Alkalien   (Pot- 
asche,  Soda,  Glaubersalz  mit  Kohle),  machen 
das  G.  leichtflüssig  und  weich ;  Natrou,  gibt 
Glanz,  aber  blaugrüne  Färbung ;  Kalk,  macht 
G.  beständiger,  härter,  glänzender,  streug- 
fiüssiger,  hiehr  noch   Magnesia  und  Thou; 
Blei-  und  Wismutlioxyd,  machen  es  leicht- 
flüssig, weich,   schleifbar ,   erhöhen   Glanz 
und  Lichtbrechungsvermögen ;  Baryt,  macht 
härter  als  Blei;  Zink,  hebt  die  I^tronfär- 
bung  auf;  Eisen  und  Mangan,  färben  und 
machen  leichtflüssig;  Feldspath,  Pechstein, 
Bimsstein,    Klingstein,    Amphibol,  Basalt, 
Lavou,  Schlacken,  geben  mit  gewissen  Zu- 
sätzen gutes  G.  —  Bereitung'.  Mau  schmilzt 
die  Materialien,  wohl  gemischt,  mit  Vs  ihres 
Gewichts  Glasscherben  in  deu  jetzt  häufig 
mit  Gas  (Siemens  Generatorofen)  geheizten 
Glasöfen  in  feuerfesteu  Thonhäfen  und  lässt 
nach  Abscheidung  der  Unreiuigkeiten  (Glas- 
galle etc.)  aus  dem  dünnflüssigen  G.e  (bei 
1200O  G.)  die  Masse  auf  700— SOG«  C.  erkalten, 
wo  das  G.  ungemein  dehnbarnnd  geschmeidig 
ist.    Man  verarbeitet  es  dann  mit  der  Pfeife, 
einem   4  —  5'    langen   filasrolir   mit   einem 
Knopf,   an  welchem    die  Glasmasse    haftet 
and  sich  durch  Einblasen  von  Luft  zu  einem 
hohlen  Körper  gestaltet.  Dieser  wird  wieder- 
liolt  im  Ofen  angewäi;mt  und  erhält  durch 
weiteres  Ausblasen  und  geschickte  Hand- 
grilfe  die  gewünschte  Form.    So  wird  alles 
Hohlglas   dargestellt;     Tafelglas    ist    meist 
WaUenglas,    welches    durch   Aufschneiden 


eines  an  der  Pfeife  gebildeten  hohlen  Cylin- 
ders  und  Ausstrecken  der  gebogenen  Platte 
im  Streckofen  entsteht.  Spiegelglas  wird  auf 
einer  erhitzten  Metallplatte  gegossen  ,  ge- 
schliffen und  polirt.  Glasröhren  werden 
durch  schnelles  Ausziehen  eiues  an  der 
Pfeife  geblasenen  Ballons  hergestellt.  Kry- 
stallglas  ist  leichter  zu  verarbeiten,  kann 
häufiger  angewärmt  werden,  ohne  zu  ent- 
glasen  (krystallisiren);  man  schleift  es  mit 
Sand  und  Wasser  auf  der  schnell  rotirenden 
Schneidscheibe,  glättet  mit  der  nassen 
steinernen  Glättscheibe,  polirt  auf  einer 
hölzernen  und  zuletzt  auf  der  B&rsten- 
scheibe.  Optisches  G.  (Flint-  und  Elronglas), 
von  grosser  Härte,  Durchsichtigkeit  und 
lichtbrechender  Kraft,  schwer  herzustellen, 
weil  es  vollkommene  Gleichmässigkeit  der 
Masse  ohne'  Schlieren  und  Streifen  erfor- 
dert. Schnell  erkaltetes  G.  ist  äusserst 
spröde  (s.  Qlasthr'dnen,  Bologneser  Flasche); 
alles  geformte  G.  wird  deshalb  in  besondern 
Oefen  sehr  langsam  gekühlt.  —  Gefärbt  wird 
G.  mit  Metalloxyden,  üeberfangglas  ist  un- 
gefärbt und  nur  durch  Eintauchen  oder  Be- 
streichen mit  einer  dünnen  Schicht  gefärbten 
G.es  überzogen.  Bein-  oder  Milchglas  ist 
durch  phosphorsauren  Kalk  (Knochen  oder 
Guano)  getrübt.  Alabaster-,  Opal-,  Reis-, 
üeissteinglas  ist  unvollkommen  geschtholzen 
und  durch  unaufgelöste  Theilcheu  getrübt. 
Bisglas  ist  durch  Eintauchen  des  glühenden 
G.es  in  Wasser  mit  zahllosen  Kissen  ver- 
sehen, die  durch  weiteres  Ausblasen  des 
wieder  erhitzten  G.es  geöfi'net  werden. 
Mit  verdünnter  Schwefelsäure  befeuchtetes 
G.  kann  mit  eiserneu  Werkzeugen  bearbeitet 
werden.  Geätzt  wird  G.  mit  Fluorwasser- 
stoff'säure;  blind  gewordenes  wir«l  durch 
Waschen  mit  Fluorwasserstoff  wloder  klar. 
Man  erkennt,  dh  G.  erblinden  wird,  wenn 
man  24  Stunden  Salzsäuredämpfe  darauf 
einwirken  lässt.  Es  darf  dann,  24  Stunden 
staubfrei  aufbewahrt,  nicht  den  leisesten 
Anflug  ze^en.  —  Die  Chinesen  formten  6. 
schon  2000  Jahre  v.  Chr.  Auch  in  Aegypten 
ist  die  Kenutniss  des  G.es  uralt.  Unter 
Tiberius  wurden  kunstreiche  Glaswaareu 
dargestellt.  Im  13.  Jahrh.  blühte  die  Gla.s- 
industrie  in  Venedig  (Erfindung  des  Kry  stall- 
glases),  von  dort  kam  sie  nacli  Böhmen  und 
Frankreich  (gegossene  Spiegel).  Fenster- 
scheiben gegen  Ende  des  17.  Jahrb.  noch 
seiton.    Vgl.  Stein  (1862),  Schür  (1866). 

GlasblSserlsnipe,  mit  Talg  oder  Baumöl 
gespeiste  Lampe  mit  starkem  Docht  oder 
eine  mit  einem  (Gebläse  augefachte  Gas- 
flamme, dient  zur  Verarbeitung  des  Glases. 

tilasdiamaiiten,  farbloser  Strass  in  Dia- 
manteuform  geschliffen,  an  seiner  Weiche 
erkennbar.        [schuugen;  s.  v.  a.  Amausen. 

Glasflüsse,    sehr   leichtflüssige    Glasmi- 

Glasgow  (spr.  Glässgoh),  grösste  Handels- 
und Fabrikstadt  Schottlands  in  der  Grafsch. 
Lanark,  am  Clyde  (3  Brücken),  (1870)  468,189 
Ew.  Prächtige  Strassen  (Argylestreet)  und 
Plätze  (Greenpark).  Hauptgebäude :  Kathe- 
di-ale  (1133  gegr.),  kathol.  Kirche,  Irrenhaus, 
Gefängniss,  Bank.  Universität  (seit  1450)  mit 
dem  hunterschen  Museum,  Andersonunlver- 


700 


Glasleinwand  —  Gleichung. 


slt&t  (seit  1796).  Hanptiits  der  Bchott.  Baum- 
woUindiistrie,  Athenäam.  Hafen  I^rt-O., 
an  der  Mi'indnng  des  Clyde,  7214  Ew. 

QlMlelnwand,  mit  scharfem  Glaspulver 
&berx(>gene  Iieinwaud  sum  Schleifen. 

GlasmacheneifB^  s.  t.  a.  weisser  Arsenik. 

(Glasmalerei,  die  Kunst,  durchscheinende 
Tarbeu  auf  ehem.  Wege  auf  Glas  zu  über- 
tragen und  mittelst  derselben  Bilder  her- 
sustellen.  Zwei  Arten  des  techn.  Verfahrens : 
die  ältere  (mechanisch  und  mangelhaft), 
welche  farbiges  Glas  schneidet  und  nach 
einem  Vorbild  zusammensetzt,  wobei  die 
grossentheils  sehr  icleinen  Olasstüclce  mit- 
telst Bleieinfassungen  verbunden  werden ; 
die  andere  neuere  (sehr  vollicommen),  nach 
welclier  man  farblose  Glastafeln  bemalt,  und 
die  Farben  dann  einbrennt.  Obschon  in 
ihren  Grundzügen  bis  auf  das  Alterthnm 
zurückführbar,  erhielt  die  G.  ihre  eigentl. 
Anwendung  und  Ausbildung  erst  im  Mittel- 
alter, namentl.  in  der  Perlode  der  goth. 
Baukunst,  zu  deren  eigenth  um  liebem  Wesen 
-sie  vorwiegend  gehört.  Die  ältesten  be- 
kannten Glasgemälde  sind  die  ira  Kloster 
Tegemsee  (10.  Jahrb.);  mit  dem  14.  und  15. 
Jahrh.  werden  sie  immer  zahlreicher,  bis 
mit  der  Beformation  die  Kunst  allmählig 
verfällt  und  am  Schlnss  des  17.  Jahrh.  fost 
gänzlich  erlischt.  Wiedererweckung  der  6. 
im  19.  Jahrh.  durch  Mohn  u.  Vörtel  in  Dres- 
den, Frank  in  Nürnberg  und  Scheinert  in 
Meissen  ;  Vervollkommnung  derselben  bes.  in 
München  durch  Gärtner,  Hess  und  namentl. 
Ainmüller.  Bedeutendste  Anstalten  gegen- 
wärtig in  München  und  Berlin;  ausserdem 
in  Nürnberg,  Wien,  Brüssel,  Paris  etc.  Vgl. 
Wackemagd,  «Gesch.  der  deutschen  G.',  1855. 

Glaspapier,  mit  scharfem  Glaspulver  über- 
zogenes Papier  zum  Schleifen;  zwischen 
Glasplatten  dargestellte  Leim-  oder  Hausen- 
blasenfolle  zum  Durchzeichnet. 

Glaspech,  s.  v.  a.  gekochter  Terpentin. 

Glassbrenner ,  Adolf,  humorist.  Sclirlft- 
steiler,  geb.  27.  März  1810  zu  Berlin,  lebt 
daselbst.  Hauptwerke  die  witzigen  Epen 
,Der  neue  Reineke  Fuchs*  (2.  Aufl.  1854)  und 
,Die  verkehrte  Welt'  (5.  Aufl.  1865).  Sehr, 
ausserdem  Gedichte  (3.  Aufl.  1857),  ,Berlin 
wie  es  ist  und  trinkt'  (1832-50, 31  Hefte)  u.  A. 

Glasschleifen  und  Glasschneldeii,  s.  Glas. 

Glasthr&nen,  schnell  abgekühlte,  in  eine 
Spitze  auslaufende  Glastropfen,  welche  beim 
Abbrechen  dieser  Spitze  plötzlich  zu  Staub 
zersplittern.    Vgl.  £ologne$er  Flasche. 

Glasur,  glänzender,  glasähnlicher  Ueber- 
zng  auf  Thonwaaren;  strengflüssige  aus 
Kaolin,  Quarz  und  Kalk  auf  Porzellan, 
leichtflüssige  aus  Bleioxyd,  Quarz  und  Thon 
auf  Fayenoe  und  Töpfei^schlrr  (darf  an 
Essig  kein  Blei  abgeben).  Emailglcuuren 
entlialteu  Zinnozyd  und  sind  undurchsichtig. 
Lüster  sind  Erd-  und  Alkaliglasuren  in 
äusserst  dünner  Schicht. 

Glati,  Grafschaft  in  Schlesien,  der  süd- 
östliche Theil  des  Regbz.  Breslau,  24  QM., 
prächtige  Gebirgslandschaft  mit  Mineral- 
quellen (Reinerz,  Landeck  etc.).  Die  be- 
festigte  ITaiipf«/.  G.,  anderNeisse,  11,821  Ew. 

GlaUer Gebirge, Theil  des  Sudetensystems 


in  Sohlesien,  Högelplatean  Ton  ISOO'  Hob« 
mit  4  Bandgebirgen:  im  N.  tehweidniizer 
Gebirge,  im  W.  J7eu«e)leuer(2870')  nnAHabel- 
echteertgeb,  (4900')  nebst  den  böhm.  ICSmm^u 
(8500'),  im  O.  BuUn-  (31000  und  Beichemstei- 
nergeb.  (36000,  im  S.  glaUtr  Sehneegeb.  (4400'). 

GlaiiDerBau,    neutrales     schwefelsaures 
Natron,   findet  sich   in  Salzseen,    Mineral- 
wässern,  im   Meer  und   in  Salzsoolen,  als 
Th6nardit  und  Glauberit,  wird  vielfach  als 
Nebenprodukt  gewonnen,    krystallisirt    iu 
der  Kälte  aus  kochsalz-  und  bittersalzhal- 
tigen Lösungen  (Mutterlaugen  der  Salinen) 
und  wird  ans  Kochsalz  und  Schwefeisaare 
in  Snlfatöfen  dargestellt.   Krystallisirt  mit 
10  Aeq.  Wasfler,  verwittert  an  der  Luft,  ist 
farblos,  schmeckt  kühlend  bitter,  ist  leicht 
löslich  in  Wasser  (am  leichtesten  bei  SQo  c.), 
dient  zur  Darstellung  von  Soda,  Ultramarin, 
Glas,  Kältemischuugen,  zum  Ausbringen  des 
Antimons,  in  der  Medlcin  nnd  Färberei. 

Giavchaii,  Stadt  im  säcbs.  Regbz.  Zwickau, 
an  der  zwickauer  Mulde,  19,868  £w.,  8 
Schlösser;  zweite  Industriestadt  Sachsens 
mit  grossen  Fabriken  für  Wolle,  Baumvroll- 
und  gemischte  Waaren,  Druckereien,  Eisen- 
glessereien  und  Maschinenbauanstalten  etc. 

Glanköm  (gr.),  grüner  Staar,  gefährliche 
Augenkrankheit,  die  oft  rasch  zu  Erblin- 
dung führt.  Symptome :  hochgradige  Span- 
nung des  Augapfels  und  meergrüner  Schein 
der  Papille ,  Schmerz ,  Unvermögen  zum 
Sehen.  Behandlung  durch  Ausschneiden 
eines  Stückes  der  Regenbogenhaut. 

Glebae  adscriptns  (lat.),  ein  an  die  Scholle 
Gefesselter,  d.  i.  Leibeigener. 

Gleditschia  L.,  Pflanzengattung  der  Kas- 
sieeu.  G.  triacauthos  L.,  Schotendom,  Zucker- 
echotenbaum,  in  Nordamerika,  liefert  Nutz- 
holz, in  den  Hülsen  Viehfutter;  Zierbaum. 

Gleichberge,  2  isolirte  Basaltberge,  westl. 
von  Hildburghausen,  2444'  und  2110*  hoch, 
zur  Vorderrhöu  gerechnet. 

Gleichen  (die  drei  G.),  3  Burgen  in  Thü- 
riDgen,  zwischen  Crotha  und  Arnstadt:  Bitrg 
G.  (ehedem  Sitz  der  Grafen  von  O,,  163U 
ausgestorben),   JlfUhlberg  und  Wache^iburg. 

Gleichenberg,  Kur-  und  Badeort  in  Steier- 
mark, Kr.  Glatz;  Wasser  vielversandt. 

Gleichgewicht,  der  durch  meiirereeiuander 
entgegenwirkende  Kräfte  bedingte  Zustand 
der  Ruhe;  feste  Körper  sind  in  G.,  wenn 
der  Schwerpunkt  unterstützt  wird,  und  zwar 
im  stabilen,  wenn  bei  eintretender  Bewe- 
gung der  Schwerpunkt  steigen,  im  labHen, 
wenn  bei  eintretender  Bewegung  der  Schwer- 
punkt eine  tiefere  Lage  annehmen  muss. 

Gleichung,  in  der  Algebra  doppelter  Aus- 
druck für  eine  und  dieselbe  Grösse,  besteht 
aus  2  durch  das  Gleichheitszeichen  (=)  mit 
einander  verbundenen  Seiten,  die  Je  aus 
einem  oder  aus  mehreren  durch  -\-  oder  — 
verbundenen  Grössen  (Gliedern)  bestehen. 
Eine  G.  Ist  eine  analytische,  wenn  sie  ganz 
allgem.  Geltung  hat,  eine  algebraische,  wenn 
sie  nur  unter  der  Voraussetzung  richtig  ist, 
dass  ein  in  derselben  vorkommender  Buch- 
stabe (die  unbekannte  Grösse,  gewöhnl.  x, 
y,  z)  einen  bestimiiiten  Werth  repräsentlrt. 
Mau  klassiflcirt  die  G.en  nach  der  Zahl  der 


Gleim  —  Glöckner. 


701 


ünbekAnniea  tiad  nach  der  Potenz  oder 
dem  Grade  derselben  und  nnterscheidet  dem- 
gemäss  G.en  mit  Einer  Unbekannten  und 
G.en  mit  mehreren  Unbekannten,  G.en  des 
ersten,  sweiten,  dritten  etc.  Grades. 

Glelniy  Joh.  Wilh.  Ludto.,  Dichter,  geb. 
8.  April  1719  KU  Ermsleben  im  Halberstädti« 
sehen,  seit  1747  Sekretär  des  Domkapitels 
in  Halberstadt  nnd  Kanonikus  des  Stifts 
Walbeck;  t  18.  Febr.  1803.  Förderer  der 
deutschen  Poesie  durch  rege  Theilnahme 
an  allen  neuen  Erscheinungen  und  Unter- 
stützung Jüngerer  Talente.  Unter  seinen  Ge- 
dichten hervorzuheben  die  ,Preuss.  Kriegs- 
lieder eines  Grenadiers'  (1758),  das  Lehrge- 
dicht ,HaIlad8t<  (1774)  und  seine  ,Fabe1n  und 
Erzählungen*.  Sämmtl.  Werke  (neue  Ausg. 
1841,  8  B*».).    Biogr.  von  Kfirte  (1811). 

Gieissen ,  Dorf  im  preuss.  Begbz.  Frank- 
furt, Kr.  Sternberg,  955  Ew. .  Mineral-  und 
Kohlenschlammbad,  Alaunvrerk  (3000  Ctr.). 

Oleisweiler ,  Dorf  in  der  Hheinpfalz ,  bei 
Landau ;  Kaltwasser-  und  Traubeukuranstalt. 

Gleiwltl,  Kreisstadt  im.  prouss.  Regbz. 
Oppeln,  au  derKlodnitz,  12,273  Ew.  Mittel- 
punkt des  oberschles.   Berg-  u.  Hüttenbaues. 

til^naninseln  (spr.  Glenang-),  9  Felsen- 
eilaude  an  der  Küste  der  Bretagne. 

Olenmore,  romant.  Thal  in  der  schott. 
Grafschaft  Inverness,  mit  dem  Nesssee,  vom 
kaledon.  Kanal  durchzogen. 

Gletscher  (in  Tirol  Ferrur,  in  Steiermark 
Kees,  in  Island  JöJcul,  in  Norwegen  Gykl), 
Eismassen,  welche  sich  in  einigen  Gebirgen 
der  gemässigten  und  kalten  Zonen  von  dem 
ewigen  Schnee  (Firn)  in  die  Thäler  und 
Schluchten  hinabziehen,  oft  5000'  weit,  in 
Grönland  Island,  Spitzbergen,  Lappland  und 
Fatagonlen  (463/s®  südl.  Br.)  bis  ins  Meer; 
in  den  Alpen  ca.  GO  QM.  gross,  in  schwa- 
chen Spuren  auch  auf  den  Karpathen  nnd 
Pyrenäen,  in  sehr  grosser  Ausdelinung  aber 
in  Skaudlnavien  vorhanden.  Sie  entstehen, 
indem  der  Firn,  in  die  Thäler  und  Schluch- 
ten hinabgedrängt,  durch  den  Wechsel  der 
Temperatur  von  Tag  und  Nacht,  Sommer 
und  Winter  allmählig  Immer  körniger  wird 
und  endlich  in  Eis  übergeht;  sie  sind  un- 
versiegbare Quellen  der  Ströme.  Alle  G. 
bewegen  sich  so  weit  unter  die  Schneelinie 
hiuab,  bis  das  Jährl.  Abthauen  (Zurückwei- 
chen) dem  Jährl.  Vorrücken  gleichkommt. 
Sie  schieben  Moränen  (Anhäufungen  von 
Schutt  und  Steinblöcken)  vor  sich  hin  oder 
tragen  solche  auf  sich  (s.  Gandecken). 

Giledemianny  s.  Gewandung. 

Gllederthiere  (Arthrozoa) ,  2.  Kreis  des 
Tbierreichs,  umfässt  Thiere  ohne  inneres 
Skelet,  mit  von  beweglichen  Ringeln  be- 
decktem Leib  und  gegliederten  Qliedmasseu : 
Insekten,  Spinnen,  Krebse,  Würmer. 
.  GUedsehwamni  (Tumor  albus),  chronische 
Gelenkentzündung,  bes.  am  Knie,  veranlasst 
starke  Schwellung  und  Verunstaltung  des 
Gelenks,  geht  bisweilen  in  Eiterung  über. 
Behandlung  durch  feste  Verbände. 

Glimmer  (Mica,  Katzengold,  Kateenaüber, 
Mariengla$),  Mineral  aus  der  Klasse  der 
wasserfreien  Amphoterolithe.  Kaiiglimmer 
CMnsoovlt,  Phengit),  farbloi  oder  gefärbt. 


sehr  spaltbar  und  häufig  grosse  dnrchslch- 
tige  Platten  bildend,  besteht  aus  kiesel- 
saurem Kali  und  kieselsaurer  Thonerde, 
sehr  verbreitet  in  Felsarten  und  als  Glimmer- 
schiefer in  Sibirien,  der  Schweiz,  Schwe- 
den, Finnland,  dient  zu  Fensterscheiben, 
Lampencylindern,  Schutzbrillen,  Objektträ- 
ger für  das  Milcroskop  etc.  Lithionglimmer 
OHiepidolith)  enthält  Rubidium,  Oäsium  und 
bis  6<Vo  Lithion,  in  Sachsen,  Mähren,  Com- 
wall,  dient  zur  Gewinnung  der  genannten 
Alkalien.  Magnesiaglimmer  (Biotit,  Rubel- 
lau) ,  enthält  neben  Kali  9— 300/o  Magnesia, 
Bestandtheil  zahlreicher  Gesteine. 

Glimmerporphjrr ,  s.  Porphyr. 

Glimmerschiefer,  Felsart,  krystallinisch* 
schiefriges  Gemenge  von  Glimmer  und 
Quarz,  Glied  des  krystallinischen  Schiefer- 
gebirges, erreicht  bis  20,000'  Mächtigkeit, 
im  Thüringerwald,  Erz-  und  Riesengebirge, 
in  den  Sudeten,  Alpen,  in  Skandinavien, 
im  Ural,  Himalaya  etc.,  liefert  bei  der  Ver- 
witterung meist  nicht  sehr  guten  Boden, 
dient  zum  Dachdecken,  als  Baustein,  zur 
Konstruktion  des  Schmelzraums  in  Oefen, 
(Gestellstein);  führt  sehr  häufig  Erze. 

Glinka.  3fich.  von,  russ.  Musiker,  geb. 
1803  zu  Nowospask,  Schüler  von  Field  und 
Dehn,  f  3.  Febr.  1867  in  Berlin.  Lieblings- 
kompönist  der  Russen.  Opern:  ,Das  Leben 
für  den  Czar*  und  ,Russlan  und  Ludmilla*, 
Orchester  werke,  Lieder.  [schleifend. 

Glissando  (gliesato,  ital.,  Mus.),  glatt,  sanft 

Giobeöl  (VttlkanUl,  PhÜnixöl) ,  Erdöl  aus 
Westvirgiuien,  zur  Beleuchtung  untauglich, 
aber  treffliches  Schmieröl ;  sehr  billig. 

Glocken  werden  aus  Glockengut,  Glocken- 
speise, einer  Legirung  aus  80  Th.  Kupfer  und 
20  Th.  Zinn,  auch  aus  Spiegeleisen  oder  Gnss- 
stahl  in  Lehmformen  gegossen.  Der  Ton 
der  G.  ist  von  der  Beschaffenheit  des  Me- 
talls und  von  der  Form  abhängig;  der  grösste 
Purchmesser  liegt  an  der  Mündung,  die 
grösste  Metallstärke  am  Schlagring;  der 
Durchmesser  des  obersten  Theiis  (Haube) 
halb  so  gross  als  der  untere*  Grösste  Weite 
die  löfache  Metallstärke  des  Schlagringes, 
die  Hoho,  aussen  schräg  gemessen,  das  12- 
fache.  Grössere  G.  sollen  zuerst  von  Pau- 
linus  Nolanus,  Bischof  von  Noia  in  Kampa- 
nien,  im  4.  Jahrb.  gegossen  worden  sein; 
die  grössten  G.  hat  Moskau  (Iwan  Wielke 
4320  Ctr.);  Toulouse  hat  eine  von  550,  Wien 
von  514  Ctr.  Emony  in  Amsterdam  gab  die 
ersten  Konstruktionsregeln.  Silber  fllndet 
sich  in  G.  nicht  in  grosserer  Menge,  es 
verschlechtert  den  Ton.  Vgl.  Hahn,  ,<iam- 
panologie*,  1802 ;  Otte,  ,GlockenknndeS  1858; 
Bischoff,  ,Das  Kupfer*,  1865. 

GlocKenblnme.  s.  Oampanula, 

Glockenipit  (QlockenmetaU),  s.  Glocken. 

Glockenspiel  (ital.  CampaneHa),  besteht 
aus  einer  Reihe  abgestimmter  Glocken,  die 
mit  Hämmern  geschlagen  werden. 

Glockcnstnbe ,  in  Glockenthürmen  der 
mit  Schalllöchern  versehene  Raum  für  das 
Gerüst  der  Glocken  (Qloekemüuld). 

Glockentaufle.  bei  den  Kathol.  die  feierl. 
Einsegnung  und  Benennung  der  Glocken. 

Glöckner  9  s.  Qro»»glochner^ 


702 


Glogau  —  Glyceiin. 


6l0fMi  (Grö$»glfOgim),  befaftigteKreiMtadt 
im  preusB.  Begte.  Liegnitss ,  an  der  Oder, 
17,960  Ew.,  Schloss,  S  Gymiiasi«ii.  Das 
ehem.  JP%irste»thum  6.,  später  Herxogthum, 
nmfasste  das  ganze  nördl.  Niederschlesien ; 
erlosch  1560  dorch  Aussterben. 

QlOffgmitMm  Marktflecken  in  Unteröster- 
reich, 3777  £w.  Schloss,  Maschinen-,  Blei- 
weissfabr.,  Hammerwerke.  An&ngspunkt 
der  Bahn  über  den  Semmering. 

dloire  (fr.,  spr.  Gloabr),  Ruhm;  meist  im 
prahlenden  Sinn  yon  frans.  Ruhmredigkeit 
gebraucht. 

GlovneB-Elfy  grösster  Fluss  Norwegens, 
entspringt  am  DovreQeld  bei  Röraas,  mündet 
bei  Frederiksstad  in  das  Skagerrak;  40  M. 

Gloaoin.  s.  v.  a.  Nitroglycerin. 

Gloria  (lat),  Ruhm,  Pracht;  der  sogen. 
Lobgesang  der  Engel,  ein  in  der  kath.  Kirche 
während  des  Hochamts  gebräuchliclier  Ge- 
sang, der  S.  Theil  der  Messe.  Glorißkation, 
Verherrlichung.  Oloriiren ,  sich  rühmen, 
prahlen.    OloriSs,  ruhmyoU,  ruhmredig. 

Glorie  9  8.  ▼.  a.  Heiligenschein. 

GlOHO  (gr.),  die  Erklärung  eines  dunkeln, 
bes.  veralteten  Worts.  GloMtUor ,  der  Er- 
klärer solcher  Wörter ;  Glo$aarium, .  Samm- 
lung solcher  Erklärungen.  In  der  Rechts- 
wissenschaft heissen  G.n  kurze  Erklärungen 
des  Textes  der  jnstinianeischen  Kechts- 
bücher,  yon  Accnrsius  in  ein  Ganzes  zu- 
sammengestellt. In  der  Dichtkunst  ist  G. 
die  poet.  Ausfuhrung  eines  Themas  in  der 
Weise,  daas  jede  Strophe  mit  einem  Verse 
des  Themas  schliesst  oder  (seltener)  beginnt. 

Glossitis  (gr.),  Zungenentzündung,    [cheu. 

Glomolalie  (gr.).  Reden  in  fremden  Spra- 

Glossop,  Fabrikort  in  der  engl.  Grafschaft 
Derby,  19,100  Ew.   Baumwollonmanufaktur. 

Gloucester  (G/oc««<er,  spr.  Gloster),  1)  Graf- 
schaft (Herzoigtlium)  im  südwestl.  England, 
59,1  QM.  und  485,770  Ew.,  Viehzucht  ((^'ou- 
eeUerkäse),  Tuchfabrikat.  Die  Hauptstadt  G., 
am  Severn,  16,512  Ew.  Croth.  Kathedrale. 
Stecknadelfabr.,  Miueralbäder.  —  8)  Seestadt 
in  Massachusetts  (Nordamerika),  15,389  Ew. 

Glorer  (spr.  Glöw-),  Jtickard,  engl.  Dich- 
ter, geb.  1718  zu  London,  f  25.  Nov.  1785. 
ISes.  bekannt  seine  histor.  Epen  ,Leonidas* 

2737)  und  ,Atbeniad'  (1788)  und  die  nationale 
allade  ,Admiral  Hosior's  ghost^ 

Gloxinift  Hdrit.,  Fflauzengattung  der  Big- 
noniaceen.  G.  speciosa  Ker  und  and.  Arten 
aus   Brasilien   schönblühende  Zierpflanzen. 

Gluck,  Christoph  Willibald.  Bitter  von,  ber. 
Tousetzer,  geb.  2.  Juli  1714  zu  Weidenwang 
in  der  Oberpfalz  (Denkmal,  1871  errichtet), 
studü-te  1736—40  in  Wien,  war  bis  1746  in 
Italien,  Paris,  London ,  darauf  in  Dresden 
neben  Hasse  angestellt;  1748  —73  meist  in 
Wien  (seit  1754  Hofkapellmeister),  dann  bis 
1780  abwechselnd  in  Wien  und  Paris;  f  15. 
Nov.  1787  zu  Wien.  Gross  als  Reformator 
der  Oper  und  Schöpfer  des  musikal.  Dramas. 
5  Meisterwerke:  .Orpheus'  (1762),  ^]ceste< 
(1769),  ,Iphigenia  in  Aulis*  (1774),  Armida* 
(1777)  und  ,Iphigenia  in  Tauris<  (1779),  welche 
den  endlichen  Sieg  über  die  herrschende 
ital.  Oper  davontrug.  Seine  eigenen,  einst 
beliebten  Opern  im  ital.  Gesclimacke,  seiner 


ersten  Zeit  angeliörend,  jetst  ▼erscbolleii ; 
von  Interesse  sein  Ballet  ^on  Juan*  (1761). 
Biogr.  von  A,  Bekmid  (1854),  Marse  (1960). 

Glück,  Elisaibtih,  pseudon.  B^U^  I^xoii. 
Dichterin,  geb.  SO.  Dec.  1815  zu  Wien,  J843— 
1848  Gesellschafterin  der  Fürstin  Ton  8<dB  war- 
zenberg;  seit  1850  meist  in  Wien.  Sehr.  .Ge- 
dichte' (2.  Aufl.  1845);  ,Nach  dem  Oewitter' 
(2.  Aufl.  1850);  ,Romaneero*  (8.  Aufl.  1856); 
,Neue  Gedichte*  (8.  Aufl.  1856) ;  .Lyriscbes  nud 
Episclies«  (1855);    .Neueste  Gedichte*    (1870). 

Gl&cksbarg,  Flecken  in  Schlesvri^,  Kr. 
Flensburg,  7G2Ew.  Ehedem  Residenz  einer 
herzogl.  holstein.  Linie  (1779  erloscben). 

Gliickstadt,  SUdt  in  Holstein,  Kr.  Stein- 
burg, au  der  Elbe,  5533  Ew.  Hafen.  Ehe- 
dem Hauptstadt  des  Uerzog:th.  Holstein. 

Glühen,  das  Leucliten  fester  Körper  bei 
starkem  Erhitzen,  beginnt  bei  400— 440  o  R., 
zeigt  Je  nach  der  Temperatur  alle  Farbea- 
abstufiingen  von  Rothbraun  bis  Weiss. 

Gliihlampchcn ,  Spirituslämpchen  mit 
einer  Spirale  aus  Platiudralit,  welche  den 
Doclit  umgibt  und  über  ihn  Iiina,aaragrt. 
Wird  das  G.  ausgeblasen,  so  glüht  der 
Draht  fort,  so  lange  Weingeist  vorliandeu 
ist.  Wird  mit  alkohol.  Lösung  von  äther. 
Oelen  gespeist  und  dient  zum  Parfümiren. 

GlabstaJi],  aus  weissem  Roheisen  durch 
Glüiieu  mit  sauerstoffabgebenden  Körpern 
erhaltener  Stahl. 

Glfibwaehs,  Mischung  aus  Wachs,  Grün- 
span, Bolus  und  Alaun,  zum  Rothflxben 
vergoldeter  Gegenstände. 

Glähwfirmer,  phosphorisclies  Licht  ent- 
wickelnde lusekteu,  bei  uns  das 'Johannis- 
würmchen (s.  Leuchtkäfer) t  im  tropischen 
Amerika  bes.  der  Cucujo  (Elater  noctilucus). 

Glimer,  Adolf  von,  preuss.  General,  geb. 
5.  Juui  1814  zu  Lengsfeld  im  Eiclisfcld, 
führte  1866  eine  Brigade  in  der  Mainarmee, 
1870  eine  Division  des  14.  Arineecorps,  seit 
3.  Okt.  die  bad.  Division,  hatto  an  den  Er- 
folgen Werders  (s.  d.)  bei  Dijon,  Beifort 
etc.  wesentlichen  Autheil. 

Glakoside  {Glykoiide),  verbreitete  Pilan- 
zenstoffe,  welche  bei  Einwirkung  von  Säu- 
ren, Alkalien  oder  Fermenten  in  Zucker 
etc.  zerfallen  (Amygdalin,  Sallcin  etc.). 

Gltttäen  (fi^'.)i  Gesässmuskeln. 

Guten,  Kleber.  [theil  des  Klebers. 

Glutin.  Knochenleim;   auch  ein  Bestand- 

Glycerla  R.  Br.  (SÜMgraa,  Maunagrtu), 
Fflauzengattung  der  Gramineen.  G.  fluitaos 
R.  Br.,  ilannaachwingel,  Grashirte,  in  Mittel- 
europa auf  Sumpf  land,  liefert  gutes  Heu  und 
Manuagrütze  (polu.,  frankfurter  Schwaden). 

Glycerin,  farblos«,  syrupdicke,  nicht  ver- 
dunstende ,  geruchlose ,  süssschmeckende, 
neutrale  Flüssigkeit  von  1,18  spec.  Gewicht, 
löslich  in  Wasser  und  Alkohol,  löst  sehr 
viele  Stofle,  gefriert  nicht,  zersetzt  sich  erst 
über  1500  G.,  gährt  mit  Kreide  und  Kiso, 
liefert  mit  koncentrirter  Salpetersaure  Nitro- 
glycerin, mit  Jodphosphor  Jodpropylen,  ans 
welchem  Senf-  und  Knoblauchöl  dargestellt 
werden;  verbindet  sich  mit  Säuren  unter 
Ausscheidung  von  Wasser  zu  Glyeeridm,  n 
welchen  die  natürlichen  Fette  gehSren.  Aos 
diesen  wjr4  das  Q.  durch  Verseiftng  odsr 


Glycine  —  Godavery. 


703 


Zersehtung  mit  Säuren,  gespanntem  Wasser- 
dampf  abgeschieden  und  aus  der  Unterlänge 
der  Seifensiedereien  oder  Stearinsäurefabri- 
Icen  durch  Destillation  mit  überhitzten  Was- 
serdämpfen rein  dai^estellt.   Es  bildet  sich 
auch  bei  der  alkoholischen  Gälirung.  Dient 
zum  Fenchthalten  von  Thon,  Senf,  Schnupf- 
tabak ,  sum  Konserviren  der  Fruchte,   sum 
Schmieren  feiner  Jüaschinen,  zum  Greschmei- 
digmachen   von   Leder,   Papier,   der  Haut 
(Qlycerinseife)  und  Haare,  zum  Füllen  der 
Oasnhren,  zur  Bereitung  von  Schlichte  etc. 
Cllyclne,  s.  Apios. 
Glyclnm,  s.  v.  a.  Beryllium. 
Glyeyrrhizft  X.  (Sütskoh),  Pflanzengattung 
der  lieguminosen.    6.  glabra  L.,  in  Frank- 
reich,   Spanien,    Italien,    Süddeutschland 
ktiltivirt,  liefert  die  officinelle  Süssbolzwur- 
zel,    welche  GlycyiThizin   (Süssholzzncker) 
enthält  und  zur  Bereitung   des  Lakritzens 
dient.    Ebenso  G.  echlnata  L.,  in  Asien. 

GlykokoU,  Leimzucker,  entsteht  beim 
Kocheu  des  Leims  mit  Säuren  oder  Alka- 
lien, färb*  und  geruchlos,  süss,  in  Wasser 
und  Alkohol  löslich,  nicht  gährungsfähig; 
entsteht  wahrscheinlich  in  der  Leber. 
Glykose,  s.  v.  a.  Traubenzucker. 
Glyphogene^  Aetzmittel  für  Stahl:  Sal- 
petersäure, Weingeist  und  Höllenstein. 

Glyphographie  (gr.),  Nachahmung  von 
Holzschnitten  auf  galvanoplastischem  Wege, 
bezweckt,  die  Zeichnung  direkt  auf  eiue 
Typenplatte  zu  übertragen. 

Glyptlk  (gl*.),  die  Kunst,  in  Metall  oder 
Stein  zu  graben  oder  zu  stechen.  Olypto- 
ffraphie,  Beschreibung  geschnittener  Steine. 
Glyptothek,  Sammlung  geschnittenei-  Steine, 
auch  Museum  antiker  Skulpturen. 
Gmelins  Salz,  s.  BluüaugmaalK. 
GmSMd  (8chioäbi8ch-G.),  Stadt  im  würtemb. 
Jaxtkreise,  ehedem  ftreie  Reichsstadt,  an  der 
Rems,  9067  Ew.    Industrie,  Hopfenbau. 

Gmanden,  Stadt  in  Oberösterreich,  Haus- 
ruckkreis, am  Ausflusse  der  Traun  aus  dem 
Trannsee  (Qmtindenersee),  5683  Ew.  Hauptort 
des  Salzkammerguts.  Im  See  Schloss  Ort. 
Gnadenwahl,  s.  Präde$tination. 
Gsftpluiliiim  X.  (Huhrkraut),  Pflanzen- 
gattung  der  Kompositen.  G.  dioicum  L., 
Katzenpfötchen,  in  Deutschland,  offictnell. 

tinelf^  Feisart,  krystallinisch  -  schiefriges 
Gemenge  von  Quarz,  Glimmer  undFeldspath, 
variirt  i(ls  Gneisgranit  ohne  deutliches 
schiefriges  Gefuge,  Protogyngnejs  mit  Ghlo- 
rit  und  Talk  statt  Glimmer,  Hornblende- 
gneis,  Dicbroi'tgneis ;  das  wesentlichste  Glied 
des  krystallinischen  Schiefergeblrges ,  er- 
reicht in  den  Alpen  bis  30,000^  Mächtigkeit, 
sehr  verbreitet  in  den  deutschen  Gebirgen, 
den  Pyrenäen,  in  Schottland,  Skandinavien, 
Nord-  und  Südamerika;  liefert  bei  der  Ver- 
witterung sehr  fruchtbaren  Boden,  dient  als 
Baustein,  zu  Gussplatten,  Ofenkonstruktio- 
nen (Gestellsteitt);  führt  sehr  häufig  Erze. 
GneiSMftii,  Aug.,  Graf  Keidhardt  von, 
preoss.  General,  geb.  87.  Okt.  1760  zu  Schilde, 
trat  1783  als  Lieutenant  in  preuss.  Dienste, 
ward  1806  Major  und  vertheidigte  1807  als 
Kommandant  von  Kolberg  die  Festung  bis 
sum  tilsiter  Frieden«    Sept.  1807  zum  Chef 


des  Ingenienrcorps  ernannt,  eiktwiokelte  er 
eine  bedeutende  Thätigkeit  für  die  Wieder- 
geburt des  Staats,  ward  1809  Oberst,  1813 
Generalmajor  und  nach  Schamhorsts  Tod 
Ohef  des  Generalstabs.  Als  solcher  hatte 
er  mit  seinen  Operationsplänen  den  bedeu- 
tendsten Antheil  an  den  Erfolgon  der  Be- 
freiungskriege, ward  nach  der  Schlacht  bei 
Leipzig  zum  Generallieutenant,  nach  dem 
ersten  pariser  Frieden  zum  Grafen  ernannt 
und  dotirt.  1815  führte  er  bei  Waterloo  die 
Entscheidung  mit  herbei.  1818  zum  Gou- 
verneur von  Berlin  und  Staatsratli,  1885  zum 
Generalfeldmarachall  befördert,  erhielt  er 
März  1831  den  Oberbefehl  über  die  vier  östl. 
Armeecorps;  f  24.  Aug.  1831  zu  Posen. 
Biographie  von  ßertz  (1864—69,  3  Bde.). 

Gnelst,  Rudolf,  Rechtsgelehrter,  geb.  13. 
Aug.  1816  zu  Berlin,  ward  1844  Prof.  an  der 
Universität  das.;  seit  1859  Mitglied  des  Ab- 
geordnetenhauses,  einer  der  Fülurer  des 
linken  Gentrums  und  hervorragender  Red- 
ner. Sehr.  ,Dle  Bildung  der  Geschwornen- 
gerichte  in  Deutschland*  (1849);  ,Das  heu- 
tige engl.  Yerfitssungs-  u.  Verwaltnngsrecht* 
(umgearbeitet  1867);  ,Das  engl.  Grundsteuer- 
system*  (1S59);  ,Die  Geschichte  des  Self- 
government  in  England'  (1863)  u.  A. 

Gnesen.  Kreisstadt  im  preuss.  Regbz.  Brom- 
berg, 9050  Ew.  Sitz  eines  Domkapitels  (der 
Erzbisobof  residirt  in  Posen);  prachtvolle 
Domkirche.    Bis  1380  poln.  Krönungsstadt. 

Gnome  (gr.),  Sinn-,  Denk-,  Lehrsprnch. 
Qnomiker,  gnomische  Dichter  (Solon,  Theo- 
gnis,  Simonides  u.  A.).  [weiblicher  G. 

Gnomen,  Erdgeister,  Kobolde.    Gnomide, 

Gnomon  (gr.),  s.  Sonnenuhr. 

G]iOSi8(gr.),  Erkenntniss,  nach  alezandrin. 
Sprachgebrauch  tiefere  Einsicht  in  Reli- 
gionswahrheiten. GnoHiker ,  Theosophen, 
welche,  unter  Zuhülfen  ahme  kosmogon.  Spe- 
kulationen und  oriental.  Mythen  tiefere  Auf- 
schlüsse über  Gott  und  Wesen  der  Dinge  zu 
geben  und  das  Ghristenthum  durch  Umdeu- 
tuug  seines  dogmat.  Inhalts  als  absolutes 
Weltprincip  zu  erweisen  suchten.  Die  Ge- 
sammtheit  der  von  ihnen  aufgestellten 
Systeme  ist  der  Qnoaticismua  (2.  bis  5.  Jahrb. 
n.  Ohr.).  Vgl.  die  Werke  von  Neander  (1818), 
Banr  (1835),  Matter  (2.  Aufl.  1838). 

Gnu  (CJatoblepas  Bm.),  Thiergattung  der 
Wiederkäuer.  G.  (G.  Gnu  Gm. ),  3 Va',  heerden- 
weise  im  Innern  Afrika;  Kokttn  (0.  gorgon 
8m.),i'y  ebenda,  nördl.;  bdide  werden  gejagt. 

GoAy  portugies.  Gouvern.  an  der  West- 
küste Vorderindiens,  73  QM.  mit  408,000  Ew., 
letzter  Rest  des  einst  sehr  grossen  ,yice- 
köuigreichs  von  Indien'.  Hauptstadt  G.  (Neu- 
goa),  auf  einer  Insel,  80,000  Ew.;  2  Häfen. 
Oestl,  davon  Altgoa,  ehedem  Hanptplatz  des 
europ.  Handels  in  Ostindien;  verfallen. 

Gobellnstapeten,  s.  Tapeten, 

Gobi(£ro6t,  bei  den  Chinesen  ;8cAanto,  d.i. 
Sandmeer),  Steppen-  und  Wüstenregion  im 
Innern  von  Hoohasien,  die  Mongolei,  östl. 
Dsungarei  und  Tatarei  erfüllend,  400  M.  1., 
100  M.  br.,  im  W.  Flugsand,  im  O.  Stein- 
felder; die  Höhe  sehr  verschieden;  nnr  von 
nomadisirenden  Völkern  durchzogen. 

GoduT^ry,  grosser  Fluss  in  Vorderindien, 


704 


Godelheim  —  Gorgei. 


entspr.  aa  den  wMtl.  Ghati,  durchschneidet 
sQdöstl.  die  ganse  Halbinsel,  mundet  in  den 
bengal.  Golf,  187  M.  1.,  Stromgebiet  5800  QM. 

Godelheim  9  Badeort  in  Westphalen,  bei 
Höxter,  560  Ew.  Eisenhaltige  Kocbsaisqnelle. 

Godesbergy  Dorf  im  preuss.  Regbs.  Köln, 
bei  Bonn,  1775  Ew.  Sciiöne  Burgruine. 
Gesundbrunnen.  [iand,  1721  gegründet. 

Godtaaaby  älteste  dan.  Kolonie  auf  Grön- 

Godoy,  Manud  de  0.,  Hertog  von  Alcudia, 
der  «Frtedensfurst*,  span.  Staatsmann,  geb. 
12.  Mai  1767  su  Badajos ,  ward  1793  erster 
Minister,  1795  wegen  seiner  Verdienste  beim 
Abschluss  des  Friedens  mit  Frankreich  anm 
Friedensf&rsten  ernannt,  trat  1796  zurück. 
Okt.  1804  zum  Generalissimus  der  span. 
Land-  und  Seemacht  erhoben  und  1807  mit 
unumschränkter  Gewalt  in  der  ganzen 
Monarchie  bekleidet,  ward  er  durch  das 
8.  Aug.  1796  mit  Franicrelcli  abgeschlossene 
Bündniss  missliebig  und  durch  den  Aufstand 
von  Aranjuez  (18.  März  1808)  gestürzt.  Von 
Napoleon  nach  Bayonne  berufen,  bewog  er 
hier  den  König  zur  Thronentsagung,  lebte 
seit  1830  in  Paris;  f  7.  Okt.  1851.  Sehr.  ,M6- 
moires  etc.'  (1836  f. ;  deutsch  1836). 

Godtnow,  Boris  Feodorowitach,  russ.  Herr- 
scher, geb.  1552,  war  während  der  Minder- 
jährigkeit Feodors  L  Regent,  yollendete  die 
Unterwerfung  Sibiriens,  suchte  das  Reich 
mit  dem  civilisirten  Europa  in  Verbindung 
zu  bringen,  bestleg  nach  Feodors  Tod  21. 
Febr.  1598  selbst  den  Thron;  f  l^*  ^P^^ 
1605.  Sein  Sohn,  Feodor  O,,  geb.  1589,  nach 
des  Vaters  Tode  zum  Gzaren  ausgerufen, 
musste  nach  kurzer  Regierung  dem  falschen 
Demetrius  weichen;  10.  Juni  1605  ermordet. 

GobeMy  Augtui  von,  preuss.  General,  geb. 
10.  Dec.  1816  zu  Stade,  trat  1833  in  pi-euss. 
Militärdienst,  focht  1836—40  in  Spanien  im 
karlist.  Heere,  trat  1842  wieder  als. Lieute- 
nant in  die  preuss.  Armee,  machte  als  Haupt- 
mann 1849  den  Feldzng  in  der  Rheinpfalz 
und  in  Baden  mit  und  ward  1850  als  Major 
in  den  grossen  Generalstab  berufen.  1858 
Oberst,  wohnte  er  1860  dem  span.  Feldzug 
gegen  Marokko  bei  (schrieb  ,Reise-  und  La- 
gerbriefe von  Spanien  und  vom  span.  Heere 
in  Marokko',  1863,  2  Bde.),  befehligte,  1861 
zum  Generalmajor  befördert,  1864  im  dän. 
Feldzuge  eine  Brigade  bei  Düppel  und  Alsen, 
ward  1865  Generallieutenant,  führte  im  Feld- 
zug von  1866  die  13.  Infanteriedivision 'bei 
Dermbach,  Kissingen,  Lanfach,  Aschaffen- 
burg, Werbacli,  Tauberbischofsfaeim  und 
Gerchsheim,  bei  Anfang  des  Kriegs  gegen 
Frankreich  1870  das  8.  Armeecorps,  welches 
anfangs  zur  ersten  Armee  unter  Steinmetz 
gehörte,  focht  bei  Saarbrücken,  dann  vor 
Metz,  das  er  cemiren  half,  rückte  im  An- 
schluss  an  das.l.  Armeecorps  unter  Man- 
teufTel  gegen  die  fk'anz.  Nordarmee  vor, 
siegte  bei  Amiens,  Ronen,  Arras,  Bapaume 
und  St.  Quentin. 

Gocklngk,  Leopold  Friedr.  Günther  von. 
Dichter,  geb.  13.  Juli  1748  zu  Groningen  bei 
Halberstadt,  zuletzt  Oberfinanzrath  in  Ber- 
lin ;  t  18.'  Febr.  1828  zu  Wartenberg  (Schle- 
sien). Bemerkenswerth  seine  ,Lieder  zweier 
Liebenden*,  Episteln  und  Sinngedichte. 


Goedekey  Karl,  Literarhistoriker,  greb.  15. 
April  1814  zu  Gelle,  prlvatfarirt  in  G^ttinsen. 
Gründlicher  Kenner  der  deutschen  Zilteratiir. 
Hauptwerk:  ,Grundris8  zur  Geschichte  der 
deutschen  Dichtung'  (1856—70,  1. — 3.  Tb.); 
Monographien  (,Pamph.  Gengenbach*,  1856, 
etc.);  gab  heraus:  ,E]f  Bücher  deutscher 
Dichtung' (1849,  2  Bde.),  ,Deutsche  Dichtung 
im  Mittelalter'  (1858);  «Schillers  s&mmtlicbe 
Schriften'  (histor.-krlt.  Ausgabe,  1869  f.)  u.  A. 

GShrde,  4  QM.  inrosser  Wald  Im  prenss. 
Regbz.  Lüneburg,  mit  Jagdschloss ;  16.  SepC 
1813  Sieg  der  Preussen  und  Hannoveraner 
unter  Walmoden  über  die  Fransu>8an. 

Goelettey  kleines  Fahrzeug  mit  8  Masten. 

Goll  (Hoher  Q.),  Berg,  östl.  bei  Berch- 
tesgaden,  7968'  hoch.  [Holstransport. 

Gdlley   grosses  flaches  FlusaschiflT    snun 

GSUhein  (Getlheim),  Marktflecken  in  der 
Rheinpfalz,  bei  Kirchheimbolanden,  1553 
Ew. ;  in  der  Nähe  wurde  S.  Juli  1898  Adolf 
von  Nassau  von  Albr.  von  Oesterrelch  be- 
siegt und  getödtet  (Denkstein). 

GSltiMh.  Nebenfluss  der  weissen  £lster. 
mündet  bei  Greiz.  Uober  das  Göltz»cktkai 
bei  Netzschkau  grossartiger  Yiadnkt  der 
sächs.-bayer.  Eisenbahn,  8046'  ].,  bis  278'  h. 

Gomor,  nngar.  Komitat,  Kr.  diesseits  der 
Theiss,  74,8  QM.;  das  unit>uehtbare  Quell- 
gebiet  der  Flüsse  Sajo,  Hemad,  Gran ;  Berg- 
bau (bestes  Ungar.  Eisen).  Hauptort  Bosenan. 

Göpel)  stehende  Welle  oder  Winde,  die 
durch  Menschen-  oder  Pferdekrafi  in  Ro- 
tation versetzt  wird  und  zum  Betrieb  von 
Maschinen,  zum  Heben  von  Lasten  etc. 
dient.  Im  Bergbau  alle  durch  Wasser-  oder 
Dampfkraft  getriebenen  Fördermaschinen. 

Göppingen,  Oberamtsstadt  im  würtemb. 
Donaukreis,  an  der  Fils,  7883  Ew.  Sauer- 
brunnen (ßckmdlbrunnen).    Rege  Industrie. 

Gorgei,  Arthur,  ungar.  Heerfuheer,  geb. 
5.  Febr.  1818  zu  Toporcz  im  zipser  Komitat. 
stand  1882—45  in  österr.Militärdianst,  studirte 
dann  in  Prag  Chemie,  trat  1848  als  Hanp^ 
mann  unter  die  Honveds ,  ward  Oberst  in 
Mogas  Armee,  nach  der  Schlacht  bei  Schwe- 
chat  Oberkommandant  derselben  n.  General. 
Auf  seinem  Rückzug  in  die  Bergst&dte  von 
den  überlegenen  Streitkräften  Nugents  und 
Schlicks  mehrmals  geschlagen,  hielt  er  sich 
doch  in  offenem  Felde.  Anfangs  April  1849 
mit  dem  Oberbefehl  über  das  Ungar.  Heer 
betraut,  siegte  er  bei  Gödöllö  (7.  April), 
Waitzen  (9.  April),  Nagy-Sario  (19.  April), 
entsetzte  Komorn  (24.  April),  nöthigte 
Weiden  durch  den  Sieg  bei  Waitzen  (28. 
April)  zum  Rückzug  nach  Pressburg,  nabm 
21.  Mai  die  ofener  Yeste  mit  Sturm  und 
wa;-d  dann  Kriegsminister  im  Ministariora 
Szemere.  Erfolgreichen  Widerstand  gegen 
die  vereinigten  österreich.-mss.  Streitkriftp 
für  unmöglich  haltend,  leistete  er  der  Wei- 
sung Kossuths,  mit  der  Hauptarmee  Komorn 
zu  verlassen  und  sich  hinter  die  Theiss  sn- 
rückzuziehen,  keine  Folge,  sondern  operirte 
allein  gegen  die  Oesterreicher,  ward  11.  Jali 
1849  bei  Komorn  geschlagen  und  wandte 
sich  nach  der  Theiss.  8.  Aug.  in  Arad  an- 
gelangt, erhielt  er  11.  Aug.  die  Diktator  und 
ergab  sich  18.  Aug.  bei  .Yllägos  mit  80,001 


Görlitz  —  Goethe. 


706 


Mann  Infanterie»  2000  Mann  EaTallerie  nnd 
130  Oeschfiteen  den  Bässen;  ward  in  Klagen- 
fnrt  intemlrt,  von  wo  er  1866  nach  Ungarn 
zurückkehrte.  Sehr.  ,Mein  Leben  und  Wir- 
ken in  Ungarn  1848  und  1849*  (1858);  »Briefe 
ohne  Adresse*  (1867). 

OSrlitz,  Kreisstadt  im  prenss.  Regbs. 
Iiiegnitz  und  Hanptort  derpreuss.  Oberlausits, 
an  der  Neisse,  36,689  Ew.  GToth.  St.  Peter- 
und  Panlskirche,  Rathhans  (Bibliothek). 
Oberlausitz.  Gesellschaft  der  Wissenschaf- 
ten. Bed.  Industrie  (bes.  Toohfabr.).  Bis 
znm^lS.  Jahrb.  starke  Festung. 

Gorreiy  Jah,  Joseph  von,  Q«lehrter  und 
Publicist,   geb.   25.  Jan.   1776   zu  Koblenz, 
bekannte  sich  zu  den  Ideen   der  franz.  Be- 
volution,    lebte    abwechselnd   In   Koblenz 
und  Heidelberg,  gab  1814—16  den  deutsch- 
patriotischen »Rheinischen  Merkur*  heraus, 
floh,  wegen  seiner  Schrift  »Deutschland  und 
die   Reroiution*   (1820)  mit   Eestnngsstrafe 
bedroht,  nach  Frankreich  und  der  Schweiz, 
ward    1827   Prof.    an    der  Universität   zu 
München,    erst  Gegner ^   dann  fanatischer 
Vertheidiger  des  Katholicismus,  begründete 
1838  die  ,Histor. •  polit.  Blatter*;  f  29.  Jan. 
1848.    Als  Schriftsteller   (Hauptwerk:   ,Die 
Christi.  Mystik*,  1836— 42, 4  Bde.)  durch  und 
durch  Romantiker.  Werke  (1854—60, 8  Bde.). 
—  Sein  Sohn  GTu^do  Gf.,  geb.1805, 1 1852  zu  Mün- 
chen, Dichter  (Legenden,  geistl.  Lieder  etc.). 
OorseheB«  s.  Grossgörsehen. 
tiors  nmd  Gndiskfty    unter    dem   Titel 
,gAfur8tete  Grafschaft*  ein  Kreis  des  österr. 
, Küstenlands*,   53,e   QM.   und    209,960  Ew. 
Flüher  Thell  Illyricums,  seit  1500  zu  Oester- 
reich  gehörend.    Die  Hauptstadt  Oön,  am 
Isonzo,  16,659  Ew.    Fürsterzbischof. 
Gotaborg,  Stadt,  s.  Gothenburg. 
Gotaelf  y   Fluss  im   südwestl.  Schweden, 
kommt  aus  dem  Wenemsee,  mündet  in  das 
Kattegat ,  15  M.  I.    Grossartige  Wasserfalle. 
Gotakasal.    Kanalsystem    in   Schweden, 
führt  Ton  Soderköplng  (Ostsee)  durch  rer- 
schiedene  Seen  zum  Wettersee,  Ton  da  durch 
den  Botten-  und  Wenemsee  in  die  GStaelf 
(Nordsee).    58  Schleussen.    1832   vollendet. 
Goethe.  Johann  Wolf  gang  (von),  geb.  28. 
Aug.  1749  zu  Frankfurt  a/M.,  Herbst  1765— 
1768  auf  der  Unirersität  Leipzig,  seit  Ostern 
1770  in  Strassburg  (Verbindung  mit  Herder, 
Jung  •  Stniing,  Lenz  u.  A.;   Bekanntschaft 
mit  Shakespeare;  Friederike  Brion  in  Sesen- 
heim;  Promotion  zum  Doktor  der  Rechte); 
Ang.  1771  Rückkehr  nach  Frankfurt  (Be- 
kanntschaft mit  Merck) ;  Frühjahr  1772  Ab- 
gang nach  Wetzlar,'  um  beim  Reichskammer- 
gericbt  zu  prakticiren  (Charlotte  BufT;  der 
Junge  Jerusalem);  Sept.  d.  J.  Rückkehr  in 
die  Heimat.    Ausflüge  an  den   Rhein  etc., 
Verbindung  mit  Klinger,  Fr.  Heinr.  Jacobl, 
Sophie  La  Roche,   Lavater  n.  And.    »Götz* 
(1773)  und  ,Werther*  (1774)  begründen  seinen 
Dichtermf.  1775  Verhältnlss  zu  Lili  Schöne- 
maim  (spätere  Baronin  Türkheim);  Reise 
mit  den  Brüdern  Stolberg  in  die  Schweiz; 
Okt.  Einladung  nach  Weimar  durch   den 
Jungen  Herzog ,  7.  Kov.  Ankunft  daselbst. 
Weimar    seit    1776    G.s    bleibende  Wohn- 
st&tte;  Tertrautestes  Verhältnlss  zum  Her- 
Meyera  Band' Lexikon* 


zog.  11.  Juni  1776  Ernennung  zum  geh. 
Legationsrath  mit  Sitz  und  Stimme  Im 
Gonseil;  Verhältnlss  zu  Frau  Ton  Stein. 
1778  Reise  mit  dem  Herzog  nach  Berlin; 
Anfangs  Sept.  1779  Ernennung  zum  Geheim- 
rath ,  12.  Sept.  1779  Abreise  mit  dem  Her- 
zog in  die  Schweiz,  13.  Jan.  1780  Rückkunft 
nach  Weimar;  11.  Jtmi  1782  Ernennung 
zum  Kammerpräsidenten ,  10.  April  d.  J. 
Erhebung  in  den  Adelsstand.  8.  Sept.  1786 
Abreise  nach  Italien»  1.  Hot.  Ankunft  in 
Rom;  21.  Febr.  1787  Abreise  nach  Neapel, 
Aufenthalt  daselbst  bis  isum  29.  März; 
Ueberfahrt  nach  Sicilien,  Rückkehr  nach 
Neapel  und  Rom;  April  1788  Abreise  von 
da,  18.  Juni  Rückkunft  nach  Weimar.  11. 
Sept.  d.  J.  erste  Bekanntschaft  mit  Schiller 
in  Rudolstadt;  Verhältnlss  zu  Christiane 
Vulpius.  1790  Reise  nach  Venedig  (bis  Mai) ; 
Uebemahme  der  Theaterintendantur,  die 
er  bis  13.  April  1817  führt;  Juli  1792 Abgang 
mit  dem  Herzog  in  die  Champagne,  17Sß 
Belagerung  von  Mainz.  1794  Freundschafts- 
bund mit  Schiller;  1797  dritte  Schweizer- 
reise, mit  dem  Maler  Meyer.  19.  Okt.  1806 
Trauung  mit  Christ.  Vulpius  (f  6.  Juni  1816). 
1814  Rhein-  und  Mainreise.  1815  Ernennung 
zum  ersten  Staatsminister;  7.  Not.  1825  50- 
Jähr.  Dienstjubiläum;  nach  Karl  Augusts 
Tod  (14.  Juni  1828)  Niederlegung  aller  Staats- 
geschäfte; t  22.  März  1882;  26.  März  Bei- 
setzung in  der  fürstl.  Gruft.  —  Büsten  O.s 
Ton  Trippel  und  DaTid  (Weimar),  Tieok, 
Rauch,  Schadow  n.  A.  Statuen  Ton  Schwan- 
thsler  und  Marchesi  (Frankftirt) »  Rietschel 
(Weimar),  Rauch  (Statuette),  Widnmann  etc. 
Der  uuiTersalste  Genius  seiner  Art  in 
Deutschland  (Dichter,  Biograph,  Naturfor- 
scher, Alterthumsforscher,  Kritiker,  Aesthe- 
tiker)  und  lange  Zeit  der  Beherrscher  der 
Literatur.  Als  Dichter  durchaus  obJektiT 
und  Tollendeter  Künstler,  prodnktiT  und 
bedeutend  in  fast  allen  poet.  Gattungen,  am 
grössten  als  Lyriker.  Drei  Hauptperioden 
seines  Schaffens:  1)  die  sentimentale  oder 
Sturm-  und  Drangperiode  (Hauptwerke: 
,Götz  Ton  Berlichingen*  1773, , Werthers  Lei- 
den* 1774,  »Prometheus*  1773,  die  Dramen 
,ClaTigo*  1778,  ,Stella*  1776,  ,I>ie Geschwister*; 
dramatische  Farcen:  ,Götter,  Helden  und 
Wieland*  etc.,  Singspiele,  Hymnen  und 
zahlr.  Lieder) ;  2)  die  ideale  (,Egmont*  1777— 
1785,  »Iphigenia*  1779-86,  ,Tas80*  1780—89, 
,W.  Meisters  Lehrjahre*  1777  —  96;  Operet- 
ten: ,Fischerin*  1782,  ,Scherz,  List  und 
Rache*  1785;  polit.  Lustspiele:  ,Gross- 
kophta*  1789  etc.;  ,Faust*,  1.  Thl.  1774  —  90, 
,Eöm.  Elegien*  1788,  Balladen,  Xenlen, 
»Hermann  und  Dorothea*  1796 ,  NoTellen  in 
»Unterhaltungen  deutscher  Ausgewanderter' 
1795;  ,Die  naturl.  Tochter*  1801 ;  ,Die  Wahl- 
Terwandtschaften*  1808);  3)  die  didaktiseke 
Periode  (, Wahrheit  und  Dichtung*  1809— 
1831;  ,Westöstl.  DlTan*  1818;  »Epimenides 
Erwachen*,  Festspiel,  1814;  »W.  Meisters 
Wanderjahre*  1807—21;  Sonette;  »Faust*. 
2.  Thl.»  1831).  Ausserdem;  »Briefe  aus  der 
Schweiz*  (1775  und  1780),  »Campagne  in 
Frankreich*  (1792)»  »Italien.  Reise*;  bio- 
graphische Schriften:  ,Winckelmann*  (1805) 

46 


706 


Götterbaum  —  Gold. 


nncl  ,Ph.Hiickerf  (1611);  ^Metamorphose  der 
PflaDse'  (1790);  ^ar  Farbenlehre*  (18U>); 
fZiir  Optik*  (1791);  «Kanst  und  Alterthttm' 
(Zeitschrift,  1816—82)  eto.  Bearbeitangen : 
,Re{neke  Fuchs*  (1793),  »Benrennto  Oellini* 
(Blogr.)  .Voltaires  »Maliomet*  und  ,Tankred*. 
—  Ileichhaltiger  Brief weekUL :  mit  Menk 
(1885),  Lavater  (1883),  Jaeobi  (1846),  ,G.  und 
Werther*  (2.  Aufl.  1855),  jrn«&e/(1851),  Schiüer 
(i,  Aufl.  1856;,  Zelter,  (1833),  Freu  von  Stein 
(1848),  Karl  August  (1863),  Graf  Sternberg 
(1886)  u.  A.  Vgl.  Gervinu»,  ,Ueber  den  gOfS- 
theschen  Briefweclisel*,  1836. 

Literatur,  Biographien  von  W.  Schäfer 
(8.  Aufl.  1869),  Viehoff  (2.  Aufl.  1859),  Letoee, 
(deutsch  Ton  Fre$e  5. Aufl.  1859),  Güdeke  (1859). 
Vgl.  ausserdem  Eckermann,  ,Gesprfiche  mit 
6.*,  8.  Aufl.  1869;  Schubarlh,  ,Zur  Betirthei- 
luDg  G.s*,  1817;  Siemer,  ,Mittheilungen 
ükber  G.*,  1841 ;  Fcäk,  ,G.  ans  persöul.  Um- 
gang dargestellt*,  3.  Aufl.  1856;  Dfemtann, 
,G.  und  die  lustige  Zeit  in  Weimar*,  1857; 
,G.s  Uuterhaltungen  mit  dem  Kansler  Mül- 
ler*, 1869.  lieber  G.  als  Dichter:  Botenkrane, 
,6.  und  seine  Werke*,  1847.  Kommentare 
zu  den  Gedichten :  von  Viehejf  (8.  Aufl.  1869  f.), 
XeAmaan  (1852),  Dünteer  (1857);  an  »Hermann 
und  Dorothea* :  W.  o.  Humboidi,  jAesthet.  Ver* 
suche*  (1799);  Th.  Becker  (1858),  Tinm  (1856), 
ChoUviut  (1863),  Beloto  (1863);  an  ,Werther*: 
Apelt  (1855);  femer  Düalcer,  ,6.  als  Drama- 
tiker* (1837)  und  ,Göts  und  Egmont*  (1854); 
KU  ,Iphigenia*:  Pudor  (1832),  Eieeke  (1834  und 
1837),  Viehoff  (18S8),  0,  Jahn  (1843),  Suttinger 
(1863);  zu  ,Tasso*:  L,  Edcardt  (1952),  DÜntzer 
(1854),  Hasper  (1863);  au  ,W.  Meister':  Ore- 
aoroo{Ms(1849);  BU  ,Faust*:  Sehvbarth  (imi), 
Carva  (1835),  H'eber  (1836),  Weiue  (1837), 
Düntzer  (1851),  Saupe  (1856),  £ar<«ngr  (1865) ; 
zu  den  Xenien:  Boaa  (1851);  in  den  ,Wan- 
derjahren*:  ^.  Jitn^jr  (1854);  Virehow,  ,G.  als 
Naturforscher«  (1861). 

Ausgaben  der  Werke:  Leipzig  1787  —  90, 
8 Bde.;  Stuttg.  und  Tub.  1806--8,  12  Bde.; 
das.  1816—19,  20  Bde.;  Ausg.  letzter  Hand, 
das.  1827—32,  40  Bde.;  Nachlass  1827-42, 
20  Bde.  Revidirte  Ausg.  von  H.  Kurz,  1868 
bis  1869,  12  Bde.  Vgl.  S,  Hirzel,  ,Verzeich- 
niss  einer  Ooethebibliothek*,  1848, 1862;  Ber- 
nays,  ,Ueber  Kritik  und  Geschichte  des 
goi'thesciien  Textes*,  1866. 

Familie,  G.s  Vater,  Joh,  Kaspar  O.,  geb. 
1710,  seit  1742  kaiserl.  Rath,  f  87.  Mal  1782; 
seine  Mutter,  Elisabeth,  Tochter  des  frank- 
furter Stadtschultheissen  Textor  («Frau  Aja*, 
,Frau  Rath*),  geb.  19.  Febr.  1731,  f  13. 
Sept.  1808;  seine  Schwester  Comelie,  geb. 
7.  Dec.  1750,  verheirathet  1778  mit  J.  G. 
Schlosser,  f  6.  Juni  1777  an  Emmendingen. 
G.s  einziger  Sohn  Augttst,  geb.  1791,  Kammer- 
herr und  geh.  Kammerrath,  verheirathet 
mit  Ottilie,  geb.  Freiin  von  Pogwisch,  f  ^« 
Okt.  1830  in  Rom;  hinterliess  3  Kinder: 
1)  Walther  Wolfg,,  Kammerherr  in  Weimar, 
Verf.  mehrerer  musik.  Kompositionen;  2) 
jfaxim.,  Legationssekretär  in  Dresden,  sehr. 
,Der  Mensch  und  die  elementar.  Natur* 
(1848),  ,£rl{nde*  (Dichtung,  1851),  ,Gedlchte* 
(1851);   3i  Alma,   f  ^*  S«pt.  1844  zu  Wien. 

Gotterbaum,  s.  Ailanthus. 


GSttUgSBy  Kreisstedt  Im  prenss.  Rag^ba. 

Hildesheim,  ehedem  Hansestadt  and  1286— 
1468  Hauptst.  des  welflschen  FUrat^nth.  G. 

S\  QM.),  am  Hainberge  and  an  der  neuen 
ine,  14,534  Ew.  Univers.  (Georgia  Aufcnsta, 
seit  1737)  mit  gr.  Bibliothek  (400,000  Bde.). 
OöUinger  Sieben:  die  1837  wogen  ibrer  Pro- 
testation gegen  Aufhebung  der  Verfassnng 
vertriebenen  Professoren  Albrecht,  Datil- 
mann,  Ewald,  Gervinns,  Jak.  und  W. 
Grimm,  W.  Weber. 

GSttweiky  ber.  Benediktinerabtei  in  Unter- 
Österreich,  an  der  Donau  (1078  g^^rfindet). 
Reiche  Bibliothek  etc.;  bekannt  dsis  ,Chro- 
nicon  Gottwlcense* ,  s.  Bestel  8). 

Goese,  Joh,  Maehior,  Theolog,  s^eb.  16. 
Okt.  1717  Bu  Halberstadt,  seit  1755  Hanpt- 
pastor  an  der  Katharinenkirche  zn  Ham- 
burg; t  19«  Mai  1786.  Bekannt  durch  seine 
Polemik  gegen  Aufklärung,  namentl.  gegen 
Lessing,  der  seinen  ,Anti- Goeze*  ge^en  ihn 
richtete.  Vgl.  Boden,  ,Le8sing  und  Cr  *,  1862. 

Gog  und  Hagog,  Name  eines  fabelhaften 
Fürsten  und  Volks ,  wider  die  der  F^phet 
Eaechiel  (38—39)  welssagt. 

Qoldy   Metall,  findet  sich  fast  nur  ge- 
diegen,   als   Ber^;old  auf  nrsprüng:Iicl»er 
Lagerstatte,    meist  anf  G&ngen   oder   als 
Waschgold  in  Körnern  und  Bl&ttchen  im 
Sande   der  Flösse  und   im   Seifengebirg«, 
niemals  rein,  meist  silberhaltig  (göldisches 
Silber,  Elektrnm,   Palladgold),   ausserdem 
im  gediegenen  Tellur,  Tellursilber,   Roth- 
gültigerz,    Schwefelkies,   Kupferkies,    An- 
timonglanz,  in  Zinkblende,  Arsenkies;   in 
Ungarn,  Siebenbürgen,  Grossbritannien,  in 
mehreren   franz. ,  und   deutschen    Flössen 
(Rhein,  Mosel,  Schwarza,  Saale),  bei  Frei- 
berg, in  Bayern,  den  Alpen,  im  Ural,  in 
Nord-,   Mittel-  und  Südasien,  West*   und 
Südafrika,  in  Nord-  und  Südamerika  und 
Australien.    Das  meiste  G.  wird    aus  <9oId- 
sand  durch   Auswaschen  gewonnen,    ancli 
durch   Amalgamation   auf  Mühlen,   indem 
man  die  feinen  Partikelchen  durch  Queck- 
silber (natrium haltiges)  sammelt   und   das 
erhaltene  Amalgam  glüht,  oder  durch  Ein- 
schmelzen des  Goldsandes  in  Hohöfen  und 
Abscheiden  des  G.es  aus  dem  goldhaltigen 
Roheisen   mit   Schwefelsaure.    Goldhaltige 
Erze   werden  wie   gewölmllch   verarbeitet 
und   aus   dem   goldhaltigen  Metall    das  G. 
abgeschieden,  oder  man  eztrahirt   das  G. 
mit  Ghlorwasser  und  fällt  es  aus   diesem 
mit  Eisenvitriol.    Vom   Silber   wird  das  6. 
durch  Affiuirung  ^s.  d.)   geschieden.    Die 
Farbe  des  G.es  wird    durch   sehr  geringt 
Mengen  anderer  Metalle  verändert.    Es  ist 
wenig  hirter  als  Blei,  das   geschmeidigste 
Metall,  fast  so  fest  wie  Siltier,   spec.  Gtow. 
19,95—19,6,  Aeq.  197,  schmilzt  bei  1087o  0., 
zieht  sich   beim   Erstarren  sehr  stark  zu- 
sammen, ist  au  der  Luft   und  Im  Wasser 
unveränderlich,  löst  sich  in  Königswusser 
und  in  jeder  chlorentwickelnden    Flüwig- 
keit.    Die  Lösung  enthält  rothgelbes,  ier> 
fliessliches   OoldeMorid  (1   Aeq.  G.  8  Aeq. 
Chlor);   Phosphor,   viele   Metalle,    Blien- 
vitriol,  Oxalsäure  fällen  daraus  meäuiisehes 
G.    Das  Ooldchlorid,   Ohlomatrinm  mit  4 


Goldäther  —  Goldregen. 


707 


A9q.  Wasser  n.  das  Gk>Idcb]orfdchlorkaUiim 
mit  5  A«q.  Wasser  dienen  in  der  Photo- 
graphie snr  Tönung.  Ammoniak  fälJt  ans 
Gtoldchlorid  grünbrannes  explosires  Etuitt- 
gold,  welches  sur  Olanzvergoldung  anf  Por- 
zellan dient;  Zinnsesqnichlorid  fAUtrothen 
Goldpurpur  (Cassins  O.),  welcher  in  der 
Porzellanmalerei  nnd  znm  Rothfarben  des 
Glases  benntzt  wird.  Ooldchlorid  dient  znr 
Darstellung  anderer  Ooldpraparate  und  znm 
Bothförben  des  Glases.  KaliumgiMeyanür 
entsteht  beim  Auflösen  von  G.  oder  Knäll- 
gold  in  Oyankalinm,  ist  farblos,  in  Wasser, 
nicht  in  Alkohol  löslich,  dient  znm  Ver- 
golden. Jahre$produkH<m  im  Durchschnitt 
der  letzten  Jahre  (nach  Wilton):  Amerika 
104,587,000,  Europa  2,799,000,  Asien  20,989,000 
Australien  und  Neuseeland  65,767,000,  zu- 
sammen 194,062,000  Tblr.  Nach  Söetbeer 
1668:  190,650,000  Thlr.  gegen  20,832,000  Thir. 
im  J.  1800  und  58,450,000  Tblr.  1846.  Die 
russische  Produktion  datirt  erst  von  1819 
nnd  wurde  grossartig  seit  1842.  1847  wurde 
im  Golumathal  in  Kalifornien  G.  entdeckt, 
1848  in^ Australien,  1862  in  Neuseeland. 

Qoldither^  Lösung  von  Goldchlorid  in 
Aether,  dient  znm  Vergolden  des  Stahls. 

Goldamalgam,  Verbindung  von  Gold  mit 
Quecksilber,  dient  zur  Vergoldung  und  wird 
bei  der  Gewinnung  des  Goldes  dargestellt. 

Ooldap,  Kreisst.  im  preuss.  R^bz.  Gum- 
binnen,  am/7t(M<G.  (znrAngerap),  4607  Ew. 

Goldan,  ehedem  Dorf  im  Kant.  Schwyz, 
zwischbu  Rigi  und  Rossberg,  durch  einen 
Bergsturz  am  2.  Sept.  1806  verschüttet. 

Goldberg  y  Kreisstadt  im  preuss.  Regbz. 
Liesrnitz,  an  der  Katzbach,  6761  Ew. 

QoldbrouM,  ächte,  s.  v.  a.  Muschelgold, 
unäehte,  s.  v.  a.  Musivgold,  auch  verschie- 
dene Kupferzlnkleglmngen. 

Goldehlorld,  s.  Qold, 

Goldene  Aae ,  flmchtbare  Ebene  in  Thü- 
ringen, zwischen  Harz  nnd  Hainleite,  von 
der  Helme  durchflössen. 

Goldene  Balle,  das  von  K.  Karl  IV.  auf 
dem  Reichstag  zu  Nürnberg  1856  mit  den 
Ständen  entworfene  deutsche  Reichsgesetz, 
bis  znm  Endo  des  deutschen  Reichs  eine 
der  wichtigsten  Verfassungsurkunden;  im 
Original  im  Römer  zu  Frankfurt  aufbewahrt. 

Goldener  Schnitt,  Eiutheilung  einer  Linie 
in  2  Tlielle  (a  und  b),  die  sich  so  zu  einan- 
der verhalten  wie  der  grössere  von  beiden 
(b)  zu  der  ganzen  Linie  (a  +  b),  nach  der 
Formel  a :  b  =  b :  a  4-  1>*  Nach  Zeising  als 
asthet.  Gesetz  in  Betreff  des  Baues  des 
menschl.  Körpers  nachgewiesen,  insofern 
bei  dessen  L&nge  vom  Scheitel  bis  zur 
Sohle  der  Eintheüungspunkt  nach  dem  gol- 
denen S.  in  die  (hegend  der  Rippengrenze 
&lle.  Vgl.  Zeising,  ,Neue  Lehre  von  den 
Proportionen   des  menschl.  Körpers*,   1854. 

tioldener  Sporn,  papstl.  Orden,  angebl. 
von  Papst  Paul  lU.  gestiftet.  Die  Ritter, 
sonst  ,lateran{sohe  HoQ>falzgrafen*  genannt, 
heissen  letzt  ,Ritter  der  goldenen  Miliz', 
1841  auT  300  festgesetzt.  Ordenszeichen: 
goldenes,  weiss  emaillirtes  Malteserkreuz, 
an  den  beiden  Spitzen  des  unteren  Theilsein 
Kleiner  Sporn;  an  rothem  Bande  getragen: 


Goldonet  Hom,  schmale  Booht  des  Bos- 
porus, bildet  den  Hafen  von  Konstantinopel. 

Goldenes  Zeitalter,  das  erste  der  vier 
mythischen  Zeitalter,  in  dem  die  Menschen 
ein  schuld-  und  sorgenloses  Leben  fülirten. 

Goldene  Zahl,  Periode  von  19  Jahrnn, 
nach  deren  Ablauf  die  Mondjahre  wieder 
auf  dieselben  Tage  des  Sonnenjahrs  fallen. 
Um  sie  für  Jedes  gegebene  Jahr  zu  finden, 
addlre  man  1  zur  «fahrzahl  und  dividire  die 
Summe  durch  19,  so  ist  der  Rest  die  g.  Z. 
Bleibt  kein  Rest  übrig,  so  ist  sie  19  selbst. 

Goldenmarkt,  s.  Zakuhna. 

Goldflmlsg,  Goldlack,  stark  gelb  gefärb- 
ter glänzender  Firniss,  soll  auf  Metall  und 
Holz  Vergoldung  ersetzen. 

Goldflseh,  s.  Karp/en. 

Goldgewleht,  im  Zollverein  und  in  Oester- 
reich  seit  1857  das  Zollpf^nd;  In  Frank- 
reich, Belgien,  den  Niederlanden  und  der 
Schweiz  das  metr.  Gewicht;  in  England  das 
Troypftind ;  in  Russland  das  Handelsgewicht ; 
in  Nordamerika  das  engl.  Avoirdupois-Pfand. 

Goldglitte,  s.  BUigiatte. 

Goldiulden,  ältere  Goldmünze,  =  2  Thlr. 

Goldhähnchen  (Regulus  Ouv.),  VOgelgat- 
tung  der  Sänger  (Pfrlemenschn&bler).  Win- 
tergoldhähnchen  (R.  cristatus  Koch),  3i/a— 4", 
und  S&mmergoldhähnchen  (R.  ignicapillus 
Ouv.),  3V4— S*/4"  1.,  beide  in  Europa,  ersteres 
bei  uns  Standvogel,  letzteres  seltener. 

Goldkifer  (Oetonia  Fabr.) ,  K&fergattung 
der  Blatthömer.  BoseiUeä^r{Ö.  aurata Fabr.), 
9'"  1.,  zerstört  Rosen,  Fomeranzenblüthen 
etc.,  Larve  in  Ameisenhaufen. 

Qoldkratze  (Gekrätz),  allerlei  goldhaltiger 
Abfall ,  wird  auf  Gold  verarbeitet. 

Goldkfiste,  Küstenlandschaft  im  nördl. 
Guinea,  zwischen  der  Elfenbein-  nnd  Skla- 
venküste, etwa  70  M.  1.  Der  östl.  Theil 
brüieeh  (280  QM.  mit  151,346  Ew.,  Hanptst. 
Coast- Castle),  der  westl.  holVind.  (500  QM. 
mit  120,000  Ew.,  Hauptst.  Elmina);  Grenze 
zwischen  beiden  der  Sweet  River  (Vertrag 
Ton  1867).   Im  Innern  das  Reich  der  Ashanti. 

Goldleg^lrnngen,  Verbindungen  des  (holdes 
mit  andern  Metallen ,  werden  dargestellt, 
weil  reines  (feines)  Gold  zu  weich  ist;  ihr 
Werth  wird  nach  Karaten  berechnet  (1  Mark 
=  24  Karat);  ISkarätiges  enthält  18  K. 
Gold  und  6  K.  Kupfer.  Knpferleg^rung 
heisst  rothe,  Silberlegirnng  weisse,  Kupfer- 
silberlegirang  gemischte  Karatirung.  <}e- 
setzmässig  verarbeitet  man  bei  uns  18-,  14-, 
8-  und  6-  (Joajougold),  in  Frankreich  22-,  20-, 
18-,  in  England  22-,  18-,  in Oesterreich  18-,  13-, 
7karätiges  Gold.  Kupfer  und  Silber  be- 
einträchtigen die  Dehnbarkeit  des  Goldes 
nicht  sehr;  Kupfer  färbt  es  roth,  Silber 
erst  grünlichgelb,  dann  weiss.  Durch 
Kochen  mit  Kochsalz,  Salpeter  und  Salz- 
säure (Goldfarbe)  oder  durch  schwache 
galvan.  Vergoldung  werden  die  G.  gefärbt. 

Qoldöttl,  Carlo,  ital.  Lnstspieldichter,  geb. 
1707  in  Venedig,  f  nach  einem  unsteten 
Leben  1798  zu  Paris.  Der  Meister  der  ital. 
Oharakterkomödie ,  Verf.  von  mehr  als  120 
Stöcken.    Beste  Ausgabe  1809,  26  Bde. 

Goldpnrpnr,  s.  Oold. 

Goldregen,  s.  Cytisus. 

45* 


708 


Goldsalz  —  Gordianus. 


GoMiftlSy  8.  T.  a.  Goldchloridehlomatrium 
oder  •kaUiiin;  s.  Qold. 

Goldiehligerel,  Dantelliiiig  Ton  Blatt- 
gold, Blattsilber,  geschieht  aas  d&nuem 
Qold-  und  Silberblech,  welches  aaerst  awi- 
schen  Pergamentblättera ,  dann  awisehen 
Ooldachlägerhäatcben  (der  äusseren  feiaeii 
Hant  vom  Blinddarm  des  Rindes)  in  Pack- 
chen  mit  dem  Hammer  geschlagen  wird. 
Verpackung  swischen  feinem,  mit  Bolus 
eingeriebenem  Papier.  2000->2400  Q  "  geben 
auf  das  Gewicht  eines  Dukatens.  Zwisehgold 
wird  aus  vergoldetem  Silber,  vnäefUea  Blatt- 
ffoid  aus  Tombak,  unächtes  Blattnlbtr  auf 
Zinn  dargestellt. 

Goldsenmidt,  Hermann,  Astronom,  geb. 
17.  Juni   1802   in   Frankfurt  a/M.,   Maler, 
stellte  in   Paria    seit   1834  astronom.   Be- 
obachtungen   mit   den   einfachsten    Hülfs- 
mittein  an  und   entdeckte  14  Planeten;  f 
10.  Sept.  1866  in  Fontaiuebleau. 
Goldschwefely  s.  Anümon, 
Goldsmithy    (Hiver,    engl.   Dichter    und 
Schriftsteller,  geb.  10.  Nov.  1788  au  Pallas 
(Irland),    f    nach    einem    abenteuerlichen 
Leben  4.  April  1774..  Yerf.   des   ber.   idyl- 
lisch-sentimentalen Bomans  ,Vicar  of  Wake- 
fleld'  (1775;  deutsch  von £Yfner  1870, U.A.) und 
mehrerer  treffl.  Dichtungen  («The  traveller* 
1765,    ,The  deserted   village*    1770,   u.  A.). 
Beste  Ausgabe  seiner  .Miscellaneous  Works' 
von  Ounninffham  (1855,  4  Bde.).    Biogr.  von 
/rvtno  (1849)  und  Forater  (8.  Aufl.  1854). 
Goldwähroagy  «.  Müm/uss. 
Goldwage,  jede  feinere  Wage. 
Golf  (ital.  Qolfo),  Meerbusen;  in  Amerika 
insbes.  der  Meerbusen  von  Mexiko. 
Golftteoniy  s.  Meer. 

GolgitlM  (d.  i.  Sch&delst&tte),  nicht  mehr 
genau  au  bestimmende  hügelartige  Stätte 
der  KreUBignng  Jesu  bei  Jerusalem. 

Goliath,  philistäischer  Riese  aus  Gath, 
von  David  im  Zweikampfe  mit  der  Hirten- 
schleuder getödtet  (1.  Sam.  17). 

GolkOflda,  Stadt  in  der  ostind.  Prov. 
Hyderabad,  mit  gr.  Fort;  Markt  für  Dia- 
manten. Früher  Hauptst.  dw  KönigreieheQ. 
Golling,  Marktflecken  im  Salzburgischen, 
an  der  Saiaaoh,  800  Ew.;  dabei  der  schöne 
Ooüinoer-  oder  SehwaräbaehfaXl,  300'  li. 

GoluioWy  Stadt  im  prenss.  Regbz.  Stettin, 
Kr.  Nangard,  7444  Ew.  Ehem.  Hansestadt. 
GoltB.  Bogumil,  Schriftsteller,  geb.  81. 
MäriE  1801  in  Warschau,  erst  Landwlrth, 
lebte  dann  in  Thorn  ausschliesslich  der 
Literatur,  machte  grössere  Reisen ,  hielt  in 
den  letzten  Jahren  in  vielen  Städten  öflfent- 
liche  Vorträge  («Vorlesungen^  1870,  8 Bde.); 
t  12.  Nov.  1870  zu  Thom.  Als  Schriftsteller 
originell  in  Inhalt  und  Form,  dabei  voll 
Geist  und  Humor,  von  scharfer  Beobach- 
tungsgabe und  lebhafter  Phantasie.  Hau]^t- 
werke:  ,Buch  der  Kindheit*  (8.  Aufl.  1854), 
,  Jugendleben*  (2.  Aufl.  1865),  ,Der  Mensch 
und  die  Leute*  (1858) ,  ,Die  Typen  der  Ge- 
sellschaft* (1860)  u.  a. 

Golts,  Bobert  Seinr,  Ludw,,  Oraf  wm  der, 
preuss.  Diplomat,  geb.  6.  Juni  1817,  ward 
1855  Ministerresident,  dann  Gesandter  und 
bevolUnftchtlgter  Minister  in  Athen,  1859  in  j 


Konstantinopel,  1863  Botschafter    in  Paris; 
t  84.  Juni  1869  an  Charlottenbars* 

Gomora.  1)  eine  der  kanarischen  Inseln, 
11  QM.  und  18,000  Ew.;  ~  8)  befest.  Insel 
an  der  Küste  von  Marokko,  seit  15(^  spanisch. 

GomsMlIse,  durch  Erhitzen  der  Stärke 
mit  Salpetersaure  erhaltenes  Dextrin  (s.  d.). 

Gosdmry  Hauptstadt  der  Prov.  I>embea  in 
Abessinien,  Residenz  desAbbnna,  700O  £w. 

Gosdely  Boot  in  Venedig,  meist  flach,  32^  l.y 
4'  br.,  mit  kleinem  Zeltdach  (Kasten)  in  der 
Mitte,     ^ondelier,  Gondeirührer. 

GoBdokorö,  Handelsposten  am  weissen  üü. 
Die  1846  das.  gegründete  Missionsstation  ist 
neuerlich  aufgegeben. 

Gomds,  Volk  in  Vorderindien,  swischen 
Orlssa  und  dem  Viudhyagebirge,  wenig 
civilisirt,  ein  Rest  der  nicht  arischen  Ur- 
bevölkerung; ihr  Land  Oondw€ma, 

Gonfalom  (ital.)^  Banner,  Krie^sfahne; 
öonfaloniere,  Bannerherr,  oberste  Ma^strsta- 
person  in  den  ital.  Freistaaten. 

Gongfirs  y  Argot«,  Luis  de,  span.  XHchter, 
geb.  1561  in  Gordova,  f  das.  84.  Mai  1627; 
dichtete  in  seiner  Jugend  vortreffliche  Lie- 
der und  Romanzen;  später  gefiel  er  sich  in 
einer  unnatürlichen  und  überladenen  Ans- 
drucksweise,  dem  sogen.  .Estilo  culto*,  der 
viele  Anhänger  fand  und  eine  bes.  Scfanle 
(Gongorialen)  hervorrief.    Werke  1633. 

Goniometer  (gr.),  Instrument  sur  Messung 
von  Winkeln,  bes.  denen,  welche  zwei  Flä- 
chen eines  Krystalls  mit  einander  bilden. 

Goniometrie  (gr.),  Winkelmessttng,  Liehre 
von  dem  Yerhältniss  der  Winkel  und  B^en 
zu  den  dazu  gehörigen  Sinus,  CSosinus, 
Tangenten^  Sekanten  und  Kosekanten. 

Gonorrhö«  (gr.,  Tripper),  Harnröhrenent- 
zündung,   entstanden    durch    Einwirkung 
eines  specifischen  Giftes,  daher  ansteckend. 
Beim  Manne  beginnt  die  G.  mit  Kitzel  in  der 
Eichel,  dann  Röthnng,  Schmerz   daselbst, 
und  eitriger,  bisweilen   blutiger  Ausfluss 
aus  der  Harnröhre,  der  nach  ca.  Gwöchentl. 
Bestehen  verschwindet.  Belumdlimg:Riibe, 
reichlicher  Wassergenuss ,    reizlose   Nah- 
rung, Später  Einspritzungen.    Kopaivsbal- 
sam  Innerlich  veranlasst  oft  Nierenerkrsn- 
kung.    Zur  Vermeidung  von  Hodenentzün- 
düngt  Tiagbeutel.    B^m  Weibe  erstreckt 
sich  die  G.   zugleich  auf  die  Scheide   und 
veranlasst  den   bösartigen    weissen   Fluss. 
Auf  das  Auge  gebracht  ist  das  Sekret  die 
Veranlassung  der  gefährlichen  Blennorrhoe. 

Gonteiiy  Badeort  im  Kant.  Appenzell-Inner- 
rhoden,  westl.  von  Appenzell;  Molkenkur- 
anstalt  und  eisenhaltige  Mineralquellen. 

GonisgSy  altes  ital.  Fürstengeschlecbt, 
welches  seinen  Ursprung  vom  deutschen 
Kaiser  Lothar  herleitet,  herrschte  1368— 
1707  in  Mantua,  seit  1438  mit  markgräfl-, 
seit  1530  mit  hersogl.  Titel,  erlosch  1786. 

Gorakhpsr  (Qorukpoor),  Stadt  in  der  brit- 
ostind.  Präsid.  Agra,  am  Rapty,  54,580  Ew. 

Gorales  (d.  i.  Gebirgsbewohner),  die  Be- 
wohner der  westl.  Karpathen  in  Galisien. 

Gordianus^  Name  von  8  röm.  Kaisern: 
Ifareu«  Anieniu»  O,  L,  unter  Caracalla  and 
Alexander  Sevenis  Konsul,  dann  Prokossnl 
in  Afirifca,  ward  888  n.  Ohr.  80  Jahrs  alt 


Gordius  —  Gothto, 


709 


mit  seinem  Sobn«  Mareu»  AnUmiut  O.  IL 
%um  Kaiser  ausgerufen  und  Tom  röm.  Senat 
ftiierkannt,  tödtete  sich  36  Tage  darauf,  als 
G..  H.  Tor  Karthago  geschlagen  ward  und 
fiel.  Sein  Enkel  Marcus  Antonius  O.  III. 
ward  den  gegen  Haximinus  gewählten 
Kaisem  Pupienus  Haximiis  und  Balbinus 
als  Cäsar  beigegeben,  nach  deren  Tode 
Bum  Augustus  ernannt,  zog  242  gegen  die 
Pex^er,  war4  244  auf  Anstiften  seines  Nach- 
folgers  Philippus  Arabs  ermordet. 

GordluBy  alter  König  von  Phrygien.  Von 
ihm  rührte  der  gordiaohe  Knoten  her,  dessen 
liöser  nach  einem  Orakel  der  Ueberwiuder 
Asiens  sein  sollte  und  den  Alexander  d.  Gr. 
mit  dem  Schwerte  durchhieb;  daher  meta- 
phorisch für  etwas  Unlösbares. 

Qore  (spr.  Gohr),  Catharine  Grctce,  geb. 
Moody,  engl.  Schriftstellerin,  geb.  1799  ssu 
East- Retford,  f  29.  Jan.  1861  zu  Linwood. 
Verf.  vielgelesener  l^milienromane  (,The 
Dean's  daughter*,  ,Mammon*  etc.)  und  des 
tretri.  Werks  ,Book  of  tbe  roses'  (1838). 

tiorgrOy  mjth.  Ungethüm  der  Unterwelt,  in 
3  Personen  geschieden  als  Stheno,  Euryale 
und  Medusa,  Töchter  des  Fhorcys  (daher 
Phorcydea);  insbes.  Medusa,  deren  scblangen- 
haariges,  yerstelnemdes,  von  Perseus  ihr  ab- 
geschlagenes Haupt  Athene  auf  ihrer  Aegide 
befestigte.  Daher  Gtorgonenhaupt,  Sinnbild 
des  Schrecklichen,  Furchtbaren. 

GorgonsöU,  Ort  bei  Mailand,  3225  Ew.; 
Hauptmarkt  lür  Stracchinokäse. 

Gorilla  (Gorilla  gina  Geoffr.),  Affenart 
der  Schraalnasen,  bis  V  h.,  in  Niederguinea, 
grösster  und  menschenähnlichster  Affe. 

Ctorkum  (Gorinehem),  Festung  in  der  lioU. 
Prov.  Südliolland,  an  der  Merwede,  9323  Ew. 
€N>rt8Cliak0W9  1)  Michael,  Fünt  G.,  geb. 
1792,  diente  1812  —  15  im  Krieg  gegen  Na- 
poleon I. ,  fungirte  im  turk.  Kriege  1828  als 
Stabschef  des  rudsewitschschen  Corps,  ward 
1831  Generallieutenant,  dann  Chef  des  Ge- 
neralstabs der  aktiven  Armee,  1846  Mflitär- 
gouvemeur  von  Warschau ;  nahm  am  Krieg 
in  Ungarn  1849  hervorragenden  Antheil, 
überschritt  Juli  1853  mit  60,000  Manu  den 
Pruth,  besetzte  die  Moldau  und  Walachei, 
ging  März  1854  über  die  Donau,  belagerte 
Silistria  vergeblich  und  musste  den  Rück- 
zug antreten.  März  1855  zum  Oberbefehls- 
haber in  der  Krim  ernannt,  unterlag  er 
16.  Aug.  an  der  Tschernaja  und  räumte 
8.  Sept.  den  südl.  Theil  von  Sebastopol. 
Febr.  1856  Paskewitschs  Nachfolger  als 
Oberbefehlshaber  der  ersten  Armee  und 
Statthalter  von  Polen,  suchte  er  hier  ein 
milderes  Regiment  zur  Geltung  zu  bringen ; 
t  SO.  Mai  1861.  —  2)  Alexander  Michaile- 
witsch ,  Fürst  G, ,  Vetter  des  Vor. ,  russ. 
Diplomat,  geb.  1798,  ward  1830  Geschäfts- 
träger in  Florenz,  1832  Botschaftsrath  in 
Wien,  1841  Gesandter  in  Stuttgart,  1846 
Geheimrath,  1850  Bevollmächtigter  am 
deutschen  Bundestag,  1854  ausserordentl. 
Gesandter  in  Wien,  April  1^56  Minister  des 
Auswärtigen,  1862  Reichsvicekanzler. 

CitsaUy  Dorf  im  österr.  Salzkammergut, 
1600  Ew.,  an  der  Gosau,  dem  Abfluss  der 
beiden  Goviutt^n  nach  dem  Hallstädtcrsce. 


Dabei  Saline  mit  dem  Goscawioang  (Ueber- 
brückung  des  Thaies  für  die  Soole). 

Oosanschlcliteii ,  an  Versteinerungen 
reiche  Abthellung  des  alpinen  Kreidegebir- 
ges: Kalksteine,  Mergel,  Sandsteine,  führen 
Kohlen,  liefern  Schleifsteine. 

Goslar,  alterthümliche  Stadt  im  preuss. 
Regbz.  Hildesheim,  Kr.  Liebenburg,  am 
Rammeisberg  und  an  der  Gose,  8805  Ew. 
Bergbau.  Um  920  von  K.  Heinrich  I.  gegr., 
öfters  Residenz  der  Kaiser  und  Sitz  glän- 
zender Reichstage  (1009,  1015);  bis  1801 
freie  Reichsstadt,  1814  Hannover  einverleibt. 
Vgl.  Crusiits,  ,Gesch.  von  G.',  1842. 

Gosporty  befest.  Hafenst.  in  der  engl.  Graf- 
schaft Hants,  Portsmouth  gegenüber,7790Ew. 

Gossec,  Fran^.  Joseph,  franz.  Musiker, 
geb.  1733,  t  1829  zuPaiis.  Der  Komponist 
der  Patriot.  Revolutionshymnen. 

Gossyplum,  s.  BaitmwoUe, 

Goszczynski  (spr.  Goschtsch-),  Severin, 
poln.  Dichter,  geb.  1806  in  der  Ukraine,  au 
der  Revolution  von  1830  betheiligt,  seitdem 
im  Exil.  Sehr.  .Gedichte*  (1828, 3  Bde. ;  l&'iS), 
darunter  die  treffl.  poet.  Erzählung  ,Da» 
Schloss  zu  KaniowS  welche  den  letzteu 
Kampf  der  Kosaken  mit  den  Polen  beschreibt. 

Gotha 9  Hauptstadt  ■  des  Herzogthums  S.- 
Gotha und  abwechselnd  mit  Kobui'g  Re- 
sidenz des  Herzogs  von  S.-Kobarg-G.,  au 
einem  Kanal  der  Leine,  19,071  Ew.  Schlos» 
Friedenstein  (an  Stelle  der  alten  Veste  Grim- 
menstein) mit  reichem  Museum  und  bed. 
BibUothek  (160,000  Bde.),  Palais  Friedrichs- 
thal, neue  Sternwarte,  Perthes  geograph. 
Anstalt,  zahlr.  Lehr-  und  Wohlthätigkeits- 
anstalten,  Feuer-  und  Lebensvei'sicherungs- 
banken;  lebh:  Transitohandel,  Wurst-  und 
Schuhfabr.  Unfern  der  SeAerg,  1100'  hoch 
(früher  ber.  Sternwarte). 

Gothaer 9  Fraktion  der  deutschen  Na- 
tionalversammlung, welche  28.  Juni  1849 
eine  Zusammenkunft  zu  Gotha  hatte  und 
beschloss,  das  preuss.«  Unionsprojekt  und 
die  Wahlen  zum  erfurter  Parlament  zu 
unterstützen,  dann  Anhänger  der  bundes- 
staatlichen Verfassung  Deutschlands  mit 
Parlamentär.  Formen  und  preuss.  Exekutive. 

Gotheiiy  alter  german.  Volksstamm,  im 
2.  Jahrh.  noch  im  Mündungslande  der 
Weichsel  sesshaft,  im  3.  Jahrh.  bereite  am 
schwarzen  Meere  zwischen  Don  und  Donau 
auftretend  und  seitdem  von  bedeutendem 
Einfluss  auf  die  Gestaltung  des  abendlän- 
dischen Ifiluropa. '  Erster  Zusammenstoss  mit 
den  Römern  251  in  Mösien ,  wo  Kaiser 
Decius  im  Kampf  gegen  die  G.  fiel,  dar- 
auf wiederholte  Plünderungszüge  derselben 
über  die  Balkanhalbinsel  und  nach  Klein- 
asien, bis  sie  von  Claudius  II.  (269)  und 
Aurelian  (270)  besieget  und  von  Konstentiu 
über  die  Donau  zurückgedrängt  wurden. 
Bald  darauf  nahmen  sie  das  Ghristenthuni 
an  (Ulfilas  Bibelübersetzung  um  370).  Um 
dieselbe  Zeit  Theilung  des  gothischen  Beiehs 
(zwischen  Don  und  Theiss)  in  2  Hanpt- 
theile:  Otigothen  (Greutungen)  und  West- 
gothen  (^erioinger),  durch  den  Dnjestr  ge- 
schieden; über  die  erstem  die  Amaler, 
über  die   letztern  die  Balten  lierrscUeud. 


710 


Gothenbnrg  —  Gottschal]. 


Die  Oitgotkem  erlagen  den  eindringenden 
Hannen,  der  grönere  Tbeil  der  WtHifoiktH 
entwich  vor  Uinen  unter  Fridlgem  niich 
Tliraclen,  wo  sie  nucfa  Be«iegnug  des  Kai- 
s«r«  Valens  bei  Adrlnnopel  (878)  sieb  sa 
Herren  des  Landes  machten.  Darauf  wei- 
teres  Voniringen  nnter  Alarich  nach  Grie- 
chenland und  Italien  (401)  und  nach  ver- 
scliledenen  WechselAlIen  Erstärmung  der 
Stadt  Rom  (410).  Nach  Alarichs  Tod  führte 
Atanlph  das  Volk  nach  Gallien  (412)  und 
nach  Spanien,  und  nach  seinem  Tode  (415) 
setxte  Wallla  die  Eroberungen  fort  und 
gründete  das  veatgoth.  Beiek,  das  Südfrnnk- 
reich  Ton  der  Ga rönne  bis  sum  biscajischen 
Meer  nnifasste  (Hanptst.  Toulouse),  durch 
Wnllias  Nachfolger  alter,  Theodorich  (419— 
451)  und  Eurich  (466  -  484)  In  Gallien  so- 
wohl (bis  snr  Loire  und  ital.  Orenie)  als 
nach  Spanien  hinein  noch  bedeutend  er- 
weitert ward  (Hanptst.  Arles).  Alarich  IL 
verlor  darauf  in  der  Schlacht  bei  Poitiers 
(507)  gegen  den  Franken  Ohiodwig  Leben 
und  den  grössten  Theil  des  gallischen  Lan- 
des, und  mit  seinem  Sohne  Amalarich  er- 
losch 5^1  das  Geschlecht  der  Balten.  In 
der  Folge  friedliche  Verhältnisse,  Auf- 
blühen von  Künsten  und  Gewerben,  bis 
wegen  der  Wahl  Rnderichs  zum  König  die 
Burückgesetsten  Söhne  des  Königs  Witiza 
die  Arat>er  gegen  Jenen  Ins  Lnnd  riefen 
(710),  und  mit  dem  Sieg  derselben  bei  Xeres 
de  la  Frontera  (711)  der  Untergang  des  west- 
gnth.  tteichs  entschieden  ward.  Vgl.  D(xkn, 
,Die  piillt.  Gesch.  der  Westgothen',   1870. 

Die  0*tgothen,  nach  dem  Sturz  Attilas  in 
Paunonien  sesshaft,  unternahmen  Ton  hier 
ans  glückliche  Einfälle  in  das  byzaut. 
Reich,  besiegten  dann  unter  Theodorich 
d.  Gr.  Odoacer,  den  Herrscher  Ton  Italien, 

g93)  und  gründeten  ebenfalls  ein  grosses 
eich,  das  Italien  nebst  Sicilien,  Dalmatlen, 
Hochrhätien  und  später  auch  die  Proyence 
umfasste.  Nach  Theodorichs  Tode  (526) 
führten  seine  Tochter  A  malasuinth ,  dann 
Thendat,  nach  diesem  Vitiges  (536)  die  Herr- 
schaft, welch  letzterer  540  von  dem  kaiserl. 
Feldherm  Belisar  gefangen  ward.  Der  neu- 
gewählte KSnIgTotilas  ward  Ton  letzterem 
bald  aus  Rom  vertrieben  und  endlich  von 
Narses  bei  Taginä  im  Apennin  geschlagen 
und  tödtlich  verwundet.  Gleiches  Schick- 
sal hatte  sein  Nachfolger  Tejas,  und  566  war 
mit  Beendigung  des  Kriegs  das  Reich  der 
Ostgothen  vernichtet.  Vgl.  Dahn,  ,Gesch. 
der  Ostgnthen',  1861. 

Gothenbarg  (schwed.  Gotaborg),  Hanptst. 
der  sehwed.  Landschaft  Westgothland ,  an 
der  Mündung  der  Götaelf,  8.  Stadt  Schwe- 
dens, 4»,846  Ew.  Hafen;  lebfa.  Handel.  Ex- 
port«« :  Häringe  (100,000 Tonnen),  Eisen,  Holz. 

Gothisch,  den  Gothen  eigentliümlich; 
altertiiüiiillch ,  altdeutsch;  insbes.  der  vom 
13.  Jahrh.  an  auftretende  german.  Baustil 
(Snitzbogenstil),  s.  £aukunst. 

Gothland  (schwed.  Götaland,  OtUa  Sike, 
d.  i.  goth.  Reich),  der  südlichste,  frucht- 
barste und  bevölkertste  der  drei  Haupt- 
theile  Schwedens,  1784,5  QM.  und  2,278,687 
Ew. ;  Gebirge,  bes.  im  NW.  und  im  Innern 


(nicht  über  2000*),  ubwechMlnd  mftHfi^s. 
Thälem,  Ebenen,  Seen  und  'W&Idera;  gut 
angebaut,   am   ei^ebigsten    die    Sfidsprts« 

gtes.  Schonen).  8  Landsehafteii :  Schonen, 
alland,  Bofaua,  Dalsland,  IVes^otlilaod. 
Blekingen,  Smaland  nad  Ostdr^^ötfaland, 
nebst  den  Inseln  Oeland  and  Oottland. 

Gotter y  Frisdr,  Wilh,,  Dichter,  ^eb.  S. 
Sept.  1746  SU  Gotha,  grflndeta  1768  es 
Göttingen  mit  Bote  den  ,Masena.]nutnaeh*, 
ward  1771  g^h.  Sekretär  su  Goth a  ;  f  das.  18. 
]läral7H7.  Werke:  ,Gedlchte*  (1787 f.,  8  Bde.); 
,Sing8i)iele*  (1778)  und  ,SchaaspieIe*    (1796). 

Gottesftriede  (lat.  Treugx,  2Vewa  Dei),  Be- 
schränkung der  Fehden  durch  Verbot  der- 
selben auf  die  Zeit  vom  Donnerstag  Abend 
bis  Montag  früh,  auf  Konciiien  des  11.  und 
12.  Jahrh.  bestätigt  und  eingesehärft,  von 
Kaiser  Konrad  II.  zum  Reichsgesets  erhoben. 
Vgl.  JRNcMofc«,  .Geschichte  des  O.ns*,  1857. 

GottfHcdTOBBonllloB,  Herxog  won  Nlader- 
lothringen,  geb.   1061,    ältester    Sohn    de« 
Grafen   Eustacb   H.   von   Bonlo^^e,    folgte 
seinem   Oheim    1076    in   NiederlothringeB. 
kämpfte  ffir  Kaiser  Heinrich  IV.,  dann  1096 
Auftihrer  des  ersten  Kreusheeres,  eroberte 
10U8  Antioehia,  19.  Juli  109»  Jerusalem,  ward 
zum  König  von  Jerusalem  ernannt,    lehnte 
den  Künigstitel  ab,  kam  durch  seineu  Sieg  bei 
Askaiou  in  den  Besitz  von  gnnz  Palästina; 
t  18.  Juli  1100.    Muster  ritterlicher  Tugend. 

Gottfried  vom  Nifea,  Minne8äng:er,  ans 
Schwaben,  um  1250,  einer  der  Vertreter  ner 
sogen,  höfischen  Dorfpoesie ;  seine  Gedichte 
volksmäsjig  derb.    Ausg.  von  Bäupt  1852. 

Gottfried  vom  Htratsbarg,  mitreihocb- 
deutscher  Dichter,  zu  Anfang  des  ISw  Jahiii., 
bürgerlicher  Herkunft,  vielleicht  geisti. 
Standes ;  einer  der  drei  grossen  mittelalterl.  i 
Epiker,  Verf.  von  «Tristan  und  Isolde*  (um 
1210,  nach  franz.  Vorbilde),  an  dessen  Voll- 
endung ihn  der  Tod  verhinderte.  Neue 
Ansg.  von  BeekHein  (1869),  Ueliersetsungen 
von  Kurs  (1847)  und  Btmroek  (1855).  Fort- 
setzung des  Gedichts  von  Ulr.  wm  Tärkem 
(um  1240)  und  Seinr.  von  Freiberg  (nm  ISIO). 

Gotthel^  Jerendiw,  s.  BiUin: 

Gottlandy  schwed.  Insel  in  der  Ostsee, 
das  Län  Wisby  bildend,  42  QM.  und  52,777 
Ew.;  Kalktelsen  (80  —  200'  h  )  mit  frucfatb. 
Erdreich.    TrefTl.  Häfen.    Hauptort  Wisby. 

Gottlieben,  Marktflecken  im  Kant.  Thur* 
gan,  an  der  Mündung  des  Rheins  in  den 
Untersee,  214  Ew.  Im  Schloss  1415  Hosa 
und  Hieronymus  als  Gefiingene. 

Gottorpy  Schloss  bei  Schleswig,  ehedsm 
Bischofssitz,  1544—1717  Residenz  der  He^ 
Böge  von  Holstein-G.;  seit  1850  Kaserne. 

GottsehftU,  Bndolf,  Dichter  und  SchnTl- 
steller,  geb.  SO.  Sept.  1823  zn  Breslau,  lebt 
nach  versuhiedeuen  Lebensstellnngen  seit 
18(>3  in  Leipzig  als  Redakteur   der  ,Blätter 
für   literar.    Unterhaltung*    und   der  Zelt- 
schrift ,Unsere  Zeit*.   Bedeutend  als  Lyriker 
(,Gedichte*  1849 :  ,Neue  Gedichte'  1858).  als 
Epiker  (,Carlo  Zeno*,   2.  Aufl.  1851;  ,lbia' 
1861)  und  als  Dramatiker  (Tragödien:  ,MaF 
zeppaS  ,Nabob*,  ,Katharine  Howard*;  Lost-         | 
spiele:   ,Pitt  nnd  Fox*,  ,Die  Diplomaten'). 
Sehr,   ausserdem    ,Die   deutsche  National- 

li 


Gottsched  —  Grabbe. 


711 


literatar  in  der  1.  H&lfte  das  19.  Jahrb.*  (8. 
Aufl.  1860),  ,Poetik*  (2.  Aufl.  1870)  a.  A.; 
Bahlr.  Kritiken  n.  dgl. 

Gottsched  9  Joh,  Chriüoph,  Dichter  nnd 
Aesthetiker,  geb.  2.  Febr.  1700  sn  Judithen- 
Icirch  bei  Köntgfberg,   seit  1784  in  Leipsig, 
Mittelpunkt  eines  Dichterkrefses  («dentache 
Oeaellschaft') ,  später  Prof.  der  Philosophie 
und  Dichtkunst  an  der  Universität;  f  1'« 
I>ec  1706.    Verdienstvoll  durch  sein  wirk- 
sames Auftreten  gegen  den  Schwulst  der 
8.  schles.  Schule,  gegen  den  Hanswurst  auf 
der  Bühne  und  das  Opemunwesen,  dem  er 
formgerechte,   aber  nüchterne  Schauspiele 
nach     fransös.    Zuschnitt     entgegenstellte 
(«Dentsohe  SchaubühneS  1740  —  50,  6  Bde.). 
Hauptwerk:    ,yersuch    einer    krit.   Dicht- 
knust* (1730) ,  lange  Zeit  Codex  der  deut- 
schen   Aesthetik.      Im     Streite    mit     den 
Schweisem  Bodmer   und   Breltinger,   den 
Anli&ngem  der  engl.   Dichter,   erlitt  G.s 
An  sehn    eine    vollständige  Niederlage.   — 
Seine  Gattin  LiUst  Adelfftmd«  Victoria,  geb. 
Kulmu»  (geh.  1713,  f  1768),   auch   Schi-ift- 
stellerin.  Vgl. Z>a«£e{,  ,G.  n.  seine  Zeit',  1848. 
GottseheerUndy  Herrschaft  in  Krain,  dem 
Fürsten  Auersperg  gehörig,  48  QM.  und  ca. 
80,000  Ew.   fk-ank.-thuring.  Stamms,  meist 
Hau  sirer.    Hauptstadt  Gottachee,  1000  Ew. 

GoaMhemalerei  (spr.  Guasch-,  Wagch- 
nuUtrei),  Art  der  Malerei  mit  Wasserfarben, 
bei  welcher  dieselben  (mit  Gummi  ver- 
setzt) dergestalt  aulisetragen  werden,  dass 
Sie  den  Papiergrund  völlig  decken;  bes. 
geeignet  zur  Darstellung  glänzender  Far- 
benerscheinungen in  der  Natur. 

Gonadeloupe  (spr.  Guad'luhp),  franz.  Insel 
in  Westindien,  durch  den  Salzfluss,  einen  ^/s 
IL  langen  Meereskanal,  in  8  Theile  getheilt : 
das  kleinere  östl.  niedrige  Orande'  und  das 
westl.  gebirgige  £a<«e-T«rre  (oder  eigentl.  G»), 
bildet  mit  den  umliegenden  kleinem  Inseln 
Desirade,  Marie  Galante  etc.  die  franz.  Kolonit 
G.,  89,9  QM.  und  152,477  Ew.  Haup1i)rodnkt 
Zucker  (Ausfuhr  1869:  540,000  Gtr.).  Haupt- 
stadt Basse -Terre.  Entdeckt  1493  von  Co- 
lumbus,  1635  von  Franzosen  besetzt. 

Gonda  (spr.  Gauda,  ttr  Gou),  Stadt  in 
der  niederländ.  Prov.  Südholland,  am  hoU. 
Jissel,  15,584  Ew.  St.  Janskirche  (her.  Glas- 
gentälde);  Fabr.  irdener  Tabakspfeifen. 

Gongh  (spr.  Ghoff),  ffugh,  Baron  und  Vis- 
count,  engl.  Feldherr,  geb.  3.  Nov.  1779  auf 
Woodstown  (Limerick),  focht   1809  In  Spa- 
nien, erhielt  1841  den  Oberbefehl  über  die 
nach  China  bestimmten  Truppen,   eroberte 
Amoy,  TschusaUjTschinghai  u.  Ning-po,  dann 
Tschapu,  besetzte  19.  Juni   1848  Schanghai 
und  erstürmte  81.  Juli  Tschin-kiang-fü.  1848 
mit  dem  Oberkommando  in  Indien  betraut, 
schlug  er  89.  Dec.   1843  die  Mahratten  bei 
Maharajpor,    18.  Dec  1845  die  Sikhs  bei 
Moodkee  und  10.  Febr.  1846  bei  Sobraon  und 
sog  82.  Febr.  in  Labore  ein.    Aprü  1846  zum 
Peer  erhoben,  lieferte  er  18.  Jan.  1849  den 
Sikhs  die  blutige  Schlacht  beiChillianwallah 
und  schlug  sie  bei  Gudscherate  81.  Febr., 
worauf  sie  die  Waffen  streckten.    Seit  1868 
Feldmarschall,  fer  8.  März  1869. 
GoaUrdiehes  WMser,  Mlsohung  aus  Blei • 


essig,  Brunnenwasser  und  Alkohol,  dient  «u 
Umschlägen  bei  Quetschungen. 

Gounod.  C^rle*  Fdix,  franz.  Komponist, 
geb.  17.  Juni  1815  zu  Paris,  Schüler  von 
Hal6v7,  lebt  das.  In  Deutschland  bes.  be- 
kannt durch  seine  Oper  ,Margaretha*  (nach 
Goethes  Faust);  sehr,  noch  die  Opern  ,K5- 
nigin  von  SabaS  ,Bomeo  und  Julia*  u.  a.,  die 
Oratorien  ,Hiob*  und  ,U1  jsses*,  Kantaten  etc. 

Gonrgand  (spr.  Gurgoh),  Gaspard,  Baron, 
geb.  14.  Sept.  1783  zu  Versailles,  Ordonuauz- 
ofSzier  Napoleons  I.,  begleitete  ihn  nach 
St.  Helena,  trat  nach  der  Julirevolution  1830 
wieder  in  aktiven  Dienst,  ward  1849  Abgeord- 
neter der  Legislative;  f  25.  Juli  1852.  Gab 
heraus  mit  Montholon  ,M6moires  de  Napo- 
16on  ä  St.-H61dne<  (1823,  8  Bde.). 

Gonrmaiid  (fr.,  spr.  Gurmang),  Einer,  der 

Sem  viel  nnd  gut  Isst,  während  Gourmet  (spr. 
-urmeh)  den  eigentl.  Feinschmecker  be- 
zeichnet. Goitrma»dfoe  (spr. -dihs),  Lecker- 
haftigkeit;  Leckerbissen. 

Goat(fr.,  spr.  Gu),  Geschmack;  goutiren, 
kosten,  schmecken;  gutheissen,  billigen. 

GouTemante  (fr.),  Erzieherin,  welche  zu- 
gleich den  Unterricht  der  Kinder  versieht. 

Genremenr  (fr.,  spr.  Guwemöhr),  oberster 
Militärbefehlshaber  in  einer  Hauptstadt  oder 
einer  Festung  ersten  Bangs,  hat  einen 
OouvememtnUstab ,  bestehend  aus  einem 
Adjutanten,  Platzmajor,  Garnisonsauditeur, 
Stabsarzt  etc.,  zur  Seite;  auch  Titel  des 
Statthalters  einer  Provinz  oder  einer  Ko- 
lonie, die  danach  Gouvernement  heisst,  z.  B. 
in  Russland ;  in  den  nordamerikan.  Uuions- 
Staaten  (Govemor)  der  höchste  Staatsbeamte; 
auch  Erzieher,  Hofineister. 

GOttVlon  St.-C7r,  s.  Saint- Oyr» 

Govemor's  Island  (spr.  Gowwerners -Ei- 
land), befest.  Eiland  im  Hafen  von  Newyork. 

Goyazy  Prov.  im  Innern  Brasilien,  oa. 
14,000  QM.  und  250,000  (n.  And.  160,000)  Ew. 
Früher  bed.  Goldgewinnung,  Jetzt  erschöpft. 
Die  Haupttt.  G.,  am  Rio  Vermelho,  8000  Ew. 

Goyen,  Jan  van,  hell.  Landschaftsmaler, 
geb.  1596  zu  Leyden,  1 1^^  <ni Haag.  Ausgez. 
in  der  Darstellung  von  Wasaerpartien. 

Gozzl.  Carlo,  Graf,  ital.  Lustspiel  dichter, 
geb.  1722  zu  Venedig,  f  ^-  April  1806; 
Nebenbuhler  und  Gegner  Goldonis,  den  er 
durch  seine  dramat.  Feenmärchen  und 
phantast.  -  burlesken  Volksstücke  aus  dem 
Felde  schlug.  Besond.  bekannt  ,Turandot' 
(durch  SchlUer).  Werke  (1792,  10  Bde.; 
Uebersetzung  von  Btreckfus»  1805). 

Gozio  (das  alte  Gatdiia) ,  brit.  Insel  im 
mittelländ.  Meer,  bei  Malta,  1,7  QM.  und 
12,000  Ew.,  Hanptort  Roboto. 

Grabbe.  Christian  Dietrich,  dram.  Dichter, 
geb.  14.  Dec.  1801  zu  Detmold,  erst  Regi- 
mentsauditeur  daselbst,  lebte  dann  in  Düssel- 
dorf ganz  der  Dichtkunst;  f  körperlich  zer- 
rüttet 12.  Sept.  1836  in  Detmold.  Genial  und 
von  kräftiger  Phantasie,  aber  der  Mässi- 
gungundharmon.  Durchbildung  ermangelnd. 
Hauptwerke :  ,HerzogTheodor  von  Gothland' 
(in  ,Dram.  Dichtungen* ,  1827),  ,Don  Juan 
und  Faust*  (1829),  ,Friedr.  Barbarossa  nnd 
Heinrich  V.*  (1829—80),  «Napoleon  oder  die 
hundert  Tage*  (1831;  8.  Aufl.  1868),  ,Hanni- 


712 


Graben  —  Grässe. 


bal'  (18S6),  »Hermiuuissohl&oht*  (1838).  Vgl. 
Ziegler,  ,0.1  Loben  und  Ohanktar*,  1865. 

QnbeB,  in  der  Fortiflluttion  die  ein 
Testongswerk  nmgebende  fortlaufende 
künsti.  Yertlefiing,  welche  die  Ann&herung 
des  Belsigrerers  hemmt.  Der  Boden  heiest 
Sohle,  die  Wände  Escarpe  n.  Gontreescarpe. 

Grftbeueheere  (Tenaille),  Aussen  werk  vor 
der  Kurtlne.  Die  «infaehe  Q.  bildet  In  der 
Yerl&ngerung  der  beiden  Bollwerksfacen 
einen  eingebenden  Winkel.  Die  veretärkte 
G.  batVacen,  Flanken  und  eine  Kurtine.  Die 
G.  ermöglicht  rasantere  Grabenbestreichung. 

Grftbfeldy  altdeutscher  Gau  in  Franken, 
zwischen  dem  Thuringerwald,  Spessart  und 
Obern  Main,  theils  den  Grafen  von  Henne- 
berg, theils  zuWürzbarg  u.  Bamberg  gehörig. 

Grftbow.  Stadt  im  prenss.  Regbz.  Stettin, 
an  der  Oder,  nördl.  von  Stettin,  6608  £w. 
Grosse  Schiffswerfte,  Navigationsschule. 

OraboWy  Wilhelm,  preuss.  Abgeordneter, 
geb.  15.  April  1802  zu  Prenzlau,  1847  und 
1848  Mitglied  der  zweiten  Kurie  des  ver- 
einigten I^indtags,  dann  der  Nationalver- 
sammlung, Präsident  derselben,  legte  Okt. 
sein  Mandat  nieder,  trat  Frühjahr  1849  in 
die  zweite  Kammer  und  ward  deren  Präsi- 
dent, protestirte  gegen  dsren  Auflösung, 
1862->65  Präsident  des  Abgeordnetenhauses. 

GracchlUy  T^eriu»  und  öajue  Bemproniu», 
8  Brüder  ans  dem  röm.  Geschlecht  der  Sem- 
pronier.  Söhne  der  Cornelia  (s.  d.),  veran- 
lassten durch  ihre  Gesetzvorschläge  (Leges 
Sempronlae)  zu  Gunsten  der  ärmeren  Bürger 
die  sogen,  gnicchiachtn  Unruhen  ISS  und 
129  V.  Chr.  [Lustspiel. 

GraclosOy  der  Possenrelsser  im  altspan. 

Grad  (slav.),  Stadt,  Burg  (Belgrad  etc.). 

Orad&tim  (lat.),  stufenweise,  nach  u.  nach. 

Gradation  (lat.)i  Steigerung,  in  der  Rhetor. 
Aufsteigen  vom  Schwächeren  zum  Stärkeren 
(Klimax)  und  umgekehrt  (Antiklimax). 

Gradbogen^  Instrument  zum  Messen  eines 
Fall  winkeis ,  ein  aufhängbai*es  Lineal  mit 
Loth,  welches  an  einem  graduirten  Halb- 
kreis die  Neigung  des  Lineals  angibt. 

Grade,  die  gleichen  Theile  auf  physikal. 
Instrumenten  (Thermometer,  Barometer 
etc.');  bei  Winkelmessiustrumenten  stets  Vseo 
des  KreisnmfJEtngs,  auch  Vieo  aller  Kreise  am 
Himmel  und  auf  der  Erde.  1  G.  (o)  ==  60 
Minuten  (')  k  60  Sekunden  ('');  letztere  wer- 
den gegenwärtig  decimal  getheilt.  In  der 
Geogr.  Jeder  Breitengrad  (Grad  eines  Me- 
ridians) =:  15  deutsche  M.  Von  den  Längen- 
graden ist  nur  lo  des  Aequators  =  15  M.  = 
20  grosse  oder  60  kleine  Seemeilen = 25  franz. 
Lieues  =  fast  70  engl.  M.  =  104Va  Werst  etc. 
Die  übrigen  Längengrade  werden,  wie  die 
Parallelkreise  selbst,  mit  zunehmender  Ent- 
feimung  vom  Aeguator  kleiner,   und  zwar: 


10  des  20.  Par.  =:  14  M. 
10  .  80.  -  =18  - 
10  -  S7.  -  =  12  - 
10  .  48.  -  =11  - 
10    -    48.    -    =10 


10  des  53.  Par.  =  9  M. 
10   -    62.    -    =7    - 
10   -    70.    -    =51/8- 
10   -    82.    -    =2    - 
10-86.    -     =1 


Gradevftle  (ital.,Mu8.),  angenehm,  gefällig. 

Gradiren  9  schwache  Soole  koncentriren 
(auf  Domgradirhäusem,  s.  d.) ;  die  Farbe  der 
Goldleglrungen  erhöben. 


GradüMiMag»    Begümmiuicr    der    I^a^e 
eines  bekannten  Bogens   anf  cl«r  Brdober- 
fläche zu  Ermittelung   der  Grosse  vaiA  Ge- 
stalt  der  Erde.     Die   Län00ngraahmsammffem 
ermitteln  den  Abstand  sweler  Meridiane  un- 
ter einer  gewissen  Breite  ;  die  ^raUengrad- 
meeeungen  den  Abstand  zweier  BreitonlcreiBo 
auf  einem  bestimmten  Meridian.    I>ie  bedeo- 
tendsten  der  letzteren  sind  die  fromm. -engl. 
(Meridian  Paris)  von  S8o  40'  bis  60o  50'  (For- 
mentera  bis  Sazaword),  einen  Meridianb4^«o 
von  220  10'  umfassend;  die  rua:  (Meridian 
Dorpat)  von  450  20'  bis  70o  40'  (Ismael  bis 
Fuglenaes),    einen  Bogen  von   25 o   SO'    um- 
fassend.   Seit  1867  ist  die  evrop.  Gradmeamtng 
(von  Palermo    bis  Christianja)      in    Angriff 
genommen. 

GradnireBy  Gefässe  mit  einer  SIcale  ver- 
sehen,  um  ihren  Bauminhalt  bis  snt  jedem 
Theilstrich  ablesen  zu  können. 

Gradnfrt  (graduirte  Firton) ,  Derjenige, 
welcher  in  einer  akadem.  Fakultät  einen 
gradus,  d.i.  eine  akadem.  Würde,  eriialten 
hat.  Gradu«Udi^^iU4Uion ,  die  zu  diesem 
Zwecke  gehaltene  Disputation. 

Gradus  (lat.),  Stufe ;  das  Lesepult  in  der 
Kirche ;  in  der  Grammatik  Steigarunssstufe, 
Komparation;  auch  Bang,  Ehrenstelle. 

Gradus  ad  Parsusuoi  (lat.,  d.  i.  Schritt 
zum  Parnass),  Titel  eines  lat.  Wörterbuchs 
zum  Gebrauche  beim  lat.  Versemachen,  Toin 
Jesuiten  Jler  (1702),  vervollkommnet  von 
Friedemann  und  Conrad  (1842,  2  Thie.). 

Graeela  (lat.),  Griechenland. 

Gräfe,  1)  Karl  Ferdinand  von  G,,  Gbirnig 
und  Augenarzt,  geb.  8.  März  1787  zu  War- 
schau, ward  1811  Prof.  der  Chirurgie  in  Ber- 
lin, höchst  verdient  um  das  preuss.  Laza- 
rethwesen ,    Begründer   der   wissenschaftl. 
Chirurgie   und   der   Chirurg.   Klinik;    f   4. 
Juni  1840  zu  Hannover.  Sehr.  ,Normen  für 
die  Ablösung  g^rosser  Gliedmassen*  (1812); 
,Rhinoplastik*  (1818);   ,Beiträge  aur  Kunst, 
Theile   des   Angesichts    organisch     zu    er- 
setzen'   (1821)   etc.     Biogr.    von   JftcAcMlü 
(1840).  —  2)  JJbreeht  9on  €■.,  Angenoperatenr, 
Sohn  des  Vor.,  geb.  Mai  1828  in  Berlin,  seit 
Anfang  der  fünfziger  Jahre  Arzt  in  Berlin, 
wandte  mit  Erfolg  den  Augenspiegel  an  nnd 
begründete   wichtige  Heilmethoden,    ward 
1858  Professor;   f   ^*  JnU  1^70  in   Berlin. 
Seine  Arbeiten  im  ,Archiv  für  Ophthalmo- 
logie', in  .Klinische  Vorträge  etc'  (1871). 

Grafenberg,  Dorf  im  österr.  Schlesien,  bei 
Freiwaldau;  her.  Kaltwasserheilanstalt  (die 
erste,  von  F.  Pritesnit»,  t  l^^»  errichtet). 

Grifirath,  Stadt  im  preuss.  Begbs.  Düssel- 
dorf, Kr.  Solingen,  an  der  Itter,  5S06  Ew. 
Bed.  Metallindustrie.  [Schwärmender. 

Gräkomame  (gr.ll,  ein  fürs  Griechenthum 

Gran,  Gold-  und  Silbergewicht,  seit  ltt7 
=  0,0010889  Pfd.;  firüher  =  Vass  kölner  Merk. 
Für  Juwelen  =:  V4  Karat. 

Gr&BSe,  Joh.  Qeorg,  Bibliograph  und  Lite- 
rarhistoriker, geb.  81.  Jan.  1814  au  drinun«, 
lebt  zu  Dresden  als  Privatsekretär  des 
Königs.  Hauptwerke:  ,Lehrbuch  einer  sll- 
gemeinenLiteräfgeschichte'  (1887-60, 4  Bde. 
in  18  Thln.)  und  .Handbuch  der  sUgwi. 
Literärgeschichte'  (1845—50,  4  Bde.). 


Grätz  . —  Granatfels. 


713 


CbrStl/Orote;,  Hauptetadt  tob  Steiermark, 
an  der  Mur  und  der  wien-triester  Eiflenbabn, 
81,119  £w.  aoth.  Domkirche,  Universität, 
Oemäldegallerio ,  techn.  Letarinstitnt  and 
Museum.  Lebh.  Bidustrie,  ansebnl.  Handel. 

Graf  (lat.  eotne»),  Oeffthrte,  Begleiter  des 
Königs,  ursprüngl.  ein  über  einen  Oan  ge- 
setzter königl.  Beamter,  -welcher  die  Eze- 
katlTgewalt  handhabt;  nach  dem  Zerfall 
der  Gaaverfassnng  im  11.  Jahrb.  erblicher 
Besitzer  eines  Territorinms  (ßrqfaehaft); 
seit  Ende  des  15.  Jahrh.  auch  Titel  solcher 
Herren,  ^reiche  die  Reichsfreibeit  ihrer 
Iprösseren  Besitzungen  behauptet  hatten  und 
auf  dem  Reichstag  seit  Anfang  des  15.  Jahrh. 
nach  Kurien  (Banken,  wetterausche,  schwä- 
bische, frank,  und  westphäl.)  stimmten, 
durch  die  Mediatisirungen  zu  Anfang  des 
19.  Jahrh.  aber  ihre  Souveränetät  verloren. 

Gimfenkrlegy  s.  Dänemark,  Geschichte. 

Gnfftto  (ital.),  Art  Trescomalerei ,  wobei 
die  Wand  schwarz  grundirt,  mit  Weiss 
aberzogen,  dann  die  Zeichnung  bis  auf  den 
dunkeln  Grund  ausgeschabt  wird. 

Graham  (spr.  Graham),  1)  Sir  Jame$  Jtobert 
George,  engl.  Staatsmann  und  Parlaments- 
redner, geb.  1.  Juni  1798,  seit  1818  Mitglied 
des  Parlaments ,  ward  18S0  im  Ministerium 
Grey  erster  Lord  der  Admiralität,  Parteige- 
nosse der  Whigs  bei  Durchsetzung  der  Re- 
formbill, dann  den  Konservativen  sich  zunei- 
gend, Sept.  1841  bis  Juli  1846  Staatssekretär 
des  Innern,  Dec.  1852  bis  Febr.  1855  aber- 
mals Lord  der  Admiralität;  f  25.  Okt.  1861. 
Die  Eröffhung  der  Korrespondenzen  Mazzi- 
nis  (1844)  that  seinem  Ruf  grossen  Eintrag. 
—  2)  Thomas,  engl.  Chemiker,  geb.  20.  Dec. 
1805  in  Glasgow ,  f  16«  Sept.  1869  in  London. 
^Lieferte  wichtige  Untersuchungen  über  sohla^ 
gende  Wetter  und  über  die  Diffnsionsver- 
hältnisse  der  Flüssigkeiten  und  Gase.  Sehr. 
«Elements  of  chemistry*  (2.  Aufl.  1865).  Bio- 
graphie von  Hofmann  (1870). 

Grahambrod.  Weizenschrotbrod. 

GrahamaUnd  (spr.  Grahams-),  Küsten- 
strecke des  antarkt.  Landes,  südl.  von  Feuer- 
Und,  18S2  vom  Kap.  Bisooe  entdeckt. 

Gral  (der  hoü.  O.,  vom  altfranz.  Or^, 
d.  i.  Schüssel),  nach  der  mittelalterl.  Sage 
die  demantne  Schüssel,  worin  Jos.  von 
Arimathia  das  Blut  Ohristi  aufüng  und  die, 
mit  wunderbaren  Kräften  ausgestattet,  spä- 
ter ins  Abendland  kam ,  wo  sie  auf  dem 
unnahbaren  Berge  Monsalvasch  von  dem 
Templeisen  (einer  ritterlichen  Gtonossen- 
sohaft)  gehütet  wurde.  Die  tief  mystische 
Sage  wurde  zuerst  von  dem  nordfranz.  Dich- 
ter Chreetien  von  Troye»  (um  1170,  ,Merlin', 
,De  Sana  gr6alS  ,ParoevalS  ,LaYioelot*  etc.), 
in  Deutschland  bes.  von  Wolfram  von  Eeehen- 
hoitih  (Parcival*,  »Titarel*)  poet.  behandelt, 
und  zwar  in  Yerbindung  mit  der  Artussage. 

Gramniy  die  dem  franz.  Gewicht  zn Grunde 
gelegt  nominelle  Einheit^  =  'Ao  DekiHonramm 
=:  Vioo  Hektogramm  =r  i/iogo  KHogr.  =  10 
Dedgr.  =  100  Gentigr.  =  1000  Milligramm; 
1  G.  =  1  Kubikcentim.  Wasser  bei  40  C. 

GranuBatlk  (gr.),  Sprachlehre ;  grammati- 
haXiach,  grammaHach,  die  Sprache  betreffend. 

Oramont  (spr.  -mong),  Jnt,  Alfred Agenor^ 


Herzog  von,  franz.  Diplomat,  geb.  14.  Aug.  1819 
zu  Paris ,  schloss  sich  nach  der  Februarre- 
volution 1848  an  Ludwig  Napoleon  an,  ging 

1852  als  franz.  Gesandter  nach  Stutt^urt, 

1853  nach  Turin,  Aug.  1857  als  Botschafter 
nach  Rom,  1861  nach  Wien,  ward  15.  Mai 
1870  Minister  des  Aeusseren,  als  solcher 
Führer  der  Kriegspartd,  foh  nach  dem 
Sturz  des  Kaiserthums  nach  England. 

GrampiaDgebirge  (spr.  Grämpiän-),  der 
höhereThoil  der  schott.  Hochlande,  mit2Ket- 
ten;  die  südl.  (eigentl.  Orampian»)  im  Mittel 
2500^  hoch,  mit  dem  Ben  Macdui  (4030^  h.) 
in  der  Oairngormgruppe ;  die  nördl.  (Gebirge 
von  Invemeu)  mit  >  dem  Ben  Nevis  (4130'), 
dem  höchsten  Berge  der  brit.  Inseln. 

Gran  (Granum),  Apothekergewicht;  20  G. 
=  1  Skrupel,  60  =  1  Drachme,  5760  =  1  Pfd. 

Gran 9  ungar.  Komitat,  Kr.  diesseits  der 
Donau,  19,9  QM.  und  ca.  100,000  Ew.,  lieb- 
liche und  Aruchtbare  Landschaft  zu  beiden 
Seiten  der  Donau.  Die  Hauptstadt  G.,  an 
der  Mündung  des  Fltusee  G.  (32  M.  1.)  in 
die  Donau,  11,215  Ew.,  Sitz  des  Erzbischofs 
und  Primas  von  Ungarn;  prächtige  Kathe- 
drale (1821-56  erbaut).    Bed.  Weinhandel. 

Granäda,  1)  ehemals  (1231—1492)  maur. 
Königreich  in  Südspanien,  Oberandalnsien 
oder  die  heutigen  Prov.  G.,  Malaga  nnd 
Almeria  umfassend,  über  500  QM.  Die 
gleichnam.  Hauptetadt  des  Königreichs  nnd 
der  Frovinz  G.  (232  QM.  und  468.123  Ew.), 
reizend  am  Fusse  der  Sierra  Nevada  am 
JLenil  gelegen,  67,826  (sonst  400,000)  Ew. 
Kathedrale,  Univers.  Auf  einem  Felsen  die 
Alhambra  (s.  d.).  Vgl.  Lafuente,  ,Hi8toire  de 
G.S  1851,  2  Bde.  —  2)  Stadt  in  Nicaragua 
(Oentralamerika) ,  am  Nicaraguasee,  12,000 
Ew.  1522  gegr.  nnd  ehemals  durch  Handel 
sehr  reich.  Jetzt  verfallen. 

Gimaity  Mbaeral  aus  der  Klasse  der  wasser- 
freien Araphoterolithe ,  Silikate  von  sehr 
verschiedener  Zusammensetzung  (Kalk- 
Thon-,  Eisen-Thon«,  Kalk-Eisengranaten): 
Almandin  (Karfunkel),  eeUer  G.,  meist  kry- 
stallisirt,  roth,  durchsichtig,  sehr  häufig  als 
Gemengtheil  von  Gesteinen ;  weisaer  Q,,  derb, 
fast  ungefärbt ;  Groeeular,  grünlich,  krystal- 
lisirt,  durchscheinend ;  Heeeonit,  Kaneeletein 
(fälschlich  Hyadnth) ,  gelb  bis  roth ,  kry- 
stallisirt  und  kömig,  durchsichtig;  gemeiner 
G.,  grün,  braun,  schwach  durchscheinend, 
krystallisirt  und  derb;  Melanit,  schwarz, 
undurchsichtig,  kryjstallisirt.  Die  schön- 
farbigen klaren  Varietäten  des  Almandin 
und  Hessonit  dienen  als  Schmucksteine 
(böhm.  in  Schwemm-  und  Schuttland,  in 
Tirol  etc.).  Granatschleiferei  in  Böhmen, 
Waldkirch  im  Breisgau,  Warmbnum  etc. 

Granaten  9  eiserne  Hohlgeschosse  mit 
Sprengladung,  mit  Ailetten  oder  Bleimantel 
zur  Führung  in  den  Zügen  und  mit  tem- 
pirtem  (auf  Zeit  gestelltem),  Konkussions- 
oder  Perkussionszünder  (Preuasen  1870—71), 
werden  ans  gezogenen  Feld-  und  Festungs- 
gesohützen,  neuerdings  auch  aus  gesogenen 
Mörsern  geschossen. 

GranatflDls^  Gestein  aus  kdrnig'krystalU- 


714 


Granatkariataclie  —  Granulation. 


niieh«m  GrmoMt,  im  kr3rttollfniich«n  Schle- 
Urg9birg»f  EngeMrge,  In  CaiiAd«  etc.,  dient 
flJs  Zueehlag  beim  KiaeDachmelgen. 

OnuuitkartiLtache  (Bkrapiul) ,  elfernes 
Hohlsescboet,  mit  40-^180  Bleilragelii  und 
BprensleduDg  gefüllt,  ezplodirt  mittelst  tem- 
plrten  Knnkunions-  oder  PerkunioDaxün- 
den;  Jetst  dnivh  die  Orasete  Terdrängt. 

Oraa-CAWiria.  eine  der  kanar.  Inseln,  SO*/« 
QM.  mit  70,<W0  E».    Hauptstadt  Las  Palmas. 

draa-Chaeo  (spr.  -Tscliako),  weites  Ge- 
biet im  nördL  Thef le  der  argentin.  Republik 
nnd  iu  Paraguay  bis  Bolivia,  ca.  20,000  QM.; 
Ebene,  rem  Rio  Salado,  Vermejo  und  PUco- 
majo  durchströmt,  im  S.  WOate,  im  N.  mit 
üppiger  Vegetation,  yon  nomadisirenden, 
liwien  Indianern  dnrcliaogen. 

Onad,  feiner  Kies  oder  grober  Sand. 

CInuid  CowroBBe  (spr.  Grang),  frans.  Ort 
s&dl.  bei  Ronen;  31.  Dec  1870  siegreiches 
Oefe«kt  der  Deutschen  (L  Armee)  gegen 
flmnz.  Uebermacht. 

Gruden  (span.  OriutäM) ,  seit  16.  Jahrh. 
in  Kastilien  Titel  der  Vornehmsten  des  hohen 
Adels,  welche,  gegen  gewisse  königl.  Lehen 
dem  König  zum  Kriegvdienst  Torpflichtet 
waren  und  Anspruch  auf  die  ersten  Staate- 
steilen  hatten ;  dann  abhängiger  Hofadel  in 
3  Klassen.  Durch  die  Revolution  ward  die 
Orandenwürde  angehoben,  iu  den  nach- 
folgenden  Restaurationen  wiederhergestellt, 
aber  ohne  wirkliche  Vorrechte.  GrwnAtiza, 
Wurde  eines  G. ;  auch  feierlidi  hochtraben- 

GrandiMy  grossartig.         [des  Benehmen. 

Grandison^  Held  eines  ehemals  berühmten 
engl.  Romans  Ton  Bichardson ;  davon  sprich- 
wörtlich 8.  V.  a.  Tugendheld. 

Grandwn  (spr.  Grangsöng,  Oranton, 
OranBen),  Stadt  im  Kant.  Waadt,  am  Nenen- 
burgersee,  1476  Ew.  Festes  Schloss.  Bei 
G.  (oder  Motiers)  3.  liärs  1476  Sieg  der  Eid- 
genossen über  Karl  den  Kühnen. 

ttrud  Tentron,  Gipfel  der  Vogesen  im 
Obern  Elsass,  4096'  hoch. 

GrandviUe  (Oranville,  spr.  Grangwil), 
befest.  Seestadt  im  frans.  Depart.  Manche, 
15,622  Ew.    Austemfang.    Seebäder. 

GnndvUle  (spr.  Gmngwil),  Jean  Ignace 
laidore  Qirard,  firanz.  Zeichner,  geb.  1803  su 
Nancy,  f  17.  Mars  1747  su  Paris.  Bekannt 
durch  seine  humorist.  Sittenbilder  ,Les  m^ta- 
morphoses  du  Jour*,  ,Animaux  parlans*  etc. 
und  Illustrationen  su  vielen  Pracht  werken; 
lieferte   auch  treffende   polit.  Karikaturen. 

Grftnlau(a.  G.),  Tluas  im  nordwestl.  Klein- 
asien ,  in  die  Propontis  mündend ;  daselbst 
334  Sieg  Alezanders  d.  Gr.  über  die  Perser. 

Granler  de  CMisfriiM  (spr.  Granjeh  dö 
•aajnk),  Adolphe,  franz.  Publicist,  geb.  1806 
SU  Gassagnac,  gründete  das  ultrakonser- 
vative Blatt  ,L'Epoque*  (1845),  nachher  Mit- 
arbeiter am  ,Gon8titutionnel*  und  Redakteur 
des  officinellen  Tageblatts  ,LePa78S  eifriger 
Yertheidiger  des  napoleon.  Regimes ,  1852, 
1857  und  1864  Blltglied  des  gesetzgebenden 
Körpers.  Sehr.  ,Hist.  de  la  r^volution  franc.* 

il850,  4  Bde.);  ,Hi8t.  de  la  chute  de  Louis- 
>bilippe<  (1857.  4  Bde.)  U.A.  —  Seine  Söhne 
Hauptvertreter  des  Journalist.  Faustrechts. 
Granit^  Felsart,  kömig -krystallinisches 


Genenge  von  Qoars,  Glimmar  (Knli*  vsd 
Magnesiaglimmer)  nnd  Feldapatii  (OrthoUna 
und  Oligoklas):  O.  im  engem  Sinn«  veiss 
oder  grau;  Oroniltf,  vorherrschend  roth; 
FirMogyn  mit  grünem  Glimmer;  Sjfemiigrmmit 
mit  Hornblende  neben  Glimmer;  /Vyinafif, 
grosskömig  mit  aOberweissem  Glimmer  ond 
häufigem  Turmalin ;  SckrifigromU  mit  dgen- 
thümlichen  Krystalllrfldnngen ;  Oraie^uUo, 
feinkörnig,  glimmerarm;  GmeUgramii,  s. 
Gneie.  Weit  verbreltetas  Gestein,  bHdet 
die  charakteristischen  Granitbexs>e  mit  annft 
gewölbten  Kuppen  nnd  oft  mit  Blöcken  be- 
deckt (Felsenmeere,  TeofelBmühlen) «  mast 
in  Begleitung  des  krystaJlinischea  8«^fefer- 
gebirges,  oft  die  Centralmasae  der  Oebiis* 
bildend;  liefert  bei  der  Verwittamns  Cracht- 
l>aren  Boden,  veranlasst  al>er  nach  leidit 
Versumpfung  und  TorfbOdnng;  dient  als 
Pflaster-  und  Baustein,  su  monnmenf  len 
Werken,  su  Ctussplattat ,  Stampftrögea, 
Oefen   etc.;  Erzfühmng  verbältniasmäasig 

GruütellOy  s.  Granu,  \iBBring, 

Granitmnmior,  s.  Marmor. 

Granitporphyr,  s.  Porpkfr. 

Granits,  waldige  Höhe  auf  Rucea,  SSCKh. 

Graaja,  La,  Schloss  der  span.  Könige,  bei 
San  Ildefonso  (Segovia),  1727  im  Oesehmack 
von  Versailles  erlnnt ;  Somroerres.  des  Hofes. 

Granne  (Arista),  borstenartige  Verlänge- 
rung der  Speise  (gluma,  s.  d.). 

Gran  SaaM  d'Italia,  höchster  Berg  der 
Apenninen,  in  den  Abmszen,  9208'  h.,  nack- 
ter Felskegel,  östl.  6000'  schroiT  abfallend. 

Gmnt  (spr.  Gränt),  1)  Sir  James  iETope,  engl. 
Gteneral,  geb.  1808,  diente  1840—42  im  Krieg 
gegen  China,   befehligte  in  den  Feldsügen 
1848  und  1849  in  Indien  ein  Regiment,  seich- 
nete  sich  an  der  Spitse  eines  fliegenden  Goips 
ltö7  und  1858  im  Krieg  gegen  die  indischen 
Rebelleu   aus,   erhielt  bei  der  Expedition 
nach  China  1860   den  Oberbefehl   über  die 
Landungstruppen  und  rückte  13.  Okt.  sieg- 
reich  In  Peking   ein,   war  1861—65  Ober- 
befehlshaber   in    Madras,    dann    Geaeial- 
quartiermeister  der  brit.  Armee.  —  S)  ITIjrsser 
Sidney,  nordamerik.  Feldherr  und  Präsident 
der  Union,   geb.  27.  April  1822  in  Moont- 
Pleasant  in  Ohio,  machte  unter  Taylor  den 
mexikan.  Krieg  mit,  war  dann  als  Qeometer, 
Farmer  und   Fabrikant   thätig,   natdi  Aus- 
bruch  des  Bürgerkriegs  Aug.  1861  Brigade- 
general, nahm  6.  Febr.  1862  Fort  Henry  am 
Tennessee,   siegte  an  der  Spitze  der  West* 
Tennessee- Armee   bei   Yuka  und   Oorinth 
(19.  Sept.  und  4.  Okt.  1862),  nahm   4.  Juli 
1863  Yicksbuxg,  erhielt  Sept.  das  Kommando 
der  vereinigten  Armeen    des  Gumt>erland, 
Ohio   und   Kentucky,     swang    den   Feind 
zum  Rücksug  nach  Georgia,  ward  März  186A 
zum  GeneralUeutenant  und  OberbefehlsbalMr 
aller  Armeen  ernannt,  zwang  3.  April  18tt 
Petersburg  und   Richraond   zur  Uebergabe, 
ward  dann  Obergeneral  aller  nordamerilc 
Armeen,   März   1869  Präsident  der  Union. 
Biogr.  von  AbboU  (1868),   MUkard»on  (1868), 
Badeau  (militärisch,  186d)  u.  A. 

Grannlation  (lat.),  die  Bildung  der  sogen. 
Fleisch  wärzchen,  welche  ans  sartem  Binde» 
gewebe,  Blntgeftssen  nnd  Zellen  besteben 


Granuliren  —  Graudenz. 


715 


und  bestimmt  aindi  die  Vemarbang  7011 
'Wanden  m  bewirken.  Ihre  überm&ssige 
Wucherung  stellt  das  sogen,  wilde  Fleisch 
dor,  welches  durch  Aetsung  in  seiner  But- 
^wicklung  gehemmt  werden  muss. 

OranBliren«  körnen^  s.  OekönU, 

ettMOkulit  (ff^eisBslein,  Leptinit),  Velsart, 
meist  krystalliulsch  -  schiefriges  Gemenge 
aus  feinkörnigem  Orthoklas,  Feldspatb  und 
QnarEf  in  Sachsen,  Böhmen,  Mähren. 

ttnuiTella,  Ant.  Perrenot,  Kardinal  vQn, 
Span.  Staatsmann  un4  Diplomat,  geb.  80. 
Aug.  1517  »1  Omans  in  Burgund,  Sohn 
Nicolas  Perreaot  G.s,  Reichssiegelbewahrers 
Karls  V.,  ward  1540  Bischof  von  Arras, 
1650  Staatsrath  und  Reichssiegelbewahrer, 
und  scblost  1553  den  passauer  Vertrag  ab. 
X>ann  Minister  der  Statthalterin  Margarethe 
von  Parma  in  den  Niederlanden,  ward  er 
zum  Erzbidchof  von  Mecheln  ernannt,  1564 
von  Philipp  II.  Ruruckberufen,  schloss  1570 
zu  Rom  das  Bundniss  Spaniens  mit  dem 
Papst  und  Venedig  gegen  die  Türken,  ward 
Viceköuig  Ton  Neapel,  1575  Präsident  des 
höchsten  Raths  von  Italien,  1585  ErzMschof 
von  Besancou;  f  2^*  Sept.  1586  zu  Madrid. 
Vgl.  Oerlaehe,  »Philippe  n  et  G.\  1842. 

Oraphik  (gr.),  Schreib-  und  Zeichenkunst 
(daher  graphiache  Künste:  im  engeren  Sinn 
Verrielfältigungsmethoden  für  den  Druck, 
entweder  von  Platten  mit  erhabener  Zeich- 
nung, wie  Holzschnitt  und  Stereotypie,  oder 
mit  yertiefter  Zeichnung,  wie  Kupferstich 
und  Lithographie);  insbes.  diplomatische 
Schriftkunde. 

tirapbit  (BeiMblci,  WasterUei),  Mineral 
aus  der  Klasse  der  Metnlloide ,  glänzend 
schwarz,  mild,  krystallinisrh,  chemisch 
reiner  KohlenstofT  in  besonderer  Modifika- 
tion, G-emengtheil  mancher  Gesteine  (Granit, 
Gneis,  Glimmerschiefer),  findet  sich  in  Ost- 
Sibirien  (im  östl.  Sajangebirge  die  alibert- 
schen  Graphitwerke),  auf  Ceylon,  in  Bayern, 
Böhmen,  Mähren,  Oberösterreich,  Nieder- 
Bcblesien,  im  Depart.  der  untern  Alpen,  in 
Spanien,  Kalifornien,  Canada;  entsteht  durch 
Zersetzung  von  OyauTerbindungen ,  im 
•Hohofen  und  bei  der  Darstellung  von  Aetz- 
natron.  Dient  zur  Fabrikation  der  Bleistifte, 
Schmelztiegel,  als  Leiter  der  Eiektricität 
eum  Ueberziehen  der  Formen  in  der  Gal- 
vanoplastik, zum  Anstreichen,  Bron^iren  etc. 

Graphotyple  (gr.),  Darstellung  von  Druck- 
platten für  die  Buchdruckeipresse ,  wobei 
die  Zeichnung  auf  rein  median.  Wege  in 
gehärteter  Kreide  erhaben  dargestellt  wird. 

Graptolitheiiy  ausgestorbene  niedere  Thie- 
re,  versteinert  bes.  Im  Thonschiefer  (Orap- 
tolWienscki^er)  des  Uebergangsgebirges. 

Grasleinen  (Graatueh,  Chinaeloth),  feines 
glänzendes  Gewebe  aus  der  Bastfaser  der 
Boehmeria  nivea  L.    Vgl.  Bamee, 

Graslits^  Indnstriestadt  im  böhm.  Kreise 
i^er,  au  der  Zwoda,  5786  Ew. 

Graamficke  (Sylvia  L.),  Gattung  der  Sper- 
lingsvögel (Sänger).  Meistertängtr  (S.  orphea 
Tan.),  6"  lang,  in  Südeuropa  und  Süd- 
deutsch land.  JÜ&neh  (S.  atricapilla  L,),  6", 
in  Europa,  Kleiuasien,  Nordafrika.  Oraue 
Domgratmüokt  (S.  cinerea  Beehtt.),  6'',  in 


Europa,  Südwestasien*  Garteugrasmücle  (S. 
hortensis  Bechat.),  6",  in  Europa.  MÜlUr- 
ehen,  ffausgrasmücke,  WeiukeMcken  (S.  cur- 
ruca  Lath.),  b^j*'' ,  in  Europa.  Sptrhergraa- 
mücke  (S.  nisoria  BechtQ,  6S/4",  in  Europa. 
Alle  Arten  Im  Sommer  bei  uns,  Stubenvögel. 

Grasnelke^  s.  Armeria. 

Grasöl  ( Lemongraaöl  t  Idris^,  ÜarderitH), 
farbloses  rosenartig  riechendes  ätherisches 
Oel  von  Andropogon  Nardus  in  Ostin'dien, 
Arabien,  am  Kap,  auf  Ceylon,  dient  in  der 
Parfümerie,  zur  Verfälschung  des  Rosenöls. 

Grasse,  Stadt  im  franz.  Depart.  Seealpen, 
12,241  Ew.    Kathedrale.    Parfümeriefabr. 

Grassirea  (lat.),  um  sich  greifen,  verbreitet 
sein  (z.  B.  von  Epidemien).  [muth. 

Gratia  (lat.).  Dank;  Gnade,  Gunst;  An- 

Gratiäl  (lat.),  Geschenk,  Trinkgeld. 

Gratias  (lat. ,  näml.  dico  oder  ago ,  ich 
sage),  Dtnk;  Dankgebet.  [lohnung. 

Gratifikation  (lat.),  Vergünstigung,  Be- 

Gratiöia  L.  (Gnadenkraut),  Pflatazengat- 
tung  der  Personaten.  Von  G.  officinalis  L., 
Purgir-,  Oichtkr aiU,.WurzBl  u.  Kraut  ofElciix. 

Gratis  (lat.),  umsonst,  unentgeltlich. 

Gratthiere  9  s..  v.  a.  Gemsen. 

Gratoit  (fr.,  spr.  -tüi),  freiwillig,  unent- 
geltlich, [tulation,  Glückwunsch. 

Gratnllren  (lat.),  Glück  wünschen;  Gro- 

Grata,  Stadt,  s.  Gräix. 

Grai|9  Mittelnuauce  zwischen  Schwarz  und 
Weiss,  meist  mit  einem  Ton  in  eine  der 
Grundfarben  neigend,  wird  in  der  Färberei 
meist  durch  Blau-,  (>elb-,  Sandelbolz,  In- 
digo, Gallus,  Schmeck  hervorgebracht. 

Grattbiiiiden,  Kant,  der  südöstl.  Schweiz, 
127,8  QM.  u.  (1870)  91,794 Ew.  (51,921  Reform.) ; 
Alpeuland,  von  den  rhätischeu  Alpen  er- 
füllt (PizLinardll,500',  Piz  Bemina  12,500') 
mit  öHauptthälern:  Thal  des  Hinterrheins, 
des  Vorderrheins,  Albulathal,  Engadin  und 
Prettigau.  Alpenwirthschaft ,  auch  theil- 
weise  Weinbau;  Transit-  und  Speditions- 
handel. Verfassung  vom  24.  Okt.  1853.  Ein- 
nahme 1861:  731,000,  Ausgabe  985,000,  Schuld 
4Vs  Mill.,  Aktivvermögen  8  Mill.  Frcs.  Kon- 
tingent 6578  M.  Die  Bevölkerung  halb  ro- 
manisch, halb  deutsch.  —  Anfangs  Theil 
von  Rhätlen,  843  mit  Deutschland  verbun- 
den. Im  15.  Jahrb.  gegen  die  Augriffe  frem- 
der Herren  Bildung  dreier  Bünde:  der  obere 
oder  graue  Bund  (der  W.,  1424),  der  Gottes- 
hausbuud  (der  östl.  Theil  mit  Chur,  1425), 
der  Zehngerichtenbund  (der  N.,  1435),  die 
sich  1471  zum  ,ewigen  Bunde  in  Hochrhä- 
tien'  vereinigten..  1512  Eroberung  der  Graf- 
schaften Veltlin,  Chiavenna  und  Bormio; 
infolge  davon  in  der  1.  Hafte  des  16.  und 
Im  17.  Jahrb.  innere  Zerwürfnisse  und  Ver- 
wüstung des  Landes  durch  Österreich,  und 
span.  Truppen.  1797  Jene  Gebiete  durcU 
Bonaparte  wieder  mit  Italien  vereinigt.  179!:} 
Vereinigung  G.s  mit  der  helvetischen  Re- 
publik; 1803  Eintritt  in  die  Eidgenossen- 
schaft. Seit  1851  Eintheilung  in  14  Bezirke. 
Hauptstadt  Chur. 

Graudenz  y  Kreisstadt  Im  preass.  Regbz. 
Marienwerder,  an  der  Weichsel,  14,844  Ew. 
Nördl.  dabei  die  FeUung  d:  (1770  —  76  erb., 
von  Oourbiöre  1807  tapfsr  vertheidigt). 


716 


Grauer  Staar  —  Gregor. 


Clrmmer  Stur,  b.  Staar. 

GrSMllegVHdM)  Konglomerat,  die  nnmit- 
telbftre  Unterlage  des  Kapferschfefera. 

Orrnu,  Karl  Heinr.,  Komponist,  geb.  1701 
in  Watarenbrück,  seit  1740  königl.  Kapell* 
roeister  in  Berlin;  t  das.  8.  Aug.  1759. 
Hauptwerk:  ,Der  Tod  Jesn*  (Orator.  Ton 
JSawler);  ausserdem  an  SO  Opern. 

ttravpra«  enthnlste  nnd  abgerundete  Kör* 
ner  des  Weisen s,  Dinkels,  Boebsweiaens 
und  der  Gerste ,  werden  auf  der  Oraiupen- 
mühle  dargestellt;  die  unter  dem  gepochten 
Ers  befindlichen  grösseren  Stficke. 

GravsplcMglaaserSy  s.  Atuiman. 

CIrMiwaekey  geschichtetes  kömiges  Ge- 
stein, Gemenge  ron  Quarz,  Thon>  und 
Kieselschiefer,  häufig  auch  Teldspath  und 
Glimmer,  dient  als  Bruch-  nnd  Mauerstein, 
wird  bei  bedeutender  Grösse  der  Bestand« 
theile  bu  Konglomerat,  bei  Feinheit  des 
Korns  su  Grauvackesandstein  und  Grau- 
wackeschiefer. Qeognostisch  s.  t.  a.  Ueber- 
gangsformation  (kambri$ehe ,  aüuriaehe  und 
devanitehe  Formation),  G.  bildet  znmTheil 
guten  Waldboden,  aber  nie  guten  Acker- 
boden; führt  häufig  Erze. 

GniTlineB  (lat.),  Beschwerde,  die  man 
fiber  etwas  zu  fähren  hat.  O.  irrtUvant, 
unerhebliche  Beschwerde.  €fravaminiren, 
Beschwerde  fuhren.  OrenanHa,  esschwe- 
rende  Umstände. 

GrmTe  (ital.),  ernst,  feierlich  gemessen. 

GraTeluM  (spr.  -welihn,  Oravilingen),  be- 
festigte Seestadt  im  franz.  Depart.  Nord,  an 
der  Mündung  der  Aa,  fölO  Ew.  18.  Juli 
1558  Sieü  Egmonts  über  die  Franzosen. 

GraTUOtte,  Ort,  westl.  bei  Metz ;  18.  Aug. 
1870  gr.  Sieg  der  I.  und  n.  deutschen  Ar- 
mee unter  König  Wilhelm  Über  die  Fran- 
zosen unter  Bazaine,  8.  (entscheidender) 
Tag  der  Schlacht  bei  Metz. 

GnTeosteln.  Dorf  in  Schleswig,  bei 
Apenrade,   476  Ew.  Schloss,  her.  Obstbau. 

GniTesend  (spr.  Grehws-),  Stadt  in  der 
engl.  Graftch.  Kent,  an  der  Themse,  18,782 
Ew.    Starker  Gemüsebau  (für  London). 

Grartdltit  (lat.),  Schwangerschaft. 

GrarireM^  erhabene  oder  vertiefte  Zeich- 
nungen mit  schneidenden  Instrumenten 
(Grabstichel,  Radimadel)  in  Holz  oder  Me- 
tall oder  in  Glas  (Schleifrad)  darstellen;  ge- 
schieht zum  Theil  mit  Maschinen  (Gravir- 
und  Gnillochirmaschinen ,  Linür-  oder 
SchrafBrmaschfnen).  [Wesen. 

Grayltit  (lat.),  würde,  feierlich  ernstes 

tiraTltatioii(Iat.),  Schwerkraft,  allgemeine 
Schwere ,  die  zuerst  von  Newton  erkannte 
Grundeigenschaft  der  Materie,  nach  welcher 
entfernte  Körper  einander  im  direkten  Ver- 
'liältniss  ihrer  Massen  und  im  umgekehrten 
Verhältniss  des  Quadrates  ihrer  AlMtände 
anziehen  und  einander  zu  nähern  streben. 

Gray  (spr.  Greh),  Thom.,  engl.  Dichter, 
geb.  )tO.  Dec.  1716  zu  London,  f  SO.  Juli 
1771  als  Prof.  der  Geschichte  zu  Cambridge. 
Gehaltvoller  Lyriker;  am  bekanntesten  seine 
»Elegie  auf  elngm  Landkirchhofe*  (deutsch 
von  Seume).    WBrke  (zuletzt  1870,  2  Bde.). 

Grasle  (lat.  tjratia),  Anmuth, 


GnritoB  (Ut.  Qimiia»,  gr.  CkmHfm  oder 
ChariHnmen),  die  <3öttiBn«i  der  Anmntli  nnd 
LiebUchkeit,  bei  Hesiod  Aglaia,  Knplkro- 
syne  nnd  Thalia,  Töchter  des  Zena  und.  dar 
Eurynome,  meist  mit  ▼ersehlanfcenen  Ar- 
men zu  einer  Gruppe  vereinigt  dargestellt. 
Greueiö»,  reizend,  lieblich. 

Gr^coart  (spr.  Gr^kuhr),  J«an  JBapl.  Jo*. 
Vülaret  de,  tnnm.  Dichter,  gab.  1683  zu 
Tours,  1 2.  April  1748.  Meister  in  der  leicht- 
fertiKcn  poet.  Erzählung.    «OeuTrae*  (1747). 

Greea-HowBtalBa  (spr.  Grihn  -  Mannt'ns, 
d.  i.  grüne  Berge),  Tbeil  des  Alleg^hany- 
geblrgs  in  Nordamerika,  von  Ganad«  nach 
Vermont  ziehend,  im  Mansfield  dSfiSH  b. 

Greoiock  (spr.  Grihnöck),  See-  und  Han- 
delsstadt in  der  schott.  Grafsch.  fienfraw, 
am  Mündungsbusen  des  Clyde,  48,008  Kw. 
Gr.  Spinnereien,  Giessereien,  ZnckerrafBne- 
rien  etc.  Vortreffl.  Hafen.  Hanptstation 
der  Dampfer  von  Belfkst  und  Liverpool. 

Greenongii  (spr.  GrihnöfD,  Horaiio,  nord- 
amerik.  Bildhauer,  geb.  6.  Sept.  1806  su 
Boston,  1 18.Deo.  1852.  Von  ihm  die  Statue 
Washingtons  nnd  mehrere  kolossale  Grup- 
pen (z.  B.  Kampf  der  angelsächs.  n.  indlan. 
Race)  vor  dem  Kapitol  zu  Washington. 

Greemwleh  (spr.  Grihnitsch),  Stadt  in  der 
engl.  Grafteh.  Kent,  an  der  Themse,  an 
London  stossend,  127,670 Ew.  Groasartjges 
Seehospital  (1752  vollendet,  Einkünfte  180,000 
Pfd.  St.),  Park  mit  der  her.  Sternwarte  (1675 
g^r.),  über  welche  die  Engländer  den  ersten 
Meridian  (170  89'  88"  östt.  von  Ferro)  siehea. 

Gregor,   Name  von   16  Päpsten:    O.    I., 
d.  Qr.,  geb.  um  540,  erst  röm.  Prätor,  590— 
604   Papst,    machte    die   Prärogative    des 
röm.   Stuhls  auf  die  oberste  Leitung  der 
Kirche  dem  Patriarchen  von  Konatantlnopel 
gegenüber    geltend,    suchte    die    gerraan. 
Staaten   an   Rom    su   ketten,    bildete    die 
Lehre   vom   Messopfer  und   Fegfeuer  ans, 
beförderte   den   Heiligen-   nnd   Reliquien- 
dienst,  auch  als  Kirchenlehrer  bedentendL 
Werke  (1705,  4  Bde.).    Biogr.  von  Lau  (1845) 
und  Pfähler  (1853).  —  G.  U.,  715—781,  be- 
kämpfte das  Bilderverbot  Leo  des  Isauriers, 
gewann   BonifiMsins   für  das  Interesse  des 
röm.  Stuhls.  —  O.  III.,  731^741,  ernannte 
Bonifacius  zum   apostol.  Vikar,   bekämpfte 
die  Bilderfeinde.  —  G.  IV.,  827—848,  suchte 
zwischen  Ludwig  dem  Frommen  nnd  dessen 
Söhnen   zu   entscheiden.  —  Q,  V. ,   ftüker 
Bruno ,  Vetter  des  Kaisers  Otto  TU. ,  durch 
diesen  996  zum  Papst  erhoben,   setzte  die 
Scheidung   des  franz.   Königs  Robert  von 
seiner  Gemahlin  Berthe   durch ;   t  999.  — 
Q.  VI.,  vorher  Johannes  oder   GratUMtu, 
bewog  1044  Benedikt  IX.  und  Sylvester  10. 
durch  Geld,   die  päpstl.  Würde  ihm  allein 
zu  überlassen,  ward  1046  vom  Kaiser  Hein- 
rich m.  abgesetzt  ^  G.  VII. ,  BUdebrand, 
geb.  um  1020  im  Ctobiet  von  Saona,  nach 
Einigen  edler  Abkunft,   erst  im  Geheimes 
dann  als  Kardinal  sehr  einflnssreich,  ward 
22.   April  1078  Papst,  bedeotendatar  Vsi> 
fechter  der  Hierarchie,  legte  den  Klerikeni 
den  Cölibat  aaf ,  verbot  die  Investitur  durch 
Laien,  nalim  sich  der  Sachsen  gegen  Kaiser 
Heinrich  IV«  an,  belegte  diesen  1076  mit 


Gregorovius  —  Gretry. 


717 


dem  Bft&n,  absolvirte  ihn  nach  demüthiger 
Busse  KU  Oanossa  (25.>-88.  Jan.  1077),  ward 
auf  einer  Synode  xu  Brixen  (1080)  abgesetzt, 
in  der  Engelsburg  1084  vom  Kaiser  be- 
lagert, durch  Robert  Gaiscard  befreit,  ent- 
floh nach  Salemo;t  das.  25.  Mai  1085.  Biogr. 
-von  Voigt  (8.  Aufl.  1846,  2  Bde.)  und  G/rürer 
(1868^64,  7  Bde.).  Vgl.  auch  Flolo,  ,Kai8er 
Heinrich  lY.  und  sein  Zeitalter*,  1855  —  57, 
2  Bde.  —  ö.  C  VIII,),  früher  Burdinxu,  Erz- 
bischof Ton  Braga^  1118  von  der  kaiserl. 
Partei  erhoben  als  Gegenpapst  GelaslusU., 
▼ermochte  sich  nicht  zu  behaupten.  — 
O.  VIIL,  Oltt.  1187  gewählt,  t  I>»c.  dessel- 
ben Jahres.  —  O.  IX.,  1227  —  41,  Nepote 
Innocena  m. ,  heftiger  Gegner  Kaiser 
Friedrichs  ü.,  ernannte  die  Dominikaner 
zu  beständigen  päpstlichen  Inquisitoren.  — 
O.  X.,  1271—76,  sucht»  auf  dem  Koncil  zu 
Ijyon  1270  einen  Kreuzzug  zu  Stande  zu 
bringen  und  eine  Vereinigung  mit  der 
griech.  Kirche  anzubahnen.  —  O.  XL, 
1370—78,  kehrte  1377  von  Avignon  nach 
Rom  zurück,  vermochte  aber  nicht  in  Italien 
das  päpstl.  Ansebn  herzustellen.  —  O.  XII., 
Angelo  Corrario,  1406  zur  Zeit  des  Schisma 
von  den  röm.  Kardinälen  zum  Papst  ge- 
wählt ,  wirkte  der  Beilegung  des  Schismas 
en^egen,  ward  zu  Pisa  1409  abgesetzt, 
dankte  auf  Befehl  des  kostnitzer  Koncils 
ab ;  t  ^^^7  Als  Kardinalbiscliof  von  Porto. 
—  G.  XIII.,  vorher  Buoncompctgno ,  reg. 
1573—85,  Reformator  des  Kalenders,  feierte 
die  pariser  Bluthoohzeit  durcli  ein  Dank- 
fest. —  G.  XIV.,  vorher  Nxccolo  SfondroUi, 
Freund  der  fl'anz.  Ligue,  reg.  5.  Dec.  1590 
bis  15.  Okt.  1591.  —  O.  XV.,  vorher  Ludo- 
visi,  reg.  1621—23,  stiftete  1622  die  Gongre- 
«i^atio  de  Propaganda  fide,  führte  das  noch 
jetSEt  bei  der  Papstwahl  übliche  Ceremoniel 
ein.  —  G.  XVI. ,  vorher  Mauro  Capeüari, 
geb.  18.  Sept.  1765  zu  Belluno  Im  Venetia- 
nischen,  ward  General vikar  des  Camaldn- 
lenserordens ,  1825  Kardinal,  leitete  unter 
Pins  VIII.  die  Verhandlungen  mit  d«r 
prenss.  Regierung  über  die  gemischten 
lilhen,  ward  2.  Febr.  1831  zum  Papst  ge- 
wählt, unterdrückte  die  Bewegungen  im 
Kirchenstaat  mit  österr.  Hülfe»  verweigerte 
alle  Reformen  in  der  Staatsverwaltung,  er- 
liess  harte  Strafedikte ,  stellte  in  Sardinien 
die  Inquisition  her  (1882),  gerieth  mit  der 
prenss.  Regierung  wegen  der  von  dieser 
angeordneten  W^führung  der  Erzbischofe 
Droste-Vischering  von  Köln  und  Dpnin  von 
Posen ,  mit  Russland  wegen  der  Rückkehr 
von  8  Hill.  Unirter  in  den  Schooss  der 
griech. - kathol.  Kirche  in  Kollision,  hielt 
starr  am  exklusiven  Dogma  fest,  entschie- 
dener Gegner  der  liberalen  Zeitideeu  und 
fireier  wissenschaftlicher  Forschung,  Freund 
der  Jesuiten;  f  1.  Juni  1846. 

GregorOTloSy  Ferd.,  Schriftsteller,  geb.  19. 
Jan.  1821  zu  Neidenburg  in  Ostpreussen, 
seit  1852  in  Italien  (meist  in  Rom).  Haupt- 
werk: ,GeBcb.  der  Stadt  Rom  im  Mittelalter* 
(1869  f.,  bis  1870  7  Bde.);  ausserdem  ,Die 
Oi-abmäler  der  röm.  Päpste'  (1857),  »Corsika* 
a.  Aufl.  1871),  ,Wanderjahre  in  Italien* 
1864.71,  4  Thle.),  »Die  Ins«!  Oapri*  (1867); 


t 


Poesien:  ,Tod  des  Tiberius'  (Tragöd.,  1851), 
,Euphorion'  (episch,  1858)  u.  A. . 

Gregor  TOn  Tours ,  fränk.  Geschicht- 
schreiber, geb.  544  in  der  Auvergne,  seit 
573  Bischof  von  Tours;  f  17.  Nov.  594. 
Sehr.  ,Geschichte  der  Franken',  wichtige 
Geschichtsquello,  herausg.  von  J^rtt  in  den 
,Monumenta',  deutsch  von  Oieaebreeht  (1849 f.), 
Märtyrergeschichten  u.  A.  Werke  herausg. 
von  Muinart  (1699).  Biogr.  von  Loebell  (2. 
Aufl.  hetausg.  v6n  Sybel,  1869). 

Greif,  fabelhaftes  Thler  von  löwenähnl. 
Gestalt,  mit  vier  Krallenfüssen ,  zwei  Flü- 
geln und  Schnabel;  auch  herald.  Figur. 

Greifenberg,  Kreisstadt  im  prenss.  Regbz. 
Stettin,  an  der  Rega,  6884  Ew. 

Greifenhagen,  Kreisstadt  im  prenss.  Reg bz. 
Stettin,  an  der  Reglitz,  6774  Ew. 

Greifswald,  Kreisstadt  im  prenss.  Regbz. 
Stralsund,  am  schiffbaren  Ryck,  der  1  St. 
unterhalb  in  den  greiftwalder  Bodden  mün- 
det und  den  Hafen  Wyk  bildet ,  17,380  Ew. 
Reiche  Univers,  (seit  1456)  mit  ber.  land- 
wirthschaftl.  Anstalt  (in  Eldena) ;  Seehan- 
del.   Ehedem  Hansestadt  (seit  1270). 

Grein,  Stadt  in  Oberöstorreich,  in  romant. 
Gegend  an  der  Donau  (Wirbel),  1700  Ew.; 
stattl.  Schloss  (Greinburg). 

Greiz,  Hauptstadt  des  Fürstenth.  Renss 
älterer  Linie,  an  der  Elster,  10,796  Ew.  2 
Schlösser.    Wollen-   und  Baumwollenfabr. 

Gremiale  (lat.),  Tuch,  womit  der  Bischof, 
wenn  er  während  des  Gottesdienstes  auf  dem 
Bischofsstuhle  sitzt,  den  Schooss  bedeckt. 

Greminm  (lat.),  Schooss,  Mitte ;  Kollegium. 

Grenada  (spr.  Grennädä),  Insel  der  kleinen 
Antillen,  6,8  QM.  und  36,955  Ew.  Seit  1783 
brit.  Nördl.  die  Grenadillen,  4  Felseneilande. 

Grenadiere,  ursprüngl.  Soldaten,  welche 
Handgranaten  warfen,  in  Frankreich  seit 
1676  eigene  Truppe ;  im  18.  Jahrb.  in  Deutsch- 
land Gardetruppen;  jetzt  in  Deutschland, 
Oesterreich,  Russland  nur  durch  den  Namen 
von  der  andern  Infanterie  unterschieden. 

Grenadlllholz,  s.  Ebenhotz. 

Grenadine,  feste  Seide  zu  schwarzen 
Spitzen  n.  Posamentierartikeln;  halbseidene 
gazeartige  Gewebe.  [Metall. 

Grenallle  (fr.,  spr.  -nallj) ,  fein  gekörntes 

Grenoble  (spr.  -nobl),  Hauptstadt  des 
franz.  Depart.  Isdre,  an  derlsdre,  40,484  Ew. 
Feste  Citadelle.  2  Fakultäten,  werth volle 
Bibliothek.     Fabr.  und  Handel. 

Gresset  (spr.  -äh),  Jean  Bapt.  Leute  de, 
franz.  Dichter,  geb.  1709  zu  Amlens,  f  16. 
Juli  1777.  Verf.  des  kom.  Epos  ,Vert-vert' 
(witzige  Gesch.  eines  Papageis)  und  des  Lust- 
spiels ,Le  m6chant'.   ,Oenvres'  (1811, 3  Bde.). 

Grenia-Greeo  (spr.  -nä-Grihn),  Dorf  in 
der  Schott.  Grafschaft  DumfMes,  bekannt 
durch  das  gewerbsmässige  Kopuliren  von 
Verlobten,  denen  die  (in  Schottland  nicht 
gesetzliche)  Zustimmung  der  Eltern  zur 
Ehe  fehlte,  seitens  des  dortigen  Friedens- 
richters, eines  Hufschmiedes. 

Gretry,  Andri  EmeUe  Modeste,  franz. 
Komponist,  geb.  1741  zu  Lüttich,  bis  1799 
Prof.  am  Konservatorinm  zu  Paris ;  f  1813 
zu  Montmorency.  Sehr,  zahlr.,  einst  sehr  be- 
liebte Opern  («Blanbart*,  ,Rich.  Löwenherz*). 


718 


Grevenbroich  —  GriechenlandL 


QrfTMAnlchyKniflfftedtim  preiiM.B«gbs. 
DfisMldotf,  an  der  Erft,  1889  Ew. 

Urejr  (spr.  6nb),  Jitme,  Königin  Ton  Eng- 
tand, gab.  1587,  durch  ihre  Matter.  Yrenoes 
Bnoidon,  ünraniee  von  DorseC,  Urenkelin 
König  Heinrichs  YII.  ron  England,  ward 
Ton  König  Ednard  VI.  testamentaHsch  sn 
■•injr  Nachfolgerin  ernannt,  mit  Lord  Gnil- 
ford  Dndley,  dem  Sohne  des  Henogs  Ton 
Northnmbertand,  rermählt  nnd  10.  Jnli  1563 
an  London  als  Königin  ansgemfen,  legte  aber, 
nachdem  19.  Jnll  die  Prinzessin  Marie  als 
Königin  proklamirt  worden,  freiwillig  die 
Krone  nieder,  ward  nebst  ihrem  Gemahl 
Terhaftet  nnd  12.  Tebr.  Iö54  hingerichtet. 
Tgl.  HarrU  Xieolas,  ,Memoirs  etc.\  1832. 

Bnj  (spr.  Oreh),  1)  CharUs,  Graf,  her. 
engl.  Stsatsmann,  geb.  13.  Man  1764  anf 
Tallowden  bei  Alnwick  in  Northnmberland, 
trat  1786  ins  Parlament,  Whig,  ward  1806 
erster  Lord  der  Admiralität,  dann  Minister 
des  Aensseren,  bekämpfke  im  Oberhansse  den 
starren  Toryismns,  übernahm  im  Prozesse 
der  Königin  Karoline  die  Yertheidigang  der- 
selben, trat  16.  Not.  1830  als  erster  Lord  des 
Schatzes  an  die  Spitze  eines  whigist.  Mi- 
nisteriams,  brachte  1832  die  Parlaments- 
reform durch,  trat  9.  Juli  1834  zurück ;  f  17. 
Jnli  1845.  —  2)  Sir  George,  engl.  Staatsmann, 
geb.  11.  Mai  1799  zu  Gibraltar,  trat  1832 
ins  Parlament,  ward  1834  Unterstaatssekre- 
tir  für  die  Kolonien,  1839  Creneralauditenr, 
Juni  1841  Kanzler  des  Herzogth.  Lancaster 
nnd  Kabinetsmiuister,  trat  Aug.  zurück, 
darauf  1846,  1852,  1855— 58  und  1859-66 
Staatssekretär  des  Innern. 

Ore/Iown,  Stadt,  s.  San  Juan  dd  Norte. 

OriDoJedoWy  mss.  Dichter,  geb.  1794  in 
Moskflu,  seit  1828  mss.  Gesandter  in  Tehe- 
ran, 12.  Tebr.  1829  das.  ermordet ;  Verf.  des 
Lustspiels  ,Wehe  dem  GescbeidtenS  das 
die  mss.  Zustände  schonungslos  geiselt. 

Griechenland.  Das  tüu  G.  (Bellas,  Grae- 
da)  wichtigster  Kulturstaat  des  Altertbums, 
umfasste  im  weiteren  Sinne  die  ganze  südl. 
Hälfte  der  Balkanhalbinsel  mit  Einschluss 
Ton  Macedonlen  und  Illyrien,  Im  engem 
das  Land  südl.  Tom  Pindus,  ca.  1700  QM., 
und  zerfiel  in  das  n9r<Ü.  G.  (Epirus  und 
Thessalien),  das  mittlere  G.  oder  eigent- 
liche Hellae  (später  Livadien,  Romaoien) 
und  den  Pdoponnee  nebst  den  umliegenden 
Inseln  Im  ägäijchen  nnd  Jon.  Meer.  —  Der 
Bodengestaltung  nach  fast  durchaus  Gebirgs- 
land,  bes.  der  N.  (Epirus)  wildes  Bei^- 
labyrinth  mit  über  7000^  hohen  Gipfeln, 
Mittelgriechenland  die  grösste  Mannich- 
faltigkeit  Ton  G^birgsgauen  entwickelnd 
(Parnass  7570',  Helicon  5500^,  Cithäron 
4340*),  der  Peloponnes  Hochebene  2000'  h. 
(Arkadien),  von  vier  4-7000'  hohen  Rand- 
gebirgen umschlossen  (Gyllenegebirjre  7300', 
Taygetus  7600'  h.);  auch  die  Inseln  alle 
gebirgig  (Ida  auf  Kreta  7500',  Dirphe  auf 
Euböa  5370').  —  Hauptflüsse:  Peneus  in 
Thessalien  Qnit  dem  einzigen  eigentlichen 
Stromsystem),  Thyarois,  Aracbthus  und 
Achelous  (Aspropotamo)  in  Epirus,  Euenus, 
Sperohius  (Hellada)  und  Cephissus  (Mauro- 
nero)  in  Hellas,  Enrotas  (Tri)  und  Alpheus 


(Ropbta) 

nnd   Kopals   (In  Bailas),    StymphAlis     (i» 
Peloponnes).  —   iVodacite.*   Im    8.   vad    anf 
den   Inseln  Felgen  und   Oüraa,    harrliehe 
Weine;  Im  N.  Welsen   nnd  6«rsto,    trmWL 
Pferde,  Rindvieh,  Ziegen  vnd  ScImiIIb;  Sil- 
ber (Attica),  Kupfer,  Eisen,   ber.   Marmor 
(Paros).    Die  BevdOcerumg  HellenttD,  ia  ver- 
schiedene  Stamme  (Dorer,  Ashfter,  Joiü«r, 
Aeolier)    zerfallend ,     durch    geis^^e     Be- 
gabung, Schönheitssinn,  kriegerincben  M nth 
und  Regsamkeit  aosgeseichnet;  daher  Orön- 
dnng  zahlr.  kleiner  Staaten  nnd  fkvier  Ge- 
meinwesen, lebendigste  Entwickelan^  aller 
YertuUtnisse   des  Lebens,  Aushildni^    der 
Künste   nnd  der  Poesie,   der  Wissenschaft 
und    Rel%ioB  su    hoher   Blnthe    (vorxaga- 
weise  in  Athen  u.  in  den  Insel-  utd  Kösten- 
staaten).    Geographien   des   alten    G.    von 
Wdchetnmth  (1843-45, 2Bde.),  BurHau  (18631, 
bis  1871  S  Bde.). 

Das  heutige   KSnigreiek  G.   nmflu^t   das 
alte  Mittelgriechenland  (Hellas  oder  Roma- 
nien),    den   Peloponnes   (Morea)    und     das 
Inselgebiet:  Euböa,  die  Cykladea,  die  Kord- 
si>oraden  nnd   (seit  1864)  die  Jon.   Inseln, 
zusammen  948  QM.  mit  1,348,419  Ew.   Heber 
die   Bodengestaltnng   etc.    s.   oben.     KlHma 
im  Allgemeinen  trocken;  vorzüglich  fkvnnd« 
lieh   In   den  Thälem   von   Romanien    nnd 
Morea,  in   den  tiefen  Gegenden  ungesund. 
Mittlere  Temperatur   su  Athen  -\-  15*  SO'. 
Der   Boden   felsig   und    wasserarm,    daher 
wenig  tmchtbar,  die  Landwirthschaffc  noch 
vernachlässigt  u.  den  Bedarf  nicht  deckoid. 
Von  der  gesammten  Bodenfläche  (45,r  MilL 
Stremmata  =   301,600   Hektaren)   über   11 
Mill.   knltumnfähig  und  nur  7,5  MIIL  knl- 
tivirt.  Hauptbodenprodukte:  Oel  nnd  Wein, 
daneben  vorzügl.  Tabak    (jährlich    450,000 
Okas),  Krapp,  Baumwolle,  Korinthen  (1846: 
21  Mill.,    1864:   70  Mill.  Pfd.),   Südfrüchte ; 
der  Maulbeerbaum  sehr  verbreitet;  ¥ont- 
kultur  vernachlässigt.    Viehzucht  (mit  Aus- 
nafime  der  Zi^en)  gering,  dagegen  Bienen-, 
Seidenraupenzucht,  Seefischerei  bedentend. 
Mineralprodnkte  (gering):  Meerschaum, Mar- 
mor  (Paros),   lithograph.    Steine    (Enböa), 
Alaun,  Schwefel,  Sals,   Stein-  nnd  Braun- 
kohlen (neuerl.  auf  Euböa  entdeckt). 

Bevöl^rung:  Neugriechen,  d.  h.  Abkömm- 
linge der  alten  Griechen  (Hellenen)  mit 
slavischer  Beimischung;  dazu  Albanesen 
(Peloponnes  und  Westlivadien) ,  Waladien 
(Ostlivadien)  und  sahlr.  «Tranken*,  d.  L 
Deutsche,  Franzosen.  Engländer,  bes.  aber 
Italiener  (Jon.  Inseln).  Die  Grundzüge  des 
alten  griech.  Charakters,  wie  auch  die 
Sprache  (s.  Neugriechische  Sprache)  dnd 
durch  die  Mischung  und  die  lange  türk.  Ty- 
rannei ganz  ausgeartet.  —  Herrschende  Be- 
ligion:  die  griech. -kathol.  (mit  sehr  sahlr. 
Geistlichkeit  u.  seit  18^  einer  unnbhängigen 
permanenten  Synode  an  der  Spitze  und  11 
Brzbisch.);  daneben  Jede  andere  geduldet 
(ca.  50,000  Rom. -Katholische,  bes.  anf  den 
Inseln,  mit  S  Erzbischdfen).  Der  VolH- 
unterrieht  noch  wenig  entwickelt,  doch  im 
Fortschreiten  begriffen;  im  Gkuizen  9SW 
Elementarschulen;    dazu    98   Mittel-  oder 


Griechenland. 


719 


h«ll6n.  Schulen,  11  Gymnasien.    üniTersl- 
t&ten  sn  Athen  und  KorAi. 

Die  Indu$trie,  mit  Ausnahme  der  Seiden- 
fabrikation, Gold-  nud  Silberstiokerei,  Lein- 
weberei  und  Schiffbau ,   ziemlich  unbedeu- 
tend und  ganz  vom  Ausland  abhängig.  Auch 
der  Handel   im  Innern   wegen   mangelnder 
Verkehrsmittel   (nur  1  Eisenbahn:    Athen- 
Piräeus,   seit   1869)  gering;   der  Seehandel 
{au   den  Küsten  und   auf  den  Inseln)   da- 
gegen  ziemlich   lebhaft.    Exporte:   Boden- 
produkte (bes.  Korinthen,  Wein,  Oel,  Süd- 
früchte,   Seide,  Knoppem,   Wolle,  Felle, 
Honig,   Wachs);   Importe   bes.    engl,    und 
franz.    Fabrikate.      Gesammteinfuhr    1867: 
64  Mill.,  Ausfuhr  88  Mill.  Drachmen.    Han- 
delsmarine  1866:  5156   Schiffe  von   897,484 
Tonnen    (davon   3493   Küstenschiffe   unter 
60  Tonnen).    Eingelaufen  1865:   13,697  See- 
schiffe  mit   1,614,816   Tonn.),    dazu    79,596 
Küstenfahrer    mit    8,058,668   Tonn.);    aus- 
erelaufen:    18,291    Seeschiffe    mit    1,484,836 
Tonn,  und  88,775  Küstenfahrer  mit  8,078,118 
Tonnen.     Kationalbank  zu  Athen  (5  Mill. 
Drachmen  Kapital).  —  Seehntmg  nach  Drach- 
men,  bisher  ä  7V4  Sgr.,   seit  Jan.   1869  = 
8  Sgr.  (1  Franc).    Wichtigste  Häfen :  Piräeus 
(für   Athen),   Patras,  Kalamata,   Nauplia, 
Syra.    —   8taatsverfa9»ung:  konstitutionelle 
Monarchie;   jetziger  König  Georg  I.   (seit 
1863).  Konstitution  vom  88.  Nov.  1864,  nach 
welcher  die  gesetzgebende  Gewalt  in  einer 
einzigen  Deputirtenkammer  (170  Mitglieder, 
durch  allgemeine  direkte  Wahlen  gewählt) 
beruht.    Minister  verantwortlich.    Oberster 
Gerichtshof  der  Areopag  (Kassationshof)  zu 
Athen.  —  Finanzen  (zerrüttet)  1865: 
Einnahmen  86,888,646  Drachmen, 
Ausgaben      34,564,538 
Voranschlag  für  1870:  34  Mill.  Einnahmen, 
S3VsMill.  Ausgaben.  Staatsschuld  Juli  1866: 
233,137,000  Dr.  (und  zwar  die  fremde  Schuld : 
178,162,000,   die  innere  54,975,000  Dr.,   dar- 
unter 13  Mill.   schwebende  Schuld).    Neue 
Anleihe   1867   von   12   Mill.    Dr.  —   Armee 
1867:  14,300  Mann,  wozu  noch  17,000  M.  irre- 
guläre Truppen   kommen    sollen.    Marine: 
12  Schiffe  mit  188  Kanonen  und  980  Pferde- 
kraft. —  Eintheilung  in  14  Nomarchien  (mit 
59    Eparchien):    Attika  -  Böotien ,     Euböa, 
Phthiotis  -  Phoois ,  Akamanien  -  Aetollen  in 
Nordgriechenland ;  Argolis-Korinth,  Achaja- 
Elis,    Arkadien,   Messenien,  Lakonlen  im 
Peloponnes;  die  Oykladen,  Korfu,  Cepha- 
lonia,  Zante,  Leukadien.    Hauptst.  Athen. 
Vgl.  Oammerer,   ,Beschrelbung   des  König- 
reichs G.S  1834;  Maurer,  ,Da8  grlech.  Yolk*, 
1835;  die  Reisehandbücher  von  Neigebaur 
und   Aldenhoven  (1848),   £u$€h  (1859);    die 
Reisewerke  von  So»»,  Fiedler,  Forehhammer, 
Hettner,  Taylor  (deutsch  1862),  Unaar  u.  A. 
Qeeehiehte.    I.  O,  Ma  mtfn  Anfang  der 
Tetserkriege  (bis  500  v.  Chr.).    Aelteste 
Gesch.  Götter-  und  Heroensag^n.    Aelteste 
Bewohner  Pelasger,  neben  ihnen  Ldeger. 
Beide  werden  zwischen  1500  u.  1800  v.  Chr. 
verdrängt  durch  Hellenen  (Aeoller,  Derer, 
Aohäer,   Jonler).      Einwanderer:    Oeerop», 
Gründer  Athens ,   Cfadmue  Thebens ,  Pelops 
nnd  Danaus,    Nach   mehreren   ssgenhaften 


&{eg8zügen  nnd  Meerfkhrten  Einzelner 
(Argonauten)  um  1200  erste  gemeinsame 
Unternehmung  der  Griechen  der  trcjanisehs 
Krieg.  1100  Einfall  der  Herakliden  (Nach- 
kommen des  Hercules)  in  Verbindung  mit 
den  Dorern  (s.  d.)  In  den  Peloponnes. 
Aelteste  Regierungsform  monsrchisch  unter 
Heroengeschi  echtem.  1068  Oodrue,  letzter 
König  von  Athen,  fällt  gegen  die  Dorer. 
Durch  Auswanderung  entstehen  giiech. 
Kolonien  in  Kleinasien,  Thracien  und  Ma- 
cedonien,  Sicilien,  Unteritalien  und  Afirika. 
Beseitigung  der  monarch.  Staatsform  durch 
die  aristokratische  und  oligarchlsche.  In 
Sparta  stehen  8  Könige,  Nachkommen  der 
Herakliden  Eurysthenes  und  Procles,  an 
der  Spitze  des  Staats.  888  Lykurg,  Gesetz- 
geber von  Sparta.  Die  Könige  durch  Ge- 
ronten  und  Ephoren  beschränkt.  Gleiche 
Vertheilung  der  Ländereien ;  Verhütung  des 
Verkehrs  mit  Fremden;  gemeinsame  Mahl- 
zeiten (Syssitien) ;  Erziehung  der  Jugend  zu 
kriegerischer  Tüchtigkeitl  776  Beginn  der 
Olympiadenrechnung.  Die  Spai'taner  unter- 
werfen in  2  Kriegen  (744—722  und  688—668) 
die  Messenier  und  erlangen  im  Peloponnes 
die  Hegemonie.  In  Athen  nach  Abschaffung 
der  königl.  Gewalt  Archonten  (s.  Archon)  ein- 
gesetzt. 600  Solan  gibt  dem  Staate  eine  ge- 
mässigt demokrat.  Verfassung.  Eintheilung 
der  Bürger  nach  dem  Vermögen  in  4  Klassen, 
von  denen  nur  3  an  den  Staatsämtem  Theil 
haben.  Jährlich  gewählte  Archonten,  Senat 
(Prytanen)  nnd  Volksversammlungen  üben 
neben  dem  Areopagus  (s.  d.)  die  höchste  Ge- 
walt aus.  Pisiatratus  bemächtigt  sich  der 
Alleinherrschaft,  Beförderer  der  Kultur 
(561-528).  Sein  Sohn  Hippias  510  mit  Hülfe 
der  Spartaner  vertrieben.  Darauf  die  aristo- 
kratische Partei  am  Ruder ,  bis  Clisthenes 
(508)  die  solon.  Verfassung,  im  demokrat. 
Sinne  modlflclrt,  herstellt. 

n.  Von  den  JPerserkriegen  bis  Mfutn 
Ende  des  peloponnes»  Kriegs  (500—404 
V.  Chr.).  Ursache  dieser  Kriege  die  Er- 
hebung der  grlech.  Pflanzstädte  in  Klein- 
asion gegen  die  pers.  Gewaltherrschaft  und 
deren  Unterstützung  von  Seiten  Athens  (500). 
490  Sieg  der  Athener  unter  Miltiades  An- 
führung bei  Marathon.  480  Sieg  der  gi*iech. 
Flotte  bei  Salamis  (380  Schiffe  gegen  2000). 
479  Sieg  der  Griechen  unter  Pausanlas  und 
Aristides  bei  Platäa  über  das  pers.  Land- 
heer und  Sieg  der  grlech.  Flotte  unter  Xan- 
thippus  bei  Mycale.  Tliemistocles  erhebt 
Athen  zur  Seemacht  und  zur  Hegemonie 
(470—431);  Aristides  und  Clmon  erweitem 
Athens  Einfluss  den  Bundesgenossen  gegen- 
über. 469  Cimons  Sieg  zu  Wasser  und  zu 
Land  am  Eurymedon  über  die  Perser.  Wäh- 
rend Sparte  den  Aufstand  der  Heloten  und 
Messenier  (dritter  messen.  Krieg  465—455) 
bekämpft,  erhebt  sich  Athen  unter  Pericles 
auf  den  Höhepunkt  seiner  Macht.  Blüthe  der 
Künste.  449  Ende  der  Perserkriege  durch 
Cimons  Doppelsleg  bei  Salamis.  Wachsende 
Eifersucht  zwischen  Athen  und  Sparta  führt 
zum  petoponne».  Krieg  (431—404)  zwischen 
der  dorisoh-spartan.  und  Jonisch -attischen 
Bundesgenossenschaft.      1.    Periode:    Ver- 


'20 


Griechenland, 


Wüstung  dei  atlien.  Gebieti  durch  die  Spar- 
taner,  Seesüge  der  Athener  nach  dem 
Peloponnea.  Peat  in  Athen  430—429.  Zügel- 
lose Demokratie.  Athen  durch  den  Verlust 
Ton  Pflansstädten  geschwächt.  421  Friede 
des  IHcia$,  3,  Periode:  Der  Einfluss  des 
Aldbiades  (seit  420)  hat  neu«  Zwistigkeiton 
zur  Folge.  415  unglückliche  Expedition  der 
Athener  nach  Sicilien,  Verlust  der  Flotte 
und  des  Heeres.  9.  Periode:  Abfall  der 
Bundesgenossen  von  Athen;  Parteinahme 
der  Perser  gegen  dasselbe.  Parteikampf 
zwischen  Oligarchen  und  Demokraten  in 
Athen.  411—408  Seesiege  der  Athener  unter 
Alclbiades  und  Conon.  405  Niederlage  der- 
selben bei  Aegospotamoi.  404  Eroberung 
Athens  durch  die  Spartaner,  Schleifhng  seiner 
Mauern  und  Vernichtung  seiner  Seemacht. 

ni.  Vom  Ende  des  pHoponnes*  Kriegs 
bis  ffur  Schlacht  hei  Chäronea  (404—33»). 
Spartas  Hegemonie  (403  —  387);  infolge  da- 
von Einführung  der  Oligarchie  in  den 
griech.  Staaten.  Achtmonatliche  Schreckens- 
herrschaft der  30  Tyrannen  in  Athen.  403 
Befreiung  Athens  durch  Thrasybulus  und 
Herstellung  der  Demokratie.  Der  antalci- 
dische  Friede  887  gibt  die  gxiech.  Pflanz- 
stadte  in  Kleinasien  und  auf  Gypem  den 
Persem  preis  und  sanktionirt  die  Autonomie 
aller  griech.  Staaten.  371  Sieg  der  Thebaner 
unter  Epamlnondas  und  Pelopidas  über  die 
Spartaner  bei  Leuctra.  Beide  dringen  370 
im  Peloponnes  ein  und  erringen  für  Theben 
die  Hegemonie.  Epamlnondas  sie^t  und  fallt 
363  bei  Mantinea.  Spartas  Macht  infolge 
innerer  Zerrüttung  im  Sinken  begriffen.  Der 
er$te  heilige  Krieg  gegen  die  Pliocier  (356— 
346)  gibt  dem  König  Philipp  H.  Ton  Mace- 
donien  Gelegenheit  zur  Einmischung  in  die 
griech.  Angelegenheiten.  Von  den  Amphik- 
tyonen  mit  Führung  des  ztoeiten  heil.  Krieqs 
gegen  die  Lokrier  beauftragt,  schlägt  er  die 
zu  spät  erwachten  Griechen  838  bei  Chäronea. 

Vf.  G.  unter  tnacedon»  Merrsehaft  bis 
zur  Ünter^fochunff  durch  die  Monier 
(338—146  T.  Chr.).  Philipp  von  Macedonien 
336  zum  Oberfeldherrn  gegen  Persien  er- 
wählt, bemächtigt  sich  der  Hegemonie. 
Alezander  folgt  ihm  in  derselben.  Nach  sei- 
nem Tode  328  allgemeine  Verwirrung  in  G. 
311  Friede  zwischen  den  Diadochen.  In  den 
meisten  griech.  Staaten  Tyrannenherrschaft 
oder  zügellose  Demokratie.  Der  achäieche 
£und  (280)  bezweckt  G.s  Befreiung,  geräth 
aber  mit  dem  ätoligchen  Bunde  und  mit 
Sparta  in  offene  Feindschaft.  821  Sieg  des 
macedon.  Königs  Antigonus  Doson  über  die 
Spartaner  bei  Sellasia;  Macedoniens  Herr- 
schaft über  G.  befestigt.  Ende  derselben 
durch  den  Sieg  der  Römer  bei  Oynoscephalä 
(197)  über  Philipp  V.  Seitdem  Roms  Ein- 
fluss in  den  griech.  Angelegenheiten  ent- 
scheidend und  die  röm.  Herrschaft  ange- 
bahnt. 146  Mummius  Sieg  bei  Korinth,  Zer- 
störung dieser  Stadt  und  Untergang  der 
griech.  Freiheit. 

V.  O»  unter  röm.  Herrschaft  bis  zum 
Untergang  des  byzantin.  Meichs  (146 
V.  Ohr.  bis  1460  n.  Ohr.).  G.  röm.  Provinz. 
Athen  behält  eine   der  Form  nach   freie 


Verfassung.    Seit  dem  Toleranasedikt  Kais« 
Konstantins   d.  Gr.  (312)  Verbreitung   dt 
Ohristenthums  in  G.    995  Einfall   der  Wes 
gothen  unter  Alarich.    Seit  578  Sindringe 
slavischer  Völker.    Mitte  des  8.  Jabrii.  En; 
stehung  slavischer  Gemeinwesen.  In  Gr.   Se 
867  Verschmelzung  der  slav.  nait  der  griect 
Bevölkerung.     Seit    1080  Erobemnson    de 
Nor'mannen  in  G.    1204  Bonifaclns,    Mark 
graf  von  Montferrat,   König  von  Xhessalo 
nich;  Besetzung  Athens  und  Thebens  dnrcl 
denselben.     1205  Wilhelm  von    ChampHttj 
aus  dem  Hause  der  Grafen  von  Cbampag^n« 
Herr   des   westl.  Theils  von  Bdorea.     Gott- 
fried von  Villehardouin  Oberherr   von   i^anz 
Morea  (f  1216).    Dessen  Sohn  Gottfried  tritl 
als  Fürst  vonAchaJa  in  Lehnspfllcbt  £:egeii 
den  byzant.  (lat.)  Kaiser.    Otho  de  IL>aroclie, 
Grossherr  von  Athen,  zum  Herzog  erhoben. 
Das  Herzogthum  Athen  kommt  gegen  Bude 
des  13.  Jahrb.  durch  Vererbung  an  Walther 
von  Brienne,   zu  Anfang  des  14.  JahrJi.  in 
die  Gewalt  der  Katalonier.   Der  venet.  £dle 
Marco  Sanudo  auf  Nazos  wird  vom  byzant. 
Kaiser  als  Herzog  des  Archipels  anerkannt 
rtl220).    Zu  Anfang  des  14.  Jahrh.  iat  ganz 
G.   mic  Ausnahme   des  Herzogthums  Athen 
mit  dem  byzantin.  Reiche  vereiniget.     1456 
Einverleibung  des   Herzogthums  Athen   io 
das  osmanische  Reich.    1460  ganz  Morea  mit 
Ausnahme   der    von   den   Venetianem    be- 
setzten Seeplätze  Lepanto,  Nauplia,  Monem- 
basia  etc.  unter  türk.  Herrschaft. 

VI.    O.   unter  türk.   Herrschaft    Ms 
zum  Ende  des  IJnabhängigheitshatn.pfs 
(1460 -r- 1828).    Befestigung  der  türk.  Herr- 
schaft.    Fortgesetzte  Kriege   zwischen    der 
Pforte  und  Venedig  (1645-69  und  1687—99, 
Morea  von  den  Venetianem   erworben ,    im 
Frieden  von  Passarowicz  1718  den  Türken 
wieder  abgetreten).  G.  inPaschaliks  getheilt 
und  dem  Orossrichter  von  Rumelien(Rumeli- 
Valessi)  unterstellt.    Aussaugung  des  Lan- 
des durch  die  türk.  Statthalter.    Russland 
seit  Peter  d.Gr.  natürlicher  Beschützer  der 
Griechen.    Im  Frieden  von  Kutschnk  -  Kai- 
nardsche  (1774)  wird  den  Griechen  Religions- 
freiheit und  Freizügigkeit  zugesichert,  was 
im  Frieden  von  Jassy  (9.  Jan.  1792)  bestätigt 
wird.  Aufschwung  des  grieoh.  Handels.   1810 
Ali  Pascha  Herr  im  nördl.  G.;  1814  Stiftung 
des  Geheimbundes  der  Hetärie  zu  Odessa, 
die  sich   schnell  über  ganz  G.  verbreitet. 
Febr.  1821  Erhebung  der   Griechen  in   der 
Walachei  und  Moldau,  Juni  und  Sept.  unter- 
drückt.   4.  April  Ausbruch   des  Aufstands 
in  Morea.  Theodor  Kolokotronis  und  Petros 
Mauromichalis    bilden    in    Kalamata    eine 
provisor.  Regierung  (Senat  von  Messenien). 
Verbreitung  des  Aufstands  auf  die  Inseln. 
Demetrius  Ypsilantis  beruft   eine  National- 
versammlung, die  anfangs  in  Argos,  dann 
in  Piada  bei  Epidaurus  tagt.    Anftog  1822 
Einsetzung  einer  Regierung  von  5  Mitglie- 
dern   mit  Maurokordatos    an    der   Spitze. 
Zwietracht  unter  den  Häuptern  des  Auf- 
standes.   21.  Juni  1822  fallt  die  Akropolis 
bei  Athen  durch  Kapitulation  in  die  Hände 
der  Griechen.    16.  Juli  1822  Niederlage  der 
Sullotea  bei  Peta,   Vernlobtong    des  Phil* 


Griechenland. 


721 


heUeueubaftftilloiM.  Seesiege  der  Griechen 
anter  MlanliB.  Die  enrop.  Groismichte 
der  Sache  der  Griechen  ung&nstig»  desto 
günstiger  die  öffentliche  Meinung;  Phil- 
hellenearereine  nad  Freiscfaaaren  organisirt. 
24.  Tebr.  1885  landet  Ibrahim  Pascha  bei 
Modon»  erobert  bis  Ende  des  Jahres  fast 
Kant  Morea»  das  er  ilirohtbar  verheert. 
Reschid  Pascha  nimmt  17.  Ang.  Athen  im 
Sturm,  frühjahr  1827  wird  Lord  Coohrane 
zum  Oberbefehlshaber  der  griech.  Seemacht, 
Richard  Ohureh  des  Landheeres,  der  Graf 
Kapodistrla  (11.  April)  auf  7  Jahre  snm 
Regenten  von  G.  ernannt.  7.  Juni  lieber- 
gäbe  der  Akropolis  von  Athen  an  die  Tür- 
ken. Das  Ultimatum  der  Pforte  vom  9.  Juni, 
welches  jede  Einmischung  der  auswärtigen 
Mächte  ablehnt,  veranlasst  6.  Juli  den  lon- 
donar  Vertrag  swischen  Bussland,  England 
und  Frankreich  über  gemeinsam  der  Pforte 
anzubietende  Vermittelung.  '20.  Okt.  Ter- 
uichtung  der  türk.-agypt.  Flotte  bei  Navarin 
durch  die  Flotte  der  Verbündeten.  8.  Febr. 
1828  kommt  Kapodistria,  zum  Ohef  der  Exe- 
kutive ernannt,  in  Nauplia  an;  Beilegung 
der  inneren  Kämpfe. 

vn.  O,  als  selbständiger  Staat  und 
Königreich  seit  1828.  Einsetzung  eines 
Staatsraths  von27Mitgliedem  (PanhellenloD) 
und  Organisation  der  Militär-  und  Oivil- 
verwaltung  des  Landes.  29.  Aug.  1828  lan- 
det  ein  frans.  Pacifikationscorps  von  14,000 
Mann  unter  Maison  bei  Navarin  und  swingt 
Okt.  Ibrahim  Bur  Räumung  Moreas.  Die 
Grossmächte  nehmen  durch  Vertrag  vom 
16.  Nov.  1828  Morea  und  die  Inseln  unter 
ihre  Garantie.  Durch  das  londoner  Proto« 
koll  vom  3.  Febr.  1830  wird  G.  sum  $<mW' 
ränen  Königreich  erklärt  und  seine  Grenaen 
festgesetzt.  24.  April  Beitritt  der  Pforte  su 
dem  Protokoll.  Kapodistria,  der  inzwischen 
eine  streng  absolntist.  Ordnung  einzufahren 
sucht,  wird  9.  Okt.  1831  ermordet.    SO.Dec. 

1831  sein  Bruder  Augastin  Kapodistria  von 
der  Nationalversammlung  aum  provlsor. 
Präsidenten  ernannt,  dankt  Aug.  ab.   7.  Mai 

1832  wird  durch  Vertrag  zwischen  G.,  d&f 
drei  Mächten  und  Bayern  der  Prinz  OUo  von 
Bayern  zum  König  von  G.  ernannt  und  bis 
zu  dessen  Volljährigkeit  eine  Regentschaft 
angeordnet,  was  8.  Aug.  durch  die  Na- 
tionalversammlung in  Nauplia  bestätigt 
wird.  30.  Jan.  1833  Ankunft  Ottos  und  der 
Regentschaft  in  Nauplia.  Ausschiffung  von 
U500  Mann  bayer.  Trappen,  denen  die  festen 
Plätze  übergeben  werden.  Oi^anisation 
der  Verwaltung  auf  abendländischem  Fuss. 
1834  Losung  der  klrchl.  Verbindung  mit 
dem  Patriarchen  von  Konstantinopel  durch 
Errichtung  eines  besondem  griech.  Synod. 
Abzug  der  bayer.  Truppmi.  10.  Jan.  1885 
Verlegung  der  könlgl.  Residenz  von  Nauplia 
nach  Athen.  1.  Juni  Uebemahme  der  Re- 
gierung durch  König  Ottp.  Graf  Armanns- 
perg  Kanzler  von  G.  Wachsende  Rivalität 
der  Schutzmachte  um  den  Einfluss  in  G.; 
im  Innern  Misstrauen  und  UnzufMedenheit ; 
Bildung  einel:  mss.,  engl.,  franz.  und  natio- 
nalen Partei.  Entlassung  der  meisten  dent- 
8oh«B  Beamten  und  der  angeworbenen  deut- 

Jlfsyer«  Sand 'Lexikon* 


sehen  Trappen.    Fiaaneielle  Klemme.     15. 
Sept.  1848  Aufstand  in  Athen  unter  Kaier- 
gis  und   Makryzannis  Leitung.     BeruAing 
eines   sogen,   nationalen  Ministeriums  und 
einer  Nationalversammlung  zu  Entwerfang 
einer  Konstitution.     20.  Nov.  Eröffnung  der 
Nationalversammlung.     30.  März   1844  Be- 
schwörung der  neuen  Verfiissung  durch  den 
König.    23.  Juni  Aufstand  in  Athen ,  durch 
Kalergis    energisches    Einschreiten    unter- 
drückt.    Ueberhandnehmen   der  Anarchie. 
Sommer  1848—49  Ministorwechsel  Je  nach 
dem  Ueberwiegen  des  mss:,  franz.  oder  engl. 
Einflusses.   Differenzen  mit  England  infolge 
der  Unruhen  auf  den  Jonischen  Inseln  und 
des  wachsenden  russ.  Einflusses  in  Athen. 
11.  Jan.  1850  erscheint  die  engl.  Mittelmeer- 
flotte unter  Parker  im  Piräeus,  um  Ent- 
schädiguagsforderungen  für  angebliche  Ver- 
letzungen engl.  Unterthanen  (Paciflco),  ffir 
Verluste  bei   einem  Pdbelauflauf  (1847)  im 
Betrag  von  800,000  Drachmen,  einzutreiben 
und  die  Abtretung  der  Inseln  Elaphonisi  und 
Sapienza  zu  verlangen.    Die  griech.  Regie- 
rung protesdrt    gegen    diese   Gewaltthat, 
worauf  19.  Jan.   die  Blokade   beginnt,   die 
erst,  nachdem  sich  die  griech.  Regierung  zu 
Zahlung  von  330,000  Drachmen  bereit  erklärt 
hat,  aufgehoben  wird.  Herbst  1852  die  Auto- 
nomie des  heil.  Synod  in  Athen  gesetzlich 
festgestellt.     Bei   Beginn   des   russ.  -  türk. 
Kriegs   1854  erklärt    sich    die    öffentliche 
Meinung  in  G.  laut  fQr  Russland.    Die  An- 
kunft einer  engl. -franz.  Flotto  im  Piräeus 
und  einer  franz.  Division   von   2000  Mann 
unter  Forey  zwingt  die  griech.  Regierung 
(27.  Mai),  nnbedingto  Neutralität   zu    ver- 
sprechen.   Die  Okkupatioustruppen  räumen 
den  Firäens  erst  27.  Febr.  1857.   Einsetzung 
einer  Kommission   der   drei   Schutzmäohto 
zur  Untersuchung  der  flnaniiellen  Lage  des 
Landes.  Reibungen  zwischen  der  Regierung 
und  der  Kammer  der  Deputirten.  Schwinden 
der  Popularität  des  Königshauses.   13.  Febr. 
1862  Empörung  der  Garnison  von  Nauplia  und 
Einsetzung  einer  provisor.  Regierung  das. 
20.  April  Kapitulation  der  von  den  königl. 
Truppen   belagerten   Stadt.    Verkündigung 
einer  Amnestie  und  liberaler  Koncessionen. 
Fortdauer  der  revolutionären  Gähmng.  Eine 
28.    Okt.   au   Athen   konstitnirte  provisor. 
Regierung  erklärt  den  König  Otto  für  ab- 
gesetzt und  beruft  eine  konstituirende  Na- 
tionalversammlung.     Der    König    verlässt 
24.  Okt.  G.,  ohne  förmlich  abzudanken.  An- 
fang Dec.  Wahl  des  engl.  Prinzen  Alfred 
durch  allgem.  Abstimmung.  Auf  Grund  der 
Vertrage  von  1880  und  1832,  wonach  kein 
Prinz   der  drei    Schutzmächte  den  griech. 
Thron  besteigen    soll ,    lässt   England    die 
Kandidatur  des   Prinzen  Alfred ,  Russland 
die  des  Herzogs  von  Leuchtenberg  ibllen. 
Die  22.  Dee.   1862  in  Athen   eröffnete   kon- 
stituirende  Nationalversammlung   bestätigt 
die   Absetzung  des  Königs   Otto    und    der 
bayer.  Dynastie   (16.  Febr.  1863)  und  wählt 
auf  Empfehlung  der  Schutzmächte  den  Prin- 
zen Georg  von  Dänemark  30.  März  zum  Kenig. 
Durch  Traktat  vom  13.  Juli    zwischen  den 
drei  Schutzmächten  und   Dänemark   wird 

40 


722     Griechische  Kirche  —  Griechische  Sprache  und  Literatur. 


die  grieoh.  Krone  fömilioh  Otorg  I,  Aber« 
tntg^u,  der  81.  Okt.  die  Beglerang  antritt. 
Vereinigiing  der  Jon.  Inseln  mit  G.  Tort- 
denemde  Oihmng  in  O.  S8.  Nov.  1864 
UBttfaeiohnnng  der  revidirten  Yerfasenng 
durch  den  König,  lünananotit.  Vergeb- 
lielie  AnleluuTersnclie.  Ang.  1866  Sym- 
pathien in  G.  für  die  aafrtftndigen  Kan- 
dioten.  Unterstütanng  derselben  durch 
Freiwillige,  WafTen,  Munition  und  Geld. 
Anfltng  1868  60—70,000  kandiot.  nächtUnge 
in  G.  Wiederholte  Beschwerden  des  tnrk. 
Gesandten  über  dl9  Haltung  G.s  in  der 
kandiot.  Frage.  15.  Dec.  Ablehnung  des 
Uttimatoms  der  Pforte  von  Seiten  G.s.  Ab- 
reise des  türk.  Gesandten  von  Athen.  17. 
Dec.  Schluss  sammtlicher  türlc  Hafen  für 
die  griech.  Schilfe  und  Ausweisung  aller 
griech.  Unterthanen  aus  dem  Gebiet  der 
Pforte  binnen  14  Tagen.  Sammlung  eines 
türk.  Heeres  in  Thessalien.  9.  Jan.  1869 
Zusammentritt  der  Konferena  der  Gross- 
machte  sn  Paris  m  Beilegung  der  griech.- 
türk.  Differens.  6.  Febr.  Annahme  der 
.Deklaration*  der  Konferens  von  Seiten  der 
Regierung.  Drückende  Finansnoth.  1.  Jan. 
1870  Beitritt  G.s  su  der  swischen  Frankreich, 
Italien  etc.  bestehenden  Münakonvention. 

Neuere  Bearbeitungen  der  Geschichte  Alt> 
griechenlands  von  Zinkeisen  (auch  Mittelalter 
und  neuere  Zeit  umfassend,  1888— 4S,  4  Bde^, 
Chote  (neue Aufl.  1870, 18 Bde.;  deutsch  1850 
—1857, 6  Bde.),  Duneker  (8.  Aufl.  1860),  Ourtitu 
(S.  Aufl.  1869),  J9er<2b«r^  (1868).  Die  Gesch. 
G.S  Im  Mittelalter  bearbeiteten  Fallmerayer 
(1830—36, 8  Bde.),  JPV'»lay  (1851 :  deutsch  1853) ; 
die  neuere  Gesch.  FitUay  (1854),  Mend^Bsohn- 
Bartholdj/  (1870  f.);  die  Gesoh.  des  griech. 
Freiheitskampfs  Finlay  (1861)  und  Qervinu» 
(Gesch.  des  19.  Jahrb.,  Bd.  4,  1859). 

Grieelütelie  Kirch«  (orientdUsch  -  crtho' 
doxe  Kirche),  die  christl.  Kirche  des  Orients, 
welche  bloss  die  Beschlüsse  der  7  ökumeni- 
schen Koncilien,  nicht  die  spater  aufge- 
kommenen Satsungen  der  röm.-kathoL 
Kirche,  namentlich  nicht  die  AntorltM  des 
röm.  Papstes  anerkennt.  Die  erste  Tren- 
nung beider  Kirchen  war  veranlasst  dnrdi 
das  vom  bysantin.  Kitiser  Zeno  488  erlassene, 
den  Lateinern  anstössige  Henotikon  und 
durch  den  484  vom  Bischof  Felix  II.  von  Rom 
über  die  Patriarchen  sn  Konstantinopel  und 
Alezandria  ausgesprochenen  Bannfluch.  Die 
519  vom  röm.  Bischof  Hormisdas  erzwungene 
Wiedervereinigung  beider  Kirchen  löste 
sich  wieder  durch  die  von  dem  röm.  Bischof 
738  gegen  die  Bilderstürmer  und  868  gegen 
den  Patriarchen  Photins,  der  das  Ausgehen 
des  heil.  Geistes  auch  vom  Sohne  (fllioque) 
verwarf,  ausgesprochenen  Bannflüche.  Aber 
erft  84.  Juli  1054  kam  es  sur  bleibenden 
Trennung  beider  Kirchen,  indem  die  Le- 
gaten des  Papstes  Leo  EX.  die  Exkommu- 
nikationsurkunde in  der  Sophienkirche  an 
Konstantinopel  vorlasen  und  niederlegten. 
Zu  den  4  Patriarchen  von  Konstantinopel, 
Alexandria ,  Antiochia  und  Jerusalem  kam 
1589  der  zu  Moskau  als  fünfter.  Das  einzige 
Symbol.  Buch  der  g.n  K.  Ist  die  1648  von 
Metropoliten  Mogilas  verfasste  ,Darstellung 


des  Glaubens  der  Kassen*  (heranss.    -vom 
heil.   Synod   1788.     Die  g.   K.   lehrt,    dass 
der  heil.  Geist    nur  vom    Yater   ansgehe, 
nimmt  imt  der  röm.-kathoL  7  Sakrament« 
an,  halt  aber  bei  der  Taofe  drewnMÜgea 
Eintauchen  des  ganzen  Körpers  ins  "Waaser 
zur  Reinigung  von  der  Erbsünde  für  noth- 
wendlg  und   verbindet  das  Ghrisroa    (Fir- 
mung) sogleich  mit  der  Taufe,  hat  Marien- 
nnd  Heiligenverehrung,  Transsubstantiation 
und  Messopfer,   aber  nicht  Anbetans^   der 
Hostie,  bedient  sich  beim  Abendmahle,  das 
sie  unter  beiderlei  Gestalt  Jedermann,  anch 
Kindern  reicht,  gesäuerten  Brodes  und  mit 
Wasser  vermischten  Weines ,   verwirft    die 
Lehre  vom  Fegfeuer,  von  den  Indolgensen 
und  dem  Ablass  für  Lebende,  geatattet  den 
niederen  Weltgeistiichen    Eingehung     d«r 
Ehe   mit   einer  JungArau,   duldet    in    den 
Kirchen  nur  gemalte  Bilder  (nur  die  russ. 
auch  plastisch^),  halt  viel  auf  Fasten  und 
sonstige  äussere  (Gebrauche,  hat  keine  all- 
gemeine Kirchensprache.  Die  niedere  Greist- 
llchkeit  besteht  aus  Liturgen,  Vorlesern, 
Sängern,  Hypodiakonen  und  Diakonen,  aus 
Priestern,  Popen  und  Protopopen.  I>ie  Geist- 
lichen   tragen  B&rte    und   Gewander   von 
schwarzer,  brauner,    violetter  und   blauer 
Farbe.     Ueber  die  g.  K.  in  Russland  s.  d., 
in  Griechenland  s.  d.    Vgl.  SchmiU,  ,Gesch. 
der  nengriech.  und  russ.  Kirche',  1840. 

Grleeluscliet  Fever,  von  Gallinicus  um 
665  erfuadMie  Mischung,  auf  verschiedene 
Welse  als  zerstörendes  Mittel  gegen  den 
Feind  benutzt;  soll  unter  dem  Wasser  bren- 
nen. Als  g.  F.  (Fenian  Feuer)  diente  im 
nordamerikan.  Kriege  eine  Lösung  von 
Phosphor  und  Schwefelkohlenstoff.     [Reich. 

GrieeUsehea  Kalsertkum,  s.  v.  a.  Ostrom. 

GrlechlieliesKreiiz,  s.  v.  a.  Andreaskreuz. 

Grieeliiielie  Sprache  umd  Literatur.    Die 
Spracht  der  alten  Griechen  bildet  mit  der 
latein.  einen  Zweig  des  indogerman.  Sprach- 
stamros   und  wurde  zur  Zeit  ihrer  Blüthe 
und  später  ausser  im  eigentl.  Griechenland 
In  einem    grossen  Theil    von    Kleinasien, 
Unterltallen,  Sicilien  und  den  zahlr.  griech. 
Kolonien    gesprochen.      Sie    zerfiel    in   4, 
auch   literarisch    ausgebildete  Mundarten: 
Dor<«eft  (Pindar,  Theokrit,  Bionu.  Moschus), 
Aeoli%ch  (Alc&ns  u.  Sappho),  JonifcA (Homer, 
Hesiod,  Theognis,    Herodot)   und  AUiich, 
letzteres  zur  Zeit  der  Hegemonie  Athens  die 
allgemeine  Sprache  der  Literatur  und  des 
gebildeten  Verkehrs  (Thucydldes,  Xenophon, 
Plato,  Domesthenes,  die  Dramatiker  etc.). 
Mit  ihrer  immer   steigenden  Verbreitnng 
entfernt  sich  später  die  allgemeine  Sprache 
immer  mehr  von   dem  reinen  Attisch  der 
klass.  Schriftwerke  und  erscheint  bereits  im 
K.  T.  wie  in  den  Werken  derbyzant.  Schrift- 
steller   nicht   unbedeutend   entartet.     Das 
Studium  der  griech.  Sprache  kam  vom  by- 
zantin.  Kalserthum  aus  im  15.  Jahrh.  nach 
Italien  (CSirywlorae,  Xo^ibarls  und  Tk.Owta) 
und  wurde   in   Deutschland   zuerst  durch 
Er<umu»,  Reuchlin,  MeUmehlhcm  eingeführt 
(seit  1518).  Neuere  Grammatiker:  AiMmami, 
Thierach,  Kühner,  Sott,   Gurtius  u.  A.    Die 
Syntax  insbes.  bearl>eiteten  Bernhard^  und 


Griechische  Weine  —  Griffonniren. 


723 


Mad^ifi,  die  Formenlehre  Lebeck,  die  Ety- 
mologie Oiirliut,  die  Tergleiohende  Oram- 
matik  des  Latein.  nndGriech.  Lto  Meyer ^io. 
T^exiken  Ton  SUphanu»  CThesaurus  ling.  Or.*, 
neueste  Bearbeitung  1831-57,  8  Bde.),  Bu- 
aoto,  JSoBt  u.  bes.  Fape  (8.  Aufl.  1864— 71, 4  Bde.). 
Die  griechische  LUeratur,  in  der  Poesie, 
Cle«ohicht8chreibung    and   Bedekunst    un- 


übertroffen, In  der  Naturkunde  und  den 
spekulativen  Wissenschaften  für  alle  Zeit 
grundlegend,  beginnt  mit  einer  mythischen 
Vorseit  (orphi$ehe  Periode;  Schauplatz  das 
pierisohe  Thracien  mit  dem  Olympus  und 
Helicon,  Pindus  und  Farnass;  Sangernamen : 
Orpheus,  Mu^tue,  Eumolpus,  Lintts  u.  A.) 
und  umfasBt  dann  2  Hauptperioden: 


I.  Poetische  Periode  (1000-500  v.  Chr.). 


Epiiches  Zeitalter. 

JonischeSänger- 
schnle:  H&tner 
(um  1000,  JliasS 
jOdyssee*) ;  dieJTo- 
meriden't  die  cyUi- 
sehen  Diehter  (Pi- 
eander,  Panyasls, 
Antimachus). 

Böotische  Sän- 
g^erschule:  He- 
«>W(nm900„Theo- 
l^onie*,  ,Werke  u. 
Tage'). 


LyrischM  Zeitalter. 

ElegiaoheDichtung.  Patriot. Lieder: 
OodlinuB,  Tyrtäiu(680),  Selon.  Gnomen 
u.  Epigramme:  Die  7  Weisen,  Theognie, 
Pkocylidee,  Simonides  aus  Keos  (500), 
B<$o^j/lide».  Fabel:  ile«op(6.  Jahrh.l. 
Erotische  Gedichte :  Jfimnermus  (500), 
Skolien:  Terpander  (670). 

Jambische  Dichtung  (satirisch). 
ArchÜoehue  (um  640),  Bimonides  aus 
Samos  (650),  Hipponax  (um  540). 

Melisohe  Dichtung  (eigentl.  Lyrik). 
ii(efl»an(640),  AHon  (eiO),Aleäus  (600), 
Sappho,  Erinna,  Stesichorus ,  Ibyoui 
(550),  Anaereon  (5S0),  JPindar  (f  442). 


Philosophie. 

Jonische  Schule  (die 
sogen.  Physiker):  ThaUs 
(550,  ürprincip :  Wasser), 
Anaximenes  (540,  Luft), 
Heraklit  (500,  Vener), 
Biereeyde»  (540,  Aether 
und  Erde).  —  Anaximan- 
der  (600),  Demokrit  (450), 
Anaxagoras  (f  428). 

Blfthagaras  (geb.  584) 
und  seine  Schule : 
ArehyUu  (400),  FhilolauB 
(880)  u.  A. 


IL  Attische  Periode  (500—300  y.  Chr.), 


A.  Drama. 

Tragödie:  I%rynichus  (f 
öll),  Aesehylus  (f  456), 
Ion,  Achäus,  Sophoeies  (f 
405),  :EuHptde8  (t  406), 
Agathon  (f  401). 

S  a  t  i  r  s  p  1  e  1 :  ^Halto«,  iVa<t- 
na$,  Euripides  (,0yclop8*). 

Mimen:  Sophron  (f  420). 

Komödie:  Alte:  J?p<cAar- 
mu» ,  CreUintUt  Eupolis, 
Arütophanea  (t  427), 
Phereoraie»  etc.  —  Mitt- 
lere: Antiphanee  (380).  — 
Neuere:  Phüemon,  Diphi- 
lu9,  Menander  (f  290). 


B.  Philosophie. 

Eleatische  Schule:  Xenopha- 
ne$  (t  536),  lärmenides  (t  500), 
Empedodes  (f  440). 

Sophisten:  Gorgiaa  (440),  Prota- 
goras,  Prodicus  etc. 

Soerates  (f  309)  u.  seine  Schüler : 
Xenophon  (f  536),  JPlaJto  (t  848). 

Pripatetiker:  AristoMes  (t 
S21),  Theophrast  (f  286). 

Cyniker:  Antisihenes  (400),  Dto- 
yene«(400).—  Oyrenaische  Schule : 
Arittipp  (380).  —  Stoiker:  Zeno 
(t264).  —  Glückseligkeitslehre: 
Epikur  (t  269).  —  Skeptiker: 
J)irrho  (f  260),  Aenesidemus  etc. 


0.  Cresehichte. 
HerodAft  (t  408),  Thu- 
eudides  (t  402),  Xeno- 
phon (t  356),  Ckesias 
(880),  PhUistuB,  Theo- 
pompus,  Oallisthenes, 
CHitarehu»,  Ephonuetc. 

D.  Rhetorik. 
Antiphon  (411),  Andoci- 
des,  Lysian,  leoerates 
(338),  Isätts,  Lykurg, 
JOemosthenes  (t  323), 
Aeschines  (f  814),  Di- 
narchtts  (f  319),  Deme- 
trius  Phalereu»  (283). 


Auf  diese  Zelt  des  Schaffens  folgt  eine  vonsugsweise  aystematisirende  und  kritisirende 
Periode,  das  sogen.  Alexandrinisehe  Zeitalter  (s.  d.),  tou  dem  die  mittelalterlich -byzantiu. 
Periode  den  Uebergang  zur  neugriech.  Literatur  bildet.  Darstellungen  der  g.n  L.  von 
0,3(UUer  (1841),  Bernhardy  (5.  Aufl.  1869  f.),  ifu«jfe  (2.  Aufl.  1857),  Jtfare  (1850-57,  5 Bde.). 


Grieehisehe  Weine  ^  meist  wenig  halt- 
bare, schlecht  aubereitete,  oft  nach  Harz 
schmeckende  Weine,  am  besten  derHalyasier 
and  der  Santorin,  femer  die  Weine  von 
Oypern,  Kandia,  Tenedos,  Oerigo,  Zante  etc. 

cirlepenkerl,  Wolfg.  Mob.,  Schriftsteller, 
geb.  1810  Bu  Hofwyl  (Kant.  Bern),  f  ^7. 
Okt.  1868  als  Professor  in  Braun  schweig. 
Sehr.  Dramen  (darunter  ,Rohe8pierre*  1851 : 
,Die  Girondisten*  1852),  das  Schauspiel  ,Ideal 
und  Welt*  1855),  den  Roman  ,Da8  Musikfest 
oder  die  BeethoTener*  (2.  Aufl.  1841),  ,Die 
Oper  der  Gegenwart*  (1847)  u.  A. 

Orlefy  grobgemahlenes  Getreide,  feiner 
als  Grhtse,  besonders  von  Weizen,  Reis, 
Mais,  Buchweisen,  wird  als  Nebenprodukt 
bei  der  Mehlbereitung  gewonnen. 

Griesbaeli^  Flecken  in  Niederbayern,  888 
Ew.    Graphit-  und  Porzellanerdegruben. 

Grietinger,  Wilhelm,  Arzt,  geb.  29.  Juli 


1817  in  Stuttgart,  1850—54  Direktor  der  me- 
dicin.  Schule  zu  Oassr-el-Ain  und  Präsident 
des  Conseil  de  Sant6  für  Aegypten,  später 
in  Tübingen,  Zürich,  seit  1865  In  Berlin ; 
t  das.  26.  Okt.  1868.  Höchst  rerdient  um 
die  Behandlung  der  €remüths-  und  Nerven- 
krankheiten. Sehr.  «Pathologie  und  The- 
rapie der  psych.  Krankheiten*  (2.  Aufl.  1861), 
,Ueber  Infektionskrankheiten*  (2.  Aufl.  1864). 
Gab  heraus:  , Archiv  für  Psychiatrie  und 
Nervenkrankheiten*  (seit  1867). 

GrilTely  in  der  Botanik  die  Röhre  des 
Stempels  zwischen  Fruchtknoten  und  Narbe. 

Grlffelsehiefery  in  regelmässige  prisma- 
tische Stücke  spaltbarer  Thonschiefer  von 
grosser  Milde,  bes.  im  sllur.  Uebergangs- 
gebirge  des  südöstl.  Thöringerwaldes. 

Griffonniren  (fr.),  schmieren,  sudeln.  Orif- 
fonnage  (spr.  -alisch),  Sudelei;  Griffonnenr 
(spr.  -Öhr),  Sudler  von  Schriftsteller. 

46* 


724 


Grillage  —  Griseldis. 


tirillage  (fr.,  spr.  •ahscb),  das  Bösteu 
des  Metalls;  In  der  Bankttnst  s.  ▼.  a.  Bost. 

Grille  (Heimchen,  Gryllas  L.),  (Httnng 
der  Heuschrecken.  Feldgriüe  (G.  campestrls 
L.),  V*  lang,  auf  Feldern  oft  sehr  schädlich, 
nnr  die  M&nnchen  zirpen.  HauegriUe  (G. 
domesticns  L.),  %**'  lang,    in   Mauerritzen. 

ÖrUlparier^  Front,  dram.  Dichter,    geb. 

15.  Jan.  1790  zu  Wien,  ward  1832  daselbst 
ArchiTdirektor  bei  der  Hofkammer,  seit  18&C 
imRuhestand,  1861  zum  lebenslängl.  Reichs- 
rath  ernannt.  Begröndete  seinen  Ruf  mit 
der  Schicksalstragödie  ,Die  Ahnfirau*  (1816), 
welcher  sp&ter  die  Stücke  ,8appho*  (1819), 
,Da8  goldene  Yliess*  (Trilogie,  1829),  ,König 
Ottokars  Glück  und  Ende*  (1825),  ,Ein  treuer 
Diener  seines  Herrn*  (1830),  ,MeIaslne' 
(Oper,  1833),  ,Des  Meeres  und  der  Liebe 
Wellen'  (1840),  ,Der  Traum  ein  Leben*  (1834), 
,Weh  dem,  der  lügt!*  (1840),  ,£ather'  (Frag- 
ment, 1863)  folgten.  Vgl.  S,  v.  Wurt^ch, 
,F.  G.S  1871.  [Schein. 

Grlmass«  (fr.),  Gesteh tsverzerrung,  leerer 
Grimm  9  1)  Jakob  Ludw.,  Sprachforscher, 
geb.  4.  Jan.  1785  zu  Hanau ,  seit  1831  Prof. 
und  Bibliothekar  in  Göttingen,  18S7  als  einer 
der  bekannten  7  Professoren  entsetzt  und 
ausgewiesen,  1841  als  Mitglied  der  Akademie 
und  Prof.  nach  Berlin  berufen;  t  d<^s-  ^^• 
Sept.  1863.  Begründer  der  wissenschaftl. 
Behandlung  der  yaterl&ndischen  Sprache, 
Literatur  u.  Alterthumsknnde.  Hauptwerke : 
,Deat8che  Grammatik*  (1819—37, 4  Bde.,  neue 
Ausg.  1869  f.),  ,Deutsche  Rechtsalterthüraer* 
(1828),  ,Deut8cho  Mythologie*  (1835,  3.  Aufl. 
1854),  ,Geschichte  der  deutschen  Sprache*  (8. 
Aufl.  1868);  Ausg.  des , Reinhart  Fuchs*  (1884) 
u.  A.  «Kleinere  Schriften*  (1864—69,  4  Bde.). 
Mit  seinem  Bruder  gemeinschaftlich  gab  er 
heraus:  ,Kinder-  u.  Hausmarchen*  (1812—13, 
3  Bde. ;  8.  Aufl.  1864),  «Deutsche  Sagen*  (1816— 
3818, 2  Bde. ;  2.  Aufl.  1865),  ,Irieche  Elfeumar- 
chen*  (1826),  ,Altdeutsche  Wälder*  (1813-16, 
3  Bde.)  und  das  grosse, Deutsche  Wörterbuch* 
(1854  ff.,  fortgesetzt  yon  Hildebrand  und  Wei- 
gand).  —  2)  Wilhelm  Karl,  Bruder  des  Vor., 
geb.  24.  Febr.  1786  zu  Hanau,  seit  1830  Prof.  in 
Göttingen,  theilte  1837  das  Schicksal  seines 
Bruders,  seit  1841  Prof.  in  Berlin ;   f    clas. 

16.  Dec.  1859.  Bes.  als  Herausgeber  alt- 
deutscher Dichtungen  thätig,  so  des  ,Frei- 
dank*  (1834;  2.  Aufl.  1860),  ,Rosengartens* 
(1836),  , Rolandsliedes*  (1838),  der, Goldenen 
Schmiede*  (1840),  des  ,SyUe8ter*  yon  Kon- 
rad von  Würzburg  etc.;  sehr.  ,Ueber deutsche 
Runen*  (1826),  ,Die  deutsche  Heldensage* 
(1829).  Vgl.  Deiihard,  ,Die  Gebrüder  G.*,  1860. 
—  3)  Hermann,  Sohn  des  Vor.,  Schriftsteller, 
geb.  6.  Jan.  1828,  lebt  in  Berlin.  Sehr. 
,Demetrius*  (Trag.,  1854),  ,NoyeIlen'  (2.  Aufl. 
1862),  ,Leben  Michel  Angelos*  (3.  Aufl.  1868), 
,£88ays'  (1859  und  1865),  ,Ueber  Künstler 
und  Kunstwerke*  (1865—67,  3  Bde.),  ,Un- 
üborwindliche  Mächte*  (Roman,  1867)  u.A. 

Grimma,  Stadt  Im  sächs.  Regbz.  Leipzig, 
an  der  Mulde,  6476  Ew.    Ber.  Fürstenschule. 

Grimmdarm,  s.  Darm. 

Grimmelshausen,  Hana  Jak,  ChrUtoffei  von, 
geb.  um  1625  zu  Gelnhausen,  langeZeit  Soldat, 
dann  Schulthelss  xu  Renchen  Im  Schwärs- 


wald;  f  17.  Aug.  1676.  Der  bedeutendste 
Träger  der  yolksthüml.  Poesie  im  17.  Jabrfa. 
Hauptwerk:  ,Der  abenteuert.  SimpIiciBsimiis* 
(1669),  einer  der  besten  deutschen  Bk>inane, 
in  acht  epischer  Weise  das  Leben  dar  Zeit 
nach  allen  Hauptrichtungen  darstellend. 
Sehr,  noch  mehrers  älmliche  Werke  t  ,Xrati 
Simplex',  ,Da8  wunderliche  Yogelnest*  etc.. 
Didaktisches  und  Anderes.  Krit.  Ausgaben 
des  jSimpIicissimufl*  von  KeUer  (1854  —  62, 
4  Bde.)  und  Kurg  (,Simplicianische  Schrif- 
ten*, 1863—64,  4  Bde.). 

Grimmen,  Kreisstadt  Im  prenas.  Kegbz. 
StraLiund,  an  der  Trebel,  3193  Bw. 

Grimfby  CGr«a<  (7.) ,  Seehandelsstadt  in 
der  engl.  Grafsch.  Lincoln,  an  der  Mün- 
dung des  Humber,  11,100  Ew. 

Grimsel,  Bergspitze  der  berner  Alpen, 
8634'  hoch ,  mit  Pass  (6665')  aus  dem  Ober- 
hasll  nach  Oberwallis.  Das.  in  5778'  Höbe 
das  Orimselhoapiz;  unfern  der  Todtensee. 

Grind  (Sehorf),  die  Kruste,  welche  sich 
durch  Vertrocknung  nässender  Hautatellen 
bildet;  lockert  sich  nach  der  Heilung  der 
betr.  Stelle  und  fällt  ab. 

Grindelwaid,  Thal  Im  bemer  Ober  lande, 
8150*  üb.  M.,  4  St.  lang,  Vs  St.  breit,  gut  an- 
gebaut, 8500Ew.  Zwei  vielbesuchte  Gletscher. 

Grinnellland,  Land  im  arkt.  Amerika, 
dur<di  den  Smithsund  und  Kennedykanal 
yon  Grönland  getrennt;  das  nördlichste  bis 
jetzt  bekannte  Land  (82VtO),  1850  entdeckt. 

Griphen  (gr.),  Netze,  Räthselau^aben,  yer- 
fängllche  Fragen.    Vgl.  Logogriph. 

Grippe  (Inßuenta) ,  ein  epidemisch  auf- 
tretender, mit  hohem  Fieber  und  schweren 
Allgemeinerscheinungen  verlanfonder  Ka- 
tarrh der  Luftröhre.  Fälschlich  bezeichnet 
man  die  nicht  epidemischen  Katarrhe  als 
G.  Die  sog.  nervöee  G.  ist  gewöhnlich  eine 
mit  starken  Himsymptomen  yerlaufende 
Lungenentzündung.  Die  ächte  G.  ist  (bes. 
im  Kindes-  und  Greisenalter)  oft  tödtlich. 

Gripsholm,  altes  Schlossder  Könige  yon 
Schweden,  Im  Mälarsee ;  Lleblingsaufenthalt 
Gustavs  in.,  auch  als  Geföngniss  Erichs  XXV., 
Johanns  HI.  und  Gustavs  IV.  bekannt. 

Griqnas,  in  Südafrika  die  rothbraunon 
Abkömmlinge  derholländ.  Boers  und  ihrer 
Hottentottensklavinnen,  am  Oranjefluss  nnd 
an  seiner  Vereinigung  mit  dem  Vaal  ange- 
siedelt. Hauptorte  Philippolis  n.  Qri^atovn. 

Grisebacll,  Aug.  Heinr.  Bndoif,  Naturfor- 
scher, geb.  1814  EU  Hannover,  seit  1841  Prof. 
der  Botanik  in  Göttingen;  verdient  um  die 
Pflansengeographie.  Sehr.  ,Vegetation8linien 
des  nordwestl.  Deutschlands*  (1846);  yjäbrl. 
Berichte  über  die  Fortschritte  der  Illanxen- 
geographie*  (1841—53);  ,Ge(^gr.  Verbreitung 
der  Pflanzen  Westindiens*  (1865). 

Griseldis,  Heldin  eines  mittelalterl.  Volks- 
buchs, armes  Bauemmädchen  ,  vom  Mark- 
grafen Walther  von  Salusso  snr  Gattin  er- 
wählt, der  ihre  Treue  und  Demuth  auf  die 
härtesten  Proben  stellt  und  bewährt  findet. 
Die  Geschichte  findet  sich  anerst  im  Boc- 
caccio (,Decamerone*,  X,  10) ;  älteste  Ausgabe 
des  deutschen  Volksbuclis  G.  Augsb.  1471; 
dram.  behandelt  von  Hans  Sache  (1546).  In 
Fr,  Halma  ,G,*  ist  der  Stoff  wesentl.  yerändert. 


Grisetten  —  Grossbritannien. 


725 


GrisetteBy  in  den  pariser  Sittensohildernn- 
^en  von  Balzac,  Panl  de  Kock  etc.  Klasse  yon 
IMmdcben  (aus  dem  Arbeiterstand) ,  die  mit 
einem  sogen.  Freunde  (Arbeiter,  Student)  in 
einer  Eeitweiifgen  wilden  Iiihe  leben. 

GrluU  Giuliett(t,  dram.  Sängerin,  geb.  38. 
Juli  1811  in  Mailand;  seit  1836  abwechselnd 
in  Paiis  und  London,  1854—55  in  Amerika 
Triumphe  feiernd,  seit  1856  Gemahlin  des 
Tenoristen  Mario;  f  28.  Nov.  1869  in  Berlin. 
Orlsiroldy  R^fu3  Wümot,  nordamerikan. 
Xiiterarhistorlker ,  geb.  15.  Febr.  1815  zu 
Senson  (Vermont),  J  27.  Aug.  1857  zu  New- 
york.  Gab  heraus:  ,Poets  and  poetry  of 
America*  (1842;  17.  Aufl.  1856),  ,Prose-writers 
of  America'  (4.  Aufl.  1856),  ,Femalepoets  of 
America'  (5.  Aufl.  1857),  ,Poet8  and  poetry 
of  England'  (4.  Aufl.  1854). 

Orobkalk  (Sandkalk,  Nummulitenkalk ,  Ce- 
Tithienkalk),  Felsart,  aus  kohlensaurem  Kalk 
mit  Quarzsaud,  Thon  und  Eisenoxyd  ge- 
mengt, äusserst  reich  an  Versteinerungen, 
gehört  der  eocanen  Tertiärformation  an; 
bes.  im  pariser  Becken.  Guter  Baustein. 
CrrobkcdkfortiMUion,  s.  v.  a.  Tertiärformation, 
s.  G^irgsformation. 

Grobkonle^  Abart  der  Steinkohle. 
GrochOW»  Dorf  bei  Warschau;   25.  Febr. 
18S1  8i«g  der  Rassen  über  die  Polen. 

GrodeSy  vom  Meer  angeschwemmtes  Land. 
Grrodendeich ,  weit  vom  Meere  abliegender 
Deich,  der  nur  bei  hoher  Fluth  bespült  wird. 
Clrodnoy  westruss.  Gouvern. ,  691,a  QM. 
und  894,194  Ew.  Die  ffaMptstadt  G.,  am  Nie- 
nien,  23,499  Ew.    Drei  Messen. 

Orodener  Thal  (Valle  Oard^a),  enges 
reizendes  Thal  in  Tirol,  Kr.  Brixen,  mit 
ca.  4000  roman.  Ew.    Bildschnitzerei. 

Groningen  (Groningen) ,  nordöstl.  Prov. 
der  Niederlande,  41,6  QM.  und (1869)  232,273 
Ew.     Sorgfältig    kultiyirt.     Die   befestigte 
Hauptstadt  G.,  an  derHunse  undAa,  durch 
Kanäle  mit  dem  Dollart  und  derZuidersee 
verbunden,  37,634  Ew.  Universität  (seit  1614). 
GrSnlftndy   grosses  Nordpolarland,  zwi- 
schen der  Bafflnsbai  und   dem  nördl.  Eis- 
meer, wahrschelnl.  Insel,  an  der  Westküste 
bis  80O  50'  n.  Br.  besucht,  ca.  36,000  (n.  And. 
17,874)  QM.;  im  Innern  ein  Tafelland  von 
mächtigen  Eismasaen  übergletschertund  von 
(4—6000'  hohen)  Gebirgen   umsäumi.     Der 
allein  zugängliche,  im  O.  gar  nicht,  im  W. 
dürftig  bewohnte  und  bebaute  Theil  helsst 
das  Aussen-  oder  Vorland,   bestehend  in 
einem  4 — 20  M.  breiten  Küstensaum  mit  einem 
labyrinth.  Gürtel  von  Halbinseln  u.  Fjorden 
und  zahllosen  Inseln  und  Klippen.   Das  glet- 
scherlose Gebiet  auf  der  Westküste   steht 
unter  dän.  Oberhoheit,  ca.  2200  QM.  mit  (1865) 
9481  Ew.  (meist  Eskimos  uud  Mischlinge)  in 
13  kleinen,  meist  aus  Herrnhuter-Missions- 

Slätzen  bestehenden  Kolonien;  Julianehaab, 
hodhaab  ,  Omenack  etc.  —  Von  einem  ver- 
schlagenen Isländer  Gunbiörn  im  9.  Jahrb. 
entdeckt;  von  Brikr  Rauöi  (wegen  seines 
Grans)  G.  genannt  und  dann  nach  und  nach 
von  Skandinaviern  kolonislrt.  2  Kolonien: 
West-  und  Ostbygd,  die  Im  14.  und  15.  Jahrh. 
zu  Grunde  gingen.  Später  von  Frobisher 
(1578),  Davis,  Hudson  (1607)  und  BafBn  (1616) 


erforscht;  1721  Einwanderung  Hans  Egedes 
(s.  d.),  seitdem  Kolonislrung  G.s  seitens  der 
Dänen.  Vgl.JEtzel,  ,G.*,  1860;  Helms,  ,G.',  1867. 

Grönsiind,  Meerenge  zviischen  den  dän. 
Inseln  Falster  und  Möu. 

Grog 9  Getränk  aus  Rum,  Zucker  und 
heissem  Wasser,  vom  Admiral  Vemon  im 
18.  Jahrh.  eingeführt  und  von  den  unzu- 
friedenen Matrosen  nach  dem  Spitznamen 
des  Admirals  ,Old  <irog'  benannt. 

Grognard  (fr.,   spr.  -njahr),  Hurrkopf. 

GrOUlUUly  Karl  Wilh,  Georg  von,  pi'euss. 
General,  geb.  30.  Juni  1777  zu  Berlin,  machte 
als   preuss.  Major  die  Freiheitskriege  von 

1813  und  1814  mit,  ward  1815  General- 
quartiermeister, fungirte  dann  bis  1819  im 
Kriegsministerium,  ward  1837  Geu^'al  der 
Infanterie;  f  ^^*  Sept.  1843  in  Posen.  Die 
, Gesch.  des  Feldzugs  von  1815  etc.'  (1837, 
2  Bde.)   und  die  ,Gesch.  des  Feldzugs  von 

1814  etc.'  (1842,  4  Bde.)  sind  nach  G.s 
Materialien  von  v.  Damitz  verfasst. 

Groma  (iat.),  Werkzeug  zum  Feldmessen ; 
Gromatik,  Feldmesskunst.  [Reitknecht. 

Groom   (engl.,    spr.   Gruhm),    eleganter 

Gropius,  Karl,  Maler,  geb.  1794  in  Berlin, 
t  das.  21.  Febr.  1870  als  königl.  Hoftheater- 
maler und  Mitglied  der  Akademie;  bes.  aus- 
S;ezeichnet  als  Dekorationsmaler  und  Ver- 
ertiger  höchst  gelungener  Dioramen.  —  Sein 
Vetter,  Martin  G.,  geb.  11.  Aug.  1824,  her- 
vorragender Architekt  In  Berlin. 

Gros  (fr.,  spr.  Groh),  mit  einem  Zunamen 
Bezeichnung  vieler  seidenen  oder  halbseide- 
nen Gewebe  (G.  de  Tour,  de  Naples  etc.). 
Groüinon,  ordinäre  gesteifte  Futtergaze. 

Gros  (fr.,  spr.  Groh),  die  Hauptmasse, 
etwas  im  Ganzen  und  Grossen  als  Gesammt- 
heit  (vgl.  ßn  gros);  Münze,  =  Groschen; 
auch  fälschl.  s.  v.  a.  Gross  (s.  d.). 

Grosclien  (v.  lat.  groMus,  dick,  im  Gegen- 
satz zu  den  Blechmünzen),  silberne  Scheide- 
münze, zuerst  in  Böhmen  im  13.  Jahrh.,  :=: 
5'/4  Sgr. ;  alter  Konventiousgr.  =  i/m  Thlr. ; 
jetzt  r=  Vw  Thlr.  (Silbergr.  zu  12,  Neugr., 
im  Königr.  Sachsen,  zu  10  Pf.). 

Gros  d'amiee(fr.,  spr.  Groh-),  Hauptmasse 
der  Armee,  ohne  Avant-  und  Arridregarde. 

Gross  (fr.  grosse),  12  Dutzend,  144  Stück. 

Grossalmerode,  s.  Almerode.  [trakt. 

Grossaventarhandel,  «.  Grossaventurkon- 

Grossaventurkontrakt,  im  Seehandel  Ver- 
trag, zufolge  dessen  zu  einer  überseeischen 
Unternehmung  ein  Darlehn  gegeben  wird, 
welches,  falls  das  Schiff  verunglückt,  nicht 
zurückgezahlt,  aber  hoch  verzinst  wird. 
Vgl.  Bodmerei.  Grosaaventurhandel,  Handel, 
wobei  man  in  vorbemerkter  Weise  ein  Ka- 
pital borgt,  dafür  Waaren  kauft  und  damit 
in  See  geht,  um  sie  an  überseeischen  Plätzen 
zu  verkaufen.  Der  Unternehmer  Aventurier. 

GrOBsbeeren^  Dorf  im  preuss.  Regbz.  Pots- 
dam, 495  Ew.  23.  Aug.  1813  Sieg  der  russ.- 
schwed.  und  preuss.  Armee  über  die  Fran- 
zosen, Bayern,  Sachsen  etc.  unter  Oudlnot. 
Obelisk.  [kreis,  2353  Ew.   Weinbau. 

Grossbottwar.  Stadt  im  würtemb.  Neckar- 

Grossbritannlen  (engl.  Great  Britain), 
europ.  Grossmacht,  die  drei  unter  einem 
Scepter  uud  zu  einem  Parlamente  vereinig- 


72C 


Grossbritannien. 


ten  Königreiche  England,  Schottland  nnd 
Irland  nmfasaend,  besteht  ans  den  grossen 
Inseln  England  -  Schottland  (G.  im  engern 
Sinn)  nnd  Irland  (5732  QM.)  nnd  mehreren 
kleineren  (Hebriden,  Orkney-  und  Shetland- 
inseln,  Scilly-  nnd  normann.  Jnseln  nnd 
Man,  15,4  QM.)  nebst  sahireichen  Kolonien 
in  allen  Welttheilen,  den  grössten,  die  je  ein 
Beich  besessen  (a.  unten).  —  Dem  allgem. 
Typus  nach  ist  Englald  Hügelland,  Schott- 
land Gkbirgsland,  Irland  Ebene.  Weiteres 
über  Bodengestaltung,  Gewässer,  Klima  etc. 
8.  England»  SehoUland,  Irland, 

Bevölkerung:  1861  1871 

England  nnd  Wales  20,066,224  22,704,108 
Schottland  ....  8,062,294  3,358,613 
Irland      .    .    .    .    .    5,798,967     6,402,759 

Sa.  29,070,932  81,465,480 
Dazu  S50{856  Soldaten  und  Matrosen  ausser 
Landes.  Wachsthum:  1831—41: 10,84;  1841— 
1851 : 2,62 ;  1851-61 : 5,«00/o ;  1861-71 : 2,394,548 
Seelen,  wobei  die  starke  Auswanderung  aus 
Irland  zu  bedenken  ist  (1868:  196,325;  1869: 
358,027  Personen  aus  G.).  Volksdichtigkeit 
5488  : 1  QM. ;  am  stärksten  in  England  ohne 
Wales  (8000 :  1^,  hier  aber  wieder,  abgesehen 
von  lK>ndon,  in  den  NW.-Slelnkohlen-  nnd 
Industriebezirken  (20,000—27,000 : 1}  und  in 
Mittel  Schottland;  am  schwächsten  in  Nord- 
schottland (kaum  600 : 1  QM.).  Die  Haupt- 
masse derEiDw.  G.s  und  herrschendes  Volk 
die  german.  Engländer  (England  fast  aus- 
schliesslich einnehmend,  auch  zahlr.  in  Süd- 
schottland und  den  grossen  Städten  Irlands) ; 
daneben  CtUenmit  Terschiedenen,  aber  ver- 
wandten Sprachen,  als :  Iren  (in  Irland  5Va 
Mill.))  Qatien  oder  Schotten  (in  Hochschott- 
land, auf  den  Hebriden  nnd  Man) ,  Kymren 
(Wales,  Oumberland  etc.). 

Staatskirche  die  anglihan.  oder  Bochhirche, 
(1861)  ca.  17,126,700  Anhänger  (59o/o),  meist 
in  England  und  Wales,  mit  43  Bischöfen  nnd 

4  Erzbischöfen;  daneben  die  tchott,  oder 
pred^yterian.  Kirche,  überwiegend  In  Süd- 
schottland, mit  den  zahlr.  protest.  Sektirern 
oder  Dissidenten  ca.  6,169,500  (21o/o);  die 
kathol.  Kirche,  In  Irland  vorherrschend,  mit 

5  Erzbischöfen  n.  37  Bischöfen,  ca.  5,695,100 
Bekenner  (19Va*>/o);  Juden  (zumeist  in  Lon- 
don und  Dublin)  ca.  40,500. 

Ife^rungszweige.  Der  Äckerba»,  durch  das 
ocean.  Klima  und  die  Bodenbeschaffenheit 
begünstigt,'  in  hoher  Blüthe,  doch  der  Er- 
trag für  die  Bevölkerung  nicht  genügend. 
Areal  des  bestellten  Landes  etwa  26  Mill. 
Acres.  Auch  Obstkultur  bedeutend.  An  Holz 
Mangel.  Die  Eigenthumsverhältnisse  des 
Bodens  beruhen  auf  den  alten  Feudalge- 
setzen.  Grund  und  Boden  durchgängig  im 
Besitz  einer  sehr  geringen  Zahl  von  Grund- 
eigentbümem.  In  England  durchschnittlich 
91,  in  Irland  635  Wirthschaften  auf  1  QM. 
Hauptstärke  der  engl.  Landwirthschaft  die 
Viehzucht  (trefTl.  Pferde,  2  Kacen;  feinwol- 
lige Schafe,  14  Racen;  ansgea.  Rindvieh, 
9  Racen;  Ziegen,  besonders  in  Schottland; 
Schweine,  bes.  in  Irland).  Werth  des  Vieh- 
standes ca.  140  Mill.  Pfd.  St.  —  Fischerei 
bedeutend,  bes.  werthvoU  für  Erziehung  der 
Seeleute.  —  Produktion  des  Bergbaus  1869: 


Tons  \  80  Ctr.     I»fd.  St. 

Kohlen     .    107,427,557     26,856,883 

Eisenerze.      11,508,525       8,732,560 

Zinnerze  .  14,725       1,097,805 

Kupfererze         129,958  619,918 

Bleierze    .  96,866       1,189,090 

Zinkerze  .  15,533  49,366 

Thone  .    .        1,200,000  450,000 

Steinsalz  .        1,250,000  687,500 

u.  8.  w.    Gesammtwerth  der  Bers^werlcspro- 

duktion  über  35V4  Blill.,  Werth  der   proda- 

cirten  Metalle:  über  17Vs  Mill.  Pfd.  St. 

Die  Industrie  die  bedeutendste  der  Welt. 
Fast  Jeder  Zweig  des  Fabrlkwesens  in  Eng- 
land nnd  Schottland  auf  hoher  Stnfe  der 
Vollkommenheit  (Irland  in  industrieller  Hin- 
sicht weit  zurück);  die  charakterfstischeu 
und  wichtigsten  StofTe:  Baumwolle,  Wolle, 
Seide,  Flachs.  Uebersicht  der  Spinnerei- 
und  Webereifabriken  1868: 

Fabr.  Spindeln  Dampf  webst 
Baumwolle    2549  38,000,014       397,S29 
Wolle    .    .    1652     4,589,500         46,204 
Kammgarn      703     2,193,210         71,666 
Seide     .    .      591        978,168         14,625 
Leinen  .    .      405     1,588,124         Sl,040 
Zahl     der   darin    beschäftigten    Personen: 
857,964  (davon  58 o/o  weibl.  Personen,    12 o/» 
Kinder  unter  13  Jahren).    Ausserdem  bed. 
Eisenindustrie,  Leder-  und   Papierfabrik., 
Glas-,  irdene  Waaren,  Porzellanmannfaktur, 
Bierbrauerei,  Schiffbau  (vgl.  England^. 

Wie  die  Industrie,  so  auch  der  Handel 
(gefördert  durcff  die  insulare  Lage  6.9, 
zahlr.  vortrefiliche  Hafen,  ein  grossartig 
entwickeltes  Kanal-  und  Eisenbahnnetz,  das 
engl.  Bankwesen  etc.  nnd  geschützt  durch 
die  grösste  Seemacht  der  Welt)  von  nnver- 
gleichlicher  Grösse;  */»  des  Staatseinkom- 
mens fliessen  aus  dem  Handel.  Wirklicher 
Werth  des  HandeUverkehr»  In  Mill.  Pfd.  St.: 
Einfuhr  Ausfuhr 

brit.  Prod.  Kolonialprod. 
1868:  294,69        179,67  48,io 

1869:   295,48        190,04  47,06 

Dazu  Einfuhr  au  edlen  Metallen  1869:  80,6, 
Ausfahr  16,87  Mill.  Pfd.  St.  Von  der  Ge- 
sammteinfuhr  und  der  Ausfuhr  brit.  Pro- 
dukte 1869  kamen  auf: 

Einfuhr    Ansfulir 
I.  brit.  Besitzungen       70,48         48,09 
n.  fremde  Länder    .    224,99       141,95 
(unter  letztem  Frankreich  mit  83,68  Einfuhr 
und  11,46  Ausftihr,   Deutschland  mit  17,92 
und  22,81,  Holland  mit  12,78  und  10,76,  Rnss- 
land  mit  16,67  und  6,46,  Belgien  mit  9,89  and 
3,99,  Aegypten  mit  16,70  und  7,98,  die  Verein. 
Staaten  mit  42,&i  und  24,63 ,  China  mit  9,8i 
und  6,84  Mill.  Pfd.  St.  betheiligt).    Importe: 
hauptsachlich  Bohstoffe ,    wie  Baumwolle, 
Wolle,  Seide,  Hanf,  Flachs,  Schiffbauholz, 
Zucker,  Theer,  Pech,   Kulouialwaaren,  Ta- 
bak, Getreide,  Quano  etc.    Eskorte:  äsen, 
Zinn,  Kupfer,    Steinkohlen  und  namentlieli 
Fabrikate   (Baumwollen-,  Wollen-,  Stahl-, 
Elsen-  und  andere  Waaren).  —  Sekifffahrts- 
hewegung:   eingelaufen   1869:   17,19,  ausge- 
laufen  17,71   Mill.  Tonn.  —   Banddmarint 
1870:  24,187  Segelschiffe  zu  4,765,301  Tonn., 
2972  Dampfer  zu  948,367  Tonn.    Matrosen: 


Grossbritannien. 


727 


195,490.  —  Sisinbahnen  (1867):  3090  Meilen 
im  Betrieb;  Kapital  609,262,887  Pfd.  St.,  Ein- 
nahme 39,479,999  Pfd.  St.  HauptM/en:  Lon- 
don und  Lirerpool;  Hnll,  Bristol,  Soath- 
ampton,  Leith,  Glasgow,  Dublin.  ->  Banken : 
Bank  y.  England  (seit  1694;  Kapital  14,558,000 
^fd.  St.,  wöchentl.  Umsatz  1868:  65,897,075 
Pfd.  St.),  ansserdem  die  Bank  von  Schott- 
land (1.5  Mill.) ,  Boyalbank  von  Schottland 
(3  Hill.),  brit.  Linencompany  in  Schottland 
(i/s  Mill.)  und  Bank  von  Irland  (8  Mill.  Pfd.  St. 
Aktienkapital),  nebst  sahlr.  Prlyatbanken. 

Mümeinheit:  Pftind  Sterling  (=  20  Schill. 
&  12  Pence)  =  25  Francs  =  12  Golden  rh. 
=  6^k  prenss.  Thir.  Staatspapiergeld  nicht 
vorhanden ;  Banknoten  nicht  unter  5  Pfd.  St. 
—  Mass«:  1  engl.  Fnss  =:  80,48  Oentiin.>= 
0,9712  rh.  Fass;  100  Yards  (Klafter)  =  91,43 
Meter.  Engl.  Meile  =  1609  Meter  =  0,916876 
geogr.  M.  Acre  =  1,59  prenss.  Morgen.  1 
geogr.  QM.  =  21,9&8  engl.  QM.  Quarter 
(Getreidemass)  =  8  Busliets  =:  85,78  Liter  = 
5,99  prenss.  Scheffel.  Gallon  (Flfissigkeits- 
raass)  =  4,64  Liter  =r  8,97  prenss.  Quart. 
1  engl.  Pfd.  =  0,46  Kilogramm. 

Der  Wohlstand  im  Ganzen  sehr  gross 
(nach  Porter  Jährl.  Zunahme  des  Staatsver- 
mögens  80  Mill.  Pfd.  St.),  aber  dabei  starke 
sociale  Gregensätze.  Neben  110  Personen 
mit  jährl.  Einkommen  von  50,000  Pfd.  St. 
und  mehr,  891  Pers.  mit  10—50,000,  14,331 
Pers.  mit  1000—10,000,  95,466  Pers.  mit 
200— 1000  Pfd.  St.  Jährl.  Einkommen  rechnete 
man  1865  ca.  18  Mill.  Pers. ,  die  sich  küm- 
merlich nährten,  unterstützungsbedürftige 
Arme  etwa  IVa  Mill.  Oeffentüche  Ausga- 
ben für  Armenpflege  1868: 

Pfd.  St.         Arme 
England      11,380,593    1,034,823 
Schottland       863,202         80,032 
Irland    .    .     841,512         56,934 

12,085,307  1,171,789 
Zahl  derWobnplätze:  ca.  16,000  Kirchspiele 
(parishes),  Flecken  (borougbs)  und  Städte 
(towns  und  eitles),  darunter  London  mit 
(1870)  3,214,707  Ew.,  15  Städte  mit  100,000- 
500,000  Ew.,  68  Städte  k  20,000-100,000  Ew. 
Im  Allgem.  30  o/o  der  Bevölkeruug  in  Städten. 

Volksbildung  und  Erziehung  mehr  politisch 
gerichtet  als  anderswo.  Schulwesen:  das 
allgemeine  Wissen  hinter  Deutschland  zu- 
rückstehend, Schulzwang  nicht  vorhanden. 
Eigenthümliche  Lehr-  und  Erziehungsan- 
stalten für  die  höheren  Stände  und  9  Pro- 
test. Universitäten  (London ,  Oxford,  Cam- 
bridge, Durham,  Edinburgh,  Glasgow,  St. 
Andrews,  Aberdeen),  1  kath.  (Dubliu),  1  für 
alle  Konfessionen  (Dublin,  seit  1849) ;  kath. 
Priesterseminar  Mainooth- College  (bei  Bu- 
biin). Viele,  z.  Th.  sehr  reiche,  gelehrte 
und  and.  Gesellschaften  (Bibelgesellschaft 
die  Terbreitetste) ;  grosse  Bibliotheken,  wis- 
aeoschaftl.  Anstalten  und  Sammlungen  (das 
,brit.  Museum*  das  grösste  d^r  Welt).  Pe- 
riodische Presse  die  grossartigste. 

Blande  den  politischenRechten  nach  zwei ; 
l\Nobility,  der  hohe  Adel,  im  Parlament 
(Oberhaus)  sitzend,  erblich  auf  den  ältesten 
äohn.  Nach  dem  Royal  Calendar  1869:  20 
Herzöge  ausser  den  4  königlichen,  18  Marquis, 


llOEarls,  83  Visooants,  219  Barone.  Ber 
schottische  und  irische  Adel  tbeilt  nicht 
die  Rechte  des  englischen.  1869  sassen  16 
Bchott.,  28  irische  Peers  im  Parlament.  2) 
Oommoncdty,  umfassend  die  Chntry  (b.  d.) 
und  die  niederen  Klassen :  kleinere  Kauf- 
leute, Fabrikanten, 'Handwerker,  Pächter, 
Yeomen  etc. 

Die  8tacU*ver/4XS9ung  konstitutionell-monar- 
chisch, beruhend  auf  der  alten  sächs.  Ver- 
fassung. Staatsgrundgesetze:  die  Charta 
Ubertatum  Heinrichs  I.,  vom  J.  1101 ;  Magna 
Charta,  vom  15.  Juni  1215,  bestätigt  10.  Okt. 
1297;  Petition  of  rights,  von  1627;  Habeas- 
Corpus-Akte,  von  1679;  Bill  and  declaration 
of  rights,  vom  22.  Jan.  1689;  die  Acts  of 
settlement  (protest.  Snccessionsordnung), 
von  1701  und  1705;  Unionsakte,  vom  6.  März 
1707  und  2.  Juli  1800 ;  Emancipationsbill  der 
Katholiken,  vom  29.  April  1529;  Reformbill 
von  1832 ;  Wahlreformakte,  vom  15.  Aug.  1867. 
—  Der  Konig  hat  die  höchste  vollziehende 
Gewalt,  ist  Haupt  der  Kirche,  unverant- 
wortlich, beschränkt  durch  die  Reichsstände 
(imperial  parliament),  welchen  die  Minister 
verantwortlich.  CiTÜliste  des  Königs  385,000 
Pfd.  St.  Gegenwärtiger  Regent :  Victoria  I. 
(seit  1837).  —  Das  Parlament,  zerfallend  in 
Oberhaus  (house  of  lords)  und  Unterhaus 
(honse  of  commons),  hat  die  höchste  ge- 
setzgebende Gewalt.  Die  Verfassung  ge- 
währleistet in  hohem  Grade  die  persön- 
liche Freiheit  des  Bürgers,  ausgedehnte 
Selbstverwaltung,  Gleichheit  Aller  vor  dem 
Gesetz,  Pressfireiheit,  Unantastbarkeit  des 
Hauses.  —  Oberste  SuuitsbeMrde  der  «ge- 
heime Rath*  (privy  Council),  statt  dessen 
aber  faktisch  ein  Geheimrathsausschuss 
(ecä>inet)  fungirt,  nebst  einzelnen  Komit^s 
als  selbständigen  Behörden  (Handelsamt, 
richterl.  Komit6,  Komit6  für  Nationaler- 
ziehung etc.).  5  Staatssekretäre:  der  Mi- 
nister des  Innern,  Minister  des  Aeussem, 
Kolonialminister,  Kriegssekretär  (seit  1854 
mit  dem  Vor.  vereinigt)  u.  der  Staatssekretär 
für  Indien  (seit  1858).  Die  Schatzkammer 
(treasury)  sorgt  für  Erhebung  und  Verwen- 
dung der  Steuern.  Die  innere  Verwaltung 
möglichst  durch  lokale  Beamte  (Lordlieu- 
tenant,  Sherif,  Friedensrichter).  Es  gibt 
245  stadtische  Gemeinden  mit  Municipal- 
ver waltung.  —  Die  GerichUverfeusung  und 
JSeehtspßege  aehr  vetwicliBlty  veraltet,  voller 
Widerspräche  und  Mängel;  keiu  allgemein 
gültiges  Gesetzbuch.  Man  unterscheidet 
gemeines  und  statutarisches  Recht ;  römisches 
Givilrecht  gilt  stellenweise.  Höchster  Ge- 
richtshof das  Oberhaus,  dann  das  High  court 
of  Chancery.  Die  drei  höchsten  Gerichts- 
höfe für  common  law:  Court  of  the  kings 
Beuch,  Court  of  exchequer,  Court  of  com- 
mon pleas.  —  Finanzen  1869—70: 

Einnahmen  75,471,333  Pfd.  St. 
Ausgaben  .  68,857,845  - 
Von  den  Einnahmen  kamen  auf  Zölle 
21,449,843,  Konsumsteuem  21,879,238,  Stem- 
pelgefalle 9,248,000 ,  Einkommensteuer 
10,044,000,  Grundsteuer  4,500,000  Pfd.  St., 
etc. ;  von  den  Ausgaben  auf  die  Staatsschuld 
27,046,653,  Armee  12,265,400,  Flotte  9,757,690 


728 


Groasbritaumen. 


Pfd.  St.  eto.    JStaaitschMid  1870 :.  800,681,488 
Pfd.  St.  (davon  740,789,548  Pfd.  St  füBdIrt). 

Die  Armee  lablte  1870:  178,000  Mann  re- 
glmentirte  Trappen  (davon  68,968  M.  in  Ost- 
indien und  9526  Offialere);  ausserdem  ca. 
188,900  M.  Miliz,  ca.  14,436  M.  Teomanry- 
Kavallerie,  ca.  1,990,000  M.  Tolnnteers;  in 
Irland  militärisch  organisirtes  Poliaseicorps 
von  18,000  M.  Bisher  Stellenkaof  der  Offi- 
ziere üblich,  hört  mit  Nov.  1871  anf.  —  Die 
Kriegsmarine  ssäblte  1870  Mannschaften: 
59,7:M)  (29,158  Mati'osen),  Schiffe:  51  gepan- 
zerte Dampfer  (81  Panzer-schiffe  1.— 6.  Klasse, 
5  Schaluppen,  11  Thnmischiife,  4  schwim- 
mende Batterien) ,  839  nicht  gepanzerte 
Dampfer  (45  X^inienflchiffe,  82  Fregatten,  24 
Korvetten,  110  Kanonenboote,  17  Transport- 
schiffe), 19  Segelschiffe.  Summa:  395  Schiffe 
flott,  15  im  Bau.  --  Orden:  Hosenbandorden, 
Bathorden,  Distelorden,  Patricksorden,  Mi- 
ohaelsorden  etc.  —  Farben:  weiss,  rotb,  blau. 

Kolonien  G.s:  « 

Ostindien     .    46,278  QM.,   148,457,654  Ew. 
Australien    .  144,760      -         1,720,475    - 
Dominion  of 

Oanada  .  153,745  •  4,127,526  - 
Dazu  kleinere  Besitzungen  in  Europa  (Hei* 
goland,  Gibraltar,  Malta):  6,81  QM.  und 
l73,000Sw. ;  in  Amerika  (Prinz-Edwardsinsel, 
Brit. -Columbia,  Bermudas,  Honduras,  Ba- 
hama-  und  Turksinseln,  Jamaika  und  übriges 
Westindien,  Brlt.-Guiana,  Falklandinseln): 
16,375  QM.  und  1,280,000 Ew. ;  in  Asien  (straits 
Settlements,  Ceylon,  Hongkong,  Labuan): 
1216  QM.  und  8,492,000Ew.;  in  Afi*ika  (Kap- 
kolonie, Natal,  Bassutoland,  Goldküste,  Sierra 
Leone,  Gambia,  St.  Helena,  Mauritius): 
10,839  QM.  u.  1,367,000  Ew.  Gesammtareal  der 
brit. Kolonien:  375,310  QM.u.  161,826,000  Ew. 

Geechichie.  Ueber  die  Anfänge  derselben 
8.  Britannia  und  Angelsachsen, 

I.  Angeisäichaische  Dynastie  (450  — 
1066).  Einfälle  der  Normannen  (Dänen). 
Alfred  d,Qr.  (871-901)  Wiederhersteller  der 
angelsächs.  Verfassung;  unter  ihm  Blüthe, 
dann  Verfall  des  Reichs  unter  schwachen 
Fürsten.  Eihelred  IL  (979—1016) ;  neue  Ein- 
fälle der  Danen ,  die  unter  Kanut  d.  Gr. 
(1013)  ganz  England  erobern.  1041  Ethel- 
reds  Sohn,  Eduard  der  Bekenner ,  auf  den 
Thron  erhoben,  nach  dessen  Tode  (1066) 
sich  Harald,  Statthalter  von  Wessex,  des- 
selben bemächtigt,  der  aber  von  dem  Nor- 
mannenherzog Wilhelm  (dem  Eroberer)  bei 
Hastings  (14.  Okt.  1066)  geschlagen  wird. 

II.  Normanniachelhniaatie  (1066—1154). 
Wilhelm  I.  (1066—87);  Einführung  des  Lehn- 
wesens; Aufhebung  des  freien  Grundbe- 
sitzes. WÜhelm  IL  (1087—1100)  verwickelt 
England  durch  seine  Eroberungssucht  in 
viele  Kiiege.  Heinrich  I.  (1100-35)  gibt  die 
,Gharta  libertatum',  die  erste  Grundlage 
der  engl.  Verfassung.  Unter  ^ephan  (1135— 
1154)  Bürgerkriege  und  Einfälle  der  Schotten. 

III.  HaM8  Anjou  oder  JPiantaffenet 
(1154-1485).  Heinrich  IL  (1154-89),  Be- 
herrscher eines  Drittheils  von  Frankreich, 
stellt  das  königl.  Ansehn  her,  Wirbt  ein 
stehendes  Heer,  beschränkt  den  Klerus 
durch  die  Konstitution  von  Clarendon  (1164), 


unterwirft  Irland.  Biohard  L,  Liitoenherz 
(1188-99):  Anarchie  während  seiner  Kreuz- 
fahrt. ^oAon»  ohne  Land  <1199  — 1216)  ver- 
liert die  Normandie,  Anjou,,  Maine  etc.  pkn 
Frankreich;  England  papstl.  Lehnsstaat; 
Magna  Charta  (19.  Juni  1215).  Heinrich  IIJ. 
(1216-72);  Verlust  der  franz.  Landschaften 
diesseits  der  Garonne;  £rw«iterung  der 
Magna  Cliarta  durch  die  oxforder  Provi- 
sionen (1258).  Eduard  L  (1872—1307)  unter- 
wirft Wales  und  Schottland  der  engL  Ober- 
hoheit, verschafftdem  niederenAdel  (Geutry  ), 
sowie  den  Städtmi  und  Flecken  Vertretung 
im  Parlament.  Eduard  IL  (1307  —  27)  ver- 
liert seinen  Einfluss  in  Schottland.  Her- 
stellung desselben  unter  Eduard  HL  (1327 — 
1377);  1339  Anfang  der  Successionskriase 
mit  dem  Hause  Valois ;  1848  Scheidung  des 
Parlaments  in  ein  Ober-  und  Unterhaas. 
Wicliffes  Reformationsversuch.  Bichard  II. 
(1377  —  99) ;  Zerrüttung  des  Landes  dui'oh 
die  Umtriebe  der  Herzöge  von  Lancaster, 
York  und  Gloucester;  Kriege  mit  Frank- 
reich und  Schottland;  Aufstand  der  Bauern 
unter  Wat  Tyler.  Heinrich  IV,  (1399  — 
1413)  aus  dem  Hause  Lancaster.  Dem  Unter- 
hause Steuerbewilligung  zugestanden.  Hein- 
rich V,  (1413—22)  infolge  seiner  Siege  in 
Frankreich  (1415  und  1418)  im  Frieden  von 
Troyes  (April  1420)  von  der  bnrgund.  Par- 
tei zum  Erben  der  franz.  Krone  ernannt. 
Heinrich  VI.  (1422  —  61);  Verlust  aller  in 
Fiankreich  gemachten  Eroberungen  bis  auf 
Calais;  30jähr.  Successioniikrieg  zwischen 
den  Häusern  Lancaster  und  York  (rothe 
und  weisse  Böse).  Bichard,  Herzog  von 
York,  nach  Heinrichs  VI.  Gefangennahme 
bei  Northampton  (10.  Juli  1460)  zum  Pro- 
tektor des  Beichs  erhoben,  fällt  in  dem 
Treffen  bei  Wakefield  (30.  Dec.  1460). 
Eduard  IV.  (1461— 83)  aus  dem  Hause  York  ; 
Bürgerkriege.  Richard  HL,  Herzog  von 
Gloucester,  Eduards  Bruder,  1483  zum  Pro- 
tektor gewählt,  nach  Ermordung  Eduards  V. 
und  seines  Bruders  König,  von  Heinrich 
Tudor,  Grafen  von  Richmond,  bei  Bosworth 
(22.  Aug.  1485)  besiegt  und  getödtet. 

IV.  Maus  Ttidor  (1485  —  1603).  Hein- 
rich VIL  (1485—1509)  erweitert  die  königl, 
Macht  dem  Parlament  gegenüber,  begün- 
stigt den  Mittelstand  anf  Kosten  des  Klerus 
und  des  Adels.  Heinrich  VIIL  (1509—47) 
verwandelt  die  Feudalmonarchie  fast  in 
eine  Despotie,  schmälert  die  Rechte  des 
Parlaments,  das  die  kirchl.  Suprematie  des 
Königs  bestätigt  (1534).  Aufhebung  der 
Klöster  (1536  —  88).  Eduard  VI.  (1547-53) 
regiert  unter  dorn  Protektorat  seines  Oheims 
Somerset.  Feststellung  des  Lehrbegriffs 
der  bischöfl.  Kirche  in  42  Artikeln  und 
Erhebung  derselben  zum  Staatsgesetz  (1552). 
Maria  (1558  —  58);  katholische  Reaktion, 
Verfolgung  der  Protestanten.  1558  Calais 
an  die  FranZQ^en  verloren.  Biisabeth  (l^S — 
1603);  Herstellung  der  bischöfl.  Kirche. 
Aufschwung  des  Landes  trotz  der  Willkür- 
regierung. 1568  Zerstörung  der  span.  Ar- 
mada. 31.  Dec.  1600  der  ostind.  Kompagnie 
der  erste  Freibrief  ertheilt. 

V.  G.  unter  den  8t%tarts  (1603-88). 


Groflabüifeaaiiiieii . 


729 


J«feo6  /.  (leOS— 85),  König  von  G.  und  Ir- 
land, entschiedener  Anhänger  der  biscböfl. 
Kirche,  Terfolgt  die  Puritaner.  1605Pulver- 
TMTSchwörang.  Die  Einfuhmng  des  Treu- 
eids (Oath  of  allegiaoce)  für  die  Geistlichen 
nnd  1610  für  alle  weltl.  Beamten  hat  die 
Antschliesaung  der  Katholiken  von  Staats- 
amtern  zur  Folge.  Seit  1610  Zerwürfnisse 
mit  dem  Parlament.  Kmrll.  (1625-49)  mnss 
1628  die  »Petition  of  rights'  bewilligen,  i-e- 
giert  von  1629  an  11  Jahre  ohne  Parlament, 
dringt  Schottland  1637  die  engl.  -  bischöfl. 
liiturgie  a«f.  jBtne  1638  sn  Edinburgh  ein- 
geset^e  revolutionäre  Regierung  «stwirft 
den  Govenant  (s.  d.).  Die  Schotten  schla- 
gen die  königl.  Truppen  Aug.  1640  tai  der 
Tyne,  worauf  durch  Vertrag  mit  den  engl. 
Pedrs  die  Ausgleichung  des  Streits  dem 
engl*  Parlament  anheimgegeben  wird.  Das 
3.  Nov.  1640  eröffnete  Parlament  erklärt 
sich  Mai  1641  für  unauflöslich  und  sohliesst 

7.  Aug.  1641  Frieden  mit  den  Schotten. 
Okt.  1641  Autistand  in  Irland.  1642  Anfang 
des  Kriegs  zwischen  den  Parlaments-  und 
den  königl.  Truppen.  8.  Juli  1644  Nieder- 
lage der  Königlichen  unter  dem  Prinzen 
Ruprecht  von  der  Pfalz  bei  Marstou-Moor. 
Durch  den  Einfluss  der  Independenten 
wird  Fairfax  Oberbefehlshaber  der  Par- 
lamentstruppen, die  durch  Oliver  Crom  well 
mit  religiösen  und  polit.  Fanatismus  beseelt 
werden.  14.  Juni  1645  Niederlage  der 
Königlichen  bei  Naseby.  Mai  1646  Flucht 
Karls  I.  zu  den  Schotten,  Jan.  1647  Aus- 
lieferung desselben  an  das  engl.  Parlament. 
6.  Aug.  1647  Besetzung  Londons  durch  die 
Truppen,  die  6.  Dec.  die  Presbyterianer 
ans  dem  Parlament  vertreiben.  Das  Rumpf- 
parlament, aus  Independenten  bestehend, 
vernrtheilt  87.  Jan.  1649  den  König  als 
Tyrannen  und  Hochverräther  zum  Tode. 
90.  Jan.  Hinrichtung  desselben.  Militär- 
herrschaft, Abschaffung  des  Oberhauses  und 
(7.  Febr.)  der  königl.  Würde.  Cromwell  (s.  d.), 
zum  Lordlieutenant  ernannt,  beendigt  den 
Krieg  durch  seinen  Sieg  bei  Worcester  (3. 
Sept.  1651)  über  Karl  K.,  beruft  4.  Juli  einen 
Konvent  zur  Ausübung  der  gesetzgebenden 
Gewalt,  sprengt  12.  Dec.  auch  diesen  und 
lässt  sich  zum  Protektor  der  Bepublik  ernen- 
nen. Der  Krieg  mit  den  Niederlanden  5. 
April  1654  beendigt.  Drückende  Militär- 
herrschait.  Im  Bund  mit  Frankreich  1655 
Krieg  gegen  Spanien.  Nach  Auflösung  des 
Parlaments,  -welches  die  ausgeschlossenen 
Presbyterianer  wieder  aufnehmen  will,  all- 
gemeine Gährung.  Cromwell  t  3*  Sept. 
1658.  Sein  Sohn  Siehard  folgt  ihm  als 
Protektor,  wird  vom  Parlament  und  der 
Armee  85.  Mai  1659  zur  Abdankung  ge- 
zwungen. Darauf  Anarchie  unter  einer 
sogen.  Sicherheitskommisslou.  3.  Febr.  1660 
Besetzung  Londons  durch  General  Monk. 
£in  85.  April  versammeltes  Parlament  ruft 

8.  Mai  Karl  IL  (1660  -  85)  als  König  der 
drei  Reiche  aus.  Die  Gleichförmigkeitsakte 
(Act  of  uniformity)  von  1662  zwingt  die 
engl.  Geistlichkeit  zum  eidlichen  Bekennt- 
niss  der  hochkirchlichen  Glaubensartikel 
ttod  ruft  neue  kirchliche  Zwistigkeiten  her- 


vor. Die  kathoL  Sympathien  des  Kota 
führen  1664  zum  Krieg  m^  den  Nieder- 
landen, welcher  21.  Juli  1667  durch  den 
Frieden  von  Breda  beendigt  wird.  Das 
1669  berufene  Ministerium  Gabal  (s.  d.)  be- 
zweckt im  Solde  Ludwigs  ZIY.  die  Restau- 
ration des  Katholiclsmus  und  der  absoluten 
Monarchie.  1672—74  Krieg  mit  den  Nieder- 
landen unglücklich  für  G.  Heftige  Kämpfe 
zwischen  dem  Ministerium  und  dem  Parla- 
ment. Letzteres  erzwingt  1673  vom  König 
die  Testakte  (s.  d.).  Rücktritt  des  Ministe- 
riams  Gabal.  1679  Eabeas-Corpua-Akte  (s.  d.). 
Seit  1680  offene  katholisch  -  royalist.  Reak- 
tion durch  den  Bruder  des  Königs,  den 
Herzog  von  York  (Entstehung  der  Partei - 
namen  Whig  und  Tory),  der  Febr.  1685  als 
Jakob  IL  den  Thron  besteigt.  Suspension 
der  antikatholischen  Gesetze  und  öffentliche 
Einführung  des  kathol.  Kults.  Die  Toleranz- 
akte 1687  gewährt  den  Elathollken  gleiche 
Rechte  mit  den  Bekennern  der  Hoehkirche. 
Der  Prinz  Wilhelm  von  Oranien,  Erbstatt- 
halter der  Niederlande,  Gemahl  der  Maria, 
der  Tochter  Jakobs,  landet,  von  den  Pro- 
testant. Parteien  zu  Hülfe  gerufen,  5.  Nov. 
1688  mit  15,000  Mann  zu  Torbay  und  zieht 
18.  Dec.  ohne  Schwertstreich  in  London 
ein,  worauf  ein  von  ihm  berufenes  Parla- 
ment Jakob  n.  des  Throns  verlustig  er- 
klärt und  Maria  und  deren  Gemahl  13. 
Febr.  1689  auf  denselben  erhebt.  Die  ,Do- 
claration  of  rights',  Grundlage  der  engl. 
YolksA-eiheit,  bestimmt  die  Grenzen  der 
königl.  Gewalt. 

VI.  G.  unter  WÜlietm  III,  von  Ont' 
nien  und  Anna  (1689—1714).  Begünstigung 
der  Whigs.  Umtriebe  der  Jakobiten.  Ja- 
kob U.  landet  mit  5000  Franzosen  in  Ir- 
land und  erobert  die  Insel,  die  aber  infolge 
des  Siegs  der  Engländer  am  Boyneflusse 
(80.  Juni  1690)  Wilhelm  lU.  (Okt.  1691) 
anerkennt.  Der  Krieg  mit  Frankreich  1697 
durch  den  Frieden  von  Ryswiyk  beendigt. 
1694  Einführung  dreijähr.  Parlamente.  Auf 
Wilhelm  HI.  folgt  1703  der  Bestimmung 
des  Parlaments  zufolge  dessen  Schwägerin 
Anna  (1702  —  14).  Siege  der  engl.  Truppen 
in  den  Niederlanden,  in  Deutschland  und 
Spanien.  Schottland  durch  die  Unionsakte 
vom  1.  März  1707  völlig  mit  England  ver- 
einigt. März  1708  erfolglose  Landung  des 
Prätendenten  Jakob  III.  an  der  schott. 
Küste.  Sturz  Marlboroughs  (s.  d.)  und  der 
Whigs.  1710  Einsetzung  eines  Torymini- 
sterluras  (Harley  und  Bolingbroke).  Der 
Friede  von  Utrecht  mit  Frankreich  11.  April 
1718,  13.  Juli  mit  Spanien  setzt  G.  in  Be- 
sitz der  Hudsonsbailänder,  Neuschottlands 
und  Neufoundlands ,  sowie  Gibraltars  und 
Minorcas.  G.  durch  seine  Marine  die  Meere 
beherrschend.  Aufschwung  seines  Handels 
und  seiner  Industrie. 

Vn.  G,  unter  dem  Sause  Mannover 
bis  smr  Thronbesteigunff  der  Königin 
nctoria  (1714-1837).  Nach  Anna  folgt 
der  Protestant.  Successionsakte  von  1701 
gemäss  der  Kurfürst  von  Hannover  als 
Qeorg  L  (1714  —  27)  auf  dem  Thron.  Whi- 
gistisclie  Verwaltung  unter  Stanhope  und 


780 


Grossbritannien. 


Walpole.  IMe  Erhebung  der  Jakoblten  in 
Schottland  unter  dem  Grafen  Marr  und 
dem  Prätendenten,  der  als  Köni^  von 
Schottland  ausgerufen  wird,  durch^ie  be- 
reitwillige Hülfeleistnng  des  Parlaments 
unterdrückt.  Befestigung  der  neuen  Dy- 
nastie. 1716  durch  Akte  die  siebei^&hr.  Daner 
der  Parlamente  festgesetst.  Qeorg  IL  (1787 — 
1760),  als  Oarant  der  pragmat.  Sanktion 
Kaiser  Karls  VI.  in  den  österr.  Erbfolgekrieg 
verwickelt.  88.  Febr.  1744  Sieg  der  engl. 
Flotte  über  die  ftKOz.  bei  Toulon.  Der 
Jüngere  Prätendent  Karl  Eduard,  Jakobs  II. 
Enkel,  landet  mit  fk>anz.  Hülfe  Juli  1745  in 
Schottland  und  erregt  einen  Jakobit.  Auf- 
stand, dem  der  Sieg  des  Herzogs  von  Onm- 
berland  bei  Culloden  (87.  April  1746)  ein 
Ende  macht.  18.  Okt.  17^  Friede  zu 
Aachen  mit  Frankreich.  Bald  darauf  neuer 
Krieg  mit  Frankreich  In  Ost-  und  West- 
indien, sowie  durch  G.s  Betliellignng  am 
siebenjährigen  Krieg  zu  Gunsten  Preussens. 
Georg  IIL  (1760  — 1820).  Im  Frieden  von 
Paris  (10.  Febr.  1768)  erwirbt  G.  von  Frank- 
reksh  Oanada ,  Kap  Breton ,  die  Inseln  St.- 
Vincent,  Dominica  und  Tabago,  von  Spa- 
nien Florida  und  wichtige  Handelsrechte. 
Eroberungen  in  Ostindien  durch  Lord  Olive. 
Finanzielle  Zerrüttung.  4.  Juli  1776  Unab- 
hängigkeitserklärung der  18  Vereinigten 
Staaten.  Krieg  G.s  gegen  Frankreich,  Spa- 
nien und  die  Niederlande.  80.  Nov.  1788 
Separatfriede  mit  den  Kolonien.  Sept.  1783 
allgemeiner  Friede  zu  Versailles ,  in  wel- 
chem G.  Tabago  und  Goree,  St.-Pierre  und 
Miquelon  an  Frankreich,  Florida  und  Mi- 
norca  an  Spanien  zurüc^bt.  Unruhen  in 
Irland,  Schottland  und  England.  Dec. 
1783  Pitt  am  Staatsruder.  Parlamentarische 
Opposition  der  Whigs  unter  Fox  und 
Bnrke.  Vereinigung  der  Whigs  und  Tories 
infolge  der  franz.  Revolution.  1.  Febr.  1793 
Kriegserklärung  des  Konvents  an  O.  In- 
folge innerer  Gährungen  die  Habeas-Gorpus- 
Akte  suspendirt  und  die  Fremdenbill  und 
andere  Ausnahmegesetze  angenommen.  1.— 
8.  Aug.  1798  Sieg  Nelsons  bei  Abukir.  Die 
kathol.  Union  in  Irland  sucht  mit  Frank- 
reichs Hülfe  das  engl.  Joch  zu  brechen; 
infolge  davon  erbitterter  Kampf  und  Herbst 
1800  Irland  durch  Parlamentsakte  völlig 
mit  G.  vereinigt.  G.,  durch  den  Frieden 
von  Luneville  (1801)  isolirt,  sieht  den  Neu- 
tralitätsvertrag zwischen  Rnssland,  Schwe- 
den und  Dänemark  zur  Sicherung  ihres 
Handels  als  Kriegserklärung  an  und  sendet 
Nelson  in  die  Ostsee.  März  1801  Pitts 
Rücktritt.  87.  März  1808  Friede  von  Amiens 
mit  Frankreich :  G.  gibt  alle  Eroberungen, 
mit  Ausnahme  der  Inseln  Trinidad  und 
Ceylon,  an  Frankreich,  Spanien  und  Hol- 
land zurück.  Das  Uebergewicht  Frank- 
reichs auf  dem  Kontinent,  welches  die 
europ.  Häfen  den  Briten  zu  verschliessen 
droht,  veranlasst  G.  zur  neuen  Kriegs- 
erklärung an  Frankreich  16.  Mai  1803.  Mai 

1804  Pitt  wieder  am  Staatsruder.  April  1805 
Bfindniss  mit  Russland,  dem  Aug.  Oester- 
"j«h   und  Schweden   beitreten;    81.    Okt. 

1805  Sieg  Nelsons  bei  Trafalgar.  G.,  durch 


die  Siege  der  Franzosen  über  Oesterreich 
und  Russland  (1805)  und  über  Prenssen 
(1806  und  1807)  wieder  Isolirt,  sendet  eine 
Flotte  unter  Dnckworth  Febr.  1807  nach 
den  Dardanellen  und  Sept.  in  die  Ostsee 
(Kopenhagen  bombardirt  und  die  dän.  Flotte 
we^eführt).  Infolge  davon  erklären  Buss- 
land und  Dänemark  an  G.  den  Krieg.  Weg- 
nahme einer  russ.  Eskadre  und  Eroberung 
der  dän.  Kolonien  durch  G.  Letzteres  von 
allen  europ.  Häfen   ausgeschlossen.    März 

1807  Oanning  Minister    des   Auswärt^n. 

1808  engl.  Truppen  nach  Portugal  und 
Spanien.  1811  übernimmt  der  Prins  von 
Wales  die  Regentschaft,  Febr.  1812  mit 
voller  königl.  Gewalt.  Gewaltthätigkeiteu 
brit.  Schiffe  gegen  Neutrale  1818  fuhren 
zum  Krieg  zwischen  G.  und  der  'nord- 
amerikan.  Union.  G.  erwirbt  im  ersten 
pariser  Frieden  (1814)  von  Frankreich  Malta, 
Tabago,  Ste. -Lucio,  Isle  de  France  und  die 
Sechellen , '  von  Holland  Demerary ,  Esse- 
quibo,  Berblce,  das  Kapland  und  Ceylon, 
von  Dänemark  Helgoland.  Ende  1814  Friede 
mit  Nordamerika  zu  Gent.  29.  Jan.  1880 
Qeorga  I V,  (1880^30)  Thronbesteigung.  Aug. 
1888  Cannlng  Minister  des  Auswärtigen,  An- 
nahme des  Princips  der  Nichtintervention. 
1826  Herabsetzung  des  Geteeidezolis.  Jan. 
1828  Ministerium  Wellington.  Ohnmächtige 
Politik  desselben  in  den  griech.-türk.  An- 
gelegenheiten und  in  Portugal  gegen  Dom 
Miguel.  Bewegungen  in  Irland;  kathol. 
Association  das.  Febr.  1829  Aufhebung  des 
Testeides.  Einleitung  der  Emancipation  der 
Katholiken,  denen  der  Eintritt  ins  Parlament 
gestattet  wird.  Uebergewicht  der  Aristo- 
kratie im  Unterhause,  in  welchem  unter  513 
Mitgliedern  nur  etwa  70  ans  unabhängigen 
Wahlen  hervorgegangen  sind.  Beginn  der 
Repealassodation  in  Irland.  86.  Juni  1830 
Wilhelm  IV,  (1830—37)  Georgs  IV.  Nachfol- 
ger ;  Nov.  Whigministerium  Grey  -  Pal- 
merson -Brougham -Russell.  81.  Sept.  An- 
nahme der  Refomibül  Im  Unterhause,  7. 
Okt.  Ablehnung  derselben  im  Oberhauae; 
88.  März  1838  Annahme  der  wieder  vorge- 
legten Reformbill  im  Unterhanse,  nach 
Wellingtons  vergeblichem  Versuch,  einTory- 
ministerium  zu  bilden,  4.  Juni  auch  im  Ober- 
hause; 7.  Juni  Erklärung  derselben  zum 
Staatsgesetz.  Die  Zahl  der  Wähler  wird 
auf  eine  Million  vermehrt.  Unruhen  in 
Irland;  die  sogenannte  Irische  Zwangsbill, 
welche  dem  Lordlieutenant  von  Irland  in 
ge  «rissen  Fällen  die  Anwendung  des  Kriegs- 
rechts gestattet,  angenommen;  ebenso  die 
irische  Kirchenreformbill  (Aufhebung  der 
Kirchensteuer,  Herabsetzung  der  Elakünfte 
der  Pfründen,  Abschaffung  nnnOthiger  Bi- 
schofssitze und  Kirchen).  19.  Juli  1834 
Rücktritt  Greys  wegen  der  ApproprlationB- 
klausel  (s.  d.) ;  Melbourne  Ministerpräsident. 
1837  Parlamentär.  Kämpfe  um  die  Zehntbill, 
betreffend  die  Verwandlung  der  Zehnten  in 
eine  Geldabgabe,  und  die  irische  Städtebill. 

VIH.  Q,  unter  der  Königin  VMoria 
seit  1837.  80.  Juni  1837  Thronbesteigung 
der  Königin  Victoria  (s.  d.).  Brach  mit 
Ganada,  Suspension  der  dortigen  Verfesfung. 


Grossbritannien. 


731 


Die  cbartistische  Agitation  (s.  Chartimitu) 
fuhrt  1839  za  Unrahea,  welche  nnterdrückt 
werden.  Mai  Rücktritt  des  Ministerituns 
wegen  der  Jamaikabill  (Suspension  der 
Verfassung  der  Insel),  mn  Ministerium 
Wellington  -  Peel  kommt  nicht  zu  Stande, 
daher  Wiedereinsetzung  des  alten  mit  Rus- 
sell, Normanby  und  Macaulay.  15.  Juli 
1840  Vertrag  zwischen  0.,  Russland,  Oester- 
reich  und  Preussen  zu  Erledigung  der 
DilTerenzen  zwischen  der  Pforte  und  dem 
Pascha  Ton  Aegypton  (s.  Frankreich,  Gesch.). 
1.  Sept.  1841  Ministerium  Peel -Wellington. 
9.  Febr.  1843  Einbringung  der  KornbiU, 
betreffend  Ermässigung  der  Eornzölle,  An- 
nahme derselben  nach  heftigen  Kämpfen. 
26.  Aug.  Friede  mit  China  (s.  C^ina,  Ge- 
schichte). Lord  Ellenboroughs  Rachezug  ge- 
gen Afghanistan.  AgitationDaniel  0*GonneIls 
für  Auflösung  der  Union  Irlands  mit  Eng- 
land. Febr.  und  Marl  1843  Unterwerfung 
Sinds  durch  Napier.  1844  steigende  Agita- 
tion gegen  die  Komzölle.  1845  innere  Auf- 
lösung der  alten  Parteien.  Abschaffung 
der  Ausfuhrzölle ,  Reduktion  der  Zölle  auf 
Rohstoffe.  27.  Jan.  beantragt  Peel  weitere 
Lebensmittel,  mit  Ausnahme  des  Gtotreides, 
für  welches  erst  nach  3  Jahren  die  sehr 
ermässigteu  Zölle  ganz  abgeschafft  werden 
sollen  (Kornbill).  Juni  Rücktritt  Peels 
wegen  Verwerfung  der  irischen  Zwangsbill. 
3.  Juli  Whigministerium  Russell  -  Palmer- 
ston.  Bruch  mit  Frankreich  infolge  der 
Span.  Doppelheirath  (Aug.).  März  1848  Un- 
ruhen und  Chartist.  Agitation  in  den  Fabrik- 
distrikten; in  Irland  erneute  Repealbewe- 
jping.  Suspendirung  der  Habeas  -  Corpus- 
Akte  für  Irland.  Der  Aufstand  Smith 
O^Briens  29.  Juli  mit  Gewalt  unterdrückt. 
Reformyerein  der  Radikalen  unter  Oobden. 
Palmerston  begünstigt  die  Ital.  Bewegung. 
Kämpfe  im  Pendschab  mit  den  Sikhs;  21. 
Febr.  Sieg  Lord  Goughs  bei  Gudscherate. 
Restaurationspolitik  auf  dem  Festlande  ge- 
gen Palmerston ;  dessen  Politik  auf  Roebucks 
Antrag  29.  Juni  im  Unterhause  gebilligt. 
1.  Mai  bid  15.  Okt.  erste  Weltindustrieaus- 
stellung zu  London.  24.  Dec.  Palmerstons 
Rücktritt ;  Oranyille  Minister  des  Aeussern. 
Febr.  1852  Rücktritt  Russells ;  Toryministe- 
rlnm  Stanley.  Erneuerung  der  Anticorn- 
lawleague  durch  Oobden.  16.  Dec.  Ministe- 
rium Aberdeen- Palmerston,  aus  Peeliten, 
Whigs  und  Radikalen  zusammengesetzt. 
SO.  Juli  Krieg  mit  Birma  (seit  April)  been- 
digt, Erwerbung  Pegus.  1.  Kot.  infolge  der 
Kriegserklärung  der  Pforte  an  Russland 
Einfahrt  einer  firanz.  -  engl.  Flotte  in  die 
Dardanellen;  12.  März  1854  infolge  des 
Ueberfalls  der  türk.  Flotte  durch  die  mss. 
bei  Sinope  Bündniss  mit  Frankreich  und  der 
Pforte  zu  Aufrechthaltung  der  Integrität  der 
letzteren.  28.  März  Kriegserklärung  an  Russ- 
land. 22.  April  Bombardement  Ton  Odessa ; 
erfolglose  Expedition  Napiers  in  die  Ostsee ; 
16.  Äug.  Eroberung  Ton  Bomarsund.  20. 
Sept.  Schlacht  an  der  Alma;  5.  Not.  Schlacht 
bei  Inkerman.  Jan.  1855  Antrag  Roebucks 
anf  Niedersetzung  einer  Kommission  zur 
Untersuchung    der   KriegsTerwaltung;    in- 


folge daTon  Rücktritt  des  Ministeriums  (1. 
Febr.).  Palmerston  wieder  ans  Staatsruder 
berufen.  8.  Sept.  Fall  Ton  SebasCopoL  Okt. 
1854  und  1855  HandelsTertrftge  mit,  Japan. 
7.  Febr.  1856  Annexion  Ton  Audh.  SO.  März 
1856  pariser  Friede  mit  Russland.  Expedition 
nach  dem  pers.  Meerbusen  und  Besetzung 
Ton  Abuschehr.  22. Okt.  und  S.Not.  Bom- 
bardement Ton  Kanton.  Cobdens  Tadels- 
Totum  gegen  dieses  Verfahren  3.  März  1857 
im  Unterhause  angenommen,  infolge  daTon 
Auflösung  des  Parlaments.  Bei  den  Neu- 
wahlen Niederlage  der  Opposition.  4.  März 
Friede  mit  Persien.  10.  Mai  Aufstand  der 
Sipahl  in  Bfirut ;  Niedermetzelung  der  Euro- 
päer in  Delhi  etc.  Sir  Campbell  zum  Ober- 
befehlshaber in  Indien  ernannt;  20.  Sept. 
Delhi  im  Sturm  erobert.  20.  Febr.  Ip5» 
Ministerium  Derby.  19.  Ml^rz  Eroberung 
Lucknows.  8.  Juli  und  2.  Aug.  Stanleys 
Plan  zur  Reorganisation  Indiens  (Aufhören 
der  Herrschaft  der  ostind.  Kompagnie  etc.) 
im  Unter-  und  Oberhanse  angenommen.  Juli 
Zulassung  der  Juden  im  Parlament  im  Ober- 
hause endlich  angenommen.  1.  Not.  Ueber- 
gang  der  Regierung  in  Indien  Ton  der  Kom- 
pagnie an  die  Königin.  Anfang  1859  Reform- 
agitation Brights.  Koalition  der  liberalen 
Fraktionen  gegen  das  konserTatiTO  Ministe- 
rium ;  infolge  daTOn  11.  Juni  Rücktritt  des- 
selben. Kabinetskombination  Palmerston - 
Russell  mit  Whigs,  Peeliten  und  Radikalen. 
4.  Febr.  1860  Abschluss  eines  HandelsTer- 
trags  mit  Frankreich  auf  freihändlerischer 
Basis.  Juli  neuer  Krieg  mit  China.  31.  Juli 
engl. -franz.  Expedition  im  Pei-ho,  13.  Okt. 
Besetzung  Pekings.  Im  Frieden  Tom  24.  Okt. 
erhält  England  die  Halbinsel  Kaulung.  1861 
Spannung  zwischen  G.  und  der  nordame- 
rikan.  Union  infolge  der  Anerkennung  der 
abgefallenen  Südstaaten  als  kriegführender 
Partei.  Störung  der  brit.  Industrie  durch 
Ausbleiben  der  Baumwolle.  6.  Jan.  1862 
Ankunft  der  brit.  Eskadre  in  Veracruz.  28. 
April  Vertrag  zu  Puebla  mit  Mexiko,  In 
welchem  dieses  die  Geldforderungen  brit. 
Unterthanen  theilweise  anerkennt,  infolge 
daTon  Rücktritt  G.s  Ton  dem  Unternehmen 
gegen  .Mexiko.  1.  Mai  bis  1.  Not.  zweite 
Weltindustrleaussteilung  zu  London.  6.  Aug. 
1863  Abschluss  eines  Handelsyertrags  mit 
Italien ,  80.  Mai  1865  mit  dem  ZolWerein ; 
16.  Aug.  SchifffahrtsTertrag  mit  Preussen. 
Umtriebe  der  Fenier  (s.d.)  in  Irland.  Auf- 
regung daselbst.  11.  Okt.  Negeraufstand  in 
Jamaika  mit  blutiger  Strenge  unterdrückt. 
30.  Okt.  Berufung  des  Ministeriums  Russell- 
Gladstone-Glarendon.  16.  Dec.  HandelsTer- 
trag  mit  Oesterreich.  17.  Febr.  1866  Suspen- 
dirung der  Habeas-Corpus-Akte  für  Irland ; 
Rüstungen  gegen  eine  fenische  Verschwö- 
rung daselbst.  26.  Juni  Toryministerium 
Derby  -  Stanley  -  D'Israeli.  Massendemon- 
strationen für  Parlamentsreform  in  London, 
Birmingham,  Eklinburgh  etc.  6.  März  1867 
Aufstand  in  Irland.  Verhandlungen  über 
die  ReformbiU  im  Ministerium.  30.  Mär/. 
Annahme  der  Bill  zu  Errichtung  einer  Kon- 
föderation der  brit.-nordamerikan.  Kolonien. 
15.  Juli  Annahme    der  Meformbill  (in  den 


732 


Grossdeutsche  —  Groten. 


Gra&chaften  Herabsetzung  dea  Gensiu  Ton 
50  auf  15  Pfd.  St.,  in  den  Burgflecken  Stimm- 
recht jedes  Hausbesitzers ,  Beschränkung 
der  Wahlflecken  mit  weniger  als  7000  £w. 
auf  eine  Stimme  etc.)  im  Unterhanse,  6.  Aug. 
im  Oberhause,  15.  Aug.  Sanktionirung  der- 
selben durch  die  Königin.  4.  Okt.  Beginn  der 
Expedition  nach  Abeesinien.  13.  Dec.  ,PulTer- 
verscbwörungt'  der  Fenier  in  London.  25. 
Tebr.  1868  Rücktritt  Derbys;  88.  Febr.  D'Is- 
raeliSfinisterpräsident.  13.  April  Erstürmung 
▼on  Magdala,  Fall  des  Negus  Theodor;  17. 
April  Rückzug  der  t>rlt.  Truppen.  15.  Juli 
wird  die  schott.  und  irische  Reformbill  nach 
deren  Annahme  im  Parlament  von  der  Kö- 
nigin sanktionirt.  Nov.  Parlamentswahlen 
nach  der  neuen  Reformbill.  S.  Deo.  Rück- 
tritt D*Israelis.  9.  Dec.  Ministerium  Glad- 
stbue-Grey-Bright.  Ergebniss  der  Parla- 
mentswahlen: 887  Liberale,  871  Konserva- 
tive. 1.  März  1869  bringt  Gladstone  seine 
früher  im  Oberhause  abgelehnte  Bill  be- 
treffend die  Aufhebung  der  aufl^ikan.  Staats- 
kirche Irlands  wieder  Tor  das  Parlament. 
4.  März  Gesammtkosten  des  abessin.  Feld- 
zugs, 8,600,000  Pfd.  St. ,  bewilligt.  6.  April 
Herstellung  der  Telegraphenverbindung  mit 
Ostindien.  Juni  grosse  Agitation  für  und 
gegen  die  irische  Kirchenbill.  23.  Juli  An- 
nahme des  Kompromisses  in  der  irischen 
Kirchenfrage  (die  freie  anglikan.  Kirche  in 
Irland  mit  einem  Kapitalvermögen  von  fast 
12  Mill.  Pfd.  St.  ausgestattet).  27.  Juni  1870 
Lord  Granville  Minister  des  Auswärtigen; 
erfolgloses  Wirken  des  brlt.  Kabinets  für  Er- 
haltung des  Friedens.  19.  Juli  die  Neutra- 
lität G.s  in  dem  deutsch-franz.  Kriege  pro- 
klamirt.  Trotz  der  Neutralität  Ausfuhr  von 
Waffen,  Munition,  Kohlen  etc.  aus  G.  nach 
Frankreich ;  30.  Aug.  Denluchrift  dea  preuss. 
Gesandten  Grafen  Bemstorff  über  die  ,für 
Frankreich  wohlwollende*  Neutralität  G.s 
deshalb.  15.  Sept.  Entgegnung  des  Lords 
Granville,  welche  die  öffentliche  Meinung 
in  Deutschland  nicht  befriedigt.  Gegen  Ende 
1870  tritt  die  Frage  der  Armeereorganisation 
mehr  und  mehr  in  den  Vordergrund. 

LUeroUur.  Die  Geschichte  G.s  bearbeiteten 
neuerlich:  Hume  (neue  Aufl.  1865,  8  Bde.), 
Henry  (mit  Laings  Forts.  1814,  12  Bde.), 
Heinrich  (1806— U),  4  Bde.),  Lingard  (5.  Aufl. 
1849, 10 Bde.;  deutsch  1827—33),  Lappenberg 
(fortges.  von  Faulig  1834  —  58),  Macgregor 
(1852,  2  Bde.),  Keigktlev  (1859,  2  Bde.). 

Gr088dent8C]ie,  seit  1S48  Bezeichnung  der- 

ienigen  polit.  Parteien,  welche  bei  einer 
Reform  der  deutschen  Bundesverfassung 
Oesterrelch  nicht  ausgeschlossen  wissen 
wollten,  im  Gegensatz  zu  den  EJeindeut- 
achen,  welche  Oesterreich,  wenigstens  vor- 
läufig, unberücksichtigt  lassen  wollten. 

Grosse,  Jul.,  Dichter,  geb.  25.  April  1828 
zu  Erfurt,  seit  1869  in  Weimar,  Sekretär  der 
SchillersUftung.  Sehr.  ,Gedichte*  (1857), 
,Epische  Dichtungen'  (1860),  ,GundeI  vom 
Königssee*  (1864),  Dramen  (,Der  letzte 
Grieche*,  ,Die  Yglinger*  etc.),  «Novellen* 
(1868).  Ges.  dramat.Werke  (1870,  7  Bde.)  u.  A. 
Grossenhaln,  Fabrikstadt  im  säcbs.  Regbz. 
Dresden,  an  der  Röder,  9949  Ew, 


Grwserle  (fr.),  EngroahandeL 

Grosser  OeMUt,  a.  v.  a.  Stillea  Meer. 

Groflsetto.  mittelital.Prov.  (Toskana),  80,6 
QM.  u.  101,884  Ew.    Hauptstadt  G.,  S917  Ew. 

Grossfttrst,  alter  Titel  der  rnsa.  Fürsten, 
jetzt  inabes.  der  Prinzen  und  Prinzessinnen 
des  kaiserl.  russ.  Hauses. 

Grossgeran,  Kreisstadt  in  der  hess.  Prov. 
Starken  bürg,  2542  Ew.;  in  neuester  Zeit 
von  zahlreichen  Erdstössen  heimgesucht. 

Grossglockner,  höchster  Gipfel  der  no- 
rlschen  Alpen,  an  der  Grenze  von  Tirol, 
Kärnthen  und  Salzburg,  11,700'  h. 

Grossglogan,  s.  Glogau. 

GrossgorscheBy  Dorf  im  preuss.  Regbz. 
Merseburg,  audl.  von  Lützen,  482  Ew. ;  2. 
Mai  1813  Sieg  der  Verbündeten  unter  Witt- 
genstein über  Napoleon  I. 

GrOBSgrlechenland  (Magna  Graecia,  a.  G.), 
der  südi.,  von  Griechen  kolonislrte  Theil 
Italiens,  am  tarent.  Meerbusen. 

Grossherzog^  Souverän^  im  Rang  zwischen 
den  Königen  und  Herzogen  stehend,  mit 
dem  Prädikat  ,könig],  Hoheit*.  Erster  G. 
war  Oosimo  I.  Medici  von  Florenz,  1569  vom 
Papst  dazu  ernannt. 

Gros^Jährigkeit,  s.  ilftnor«ant<cU. 

Grossmachte,  europäitche,  s.  Europa. 

Grossmeister,  beim  Johanniter-  und  deut- 
schen Orden  der  oberste  Vorstand. 

Grossnu^rnl»  Titel  der  Herrscher  der  von 
Babur  (s.  d.)  in  Ostindien  um  1526  gegrün- 
deten mohammed.  Dynastie  wegen  ihrer 
mongol.  Abkunft.  Am  berühmtesten  Babur, 
Akbar  und  Aureng- Zeyb.  Alum  H.  verlor 
1803  das  Reich  an  die  Engländer.  Seitdem 
standen  die  G.n  unter  der  Oberhoheit  der 
ostind.  Kompagnie.  Wegen  Betheiligung  am 
ind.  Aufstande  1857  ward  der  letzte  G.  20. 
Sept.  1857  nach  der  färoberung  von  Delhi 
zur  Kettenstrafe  und  Verbannung  nach  Ran- 
gun  verurtheilt,  seine  Söhne,  Enkel  etc., 
g^en  24,  hiDgerichtet.  [Grosahändler. 

GrosBOhandel^    Grosshandel.       Oroniu, 

Grosspenslonar,  s.  Pennonär. 

Grosspolen,  der  nordöstl.  beherrschte 
Theil  des  ehemaligen  poln.  Reichs,  im  (Ge- 
gensatz zu  Kleinpolen,  dem  südwestl.  Theile. 

Grossrassland,  der  mittlere  Haupttheil  des 
eui'op.  Rus^land,  s.  Bundand, 

Grossschonau  ,  Fabrikort  im  sächs.  Regbz. 
Bautzen,  ao  der  böhm.  Grenze,  4958  Ew. 
Mittelpunkt  der  säclis.  Damast  Weberei. 

Grosssiegelbewahrer,  s.  Siegel, 

Grossstrehlitz,  Kreisstadt  im  preuss. 
Regbz.  Oppeln,  3702  Ew. 

Grossvenediger,  Gletscherberg  der  salz- 
burger Alpen,  bei  Mittersill,  11,297'  hoch. 

Gross vezler,  a.  Veaier. 

Grosswardein  (magyar.  Nagy-  Warad), 
Hauptstadt  des  ung^ar.  Komitats  Bihar.  am 
Sebes,  22,443  Ew.  Bischofssitz,  21  Kirchen ; 
ansehnl.  Handel.    Dabei  warme  Bäder. 

Grote.  George,  engl.  Historiker,  geb.  1794 
zu  Glayhill  (Kent),  ursprüngl.  Kaufmann, 
auch  Parlamentsmitglied,  widmete  sich  dann 
ausschliesslich  wissenschaftl.,  bes.  hiator. 
Studien ;  f  18.  Juni  1871.  Hauptwerk :  ,Hist.  of 
Greece*  (1846— 56, 12 Bde.;  deutsch  1847— 57). 

Groten,  silberne  Scheidemünze,  in  Bremen 


Grotenburg  —  Grünstein. 


733 


r=  Vts  Thir.  In  Oold  =  4^,3  prenss.  Pf. ;  in  den 
Niederlanden  =:  V40  Gulden,  etwa  4  Pf. 

Grotenburg  9  Berg  im  teatobnrgei*  Wald, 
stidl.  Ton  Detmold,  1195'  hoch;  Sandstein- 
IK)Stament  lür  dai  Hermannsdenkmal  (84'). 

Groteske  (ital.),  in  der  bildenden  Kunst 
phantastische,  aus  Thier-  und  anderen  For- 
men willkürlich  zusammengesetate  Verzie- 
rung, nach  Art  der  ,6rottengemä]de*  (in  den 
die  QrctUn  genannten  Trümmern  romPalasta 
des  Titus  in  Rom) ;  daher  grotuk  im  AUgem. 
abenteuerlich  gestaltet,  phantastisch. 

Grothy  KloMi,  plattdeutscher  Dichter,  geb. 
24.  Apsil  1819  KU  Haide  In  Holstein,  seit 
1859  Prof.  zu  Kiel.  Bes.  bekannt  durch 
seine  Gedichtsammlung  ,Quickbom*  (1853, 
9.  Aufl.  1864),  welcher  später  ,yertelln' 
(18&5-60,  2  Bde.),  ,Yoer  de  Goem'  (1858)  und 
,Rothge  der  Meister  Lamp'  (1862)  folgten. 
Vgl.  Schein,  ,Ueber  El.  G.  etc.',  1865. 

Grotins  (ds  Groot),  Hugo,  holländ.  Ge- 
lehrter und  Staatsmann,  geb.  10.  April  1583 
zu  Delft,  ward  Rathspensionär  in  Rotter* 
dam,  1619  als  polit.  Parteigenosse  Olden- 
bameyeldts  zu  lebenslängl.  Qefangnissstrafe 
auf  dem  Schlosse  Löwenstein  rerurtheilt, 
entfloh  nach  Frankreich,  trat  1631  in  schwed. 
Dienste,  fangirte  1635—45  als  Gesandter  am 
franz.  Hofe;  f  ^*  Aug.  1645  zu  Rostock. 
Hauptwerk:  ,De  jure  belli  et  pacis*  (1625; 
deutsch  von  Rirchmann,  1870),  lange  Zeit 
Codex  des  Völkerrechts  (s.  d.).  Biogr.  yon 
Luden  (1806).  Vgl.  EaHm$iein,  ,Reclitsphi- 
losophle  des  H.  G.*,  1850.        [peln,  4421  Ew. 

Grottkan^  Kreisstadt  im  preuss.  Regbz.  Op- 

GrOHChy  (spr.  Gruschi),  JEmanuel,  Marquis 
von,  franz.  General,  geb.  28.  Okt.  1766  zu 
Paris,  focht  als  Brigadegeneral  in  der 
Vend^e  und  machte  in  der  Folge  alle  Feld- 
züge der  Aranz.  Armee  mit.  Nach  Napoleons 
Rückkehr  von  Elba  zum  Marschall  ernannt, 
griff  er  18.  Juni  den  General  Tbielmann  bei 
Warre  an  und  soll  den  unglücklichen  Aus- 
gang der  Schlacht  bei  Waterloo  durch  sein 
Nichteintreffen  auf  dem  Schlachtfelde  da- 
selbst yerschuldet  haben.  Nach  Napoleons  I. 
Abdankung  rief  er  Napoleon  H.  zum  Kaiser 
aus  und  rückte  mit  45,000  Mann  gegen  Paris, 
dankte  bei  Bog^n  der  Verhandlungen  ab 
und  ging  nach  Amerika;  ward  nach  der  Jnli- 
revolution  1880  Kammerdeputirter,  1882  Palr ; 
t  29.  Mai  1847  zu  St.  Btienne. 

Gmbenbao,  s.  Bergbau, 

Grubengas )  s.  Methpluauerttoff. 

Gmbenhagen,  ehemals  Fürstenthum,  Jetzt 
Theil  des  preuss.  Regbz.  Hildesheim,  18,4  QM., 
Hauptst.  Einbeck.  Vgl.  Braunscktoeig,  Gesch. 

Gmbenliekt,  Licht,  dessen  sich  die 
Bergleute  beim  Einfahren  bedienen,  ¥rird  an 
der  Mütze  getragen.  r&ou. 

Grubenwetter  (schlagende  Weiter),  s.  Berg- 

Grübeln  Joh.  Konr. ,  nürnberger  Volks- 
dichter, geb.  3.  Juni  1736  in  Nürnberg, 
lebte  das.  als  Stadtflaschner  und  Gassen- 
hauptmann;  f  8.  März  1809.  Ausgezeichnet 
in  der  kom.  Erzählung  und  in  Gemälden 
des  reichsstädt.  Lebens.  ,G«dichte  in  nürn- 
berger Mundart*. (1802,  neue  Ausg.  1857). 

Grttii}  eine  der  7  Farben  des  Spektrums, 
Steht  swisohen  Blau  u.  Gelb ;  Sohattlrangen : 


Kupfer-,  Seladon-  oder  $teiu-,  Berg-,  Lauch-, 
Smaragd-,  Apfel-,  Pistacien-,  SchwarzUch-, 
Oliven-,  Gras-,  Spargel-,  Oel-,  Zeisiggrun. 

Grün,  scheeleeekee  (Schwediseh',  Mineral- 
grün),  arsenigsaures  Kupferoxyd,  zeisig- 
grun, Oel-  und  Wasser&rbe,  sehr  giftig. 

Grün.  Ancutaeiut,  s.  Auersperg  S). 

Grinoerg  (Grüneberg),  Kreisst.  im  prenss. 
Regbz.  Liegnitz,  11,091  Ew.  Bed.  Weinbau, 
(jährl.  über  50,000  Eimer)  und  Tuchfabr. 

Grümbleien,  s.  Braunbleierg, 

Griine  Farben,  Mineralfarben:  bes.  Chrom- 
und  Kupferverbindungen ,  Bronzefarben, 
Grünerde,  Kobaltgrün,  Ultramaringrün; 
Mischfarben  aus  Berlinerblau  mit  Chrom- 
gelb, Schwefelkadmium ,  ^  Schwefelantimon, 
aus  Bremerblau  mit  Zinkgelb.  Vegetabi- 
lische: Blattgrün,  chinesisches  Grün  (Lnh- 
Kaou),  Saftgrün;  Mischfarben  aas  Indigo 
und  Pikrinsäure;  Theerfarben. 

Gruneisen,  Karl,  Dichter  und  Schriftstel- 
ler, geb.  17.  Jan.  1802  in  Stuttgart,  seit  1835 
Oberkonsistorialrath  das.  Sehr.  ,Lieder* 
(1823),  ,Nik.  Manuel'  (1837),  «Christi.  Hand- 
bueh^in  G«beten  und  Liedern*  (5.  Aufl.  1859). 

Grniierde,  verschiedene  Mineralien,  durch 
Eisenoxydul  gefärbte  Silikate:  v<ro«<8«r 
JSrde,  bei  Verona,  in  Böhmen,  seladongrün, 
Wasser-  und  Oelfarbe  (Steii^rün,  Seladonit, 
frans.  Grün).  Aehnlich  sind  Dde$8it  und 
Glaukonit,  ChrUnkcdke  und  Mergel  der  silu- 
rischen Formation  und  der  Kreide  in  Schwe- 
den, Russland,  Sachsen,  Böhmen,  ebenso 
Grihuande  und  Grünaandsteine  in  Russland, 
Frankreich,  England,  Deutchland  etc. 

Grüner  Zinnober  (Od-,  Laub-,  Seiden-, 
Neapel-,  amerikan,  Grün),  nass  bereitete 
Mischung  von  Berlinerblau  mit  Chromgrib, 
schöne  Wasser-  und  Oelfarbe ;  giftig. 

Grünes  Vorgebirge  (Cap  Verd),  die  west- 
lichste Spitze  Afrikas  (15o  n.  Br.).  In  der 
Nähe  die  portug.  Inseln  des  grünen  V.s 
( Kapfferdische  Insdn),  77,0  QM.  und  (1864) 
84,191  Ew.    Hauptinsel  San  Jago. 

Grünes  Wachs,  grünspanhaltige  Wachs- 
und Harzmischung,  Heilmittel  gegen  War- 
zen, Hühneraugen. 

Grünkom,  Graupen  aus  unreifen  Dinkel- 
körnem,  in  Westdeutschland  gebräuchlich. 

Grfinsand,  s.  Grünerde, 

Grünspan  (SpoMsrrit»;,  Verbindungen  von 
Kupferoxyd,  ^sigsäure  und  Wasser.  Kry- 
sUMisirter,  destiUirter  Gt,  ist  neutrales  Salz, 
dunkelblaugrün,  verwittert,  löslich  in  Was- 
ser, gibt  bei  der  Destillation  Essigsäure, 
dann  Aceton.  Basischer  oder  hlauer  franz. 
Qt,  wird  durch  Schichtung  von  Kupfer- 
platten mit  sauer  gewordenen  Trebern  ge- 
wonnen, grüner  aus  Essig  und  Kupferplatten ; 
man  kratzt  ihn  ab,  knetet  und  presst  ihn  in 
Kugeln.  G.  dient  als  Oel-  und  Wasserfarbe, 
in  der  Färberei  und  Druckerei,  zum  Ver- 
golden, in  der  Medicin  etc. 

Grünstein,  krystallinisch-körnlge  Silikat- 
gesteine, bes.  des  Uebergangsgebirges.  1) 
Amphibolite  oder  Hornblendegrünsteine  t 
Diorit  oder  Urübergangsgrünstein  (a.Diorit), 
Dioritporphyr  (Diabase) ;  2)  Augitgrünstelne, 
Diabaslte:  Diabas,  körniger  G.,  grob-  bis 
feinkörniges  Gemenge  von  Labrador ,  oder 


734 


Grünten  —  Gnadiana. 


OligoklM  mit  Anglt  und  Ghlorit,  w«it  ver- 
breitet; durch  Zunahme  des  Ghlorits  entsteht 
Diabasschiefer,  Gr&nsteinschiefer;  durch 
VerfelnemBg  des  Korns  dichter  oder  ba- 
saltlsoher  O.,  Aphanit  (s.  d.) ;  durch  Herror* 
treten  grosser  Angit- oder  OHgoklaskrystalle 
G.-,  Diabasporphyr. 

GrttnteBy  Berg  der  alganer  Alpen,  bei  Im- 
menstadt, 5864'.  Vielbesuchter  Aussichts- 
punkt mit  grossem  Wirthshans. 

GrStli  (BiMt),  Matte  im  Kant.  Uri,  am 
Vierwaldstättersee,  wo  in  der  Nacht  Tom  7. 
bis  8.  Not.  1S07  die  83  Schweizer  den  Be- 
freiungsband beschworen. 

Grfttiey  gestampfte  oder  grobgemahlene 
und  Ton  den  Hülsen  befreite  Getreidekömer, 
besonders  von  Hafer  und  Buchweizen. 

GritBluifer^  s.  Hafer. 

GmmbMh,  Wilk,  von,  frank.  Edelmann, 
geb.  1503,  suchte  eine  Adelsrerbindung  zum 
Sturz  der  grossen  Territorialbetrren  und 
Herstellung  der  Reichsunmittelbarkeit  der 
Kitterschafk  zu  Stande  zu  bringen,  erzwang 
Ton  dem  Bischof  von  Würzburg  durch  Ueber- 
fall  einen  Vertrag,  nach  welchem  er  und 
seine  Genossen  ihre  eingezogenen  Güter  zu- 
rückerhalten sollten.  Vom  Kaiser  in  die 
Acht  erklart,  gewann  er  den  Herzog  Ton 
Gotha  Johann  Friedrich  den  Mittleren  für 
seine  Plane.  Dafür  traf  auch  diesen  die 
Acht  (17.  Dec.  1566),  deren  Vollstreckung 
dem  Kurfürsten  August  von  Sachsen  über- 
tragen ward.  Nach  harter  Belagerung 
musste  sich  Gotha  13.  April  1567  ergeben. 
G.  wurde  17.  April  lebendig  geviertheilt. 
Vgl.  Ortloff,  ,Ge8chiohte  der  G.  sehen  Hän- 
del* (1868-70,  4  Bde.). 

Grummet^  das  vom  zweiten  Hieb  gewon- 
nene Gras,   oft  weniger  nahrhaft  als  Heu. 

Grandboltrery  s.  v.  a.  Erdbohrer. 

GroBdeiSy  auf  dem  Boden  der  Ghswässer 
sich  bildendes  Eis,  ist  von  geringer  Festig- 
keit, porös,  wird,  durch  Strömungen  empo^- 
gerissen,   den  Wehren  oft  sehr  gefährlich. 

GmndiioldeB ,  in  Süddeatschland  und 
Oesterreich  Bauern ,  welche  ilir  Gut  auf 
Grund  eines  Erbzinskontrakts  besitzen; 
dann  überhaupt  Gutsnnterthan. 

Gmndtnalz,  Präparirsalz,  zinnsaures  Na- 
tron, wird  in  der  Färberei  etc.  benutzt. 

GmmdlMten  (Seallatten),  im  Allgem.  alle 
auf  einem  Grundstück  ruhenden  dauernden 
Lasten,  die  der  Besitzer  als  solcher  zu  tragen 
hat;  insbes.  diejenigen  Lasten,  welche  von 
dem  Besitzer  des  Grundstücks  zu  Gunsten 
einer  gewissen  berechtigten  Person  oder 
Korporation  auf  Dauer  geleistet  werden 
müssen.  Jetzt  meist  abgelöst.  Vgl.  AHoiung, 

Grundrechte^  in  der  polit.  Bewegung  von 
1848  diejenigen  Rechte  und  Freiheiten  der 
Staatsbürger,  welche  man  als  unentbehrliche 
Grundlage  eines  freieren  Staatslebens  für 
ganz  Deutschland  festgestellt  wissen  wollte. 
Dieselben  wurden  in  der  frankfurter  Natio- 
nalversammlung berathen,  festgestellt  und 
als  Reichsgesetz  in  vielen  deutschen  Staaten, 
Oesterreich,  Preussen,  Bayern,  Hannover 
und  einige  kleinere  ausgenommen,  aner- 
kannt, durch  Bundesbeschluss  vom  23.  Aug. 
1851  aber  wieder  aufgehoben. 


Grnttdreiite»  s.  JBodenretUe. 

GroBdrlMy  Zeichnung  der  Grundfläche 
eines  Körpers,  neunentl.  eines  Gebäudes. 

Gmndstenery  s.  Bteueru, 

Gnoidttoffe,  s.  v.  a.  Elemente. 

GrandwMser,  das  in  bald  grösserer,  bald 
geringerer  Tiefe  unter  der  Erdoberfläche 
sich  findende  Wasser,  fällt  und  steigt  mit 
den  Jahreszeiten  und  ist  von  Bedeutung  für 
die  Entwicklung  der  (epidemischen)  In- 
fektionskrankheiten (Cholera,  Typhus). 

GrvBdiaUeii  y  s.  Zahhoörter. 

Gmpp«,  Otto  Friedr.,  Schriftsteller,  geb. 
85.  April  1804  zu  Danzig,  seit  1844  Prof.  in 
Berlin.  Hauptwerke:  ,Ariadne.  Die  trag. 
Kunst  der  Griechen*  (1834),  ,Dieröm.  Elegie* 
ri838,  8  Bde.),  ,Deutsche  Uebersetzerkunst* 
(1859),  ,Rehih.  Lenz,  Leben  und  Werke' 
(1860),  .Leben  und  Werke  deutscher  Dichter* 
(1864—69,  4  Bde.).  Als  Dichter  trat  er  mit 
einer  Reihe  von  Epen  (,Alboin*  1890,  ,'Flr- 
dusi*  lfö6  u.  A.)  und  Dramen  (,Otto  von 
Witteisbach*  1860,  ,Demetrius*  1861)  hervor. 

Gmsien^  s.  v.  a.  Georgien. 

Gmvdresy  Stadt,  s.  Or«ien. 

Gryllas  (gr.),  Grille,  wunderlicher  Ein- 
fall, seltsame  Laune ;  in  der  bildenden  Kunst 
eine  Art  von  Groteske  (s.  d.). 

Gryphliis  (eigentl.  Greif),  Andr.,  Dichter 
der  1.  schles.  Schule,  geb.  8.  Okt.  1616  zu 
Grossglogau,  seit  1650  Syndikus  der  Land- 
stände  des  Fürstenthums  Glogan;  fl^*  Jqü 
1664.    Schöpfer  des  deutschen  Kunstdramas 

g Tragödien:  ,Leo  Arminius*,  ,Gardenio  und 
elinde*  etc.;  bei  weitem  besser  die  Lust- 
spiele: ,Horribilicribrifax*,  ,Peter  Squei^z*, 
,Das  verliebte  Gespenst');  auch  bedeutender 
Lyriker  und  vielseitiger  Gelehrter.  Schriften 
(1657).  Dramat.  Schriften  neu  herausgeg. 
von  TUtmann  (1870).  Vgl.  Eermann,  »Ueber 
,A.  G.*,  1851.  —  Sein  Sohn  Ohristian  G.  (f 
1706),  Ivi-.  Dichter. 

Gnacnaro  (Nachtpapagei,  FettvogeH,  Siea- 
tomis  Humb.),  Gattung  der  Sperlingsvögel 
(Naohtschwalben).  Saripiseher  G.  (8.  cari- 
pensis  Humb.),  81"  lang,  schaarenweise  in 
Felsenhöhlen  der  Anden,  liefert  den  India- 
nern Brenn-  und  Speiseöl. 

Gnsdalaviary  Fluss  in  Spanien,  mündet 
unterhalb  Valencia  ins  Mittelmeer;  SB  M. 

GuadaUxani  (spr.  -Jära),  1)  span.  Prov. 
(Neukastilien),  888,8  QM.  und  804,626  Ew. 
Die  Hauptstadt  G.,  am  Henares,  6500  Ew. 
—  8)  Hauptstadt  des  mexikan.  Staats  Ka- 
lisco,  70,000  Ew.  Prachtvolle  Kathedrale. 

Gvadalqnivir  (spr.  -kiwir,  der  Bäiis  der 
Alten),  Fluss  im  südl.  Spanien,  entspringt 
in  der  Prov.  Jaen,  an  der  Sierra  Gazorla, 
mündet  bei  San  Lucar  in  den  atlant.  Oeean ; 
79  M.  lang.  Nebenfl.  Guadalimar  und  Xenil. 

Guadarrama  (Sierra  de  O.),  Gebirgskette 
in  Spanten ,  auf  der  Scheide  von  Alt-  und 
Neukastilien,  im  Pico  de  Pafialara  7716*  h. 

Gaadiana  (der  Anae  der  Alten),  Fluss  im 
mittleren  Spanien,  entspr.  in  der  Prov. 
Albacete,  auf  der  Sierra  von  Alcarraz,  durch- 
fliesst  Neukastilien  und  EstrematUira,  mün- 
det auf  der  Grenze  von  Spanien  tuid  Portu- 
gal in  den  atlant.  Ooean.  Länge  118  M., 
Stromgebiet  1810  QM. 


Guadix  —  Gudscherate. 


735 


€l«Ulix  (apr.  •dls),  Stadt  Inder  span.  Prov. 
Gi'anada,  am  Flutte  6.,  10,1&1  Ew. 

QBahaBy  Insel,  s.  Marianen. 

Gua^Mum  L.  (Pockhoh),  Pflanzengattung 
der  Sapbidaceen.  G.  ojfilcinale  L.,  westind. 
Baum ,  liefert  das  in  der  Medlcin  and  su 
Kegelkugeln  etc.  benutzte  schwere,  feste  und 
harte  Onajak-,  Franzosen-  oder  Heiligenholz 
u.  das  liohtempfindliohe,  officin.  Ouajt^hafx. 

e^naiAhtMUtm  8.  Guajacum. 

GJumMB.gtk(Juuamanga),  Stadt,  s.  Ayaeucho. 

Önanvniato  (spr.  -chuato),  Staat  in  Mexiko, 
auf  den  Hochebenen  der  Gordilleren  von 
Anahnac,  5S3,6  QM.  und  874,000  Ew. ;  frucht- 
bar, süberreich  (jährl.  ca.  ^*k  Mill.  Thlr.). 
Die  ffauptBtadt  G.  (SoTUa  F4dtG.),  6800'  üb. 
M. ,  68,000  Ew.  (davon  fast  Vs  Bergleute). 

6BAi|Clie8  (spr.  -tsches),  die  Ureinwohner 
der  kanar.  Inseln,  wahrscheinl.  barbar. 
Stammes;  seit  16.  Jahrh.  ausgestorben. 

Gaano^  zersetzte  Vogelexkremente  von 
Torschledener  Beschaffenheit.  Peruanischer 
Ton  der  regenlosen  Küste  zwischen  2  und 
210  s.  Br.  und  den  Ghinchasinseln  Guanape, 
Macabi  etc.,  in  Ablagerungen  bis  100' Mäch- 
tigkeit, gelb,  bräunlich,  erdig,  schmeckt 
salzig,  riecht  scharf  ammoniakalisch,  enthält 
Harnsäure,  Oxalsäure,  Guanin,  13— 150/0 
Stickstoff,  170/0  Wasser  und  19— 33<Vo  phos- 
phorsanre  Salze;  ähnlich  der  bolivianische 
und  chilenische;  viel  schlechter  der  \oix 
den.  Lobosinseln.  Bakerguano  aus  der  Süd- 
see enthält  79o/o,  Sambreroguano  860/0  Phos- 
phate (ausgewaschene  Exkremente).  Auf- 
geschlossener G.  ist  mit  Schwefelsäure 
behandelt,  enthält  sauren  phosphorsauren 
Kalk.  Der  G.  wirkt  als  kräftigstes  Dünge- 
mittel, bes.  für  Oelflrüchte,  Kartoffeln,  Ge- 
treide, wurde  schon  unter  den  Inkas  be- 
nutzt, kommt  seit  1842  nach  Europa.  Ex- 
port Ton  Peruguano  (1868)  10,800,000  Gtr. 
(die  Ghinchasinseln  sind  erschöpft,  ander- 
weit. Vorrath  in  Peru  1869: 60 Mill.  Ctr.),  Ver- 
brauch in  Deutschland  1868  ca.  I1/9  Mill.  Gtr. 

Gnarana,  chokoladenartige  Pasta  ans  den 
Samen  von  Paulllnia  sorbilis  Marl.,  wird 
Ton  den  Indianern  am  Amazonenstrom  be- 
reitet; enthält  4— 5o,'o  Kaffein,  Fett,  Gerb- 
säure etc.;  in  Südamerika  wie  Ohokolade 
oder  Koka,   bei  uns  als  Heilmittel  benutzt. 


Gnaranls.  Volk,  s.  TupU, 
Guardafnl,  s.  Gardafuü 


Guardian  (Gardtan,  ital.),  Hüter,  Wächter; 
bes.  Vorgesetzter  eines  Klosters. 

Gnariui,  Giambattista,  ital.  Dichter,  geb. 
1537  zuFerrara,  f  1612  zu  Venedig.  Haupt- 
werk das  einst  her.  Schäferspiel  ,11  pastor 
fldo'  (1585;  deutsch  von  H.  MülUr  1822). 

GvarnSn,  Geigenmacher  in  Oremona;  am 
berühmtesten  Andrea  G.,  1662  —  80,  und 
dessen  Neffe,  Ginteppe  G.,  1715—40. 

Gnastalla»  Stadt  in  der  ital.  Prov.  Reggio, 
am  Einflüsse  des  Crostolo  in  den  Po,  8(M0 
Ew.  Hauptstadt  des  ehemaligen,  zuletzt  zu 
Modena  gehörenden  Fürsienth.  G.  (5,8  QM.). 

Guatemala,  Republik  in  Mittelamerika, 
durchzogen  von  der  Cordillere  von  G*  (s. 
CordilUren),  1918  QM.  und  1,180,000  Ew. 
(3/3  Indianer,  zur  grössern  Hälfte  Christen 
und  angesiedelt,  der  Rest  Ladinos  und  ea. 


30,000  Weisse).  Früheres  Hauptprodukt 
Cochenille  (1860: 10,000  Zuronenk69Kilogr.), 
jetzt  gegen  Kaffee  (1869:  85,000  Gtr.  expor- 
tirt)  zurücktretend;  auch  Zucker,  Indigo. 
Ausfuhr  1863-68:  9,184,429,  Einfuhr  1,794,061 
Piaster  (nur  der  Hafen  San  Jose  ist  am  atlant. 
Ocean  der  Einfuhr  geöffnet).  Einnahme 
1867:  1,518,130,  Ausgabe:  1,509,053  DoU. 
Staatsschuld  1865:  2,461,978  Doli.  Militär 
3200  M.  stehend,  13,000  M.  Miliz.  Unabhän- 
gige Bepublik  seit  21.  März  1847,  wo  sich 
G.  von  dem  Verbände  mit  der  Konföderation 
von  Mittelamerika  lossagte.  Ver&ssung  vom 
19.  Okt.  1851.  Präsident  (Periode  4  Jahre): 
V.  Oerna,  gewählt  24.  Mai  1869  (bis  31.  Dec. 
1872).  8  Departements.  —  Die  Haupt9tadi  G. 
(G.  la  Nueva),  4372^  üb.  M.,  schön  und 
regelmässig  gebaut,  Erzbischofssits,  Univers. 
40,000  Ew.  4  M.  davon  die  Trümmer  von 
Mt-G.  (1773  durch  Erdbeben  zerstört)  und 
das  wiedererstandene  G.  la  AiUigua  mit  der 
alten  prachtvollen  Kathedrale,  15,000  Ew. 

Guariäre,  linker  Nebenfluss  des  Orinoco 
in  Neugranada,  entspr.  an  den  Andes  von 
Bogota,  mündet  bei  San  Fernando,  200  M. 

Gnayaquil,  befest.  Hafenstadt  in  Ecuador 
(Südamerika),  an  der  Mündung  des  Flu9set 
G.  in  den  Golf  von  G.,  22,000  Ew. 

Gnbbio  (Eugubivm) ,  Stadt  in  der  mlttel- 
ital.  Poov.  Perugia,  nordöstl.  vom  trasimen. 
See,  6066  Ew.  Im  Stadthause  die  1444  auf- 
gefundenen eugvbiniaohein  Tafeln,  7  Metall- 
tafeln mit  etruskischer  und  oscischer  Schrift. 

Guben,  Kreisstadt  im  preuss.  Regbz.  Frank- 
furt a./O.,  am  Einflüsse  der  Lubst  in  die 
Neisse,  18,970  Ew.    Tuchfabr.,  Weinbau. 

Gnbemator  (lat.),  Steuermann;  Gouver- 
neur.   Gvbemiumt  Verwaltung. 

GnbitE,  Friedr.  Wilh.,  Künstler  u.  Schrift- 
steller, geb.  27.  Febr.  1786  zu  Leipzig,  seit 
18(^  Prof.  der  Holzschneidekunst  in  Berlin, 
Begründer  des  ,Gesellschafters*  (seit  1817), 
des  , Jahrb.  deutscher  Bühnenspiele'-  (1822— 
1862)  und  des  bekannten  ,Volkskalenders* 
(1835—70) ;  f  5.  Juni  1870.  Um  die  Vervoll- 
kommnung der  Holzschneidekunst  sehr  ver- 
dient. Auswahl  seiner  Erzählungen  in 
,  Wirklichkeit  u.  Phantasie'  (1860);  ,Gedichte' 
(1860,  2  Bde.) ;  «Erlebnisse'  (1869,  2  Bde.). 

Gndbrandsdalen ,  romant.  Landsch.  im 
norweg.  Ghristiansamt,  das  Thal  des  Lougeu 
umfassend.    Hanptort  Lillehammer. 

Gilden  (Gudensaa),  grösster  Fluss  in  Jüt- 
land,  entspr.  im  Stifte  Aarhuus,  mündet  bei 
Randers  in  das  Kattegat,  20  M. 

Gudrun  (KütHm),  mlttelhoohd.  Volks- 
epos aus  dem  sächs.-normannischen  Sagen- 
kreise, die  ,deutsche  Odyssee' ;  seiner  jetzi- 
gen Gestalt  nach  wohl  der  Mitte  des  13. 
Jahrh.  angehörend.  Ausgaben  von  VoUmer 
(1845),  Mullenhoff(lStö),£arts€hil8^);  Ueber- 
setzungen  von  A.  Keller  (1840),  Simroek  (1843), 
Koch  (1847).  Vgl.  BarUch,  ,Beiträge  zur 
Geschichte  und  Kritik  der  G.',  1865. 

einäMheT»te(GMzerate),  l)Prov.  im  nord- 
westl.  Hindostan,  bestehend  aus  der  ffalb- 
inad  G.  am  arab.  Meer  (945  QM.)  und  benach- 
barten Gebieten,  1978  QM.  mit  ca.  6  Mill.  Ew.; 
theils  zur  brit.  Präsid.  Bombay  gehörig, 
theils  vom  Guicowar  beherrscht.  Städte :  Sn- 


736 


Gülden  —  Guillotine. 


rate,  Ahmedabad  und  Baroda.  —  2)  Stadt  im 
Pendschab;  21.  Febr.  1849  grosser  BUg  der 
Briten  unter  Gongh  Qber  die  Sikbs. 

Ofilden,  ehemals  s.  ▼.  a.  €k>Idgülden;  in 
Sachsen  =  81  g.  Gr.,  in  Franken  r=  20  g.  Gr. 

OUdeiie  Ader,  s.  HämorrhcMen. 

ÖlildifMilMS  Silber,  gediegenes  Silber  mit 
Goldgehalt  (bis  28«/o),  in  Mexiko,  Columbia, 
Sibirien,  Kongsberg.      [Fleischab&Uen  etc. 

Gfilley  flüssiger  I>üttger  aus  Exkrementen, 

Gfini,  königl.  Freistadt  im  ungar.  Komi- 
tat  Eisenbnrg,  am  Flwu  G.,  6858  Ew.  Yer- 
theidlgung  gegen  die  Türken  1532. 

Gfiinhery  Graf  von  Schwarzbnrg,  geb. 
1304,  ward  13.  Jan.  1349  zu  Franktort  zum 
deutochen  Kaiser  gewählt,  Gegenkaiser 
Karls  rv.,  erkrankte,  vensichtete  gegen  eine 
Abstandssumme  Ton  20,000  Mark  auf  die 
Krone:  f  14.  Juni  1349.   Vgl.  {/eU«ro<ft  (1862). 

Günther 9  Joh,  GhHsUan,  Dichter,  geb. 
8.  April  1695  ku  Strigan,  studirte  seit  1715 
in  Wittenberg,  f  im  äussersten  Elend  15. 
März  1723  zu  Jena.  Bedeutendes  Talent, 
an  Masslosigkeit  und  Leidenschaftlichkeit 
zu  Grund  gegangen.  Sehr.  Liebesgedichte 
(voll  warmer  Empfindung),  Oden,  poet. 
Episteln  und  Satiren.  Gesammelte  Gedichte 
(1723  u.  öfter),    fiiogr.  von  RoqueUe  (1860). 

GuercinO,  Maler,  s.  Barbieri. 

Gvericke,  Otto  von,  Physiker,  geb.  20. 
Nov.  1602  in  Magdeburg,  1646—81  Bürger- 
meister in  Magdeburg,  ging  dann  nach 
Hamburg;  f  das.  11.  Mai  1686.  Erfinder  der 
Luftpumpe  (erste  Experimente  1654  auf  dem 
Reichstag  zu  Regensburg),  des  Manometers 
(1661),  einer  unvollkommenen  Elektrisir- 
masehine  und  der  Wassermännchen. 

Guerickesclie  Halbkngeln  (magdeburger 
H.) ,  2  metallene,  luftdicht  aufeinander 
passende  hohle  Halbkugeln,  mittelst  deren 
Guericke  die  Gewalt  des  Luftdrucks  zeigte. 

Gserickesehe  Leere  9  der  unvollkommen 
luftleere  Raum  unter  der  Luftpumpe,  Im 
Gegensatz  zur  torricellischen  Leere  im  Ba- 
rometer. 

Gverieketche  WMuemi&iueheii  (Wetter- 
männehen),  hohle  Glasfiguren,  die  bei  Ver- 
änderung des  Luftdrucks  im  Wasser  steigen 
oder  fallen,  als  Wetterpropheten  vor  Er- 
findung des  Barometers  benutzt,     [delaber. 

Gaeiidoii  (fr.,  apr.  Gheridong),  Art  Kan- 

Gvemsey  (spr.  Ghernsi),  normann.  Insel 
im  Kanal,  1  QM.  und  29,846  Ew. 

GuerrillaSy  in  Spanien  die  aus  Landbe- 
wohnern, Hirten  etc.  gebildeten  bewaffneten 
Banden,  welche  bei  feindlichen  Invasionen 
oder  inneren  Kämpfen  den  kleinen  Krieg 
(daher  der  Name)  auf  eigene  Hand  führen. 

CKirtelthlere  (Gingulata  lU.),  Säugethier- 
familie  der  Zahnarmen,  nächtliche  Insekten- 
fresser mit  Panzer.  ArmadiÜ,  Tatu  (Dasy- 
pus  L.):  £ie$engüHeUhier(D.  gigas  ^.;,  9S** 
lang,  in  Südamerika;  langBchwänzige  G. 
Ckichieame  (D.  longicaudatus  L.>,  16  —  18'  1., 
in  Gniana,  Mexiko,  beide  mit  wohlschmecken- 
dem Fleisch;  Panzer  dienen  als  Körbe. 

Gnescliiiy  Bertrand  du,  s.  Duguesclin. 

GftatroWy  Hauptstadt  des  wendischen  Krei- 
ses (Hertogth,  Q,)  In  Mecklenburg-Schwerin, 
an  aer  Nebel,  10,528  Ew.  Goth.  Domkirche. 


Gaevin  (spr.  Ghev-),  Lutz  Velet  de,  span. 
Dichter,  geb.  1574  zu  Eojja  in  Andalusien, 
t  1646  zu  Madrid;  Verf.  von  mehr  als  400 
BühMenstücken,  bes.  beorühmt  dureh  seinen 
Roman  ,Diable  cojuela'  (1641 ,  Vorbild  von 
Leaagea  ,Diable  bciteaxO. 

Gnlinui,  Kreisstadt  im  prew».  Regbz. 
Breslau,  4234  Ew.    Ueber  100  Windmühlen. 

Gviajia  (Guayana,  Oaribaaa),  Land  in 
Südamerika,  am  atlant.  Ocean  zwischen 
der  Mündung  des  Orinoco  und  der  des 
AmazooMistroms,  an  60,000  QM.;  Hochland 
(Parimegebirge)  2—5000'  b.,  mit  wald-  und 
grasreichen  Zwischenebraien  und  Gipfeln 
bis  über  9000'  Höhe;  Küste  niedrig  und 
flach;  Klima  ganz  äquatorial.  Die  Ein- 
gebomen theils  Karaiben,  theils  zu  den 
Tupis  gehörig;  noch  ziemlich  anbekannt. 
&Theile:  1)  das  ehemal.  8pan.-0.  (»vrilde 
Küste*),  jetzt  Prov.  von  Venezuela;  2) 
BriHsoh-0,,  4700  QM.  und  162,026  Ew.,  3  Di- 
strikte, Hauptstadt  Georgetown;  Haupt- 
produkt Zacker;  3)  HoUänd,  -  O,  (Surinam), 
2956  QM.  und  49,578  Ew.  (7500  Buschneger), 
Hauptstadt  Paramaribo;  4)  Franz,- &,,  1650 
QM.  und  34,430  Ew- ,  Hauptstadt  Gayenne ; 
5)  PortuQies.-G.,  jetzt  Theil  von  Brasilien. 

Gttiecuirdlni  (spr.  Gnittschsrd  •) ,  Fran- 
eeeeo,  ital.  Geschichts^reiber,  geb.  6.  März 
1482  zu  Florenz,  unter  Leo  X.,  Hadrian  VI. 
un4  Clemens  VII.  Gouverneur  von  Modena, 
Reggio  und  der  Romagna,  wirkte  zu  Er- 
hebung des  Hauses  Medioi  mit;  t  ^7«  ^'^^ 
1540  zu  Florenz.  Sehr.  ,Istoria  d^Italia* 
(1561-64;  Ausg.  von  Boaini  1819,  10  Bde.). 

Guicowary  Name  eines  Mahrattenfnrsten 
in  Ostindien;  sein  Gebiet  in  der  Landschaft 
Gudscherate  und  im  westl.  Vindhyagebirge, 
208  QM.  mit  325,000  Ew.    Hauptstadt  Baroda. 

Gnldeii(fr.,  spr.  Ghiden,  d.  i.  Wegweiser), 
in  der  frans,  und  belg.  Armee  besondere 
Eskadrons,  welchen  der  Ordonnanzdienst 
der  Stabs  wachen,  das  Rekognosciren,  Füh- 
rung von  Kolonnen  etc.  obliegt. 

Guido  von  Arezzo  (G,  Aretinu») ,  1083—36 
Benediktinermönch  zu  Pomposa  bei  Ferrara, 
sehr  verdient  um  die  Ausbildung  des  Gb- 
sangs  und  der  Weiterbildung  4er  Tonleiter; 
s.  Solmisation,  Vgl.  Kieteweiter,  ,G.v.  A.%  1840. 

Guido  (Guy)  von  Lusignut  (spr.  Lü- 
sinjang),  Sprössling  eines  alten  Dynasten- 
geschlechts in  Poitou,  vermählte  sich  mit 
Sibylle ,  verwittw.  Gräfin  von  Montferrat, 
Tochter  des  Königs  Amalrlch  von  Jerusalem, 
ward  1182  Stellvertreter  seines  erblindeten 
Schwagers  Balduin  IV.  von  Jerusalem  und 
nach  dem  Tode  seines  Stiefsohnes  Balduin 
von  Montferrat  König  von  Jerusalem,  ver- 
tauschte sein  Königreich  an  Richard  L^wen- 
herz  gegen  Gypern  und  gründete  hier  ein 
Königreich,  das  bis  1473  bestand. 

Gaudford  (spr.  Ghilford),  Hauptstzdt  der 
engl.  Grafschaft  Surrey,  am  Wye,  8040  Ew. 

Gnilloelliren  (spr.  Ghiljosoh-),  Linienver- 
zierungen (QuiÜochen)  auf  Metallgegenstän- 
den durch  Einritzen  mit  einem  Grabstichel 
hervorbringen.  Die  Guillochirmas^inen,  Mo- 
lettirwerke  zur  Erzeugung  der  Guillochen, 
sind  der  Drehbank  ähnlich. 

GnlUotla«  (fir.,  spr,  Ghiljotihn),  die  wäh- 


Guinea  —  Guizot. 


737 


rend  der  ersten  Revolution  in  Frankreich 
März  1791  eingefflhrte,  nach  ihrem  angebl. 
Erander,  dem  Arsst  OuiUotin  (f  18U),  be- 
nannte Maschine  zum  Köpfen ;  neaerlich  als 
FalUehwert  oder  Fallbeil  in  Sachsen,  Bayern, 
Wurtemberyr  etc.  eingeführt. 

Ovlttea^  Theil  von  WestaArika,  vom  Kap 
Verga  (10  o  18'  n.  Br.)  bis  Kap  Negro  (16© 
s.  Br.),  zerfällt  in  Ober-  oder  Nordgninea 
nnd  Nieder-  oder  Südgninea  (Grenze  ELap 
Lopez,  10  8.  Br.)f  wovon  letzteres  dieLand- 
schififten  Benguela,  Angola,  Kongo,  Loango 
mnfiuist.  Die  465  M.  lange  Küste  nmscbliesst 
den  gr.  Meerhuaen  von  G.,  mit  den  Gh>lfen 
von  Benin  nnd  Biafra  nnd  den  4  Ouineok- 
insel»  (Temando  Po  nnd  Annobon  span., 
Prinzeninsel  nnd  St.  Thomas  portngies.). 
Die  Küste  von  Nordguinea,  das  vorzugs- 
weise als  G.  bezeichnet  wird,  Ist  einförmig, 
meist  flach,  im  Delta  des  Niger  nnd  an 
andern  Flnssmündungen  snmpfig  nnd  un- 
gesund; dahinter  Hügel-  nnd  Bergländer 
von  ausserordentlicher  Fruchtbarkeit,  mit 
prachtvoller  trop.  Vegetation.  Hanptaus- 
fahrprodnkt  Jetzt  das  Palmöl.  Bevölkerung: 
rohe  Negerstämme,  die  sich  in  neuerer  Zeit 
auch  dem  Anbau  von  Reis,  Mais,  Indigo, 
Baumwolle  eto.  nnd  verschiedenen  Industrie- 
zweigen TGold-  und  Eisenarbeiten,  Webe- 
reien etc.)  zugewandt  haben.  Regierungs- 
form  despotisch,  mit  Ausnahme  der  Republik 
Liberia  (s.  d.)*  Die  einzelnen  Küstenstriche 
(mit  zahlr.  engl.,  franz.  und  hoUänd.  Nieder- 
lassungen) von  W.  gegen  O. :  Sierra  Leone 
(engl.),  bis  Kap  Mesnrado ;  ^i^  Pfeffer-,  Kör- 
ner-  oder  MalagheUaJcii$te  (Republik  Liberia), 
bis  Ka,p  Palmas;  die  Zahn-  oder  EH/ei^ein- 
küste  (mit  ft*anz.  Handelskontoren),  bis  Kap 
Apollonia;  die  Goldküsie  (mit  engl,  und 
hoUänd.  Besitzungen),  bis  zum  Rio  Volta, 
im  Innern  das  Reich  der  Aahanli ;  die  ^ifcla- 
venküaU  (mit  engl.  Häfen),  bis  Rio  Lagos, 
dahinter  das  Reich  Dahomey;  Küste  Benin 
mit  dem  Nigerdelta;  die  Knste  von  Biafra, 
nnd  südl.  davon  das  Oabunland  (363  QM.  mit 
186,000  Ew.,  franz.),  bis  Kap  Lopez. 

CininMi,  ältere  engl.  Goldmünze,  =  81 
Schilling  =  0,7t89  Krone. 

GaiHeapfeffer.  s.  v.  a.  Cayennepfeffer, 
span.  Pfeffer,  Paradiesköm6r  oder  Karda- 
mom ,  ursprünglich  die  brennend  scharfen 
Samen  von  afrikan.  Habzella-Arten,  welche 
vor  dem  Pfeffer  inEnropa  gebräuchlich  waren. 

G«lnegate  (spr.  GihngaJit),  Dorf  im  franz. 
Bepart.  Pas -de -Calais,  unweit  Aire.  84. 
Aug.  1477  Bieg  Maximilians  I.  über  König 
Ludwig  XI. ;  17.  Aug.  1513  Bieg  der  Eng- 
länder über  die  Franzosen  (Sporenschlacht). 

Gnlpure  (fr.,  spr.Glpür),  erhabene  Stickerei. 

GnlpueOfty  span.  Prov.  (Basken),  34  QM. 
und  168,547  Ew.    Hauptst.  San  Sebastian. 

Gnlfcardy  Robert,  Herzog  von  Apulien 
und  Kalabrien,  Sohn  Tancreds  von  Haute- 
ville,  geb.  um  1015,  ging,  wie  seine  älteren 
Brüder  Wilhelm,  Dagobert  und  Humphrey, 
nach  Italien  in  Kriegsdienst,  ward  nach 
Wilhelms  und  Humphreys  Tode  zum  Grafen 
von  Apulien  ausgerufen,  eroberte  Kalabrien 
und  vereinigte  endlich  nnter  seiner  Herr- 
schilt  alle  Provinzen  des   späteren  König- 

üeyert  Band- Lexikon, 


reichs  Neapel;  ward  von  Gregor  VH.  wegen 
seines  Einfalls  in  Benevent  in  den  Btuin 
gethan,  mischte  sich  in  die  griech.  Händel, 
schlug  bei  Durazzo  ein  byzantin.  Heer,  be- 
freite dann  den  von  Kaiser  Heinrich  IV. 
belagerten  Papst  Gregor  VU.,  bemächtigte 
sich  mehrerer  Inseln  des  Archipels;  f  17. 
Juli  1085  auf  Cephalonia. 

Gidse  (spr.  Ghihs),  franz.  herzogl.  Fa- 
milie, Nebenzweig  des  Hauses  Lothringen, 
stammt  von  Claude,  einem  jüngeren  Sohne 
des  Hei^ogs  Ren6  II.  von  Lothringen,  ab, 
der,  in  der  Picardie  und  Normandie  reich 
begütert,  1550  f.  Seine  älteste  Tochter 
Maria  vermählte  sich  mit  Jakob  V.  von 
Schottland  und  wai'd  Mutter  der  Maria 
Stuart.  Das  Haus  erlosch  1675.  Erben 
waren  die  Cond6  als  nächste  einheimische 
Agnaten.  Merkwürdig  sind:  1)  Frantt  von 
Lothringen,  Herzog  von  O.,  wegen  einer  Ge- 
sichtsnarbe le  balafr6  genannt,  berühmter 
franz.  Kriegsmann,  geb.  1519,  Sohn  Claudes, 
vertheidigte  1552  Metz  gegen  Karl  V.  er- 
folgreich, eroberte  Jan.  1S58  Calais,  be- 
herrschte mit  seinem  Bruder  Karl,  Kardinal 
nnd  Erzbischof  von  Rheims,  dem  sogen. 
Kardinal  von  Lothringen  (geb.  1525,  f  1574), 
Franz  H.  nnd  Karl  IX. ,  verfolgte  die  Pro- 
testanten, fachte  den  ersten  Hugenotten- 
krieg an,  siegte  bei  Dreux  (19.  Dec.  1562), 
ward  18.  Febr.  vor  Orleans  meuchlings  er- 
schossen. —  8)  Heinrich  I.  von  Lothringen, 
Herzog  von  O.,  ältester  Sohn  des  Vor.,  geb. 
1550,  war  in  der  Bartholomäusnacht  an 
Colig^ys  Ermordung  betheiligt,  vereinigte 
1576  die  kathol.  Grossen  zur  heiligen  LIgue, 
erregte  Mai  1588  in  Paris  einen  Aufstand 
gegen  König  Heinrich  IH.,  verband  sich 
mit  der  Königin  Katharina  zu  Ausrottung 
der  Protestanten,  ward  23.  Dec.  1588  auf 
Heinrichs  HI.  Anstiften  ermordet,  der  Kar- 
dinal am  andern  Tage.  —  3)  Heinrich  IL 
von  Lothringen,  Herzog  von  Q.,  geb.  4.  April 
1614,  Enkel  des  Vor.,  erst  Erzbischof  von 
Rheims,  dann  Krieger,  bekannt  durch  seine 
Angriffe  auf  Neapel  1647,  1653  und  1654; 
t  Juni  1664  als  Grosskammerherr  zu  Paris. 

Gnitarre  (ital.  Cßiitarra),  lautenähnliches 
Saiteninstrument,  aus  dem  Morgenland 
stammend,  in  Deutschland  1788  durch  die 
Herzogin  Amalie  von  Weimar  eingeführt. 
Sechs  Saiten  (E,  A,  d,  g,  h,  e).  Bes.  zur 
Gesangbegleitung  geeignet.  Schulen  von 
Giuliani,  Lehmann,  Sor  u.  A. 

Gnlxot  (spr.  Ghisoh),  Franfoie  Fierre 
Ouülaume ,  franz.  Staatsmann,  geb.  4.  Okt. 
1787  zu  Nimes,  ward  1812  Professor  der 
neueren  Geschichte  an  der  Sorbonne,  1814 
Generalsekretär  im  Ministerium  des  Innern, 
folgte  bei  Napoleons  I.  Rückkehr  von  Elba 
Ludwig  XVni.  nach  Gent,  bekleidete  dann 
wichtige  Aemter  nnter  der  Restauration 
und  stieg  und  fiel  mit  den  sogen,  konsti- 
tutionellen Ministerien.  Mit  Ro^er-CoUard 
Gründer  der  Schule  der  Doktrinare ,  verlor 
er  nnter  Villdle  seine  Staatsämter  und 
widmete  sich  schriftstellerischer  Thätigkeit. 
Nach  der  Julirevolution  1830  provisor.  Mi- 
nister des  Öffentlichen  Unterrichts,  dann 
Mitglied  des  Kablnets  Laffitte,  gab  er,  mit 

47 


738 


Gulden  —  Gustav. 


den  liberalen  Tendenzen  desselben  nicht 
einverstanden,  seine  Entlassung,  bildete 
mit  Thiers  nnd  Broglie  das  Kablnet  rom 
11.  Okt.  18S2  nnd  war  bis  Febr.  1836,  dann 
wieder  Tom  Not.  1836  bis  April  1887  Unter- 
richtsminister. Im  Bnnde  mit  der  Linken 
half  er  das  Kabinet  Molß  stürzen,  ward 
Anfang  1840  Gesandter  in  London,  89.  Okt. 
unter  Soult  Minister  des  Answärtigen ,  die 
Seele  dieses  Kabinets,  ganz  der  persönl. 
Politik  des  Königs  sieb  anbequemend.  Nach 
der  FebmarreTolation  1848  tou  der  provisor. 
Beglerong  anf  Hoohverrath  angeklagt,  ent- 
floh er  nach  England,  kehrte  nach  seiner 
ITreisprechnng  nach  Paris  zurück  nnd  war 
seitdem  eifriger  Beförderer  der  Fusion.  Seit 
1830  Mitglied  der  franz.  Akademie.  Sehr. 
jHlstoire  de  la  r6volation  d'Angleterre*  (1827, 

5  Bde.) ;  ,Gonrs  d^histoire  moderne'  (1888—80, 

6  Bde.);  3i8t.  de  la  ciTÜisation  en  France' 
(neue  Ausg.  1869,  4  Bde.);  .Washington' 
(1841);  ,Hist.  de  la  r6pubUqae  d'Angleterre' 
(1854,  8  Bde.);  ,M6molres'  (1858-67,  8 Bde.) ; 
,M6ditatlons  sur  la  religion  chr6tienne  etc.* 
(1868)  u.  A. 

Onlden  f^^ren,  FloHn),  Silbermünze,  In 
Oesterreich  k  100  Neukreuzer  =  20  Sgr.;  In 
Süddeutschland  k  60  Kreuzer,  7  G.  =  4  Thlr. ; 
In  Holland  k  100  Cent  =  17>Aoo  Sgr.;  der 
poln.  G.  k  30  Groschen  =  4  Sgr.  10»/»  Pf. 

OuldenftuS)  s.  minzfuv. 

Gumbinneia,  Regbz.  der  ProT.  Preussen, 
296,8  QM.  und  744,778  Ew.  Die  Haupt-  und 
Krehsladt  G.,  8779  Ew.         [Köln,  5878  Ew. 

Gnmmenbacli,  Kreisst.  im  prenss.  Regbz. 

Onmral,  Pflanzenschleim,  amorphe,  stick- 
Btoflfreie,  geschmack-  und  geruchlose,  neu- 
trale Pflanzensubstanzen,  die  entweder  wie 
Dextrin  und  Arabin  In  Wasser  löslich  sind, 
oder  wie  Oerasln,  Bassorln  nur  aufquellen; 
Tielfikch  in  der  Technik  und  Medicin  benutzt. 

Gummi,  australisches  (Botanybaihan,  Aca- 
roXdharz),  Harz  Ton  mehreren  Xanthorrböa- 
Arten.  Bothes,  Nuttharz,  mit  schwach,  gelbes 
mit  stark  benzoSartigem  Geruch,  schmeckt 
süsslich,  beide  in  Alkohol  leicht  löslich, 
dienen  zum  Färben  Ton  Firnissen,  zur  Dar- 
stellung Ton  Pikrin-  u.  ParaosybenzoSsäure. 
Vgl.  Wiesner  (1870). 

Onmmi  arabicum  (G.  «Mimosae,  arabisches 
O.) ,  freiwillig  ausgeflossener  und  einge- 
ti*ockneter  Saft  Ton  Acada  nilotica  Delile, 
A.  Seyal  DeL,  A.  tortills  Hayne  und  A. 
Ehrenbergiana  Hayne  in  Nordafrika,  A. 
Verek  OuilL  et  Perr.  in  Westafrika  (Sene- 
galgnmmi) ,  das  beste  aus  Kordofan;  farb- 
lose, gelbe  oder  braune  Stücke,  geruch- 
und  geschmacklos,  in  Wasser  löslich,  in 
Alkohol  unlöslich,  besteht  ans  arabinsauren 
Salzen  des  Kalks,  Kali  und  der  Magnesia, 
wird  mit  schwefliger  Säure  gebleicht,  dient 
als  Klebmlttei,  zum  Zeugdruck,  in  der  Stein- 
drockerei,  Appretur  etc.  [Feigenbaum. 

Gummibaum,   s.  t.  a.  Ficus  elastica;   s. 

Gummi  elasticum,  s.  t.  a.  Kautschuk. 

Gnnunlgntt,  Gummiharz  Ton  Garcinia  Mo- 
rella  Desr,,  aus  Siam,  rothgelb,  geruchlos, 
Bchmwskt  brennend  scharf,  ist  giftig,  gibt 
ü?  V  *  A?!®'  ®***®  hochgelbe  Emulsion,  löst 
sich  In  Alkohol  zu  «6,  dient  als  Malerfarbe  etc. 


Gommlbarie  (Schleimharts),  Mischungen 
Ton  harzigen  und  gummiartigen  Substanzen, 
ätherisohem  und  fettem  Oel,  finden  sich  in 
Pflanzen,  bisweilen  als  Milchsaft,  trocknen 
an  der  Luft  aus,  lösen  sich  Tollstandig 
weder  in  Wasser,  noch  in  Alkohol:  Euphor- 
bium, Scammonlum,  Gummigntt,  Ammo- 
niacum,  Galbanum,  Asa  foetlda  etc. 

Giimmlpflmsteir,  s.  Meipßaster. 

GomadreB,  mit  Gummilösung  überziehen. 

C^undawa  (Qandawa),  Stadt  in  Belnd- 
schistan,  östl.  Tom  Brahuigebii^,  18—15,000 
Ew.    Winterresidens  des  Khans  Ton  Kelat. 

GuBBT.  s.  Jute, 

Ctargelmlttel,  s.  Oargarisma. 

GnrJnnbalMm  (Balsamum  Oapivi,  Holse^), 
dem  KopalTabalsara  ähnlicher  Balsam  tou 
Bäumen  der  Gattung  Dipterocarpus,  in  In- 
dien und  auf  dem  Archipel,  dient  als  Fir- 
niss  und  Surrogat  des  Kopaivabalsams. 

Gnrk  ,  Nebenfluss  der  Drau  in  Kämthen, 
mündet  bei  Stein,  15  M.  Daran  der  Hecken 
G. ,  1100  Ew. ;  uralte  Kirche.  Der  ,irürtt- 
bischof  Ton  G.*  residlrt  in  Klagenfnrt. 

Gurke  (Oucumis  L.),  Pflanzengattung  der 
Oucnrbitaceen.  Gemeine  O.,  Kümmerling 
(0.  satiTUs  L.),  aus  dem  Orient,  seit  1573 
in  England,  in  zahlreichen  Varietäten  kul- 
tlTirt;  Fleisch  und  Samen  früher  offtoinell. 
Alkohol  über  Gurkenfleisch  destillirt  gibt 
Gurkenessenz,  welche  zu  der  kosmetischen 
Gurkenhautpomade  Terarbeitet  wird.  Viele 
andere  Arten  werden  in  Asien,  Afrika  und 
Amerika  kultiTirt.    Vgl.  Ktir6w,  Meiome. 

Gurkenkraut,  s.  Borago  und  Anethum, 

Gnmlgelbad,  Bad  im  Kuit.  Bern,  am  Hoch- 
gumigeL  (4756').    Schwefelquelle. 

GviteB.  dicke  bandartige  Gewebe  aus 
Seide,  Wolle,  Zwirn,  Bindfaden  etc.,  werden 
Tom  Posamentier  oder  Seiler  angefertigt. 

Guranflsse,  s.  KclanÜsst, 

GuMmanerwerk,  aus  hydraul.  Kalk,  Sand, 
Kies  etc.  bereitetes  Mauerwerk,  wird  schioh- 
tenweise  in  hölzerne  Kästen  gegossen. 

Chutar,  Name  mehrerer  Könige  Ton 
Schweden:  1)  O.  I.  Wa»a,  geb.  13.  Blärz 
1496  zu  Lindholm  bei  Upland,  Sohn  des 
Reichsraths  Erich  Johansson,  der  Täter- 
licherselts  aus  dem  Hause  Wasa,  mütter- 
licherseits aus  dem  Hause  Sture  abstammte, 
zwei  den  alten  schwed.  Königen  Terwand- 
ten  Familien,  kam  1518  an  den  Hof  des 
RelchsTcrwesers  Sten  Sture,  1518  in  dän. 
Gefangenschaft,  entfloh  1519  nach  Lübeck, 
landete  dann  in  Schweden,  brachte  nach 
langem  Umherirren  die  Dalekarlier  aum 
Aufetande,  rückte  gegen  Stockholm,  ward 
24.  Aug.  1521  Tom  Reichstag,  zum  Reichs- 
Terweser  ernannt,  zog  Juni  1583  in  Stock- 
holm ein  und  liess  sieh  zum  König  er- 
nennen. Auf  dem  Reichstag  zu  Westeras 
13.  Jan.  1544  Einführung  der  Reformation 
in  Schweden.  Er  TerflchafTte  dem  Büiqger- 
und  Bauernstand  Sitz  und  Stimme  auf  dem 
Reichsts«,  kriegte  1565—57  glücklich  gegen 
Russland;  f  29.  Sept.  1560.  Blogr.  Ton 
Fryxell  (deutsch  1831).  —  8)  O,  IL  Adolf, 
geb.  9.  Dec.  1594,  Sohn  Karls  IX.,  Enkel 
des  Vor.,  folgte  1611  seinem  Vater  auf  dem 
Throne,  bildete  sich  seit  1618  in  den  Krie- 


Gustav -Adolf- Stiftung  —  jGrutzkow. 


739 


^en  gegen  Dänen,  Russen  und  Polen  zum 
Veldherm,  erhielt  im  Frieden  von  Stol- 
1)0WA  27.  Febr.  1617  von  Rnssland  Karelen 
und  Ingermanland,  im  Waffenstillstand  mit 
Polen  20.  Sept.  1629  Polnisch  -  Prenssen, 
schiffte  sich  23.  Jan!  1630  mit  15,000  Mann 
schwed.  Trappen  nach  Deutschland  ein, 
landete  hier  4.  Juli,  schlug  Tilly  bei  Brei- 
tenfeld (s.  Dreiasigjähriger  Krieg),  fiel  16. 
Not.  1632  bei  Lötzen.  Biogr.  von  Ofrörer 
(4.  Aufl.  1863) ,  Droysen  (1870).  —  8)  G.  III., 
geb.  24.  Jan.  1746,  ältester  Sohn  des  Hersogs 
Adolf  Friedrich  von  Holstein*Gottorp,  nach- 
maligen Königs  Ton  Schweden,  und  Luise 
Ulrikes ,  der  Schwester  Friedrichs  11.  Ton 
Preussen,  folgte  12.  Febr.  1771  seinem  Vater 
auf  dem  Throne,  unterschrieb  zwar  die 
neue  Versicherungsakte  Tom  5.  März  1772, 
welche  die  königl.  Gewalt  noch  mehr  be- 
schränkte, schaffte  aber,  nachdem  er  den 
Bürger-  und  Bauernstand,  sowie  die  Trap- 
pen fär  sich  gewonnen ,  19.  Aug.  1772  die 
alte  aristokrat.  Verfossung  gewaltsam  ab  und 
gab  eine  neue,  begann  1788  Krieg  mit  Rass- 
land, der  14.  Aug.  1790  durch  den  Frieden  zu 
Werelä  beendigt  ward,  suchte  mit  Russland, 
Preussen  und  Oesterrelch  einen  Bund  zu  Be- 
kämpfung der  franz.  RcTolution  zu  Stande 
zu  bringen,  ward  in  der  Nacht  vom  15.  zum 
16.  März  1792  auf  einem  Maskenball  infolge 
einer  Adelsverschwörung  durch  Anckar- 
ström  tödtlich  Terwundet;  f  29.  März.  Seine 
jOeuvres  polit.,  Ittt6r.  et  dramat.*  gab  De- 
chaux  (1805,  5  Bde.;  deutsch  1805)  heraus, 
seine  nachgelassenen,  bestimmungsgemäss 
erst  1842  eröffneten  Papiere  hat  Oeijer  (1843 
f.,  8 Bde. ;  deutsch  1843)  veröffentlicht.  Biogr. 
Ton  Beskow  (1868).  —  4)  Q.  IV,  Adolf,  Sohn 
des  Vor.,  geb.  1.  Not.  1778,  folgte  1792  seinem 
Vater,  erst  unter  Vormundschaft  seines 
Oheims,  des  Herzogs  Karl  Ton  Süderman- 
land,  reg.  seit  1.  Not.  1796  selbständig,  er> 
klärter  Feind  Napoleons,  hob  3;  Juli  1807  den 
Waffenstillstand  mit  Frankreich  auf,  zerfiel 
wegen  seines  Anschlusses  an  England  mit 
Russland,  an  das  er  Finnland  Terlor,  infolge 
seines  Eigensinns  auch  mit  England ,  ward 
24.  März  1809  durch  eine  Verschwörung  ge- 
zwungen, eine  Entsagungsarkunde  auszu- 
stellen, und  Tom  Reichstage  10.  Mai  mit 
seinen  Erben  des  Throns  verlustig  erklärt. 
Lebte  seitdem  nach  grösseren  Reisen,  von 
seiner  Familie  getrennt,  als  ,Oberst  Gustav- 
son*  in  Basel,  Leipzig,  Aachen  und  St.- 
Gallen;  f  7.  Febr.  1837.  Sehr.  ,M&norial 
du  colonel  Gustafsou*  (1829;  deutsch  1839); 
,La  Joum6e  du  13  Mars  1819<  (1835)  u.  A. 
Seit  1797  mit  der  Prinzessin  Friederike  von 
Baden  vermählt,  hinterliess  er  einen  Sohn, 
Gustav,  geb.  9.  Nov.  1799,  österr.  Feldmar- 
Bchalllientenant,  seit  I9i9 Prinz  Wasa  betitelt, 
und  8  Töchter,  wovon  die  älteste,  Sophie 
WilheXmine  (f  7.  Juli  1885),  seit  1819  mit 
dem  Grossherzog  Leopold  von  Baden,  die 
Jüngste,  Cäcilie  (f  27.  Jan.  1844),  seit  1831 
mit  dem  Grossberzog  Paul  Friedrlcli  August 
von  Oldenbuig  vermählt  war.  Aus  der 
Ehe  des  Prinzen  Wasa  mit  der  Prinzessin 
Luise  von  Baden  (f  19.  JuH  1864)  entsprang 
die  Prinzessin  KaroUne  (geb.  5.  Aug.  1833), 


vermählt  seit  1853  mit  dem  Kronpriniwn 
Albert  von  Sachsen. 

GüsUt  -  Adolf-  Stlftnttg ,  deutsch-protest. 
Verein  zur  Unterstützung  evangel.  Gemein- 
den in  kathol.  deutscheu  und  ausserdeut- 
schen  Ländern,  1832  durch  den  Superinten- 
denten Grossmann  zu  Leipzig  gegründet, 
vereinigte  sich  16.  Sept.  1842  mit  dem  1841 
von  Zimmermann  zu  Darmstadt  in  An- 
regung gebrachten  Verein,  konstituirte  sich 
21.  und  22.  Sept.  1843,  erweiterte  sich  1844 
durch  Ansohluss  sämmflicher  preuss.  Ver- 
eine, ward  1849  auch  im  protest.  Bayern 
und  1861  in  Oesterrelch  zu  Gründung  von 
Zweigvereinen  autorisirt.  Vgl.  Zimmermann, 
,Der  Gustav -Adolfis- Verein*,    7.  Aufl.  1867. 

Chistoso  (e<m  gusto,  ital.),  mit  Geschmack. 

Chitedel,  s.  Weinstoek. 

GuteBberg,  Joh.,  gen.  Genaßeisch,  Er- 
finder der  Buchdruckerknnst,  geb.  zwischen 
1397  und  1400  zu  Mainz,  lebte  1484  —  43  in 
Strassburg,  verband  sich  1450  in  Mainz  mit 
Joh.  Faust  (Fust)  zu  Anlegung  einer  Drucke- 
rei (s.  Buchdruckerkunst) ,  errichtete  dann 
selbständig  eine  neue,  trat  1465  in  den  Hof- 
dienst des  Erzbischofs  Adolf  von  Mainz;  f 
24.  Febr.  1468.     Statue  zu  Mainz  seit  1837. 

Gatgewiehty  Gewichts vortheil,  welchen 
der  Grosshändler  dem  Kleinhändler  ge- 
währt, V«  —  1  %'  [getrocknetes  Harz. 

Gutta  (lat.),  Tropfen;  in  der  Pharmacie 

Gutta  Pertoeha,  der  durch  Einschnitte 
in  den  Baum  gewonnene  und  getrocknete 
Milchsaft  von  Isonandra  Gutta  Hook.,  gelb- 
röthliche  oder  weisslichgelbe,  zähe,  leder- 
artige Masse  von  0,979  spec.  Gew.,  wird 
bei  60—650  knetbar  und  oimmt  dann  dau- 
ernd jede  beliebige  Form  an,  schmilzt  bei 
110,  zersetzt  sicli  bei  130o,  verändert  sich 
an  der  Luft,  löst  sich  in  Benzin,  Schwefel- 
kohlenstoff, Chloroform,  fetten  und  ätheri- 
schen Oelen,  ist  der  beste  Nichtleiter  der 
Elektrieltät,  wird  beim  Reiben  selbst  stark 
elektrisch,  durch  Raspeln  und  Waschen 
mit  kaltem  oder  durch  Kneten  mit  heissem 
Wasser  auf  Maschinen  gereinigt,  auch  In 
Chloroform  gelöst  und  aus  der  geklärten 
Lösung  mit  Alkohol  gefallt,  widersteht  der 
Einwirkung  von  Alkidien  und  Säuren,  wird 
von  starker  Schwefel-  und  Salpetersäure 
zerstört,  lässt  sich  gleich  Kautschuk  mit 
Schwefel  verbinden  und  mit  zahlreichen 
Substanzen  imprägniren,  dient  zu  Schlän- 
chen,  Treibriemen,  Gasröhren,  Gefassen, 
Zahnkitt,  Umhüllung  Ton  Telegraphen- 
kabeln, Formen  für  die  GaWanoplastik, 
Schuhsohlen,  in  dünnen  Blättern  zum  Ver- 
packen ,  zu  chirurgischen  Zwecken ,  als 
Harzkuchen  an  Elektrophoren ,  die  Lösung 
zum  Wasserdichtmachen ,  zum  Bedecken 
Ton  Wunden  (Traumaticin)  etc. 

Gutta  rosaeea  (lat.),  Gesichtsfinne. 

Guttural  (lat.),  zur  Kehle  (guttnr)  ge- 
hörig.   OuUuralea,  Kehllaute. 

Gntakow.  Karl  Ferd.,  Schriftsteller,  geb. 
17.  März  1811  zu  Berlin.  Hess  sich  1847  in 
Dresden  nieder  (bis  1849  Dramaturg  am 
Hoftheater),  lebte  später  an  Terschiedenen 
Orten,  seit  1869  in  Berlin.  Bes.  herTor- 
ragend  als  Dramatiker  und  Romandichter, 

47* 


740 


Guyenne  —  Gyromantie. 


sogleich  Bcbarfsinnlger  Kritiker  und  gelat- 
▼oller  Polemiker.  Dramat.  Hauptwerke :  die 
socialen  Schaasplele  |Richard  Savage',  ,Wer- 
nerS  »Ein  weissAS  BlattS  i^Ua  RosaS  ,LlesU' 
etc. ;  die  histor.  Tragödien  ,PatkalS , Wnllen- 
weber',  ,UrIel  Aoosta' ;  die  histor.  Lastspiele 
,Zopf  und  Schwerts  ^Urbild  des  TartüffeS 
jKönigslientonaot',  ,Ijorbeer  und  Myrte'  n.  a. 
Romane:  ,Wally*  (1835;  2.  Bearbeitung  »Yer- 
gaDgene  Tage*  1858).  ,Blasedow  und  seine 
Söhne*  (1888  —  39),  .iMe  Ritter  vom  Geist' 
(5.  Aufl.  18fö,  4  Bde^,  ,Der  Zauberer  Ton 
Born'  (2.  Aufl.  1863),  ,Hohenschwangau'  (1868), 
«Die  Söhne  Pestalozzis*  (1870),  Novellen  etc. 
Polem.  und  literarhlstor.  Schriften:  «Goethe 
im  Wendepunkte  zweier  Jahrhnn  derte'  (1836), 
^Beitrage  zur  Gesch.  der  neuesten  Literatur' 
(1836) ,  ,Die  rothe  Mütze  und  die  Kapuze* 
(gegen  Görres,  1838),  ,Bömes  Leben*  (1840) 
u.  A.  Gesammelte  Werke  (1845  —  52,  13 
Bde.)«   Dramat.  Werke  (1862—63, 20  Bdchn.). 

OH/eiue^  alte  firanz.  Prov.  (Herzogthum), 
Theil  ron  Aquitanien,  die  Depart.  Gironde, 
Dordogne ,  Tarn  -  Garonne ,  Lot  •  Garonne, 
Lot  und  Avejron  umfassend,  ca.  762  QM. 
mit  2,450j448  Ew.  Im  Allgemeinen  Hügel- 
und  Bergland,  wohl  bewässert  und  frucht- 
bar, mit  Ausnahme  der  Küstenstriche  am 
Ocean  (Landes);  im  rauhen  O.  Kohlen  und 
Eisen.  Seit  1152  in  engl.  Besitz,  1451  von 
Karl  yn.  erobert  und  Frankreich  einverleibt. 

dvaerate^  s.  Gudtcherate. 

Önzmuiy  Dominicus  de,  s.  Dominikaner. 

GwaUor  (Kawariar) ,  brit.  Vasallenstaat 
in  Ostindien,  Besitzthum  der  Familie  Sein- 
dia,  die  Provinzen  Agra,  Malwau.Khandesch 
umfassend,  235  QM.  mit  3V8  Mill.  Ew.;  bis 
1844  selbständig.  Die  Hauptttaoü  G.,  am 
Subanrika,  30,000  Ew.;  Felsenfestung. 

GygeBy  nach  der  g^ech.  Sage  lydischer 
Hirt,  der  sich  mittelst  eines  unsichtbar 
machenden  Ringes  in  Besitz  der  Königin 
setzte  und  zum  Throne  aufschwang.  Der 
Stoff  dramat.  behandelt  von  Hebbel  (s.  d.). 

Gymnadenia  B.  Br.  (Nacktdrüae),  Pflanzen- 
gattung der  Orchideen.  G.  oonopsea  B.  Br., 
auf  WaJdwiesen,  liefert  Salep  (Glüokshand). 

Gymmasliiin  (gr.) ,  bei  den  alten  Griechen 
Ort  oder  Gebäude,  wo  die  männliche  Ju- 
gend nackt  (gymnos)  körperlichen  (gymna- 
stischen) Uebungen  oblag,  später  auch  Phi- 
losophen, Rhetoren  etc.  lehrten;  der  Vor- 
steher Gymnaaiarch.  Vgl.  Petersen,  ,Das  G. 
der  Griechen',  1858.  In  Deutschland  jetzt 
allgem.  Name  für  solche  Schul anstalten, 
welche  für  die  Universitätsstudien  vorbe- 
reiten und  als  Mittel  hierzu  vornehmlich 
die  griech.  und  lat.  Sprache  und  Literatur 
benutzen,  ohne  Mathematik,  Geschichte  und 
Geographie,  Naturwissenschaft,  Deutsch  und 
andere  neuere  Sprachen  auszuschliessen 
(Gelehrtenschulen ,  Lyceen ,  Pädagogien, 
latein.  Schulen  etc.).  Progj^ncaium ,  Vor- 
bereitungsschule für  das  G.  Vgl.  die  Werke 
von  Thiersch  (1826),  Deinhardill^l),  Köehly 
(1845),  Lübker  (1843),  Thaulow  (1858). 

Gymnastik  (gr.) ,  bei  den  alten  Griechen 
die  Kunst  der  Leibesbewegungen,  zerfiel  in 
die  kriegerieche ,   auf  Angriff  und  Verthei- 


digung  berechnete,  dwtetische,  welche  Star 
kung  der  phys.  Kräfte  und  Erhaltang  dei 
Gesundheit  bezweckte,  und  aild^tieche  (ago' 
nistisohe),  zur  Ausbildung  der  Athleten. 
Jetzt  8.  V.  a.  Tumkunst;  Htilgymnaatik,  ihre 
Anwendung  zu  Heilzwecken. 
'    Gymnastische  üebnngen,  TurnübnngeD. 

Gymnopoden  (gr.),  Biurfussermönche. 

GymnoBOphisten  (gr.),  d.  i.  nackte  V^eise, 
bei  den  Griechen  die  alten  indischen  Wei- 
sen, die  als  Asceten  und  Einsiedler  lebten. 

Oymnospermus  (gr.),  nacktsamig;  Gymno- 
tpermia,  die  nacktsamigen  Pflanzen  der  14. 
Iinn6schen  Klasse« 

Gyn&cenm  (gr.),  Frauengemach;  Harem. 
Oynäciemue,  weibisches  Wesen,  Gebahren. 

Gynakokratie  (gr.),  Weiberherrschaft. 

Gynäkologie  (gr.) ,  Lehre  vom  Weibe,  sei- 
nen körperlichen  Zuständen ,  Fnnktioneu, 
Krankheiten  und  deren  Behandlung,     [ner. 

Gynakomanie  (gr.),  Liebeswuth  derMän- 

Gynäkomast  (gr.),  Mann  mit  weibl.  Brust. 

Gynandrus  (gr.),  zwitterig;  Qynandria, 
Pflanzen,  deren  Staubgefässe  auf  dem  Frucht- 
knoten befestigt  sind,  20.  Ilnn6sche  Klasse. 

Gynanthropos  (gr.),  Zwittermensch. 

Gyongyos  (spr.  Djöndjösch),  Stadt  Im 
Ungar.  Kom.  Heves,   15,450  Ew.    Weinbau. 

GypSy  Mineral  aus  der  Klasse  der  wasser- 
haltigen Haloide,  schwefelsaurer  Kalk  mit 
2  Aeq.  Krystallwasser ,  findet  sich  krystal- 
lisirt  und  blättrig  (Gypsspath ,  Marienglas, 
Frauenglas,   Fraueneis,    Selenlt),    faserig- 
(Fasergyps,  Federweiss),  kömig  und  dicht 
(Alabaster)  und  erdig,   vorherrschend  mit 
den  Salz-,  Thon-,  Dolomit-  und  Kalkabla- 
gemngen  der  meisten  Formationen  in  engem 
Verbände,    aber    auch    schon   in    der   Ur- 
schieferformation ,  am  Harz,  im  Thüringer- 
walde,  Ural  etc.    G.  ist  farblos,   löst  sich 
in  388  Th.  Wasser,   leichter  in   Salz-  und 
Schwefelsäure,   nicht  in  Alkohol,  verliert 
schon  bei  IQOoO.  Krystallwasser  und  wird 
bei  2330  wasserfrei  (gebrannter  G.),  nimmt 
dasselbe  beim  Anrühren  mit  Wasser  wieder 
auf  und  erhärtet,  nicht  aber  wenn  er  sehr 
stark  erhitzt  worden   war  (todt  gebrannt), 
wird  durch  Glühen  mit  Kohle  zu  Schwefel- 
calcium  reducirt.    Dient  als  Dünger,  Zusatz 
zu   Porzellanmasse,   Glasur,   Email,   sehr 
fein  gemahlen  und   geschlämmt  (Annaline, 
Pearlhardening)  als  Zusatz  zu  Papiermasse, 
gebrannt  zum  Abformen,  zu  Bildhauerarbei- 
ten, als  Mörtel  (Sparkalk)  und  Oäment,  Kitt, 
zum  Klären    von  Flüssigkeiten.     Vgl.   dia 
Schriften  von  Johnston  (1848),  Heriü  (2.  Aufl. 
1856),  Heueinger  v.  Wdidegg  (1863),  Zo«^(1869}. 

Gypsmarmor^  s.  Stuck. 

Gypsophila  L.  (Gypekraut),  Pflanzengat- 
tung der  Oaryophylleen.  G.  struthiom  L., 
Halbstrauch  in  den  Mittelmeerlände m, 
liefert  die  spanische,  ägypt.  oder  levant. 
Seifenwurzel,  welche  zum  Waschen  dient. 
Mehrere  Arten  Zierpflanzen. 

Gyration  (gr.),  Drehsucht,  Schwindel. 

Gyrenbad,  2  Bäder  im  Kant.  Zürich,  das 
äuesere  am  Schauenberge,  das  inner«  G. 
am  Bachtelberge.  [sehen  Kreisen. 

Gyromantie  (gr.),  Wahrsagung  aos  magi-